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Mfie ^«kdBche UntannchaDg einer Heillslire luum
nur darin bestehen, dui -wir der all rentandeirecht
erkannten Lehre am Krankenbette folgen; das ErgebniM
unserer Heilversuche mnu «i ausweisen, ob sie sich
als nützlich für die Uelnng der Kunst bewähret Da
ich 46 Jahre dieHettkunst geübt and in den 25 letiten
der Lehre der ahen GeheimÜrxte gefolgt bin, mithin
E^abrungen mittheile, welche ich während meiner ärzt-
lichen Grossjährigkeit erworben, so wird mir niemand
vorwerfen können, ich sei zu eilig, oder zu leichtsin-
nig in Schätzung ihres praktischen Werdtes.
Wenn ich in meinem Werke von ffoienheümt Heil-
lehre spreche, so bitte ich die Leser dringend, diesen
Ausdruck im engsten Sinne dee Wortes sn nriuaen,
nämlich, für eine einfache, vnstuidesrechte Anweisung,
kranke Menschm gesund zu madien. Aus Hmkntheimg
physiologischen, pathologischen und padiogmetischfls Ge-
danken eine sogenannte Theorie herauszuklaaben, halt«
ich , weil wir der Theorien genug und übmgenug haben,
für ganz nutzlos. Während idi gegcmwärtiges Werk ge-
schrieben, haben sich ja mehre Aerzte in diesem Ge-
schäft versucht, und es werden sich gewiss noch mehre
darin versnchen, ja, ich stelle nicht in Abrede, dass
sie vielleicht zuletzt noch unter sich selbst rechten wer-
den, wer von ihnen denn eigentilieh das Wahre getrof-
f«a; ich bin aber keineswegs Hitbewerber in diesem
Wettstreite.
240953 - '^""8''^
In meiner Jugend verliess ich schon als Zweifier
die Hochschule, und habe seitdem immer alle sogenannte
Theotieen geringgeschätzt, ohne mir jedoch den Grund
dieser Geringschätzung angeben zu können; nur erst als
ich zur ärztlichen Grossjährigkeit gekommen war, fing
ich an zu begreifen, dass mfiine Theoriescheu von einer
in meinem Kopfe dämmernden Verstandesmahnung, zwi-
schen der rohempirischen und der sogenann-
ten rationellempirischen Heillehre mit ihren
unzähligen Artungen, müsse noch eine dritte
wahrhaft verstandesrechte Heillehre liegen,
erzeugt sei Wozu half mir das aber? zu nichts. Mit
aller Mühe, die ich mir auch geben mochte, war ich
nicht im Stande, die dunkle in meinem Kopfe aufge-
tauchte Verstandesmahnung zur verstandhailen , niittheil-
baren Klarheit zu bringen.
Im Jahre 1815 stiess ich ganz zufallig auf ein Ar-
zeneimittel, welches damals noch in keinem Apothe-
kerbnche verzeichnet war; die wahrhaft merkwürdige
Heilwirkung desselben brachte mich auf die Vermuthung,
es könne vielleicht eines von den berüchtigten Gross-
mitteln der alten iatrochemischen Sekte sein. Die Neu-
gierde trieb mich, bloss in dieser Hinsicht die Schrif-
ten des The^^tut von SohenAemt zu durchstöbern,
und ich fand gar bald meine Vermuthung bestätiget.
Diese Bestätigung erzeugte, wie die Leser wol glauben
werden, das Veriangen in mir, Sohenheim ganz ken-
nen zu lernen, und dieses koimte nicht geschehen, oder
ich musste seine Schriften mit Aufinerkaamkeit lesen.
Kaum hatte ich diese Lesung begonnen , so traf ich auf
eine Stelle, in der er sagt, die Praxis müsse nicht aus
der Theorie hervoi^ehen, sondern, umgekehrt,'aus der
Praxis die Theorie. Wie? dadite ich, wenn die
Theorie aus der Praxis hervorgehen soll, so kann das
Dicht geschehen, oder Lehre und Uebiing der Kunst
müMen ssusammen eine untrennbare, eine unscheidbare
Knheit ausmachen; eine s*Iche Erfahrungsheillebre ist
mir ja noch von keinem unserer ärztlichen Kwypbäen
geboten. Mir schien es der Mühe werth, zu untersu-
chen, ob jene Rede Hohenkeitns ein blosser Sinn- oder
Kemspruch sei (desgleichen man auch wol in anderen
medizinischen Bfictiem findet, aber leider beim Weiter-
lesen bald gewahret, dass des Verfassers praktischer
Geist sich rein in der küstlichen Sentenz erschdpft habe),
oder ob Hohenkeüiu Erfabrungsheillehre wirklich mit
der Praxis eine Einheit bilde. Nicht ohne Mühe ge-
langte ich endlich zu der Ueberxeugung, dass der Mann
nicht Prahler sei, sondern wahrhaft Lehre und Uebung
der Kunst zu einer unscheidbaren Einheit verschmolom.
— Nachdem ich nun die Lehre als verstandesrecht er-
*kannt, also in ihr die endliche Beruhigung meines sper-
rigen Verstandes gefimden, so trug ich kein Bedenken,
ihr am Krankenbette zu folgen, und bis jetzt hat mich
das auch noch nicht gereuet.
Dass ich als aufrichtiger Mann bekenne, von Bo-
henheim besser belehrt worden zu sein, als von allen
vor und mit mir lebenden Aerzten* wird gewiss der
iuztliclien Rechtlichkeit und Freisinnigkeit unserer Zeit
nicht anstÖssig sein. Wollte ich die Heillehre, die ich
bekenne, als das Erzeugniss meines eigenen Verstandes
vortragen, so weiss ich recht gut, dass sehr wenige
Leser, (vielleicht kein einziger) mich des literiuischen
Raubes bezichtigen wurden, ich selbst müaste mich aber
desselben zeihep; es ist jedoch für jeden, der nie schrift-
stellerische Freibeuterei getrieben, etwas niederschla-
gend, sieh selbst einen Dieb nennen zu müssen; lieber
will ich über mich ergehen lassen, dass vorschnelle
Beurteiler mich, meiner Aufrichtigkeit wegen, einen .
Paracelsuten schelten, wiewol das ein verzweifelt anrüch'
iger Titel ist; Aenn welche Mühe gich auch am Ende
des vorigea Jahrhonderts der vielseitig gebildete Nicht-
arzt eoff Murr und in der neusten Zeit nnhre trefDiche
Aerste gegeben, uns Hahenkeim als «inen verständigen
Haan darzustellen, so ist doch dessen Andenken der-
inassen von den Gelehrten, selbst noch in dem jetzigen
ifdifhundert besadelt, und also besudelt und geschändet
in die lesende Votksklasse übergegangen, dass ein deut-
scher Lustspiel' oder Roroanendichter, wenn er einen
lohen, unwissenden« groben, waghalsigen, marktschreie-
rischen Aftejcarzt bezeichnen will , sieb wundersam kurz
fassen kann, er braucht ja ein solches Geschöpf nur ei-
nen Anhänger des FaraceiMU, einen ParaeelsicCen zu
nennen, so weiss gleich jeder Deutsche Bescheid. Aus
dem, was ich jetzt gesagt, werden die Leser schon
abnehmen, dass es sich in meinem Werke nicht um
nne bücherliche Alterthümelei, sondern vielmehr um
etwas allgemein Verstandhaft» handelt, welches, wenn
der Verstand der Menschen nicht mit dem fortschreiten-
den Alter unseres Erdb^les, gleich der vorsündfiutlichen
Thier- und Pflanzenwelt, firg znsemimenschrumpft, wol
bis zum Ende aller Dinge etwas allgemein Verstandhaf-
tes bleiben wird.
Ich bin vollkommen überzeugt , dass in den Köpfen
aller denkenden praktischen Aerzte immer die dunkle
Ahnung einer weit besseren fieiUehre gelegen, einer
weit verstandesreehteren , als ims je die Schule in allen
ihren buntscheckigen Artungen geboten bat und künMg
noch bieten wird. Fragt man mich, wie ich diese Be-
hauptung beweisen wolle, so antworte ich: ea ist nichts
leichter, als diesen Beweis zu liihren. Vorausgesetzt
die Unläugharkeit der geschichtlichen Thatsache, dass
seit der vorhippokratischeo Zeit bis jetzt eine Unzahl
T<m Theorieen erdacht und früher oder spater, als un-
brauchbar filr die Uebung des Heilgeschäftes , Terwor-
Ten sind, mache ich folgenden Wechselschluss. — Ent-
weder haben die Aerzte ihre Theorieen erdacht und ver-
breitet, bloss um sich einen berühmten Namen zu ma-
chen, um eine eigene Schule zu gründen, um minder
begabte Geister in ein Labyrinth von Wagesätzen und
Trugschlüssen zu treiben , um die HeiUcunde immer mehr
Ton dem Ziele möglicher Vollendung zn entfernen; — '
oder sie haben ihre Theorieen erdacht und Terbreitet,
weil eine in ihren Köpfen dämmernde Ahnung eines
Musterbildes wahrhaft Terstandeveehter Heillehre sie
mit unwiderstehlicher geistiger Gewalt zu dem Erden-
ken und Verbreiten ihrer Theorieen getrieben.
Da nun , wäre der erste Satz dieses Schlosses wahr,
ans demselben folgen würde, dass die ErAnder und
Verbreiter der Theorieen hochmüthige Narren, Verrä-
tlier und Schurken gewesen sein müssten; wir alle sie
aber doch wot Ar verständ^e rechtliche Männer halten,
dJw gewiss den guten Willen gehabt, uns zu belehren,
nur in der Art der Belehrung niissgegrilTen: so ergibt
sich von selbst, dass wir, weil wir den ersten Satz
des Schlosses ilif unwahr halten müssen, genöthigc#
und , den zwaten für wahr zu halten. — Fragen mich
nun meine Leser, warum denn die Aerzte das dunkel
in ihr«a Köpfen liegende Wahre nicht zur verstandhaf-
ten mittbeilbaren Klarheit gebracht und so die Medizin
Ton einer Kunst zn einem echten, auf Erfährung basir-
ten Verstandesgeschäft erhoben haben; so erwiedere ich
darauf: Mein ganzes Buch ist eigentlich eine ausführliche
Beantwortung dieser F^age, darum kann ich in dieser
Vorrede nur Folgendes bemerken. — Die Aerzte sind
durch die ihnen in der Jugend angeschmiedeten Schul-
fesseln, deren Druck sie, weil sie desselben längst -ge-
wohnt, nieht mehr föhlten, einzig* ich sage einzig
behindert worden, den geraden Weg zur Wahrheit
einzuschlagen.
Die alten Theologen- sagten, der Weg' zur Holle iei
breit, der Weg zum Himmel schmal; etwas Aehnliches
kann man auch in der Medizin von den Wegen, die
vermeindich zur Wahrheit -fuhren sollen, behaupten.
Dqr Hypothesenweg, der zw trostlosen, nebeligen Wü-
ste der Zweifel führt, zu' diesem Kampfplane, wo die.
arztlichen Fechterspiele gefeiert werden (in denen je-
doch bei meiner Lebzeit noch keiner der Andabaten un-
terlegen, auch nimmer unterliegen konnte) ist wahrlich
breit Bnd lustig genug. — Hingegen ist der Weg, der
zur «nigen anschaulichwahren Heillehre führt, so schmal,
so unscbeinlich , daas ihn nimmer der sich spreizende
ftrztliche Hochmuth wanddn wird; möglich ist es je-
doch und mir selbst wahrscheinlich, dass mancher de-
müthige, anspruchslose Praktiker, der nie die Sehrifttii
' eines Bttymundua LulHiu, Paractbta oder anderer Ger
heimärzte gelesen, bloss durch seinen schlichten , gesim-
den Verstand geleitet, ihn zum grossen Heile seiner
Kranken wird betreten haben und auf ihm zur endli-
^cben Beruhigung seines Verstandes und seines beein-
trächtigten Httlicken Gefühles wird gelangt sein.
Nun muss ich noch einiger ausserwesentlicher Klei-
nigkeiten erwähnen. Das Verfkssen dieses Bncbes ist
für mich gerade das gewesen, was fOr meine grossstäd-
, tischen Amtsgenossen Schauspiele, Conzert^ und andere
Ergetzlichkeiten sind, nämlich, eine Erholung von mei-
nen Geschäften. Ich habe meine Mussezeit dazn ver-
wendet, und da diese beschränkt ist, sechs Jahre dar-
an geschrieben. Beim Sehreiben stellte ich mir immer
vor, ich sässe im vertraulichen Kreise ärztlicher Freun-
de, unter denen sich auch etliche junge be&ideo; es
^- IX ^
machte mir grouea Vei^nDgen^ mich einmahl, so weit
meine Erfahniag reicht, über die ganze Heilkunde mit
aller Oftenherzigkeit auszusprechen. Wenn nun meine
Leser den Gedanken festhalten , dass ich nicht aU Viel-
oder Ailwisser sie belehren will , sondern bloss als ehr-
licher Freund zur Unterhaltung mit ihnen plaudere, so
wird es ihnen auch wol gar nicht anstössig sein, dass
ich mich der leichten vertraulichen Schreibart bediene.
Der Katheder-, Kanzel-, oder Schulmeisterton kann
mir, dem kleinstädtischen Heilmeister unmöglich zur
Hand sein, die Gabe, den tiefsinnigen Vortrag gelehr-
ter und philosophischer Aerzte nachzuahmen, fehlet mir
gänzlich; darum schreibe ich einGütig, wie meine unge-
schlachte Natur es mit sich bringt
Da ich im nemi und sechzigsten Jahre meines AI- '
ters, also den verhängnissToUen Siebzigen, welche die
wenigsten Aerzte erreichen, ganz nahe stehe, so ist es
tuuicfaer, ob ich je ein gründliches Urtheil meiner Zeit-
genosseo über das Buch vernehmen werde; dass dieses
Urtheil , bei dem verschiedenen Grade intellektueller und
erfahrungskundiger Bildung der Aerzte, ganz verschie-
denartig ausfallen wird, seheich vorher; darum bin ich mir
selbst schuldig, den Lesern folgende Erklärung zumachen.
Denen , welche selbstgenügsam mein Buch von vom
herein für eine Posse halten, in demselben die phanta-
stische Beschreibung einer Reise in das abergläubische
Dunkel des Mittelalters zu finden glauben , habe ich kein
begütigendes Wort zu sagen; höchstens könnte ich mich
bei ihnen entschuldigen, dass ich sie getäuscht. Nur
denen, welche es aus einem ernsten Gesichtspunkte be-
trachten, und meinen noch näheren Geistesverwandten,
die Lust haben mochten, den von mir, leider viel zu
spät eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen, lege ich
folgende Bitte ans Herz.
„,,,_..,,,, Google
Wie abweichend auch die Uitheile meiner Zei^e^
über mich lauten mö^en, halten sie nur immer
fest an dem Glauben, dass ich als wahrtiaftiger Mana
das Buch mit der strengsten Gewissenhaftigkeit geschrie-
ben. Gegenstände, die ich genau zu beobachten und
Bu untersuchen belahiget gewesen, habe ich von denen
ausdrücklich geschieden , zu deren Untwsuchung sich mir
seltener die Gelegenheit dargeboten. Die merkwürdige
und ausgezeichnete Heilwirkung einiger IMittel, die ich
nur in wenig Fällen erprobt, und deren gründliche Un-
tersuchung mir die wahrscheinlich kurze Frist meines
Lebeos wol nicht mehr erlauben wird, habe ich, die
Wichtigkeit derselben vermuthend, meinen Lesern zur
eigenen Untersuchung empfohlen, die geringe Zahl der
Fälle, in denen ich sie selbst erprobt, ausdrücklich da-
bei bemerkend. Von einigen anderen Alitteln, denen
unsere Zeit, nach bloss chemischen, oder nach thera-
peutisch-schulrecliten Ansichten urtheilend, alle Heil-
wirkung absprechen wird, oder sdion abgesprochen hat,
muss ich gerade, durch reiche Erfahrung belehrt, be-
haupten, dass sie nicht bloss wirksam, sondern wahr-
haft unei'setzlich sind. Kurzum, ich habe als prakti-
scher Scliriftsteller alles geleistet, was ich mit dem be-
sten Willen leisten konnte; treu habe ich den Leser ge-
rade auf den Punkt des praktischen Wissens gestellt,
auf welchem ich selbst stehe; kühn kann er, da ich
ihm einmahl die Bahn gebrochen, von diesem Punkte
aus fortschreiten, und wird, ist er unverdrossen in sei-
nen Forschungen, nach zehn Jahren ein weit besserer
Heilraeister sein , als ich jetzt bin.
Goch am Niederrhein den I. April 1S41.
itv Google
Eifite» ILavltel.
Cchcp die Stcllunc <I«p «cheldeUAnstlceM Gekelmll^le
zn den Cl»l«nllieni. tb«r rankcelfliis und seine Hell-
leltre, In ■• fewrn sleli diese In seinen Achriften durefc
nn«w«ldeH«lae Stellen nsehwelsen lAfst.
«W enn man jemand mit Minnern bekannt mRchen will, gegen
welche er, von blofsem Höfensagen, mit Voninhetten eingenom-
men ist, so erfodert es die Khgheit, ihm, bevor er in die ver-
rufene GesellscfiHrt tritt, seine Vorurtheile xu benebmen, damit
er befrihiget werde, selbst zu sehen, selbst sii uriheileo.
Die Vorunbeile, mit welchen unsere heutigen Heilkünitler
gegen die allen Geheimärzle etogeoammen üind, beruhen auf Be-
schuldigungen der Galeniker; diese Beschuidignngen, durch münd-
liche und schriftlich« Ueberlieferung aut aasere Zeit übergegan-
gen, werden selbrt von sehr venittndigen und rechtlichen Aere-
len ohne eigene Untersuchung auf gnien Glauben nachgesprochen.
Um also die Leser in den Stand in tetsen, ganz unbefangen die
Kunat der Geheimarzte xu würdigen , ist es dringend nothwendig,
sie zuerst auf die grofsen, je fast unüberwindlichen Schwierigkei-
ten aufmerksam zu machen, die si^h dem Geschieht sforscber, der
blofs aus bücherlichen Quellen Belehrung schöpfen will, enlgegen-
thürmen. Diese Schwierigkeiten sind in der Stellung zu suchen,
worin sich die Galeniker zu den Abtrünnigen von der Muiier-
scbiile befanden, welche Stellung ich den Lesern wol am an-
schaulichsten machen werde, wenn ich versnche, die Frage zu
beantworten: warum die scheid ekünstigen Aerzte, towol ihre
Heilmittel, als ihre Lehre, wie jene auf den erkrankten Körper
angewendet werden müfsten, nicht verständlich, sondern nur in
dunklen Andeutungen, untermischt mit einem Schwalle von sinn-
losem Wortgewirre und von unverkennbar absichtlichen Mifsleitun-
gen, der Weh vorgelegt haben.
Der Hanptgrand dieaer venrofenen Sellsuikeit lag darini
^1- ■" ----'8"^
- 2 - •
rfafg die Ilcillehre der chemischen Aersle auf einen gnn> aadern
GniDil gebniiet war nia die des Galen. Die Geheiinärzle gründeten
sie auf die blofse Heilwirkung der Arzeneien, Galen aber auf
eine angemafsie Kenntnifs des belebten Menscbenleibea. Dafa die
Basis seiner Lehre die phantaatischen EleneDie waren^ ihat hier
nichts cur Sache, daa Wesentliche ist, dafa er sich Termafs,
die inneren Vorgänge dea belebten Menschenleibes so kennen,
lind auf diese vermeintliche Kenntnifs seine Heillehre gründete.
Wenn die Leser nun bedenken , dals zwei Heillebren , auf
HO ganz verschiedene Grundfesten gebauet, sich unmöglich ver-
standhaft mit einander rerschnielzeD liefsen, ao wird es ihnen
wol eben so deutlich sein als mir, dafs die Galeniker, bfitlen
sie die Lehre der scheideküntiigen Abtrünnigen als versiandea-
nnd erfafarungsgeinSfs wollen gellen lassen, den ganzen gelehr-
ten Kram ihrer Schule hlofs durch dieses Geltenlaaaen würden
über den. Haufen gestofaen haben.
Die Gehcintärzlc müfslttn aber weder die sinnliche Natur des
Menschen überhaupt, noch inabesondere die der schulrechten
Aeixte als Casien menschen gektmnt haben, wenn sie dem kindi-
schen Wahne hfiiten Kaum geben wollen, die Galeniker sollten,
btofs zur Steuer der Wahrheit, ihren ganzen gelehrten Plunder,
ihr Prunkgewand, ihren einzigen HMchtfaum und ihr Gedeihen von
sich werfen, dastehen wie verarmte Prauer, und sich von unge_
waachenen Hunden in das dunkle H.eiligthum der Natur einführen
lassen , dessen gesetzlich geweihte Priester sie ISngst ansachli«fs-
lieh zu sein wähnten,
Dafs also deutliche Mittheilung ganz ohne Zweck sein mufele,
ist wol oQenbar. Wenn sie aber von der einen Seite ganz zweck-
los war, so würde sie von einer anderen höchst schädlich gewe-
sen sein.
In der alten Welt hatten Quacksalber, »rztliche Landstreicher
und ärztliche Beulelschneider vollkommen freies Spiel. FahritiUM
Hiläaaui , der am Ende des sechzehnten und im Anfange des
siebsehnfen Jahrhunderts wirl^te, also dna Medizin alwesen jener
Zeil, wo die chemische Heilkunde dreister als früher ihr Haupt
erhob, aus eigener Rrfahrung kannte und beschrieb, macht, in
der Vorrede zu seinen Werken, es der Ohrigketi zur dringenden
Genisaenssache , solchem gräulichen Unfnge, der besonders mit
chemischen Mitteln getrieben wurde, ein Ziel za setzen.*) Ja
*) Er W(t , in frähiMr Zeit hsb« ntn nena HiUsl Kaent so Vertiracheni , di*
IIB Toda verartkeilt gewusD , vanaebt, nad dtnn Kbrt er, tiek biennT be-
(■«bend, tlio Tort: Si boe lanporB nnpliiiima* HagUtratu nbiqno ■■bditomin
Mlatcm, leqne »e IUI, eonret, (D«i HU gtiket mü.t Papit Cknaw VII nad
Rtiiar UaiintUan II. , diu« ballen ilnUeb ■!( ArMselaiUtetB ao Verlir«ekem
Vemab« H*eh«a laMea 1 ravani tat inperita« konieM , pfaidachyakeatroi,
Hobe^eim beklagt iich in leiaer Verihaidigaiig bill«r, Jura
Kaet^e , die ihm In leiner cbemiiebcn Werkslalt inr Hand g«-
gangea, und uDwiaaende Schüler, di« lu Basel efwaa von ihm
lafgeschnappl , tror|;eb)ich mit aeinen CteheiinmitielD , Land anf-,
Land dtxRgen and die Lerne am Geld prelllen. „Ich für mein
„Tbeil (sagt er) HchSme mich der Arzenei, angeBchea, dafa sie
„M gar in einen Betrag' kommen ist. Es ist doch kein venwel-
„feker Ilenker, Hurenwirib, oder HundnchlSger nicht, er will
.,ieiQ Menachen- oder Hiindeschmalz nm Gold verkaufen nnd alle
„Krankheiten dniiiit heilen."
me scheideknnstigen Aenle konnlen also sicher darairf rech-
nen, da& ihre Arzeneieo, von den arbulreehten Aleialern ans
Vornribeil od*r Hocbtnutb verworfen , in dte Hände jener Land-
Streicher fallen iTtirden; mithin war das Geheimhalten derselben,
oder das Verschleiern ihrer Bereitung, nicht blofs Sache der
Kingbeil, soadem selbst der Sittlichkeit. Dieses sintAiuo wol
die zwei Hanpliirsachen , warnm die Jat reche niiker ihre Mittel
und ihre Lehre entweder gani geheim hielten, oder diese auf
eine aolche Weise der Welt vorlegten , dafs nur die Geweihten
die W^rheii ahnen, vermuthen, aber selbst diese nur durch ei-
genes Forsch^ in der Natnr znm vollkommnen deutlichen Ver-
ständnisse gelangen konnlen ; die der Scbeid^kiinst unerfahrenen
Galeniker und AfterHrztehingegen-, dnrch eine undurchdriagliche
Klnfl von jenen Geheimnissen auf immer getrennt blieben,')
Es gieht aber, anfser diesen zwei Hauplnrsacben dea Geheira-
, baltens, noch folgende geringere, untergeordnete, die in der sinn-
lichen Natnr des Menschen liegen.
Wir sollen', nach der kristlichen Lehre, unsere Feinde lieben,
segnen die nns fluchen und wohhhun denen, die uns hassen.
Wenn ich gleich nicht mit einem Widersacher des Krislenthumt
•Ireumroraiieoi inpios etroiflcci Bt hqjnt farJMe oefariM hoaiiDe« , aeqae
arte laqae experiiiittia valeotes, eo «tian adiferet, nt iriji aas« paricolam
in BtleBeii n«balonibDi , ton nt»» honestii hoBlsibni be«renl. —
Sad prob dolor! qotB pro«il abeat a acapo , can cUan qamodl InpÜ et
inpiriti nebBloDCB laepeanaicro mallii in loci« a prinarii« ReipabUeae Prooe-
ribni ooa loloa aliit paritia dtKlitqaa nedieit aalepoBantDr , ati au qnideai
Bliam ra* darmil, nt U, qoi Paraeelaj aliorsBqa« ChfiÜBorBiii libroi vix
•Xtrenb, qnod ajnat, iabiit desutaraol , aolta mlniu lagarant, sarmlitata
■tqae naDdaciU «aia Tirsi prinarioi an aaqaa dcdneanl , at bod nmdo aeriat
■ale pracparala et vBaenoia mcdieameata minBralia approbeal , aed ettaai lo-
niB \n MM«tiptii pettealaBi et eiperlaiantoii Taeiaat.
*J ^'"'^f*''"" *acl: Nafai vli atlo bideadali plaidsH aibl vjderer patraviiM,
ai tan CKcellMilia proFaBBran ■jitarla , et oBaian aofBitioai proatltaarev,
VoriUli lasHo hae in parte bbUoa foeata facio : proBt ytn* al expertaa
CheaiiBna faeita in lit deieriptioBiboa , qna* nagia eladdara aan licet, daprc-
haadat. -~ Ptnih 4l«)HtmtM. pmg. iOU i
_ 4 —
dfi' Moiniin^ bin, dieses Gebot enthalte elwas, der, Natur des
Mi'DMelien Widersprechendes j so hat mich doch die Erfahrung ge-
Irhn, dofs PS in unserer nnvollkonitnnen Welt seilen oder nie
hpfolgi wird, itth vielmehr in diesem Punkte die sinnliche X'alur
(IcN Menchen fast immer Meisterinn bleibt. Denken wir uns
also die allen Clieiiiikef nicht als reinsittliche Wesen, sondern
nU ehrliche, irdische Menschen, so werden wir es leicht begrei-
fen , daf^ sie wenig Lust haben konnten , den schnlrechien
Aerzien, ihren Schmühern nnd Verfolgern, die mit grofser Mühe
erworbenen ärztlichen Geheimnisse mitzuiheilen.
Wahrlich I die Erbitterung der schnirechten Aerzte war so
grofs, die Ausbrüche derselben so pöbelhaft, dafs ein gesitteter
Mensch, der diese nicht mit eigenen Augen in Siteren und neue-
ren Schriften gelesen , sie dem Ersfihler kaum glauben wird. Ho
nennt z. B. der lUiier und Lerburzi des Herzoges von Lothringen
SympholthK Champicr den zneifelbaften Ifei-uie», einen gewissen
Araber, einen Slerndeuter, der von der wahren Philosophie
nichts gewuUt; Geier «inen unwissenden, albernen, aus dem
Koibe gezogenen Schurken mit modrigem Gehirn.')
Hohenheim nannten seine tirztlichen Zeitgenossen einen Gold-
koch, einen Lnndstreicher, einen Tenfelsbiindner, einen Mörder,
eine grobe Schwrfzerkuh , den Waldesel von Einsiedeln, Cn-
cophraitu» und hutkeru».") Bei seinem Tode beschuldigte man
ihn des Selbsiinordes;'*") ja fast hundert Jalire nach seinem Tode
nahm Guido I^ttin es den Buchhändlern fast ühel, dafs sie die
Werke dieses grofsen Halunken, der nur bei den unerfahrenen ■
Goldköchen in Anmerkung komme, und dessen vorzüglichste
*) Alchfiulae anclares pnecUpni Tuere Heimei, dod qaiileni TrUmrgistos ille
Icr HiaxiiDDS, sei) irubi qnidam Rstrolngui a rcri philnanpliii ■lieaDS. Ali-
qnanto patt Barbonu quUlam , ineplisiimua Inrco , patricliqne cerabri , B lula
ctauii» , Crhrr quidim , nee mliiDS capliimcnliii clekelalos , «ophitlieiiqnc v«-
DDliaacalU, uaaiu HurmcteiB , ufto ArgyptiDin sed pnlitu Araben e teüebri«
cduil. füllte nflui'h knntiiieB Alberhit uoil Ranmitn'liii Lalliut etwai besser
bei dem Eiferer »fg, und iwar weil beide, wie er vor^bt , von ibren
IrrtbCniEra zuriiciigeLebrt iriea. Amalili niia n Dm. S^myAoriatto Cnu>pt~
gio erHtir, io der Baseler Aaagabe der Werke des Araaldas de Villa anva töSi.
") Ueter dsn Scbimpraamen Lutherut sagt Hahtnfirim pDlgciides: „Waram aUd
,.]ie mir so ^bal^tt waram nxib ich Lalberoi heifiea? ich bin TheopbrailDf,
,,nlelit LulberD«. Lalberoa vermlworte ia» Soias, <cb uerda daa Heioe
,,aDeb besteben. Ihr tbnis nicbt aa Ebren, sondern xn Nachreden, deon ihr
„veraehtel den Luther nnd ibr meinet, Ihr ivifsl mehr deoa er: also soll ich
„Latherai aein and ibr sollt mehr nisaen deoD leb. Scbümen itünde eocfa
„wobl an, denn ihr leid mir dimm Feind, itfa tbr Dicht« kSnat. tcb weib
,,aneh niemand, der Lnthero Feind sei, ali dem er die RUebe gebüsert nnd
„Scbermer sind. (Oai Werl Sehermrr , Ktlc/iet air jetzt Sdiirmer ithrii'
„ben Karden . bedealel hier einen mnlkwitb'gen ZSnker. In der niederlän-
„diiehen Sprae/ie itt Sthermer ein Ferhier }
••■) OtifBlii Crollii praefatio adnonEtoria f. 189. .'CioOOlc
— 5 —
KiiiiBt dwin bMlaodeD, die Menschen cbeniiacb xu morden, neu
auflöten. ')
Docb, nicht blofa solche allgeraeioe Höflichkeiten waren es,
die die Chemiker von einer freisinnigen Mittheiinng «irück-
■ehrecken moliieo, sondern auch das buhnische Verachten des
Mitgeiheilleo , das den Gaienikern, wie sllen aufgeblnsenen Steif-
liogeo, eigen war; die Ificherlicbe AoMellerci , alles schon lüngat
gewafst *a haben, nrn des Danket «oiiibriget an sein aod um in
den Aogen der •Well die Mitlheiler herunter zh selscn, niufslc
diesen doch wol auf immer das MiliEietleD verleiden. Ilohenheim
sagt;**) „Ob sich scbon ein anderer hart und viel hin and wie-
„der bemühet, bis er die haben Gaben Gattes und die Wirkung
„der Natur erfinde nnd nacbmahls nns auch gern an erkennen
„und ED wissen gübe, ao sind wir so verderbt, dafa wir es nicht
, «allein mit Undankbarkeit annehmen, sondern nocb da«n iKatem,
,iverspolten nnd verlachen. Wollte denn solches nicht rinem ge-
brachten Ante, der ea Mit Treue meinet, wehe ihun? wallte
„denn dieaes nun auch nicht klarer «o schreiben abhalte« f — Ich
„hStte euch gern alle meine Künste auf das einfdltigate gesofarie-
„ben und euch , gleich als womu jnngen Kinda , das Hnfs int
„Maal gestricben , aber euer EJirgeia nnd Eigenniita bat mich
„abgeballen, dais ihr das Lob euch selbst aumeaset, nnd nicht
„einem anderen, von dem ihr es habL Darum so seid ihr meiner
„Kunst nicht werth, obacbon ich zulasse, 6»!» ihr derselben hoch-
„oolbdiirfiig wäret, so ihr anders rechte Aerzie, und« dem
,,\ich8ten die Liebe erweisen wollt."
Ferner war der Geiz der sehnlrecbten Aerzle, die damahls
zwar nicht nach einer gesetzlichen, aber doch nach einer her-
küinmlichen Taxe ihre Bemühaagen berechneten, ein grofses
Hindernfls aller nOttlicben Mittheiinng; in wo fem nämlich leicht
vorauszusehen wnr, dafa solche Heilarten , die die Krankheiten
abkürzten , wodurch also der Besnche nnd Verordnungen weniger
mtrden, unmSglich bei Aerzten BeifiiU finden konnten, die sich
ihre Kanal nach Besuchen, Verordnungen, Kitten n. s. w. bezah-
len liefsen. Rohenheim, nachdem er in seinein Ruche von den
Würmern eines einfurhen nittels erwHbnt, fthrt also fort; ,.D!e-
„weil aber dies und dergleichen mehr euch wenig in Kucbe und
'} Er telireibi aa Barl/.oliKut : GtaartUK» Ifpngrivi nova« coneiaiiint ei\tia-
Bcn «pBruD , HagDi qnidcm , led peuini aebalouii Cacopbruti ParaeeUi,
cnJDi migia eit apnil ivparite« Safftoaea aactoriUi , et iaiifai« potiDtia la
Becaadi« per ebfniaai Honinlbna. TAoatmt BmriÄnIiM Eptrt, merifc. Cent. II-
Epül. to. Doa Wort SüloaM hat der FraaiMa wal vsn dia rraaitaiichca
Wort« SooDaar gaiehniedel, [rabor die vcrKcbllioke BcoeDaaBg dai Schcide-
könallerf.
"I Du mystariit veraisn.
,L, Google
— 6 —
„Seckel dienen w&rde, m könnt ihr es nickt leiden, sondern es
„urafs von ench verachtet, versfHittet gelästert, nnd gar auage-
„reatet werden, welcbes wol lu beklagen und zn erbarmen int.
„O! wie vielen habe ich mit solchen und dergleichen gerathen
„und geholfen, da ihr mit eurer Anenei versagt seid; dafür mir
„anch kein Pfennig werden , ich schweige andere Mflhe und Ar-
„beit , so ich amsonst geihan , Sonderlich bei den Armen , aach
„nichts begehrt habe, so doch ihr Docteres nicht einen Leich
„umtonst besehet. Denn es hat hei ench alleif seine Ordnung
„und darf niemand dawider sein: als oft ein Leich ein Balzen,
„ein Zettel ein Groschen, ein Gang fünfzehn Kreuzer, ein Ritt
„auf dem Esel ein halber Gulden, ein Haft ein ganzer Gulden.
Dem rechtlichen Leser könnte aber ein solcher Geis , dessen
Hohenheim die Aente hesehnidiget , unmöglich, die Beschnldi-
gung mithin onwafar und böslich zu sein, bedanken. Da hab-
süchtige Aerzte ihre eigene Verworfenheit wol schwerlich durch
den Druck bekannt machen werden, so möchten geilnickle Be-
weise übel anfzulreiben sein. Dafs aber eine solche Habsucht
nicht iu das Reich der siltlichen UnmSglichkeilen gehöre, kann
man aus den Werken eiaos viel späteren, aber sehr achiba'ren
Antes, nämlich des Richard Marlon beweisen. Zu seiner Zeil
fing bekanntlich der Gebranch der Fieben-inde an , sich zu ver-
bteiten. Weil nun dadurch die Aerzte, denen die langwellige
schulreohte Behandlung der Wechselfieber ein« reiche Qaelie des
Erwvbs gewesen, einen grolsen Ausfall in ihrer Kasse spürten,
so verbanden sich zu London inebre ärztliche Schelme, dieses
Mittel durch allerlei erdichtete Beschuldigungen in fihlen Knf su
bringen, nm sich auf die Weise den gewohnten reichlichen Geld-
erwerb »u sichern. Diese weltklugen Herren verauchien selbüt,
Morton zn überreden', ein Glied ihrer Bande zu werden; also ist
dieser rechiiicfae Mann doch wol der nn verwerflichste Zeuge soU
eher Scbandtbat. ')
.Weiter mnfsle das gehässig« Aufpassen der Gateniker auf
die. Praxis der scheideknnstigen Ketzer, ihre tolle Foderung, diese
sollten, wenn ihre Kunst wirklich versüglicher sei, auch unheil-
bar« Kranken gesund machen, auch solche heilen, welche hei ei-
npr langen schulrecblen Behandlung schon an den Rand des Gm-
*) VcriMbnü fnlden ett, ood defDiue Dehrioi qaosdu detrecUtorm abiqn,
praMsrUn Loadlni, qsi dola nslii eoDiUlna CApcrnot de bi^u Febrifsgi Tum
pnanatara ■npprineida, n« »eillc«! bse laodBcta ■Mbodo febrot obtranuBdi,
•esrotsatiiuB enmtau eaalgeBdi oeeulo tolleratar. Da boe CDBiptratioiie
Hepe palam v«rbt habsit Dominu Bertrra nanMoopoU jtm deriiDCtn* , cni
fidem !■ bte r« pronpie adbibai ; qaf* BA^oan qnidui et I^it! , qnorun
BDBilDa bonorii caaaa «tleo, nanet !;•«■ , ttadeu illeeebrii, tn ioa« partes
Irabere («atwaDt. — Sitharii Mtrttn »ftra mti. Ttm. II. pag. 99.
— 7- —
bes ^oamen waren, ihr ZetergMchroi wenn ein solcher unter
der Behaadlung der Chemiker starb, ihn gehSsgige Beschuldigung,
er sei durch mineralische Gifte gemordet, nothweodig die Ge-
müiber der ncheidekiinstigeo Aerzte erhittem und sie von ihren
Galentschen AiutBgenossen immer mehr entfernen. „Wunderbar,
„sagt Petrtu Poferüu, ist es xu schauen, welche Scbuiüibungeo
, Jeae Xeidhane gegen mieh aaBspeieo, wenn einmahl ein Kranker,
„wegen uobeUbarer Fehler der Eingeweide, oder wegen anderer
„ZafUligkeiten unter meiner Behandlung iiirbl.*)
Und Hofaenheim sagt: „dafs ich uuiiiögliche Dinge nicht heilen
„kawi, warum werft ilir mir es in den Bartl so ihr das Mögliche
„nicht könnt heilen, und verderbt es, das ich wieder mufs auf^ichien.
„Wie kann ich ein abgehauen Hers heilen, eine abgehauene
„Hand aosetsen* Wem ist es im Lichte der Natur je möglich ge-
„wesen , den Tod und das Leben Eusammen zu fügen und zu vec-
„eioigen, also, dab der Tod das Leben sollte empfahen! es ist
„doch nicht natürlich, aber wol göltlicb." *>
Ferner in den Bmchitücken über die Lnatseueho beifst es;
„Was Laster ist <his, dafs ihr mich seihet, ich verderbe die
„Kranken, so mir doch nicht möglieb ist sie su rerderben, denn
„ihr verderbet selbst alle die, von denen ihr plerret- Sind otKobe
„lehnuahl , funfiehoihahl in der Schmiere gelegen , nun rechnet
„ans, wie das eine Schelmerei sei. Wer will so viel Qneoksil-
„bw hetaustrsiben , das im Mark liegt, im Gehirn, im Magen
»n. s. w. Zu dem, dab ihr sie im Kauobe fünf, bis secfaiuiahl
„gehabt habt, im Holxe dreUsigmahl, im Wasser zehnmahl. Soll
„das von mir verderbt sein, das ihr gelödtet habt, darum, dafs
„ich es Dicht lebendig machen kann das todt ist, das ihr erwü^t
„baiui Sagte her! wer kann die getödteten Glieder lebendig ma-
nchen? niemand: darum kann ich es auch aicht> Sagt mir aber,
„was habe ich verderbt oder getödtet f sagts ihr Laurer ! "
Die letzte untergeordnete Ursache, warum die Chemiker
ihre Ileillefare und Heilmittel geheim hielten, ist in ihrem Ehr-
geize za suchen. Ich sehe die Ehrbegierde als etwas an, was
lar siDollcben Natur des Menschen gehurt, und so wenig ich
den fädele, der den Geruch der Kose, oder den Geschmack ei-
*J Ptiri Pater» opira tmnia midUa et chemica. pag. ISi. Er inllle eine Wu-
Mtaiditife Fras heilen , die j «sit vier HoBateii roa iwei ivhnlrechleD Aeraten
Muidelt, aar dai AeufseMle gebricht war. Er b*l liv >aeh gebeilt, Mgt
•ber bei der Gelcfenbeit. Ego Dei tniiericordii rretna, quid Dostra In bis de-
plerati« VBlereet, eiperiri ninioie recuso, licet invitoi, «t anaepi valde, bmr
oftilOB Bscai cDoieqaerer, Quad ii furle aliqatndo volis coalrBriam coadn-
S*f-i ivm ob labilantiae viicertun eorrupllonem , lom ob oegri ant adtttea-
lian errorei , mimm videre e*t, , quat convkla in aoa evonant iavidi:
henni laaiea DebaloaBin voeein ninime exlimesco.
"] Die Veranlwonsng Ultf eüichs UagliDipraagcn »eioer Uir*gi>BDCr.
— 8 —
nes edUn WeiiiM liebt, eben bo wenig tadele icb anefa den, der
da Blrebl, sich die Achtung nnd das unbegreoste Zairauen geiner
Vliibürger so erwerb«ii, veraaBgeseizt , dafe sein Streben deM
Veralande und der Sitilicbkeit untergeordnet sei.
Es scheint io der Natnr des Menschen au liegen , daft anfTal-
lende Erscheinungen , durch verborgene Ursachen bewirkt , weit
mehr Reiz (ur ihn halien, als die näuilichen Ertcheinnngen durch
vermeinilich bekannte Ursachen hervorgebracht. Wenn also der
scheidekiinsiige Ar» mit geheimen Arieoeifn beschwerliche und
geffthrltche Krankheiten heilte, die von andern wol möchten
achulrecht behandelt, aber nicht geheilt werden, so ist leicht lu
begreifen, dafs er in den Augen der Leute dea Anstrich eines
Wnndenhaters erhielt; war er nun zugleich ein sittlich guter und
ein gebildeter Mann, a* müfsie der meiner Leser ein gnr schlech-
(er Menschenkenner sein , der einen Augenblick zweifeln konnte,
dafs ein solcher Gebeiiuarzt, in den Augen des Publikums, unler
welchen er wirkte, weit höher geschiitst gewesen, .als sei er mil
allen Orden aller Fürsten Europens geschmückt.
Die chemischen Aerzie hatten also ihrer Ebrbegierde de«
Veralande ganK richtig otttergeordnel. Es ist nHmlich weit , Weit
verständiger, dafür zn sorgen, dafs man in den Umgebungen,
worin man lebt, welche doch an widemp rechlich den bedeniendsiea
Einflu/s auf die Annehmlichkeit unseres Oas«Ds haben, für den
klügsten und erfahrensten Mann gelte, als dafa man mühevoll
strebt, sieh diesen guten Namen in weiter Ferne zu sioheni;
Beine Miibürger and Xacbbam hingegen in dem Wahn läfgi, man
sei ein beschränktet Kopf, schlechter Heilmeisler und alberner
Gesell.
, Dafs der Ehrgeiz der Chemiker aber auch der Sittlichkeit
untergeordnet war, daran wird gewifs keiner zweifeln, der sich
dessen erinnert, was ich oben gesagt. Kurz, alles wohl erwo-
gen, war es den scheidekünstigea Aerzten auf keine Weise zu
verdenken, dafs sie sich selbst zu wirklicAen geheimen Medici-
nalräthen machten : Kaiserlich , oder Königlich war ihnen die-
Her Ehrenname freilich nicht Terbriefl, aber er war ihnen auf
das bündigste verbrieft in den Herzen und Köpfen ihrer Mil-
hrirgrar. ')
') Heut zu Tigo , w» dnrub dai Verbot des SelbildiipeDsireni , durcb den
Zwa*g , ftlle VerordDaDgGD io die Apotheke ed ichickco , dei Gafaeinhalteo
irgend eiaei* Sache DDiaS|(lieh fewordea , iit den Aaraten ran dein Getelzge-
Ler eio Hanptpafj , ihren Ehrgeii zb berriedigen , verbaaeo, Sie werden •["
■0 andere Wege lachen müieii , and wir woliea boffen , dafi lie iwner aaf
rechten wandeln. Uebrigena kommt m mir ae vnr, sl* stehe dieiea Verbot
in dem gretUlea Widenprncbe mit dem Staattreebte. Die Aerzle aiad ja da-
durch vnn der Wvhltbat dei Grandgeseliei alles bärgeriicbeo Vereloa , des
Ki|(eulbiuu9rechtei , aosgeichtotsen und zs ESuklingcn des Staates ei-klürt.
— 9 —
Nacbdcn ich aiin 4ie ^ag> beaDtworlet, warnm die Jntro-
cbemiker ihr« Lelir« uod Heilniuel in du gcheiuiailiivolteM üiin-
kel g^ilDet, as tnula ich, l»evor ich in Hohenheiin uad aeinCf
Heillebre übergeh«, eine Ideine EinachBltung nuichea.
Bekanntlich ial die Gescbichle der MmKain in Beireff der
iatrachentiscfaen Sekte seb nager; das liegt in der Natur der
tische aclbM. Die wenigateB Ueheiniftnle lind ja als Scbrift-
sleller aufgetreten; sie babeo ihre Lehre und ihr« UeiliuiUel bloü
■lyndlicfa solchen Aenian witgetbailtt die wirklich Belehrung bei
ihaeu aaclMeD, nicht oi>«t den GüleueebeD Vielwiasem. ÜHlee-
pkratt von Htieni^im, deuen erste Waadeniag wol den Zweck
gehabt babea wird, sieh mit den HeiwKcbkeiieD jener Kekte be-
kannt ZB iMochaa, im rIm in diesem Punkte eia wichtiger Mann,
deMcn Schriften eine erniihaftere.BeaehtMig Terdi«aen, als niao
ihnen bii jeut gcsoheukt. K, Sprengel sagt xwar, GrBifitu sei
derjenige nnier den ParaceUislen , der Hnhenfaeinii I«kre an
besten dargui^U; da aber dieser gelehrte Geicfaichtschreiber di*
I<ebre adbst nicht kannte, wie konnte er denn wmen, ob Croi-
Hu* sie rid^g oder falsch daegastelk} Crof/iiu ist awar ein
Tucbt frommer und ebrlicher Haan, aber übr^ns ein sehr be-
aebr&nkler Kopf, der eu schwach war, IlobcDfaitima Lehre lu
fassen. Waa er darüber Tortrfigt, ist dummes Zeug, das noch
überdies oiil so viel albasmen religiös -nysliiehen Gedanken ver-
mengt ist, dofs man «s nicht ohne Ekel lesen kann , und
Bin Ende gerade so klug ist , als ata. Anfange. *) Sein grdft-
tea Verdienst ist wol, daie er sich Mühe gegeben, die Paracel-
aischen iJeilnnitel sa e>forschen:'*J wie viel, oder wie wenig
er aber in diese« Punkte gleistet, mag ich nicht beurtheilen.
Von Pftracsisas UeilUhre wufsie er gac aiebta; die ist aber ge-
rade die Hauptsache: was helfen uns die Mittel, wenn uns die
Lehre ihrm richtigen Aswendong verborgen bleibt?
Um nun den Lrser mit dieser Heillehre bekuint zu Uacben,
hake ich Folgende Ordnung fdr die beste.
1) Ich werde die Beschuldigungen, die man Hohenheini ge-
macht, einer ehrlich-verstandhnften Kritik unterwerfen.
lo den Sebarse civiliairter, aurgekUrler StMteo beGodiD fieh die Airzte io eiarr
weit aBhBiiBliDherfliiSleUD«g,ils lie lUhim rokcaNalarzaslRPde beSoden würdea,
wo jederieioEigaBthDiBdDrcb Gemltoder List vertbeid igen Icidd. Wer rertcbai-
dot dieieUaUMT — Webrliefa Hiebt dieFBritiB, Dlofatlbnliliiiilcr, deandiBkEB-
acB ja voD d«p Medizin gnr Bichti ; ei«si{ aniere todtaa Amtibrödra vencbnldaB
tie, welebe Pärilen nnd Uinister ber*[b«n, abBr in bdb lebr nabred«rlich Bchundelt
babea. Freillcb, lie baben als Cryptogatajaikcr gaeb ibrcr beslea Bioiichl gebia-
delt, aber leider taagte ibre bette Einaicbt nicht viel. Sie babeu SaaDieo ana^e-
alfent, der auf die Daaer lekr bSte Plücble tragen wird , deren NoihreiQer
wir jettt acboB koste a.
'} Praefalio adaienitDtia.
") Batilica cbjnaica.
Digizsdt» Google
— 10 —
2) Einselne QedaDken deuelben so zimmmenreihen , dafs ihn
daraus jedBF Leser selbst , als VerstaodeBinenschen , als Ant,
und als sittlichen Menschen beurtfaeiten kann.
3) Seine einfache HeiUehra ans beweisenden Stellen seiner
Schriften darstellen.
Zuerst also von den Beschul dignn^en , die man gegen ihn,
noch bis auf den heutigen Tag erhaben. Wir fangen billig nit
seiner rorgegebeaen geistigen Unbildung an. Man hat behauptet,
er habe in fleiner Jugend nicht einmal eine schulrechte wissen-
schaftliche Bildung erhalten, man hat ihn einen rohen nawiaaen-
den Menschen noch in dem jetzigen Jahrhundert genannt, ja ich
habe selbst eine Schrift des jetzigen Jahrhunderts gelesen, deren
Verfasser die bekannte Stelle in Hoheoheims Werken, wo er sagt,
er sei unter den Tannenzapfen geboren und bei KSie und Hafer-
brei grofs gebracht, als ein SelbstgesiSndnili ansah, dab er. in
der ersten Jugend keinen Sefanlunierricht genossen, sondern als
ein roher wilder Jnnge aufgewachsen sei. Hohenheim sagt alwr
in dieser bekannten Stelle blofs auf eine launige Weise : er sei
Schweizer, und höfische Siitea seien der Schweizer Eigenihuin
eben nicht. Die Schriftsteller des 16. nnd 17. Jahrhunderts hat
ein gänzlicher Mangel Kstheiischer Bildung zu einem groben und
lächerlichen Mifsverslehea mancher Aeultierungen des Paracelsus
gebracht, wovon ich weiter unten Beweise beibringen werde.
In der alten Welt galt keiner für einen unterrichteten Mann,
der der lateinischen Sprache unkundig war, mithin ist es ganz
nalBrlich, dafs Hobenheims Widersacher zuerst dafür sorgen
mufsten, ihn in diesem Punkte zu verdfichtigen. Höchst wahr-
scheinlich ist die im sechzehnten Jahrhundert ganz unerhörte
Erscheinung, dafs Paracelsus als Hochschullehrer seine Vortrüge
In deutscher Sprache hielt, die erste Veranlassung zu dem Vor-
geben seiner Neider gewesen, er lehre deutsch, weil er im La-
tein sich nicht ausdrücken kSnne. Damahls war dieses Vorgeben
allenfalls zu entschuldigen, aber das jetztxeiiige Nachspre^en des.
selben ist ganz unverzeihlich. Von mehren angeblichen Thaisa-
chen, deren Z u sammen besieh n entweder unmSglich, oder doch
höchst unwahrscheinlich ist, kann man nur die fiir wahr halten,
welche die glaub würdigsten Gründe für sich hat ; die andern
müssen unwahr sein. Die Thatsache^ dafs Hohenheim, nachdem
er die Ueilknnst erlernt, zn seiner weiteren Belehrung Spanien,
Frankreich nnd Italien durchreiset hat, um die berühmten Mei-
ster dieser Länder kennen zu lernen, hat unparteiische und ge-
wit^tige Zeugnisse für sich, ist nuch, so viel ich weifs, nie be-
zweifelt worden; sie stehet aber doch mit dem Vorgeben, dafs er
der lateinischen Sprache unkundig gewesen, in schreiendem Wi-
derspruche. Er hfilte entweder, wollte er sich belehren , die
FraniSsiscbe, S|Mniiijhe und ItalittDiBche Sprache vertleh«!) mris-
MD, wlire '^o ia dieier Hituicht wail noterrichtBter gewesea all
Ti*Ie QDMrar braligm Aenfe^ — oder er bfitte eioen Dolmel-
sdier Mit lieh führen nöaaea, welehei aber sehr nnwahrachein-
lieh ist, deaa sr ward« ihm nicht geringe Koaleo yeriirsacht
haben, and ao viel man geaehichtlich weift, ancb aus seinen ei-
genen Aeniaeningen eraehen kann, war er nicht wohlhabend; —
•der die FrmxSai gehen , ItBliänischen nnd Spanischen Aerate
müften damchla der Dentachen Sprache mächtig gewesen sein,
welches sie jetat nicht aind; — oder er hat sich in Lateinischer
Sprache mit den ansllndischen Meistern nnterhalten niüsseo. —
Da nun von diesen vier MSglichkeiten die drei ersten gans on-
wabrscheiolicb sind, somnfs die Vierte Wirklichkeit sein. Sie stimmt
anch gana mit dem Gebrauche jener Zeit überein , denn die Knnst-
Frennde aller Nationen verständigten sich damahls einzig durch
die lateinische Sprache unter einander. — Ich habe aber Hoben-
beims Termeintliche Unwissenheit in der lateinischen Sprache
manche nftrrische Dinge gelesen, die ich mir aber nicht ■chrif)'
lieb beineHit, sie also auch nicbt bestimmt nachweisen kann.
Zwei recht artige SiöckcAien , die mir besonders gefallen, will
ich dem Leser mittheilen.
Der Kaiserliche Badearzt StrtielAerger fSbrt in seinem Bu-
che über den Zahnscbmerx viele Stellen ans anderen Schrifistel-
lent^ an, nnd unter diesen eine Denlsche von Hohenbeim,
bei welcher er folgwide Einachaltong macht ; Ita eitim rwao»««
linguae igntrax kam« matemo idittmate lequitur.*) -w- Da aollte
uns wahrlinftig der Aosw ignorax nnd das matemum idioma auf
den Gedanken bringen, der ehrliche Strobelberger müsae selbst
ein , wo nicht fat^tae, doch ÜMuinat linguae ignorex homo ge-
wesen sein.
Unserem gelehrten Jf. Spremgel spielt sein nnnberwindlidies
Vomrtheil, welches er gegen Hnfaenheim hegt, einen noch weit
drolligeren Possen. (Er scheint nHmltcb auch der Meinnng an
sein, Hoheiihelm habe nicht rinmahl Latein verstanden.**) ) Er sagt :
„Manche dunkle und unverstftndliche Ansdrücke sind offenbar die
Folgen setner Unwissenheit.***) — Nachdem er nun mehre solcher
Ausdrücke angeinbrt, sagt er: „Man darf sich ancb nicht darüber
„wundern, wenn man bei ihm das Wort Tonitru declinirt fin-
*) J«. Siph. Strobelbeifmi, tenoistri C««Hr«l mariti ate. De deollut podaifn,
•M potini odoBKcn, iOmvn dMtlm, TruUlus «btobtiMiniu. LipcUa
IS30. pitr. 71.
•■) 6M«Ueht« a»T AiMaaikaada 3t«- Th«ll S. 439 Ia der ABaaritanf.
(NB. Heise Aoffibraagea «u diMaa Werks batlakes rid aar die dritte Aar-
taf«, welche voa tSSl bii 1838 heraoisekoniBea. )
••..s.,- .«.„,. (^.^,^,^1^,
— u —
„del; nla, der S/eiM tonitrui. Hipr Ut der gelehrte und veralftu-
dige .Mann offenbar der Hchluminernde Homer. Wir haben es,
wcriha Leser! doch wol alle in der lateiniscbea Schale gelernt,
dufs die Römer den Donner durch drei Worte beseichneleo, näm-
lich, durch das indecUnable Won Tonitru und durch die declinablen
Tonitru» und Toniirvum. Wober wubie denn Sprengel, dafa
PuraceUus, wenn er sagt, der Siein Unitrui, das indeclinable
Tomitru habe deeliniren wollen! — TonürUi Ut ja offenbar der
zweite Fall des Wortes Tonitruum. Sprengel will entweder
durch seine Ausstellung Uohenheiiu mit Gewalt zum unlateini*
scheu Menschen tiempeln , oder er bat selbst das echt cdmische
Wort Tonitruuat vergessen.*)
So fiel ich die Menschen in dieser Welt kennen gelernt,
verachten gewöhnlich Aerzie, -welche, in der Jugend vernach*
lä&iget, das Ileilgeschäft erlernt haben, alle höhere Verstandes-
bildung; sie erheben vorzugsweise die Erfahrung, and vergesseo
«a'gnnt, dafs gerade eine höhere, vielseitige Geistesbildung den
AfZt weit besser befähiget, richtige Erfahrung zu erwerben, als
Geistesrohheit und Einseitigkeit. Hohenheim müfste eine sehr
seltene Ausnahme von dieser Regel gewesen sein, wenn er, wirk-
lich selbst aller früheren Geistesbildung bar, die Federung einer
jugendlichen Geistesbildung an die, welche sich der Heilkunst
widmen wollten, sollte gemacht haben. £r bat füe aber gemacht,
wie die Leser aus folgenden, ganz anzweideutigen Stellen er«e-
hen werden. Er sagt: „AlleHandwerker, Schuhmacher, Kürseh-
„ner und andere müssen von Jugend auf erzogen sein darin , noch
„mit mehr Fleifa von junger Jugend auf Mahier, Bildschnitzer,
„Goldschmiede. So das in den Handwerken ist, noch vielmehr
„in der .Arzenei, die mehr Lernen bedarf als sie alle.**j
„Darum so ein Arzt auf einen Grund stehen soll, mufs er in
„der Wiege gesSet werden wie ein Senfkorn.***)
*J Da Uh SpTtngfl aahr hoehichlitie , lo ih«g ich nicht glinbep, dah er
dareh leloe AatstallBSg dam Paracelrai bSitich elWH kaba aDhÜagCD iroilen ;
ich glanba vialoiehr , difi er dai Wert tonitruttnt lelbit Targssoep habe.
Hsioa jüngeren Later müjiea sieb über solche Vergewenhait einei gelshrtaa
Haones siebt wundern; man Bndel dergleicbea mehr bei Gelebrlen , beioaden
in Sprachen nnd Zifalen, Kampe z, B. war gewift ein ventindiger Moon
nnd gnter Sprach fo neb er , der tagt aber dach in lelneu dentichm WSrlnr-
bnohe nnler dem Worts Limduntrm Folgeoda» : f'ietleiebt kaben diete Um-
thlere de» Kamen vo» den Linden, teeil tie geico/inlick unter tchSnen Ao.
TitH Linden ihr Wrte* trieben. — Der Sprach faracher marale doeb wo! Wil-
len , dar» in den Niederlandea und ip elnan Tbeile Daatooblanda daa Wort
Lind oichta Bohr nnd Biahta weaigar bedealat, nli dsi Wort Bmnd, dnfa
aliD Lindwam gerade daa ist, wai Bandwarm j nnd doidi hat er, iodem er
jeDN »cbriab, nicbl an daa DEnnigiieh Bekanala gadocbl — Dai Ift 4och wol
ein weil stürkerer 6«dücbtitiri«lelp«r oJa jener noscr«« Sj>r<n(el.
••) Paragranam Tfoct. *.
* ' '■ . „,,,_.dtv Google
— 13 —
Er Isdelt « aehr, daft MSaner im ipateren mXnnlichen AI.
tet sich ooch der Medizin widmeten , welcheH , wie es Bcfaeint»
zur damahli^n Zeit nicht seilen geschtth. Er »agt: „es ist un-
„tnftglich , dafs eio nUer Corrector in einer Dmckerei, ein aller
„Conventor in eines Logikerbors, ein alter Paler in einer Sehn-
„le ein Am werde. Denn wenn ein Arzt soll wachsen ; wie
„kSnnen die Alten wachsen! — Sie sind ausgewachsen nnd ver-
, , wachsen, nnd in Moder vermooset nnd verwickelt, dnfg atchls,
„denn Knorren nnd Knebel daraiiB werden."")
Merkwürdig ist es, dafs er in seinen Scbriflen eine för sein
Zeitalter sehr hohe ästhetische Bildung an den Tag legt. Man-
che Stellen derselben enthalten nicht bloßi schlagende Wahrheit,
sondern dieses Wahre ist auch so schSn ausgesprochen , dafs man
davon iiberrascht wird nnd sich die Frage stellet: wie war es
möglich, dafs der Mann xa jener Zeit so sch5n schreiben konnte f
Fremde Völker, die seine Schriften blofs in lateinischer L'cber-
setziing lasen, konnten dieses itnmftglich erkennen; denn iiiii et-
wa» Schönes auch schSn zn übersetzen, dazu gehSrt schon, dafs
der 13ebeT9et7,er einen eben so guten Geschmack habe als der
Verfasser selbst. Der gnie Qcschmack fehlte aber nnseren Vor-
fahren; er hat sich erst im achtzehnten Jubrhnnderl unter ihnen
gebildet,- also werden die lateinischen Uebersetzungen anch wol
sehr geachtnncklos gewesen sein. Man war in früher Zeit so
vonkominen tlbcrzengf, ParacelsuH habe ganz anerlr^glich bar-
barisch geschrieben , dafs selbst sein eifiigsier nnd wSrmsIrr An-
hänger, üttealfl CrolfiHt, in seiner Prae/atio admoniloria (Vir nSibig
hfilt, ihn deshalb liebevoll zu entschuldigen. Dieser näniliclA Crol-
liiis schreibt aber selbst so ekelhuft, schachtelt Parenthesen in
Parenthesen, nmchi so ungeheure und durch ihre LSnge fast unver-
alündliche Perioden , dafs ich nie in meinem Leben etwas Ge-
schmackloseres gelesen habe.
Wie sollte nun anser Landsmann Pnracelsus zn der Hstheii-
schen Bildung kommen, (die ihm hent zu Tage, zwar nicht alle,
aber doch gewifs mehre vom n heil freie Aerzto zugestehen wer-
den ) , wenn er nicht in seiner Jagend eine gute wissenschiifiliche
Ersiehung genossenV— Gelehrsamkeit können wir als Scbrifisleller
nns anlügen; Verständigkeit können wir uns auch anlügen, wir
brauchen nur mit neuen Worten das alte Verständige nachzn-
sdtreiben: aber ich bitte Euch, werihe Leser! lügt Euch einmabl
äsibeiiiche Bildung an. Das könnt Ihr ja nidit. Wäre dieaes so
gemSeblich zu thao als jenes, wir würden gewifs nicht so viel
verunglückte Seh 3 hsch reiber haben. Der Wille, ihre Gedanken
'} 1. e. — Er hat Raebt. Ein Aral muf« wadueo , absr gewib Dicht all«,
welche ia der Jugend galen Uoterricht genosien , wschien la der Raul ; taa
■•Khen werdeo »ach nsr Rnorreo aid fiaebel.
lieblieh TWsairagNi, ist wol bei sllen da, aber die AnBfafaning
gelingt doch den wenigsten.
Nun wollen wir hären, wu Moreri Qber die Jugendliche
Geisteshildong HobeDheimfl sagt. Moreri und Baifle sind xebr
' gnle geschichtliche Kritiker. Der letite hat den ersten da er-
ginzt, wo er glaabwürdige geechicblliche Quellen vorfand; wo
ihm die febiien , bat er geschwiegen. Nun findet man bei Bayle
nichts über Hohenheim, also muls et dem, was Moreri gesagt,
nichts Glaubwürdiges haben snseixen kBnaen. Dieser sagt, in
seinem hekaonten geschichtlichen WSrterbncfae, von nnserm Pa-
racelsus Folgendes, und zwar nach P. Ramu* und anderen Schrift-
stellern, die ei nicht besonders namhaft macht: Sein Vater (Wil-
helm) natürlicher Sohn eines Fürsten, war gut in den Wissen-
Schäften bewandert und wendete gro&eQ Fleifs auf die Erziehung
seines Sohnea. Dieser entsprach vi^lkommen det Vaters Be-
mühungen, und da ibn seine \eignng xiini Stadium der Medizin
trieb , so machte er in kurser Zeit grofse Fortschritte in dersel-
ben. Er bereiset« Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland,
am sich mit den berühmtesten Aerslea dieser Lfinder bekannt zn
machen. Bei seiner Heimkehr liefs er sich zu Basel nieder, und
lehrte hier die Heilknnst in gemeiner deutscher Sprache. J. B.
V, Helmont, der aber, als späterer Schriftsteller, in mehr als ei-
ner Hinsicht minder glaubwürdig igt als der gleichzeitige Peiru»
RoMut, berichtiget dieses dahin : Pamcelsns Vater, ein gemeiner,
aber bü che rre icher Arzt, hnbe seinen Sobn dem Abt von Spon-
heim, Trtlheim^ zum Unterricht anvertrauet, später dieser von
SigitmuMd Fugger die Scheidekunst erlernt und eine grofse Wifs-
begierde gezeigt.*) Wie stimmt nun das alles mit der Behaup-
tung, dafs er in der Jugend keinen ordentlichen Unterricht ge-
nossen % **)
Das Vorgeben einiger Neider, als habe er Frankreich, Spa-
nien, Italien und Deutschland durchreiset, blofs um sich von den
in diesen Ländern zemtreuleD Geheimflnten und Goldköchen einen
*) J. B. 00B HetmoHi op. «bbis ftg. 222. Wm er Bbric«Ba vod der Waih-
TMOf dM ParBcebai M|t , rerdioat kelaa BMcfatsBg ) er vemeift tWtmhit
•eioa cnte W»deras|, tob der Horeri daeb Rsntu «priebt, mit Miaer swei-
tea. Letite muCt er w«l aBgetretea babea , da er der FrorcHnr an Baael
aSde geworden , deaa Ermtwnti aehlieCit aeiaeB Brier aa Ibn ait d«a Wop-
tea: Vtinmm tit ea ftrhaui quae It Bmtilitit meretur. Wena aaa allei Wi-
derapreaheade geleaei, mt ^reagel aber HobaBhaiB« jnBeadltehe GeiitetbU-
daag aach biieberlieben Aosabeo aafKealalll, »o kina naa auletit aiehta
■abr Blaabea ala dai, was Horeri aach den gleieJuMiliEea Ramaa aad nach
aadarea , wabneheinlieh aaeb Bleicbaeitif ea Scbriftatellrra sagt.
*•} In der Cbirargia maga» (Part. 11. Tract. III. (Up. I.] aennt er bbb aelbit
vier snUtlicbe Herren , oKailicb drei Bltebtifa apd eiaen Saffraciaeun , derea
Schrirtea iba renäglicb belehrt.
— 15 —
Sadc ToU WDodcriM^e ■«Hiamea mi betteln, ktnm Mr in mi-
dien Kftpfen eneagt lein, die selbxt nnftfaig wnren, ani «einen
Schriften win Intlicfaea Winen zn erkennen. Wer dieses er-
kannt hat , nnd will ihn nicht al« «inen m Mltanen Wundermen.
ichen anaeben , der blof> darch eigene Geitteakraft sich den Fes-
seln seiner Zeit enti^anden, der mnla noch glaaben, dafs er aaf
aeiitan Reisen lolcbe Belehrung von den GebeiaiKnien erhallen,
welche nicht blofs in Geheinimitteln , sondern auch in einer weit
richtigem Anaidit der \atnr and de« kranken Menachenleibes be-
standen habe , als tie ihm die daniRbllge Schule geben konnte ^
vnraDsgesetat jedoch , dafs er nicht tait Ge/fiiu ZeMtema denke : Ho-
faenbeim aai entweder naier einer sehr gläckliehcn Cooslellation
geberen, oder darch die Gaben des heiligen Geistes TOnüglich
erleuchtet, oder von allen Teufeln besesaeo gewesen.*)
Die Befaauplnng, die man in alier Zeit ansgetprochen , daiä
er ein Verächter der Wisaenschaften gewesen, hatte daraafals wol
einigen Grund; denn wer das nicht tiir wahr hielt, was Galt»
nnd die Araber, beaondara der Evangelisla Medicoram Sleme ge-
sagt, der war, nach den Begriffen jener Zeit, ein VerKcbier der
Wiesenschaften. Wenn er naa noch obendrein den Götsen Arisio-
telei verspottete, so mafsie er der rohste, verworfenste Mensch
sein.**^ Veta/iut, der die anatoniiscbeB Imhümer des Galen
Stück für Stiieh aafdeckte , wnrde deshalb von den Aertten , na-
mentlich von dem AnBlomen JtKoi SylviH» angefeindet.***)
Hier handelte es sich doch nur von der Form der Tbeile, also
▼OQ sichtlich erkennbaren Dingen, und doch waren selbst Anato-
men so blind fär Galen eingenommen, dafs sie dessen Afl'enana-
tomie durch die Zergliederung der menschlichen Leichname be-
BtSligel glanbten. Aus dieser unbestreitbaren Thaisacfae kann je-
der XtU, der auch keinen einaigen Schriftsteller aäs jener Zeit,
als nur den Vetalif, gelesen, schon schliefsen, dafs Hohenbeim,
der die gan» Galeniscbe ElementanheoHe und den Aristoteles
verwarf, als ein Verächter der Wiatenschaflen ma&te ausge-
*) CreJa , aul mira iafimtutia im ea tit nmlmht , tml mrj*r »pirlttiM tuneH gratia
fs eo, aal aaivtrta txiiteittia DaemaMwm. Di« sSrriteha Stalls «lebst Ta.
I. |Mf. S24 ter SmCtbarger FoUoaiMgabe d«r P«niM)ti«ehM Sebrin«.
*0 Walde Verfolfnf fast aidt P. Ranp w«faa MiB«r ADSTtr« «sf die
Arvtateliiebe Disleetlk «nlaldatl INeliMM^r« Uttmrii^* *t eriUqm par P.
Bayle. Wer «ich hindprstUeb ifa«neii§ea will , wie im «echxefaotos Jtkrbm-
dert 4er Venrtsod eisiig des A>HprüekeD 4at Ariitotele« saterteordnat war,
le«e aar dia PMIataphta HaturaUt AnGrtgor Honi; «i« iit aber etwu tsop
weilif ta letes.
***) Aadreae Veaalil Epiitola, niioeen BiidaBqaa prapiundi ridieii Cfayase da-
eoelsai perlractaD« etc. Builiae 1546. Der Titel iit la tiog, im ihn g«as ab-
BQKhreiben, Au dieiCB Bache kapa naa tiek eine recht lebeadiBa Vantet-
Isaf TW dtn fieiala der daauhlifes Zeit suiehsB. i
— 16- —
schrica werden. Dafg man aber noch in nnscren Tagen diese
Beschuldigung den (lalenikern nachspricht, halle ich für sehr un-
schicklich. Wir behandeln ja alleaammt die Kranken nicht mehr
Gaiemscb nnd d«nioostrtren nlohl mehr Arisloteliach; also ver-
werfen wir das, was Paracelans dreihandert Jahre früfaer verwor-
fen. Wäre er diesen Verwerfena wegen ein Verftchter der Wia-
senschafl gewesen, so mnfsten wir, folgerecht, ja allesammt in
der nSmlichen Verdammnifs sein.
i\nn wollen wirbSren, waser HelbstBuderheBprachpRenBeschul-
dignng sagt. „Ich habe mich (schreibt er) wol eben so stark nnd
„heftig auf ihre Lehre gelegt ala sie. Da ich aber sah, dab die
„Lehre nichts anders als Tödten, Sterben, Würgen, £^kr^lHlM•l^
„P.rlahmen, Verderben macht nnd luricbt, nnd dais kein Grund nicht
„da war, so ward ich beiwungen, der Wahrheil in andere Wege
„nachsugehen : darnachsagten sie, ich verstände den Avizenna nichi,
„Cialeu nicht, und ich wüfsle nicht, was diese scbriebpn. ')
Er drang auf Selbst heobachlung der \etnr und sog diese der
damaligen- ltüch«rgelehraamkeit weit vor; letxte hielt er, ohne .
die erste,, für lächerlich. Er sagt: „Der grolse (laufen hült al-
„lein an die Bücher des Buchstabens nnd läfst die besten Bücher
„fallen, ist faul und will selbst nichts lernen. Sie sagen blofs: das
„bat l'linius geschrieben, das Aristoteles, Avizenna, Galen etc.;
„aber alle verzweifeln sie, nnd keiner will so viel lernen, dab
„er Galenuin und Avizenoani iiberirefie, oder doch zum min-
„desten ihnen gleich werde. Die (inade ist doch uns gleich so
„wol gegeben aU dem Avizenna, Galen und andern. *' )
An einem anderen One sagt er: „Anders sind die Codice»
,iScribenlium^ anders das Lumen Naturae anders das Ijumen
„apolheearior»m. So sie nun nicht eines Weges sind, und doch
„der rechte Weg in Einem liegen inufs; achle ich das Buch Hir
„das rechte, das Gott selbst gegeben, geschrieben, dtktirt und
„gesetzt hat. Die anderen Bücher (nach ihrem Bedünken Conti-
ly/ia, Opiniotte») geben so viel sie mögen; der Natur ist nichts
„genommen." '")
*) Faragrmii drittor Traotat tod der Uebjntj. — Htlmant, d«r bektnotlieh tach
die Gahuiiehe Lebre verlier« , weil er lie Ter aBbreechtwr es den Beilm-
•chäFt erksanle, die WakAeit^sbor aar lelDe eigeBt Weiie (achte, Hgt von
dieser Lehre da« Nimliehe , wii ParaeeliDB , aar ein wenif höflicher : Sntt
fuduit mt, »el ah tdöltteentt, qvod oftruriut •ocalit« mi opat, tUud
prcmilltret, ittrelgtit premiaii : Ego vtro ad infirmmw» initi« morbi et
eontttnHIiia aihuc »ibi viribut voeatu», timitm Mturirt pentitUrtm>
Optra omnim pag. II. Columma 8.
**) De pettilitaU Triciataa 1.
"') LabyriKthiu MirfKerum ia der Vorrede. — Fal|«DdB nette sleioblaatende
Stella fledel sua bei LancUi: Fremant qui Tkearitttn deperemt ; dieam quid
. lentio : Biblietkeea; mekäreitle 1 omniuat philotephoriim ac mediearum vnwi
— 17 —
Er mgt »iMminhlir „Die Aerat« wellen die Niitiir swingen
„in ihren Weg, 4ie dock um Htloher Schütten Lehre rnirf Po-
„eheii niefats g;ibt.*^*)
Umt an einem andern One: „Wm will mich der iMensrh leh-
„ren in de«, dna nicht in ih« iati Die Arzenet liegt nicht in
„dem Menschen; nnd ob der Menmh etwas lehret den nndern,
„fio mufa es ihn die Nainr gelehrt bähen, Hai er es von der
„Xatnr, so lebt sie noch; also bleibt er ein Schüler neben mir
„qimI iefa neben ihm."")
Von den VerfHSsern der ibernpen tischen Lefarbücher sagt er:
„Sie führen eine Ordnung vom Hanpte zu den Füfsen, und all«
„Krankheiten, die in der A-rienei begriffen sind, die niÜKHcn alle
„daran, sie keanen es, oder nicht. Beschämen sich :inszu)assRn,
„das de nicht kennen. Sie streicbea Farbe an, die manchem
„Hein Leib nnd L^ben nimmt. Das ist also, dais ich der alten
i,Scribenten Bücher mit Fleifs nnd Mühe durchlesen habe und ge-
„trenlich gefolgt, aber mit grofsen Schanden abgezogen; wiewol
,,ich nicht allein, andere anch. '****)
Merkwürdig ist das Bild, das er ang von der Liieraltir sei-
ner Zeit entwirft, und noch merkwürdiger wird es, wenn vtir es
an nnsere heutige medisiniscbe Literatur hallfn. „Es toll euch
„nicht seltsam nehmen , dafs ich oiemaad weise anf die Bücher
„des Pa|>ieres, in ihnen den Anfang der Arzenei zu lernen,
„denn die Ursache ist aoth, dafs die betrachtet werde. Kg schrei-
„ben durch einander Gute und Böse, zwtckddrnige Leute und viele
„der Schwärmer durch einander, Gutes und Böses zusammen.
„Falschen das Gute durch das BSse, finden und erheben eher das
„Böse ak das Gute, und machen durch einander ejn Plndermufe,
„dafs einer in die Wellen- kootmt, kann auf kein stilles Meer
„kommen, und ein jeglicher will ven andern Federn seinen Aa-
„men erheben und ein neues aufbringen. Dnrch solche Scnben-
„ten ist die Arzenei gar serbrachen, und ist den papieriscbeo
„Büchern nicht za vertrauen.""")
Nun müssen wir uns zu der berüchtigten Prahlerei unseres
Hofaenheim wenden, t^od untersuchen einmahl etwas genauer als
es bisher geschehen, ob er denn wirklich ein solch ungeheu-
rer Prahlhans, oder ob vielleicht seine ihn mifsversiehenden Zeit-
genossen Sehafköpfe gewesen. Berüchtigt ist seine Prahlerei ge-
Birtf vidtlur tHperare humnni tiirpnra tiber , rnjut toiK»t»larii tunt, guol.
juat ab heMinuHt infenÜM eraratl, in immrinuiH petira rrtctruMl. Optra
Tm. II. pag. M3.
*) De cidneo malrieis t VII.
•*) Da ridaco m«tri g VIII.
*") Fragiaeit xa dam Traktot de cadaca mitricis.
**■•) Llbjriothai Ifediiioniin Cap. 2, Dig iz^di- GoÜ'jlt'
wifs, denn die Hanptildten an« seinen Schriften, welche ver-
iiieimlieh dieselbe beweisen sollen, sind nicht blofs tod ^lehr-
ten ( Geschieh fach reibern hervorgehoben , sondern sind schon
iKngst in AnekdoieQHHmmlnngen nad Yademecnm, als eine treffli-
che Speise lustiger Gemütber, übergegangen. Man bat sieh aber
wohl gehütet,' sie nnverfitlscht xnin Besten xa geben, sondern man
hat sie aus Dummheit, oder absichtlich beachnilleD, nro ein
schlechtes Lieht auf Hobenheim» Charnliter zu werfen.*)
Hohenheim hatte wirklich die L'eberzengung, seine Kunst, kran-
ke Menschen gesund za machen , sei weit vorzüglicher als die der
Galeniker. Ohne mich rühmen zu wollen, alle seine Heimlich-
keiten zn kennen, weifs ich doch so viel ron denselben nnd von
der Knnst der damahligen Galeniker, dafs seine Ueberzengang
auch die meine geworden ist. Sie gründete sich wahrlich nicht
auf Kinbildung, sondern auf handgreifliche Erfahrnng.
Die Galeniker mtifsten sie folgerecht für grobe Prahlerei
ansehen ; denn da sie dnmmglänbig von dem Satz ausgingen :
eiHxig in Galent Lehre itecke die wahre Heilkutut, so mufsten
sie oothwendtg den fi(r einen onerirSglichen Grofssprecber halten,
der seine , aus einer anderen Quelle geschSpfte Kunst ihrer Gale-
nischen vorzog. Wollten teir aber znr jetzigen Zeit diesen
Scblufssaiz des Syllogismus noch für wahr gelten lassen , so wdi^
den wir uns alle als sehr unlogische KBpfe bekunden; denn da wir,
als Nichtgaleniker , den Obenalz des Syllogismns als unwahr
ISngst verworfen haben, so können wir auch unmöglich den
Schlnfssatz für wahr hallen.
Wenn nun aber Ilohenheinis Ueberzengnng, dafa seine Kunst
vorzüglicher sei als die Galenische , anf unverwerfliche Erfahrnng
gegründet, nicht Prahlerei ist; worin steckt denn eigentlich seine
Prahlerei, von der man so viel Auflieben machte — Meines Er-
achlens xteckt sie einzig in dem dreisten , schonungslosen , das
Gemüih seiner Gegner schmerzhaft verwundenden Aussprechen
dieser Ueberzeugung. Aber auch diese Prahlerei müssen wir jetzt
etwas näher ins Auge fassen.
Es giebt eine Art Witz, den man wol am richrigaten den
') Ich bin weil «nlTerDt , alle die , waleb* jene StaRei vtrsläawett •nieführt,
der Büswillitkeit la huehnldlgeD , deuke vielmehr, difi DSDcbe dieielhei
gnlglEabig dBrnmen aod bHswilligen Wldenaebern dei P«neeliai werden naeb-
geicbriebei haben, i. B. C, W. Hufeland, der ii «einerHakrobiolik eine lol-
che Stalle ganz verttBinmelt angarakrt, war ein viel la rechtllehsr Mann, ab
dafa er aie aelbat sotlte vcntümmelt baben ; Ja er beaafa eine anlcbs Ge-
aohmackabitdnn; , dari , balle ar die Stelle in ihreni ZiiaanBenbange snd voll-
atäadls gekannt, er den ricbtigen Sinn derielbaa angeabliekljoh erTaliit nad iia
gawifi Dicht all einen Beweii dar PanecUiiehen Pnhlarej aBfefnhrt haben
— 19 -
rahmredigen neniM; er sScbligct dreist Baflrelen<fe Groruprecher
iadarch , gibt sie dadorch dem j^eodiehen oder gelieimeti Gelich-
ter der Geaellschaft Preis, duh er ihrea kühnen BehHuptungen
DDcb weit kühnere, gasa abkreiaende und ins Llc herliche gehende
entgegenaetxt. Hobenbeimi Termeiniliche Prahlerei ist nichts an-
den als solch ein ruhmrediger Witz ; will man ihn, dieaes Wiites
wegen, Tiir einen groben Prahler halten, ao wird man den Herrn
r. Münchhaosen, desaen anekdotenformiger Wi(z der Art geaam-
nelt nnd gedruckt ist, mit eben dem Fuge einen groben Lügner
nennen iHÜsaeo. Eids tadele ich allerdings: PataceUcis hat unbe-
achtet gelanaen, iah der nibmredige Wila sich in der Bücher-
aprache nicht sonderlich ansnimrat. Selbst in draniaiiscfaen Dich-
tungen wird er sich besser auf der Bühne als beim Lesen aus-
nehmen, denn auf der Bühne wird er darch die erDsibnfie Hal-
tung des Schauspielers, durch dessen rasche, scheinbar ungesuchte
Erwiederungen, und durch andere PerattnÜchkcileo gehoheo, wel-
che beim blofsen Lesen wegfallen. Abgesehen von diesem Mib-
griffe HoheobeiiAH, ist es aber doch kaum, glaublich, dafa man
seinen rahmredigen Witz für wirkliche Prahlerei gehallen ; ja es
iat goN» nngtanblich, dafa man noch in unserer Zeit solche
Scbriftstellen als Beleg« der Prahlerei anführt, in denen er es nn^
am Code verständlich genug sagt , wie wir den Sinn derselben
zu nehmen haben. Es ist sonst die Weise witziger Köpfe nicht,
ihren Stachelr^deD eine Erklfining ansufaangen, Wahrscfaeinlieh
bat den Mobeoheim eine Ahnung, dafg man ihn mifsTctsiehen
werde, bewogen, von dieser Weise abzugehen. Was hat ihm
aber seine Erklärung geholfen t Nichts; er ist bis diese Slunde
ein grofser Prahler geblieben und wird es fortan auch bleiben.
K. Sprenge/, der Hohenbeiius Prahlerei zwar nicht so grell
hervorhebt als manche andere Aerzte, sucht ihn doch auch nicht
von diesem Vjarwurfe zu reinigen, welches wol eigentlich Pflicht
des unparthe iischen Geschichtschreibers gewesen wSre. Er scheint
mir aber nur da in seinem wahren Elemente sich zu bewegen,
WD eine Vergleichong bücherlicher Angaben snr richtigen Beur-
Iheilong eines Schriftstellers hinreicht. Da wo zu dieser Beor-
theilnng auch nur ein ganz mäfaiger Grad ästhetischer Bildung
gehört , ist er nicht zu Hause.*)
Nun will ich die zwei berüchtigten Stellen aus Hohenheima
*) Dia tJeKbmickiblUang iahtTt lich zwar bei den wiDlfittD Hgoithea darch
eiM BaRUfuag , «albit etiraf SebSnea bervonsbriosBa, (diia icbeiot siaa
eipac NatnraütaKS la (abSrai ) ile Üahart lich «bar dccb bei alica, dia
aia baaitMa, darok ciaa Bafibigaar, d» ScbSae ib arkeaaea nnd tob dea
UuehliMn sa aiteraakaidan. War aaiaaa Gaicfanack aar ganz fewSbsllafc
gabitdat bat, dar wird niebl «■■ Witupial wSftliab rentebes, aicht aiae
ditbiwbcb aeln aoltande Elnkleidsog fSr Pro«* labmen. ,1 ,
— 20 —
MViltiii (obüchon mir <!»■ Abschreiben der so oft »bgcd nickten
ziiutdcr int) gnn/. genau, wie sie sich in der tSimfsbiirger Folio-
niisgube von 1610 ßnden, hier hinselzea, und dnun den gebilde-
ten und unparlheÜBchen Leser selbst arifaeiieo lassen. Sie stehen
beide iti der Vorrede au dem Bache Faragrannm, und innn mufs
nicht übersehen, dafs er in dieser Vorrede geinen Widersachern
ihre Unwissenheit, ihre alberne Anhänglichkeit an die Antorit3t
des tialen, ihre feindlichen Gesinnungen, ihre Sncht, jeden zn
verleumden und zu verfolgen, der sich einen neuen Weg zur
Wuhi'heit bahnen wollte, auf eine eben so derbe als spottende
VVeise vorriiclii. Hi<^r sagt er nun: „Ihr mir nach! mir nach!
,tAvK:e»iia, Gnleae, Rhati», Mojilagnaiia') Meme etc. mir nnch!
„und ich nicht Kuch nnch. ' Ihr von Paris, Ihr von Montpellier,
„Ihr von Schwaben, Ihr von Meissen, Ihr von Cöln, Ihr von
„Wien und was an der Donau und Hheinstroin liegt. Ihr Insulo
„im Meer, du Dalmatia, du Athenig, du Griecb, du Arabs, du
„IsraciiiR, mir nach! und tch nicht Euch nach. Euer wird keiner
„im hintcrsien Winkel bleiben, an den nicht die Hunde seichen
„werden; Ich werde Monarcha nnd mein wird die Monarchen sein,
,,und ich fiiiire die Monarchey und gürte Euch Eure Lenden. —
„Wie gefällt Euch Cacophrastns ^ — Diesen Dreck miifst ihr
Hier nennet er also selbst seine Prahlerei einen Dreck, den
er seinen Widersachern zu verschlucken gibt, ich sollte denken,
diese Stelle, die freilich stark nach der unkeuschen Derbheit des
sechzehnten Jahrhunderts schmeckt, sei so Tersiändlich , dafs sie
nicht nol eine »ndere Deutung zulasse als die von mir gegebene.
Die zweite, eben so berüchtigte i^ielle, lieifstini Zutan-iiien-
litinge nUo:
„Ich soll Euer Ketzer und Vagant sein, so mich doch die
„Wahrheit, und nicht eure Lügnerei, zum Wandern bewegt? Ich
„sage Euch: mein Gauchhaar im Genicke weifs mehr denn Ihr
„und alle eure Scribonien, und meine Schuhrinken sind gelehrter
„als euer Oa/enus und Avizenna^ und mein Bart hat mehr er-
„fahrcn als alle eure hohen Schalen. Ich will die Stunde grei-
„fen, da Euch die SHue in Koih müssen umziehen. ~~ Wie ge-
„FüIIt Euch der Perepiamf Wie gefällt Euch der Waldesel tou
„Kinsiedeln! —
Wie gesagt, Hohenheim hatte wirklich, und zwar mit Hecht,
die Ueberzeugung, dals seine Kunüt weit vorzüglicher sei als die
') Heinea jSagereo LcMrn bemtrka icb , iti» Bartholamtut ttamtmgnana , Pn>-
TeiMr lu Piiloa , eia eohtar Galanilur , danahls oMh du gnldM Kalb war,
»ai (liv Aeratc aabelel«a, WMhalb ibs auch Paraoaliai ntcr ü» GGlaaB je-
ner Zeil Mtil.
"■■■ - '■ ---— 'O"
— 21 —
in tialeniker; ftber die grelle bildliche l:^inkl«idung dieser Ueber.
leugung, das vie|uiMeade Gauchhaar, die g«Iebrlen Schuliriiiken
und der vielerfabrene Bart sind doch oSenbar weiter nichts, als
nihinTediger VVitx, mit welchem er meinen Gegnern den Landstrei-
ctier nnd deo Einaiedeliscben Waldesel ziirückEablte.
^Ilen DUO iioter meinen Lesern noch solche sein, welche
ita früheren läppischen Gegnern des taracelsns mehr irauien als
ibrera eigenen Varsiande, to will ich mich aoch noch dieser
freu ndscbaft lieb annehmen nnd ihnen Folgendes zu bedenken
giben.
Wenn die angefnbrte erste Stelle, die von jeher als die be-
irmandsie hervorgehoben iil, nicht ruhmrediger Wirz, sondern
n irkliche Prahlerei wAre, tto würde ans derselben folgea:
l> Dals Paracetsus als Stwingberr in der Medfzin , als Monarchn,
andere Meinungen alx seine eigenen, nicht habe dulden wol-
len nnd nicht habe dniden können.
2) Dafs er seine Knnst als ein vollendAteH, abgeschlossenes
Ganze betrachtet, das der Vervollkommnang und der yerl>ps-
sernng anbedtirfiig sei; denn nur einzig der, welcher diexe
nari'ische Meinung von der Yollkonimenheit seiner Kunst bat,
und kkin anderer, kann die Frechheil haben, sich selb»! als
Zwingherren öffentlich auszarufen.
Die Theologen sagen, man müsse Schrift durch Scbrifl er-
klären; das gilt aber nicht blols von der heiligen Schrift, son-
dern von allen Büchern, Wenn Ihr, werthe fVmisgenossen ! ein
neueres Buch leset, und stofst anf Stellen, die mehrdentig sind,
dann deutet Ihr dieselben doch so, daf'i Fnre Deiitung mit de^
Vrniandesbildung , die der Verfasser in dem ganzen Buche an
dpn Tag gelegt, ii herein stimmt. Findet Ihr aber vollends in dein
It'chp andere, deutliche Stellen, die mit dem mehrdeuligen ver-
wnndl sind, so legt Ihr leizte gewifs so ans. dnfs sie mit den
frsiPD übereinstimmen, zum wenigsten ihnen nicht widersprechen.
Wollet Ihr sie so anfliegen, dafs sie den dentlicben Stellen, und
überhaupt der Ver><tandesbildnng des A'erfassers widersprächen,
io »Hrde Eure Dputuug fine solche sein , die die allen ItSmer
eine neidische (invidiosa) nannten, wir Deutsche eine gehiissige
neanen. Ilafs und Neid langen aber beide nicht viel« man mufs
l)ei einer solchen Bennbeilnng ganz ehrlich verfahren.
In der Voraiis^eizuiig , dafs die Leser diesen Gruud^alx der
Kfiiik billigen, wenle ich jetzt einige Stellen ans llohenlicims
^^chrifien anführen, die jeder niil dem prahlerisch scheinenden
vcffrleiehen kann, und wem der wahre Sinn der letzten durch
dime Vergleichnng nicht klar wird, dem woifs ich nicht zu
hMfen.
In den» dfiuen Tniklai des Buch os Furtigrauum sagt Ilohcn-
— — "-'gl^'
— 22 —
heim: „Der den Krunkcii tr«o and fromm ist, der der Nalnr «itl
„nachfolgen in ihrer Kunst, der wird mich nicht fliehen. Nun
„sind sie doch nicht alle Kriato nachgegangen; hei seiner Zeit
„waren viele, die ihn rerachtelen : warnm solEle mir denn eine
„solche Freiheit sein, dafs mich niemand lollte verachten?"
Wie stimmt nnn diese Stelle mit der Monarchey nnd mit
dem Hiindebeseicben ? Dafs er seine Kunst nicht als ein vollende-
tes, abgeschlossenes Ganxe angesehen, «rhellet aus folgenden
Stellen.
In dem Buche De caduco matricü f 1 heifst es : „Die Arze-
„nei ist noch bis anf diese Stunde anf keinen Termin kommen
„oder End, sondern für und für vorbehalten, weiter and raehre-
„res zn lernen und zn erfahren.*'
Im 4ten Traktat POragrani sagt er : „Nun ist die Erfahrenheit
„von Jugend anf bis in das Alter und gar nahe bis in den Tod,
„nicht zehn Standen bleibt einer ungelernt.'*
Dafs er wol das Geschwils der Galenischen Bucherhelden,
aber nicht die Kunst anderer erfahrenen Aerzte verachtete , und
dafs er sich keinesweges vermafs, ein Viel- oder Allwisser zn
sein, gehet ans folgender Stelle nnwidersp rechlich hervor, die
man im 17ien Kapitel des Buches von den lartarischen Krank-
heiten findet. Hier sagt er deutlich , ganz ohne Riickhalt : „So
„du elwas kannst oder weifst zn dem lartarischen Wesen, niagnt
„du es auch in solcher Gestalt appliziren; denn nicht dafs ich
„alle Kunst kann, sondern andere sind auch, die wissen und
„können."
Nun wollen wir von der Asirologie reden, anf welche er an-
geblieh seine Heillehre soll gegründet haben,*) da -er doch in
*) SpTtngtl Mgt in isiaer Guckichle d«r Hediiin ( 3. Tb«il Seite 439) Holeft-
btim «el aar Oeco}ampaiiu» EnpfehloDS Hochieh all ehre r ig Baiel gewordea.
Dai itetet Ja In den (rettilen Wldenprscbe mit der Behanptang , er habe
lelae Belllehre aar Mtrnlo^iiebeD Uotina f^rSndtt. Oteelampaiiug Is aelaea
exefetltrben CouBCDlarien aber dai Bach Hieb (Cip. 38. V. 33) ugt v*i
der RoMt der Aitrologen: doh e«t alle vaniar et inoertier. Beim 2. VerM
dei 10. Cap. d«e Jeremiai, welcber lantet : I6r tollt nitht der Heiden Weit»
lernen und tollt euch nicht furchten eer den Xelthen det Himmelt teie die
HeidemZttch färehten — atgt er Folpendei : Loeoi eit tuigala eoatra Aatr»-
lofof lapMlor«! oneioM nuilBiei. Seira antem eman eoali , ortam «t «••
Miui atellaram, e qnibat tenpomm d)itin«ii« luhetar, calpa caret. Fatara
antam lade praedieere el vin alellia , qnem naa babeal , tribaero , inpiaH
eal ; ex prino ealBi Geaeaaoi diBcimat , qaod eanun eal laeera et dlatiafaer«
tenpora , operatiaaen aaten la elemeetli Scriptan aoa lideribiu , aed Deo
tribalt, et pr«pterea aon eal lerribile Sainntt aaqae mite VeaerU aatran ate.
Aaeh aber dea lelilaa Vera dea 14. Cap. Mgt er etwai AebaUeket. Wie
ktaa »an aaa glaabeg , daf« dieaer ehrlMe Mann , der dl* Aalrologl« eiaa
■oitleie asd betrlgerijobe Hnait aauat, HobeohalR, bitte dieaer wirkliah
Miae Heillebre aaT ailrolagiteban Uaiiaa sefrfiadet, wun Amte eiaaa Hoeb-
— 23 —
seioeB Sehrifilea ausdrucklich gegen dieaen AberglirabeD aviner
Zeit eifert. Dieses ist gerade die Beschuldigung, von der er sich
am gemäcblichslen reiaigea läfat.
BeltanDtUcb nahm man lu seiner Zeit und io früheren Jahr-
hunderten beim Aderlässen besoadere Itücksicht auf die (lesiirne;
das Aderlabmännlein hat sich ja noch bis diese Stunde als ein
alienbüinliches Bild in etlichen Volkskalendern erhallen. Wir
müiuen eiamahl hören, was Uohenheim in seinem Buche vont
Aderlässen darüber sagt. Da ich aber nicht alles ubicbreibeM
kann, was er sagt, so biiie ich jeden, der sich überzeugen will
es selbst nachniseheD ; ich kana hier nur einige kurze Stellen
worilich midheilen und von den längeren einen Auszug geben.
Im Anfange des ersten TraktatS' macht er darauf aufinerksaBi,
dafa Aderlässen io vielen FftlUa zwar nufzioa, aber doch auch
ohne sichtlichen Schaden angewendet werde. Wenn ea nun im
giiten Zeichen verrichtet sei, beweise das doch sehr schlecht die
liichtigkeit der astrologischen Hegeln. ,, Dabei merkt auch (sagt
^«r) so im gnten Zeichen nichts Arges begegnet, wird es auch
„nicht im Wollen begegnen, und so Im Wollen ein Arges be-
„gegnet, wird ea ench noch im guten Zeichen begegnen; denn
„die Krankbeil ist an dem Ort mehr denn der Himmel, aie will
„angesehen sein , und . nicht in ihren N(>ifaen nach dem Himmel
„regiert werden, haut Eiieh eins sagen, damit ich dies Argu-
„uient bescblieÜBe; Suchet euch ein gutes Zeichen aus, und unter
„demselben lafst fnnfsigen gleich Ader schlagen, so wird euch
„funfzigeriei begegnen. Dieses Begegnen kommt nicht ans dem
„Zeichen, sondern ans der Krankheit. Dieweil Euch solches
,, nicht will maeo Unterricht geben, womit meinet Ihr dann, dafa
„Ihr xa unterrichten seid?"
„Weiler merket auch: ao Ihr Ader schlaget mit aller Anv-
„erwähiung, dafs ofimuhls die Arme erkrümmen, geschweUen
„nnd auflaufen. Solches wird von Ench der Himmel nicht be-
„schuldigflt ; aber den Meister, der aie geschlagen , seihet Ihr, er
„habe vergift, bös Eisen gehabt; welchen ich eittschnidige und
„sage Nein. Ibr habt unrecht gerathen, aus welchem Unrecht-
„mthen das lüebel entstanden isi ; nnd so es im \euen beacheben
„w&re, so hätte es der Himmel müssen gethan haben, nnd die
„Irmng wSre der Astronomie zugelegt, so sie doch der Arzenei
„unterworfen ist."
■ckallokrcra lollte «n; rohlen habeoT — Bai loletiai nnd UnlieheD Widertfrl-
eken , ssf wclcbe wir oaeh in der Folge «lofieD werden , dseke iek fMmer
■a dM WM BayU ie teilen blrtoriKh-erilitcbea WSrterfaacke vei den Ver-
lioadaagea lagt, die nu Über Latber verbreitet: Oa a'e en ^rd •• «eis,
■i au vraieeKlklable , ai aeS regtea de l'art de miäht, «t l'en «'eel iomai
loele te hardlcue de ceaz, qni eoitt trei-pereotdei, qee Ie peblie adoptera
avcBfUBcat Icat ee qa'Üa debiuront, ^ael^au abtarde qu'il psiue dire. i
- 24 —
WnH er weilet tagt, will ioh , weil es ku waillÜMfliff >u, im
Aiiftzog (lern Leser mittheilen. Rr be«ei'kt: unbedeutend schei-
nende Wunden würden zuweilen lödilich; die Aente, die das
Dipiit erklären könnten, schöben ans Einfalt die Todilichkeii auf
die Geiiime, sagend, solclie Lerne seien unier einem bösen
Zeichen verwundet. Diese Meinung Ijicheilich lu machen, führt
er wirklich einen schlagenden Beweis an. In einer Schinchi, sagt
er, werden zn einer und derselben Zeit etliche tausend Menschen
verwundet; nun lehre aber doch Aih Krfahrnng, dafs von diesen
manche Scbwerverwnndete genesen , und manche Leichtverwun-
dete sterben; daraas folge doch ginz iinwiders|ireclilich, dafs die
(■eslimnng, unter der sie verwundet worden, keinen Eintlufi auf
die Todttichkeit, oder Heilbarkeit der Wunde haben können.
In dem Buche De vera inßuentUi rei-UM sagt er über die
HeilkrJifle der Kr&uter, im ersten Traktat Folgendes.
„So wir nun wissen, dafs das Kraut die Tugend hat, so
„ist die Frage: wie kommt die Tugend in das Kraut j — Der
„Bescheid ist : nicht ans den Planeten, nicht aus den zwölf Zeichen,
„nicht aus anderen Sternen, sondern nus Gott, der hat es dnhin
ng*gßhen. — — — Es ist aber srbwer, den grofsen irrigen
„Hänfen da berein zu fiihren, die sich in des Himmeli« Angesicht
„belustigen und lassen sich bedünken, sie sehen, wie . Mnrs,
„Saturnua und dergleichen den Menschen etc. uiachen. Gott ist
„der Schmied und setzt keinen Statthalter, aU die vermeinte
„Aslronoraia und Sternguckerei sammt etlichen Büchern der Fhilo-
„Nophen ausweisen. Daher zu wiseen, dafs aller Dinge Tn^en-
„den (ohne nlle Mittel and Einkehren unterwegs) von Uoii in
„die Natur laufen."
In dem Buche De inveHlione arlivm am Rnde des 3. Traktats
hütt er sich darüber auf, dafa die Astrologen selbst nnserem
Heilande die NaiivilSl gestellet, er sagt:
„Es ist umsonst dafs die ABtroHomi den Himmel stellen auf
„<<eine Geburt und ihn dadurch loben wollen, er sei im guten
„Gestirn geboren. Wie viel sind mehr' Kinder auch geboren xur
„selbigen Zeil tn seinem Lande und weiter, und worden mehr
„Narren daraus denn Witzige. Darutu ist es eine Lapperei, die
„Dinge also zu erigiren."
Wer ist nun unter meinen Lesern, der, nach diesen ganz
unzweideutigen , bestimmten AeiifBerungen Hohenbeims , noch
behaupten könnte, er habe seine Lehre auf astrologischen Aber-
glauben gegründet) Seine Astronomie, die er eine der Säulen
der Heilkunst nennt, iat ein ganz anderes Hing; v»o der loofs
ich weiter nnten ausführlicher reden. Sie halte ioh für eine der
gröfsten, aber nützlichsten Heimlichkeilen der damahtigen iatroche-
mischcn Sekte, und da sie für i:us Praktiker seit dem siehzehiv
— 25 -
tn isbriiuMlArt kein« Heimlicbkait meiu ist, so werden wir auch
wdI Hobaoheims Aeufgerungeo darüber besser versiehen, als man
iie im 16. und t7t0« Jahrhundert verstanden bat.
Nun zur Tbeosophle, aaf uelcbe er anch angeblicli seine
Heillehre soll gebaaet haben. Welchen bestimmten Begrilf ver-
biDdct man mit dem Worte Theosophie^ Ich weifa es wahrhaftig
Dichi. üa das Wort, ins deutsche übersetzt, Uottesweiaheii heifst,
10 joUie man fast vermuihen, ein Theosoph müsse luebr von der
(ioiiheit wissen als andere ehrliche Leute. Was kann er aher
Diehr davon wissen t Einen deutlichen Be^iff v»a dem \\'esen
in Gottheit kenn er ja nicht .haben , oder er selbst müfste Gott
sein. Von den Eigenschaften, die der Gottheit beigelegt werden,
iaon er keine andere Begriffe haben als veroeinende; denn wena
nui sagt: GoU sei allmächlig, allwissend, allweige, u. s. w.,
M bellst das doch weiter nichts, als, Gott ist nicht so unmäcbiig,
Kl unwissend , so uoweis« ab wir Menschen. Uie ganze Tfaeo-
M|)hie ist wahrscheinlich in manchen Köpfen blofs eine Ausge-
burt der . Pbaotasie ; und weil die Phamasie des Menschen sehr
üppig ist, in das Grenzenlose, Unerkennbare herumschwäniien
kann, so wird der Phantasietheosoph sich auch wol eiobilden
hönnen, in einer innigen Verbindung mit der Gottheit zu stehen
und uoniitlel barer Eingebuagen derselben gewiirdiget zu werden.
Die Erfahrung hat aber zur Genüge gelehrt, dafs die Phantasie-
Üieosophen eine grofse Neigung zur Beschaulichkeit haben; die
Xaiar dieses Glaubens, bringt solches auch schon mit sich. Wie
«limuit nun diese Erfahrung mit dem thätigen Leben Hohenheiau,
der die halbe Welt durchwandert , viel Kranke behandelt und
nach obeadrein viel Bücher verfafst hat! Es siebet ja in dem
grellsten Widerspruche mit dem Geschichtlichen.
Wollte man solche Stellen. seiner Schriften, in denen sich
Kin Iromiues Gemnib etwas krgfiig ausspricht, als einen Beweis.
uführen, dafs er foei Uebung der Kunst auf unmittelbare güuliche
Eiagebang g«rechnet habe, so müfsle man manbhe unserer Theo-
logen and Dichter, ahnlicher Aeufseningen wegen, auch zu den
gemeinen Phantasietheosophen zählen. Wir sind so billig, dieses
siebt zu thun; warum sollten wir denn bei der ßeurtheilung
Uohenheims diese Billigkeit verläugnen? Deshalb vielleicht,
weil unsere nnäslbeti sehen Vorfahren so blind gewesen?
Ich werde jetz> einige Stellen anftihren , und den gebildeten
Leser selbst urlheilen lassen.
In dem ersten Paragraph des Buches von den hinfallenden
Siecbiagen äufiert er die Meinung; die Menschenliebe treibe den
Am weit besser ia der Erforschung der beilsamen Heimlichkei-
ten der Natur, als der Hochmulh und andere Leidenschaften.
Hier sagt er dann: „Ist dein Herz getreu und gerecht; ehe dir
-- — '^^8l^"
— 26 —
„TTÜrden Kunst« gebresten durch deine uDwiuende Erfahrenheit»
„es würden ehe mit dir die KrButer nnd Wurzeln reden, darin
jdann.wSre die Kraft, der du Nothdurft hättest. Willst du aber
„in Zweiflung fallen und dich mensch lieber Anweisung bebelfen,
„aufserhalb vorangezeigter Schule, so werden dir zu Stummen
„werden , was du in der Hsnd trügst."
Er hat den Glauben, die Geilheit habe Heilmittel gegen alle
Krankbeilen erschaffen. Es ist wirklich leicht einzusehen, dafs
ein Arzt, der diesen Glauben hat, aacb Heilmittel suchen wird,
dafs hingegen der, welcher denselben nicht hat, sie nicht suchen
wird. Letzter behilft »ich mit mentekUcker Atneeüvng, er sucht
alle Weisheit in den Büchern ; findet er in diesen das Heilmittel
nicht, dessen er bedürftig, so beruhiget er sich nnd Iröstet sich
mit dem gemeinen Trosie , er habe sein Bettet gefhtrn. Nna ver-
hKli sich doch die Wahrscheinlichkeit wie hundert gegen eins,
dafs der, welcher ein Heilmittel emsig sncbt, es eher finden wird,
als ein anderer, der es nicht sucht; mithin ist auch wol nichts
mystisch Theoso^hisches in Hohenheims Rede; man- möchte denn
das dichterische Sprechen der Kräuter und Wurzeln dafür nehmen,
welches doch wahrlich eine sehr gezwungene Auslegung sein
würde.
Sollte nun aber dennoch jemand anf das wirkliche Sprechen
der KrSnter und Wurzeln bestehen, so mag dieser folgende Stelle
aus Hohenheims erster Venheidigung hdren.
„Eine jegliche Krankheit hat ihre eigene Arzenei, denn
,,Gott will wunderbarlich mit den-Kranken gesehen werden, als
„niimlich in den Krankheilen des fallenden Siechiagps, in dem
„gühen Schlage, im St. Veitstanze und allen andern, nicht Noih
„hier zu melden. Gott ist der, der geboten hat, du sullst den
„Nächstenlieben als dich selbst und Gott lieben vor allen Dingen.
„Willst du nun Gott lieben, so mufst du auch seine Werke
„lieben: willst du deinen Nächsten lieben, so miifsi du nicht
,, sagen, dir ist nicht zu helfen; sondern dn mufst ERgen, Ich
„kann es nicht und verstehe es nicht. Diese Wahrheit entschnl-
„diget dich vor dem Fluche, der wider die Falschen gehet. Also
„merket, wie gemeldet ist, dafs weiter aoll gesucht werden so
„lange, bis die Kunst gefunden, aun welcher die rechten Werke
„gehen; denn so Kristus spricht : perserufamtni »criptura» , warum
„wollte ich nicht auch sagen: perscrnlamini natura» remml"
Diese Stelle widerspricht ja geradezu der göttlichen unmittel-
baren Eingebung; denn wer die Aerzte ermahnt, die Natur der
Üinge zu erforschen und Heilmittel so lange emsig zu suchen,
bis er sie gefunden, der wird doch wol nicht, in Beschaulichkeit
versenkt , auf göttliche- 'Offenbarung harren.
Xun will ich noch eine Stelle berseuen, die den Geschmack-
— »7 —
ioMn dra PfcantHfliMheMophie HfthenheiiM mag bMlItiget babea>
ia der aber ein gelAalerter Gescbmack wol schwerlich den GUa-
b«n an gSilUche Eingebung entdecken wird. Die Stelle itehet
im Sten Kapiiel des Bachei von den naiGrlichen DingeD und lau-
te! also: „Von allererst seUe'n wir lachen das Reich Gottes; ab«r
„nicht bei den Priestern , noch bei den Leviten , sondern bei den
„Snmaritanen, So wir die Barmheraigkeit io uns haben und
„ihun dieselbe aneh, so iit Gott mit uns auf solche. Barinherxig-
,,keii, nnd ob keine Hülfe da wir« geschaffen in der Natur, er
„würde von Sinnde an sie flehaffen. Aber dieweil levitisch und
„priesterlicb von den Aerzten gehandelt wird , so bleibt die Kunst
„in der Hand Gottes; die Kranken fahren m Gott in sein Reich;
„der Ant lum Teufel, auch in sein Reich, das soI^wd priester-
„licben Aenien und leriiischen Doc/oribm bereitet ist.'*
Noch eine Stell« aus dem vierten Traktat des Baches Parm-
granvm mag hier einen Plan 6nden. „Du mufst in Gott eines
„ehrlichen, redtiehen ,, starken , wahrhaftigen Glaubens sein, mit
,, allem deinen Gemüthe, Hera, Sinnen und Gedanken, in aller
,, triebe und Vertraanng. Alsdann anf solchen Glauben und Lie-
„be wird Gott seine Wahrheit nicht von dir ziehen , und wird
„dir seine Werke offenbar machen, glaublich, sichtlich, tröstlich.'*
leb sehe diese S(«(len, nnd manche andere, blolä ah Offen-
barung einer höheren LTtik an, die in anserm ehrlichen Lands-
mann» glühte, und die mit der alhemeo PhaMasietbeosophie
nichts gemein hat.")
Sollte aber dennoch Jemand geneigt seio, die aogefBfarten
Stellen als Prosa wSrtUch zu nehmen , so will ich sn dessen
Bekehning Hohenbeimt Anslegnng, wie der Ant an der EAennt-
nila der Heilwirkung der Arzeneien gelange, hier hinsetzen, da-
mit sich jeder Zweifler oberzenge, Hohenheim sei zu dieser Er-
*) lek varBathB , imtt TonegUd HctankehDi AMbcrnDg, Mif die ■ts biulK
im leineB SchrifUii ttSht; du liSchila Wbibd ■«'■ der Urqiell tller Ddlilichco
irdiictea KaantiiiM, aUo «üb dar araeDaiiiebeD , ibo bei LaieblainDigaa
aad UasHabi^D xam Pb«Dlaaietbeo*opIien («micbt babsa. Io Jeaer Aenneruns
■leckt aber do«b keiBesweia der Glisbe aa eine namitleUMre gSttlicbe Bia-
f^Df. Uatar Wille (aiaa aeaae ibn Inaerbia dea fraiea) Ut ai wabrlieb
aiehtalleia, der aai befakiBet, aätiUcbe Hellbeinliehkeiten zu eutdecken,
•ondera Zeit and Umjtlade , die docb •iiinintlich aicbt in nnterar Gewalt i(a-
hea , ile aiad ei , die In aoa den Willen an niialicken Foncbnnsen waeken,
■1« iind e«, die diesen Willen atltan ood Ihn emiarken, dar« er niebt lalh
wvde. Weaa alaa Hoheabeua ia lelaem (reaaea Siane aar den blbliiehaa
Sanwb kinwaitel: aVt guia Cata md allt v»lUowtmemt Gab» t»mwtl *«>
oie» ktrab, eaa äMm Vmtar d>i Liclili, aa wird er, denke iab, wo) eha
la got begriffen baben , all wir alleiamBit , dafa der Valer dei Liebla feaof
Mtörliebe Hitlal und Wege babe , den Ant aa niilillchen Enldaekangeo ii
Uiit»; der abcraatirticlies fiiagebang alio gu aiebt bedorTe,
— 28 -
keDtUaifs gerade auf die aänilicbe Weüe gelangt als wir alle-
samiut, ond seine siirecbenden Kriioter und Wurzeln und sein
uene Mittel schRtfender Gott seien blafk lyriaofae JBiidenjiraclie.
In dem dritten Paragraph De caiittcü gibt er laehre Wege
an, duroh welche die Aerzle zur Crkenntnifs der Heilkräfte der
Arzeneiintitel gelangea. Die Stelle ist aber su lang, um sie ab-
xuKcbreiben, und auch xn wenig bemerkenswerth ; denn znlMzt
lauft alle« darauf hinauSi dafs der Zufall gröfatentheilH die Heil-
kräfte der Arzene'ien entdeckt habe. Die Einfalt der Menschen,
nichiige zauberiacbe Künste, die Chironianlie der Pfianzen, die
Aehnlichkeit der Form und manche andere irrige, abergläubische
Ansichten haben zu solcher Entdeckung Veranlassung gegeben.
So mag, sagt er, manches Mittel blolig der Seltenheit, oder der
Tbeure, oder des Geschmacks wegen verschrieben sein, und
man hat ganx absichtslos eine herrliche Heilkraft in dem gegebe-
nen entdeckt- Nun , wer ist unter uns , der an der Wahrheit
dieser Rede zweifeki mäcbtef
In dem ersten Traktat De Petti/itate findet man noch eine
nette Stelle der Art. Er sagt: „Es sind - mancherlei Arie-
„neien von dem gemeitieo Manne erfunden worden, davon noch
„in der Arzenei die .Kränler ilen Nameo tragen, wie den
„gelehrten Aerzten wissenltich. Es sind aber solche Arxeneien
„in des gemeinen Maiines Händen gealanden, wie ein gntei
„Schwert in eioes Krenken Gewalt und Hand, denn er kann ea
„nicht führen. — — — — — — . — — — — —
„Solche Arzeaeien langen an uns Aerzle aus des gemeinen Mun-
„nes Händen; so sollen sie doch nicht anders in unsere Hände
„kommen, denn wie ein gutes Fechiscbwert ans des Unerfahrnen
„Händen, der das Schwert nicht kann brauchen. Aber so wie
„es in eines erfahrenen Fechiraeistors Hand kommt, und nach-
,,mahla der Fechfmeisler das Parat damit schlägt, und braucht
„es nach seinem Willen künstlich, also sage ich, soll auch ein
„Doctor wissen kfinsilicher zu handeln mit der Arzenei als der
„gemeine Mann."
Haben denn, werden meine Leser jetzt fragen , alle Aerzle,
selbst unser gelehrter Gescbichlsch reiber K. Spreugel, sich so
gröblich in Paracelsua geirret} sollte er wirklich der Theosophie
nicht angehangen, sie nicht mit der Medizin vermischt habendi —
Ganz unbedingt mag ich das eben nicht behauptet]: ich behaupte
blofs, er war nicht gemeiner Phantasieiheosoph. Ich weifs iiichi.
oh unsere Philosophen zwei Arten der Theosophie unterscheiden-
ich unterscheide sie aber, und zwar nicht als Philosoph, der ich
nicht bin, sondern a|9 Beobachter des leiblichen und geisii^m
Menschen, der ich als Arzt sein iimfs. Die Art der Theoso]ihte,
von der wir gesprochen, ist eine Ausgeburt der Phaulasic.
Eiu andere Art ül ratn«a Enengnifs itw sitilicben GeRihU;
TMi dieser letiiea möchie ich Hobenhcim ntcbt frei
Was iHRD daren hin nnd wieder bei den nach paracet riadien
UeheimSnten findet, ist dunkel; so nel ich weirs, hat sich kei-
ner bestimmt und aasfShrlich darfifacr geünfsert. CroUitu spricht
iwar in seiner Pra^alia admo»iloria viel davon; seine AnhXng-
liehkeit an kirehlidie LehnStse macht aber das Dunkle noefa
dankler, bo dafs man zulelat aelbit nicht weifs, was er ha*
ben will.
Ich kann dem LeflOT -won dieser Gefählslheosophie nicblt
anderes sagen , als das , waa mir als Gesa mniicind nick too
dem Einzelnen, auf welches ich hin- und wieder gestoben, über-
geblieben, nnd dieses mag angefiihr Folgendes sein.
Die Heilkunat gründet sieb urspriingiieb aof das Gesets der
Liebe, welefaea ans nicht voa AaÜMo gegeben, sondern Theil an*
aeres geistigen Wesens ist. Wie die ünfsere Welt uns den Glau-
ben an eine allmSehiige Welinrsache aufdringt, so dringt die heilige
Welt in unserem Innern uns den GlaiAen an eine unbegriR'ene
llrliebe auf. Das Gotusgesetz . der Liebe, welches in uat lebt,
ist in Widerspruch mit unserer Sinalicbkeit ; je mehr wir aber dem
Geseixe folgen, Geis, Hocfammb, Selhetsucfai und andere Lei-
denschaften in DU bekämpfen, am so stärker wird <fflser Gianbe
an die Uriiebe. Der höchste Grad dieses Giaubeux, der aber
nnr dureb mügliofaste Beficinng von allen irdischen Leiden-
schaften erreicht wird, ist die innige ^'eieinignng mit der
Gottheit. Auf dem mit der Urliebe geeinlen Arst ruhet der
Gottesfriede, der ihn beftihiget, die schweren PSichlen seines
Bemfes, die nur au oft dem sinnlichen iVlensehen widersireitpn,
mit Freudigkeit au erfällen, nnd durch das Befreitsein ron der
Koechtschaft der TjeidenacbafieD wird aein Verstand heiler, und
fRh!ger, die heilwirkeoden Heimlichkeiten der ^'atur au er-
foraeben.')
■) Dttmiaeit malricit. Paraf^aptut U. Bier baban wir di« Pylh»gori(eh-Plt-
tMitcke RclDlsssf «nd GvItüMtchaDg, vod weM>«r GottibitticbaDK «nrh Hiß-
polvltt iprichl. Ueberhasft hsb« ich b«i flabsoMsi mebrs Plalooiiehe Gc-
dankta «Marforgnton ; da iah abar nlebl n 4w Zanft derer gahlira , diei
weas «i« bei etilen qiitaraD 8obrin«lal1ar asf SaiaDkes treffco, die lehwi ela
viel fribarw aaaieiyrethM ■ fatliglicli f laabas , der spllere bebe *i« na de«
fräbircD enllebat, oder lis ihn abgeatoblea ; aa Ba( ich sacli H«beabeiH kei-
oeiwag* eiasi (ckrlflitelleriacbaa Diebatahla saihen , begreire vicliaebr reeüt
gDl, darb eis and dartatbe Gadaok« rieb In «ielea, ja in natihllgeD Mea-
acbaDklipren na aalbt eraesgea kdaae. Z. B. der, de« PiMa in PhNo aoa-
(pHcbl. Lermaji ■>( nitklw ah titk triKueTM , Indat fich anefa In Bnbea-
balBi SebrlftcB iB. II. S. 319 A.), okoe dah jedeeb Hnbeeheisi, ^^tlk Pta-
la, ein vorgeborlliobaa Sein aoaerei Seala daraaa bairnleilea taebl. Dieaer
Gedanke bembet ano deeb asf eiser gaai sSTtrhesobaiea Selbatlltaaobais ;
"■■■ - ■' ^-'-~-^-'
Nim boffe ich,' die Leaec werden Hohenbeim venteben,
wimn er §aft: „Schwataen, sufs R«4len, Blandtrsn Ut'des Mwi-
t,les Amt; Helfen aber, qutx sein, erachiefsiieh , ist des Herzens
„Amt. Im Hersea wächst der Ant, sai Gou gehet er, des na-
„türlichen Licbtei Ist er, der Erfabrenbeit."
Es ist doch wol ofteabar, dafs diese Tbeoiophie, oder my.
siisube Theologie, ein reines EraeognifB des aiitlicben GefShls^
nicht aber der Phantasie ist. Freilich maf« ich als Beobachter
des geistigen 'JUeaschen sugehen, dafs in manchen Menschen
beide Arten der Theosofhie wunderbar unter einander gemischt
sind;') ich kann aber doch in Hohenbeims Geist diese Vermi-
s<^ung beider nicht oachweisen.
Man hat gesagt, die GefShlatbeosopfaie sei Platonisch - Py-
ibagoriacben Ursprunges; das ist aber,- meines Erachleos, «in
sehr einfSltiges Vorgeben. Da sie ein reines Ejrengnift des sitt-
lichen Gefühls ist, so muls sie schon vor i^/tAagora» und Plata
in der Welt gewesen sein, und wenn sie sich sp&ter anch in
ktistlicben Gemüthern iufserle, so beweiset das wahrlich nicht,
dafs diese Krislen PUtoniker waren, sondern es beweiset blofi, dafs
ihnen, sowol als dem Pytbagoras and Pinto ein hohes, Qberwelt'
liebes Musterbild der Sittlichkeit vorschwebte, dem sie nacbsii-
slreben suchten, kurz, dafs sie Menschen, sittliche Menschen
waren; denn ist das Sitiengeseti in uns, oder, wie der gemeine
Mann sagt, das Gewissen, wol etwas anderes, als das Leben
eines unerreichbaren, überwelllichenMaBterbildes der Sittlichkeil ?
Die Meinung der alten GeheimKrzie, dafs der Verstand des
Arxtes durch die ßesiegung aller irdischen Leidenscbafien vor-
sriglicfa befähigt werde, die heilwirkenden Heimlichkeiten der
Natur zn entdecken , mag ich gerade nicht verfechten , sie kann
blofs ein frommer Glaube sein. Eins weifs ich aber bestimmt :
dena da wtr d*i NichlwIusD deucD , wm wir «iBashl wiu«D , nni ■■■<{-
lieb (inaliiik vontetlBD kSsDen , lo mntk Dalhweiidi|[ sin Gefülil , •!■ ob wir
ei voD j«b«r gBwarit , ant einwobaeB. Du froher« Niebl^wafttbabeo Ut
bl»r« etwu GMcbiebdlohM , wsi nun Verftiad •!• w«br aasHtaBBaa nnff,
Vena ei gleich nntBroH GefSbl« , itt Ufegebcnen Grande* wegen , wider-
•pritbt. Wer kaao aan >weifelB , dab der vetaMintHcfa Plalaeiiehe Gedanke
■kh in vieha , ja ia iniEbligAB vor oad naeh Plala Jebeodan Ripfaa ar-
naiit babef Wahrlteb I nar der kSanta daraa aweifeln, der des lellaaBea
Glaabena w£re, kein Haaick lai in) Stande, tlA grober SelbattÜMck nag bii-
ngnben, all allaia der gStllielie PUto.
"} Weaa Vermiiakang itl in maaekea GaiiUra aabr haraloi. So iat i. it. dar
Qlaabe an «in käartigef Laben ein reinei Briangnif^ de* ititllcbea GelSbli.
Da aller asaer aitüichea Gefebl aai über die ^t daa kaalUgen Saini gani im
Dankala llUat, lo iil anch daa, waa aaaehe Hanacbeo von dam WU dea
kSoMgea Saiai glanbea, .wlknen , neinan, ikr Basiebea walltieker Varatek
langen anf dn äborwellliobai Leben , bieb ain Etseagatri ihrer Pkaalaaia,
jadooh ein Mkr aaaeboldtfaf , 4m wa4er ibaea aelbit, noeb aadarea aalkadat.
— 31 —
"mEhr- nmd GtU^a, Hochmoih nnd SeltwtBiicht den Ant ru
ulckn naulichen Eiitdaekuiig«D vorsSgJich ^schickt macliten,
u mnhte die Heükonit schon lange vor nnserer Zeil auf den
bächiten Gipfel möglicher Vollkommenheit gebracht seis. „Wehe
>n Arste fangt C. W. Unftland), der Ehr- oder Geldgeix
>jui Zi^ seine« Slrebeoa macht. Er wird im ewigen Wider-
i,i^ehe mit sich aelbst and anneo Pflichten gteheo; er wird
^ne Ht^Bong ewig getfinscht und sein Streben nie befriediget
„fiodea , nnd inlebt einen Bemf Terwfinachen, der ihn nicht lohnr,
„weil er Minen wahren Lohn nieht kenne."
Nun mnfa ich einige minder wichtige Beschuldigungen, die
man Hohenheim gemacht, untersncheR.
Er soll Goidmacher gewesen sein. Diese Bcschuldigang
schreibt sich tos einet., Zeit her, wo, bei den unverstSodigeo
Galenikem, Sduidekanai mit der betrüglicfaea Goldmacherei ver-
wechsek wurde. In spSlerer Zeit ist es erst Sprachgebrauch ge-
worden, das Wort Alehtßmie fnr Goldmacherei, and Chemie ffir
die Scheidekanst überhaupt m aehmen. Manche apftiere Aerate,
die sich wol wenig nm die Verflndening des Spracbgebranches
modiieo liekümmert' haben , mofsten Hohenheiins Goldmacherei
scheinbar in aeiaen Sehtiften bestätiget £nden ; denn er spricht ja
nach dem damahligen SjwacbgebraaclM von der Aichymie, aber
nicht Ton der Chemie; Freilich, gelehrte nnd verständige Männer
werden dieses Mi&verslflndnila wol recht gut eingesehen haben;
aber in nnserer Literatur ist leider die Stimme der Unverständi-
gen mweilen lauter als die der Verständigen. Das Wort Alchy
mie soll , wie kundige Leute behaupten , arabischen Ursprunges,
und die erste Silbe* AI 4er Andeoler oder Artikel sein. Ich mnfs
«s glauben, denn ich verstehe das Arabische nicht; ans ist anch
hier wenig an einer Erklärung des Wortes gelegen , sondern mehr
an dem Begriff, den Hobeoheim mit demselben verbindet, und
den bestimmt er also: „Was ist Aichymia^ Eine Bereiterüin der
i^Aneoei, die da die Arsenei rein macht nnd lauter and giebt
,,sieSollkommeo und ganz, dafs der Ant sein Wissen vollende." *)
Im Bacbe vom Terpenfhin heibt es : „Die Scheidung lehret
„die dritte Säule der Arzenei, nämlich, die Kunst Aleii/mia'
„nicht die Alchimie, die da gebraucht wird, Silber nnd Gold
„zu machen, (denn alle Länder voll solcher Boben erfüllt sind)
„sondern die Alchjmie meine ich, die da lehret vf>n einen d ersehe i-
),den ein jegliches Sfj/tteriuat in sein sonderes Reiervaeulum."
In dem Boche, genannt Coelum pkilotophorum «r» Mer
vexationum, macht er sich über die Goldköcbe Instig nnd sagt:
*} ¥rmgm»mtm m*M:a ad Portgraimm fTtinttittü.
itv Google
- 33 —
yyAlekymi« ial nnr «in Filrnehmen Hnt) ein Itatlg G«iiiehi, ilnnit
„mxn i(ie UeflGhl«chier «ter Melslle verwHndell, nus «tncin Stm-
„«te iin^j Nfttnr in den nndereo au bringen. Demnach mag jeder
„wol tlichien eine gute Rlciiymiatische KnnBl daich sein Sinnen
„und Gedanken; denn wer bafs dichtet, der trifft anch bafi die
„Knnst nnd findet die Wahrheit." — JNnn, ich denke die Wahrheit
werden alle Goldmacher laulelzt wol gefunden haben.
Dafa aber die Knnst Geld zn machen nicht erfunden sei, sagt
er ja ansdrücklich in dem Buche vom Vitriol, nnd zwar in dem
Kapitel von dem viiriolischen üel in der Alcbymie zu gebrauchen.
Er fSngl das Kapitel mit folgenden Worten an: „Damit ich Euch
„aber unterrichte, was doch für alohymiatiBche Possen im Vitriol
,^ind u. s w."
Aas diesem Anfange kann man schon den neckischen Geist
abnehmen , der in diesem Buche henscht. Nim behauptet er,
Eisen sei in Kupfer sii verwandeln; er lehrt auch den Proxefs.
'Dafs er das aber blofs Ragt, um die Unkundigen zum Besten sn
haben,, ist oB^nbar; denn in dem nämlichen Buche (anter der
Aufschrift von den Speciebus det Vitriol») kann man sich iiber-
xengen, dafs er und andere es recht gut wnfsten, dafs sich aus dem
Kupfervitrioi das Kupfer auf Eisen in fnetalliacher Gestalt nredei^
schlügt, die angebliche Verwandlung des Eisens in Kupfer also
nnr Blendwerk ist; an dem angeführten Orte heifst es ausdriick-
„lich : „Nun igt det Vitrinh Prob« an dem , daf* er wohl
,Ji9pfere a^f Juten."
\|icbdem er nun die possenhafte Verwandlung des Eisens in
Kupfer ausgelegt, fahrt er also fort: „Bei der VermSglichkeit
„(nävtlich £üen in Kupfer xu verwandeln) ist uns allen wol
„abEunebmen , dafa noch mehr mSgen sein solcher Transmulatio-
„nen, aber uns nicht bekannt; denn es ist nicht minder, viel
„Künste sind uns verhaltet, darum, dafs wir Gott nicht gefällig
„sind, dieselben ans zn eröffnen. Nun aber. Eisen in Knpfer
„zn machen ist nicht so viel als Eisen in Gold zu machen; dar-
„um das Wenigere ISist Gott offenbar werden, das Mehrere ist
„noflh verborgen, bis auf die Zeit des Helitu^ so er kommen
„wird. " ■)
*) Die Z«it des Heliat, von der PeracclioB Babrmals sprkbt, war Jtim, iDd
wibracheinlirb deo GeheimSrileD überbaupt, etos iiDbestiDiaibare künftige
Zeit, Ib der ibre elaracbe verdandesreebte Lebre, die sie, wegen Undald-
Mmkeit der acbsireeblei Aerale lange gebetn goballeo, offeoknadig wurde ge-
lebn werden, and von der Hebnsabl vertlaadiger Hiiiter Beirall erbalten.
Bei des Worte Heliat kane icb nicbt gat an den Propfaelen Elias denken,
denn waa bat die Hediila mit den nnd teinem feurigen Wagen m scbaffent
Ba liegt einmn weit niher, dabei an den Helloi in denken, na ein Liebt,
du eiasi da« dnukle Wimal der Mediiin beleacbten wird.
"■■■ - ■' ^-'-~-^-
— 33 —
1b Acm 6. Cnp. Lib. I. dvt Bh'fMoph. aagac. heifst m:
„Wn nicht ganx ist nnd nicht Tollkominen , rfns ist niohf von
n€«t, BOBflem Fantuej T«n Menuhen, als ein Exampel mit
ijkt Alcbcmey ; die 4a wollan Gold nixl Sittier madien , das ist
„Meht gerecht, dn-inn dreachen sie leeres Strsii, denn es ist
„nicht van tioU gegeben, sondern Erdichlevei ven Mensehen."
Man hat es sehr anttSfstg gefuadeB, dafs Hohenheim den
jET9f«en Theil seines. Lebens nit Wandeni verbraehi; dieser
Wanderang wegen hilt loan ihn einan Landstreicher genannt, ja
ibn W(d gnr mit herDmciefaenden Marktsebreiem und Beutcbichnei-
Jera in eine Kategorie ' sstsen wollen. Wir müssen einmal hö-
rni, was «r in seiner vierten VertheiSignog selbst darüber sagt.
Er bat gewandert, um 'die Meialte in den Bergwerken selbst ken-
nen za lernen. Die Berge (meinet «rj gehen fticbt dem Arzte
oacfa, sondern er ntafe ifanra nachgeben. „Wo die MiitentUa lie-
,^n, da ahMl die Kfinsiler; will einer Knnsller suchen in Schei-
„dnng and Bereitnbg der Nato», so nala er se sachen an den
„Orten, da die Mitterafim sind.^
Ferner war der Zweck seines Wandems, allerlei Künste und
HandwM-ke da kennen n lernen, wo sie rorsnglich getrieben .
nurdea. „Die KfinMe, (»tfgt er) babm nicht Füfse, dafs sie dir
„die Metzger nachtreiben könnten.*) Sie sind ancb nicht in Kisten
„sn fBfaren , noch m kein Fafs sa venchla|^ : diewell sie nnn
„den tiebrechen haben, so mnfst du dasselbe ifaun, was tie ihun
„sollten." Endlich wanderte er auch, nm die Krankheiten vei^
schiedencr Länder kennen 2u lernen. Er sagt: „die engeländi-
„sehen TlnmoreB sind nicht Ungriscbe, noch die Neaptdilanischen
„Prenfsische , darnm mnfsl dn dahin ziehen , da sie sind , and je-
„mehr dn dabin siebest nnd jemehr ihrer erfährst, je gr&fger dein
„Verstand in deinem Vaierlande."
Ueherhaapt glaubte er, man känne die Xatnr nur dnrcb ei-
gene Beebacfaiong kennen lernen. Am Ende der vierten Ver-
iheidignng beifst es: „Das will ich bezeugen mit der Xatnr; der
„sie durchforschen will, der mnfs mit den Füben i^e Bücher
„Utttn. Die Geschrift wird erforsi^iet durch ihre Buchstaben,
„die Naior aber durch Land an Land ; als oft- ein Land , als oft
„ein Blau: also ist Codes Natttrae, also mnfs man ihre Blätter
„ninkehren."
Dafs bei einer solchen Wanderung weder viel Geld zu er-
werben, noch ein üpi'iges Leben zu rühren war , siebet jeder von
*) VRTHieBBbsr iit Ker durch SebnU det Dracker« oder Abtebraiben «twu
astealUMB. -Id der Uaedtcbrlft wird der Sali wol «eltitet haben : Die Ria-
iti hibea nickt FöTie , dafs bbu lie dir , wia das Vieb dea If elif crrt , iMch-
lr*'*«i kSaale. — S« hM ancb der Geofer UeberMlwr dea Sin« «"f^^^lOQlc
— u -
selbst ein. Die, welche [lubeaheiw , ■mdbi WanderM wegen,
in Eine Knlegorie mit Mnriiteotireieia und BenteUchDeidem ge-
setzt haben , inüssen seihet so engheni^ Geielleo geweeen hid,
dHfs sie sich nicht eininahl m dem Gedanken m erheben ver-
mocht, ein Mann könne, ohne Aussicht anf reichen Griderwerb,
blef« aus Wlfebegierde welle Wanderungen nnlenwhmen.
Wie angenehm damahhi das Wandern gewesen, beschreibt
uns Hohenhflini nach seiaor lawiigen Weise also. „Es ist wol
„wahr, die es nicht thnn fdai fV«»dem,) haben mehr, denn die
„es tbnn. IJle hinler dem Ofen sitaen, essen Rebhühner, und
„die den KBnaien nachsiehen, essen eine Milehsnppe, Uie Win-
„keiblaser tragen Ketten dnd Seide an; die da wandern, ndgen
„knnm einen ZwUlicb in bezahlen. Die in den Ringmauero ha-
„bea Kaltes und Warmes wie sie wolten; die in den Kfinstea, —
„wenn der Bnnm nicht wäre, sie bitten nicht einen Sdtatlon.**
-Zum Sehlnsse dieses Artikels bemerke ich noch, dafa die
Galeniker, iadeM sie Hoheobeisna Wanderuofen beepotleten und
denselben nnedl» Beweggründe muersehobeti , sieb, gerade durah
diesen- Spott, selbst als faScbstunwissende Menseben bekundet
haben, die nicht einmaht ihres AbgotMs Galen Schriften gelesen,
denn der hält ja das Reisen für nötbig und aoerlälslich zur Aua-
bildnng eines Arstes.*) '
Die Bescfauldigang, Hohenheim sei eia Verädter des Kristeur
(faams gewesen, mBcbie auch schwer au erweisen sein; um so
leichter ist aber dei wahre Grund dieser falschen Beahuldigung
XU entdeken.
Er machte sieb die Geistlichen tu Feinden; was Wundert
dafs ihn diese als einen unkrisllichen Menteben aassohrien. li»
z\v«iien Traktat De petlilitate seist er Elftster und Hurenhofe in
eine Kategorie. In dein Buche De caducc malricü §. /. gebet
er den Geistlichen, die damabls meist Vorsteher der luilden 8lif-
inngen waren, selbige «her wol aiefat aum mildesten vecua'leii
Mochieo, liun cn Leibe. Er sagt, itu Spital liegen die Gesunden
im ltciie,^und die Kranken, Dürftigen, Prefsbaftea iw Sialle.
Er gediehet es, schon früher die Geistlichen ermahnet zu haben,
sin Kollien ihre feinen llemdpu den Kranken geben und ziehen
die schiiiuizigea seihst ho; und «as er ihnen noch weiter vor-
wirft, ist auch nicht viel tröstlicher als diese Ermahnung. Er
schliefst endlich also: „Tbnt was Ihr wollt; so Euch Kristus
•) In des Buche ^ued apliMui nedicut idem tl ttt lHiilotophu$ Hgl «r (nMh
UratmMi UebenclZBiig) Jam ter» cam apetleat mtdiram varia* rtgi»nei orhit
tutiranr, d/eenatqnti eitllatmut tl heeruK Umperaturat, Hm», rt toatti-
iKtioua armraU ii»»-|ic, ■! de imi peiiü Jid/efam fem ; maHiM'tm uUqat
'•'> 9ai laltt lil «raMurat; mm detere ■•* mod» coatemptortat prruniur,
iid tupr^ modKiH tttam indattrium atqa» imptgmm rite.
— 8ft —
„nidbi bewegen mng, wm wollt Eaeh denn bewegen neiD Schrei-
ern, dns Ihr doch weder ^lesen n»eb hören werdet. Also sicci.i
„der Tenfel in Ench, and nicht der heilige Geül, den Ihr tlnch
JfthKhltch Bnlüget." •
Abgesehen tob diesen ansagenebmen WahiheilNi, die erden
GeiaiHcbeB »agt, Debet in dem nSmlidwn Paragraph eine Stelle,
iie allein hinreichte , ihn, nech damahligen BegriHen, als einen
Verächter de« Krislenihnnu m beBeiefanen; Rte lautet aUo: ,.Ibr
„«<rflt mir es fnr unkriHilich achten und analeren, lo idi tm
nmändlieh rede, und aage: ei sei nülier, du wäschest den Ar-
nüirn ihre Schaden and bindest denselben ihre Wanden, denn
„dafi Da in der Rieften aietiest plftrren, and in der Prim und in
,,der Ten, Vesper, Conipl«. Ihr sagt, ich sei unkristlicb dar-
„na nnd handle wider den kristlicben Glenben} Und ich bin
„es, der es von Krisle hat, dn sollst speisen, trAnken, klei-
„den, nnd hat dn Metten nicht gedacht."*) Uebrigem hat er
sieb, so viel ich weif«, nicht von der rdmisoh-katbolischea Kir-
che lesgesagt, obgieich er,- nach der angefiihnen Stelle zn Sefalies-
sen, anmögli^ «a echtrr katholischer KHst sein konnte. Zniu
Lathelaiüainus ist er bestimmt nie übergegangen, er ncblele je-
docfa Laiher als eineq Geistesverwandten, nnd wenn K. Sprem-
f^fl in diesem leixien Punkte anderer Meinung ist, **) so sprictit '
gerade die Stelle,' die er ans den Fragmenten als beweisend an-
führt, gegen seine Meinang, denn sie schliebt Ja mit den Woi>
len: „Schimen siänide Ench wohl an, dafs Ihr mich wollt Luthe-
„riria heifsen, dem am allermehrslenSchfilke und Buben feind sind.**
Mit der angeblichen Verachtung des Kristenihums stehet Ho-
benbeims Tenfelsbundnetei im ■Bcbnea Zusammenhange. ***) Da
*) li «clneB Mfei»st«D pkilsMpbitcbcD Sehriflcs tattn lieb aocb Hthr ankalboli-
Mke Cadankea; ja %r$ta wIdii AMtlkernnK, ttle TeneUedrne HcRiciieurUM
klsatn «sSilBlIek vo* •«■est elnigco MbumIibd, dem HsHtwbaB Adan ib-
■^■■■if — werdCB wibracbaiaUcb larh dls Prolotailca jrs«r Z«i( protctiirt
bikea.
Uobcrbispl siScbi« ich «bar die Ecbihiit illcr irioer pbilosaplilH'h» Ab-
knAnofEn aiebl vrTliirf«B ; ■■■ ilSfat ja in dciirlb«* »ar tehraieada Wider-
ifriebe aad «an Ekel aof enlfs WicderbolaniVU. A« beilaa (efillt Mir daa
Back lie invtnUuitm grÜHm.
•^ eea^iekte der Med. 3. Tbei) S. HO.
"•) Dafa Maa iba Tar ainsii TenrelibSadiMr hMt, war guis in in Ordasif,
deaa tm» HaapllcbrBeiiter, der Abi J- Trilhemiuf war «oak als rln inleber
baksaat; t»b dleteM kann kh da* Leier rio Zaaberrtiok Bitltnilea. la
dM Tkemira Diabolxrut ( Prsakt. a. H. 1165) beibt ei bl. 112 alin: E«
■ddet PiUappm* MetaiteAtAan , wie M Mantiitt •■Higl in den Colteclaneit
PUippima, daß dar Abt van Spaalwitt, Jaannet Tritktmiat , welcher ela
BrafMr Sebwarekiailler nnd Zaaberer gaweiea , eiaaabl fareiael . ( nach Aa-
HlgaBy dai BtlthmUI Pimiamtri) ssd lit ia «Im Hei^er^ gekoKmaa, da
riiUa r«rcaiMl«l mr; da habM «tUsbe lebtscwriM aa iba c«tagi: Elgr-|
— 36 —
man aber beut za Ta^ wedar d«m Teafot so vi«) Maclit üImt
den Mvnachflti, norsh dem MeKsehen lo viel Mftcht Sber den Teo-
Eel zngattebat, bIh im sechzehnten Jahrfaandert, ao würde eine
Jetztzeit ige Rechtfertigung nnserea Bchtbaren Landaniannei anch
etwas läppisdi «elo. Bleft zor Uaterbaltnng meiner jüngeren Le-
ser will ich ein 'recht nettes Teufekstöokehen aas Hebenheinu
Zeit anfahren.
XioauM jHnutut (Part. XI. Ditjmt. de med. not>. Parae.) hat nnz
folgende eigene Woete des Georg Vetter anfbewnhrt, der FMien-
beim eine Seit lang auf seinen Reisen beglejiei. ,y]Viit*i stagis
mefKi, guotiea ebriu» erat, (erat entern JreqmeHterJ quam nt
agmen Diaholorum accerteret^ f"^ »aepenvatero facere v»fmit,
Mpeciem artit auae editttnu, ted a me rogatua o^int. Cum so-
hriam monerem, nt ittkaec miaut faceret, quod Deam graviter
offtuderet , ^üdque ad extremwm , atipen^imm tritte penotvere
»oHtua nt Jamuiü »ni» Diabofu»: re$poMdeiat, «e non muHo
po»t reeepiui caMiaiurum eue. Meine Leser sind gewi& mit mir
einrenuanden, dafs die Erzflhiung weit aamnibiger sein würde^
wenn der alberne Georg Vetter, statt Hofaenbeim von seinem
Vorhaben abznbringen, ihn vielmehr gebeira hätte, das Heer
der Teufel wirklich andicken zu lassen. *)
wärdiger Harr, Lieber, versebah bbi ein Eotu Gcrictt von Fi»eh«s. Er
ktt BW ■« du FflMlM («khiplk, von «tuBdan Ist eiaer bareiBgiikoHMaB
Bit siaer frofiea Scbibs«! voll g«aott«aer HeehtD.
*] D*ra T&amai Erattut lolcb •Üiriichea Zea; niltheilt, mafi nieaiaDd wdd-
dgrn, denn er war eio abergliabiteber Mann und eia wabrbaflsr Verreckter dei
Teaf^It. Von lelaer nitfutatio de Lamfii leu Slngikat. Baiil. 1573 vagt
SpreKgfl (B. 3. S. nt) , aie lei otfenbar gegta Wieria fwchrieben , dieier
aber niobt darin genaant. — Abgetehen davon , dafi Brail eben nicbt der
uruinnlge HtpD, der am Scboonng Wierui Aamen «ollle venchwli'gen nnd
bW« deaMD Grands wideriagt babea, iit ea nir ana anderen U«stindeii
wahncbeiolich , itü jene Dispnlatiaa lebon vor firaebeinnaB dea Wieriaeben
Bacbea uSaie feaebrieben lein. Znr kann ieb da« siebt Bit voller Oewira-
bell bebanplen , denn ieb weira aieht bealinnit daa iahr , in welebeai Wimt
ineril «ein Bach de praeitigiii Daetnomum bekannt gemacbt, Hnde e* aocb
weder bei Siirengtl, noeb bei Morerl, nocb in WiemM Lebeaabetcfareibans
angegeben, die der Asagabe Hiner aiaisillicben Schriften {Amttelodami 1A60)
vorgedmekt iat. Vor beaagter Aaagabe itabet aber dea Prof. von Groningen
Marti» Sehviieke Urtbeil ober Wierut Scbrihen , der ipiebt Von einer Streil-
■ebrift, die Thom. Eraiitii 1578 gegea Wiem bemaagegnben. Den Titd
nennet er swor nicbt beatinait, Hibrt aber eine Steile nna der Efittola dtd{-
catarla dertelben an. Dar Inhalt ijt knrclich rottender. Wiemi babe ibn,
dem Eratt, leboD einige Jabre Präbar erSCTaet, dafa er aia Sebntiredner der
Hexen annrelen werde; tr, Era$l, ael niobt bbra daait uifriedeD, eandem
■elbft aebr neggierig geweaen , die ver^rDchene SekriR kd laaen, Xaa fikrt
er alto Tort: Rn «t ts nuHsa alifuol dttata, tt tum nihil tfirarem ttmpHut,
Unden eirea principiuBi Aiu«( amni lamto a»ti inteatula eon/Utali» prodlit,
(Darana iDlile man nlio acblie&en Witrat Sebrift mÜM« erat im Anfanke dea
iahre* 1578 eraebienaD mib, und babe den Zweck, gebabt, dia TM Eratt
_ 37 —
Die Worte ia der angeftibrtaii Stelle: quoUe» e&rtmi erat,
mt amtem frequenler^ reraitlauen utich, auch ein Wort über
UoheabeiniB wigeUiche Völlerei so wi^en. Ich bin nit Herrn
Dt. f. JaiM einverstanden, daf» er bei seinem thSligen Leben
ooMSglich ein eigenilieher Trunkenbold habe sein können. *) In
hstiger Geeelliohafi wird er riob xnweilen wol bernuicht haben;
Bon , daa haben mehr Aente in ihrer Jugend getban , ohne dafs
«jemand eingeölten wftre, sie Tronkesbolde xii schellen. Ue-
berdies, wer sind Uohenheims AnkIRgerl G, Vetter und Opori-
aiit , xwei Schwaohkö^. Sie sind an verschiedenen Zeiten seine
Reisegefllhrteo gewesen, und werden, denkeich, deni net^scben
Manne als ÜHSwürsie gedient haben. Ueber Vetter sind meine
Leser, nach der eben angeführten Erzählung, wol schon im Kla-
ren. Was aber Oporimu» beiHttt, so erzShll uns K. Spremgel,
aus der J^ebensbeeebreibnng desselben, **) ein Stückchen, das,
uns über die Versiandesachwftche dieses Mannes auch nicht in
Zweifel iB&t. üa Hebenheiui Professor n Butel war, soll er
einst gesagt haben, aus dem Harne eines Menschen, der drei
Tage und drei NSchle gefastet, könne man dessen Censliiation
erkennen. Sein Schüler Oporituu bnngert und dürstet nun drei
Tage und Nficbte, and bringt dann seinem Lehrer ein nenig
Hain in einem (Ülase; der laofat den leicbfgliDhigen Narren aoN
und wirft das Glas an die Wand. Es ist wol offenbar, dafs Ho-
henheim, der die ganse äalenisdie Elenantariheorie verwarf,
aber die Uesiimmang der Coastitntion in seinen Vorlesungen ge-
spoilet hatte, nicht ahnend, dafs ein einziger seiner Zuhörer so
ungeheuer dumm sein werde , den Scherz für Ernst zu nehmen. "*)
Wenn ihn also der MifsgriQ' des ansgebungerien Oporimm zum
Lacken bewegte, nod er de« Unbelehrbaren Harngkui an die
Wand warf, so war das wol das Klügste, was er ihun konnte.
Jeder, der die Wirkung, die der Wein auf Menschen von
ganz verschiedenen (ieistesfähigkeiten äu&ert , beobachtet hat,
ftiber «a^eslellteo GtiaJe sa •■tkritlan.) Bfo mm cmm avitit perlegfne'«,
et wuliora «m siiarsM fraalrm txpeetaeiuiii , mirmm «tl , ;■«■ fkerim de-
miratMi. JiiUl taim frortmi, fuei fuühm KU»itmU alt€tJM enel . dtfrt-
ttmJi, qitti IM« antta ttlid« a me to^ulmtam fmUttt, Itmfue lit mmum
rmtivein^ri tatfi: Si tir tmmim», *t im A«« f|>lB ftianHom* lam exereilalia
Ist jMm BMKit niM artwfOmrt ftult, fustnttmm i^firmwrtt, val ««a earr—
*»rarel, («Hl awi/ttlmm «I, fvMto wMUttt , fumm defemOi» ftwito«
•VI. — Uaan aulcbea FiaderliBc tltUsB eaMra GM«kiElitsolu«ib«r HokeahelB
•■If «gen I
'i lil«riris«h« AduIbd du- goiMHiaa HBilkaado vh Dr. F. J. C. Haker 3.
") f'il« O/triMi. ArgetU. Wti.
*") Um vsiilciek« nit dm UcMgUm (iilapi Bucb Di oftima eorpaHt futUM'
""^ „,. >ogk
__ 88 —
wird FolgeodM erfahren haben. £inäüiige, stanpfiilnDige Men-
Kchen werden iwch dem Getwauche einer luäfiigen Portion Weis
langweilig und ,überl&itig, oder ue werden Btamin imd nehuMB
eine sehr ehrenfasts Hallung an. Geisireicbe, witsige Kffpfe
hingegen werden zu aiunehinend unterhaltenden GeseUachafien.
Ihr ireiieN, fertiges, hew^gliohe« Gedäcfatnifs macht miianter sol-
che überraschende Aehnlichkeitsapninge , dnfe ein trflger, iImbi-
pfer Verstand, der diesam Gedankengange nicht n fi^gtn Ter-
mag, sie für ganz berauscht, oder wol gar für irrsinnig hallen
uiufs. Es ist also sehr wahracheiBlich , dala der geistreiche He-
henbeiiu, wenn ihn der Wein aucb nur ganz nitifsig aufgetegl,
einem Vetter und Oporinu» ala ganz betrunken und verrüt^t vor-
kommen mnlsie.
Wenn aber K. Sprengel, auf Oporitm» Bericht sich stülzeDd,
sagt: er habe gewöhnlich, erst wenn er betranken nach Hause
gekommen, seinen Schreibern diklirl ; so will mir das von einem
so TerslSodigen und übrigens, auch unparteiischen Geaehlchlsebrei-
ber nicht sonderlich gefnllea. Er hfttie sich jn ans den Fragmen-
ten, welche sich in Hohenbeims Naehlaase gefunden, überxen-
gen können, dafs dieser uiefat blofs eiaaeine Stellen, sondern
ganse Bücher mehnnahls überarbeiiel , also Fleifs darauf gewen-
det, mithin sie wol aehwerliofa in der BeirankeufaeU wird diktirt
haben.
Da ich in diesem Kapitel schon mehre Stellen aus Hohen-
heims Schriften angeführt und weiter noch mehre nnführen MCr-
de, so mSgen niHue Leeer selbst nnheilen, ob seine so wahren
nnd miinnter so schdn ausgedrückten Gedanken in einem d irch
Trunkenheit veidumpften Gehirn er/.engt sein köoinen. '] Eins
kommt mir in O^oriftii« Entühlu^ lächerlich vor, weil es ihn
*J Miettet Pfeander bat od* ifneo Briet vob eiaem Schrelbsr HobaobBlidi, NiOKiii
Frans Mtbewahrl, deo Chriit. Gattl. tob Murr Im 3. Baid« •eiuci dmmo
Joarnil» inr Lilieralnr und Kaoalfeicbickle Seile 311 a. w. fc*t ibdncktD
luien, Sf ander iigt von diesem Frau, er aei: Vir pieUite, doelrina, ofibat,
diguilale tb'am ah'guamdo, tt atUtt tepliugtnwria in BaSmim inier not
frtmiamt. Diner ■It« HaD« , der bei Hahcnbelsi im Heee« gewobat, legt
eis wkr rübmürhei Zeagnib bsb teimt» liebt» Praietftore, Uatturt
Tkeapkrail« ab i eher er enritkel ntl keiaeH Worte deMea Vbllerd. Wenn
er gleieh i»«!, er hebe Altera halbcB waaehM vergeaaee , eo wir4a deeb
die TrBDk.eabeit Hoheebeine Uui, dea Am»nH«mi, •» \iitif ^ewoaei eeio,
defi er dieaea joiteadUebea OraifuU •leb gewifk nock in .hokea Aller bi^
iaaert beUa. Waiu aejlto er nu devea «cbirefgaaT — VMlaieht, weil
er parleiiach für Hebeakeim etagenommea wart — leb sieiaeakar, la dietem
Falle ■Sfkta die Parteilickkrit , wir« faa vorsebileb« LMler BekaakeiM
laadküodig gewtjcn (nie nan aaa will ftanbcD ■aekea) , iba vletaaehr be-
ilimnl belign , «einen lieben PtSceptor la enlaakaldigea , oder saaa tod der
Aeaeboldigaof u reieigea. Gerade öea cbriicbaa Hanaei BaailicbM Sckwai-
gen mackl da* Vi>rfeb«a der WiderHeber Uolieabeisi« lebr verdacbtlg.
— 3» —
gcnA»- selbst als Dsisrabiirt Wseioknet. lo HobeoheinM 8chrjf-
in ündet hob (k>ch nnwiderspracbli^ weit mehr wahre uad schö-
w Gedanken, hU in d«o Bücharo gar vieler gleich- und nacb-
teitigcn, wahiliaft nüchternen SchriflBleller : Oporinti» macht also
ivnit uiae Ersählimg Hobenheiin sii eioein WundermenscheD,
^r ia d^ Tninkeaheit geacbeitere Gedanken vorgebracht als an-
dere ia dco' Kücfalernheit. Ich glaube aber an eine solche Wun-
dererecheinDDg. nicht, yiol aber daran, dafii Hafa uad \eid im
lecbtehoien Jahrhnaden viel Lügen und Fabeln geschmiedet, und
daAi wir diese für wahr halten, weil nie gedruckt sind. ')
VoB ' Hobenheinu Weiberhatse viel xu sprechen, halte ich
für 6berflüuig, denn es kann uns ja ganz gleichgültig sein, ob
er die Weiber gehabt oder geliebt b&t. Die Stelle , die K. Sprett-
gel als beweisend anführt, beweiset, lieset man sie im Znsnni-
■anhange, wenig, oder vielmehr gar nicht Hohenheims angeh-
liehen Weiberhefg. Andere Stellen, in denen llofaenheim eiwRS
angezogen ausfährt, beireffen nicht die Weiber int Allgemeinen,
sondern blols die ('hefranen seiner Amtsgenosara , die Doklorin-
nen und Meisierianen. Mir scheint, der Grund seines Weiher-
hassen, wenn man aaders' seine unartigen Ausfiille als einen Be-
weis desselben ansehen darf, ist wahrlich nicht weit au stichon.
'} Dtbcr OferiHKf amd dan fEuehichtUchen Wcrtb uiner Aaiiigan 'uurj nas
Ib den AnbiBge der Gcnrar Antobe dar Paracelilsekca SohrKtcD nulsr der
tfitenchrift TA». Paraf. Tetla^mnlnm du MicAa/,1 Teritti Vomde leMa.
Bier heibt ea; KIMI fiiM tentra amieum meum Joamntm Op*riHuwt alUgm'*
rW«, ml h»t mM M»a fraetrreumJttm (itfuidfm variitimum) juad utihi ff».
»■■ eit, te imngmKm /avtntf firltima apud TheephrvMlum hihih, el haue
ilH frpediriMii- , quod KedMntie ftvdie rfh'clo atiawt jrro/rgtfoneK empltßm-
nt etiet! ittm fratttreti , le tum ttmpBrit nan moBlUe , laula diKlrima The»-
pkratla» fU*Tr, promt id poitim etmptHmm hmbait; Klgae i/nomm le rat-
dt p»emUtrt »aepim t"****" ■**> »Imirum, gm»d librot m ThtaphraUa ae-
ttplM imUgro$ , tHIitet eJKl praeparatiane» et ret aiiat, atiit mHlMO dederil I
delnde guod t/iittolam ie TbtPphratto ad Dtetorem WIcmm lertplrrü,
Friderimt Bilitiitii, elo echter, aber doek venlüadiger Aahaagvr Habeo-
heiaa, der deaiea Werke Ia der Genfer Aetgabe beverredet, eBitrbatdigrt
(dacB BeUea >■ Beireff der Neiranf xd« Wrialrink«« »af eiaa cIwki drolli-
g» AK. Br lagt nSaitich , dieaa NeigaDg *ei nicbl «mvdI eine UntDgcad
Hobeahelai« gewriea , als vielnebr dei deotMlea Vnlke« BbcrtanpL Feraer
tagt er r TAroplirailai habe dea Weia«i zar Brfaebong seiner ReialeikrErte
beda>n , vM M ibrr lebr eebirlerige nad dnnkele GegrastHiide bebe aaeh-
Irakea B&uea. ~- IHc Helamg voa der trhtttttmalg laachendea Kraft de*
Wriaa anfi wol tleialieb alt teln , leb arisaera aiieh, ale icbea beiai Araal-
dn TM fiHnuoTa geTnnden za bibea. Kater lagt ( Op. an. pag, ISOI).
Bjt hoMö viao plM guam er gugeunqua aho pubi generantur el iHvlti-
ptieamtur wpMIat tttbtUei , elari et puri, et ind* ett quud Theolegt, ecm-
tempiare t»Uti efrro irllinima, ha»a etaa dUlguMt. (leb glaabe wabrbaFUff,
di« Tbaolac«« alad ia dea 501> Jahren , Hit Arnmldiu dietr« gaaehrlebea,
■U ihraa Coatemplatienibn ttre» altntfma goch alikt fertig gewordep. )
"■■■ - ■' ---— ^^;,"
— 40 -
Der ODrnhig«, nach angemeneDerFreiheit stvebeode G«i«, woUm
sich, iperrig wie er war, dem Urtheile der Frauen nicht nnter-
werfen. £r begriff es nicht, dafs wir praktischen Aerzte anwi-
derrtiflich unter dam geheimen Minnegerichte der Frauen atefaen,
und dafa diese in nnser wahrhaft irdisches Leheo uns himm-
lische Bösen flechten: er begriff das nicht, und er konnte
es nicht begreifen, denn er war ja unter den Tann«iixa-
pfea geboren and bei Käse und Haferbrot grofs ge-
bracht; das kann keinen subtilen Gesellen machen.
Aus dem Weiberhasse ist wahrscheinlich das MUbrchen sei-
ner Entmannung gesponnen; es soll ihm nümlich in der Kindheit
ein Schwein die Hoden abgebissen haben. Zwar kann uns seine
Entmannung eben so gleichgtiliig sein als sein Weiberhais; aber
das Nachsprechen solch einer Altwrnheil in unseren Tag«n be-
weiset doch, wie geneigt wir auch jetzt noch sind, alte Fabeln,
ohne eigene Untersuchung, zu verewigen. leb las tnerst das
Muhrchen bei Hefmont , und bewunderte gleich die Vorsicbiigkeit
der kastrirenden Sau nnd ifar subtiles ManI, dafs sie den nrmen
kleinen Theophrastns blofs enthodet, und ilim nicht das Eine mit
dem Andern weggerissen; bis diese Stuttde weifs ich aber nach
nicht, ob je ein gleichzeitiger glaubwürdiger Schriflsieller der
Sache gedacht, Christoph Gottlieb von Murr sagt zwar (Neun
Journal zur LUleralur und Kunstgeschichte 2. B. Seite 182), er
hhbe die Erzählung in einem Briefe Theodor Zwingers unier den
Thomasiusiscben Handschriften gefunden; da Theodor Zwinger
aber erst im Jahre 1533 geboren und Hobenheim 1S4) gestorben
ist, so kann man ersten nicht als einen gleichzeitigen Schtift-
sleller ansehen. Er konnte bei Hohertheims Tode nnr ein acht-
jähriges Kind sein, wird auch nicht als Kind, sondern als Mann
sich um jene Sache bekümmert haben; die vermeioiliche Thal-
sache hätte also, da das Gerücht derselben seine Aufmerksamkeit
in Anspruch nahm, zum mindesten schon über fünfzig Jahre alt
sein müssen. Wahrlich! ein sehr schlechtes geschichtliches
Zeugnifs.
lAomas Ermatf der anch von der Sache spricht, ist 1523
geboren , konnte also bei Hohenheirns Tode nur ein achtzehnjäh-
riger'Jüngling sein; man kann ihn mithin nicht für einen gleich-
xeiiigen Schriftsteller ansehen. Seine Angabe ist auch so unbe-
sttromt nnd von der Zwingerischen abweichend, dab nnr
ein Leichtgläubiger ihr geschichtlichen Wertb beilegen kSnnte.
Von Paracelsus sagt er fDUput. de tnedtc. novo Paracehi p. I.
p. 237^/ In Carinthia narralum mihi ett, exuectot et tette»
fuwe a miliie dum tattere» patceret. Er nennet also weder be-
stimmt den Ort, wo sich die Begebenheit zugetragen haben soll,
noch die Leule die sie -ihm erzählt, sondern gibt blofs im All-
_ 4t —
gfcitn efn SS M«U»n lasgM md 14 MeileD braiiM Henog;-
ihaa an, in iem ihNi du Gerücht za Ohren gekomnran, und
Kwar ein Land, in den die angeblidie Tbatnwfae sich nicht eio-
iMibl mgetragen; denn Wilhelm von Hohenheini, der Vater dea
Tbeophroat, iat ja erat 1302 nach Willach in Kirnthen gezogen,
miihifl taüfate die Kaslradoa entweder, wie Zwinger angibt, in
dem Dorfe.Gaift de« Caatona AppenaeH, «der zu Eioaidlen im
Caalon Schwitz geacheben sein. Entats Angabe, dafi ein Sol-
dat (also nicht ein Schwein) den kleinen Jungen aoU enifaodel
haben, macht die Sacfae aadi nicht wenig verdXchtig, denn zwi-
«cfaen einen Seldaten and einem Schweine ist doch ein merk-
licher Unterschied. Endlich ist es noch höchst nnwabrscfaetiiliGh>
dafs Wilhelm tod Hohenheim, der doch kein armer Mann gewe-
aen , sein vier- «der finfjAhriges S5bneben als GSaaehinen sollte
gehranobt haben. Man atSüit hier Ja von alten Seiten auf Un-
wabraeheinlichkeiten titod WiderspriiGfae. Ch. H. von Murr, der
dieses wol «elbsl fiihlt and doch die fabclfaafle Kastration nicht
will fahren lassen , hebt den Umstand als besonders beweisend
hervor, defa Paracdsns aaf alten Gemlbldea bartlos da^eatellt
wird. Im 16. Jnhrhundert lielken ^tet doch nicht alle M&naer
ihre BAne waobfie«. Ich habe von Lmher ein altes Bfid gese-
hen, welches ihn bartlos darstellt, die besseren Kapferstiche , die
doch nach alten Bildern gemacht sind, geben ihn auch bartlos;
nun , der ist geivifg nicht Kastrat gewesen , denn er hat ja Kin-
der erxengt; was beweisen also Bilder in dieser Sache)
ich hatte roo Murr dem Polyhistor, ron diesem nnermüdlichen
Forseber erwartet, dafi er in allen ßfichem dem eigentlich ent-
scbeidetiden Punkte nachgespiirei , nämlich, ob ein gleichzeitiger
Freund oder Feind Hobeaheims anch angemeritt, dala dersell»« die
feine, unmännliche Stimme eine« Kastraten gehabt. Wäre dar-
über kein Zengnifs in ali«i BOchern zu finden , so hfilte Murr
dieses verneinende Ergebnifa seiner Forschung nns millheilen
müssen , weil hier gerade die Verneinung den vBlligen Ungmnd
der Kastration schlagend beweisen würde; wie hätte nämlich der
Hochschullehrer von Hohenheim, der tigttch öffentlich sprechen
mnfste, jenes Zeichen seiner Entmannung verbergen könnenf —
Die feine unmännliche Stimme des berühmten Meisters hnlle ja
alsobald jedem Zuhörer auffallen müssen , und würde als eine
seltsame Eigenthümlichkeit desselben allgemein bekannt geworden
sein. Wer kann nun glanben, dafs seine Neider, die ihn doch
blof« aus Spott znm Kastrat machen wollten, von einer Thatsa-
cbe schweigen sollten, die ihrer neckischen Behauptung einen be-
dentendui Wahrschein wflrde gegeben haben?
Nun komme ich aber auf einen noch wichtigeren Punkt, bei
dein wir kein Zeugnifs eines Geschichttiforschers bedürfoi. Wäre
— — "s'^'
- tt —
llohcnheim als Kind kastrirt worden, mithin bankM gcUMea,
wie würde er denn seinen Srztlicben Widemchem gesagt haben;
mein Bart bat mehr erfahren als alle enre hohen Scha-
len? Ueber die Verstüinnielung, witre sie ihm wirklieh in der Kind-
heit zu Tbeil geworden , konnte kein verBtändiger Mann lachen, sie
kennte ihm nie die Achtung sebmilerB, die er al» Arxt erwocben;
hätte er aber als faanloser H&fflmliog aoch aar bildlich von «ei-
nem Barte gesitrocheii , so würde er sich ja dadurch als einen
Albfmen bekundet, und sieb dem Gelächter aller eeiaer -Bekann-
ten anageseist haben. Wer ist aber so unweiee zd glauben, da&
er gerade in der Vorrede des Bnohes Paragrtamm, welche Vor-
rede reich an derben nnd witzigen Angriffen ist, seinen Gegoem
eine solche Blebe sollte gegeben haben 1 — Wäre die Barlstelle
weniger bekaant als sie ei wirklich ist, se könnte ich das Nach-
sprechen des Kastnuionsmährcbens noch allenfalls eotscholdigen ;
da aber gerade diese Stelle eine solche isf', die als lästiger Be-
weis der Paracelsiachen Prahlerei längst in AnekdoteDsammlungen
übergegangen, also sattsam bekanntist, so würde es mir schwer
sein, auch nur eise scheinbare £ntscbuldigang anaerer heutigen
äbergrofsen Glänbigkeit zu ersinnen.
Nachdem ich nun nn^ern ehrlichen Landsmann von den ihm
gemachten Beschuldignngen gereiniget,') so werde ich, bevor ich
•) Ich ritho Jedm, in künnip Lojf bubrn n^ctile, cfne Grirbiehle der ItrJt-
tin t« Khrctben , (Ich , bevnr er ■■ üi, Ge*ehiekte des hraerliinnBi Rehe),
pinE Bit 4cB •ohBikeadeo Geiile dci 16. JahrboBdtrti Tortrmnt an nich«*.
Iltt'hda'ahrirlteiilicb wird diese Vcrlrtellieit ihn die Aac«a dei VenliBdet
*o ölfneD , data er die BtieboldigangcD , welche maa gefea Uobcnbein er-
hnbrn, lär du erltenol , wu lie «irklidi lind , nümlieb , Kr iea ekethineir
Roth, Vit weleben die Lögeibral deiniblifcr Zeil Jeden bertilimlen, den Zeil-
fehi» liobl tmldtgeDdea Kam beeebnitile, nid er wird' pwHk alte L«it
verlieron , jeae BeacbaldisaBfea all wicbdfe Beicblcbtlicbe Urfcnadea in Mi-
nen Bache la verewifee. Vm dieaei Ratbei VaratlndiRlieit gam aniehaulicb
tn maohen, will icb einnabi, lom Ergeliea neioer jüngere d Leser, die
Schnibunfea , welche man gRfen Hohenbein , nid die , welche nan {tf^
den gleiebEetltgee Lather aiageipien, fcsn nebeiieiaaaderalallen. — Aafc^
lieb war Bnheuhein vea eiaar t">ciBeD , llederlichcB Weibaperaoa geboraa
— Hit Lntben Hnttar halte ein SpirilHt Incubui , dai beirst, eia Tfofel,
welcher (leb in einea Hcutcbea venlellet, gebahlt ; die Prorht dicaer Bnbl-
acbaft, Lolher , war aUo ein wahrer Salanuobn. — Hohenheini war eiu ge-
wiiienloser Memcb , der .die Kreaktn dnrrh Bineraliirba GiFle aitirdrte. —
Lnllief war ebenfalU ei« Haen ohne Gewiaaev. — Hnhenbcln, den naa
hiaiicblltch der «seriaablaa BefHadifang dei (i«ieblr«blatrirtc( darchant nicM«
SaUndliebea andichten kannte, lieft man dnrch eine Sau kaatrirea.' — La-
ther, den ia*o nanGflich tnm Railralen nacben kennte , rnnr^ie nit aeiner
oacbtaerigen Fma baren, ■>>, iat» dieie den Tag leck der Huchzeil loa Kiid-
bcll kan. — Hahenbeim war ein Verlebirr der Wlairniebart. — t.alfarr wor
ein freriier Vernegliaifrer atlea bShrrea Wiaaeaa , der arholatliai'hi-n Thmlo-
gie «ad der UiincniGUss , er ver«r«Uate aapir die acadeniachea Titel und
-^ 4S ~
Mfnfl eigsailieb* Hatlldire RSBlsge, eilieb« seiner meAsiniflehea
Gedanken, wie ne mir gerade in den Warf kommen , zusHiniiien-
•teilen, damit ihn meine Leser daraas als Verstandesmenschen,
als praktischen fi.nt and als sittlichen Menschen kennen lernen,
und «ai so mehr bvwogen werden, seiner Heillehre die Anfhierk-
samkeit an sehenken, die m« verdient. Um aber ganz unparteiisch
sn verfahren, werde ich etat seine Lichtseile and dann «eine
Schattenseite xeige*.
Wir wollen mit einigen Fodemngen heginnen, die er an die
Aente mache. KaMst tadelt er ihre Kleiderpracht und sagt, es
aei ein Grflael , <laii ein Ant gepotst wie ein Bild hemmtrete. *)
Üeliwer würde es henl an fage seiDf ans eine lebendige Vontel-
luDg von der Zierlichkeil unserer allen Kollagen SO machen,
wenn Hobenheiin nicht dafBr gesotgt hXtte, der Nachwelt in sei-
nen Schriften das Bild eines solche« Pnmkanttes anfKabewahren.
Kr sagt"} „Ein Arst soll wohl gekleidet gehen, soU seinen Ta-
„lar antrage« mit Knftpfni, seinen rotheo Jnget and eitel Koih
„(waniin rethl gedlllt den Banern wohlj; und das Haar fein ge>
„Mlrelet nnd ein rothes Baret darauf Ringe an den Fingern, Tiir-
„kis, Smaragd, Sta|ihir darin (wo nicht, jedoch Glasische« auf das
„wcnigsie), so mag der Kranke einen Glauben an dich haben.
„(Jnd die ESieine haben solche treffliche .Vatnr, da& sie den Kran-
„ken ihr Herz eaixfinden snr Liebe gegen dich. O du mein Lie-
.,ber! O du mein Herr Doktor! — Ist das Hiynicai Ist da» Jua-
fjnranJum Hippoeralüf ist das Cbirargikf ist das die KunstI ist
„das derGrnnd* — Odu Kalsensilber!"
Kr verlangte fernpr von den AerzK^n , sie sollten jene losen
Kiinsle, die iiiitn unter dein Nniiien üry.lliche PoÜlik begreift, fah-
ren lassen. Ihre einzige Wellklugheit miisse darin beslaban,
rechtlich au handeln und den Kranken in ihrea Nölhen gnt za
helfen. Von den Aerzien seiner ^h aagt er: „Also haben sie
„die Leute geaarret, dafii diese ganz in deu Glaabea sind, freund-
„lich, liebkos leben, Federklauben , ZutüteJn, viel |
WiiHes. — UabcifcaiH war ■!■ TmakanboU. — LmAar war siehl blori eli
Trunk« Db«ld , ■oodera diehlata LobUader «or die Vüllerti. — Bobe»b«ia
mr «iBVariaklw 4m Chrislaalbun. — .Lilhcr tlieU folIntitlrrUeb« ScbMi-
basgen ftfB» di« baills« Sofarilt ■•*, verwirf di« (iMlerblkhkcil der Scela,
ja , war aia GaltefUfper. — Hohaobeln bat ficb eadUeh durch SalbitHard
aM dar Welt (eacham. — Doa aagtSckÜeheB Leiber bat elmt iir Hacbtieit
«er Tenfal B«boll , »der , wie aadera waDea , ibi blofi ardraiialt. [ M, War
dlafe Sebnibnig«D fcgea Lalbar ait des Naaien dar SehHiber nid mh de-
res etgeaal«! Wortea Iciea wUl, dar Badat illa» ]■ d«Bi blttwljeb - kritbebe«
WSrlsrbDfha von BajUe. ]
•) /),/««.o 5.
**) Ronar Brgriff der Craad dar Anari. womf tie ilebH «alL fVnrfr««'
mlUrtui Truel. i.
-JOgIc
— 44 —
„die Kunst uod die Ancnei. IleifwD den eimn Janker , der
„erst von der KrÜiiierlade -herlauft, heifsen den andern Herr und
„Ew. Weisheil; bt ein Schuster und ein Tölpel n. b. w/'
Nun III seinen medizinischen GeditnkeB. Ich fange hier wohl
am schicklichsten mit dem Leben an. Er war der Meinung} aum
wisse nicht, was das Lehen sei^ nnd bezeichne es desbalh durch
uancherlei bildliche Aasdriicke,
„Nun ist das Leben des Menschen nichts anders, als.eio
„uiraliBcher Balsam, eine balsamische Impression, ein himmli-
„sches and unsichihores Feuer, eine eingeschlossene Luft, ein
„tingirender Salsgeist. Andere und deutlicher kann man es nicht
„nennen, wiewohl es mit vielen und mehr Namen mochte genuiBt
„werden."")
Es ist nut Ein Leben in dem ganzen Körper; «s äofsert sich
nur anders und aaders in den verschiedenen Organen.
„Der Spirilm viiae ist eio Geist, der da lieget in allen
„Gliedern des Leibes wie siq dann genaant werden, und ist in
„allen gleich, der Eine Geist, die Eine Kraft in dem einen wie
„in dem andern, und ist das'faÖ£hsle Korn des Itebens, ans dem
„alle Glieder leben. Aber so weit er sich ausiheilt, so ist er
„der Statt nach mancherlei; denn in dem Herzen treibt ihn das
„Herz, dafs er berzische Stärke gebraucht, das er iu anderen
„Gliedern nicht ihut; in der Leber desgleichen der Leber Slaikt!
„und ibut dos in andern Gliedern auch nicht a. a. w." ")
Es ist nur Ein Leben in der gunzen Natur.
„In allen Gestirnen und Influenzen des ganzen Himmels, so
„weit das Firmament begreift, liegt die Kri^t des Spiritus viltte
„uod ist. gleich einem vapori coeletti inviaiiili.'^*")
•) De natura rtrum LH. IV.
") De Viribm* meHttraramCaf. I. — In disMn Pnokle wir Dohcnttin klii<
f«r all der HMiUehe Latbant J. Dolaeat der, 1691 \m («tnar KneyelofmeJia
mtiica, dsn Lebe* , je Mckdcn «• aiob in d«n eimsalnen Ors*aen iaricrt,
gant vcrtcbiedeao , «ehr wDodertiebe Titel beila^ , ala: Gatteranax , Cardi-
Wteleckf Mierocoimelor , Cottnotorget. Trotz disaor leibarzllicben Harr-
heit ist it» Baeb aber doab far jeae Zoit gat, beaaer ali unnebea «ädere
*"> D* virii. memirtr, Lit. 1. Die Idea eine* «llgameuee WellLebeni oder
einer WelUeile iat balcnnntUcb lehr alt, eiaat bat *ie einer anaerer Zeilge-
noaaeo tebr «inareicb betonden auf nnaern Erdball beiogan , denselben ab
ein ungeheurea Tbier angeaeliBn , awi«elien denen Haaren wir atae HeaicbcD
nabat aadern (äeiebfipran beramltfabbela , von deuea nücblipn Au - und
Eioalfanien Ebbe and Fiat de* Heerai abbantan. Ich würde diete eiseoe
Aawendnns der alten WeltHelenidee , obtteicb tie mit bain Leaea Vei^
gaügen f emacbt , lingil verfeisen babea, wens micb nicbl tpSler Mar%Uiut
Fitinui dnrcb eine Stelle aeipet Bncbea De trlplM viia , in welcber aaib von
liaarea, Knocbeo aad Zjürnea unierct Wnndulalernei die Bede bl, auf eine
wirklieb UberrafcbeRde Weite daran erinnert hiilW. Die oieritwürdife Siede
"■■■ - ■' ---— ^^^"
— 45 —
Das L«b«n d«r Namr offenbart sich nur dnrcb einen Kninpf
und in <1ie§«ni KampFe ist iler Mensch begriffen.
,4)araiif merkel, iuU alte Dinge, die da geachafTen sind,
„wider den Menschen sind and der Mensch wider sie.'^*)
Is diesem Kampfe bai jedes Wesen das Bestreben, sein ei-
gen ibnmli che 8 Setn in eilialten; ohne dieses Bestreben würde die
Heilknnsl ein' Unding srin.
„Also soll nun der Mensch wissen und reraiehn, so Gott
„ihni seinen nalürlioben AtM nnd seine natürliche Arxenei nicht
„gegeben bsite und gesdiaffen, de« äufseren Anies halben bliebe
„nichts beim Leben." **)
Die Eansl kanii da mit Vortheil eingreifen, wo die \alur
xa langsam heilt; es ist aber thSricht von den Aersten, dab sie
alle Heilungen, sonderlieh die der aknten Fieber, ihrer iwecklo.
sen, langweiligen BehandluDg xuscbreiben. Hier ergreift anseni
Hohenbeim der satirische Geist nnd er. spricht alsu:
„GeAtzl, es wäre ein Kranker vorbanden an einem Fieber,
„hätte seinen Termin 12 Wochen, nnd danb wHre es am Ende;
„so hBtte er zweierlei Aerzte vor ifaut, den falschen und den recb-
„len. Der falsche handelt also: Fttbet gemSchUch und langsam
„an zu arzeneien, vertreibt viel Zeit in, Sprvpü in LaxaUrit,
„mil Purganzen und Ilafermüfslein, mit Gersten, mit Kürhsen, mit
„CilmliU, -mit Julep nnd anderem solchen Geschmeifs. Lang-
„sam, — mit der Zeit, — und oft dazwischen klfsrirt; — weifs
„selbst nicht, womit er umgehet, — nnd schleicht also mit der
„Zeit und mit seinen sanfien Worten hindurch, bis er auf den
„Termin kommt: dann legt er den eigenen Abzug des Fiebers
„der Kunst zn. — Aber den gerechten Arzt erkenne also: Die-
,,sen Termin tbeüet er in zwölf Theile, den einen und den hal-
„ben nimmt er zn seiner Arbeil.'****)
Wer denk) hier nicht an das, weis über den nämlichen Ge-
genstand unser C, W. Hitfeland gesagt hat!
Asdat lieh rot. S6 der SlnfabDr^er Augab« von Jalira ISIi dbJ lastet ■!••:
ViUi mtmdi amniim inttia prapmgatur teldenter in Verbal et mrhant gnati
im pilat ikI carparft algue raptHot, tumtl intuptr l» lapiäe* et mt-
talla vtlat rfentri et anm , ft/talat futgue In ttttnlet eearhai terrae ei /»-
pUibm a4hatrvnte* ; haee entm nen tarn proprio fuam xpta tommuni lotint
rita ritunt, guat lant eomatiinlt vita mutiB gliam magit titper terra»
im eorpuribut vigel nbullarltat tanguam frapSagnioribul amimat, per etiju*
elgartm iatimum aqua, Ser, igntt visentia tua pattUtnl aljue movemlnr ;
tila haec ärrem ignmqiie etiavt magit gitam larrim et agaam Jirel mgital'
fue perpelue mota tte.
*) ParamIraM Traet. f.
") l^bfriaMui m^dirarum. f:ap 7.
") n^fenU» I. f^ I
D,3-,zedt,C-.OOglc
— 4« —
Die Heilvrirknng der Anenet nah Ilohenbeim^ alt «luras anf
anwandelbnre Xalurgeaeixe GegrilndMes, für sicher Rit.
„Uns ist ein Am, dw da ueUs zu helfen und w vertretbea
„die Krankheit mit Gewalt; denn wie eine Axt an einen Bunni
i*gel'gt wird nad der fSIIt um, und daH iit ^ewlfs; also gewifs
„isr auch die Arseaei ia dem KraDken. Kann ich es nicht , tu»
„jiage ich fröhlich, ich sei an dem Orte auch kein Ani,-Hls wohl
„als Ihr.«'}
Obgleich er aber die Heilwirkung der Aneneirn für sicher
hielt, so dnehle er doch ganz anders über die Erkenninifs der
Krankheil; diene sei, meinet er, schwierig, erfodere grofse Sorg-
falt and Umsicht. Das schneUe, nnbedacbte Ahnrtheilea Tiber die
Naiur einer Krankheit leng* von grofsem UnTerslande des Ar«-
tes; denn die Natur mancher Krankheiten sei ja einr.ig durch
Probeaiiliel {Bemgentta mtdica) tu ergrfinden.
„Sie sagen: so ich zu einem Kranken komme, so wineich
„nicht von Stunde an, wa^« ihm gebrist, sondern i<^ Surfe eine
„Zeit dazu, bis ich es erfahr«. Es ist wahr, dafs sie es von
„Stunde an nrrheilen, ist ihre Thorhelt schuld, denn am Auskeb-
„ren ist das ers(e Unheil falsch, und von Tage zn Tage wissen
„sie je ISnger je minder, was es ist, nnd siellen sich selber zn
„Lügnern; so ich begehre, je llingcr Je mehr zur' Wahrheit zu
„kommen."
Nun vergleicht er den nniersucbenden Arzt mit dem bergmän-
nischen Metallurgen, der die Erze durch Proben nniersucbl, nnd
dann fiihrt er fo^endermafsen fort.
„iVlso ist es auch in den verborgenen, langwierigen Krank-
„heiten j dafs nicht so schnell ein Unheil geschehen mag; denn
,es ist unmöglich, dafs ein Hund so bald gefunden wird, oder in
„der Küche eine Katze, wie viel minder in einem so geführli-
„cheo, heimlichen Handel. Damm die Dinge zu erwägen, zn
„ermessen, zn versuchen (so viel der Versuchnifs zustehet) nicht
„zu verargen ist; nnd alsdann mit der rechten Kunst daran. Da
•) FragmeM. Ut. Calamm. rntü. Praafatia. Hiebt alle Acnta dinkn in di».
ua Pukia wie HahcDkaJa. Da F, SgUUi , bei dea im Jabre 1669 lu Lei-
den bemchendeo bSten Fieber, »gine KhmI ao vegig bewühne, dnü zwei
DriUel der varnebnen Elawobner «tarben , lo war er weit entfernt, TrSblieb
■B bekennan, dab er in dieaer Sencbe nicbl Arat (eweaen ; er icbrieb viel-
nehr eine aebr lan^e and gelebrle Abbandtnng daräber. Wie liabl licb nna
d«r btrülnta Htns ana dar Rleamet — Auf die ■Uereinfkcbite An. Seine
HellaK, bobanptet er, *ei die beate pweien , aeine Araeaeimittel die iweck-
■ifilgiten ; — aber — Galt bebe den Anenelen loinen Segen venn^ , ■■>
die Leidener Herrn nnd Franen ibr«r Sünden wegra xn iDcbügen. — Dm
beirit, kriitliob nnd profeaioraliack in|ieicb aprecheo.
,Jic^ der Palt, J« li«gt der Schars, also «oll Man mit lolchpn
„Krankheitaa baadala."')
Da maa in vieleo FlUao dis Natar der Krankbeilen nur,
wie dar SeliaklekäBitler, Aank Prabeiaitldi erkennen kann; ■«
iM an bagreifen, dab in mancbaa, Irots der idwellMi anit aiche-
reu Heilwirkung der ArBaaeünittal, die Heilung dach nnr langaan
v^bracbt winL
„Den Kranken iat die Kamt laag, denn Ungaara wird ifatu
„g^olfen. Kaoat nad Arxenei tind aweleriei. Die Kunst ist
„iHOgsam, an erkennen die Hülfe and die Kraakbeil. Dia Arxeaei
„Im sohaeU, die Kuait iat langaaM: das macbt der [rrgai^, ao in
„4er Arzenej ut,'^"}
Er tadall es leht, dafi die Aanla gemein«, wabifeile Mittel
veraehiea; in dicaea, glaaU er, Hecke inwaÜen eine wicbligera
Heilkraft ids ia thauem dimI auslüadiuihen.
„Ea ist Je and je der Tennaiotea Aenie Brauch gewesen,
„dafs alles das, was geringe SimfUeia waren and keiaen Schein
„noch Ansehen hatua, waiea leichtllch, ja etwa nutsonst au be-
„koiiiman, daa qtufste alles niohis gehen, nnd von ihnen verach-
. „tet, Terworfan and hinior die TbSr geeeut werilea. Haben nicht
„bedacht, dafs Gott der Allmächtige nichu vergeblidi geschaU'e«,
„Boadeni ein jegliches Geachdpf niil saaderlichea Tugenden be-
„gabet, aacfa setoeBi gSttliofaea Willen und Wohlgefallea. Dafs
„wir aber solches wenig wissen und erkennen, da sind wir selbst
„Schuld an, dab wir ao scblSfVig, so faul , so uogiänbig und to
,,verdriisBig sind, ao suchen in der Xatur.""*)
An einesa anderen Orien sagt er:
„Ea ist nicht von Ndihen , so viel Büchsau nnd Scatuln und
„Krüge und GlAaet in der Apotheke zu haben — — — "
„Der Arat soll sieb fleifsen, dafs er nicht in vielen Büchsen
„liege, nicht ia den Arzeneien, die aus weilen Landen kommen,
„sondern er soll sieb befleifMD, dafs er nicht übersichtig sei,
„sondern Tor sich niedersebe wie eine Jnngfraa; so findet er vor
„dvD Fufsen einen mehreren Schatz zu allen Krankheiten, denn
„India , Aegipten , Barbaria und Graecia vermag. Solchem
„Grande soll der Arzt nacbgehan , denn es ist eininafal gut wis<
„sen, (daa ein jeglicher Banernknecfat versteht) dafs nichts dann
„Trügerei in den Büchsen ist und Scaluln; nnd wie sie hSizen
„sind, so sind Doktoren und Apotheker auch hSizen, Gleich und
„Gleich kommt zusammen." ****)
•) DffemU J.
") AiulrgM( i»r Afimiimm dca Hipprtrstu. lifJitr. I.
***) Ltb. frimeipiarum teu d» mj/tttrHi ttrmium. Cmf, S.
■») Vm Am ssdMkkM Diofss Kss. «. ^-> ■
— 48 —
Diese lefxieD Worte geben mir Vtnalatmng, von Hahen-
heinis Verhiilinifs zn den Apothekern zu spredwn. Er war kwin
Freund der Apotheker und diese konnten es nicht von ihm sein,
denn er scbrtob wesig nitd kurze Rezepte und verlange gute
Waare von ihneo; er WKfste aach das Gate von dem Schleefalen
ui nnierscheidea. Er sagt von den Apothekern:
„Ich schreibe kerze Rezepte, (nicht auf 40 oder 60 StSek)
„wenig and selten, leere- ihMen ihre Büchsen nicht aus, ubaffe
„ihnen nicht viel Geld in die Küche; das ist der Handel, darum
„sie mich ausrichten,"*) nnd weiter:
„So oft ich die Kni-. Podagrae habe wollen antreten und
,,roich mit. einer grofsen Zahl der Kranken versehen,' so ist mir
„begegnet von den Apothekern, (das ist von ihrem grsfsen Un-
„verslande) dafs ich die Arzenei durch sie in kein Werk niefat
„habe mögen . bringen. Zadem , dafs si« mir engen scheinlich
„Quid pro QtM>, Merdam pro Motcko eihgemisctit haben; so
„sehSndiich die Medioamina gemacht, dafe Gott aus sonderen
„Gnaden Sofaaden vefhOtst hat; nnd zndem ein grofs, nnziemlieh
„Geld gefoderl, nnd die Sachen so gepriesen und geschStst, dafs
„ich nicht glaube, dafs geschicktere Leute zum Lügen mögen ge-
„fnnden werden.'*"*)
Zu jener Zeit mag es freilich etwas nnheimlich in den Apo-
theken aasgesehen haben. Rondeht nnd Vaitriu» Cardut, deren
Apothekerbüoher vom Ende des löten Jahrhunderts sind, klagen
beide sehr fiber den Zustand der Apotheken , besonders darüber,
dafs jeder Apotheker die Zusammensetzungen nach seinem Gut-
dünken mache, und darüber, dafs sie keiner Beanfiichiigung un-
■ tn^orfen.***) Vaferttu Cordu» zeichnet uns auch das Bild eines
') Defenna 7. Du Wort ■airicbtsa heibt Id diuar Stell«, nacblhaiDg
benrihtilM, varleondBa. Kampt Mft, ei mI Is diM«r BadMlnns lehr bd-
B«w)ibaliBb.
**) FraBUBot ib«r die podagriictes Krankkuteu.
'") K. Sprengtl, Aar gern dis enl« Spar nanchM pUn Dioge ia fröhBraa
Jahrfanaderleii fiadet, glaubt aacb, diB Spar alner ApoIhBkanbeaaftichtlgaag
BcboD im ISiBB J*h(^aDdert eatdecki ca babBB aad iwar in dBH Äromataria
du Salnii» voB Ateiila, Leifaint dea GroraMUBBtab«!« von Nsapel. Da er
dea Ptllea , waraat die BBaaraufati^af berrargebea Boil , ie einer Anaer-
kug aar nit ein paar Worte« erwibnt , bq will ich dan aeagierigeB Leier
die Geiebicbt« elsMhl pil Saladiaa eigenatea Wortea erublen. Rex arago-
nutn piinhit aeriler, et lurpiler eonieamavit Kiapoli gutndum tJKi ara-
malaritm, c«t mtJiei »tat Majtitati* orJiMavemat quoddam elecluarium
roriialt, tx juo ingreiitbannr coralli altt. Et illt aromatariu* noa
haMat, ud eombuntt caralloi rsira«, jm' 'ex eombii$l{«»* effrcH mnt
alii ; %»dt Aoe etnit ai itotilimm Demm Regit , el it'c i/ff /nit eanitm'
nemtm» i* aeenn a«>nttai dacalii, et de eeter* noluU tum pro «raaia-
lario. ~~ Meliu tum expatitione MeMÜni etc. f»lio SIB. Lugdalü Mti.
Mir lehelDt , die» GeBsblcbte beweiatt ««kr seblecbt di« AfalhokeateaafBlcb-
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wMhrfiHft piten A)iorhekeri;*)- ich gestehe aber, bis jelzt nodi
keinen solchen Viileriach - Cordiichen Apotheker gefunden su
haben.
Sollte unter meinen Le«em rieh Ttefleicht ein glBnbi^er Apo-
ihekerrerehrer fifi<len , dem lloheabeims AnsstellDn^n analS^ig
geueMD, «o will ich, dieseni m Liebe, einmal die Ehrentitel
nponen , die ein fTirsilicher Leibarct den Apothekern beilegt.
Wttlttr Charleto» nennet sie ; Pei:fida ingratüiima^e impotto-
rum gern», aegrorum pernieie», rei medicae ealamitat et hihitinae
prae*ide». **) Mir acheint, der Ma»D ist noch weil ungeachiiffener
nis Paracel.itis, ('ehrigen« kommen bei Leislern diejenij^en Aersia
auch übel weg, welche ans Unkenntaifs gezwangen sind, die Ar-
zeneien von den Apothekern auf gnlen Glauben fltr echt hiazo-
nehnien. Er *ngt>
„Die Apotheker sind so falach und betrüglich, dafa sie die
„Pölaterdokloren am Narrenseile nmziehen. Sprechen sie: das
„ist das, 80 spricht Doktor Gimpel; ja, meia Herr Apotheker!
„daa tsi wahr. Alao geacht ein Narr den andern; der Apotheker
,,Q«<dpr«gwo zeigt dem Polalerdoktor Merdam pro BaUamo:
„gesegne es Gott den Kranken, die anter ihren Hftnden lie-
Er verlangte von den Aerzfen, sie loTIten die Nichtigkeit der
auf eine anmafiliche Kenntrrifii des helebien Menacbenleibea ba-
sirlen Galenischen Lehre, die Nichtigkeit ihrer, von dieser Lehre
ausgehenden Verstandesverrichtongen (welche er Speknlation nen-
net) einsehen lernen, und sich an die Beobachtung der Natur hal-
ten, dabei würden sie weiter kommen.
„Aus der Natur gehet der Arzt hervor, nnd nicht ans der
„Spekulation. Die Natur ist sichtig, aber die Speknlation ist un-
„sichtig. Das Sichtige macht einen Arzt, das Unaii^ige macbt
„keinen. Das Sichtige gibt die Wahrheit, das Unaichtig«
„nicbtB."****)
Den theoretisirenden Galenikem ruft er zu: Ihr seid Poüten
und poetisch arzeneiet Ihr, Die iheoretirirenden Schriftsteller
lifBBK , dmiB die Koralle ab leicbciri konot« docb enr dnrob Verralb elaci
Gakaifen inr Kaantniri d». Anlu sBlangt tela. Wir« fie Lalwcrpfl lör
ciiMD Bucr oder BBi^ir ^eweten , kein BrIid würds dancch gekribal htben.
Ueberhaapt lit ji iUb Be(Dr*ii:litif an; dar Apolhskea blofi ein nirhtiKM Srbat-
tanbild , walohai erat lo tpKtercr Z«lt MiideoMtldUieb« , rrrptof alcf iiiAa
Firrtanbertthtr ^naren Vcnlanda all atwa» NatslIohH habea aardriDsea
*} Vat. CarX Di$p»ntal»rium. pag, 10.
*^ Dt »evrbat». Ub*r tißgularis. Autvre GaatteM CharUttn. CarmK II-
Mag. Brtt. Regit »td. or^in. pag. 3M.
***) Von TarpMlUa Kap. 1.
••*•) Pmragramim Trmcl. k
4 D,3izedt,L,ÜOgle
— 50 —
wind bei ihm Dokloren des Scbreibeas, aber nickt des Gcsiind-
niachens.
An vielen Stellen seiner Schriften dringt er auf eigene Be-
obnchtiing der \atnr und spoiiet über die Aersle, die diese ver-
nacblügsigen. So sagt er x, B. in dem Buche De petfäitate
Tractat 1.
„Weil der Geis sum Gelde dem Geize Kunst zu lernen vor-
„gehet nitd die Faulheit voririfl't, so ist es kein Wunder, dafs
„man sagt : ach t ich finde von dieser Krankheit in keinem Scri-
„benlen nichu; denn der Arzt, ist eine arme CVealur, so er »Hein
„aus papiernen Büchern sich behelfen vvill, der Kranke wird ver-
„säurat bei solchem Unfleifs.*'
Er hielt es für sehr thörichl , der vorurtbeil freien Beobach-
tung ganz widersprechend, dafs man annehme, die N'alnr erieuge
nur eine gewisse Anzahl Krankheiten, und wer diese und deren
hergebrachte Ileilarten kenne, der sei ein vollendeter Meisler:
er glaubte hingegen, die Natur könne unzählige Krankheiten er-
zeugen, habe sie erzengt, und werde sie künftig erzeugen. Er sagt :
„E^ sind der Krankheiten riete, nicht in5glich zu erzählen;
„auch viele «ergangen, deren keine mehr sind; viele zukünftig,
„deren wir nicht Wissen haben , und mehr , denn wir gegenwär-
„Itg haben and erkennen. Viele gehen gegenwärtig bin , deren
„wir nicht Acht haben , nicht verstehen , und übersehen also aus
„Unwissenheit. -Darum ist es mir nicht Noih, sie alle zu erzUbleu,
„sondern nur die, so mir oflenlbar sind ; jedocb aber dabei zu er-
„roabnen, dafs ihrer viele und unzählige seien, wissend und un-
„wissend, gegenwärtig nnd künftig."*)
„Ihr möget euch wol ergründen , dafs ihr alle die Rezepte
„habt für die Febres gar wohl ausgestrichen. Aber wie gut ihr
„die habt, so milsräih ench ener Handel so schwer, dnfs ihr
, «selbst erschrecket daroh* So ihr betrachtet den Grund dersel-
„ben, so findet ihr, dafs, ihr selbst den Grnnd nicht verstehet.
„Ihr Bebtet ein anderes als ihr achten solltet. Ihr theilet aus die
„Geschlechte der Fieber von 70 Theil, und betrachtet nicht, dafs
„ihrer fiinfuiabl 70 sind." **)
*) Da ptMi» eum additionibii Lit. I — Gkln in dasi Boche Qued oplimut
medieut idem tl Hl Pliilotofhut u|t rolgeadei (nich Eratmitt
UeberietiDD^): Qai igHur tobriatatit antator eil, nee bii'h«! eerilali't amantt
Aie venu madieui eoatperilur. Hnir oHtem cum naturaii, eliam an raUo-
Kolit diteendtt axercendaqttt ttl: quo leial, guot tH anivtrutm
»int morii et qtto paete eujntjut tumenda ti( e*Talio»i^
ratio. Welch «Bfbenige, ftliehe An«icht«D ia Vergleich mit dea Ptracel-
■isebiD I !
**) Paramir. dt V Entib. morb. prelog. 5. — Der Aoidraek 5 mihi 70 i>l hier
wol Dicht wortlich la venteheo , «ODdem er beieicheet nur cioe Brorie, Ba-
beitimmbare Zahl.
— 51 —
Dah man keioen allgemeinen klaren BegritT des feindlich
Einwirkenden aufstellen, niilhin auch keine genügende Bealim-
mnng desien, wai (lift sei, geben könne, «ah Ilohenheira recht
gut ein , dnrnm sagt er anch in seiner dtiuen Vertheidiguag Fol-
gendes.
„E^ ixt das Geschrei -noch gröfser anler den nnverstftndigea
„nnd erdichteten Aerzten, die da gesagt, dafa meine Uczepte, so
„ich schreibe, ein Gih, Corrosiv aod Extraktion seien aller Bös-
„heit nnd Gifrigkeit der \atar. Anf solches Vorgeben nnd Aas-
„itchreien wMre meine erste Frage (so sie an antworten tüchtig
„wtren): ob sie ivissen, wa« Gift, oder Nichfgift sei! oder oh
„im Gift kein Mysleriiini der Natur aeit denn in selbigen Punk-
„ten sind sie nav«w8ndig, [nod anwissend in den natürlichen
„Krfiften. Was itt, das Gatt erschaffen hat, das nicht mit einer
„grofsen Gabe begnadet sei dem Menschen xa gniel — ^ —
„Wo ist eine Pmrgatio in allea enem Büchern , die nicht Gift
„sei, oder nicht aiim Tode dienen, oder uhne Aergernib gebraucht
„werden, so die ftosia in rechtem Gewicht nicht > betrachtet wird'.'
„ Ihr wiht, dafs Argentum vivvm nichts ist als allein
„ein Gift, nnd die tSgliche Erfahrung beweiset dassellte. Nun
„habt ihr das im Brauche, dafs ihr die Kranken damit schmieret
„Tiel stftrker, denn ein Schuster dos Leder mit Schmer. Ihr
„rKuehert mit seinem Zinnober, ihr waschet mit seinem Sublimat,
^,und wollet ntehf, dafs man sage, es sei Gift, dns doch Gift ist;
„und treibt solches Gift in den Menschen, ^re^end, es s« ge-
,,annd nod gnt« es sei eorrigirt darch Bleiweifs, ^eich als sei
„es kein Gift. Das sollt ihr*aber merken, dafs das
„kein Gift sei, was dem Menschen sum Gaten ersohenlst; das ist
„allein Gift, dos dem Mensehen mm Argen enebenfit, dös ihm
„nicht dienlich, sondern schUdlich ist."
Mericwiirdig sind auch folgende Gedanken fiber die Demitn-
reinigkeiien , nnd inwiefern der Am sie bei Behandlangen der
Krankheiten an berücksichtigen habe.
„Am allerersten erkenne, ob die Krankheit die Siercmra re-
„giere oder nicht. Regiert sie die Stercora, so pnrgire in kel-
„newege. So aber die Sfercortt di« Krankheit regieren , so pur-
„gire die Stercora, so gehet die Krankheit hinweg."*)
„Du sollst nicht 3fodum pkarmacandi versieben xn purgi-
„ren, sondern Virtviem diget/ivan wiederzubringen, so hö« der
„Siermu selbst auf. Uieweil das nicht bescfaiehetj dieweil ist
„fSr nnd für das Wachsen der Ht'ankheil."**)
„Also sind Krankheiten im Leibe, die nii^t Stereora sind;
*) Dt ■BfA pkmrmacanJi Trael. It.
**) Dt m»4e pkwrmaemnii Trmti- IF,
ü,!^,ztdtv Google
,',das ist, nicht Stercorakrankheiten , sondern rechte Krankhciipn,
„die oflmalils ancli vergiften den Dreck, also, dafa er ans seiner
„Art nod Natur kommt, und fallt in eine Ursache, dafa er aon-
„derliche Krankheit macht."*)
„Purgando soll das Ezcremenl ansgetrieben werdMi, da«
„Creafttm ist, nnd nicht erst creiren."-")
Mir icheint, in diesen Sfttzen stecken sehr versiandige, wah-
re Gedanken; die Wahrheit und Verständigkeit derselben bat
aber die Galenische Schule nicht anerkannt, nnd die SioUische
Schule eben so wenig. Seit dem Verfalle der letzten sind jedoch
diese Gedanken ron klugen Aerzten, freilich mit anderen Worien,
nasgesp rochen.
Hohenheim wai der Meinung, der Werth des Arztes werde
allein dnreh die Befthignng, den Kranken in ihren Nöthen gut
XU helfen, bestimmt.
„Also wird beschlossen, dafa das Geaundraachen einen Arzt
„gehe, nnd die Werke machen Meister nnd Doktor; nicht Kai-
„ser, nicht Papst, nicht Fakultät, nicht Privilegia, noch keine
„hohe Schule."*")
Ueberhaupt hatte er einen sehr edlen Begriff von der Würde
des Arztes.
„Ein Arzt mufs kein Larvenmann sein» kein altes Weib,
„kein Henker, kein Lügner, kein Leichtfertiger, sondern ein
„wahrhaftiger Mann mufs er sein Kunst und Werk-
„Bchaft müssen aus der Liebe entspringen, sonst ist nichts Voll-
„kommnes da. Denn in gleicher Weise wie wir zweierlei Apo-
„Btel haben , der eine liebte Kristum , von wegen seines eigenen
„Nutzens, darum ward ibra der Seokel des eigenen Nutzens zn-
„geslellf , also bati« er seine Ursache , Kristum selbst zu verkau-
„fen , auch von seines eigenen Nutzens wegen in den' Tod zu
„geben. So nan das Kristns hat müssen erdulden, dafs er von
„wegen des eigenen Nnlzees hat iiuissen verkauft werden und
„verrathen; wie viel mehr die falschen Aerste den Mensehen er-
,, krümmen and lähmen, erwürgen und tödien. Sobald die Liebe
„erknllet, so mag sie dem Nächsien keine gute Frucht mehr
„tragen. Darum so folget daraus, dafs dein- Tbeile,
„der da wandelt in dem Wege Gottes, vollkommene Werke und
„Früchte e ntspri eisen ; die aber anders handeln, als die Geschrift
„ausweiset, dieselben sind mit viel Jammer und F.lend umgehen,
„mit sammt dei^enigen, bei denen sie den eigenen Nutzen sn-
„chen." ••") •
*) Df mad, pharm, fragiatttt. Hb, 3.
**) Dt Hnd. pharm, frag, ad Tract. II.
***) Vamde in dai Bach Paragraanm.
•"•) lUftntio 5. /^- I
Dig-izedtvLiOOglC
- » -
Wie trefflich uiuuaet dieses mit der cchdneB SieU«, die ich
■chon obeo aus meiaes ehrwürdigen Meiiilers HitfeloMd Schriften
angeführt. Wenn dieier du Weh über den Ant auamft, dar
Lhf - und Geld^eiz mm Ziele «einet Strebena macht , wenn er
•a^, ein solcher werde ewig im Widerspruche mit sich selbst
und seinen Pflichten stehen-, seine Hoffnung ewig gettluicht und
sein Streben nie befriedigt finden; so heifst das doch wohl nichts
anders, als was Hohenheim sage der Siclave oiederer Leiden-
schaften sei mit viel Jammer und Elend umgeben.
Dafa Hohenheim ein Freand und Helfer der Armen war, ha-
ben selbst seine strengsten Widersacher nicht gelfiugnet, darum
halle ich es auch für ganz unn5ihig, davon viel Worte zu ma-
chen , zumahl , da ich schon oben zu einem anderen Zwecke
Stellen angeführt, die seine lobenswerlhen Gesinnungen in diesem
Punkte bekunden.*)
Zum Schlüsse miifa ich nun noch eine nette Stelle mitlhei-
len, in der sich seine warme Anbftngl ich keif an die Kunst aus-
spricht.
„Ihr habt mir viel verargt und übel ausgelegt meinen ge-
„riogen Reichtbum und achlecbte Kleidung, so ich gehabt und
„gelrngen. Hätte ich mir alle meine Sa<rhen so wohl bc-zahlpii
„lassen und dem GeMe gelockt und gericht, und deines SeckcU
,,\ntzen mehr, denn der Kranken \uizen belracbiel, wollte r«i-
„eher sein, denn eurer keiner. Wiewol ich ohne diefs reicher
„bin, denn euer keiner; Uraach, ich habe ein viej beständigeres
„Gut als ihr, nämlich die Kunst ist mein Gut und bestes Reich-
„thom, denn es kann mir es kein Dieb stehlen, auch kein Feuer,
,, Wasser, oder RSuber nehmen, man nehme mir denn zuvor Leib
„und Leben: und so würde ihm doch die Kunst nicht; denn sie
„ist in mir verborgen »nd ein unbegreiflich Ding, derhalben geht
„es mit mir dahin wie der Wind.*'
Jetzt hoffe ich, diese vereinzelten Gedanken, die ich meinen
Lesern aus Hobenheims Schriften mitgetheilt, werden ihnen den-
selben sBlIsam als einen recht verständigen , sein Zeitalter weil
überragenden Mann bezeichnet haben. Sie' werden aber auch
*> Wer eioeo bennd«rM Zo; tos HskenbeiB* UaelKeniBtiiglieit mnd MeMck««-
liebe leicD will, der Sndrt ihn in den tcba» frSber vod mir «osfnihrtiD
Briefe winei Schreiben, PTuneot Prsoz, weteben Brief CAr. GolU. e. Mun-
in* H. Neinden Ortiit lerraf iHtm'DcJa explieationt hit «bdrucken Umcd.
Frasi KblUm dk Getchtehte »U blseedM Wortsa: ,,de««teleb<o ireile
ich, difi er [PirtcelA*] Aoetiltilsa, WauenScblif ■ , FaUtüchtige , Podesri-
*cbe, Pr(D()i«Mche , nod «ädere ■•tihlife viele Rraoke |er omioDit carirt,
da« Ihn dens die GBleuiichen Daetoren, aicbt'ohae nerUicbe Schaid«, aicbt
■■rhihnB Bi|rea; didureb il« d*an ia fn^tt VeraebtMg hei Je4erasaR 8*-
liaMnei, sad w, Tbe*phraiUt« , d«s«B«a geehrt Ul wordes.
,L, Google
- 54 -
mit mir eiaremandeD tein, dafs manclie derselben seinen Galeni-
schen Zeilgenossen etwas nn verstand lieb und aberwitzig vorkom-
men mnfsten.
Sollte mir vielleicht jemand vorwerfen, ich habe diese ver-
ständigen und raitunier schün ausgedrücklen Gedanken in dem
Dunkel der Paracelsischen Schriften, wie vereinzelte Leuchtkäfer
sorgsam gehascht, um ihm davon einen hellen Slrnhlenkranz am
sein deolsches Haupt zu heften; das Dunkle, das Unverständige,
das Aberwitzige habe aber doch in seinen Schriften jedenfalls das
IJe berge w icht : so antworte ich darauf Folgendes. Schriebe icb
ex pT^euo über den Mann, SO würde ich ganz ohne Mühe jedem
Zweifler zeigen, dafs die angeführten Gedanken wahrlich nicht
die einxigen verständigen sind , die sich in seinen Schriften fin-
den, sondern dafs seine Schriften vielmehr reich an klugen, den
wahrhaft erfahrenen Praktiker bekundenden Stellen sind. Da ich
aber in dem gegenwärtigen Werke blofs zur Frohn über Hohen-
heini schreibe (es würde ja gesucht und z.imperlich ausseben,
wenn ich von diesem Haupt vergegenwärtiger der iairo che mischen
Sekte ganz schwiege); so mufs ich,- um nicht gar zu weitlüuftig
zu werden, manches Wahre und SchSne unberührt lassen. Ge-
setzt aber, die von mir angeführten Ho henhei mischen Gedanken
wären auch nur die einzigen verständigen in seinen Schriften, so
bleibt doch das Verständige, auch in einem Wüste von Unsinn
versteckt, immer das Verständige, wie das Gold immer Gold bleibt,
obschon es mit einer grofsen Menge unedlen Erzes versetzt ist.
Verständige Gedanken gehen aber nicht aus einem unverständi-
gen Kopfe hervor; darum «wird man Hobenheiin für einen ver-
ständigen Mann halten und den Grund aufsuchen müssen, warum
er seine Verständigkeit nnr in wunderlicher, närrischer Verpup-
pung der Welt ofTenbaret. Im Allgemeinen habe ich schon an-
fangs dieses Kapitels d^n Grund dieser Seltsamkeit angegeben ;
weiter werde ich aber wol Gelegenheit ßnden, den besonderen
Grund mancher einzelnen scheinbaren Narrheit aufzadecken. Jetzt
würde mich dieses .auf Abwege führen und der Verständlichkeit
des Ganzen Abbruch thnn ; denn wir müssen erst Hohenheims
Schalienseite mit Aufmerksamkeit betrachten, weil gerade sie
die gelehrtesten Geschieh tscbreiber zu groben Mifigriffen verlei-
tet hat.
Er besafs viel Witz und zwar mehre Arten desselben, raifs-
branchte aber diese Geislesgabe, und das mag ich nicht ent-
schnldigen.
Was eigentlich Witz sei, weifs ich nicht einmahl bestimmt
aningeben; denn da ich selbst nichts mehr und nichts weniger
von dieser Gottesgabe besitze , als all« meine achtbaren Ainubrü-
kf (mit Auaschlafii jedoch der eigenilichen whiigen Kfipfe, die
^gieiflicb derselben mehr b«Mitzen nmsaen, und mit Auschlufi
in gelehrten Steiflinge und Mnrrköpfe, die derselben ganz bar
sind), so iHt es mir auch nie eingefallen, über diesen Gegenstand
Belehrung bei den Philosophen zu glichen, kann also nur davon
iprechen wi« der Blinde von der Farbe. Ich habe gehört, Wilx
toll das Vermögen unseres Geistes sein, Aehnlichkeiien über-
haiipt ond besonders Aehnlichkeit in ganz verschiedenen Dingen
aufiEufindeo. Es mag wahr sein, allein einzig darin kann der
Witz anmagltcb bestehen; denn ich habe bemerkt, dafs wltxigea
Köpfen nicht blols das einfällt, was Aehnlichkeit mit einer zu
besprechenden Sache hat, sondern auch das^ was in naher oder
entfernter Beziehung mit derselben stehet, und dab ein einziger
Gedanke eines witzigen Kopfes zuweilen die vermeintliche gründ-
liche Gedankenfolge eines gelehrten Steiflinges über den Haufen
wirft, ja ihre Folgewidrigkeil uns so deutlich vor Angen rückt,
dab wir Mühe haben, ernsthaft dabei zu bleiben. Es ist sehr
begreiflich , dufa gelehrte Steiflinge abgesagte Feinde der witzi-
gen KBpfe sein inSssen, nnd sehr za enlschnldigen , dafs sie eine
groCM N'eignng haben , uns glauben zn machen, gründliches Wis>-
sen nnd Witz können nicht zusammen in Einem Kopfe bestcbn;
denn da in ihrem eigenen Kopfe alle Gedanken über jeden Ge-
genstaad in geschloüsenen Heerhaofen gerichtet dastehen, auch
nur in Reibe und Glied ausrücken können , so ist es ihnen eben
nicht zu verargen, dafs sie solche Köpfe scheuen, deren beweg-
liche, behende Gedanken, gleich leichten Truppen, -ihren ausge-
rückten bleiernen Gedankenphalanx umscbwfirmen, und ihn zu-
weilen da unversehens durchbrechen, wo er am besten geschützt
Kchiea. Die Erfahrung hat aber doch ,zur Genüge bewiesen , da&
gründliche Gelehrsamkeit und glfinzender Witz recht gut in einem
nnd dem nfimlichpn Kopfe Raum haben.
Der Witz ist eine besondere Geistesgabe; diese deshalb in
aaderen Menschen zu verachten, weil man sie selbst entweder
gar nicht, oder nur in geringem Grade besitzt, halte ich fnr Un-
recht. Den Mifsbranch desselben, wie überiiaupt den Mifsbrauch
aller anderen Geistesgaben mnfs man tadeln , nnd ich mifsbillige
ihn anch bei Hohenheiin.* Wen die Nainr mit glänzendem Wiiz
ausgestattet hat, der mag denselben wo! mit ^Rofser Umsichi,
selbst aU VertheidignngsnafTe gebrauchen;- muthwillig aber da-
mit andere angreifen , ist unweise, sehr unweise. Eine leibliche
Wunde, in Zorn versetzt, heilet ^^eit eher und vergifst sich auch
weit eher, als eine geistige, die ein giftiger Witzpfeil zurückläfst.
Gerade Hohenheiins Wilz, oder vielmehr der Mifsbrauch dessel-
lien, macht es dem Geschichlschreiber schwierig, ja fast unmög-
lich, aus blofu bücherlichen Quellen richtig über ihn zu urthei-
— — '"8'^
-se-
ien. Er halte sjcb, durch laiae hetfsenden AutflU«, Geiaüich«,
Aerzie, Apotheker uad Weiber zu Feinden gemacht; da nun
diene mit der Mehrzahl der Menschen in der nächsteo BerübruDg
stehen , bo kann man sich leicht die unwahren und unbilligen
Urtheile «einer Zeit erklären, and die Schwierigkeilen, die den
Geschichtsforscher aufatofsen utiisseo.
HohenheiiQ besufs mancherlei Arien Wiu, es ist mir über
als einem Unkundigen unmöglich, diese unter gewisse Kaiego-
rien zu bringen. Zwei seiner Wiisarten sind deiu geschieh lli eben
Kritiker sehr wichtig, darum niufs ich sie besonders hervorhe-
ben: diese sind: der ruhmredige und der mystilizireDde Witz.
Von dem erelen habe ich schnn gesprochen, und mag das, «as
ich darüber gesagt, nicht wiederholen, also handeln wir jelzt
vortüglich reo dem niyilifixirenden Witz. Das Wort M^slifizi-
reo> welches, wenn ich nicht irre, erst bei meiner Lebzeit nus
der französischen ia die deutsch« Sprache übergegangen , in Jener
bekanntlich miitifter heilst und ein nttckischei Miftibrauchen
der LeichlgiKubigkeit der Menschen bezeichnet, sHgt doch wol
eigenilich nichts mehr als unser deutsches Zumbestenhalieo:
wir failUen also nicht nöthig gehabt, unsere Sprache luii dem aus-
ländischen Worte zu bereichern. Hohenheim besitzt nicht allein
diese Art des Witzes, sondern er gefällt sich darin, er läfst
ihn allenthalben hervorstechen, zuweilen so grell herversle-
chen, dafs, wenn man sein Zeitalter nicht kennete , man sich die
Frage stellen würde, wie er gewagl, den Lesern so etwas zu
bieten.
Dieses Zumhestenhalten der Menschen geflillt mir gar nicht,
es ist doch nur auf die Leichtgläubigkeit und Dummheit berech-
net; für mich liegt etwas Widriges in dem Gedanken, dafs der
Starke den ScbwacbeH , der Kiuge den Dummen angreift. Gera-
de weil Ilobonheims Zeilaller ein sehr abergläubisches war, wird
man an dem Manne irre; man weifs oft nicht, hat er das, was
er sagl, selbst geglaubt, oder hat er es blofs seinen Zeilgenos-
sen aufbinden wollen. Von den übrigen Wiizarlen , deren er
Meister war, wollen wir nicht sprechen, da das Erkennen der-
selben keinen Einfliifs auf die geschichtliche Kritik haben kann-
Sein Aberglaube ist hingegen einer gen«ueren Untersuchung werth.
Leider habe Ich aber Selbst keinen klaren Begriff von dem , was
eigenilich Aberglaube sein soll. Während meiner Lebzeit hat
man früher für Mährchen gehalten , was man jetzt als Wahrheit
anericennt. Da ich noch ein Junge war, sagte mir mein laieini-
aoher Sprachmeisler , wenn es beim Liviu» hiefs, lapidibut
fluit: der Sieinregen sei ein Aberglaube derRitraer; icbniufsle
das glaubeu , obgleich es mir etwas unbegreiflich vorkam , dafs
die klugen Höiuer nicht einmnhl sollten erkanni haben, oh ihnen
- 57 —
^ttiM inf den P^v gelalten. Da ich auf der Hochscfaale die
HnlluHwt lerote, Mgte der Profeisor der Chirurgie: das Anhei-
In ciser fleisiJieriiea N«se sei ein Mührohen der Alteren Wnnd-
inie; in neuer Zeit Ut aber ancb dieae» Mäbrchen zur Watir-
kil gewfwden. W«|cbcii Begriff «oll ich denn fligentlicb mit dem
Worte Aberglaube rerbiadea!
lu 16len JahrhuDderi spielte der Teufel eine Hanplrolle, er
Hsr der eigeBÜiche Held der damabligeo WellbiUme. Er buhlie
Hit den Weibern, machte die Ijeule krank, verwirrte den Ge-
Irhrien den Verstand, störte Luther im Bibel übersetzen und der
«arr ibu das Otatenfajs an den Kopf. G old wache re ■ , Sterodeu-
terei, ChiromaiHie, Gespenster, Teufelsbeaitsung , Zauberei wa-
ren Dinge, an denen niemand zweifeln durfte, wenn er nicht
uls Ungläubiger wollte verschrien sein. So wurde ja Baplüt
hr/a, der in seiner Mttgia naturali vieles vermeintlich Zaube-
rische natüriieh zu erklären versuchte, als Magiker angeklagt
und atulue nach Rom kommen, um sieh za verantworten.*) Wit-
m», der in seinem Buche von den Werken des Teufels g^«B
den Aberg4uaben kämpft un<^sicb der unglüoklichen Hexen an-
nimmt, hält es doch für geratben, den Cinflafs dea Teufels au-
zugeben und durch viele Geschichten zu besiAtigen. ") K. Sprett-
gei meint, der helle Kupf habe diese Geschiebtea selbst nicht
geg'anbL Es iitt mir dieses auch nicht wahrseheinlish; ich denke
abiT, der Mann hat die TeufelBgesebichten nicht hiofs zu seiner
eigenen Sichersiellung, sondern auch deshalb vorgeschoben, um
den Voruriheilen «einar Zeiigenoasen , deren Verstand er aufkltt-
ren wollte, nicht gar zu urplötzlich und st^onungdos entgegen
SU treten.*
Wie läfiit CS sid^^un denken , dab Hohenheim in dieser
dunklen Zeit sieb ganlnen Fesseln des Aberglaubens salll« ent-
wanden haben 1 wahrscheinlich iat es cum wenigsten ni^t. Was
er aber geglaubt, oder nidit geglaubt, mdehle,vVean man seine
Neigung mm Ujsiifisiren in ErwSgung ziehet, stdiwer, ja un-
nöglioh zu bestimmen sein. Wenn «r uns die Sippschaft der
Teufel auslegt, wenn er von den Erduanochen oder Schrötlein
*) Ifl laiBir Mvgim matHrah B«d« ick iber docb iBCb viilci Pabalhtfle , wu er
gcwif« Die talbit venacbt , (ondoni m bbr« aodercD ««r gatoi GUabea sach-
Seacbriehea bat.
**) Kr iet euer voe Am Belehriis Aente*, die ddi dvcb Scbsatregeo Ihrer
grerten ieUieaheit emüdea, ei faUt Um gm die Gabe, die Unub) tos
Teafcl»- «pd Baxesteecbicbtaa ipf aiaa anterballeade Weiia laaaaiiDeaHrai-
bca. la der ABalardaBncr AHgab« aeiaar Werk* aabaiaa dia aecba Bäcb«r
De pra*illgi'» ßaemoHKm et incamlatitnibut ae vintficli* aod der Aabaag
Mer afat'gatiBM* et Piemdam»MarelUei Daemanum , Über 4« LmmH* et et-
memltUit jtjamii» ?M QaartaeiUB aia.
„,,,_..,L, Google
ausfiihi^ich schreibt, wenn er behaiiplet, voa dem in KlJtetem nnd
Hiirenhöfen verschütteten Samen bilde der Teufel eine Art Halb-
menschen u. s. w-, so knnn er, so gut als tVierit», der Vorur-
theile seiner Zeit geschonet haben, um nicht ganz und gar ver-
ketzerl za werden , er kann auch dadurch der LeichtgISubigkeit
Keiner Zeitgenossen ges))Otiet, oder anch viot es selbst geglaubt
haben. Wer kann es wissen? — Für das Letzte, nSmIich, dafs
er alles selbst geglaubt, spricht der abergiButiiache Geist seiner
Keit; fBr das Erste, nftinlich dafs er es nicht geglanbt, sprechen
mehre Stellen seiner Schriften , von denen ich ein paar anführen
werde. Bekanntlich- widerspricht noch bis jetzt die Römischka-
tholische Kirch« dem Glauben nicht, däfs an den Gräbern der
Heiligen WunderheÜtingen geschehen ; Paracelsua aber wider-
spricht demselben und sacht .ihn seihst lächerlich zu machen.
Daraus sollte man doch glauben , er müsse auch wol Bber andere
GfgenalHnde , die man jetzt nicht mehr als Wahrheit anerkennt,
freier gedacht hallen, als die Geschi eh Ischr eiber, die, unbekannt
mit den Eigenibii ml ich keilen seines Geistes, alle seine Reden
btichslAblich nehmend, es vorgeben. Die Stelle jroranf ich mich
beziehe, stehet im 4ien Buche D,e origine moriorum iHvMbi/ivm
und lautet also:
„Sie sprechen , seilet an ^ den grofsen Zulauf, der hierhin-
„kommt; wie? kann es denn nichts sein? Sehet an, die grofsen
,iOpfer, die sie herlrageo ; ist das nicht ein kristlich gilt Ding? (und
„vergessea, dafa auch die Heiden so tbiin, die nicht Kristen sind.)
„Sehet an, den g^ofiien Haufen der Krücken und Stecken; sfhet
„an, die wNchsemen Bilder mit Spiefsen und Pfeilen; sehet an, die
„Kerzen und Ampeln; leset die Zeichen ab den Tafeln herab, die
„beschehen sind! -— Und wenn es schoi^^les wahr wflre; ist der
,, Ursprung «in KSrper, so halte ich es fiMlne Badofuhrt ; denn zu
„beiden Seiten , geraihe es wohl oder übel , werden viel alter Krük-
„ken verlassen, und nur Ein Weg (rSgt Gerade und Lahme hin nnd
„wieder. Sollte es ein Heiligihuin sein, so wäre es doch dein Hei-
„ligett eine kleine Ehre, dafs <;r neue Krücken um die alten gäbe,
„lind so viele Lahm« liefse wieder hinweggehen, denen er nicht
„hülfe, die ihn so getreulich suchen mit müden, elenden Bei-
„nen."
In dem angerührten Buche findet sich auch folgende Stelle:
„Es gebühret sich nun fiirhin von den mikrokosmisc^en KrAf-
„len zu reden , die Dinge zu erklären , die durch nnsichtbare Art
„gewirkt werden, die zauberisch, hexisch, teufelisch zu sein,
„das gemeine Volk vermeint; so sie doch alle natürlich sind und
„in natürlichem Grunde erfunden werden. Denn ihr sollt in des
„Menschen Gliedern eioe zweifache Natur erkennen: eine greif-
„lich wirkende Kraft und eine nngreiflich wirkende Kraft, denn
— i» —
„der ricMge Leib hat arin« nxt&rlieh« Wirka^, der nnaicfatige
„dieselbe aach."*)
Znweilen, weno er eben über «Ben Gegenstand des daiiinh-
Itgeo Aberglaubens redit verslttndlich gesprocben, füllt er plöts-
li«h auf die nbgesnhmackiesten Fabeln, — plündert davon so treii-
bensig, als dürfe nieuand an der Wahrheit derselben xweifeln;
und denaoeh schaael ans der ernsthaften Rede das spultlaehende
Gesiebt des neckischen Schalkes. So spricht er i. B. in deui drit-
ten Bliche De origine merlomm iitri»ibilium über den Imemiu»
und Succubm» sehr verständig. Diese Terineiolliehe BuhUchaft,
aagi er, geschehe blofs durch die Eiobildungskraft, also, dafs
jemand in seinem Sinne ihm eine Frau pbantasirt,
und also dieselbeBnhischaft auf- nnd endführt. (NB.
Das Wort endführen ist sehr angewöhnlich; hier bedeolet es
offenbar nicht entftihren, sondern an F.nde führen, wofTir wir
heut au Tage volirühren sagen. ) — Nachdem er nun bis dahin
Tersittndig gesprochen, föllt er aof einmahl in alte dumme Fa-
beln, and sagt, den bei einem aolchen Phantasieb ei schlafe ver-
achiiiieien Samen sammeln die Nachtgelster , auch wol die Hosen,
*) Di« Htiaaag Hoheabeiiu, Mt dsr Heateb ciaen lichtbarcQ *ad ■Dficbthtr«!
L«lb bdbe, ■af* wo) sehr ill ««in , ■■* indet tia, ait udern Wortaa asi-
Hedräeiit, icboa bei Katm nad iwlr ia amatm Phmtio ( Griacbiaob - Jat«iiiUcfaB
Aupb« VDi F. Att 1. Baad, S. 131 ■. i. w. ) MarHHu* Fitin»», eio Ireacr
AakiiiBerderPlalaBiicbeB Idaei, M^t (OraW* T/. f» Csiibi'C. ATat. ) : Triafr»-
ftct» riitHtur Im nobit tue, Anima, Carput et SfiriliU. Amfmu tt CTfaM
Matart langt intir It dietrttiiiiaa Sfirita m*ita tafulantmr, firf rafr ftrf.
äam eil tiamittimm* tt ftUatUMt ftr tardit jcalaram tx mMliUima pari»
tanguiait faät prr amnia mtmbra diffatui aaiMac virra artifil tt traut-
fxadu in torpia. Bai neiaer Lebaail bat Jiat§ leaaaBl Siilllwg dicMa Ga-
faoilaad wieder beiproelieD , nal dnrtli leiaa Theorie der Geiiterlonde liSekiU
«abracbaiulicb viel aebwacliliepflfe Hemefaea «pakellDbig se^ackl. — lob
■ab «Berteaaea, ith naneba KrtebeinaDfen, sanaatlleb, ia «aaeren Tagea,
die de« thieriacbea HifaelitHU , alEerdiogi a«f etwas Daaiclilbarei Leiblicba»
ia deo MeBaebea btaweiiea. Uebrigeas hat Hnbaoliaim indrre Gedankea ülwr
den aaakhliBeD Leib, dea «r daa lyderiii^aa aaant, all Plalo. Leitter
■■gl: Hen^chen, die in den Feiiela irditeher LeideDacharten alQrbtD (alaa die
Pytbasoriache Kaihargii aiebt anlargapgen) apnkten auf deüGrlbera, Hpbea-
beim biafefen aagt, der «fderiMhe Leib aebeide aicb beim Sterben von den
elemealiMbea j letiter venuae, jener werde lancnm in der LuEI veraebrt,
er aei ein t»dtei Pbanio», welcbet, weaa ei aocb unter fewiaaea llmilladea
d«n Aasen dar Lebendea aieblbar würde , doch , voUkounan aeelenla* , we-
der tebin, b&rea, nocb reden kGaae. Darnn »ei e« eine gmttt Unwaisheit,
anleke Sehattea za beiebwSren and bannen wallen ; ja, wat noch da» Tellat«,
der Tearat kriaehe »aweiien ia ein aolcbea SehatleaMId , «nlwarte ana deti-
telheB «ad habe den BeachwGrer zam Narren. — Die«a BeltbniD; Hoben-
beimt , die anverkannbar data dienen eoIUe , den groben Aberglaabea danab-
n|er Zelt ta aleuern , ohne ihn durch gKexIlcben UngUnben gar la lekraff
ealgegenintTetea , wird wahrtcbelaticb dea HSoehu, die vo> den Gelalertan*
nen Vorlheil httl«a , nfehl fondarlieh gehllM habet. (Ui. / Philai. tagae.)
-.ügic
— «0 —
tragen ibn an beimlithe Oerter , wo Krdien , Wfinner nnJ Andere
nnreine Tbiere hausen; hier werde er ausgebrütet, und au« ihm
eraeugen sich die grftulicfasten Ungeheuer. — Nun kommt er auf
das berüchtigte (Jngelhüiu, den Baailisken, and hat, wie es
scheint, Mühe, seine Spoulust an aügeln, denD hier heifat es:
„Darauf ihr wissen sollt ,- dafs gar nahe hier der Uraprung de«
„Basilisken ist, des Form und Gestalt niemand gründlich wisteo
„mag, deoD wer ist, der ihn ao eben gesehen hat, so docb nie-
„mand unter seinen Augen darf bleibent denn «o acbaell folgt
„der Tod durch sein Gesicht, däfs niemand die Weile hat, ihn
„zu beschreiben.*'
Sprengel, der ohne Hohenheims sellsanien Geist au erfas-
sen, sich an den blolsen Buchstaben hallend, uns alleriei aberglSu-
biscbe Dinge von ihm anfsählt,*) findet zuletzt folgeode Aeufse-
rung des Mannes merkwürdig: „l^be die Welt unicrgebe, niüs-
„sen noch «iele Künste , die man sonst der Wirkung des Teufels,
„oder der Aftermeoschen an geschrieben, offenbar werden , und man
„werde dann einsehen, dafs die meisten dieser Wirknngen von
„natürlichen Kräften abbangen." { mieiopiia magna pag. 318}
In der Genfer Ausgabe stehet die Stelle Tm. IL p. 4S7.
Sprengel sagt jelii : Diese Weifasagung hat sich frei-
lich vortrefflich bestätiget: allein wie klingt
sie in Paracelsns Munde? — Ich Kollte meinen, recht gut.
Sie und ihre Beaiftiigung beweiset ja, dafs Hohenheim ein ver-
ständiger Mann war, und gerade sie und andere eben angeführte
Stellen müssen uns mahnen, etwas vorsichtiger in unserem Ur-
theile zn >ein als wir bjs jetzt gewesen.
Damit ich mir nun nicht das Ansehen gehe, hIk sei ich niehr
der Lobredner als der Beuriheiler unseres achtbaren Landsman-
nes, so darf ich auch von dem Allerfabelhafleslen, was in sei-
nen Schriften vorkommt, von der chemischen Mensch eamacberei
nicht schweigen. Er sagt: man kdone einen Menschen machen,
wenn man männlichen Samen in ein Geffifs verscfalSsse und die-
ses in Pferdemisl vergrübe. In verschiedenen Stellen spricht er
verschieden vou dieser Sache. So erinnere ich mich einer Stelle
(die ich mir aber leider zu bemerken versäumt), io der er davon,
als von einer Kuost' spricht, die blofs den nlten Aegiptischen 8pa-
gyrikern bekannt gewesen. Aus anderen Stellen hingegen sollte
man schllefsen , er behaupte , diese grofse Kunst selbst zu ver-
stehen. •*)
*) Gciebiehle der Had. Tlwil 3 Seil« ISO, 4BI.
**) Sprengel rcrwciicl uat auf dli Bucb Dr rilit langmt An dem Oi>« irl
«iw teilfiafig v*i iietw nwrksil diu Rede. Den imrubrlklien ProMr* ,
difl AaweiiiDg, wie dei HamMitciil** tnU eraibrt irerd«>, lUdet ai» >■>
— 61 —
Wag loll man rod tu dieser Narrheil sagen t — Wenn man
bedeokt, dalä der nBmIicfae Mann von dem Sp^dßco AltracHvo
Mi^:') Alto in am begegnet, dafi ein aolcheB Al-
traktif beranBgesogen hat an« dem Leibe in den
Mond die Longe. — Und weiter: „Ea igt iiiSglich, dafa
ein Aitraktif einen Ast ab einen Bnnm reifst, oder
deagleichen, eine Kiih mag anfgeiogen werden n. a.
W." Wenn er TOn dem Sprcifico ityptieo ragt, diMci babe, an«
Beabeit Leuten an den After gebracht, denielben M verengert und
veracfaliMaen , dafa man ihn mit JV'dppern habe anfbohren mat-
ten:") ao begreift man doch leicht, dab, wen« er aarh von
der Anatomie gar nichta verstanden, er doch aas einem geaeklaeh-
teten Schweine oder Rinde die phjaiache UnmSglichkeit würde
erkannt haben , die Lange ' in den ^nnd so tieben. Er mrifsie
aber wiiklich so dämm wie ein Bnnd ü^troh gewesen >ein, wenn
er den veiachloaaenen Aßer mit grofsen Bohren (Nttppern)
hStte Bufbobren wollen. Solche handgreifliche Narrheiten, nit
deoen er doch offenbar seine leichlgiftnhigen Zeiigenoaseti tarn
Betten hatte, naohen ea aebr w abriebe inl ich , dab et auch mit
dem chemischen MeaacfaenaBsbraten nicht cmtilich gemeint g«-
weson.
G««e(zt aber auch, er babe dieaes albeme Mlbrchca selbst
für wahr gehalten, so würde ea nicht atninahl in diesem Falle
UM acb«lrecht«n Aerzten inr Ehre gereichen, dab wir nnaeret
todten Amisbrudert Schwachheit durch die ganze Wt-lt anaposaiH
aen and iftn tnm Spielhnll der LHit«|)ieldichier nnd anderer F»-
beltfchreiber machen. Wir haben ja in nnserer nchiilreclxen Zunft
mebr als Einen Schriftatelier , der uns albemet, no gl au blichet
Zeug genug anfgetiaelit hat. Wir begnügen uns , von toicben
Schrifistellern lu sagen, sie seien nicht frei von dem aberglNubi-
achen Geisie ihres Zeitalters gewesen; aber einzelne Narrbeilea
dertelben heben wir nicht hervor, nnd wir ihnn recht daran.
Waniin bal man diesen Grundsatz der Billigkeit bei Ilohenfaeim
verläugnelf —
Meinen jüngeren Lesarn , die vielleicht glauben möchten,
man könne in den Bficbem der scbnlreobten Aertte kein anmn-
thiget Gegenstück zu Hoh^nheims cbemisch ausgebrütetem Mensch-
letn finden, werde ich, blofs zum Beweise, dafs man es k&nne,
eine kleine Geschichte mitthnilen , welche uns der flirxtlich An-
hallBche LeitbrA Pküipp SalmmlA in aeinea Beobnchtungen (Cent.
Bneba Dt Ge»traHi>%e rrrmm' nrnturaHrnm. Im wM«! Bande der StraMtrscr
PsnuHitbe Stile S83. C.
•) ArrhUtra IM. rH.
Digizedt^LiOOgle
3 Ohterv. 94) ersfthlt. (P.r tebie nm Ende des 16ten nnd im
AnfHnge dpü 17ten JahrhiindertB ) Eilte jnnge KeichsslSdtfirinn
bricht ein» unter fi:rofsea Schmerzen und nnier lebena^fahrlichen
ZuHiMeii ein fingeilangea Kindchen anii. Die ihr beistehenden
Franen legen ea , neil ea todt ist , in eine Schnehtel und begra-
ben es. Die Kunde diesea merkwürdigen Falles kommt zu den
Ohren des reichssiäddschen Senats; der läfsl das fingerlsnge Kind-
chen gleich ausgraben und ea Foa etlichen ehrbaren MiUinern un-
lersucbfln, wo dann die Untersuchnng ergibl, dafs es ein toII-
kommnes, mit all^n inneren und Snliberen Organen begabtes Kind
ist. Nun wird die Kindbetierinn befragt. Die Aussage derselben
ist sehr wunderbar, aber auch so Teraweifelt schmutiig, dafs ich
aie, um mich Tor allem Verdachte der Yerf^lsehimg ui schützen,
in dem echten Salmuthischen Latein miiiheüen miifs; Puerpera
c»fUtaH/er affu-Mttvit ^ marHt$m temper cum ifla per o* coiviäte,
et »perma in/auce* immMiue: tibi (utpote a natura plane rimpti-
ci, »icqne a marite Jaci/e perttuuae) primo gnid^M de afio eof-
umdi modo' nihil prortu» con»iiii*ie, donec a viciHa, qiimcum
de eo ali^tinda commtimicmtel , aliter edocta fuitaety atqwe «e
t'ta a marilo delutau pottmodum advertiuet.
Das ist gewifs eine wunderliche Geschichte, eine Magen ach wan-
genchaft. Anaxagwat von Kftaiomene soll zwar, wie Aristole-
les in seinem Buche von der Erxengung der Thiere vorgibt, be-
hnuptet haben, dafs Raben nnd Ibis sich vermiltelat dea Schna-
bels begatten nnd die Wiesel ihre Jungen durch Erbrechen von
sich geben; von Menschen bat aber dergleichen, so vieL ich
weifs, noch kein Philosoph behauptet: mir scheint also, Para-
celsus ausgebrütetes, mit Menschenblut erquicktes Mflnochen nnd
Salmulhs Däumling könnten sich wol die Hand geben.*) üebri-
*) Der Aberflinb«. friberer Zeit Mb wiillleb eiie HiBCDichwaDgerscban ■!■
«in ErelgniCk ao , welchei lieh mitnatsr xalragg. PsraeeUni , dar ia saiMO
philoBopbiachsD lliicbern nni alle ibergllnbitehe , danahli gingiffl He'muDgCD
XDRi Beilen (iebt, »(t Ia- den Bache De HornuKtulit ti lUtnitrit Pölzende* :
„WisiBl , diri die SadoniteD das Sferma \a da* Haat TalteD Uiien eto. anl
„aUo oftmahU in deo Migea komiiil gleleb ala ia dis Jtfatrfnin , •Itdana
„10 wiihat in Hagen aneb ein Cewüeba darau, Htmuneuln» uAer Mmuirmm,
„ oder wai dergleichen iat, daraui dann viel ealitebt nnd «elUama Kraobhaitea
„lieb eiren^en bli mm Anibrneb; nnd iit gleicb all einer, der Leich vna
„Friitebea etc. trinkt nnd difi lie in ihn wiehaeo. Alao iit» ancb aiil die-
„ lem , 10 ander! die Natur loleben Diag:en nicbi voricooiBit and abwendet und
„verwhrt. <ll Baiil Seite 38t A. Slrafhborg Ifl03.) *
(HB. Hamumenlut Ut eigentlich ein Aftemcnich, der zwar lebt nnd triichil,
dem aber da* GBUlicbe, die Seele Teblt.) Uebrigent iit Robenbein« Itibliehe
Aixicbt , die Hanteben dnrcb Anfiäblnng lolcb •ehanderharier Dinge von der
Wide rnalörl ich Bn Befriedigung dei Geichlechtdriebei nriicluaich recken gmi
naverkenabar; wer lioh davon nbaraaagea will, der leae anr die Eraahnnag,
welche der aDgefübrlen Stella Tolgl,
"■■■ - ■' ---— ^j-,"
— 63 —
g«iM bemerke ich noeh zum Schluwtf, clafii men Unredil hal,
dm Abergtwiben ilei ICien Jahrhunderts ao sehr grell lirriontit-
hebee. Udb koiniut ea allerdings so vor, ala buhe ea aich in
dieser Hinaicht ausgezeichnet; dafs es uns aber Boscheinel, r^htl
w«l daher, dafs im sechseboten Jahrhiindprt mehr Biiciier ge-
druckt wurdeo als im ISlen, aus jeneai also mehr tSiimmen au
ans sprechen , als aus diesem , und aus den früheren Zeiten , wo
die Buchdtiickerknnst noch nicht entdeckt war. Allen Aberglau-
ben des 16ien Jahrhunderts findet man nicht vermoihlich, son-
dern bestimmt in riel Alleren Schriften ausgesprochen. Selbst
Ualen, den Philosophen, kann man, hat man sein Buch Oe
prat»agi0 ex intomnii» »umeinio gelesen, nicht eiomahl
vom Aberglauben frei sprechen. Ich gestehe aber ehrlich, nie
solche TrSiime gehabt zu haben, ans denen er uns den Zuaiand
dea Körpers heurtheilen lehret j tum wenigsten hat mir nie ge-
irSumt, dafs ich in Miat und Dreck gelegen, glaube auch, riab
einem Schweine weit eher so etwas' (räumen wird als einem
MenjBchen.
\un mafs ich noch kürxUch llohenheinw Meislerachaft im
Schimpfen berühren. Seine Scfaimpfwönec hat einer unserer Zeit-
gensasen «isammengeslellt ; sie gefallen mir aber nicht sonder-
lich. Ich mag Hohenhcim nicht einmahl mit dem schimpiiichen
Geiste seiner Zeit entivchaldigen. Ein Mann, der, wie nun nun
vielen Stellen seiner Schriften ersehen kann, eine für sein Zeit-
alter seltene GescfaiiiHckabildung hatte, halle sich solcher Ge-
meinheit nicht schuldig uiHchen müssen. Waa soll man dazu sa-
gen! Ea ist mir ein grofaes Rftlhsel, warum sich in allen Faknl-
taie» und »a allen Zeilen (nicht ausgeschlossen unsere eigene)
Mllnner gefunden haben, die ein Vergnügen darin suchten, an-
dere mit Schimpfreden an verfolgen. Wären die Schimpfer (in-
ner Dummköpfe', bo liefse sich das Ding allenfalls noch erklä-
ren; aber es sind mitunter recht gescheite Leute, und dadurch
wird diese Erscheinang rHihaelhaft. Von allen scbimpfenden Aers-
ten gefüllt mir keiner besser als F. Sylvina, Der beschniulzt
doch seine eigentlichen niedisinischen Schrifien nicht mit Schimpf-
wörtern, sondern schimpft sich blofs in seiner Mpintola apoiage-
Ne« Ein für alle Mahl tiichtig aus, nnd damit ist die Sache ah-
gelhan. In diesem Schimpfbriefe ist sein Ilanpt Widersacher Deu-
»ing ein Pelufcu», Suffenu», lorex, bonorum omninm conlemptor,
Doctor »tentoreHB y Doctor ampuilariu» , Thra»o glorioau», vifiiifi-
gater turiu/eHluf, locutti/^'u» homo, ArütarcAua c&imaericut. Von
seinen übrigen gemeinen Widersachern sagt er in Bausch und
Bogen, sie seien Trnnkenbolde, schündliche llorer, Neidharte,
Geizhälse, Ilochmüihige und Verläumder. Ein anderer, der auf
Einer Linie mit Deuting ta stehen scbeiM und dessen Namen er
)üglc
- «4 -
rorlitiifij^ flnn hesoitrierer Aehlnng verschweigl, im Mnh ein (Mi-
nenkopf und alberner SchwKtzer.
Mir schoini, dieses berühmiefi Prefesaori Sc-himpfgnb« iM
nicht viel geringer ah die unseres Hohenheitn; de* ganz witzlo-
sen Mannes Schimpfbrief erregt ans nber nur Ekel, indefs.-die
mit drolligem Witze gemiscbfen Schimpfreden Hohenheims uns
nicht selten ein Lächeln abnSthigen. ")
Anfangs dieses Kapitels habe ich schon die Grfinde angege-
ben, warum die GebeimSrzte ihre Lehre und Heilmfllel nnr in
dunklen Andentnngen der Welt init'getheilt , Hie meisten aber wol
ganz geschwiegen haben. Jetzt mnfs ich noch besonders von
Hohenheim bemerken, dafs er anch da, wo er gerade keine ür-
tache dazu hatten gern den GeheimnifsTollen splehe. Dieses ge-
ßllt mir nicht bioS» nicht, sondern es' hat für mich auch elwna
Widriges. Ich kann es hur mit seiner ersten Erziehung entschnl-
digen. Vielleicht bat ihm sein Vater, der ja selbst Arzt gewe-
sen sein soll , schon in der zarten Jugend die Geheintnirsgankelei
eingeprftget; hat der es aber nicht gethan, so hat es ganz nnzwei-
felhaft Sigiimund yugger, sein Lehrer in der Scbeideknnst gethan,
denn damakls waren ja die Scheidekünstler allesammt Geheimnif»-
krJtmer. So viel ist sicher, wSre ihm die Geheimancfai eingelelbt
gewesen, ho bfttte er sich nicht kSnnen beigehen lassen, an den
gelehHen nnd TeraiXndigen Ertumu» so rSthselhaft zu schreiben^
dafs dieser ihm antwortet: Aenigmata Iva non ex arte Medica,
quam nimgnam didiciy led ex ntUero teniu verinima e»»e agnoa-
eo. Hohenheims Brief an Eraamut habe ich wirklich nicht ohne
Ekel lesen k&nnen.
Jetzt will ich versuchen , die eigentliche Helllehre der geheim-
Srzitichen Sekte, ans den Schriften Hohenheims, des deoilichsien
VergegenwSrtiger» dieser Sekte, darzustellen. Dafs ich mich dabei
mit unserem gelehrten Gescbichisch reiber K. Sprengel in Obstand
beßnde, ist sehr begreiflich. Er benrtheilt Hohenheim und seine
Heillehre hlofs als gelehrter, nur schriftliche Zeugnisse vergleichen-
der Geschichlschreiber; ich hingegen als praktischer Arzt, der die
*) Wenn ick asth sIrdIib, BobenbeiH weg^o «atset angenaiMMD Sebinpfeaa
Mit Beohl tadeln la kjiinen , «o bbTi ich diwh. Dm Uliig: «ad wahr n blai-
beo , -diiyflnigea meiner Le*er, die vielldcbl der Meiagng ilod, er htbo kei-
ncD Uotaneliied iwUehen den Aenten k*i*)ac)<I) ••otern sie ■■■nt «nd *(in-
d«ri gelliitart , »a! den Scblafi ceiaer Vorrede inr fraßen Cbirnrgf« iChaead
blovel«eB. Hier erklSrt er ja, wie er gar wobi wiiie, d*ft et kennlDlflM
retcbe Aenle glbe, welche wlrkllebe« bfilneieteriichet EifeiKbaa heihfteo,
diMe (■ belehren , marie er liek keideiwegee an , wem er etwa« lebarf ani-
hlle , 10 kenne aia dni nicht irren ; die nowiaieaden mnd angeiebicklen AertI«
hiogegeD würden leiebt begreiren , dari e« nnr anf aie gemünit lei. — Ich
denke aber , lie werdes ichverlich dadnrch gelebrier and geaebiefcler geworden
leia, »In UHte er die Mibe qiaren ktinoea.
r
— 65 —
aa bavrtbailfliida BeUMire cvnnstg Jtbr« ani KndnabMM «probt
b>t, Diiit dam mitbin bei dieser pisktüchea Untenracban; tI^m
dwulich fevtordea, warn dem gelehrten Geschiobtechreiber nnfb-
wcndig dKnkd blniben tna&te. Die grofse ^hwierigtceit, Hohco-
Iwin» eigentliche Heiliehre ani Beinen Scbriften hemanaktnuben,
hat Sprengel mehr gefnblt als denüicb gedacht; denn die Schwie-
rigkeilen , welche er anfuhrt , sind blofs die geringeren. *) Fret*
liab, die Untreue dar Abschreiber und Dmdter macbt maiivhas
dnakel; man st^t nicht blols auf Aoalassnngen einzelner Parti-
keln, sondern anch ganzer Sobatantirc, auf Analassang der Ver-
aaianng, auf Vergchreibnng oder Verdnidcnng von Wörtern, die
eine ganie Stelle zu Unsinn maoben. **) Femer ist auch ein
Hinderaifs das Verständisses , dafs mas mweilen nicht sinmabl
weifs, ob das, was man lieset, wiriclich voa Hohenfaeim, »der
snr ihm untergeschoben ist, und dafs alle Papieraehnitxel , wel-
che man in seinem Nachlasse gefunden, abgedruckt ond seinen
Werken einverleibt sind, ohgleioK er aaf manchen hl^ die Fe-
der mag ienacbt haben. Dafs er nnter gRR> verschiedenen WSr-
tavn Em« und die n&inlicbe 8ache begreift, darnber bat schon
Rtti. Batffe geklagt : *") grSfser ist aber das Ilindernib des Ver^
stefaena, daf« gewöhnliche Wörter nngewofanliche , also geheim»
Bedeniong bei ihm haben. Alias das sind aber pnr Kleinigkei-
ten in Vergieich mit folgenden drei Hauptpunkten.
Er spielt d«a rationellen Empiriker; er Mellet sieb an, ala
habe er den fiergnng des erkrankten Menschenleibes ergtfindet,
und wolle ibn uns recht verständlich auslegen, im Grand« ist
aber alles das blefs gehciluürztllche Larve. Meine Amtsbrüder,
welche sich die Mähe geben wollen, seine Schriften mk Auf-
merksamkeit durobziilesen , werden so gut finden als ich, dafs er
nicht selten, wenn er scbetnbar im besten Erklären begriffen ist,
Knall nnd Fall von der besprocfacnen Sache abspringt nnd anf
ganz fremdartige Dinge Mit. Ja inanohe seiner sehr verständi-
gen Aenfseningen heben seine rationell - empirischen Anslegnngen
entweder ganz anf, oder erklären sie doch indirekt für ein blofs
werthloies Verstandesspiel. So sagt -er z. B. Im Eingänge des
Bnchei De origiue morbornm inrüibilivM: In allen anslcht-
baren Dingen haben wir blinde Urtheile. Nach dieser
*) 3t«r Theil S. «7 n. ■. w.
**) Die Slellfl i. B. , die trh, oben «nfeführt, ii» infiiact! Kr ktbt üir viel
vwargt nd Sbel «tisselect , Miion prmsen Rclekihoa nnd icMachla Etetder
^ ■. •■ w. beibt ia. der SlralUu^r AMfaba ■l«a: Ihr bibt ml^ vl«l rtnrtt
nad Sbel »Mftltge^ me'iae Bittga , ReiehlbaM sid Mblseblt Kieidw a. ■. w.
das iit Ji bssrar Uoiinn. In den Fr«EBeDtei Indcl «leb diete Steflc saeb
Bod swar ricbti^sr , wie ich ii< anfenibrt.
■**) Cigmllla ttepUemt part. 4 (. 1,
— M —
AenCwrung, (ler«ii Wiibrheit wol jeder rarst&ndlge Arzt aneiken-
n«n vird, knnn man nnmöglich glauben, dab er lelbst WeRk
aftf Beine pHlfaologischeD und patbogenetucben Erklärungen Kel».
N'nn wäre hier zu oniecsucbeD, ob er das RaiioDellempirische,
du, den inneren Vorgang in dem erkrankten Menschenleibe erklä-
ren Wollende, blofs aU unlogischer Kopf mit seiner reioenipiriicheo
Heillehre gemieebl habe , oder ob er das Ungleichartige absicbllteb
lo seltaatn verachmolsen , uni den Galenikem den Kopf wi verwir-
ren, ihnen seine eigentliche reinem piris che Heillehre nnKugSoglieh
ta machen. Meine Meinung spricht für das Letzte; da ich «ieaber
nur mit einem grofsen Aufwände von VerstnndesgrSnden nnd Anfüh-
rungen ans Flobenheiins Werken wahrscheinlich machen kSnnie,
nnd die Sache an sich von keinem Belang für meinen Zweck ist , so
überlasse ich es jedem , seiner eigenen Meinung zu folgen.
Das zweite Ilauptbindernifs des Verständnisses der Hebenhei-
mischen Heillehre ist folgendes. Er flickt , entweder als neokiscber
Mann , der seine Zeitgenossen zum Beaten haben , oder als Mann,
der sich seinen abergläubischen Zeiigenoseen euni wenigsten dem
Aenfsereo nach gfeicbstcllen und so ihre Aufmerksamkeit erregea
wollte,, allvn mBglichen, damaMs beliebten Aberglauben in sein«
Sobrifien , und gibt sich dae Ansehen , als wisse er unendlich mehr
TOD allen diesen Heimlichkeiten als ein einziger seiner Zeitgenos-
sen. Dafs das aber nur ein Aasbängeschild ist und «r selbst da*
dumme Zeug nicht geglaubt, kann man unwidersprocUieh aua
seinen deutliehen Aeufserungep beweisen. So s(»ridit er z. B.
mebrmdhla von der Signatur der Pflanzen und von ihrer Chiro-
mantie. Wenn er aber deutlich sagt: „Ihr sollt wiuen, dafs
„alle KtKuier, wei Geschlechtes sie seien, aueh eine Chironiaa-
„lie haben. DaCs aber die Linien derselben ungleich sind und
„in einem mehr nnd ^Sfser als in dem anderen, ist allein das
„Alter schnld. Darum sagen wir hier, dafs die Chiromaniei der
„Kräuter anders nichts nutz sei, denn allein 7,n wissen nnd zu
„erfahren das Alter eines Krautes nnd seiner Wurzel." *)
Und wenn er an einem anderen Orte von den Kräutern sagt :
Die Form gibt das Wissen der Tugenden nicht,**) sck
si^et man leicht ein, dafs er es mit der Signatar unmöglich
ernsthaft gemeint haben könne. Uebrigens legt er den Wörtera
Signatura rerum naturalium, Astronomie und Philosophie einen
zwar ungewöhnlichen , aber , wie ich weilet nnien zeigen werde,
recht veratändigen und praktischen Begrifl' unter. Er macht ea
angefähr wie die ersten kristlicben Kirchenlehrer, die manche
heidnisch - gottesdienstliche Gebräache beibehielten , denselbea
*) B* t/gmmtura rermrn naUratiuM Üb. 9
DigizedtyUüOgle
— #7 -
i^r «UM kriMlicbe 8«rf«ituRg gaban. Bavor mwi miB Jim« Ei-
^eaheii Hohenlieims kenn). Bleckt in ibr ein grofsrs (iindcruit*
4m VwsttiMlivseB.
Dh «ller^röfsie Hinrfpmifis babea wir aWr ia unserem rigc-
•«■, aehnUehrt^ varkrfippclten VcrstaiMifl m sncbwi. Worin Im-
stebei Jean in ibeilicki« Verkr3pp«luDg unacra« VerataMlwf
Haines Erachlens darin, dali mr aas einbilden, eiae lieillekre
ktaae nur, eni»eder auf eine geaaue KenniDifa des Uclebleo
Maaacbenlei be« , oder anf die sjnnliah erkeanbareti Krnnkhehs*
sußlle gegrnfidet werden. Da wir nun die leiste, rolie Km-
pirie (FonnenbebaadltHig) naanen, und tie, wo] nicht niil Tu-
ceefat, aU Hiuulin|;lidi für die Uebung der Kuasi ansebrn, so
folgt, dab Mir genStbiget siad, die erste Basi«, aRialicb die
Kenntnifa des belebten Menacbenleibei , als ilia ein«ig inSgliehe
an betrai^lea, auf welche man eine Terataadeueeble Jlrillehic
grfindea könne. Wir übersehen also gans, dafa noch eiiie dritte
Basii einer Heillebre inaglich ist, näinlid], die blofs* Heil-
w i r k a n g der Arzeneien. — Waniiii übersehen wir denn diea«
dritte Baal«! — ~ Dcabalb, neil unser scbalrecbi venuniuer Vcr-
Biand Mcli die Heilwirkung der Arseneimlttel nicht -rein den-
L«ii kann. In dem Augenblicke, wo er es versuobi, diesen Ue-
dünken au erfassen, laufen ihm die hei Imi (teil ehrigen und puiho-
logtscheii Kniegorieo, uuier welche di« Schule Kruokheiten und
lleilmitlal reihet, Üugs in die Quere, Das sind nber afleohar
blofs gedaakenbildliche bnlegwrien der Svhiillehre, «ad selbi-
ge kann man doch nicht auf eine Lehre bestehen , welche sieh
aaf eine gaaz andere Basis gründet, als die, der jene Katego-
rien angehören. Widlen wir also durch unsere rationelle mpiriiKh
geschliffene Brille die reine Erfahrnagsl ehre der allen Geheiiii-
firaie beschauen, wfihuend , dnrcb diMes Beschauen au einem
deutlichen Begriff derselben gelangen gut können ; so unieraehaien
wir etwas, was in sich selbst einen Widersprach enihilt, niihin
die ünaiSglichkeit, uns Je dem TOrgeseizten Ziele su nahen.
Dem rationellen Empiriker niufs die Heillehre- der Geheiniärzie
für und für als ein wirres Unding erscheinen. Das liegt aber
lieht a» dieser hächst einfuchen und wliklich folgereehten Lehie
selbst, tondero an unserer iheilichien Vem-aadesTerkrüppelung,
welche die Schale schon in der Jugend uns angebüdet. Hier habt
Ihr nun, werihe Aiulsgeooasen! die grüftfte Schwierigkeit, die
eine treue r(>rstandhafto Darstellung der geheimttrstlicben HeiU
lehre bis jetzt unmöglich gemacht bat. \un zu der Heillehre
seihst.
I. Hohenheim behauptet: Krankheit sei etwas Unsichtbares,
und die finfteren Erscheinungen, die ZufUle, gebea uns keine
Erkenniaifs des Uosicbtbarea- ,,Ali wenig ein Wind oder eine
. 4.- ..,
„Luüt mag gegrifien oder gesahen werden, »H wenig aaeh die
„Krankhei(.'< *)
Dbs Unsicfilbare «ber, das eigentliche Wesen der Krankheit
ial m, wat der Ant kennen mnft.
„Von de«, daa nntlditbar i«t, soll der Am reden, imd
„das Sichtbare soll ihm in Wissen atehen. Gleich wie einer,
„der kein Arsi ist, der erkennet die Krankheit , and weifi, vnu
„sie ist bei den Zeichen; nno ist er aber dämm kein Arzt; der
„ist MO Arzt, der das Undchlbare weib, das keinen Namen hat,
„keine Materie hat und hat doch seine Wirkang. **)
„Das, was die Eskremeate macht, vaa die fiueet im Leibe
„macht, die Ua Hitmoret heibeal, dieselbe aind nicht die Krmk-
„heiL Das ist die Krankheit, die dasGelbe maclit, dafs es also
„wird. Wer siebet dasselbe! \ieniand. Wer greift esf Nie-
„mand. Wie kann denn ein Arat in inmoräiu die Krankhut
„suchen and ihren Ursprong melden aus denselbMi , dieweil sie
„Ton der Krankheit werden geboren , und nicht die Krankhdt
„TOn ihnen?"***)
XX> Das Unsichtbare, diu Wesen der Krankheit, in des-
sen Erkennlnifs das eigentliche Kunstwissen des Arztes bestehet,
kann nicht in den Menscheq selbst, sondern nur in der Infa^ren
Notar erkannt werden.
„Befindet der Ant in dem Menschen eine Krankheit; wer
„sie sei and wie, wird er, 'ans der Statt, darin sie liegt, nicht
„erkennen, ssndera er ninfs das ao&erhalb erfahren nnd ler-
„nen." **••)
Nachdem er an dem angeführten Orte die Nichtigkeit der
Galenischen Eleiaenlartheorie gezeigt nnd bespottet, fShrt er al-
so fort:
„Das ich schreibe, bitte ich eaeh, leset es, ermesset es,
„nnd das mit Fleits. Nieht mit Neid, nicht mit Verachtung,
„nicht mit Gespött; denn die Dinge werden en^ am Lettten
„xustehen in enre eigene Verachtnng, dadurch ihr jetzt mich
„verachtet. So ihr doch Auditore» seid, lernet und hSret aa bei-
„den Seiten, and klaubet heraas das, das nutz ist. Denn di»-
„weil in euch nicht täglich mminirt wird, das ich melde, wo
„wird euch der Grund der Arzenei gegeben werden, also, dalii
„ihr den Microcotmum erkennet in der Knfseren Natur f Darin
„Ihr begreifen werdet 'Wander und grofs HeimUcbkeit , so in dem
t^Menseben lieget; nicht nir zu Dienst, sondern euch nnd dem
*) Paragrani alltr. Tratl. II.
*•) Loca. eil,
•■-, t. ..
""),ftrr«piB(«i«i. Trurl. I. ^ ,
Digizedt^LiOOgle
„Knaketo and Gatt nim Lobe. Wer tat je g«WM«n, der den
j^enaohBii als einen Menschen fiirgenoininenl £9 lind in ihm
„acfaliwtet alle FnkoldllNi ; nieniRiid kennt ihn : daratu entapringt
„ur Vardeiben."
Ca sind jeiat 309 Jahre vergai^a, leit Hohenbeira dieses
Bcbrieb; wie trefflich hat sieh aeioe Ausaage bestätiget! Dia
Aerxte haben «eine ErmahBong, die Eikenntnifs de« Wesens der
iu^diheit in der äufscren Natur m snnheb, Terachlet, oder niobt
Tcntanden , sie heben selbige in dem Menschen aelbst gesncht,
sie haben PathogaoicR bihI Therapien geschrieben, sie haben,
wie Hehenbeim sich ansdrfidit, iden Menschen als einen Men-
acbea vorgenommen : dafs sie aber in dieser Utri ersnchung erblin-
det, beweigen am besten die vielen Theorien, die seitdem er-
aeagt, sad wieder uofergegaagen sind.
■n* Wir können von dem ODsicfaibaren Weeen der Krank-
heit niebts anders erkennen, als sein Verbftltnilä an der Heil-
wirkang der Anenei. (Die Kenntnib der Heilkräfte der
ArxenMaritlel ist bei Hobenheim Philosophie and eine seiner Säu-
len der HeUknnst.)') Die Urilwirknng der Arzenel ist etwas
sinnlidi Erketrfbares, also nitdits Phantastisches; mithin ist anch
der Begriff, den wir durch dieselbe von dem Wesen der Krank-
heit bekommen , ein Wiridichkeitsbegriff , nicht ein Phnntasiebe-
griff. Aaf die Heilwirkang der Arzeneimitfel gründete Ilohen-
faeini seine Heillehre, also auf einen wirklichen und erkennbaren
Grtind, indefs seine Widersacher, die Galeniker, Ihre Heillehre
aof einen blofs phantastischen Grand, auf die Elemente bauten. ^
Auf welcher Seile war nun die Wahrheit! — Er sagt an dem
eben angeführten Orte:
„Wo anders ein Gnnd hergenommen wird anfserhalb der
t,PhiIo8ophie, ist ein fiefriegnifs; dettn nnser Verstand, wie ihn
,,die Hirnschale beschleufst, ist an schwach, au gebfiren einen
„Arzt. Denn also mnfs die PhiIoso|Aie der Aneoei geführt wer-
,>dea, dals auch die Aagen den Verstand begreifen, and dafs
„sie in den Ohren i5ne, wie der Fall des Rheins, nnd das Ge-
jftSn der Philosophie al^o hell in den Ohren liege, wie die sau-
„senden Winde aus dem Meere.**
Ich bilte jeden Leser, der Hohenheims Werke besitzt, die-
aen Traktat über die Philosophie ohne Vomrtheil nnd mit Auf-
merksamkeit an lesen; er wird sich ohne Mühe überzeugen, dafs
dessen 0eillehre einzig auf die Heilwirkung der Arzeneimittel
gegründet war. Er spottet an dem Orte, nicht ohne Witz, über
die Galenische, auf die Elemente sich gründende Lehre, er sagt,
das sei eine blofs phanlastist^e Grandfesle, die der gesunde
*} Puragram. PhtlaiapMa.
Digizedt» Google
— 70 —
Vffratand iiiohl Bnerkmuen könne. Dieie phantasiiMche Baiia der
Heillehre iimohe es, data mh die Aerzte vob ullen anderen Ge*
lehrten wie Himdscchliiger von ebrlicheo Leuten schieden, und
dafs kein Gelehrter ihre nürrischen Schreibereien verMeben kSfiM.
„Wer wollte einen Juristen über euch znni Strafer tetzenl
„ihr habl euch derniafsan hinterBcfalagen , dafs Kaisern und Pflp-
„aien rothwäUoh ist, uaa ihr bandelt. Wie wollte ench der
.,Theologiia etwRH Abgewinnen, so er in eiiern Schriften nickt M>
„viel versiebet, ob ihr Gott oder dem Teufel anhanget, nnd ver*
„berget eure Lügen in die Hum»ret , iaSs nao euch weder Bufa«
„nodi. Ablofs geben kann. Wer will den gemeinen Mann als
„Richter über euch letzen? Ihr seid jedermann roihw&lseb, nod
„halft euch so setuaine Dietianario» und Vocabulario» gemach«,
„wer es ansiehet, mag unbescbitsen nicht hinwegltommen."*)
Hoheaheim erinnext in so vielen Steilen seiner Schriften an
die Heilwirkung der Arseneieo als die einzige erkennbare Basti
einer brauchharen Heillelice, dafs ich nur den kleinsten TheÜ
dieser Stellen anführen darf, indem das Sfier« Wiederhokn Ei-
ner und derselben Wahrheit, woi einen B«lehrer der Sehwad»-
sinnigen, aber oiciit mich kl«iden würde, der, itjh sn venuBadi-
gen und scharfsinnigen Männern rede.
In dem ersten Traktat des Buches Fbragranmm beibt es:
„Sagt ihr, der Morhu* ist Pulegii, der ist Melwae, der BaU-
nae, so habt ihr eine gewisse Kar ans dem Nomen." b^r erkaoMe
die arzeneimit teil ehrigen Kategorien nicht an* die sich damahls
von der ElementarlbeÖrie berschrieben. Den Salx Contraria cmt-
trariia curaniur verwarf er. Dafs er jedoch den Salz: Gleiches
wini durch Gleiches geheilt, an dessen Stelle gesetzt habeo soll-
te, ist >war gesagt, und noch in unseren Tagen gesagt, aber
fCiinz unwahr. Wie die Arzenei heile, hielt er für unerkennbar ;
blofs dafs sie heile, hielt er für erkennbar. Also ist bei itun
dHs Heilen eine Heimlichkeit, ein ^^rctffitrai. So sagt er im er-
sten Traktat Faragrani:
, Contraria a comirariii curantw, das ist; HeiCs vertreibt
„KhIi u. s. w. , das ist falsch, in der Arzenei nie wahr gewe-
„sen ; sondern also : Arcanum and Krankheit , das sind die Co»-
„fraria. Arcanum ist die Gesnndheit , and die Krankheit ist der
„Gesundheit widerwärtig; diese zwei vertreiben einander, das
„Rind die Widerwärtigen die einander vertreiben "
') SiDd di« mediiiaiicben SchrifleB naterar bcnligen Acrate dem oicbUirlxGchea,
(fcbililetcB Vcnliode deullieher, oder liad lia ihn noch ebeato roltawKJiehr
Di( Lotxle mUcbte wohl d«r Fall lein^ und witiud? Weil der icblloMe, ge-
loida, gebililele Venlsod nnmH^lirh Pbanlaitikaircoricn Kr Wirklichkcilika-
Irgoiien hiDDehmcii ktaa , ja nicht ainnitbl eini Ahoang von diuer Virwerbae-
_ 71 —
In dem n&iulichen Traktate heifiU ca : „Ein aatnrliober , wahr-
^hülipr Ar« apricfat: das ist Mmbua lerebintkUtmt , das ist Mor-
,^ »tferw MoslAM', das ist Mortui hieharimmt a. s. w.; und
niic^t, daa ist Brauckm, das ist RkeuMa, das ist Cbrix«, das
„id Cetarrhu; Diese Namen kommen niebt bm dem Grand«
^der Afzenei; denn Gleiches apU aeineiu Gleichen mit dem Nn-
„uien verglichen werden: aus dieser Vergleichung kemmcn die
„Werk«; das ist, die Arcan» erSffneo sie in ihren Kraakheiiea."
In dem sweiien Traktat Paragrani sngt er: ,^Wer weirs die
,^ahl der Krankheiten? \ur der, der da weifs die Zahl der na-
„tfirlichen GewAebse und nalürlteben ArkKncn. — — "
'„Allein die äuTseren Dinge geben die ErkenntnÜH detlnua-
„ren, sonst mag kein inneres Ding erkannt werden."
KV* Diese Ansicht der Natiu würde nun die Medizin zn
einem wafarhafien Chaos machen, -werto der absondernde Verstand
nicht dne Rc^l in diciM Wirrung brichto* Hohenlieinu Ordnung
besiebet darin, dafs er die Krankheiten einiheilt in Urorgankrank-
beitcn nnd jn UmaiTersalkfankheiten. Die Organkraakbeilen spie-
laa in seinen Schriften eine wichtige Rolle, woraus ich erkenne,
AmW er die Natur genau mnfs beobachtet haben. Ich werde auch
znent von diesen si«echen, wenn ich vorher folgende kleine,
mm Verst&ndnils nöthige Einst^altnng gemacht.
Man hat Huhenhei« aeoli in oBserer Zeit ati rohen Empiri-
ker ausgescbrien, das heifst doch wol: er sei ein Mann gewesen,
der sogenannte Speäfioa blindlings auf nosologische Formen an-
gawendet, der Mittel gegen WasAerfuchl, Schwindsncht , Gicht
D. 8. w. gehabt. Ich kenne aber wirklieh keinen Arzt, der freier
von roher Empirie gewesen, als gerade er; seine reine Erfab-
raogalehre ist ja die voIlkonmenUe GegenfRliilerinn der rohen
Formenbehandlung. MSglich ist die irrige Meinung deshalb auf-
gekommen ffnd big jetzt geblieben, weil man im gemeinen Le-
ben nnd auch in der scbulrecbtärstlicheD Spreche unter dem Aus-
drucke Speci/icum ein besonderes, auf eine gewisse nosolo-
gische Form gerichtetes Mittel verslehet, und weil HoUenheim
Mitunter die Organ heil mittel ^tifiea nennet. ') Einige Stellen
sSgea beweisen, dofs er kein Fonnenbehandler wnr, ahrr wol
das nrerkrankie Organ, von dem die noiologisclic Form ahhing,
in heilen bezweckte. So sagt er z. B. in dem Buche De rnilnco
malriciw: „Also ist Caductu inl€»tinoram, caducui diapkragMa-
•) Der Mifijriff k»nn Mck Jib«r röliMB, i»h i'it Gilenik« dleltfi-AV« tpffi-
fitet, ilM keif«!, Miehe Aerate, wekhc dl« BeilwirtunB der HUIcl nl.ht ■»»
J«> SlearaUrqnalirilra MilKrt«D , »ondw» diewlbe -ti eine uunklSrb.r.
HeUatiebkeit (^«mh«) UHben. »poU««»« Euiriiler niunlen. P«»"" -
ram. Pretaf. 3.
-- — "-'S'^'
— n —
„lü, em^icm» ämttivm, cadmemt mtmut, petlit, fttMlMtJbrtm,
„medullae, gutturit etc.** Uod in dem Bacbe vom Kakeaweh
„Das itt /iedri» »plenia^ dies »tomaeki, dies cerebri^ die« aoM-
„gu^i* , dies ivtt«nwM etc." — Nun von dieum Abspnng« wie-
der KU der HttBpuacbe.
JL> Zuerst von den OrganboilmiUeln.
Er behauptet, jedes kranke Organ habe ia der Soberen iNa-
Inr sein Heilnilte). Diese Heilmittel nennet er (auf die ^gna-
fnra verum naiurahun anspielend) die HuüiereD Organa, ulti. B.
die auftere Leber, das ftofsere Gehirn, die ftufsere Milx u. ■. w.
Daraus mat^t er als» das scheinbare Pßradoaroin Gleiches müsse
durch Gleiches vertrieben werden. Dieses schien iwar dem Satxe
der Galenischen Schule schnurgerade an widersprechen , kam aber
wirldioh mit demselben in keine Berührung; denn der Gnlenische
Sati beeog sich auf die elementischen Qnalitäien , der des Ho-
henheim anf die geheimen Kräfte der Oiganheilmittel. Das Pa-
radoxe des Hohenhnmischen Satzes lag bltfla in dtm Worten, in
einer Anspielaog > anf die Signatnra rerum Hmtttralium, (Hier
haben die Leseh ein Beispiel , wie er eine damahlige abergläu-
bische Meinung zur Schau trSgt, ihr aber eine verstfindig» Be-
deutung unterlegt.) Non wollen wir die Bel^e zu dem Gesagten
hdren.
„So Aer Arzt den äufseren Menschen wohl neils und ihn
„wohl erkannt und erfahren bat, alsdann soll er sich geben in
„die Faciillftt der Arzenei, und den äulseren in den inneren wen-
„den, und den inneren in flem fiafseren erkennen: sich hüten in
„alle Wege, dafs et keinesweges iu dem inneren Menschen lerne,
„denn da ist nichts als VerfDhmng nnd der Tod; denn bis sie
„ohne solch Sufserliehen Menschen des Menschen Anliegen er-
„kennen, wie Tiel Feld nnd Acker müssen zu dieser Probe lom
„Kirchhof werden. Aus dem folgt nun, dtils die Sez-
„zung der Bezepte al«o geonlnet mufa werden, auf dafs das Glied
„zum Gliede komme, je eines dem anderen gereicht werde. —
„— ^ Das Hera dem Herzen, Lunge der Lnnge, Milz der
„Milz. N'icfat Milz von Kühen , nicht Hirn von Säuen dem Hirn
„des Menschen, aondem das Hirn, das des inneren Menschen än~
„fserea Hirn ist.*)
*y Paragrami alferiut Traet. I, Za dicMr Sulla raDfii Ich elM kklo« Benn^
klag naehen. Spramgtl gibt Otaall Crolliit* ■!■ den Sebritt*t«Uer u, dar
Paneelsiu Lebra am baatea darraatallt. Noa bitte iob dia Laiar, ait dar
■Dgaührten Stella tolftaiti lU CrolHut Boeb ße tigualurit inttmit mrum
pag- 04. KH TergleiBbeD. Ctrebmi tnillui» phrandlicit prodatti td*» alürai
H, qui mtmtriam amlterunt , tum javamanlo vteUKtar etrtbr» ptrcino tmm
mgr'hlica et eimmammomo aremaiitala. Der Haui hat »ffmbar leiBei «ng«-
beteteu Vorbilde! Lebra Khleebt bagrlffes.
— » —
„Abo Md <li« KrinMr «oeh GKeder: «Im kt •(■ Hen, du
,jUt «M« Leber, das ist eioe Mib etc. Da& iJI Hen ein Hen
j,*ei des Auge tiolitbar, ist niebu, MiidefB es ist eine Kmfl und
mMQ» Tt^end dem Henen gl«icb.*'*J
„In ^iritn Utgt die Ancnei and niehl in Leibe, deaa
„Leib bimI Spiritua sind xwelerici."**)-
Er faatte aieb mdic gut b^fri&u, dafi in Einer Pflenxe Mehre
GnmdatsSi sieckea könnea, deren Jedw auf mb iMsoadwee Ot-
gMi beilsam wirkt.
„Ea sind in etoem Csr^M* vieleatlei Glieder, sind aber nur
„Ein Leib, du nw Ein Kiant ist, abef allsriei Tngenden in
„ihm."**»)
„Om ist mm du vierte Back, dab der Arst leene erkeBBen,
^dnfs weder mehr noch minder üi pkffaie« corptrt sei » als wel
t^» er Butfeodig welfr, wie tnancberiei Spexiea Lignmim., Lm-
nPi^'h Berbmrum etc. nnd dals diesdttea Spexiea aodi im Me»<
„sehea seien. Doch aber niebt ib solcher Gestalt, wie in den
„EJcmeaien, ****) s^dem in Gesandheilsweisa wtd Krankheilsge-
„Malt seilen sie in dem Menaehen gefanden werden. Das Gold
„im Element ist als ein Gold, im Menecfaen ein nalSrlich Con>
„fMtarif; also weiiM wisset von idlen SpeeUbtu der Uemeate,
„dafs sie aneh also im AflkrokosBM sind. Der nnn weils, di«
„Sptdet zu nehnwa nnd an erkeoneB in plii/ne» corpore also:
„du ist im Messchaa der Saphir, du ist der Merfcnr, du ist
„Ciprenm», das ist ßo» deiri etc., der hat du Bocfa pkgaiei
„eorporia wobl eigrSndef; nnd so er nnn soUbe Sptde» earporm-
,^«t wohl weifs nnd erfahren hat, so mag er ein Mediem* sein
„nnd seine T^eoricam finden« die nicht »peemiativa sein waM,
„sondern aas der Putetica soll sie geboren werden ; deoD nicht
„ans der apecuiativa 7%eorica soll Practica flieften, sondern au
„der Practica T&eorica.**-\^)
Die Leser sehen ans dieser Stelle, dafs er die Wahrheit:
du. Wesen der Krankheiten InJane nnr in der Suisereii Natnr
dnrch die Heilwirkang der Arxeneimittel erkannt werden , in ein
ander« bildliches Gewand kleidet. Oben sprach er von einer
Snfseren Leber,, von einem ftoJseren Gebim a. s. w. Hier spricht
er von einem inneren Cupreatua, von einem inneren Merkur, von
«Den inneren Saphir. Nnn, wenn er einmahl eine Wahrheit
**) D» podagrith JUb- I.
***) LubyriMth. mti, rap. S.
****> Btcr s«bnw:bt er tat WoH Blen«gt, Blehl in Gakaucbtta Siuie, Modtra
flr dte loriere Ntlar.
•f) LmtfrimtAiu mtdicamtM Cmp. 4.
„,,,_„.,L, Google
— 74 —
bildlich T6rtm;*B wollte, so mag die «ine EiDkleUnaf so viel
werlh iein ali die andere.*)
Die HBOpUeohe bläht iniiaer , dafi er seine Heillebre nicht,
wie die schulreohien Aente, auf eine anmaüslicfae Kenntnib dea
bellten Menecbealeibei , eondern anf die HeilwirkoDg der Ane-
neimiiiel gründete, aUo auf eine erkennbare Baaii, und da£i aune
Theorie reines Abstrakt der Erhitrung, mitbin Theorie und Praxis
bei ihm Eins war. Dieses ist für uns , als Verslaadesmenschen,
das Wicbtigs;e in den Paracelsi sehen Scbriften, nnd ist wabr-
seheinlich anoh die wichtigste und nütdiehste Helmliekkeit der
alten scbeidekilnsiigen Aerste gewesen.
Nun niiifa ich nocfa eine Stelle miiiheilen , Hie am Ende des
ebeA angeführten Kapitels stehet, in der er seine Meinung über
die anf eine aatuafslicke Konntaifs des belebten Menschenleibet
bastrie Ueillehre der schulrechten Aente ausspri^t. Diese Stelle
ist jeint weit merkwördiger als damafala, weil die Aerste jerst
schon dreihundert Jahre IfiagM auf die nfimliche noerkcnnhare
Gmodfesie eine braachbare Heillebre %a bauen verancbt haben.
„Es ist von etlichen gesagt worden : wo der Philosoph anf-
„böre, da fange der Ana an. Das in der Gestalt geschiebvt: so
„der PMo»»phua m^orem watndum Hobl erkennet in Himmel
„and Erde nnd >n allen ihren GmteratioHibu* ^ so hat er die
„Erkenntaifa, in verstehen suissresi tmmditm. Der in solcher
„PhiloBophey nnd Lelire nicht ist, der mag JUier»coämitm nicht
„erkennen. Was er von der Nator des Meosehea schreibt , ist
„nichts besser, denn so viel der Blinde von der Farbe redet;
„er wShnt es allein, es Iräamt ihm allein, er siebet Aurw»
„mtutet itt Bitpamia,"
Gnier Gott! die Aerzle habeo seitdem so viel goldenp Berge
KU sehen gewähnt, die jcisi, in der Geschichte der Medizin, jlm-
merlich ihre ungoldenen, grauen Hünpier gen Himmel recken,
dafs den sinnigen Mann, der dieses nnwiribbare Xordkap durch-
wandert, ein Gefühl von WefaMOlh ergreift, und der pHracelsiseh«
Gedanke in ihm auftancbt ; das Gehirn des Menschen, wie
es die Hirnschale beschleafst, müsse wo! sn schwach
sein, zn gehSren einen Arst.
B* Ueber die Uaiversaliaitiel ist Hehenheims Lehre so dun>
kel, dafs man anfangs glaubt, nimmer damit ins Klare in kom-
men. Denkt man aber nur ein wenig darüber nach, so wird es
einem nach nnd nach licht. Am besten werde ich meine Ansle-
gung mit einem Beispiele anheben. Nehsset einmahl an, werihe
*) Di«B lalila Hldlicbe EinUeiduai; pilkt jrdarh nicht fsl «uf di« OrK«nhri1-
miltel DsdUrorgiDlcnnlikcilen, sondmi brwer luf die UDivcrMlailtel «ad di«
Urorkraokaassn de* Ce»mmtargaDiiaiM.
L,, ,_..,,,, Google
- »» - *
AMtri^Mcrl ieh bStte ein gcmebm Hpiel Kuisn ta irr IUmI,
nad gfibe each einen Theil in Bliiter ; go wnidei ihr J« hos den
gegebenen Bl8ttern, obne sonderliohM NaeMenken, diejenigen be-
Mimmen k9anen, welche ieh in der Hund bebnlten. Nun, «bai
no mache ich es mit Hohenbeim ; bt bat mir den Begriff den Or-
gan heil mit teia gegeben, nna. dienern feigere ich den Begrifi deg
UniverulheilmitleU. In seinen Schriften spielen die Orgnnbell-
»ittel imd Organkrankheiien eine Haoptrolle; daraus llbl sich
Ja, nicht Terninthlicb, sondern mit Sicherheit sehliefsen, dafs seine
Univeraalniittel , wekhe er noter mancberlei Namen l>egreiA, anC
etn'Rs ErlcFanktca gerichtet seio mKssea, mflefaei, ancfa der ge-
wdhnlicfaen äprachweise, nicht zu den Organen gerechnet wird.
Wa:< ist nnn dieses unbekannte Etwas? — ich denke, es ist das,
dessen Erkrankung die Aerste verschiedener Schulen and ver-
sehiedener Zeilen nitt gar mancherlei \amen belegt haben. 8i»
Inben e« bald inflammatorischen , bald sthenisehen Zustand , baM
Sebwiche, bald Asthenie, bald FBalnifs, Ataj^a nervarmm, Ver-
flaonng der Lebensgeister nnd Gott welfs, wie nnch sonst ge-
nannt. Die Krkranknng des von den Organen unterschiedenen
Unbekannten miifji -Dasjenige sein, worenf Hohenheims Universal*
mittel gerichtet SLud^umt da wir gesehen, dafs «: das Wesen der
Organicrankheiten nicht in dem Körper selbst, aoadem ia der
iofteren \a1ar, aus den Heilkrttften der Orgnnmillri erkennen
will, so folgt, dafe «r auch die Erkenninift des Weaen der nlt-
gemeiami Erkrankong nicht {d dem Körper selbst, sondern in der
ftafseren Natur, also in der Heilwirkung der Uoiversalmittel fin-
den mufste. Dieses ist doch eine ganx einfache, Teratandesmcbl«
Folgerung aus dem, was ans Hofaenbeim gegeben bat.
Man kann übrigens wol ans seinen Schriften erkennen, wel-
che Mitlei er fiir Vnivenaiia hKit, aber nicht, wie riel er der-
Bftlben gehabt. Was ich davon weifs, hat mich meine eigene
Erfahrung gelebret; denn da idi einmabl den richtigen BegriS
eines Unirersalinittels erfaÜM, eo fand sich das (Jebrige von selbst.
Ich mag aber hier nicht mein eigenes Erf ah rungs wissen mit Ho-
henheims Heillebre vermischen. Von letzter darf ich nichts be-
haupten, was nicht mit deotlichen Stellen seiner Schriften zu be-
legen ist. Deutliche Stellen habe ich nkbt gefunden, wol aber
dankle; ieh will dem Leier etliche derselben miitheilen. In den
Bfiehern De virihut meniromm unterscheidet er in dem er-
sten Buche De vtribui apiritualivm den Spiritum vitae,
als etwas Allgemeines, von den Oi^anen Unterschiedenes; er
sagt, derselbe sei vers^iedanen Krankheiten unterworfen, daraus
kennen entstehen fehm , Bpottemata , Plenretei , Icleritia, ulce-
ra etc. Iru zweiten Kapitel dieses Buches warnet er, dafs man
Urerkrankiingen der Organe nicht fiir allgemeine Erkrankung des
— 7d —
^rilu* vitae Dehmra Mile. Da abex iu AnfSbrea oinMlaer
t^ellen diMar Bücher dam Lnaec Hoh«nheiina offenbar alMicbtlich
dtioket Forgeiragene Gedankea oioht Terdeutlichen köonan, so
maCi ich jeden Nea^eri§^ auf die Bücher selbst rerweisati.
In dem achten Buche der Arcfai^oxen sof^t er von seinen
Uoiveraalmitld * welches er unter dem Namen Elixir begreift,
Folgeo4es.
„Darauf nun xa Teratehen isi, dab das Elixir gebraucht wijrd
„an dem Leben, das ist in dem Herzen and an die Ende, wo
„das Leben liegt, qw>d ett, ad apiritvm vitae per umiva-ium
„corput düperium. Et cuatodit »piritum vitae ia hoc virtute,
„qua üorput vel cadaver mortmtm a putritfactione cwtodiat,
„Qjta»i vulntu aut uieu* extrimtcu» polest a putredine et mah
„dutodiri: ita ttiam intrituecum. corpus ah ««in» advertitate
,,cm»todiri de po»ae tat. Damm so ordoea wir ein Elixir, das-
„lelbe wirket in »piritu vitae gleich wie ein Ferment in eioeiu
„Teige, nad wächit im. Leibe als wenn ein Baom in der Wnrxel
„gefärbt wird, das ihm nimmer ausgehet."
Abs dieser nnd ähnlichen Stellen, die sich aber untereinan-
der in den Worten widersprechen,*} gehet so viel hervor, dab er
etwas von den Organen Ualerschiedenes und Erkrankbares in
dem Menschenlelbe annimmt; oh er daa nun Spiritu» vitae t oder
anders nennet, läuft auf Eins hinaus. Da er das Wesen der Or-
gteerkraaknog nicht in dem K5rper selbst, sondern in der äufae-
ren Natur, aus der Heilwirknng der Organmillel erkennen konn-
te, so konnte er aueh das Wesen der Erkrankung jenes Unbe-
kannten , von den Organen Unterschiedenen , nicht in dem Kör-
per selbst erkennen, sondern er mufsle es folgerecht in der Sufse-
ren Natur, aus der Heilwirkung der Universalmillel erkennen.
Was ich bi« jetxt gesagt, ist das eigenrliche Reinversland-
hafie der Hob enbei mischen Heillehre. Da dasselbe, so viel ich
weifs, noch nie deutlich ausgelegt ist, so wird meine, liofTentlich
deutliche Darstellung dem sinnigen Leser wohl zum ernsten Nach-
denken veranlassen. Aber auch diejenigen meiner Leser, die
keine Lust zum Nachdenken haben mochten , werden mir doch
zngesieben müssea, dals der Gedanke, eine Heillehre anf eine
sinnlich erkennbare Basis zu gründen, ein Gedanke ist, der un-
möglich in dem Kopfe eines Narren könne erzeugt sein.
Was ich nun weiter noch von Hobenheims Heillehre zu sa-
gen habe, ist für. die praktischen Aerzle minder bemerkenswerlli,;
denn da es, seit dem Verfalle der Galenischeo Schnle, auf dem
*) HiD vargleiebe iiil dar «DfardbrieD Stille da« lile Bach De ciribut HUmbro-
mm Cap. II. und dia IV. Back Sbar die veneritcbe Krenkbeit von 5. Repilal
liU EBV Bnd« dei BaekM.
— 77 —
W^« der BeobBchttin; erkannt nai naeh nnrf nach «ir allgemei-
D«o Kwhl« gebracht ht, m kann ei jettt nur noch hu geacliicbl- -
Heber Hinsieht Beachtung verdienen.
Am meiner Dantellang des Ventandhaflan der Ilobenhofmi-
•dien Helllehre kannten meine Leser leicht scbliefsen, es nel
«{ne rein dynamisehe Heillehre. Gana Unrecht hfliten aie dnria
■lehl; allein der Mann war su verstSniig nnd erfahren, als dafa
•r ^nnper DTnamiker bHile sein können. Er b^riff es vtelnehr
sehr gut, dafs die Irrnngen der ab- nnd anssondemden Organe
rine Regriwidrigkeit das Ab- nnd Aassonder«ng8gescbllites nnd
des Ab- und AoBgeaonderten lur Folge baben miaaen, nnd dab
das regelwidrig Ab- nnd Aasgesonderte als nener feindlieher Reta
auf den Körper wirken könne, ohne dessen Enifemang die Hei-
Inng einer Krankheit nweilen nicht geschehen möge. Wir ha-
ben schon frfiher aus einigen Sielten ersehen , dafs er dergleichen
materielle Reite xa entfernen rXth , aber anch Umsicht dabei em-
pfiehlt. Er leene jedoch nicht imfier diese schädlichen Stoff«
ans, »oadera nahm noch auf ihre ehamischa Beschaffenheit RBok-
sicht nnd aantraliiiirte sie. In dem Buche von den tirtarischea
Krankheiren'J sagt er: jedes Organ habe die Kraft, dai Schftd-
HdM TOR dein Unschldllcfaea ni scheiden; we diese Befähigung
In Irrung geraifae, da erseoge sich Tanariu. Ihm ist also alles
das Tanarns, was hllie nnsgesonden werden mRssen, aber'nioht
«■Rgesondert ist, und nun snm feinditchea maleriellen, oder ma-
teriell-mechanischen Reise wird. So sind Stein« Ja den Nieren,
in der Blase, Leber, Lnnge, in den Dirmen, unter der Zunge
aod an anderen Orten Tarlarns; aber auch Magen- und Darm-
s&ure ist Tartarus. Von der leisten sagt er, sie sei' am leichte-
sten %a heben, werde aber von den Aenlen bflufig verkannt. ")
„Habt gut Acht und Fleifs auf die Dinge alle, damit Ihr nicht
„Tartarum für Co/ieam, nicht für I/iacam, oder Venteaüate» an-
„sehet, denn es ist ein grofses Irrsal, und stehet Sbel, dalä so
„viel wSische Aarzte, sonderlich zu Montpellier, Salcmo, Paris,
„die da wollen vor anderen den Krnns haben und jedermann ver-
pachten, doch selbst nichts ItSanen, sondern ötfentlich erfunden
„wird, dafi ihr Maul und ihre Pracht alle ihre Kons! ist."
Merkwürdig ist es, dafs er den Tartaram der DSrme (wel-
ches Darmsäsre ist) dadurch hebt, dafs er mit den Speisen , son-
detlicb mit gehacktem Fleische ein Salx mischt, welches er, nach
seiner Atlrrischen NVeise, Alca/i glaoiei dmrae nennet.***} Ich
*) Tratt. IV tf« origimi muri, rx lartar»'
") Paramir. Ltt. 11/ de Ttg. marb. ex tttrl,
***) Bsek VBD des Urttriacba« Rraalhatt» Kap. IS. — Ich bab« ÜCMi KsDil-
«tilek, mit alner klclnea aar dcD Geiehaaek befa«bBatas AhtsderaaKt "'*
rtTHchl ; in dar Falm ward« ich sstr davoa lacw. .
- 7» —
drnke, et viti wol Mifro» »in; «r kRonie diMM mm we-
Digaten: ein apüierer Geheimant, P. jPvMrt««, - lehrt nh iIm-
aen Beieitung ganz deailich und oMinet w CtyitmlÜ AmltmmM
talU. y)
Auch hinsictitlicb de4 Tartan», der iieb in anderen Organen
erzengt und als Stein nicht teilen vial bite ZuftiU maobt, gibt
er temerkeatwerthe pralciiaehe Winke. loh iwnn aber, ohne
■ich einer Unichicklichkeit tchnldig lu machen , unmöglich aUea
fiute nnd Wahre, wat den Mann aU einen erfahrenen und (iicb-
tigen Pr^iker bd^iutdei, auuohreibeD. Bioft eine einnge Sielle,
in der ar darauf Bvfnierktatn macht, dait die Aeraie häufig die
GallentCeim verkennen, will ieh dem Leter, ihres eigenthüinli-
liehen drolligen Anttriehet wegen, xum Beaten geben; sumahl da
dietea Verkennen anob noch wol itf niweren' Tagen Statt hat.
Er sagt: „Gallenateine machea Gelbaiicbt, Krümmen, Libmung,
„Grimmen, Drücken nm daa Grübietn und desgleichen ; Efbrechen,
„bdsen Magen und Däuung. Solches allet achSmen sich die
^Aerxie nicht, dafa sie sagen, es int eine Cholera. £s iat eine
„seltsame Cholera ! Freilich, Cholera bei euch X^nrren, aber nicht
„hei den Erfahrenen." ")
Jetzt Herden die Leter auch von mir erwarten, dafs ich von
den fünf nraachlichen Dingen t von dem ^u anträfe, veMemah
rtltatura/e, tpirituale nnd deale ein \^'on tage. Da aber roebte
dieser Dinger mit dem Puracelslschen Säulen der Medisin xusam-
menfliefsen, 90 Ififst sich nnniöglich besondMV davon sprechen.
Wahrscheinlich haben diese ursächlichen Dinger einen vermeinl-
liohen Ge.ichichtschreiber reranlafgt, Ilohenheims vorsiiglinbsles
Verdienst darin zu setzen, dafs er auf die Krankheitsuta sehen
mehr Kücksicht genommen als Galen und die Araber. Das ist
aber witl ein kleiner Mifsgrilf. Freitich, er wird anf die sinnlich
erkennbaren Scbüdlicfa keilen, die nicht blofs eine Kraiikheit ge-
madu hatten , sondern durch ihre fortgesetzte Einwirkung die
Krankheit ualerbielten, in so fem Rücksicht genommen haben,
dafs er diese SehBdIichkeiten entfernt hat. Dafa er aber übri-
gens, wie die apttieren Aerzte, aua den Schädlichkeit«!, welche
asf den Körper gewirkt, und weldie in vielen Fällen blofs et-
was Vermuthliches atod , das Wesen der Krankheit habe erken-
nen wollen, ist unwahr. Oieae Behauptung stehet im geradesten
Widerspruche mit seiner Heillehre, denn er wollte ja blofs aus der
Heilwirkung der Arzeneimittel dat Wesen der KVankheit erkennen,
nnd verwarf alle auf blofse Vermathung sich gründende Eikenntnifa
als ein Hirngespinnat.
*> Optrm vmnia p*g, 4 IS
**) Paramir- Lii. III it «rig, «wrft. ax Imrt. Trmt. IF. ,-. ,
— » —
Wn «r TM iImi fSaf urucUietwn Dingen tilgt, Ist, mit .4as-
aeklab hosten , was Mit Rnn«n drei SfiolM der HeUltoiiBt xttaaiu-
mnaflirftt . (wovon ich gleioh ipiecheo werde) blofa ein eitelet
Gewliicfa , weichet wit teioer HeiUebre in keincM direklcn Za*
uniMenhai^ stehet.
Wena dwr die Bntlidie Unaefasacherei aacli nicht ia gerft>
den Widerapracbe mit seiner HeiUebre gestanden und er dae Un*
logiacfae, das in derselben liegt, sieh auch nicht deatÜeh gedacht
hatte; sc würde er doch gewib als geistreicher Mana es gefTihh,
das heifstf sein Vertlaod würde es sieh daaltal gedacht habea.
In dam Buche JPurmmirum') sagt er: ,,WJr heban unsere Ante-
t^ei bei der Heilung an, und nicht bei den Unachen, dämm
„dafs uns die Heilung die Ursache anxeigt."
An einem Hudereu One heifxt ea: „Allein erkeane d«n Leib,
„so hast da die Krnnklieit erkannt; denn da lanfi der hinweg,
„der lie macht, bleibt nicht, und dus, damit er es macht, aiiumt
„er lait ib«; darum darbt du es nicht suchen da. — '' — —
„Das iai, wie ein Ziuiaemiann , der nimmt Sfige, Axt o. s. w.
„mit ihm hiowcK, -l&fitt allein dns llwus stehen"")
Weil enifernt, aus den Uraaehen die Nalur der Krankheit
erkennen zu wallen, begriff er recht gut, diifs die Nainr oder das
Wesen der Krankheit in den aieisien Füllen nur durch einen Pre-
beprocefs, durch ReMgentia »ediea sn erkennen sei. Ich habe
schoD oben, zu einem anderen Behuf, eine Sielle angeführt, die
dieses beweiset; folgeade ist aber nicht uiindec. beweisend :
„Ob es gleichwol so g;iir nicht ergründet mag werden , so
„ist es die Arzenei, die da suchet, und die Augen hat, inwendig
„zu finden dasjenige, so sie sucht.'*'
Von dieser l-'.inschaltung wende ich mich zn den drei Para-
celsischeo Säulen der Fleilkunsl: Philosophie, Asironoiuie, und
Aluhyinie."")
Von der Pbilasophie habe ich schon oben spreoheo müsaen,
nm die Basis der Hohen bei mischen Heillehre ins ^lare zn stel-
len. Dafs aber Philosophie bei ihm nluht einzig in der Kennt-
nifs der Heilwirkungen der Arzenei mittel bestand, sondern auch
zugleich in eiaer durch Beobach.ung erworbenen Kenalaifs des
kranken Menschen Iai bes, erhellet ans folgender ganz anzweideuti-
gen Stelle.
„Was ist Phtiotophidf Das ist sie, das zu erkennen, was
„der Erde Gewächs ist und des Wassers, deren Natur und Kraft
„EU wissen : hingegen ist aucfa der ein i^s/asepAi» , der der Man-
*) Paramir. Prahtgas I.
") Dt PitdmgriHt LH. II.
'") Voa des (arttrischts KraoUcitaa Kii. IS. ^^^ ,
Digizedt^LiOOgle
— m —
„tchea Lasf weife nnd erfehren HrI aai ihn eHnmdct.** *) Die
Leser mBnen hier' wol bedenken , Ma er Ton «iner dorch Et'
fahnin^ erworbenen Kenntnifii aprichi, nicht von einer eidgebilde-
ten, RnmafBlicfaen ; diese letEte hei&t bei ihm Specalalion , er b«-
legt lie auch \iel mit anderen unheimlicheren Xamen. Die da-
mahtige Aristotelische Philosophie hllt er für den Giacht des auf-
brausenden Verainndes, and die Aristotelischen Philosophen mnd
ihm Sophisten.
Nun inr sweitea SSule der Meditin, in der Astronomie. Wir
haben schon oben ans nnsweideuligen Stellen seiner Schriften ge-
sehen, dafs er nicht Sterndenter war, dafs er vielmehr diesen da*
mahls Iieliebten Aberglauben verspottet. Im 16ten Jahrhundert
nod in den früheren Jahrhunderten war die Astronomie -oder Aslro-
logie nothwendiges Wissen eines gelehrten Arztes; sie kam aber
schon «m Knde des 16ien in ziemlichen Verfaß. Ich besitze ein
Exemplar der Pestordnung der Stadt Hamburg vom Jahre 1&97,
welche der i^iadtphj^ikus Dr. Jaianit BSkeliu* anf Verlangen dea
ätadirathes verfafst. Dieser ehrliche Mann, der den Teufel noch
•inen hochgetahneo Geist nennet, verwirft sehon die Astrologie,
bRit es jedoch fiir nÖthig, die Gründe, warum er sie verwirft, im
fSafien Kapitel jener Pestordnung ausfahrtich dem Pobliko vor-
anlegen. Er ist der Meinung: die Pest sei nicht durch die Ge-
'stirnnng verursacht, sondern einzig durch der Hamburger goltla-
ses, unbiifsfertigeH Leben, durch ihr Fressen nnd Saufen, dnrch
ihre fleischliche Wollust und durch ihre Uaflftlherei. '*) Dafs also
*) Fragmemtm Med. ad paragrtnwm.
*•) Die BMehreibasf , die er vra der tiBflItberei der Bewoln«r Bwbargi siMhl,
lit *a einii; drollig, difi ich nick nicht eitbaltea Lann , lie deacD neiaer
Leier Diirialbeilea , die da* jelxtgo Baaibarf kenDcn. Er sagt Fei. 14: HiexB
d«B lach Loant, dafi fo dieier ^tea Stadt die Hanser nnd Wohnno^n,
•oaderiieh der Ar«ea , inoh die GaMen hla and wieder ao oDreln , nnianbar
vaA aaHilfalB j;ehallen wardan, dab Ich ea daflr halte, d«f* kela« Siadt is
Bsrapa ist, in welcher ea ■aflälbicer mü(e gebatleB werden. Kas aehe anr
an die Faulhanren oder Lappe aberie , die Fanl- oder Scblammfcaalen , welche
alebt , waan der Hlal oder Rolb aoeb tViieh , toadern wans er eia balbea,
•dm ein Vierteljahr Kau»»!' n^r eise« HaDfen lieget nnd wenn er dann
raol nnd atlnkead , erat erregt ud weggebracht wird. Danm denn ao ahi
ein grlalieher GeiUalt entttebel, dab , wer vorübergehet, wol In eine Oba-
Maehl fallen nSehte. Geachweige ana waa fnr eiaa abiebenliebe Ualitherei
nnd baraligkeit ia disaar gntea Stadt geiehiebet , daf* Jang und Alt lo gaas
navenehSal aith hin nnd wieder anf den Gasian niedenetil, ihr Gemach
thnn nnd einer den nidem vor aeiaen Thnrea ao gaai HnBUlhig beachmcibti
iäU gnte Leale, vomSmlloh Frende, aoleha Uaflitberei snifeien nad die
Aagea ond Naaan (Sr des grinileben Gcitanic ssd ahicbealicbes Anblick la-
balten aaden. Sotchea wabriieh ia woblbealalten BegiBenteu kelneewegea
gedsMet, dafa eiser dem sadera rir die Thnr boSrea and ielaea Hfft aat
ile geBelae Gtsi« worfea lell.
— M —
H«b«nbeim, in dw enun Halfi« jeoM jRhrbun<l«rti von der Aatro-
nomt« sprach aai sie für ein« der Säulen der Heilkanii an-
gab, iu gani in der Ordoung. Hfttle er es nicht gelbRn, so
wfirde mnn ihn fiir einen gROS unwinenden Menacheo gebulien
haben. Die Leser könnten aber fragen : wie gleicht er den grellen
Widersprach ans, dafa er eine aberglftu bische Sache, die er ver-
8|iot)et, deiea Nichtigkeit er hiAidgteiflich gexcigt hat, su einer
SSnle der Heil kunst macht t Nun, er weils sich schon lu helfen;
er behauptet, eine höhere, edlere, für die Uebung der Kunst
braucfabarcre Kenntnifs des Himmels zu besitzen als die tialeoi-
ker, sagt aber dabei, die Astronomen würden ihn nicht verstehen.
Ich glaube das gerne, denn seine Aslronomie war nichts weniger
und nichts mehr als daigenige, was hnndert Jahre spKter Sgden-
ham Cotutitutia epidemica nannte. Dafs allgemeine, aber unbe-
kannte Ursachen eine gleicbmlfsige Cigenthiinilicbkeit der Krank-
hellen bewirken, und diese gleicfaraSlsige Eigenthümlichkeii von
Zeit SU Zeit verändert, wufate Hohenheim so gnt als Sydemham;
ja seine Beobtichtnng ist minder einseitig als die des Sgdeniam,
der sie fast einzig auf die akuten Fieber beliebet. Ich vermothe,
dafs, nächst der erkennbaren Gnindfeste der geheimärii liehen
Heillefare^ die Beobachtung der, epidemischen Coostiintion das
gröfsie Geheimnifs der scbeidekünstfgen Sekle gewesen sein müsse.
Hohenheim wird es wol von den nich tsch reiben den , wahren Mei-
stern dieser Sekte gelernt haben ; denn , wie ich schon oben ge-
sagt, ich kann mich uomSglich mit der Ansicht befreunden, da&
einzig in seinem eigenen Kopfe so viel wahre, von der Zeit ab-
weichend« Gedanken sollten erzeugt sein. ')
}m 6leDlE*pitBl, welchei roa dar Sishrapc dar Smüms hu'Bll , wtedtrtolt
er dinie Brtriirribtaf fut wSrIlkk , aod dasD Mtllfbt er «U f«wiMcaban«r
Stadipbjaikaf allo;
G» nur* gtaagt Mia , deoa •• (rilBlieher iit , al* ea kann Bit Wvrtea aatfe-
redct wtrdaai ci m*$ tnrnep wer will, Grofl- »der KIcinbaDi , a* iai leider
dio Wabrhcit, und ieb kaai lolcbu meinea trafcadea Aate« balbea alcbl
Tencbweigea.
*) Palgeade Stella, welche aicb io Rebeobeiaii philoiophiacbeo Sebrirten Lfb. I
ÄrehidQT, mrg. ladet, rrchtrerlisel meioe ADairbt aaf dai tchlacmdate : „Ka
„iaI ftmita , dafi voo den ofcerea GFilira und dessen Gewalt dem' Heoacheo
„dea mebHbeHi Keehtban osd Krasbhett lualebee und aaf die KSrper fallei,
„daeb siebt ao gar bebesd , dafi aiaa ei mplndet , oder von ateodaa ioae
„wird, wie den Schlag, ader tob Scbretkra die FalliDcbt, sondern laDgiaM
„lieb lunnelt ebne alle BapSadlicbkeit , bis to lanfe sich der aogeiogeae
„Waat iBaammenaanmell Aladana la eupflndet der Henaeb enl
„«ata GebrealBB aa Lühns dar Glieder , aa Ualail der Spaiie and det Getriinka,
„Htm, aa EnpflndBag dei Webtati aaeh einer jUta Krankheit Art and Ei-
„geaaebalt, dareb Isafe Wli^ong dea Geatirna , ntit Hnir« andarar ZanUn ia
„naa dnreb die angeioBane Laft prüparirl aad vorbBreitet."
Wahr and aebr wiehilg f'ir üt Uebnag der Rnait lit dieie BaobacbtuBf aller-
diagi ; alleia , wie kSaale lia Bohaobeln , bei ieiaen •■(täten , waadarsden
.,.,« ^.,
- 8S -
Wir hüben ncbon obeo gesehen, daft »r imr l^in Leben in
<ler Natnr Hnerkeanet. In dem ersten Trakint des Hncbes htra-
graimmy Kn|i. 7, bsseichnet er dieses Nnlurleben durch den
Ruchaiaben M. Im 8len Kapüelwigt er: „Also sollt ibr merken,
„dafB die Geslirne nicht inkliniren, allein vei^ftea
„durch ihren Ounst dat M, «lurch weiches wir dann vergiftet
„werden und geschwächt. Und biso ist Sn* mtrale das, das nn-
„seren Leib ändert zum Guten oder Bösen dnrcb einen solchen
,,Weg. Welcher Mensch der ist, der also genatnret ist aus sei-
„nem natürlichen BInte demselben Dunste widerwärtig, derselbe
„wird krank; der aber nicht wider das natiiret ist, dem schadet
„es, nicht.'*
Der rohe Begriff, dsfs der Stand der Gestirne unseren Dnnst-
kreis vergifte und dadurch Krankheiten mache, liegt wul nicht
in dem Genagten; ifenn das gebeimnifs volle M , das durch das
En* atfrafe vergiftet werden soll, ist nicht der Dunstkreis nnse>
rer Erde, sondern das allgemeine Natnrleben- Er saf^i ja am
Ende des 6inn Kapitels: „Aber also merket euch, dafs dies Jf
„alia GeNchopfe erhalt im Himmel und Erde, und alle Elemente
„leben ans ihm und in ihm." Ueberhnnpt scheint mir sein Em
nttrale die unbekannte Ursache der epidemische» Consiimtinns-
verSndemng an sein, von welcher Ursache er eben so nenig et-
was wissen konnte als Sydenkam nnd als wir allesnmint.
Nun könnten mich aber Männer, die seine Schriften gelesen,
auf den «weiten Traktat des Buches Paragrantim verweisen, sa-
gend, ich werde dort deutlich lesen, dafs er die Wirkung der
Arxeneien an die Gesiirnung knüpfe. Recht ! wer von Vorurihei-
len geblendet dieses Buch lieset, der wird astro logischen Unsinn
darin zu sehen glauben. Aber, ist es denn lablich, dafs wir, von
Voruriheilen besessen, an eine solche Untersuchung gehen, und
Leben aslk«! (CDBelit biben? Du ist ja bir nnmGgliGti ; ugr ein Ant, der
luge Id Einer DDd derialben Gegend die Kumt geübt, iit lu lolcber BenliMh •
lung bePataigt. — Üebrigtnn verbindet HobcDheim mit dem Worte .iifrim oder
Getlir* einen lebr ■MgedeboteD Bcgrif. Nach dem Ge*«Binteiadrueke la
■prscbea , der mir von der Letong leiser vediEiaiieben nnd pbiletopbisehea
Scbriflaa B«b)i«bcs, beceichnet er dnrob 4ai Wort Atlrmm das Unncbthare,
Unwägbare nad tlameribare , wa* aoT die lebenden ManichcBleiber wirkt, anf
welches anier Ventand, innerhalb de* Unscblicbkeitscbrankens gebannt, von
den SeDknebtnngen »a seblierien geiwnngen itt. Wenn er in der angerührtea
Stelle von dem oberen Gestirn ipriebt, so iil wobl offenbar, ätti bt jene*
Uobelitnnte , wai eine gleichmäbige Erkrtnknng der Mansebenleiber nacht,
in dcB bliherea Regionen der Atnoephlira nrzengt glaaht. Htm , Verantfanngea
f tehea jedem frei ; nngeräbr hondert Jahre ipäter lagte Syden/uat vsn dieiera
Unbekannten , ron dieiem nackten HeiichweaeB dea Ventaudct : Opimari mihi
luiiil, Coattilulionit ntutmliantai a lecrela a/ifua »bäüa^t alleraliane
•a Itrrat ritteriiui «taioipluitram aniuM frrvmdtntt, vtl m corpomm
totlettinm influm »Uquo maximt ftitdart.
— 8S —
litht rininahl von 'denselben lassen , wenn »« nns auch in di«
^lUt«n Widersprnche mstricken^ Ich will die Stell« ans dem
mgcfahrirn Traklat, rfie, tieini flüchtigen Lesen, Hohonlieirnt
Mrnlogisclien AWrglaiibcn 7.11 beütliligen scheint, hierhin setzen,
mi \asswii «innn edtt praktische AerzI«, (tas helfet solche, die die
\aiar selbst beobachtet bttben, fiber den wahren Sinn derselben
■rtheilen. Sie lautet a'so: „Der Himmel wirket in seiner Zeit
hUiid er iai dev, der da erÖß'net die KrKfie der Dinge; und Krilfie
„nnd Tugenden sind Hnferworfcn dem Iliitimel. Warum darf
,.deno einer schreiben die Tugend, der jiicbt hinznselzt der Tii-
„geod Stunde.'"
Non Trage ich jeden, der die epidemische Constitution und
die Veränderungen derselben viele Jahre lang beobachtet, jeden,
der die Kranken nicht schulrecht herumgezerret , sondern wirk-
lich geheilt hat, ob nioht die Wirkong der Arzeneien durch die
epidemische Consiiiuiion , oder, wie Hohenbeim sagt, durch den
Himmel bedingt wird? — Jetzt beilt ein Organmiitel das kranke
Organ, auf welches ea gerichtet ist, In allen vorkommenden Fäl-
len (mit seltenen Ansnabmen) bald und sichtbar. Nach einem
halben, oder ganzen Jahre, oder anch früher, leistet das näm-
liche Mittel in der scheinbar gleichen Krankheit nichts mehr;
nnn hat aber wieder ein anderes .Mittel die schnelle sichtbare Hcil-
wirknng. Ja selbst die Gabe Eines und des nfiinlichen Arzenei-
miiieU ist, Paracelsisch zu sprechen, dein Himmel unterworfen.
Jetzt geben wir die volle Gabe eines MUiels im Allgemeinen mit
angenscheinl icher Hülfe, und über einige Zeit müssen wir, bei
der scheinbar gleichen Krankheit, die Iliiire in der Viertelgabe
nchen. *) Es ist also ganz erfahrungswidrig, von der Wirkung
*) Wma icb btrr vnn drr Tnllrn Gabe «prpfbe, 10 vfrXebe icb darnnti-r «<ne
Micbe , wekbe obb rfortb eine HcUia von Jibreo des Rraiken , im AUgf*«-
■eo , nil siclitbkrer BeiUirkiuig segclieB bat. Weno irh aber von der Vier-
lelgake ipreclie , so ist äas bivr. bthpielwi'iie zu vecHehtJi ; icb bätle ebeo
. to gal vun einer Sechiebniel- , oder ZweiiiüddrcifslEJlrlgohe «prttchen können.
Dareb Rrankbrit kino dai VarbSttuifs de* M«nidien1eibes zur AnTdenivelt
(aln inch ro den ArMDeien) «0 sattiain varündert werdtD , dar« aicb darcb-
a«* keine Itefel hinsicbtiieb der Areeoeigaben fesMellaü Üfat. Hahenbeini
bat dieiea auch recbt gut bigriCTen. Im 5. Buvb» 11. Ksfitel De caaiit et
arigine lait gallicae , vergieitbt er die HeilkrKrte der Arzeaeimiltel mit dan
Fcaer. Wie cid eiariger Fnake eiaea (crolbm Htaren Hvia, ja eineD gaaiaa
Wald ia Braad aeUen köniie, «n , neial er, kSnae auch eine ganz garisc«
ArseDeigibe «ioe sra^ae Kraokbeit gewültigea. QuemadmodtiM ergo (ia(l er)
, »HnUUa iate ■tu« pendere eil, tic nttdicammlum , qued adMtnitlratur,
qaautitlocamgue ponSere tufficera dibe{ ad actiattetn tuant abtundam. —
NB. DaGi ich dieae SteHe , die gerade zur jelxigea Zeit , wegen der bonKe-
palbiachea sniriig - aad nmeäharea ArteBcisabcD, beaoadera mcrkwördif itti
aiehl ia dar dtataebea Uraprache , toudern ia lateiniacber UeberaettuiK aa-
lähre, bat awnea guten Graad, aämUch, ieb h«be die cbirargiacban Sebrit-
tat Hebanheiaa osr i> dar Genfer Uebenetians. ^._ OqIc
— 84 —
der Mitiel unbedingt ni spreebeo, da dUselbe offenbar nnd am
allermeisten dnreli die epidemische CoDstitulion , dnrch den-Para-
celsischen Himmel bedingt ist. Und wenn Hohenheim in dem
vorangefütirien Traktat sagt: „wie aus einem Baaer ein Doktor
„kann werden , so kann aucli aus Gentian Rhabarber werden ," bo
hat er vollkommen Recht; wer unter. nns sollte das nicht erlebt
haben?
Keiner meiner Leser wird wol von mir verlangen, dafa ich
solche Schriftslellen anfTihren soll, in denen Hohenheim bo
dentlich wie Sydenham von der epidemischen Constitution spricht.
Wfiren solche Stellen vorhanden, so würden frühere Ausleger sie
schon gefunden haben , nnd das alberne GetrHtsch von seinem
astrologischen Aherglanben ISngst verstummt sein. Da er aber
gegen den sierndeulerischen Aberglauben seiner Zeit eifert und
ihn verspottet, so mufs seine Astronomie doch noihwendig etwas
ganz anderes sein. Was kann sie nun anders sein, als die Lehre
von der epidemischen Consliiniion? — Sobald wir dieses anneh-
men, sind alle Widersprüche gel&set. \ehnien wir aber die ge-
meine Meinung an, seine Astronomie sei Sterndeutcrei gewesen,
so geralhen wir in ein solches Wirrsal von Widersprüchen, dnfs
der Verstund aller deutschen Aerzte zusaiumengenomiiien nicht
hinreichen wird, sie' zu lösen. Welche Auslegung eines mehr-
deutigen Gegenstandes sollte nun wol die wahre sein, die, wel-
che uns in unlösbare Widersprüche verstrickt, oder die, welche
alle scheinbare Widersprüche auf eine ungezwungene Weise ver-
standhaft löset? ^ Ich halle es mit der letzten.
Hohenheim konnte begreiHicb die \aiur der epidemischen
Constitution nur auf dem Wege der Beobachtung nnd der Erpro-
bung kennen lernen; in dem Punkte konnte er nomöglich weiter
sein als wir. Hätte er aber das den Galenikern ganz ehrlich sa-
gen wollen, so würden sie ihn ja vollends als den rohsten und
albernsten Empiriker gebrandiuarkt haben. Er hielt also für das
KISgste, davon zu schweigen , nnd neckt sie blofs wegen ihrer
groften Unwissenheit in einer Tür die Uebung der Kunst so wich-
tigen Sache. Er sagt:
„Gleich als ein Brief, der von einem über hundert Meilen
„geschickt wird, desselben Gemülb verstanden wird, in solcher
„dflslalt also anefa in Briefesweise das Firmament an uns ge-
„langt. Nun schauet jetzt um den Bothen ihr Atrzte, wo ihr
„ihn findet, der euch da hin nnd herginge. Also soll das ändert
„Bnch der Arzenei (von der Astronomie) angegriffen wer-
„den. Das Buch betrügt niemand, es hat es kein falscher Scri-
„bent geschrieben; der hat es geschrieben, der keines Papiers
„bedarf, um daraus zu lehren, denn er hat wol gewnfst, dab
— 85 -
„PtetuhmeJici vrniea aufsielica und nil leMar Fcdar ubiei-
„Uö.'")
A.n einen anderen Oite nucfat w sieh fiber die Aerzte lualig,
dia auf die epidemiiehe Constitttttou (aaf den HinnelJ nicht ach-
tead, die Krankheiten nnch ihrer Theorie behandlen und enlwe-
der keine Heilwirknng, oder wol gar ackädlidie Wirkung von
solchen Milleio sehen, die nach ihrer Meinung gar tretHiehe of-
fenbaren mtilsten.
„Wo du das nicht knnnit (die Astronomie), so isl all
,^in Ding vergebens und iat nicfais; darum so stehest du Arzt
,,da, wie eine (lüle und ein \arr. Wann ea nicht liilfi und ist
j^idits nuiz, so venvunderst da dich wie ein Meerwunder und
„sprichst: bei Gott! da und da stehet es geschrieben, da und
„da bals es gelhan; es inufs eine Plage sein von Gott, meine
„Kaust ist je gerecht, — Das macht, dafs da ein Narr .bist , ken-
„nest der Natur Concordani nieht." '*)
Er glauhl, wenn der Arst den Geist der Oftidemiscben Con-
stitution nicht ergiiindet habe, oder gar nicht beachte, ao sei es
dem Kranken nutzer, sieb blo& des heilenden Natur, als «inem
solchen Ante ansuvertiauen.
„So ibr des Himmels Art nicht wirst, so lasset den Hiumel
„stehen und lafst ihn in seiuer Wirkui^ mhen. Denn so er
„von dem Kranken selbst lifst, so verderbt ihr dieweil den Kran-
„ken, dafi nachfolgends derselbige von dem UinHnel ledig und
„gesnnd wfire, aber von eucH lücfat; sondern ihr habt ihn er-
„würgt und ihm längere Krankheit gemacht, dann ihm der ilim-
„rael fiirgenommen hatte. So ihr nun das nicht wilst, was ane-
„neiet ibr! oder was ist euer Grund 1"'"j
Voa der Natur der herrschenden Krankheiten and von den
VerSnderungen derselbep \iist sich nichts allgeneia Anwendbares
bestimmen. Wenn wir auch Besebreibnngen solcher Krankheiten
auf Iteschreibungen häufen , so wird das doch unseren Nachkom-
men eben so wenig aulien, ah die Besebreibungen unsere Vor-
fahren uns bis jeist genutst haben. Wir mflssen die Natur jeder
herrschenden Krankbeil auf dem W^e der Beobachtung selbst
erforschen , selbst erproben. Aller bücherlicher Unterricht kann
uns bei diesem mühseligen Gescbttft nnr nobedenieoden Vorlheil
gewähren; zumahl da die ßescbreibcr herrschender Krankhoiieo
selten so ehrlich , oder so unverzagt sind , uns die wahre Art,
wie sie zur Erkenninif^ gelangt, an erzählen, manche andere die
Kmokbeit, welche sie beschreiben, nicht einnahl wirklich ge-
*) Labfrinthia ISed. Caf. II.
") Paragrani ailerim Trmcl, II.
itv Google
- « —
beUl, soDdem nur Bchulredtt belMUi4«lt habeo, niihin ab«r',die
eigeotliche Natur deraelbeo im Dunkel geblieben siod. Diese
Withriieit, von der jeder gut« praktische Arxt überzeugt ist, oder
dovh überzengt §ein sollte, drückt Ilobenheim ia einer Stelle sei-
ner Schriften, *J iwar biidÜcb, aber sa treffend, so wiihrhnft schön
bildlich aus, dafs es ein Frerel sei« würde, diese Stelle den Le-
sern vorzu cm halten. Nachdem er von seiner vorgeblichen Asiro-
noinie mancherlei geschwatzt, f^hrt er also fort:
„Also ist der Weg, in der Arzenei zu siudiren, also ist das
„Buch der hohen Schule der Arzenei, also ist der Scribent der
„Arzenei, also werden die Krankheiten gefunden im Anfang nnd
„EU Ausgang. Cnd dieuetl das ist , dafs solr.h Kuch des Ftrnitt-
„ruents auf das Papier gebracht wird , so stehet es doch nicht
„anders auf demselben, denn wie ein Schatten an der Wand,
,,o<Ier wie ein Bildnifs im Spiegel, die niemand vollkommne Un-
„terricbtung geben können. Der aber wissen will die toIU
„kommne Unterrieb tu ng, der miifsDenselbigcn sehen, von dem der
„Schatten oder BiEd im Spiegel kommt; und so er denselben
„recht siehe!, so wird er nicht betrogen, und bedarf des Spiegels
„nicht, und siebet das Lebendige, und aus dem Lebendigen dn
„gehet der Gmnd."
Wer nnter meinen achtbaren Amtsgenossen hat sophistt'chen
Scharfsinn genug, diese wahre und schöne Stelle nnf slemdeoieri-
schen Unsinn zu beliehen 1 Sollte nun aber jemand denken, die an-
geführten Stellen seien die einzigen, welche ich für die Wnhrsdiein-
Hchkcit meiner Meinung^ anrühren könne; so bemerke ich diesem,
dsfs man eine Unzahl solcher Stellen findet, die treffhcb auf din
Lehre von der epidemischen Constitnlion, aber reniwcifelt schlecht
anf die Stemdeulerei passen. Es schickt sich aber nicht für mich,
drr ich blofs beilAufig, mein praktisches .Werk einleitend, Gber
Ilobenheim schreibe, die beweisenden Stellen zu fafinfen.
Von llobenheima dritter Sfiule der Heilkunst, von der Alchy-
mie, habe ich schon oben, da ich ihn von der ungerechten Be*
schnidignng der tioldkocherei reinigen mnfsle, gesprochen. Weil
ich nun dort seine ganz unzweideutige Begriffsbestimmung der
Alchfinie wörtlich angeführt, hier aber dns Gesagte nicht wieder-
holen mag, so Bebe ich diesen Pnnkt als erledigt an, nnd somit
ist meine Darslellung seiner Heillehre nach meiner besten Ue-
zeugiing vollendet.
\iin muls ich noch eine Ennabnong Hohenbeimi anfuhren, die
ein trefflicher Schlufsstein dieser Abhandlung sein wird. Bekannt-
lich haben fremde Völker uns Deutsche, denen sie früher in verstand-
■) Lab^TiattHi Mrd. Cnp. II.
Digizedtv Google
IwrtfT, später, w« aicbi in v*ratatidhaAeT, doch gewiüiin ästhetMcher
KildunK torgeeilel warfo, für duwm«, uagehobellfl, geachinackloie
Gnchöpfe ai^^eben. Wi« viel JiüirhuBilerttt siod nicht varitossen,
uit Galen unsere ebrliebea Altvordem in Eine Kaie|^rie mit den
Bären und wilden Sühmi setue, ') bU zu der Geburt des VoltSriaeh-
MMtrdiiwben Freiberreo von ToflnerihentruDk. Die Deiilschen
baiten dtese« uDbeimliche Urtbail so lange und ho oft gehört,
iik sie es znlelzl selbai für wahr bielien, ihre eigenen Schrift-
Keller geringschälxlen, ja alles yemchlelen, was unter ihnen er-
■»igi war, nur das erhebend, »»a ans weiter Ferne ibneii ge-
bracht wurde. HoheDhaiin luüls es auch aehr gnt gewu&t haben,
iak der Uentsche den Deulichen nicht achret , denn er sagt den
jungen Aerzlen:") „Ich will aber die eriuahoei haben, die da
»Hollen Aerzle werden, dafs sie geschickler die Sache angrej-
„fen, denn ihre Fraeceptore» , und selbst aus ihrem Fleifse und
„Lrtheil die Sache bedenken twischeu mir und dem Gegeniheil,
„und keinem -Theile zu früh zufallen und den anderen verwerfen.
„Bedenket mit grofsem Fleifs, wotu ihr wollt lenden, nfimlich, io
ndie Gesundheit der Kranken. So das nun euer Vornehmen ist
»tutd alles Argument, so la&t mich auch in der Zahl sein derer,
i-die euch lehren, denn ich lende in die Gesundheit der Kran-
„keo; mit was Gniod und Tapferkeit, ist. beschrieben, und läg-
»lich werde ich es öffnen. Darum, dals ich allein bin, dafs ich
»neu bin, dafs ich Deutsch bin, verachtet darum meine
„Scbrifien nicht und lafst euch, nicht abwendig machen.*'
Ich habe jetzt, als ein ehrlicher Geisterbeschwdrer, den Geist
des Deilmeisters Huhenbeint aus der GeUhrtheit düsterem Schat-
tenreiche heranfgenifen und ihn meinen Lesern dargestellt, nicht
gehüllet in gauklerisches Halbdunkel , sondern umflossen .von der
Wahrheit hellstem Glänze. Beschleicht uns nicht, werihe AmU-
biTider! ein leises Gefühl von Wehmulfa, wenn wir bedenken, wie
einst dieser rastluse Forscher der Natur, dieser versCÜndige Mann,
dieser treue Arzt, dieser barmherzige Samariter von einem gro-
ben Theile seiner arxtüchen Zeilgenoasen verkannt, verB|>oiiei
und gescIimUhet wurde* Wir wollen zwar gern dem Lrfifiigen
*) De tanitale luertda Lib. l. — Naehdem er hier »hpr die phyaitche KinH.r-
enlehuDf; minchei geplmdert, icfalierit er ■(«o : DtMCi »«B« ich «brr nirbr
deo DenUehen , oder »pdorem domaea Volke, «o weiig ilf ich ei den Birea
«■d Hildeo Sinea Hsa , iDOdarn ich Mge e» den G riech« b and denen, welche
der Geiileibltduag dar Griechen Dechitroben.
-) Par„granmu, Traet. 3. — U dieter Stelle kolOBt di» .lldeot»ehe Zeilwort
Lended vor, welelie» vielleicht nKnchem meiner I^ter unhehinnt ist.
Kat,i,e MBt in »«inem Würleeburhe . es badeuie lenken, »endeii, lod
•etde H<iil all RfBipruan» sabraocbl. Er Rihrt all 8ei»[iiel eine Sletle aui
Ofii Uedicbleu an. ..
MaoDfl gtnaben, inSa ea Uim leichler war, lieh aeinsr Wider-
aaoher *a erwehren, al« eeine Glatxe vor Fliegen zu
achirmenj wie wollen ihm geraglanben, dafi der Kaiser«
wäre ea dem eben so leicht geweeen, den Feind von
Mailand su halten, weder eines Reisigen, noch
Landsknec b-tea bsdorft; — eher Hofaenheim fragt uns doch
selbst, ob denn das Verkanntwerdea einem gerechten
Arzte, der es mit Treue meinet, nicht weh thun sol-
le! — so wird es aach ihm wol heimlich weh gethan haben,
dem rauhen Degen; darum iat es nur gut, dals er schon früh in
das Land gegangen, wo kein Wehe mehr ist, wohin seine Tba-
ten ihm nachgefolgt und wo er die Stimme des DrKngers nicht
hSrt.
itv Google
Zweites KupiteL
VerslelclieiMle ttclifttBimc der ■iSicIlrfcen Granil festen
elK*r Helll«hre un«l Grundrifta der relven Erfkk-
r«nanili«Ulelkre der «Iten OehelB>ftr«te, wie mein Ver-
stand dle»el»e erAtlM h*«. *>
^Pa» Wort Grundfeste ist , anf eine Gedaakeafolge bezogen,
ein bildlicher, von eioein Gebäade hergenommener Aoadmclc,
und bezeichnet, in vetetandfaafter Hinaidit, du, die M9glieh>
keit einer gewissen Gedankenfolge Bedingende, oder den Paokt,
von dem die Gedankenfolge ansgehet, ohne welchen ■!• in der
Act, wie sie ist, nicht wBrde lein können.
Wie vielerlei Grundfesten einer HeiOriire kann sich der
menschliche Verstand denken?
Alles, was in dem Verstände der Menschen liegt, konmt
früher oder spSter xu Tage. Es kann wol einiges lange Zeitvec-
korgen in den Menschen liegen, durch Kansl oder ftuftere Ge-
walt unterdrückt werden ; aber endlich , nnd wäre es auch nach
Jahrhunderten, taucht es doch auf. Die Gesdiiehte der Heditin
mufs uns also über die möglichen Grundfesten einer Heillriire die
beste Belehrung geben.
In der Ur- und vorgeschichtlichen Zeit konnten die Men-
schen ihre Heillehre, so roh und unvollkommeD sie war, anf
■) Da ich im labre 1827 diwei KipiUl ToIleDdet bitte , nuhta ich SBi deM
enlen Theita deuclban dnrch Zotelzen und AhicbDSidca eineii Joarial«ar»ti
■od »liiekte dieicB d«n jetil varstorIxDea C, W. Huftland (Joarual der
pnkt. Hdtkaode B. U St. 0). Seioo Nachrede bewiai et mir aber aanider-
ffraettiek, dab aein Kitei Gedäebtsir« leboa aiark in Ahaehaas besrifl^
(•Id Biviae , dcDD ar «nebta ugebliebe BebaoptaBgen la widariefes , dia ga'
Dicht iD jeDcn AnfMU« aulhaltca «areu , ar iKhllB Mich sn dan SrliUcheo
ZweiSen , obgleich jener Anftalt kaiaaawegaa Zweiblai , laadera vieUsehr
vaiiie varatandbafle , deallich begrindala UebeneacaDg anaapraeb,
...gic
nlcbts soderes grdnJcn ali auf die KrunkheitszufBlte. Dirne ta-
gen ihnen uätiilich am nächaten, and ihr ungebildeter Verstand
reichte bin^ diese sinnlich erkennbaren Zufälle zu beobachten,
sie in Gruppen zu ordnen , diesen Namen zn geben, und diejeni-
gen Heilmittel daranf anzuwenden, welche sie entweder der Zu-
fall, oder einAliige Erprobungen gelehrt. Uafs dieses sich la
der vorgeschichtlichen Zeit so rerbalteo haben müsse, lehrt uns
noch jetzt die Beobachtung. Betrachten n ir nttmlich das [landein
ungelehrler und ungebildeter MeaHi5hea- oder Tbierirzie, so se-
hen wir gar bald, dafs ihre ganze Kunsi einzig in der Anwen-
dung gewisser Ileiiniillel auf gewisse Zufallsgruppen beslehet.
Die Krankheitszufttlte oder SjnipLoine waren also unwider-
Bprechlich in der Urzeit die Grundfeste der rohen Heillehre, der
Punkt, durch welche die Möglichkeit derselben bedingt war.
Diese rohe Heillebre ist nachher in der geschichtlichen Zeit et-
was mehr ausgebildet, und hat noch viel Anhänger gefunden,
da schon die Verstaodesheilkunst in Flor war. *)
Nun ist leicht einzusehen, dafs die Menschen, je nachdem
ihr Verstand sich ausbildete, die Unzuliinglichkeit jener rohen
ErfahruDgsheillebte erkennen mnfsien. Sie suchten sich also eine
andere Grundfeste, um darauf eine bessere Lehre zu bauen. Die
Philosophie mischte sich mit ins Spiel, und das Ergebnifii war,
da& sie eine Heillehre auf eine Keoninifs des belebten Menschen-
leres (des Organismus) bauten. Da es nun aber unmöglich war,
eich eine genaue Kenntnils des Oi^anismus zu erwerben , der eine
Ant denselben immer besser kennen wollte als der andere, so
mufaten sich nothwendig vielerlei Theorien erzeugen; die jedoch,
bei aller ihrer Verschiedenheit, das Gemeinsohafiliche hatten,
daf« sie allesaiunit auf eine veriiieini liehe Kennlnifs des beWbten
Leibes gegründet waren. Nach vielem Kampfe und nach vieler
Büvberschreiberei gewann endlich die Elemeutariheorie , entweder
durch Galens Meisterschaft im Demoosiriren , oder durch uner-
klärbaron Zufall so die Oberband , dafs sie sich anderibBlbtausend
Jahre behauptet hat.
Im 16ten und 17ten Jahrhundert ling der schlummernde \er-
stand der Aerzte an, nach und nacd zu erwachen. Sie sahen die
Unbrauchharkeit der Galenischen Lehre für die Cebung der Kuuät
endlich ein, nnd gingen' nun darauf aus, eine bessere Lehre »u
ersinuen. Da sie aber das Irrige der Galenischen Lehre in der
Form dieser Lehre, und nicht in der Basis derselben suchten,")
•) ConttKut Celiu*. PraefaUo.
**) HohtHÄaim war klüger , er aaehte du Irrie* in der Badi. In im Vorrede
lur grafteil Wondlieilkanit llgt er; Relirtit iit , quae olim mudirtraiii «
frafiuiirlbut , tum guae ab mnHjuit in re mtdien Iraäila eroal , imirllf.ii.
terat ac ftMHHaa mtäicinmt rmdieem m mamimi üfarim ■W7«a>ii imitiltc-
"■■■ - " ---— 'O"
— « —
■• buiteo lie BMk und nacb viel gJfinMBde Heilbiirgen «uf di«
alte marsafae Gnindfeite, welche begreiflieb, weil die GruiidfeMe
nicht tMigie, irolz ilirer Stattlicbkeit gar bald verainkcn mufaien.
Jwieeb haben die T«rmeiaiIicb«B Reformaioren ei, wo oiebt deut>
lieb gedacht, doeh gefühlt, daft sie sieb eine genauere Kennt-
nifs dea belebten MenacbenieibeB , der Baaia, worauf sie bauen
wellien, erwerben laüblen, ala Galen aie gebubt. Kiin wurden
XU dam Ende die Zergliederungakunat , die ScheideliuDU und an-
dere KuoBte mehr und mehr ausgebildet. Ao die Stelle der au
Urabe getragenen Aristotelischen Phüoaepbie (raten nach aad nach
andere Sjsteme der Philosophie, vermischten sich mit der Medi-
ain aud machten die Wirrang noch gröfser. A'un folgle, erat
langsam, bald aber in reifseoder Schnelle eine neue Ileillehre
der andern. Jeder vermeinte die wahre gefunden lu haben, und
auf die Dauer wies es sich aus, dafs keiner sie gefunden. Mit
dem besten Willen uns zu belehren, mit anglauhlicben Anstren-
gungen haben so viele gelehrte und philosophische Kö|ife es end-
lleb dabin gebracht, dafa jetzt kein Anl mehr weife, woran er
ist, und dafe er demüihtg mit unserem Claadiua sagen uufs:.
Wir stalle H«Dich«nkiDdBr
Sind eitel arme SB ■ der
Usd wiwea (ir oicbl viel;
Wir ifiDBCP Luftfefpiaaite
(Jpd (ucliea viele RÜDits
Und koomeD weiter vod dem Ziel.
Das Uebelate in diesem \^'irrt,al war «od ist noch , dafa die
scbutreefaten Aerste, besonders die gelehrten, so ganz von der
vermeintlichen Wahrheit, eine Terstandeareehte Heillehre sei nur
auf eine Kenntnifs des belebten Menscbenleibes xu gründen, über-
zeugt sind, data sie jede Grundfeaie blindlings verwerfen, sie
keiner Beachtung würdigen, ja einen Abacheu davor anfaern, wia
verzarlelte Weihet vor Kröten , Scblangen , Eidechsen und ande-
rem unheimlichen Gewürm. *)
foH vr( detcrijitaBt , ted eirta ritat otumt* , cirea foMtn MMi'a#j« t^tupa-
tum fuitte.
*) Dafi die Gelehrten le iperrig jede leise HilinaiiE, einen vernieiEitlich langst
sbgenrtbeillcD nnd verdammlen Gegenatand aaf* nene beller la beleuchten,
karr und wegwerfeiid znrnekweiieD , kann ieh , obgleich ich ci lelbat schon
iweimabl , freilich aof eine sehr bermlose Weise erfahrea , dorchaoi nicht
mirtbiltigen ; denn wetcbcD Belang haben die Gflefaiien, den Wertb der iu5c-
lichen tirandfeaten einer Heillehre gegen einander abiuwügea, die geheimiint-
liehe Lebre grandlicb itt erferscbenT BäcbsteDs den, dafi sie durch (olehe
Untsrsnubnng belübigal wurden, einen Punkt der Grscbicirte in berichtigen.
Wakriieb 1 ein geringer Vurtbeil Tür so viel Fleiti, als jene UntersuDbuBg ver-
langt. — Für ans Praktiker hingegen ist es von der grürslen Wicbltgketd
die Hedi^B von einer Kunst in einem reiten, aarErrabroDg boiirlea Vcrslan-
"■■■ - ■' ---— ^^;,"
— 98 —
Itk habe oben geugt: allea, wm in den VerMande der
MeoscheD liege, miiase früher oder später za Tage kommeD. So
lafst sich denn auch wol denken, dafs in der langen geschicht-
lichen Zeit, von der wir eben gasprochen, sich eioxelne Aerate wer-
den gefunden haben , welche das Unlogische des tiedankeni einge-
sehen, «ne Heillehre auf die KennlDiJs des belebten Leibes sa
gründen. Diese Einsicht hat sie getrieben, eine bessere Basis
iD Sachen , und sie haben selbige in der reinen Heilwirkung der
Arzeneiniittel gefunden. Aus ihnen bildete sich dann eine beson-
dere Sekte, die, wegen der Verfolgnogssucbt der Galenischen
Schule, ihre Heillehre geheim hielt. Ueber den Ursprang dieser
Sekte sind wir ganz im Dunkeln. Sie selbst behauptet, sehr allen
Ursprunges zn sein; die papierene Geschichie der Medizin setzt
denselben in die Zeit des Mittelalters. Wer Recht hat, mag der
Himmel wissen. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch auf der Seile
der Gebeimärzle , insofern es nämlich höchst an wahrscheinlich ist,
dafs der gescheite Gedanke , eine Heillehre auf die reine Heilwir-
kung der Arzeneiniitlel zu gründen , der doch dunkel in dem Ver-
stände aller Aerzte liegen muJsle, erst zur Zeit des mittelalierigen
Barbarlhums sollte zur Klarheit gebracht sein.
Alles wohl erwogen, lassen sich also in der Geschichte drei
Grundfesten einer Heillehre nachweisen, nämlich; die Krankheils-
zufiÜle, der ganze belebte Meuschenleib, und die reine Heilwirkung
der Arxeneimittul. Da nun mein Verstand keine andere zu ersin-
nen vermag, so kann ich auch nur diese drei einer vergleichenden
Schätzung unterwerfen.
Zuerst müssen wir über die nothwendigen Erfordernisse einer
guten Basis der Heillehre nachdenken.
Der praktische Art treibt Geschäfte mit der unwandelbaren
Natur. DaJs die Lehre, welche Anweisung zur richtigen Betrei-
bung dieser Geschäfte geben soll, ebenfalls auf eine nnwandel-
bare Basis gegründet sein müsse, von der Wahrheit dieser Folge-
rung sind die Aerzte aller Jahrhunderte überzeugt gewesen, und
ich mnfs ihnen vollkommen beistimmen, in sofern ich nämlich
urtheile, dals eine auf einer wandelbaren Grundfeste beruhende
Lehre selbst wandelbar sein müsse, also eine schlechte Leilerinn
bei Geschäften sein mSchte, die wir mit der unwandelbaren Na-
tur abzumachen haben.
dgigMchift« in erbeben , Theorie and Pruii in «tser veratandeireehtea , n>-
■chaidlMren Einheit tu verfcbmelien. Mir ecbeint es eUe lebr billig , ittt
wir Praktiker, die die Pracht ^oierien wollen, nacb den Acker, worauf dia-
ee einiii; wiohsen and gedeihen kenn , lelbit bearbeiten. Solche , «ahrlicb
nicht geriage Habe, au Fialheit den GoUhrten «aiinaeo, welche ohnedies,
ihrer Stellnng wogen , eich mit allen elloD nnd nenen literäriichen Geburten
und Hibi^ebiuiei raheloi beechKrtigen mÜMen , lat bSchat aneobiekllch.
— 93 —
W«Dn aber Unwaiklelbarlceit das ent«, all^m^ii anerlcanM«
Erfoduoi& der Basia einer Heillehre iat, ao ist das aweite; Er-
kenn barkeit.
Wire sie nur znn Theil erkennbar, so würdeo wir, nm
eine Lehre danraf xa grfinden, genöthigt lein, die Lacken, du
Unerkennbare , niit Gedankenbildern aosxnfullen , und <He daraef
gebaale Lehre nrSfste eine mehr oder mitMer gedanken bildliche
■ein. Wie nun eine . mehr oder minder gedankenbildliche Lehre
uns bei dem ernsten GeschSfte mit der unwandelbaren Natur lei-
ten kSnne, daa nöehte der gesunde Verstand wol sebwer be-
greifen.
Nachdem wir nun Uawandelborkeit und Erkennbarkeit als die
notbwendigflo Erfodernisae einer gtiten Basis der Heillehre be-
Biimmt, so wollen wir die drei geschichtlicbea an diesen Maß-
stab halten. Zuerst also von der Basis der rohen Erfahrnng^cil-
lehre, von den KrankbeitBxiinillen.
Dalä diese auf unwandellutre .Naturgesetze sich gründen , ihnen
also als GrundfcBle einer Heillehre Unwandelbarkeit augestanden
werden müsse , ist nicht su längnen. Sie sind unstrutig an und
in dem KSrper das einzige sinnlich Erkennbare, was uns das in-
nere Unsichtige, die Krankheit, offenbaren kann. Ob man die-
sem möglich Erkennbaren aber eine unbedingte Erkennbarkeit
zuschreiben dfirfe, dnrdi welche es sich zn einer gnten Basis
der Heillehre eigene, das ist eine Frage, welche wir jetzt erör-
tern messen.
Im Allgemeinen kann man als wahr annehmen, dab die
M5glicbkeit, sich ein vollständiges Bild aller KrankfaeitszofilUe
zu verschaffen, in jedem einzelnen Falle durch den Zustand des
Geistes desjenigen, von dem wir die Zuimie erforschen wollen,
bedingt wird. So kAnnen wir z. B. bei einem Wahnsinnigen
wol erkennen , dafs sein geistiges Vermögen in Irrung geraifaen
sei, wir können seinen Pols, seine Zunge, seine Haut, seine
GesichlsaMge untersnchen; aber alle abnorme Gefühle, die et in
seinem Inneren haben mag, kann er nicht Ilufsem, und waa er
uns sagt, ist nutzlos für, die Erkenntnifs, .weil wir nicht wissen
können, ob es wahr oder unwahr sei. Es ist also bei solchen
Kranken bar unmöglich, ein treues, vollständiges Bild der Ge-
sammibeic aller Krankheitszufälle aufzufassen. .Bei Kindern kön-
nen wir auch nnr das Sicht- und Fühlbare der KrankbeiiszufäUe
erkenDen; alle krankhafte Gefühle, die uns blofs die Aussage
offenbaren könnte, bleiben uns verborgen, weil ganz kleine Kin-
der nicht iprechen können , und grölJsere noch zu verstandes-
■chwach sind, um auf ihren Körper zn acbleD und ihre krank-
haften Gefühle mit Worten auszusprechen.
Einfältige rohe Menschen, die gor nicht auf ihren Körper
— 94 —
nirrkpn, sin<l eben ko wenig im StRnrie, nns rfnreb ihre Aiih-
•tngf das ni^ihige KrankbeitBiuralUbild zii vervollsilinilrgen. Von
ihnen können wir nichts erfahren, ah nur, ol> sie in dem einen
nder dem anderen Theilc starken Schmen haben, nnd das, Xfun
wir von den Znfiitien darch Angen nnd Gefühl erkennen. Sol-
chpr einfältigen rohen Menschen gibt es aber eine Unsahl in der
Well.
In aknten Fiebern kSnnen wir nncb TOn- den Zufällen, RufKer
d«nen , welche wir dnrcb das Gesicht und das Gefühl erkennen,
wenig mehr erfahren, als das eine oder das andere scbmershafte
Leiden. In ernsthaften Fiebern befindet Rinh gewahnlicb der Geist
der Kranken schon im ersten Zeiträume in einem solchen Ziisinn-
de , der ihn unruhig macht , auf sich selbst zu achten. Das her-
vorstechende Schmerzhafte, sein Gefühl Torziiglich StSrende, hc-
schüftiget ihn ansschliefslich; die anderen minderen Znf^lle wer-
den durch die gröfseren verdunkelt, so dafs wir nimmer ein voll-
BiHndigea ZnfHllxbild durch tlrfragen von ihm erhalten können.
Von einbildischen, ihren Körper Hngsllich hütenden Men-
schen, köMien wir eben so wenig ein volUtSndiges , wahres Zn-
fntlübild durch das Anttfragen nns verschaffen. Unsere Fragen
selbst verleiten sie, sich einxnbilden, sie hnben wirklich jene
krankhaften Gefühle, nach denen »if nna erkundigen, obgleich
sie dieselben in der That nicht haben.
IIi>rr ilaknemann, der in nniserer Zeit die Basis der rohen
Erfabrungsheillehre wieder erhoben, und sie als die einzig rich-
tige aufgestellt,*) führt selbst den schlagendsten Beweis, dafs
dies« Rasis mm grofsen Theil unerkennbar sein iniisBc. Vorans-
gesel/t die Wahrheit des Salzes: Gleiches heilt Gleiches,
mttfste er Jn in jedem Falle, wäre es möglich, die Gesainnitheit
des ZufHllsbildes vollstHnd'g nnd Mahr aufzufassen, das richtige
lltfilmitiel beim ersten Griffe trefTen. Da er und seine Anhünger
aber oft genug genölhiget sind, mehre Mittel nach einander zu
verstehen; so führt er selbst den Beweis der Un erkenn barkeit
seiner Heillehrbasis. Uebrigens kann ich unmöglich seine Hypo-
these : Gleiches heilt Gleiches für ein Axiom annehmen- **)
*) loh aotersehcide mId« Bcillehr« von (eioar EIci'miltelfladini|tl*hr« ; Min«
•i(«aUiefaB Oeülcbre grÜDdet lich eioiig aar dii KraaLbiitaxallHe, alio «uf
di« ilta Bgsi« der roben ErrahraogthEillehre.
**) Wann ich dai gleich nicht hiDn, to schiilie ich doch Herrn Bahnentann lebr.
Er iiE, 10 viel ich wcifi , dir erste, dar «eit dem UntErgins« der «Iteo em-
pirischen Sehole versackt hat , eiae Heillefare »r eine andere Quii m baaen,
nis aaf die der tchnlrechlen Heillehre. Uebrigens ist die HabneiianniKha
Heillebre nnd die Verbreitoag derselben eine EracheionDg nnierer
Zeit, dte weil nebr Beachtneg verdient al« Bauche es za gliDbea scheinen;
iefc balt« nich jedo^ nicht Tür beniren , diesei der Uofa sach toizategen.
— t« —
Jmh MiiiMH wir die «weite Bniii, den Orj^nisniiis , b«-
tnidilen. Diese Grundfeste ist no »It , ilir<i ich ihr Aller eben
■0 wenig geschichilich nachznweieen wiifate alt das der «riteit.
Hi)>pokrste8 , in' seinem Buche tob der nllen Me^tiisia, spricht
schon von einer alten Elementartheorie and von anderen Ansich-
len, die es Baiser Zweifel setzen, dafs man schon sehr frrth ver-
snobt, auf eine Kenmnifs doM helebten Menschen I ei bcs eine Heil-
lahre zu gründen. Die Clementartheorie , die später durch Ga-
lens gelehrte Demonstrationen n so grofsem und aDsachliefslicbera
Aoaehen getangte, ist, wie ons die Geschichte lehrt, unprnng-
lich ein Zwiiterersengaifs der Philosophie und Medizin.
Dafs der Organismiis, diese Cmodresle aller schnirechten,
vielartigen Heillehren, das erste Frfodernifs einer gnten Grund-
feste hahe, nämlich Dnwandelbnrkeit, daran ist wol nicht in
Eweifeln, in Korern er nämlich Theil des Alles der \atiir ist, die
nach ewigen und nn wandelbaren Gesetzen wirkt; also haben wir
es nur mit der Untersnchnng zu ihtin: ob ihm auch das zweit*
Frfodernifs , die Erkennbarkeit , k&nne sugesianden werden. In
dem belebten Menschcnleibe Mind vier Hnupislncke zu betrachten i
diene .sind: das Leben, die künstliche Knrjieniiascbine , die M<%-
icrie, wornim er bestehet nnd die sich in ihm erzeugt, und end-
lich nein Verhülmifg zum All der .\alnr.
Dafs daii Leben etwas Wirkliches sei, glauben wir, in so-
fern -wir uns bi^wuf^t sind, dafs wir lebe». Was das Leben aber
sei, wissen wir nicht. Weil wir das nun nicht wissen, so liegt
auch des Lebens <|ualiiatives um! quantitatives Verbttlinifs mifser-
hnlb der Grenzen des menschlichen Wissens.
(Jeher die Eigenschaften eines ganz unbekannten Dinges xn
nnheilen, wird wol so leicht keinem einfallen; aber über die
(Junniiiat desselben zu unheilen, dieser Irrung könnt« man sich
eher sohnidig machen, indem man ans den mehr oder minder
stark in die Sinne fallenden LebensBufsemngen anf ein quantita-
tiv stärkeres nnd schwächeres Leben schlösse. Dafs dieses aber
ein Trtigachlufs sei, nnd dafs das, was der Veniand uns sagt,
lieh vollkommen in der Erfahrung bestätige, Ufst sich, mit Ueber-
gehen aller hierhin gehörigen Beobachtungen, durch die einzige,
von den Aerzten allgemein als wahr angenommene Erfahrung be-
J«d«Bf«IU shil mir die gebüislgco Angriffe «laiger lebiitreEblen Eiferer etwti
■MtSffif. DtsM Berren überaeben ei fatx, d*9l lia dareli d» l«ii)«iigebBri-
lifbe AsftralaD ihrs eigene lebalroeblB Reiilehre verdiiokligcD. Wäre diCM
eiae i> «Lleo Tbeilea roleerecble Lehre, «n märiten Js ille Angrife
tat dieielbe ihoea weil eber Spafs >U Verdraft veranaebeo. Sie rdbleo,
dati sie aelbit ala Krellicbg Veritandeime Dieben anf eioe wankelbere Grand-
feate fofMa ; »ie Ifirchten von der neuen Encbeinung nnifeitDr>ai] in arerdee,
..ogic
— 96 —
weisen, dah wir aicht eioTaalil winen kftiiDen > ob in «inein an-
geblichen Leichname dai Leben erloschen, oder ob es noch darin
vorhanden sei, bis das Erste durch die F&nlnifs ans gewifs wird.
Der Lebenskraft wird gar oft von den Aeriten erwübnt; in
jüngeren Jahren babe ich davon gesprochen, seit ich aber ftller
geworden, und Zeit gewannen, selbst darüber nBchzosinoen,
acheini sie mir wirklich eine Undenkiichkeit. Jenes unbekannt«
Etwas, welches sich hur einxig unter der bekannten Form der
Leb^nsfiufsenmg nnsern Sinnen offeniwret, von dem aber die Er-
fahrung im Allgemeinen gelehrt hat, dafs es sowol im aosgabil-
detea ihierischen K8rper, als im befruchteten nicht gebrüteten Ei
vorhanden sein könne, ohne sieh unseren Sinnen zu offenbaren
(welchem Vorhandensein ab^ in dem Einzelfalle nur durch den
glfickenden Versuch darzuthan ist); jenes unbekannte Etwas ist
doch dem gewöhnlichen Verstandesmenschen das Leben. Wel-
chen Begriff verbinden nun die Gelehrten mit dem Aoadnick«
Lebenskraft! — Unmöglich doch den des Lehens selbst; dieB<>s
würde ja eine zwecklose , weit eher sn Begrißs Verwirrung als m
Begriffsanfhellung führende Wortvertanschung sein. Ich erinner»
mich auch nicht, irgendwo gelesen oder gehört zu haben, dafs
der Ausdruck Lebenskraft bestimmt als blofses Tauschworl
fiir den allgemein verständlichen und bekannten Ansdmck Leben
angegeben wäre: also bin ich der Meinung, die Gelehrten ver-
binden mit den Wörtern Leben und Lebenskraft unterschiedene
Begriffe. Dieses vorausgesetzt, kann Lebenskraft für mich nichia
anderes sein als die Ursache des Lebens, also nichts als ein blo- ,
fses Ileischwesen des Verstandes, und der Obersalz des Schlus-
ses, der mich sur Annahme derselben bestimmen kSnnle, würde
lanten: Alle Dinge müssen ihre Ursache haben.
Dieses Urtheil kann nun sein , entweder ein durch Erfahrung
erworbenes, und In solchem Falle wird ihm wo) keine Sicherheit
und . Allgemeinheit zugestanden werden können, denn wahrlich!
uiuere Erfahrung ist in diesem Punkte höchst unvollkommen, wir
kennen von gar vielen Dingen die Ursache nicht; oder das Ur-
dieil ist ein in nnserm Verstände notfawendig begründetes, wel-
ches die Alten ein angeborenes nennten. In diesem Falle wür-
de« wir gezwungen sein , für und für also zu nrlheilen : die Ur-
sache des Lebens, Lebenskraft genannt, müfste auch ihre Ursache
haben, diese Ursache wieder die ihre, und so miifalen wir bis
znr Gottheit hinaufgehen ; ja es bliebe uns nicht einmahl die
Gottheit, sondern wir müfaten ins Unendliche mit unsern Urthei-
len nnd Schlüssen fortlaufen ; es würde unserm Verstände eben so
wenig möglich sein, einen Rnhepunkt sb finden, als es unserm ati
Banm nnd Zeit gebundenen sinnlichen Vorstellungavermögen mög-
lich ist, sich etwas anfter dem Ranne nod der Zeit zu denken.
— OT —
}Km Mhemt et also klüger m tein^ bei dei» Leben, bei rfviii
iwar weeeotlich Unerkanolen , ajter im Bewufitiein Wirltlt«ben
tfeben zu bleiben, als jeaaeit deaaelben noch ein phantasliucbes
Elwai willkiirlMb binzoBteilen.
Was die künstliche Körperinuebiae betrifft, so verkenne ieh
liciaeiwegea den Fleifs unserer Anatomen und Physiologen , so
weaig als .die Forisohride , die nnser Wüsen in diesem Ponk-
te sieit ein paar Jahrhunderten gemacht hat. Mit Uebergefaen je-
rioch dea niHnniglicti bekannten Lückenhafien nnserer PbjBiolo-
gie') erinnere ioh nnr an Eins, nümlicfa an das sogenannte Sy-
sieiu der CapillargefU&e. Dieses SjstMn, aus welchem der ganse
KSrper mit allen seinen Organen gen^ebt ist, blieb bis jetxt tut
luu ein nnbekannles Land. So viel wissen wir, dafa in diesem
ti'^wcbe die Ernährung, die Ersetzung des Verlorenen, die Ab*
tondening der zum Leben nothwendigen Stoffe und 4as Wachs»
tbnffl SiMt hat. Gerade diese Xaturrerricfatongen drücken aber eben
dem Körper das Siegel des Organischen auf; und da wir nicht
einaiabl den Bau der ge heim nif« vollen Werkstatt kennen, worin
jene Operationen geschehen, so komnil es mir fast vor, als sei
nasw anatomisches und- physiologiaches Wiaseo dem Wissen ei-
nes jungen Kindes zu vergleichen , das von seiner Mutter gelernt
hat, die Weh bestehe aas Himmel nnd Erde, der Himmel aus
Sonne, Mond und Sternen. **)
Li Betracht der Materie, woraus der Körper bestehet und der
die sich in ihm erzengi, dürfen wir auch nicht auf unsere Kennt-
nisse pochen. Es würde aber etwas albern und höchst langwei-
lig sein, in diesem Punkte die Blofzeo der scfaulrechlen Kunst,
an denen kein verslfindiger Arzt zweifelt, weitl&nfdg anbndecken.
Mir ist es, in Erwfigung der fast unüberwindlichen Sohwierigkei-
(es , die sich der Scheidekanst . bei Untereiiebnng menschlicher
Stoffe entgegenstellen, höchst nnwahrscheinlich, dafs man bei nn-
«erer Lebzeit bedeutende, nützlich auf die Heilkunst einwirkende
Porisehritte in dieser Sache machen wird.
Endlich müssen wir nun noch von dem allerwichligsten Punk-
te, von dem Verbftitnisse des belebten Leibes xu dem All der
Nstur reden. Waran ich .dieses VerhKitnifs dea allerwichtigslen
Pankt nenne, das wird denen meiner Leser, welobea es jetzt
Doch dookel sein mödite, in der Folge achon klar werden.
*) Dn Aofabran dei Allbek»nt«D werdeo mir dla Leier sern erliMea ; ich
«wii« lAw Is dea relieadaa Raplteln wel GelesanhBit flidan , aaKre gnü«
CawiHeaheil is Balreff der Verrichtang «inwer Orgaae sa leigaa , welcli«
wir (crade am beatea zd keaaea nübneti.
"1 leb verweUe hier iai Allfemeioea aar den Verinch einer pragmatiiehen Ge-
■ekiebts der Anntomie nnd nifiiologie vom Jabra ISOO — 1S2S vod Buriard
F.Mt- tsskesaadere aber «af du T. HaapttlSok dleiei Werkea.
7 .. - ^-.^-^^,.-
^ M —
Es Hcbeini mir nmnSglich, den einzelnen Theil elnea Ganzen
kennen in können, ohne dna Ganze zn kennen, mit welehem der
einzeloe Tfaeil nicht blofa xiuammenhangt , sondern in Wecheel-
wirkung itehet; denn durch diese Wechsel wirkong erfaSlt er ja
■eine ei(;entUche Bedeiitang nnd Wesenheit. Wenn wir nns also
aninaben, den belebten Menschenleib zn kennen, so müssen wir
RQch das All der Natar kennen, dessen Theil er ist nnd mit- dem
er in bestflndiger Wechselwirkung stehet , ohne, welche Wechsel-
wirknng sein Sein undenklich ist.
Was kennen wir nun aber von der Natnr und ihrer Einwir-
kung auf den menschlichen Lcibi Was wissen wir z. B. tob
den verscbiedenartigen Ansflüssen der Erdef was von der dem
blofsen Auge unsichtbaren Thierwelt, die in nnsern Leibern ihr
tägliches Grab Aodetl was von der Loft nnd ihren Verflnde-
rangen! Welche aützliche Ausfaente fnr die Kunst haben die
Bcfanlrechten Beobachtungen über Schwere und Wärmegrad der-
selben bis jetzt gegeben I Wer sngi uns, wo und wie sieh di«
Luftgifte erzeugen, welche bald die Leiber der Menschen, bald
einzelner Thtergaftuageo feindlich ergreifen, bald in einzelnen
Gegenden weilend, bald ganze Landstrecken, ja Welttheile durch-
ziehend !
Welchen Einflufs auf uosern Körper hat die nngeheure uns
umgebende Wasserwelt , mit ihrem ewig regen Leben in den
abentenerlichsteo Gestalienf W^r kennet die Berge, die Tbitler,
die Abgründe der nngeniessenen Tiefe, aus der in nnsern Tagen
der Vorwelt Fabelwesen wieder auftanchenl
Wer hat des nnterirdischen Feuers verborgene Herde erspB-
het, wer seinen Eiofliifs aaf der Menschen Leiber berechnet!
Wenn es die Erde erschiitlert nnd in Gliihströiuen aus Bergen
bricht, dann wissen wir, dafa es dem Menschen Verderben bringt ;
aber wir kennen nicht sein stilles , heimisches Walten in der
Tiefe.
Wer hat den Einflufs der Gestirne auf den menschlieben
Körper ergründet, ob sie nns blols leuchten bei dankler 'Xachi,
oder ob sie unsere Gesundheit, unser Leben bedingend Dafs das
Siebengestiia , dafs der Ring des Saturn , oder des Perseus Me-
dnsenhaupt Einflufs auf meinen Körper habe, wfire au behaupten
Vermessenheit; aber es zu verneinen würde nicht minder vermes-
sen sein.
Wer hat je die Wahlverwandtschaft der menschlichen Geister
enti&thselt? Unerkannt stolsen sie feindlich ans von sich zurück,
oder ziehen uns freundlich zn sich hin, dafs uns fast leises Ahnen
eines früheren Seins nmwebt und an Pylagoriache Trfiunie mahnt.
Wer hat die Kraft des festen Willens und des auf einem
Gegenstande gelagerten Gedankens entziffert? wer die Allge-
— 99 -
mit 4m Glaabeai, dei friMoinHi Gthtta, Hmi lonigMi Vrreios
mU 4am Urquell allea Itichti^ ja wer lut, den uiuichtbareD
EmfluCi mcBschlii^er Leiber auf raenBcfalielie Leiber wahroeh-
neud, von dam LeiUicheo du Geiilige xti seheSdeti Termochlf
Wu' wirkt Ha& und Liehe, was Freude und geiiliger Sehmere
auf des Meoaefaen. leibliches Wohll Achl man hat es nioh ge-
lehrt da iefa jung war, nun ich aber alt bin weifs ich es nicht.
Selten, sehr selten fand ich uugeniischt diese geistigen Gewalten,
wie konnte ich da rein ihr Wirken erschauen i Die Liehe hat
ja ihr Sorgen und Bangen; durch das Dunkel hSusIrcher Trübsal
mskt der Weiterschein kleiner hfiaslicber Freuden; der Schmers
an dem Grabe unserer Freunde flügelt zu des Glaubens Sonnen-
höbe die trauernde Seele empor.
Wer hat endlich der Geisterwelt nndnrcbdringlicbea Verbang
gelüftet, wer das unbekannte lenseits gesehaui^ Wer weib es,
ob der Finsternifs grause Mächte feindlich den Erdkreis durch-
rasen, ob friedliche Gotteaboihen dem müden Pilger unsichtig La-
bnng spenden, ob der Vollendeten selige Geister ans lichter Höhe
in Standen der Weihe freundlich zu uns hemiederachweben I Aus
dee Menschen ahneuder Brost i5nt Eine Stimme vernehmlich
durch alle Jahrhunderte; die Afterweisheit hohnlacht; der Ver-
stand schweigt.
Da sieben wir nun an den Marken unseres Wissens und
schauen snrüek, wie beim erwachenden Tage der Wanderer, an
dessen Erinnemng die seltsamen Nebelgesialten des nacbilit^
darchreia'ten Weges in winem Gemisch voröbergleiten. Sollte
ich auch der Wahrheit zn nahe treten, wenn ich behaupte, dais
das, was wir von dem belebten Menschenleibe erkennen, sich zu
den Unerkannten and Unerkennbaren wie Eins m Hundert verhaltet
— Das ist nun die Grandfeaie, worauf seit sweitausend Jahren
die scb nl recht en , die gelehrten Aerzte eiae haltbare Heiltebre xn
bauen versucht haben.
Es war wo! anmöglich, eine Heillehre auf so anvollkomrone
Kennlnilä des Organismus zu grfinderi; also mufslen die uDgehen-
reo Lücken diesee Wissens durch Gedankenbilder, das hcifsl,
durch aolcfae Annahmen, die in dem sinnlich Erkennbaren nicht
naofaxuweiaen waren, ansgefiillt werden. Die verschieden an igen
Heiilebreu, die seit der Gateniachen Schule bis auf unsere Zeit
entstanden and untergingen, nnlerscheiden sich von einander da-
durch, dafs sie sich je anf den einen oder den andern der vorhin
angeführiea Hauptpunkte dea Organismas vorzugsweise grfinden;
dieses und die eigene gedankenbildliche ErgSnznng der Locken
in jenen Hauptpunkten, gibt jeder verschiedenen Lehre ihre ei-
gentliche Färbung; daher Sftfteheillehre , Nervenhetllehre , Erre-
gnngsheiHehre n. s. w,
'.,, ?,•.,, Google
— »00 —
E» würde untchicklich und überdtM eine lebr undRnkbare
Arbeit sein, wenn ich mich in ttiesea angeheure LabyriiAfa von
Wirklichkeil und Gednnkenhildlichkeit , von Wahrheit und Tau-
schung, von Erfahrung and Phantasie vertiefen wollte, zumahl d»
rs nicht, wie das Cretische, eine bestimmte Einrichtung hat,
sondera vielmehr täglich einen neuen Anbau too Ir^ewinden be-
koniini ; denn unermefslich ist ja das Reich des Ideellen. Zweek-
mäfsiger scheint es mir, das, was ich bis jetct gesagt, an das
unhesiriltene Geschichtliche zu halten. Stimmt dieses mit jenem
iiberein , so werde ich wol Recht haben ; stimmt es nicht daiiiit
überein, so werden diejenigen Aerr.te Recht haben, die das Ge-
geutheil metner Behauptung fSr wahr hallen.
Zuerst tnache ich auf die heilmittellehrigen Kategorien anf-
merksam, die sich doch nawidemprechlich auf eine Kenotnifs deg
Organiümui gründen, indem sie ja das Wie der Wirkung der
Aneneien andeuten sollen.
Data die Digitalis das kranke Hers, das Schellkniut die
kranke Leber, das Änlimoninm die kranke Lunge heilt u. s. w.
darin sind alle Aertte, die die Wirkung dieser Mittel kennen,
einig, nnd werden darin noeh über hundert und lausend Jahre
einig sein, denn die Heilwirkung dieser Miiiel oft'enbarl sich
sinnlich durch die geheilten Organe selbst. Ob aber ein Mitlei
siftrkend, schwächend ,- reisend , krampfstiilend , belebend, belftu-
bend, kühlend, erhitzend, beruhigend wirke, darüber sind die
Aerzte nimmer einig. Heute kann ein Mittel reizend, morgen
kühlend, heote sehwfichend, morgen stärkend sein. Diese Kate-
gorien sind nicht blofs in verschiedenen Schulen verschieden, sie
haben nicht blofs mit jedem Zeilaller gewechselt, sondern jeder
Arzt fiihll sich auch als echter Republikaner befi^, jedes Mittel
unter jede beliebige Kategorie zu reihen. Dag ist denn doch
wol der beste Beweifs, Hafs nichts Wirkliches nn diesen Gedan-
kenfächern ist, sondern dafa sie blofs etwas Willkürlicbes sind,
nnd nur Erzeugnisse einer Heillefare sein k&nnen , die sich mehr
auf Dichtung als anf Wirklichkeit gründet. Damm haben auch
nniere henligen araeneiinillellehrigen Kategorien nm kein Haar
mehr Werth, als das Kalt nnd Warm, das Feucht ond Trocken
des Galen.
Das zweite unlSugbare Geschichtliche, auf welches ich mich
berufe, ist die Menge vergebener VerHuche, auf die venneiniliche
Kennlnifs des belebten Menschenleibes eine gate Heillehre sa
gründen. Wenn wir bedenken , wie viel Heillehren schon vor Her
Galenischen Schule, wie viel nach derselben von den Koryphften
der Kunst aufgestellt, welchen grofsen Ruf sie crfanlten und doch
wieder untergegangen sind; wenn wir bedenken, wie viel minder
berühmte Männer neben jenen KoryphHen ihre Stimme eriioben
— Ifll —
haben , die am ftmer Zeil jetn lumm noch verachmbar zu tleiit
bii«rator bcrnberfaciUet ; nnd wenn wir endlich bedenken, wie
y'ui Theorien bei unierer Lebzeit im In- und Aaslande erfnn-
ien lind, von deren keiner inan sz^n kann, dafs sie sieb am
Krankenbette bewähret hfilte: so innwen wir doch wo) endlich
in Frage aufwerfen, ob die Vergeblich keit aller Anairengunj^,
eine ^le, ani Krankenbette haltbare Theorie zu bilden, in dein
Veiztande der Aerzle, oder in der Sache selbst ihren (iraod ha-
be. Die, welche eine neue Theorie auf der alten, oft überbauien
and mit Trümmern früherer Lehreti bedeckien Gnindfeate auffüh-
ren wellen, müisen nothwendij; der ersleo Melaiini^ sein, sie iiiüs-
Mn ihre Vorgftnger für etwas albern ballen, sonsl würden sie
■ichi mil so kecker Hand des SiMyphiii Stein antasten. Ich bin
■(»er gar nicht der Meinung solcher Kähotiiütfaigen; zwar gebe
ich gern zu, dtdt man^e Aerzte von sehr beschränktem Ver-
stände sich schriftstelleriscfaen Ruf erworben , dafs man also von
dem scbriftzlellerisohen Hufe darobaas nicht, auf die Verslündig-
keii u^ l^rfahrenheit eines Arztes schliefsen könne; was aber
die eigentlichen KoryphSen der Kunst betfifi^, die vorzüglich seit
dem Wanken der Galenisoben Schale sich dauernden Ruf erwor-
ben, so gestehe ich, dals ich auf keinen gesiofsen bin, dem ich
■icbt Ventand, Scfaar£(inn und Erfahrenheit zagesleben müfsle.
Es verstehet sieb wol von «elbtt, dafs sie sich nicht alle in allen
Punkten gleich sein kilnnen; bei dem einen wallet der gelehrte
Scharfsinn vor, bei dem anderen dev schlichte gesunde Venland,
bei dem dritten die Erfahrenheit: wie verschied eaartig aber ihre
Geistesgaben anch sein mögen, so halle ich doch mehre dersel-
ben wol für fähig, eine gale, haltbare Heillehre auf unsere Kennt-
a'iU des belebten Menschenlribes zd gründen, wenn dieses an
sich möglich wfire. Jene vergeblichen Veraaehe, die ron guten
KSpfen , nicht seit etlichen Jahrzehnten , sondern seit vielen Jnhr-
haoderten gemacht sind, müssen uns doch wol etidlich den Glau-
ben aofdringen, dals es ganz unmöglich sei, eine gute Heillehre
■af jene Grundfeite zu bauen , wenn der gesunde Verstand das
UnaiAglicbe dieses llnternebmens auch nicht deutlich erkenncte.
Das dritte Geschichtliche, worauf ich mich berufe,- ist die
Klage über lohe Empirie. Die sehulrecfat gelehrten Aerzte haben
n allen IKeiten darüber geklagt, auch in unsem Tagen hat noch
ein aahr gelehrter nnd sehr berühjuter Mann das nlte Ued
Bsch einer neuen Melodei wieder abgesungen. — E» fi^gl sich:
ist die Thatsacbe, worüber die Gelehrten klagen, wahr, und ist ihre
Klage gegründet}
Hinsichtlich des ersten Punktes, mulii ich ihnen beistimmen;
r* ist nur zu nähr, da£) Aerzte von gutem Verslande, von tr^-
liehen Kcnoln tssen , im sitiiteren männlichen Alter zur rohen
,,, Google
- 102 —
Krankheittfonnanbehandlnn^ anTerkennbar sieh hinn«igen. Ob aber
die Klage der schulrechtea Gelehnen deshalb einen guten Gnind
habe, dos Ut hSchlich za bexweifeln. Wäre die Schallehre nidit
blofs eine geschwützige Erklärerin dessen, was geheilt ist, son-
dern eine treue Leiterin bei dem, was noch geheilt werden aoli,
so würde es doch wol keinem Manne von Verstände einfallen,
sie schweigend gering za schfitzen, sie heimKoh so verlassen,
und sieh der rohen Formenbehandlang hinxageben. Gwade difr
Klagen der schreibenden Meister aber robe Empirie, beweisen am
biindigsteD, dafs die Schallehre am Krankenbette wenig oder kei-
nen Wertb haben müsse. Die Dampfhoote, die Spinnmasefainen,
die Gasbeleuchinng nnd andere kfiosl liehe Erfin dangen nnserer
Zeit, die wirklich im Leben branchbar waren, sind gar bald von
denen gebraucht, die ihrer bedarfien; die Lauf-, Laft- und Plü-
gelinasohinen hingegen, sind zwar erfunden, aber nicht gebrancht,
alt zur Belustigung des Volks. Wenn nnn jemand eine schrift-
liche Klage erbeben ood untere Fefabothen der Narrheit heziicb-
tigen wollte, dale sie nicht dotcfa kolhige nnd holperige, Wege
mit der Lanfmaschine liefen, und unsere reitenden Eilbothen,
dafs sie nicht mit der Flügelmaschine durch die Lüfte z&gen, so
würde man doch ' weit geneigter sein, den Beschuldiger eim
die Bectcbald igten für anweise xa halten : — wie sollen wir
nun in nnserer Medizin über Beseholdiger nnd Bescbnldigt« nr-
theilenl
Der menscfaliche Geist ist fUhig, rastlos nach dem entfernte-
sten Ziele zn streben; weder die Schwierigkeiten, die sich ihm
entgegenstellen, noch die Läi^e der Zeit, thnn der Ausdauer sei-
ner Kraft Abbrach; aber das HrnaasrGcken des vermeintlich er-
rungenen Zieles, das ist es, was die Kraft des Geistes lähmt: ge-
sofaiebet dieses Hinaa^riicken des Ziels oft, so erstirbt' jegliche
Kraft, nnd ohnmüchtiges Hingeben tritt an ihre Stelle. Wenn
also ein Arxt, von gesundem Verstände und guten S ch ulken ntnia-
seo, sich lange genug mit fremden und eigenen ideellen Abstrak-
tionen den Kopf zermartert, nnd immer etwas Besseres and Bes-
seres gesucht, und das Ziel der Vollendung, dem er eifrig nach-
rannte und das er bald zu erreichen wähnte, gleich einem gau-
kelnden Irrlichle sich immer weiter nnd weiter von ihm entfernt,
und ihm nnn endlich, nach so vielen vergeblichen Versuchen, die
wahre sichere Leiterinn des Heilgeschäfls zu finden, der Glaube
anfgedrungea wird, all sein Abmühen, sein treues-Ringen nach
Wahrheit sei eitel gewesen; ist es da auch wol zn wundem,
dafs, wenn sein Haar ergraut, er seinen oft getäust^ten nnd bafs
zermarterten Kopf auf das gemächliche Kissen der rohen Empirie
bettet?
Das vierte GescbicblUcbe, worauf ich verweise, ist das'prak-
♦ _,,, .Google
— 103 —
liflcfae Geßihl, der KunsUiiui, dieaeH anbekanate Elww, norunf
sich die sduilrecfaten Aerste berufen. Hie berufen sicU darauf aU
reclitliche, aufrichtige MSnner, weil sie selbst es fühlen, dafs Jlire
blofse l^hre allein nicht hinreicht, sie am Krankenbette xn lei-
Mn; denn wenn diese hinreichte, würde ee doch ausgemacbier
Aberwiu aein, noch ein unbekanntes dunkles Ktwai lu Hülfe xu
rufen. Das praktische Gefühl raufa also am Krankenbelle dem
Ante entweder luehr sagen, oder etwas Anderes and Besseres
sagen, als die Lehre, welche er bekennt. Sagt ed ihm nun mehr,
als die mit Worten aossprechliche Lehre, ao ist offenbar, dafs die-
se Lebre etwas ganz Ueberflüsaiges sei; denn das Mehr mufs
doch das Minder enihalien, wie der Zehner den Fünfer. Sagt
ihm das Gefühl aber etwas gana Anderes und* Besseres als die
Lehre, so ist die Lehre nicht hloU etwas UeberBüsgiges, sondern
selbst etwas Schädliches, weil sie den jungen Ant, in welchem
das praktische Gefühl noch nicht ausgebildet sein kann, mm Ver-
derben der Krankten in die Irre fiihreo mufs- Darum ist es un-
läugbar, dafs die schnlrechten Aerste dadurch, daf^ sie ein prak-
tisches Gefühl oder Kunslsiim als Leiter oder Miileiter am Kran-
kenbette annehmen, selbst schweigend bekennen, ihre Heillebre
sei bei dem Heilgeschäfte etwas UeberSüssiges oder ' Schäd-
liches.
Das ftiofie meine Ansiebt bestfttigende Geschicfattiche, ist dar
sohulrechten Aerzle Scheidung der Theorie von der Praxis. Der
gelehrte, sogenannte philosophische Anit siebet ja mitleidig,
selbstgenügaam , fast verachtend auf den schlicht verständigen
Praktiker herab ; er hält sich für ein weit vorzüglicheres , viel
edleres Wesen, für ein Wesen, dasbwnfen ist, den armen Prak-
tikern den einzigen Weg zur Wahrheit xu xeigen. Da er sie
aber nicht selten, statt zu der Wahrheit Sonnentempel , in Snnpf
und Moor weiset, so ist es schon längst dahin gekommen, (Jafs.
schlicht verständige Heiimeister die Wörter Theoretiker nnd
Aherwitxling für gleichbedeutend nehmen.
Unser firstliches Wissen ist doch ein Erfahmngswissen. Der
Verstand, wofern er ein gesunder Verstand ist, kann nur einen
Bolchea allgemeinen Abzug von den Einxelheilen der Erfahrung
machen, welcher nichts mehr enthält als die Einzelheiten der
Erfahrung enthielten: mithin roofs der allgemeine verslandhaftc
Abzug, als etwas rein aus der Praxis Hervorgehendes , eine Ein-
heit mit der Praxis oosmacben. Ist dieser Absug (die Lehre, die
Theorie) nicht eine Einheit mit der Praxis (wie es der Fall bei
allen Scbiiliheorien ist), so steckt ja schon in dieser Doppelheil
selbst der Beweis , dafs eine solche Theorie auf etwae anfserbalb
des sinolich Erkennbaren, auf etwas blofs Ideelles und Phanta-
stisches gegründet sein müsse.
- 104 —
Nachdem icb Dan die Gnindfeate der rationellempi riachen
Ileillelire eiaer verstandhaften Prüfung; nnlerworfen , and gezeigt,
dar» dds Ergebnifs dieser Prüfung mit deiti unsweifelliafien Ge-
Bohichilichen fibereinBliinme, so wend« icb mieb jetit zn der
Grundfesie der reinen Erfährangale bre der alieo tieh^^inftme, und
werde diese eben so im part heiisch schSizen. Wenn ich aber von
der Heilwirkung der Arzeneien als Bitsia der Ilrillehre rede, so
biiia ich den Leser dringend, nicht dübei an die nrzetteimiltel^
lebrigen Kategorien der Schale za denlten ; diese , als etwas blofn
Ideelles und Theil der ralione'leiiipiriijchen Heillehre, können
hier durchaus nicht in Betracht kommen : der Leser imifa sie ganz
vergessen, und nur an die blofse Heilwirkung, an das znm Nor*
lualslande Zurlicbfiibren des Erkrankten denken. ')
Ex fragt sieb also zuerst, ist diese Gnindfeste unwandelbar?
Ich sollte denken, sie sei es. Das Heilwirken der Mittel ninfa
doch nach bestiinTnieo Naturgesetzen geschehen; sie dem Zufalle
zuxuscbreibrn , wKre (Jnweisheii ; denn welchen BegriS woll-
ten wir mit dem Aasdrucke Zufall verbindcnl Wir könnten
nur den, eines Geschehens aufserhalb der Sjthilre der Naiurge-
setze damit verbinden. Von dem, was anfaerbHlb der Sphiire
der Naturgesetze geschehen könnt« , vermag aber der Mensch,
der selbst Theil der Natur und dessen Denkvermögen innerhalb
der Sphäre der Xaiiit bescbrSnkt ist, nnmöglich einen wirklichen
Begriff zu haben, er könnte höchstens einen uneigentlichen, ei-
nen verneinenden sich anmafsen; ich sage anmafaen, denn um
zn einem solchen negativen Begrifi r.u gelangen, würde niohia
Geringeres erfodert, ala die ganze Natur und alle ihre Geseixe
zu kenn^i. Wir können also mit dem Ausdrucke Zufall nur
den Begriff eines solchen Geschehenen verbinden , von dem wir
in unserer irdischen Beschränktheit nicht nachzuweisen vermögen,
wie und wtiruni es geschehen; das Wort ist mithin nur ein Mahl-
Zeichen unserer grofaen Unwissenheit in den naifirlicben Dingen
und überhaupt unserer menschlichen Beschriinkiheit.
Wenn wir also zugeben, dafs die Heilwirkung der Mittel
nach beatimmten Naturgesetzen gescbiehet, so werden wir der-
selben auch Unwandelbarkeit zugestehen müssen, in sofern wir
nämlich der Natur und ihren Gesetzen Unwandelbarkeit zugeste-
hen. Die Heilwirkung der Mittel muh eben so sieber sein als
die Wahlverwandtschaft der Körper, eben so sicher als der I<anf
der Gestirne. Die Behauptung , ein Arzneimillel habe im vorigen
*) Bi varitebl licb van Mlbst , data hier surb nicbl vod dem geKneritcheD Hei'
lea die Rede lein kano, welebea durch ffliodliehea Apgreifan , eotweder dei
GeNinpilarBtni»u4 , oder eieielaer Organe eraiell wird. Ueber dieeeo Ge-
(cntUed ward« ich in fi Kipilel diiece BsiAet bandelo.
"■■■ - ^-—-^^■~
- 105 —
Jftht« eine- Knmkheit geheilt, und vertage ia diesem Jabre bei
der nSmlRfaen Kraaliheit seine Dienste, ist eben se ifaöriolit, aU
es die Behaoplang Hin tviirde, das laufende Jahr ItSnne woi ein-
nahl XDi Abwechaelnng rier oder fänfbundeit Tage haben. Diese
Uede kann nur dem anaiöfsig sein, der die Begrifte von Krank-
heit und von nosologischer Form mit einander veniüscfal. Noso-
logisehe Formen kümmern an« aber hier nicht; wir müssen diese
Kindericlapper ans der Wi^e unserer KoiMt gans vergessen , wenn
wir die Gmadfeate der reinen Erfahrungsheillehre richtig fassen
nullen.
Da wir nun der Heilwirkung der Arsenoien, wollen wir
nicht in Widersprüche fallea, L'nwandelbarkeit mgeitefaen müs-
sen, so wird jetzt n5lhig sein, so untersuchen, ob man ihr aneh
die Erkennbarkeit ansprechen dürfe. Mir scheint dieses durchani
keiopitt Zweifel nnierworfen ; denn wenn wir nicht erkennen könn-
ten, ob durch den Gebraiicli der Arzenei der Kranke gedund ge-
wordfn, so würde ja uDsere ganse Kunst, wir mSchlen sie nnn
nach dieser oder nach. jener Lehre üben, ein wahres Gaukel-
spiel sein.
Zwar hat es Schriflsleller gegeben, welche behanplet, die
prakrischfo Aertte seien in Betreif der Wirkung ihrer Mittel Kin-
bildlinge. Diese Schriftsteller müssen aber wol, wie Hohenheim
tagt, Doktoren des Schreibens, nicht des Getanrfmaebens gewe-
sen sein; denn wirkliche Heilmeister wissen es sn gnt, dafti wir
uns die reine Heilwirkung der Mittel nnmöglicb einbilden k6n-
neo; die Kranken selbst entrücken uns schon dem Reiche der
Dfchiong und versetzen uns in das der nüchternen Wirldichkeit.
Gern gebe ich freilich zu, dafs sich der praktische Arzt gar wol
einbilden könne, er habe einen enizündlicben Zustand des KSr-
pen, oder einen fauligen, oder einen ijpbSsen gehoben, er habe
mit reizenden, oder mit stärkenden, oder mit. kram pf still enden
Mitteln geheilt: das sind aber alles blofs ideelle Uinge; dem
einen kann das entzündlich sein, was dem andern krampfig ist,
and dem dritten kann es faulig sein. Wenn die schulrechlen
Aerzte nnter einander sich der Einbildung -bescfanidigen, und uort-
Kecfaseln, wer Recht oder Unrecht habe, so streiten sie ja alte-
samml über des KHisers Bart. Uns gehen hier diese ideellen
Dinge gar nichts an, wir haben es blofs mit der reinen Heilwir-
knng der Mittel zu ihun, und die wird kein vernünftiger Mensch
für unerkennbar angeben, oder er müfste die ganze Medizin als
ein Unding verwerfen wollen.
Nachdem ich mm die Grundfeste der reinen Erfabningsheit-
Uehre der allen GebeimÜrzte an den oben Hiifgeslellten MafstHab
gehallen, und die Leser boBenllicli »lit mir einversiaadt-n sein
vterden, dals selbige die Erfoderniase einer guten Gruudfeue in
-Jügic
— 106 —
weit höherem Grade habe, bIs die Grandfesten der ratitraeUefli-
piriachen und der roheinpiriBcbeD Ileillehre, so will ich jelit die
ersten Grundziige der reinen ErfafaruDgvheiUehre entwerfen. IJin-
ücbtlich des Feineren, PrakiischeD der Lehre, mnfa ich, weil
CK nur durch Beobachtung erkannt wird, auf die folgenden Kapi-
tel verweise^. Auch die Lehre von der epidemischen Constitu-
tion, von der Paracel^schen Astronomie, kann ich, weil sie auf
blober Beobachtung beruhet, in diesem für das Verstandhafte be-
stimmte Kapitel nicht voriragen , und verweise den Leser auf die
folgenden Kapitel, nameqtlich auf das siebente.
Wir wollen bei den Krankheitsursachen anfangen. Die reine
ErfabruDgsheil lehre erkennet nur Eine Art Krankheitsursachen an,
näiulich jene sinnlich wabniehmbaren , welche man krankheil-
enthaltende nennt, weil blofs durch die Entfernung derselben
die Krankheit gehoben wird , oder weil doch die Entfernung der-
selben nnerlftJsliche Bedingung des Ueilens ist.*) Der reine Er-
fahningsarzt betrachtet aber dieses ursächliche Heilen als ein blo-
faes Geschäft des schlichten Mensch en verstand es , und hütet sich,
dasselbe xu «erkünsteln. Er wendet «eine beschränkten Kennt-
nisse des Organismus und die Hülfawissenscbafien der Kunst da-
zu an, dafs er die im Korper vorbandcneo krankmachenden ma-
teriellen Ursachen , sie mögen in dein Körper selbst erzeugt, oder
von aufsea hineingekommen sein, auf eine das Getriebe des Or-
ganismus am wenigsten störende Weise entferne; damit auf alle
Falle, wenn er sieb auch in der Erkehntnifs möchte geirret ha-
ben, and aus der Ursachkrankheit schon eine selbstständige ge-
worden wlire, er eicht durch feindliches Eingreifen das Wohl
oder das Leben des Kranken gefährde. Er handelt also wie ein
guter Fechter, der nicht blofs seinem Gegner einen derben Stofs
zu versetzen sucht, sondern der dieses auch so ibut, dafs, im
Falle der Stofs mifslänge, er immer gedeckt bleibt. Dieses ist
die einzige Veredlung des ursachlicheo Heilens, dieses einfachen
Verstandes- und naiurlriebigen Geschäfts, welche sich der reine
Erfahrungsarzt erlaubt. Was die übrigen Krankbeilsursacben be-
trifft, die io der Krankbeilsl^hre unter mancherlei Namen vor-
kommen, so läugnet er diese im Allgemeinen nicht, aber er sie-
bet in dem Einzelfalle jede Untersuchung über diesen Gegenstand
als nutzlos, ja als schädlich an, weil der Gegenstand aufseihalb
der Grenzen des uienschlichen Wissens liegt. **)
') Der Begriff, dei Elter« Acnte Mit dwi Asidracke Cauiu tomtimem» ver-
basdcD , Iit lebr *cbwiiikend.
**J Oeber dieiiD wiehiigep Paakt werde ich in tiebent«* Ripilel, weichet voa
der Erkenntnllk der Rrsekheit handell, ■eifSbrlieb redea, ■■& m\A alte hier,
ta Wiedsrkohugea ■IclichM ■• BeiAae , kan fUtea.
.,,,_„,,,, Google
— 107 —
D«r reia« Enpiriker will lo gmt als der ratioselle dm We-
sva der Krankheit, dax feindliche Ergrifi'enieln dei Lebeaa, in
aofern eg von der Krankbeitifoim Terflcbieden iit, erkennen. Er
>agt es eich aber deuiliefa, welchen einzig mSglichen Begriff sein
Ventaod von diesem nntichtbaren Weaeo haben kBone , nSmlich
ei Ken blofr bezieh) ichen.
Daa Weien der Krankheit iat doch an licb etwas linnlich
UnerkeBDbares, also können wir auch nur da« Verbillnifa unn-
lich erkennen, in welchem es an demjenigen Theil der Suberen
Namr ueiiet, den wir'Ueilmittel nennen, milbin nur einen nn-
etgeatlicheo , einen relativen Begriff von demselben haben. Hier
aniemeheidet sieh der reiae Jürfabrun^aiat stark von dem aoge-
nannten rationellen ; letMer «alat sich entweder einen anbesieli-
lichen, einen wirklichen Begriff an, oder er Urst, als echter
Mystiker, sich selbst und andere nber die Natur seines Begriffes
im Dunkeln.
Da wir von dem Wesen der Krankheit nichts, als sein Ver-
bftltnifa zb der Heilwirkung der Arseneimittel sinnlich erkennen
können , so gibt es flir unseren Verstand auch so viel erkennbare
Krankheiten , als Heilmittel in der Natur nad. Du Wesen einer
Krankheit, auf welche wir kein Heilmittel -wissen, bleibt so
lange flit aoserea Verstand etwas Unerkanntes, bis wir das wahre
Heilmittel gefunden. Wir dürfen also wol von einer Krankheit
behaupten, sie sei unerkannt, aber nidit, sie sei unerkennbar:
letUe Behauptung wSrde die nawaise Vorausaetaung in sich schlier
ften, wir kennetea alle HeiUErfifie der ganxeo Kufseren Natur.
Die- Crfahraog bat gelehrt, dafs es Mittel in. der Natur gibt,
welche erkrankte Organe gesund machen. Das Wie des Gesnnd-
Machens Hegt aufserbalb der Greaien des menschliehen Wissens,
also ist es auch höchst onverstSndig, data man die Organbeilnit-
tel nnter solche Kategorien reihet, welche die Art ihres Heilwir-
kens andeuten sollen. Der reine Erfahrungsarxt erkennet in jedem
Offene so vielerlei mSgli^e krankhafte Zusiftnde an , als ihn
die Erfahrang Heilmittel auf das Organ gelehrt hat, dabei zuge-
bend, dafs noch andere Krankheiten des Organs möglich sind,
welche ihm nicht bekannt, anderen Aerzlen aber gar wol bekannt
sein können. So kenne ich z. B, in der Leber eine Schellkraut-i
eine Brecfanufa-, eine Frauendisiel - , eine Terpenihin- und eine
Quassiakrankheit ; ich behaupte aber nicht, andere Krankheits-
znsl&nde dieses Organs seien unmöglich, sondern ich g^e gern
in, daJs meine praktischen Leser noch m^re Leherkrankheiten
kennen können als ich ; ja ich verwerfe nicht einmahl die Mög-
lichkeit einer künftigen Leberkrankheit, deren Natur uns allen
unbekannt sein kaon, weil wir vielleicht allesammt ihr wahres
Heilmittel nicht kennen. Die Leset geben also, dab ich das
— 108 —
Wesen der Organerknu^angeo nicht in dem KiJrpcr flberhAupt,
sieht in dem kraniteo Organ >elbu, aoadern, wie Paracaluu
rätb, ia der äufaeren Natur such«.
Auf dem Wege der Beobadiliiag halten dia reinen Erfali-
ningsärele erkannt, dafa es Mittel in der Natur gebe-, welche,
wo nicht alle, doch die meisten Krankheitsformea beseitigen
könniea. Aus solcher Beobachtung schlössen sie, diese Mittel
konnten nnniögUch auf einzelne Organe, sondern sie müfsien auf
etwas Allgemeineres, von den Oi^anen VerschiedeiMs heilend
einwirken, und sie nannten sie deshalb (JniTersalniillel. Das
Allgemeine, worauf sie wiricen, ist ein Unbekanntes, Gber des-
sen räumliobes Sein wir wol Vemiathnngen anfstellen , aber keine
Gewifsbeit haben können. ") Das einaige Sichere, was wir wis-
sen, iät, dafc etwas Allgemeines im Körper sein müsse, worauf
die Universal mittel heilend einwirken. Der reine Erfahrungsarsii
der das blofs Vermnthliche nicht in seine Heillehre aufnimmt,
begnügt sich mit diesem sicheren Wissen und gehet nicht darüber
hinaus. Er begreift auch, dalii er das Wesen der Erkrankungen
jenes leiblich Unbekannten, Allgemeinen, nicht in dem Körper
selbst, sondern mir in der äiifseren NaluV und zwar in den Uni-
versalmitteln ^ durch deren Heilwirkung erkennen könne.
Ich werde in diesem Werke das Unbekannie in dem Körper,
was erkrankt durch die Uni versalb ei Im itiel geheilt wird, mit dem
Namen Gesammtorganismns belegen. Gern bKlie ich einen
besseren Ausdruck gewählt , wenn mir ein besserer eiDgefallen
wfire ; jeder andere jedoch , der auch nur vertnulfaen liefse . man
wolle durch ihn des Unbekannten Leiblichkeit «der RBumlichkeit
andeuten, würde offenbar schlechter sein.
Dafs die alten Geheimärsie Kupfer, Einen und kubischen
Salpeter [iir Universalmitlel erkannten, ist keinem Zweifel unter-
worfen; dals «ie aber nur diese drei gehabt, Ififst sich durch
eine ehrlich verstandbafte Kritik nicht ausniiileln, denn sie sind
sehr dunkel in diesem Punkte. Da iab aber ihre Heillebre zwan-
zig Jahre am Krankenbette erprobt habe, so ist es mir durch
vergleichende Beobachtungen klar geworden, dafs sie kein« an-
dere Univeisalmitiel können gehabt haben als die genannten
drei. ")
') Du Vtmiiithlicba , «m licli daräber itgtn lafit, wards ich Im vierten Kapi-
tel vorirageo: Jedocli nater einer beeandereB AiftehrUt, dasiil mir Niemiad
verwarbn küose, kh veniiMh« da* VeraiBlUicke solofiiefa hii der reian
Brr«brus.
**) Et $t)ilin viel Gedald agd ein gute« Bciiehlichk eil «gedacht pif« dam, am d«a
GeheirDÜntea hinter die Schliche in ttoBimen. VVnllle ich c« der LÜnge nach
analegen, wie Ich nach und necb durch Vrrgiciehang dnakler Andeolungm
ivi ReymMHäui LhIHhi, Pkr«ee/iiu , Becher, Ctaltiia, fottriia, IfmeritltHtm
"■■■ - " ---— 'O"
— 109 —
Der Sant: m gibt ilrci UniTarNlnill«! in 4er \ainr, nni
dici dnrcfa dieseJbeo beilbar« KraokhcttnostSnde des Gesamnit-
organiBmus, ist iiickti ander«« nnd kann nichts anilereB MJn als
ein reines Abiinkt von den Einielheitra der Erfahrung. Rein
bt nur dann ein aUgemeiner Erfabmngssali , wenn er nichts nwbr
eatblli, als die EiMielfaeite(^ der Erfabrang enthalten, von wel-
chen er ■bgexi^;en ist. Enihfilt mt mehr, so kann dieses blofs
etiTRS Credukenbild liehe» «ein, welches am Krankenbette wol
■ehwerlicb grtifeen Wenh habMi wird. So lange nnser Erdball
in den Verbiltnisse xn nnderen WeltkSrpem bleibt, in welchem
er sich bis jeist befonden , werden aneh die Leiber der Mensebea
«rol Roleben Erkrankungen des Gesumm torganismns nnterworfeit
bleiben, welche anier der HeilgeWalt des knbiscben Salpeins«
»der des Kopfers, oder des Eisens stehen. Anch der grSftle Ei-
ferer wird dagegen nicht streiten, Toransgeselzt , dafi er die
Heilwirlning dieser wohltfafitigeo nnd mRcbtigen Mittel etwas bee-
ler kennt, als er dieselbe bis Jetst ans den papiemen BniAien
«neben konnte. Darara nennet ancfa BtiymMitdHM_ LmlHma mitvol-
lem Recht ein Universalmittel Realität mn^ertaiw.
Das Einxige, was man gegen die Ahen einwenden ktante,
wBre, dafs jene drei Univeiaalmitte] nicht alle UniTersalkrafie
aller anderen Mittel enthielten, detien- die Aenie allgemeine
Heilkräfte nsehreiben. Voraus geset st, dafs man hier nicbt anf
die feiDdlicben Vniveriaiia xielt, als Quecksilber, Arte-
Bib n. ■. w. <i*it denen wir jetst nicht sa tbnn haben, denn e>
baodelt sich von solchen Allgemeinmitteln , die, dem Organismns
befreandet , den Gesanden nicht krank , sondern den Kranken di-
rekt gesund machen), ao siebet der denkende Leser leicht ein.
tu. zsr ErkiBotnir« itt Unircnalmittet gel*ii|;t, lo wBrde meine AnileguDg
M*ri aef oiae bficharilebfl AltArtkÜnilai hiaamlanfCD; unter drei hundert Aerxlen
BMet ritk «her k»ui eii eiaiieer, der Sio* Kr elae aalche Aulofiiig baham
«Scbte, smI da Kir gaai dit GaiM UU , darflaMbss trookaa UHweilif-
keitaa anterhaltead aal aatnntbig vnnutragaa ,* lo bomarke iefa meiaen übrigen
Leiero , die alch nickt gen liügweilen Uiien , luir künlieh Folgaodei ; Ho-
kenbeim venteht unter dem Worte Chgirt Eiiea nnd nnter im V/orU Antrat
Rafirar, kUlM neaDot «r aoeh wol itrppMHimi AHlhot , oder anek bloff
8a„JUni« , wt« «r (MMaaOUb ia niatr Chiiwsie) aa einar Stella dta Eiiea
Carallut oeanet. — Sollta* die weaifan Altarthiimler nntar neiaaa Laiera
■il dieaer BeBerknog nicbl einTer«t«adea «ein , eo kum icb mieb mil Ihnen
gar leicbl vertragBii , ieh bin ninilich erbBtig, "die KnldeekunB der UniTerial-
beilkraft du Biaani nnd Knpreri , wenn lie dlaielbe den Ittrocbcmtkern ab-
■precba« , ala Beia Elsentbua , and zwar ah eia «tr Toa ibaea aarsedraDRenea
aaaehaMB, ao aind ivir (erlig; dano jane Bnldadnes wird diwb wol niebt gar
(»ie dia SantUa Mteu} Ret nnllint lein. Was den knbitcben Salpeter be-
Irin , (0 kann man dieieu nnd denen Bereitung oban HjUk in den Paracel-
riuben Sebrinan nachweisen. Irh «erde in dem erden Abaehnille de» vier-
tea KapiUfa »ebr'darM tagea.
"■■■ - ^-—-^^■~
— ito —
imb sifflh iibrr solche Einwandiingen dnrchsnii atcht itreiten Ififst.
Der rationdln Einpirikcr kana innsrhalb der Schranken seiner
Theorie, und machte er sich dieaelbcn agdi noch wo gerftomig,
nnindf lieh gegen die reine ErfabniDgslehre strnlen ; wollte er aber
ans diesen Schranken (relen , so müfste er entweder aaf die
Grundfesie der rohen Empirie fafae», oder er würde, anf nichts
fufiend, in der Luft schweben (wo sich denn auch Übel ficht);
oder er müfste sich xum Streit anf einen höheren Standpunkt stel-
len, den ich mir bis jetzt noch nicht habe denken können. Damm
kann diese Sache wol ein Gegenstand ruhiger Unleraoehung am
Kmokenbette , aber nimmer ein Gegenstand des httssigea Strei-
tens und Bücherscbreibens werden.
Uebrigens hoffe ich, die Leier tränen mir so viel Verstand
xn, dafs ich einem allgemeineo Erfahrungssatze , und wftre er
auch noch so rein ron den Einzelheiten einer laus endjährigen Er-
fahrung abgezogen, keine ewige Feste zaachreibe. Hat er sii^
auch noch so lange als wahr am Krankenbette bestätiget, so kann
es immer möglich sein, dafs man früher oder spilier genftihig^ ist,
ihn xn erweitern oder su verengern. Ich glaube aber, dafs nllge-
meine reine Abstrakte von den GJnzelheiien der Erfahrung, trots
dieser Unvollkommeobeit, die ihnen allen leider gemein ist, doch
noch weit bessere Leitregeln am Krankenbette sein werden, als gana
oder faalbideelle. Jede der drei Erkrankungen des Gesammtoi^-
nismus kann in jedem Organe vorwalten und allerlei nosologische
Formen hervorbringen. Da nun diese Formen , je nachdem' die
Erkrankung geartet ist, durch kubischen Salpeter, oder durch
Eisen, oder durch Knpfer beseitiget werden, so kann der flüch-
tige und ungeduldige Beobachter leicht anf den Gedanken ger»-
ihen, die Universalmiitel seien Organheilmittel. Dieser Gedanke ist
aber irrig; die Ueberseugung , dafs er irrig sei, kann man je-
doch nur durch Geduld, und mit der Zeit durch vergleichende
Beobachtungen erlangen.
Die Universalmiitel heilen nnr Uraffektionen , selbststSndige
des Gesammlorganismns , nicht aber consensuelle. Also werden,
weder Salpeter, noch Eisen, noch Kupfer solche Fieber heben,
welche consensoell von einem urerkrankten Organ abhangen.
Diese können einzig durch Heilen des nrerkrankten Organs ge-
heilt werden.
Alle Organheilmitlel heilen Dur Urerkranknngen der Organe,
nicht conseosoelle und eben so wenig Vorwaltungen der Atfektion
des Gesammiorganismas in den Organen. Die wohlthfitige Wir-
kung, die sie in beiden letzten Organatfektionen »weilen äufse-
ren, ist nicht eine wahrhaft heilende, sondern bloh eine be-
schwichtigende, bald wieder verschwindende und täuschende.
Es kann eine Ureiknmkung de« GesammlorganisinnB nnd eine
UrerganerknnkuDg^ gleichxeitig im Körper bealchen; rfaii niiti
dann die Mlidikninkheiteii , welch« oft genog in der fntxis vor-
komaien.
loh habe jetit meinen Legern den ersten rohen FlntwurT der
reltaan Erfahrnngshei Hehre vorgelegt; aus deiaselben ergibt «cb
dar deutliche Begriff dieser Lehre von aelbal, sie ist nftmlicb:
«ine auf die direlcie reine Heilftirkung der Ananciea gegruadele
Lehre, die von den Einzelbeiten der Erfahrung reine allgemeine
Erfahr« ngssälze abziehet und diese eiiuig als Lritregein des Ileil-
gesebäftes anfslelli. — Ist nun das endliche Ziel möglicher Voll-
endung unserer Kuait in den engeu , bescheidenen Grensea des
sinnlich ErLennbaren und rein Rrfithrungsgemäfsen xa suchen, so
haben ungnweifelt die allen GeheimBrite den rechten Weg ein-
geschlagen; ist aber jenes Ziel möglicher Vollendung in den nn-
geiuessenen Räumen des Ideellpn zu suchen, so mufs der Weg,
den die rationellen Empiriker wandeln, der wahre sein.
Ich selbst folge freilich der reinen Erfahrnngslehre , und habe
die rationelle, als eine am Krankenbette unbrauchbare, iRngst
verlassen; aber deshalb fühle icb nicht die mindeste Neigung in
ntir, meine Ueberzeugung andern aufzudringen. Was ist, wer-
the Autsbf iider ! ärztliche Verslandeawahrheit in dieser unvoll-
kommenen Weltl — Mir scheint, nur das ist jedem unter uns
Wahrheit , was sein Verstand als aolcbe erkennt ; und dafs er
ein Dieses, und nicht ein Anderes fiir wahr hält, hängt von der
eigen thümlicheo Bildung seines Verstandes, und diese wieder von
erblicher Anlage, von Erziehung, vom Umgange mit anderen,
von der Zeil, worin er lebt, und von gar manchen ZuHilligkei-
ten ah, welche nicht in seiner Gewalt siehn: darum ist es fast
widersinnig, mit jemand über das, was wahr oder nicht wahr
sei, EU rechten.
Wie es eine uoerklärbara VerwaDdlachaft^ unter den Körpern
gibt, so gibt ea auch eine nnerklärbare Verslandesverwand tschaft,
die bestimmt nicht von dem Mehr oder Minder des Verstandes
abhängt; hinge sie davon ab, so müfste die Meinung eines Man-
nes von grofsem Verstände den ausschliefslichen Beifall aller gro-
Iseo Geister haben und nur den beschrAnkien Köpfen als Irnhnm
erscheinen. Die Erfahrung lehret aber gar oft das Gegeniheil.
Ein -Schwärm beschränkter Köpfe bfilt zuweilen die Meinung ei-
nes Mannes von grofsem. Verslande nicht blofs fCr wahr, soodetn
macht selbst Miene, sie mit Feuer und Schwert vertheidigen zu
wollen , indela sie anderen klugen Köpfen Irrthum zu sein he-
dünkt. So kann denn auch nur den mit nur verwandten Geistern
meine deutlich begründete Meinung Wahrheit, den unverwandten
— 112 —
muh sie Irrtham sein. Von einem imverwanHlen Verstände Bei-
fall erwarten, wRrde ebea lo anweise sein, rIr vonreiiTef F«m,
der ich leiblich nidrig, sinnliche Liebe heischen. Wie abwei-.
chend also aticli unsere Wege im Keiche des Verstandes laufen
nißgen, meine Freunde! so lafat uns doch nie einander lieblos
des Unverstandes zeihen; lafst uns vielmehr wohl bedenken, wie
nnvollkonimen , wie bescbrSnkt der menschliche Verslnnd Ist,
und wie wir, bei aller Verschiedenheit unserer Versiandegan-
stchten, doch als wahrhafte Aente den ernsten Willen haben, der
Menschheit Leiden zn mildem, also in dem Gotiesreiohe der
Liebe allesammt nnr Einen Pfad wandeln. Gegenseitiger Glanbe
an ein treues Streben nach diesem frommen Zwecke der Kunst,
und Friede und Eintracht sei mit uns für and für.
itv Google
»rUtea KnplteL
Eial eituug.
Mwie Schwierigkeit, gule Organheilmittel kennen zn lernen,
ist uhi grofj). In der folgenden Untersuchung werde ich Gele-
genheit genug finden, den Lesern dieses recht anichaulich zu
machen , weit anachaHÜcher als es in dieser Einleitnng geschehen
könnte. Hier beschrünke ich mich blofs auf folgende Bemerknng.
Die Urerkranknng der Organe ist in manchen Fällen deallich
dnrch Zeichen zu erkennen, in anderen nur undeutlich, and wie-
der in anderen gar nicht; was wir sehen, sind consensuelle Za-
mie, die, znweilen garvieldeaiig, auf das nrergriffene Organ
nicht hinweisen. Wollen wir also Organheilmittel kennen lernen,
■0 müssen wir die Belehrung bei den deutlich ausgesprochenen
Crorganerkranknogen suchen , nicht bei den nndenllichen , und
noch viel ^teniger bei den dnrcb Zeichen ganz nnerkenn baren.
Es gibt, wie ich in dem Folgenden zeigen werde, Fälle, wo wir
die Urerkranknng eines Organs mit Augen sehen, mit Händen
greifen, uad doch ist das, was wir sehen und greifen, blofs
das consensoell Erkrankte; das Urerkrankle ist noch verhor-
gen. Solche iSaichende Fälle veranlassen grofse Imhiimer in
der Medizin. Wir entgehen diesen Irrihiimern nur dadurch, dafs
wir nnn nicht durch etliche Beobachtungen oder Versuche hin-
länglich belehrt glauben, sondern viele Fälle mit einander ver-
gleichen; denn nur durch die Vergleichung rieler Beohach-
luDgen können wir zu der wahren praktischen Ueberzeugiing von
4er Heilwirkung der Organmittel gelangen.
Ans dem Gesagten folgt, dafa der, welcher in dienern Punkte
fm, stehen will, nicht blofs vielen Fleib anwenden, sondern
><>ch grobe Geduld haben nub; denn er mnfs Ja warten, bis die
. -» '^'S'^'
~ lU —
KrHukheiisfülte sich ereigaen, die ihn belehren können. Bc-
kKnalMch erkranken einige Organe häufiger, andere seltener; den
wiihren tiebrauch eiaes Miirels anf ein solches Organ, welches
h&ufig erkrankt, kann ein beschäftigter Arzt nicht vor vier Jah-
ren gründlirh kennen lernen; Mlitel auf Organe, welche aelieoef
erkranken, erfodem zu ihrer gründlichen Erforschung weit lun-
gere Zeit.
In der folgenden Unlerauehing habe ich nur solch« Oi^n-
mittel aufgeführt, welche ich durch eigenen Gebrancb kennen
gelernt. Wo ich von etneni Mittel nicht ausdrücklich sage, dnfs
ich es nnr kurze Zeit erprobt , können meine Leser darauf bauen,
dafs ich es durch den Gebranch hinlSnglich kenne. Haben sie
die vorigen zwei Kapitel mit Aufiuerksamkeit gelesen, so wird
es ihnen deutlich geworden sein, dafa die reine Erfnbrnngslebrci
dem Forsch ungsgeisre des Arztes alle Freiheit läfst; es wird sie
also auch nicht befremden , in dem Folgenden auf solche Mittel
zn slofsen, welche erst nach dem 16ien Jahrhundert, ja auf sol-
che, welche erst zn unserer Zeit in den Arzenetscbaiz gekom-
men. Man mnfs das Gute suchen, wo es zn finden ist; e» fin-
det sich aber eben' sowol in unserer Zeit, als in der frilfarren,
jn selbst unter solchen Mitteln, welche man heut zu Tage ver-
altete nennt.
Krater Abschnitt.
BaackmlMel.
Frauenäitiei»ame.
Zuerst mufs ich von zwei Mitteln sprechen , welche nnf Le-
ber und Milz gleich wobhhStig wirken, zu diesen gehört der
Frauendistelsame. Am Ende des vorigen. Jahrhunderts sah ich
einst, dafs eine Frau durch dieses veraltete Mittel vom chroni-
schen Seitenstechen befreit wurde. Ein Bchlicfaler Landmann hatte
es ihr geralhen. Da ich nan früher meine schulrechten Künste
vergebens bei ihr angewendet, so machte mich, der ich dnniahls
schon ztark an der Unfehlbarkeit der Schullehre zweifelte, diese
Heilung stnlzig. Das vermeintlich unwirksame Miitel schien mir
der Beachinng werth, ich wendete es in einigen Fällen schniert-
hafter BmstaflektioD an; da es sich aber als uowirknm auswies,
kam es bei mir in Vergessenheit. Damahls war ich zu einer sol- -
eben Untersachong noch nicht beHthiget.
Es mögen jetzt 18 oder 19 Jahre sein, da sollte ich einer Fran
helfen, welche in den \iederlandea mehrmahls und hier im Lande
— 115 —
Ein Mnhl an chraniiiehem Erbivchen gelitten, dnMit Gntnrf we-
iter der niederlHndiscbe Arxi, noch ich erknnnt. Ch hotte, wenn
e* ^echs bis »ch( Wochen gewährt, nach irnrf nnch von iielbfit
aufgebort, ohne dafn man hüile behaupten kennen, die gereich-
ten Arxeneinn haben auch nur das geringste sn dem Aufhören
beigetragen.
Ihr jeizige« Uebel bestand aber nicht in Erbrechen , sondern
in Baiichscbinerz. Dieser Schmers, obgleich er den ganxen Baiicb
einnahm, war doch in der Umgegend des Blinddarmei besonders
TOrwallend. Alles wol erwogen, hielt ich ihn fTir ein consen-
(nelles, ron einer IJmfiektion Her Leber abhnitgendes Darmlei-
den. Ob Gallensteine, oder Verhartnng eines TheÜs der Leber
Torhanden , war nngewifs ; beide Uelwl sind gnr ichlimm zn er-
kennen, nnd letztes wahrlich nicht immer mit Hündin za grei-
fen. Ich hatte xn jener Zeil zwar schon eine reiche Erfabmng
ober chroniflche nnd akute Leberübel, sie half mir aber in dem
gegenwärtigen Falle zn gar nichts. Schmerzen and Krämpfe blie-
ben wie sie waren; es entstand schleichendes Fieber; bei ganz
gemndheiisgemäf^em Harne vurde die Gesichtsfarbe schmnizig,
schilletie ins Gelbliche, der Schlaf fehlte gftnzlicb, die Abmage-
rung mirde so grofn, dafs keiner mehr daran zweifelte, die Frao
leide an der Anszehmng und sei verloren.
In diesem bedenklichen Znstande, wo ich mit meiner Erfah-
rung wirklich ganz am Ende war und doch helfen sollte, kam
mireine ErinnemngausE. Stahls Dissertationen Wunderbar zu Stat-
ten. Dieser rühmt nAmlich den Samen der Frauendisiel als be-
Ronders heilsam in denjenigen Brnstentzündungen , welche sich xn
Gnllenfiehem gesellen. Die angebliche Siibinflammntion der Lun-
ge, gegren welche er ihn mit Nutzen gebraucht haben will, sab
ich htaln als eine schnlrecbt-ürztliche Idee an. Bei mir lanlei*
■eine reine Erfahrung also: er hat den Saniea der Frauendisiel
in Leberkrankheilen gebraucht, und coosensnelle BmStleiden , die
bekanntlich bei diesen nieht seilen sind, besser damit gehoben
aU mit andern Mitteln; daram, dachte ich, ist es wahrschein-
lich, dafff der Frauendislelsame beulend auf die Leber wirkt, und
nicht auf die Lange.
Ich liefs jetzt eine Abkochung des Samens machen und die
Krnnke Ktnndlich einen LölTel davon nehmen. Die Wirknng war
in der That wundervoll; der Schmerz und alle krampfbafie Zu-
Mle minderten sieb von Stunde an angcnscheinlich, die Kranke
genas allein durch den fortgesetzten Gebrauch dieses einfachen
Trankes
Von der Zeit an habe ich das Mittel nie wieder verlassen
■■od mich je Itinger je mehr üfoerzengt, dafs es bestimmt durch
kein nnderes zn ersetzen ist. Sehr wichtig ist es In dem eon-
— 116 —
KeDsiieilcn Blulspeicn, welches sich nicht seilen zu chroiihclien
lieber- und Milzlciden gesellet. In unserem ganzen Arzeneiachaise
lindet sich kein Milfel , welches so b»ld und so sicher diesen den
Kranken sehr beunruhigen den Zufall beseitiget. In den häufig
vorkommenden akuien Lebertiebern , die mit Seitensiechen , Hu-
Rfen und bluiigem Auswurf verbunden sind, kenne ich kein Mit-
tel, welches diesem in Heilwirkung gleich käme. Mit ihm habe
ich Mtilterblntfliisse , die consensiiell von einem Leberleiden her-
kamen, gestillt, mit ihm consensnelles, von einem Leber- oder
Milzleiden abhängendes bedenkliches Nasenbluten. Ein einziges
Mahl heilte ich eine Gelbsucht damit, die durch andere gute Le-
bermittel eher schlimmer als besser wurde. Sie war neu , mit
Bauchschmerzen and mäfsigem Durchlaufe verbunden. Die Hei-
lung machte sich, bei dem Gebrauche einer schwachen Abko-
chung des Samens, sichtbar und bald. Das Hüftweh hängt auch
zuweilen, als consen^uelles Leiden des Hüftnerven, von einem
Urleiden der Leber oder der Milz ab, in welchem Falle es den
Samen der Frauendistel weicht. Viele chronische Husten habe
ich damit gehoben, die, von Urleiden der Leber oder der Milz
abhangend, nicht seilen schon durch viel schulrechle Mittel ver-
gebens von andern Aerzien bekämpft waren. Hiebei bemerke ich
aber ein für allemahl der jüngeren Leser wegen, dafs man so-
wol beim Blulspeien als beim Husten, wenn sie consensuell von
einem Urbauchleiden abhangen, genau zusehen mufs, ob che-
misch scharfe Stoffe sich im Darinkanale befinden; ist das der
Fall, so wirkt kein Bauchuiiitel jemahls das, was man von ihm
verlangt. Ich werde aber von der Entfernung chemischer Schär-
fen, durch Xeutralisireu , oder Ausleeren, weiter unten sprechen.
Der reine Abzug meiner Beobacfauiugen über die Heilwir-
kung des Fraucndistelsamens lautet also. F.s gibt einen eigenen
krankhaften Zustand in der Leber und in der Vlilz, welchen die-
ses Mittel weit sicherer und besser hebt als jedes andere; da,
wo es auch nicht als eigenthümlicbes Heilmittel kann angesehen
werden, me z. B. beitu Stein und bei Verhärtung, bewirkt es
doch, daJs das Srilich Abnorme nicht mehr feindlich in das Le-
ben eingreift; es wandelt in dem Kranken das Gefühl des Krank-,
seins in das des Gesandseins um, es macht die Anwendung des
eigentlichen Heilmittels möglich; vorausgesetzt, dafs ein sulcbes
zu finden sei.
Nun wollen wir noch ein wenig von Gallensteinen sprechen.
Beim tobenden Stein kommt in Beschwichtigung der üblen Zu-
fälle kein Mittel dem Frauendislelsamen gleich. Wie schnell,
oder wie langsam man aber alle bedenkliche ZufUlle beseitiget,
hängt begreiflich von Umständen ab, welche weder in des Arz-
tes, noch des Kranken Gewalt stehen. Heftiges Bauchweh ist
— ii7 -
«hoe Zweifel niclii der geringste unter den böseo Zufällen. Hier
soll der Arzt helfen, Bchoell lielfcu; wie kann er über helfen,
wenn er das urerkraakte Organ nicht kennt, und wie kauu er
dieiios und die Meinernen Feinde,' die eit beherbergt, kennen lec-
iienf — Ich iveifti e^ wahrhaftig iiivlit, und sehe die Federung,
die man an den Arzl macht, für eine sehr uubillige an. liu
Aligemeinen ist es klug, bei allen Bauch^cbmcrzeu , sie mögen
unter der Benennung von Alagenkrain|)f, Kolik, oder unter an-
derer lorkoninien, auf deu Ort zu iicbieu, wo bcJm .Nachlasse
des Mchinerzes sich das lelzle lci»e Weh noch tcriüili; hier ist
luehrenthcils das urerj^-rill'cne Organ ■£» snclicn. Abgesehen von
der Unsicherheit .dieser Kegel, kann dieselbe bei der von Gulle»-
Kteiuen abhängenden KoIiU die Drkenninifs wenig fitrdern, weil
«tie .Nachlässe oft nur sehr unbedeulend sind. Ist der Kranke
dem Arzte fremd, so kann dieser leider nichts ihun, als auf den
Uannkanul heilend einwirken; er nimmt aUo das conscnsuell er-
gritleoe Organ für das urergriQ'ene. Bekannllicb sind aber allt.
symptomatische Heilungen unsicher; nicht sehen crscheini die
Hülfe langsamer als dem Kranken und dem Arxie lieb ist, mit-
uotei will sie sich auch wul gar nicht finden lassen. Ich bin
einmahl auf eine recht seltsame Weise zur Erkenuinifs des Gul-
leiuteins gekommen. Ein alter Mann, der früher wol über iSud-
brennen, Vollsein und AufstoJsen nach dem Essen geklagt, wur-
de von heftiger Kolik e^rifl'en, bei der die in solchen Fallen
allzeit hülfreichen Darmmitiel ganz ihre Dienste versagten, wor-
aus ich schlofs, das Darmleiden müsse ein cooseniuelles sein
und von einem anderen urerkranklen Organ abhangen. Zur un-
gewöhnlichen Zeit liels die Gatlinn des Kranken mich einst bii-
l«U, zu ihr zu kommen; angeblich hatte sie mir- etwas sehr
Merkwürdiges mitzutheilen. Da ich hinkam hörte ich nun Fol-
gendes. Der Kranke , in seiner Schmerzensnoih , billet die Gai-
tinn, ihm ein Tellertucb fest um den Bauch zu binden. In dem
Augenblick, wo der Knolen des Tuches zugezogen wird, ver-
scliwindet der Schmerz wie durch einen Zauber. Ich begrill'
leicht, dafs durch dieses mechanische Mittel nur eine von Gal-
lensleiuen abhängende Kolik könne gehoben sein. Durch das ra-
sche Zuziehen des Knotens konnte leicht die scharfkaniige Seite
einss Sieins, welche die Wand der Gallenblase slark und
Bchmer/hafi gereizt, nach innen hin gewendet und auf die Weise
uuschädlich gemacht sein. Ein eigenes, leises, fremdartiges Ge-
fühl, welches jetzt nach verschwundener Kolik in der Gegend
der Galleublase noch zDrückgeblieben , gab dieser hüchsfwahr-
ücheinlichen Vermuihung fast den Werlh der Gewifsheil. Durrli
Heu sechsmonal liehen Gebrauch des Dürandscben Mittels wurde
iler Mann uicbt blols vor der Kolik bewahrt, sondern er wurde
„,, ,_ -.-OOgIc
— 118 —
auch von allen vermeinilichen Magenbeschwerden -so ^"ladlich
befreiet , dafa er in 13 Jahren keiner Araenei mehr bedarfie.
Nun meldeten sich aber die steinernen Güsle wieder, jedach nnter
anderen Larven als früher. Mich (Huschten sie jetzt nicht; ich
gab wieder das Dürandsche Mittel, die Beschwerden verschwan-
den bald und sind auch nie wiedergekehrt , der Mann ist in einem
sehr hohen Alter an Marasmus gestorben.
Das, mit Husten, blutigem Auswurfe und lebhafiem Fiober
verbundene Seitenstechen ist ebenfalls ein Ztifal) der Gallensteine,
wodurch der Arst, der als Fremder zum Helfen aiifgefodert wird,
KU argen Alifsgriflen kann verleitet werden.
Die Gemahlinn des unglücklichen AdmiraU St" lebte hier
eino Zeil lang in grofser Bescfaränkiheir. Sie Htl an Oyslerie,
deren vorwaltender Zuftill unwillkürliches Weinen war. In den
Niederlanden hatte sie viel frilher an einer tiehr harfnSckigfn
Gelbsucht gelitten. Gegen das jetzige üebel halle sie schon viele,
von mehren Aerzten verordnete Arzeneien, ohne Hülfe zu finden,
rerscbluckl. Der Grund desselben war auch wnbrlich sehr schwer
zu erkennen. Drei Wochen gingen hin , bevor ich , einzig durch
Probemiltel, zn der Erkenntoifs gelangte, dafs alles F.lend der
gnlen Fran von Gallensteinen abhänge. Nun gab ich ihr aber
das Diirandsohe JMitiel mit so gutem Erfolge, dafs sie sich schon
nach achtlSgigem Gebrauche desselben viel wahler fuhlie als seit
vielen Jahren, und ich ihr eine vollkomrane Heilung bestimmt
r.usichern konnte.
Sie mochte ungeHihr einen Monat mit immer zunehmender
Bessemng das Mittel gebraucht haben, da wurde einer ihrer alten
Freunde zum Minister ernannt. Wahrscheinlich hatte sich dieser
der nnlerdrücklen fran erinnert; denn sie erhielt die Weisung,
es sei jetzt Zeil, eine Federung von 30000 Gnlrfen an den Staat,
und von einer jährlichen namhaften Summe an dift Miliiärwilwen-
kasse geltend za machen (beides war ihr unter der Franzoaen-
herrschaft widerrochilich rorenthalien worden). Zu dem Ende
mufitle sie aber persönlich in der Residenz, oder gar (wie mir
vorstehet ) bei dem Könige selbst erscheinen. Wie sie mir die-
ses mit grofaer Freude erzählte, bemerkte ich ihr in Betreff der
Reise zur Residenz, es sei, bei der grofsen Unwahrscheinlich-
keit, ja bei der Unmöglichkeit , dafs die Gallensteine schon durch
das gebrauchte Mittel ganz könnten nufgeiöset sein. Vorsieht nS-
ihig, um diese Feinde nicht durch die Erschütlenug des Fah-
rens in Aufruhr zu bringen. Ich rieth ihr, den gemächlichsten
Mieihwagen, den sie haben könne, zn wShIen. Sie hat freilich
meinen Raih treu befolgt, aber die Wahrheit des Horazischen
Spruches: Q»id quiiqme vitet, nunquam homini tatii cautvm tat
in Aorat, bestätigte sich dennoch. Eiiiige Tage nach ihrer Ab-
- 119 —
reitic bekam ihre Tochter «tie Nuchrichl, die gute alte Mutler sei
uiir faalbeiti Wege zur Residenz von Seiten Steclien ergrill'en wor-
den, habe nicht weiter reisen IcÖnnen , sondern liege gefährlich
krank. Aus dem Briefe ifarer iJegleiierlnn ersah ich, dals ihre
Krankheit von dem dortigen Arzte als entzündliche Pleureitie mit
Aderlaimen, Zagpflaaiern u. a. w. behandelt wurde. Wäre sie
junger gewesen, so hätte sie vielleicht die Krankheit und die
Kur ansgehalien; als Siebzigerinn unterlng sie aber diesem dop-
pelten Sturme. Die \achricht ihres Todes traf unmiiielbar nach
dem ihrer Krankheil ein.
ScfawefelȊure ist ein Erkennung! mittel der Gallensteine,
wahrscheinlich aber nur solcher, die eine rauhe Oberfläche
haben ; die Säure wird , denke ich , die Gallenblase oder Gallen-
gfinge verengern, wodurch die Wände derselben, den scharTen
Kaulen der Steine mehr genähert , dem mechanischen Reize der-
selben mehr ausgesetKl sind, und mehr oder minder schtnersbafte
ZuTälle entstehen müssen. Da wir aber niibt befähiget sind, den
Grud solcher ktinsilich hervorgebrachten Leiden vorher zu be-
uimmen, und eben so wenig, selbige nach Gutdünken zn be-
»chwichitgen , so ist es besser, von einem solchen gefährlichen
diagnoBiiscben Experiment ganz abKusiehen. Steine mit glaiien
Oberflächen scheinen mir ziemlich unschuldige Dinger, ich glaube
nicht, dafs sie böse Zufälle hervorbringen können; sie lollen
aber, wie ich gelesen, selten sein. Vor mehren Jahren fand i4^h
einen solchen bei einer Leichenöffnung. Fr hatte die Farm einer
Cidiel, war vollkommen glntl, blofs an beiden Enden etwas
braun, übrigens ganz weifs von Farbe. Die Gallenblase, wor-
in er steckte, enthielt keine Spur von Galle, und konnte sie
nicht enthalten , denn sie war so vollkommen um den Stein zu-
sammengezogen, dak .kein Raum für die Galle überblieb. Das
Etiif^ere Ansehen derselben war von dem Ansehen anderer Gallen-
blasen ganz verschieden; sie sah nämlich aus, nie ein Stück-
eben r&thliches Fleisch. Der Mann, den ich genau kannte,
halte nie einiges Ungemach von dem Gallensteine gehabt, er
war an einer YerhÄrtung und Vereiterung des MHstdarmes ge-
storben.
\nn müssen wir noch von der Form sprechen, in welcher
man den Frauendistelsainen geben kann.
Zuerst ist wohl zu bemerken , daf« man ihn nicht in Emul-
sion geben darf; er leistet in dieser Form gar nicht», weil die
Heilkraft nicht in dem Mehle, sondern in den Häuten steckt.
In Pulver ist er wirksam ; man kann von demselben vier bis
Rinfmahl tags einen kleinen TheelftfTel voll geben. Lüfst aber
der Apotheker die Häute auf dem Siebe, und gibt dem Kranken,
n« ein recht feines Pulver zu liefern, bloJs das Mehl, so ist
— — "s'^'
- 120 —
aach wenig Wirkung davon m erwarten. Ein wiifaamM Putrer
ist nie ganz fein» denn die HSnte des Samens sind hart, und Sbel
zu pulvern.
Die zweite Form ist die Abkochung. Wenn man diese wirksam
haben will, so mufs eine ganze, oder eine halbe Unze gestofseuer
Same mit sechzehn Unzen Wasser zur Ilälfie eingekocht werden.
Von diesem Tranke nimmt der Kranke stündlich einen L&ffel.
Wird der Same nicht stark auKgekochl, so ist der Trank mehr
oder minder unwirksam. Der Absod hat auch die Unbequemlich-
keit, dafs er, wegen des darin enifaaltenen Mehles, leicht sauer
wird, man also nur Tür Einen Tag verordnen kann, besonders
bei warmer Wiiteruog. Um dieser Unbequemlichkeit, die beson-
ders solchen Leuten fühlbar ist, die zwei, drei Wegstunden enifernt
wohnen, auszuweichen, habe ich in den letzten fünf Jahren mich
hanftg einer Tinklnr bedient, deren Vorschrift die Leser unten
finden.*) Die Gabe ist fnofmafal Tags von 15 bis 30 Tropfen,
mit einer halben oder ganzen Tasse Wasser oder Milch ver-
mischt za nehmen. Ist Durchlauf consensueller Art mit dem Leber-
oder Milzleiden gepaart, so mufs man aber die Gabe viel kleiner
nehmen. In solchen Fällen , wo der consensuelte Durchlauf den
Heweis einer hohen Steigerang des Unorganleidens gibt, führt man
mit grofsen Gaben nichts aus. Nnr kleine, von 4, 3, 2 ja ^on
einem Tropfen 4 bis 5 mahl tags, helfen.
MitclUing von Terpenthinol und Schuefelätker.
Diese Mischung nennt man heut zu Tage das Dürandsche
Mittel. Paracelsus sagt, das Terpenthinol sei zuerst von den
Scheidekünatlern entdeckt. Es habe den Aerzten eigentlich ob-
gelegen, die Heilkräfte dieses Oels auf den erkrankten Korper
zu untersuchen. Da sich diese aber mehr damit hcschlifiigten,
die Leute mit Schmeichelei zu bethören , als die Heilkunde zu
vervollkommnen, so sei das Ding in Vergessenheit geraihen. Er
behauptet, das Terpenthinol mit den Approprialit (das heifst, mit
den Eigenmitteln auf die erkrankten Einzelorgane) verbunden, sei
hiilfreich in aller Verhürlung.
Freilich, wer nichts mehr vom TerpenthinBl weifs als dafs es
*J Drsl PriDd Stmenhünte werden mit leebi Phsd reisen Bnsntwria von IS
edar 10 Grad seehi Tage digerkl , anigefrEckt sad flitrirt.
tiB, Von i PfoRd Satnen bleibe« , wann aie gaitiABn and geaieht eiod, drei
Praad Saneabänle über. Dien Bit ü Praad Braaotweia diferirl, gebeo i Pfand
Tioetnr. Da et aber nniDSgiieh iit, dai Msbl vollkommeü vae deo Hinlen
zu ■•ndera , i« iit die Tiuctnr gewobnlicb etwa« trabe. Dorcb die Zelt iinkt
dai Hebt in Bad«n lod mao fcun die Tinktar davoD ibglabeB.
— 121 —
den BandwartD treibt und mit Aedur rerbandten GaMeasteine auf-
läset, der w«ilii sehr wenig davon.
Zuerst von der Foftn, worin ich dieses Miiiel gebe. An-
ffioglich habe ich einfach Schwefeläther mit Terpenihinül gege-
ben. Da ich- aber sab, dafs, wenn man die Mischung io Wasser
tröpfelte, sie sich trennte, und wenn mao sie auf Zucker gab,
sie iheils wegen des Terpentbinöls manchen Menschen zuwider
war, theila wegen der Flüchtigkeit des Aethers nur wenig davon
in dea Mageu komraea könne, sondern das meiste durch Mund
und Nase wieder verdunsten mfisse: iv bediente ich mich weiter
des Ilofmannischea Liquors Statt des Aetbers. Wenn mau diese
Mischung in eine Tasse tröpfelt und giebt Wasser darauf, so
wird das Wasser wol ein wenig trübe, aber dtr Kranke bekommt
doch das Ganie richtig in den Mngen. Konnte man wirklieh
eine Mischung von Ol. iereb, und Aether unzerseixl in den Ma-
gen bringen, so würde sie doch im Magen selbst, durch die darin
befindlichen Feuchtigkeiten entmischt werden; ja, würde sie
nicht entmischt, so würde es noch wahrhaft unbegreiflich sein,
wie die Mischung zu den Gallensteinen gelangen and sie che-
misch auflösen sollte. Von der ganien Sache kann man weiter
nichts mit Sicherheit behaupten, als dais die üblen Zufölle, die
wir vermufhlichcn Gallensteinen zuschreiben, durch Aether -und
TerpenihinSl gehoben, und nicht blofs beschwichtiget, sondern
durch den lang fongeseizten Gebrauch also gehoben werden, daft
der Kranke auf-iinmer, oder doch auf viele Jahre von allem Un-
gemache befreit ist. Dieses kann man nun eben so gut durch
Spiril. SulpA, aether. und ol. tereb., als mit Aether und Ter-
penthinöl bewirken; also scheint mir die Frage, ob sich Gallen--
■teine eben so gut in ^er. einen Mischung als in der andern auf-
lösen, ganz überflüssig.
Ich habe das Verbältnib des Spirit. SuIpA. eelk. und des
oL tereb. verschiedlich verändert, und mich znletzt bei einer Mi-
schung von sechzehn Theilen . Spirit. SulpA. atth. nnd einem
. Theile ol. tereb. am besten beftuden.
Auf die Gabe des Mittels kommt alles'an. Man mufs leiüe
aDfangen , mit zehn , ja bei reizbaren Körpern mit fünf Tropfen
in einer halben Tasse Wasser dieimahl tags. Nun . mufs man
langsam, oder geschwind die Gabe vermehren, je nachdem der
Körper es verträgt.
Oft erscheint unmittelbar nach dem Einnehmen ein leichter
Schm«rs in der Leber, dw eine oder ein paar Minuten anhält.
Obgleich dieser Zufall nicht s<^dct, sondern vielmehr erwünscht
ist, so mufs man doch die Gabe des Mittels nicht eher verstär-
ken, bis der Kranke luebre Tage diesen Schmerz nicht mehr be-
merkt hat. Ferner nufi man hauptsächlich auf den Urin achten j
-.oylc
— 122 —
sobald dieser Rnf^n^ sieb dunkler zu färben (wo deon auch lu-
gleich der Kranke Unbehaglich keilen im ^igatlrio m bekoRiinen
pfiegt), niiifa man zur Stunde den Gebrauch der beai>rocb«nen Mi-
schung einstellen, und eine Abkochung des Samens der Frauen-
diHtel Bo lange reichen, bis die Unbehaglichkeit im Epigiutrio
verschwunden und der Urin wieder klar und hellstrobgelb von
Furbe ist. Nun darf man wieder mit den Tropfen anfangen , je-
doch in minderer Gabe als man anfgebörl, und darf auch nicht
bald die Gabe verraebren.
Oft genug kann man mit zehn Tropfen dreimal tags anfan-
gen, und rasch bis zu sechzig für die Gabe steigen (letzie ist die
bitcbsle, welche ich bis jeizt gegeben), ohne dafs man auf Schwie-
rigkeiten St&fsl. Zuweilen treten die angegebenen Warnungszei-
chen nach vier, nach acht, nach vierzehn Tagen ein. Ich habe
schon den Fall erlebt, dafs ich dreimahl die Tropfen bei Seile
netzen und eine Abkochung des Frauendislelsaraens geben mufaie,
ehe ich zum Zweck kommen konnte. Sobald man merkt, dafs
man bei einem K&rper nur bis zu einer gewissen Höhe mit den
Tropfen steigen kann, thut man am besten, bei dieser Gabe zu
bleiben und das Aufsteigen ganz, zu vergessen. Die geringMle
Gabe, die ich je hülfretch gebraucht, war zehn Tropfen dreiuiuhl
tags. Es war bei einer Frau aas der Klasse der Vornehmen.
Ihr (Jngemach bestand abwechselnd in chronittchem Diircbfalle,
Husten mit blutigem Auswurfe, schmutzig -gelblicher Hautfarbe,
Waasergesehwulat der FQfse bis zu den Kadcheln, nnd Abmage-
rung des KSrfiers. War der Gallenstein aber am loben, dann
hutle sie tni Epigaiirio heftigen Schmerz bis zur Obomacbt , ein
krampfhaftes Zusammenziehen der Banchmnskelfasem im Hypo-
gattrio der rechien Seite, welches sich gerade anfiihlie, als ob
dort Verhärtungen im Bauche wären , Erbrechen , Verminderaiig
der Urinabsondening , trüben , dtinkelgefltrbten Urin nnd gelbsüch-
tige Hautfarbe. Der Körper dieiter Frau war so reizl>ar, dafs
eine angenehme, aber etwas lebhafte Unterhalinng mit Frenn-
den ihr einen solchen Anfall zuzog. Die Zufalle kamen etliche- ,
mahl schon in der selben Nacht, wo sie am Nachmittage Tor-
hcr höchst angenehm aufgeregt gewesen war. Der vorsichtigen
Frau , die gut wufaie , dafs ihr Körper sehr reizbar sei , über-
liefs ich es, selbst in beliebig kleinster Gabe die Tropfen an-
_ zufangen und vorsichtig damit zu steigen. Sie üng mit drei
Tropfen an nnd sti^ langsam bis zu zehn> mit so herrlichem
Erfolge , jlafs alle jene bösen Zufall« in unglaublich kurzer Zeit
verschwanden.
Ks hat mich zuweilen gar seltsam bednnkt, dafs die in Kede
stehende Arzeneimiscbung in solchen Fällen, wo das Vorhanden-
sein der Steine ganz unverkennbar war, gerade am schnellsten
— 123 —
die davoD herrfihren4eii ZuRiile hob. Weno hier eine cheniiacbe
AuflSsang der Steiae in der GallenbliBe oder den Gallengan^ea
Start finden aollte , so k9na(en die von den Steinen abhängenden
Leiden uoinögUch lich sobald bescfawiclidgen. Der anhaltende
Gebrauch Ut bei allem Anaobeiae acbneiler Hülfe doch dringend
aölbig. Eia halbes Jalir ist die kürzeste Frist. Man kann niuht
hineinschauen; also mufa man die VorsichtigLeit der Uovorsich-
ligkeit vorziehen. Die Erfahning hat mich aber gelehret, dah
■ich die Menschen seilen so solcl^anbaliendeni , obgleich wenig
ISsligem Aneneigebranche beijuemen, wenn sie nicht vorher we-
nigstens ein paar Mahl einen rechten Schmerzenssturin ausgestan-
den nod um da« Leben besorgt gewesen sind.
Jetzt wollen wir von den Versiopfungen und l'erhärlungen
iler lieber nnd der iMilz reden.
Dergleichen Verstopfungen sind suweilen in dein vorderen
Lappen der Leber zu erkennen, fast gar nicht an dem hinte-
ren, nnil eben so wenig an der Milz, vorausgeseizl, dafs letztere
nicht bedeutend vergröfsert sei. Zuweilen fühlt man bei der
Verstopfung eines TbeiU den leidenden Organs eine mthr oder
minder dctillich erkennbare S{iBnnung in dem llypochondrio,
HO. das ergriffene Organ liegt. Nur ein einziges Mahl habe
ich den ganzen vorderen Leberlappen (so weit ich ihn näm-
lich bereichen konnte} im eigentlichen Sinne knochenhart ge-
fiioden. ') Bei schmerzhaften Leberleiden, welche gar nicht
all waren, nnd von denen man, in Erwägung aller Umstände,
nicht vermulhen konnte, dnfs sie sehr eingewurzelt wären,
habe icli schon eine solch harte Spannung der . rechten Seile
des Bauches bemerkt, dafs ein einbildischer Arzt selbige ge-
mächlich für Verhärtung, Gott weifs, welcher Baue hei nge wei-
de hatte nnseheu können. Es sind dieses aber, wie ich schon
oben bemerkt, aller Wahnicbeinlicbkeit nach uicbis, a's consen-
■nelle Leiden der Bauch muskel fasern , welche sich an der Seile,
wo das erkrankte Organ liegt, krampfhaft zusammenziehen. Eben
so gut als Uralfektionen der Bancbmuskeln heftige und schmerz-
hafte CO n sensuelle A Sektionen der Baucheingeweide bewirken,
eben so wird auch die krankhafte Allektion eines Buucheinge-
weidfls die Bauchmuskeln consensuell aufregen können.
•) Vom J»hr 18J7.
■■ diesna Jabr« ward« leb •!■ tweller Arat n Biner wsiier- nnd gelbtiiA-
ligea Fran f«rarts, deren rardarar Leberltppen, lo weil ieb iha Eihten
keaata. aafgetrieheD war; du Selteae bei dieian ntcbt lelteaaB Falle Ul
FelfeBdea: Der irbarfe Rand du LebcrlappFni war hier id weil uacb aii-
rieo aorgeslBIpt, iaTt ich mit De'iDtD FiRf«pn anter deniellice knmiuep knen-
te, aber freilicli , aieht weit. So viel ich mich erinnere, habe ith iine
AalilSIfaBf diu RandM bei aargelrlebenei Lebern froher nocb nie beoboablel.
— 124 —
In den Fällen, wo ich (heiligte Verhürtungeo der Leber be- '
■tinimt fühlen konnie, erscliienen sie meinen fühlenden Fingern
gewöhnlich in der Grofse eines Hühnereies oder einet Oberlasse
ohne bestintmt umschiiehene Grenzen, werden aber wol in der
Wirklichkeit gröfser gewesen sein als sie sich meinen Fingern
dargleltten. —
Der Zusrand , worin eich solche Versiopfangen oder Verhfir-
lungen der Leber oder Milz befinden können, ist zweifach, der
der Ruhe, und ein anderer des Aufgereglseins. Eben so, wie es
Menaclien gibt, die Gallensteine bei sich haben, ohne dafs ihre
Gesundheit dadurch gelrübt wäre, so ^ibt es auch Menschen, die
eine (heiligte Verstopfung der besprochenen Bauch eingeweide ha-
ben, ohne dafs bedeutende Beschwerden davon enisländen; andere
bähen mancherlei conseasuelle Leiden, welche mancherlei \anieD
bekommen, ohne dafs das Urühel erkannt wird. So sah ich davon
entstehen, chronischen Kopfschmerz, Wahnsinn, Amblyopie, Ent-
zündung der Augen, Doppelsich tigkeii, chronischen Husten mit oder
ohne Ansvvnrf, chronischen Durchfall, Verstopfung, Blatbrechen
(dieses jedoch meist ron Affeklion der Milz), Wassersucht, fusi
unaufhaltsames Nasenbluten, und anderes kleines Ungemach, als
Fehler der Verdauung, Anfstofsen, Wiederkfiuen, unregelniäfäigeit
Herzschlag u. s. w: Wenn sich aber solche Verstopfungen im
aufgeregten Zustande belinden, so äufsern sie sich durch mehr
oder minder heifse Fieber, Seitenstechen, Husten mit blutigem
Auswurfe, heftige Schmerzen im Epigaatrto und im Rücken, hef-
tige Koliken, unaufhaltsames Erbrechen, grofse BeSngsiigun;,',
Unmöglichk^t im Bette auszudauern, und (wenn diis Ucbel in
der Leber silzi) zuneilen, aber nicht immer, durch gelbsüchiige
Zufülle.
Wenn ich einen zweifachen Zustand annehme, worin sich
solche Verstopfungen befinden können, so ist wol unläugbar, dafs
unser Versland die beiden äufsersten Enden beider Zustünde, des
der vollkommnen Ruhe und des der vollkommnen Aufgeregtheit,
deutlich nnlerscheiden kann; aber an den enigegengeseizten En-
den, wo sich diese beiden Zuslände nähern und sich berühren,
hut die Natur durchaus keine scharfe Grenzen gezogen.
Alle möglichen Ursachen anzuführen, wodurch eine Versto-
pfung aus dem ruhenden in den gereizten Zustand versetzt vtcr-.
den kann, würde in diesem Werke höchst uuschicklicb sein; ich
beschränke mich also auf Folgendes :
In manchen F&llen ist durchaiii keine Veranlassung des
Wechsels beider Zustände zu entdecken ; dafs aber eine Erschüt-
terung und heftige körperliche Anstrengung eben so wol bei den
Verstopfungen jenen Wechsel der Zustände veranlassen könne
— 125 —
hIs beim Gallen- oder iXierensieinp, das Nl wahr. Hierbei habe ich
Folgendes zn bemerken. Beim Sieine kann beknnnilich eine frerin^c
ICrKchiilterung oder Analrengiing, zuweilen eine eigene Biegung oder j
Wendung des Körpers die Schmerzen nnd nblen ZiifKlIe henorni-
fen; diese ZiifSlle erscheinen alsobald nnd steigern sich sclineil
bis XU einer gewissen Höhe. Bei V'erslopfungen der Leber orfer
Milz rnnfg dio Ffschülleriing weit grOfser oder anhaltender sein,
nm üble Folgen hervorzubringen. Lnler den Er^chüllernngen
nnd Anstrengungen stehet das Traben auf einem nngemHehlichen
Pferde, das Fahren in einem nnberederien Wagen anf holperigen
Wegen nnd das Erbrechen oben an. Der Znsland des F.rregt-
seins, welcher durch solche Erschiitferung in einer krankhaften
Leber oder Milz hervorgebracht wird, erscheint nicht, wie beim
Aufregen der Sieine, nnmiitelbar, oder kurz nach der Erschütte-
rung, sondern so lange hernacb, dafs der unaufmerksame Beobach-
ter, oder der Arzt, der solchen Fall zum ersten IMahle erlebt,
ninimer die übten Kiifölle der y.wei oder drei Tage vorher nnler-
gangcnen Erschütterung oder Anstrengung zuschreiben wird.
\iin ist meine Meinung eben nicht, als n1> die üblen Folgen
der Erschiillerung erst wirklich so spüt einlrülen. Die Aufregung,
die (tuich die Erschütterung in den Verslopfungen verirrsacht wird,
Niellt steh ohne Zweifel unmittelbar nach der Er^chüiierung ein;
sie steigert sich nur so langsam, dafs zwei Tage gemächlich hin-
geben können, ehe benachbarte Organe, oder der Gesammiorga-
nismus davon betheili werden, und ehe sie dem Gefühle des
Kranken als Schmerz und Kiankhcit orscbeinl.
Allen Freunden und Schiitzrednern der Brechinillel will ich
hiemit ans Herz legen, dafs, wenn sie den zweiten oder dritten
Tag nach gegebenem Brechmittel bedeutende Verschlimmerung
der Bauchleiden bemerken, oder* wenn neue Leiden erscheinen,
von denen anfiinglich keine Spur vorhanden war, sie alsdann,
ehe sie sich zur Heilung anschicken, oder ehe vielleicht die Wie-
derholung des Brechmittels, als des einzigen nnd höchsten Heil-
mittels, verordnen, wol erwSgen , ob die üblen Zufalle von der
Krankheit, oder von dem anfänglich gegebeneD Brechmittel her-
rühren.
Ich erinnere mich deutlich zweier Fälle, wo, gleich nach ei-
nem von selbst entstandenen Erbrechen, in dem vorderen Leber-
Iapp6n eine harte Geschwulst ohne deutlich zn fühlende Grenzen
entstand, welche, anfünglich wenig schmerzhaft, innerhalb zweier
Tage sehr schmerzhaft Aurde nnd die benachbarten Theile con-
sensnell ergriff. Der ente Fall ereignete sich bei einer Frau,
ungefähr vier Wochen vor ihrem Tode, welche schon lange an
der Banchschwindsncht krank war; der zweite Irug sich bei einer
-.ügic
— 128 —
angeblieh ^minnden XliÜdien Fran eh. AU ich zd ihr genifen
wiirdi>, iiiochi« «■ <l«r rfrillt* oder der vierle Tay nach ErHch«l-
niing der GeMchwiilst sein. Dieae Geachwiilst war uniuiitelbAr
nach pinern Krbrechen, deisen Grund nicht anmg'eben, enUianden
nnd in Zeit von etlichen Tagen immer schmerzhafter geworden.
Sie war, in ihrem harten Kerne, von der Grörse einer gewöhn-
liehen Obertasse, aber nicht sichtbar hervorragend j die Grenzen
waren nicht zu bestimmen, weil sie mit den weichen Theilen
verflosaen. Die Mitleiden waren: mäfsig^s Fieb«r, Bauchschmer-
zen, vorzüglich in Her Herzgrube nnd an der rechten Seite, we-
niger, trüber, dunkel gefürbter fJrin und schmutzige GesichisfArbe.
Auf den Gebrauch einer Abkochung des Frau end ist elsamens nnJ
eines erweichenden Umncfalages verschwand die Geschwulst in-
nerhalb fijnf Tage (das keifst, sie war meinen Fingern nicht
mehr fühlbar) und das Befinden trat wieder in das alte (jleis.
Was nun die Heilung der heilbaren Verslopfungen durch
Aeiher nnd Terpenthin5l betrifft, so gilt davon eben das, was ich
von rfrr Auflösung der Gallensteine gesagt habe. fteobacblPt
man dabei alle dort angeführte Yorsichtigkeilen , so kann man
manchem Menschen helfen, dem auf andere Weise nicht würde
zn helfen sein.
Wenn es zuweilen scbnierig, ja unmöglich ist, Gallensteine
von Verstopfung der Leber zu unterscheiden, so ist es ein wah-
rer Trost für den praktischen Arzr, dafs, weil auf beide Uebel
ein und das nümliche Mittel pafitt. er, troiz der Unsicherheit, ja
der Unmöglichkeit einer sichern Erkenninifs, dennoch den Kran-
ken von seinen Leiden befreien kann.
Welches ist nun die reine Summe meiner F.rfahrung über die
besprochene Mischung^ Wollte man sagen, die Mischung sei hei-
lend in Verstopfungen der Leber und Milz, oder wie Paracelm»
sagt, in Verhärtungen, und sie iQse Steine auf; bo wurde dieses
Abstrakt nichts weniger als reine Erfahrung enthalten. Abge-
sehen davon, dafs Steine von andern chronischen Banchletden
schwer j.rx unterscheiden sfod , leistet Jene Mischung in solchen
Krankheiten der * Leber und Milz Hülfe, sichere und schnelle
Hülfe, WD wir weder mit unsern Fingern Verhürtungen fühlen,
noch Verslopfungen mit gutem Grunde nachweisen können; hin-
gegen versagt sie wieder in chronischen Leiden jener Organe
ganz ihre Hülfe, wo andre Mittel bald und sit^her heilen. Alles
also wol erwogen, wird die reine Summe meiner Erfahrung also
lauten; Es gibt in Leber nnd Milz einen krankhaften Znstand,
der durch die besprochene Mischung besser nnd sicherer als durch
andere Mittel , ja der nur einzig durch diese Miscbang zn he-
ben int.
Ueber die Wirkung derselben in Verstopfung des Pankreas
„,,,_„,,,, Google
and in V«rhKrtang*n dea GekrdMi, habe ich «i nenig Flrralining,
kU i»fa ich mir erlMabfiti, dfirfte, darüber lu aprerhen.
■«•MHl«a« HHMel «nf die I^hrr.
Quattia und Quastiairamer.
Dafa das Qaauiaholi auf die erkrankle Leber wohlihStig
•inwirke, wnfate ich llngat. Meine Erfahrnngen darüber waren
aber lehr beacbrtnkl nnd sehr roh, weil icb bis xiirii Jabr 1x25
no4^ keine Gelegenheil gehabt hatte, eine beirlichiliche Zahl
adcher Leberkraobheiten zu behandeln, welche vursiigaweite nn-
ter der Heilgewali diesei Mittels atanden.
Im 1825 iwang mich aber die \oth, die wunderrolle Wir-
kung der QuB^aia kennen zu lernen. Ea zeigten aicfa nimliok
im Prnbjabre gar aeliaame P'tebrr, die da« Aaagezeicbnele halten,
dufa aie tftglich aolcfae Remia« tonen machten, welche nahe »n in-
lertniasioDen greniien. Bei ciuigen, jedoch bei wenigen, fingen
die Anfalle jedeamahl mit leiaem bald rnrü hergehen dem Frösteln
an. Eline einzige Kranke erinnere ieb mich geaehen zn haben,
die zweimahl tags einen aolchen mit leiaem FrÖaieln beginnenden
Anfall bekam. Dieser doppelte Anfall griff sie aber so an, data,
ob aie gleich eine dar siXrkslen Fraoen ist, die ich kenne, sie
den vierten Tag schon ohnmftchtig wnrde da aie »na dem Belle
Biifsteben roafste. Ein grofaer Theil der Kranken klagte über
mafiigen Schmerz in der Leber, andre hingegen nnfttten niehta
von diesem Znfnlle. Es aielite aich bei den meisten Durchfall
ein. der den Znstand nicht rerbeaaerte, sondern Terschliinmetfe.
Die Kopfschmerzen waren mSf^ig, der Curat wandelbar, der Pult
ao verschieden bei verschiedenen Menachen , als ich ihn noch nie
bei herrschenden Fiebern bemerkte. Bei einigen , welche stark
ergriffen waren, wich er wenig von der gesnndheitageraäfaen Ge-
sell windigkeit ab; bei andren, welche weit weniger krank waren,
war er fieberhaft beachlennigel. Anfall nnd Xacblafs liefx sieb
bei diesem Fieber nicht sowol ana dem Polse, als vielmehr aus
dem ganzen Befinden dea Kranken bennheilen. Der Urin war
ebenfalls bei verschiedenen sehr verschieden , bei einigen trübe,
bei andern strohgelb, bei andern goldgelb. Ueber üblen Ge~
sebmack, Aafslofsen n. a. w. , klagten iufaerat wenige, und in
dieaen aelinen Fällen war der Znfall sehr bald zn heben , ohne
daf^ dadurch die Krankheit auch nur nni ein Hanr wfire verbes-
sert worden. Die Znnge war nicht belegt, hatte nnr, wie bei
den leichieaten Fiebern , in ihrer Mille einen kleinen weifalicben
Anfing.
leb sah diese Krankheit aU ein Urleiden der Leber an, und
überzeagte mich bald , dafs das Fieber ein rein consensiielles sei-
— — "s'^'
— 128 —
Wozu half mir aber diese Erkenolnifs^ Zn g«r nichts, denn ich
kannte liein Miticl gegen dieses Leberleiden. Da, WO Scbmera
in der rechion Seile war, kannte ich diesen wol mit dem Samen
der Frauendisiel heben, aber aach weiter nichts damit aasDihren.
Alle meine Erfnhriingen, die ich je über Leberkrank heilen ge-
macht, zeigten sich ganz nutzlos; ich war wirklich in dieser
Krankheit so unwetse als ein junges Kind. Das übelste war,
dafs, wenn man sie nicht anfhallea konnte, später Irrereden,
Schlafsncht, h^iiger Bauchschnierz, Sehnenspringen, trockne
Zunge und andre verdächtige Zufälle biniutraten. Das einsige
Mittel, womit diese Krankheit, zwar nicht im eigentlichen Sinne
geheilt, sber doch so aufgehalten werden konnte, dafs sie dem
Arzte nicht unter der Hand schlimmer wurde, war das Chinin zn
zwei Gran alle zwei Stunden. Wenn ich mich bei dieser Krank-
heit blindlings an der Form hielt, nnd sie als verlarvies, bösarti-
ges Wechaelfieber behandelte, so hatte ich zum wenigsten die
Genugihunog, zu sehen, dnfs die Reiuission nach und nach in In-
tennission überging und die Anfalle endlich ganz ausblieben.
Ich sage endlich, denn das Ausbleiben verzog sich nicht selten
bis zu Ende der dritten Woche. Man mufs sich aber alsdann
den Kranken nicht krSfiig nnd wol denken; nein, er war viel-
mehr noch matt und bedurfte einer ziemlichen Zeit, um wieder
zu Kräften zu kommen. Halte ich es aber mit Armen und Un-
vermögenden zn than , deren es doch in der ganzen Welt weit
mehre gibt als der Reichen, so befand ich mich gar in der Klero-
nie. Das Chinapniver belastete Magen und Darmkanal und er-
regte Durchfall, der Absod half zu gar nichts, das Fieber währte
ewig.
In dieser Zeit, die mir wahrlich sehr verdriefslich nnd lang-
weilig war , wnrde ich zu einem Fräulein gemfeo , die ganz mft-
fsig an diesem Fieber erkrankt war; das heifst, die Anfölle, die
ohne Schänder eintraten und ohne Schweifs endigten, kamen ziem-
lich regelmüfsig, und die Kemissioneo waren unverkennbar nnd
ziemlich lang, Durchlauf war nicht da und erschien auch nicht
im Verlaufe der Krankheit. Da ich dieses Fräulein früher ge-
kannt und mehrmals als Arzt behandelt halte, so war mir bewnfst,
dafs sie in ihrer ersten Jugend ans einer Erziehungsanstalt einen
Fehler der convexen Seite der Leber (Folge eines heftigen und
lang anhaltenden Stickhustens) mitgebracht, gegen welchen Feh-
ler schon mehre Aerzte ihre Kunst versucht. Da sie reich war,
brauchte ich den Preis des Chinins nicht zu scheuen, und wenn
ich dieses gleich nicht als wirkliches Heilmittel anerkennen konn-
te, so versieht es sich doch von selbst, dafs ich es verordnete,
weil ich nichts Besseres wufste. Ich konnte es aber leider in
vierzehn Tagen nicht weiter mit dem Chinin bringen, obscbon
— 129 —
ich die Gabe verdoppslte, aU dafi ich daa Fi«ber damit snr Ifin-
gwiy deatlicheni, nAher aa IniarmiaBion grauzenden Reminion
iwaog, all es vor dem (Jebranche des Chinina gehabt. Daa war
freilieh n-enig für ao viele Mähe und so viele Kosten. Nun
fiel es mir ein, dnfs ich es mit diesem Fieber eininahl machen
wollte, wie ich es inehrmahls mit Wechsel fiebern gemacht.
Wena oAmlich snweilen Wechselfieberkranke *a mir kamen, die
die China nicht vor dem Paroxismas, sondern durch die gaato
freie Zeit geneminen, China, und abennahia China gegessen ohne
Enda im Ziel; so biefs ich sie, gaiu mit Aneneien aufhören. Nicht
Immer, aber doch eben nicht selten verschwand das Fieber blofs
durch das Entziehen des schon tat Gewohnheit gewordenen Chi-
nareiaes. Verschwand es nicht, io war der Kftrper doch durch mefar-
iHgige Entbahnng von aller Araenei des Cbinareixes entwShnt,
and ich konoie dann das Fieber durch eine kurs vor dem Anfalle
gereichte xweckmäfsige Gabe der Rinde geroichlich heben.
Nun rechnete ich zwar bei nnserm Frfialein nicht anf das Aus-
bleiben des Anfalls, sondern mehr auf das Entwöhnen von der
Chiaaeinwlrkung; aber alles ging doch ganz anders als ich ge.
dacht.
E^ würde nämlich in diesem Falle etwas anslSfsig gewesen
sein, wenn ich daa betiUgerige MSdchen ganz ohne Araene! ge-
laasen hätte; so gab ich ihr denn eine halbe Drachme Quassia-
extrakt in acht Unzen Wasser aufgelSa't, nnd liefs davon stund-
lich einen LSffel voll nehmen- Ich ihat das nicht, weil ich eben
Busgezeichnete Wirkung von der Quassia erwartete, (denn ich hatte
dieae aebon nenn Jahre früher anf die Probe gealellt und gefan-
den, dafs sie damahls bei den herrschendeu Fiebern, bei denen
die Gallengfinge krankhaft ergrifien waren , wenig leistete) ich
gab sie jetzt blofs, weil ich des Anstandes wegen etwas gehen
mulste, nnd weil einige geringe für die Quassia sprechende Er-
fahrungen aus meiner früheren Praxis, welche ich damahls ans
Mangel an Gelegenheit nicht weiter verfolgen konnte, und sie
deshalb, wie die Juristen sagen, ad acta gelegt, bei mir den
Gedanken aufregten: wir kenneten das Leberorgan zu wenig, um
anzunehmen, dafs ein Mittel, wdchea anf die erkrankten Gallen-
gfinge keine merkbar wohlthBtige Wirkung finfsere, auch deshalb
auf das innere Leberorgan oder auf dessen convexe Seile keine
heilende Einwirkung Sufserea könne.
Wna war nun die Wirkung der Quassiaf — Als die halbe
Drachme Extrakt verbrancht war, war das Fieber verschwondeir.
Der noch etwas gereizte Puls und die Schwäche vergingen bei
dem fortgesetzten Gebrauche des nämlichen Mittels nicht einbil-
disch , sondern augenscheinlich. Dieser Fall , ob er gleich nicht
Tollkonunen beweiMoä war, machte mir doch grofse Hofihung,
— 130 —
in der UuMsia eio lleilmiKol auerer Fieber geftHidefi so haben.
Ich gab sie jatat amierii Kranken, wie sie «ich gerade ia den
verschiedenen ZeitrüMinen der Krankheit vorfanden, und siehe!
ich iiberzeitgie niieh bald, iaU ich das wahre Ueilniuel ge-
fallen.
Da nan aber, wie ich vorhin beiiivrki, der grdfsle Tbeil der
Kranken am Dnrchfalle liU, welcher das Urleiden eher veracMim-
merie als verbesserte, und da ich bemerkte, dafs die Quassia die-
sen hervorrief, wo er noch, nicht war, und sehlimnier machte, wo
'er schon vorhanden: so brachte mich nicht blofs die Verinnihnng,
sonilern anderweitige Krrahrungen, dab der auf den Gest^maek
Blnrk einwirkende GrimdslofF mancher Mittel nicht das eigenilich
ITeilende, sondern dafs dieses Heileade znweilen in einem an-
deren, wenig sinnlich vorwaltenden, den Geschmack fast gar
nicht angreifenden Grundstoffe tu suchen sei, anf den Gedanken,
von dem Quassiaholze ein geistiges Wasser bereiten su lassen.
Dieses Wasser war nun der Talisman, mit welchem ich nnsre
versweifelten Fieber händigen konnte; und da dieselben hier nnd
in der Umgegend ein ganzes Jahr geherrscht , so habe ich Qe-
legenheit genng gehabt, mich von der grofsen Wirksamkeit die-
ses einfachen Mittels zu überzeugen.*)
Wenn ich aber die heilsame Wirkung des Quassiawassers
blofs bei dem besagten epidemtaclien Fieber erfahren halle, so
würde ich ein wahrhaft thSrichtes GescbSft durch das Millheilen
meiaer Erfahrungen veirichten; denn, da ich bei dreifsig Jahren
die Kunst geübt, ehe ich dieses Fieber zu behandeln b^ommen,
so könnt«! andre Ainlsgenossen dreifsig, vierzig, Tiinfoig Jahre
ihre Kunst üben , ohne dafs ihnen dieses Fieber aiifstiefse , and
der, dem es aufstiefse , würde von sonderlichem Glücke za .sagen
haben , wenn ihm diese , dann längst vergessene Schreiberei in
die Hände liele. Die Mühe, die ich mir durch diese Mitiheilung
gebe, beruhet auf einem viel verständigeren Grunde. Zuerst he-
mcrico ich, dufa meine Vermuthung, als oh der Sitz des Urlei-
dens, von welchem nnsre Fieber consensuell abgehangen , in dem -
convexeo Tlieile der Leber gewesen, auch weiter nichts, eJs
blofse firztliehe Vcrmnihung sei, welche man von dem reinen
Abstrakte meiner Erfahrung wohl nnicrscheiden raufs.
Das reine Abstrakt lautet nlso : es gibt in der Natur einen
krankhaften Zustand der Leber, welcher durch den destillirbaren
Stoff der Quassia besser und sicheret, ja meiner Meinung nach,
einzig durch diesen SiolF zum Normalslande Kurückgefühn wird.
') Za oiner Unx« lä(cli<-h in gelhtilleD Gaben (^freiehl bewirkte es |leirb (icbt-
baro Besaernni;' Dia Anrilli' wardcn «Ilmühtich milder and kürzer, die Hei'
lung erfulgle in M bii 10 Ta^n.
— «I —
DiflMr kraaUiaft*, von indarn krankhaftea ZusiOadan dea Leber-
•rgaos gani venwbiedefie Zustand erscheiat, wie niich Jetzt Bcbon
eiae xehnjahrige Erfuhrnng gelehrt, nicbt gar seltea aU cbroni-
•ehei Lebedeiden und venmacht leickt BaBcbwawennicbt. Das
üt dann die Banebwasserucbt , bei wel<dMr urioueibeade Mittel
entweder gar nicbt« leiiteo, oder wenn sie etwas loisiea, die
gute Wirkung derselben nicbt lange Stand bAlt; dai ist daoo
üae TOB den Waueranobteii , bei welchen nach Anwendung dra-
■liscber Purgirmitlel leicht cbrosiicber Dnrofafall nuriickbleibt,
oder wo anch ohne gegebene Piirgirniiue) , cbfonischer Diirchfidl
früher oder spnur von sribet eioirltt. Diese WaBsersncht ist kei-
ne Affektten dea GesamnitorganisBiua , sondern ein« conscnsuelle
der iVieren; dämm ist in Diaoeheo Fülleo solcher Wassersncht
die Urinabsonderuog blofs verininderl, ol)ac daia der LVin in Far-
be und QnalitBt verSadert wSre; darum machen in solcher Wai-
sersacht Diureliea den Urin, wenn «r triibe und dunkel von Far>
be ist, Kuweilen klar oad naiiirlieh gefSrbt, und vermehren die
Aussonderung desselben bedeutend, ohne dab der Arit daraus anf
eine baldige Ueiicsnng des Kranken aclilie&en darf, denn nach
ein paar Togen geht luwcilen alles wieder den Krebsgang. Man
kann wol ein coosensuelles Leiden durch Einuirken auf das eon-
sensuell er^rilfene Organ aufbeben oder mindern, aber dieses Aof-
heben oder Mindern währt nnr eine gewisse Zeit, oft eine gar
kurze Zeit, und in den lueislen Füllen glückt es gar nicbt. Damm
ist ein Mittel, welches durch heilendes lüiowirken anf das ur-
«ricrankte Organ die coosensiielle .NierenotTekiion hehl, sehr
«ebittxbar.
Man mufs dieses Wasser aber nicht in grefaer Menge rei-
chen. Viermahl tags ein halber Löffel roll, mit BraimeawBSs«
vetdSant, ist hinreichend. Gibt man es in grSfserer Menge so
siebt man die wohlthätige Wirkung desselben auf die Mieren bei
weitem weniger, aU wenn man ea in der angegebenen mäfgigen,
oder in noch geringerer Dosi reicht.
Doeh nicht bloJs Wassersncht, sondern auch andre chronische
Leberleiden, welche unter mancherlei Formen auftreten, können
durch dieses Mittel geheilt werden.
In einem Zeiträume von 10 Jahren ist mir die lleberzengnng
geworden, dafs der eigne krankhafte Zustand der Leber, ja welchem
das QnassiawBSser sicheres Heilmittel ist, sich durch keine bestimm-
te Zeieben offenbaret ; ferner ist mir die Ueberzengnng geworden,
dafs andre akute Bauchkrankheiten in diese chronische Leberkrank-'
heit nicht selten übergehen.
Da das Quassiawasser ein wichtiges, ja scbwerlicb durch
andre Arseneien ersetzbares Mittel ist, so will ich die Bereitung
desselben, üb sie gleich gani einfach, genau angeben.
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Mfin nehme zwei und dreibig Unzen giilos, nicht von Ver-
fSUchern vorher ausgezogenes Quassiaholz ntiil acht Unzen Qnas-
starinde, zerschneide und zerslofse alles wie gewShnlich, schütte
es in eine Uesiillirblase, giefse eine hinreichende Menge Wasser
nebst zehn Unzen Alkohol darauf, lasse es 48 Stunden weichen,
und ziehe davon 80 Unzen Flüssigkeit ab.
Dieses Wasser bat keinen bitteren, aber einen eignen, Ge-
schmack und Gerdch, so dafs jeder, der es Einmahl gerochen nnd
gekostet, es von allen andern Destillalis noch lange Zeit nachher
nnterscheideo wird.
Nnn mnfs ich znm Schlosse noch einer seltsamen chemi-
schen Eigenschaft des QuassiawasserB Erwähnung ihun , nHm-
(ich der, dafs es die rothe Farbe der Cochenille tilgt. Um sich
davon zn überzeugen, hereile man eine gute Cochenillelinktnr,
aber (>vie sich von selbst versteht) ohne Alann. Ist die Tinktar
gut bereitet , so ßrbt eine halbe Drachme derselben , vier Unzen
Qnnssiawasser so roih, dafs es das Ansehen eines rolhen Rhein-
weins hat. Wenn man diese Mischung 24 Stunden bei dem ge-
wöhnlichen Warmeswnde der Luft stehen läfst,. so ist nach vier
nnd zwanzig Standen die rothe Farbe also verschwunden, dals
nur eine schmutzige, kaum etwas ins Röthliehe schielende Mifs-
farbe überbleibt. Hat die Mischung noch vier und zwanzig Stun-
den länger gestanden, so ist alles Roth verschwanden, und die
Mischung sieht aus wie ein dünner Anfgiifs von Thee. Dafs
hier kein Niederschlag Statt findet, soodern ein mir nnerklfirbtt-
res Verschwinden des färbenden Grundstoffes, davon habe ich mich
überzeugt. Seihet man das Qnassiawasser durch ein Tuch , so ver-
liert es diese die CocheDilIe entf3rhende Eigenschaft zum Theil.
Da nun bekanntlich destillirte Wässer, welche ätherisches Oel ent-
halten, durch das Durchseihen an Oelgehalt verlieren, so könnte
man auf den Gedanken kommen, ob vielleicht ein äiherischea
Oel der Qaassia den die Cochenille entfärbenden Stoff enthalte.
Quassia Wasser , welches nicht ganz kurzlich destillirt, aber übri-
gens sorgfältig aufbewahrt ist, enif^rbt die Cochenille nicht so
schnell als das ganz frische. Uebrigens kenne ich noch drei an-
dere Aneneien , welche die Cochenille entfärben , das ist : die
Jodtinktur, das Kirschlorbeer- und das Bitlermandelwasser. Der
letzten zwei Wässer wegen kam ich auf den Gedanken, ob die
Blausäure das Entfärben bewirke; da ich aber gesehen, dafs ein
Zusatz von der nach dem Preufsischen Apotbekerbuche bereiteten
BlansSore keine Veränderung in der rothen Farbe der Cochenille
hervorbrachte, so habe ich begriffen, dafs meine Vemiiilhung ud-
gegründet sei. Sollten den Scheidekiin stier n die angeführten That-
lachen noch unbekannt sein, so wäre es wol der Mühe werth,
dafs sie selbige genauer unterauchten. Ich erinnere mich nicht,
— 133 —
über diesen Gegemland eiwaa gelesea zu haben, auch aodere,
bei demn ich luicb erknodiget, wUmb mir oicliti darüber zu
■Bgea.
ZuaBts rom Jabr 1836.
Ich habe in diegem Jahre noch einmahl aus Neugierde die
Enifärbnng der Cochenille durch Quauiaivauer rersncht. Dag
Wasser war biusichtlich des Geruches und Gescbmncka untadel-
haft, auch hatte es die gewohnte Wirkung, allein die ü^ntfllrbaDg
der Cochenille erfolgte durch dasselbe höchst nnvollkomroea , ob-
gleich der Apotheker versichene, es sei erst vor Knrsem bereitet.
Wovon dieser Unterschied abhitngt , kann ich nicht angeben.
Früher nahm, wie gesagt, Herr B., der jetzt nicht mehr Apothe-
ker, sondern Rentner ist, mit dem Holze einen Theil Kinde; ob
vielleicht in der Rinde der eniHtrhende Stoff stecken magf ob
vielleicht die jelxigen A(KMheker das Holz ohne Rinde gebrau-
chen I — Da ich von dem, was sie bereiten gute Heilwirkung
sehe, so ist mir an der Sache nichts gelegen. Ich führe den be-
obachteten Unterschied blofs an, damit neugierige Leser, die ein-
mnhl vergebens die EniAirbung der Cochenille versuchen mSchlen,
mich nicht fTir einen unglücklichen Erblindeten hnlten, — Ist
auch falsches Quassiahol» im Handel I — Ich mufs es fast glau-
ben, denn einst sagte mir eine Frau, eine Portion Quassiawasser,
welches sie eben aus der Apotheke erhalten, habe einen, von
dem früher gebranchten Wasser ganz verschiedenen, sehr garsti-
geu Geschmack. Da ich es kostete, fand ich, dafs die Frau Recht
hatte, es war wirklich ein Wasser von sehr nnlustigem GeKchmaok
nod Geruch, das mit dem Quassiawasser eben so wenig Aehnlich-
keit hatte als mit anderen apolhekarischen WSssern. Da also
keine Verwechselung mit einem anderen Wasser Statt hatte, so
vermuthe ich, dafs es von einem falschen Quassiaholse müsse ab-
gezogen sein.
Scie/iAraut. ChelidcniHa.
Zuerst muls ich zu meiner Schande bekennen, dafs ich die-
ses, schon in früher Zeit als Hepaticum berühmte Mittel, bis zum
Jahr« 1827 als ein solches verachtet. habe, welches ich vermeint-
lich längst durch ein weit TorKÜglicheres ersetzt hätte. Der
Grund, warum ich es geringachSKte , war, well ich es in meiner
Jugend mehrmahla in der Gelbsucht hatte anwenden sehen, ohne
gewahr zn werden, dafs die Gelbsucht davon vergangen wäre.
Ferner waren Gelbsüchten in dem ersten Driiiol meiues ärzilicbea
Lehens sehr selten, die vorkommenden Fälle so nnbedenlend, dafs
etwas veraülstes Quecksilber, oder der mäfaige Reiz eines Laxir-
MitMts hinreichte, sie zu heben. Weiterhin hatte mehr der Zu-
fall aU die Belehrung anderer mich auf die Wirkung der Krähen-
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atig«n anftnerksiitTi gemacht; und da tch später bei gastrisdier
ConstilDtion viel von gelbsfichligein Volke, lelbst aus entfernte-
ren Gegenden angelaufen wurde, so hatte ich oft genug Gelegen-
heit, durch den fnichltosen Gebrauch der Mittel anderer Aerzte,
in deren Verordnungen veraüfatea Qaecl£silber, Extractitm Cke~
lidonii und AloS feststehende Artikel waren, mein Vomrtbeil zti
verstSrken. Im Jahre 1827 endlich, wurde ich für meinen Un-
glauben an die Erfahrung alter Meister mit vieler .Mühe, vielen
Sorgen und vieler Kopfbrecherei beairaft.
Im Spütaoramer des besagten Jahres fing näinlich ein sehr
seltsames Fieber an, «ich zu aeigen , welches ich nach einer reif-
lichen Untersuchuflg , bei der ich leider länger als mir lieb war
die Rollo des Zauderers und vorsichtigen Probers spielen mufsie»
für ein Urleiden des inneren Leberorgans erkannte. Da nun in
den medizinischen Büchern mehr von Affeklionen der convexen
und der concaven Seile der Leber, als von der Affeklion der in-
neren Leber die Rede ist, so künnten die Leser es seltsam fin-
den, dafs ich diesen drllten krankhftflen Zustand beachte, es
konnte ihnen bediinken, solches snliiites Scheiden krankhafter Zu-
stände stehe mir, dem vermeintlich reinen Erfahrungsarzte sehr
übel an.
Es ist wahr, wenn ich gezwungen würe, die Zeichen anzu-
geben, dnrcli welche diese LeberalTeklion von andern Leberaf-
fektionen in allen Füllen zu unterscheiden sei, so würde ich mich
wirklich in Verlegenheit befinden. Die N'aiur hat zwischen den
verschiedenen ^rankheilssiislündcn eines Organs keine scharfe
Grenzen gezogen. Die innere LeberafTekiion iKfst sich an ihrer
äufserslen Grcnvic, in ihrer vollkouinienslen Form ganz gut durch
Sinne und Verstand von andern krnnkhafieo Ziisifinden der Leber
unterscheiden; nur da, wo sie durch unberechenbare Schaltun-
gen, sich andern kranklinfien Zustünden nühert, werden die Zei-
chen immer dunkler und verschwinden endlich ganz. Die voll-
kommne Form der inncrn Lehcrafl'cktian fiufsert sich durch weifse,
ganz ungefiirbie Excremcnie wie bei GelbHÜcfatigen , und durch
günzlicfae Abwesenheit aller gelbsüchligen Zuteile. Die Haut ist
und bleibt wetfs, bat nicht cinmahl ein schmalziges Ansehen,
nnd der Urin ist blofs strohgelb wie bei Gesunden. Diese innere
Leberall ektion ist in solch vollkommncr Form ziemlich selten;
man ündet ihrer von elHchen Scbriftst ellern Erwähnung gelhan.
Ich selbst habe sie fünfmahl in meinem Leben beobachtet. Ilfitie
aber auch kein einziger Schriftsteller ihrer erw&hnt, halle ich
sio kcIIhk nur ein einziges Mahl gesehen, so würde dieses einzige
Mahl das wirkliebe Vorhandensein eines solchen krankhaften Zu-
slandes eben so aufser Zweifel setzen, als oh ich sie hundert
nnd mehre Muklo gesehen; nnd in Erwägung der unbestreitbaren
— 135 —
Wahrhmt, daf> di« \nlnr nnberechenbore AbilafuDgeD eines und
des oäitilichen krankhaften Znitandes macht, würde man auch
UDberecbeobare Ahatti fange d jenes Znslandeg annehmen niiissen.
Ein Ant braiiiht gerade keine gtofse Erfahrung zu haben,
um SU Winsen, dafs die Krankheit der Leber, die sich in ihrer
vollkommen Ken Forra als Gelbsucht äuftert, unendUclie Abstn-
fungen hat , wo sie im gemeinen Leben and nach ärzilichem
Spracbgebraacfae nicht mehr Gelbsiicht heilst. Der geringste Grad
aber dieses krankhaften Zusiandes änfsert sich noch im (Jrine
durch blasse Goldfarbe, nnd auf der Haut» besonders auf der
des Gesichts, durch ein mehr oder weniger sclimiitxigcs Ansehen.
Ua nun bei den vorhin besprochenen l'^llen die wcifsen Excre-
menle unwidersprechlioh beweisen, dafs dos ErgieJsPO der Galle
in den Darmkanal nicht mehr Statt lindet; so beweiset die glinx-
liclie Abwesenheit der leisesten Spar gclbsnchiigcr Zntälle eben
so nnwidersprechlich, dafs hier nicht blofs eine Uehinderung der
Ergiefsung abgesonderter Galle in dos Jhtodeiuim vorhanden, son-
dern dafs jenes uns nnbekannie Organ, wodurch die Galle aus
dem Blute bereitet wird, selbst erkrankt sei; dafs gar keine
UaUe vorhanden, milhtn auch keine eingesogen, in die Haut
abgeseixt nnd durch den Urin ausgeleert werden hdnne. Wenn
ich. also VOR einer An'ekiion der innern Leber rede, so werden
die Leser wol so gütig sein, dieses nur als einen bildlichen Aus-
druck anzusefau, denn ich hescheide mich gern, dafs ich eben so
wenig als irgend einer meiner Amtsgenossen weifs, an welchem
One der Leber das eigentliche Galle machende Organ sich befindet.
\'un zu unsem Fiobern. Sie begannen mit nnt er misch tent
Schauder nnd Wlirme, und dieser Zustand hielt nngewöhnlich
lange, .zuweilen zwei bis drei Tage an. Der Kopfschmerz war
ni&fsig und verschwand in den ersten Tagen von selbst; an seine
Stelle trat bei allen ein Gefühl von Schwindel oder Taumel ein,
welches die Menschen mit dem Ausdruck Tollheit oder Leich-
tigkeit des Kopfes bezeichneten. Dieies Geßhl geht aber be-
kanntlich den gewöhnlichen Gallenüebero und deo Gehimfiebem
auch nicht selten vorher. Nur zweier Kranken erinnere ich mich,
die heftigen, unerträglichen Kopfschmerz, gerade wie bei Ge-
hirnfiebern, hatten. Der Puls war nififaig schnell, wie bei ganz
gawShnlichen unschuldigen Fiebern, bei sehr wenigen unregel-
fliijfjsig. Dar Durst bei dem einen zwar mehr als bei dem andern,
aber im Allgemeinen doch mä&ig; die Zunge nicht belegt, kaum
in der Mitte einen leichten weifsen Anflug zeigend. Schmerz und
Gespanntbeit in den Präkordien war nicht vorhanden ; in sehr
seltnen F&llen war ein leiser Schmerz in der I..ebergegend zu
erknndscfaaflen. UrustulTeklionen waren sehr selten, nnd nur in
deo Fällen vorbanden, wo geringe schmerzhafte Leberleiden sich
— 136 —
zeigten. Bei manchem Kranken bemwkte ich rin uowillkürli^im
SenfzeD. (Um dieies za seha, mofste man ihn aber sich aelbfit
fiberlaaseo, nicht mit ihm plandern. Es ist ein wichtiges Zei-
chen, welches nna nicht selten geheime Bauchaffektionen ver-
rHih.) Bitterer, sanrer; oder garstiger Geschmack, Aafstolsen,
Uebelaein n. s. w. war nicht TOrhanden, nnd in dem äiifserst sel-
tenen Falle, dafs ein Kranker über bit^ern Geschmadc klagte,
war dieser Zafall durch etwas Natron in vier nnd awansig Stun-
den gehoben, ohne dafs die Beseitigung desselben auch nur den
mindesten Einflufs aof das Befinden hatte. Der Uiin war aehr
verschieden, hei einigen etwas gelblich und etwas nnklar, ohne
dafs man ihn grade trübe littlte nennen können; bei andern klar
von beller Goldfarbe, wie er bei leichter Affieklion der Gallen-
günge zn sein pflegt; bei andern gani hlalsslrohgetb wie bei
Gesunden. Bei manchen wurde er, wShrend der unverkennbar
eingetretenen Genesnng, diinkelgelb wie bei hervorstechenden
Leiden der Gallengünge. Bei aller Versohl edenbeit des Urina
fehlte die HarosRnre nie.
Die MnskelkrHfte wurden wenig, selbst nicht im weitem
Verlaufe des Fiebers bedentend gesohnHcht, nnd wenn ich ein
paar Menirchen ausnehme, die sich nicht mehr im Bette anfrich-
len konnten , so vermocbien die meisten sich nieht blofs ohne
Hnlfe im Bette a»rznrichien, sondern konnten, wenn man ihnen
die Hand reichte, ans dem Bette steigen, ja derer waren ge-
nug, welche aussteigen konnten ohne allen Beistand.
Die Haut war weder trocken noch feucht; hei einigen brach
von Zeit zu Zeil Schweifs ans, ohne dafs dieses Nutzen gehabt
hätte. Die Farbe des Gesichts war bei einigen ganx unverän-
dert, bei andern schmutzig, wie sie bei leichten Afiektionen der
Gallengftnge zu sein pflegt.
Die Paroxismen des Fiebers waren nnregelmäfsig ; sie fiofser-
ten sich durch Unruhe des Kranken nnd vermehrte Vollheit des
Pulses, die Remissionen nicht durch verminderte Geschwindig-
keit, sondern durch verminderte Vollheit des Pulses.
Dpn Verlauf desselben ausführlich zu beschreiben, ist wegen
seiner UnregelmSfsigkeit ganz unmöglich, eskonnte von drei bis
zwölf Wochen währen , die meisten Znfölle konntet bald früh,
bald spät eintreten; kurzum, es war etwas so Wandelbares In
dem Verlaufe desselben, dala et wol am besten sein wird, ich
fahre die Zufälle, von denen es begleitet war, einzeln an, mit
dem Bemerken, ob sie hSnfig oder selten, früh oder spät ein-
getreten. Diese Zufölle waren folgende.
Sehnenspringen war häufig nnd stellte sipb nicht sdteo sdion
in den ersten fünf Tagen ein.
Trockenheit der Zunge war faänfig, aber oiehl aBbaliend;
— 137 —
hMjlle wn dt« Zaage trocken, nurgen fcBchi, fibAnaorgen wie-
der trocken n. a w. ; dieser ZafBll konnte schoo io den ersten
■edu Tagen erscheinen. Anhaltend trockne, mit dickem Schmn-
Ixe belegte Zunge habe ich gar nicht gesehen.
Irrereden war bei dm wenigsten anhaltend, leigie sieh oft
io den «nten acht Tagen , ja bei einem FrKnIein habe ich am
ersten Tage eine nahe an Irresein grenzende Aufgeregtheit des
Geistes bemerkt. Wenn aber dag Irresein selten anhaltend war,
SD konnte ich doch in seinem Wiederk^ren nnd Verscbwindeo
durchaus keine Regelmäfsigkeit entdecken; bri einigen wenigen
war es anhaltend, bei zweien mit einer beslSndigen Neigung daa
Bett an verlaasen gepaart; hei manchen w»r gar kein Irresein.
Den l>ei akuten Krankheilen sehnen Fall sah ich, dab eine
Fran, ohne im eigMitlichen Sinne irre zu reden, sich mit reli-
giösen Zweifeln den Kopf aermarterte. Diese Fran halle nie vor-
her nn solcher religiösen Yerstandeflirmiig gelitten , mit der Krank-
heit versohwaad selbige auch.
Durchfall war sehr häufig, so hSn&g, dafs das Nichtrorhan-
densein desselben als Ausnahme ron der Regel betrachtet werden
konnte. Er stellte sich friib ein, zuweilen fing die KranUieit
mit selbigem an; in einigen, jedoch seltnen Fflllen, war er der
VofflBafer der Krankheit, in den meisten währte er bis zur Ge-
nesung des Kranken. Die Excremenle waren meistens hellgelb,
wie Kinderdreck; bei einigen aber auch natürlich braun. Ich
«eifs keinen, der graue oder weilse Escremente entleert hätte.
Der merkwnrdigHte Zufall bei diesen Fiebern war der unfreiwil-
lige Abgang des Kothea, welcher zwar gerade nicht bei allen
denen Statt halte, die am Dorchlaufe litten, aber doch bei gar
TieleD, und bei diesen auch nicht besiftndig, sondern abwech-
selnd, so dals sie hente das Bett besobmaizlen , morgen trocken
blieben n. s. w., ohne dals man in diesem abwechselnden Er-
scheinen und Verschwinden des lästigen Zufalls etwas regetmäfsig
Periodisches hätte entdeoken können. Uebrigeus raufs ich bemer-
ken , dafs der Durcfalanf ganz schmerslos war; es ging der Bauch-
entleemng nicht einmahl die gewöhnliche Anmabnnng im Bauche
vorher, die bei jedem gesunden Menschen Statt findet.
Dalii beim Irresein , beim gröfslen Grade der Erschöpfung,
in seltnen Fällen beim ersten Nachtasse des Rnhrsluhlzwangea,
beim Bmehe des Rfickgrathea, bei VerbärUing des Mastdarms,
ud swar in der letzten Zeit, unfreiwilliger Abgang des Koihes
erfolgt, das ist in der Ordnung; aber dals bei roUem Verstände
and bei guten Kräften der Kranke das Bett lieschmnlzt, ohne es
sdbst sn wiaam, bis es geschehen, oder bis die Nisse an seiner
Hau ilm duaa mahnt , daa war bis dahin in meiner Praxis uner-
hört. Bloüi eines eiaiigeii Falles erinnete ich midi aat frBher Zeit,
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wo sieh etwoa Aebnltchaa mtnig. Damahh lehon kam es mir
so vor, aU miisBe diese nnfTeiwillige EnHeening auf einer eign-
neit eonsoflSHelteu AfTektion des Mastdaniis beniheti, welche sieti
sehr übel anter eine pathologische Kategarie bringen liefse; jeist,
da U^ diesen Zufall oft genug erlebt, wetfs ich auch noch nichts
lUBgeres darüber au denken und au sagen.
Schlftfrigkeit stellte sich bei einigen Menschen im Verlaufe
der Krankheit früher oder spHter ein, war aber ebenfuIU, wie
in den meisten Fällen das Irresein , wandelbar.
Brostleiden war seilen; Husten selten, sowohl im Verlaafe,
als b«i der Besserung der Krankbetr.
Bancbschiuenen entstanden bei manchen Kranken (aber laog«
nicht bei allen) in später Zeit der Krankheit, und waren zuwei-
len so heftig, dafs sie den Ant nm das Leben des Kranken be-
sorgt machen konnten. Ich erinnere mich des Falles, dafs zwei
bejahrte Avraie in gemeinschaftlicher Iteralhnng solche heftige
I hl »ch «dl merzen für Darmentzündung erkannlea und demgenilifa
bebandelten. Oh die Leichenöffnung ihre Crkenntnifs bestiiiiget
littbe, kann ich nicht sagen. — Diese' Bau chscli merzen sind aber
kein ansgeze ich neter Zufall der beschriebenen Fieber; denn wenn
ich sie gleich nicht bei den gewöhnlichen Gallenöebem beobach-
tet, so habe ich sie doch als Sj'mptom des spRiern Zeilrauioea
anderer Bauchfieber oft genug erlebt.
Vor dem beschriebenen Fieber hatte ein ganzes Jahr ein
anderes geherrscht, welches ich fiir ein lirleiden der Bauehspei-
clteldrüse angesehen und mit dem Jod gar bald geheilt.
Da der Anfang beider Fieber sich im ersten Zeiträume ziem-
lich gleich war, so wurde i<^ auf die unbekannte Natur des Be-
scbriebenen zuerst durch das Nichthetlwirken des Jods aufnierk-
sam. Bei der Untersuchung haue ich also scfana das voraus, dafs
ich wuläte, ich habe es nicht mit dem Pankroaü xu ihnn. Der
Maogel aller Zeichen, die auf ein Urleitlen der Mils, oder der
Dirme deuten, verbunden mit den wahrhufi schwachen und höchst
dunklen Zeichen, die auf eine Leberaß'ekiion hinwiesen, mufste
mir wol den Gedanken aufdringen, dafs ich es mit einem Leber-
leiden eigner Art zn tbun habe. Aber was half mir diese For-
neoerkenntnils f Da bei manchen Menschen der goldfarbne Harn
auf eine leise Affektion der Gallengftnge schliefseo lieb, so wandte
ich mein alte« bewShrtes Mittel, die Nux vomica ao; allein, ob
ich gleich von müfsigen Gaben, bis su den kleinsten abslieg,
so sah ich doch dadurch den Durchfall erregt und den vorhande-
nen bedeutend vermehrt. Bei der Besserung, wo (wie ab*>n ge-
sagt) bei einigen Menschen galliger Harn auf eine gewöhnliche
AJTektion der GallengKnge scbliefsen liefs, leistete die A'uj; vo.
mica ihre ölten Dienste , die laudernde Genesung ging mit raschen
— 139 —
Settritten TorwHrts. Diese Bemerknnff, diifi die eigemliclie Af'
(eIctioB der tinIlen|f8Dge die anvericMinbare Boamimtg begleiten
k5nne, mnfsle mir wol den Gedanken anfnöthigen, der Siti der
Krankheit sei in dem Innern dieses grofsen, ans vielleicht noch
wenig bekannten Organs. Die Qnassia, welche mir das zweite
Jahr TOrher solch ansgezeiehnete Dienste geleistet, half durch-
au nicbt. Caloraei versnehte ich bei Einem Kranken ; allein die
verdichtigen Zuf&lle der Krankheit, weit entfernt ansxableiben,
traten l>eim Gehraaefae dieses Mittels greller hervor als sie riel*
leicht sonst würden gethan haben, nnd ich hsite wiridwb nie die
eigentlich wohlthllige Wirkang nnseres modischen Uoirersalmit-
tels milsBen gesehen haben, wenn ich in ihm das Heil »tiBW
Kranken hfitte suchen wellen. Ich mag den Leser nidit länger
mit Aofsfiblang meiner vef^benen Veranche langweilen; es ist
genng, wenn ich ihm sage, dafs von allen Krankheilen, die ich
je erlebt, diese beschriebene, fainsicbilich der ErkenDtnifSf mif
die allergröfste Mühe verursacht bat. Schon war idi auf dem
Pankte, von meinen Untersnehnngen gSnxlicb abznatehen nnd
mich notbgedningen in die far mich ekelbafie Rolle des Krxllicben
Behandlers sn ergeben; da dämmerte es einst in meinem Ge-
dftchfnils auf, irgendwo gelesen zn haben, dura mit dem Schell-
krante man in der Vorzeil bSsarlige, peslilenzial Ische Fieber ge-
beilt Beim \achsebn fand es sich bald, dafs EUmUiler mir in
Gedanken gesehwebt hatte; leider konnte icb aber beim Nach-
schlagen nichts mehr und nichts weniger daraus erlesen, als das,
was mir erinnerlich gewesen.
In Erwägnng aber, dafs unsre Allvordem solche Fieber,
deren sie nicht Mcisicr werden konnlen, bösartig genannt haben,
nnd pe^ilenzialiscb , wenn viele Menschen daran starben; in Er-
«ignng, dafs sie sowol einige ürfieber des Gesammtorganisnns,
aU ancb consensnelle Fieber, welche Hegleiter epidemischer Ur-
leiden des Gebirns , des Kiickenmarks , der Banchganglien , der
Leber u. s. w. sind , bösartig genannt haben ; in Erwfigong fer-
' ner, dafs das" Schell kraut weder anf ein Urgesammtleiden , wel-
eherlei Art es anch sei, noch anf ein Urleiden des Gehirns und
Rückeiunarks , aber wol auf ein Urleiden der Leber pafst; und
feraer, in Erwägung, dais die Alten, die ea als Hülfe in pesti-
lenzialrschen Fiebern ge|iriesen , wol schwerlich mit gewöhnlichea
Galleoiiebera werden zn kämpfen gehabt, denn sonst würden sie
sie erkannt nnd also benannt haben; in Erwägung endlich, dals,
wenn auch meine Meinung gerundet, und die Nux «osilca den
Vorzug in Heilung der Affektion der Gallengänge verdiene, dar-
ans noch lang« nicbt folge , dals das Schellkraut in der Afl'ektion
des inneren Leberorgans nicht weit vorzüglichera Dienste leisten
könne: in ErwSgnng oller dieser Bedenken, hielt ich es, wo
— 140 —
■lieht gerade fnr wnhnehftiolich , dock Rlr mSgllch , iah du
Gi^idonium Heilmittel unnres Fieberg seia Itäooe.
Da ich kein Freund vod Extrakien bin, weil von manchen
Aneneien in dieaer Form gleiohmifBtge Wirkung kaum zu er-
warten lat, and weil ich auch heimlich den Verdacht hatte, ob
Tielieicht gerade die Extraktfonn nnd~ die manchmahl aelisanie
ZntanmenMtxnng , in welcher ich das Schellkraut hatte geben •••
b«n, telbigea bei mir in üblen Ruf gebraebi; ao liefs ich eine
l^iiktar ana dem Safte bereiten. (Der Saft wird mit >o r!el Al-
flobol Termiicht, dafii er sieh klBrt and vor der Verderbnifg be-
wahrt bleibt.) Dieae Tinktar leistete nnn wirklich alles, was
NMB billigerweiae von einem wirldichen HeUiuiitel erwarten kann.
Nach einen angefiihrwi Ueberschlage nehme ich an , daCi die
QUe Krankheit dadnrch in einem Dritt«! der Zeit geheilt wurde,
and griindlieh geheilt wurde , in welcher die Natur ohne Hülfe
des Antes aia heilte, al>er vielroahls nnvoUhommm beiher Man
mufs schon zufrieden sein, in vierzehn bis achtzehn Tagen eine
Krankheit xu heilen, welche ihrer Natur nach vieraig, sechzig,
achtzig nnd mehrere Tag« w3br«i kann. Solche Afiektioneu der
Organe haben das Unangenehme an sich , dafs man sehen wissen
kann , wie lange sie in den Organen eingewurzelt sind , ehe si«
den Menschen dnrch Erregung eines mehr oder minder starken
«onsensnellen Fiebers ins Ketle gworfen.
Man kann kühn annebmen, dafs zwei DriUel der von den
uns nnhekapnten luftigen oder irdischen Einflüssen feindlich bo-
rührten Menseben nicht ins Beit geworfen werden, sondern, aller-
lei Ungemach klagend, ihren Geschäften nachgeben, und dnfs
TOD dem DriKel, bei denen die Krankheit als akutes Fieber er-
scheint, bei weitem die Mehrzahl eine längere oder kürzere Zeit
fieberloB die Krankheit getragen habe. Das ist der Grund , wat^
um einige in wenigen Tagen genesen, andere in xwei Wochen,
und andere noch langer zögern. Das ist auch der Grund, nurum
solche Menschen, die das Fieber durch Ansteckung überkom-
meo, eher genesen, als manche andre, welch« es von selbst be-
kommen; denn die, weiche angesteckt sind, haben das Uebel
Tienebn, höchstens achtzehn Tage im Körper, ehe es zum Ans-
bmche kommt; indefs die, so es von selbst bekommen, es drei-
and viermabl Ifinger können getragen haben.
Die Wirknng der Schellkrauiiinktur war die, dafs sie, vom
Anfange der Krankheit an gegeben, derselben Einhalt that, also,
dals der Kranke so, wie er sich mir anvenrante, znr Bessemng
aberging. Manehe iihle Zufälle, welche schon gleich in den er-
sten Tagen sich einstellten, oder schon vorhanden waren wenn *
ieb hinkam , waren nicht ganz zn kehren ; dahin gehört der Unrcb-
fall nnd ein wenig Sehnenspriogen , seltner das Irresein. Wo
— 141 —
letzteres ToHianden, (aui es ti« in seltnen nUea fcbon ia ilea
ersten acht Tagen ein) konnte man nichts Besonderes dagt^eo
ibon, es mnbie mit der Krankheit vergehen, denn es war ein
echt conseosaelles. Uebrigena war das Irresein eine höchst seltae
ErschetBoa^ seit ich das GkefidüMütm als Hsilniltel anwandte.
Gegen den Durcfafalt, der ebenfalls ein consensnelles Leiden der
Dfirme war, konoia man, ohne die Hanptkraakheit n TerstAlim-
aem, nichts Entscheidendes thna. War kein Dnrohfall vorhai^
den, so war eine Dradime Sebellkrauttinktar , in TiemadswaH^
Standen gegeben, die passende Menge, welche mit acht ünieii
Wasser nnd etwas Gnmmi Termiseht stündlich nr Gabe eioaa
Löffels gereicht die wohlthütigste Wirkung finfserte. War aber
Durchfall Toriianden, so mn&te man die Gabe der Sehellkrant-
linktnr nothwendig mindern. Ein Sempel derselben mit einer
Cnze arabischen Gummi, drei Drachmen Mohnftl nnd acht Unsea
Wasser gemischt, und davon stündlich einen LSffel roll gereicht,
hob entweder den Durchfall ganz, oder mSfsigte ihn dodi sehr.
In seltnen FSlIen, wo er auf diese Weise nicht zu beseitigen
war, liels ich ihm seinen Willen; er mofsle doch mit der Heilung
des Vrieidens verschwinden. Ueberhnnpt ist der consensuelle
Durcbfall bei den UraSektionen der Bancfaeingeweide und btü de-
nen des Gehirns nnd Rückenmarks nicht so sehr zu fürchten,
so bald die Affekiion des Gesammlorgatiismat (das Fieber) rein
consensuellei Natur ist und der Gesammt Organismus sieb mithin
in dem Indifferenzstnnde befindet. So wenig einen Gesunden
drei- fünf- oder mehrmahlige tfiglicfae flüssige Bauchenileerung
tÖdiel, halte er sie auch Tienehn und mehre Tage, eben so we-
nig wird dieses den Kranken t5dlen.*) Man mnfs solche consen-
suelle DuicblauFe nicht denen gleich achten, die sich als Zufall
gewissen Uraffekiionen des Gesa mmt Organismus beigesellen und
wahrhaft ein Vorwalten dieser Uralfeklionen im Dannkanal sind.
Ein solcher Durchlauf ist nicht blols Zeichen der Steigerung der
Uraffektion , sondern er ist auch eine, - die Uraffektion verbd-
semde Schädlichkeit. Hier ist also ein Zirkel zwischen Ursache
nnd Wirkung; die Uraffektion des Gesammto^aDismus macht den
*) Zssats roB Jahr 183S.
(ttifet bab« iA in Jikn 1829 saHbrnbaD. Obcteiob icb aocb aoeb Jatit die
Wabrbeit dai CJeiagtca anerkeBaaa bibI^ , w tat mir diwh «BitdcH dareh
Vaiflalebaag vMet aad niehrarti|«r Filla dl« (JabarwaraBg fewordan , dab
iar esaiaDiaelte DaraUaar, mn er |faieb aicht d«M KraDkaa verderblieb Ut,
diwb ata ZaUl aioer Uibarea Stetgaraag dea UrorgaBlaUeaa die eaasMas
Biabr »dar wader ven9s*rt, aed aaa iba aa battea dadareb bebt, dab van
dal Ueihailtel tuT daa arerLraoble Organ ia wait garingcrea Gaben reisbt ala
icb ei [b Jebre 1827 getbaa. Aa Ende dtnea Arlikeb wird aan eiaen dia-
aee tfageoaUnd beUefendan ZsmU res 1S39 fladea.
— 1« -
Ourcblanf, und dieMr Ist wiader Uitaebe, iab Jene sieb üuBUi
Mehr steigert; eise kann m deo Arxt wol eben nicht überrucheo,
wenn der also ergritfene Kranke gar bald ohne Sinne und Ver-
stand daliegt , nnd es ist der Klugheit gemfift , in diesen Zirkel
einaogreifen , wofern wir anders nicht das Leben des Kxanlua in
die Schanse geben wollen.
WoUie man aber die bei solchen Fiebern gemachte Erfab-
mng auf die consensuellen Fieber and eoosensaellen OnrchMle
der TeMchiedenen Uraffecäonen der Eiozelorgane aaweuden , so
wSrde man entweder nichts ansrichten , oder das Urleiden
selbst versehlimmern. Von dem Unierschiede zwischen eefat cos-
sensnellen OnrchßUleo, nnd denen von einen Heise chetaischw
Schärfe berrüfarendeD , werde ich im Folgenden mehr sagen.
Jetst noch ein Wort von den consensuellen Unistaffektionen,
die sich, wie oben bemerkt, zuweilen, jedoch selten bei ungein
Fiebern einfanden. Wo ich sie bemerkte, äufserten sie sich
durch m&faigen Seitensehmerz , korsen Atbeu und BeSogstignng.
Die gewöhnliche Gabe (eine Drachme Tinet. Chelid. in viemad-
swanzig Slnoden) vermehrte diese ZufBIle so, dafs ich in einen
Falle genSthigt war, die Tinktur ganz bei Seile zu setzen uad
einen Adsod des Franendialelsamens zu geben , welcher die Zufalle
beschwichtigte.. Ich aetsle darauf, weil ich wol wufste , dafs ich
mit Frauendialelsumen allein die Krankheit nicht heben würde,
einen Scru|iel Seh eil krau ttioktur xii dem Aksod , da ging die
Sache gut, and ich fand hernach, dufs bei conaensnelleD Urnst-
leiden , eben »a wie beim consensueDeo durchfalle ein Scrupel
Scliellkrauuinktur die höchste Gabe sei, die man, in siündlichen
Portionen verlheili, innerhalb vierundzwansig Stunden mit Vor-
tlieil geben könne. (Jeberhau|tt mufs man mit dem Schellkraule
nicht EU freigebig nmgeliea, \teun man seine wahrhaft wohlthHiige
W^irkung sehen will. Ich habe einmahl versneht, einen alten,
verschlissenen, wassersüchtigen Mann, dessen ' Wasaersncht von
einem alten Leberleiden herrührte, sich aber nicht als Gelbsucht
ttufserle, durch die Schellkninltinktur ans Harnen xu bringen.
Den beabsichtigten Zweck konnte ich nicht eher erreichen, bis
ich die Gabe der Tinktur unter einen halben Scrupel tat den Tag
verringerte nnd dieien halben Scmpel in stündlicbe, kleine Portio-
nen verlheilte.
Einst kam ein getinger Mann vom Rheine m mir, der die
Gelbsucht im hohen Grade hatte. Auf meine Frage , ob er schon
Arzenei gebraucht, antwortete er: blofs ein Hausmittel habe er ge-
braucht, nämlich den Saft von Schellkraut, viermahl tags einen
Fingerhut voll. Sein Uebel sei aber, statt besser zu werden,
schlimmer geworden; denn seit vierzehn Tagen, wo er dieses
Mittel gebraucht , sei das Hellgelb seiner Haut in Dunkelgelh
— 143 -
««rftNdcft, liii<l die ^uning ib der Oberbauchgegeod so sehr
venuehrt, dafs er dem Handel nicht mehr trsne und deshalb mei-
ne Hülfe beehre. Ich gab diesem Manne eine Unx« Sehellkrani-
linLliu-, und liefs ihn fünfiuahl tag;i fanfzebn Tropfen jcdcsHiahl
nehmeot Als die Unze venehrt war, kam er abermahls %u mir,
und ich hörte von ihm, duf* der freie Ergnfs der Galle in den
Uarmbanal wieder hergeslelll sei , denn seiner Annage nach
waren seine Excremente wieder brunn. Ich gab ihm jelzt noch
eine Unze Tinklnr mit der Vorschrift, nur viernialil la^s daTon
SU gebrauchen, bis die gelbe Farbe der Haut gnnx verschwunden
sein würde. Die gHnzliche Herslellnng ist auch ohne weitem
Anslofs erfolgt. — Dieser Fall, der fibrigens nichts MerkwSrdi-
gea eotbJtll, ist darin lehrreieh, dafs er beweiset, die wohhhäiige
Wirkoog des Sdiellkrantes sei nur dein Arzte sichtbwr, der es
in passender Gabe anzuwenden versteht.
Ich bin spHter aaf chronische Lebererkrank angen gestofses,
die ich mit zwei oder drei Tropfen Tinktur, vier- oder finf-
mahl tags gereicht, heilen mufste. Im Sommer 183S herrschten
hier im Lande 8chellkrant}eberkrankhei(en, bei denen im Allge-
meinen ein halber, hSchstens ein gnnzer Skmpel die pafsliche
Taggabe war, welche Taggabe aber, mit Wasser verdünnt, io
16 Portionen vertheilt werden mufste. Eine erwachsene inng-
frau, welche, nebst consensnellem lebhaften Fieber, heftigen
Husten nnd Dnrchlaaf mit Stnhlzwang hatte, heilte ich in fünf
Tagen dadurch, dais ich ihr viormahl tags nur einen einzigen
Tropfen der Tinktur mit einer halben Tasse Wasser verdünnt
gab. Jedoch bemerke ich dabei, dafs ich den Stublzwaug, weil
er ein sehr peinlicher nnd Iftstiger Zufall ist, gleich anfSnglioh
durch Einreiben der Delladonoasalbe nn den After beschwichtigle.
Ua ich in der Folge mehrmahls auf die Wirksamkeit kleiner
Arzeneignben aufmerksam machen werde ( ohne jedoch die grdfie-
ren zu verwerfen ) , so könnten die Leser denken , ich neige in
diesem Punkte zur Homöopathie. Abgesehen davon, dafs meine
kleinsten Gaben in Vergleich mit denen des Herrn Hahuemann
wahre Riesengaben sind, bin ich weit entfernt, zu behaupten,
die Zeit, in der ich lebe, könne keinen Einfluia auf mich ge-
habt haben. Eins weifs ich aber bestimmt anzugeben: Helmont
^ ist derjenige, der zuerst den Gedanken, kleine Arzeneigaben
können grofse Heilwirkung haben, mir in die Seele geworfen;*)
die Wichtigkeit desselben wurde mir jedoch erst klar, seit ich
einsehen lernte, wie nothwendig zur Heilung vieler Krankheiten,
nanienilicli der akuten Fieber, die Erforschung des ure^tffenen
Organs sei, und seit ich meine früheren rohen Ansiditen von
') Ufert vBtMi* pag. 593 in dem Kap((«l, wetchai die Ucberidrifl i'icf"' b
„,,,_„,,,, Google
Urorganerknuikangen durch flci&ige BeobschtoBg natuigemSfs be-
richtiget haue.*)
Verht'itduitg de* tahtauren Kalke* mit der Seie/fAreuttinktiir,
Diese Yerbindang iat also: ]^ Liq, calcariat muriat. ^U
Tütet. ekeUdonü 5i< ni. Ich habe mich übeneugt, dafe es eine
LebererkrankuBg in der Notar gibt* die einsig unter der Heil-
gewalt dieser Miichung siebet. Hier das Geschichtliche.
Bis lum Juni 1830 hatten eine ziemliche Zeit solche Leber-
kranlcheiten geherrscht, die unter der Ileilgewalt der Brechnub
ttandeo. In dem Itesagten Monate wurde ich zu einem Manne
gerufen, der, nach den Zufälleu zn schliefsen, an der n&mlichea,
bü dabin landgaugigen Krankheit zu leiden schien. Das Fieber
war mfilsig , machte tfiglich deutliche , ja«Ioch unrcgelmäiäige Re-
missionen. Der Harn war dunkelgelh, der Durst mäfsig, der
Kopfsciunent erträglich , kein Zeichen abDoiroer Gallenabaonde-
ning vorhanden. Kurz , die ganze Sjmplomengruppe halte durch-
ans nichts Stürmisches oder Verdächtiges. Ich gab ein Priiparat
der Brechnufs, welche sich, wie gesagt, damahls schon eine
ziemliche Zeit als sicheres Heilmittel haw&hrt hatte. Trotz der
scheinbaren Gutartigkeit des Fiebers, wollte es aber doch dem
Mitlei nicht weichen , sondern wnrdc Dach uud nach hedenkliclier.
Dafs es ein Leberfieber sei, dafür sprach der gelbe Harn and
die Abwesenheit aller Zufölle, die auf ein anderes erkranktes
Organ hätten deuten können. Dals keine abaorme abgesonderte
scharfe Galle im Magen, oder Darmkanal sei, bewies, die Ab-
wesenheit aller bekannten, so etwas rerralhenden Bauchleiden.
Da es nun keine Brechnufsleberkrankbeit war, so raufste ich die
Natur derselben weiter durch Proben untersuchen. Alle diejeni-
gen Lebermitle), deren Wirkung ich so genau kenne, wie der
Tischler seinen Uobel, wie der Bildhauer seinen Meifsel, ver-
*) Bnt apit, dimlich, da ich diew« Werk «cboa giDS Tollcndet, babi icb
BsfaviibaiHt cbirargucbe Sebriftes aargelriabcn , bin ibar wirfclicfa darin,
darch dei Haanea Aniiebt fiber dia ArsaaelgabeD, auf eine arfrcalkbe Weift
iberraiebl wordan. Im arttea Kapital dieaei Bncbai «pracb icb acboa davon
in «insr Amarknog; jatst bitte leb aber di^aalgenLeaer, welche HoheabelBU
cbirarEitcbe Welke besittaa, oder lia licb venebafTan köanea, das irilfle
Kapitel da« (üaRen Boeha^ De eaiud et arigiae luü GaUieaa mit Aofmerk-
aaiikeit kq dorcbleien ; wbdd lie dieiea Ectban , werden lie wol nicbt mebr
von hoMSopalbiichen Aneneigaben sprechen , aondarn lie werden begr«ir«,
dabdieWahrbeit— nnwÜB-and «avefibare ArsVoeisaben fcSanea,
wenn da* dnrcb Krinkbeit veränderte Verbütnirt dea KBi^
per* aar Anfaenwelt lieh daza eigcDe, wandcrvol le Heilwir-
kang inriern — mit der logenanntan homaopathiaehca neoi^e gar aieht ia
Berührung konunt.
- t4S —
wahlg Ml RRch amt naeh, Mtin leider Tergebnii. AlimShlig,
gKoa allniKhIig leigten «ich Terdlebtige Zofllle, als fon Z«h m
Zeit «iD wenig Fatwlo, ein weaig Dnrchlanf, ein wenig 8eh-
«•nspriir^ea; aber, nicht wie bei manchsn andern Fiebern (wenn
wir ihr wahre« Heilmittel nicht kennen), eine nnverscheDe alQr-
Mische Verschlimmerung. Die Erwigang aller (JniMSnde nnd die
Eiprobnngen mufuen mir wol am Ende den Glauben aufdringen,
ich habe ei mit einer nenen, das heif«t, mir nnch nicht vorge-
kommenen Lebercricrnnkung zu ihiin. E> iat wahrlich eine «chwere
Anfgabe, die \atnr einer lolch nnbekaanten Krankheit zu er-
gründen, leb aniefauehte jelit aufa neo« mit inetner Hand den
Bauch dea Kranken, ah ich vielleicht etwas entdecken mBchte,
waa mir früher entgangen, oder sich aeitdem enengt. Ich fand
aber nichts, als nnr in der rechten Seile der Magengegend einen
Heck, der f&r _den Druck meioer Finger eMpfiDdlieber war nia
der fibrige Bauch. Solllfi, dachte ich, der Magen oongensuell
ergriffen, nnd das CoDsenanelle zum Urleiden dieaes Organs wer-
den wollen, oder vielleieht gar acfaon geworden aeinf — Mein
Verstand konnte in dieser Sache gar nicht entscheiden, aber wol
der Versuch, der, weil ich nieht mit feindlichen Mitteln probe,
gefahrlos sein mufate.
Ich liefii also den Kranken ein gnles Magenmitlei, den salz-
sanren Kalk nehmen , und «war ganz ohne alle Vermischung,
als nur mit der de« Wassers; es erfolgte aber auch keine Bease-
rang. Ich Bchlofs daraus , die conaeninelle Affeklion des Magens
k5nne noch nicht zum Urleiden geworden sein; ob sie aber nicht
auf dem Wendepunkte stRnde, zum Urleiden an werden, das
aaulste ich erkennen kSmien, wenn ich ein Lebermittel gleich-
zeitig mit dem Magenniillri gab. Ich wühlte die Schell krault ink-
Mr, ohne gerade fTir diese Wahl wichtige Gründe an hshen, denn
ich hatte ja schon alle mir durch Erfahrung bekannte Lebermit-
lei uMBonat gebraucht; bScbiiens konnte ich aie deshalb wShlen,
weil ich die Lebererkrankung nicht für eine Erkrankung des Oi^
gana ansah , welches in der Leber die Galle absondert. Durch
den gleichseitigen Gebrauch des salzsanrea Kalkes und kleiner
Gaben Sehellkranttinktur wurde die Beaaening sichtbar befördert.
Die Heilwirkung war, wie ea sich hernach anawiea, keine ein-
gebildete, die Heilung keina sanilige; aber der Gedanke, der
mich beaiimmt, beide Mittel gleichieiiig zu geben, war, wie
e« sieh auch hernach, und zwar gar bald answiea, gmndblach.
Eine Frau , welche ich gleichzeitig mit jenem Manne an be-
handeln balle nnd sie eben so wenig heilen konnte, haue zwar
Torwallendere Zeichen der LeberafTeklion , allein keine Empfind-
lichkeit der Magengegend fflr den Suiseren Druck, also konnte
ich aaeh nicht Teruniben,- dab bei ihr, wie bei jenem Mwine,
— 146 -
der Magmi gleivhwMlig nit der I^her erkrankt wi. Der äntank««
der mich bei dem Uaane bestimmt^ die zwei besagten Mittet
gleichzeitig su geben, haue, »Is eine blofs'e Veriuiiifaqiig , ivs
inieh keinen Werih. Aus der oacklen ThalsHcha, A»ia der Maas
sichiiiar durch die beiden gleiobaeitig gebrAucbWB Miliel geneMn
Kei, konnte uiatb aueh venuuthvQ, er habe an einer besoaderea
Lebererkrankung gelitten, welche Bur durch den gleichaeii^^D
tiebranoh beider heilbar gewesen. Diese Vermuihnng beaiimini«
iiuch , beide Mlitel auch gleichseitig der Frau xu geben , nad
siehe! sie waren bei dieser eben so heilsam.
INun kainea nach «ad nach mehre Kranke der Art ; ich mach-
te, der Gemächlichkeit w^;eB, au) beiden Mitteln die oben er-
wähnt« ^usamiueBsetzaag , nnd IMs iia Allgeweiaen davon lä
Tropfen, lait einer halben Tasse Weisser verdünnet, fünfmahl
tnga nehmeD. Jeut. war iob Mei«l«r der Krankheit, das heifsi,
ich bracht« sie ans dein, ersten Zeiträume gleich in den aer Ge-
nesung; vieliuabb übeiraachend scbDell, wiweilen langsamer}
aber doch vom Anfange an sie verbessernd. Wer das Leberiibel
lange getragen, ehe eg ihn ins Bett . geworfen , d«r genas lang-
samer als der, den es gleich so s|ark angi-ill, dufs er Hülfe
suchte. Dieses Verhälinifs findet sieb aber bei allen herrschen-
den Organ krankbeitea.
In dem nfiMÜchen Sonuuer bab» ich auch viel Menschen ge-
heilt, die nioht akut, sondern dvooisch von der BÜniliehen Le-
bevkrankbeil ergrlflen waren. Weder bei den akuten noch chro-
nischen Kranken fiind ich weiter die Empfindlichkeit des Magens
für den Kafsercn Druck, den ich bei dem ersten Kranken ent-
deckt. Also war meine erste Venautbiing eines gleichzeitigen
Ergriflfenseios des Magens offenbar fahch, und doch haue mich
diese falsche Vermuihuag zu der Erkennlnifs der veiborgeoeii
Natar dieser dnoklen Krankheit geleitet. Ich bedaore nichu
mehr, als dafs ich dem Leser keinen einzigen allgemeinen, ans-
geKeichneten Zufall angeben kann, 4ec au einer kOnfiigen \¥ie-
dererheni>4ing diesten kannte. Bei nlW Aufmerksamkeit habe ich
keinen entdeckt, und das AuCsäblen solcher Sya^toiue, welche,
90 nicht allen, doch gar vielen Fiebern geawin sind, i^ für die
künftige Wiedererkennung ganz zwecklos.
Im Sommer lfi3A erschien die nämliche Krankbeil abnnuJhls
hier im Lande und jenseits der Grenze, auf dem niederl&ndi-
Gchen, oder d^ut belgiaeben Gebiet«. Aus Mangel aller Erken-
nungszeichen mulsie ich sie aherniahls durch Prubemitlel edcen-
nen. Die Erprobuon; war aber jetzt geui Uefa I icher tds im Jahr
l.$30, denn ich wufste jeizl, dafs in der \atur eine solche Le-
berkraakheit sei, weluhe unter der Heilgewalt des mit den sali-
sauren Kalke gemischten ScIiellkrautRafies Meh!^ IJlw; firltMIlUnifa
— ur —
^g «Ibo nicht mehr, wie früher, von einer danklen Vermn-
ihong und g'Incklichem Rufalle ab, soii<lern to« meinem nüchter*
■eil, probenden Verstände. Mehre Menschen atia dem Belgi*
■cheo haben damahlR Hülfe bei mir geaaeht nnd mieh gefunden,
denen ihre Aeriie gleioh anfangs Breehmlltel gegeben. Durch
die Brechknr waren sie in einen qainenden Zusland geratben.
Ein junger, gilt nntenichieter nnd recht verständiger Belgischer
Kollege gestand es mir ehrlich , daf« die Lehre seiner univerfli-
iStiseben Meister, in Beiretf der heilsamen Wirkung der Brech-
nilKel, sieh sehr schlecht bei dlewr herrschenden Krankheit be<
wShrt habe.
KrSkeuaHgt. Nnx «omica.
DicMB llUle) luib« ich als LebMniliel so lange gabrBtt'eht,
so «A apd Ttel&ch ttewlÜHt gründe« , dafs ich es ab ein die
atknuakten Galleagänge amm KormBlBtande xoriickf&fatendee eehr
k*ck halle. Wir können uiu iwei Fornsen von Gallenkrankhei-
Um dcaken: bebindertes Eigiefiien ahgesonderter Galle in den
ZwBHi^erdarm , and den enigegengesetsien Zustand, iibermä-
fiäge Abeondecting und Ergie&nng der Galle in den Dannkanal.
Der erste K rank beiiamsl and steUt sich dem Arste als Gelbsncht
dar, dar andre (weil die vermehrte Absenderang ^ach gewöhn-
lieh eine cheranch eigens chaftli che Verfindernng der Gdfa vemr-
sacht) als Gallenßeber, Gallenkolik, Erbrechen, Durchfall n. ■. w.
Diese beiden ZustSnde Bind sehr gut in ihren abgewandte» Enden .
mn einander -xn nnterscbeiden , aber in ihren siigewandlen En-
4eo, wo sie sich durch onmerklicfae 8challangen einander nähern,
snd »ie waiirliefa nicht so gnni leicht von einander zu anterschei-
dea. Damm ist es gm, daia wir in der Nitx vomica ein Mittel
haben^ welches a«f beide Zostttade pafst. Vom Jahre 1816 bis
19, wn Gallenficber hier hemohten, hat mir die Nmx vomiea
beniiche Dienste geleistet. Ich bemerke aber, dafs ich diese
ndber, in ifarem ersten BtQmiiscfaen Zeiiranme, welcher nnwlder-
tpreeblieh TOn den Beize chemisch beaiiiambarer Schärfe anf den
Darmkanal hervfihrt", nidit nach Slollischer Weise mit Brech-
end L.Bxinnittela , sondern durch eine verbesserte Nentralisirweise
vsfHoHiacher Heister behandelt habe. Die i«t Magen nnd den
Dinnea vorhanden« Scharfe war sauer, und iet wol bei solcher
Krankheit imaser sauer gewesen se lange die Welt steht; denn
vreaa- ieh gleich sagebe, d^s eich In verlrilrletsn Drüsen» aof
der Haut oad in andern GebUden solcke fressende jnd ätzende
S^bfen krankhaft erzengen , w«lehe wir nicht anter die Kate-
gerie der Sfioinen and Laogensalze reihen können, so wenig al»
die leharfan Stoffe mancher Pflamen und einiger MetdUtt ; s» hat
- 14« -
doch Doch keio die aiuleerende Methode sebüiKender Arat Khn-
liche nnneulralisirbare scharfe Slofte im Dambanal Dachgewiesen,
zuiu wenigalea nicht in eraten Zeiträume der Galleofieber. Die
Erfahrung loebrer tclugen, vor Sloil lebeoden Aenile bat aber
zur Genüge die wohlibSlige Wirkung absorbireoder Mitlei in die-
SMi Fiebern dargeihao; also ist ea doch wol wabracheinlich , dafr
in der langen Zeit, da diese Methode im Sehwange war, di«
scharfen Stoffe im Dartakanal sauer gewesen. Was mich be-
trifft, HO habe ich häufig Gelegenheit gehabt, beiui freiwilligen
Erbreehen (n-elchea bekanntlich nichts Seltnes bei diesen Fie.
bern ist), mich durch die Aussage der Kranken und durch che-
mische Erkennunganiitlel xo übenengen , dafa die im Oarmkanal
vorhandnen Stotle wirklich saurer Natur sind.
Wosn nun also deu Measchen mit Brechmitteln plagen f ihn,
wenn er vielleicht , ohne dafs wir e« wissen oder wissen könueo,
Gallenslaine beherbergt, oder geheime Verhärtungen in Leber
oder Mils hat, kranker machen als er vorher gewesen, ZnßÜI«
hervoiTofen, die wir uns nicht erklären können, den Verlnaf
der ganzen Krankheit stören, selbige in die Länge ziehen, and
das L«ben in Gefahr stellen! Wenn der Magen auch nodi so
voll saarer Stoffe ist, so läfst sich diese Säure ja eben so ge-
mBehlicb im Magen neutralisiren als in einem Glase; ja wenn
es darauf ankommt, so kann man schneller die Säure im Magen
neatralisiren als durch Brechweinstein oder Brechwurzel ans-
leeren.
Die die Ausleerungsmethode schützenden Aerzte machen viel
Aufhebens von der krampfsiillenden Wirkung des Brech Weinsteins
und der Brcchworzel. Einen deutlichen Begriff kann ich mir von
dieser vorgeblichen Eigenschaft nicht machen; so viel weUs ieh
aber durch Beobachtung, dafs Brechwei n stein , selbst Goldschwe-
fel, and wahrscheinlich aach andre Antiraonialbereitungen, die
gesnndheitsgemäfse Bewegung der Gallengftnge mindern; also
werden sie die krankhaft vermehrte Bewegung derselben auch
recht gut zum Nonnalstande zurüekffibren , und die von jener
vermehrten Bewegung abhängende, ühermülsige Gallenaussonde-
rung mSfsigen können, selbst wenn sie nftht einmahl in d«-
Brechgabe gleicht sind. Ich habe mehrmahls bei Menschen, de-
ren Leber zwar etwas reisbar, aber übrigens nicht krank war,
von vier Gran Goldschwefel inneriialb vier und zwanzig Stnndon
gegeben, um einen Hasten zu heilen, grauen Abgang erfolgen
sehen. Ich sab einit ein schönes Fräulein, der ein Meücodiir-
nrgw, weil si« sich den Magen mit Speise überladen hatte, ein
Brechmillel aofscbwatzie , gleich nach dessen Wirkung gelbsücb'
lig werden. Heute hatte sie das Brechmittel genommen, und
morgen früh sagto ihr ihr Spi^el die uncdrenliche Neaiglt^
— uo —
ne SM gelb. Frciliefa WRr dieae Gellwuchl keine cruiliari« Krank-
Ml; wenn si« «eh gleich nicht ganz eo hurtig hob als sie ge-
MMht war, so war doch der aDiagoniBiische Reis eine« leichren
AbfnkningsmiiteU hinreiehend, diese Reg«l Widrigkeit der Gallen-
gX^e in ein pnar Tagen sii heben. Der Brechweinslein , dem
die Gasiriicer Tonfigliches Lob beilegten, heilt also nicht Mofs
die GalleDÜeber dnrch Ansleeren der scharfen Gaile, sondern sa-
gieicb dadurch, dals er, die krankhaft vennehrte Aktion der
GallengSttge luinderad, der SbermSCtigen Gallenei^iefeang Gren-
sen seist.
\na mnfs der Leser aber wohl bedenken, dafs die Laugen-
saU« nicht blob die vorhandene S%Hre aeniralisiren , sondern dafs
sie aach die nflnilicbe Wirkung anf die Gallengfioge haben als
das AmtimumiuM ; das heifst, in sofern sie als Laiigensalse auf den
Magen wirken , ahm nieht in sofern sie Miitelsalae mit der SHnre
iHlden. Wenn also jemand diese LaHgenanlse in sn kleinen Por-
tionen gibt, so wird «r wol eine mehr oder minder wohlihSligo
Wirkung davon sehn, aber doch nicht die eigentliche wahre.
Idh gebe von dem Nairn carhonico in viernndswaniig Stunden
•ine halbe Unse, nnfgelfts't in acht Unsen Wasser, nnd lasse
diese AnRösung, sur Deckung des einas nklea Gescbmadu, m\%
einem Skrupel Traganih mischen. Im Allgemeinen sind drei sol-
cher Portionen hinreichend, den üblen Geschmack, die VolUwit
der Prfleerdien und das Fieber zu heben, wenn dieses blols and
alirin von dem Reise der SSiire auf den Darmkanal nnd von der
rarmehrtcn Aktion der Galleogfinge abhängt. Yon dem .^««mio
ear^mieo gebe ich in eben dieser Mischung swei Drachmen in
Tieinndswanzig Standen. Magnesia habe ich auch gebraucht,
aad swar xu einer Zeit, wo die Neigimg der KSrper zu Versto*
pfong grSfser war als zu Durchfall. Eine halbe Unze gebrannte
H^nosia, mit acht Unzen Wasser zum ScbBtteltranke gemacht,
ist die brauchbarste Form. Wenn der Kränke davon drei Por-
tionen verbraucht hat, ist er gewöhnlich geheilt. Mit der Mag-
nesia cfreichl man einen doppelren Zweck; indem sie nämlich
■it der Sfture ein Laxirsalz bildet, fithrt sie einen Thcil nicht
aemralisirter SSure darch den Siuhlgang ab. Es ist unglaublich,
bis zn welchem Grade Atzender SrhSrfe die Darms&nre gesteigert
werden kann. Mehrmahls habe tch gesehen, dafs der After nach
zwei bis drai BOssigen Stuhlen schon wund und sehr schmerzhaft
war, entweder durch Schrunden swiachen den Hautfalten der
Magtdasasm&ndang , oder durch kleine, nadelkopfgrofse ^ helle,
w«Um Bllschen. Die Magnesia wirkt in verschiedenen Körpern
sehr aagleidi. Einige laxiren nach der ersten haltwn* Unze , an-
dre, wenn die zweite halbe fast rerbrancbt ist. Bei einigen we-
oigea, deren Dfirme vielleicht sehr reixbsr sind und die «in«
— 150 —
grofse Meoge Sfiure bei «ich haben , wirkt üe alsobald «iiniii*dit
selbst zu heftig angreifaad; weshalb ich, wo ich so etwas be-
fürchte', lieber erat vierundzwaoiig SluiMleii Aair<m gebe und den
folgenden Tag Magaeüa. äooderbar ist es, dafs die gebraBiU«
Magnesia, ehe sie laxirend wirkt, ein Kochen uqd Lftrinen im
Bauehe macht, als ob Froacbe duiio ibr Wesen trieben.
Bei d«m von selbst eintretenden Durcblitufe, der im ersien
Stadio der Gallenfieber xu gewissen Zeiten nicht selten ist, ihut
AMUttniumj oder Natron gut« Uiensie. Da beide mit der Darni>-
säure kein Laxirsais bilden, so siiltpn «ie den Durchlauf durch
Neutrallsiren der Säure, in sofern dieser nAiiilioh bloüi von dem
Beize der Säure abhängt. Zwischen der Wirkung des Anuu-
tuum, des Aairon und der Magnesia im ersten Siadio def Galten-
äeber sehe ich keinen Unterschied, und weifs keine Vonheile
des Gebrauchs anzugeben als die wenigen, welche ich schon iin-
gegeben. Bei scbmenhafter AS'ektioo der Leber iw ersten Zeit»
niuue würde icb lieber das Ammonium weiden und das A'air^n
gebrauchen, weil ich mir vorstelle, jenes könne die schiHenEhafie
Affektion der Leber vielleicht vermehren. Eis kann aber auch
sein, dals ich mich hierin irre, dals meine Vorsicht auf einem
udgegriindeten Vorurtheile beruhet.
Ehe ich nun vom Gebrauche der Kräb«naugen bandle, mufs
ich noch vorher Eias bemerken. Die Anhänger Stof/i rShmeo
sich, dala sie xnweilen die Galleufieber mit einem einzigen Brech-
mitlei heben und gleichsam in der Geburt ersiickcn können.
Das ist volikomuien wahr; aber hei der i\eutraJisinuetb«<U hat
man fünf Füllo gegen eioen bei der ausleeremten , dafs man
in einem einzigen Tage das Fieber bel>l. Wenn diese Fieber
nun gehoben werden, es sei in einem einzigen THga, oder, was
häufiget vorfällt, in drei bis vier Tagen, es sei dtireb Ausleeren,
oder durch Neutralisiren , so kaqn m^ siqher sein, es blofs und
einzig mit einer vermehrten Aklio« d^r Galleogänge zu thnn ge
habt zn haben.
Bei aolchea epidemischen Fiebern ist aber nur ein Tbeil der
Kranken so leicht ergriffen. Bei einem andern, und zvar nicht
kleinem Theile, sind nicht bloCs die Gallengänge affisirt, sondcni
auch die Leber selbst ist erkrankt. Wenn iiinn also die krank-
haft vermehrte Aktion der Gallengänge gewinderi, der ErzeuguBg
neuer Säure vorgebauet und die vorhandene neulralisirt oder aus-
geleert hat, so äuXsert sich jene Affektion der Leber selbst (wel-
che höchst wahrsehfliaüch neben der vermehrten Aktion der Gal-
lengänge schon bestand , aber im ersten siiinnischen Stadio unmög-
lich sinnlich' eikennbar vorwalten koante) als eine an Itttermittetu
grenzende liemillen». Der lu«nkhafie- Zustand der Leber, von
dem dieses Fieber abhängt, ist weder durch ausleerende MiHf],
- 191 — .
M^ durch laiifSRSMlüige m heben. Hi«r IeiM«t onn die AV«
vwmiea alles, was man wöDHchen kann. Die Tinktur der ßfvx
vmmica vA (wie dieses anch «chon längst von andern bemerlit
worden ) de« Extrakte weit vorxuziehn. Die Gab« war vom
Jabr 1816 bis 19 fflnfniabl taf^ fiinhehn Tropfen.
Dieeer xweiie Zeiirauni der Gallenßeber, welcher mehr in
«■■er vermladerten Gallenabsonderung , aU In einer vermehrten
n bestellen sebeint, erfodert in der Behandlung; bei manchen
Menschen einige Vorsicht, fiei einigen nSailich ersclieint nach
Mefartfigignn Gebranche der KrUhenau^ntinktiir, bei sichtbarer
Abaakne des Fiebers und bei unveikennbarer IJessernng, auf ein-
■ahl bitterer Gesehmnclt , VoDheil dex Magens , verniehrte Unbe-
faagliehkeit gleich nach verschlackter Krüheanugeniinkltir. Diese
Zeichen sind ein Beweit, dafs verhaliene Galle rieh aufs neue
in den Magen eigoaaen hat. Man mufs jetxt abcrmnhis Lau-
gensals geben; aber nnn kommt es damiif an, vorsichtig in sein.
8e bald nämlieh der üble Geachmack: und die Vollheit des Ma-
gens beseitiget sind , mufs man augenblicklich mit dem Gebran-
che des Langenaaltes aufhören. Hier handelt es sicti Hiebt dar-
um, (wie im ersten Zaiiraume) eine grofse Menge sanrer Stoffe,
wemit der ganze Dannkanal erfnilet war, zu nentrali^iren , son-
dern hier handelt es sich blofs dämm , eine geringe Portion sau-
rer Gälte nnacbSdlich zu machen, die wahrscheinlich durch das
Nachlasaeo krankhafter Zneammenzlehitngen der Gallengtlnge oder
der (iailenblaie sioh nachfrfiglieh in den ZwSlffingerdairni ergoa-
■aa bat. Wenn es klug ist, diese geringe Portion scharfer Ga'Ie
MiMebSdlich zu machen, so würde es doch sehr unklug sein, mehr
Laugensniz zn geben als gerade zum .Neuiralisiren der vorhande-
nen SSnre nAthig ist; denn das Mehr wirkt, wie ich oben be-
me^, spezifisch Huf die Gallengange und mindert ihre Bewe-
gung. Dies« Wirkung War im entlen Stndio wohlthfitig Und di-
rekt bellend, bei der nachtrUgttcfaen Gallenerglefsnng aber ist sie
nacbiheilig. Woni soll es führen, die schon znm \ormalatnnde zn-
räckgebraohie Aktion der Uallengünge noch mehr zn mindern t So
bald man da«, was gut i^it, verbesttern will, verdirbt man es ge-
witfanlieh; dHram mtifs man das Laugensniz in sulober CiMbe rei-
chen, dafs es nichts mehr th»n kann, als ehetnlscb anf die Santo
einwirken. So gegeben wirkt es wohlthSlig, und ans der aicht-
lieb fortacbreiieuden , raschen Besserung, die einer solchen nach-
tiigliehen Qallenergtelirang folgt, kann »an sieb dann Oberten-
gen, dafii diese «weife Gallener^iefsnng ein ganz anderes Ding
sei, als die des ersten Zeitraumes.
Die Vortichtsmafaregel , die ich hier in Betreff des Lau-
gensslzes empfehle, paftn anob ganz auf die Gelbsucht und auf
die vielen A.lMtnfungen dieser Krankheit, welche -weder int ge-
. — IW —
««inen Leben, ooeh in der imlichen Kntskk^iildir« einen be-
sondern \amea bekommen haben.
Bei der aoBgebiMeten Gelbgucfat bin ich soent auf die Eigen-
schaft des Laugensalzes, die Aktion der GallengSnge %a minder
anfinerksani geworden. Hier irifi't es sich bekannilicb aneh saweile%
dafs, wenn die freie Ergiefsung der tialle in den Zwölffingefdana
durch zweckin&fsige Mittel wieder hergestellt wird , dann aogleiek
mit dieser gGnsligen Veränderung Unbehaglichkeit in den Prftkor-
dien, und eine Vennehrung dieser Unbehaglichkeit nebet bäufigeui
Aufstofsen gleich nach dem Einnehmen der vorher gani wolthneiiden
Mittel sieb seigt. Wenn ieh hier Natron reichte , so veraehwan-
den diese ZufiäUe. So bald ich aber aas übel berechneter Voi^
sieht gelbiges etwas länger gebrancben liefs, als genan sur Ent-
fernung jener Zufälle n&thig war, so sah ich xu meinem Ver-
druase, daCi die kaum sum Xormalstande zurückgeführte Aktion der
Gallengänge sich krankhaft verminderte, itr Harn dunkW geOrbt
und der Kolb wieder grau wurde. Anfänglich schrieb ich diesen
Rückgang sufSIligen, mir unbekannten Umstanden su; die Felge-
zeit hat mich aber gelehrt, dafs er blofs dem Uebergebrandie de«
Natron zoniscbreiben ist.
Aufser dem Autimonio und den Laugeatalzen gibt es be-
kanntlich noch manche andre Araeneisubslanzen , welche die
Aktion der G&llengänge mindern, selbst gesunden Menschen, die
etwas reisbare Gallengange haben , graaen Abgang verursachen.
Zu diesen gehört unter andern der Mofan«aft, weshalb ihn aneb
SyMui beim Gallen&eber anwendet , obgleich er sich auf seine
Weise eine ganz andere , uns heut xu Tage wenig ansprechende
Erklärung von dessen gniea Wirkung niacbL Laxirmittel , 'als
rofifsige Beize auf den Darmkanal angewandt, vermehren die
Thätigkeit der Gallengänge; wird aber der Darmkanal etwas
feindlicher von den LAxirmiUeln angegriffen , so bewirkt dieser
-..Beiz eine Verminderung der Aktion der Gallangänge, zum wenig-
sten eine Yermtaderung der Gallenergtefsung in den ZwSlffingw.
darm; (welche letzte freilich eben so gut durch eine Zusaiamen-
ziehung der EinmQndung des gemeinsobaftlicben Gallenganges kt
den Zwölffingerdarm, ab durch eine verminderte Thätigkeit der
Gallengänge überhaupt kann bewirkt werden ). Die gnte Wir-
kung der I^axirmittel beim Gallenfieber, welche die ausleerenden
Aerzte, nicbst den Brechmitteln, besonders rühmen nnd. den Kran-
ken stark damit znsetseo, beruhet nicht blolz auf der Aualeentng
schädlicher Stoffe, sondeni, aui^ hauptsächlich mit, auf der^ die
krankhaft vermehrte Thätigkeit des gallo nabsondemden Organs
mindernden Darmreiznng, welche die Laxirmittel veniraachen.
Wäre dieses nicht so, so würde auch die Heilung der Gallenfie-
ber durch Dannansleeningen unmöglich sein; oder wir mülti^
— 153 —
4flB Bmeb Am MeofekM ah rine blofn Sditiiidgnibe ansalm, die
wir Dir KU fcg«a braaokten, nin deo KrankeD xu heilen. D>
■■■ sber di» Sllrk* eiara Duinreliei etwas sehr Helxtives
ist, und die Wirknag ibeils von dem Grade der Reiibarkeit des
tfeanakaaBlS) llieils von der der GallengSnge abklagt; so ist Icickt
waawaeha , dafs das niaiticlw Mitlei ia verschiedenen Kärpeni
ganx rersehiedeoe , nnm^licb vorher su berechneade Wirkuag
babea oad diese antagoaiftiscfae Ueiiatt, wie alle aadre antago-
■i^seke Heilanan, uasicher sein ainsse. Sollte nna aber jeauiod
an der die ThOtifkeit der Gsllengfinge miademdea WIrkang ei-
nes erasthafieD Darmreiies iweifela, to eriaaere ith diesen oar
an das VoiUofefalaiSnni jener Halirea , welche den gaoaen Darm-
kaiui eigreiha, (die Mastdarmrahr hat keine Voraeichaa; sie
überflÜll pifttxlicb). Gtaoer Koih ist ja das siefaersta Zeieben der
nahenden Rohr. Za solcher Zeit ist die erkennbare Darmreisnng
noch ansdieinend so Mfilsig, dals kanm drei oder Tier breiige,
kathiga Slihla ia viernndzwaiuig Standen erfolgen, uod eia Un-
erfahrner Icaum Mwas BSses ahaen sollte. Bm den einfacheo
Dardifolle , wcleher saweilen anf eine Erktitung des Körpers
folgt, kann man sich auch von der Eiowirkung eiaes Üarmreiaes
■nf die Galleaglnge Sbemeagea^ besooders ■ bei etwas rrikbarea
Lebam nnd wenn der DurcfafaU schon ein paar Tag« angn-
kaltea.
i^ fragt sieb Jetit: welches ist der wohltbatige, bellende Grand-
atoff in der Aitr vomiemf Die Leser werden unbedenklich sagen :
das Strycbnin ist es. Indossen, werthe Leser! die Sache ist noch
aO'ganx au^cMacht aiehL Dafs da* Sli7efanin Wiriinng anf den
Kdrper habe, ist keioem Zweifel nnterwMfen; ob eher die nn-
mittelbar wulthitige Wirkung der Akr tMMica anf Leber nad
Darmkannl von dem Strjchnin, oder von einen andern nicht fait-
tem Grundstoffe abbange, daröber nttssea noch aihere Untersu-
chungen angestellt werden. Was ich darüber erfahren, werde
ich, so unvollkommen es au^ ist, tren den Loser miltheilen.
Vor mehren Jahren, da hier ^ebirnfieber berrscblen, ich die
wohllhtttige Wirkung des Tabaksgeistes aaf das erkraakte Gebim
obd Rückenmark erprobte und mich üheneagte, dals der Exlrakt-
Uvatoff dos Tabaks in seiner Witkung von dem dorch Wein-
geist aasaiehbaren and dastillirbaren Stoffe verscfaiaden sei, kam
ich anf den Gedanken, auch einen KrShenaugengeist bereiten an
lassen. Ich war n&mlich anf Fälle gestolsen, wo der bittere Stoff
der KrShenaugen von den Kranken übel vertragen wurde, ob-
gleich ich nach meiner Erfabnuig nrthailen malste , dafs gerade
in den Krftbenangen das Heil des Kranken stecke. Wenn man
also, dachte ich« den Mgentlicfa wi^lthätigen Grundstoff durch die
Destillation von dam bitten scbeiden kSiut«, so uüiae das eine
— 154 -
gnr gnte AraeiMi werden. Der Gerät war Imld destiUirt, mber m-
fiel so g;e8chmHck(os ans, dafs ich, auch bei dem beMen. (ülan-
b«n, nicht wol hesontlere Tuenden !n itini inchen konnte; er
bfich also nni>ennixi in der Apoifarite stehen. Lange Zeit nadi-
lier sollle ich eine geringe Fraa Ton einer sehr heftigen Kolik
befreien; diein, «b ich gleioh mein Besieg tbat, »o wollte sieh
das Ding doeh so nhel maehen, dafe die Fraa, an ihrer Geneenng
versweifelnd, sich znm Tode anschickte and den Notar ond Qeisfr-
liefami rufen liefa. Ein Trank ron Krfilmnaugentinktnr mit stin»
kendem Aaant, den ich selten vergebens in einer solchen Kolik
anwende, halte hier auch seine Hülfe versagt. In diesen venwei-
felteta UmstftadeB fiel mir mMn veracbteter KrSfaenai^engeist wi«"
der ein. Well ich aber seibat keinen Glauben daran hatte, itabn
ich die Gabe etwas reichlich, nlmlicb eine Unae mit sieben l}o~
aen Wasser gemischt, und liefs die Kranke von dieser Mist^aag
jede halbe Stunde einen EfslSffel voll Tersefalackea. Nachdeai
drei LAfTel voll verbraueht waren, liels die Heftigkeit des Sehmep-
zes nach, nad nach rerbrauchler Hftlfl« d«a Trankes war Jede
Spar des wahrhaft gefahrdrohenden Uebela verschwanden. HtH
ich diese Erfahrang gemacht, habea mehre Jahre Gdtimkianb-
heilen und solche Baaohkrankheiten geherrscht, hei denen "weder
die Tinktur, noch der Geist der Krihenaogen fafillireich sein koon-
le. Ich hatte aUo nur selten Gelegenheit , mich zu BbeneogeB,
iat» der Geist der KrShenangen in solehen Fftll^ von Leber-
tind Darmleiden hfilfreich sei, in welchen die. Tinktur aiebt hlob
vergebens, sondern «elbat mit Venchlimmerang gcbraueht ward«.
Im Jabre 1829 habe ich endlich hinreichende Gelegenfaeit gefuiK
den, mich von der WiAriieit meiner früheren ErMirungeo z« ver-
gewissern. Ea «elgieu sieh nimlich im Frühjahre des besagiea
Jahres, nachdem fast ein Jahr lang vorher ein Crleiden dea
Plexta coeiiad geherrsehl, welches mit Bttiermandelwasser molste
geheilt werden, eine Lebei^mnkhelt , die mit den früher erlebten
wol einige Aehttlichkeit haue, aber doch auch wieder himmelweit
von ihnen verschieden war. Die GalleagKnge waren allerdings
krankhaft ergriffeo; das konnte man aus dem galligen Harn sa-
hen, der Euweilen blois goldfarbig, öfter aber diinkeibraon war.
Sehmerzea in der rechten Seite und in der Herzgrube waren aocb
hkufig Geßyirten dieser Krankheit. Erschien sie als alrates Fie-
ber, SD war ihr Auftreten bei weitem nicht so stürmisch als das
des gewühnlichen Gallanfieben. Dm Kopfschmerz war mltbig
und verschwand in ein paar Tagen bei dem Gebraocbe dienlicbei'
Mittel. Bei denen, welche sich erbrachen, konnte mun sich
überzeugen, dafs der Magen und das Duodenum keine krankhaft
sdtarfe Stoffe enthielten. Uebeibaupt bestand die Aftektion der
Galleagftnge bei diesea Fieber offenbar nicht io einer vermehrten
— t» —
ThStigkek dcraaBwii, ebMi lo wenig In einer vermehrten ttai qwor-
litariv vcrtnilenen ÖaUembaonderang , aondern es war vielmefar
«m Affektioa, welche lu i«n aniKMigen Abstfifung«a 4*w (ttl^
ncbl gebone. Wirkliche GaUMnchten habe ich den gamen Soiu>-
wer Mir swei sa bebamMn gehabt.
Bei den - etMen Renen Fieberkianken , «Ke ioh im Fröhjahre .
■ehe, war DnrcUaof, und bei ein paar hefilg«r Untdilanf der
berrorsiecbende Zufall. Ea war ein von der ABclciion der Letter
geradem abhängender eonaenaaeUer Darahfsl). Kin wenig biiiervr
(üeaehnack bestimmie mi«h, das Xaiion ana^wenden; allein, •]>-
gleich der bitlere GeadHuadt dudnrofa veraefawand, lo wurde doeh
der Durchtaaf Termchri; znai Beweise bI<d, dab dieser geringe
bitlere tiescbmaek niofat von an bertiekaichiigenden aasem Sloftien
herrühne; dann bei den frühem Fiebern hörte der van aaiiren StoF-
fen entatandeot Dmrcfafall heim Gebraac^ dea IVatrona gar bald
aaf.
lab veranebte Jctai das Sebellkrant , äbeneugle mieh aber
bäUd, daf« e« daa wahre Uiiiel nicht aei. Der Durohlaaf wurde
dadurch vermehrt, der dunkle, gnlliga Harn noch dankJer'; und
wann iah. auch die 8«ibellkraultiaktur in gnna geringer Gabe reichte,
imt ombiacbeni Gnnmii und Oal veiwkpht, so wurdm doch die
besagten ZuMle and das gaaxe Bdinden des Kranken ebet sehlim-
HMT als besser.
Die Krähesnagentinklnr that etwas bessere Dienste; dt^
Kraaka fühlte sich erleiehiert bei dem Gebranche, aitch wurde
der Uain blasser, abe> des Durchlauf vermehrte mcb, selbst wenn
iah die Tinktur tu gar geringen Gaben reichte. Alles wob) er-
wägen, schien es mir am klügsten, den Krühennugengeiet an ge-
ben, and ich überaeugle mich auch bald, das wahre woblihHlige
Ueilmiitel gefunden an liaben. Nan sana ich darauf, ob niefat
der wolilifaäiige GivDdttoff ans dmt K«Bhe«aiigen noch besser darch
Wasser mit eiaem aebwachen Znaataa von Weingeist noaanaiehen
aai, als dareh blolaeu Weingeist^ leb halte micb auch in meiner
VenuBthang nicht geirrt; denn das geistige Wnaser, von solches
Stärke bereitet, dais ein Pfund Krfthenangen anf riw Pfuad des
Deadllala komiiM, leistete wirUiob sdlas, was laan von einem
gntea Hmlaiitlel veriaagen kann. Der Lerier mulä aber nickt den»-
ken, ak kÖane maa dieses Wasser, weil es wenig Gesdunaf^
hat, in starken Gaben reichen. Ahgaaeben duTon , dafa Krankhei-
ten emdninen lännea, in walehen giMifim Gabea vielleicht treffliche
Dienste leisten, wird man die bette Wiricnng sehen, wenn man
aieht fiber awei Draclimen in vieraadzwanaig Standen gibt. In
den meisten Fftllen habe ich nur füufmabt tags dfeilsig Tropfea
gerecht, welnbes ein wenig mehr als eine Drachme ausmacht.
Die Fieber nun, von denea ick eben spreche ,' veitadenen , wie
— 156 —
M nni SoMnw kam, ihre ZuOHe, duie JmIocIi Ihr* Nalw nt
verftodera. Mit dem Darchfalla halte umd min nicbl xu fechte«,
aber man hatte ea mit einer adtaanen Verbiiwlnng au ihnn, waU
«he sie mit iea gewöhnlicheo Somiuerwediselfiebeni eingingen.
Biti einigan Meoschca entatand aus dieaer Verbtodiuig «ffeBbar
MAe Kusammeageaetxte Krankheit. Bei den neiMen aber warda
daraoa eine ein/acbe, näailiGh eine Leberaffekrion mit «iaer eon-
aanaueUea, die oBroIlkemmene Form eines Weebielfiebers anneh-
menden Affeklton det GesammtorganiamiM. Unter lebn Menseben,
die angeUich mit bdaen Weetuelfiebera behaftet waren, genaaen
gewi& aieben U«& dorob daa Wasaer An Krihenuigen. 8ieb
aelbat SbeiiaBien, fingen diese Fieber oft als Ttrtiaxa, aeltner
als QßptidiaMa an. Die Iniermiaaton war nie gaax rein, and Statt
dafs bei eiafnolien Wecbaelfi^iern die Intermiaüoaen immer rei-
ner werden, geaebafa hier gerade da« Gegentfaeil; nadi acht, «dar
nach aehn Tagen ging die Tertiana in Quotidiamm über nnd dis
unreine Qftotidiana wnrde gar bald an einem Fieber, daa Mit
dem Weehaelfieber gar wenig Aehniichkeit hatt«. -~ Bei einigen
«ntaland ana dw Verbindnng de« Marhl »tati»mttrii mit den Soni-
merfifllMtm, wie eben gesagt, ein xnsammengesetater Znstand-
Hier konnte ich mit dem Krlheaaugenwaaier wol die I^aher miM
Nornialsiande bringen , altar nicht da« Wechselfieber haben ; die-
ses wurde aber durch Heilung de« Leberleidens rein in aemar
I»lerMünoH, nnd eignete sieh also besser anm Unterdrücken
darch die Rinde. Bei einigen fing das Fieber als C%»tiMm» ra-
miUeMi mit vorwaltendem Leberleiden an, and wenn anf dan G»-
braneh des Krtthenangeowasaers Bessening eialrat, $o erschien
ein Wechselfieber in reiner. Form, welches nicht mit Krtthenau-
gcn konnte rert rieben werden. Bei dnn Unterdrücken solcher
Wechselfieber richte ich mich nach dem ffame der fieberfreien
Zeil; ist dieser dem geanndbeiisgamllfsen gleicfa, so kann nun ea
frei uniardruoken. Aber, wie gesagt, nach einem nngeffthren,
doch gewib nicht aariebligen Ueheracblage , konnte ich von Ktha
angeblichen Wechselfiebem , aieken blofa mit dem KrihenangMi-
Voo den awei eiaxigen Gelhanchtigen , welche ich in diesem
Sommer an behandeln hatte, ist noch merkwflrdig an baricfaten,
dal« eine dieser Gelbiochten nnter der Heilgewalt des Krfthenau-
genwassers, die andre unter der, der Schellkranitiakliir stand.
Der erste Fall ereignete aiek bei einer in der aweiten HllAe der
Si^wangencbaft sioh befindenden Jongen Fran. Ein Erbrechen,
welcbea «war nleht heftig war, wodarch aber doch alle Nahnings-
mittel nnd Getrtnbe, sobald sie in den Magen kamen, ausgewoi^
faa worden, und welcbea nicht ron der Schwangetachaf t , sondern
von der LebemSiektiim heirOhrta (denn sie hatte ea vor Eintritt
— 187 —
4v faHiwclH nid« B«habi) «Ülie ich erat ■!! WiMMth, and m
■dUle ilefa l«icht. Daranr gab leb fBnriwihl tiifs ftinfufan Tropf»
KrlfaeMHganwHWr. Dia Wiika^ wv m giit, dxli iefc schon
naeb ri«run(lKwanxig 8tm«lea ms der FkiIm dM Haravs die Beo*
■eraog Mrknmilc. Di* Heilyng folgt« ueb ngclMlUg and schaeti,
dflon di« tielbMcht war gaai am. Di« mw«h« Kmnlce war «bca-
falb eiae jang« Fnn and die Kraakbeil nea. Darin fand liafa
ein Lloterscbied, dab di«ae Fran nicht tchwaagcr war , lich nicht
erbtacb, and, ibrer Anaaga nach, bni KW«i Monaten allerlei Baacb-
baaehwerdan, jadacb NMbt llatige ak tduMtshaAe gehabt. Sie
rerhraacbie awei Uaien da« Kdlbanangemwa und die Galb-
racht wurde eher icblinnier ale heaier. Daraaf gab ieh ScbeH-
krantlinktar; dl« Beaaerong arfalgte biüd nnd Mlirilt ragelMJfcig
bia lur ToUkoMinnen HeJlung fort.
Was iat nan daa Abstrakt Meiner Effahrang 3ber Kribeoan
gen mmI SebdHtraat.' — Es gibt beatlMMt awei krankhafte, aber
nicht dareh Zeichen antencbeldbare Zustttnde in der Leber, de-
ren einer naler der Heilgewalt des ChelEdoninnia , der aadere na-
ter der der Kr&heoangen stellet. Diesen Satx halt« ich für
wdbr; atteia di« Frage, ob di« KiMenangenlebeikraakheit
aweietiei AR sm, also, da& eine anter der HeilgeWalt des flüch-
tigen, destillirbaren Gnindsloffes, dl« andere unter der, des bitte-
ren, Unflüchiigen steh«, di«se Frage halle Ich bis jeixt für un-
beantworthar, and zwar aus folgenden Grfinden. Wenn man
MiAnanft Hit einen Abfibraagsmiitel verbinden wollte, so wür^
de, je na^dam der Grad der Reiabarkeit des Oarmkaaris sich
verhielt«, entweder die Wirkung des Mobnsaftes, oder die des
Laxinntltels vorwaltea. Eben so verfallt es sich auch wabis
scbeinlieh mit allen Mitteln, «elcbe einen doppelten Grundstoff
haben. Im Jahre 1816 und in einigen folgenden Jnbrwo ist viel-
leicht die Reiabarkeit der Leber nod d«« Magens weit geringer
gewesen. Der bittere Grundstoff der Nmx v»miea kann damahla
die Heilwirknog des Aüebtigen blofa nicht beeintrftcfatiget , der
flichtige aber gerade der eigeailiofa heilende gewesen sein. 8pA-
t«r wirkte bei einer eriiSht«« Reisba^ait de« Epigastrinms der
bittwe Grundstoff feindlich, die Wehlihfitigkeit des flBehligen
gans oder anm Theil aufhebend, nnd sinfsle deshalb von den
fliicbtigea geschieden werden. So kann die Sache «ein, sie kann
aber nach anden sein. Frübar kann d«r bitt«re nfiflüohtig« Grund-
itoff, spUer der unbiltere flü^itig« Il«flmiite1 gew«sen sein. Wer
kann es wissen! — KSnut« ich zehn oder xw5lf Jahre wieder
surückgehe», so wollte ich bald Gewifsheit in dieser Sacbe ha-
ben; aber Jetat mafs ieh waitm, bis «innahl wieder acH-
ehe Leberkraakheiten hanrsdieB, bei welche« di« Kilhenai^B-
liakiM h«(lawu tat, dann iKfst tiah du D'mg löcbt HMIdi-
Seil 1»29 bis 183S habe ich hanfig eelegt-nbait gdiabt, daa
KrtthenangaBwasBer bei hemdiMideD Knwkhoitea «i erprobeB;^
alles aber der Lftage nach an enlhlen, wGrde in weitlS>ftig and
MI weaig belehraad aeio, ich wvrde al«o aar eisiger praktiaobea
biaiea gedankto , deren maxt bei dem Gehraacfae deuelbtn nicht
eaibehrea. kann.
Beim eonsenauellen Ijuatea, der von einer Urerknwkung der
E^er herkomMt, mnfii man ei -nie aläcker ala an IS Trepfen
für die Gabe frinfauhl l^ reäibea, md jedaanmbi mit einer kel-
bea Taeae WaRSer vcD-niiaebl. Solcher Hatten ekoniaciier Art
siehet man bei gastrischen Zeitlftafcn vir4c. IVieht selied ist der
Husten der einzige Zufall , durch des aiefa die LebarerkreakiHig
•) Vom Jahrs 1839.
Badlich Ua icb M dir VtkenBugtat Hl»«* , dkh bclda Prijwnt« dar
Broctanra , dit TineUr end dM Wataar , Rrgca swei veneUvdemrIlfa L*ter>
krankheilea UeilmiUsi liBil. 1b SoBmet- dci Jabrw 1838 war der Marbat
tl^lianariui eine Lebcrkr«Dkheil , wt-lche uDtir d«r Heilgewall de* Breehosh-
wMier* tland. hn SoBmer verSndcrte lie lo Hira HatDr , dafi lis onler dis
der Tioktar tat. Bet dieier iptoleo Hrankbelt war aar in aollflaeB nHaa,
■elbat wsna tie alt akatM Fiafcar «raaibe , recalwlilnf« GriUaiUtad—ag
vorbaiden. Dm Fieber war Conlinua rtmiUtut DPd iwar uit recbt dcilli-
ctaeo ReBiMioucD , Jeducb oicbt mit lolcbea , dsfi bbd lie an IntcrBiiiioDca
grcDiende bK[le pcnnfD kÖDoen. Die ExnzerbalioneD keinen meist TrBh each-
nitUsi , lettDcr ronnllta^. Der Hara war neftt frfiK oad geK, Mlt«i
bfMD uDd klar. Saitaaataefcai war «eir geBda. Der GeMMBlnasHnsM
bebad »lab Im Iiidiff«raaulaada , «omoI bei dar ■knUn sla b«i der «hrgBiaelua
Purtn ; man brancbte alag nar dia kranke Lebar getaud ed niacben , lo uaebU
luaa den gaoien Heaacbea geinnd.
Ich bebe mirb dqd voUkommen überzeugt, dar* da« Srrehnpfiwesier nicht
diB Biindeet« ReilwiriLBag In diäter Laberkraakbeit iartarle , wader ia kleiMoa
ai>M ia gtSberaa 6ab«ii saraaebt; aber die Tiiiklar leiatol« alle*, wa» itM
i'vrlaoEaB koanle. Jedocb , welcbe Vvracbiadenbeit, biniiihllick der Heiliabi!,
zwischen dieier Leberlcraukbuit and jener, die in den Jabreu IS bii Iti herr«ch-
lel Damahl* gab ich 13 Trupfeni S buM toRt , aiio 75 Tropfen als Ta;^
gäbe; bei der JeCzifea Krankheit beiland die Taggab« ia G bia 10 Trepffn,
die iak bek aHvk«! SaltMttMteD nad tUrtTorwalleadoB aaaanKBlIaB Bratt-
leidan bU S Uann UaBBlaaKaB^ ganiaobi atdadlieh tüfalwaiaa oakB^lieb ;
ja ttärker jape Znlllle waren , um is terinKor naftte die Gabe aein. Weaa
die Leberkrankbeit nicht uU akale* , londern als tchlaicbenües Fieber aullrBt
gab Ich S mahl tags zwei Tropren in einer halben Taase Waster', and weil lieft
swei Tropfen oiehl gnt ti^phln , landern hiebt nehr Tropfen aal deu FISiob-
•hea lanfaB , diaaea Hvbr aber tet ipaaeand« , oder iiitfiiaaiibai'iiiBilii fia-
tühl in deni Bplgaalria cb«r rentehrte alt TerBioderte , a« bin ich aof den
gaDi einrachan Gedanken gekomnen , den KniDkea , oder eiu rerttündigei Glied
der Familie alle Morgen die ganze Taggabe, zehn Tropfen, mit drillehatb
Tnssen Wataer mischen la lusen , wovon dann der Kranke fiint mahl Ugi
eine halbe Taeae Mhn. Diese« ging ««Ar gnt , well aiab 10 Trepfen beiair
iSUaa a|« iwej.
— IM —
nnatb ; eiao iit m »Utk DimtBiid n reriiahen , iaS» mk denul*
bra fir «Ben Uoften KnlarrbMlfaiHlcn h^ Die mebteD Mao*
Mken w« int Mittlea und ualeren VollublRwe «icbto ent dum
Hilf«, WMUi üebibare AbnwgeniDg iem Kör[»en, un4 eine gar wi
l^ige DkBer ih»eB 4eii HuM«n verd&okiiget. Gvwftkalioh wl er
mckea, nur mit gerugem Awwiirfe sines klaren Sdileiw« ge-
pHTst; zuweilen werfen aber die Leute viel ans., und der
ü^leim IM dwk bmI gelblioli. Dieser Unteracbied w)r4 wol von
4er Teschiedenen EigeMhri»Uchkeit der Kärger und vun den ver-
•eUedenen Grade 4er Heilbarkeit ibrer Langen abheagea. Sol-
che* die iräber oft aüt KatwrhaUwBteD geplagt, die Heilung
tieudfcoo bledii der Namr überbuwn haben, bahalieo, wenn die
n^tnr Ungsain in ihrer Heilung geweaen, gewöhnlieh eine kmnk-
hn&e Rwibnriceit der Lunge. Wird nun diese La^e >pi((w durch
ein Urlebwrleiden eonsenenril lum Haste* aafgeregt, aa «iahet
MUi Eiaehünnngen , die man na uiindar raisbaren Lungea niebt
aiebet.
Im Al^^eminen kann man annebaien, dnfa liefai EinailbnieB,
Tnbniu-, Holx-, oder Kebleonucb den canwnuKlIeD Husiei»
nicht nofrogt, Ea gibt aber Auinah«en von der Reget, die, wie
d*r SebieiniMiawiirf, .von dem dgeMhümliohan Grade der Heia-
bariwit der Langen abkaage*. Ainn mufa alao niebt von solchen
AwnnbntifQ fiaga auf ein Urleiden der Lni^ aebliefeen , ^eich
an Kaeten, Eititrbealan and Geschwüre denken. Solche vor-^
wituge Schlüsae haben wabrUch aanctien Kranken Leib und Le-
ben gekoatM: diene Kcanken waren niebt Uagciuiichtig , da sie
aan Arst kamen , ijMr «ie werden ea, weil der Aizt sie dafür
hielt und nach dieser faUahen Ansicht die Heilung versuchte.
Uehrigens muiä sich aber keiner yortiellen, rIb üefse sich
ein nlier cnnsensnellec , von ei*er LeheretkiaBknag abhängender
Huatea in vier oder fTmf Tagen durch das KitbeDBiigenwasHer
heben. Solch alie Dinge hebrn aich lucbt s» schnell; iah bin
schon snfrieden, wenn ich bald Besiermig sehe, deaa was bee-
aerl, da« wird gewöboiicfa durch den ferlgeaeuiea Gebranch des
Miuela , welches die Besaefniag eingelpiiet , gMS gutr
Ich habe aeit 1829 gar manche Menschen vom conseusnallen
Husten durch das einftiche Kiähenaugen- oder ßrechnufswasser
befreiet, welche schon vergebens die schulrechle Kunst in Aa-
spncfc geaaiMmeo. Meine Meimng ist nbev nicht, ata kihnie
man an jeder Zeit aHe eepemsaeHe , ans der vpafkranktea Leber
■priefHnde Httaten dwrch Ab» nümliche Mittel heüen; ich gebe
vMmcbr meinet» jängenen Lesern feigenden Htaih. Sie mäasen
bei allca verkoaim enden aonsensnellen Husten steh stierst ia der
ViM den H«U«*itinU nach der «pldemlsehen Conarituiivn riohien
(ifb aehme dtoscit duisdnick inv reindriahnuigaftntliehen Sinne),
— i60 —
lind eonMnnidl« Hsttva, wem 8ch^kniadeb«rkranklMftan land-
glngig, darefa geriag» Gabsii SehaUknatdBktar, wenn &«eh-
nnftleberktsnkheiiBB landgSngig, dnrch KriUtanmgeHWanMr an-
greifen Jt. %. w. Allerdinge Tcrttadero loldi« Lebererkninlningen and
die davon abhangeadeo HnMan, wenn sie lange in einem Körper
geneilet, xnweilen ibre Naliir; an« der Sekellkrauikninkheit kaan
eine Franeodistel-, oder Quauiakm'nkheit werden, und amg»>
kehrt, aoch aus dieser jene; das mnfi man wol bedenken, aber
doch nicht die Ansnahroe mit der. Regel verwechseln.
Nun noch ein A^'ort vom eonsenanellen Durchlaufe. Wo die-
ser voD einer Urerkrankni^ der Leber abfaingt, mBsaen alle Lo-
hermilte] in ganx kleinen Gaben gereicht werden. Da das Rrech-
nnfswauer wenig Geschmack hat, ao dachte ich anfangs, bei des-
sen Gebraoch sei diese Vorsieht nicht M sehr ndthig. Das war
aber eine Bethörang, die mir noch von der Sdiole anhing; im
Jahre 1829 wurde ich davon gelieilt. Ich wurde so einem Man-
ne gerufen, der von dem damahls herrschenden Leherfieber nn-
gewSbnlieh heftig ergriffen war, and schon am aweilen Tage der
Krankheit, wo ich ihn sah, den Beginn eines coosenaaeHen
Durchlnufes halte. Ich verschrieb ihm einen Trank von einem
Skrupel Traganth, «cht Unaen Wasser und swei Dradimen Breeb-
nnfswasser, davon nahm er Mfindlicb einen UifM. Am folgen-
den Tage war der Dorchlanf vermehrt ; Ich vermiodene das KrS-
henangenwasser am die Hälfte. Am anderen Tage war der
Durchlauf noch wie er gewesen; ich vermtDderie die Drachme
um einen Skrupel, dm* Durchlauf blieb. Nun setxle ich nur einen
einzigen Skrupel zu den acht Unzen Guninriwasser, und siebe!
der Durchlauf h9r1e gleich auf und die Genesung erfolgte rasch.
Seitdem habe ich da, wo ich es mit veratHndigen Leuten an
thon hatte, diesen das Brechnnkwasser pur verschrieben, und
sie davon 4 oder 5 mahl tags 6 bis 7 Tropfen in einer hal-
ben Tasse gemeinem Wassw nehmen lassen , nnd suar mit
überraschend günstigem Erfolge. Roben, oder leichtsinnigen Men-
schen, die zum Tropfenzählen nicht langen, gehe ich ihre Tag-
gabe in einer Flasche nit Gummiwnsser.
Zusats vom Jahre 1836.
Eine 1836 herrachende ll«berkraokbelt stand vom Anfange
des Jahres bis zum Monat Jnnius unter der Heilgewalt des Frauen-
distelsamens , trat dann aber unter _die des Safrans. Ueber die
Heilwirkung des Safram auf die Leber ist nnicre Literatur (so
weit iob sie als Ungelebrter kenne) arm; man Iwt mehr von sei-
ner WirkoBg auf die Brost und auf den Kopf gefabelt, als seine
Lebtriieilkraft eignfindet. Da idi nnn ror mehr denn 30 Jahran
— 161 —
ihft BotsloB in BniM- und Kopfleidea fcbnmeht, lo witr er b«i
»ir gm in Varacbt gekoimnen. Der gemeioe Mnon mag den-
■elbeo SKwailen beilMoi in der Gclbradit befund« baben, denn
vor vielen Jahren «nflblle mir eine at^ibare Fran, aie aet einat
roa der Gelbaucht, welcbe ein verslXndigei- und erfahrener Arat
■ut awei iMonalen vergebena bekani|>fi, durefa eiseo Au^fa dea
Safnna bald befraiet worden, nnd dieaea Mittel habe ihr ein
acklidiler Landmann geralbea. — Mich hat aber wader dieae Er-
«Bblnng, noch Cr«ltäu, der in aein« Schrift — De »tgnaiurü
imtermi» renm — den Safran als Gelbauchtheiluiliel angibt, auf
die Leberbailkraft deasdbea aufjuerkaMu gemacht, fondem ein-
aig ft^^nder Zafoll.
Zu der Zeil, da der Fraaeodiatelmmen anfing, «eine Heil*
wirfaiog an veraagen, ich alao andere Hülfe aucben mnfste, be-
Minirolea micb einige Encbeiaungen der Kranltheit, da* Quaatia-
waaaer xaverauchen. Ich tah von diesem awnr wirkliche Heil-
wirkung, aber doch nicht eine so rasche, als ich sie verlangte,
und all sie, nach meinen früheren Beobachtongen über dessen
AVirknng an unbeüen, hätte sein müssen, wenn die Krankheit
eiae echte IjnaatialeberkroDkbeit gewesen wfire. Da ich aber
nichts beaserea wiifste, so blieb ich vorlänfig dabei. In dieser
inrsen Zwiachenxeit der Halberkenninifi bekam ich hier im Orte
einen COJIhrigen Mann au behandeln, den die Krankheit als aku-
tes Fieber mit eonsenauellem schmerahaften Bnislleiden, Husten
■ad bjuiigem Auswurf ergrilt'en halte. I>ai Qiiasatawaaser ver-
beasene allerdings den krankhaften Zualand , aber die Bessernng
machte sich doch langsam. Nach acht Tagen fragt mich der
Kranke, oh ich dem Qaassiawaaser, welches anfange, ihm wi-
drig an werden , nicht einen etnas anderen Geschmack geben
bSaael — Ihm willfahrend setze ich, wirklich blofii in der Ab-
sicht , der Arxeaei einen ander» Geschmack und eine andere Farbe
xa geben, einen Scrnpel Safrantlnklnr lu vier Uoxen Qiiassta-
Wie uiirde ich überrascht, da ich die herrlicbsie Heil-
wirkniig von dieser Mischung sah! Durch Vergleichnng mehrer
FlUe erlangte ich gar bald die IJebenengung, nicht diese Mi-
achaog, sondern einzig der Safran in dieser Mischung sei das
wahre HeÜmiiiet. Begreiflich habe ich nun den Kranken blofs
Safrantiaktur gegeben, und ihnen eben so gut und rasch gehol-
fen, als in den vorigen fünf Monaten durch den Frauendiatelsa-
men. EInaelne f^lle anzuführen, würde tu weitlSnfiig sein, je-
doch kann ich einen einzigen nicht ganz, übergehen. Mit diesem
waren consensuelle Dannleiden verbunden , die die Form der re-
ihen Ruhr vollkommen darstellten , nämlich , Fieber, Bauch- ,
Bchmen, Sluhlxwang, Entleerung gana kotbloser, schleimigbln-
liger Stoffe , und EcbroCben. Diese Dytenitria hepatica heilte
— 182 —
sirb gani ^mBchlich durch kleine Guben SkfraiHiRktar , weil aie
consensnell von dem durch Safran heilbaren Urleideo der Leber
abhing. Hfille mir vor 30 Jahren der Zofall die Leberheillcraft
des Safrans so deutlich vor Augen gerückt als jetat, u wüide
ich vielleicht, in meinet damabligen bücherlichen Befangenheit,
diese« MiHel als das höchste Hepaticum in einem Journale an*-
gprufen, ja ich wurde wo) gar die Aente für blinde Meoseben
geballen haben , dafs aie dem Safran nicht schea lingit vor allen
andern Leberiiiiileln den Preis zugestanden. Seil mir aber Para-
celsus die ratioDelleropiiiscbe Brille zerbrodien, ich also aüt
hiofsen Augen die \atur beohaphtet, ist es mir deutlich gewor-
den, dafs man keinem Organ heil mittel unbedingte Heilkraft ni-
scbretben könne, sondern dafs die recht deutliche, handgreifliche
Oßenbarung derselben allermeist durch die epidemische Consiiln-
tiou, durch den Paracelsischen Himmel bedingt wird.
Milzmittel.
Ea ist schwierig, gnte MUxmitlel an finden, weil die Mih,
Jn Verbfiltnifs zu der Leber, selten in ihrer Substanz achmenc-
haft ergriffen wird. Wenn sie schmerzt, so schmerzt sie weit
häufiger auf der Grenze der Reg. epigaitricae und kgpoehoMdria-
cae tinittrae als im HypockandriB selbst. Aber, leider! gerade
auf diesem Flecke tialsert sich anch nicht selten, sondern sehr
häufig die Affekiion der Leber, wodurch dann dieses Zeichen
unsicher wird. Das gemSchliche Li^en auf der linken Seite,
und die Unmöglichkeit, ohne Beschwerden auf der rechten u
liegen, spricht allerdings für ein Milzleiden, vorausgesetzt, dafs
die linke Lnnge nicht erkrankt sei; aber ob es gleich gut ist
auf solch ein Zeichen zii achten, so gibt es doch keine Sicher-
heit. Die, denen die Milz stark ergriffen ist, müssen eben so
gut als die , denen der hintere Leberlappen sehr krank ist , auf dem
Rücken liegen, und können nicht ohne widrige Gefühle auf der
Seile mben. Wenn wir nun daan bedenken, dals die Milz (so viel
wir bis jeui wissen) kein aus- oder absonderndes Organ ist, wir
also keine, sich auf die Störung solcher Verrichtungen beziehende
Zeichen haben können ; wenn wir ferner bedenken , dafs zuweilen
bei MilsalFektionen die Gallengänge consensiiell ergriffen, der Harn
dadurch, wie bei Gallenkrankheilen, gefärbt und die Metutma
digei/ioni» überhaupt qualitativ verändert werden; und dafs, on
das iVIufs Hller Schwierigkeilen voll zu machen, Voll bliiiigkeit des
BaiichaHcruyRfenis zuweilen die Gestalt schmerzhafter iMilzaffektion
annimiitl: so ist leicht zu ermessen, dafs das Auffinden guter Milz-
mitlel eine schwer«, sehr schwere Sache sei. Die consensuellen
von Milxaftekiion \eruraachteo Zuffille, Helche mir im Laufe mei-
HS SnlKchen Wirkeos häufig^er oder Kelreoer vorgekommen, sind
folgende: Magenschmen hftufig, Husten oft nod zwar heftiger, ei^
■tickender, Bauchschmerz zuweilen, chronischer Durchfall oder
Verttopfang emas öfter, Asihma ielieo, ge>t8rle Verrichtung der
Nieren nod diiTOD abbangende WaBserBocbt oft. Unter solchen
Wasnrsuchlen, welche nicht in einem krankhaften Zustande des
Gesaraintorganistnus begründe sind, schreibe ich, nnch einem
nngerBhrea Uebersehlage , ein Drittel auf Rechnung der Milz.
Bei Weibern wirkt die Milsaffektion anf die (lebarmntler und die
Scheide, macht bald Verhallung des Monatlichen, bald BlntflSua,
bald weifsen Flufs. Manche akute Fieber conaensneller Am,
manche WecbselSeber sind blola ZoAlle einer Milnffektioo; wenn
Banchkrankheiien herrschen, siebet man zuweilen Milziieber.
Aber das eine Jahr nnlerscbeidet sich sehr darin von dem andern ;
ich habe wol in einem ganzen Jahre , wo Leberkrankheilen herrsch-
ten, kein einziges Milafieher zu bebandeln gehtAt, und dann
wieder, hei herrschenden Leberkraokheiten , Milzfieber von Zeit
Ca Zeit einzeln dazwischen laufen sehen. Gehirnleiden, unter
der Form von Manie and Melancholie, Angenaffektioneo , als
Diplopie y Aiabfyvpie, chronische Entzündung, habe ich bis jetzt
wol der Leber, aber nicht der Milz enteprossen beobachtet. Hatte
ich eine epidemische MilzkranUieit erlebt« so würde ich mehr
von diesem Organe xa sagen wissen; da ich aber eine solche
epidemische Krankheit nicht erlebt habe, so kann das, was ich
über Hifamiittel zu sagen-habe, nur novollkommen sein.
Holzkohle.
Dieses Mittel habe ich schon sehr lange gebraucht und in
diesem langen Zeilranrae nicht wenig Menschen damit geholfen,
ohne dafs ich mich der Zweifel entschlagen konnte, ob es auch
wol wirklich als Splenicum wirke. Lange habe ich die Sache
unentschieden gelassen ; jetzt scheint sie mir zwar noch nicht
über allen Zweifel erhoben, aber doch so weit gediehen, dafs
sie miiiheilbar ist. Wenn man von einem Eigenmittel auf ein
erkranktes Organ sprechen und andern es empfehlen will, so
mofs man vor allen Dingen es in solchen Füllen erprobt hab«i,
wo über das aflizirte Organ kein Zweifel obwalten kann. Der
einzige Fall von Milzaffektion , der wenig Zweifel über das affi-
rine Organ znläfst, ist derjenige, der durch Schmerz sich an
deai Orte offenbaret, wo die Milz bei Gesunden liegt. Gans
strenge genommen, ict auch dann noch keine vollkommne Sicher-
heit« denn ich erinnere mich eines Falles (aber auch nur eines
einsigen), wo bei einer Gelbsucht der Schmerz nicht im rechten
Hjrpochoadrio , sondern ganz im linken, nahe dem Rückgrathe
— 164 —
wnr. Wnrii hier nicht ilie Lebernffeklion durch iindere Zeicheo
unrerkennhxr gewesen, so würde der On des S>cliiiieraeg den Arzt
io die Irre gpfiihri haben. Abgesehen aber von dieser kleinen
UnsichorhcU , \sl doch \^oI die von mir angegebene Krankheils-
forin gerade die, welche den wenignien Zweifel über das aflixirle
Organ zulafst. *) Nun , in aolchen FHlIen habe ick die flolKkohle
gebraucht, aber nur Erleichterung des Schmerscen , nicht voll-
koniitine Heilung damit bewirken können. Auf die Weise fehlt
mir der beHiu Beweis für die Heilwirkung der Kohle auf die er-
krankte Milz.
Positive Zeichen sind bei MUzleiden oft so unbedeutend, dafs
sie, ftir sich genommen, nichts sagen. \\'»s bed^itet z. B. ein
flüehliger, von ,Zeit zu Zeit sieb einsiellendcr Stich im linken
Hypochondrio , den der an chranischeni Huslen leidende Kranke
zuweilen vor Entstehung des Hustens , welchen ich heilen soll,
empfunden hat, nnd den er jetzt wirklich nicht mehr empfindet f
An sich nichls; es kann ja ein Wind gewesen sein, der sich in der
Biegung des Colons verhalten. Aber bei der Abwesenheit aller
Zeichen von Lebcrnfl'ekiion , bei dem iVichivorhandensein aller
mutbmafslicben Gründe für eis Urleiden der Lunge , ist solch ein
unbedeutendes Zeichen von grofscr Wichligkeil, nicht für den
dispuiirenden Ar/.t, sondern für den Heilmeisier. In solchen
Fallen nun, wo das Kranksein der Milz zwar mehr oder minder
deutlich, aber nicht aller Zweifelei enthoben ist, habe ich die
Kohle in con sensu eile n Brustaffekiionen gegeben, nnd damit nicht
blufs unbedeutende Husten geheilt, sondern auch solche ernst-
hafte, welche von erfahrnen Aerzten mit krAfiigcn .Mitteln verge-
bens bekümpft waren. Sollte jemand sagen, die Kohle sei ein
Lnngenmitlel, so ralhe ich ihm, selbige als solches zn versu-
chen, leb habe schon vor gar langer Zeit den nSmlichen Gedan-
ken gehabt , bin aber gar bald davon zurückgekommen, ki neuer
Zeit ist die Hwixkoble als Htpaticum angegeben; ich habe dar-
überkeine verneinende Erfahrungen gemacht und keine bejahen-
de. Man auM Hucb, wie ich gelesen, den Gänsen dadurch die
Leber vergröl'^ern , dafs man ihnen Holzkohle .nnter das Fuiier
mengt. — Vorausgesetzt, dafs dieses wahr sei (ich habe es nie
selbst vf^rsncht K so scheint mir solche an Gttnsen genmchle Er-
fahrung, - die Meinung, als sei die Kohle ein gutes Hepalicum,
eben nicht sonderlich zu bewahrscheinigcn ; denn abgesehen da-
von, dafs der Mensch keine Gans ist, würde ich ein Mittel,
welches die gesumte Leber anschwellen macht, nicht gerade für
*) In der Folge werJt' ich leif^CQ, i»^i iiibb (Üb nickl Mor« bei icliiDenihlfler,
oDdern lelbst bei hiiictgreiniclier MilzetkraikoDf tluebCD, nnd leicbt dai con-
"« Laidia Hir Urleide* Mihisaii küsse.
— 165 -
•in -soldi«« halle« , weichet die erkrankte ^emnfl xu mnt-hcn im
Stande sei.')
üaa Bahnllende , des Xachls sich verböBcmde Asthma, ist
ein aicbt hiiilig vorkomwende« üebel. Es kann, eben no gut
als der Husten, eonkensi) eller Naiur »ein und von eintr MilenP-
feklioD abhängen. Ich habe vor nach nicht langer Zeit einea
belehrenden Fall der Art erlebt. Ein Mann, der von Jugend an
einen nfisnenden Flechienauuchlag über den ganxen Leib gehabt^
welcher AusKchlag, vergebeat mit ArzeneiniiHeln bekfimpft, sich
von aellHit im mienlicben Aller verloren, aber eine garstige
&tchhaatShnlicbe Epidermis in rfiekgel aasen hatte, Jing an, über
Spannung im linken Hypocfaondrio , welche inweilen in eineh
nnbedantenden , dumpfen, bald vorübergehenden Schmerz abarle-
te, SU klagen. Diese Beschwerde war es aber nicht, sondern
«ine iHslige Kiiruihemigkeit war es, we^alb er meinen Hnt-
licben Beistand in Anspruch nahm. Icfa wurde bald gewahr, dafs
er die Spaonnng im Hypochondrio schon weit Ifinger als das
Auhma geliabl, unbeilie also, dala ar an einer Aftektion der
*) V»U lie Leiirr der Gisi« darck des Gcouh der Holikabie *crgrär>ert werde, '
babe teh »ft sehKrt, nmi zwaiMtkl ■■ HaCHtodiiehoa Joaroal gelvicn , aber ai
der Wakrkstt disMi Vorsebani Krawcirelt , weil Baptiil Ptrta, dar über dia-
*«■ Geseulaad ictreibt, {Mmgiii umluralli pag. 5)0) gar aichl der fEoble
erwühnl. teb betitle anel] ein allri Karbbnch, deuea yrrfauer irh nicht
aeanea kaan , weil Bein Eienplar teipcn Tilel verioren ; über Jeder BlalUeile
ilebea aber die Worte: Ot arl» magirica Itbtr. R« iit alao ein ecbt
K«lelutes, lateiniaebaa , Mit rie1«a griecbiaefaea WSrtera dnrchafirkles Kecb-
baeli , daa *mi •eehietataa Jabrbaadarl aela wiXa , weil der Verfaiaar voa
F.ramtKt alt vns aeiiieM Zeilge»Heu iprieht, lo demielbea jit aoo aacb tob
den kÜMtlichen Grorimarbea der CäuarleberB die Rede , aber der Kotilc
wird Biebl Kedaebt. Ver^tiehe ich dai, was ia beides BUtbcrn darüber ge- '
Mgt lal, Mit einaider, ao ffihrt «icb die saaie HIatkaHil dannr lariiek, dtf^
aaa des Tbierea «oiclie Nabrisf gibt, welebe aie lairbt verdaueo: dadarcb
«ioiig, «ad nickt doreb ICobhabeiiniKbaiig , werdea ihr« Lebera and ihre
[^iber ongeheaer feil j welrbea sie in den Grade iiir doreb icliwcrverdan liebe
Nahrnng werdea. Seil ellichen Jahren wobnl hier eine Fraa, die die Knntt,
den Giniea gror*e Lebera za machen, ani dem Grande veratehl. Dieae lehickte
■ir einal eine Leber vna !8 Latb , welebe vun einer kleinen Gan* war. Um
micb IQ überungen , dnrcb welcbea Stnff elgentlick die Leber so rer^olaert
•ei, aa der ich doch weder dureh daa (jeticbt, aocb durch dja Gerdhl atwa*
KrankbaRea' erkeaaea kiiDnIe , Mer« ich ile , ebne alle Zaihal , bioi mit aia
weeig Sal* ia einen Topre braten, leb warde gewahr , dafa aie nsr darch
Fell ao ackwer and grora geworden ; deoa abgleieb aie, darch da« Brataa , dea-
lelbea fchaa eia« grobe Meofe verlorea , war «ia doch kouM vor FetI h
(^esiefaen , hatte aber Ubrigena einen votlkommen reinen GeaebBack. Die FrsH
atnpn die Günae mit Hublnudaln nach eiuer gewiaaeu Ordnung; die gaaie
Heimliehkcil bealebt darin, dafa aie die Nudeln erat garkocbl, bevor tle «ie
den Gänaen giebt { aie bebanptel , dnrcb robe Nudeln kSnne nie der Zweck,
erreicht werden. 8i« bat mich naeh aichllieh tiheracagt, dib darch dieae
HiainH aK^I Uofa die Leber, lOBdero dai ganie Tbier niigebancr tatt wird.
— 166 —
Mili leide, welches am ao wahncheinliclnr war, weQ er früher -
Die auch nur den geringsleo Fehler der Lunge §ehabt. DiMem
Manne nun gab ich nicht die Kohle, Mudera ein anderes Mittel,
von welchem ich bernach sprechen werde, and sein Uehel hes-
serte sich xosehens. Wie es auf einen gewissen Punkt der Bes-
serung gekommen, wurde er von einem damafals herrschenden
Leberfieber hart ergriffen, welches bei ihm mit bedeutenden cm-
setuaellen Brustleiden verbunden war. Diese Bruslleidea bestan-
den aber nicht in den vorigen asthmaiiscben Zufdllen, sondern
in Seitenstechen mit Husten und blutigem Aaswurfe. Er genas;
aber kaum '^jpx er so weit, dafs er den ganten Tag anfser dem
Bette sein konnte, so fing das alte Asthma an, mit erneaerler
Gewalt aafzDtreten. Ich Hirchtetc, das Leberübel möchte noch
nidit gründlich gehoben sein, und gab nr Vorsorge ein gutes
Lebermitiel, aber das Asifama blieb. Jetst geh ich ihm das Spie-
nicmm , bei welchem vor der akutea Krankheit das Uebel angen*
Bcheinlich gebessert war; aber dieses Mittel, nach welchem der
Kranke selbst, als nach einer bewährten Hülfe verlangte, leistete
jetzt gar nichts. Asthma und Husten blieb, und statt dafa er
nach überstandener Krankheit sicli bÄlle durch oSchtliche Buhe
erholen sollen, trieb ihn das Asthma allnäcbtUcli xum Bette hin-
ans. Jetxt gab ich ihm die Kohle, diese veränderte bald die
Scene. Huslen und Asthma minderten, letztes verschwand bald
ganz, so, dafs der Mann seine Freunde, die ihn fiir verloren
gehalten, in einer EDifernung von einer bis swei Wegstunden zu
Fnfse heimsuchen konnte. Aber jedes Asthma, das aus der Milz
entstehet, weicht nicht der Kohle. Solche Schmerzen des Ma-
gens, I welche beim Nachlasse sich im linken Hypochondrie ver-
loren und die ich für MilzatTektionen hielt, habe ich einzelne
Mahle mit der Kohle gehohen , öfterer jedoch mit andern Milz-
mitleln.
Consensnelle von einem Urmilzleiden abhängende Affeklion der
Nieren mit der daraus folgenden Wassersucht versuchte ich noch
nicht mit der Kohle zu heilen , weil ich in solchen Fällen bis jetzt
mit andern Mitteln ausreichen konnte, und es für Unrecht halte,
au blofser Neagier Versuche zn machen.
MttrTtwiebel.
Dieses Mittel habe ich in meiner Jugend gebraucht wie es viel
andere Aersle gebrauchen, als ftuslmitlel und Uriulreibendes. Da
ich aber diese Zwiebel als eine höchst unsichere Hülfe erkannte,
welche man vielmahl anwenden kann, ohne kaum Einmahl Heil
davon zn sehen; so kam sie bei mir ganz in Verachtung. Seit
20 Jahren, wo ich mich am die AffekRonen einzelner Organe
- 167 —
■ebr bekiÜMiwrfe, die Nolhw^digkoit begriff, gii:e und siuhere
EigeBmkiel anf diegelfaea kennen 211 lernen, und ei bei mir wirk-
licb um die Milxuiltel sefar windig anHiah, la4 icb einsl in ei-
nem alten Galeniker (ich weifs wirklich nicht mehr, in welchem],
dab die Meerzwiebel ein gar gutes Sptmicum sei. *) Alles wohl
erwogen, was ich früher selbst erfahren, schien mir der Ge-
danke des Allen ein versiändiger Gedanke, ich brauchte von der
Zeit an 4ie Mesrswiebel als Spfenicumy und hübe sie auch nicht
wieder verlasaea.
Wenn icb rorfain sagte, ich sei in Betreff der Holzkohle
noch etwas zweifelhaft, ob sie wiriciich auf die erkrankte Milz
heilend einwirke; so kann ich von der Meerzwiebel gerade das
(jegeatbeil renichem. Ich hübe sie in solchen schnierzhafiefl
Milzleiden bald nnd sicher hiilfreich befunden, wo wahrlich nicht
der geringste Zweifel auch dein grSfsien Zweifler aufsteigen konnte,
ob wol wirklit^ die Milz das schmerzhaft nrergriffene Organ sei.
In aolchen dampfen Sehinerzen , die anf der Grenze der R^-
fiofiä epigaatricae und kgpoehomilriacae linülrae sich äufsern,
wo alle Seichen der Leberaffektion fehlen, wo also ein einas
unsichetes posiiires «ad mehre negative Zeiohm fitr die Milzaf-
fektiOQ «precben, habe ich sie mit Nutzen al« HeilntiHel ange-
wendet. Aneh in jeufM angeblichen Magenschmerzen, welche
sich dnrch das Liegen auf der linken Seite mehr oder minder
beachvrichtigen liehen, nnd welche, all«r Wahrscheinlichkeit
Bach, von einer Uraflektioa der Milz abhiogen, habe ich sie
ni( ansgezeichnelem Nuuen gebraucht. Endlich habe ich sie
aach in einem einzigen Falle von anhaltendei« Asthma mit nftcht-
licher Verschlimmerung, welches von der erkrankten Milz ab-
biag, nnd in welchem die Kohle nicht helfen wollte, mit gntem
Nulxea angewandt; da aber die Milzversiopfnng sehr aU war, so
riebt es nm die gründliche Heilung mifslich ans.
Waa die von KUIzaffekiion abhängende Wassersucht beirif»,
so werde ich in jüngeren Jahren, ohne selbst über die Natur
mancher Wasaersochlen im Reinen zn sein, wahrscheinlich die
Meerzwiebel in der Milzwassersncht gegeben haben. Das mögen
«ol solche Wasaersuchlen gewesen sein, in denen ich sie heil-
sam befanden; mit Besiiranitheit kann icb aber darüber nichts
sigea. Seit ich mich mit grofsrnn Fleifse darauf gelegt, bei al-
len Krankheiten das arergriffene Organ auszukundschaften (vor-
aosgeseict , die za heilende Krankheit bestehe nicht in einer ür-
affeklion des Gesamratorganiamua), habe ich sie noch nicht in
•) Di>»k0rid€i rechoet ji« «nch w den MiliniUlelü. Der hit «bet m viBle Arw-
■«#■ ab OrF«n»Htel MKeK<b<B , *•» e«" 8»"«» MeiwehoBl»««« Dich! >u>-
nitbM wSrlo, ««r die Bilfle dersollwo m erffobes.
— 168 —
d«r MilxwaMemteht gebraucht, weil ich ihrer nidil bsJurAe,
welches ich im Folgendeo dem Leier deutlicher sadegeB werde.
Was aoii die Gabe der Meerzwiebel hetriOl, so habe ich
sie früher immer in Subslans, zu eia bis xwei tima ricrniahl
tags, hfiuGger aber aa ein als zu xwei (üran gegelMO; seit aber
die Tiaktur of&unell ist , mich dieser vor xu^weiie bedieat. Im
Jahre 1829, wo, wie früher gesagt, Leberkrankheilen herrsehend
waren, ers^ienen Milzleiden häufiger, hN sonst bei fthalicben
epidemischen Leberkranltheilen , nnd hier habe ich Gelegenheit
genug gehabt, die gute \Virkung der Tinktur n arproben. Ich
gebe sie za fünfzehn hu dreifsig Tropfen fTinfnuih) tag*. Üa
nun aber die Meerzwiebel, wan mag sie in Substanz, oder in
Tiaktur geben, einigen Menscben den Stuhlgang ein wenig ver-
mehrt, so k5nnie ein Zweifler aaf den Gedanken kommen, sie
hebe schmerzhafte Milzleiden blofs durch einen antagon hui sehen
Heiz auf die DSrni«, sei also kein Spienicum, sondern habe nicht
mehr Werth als jedes andere L^xirmiltel. Dafs durch eine krtnsl-
liche Vermehrnn^ der Darmbewegung schmerzhafte MiU-, belier-
und Magenleiden , wo nicht gehoben , doch heiehwicfaliget und
der Schmerz dadurch kfinne geslillet werden, ist wahr. Dafs aber
die Meerzwiebel nicht als antagonistischer Uamireiz, sondern als
Milzmittel wirke, beweiset die Erfahrung, ditfs sie nicht bei sol-
chen Kranken schmerzhafte MilzaSekt innen hebt, bei welclien sie
auf den iSluhlgang wirkt, sondern eben so wol bei denen, bei
welchen sie nicht diese .Nebenwirkung hat. Ueberfaaupt wirkt sie
bei den wenigsten Menschen auf den Abgang, und wo «ie ee
that, habe ich blo^ durch Vermindenrng der Gabe der /.wecklo-
sen Darmausleernng Einhalt ihun k5noen. Ich erinnere mich
eines vor Knrxem beobachielen Falles, wo die TiH€. Sgui/lae auf
sehr heftiges schmerzhaftes Milzleiden die wohlthtkiigsie Wirkung
ttufsertej ich mufste aber, wegen des Durchfalles, die Gabe Ihs
auf fünf Tropfen fiinfmahl tags vermindern.
PliehelMira»»er.
Dieses Mittel habe ich auf eine wunderliche Weise kennen
gelernt- Vor vielen Jahren (ich erinnere mich nicht mehr genau
der Zeit) fragte mich ein Zimmermanns - Gesell , der früher in
Crefeld gearbeitet, wegen chrcmischer Bauchschmerzen nm Rath.
Seiner Aussage nncb hatte er lange bei dem Hofrath Schnöder
io Crefeld arzeneiet; da ihm der nicht helfen kdnnen, hatte et
ihm gerathen , sich an den Professor Günther in Duisburg zu
wenden ; zehnmahl war er dorthin gewandert , aber eben so ver-
gebens. Nachdem ich diesem Manne ebenfalls vergebens das
verordnet, womit ich andern Menschen in anscheinend ähnlichen
— IflO -
lldkn gehtrifea, mo rieih ich ihm, da ich sah, da& er eiD ge~
■chiektar Tischler war und auch ein weDig in die StelhiiRcherei
pfsscbie, Mch bei einem Land edel rann ne ala Tischler zu verili»-
geo; denn ich anheilte, die Kost «m Bediententiscbe des Edel-
nannes werde seineni schiuerxhnrten Bauche besser zusagen als
der Speck, das Sehwarsbrol und die Kartolfeln -des Ziinnikrniei-
sten. Nun wobnie der Bancbkranke raanofaes inhr hei deto
Edelmanne und ich bSne werter nichts von ihm. Endlich hei-
nthet er dort mit einem KammeriuSdcheo und lifsl sieb in bie-
si^r Stadt als Tischler nieder. Einst bin ich bei seiner er*
krankten Frau, mir fällt jene alle Gesebichie wieder ein, und ich
frage ibo, wie es doch jeut um sein früheres Bauchühel afehe.
— Gut, antwortet er, er sei sclion luebre Jahre daven befreit.
\ua erxiblt er mir Folgendes. Es sei einst ein AledieocAirurf^mg
Huf den Edelhof gekommen, den habe er nm Halb gefragt und
folgenden Katb von selbigem erhalten. Er solle Eicheln schttleu,
mit einem Messer schaben, das Schabsei auf Branntwein setzen,
einen Tag ziehen lassen , und dann etliche Mahle tags Ton diesem
HranMwein ein GIftschen trinken. Er habe den Rath ' befolgt,
gleich Linderung der Schmerzen gefShIt, und sei in kurzer Zeit
von seinem langen Elende befreit worden.
Den Medicociirm-gitM hatte ieh ein einziges Mahl in meioem
Leben gesprochen , ihn aber als einen gar zn rohen Empiriker
kennen gelernt, als dafs ich von ihm selbst, hfltte ich ihn befra-
gen \roUea, einige verstffndige Aufklarang über diese Sache hatte
erwarten küanen. Wahrscheinlich würde er mir nichts mehr und
nichts weniger gesagt haben, als was ich von dem Tischler ge-
bön, nämlich, EicbelnsehalMel auf Branntwein gesetzt sei gut ge-
gen Baucbschmerxen ; wäre es hoch gekommen, so würde er mir
wol den Arzt, oder den Bauer, oder die alte Frau genannt haben,
von der er das HRuamiiiel gelernt.
Da mir nnn aber mit solcher Kunde wenig gedient und ich
in dem Zeiträume, worin diese Geschichte spielt, weit listiger
geworden war; so fragte ich den Tischler aufs neue aus, über
die Art des ehemahligen Schmerzes, besonders über die Gegend
des Bauches, wo sich bei dem Nachlasse heftiger Anfälle der
Sehmen zuletsi verhalten. Er besann sich keinen Augenblick,
sondern leigte gleich auf die Stelle des Bauches, die dem linken
Hfpoehondrio am nächsten ist Nnn hatte ich starke Vermuthung,
dals der Banchschmerz Offenbarung eines Urleldens der Mili ge-
wesen; diese Vermuthung wurde noch durch die Erinnerung ver-
stärkt, dals dem Maone die bewährtesten schmwzttillendeo Darm-
und Lehermitiel auch nicht den geringsten Dienst geleistet.
Um mit der Sache bald aufs Reihe zu kommen , liefs ich
gleidi eine Eichelntinkiuc bereiten und gab davon fUnfmabt tags
- 170 —
einen Theelftff«! toU mit Wasser vennischt, einem fast rerschlin-
senen BranntweinHäafer, von dem ich wufsr«, dafs er lange «n
der MIIe gelitten und von Zeit zii Zeit schmerzhaft gelitten, der
jeutt den Bauch voll Wasser hatte und dem die Fütie bis an
die Knie wassersücblig geschwollen waren. Meiner Meinung
nach mnfste, wenn die Eichelntinktnr heilend auf die Milz ein*
wirkte, bmA die consensiielle Xierenaffaldion und die davon ab-'
hangende Wassersacbt besser werden.
lab sah sehr Itald, dafs ich richtig gerechnet; die Urinabson-
'demng vermefarte sich ai igen scheint ich. Aber der Kranke klagfe.
nach jedesmahligeiB Einnehmen spüre er eine Beengtheit der
BnisL loh schrieb dieses dem susa mm an sieh enden Stoffe der
Eicheln lu, and denkend, der eigentlich heilende Gnindsiotl' wer-
de wol ein flüchtiger sein, liefs ich die Tinktur deslilliren. Die-
ser Eioheingetst bewirkte keine Beengang mehr und die Crinnb-
tonderang vermtihrte aich noch meridicher; die Spannnng in den
Prftkordien minderte nach und nach, nnd dieser un verbesserlieb«
Sfiufer genas vollkoromen, gans wider Vermnthen aller derer, die
ihn kannten, nnd, anfridttig gesprochen, auch wider mein Ver-
natben.
Nachdem ich nnn den Eichelngeist anf eine harte Probe ge-
stellt ,e nnd zwar bei einem Falle, den ich schon früher genau
kannte, wo es unmöglich war, in der Erkenntnifs des Urleidens
sn irren; so ging ich weiter, und wendet« ihn nach und nach in
allerlei Milzleiden an, theih in scbraerthaften , ttieib in schmerx-
losen, ibeils in deutlich erkennbaren, iheils in Mofa vermnlhlichen.
Die Ueberzengnng wnrde mir mit der Zeit, daf» er ein durch
kein anderes zn eraetsendes Heilmittel sei- Vorzügliob ist er
vso groCiem, ai^^t hoch genag anzuschlagenden Nutsen in der
Mibwassersncbt.
SpHter habe ich gefunden, AaSn der flüchtige Ileilstoff der
Eicheln durch Wasser mit einen Zasatse von Alkohol noch bes-
ser anigezogen werde.') Vielleichl würde blofHea Wasser den
wohlth&tigen Grundstoff am besten ausKiehen ; aber blofses Was-
ser ist dem Verderi>en unterworfen, gibt also unsicnere Hnliin-
gen; abgesehn davon, dafs dergleichen verderbliche Arseneien -
eine grofse Plage für den Apotheker sind.
Die Gabe des geistigen Eichel nwassers (ich habe mich des-
selben in den letzten Jahren ausschlirfslich bedient) ist , vieriäabl
tags ein halber £&l3ffel voll mit gemeinem Wasser vermiscbt.
Der Geschmack ist unbedeutend , mancher würde sagen , es habe
gar keinen Geaohnaek; der Zweifler braucht aber nur eine Mi-
*) Die AquM glundium wird lo bereitet, Aah eia PIViDd geicbitit« isd SMluapn»
BicbelM ■nf eia PTtid d«f D<*ti1f«t« hoHat.
- 171 —
l von eben dem VerhälmisBe Alkohol nnd^WRattr in kosten,
■o wird er sieb wol Obenengen, dnfs das Eicbeinwasser einen
eigenen Gescbmack bat.
Zweier besonderen Wirkangeo desselben ninfs ich noch Er-
ir&hining ihnn. Einige, aber wenige Menschen, bemerken gleich
nach dem Evinehinen ein eigenem, kanin eine oder zwei Minuten
aohalteDdei Gefühl im Kopfe, weli^es angeblich der Beranschnng
afaniich sein soll.
Bei einigen, besonders solchen, welche an allen MtizTeriMo-
pfnagen leiden, entslebi nacb einem xwei,- oder drei »Schenlli eben
Gebraacfae ein Durchfall, der wohlibäiig'atif das Befinden wirkt;
er hAlt selten über einen Tag an, nnd ist nicht angreifend, son-
dern roilsig. Man brancht deshalb das Eicbeinwasser weder ans-
XDsetzen, noch die Gabe zu vermindern. Ich konnte manche be>
lehrende Ffllle von Milz Wassersucht nnd andern Milsleiden beifS-
gen, IQ welchen der flüchtige CrnndslofT der Eicheln heiUam ge-
wesen, da ich -aber dem Leser noch gar vieles zu sagen habe,
so darf ich in Einem Punkte nicht zu weiiläuftig sein; überdies
scheint mir das, was ich schon gesagt, ftir rerstHndige Aerzie ge-
nag. Einige Kleinigkeiten ntuls ich aber noch dem Leser be-
merken. Die akolen Milzfieber, wellche bei herrschenden Lebet-
fiebero mit unterlanfen, behandelt man ainbeslen mit dem Eiohelo-
Wasser, zum wenigsten lautet meine Erfahrung aUo. Ferner bin
ich ät>erzeugi, dab die drei Splexica^ von welchen ich gesprochen,
aaf drei verschiedene, krankhafifl Znsiäade der Milz als Heilmit-
tel passen; weiter weijä ich aus meiner Erfahrung recht gut, dafs
die Eicheln auf die meisten lorkomnienden Milzaffeklionen passen;
und endlich sind mir keine bestimmte Zeichen bekannt, durch
welche man jene drei krankhaften Ztistlinde der Milz mit Sicher-
heit unterscheiden könnte.
Es gibt noch andere MiJzmittel, denen ich auch Heilwirkung
auf dieces Oigan zugestehen niufs; ich habe sie aber nicht so
oft gebraucht, ala jene, weil die Krankheitszuslände, in denen
sie vorsöglich heilend wirken, mir seltener vorgekommen. Die
von mir Tersuchlen sind: Galiopai» grandifiora, ein berüfamies
JlilziBtttel der alten Zeit, welches nicht zu verachten ist. —
ftmiüt tütetontwt, in dieser habe ich auch die ihr zugeschriebenen
KrSfte anerkennen müssen; da ich sie aber nicht oft genug an-
gewendet, kann ich anch nichts Genügendes darüber sagen.
Waehholderbeeren. Aach diese sind ein gutes Milx-
nittel, welches ich den geritten Lenten oft in Milzleiden gera-
theo, and zuweilen guten Erfolg davon gesehen. Man mufs die
Beeren ■emtofsen, eine Hand voll mit vier Tassen kochendem
Wasser lang sieben lassen , wenn man Wirkung davon sehen
will. i\a ist mir wahrscheinlich, dnfs nicht dn« flthcrinch« Od,
- 17t ^
wodeni eiQ imflileluigcr GraadalofT der DeeMB als Sp/enieum
-wirkl.
BerMiteiHol. Dieses ist ein giiies Milxmillel. Man tniirs
es in kleioen Gaben reichen, und weit sich die Menschen beim
Tröprela leicht venchülten, so ibat man am besten, wenn man
es mit einer andern Flüssigkeit mischt. Ich lasse es. mit Eicheln-
waaser, früher mit Eichelngeisl , uisammensetiten. Aaf sechs lin-
sen Kichelnwasser seiie ich einen hnlben, oder einen ganzen
iSkrupel Oel. Es vermischt sich nicht chemisch, aber wenn man
das Gemiseb gut nmschritteli , so erreicht man seinen Zweck da-
mit; der Kranke bekommt nicht mehr von dem Oel in den Ma-
gen als man haben will. In der Zusammenseunng ist Rlirigens
keine besondere Heimlichkeit, lum wenigsten habe ich keinen
hinreichenden Gmnd , so etwas anzunehmen. Das Bemsteinöl lei-
stet bei sehmereharten Milzaffectionen , zn welchen sich solche
krftmptige Zaßille gesellen, dergleichen die hysterischen l'ranen
und Hypochondrislen klagen, «ehr gute Dienste. Ein eiosiges
Mahl hBl>e ich gesehen, dals der Gernch desselben einer Frau
hysterische Krftmpfe verorsachie; das ist aber eine seltne Ausnah-
me von der Regel. Oswald Crollins legt groben Werth auf das
Keinigen des Bernsteinöls ; was er aber darüber sagt, i»t nicht
wahr. Das gereinigte Oel leistet bei weitem nicht Bo gute Dienste
als das ungereinigte. Ueberhanpt ist Crollios der ehrlichst« und
Mt-firichtigstfl aller Jatrochemiker, nber ein Mann von wenigem
Verstände. •
SciierliHgt (Conium maculatum). Der rerBlorbene Pro-
fessor GÜMlier zu Üniubtirg pflegte gegen chronischen Husten
l'ulv*r zB gehen, die ans einem Gran Schierling und zehn Gran
oder einem Skrupel Eichehiiistel hesiandm. Einst hatte er einen
allen Herrn dadurch geheilt. Einer meiner Kollegen, ein alter
verzweifelter Skeptiker, der lange vergebens an dem Hemi fte-
flickt, siellie die Heilung nicht in Abrede, schrieb sie aber
auf den Zufolt, auf den besonderen Glauben, den der Kranke
an GUmlher gehabt, nicht auf die Wirkung der INilver. Ich
konnte aber uom&glich seiner Melnnsg sein; denn obgleich
ich selbst damahls noch wenig Erfahrung über den Schierling.
hatte, kannte ich doch G. als einen versifindigcn Arzt, der ein-
fach verordnete, also die Heilwirkung seiner Mittel wol kennen
muiste. Einst befand ich mich mit GUittAer bei einem Kraeken,
über welchen, weil er sichtlich dem Tode nah , wenig zu verhan-
delo war. Ich bat ihn im Lanfe des Gespräches, mir seine An-
sicht in Betreff des Scbterlinggebmuches niilzuiheilen. Er war
dazu willig; indem er aber seine Auslegung anhub, wurden wir
durch die überliistigen Freunde des Kranken uoterbroehea , so,
dafs ich nichts anders gewahr wurde, als das Einzige, er lege
- 173 —
grofsen Werih auf dl« lleilwirkang lies braproebenen Miilel«.
leb batie mehriuahli Kranlv» voiu conseosiiellen Leberiiasicn obD«
Mübe befreiet, die, wie ich am den ii tilge brachten Hecepleo er-
sabt den Scb i er) i n^ t ergebe ns gebraiichl, und daratia geschlossen,
er könne unmöglich ein sicheics Leberrailiel sein. Id) batie
friiher ein paarniabl den Schierling in schnierxbnfien Milsletdea
nutzlos gebraucht, daraus aber, weil ich noch dnniiu war, in voi^
eilig geschlossen, er sei kein Milzmitlel. Jeixr, da ich ei»M
klüger geworden, und begriff, dafs die Natur mehre Arten der
Milzerkrankung hervorbringen könne, sah ich anch ein, dafs der
Schierling io der einen Art der Erkrankung nmslos, in der an*
deren ausgeieicfanel heilsam sein kSnne. Ich wendete ihn aUo
jetzt einnwthl bei dem consensuellcn Husten an, der von einer
(Jrerkrankung der Milz abhing. Dieser ist schwer su heilen; alle
Langeniniltel leisten nichts darin. Von den Baiicbmilteln war der
l'rauendisielsauie das einzige, von dem ich mitnnier Hülfe gese-
hen. Ich stellte jetxt den Schierling auf eine entscheidend« Probe;
ich gab ihn nSmIich in Fnllen, wo mich der FreuendiMelsnma in
i&ttch gelassen; und siehe! ich sah die herrlichsie nnd überrasch end-
ete Heilwirkung von ihm. Seiidem hübe ich ihn nie wieder ver-
lassen, und weil ich keine unbillige Federungen uo ihn macbf,
bat er mich auch nicht verlassen. Ich hnbe oben gesagt, (Hl»-
tker habe ihn in Verbindung mit der Eichenmistel gegeben, dar-
in steckt aber keine besondere Heiuilichkeil; ich habe ihn eben
so wirksan befunden, wenn er mit Miiebzucker »der mit Süfsholz,
als wenn er mit Eichenmistel ausammengerieben wRr.
WeiiuteiHtaure Biltenatzertle (Ma'gHttia tarlaricaj.
Rm wird den Lesern wol wenig daran liegen, lu erfahren, wie
ich %a diesem Mittel gekommen. leb sage ihnen nise blob, ich
bah« es weder einem Anitsbruder abgestohlen, noch bat es mir
einer freHndscbafiücb ntilgeibeill , noch habe ich es in einem Bu-
che gefiinden. F.s ist »her oflenbar eine Ar/.enei, durch welche
aiaa ein Miizleiden heben kann, welches durch andere mir be-
kannte Milzmitlei nicht su beben ist. Ich bekenne jedoch, dafs
ich es erst vor vier Jahren kennen gelernt, und wenig angewen-
det habe , weil mir die Gelegenheit dnzn gefehlt. Ua ich aber
■chmerzbafie Milzerkrankung damit gehoben, welche anderen Mit-
teln nicht gehurchie, so schliefe ieh daraus, es mOsse in der Na-
tnr eine Milzkrankheit sein, welche vorzugsweise unter der Heil-
gewalt dieses Mittels stehe. Weil diese Krankheit mir, im Ver-
halinifa zu anderen Milzluankheiten , wenig vorgekommen, daraus
folgt nicht, dals sie kilafiig eben so seilen sein wird.
ich habe das Mittel noch nicht in solchen Milzkrankbeiien
gegelwn, die sich durch coiisensuellen Husten, oder durch Was-
sersscbt offenbaren, und zwar aus dein Grunde, weil ieh mit an-
— t74 -
4lereii tnii Ifingcr bekannlco Mitteln saueicbte. Ich luche Venm'eb«
■jit n«tun ArzeDeten oar da, wo mich die alten im Stiche laamn.
Wag die Bereitung der Magnetiee tartaricae betriSl, bo
macht man sie begreiflich am geinSehlichsten durch die gerade
Verbindung der Biltersalzerde mit der reinen WeinueinsSure.
Wohlfeiler würde nao tie im Groften bereiten, wenn mao einer
AnSKxang dea Weinateina so viel BillerBalzerde Enaetite, dafa die
vorwaltende SSiire dei Weinsteine dadarch neutraliairt würde. Die
Scheidung beider SalKe, der Jtfagnetiae tartaricae und des Kali
tartarici hat keine Schwierigkeit j denn erste ist schwer, letztes
leicht löslich, mithin muJs erste auf den timnd fallen und letztes
in der Brnh bleiben. Schüttet man die das Kali farlaricmm ent-
ballende Flüssigkeit ab, und wHicht die Magnesia tartariea rasch
lait frischem Hasser, so wird sie rein genug sein.
Die Mitlelgabe des Mittels ist vier- bis fiinfinahl mgs ein
Skrupel. Es bat in dieser Gabe keine laxirande Wirkung. Sollte
nun aber aaf sehr reizbare Därme siofsen , die durch diese Gabe
snr vermehrlen Bewegung aufgeregt würden, so mnfs mein weni-
ger geben, denn ich habe bemerkt, dafs das Laxiren die Heil-
wirkung nicht fördert.
Helmtnt läfst Krebssteine in Wein kochen, und will das in
Milzerkrankung heilsam befunden haben. Ich kann nicht darüber
urtheileu, denn ich habe es nicht erprobt, weil ich Helmont nicht
trän«.
\an mnfs ich noch von ein paar äufserlichen Mitteln sprechen.
Cicuta. — Ist schon ein alles fiufserlichcs Milzmittel. Ii^
babe es einst bei Jo. Heurniui gefunden, der bekanntlich in der
zweiten Hälfte des 16ien Jahrhunderts wirkte und Professor zu
Leiden war. Seine Vorschrift lautet also. Acrdpe Cicutae M . iv
^«ijRonfo«' tb^ injnnde aceto acerrimo die» oeto: deinde bulliat
dum ammoniacum »ohatur, hittc per pannvm Jortem liuemm valide
eJiprimatur, Herum expretttu liguor ehulliat guinguiet, et adjecta
cera cum oleo amygdal. f. unguentum. — floc »»7 pro teereta ;
nam omnem duriliem molUt.
Mir scheint , man ist am geschwindesten fertig , wenn man
Extr. cicutae mit dem gebräuchlichen Ammoniakpilasler mischen
lifst. Ich habe es mehrraahls bei schmerzhaften chronischen Mil>-
leiden mit Nutzen gebraucht.
Acidttm pyrolignoaum. — Auch dieses versuchte ich in
den letzieh Jahren mit noch günstigerem Erfolge bei achinerzhaf-
ten ganz unzweifelhaften chronischen Milzleiden. Man mnfs es
zwei-, auch wol dreimahl tags sanft, aber eine halbe Stunde lang
in das ganze linke Hypochondrinm einreihen lassen.
Vereiterang der Milz habe ich, wo mir recht ist, aar zwei-
mahl in meinem Leben beobachtet. , . ,
— 176 —
Der ente Faü batraf tiata ganz nagctM, bfjalwltn, lauge
krüokelndsa Schneider, der gegen Min Milaübel nie anenaut
hatte. Da ieb ihn aab, ragte die iMilz weit tinier den Kppea
berror, war nicht blofs hart , sondern auch angehaiier knorrig.
An der oberen Seite fühlte ich eine FJnkiuaiion, die aber etwas
lief stak, leb gab allerdii^ dem armen Maone den Trost, aeiae
im Vm^ilern begriffene und ihn aebr sehnienende Mila werde
aicfa mit der Zeit nach aulaen öfftien, nnd er könne dann geae-
■eo. £r hat aber dieae Zeit nicht erlebt; ja hfitte er aie erleben
k&nnen, es würde ibn doeb xu nichts, als awr Verl&ogerong sei*
ner Leiden gedient babea; denn in einem so knorrig verhärteten
Eingeweide erxeugt sieh nicht leicht eine reine, runde Eilerbenla,
Baadern weit eher «n VerschHiren, dai vielhihlige Untoreuinaog,
Fistelgänge und solch nnbeimliche Dinge macht, die doeh anletsl
den Tod des Leiden berbeirDhren.
Der zweite Fait betraf ein 1 »Jähriges Müdebaa. Bei ibt
batle sich in der sehr veigröfseilen Mila, die sich nber mehr
straff gespannt , aU hart anfühlte , eine Eiterbeule erzeugt. Sie
mufote lai^e und schraershaft geliHen haben, denn si« war aom
Gerippe abgemagert. Da ich deaiÜclM FlukiuMion füblle , legte
iefa auf die finktuirende Stelle Waebualbe mit Kapfereifd ge-
mischt. Die Oelfiuing der Eiterbeule wnrde dadnreh in einigen
Tagen befBrdert nnd eine grofse Vlenge Eiter endeett, der keine
rerdiehiige Eigenschaften aeigte. Nach der Entieerong hörte der
Scbniera ganz auf, die Eiicrbeole heilte in knmr Zeil, ohne
wnndSntliche Unlfe von selbst aui, und das Midcheo gewann
gar bald wieder Fleisch and Krftfie. i^ie ist jetat eine derbe,
kernhafie Dirn, der gewifs niemand ansehen wird, dafs ihr früher
die Milz verschworen.
Die Kunst kann sehr wenig bei aolGhen Fällen, ibnn; darum
bandelt, meines Emchtens, der Arzt am klügsten, der die Natur
in ihrer Heiloperalion am wenigsten stört.
Baue iapeicheld rät eil mittel.
Die Zeichen, dnrch welche wir eine Affektion des Pankreas
eHtennen, sind höchst unsicher, indem sie aueh auf lo-ankbafie
Zustände der Leiter, der Milz und des Piexu» coeliaci mehr oder
nisder passen. Die Erkenotnifi wird aber dadnreh varsüg^cb
enchwert, dafs die Affeklion des Pankreas zuweilen wirklieh
sebmenhafie consensnalle Leiden des Magens, der Leber, Atit
Uilz, oder der Brust macht und uns s« irre leilet. Zweimabl
habe ich bei der A»giiut ptetori» starke Vermulhuag auf ein \}t-
leidea des Pankreas gehabt, obgleich ich damabls noch nicht ge-
lesen batle, dals man sichtbare Febfer des PankMas nach dem'
— 17» —
Tode bei sotcben Kranken gferunden. Die Ldchenaffhung halte
ich aber nicht machen kQonen.
Zu der Zeit, da xnent das Jod in die Medixin kam, hatte
ich einen Marken Landniann kd behandeln, der ülwr dnmpfe«
nicht durch Druck aich vermehrende Schmerxea in der Tiefe der.
Marengegeiid klagte, welehe SehaMraeo nicht auch der iVlahlxeit
zunahmen. Mit dieaen ;Sehmenen war Mangel an iJalast, be-
denlende Abwngeruag and grofse Mattigkeit verbunden. Die Ge-
■ichtsrarbe war sobwiiisig, der Puls weaig gereist. Uebrigeut
war das Uebel noch von ganz abweehaelndea Zeichen begleitet ; bald
glaubte ich, lait der Leber'su thon xu haben, bald mit der Mila,
bald mit dem Pforiadersystem , baM mit dem iVejrM c»e/ime».
Mehr als Einmahl war der dumpfe, tief liegende Schaiers in der
Mille der Regimti» eptgattricae TenchwQnden , nnd safs im rechten,
oder im linken Hjpocbondrio. Einst safs er in der linken Seite,
die Homabsoaderung minderte, der Banch füllte sich mit Wasser.
Nnn glaubte ich nichts sicherer, als, ich habe es mit einem Ui^
leiden der Milz nnd mit einer von diesem abhängenden consen-
floetlen Niereaaffeklion lu ihnn. Ich gab Eichelngeist, den idi
damahls noch Stau des Wassers gebrauchte. Die Hamabsonde-
mag vermehrte sich, der Bauch wurde leer von Wasser, der
Schmers verschwand ans dem linken Ilypocbondrio und — war
wieder auf dem allen Flecke. So wurde mir denn wol endlich
die Ueberzeugtiog aufgeswnngen , dafa ich es mit dem erkrankiea
Pankreas, also mit der Krankheit eines Organs zu thun hake,
auf welches ich kein sicheres Eigenmittel kannte. Ich rieih dem
Kranken, sieh in meinem Sliesien und erfahrensten Amlsgenos-
sen, dem Professor Günther in Duisburg zn hegeben und zu se-
hen, ob der vielleicht Rath wisse. Der Kranke wollte aber leider
nicht von mir weichen, nnd ich mufste wider Willen das vencwei-
felie Ding noch elninabl angreifen.
Eine Zeillang vorher war das Jod als Kropfmiilel in die
Medisin eingeführt. Ich hotte mich schon von der Wichtigkeit
dieser Arsenei und von ihrer eben so schnellen als wohlihStigen
Wirkung bei Anschwellung der Mandeln und Speicheldrüsen über-
zeugt. Die Aehnlichkeit dieser Organe mit der Bauohspeichel-
drüsebracfate mich auf den Gedanken, das besproofaeoo Mittel bei
unserm Kranken aniiiwenden. Ich gab die eingebe Tinktur, zu
zehn Tropfen dreiiitahl tags. Der Erfolg war gut; alle Zuflllle
minderten sich nach und nach ; die Bessemng erfolgte langsam,
aber ganz regelmüfsig fortschreitend. Der Kranke gelangte zu
seiner Gesundheit und ist seitdem auch gesund geblieben.
Weil nun aber das Elrkranken des Pankreas nicht httnfig ror-
koniint, so hatte ich wenig Gelegenheit, das Jod auf ähnliche
Proben zu stellen. Int Jahr 1836, im Spätsommer, fing hier ein«
— 177 -
Kiukhak an n bafnchvo,- bat naleher die Leute einstiiiuug
über Schmers aml andre naangenehnw Sefüble in der Hengmbe
klagten. Dhr Schmers veiraehrte liofa bei einigen nach der Mahl-
aril, bei andern Dicht. Nach dem GefBhIe der metaten lag w
in der Tiefe des Oberbnnchee, ancfa klagten nicht wenige übw
Sebmen des Rückeni, welcher Schmers mit den TeraeiBtlicben
Magentcfamen in gleicher Höhe dea Rückeas aieh ftulierte. Ue-
brigeoa war der Schmers nicht heftig, bei Tiden aehien ea ein
Mittelding swiacben Schmers und nnbehagitebem , nnheimlichom
Uefiihle so adn. Einigen konnte ^an auf den Magen drS^ea,
ohne dafs ei ihnen hinderlich war; andern war «a htndwlteh;
lelsteren war wafaracheinlieh der Magen eouenaaell ergriffen. Die
nbrigen B^eiler dea fieberloaen Zaitaodea waren : eine Unbehq;-
lichkeit nnd Mattigkeit im gänsen Körper, Maugel der EUnat,
nnmhiger Schlaf, trüber Harn, und im Falle der Zustand aeban
ein paar Wocben gewahrt, ncbtbare AbanageniRg. Beim fiebflE-
haften Zuatande waren die nftmlidien ZnAlla nebat den gewöhn-
lichen Zeichen dea Fiebera, welche nichta Besooderca dariHiiMi
nnd welche idi deshalb übergehe. Der trübe Harn {«rüia Jumem-
IomJ war ein herrorttechendea, bestftndigea Zmchea. Ich will
damit gerade nicht behaupten, dala nicht hin und wieder bei ei-
nem einsdnen Fieberkranken dieses Zeichen rermilst aein aoUte;
aber ich habe doch aelien ein solch beatfindigea bei einer herr-
acbendcD Krankheit gesehen.
Da früher, bis dahin, jene Leberkrankbeit gehnrscht hatte,
welche unter der Heilgewalt der Quassie stand, nnd ich, weil
die jetzige sehr wenig Angseiehnendes hatte, sie anfangs für die
Torige nahm, so warde ich durch das Niehtwirken des Quaasia-
WBSsera zuerst anf die eigene Xatnr dieser Krankheit anfmerkaam
gemacht. Zweifelhaft, mit welchem neuen Feinde ich ea an thun
haben möchte, aah ich mich getwnngen, die RoUe des Zauderers
an spielen, mehrere Kranke so beobachten, ohne entscheidend
einzogreifen. Ich wurde bald dsrch Vergleichnng mebrer Ftllle
gewahr, dafs das urergrifiiene Organ in der Mitte der Regitmia
epigaitHcae liegen müsse; denn bei einigen, wo Leber oder Mils
angegriffen schien, förderte das Einwirken anf einea dieser Or-
gane die Heilung aneb nicht im geringsten. Hiebei mofa ich be-
merken, dafa das Fieber bei denen, welche fieberten, echt cen-
sensueller Art und hinsichtlich seiner Form Continna remitteiu
war, aber sieb der Intermitttiu durchaus nicht näherte. Bei ei-
nigen Kranken, jedoch bei wenigen, ftafsene sich in den ersten
Tagen eine eigene Bruslaffektion , welche in einem Gefühle von
Beflngstignng bestand; von scharfen Stoffen im Magen rührte die-
ser Zufall aber nicht. Bei dieser Krankheit fand sich auch keine
Spar Ton dngleicheD anuuleerenden oder zu neutralisirenden
— i7H —
SlofleD. Aabsliendes Irresein habe- iefa, ala wiritlichvo Zufall
der KrKokbeil, nur bei eiiutm einziges ind iwar bei einem Jfiog-
lioge beobachtet. Eio Mann, bei deni das Irreseia an Manie
grenxie, und von welchem man behauptete, daft bei ihm die
Knuikheit auf dieie Weise begonnen, hatte, ich weife nicht, wel-
che Arzenei genommen; mithin konnte seine Tollheit eben so
gut eine Wirkung der geaorameDen Millei, ala der Krankheil,
öder der vereinten Wirkung beider sein, war also nicht ak ech-
ter Zufall der Krankheit atuosehen.
Wenn man nun der Krankheit, sonderlich der mit Fieber Ter-
bundenen nicht t^inhalt zu thtin vermochte, ao gesellten aicb nach
und nach andre Zufälle hinzu, aU : trockne Zunge, Durchfall, (der
aber nicht heftig war) geringes, nicht anhaltendea Irrereden, spli-
ter unverkennbare Afl'ektion der Gallenginge, und in noch apKte-
rem Zeiträume Bauchachinera. Die Krankheit war, ihrer Naiur
nach, langweilig, aehr langweilig; die Zeit ihrer Dauer aber nicht
an healimuien. Ich hatte diesea Mahl das Glück, bei meiner IJn>
tersuchung aehr beiehrende Fftlle zu treffen. Bei aolofaen wahr-
haft verborgeneo Krankheiten kommt das Erkennen oder das
Nicbterkennen aufs bare Glnck an. Drei Krankheitsfälle können
zuweilen so belehrend sein, dafs sie dem Arzte, wenn er nicht
ganz vernagelt ist, die ErkenntnUa aufzwingen; ein anderes Mahl
kann er fiinfaeho, zwanzig Fälle behandelt haben, und noch eben
so unwissend sein als im Beginne.
Alle Zuf&lie (apUer eintretende und anfängliche) nebst der
positiven und negativen Wirkung der gereichten Mittel znsamuuM
herechoend, glaubte ich, hinreichende Grunde zu haben, die he-
aprochene Krankheit als ein Urleiden des Pankreas anzusehn, und
dem gemftlk zu ■ behandeln. Ich gab also dreifsig Tropfen Jod-
tinktur mit acht Unzen Wasser und einem Skrupel Traganihgum-
mi gemlacht, und liefs davon stündlich einen LöS'el roll nehmen.
Sehr bald sähe ich, da& ich richtig gerechnet hatte; die Krank-
heit wich diesem MiUel so iiherraschend geschwind, dafs ich, ao
lange ich Am bin, noch nie eine ernsthafte Krankheit eines £in-
xelorgans so schnell habe weichen sehen. Ich glaube sicher, dafs
man zur Heilung eines aolcheo Fiebere nicht mehr Tage nölfaig
hatte , als es , seiner \atnr nach, Wochen würde gewährt haben.
Diese Krankheit hat ein rnndea Jahr geherrscht, und dann der
Leherkrankheit , welche nniex der Heilgewalt des SchdUuaul»
stand, Platz gemacht.
Nun machten aber die Leaer denken, ich führe sehr achlechl«
Beweise für die Behauptung, dalä die beschriebene Krankheit in
einem Urleiden des Pankreas bestanden habe; mithin sei meine
Erfahrung über die Heilwirkung dea Jod auf das Pankreas auch
ganz werthloa. Freilich sind die Zeichen der Affektion des Pan-
— 179 —
krm , wie solcheg «neh «eboo andere ventlndige Aente erinumt
haben, «ehr nDsicher; en würde alao von wenigem Verstände lei-
ten, wenn ich die hetrlicfae Wirknag dea Jod bei der besehrie-
benen Krankheit als eine gültige Probe «einer Heilwirkang anf
des Pankreas ansehen, and den Lesern einen Cireulmm in demon-
itnaidv tür einen guten Beweis verkaofen wollte. Alles, was ich
darüber gesagt, ist hSchst naTollkommen ; aber wer in solch
daakle Dinge mit Gewall Licht bringen will, der kann dieses
niefat immer thno, ohne die Wahrheit anfxnopfern.
Damit die Leser sich übenengen, dafs iiA ihnen die berrlidie
Wiifaing des Jod bei nnsern Fiebern nicht als einen TdlgBltigen Be-
weis seiner pankreatischen Heilwirknng anfsndringen gesonnen sei;
so bemerke ich, dals das Jod das beste Mittel ist, das Erbrechen
zn hemmen, dafs es eins der besten Mittel ist, heriige Kolik-
sehmerzen sn stillen, und dafii es dieses eben so schnell thof als
der Mohnsafl. Daraus könnte man nnn mit einiger Wahrsehein*
lichkeit folgern, dab es anf die Banchnerrenknoten , namentlich
aaf den ifeint« eoelimeva geradem wohlihKiig einwirke; and.ans
•einer goieo Wirknng bei nnserm Fieber könnte man dann aber-
nabls folgern, dieses Fieber habe consensnell von einer Affaktion
de« Kexua coeliaci abgehangen. Wer gibt nns Licht in dieser
Dunkelheit 1 — Obgleich einige wahrscheinliche Grande, nament-
lich die Uebereinstimmnng der schnellen Heilung unseres Fiebers
mit jener Aer Speicbeldrüsenatfektion , mir den Glanben aufge-
fcbmeichelt, als habe ich unter der Form des besprochenen Hebers
eine wahrhafte Urkrankheit des Pankreis geheilt, so lafst doch
mein Vetitnnd die Sache unentschieden und übergibt sie der Zeit,
die vieles Unreife bis lur Reife bringt. Vielleicht erlebe ich noch
die Gelegenheit, das jetit Unentscheidbare nBher su erforschen;
sterbe ich aber, ehe die Gelegenheil sich dargeboten, so wünsche
ich, dafs sie in reichem Mafse solchen Amtsgenossen werde, wel-
che Sinn für dergleichen Forschungen haben.
Zusatz.
Obiges schrieb ich im Jahre 1829. Jetzt, im Sommer 1835,
aeixe ich folgende ßomerknngen hinzu. Ich habe mich Rbenengt,
dafs die chronische Erkrankung des Pankreas weit hiufiger ist
all man gewöhnlich glaubt. Hinsichtlich der Erkennungszeichen
dieser Erkrankung bin ich aber in den sechs Jahren um kein
Haar klflger geworden. Da die GallengBnge suweilen consensuell
ergriffen werden , so kann der Harn in solchen Fallen so dunkel
geHrht sein, wie bei Url eher erkm&knn gen ; nnd da bekanntlich
Ürlebererkrankongen sich häufig durch Sehmen and Druck in
der Magaog^eud äufsern, so kann man in die Tänschnng fallen.
— 180 —
die eine furkrankang für die widere m nehmen. In diesem dun-
klen Handel bleibt niohtB anders über, nia das Jod selbst als Er-
kannungsraiitel d«r Pankreaserkrankung xu gebraacfaen. Zu dem
Ende miifs man sieh aber übeneugen , dafs es nicht auf Leber
. und Mii« heilend einwirkt; denn ohne diese Heb erzeugung würde
es wahrlich ein sehr schlechtes Erkennungsmittel der Pankreas-
eikraultung sein. Icfa bin durch vergleichende Beobachtung zn
dieser Ueberaeaguag gelangt; es wurde aber eine ausführliche
Erzählung dieser Ucobachtungen den Leser wenig unterhalten.
Ich warne nur jeden, der, mir nicht glaubend, solche Beohachtun-
gen und Versuche selbst machen will, Pankreaserlcrenkung nicht
für Lebererkranknng aoxusehen. So bald er sich dieser Täuschung
hingibti wird er des Glaubens werden, das Jod sei ein gar treff-
liches Leberheilinittel ; und das ist nicht wahr.
Im Anfang des Jahres 1835, vielleicht auch schon am Ende
des vorhergehenden (ich kann das so genau nicht wissen, denn
der Dezember 1S34 war ausnehmend gesund, ich sdbat aber nn-
wohl) fing die Pankreaskrankheit wieder an lu herrschen, und
Hufserte sich bald als akutes Fieber, bald als chronisches Leiden
unter maacberlei Form, Sie herrschte aber nur reichlich vier
Monate und machte dann einer Sehelllcrautleberkrankheit Platz.
Auch Jeiz< fand ich, dafs div trübe Harn das allgemeinste Zeicfaeti
war. Bei der akuten Form fehlte et fast nie und bei der chro-
nischen seilen. Eine Bemerlning halte ich aber jetzt zu machen
Gelegenheit, die ich im Jahre 1820 nicht gemacht, dafs nämlich
bei einigen an dem akuten Pankreaafieber Leidenden die Nieren
coDsensnell ergriffen wurden, und dafs das consensnelle Ergriffen-
sein dieser Organe zum Urleiden derselben zu werden drohte.
. leb erkannte die consenauelle Erkrankung und deren Uebergang
zur Urerkrankuog aus dem braunen Harn, der bei der unverkenn-
baren ßesseruag nicht heller von Farbe werden wollte. Ein Asf-
gufs der Goldrutbe hob diese Unregel in xwei, auch wol in ei-
nem Tage. Hebt man sie nicht, so bleibt der Kranke in einem
quineaden Zustande, and ist dann die heilende Natur nicht so ge-
fällig, der Unweisbeit des Arztes beizuspringen , so kann Wasser-
sucht daraus entstehen. In der Folge werde ich wol Gelegenheit
finden, von dieser bei allen Bauchorgaakrankheiten sehr wichtigm
Sache mehr zn sagen.
In den vier Monaten, da die Krankheit herrachte, habe ich
nicht wenig Menschen durch die Jodtioklnr vom chronischen Ha-
sten befreiet. Er war ein eebt conssnsualler, von der Urpankreas-
krankheit abhängender. Da die meisten Menschen ihn anßngUeh
für einen Katarrhalhusten hielten, so suchten sie nicht eher Balb,
bis sichtbare Abmagerung, Mangel an Elslnst, MÜafarbe oad kar-
zer Aihem ihnen denselben verdächtigte.
— 181 —
Die mehtMi, mwo) akot als chronisch Ergriffenen, gaben
ein eigeaei Gefühl in der Mageogegend an, weiches sie aber
lange nicht alle Schiaers nuinlen, sondern hftiifiger ein beengen-
des, oder ein drückendes Gefühl, auch wol ein Gefiihl aU ob
ihnen die Präkordien mit einen Bande xusammengeschnSn wl-
ren. Maoehe hatten auch dabei, gleich den Hjsterischen oder Hy-
pochondrischen, ein Gefühl» als ob ihnen ein Brocken im Halse
stocke; andere klagten über ein Hindemifa beim Schlingen, ohne
dafs ich in ihrem Schlünde etwas Regelwidriges erschauea konnte.
Bei manchen, welche über sanres Aufstolsen und über ein bren-
nendes Gefühl im Magen klagten, rührte diever Znfall blofa von
der nnpafslichea Wahl ihrer Nahmngsmittel her. Man konnte
denselben gar bald durch etwas Natron, oder Bittersalierde be-
seitigen und dem Kranken angenblicklich Erleichterung verschaf-
fe«, aber heilen konnte man ihn dadurch nicht, sondern einzig
durch das Jod.
Di« Krankheit fiafserte sich damahls Toraüglicfa hier and anf
Beigiachem Grunde, weniger in anderen Gegenden meioee Wir-
kungskreises, in denen es vielmehr sehr gesunde Zeit war.
Heilmittel auf den Plexu» coeliacu».
Zu einer Zeit, da ich mit Urieiden des Gehirns und dea
Knckenmarkes an kSmpfen hatte, legte ich mir die Frage vor,
was ich wtrf machen wuUe, wenn eine Erkrankung des Plextt*
coe/48C(' landg&ngig werden sollte. Ich wufsie diese Frage nicht
au beantworten, und wenn ich gleich gern in Frieden mich auf
den Krieg gerüstet und ein gutes Organheilmiuel auf den ^exu»
coeliacu» gesucht hätte, so fehlte mir doch fast ganx die Gel*>
genheit zu solcher FortchuDg.
In der Mitte des Sommers 1828 »igle sich mir die efsle
Spur eines neuen Fiebers, welches, obgleich mit wenigmi Zu-
fitllen gepaatet) sehr böse und langweilig war. Bis dahin hatte
fast ein Jahr lang die früher beschriebene Scbellkrautleberkrank-
heit geherrscht. Diese war, wie die Leser wissen, sehr hftkelig
und erfoderte ?iel Aufmerksamkeit; seit ich aber ihr Heilmittel
kennen gelernt, hatte die Gewohnheit mich mit ihr befreundet.
JeUt luubte ich bei der neuen Krankheit wieder auf die Rolle
des Ileilmeistera verzichien, und die unangenehmere des blofsen
Beobachters unsl Probinueisters übernehmen.
Ich habe kaum je eine Krankheit gesehen, welche im Alfge-
meioen so wenig henrorstechende Zufälle halle. lo den ersten
zwei Tagen wechselieo K<e und Wärme ein wenig ab, und ein
mälsiger Kopfschmerz verschwand gewSbnlit^ schon nach - zwei
Tagen. Der Doiat war mäüüg, Pols niäJsig schnell and roll.
— 182 —
du Fieber Cmi^ua remitttiu , nicht an LOerminiem gnueod.
Im weilem Verlanfe entMand mSfaiger Darchfall, der bis lar toII-
koraniaea Genesung blieb, aber nichia Krilischea an sich batle.
Bei einigen erschienen Schmerzen in der rechten , bei andern in
der linken Seile, ja bei einem und deiintelbcn Kranken war«i aie
abwechielnd heuie rechts, morgen links.
Im Anfange hatten die meisten Menschen gani m&Tsigen
Schmerz in der Mitte der Begioni» eptgatiricaet bei einigen er-
schien am Ende der Krankheit staricer Schmerz im Unterbauche.
Der Harn war klar, fast dem gesunden ihnlich, nar zuweilen im
Verlaufe der Krankheit wurde er ein wenig trübe, zuweilen ein
wenig goldfarbig. Bei einigen, aber wenigen, fing im Verlanfe
der Krankheit das Fieber an, ein wenig an Intermiltcna in greiH
len , ohne dala die Anfalle mit Schauder eintraten ; ein weaig
Irrereden, was alsdann bei der CxBMThation sich einstellte, war
ganz belanglos. Anhallendes Irreseln in der ersten Periode, habe
ich nur zweimabi, so wie aacb ein paarmahl anhaltendes Kopf-
weh beobachtet. Die Zunge war rein , kaum in der Mitte einen
weifslichen Anflug habend, und blieb auch also im Verlaufe.
Trockene Zunge habe ich nicht, auch bei denen nicht beobachlct,
wellte ich behandeln mufste, bevor ich das Heilmittel kannte.
Manche Menschen klagten sehr über Schmerzen in den Füfsen,
welche mehr in den Nerven, als in den Muskeln ihren Sitz za
haben schienen, denn die Bewegung der Füfse war nicht dadurch
behindert. Die Klage über Kückenschmerz war auch ziemlich ge-
mein, jedoch nichts ausgeneichnet Heftiges dabei.
Eine wahrhaft Bcluauie Erscheinung erUbte ich bei diesem
Fieber, oSmIich, allen denen, welche Würmer im Bauche hatten,
gingen diese von unten und oben weg; wäre ich einbildisch, so
könnte ich davon, wie einst vif« der Botch^ eine Hittwiam cmi-
ttUutioHi$ epidemica« verminotae schreiben. Heble Zufölle habe
ich von dem Aufrühre der Würmer nur in einem einzigen Falle
gesehen, und zwar hei einem erwachsenen Mädchen.
Die beschriebene Krankheit bat mir viel Mühe gemacht. Da
sie, hinsichtlich ihrer ZufSMe, einige Aefanlichkeit mit der Affek-
tion des Pankreas hatte (ausgenommen den trüben Harn), so fiel
ich zuerst darauf, das Jod zu geben. Allein dieses, obgleich es
nicht feindlich auf den Kranken einwirkte, war doch nicht Heil-
mittel; aUo mufsie ich, in meiner Vermuthung getäuscht, auf
andern Rath sinnen. Das vergebene Einwirken iiuf Leber, auf
Milz und auf Pankreas drang mir zuletzt noihwendig den Gedan-
ken auf, dafa ich mit einem Urleiden des Ptexua coeh'aei zu
tbuD habe. Da ich, wie oben gesagt, schon früher an die Mög-
lichkeit eines epidemischen Urleidena dieses Organs gedacht und
einige schwadie, freilich anf sehr unvollkomiine Versuche sich
— 183 -
■itiMnd« Vermmlnmg hmie, itth 4m BitierioKntlelwnsMr ein Ei-
geniuinel unf den («rkraDklen P/tJtMi coeliacHi sein k&nn«: ho
weodele ich dieses Wasser an, und sah sehr bald, dafs ich daa
wahre lleilnHiel getroffea. Ich gab davon eine Unse in rier
wnd swHnzig Stunden, uad zwar in einem schleimigen Tranke
▼on 8 Unsea, foa welcbeu der Kranke stiindlich einen Löffel
nahm. Die Leser könnten aber vielleicht denken, als sei die
Heilaog dieser Krankheit durch das BillenaandcUvHsser eben so
rasch gogungen, als die HeÜDBg der vorigen durch das Jod; aber
daran fehlte wahrlieh viel. Eisige der ersten Fülle, welche sehr
sebnell und gut rerliefen, fiäfsten mir die ihörichte Iloffanug
ein> dafs das also- geschehen kdnne; bioien nach innfsie icli mich
selbst der UnweiMhcit besuch f ige n , solch eiteler HoChnng aach
nur einen Augeablick Raom gegeben sn haben^ IlStle ich tnelae
Beobachtungen Über (Jrgehirnleidea in BrwSgung gesogen , hätte
ich bedacht , wie hier ' bei eioigen Menschen die consensnellen
Leber- oder Milaleiden lu Urleiden dieser Organe wnrden, und
wie da, wo dieses geschehen, an keine Heilang des Gehirns sn
denken war, weoa nicht jene Bauchaffektionen beseiiiget wurden;
hülle ich, sage ich, dipse Erfahrungen wohl in ErwSgnng gezo-
gen, so wSre es leicht gewesen, vorher zu wissen, dafs bei ei-
neui Urleiden des Phxu» coeliaci die oäinlicheD Verhüllnisse und
in noch weit höherem Grade einljrelen mufsten. Das g:eschah
denn auch wirklich; ein Theil der Menschen genas bald und ohne
Anstofs durch Bitlenuandelwasser , bei andern wurde die Leber,
oder die Milz, oder die Nieren consensuell ergrifTen, and wenn
ich den Urwerden dieser consensuellen Leiden nicht vorbeugte
so zog sich die Krankheit in die LHnge.
Ich bin ein grofser Freund loo einfacben Mitteln; man
kommt weiter damit als mit zuaammengeseixlen. Wer aber bei
unserer Krankheit, aus Verein fachungssü cht igkeit, blols Bitter--
mandelwasser bUte reichen wollen, oder bei der eonsensuellen
Leber- oder Milzaffeklion blofs die E^igenmiitei auf diese O^ane,
der würde den Zweck der Medizin, möglichst schnelle und si-
chere Heilung, in manchen Fallen verfehlt haben.
Ich habe es also gehalten. Biliermandelwasser war das
Banplmitlel aof daa urergrifi'eae Organ; sobald ich aber ans dem
Harne, oder aus andern wahrscheinlichen Zeichen merkte, dafs
Leber, oder Milz, oder Nieren consensuell nnd nur einigenna-
fseo ernsthaft ergriffen wurden, verband ich das EigeniHtiict auf
das consensnell ergriffene Organ mit dem Bitlermandelwnsser und
beugte MO dem Urwerden des Consensuellen vor. Bei eiaselnen
Kranken, hei denen alte Leber- oder Milzleiden durch diese
Krankbeil aufgerührt wurden, zog sich die Sache bei aller Vor«
«ioht doch noch etwas in die Ltinge. Dieses ist bei allen gastri-
— 184 -
«ih«n Fiebwn der Fall ; dana lernt Man don^ aoMie Epidenim
nicht blofs akale Fieber, sondern auch allei4ei chronbche Baneb-
leiden behandeln; ja man lernt an einer solchcD Zeit in ein paar
Jabren mehr von Holcfaen Dingen alt sonst in einem lialben M«i-
scbenleben. In allen Krankheiten Itönnen eonseosnelle Leides
xa Urleiden werden. Warum dieses aber leichter nnd hän%er
bei dem lelzibeschriebenen tieber geschah als bei andern Krank-
heiten, welche ich je erlebt, davon weifs ich keinen wabncfaein-
liehen Gmod anzugeben. Eins weifs ich gewils, auf dieaen
Wege werden die aotagODiatischen Eielbsiheiinngen der \ntiir voll-
bracht. Das nrergriffene Organ macht in einem nndem Oi^ae
consensuelles Leiden. Dieses eonsensuelle Leiden wird auf eine
öhel an erkiHrende Weise zum Urleiden, ond wenn dieses znm
Urleiden gewordene Mitleiden bis auf einen gewissen Grad ge-
steigert ist, so kehrt das anßlnglich hanpterkrankte Organ anm
Normalstande znrück. Diese Selbstheilungen der Katar sind aber
höchst unsicher, hBchst langweilig nnd höchst nnvollkomnen ;
denn es ist doch, bei Lichte betrachtet, weiter nichts, als eine
Veränderung der Krankheit; dämm scheinet es mir am klügsten
xa sein, solchen antagonistischen Selbstheilungcn anf die ange-
gebene Weise vorzubeugen, Klage Mftnner haben st^n ISngst
bemerkt, da& Leichenöffnungen den mit der Untersuchung einer
akuten herrschenden Krankheit beschäfiiglen Ant lei^t gfiazlicb
in die Irre fGhren können ; sie können ihn nSmlich verleiten, ein
sichtbar verSndertes Organ als den Ursitz der Krankheit anzuse
hen, da doch das nrergriffene leicht ein ganx anderes ist So
wenig Leichenöffnungen richtigen Aufschlnfs über die \atnr sol-
cher Krankheiten geben, eben so wenig Aufschlnfs geben auch
die Xachkrankheilen ; denn diese \achkrankheiten hangen mei-
Btens von dem zuletzt ergriffenen Organe ab , durch dessen Krank-
machen die Natnr die antagonistische Heilung des nr- und hanpt-
erkrankten Organs bewirkt hat. Ich habe in den letzlen Jahren
mehre Kranke ans der geringen Volksklasge, die in Holland
krank gelegen und angeblich hergestellt zuriickkamen , behandelt,
aber mir nie erlaubt , über die Natar der dort herrschenden Krank-
heit zu urlfaeilen. Unter andern erinnere ich mich , dafs ich , in
einem niederländischen Grenzstädtchen mich befindend, von ge-
ringen Lernen angesprochen wurde , ihrer ihnen ans dem Inneren
von Holland su rück geschickten Tochter ärztliche Hülfe zn leisten.
Als ich hinkam, erkannte ich zu meinem Erstannen In dem nn-
glücklichen siechen Wesen ein Mädchen, welches noch vor we-
nig Jahren bei einem meiner Bekannten gedient, und sich da-
mahls durch Schönheit, Sittsamkeit und ein eigenes bescheidenes
Vorkommen attszeichnete. Ihrer Aussage nach, halte sie im In-
nern von Holland an dem hemcbenden bösen Fieber zwölf Wo-
- I8S -
ekmt knak «nd mter Amch nrW Wocb«i ein paar ohoe Ba-
■iBDaDg gelegea; da sie über bei whr gaien Menschen gewohnt,
kuie •• ihr weder an Pflege, noch Bntlicbeni Beistände gefehlt.
Jetit war ihre Schönheit gans dahin; «• war sehr mager, blafs,
hastete riet nnd warf aus , hau« schleieheDdes Fieber mit nficht-
licber Veracfalimmemng, Mangel an fJslait, anmhigcn, nicht
•r^nickenden Schlaf, Schmers im liokeo Bypoekmtdri»; der
Baocb war voll Waner, die FiÜM bis an die Knie geschwollen.
Da ich diesen Zustand fSr eine Milsaffektion hielt, Wassenncht,
Hnsten ood andere ZnMIe für Frige derselben, so gab Ich ihr
blofs FioheIngeiBf , den ich damofal«, st^tt jetzt das Wass«, ge>
brauchte. Bei der Erkenntnifs des Uebels komue nicht leicht
TftnBchnag obwalten , also erfolgte ancb die Heilung dureh du
gegebene Mittel regehn&Ciig ond obae Uotetbreebnng, Wie dia
Kranke rollkommen hergestellt war, wnrde sie weit fetter als sie
vorher gewesen. Wie ist es nun mSglicb, bei solch einem Fslle
sieh nur die leiseste Vermathong über die Natur der in Hollaad
herrschenden Krankheit su haben* Wfirde es nicht tbdriobt sein,
m saften, die ganze zw 9lf wöchentliche Krankheit habe in einer
Affdrtion der Milz bestanden * — Von dieser Abscbweifnng kehr«
ich nnn wieder zu nnserer Krankheit ittrGck. Von allen Bauch-
fcrankbelteD, welche ich je erlebt, kcane ich Iceine, welche,
sich selbst überlassen, solche üble Fingen gehabt bälie ah
die eben beschriebene. Einigen war die Milz ergriffen, andern
die Leber, einigen, jedoch wenigen, die Nieren, andern, aber
ebenfella sehr wenigen , die Lungen, Nie habe ich so riel Was*
■ersncbten zn behandeln gehabt, als nach dieser Krankheit; aber
es war nicht immer einerlei Art der Wassersucht, sondern bald
Bfdrop* kepatieiut bald wpleMüm*. Ich nnilste sie entweder mit
Quassia- oder mit Eichelnwasser hmlen. Nur einen einsigen von
allen Wassersöcbtigen habe ich gesehm, bei de^n die Krankheit
in einer Uiafiektion des Gesammlorganismus bestand. Die Leser
m&sseo aber nidit glauben, als sei die Wassersucht blols Folge
schwerer Krankheit nnd langer BettlSgeri^eit gewesen ; ach nein,
der gröCite Theil derer, weldie Hülfe bei mir sucblea, war von
der Krankheit nicht einmabl ias Bett geworfen worden, sondern
hatte idch mne Zeitlang ia einem zwischen Krankheit und Ge-
Bondheit sehwebend«i Zustande befanden. Wenn zn jener Zeit
Lente zu mir kamen,, die fiber knnen Athem klagten, so konnte
ieh fiMt mit Sicherheit vermutben, dafs sie den Bauch voll Was-
ser holten, nnd bei der Untersnehung traf es sich äniserst seilen,
dals meine Vermulhung nicht sur handgreiflichen Gewiisheii ge-
worden wKre. Bai diesen üblen Folgen der Krankheit brancbl«
man gar mdit mehr auf das anffinglidi eigiiffene Organ zu le-
-JOgIc
— 18« -
hflo, dleMt batls die Natur t^ton «af ihre eigsoe «ntag^siBlbcbe
Weise gebellt.
Nun wil) ich noch einige SonderbarkeiteD der beacbrie-
beneo Krankheit anführen, die, da sie eelien verkamen, lieh
nicht wohl in das allgemeine Bild der Krankheit einfngeD lauen.
Bei einigen wenigen Menschea wurde im Verianfe der Krank-
heit der Maatdarm ergriffen , dais aie Sluhltwang bekamen and
blutgealreiften Schleim entleerten. Bei einigen wenigen wurden
die NiMvn im.VwIaBfe ao aeltsam affiairt, dafa der ausgeleerte
Urin einen wahrhaft aashaften Geruch verbreitete, dabei aber
reich an Harnsinre war. Zwei Menschen habe ich gesehen , die
beim ersten Eintritte des Hebers halb besinnungslos waren, beide
erbrachen sich; bei dem einen war das Elrbreehen so heftig, dab
ich Mühe hatte es su stillen. Trotz diesem siiirmiicben Anfange,
halte die Krankheit aber keinen übleren Verlauf als gewöhnlich.
Bei einem Mädchen fing da« Fieber mit Btnibreehen an, ohne
dafs dieses Blntbreehen einen si^immen Einflnfs auf die ganse
Krankheit gehabt hätte. Vier Menschen hatte ich an behandeln,
welche im Verlanfe der Krankheit Darmblutung bekamen; swei
davon starben. Im Allgemeinen siebet man Darmblnlungen bei
Fiebern nicht gem. Ich. habe aber bei den jetzt bescfariebeneo
den Fall erlebt, dafs ein« alte verschlissene Frau mit verdorbe-
nen Lungen , bei welcher sich das Fieber auf die gegebene Ar-
senei übel bessern wollte, aach einigen reichlichen Ausleerungen
von geronnenem Blute sieb awar allerdings sehr matt fühlte, so
dafs ihre Kinder glaubten, sie würde sterben, aber doch wieder
beikam und genas. Hier war die Blnlung nicht kritisch, aber
doch wohltbfttig; denn nach derselben leistete die Araenei die
erwartete, woblihStige Wirkung, welche sie vorher nicht leisten
wollte.
Einer der lödilich abgelaufenen Fftlle bietet durchaus nichls
Merkwürdiges dar, denn er belriffl eine xiemlich bejafane Jung-
ürau mit alten Abdominalleiden ; die wflrde aich wol ohne Blu-
tung an dieser nnd an jeder aaderen ernsthaften Krankheit ge-
storben sein. Der zweite Fall aber ist mir deshalb merkwürdig
gewesen, weil ich hier, in Betreff des tödiliehen Ausganges,
uiA nicht die leiseste Vorahnung haben konnte. Eine Frau in
den besten Jahren hatte, was das Fieber betrifft, durchaus keine
avsgeseichnete.Zuntle, aufser dafs der Kopfschmen, der bei
diesem Fieber in ein paar Tagen verschwand, bei ihr anbiell.
Der Durchfall war mäfsig. Die Krankheit blieb, ohne su ver-
schlimmern, ohne verdächtige ZuMle, vierwhn Tage anf dem-
selben Punkte. Freilich war dieses Bleiben auf dem nämlichen
Punkte, SB einer Zeit, wo sie in voller Besserung hätte begrif-
fen sein nCggeii, verdächtig genug; allein wer konnte wissen.
— IW —
wwna sieh die Biobe hRklef Eiaei llorgeu klagte läe fiber
gma nifsigen Schmeis im reehtea Hjpoehondrio. Nach acht mvi
vienng Siundea sD^fHfar, w« dieser Schalen oicbt besser nod
Bidit seblinner geworden irar, ging ihr ein halber Naehttspf
W9Ü geronaeMes BInt ah , dem bald noch eine gate Menge folgte.
Ein paar Standen darauf hatte sia eine Eotleerang Ton eioer
grauen , sehr übel riecbenden Maaae , die gerade anssah , als ob
Eiler mit Schleim msammeo gerfihrt wHre. Was es für ein Stoff
gewesen, weifs ich nicht; so viel sah ich aberjmld, dafs die
Kranke gleich nach dieser lijitleeniog sich aom Tode anschiekte«
Der zweite Fall mit gutem Aosgange, hat auch etwas Alerk-
wGrdiges, nfimlichzw«!, wahisclmnlicb sriien snsammeniraffeKde
Zefälle. Ein wahrhaft schönes Madchen, anf der Greose swi-
sehen Kind and Jungfrau, halte das Fieber ansebeiDend in ge-
ringem Grade, klagte wenig in den Präcordien, hatte keinen
Dnrchfidl, fing geg^ den sechsten Tag an, über ganx mafsigen
Sehmerx in der rechten Seile an klagen, die Baucbexcnmenie
worden ganz weifs, obae dals die reine Hautfarbe nur im min-
desten gelblich oder erdfarbig, ohne dafs der klare Harn auch
Dar im mindesten krankhaft gefftrbt wurde. Am achlen bat mich
die Maller, das Kind abends zu besuchen, weil es über BeSng-
stigang klage. Kaum war ich dort, so bekam, die Kranke Oeff-
nang, wurde halb ohnnUlcfaiig und die dünnen Excramenle liefea
ins Bell; die Mutter entdeckte, dafs das Bett voll Blut sei. Das
schien freilich übel; indessen war es nnmöglich, abends. beim
Kerzenlichie die Sache richtig zu benrtheilen. Den andern Mor>
gea ergab sitJi, dals der aosgesonderte Stoff dnnkelgrau von
Farbe, wie Siralsenkoih, und mit dicken blutigen Streifen durch-
mischt war. Ich begriff Jetst, dafs das Blut aus einer hohen G^
gend des Darmkanals, aus dem Zwölffingerdarme, oder aus dem
oberen Theile des Leerdariaes kommen müsse. WSre die Darm-
bewegung nicht, aus mir unbekannieu Ursachen, plSlslicb rec>
mehrt worden, wftre die Enileernng am folgenden, oder am dril>
ten Tage geschehen, so würde man die dicken btui^en Streifen
in der grauen Masse nickt mehr haben sehen kännen. Wenn
Blut, das in der höheren Gegend des Darmkanals nah am Mar
gea, ergossen ist, in der Stuhlausleerung als Blut erscheinen
soll , so mufs eine bedeutend verwehrte Darmbewegung Statt fin-
den, ßei der gewöhnlichen wird das Blut im Darmkanale eben
so , wie die Nahrungsmittel , ganz umgeändert und enoheint in
dem aasgeleertea Darmkothe nicht als Blut. Was bei normaler
Darmbewegung als dnokelrothes , geronnenes Blut erscheint, das
kann unmöglich ans den höheren Regiooea der Dftrme, das uufs
ass dem B^cto oder Colo kommen , Torausgeselsl, dalii die Fie-
•^Mn* cali nicht mit Leber, Milz oder Zwerchfell verwaobaen
- 188 —
üoi, in weitem Fall« freiUdi Leb«-*, Milt- and hmt^nab»-
sesse sieb io den Grimtndarm entleeren , und ebenfalb dabei Bla-
tnngen Stalt finden können, die nicht im Dsnne selbst encugt
sind; von welchen Seltenheiten wir aber jetxt niefal reden wollen.
Der angeführte Fall ist deshalb merkwürdig, weil hier zwei
Umst&nde zusammentreffen, welche, aller Wabracbeinlichkeit nach,
seilen sasammentreffen , das war nämlich, behinderte Gallenergia-
bnng in den Dannkanal und Darmblulang. Beim Blutbrechen,
wo, awar nicht immer, aber doch in den allermeisten Fftllen eine
gute Menge Blut nach unten geht, wird dieses Blat (vorausgeselst
dafs kein Durchfall voriiandea sei) nicht als Bhit durch den Stuhl-
gang entleert, sondern als kohlschwarzer dintenartiger Kolfa, der
einen ungeheuer aashaften Gestank verbreitet. Bei unserer Kran-
ken, bei welcher der Einflufs der Galle in den Darmkanal ge-
hemmt war, fand solch schwane, dinlenanige, aashafte Ausleening
nicht «taU; man sollte also daraus «chliefsen, dafs bei Darmblu-
tungen, ianr Bildung des kohlschwaraea aashaflen Kothes, die
freie Ergiefsung der Galle nothwendige Bedingung sei.
Unsere Kranke wurde gleich nach dieser Ausleerung wieder
hartleibig, wie sie vorher gewesen. Ich war nun sehr neugierig,
welchen Einflnfs diese Blutentlee tu ng auf die Leber haben möch-
te, mufsie aber meine Neugier drei Tage lang mftfsigeo, so lange
Dämlich wShrte es, ehe das in den Dftrmen zerseisie Blut als
grauer Koth abging (die blutigen Adern waren aber nicht mehr
darin in erkennen). Nach drei Tagen , da diese Masse entleert
war , Sberzeugte ich mich , dafs der Zustand der Leber noch der-
aelbe sei, denn der Koth war, wie vor der Blutung, ganz weife.
Kritisch kann man diese Darmblutung nicht nennen, aber wohl-
thfttig war sie dennoch; denn eine Mischung von Bidermandel-
wasser und Scbellkraultinkiur , von welcher ich in den ersieo
Tagen wenig Wirkung sah , nnd mir den Ko^tf zerbrach , woran
sich die Sache haken m&chte, ihat jetzt so gtite Wirkung, dafa
das Mfidchen trotz dem beschriebenea Abenteuer, bald genug wie-
der auf den Beinen war. Die ganze Krankheit hatte nahe an
zwanzig Tage gewährt; das ist freilich lange genug, aber wo
bei akuten Fiebern solche -Zwischenspiele gegeben werden , da
na£i man leise auftreten. Ein .Arzt, der sich bei solchen FftHen
gar zu sehr apnlet, kommt auch wo! am spätesten sinn Ziele.
Dafs diese Krankheit nicht nnprüoglich in der Leber ihren Sitz
hatte, davon war der beste Beweis, dafs das Mädchen vom aku-
ten Fieber genas, den ganzen Tag aiifssfs, im Zimmer heniiu-
ging, einen nicht zu stillenden Hanger haue, nnd dafs bei diesen
Umständen die Excremente weife wie bei Gelbsücbiigen waren,
ohne dals jedoch die Hantfarbe und der Harn auch nar im min-
dest«! auf Gelbsucht gedeutet bäUeo. Sobald das Fiebez nnd alle
«Mrigc Gefiäil« n der ObwIwchgegBBd TencbmiBdaa wmn,
habe icli Uob Sckdlkraatiinkiar gegeben, nnd dieie nocfa weit
Ginger naohgelmnKhen lanen, als e« dee weiben Abgängen we-
gen nSifaig gewesen sein wSrde; denn aisht blole die Dnrmblo-
tatkg, sondern noch ein xonunüihiges Wesen, weldies du Mil^
dwn schon lange TorfaM* angenommen batle, liela woiil auf iltere
Verstopfungen scUielaen; dämm wnr es der Klngbeit gemll«,
das Leberheilraittet noch lange nacbgd>ninchen m lassen. Merfa-
wirdig ist aodi bm diesem Falle, tUfa das MNcben gleich nach
überstnndener akoterKirnnkhett, trots der noch gansgestSrteB
Gallennbsondernng, einen kanm zn Milleaden Bnnger hntts.
Die DarmUntnogen , weldie aieh bei nknten and efaronischea
Krankbeitea snweilen ereignen, sind immer TerdSchtig; ob sie
aber tödtKch sein werden, das Iftlst sich in manchen FXlIen nidit
allein nicht mit Sicherheit , sondern nicht eiaitthl mit Wahncbeia-
lidikeit vorhersagen; d^n wer kann wissen woher solche Blntnn-
gen kommen! Es ist mir wahrscheinlich, dafs sie sieh meist aas
geborstenen Blntadennschwellnngea ergieJsen. Wie dieses ge-
scfaicbet, sehen wir mni wenigsten an Snfseriicfaen Tbeilen. Ein
«inniges Mahl hdw ich eine kleine Blniadwanadiwellaag nnf der
Spiixe der Nase bersten sehen; weil der Mann, (dessen Ant ich
fibrigens nicht war) an einem lypfaSsen fleber knab hg, welches
BlniTerlnit nbel Teitmg, so war der Tod die Folge der ftofsem
\asenblntnng. Je nncfadem die Blntaderansdiwelhin^n weit «der
enge sind, können geringere oder siirkere, jn sdmell iftdiliebe
Blntongen enisteben. leb batle einst einen jnngen Mann aas iet
geringeren Volksklasse am gaalriHchen Fieber su faehandelo, der
schon mehre Jahre «ine sehr nngesande Farbe gehabt. Das Fi«>
her wollte sich auf die g«^ebenen Mittel übel schicken ; weshalb
ich einige Verranthnng hatte, da£i es in dem Bauche des Kranken
nicht gehener sein möchte. Da ich nber sah, dafs er langsam
besBMte , das Fieber los wurde, den gansen Tag anfser dem Bette
sein konnte (ohne jedoch das Ibns in Terlassen) and gnle Efslnst
bekam, so vergab ich meine frühere VerranthuDg gar bald. Ich
hatte ihn, als einen Genesenen, mehre Tage nicht gesehen,- da
wurde ich eines Abends sp&t lu ihm gerufen, mit der Bedentung,
er habe einen Ueberfall bekommen. Wie ich ihn sähe , lag er
halb besinnungslos, es war ihm so viel Blut durch den After ab*
g^gangea, dafs man hätte glauben sollen, in seinem Bette sd
ein StSek Vieh geschlachtet Im Bnuehe kollerte es ihm, er klagt«
über nichts, denn er war, wie gesagt, halb besinnungsloi , gegen
Morgen starb er.
Von dieser Abschweifung kehre ich wieder zam Bitlermandel-
WBsser als JKgenmittel auf den erkrankten P/exn* coeliacu» zu-
rnek. Man kdautc sagen, es sei schwer su beweisen; dals das
— 190 —
inlMH bMchriebeae h^mclieBde Fieber in einem Kranksein dee
Pfextu eoe/üici beitandeo ; mithin sei der Beweia dar Behnnplnng,
Bittermandel waseer lei Heilmittel des kranken Ple-
xua coeliaei, gam unstatthaft. So viel weifa ich sicher,
das betehriebene Fieber bestand nii^t in einer Affeklion des
GesamnitorganiBmas , nicht in einem Urleiden der Milz, des Pan-
kreas, der Leber, des Magens, der Därme; mithin wird es wirf
in einer Affeklion des F(exiu eoeliaci bestanden haben. Ich ge-
be jedoch gern an, dafi dieses eine etwas kühne Vermaihnng
lei. Wer aber alle Zufälle der Krankheit, die consensuell er-
griffenen Organa und dia Folgen der Krankheit Wohl erwigt, der
wird bekennen müssen, dafs die Behauptung, ein anderes Organ
sei nrergriffen gewesen, noch weit kühner und grundloser sein
würde. Was ich beim Pankreas gesagt« mufe ich wiederholen,
ich kann nicht meto geben als ich habe.
Wallte ich der Vertheidiger und Lobredner der alten sdiei>
dekönstlerischen Aerate sein, so würde ich »ich schon jetzt in
sehr greiser Verlegenheit befinden. Da ich aber blob die An-
wendbarkeit nnd NStzlicfakeit ihrar Lehre am Krankenbette unter»
sucht habe, und dieae Untersnofanng gana nnpariheüsch meinen
AmtsgMiossen mittheile; so ist mir gar nicht anstBfsig, dafs die
Schwache dieser, nach reiner Erfafarang strebenden Lehre, bei
mehren KranUieiteu offenbar am Tage liegt. Wo ist aber die
Lehre, die in den beschriebenen Krankheiten nicht weit grdfsere
Schwichen Terrathen würdet
Wenn wir als wahr annehmen , dafs das Biltermandelwasser
eigenes Heilmittel des erkrankten Plexu» caeliaci sei , so ist doch
dieses Nerrengewinde ein so sehr zusammengeseistes Organ, dafs
man schwerlich darauf rechnen darf, dafs jede Krankheil dessel-
ben einem und dem nSmlichen Mittel weichen werde. Denken
wir nun vollends an die andern Nervengewinde des grofsen sym-
pathischen Nerven, erwSgen, dafs jedes dieser einzelnen Organe
erkranken kann , nnd dnfs von diesem Erkranken , der Himmel
weifs, welche seltsame Fieber nnd wunderliche, ja tödtliche Zu-
fälle abhängen können, welche an heben wir nicht im Stande
sind , wenn wir nicht das arerkrankle Organ erkennen , nnd eia
Eigenmittel auf dieses erkrankte Organ wissen: so mQsseo wir
bekennen, daCi, da, so viel ich weifs, solche Eigenmittel bis
jetzt noch nicht bekannt worden, wir noch weit, sehr w«it von
der wahrhaften Heilnieisterscbaft entfernt sind.*)
') Is d«D %a Jihns , leit icb der gchtisUülilicbeD Lehrs folg« , *iad mir iwil-
■■■bl sportdiich* inileckaDd« Fieber voifekomiBea , deren Ptilar itb , Iroli
■Ifer angeweadelen Mähe , niebl «rfcennen kointe. Dia verneineadea Grpro-
biDfes gtbes aiir wol die aa Gewibhelt stmireBd« WaJutckniliehkeit , deb
JlageMmitlel.
Eg gibt gar viele Arzeneien , die il^n Namen haben , als ob
nie den erkrnnkieo Magen gesund machen könnlen; wenn uian
die Sache aber näher llnlergu^hl , so LIeibei nicht viel Wahres
daran. Ich habe es im Magen, ich habe es vor dem
Herzen, das sind gewöhnliche Klagefornietn. Bei Lichte besehen
hat der Eine eine Krankheit der Leber, der Andere eine der
Milx, der Drille des Pankreas, der Vierte der Nieren, der Fiinrte
des Pforladersystenis , der Sechste des G esammt Organ is mus ; nnd
der arme Magen ist anschuldig, er leidet nur mit. Der Magen
ist der wahrhafte Sündenbock, der die Fehler aller andern Orga-
ne anf lieh nehmen mufs, auch wird er bafs dafür geschoren;
bald soll er vermeinte Unreinigkeiten entleeren und wird mit al-
lerlei feindlichen Mitteln zu coavnlsi viseben Bewegungen gereixt;
bald soll er zu schwach sein und wird mit schauderhart biliem
Mitteln erfüllet, mit scharfen Substanzen geätzt, mit Wein Ober-
scbwemml, oder mit starkem Branniwein Tersengt.
Ist es leicht zu wissen, ob der Magen uretkrankl sei! Ich
sollte denken, das sei in vielen Fällen sehr schwer ; ja ich kenne
fast kein Zeichen, durch welches das Urleiden von dem Mitleiden
mit Sicherheil zu unterscheiden wXre. Die Leiden des Magens,
die mit dem allgemeinen Namen Magenschniers belegt wer-
den, welche vom leisen Murren bis zum heftigsten MagenkrampFe
unzählbare Abstufungen haben, sind in den meisten Fällen con-
sensueller Art und können nur durch Heilung des urergriffenen Or-
gans gründlich gehoben werden. Das Beschwichiigeh derselben
durch lieinnbende Mitlei glückt nicht immer, wird nicht selten
nur darch grofse Gaben erzwungen und hat keinen Bestand.
Hungerlosigkeit nach Krankheit ist in den seltensten Fällen
Fehler des Magens, sondern sie ist blofs Zeichen, dafs die Haupt-
krankheit noch nicht gänzlich gehoben sei. Wenn es möglich
wäre, durch bittere und gewÜrzhafle Mittel die Efslust zu erwek-
ken, so würde doch der Arzt seinen Vortfaeil als Künstler schlecht
kennen , wenn er nach einer gehobenen Krankheit von diesen
Mitteln Gebrauch machen wollte; er würde sich ja muthwillig
dia gasM ZaralUfTufr« v«b (dm Urersriffesteia eioea der Baaehgs^iM
conHDiuU abbancBD m&nt; woia dioBtc di* abei r Za garalcbu. Ja, bitte
ich das ■rcrgriflene Ganflian erkiont, aber teio Batlsiitlel Jtraaf pvaftt,
M wSr4« Iah SDob «■ kein Haar w«il«r gewMen seto. Dieie fpoisditrbfa
snstMkeadea Ftahar, iie «lliebaHäMcr ia eja«r baBa«Uartcs GeHeiüde h«im-
■Bobten , hatten mit den lUorbe ttaUofario utchti (eHcia. Ich war aber
rrnb , diTii «ie nicbt weiler omgriffen , dina *lg wiren oicbt bloGi genbrliih,
iiindtira aorh von linf^r Diaer ; die Nitar heilte A aar dorcb (Sulirbs Er-
Mchliftmag du OrgipiiMU, i ^
— t« -
dM beitsQ Zeiehwn benmbea, ana wetcbem «r die VollMSBdig'-
keit uod GröDdliehkeit xeiaer HflUang beurtheileo kann.
Fehler der VerdaDnng, welche telbat bei starkem Hunger Statt
Ilaben k5nnen, uod welche durch widrige Gefühle, die ron dem
Kranken nicht nnler die Kategorie .dea Schmerses gereiht werdeo^
«oodein durch andre Zuf&lle, ala da eind, Sodbrennen, Anfetoben,
Wiederkäuen n. b. w. sich offenbaren, aind auch in den wenig-
Hen Fällen Urleiden dev Magens, londern hänfiger Fehlra der
Leber, der Mili, oder dea Pfortadersfslema, und werden in dieaea
FSllen weit gründlicher nnd aicfaerer durch Einwirken anf das xa-
erkraakte Organ, bIb dnrch Einwirken anf den Magen gehoben.
Krankheit des Magens, die sich durch Erbrechen kund gibt,
und die nicht selten mit Säure des Magensaftes, oder mit Scbment
des Magens verbundea erscheint, ist, meiner Erfahrung nach, häu-
figer ein Urleiden des Magens, als es der bloläe Schmers, Man>
gel der Verdauni^, oder Huogerlosigkeit sind. Freilich ist auch
das Erbrechen oft blofs consensnell; so brechen sich Schwangere,
Steinsüchtige, innerlich Gewundete u. s. w.; aber Terhältnilaweis«
gegen andre Magenkrankbeitsformen , deutet Erbrechen häufiger
auf ein Urleiden des Magens. Es verstehet sich aber wol von
selbst, da& ich hier nicht von jedem leichten F>rbrecbea spreche,
tendero von einem solchen, welches schtHi eine Zeit, wenn gleich
tmr eine kurze, gewährt, wo alle Nahrung ausgeworfen wird, nnd
wo die Noth den Kranken zwingt, die Hülfe der Kunst an
neben.
Das Erbrechen, es mag ein Urleiden des Magens, oder ein
Mitleiden sein, ist immer ein übles, hinderliches Uing; wenn wir
nicht Mittel haben, es so beschwichtigen, so hilft uns alle unsere
Obrige Weisheit nichts. Wir müssen kräftige Mittel haben, wel-
che den Magen nicht blofs beruhigen, wenn er urerkrankl ist,
sondern auch, wenn er mitleidend krank ist. Im letzten Falle
ist freilich die Beruhigung nur als ein Waffe iistillstand anzuse-
hen; allein auch der ist wichtig, denn er verscbaffl uns Zeit, auf
das nrerkrankie Organ heilend einzuwirken.
Ich will den Leser nicht mit Erfahrungen über ganz bekannte
Mittel langweilen. So ist das Bitmutium nitricum (magiittrium
Biamuthi) ein sehr gutes bekanntes Magenmiltel, mit welchem
man Erbrechen stillen kann ; eben so das Kali acetitmm und
\atron aceticum. Auch kann man diesen Mitteln die Krafi niebt
absprechen , gewisse schmerzhafte Gefühle des Magens zu beben ;
als ausgezeichnet mag ich sie aber in letzter Hinsicht nicht an-
preisen. Einer der wichtigsten Punkte, auf welchen es beim Stil-
len des Erbrechens ankommt, ist, dafs man wol zusehe, ob der
Magensaft sauer seiest der sauer, so wird alles sauer, was in
den Magen kommt, nnd das Erlwecbea erfolgt blob dorch Ein-
- Hß -
wiclntag' dUwr Hebarr«!! Säur«. !■ dioMtt Fall« Iwb« ich oioliiB
Be«twre* und achaeller Wirkendes gefnadeo, aU das kohleosaiir«
flüclitige Laagensalx (ammoMimm emrimticumj. Ich aehnie von
diMeni swei Üracbiaen und einen SkrnpeL Tragaathgannii , laaae
beide in acht Unxen WHaser auBSica, and TOn dieser Müchnng
■ixinit der Kranke atündlich einen Löffel v«ll, Sollte der erst«
oder »weite Löffel aoagebrochen werdet^, M laacbl das nicbls
ana ; man mufa nar mit de« £ingeban Torf fahren , so kuMint man
cum Zweck, tcfa habe gar manchen Menschen von chroniaehen
Krbrecben durch dienen einfachen Trank geholfen, auch aolchen,
die lange ve^ehens andre Mittel gebraneht halten. *) Die Koh-
lens&ure, welche sich hier im Magen ealwickell, kann wol das
Ihrige snr Beschwichtignog des Eriiredteaa beitragen, denn es ist
nicht an Ungnen, dals diese sehr gute, bemhtgenda Wirluwg auf
den Magen ftalaert. Ich habe schon Leuten , die ea bezahlen
konnten, an Statt Arzcnei, den adiftamenden Champagnerwein ge-
gen das Erbrechen gerathen, nad gefunden, dafs dieser ebeR so
gote, wo nicht bessere Wirknng tbut als das BranseiränicleiB.
Das Jod ist, meines Erachten«, eina der beaten und aiefacr-
at«n Mittel anr Stillung des Erbrecfaens, die einfache Tinktur su
dreiAig Tropfen, mit acht Unzen Wasser nod einen Skrupel Tra-
ganthgunmi gemilcht, stillet ei, wenn man tob dieser Mischnng
stündlich einen LSffel voll nehmen' Isfst. Die Mischung ist aa-
l&nglich etwas acbw&rslich, wird aber hernach weifs. Das JmI
scheint mit dem Tragant hgnmmi , oder vieileieht mit einem sieh
aus diesem entwickelnden Laugensalse eine cbemische Verbia-
duag einzugeben. Dafs sich ein Langenaalz , ich weib nicht weU
ehea, aus dem Tragant ha chleime entwickelt, ist wol sicher; denn
wenn man den Schleim verderben lAfst, so untergehet er nicht, wie
andre Pflansenstoffe , eine sanre Gibning, sondern er fanit wie
eine thieriache Substanz. Miacht man ihn mit Schwefel, oder
mit acbwefelhaltigen Sachen zusammen, so entwickelt sich, je
nachdem der Wärmegrad ist, bald früher, bald später, hepatische
Luft.
Das Jod hat nicht blofa Kraft, das Erbrechen zu hemmen, son-
dern es stillet auch die Schmerzen des Magens eben so acbnell als
Mohnaaft oder andere narkotische Snbstansan es nur j^ vermögen.
Wie m&ditig es ist, das Erbrechen «n aiillen,' habe ich zuerst
bei einer unheilbaren Magenkrankheit gesehen. Bei ganz sn-
bailbaien üebeln nufii man die Kraft der Heilmittel kennen ler-
*) Haicbta bat die Sian icli» eim rosenarlige EoUbdnnf der SprlierBhi«
bewiAt, walcbe Min aui eineu brenaeadaB GvfDlil , du ibnen dti Riiaater-
tcbliDgaa wansar, oder geiitiger GaU-iake BaaM, arkanBaa kaaa. DiaM«
■ab lua ai«U Aweonian, loadara llafRMU («bca.
- J94 -
nen. li^in Mittel, weldwa eioe Zutlnng, wenn auch nnr nuf et-
liche Tage, wohllhätig auf ein nnheilbar ericranklei Organ ein-
wirkt, das ist nahrhaft schätzbar.' Sobald es die«e Probe be-
standen hat, -kann man ziemlich sicher sein, dafs man damit heil-
bare Uebel des Organs bald und sicher wird heilen können. Der
Fall, in dem ich znaril das Jod als Magenmittel kennen lernte,
war die Verhärtung des Magens. Ich mufs aber bemerken, dafa
es keine den Fingera fühlbare Verhärtung war; fühlbar ist sie
nur in der vorderen Magenwand.
Der Fall, welchen ich jeixt niittheile, war weit schwieriger
sni erkennen. Die Verhärtung safs, wie ich meine, in der hin-
lern Magenwand; ich konnte durchs Gefnlil nichts entdecken, nod
wenn gleich der Kranke selbst behauptete, er kSnne von Zeit %n
Zeit in der Tiefe eine Härrigkeit entdecken, so war doch diese«
Vorgeben, weil ich ihn zum Fahlen aufgefodert, niehubeden-
lend; zum wenigsten in meinen Augen haben Antworten anf Sug-
gestivfragen wenig Werth. leb erkannte die. Verhärtung blofs
' aus dem Nicfalwirken solcher Mittel, die, meiner Erfahrung nach,
das Uebel hätten heben müssen. Der Verlauf nnd das Ende be-
stätigten denn auch diese Erkenutnifs: einige Zeit vor dem Tnde
erbrach der Kranke eine graue stinkende Masse, die einer Mi-
schung von Eiter und Schleim ähnlich sah, zugleich zeigte sich
ein grofser Verfall der Krfifte; ein paar Tage vor dem Tode lag
er in beständigem Schluchzen. Die Oeffnnng des Leit^nams hfitte
ich wol machen können, wenn ich gewollt; aber andere Geschfifie
bei lebenden Menschen erlaubten nicht, mich mit dem Todian
weiter zu befassen. Ueberdiefi war eine eiternde, oder vielmehr
jauchende Verhärtnng des Mtigens in der letzten Zeit so unver-
kennbar, dafs, wenn man fünfzig Aerzte von der grofHeo Land-
sirafäe aufgegriffen und zu dem Kranken gebracht hätte , gewifs
kein einziger anden>r Meinung gewesen sein würde.
\iin, dieser Mann, der zwar im eigentlichen Sinne kein Trun-
kenbold, aber doch ein alter Branntweinsäufor war, nnd der, wie
man leicht denken kann, das Absprechen des Branntweins voraus-
sehend, so lange wie möglich gezögert halle, mich um Rnih an-
zugehen, kam erst, da er fühlte, Branntwein nnd geistiges Bier
ifane ihm kein Gut mehr. Nachdem ich, wie gesagt, nicht durchs
Gefühl, sondern durch das Nichtwirken der oft von mir erprobten
Heilmittel zur Erkenninifs gekommen war, dafs eine Verhärtung
im Magen vorhanden sein mfiase, so gab ich ihm wirklich mehr
aus Pflicht, die mich heifst, das Aeufserste zur Rettung eines
Menschen zu versuchen, als in der Hoffnung, ihn zu heilen', die
Jodtioktnr zu fiinf Tropfca funfmahl tags in Gersten wasser.
Die Wirkung war so wundervoll, dafs ich ganz verblüfft wurde,
nnd Mark %n zweifeln anfing, ob meine Erkenntaifi auch wol
— 195 —
richtig tei. Doi Brecfa«a, an welcbeni lolcbb iioglBckliche Men-
icben viel leiden, hftne gleich aaf, schon die erste Gab« blieb
bei ibm, und der greuliche Magen schm erz , der den armen Mann
schon M lange gemnitcrt halle, hörte zwar nicht ganj auf, wurde
•her doch so onbetteuiend, dafs er sich für fast geheilt aniah. Ver-
dficbiig war es allerdings, dafa der früher sehr kräftige Mann,
nach so bedeutender Beschwichtignng des Schmerzes, nicht das
Bell verlassen wollte, und dafs sein Pnia mehre Tage, nach ge>
«illiem Erbrechen und beruhigtem Schmerze, immer noch schnell,
wie der eines Scbwindsücbligen blieb. Die gnle Wirknng des
Jod* hielt ungefähr eine Woche lang Stich, da ging alles wieder
4en Krebsgang. Ernt wurden die leisen, erträglichen Schmerzen
wieder nach nnd nach anerir&glich, das Erbrechen zeigte sich
■an ein paarmahl tags, bald wurde wieder alles ausgebrochen,
was in deti Magen kam, und dann eifolgie auch Erbrechen, ohne
dafs das Geringst« in den Magen gebracht war. Oh ich non di«
Gabe der Jodtinktur vermehrte oder verminderte, das Eine half
so wenig als das Andre , ich sab jelst nichts Gutes mehr von ihr.
Das liehet ging seinen Gang fort ; «■ enlsland ein paarmahl hef-
liget Nervenschmerz in Einem Fube (wie man dergleichen bei
Gehirn- nnd Bauchkrankheiten wol zn sehn gewohnt ist), di« Ab-
magerung nnd Kraftlosigkeit nahm immer mehr zn, es erfolgt«
das vorhin erwäbnie Ausbrechen grauer stinkender Materie, sicht-
barer Verßill der Krufle, baslSodiges Schluchzen und endlich d«r
Tod.
Die Wirknng des Jods auf den Magen zu erproben, bitte
ich wol schwerlich einen belehrendem Talt wünschen kennen.
Meine Folgerung aus dieser Beobachtung, dafs nämlich das Jod
in heilbarer Magenaffekiion, die sich durch Schmerz, oder Erbre-
chen äufsert, sicheres und schneltps Heilmittel sein müsse, hat
■ich mir seitdem in den meisten Ftillen bestätiget. Ausnahmen
habe ich allerdin^ gefunden; von diesen werde ich hernach
reden.
Der SeirrAua des Magens ist, wie ich eben bemerkt, in der
vorderen Wand des Magens wol durch das Gefühl zu erkennen,
wenn er einmahl als Scirrhiu atugebildet nnd einen gewissen
Grad der Härte erreicht hat; ob er aber in seinem ersten Entste-
hen zn erkennen sei , dfiran zweifle ich nehr. Ich erinnere mich
nicht, einen einzigen Menschen behandelt zn haben, bei dem sich
nnier meinen fruchtlosen Heilversnchen der ScirrAui ansgebildel
hätte; mithin kann ich über dessen Entstehung nnd allmählige
Ansbildnng nicht urtheilen. Auf die Aussage derer, hei denen er
greifbar aiisgebildpt xvar, kann ich auch nicht sicher fnfsen, denn
diese hatten schon mit so viel Elend und Jammer gekämpft, dafs
sie sieb wol schwerlich der «rslen Entstehnog nnd des allmäUl-
— 196 —
gen Fori geh reitens ihrer Krankheit werden erinnert haben. Sa
Tiel ist sichor, dafs bei denen, welche ich gesehen, der Schmerz
sich viel früher gezeigt hatte ftia das Erbrechen. Der Anfang .
wird abor auch wol riel von dem Orte abhängen, wo der Scirrku»
sitzt. In den Fallen, wo ich ihn fingerlich erkennen konnte. Bah
er ungefähr in der Mitte der vorderen Wand, mehr nach der
linken Seite hin , als nach der Gegend des PfSrIners. Nah am
Pförtner niufs er früher Erbrechen verursachen, und es ist inSg^
lieh, dafs dieses zugleich mit dem Schmerze auftritt. In vermuth-
lichen PfSrinervcrhärtungen, welche, wenn der Arat recht verma-
ihet hat, gewahnlich einen tQdtlichen Ausgang Dehraen, habe ich
die Verhärtung noch nie mit meinen Fingern erkennen können.
Einen einzigen Fall erlebte ich, wo eine vermutbliche VerbSrtnng
und Verengerung des Pfftrlners mit heftigem Dtutbrechen in Kur
kern tSdtlich endigte.*) Uebrigens mufs es in einem verhärteten
Magen zuweilen seltsam aussehen. Eine Kranke, die ich heilen
sollte, aber schon bei dem ersten Griffe auf den Magen jeden
bedanken an Heilung schwinden liefg , zeigte mir einst als eine
Seltenheit Kirschsteine, welche sie ausgebrochen, nnd, ihrer Ani-
sage nach, mindestens vier Wochen vorher mit den Kirschen ver-
schluckt hatte.
Doch genug von diesem garstigen Uebel, gegen welches ich
keinen Ralh weifs ; lieber will ich von dem salzsanren Kalk re-
den. Ob andre Aerzle sich desselben als Magenmitiel bedienen,
weifs ich nicht; mich hat die Noth zu dessen Gebrauch gezwun-
gen. Die gute Wirkung, die ich von ihm in alten Geschwüren
nnd anderm Snfserlichen Ungemache gesehen , liefs mich mit gro-
fser Wahrscheinlichkeit berechnen, dafs er im Stillen des Erbre-
chens müchiiger sein werde als irgend ein anderes Mittel. Iiu
Jahre 1829 hatte ich oft Gelegenheit zu sehen, dafs ich richtig
gerechnet; ich will aber solche Fälle, welche durch andere Mit-
tel vielleicht eben so gut würden beseitigt «ein, mit Slillschwei-
gen übergehett , und nur elliche Fälle anführen, welche etwas
ernsthafter und belehrender sind.
*) Sitzt dia VarbirtDBs in dorn obcrm , die CRrdI« be|FreBzand«a Tfaeila d«i
Hageas , in iit et , du hebindcrtca Schliigeni irrgeo , xawcilto unnligtieb,
m bealisusBD , ob ma m mit eiD«r VercngaDg dei DnlsrsD Theilei der Spei-
■«rGbn , oder mit einer MagenveriilirtanK lu thiui fait. la demPalle, wo die
Higanleiden licb tnerst zeigen nnd die Dysphagie ent «püter biaxntrlit, hat
miB einigen Grand, des Magen aU dai srergri Ten e Organ aauiaben. In dea
•atgcfengeietiten Fall« aber,, wo da* baUnderte Seblingea inaril erMhaial,
oder aneh gleiebzeitig mit den Hagealeiden, iat die. BrkeaatBiri doreb die Z>-
flille bar annSglicb. Ich erinnere mieb ineier Falle , io denen daa Uoerkeao-
bare iiu apaleren Zeltranm licli *1a Ha gen Verhärtung durch wirkliebei Erbrechea
b^ntigur Jani^ bertnaalellle , indofa cleietiieUif da* Sebliageo, nicht auf karae
Zrii, (oadera bis zmb Tode, wieder ertriKlidt gni voa Statten ging.
_ lOT —
B« der Dmclmibaag d«r im Jahre ,t 826 faerrt^eaden Bauch*
kranklieit , welche mit dem Bitterineadelwauer geheilt wurde,
habe ich schon gesagt, dafs bei iweieo MeoscheD diu Krankheit
mit Ecbreches und halber Bewufallosigkeit angefangea. Bei ei-
iMui Tou dieses wandte ich den aaUsaureu Kalk auerst an, und
«war nicht aus Mulhwillen, nicht aus Probesacht, sondern a»a
wahrer K»lb. Er war aufser der Sladt von der Krankheil fiber-
fallen worden und seine Begleiier halten ihn nach Hause ge-
schlappt. Ich fand ihn in folgendem Zustande : Er war halb be-
sinnungslog , man konnte nur Ja und \ein von ihm herausholen;
sein Gesiebt war entstell!, wie das eines .Menschen, der mehr
Auanichl hat au sterben als su leben, er war kalt am ganzen
Leibe und der Puls wenig fühlbar, ich kannte wol von Zeil au
Zeit ein leises Ticken fühlen, aber bald konnte ich es auch wie-
der nicht fühlen, so, dafs über den Puls wenig zu bericblen ist,
Uebrigens erbrach der Krank« sich beständig, und würgte mit
grofser Heftigkeit, nicht blofs wenn Getrllnk in den Magen kam,
soatlern anch ohne diese Veranlassung; dünne Exkrenieni« liefen
dabei ins Bett, ohne dafs er dieses wubte.
Ich habe diesem Manne alles gegeben, ivomit ich je Elrbre-
chen gesiillet, sowol innerliche als Suberliche Mittel, aber alles
nmsonst. Lieber nebt and vierzig Standen lag er mit wenig Ver-
änderung in dem beschriebenen Zustande, aufser dnfs der Durch-
lauf naebliefs, and Verstopfung eintrat, welche hernach anhielt,
und dafs es mir vorkam, als sei die Kälie seine» Leibes nicht
mehr so T«rwaltend als im Anfange, leb fing aber an zu begrei*
fen , dafs , wenn ich keinen neuen Bath fände, der Mann sterben
müsse; denn wie konnte er auf die Dauer so etwas auabaltent
Durch das beständige Würgen waren die Prikordien sehr schmen-
bafl geworden , worüber er viel janlnerle , auch waren die Gal-
lengftnge ergriffen ; denn da ich den dritten Tag früh Morgens
zu ihm kam, hatte er eine gelbe Gesicfatsfarb« bekommen; an-
ftinglich war diese scbinutzig gnin. Jetzt griff ich zu dem salz-
aauren Kalke, liefs diesen in zwei Tbeilen Wasser aufläsen, und
gab slnndlich von dieser Aaflüsuog ftinfzehn Tropfen mit einer
halben Tms« Wasser verdünnet. Der Erfolg war ganz erwüoschli
das Wärgen und Erbrechen hBrle auf, der Puls wurde fühlbar,
die Hant warm, die volle Besinnung kehrte wieder und die gan-
ze Krankheit hatte (-wie ich schon früher erzählt), trotz diesem
bangen Anfange, keinen ungunstigea oder ungew&bniichen Vei^
lauf. Ich glaube aber doch, wenn einen scbwächlicb^n Menschen
die Krankheit so überfiele, und man fände so spät Rath darauf
als ich in dem angeführlen Falle, so würde solch Abenteuer doch
wol einen bedeutenden und nngünsiigen Einfliifii auf den Veilanf
und den Ansgang jeder akuten Krankheit Aufsem.
— 198 —
Der sweite Fall war nicht lo bange, aber um «o viel Sltw.
Ein junges maonbarei FräaleiD hatte achon seit techi Monaten
alle Speiaeo, ungefähr eine halbe Stunde, nachdem sie selbige xa
sich genommen, wieder ausgebrochen. Was «ie für Arzenei da-
gegen gebraacbt, konnte man mir nicht sagen. Da das, was sie
ausbrach, ihrer Aassage nach, sauer schmeckte, so gab ich ihr
zuerst kohlensaures flüchtiges Langensalz. Die Säure Terschwand,
aber das Erbrechen blieb, zum Beweise, dafi es nidit von Säure
entstanden. Ich gab ihr darauf das Jod, h9ne aber schon in ein
paar Tagen, dafs dieses Uebel nicht unter der Heilgewalt des
Jods stehe; das Erbrechen blieb, wie es war. Nan wandle ich
Liquor Caicariae muriafi'cae za fünfzehn Tropfen ftinfmahl 1^^
■n, und gleich war das sechsmonailiche Erbrechen gehoben. Dals
ich aber dem Stillstände nicht blindlings tränte, sondern znr Vor-
sicht den Salzsäuren Kalk noch einige Zeit in absieigeader Gabe
foftgebrauchen liefs, brauche ich wol kaum zu erwähnen.
Der dritte Fall betrifft ein armes Dienslmädcben, welche von
ihrer Herrschaft sollte nach Hause geschickt werden, weil sie schon
zwei Monate lang alle Speisen und Getränke ausgebrochen, nnd
die, da sie beständig dabei gearbeitet, endlich sehr flau ond zur
Arbeit unlustig wurde, leb rietb der Herrschaft, mit dem Nach-
hauseschicken noch ein wenig zu warten , und gab dem Mädchen
di« vorhin beschriebene Salzsaurekalkanflösung zu fünfzehn Tro-
pfen fünfmabl tags. Was soll lA viel Worte von dieser Sache
machen t das Erbrechen horte auf, und das Mädchen erhohe sich
gar bald wieder. In diesem letzten Falte war die Erkennlnifs,
ob das Erbrechen Ur-, oder Mitleiden des j\iagens sei, durch Zei-
chen ganz unmöglich. Wenn man die Kranke ansah, und ihre
Klagen hörte, so sollte man geschworen haben, ihre Leber müsse
■ebr angegriffen sein; denn sie hatte Schmerzen in den Präkor-
dien und sah recht garstig gelb aus. Ein Urleiden des Magens
kann aber ganz gut cousensnell auf die Gallengänge einwirken,
eben so gm als eine Urkrankheit der Gallengänge conseosnelle
Magenleiden venirsachen kann: darum sind alle solche Zeichen
nicht viel werth.
Der vierte Fall betrifft ein mannbares Mädchen , welche acfaon
lange über Schmerz im linken Hypiockandrio geklagt, mfifsig Blut
wbrochen , und darauf am Erbrechen geblieben war. Hier war
das Erbrechen noch nicht alt, aber schmerzlfaft. Der salzsaore
Kalk leistete auch hier alles , waa man wünschen konnte. —
Ich fSrchte, durch weitschweifige Erzählung gewöhnlicher
Krank he it sßllle , den Leser tu ermüden, darum mag es mit
diesen genug sein. Seit jener Zeit, bis ins Jahr 1836, hat
«ich mir der salzsaure Kalk als ein ausgezeichnetes Magenmittel
bewähret. Er hebt einen eigenen krankhaften Zustand des
— I» -
MagM», 4er «kfa nicbt imner dncli Etbrethmt, MB^ern auofa
4«ccb madere kraokbafis Gefühle, duicb Scbuiorz, Aufgetrieben-
h«it Dach dem Euea , Aufstofaen von Windea u. a. w. offenbaret,
nsd der sich weder darcb Kali acelicum nocb dureh Natnn ace-
Üemm, WisMOlh, Kohleiu&ure, Jod, oder andere MagenniiUel
- beben läfst.
Wer diesen, kronkbafien Zusinnd unter eine ideelle icbulrechte
Kategorie reiben will, der mag ea ihnn. Ich ihae es oichi , weil
ich weifü, dab darin kein Niilsen für die Praxis steckt.
In der Folge werde ich nocb wol Gelegenheiten finden, eini-
ge Fälle anxuführen, die die aaSgeze! ebnete Wirkung des Mit-
mIm deallich bekunden; jeiit läfat sieb diesem nicht ibun, uenn
irh nicht von der mir vorgesetzteji Ordnung abweichen nill.
Oben, habe ich gesagt, Magenleiden, ea möge als Schmers,
Erbreohen, oder Krämpfe sich äufsern, sei in den meisten Ffillen
ein con sensuelles; jelxt setze ich nocb hinzu, deb in manchen
F&llen die Auffiodaag des uiergrifi'enen Organs nicht allein ziem-
lich schwierig, sondern fast unin5gltcb sei. Ich bebe einst, vor
acht und dreifsig Jabren, mit einem sehr heftigen Magenkrämpfe
»1 kämpfen gehabt, ihn als ein UrUiden des Marens angesehen,
und in dem Jahre 1829 ist es mir, wo nicht gewifs, doch sehr
wahrscheinlich geworden, dafa der heftige Magenachmerz von
Galleusteinen hergerührt habe. Da der Falt wirklich in fietrclV
der Diagnose etwas Belehrendes enthält, lo will ich ihn in aller
möglicben Kurse erzählen.
Im Jahre 1797 sollte ich eine nngefähr dreifsigjäbrige Frau
(beiläufig gesagt, die schönste, welche ich je gesehen) vom
heftigen Magenkrämpfe befreien. Der Krampf kam mefarmahls
des Tages, war heftig, sehr sehmenchaft, und endigte mit Cin-
mahtigem Erbrechen- Er blieb zuweilen mehre Tage aus und
kehrte dann ohne auffallende Veranlassung wieder. Die Frau
war äbrigens gesund, gut genährt, hatte ein blühendes Ansehen
uDd vollkommen reine Hautfarbe. Id> Ihat mein Bestes, sie von
den grofsen Leide zu befreien ; aber meine Bemühung war frucht-
los, und nach manchem vergeblichen Heilversucbe, blieben Mofa o-
■aft und warme Umschläge die einzigen Mittel, dje ich, damabls
noch in meiner Einfalt, zur Linderung auftreiben konnte. Das
Uebel schlils ab, ohne dab ich sagen konnte, ich habe es ge-
heilt. Die Spur desselben blieb aber immer zurück, und es ist
selten ein Jahr vergangen, wo nicht ein, oder ein paarmabi sich
eine Mahnung mehr oder minder schmerzhaft einstellte. la den
leuten Jahren, seil ihr alter podagriicber und steinsüohtiger
Mann das Zeitliche gesegnet, sah ich sie wenig; denn sowol sie
als ihre Kinder waren kräftige Menschen, die sich ein kleioes
ki>fperlichei Ungemach nicht irren liefien. Vor ungeßibr neun
— 200 — .
Jibren norde ieb za ihr gerafen; ne litl an Eibrechaa, wvIobM
schon mehre Togs angshallMi, and da mb anfing inatt so wu>
rlen , 80 trauet« sie dem Hand«) nicht mehr , begehrt« drabaib,
ich Rotle ihr von dem Uogemaebe helfen. Die Hölfe war gering
gefonden , drtifiig Tropfen Jodtinktur stillten das Crbrechea, und
ich härte nicbta mehr von der Frau , ala dafi sie wohl sei. Ich
muls aber hier noch bemerken, dafa sie schon vor mehren Jah-
ren über Schmerzen in den Fersen geklagt; das ist kein gulea
Zeichen. Mit solchen Ferse nBchm erzen sind leicht solche Men-
schen behaftet, welche Verstopfungen in Leber, in Mils, oder
im Pforladersystem haben, oder solche, welche heiniliob Gallen-
oder Nierensleine bergen. Im Jahre 1829 fragte sie mich um
Halb, was zu thun sei, wenn man Gallensteine bei sich habe,
Sie zeigte mir einen, der ihr durch den Stuhlgang abgegangen.
Aof mein Befragen, ob sie nicht ein, oder ein paar Tage vor-
her Schmerzen gefühlt, antwortete sie: nein, sie habe anch kei-
nen Schatten von Schmerz gefühlt; aber seil sie diesen SieiD
%a Tage gefördert, fühle sie einen dampfen, jedoch ganz leid-
lichen Schmerz in der rechten Seite. Der Stein, welchen sie
mir zeigle, war zwar ranb, hatte aber keine scharfen Ecken,
er war xwar nicht grofs, aber doch so grofs, dafs, wenn man
nicht die Ausdehnbarkeit der Kanäle int menschlichen Körper
kenneie , man nicht begreifen könnte , wie er ohne Scfanierzea
zu erregen sich einen Weg durch den Gallengaug gebahnt : aber
die Kanäle im menschlichen Korper sind nicht blols sehr aus-
dehnbar, sondern auch sehr gefällig, so lange sie nicht feind-
lich gereizt werden. Ein dreimahl kleinerer Stein, mit scharfen,
spitzen Kanten, würde bei seinem Durcbbniche durch den Gal-
lengang wahrscheinlich die übelsten Zufälle erregt haben. Mir
ist es höchst wahrscheinlich, dafs Gallensteine ( deren wabrscheio-
licb noch eine gnle Menge in der Gallenblase steckten, deoa
sonst würde der kleine wol schwerlich herausgedrSngt sein) schoa
vor zwei und dreifsig Jahren dieser Frau die MagetuchinenMo
verarsBcht haben. Mftglicb ist es, dafs damahls die Steine scharfe
Ecken gehabt, darum ist der Schmerz, den sie verursacht, sehr
heftig gewesen. Durch die Zeit sind die scharfen Unebenheiten
"l>S^gl^i"t 1 ausgefiillet, oder der Himmel .weifs, auf welche
Weise geebnet, und der Schmerz ist minder geworden und selt-
ner gekommen. Das Abgehen der Gallensteine durch den Sluhl-
gang mag vielleicht öfterer geschehen als wir denken; wer ach-
tet auf solche Dinge, und wer kann darauf achten ! Fünfzigmahl
können Steine durch den Stuhlgang weggehn, ohne dafs der Stein-
siicbiige, oder sein Arzt auch nnr eine VernMithiing darüber ha-
ben. In dem gegenwäfiEgen Falle hing die Entdeckung der Stein-
auBSondening von einem ganz kleinen Zufalle ab; nämlich, die
— JOl —
Fna b*koMMt «hnaabl OKcbtt Oefiiaag nnd bedient «ich d««
LsilMtableB, dieier hat einen blechernen Eimer, die Magd böK
beim AaatrageD des Eimers das Anschlagen des Steines an da«
Bbeb, nnd dadnrcb wird die Entdeckung gemacht; wäre der Ei-
MST rua Holi gewesen , «o wfirde sie nicht gemacht worden sein.
Ich IcitaDle jetst noch von einigen andern MagenniiUeln spre-
chen; da t^ aber besorget Manche Leser m&cbten Mehr Erfafa-
ning aber salbige haben als ich , so wird as am besten sein , ich
•ehweige, aamahl da ich in der Folge noch Gelegenheit 6ndeB
werde, fiber das eine und das andre ein Wort fallen lu lassen.
leb kann aber nicht rem Magen scheiden, ohne vom Blut-
brechen- etwas tii sagen. Die Meinnog der Schrifiitsller nber
diese Krankheit bAngt wahndieinlich von ihrer besondem Erfah-
rang ab. Der eine siebet das IVbel als recht geführlicb , der an-
dere als minder gefUhrlich an. Was mich betrifft, so habe ich nor
einen einzigen Menschen daran sterben sehen , nnd xwar den,
von welcbcm ich ao eben gesprochen, der, weil er schon ein Jahr
lang alle Speisen MHgebrocfaen nnd viel Schmersen im Magen ge-
babl, wahrscheinlich am Seirrio litte, also, dafa dns Bluibredien
der letale Anfiritt eines mehraktigen Trauerspiels war. Urber die-
sen Kranken und Qber die Art seines Todes kann ich weiter nichts
sagen; denn ich war, nach eingetretenem Blntbrecben, nnr als bera-
ihender Arzt ngest^n.
Da ich nnn seit dem Jabr« 1795 bis 1835 nnr Eiaen Menaohen
asa Blnlbreefaen habe sterben sehen , *) das Blnibrechen aber ( wie
^scbaftigte Praktiker wol wissen) gar nicht n den sriienen Uebeln
gehört; so kann ich der Meinnng solcher läcfariftsieller nicht sein,
die es für geHbrlich halten. Eine andn« Frage ist die, ob es eis
bedenkliches Hebel sei ? Das ist es allerdings ; es ist gewilhll-
lieh die Folge chroniacher Affektion der Mila, leltener der Le-
ber; sum wenigsten siebet man, dafs solche Lente, die lange
aber Scbmeräen im linken B^ockoitdriu gekl^^ , endlich, wenn
selbige keinem Mittel weichen wollen, ans Blntbrecben kommen,
■ad dafs dann die dm Apolhekermiiieln widerstehenden Schmer-
Ken durch das Blntbrecben gehoben- werden. In vielen Fällen ist
■a offenbar wobltbätig; darum tbut aian auch dem Kranken einen
seUechten Dienst, wenn man es dnrdi usanimeMiehende Mit-
te) , oder dnreh SInren m besamen sncbt ; Jedoch darf man aneb
von dieser Regel keinen allgemeineD Canon machen, denn ea^
kSnnen ja Unaläode sich hieben, da£i von der ktttftigea Ham-
*) Seit ich Obife« g«tekrieb«B, habe ieb dco swcilna tSdtlkhen Fall, aod mar
bei ciaer Jangfran erlebt, die alte Baacbleidea lalle. Sie itirb dea Sita
Tif. Dret Jalre Mber nrde fie laa erHea Heble y ~' ' ~
aa4 4s»tbU keileta *• *akas Hfib« , sie » erballes.
,„, Google
mung der Mag^enUatung i» ErhalWDg dea Lebws sinrig sUiftagt.
ich babe eiRen solchen Fall wirklich noch nicht erlebt, bcgraifo
wb9r, dafs er sieh Eucrogen kann.
Es ist schwer, ja unmöglich lu sagen, ob die üblen, baa-
geo ZnfiÜle, die swar nicbt immer, »ber doch oft genug i»a
Bhitbrechen begleiten, ah: mehr oder minder enisiellles Gesicht,
kalte Extremitäten, kleiner, kaum fiifalbarer, zuweilen nnregel-
laäfaiger Puls, zuweilen Beiinnungsloaigkeit, oder wirkliche Ohn-
macht; ob, sage ich, diese Zufälle sieb zu dem Akt der Blut-
Hiissondemng , die in dem Magen vorgebt, als Wirkung zur Uf>
aache verbalten ; ob sie blofs nothwendige Begleiter einer gewalt-
■amen Natnrselbslheilnng , oder eineFol^e der Erschöpfung darsh
starke Bluiausleerung sind. UnmSglich ist dieses zu bestiMmeo;
denn heftige Blutungen , die hier unsichtbar vorgeben kSnaan,
(das in den Magen ergossene Blut kann ja eben sowol nach. un-
ten gehen als durch Brechen ausgeworfen werden) mögen recht
gut die nämlichen Zufälle hervorrufen, als das woblthätige Be-
streben der Natur sich Rchädlicber Slotfe zu eaileeren. Auf all«
Fälle glaube ich, dafs, da im Allgemeinen beide von einander
sehr versobiedene Zustände, die doch auch wol eine ganz ver-
schiedene Behandlung erfodern möchten , nicht m iintersebeidea
sind, man am besten tbnt, ein solches Mittel zu reichen^ wel-
ches mit eigentbiimlicher Kraft woblthätig auf das Epigaririuwt
einwiriien, nnd ohne der Selbst heilung der Natur gewaltsam in
den Weg zu treten, allen überniäftigen Blutungen, die im £pi-
gattrio ihre Entstehnng haben, Einhalt thiit. leb spreche biM
von einem Mittel, von dem ich schon viel gesagt. Dämlich von
dem Samen der Frauendistel. Seit 16 Jahren habe ich mich beim
Blnibrechen einer Abkochung desselben bedient, und mich besser
dabei befunden als bei allen andern Mitteln. Früher gab ich
Mohosaft io kleinen Gaben; auch das ist in vielen Fällen ein
gutes Mittel. Manche Menschen, besonders AltP, vertragen aber
den Mobnsaft nicht etnmahl in kleinen Gaben, er erregt ihnen
ein GefBh) von Hinfälligkeit, ja selbst Ohnmächten. Diese Mohn-
saftsnnvertriglicfakeit kann man niemandem ansehen ; darum habe
ich es hintennacb vorgezogen, mich, so viel e« thunlicfa, eines
Mittels zu enthalten, welches, da ich nnmöglich die Besonderheiten
der Natur «Her Einzel mens eben kennen kann, zu deren Beistand
ich aufgefodert werde, mich durch seine Wirkung in Verwirrung
bringen könnte; indem die Zufälle einer feindlichen Mobnsafts-
wiricung mit denen des Blntbrechens die grofate Aehnlicbkwt
haben.
Das BIntbrecben ist eins von denen Uebeln, bei welchen es
vorzüglich dringend oothwendig ist, dafs der Arzt das Gemnth
des Kranken beruhige. Fnrobt und Schrecken bringen Iwi man-
ckM KBrpeni ZofMle hervor, die.d«iwn äballeh sind, wriohe
du BlnlbreebeD bwgleiten ; alio werden jene Gemüt bsbewegoogen
wol vorxB^lioh Bchädlich sein nnd deD wohlUiSti^en Ileilmiiieln,
wdehe wir reieben, enigegenwiiken.
Ueber die Weise, wie das Blnt in den Magen kommi, sind
■ich die Aerxie in der Schriftsteller weit aneh nicht ganz gleich.
Mein« Meinung, die ich an dem One geäufsert habe, wo ich
von der DarnMutung gesprochen , innfs ich jetzt wiederholen :
mir scheint, das Bint mag herlioranien, woher es will, so k^nu
es doch nicht in- dton Magen kommen, als dorch Aufberslon einer
Bluiaderanscbweliang im Magen. Bei Oe&hung der mn Bluibre-
diMi Verstorbenen will man keine Schrunden gefunden haben;
aber das Ueherseben einer solcbeo Kleinigkeit ist leicht möglich.
Eine Schrunde in einer Blutaderan Schwellung, welche grofa ge-
nug wSre, eine bedeotende Monge Blut in die HShle des Magens
an laseen, mufs, eo bald die Anscfawellung zusammen gefallen
ist , mm oabedeulenden Uitzchen zusammenscfanimpfen , gerade
wie auMheinend grobe nnd tiefe Schnittwunden wassergeseh wul-
stiger Thnle, nach beigefallener Wasiergeschwulst , als anbedeii-
tende Schrammen erscheinen; und wie leicht kann so etwas bei
der Leiebenbesicbtigung übersehen werden. Eine Blutung per
Anattauotin scheint mir zwar im Allgemeioeo nicht gerade «in
intlicfaea Pbantasiebild, es kommt mir aber so vor, aU eigene
sich der Magen und der ganze Darmkanal (mit Ausschlüsse des
Mastdarmes), so wenig alr die Haut, zu solchen Blutungen.
Ueber das AdeilasseU beim Biuibrecben sind anch schon in
der Medizin rerachiedene nnd enigcgengeseizte Meinnugen vorge-
tragen; es scheint mir aber nicht der Mühe wenfa, über diesen
Gegenstand ein Wert zu verlieren. Wer gesunden Verstand be-
sitzt, der wird schon selbst wissen, was von der Sache zu hal-
ten sei; wei diosen nicht besitzt, der mufs thnn', wie der ge-
lehrte und berübrate Arzt schreibt, dessen Bach er gerade zuletzt
gelesen hat.
Wichtiger ist der Gebraacb der Laxirmiltel. Da in den mei-
sten Fällen ein grofser, ja vielleioht der grofste Theil des in den
Hagen ergossenen Blutes, nicht dnrch Brechen ausgeworfen wird,
■ondern den Darmkanat binnnlersleiget , so fragt es sieb, ob dieses
durch Laxirroittel müsse entfernt werden. Im Aligemeinen ( rorbe-
hallen die Ausnahmen ) kann man tt^hsuplen , ja , es ist eine Ansloe-
nog des in den Darmkanal hinuntergegangeneoBlutes durch gelinde
Laxirmittel sehr zweckmäfaig ; denn dieses Blut scheint , nach dem
angebener aashaften Gemche des Abganges za schliefsen , eine eige-
ne Verderbnifs in dem Darmkanale zw untergeben. Der mehr oder
minder hervorstechende fieberhafte Zustand , der ein paar Tage
nach Slillinig des Erbrechens und BeKihigong des gnosen Org«-
nbrnuB eiatiitt, nod der alltnÜBgs xaww)«a mir In U^ehagUob-
keii unil etwas Fräsielo b«itehei, suweiloD «iMr in «in lebhaft*»
Fieber aoaariet, wird wol vod dem Reise dei verdorbenen Blaies
berkominen ; denn -man kann ihn ja durch AuRleernng; dei lehww
Ken Schlamme* heben« ihm eelbit durch »ilige Anweadong dei-
Laxirmiltel xuvorkommen.
Ut ea aber im Allgemeioen gnt, den DarnikaiMl tob dem
verdorbenen Blute n befrcieo , so kann doch , sonderlich bei
allen Leuten , durch doa Bluibrechen ein eolcher Zsitand des Ge-
■ammtorganiitnue herbeigeführt werden, der die Anwendung
der Laxirniitiel verbietet. Ich habe schon erlebt, dala ich ei-
ner alten Frau, nach einem heftigen Bluthrechen, durch grofin
und oft wiederholte Gabeo Schwefelälher xwei Tage lang eia
künstliches Leben unterhalten mufste, und dafs erat am dritten
Tage das Leben wieder selbsut&ndig xn werden- anfii^. Wer
würde ea ubd hier wagen, gleich nach dieaer Scene Laxiimiltel
in den Darmkannl an schicken! Ich habe mich auf einfache
Hauftklystire besebrHnkt, und es darauf ankommen lassen, ob
Laxirmittel in der Folge dringend nöihig sein würden oder nicht.
Sie waren es nicht; die Masse des in den Damikanal binanier
gegangenen Blutes war im VerhSitnifs zu dem ausgebrochenen
nur geringe gewesen.
Ea kann mttglicb sein und ea ist mir lelbst wahrscheinlich,
dafs aoweilen heilaame Blutungen in dem Magen vorgeben, von
welchen selbal der Kranke keine Ahnung hat- Ich sehe nieh«
ein, warnm gerade Hagenblutnng immer ein Erbrechen sollte be-
wirken müssen; das Blut kann auch hinunter gehen, und, wia
andre in den Magen gebrachte Dinge, durch den After ausgeleert
werden. Auf die Weise kann mancher von allen Bauchleiden
pldtxlich befreiet werden, und niemand mag hintennach das Ge-
heimniia seiner Heilung ergründen. Auch nidiUnülxigcr, aweck-
widriger Anenei wird, wenn ihr Gebranch mit solchen Natnr-
operatiooen xosammentrifft , ein aonderlicber , aber unverdienter
Ruhm beigelegt. Ein gar einf<iger Ant (wofern nimlich daa
Vorhandeiiaein eines solchen in unaern Tagen noch rodglicfa ist)
kann in -den Augen der Welt das Ansehen eines wahrhaften Heil-
weisen erhidten, wenn die Natur mit ihren gewaltsamen Opcra-
liotwB WMndergleich eingreift und Er eben Men Beben verstand gt-
nng hat, seiner Meiaietinn nicht gar lu widtrsKtiig xu sein.*)
*) In den Jabrea 183S und 3A bcobacbtste lob iwti wlcbcr Füll« , du aina«
bei einem BOjibrigen Henn«, dep iweitep bei einer jgncen «ebwiagerea Fraa.
Beide klagten ober ein GerSbl voi rrofter HiaräHigkeil, waren betllbgeils,
■nd waiea plHaliek «TBrilnn worden. IHe jnose Fmn hatte liare nad eil
wiederkehrend* Ohnwwhiaa« and nahaltesda KriEarr« In dar Sraii«r«hra.
— 205 —
Ich bähe die Gewahnheil, solchen MvnicKen, die lang« an
ScfameneD im liokeo IfypoekMiJrio geliiten, tind solchen, bei
denen der Scbmen auf der Grense der Regiomü tpiga$lricme and
kypocko*driacae tinittrae seinen Siu hatte, und welche schon
mehre Aerste vergebens gebraiit^l, es als wahncheinlicb vorher
lu sogen, dafs sie frBher oder ipSier Blutbrechon bekommen wer-
den, dafs sie sich aber, im Falle solches einträte, nicht furch-
Ion sollen SU sterben; vielmehr werde aolcbei su ihrem Heile
gereichen. Durch diese Voransiaguitg, nicht eines gewissen,
aber eines wahrscheinlichen oder mSglichen Begebnisses, welches
in den Angen der meisten Menschen furchtbar ist, habe ich die-
sem Begebnisse znweilen seine Furchtbarkeit benommen nnd mir
grofsen Dank «rwörfaen. Solche Voran ssagnngen gehftren nicht
lu den firztlichen Ganklereien, sondern sie sind wahre Hülfsheil-
miitel. Wer die Berohignng des Gemnths nicht als ein HQIfs*
heilmitiri heim Blntbrecheo erkennen wollte, der würde dadnrch
beweisen, dafs er noch nie einem solchen etwas ernsthaften Auf-
tritte beigewohnt. Eine Vorauisagung des knnfiigen Heils durch
das Blnibrechen wirkt beim wirklichen Eintritte dieses Begebnis-
ses (und ich habe schon erlebt, dafs es erst drei bis vier Jahr
nachher eintrat ) , nnglanblich beruhigend auf den Kranken. Diese
Voraussagang mufs man , hinsiehtlich ihrer Einwirkung , ja nicht
mit den Bertibigungsreden in Vergleich stellen, die erst dann
von dem Arzte ausgesprochen werden , wenn das furchtbare Er-
eignifs wii^lich eingetreten ist; diese leisteren werden von dem
Kranken zu den gemeinen Vertröstungen der Aerxie gesShIt, de-
ren auch der Sterbende nicht bar bleibt, nnd welche sehon iKngst
allen Glauben würden verloren haben , vrenn , mm Glttcke der
Aerzte, der Mensch nicht das gern glanbte, was er wfinscht.
Wenn es aber, nicht so wol der Klugheit, als vielmehr der
ftrstlichen PAicht nnd der Menschenliebe gem&fs ist, den Kran-
ken, sonderlich denen, welche von Srztlicher Hülfe etwas ent-
fernt wohnen, da« mftgHcbe künftige Bluibrechen vorher an sa-
gen ; 80 mnfs ich doch bekennen , dafs man mit solcher Voraus-
sagnng seine Amtsgenossen, die torher an dem Kranken geflickt,
auf eine unschuldige Weise, als ungeschickte nnd einfältige Heil-
meister darstellen kann. Ich habe einmabl den Fall erlebt (bei
einem eben nicht ganz einstigen Manne), dafs meine Voraussa-
gnng, in Betreff des Bluibrechens , nngeOthr schon vier Wochen
Der Absang tsbleDtctwiriBf , ■■•bstter Exkrc««D(« gab dis tieher« Br-
keoBtaih det , blnilebtlieb itrZatiM», rilhielbinea Zaitinder. Et liTft iieb
gerade siebt bcb«uplea , iI*F^ la lelcbcn F'iIIcb dai BIdI «di diai Hagea
kaHBi«; aber dafi ei aai einer bobea Gegend dei Damkanali knaae, llftt
■kk ail Btaltaalbail batiia|ilrn.
— J06 —
nachher in GrftlDnng giif und <lAfs er von allen leioen Banch-
leiden befreit wurde, ( ob für imner! das will ich wahrlich niohi
behaupten). Dieser Mann stellte nun folgende ganz einfache und
anf seine Weise kluge Betrachtung an, von deren nnumstöfsK-
cher Wehrheil er ao fest iiberseugt war, dafs ich ihm das Ge-
geniheil nicht einmahl als wahrscheinlich in die Wage legen
durfte. Mein langes Elend, sprach er, ist von verdorbenem
Blute im Bauche hergekommen ; Sie haben diese CatuoM materta-
lem alsohald erkannt, denn Sie haben mir gesagt, es würde mir
frfifa oder spKt das Blut von oben weggehen , von unten würde
eine kohlaohwarze , aashafte Masse entleert werden und ich dann
mich besser befinden. Alles ist eingetroffen, und ich begreife
wol, dafs Ihre Arzenei das Blut und die schwarte Materie los*
gearbeitet hat. Warum haben nnn aber meine zwei vorigen Aerzle
eine so einfache Sache nicht auch eingesehen? Ans dem, was
diese mit mir getrieben, mufsich wol schliefsen, dafs sie enl-
weder ganz einfältige Menschen sind, welche die Hochgchnle mit
Unrecht zu Doktoren der Medizin gemacht hat* oder da(t sie
Schelme sind, die mich nur lange haben hinhalten wollen, um
brav Geld von mir zu ziehen.
Was soll man nun zu solchem verzweifelten GeschwBlze sa-
gen! — Es hat Pasquillen macher in der Welt gegeben, die nna
vo^eworfen; Wir seien es nicht, die Krankheilen heilen, son-
dern die Nalnr ihue et allein. Es hat schreibende Aerxie gegeben»
so wol in der alten Well, als jetzt, die, besonders von den akuten
Krartkheiten , dasselbe behaupten, ja die noch weiter gehen nnd
vorgeben, hei akuten Krankheiten stehe der Arzt nur zu oft feind-
lich der heilenden \atnr gegenüber, nnd diese müsse, um zu hei-
len, Krankheit nnd Arzt zugleich bekSmpfei». Allerdings ist et-
was Wahres daran, dafs die heilende Natur selbst den Unwissenden
nnd V erste ndesarmen zum Rnfe eines IrefHichen Heilkiiustlerz ver-
helfen kann; da aber diese nämliche heilende Natur den verstän-
digsten Arzt in den Augen, wo nicht einer grofsen Menseben messe,
doch in den Augen gewisser Gesellschaftskreise «um wahrhaften
Tölpel machen kann, so hebt steh meines Eracbtens Vortkeil
nnd Nachtheil gegen einander anf, und es läfst sich weiter nichia
davon sagMi, als dafs die Medizin eine gar wunderliche Kunst sei.
Darmmittel.
Zuerst bemerke ich hier, dafs Krankheilen der Dfirme grSfs-
teniheils entweder AfTekiionen des Gesammiorgantsmus sind, wel-
die in dem Darmkanale vorwalten, oder coosensnelle Affektionen.
Nach meiner Erfahrung zu nrtheilen, ist in den allerwenigaien
Füllen Darmkrankheit ein Urleiden der DRrme.
— ior -
Di» F«fMeii, nottr tUnen sieb Darmaffektiancn daratelUn, e.i
migva nun Uraffektioiicn , oder conunsnelle «ein. Bind folgend«.
1) Solch« widrig« Gofuble, w«[che di« Menachcn niebi iiMer
di« Kategorie dm Sehnen«« reih«o, lODdern mit gar man-
eheriei Namen belegen, al«: Terschlosiene Winde, Mniier-
plage, Hypochondrie t>. 9. w.
2) Schmers , welcher im geraeinen Leben bald einfach Banch-
■ehmera , bald Kolik beoannt -wird.
3) Dsrcblanf und Hartleibigkeit.
Sobald da« Dannleiden consenineller Art iat, können von
einem and dem nämlichen Urleiden. die Terachiedenilen Formen
der Dnrmleiden entmehen. Dieae verachte denen Formen können
nsaromen vorhanden aein , oder mit einander abwechseln. 80
sab ich von Leber oder MilxleiHen chroniache Harileibigkeit und
bald daraaf chroniaehen Durchlnuf' entstehen. Schmerz nnd nicht-
schmerEbnfte Kriropfe können mit beiden vereint sein, oder mit
ihoen abwechseln. Von Nierensteinen sah ich ehenfalla die ver-
Kchiedenartigfsten DarmkrankheitsFoniien enlslehen. Aach di« Voll-
blntigkeit des Pfortaderajatenis kann die veraohie den artigsten For-
men von Darmkrankheit veranlassen. Die Uebung der Heilknnst
winf dadurch aehwierig, sehr achwierig, dafo das Leiden des
nrerkrankten Oi^aas gerade dann, wenn consensuelle Aßektionen
■larlc vorwalten , sich am wenigsten durch lolehe Znfäl)« verrftib,
welehe geeignet sind, die Aufmerksamkeit des Anlea anf selbi-
ges in lenken oder srn stäien. Wenn zam Beispiel chronischer
Dnrchfall oder Kolik von einem Urleiden der Leber, oder der
Mils entsteht, so wird man am wenigiien Schmers in den
Bypochondrien gewahr werden. Ich sah von Nierensteinen heftige
Kolik entaiehen, ohne Sehmerz in dar Nierengegand und ohne die
mindeste Harn he seh werde. Ueber den die Erkenotnib erschweren-
den Antagonismns der einzelnen Orgnu» werda ich an einem achick-
licherea Orle reden; jetzt führe ich diesea nnr deshalb an, damit
kein Leser denke, ich wolle ihm probate Mittel aaf Kolik, auf chro-
ntaehea Darchfall, auf Hypochondrie uod andere nosologische For-
men aofachwatjEen. Die Mittel, welche ich kürzlich anführen werde,
wirken blofa heilend' auf Urleiden dea Darmkanala. Durch dieaeBe-
bauptung will ich aber nicht lAognen, dafa sie aachzaweileofaeaebwich-
ligend auf consensuelle Darmleiden einwirken, ao wenig als ich
ISugneD tnag, dafs sie auch einige in den Därmen vorwaltende Affek-
tioneo dea Geaammtorganismua auf eine kurze Zeit beruhigen mögeti.
Znerat spreche i(^ von einem ganz einfalligen Mittel, welches
allen Aerzten bekannt ist, welches aber von manchen gering ge-
aefaatit wird, ich meine eine Mischung von Oel, arabischem Gum-
mi ond Wasser. Es ist dieser einfache Trank bei Durchfällen,
selbst bei schnerzhaften , ein gar wohlthKtigesHeiltniUel; sondern
lieb iai er bei Kiadern niobt hoch gcrag m icbitMa. Er wirkt
nicht anein wohllbälig auf die Dftrmc, smilcrn anefa aaf <li« G$X-
lengftnge. Ich habe Oel, Guinnii and Walter in venchiedeaen
V«rhS)(niaua Basamnengaeetxt und gafuadeD, dafs drei Drachmen
Oe), eine Unze arabiachei Gummi nsd acht Uniin Waaaer iat
beste VerhAlinifs ist, worin man dieiM Miichung geben kann.
Bei scbraersharien Atfektionen der Därme mit Verst«pfmg,
oder sum weoigsien ohne Durchfall, ist d«s btofse Oel zwackmS-
fsiger; manche Mutter, die, wenn ihr Kind Bauchweh bat, gleich
xum Arsie sebickl, würde scboellere Hülfe im Gele finden als in
allan krampfstilleoden Apotfaekermillelo. Fried. Hoffmann hält
-grobe Stacke auf das Oel, besonders bei Kindern; der alte Mann
hat Recht, ea roSchte in manchen Fmen schwer ilarch ein ände-
ret Mittel m eraetsen sein.
Das Mandelöl ist ein gntea Oel, da es aber leicht raaaig
wird j so iat das Verordnen deateUten eine groia« Schererei für den
Apotheker. Am brancbbanien ist das Mohnöl, es iat gans mtM
Ton Geschmack und wird oicht ranzig, wenn man es nur in Tö-
pfen aDl1>ewahrt, welche blols mit eieem Leiotuche gedeckt sind,
damit der Staub abgehallen werde and die Luft freien Zutritt habe.
Daa im Handel vorkommende taugt selten zum inneren Gebraache;
von zehn Fftasem iat kaum ein einziges, welchea geacbmacklos«
Oel enthalt. Abgeaehen von der ^ringen Sorgfall, die man auf
die Bereitung desselben verwenden mag, rührt der gröfsera oder
goringere Grad Ranzigkeit wol hauptsftchlich von seiner Anfbe-
wabrung in vertchlossenen Fissem. Ich lasse daa Maboöl, dessen
ich mich als innere ArseOei bediene , von dem Apotheker adbtt
und zwar unerwKrmt anapreaien ; auf die Weiae iat ea nntadelhafl.
Oft habe ieb .^en Anadnwk gelaaen und gehört: mildes Oel,
Wenn' man diesen Ausdruck auf den Geacbmack bezieht, ^s« laaae
idi ihn gelten; glaubt man aber, Oel wirke anf keinen Theil des
Körpers, anfaerlich mit demselben in Berübning gebracht, feind-
lich, daa Gefahl dei Aeizeni, Beifaeaa, Schreiaens veruraach^d,
aa mufa ich gegen aolche rermeiniliche Milde des Oels Einrede
Ihun. Die meiatea Mitlei, deren ich mich bediene, habe ich an
meinem eigenen Leibe bpi vollkoiumner Gesundheit versucbt , nm
zu aehen, ob aie dem geaunden Menachen einige, wenn auch nur
geringe, daa behagliche Gefühl der Gesundheit Irübeade Verände-
rung hervorbringen. Galen sagt in dem zweiten Buche von den
Eigenschaften der einfachen Arzeneimittel: das Olivenöl veniraaohe,
in« Aoge gebracht, ein Geßihl des Brennens und Beifsens. Da mir
eines Tages einfiel, dieses an meinen eigenen Augen zn versuchen,
aber nicht gerade Olivenöl zur Hand hatte, so strich ich mir
Rapiamenöi ans Aage. Kaum war durch die Bewegung der Li-
der das Oel an den Apfel gekommen, so bi& und sehreinle ea
— «OB -
nieh «■ so «bBebeoliefa, ani nMchledii A.Dge lo rotfa, alt habe ich
Pfeffer bineiogiebrmht. Ich Terlor dadorob alle £.ait, weitere
Vsna^e mit anderen Oden ansoitellen, nberredete aber ein paar
junge Leute, dieses an meiner Statt zu ihno. \achdem lie bei-
de ihre Aagen ^esalbel, der eine mit Oliven-, der andere mit
Mohnöl, lo behaupteten §ie, kein Geßfal davon %a babea; bald
aber fin^ et an, beide eo bSfilich xn beirsen, und die thr&nen-
dea Aagen wurde ihnen ao reth , dafa sie wOnscblen , den Ver-
Bucb nicht gemacht m haben.
Anf der Hoehichule hat man mich mit dieser Wirlinng des
OeU nicht bekannt gerakcbt, Galen bat sie mich gelehrt. Später
Wnnaehle ich m wissen, ob die heattgen nniversilitiKhen Meister
in diesem Punkte auch noch die Belebrang ihrer Scbäler den Ga-
len nbeilassen. Die Gelageaheit, meine Neugier xn befriedigen,
fand sich bald. I^ traf nSnlich einst in der Apotbkke einen
jangen Aixt, der eben erst von Berlin kam. Oa mir noch von
meiner Jugend bei eine besondere Hochachtung vor allem Berli-
nUeh-Mediziniscben Wissen anhält, und der Mann, gut nnterricb-
tet war, se glaubte ich, bei ihm mrine Neugier am besten befrie-
digen XD kSanen, fragte ihn also: ob ihm ancb der Berlinische
Professor, bei dein er die JUateria mtdica gehört, die Wirkung,
welche fette Gele auf das Auge haben , ausgelegt. Er antwortete
ausweichend , wahrscheinlich , weil ihn die Geringfügigkeit neiner
Frage kiAnkle. Ich bat ihn aber ohne viela UinsiKnde, sich ein*
mahl ein beliebiges fettes Oel ans Auge xa streichen : er tbat es i
ob er Mohn - oder Baumöl wKblte, weib iob nicht, Anfangs fiihlt»
er nichts, bald aber fing er an, mit den Aagenliedern zn nicken;
nun aufsene das Oel seine onheimlicbe Wirkung und ich entfernte
mich , weil ich jctst wubie, was ich wissen wollte, aäinliob, dafs
ihn sein Lebrer nichts von dieser Wirknng des Ocls auf das Ange
gesagt haben könne.
Heutiges Tages sollen alle Arzeneien iiberrein sein;, warum
reiniget man das Oel nicht von dem scharfen Stoße. Da er eine
SSore ist, so läfst er sich leicht davon scheiden. Man selze nur
eine beliebige Menge gebrannter Magnesia zu, lasse das Gemisch
mehre Tage stehen und scbiitlle es in der Zeit oft um , so ver-
bindet sieb die schiirfe Säure mit der Magnesia, und das Oel
wird so mild, daf^ eü im Ange nicht mehr heifst und dafs es das
Kupfer nicht mehr auflöset, denn nicht das Oel als Oel löset das
Kupfer auf, sondern die mit dem Oele verbundene Säure. Die
.Scheidung der Magnesia und des erzeugten Salzes von dem Oele
niachi sich am besten dnrcb einen Zusatz von Wasser; gehet aber
langsam von Statten.
14
J 9J.
Dieses iit ohne Zweifel eio seht wohlihueDdes und scbnell-
wirkendes Oarmiiiiltel. Ich hnbe damit Bauchschmerzen (die aber
nicht ron scharfen Sioffen, noch voo angehäiifteiu Darmkothe eni-
Blanden) eben so schnell gehobea, all man sie je durch iVlofansafl,
oder andre narkoiische Mittel hat beben sehen. Ich bediene mich
der einfachen Tinktur; vierzig Tropfen venniscfae ich mit acht
Unzen Wasser und einem Skrupel Tra^aoih, und lasse too dieser
MischuB^, je nachdem die Schmemen mehr oder minder heftig
sind, Btündlteh, oder balhsiiindlicb einen Efslötfel voll DchHen;
jede Gabe belrlgt also noch kein« drei Tropfen. Da man abar
bei ehconiacben Uebeln gewöhnlich zehn Trapfen anf EinisiAl
gibt, und die Kranken kein Uindeiwifs von dieser Gahe,' vierniahl
tags genommeB, spüre«; so wird maa auch im .\othfalla bei Ko-
liken grjjfsere Gaben ohne Nachlfaeii and vielleicht mit groEsem
Nutzen reidiea köancn. Uia jetzt kann ich aber aus eigener Er-
fahrung nicht daiüber unheilea « iadä« ich mit der angeftihrlan
geringen Gabe meinen Zt\«ck erreicht habe.
Mitckung fflKf KräheHangenlinilur «nd itimkendem
Atant.
Diese gehört zn den wenigen Mischungen , in welchen eine
wobbfaSiige Heimlichkeit verborgen nu Beide Substanzen zind
bekanntlich nach «eh il recht«' Ansicht krampf- und schmerzstil-
lend; aber jede, einzeln gereicht, wird nie das leisten, was diese
Mischung. Ich bin vor vielen Jahren zur Entdeckung, aber Dicht
zur CrklKrung dieser Heimlichkeit dnreh blofscn Zufall gelaogt.
Ein Mavn, der schon Eintnafat an Kolik krank gelegen, -and den
ich daniabis, weil sie von DanntSure herrfihrfe , durch eine An(-
lösnng von'Natmn gar bald geheilt halte, wurde lange nach die-
ser Zeit abermahls von der Kolik heimgesucht. Die Schmerzen
waren sehr heftig und hatten nnr ganz kurze erlrfigUche Zwi-
schenräume. Nachdem ich diesem Manne alles , wodurch ich jo
ßaucbsch merzen gestillet, ganz ohne Erfuig gegeben halte, eines
Abends an seinem Belte safs, er niicb uro des Himmels willen
bat, ihn von seiner Marter zu befreien, und ich wirklich gar Dichts
mehr wufste, was ich ihm hätte geben können; so dachte ich, es
■ei auch einmahl meine Zeit, den Hanswurst zu spielen. Ich
halte ihm zuletzt einen Trank von zwei Drachmen stinkendem Asant,
acht Unzen Wasser und Eigelb verschrieben ; die Hfilfle war noch
da, der Trank half ihm gar nicht. Mit weiser Miene ergreife ich
Clin anf dem Tische Ktehendea Tropfeogläscheo , woiia sich nuge-
— 211 —
flAr tw«i Dnushmen KrübenaagcDtialtar InAmkIm, welche Tink-
tur er ri»enfalk sehon fanz ohne Hülfe genommen , scMde die
TinktiiT an dem Terfelsdreclrtfank, nnd Iteffie ihn 4ie Naobt durch
aCndlicb davun n^men. - Ich bekenne Rnfriehtig, daft ich zq dte-
atf KuamniefMelxaiig dwohans keiocD aadern TenifindigeD Grund
hatte, all den, dafa ieh dem nach Hiilf« verlangenden Manne, von
äemlieb beaohrlnktcu Venn^mi, eine neue Anenei geben kSnn-
te, obn« ihn nene UnkitUeR in derApethelce zu veninachen, nnd
d«b ieb Z«h gcwAane , neuen Ratfa xn rochen. loh dachte aber
eber an meinen eigenen Tod ab daran, daft der Kranke HStf»
in dieser Mieebang finden würde, deren Besiandiheile er einzeln '
■o gaaz ohne die mindeste Erleiefatening genommen. Dtesei ge-
schah AtMndH.
Am andern Morgen war ich verwunden, noch keinen Boihen
anf der Thür zn haben. Gewöhnlich wird man ja bei lolchen
dringenden Zastiaden, bei denen man gerade keine HSite weifs,
aaa allerirgtlen überlaufen. Wo wir Aerxfe Häife wissen, da
bleibl anofa bei den grölaten und geRlbrlichBien Hebeln alles ia
selaeA Fngen, niemand überlänft m» nnd pla^t nns nnil zerklopft
iiai die Tbiir bei ungelegener Zeit. Entweder iat der Mann todt,
oder geheilt, dachte ich; aber wie er geheilt sein könne, dai war
mir ein wahrtuft nnlösbarea Rftthsal.
Nachdem ich ruhig gefrübstickt , begebe ich mich nach sei-
iwr Wobnong. Im Hause ist ^les still. Ich gebe geradexn ins
Sefalafsimmer ; alles ist «tili wie iro Grabe, die Vorh&nge sind
ntnd am dos Bett dicht zngezogen; das GerHusch meiner Tritte
ermnntert den Kranken, er schaut mit lächelnder Miene zn den
VorbBi^en hinaus. Wie gebet esl frage ich. Gnt, antwortet er;
ieb habe die ganze - Nacht geschlafen. Von dem ersten LöRel
der gestern Abend suiammengemiacbten Medizin fiihlte ich grofie
Erlelcbterang. Als ich das merkte, nahm ich nicht eine Stande,
sondern eine halbe Stunde darauf den zweiten Löffel,- nnn ver.
sehwand der Schmerz fast glnzlich; nach dem dritten Löffel kam
iA in einen wundeitmr rahigen oad scbmerzloseo Zustand nnd
habe seitdem nicht mehr eingenommen, denn i<^ bin in Schlaf
gefeilen.
Was war nun sms dieser Sache zu machen! VorlSnfig ent-
schied ich nichts darfiber, sondern wartete es ab, ob nnd wie
sieb diese Erfahmng in der Folge bestätigfh werde. Es sind
jetzt ober fonfundzwamig Jahre verflossen , seit ich zuerst jenen
Fall erlebte, seh mich der bare Zafall ein schätzbareB Heilmittel
keuMi lehrte; nnd seit dieser Zeit habe ich wenig Fslle von
Bauchschmerzen erlebt, in weichet) mich jene Mischong verlas-
sen bitte. In dringenden FBllen gebe ich alle halbe, und in min-
der drij^fonden aUe Standen eisen ElsUffel voll von folgender
MtscIiuDg; tjr Aime /•etlitae Jii Lmtei worum tf. «. Aqti4U |vfii
Timclttnu nucit vomicat ^\\\ (oder ^|}) M. D. Db rfiete Ml-
■chiing sogleich hMlsun Mif Hie Leber ist, lo kann mm (iprioh-
w&nlich zu reden) swei Fliegen mit einer Klappe sahlagen. Nicht
immer, oder vielm^r niemahls, sind bei hefiigen BanchsohraerxeM
die Kranken in der Stimmung, viel Xratliches Getcbwäti and eine
ansrshrliche seh algerecht» Aosfragung xn erdulden; sie verlang«!
Hfiire Dod baldige Hüire. Damm ist es gut, ein Mine) xu haben,
welches «nf z\ni Organe wohlihfitig einwirkt. Unter den con-
sensnellen Koliken ist ohne Zweifel die Leberkolik die hEiifigite;
darin liegt wal der Grund, dafs Jene Mischung mich selten im
Stiche gelassen. Aber in seltenen F&llen hat sie mich doch ver-
tanen, nnd ich habe im Vorigen schon einen Fall ersäblt, we
der blofse Krfihenaugengeist bei einer heftigen Kelik den Preis
davontrug.
Man kommt auch in Fälle, wo diese Miecfauag unanwendbw
ill, nicht wegen ihres Geschmackes, (denn wer bei heftiger Koltk
sagt, die Amenei schmeckt abscheulich, der ist scfaoo halb ge-
heilt) sondern wegen Unduldsamkeit des Magens. Es gibt Ko-
liken, wo nit^t bloJs alles, was in den Magen kommt, selbst
das Unschuldigste und Mildeste gleich aasgebrochen wird, sondern
wo auch der Mastdarm so ziisaMmen gesogen ist, daA die Klystire
neben der Klystirpfeife wieder xuin Afier hinauslaufen. Was
fftngt man da an! „Aderlässen I" werden etliche Freunde des Blul-
vergiefsens sagen, da ist OnnnentninduDg. Wahr ist «s, wertbe
Amlsbrüder! mfin kanii mit Aderlassen helfen, aber in den wenig-
filen Fallen mit Einem Aderlnis, nicht selten werden xwei, ja drei
reichliche erfodert, und da Ififsi sieb dann auf keine so tehndle
Hülfe reebnen, wie sie wol die Noth des Kranken und di« Helf-
willigkeit des Arztes fodern mScfatea. Ich habe mit dieser Waffe
gekliiHpft weil ich jung war, weifs also recht gut, was von ihr
zu hallen sei; da ich aber in einem besondem Kapitel von den
verschiedenen antagoaistischea Heilarten sprechen werde, so mag
es genug sein, hier su bemerken, dafs bei c&rifichen K&rpem,
besonders bei weibÜDhen , starker Blatverlu« durch Aderlässen
sehr üblen Einflufs auf ihre künftige Gesundheil haben kann.
Nicht jede Mensehennalur läfst sich nngeräcbt ss feindlich
angreifen. Wenn es irgend möglich ist, inufs man freundliche
Schonung der GewAsamkeit Toniehea; man kommt wirklieh in
den meisten Ffillen weiter mit ihr als mit Gewalt.
Der Fall von Kelik, der mieh auf die angoführte Weis* xnm
ersten Mahle Zeit meines Lebens recht in Verlegenheit setzte,
ist folgender :
Eine junge, etwas reixbare, znrt gebante, nicht schwangere,
regelinälirig menstrnirte Frau, in dem gaoiNB Lebenslaufe mir
— 213 —
•idito b«ka»iit war, wm EiBfliifa a«f ihrsa gegenwärtigen Zattnnd
hfttta babea kdnnen , (und ich kannte sie von ihm frfihen Kinri-
büt u sehr geoMi) wnrrfe aof Einiuahl Ton einer hefiigen Kolik
überfallen. - Was ich hier ibat oder nicht tbai, kann nicht in Aa-
uerkang koiunieo, denn allai, waa in den Magen kam, warde au-
geaUioklicb antgehroehen, und die eingespritalen Klyitir» dfSnglen
aich neben der Klj'tiirpfeife aus den Mattdamie. Uebrigena war
der ächmen befi^, mit gaoi knncen onroHkommBen Nneblftaien,
der Pola beaebloHDigt and klein, die Extreniitftten Kwar nicht
wann nad nicht kalt, aber doch wol um ein Wenige« kfibler an-
3Enfüh)ao all im gesunden Zustande , daa Gesiebt im hoben tirade
Schmers aosdrQckend, ohne enisiellt la «ein, der Baacfa for die
Berührung etwas empfindlich , aber nicht in dem Grade , iath die
Anwendung änfserlieber Mittel dadurch wBre unmdglich geworden,
übrigens nicht aufgetrieben, aber geitpannl. Da ich zu der Kraa-
k«n kam, hatte das Elend schon ein paar Stunden gewähret (ich
war nttnriicb aufserhalb der Stadt bei dessen Beginne)-; die feuchte
Wflnno war schon Hnfserlich durch einfhche H reium seh lüge' gans
ohne Nutzen rerNucbt, und ich nbenengte mich bald, dafs hier wed^r
durch innere Arxenei, not^ durch Kljaiire ettvas aussurichten sei.
Ueberdies kannte icb damaMs die Hanplniittel zur Stitlnng des
Erbrechens, den salzaauren Kalk und das Jed noch nicht, letzte-
res war noch nicht entdeckt.
In dieser Verlegenheit kain ich auf den Einfall, durch hart-
nlldiige Emwirkuttg auf die Haut des Bauches den Darmsehmerz
KU heben. Ich halte freilich bis dahin, so gut wie andre Aervie,
caweilea bei Banchach merzen eine gni» Salbe oder Balsam auf
den Bauch schmieren lassen, ohne aber eben sonderlichen Werth -
anf dieses Sebmieren m legen und ohne auch sonderliche Wir-
knng davon zu sehen. Jetzt aollie ich leinen , was Schmieren
verrang. leb verschrieb flüssigen Selfenbalsani , (in Erniasgelung
desselben könnte man auch Seifenspiriloa nehmen) und miachie
ätzenden Salmiakgeist zn gleichem Tbeile dazu. Das Glas mit
dieser Miscbnng liefe ich In eiii GefSls mit lanwarmem Wasser
setzen, um ihr die ungefähre Temperatur des K5rpers zn geben,
and darauf inufate ein der jnngen Frau sehr ergebenes Kammer-
mildehen das Beibea beginnen; eine Freundion Mand daneben,
om, wenn die reibende Hand des Mfidchens trocken würde, neuen
Balsam hineiOEuBchiitten. Das Beiben geschah sanft, mit Kreis-
strichen. In der ersten VienelMinnde büeh alles wie es war; ge-
gen die Hftifte der sweiteo begehrte die Kranke, welche sehr
durstete, eine Tasse Theo; diese blieb in dem Magen, zum De-
weise, dafs das Reiben anßog hülflich zu werden. In der letz-
ten HSlfte der zweiten Viertelstunde nahm der Schmerz so ab,
dafs. nachdem die rolle halbe Stunde Tarflossea war, nur noch
— 214 —
eine «diraenh«£lc Mahoing d«i groben Elenas io den Därmen
übrig blieb. Nun haue nao mit Eiofeibeo fügliqh aiifbörm kö>-
nen ; mir liam es aber weiser vor, den leUlan Brat voHend« w<Bg>-
zuschmiereo ; dazu geiiörie auch nicht mehr als noch eine halbe
Viertelstunde, also, dals dieaes furchtbare Uebel in awei ao4 ei-
ner halben Vienelatunde gehoben war. Wahreebeinlich wird der
jungen Frau des aoder;i Tages die Haut wol etwas geschreim
haben; sie hat iitir aber nicfala davon gesagt und ich habe niokt
danach gefragt.
Dieser Versuch, zu welchem mich im mgeBtIicbea Siooe
die Noth zwang, ist mir in der Folg« nebr nütsiich gewesen.
Ich habe mich zuerst bestrebt, durch Öftere Anwendung der Ein-
reibuDgsknr in solchen Ffillen, wo die Anwendaag innerliclier
Mittel keinesweges bebindert war; denn die Fälle, wo sie, wie
in dem eben enählten, ganz unmöglich ist, sind zu selten, alii
dafs ich, um meiae Wifibegierde zu befriedigen, auf das Vorkom-
men blols dieser hätte warten sollen ; ich habe mich , sage iofa,
beslrebl, auszumitteln, ob das, was ich in dem erzählten Falle er-
fahren, blols in der Besonderheit dieses Körpers begründet ge-
wesen, oder ob es auf allgemeine, uns wenig bekannte Netarge»
setze sich gründe. Durch mehre Versuche belehrt, mula ich Letz-
teres annehmen; denn sobald keine malerielle, oder mechanisebe
Ursache der Kolik vorhanden war, wich sie nicht blofs der Einrei-
bung, sondern die Art des Verschwindens hat bis jetzt noch immer
mit jener ersten Beobachiung gestimmt. In der ersten Viertel-
stunde sieht man wenig \ui2en vom Einreihen, in der zweiten
fängt der Schmerz ae^ zu verschwinden, und nach einer halben
Stande schweigt er gUiulich.
Nun wäre es wol, rein künstlerisch von der Sache zu spre-
chen, ndthig gewesen, anssumitteln , ob das balbslüadig« fieiben
allein Heilmittel sei, oder ob der Seifenbalsam mit Aetzami^ODiwn
auch das Seinige zur Heilung beitrage. Zu dem Zwecke hätte
ich mehre, mit ernsthafter Kolik Befallene, mit der blofsen trock-
nen Hand, oder, weil sich also nicht gut reibt, »it eiafaehem
Schmalze eine halbe Stunde müssen reiben lassen , um zu sebeo,
ob der Schmerz eben so gut dadurch verschwinde. Wollte er
nicht weichen, so hätte ich den Seifenbalsam, mit Ammontun
verbunden, auf Leinwand streichen und den gauzen Bauch damit
bedecken mfissen; Sorge tragend, dals diese Mischung eine halbe
Stunde feucht bliebe, nndJm Nöthigkeitsfalle sie erneuernd. Auf
die Weise würde sich bald ergeben haben, ob die haibstflodige
Einwirkung dieser Mischung auf die Baucbhanl dem Kranken ohne
Reibung Heil bringe.
Ich bin der Meinung, die Heilkraft liegt zugleich in dem
halbstündigen Beiben und in dem Balsam , also , dafs beide Mit-
— zia —
t«l* ^Met« fiif aiefa g«bnw«ht, «U* nidu lekuo k«M«D, wu
n« TCfeiot'lwMfla. Bew«iani kana ich aber diaae Meinuag Am-
balb tiieht, wall as «fgata meiiu Pflicht atraitat, nath williger-
weiM Varancbe mit den Krankea *a maobao. Wenn ein von
baftiger Kolik Ergiiffenar meiaa. Hülfe sucht, ao thoi ar ea dach
in den GUobeD , dab teh ihm nach meinaai baatan Wi<ien die
tth^allata Hülfe ward» aagedeihen lasaaD. Wtre aa ouo nicht
pfllckiwidrig, ja wäre ea nicht verrfltheriaofa, wen ich diesen
Glanben tAuacbea woUlef
Ich habe,- nachdem ich mich von der Hsicharbeit der ^hiiiier-
kar hiniäa^iofa übafaeagl, aelUge nicfal jnehr filrs Gewöhnlich»
gebraucht, sondern sie bJols ak einen guten ßüdihaU für den
Nothfall gaapart. £s wird vielleicht dieses manchem Leser »alt-
aara bedilnken, er wird inainan, aa sei doch weit gemüclilicher
für dea Kranken, sich eine halbe Stunde den Uanch reiben lu
hwwen, als viel garsitga Araenel au schlucken. HSu« ich die
Einreibung nur Einmahl versiicht, so würde ich die Schwtprigkeit,
«dche sie mit sich ftibrt, aicbt kanoeo; da ich sie «bar oft ver~
»i»d>t, so kenne ich diese Schwierigkeit auf ein Haar und will
aia dem Leser ameigen.'
Es ist gans leicht gesagt, jemandem eine halbe Sliinde luiig
den Hauch an schmieren, aber ea ivt wahrlich nicht teichl gethaa.
Wann nicht die Uhr dabei ist, tiohibar oder hörbar, »o glaubt
der, 4ar fünf Miauten gerieben er habe es schon eine Viertel-
stunde geihan. Dar Einreibende mufs sich vor dem Bette auf die
Knie niederlassen , nnd der Kranke sich mögliehst nahe an den
Ranä des Baues legen (lelitwts hat seine .Schwierigkeiten , wenn
daa Lager nicht ans einer Matratse, sondern aus einem Federbette
baatefaei,' und wenn die Garte des Battgestelles etwas durchge-
sackt sind). In keiner andern Weise h< ein Mensch das halb-
stündige Reiben au, am wenigileo, wenn er dabei stehen oder
siuea will nnd wenn der Kranke in der Mitte eine« breiten Bet-
lea liegt. Leuten ,. welche wenig Belang hei der Genesung de^
Krankan haben, ist als Einreihern gar nicht au traun; wenn nie
nade sind, .machen sie dem Kranken weis, die halbe Stunde sei
varlnufea; kurzum, die Scbmierkur, so leicht sie sich nusprichl,
so wenig empfehlhar ist sie zum gewöhnlichen Gebraache.
Damit aber keiner meiner Leser glauben miige, nls halle ich
die Schmierkur in der Kolik fdr ganz unfehlbar, so bemerke ich,
dafs ich zwei Fälle erlebt habe, wo wegen Undulddumkeit des
Magens die Anwendung innerlicher Arxenei unmöglich und die
der KljHRtire nnialos war, in welchen beiden Fällen ich ebenfalls
die SchnUerkur vergebens gebraucht. In dem einen bin ich Tiber-
zeugt, dafs sie genau oach Vorschrift angewendet ist, in dem
zweiten kann ich dieses nicht mit Gewifsheit behaupten, denn
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hier war «n« Fraa krank, daren Ebrnmaii der MeinuBg war, m-
ne juDge Geliebte Bei weit uMeriialtCDder als eine alternde 6at-
linn; und da weifa man schon, wie es gehet, beaendera wenn
keine Tochter im Haave iat. In beiden Fällen hat mir ein recki
altiaodiachea äufsereB Mittel geholfen, welchea man mir kehon
in meiner Jugend als gegen daa Erbrechen nntKÜch angerAhmt
hat; es iat dies die Krauaemunxe. Ich lief* von dieser eine diclw^ ,
leicht gesteppte Decke machen, so grofs der Baach ist, ond sie
auf den Bauch legen. Auf die Weise war die Haut des Baackea
in einem beständigen würxigen Lafthade, und das wirkte, sehr
wofallhälig anf den Darmkanal. Wenn ich mir gleich- nicht er-
klären kann, wie ein solches wuniges, die Haut des Bauches be-
spülendes Luftbad das' Brechen und die heftigsten Schmeraen der
Därme beschwichtigen und den Kranken wieder gesund machen
kann; so habe ich doch in beiden Fällen gesehen, da& die Ke-
lik und das davon abhängende Erbrechen in Zeit von einer bis
anderthalb Stunden ganz aufhörte.
Ueberhaupt werden aromatische Luftbäder viel an wenig von
den Aerzteo angewendet ; wahrscheinlich desbalb, weil Menschen,
die nicht gerade bettlägerig krank sind , ungern mit solchen stark
rieohendeii Dingen zu ihun babe^; ja selbst die Bettlägerigen
hassen auf die Dauer solche starke UerQebe, und doch sind sie
wohllhätig und durch andre Mittel zuweilen nicht zu ersetzen.
Sie wirken nicht blofs anf die Därme, wie in den angefiihrteo
Fällen, beruhigend, sondern sie beleben auch den ganzen Or-
ganismus, weshalb ältere Wundärzte sie vor, oder nach schwe-
ren Operationen in Anwendung bracfalen, wie man dieses beim
Fahritim» HUdanua und wahrscheinlich auch bei andern lasen
kann. Es ist gerade nicht immer nbihig, Kränterkissen zit ge-
biauchen; die deatülirten gewiirzhaf^en Oeje, mit Seifenspitftua
oder flüssigem Seifenhalsam gemischt ( weil man sie für sich we-
gen ihrer Concentration nicht wol gebrauchen kann), auf die
Haut ein wenig, aber nicht lange, eingerieben und dann den
geriebenen Theil gut bedeckt, rnacken auch ein gewünboftes
Luftbad. Ich habe blofs durch leichtes tägliches Einreiben eines
solchen mit Nägeleinöl gemiichlen Seifenbalsams zuweilen chro-
nische Durchfälle bei Kindern gestillei, welche mehren guten
inneren Mitteln widerstanden hatten.
Eitigtattrer Zink.
Dieses Mittel ist eigenilicli das wahrhafte mineralische Opium.
Man stillet damit den Durchlauf eben so gut, wo nicht besser,
als mit Mohnsaft. Wenn man anderthalb Drachmen von diesem
Zink und eine Unze arabisches Guuuni in acht Unzen Wasser
— 817 ^
idinielzt, lo kann mai» von dem Traok« aUe StnodeB einen LSf-
M voll geben. D« er aber leicht Uebalkeit and Erbrechen er-
ngt, es tbnt man gut, weda man die enrten vier Standen nnr
einen balben Löffel voll gibt ; auf dieie Weise beagt maa dem
Uebelwerden vor, denn der Zink ist eine von denen Aneneien,
mit welehen licb der Magen gar leicht and bald befreundet. Die
Oe>M, die ich angegeben, iit die Miilflldoais. Man findet Men-
■ehea, jedoch wenige, die diese nicht TertragenkAnDen; denen
maft man nor eine Drachme Statt anderthalb in den achtnazigen
Tniok thnn. Ee gibt aaeli Menaeben, die mehr vertragen, de-
nen kann man , wenn man- will , mehr gehen ; ea ist aber eine
VermdiniDg der Gabe aweckic», swei Draefamen leisten' nicht
Hehr als anderthalb. leb habe diesen Trank selbst genommen;
er aehmeckte anftngKdi gar nicht tibel , aber auf die Dauer wi-
derte er mir. Dass^e habe ich bei den meisten Meeachen be-
merkt. Das UehelmarJien Iftfit sich , wie gesagt ,- kehren , aber
aof das frflbere oder spStere Widrigwerden weift icfa keinen
Ralh. Ich habe nmnche Zosätae versucht (es versteht sich^ sol-
ehe, die der Wirknng keinen Eintrag thaten); das Ergebnifa aK
1er Versage iat gewesen , dafs die Kranken zuletzt wieder zu
dem angegebenen elufachen Tranke zurückkehrten.
Da ich das Bemerkenswen beste, was ich vom Zink so sagen
habe, dann sagen mnfs, wenn ich von demselben als von dem
oBMitbebrllchsten Gehimnittel rbden werde; so ist es, nm allen
WiedarbelnngeB z&voRsakommen, am betten, dafs ichjelzl abbreche.
MiMckung von dem Exlrnet der Mimota Catecku
und Salmiak,
Man kann diese Mischung in einen Trank bringen, oder in
Pulver geben. Ekele Leute haben sie lieber in Pulver, weil sie
dieses in Ob)aie wickeln und ohne Uebebchmack hinunierschlio«
gea. Daa beste Verbaltnifii swischen beidei» Arzeneien ist Ein
Tbeil Salmiak g^en zwei Tbeile Caiechu. In gelbeilieo Gaben
kann nan in vier und swanxig Stftnden Eine Unze Catccku nnd
räia halbe Unze jBatmiak geben. Gibt man es in Form eines
Trankes, so ist. es g«t, su einer kleinen Deckung des durch-
dringend sälsigea Geachniackes , arabisches Gummi xnznsetzeD.
Folgendes ist meine gewöhnlich« Vorscbrift. Rr Extraeti Cate-
cMm ^i Salü ammomiaci ^ß Oummi Arabici^i Afuae |viii M, D,
Von diesem Tfanke nimmt der Kranke standliefa einen LSffel voll,
oder alle zwei Standen, je nachdem man schnell oder langsamer
halfen will. Diese Mischnng ist , um einen Durchfall zn ballen,
der nicht eonsensnell, nicht ei« in den Därmen vorwaltendes Lei-
den des Gesammtorganismns ist, sondern der in Mnem w^ren
— 218 —
UrieidMi der Dttrme battobt, leicbt dn - b«Ma Alittflt , welehw dU
Mednio 8ufsuweisen bat. Daft di« Cattekm gM geg*» den Owroh<
fall ist, 4m iit längst bekannt; ebMfatlU ist bekannt, dafa dar
SaltnUk Sbnlicbe Tugend beBitat; dafs aber ie der Zniaiaiiienmi-
lohuog beider eine, besondere aaageaaicfanete Heimlrebkeit atacke,
ist , so viel ich weifa , nicbt bekannl. Die Zuaarameaaetaung Jm-
Bt«t bei weiUB mehr ala jede der beiden Araeneien für sieb gt-
piben: dämm gehört dieae Miichoag au den wenigen Miaobnn-
gen, denen meine Erfubrung eine wirkliebe, nicht eingebildete,
wobllbätige Ueimlicbkeit zvgestehen »oft. Drr Salmiak ist eine
nierkwüidige Subalaaa. In meiner Jugend wollte man ihn ala
Bogenanntes AMNpAlogüttcttm fast dem Salpeter g^eichBlellen ; das
war nun wol ein wenig arg mifagsgriffen. Heut an Tage will
man damit Vereiterung des Blaseabalses geheiti haben. Üb glau-
be das wol, denn er sofaeini mir eine tpesifiach wohlthfitige Cio-
wirkung ani alle Schleim abBondemde FlJfofaen in haben : so ist
er unveritcnnbar heilsam in krankhafter Schleimabaondeniog der
Lunge , anoh bei Vereiiemag dersdben , in so fem ditae heUbar
ist, und so setat er ancb den 'krankhaften Absondemngen des
Dnrmkanals Scfaranken. Bei demjenigen Durchfalle, der eine in
dem Üarmkanale vorwallende, unter der Heilgewalt des kubi-
schen Salpeters siebende Affektion des GeumnilolfanismnB ist,
leistet er wol ein wenig, wenn dieae Affektion dem Grade nneh
gering ist; sobald sie aber bedeniender ist, leistet er gar nichts.
Ich habe ihn schon vor nenn und dreifaig Jahren bei der Bnbr
rersucht, aber nichts damit ansgertchtet.
Die Aerzta sind in Betreff der'Wirktmg der Mittel mit ihren
ibeoreliscben Erklärungen gar gescliwiod bei der Hand. Ich er-
innere mich aber nicht, eine halber Wege annebmliche GrklX-
ning der Wirkung des Salmiaka geleaen au haben. !> ist gnt
hei Entaündnng, er ist gnt beim Durchfalle, gut bei Eileniog
im Blasenb&Ise, gut bei Eiterung in der Lange, gut fiafseriidi
beim kalten Brande, und er vertreibt die Warzen. Es gehttrt
wahrlich viel Scharfsinn daxn,. ihn unter eine solche araeneimit-
tellehrige Kategorie zu bringln, die diese vielfachen Tugenden
geolgend erklärt. Dalä er die Warsen vertreibt , ist bei meiner
Lebxeit als etwaa aenderlicb \eues vorgetragen, ist aber aiemlieh
alt. B»r«H hat diese Erfahrung zuerst in die bekannte. Bücher-
weit gebracht; er bat, wie er sagt, die Sache von dem Leib-
arzte des Daapbina gelernt, und gleich einen ^ncklichen Ver-
snob an dem Gebeimscitreiber dee oiederlttndisi^eit Gesandtschaft
gemacht, dessen Körper sdieufglich von Warzen entstellt war *>
*) pari BmrtOi MtUrürr. et •iiarval. mt4inpü*it' ßtat. U »kttr». W.
',,,_„,,,, Google
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EHe CateekM üt tbanfftUa «iaa uhiuue AneiMMiibBlanz, d»-
sva yiitkamg wir vielleicht oaefa nicfat guu kenaeD. üie ist um-
big MMMiaeiMtebeiid , dämm habe lA xie «ach ia fiiiherar Zeit«
da 4ie Biade ao ungehener tbeuer war, sIs sogeBaooieB fixe«
SliflimgMiiltel mit gute» Nataea bei cbrvniacben and akulea
Ueb^ gebraodu. In «inigMi Ai-ieoeimiltellefareB alebt geaohrie*
beo, aia aei gat gagen Mottarblulfliiaae ; das glanbaicb aber Dicbt.
Die Aenie, die aie gegen aolcbea Udbel gegeben, bi^«n wahr-
•chainliflh , nach ihrer ladekHertben Weiae die Uiuel phantaaiitcb
HMamiaenaaDiiacfaen , aie aiit Alaun rerbunden; da baan es denn
mSglich sein, dab MuliMbltftftüaie geatillet sind; aenst wird .die
CmteeJm weit eher Mntterblntflüaac macbea als si« stUlea. Ich
habe einmal ein seltaames epidaniachaa Fieber erlebt (des Jab-
rea, worin es herrschte, crinnef« ich midi aber nicht beelimmt
mehr); bei diesem konnte man darauf rechnen, da&, wenn die
Menstmation aaf ihre2eit eintrat and aueh eben nicht übermärsig
lief, dodi die Weiber dadurch viel kranker worden und oft in Be-
tfiubnng nad irmeden verfielea. Bei diesem Fieber, welches ich
damahla, daasit es nicht nomenla« bliebe, Nerveafieber nannte,
thalen sogenannte fixe slftrkead» Mittel sehr gnie Dienste. Ich
bedienie mich im Allgemeinea der Catedmt aie bewährte sich
als beikam nad war wohlfeil dann ; aber bei weiblichen mann-
bnren Kftrpem mnlste üb aie gar bald wieder verlasse«. Ich aab,
dalfl sie das Monatliche acht, bis Tierxehn Tage vor der Zeit and
«war bei maacben äbeireicblicb hervorrief, wodorch ich dann den
Weibern schlechten Nulaen and mir selbst ein grobes Kraus
schaßte. Seitdem habe ich mich der Ca/ccA«, weil ich aie durch
ein andere« weit michtigeres Mittel «setzt, nicht mdir bedient,
als biob in der besprochenen Ziisammeosetanag. In dieser gab
idi aie eiost einer JuagCran gegen chroiiischen Durchfall , nnd sie-
be! bei dem Gebranebe dieser Mischung trat auch die Menslrua-
lion acht Tage vor der Zeit ein , welches mir das Mädchen (eine
Zeit Lebens gana pünktlich Menstruirte) mit bedenklicher Miene
Ich bemerke, dab diese Mediiin jn«ine Sltesle Zmammen-
letaaog ist Vor acht nnd dreibig Jahren habe ich zuerst damit
einen allen pensionirtea Obersten vom chronischen Durchfalle be-
freit. iU war freilieb ein seltaamer Gedanke, ein AniiphlogMi*
CUM und ein Roiarant fixum, awei Mittel, welche unter xwei
eatgegengesetiten nnd widentrritenden aneneimittellebriga Kate-
goriea nach achnlreohter Ansieht gehSren, msammenanfugen. Wag
■oll ieb aber dam sagen? Ich habe von Jagend anf einen gro-
ben Unglauben in Beireff der Ircilieben schulgerecbtea Theorien
bei mir vermerkt, und da kann es wol möglich sein, dab idi
bei ZnMmmenaeizoBg dieser Mittel einen argen Book geschossen-
..ogic
aber, tvie geragt, der alle Oberile wurde dadorch gnl vom Durdi-
falle befreit. Seitdem lind laaD^miahl Jahre bingegaagcn , dafs
icb diese Mediiin nicht gebraucht bebe, weil ich keine Gelegen^
heit dazD gefunden'; deon in luanehea Jahren nnd die vorkoHi-
mendeo DurchfftlEe ein in den Dämien vorwaltendes Leiden
des GesammlorgaDianiofl , oder sie sind faäirfig coHMneneller An,
oder, wenn es Uileiden des Darmkanals sind, so sind es doch
Urleiden anderer Natur, welche vielleicht licberei unter der Hetl-
gewalt des Zinks stehen: aber wo sich die wahre Gelegenheit
dai^boien , habe ich dieses Mittel immer bewKbrt gefunden. Sol-
ehe Mittel gefaraacht man xa einer ^ii hilafig, ond dano' wieder
in mancher Zeit gar nicht. Niemand kann erklären, warum die
Natur der Krankheilen so seltsam verändert ; ich halte es auch
für eine grafse Tborbeit, darüber au grübeln, denn wir werben
die Wahrheit doch nimmer erfassen.
Die Mischnng , von der icb jeixl rede , hat die Eigenschaft,
dafs sie eine in den Dftrmen als Dnrchlimf vorwaltende Afiekiion
des Gesammtorganismns , welche nnler der HeÜgewalt Hes kabi-
icben Salpeters stehet, so vermehrt, als es nnr immer ein geitMbn-
licbes Laxirmtttel ihnn wurde. Ein Darchfall, der Sj'mplom einer
nnter der Heilgewalt des Eisena stehenden Alfcküon des Gesammt-
organismns ist, wird dadurch eine Zeitlang gestUlet, denn die
Catechn bat mit dem Eisen Verwandtscbafi ; die Besserung seigt
aber keinen Bestand. Wie die Mischung sich m den Därmen
verhallen wird, wenn der Darchlauf Sympiem einer unter der
Heilgewalt des Kupfers stehenden Aäektton des Gesain mtorgants-
mos i'fl , kann ich itidit sagen , denn ich babe noch keine Gele-
genheit gehabt, dieses zu beobachten. Es gibt aoch consensuelle
Durchfälle, bei welchen jene Mischung nicht blofs nicht hilft,
sondern seihst den Durchfall verschlimmen^ Der, welcher von
Gallen-, oder Nierensteinen kerrührt, wird dadurch böser; die
Mischung kann dann aber zugleich Erkennnngsmitiel solcher, an-
weilen ganz verborgenen Fehler sein, in welchem Falle der Vor-
tbeil der Erkennlnifs des Verborgenen, den \nchiheil einer ao-
genblioktichen Verscblinunernng des con-iensuelJen Leidens weit
Qberlriffl.
Unter den Gewürzen luuls ich der Muikalennnls , Muskaten-
blüte und den Nftgelein wohllhBiig« Einwirkung auf den Darm-
kanal zugestehen. Sie sind sowol in schmerzhafter Affeklloo der
Dfirme, als im Durchlaufe wirksaJn, ohne dafs .ich ihnen eben
ansgeaeichneLe KrSfte zascbreiben kSnnle. Die Mtukatennufs
lobeint mir selbst eine wohlihBtige Einwirkung anf die Qallen-
- ni —
ging« n likbea. Sowol Nofs ali Mfite babe ieh den Venncheit
wegen in reichlicher Giibe seHivt eingenomnen , (gani genan er-
innere ieh mich der Qniiaiitit nicht mehr) nnd keine feindliche
Einuirlding auf meinen KSrper können gewahr werden, aofaer,
dats ich eine Tcockenheii des Mnndea nnd Schlundei bekam, die
Aehnliehkett mit der hatte, welche einige nnrkotiacfae Aneneien
TvmrsRchen. In meiiter Jugend habe ich gesehen , dafg durch ein
racfat altntndiachea Raminiltel (ein Kifschen von Migelein in Brannt-
wein geweiebt and auf den Magen gelegt) Magen ichmersen min-
itr wnrden und nach nnd nach rergingen, deren Gmad lehr dun-
kel war nnd welche ich damahia anf keine andere Weise heben
könnt«. Seifdem habe ich aber das Mittel oft genug anwenden
sehea, ohne da& Hälfe erfolgt \vire.
Die Kägelein haben ala Gewürz in Speisen grbrant^'t das
Unangenehme, dafa aie Aiifstofmn erregen. Dieses scheint mehr
von einem eigenen scharfen Grundstoffe, als von dein ftiherischen
Oele derselben verursacht au werden; darum ibnt man auch wol
am besten, xtini innerlichen niedisiniscben Gebranche das Oel xn
wiUen. Man mnfs es aber, wenn es wohlibSiig wirken soll,
nw in kleinen Gaben reichen. Vier bis sechs Tropfen hinrei-
chend verdünnet nnd geiheilt, ist anf vi erunds wanzig Stunden
fibergenvg. Es leistet im chronisehen Durchfalle gute Dienste,
vielleicht eben so gnte, wo nicht besaere, als Mnakatennofs nnd
Mfite. Nach dem Gebranche des Oela habe ich die Menschen
nicht über Anfatofsen klagen hören.
Laxirmittel.
Von dem gar au trtgen Stuhlgang« rubren ohne Zweifel man- ,
che Beschwerden, darum aind blofs in dieser Hinaicht solche
Mittel, welche die Bewegung der Dftrme beacbleunigen , bei Ue-
bnng unserer Konat nicht gana an inigaen. Auf das, was ich
vom Dnrchfalle gesagt, mnfs ich hier zuerst verweisen. Die
Harlleibigkeit kann eben so giit eonsensneller Art sein als der
Darchfall , und dann ist es wol am kifigaten , das Urleiden zu
heben. Laxirmittel bei Lebar-, Mils- nnd Nierenaflektion an-
haltend , oder gar zu heftig anf Einmahl gegeben , verBndern zu-
weilen die Verstopfiheit in chronischem Durchfall : darum mag
jeder wohl zusehen, sonderlich bei der Baucbwassersncht , mit
welchem Urübel er es su thun hat, ehe er ans Verordnen gebt.
Hier sprechen wir jetsi blofs von der Trägheit des Stuhlgän-
ge«, welche in dem Darm kanale selbst begründet ist. Dafs dieaer
«ine znaammenhangende R5hre sei, daran sweifelt niemand, aber
ans dieser Zu sanunenh angung folgt nicht, dala er ein einziges
Organ sei.. Der Maatdarm ist ein eigenet, mit Besonderheiten
— 282 —
miflgwttaieiM OfgRn ond der Antagooi« dea fibrign Danwk— a
Im. lo ihm liegt snweilen hiot» nai riiein die Ursache der Hart-
leibi^N , wem er nBmHch kein Gef&hl Inr den Reix dM in ihm
beniDlerBteigeaden Kotlies bat. Wie weit sieh diese TrRgheit
nbcr deo Grimmderm verbr^en kain , ISAt sich nicht beslira-
men. Mao kann aber wol vamdiben , dals , wenn der Masidarn
E^nmahl irSg in seiner Verrichtung ist, des Grimmdarm dann
Rueh nach und nach an dea Reii einer grdfieren Masse Kotb
sich gewfthnt, als er sonst wurde Miragen baban, elHM aar ver-
taehrtail wnrmfilrniigen Bewegung geprickelt tu werden.- Ein«
sitsende Lebensart , banplaSchlich das Niehtentleeren dea MaM-
darms wenn die Natur daiu nsahnet, wodurch der Uarm an das
Ertragen einer grofien Maase Koth nach und nach gewöhnt wird,
sind "Wol Ursachen solcher Fühllosigkeit. Jedoch kann dieses
Debet auch andre Ursachen haben, die ans bis jetxt varborgen
sind. Das Sitxen allein nacbt es nicht ans, denn Schnster,
Schneider, Leinweber silaen eben so viel als die Gelehrten , nnd
wenn Ich gleich anlasse, daft noler den besagten Randweriiem
manche von Hartleibigkeit Beschwerde haben mögea, so ist doch
bei weitem der gröfste Theil derselben davon frei. Unter den
Baoem, die doch sehr wenig sitien nnd schwer arbaflen, findet
man die Hartleibigkeit und das Ungemach, welches von dersel-
ben abhKngt, nicht so seilen, als mancher gro&stld lisch er Artt
es glnoben mö^t«. Die Ursachen vieler körperlichen Uebel ha-
ben die Aente von jeher offenbar mehr in ihrer Pbaniaaie ans-
geheckt, als selbige in der- Nafnr beobachtet. Es gehört mit zur
Bcbnigerecbten Ordnung, dafs über die Ursachen einer Krankheit
mufs gesprochen werden. Da man nnn die -Urseeben mancher
Uehel nicht hat «rgrnnden können, so hat man, um nicht nnge-
lehrl zn scheinen, etweldie ersonnen und viel GetchwSts davon
gemacht. Dieses Gescbwftts haben andere, die sieh für minder
klug und gelehrt hielten, naehgoplaudert , es ist von Aller n
Aller vererbt, und •» habea wir featafehende Ursachen gewisser
Uebel bekommen. Wenn man die Sacke, nicht als Gelehrter,
sondern als einfacher Beobachter nntersacbl, so bleibt mwcäen
wenig, Euweilea gar nichts Wahres an solohan Ursachen.
Wie kann man nnn diejenige Hartleibigkeit, die in einer
Gefühllosigkeit des Mastdarmes besteht, heilen? Ich weifs kei-
nen andern Ruh als Klynire; aber keine Kärap'fische, son-
dern'hiofs Klysiire von einer Kochsalzanflösnag. Znerst mufs
man die Menge Salx durch Versuche ansmiileln, die, in den
Mastdarm gespritzt, in Zeit von ungeRbr ffinf Minuten Oeflnnng
bewirkt. Ist diese Menge bestimmt, ao mi^ sich der Kranke
tSglieh gerade aar nämliehen Zeit nnri Stund« das Kljslir ein-
- tu —
ipiitssa. BiR gKusdai McKwh g«lH gswöbnfidi in ei««r be*
MiMmlea Zeit da« TagM sn SmU*} ihmi mi^ alw^ bei dem
Gekmyeb« der SaInruMrklyMira alt Beilmittel d^i- Mmdarm-
'uiffbmht der Natu ■aebubiuen. Wann man den Maaidarm eine
Zridang H einer nad der nSmiiehen Smnde sich m euleecen
geswungsa h«t, so ibni er ea binteimach aar scibigea Stande von
aalbat und obae Iwaag. Bh dem UlgliobeD Gebraudie der Sala-
Ufsti^ Mufi gewäfaaltch die Menge Salz, welche enfönglicb in
ffiof HiaateB Oe&aag bewirbt, iai Verlaafe der Zeit vermindert
wcrd^ , weil der Mnüdaria durcb die iBglieb« regelaäfaig« Eot-
leeralig aacb und amtk »eina GefTiblloaigkeit verliert, tniibin für
die Prickelaog dea Kochaaliea je Mnger je tuebr empAnglicb
wird. Mancbe Ujrpoobondrie ist nichu al» eine kranltbarM Ge-
fihlloaigkeii dea.MmidaraM, imd kann weit faeuer diir^ Salx-
klyslire als dnreh die Apeibeke gebeill werden. Der cnic Kranke,
bei dem ich diese Ileilan vor vielen Jahren mit ieai beste« Er-
folge anwaadi«, war kein byiiechoadjiBcher Gelehrter, Bondem
•in hjipochowdriecber Bauer. Dafh- dieser gro£Ms Ungemneh von
der Ventopfung haben mufsle, erhellat sehen dnraas, dafs er kq
dem /tnkan/c «ad Gebrauche der Klyslirsprilse m beratben war;
wirkliGh war er auch schon brav al^emagert da er diae« Heilart
anfing. Seiidem habe ich dieses eiafftllige Mittel manoheni Hart-
leibigen mit sehr gutem Eriolge geratben, mieh aber auch über-
«es^, dnft es nur da hilf), wo der Fehler in dem Mastdarm liegt.
Ist bingegea deiv gaase Dnimkanal zb trüge in seiner Bewegung,
so hilft das Kifirireti, ama mag es au einer bestimmten «der nnba-
stimintea Tageszeit Ibuo , gar nichts. Der Kranke bekommt in die-
sem Falle nach dem Gebrauche der Salaklystire aur etwas spar-
aamen, oft schafkeiielfthnticben Abgang; nnd wenn maa ih»
xwamig Jahre lang tfigÜdi kl;>tin«, se würde man ihn nimmer
dorcb KIjslire heilen.
Hier rnufs der ganxe Danakanal 2ar vermehrten Bewegung
geprickelt werden. Die Frage ist smi: mit welchen Mitteln! Es
Ififci sich darüber \m der Tfaat keine solch allgemein gültige Re-
gel aafsieUen, dafe asaa aitfbt Ansnafamen iMgeban miifate. Man-
chen alle» Lernen, welche übrigens regelmRfsig OeSirang haben,
bleibt diese zuweilen aus, nnd dabei befinden sie sich, wo nicht
gecade krank, doch unlnstig. Wenn selbige Leute Laxirpillen
sahmea, nad swar solche, welche den Namen eines Arztes, oder
einer Siadt führen, so moft niaa sie in Frieden dabei lassen.
Von den Laxirmitteln aus dem Pfianzenreicbe vertrügt der eine
dieses, der andere jeues besser, da« Gutvertragen heifst nichts
andres, als dafs das Mittel Abgang macht, ohne eigeMliche
Dönnleibigkeit, ahne Bauehkneipen und ohne andere widrige
Baocfagef&Ue. Sa gcttraoebt der Eine eiaen Anfgois voo Sddnes-
— W4 —
blättern, der Andte du Polper, der Qriite asft, bride madiMt
ihm BanchichmerEen nad er könne aicb mit ein wenig Jalappe- bee-
ler helfen. Auch die -Coloqeinte, ob aie gleich den Nanea «iaea
draaiiacben Purgirmiitels hat, l»nn man reclrt gat bei eilidien KSr*'
pem all erfiffnende« Mittel gebraücheo; man gebe nnr die Tii^-
tnr tropfenweiae, ao läfat aicfa bald finden, wie riel Jemand ntttbrig
hat, am gamSdiliche Oeffnung in bekommen. Man kann manchen
Menschen mit füofsebn oder xwanaig Tropfen beaaer aod ge-
laäcfaliefaer Oeffnang machen ala mit berühmten Lesirpillen.
In Ffillen , wo die Trägheit dea Stnhigangea Uefa ron Ge-
fuhlloiigkeit des Grimradarmea abhängt, achaffeo weder Klyatiie
noch Laxirulie Hälfe, aber wol Coio4]aintentinktar in kleinen
Gaben gereicht; aie bewirkt breiigen Abgang aod xngleicb gehen
die in den Taachen dea Grimmdarmea eingepferchten harten Koih-
klumpen weg, mit grolaer ErJeichlemng des Betbeiliglen. Die
Erkenntnifs einer aolcheo Gefähllosigkeit dea Griuindamies (wel-
che überhaupt nicht oft vorkommt) ist nicht immer leldit; wenn
La\iraalxe fiüasige OeSnang ohne Erleichterung bewirken und
Klyatire nutzloa gegeben werden , ao läfst dieaea einen stachen
Zualand des Grimmdarmea TOmmthen (voraasgeietin dafa niclit eiti
weit grofaere« Uebel, eine Verengnng des Darmkanala, im Spiele
iat). So viel ich mich erinnere, habe ich nur zwei Fälle beban-
delt, in denen die Erkenntnifs handgreiflich war, und zwar
bei einer der Niederkunft ganz nahen Frau nnd bei einem erwach-
senen recht kräftigen Mädchen. In beiden War -das Colon tratu-
vtrtum wo ungeheuer durch Koib ansgedehnt, dllTs ich bs wie
eine dicke, harte, runde Wulst deutlich fBblen konnte. Selbst
die Beiheiligten and ihre Freunde fühlten es , weil sie aber nicht
wnfsien, was ea war, ao hielten aie es für eine widernatürliche,
verditchtige Verbärtang im Bauche. Die begleitenden Znflille wa-
ren: ein Gefühl von Spannung im Bauche, Beängstigung, rolhes
aufgetriebenes Geaicht, rermehrte Wärme und lebhaftes Fieber.
Nachdem ich durch Coloquinteminklnr eine grofae Menge. Terfafir-
teien Koih weggeichafiit, verschwand daa Fieber gleich mit den
nnderen Zufällen, znm Beweiae dafs das ganze Uebelbefinden ein-
zig durch die unnatürliche Ausdehnung des Grimmdarmes bewirkt
war.
Wie gesagt , die Fälle , wo man , ohne Einbildnng zu sein,
die Tragheil des Stuhlganges auf RecfanuDg einer Gefühllosigkeit
dea Grimmdarmes schreiben darf, kommen wenig in der Praxis
vor. Im Allgemeinen kann man annehmen, dafs, wenn Klysiire
keine erleichternde Oefionng verschaffen, der Grund in einer Träg-
heit des ganzen Darmkanala liegt, und in solchen Fällen sind
Laxiraalze, anliaitend gebraucht, wahre Heilmittel.
Wer dieafl als etötfoende Mittel gebraucht, der bedarf auRütg-
— 225 -
lidi Tielleieht «iner sismlichan Menge; wenn er sich aber tüglicfa
dsraelfaea bedleor, wird er die Gabe je iBnger Je mcbr Terniiodem
nüuen. Glanber- und Seignetsalx sind die beiden einzigen Salze,
die ieh den anhaltend Terstopfien und hartletbi^n Menschen rathe.
Enterea wif^ stBrke'r als L«lzleres; aber aus der stärkeren oder
sehwfiefaeren laxireuden Eigenschaft ISfit sich nicht gat erlilären,
wanw einigen das Glauber-, andern das Seigneisalz besser be-
kommt. Die Hanptsache ist, dalit diese Salze in genügsamem
Wnsser aorgelöset werden. Ein Pfand Wasser ist das wenigste,
worin «ine Unze Salz mofs anfgeldst sein. Will man mehr Wai-
ser nehmen, so ist es auch gut; weniger mofs M nar nicht sein,
denn die lazireode Kraft des Saliw wird durch du Waiuer Ter-
■Iftrkt
Wie viel nun jemand nßthig habe, um sich tfiglich den Leib
oBen zu erballen, das mufs er selbst erproben. Er kann z. B.
anfangen, alle zwei Standen eine Theelasse, oder ein Weinglas
Toll za Irinken, bis er merkt, dafs Oeffnung erfolgt, oder bis er
die erste Anmahnung zum Stuhlgänge spart; nun mufs er mit Trin-
ken für den Tag einhalten. In Zeit von etlichen Tagen wird er
es schon ausgemitielt haben, wie viel er bedarf, um Oeffnung
tüglich zu behalten. Wer sich mit dem Salzwasser will Oeff-
nung erhalten, thut am besten, es vormittags zu gebraachen ;
jedoch habe ich auch bemerkt, dafs einige Menschen sieb gut be-
finden, wenn sie abends beim Schlafen gehen einen Schlack
davon zu sich nehmen; dies macht ihnen am andern Morgen
Oeffoang, ohne sie nachts aus dem Bette zu Ueiben. Durch
den anhaltenden Gebrauch der genannten Salze kann man nicht
Uofs die Darmbewegung täglich beschleunigen , sondern dieser
Fehler der Bewegnog so heben, dafs nach und nach immer wen-
iger und weniger Salx nöthig wird, bis endlich Oeffnung ohne
Salzwasser erfolgt.
Anfser dem Glanber- und Seignetsalze habe idi bis jetzt kein
anderes Salz za dem besagten Zwecke versucht ; andere werden
aber auch wol die nttmlichen Dienste leisten. Manche derselben
bat rann, da sie zuerst in die Medizin eingeführt sind', wo nicht
wie Giauber das Seine, zu Wundersalzen gemacht, aber ihnen
doch so viel Gutes nachgerühmt, dafs, wenn ich auch ihre allhei-
lende, doch nicht wol ihre abführende Krfifte bezweiffen darf.
Jetzt will ich noch von der Kothkolik ein Wort sagen. Diese
mufs wol selten sein , denn ich habe sie , so lange ieh Artt bin,
nar bvi drei Menschen beobachtet. Zwei derselben waren Lento
in minnliehen Jahren, die, an regelmafsigen Sfnhigang gewdhnt,
in etlichen Tagen keine Oeffnung gehabt hatten. Bei beiden war
der SduaiKs itirk, das Fieber lebhaft, aber sie erbnidien sich
— 2M —
nicht. Ich wollte ihneo mit krampfeiilteodeo Mitteln die Kolik
beben, es giii|; nicht; da ich sie ein paar Tage vfi^ebaoa Arte-
oei baue verschlacken lassen, kam ich auf den verstSndigen Ein-
fall, ihnen eUi Abfüfarungsmiitel ui geben. Sie wurden dadnreh
eine grofse Menge verhfirtelen Kolhea qailt, und aur Stund« war
der Banchschiiierz verschwunden.
Es Ist wirklich eine eigene, bedenkliche Sache, Loxirmlitel
in solche schmerzlich atirgeregle OSrme za schicken. Wenn, man
es vermeiden kann , so vermeide man es ja. Mancher mSchte nicht
gestorben sein, hSlte man ihm nicht mit LaxirmiKeln ziigeaelzt.
ha, wo uns gesagt wird, vor der Kolik sei schon Verstopfung
vorhanden gewesen, da ist es wahrscheinlich, dafs eine Ansamm-
lung von Koth die materielle, oder mechanische Ursache der
Bauchschmerzen sei; und es wird wol verständig sein, diese ma-
terielle und mechanische Ursache %a enifernen. Ganz sicher ist
man aber anch in diesem Falle noch nicht, den Kranken zn hei-
len; denn wenn er gleich mehre Tage vor der Kolik verstopft
gewesen, so kann man noch nicht mit Sicherheit daraus folgern,
dafs eine Ansammlung von Koth die Ursache der Kolik sei, son-
dern diese kann von andern unbekannten nnd dem Arate nner-
gründbaren Ursachen herrühren. Dem eiin/igen Kranken, der je
unter meiner Behandlung an der Kolik gestorben ist, habe ich,
fufsend'auf seine Aussage in Betreff der vorhergegangenen Ver-
stopfung, ein Laxirmiitel gegeben.
Kennt man die besondere Natur des Kranken, so kann man
weit sicherer zu Werke gehen. So bekam z. B. Einer von den
beiden, welche ich, wie eben erzAhlt, durch Laxirmittel von der
Kolik befreit, viele Jahre nachher Hbermahls dieses Uebel. leh
war in' dieser langen Zwischenzeit bei allen vorkommenden Krank-
heitsfullen sein Arzt gewesen, ich kannte die Eigenheiten seines
KSrpers , wiifsle, dafs er, täglich regelmäfsig zu Stuhle gehend,
mehrlagige Verstopfung nicht leiden konnte. Jetzt hielt ich mich
nicht bei schmerz- und krampfstillenden Mitlein auf, sondern gab
ihm ein schnell durchschlagendes Laxans von einer Abkochung
einer halben (Jnze Sennesblätter mit einem Zusätze von zwei Un-
zen Glaubersalz. Da der Trank acfat Unzen betrug und ich stünd-
lich eine kleine halbe Tbeetasse nehmen llefs, so erfolgte die
Oeffnung gar bald und dir Kolik war gehoben.
Einige Menschen können mehrtägige Verstopfungen ertragen,
andre nicht. Es ist schwer, oder vielmehr gar nicht zn aageo,
warum der eine vom angesammelieo Darmkothe Fieber mit Sei-
lenstvchen, der andre Rückenschmerz und der dritte Kolik be-
kommt.
Icl) babe ntich bis jetzt noch nicht in' der Notbwendigkeit
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- 227 -
bafiiB^en, MetRlIbnpln, ') oder metatlbchei Qaecksilber aU erÖff-
nande Mittel anKuwenden, glanbe aber, dafi da« inMalliiche Qoeck-
iritber ein gar f^ats" Mirtel ist. In iblchen FSlI«n , wo ich zweifel-
haft wäre, ob Laxirmittal dienlich leiit mBchten, würde ich ohne
Bedenkea metaDiBches Quecksilber geben. So viel ich die Sache
einsehe, ist ea blofa der Reii seiner Schwere und seiner Beweg-
tichkeit, welcher den Motum perüta/licum vermehrt; und in wel-
chen flUlen kSnnle dieser so einfache, Entsündung gewifs nim-
mer veninachende Keis schaden! —
Dafs das vencblackte metallische Qaecksilbef früher, odet
apner nad mitunter sehr schnell durch den Stuhlgang entleert
werde, dafür sprechen die Reobachtnngen der Aerzte, welche es
im Ifeua gebraucht. Wie et aber seine Reise durch den Darm-
kaoal nnacht, das weifs ich nicht gat xn erklären, am weolgsien,
wie es das Calon ateendeiu binanfklimml. Ich habe starke Yer-
mmbong, dafs wir bei aller nnserer heutigen physiologischen
Weisheit noch nicht etnmahl das, wie uns bedünkt, fast hand-
greifliche Treibwerk des Darukanals kennen. **)
Bei dem mit Verstopfung und Erbrechen rerbundeneh Bauch-
weh kann ich nicht mir Besiimnuheit behaupten, je das Ausbre-
chen des Darmktrihes erlebt xn haben. Vor ungefähr acht aod
dreifsig Jahren bin ich aber einmabl gelegentlich von einem Dorf-
pastor XU einem armen .Manne gebracht worden, der angeblich
vienehn Tage (so viel ich mich nämlich jeixt noch der Zahl der
*) flnr. ah Hern »»gl, niebdem er vod der gako Wirkang in naUUUek«!
Qseekatlbcn In f/mi ^«(procbcs .■ ntat alH in hoe raiH eurtat , argtmtemt,
mal ttimm, »i Uta ifinl, ptamieat pra*ecH6aKl. (Obi. 3. M, 1.) i» mUwI
Sebrat Jit MioB leses ita il*a* Mit GlSak gebrucbt, Zaeutut Latitanu»
(Ob: S4. la. 3. Prwt. admiramd.) hat eiaen HaaD, dar dnrch nbcmliriigcB Ga-
nari rober Kailauiaa den tltat faekanmeB , drcibig ScfarolkSratr ia iwei Ga-
Wd TerKktnckeü laiaca and Ika dadnrch prbeilt. Er an[t aber wol felnCB
Schrat , dar bei dea Jigara Dnait helftt , gabraacbt haben , dena er aeanl ihn
parva» fibUai phu^itat , faibmt »elftariS ad nfeamdoi paiierti tittintmr.
Biae aaltaane Knr daa Ilmt ladet Ban hei Jmalai LatiUmnt , der ISfat den
Kranken mit einen Blaiabalsa Lnft in den After blaacn {FalUm fabrilem ano
tmdldimv* et es flatnm in tenirtm immiiimui) , nooiitlelbar daranf ein er-
weicbendra , Bit Traeh. alhand. geniaehtea Rlyalir einapriliaa ; ea erfolgt
Oeffaeni nnd dar Kranke lat gereitet. — Drapraaglieh ilamnt dieaea Ranal-
itäi'k wol van BipfpiraUt oier voa Polgiai, Ctf>>;ia>r«f. Werke hher-
aatil taa Grimm, reridirt van Lilitnhaln 2. B. ft. 9 aad 10.
~) Dar« daa melalliacbe Queckailber «ehr icbDcll den Damkaaal darchlaohn
kSnne , 4aFEr ipricbt folgende SirShlnag dei Hear. ab fiten (obt. tib. l) ;
Viammt Aadte malU, fut aoraml etatariontm maa IIa fridtm mtrtma» , eni
tarn frinttf* eaatauttabnadat ia media eompelaHama rltam eapient teHbram
argeati cisi ■■ eapael pocula viao pleno frefinaadam earanel, Ipte, ob-
dKtle amytUde tau , fraeUHlibui omnibut (neque talm adhae fett b&en*
faftT« peleral) atgut in eachinnot tffutll, larfiuimt tl eam feenar» pridl-
anat eeema» ftr sshm hattxit rtddidtt.' .
Tage erinnere , den» metne Memorienblllter sind io der letzten
Kriegeszeil zum Theü Terachleppt) am J/em» gelitten, nod bU da-
hin, weil er kein Geld hatt«, ohne Kraillehe Hülfe geblieben war.
Dieser behauptete, er breche Koth aus, seine Ehefrau nnd der
Pastor sagten es euch. Da der PastM es aber nur vom HSren-
lagen halte nnd ich es nicht selbst gesehen, so kann man es
glauben, und man kann es auch nicht glanben. Der Kranke sah
erstaunlich mager and epUtellt aus, sein Puls war beschleunigt
und klein, der Bauchschmerz angeblich grofs, das Erbrechen er-
folgte aber nicht anders, als wenn er Speise und GetiSnk m sich
nahm (so lange ich in der Hütte war, hat er si^ nicht erbro-
chen). A.US der Dauer des Uebels scblofs ich, dafs die Ursache
desselben uamögliGb Darmentzündung sein kSnne, und trug also
kein Bedenken, ihm Jalappenpulver mit veraüfslem Quecksilber
SU geben. Die Frage war nun, wie dieses Laxirmiltel ror dem
Ausbrechen .^u schützen sei. Ich hatte schon bei der epidemi-
schen rothen Rohr, bei der das Erbrechen häufig war, hinsicht-
lich dieses lästigen Zufalles allerlei Listen gelernt. So wnbte
ich schon, dafs, wenn man beim Erbrechen Arzenei in die Därme
bringen will, man diese in Pillenform geben, und die Pillen
tüchtig austrocknen mufs, damit sie -nicht in dem Magen, sondern
erst in den Därmen schmelzen. Zergehen sie in dem Magen , so
priklen sie dieses bis zum höchsten Grade der Heizbarkeit gesteigerte .
Organ und werden zor Stunde ausgeworfen. Ich liefs also Jalappe
und versüfstes Quecksilber zu Pillen machen, selbige gut aus-
trocknen, in Gerstenschteim tanken, dafs sie. schlüpferig wurden,
und sie so hinunterschlingen ohne darauf zu trinken. Hätte der
Mann darauf getrunken, so würde er sie, weil er alles Getränk
ausbrechen mufsle, mit dem Getränke wieder ansgespien haben;
so blieben .sie in dem M&gen, gingen in die DNrme und brachten
Oeffnung hervor. Das ganze Uebel, welches wahrscheinlich blofs
Ten einer Ansammlung von Koth entstanden nnd aus Mangel an
Hülfe anf diesen Grad gesteigert wat-, wurde dadurch anf Einmahl
gehoben. Da ich die erwünschte Wirkung der verordneten Mittel
aus dem Berichte der Ehefrau des Kranken vernommen, so war
ich neugierig, den Mann von allen seinen Leiden befreit zu se-
hen. In meiner jugendliehen Unerfahren heil glaubte ich, ich wür-
de ihn zwar noch wol etwas malt, aber übrigens froh and lebens-
lustig antreffen. Acht wie wurde ich enttäuscht. Frei von Bre-
chen und Schmers war er wol, aber übrigens ein Gerippe, sein
Puls, wie der eines Schwindsüchtigen, die Fulse bis über die
KnScfael geschwollen, die Efalust geringe. Die genossenen Speisen
die anch nicht die luftigsten sein mochten, machten ihm Drücken
und Aufstofsen, er mnfste abwechselnd das Bett Sachen, so dafs
er, alles zusammengerechnet, nicht die Hälfte des Tages anfser
— ssu —
dam Bmm Min boaDte, Ich lieib ihm, er tolle eine gale HmnA
yM bitterea Dreiblatt (MemyaMkn tr\foiiataJ tSchtig anakochea
(disaes wiofast faief in Ueberflnfs uod kostet nichts), mit dieser
AbkoofauDg eine Hand toÜ zerklopfte Waohholderbeeran ein paar
Standen lang auuieben lassen und den T^ank täglich nach und
nadi versehren. Ich glaube aoch noch jetzt, dala dieaei der beste
und wohlfeilste Rath war, den man einem armen Manne nach
mich äbeffatandenam Siraalse geben konnte.
Von den Würmern müfate ich jetzt auch wol reden. Es wird
sich aber in der Folge eine weit aehicklicbere Gelegenbeii' dar-
bieten, von der Vertilgung dieses Cngeziefers ein Wort zu sagen;
damin will icb jetzt nur derselben ini Vorbeigehen erwähnen.
Behaupten zn woUon, man brauche nie bei Uebuag der Kunst
auf Eiageweidewurmer besonders Rücksicht zn nehmen, diese ver-
schwinden, als Eigeotbümlichkeit der Kindheit, bei reifereni Al-
ter von selbst, scheint mir uheririeben und der Wahrheit wider-
i^recbeod zu sein; aber allemhalben Warmer au wittern, und bei
soleben akuten' Krankheiten, deren Nalnr weder abrührende Mittel,
noch Quecksilber verträgt, diese Mittel zn reichen, um durch ei-
nen Crews] tsireich die Schmarotzer zu entfernen und sich einen
vevmeinllich sicheren Weg znr Heilung zu bahnen, scheint mir
eben so evfafarungswidrig ; ja ich glaube wirklich-, dafs dnroh un-
weises Wnrmtreiben mehr Kinder umgekommen sind als durch
die Würmer selbst. loh finde, dafs bei akuten Krankheiten den Kin-
dern die Wfirmer mebrentheils von s^bst abgehen. Ob dieaes
doreh die Mittel kommt, welche ich reiche, od«r ob es blofs Znfail
ist, weib ich nicht. Ich habe schon seit fast d reif gig Jahren allen Sy-
Tup aus der Medizin verbannet. Wenn es also wahr ist, dafs Sjrup
den Würmern zn wider ist,' (sonst hat man wol das Gegentheil für
wahr gebalten) so kam ich eben nicht denken, dafs bei meinen Kran-
ken die Wnnner durch den Syrap vertrieben werden. Ferner bediene
ich mich häufig solcher Mittel, die, wenn sie in der Gabe, wie
man sie in akuten Krankheiten reicht, gesunden Kindern, deren
Därme doch mit Speisebrei und Koifa erfället sind, gegeben wnr_
den, wahrscheinlich keine Würmer trieben , in dem leeren Darm-
ksnal kranker Kinder den Würmern gar wol zuwider sein kdn-
nen. Bei dem Gehrauche folgender Mittel bähe icb in akuten
Krankheiten nicht ein oder ein paarmahl, sondern häufig, mehr
oder minder Würmer abgehen sehen: Agua Nucü vomicae, Aq.
Quatiiae^ Aq. Amygdal. mmar. , Aq. NicoNanae , ArgailuM cklo-
räucKm, Caprum aceliaim, Ferrum aeeticuMt und Campher. Einst,
da der Campher bei einer herrschenden Krankheit sehr gute Dien-
ste leistete, trieb er in einem Hause, worin mehre Kinder er-
krankt waren , diesen zugleich gar trefilich die Würmer weg.
Die Haaafraii, welche sehr verständig war nnd der diese Wurm.
— — "s'^'
— 230 —
rsnilgang g^el> wollte, angeAhr zwei Jahre BBchdsm, 4ea nlm-
lichea VersDch bei ihren Kindern anstellen, die nan nicht an ei-
nem akuten Fieber krank lagen. Der Versuch geschah mit mi-
ner Zustimmaog und die Arxenei war gerade wie früher,' si« be-
stand aas Wasser, arabischem Gnmmi und Canpber. Die Wür-
mer waren al>er dieses Mahl nicht «o gefSIlig, von den Kindeis
SU weichen.
Die Wurmmittel halte ich allesamint für onaicber, anfser Ku-
pfer, Aloe und Oel, letsteres in grofter Menge. Das harKige Ex-
trakt des SeM. Cirae bat mir in neaer Zeit auch gute Dienate
gegen Spulwürmer geleistet.
Die Askariden habe ich nie ohne Aloe verlreihen können.
Diese Maden müssen ein zähes Leben haben, weder Qaecksilb«r
noch Kupfer tödtet sie. Die AlÖa vvrtreibt sie, sie köanen der
Wirkung derselben nicht widerstehn, werden aber nicht durch
selbige getödtet. Man nimmt gewöhnlich an, dafa sie ihre Wob-
nnng im Mast- und Grimmdarme haben. Vor Tiercig Jahren ha-
be ich ein MSdchen an der Ruhr bebandelt, die eine grufu Menge
Maden ausbrach; ich habe mich mit eigenen Augen daron über-
seugt. In hiesiger Stadt war einst ein erwachsenes Mädchen,
welches behauptete, die Maden kröchen ihr xnm Munde und snr
\ase heraus; die Mutter bestfiiigia diese Aussage durch Augen-
zeugnifi«, ich seibat habe es nicht gesehen. Es scheint aber doch,
dafs die Maden hinsichtlich ihres WohaorlM nicht sehr wfihliscfa
sind. Ich kannte einst ein Madcheo, der sie in der Mnlterscbeide
steckten ; ob sie als eine vom Muiterlande gesonderte Kolonie
sich in der Scheide oiedergelaasen, oder ob sie als blofsea Wan-
dervolk selbige durcEistreifien , kann ich nicht bestimmt sagen;
letzteres ist mir aber um defswillen wabracheiiilicb , weil ich von
dem Muiterscheiden - und Scham] ippenleiden weiter nichts mehr
gehört habe, seit durch Knpfer und Aloe die Madenwelt in den
Därmen zerstört war.
Nnn stelle ich eiue besondere Frage auf, oämlich; wie kann
man die im Magen hausenden Spulwürmer erkennen? Der Ma-
gen ist bekanntlich ihre Wohnung nicht; sie steigen, «er weife,
ans Notb, oder ans MuibwiUen hinein, und treiben hier nicht sel-
ten allerlei Unfug, wodurch denn bei akuten Fiebern die Kran*
ken eine solch furchtbare Beängstigung bekommen, dafs sie glau-
ben, ihre letxte Stunde sei nahe. Es wäre wo] gn), *dafs man in
solchen Fällen die Spulwürmer als Ursache der Beängstigong er-
kennen könnte; ich weifs aber wirklich keine Zeichen anzugelien,
aus welchen man auf eine solche Ursache mit Wahrscheinlichkeit
sehliefsen könnte. Durch ein Brechmittel könnte man sich Ge-
^rifaheit Tcrschaffen ; aber da ist wieder ein grofses Bedenken,
niimlicb, die Beängstigung, die von unruhigen Sputwünnern, durch
— Ml -
ihn EiBwirkuBg eatweder auf Ana M*g«n , oJer auf den oberen
Thai] des ZwölffiBgerdarnis herrorgebracht wird, hat, wenn si«
siBfls hoben GnA erreicht, die gp&iate Aehnliohkeit , wo aiclit
-GleidifaMt, mit einer anderen BeSn j;ettgnii^ , welche ron iet an-
faageaden IMmang das JP/emm» eoe/iaci herrSbrt, io welcher
letsiwwn ein Brechmittel tidiJiebm Gift in. Ich g«be freilieh m,
daf« die anfangende LHhmung de« Plextu coe/iaei aU Zufall ei-
aer Krankheit ftufsant Balten Torkomme (ich habe sie nnr swei-
mahl erlebt), meial am Ende aknter und chronischer Krankheiten
der Tod selhu aei , nnd aw»r der , den der gemein« Mann den
schweren Tod nennt. Aber Je seltener ein solch itbet zn erken-
nender K ra nkh ei tsKU Bland ist, bei dem ancb d» all erverst&nd igst e,
aber nnerfahrne Arsl leicht einen t&diÜchen Mifsgrilf machen
kann, nm so mehr ist es Päichl, nnertüfsliche Pflicht des schrei-
bendeo Arnes, anf aelcbe verhoi^ene Klippen die Unerfahmen
anfnMriuam zu maehao. Ich ratbe jedem, wenn er xweifelhaft
ist, ob Würmer die Ursache solcher grofsen Beffngsiigong Bjnd,
deren Sita der Kranke selbst in der Hercgrahe andeutet, ich raibe
ihm, sich der Urechmillel zn enthalten and lieber die mnihmafa-
lioben Wärmer im Magen zn tddien; denn sind sie tadt, so kön-
nen sie kein Unheil mehr anrichten.
Alle Spulwürmer machen aber im Magen keine. Beäagsiignng;
einige verballen sich rohig, steigen früher oder später sluberlich
die Speiser&bre fainanf, der Kranke fühlt ein Kilieln und Bewe-
gen ins Schlund« , greift mit den Fingern bin , und xieht den
Wurm aus dem Halae. Aber die Wünner, welch« BeSngstigaog
machen, bah« ich noch nie so sftnberlich ans dem Halse klimmen
sehen; si« werden, wenn sie es zu arg im Magen treiben, von
diaaem dnreb Erbrechen ausgeworfen. Gewöhnlich sieht man,
dafs nur «ioer, oder ein paar die Ursache grofaer Beängaligung
gewesen sind. Einen etwas seltenen Fall der An habe ich vor
mehren Jahren erlebt. Ein Dienstmädchen, das eine DreifsigeriDti
sein mochte, wurde von der berrst^enden Ruhr ergriffen, und litt
am ersten Tage, besondrrii gegen Abend, solch furchtbar« Be-
ingstigong, dnfs ihr« 'Herrschaft mich hat, sie in dieser .\otb noch
abends selbst ZU sehen, ob ich vielleicht Rath fünde gegen solch
grofsea Leid. Als ich hinkam, hatte sie eben einen langen Wurm
mit grofsar Mühe und vielem Würgen zu Tage gebracht; die Be-
ängstigung war aber um kein Haar besser durch diese Entleerung
gnworden. Ich uriheilte, dafs wahrscheinlich noch einer, oder
ein paar Würmer im Magen stecken machten, und gab, um sie.
zn entleeren, einen Skrupel Brecbwur.el. Dieses Mittel bewirkte
sin hei einer Stund«, mit weniger Zwischenruhe, anhaltende)« Er-
brechen, durch w^hea nach und nach siebzehn grofse Spulwürmer
«u Tage gefördert wurden. Nun war die Beängsiigung gehohen.
— ä» —
Vom WummibcD habe ich einnahl eiiMB «ehi wundediehcit
Fall erlebt. Zu der Zeit, da uns die Fransosen Twlawen und
wir obahenig waren, wo, wie leicht lu erachten, all«riei Lnnd-
itreieher und luftiges Gesindel weit freier sein Weien tri«b als
bei einer beslehendeo Ordnung, tritt ein Olitälaalutbner , int nn-
garischea Wamse, seinen ArMneikasten anf dem Rücken, lu
eiuem ehnamea Bürger ins Hans nitd überredet diesen , der .mit
Spulwürmern geplagt war, die er bis dahin von Zeit xu Zeit durch
Knoblauch, oder andere Hausmittel au en (fernen gesucht, er solle
eiomahl seine Wurmmittel gebrauchen , selbige wnrden ihn gründ-
lich TOD seinen lustigen GSsten befreien. Er gibt ihm Wurmmit-
tel, welche sieben Tage hinter einander gebranoht werden miis-
■en, dann nimmt er, angeblieh, ein Laxirpulver aus dem Ka-
sten, schabet toq einer Snbstanz, die die Farbe der Muskaten-
nnfi gebäht haben soll, ein wenig mit den Messer ah, Toiscbet
das Schabsei mit dem Laxirpulver und heifst ihn, diesen Gemisch
den achten Tag nehmen.
Mit den Wurmmittel, erafthlte der Mann, sei alles goi ge-
gangen, auber dafs es keine Würmer abgetrieben; da der achte
xnm Laxiren bestimmte Tag gerade ein Sonntag gewesen, habe
er das Laxirpulver in dem Aogenblicke genommen, als er nr
Messe gegangen, denn er habe geglaubt, in der kurzen ^it,
welche eine kleine Messe wühre, wurde das Pulver doch seine
laxirende Wirkung nicht BulseTn.
Die Wohnung des Mannes liegt faat der Kirche gegenüber;
als er aber nahe bei der Kirche ist, fühlt er schon eine Umwftl-
Kung in seinem Bauche und ein solch seltsames Ergriffensein sei-
nes ganzen Wesens, dafs er augenblicklieb nach Hause zurück-
kehrt; wie er aber nach Hause gekommen sei, behaupteter, nur
ntideatlich selbst xu wissen. Kaum -hier angekommen , wird er
von einem furchtbaren Erbrechen und Purgiren ergriffen und ge-
räth in einen halb besinnungslosen Zustand. Die Ehefrau, heftig
erschrecken, schickt zum Geistlichen und zu mir; da ich aber
gerade in der Stadt die Kranken hesnchie, hatte der Sendling,
der nicht wufste, in welchen Häusern ich zu thun halte, und der
meiner Spur durch blofses Nachfragen in den StraCsen und Häu-
sera gefolgt war, mich erst spät gefunden, so dafs ich fast drei
Viertel bis eine ganze Stunde nach dem ersten Auftritte den Kran-
ken XU sehen bekam.
Der Anblick desselben war merkwürdig. Die Farbe seines
Gesichts, der Zunge, der Hände und der Theile des Korpers,
welche ich ohne ihn zn entkleiden sehen konnte, war bläulich. Den
Puls konnte iiA nicht fühlen. Besinnung hatte der Kranke noch
so halb und halb; er vermochte ja und nein su sagen; das war
aber auch alles, was ich ans ihm brachte.
— ISS —
AU« UnMSnde wohl erwogen, war es mir wabm^einlkli,
d«&t der Lsaditreicber dem Muin« Operanot unter daa LaxirpuU
ver gemengt. Da et aber, wegen des gleich nach dem Einneh-
men erfolgten heftigen Brecbetu aad Pnigirent nicht blofg wahr-
icheinliefa, Modem fast gewifa war, dafa der Mann daa rer-
■cbluckie Gift, ea mochte auch ■«!■, welohea es wollte, wieder
von lieh gegeben , und er aich in ^a besten Jahren des Menacben-
leheos, awisdhen dreifiig and viertig, befand: ao hielt ich ea für
puHi über^asig, ihm viele Arzenei so veraehreiben , sondern
li^ ^m nur alle halbe. Stunden fünfzehn Tropfen Hoffmaonischen
Liquor mit Wasser rermiscfat reichen. Anderthalb Standen nadi-
hw sah ich ihn wieder; nun konnte ich den sehr matten Puls
fühle«; er schlag regelm&fsig und ein wenig geschwinder als im
Nomolstaode. Die bifinliche Farbe der Haut war verschwunden,
(ein Geislesxaxiand aber noch gar nicht verftndert, er war, wie
vorhin, theilaabmlos für alles, was nn^ ihn vorging. Gegen
Abend sah ich ihn noch einmahl . und fand de« ganzen Zustand
meridicb verfindevt, die vollkommne Bekinnnng war surSckgekebrt.
Da er aber über ein Gefilhl von grolser Mattigkeit klagte (wel-
ches wo) nicht m verwundern ) , so durfte ich ihn nicht mit Fra-
gen ermüden. Am folgenden Tag« war er «war auch noch matt,
aber doeb sjemtich heiter und übrigens nicht krank. Jetat ersSblte
er mir nnanlgefodert sein Abenteuer gerade- so, wie es der Leser
von mir vernommen and wie ioh es anch anßinglicb von seiner
Ehefrau .gehört. Neugierig war* ich , über seine Geftihle in dem
halbbosinaangalosen Zustande einige Auskunft au eriialien; er
sagte mir aber, es sei ihm so seltsam so Muihe gewesen, dafs er es
für nnniSglich halte, etwas davon nacfasaers&hlen. Alles, was
er sogen könne, lasse sich anf xwei Hanplstücke xnrfickführen :
das ente sei, der feste Gedanke, er mBsse sterben, ohne dafs
er eben sagen könne, einige Furcht vor dem Tode empfunden
so haben, und das zweite sei, ein ungeheures Geräusch und To-
ben im Kopfe, welches er am bested mit swei Mühlenwasserrli-
dera vergleichen könne, die sieh in seinem Kopfe nmgewHlat.
CebrigeDS erinnere er sich dessen, was um ihn vorgegnngen , nur
wie eines ganz dunklen Traumes. Zom Schlüsse mufi ich noch
bemerken, dafs durch daa anf|pgliche heftige Brechen nnd Pui^
giren eine gute Menge Spalwümer von ihm gegangen war.
Nno will ich, da ich doch einmahl von den Dfirmen rede,
auch ein Wort von der VerhKrtnng des Mastdarmes sagen. Mei-
ner Kunst ist dieses Uebel unheilbar; da ich aber schon etliche
Mahle erlebt, dafs junge Aerxte ein seltsames und ungeschlach-
tes Urtbeil über selbiges gefället, und sich in den Augen der
Meosdiea lächerlich gemacht haben fob ihre Meister auf der Hoch-
schale ihnwi wirklich nichts davon getagt, oder ob sie da« Ge-
_ 134 —
ugte vei^«suD haben, knati ich Diebt wisMO, 4m LelM« iat
mir alwr am glanblicbaien ) : ao will ich, blofi ibnen cu Lietw,
■af die grofse Schwi«rigkeit der Erkeooinifs iHid Rnf <ft« noch
gröfsere der Heilung dieses klXglich«ti Uebels HDfiiierksatn niacben.
loh habe es, so lange ich praktischer Ant bin, nur echtmahl
gesehen, also mnfs es zum Glücke der Menscbheil etwas sehen
sein.*) In Einem Falle fing es Ssfierlich am After an und die
VerhBrtnng verbreilete sich nach innen. Hier war anfUnglich
ein Schmers, als ob der Kranke an HHmorrhoidalknolen liite,
auch halte die Verhärtung Tollkommen das Ansehen eines solchen
Knotens, war aber knorpelhart, von der GrSlse eines Knickers
nnd entsündel. Hier wltre das Ansschneiden der VerhHrliing , das
man heut la Tage Torgeschlsgen , niSglich , und^ so viel ich be-
greife, ohne grofse Schwierigkeit anwendbar gewesen. Der <Ve-
dicochinir^Hs aber, dem sich der Mann anvertrante , ist nicht aitf
diesen Gedanken gekommen.
In den andern Fsllen fing das Uebel in dem Inneren des Mast-
darmes an, und weil bier*nm ersten Tänschnng in der Krkennt-
nifs und ein nnweises Unheil Siatt finden kann, so will ich" den
Anfang und Fortgang desselben knrs und genan besehreihen.
Ex RtBgt, nach Aussage der Kranken, gann leise an, ao, daf«
auch der erfahrenste Ant in der ersten Entstehung es für einen
geringen mit etwas wenigem Stnhiswange verbandenen Uiirchfall
halten sollte. Dieter länschenHe Anfang geht nach nnd nach,
friiber oder spHier, in wirklich schmerzhaftes nnd öfteres \3(higen
ftim Stuhlgänge über. Die Schmerzen sind im Mastdärme und in
der Mitte des Bauches; letzter geht der Eirileernug vorher, er-
scheint aber auch anfser der Zeit der Entleerung. Beide, so ver-
schieden sie auch dem Grade nach sein m9gen, vermehren mit
der Zeit, so, dafs endlich der Kranke fast nie ohnt« Schm<n-ien
ist lind selbst des Nachts hSnfig zu Stuhle gehen uiufM, Der he-
slflndige Schmerz, das Nöihigen zum Abgehen nrtd der Mangel
an nächtlicher Ruhe bewirken begreiflich eine sichtbare Abmage-
rung; diese ist jedoch nicht ao schnell fortschreitend, als sie es
gewöhnlich bei eiternden Lungen ist.
iNachdem nun so der Kranke eine' lange Zeit, vielleicht ein
bis «ndenhalh Jahr gemekall, aomithmi drr Slohlgang wieder ab
nnd dar Baacbsehmera wird minder. Dieses Minderwerden der
iHstigen HauptsnfUlle ist kein Zeichen der BessetDog, sondern es
ist ein Zeichen, dafs die Desorganisation das Mastdarmes sieh
ihrer Vollendung nähen. Nun entstehen von Zeit zu Zeit Bin-
*) Seil ich Oblsrs im Jak r 1810 geichrieken , bin Ich noch bei einen) Fnlle »ul
8elg<*ehen Gelitte tar Beraihnsf gttogea , irar»le sW keines R*lh. Urbri-
KUM bnite dsr Kall sUbti Aatgneiohael««.
L,, ,_..,,,, Google
— gan US 4«ni MMtdamie ogd &&«rM NMi(f«Q mni Hanic«
(leMierM SympCom habe icb weit herroiMesbMider bei den Mln-
■em ■!■ bei den Frueo bemerkt)« der Koth 1s«fl wider Wtllea
weg* der HvD ebenfaliB, md in diesem Zustande kann der «n-
giücklicbe Menacb nocli Monate lang leben. Unter den bieben,
denen das Uebel im inneren Hastdarm anBng, habe ich eiae Fraa
gekaont, der in dem leisten .Zeitraum* ein schwaraaüges GewBcbs
von der Qröfse eines Ufibnereies zum Aft«r keranswucherte. Die
Mmdung des AAera stand dabei offen und die Oeßnang mechie
FaA einen Zell im Onrchmesser haben; Kotb and Jauche liefen
besllodig beram. Betllügerig war die Kranke danim aber n*ob
nicht, nie saft, seit die Afterorganlsatioo sich snlien geaeigl, aaf
einem Haarkin«n , ' welches in der Mitte eine Oefihung hatte,
mnfste sieb aber doch von Zeit sii Zeit wegen Mattigkeit auf das
Sefa legen. Ich habe eine geringe Fraa gekannt (es ist bia jctst
der leiste Fall der Art gewesen , den ich erlebt) , bei der sieb
das Maitdannribel auf die Mutierseheide vcrbreitele. Masldarni und
Mutterscheide wurden durch die in der VerfattrlDog sieh bildende
scharfe Jancfae durcbfressen, und de« Darmkoib lief dem nuglQck*
liehen Weiba cur Scham heraus.
Einen Mann, der an diesem kllgtiehen Uebel gestorbMi war,
babe ich geSffnet, nicht um zu sehen, ob meine Erkennt ntfa richtig
•ei, denn an dieser war kein Zweifel, sondern om zu aeben, in
wiefern die Blase von dem Mostdarmüb«! eigriffen gewesen sei;
in dem letzten Zeiträume hatte er viel an Urinbesch werden gelit-
ten. Aber , e Himmel ! wenn so das im Dunkeln Verbotene an
den Ti^ gezogen wird, dann ist es uns erst recht anscbanlicb,
in welchem Mifa Verhältnisse die heilende Kunst sn der lerstaren-
Aea \atar steht. Der derarganuirte Mastdarm war unglaublich
hart, am härtesten ander hinteren, minder an der vorderen, der
Blase zugewandten Seite. Die Verhärtung fing gleich bei der
Oetünung des Afters an und erstreckte sich reichlich fiinf Zoll in
die Hdhe. HSite der Mann nonh «inen Monat, oder noch weni-
g«r Zeit langer gelebt, so würden die Afierorganisationen aus der
Mündung des Afters heranigewucberl , oder richtiger zu sprechen,
sie umsetzt haben; denn der Schliefomuskel war schon ganz ver-
bautet und eine Linie von den Hanlfalien der Mündung sah man
«choo Afiergebilde aufsprossen. An dta Blase war nichts Merk-
würdiges zu sehen, die hintere Wand derselben war etwas röttwr
ah sie sonst bei Leichnamen iM, auoh nnrerkeonbar verdidtl»
d«ch nicht in dem Grade, dafs sie sich hMie fleischicht anPühlen
lassen.
Zu bemerken ist noch, dafs bfi den Kranken, welche ich ge>
sehen, die Empfindlichkeit der Aftergebilde des Mastdarmes sehr
>erschieden war. Der Mann z. B-, dessen Leiche ich untersuchte.
— 236 —
koDDta EiMpHlniDgeD rcoht gut venrtigsD; aber die Fraa, yoo
welcher ich so eben erifthlte, iai* ihr die Afterg^ilde «um MaM-
darme heraiisge wuchert Beten, konnief ohne die heftigsten Scfamttr-
MD xa empfinden, nicht eiBBahl da> ronicbtige Eiupriizen von
lauwarnur Milch ertragen.*)
Mittel auf da» Pf9rtaderMf»tem.
Im Pfortadenyateme sind manche Krankheiten begründet, die
vj>n Unerfahrnen ninner solches Uraprnnges «i sein erachtet wer-
den. Hftmorrhoiden sind wol in den meisten Fällen ein Zeicfaea
von Voltbliitigkeit jenes Systems; eb alleseit! das wage ich nicht
ta entscheiden. Der Andrang deti Blutes nach einem Theile be-
weiset nicht immer dewen Vollbliitigkeit ; denn wtire das, so wür-
de ein Blutflnfs aus selbigem Theile das Uebel alleieii beEwn, »ad
ISdlliche Blaifliisse müfsien, aufser bei Verwundungen, xu den
iinmögliflhen Dingen gehören. Die Erfahmog lehrt aber das (>e-
gentheil. Wir habea Darm-, Langen-, Nasen- und Muuerhliit-
Äiisae , welche den Menschen tödtlich sind , oder sie doch an den
Rand des Grabes führen. So kann auch ein Andrang des Blutes
auf den Mastdarm vorhanden sein und sich als Hämonhoidalkno-
len Knfsern, ohne dafs man deshalb mit Sicherheit anf eine Blut-
übernilliing des gansen Pfortaders^stems schüefsen kann.
Die Zufälle, welche ich von der Vollblütigkeit jles Bauobader-
ü^aiems hab« entstehen sehen, sind gar manaicbfoch. Die Hypochon-
drie steht oben an, dann folgt Schwindel, Fehler des Gesichts, chro-
nische EnUündnog der Mandeln nnil des Gaumens, Hasten, Asth-
ma, Blnispeien, Härnbeschwerden mancherlei Art, die sogenann-
te kalt« Gicht oder jene chronischen Schmerlen , welch« sich bei
manchen Menschen in den Sohultergelenken änfsern, den Gebrauch
der Arme zwar nicht ganz bindern, aber doch gewisse Bew^in-
gen derselben peinlich machen, und jener Schmerz der Feraen,
welcher auch das Gehnn erlaubt, aber doch den Gung peiolieh
und steif macht (Gallensteine nnd Leberverstopfung können aber
das nfiniliche Ferseniibel vemrsachen). Ferner in seltneren Fällen
eracheint, diesem Grunde enisproisen, Kolik, Magenkrampf,
sonderlich zur Zeit der Verdaunag, Hfiftweh, mftnnliches üaver-
mSgan, oder iibermSfsige Geilheit (mitunter heidn xogleichV Ich
habe oor solch» Uebel angeführt, weiche ich selbst, theils hAnfi-
ger, theils seltener beobachtet, iweifle jedoch nicht, man wird in
guten medizinischen Sammelschriften noch weit mehr von solchen
Dingen finden; denn viele Aerzte, die zu verschiedenen Zeiten
*) Im iDlchan FUlcn liit dla UnteraachaBE darefa den Pinser anch ihr« Schnie-
ri(|fcail«ü.
^riit, kSiueii niAr bcobachlel haben bIi Einsr. G« gibt A«nn«,
di« entweder d«D Jahren nach jnng sind, oder, hinsichtlich der
Eifebrenheit, m den bAMftndigea jung bleibenden gdidran , welch»«
wenn sie einen Kranken ausfragen, sich wohlweislich erkundigen, ob
er ancfa mit Himorrhoiden behaftet sei. Antwortet er , nein , er
kenne dieses Uebe] nicht , so fragen sie noch zum Ueberflnsse, ob
er Schmerzea ia Kreiue habe. Antwortet er anch darauf ver-
neiHead, m glaohen sie, es sei nnnöihig, naf das Pfortarfefsyttem
Rieksioht m nehmen. Es ist aber leider nur xa wahr, dab M«o-
scben, die nie Znekeo am After oder Schmersen im Krenxe gehabt^
gerade am alferübelsicn In dem Pfortadersysteme erkrankt sein
kSnaen. Man mnb nia vergessen, dafs die gemeinen Zeichen
der Hämorrhoiden nnr eine einzige Aeuberaog des erkrankten
Banehaderaystems sind. Es gibt in der Natur noch gar mani^e
andere Aeafsernngen dieses Uebels, die iwar nicht so handgreif-
lich sind, aber nm so mehr die Anfmerksamkeit des Arztes ver-
dienen. Wie manchen habe ich , ehtiältig auf das Pfortadersy-
sten wirkend, von Baoebleidea and von anderen proteusarligen
Ungemaehe befreiet, der nie an wirklichen Hämorrhoiden gelit-
ten, nod schon den ganzen Wust biüerer, atiflSsender, stärken-
der, krampfstiilender Mittel vergebens, nicht selten mit Ver-
sefalimmerang seiner Ijeidea Terschlnckt hatte.
Es frSgt sieb: wie kann man Urerkrankong der Leber, des
Pankreas, der Milz, der Dttrrae, des GekrSsfes von der Vollblü-
tigkeit des Pfortadersf Steins unterscheiden! Diese Unterscheidung
ist nicht blofa schwierig, sondern in vielen Fätien bar unmöglich.
Bekanntlich wird die Anlage znr BauchvollblStigkeit vererbt, mit-
hia kann nns die Anamnese zaweilen aaf die Spur mancher dunk-
len Erkrankung bringen. Alleia die Anamnese kann doch nnr
dann Wenh haben , wenn unine Kranken bestimmt angeben , dafa
ihre Aehern an Himmorrhoiden gelitten. Kihinen sie blofs ange-
ben, ihre A eitern und Voriltem seien banchkrauk gewesen, so
hat diese Aussage wenig Nutzen ; denn die Anlage zur Erkran-
kung aller Organ« wird eben so gut vererbt als die Anlage des
Pfortedersystems zn Vollblütigk^b Znweilen kann man einzig
doreb Probemittel in solchem heimlichen Handel auf den Gmnd
komnaen. Z. B. die Bauchvollblütigkeil stört bei einigen Kranken
siehtbaf die Verrichtung dei: Leber; - da haben wir dann Schmerz,
oder Spannang in rechten Hypochondrio , mehr oder minder ge-
störte Gallenabsondernng, gelbliche, sebmulzige Gesichtsfarbe,
gelben Harn, kurzen Athem u. s. w. Wirkt man nun durch zn-
verltssige Mittel auf das scheinbar nrerkrankte Organ, auf die
Leber, so führt man entweder gar nichts aas, oder man siebet
zwar die Zufälle nach und nach , frnher oder spiier verschwin-
den, aber, der Besserung widerapricbt das eigen« GeffihI des
— IS8 —
Kranken. Ehe msii es sich veniehet , fHngt die Mili an zn scliiiMr-
xen, oder et Hafiert sich ein Druck in der Nabelg^gcnd, od«r
noderM Ungemach, welobes auf ein anderes ericrankieH Orf^an
hindenlel; ist man nnn bo. ^iickli^,, dieae t enn ei ntlicbe Erkran-
kung ancb gehoben %a haben , so fängt vielleicht aufs neue die
Leber an wa spuken. Wo man dergleichen wunderliche Dinge
gewahr wird , da kann man darauf wetten , dafs der Grund in
einer VoUblüligkeit des Banchgeföfiaysteniea stecke; voraasgesetat
jedoch , dafs nicht ein weit grö&eres oder gar unheilbares Uebel,
Verhirtnng im Gekröse, solch wandelbare Erscheinungen venirsacfat.
Der zusammeageseUte Zustand von einer, nicht scbeinharen,
soildern wirklichen Erkrankung eines Organs und einer VoUblü-
ligkeit des Pforladersyslenu ist noch schwieriger su erkemien, und
sehr btiklich so behandeln ; in der Folge werde ich an einem
schicklicheren Orte davon reden.
JeUt wollen wir von dem alten guten Mittel , von dem Schwe-
fel bandeln. Dafit dieser heilend auf das erkrankte Bauchadersy-
siem wirkt,' wissen wir allesamml, wie er aber darauf wirkt,
wissen wir nicht. Daraus, dafs man bei seinem Gebrauche nicht
immer die Blnlentleerung dnrcb Egel an den After entbehren kann,
scbliefse ich blofs, er müsse nicht auf das Bim, sondern auf die
GefÜfse wirken. leb habe mich früher des prSzipitirien Schwe-
fels gern bedient, spater aber gefunden, dais der einfache gerei-
nigte, von aller Säure freie, das NKmIicbe leiste). Wer aber
den Glauben hat, das Lac au/p^rit besitxe lorsüglicbere Heil-
kräfte, dem will ich, durch Erfahfong belehn, folgende War-
nung geben. Die Apotheker sollten das Mittel wol eigenllieb
ans dem snblimirtes Schwefel (Ft9r. tulpk.) selbst bereiten. Sie
kaufen es aber oft genug vom Maierialislen. Uiette Herren sollen
es, wie ich gebÖrty aber nicht verbürgen kann, aus dem rohen
Schwefel bereiten, und ihm noch einen fremden Zubhis geben,
um es recht weifi lu haben. Es ist also jedenfalls ein verdäch-
tiges Präparat, Eine Frau, die ein Jahr lang Pillen aus Lac talpA.,
Gumm. arai. ood Zucker mit wohlihäiigeni Erfolge gebraucht,
also die Wirkung des Miuels kannte, lälat einst in einer grobe*
reo Stadt, wo sie sich zum Besuche bei ihren Verwandten befin-
det, die Pillen, von denen sie das Rezept bei sieb führte, b»-.
reiten. Diese machen ihr gleich Baucbscfainerzen ; anflnglich
schreibt sie das auf den Zufall, bernach aber, da bei mehren
Versuchen die nämliche schmerzbafte Wirkung sieb offenbart,
luifstranet sie den Pillen nnd nimmt sie nicht weiter. Gleich dar-
auf kehne sie hierhin surück, liels die Pillen in der hiesigen
Apotheke bereiten, und diese halten die gewohnte wohiibälige
Wirkung. Auch weifs ich den Fall, dafs eine Frau, welche diese
Pillen lange mit gutem Erfolge gebraust, von dem nämlichen
Ap*llwker, der ihr immn gnte Piltea geliefert, eiost pine Por-
(kiQ fnlieb« bekam. Diene machten ikr Bancbscbinerxen ; sie hM
rier Tag« lie genominen , und jedesinRl Banchichmenen und «war
ao emaihafte bekommen, dafa aie anf alte weitere Versncbc ver-
sieglet. Üa aie mir das sagte, rieib ieh ihr, veraucha» elie das
Rexe|tt in eine anders Apotheke m ichicken; sie tfaal e«, nnd
«rbiell Pillen, die ihr nicht BaDcbacfamenen nMchien, aondern
die grwabaie wobltbftiige Wirkung fiafsertea. Wir Aer7.te kön-
«en die Haheinlicbe Sieiliing, worin ans die froheren Machtha-
ber, beratben dnrcb Kryplogaleniber, gebracht, nicht abftndem,
whß müuen wir dnrcb Veratand und Litt jader möglichen Tfiu-
schnng aannweiiibea auchcn. Seitdem ich das Eriflhite erfahren,
habe ich von Stande an das Lac itUphurü, welche* ich bloCi
aas aller Gewohnheit bmnchte , fahren lassen nnd mich an den
tohlimirten Schwefel gehalten. Wenn der durch Abwaschen von
aller ihm anhangenden Sinre befreiet ist, thnt er eben so gnle
Wirkung aU jenes verdSehtige Präparat, und oh er von Sänre
frei sei, Ififit sieh leicht erkennen.
Nun will ich mit meinen jüngeren Lesarn anerst von der
F«rm sprechen , in der man den Schwefel geben kann. Meine
allen und erfahrenen Amtabrüder werden es nicht iHcherlich linden,
dalä ich mich bei einer so geringfügigen Sache aufhalle, denn sie
wissen ea, wieviel daran liegt, den Kranken das Einnahmen eioei
Mittelü, das sie anhaltend gebraneben sollen, geinüchlich an mn-
chen. Die Pulverform iat die einfachste und wohlfeilale, darutn
bediene ich mich derselben auch am h3n6g8ten. Manche Menschen
wiaaea aber nit^i damit unizdgehen. also niufa man ihnen die Art,
wie der Schwefel mit Wasser an miacben ist, auHlcgen. Sie
müaaen nHnilich die Poriion , die aie rerscbluoken wollen , tiierst
nur mit wenig Wasser anfeuchten und damit in einem Löffel oder
Tasse XHsamnienreiben , wenn dann der Schwefel ganx fencht )sf,
können sie mehr Waaaer fainangiefsen.'') Wollen sie, ohne vor-
herige Uefenebuii^, die gehörige Poriion Wasser zusetzen, so
Bcbwimml der Schwefel onf dem Wasser nnd ISfsl sieb übel mit
demselben mischen. Man kaim ihn auch (rocken in eine aoge-
fenchieie Oblate wickeln und den Bissen verschlucken; aber ntcht
.alle Leute, und am wenigsten die geringen sind anstellig genug,
eine solche Einwickelang gehörig zu machen. Ich kenne, auch
[.eat«, die den Schwefel trocken in den Mund nehmen und mit
einem Schlucke Wasser binunierspfilen : sie behaupten, das sei
die kürzeste und gemächlichste Art des Einnehmena; es kann sein,
ich habe es selbst noch nicht versacht.
*) Ell Tb««lltlal vsll WiMar reicht ffMsd« hin , ciaeo gdiiiarts« TbnlHbl vall
Schwefel obse Müh« usnfMchlea.
„,,,_„,,,, Google
— MO —
Dte PillcDform Ut aiub gut; manche Mcntchen, dte Pllkn
sditucken können , -halten sie für die gemäehlicbsle ; Hnderen « die
«ich schlecht anfs PilUnschlucken verstehen, ww"*)« sie angomttcb-
lich, ja ganz unbraachbar sein. Man macht die Pillen am b«8lMi
mit ein wenig Schleim von Arabischem Gummi und ein wenig
Zncker. Der Zucker soll nicht dasn dienen, sla xa verfitCun
(da« würde ein alberner Zweck sein), sondern sie schnell aaSöa-
lieh zu machen. Bekanntlich hat der Schwefel eine laxfrendr '
' Wirkung, diese ist aber so unsicher, dafa es ganz nnmdglich ist,
nach nur eine nngeffthre allgemeine Gabe desselben za besiiraaiflii.
Einige Menschen laxiren schon Yon zehn Gran, andere kdnaen
zwei Drachmen tags verschlucken , ohne dafs die B»wegnng der
Dirme dadurch vennehrt wird. Ja ich habe solche getroffen, de-
nen eine mäfsige Gabe laxirand auf die Därme wirkte, nnd zwei
Jahre nachher brachte eine, vier* nnd fünffache diese Wirkung
nicht mehr hervor. Im Allgenieiaen siebet man die wohlthBtige
Wirkung dann am dentliehsien , wenn man eine solche Gabe aua-
mittelt, die breiigen, nicht finssigen Abgang macht. Ich lasse
ihn gewöhnlich morgens «achtern nehmen; dann bekomnen sol-
che Menschen, die von Natar morgens Oeffnang haben, nachmit-
tags gegen drei oder vier Uhr eine zweite.
Bei solchen, welche sehr tragen Stuhlgang, vielleicht nur um
den anderen Tag haben, vermehre ich nicht die Gabe des Schwe-
fels so sehr, dafs er allein tX^ii^e breüge Oeffnung bewirkt, zod-
dern ich bleibe hei der Mittelgabe*) und helfe lieber dem Stahl-
gange durch Seignet-, oder Glaubersalzwasser nach. Menschen,
die von Natur regelmttfsige und weilte Oeflnnng haben, gebe ich
ihn so, dafs er nicht erkennbar die Darmbewegung vermehrt; sie
befinden sich so am besten dabei.
Es ist bekannt, dafs die Winde, 'die den Menschen bei dem
Gebrauche des Schwefels abgeben, einen sehr bösen Geruch ha-
ben. Von dieser Regel finden sich äufserst selten Ausnahmen.
Dafs aber bei dem anballenden mehrmoDatlicbeo Gebrauehe die
Erzengnng einer solchen stinkenden Luft im Darmkanal nach nnd
~ nach anfh&rt, ist eine Thatsache, von deren Wirklichkeit ich mich
zwar binISnglich überzeugt, die ich mir aber nicht erklären kann.
Dafs man denen, welche wirkliche Hfimorrboiden haben, den
periodischen Orgaimum Aumorum, dem solche Leute euweilen nn-
terworfen sind , nicht blo£i durch Schwefel , sondern durch eine
Verbindung desselben mit Salpeter am besten beechwichliget, weifs
jeder praktische Arzt. Es gibt aber auch eine chronische Erkran-
') Die Hiltilcab« Ift iwci gsbaun« ThsslUffal (ta teilen wird dla nitlhiga Gabe
BMTgeef näcbtera tut Biaathl ggBeniBeB), Bei ebrosiiebea Laidaa (UiR« leb
feiten über dieie Pertion , londtrn («be bialgvr lar die fillfle.
— 2« —
kmog d« PfortaderB7sl«BU, bei dsr keio Ant «iaeii Orgatwmm
humormm erkeonen wird, and die dennoch mit einer Stilpeipr-
aflUuioD de« Gwanimtor^niiniu Terbanden ist ; also nicht dtircb
Schwefel allein, aber wol dorch den gleit^bxeiiigen Gebraiieh des
Salpelera and Schwefels gehoben wird. Ich habe bemerkt, dafs
eia iromaielaMi; geapannler Banch leicht auf solch einen Miach-
matand hindentel; bei Wohlhabenden, die Wein trinken, dentet
aber das oabehagltche Gefühl nach einer gani mSfsigen Poriion
Weia noch riel denilicher darauf, denn Wein und Sal}ielcr haben
entgfgangeaeizte Wirknng. £■ ist aber nicht allein überÜDisig,
»ndera in niaachen Ffillcn aneb schädlich, allen denen, die baach-
kcank. des Schwefels bednrfea , S^peier mit demselben nt geben.
!■ den meiaien Fallen erreicht man mit dem blofoeo Schwefel
aHeiii den Heikweck, und in anderen Fttlleo von Mischkrankheit
tat die mit dem Urbanchleiden verbundene Aflektion dea Geaammt-
Ofganismns nicht einmaht aal petris eher. Art, mithin miifs eine Ver»
hindong des Schwefel« mit dem Salpeter eher schaden als nnfzen.
Von dieaem Gegenstände werde ich aber an einem schicklicheren
Orte in der Folge mehr sagen.
Die Alten beben den Schwefel BaltamuM palmoni» genannt,
leb habe ihn in jüngeren Jabrea oft genng in Urleiden der Lunge
gcbrancht, aber nichts Balsamisohea daran erkennen können. Mei-
ne Meinung, die ich aber niemand aufdringen will, gehet dahin,
dalä aeine bahamische, oder, uro hesiimmier zu sprechen , seine
Langenbeilkraft zn den niten Fabeln gehört, von denen das Ge-
aammtwiasen unserer Kunst wimmelt. leb habe erfahre», dafa er
mSchtig genag ist, den Hasten, ja die Lungensucht au heilen,
weldie als consensnelle Lungenleiden von einer Urerkrankung dea.
Pforladersyilems abhangen (wiewol er, wenn schon wirkliche Lnn-
gengesebwüre erzengt sind, diese auch wol ungeheilt lassen wird);
ihn aber deshalb einen Balsam der Lunge lu nennen, würde eben
so nfifrisch sein , als ihn einen Kopf baisam ■ zu nennen , weil er
consensaelle Kopfleiden hebt. Von seiner vermeintlichen Heil-
kraft bei wirklichen Lnngengeschwüren , welche noch bei meiner
Itebzeit hervorgehoben isl^ und von der grofsen Täuschung, die
bei aelehen Beobacbiungen Statt haben kann, werde ich an einem
fcblddleheren Orte dieses Werkes reden.
Jetzt wollen wir von der Blutenlleening durch Egel an dem
After bändeln. Zuerst werde ich von dem Ansetzen der Egel ein
Wort sagen, weil ich gemwkt, dafs dieses von Leuten, die e«
«el gut kennen mfifsten, sehr schlecht gethan wird. Vor allen
Dingen mofa man sorgen , grofae ausgewachsene Egel zn haben,
denn die jungen unmündigen langen nichts. Man mag sie von dem
Apo^dur, oder von dem Egelfinger gekauft haben, so mnfs man
aie mit reinem Flufawasser gut abwaschen und sie dann ein paar
— 242 —
Sluiid«D lang, «beror man sie gebraucfaeo will, in ein Iroeknea
tilmi Hetzen, dadurcli werden sie recht beifsig; TurausgeMtit, dafii
man das Gla«, worin aie eingesperrt aind, in einer ihnen behag-
lichen Tenperatar halte , dena stehen sie xa kalt , so wollen aie
übel aobeiisen.
Ferner niüaaen sie da, wo Hämorrhoidalknoten- vorhandoa
aiud, gerade auf die Knoten, und wo diese nicht sind, ganz nahe
um den After gesetzt werden.*) Das wilde nnacbisnnie Aasetzea
derselben schafft zuweilen wenig, zuweilen giir keinen NatEen.
Nun ist, wenn die Egel abgefallen, das Unterhalten des Xaeh-
blutens eine Hauptsache, worin aber leider such oft gefehlt wird.
Der Krank« tiiufs sich auf einen Xachtstuhl setzen, worin heifaea
Wasser ist, und die Bilswunden müssen mit einem feinen, in war-
mes Wasser gelanchten Schwämme oft abgewischt niid dadnr^ of-
fen erhalten werden. Geschiehet das alles ordentlich, so kann
»lan darauf rechnen, dafs das Xadibluien zwei Stnnden wihn^
Ueber die Zahl der Bktegel läfst sieh im Allgemeinen nichu
bestimmen. Di« Erfahrung hat mich aber gelehrt, dala man Leu-
ten , denen man zum ersten Mahle diese Blutentleerung macht,
nur wenig Egel ansetzen mafs, weil sie mitunter stark davon an-
gegriffen werden. IHeses hat mich in jüngeren Jahren zu der ir«
i'igen Meinung gebracht, als ob nicht allen Batich vollblütigen
Bluientleerung aus dem After znsage. . Später habe ich inieh aber
überzeugt, dafs anfHnglich blofs die Ungewohnheit der Entteerang
Schuld an der scheinbar feindlichen Einwirkung der Entleerung
*) Zdiiti von Jnbre 18S9.
Lit/rane behtaptot (»i« ich var Karun geUieii) .- tua iitt» die B(<l BicU
gam dicht gm de« Rand du AFteri lagea , weil .bei der BaacheitlBcriiDg der
Riilb die Egelbir«- oder Slicbwunden bescbBitui ond dnreb diätes Beiehnairn
die kleiaet Wundes leicht in birtaiekigen Gatchwüren werden köDntEn. —
Mir «ehvlnt iber, weau L, je enlcbe Geickwäre beobtehtet hit, tu möiieii
dieee eiaea anderea Gr«ad E«h(bt babei ; dean bkUe der MenicheDltBlb eia«
DO reiadtiohe EiawiHtoD« auf Wnsdeo , lo künale ja keine Fialuia amt darch
den Schnitt geheilel werden, oder man nüUtc den Operirtee bit zar vollkam-
menen Iletlanf ^nzlicb veralopft erbaiten. Üi iit mir wabrscbeinlich , dars
dnrcb dai naehheris« ilarke Jucken der Bifiwnoden and dnrcb dai dadanh
vnraBlafale Kratien die Birnwaaden in anfeinnden Kürpern weit eher xtt harl-
nlckisen Geaebwünio werdsn kSonen, *U durch daa BeeebnaMU deraalbea mit
Kutb, Obne eins »olcbe GHchwnrblldnn; Je eelbat beobtcblDt in babea, bin
irh icFian vor vielen Jahren dnrch eine iwar gefabrloie , aber dach lebr IKitige
UntzSodnns der Baal der Atlemiündnng, dis ich dem Kratzen nicbrieb, vei^
anlar>t wardea , UJ« Urtaobe den anerlrKgliehen Jacken» anftaiocheu. Ick fasd,
dafi «■ nicht darch die kleinen Wanden letbat, (andern viebnebr daroh die
in ihnen verhürletea BlalpFrapfen enbilebet. Dieter Blntpfroprenbildnog koBwe
ich telldeai dadnrcb zuvor, ätü ieh, la bald die Wanden «nagebU-
let haben , ein einrachei , feines, mit icbwacher Zink- oder Bleiiaibe fett
beachatlerten Upp^ea aaf den hKtr i«S«i la eauiehet dti Jodiea Dicht «nj
die VeianlaMuos zum Kralui Kill we^'
~ U3 —
iai; denn Leute, die »im etsten Mahle Biark davon aogegriffen
werden, vertragen sie spttler aebr gut und befiaden sieb wohl da-
l»ei. Ich kenne z. B. eine Fraa* welche nenn Kinder nod xmm
leuten Mahle Zwillinge zur Welt gebracht. Diese war während
der letzten sehr beschwerlichen Schwangerschaft und im Kind-
belle mit Hämorfhoiden , und zwar mit inneren , nicht blutenden
behaftet. Später zeigten sich bei zanehmender Fettigkeit des
ganzen Körpers, vorsnglich des Banches, allerlei Kopf" und Bauch-
leiden, and im Masidarnie iGhwotlen die Knoten so an, dafs die
Seheide dadarch verengert und die Begattung dem Eheinanne hin-
derlich, der Frau schmersbaft warde. Jenseits des Afierschliefs-
noskels befand sich ein grofser Knoten, den sie von Zeil zu Zeil
in der Gröfse eines Tanbencies heranidringea koante. leb rieth
ihr, an diesen Knoten drei Biotegel setzen zu lassen. Sie folgle
meinem Rathe; die Blninng war zwar verhältÜch zu der Zahl der
angeseilten Egel reichlich, aber doch nicht überreich) ich. Die
Fran, die gar nicht zu Ohnmächten geneigt n'ar, wurde während
der Entleerung ohnmächtig, ihr ganzer Bauch durch die Cnllee-
mng in Aufruhr gebracht, die Leiden, die dadurch sollten ge-
mindert werden, venuehn, und sie betum einen gro/sen Abscheu
vor den Egeln. Lange nachher bewirkten meine Vorstellung und
die Noth, dafs sie ihren Egelabagheu überwand; nan ging die Sa-
etn besser, sie fühlte sich wol angegriffen von der Eoileernng,
wnrde aber nicht ohnmächtig. Bei mehrniahliger Wiederholung
wvrde sie immer weniger angegriffen, und weiter fiihlie sie sich
nach der Entleerung gar nicht'jmebr angegriffen, sondern viel-
mehr luftig nnd wohl. Jetzt, da sie in die Zeit getreten, wo die
Menstruation wankt, würde sie recht elend sein, wenn sie sich
nicht mit den Egeln befreundet hätte.
Im Allgemeinen habe ich bemerkt , dafs banchvollblüligen
Menschen, wenn sie auch äufserlich Knoten am After haben, ein
einraahliges Ansetzen der Egel nicht immer den Nutzen schafft,
den man davon erwartet. Eihigen wird dnrch die erste Entleerung
der Bauch in Aufruhr gebracht, und die zweite zeigt den erwar-
lelen Nnizen. Bei anderen, die von der ersten Entleerung wofaI>
th&tige ' Wirkung spuren, hat diese Wirkung nur knrxen Bestand.
(Jm solchen Bancb voll billigen gut zu helfen, mufs man ihnen drei-
mahl die Entleernng durch 0, oder 8 Egel machen lassen, jedes-
mahl aber mit einem achtiBgigen Zwischenräume. Macht man sie
zu knrz hintereinander, so ist der Andrang des Blutes auf den
After weit geringer, was man ans der geringeren Menge des aus-
geleerten Blnies leicht abnehmen kann. Ich habe gefunden, dafs
man den Menschen anf die angegebene Weise so helfen kann,
dafs sie ein ganzes Jahr, und manche noch viel länger, gar keine
Beacbweidea von ihrer Banchvollblüiigkeit haben.
16" - O"
- S44 —
Wenn kein* KooMn, oder EntsDndung , Zeichen des BInfaa*
drang'es anf den After, bemerkbar lind, leiaiet die Enileernng
durch iCgel lange den Nutien nichr, den aie beim nnverkenn baren
Blutandrange leistet. Die Notfa zwingt ans aber auch in solchen
Füllen mitunter xam Gebrauche der Egel, und der Zweck, den
Blutandrang nach dem After durch die Egel au beförderq, glückt
zuweilen, aber leider nicht immer.
Bei den inneren nichtblut enden HAniorrhoidalknnlen habe ich
die Egel, wenn «ie nicht, wie bei jener Frau, deren Krankenge-
schichte ich oben enählt, an die Knoten selbst gesetzt werden
k&nnen, meist von geringer Wirksamkeit befunden, jedoch auch
kuweilen dadurch Hufsere Knoten hervorgebracht. Den heftigen
Schmers, d«r sich zuweilen bei inneren blinden Hämorrhoid«!
einstellt, habe ich am besten durch reichliche Gaben kubischen
Salpeter and Schwefel beschwichtiget, und wenn diese Mischung
nicht hinreichte, Süssigen Abgang zu machea, setzte ich noch
Glaubersalz zn.
In manchen Erkrankungen der Leber, der Milz, oder des G»-
krÖS(!S, sind HKmorrboidEdknoten ein sehr schlechter Beweis der
wahren Vollbliiligkeit des Pforladersysten» ; sie beweisen weiter
nichts, als dafs durch die Anschoppung eines Bauchorgaas der
Blutumlanf im Bauche nnregelniäfsig geworden. Solche schein-
bare- Bauchpollblfitigkeit heilt sich nicht durch Schwefel und Blut-
. entleerung, sondern durcb das Gesnadtoacheu des urerkranklen
Organs. Ist aber das gründliche Heilen eines kranken Organa .
nicht mSglicb, snm wenigaien nicht wahrscheinlich, denn manche
solcher Organerkrankungen sind, wenn wir sum Heilen anfgefodeit
werden, schon alt, manche noch dasu Erbstücke; so ist. es klüger,
wir enlhalien uns der Bluieaileening durch den After entweder
ganz, oder wenden sie doch nur mit grofaer Umsicht ond sehr
mSfaig an. Alle Erkrankungen der Bauchorgane werden durch
reichliche Bluten tleerungen nicht geheilt, sondern die Leoi« m-
weilen dadurch in grofse Schwachheit gestürzt, die, wenn sie be-
tagt, oder durch eine wiiste Lebeusart schon baufüllig sind, nicht
immer gemächlich zu beseitigen sein möchte. Werden aber ste-
che Menschen xufällig vom akuten Fieber ergriß'en, so ist das
Bluten leeren aus dem After eine gar raifsliche Sache^ ich kann
es keinem jungen Amisbrnder mit gutem Gewissen aaratbeo.
Ich habe einst de^ Leichnam eines an der eiternden Lnngen-
ancht verstorbenen Mannes geöffnet (die Lungensncht war nnmit^
telbare Folge eines heftigen« kaum su stillenden Blatstarzes aas
den Langen), nicht um die serslÖrte Lnnge sn beschauen, sondern
um den Bauch su untersuchen. Der Mann hatte nKmlicb sebmi
lange allerlei Bauchleiden gehabt, gegen welche die Kuott nieh~
rer erfahrenen Aerste, selbst eines in der Literalur sehr bekann-
— W5 —
lea, kiehla T^naocht. Während ihn di« eiterode Longenaocht io
kuner Zeit dem Grabe mführte, batien sich infscre Hfimorrboi-
dalkaoica geseigt. Ich war also sithr neugierig, ob ich in dem
Laich name das Pfortadersyslem mit Blut überfüllet finden wSrde;
bwd ea aber wirklich nicht so, sundem Tielinehr sehr blutarm,
aar im Cekrftae viel kleine verfaftrlete Ocüacn.
. Ich halle es für gana überflüssig, ja selbst für uaklng, sol-
ehco Leaten, die an wirklicher BaachTollblütigkeit leiden und
^er achmershafie Üalsere Knoten am After klagen, diese Knoten
dnrch Safserlicbe Mitlei an vertreiben ; wir benehmen ans ja lelbM
dadarch ein Zeichen, ans welchem wir den inoM^n Zustand des
Baacbes benitheiien können. Solche Menschen aber, von denen
iA oben gesprochen, Hie blofa eine scheinbare Banuhvollblülig-
keit haben , denen wir weder durch Schwefel , noch durch Blut-
enlleerong he'fen können, bedürfen r.nweilen der iliifaerlichen Mit-
tel, am Schmerz nnd Enlziindung der Zacken a» beschwichtigen.
Sohmen und Enlxündnag werden leicht durch Mifst^raiich geisii-
gec Getrftnke, dnrch Reiten nnd durch Fahren auf holperigen We-
gen Teranlafat, darum müssen solche SchSdl ichkeilen gemieden
werden, sonst helfen alle ftafaerliche Mittel nicht«. Ich habe ntich
Mit Vortheil der Btet-, der Zink-, oder der milden Qiiecksilber-
aalbe bedient ; dem einen thiit dietse, dem anderen jene Salbe gtil,
ich kann davon den Grund nicht angeben. Manche banden sich
am besten bei dem alten Umguenio de linaria; es wird heul zn
Tage von den jüngeren Aersten nicht, mehr verordnet, bleibt aber
iaiaier ein schfilsbares Mittel. *)
Die HäMorrhoideo der Blase sind gewifs ein grofses Uebel,
aaa ihnen Icann theits Schwindsucht, tbeils' lebensgefährliche Harn-
verfaajtuog antsieheo. Ich habe noch nie Gelegenheit gehabt« ei-
nen an diesem (Jebel Geslorhenen zu ölinen, denke alter wol,
dalä man mit dem Ansdracke, Hämorrhoiden der Blase,
den Begriflf wirklicher Blutaderanschwellnngen im Blasenbalse ver-
binden müsse. Wie Bauch voll blutige allerlei coo&ensnelle Kopf-,
Bmsl-, Rücken- und Fufaleiden haben können, ao können sie auch
eouensuolle Blasenleiden haben. Ans der SlrRngnrie, der solche
Leute sieht selten von Zeit zu Zeit unterworfen sind , ninfs mau
*) Grtgor Herit der an« (Obttrv. 50 tib. 4) di« B«r«it«ns dar .Salbe lebrt, sAgt
Foipndflt: Qii»i Volare* ad m'raeulum uigut eamfttlim ii'ilil, hoe lam,
fttil htme mtrttut 4t ctleMt in Haiti» medieai It. Ja. WtlfiHt , hI {qurm-
a^admai »T^rtifwiKt habt») tanquam »tertlum ali'qaBil ft/iitln'iiima tK„
PriucSfi Ludoeico itHiori, llatiiaa Landgrml» f«l'« rsfalm , noa reeelnre
veltfl yrirntquam ipii anuuaUm becnn tvginalumt promitlertt , qua proHriii'-
tnt fmcta, »H tantuM htrbam limariam ei momtlravtl , led tiiam addcmd»
veniaUmK evmlmelum, differtntiam httjn* ab Btala paUfixil: »imimm qnad
E»mlm lmct«»imt. Mint latfLinrnt-ia <rt$tat.
"■■■ - " ---— 'O"
— »4« —
nicht gleich schUelMa, dafs sie schon wirkliebe' Blutaderansohwe).
langen im Blasenhalse haben. Solcbe Slrangiirie oder Dfsnrie
hebt sich oft scbnell durch Schwefel, Salpeter und durch ein pant^
innhltges, ja wol darch ein eimnahliges Ansetzen der Blutegel;
indeb die durch wirkliche Blataderanscb wellungen im Blasenbnlse
erzengten Leiden nicht selten sehr schwierig za besoh wicht igen
sind. Letzte sind nii^ in meiner l*raxis, verbälilich xu anderen
Hrnnkhciten, selten TOrgekominen. Es wäre mir zwar unmöglich»
die Zahl der Fälle, die ich behandelt, anzugeben; aber rait Be-
«iinmlheit kann ich behanpien, dafs sitweilen mehre Jahre ver-
flossen sind, in denen ich keinen einzigen Fall der Art gesehen.
Die Blutaderanschwellungen inSssen wol nicht boi allen Leidem
an der nämlichen Stelle d^a Blatfenhalses sitzen, und bei den we-
nigsten der eigentlichen Harnröhre so nah, dafs sie dieselbe ver-
stopfen nnd wirkliche Harnverhaltung bewirken können, denn letzte
ist mix sehr selten Torgekommen.
Einst wnrde ich wegen Hamverhaltung zn einem fremden,
mir unbekannten, seit drei Wachen hier verweilenden Manne ge-
rufen. Aus der Erfragung ging hervor, dafs er schon lange Zeit
an Harnbeschwerden gelitten. Mit Mühe halte er ans Harnen
kommen können, und nach dem Harnen jedesmahl einen starken
brennenden Schmerz durch das ganze Perineum bis zum Afier ge-
habt. Häufig hatte er anch beim Sitzen Schmerz im Perioeo ge-
fühlt, und jede Erhitzung des Körpers durch geistige Getränke,
oder durch Gehen, das Uebel vermehrt, das erträgliche zum un-
erträglichen gemacht. Der Harn war abwechselnd bald klar,
bald mit Schleim, aber nie mit Blut vermischt gewesen. Auch
gab er an, van-hämorrhoidalischer Art zo sein nnd mehrmabis
Spuren von Knoten am After gehabt tu haben. Auf seiner Beise
hierhin, hatte er, drei Wochen früher, in einem Grensslädtcben
an gfinzlicher naroverhaltung mehre Tage gefährlich krank ge-
legen. Uebrigens war von mehren Aeneten, die er von Zeit zu
Zeit am Ralh gefragt, sein Cebel einsiimmig fiir Hämorrhoiden
der Blase erkannt worden.
Jetzt fand ich ihn in grofsein Schmerz, nnd die Blase von
dem verhaltenen Harn schon stark ausgedehnt. Ich trag grofses
Bedenken, die Entleerung durch den Katheter anzurathen, denn
mir schien dieser Entleerungs versuch, wegen des Reizes, den der
Katheter an den schmerzhaften Blntaderknoten verursachen könn-
te, etwas bedenklich. Da jedoch, wie das alte Sprichwort sagt,
Noib Eisen bricht, so mufste ich, nach vergebenen medizinischen
Heil versuchen, endlich doch zum Katheter rnthen. Was nun die-
ser mechanische Heilversuch würde geleistet haben, kann ich nicht
sagen; denn während man Anstalt traf, ihn ins Werk zu richten,
folgte die Harnentleernng ■ von selbst. Vielleicht hid>e ich ohne
— «7 —
N«th d«n K«llM(«r f;efürcbtM ; Atintt jedoch, we)<^ in ähnlichen
Eulen ihn minder fTirchten, können eben so wenig in die Rlwe
NBd Haforöhre sdiaiien als ich, and in dem Einielfalle kann mei-
ne Bedeoklichkeit eken so viel, nnd vielleicht noch mehr wenh
aein als ihre Unbedenklichkeit. Ich habe ipäier den Manne durch
monatiicfaea AnseUen der Blutegel an den After und dnrcb den
Gebranch dm Schwefels grofse Erleichterung verschafft. Er konn-
te wieder harnen, ohne lange lu drücken und ohne hintennBch
SehmerMB nnd Brennen au empfinden; ja er konnte spSier eine
gMle Strecke gehen nod sich durch daa Gehen erfailsen, ohne sehr
peinliche Spuren Beinea alten Uebels an empfinden.
Ich glatibe, dafs die angegebene einrache, aber rrcilieh nicht
nnläslige Heilart die einzige ist, wodurch wir, wenn sie niK Mä-
faignng lange genug forigeaetrt wird, die Blasenhämorrboiden auf
die Dauer in MaHidarmhämorrboiden umwandeln können; denn,
wie ich achon oben gesagt, Blutegel entleeren nicht Mofa, sondern
bei wirklichen Bau chToHbiFii igen befördert ihr wiederholter Ge-
bxaach den Andrang des Blutes nach dem Afier. Wie es dem
Manne, dessen Geschichte ich eriiShlt, weilet ergangen, kann ich
Dicht sagen, denn er hat später diesen Ort und vielleicht dos Land
verlassen.
Em ist merkwürdig, dafs auch die Aderknolen im Blasenhalse,
welche stark blaien, so viel Schmers verorsacben; man sollte ja
denken, durch das Bluten selbst müfslen sie suaiimmenfallen nod
Schmers and Harnzwang müfslen minder weiden. Das geschiehst
aber wol in den wenigsten Fällen. Vom Jahre 1828 finde ich
in meinen Papieren einen bemerkt, der so leicht war, dafs Blu-
tnug und Harnitwang Uofs auf den Gebrauch des kubischen Sal-
petera und Schwefels, ohne Blulenileernng »«a dem After, in vier
Tagen wichen. Der arm« Mann, der wegen eines kleinen Zoll-
Vffgehens hier xur koraen Haft verdammt war , wurde mir von
uaaerm mitleidigen Biirgemeister wir ärztlichen Behandlung Über- -
geben, damit ihm «eine Haft zur Wohlthat erschiefsen mttchle.
Nach wiedererlangrer Freiheit hat er mich noch einmahl ans sei-
ner Heimath beancht und mir die Nachricht gebrach^ von seinem
Üebel, welches ihn schon .lange vor der Verhaftung geplaget, sei
anr noch ein kleiner Best Über; gegen diesen verlangte er noch
ein« Portion der Arzenei, welche ihm so gut gelhan. Solllen
meine jüngeren Leser, die noch nie Hftmorrhoiden der Blase be-
handelt, zum ersten Mahle auf einen solcHen leichten Fall sto .en
M ki*nw'eD sie sich der Einbildimg hingebe», als set das Uebel
ein gemächlich zu hebendes und sie selbst ganze Meister Frei-
lich anf die Dauer würden sie schon enttäuscht werden; da aber
JMle praktische Enttäuschung uns unangenehm berührt, so will
- J48 —
ich, um sie vor aller Einbildung' zu Inwabren, iknen «{n eroM-
hafres Gegenstück des leichteren Falles erzühlen.
Im Jahre 1832 den 27. Ociob. wurde ich ga einem Manne
gerufen , der sich im mittlen LehensHlter l>efaad , ohne gerade
Trunkenbold zu sein, viel Branntwein seit langer Zeit getrunken,
schon früher mitunter Spuren von Ilämorrhoidalknoleo am After
bemerkt, and jetzt schon eine ziemliche Zeil Strangurie und Ent-
zündung der HarnrShrenmündung gehabt. Der Zustand , werin
ich ihn fand, war folgender. Er hatte beschleunigten Puls, wetis
und dickbelegte Zange, ungeheuer heftigen Harnzwang, der liaro
war dunkelbluiig, die Mündung der HamrSbre «nlzQndet, die
blasse Eichel mit roihen Flecken besetzt, beide Knie schmerzhaft
entzündet und geschwollen wie beim BAeumatümut aculut. Ich
liefs ihm gleich, weil er ein starker Mann war, acht grefse Egel
an den After setzen, liefs von einem Tranke, der aus aSht Un-
zen Wasser, einer halben Unze knbiächen Salpeter nnd zwei
Drachmen Schwefel bestand, stündlich einen Löffel vtnll oehmen,
und legte auf die entzündete Harnröhcenmünduog , weil er «ehr
darüber klagte, eine schwache Auflösung von essigsaurem Zink
mit einem Zusätze von Billennandelwasscr. - Am folgenden Tage
niiifsfe ich aber der Verstopfung wegen , die der Schwefel allein
nicht heben konnte, zwei Unken Glaubersalz zu deiu Tranke aes-
zen. Ich will die Leser mit dem Tagebuche dieser Krankheit
nicht langweilen, sondern nur bemerken, dals vier Wochen hin-
gingen , bevor der Mann ganz geheilt war. Da ich spSter sah,
dafs die Aufregung des Gefäfasystenies nachliefs, die Verstopfung
aber anhielt, so gab ich keinen Salpeter mehr, sondern blofa
einen Schülteltrank von zwei Unzen Glaubersalz , zwei Drachmen
Schwefel und acht Unzen Wasser. Diese Portion persehne der
Kranke täglich und sie machte ihm gewöhnlich drei flüssige Stfible.
In dem Verlaufe der Krankheit habe ich achtmahl müssen Blut-
egel ansetzen lassen, jedesmahl acht bis zehn. Hinsichtlieh der
Zwischenräuqie zwischen den einzelnen EntleerungeD richtete ich
mich nach dem Blutandrange auf den Mastdarm. Sah ich, dab
eine Enileerung minder reichlich gewesen , go wartete ich mit der
folgenden einige Tage länger. Der Harn war in dieser Zelt meist
bluiig, zuweilen aber unblutig- Die Abnahme aller ZnfBlIe ge-
schah alliuAhlig, jedoch regelraäfiig forlschreilend. Da der Mann
ganz hergestellt war, blieb ihm noch ein Rest .des Rheumaiisians
in den Knien über, der seinen Gang steif und peinlich machte.
Ich sab diesen, da bekanntlich jede mitleidliche Aflektion eines
Organs zum Urleiden desselben werden kann, jetzt für etwas
blofs Oertliches an, und vertrieb ihn in vier Tagen durch Ein-
reiben der brenzlichen HolzsSure. Der Mann gestand mir, aich
seit langer Zeit nicht so wohl gefühlt zu haben , als nach dtewn
— M» -
hagw«Hi^D und wabtfaaft peidicfacn Strnnfw, Sollte man nun
nieht denken, er würde neiaen Halb, den ich ihm beim Abschie-
de gab, and der doch einiig dahin zwackte, ihn ror lolch gro-
(tem Leide ffir die Zukunft su schütz««, Inu befolgt haben j Er
befolgte ihn aber nicht; wahrscheinlich weil ein Gefühl Icrfiftiger
Gecuadheit ihn kühnmüihig machte, and ihm den Glauben gab,
er kSnue nie wieder so erkranken. Das Ding ging aber anden
■Is er dachte. Den 16. Uai 1835 wurde ich gebeten, ihn in
besuchen. Er war jelst ans Blnihamen gekommen, ohne vorher-
geh«ide Aoraabnnng. Schmersbafier Harnzwang war da, aber
nicht in dem Grad« wie frfiher; die Entzündung der HanirSbreo-
taindang, der Rbeumatiamiis der Knie, die Aufregung des Go-
ÜkMjatema fehlten jetzt; kurz, das ganze Uebel war, mit dem
frffberen verglichen, nur Kinderspiel. Ein zweimahliges Anseizea
der Egel und ein Trank von Schwefel und Glauberzalz hoben ea
in acht Tagen. Ob er jetzt meinen Raih, durch von Zeit zu Zeit
angesetzte fitoiegel der Natur den ricfat^fea und genachlictwn Weg
der Euleemng za weisen, befolgen A'ird, mnfs die Folge lehren.
In Jahre 1B34 erlebte ich bei eines* jungen Manne ein Aben-
teaer der An, welches denen meiner Leaer liesonders lehrreich
sein wird, die eine auagexeichneie !Veigiing haben , nlle der Krank-
heit Torfaergegangene Begebenheiten mit derselben in einen phanta-
•tiaehen nrsachlieben "Verband zu briogeti.
Der junge Mann war von Aeliem geboren, die beide den
Verdacht der BnuchrollblQtigkeit halten, obgleich sich dieselbe
nie tknllich aasgesproehen. *) Erfahrene Aerzle wissen aber recht
gat^ dafi dieses Uebel, wenn es bei den Aeliern ein bloJs ver-
mnifaliehes ist, sieh in den Kindern zuweilen deutlich aasprSgt.
So ging es denn auch hier. Die Tochter, eine jnnge Frau, die
noch nie geboren, litt schon an blutenden Hämorrhoiden der Blase.
Der junge Mann hatte auf einer GeschEftsreise in den Niederlan-
de« ein angeblieb reines, aber dodi feiles Mädchen erkannt.
Gleieh darauf war der Naohen, in dem ihn ein Schiffer dem
Dampfhoote zuführen wollte, umgeschlagen, und er nebst andern
Reiaeuden ins Wasser gefallen. Ans dieser Gefahr durch hSlf-
reidbe HSnde gerettet, kehrte er in seine Heiinath zurüclc Ein
*) Jetct , PÜmlicb , ■■ Jihra 1840 bat «leb erat die Bagcbvollblüligkait de* Vt ■
Icn dcDtlich olTenbaret «nd iwir nt eis« i« Mllei» W«)*« , dafl Ich Bit
Wtbrfaeil bcbsBptaD kaia , In den fiates Zeitrasve Baioet Srlitliebci Wir-
kest Bicb'i Sbalicbti b<ob*abl«t za haben. Da ab«r du Haaaaaript dietai
Baches icboa geberiet , piiiairt and gaaz leai Drnrke ingericblet iit , ta
kioa ich aiubt wol die Enähluag dieaei bemerke ntinirdigeü FtUei , oboe den
Üefarillielier za »lürea , hier etnicbalten , matt «lio dea L««er »af da« Enda
dieiei AbieboiUet and cirar aaf den Artikel Tarweliea, der die (lebencbrin
■Ml wvhltbitlgsHarBblaiaablatssf.
"■■■ - '■ ---~-\^-~
— 250 —
panr Tilge auch seiner Rücklcanft kam er xn mir nnd klaigt« Hber
einen dumpfen, mehr drückenden, aAa giechenden Schiiieri im
linken Bypeekondrio nnd über Öfierea NSihigen zum Hararn. Die
Mündung der lUrnrahre war leicbl geröihet nnd es zeigte sich
eine ScMeimsbsoitdening in derselben. Da er nie einen veneri-
gchen Tripper gehabt, so war er in Besorgnifs, ob ibni die nie-
derlSndische ceine Magd vieiteicbt eiwns sehr Unreines mdchte
luifgetheilt haben. Die Zeit jedoch, die iichon seil dem Bei^chUre
verflossen, und das gance Ansehen der Ruth« beKhigle mich, ihn
in diesem Pnnkie xu bernbigen. Hiosicfatlieh des Seiienschmei^
xes, versicherte er aof meine Frage gnns bestimmt, dafs er bei
dem Umschlagen des Nachena keinen Stofi hekommea, auch auf
keinen harten Gegenstand, sondern gleich ins tiel^ Wiuser ge*
fallen sei. Weil er bei diesem Abenlener die Besinnung nieht
Tcrrloren, konnte ich auf seine Aussage bauen.
Sein ganzes Befinden war übrigens gut, nnd da seine Harn-
beschwerde blofs {n eiftem öfteren aber scbioerslusen NJHbigen
zum Harnen bestand, so hatte ich keinen guten Grnnd, dieselba
als ein Zeichen von Hämorrhoiden der Blase ansnsehen; im Ge-
geniherl , ich mu&te sie mit mehr Wahrsckcinliehkeit für die con-
sensnelle Folge der kleinen Entzündnng der Harnröhreniwiindung
nehmen. Uebrigens stelle ich nicht in Abrede, dafa mir der ganze
Znstand dunkel war. loh liefs blofs eine sctiwnche Auflösung des
essigBRnren Zinks mit einem Ziisatse vtm'Biltermnndelwasaer auf
die Eichel legen, gab zum inneren Gebrauch, weil der Schmerz
in der Gegend der Mils war, die Tinktur d«s Frauendisielsaneas,
und wartete dann ab , ob mir die Zeit das. Dsokle aufbellen werde.
Die Lösung des Räihsels blieb auch nicht lange aus. Eines Ta-
ges, es mochte ein paar Wochen nach der entien llaihfragung
sein, werde ich xu ihm gemfen und finde die blutenden Blaaeo-
faSmorrhoiden deutlich ausgeprägt. Sein Hurn war nffmiicfa dun-
kel blutig, wurde mit grofsem Schmer« entleert, und der Damm
schmerzte beim Sitzen. Die CntKÖodnng der Hamröhrenmündnng
war auch gleichzeitig und sehr lästig vermehrt. Da der Mann
einen zarten und reizbaren Organismus halte, so blieben bei ihm
krankhafte Zufälle nicht aus, denn diese sind ja bei reizbaren
Körpern gewöhnliche Begleiter heftiger Schmerzen. Ich mufsie
säuberlich mit ihm Verfahren und durfte ihm mit den Egeln «o
hart anfänglich nicht zusetzen. Die erste Entleerung durch vier
Egel griff ihn stark an , das Blasenleiden war am folgenden Tage
verschlimmert. Diese scheinbare nnd bald vorübergtihend« Ver-
schlimmerung irrte mich aber nicht; ich hatte sie mehr in luei-
nem Leben beubachlet, und wufste, dafs sie ohne Bedeutung war.
Nach und nach vertrug er die Blutentleerung immer besser, so,
dafs ich die Zahl der Egel vermehren komte. Nach -der driitt n
— 851 —
EeltMiuag nip«D aidt mIm üttmorrfaoidalkaoieD am Aficr, wel-
ches immer eine lefar envnaiclite Ericheiming ist. Nach der (Har-
ten EUitlecning Mar das Uebel gehoben; weil aber ein Rest des
Schmenes in liaken Bypochomdrio nrückgebiiebeo , liefs ich noch
eine wchsle nachträgliche filaienlleerong machen. Uebrigens wac
Schwefel mit kubischem Salpeter y«-buaden das Huptm!llel, wel-
ches ich ionerlieh gab; jedoch nSthigien mich ven Zeit zn Zelt
krampfhafte ZuAlle, andere Arxenei, ohne Uialanseiziing des
Uauptniittcls, zu versuchen. Diese Versuche waren aber um kein
Haar erfolgreicher, als frühere, die ich bei anderen Kranken
gemacht, (begreiflieh rechnet man bei solchen Vetvncfaen nur auf
seitliche Beschwichtigung). Da« Einreihen der BelladoMMsalbe
in den Damm stillte die HchmenEbaften Krämpfe der HarnrShre
eben so wenig als ob ich gemeines Fett iifttte eiarmbea lassen :
das alle bekannte Hausmittel, warme WasserdRmpfe, war xnr an-
genbficklichen BesHnfiigung dieses peinlichen Zufalles noch das be-
ste. Die Daner der Krankheit war bei diesem Manne noch Ungwr,
nls bei jenem, dessen Lndensgmchichte ich eben enXhlt, denn,
wie gesagt, ich mnfate mit diesem Kttrper säuberlich rerfahreo.
Man kann niohi alle KSrper über ein^n Kamm acheeren, und mufs
mitunter, will man den wahren Zweck, gründliche Heilung er-
reichen, an das alte . KpriehwArt , eile mit Weile, denken.
Ob die BIntaderamchwellungen im Blasenhals« ganz gehoben sind,
kann man zwar nicht mit Augen sehen ; wenn aber die Zufälle
bis auf des lelzien Rest ganz Terschwanden sind, nud die Ver-
richtung der Blase und Harnröhre wieder vollkommen normal ist,
so mufs man doch annehmen, dafs auch die Blutaderanschwellun-
gen rein verschwanden sind, und gerade dieser l'ankt ist die
Hauptsache. Bleibt noch ein Rest dieser Anschwellung über« so
kann ein chrwnisehea Hebel daraus werden, welches zwar nur
periodisch recht bSse wird, aber nuch anfser dieser Verschlimme-
rangdzeit den Menschen unablässig plagt; nach jahrelangem Lei-
den ist das Ende die Schwindsucht und der Tod. Vor ungefähr
15 Jahren wnrde ich su einem Kranken gerufen, der sich im Un-
ten Zeitranine der von Blasenhämmorrhoiden entslandenen Sohwtnd-
sucbt befand. Es war wirklich schauderhaft, diesen Knochenmann
zn sehen und die Erzählung seiuer Tieljfihrigen Marter ansuhft-
ren. So viel ich begrifT, hatte er schon Vereiterung im Blasen-
halse, und nicht ich, sondern nur der Tod konnte sein Helfer
sein. Meinen Jüngeren Lesern gebe ich nun folgenden Rath. Wenn
Leute von IS, 20, 24 Jahr, die tob echter hämorrhoidalis eher
Fnmilie sind, über anhaltende, oder vorübergehende, aber oft
wiederkehrende Strnngnrie klagen , so ist es Zeit , durch Blutent-
leening ans dem Mastdarm der Natur den wahren Weg zu bah-
nen. Hier mufs man auf die genaue Diagnose verzichleo; denn
maa kann keine beslimmfe ErkeDotMb wiaet Krankh«! bmben,
oder diese Krankheit mnfs •cboa aaigebildet in dem Menkche»
liegen. Es bandelt licb aber gerade darum , der Auibildting der
Blasenbäniorrhoiden vennbengen, milfain ninfs man oicbl zu be-
denklieb in Anwendung der iweckdieniicben Miltel sein.
Bei nicht bluten den Blaiienbfltiiorrboiden, die, änilich verkanni«
den Kranken Bchon lange (über ein Jabr), geplagt, habe ich
durch riinf- bi* secharaabligei Ansetzen der Egd, durch Schwe-
fel und Salpeter wol Erleichterung verachafft, aber doch nicht
•ine solche, wie bei einem neuen (Jebe). - In diesen PMIen bat
mir der innerliche Gebmucb des Alanna auflaUenil giiteniensle
geleistet. Ich denke, er wird wol die Blnladerknoloa im BlnHe»-
halse xnsaamenalebfln und dadurdi die Ilarnbeschwerden beseiii-
g«o. Die Eileichtening , die er schafft, ist aber nicht von Bc-
abind.
leh glanbe, dafa, da ich-jetat von der Krankheit de» Pfori-
aderaysteines geredet, der Ort. nicbl ganz unschicklif^ sein inöcfate,
ren der VerbKrtung im Gekröse ein Wort xu sagen> Ich sehe
dieses Uebel aJs unheilbar an, das heilst, ich kann es nicht hel-
len; ob andere es heilen können, will ich nicht entscheiden.
Ka ist ein seltenes Uebel, so glauben wir praktischen Aerzle; ob
es aber wirldicb seilen sei, lAfst sich nicht mit Bestimmtheit be-
haupten. Die Schwulatverhärtting des Gekröses hat bei ihrer er-
sten Bildung genug krankhafte ZufHlle -zu Begleitern, aber kei-
nen einsigen ^ aus welchem wir auf . ihr Vorhandensein mit Bc-
siimmiheit, ja nur mit Wahrscheinlichkeit sebliefseu kdonlen.
Die Zonile sind die aSmlichen, worüber die llypoebondristen
klagen; und wie ein IrrKcfat den Wanderer lAuscht und verlockt,
to tänscSen und verlocken den Arst hier die ZufHlle. Bald soihe
man schwören, man habe ei mit einem Leber-, bald mit einem
Milzfibel KU ihnn, bald glaubt man wieder, es sAfae in den Där-
men , bald in dem Pforiaders^steiiie. Ich bekenne hiemil aufricb-
lig, dafs ich den Scirrhum Metenterii noch nieniabis habe er-
kennen kBnnen, als dorch das Nicht« irben meiner Mittel, welche
ich nach ttad nach auf alle Baachorgane anwandle. Es ist eine
gar wehUnfUge UBtersnchnng , und wenn man zur Erkennlnifs .
gekommen, ist die Erkenmnifa auch nicht tröstlich.
£a bann selbst möglich sein , dofa sich das Uebel bei seinem
Entstehen gar nicht eiomabi , oder doch nur Biufserst schwach
im Bauche äofsert, sondern daJä es sich als Augen-, oder Kopf-
leiden darstellet. Ich habe dieses zwar nicht selbst erlebt, aber
weils es doch aus dem Berichte eines jungen Mannes, den ich
in einem spKieren Zeitraome des Uebels behandelt, und der au^
an demselben gestorben ist. Bei diesem hatte es als Schwiiche
der Aitgea und Sehen von schwarzen Punkten angefangen. 'Der
- 4M -
Professor II' io Q' bMie m aln U«fMB AagvaBb«! behsn^elt,
welches ich Dicht blofs bus den Beriehic de« Kranken, sondern
auch aus den niiigeb rächten VerordoBBgmi erkennen konnte. Ab-
gesehen von dem Berichte des Kraidien , kann nun schon jeder
unheilen, dnfs das Bancfaleiden damnfals sehr verhören ^wese«
sein niiifste , weil ein ^lehrtar nnd kinger Arst es nicht berBek-
sichiigte. Mit dieser Angenknr «er nnn viel Zeit rerbracht, ohaa
Hülfe Sil erlangen ; der Bauch war krank nnd inner kranker ge>
worden. Da Herr H* Binst lange abwesend and «ich der Jnnge
Mann mit seinem Banche in grofser.BedrSngnifs befindet, wendet
er sich an den Prof. S". Üies^r siebet «ins ganxa Leiden als
Banchkrankheit an ^ Terordnet ihm sweckmftfsige Mitlei nnd heifül
ihn nach Ilanse reisen. Wie ich den Kranken sähe, war, ob-
gleich die Angenaffektion nodi anTorllodert vorhanden , 4as Baneb^
leiden so deutlicb nasgeaproehen , daCi aach dar allereinfUtigst«
' Arst die Krankheit weder in Kopfe, noch in den Aogen wüid«
geaacbt haben. Ich halte Znt genog, den jangan Mann anf nataa
Weise an notersnchen and zn behandeln. Das Nichtwiikan aller
Mittel, deren Heilwirkung ich genau kenne, aber auch mir ein*
xtg dieses NiehtwiikeD gab mir endlich die (Jaberseagung , dafa
er an einen Seirrko iJetemterii leide, and swar an einem sei«
«hen, der nahe an den Darmk^nale sin», vielleicht diesen tun
Theile versebliefte. Femer war es wahrseheinlicb , AnXtAttSeiT'
rAtit an irgend einen One der dicken D&rine sieb befinde. Nicht
Bowol die hartnÜekTgo Veisiepfiing nachte dieses wahrschelnlleh,
als vielmehr der leidende, schmerxbafte, krampflnfie Znsiand,
der durch die Anwendung eines ganz einfachen nilden Klystiree
hervorgerufen wurde. Un ich anheille, dafs das Uebel durch
meine KunX ni<^ la heben sein werde, liefe ich den Jangen
Mana lu seinen Aellern anrickkehren nnd- ühaigab ihn dort der
linilichen Vorsorge des jetzt verstorhenea MedMnalrathes K".
Diesem bemerkte ich zugleich ansdrikUich, «r werde den Kran-
ken nicht blofs nicht heilen, sondern nicht einmnhl etwas ersin-
nen kSnnen , wodarch er ihm die geringste Lindemng seines Elen-
des bewirke ; welche Rede neinem Amtsbrader hart und unglaub-
lich lu sein bedSnkte. UngeflÜir einea Monat nachher wurde Ich
gebeten , den jungen Mann in seiner Heimath sn besuchen und
mich seiaeiwegen mit Hern tC. m besprenhen. Jetzt fiagte ich
diesen , oh er dem Kranken schon etwas war Erleiohlemng habe
geben können. Er sackte die AchselD und gestand mir, es sei
ihn ein solcher, der Kunst im eigentlichen Sinne ganx nnzngKng-
licher Fall noch nie rorgekoianeo. Wirklich 'war es der erste,
den auch ich je erlebt, wo die Kunst nicht einmahl im Stande
war, auch nur die mindeste Erteichlerung auf eine Zeitlang an
verschaffen. Bei meinem jetzigen Besuche konnte ich den Ort,
— zu. —
wo der Seirrhut 8afs , d«ntlich bmlimmen , er safs ttSmTlch tD der
Gegeml des Blinddarnie«. Ei wftre wol besser, dals man im
Anfange die Sache ao genaa wiuen kö&nle, dadurch würde man
viele Mühe ersparen. Ich weifa nicht , ob allen Lesern die Art,
wie man im spateren Zeilraame zar deutlichen Erkenntnifa dea
Seirrhi Metenttrii gelangen kann , bekannt iat , oder ob man sie
in gedmckten Büchern beachrieben findet. Sollte ich etwas gar
%a Bekannlea aagen, so bitte ich, man wolle mich gütigst ent-
achuldigen.
Ich Inaae den Kranken i^if ein SoEn sich rücklings hinatiek-
ken, l^e meine beiden Sachen Hände auf den blofaen Bauch,
und drücke dieaen, nicht plump und plöulioh, sondern leise, mit
nach ond nach xunehmender Gewalt recht derb zusammen. Weon
man »inem gesunden Menschen dieaea ihut, hat er davon weiter
kein Leid, ala das Hioderiiche des Zasammendrückena ; ae bald
dieses anfhSrt, ist ihm so, als wäre ihm nichts geschehen. Be-
findet aiofa aber eine Verhfirtnng im Gekröse, ao fühlt der Krank*
eine Zeit lang nachher Schmerz auf der 8ielle, wo die VerhSr-
tnng sitzt; der Schmerz kann eine Viertel-, ja eine ganze Stande
anhalten. Jedermann begreift leicht, dafs dieaer Handgriff im An-
fiBOge der Krankheit kein sicheres Besnltiil geben kann. Die Ver-
bfirtung mafs sich in einem krankhaft gereizten Zustande befinr
den; Qur dann erscheinen Nacbwehen nach ftufserem Drucke.
Befindet sie sich nicht in einem aolchem kranichafien Zustande,
«o kann auch kein \achweh entstehen, so wenig ala eine Aufser-
Höh unter der Haut liegende verhürtete, sich nicht in einen
krankhaft gereizten Zustande befindende Drüse nach einem mäfai-
Dmcke web thun wird. Da nun aber die Schwulstverhänung des
Gekröses bei ihrer Entaiehnng und bei ihrem Waebsibume wol
nicht reizbarer sein wird als jeder andere Theil dea Körpers, son-
dern da diese krankhafte Heizbarkeit erst in sie kommt, wenn sie
bis anf einen gewissen Punkt gediehen ist; so ist offenbar, dals
der angeführte Handgriff b« der ersten Entstehung und bei der
weiteren Ausbildung ganz ouizlos sein mufs. Ferner begreift nach
jeder ohne Mühe, dafs sich die Zeit, wann man lur Sicberheit
der Erkenntoib gelangen kann, unmöglich bestimmen läfst. Ais
Ich an dem jungen Herrn, von dem jetzt die Hede ist, die ange-
führte Probe gemacht, fühlte er wol eine Stunde nachher noeh
Schmerzen in der Gegend dea Blinddarmes: Man mufs aber den
Kranken , den man also nnterauchl, nicht bintennach fragen , ob
er Schmert fühle; solch unweises Fragen gibt unaicfaere Erkeant-
nifs. Wenn er wiricUcheD Schmerz fühlt, wird er es schon an-
gefragt sagen, und aus diesem freiwilligen Sagen gehl die ge-
wisse Erkennlnifs hervor. Merkwürdig war es, aber von mir
olohl zum ersten Mahl« beobaohtet, dals der Pnla des Kranken,
_ 255 —
der doch nnr noch wsniji^ Woohen xii leben hatt«, ho unbwleii-
lend faeacfaleuoigei war, ia(a der Pal« manebm etwas reizbarea Frau-
enliorpers im gesunden Zusinnde aehneller «shlSgl. Der Medixiaal-
[Hih^. hat den Leichnam nichi geöffnet, wahrscheinlich ueit.es »oh
der CtnüiSnde wegen nicht wol thnn liefi; b«i der deiillichen Er-
keiintnifs wilrtte aber auch die Oaftnung ganz tiberilnuig und nula-
los gewesen sein.
Ich denice, die Geduld der Leser eben auf keine harte Probe
XU stellen, wenn ieh ihnen noch «inen xweiten, aber weil nierk-
wördigeren FaD der Art ersilhle, bei welchem di« Leichenöffnung
der Umstände wegen «war nicht su nachea war, die Erkenatnib
aber schon ein randes Jahr vor dem Tode anfeer allem ZweiCai
fest stand.
Der Mann, deaaen Leidenigeaehichte ich jeisl enfihle, war
wiiielmirBig von Körfiergestalt (er inoehie fünf ¥uU x%vei «der
drei Z<^l inesseD) und tn fett, daf« er in seiner Blnihenxeit drei-
hundert und «ebtzig Pfund wog, das'Pfand n ledizeba Unaea
gerechnet. Diese Fettmatic machte ihn so unbeholfen , dafi er
aicb «ich! einmahl die llftnde selbst waschen koante, weil er aioht
im Stande war, sie susamniea su bringen. Er war ein Kimwer-
«Mt ond ein grofser Liebhaber dm Wetntrinkens ; selten sah man
ihn aber beransehi, er konnte fn einem Nachmitlnge mehrere Fla-
■eben Wein ni eiefa nefauMn, oboe duüi ihn dies riibrie. Einig«
Jahre vor der Zeil, da sich bei ihm die Veilifirtnng im Ciekrftae
bildete, bekam er eine Mast dar mfiaiel , von wdeber ihn der sehr
bekannte nnd geachieie Wundarzt Herr v. Roggen zu Nimwegen
dorch die Unterbindung befreite. Ein paar Jahre darauf ersengte
sieb eine Fislel des .MitielAciscbes , welelteHerr t. Roggen durch
den Schnitt heilte. Diese Idstein waren das Vorspiel des groben
Elendes, mit weldwtn er ia seiner letzten Lebensaeit faeragcsaeht
wurde.
Zuerst erschien Kolik, jedoeh' nur von Zeit zu ZmI. . Ihre
niciute erkennbnre Ursache war eine greise Masse Säure. Wenn
man diese darcb Magnesia nenuähsirte and wegschaffte, so koonie
man die Kolik sicher anefa sehnall beben. Die Säaie in seinem
l>anniunale war so ftuend, dafs zwei oder böchsyns drei ffüssige
«der bseiign SiSfalo ihm Scbrnndeo am After maditcn, welche so
lang waren, als die Haotfalien der Dnrmmändung, AnCier der
Kolik stellten sich nach nnd nai^ Krämpfe im Bnnehe ein, w«t-
cfae, wie bei hypoehendrisehen Menschen, zur Zeit der Verdaanng
micblig verwalteten. Ein wahres Ungiflck fBr ihn war, dafs er
beständig Hunger halle nnd doch die Speisen nicht vertragen
Ich will die Leser nicht luit Aufzfihlnng alles des Elendes
Mi/ballen, mit welchem er in einem Zeiinmme von ongeflihr zwei
— SM -
Jahren geplaget warde; jed« kann m\A das leiobt selbst denken
and wird mir gern das seliulgerecbt langweilige Tagebuch erlaa-
aea. Aus diesem ZeEirauue bemerke ich blob , dafs nach und
nach der Wein und andere geisiige Gclrfioke iiiiiner minder unjl
minder verlragen wurden; sie machten unangenehme, krankhafie
Gefühle, weshalb der Mann, von mir anaafgefodert , nach und
nachseiner Lieblingserqnickung ganx entsagte. Sein Körper wur-
de allmfihlig so empfänglich für die Einwirkung geistiget Millel,
dala fünfzehn Tropfen Hoffmannischer Liquor die höchste Gaha
war, die er als wohltfatUigea beruhigflndas Mittel vertrug; eine
etwas gra&ere Gabe, weit entfernt, die Krlm^pf« au beruhigen.
Tarnehrte die Torhandenen und that au den baaiehanden krankhaf-
ten Zuf&Uen noch -neue hinxu.
£■ war um diese Zeil, dafs iob Jaofa in ihm genifen wurde;
er hatte zweimahl knra naoh einandar flüssigen Stuhlgang gehabt
von breiigem Koihe., welcher mit Blnt anlarnengt war. Jedoch
aebien mir die Menge des Blntes bei weitem nicht so heirBoblUcb,
da£i man sich aus selbiger die seltsame nnd pl5taliche Vaitad«-
rang seines ganaen körperlichen n'esens, die gleiehzeiiig mit der
EntleiBrnng eingetreten war, genügend hute eikUrea kSaaes.
Diese VerBndemng war se, dai« ich dachte, -er seiHahe daran,
den Geist anfzngebeo. Die Kräfte waren ginzlich gaacbwnadaa.
Er, der bis jetzt noch dSn gaazen Tag aufsafi, zwar nicht anf
die Stratse kam, aber doch »eine jariBliacfaen GeschRfto in HaAae
versah, war plötzlich nioht allein nicht im Staade das Bett zu ver-
lassen, sondern, wean ihm znr Verrichtung seiner Noibdnrft doa*
läleckbecken untergeschoben wurde, und er liegend seinen Körper
mit Hälfe der Arme so weit liebten rnnble, um das Untersteckea
des bekaoniliob aiedrigea ' Beeketas möglich zu machen , war er
von dieser geringen Aoalrengiuig, deren sonst die Kranken bia
nahe ror dem Tode noch fShig sind, so erschöpft, dafs sein Athara
Jagend ging, wie der Athen eines Menschen, der mit der AnlJwr'
Sien Anstrengnag setner KrSfte bis mm Ausgehen das A'iheau g»-
lanfen. Uebrigens war sein Pah zwar klein, aber doch binsidit'
ti^ der ächnelligkeil , vea den nornslen wenig reraobiedea. Im
Rauche brüllten beständig die Winde; ein mülsign: DnrdifaU
(nngeAhr alle drei Stunden eine Entleerung, ohne dafs dar Knth
wnter nit Blnt durchmengt war) begleitete diesen SobwHehean-
stand. In der Gegend des Blinddarmes zeigte aioh eine achnerz-
faafte Stelle, auf welche man eben nicht sehr hart in drücken
brauchte, an Nachwelten zu vemraacbeD, hier hatte hftofast wahr-
scheinlich die längst vMinuihele Verhärtung ihren Sitz. Was
war nun aber in dieser für eine plötzüdie Umwälzung vorgegangent
Mainer Meinong naefa , darfte das wol ziemlich unerklärbar bleiben.
Merkwürdig war das Augb des Kranken, es hatte einen ao
— »7 —
umaietUA flaam Blkic, vi» 4u Auge deuM, der deiu Tod*
guu BKh« itt. (JsbrigeM leigtMi aicfa aeiae geUiigeo KfSrie
•foh ■BveHein ; er fSrcklele dai SttrkcD, hM(k aber du Zutrinea
aa meiner Kuml, dab sie «r«] rikralich den Kampf mit dein Tod«
bestehen werde.
Was war nnn bei der Sache in (hast — Uea geringen Dureh-
lanf durfte ich nicht mit Gewalt heminen, denn ich nnbie ntcbt,
waa die Natur durch ihn sa ihm beabaichtigle. leb aeizie iba
^o Mofa eine einfache Oelemnl»on entgegen. Uebrigena baiM icb
■chon ähnliche, wenn gleich minder bedenklidm Fllle erlebt, UM
■inzBiehen, dafa die Kunat in aelbig^n nichia anders iluin kteae.
all ein ktinatllchea Leben Htacben, nnd ea dann vom Scbiokaala
abhangaa lanen , ob dieaea liunttlicfa angefachte Lebea wieder
felbatatfiadig werden, oder erlttseben well«. Bia jetil hatte mir ia
ibaKchen Fällen bei nndera Körpern dar SehwefelGther die baatea
Dieaatfl geletatet; aber wie «rfirde dieaer bei einem Manne wirka*«
dar bia dafaia hüehuens fanfEchn Tropfen Hoffinaanniaeben Li^aar
veriragao konniel tLt lei mSglicb, daehte ich, daCi dnreb dia
jetzt eingetretene RcToIntion, aaf welcher denn dadi «in nadard^
^ringlit^MB Dvnkel lagere, dat Verhaiinifa iwiachen diaaam kraa-
ken Körper und der Anftenwelt etwaa verindert aei; nicht bItA
dt« käntdariache Klngbait anil WiCabegiard* arfoder« hier eiaea
voraichtigen Verancb nii Anwendwag des Aelhera, anadein «cMtat
«• Pflicht.
In »eichoB FAllen kann aber wvm kaiaem Mitetj JDcfar,
Hignmtmr dia Rade aein. Ich blieb bei dem Manne, linfa ata
paar Ikaea Sebwefalllher holen, gab erat mSCiig» PonioneB mit
Waaaer, nnd da ieb aah, dafs diese gat Teitragan wnrdca, immer
gröiaera and in kfir^ren ZwiaebearSameo« Weit eatfemi, dab
der Aetber jetat, wie froher, krankhafte, widrige GafSfalo erragt
Ultta, bewirkte er TJelmehr daa G^eatfaeil : daa GaAfal von gia»-
lieber At^fespanUtheit warde minder, daa flane Aage nach aad
naeh aalftriich , die Maakelkrafi kehrte inaeihalb aohtondrienig
Btoadea ao weit wiadar, dafs der Kranke aich, wie jeder ander*
•ebwaobe Menaeh, Im Bette bewegea koania, ohne aas dem Aiham
an kommen.
Nach acht nnd vienig Stnnden uibeyte ich , dt* Lebwaga*
Mir Bei TorCber ; die Besaeraag, in ao fem almiicb ein mit einem
■BheUbnren Uebd Behafteter beaser werden kaaa, machte sieh
bald ; !a etliche« Ti^n war er wieder auf dam Punkte, aaf wel-
chem «r tm di***r nBarklftriwrMi UmwUsnaf gewesen. Aber
ano deake aich der L«aer, welche VerKnderat^I Der Haan, dao
ich ia den ersten zwei Tagen dieses Abeoteaaia jeden Ti^ anm
mindeaten swei Unsen Aetber gegeben nnd mit dem betten Er-
felge .gegeben, bei deaa idi, wie dar Xjeaar wal von seibat den-
— JM —
k»n wird , J« nacMera die L«bwi^«f«hr vendiwsnd , auch jenea
kiinillichen Lebenireis Mtadeile, diesei Mann war in einsm Zeit-
ranme von Mcb* Tagen m aingeändert, dafs die hüchate Ga[M
Aeilier, die er rertnig nnd die ihm wohldiai, fünf oder lecha Tro-
pfen berriig. Ist es nicht wanderbar und nahrhaft nubegreiflicfa
wie das A^erhfiliniie xwiichen den! inenachlicheo Körper and der
Aefsenweli so auffallend in kurzer Zeit kann verändert werden f
N'ach diesem glficklich überilandeneii Straube halte der dicke
Mann noch reichlich ein Jahr zu leben, in diesem Jahre ging
er ganz langsam dem Tode entgegen. Bald hatte er Kolik, bald
Dnrchfall , bald hypochondrische Beaehwerdea, bald spielte die
Darmsflure ihre alte Rolle. Das Fett seines KSrpers verlor sieb
immer mehr und mehr, er schrumpfte arg msammen und wurde
sehr runzelig. Heilen konnte ich ihn freilich nicht, aber in aUea
seinem Elende habe ich ihm nicht blofs eine kleine Erleiditerungi
sondern selbst manche frohe Stunde versehafft, so dafs er des fe-
sten Glaubens blieb, er werde bald, bald wieder der Alte sein.
Der Hanger war eine seiner grafsieD Plagen , weil er ihn nidit
befriedige« durfte, ohne dafür za bufsen.
Unter mancben Miueln, wodurch ich ihm ein ertrSgliebes,
und mitunter frohes Leben machte, habe ich den Mohnsaft gana
bis xuletxt aufgesparet. AVeil er durchaus keiae Neigung zu V«r-
«opfang, sondern eher xu Losleibigkeit hatte, und weil es unvec-
kennbar war, dals hei ihm die Schwulstverhartung des Gekraoaa
aMher dam Rückgrathe als den Darme sitzen nnfste, mithin letz-
ten auf keine, Weise verengerte ; s« konnte ich den Mohnsaft &ai
anwenden. (Im entgegengesetzten Falle thnt man dem Kraakea
einen sidileohten Dienst damiu)
Der Mohnsaft that nun auch solche herrli^e und den Kran-
ken froh überraschende Wirkung, dafs dieser seine baldige He^
tteUnog lebendig vor Augen sah nnd sieh die Zaknnfi mit den
labhaftCBien Farben ansnahhe. Wafarscbeinlicfa war es die Wir-
kung des Mahnsafies, dafs er die ganze Vorderseite seines Hao-
ses durchbrechen nnd sie nach der Zeichnnag einea Bauaeiatets
neu anfTubren liels; er hat sie aber, ao viel ich miek eiioaere,
nur ein einziges Mahl gesehen, indem ar sieb mQbsam aus dem
Ziiamer vor das Hans schleppte.
Bei aller Abnahme der KrKfie blieb sein Pah mbig nnd ra-
gelmftfaig. Gan* beuligerig wurde er nur ein |uwx Tage vor
dem Tode. UngeflUir tim uad zwaaaig Stunden, bevor w den
Geist aufgab, verlor er die Besinnung, nnd seine Geaichiamnsketo
waren in bestKndiger eoanllsivischw Bewegung, wodurch denn
sein mageres, rmuliges Leiebengenicbt ein wirldieb sehauderhaf-
-t^ Ansehen bekam. Zebu Miauten vor dem Tode konnte ich
seinen Puls kaum wie ein Fädobeo fBUea* aber «r ichlag noch
— «• -
•bm M laagutn, eban w rf^nülrig, wl« der de« gMUDdeatcn
M*mcheB.
t«h hib« n«cb Kodre Fülle roa ScArAm» meteitierii «riebt,
sie «ad aber weder belebrand noeh nnterhaliend genng, nn eie
der LAnf« nech lu enSUen. EiMt renchaffie ich einem an aol-
cbeiD Elende leidenden Manne, dem iwai Aerxte mit ihren kiampf*
•nd ■chraerzsiillenden Milleln die grfiulii^en Banchtchmereen nicht
atHlen konnten, dureh Einreibna; d^r Breehweinaleinwibe auf dea
BKnch eine ganze Zeitlang ein ertrIgUefaea Leben. Aber freilich«
anf die Dauer konnte dio dnrch aolcbe antagoniatisebe Reizung
erzwungene Beruhigung keinen Stand baltan. Bei der Oefinang
dea Leicbnama aoll man die vermnihete VerbSrtiuig dea Gekröaea
gefiinden haben; ick salbst habe sie niobi gesehen, der Fond war
aber bei Lebzeit des Mannes misehwer an erkennen. Wer an
der gegenseitigen Tbeünahme zwiachea dem ftufaerea Bancbe and
den Elngeweidea deaaelben gezweifelt hBtte, der würde sich von
der Wirklichkeit einea soleben Znsammenbanges sehr triftig hu»
ben übeneagen kftnnen.
Vor vielen Jahren verlangte einat ein Mann Heilung rov mir,
der einen Seirrkttm in dem GekrSse der dünnen Dftrme hatte,
weleber den Darmkanal verengte. Der Mann stand nnsXgliche
Sebmerzen aus, war hartoickig verstopft und brach alle Speisen
aus. Durch den mlfsigen Gebraach der Laxirniittel konnte ich
ihm den Sohm«-a ein wenig lindern, Stuhlgang befSrdem und daa
Erbrechen hemmen. Diese kleine Hfilfe wührfe aber nur ein«
Zeit; hernach wnrden die Laxirmittel eben so wol ansgebrochea
als die Nabrangsm itlel änd der Tod befr«ile »ha bald von allem
Elende, Es ist begreiflich, dafs in den Fallen, wo der Seirrkiu
den Darm verengt, der Kranke ein kürzeres Leiden hat als in
entgegengesetsien Fillen; aber freilich kommt anch hier wieder
viel auf die schnelle oder langsame Zunahme der Verhartni^ an.
Oben bähe ich gesagt, die VerbKrlnng im GekiSse sei mei-
ner Kunst unheilbar. Es kSnnie maacher junge Kollege ans die-
aer Aenfsernng schlleiaen, das Unheilbare müsse aacb tödtlich
sein; ich ibue aber ausdrncklieh Einrede gegen dteae Folgemag.
leh gebe zu, dab das Unheilbare in vielen F&Ilen den Tod her-
beifBbrt, Ja dafs zuweilen drr Tod nicht lange anf sich warten
ll&t; man beobachtet aber auch Fälle, dafa solche Kranken zu
einem ordentlichen Altar gelaogeo: darum mnb man sich hBl«n,
nnbedachtsam das Todesnnbail über einen Menschen ausznspre»
eben. Ich kenne «inen Herrn, der von hancbkranker Art ict; aein
Vater ist mehre Jahre vor seinem Tode irrsinnig gewerdea, eine
tnner Sehweatam ist schon lange irrainnig, oad eine zweite hat
ancb aehon eine deutliche, aber doch vorübergehende Anmabnung
von Tiflbfim gehabt. Der Herr idbat, ron dem ich jetzt afve-
— »60 —
ch« , leidet uhoa sait viel«) Jahren «n den Zuftllui , i\<e man
der Hypochondrie zuschreibt. Da er mich zuerst uiu Raih rragte.
war sein CJebel schoD att ; ich koante wol erfrHg«n , dar» er von
baucbkranker , aber nicht dafa er gerade voa hKiiiorrhoidBiJscher
Art sei. Ich habe aein Cebel nach und nach durch alle mir be-
kannte Oi^anheilmittel untersucht, und das Nichlh eil wirken aller
■ hat mir d^n Glaabea anfgedmiigen , er leide an einer Verhärlung
im Gekrftse. Im Jahre 1831 Sberfiel ihn ein iinrkeB Bltuapeien.
Ich konnte dieses nicht ala die Folge eines Lnngenfefalers an-
sehen, denn ich hatia ihn lange genug gekannt, am zd ■wissen,
dafs seine Lunge vallkonnien gesund war; mithin miifate ich tm
als eine consensnelle , von seinem urerkrankten GekrAse abhän-
gende Lunge na ftekiicnt nehmen. Ich gab ihm tar Besc^wiehti-
gnng dieser uonsensuelten Longe naffektion eine Abkochung den
FrauendistelHamens , der mich in salcfaea Fälien fast nie im ätiidi
Iftfst, jetzt aber wider Vennuihen ganz anwirlcsam war. Oi»
Blntspeien nahm za und wurde selbst so stark > dafi ich ernstlieh
besorgte, der schwache Mann möchte sich gani verbluten. Bl«l«
also "nm dem Tode cuvonukoMmen, gab ich ihn Alann, und
lief« es darauf ankommen , ob und wie sich der kranke Baneh
mit diesem Mittel vertragen werde. DmS» die LungenUntung
gleich aufliOrie, ist nicht merkwürdig, aber daia der krafike BsMKh
sieh bei dem Alaun auanehniend wohl befand, ist merkwürdig ge-
nug, um es versiandigen Aerzten milzalbeilen. Nach der Lungeil-
Uutung blieb eine starke Schleimabionderung in diesem Organ
nrBck nnd hielt mehre Meoale an. Ea wurde aber weder ad-
finglrcb, noch spftter, «in verdlchriger Kchlein ausgesondert, san-
dera ein dicklicher, ganz Uarer; .Husten war nicht' Torbanden,
als n«r der wUlkärliehe , dordi den der Kranke den Schleim *Bl-
laeren mnfste. In dieser Zeit wurde von andere* ddbei Beiheili^-
tan, nicfai In b&ser, sondvn in gnter Absiebt, bei der höheren
Behörde darsnf angetragen, ihn aaC ein Rnhegehalt zu setzen; sie
waren nftmlich der festen Uebemengnog, er leide an der Sohwind-
soeht und werde nia wieder seinem Amte verateben k&anen. Ein
Gotachien, das von lair gefotlert wurde, fiel a^ so aus, dafs dia
Behörde, anf dasselbe fnfsend, die Verabachindang Bicbt fnr nfithig
artete, sondern ihm erlanbta, sich VMlIufig einen Stellvertreter
an hallen. Er hatte eine so grofae Funcht vor dem Blntapeian,
md «in so nnliegrenztes Zuiranen cn deas Alaun, dn^ er wich
dringend bat, ihn denselben Weiler nehmeB sn laaaen. Otasa
Bitte kam mir gerade gelegen, denn ea w&rd* doch wahrhaft ihi^
riebt gewesen sein, ein Mibel fahren cu'laasMi, its ihm siobljuv
gnt that. Um ibas das Einnehmen gemächlicher «n matten , gab
ich |ettt den Alann in Pülenform; die Wirkung war folgend».
Die Scbleinab^ondemog in- den Lungen veraÜDtlfrte «llmlblig;
— tei-
lt gtagea ilb«r rfici Monate hin , «he aie gaa% aufboit«. Diem
war nir der deadiclule Bewein, i»U »it niebt lowol eine nnmil*
lelbare Folge der Blalung war, Mwdern daf« beide, Blutueg und
Sefaleineneoguag , blofs als vwsehiedene Fonoeo eüiee conseii-
■uellen Lnngenleidens von de» alten Gekröaefehler abbiogen.
Merkwürdig ist ei, dafä der Bavch des Maiwea rieh nicht blof*
gut mit dem Alttun vertragt •ondem bei dera Gebrauche derael-
ben anTerkennbar betser wurde. Geheilt ist er nicht und wird
wol nie ganz geheilt werden, aber er ist doob jetst ein ganz an-
derer Ma«B, all er fnlher war, da ich ihn »lent keanen lernte.
Die Beobacbtting , die maa üben früher gemacht, daf« bei Ver-
hftrtuagen iiu GelirAse, lelbat bei tödtlicfaeD, ja bei eiternden, der
Puh ruhig bleiben kann. beUftligte steh mir auch hier. Während
des gaaxen enfthlien Straufaes war der PuU m wenig aufgeregt,
ii^b man die geringe Aufregnng deHelben, mit grofeer Wahr-
wbeitkUchkeit* dem anlgeregten Gemüibtzuetaode beimessen konn-
te, in welcbeiN sich der Kranke, wegen einer uDgeraesseaeo Furcht
vor dem Blulspeien, befand. Die Leser werden (Air xagebeo, .dal»
der eraiblie Fall sehr ernsthafter Art gewesen; aber ein ernst-
haftes Uebel t«t nieht immer ein lödiiichei. Der Mann , der sei-
nem Amte so gut vorstehet als fräber, lebt jetzt von dem Ertrage
■eines Amtes recht genäglich; hä.te ich von Schwindsucht und
Ted getr&HuU , so würde er jeiit von einem mageren Ruhegehalt
aehren nüsacn, und mir dels wol wenig. Dank wissen.
Die Verhärtung im Gekröse macht es in manchen Körpern
gerade wie die Anschoppung anderer Banohorgane; sie kann voa
Zeit SU Zeit gang ruhig sein, dem Bohafteteu kein Leid aufügeo,
dann aber auf einmahl bdse werden und eine Zeit laag viel Un-
heil bewirken. Das Schlimmste bei der Sache ist, dafs ich die
bösgewerdene schlecbt besfinfiigen kann. Ich kenne einen Mann,
der seit iwansig Jahren ein solches Ding in dem Gekröse der
Danndftnne hat. Er ist saweilen ein ganzes Juhr und länger frei
von allen Bauchleiden ; wird aber die Verhärtung böse, so üufsert
aie sieh durch einen diimpren Sehmen in der Aabelgegeed, durch
gestörte Verdauung, tragen Stuhlgang, Eraeugnng von Sfture und
ander« naheiiuliche Gefühle. Das iffihrt denn ein paar Monate
and lifat alluählig von selbst naoh. Weder Egel an den Afler,
Mefa Aniepeien haben jemohU dauemdcin guten Einflufs auf die-
ses verzweifelte Ding gehabt; augepblicklicbe Erleichterung ver-
•ehafft Glaubersalzwasser mit einem reichlichen Zusätze von iNa-
trop. Da i«h in dem eben erzliltiten Falle die wohlihütige Wir-
knng de« Alanns mfAllig kennen gelernt, so versuchte ich auch
einst diesen. Der Kranke selbst behauptete, sehr wohlihKtige
Wirku^ davon zu spüren; mir wollte es aber nicht recht ein-
leaohlen. Ich «ah nicht, A»Sa die LeidenB|»eriode sonderHoh da-
.-.,o^lc
durch abgckilnt wmrde, ani du hau« doch getdiebea aiftNen,
w«nn d«r Alsnii wirkllcli beKkwiehti^nd aaf die Anfreping des
Mlwn Uebei* gawirkt. Ob jedocb der Kranke recht halte, oder
ich, üt um deswillen nicht ■anoiuittelD , weil die Zeit der Lei-
densperiode immer «ine onbeelinnibare war.
Warum bei einigen Menicben die VertiSrtungen im Gekritse
Baochschinersen inacfaen, bei andern blots hjpnchondriBcbe Lei-
den, und wieder bei andern Kopfleiden muicherlei Art; ja warum
bei manchen der Geint wunderbar dadurch an^griäeo wird , ood
bei anderen nicht; das möchte icbwer lu erklfiren aein: xum we-
nigsten erklärt sich diese Yencbiedenheit . nicht au« dem Orte,
wo die VeiliArinng ailat. Vor einiger Zeit geslaad mir ein >ol-
eher Kranker, er habe schon den Vorsatx gehabt, sich zn entlei-
ben, und nur der Zufall ihn an der Ausführung gehindert: der
unglückliche Mann hatte schon manche AerUe nm Bath gefragt,
der leiste war damahls ein niederUndischer Professor; er wird
noch mehre Aersle um Hülfe aogefaen, aber sie wahrscheinlich
nirgenda Gnden,'^lg im Grabe.
Oben habe ich die Vermuthang geSufaert, die Vethärtung im
GekrSie sei vielleicht häufiger unter den Menschen, als wir Acnt«
es gewöhnlich glauben. Folf^ende Betrachtung wird meiner Ver-
mnihang alles Paradoxe benehmen.
Da das besprochene Uebel im Anfange, ja in seiner Zanabiaq
dnrch bestimmte Zeichen nicht su erkennen ist, so kann nun
darauf rechnen, dafs es in den meisten Füllen noerkannt bleibt.
Die Kranken der mittlen und geringen Volksklasso der aafser-
stftdtischen BevSikemng eines Landes halten ja nicht 'so l^ge
Stand bei Einem Arste, dafs dieser das durch Zeichen Utferkean-
bare durch Probemittel erkennen könnte. Sie laufen Ton dem ei-
nen Arxte SU dem anderen, suchen Hülfe und finden sie nicht.
Endlich werden sie des Hülfesucheni nöde, ergeben sich in ihr
unabwendbares Schicksal, und sterben, ohne dafa ein Arzt sie
liehet. So ist es nicht blofs möglich, sondern selbst höchst wah^
■cheinlich, dals das besprochene Uebel weit mehr Menschen mu-
tert und tddlet als wfr glauben.
Verhärtung des Netzes habe ich, so viel ich mich erinnere^
nur Einmabl mit meinen Fingern ge^ihlt; sum wenigsten konnte
ich das, was ich mit den Fingern deutlich unterschied, nach dem
Orte, wo es sich befand und nach seiner Beweglichkeit, für nicht«
anders erkennen als für harte Aftergebilde im Neize. Indem ich
einst, einen aafiientSdtischan Kranken beinchend, mich anf einem
Dorfwege befinde, ruft mich ein geringer Bauersmann in sein
Haus, und bittet mich, aeUter Frau ein Mitfei sur Linderuug ih-
rer grünlichen Baachschmerzen zu verschreiben; an Heilung sei
bei ihr nicht zu denken, wenn sie die wenigen Tage, die sie
- J« -
mbiwibeiDltck nar noch n.lpben habe,. ntrftglMi darcfabringeB
könne, werHe sie diesH all die fröiWie WohllbiU aoMhen, wst-
cbe ihr widerfuhren könne. Da ich sam Bette trat« nnd den ge-
rippabnlichen Leichnsnt sah, mitlBle ieh anf ita erateo Blick dpr
Meinnog d« Bauen beilreleii, «n Heihiog Mi nicht mehr lu deD-
kca. Die Kranke angle gleich, sie habe iwel Veihftitungen wie
SteUa Im Baache, die tbäten ihr den Tod an. Da ich die Sache '
■aterw^te, fand ich in der Nabelgegead swei Melnharte Körper,
jeder von de« GröTae einea Gänseeiee, ven glatter, aber unregel-
M&Iiiiger Geetalt. Sie bew^;tea eich frei im Bancb«, je nachdem
die Ftma ihren Leib wendete, und waren von den Bauchmuskeln
■od dam Bauchfelle gani nnabhingig. Ich denke, TerbSrteier
Koih in den düBoea Dänuen konote dies nicht sein, denn die
Fiao bnlie, ibrer Aussage oacbi ^cbon lange am Durchfalle ge*
litten; Darniatein« werden esnucb wol nicht gewesen aeio, also weib
ich aus den xwei harten Körpern nichts anders sn machen, als
dala leb sie fiir steiDharte Aftergebilde im \atse halle. Seltsam
lautete indessen die Enäbliing der Haasleute j sie bebanptetea
niulieb , voo Zelt su Zeit tobe und lexhte: es der Frau so laut
im Bauche, dals sie es allesnmnt nicht anhören könnteo, sondern
ans dem Zimmer fluehten mübteuw Nun freilich, das loub scboa
•in tüchtiges Gepolter sein, was die Bauern aus dem Ziinuer
tehenchl, die sind sonst so urlhärig nisbt
Mit Mohnsnft habe ich dieser unglücklichen Frau ihre leli-
len -Tage ertrSgiich gemacbi^ sie hat. aber nur nech gans kurxe
Zeit gdebt.
Mittel auf dit Urinwerixeug*.
Die Urin Werkzeuge werden eben so leicht als andre Organe
conseosuell alBsirt. So habe ich schon im Vorigen darauf aaf-
flMffksam gemacht, .da& durch ein Urleiden der Leber, der Mils
n. 8. w. die Nieren consensuell afßzirt werden, und darans leiohi
•lue- solche Wasaersneht entstehe , welche nicht dorcb urintrei-
beade, oder purgirende, sondern durch Leber-,- Milzmittel u. s. w.
Blässe gehoben werden. Eiiie Affektion des GesammtorgRaiimiis
kann ebenfalls in den Nieren vMwalten, die Urinabsondening ent-
weder rermebren, oder vermindern, wodurch dann Wassersucht,
oder Harnruhr entslaht. Solche Wassersüchten, oder Harnnihren
werden durch die ünirersalmitiel geboben, wovon ich an seinem
Orte reden werde. Jetzt handelt es sich nur von solchen Mitteln,
welche Urietden der Urinwerkseuge heben.
Die Nieren sind bekanntlich das Organ der Hamabsoaderang,
die Blase blofs der Behttlter für den abgesonderten Harn; miihin
werden di« Nieren auch wol die wichtigsten Organe sein, ^iif
-Welehe wir nitnt «nere Avfmerknmkrit i4ebm nnd Mknl »af
ibre Erkranknnf mebeti miiMen.
Die coBfleuaaellen Leidan, welche ich dureh UruSektion 4«t
Nieren haba entatehen Kben, sind folgende: balboeiti^^ei periedi-
■che« Kopfweh, Husten mit Auswurf, aeihniaiiKhe Zufälle, uhal-
tende Uebelkeit, welche keinem Magenniittel wich, wirkliches £r<-
brecben, Schnierien der Därme von venehiedenen Graden, cbro-
nischer Dur<^fall, oder cbronisohe Hariieibigkeii , Hnmwtqd«,^
Bauch-, oder allgemeine WaRserwicbt , Schmersea in den Feisea
oder Ballen der FSfiie und bei Weibeni Muiterblntflüstie. Da nun
heim Urleiden der Nieren, nicht in sellenen, sondern in vielen
Fallen die eigentlichen Uribheachwerden gans fehlen , der Urin
swar Kuweilen wol djuakel bnuo, zuweilen bloli trübe, sobleiiuig,
oder fellig iat, in nnderu FttUen aber von dem gesuadheiiagemll-
iäen weder in Farbe, noch in sonstiger BescbaSeabait abweicht:
so ist offenbar, dofs das Urleiden der Ninren suweilen wol leiobt,
in vielen Fällen aber nucb anfsMordentlich schwer an efkeonen
Min niäise.
Die Niei-en sind ein absonderndes Organ; nnn kann die Ah*
■onderang au häufig, orfer zu sparsam vor sich gehen, und das Ab-
gesonderte kann eigenscbaftlich verändert sein. Auf alles dieses mag
man wol achten , wenn man Nierenkrankheiten , welcherlei noso-
logische Namen sie haben mügen, giäcklidi bebandeln will.
Die vermehrte Uriaabsonderong ist nicht immer von der Art,
dafs man sie Harnruhr nennen k&nnie, aber doch verdient sie die
Aufmerksamkeit des Arztes, indem nie ihn auf ein Urleiden der
Nieren aufmerksam machen kann, von welchem vielleicht die
heftigste consensuelle Affekiion eines andern Oigans, oder des
Gesammt Organismus abhängen mag.
Die verminderte Urin abson dem ng hat auch ihre Grade. Ist
die VermindeniDg bedeutend, so macht sie bald Wassersnebt nnd
die kann ein EiofHIiiger erkennen. Ist die Urinubsondernng nur
um ein wenig vermindert, so enlslehet langsam ein anscheineades
Fettwerden des KSrpers nnd der Athem wird den Menschen naeh
nnd nach ein wenig kürzer. In solchem Zustande kann man noch
kein« Fluklaation im Bauche fäblen, auch keine Gruben ins Fleisch
drncken. Die Menseben kännen lange in solchem anscbeinaad
blühenden und wohlgenährten Zustande bleiben, und werden, wcna
■ie über dieses nnd jenes klagen , von ihren Freunden verlacht.
Anoh chronischer Durchfall kann hlofs die Folge der etwas verr
minderten Urinabsondsmng sein ; dämm mnls man vor allen Din-
gen auch bei diesem auf den Zustand der Hamahsondening ach-
ten. Es ist aber nicht genng, dafs man den Kranken fragt, ob
er genugsam bame: denn wenn die Urinabsondening mindert,
ffi^t er nicht selten itfiere Neigung znm Hamen als sonst, mit-
htm wk4 er 4m Ante mrf d«n«ti Frag« «Bnnnn, n har*»
viel; iwUchen viel and oft banian iit aber «in grolnr Umw-
■chiad. DaraiD nafa mao, dm ib dwaer UinaiGbi «ola Raine zu
kaainMt, den Krankaa, veo welcham uan Ternothet, dafa di«
Hami^aoadeniag brä ihm varoüailert aai, aein Waaaer, walchaa
•f in Tiemnd/wauig Stunden baraet, annnaienbeirabren laaaea
(in ao fern aSmlich aolcbea die üiMtiode erlaobea); aaa der Ver*
gleiebung nahrer Tag» kaiui man dann wol die Wabrbeit bar-
aoabriagen. Darob dieae HarMcbftlxnng , weichet wia iefa ba-
aHrkt, wol von den Aeraiao in der aiMgeiprochenen WaweraHcbt,
aber Mohi kt andereni Ungemacbe, wo ne eben so nöihig aein
Möchte, angewendet wird, kann nun mancher WaManneht voi^
bMigen.
Die QualitKt dea Hamea kann auch verändert werden, lek
rede biar nicht von Farbe und Cenaieienx, aondern ron aeinen
chemiscben Eigentchaflea. Jeder gesunde Harn ist aaaer. Gleich
wie die Säure im iVlagea and in den Därmen überhand oehnea
und die Verricfaiiu^ dieier Organe auf mancherlei Weise stören
kann, eben ao kann anch die Harniäare in den Alieren überhand
nehmen und die Verrichtung derselben also stören, dafa daraat
bebinderte Urioabaondernng Uud Wassersucht entsiebet. Wer dipsa
Wassersucht mit solchen Mitteln behandeln will, welche gesunde
Nieren mr vermehrten Harnabsonderung reizen , der macht die
Sache eher schlimmer als besser. Hier sind Magnesia, Kalkwas-
■er und die Langensalze die einzigen uriolreibenden Mittel, «ie
miodem die Harnsäure und nehmen die materielle Ursache der
gestörten Nieren Verrichtung hinweg, wo dann die Urinabsonde-
mag wieder zum Normalzustand zurückkehret.
Ob ich gleich allen Laugensalzen und erdigen Mitteln wohl-
thäiige Einwirkung auf die Nieren zugestehe , so mufs ich doch
der Magnesia, dem Kalkwasser und dem kohlensauren Ammonio,
nach meiner Erfahrung, den Vorzug geben. Was ich in neuer
Zeit ober das Xeurralmachen des Harnes durch unbedeutende Ga-
ben von Laugensalzen, ja Mitlelialaen, gelesen, hatte ich für Täu-
•chnng, welche wabrscheiniioh der Wenigkeit der Verauebe ns4
du- KigenihSmIiehkeit der Körper, an welchen die Versocfae ga-
HMeht sied, zuauscbreibeo Ist. ich habe bei dem häufigen Ga-
branehe dar Langensalze Jahre lang meine Anfmeiksamkeit aitf
die Veräaderang des Harnes geriohtet, und weifs recht gat, dafa
im Allgemeinen, um den Urin nealral an machen, in. drei bis viar
Tagen anderthalb bis zwei Unsen Natron, oder saobs Draebmea
bia nna Unae kohleaaanres AmsseniDm , oder reiohlioh anderthalb
Unz«B g^mmnta Magnesia aöthig sind, voraNsgaaetzt, dafs •!»•
aäarewHlrige Lebeasardnimg hiostchilioh der Speisen und Getränke
beobachtet ^erde. Bei krankhaftem Zaslande der Nieren knnn
— »6 —
aber im StwMnNogMIg in dw NiwMi ncMh mit bsileiriwkdw
•ein.
. Meinen Jüngeren Ami^meMen will ich Jeiit eine lehr nGu-
licbe Waranng geben. Em trifft eiefa xnweilea, dab Mentchea
Bit unheilbaren Fehlem der Leber, oder Mili« ja celbel mit Ver-
eiiemog in dteieo Organen waueraücblig werden , und data ihr
Urin einen ataiken Gehalt T<m Hamsture liu. Wenn nan *o)-
dien Leaten mit Magneaia die fibenaifüge Harnebir» wegoimmi,
•« fangen eie auweilen an zu harnen, und harnen sieh, wo itiebt
gwx, doch p^feten Theila dünn. Ich bitte aber meine Jangen
Amtabrfider, nicht viel Aufbebens von der Sache an naehea, den
AngebSrigen des Kranken nicht viel Hoffnung za geben; denn
ite werden sehen, daf> die ganze Herrlichlieit anf eine Galgen-
fr igt binauilBnfi,
Die laugensaliige BeHchafTenheit des Harns findet rasa noch
hRufig genug; sie ist aber gewöhnlich Zeichen einer eigenen Af-
feklion des Gesammtorganisnins , weshalb ich von ihr reden wer-
de , wenn ich die Universatmittel nUiandle. Jetzt zuerst von den
Urtntreibenden Mitteln.
Es gibt einen Urbrankfaeilaznatand der Nieren, bei welchem
die Absondening des Uarnes vermindert ist, und wo eigenilicbe
Diuretica, salche Mittel, welche die Nieren direkt zur Urioab-
sonderuog reisen, wahrhaft bülfreicb sind; allein wo haben wir
die wahren Diuretica f Manche Mittel, welche bei M'assersnch-
ten die gestörte Urinabsonderung zum \ormnlsiande gebracht, bat
man auf guten Glauben Diuretica genannt, da sie doch vielfältig
nicht auf die Nieren, sondern auf ein anderes nrerkrankles Or-
gan, oder auf den erkrankten Gesainmiorganisniua heilend einge-
wirkt, so die gestSrte Urinabsonderung wieder hergestellet und
die Wassersncht vertrieben bähen. Daher kommt es denn auch,
dafs Bulche Mittel so oft von den Aerzlen ganz vergebens als
Unr intreibende angewendet werden.
Feiner ist wol an merken, dafs Mittel, welche gesunde Nie*
ren nir vermehrten Hamabsondernng zwingen, diese Gewalt nicht
über kranke haben. Wenn man einen gesunden Meoseben mor-
gens viel dünnen Kaffe trinken Ififst, gibt ihm einen Schlodc
Branntwein darauf und setzt ihn dann der kalten Luft ans, so
kann man dadurch die Hamabsondernng bei Ihm nicht eiabildisch,
aoodwn handgreiflich vermehren; aber deshalb wird nun kein«
erkrankte Nieren dorch solche Behandlung znr vermehrten Abson*
demng zwingen. Dafs ein grober Unterschied zwischen eine«
Kranken and «inem Gesunden zei, das zebeinen die Aarste zuwei-
len vergezaea und ans solche Mittel als DinrtHea anfgasebwatzt
zu haben, weldio wol einem Geannden die Hamabaonderang ver-
■ebrBD, aber de krankhaft geMBrte nielit «led^ nonnal machen
Ob wir eigenilicfa dirdtt haraa^bandn Mittel habaa , darBber
bin ich Moch iwetfeliiaft. Wir haben abführende Mit^ , mit 4e-
aea wir die Därme aar vermehrten Aoaiondentaf awingen; and
Mwn kein meehaniiehei Hindemifa Im Danakaa^ ist, und die
Lazirmitlel werden nicht aotfebrodien , eo wird eich unter mefa-
r«B hoodert Ffillon kein eiDiiger ereigenen, wo diese Mittel, in
varhiliailamafinger Gabe gereicht, ihre Wirkung Teruigea. Mit
einiger Einschrttnkung kann man daa nKinliche von den Brachmit-
laln bdiaaptaB. Wo iat noo aber der erfahrene Arat, der dauelba
TWi irgend eiaem BimreUeo bebanpten mö^tef Und doch laSlife
dies« anit Wahrheit können behauptet werden, wann naaara Mit-
uA den Namea der nrintrei banden verdienen ai^lten.
Eine uBfaige, kaam fliiuigen Stnhlgang bewirkende Prick«-
Inag der DSrma durch Lazirmittel vermehrt inweilen die krank-
tieft geatane Uriaabeondening. So boU GitmmignU ia gaax klei-
nen Gaben die Urinabaondemng vermeliren, auch Jalappe, Wein-
siein nnd fast alle laxirende Mittebnlxe. Man kann aber nicht
behaupten, dab aaidi diese HambefSrdening eine sichere Urintrei-
bang aei, denn nweilen glückt sie, aiiwcilen nicht. Daa, waa
nun die Laxinoittel in ganz geringen Gaben leisten, das nSmliche
leittcn lie nach in gani grefsen Gaben als heftige Purganieo ge-
braucht. Dieses scheint aof den ersten Blick wideraprechend , Ltt
e« aber in der That bichl ; denn die Purgirmiltel , in starken
Gaben angewandt, wirken hier als ein antagonistischer Reiz auf
den Dannkanal, nnd können eben so gut einen krankhaften Zn-
•tB»d der Nieren heben, als sie einen krankhaften Zustand der
Mandeln, des Gaumens, des Gehirns, oder der änfseren Glieder
zu heben im Siande sind. Bei der Wassersucht haben sie
auf die bezeichnete Weise einzig ihran Ruf erhallen; denn nur
in den Flllen , wo sie durch ihren feindti^en Reiz ^ auf den
Darmkanal die Nierenhfankheit heben , die Urinabsonderong zom
Nomaislande inrGchfübren , einzig in diesen Fallen sind sie
Heilmitiel der Wassersucht. Da, wo sie blofs das Wasser dotoh
den Stnhlgang eofleeren, ohne die Urinabsondemng zu regeln,
notzen sie wenig, denn das ausgeleerte Wasser erzeugt sich gar
bald wieder. Diese feindliche Heilart ist, wie alle antagonisti-
sche Heilarlen, unsicher; ich habe mii^ ihrer wenig bedienet.
Oft genug habe ich aber Gelegenheit gehabt, die üblen Folgen
derselben in Fallen, wo sie unverständig angewendet war, zu be-
obachten; denn zwei Meilen von hier war sonst ein Kloster, wel-
ches einen mit gemeinem Kornbranntweis bereiteten Abzug der
ialappenwnrzel als Geheimmittel gegen die Wassersucht verkaufte.
Der gemeine Mann bediente sich in biesigpr Umgegend oft dies*»
— 168 —
MtttaLt, Miwatlen nlt Nnuen, aawcileo luil 8di»4an. In iMslem
Falle wurde dann der Anct ui Hülf« gerufen. Mun kann leiokl
denken, i^Sa bei einem Mlsban Aneneihandel keine RSokaicht
■af die beMmderen UiMtfinde dei Kranken kannte ganoniMen wer-
den. So hob« ich scboa geiebeo, dnb eine im leUlen Zeilraume
der Laegeomcbt woMergesehwellene Frau dai Gebeimmiltel brauch-
te nnd fast nnf dem Nechtlopfe- eUirb. Manche , bei dearn die
Waucrancbt von Leber-, oder Milaleiden herrährle, bekanna
chroniacfaen Durchfall und ihr Ucbel wnrde nicht beiaar, aondem
viel Kblinuner.
Jene Uraffdclion der Nieren, welche durch einen atadun ao-
tngooUtiachen Reis auf den Oarmkanal kaoa gehoben werden,
■oheint mir von den Nierenkrankbeiiea (gerade die xu Hein, wel-
die am leichteuen n heilen iu. Ich mub auch faal glauben
dafii aie eben ao leicht kann erwoi1>en werden ala der Sebnnpfen,
ade« der Husten. Gar oft habe ieh erlebt, «onderlich in den frü-
heren Kriegeaiüufen, daft die Bauerjungen, wenn sie den Soldaten
au Dienst fahren mufaten and, wie leicht lu erachten, achUcble
Herberge hatte«, in kalter Nacht anf ihren Kanmi schlafend die
Wassersaeht bekamen. £l>ea so gnt, wie Jemand, der etwas
reisbare Haut und Nieren hat, dadurch Harnwinde bekommen
kann, dafs er aeinea erhitsten Körper, sonderlich den Rücken,
einem kalten Luftzngfi aussetset, eben so gut kann er auch Was-
aersucfat bekommen. Solche Wassersacht mofs nan aber nicht
atit Wasae rauch leu gleichstellen wollen, welche von Krankheiten
anderer Eingeweide, oder von einer Affekiion des Geaanimlorga-
aiajnus abhängen. l<etxte beide erfodern, wenn sie gebeilt wer-
den sollen, einen nmaichtigen und erfahrenen Arxi, erste mi^
wol von einem unweisen Arxeneibfindlar and Marktschreier gehellt
werden.
Jedoch keine Krankheit ist %ß leicht, dnla, wenn man all
genug wird, man nicht eitien aeltaanten, auitgexeichneien Fall der
An erleben sollte, wohl werth, verstiudigen Aerzien enählt *m
werden. Ich hoff«, mein« Leser nicht xa langweilen, wenn ich
Ihaea einen ganz ausgezeichneten und suiu wenigsten in meiner
Praxis einsigen Fall solcher leicht zu hebenden Wassersucht mit-
tbeile. Vor nngef&br fGnfxebn Jahren achickie einst ein ziemlich
betagter Geistlicher ana einem benachbarten Städtchen zu mir und
liafs mir sagen, ich mfrge ihm etwas verschreiben gegen heftigen
Baocbsebmerz. Der Botha, der die Nachricht müatUich brachte,
wufste auf mein« Fragen weiter nichts zu Mitworten ■ als dafs der
alt« Herr Im Bette liege, besliodig iiber Bauchsobmers klage, sich
gar nieht rubren könne, sondern steif wie ein Banm anf einwa
Flecke liege. Ich tnitfate mich hier blofs an den BnuchscbiuerK
hallen und versehrieb einen Trank ans atinbendem Asapt und Krrt-
hMMgenrinkiiir. Am MgflaiM Tage, ItMt AWnd«, Imm d«r BmIw
Docli etnmabl, Mth 4eM ICnuelwa, 4tm Knulun MltMrt in Aufsa-
Mb«i« xn iielim«n; dl* «o-or^MM Anmti habe di» BaKchccbnflr-
xen nicht im raindetton gslindart. Ab icfa u BM^mi Tage m
d»n Kiaakea kmm , nh iiA »i mMKcm Entaunen , dafa er »laM
TOD Wasser fnoi aufgatriebaaen Baucfa halle, dafa uiaa FüiM,
bis xa des Wadan, und aeio Hodeunck wiaacgwchwllea vnm.
Dar Botfae. hatte aber wahr geiproebeo, der Kranke war gaaa aa-
Afaig, eich au beweges, lag iai eig«fldieb«a SioD* sieif wie eis
BauM iai Be«e, «mI, wa« merkwüfdig war, der BaadaMbnen,
gagan welBbea er dnroh den Baihea Hülfe bei .mir gemcbt, war
Iceiii Schmers der DSnue, eandcin das änbereo Baaebea. Dia
Aufragnag des Manoes gab folgende Maehriebt. Er habe * sagte
•r, als Geistlicher vor aagefilir aalin Tagen eiaen Kraalten aaf
. 4eH Lande bei schneidend kahem, BMsea Wiade betaoht. Aaf
4em Hinwege , wo iba der Wind tob vam angeweht , habe er,
weil er Brasi «ad Bauch gM bedeckt, keine UnanaebailichkA
gea|iirel. Aef dea^ Hcunwege aber habe ihn der Wind von hi»-
ten gepaefai und ihn Reck und Wams so darehweht, dab ihn
der ganze Bücken kah wie eiaa tSoholle Eis ^worden. Kn Hnasa
»ei ihia gleich unbeiadleh gewesen ; er habe Fliedertfaee getranken
nnd warmen Wein, am den fibien Folgen der Erkfiltnng veran-
beugen. Bald darauf (die nSckslea Tage nttnlieb ) habe er be-
amrkl, dafc sein Aiben kars aad sein Baaeh smif werde. DIesaa
üagMwncb sei von Tage n Tage lo aehnall TcrgrSbert, dab er
sich ^tat, nach ungeflUv sehn Ti^en, in den wahrhaft hülflosen
ZastSMde befinde, wori« ich iha aeba. Auf nein Befragen, wie
«s gleich naob gehabter RiekcnerkBlbiBg mit imm Hnroen gegan-
gen, eb dasselbe bedenlend rarringert sei, wabie er nictrt n
antwortan; denn er war dn alter, ehrlieber, ainfiHttger Mann, der
ohne Zweifel recht gut für die Theologie, aber sonst gewils an
niebla in der Wftli baaehbar war. Den jArigen Znataod der
HaroabaoaderiMg, ob sie bedeutend Terringart sei, kamie ich
nicht einmahl von ihm erforschen, er «aCite «• sdbst niefat; aber
daa wefste er wol , dnfs er keine Hanislrenge habe nad nicht
mit *u pissen fanmehe. Ob er nna aber nicht ans deai Bette kam,
milkia draafwn nicht harara koania, ao mnlMeB Üe, welche ihm
RufwBrtaten , doch wol aas der VABe des Naehttopfes wissen , eb
er viel oder wenig harne. Ais ich diese eioaela daräher Te»>
aommen, ergeb sich, dab keiaer sich «rtnnem kenate, je den
Nackttopf aasgeaobäilei so bsiben , woraus dann fslgle , da& dia
Hnraabsaadarung bei ihm gana nafgehArt. Nim w«ren mir du
Unrennegen sich so bewegen nad die Schmeraen der Baadwu»-
kaln sehr erklärlich.
In allen FülleB von ßaaehwHsersacbl, die ich Torber «nd
„,,,_..iL, Google
— 270 -
nachher gMeb«n , war die HerDabsoodenitif nicht gmua aargtho-
kwn, aondBro nur .mehr oder wenige Tenaiodert; du WavMTBUD-
melie aich also nach und naoh in dem Bauche an, und nach und
BAch gewShnteo aich Bauchfell, Hnakeln nnd Haut an die Auideb-
irang. Hier aber , wo die Harnabionderang gSnilich , nnd wahr-
«eheinlleb plötclicb , gleich nach der empfindlichen RfickeneriEll-
nog aafgehftrt, sammslle ejoh dai Wasser in Zeit tob etlichen
Tagen in der Banchhöle; Bauchfell, Mtukeln nnd Hant wurden
to piSizlicb nnd widernatürlich ausgedehnt, dab diese gewalname
Ausdehnung sehr «cbmerxlich sein nnd die Bauch mnskela za den
willkürlichen, die Bewegungen des Rniupfea bedingenden Zmam-
measiebuogen nnfShig machen mufite.
Ein Schiittetlrank von Glanhersalz nnd Jalappeapnlver, beide«
in reichlicher Gabe stündlich geaomineD, entleerte einen groben
Theil des Wassers nnd stellte augleich die Urinabsondrmng wi«- •
der her, wo dann die ToUkommne Entleerang des Wassers anf
dem ordentlichen Wege und die vollkomrane Heilung' wo| erfol-
gen mufste. Merkwürdig bei diesem Manne war noch, dafs meh
-sngleich mit der Bauchwassersucht eine Ehfdroeelt des rechten
Hodens erzeugt hatte. Da ich ihn zum ersten Mahle sah, war
der Bodensack sehr geschwollen. Ich fnhlto wol,- dafs der recht*
Hode aufgetrieben war, mochte aber, wegen des stark gesehwol-
lenen HodensBokes, vorlänlig kein Urtheil darBher nilen. Dar
Kranke behauptete bestimmt, nie vorher die mindeste AnftreUrang
desHodens gehabt zn haben. Als ich ihn zum sweiten Mahle gab,
war der Hodensack gar nicht mehr geschwollen, und es konnte kein
Zweifel über das Vorbandensein der Bi/droceh mehr Statt finden.
Dieser Wasserbinch verging von seihst nnd verging bald. Da*
freiwillige Verschwinden des Waaserlwnches gehört zwar nicht zn
den seltenen Begebenheiten , aber doch immer zu den anlserge-
wohnlichen.
Von den angeblich urin treibenden Mitteln kenne ich nur drei,
denen idi diese Kraft sugeatehe; jedoch ganx sicher bin ich auch
noch nicht in diesem Punkte.
Das erste ist der Tartarua boraxaiu: Will man ihn als
nrintreibendes Mittel gehen , so mnfs man bekanntlich die Gab«
desselben so den DHrmen anpassen , dafs er nicht hSnfige StfibI«
erregt; denn so bald er nur mäfsig anf die Dfirme einwirkt, treibt
er am besten den Urin. Man findet aber auch FBlI«, wo man>
dieae Vorsicht nicht beobachtend, seine arlntreibende Krafi nn-
widarsprechlicfa gewahr wird. Da nun aber, wie mllnoiglich be-
kannt i der Ibr/ariH boraxatw ein Laxirmittel iat; eine geringa
laxirende Einwirkung auf die Dirme, welcherlei Art sie auch sei,
die Urinabsonderung befSrderti so mdchte es schwierig sa bestim-
men sein, in wiefern er, anber seiner laziraaden, ein* apezfieebe.
- «71 —
«• Urinabmduwif baiardMvda Kraft ha%«. Ich gtanbe wol,
Mb 4» neiitaa erUtMoeii Asme ibm latxt« Kraft «igutekin
werden ; aber wirklieh xonkea darf num ■ich mit Diaauod daräberi
DMD hat kfliaen' festen Gnind, auf den mao fofseB kann. Ich
habe sebon Mmrine Ftttle erlebt, aber aaeh nnr einaelae, sritene,
w« die Bauch wauersnefat röa nabeilbaimi, tadtlieben Feblera cl-
»es Baaeborgane abhing;, nod wo oichu desioweaiger der TartO'
nu isrtuemttu die Urinabsonderang wieder heratellle , sa dafs der
KraiAe dai Waaear glücklich wegharate. Wenn Belebe Leuta
■her alsdann nicht bald sterben, se stockt die Ürinabsonderaag
ÜB korxer Zeit wieder und die Wasseransammlnng fängt anfs neu«
an. ') Es sind jetzt adil Jahre, da habe ich den Fall erlebt, dala
«in janger Mann aas der arbeitenden Klasse an anheilbarer Ver-
stepfoBg der Leber litt (wahrscheinlich war schon Vereiterang
darin ). Dieser hatte den Banch und das Zellgeweba voll Wasser ;
aber, ob ich ihm gleiofa sein Hauptühel nicht heben konnte, s»
bfacbte ich ihn decb mit TartMtiu boraxatu» ans Harnea, er
wurde wieder so dSno als jedw aadre Menseh nnd ging wieder
«a« dam Haoae. Die Freude wihrte aber nicht la^«, das Waa-
•ar kam wieder, aad naa leistete das Mittel allerdings wol et-
was, aber nicht saebr das, was es anm ersten Mala geleistet.
Im iahre iB28 rieth ein Pfarrer einem alten waasersfichtigea
Bmuuweinsiafer, der schon lange vor der Wassersocht an Uniei-
leibsbeschwerden , Abmagsrang und chronischem Durchfalle gelit-
Ma, vom letzten aber Jetzt frei war, und' der schon geduldig auf
das Leben veniehlele (was auch sehr vvrstlndig war), er müss«
meioe HSlfe in Ansprach nehmea. Hier konnte nun wal ein Kind
•insehen, dafs kete« Heilung möglich sei. Aber da wir Aerzte
doch einnabi daan verdammt sind, aa allerlei deaden, verkrfipr
palten nnd halb vetfaaltan Leichnamoo onswe Kanst zu fiben (von
welchem Schicksale blols die soldatisdiea Aerzte aosgenommea
•iad, diese haben imiaer auserlesene Körper za behandeln); so
Mn&te ich mich ia mein Schicksal finden, und konnte auch nicht,
ohne graosam zu sein, den von dem Pfarrer aagefachten Funken
der Lebensheffnnng in dem armfen Leider tiVlpisi^ wieder erstik-
ken. Ich gab ihm also Uofa Tarianu hwaxatua und «war reich-
Beh mit Wasser verdloaet (eine Uaze auf ein Pfund Wasser).
Daa Mittet bewirkte retcbUehe Urinabsonderang , nnd der schon
glnalieh zum Gerip|M ausgemergelte, blofa von Wasser mifge-
«ehweMmte KSrper gewahrte einen wahrhaft seltsamen Anblick;
•) Seit loh OblB«f cetckriebM , hib« i«b aim« alle , aa BobiilbarM Abdoaiaar-
MUra laidcode watHrtScklif« Fna daivh Tariami iormxmluM aUea WaaHf
»a^arsea laaaea aai fi« t*t *nt Kber elo Jabr aaBbhar aa dar pMtlUtü mU—
— tn —
denn da er feia von Kaocheaheu war, eo uh eeia K«pr, «o baU
du Waseer eich aae d»m Zellgewebe nrioian, genwle ao ■■■, bU
«ei cie ermeheener Meaecb wieder sont Kind» »memiMiga
•chruiDpft. Ali er das Waiser bat alle w^^eturiK, da itarb er.
Solche ned fihaliche FlÜle von FeJgewasamaehteD , begife-
det io Hohflilbaren Fehleru etBaeioer Organe, haben mir dm
Qlwtben gegeben, deÜi der Tarttnttioraxatmi wirklich dndurob
die krankhaft vertninderta Urinabsoodemng venuebre md die
Waueraacbt heile , dafs er direkt auf dai Niarenorgan » die Urin-
abfondening nnaebend, einwirke. Aber, wie geiagt, den Glas-
hen habe ich wol und ei werden ihn Mich andere Aerxte haben,
tiar dti Beweisen let, des .oben ai^efülvleii Grundes wegen, nidH
gut mSglioh.
Du iwaiie Mittel, welobea ich als ein wirklicbei oriatreibe»*
des ansehe, ial der Same der Coloquinle. Ich habe eg aus raneni
Boche, welches Wedel geichrieben und da« dek etwu leltsanMii
Titel hat: Aauenitaiet mmieriae medica«. Der Verfuser aagt,
ein Wundarzt habe einst (ich wailil nidit mehr, wo) «ioa TtakMr
aas Jenen Same« bereitet, und mit ielbiger, als mit einen ao»
derltcben Geheinunittel , die Waasenuoht ^ehailet. Em ist wii4t>
lieh eine gute Arseaei, und weon die WuMisncbt aileuit ikraa
Urgrund in den Nieren b&tte, und durch nrintraibeode Einwirkung
auf die NierMi sa heben wäre, so wfird« man weit Slterer dnsb
heilen köanea als wirklich der Fall iit.
Sie ist weit hanfiger entweder consensiidle NierenaffiBkti»at
oder «ine in den Nieren vorwaltende Afiektkw des Gesawsstorg»-
nisnma, we^db die etgendichen urintreibenden Millel bagreiflieb
in den wenigsten F&llen Heilniittel sein können. Die Samaukü«-
ner der Coloqointen haben bei weilaas die starke Bitterkeit des
FleieslieB nicht. Man nak sie, ah« man aie aar Tinktur gebunebl«
erat gut «bsiAnben un^ dann abwuohen, damit der beim Auf-'
brechen der Frucht darauf gefallrae , sehr bittere Staub nicht ia
die Tinktur komme. Die Gabe der Tinktur liftt sieh im AUge-
meinen nicht beadmmen. Sie bat adiwache laxvende Krflüt«.
Da aber Sdiwadi nnd Stark von der JCmpOingliidikut der Dana»
für diese Einwirkung abhfingt, «o aufs man ne so geben, dal«
sie nur wenig Jaxiread wirkt. DE« grSCite Gabe, welche ich nif
Voilbeil gareicht, ist viernabl legi Jreifsig Tropfen gewesmi.
Ich nufs aber hier noch bemerken, dafs, abgesehen von dar amt
die tMlrme laxirand eänwirkeoden Kntft, man Aicbt denken muls>
viel hilft viel. Ich habe Menseben getroffen , welche diese Tink-
tur, in der Gabe wie ich sie reichte, nicht laxirte, sie wirkte
auch nicht nrintreibend auf die Nieren; da ich aber die Gabe ver-
miaderlei wirkt« sie nrintreibend und heilend. 80 erinnere ich mich,
dafs ich aie einst ^aar siebanugjXbrigen Fran n f&afiubn Tropfen
— »73 —
viwaafcl tsga nfebM. 01a Fnn, mlelM Bamtkwmtmtht bMie,
lutirt« Buht davon, aber dia UriaabModarang varmahna aadi
■icbt. Stau tarn mit dar Gab« anfiastaigen , uMug ich ab, und
ak ich auf atabeo Tropfen Tiarnafal taga, jedaamaU mit eiaar
IWie Wawar rerdannot, gakoMmen war, da Sufserl» das Miti«!
aataa ariatreibenda Kraft, und dia FrMi , dia blofs an den Nieren
erkrankt nnd übrigeB* geaaad war, genai giir bald darcfa diätes
•innit^ Milfal. Ea gebet aber nit dieaem wie mit allen an-
dern Eigenmilicia aaf die- erkrankten Orgase; an gewitaen Zeitea
hat man hiafige Gelegealieit , da* eine oder daa andere bfllfreich
aasKweadea, an anderen Zeiten bat man diese nicht, weil die
Krankheiten dann ander« sataret aind. Wer voteilig leiaa £r-
fabraogen bekannt laachl, daa beifat, wer Erfabnuigen ober ein
Mittel bekwMt maebl, welcbea er aar knrxe Zeit, vielleleht nur
ein Jahr Img, in TorkomanendeB FffUen gebraacht hai, der erbebt
kicktlich ei« grofaaa Geaehrel , ala ob er- ein safeblbarea Mittel
g«gea dia*e oder jene KnuiUmt eaideckt habe; fairte er drej
•der vier Jahre gewartet, se wßrde er wahraeheioli«h «Iwas Uein-
Uater davon geeprockea haben.
Daa wirkte Mittel, walobei ieb bIm wirklidtea DiwrtNeum er-
kannt habe , JM der gewSeaerte Mobnaaft (drei, vier, aaft hadiei«
fiaf Tropfen 'Mohnaafttiaktar mit eioeai MaAn Waaaer vermiacht
und in Tierandawanaig Staadea veraehrt). Oieaet Mittel iat aber
in der Media!« bekannt genag, danim will ich ea aecfr nnr eben
berfibren und den Leser nleht mit vielem Geaebwltie tob desasii
Wirkang beaefaHertieb fallen.
Dafs taaa ^raaiai^ Dsrdimie anweilea mit diesem gewis.
sertea Mohneafte hebe« kSnne, gegen weltdie der Mohosaft la
rricUieher Gabe m4 coasentrirter Form sebon nntslos gegebe«
war, rBbrt meines £raehCe«s daher, dafs manebe ehronisebe Barch-
Mle bl^ in einer etwaa wmioderten Oinabaenderong begria-
det sind. Stellet maa die Urin^mondemag vrieder anf die ga-
aaodfaeil^:emarse Noisd, so bSrt der Dorefafall auf. Mohasaft in
eonaentrirter Form und in aolchen Gaben, wie er gewSKalicfa lam
SdimwastilleB oder aam Stillen eines Dardfalles gegeben wird,
*ermiBd«ft die Uriaabsonderang, Statt sie bb vermehren, kann al-
•e wol solchen chroniaefaen von einer Nierenoffektion entstaode-
»en Darebfall aaf ein paar Tage mit Gewalt hemmen, wird ihn
aber nie gründlich beÜea. Uebrigens glaube ich doch, dafs es
eine besondere, durch vermisderte UrinabsoademDg «ich iursernd«
AffiBkilon der Nieren sei, welche man gerade mit dem gewluer-
t«n Mohasaft hebeo kann. Jede verauoderte Llriaabsonderang,
»becboa sie Urleidea der Nieren ist, wird man nicht damit beben ;
xam wenigsten habe ich in friherer Zrit, ( vo idi fiailich noch
wenig eingeweibi ia die Heinriiehkeit dar Waaerandt srar) dea
— J74 —
gewKsaeiien Mohniaft oft genng rergebem «Is Ditmtieum möge-
wendet; Koweilen bat «- aber auch äbemBctwnde Wirbing ge-
Rnfserl. Rinen BellsameQ, aber doch tödilicb abgeUafcDen Fall
der Art kann ich mich nicht enthalten dein Leser lu enfthlan.
Ich wurde zu einem Herrn gernfea, der die Baneh- nnd Zell-
gewabewas^enncht , ich tveifs nicht , wie lange schon gehabt.
Zwei ferste halten ihn behandelt. Der ente hatte ihm, angrii-
lieh, das Wasser durch Schwitzen weggeschafft , da es nber wie-
dergekommen, halle der zweite es durch Purgiren auageleert. Weil
man aber an die Herstellung der Niereneecrefion, entweder nioht
gedacht, öder keinen Kalb darauf gewnfst, so war, wie leieht an
erachten, das Wasser wiedergekommen, nnd es ist mir nioht ein»
mahl wahrscheinlich, dafs Bauch- und Zellgewebe gans sollten
enlleert gewesen sein, denn das macht sieh so geschwiMl nicht. Da
ieh den Kranken iah, war sein Bauch and der ganze K5rper sehr
geschwollen, und die Leser werden anch ohne meine Krinnening
begreifen, dafs er nach dem überstandenen Schwitc- nnd Pn^ir-
Blranlse bettlGgerig gewesen sei. Hfttte ieh ihm nun getagt, (voi^
ausgeseizt die prapheiische Gabe): Sie werden nicht an dieaar
Wassersucht sterben, guter Herr! ich werde Sie davon. befrei.ea;
aber Sie werden dennoch nimmer wieder anf die Strafse kemaeo,
denn so bald Sie das Wasser weggeharat, werden Sie im Hai
am bösen Halse sterben. Htttie ich also im propheiiteben Geiste
sprechen kennen , so würde der Kranke mir ohne Zweifri geaiu-
warlet haben ; helfen Sie mir nur dnrcfa ihre Kunst von der Wae-
sersncht; für den bSsea Hals werde ich dann schon selbst sor-
gen. ~ Aber wirklieb, so wie ich hier die Sache sage, ist sie
gescbeheo. Ich verordnete gewHsserten Mohnsaft, die Urinabson-
dening kam ia Kurzem wieder auf d*>a Nonnalstand, und da konn-
te es nicht fehlen, der Kranke mnlatB sieh diinn harnen. Als nnn
die Geschwulst beigefallen ist, neue Hoffnung und Lebenslust in
sein Herz einiiehen nnd er schon wieder durch das Hans gehet,
bekommt er une Halsen tzündnng und siirlx in «in paar Tagen
daran. Ich bemerke aber dabei, dafs sein Arzt, den er eine Meile
weit kommen liefs, obgleich in der Stadt seihst ein guter und er-
fahrener wohnte, ein grofser, sehr grofser Trunkenbold war; Gott
mag wissen, was er mit ihm angefangen, ein solch erschSpfter
KSrper ist leicht über den Haufen geworfen. Dia Leser werden
wol nie eine bessere Auslegung des Horazischen Sprncbes, Im-
provüa letki vi» rapttit rapielque gemfet, gehört haben.
Anfser dor ASekiion der Nieren, welche durch YermehruDg
oder Verminderung des Urins, durch saure, oder alkalische Be-
schaffenheit desselben sich äufsert, gibt es noch eine andere Af-
fektion, welche sich nicht durch solche erkennbare Dinge Ilulsert,
sondern gerade, wie die gehauaea Leber- und Hilxaflektiooei»,
— 275 —
hloU diirrii Leiden, entweder benadibaiier, oder auch lebr ent.
feroter Thetle. Die gewSholicbsten f* aech dea EinISliigsien Aaf-
nierksaiskeit erzwingenden Zuliille siod die Leiden der HIaae uad
Ilarnröhre, erscheinend als mehr oder minder achmerzhafiea Ilar-
neo. Weniger die Anfmerkaaiiikeit detArciea auf die \ieren len-
kend ist duB Seiienstectien. Ist es in der linken Seite, gerade
wo die Milx lie^ (auf der Grenze der Begioni* epigattricae nnd
igpociemdriacme tinütrae, wo sich häufig die Lefaeraßekiioaen
schmerabaft iufsern , sah ich bia jelit die t\ierenaffeklioo sieb
noch nicht ftufsern), und ist dann der Urin »igleicfa rotb, so ist
dieeea zwar kein sicherer Beweis, dafs die \iere ergrilten sei,
aber ee ist doch ein Fingeraeig für den Arzt, die Augen auFsn-
ibutt. Stiche in der rechten Seite lait rothem Urine können die
Aafmerksamkeil des Arztes weniger auf die Nieren lenken, weil
bei Affektionen der Leber der Urin leicht roth ist. Kotber Urin
bei Abwesenheit aller Leberaffektion lenkt auch die Aufnieiksaia-
keit des Arztes auf die \ieren Schinenen in den Fersen und
Ballen der Füfae, wenn keine Leber-, Milz-, GekrSse- und Ge-
birnleiden vorhanden sind, deuten ebenfalls auf eine Nierennffektiöa.
Ein Zastand der Abinageriing uiit bescbleunigiein Pulse und blas-
ser, selbst achuiutziger Gesichtafarbe , bei welchem der Kranke
über alln'lei wandelbare aohmershafte Gefiilile klagt, kann auch
blofse Folge eines Nierenleidens sein.
Jetzt mufa ich, um meinen Lesern verstXndlicb zn werden,
etwas die epidemische Constitution Betreffendes eiosehieben. Frü-
her habe ich acbon geaagt , dafa , wenn Leberkrankbeilen herr-
seben, dann zuweilen Milzkrankheitea mitunferlaufen, dafa aber
das eine Jahr weif ergibiger an solchen Abweichungen aei ak
das andere; das Nämliche erinnere ich jatst von den Nierenkrank-
heiten. Ich habe in früheren Jahren solche Anomalien nur ein-
zeln erlebt, aber im Herbste des Jahres 1829 mehr mit Nieren-
affektion zu ihun gehabt, als in meiner ganzen früheren Praxis.
Sie war entweder für sich bestehend, oder folgte der herrschen-
den Lebereffektion. In letzten Falle ftnfserte sie sich, sobald die
Leber wieder zum Normalstande znriiekkehrte , das Gefühl toq
Gezpanniheit in den Präkordien nachliefa, und Überbauet der Kran-
ke anfing aicfa wieder wohl zu fühlen. War früher der Harn dua-
kel gefärbt gewesen und auf den Gebranch der Lebemitttel ge-
sandbeilsgemKfs von Farbe geworden, so wurde er, in Füllen, wo
die Nipren erkrankten, unter dem fongeaelsten Gebrauche der
Lebermiltel braun nnd etliche Mahl frühe. Hier war nun freilich
die Erkenntaifa oiobt schwer, das beifst, für den nicht schwer,
der schon mehr in seinem Leben mit solchea Wandelkrankheiten
za thun gehabt. In andern Fällen wurde der Urin nicht brenn,
BOodera er blieb gani gesnndbeilsgemSls, wie ihn die Lebermiual
— B76 —
gemacht hatten; die Bewerun; ging cJier nicht mehr vono, son-
dern weit eher siirück. Der Puls, der vorher schon wieder ruhig
war, wurde von neuem unruhig, gegen Abend zeigte aich Fieber-
erhebung und die wiedergekehrte Efslnat «chwand gftmdich. Id
diesem Falle war die Erkenntnifa schwierig, denn man hatte kein
Zeichen der Nierenaffektion , als das SiilUtehen der BesHeruag
and das ferner« Nichtwirken der Lebermiitel. Ich imifi aber hier
bemerken, dafi bei einigen sich auch allerdings Harnsirenge tti-
har oder ipäter einstellte, in welchem Falle die Uebertragang der
Krankkeit von der Leber auf die Nieren leichter su vermuthen war.
Da, wo die Nierenaffektion als erstliehes Leiden auftrat, war,
am von der Erkenoinifa durch Zeichen ganz zu schweigen, dos
blolke Vermnthen dieser Atfektion nichi allein «ehr schwierig, son-
dern in manchen Fällen bar unmöglich; ich bekenne aufrichtig,
dafa ich in manchen der früheren Falle, wo ich die Muck«i die-
ser Krankheit noeh oicht kannte, die Mensehen vergebens Arze-
aei habe nehmen lassen, da ich ihnen doch gering hätte helfen
kihtnen, wenn ich nur die Stätte ihres Leidens gekannt. Ich habe
k. B- Menschen angetroffen mit lebhafkera Fieber, ohne, oder mit
Kopfschmerz, die über niehu klagiten, als über Küekenschmemen,
Welche Klage denn doch bei akuten Fiebern sehr gemein ist.
Di« Leser werden vielleicht denken, da 49r Rücken lang ist, hfitte
ich das Nierenleiden aus der Gegend des Schmerzes Tcrmuthen
lAnnen; allein auch das ging nicht, denn einige hatten den Schmers
cwiscfaen den SchalterblStiern , oder in der einen oder der ande-
reii Schalter, andere hatten ihn im Kreuze. Nur eine einzige
Frau habe ich behandelt, welche mir gerade die Gegend der rech-
ten Niere als Seh merzen sstfitte aticeigte. Der Harn war «ach sn-
weilen bei solchen Kranken weder schleimig, fellig, noeb iribe.
Wie will nun ein versifindiger Mensch us solchen Zufällen aof
Nierenleiden sctiliefsen! und doch rerhielt steh die Sacheso. Bei
einigen, wo besonders der (Jtin mr RSthe oder Gelbe neigte, gtri)
i(^, da doch die hauptberrsdiend« Kmakheit eine Leberaffektion
war, im Sommer das Krfibenaugenwaiser, und ia Herbste, da die
Natur der herrschenden Leberkrankheit nach nnd nach so Terlin-
den war, dafs sie unter der Heilgewalt des Chelidoniams stand,
die Schellkraulsafttinkinr. Allein die Krankheit blieb wie sie war
and es kam kein Ende daran; gab ich nnn ein gutes NierenmiK
tel, so erfolgte die Besserung bald und sicher; je fiwber ich es
gab, je schneller erfolgte die Besserung.
Nun muffl ich aber noeh eins erinnern. Eben so, wie Leber-'
kxankheiten bei der Besserung in Nierenkrankheiiefl ibacgebeo kte-
nea, so kSnnen auch umgekehrt Nterenkraokbeiten in Leberkrank-
Jrehen Utergehen. Ob man von diesem Uebergange im Allgemei-
neo sag«! dürfe, -dftia er leicht zu erkeimea sei, vag* ich nicht
' — $77 —
n behmpten; *b«r ifn La»« ich mii gulcm Gswiaua bshMipiMi,
iab b«i daoea, ii-elcbe ich unter meiner Bebandlungf gakabl, die-
•er UtbergMig nur voa sinem höchst Unerfnhriiea bfttte können
verkaant werden. Sobald man durch ein gnlea Nephrilicu» die
Niaren gannd gemacht, das Fieber vergangeQ war and dai (ieföhl
der Gaaondheit wiederliehrte, welches in vier hie leoba Tageo ge-
ccbab, M Btaod, wenn die Krankheit sich anf die Leber warf, die
Benenmg »tili. Statt dafs der Kranke tlürker werden aollle, wur-
de er schwftcher, der Pul* Mwai schneller, der Urin mehr oder
Minder dunkel gefftrbt nnd trübe, io etlichen Fällen selbst mann
alig. Nan ereehienea oHchtlicl^ ermalleade Schweifs«, die Eb-
laat verging ganx, der Athem wurde kurz. Sobald man also sah,
dalJs die Besserung und das SiRrk er werden des Genesenen nicht
nach und sichtbar fortacbritt, oder wenn xu dieser schon böchst-
Tcrdäcfatigen Zauderhafiigkeit sieh Boeh ein, wenn gleich ge-
ringer Grad von Röibe des I'rins geaellte, an mnfsle man nicht
waiien, bis man alles Böse mit Händen greifen konnte, sondern
gleich die Scfaellkranttinkter lu fTmfaebn Tropfan fßafmahl lag«
reichen, dann wurde der Harn wieder blals und das Befinden kehr-
te bald mm NormalslaBde anruck. Wurde «an bei aufsersiädti-
scben Kranken aber erst dann ron der Sache benaebriehtiget, wenn
alles Böse schon da war, so konnte man es nicht mehr abkehren,
aber wol mit der Scbellkrautlinktur vertreiben. Die profusen
NachlBchweifse (ein für den Kranken lästiger nnd ihn sehr sdiwl-
ehender Zufall) wiiAen nach dem Schellkraut, früher oder spfiler,
je nachdem sie eingewnreelt waren. So waren nna die Krank-
heilen bescbaSen, bei denen ich mehr ron Nierenaffeklinn gelenU
habe als in irgend einem anderen Zeilpunkte meines prakttsohen
Wiritans; wiewol ich inlasae, dals mit die Nieren nucb schon
früher ti«! Kopfbrecfaen nnd Sdiererei verarMChet haban. .Jetst
SU den Nieraaraiitela.
Cochenille.
Ich lernte dieses Millel als-Nierenmiilel blofs durch Ziifoll
') leb habe schon oben gesagt, dafs Nierenaffeklion , sie
•) B«i Bsiaer AarDtbme in dia Zoah dar Aertte RrtSrla dl« Cocbeaüle cd dro 0«;«-
kriaeUickaa Mittala , ich uh aacb , m laiga ich Anl Ua , «ia pvoh oü ma
elMsAnta veraehreibM, ohslaicb de la pkaraMseetiiekaa and •netaiBiltel-
lahrlfaa Schriftaa dei vorlgas Jakrtaaderti all DinrtHeKm , LilAamIrifUemm,
Crphalitum and SUmatÜnm u Bacbe itelit {J: Fr. CartAtu»^ PimAc
mrmlM Malmrim* »ai. I7M> — t'si>i. Knmaim Mediii»i»che Cbfaiie I7U —
U. A. r»gtl HitiTim Mmt. Mid. 1700 *- J. S- Sptelmamm Intilal. MvU-
Timt m*4. I7ii.) Voa diu*« War S«lirirutBlUra wsrdaa Sirintr, IJiUr mi
StraM al* Gawibnaiaacr tDBtrdhrt. Sfltlmmmm M(t aber aasdriefclieh «o«
- 278 —
mmg in Sreinen , o4ot In Boderer KnnUieh bertehen , saweflen
sich durch schinenhafte Affekiion in der Mili-, oder LebeEgegend
&nfserl. leb balte «inst eine aUe aime Fraa xu behandeln, welch«
ein wenig Fluktuation im Bauche, geschwollene Füfse bia «i den
Knien, Husten, Auswurf, ichleicheodes Fieber mit wenigem, dunk-
len und trüben Harne hatte. Diese klagte anfserordenilich fiber
Schinersen im linken Bypockondrio. Ich gab ihr EichelnwasHer ;
der Schmerz liefs nach, aber der Htm vermehrte nicht. Weil
nun alte Franen oft etwas wunderlich sind, so kam auch diese
auf den Einfall, das Eichelowaaser werde ihr nicht helfen; ich
•ehe ihre Krankheit für unhetlb^-an, und geb« ihr blofi cur
VerlrSstung eiwaa, was nicht schade und nicht helfe. Oa oub
aber (Ins Eichelnwasser den Schmers aas der Seite bald wegge-
schaffet, so halle ich die Hoffnung, es werde auch die Urinab-
sonderung vermehren (ich sab die Krankheit für Bydrop» »plemi-
at» an), mochte die Anenei also nicht mit einer andern veria»-
flchen, Blofa nm die alte Frau xa beruhigen, liefs ich das Eieheln-
wasser mit Cochenille färben. Die Alte war dadurch ber^h>g^,
aber zugleich sah ich auch solche herrliche Wirkung auf die Urin-
absondernng, dafs ich anfing Mifatrauen in meine Erkenntnifs m
setzen, ziiniaht da ich mehr als einmahl hei Xierensieinsitcbtigen
lohmerzhafie Affektionen der Milz oder Leber erlabt, mithin auf
ein lolohes vorwaltendes Zeichen eben nicht haute.
Zuerst versuchte ich nun die Cochenille an mir selbst« am sn
sehen, oh sie auch feindliche Wirkung anf den Gesunden Knfsere;
da ich sah, dafs das nicht der Fall wnr, so trug ich kein Beden-
ken, sie. bei Kranken anzuwenden. Gleich anffinglich hatte ich
das Gluck, einen Hufserst belehrenden Fall zn beobachten , dessen
Seltenheit mir erat im Herbste 1829, wo die N'ierenaffekiionen
hSufig waren , recht deutlich geworden. Eine Frau von mitt-
len Jahren war mit akutem Fieber nnd Stichen in der linken
Seite, gerade in der Gegend der Milz, behaftet. Die Zufölle des
Fiebers waren die gewöbniichea und sind nicht böthig zu enlib-
len; ich bemerke blofs, dafs es ziemlich lebhaft war nnd die Fraa
tith recht krank fQhlte. Ich gab ihr Eichelnwasser sn einem hal-
ben Löffel vierraahl tags. Der Schmerz liefs nach; aber nun er-
schien Statt des Milzschnierzes heftiger Schmerz der linken Niere,
und zwar so, dafg ich um diesen Schmerz zu vermehren nur ganz
mäfsig auf den Ort zu drücken braocbt«; zugleich stellte sich
auch Strangurie ein. Ich gab jetzt der Kranken Cochenille mit
dar CochcniU« ; ad ta/bcaarf* meiiewmeMta Altar nat prattiptrt trihibetar.
S«eb« Jahr« i^ler «r«chI«D HalaenaBB» UcbiraelEaes dar Maitria MtiUra
dei William CnUtm , io Hettr tjt achan fr niofat HEbr voa dar C«cb«ill«
dia Rade.
— 279 —
av gvlMn EWolge, diifi innn^Blb xw«i Tage \aehlaJs der Sebner-
wn erfolgte, und dos Fieber, welches aboebinend ooeh einige
Tage länger enhiell, beim fmlgeietzteD Gebrancfae denelben Mh-
ida veracbwand. Dieser Fall, vor dem icfi blofs dns enShIe,
w«B befefaroBd i§t, bHi diu Besonder«^ dafs sich die NierenaBekiiun
d«reh Sefamen gerade an dem Orte, wo die Niere liegl, oBenfaar-
le; dieses ist so seilen, selbtt bei Sleinsüchligrn seilen, dafs icb
■icb nur weniger fihnlichen Fälle erioDere, in denen sich die
KrankbeitsetStte so deuUieh, ja handgreiflich oSenbart bMle. Fär
«eh war der Fall besonders belehrend. Ich hatte nämlieb jetit
keinen Zweifel luabr, dais die Cochenille ein etUea Organniillel
anf die erkrankten iVieren sei.
leb will den Leaer nun nicht mit Erzählung gemeiner Fälle
TOM akuten Fiebern ermüden, wclcbs icb im Herbste 1&29 su be-
handeln gehabL I>a ich oben die Anomaliea der berncheadeii
LebMrkrankheit deutlich genug auseinandefgesatat , so brauche icb
Hchls weiter hi sagen, als dal« in den Fällen, we die Nieren af-
fisirt wurden, die CeeheDille mich nimmer im Stich gelaasen. An-
xtehender wird es sein, wenn icb einige verwickelte Fülle erzäh-
le, wo eOBSensiietie , stark vorwallende Leiden den Arzt in die
Ine rühren konoten. Ich bedaure nur, dafs meine Pflicht aU prak-
tisefaer Aixt mir nicht iauner erlaubt hat, als blofaer Versuchma-
cber XU handeln. Hatte ieb in dem ersten der folgenden FKlIe,
s. B., blois und allein CocfaeDille geben wollen, so würde ich bei
der Neuheit der Heilkräfte dw Cochenille und bei der Oiinglich-
keit der Umstände gewissenlos gehandelt liaben; und hätte ich
im sweitea Falle bla& Cochenille gel>en w<rilen , so hätte ich- ge-
gen, meine e%ene nnd anderer veratändigeo Aerxte Erfabmng bao-
Ma müssen, icb hätte nftmlicfa auf nnrerkenitbaic gastrische Schär-
fen keine Rncksicht nehmen dürfen.
Der erste Fall, den idi anführe, betrifft eine Frau, die ich
leider eiebt aelbsl gesehen, von der mir aber, wegen des sehr be-
aornblgenden Zoatandes, worin sie sich befand, ganx piinkllioh
Nacbiidit von dem Ehemann gebraobi wurde. Die ZufMle, wor-
über diese klagte, waren : aehr heftige Rücken - und fiancbachnier-
un mit stark aufgetriebenem Banobe, behinderte Urinabsondernng,
Wassergeachwulst der FüJse, Schenkel uttd Scham lippen. Höchst
wahrscheinlish war der Bauch voll Wasser; bestimmt kann icb
dieses ^er nicht sagen, weil icb es nicht selbst habe unierBiicIien
kBflnen. Ferner waren die- conaenanellen Leiden der Blase nnd
Harnröhre ae vorwaltend, dafs die Kranke weder Tag noch Nacht
vor der Harnstrenge Bube balle. Der Wundarzt, der zu Hülfe
gerufen ihr den Caibeler in die Blase gebracht, balle nur etwas
Bist entleert. Weiter üt wohl zu merken , dafa /in starker Mut-
lerblnlfluls ollem diesen Elende vorhergegangen, und dafa die
— SSO —
Kranke, wie der Ebenwaii sagte, Marin HiUe nebst vielen Dsnrte
halte, und mehre Tage nicht %u Stuhle gegangen war. In den
benchriebenen Zustande hatte sie sich nehon mehre Tage befon-
den und vergebens die Hülfe der Kuoit angeeprot^en.
Aus dieser Grzälilung konnte ieb nicbls anders eeblieben, «li
data sie am lobenden Nierensteine krank sei; denn solche Sleia«
machen gern bei Weibern Mnllerbluiflfisse und heftige Leiden der
Blase und HarnrBhre. Die Kucken- und BaucbschmerKen sind ge-
meine Zaßlle des in einer Niere lobenden Steines, Ob die Fran
nun wirklich Nierensteine gehabt hat, oder ob ein niehi von Klei-
nen herrührendes Nierenleiden durch Mangel an Hülfe, oder durch
unrechte Millel (ohne Schuld des ersten Arztes, denn der wird
wol eben so gut nach Bericht haben verordnen miisaen als ich)
SU solcher Höhe gesteigert sei, das ist jiieht mit voller Sicherheit
au bestimmen. Ich gab dieser Fran eine (Jnxe gebrannter Magne-
sia, xwei Drachmen Cochenille und seohsxehn linsen Wasser snin
SchStteltrank gemacht, nnd liels sie davon stüödlieh einen Löffel
voll nehmen. Der Bericht darauf lautete: d« Rückeasohmerx sei
ober die Hfilfie minder geworden, der Bauch bei weitem nicht
mehr so gespannt nnd die Urinabsondernng wieder hergeeielli. Der
Urin, den mir der Ehemann brachie, war nicht roih, ohne gerade
trübe ZD sein etwas nnklar, nnd xeigte beim eingetunkten Lakmnap«-
pier, Irots der Versehrten Harne gebrannter Magnesia, noch reichticbe
Harnsäure. Oeffnung war nar Einmahl erfolgt nnd zwar eine
reichliche; die Sirangurie hatte zwar nachgelassen, kehrte aber
TOD Zeit SU Zeit in sehr vermindertetii tirade zurück. Da ich
keinen Grund haue, eine Veränderung in der Arxenei %a maoheo,
to liefe ioh die nSmliche wiederholen , mit dem Bedeuten , weni-
ger m geben, im Falle mehr als zwei bis dreimahl tags OeSnnng
erfolgen sollte.
Der darauf folgende Bericht lanlete: dais die Kranke, wegei»
dea häufiger erfolgten Abganges, die Arsenei seltener genommen,
die schmenhafleo Znftlle seien aber bis anf geringe Spuren sobMi
verschwunden, der Banch beigefallen and die Füfse nur noeh bis
an die Knftchel geschwollen. Da der Urin, der jetzt reichlich
abging, trotz der verbrauchleo MagneKia Harnsfiure emfaielt, ss
lief« ich noch einmahl die Arxenei wiederholen.
Aus dem nan folgenden Berichte hörte ich: alleA- sei mm
Nornialsiande zurückgekehrt; die Frau nber sehr mager geworden.
(Ich denke, ihre frühera Beleibtheit wird wol wAsseiiger Naiar ge-
wesen sein.) Der Urin hatte jetzt wenig Harnsanra atchr war, aber
noch nicht ganz neutral. Nun gnb ich blofs zwei Unzea Milch-
zucker mit zwei Drachmen Cochenille in Pulverform, ond lie&
davon fünfmahl^ tags einen Theelöffel voll nehmen. Es ist auch
weilet kein« Arztnei nätbig gewesen; denn da die Frau in den
- MI -
bwtM Smhna wir, m kanen Krilft« «nd F1«iieb wol toh kIIwI
wieder. Dia {mmb and etwt« Silrkaag aaek Knokbailen iat die
griadliebe Heilsag im Hanptfib^ Ich bab« oban gesagt, ei lei
niebl aiit veliar Siekerbett n bectinnea, ob Steia« diesee befiige
Nierealeideo Tennaebt; die regelialfaig' forttchreitend« Beuerung
hat aiieh aber doeb a» Eade nbarradet, daft wol' keine Steine
in den Nierea eeia nochlen; denn dia von Steinen abbangenden
Nieranlaidea lind gawAhalich aperriger an behandeln« wenn lie
gleich nickt eianahl bis an dar beaebriebMiiea H5he gaiuigan
■isd.
Der awaita Fall, den icb für intereauat gmag balle, nat kura-
anilhlt den Leaeni keine lange Weile la nMebea, i>t falgendcr:
Ich wnrde einea Abends, m dar Zeit, da dia hnaglta Nie-
raaaffeklionen siamlith oft vorkamen, au der Cbefraa eines hiesi*
gen Borgers gerafen. Diese war anwailen von asthnuilscben B»-
sehwerden beiMgesuehl gewesen, gegen welche sie aber noch nie
die Hätha eines Arstas in Ansprach ganommen; sie war Jatst
aehoB aait acht Tagen in boheia Grade asthmatisch, dabei auf der
iWfia der Scbwangerachafi. Der Pals war schnell nnd voll , der
Urin ifnrde in gro^r Menge abgesaadart und war etwas rStber
ala er im Nariaalsiaade bätie sein aiüssen. IKa Atfaerasnoik war
stark, nnd stiiicer gegaa Abend, also, dalit dia Kranke schon in
acht Tagen nicht gdegan nnd niebl geschlafen hatte, das Gesiebt
rvih nnd anfgatrieban, der Mick der Angeo flan, die Zange dick
waift belegt, der Geschmnck angeblich bitter; alles, was in den
Magm kam, bawiriite Neigung zom Anfsto&en, ohne dala dia
Kranke, nach ihrer Aussage, recht snm AnfstofMD kommen konn-
te; fibrigeas war sie seit drei Tagen veratopft. Ich gab ihr einen
ScbStleltrank von einer bnlben Unse gebmnnter Magnesia, twei
Drachmen kubischen Snipeter nnd acht Uoaan Wasser, wovon sie
ttindlich ainaa Löffel voll nahm.
Nachdem sie diesn Trank Tenehret, war der Pub nicht mehr
«^, nbar noch nnvermiBdert achadl, der Gesohnuck wol ein we-
nig besser, aber doch noch bitter, die Gespaanihsit der Pr&kor-
dien nm vialas besser; Oeffonng van steinhartem Koihe war Eip-
mnhl erfolgt. Ich liefs den Trank wiederholen. Als nun dieser
■weite va^rancht war, halte die Zange den dicken weifsen Scbmuli
verloren nnd nur noch einen leicbten weifsen Anflug, der bitlere
Gesehmack nnd die Gespanntheit der Piftkordien war gans ver-
•ebwandefl, das Gesiebt beigefallan, knn, das Befinden im Gan-
sea viel besser. Dar Puls war aber unverftndert schnell, das Asihmn
wel etwas minder, aber doch noch immer su, daJs die Kranke nid>t
liegen und nicht acUafen konnte. Der Urin "M-ar reichlich , hatte
die rSibliche Farbe verioren und seigle noch viel HamsHure.
Nneh diesem xweiten Tranke war sweimahlige reichliche breiige
Oefinung erfolgt. Naa kam ich auf den Gedanken , ob hier da»
Asihina such wol darch eine Nierenaffelction unierlmlten «rerdea
niScbifl. Ich gebe xn , da& die vorhaadenen Zeichen nickt he«
Blimml dafür sprachen; denn wenn ^eich rercblicher IJamabgang
xuweilen bei Nieren affekti'on Statt findet, so findet er doeh eben
so wol und iwar nicht seilen beim gewöhnliohen Asthma 8iatr.
Hnsien nnd Asthma künnen von Nierenaflektton herkommen; hier
jedoch, wo das Aslbma schon mehrmals vorhanden gewesen und
von selbst in ein paar Tagen vergangen, konnie -aian es nicht ah
von Nierenalfeklion entstanden ansehen. Aliein es konnte durch
eine Nierenaffekt ion nateriialten werden ; denn da es sonst, naeh
Aussaga der Kranken» fn ein paar Tagen von selbst vergangen
war, so muble seine jetxige Hartnäckigkeit doch in irgend einnB
hegnindet sein. Hier, wo der Versuch dnrchana nidit gefthrlich
wtn-, hStle ich wol ein Thor sein müssen, ihn nicht za machen.
Weil ieb aber durch Erfahmng werft, dab da, wo vi«! bil-
lerer Geschmack, Aorstofsen nnd Spannang in den Prikordnn
ist, eine ganxe oder halbe Unxe BiHersalserde wol mweKen hin-
reicht, jene widrigen GefShIe sn heben, gewShulich nber noch
scharfe Stoffe in dem unteren Theile des Dannkanals kaf(«iT be-
sonders wenn die Magnesia, wie in dem gegenwärtigen Falle, die
Bewegung der Dflrme wenig vermehrt hat : so verband ich , snr
Vorsicht, die Magnesia noch mit der CocbeoUle, gab einen ScMIl-
lelirank von einer halben Unze Magnesia , einer Drachne Codw*
nille nnd acht UnsMi Wasser, nnd Hefa davon siiindlidi einen
LSffel voll nebtnen. Die Wirkung, die dieser Trank anf das
Asthma Hnfserte, war mericwürdtg. üen ersten Tag, da sie ihn
nahnt , keimte sie sehen ein paar Stunden naebls ruhen , nnd lie-
gend ruhen; sie fing an, reichlich Schleim auscnweifeD, der leichte
wrifse Anflug verschwand gans T^n der Zange. Ich lieia diesen
Trank noch einniahl wiederholen, nnd dann gab ich die Coche-
nille in Pulverform , funfmabi tags einen TheelSffel von der
Mischang einer ünse Milchsucker mit einer Diacbm« Coebenillot
Das Befinden wurde nun ttiglich hesser, die RcbleiManssondernng
aus den Lnngen reichlich, der mhige, annnterbrachene Schlaf
kehrte wieder, andi die Efslust sfellie sich ein und die Speisen
wurden gut vertragen. Indessen bei dieser wwSnachten Besse-
rung war eine Erscheinung, die, hSite ich in diesem Falle anm
ersten Mahle die Cochenille gegeben^ mich arg wnide verblüfft
haben. Nfimlich , der vorher sehr reichliche Uiin wurde bei dem
Gebrauche der Cochenille und bei der tSgliobea Besserong immer
minder, der Puls blieb schnell. Auswarf und Husten liefsen niebl
Dach, der verminderte Urin wurde bald rotb nnd trübe.
Da ich nun, wie gesagt, der Meinung war, dafs eine Nierei^
affektion das Asthma, wo nicht geursaeht, doch nnlerhallen habe»
M anbte ieb bier «rtt antennchen , ob im Jankrigafitrble , ipar-
NM«, trüb« Hara aim KniitkbritiTaneisiHig anf iie Lehn, oder
•ine V«ribid«ntng der Nlereakraekheit bekaiide. Alle Zeicbe«,
■« welchen mu deniahli eine Uebertragoeg aaf die Leber rer-
nntben konnte, fehlten ginslich, die Frau halte weder Nacht-
■cbweifw , Spannaof im rechten Hypoehoadrio , noch garstige
Geiichtsfarbe ; mithin war es wol em klfigiten, dab ich ver-
Ila6g annahm , ea kSooe mSglicb sein , dafs die Nierenafiek-
lien in ihrer Natur veriindert lei. So gat, wie ein gewSholichea
Qallenfieber in Gelbtnchl übergehen kann, eine rernwhrie Gallen-
absondern ng . also in eine ginziioh gehemmte, (wololt« Gelbsoeht
die Alten, oftnisoh genng, eine kritisciie geotuinl haben ,) ebea
■o kann aneh eine durch vermehrte Urlnabtondernng sich nrknn-
desde Nierenaffektion in eine durch sebr venniodaite oder fast
nnterdrockte sioh orknndende übergeben. Dergleichen Ueberginge
ia anscheinend ganz entgegengesetxle Zustinde können bei den
Krankheiten aller abeDoderadea Organa, so weit diese nAmlic^
■innlicb xn bereichen nnd an bennbeilen sind, Statt finden. Ich
Terscfarieb dso jetxt der Kranken die Goldimhe , liefs tSglieh ei-
ne halbe Unse mit riinf Tassen kochendem Waner eine Iwlbe
Stande Kiehen, deon abgiefaen nnd den Anfgnfs in vieniodzwaiwig
Stunden reraehren. Dieses Kraut leistete alles, was man Ton
naem guten Nierenmitiel verlangen konnte. Schon nach dem
enten Lotfa halte der Uam die Trübheit verloren, nach dem awei-
teo die reihe Farbe, nad dem drillen war er schon bedeutend
vermehrt, nnd beim fortgesetzten Gebrauche ging alles rasch sur
ToUkommnen Gesundheit, Hosten und Auswurf verlor sich nnd
itr Vvi» wurde normal. Ich habe aber snr Vorsiebt das Heilmittel
noch weit länger nacbgebraochen lassen, als ea wol der krankhaf-
ten ZofUie wegen oAtbig gewesen wäre.*) Man kann nie btbanp-
ton, dafs die krankhafte Affektion eines Orgaas gans gehoben
sei, sobald sie sich nicht mehr durcfa erkennbare Unr^elmälsig-
ketten in dem Organe selbst oder in benaehbanen offenbaret.
Die Krankheit ist ein unsichtbares Ding, daram mnis man etwas
vorsichtiger damit ver&hren , als , wenn es sichtlich und greiflich
wäre.
Wäre mir die Wirkung der Cochenille, bei krankhaft vor»
*) !■ Jahre iS36 ward« i«b , tine* ■nUdestmdei HalleAlstlnMM wefai, m
derteIhtB Fraa larafH, artnidlfte mlth M dar Gdcfeahait, ob ita »alt dar
ItttUm KnsUtit »ft AaliU« ihm pariadiiebe* AiU^a sahabt, and bSri« sss,
data «e ia daa leek« Jahraa aicbt dia Iciiaita Hahoaag davoo gMpUret. leb
räbre diMM dcibalb aa , Wiil kh ia dem MgtüitA Abichailte dieie* lUpi-
tilt voa dan («UMtigen Antblcibea pariodiicbar tlt*el ipweben nad »af dl«
grab« Uawdabflit aafaerkMB naebea ward« , Hiebet Aartl«ib«fl rrtfUiMg
I ArHnaiea HMKhr«tt«e.
...gic
— 48* —
Mebfttr UriftalwoadaraBg dmt Urin kb vmnaiaieny imlem ■!« das
Haoieheii geniMl micbti niobt selion durch Erfabraag bekanni
geweaea, lo würde der eben erKihli« Fail mich siiitiig gemacbt
babra. IMma M^irkmg der Cocheaille ftufurt sich aber nicht
ia allen Fillen ao, ' wie io dem enäblten, dafa aie nftmlich di«
Hamabaondarang oieht blofa anf daa NormalalancI aurückfUbrt,
aoadem (man arlanbe laii den Aaadnick) über den Noraialaland
hinanadrflogl und in d^n «atgegeagafleiilan krankbaften Zoatand
verwandelt: in dea mtsiiten Füllen bringt tie die Urinabaonderung
blol» auf dea Normalaland. Uebrigeaa iit io dem enÜhlieB Fall«
dieaa Auanabine nicht gerade etwas UaerhSrlea. Der iJrechweiiu
Main M. B. wirkt anweilea eben ao bei dar durch vermehrte Gal-
laaabaondarang aicfa ftafeanidaa Krankheit der Leber. Jn >ielen
FttUen Tamtindert er die Gallenabaondeniog nnd nthrt »ie auf den
Normalatand wirfick; in andern Füllen dringt er aie über den
Normalaiand fainaoa and bewirkt aia« krankhaft Tenninderte Gal-
lenabaonderong , ja aelbst Gelbaucht. Solche Wirkaqgan ainH
übel au erkl&ren; jeder mag sie sich oaeh aaiaei Weiae erklSrcui
veratindig, oder phaataallacb. Ka mag aie nun aber jemand er<
kllren, wie er will, ao wird er bei der Bebandlong einea Kran-
ken ea eben «o machen müaaen ala ich, er mulä aefaen, wie ai^
die Wirkung dea Mittels auf daa erkrankte Organ gealsliet, und
nach dieaer Beobachlaag aeina weiiereo Mabregeln nehmen; vor«
her lifat aicb nach keiner Theorie darüber eiwaa •Sicberaa baalim-
Non will inh den Leaem noch einen aebr verwickeilen Fall
•rxXhIen, bei wdchaiu dia Ceobanille awar auch niafal alleinigaa
Heilmittel war, wo aber ohne Cochenille die Heilong wol achwar-
lieb würde geintigen lein.
Idi wurde den 26. Oetober 1829 wa der Ehefrau «inaa aebr'
reratlndigen Luidmaanea gerafao, welche bia dabin einer meiner
Amtagenoaien bebandelt hatte, die aicb aber angeblich is acbr
fibleo lind labanagenbrlichen Umailinden befinden soliie. Als ich
hinkam, fand ich, dafs man die Sache berisbtend nicht vergrS-
faert habe; denn die Fran war awar bei gnlein Veratande,. aber
übrigena ao achwacb, dafa aie daa Beit nicht allein nicht verlaa*
aen, aendera sieb nicht mehr im Bette aufrichten konnte. Sie
litt an einem so heftigen Durchfalle, dafa in einer Stunde nnge-
f%br fünf ßauehenilaerungen erfolgten. Die Excremenle liefen
ins Bait, denn an Aufateben oder Uaieraiecken eines Beckena war
iheils wegen der grolaea Schwäche, tbeils wegen der Schnelle der
Entleerung nicht an denken. Der Banch war aehr acbmershaft
und etwas aufgetrieben; bei aller Mühe aber, die Ich mir gab,
konnte ich durchaus nichts erfragen und entdecken, waa auf die
Affektion irgend eines besonderen Organea gedaaiet hälie. Der
— 185 —
hh WM uhnell uotf kittin, lA« Kungs elwu mM% wigMiMageii,
4er nicht rorfae, Mark hnnuBura (Jria wrH«, im Varlilliaib ran
heftigen Durchfalle, reiehlick entleert. Uebrigana klagte dia Krau-
lte über baHiAndige Uebelkelt nnd Sbar vM Aufalafaen, weichet
zoiTeilen mit {■^brechen einea geMhiBacklaaen SeUeimea abwadiielMi
der Dtirat war stark und die Hitae abwechaelnd groft. Die achaa
IRnger Kranlce hatte in dieaeiii Iraerigea Zaalaade bereits ein paar
Tage gelegen.
Yen dem Beginne der Krankheit konnie iah Falgendea in
Erfehrnng bringen. Allta Klend halte mit einen Marken Maitaf*
blutflmse angefangen, gegen welchea die Fraa Raih bei eiaeat
Itenaehbarten Arsie geanehf, der ihr aanre Trsplen gegebe«, wo-,
nach der BIuiDuft aicb gestillet ; aie war aber naeb geelÜlier Blii-
lung noeh anwohl geblieben. Nun hatte der Arat für nöihig er-
achtet, ihr ein Abführungaraittel an Tersehraibea. Nach dem Ge-
brauehe dieses Mittels war sie so nngeheaer an den Onrtbfdt ge-
kommen nnd in den Uftglieben Zaaland rersetat worden, woria
ii^ sie fond,
Atu dteaer ErsilMaiig nnd aas 4en Zafiinan aelbst war dnrdi-
ana nicht tu ericennee, eb hier der Geaammtarganiamna, oder ein
einielnei Organ, nnd welches, erkrankt aal. Ich mufcte alao«
rerlassen von allen wahrseh ein liehen Gnlnden für das £ine ader
t&t das Andere, den Organismns dieser Frau ait den Arconeien
in Berilhrnng bringen , und ans dem Verhalten beider gegen ein-
ander die Krankheit beonbeileD. Innerhalb acht Tage war ieb
auf diesem Wege to weit gekommea , dafs ich gewifs wnisle, der
Darehfatl (der inzwischen dnnft di« Anwendung einiger Dammit-
tel wol lim zwei tMitel nachgelaasen) sei eia eonsensncjler ; es
blieb also noch ait nnlerso^Mn, ob Lebw, oder eb Nieren das
nrargriffene Organ sei. Für 4ie Leber sprach durchaus nichts,
ffir die Nieren ebenfalls nidits. Der Torhargc^ngeae Mallerhlal-
flnla konnte ein conseasadles Leiden gewesen seia, welches von
einer Auktion der Leber abg^angen; er konnte aber eben ee
gut TOD einer Aftektion der Nieren abgehangm haben. Der be&
ti^ Durchfall , Mefs dareh «ia gewBholiebe« Laxana Toranlabt,
iMMinte eben so wol lo «ner Affektion der Lober, als der Mieren
begrfindet seio. Es war also anler diesen tlmstladen^gleiehbeJeu-
lend, ob ich zuerst ein Lebermiitel, oder ein Nierenmitte] gab:
jeb besiifflmie mieh für letztes, nnd zwar wegen Mgaader an
•teh unbedenteader Wahrscheinlichkeiten.
Ich hatte bemerkt, dati die Fran im Anfange, na4 selbst auch
in der Folge, cwar keine reiehlicfae Hamnusleerung hatte, aber
4oeb reiehlieher, als sie es bot der heftigen Darmaosteeroag hStte
haben mfiasea. Diese« gab mm eine aebwache, aber wahrlieh
wbr schwach« Wafaneheinllebkelt, dnfr dM Hmptibol in dwi
— 286 —
Nierm «ecke. Fernet klagt« ' li« fibar bMtBadtge Uehelkait
N'an war im Aofange, wo die Damaffaktiaa iich so lahr ■iDmiacb
Hsfserte, am dieaem Zufalle aben so waoig als ana dan Aafilo-
fsen und aus dem Erbreehea %a Hiachen; deao solche Zaf&Uo sind
eben nioht uDgewöhnÜBh bei Urleidea des Darnikanales. Aber da
die Darmaffektion durch den Gebrauch einiger goten Oaranktel
nm iwei Drinel gemindert war, und du (Jebelkeit noch inmec
nnverindert aDhielt,- so deutele diese mehr auf eine Nieren-, al«
auf eine Leberaffektioo ; denn wo findet man aohalteadere Uebel-
■keit, als (zwar nicht immer, aber doch inweilen) bei Niereaaf-
fektionenl — Aber freilich war das auch nur eine sehr geringe
Wahracheiniiehkeit ; und wean man naa beide kleine Wahracbein-
liobkeiieo lusBmmenaahni , so kam daraus noch ni^ts Erhebli-
ohea. Ich konnte nicht sagen, hier iit eine \ierenafifektion , aber
ich konnte wol sagen : die genannten awei nnbedeutendea Zeichen
benimmen mich, da ich so gnt wie jeder ander« Arzt lieher po-
siliTo als oegaiJva Wirknag meiner Mittel sehe, zuerst lieber ein
NepkriticHm tA% ein Hepaticum mit dam Organismus in Berührung
10 hringea. Das Micbiwirken du NteraniailtelB wird mir dann
ein Beweis sein, dala das Uebel in der Leber steckt. Ich gab
jetzt SaecJutri Lactu |ii Coccinellae Jii M f j DS alle zwei
Standen einen Theelöffe) voll zu nebment
Die Wirkang dieses Mittels war so aasnehmend gat, dafs,
da ich aiu andern Tage die Frau sah , der Durchfall schon ganz
anfgeh5rt hatte. Sie hatte nämlich, seit sie das Pulver genommen»
nur während der ersten Standen des Gebraucbas Cinatahl Oeffnnng
gehabt, und seitdem nicht wieder. Der Puls war freilieb noeh
■cbnell , aber öbrigens das gaase Befinden so som Vorthail gelo-
dert, dafs ich es, ohne den Verdacht der Unwahrheit agf mich
au laden, kaum zu sagen wage.' Freilich bin ich alt genug, nm
an begreifea, dafs, da jetzt alle faeimliohe Furcht des Sterbeaa
von der Kranken gewichen war, nicht blols die Hoffnung, sondern
selbst die Zuversicht, im Lande der Lebendigen zn bleiben, die
dnrch die Cochenille bewirkte Besserung in den A«gen des blofsea
Zuschauers am vieles rergrOfserte und verschdnie; eher, abgeao-
gen dies« durch psychische Einwirkung geursachle Besaemng, war
doch die dnrch-die Cochenille direkt genrsachie physische bedealend
genug. Dafs ich bei diesem kiiaÜchen Falle, da ich einmahl das
wahre Heilmittel getroffen, nicht sobald davon abging, sondern
selbiges in verminderter Gabe fortgebrauchen liels , werden die
Leser wol denken. £s ereignete sich jetxt, dala, Stau des Durch-
falles, hartnäckige Verstopfung eialrat. In den ersten Tagen die-
ses veränderten Zustandes war der Banch noch, wie vorhin, etwas
empfindlich, ohne dafs eine hervorstechende schmenbafte Stelle
zn entdecken gewesen wäre; in Zeit von etlichen Tagen lieCi diese
— «87 —
EMpibitIlicUMtt NWüh, 4ie Winrfe ^Mgreii frai von nntea w«f, Anf-
uofscn and Uebelkvit wnrea ▼N«eh«i'iin4«n. Osflnnng mnÜrie AmnM
KlyMire venchntfi werden; denn. Ha Ich 4m Beispiel meine« AmM-
bnider« (der eben nicht zn den Unronicbligen gehört) vor Aug«n
bntte, so hiiteta ich mich, ein AbfTihningsmiKel in* diese DArme
KU aehiefcen. I>er Urin war in dieae^ Zeit iclar, natürlich von
Fa«4ic, «rdenilich waer, nad der INila, den fSaflen November,
wo ich die Kranke sah, wieder aiemlieb mhig. (Ob er ganx snm
NomabcUage dieaei KSrpers aarflckgekehrt wnr, konnte ich nicht
wiuen, weit ioh die t'ran nie vorher behandelt, ja aie nie vorher
gesehen hatte.) Da sie reichlich eine deutsche Meile von mir
wohnte, nnd der Weg dahin sehr übel war, so sah ich sie vom
füoficn bis neiinxebnten November nicht wieder. In der Zeil bracbia
der Ehenaan Nachricht. Ich merkte aber ans diesen N'aehrichten,
i»ü die Bessemng atill stand ; der Urin ward« nach nnd nach
gtih, trübe and morastig. l>a ich schon durch diesjfihrige Erfah-
rung den Lanf der Kfaskberten kannte, so begriff Ich, besonders,
da aieli noch <Ke heftigen Nachtschweifse einstellten , da& hier
eine KrankheitMibertragn)^ tob den Nieren anf die Leber Statt
gefunden. IKe Kranke begehrte den achtxehnien November, ich
mScbte sie selbst sehen ; sie habe eine schtnerzhafle Geschwulst
im Bancbe. Da ich am Neimsehmen hin kam, sah ich sehr bald,
dafa meiae Venoathang, als sei die Krankheit aaf die Leber Rber-
tnigen, gegrfindel sei. Dieses Otgan war nnrerfcennbar nnd hand-
greiflich affizirt, ja die Batiijhmnskeln, wo sie die Leber berllbren,
waren consensnell ergriffen , nnd ich Afalte hier eine VerhHrlung
von der äröfse eines Laubthalers (ohne bestimmte Grenzen), wel-
che so empfindlieh war, dafa die Kranke nicht den leisesien Dmck
darauf venragen kennte. Meine schon frfiher an si« gerichteten
Fragen, in Betreff Slierer Banchleiden, worden auch jetzt zwar
nicht ganz verneinet, aber doch so tmbestimmt beantwortet, dafa
nichts daraus zu machen war. Landleale, welche immer gesond
nnd kBrpertlch ibfttig gewesen, kennen keine andere )a«nkharfe
Gefühle als den eigentlichen Schmerz; sind sie von diesem nicht
heimgesucht, so sind sie auch ihrer Meinung nach gesund gewe-
sen. Ich konnte anf mein Ausfragen keinen anderen Bescheid
bekommen, als dafs mir der Mann sagte: die Frau sei den gan-
zen Sommer nicht so recht gewesen, wie sie wol bulle sein sol-
len; die Fran konnte diese Aussage des Mannes nicht in Abrede
stellen; worin aber das Kichlrechlgewesensein eigentlich bestan-
den, war nicht auszumitleln. Ich gab ihr S ehcH krault in ktur und
legte auf die VerhBriung Gahneisalbe; dadurch ist sie zu ihrer
Gesandheil gelangt. Die Langsamkeit des Besserwerdens hat es
mir aber sehr wahrscheinKeh gemacht, dafs das sogenannte Nicht-
reefalgewesensein des vorherigen ganzen Sommera wol von einem
-. »8 —
L«b«rieid«B wird abg«ba«gw haben. Da bMsbKriigleo Aencten
solch« Fftlle , w« akute KrankheiteD cbraniMfa« Ueb«! aarrfthrMi,
■cbr bekaaat aiad, asd ich Qbenli«* diei«B ÜrankhmlaraJI mut
himicfatlich der Wirkang d« Coehenille eraäUe: «o maft ich ab-
hrecheo, lua aieht laagweÜig »m werdeD.
Folgender Fall wird wabncheialich dea UnerTahmea 'Mwiu
■jbern bedüakea ; die Erfabraeo wiMen aber wol , dab aiwcfaei-
neod leichte Krankheitaa wo Inflig oicht su Behaien liad. Ee war
aämlich eins voa jenea schleichenden Fiebern, bei denen die Men-
wdien nicht bettlägerig sind, und über nichts klagen, als über Ver-
last der Krifie. Der Kranke war ein ehrlicher Mann ans der ar-
beitenden Klasse. Als er mir sein Leid ersBhlen sollte, wnfst«
er nichts anzngeben, als, er sei bestSndig utnde, habe lEcinen Zag
uin Essen nnd der SohUT erquicke ihn nicht. lob fmgie ihn nnn
besonders ans über Baach, Bnist n. a. w. (ohne ihm jedoch Sng^
gestirfragen su thna) ; alLeia es ergab sich dnrchaas nichtt, worauf
ich hätte fuisen köoaeo. Der Pols war aohaell, wie der eines
Schwindsüchtigen; nus dem Harne kennte idi nichts erkennen,
dieser war sauer und gans wie der eines Gesunden, gefftibt ; der
Kranke behauptete auch, nicht mehr nnd nioht weniger wie fräber
lu harnen. Vehrigeoa sagte er, dals er sich bereits seit vier Wi-
chen in diesem xwischen Krankheit and Geaundheit scbwobeitden
Zastaade be&nde und arg mager geworden sei.
Es lagen nun unter dea besagten Umstfioden swei Wege vor
mir: entweder muiiite ich ta dem Manne ^»reebea, ich weifo nicht,
was dir fehlt, oder ich nafote die Krankheit hiofa darch Erkao-
nangsmitiel (Beagemtia) ergründen. Ich wflhlte den letitea Wag,
nnd bei den Arxeneien, die ich laersl mit diesem Organisno in
Berührung brachte, hatte ich die Natur der herrschenden Krank-
heit im Auge. Ich wnfite, dals wie in der Musik der Grnndton
einer Symphonie in verwandte Tonarten abweicht, also weiche
auch der Gruadioa unserer epidemisobeB Constitution, die Leber-
kronkheit, in verwandte Tonarten, ia MiU- und Nierenleiden ab.
Mithin gab ich znerst die Sobellknuitlioktur , als weldie an der
Zeit das Httuptlebermitlel war. Die half ober gar nichL Da gab
ich das Eichelawasaer ; das half eben so wenig, sebadete aber
auch eben so wenig als die Schellkroattiaktur. Da ich nun er-
fahren,- dafs der Fehler nicht in Leber und Mila stecke, so mafste
ich die Nieren nntersnehen, und gab lu dem Ende die Cochenille
in Pulver. Als der Mann anderthalb Drachmen veraehret, hatte,
kam er zu mir mit grolser Zufriedenheit und sagte: es fehle ihm
nichts mehr, er sei wieder gerand. ' Sein Puls war jetst ruhig,
aber es war aiamlich unaöthig, diesen au untersuchen, denn das
ganxe Ansehen des Mannes sprach es gar venUAadlich aus , daf*
eine wichtige nnd vorlhailhafte Verlnderang seinaa Befindens vw-
— 88» —
gBgangen mi. Da er n^ gnn unbdiaont wht, go k«aiile ich ab-
Ki^icfa über das Aenbara seinas LeibM, in wiefBrn ei von dem
Cesnndbn^emafeen abweiche, nicbt aitheilsD; deaa manche Mea-
Bchoi haben ja bei ^sundein l<eib« ein gar ekeliges Autsehen.
Jeixt aber konnte ich ent aus der Veränderang ania Gnten recht
abnehinen, ^vie garstig er anfUnglich atugeeebeo. Dafs ich ihm
aber geralhen, xur Vorsicht noch eine Portion Cochenillpnlver »i
gebranchen, versteht sich von selbst. Die Gabe, in welcher ich
i» erxfifahen Falle die Cochenille reichte, wnr ßnfinahl tags ein
Theelöffel roll , von einer Mischung ans acht Theilen Milebsueker
und einem T heile Cochenille.
Der vierte Fall beirilft einen so genannten Kopfrhearaaiismns.
Eine Prmt von- mittlen Jahren wnrde von ganz nififsigent Fie-
ber und periodischem, jedoch noregelrnftfaig wiederkehrendem
Kopfsdmcrte nnd iwar von letztem in befiigem Grade crgriSen.
Er erstreckte sieh vom rechten Jochbeine bis über die rechte Seile
des Stirnbeines so, dafs der rechte Stirnhögel die infserate Greme
desselben autfmaohte. Der Augapfel der rechten Seite litt bei je-
dem Anfalle mehr oder minder scbmenhaft, ohne dafs er, oder
die Angenlieder dadareh würen geröthet worden. Der Anfall wtthr-
te unregelmifsig, bald ISnger, bald kürzer ; im Durchschnitte konnte
MMi ihn aiif awölf Stunden anschlagen. Beim Nachlasse war der
Pols vom gesund he iisgemltfsen nicht sn unterscheiden, jedoch die
Frau, trotz diesem Nachlasse, grSfsten Theils beiilftgerig. Die
Hamabsondernng war sowol hiner als aafser dem Anfalle so reich-
lich, dafs mi^ die Frau selbst ungefragt darauf aufmerksam mach-
te. Der Harn war nicht, wie bei Hysterischen, weilii gleich Brun-
nenwasser, sondern strohgelb wie bei GesnadeD, auefa ordentlich
sauer, nnd diese Eigenschaften behielt er anfser und inner den>
Anfalle. Uebrigens klagte sie über eine besondere, empfindliche
KSite des Räckens, welche sich aber nicht, wie beim Anfange
mancher akuten Fieber, durch ein Ueberlaofen von Kälte oder
Schauder über den Kücken änfserte, sondern ih einer gleicbmäfsi-
gen Kftlte bestand, die die Gegend des Kückens von der Spitae
der Schulterblätter bis Kom Kreuze einnahm. Wiihrend der Exa-
zerbation, wo der Puls etwas besohteuniget wnrd«>, und die Wär-
me des KSrpers, ohne eben in Hitze auszuarteti, fühlbar ver-
mehrte, nahm die Kälte des Kückens m; aber blofs das GefUhl
der Kranken erkannte diese Kälte, mit meiner Hand konnte ich
sie nicht erkennen. Nun mufs ich einschallen, dafs bei dem hier
herrschenden Leberfieber solche und ttbnllche halbseitige Kopf-
schmerzen zwar nicht zn den gew5hnlichen Zufällen , aber doch
anch gerade nicht zu den ganz seltenen Erscheinungen gehdrten.
Ich hatte sie >m Jahre 1829, bis znm Anfange des Herbstes, im-
mer durch Einwirkung auf daa Ldwrorgan, nnd zwar mit Kräben-
i9 ---o"
angenwBiser geheilet; vai da dieter Fall sieh im Aofange JenM
Hörbares ereignete, so veniMihte ich laent das Mittel, «debe«
bin diihin schnell und sicher geholfen; denn die vermehne Urin-
nlMondei-iing und die Kälte dea Kfiokens waren doch auf alle Fall«
keine sichere Zeichen krankhaft affixirler \ieren. Da aber di»
Kranke das Krähen an gen wasser mehre- Tage ganz ohne NhIcmi
gebraucht, und die vermehrte Urinabsooderang meine Anfnierk-
fiiimkeit anf die \ieren lenkte, lo veisnchte ich die Cochenille in
Pitlverfonn. Diese half gleich; seit sie die Kranke gebrancbl,
ist kaum noeb Ginmabl ein Schatten von Anmahnung dea Schnur-
zes erschienen , und dann ist er verschwunden. Die üherm&fsige
IVinabsonderung trat in die GesondheitsBchranken xurQek, und die
Kälte des Kückens wich der natürlichen Wärme, Von dem gan-
aen sehr peinlichen Uebel blieb nichts über als ein Gefühl von
Mailigkeit, nnd im Kopfe eine Dussel igkeit , welche letate aber
als VorlKuferisn und Xaehfolgerinn aller ASektionen der Kopf-
and Banckorgane den Aerzten genugsam bekannt ist- Es ist klug,
das Heilmittel fortgebrauch an sn Jassen, bis die Dnsseligkeit ganx
ver^bwnnden ist. Wenn man diese Vorsicht nicht gebraucht, ma-
chen die Affektionen der Organe leicht Rückfillle.
Die Krfahmng, w^Atitt Saater» über die Heilkraft der Co-
chenille gegen den Gesichtsschmerz bekannt gemacht hat, sofaei-
net dnreb diesen Fall einige BeMBtignng zu erhalten. So viel
habe ich aber begriffen, nnd habe es schon längst begriffen, dafs
Kopf- und Gesichtsschmerz (mit welchem griechischen oder latei-
nischen Kunstnamen wir sie auch belegen mögen) zuweilen aller-
dings ein Urloiden des Gehirns, öder fler Gesichtsnerven, in gar
vielen Fällen aber ürleiden des einen oder des anderen Bauch-
eingeweides sind, und dafs wir der Kunst einen schlechten Dienst
leisten, wenn wie die Mittel, darch welche wir solche SchneneD
gehohen , ohne Bedenken für Eigenmiuel anf die schmerzlich er-
krankten Gesiehtsoerven , oder auf das erkrankle Gehirn aus-
geben.
Seit ich Herrn Sauten Erfahrnngen, etwas spät, nSmlicb
am Ende des Jahren 1 829 gelesan, habe ich gleich darauf folgen-
den Fall beobachtet. Ein Mann ans der arbeitenden Klasse suchte
meine Hülfe gegen einen heftigen Schmerz« der seinen Sitz im
rechten Jochbeine hatte, sich über die SchlKfe und bis zum Rande
der unleren Kinnlade verbreitete. Da« Schlucken war beschwet-
lich, aber keine Bdthe oder Geschwulst des inneren Halses sicht-
bar zu erkennen. Der Schmerz machte ti^ich einen Anfall an
nnhesiimmter Zeit, verrieih beim Nachlasse sein Dasein blofs durch
ein enrSgtiohes Wehlhan. Vier Wochen hatte der Mann an die-
sem Sehmerze gelitten ; denn er war arm , förchlete hei dem Hül-
fesochen nicht mich, sondern di« Apotheke, und zwar zo ebrgei-
- t9t —
sig, m TM d«r AnmartrwdtuBg lic Ansnei tn be^rM.
NRcbdsm ich ihn nno Torilofig b«r«det hmtie, die Freiheil der
Anenei Daehtaaaefaen , welche ihm auch nicht g;eweigert wurde,
■e gab iA nir alle erviBiiIiche Mühe, aaa den vielleicht vorhan-
denen Zeichen die Affelilion irgend «Ines Organs au ermitteln;
aUein ich konnte dnrehana nichts erkennen , waa mich nach nur
anf den Schatten einer Vermmhong hStie bringen k&nnen. Hier
bitte man also den Gesichtssobiiien wol als ein Urleiden der Ge-
aieblsnerren ansehen kSnnen; dala ich ihn also angesehen, b»-
haupte ich nioht, denn ich kenne an gut die beimlichen, sich durch
keine Zeichen rerrathendea Affektionea der Banchorgane, als dafs
ich nicht vorsiobtig >n Benrlheilnng solcher Schmerzen sein sollte,
die ieh gar an oft an« jenen heimlichen Banchaffektionen habe
•otstehen sehen. Mir schien der Fall aber gans geeignet, die
Cochenille anf die Probe an stellen. Ich gab also dem Kranken
ein Fairer von anderthalb Unsen Milcbtneker nnd anderthalb Drach-
men Cochenille , reo welchem er alle awei Standen rinen Thee-
l&ffel voll nehmen mnfste. Die Wirkung war aber nicht er-
wanscbt; weit entfernt, dafa die Cochenille den Schmera gelin-
dert, oder vertrieben hStte, wurde er vielmehr bei dem Gebrauche
derselben so wülhend, dafs der Kranke erklXrte, ihn noch nie in
solchem Grade gehabt an haben.
Diese Verschlimmerung des Scbmerses will ich nnn eben
nicht der Cochenille zuschreiben ; aber helfen that sie doch gewifs
nicht, nnd ich würde graniam gehandelt haben, wenn ich den Ver-
soeh ISnger hätte fortsetzen wollen als bis sam verbrauchten Pnl-
ver. Nnn ging ich bloJs anf die epidemische Constitution, gab
Schflllkranltinktnr an fünfsehn Tropfen funfmabl tags, nnd dl
Schmers linderte bald, war schon verschwanden, eh der Kranke
eine halbe Unae verbraacht hatte. Bei der Behandlung solcher
Schmeraea isl es dringend nöthig, anf die epidemische Constitniion
an schien , weil sie nnr aa oft davon abbangen. Ich will damit
nicht sagen, dala sie alleieit davon abhangen, sondern nur, dafs
sie oft davon abhängen. Es ist damit wenig auigertohtel, dafs
man der epidemischen Constitution einen Namen gibt, anch damit
ist es nicht gelhan, dafs man weifs, welches Organ bei der herr-
schenden Krankheit urergriffen ist, sondern man mnfi wissen, nn-
ter wdcbes Mittels Hellgewdt ca der Zeit das orerkrankte Or-
gan stehet. Meinen Jungen Lesern tu Liebe will ich einen, swar
ganz einfachen, aber fiuberst belehrenden Fall erzthlen, ( in wel-
chem aber vOn der Cochenille nichts voricommt) der das, was ich
Jetzt gesagt, anschaulich machen wird, nnd ich hoffe, die Erfahre-
nen unter meinen Lesern werden mir diese Abschweifung zu gute
halten. Man wird sich erinnern, dafs ich schon oben bemerkt: im
Sommer 1829 liaben Leberkrankheiten gefaeirschi, welche «Dter
— 292 -
ier Heilgewalt d«s ICräbenniigenwflsnri getfanileii, fm Hdrtrat dei-
flelben Jahres sein 6w Krankheilen so vcrflnrleri , rfafs »e nnler
die lleilgewall dea Sehellkraniea gelcomtnen. Der Fall, den icfa
jel/,t erzHtilc, spielt gerade in beiden JahresKeiien und wird eben
dadurcb belehrend.
Ein mannbares, angeblich früher gesandea Msdchen , Iht im
iunius an heftigem periodtscben , halbseitigen Kopfschmerze, wel-
cher die rechte Seite der Slirn, das Auge nnd diis Jochbein ein-
nahm, jedennahl über zwftif Stunden anhielt, tSglich in den Vor-
mittagsstunden unregelinäfüig, bald früher, bald ajiSfer wiederkehrte
und beim Nachlasse nur als ein ganz leises Mahlen sein Vorhan-
densein kund gab. Da ich sie luerst sab, hatte sie diesen Schnien
ungefähr vierzehn Tttge gehabt; es waren ihr dagegen AnttrheH-
matica verordnet. Beim Anfalle des Schmerzes war der Pnis et-
was gereizt, beim Nachlasse ganz rahig. Abdominatleiden waren
dnrch keine Zeichen zu erkennen. Der Urin sowol aufier als in-
ner dem Anfalle gesundhcitsgemäfa TOn Farbe und 8Sore. Die
Efslust war freilieb gering, allein bei solch anhaltendem Schmerze
wird wol jedem Menschen die Lnat zum' Essen vergehen. Ich
gab diesem Mädchen nicbis als Krähenangenwasaer zu dreifsig
Tropfen fiinfmahl tags; in Zeit von vier Tagen war der Schmerz
verschwunden.
Da sie nun aber jnng, flüchtig, und von der arbeitenden Klasse
war (eine Niherinn), so hatte sie meine Ermahnung, die Arzenei
noch eine Zeitlang fortzug^raachen, in den Wind geschlagen.
Im Herbste gegen Ende des Novembers bekommt sie den
nSmIichen Schmerz. Gleich greift sie wieder zu den Krfthennu-
genwasser, dessen sie noch reichlich eine Unze vom Sommer her
vorrfithig hat; allein jetzt hilft es nicht, weil die Krankheit an-
ders naturei ist. Nachdem sie die ganze Unze vergebens gebraucht
hat, l&fst sie mich bitten, ihr zu helfen. Nach allen Zeichen war
es die nämliche Krankheit, der nSmlich» Schmerz, den sie vor
vier Monaten gehabt; selbst ein in üekensei gerisch er Beobachter
würde keinen Unierscfaied zwischen beiden haben erspShen ken-
nen: und doch half Jetzt das Mittel nicht, was vor vier Monaten
geholfen. Jeiitt half aber eben so schnell die Schellkranitinktur
zu fiinfzehn Tropfen fünfmahl tags, so, dafs keine drei Drachmen
zur Vertreibung dieses heftigen Kopf- nnd Gesiebtsscbmerzes n5-
ihig waren.
Von dieser Abschweifung kehre ich wieder znr Cochenille
zurück. Es kann möglich sein, dafs sie als ein speeifiscfaes Mit-
tel anf die nrerkraoklen Geuchtsnerven wirkt; mir ist es aber
wahrseheinlieher, dafs sie als Nepkriticum consensuelle von ei-
nem Urleiden der. Nieren abhängende Kopf- nnd Gesichisschmer-
zen hebet. Wer kann aber mit Bestimmtheit darüber absprechen *
- 2W —
Nar dursb vei^lwchcn^e Baobachtnu^Q kana man mit der Zmi
aMfi Keiae kommen. Wenn man dia Affeklianaa d«r O^ane ao
efMao^a köoBie, wie mancbe ackalgerecbte* auweileo auch biicher-
lloh berühsna Aera:e sii glaubaii acheinea, z. B. die Affektion dec
niiarea durch Harowfnde, Sokaiera in den Lenden u, a. w., die
dar Leber durch bitlerep GeachiHacki VoUbeit der Präkerdiea,
Uelbsucfat 11. «. «., and bo folgend» die Afi'ektionen aller aoderea
Organe, jegliche durch ihre sichereti Zeichen, so würde eii ja kin-
derleickt sein, die Uraflektionen der Organe za erkennen, die
oaaseaBuelleD lon den selbuKndigen zu unterscheiden, und di«
Heilmittel, wo nicht zu finden, doch die richtige Anwendung der
ftefundenen zu befiiiiuwen. Es aefaeiat aber, als habe die Xalur
den inenscblieben Organiaiuua so ürztlich gelehrt nicht geschaffen.
Ich könnie noch lannche Erfiibriing vou der (.HMAenilte als
Nierenmillel anführen ; da aber diest^a Mittel kürzlich , beaoaders
ia der leinen 2e!t, wegen der herrschenden Krankheit meine Auf-
nierksamkeU in Anspruch genommea bat, and man leicht, aprc-
chend über aab gelegene G^enaiände, geschwätzig wird: go will
ich Heber jetzt abbrechen, damit ich nicht in jenes gameiaan Feh-
ler der Sprecher und Schreiber falle, meinen Lesern, welche viel.
Leicht bis dahin weniger mit NiereaOhel zu kämpfen gehabt haben,
Eckel und Langweile rerunache. lJnm5gli«h kann ich aber von
diesem Gegenstande ganz scheiden, ohne meinen Amiagenosien
einen Vorschlag in Betreff der Harnmhr zn ihun.
Dieias üebel habe ich sehr sehen gesehen, and da war es
ein in den Nieren vorwaltendes Leiden dei GesammtorganinnuB ;
höiiist wabruheinlieb ist mir aber, dafs ea aacb nla blofses Ur-
Laidan der \ieren in der Nbuu vorkouitnen aaufs, and vielleicht
gerade alz solches den Bemühungen der Heilkünatler am bartnak-
kigatea wideralcfat. Da ich nnn geaefaaa habe, (freilich ganz im
Klainen) dafs hei einer Mierenaffektion mit vermehrter Harnab-
sanderung durch den Gebrauch der Cochenille diese vermehrte
Harnabsonderung zum NornialsiAnda zarückgebraohl, ja in einzel-
nen Fällea über den Norntalstand zurnckgedrtogt wurde; ao raihe
ich denen, welche mit einer ala ürleidea der Nieren sich künden-
den Harnruhr zn thun haben moehtei»^ die Cochenille xn versii-
cfaeo. Ich selbst bebe aber keine. ErEabmng darüber, ich vermu-
tbe blofs aoa den angefahrten Erfehrangen, dafs sie Heilmittel sein
kdnne. Aber, wie gesagt, mir einzig in der Harnruhr, welche
in einem Urlriden der .Nieren bestehet; denn die, welche von ei-
nem Urleiden dea Gesammtorganismus abhängt, wird nie, weder
dareh die Cochenille, noch durch irgend ein anderes Nierenmillel
gehoben werden.
Nnn Mm Schlüsse noch eine kleine Bemerknog. Samten
gibt die CoefaenÜIe in Form einer Tinktur; das iat gut, wenn dar
— 2W —
Kmnke ai« ansdriieklich io dieser Form haben wollte and ri« in
keiner anderen nehmen könnte, Mnat sehe ich keinen Zwe^ bei
dieser Form. Will man die Tinktur machen, ao mafs man sie
lange auf dem Branntwein stebeo lauen, aie wird dann nm so bet-
aer. Uebrigens beiaalet die Cochenille in Pulverform den Ma^n
gar nicht ; darum Uf« iofa auch einfältig daa Pnlrer mit Milcbiuk-
ker inaummenrührea, welcher, al« daa unschuldigate und wohl-
fsilate Anlängungsmitlel , der Heilwirkung der Cochenille keinen
Eintrag ihun wird. Die CigenmiUel auf die Einaetorgane sind oft
sehr kiiKlieh za gebraachen; je einfacher und anvermischier man
sie gibt, je eher aiehet man ihre Heilwirkung. Wer sich von dem
Hpoihekeriacfaen Miachroaacbe nicht los machen kann, vor dessen
sehenden Augen verbergen sich oft genug die edelaten Tngenden
der Arzeneien. Sollte nun aber ein Ant einmahl auf den Einfall
kommen, einen ^hfideltraDk von der Cochenille zu verachreiben,
und , nm daa schnelle Niederschlagen im Glase nnd im LötTel su
hindern, etwas Arabisches Gummi insetzen, nnd er sähe dann, xu
dem Kranken kommend. Statt eines vermeintlich achön roihen, ei-
nen schwarzen Trank, so bitte ich ihn, nicht zn glauben, als habe
der Apotheker Kohle anstatt Cochenille zu dem Tranke gemischt;
denn letzte macht mit dem Arabischen Gummi wirklich eine schwarz-
branne Farbe; die Wirkung auf die Nieren wird ahet nicht durch
diese FarbenverHnderung aufgehoben.
^ Qoldruthe. (Solidago virga aurta.)
Dieses Kraut ist ein gar alles nnd gutes \ieremnittel. Bei
EtImU/er findet man viel von seinen Tugenden. Auch in unsern
Tagen haben bekanntlich etliche Aetzte seine angebliche nriatrei-
bende Kraft erhoben. Diese Kraft ihm beizalegen , scheint mir
eben so klug, als dem Scheilkrante, oder den Krähenaugen galle-
treihende KrKfie beizulegen. Es ist ein Eigenmittel auf die Nie-
iren, es bringt die erkrankten zum Normalstande zariidi;; mehr
kann man davon nicht sagen. Es paist für einen eigenen krank-
haften Zustand der Nieren, welcher von jenem verschieden ist,
der nnter der Heilgewalt der Cochenille steht. Ich habe die Gold-
rtnhe schon lange gebraucht and mnfa ihr viel Gntes nachsagen.
Vorzüglich habe ich sie bei akuten gaatrisohen Fiebern da beson-
ders heilsam und nützlich befunden , wn bei deutlicher ResHorung
der Urin dunkel nnd trübe wurde, nnd wo entweder die Besserung
slill stand, oder weit langsamer fortschrilt als sie hätte thun müs-
sen. Wenn jemand selchen dunklen, einen dicken Bodensati ma-
chenden Harn für kritisch ansehen will, so habe ich nichts dage-
gen einzuwenden. Ich sage blofa, dafs ich an solche fabelhafte
kriiisehe Entleerungen nicht gladie , bei denen ich die Beuerung
— M9 -
aicbt aebnell ToraiMchrnicn , >oi>4ern weil eber MtUMebMi, od«r
>3gern Khe. Ebe ieb die CocfaflBÜl« kannte, habe icb mit 4er ,Gold-
nrtbe viel bei solcher \ierenaffeklion gMbMi ; ich sah sie lelbtge
beben, iem Urin wieder kler und aormel niaohea, ebne ibe gera-
de m treiben , päd so die eifernde Bessenii^ rasch «im Ziele
libren.
Wenn ich oben vom Jahre 1829 gesprochen, in welchem ich
solche Krank he i(8Üi>er(ragung von anderen Baucheingeweiden auf
die Xieren vorzüglich bemerkt, so ist das nicht so cn verstehen,
als ob ich Trüher solche Ueberrragangen gar nicht bemerkt hStte.
Ich habe sie allerdings bemerkt, aber bei weilem nicht so hSiifig.
Früher waren nnier (linTzehn Fällen von Nierenaffekt ion bei aku-
ten Fiebern gewifrt vierzehn hlab consensueller Natur, und ein
einziger, ja kaum ein einziger, war als ein wirkliches übertrage*
nes Urnierenleiden anzusehen. Es kSnnte aber jemand auf den Ge-
danken kommen, als oh ich mir die Krankheils Übertragung von ei-
nem andern Bauchet ngewei de auf die Nieren blofs einbilde. E^
kann möglich nein, dafs ich mir so etwas einbilde; ich kann das
Innere nicht sehen, ja wenn ich auch das Innere das Menschen
sehen könnte, so würde doch die darin steckende Krankheit ansich-
tig bleiben.
Solche UDsictubare BegebeubeHeii ia den . venchloweBeo Höh-
len des Leibes kSanen dem Ante aar durch ^en äu&eren Men-
schen veninalicbet werden. Bei den Gliederschmerzen x. B. stehet
man zaweilen auf den Gebraticb ilcr Mittel den Scfamem gftnzlich
verachwiaden, auweilen abai «greift er, ebe er absieht, no^ ei-
nen andern Mnskel, oder ein anderes Gelendc. Wie oft siebet man
niebt, wenn schraeraharifi Lebemfi'ekttoaen auf den Gebranck der
Lebemittel nachlassen, die GaUenabeoadening wieder normal wird
oad das F^ber venchwiadet, noch zo letzt die Zwischearippen-
mutkela derselben Seile feindlich und schmenhaft ergriffen wer-
den. Auf die Weise kttnnen wir an dem äufseren Menschen sieht-
bar und handgreiflich eiitenaen, dafs aolebe Uebertragungen von
einem Organe auf, das andere nicht blols Stall finden kSnnea, son-
dern wirklieb oft geniig Statt finden. Wollte nun jemand sagen:
es sei Eisbildung und Thorheit, solche Ueberf ragung in den Höh-
len des Kdrpers blindlings Bosaaebmen, so würde ich darauf ant-
worten, es sei weit eher thöricbte Einbildung, m glauben, dafs
die Organe in den verschlossenen Höhlen des l.eibes solchen Ge-
setzen nicht unterworfen sein sollten, da sie doch Theile eines
and des oSmlichen Organismus sind. Und müssen nicht endlich
die Heilwirkungen der Mittel die Probe auf die R'cbiigkeit unse-
rer Ansichten sein i Wenn ich in dem Cinxelfalle mir blofs ein-
gebildet habe, dafs eise Krankheitsüberiragang von Leber auf Nie-
— «« —
ran Stnn g^efun^n , m wird am NiebAailwifl(«ii ier NienaiMHel
mich ohn« S^eifel gar bald von meiiMr Eiabildnaf heilen.
Ich raihe nieiaen jüag'eren Amisgenossen, nicht blofs bei e^o-
niwhen, lOBdern auch hei nkuten Krankheileo, das N'ierenorgu
allesflit im Auge ko halten; sie werden durah die Anfmerkaamltcit,
welche Hia demselben schenken, dem Kranken weit nülzlicher waf^
den, als durch dns gründlichste Studium der Hippokralischen Hani-
Icbre.
Ich habe bis jelst die Guldruihe immer in Form eines Auf-
gusses gegeben; ich lasse lüglich eine halbe Unze mit fünf Tas-
sen kochendem Wasser eine halbe Stunde ziehen, dann abgiefsen
lind den .Au^ufü kalt oder warm, wie es die Leute gern haben,
durch den Tag \erzehren.
Es wird hier wol der schicklichste Ort sein, tod Nierenstei-
nen und Nierensand ein Wort zu sagen. Dafs man aus gewissen
eigenihümlichen Zui^llen das Vorhandensein der Nierensteine sollte
erkennen können, ist unwahr. Zuweilen machen sie Lendenschmer-
zen und Harnstrange, in welchem Falle sie leicht zu muthmafsen
sind; zuweilen aber wirken sie gar nicht feindlich con sensu eil auf
die Harnblase und auf die Uohra : sie machen Zufälle gerade wie
jede andere NierenatTektion, welcher nicht der mechanische Reiz
der Steine 7.11 Grunde liegt. Husten, Brustkrampfe, Seitenstechen,
anhaltende I3ebclkeii, chronischer Durchfall, oder Verstopfung,
aashaft riechender Harn, Schmerzen in den Fersen «nd Ballen der
Fiifse, und bei Weibern Mntlerblutflüsse und Hysterie siod so die
gewShnlichen Begleiter der Nierensieioe, wenn sie ein wenig in
Unruhe sind. Seltener sah loh anhallenden Stuhlswang, Hüftweb,
. Lflhmiing der unteren ExtremttSien. Sind sie gani in Aufruhr, so
sind heftige Kolik mit Erbrechen , und bei Kerpern , welche Nei-
gung zu Krämpfen haben, allerlei Krumpfe, denen man allerlei fa^
teinische und griechische Namen geben könnte, die Ftdge davon.
Wenn sie ganz ruhig sind, hat der Kranke gar kein Leid VOB
ihnen.
Ich habe einen alten steinsnchtigen Herrn gekannt, der hatte
allerlei Plage von den Nierensteinen, nur keine Urinbeschwerden.
Da diesem nnn genug Steine abgegangen sind, nnd zwar von den
braunen, welche, wie man sagt, cr]"!lalli8irte HarnsKure sein sol-
len, so kann niemand einen Irrihnm der Erkennlnifs vermnihen.
Man hat in neueren Zeilen die Bittersalz erde als ein speziBsches
Mittel gegen Nierensteine empfohlen. Ich glaube wol , dafs man
durch den anhaltenden Gebrauch der Magnesia die OhermifBige
Erzeugung der Harnsäüro in den Nieren beschränken und so der
weiteren Erzeugung der Steine vorbeugen, vielleicht auch auf die
Dauer die vorhandenen auflösen kann ; allein es lifst sich darans
nicht genfigend die schnell sich äufsemde wohlifaäüge Wirkung
imm^bm mi ü« Mw«i «Ukn» Oanu» bin Uh dw MsiDMiig,
4aS» üa «in wabm aa4 aobtlsbarM NiMMbsÜMittol Ut. Wslfc«
wtmm sie Win \Mraaueiae aber aabwliagt nnier— altsn erprob*
MB Mittel, <kM Kalkwausr* vonietiea, ao aiÜale icb Eiiired«
ikoa. £a gibt aUerdioga Steioaüchlig«, ^eaeo in Magaeaia bea-
aar auaagt als daa Kalkwaawr, aber andecea hilft wieder besaar
das Kalkwaaser all die Magneiin. Wanint daa nun also geschie-
bat, da« nag vielleicht profeaaotalisch gaox gemichlicb s« erklB-
raa «ein , aber heilmaiateriach iat es nngemftchli^ auamulegeo.
Ea ist bekannt, dafs mui dia Magnesia als Niereaaiittel nicht s«
atarit geben raub, daJa sie «rdentlichen Durchfall erregt. Wie
f«ll man es nun hallen, wenn chronischer Durchfall, und zwar
coosensueller , TOa den Reiae der Niereosteise herrührender vor-
handeo isti Ich keaae eine Fraa, welche lange Zeit an chroni-
Mbetu Durchfalle geltuen, gegen welcheo weder einer meiner erfab-
reasien Amiagenoasea, noch ayiUer icb selbst, Rath n-nfste. End-
lich wurde ich aar Erkeaotnifs des Uraachlichea dieses Dnrebfatlea
geiwaogen; anf elnraahl fing nttntlich anhaltende, allaächllich sich
UMbreikde Hamsirtoge an, der Frau so atark anzoseiten, dafi sie
meine Hilfe in Anspradi nehmen nnfsta. DamahU kannte ich
die Cochenille Doefa nicht, die Virgm mtrea gab icb Tergebena,
eben ao rergebeas Mittel anf Blaaa n*d Harnröhre; aber Kalkwaaaer
half b^. Wie wollte nan es nnn wol wegen, eiaer lolehen an
ehroaischem Darchthnfe seit Jahren leidenden Fma Magnesia ala
Nierenniltel la geben, basanders da bei ihr d^ Dnrcblant von
Zeit an Zeit, auch ohne erkeanbare veraalaaaead« Uraacha, aebr
stürmisch warde and sie aehr an^friff.
Einer anderen Fimi, welche abwediaelad ««gehener alinken-
den, stark harasanran Urin «uasaaderte, «nd periodiscb mit hef-
tigen Schmen des redMao Sehankele, (der aber die Bewegung
des Gliedes nicht hinderte) mit Erbraebeo nad lebhaftem Fieber
beingesacht worde, bekam das Kalkwasier sut Milch sehr schlecht,
ihr Magen konnte es dnrchans nicht vertragen. Virga aurea half
gar nicht, Magnesia half aber, nod half einaig. Die Fran ist
jeist lange nidki mehr mit ihrem jUebel geplagt gewesen. Früher
oder spffier wird es aber wol wieder aasbreoben, und kann dann
leicht unter einer gans andern Form erscheinen.
Ich kenne eine Frau, welche nie an Urinbesch werden geliirea,
aber seit mehren Jahren ein chronischen Durchfalle. Bei dieser
vermindene einA unmerklich der Urin, ward endlich roth und
trübe, die Füfse schwoilea bis zu den Wnden, sie haue schlaflose
Nächte, beständige (Jebelkeit, Mangel an Efsliint, Schmers<>n in
lien Fenen and Ballen der FAfse, sie blieb den grdfslen Theil
des Tages im Bette. In ihrpr Faiailie waren die Nierensteine xu
Hause, ihr Bmder hatte fürcbiarlicb daran gelitten. Jeist, da
- 208 —
sie die l>Mebrieb«n«ii ZaMla hMe, litt si« nlcbl mehr a« Dttrob-
hlle, im Gegenthai), sm war Tenlopfc. Kalkwauer wirkte gut
anf das Niarenorgan ; der Urin verior Mine Tr^be nad R&lbe nnd
vermehrte bedeutend. Die Frau hatte aber eines grelaen , lehr
grofiea Widerwillen gegen daa Kalkwaseer, der, wn dach km
- nandien andern der Fall ist, aneh anf die Dauer nicht minderte:
iefa aafa mich also gexwnngen, ihr Magneiia xu geben nnd dns
KalkwBiser fahren zu laaaen. Die JMagoeaia wirkt« eben 90 gut
als daa Kalkwasier, wurde gern genommen nnd wendete die dro-
hende Wassersncht ab. Nachdem die Kranke nnn wieder so weit
war , dafs sie den gansen Tag anfser dem Bette bleiben konnte
nnd schon einzelne Mab'e ans dem Hanse ging, fing die MagneHie,
welche sonst bei der Verstopfung gana mlifsig auf den Stnhlgang
gewirkt, auf Einmahl an, als starkes Abführof^ mittel zu wirken,
ja sie drohele, den allen Dureblaof wiader *a n-wecken; denn
wenn die Kranke von einer niäfsigen Gabe bente etwas weichen
Stuhlgang bekam, so war sie, ohne weiter Magnesia sq nehme«,
Bocfa drei bis vier Tage nachher durcfallafig. Ich hielt also fiir»
klügste mit diesem Mittel aufxuhSren, und gab blofs Codienillev
welche denn auch alle Zutdlle nach nnd nach wegscbaffle. Die
Uebelkeit blieb noch lauge und wollte sieh nicht geben ; am aller-
längsten blieb aber der FersenscbraerK. Dieses geschah im Som-
mer 1829. Im Januar 1830 wurde die Frau ron dem damahlji herT>
sehenden Bauchfieber mtlfsig ergriffen; gleich tufsetie sich wieder
das Nierenleiden , es war aber jHst nHUg und liefe *i^ durch
Magnesin und Cochenille bald rathen.
Wenn man solche steinsuchiige Leute wieder auf die Beine
gebracht bat, man mag sie nua von Wassersucht, «der Kolik,
«der Harnwinde, oder andergestaltigem Ungemache befreit haben,'
so mufs man sie ja nicht als genesen ansehen, selbst dann nidit,
wenn sie anch mehre Jahre frei von allen Zuf&Ilen gehlieben,
regelmftfsig und anhaltend Magnesia oder Kalkwasser gebraucht
haben.
Ich kenne in einem NiederUndisi^en GrenntSdlchen eine
Frau, deren gewöhnlicher nnd einziger Arzt ich seit viemnddrei.
IJiig. Jahren gewesen. Seit 15 Jahren haben sich bei ihr ZnfiHe
von Niarensteinen geüufsert, anfänglich unter der Form des chro-
nischen Seitenstechens, hernach nnier der Form der Strangnrie.
Magnesia bat sie mehre Jahre regehuSfsig gebraucht, und sich so
gut dabei befunden, dafs sie wenig oder gar kein Leid mehr hallen
selbst es wieder wagte, in einem auf der Achse ruhenden Fuhr-
werke SU fahren , . welche Wagschaft ich doch eben nicht billigen
Eines Tages will sie an einem Fenstervorhange etwas ver-
ändern oder rerschdnen und iteigt zn dem Ende anf einen Stuhl.
_ J99 —
NsdidMU sie ihr Machwerk Tdlbmeht aad wieihr heruotenifliget,
irift ei ri^, <!»& sie mMli; Hit der Fwse des einen Fn&es m-
erst auf den Grund tritt. Dieses Aoftrelen von der Hdbe auf eine
eder beide Fersen gibt belcanntlieb eine eigene, sehr nDangenehne
ErscfaSitemng , welche sich durch den RSckgnih fortpilanit. Bei
dieser Frau brachte, die Erschütieniag angenblicklich die Nieren-
steine in Aufruf; ich Mufste über Hals über Kopf su ihr eilen,
nns die Siraagurie, die fast gSnxlich geslKrte Urinabsonderang, die
heftige Kolik nnd andere b6««, krampfartige ZußUle za beschwieb-
Seit ich diesen Fall erlebt, habe ich keinen rechten Glauben
BMbr an die allnttfaiige Auflösung der Nierensteine beim Gebraneba
der Bitterwlaerde , oder des Kalkwassers; zum wenigsten qiiifste
di«w Auflösung TeraWMfell langsaai ron Stalten gehen, denn di«
Fian, von der ich Jetat erzählt, halte damahls wenigstens vier
Jahre, we nicht fünf, regelmftfiüg Magnedn genommen. Es ist
immer klug, dafs der, welcher mit Nierensteinen heimgesucht ist,
sich vor aller £rsehAtiernng hüte. Aber wunderlich ist es doch
dals ruheode Nierensteine, sowol als ruhende -Gallensteine, allerlei
Ersehniterung und Bewegung des Körpers vertragen, ohne böse ni
werden; itnd. sn einer anderen Zeit kann ein einsiger falscher
Tritt, eine einsige Bewegung des Körpers, diese eigensinnigen
Giate ersBrnen. Ich habe aodi bemerkt, dafs die , welche Nieren-
steine bei sich liaben, mUsig letien mäsaen ; denn nehmen sie in
viel Speise au sidi, oder solche, wodurch sich viele Winde ei^
aeogen, so werden durch die Winde oder vielmehr durch die
Aosdebnasg der Därme, die Steine leicht in Aufruhr gebrachl.
Es gilrt Menschen, welche lange Zeit Nierensteine bei sich
haben, ohne im geringsten davon belistiget (u werden ; und wenn
sie einmahl belftstiget werden, und man bat die Steine wieder
besäaftigot, so leben sie wieder dahin, eben so gut wie jeder an«
dere Gesunde; dämm ist es ihöricht, durch nrintreibende Millel
die Steine wegtreiben au wollen. Vor ein paar Jahren ist in hie-
siger NadiMSschaft eiu alter Mann wahrscheinlich am Schlage
gestorben; deau man hat ihn todt im Beile gefunden. Dieser klagte
mir vor mehr denn awansig Jahren, dals er abwechselnd mit Harn-
strenge und einem lästigen Jucken der Eichel geplagt sei. Der
nAfsige Bodensals seines Harnes, auf einen verglasten Teller ge-
gossen, knirschte, wenn man mit einem LöflTel darüber strich;
zum handgreiflichen Beweise, dals das Ausgesonderte sandiger Na-
tur war. Diesem Manne habe id| danuihls das Kalkwasser geraihen;
er liat es seitdem immer getrunken, wie ein anderer Thee oder
Kaffee trinkt, und nicht ullein keine übleren Zufälle in der langen
Zeit hdmnmen, sondern die vorhin genannten sind nasb oad nwk
verschwunden nnd nie wiedergekehrt.
„,,,_„,,,, Google
Du SteinlniWi iit übnfcwipl aio« tigtm» and etwai gßUkt-
liche Sache, voronigeaetftt , dafa uwb Mill«! kennt, w«Iehe wiik-
Udb Bolche Kraft haben , dergjcicheo mir bis jetxt aber aocti aioht
bckanM worden Mai. Abgesehen dav9a, dab die Nierenateine la-
weiiea eins a«ItBaiae und rauhe GmIaU und aUaieit einen eagan
nnd langen Weg haben, eh lie aur Blase komaien, wi>dureh dean
sehr b^lige und scbmerabafle Zufälle err^t werdea ; so kann aneb
ia seltenen Fällen die Form eines kleines so sein, dafü «r, eingw
keilt in den Hamgang, EDUÜQdting und selbst den Tod verursHobao
niufd. leb wnr Arzt eines alten steinsücbligen Herrn, der seboa,
viele Steine mit grofaeiu Schmers los geworden. Einst aeigie mir
dieser einen Stein, der mit sehr geringem Stebinera durch den
Uarngang sur Blase gekoainian war; er war braan von Farbe,
von keilförmiger Gestalt, aad an beiden Enden so spiis, wie eiae
Nadel. Wttra dieser Stein quer in den Harngang getreten (und
die Möglichkeit «ines seloben Quereintriiles hing docb von der
Weile der Einmündung des Harnganges in das Nierenbeekea ab>
so würde Entsündang des oberen Theües des Harngaoges und iea
Nierenbeckens und der Tod des siebenBigjfthrigeq Mannes die Folga
davon gewesen sein.
Ich achte es tür laaine Pfiicbtj maine Leaer auf eine Sache
aufiaerksaai au nacfaen, worSber ich anr zwei Beobacbtungau habe)
die aber von der Art lind, dafs ich es fSr Unrecht balle, das»
was ich durcfa Zufall ganz abaicbulos beobacblet, darefa absichlliche
Varsoche su (»estaiigen, oder au beriohligM. Dem ■teinsiicbtigen
Herrn, von. welchem idi eben erzählte, gab ich einst gegea Le-
beraffektion die Tioklor der JVkt eoaitca, und siehe! dieser Mann,
welcher wenig oder gar nicht an Harnitrenge litt, bekam diese
auf den Gebrauob der Tinktur in zieialichem (irade, nnd die ru-
henden Steine wurden aufrühriseh. Ich sefarieb dieses danahls dem
Zufalle, unemdeekbaren Ursachen, aber nicht der IVux rwwtca yn.
Eine lange Zeit nachher gab ich dem nämlichen Herrn gegen
Baucbschrnerien abemabU die Tinkiur der Kräbenaugea, uad
siebe! abermabls erschien Harnitrenge, und die Bauchschmerzen
wurden nicht besser, sondern ichlimiaer. Diese Beobachuogen,
über welche ich damahla nicht aburibeileo mochte, wurden mir
ungefähr achtzehn Jahre nachher auf eine nnangenehme Weise
ins Gedächtnifs gerufen. Einer Frau, welche vor drei Jahren an
Harnitrenge gelitten, anhaliead gelitten, und mit Kalkwasser nach
und nach davon befreit war , gab ich .bei einer akuten Krankheit,
wo ich wegen de, bei der Besserung auf F.inmafal dunkel werden-
den Harnes die Laber ergriffen glaubte, das Wasser der KrBbea-
angen. Sehr beschäftigt, wie ich dainahls war, dachte ich wirklich
niobt daran, dab sie vor drei Jahren an Zufällen von NierMHleinea
gelitten, und eben so wenig dachte ich an jene unvollkorameoe
— »I -
Beobaehtnitg In Beireff der OU«« Wirkung der Nnx vomica anf
die Nierenateiie , wriche i«h aekfxehn Jebre frohpr bei dem alten
MeinsächiigeB Herr» gemBubf. In swei Tb|^ wurde der dnokle
Urta hell ; aber gleich nnch dieser Veiftndenmg trat aock Ham-
Mreage ein , and nähme nileh an die Steine der Fnni nnd an
laeine frähere Beobaghtung. Ich seilte die IVux voatiem bei Seile,
halle aber genng an ihan, den GbUn Folgen der anfgereglen Steine
!ta begegnen. Ja obgleich ich geicliwind begriff, worauf es hier
askam ,' bo waren doch , eh ich die f Irin absondern ng wieder nor-
mal balle, die Fiifse bis la den Knien Sdemaiai.
Nierenaffektioaen , wMehe Steine zar Ursache beben , berahi-
gao lieb nicht so schnell, ala ^dra nicht von Steinen herrührende;
aaweilen kann man Erste von Letalen Mids dnreb ihre Harlnickig-
keh erkennen. Warme Bibntag der Nierengegend ist ein sehr gn-
lea Hfilfcbemhigangamitiel der von SMlnen berrfibrenden Nieren-
besebwerden, xnio wenigsten mnfs man ein aelchea einfaches Ne-
benmittel nicht reracfalen, es leistet wirklich in einzelnen Fillen
mehr als man erwarten sollte. Ich lasse Weizenkleie mit warmem
Wasaer anmengen, in einen Sack ihm und den Kranken sich dar-
auf legen.
Strangurie von Nierensteinen hat in einadnen Fallen das Ei-
gene an sich, dafs iie plStiliofa Tersohwindet, eine, oder ein paar
Standen sebweigt, nnd dann plötzlich wieder erscheint ; ja zuwei-
len kann das plöldlehe Wiedererschein ea nnr angenbllcklieh sein,
wie ein BKiastrahl. Jetzt plaudert der Kranke lustig mit nna, auf
Einmahl verserret er schmerzhaft das' Gesicht, sucht das Naehtge-
•chirr, oder iäutt eilig zam Abtritt, kommt über ein weaig wie-
der und der Stofs ist TorOber. Solche seluame Abwechselung
macht eine gew&holiebe Strangnrie nicht; wo man dei^Ieichen
wunderliche Dinge wehet, kann man der Nierensteine tiemlieh si-
cher sein; aber freilich, sind diese in den wenigsten, in den aller-
weaigsten Fillen höflich genug, sich also blofs so geben.
Den Walbern sind Nierensteine , wegen der Mutterblntflüsse,
welche sie verursachen können, geftthrlieb; Ich habe zwei daran
sterben sehen. Die eine balle hefUge tätrangurie , der Urin war
blafs, trQbe-, mh einem Badcnsalse, der im Glase aussah, als be-
stände er aus Schabsei von Häuten; zuweilen waren blutige Fliefs-
* i^n mit diesem Scbabsel gemischt Sie hatte geschwollene Füfie
bis zu den Waden, Wasser im Bauche nnd periodisch chronischen
Durchfall , dabei beatftndig schleichendes Fieber und von Zeit m
Zeit mSfsige Blutungen ans der Bitrniuiter. Durch Cochenille, Kalk-
wBsser, Magnesia a. s. w., je nachdem die UmsiSnde die Anwen-
dung des einen , oder des anderen foderten nnd erlaubtea , wurde
das Uebel so weit zur Rnho gelullet, defo das Wasser ans dem
Bändle verschwand, der Uu/chlanf aufhörte and das Oedem der
- aoe -
FfilJM ful VM^ngen war. Ich «igte Ihr jMit, nicht nnlM Ti«r
Augen, sondern absichtlleh io Gegrawart ihrer groli^}ihrigeh Toch-
ter : eie müne sich vor aller Bewegang hüten , wodurch ihr Kör-
per eine Erichiitteraog erleide, nanenilich vor den HerunterapriiH
gen von einer, wena gleieh geringoD Höbe, and vor dem Faluen
io einein unbefederten Fuhrwerke. Weil nun aber, wie e« scheint,
jeder sein Schicksal bat, dein er nicht eotgeheo kann. Ho trSgt ea
sieh zu, dafs ihre verheiratfaete, in weiter Feme wohnende Todi-
t«r ihr einen Besacfa aokSndiget, nnd den Tag der Ankunft be-
Blimmt. An diesem Tage ist lieblicIieB Wetter, die Kranke föhltsiofa
wohl, sie vergifst meine Wamnng, oder denkt, ich sei xn sehr nn
sie besorgt , ftbrt in einem anf der Achse stehenden Fahrwerke,
weil sie kein anderes haben kann, nach e!n«n iwel Wegstanden
entlegenen Flecken der kommenden Tochter entgegen. Alles macht
sich gBnsjvortreSlich; aber gleich nach dieaer Fahrt wird die Uria-
abflODdernng aa& nene gestört, es entsteht Strangnrie, starker
Rrickenscbmers , Oedem der Fäfse, ein heftiger, maanialtaamer
Mutterblntflnfs, und in edichen Tagen war die Frau todt.
Der sweite Fall war gaiu ander« ; er trag aich in einem Niv
' derlfindischen GrensslSdtchen in. Ich -wurde hingerufen, da die
Frao schon laAgst bettlägerig and inm Gerippe abgeiehrt war. Sie
hatte bis dabin, angeblich, noeh nie über Urinbescbwerden gekla-
get, ihre Urinabaonderong war anch aicbi im mindesten gestört.
Bis dahin war die Hauptsache , woran sie gelitten , ein nicht in
hemmender BlatflurB der Maller nnd ein starker Kreaiscfamerx ge-
wesen. Ihr Arzt, der sie sehr lange behandelt, hatte init beiden
ZnftiHen nbel fertig werden können; jedoch hatte der Mntterblnt-
flafs, nachdem die Kranke gfinalich erachöpfi war, anfgehört. Ob
darch den Gebraach der Mittel meines Amtsgenossen , oder von
selbst, kann ich nicht sagen, denn ich weifs nicht, was er ihr ge-
geben. Die Krenuchmemn waren aber noch in hohem Grade
vorhanden, dabei starkes Zehrfieber, gfinzliche ErtefaSpfang and
Tollkommne BetllSgerigkeit. Da dieser Fall sich vor langer Zeit
sugelragen, wo ich noch nicht so genau, wie spftter, anf das U^
leiden der £inseIorgane achtele, nnd eben su wenig an Nieren-
steine dachte, als wahrscheinlich mein niederländischer College
daran wird gedacht haben : so wu&fe ich wahrhaftig nicht , was
ich mit diesem auBgemergelleo Leichname anders inacben soUle, ah *
ihm sogenannte slftrkende Mitlei reichen. Ich sah aber von den-
selben keinen Notien und keinen Schaden; das, was sich gleieh
darauf mnig, kann ich dnrchaus nicht auf Reclmang 'der Mittel
schreiben. Es begab sich nBmlichj dafs die Kranke anfing über
Hamslrenge zu klagen, und es gingen ihr Nterensleine ab; nicht
braune, welche ciTstailisirte HamsSure sein sollen, sondern weifse
K^kslelne von sehr rauher Oberflfiche. Es war mir gleieh auffal-
— 308 —
htti und Mwrknüf^g, dilii di«M Stoiaie, deren ethcfae doch so
gmh waren , >1> ich je anagehvnte geaeben , beim Darchgange
durch die Ureleren keine Kdikacbmorsea vemraacht hatten. IVaeh-
dera sie nun nach and nach eine gnie A&sabl Steine (die Zahl ha-
be ich nicht angesehrieben) von venchiedener Grdfse, ebne Bauch-
•ohinen losgeworden, ihr Zuslaad aber dadurch oicbt im minde-
sten besser war, fing auf Eiamabl die Harnstrenge, welche seit
elitchen Tagen Xachlafs gemacht, so grausam an su wiiihen, dsfs
die inneren und äuJseren Schanilefzen sich schmersbaft entsönde-
l«n nnd so siark anschwallen, dafs die ame Frau vor Sebtnerz
nnd Notfa aieht wnfste, wohin sie sich wenden sollte. Entadnduags-
widrige Mittel beschwichtigten den beftigeo Reis and die Geschwulst
der Scham in etwas, aber die Stra^;urie konnten sie nicht heben.
Endlich wurde «in wanderliiAes Ding aus der Bluse mit grolser
Pein geprefat; man laigt^ mir es in «inem Theeköpfeheo von mit-
lalroftfsiger GrSfie, welches awei ßriitd davon angerüllei war. Auf
den ersten Blick sah «s aus wie ein Flocken branner, in einander
gvwirrler, nasaer Haare; bei näherer UetanuuJiung ergab es ücb
ak>er, dafs es eine Mass e braunen, gallerlariigen Schleimes war.
Von aufsen war dieser scbeiabace Haarfloeken mit neun weifsen,
sehr rauhen und scharfen Steinen beseUl, von denen der grölste,
wie «in« Erbse, der kleinste, wie ein grofier Nadelkopf war.
Dals diese rauhen, scharfen Steine, durch ibr«n Reiz auf der
inner« Flftcbe der Blase, die heftige Slrangurie und di« Enlxüs-
diing der Schamlefcen verursacht haben, ist wol %a begreifen ; ancfa
ist xo beguifen, dafs sich durch den Reis der Steine der Schleim
ans der Blase gesondert. Aber zweierlei kann ich nicht gut be-
greifen, nämlich, wie dec Schleim ia aoloh wunderliche faanrjibn-
liche F&dea gesogen war, und wie es mS^ich» dafs die Steine
auswendig nuf der Scfaleimmass« saiseo. Wenn sie durch ihren'
Beiz auf die Blase die Absonderung einet solch gallertartigen Sdilei-
mas so Ursachen im Stande waren, so hätten sie inner der Schleim-
BUlMe> nicht von aofsen auf derselben sitzen müssen. Doch wer
kennet die eigeothuulicben Bewegungen der Organe im lebenden
KSryerl leb zum wenigsleo kenne sie nicht.
Wie es nun w«iler mit der Frau gegangen, ist bald zu ersah-
len. Si« war, nach Aussonderung der beschriebenen Masse, von
allen Schmerzen frei, lebte noch eiliche Tage ein Pflansenleben
and gab dann den Geist auf.
Dieser Fall hat noch zwei Besonderheiten, welche mir einer
kurzen Erwftgung wertfa scheinen. Die erste ist, dafa die Steine
ohne Scliraerzen durch die Hamgänge zur Blase kamen , obgleich
mehre dwselben so grofs, so rauh uud so scharf waren, dafs sie
dieHsrngänge wol heftig hallen reizen müssen. Ich schreibe die*
•e Beaoaderbeit auf die durch den grofsen nnd anhaltenden Blut-
- 3M —
verhiflt veranaehte EraoUpfsng, irad mf die Abnahine dca L«b«nfi,
welches sichtlidi steh rieni ErlSschen DBhete> In koLchem Zustan-
de erschlaffen alle KanHie ; Steine, welche früher, bei ihrem Durch-
gänge durch die Ureiaren die hefiigiten Zuffille wärden erregt ha-
ben, können dann gar wohl ohne Schmers in die Blase steigen.
So stehet man ja auch zuweilen, dafs bei tödtlieben Harnverhal-
tungen der Calfaeier, sobald das Leben zur Neige gehet, ohne Mühe
in die Blase zu bringen ist, der vorher, von einer erfahrenen Hand
gefnhrel, mit aller Mühe nicht hineinzubringen war.
Die BWeiie Besonderheit des Falles Ist, data die Steine in der
Blase einen su faefiigen Reiz machten. Bis dahin hatte itb immer
gesehen, dafs ein Stein, wenn' er beim Hemnlersleigea durch dea
Harngang die heftigsten Zußllle verursachte, alle Gewalt xn aciuf
den verlor, sobald er in der Blase war; wie durch einen Zauber
verschwand dann in einem Augenblicke alles Elend, und kurz dar-
auf wurde M ohne MAhe ansgebamet. Sollte die Besondeibeit des
letzten Falles wol darin begrilndet sein, dals, wenn mehre Strine
zugleich in der Blase sind, sie sieh einander den Aasgang selbst
versperren ?
Den Durchgang der Steine dnrch die Ham|^nge habe iah jelst
in langer Zeit nicht erlebt. Da ich ihn en behandeln hatte, and
oh zu behandeln halte, kannte ich die Eigenmittel anf Nieren and
Blase weiter noch nicht als dem Namen nach, mufste mich mit
allgemeinen Milleln behelfen, nnd kann also dem Leser nicht bm
Erfahrung miitheilen , was die erwAhnten nnd noch zu erwähnen-
den Eigenmittel in solch grofser Notfa leisten werden, Damahls
habe ich mit Mohnsaft und Laxirmittel das Ding gutmachen mO^
snn. Sonderbar vrar es, dafs beide Mittel, abwechselnd gegeben,
den Kranken von seinem gräulichen Banchschmerz eine Zeillang
Cgewdhnlieh einen Tag) befreiten. Wenn beule der Mohnsaft die
Kolik zum Schweigen brachte, so liefs er mich morgen ganz im
Stich : dann half aber eine Abkochung von Sennesblältem mit Glau-
bersalz. Wollte ich nun am anderen Tage den wiedererwachtMi
Schmerz mit dem Laxirtranke beschlv&ren, so that ich vergebene
Mühe; griff ich zum Mohnsafte, so sah toh, dafs in diesem nber-
mahls die rechte Htllfe war. Solchergestalt mnfste ich, je nach-
dem es fiel, Ifingere oder kürzere Zeit laviren, bis der Stein la
der Blase war. Auf alle Falle siiid dergleichen Geschichten aber
für den praktischen Arzt sehr unangenehm , wer sie nicht erlebt
hat, braucht nicht nach ihnen zu verlangen. Wir haben es mit ei-
ner kSrperlichen, harten, rauhen, scharfen, eingekeilten Kranken-
ursache zu thuQ, die wir nicht mit der Zange ans dem Kftrper rei-
fsen kSnnen, sondern mit der wir gar säuberlich umgehen müssen,
wenn wir sie nicht, statt sanfter, viel nngeslümer und wüthiger
machen wollen. Ich bin in meiner Jagend bei awei alten stein-
- 305 -
BÜchligen Herren in der Lehre gewesen nnd kenne rite Snche ans
dem Gninde. Gott bewahre jeden Ant vor solcher Kondscbaft.
Ich habe Torhin als eine Seltsamkeit angeführt, dab bei der
Frau, deren Krankengeschichte ich zuletit eraShU, die Steine ohne
Koltk SU remrs'tchen ihre Reise von den Nieren inr Blase ge-
nacfal hStlen. Man tnufs das mm aber nicht so versteben, als ob
ich bei andern Sieinsüchtigen nie ein solches schmeinloses Hinnn-
tersleigen beobachtet hStte. Den ersien Stein hnhe ich wirklich
noch nie ohne Schmerzen nnd ohne grofse Kohmerren herunierslei*
gen sehen; war aber der erste, cweiie and dritte dnreh den Ureter
mit Mflhe gedrungen, nnd der Kanal wahrscheinlich erweitert, so
konnte hiniennaeh ein kleinerer Mit geringem , oder fast gar kei-
nem Schmerze darchgehen; roraosgeselxt , dafs seine eigenthfim«
liehe Gestalt und- Rauhigkeit ihn nicht m solchem whniefaloseB
Dnrchgange iinffihig machte.
Der Schmerz, den ich bei einigen nlerensieinifichtigen nicht'
podagrinchen Menschen in den Fersen nnd Ballen der Fü&e be-
merkt, der nicht blofs in einer schmerzhaften Steifheit dieser Theil«
beim Gehen bestehet (desgleichen sich zu mant^en andern Baudi-
leiden gesellet), sondern der sich auch im mhenden Zustande üh-
fscrt, hat mich auf den Gedanken gebracht, ob das wirkliche echte
Podagra der Steinsiichtigen wol eine blofs consensnelle Affektion
der Fiifae sein kSnne. Entscheiden Iflfst sich freilich darüber nicht;
es ist mir aber der Gedanke aufgedrungen , wenn ich sah , dafa
nach beschwichtigter Sieinkolik gleich ein Anfall des Podagras ein-
trat. Sjdenhams Abbandiirng vom Podagra, in welcher er uns sei-
ne eigenen Leiden erzShIt, ist, aus diesem Gesichtspunkte betrach-
tet, nicht nnbelehrend.
Die Nierensteine haben schon , da ich noch fast jung war,
allerlei Srziliche Zweifel in meinem Kopfe rege gemacht. Wenn
ich nämlich sah , wie an einem und demselben KSrper beim Re-
belliscbwerden der Steine sich allerlei Znfllle äufserten ; jeict sol-
che, nnd dann wieder gans andre, so dachte ich anf meine Weise:
hier ist doch nun eine materielle, mechanische Ursache, ich kenne
sie, ieh werde sie früher oder spKter mit meinen Augen sehen,
mit meinen Fingern halten, und doch macht diese grobe, greifliche,
irdische Ursache jetst solche ZnfSlle, vielleicht über zwei Monate
ganz andere, nnd vor f?inf oder sechs Monaten machte sie wieder
ganz andere, bald stinkenden Harn, bald Kolik, bald Hamstrenge,
bald Seitenstechen, bald beständiges Uebelsein, bald Erbrechen,
bald Husten mit garstigem Auswurfe, bald erstickende BnntkrBm-
pfe. Wenn nnn die von einer so groben, handgreiflichen Ursache
erzeugte Affektion eines Organes sich durch solche abwechselnde
nnd unsichere Znf^lle Hufsert, deren die wenigsten auf ein Ergrif-
fensein des urerkranklen Organes deuten; wie mag es dann wol
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am itie ftmlicbe Rrkenntnif« Hftloher Affehiicncn «hh^mi, «eich«
von einpr iinsiehibRren und iingreiiTieben Ursache ftbhiingent Ist
M wol wahrscheinlich, dafi di«M sich dnrch beslinimtem Ziiflill«
kand geben wrden!
Wollte ich aber behanplen, dafs solche Zweifel schon eioeo
oniniilel baren £iflfliifs Ruf 'nteine inlellectnelle Arxtliche Ausbildung
gehabt bfttien, so mrifsre ich Unwalirheil reden. OKOiabls inxcbte
ich schiichi Beobach langen, nnd trag sie mit Glossen vetveben ia
das Ftindbuch meine« GedHchtnUses.
Von der Einketlnng eines Nierensteinea in den Hnrngaag habe
ich io meiner Jugend ein einziges Mahl lödiliche Apoplexie erfol-
gen sehen. Kin KaefmiHin in «iaein benachbarten Flecken hegehr-
te gegen Kolik Hülfe von mir. Ans den voriiergegangenen und
vorhandenen ZiiAtlen urtheilie icb, dafs der ßanchschmert ron ei-
nem in den Ureter eingekeilten Kleine herrühre. Ich sagte ihm
dieses, ermahnte ihn, ein wenig Geduld n haben, nnd gab ibm
abwechselnd MehsMift nnd LaxirniiUel. Diese Mittel leisteten die
v«rhiR beschriebene Wirkung; der SchiMn wnrde »ehre Tage i8g-
licb beMcbwichiigel, und kehrte am folgenden Tage wieder. Weil
et itnn dem Manne za langsam ging tind er vielleicbi Mifstrswen
in Betreff der Richtigkeit meiner Ansicht hatte, so wendete er sich
an einen andern A«(, damit ihm der schneller helfen solllc. Waa
dieser nun mit ihm angestellet hat, kann ich nicht sagen; er wird
abw wol, da er ein ehrlicher Mann war, sein BeUes getban haben.
Naeb zehn oder vierzehn Tagen bat man mich, noch einmahl zu
dem Kranken Ko kommen. Sobald ich ihn aber aah, begriff ich
bald, dafs es mit ihm vorbei s«, denn er war an einer Seite ge-
' l&hmet, und diese Lfihmnng nach einer leichten, l>ald vorübe^e-
gangenen BetAnbnng eingetreten. Nun hört» ich, dafs mein Amts-
genosse, der den Baachschmera schnell heben sollte, noch weit we-
niger Schlag gehabt, mit solchen Dingen nmaugeheo, als ich. Ich
hatte doch noch iRglich den Schmers meistern können. Er hatte
gar nichts gewonnen, der Schmers war trotz allen Bemiihnngen ge-
blieben, bis die Lithmnng demselben ein Ende gemacht. Aber frei-
lieh war auch das Ende des Lebeas da; der Tod erfolgte ein paar
Tage nachher. Dieses ist jedoch nicht der einzige 'Steinsnchtige,
den ich habe apoplektiseh sterben sdien. Die cwei allen steinsiich-
ligen Herren, tod denen ich oben gesagt, dafs sie mich in meiner
Jogend in der Mache gehabt, sind beide am Sehlage gestorben,
der eine - plötzlich , der andere mit langen) and nngewöbnlichem
Elende, welchen letzten Fall ich an einem aohickli^eren Orte die-
lea Baches erzfihlen werde. In beiden wurde der Schlag aber nicht
durch die Einkeilong eines Steines bewirkt.
In der Zusemraonselznog der Rati, Ononidit »pinaaae mit der
virga aurea, welche Herr Dr. Murbeck empfohlen, faabe icbiieine
— aw —
bMsnderi wolilihiiiga HeimKetikMt j^wmhr wwilen kftmieR, ob-
gleich icb sie etllcfae MaUe Termcht. Es komail mir fatt vot, k1«
•b ein Amt, der die Wtricnng der einraehea Geldruthe dnrcli dea
Gebcanch keaot, diese nicbt leicht mil jener ZneamraenBetEang rer-
faaeben wird. Jedoch mafae ich mir kein Unheil in aol^ea Din-
ges an. Da ich in dem gaaxcn LanTe meiner Praiia aafwhr we-
nig Ziuaramenaetningen geMoiaeB bin, denen ich nit Ueberseu-
gnng gehfliia« Ktfifte maehreihe; ao kann es nicht fehlen, ich mafa
Mifdiranen in die mir gebotenen Zusammenaetaungen atcllen, (sage
■lao nicht mm Unleranchen solcher Diage.
In Betreff der Geldmihe bemerke ich meinen Leser» Folgen-
des : Unter dem Namen SaUämgp virga aurea wwdeo von den Ma-
teiiaKaten raUche Krftaiet verlunft. Da die echte drei WegstotH
4eo von hier h&ufig wichet, so lassen die hiesigen Apotheker sie
edbst aammlcn. Einst war eher dem Herrn M., weil ich sie nnge-
wöbnlieh viel gebraneht, sein Vorrath sn frflh eingegangen, und
er genStbIgM, sieh an die Materialialen m wenden. Von vieren
beknm er Mache Goldmtbe, aagta mir daa aber als gewisaeahafter
Mann gleich , nnd ich behalf mich eine Zeillang ohne Goldmihet
welchea mir aber sehr Uaiig war.
Znsalz vom Jahre 1835.
Obiges schrieb ich im Jahre ttt29. Seitdem hat sich nnn die
Cochenille als ein sehr edeles Nierenmittel bewHhrel, welches
nicht dnreh die Goldmtfae sn erselaen ist. F.s gibt sweierlei Er-
Iminknng der Nieren, von denen die eine durch Cochenille, die
andere durch Geldmtfae geheilt wird. Beide Mittel leisten aber
nichli bei dem in einem Hamgange eingekeilten Nierensteine.
Gebrannte BittenMlserde hat mir, gleicbxeitig mit der Coche-
nille gegeben, beim Nierensande ansnehmend gute Dienste gelei-
Met. Dieses gleichseitige Gehen beider Mittel beschwichtiget aicbt
nilein die verschiedeoaitigen , mitnnier listigen ZnfSlIe, sondern
befSrdert nnch gar (refilich den Abgang des Sandes. Es ist kaum
glanblich,'welehe Menge Sand die Nieren eoihalten kSnnen. Eine
Fmn, die dnreh dea Reia dea Sandes heftigen eonsensnellen Schmen
4es linken FuCms lange Zeit gehabt, zur Lindernng des Scbmer-
sea immer mit gehogMiem Knie gelegen nnd gesessen, wodunA
4ie Bengemn^eln schon bedeafend verkürat waren, entleerte anf
Jen Gebmncb der besagten Miifel xehn Wochen lang bei jedem
Hamen schwaragranen , selten rothen Sand. Ihre Gesondbeit ist
wiedergekehrt, der Scbmen ans dem Fnfse verschwnnden ; aber
des Knie kann nicht ordenilich ausgeitreckt werden. . Diese Ver-
JcrSppcliing habe ich awar auf mechanische Weise mm gröfsten
Tbeile gehaben; gaiu kann sie aber nicht gehoben werden, da die
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FniH, di«, Jelsl frei von Sehnten, tich wenig rii« rfetn Hinken
inachl, <lie Anwendungf der mechRnischen HitlTe bin znr Tollkomni-
nen Geradheit de> Gliedes, weil sie ihr za langweilig ist, ver^
BohiiiShel.
Vor Kuneni habe ich einen merkwürdigen Fall erlebt. Eiaa
fnofzigjKhrige Fran, die angeblieh achon lange mit allerlei Leiden
gekämpft, deren maleriellen, ineehanis^nn Grand ich gleich in den
Nieren fand, die auf den Gebrauch der Magneeia u>d Cochenille
viel Sasd entleerte, und nun ihrer Leiden so weit wlediget war,
dafs sie wieder herumgehen konnte, besucht» mich eines Tage«.
Da ich sie nie gesehen, sondern nur nach Bericht verordnet, der
Beriohi aber anfkngllch sehr hoffnungslos gel anici, ao wm-i«t) nitdit
wenig erstaunt, in der Person dieser rührigen Fran die angebliche
Leiderinn vor mir za haben. Ich Sufiierle die Verninihnag, ihr S«hn
werde wol in seiner anfänglichen Bescbreilqing ihres Znstandes
sich einiger üeberlreifaiing schuldig gemacht haben. Sie behanp-
tBis aber, er habe nichts übertrieben , sie sei wirklich sehr elend
gewesen , aber mit Geltes nnd der Arsenei Hülfe seien die gHtfs-
ten Leiden Ton ihr gewichen , «ad sie lebe jetzt der Hoflitnng,
ganz wieder gesund zu wertlen. Ich harte sie früher dnrcb ihren
Sohn warnen lassen, keine Urin-, oder Steintreibende Mittel, die
ihr unkundige Raihgeher vielleicht anbieten nidchien, zn gebrau-
chen; da nSmlieh niemand wissen könne, ob sie nicht nebst dem
Sande auch Steine in den Nieren habe, und eben so wenig ein
sterblicher Mensch hefflhigt sei, die Gröfse nnd Form solcher Steine
zu bestimmen, so sei das Sieinlreiben ein lebensgeföhrlichus Un-
ternehmea. Sie erittnerle sich jetzt diesor Warnung, und machte
dam, indem sie mir einen ihr vor acht Tagen al^gangeaen Stein
iiberreiehte, folgende Aualegnng: dieser Stein, der doch nur kMa
sei, habo ihr schon solche ahscheallche Schmerzen bei seinem Ab-
gange verursacht, dafs, berge sie noch gvSfsere in den Nieren, j»-
der, der selbige mit Gewalt buanairetben walle, aotfawendig ihr
Leben anf die Schaue setzen müsse. Die gnie Frau wniste aber
selbst nit^t, in welcher Gefahr sie wirklloh schon bei detn Ab-
gange dieses Steinea geacbwebt. Er war dw «eltsamstA, dta ich
je gesehen. Länglich und nicht besonders raofa hatte er an dem
einen Ende einen Haken nnd zwar einen tfiehttgen starken nnd
scharfen. Wäre er, die offne Seite das Hakens nach unten gericfa*
tet, in den Harngang getreten , so wäre das Hinuntarsieigen nor
möglich geworden^ und gefährliche, ja tödtliche ZafSilo hältm di«
Folge davon sein müssen. Dalä er xwar mit tuebtigem Banch-
schmers, aber doch nicht mit lebensgefährlichein znr Blase beför-
dert war, bewies es gerade, dafs bei seinem Hi anal erste igen die
offne Seite des Hakens nach oben gerichtet geweaeb. la der Bla-
se hatte er aber forchthareti Spuk gemacht, ^uz «las Erzählung
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der Fnin mubie ich itehlieraea, er sei, die offo« Seit« den Hakeas
BBch uBien geriohttrf, ia die Harnröhre getreten, wo dann der
Onrchf^ang unmöglidi wurde. Der uagebener Bchiiienhai'iB Harn-
drang, deuen Grued die Frari nicht wulsle, hatle rie beslimmt,
van ftnilieher Hfilfe eatferm, zur Hebwaate m Bcbieken. Dteie,
^t begreiflich auch den Gruud des grofsen Schaierzea nidit wia-
sMi kennte, dröokl, an doch etwas 7.« thnn, gegen die Hdrnröbre.
Aof diecen Druck iaht Haradraag und Sebiners Dach, wahracheio-
licb, weil der an dem Eingänge der UarDröbre fes^ehakte Stein
■B die Bliue aurnckgedrückt war. Bald darauf bekammt die Kran-
ke wieder NÖtfaigen anm Harnen und enileeri den Stein ohne Miiha.
Ick denke, er wird jetat wol umgekehrt in die Harnröhre getre>
IM nod dadwrcb'dai Anhaken desselben nniuägÜch geworden Bcin.*}
Ich hahe seit dam Jahre 1S80 drei Menicben an NierensieinRn
aiarben sebeo. EUd alter, sebon lange hettligeriger Mann, der
iwar wenig Sand hanue, aber einen bohrmden Schmers in der
Niere und aoderea Bauchelend hatte, starb schwinlaüchtig, zwei
andere an der Einkeilung eines Sielnei in dea Haragang. Ein«
diesert eine ähllcfae Jangfer, mnCi wol apoplektisch geworben sein,
dcan iMch einem nnr dreit&gigen Leiden war sie unveradiens todl.
Die andere, eine rüalige Frau in dem besten I^bemalier, hat aber
•» ungebener gelitten, dafs, wiriite ich ihre Krankengeachichte nur
anafiihrlich , nicht weiuchweifig, erzählan, ich ein kleines Baeb
davan nacben niifale, und wiätrscheiolich meinen jangen Amta-
brädern das Arztgesebäft dadurch verlaldan würde. leb bemAke
nnr den Lesern, dafz ich bei dw Gdlegeabeit auch die Belladon-
na ganz nutzlos gebraiiebt habe; es ist jedoch möglieh, dafs sie
bei der Einkeiluog einea miodar gro&eo .Stcioea gute Dienst*
leialet.
*> DitM Fne l«t t«ei Jthr« tpttw ■• «iner VirraiteniDg: mi ßarcbbabraig de*
HMldw«H gulvrban , wriefc« iarck .die KdmImd CtsM I'mIh txtfUMttrtitl
vcforucbt Wim. leb btbs dU Loiderina aicfet gMeliwi, ihr Soho bst ttir
aber einige Koacfaen , nnier iiderD eia Scbidel- uad ein Scbtenbeia gebnebl,
diel« ichlenro Biir voa einer angeFIlir viermuualllefaeo Frvcbl la lein ; 19 Jabre
früher war die Fran arbwanger geweien, balte sber nicht geborea, i1*o die T«r-
Mehllithe Sehwaageracban Tdr TiaacbiiBg gebtltea. Der bicalss Wanddnt,
d«r dtol hingerarao warde , «■ eiaen Kaodbw , waleliar aiobl darcb dl*
Hiedsss dM After* woUta and aufabeBre SchmerMa verdnaohte, barasMo-
bolen, war der Meiaoag, die geicbwfiriBe, in dia Bkaebhöbl* gaffende Osffnang
beGadt *ieb boeb im Maatdarme; die mecbaDiicbe EnirerDaag der Kaoihaa
lei nnnoglhb , nad die laogiame leTbirige AuttraibBiig werde die Frau aicht
nsbataw. Ich glaab«, d*ft ia efaMi ««loben vcnweiltillen Falle dieÖe^dbof
de« Ih(Aw ia der LiMta alba aatkratbcB wire; die«« Operdran iat ja keia«
Irbeaage^hrtivbe , und d*a Heraaafaolen der Kaocbea an* dur BaucbbShle würde
■erb keine beioadere Suhwierigkeit haben. Oh aber hernach die gesehweciga
OelTnnng Jm Haaldam heile* würde , laftt *ich wol sa be*limnl niebl vorher-
*«gea.
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Am Elnde deiJahrei 1833 brackle luich die Aeufsening ciae«
allen und rersiäDdigen Kollegen, insn habe in neuer Zeit ein Seli-
nerwerden der \iereo>lelne und des \iareniaades beiuerlu, bmF
den Gedanken, mir einiiiahl die Zahl der in Binem Jahre rorlcoiii-
mcnden Fälle aufiuKeicbHen. Ich wählte gleich dasu das folgende
Jahr, und fand am Ende dewelbeD, dafs ich gerade 28 Falle der
Art Hl behandeln gehabtJ Unter dieien waren nur fünf, die mit
eigentlichen Harnbeub werden begleitet, mir die Erkeuninifs auf-
drangen. Die Sbrigen waren dunkel, ich mafete die ainnliche Er-
kenntnifs des maieriell- mechanischen tirundes aller Leiden rail
Vorbedacht aaeheo. Da die Schriftiieller in dieaem Punkte meiat
sehr unbel'ehrend sind, und die Hocbschu Hehrer ihre Schäler aach
Int Dankien lassen, lo hoffe ich, die jungen Aeme werden ea mir
Dank wisten, da& ich ihnen einen guten Halb gebe, nnd die Hoch»
acbullebrer mir ea nicht übel deuten, dafs ich ihnen ins Amt gm-
fe. leb bemerke meinen jungen Aralsbrüdem Folgendes.
Sie mSssca aich ganx den Gedanken ans dem Kopfe schlage«,
als verrieihen NierenaaBd und Steine sich Tonfiglich durch geatdrie
Verricbtang, oder gar durch- sohmerahaft gestörte Verrichtung der
Hamorgane. Dieser Gedanke ist deswegen grundfalscb, weil maa
solche Stärungen nur in den wenigeren FAlIen benbachtet.
Alle chronische Krankheilen, mit wenigen Ausnahmen, können
dunkle Offenbaningen des besprochenen Uebels sein. Ich darf nur
diejenigen Krankheilen nennen, die ich selbst als solche dunkle
Offenbarungen erkannt habe; sie sind folgende.
Chronischer Slnhtawang (der nicht von einer VerbKnnng im MaU-
darme herrührt), cbronischer Durchfall, odw Verstopfung, sehmerx-
hafles Leiden der Milz, ja greifliche Auftreifaang derselben, scfamera-
hafles Leberleiden, selbst Gelbiiicbt, Bancbschrae» , Husten, mit
oder ohne Auswarf, vorübergehende asihmaiische Zufälle, halbsei-
tiges Kopfweh, Lähmung der unteren Extremitäten, Hüftweh, Was-
sersucht, Aussehrang, Störung der Verdauung, groise Geneigtheit
aur SSureerzeugang im Magen und Dannkanai, chronisches Erbre-
chen, Hysterie nnd Matferhiulfliisse. Da nun, wie gesagt, diese
Krankheiten Offenbarung des Nierenaandes und der Nierensteine
blofs sein können , aber lange nicht immer aind , so ist es doch
wol Pflicht des Antes , die dunkle Offenbamng rar deutlichen lu
machen , und das kann aof keine andere Weise geschehen , als
dtiTch Untersuchung des Harnes.
Ob alle Menschen, die Nierensleioe haben, auch gleichzeitig
Sand in den Nieren bergen , kann ich nicht mit Be«immiheit sa-
gen, denn sa der Zeit, da ich die beste Gelegenheit hatte, den
Abgang der Nierensteine zu beobachten, war ich noch au dumm,
auf diesen Punkt zu achten. Seit ich etwas listiger geworden,
kommt es mir aber wahrscbeiDlich vor, dais beide, die doch nur
— 31t —
hiBsicIiiliefa (l«r Gr^e aBteraehiedrn »od, sieh ge«Sbalieb xiMm-
■■«■ finden. Um m( uiöglicfa, data in einer Niere, die sehr grofse
Sietoe befaerherg«!, wenig 8and ist. So kenne ich einen germgen
Mjwd, der an einer Lihtnuog der unioreD Cxtreniiiiten sehen mehre
Jnbre beilllgerig ist. Dies« Lähmung ist die oonsenauelle Folge
grefter Nierem leine, deshalb ixt sie auch abwecbselnd, bald vnll-
Mtod^, bald offiTolUiändig. Ich habe diesen armen Mann genan
nad lange beobachtet und nlcfa überzeugt, daf« er, selbst auf den
Gehranch der Magnesia, oder des Kalkwassersi verbunden mit dem
gleichaeiiigen Gebrauehe der Cochenille, oder der Goldrulhe, sehr
wenig Sand eatlaert. Von Zeit *a Zeit geben ihm blofs eimelne
grobe nad scharfe. KÖmer ab. Uebrigena i»t der Harn heaiändig
stinkend, als sei er faul, hat über iinuier seine gehörige Sftiire.
Vielnmbls wacht » einen BodeoiRix, der in einem diircbsichiigen,
&st gallcit-, oder froacblelohailigen Schleime beaiefael. Ich bin
der Meinong, die Nierensteine des Mannes sind so grofs, dafs von
einer £iokeilnng eines derselben nichts su fTircbten sein -wird. Sie
Muesen^ aaeh siemlich glatt sein, denn wftreo sie rauh, so würden
sie viel grefseres Elend verursachen. Er wird wol endlich was- .
■ersücbiig sterben, kann aber noch lange liegen. Ans deta gerin-
gen Abgänge grober Sudkörner kann ich in diesem Falle noch
mcbi etnmahl mit Sicherheit sehlieüten, dafs wirklich wenig Sand
in den Nieren stecke, denn einer,'oder inebre.gro£ie Steine kSonen
auch wol de» Sande den Aasgang versperren.
Zugegeben die Ausnahmen, wird aber wtA in den maisleo Nie-
ren, die StMne bergen, aach Sand stecken. Dafs aber jederaeit
in Nieren, die voll Sand sind, nach Steine stecken, kann ich nicht
behaupten, weil ich beobachtet, dafs manche Menschen, die mf
den Gebraui^ der genannten Nierenbeihnittel anhaltend riel Sand
entleert hatten, nach dieser Entleerung von allen ihren Leiden be-
freiet waren. Diese Heilung würde wo! aiebi erfolgt sein, wenn
nocb Steine Hu Hinterhalt geblieben.
Der Sand, «r mag nun mit, oder ohne Steine sich in den
Nieren befinde», gebel von Zeit zu Zeit in geringer Menge, in
einsclnen KSmern, von sclbsr ab, und darauf beruhet die si-
chere Erkenntnifs. Wo solche einaeine Kömpr, oder auch ein
feiner, dem blofsen Ange onSichtbarer Sand abgehet, da kann man
sicher sein, dafa sich eine ordentliche Sand nieder läge in den Nie-
ren befindet. Da solche freiwillige geringe Emieerung aber nur
von Zeit wt Zeit geschiehet, so mala man, will «an zur ErkenM-
nils gelangen, bei allen chronischen, namenilieb aber bei den eben
geanantM) Leiden, die Unferauchung des Harnes 14 Tage bis drei
Wechen, ja noch lAnger, ifiglicb selbst machen, oder von dem
Kranken und seinen Frennden machen lassen. Die Art, wie man
dea Harn aaf Sand nntersucfal, ist so einfäliig, daf« ich mich scbl-
— 31« —
luen würde, in dittsen Buche davon ni Ted«o, WMin ich nicht malua
gul unter richtete und achtbare junge Aerilegani uawiueiul in dUf
veiu Punkt befunden, und sie mir nicht gestanden bfiltMi daf« ihre
Meiaier sie unbelehrt gelassen.
Zuerst inuls dafür gesorgt werden, dafa der la umersnchendc
Harn rein, und kein Sand von aufseu hineiugef allen s«i , welches
leicht geschehen kann , besonders hier und io des NiederUndea,
wo manche Zitnnierdecken blofs gedielt, leicht ein wenig- Said
durchfallen lassen. Solche Täuschung wird dadorch vermiede«,
dafs man das saubere Harngeschirr bedeckt. Nun laufs «an »r
UaierSDchnng zwei Inslnimeme haben, die sieh in allen Häusern
finden, nüinlich einen flachen porzellanen, oder fein verglaselen
irdenen Teller (grobes Töpfergut taugt dazn nicht) nnd einen me-
tallenen Löffel. Ob Sandkörner in der Verglasuiig das Tellers stek-
ken, wodurch man bei der Untersuchung des Harnes konnte ge*
täuscht werden, lälst sich leicht erkennen, weon man mil'der c»«>
vexen Seite des LaSels über den Teller fahrt.
Nun mufs man das IlarngefUfsj ohne es viel zu bewegen, gans
, leise, so neigen, dafa der obere Theil des Harnes, in welche«
do'V:h kein Saud sein kann, ab&iefst und nur der untere im Topfe
bleibt. Diesen Theil de« Haras schwenket man dann um, und
giefst ihn so rasch auf den Teller, dafs der Sand, der damit ver-
mischt sein, mochle, nicht wieder zn Boden sinken und im Topfe
bleiben kann. Jetzt wartet man ein paar Miauten, damit auch
der feinste Sand sich senke; fahrt man dann mit dem Löffel leise
über den Teller, so fühlt man den ganz feiaeo Sand deutlich, usd
def gröbere knimcht so, dafs jeder es ein paar Schritte weil hö-
ren kann.' Es ist durchaus nöthig, dem Kranken und dessen Freun-
den diese Untersuchung des Harnes zu zeigen, daiait sie voa ihnen
täglich verrichtet werde; sie ist auch ao einfach, dais der Einfäl-
tigste sie machen kann.
Damit ich aber meinen jungen Äuisbriidern es. recht anschau-
lich mache) wie noihwendig diese HarauuterituchuHg bei den meisten
chronischen Leiden sei, will ich ihnen noch Folgendes zu beden-
ken geben. Gesetzt, es sei ein Arzt aufgefodert, einen an einer chro-
nischen Krankheit Leidenden zu heilen.. Cr (hut sein Bestes, macht
mancherlei gar kluge lodikatiapee, verordnet viele Arzeneies, die
alle ausoebmend gut sind, nur das Gebrech haben, dals sie nicht
helfen. Auf die Weise flickt er ein ganzes Jahr, oder zwei Jahre
an dem Kranken; dieser wird des Dinjjes Gberdrüssig, sagt dem
Arzte, er wolle aufhören zu arzeneieo, schickt aber, wenn er des
Flickmeisiers losgeworden, zu einem anderen Arzte, in der Hoff-
nung , er werde in diesem den HeilmeiHier treffen, \ebmet nnn
einmahl an, werthe Leaer! dieser neue Arit, durch Erfabmag
gewilxigel« untersuche den Hau, und finde in diesem die füU-
— 313 —
Bsd hSrbMn ünsche «ller Leiden ; was meinet Ihr, wie der Kran-
ke and Mise Freunde über den vori^n Arxt ortheilenf Sie se-
Iwn Um eslweriflr fiir einen nnwisscndto Mentcheo ao, oder, wenn
■ia das nichl wot können, weil er schon ein anerkannt Ter«i8ndi-
ger Mann ist, so belmchlen sie doch die unirersilitiacbe Lehre
wehr als eine Narren-, denn als eine HüUlebre, die den Aenien
demaiseo die Angen nnd den Verstand begaakell, daTs sie selbst
dat sinnlich Erkennbaie m erkennen verabsäumen. Kann man
ihnen darin wol Unrecht geben! Ich könnte das Gesagte durch
mebre Krankeageschichten beaiätigen, wean ich eine solche Be-
stätigung nicht für nosart hielte: blofs die treuhenige Aeti/sening
einer Biaerina erlaube ich mir, meinen Lesern miiinibeilen.
Diese beschickte mich einst durch ihre Schwester, welche ein
gut nnierritAtelea und klages M&dchen war, von der ich also alles
Wisaensweithe erkunden konnte. Ich hörte, dafs die Kranke an
solchen Zufällen leide, welehe wir Aente h/sterische nennen, dafs
sie ate Harubeschwerden , aber znweilen Baacfascbnicnen habe,
mitanler einige Tage bettlägerig sei nnd sich gerade jetzt in einem
•oldien Sehw&chesustand befinde. Da ich nan zugleich vernahm,
dafs sie schon seit vier Jahren gekrftnkeU, and sich in dieser Zeit
immer an Einen Arzt gehalten, den ich als einen verständigen
Mann kannte, s« begilfi'ich leicht, dals ich hier mit einem verzwei-
felt heimlichen Handel werde zu ihnn bekommen. Als ich das der
JaBgftan Sufserle, bekam ich von ihr eine recht gescheite Antwort,
•ie sagte mir nämlich : gerade weil lob den Namen habe, dafs ich
mich nicht verdriefsen lasse, solchem heimlichen Handel anf den
Grund an kommen, verlaage ihre Schwester meinen Beistand.
Am allei«nten betchlals ich nun, den Harn der Kranken auf Sand
»a nntarsKohen, nnd hiefs die Jungfran, den Topf, worin die
Kraake geharnt, gut zugedeckt bis m meiner Ueberkunft bewab-
leo. Am folgenden Morgan fand lob in der Person der BSuerinn
•ine kluge nnd gnt nnt^nichtete Frau. Keine ZaföUe, die auf ge-
stMte Verrichtung der Hamwerkzenge gedeutet hätten, waren zu
erfragen. Ich nntersuchta jetst den ganz klaren und vollkommen
gesund Bussebeaden Haia in dem Wohaziminer, und zwar in Ge-
genwart der juagfräuliehen Schwester, .damit diese ia der Folge
die L'aienuchuag selbst fortsetzen köanle. Daa Wohnzimmer stieb
aa das Schlafziuimer der Kranken ; diese konnte , weil die Thur
des letaten offen stand, alles hören, was ich mit der Schwester
vcthandelle. Da ei sich nun anfällig traf, dafs die Portion Harn,
welche iofa untennehia, viel grobe Sandkörner enthielt, welche ao
laat iwter dem LöBiel knirschten, doTs die Kranke es deutlich auf
dam Bette hörte, so hnb diese ao, also zu reden. „Die Doktoren
„haben den Namen , dati sie den Kränkelt allerlei weis machen ;
„warum jue daa than , weUa ich niebt Nieioaad soll mir aber
_ 314 —
„weis niachen, dafa teil keinen Sand in den Nieren habe, denir
„ich hftre ihn lam genug kniraehen. W'er micb sinalidi, fTihl-
„und h5rbar ron dem übenengt, was mir anliegi, dem glaube irb
„mehr, als zwanzig andern, die mir ihr Vorgeben nur mit Wer-
kten verbürgen kSnnen."
Das ist eine wahre Rede, welche alle diejenigen gum ernaten
Nachdenken einladen mufa, die die sorgffiltige Erforschnng diii*k(er
Organerkninlningen als ein Hirngeapinnat verwerfen, indem -aie aicl»
irrig einbilden, jede Urorganerkrankung iniiaBe sich durch Schmers
ia oder an dein kranken Organ, oder durch erkennbare Slömnge»
Miner Verrichtung offenbaren.
In dieser Ge chichte habe ich getagt, data der die graben
Sandkörner enihaliende Harn gans klar und von Farbe genind-
beilsgemftfs ge^veaen. Meinen jQngeren Amtahrüdern bemerke ich,
dals ich weit srier m klarem und heltgelbem Harne Sand gefun-
den, al« in dein dunkel gefärbten, oder Iritben, oder einen Boden-
satz uiBcfaenden. Wunderlich ist ea, dafa man, bevor man durch
Erfahrung gewitxiget ist, das Vorimbeil bat, nun «erde ihn ehet
in dem trüben und garstigen, ala in dem klaren Harne entdecken.
Auch die Kranken haben , Ich weifs nicht warum, dieaea Vonir-
theil; man mulä ea ihnen aber benehmen, damit sie aar eigenen
Untersuchung dea Harna geschickt werden.
Endlich bemerke ich meinen jnngea Amtabrfidern noch Fol-
gendes. Im Allgemeinen kann man zwar annehmen, dafa mehr
alle als jimge Leute Sand und Steine in den Nieren haben. Oieae
Beobachiiing darf uns aber nicht verleiten, den Gegenstand b^
Jungen Leuten ganz unbeacbiet zu lassen. In diesem laufenden
Jahre wurde meine Kunst von einem Frfiulein in Anspruch genom-
men, die über Drücken im Magen, SSure, und den hyaieriseben
Brodcen im Halse klagte. Da sie von aieinau oh liger Art war, s«
rieih ich ihr, ihren Harn auf Sand zu ilaiersnchen. Sie behandelt«
die Sache anfänglich als einen Possen, denkend, ein zwansigjah-
riges MSdchen könne unmöglich solchen Unrath im Leibe haben.
Auf meine ernstliche Vorsielhing ging sie abrr doch an die Un-
(ersochnng und fand schon beim ersten Griffe den Sand.
Ich mfifsle jetxt andi noch wol von der Kohleosttare als Nie-
renmittel reden; da ich aber, seit ich grofajfihrig geworden, sie
nicht gebraucht, so beschränke ich- mich auf folgende Bemerknng.
Ich habe sie ala ein Mittel erkannt, das die Nieren anfregt, tia
zar vermehrten Hamabaonderung prickelt, mithin kann man damit
Sand and Steine wegtreiben. Weit ich aber die Form des si«i-
nlgen Inhalte! der Nieren nantdgtich bennheilen, nnd das, waa
ich vorwärts getrieben nicht wieder surficktreiben kann , so «at-
halte ich mich lieber alles Treibens. Meine JBngeren Amttbrfider
ermahne ich, im Gebranehe der KohlensKure, selbst beim ehroni-
— 315 -
■ctwii Erfarecfaen, vQimichri^ in s«ln. Wenn dicMi, rIs eonaen-
,simIIm Leiden, die einzige O0enlMruDg der Kiereniteine i«i, ao
ktenen aie e« duroh Kohleniiure heben, aber anch sugleicfa die
Nieremleiae ao attfrähriaeh machen, dali aie wol wfinachaD Mäch-
ten, nie KohlenaSure gereicht an habes.
HeUMittel mnt «le HMWkI»M «m4 OanarAlir*.
Fungi oder Glomere» Cymofbatt (Sckla/kmHxe).
Diete Dinger, welche BitmüUtr mit dem deuiacben Worte
8chtafkanse beaeiebnei, vaA die aao an dee Sifimmen der wil-
den Roaen findet, aind bekabntlich die anaamnengeselalen Woh-
anngen kleiner Würnchen. CroHtu* in aeiner BtuÜiem ckifmiem
lehret aaa, wie wir ant dieaed Schwammen eine Tinktur bereileo .
Mllen. Seine Vorachrift aber, die Thierchea ana ihren Zellen her-
auaBiaehBien and dann ron den Schwämmen die Tinktur an ma-
dien, scbeiat aair etwaa onweiae, denn ich glanbej dafa gerade in
dieaen Thiercken die beaondere Heilkraft aieokt. Wenn man ein
••Miea WBrmohen awiichen dem Daumen und Zeigefinger xer-
dröokt, ergreift mit beiden von dem Safie de« Würmchena be-
fevehteieD Fingern, heim Zahnweh, dea leidenden Zahn und hSli
ihm eine knrae Zeit ninfnagan, ao venofawindet der Schmer« eben
a* gni, ala nach einer ähnlichen Anwendung des aiebenpanktigen
Kornkftfera, Diese Kraft, den Zahoachiiien wegzunehmen, ist in
neuer Zeit wieder erpn^bat worden. Bei EitmülUr gaachieht der-
aelheo ErwfthnoDg.
Es ist oft schwer tu aagen, ob Urinbesch werden von einem
UrUiden der Nieren, der Blase, oder der Harnröhre abhaogen. '
Ich hti»K blnreichendea Grund anannehmen, dals dieRosenschwäin-
■e keäneswegea beilaBd auf die Xieres, sondern vielmehr auf den
Btaaenbala nnd die Hamrdhre wirken. Die Sache scheioi mir aber
KU mbedealend, ala dab loh viele und langweilige Ersühhingen
ilaven meeben adlte. Die (Jrleiden der Blase, und Hamcöhre sind
in Verhilinifs an den Urnierenleiden nad zu den ia den Nieren
vorwaltMidea Leiden des Genammiorganiamna aeliea au nennen.
Fille von einfacher Straagurie, welche oA durch gewisse GeirSn-
ke, oft durch ErkMtung veranlalst wird, und der einige Körper
naehr unterworfeB sind als andre, heilen sich von selbat; die Aa-
w««da^ der Tittet. Jwtg. egMotbati in diesen Fällen würde also
wenig beweisen, ta ernsthaften Fällen von Strangnrie und von
Hamrerhdtaag habe ich aber das Mittel aebr heilsam befunden,
und es verdient gewÜs die Anftnerkaamkeit der Aerzte.
■ Eben sagte ich, dafa es auf die Nieren niefat wirk«. Wenn
dM gleidt wahr ist, ao kann es deonoiih bei NicreaslcineD sehr
- 31« —
nütilich werdeD. E» mag jeut jShrig sein, da Vfnrit iMiae f Jülfe
von einer gar nlten nittrenitetavücfaligen Fraa in Aoapracb genom-
luen, deren CrinalweDdeniag, bei tii«faiig«D KreunchnwrzMi and
bei unbedey lender, abwechselnder, seilen aoftaliender Strangune,
ganz in Stocken geraihen war« Ihr Harn war rotb, Bshr weaig,
sehr trübe und die Füfse bis zu den Knien wassergescfa wollen,
Ua ich ihr nnn mit Cochenille und Magnesia die Urinabsondening
normal gemach) und sie vor der nahenden Waaseraiichi geHchriizi
halte, so wurde auf Cinmahl die vorher iinbedetilende nnd seltene
Strangiirie so heftig und marternd, dafs man mich aufser der Zeil
EH Hülfe rief. Hier gelang es mir, das scbmers hafte Leiden durch
die Tincf. /ung. eynoäAaU Ai beschwichiigc«. Uana ging ith aber
wieder zur Cochenille über; denn das Hanpifibel, welches Ver-
derben drohte, durfte ich nioht zu lange sioh selbst überlassen. E»
gebt mit den UriBwerkaeogeD gerade wie mit allen andern Orga-
nen; hat man das nrergriffene - Organ fast beruh iget, so fanden xit-
weilen consensuelle Aftekiionen an, eine Hauptrolle su spielea.
Hei der Sirangvrie, die von Blasenhämorrhoidaa herrüfart, ha-
be ich die Tinktur ein paarmafal vergebens angewendet Die aeit-
(ichfi Bosch wicht! gong des Leidens (welohe ich begreiflich »lleia
dadnrcb bezwecken wiJIte) konnte ich nicht darin finden. Aneb
hei der Strangiirie, welche xwar nicht von «igeschwollenen Blni-
adem im Blasenbalse herrührt, aber doch eine von einer krank-
haften Vollbltiiigkeit des PfortadersTslems abhängende ooosensnell«
Atfekiion der HamrShre, und «iweilen sehr hartnackig ist, habe
ich das Millel ebenfalls vergebens gebniucbi. Ein paarmahl gab
icb es anscheinend mit Nnlzen im nicht venerischen SohleimflnsM
der Harnröhre. Da solche KchleimliHsse aber auch wol von «eihsl
aufhftren, so kSnnen ein paar- einzelne Voraucdie nichts bewMzen.
Oben habe ich geaa^, dab ich dia Tinktur in Haravcrhal*
tiing heilsam befunden. Ich mnfs JeiH binznselzra , dafs ich tia
einst bei einem sieh enzigj übrigen Maime ganz hülfios befuadesi>
Hier konnte aber der Wiiadarxt auch' nicht mit den Cathoier in
die Blase kommen , obgleich er erfahren , daa InstmmeM gm zn
handhaben verstand, und früher als icb, gleich beim Entstehen de«
(Jebels zn Hülfe gerufen war. Gegen die Entleernag der Bitmß
durch den l^icfa protesiirte der alle Herr, also mu&te er sterben.
Ungeftihr vierundxwanzig Standen vor dem Tode ging der Cathe*
ter ohne Mühe in die Blase ; diese war aber echon ^ISbmt , und
konnte nm-, als der Caibeter darin atak, dnrch üoläerea Drvok «ai»
leert werden.
Wm nun die dabo der Tinktur betriK, ao htt^ bat diasem
Millel nicht so viel davonab, als bei manebem anderen. Man
kann alle Stunden, oder alle zwei Stunden, dreifsig U« vteniig'
Tropfen geben, auch ein« ganze Uns» mit sieben Unaen Wasser
— »17 —
uni pltTM Seh1«fni misrhrn und daron bII« SlHn<len fintm LSlTel
roll rciclien. Da das milde Oel ebcnrada «in nicht i» vrrweifefi-
dM Mittel bei Hambeschwerden ist, so kann man, wenn man will^
rieben Linsen MohnSl mit «tner Unse Rosenichwammtinktur za<
nniKenniiacben, und davon stnnd^eh einen LSffel voll geben; die
MiBchong muf« aberjedesniahl tficblilT umg;eschütielt werden. Wenn
daa Oel aneh xur Linderung; der Urinbeschwerden direkt wenig bei-
tragen mStlHe, so wirkt ei doch indirekt vielleicht dadurch wahT-
Ibitig, dafa ea den malUM perütaltiemm ein wenig beachleonigpt,
ohne die Dirne eben feindtirh anngreifen.
Znin Sehlasae bemerke ich noch, rfafs die RoieniichwSmm*
swar eia ParacelsisefaeB Biaaenmin«! sind, aber nbrigens im 16luD
Jshriiundert und früher offiwinail gewesen. Woxn aie die (laleni-
ber jener Zeit gebraneht, tat mir anbewafst.' Sgmphorianvi
CmmpegiMt, ia den Buehe, worin er die Irrthümer der Apothe-
ker, der Arabiaeheo* and der damahligen Jungen Aente rügi (den
aigeallieheB Titel kann ich sieht angehen, weil mein Exemplar
Iniaen «aehr hat), engt Jot. 67 Folgende* : fV» ipiHa alba, ^am
Ptrta« et ÄrtAe» vatmmt BeHc^nar, qnvniam haee a narmacopoU»
ae juMtwäm» Mtdiei» ignarmhir, vAntArr »pongiola rotae tyheitrU^
quae üt' tpittd» natethir: nam etii hatc plurtmum in medicinae
WM« diff^mt a tpina alha, na» famen ett haev permutatio exitiali».
Liquor Ammonii tufpkurati.
leb habe dietea als Mittel anf die HamrSbre eiitat durch ei-
■ea nir dem Namen nach unbekannten mederl Bndischen Amtsge-
noaacn kennen gelernt, «nd zwar bei folgender Gelegenheit.
£tn Herr, der «ft mit kleinen veneriathen Beschwerden, ala
Tripper und örtlichen Geschworen, behaftet war, in leiner Jugend
aber in Berlin an der Lusfaeucbe in sehr hohem Grade gelitten,
war als Wiitwer zur «weiten Ebe geschritten, und kam, der nenen
Frau aeine bieaige Beslttang eq «eigen, in die Nih« meines Wohn-
ortes. Auf 4t» Beiae ton anballender Harnstrenge heimgesucht,
halte er sinm mir gut bekannten, sehr verstund igen Arztnm Rath
gefragt ; der Ratb deaaelben war aber nicht helfend gewesen. Ich
fand diesen Herren an beatindiger, achon seit mehren Tagen nicht
aaeUossender Strangnri« leiden. Begreiflich war er wol ein we-
nig eolsirilt nad sein PMs ein wenig besehleanigr, aber man konn-
te ihn doch nicht krank nennen , und er nannte sich aneh selbst
niebt also, leb gab ihm Winen Trank von sieben Unten schleiini-
g«a Wanaer nad einw Unxe Rosenschwammtlnktnr. ' Da er diesen
Trank, sitedlleh einen Löifel voll nehmend, verzehrt hatte, war
£e ftarangnri« gehaben. Eine sweite Unze Tinktur liefs ich snr
Vorsorge noch langsam naebbraacbenk Dm Eheleuten gemein^
"■■■ - '■ ---~-c>--
— 518 -
lehaftlicb bemerkte ich Rber, daf« sie steh des ebeKcbeo Lieb«*-
werkes eine kleine Zeil enthaliea Mublen, weil oBmlich die Hand-
lang des Begatlens Am kaum gebeilte Uebel am laichlesiea wie-
der harforrofeD könne. Nach einigen Wochen kehrte der Herr io
die Heimalh und halle bis dahin keine weitere Anfechtung von der
Strangurie gehabt. Ein Jahr damnf sah ich ihn wieder; er ersählte
mir, wie er zu Hause abermahls von der Straogurie sei ergriffen
worden. Sein Arzt habe ihm etliche Mitlel vergebens gereicht,
aber endlich mit dem Liquar ummo»ii »ulpkurati, m fGnf big sechs
Tropfen mit einer halben Tasse Milch alle zwei Stunden gereicht,
ihn bald wieder beigestellt. Oafs hier die Harnröhre are^riffen
war, erhellet aus folgender ThatsacUe. Der Mann hat nur etliobe
Jahre nncb der erzählten Begebenheit gelebt, nnd ist in «einet
Heimalh an einer Vereiterang der Harnröhre gestorben, oaohdem
«r vorher lange nnd viel an Urinbetchwerden gelitten. Einer sei-
ner Pfichter,. den er, da er schon batlllgerig, xn sprechen verlang-
te, sagte mir: es sei ihm unmöglich, mir die Qualen lu beschrei-
ben, die dieser Mann ausgesUnden; die Aersle hatten sein Uebel
fTir eine Vereitemng der Harnröhre und für nnhailbar erkifirt. Die
Witwe des Herrn hat mir hintennoch das nimliche gesagt; also
ist an der Wahrheit der Thaisache nicht m xweifeln.
Ich habe nun den Liquor ammanü nfpkurafi seit dtn Zelt zwar
nicht hfinfig, aber doch mehre Mahle mit gutem Nntieo gebraucht.
Hütte ich aber ernithafie Urleiden der Harnröhre so oft zn be-
handeln gehabt als ernathnfte Urleiden der Nieren, so würde ich
den Lesern mehr davon sagen, können. Jetzt kann ich weiter nichta
davon sagen, als dals e* gewifs ein Mittel ist', welches wol ver-
dient ab Hamröhrenmittel angewendet xn werden. Bei einer an-
halienden ccnsensaellen Strangurie, wo ich das Urleiden verkann-
te, weil es durch Zeichen unerkennbar war (es war nSmlich eine
Krankheit des Pfortadersjstems), habe ich du Mittel ganz verge-
bens gebrauchL Dieses beweiset aber nichts gegen den Werth
desselben. Ein gutes Eigenmittel auf ein Organ besohwiehtigei
zuweilen wol conseosnelle Leiden des Organs, auf welches es
Macht hat, aber gewib nicht immer. Warum dsa Einmahl ge*
schiebt, und vielleicht zwei-, dreimahl nicht, wei& ich nicht an-
zugeben.
Mit dem Blasensteine habe ich bis jetzt noch gar nichts n
tlian gehabt; er ist hier so Lande, wie manche andere Krankheit,
nicht heimisch.
Der unfreiwillige Abgang' des Harns ist ein Zufall, der mir
zwar nicht ganz selten, aber doch nach nieht bXnfig vorgekomiaea
ist. Entstand er nach gehobener Urinverbaltung, so habe ich ihn
nach und nach von selbst vergeben sehen. Ein paar mahl sab ich
ihn nach aobweren Geharten entstebea und bleiben.
- 31» —
Icfa erinaefe nicb unter ab<l«rD- ciper Frau, dia naeh aiaar
««hweren Gebart eiae Lähmung der anivren Extreniilfileo und /m-
fm»timemtimm itrinae behielt. Einer nieiner Bekaonlen , dar eina
irafflicba Klek(risiriRR»ohine b^taf«, hat aaf meine Bitte dieae un-
gtScUicbe Frau iBgIloh eleklrisirl, dadurch ist die LShinung der an-
lerat Extreinitäiea zwar ganz gebeilt, aber die Ineenlittentia urinat
ist geblieben.
Bei einem Menachen, der ilen unfreiwilligen ITarnabgang durch
MOMi Slarz von einem hoben Baone bekommen , versncbte ich
iIbb Uebel durch den- inneren Gebrauch der spaiiisobeii Fliegen xa
haben; allein ich habe meinen Zweck nicht erreiebt. Ich gab dia
Caatbariden In Subalani nod in ttiglich zeigender Gabe. Wio
b«eb ich ^eiliegen , kann ich nicht bestimmt sagen i. denn ea iat
gar an lange her, dafi sieh dieser Fall vugeiragen, und ein Theil
meiaer Fapiere, worauf ich solofae und ühnliche Merkwürdigkeiten
beaerkl, sind mir, wie ich schon eiomabi gesagi, in den Krieges-
seiten verschleppt, oder zerrissen, oder Gott weifs wie, abhanden
gekommen. Wenn ich also nicht unwahr sein will, so kum ich
nichlB Melir ren der iSacbe sagen, als, ich bin so hoch mit der
Gab« der Caathariden gestie^n, daft ich nie geglaubt hftite, dals
man.se hoch steigen kenne. Da ich dem Leaer schon ges^;t,.
dafs ich die Lähmung der IlHrnrÖbre nicht damit gehoben, so be-
greift jeder- -schon von seibat, dab die Canthariden anch keine
iStrangsrie hervorbringen konnten. LJebeihau|(t War dieser Fall,
hinsichtlich der drtUchen \^'irknag der Canthariden, sehr belehrend.
Die Niere« waren hier nicht ffelKhmt; da sich nun keine Zußlle Kd-
berieR, welche aof ein feindliches Ergriffensein dieser Organe durch
die Canthariden sehlielseB liefs: so mafa icfa nrihellen, dals das
ieiadliche Einwirken der Ciuiihartden auf die Harnorgane bei ge-
sunden, zum wenigsten bei nngelahmten Körpern, sich blofs auf
die Harnröhre beschrftnke. Wirkten sie zugleich feindlich auf die
Blase selbst, so hätte ich das durch Ava einen otler andern Zufall
doch wel merken müssen , denn die Blase war ja nicht gelKhml.
Sobald Blase nnd Haiw^fare sugleich lahm sind , kann wol eise
ÜcAjWm, aber keine Incrntt^enti« urätae Statt finden; aber frei-
tich ist das eine Harnverhaltong, bei Urr man den Catheler nicht
nöthig hat, ein Druck mit der Hand auf die Unterbaui^gegend ent-
leert sohoD die .Blase.
Bekanntlich hat man in neneren Zeiten das mit Weingeist be-
milet« Extrakt der Nuas vomica bei der Ine&ntinentia mrintt mit
Vonhail angewandt. Ich habe in dieser leisten Zeit, ohne ea selbst
xa ahnen, eine ähnliche Kur verrichiei. fUne alte Fcaa, die, da
sie mit ihrer verheiratheten Tochter vor aehtsehn oder neunzehn
Jahren hierhin kam, eine uBvollkammne Lähmung der unteren Ex-
trcmitäieB haue, gegen welche sie aber nie, (selbige fSr ein aus-
— JM —
gemacht unhtrjlbiirea Uehel ba)t«nit , meinen Ralh vtrlnngt hnl,
wurüe im Jahre 1829 von dem damahla berrtehenden Leberfleher
ergriffen. leb gab ihr KriUienangeDwasser , %a dreifaig Tropfen
fanfniahl lag«, nnd in drei bia Wer Tagen war sie geeilt, im
Winter des Jahres 1830, da icb anderer Kranken wegen im Haoae
war, iagt die Tochler der gelKbmien Fran la mir, icb m3ge doeh
ihrer Matter die weifsen Tropfen vom vorigen Sommer aiifsefarei-
ben, sie kSnne nKmIich seit mehren Jabren ihr Wamer nicht hal-
ten, und habe im vorigen Sommer, so lange sie selbige Tropfen
gebraucht, (ich halle rhr} iwei Unseti verschrieben) von dieaem
Ungemache gar kein Leid gehabt. Aach jetzt ibaten die Trapfen
vrirlilich wieder dem Uehel Einhalt ; ob sie es aber bei dem halb-
gelähmten Zastande der unteren ExtrMuitKtea aufdie Dauer heben
werden , mufs die Zeit -lehren.
Ein armer Handwerkamann ist einst ganz vergebens (ich konn-
te ihm nicht helfen,) sechs Wegstunden weit' zu mir gelaufen, nm
bei mir Hülfe in finden gegen eine I/tcontinentiaM tirütae, die er
drei Jahre froher auf folgende teltsante Weise bekotninen. Er bat
das UnglQek, sich in eine Witwe za verlieben, die ihm auch wohl-
will, nnd die er, nach Art der Handwerker, alle Abend nach be-
eodigtem Tagewerke besucht. Die Witwe hat zwei aufgeschosse-
ne Jüngelch^n mit ziemlich stericen Fäusten, denen der neue Stief-
vater nicht gefUILt. Diese passen Abends dem armen Freier auf,
werfen ihn nieder, und schlagen ihm, der eine mit einer eisernen
Blaspfeife, der andere mit einem Holsscbeile, den Hinleren so nn-
barmhersig nnd anhaltend, dafs er wnndfirztliche Hälfe snehen nnd
bis in die dritte Woehe das Betl fafilen mnfs. Von der Verliebt-
heit war er durch diese Arzenel vollkommen geheilt; weil mau
sie ihm aber in zu sturker Gabe gereicht,' hatte er eine ImcoHti-
nemlia» vrinae davon beballen.
Das grSfflle Elend, welches ich je von Blasenkrankbeii erlebt,
ist eine DurchlSchemng der Blase gewesen, icb habe diesen Fall
im Jahr« IS12 im 34st«n Bande des Jeornals der praktischen Heil-
Inmde mitgeiheilt. Da idi aber in dem g^enwärtigen Werke al-
les Belebretide und MerkwBrdige , was ich bei Uebung der Kunst
erlebt, zusammenflisse ; vorAssetze, dafs ein grofser Theil meiner
Leser jene vor 23 Jahren geschriebene Krankengeschichte nicht ken-
ne, und der Fall, ohne eben in der medizinischen -Literatur uner-
hört zn Min', so sehen ist, dafs viele Aerzle leben, wirken und
sterben kSnnen, ohne einen ähnlichen beobachtet zn haben: so
will ich iln , mit Hintansetzung aller zur Sache nichis thnenden
schulmafaigen WettlSufiigkeit, kärsHch erzHhIeo.
Eine viernndfnnfzigjährige , etwas verwachsene Frau, die von
Jugend anf mit krankhaften Znf^lten mancherlei Art zn kämpfen
gehabt, litt zuletzt, bevor sie das Blasenäbel bekam, an einer
~ 3tl —
KiUBffttrfik, w«]cb« gvwöhnlich all* ftef bis s«d» MonaM er-
MU«a, «cbt bifl MhB Tage snbitlt und dann vanehwand. Ga-
aiodbeit nad KrSfte kehnan nacli eiaem solchen Anfalla imaier
bald mrfiek. ich batte mich iHMnengt, dafa sieb diese Kolik nitdit
d«rcb Anenei«n beilan lieft, beaehrinkle mich also blafs daranf,
den Sdimef« durch KIfMire, Fanenta Honen und aadere elnfacba
gewShslicbe Millel la mSfai^n. Im Aafanga des Wint«ts 1808
■nllie aieh nan diese Kolik abermabls eiB, war aber wider Ef^
wamng anbr gelinde, nd verachwand in sähe kancr Zeil. Di^
ses Mabl blieb eine Beschwerde beim Hamen Mnrndc, welche icb
fiir ein Sj-mptom von KrBmpfen snsabe; denn obgleich die Kranke
nie 6ber ein Ibnllches Leid«n wSbrend oder nach itr KoIlk*ge-
klagt, so ist doch dieMS Symploni im Allgemeinen eben nicbi seU
lea bei Banchnbeln. Ich wendete vergebens mancherlei krampf-
stiHende Miiiel an; die KiBoke wurde der ArnHiei nberdriiasig nnd
dacbl«, dieses Uebd werde, "Wie adte Toriiergebpiide, wol ron selbst
v«nehwiadcn ; ich selbst dachte eben so.
Ina Winter wurde die Straagurie so stark md nnertrSglieb, dala
die Kranke genftihiget wnrda, mr Araenei ibre Zuflaefat so neh<
men. Da ieh den Harn mitersncbte ^ fand ich ihn trnbe, mit einmu
stafkeii gtanen Bodensaiie, and hörte, doTs er risnnittelbBr, mcb-
den er geharnt sei, seben so amaebe. Ich IQrehtete, die Wassei*-
snchi mSchte in AaMge sein , gab mr Vorsicht Diuretiea, aber
ohne NntMo; Schmers nnd triiber Harn hHeben, jedoeb werde leta-
ler anweÜen, ebwol stlton, klar, veränderte sieh aber bald wieder
mr Trabe. Zuweilen bemerkte ieh in dem groaen Bodensatze kleine
gdbliche Kilrpcvehen, welche eine Kleie von Roggenbrot m sein
sdiieaen; bestimmt kennte ich fieses aber nicht behaapten. Einn
•^le mir Ae Kranke, sie habe mit nnertrlgtiehem Hchmen einen
Wind aus der Blase gelassen. Hernach hSrte kh dieses selbst;
der Ton des Windes war scharf, wie der Ton einer hSlxernen
KtndeHi oMpete, der Schmers dabei so nnertrfgliob, dafi die Kranke
schreien innrsle. Inzwischen wurden die KrSfie mitider and die
Sirangarie mehrte sieh. Die Anssendemng fremder Körper, deren
.\'a(nr Ich nicht mit Bestimmtheit angeben konnte, wnrde sttrker,
mebrmahls des Tages wnrden Winde ans der Blase gelassen. So
fffng «8 bis znm Januar, wo das Elend den höchsten Oipfel erreiclit
zu haben achicn. Nacbden die Knmke drei Tage Hölleasehmen
nmgtesianden, wurde ein sonderbarer Körper ans der Blase getrie-
ben. Es war dieses ein Stück zXben Schleimes, essen Zoll lang
und efnen halben breit ; eine der OberM^e« war mit sieben klei-
nen, weifaen, ranbcn, zerre ibbweH Stein eben besetzt; die drei gröfa-
len waren , wie der Kopf einer grofsen Stecknadel , deren man
sich cfaemafals beim Einwickeln der Kinder bediente, die übrigen
kleiner. i .
M <5'^
— 322 —
NacliJem diese Sobstans «nagelricben wsr, fühlte «He Krank«
gtotao ICrleichlerun^, Schlaf und Efsluat kehrten wieder, sie glnnb-
te Bich fast völlig tier^sleiU. ladwiaen Itsfi ein iinangeaehmeii Ge-
fShl, welches in der Blasengegend inräckgebliefaen, doch noch ttf
dere Fehler dieses Organ svermuthen. So TeratricheM ein (Mar Mona-
le, und plölslich wurde alles wieder tchlniiiner. Winde, StBekcben
Brot, Fleisch, SalalblAHer, Koriol«n und andere Speisen wurden
mit grofsem Sehnrari beim Harnen aus der Blase getrieben, so,
dafs auch nicht der geringste Zweifel über die direkte Coinaiuni-
kaiion des Darmkanals mit der Blase mehr übrig blieb. Ueberdiea
wurde die Kranke sech von einem anderen Ungeinache geplagt.
Fs *scfaifln iltr nämlicfa , als ob eine Kugel in der Mutteracfaeido
hange, welche beim Aufricbien Im BettB mit ersiHanllchem Schmer-
ze hinunter sittke. Da ich den Finger in die Scheide brachte,
fuhlie ich unen xandan elastischen Kftrper von der GrSfse eines
Hühnereies. Es wm- denflich sn unierseheideB , dab er nieht in
der Wand der Scheide , sondern zwischen dieser nnd den Sebau-
knochen sich befinde; also sehlofr ich', die Blase selhdt sei ver-
härtet. Da aber dieser harte KiSrper, nach Angabe der Kranken,
plötsKch entsiaaden war, so urilieilie iob, daTs di« fiihlbai« Gr5£M
der Geschwulst nicht die wirkliche Gröfse der Verhfirtung sei, son-
dern von einer krainpf haften Zusammen siehung der Blase abhänge.
Dieses besiimmte mich, ftufserlich kranipfsiillende »nd erwetehesde
Mittel anzawenden , letzte auch in die Blase eins u spritzen. Das
Einspritzen mnfsle ich aber bald aufgeben, weil «> grofsen Schuien
Ternrsacfaie. Von den änfseren Mitteln und dem Einspritzen in die
Scheide behaupieM <Ke Kranke Linderung zu haben. So ginge»
einige Wochen unter abwechselndem Befinden hin, die Verh&ttnng
wurde kleiner, weicher, die daher entstandene Besehwerde erträg-
lich; das Ausharneu der Speisen hielt aber an.
Da jetzt der heftigste -Heiz gemftfsiget WBr> so flberlegte ich,
oh es rad^idt sei, das Loch in der Blase zu stopfen, und der
Kranken, wo nicht die Gesundheit, doch zum wenigsten ein er-
trägliches Leben zu verschaffen. Zusammeazleheade Mittel schie-
nen mir zu diesem Zwecke am besten zu passen; allein die grofs«
Beisbarkeit der Därme, die Neigung zu Kolik und Durchfall, di«
man bei einer Frau voraussetzen muiste, welche lange vorher ab-
wechselnd mit solchem Ungemaeha geplagt gewesen, liefsen be-
für^ien, defs die Adttringentia, Statt zu helfen, neue Leiden be-
reiten möchten. Das unaufhörliche Aushamen der Speisen, die da-
durch veruTsacblen Schmerzen und Klagen der Kranken, setzten mich
ladefs liher alle Bedenklichkeit biqweg. Ich liefs sweigräoige Pillen
von Alaun machen und alle zwei Stunden eine nehmen. Da ich keine
tbeie Wirkung davon sab, vermehrte ich die Gabe, bis dieKranke
zwei und siebenzig (iran innerhalb eines Tages verzehrte. Ferner
— 323 -
Ii«la ich di« KruiLc sich von allem GctrSnke nnd ftüniger Nah-
mng M viel mftjBflich enihalien; denn ich daehtfl, Fleisch iinif Brut,
ohne Qeiränk« bilde in d«m Magen einen festeren Nahningsbrci
and könne also nicht so leicht daroh eio kleines Loch in die Bla-
■« dringen, als wenn es mit vieler Flüssigkeit Termiicht sei,
Oie Wirknng dieser Behandlung wa^ gar wunderbar. Nach
drei Tagen war der Urin klar, oder hatte höchslens einen nnbe-
dealenden weilslichen Bodensaii; es kamen keine Winde mehr buh
der Blase, aacb wnrdea keine Speisen aiehr ausgehanet. Die
Kranke, welche schon alle HotFnnng aufgegeben, bekam neuen
Math, ja ihre Kräfte fingen an, sichtÜch la rermehren, ao dafs aia
sdbst ein wenig anfiitsen nnd mit ihren Freunden plaudern konnte.
Diese Besserung war aber von kurzer Daner. \acfa zehn Tagen
werde ich eilig au ihr gemfen nad finde sie in dem traurigsten
ZsBiande. Sie. harni wieder Stücke der genossenen Speisen, grö-
fser als je vorhin ; die Schmerzen sind ganz unertEfiglich. Ich ver-
mehre die Adttringentia, ich wende selbst zusammenziehende El-
senttiiltel an ; alles vergebens : das Loch in der Blase scheint jetzt
•o grofs KU sein, dafs kein AAfriMgeiu es mehr verstopfen kann.
Der Pa)s wird sehr schnell, ganslicher Mangel an Efslust, bestftn-
dige Schlaflosigkeit and die grausamsten Schmerzen bringen die-
sen aoagemergelteo KBrper bald dem Tode nahe. Es erfolgen Ohn-
mächten, und endlich am achten Mai 1809 macht der Tod alleia
Elende ein Ende.
Aerzle, die viel mit Kranken umgegangen , nicht blofs den
kSrperiichen, sondern anch den geistigen Menschen beobachtet ha-
ben, werden mit mir einig sein, dafs es Menschen genng gibt, die,
nach ihren Beden zo nrtheilen, den Tod wünschen, nach ihm sich
sehnen, aber in ihrem innersten Herzen weil entfernt sind, gern
sterben zu wollen, und dafs derer wenige, sehr wenige gefanden
werden, die wirklich auf das Leben verzichren und den Tod alt
ihren Wohllhater , als ihren Freuitd erwarten. Von der letzten,
seltneren Art war unsere Leiderinn. Acht Tage vor ihrem Abster-
ben fiel sie in eine tiefe, lang anhaltende Ohnmacht; xwei Freun-
dinnen brachten sie durch Wasch- nnd Riecbmittel wieder zn sieb.
Kanm war sie zu Besinnnng gekommen, so weinte sie bitterlich,
dafs die Ohnmacht noch nicht der Tod selbst gewesen sei. Das
war also eine von denen, die (wie es beim Iliob hetfst) den Torf
auchen nnd ihn nicht finden , und grüben Ihn wol aus dem Vor-
bargen en.
Am nKchsten Tage nach dem Abslerben Sffnete ich den Leich-
nam nnd fand Folgendes. Die Leber war angew5hnlicb grofs, aber
übrigens ganz gesund. Der Magen klein, enge, fast ganz in der
Buken Unterrippengegend liegend. Das Xelz klein, sehr kurz und
ohne Fett. Die Dünne ganz leer, so, dafs sie eher Stricken als
— 324 —
Dfirm«n ähnlich Bähen. lodAin ich, v«n dem Magen an, den Dam-
kanal dtirvh meine Finger wollte gleilen lassen, wurde ich gewahr,
dtifs der untere Theil des Zwalffingenjarmea hat an den Räek-
gratk gewachsen wsr, der untere Theil des Leeidamies aber an
den «rwnd der Harnblase. LeWte Verwaehaung war gar aend««^
bar anzusehen. Am Grande der Blase nKmlicfa, übe it^ einen
Knoten von der Grüfse eines Hübnereies, weleber an den Gnisda
angewachsen war, oder vielmehr mit ihm eine Mftsae aussamachan
schien. Diese Znaammenwai^sung nenne lob einen Knoten, weil
sie mit diesem die grSfsie Aebniiehkeit hatta. Die ganze Maas«
war rund, weich und g)aii, und an beiden Seilten sah »an awei
Därme herausgehen, so, dtifs es offenbar war, dieser Knoten sei
aus zwei Windungen der düonea DHrme, welche durch vieles Zell-
gewebe mit dem BUsengrunde verwachsen, gebildet.
Da ich weiter nichts Merkwürdige« in diesem Leichname fand,
so schnitt Ich die vier Enden DSrme, da, wo sie ans dem Knoten
gingen, ab, and nahm die Geachlechlatheile mit der Blase herana.
Na^dem ich nun besagte Organe in ihre nalurliche Lage Bnfdem
Tische gelegt, öffaeie ich nterat d{« Blase. Sie war klein, ihre
W&nde dick, fast wie bei denen, welche am Steine gelitten, übri'
gens keine VerhHrlong zq enldeoken. Die innere Haut war roth-
lieh, glatt, gfgen den Grand der Blase zu etwas ranslig. Im Gran-
de der Blase sähe ich zwei L&cher. Das kleinste, welches links
lag, war rund, die Ränder weifslich und etwas angeschwollen; da
ich die Sonde bineinbraohle , befand ich mich gleich in dem init
dam Blasengrnnde verwachsenen Theile des L««rdarmes. Das xwei-
(e Loch, ebenfalls mnd, lag reebis, von dem ersten ungrführ ei-
Kea halben Zoll entfernt, ea war so weit, «Ufa man gemftcfalieh
den Kiel einer Sohwanenfeder' hätte darcbbringen kKnnen. Da ich
die Sonde bineiosieckl«, befand ich mich wieder in dem nfimlicben
Tbeile des Leerdarniea, in welchen aitch das erste gaffte. \iin
j)ffitet« ich diesen Theil des Le^rdarraes; er war so verengt, dafa
ieh, ohne i»a Wänden Gewalt anzuthup, höchstens meinen klei-
nen Pilger bioeinbiringea konnte, Di« Wand dieses Darmes war
mit der Wand des Blasengnindea so eng«' verwacbsett, dafs beide
pur eine Haut ausmachten, in der man zwei Löcher sah. Oia
Uänder der Locher waren, hesosders nach der Dariuseite mi, so
glatt und rund , aU ob sie mit eioeni Messer oder einer Scher«
gemacht wSren.
Dia zweite Windung des Darmes, welche nnter der ersten in
paralleler Richtung lief, und wabtscheialicb ein» Windung des obe-
ren Tlteiles das lleums uar (wahrscheinlich sage ich, denn di«
Grenzen bmder Dürute waren in diesem Leichname nicht gut xa
boatiramen) war nicht so genau mit der Blase verwaobsen; man
sah zwischen beiden deutlich etwas Zellgewebe. Di« beid«a Dana-
— at5 —
ibsile waren ^rch v!«le> Zellgewebe veiWa^M uai Mmkleidet,
wodurch, Mie gevigli dae GaiMe einem Kooten ihnlich wnrde. In
dem aweiien Uanatheile« welcher bei weitem nicht aa enge wer
»U der erue , bcMerkte ich doicbmia nichtt Normwidrige!. U«bri<
gen* fwid ich alle Eiageweide gesund, aad atifaer einem kleinen
uabedeaieDden Poly^eo in de» Matiernande, nichla Krankhaftes.
Zun ScbliiHe bemerke ich noch, dala, irUa der Verwaehanng
and bedeuieoden örlliefaen Verengevnng des Darmkanal«, aus wi-
chen (fü>gMobeii von der Durebl&cherung d«- Blase) begreiflich man-
cherlei körperliobe Leiden enUlefatn rnufsten , ich noch nie eine
Frau gekaont habe, welche eine »o frohe and ^eichmUlsige Ge-
nnthssiimmung gehabt hatte. Dies gibt den Reweis, dufs Rpgel-
widrigkeiten der Bancbeiuge weide nicht notbwendig auf den Geist
feindlich einwirken: data als« wuhrsokeinlich daa feindliche Ein-
wirken , in Fällen , wo wi> ea doch unwiderspreehKeh gewahrm,
dnrcfa etwas bedingt sein müsse, welches wfr «cht kennen, voa
dem wir vielleicht keine Ahnung haben.
Mittel auf dit Gebärmutter.
Wir wollen xaerat von diesem Organe, in su fern es sich im
un befruchteten Zustande beiindei, reden.
Eine jauchige Vereitlung desselben habe ich selten erlebt, in
den seltenen Fällen war die Verjanehnrtg am Miitlerniunrfe nnd der
Anggang iSdilich. Eine VerhSrtuitg des Körpers der Gebärmutter
habe ich mit Beitimmlheit nur Eininahl selbst beobachtet und be-
handelt. Die Frau hatte seit ein paar Jahren ihr Monatliches nicht,
klagte aber Scbmerxen des Bauches; in der Tiefe desselben fühlte
ich bestimmt einen harten Körper, von der Gri3fse eines Kinder»
kopfea, jedoch ohne umschriebene Grenzen. Uebrigens hatte sie
schon Wasser im Bauche und die Füfse waren bis über den Knö-
cheln geschwollen. Die Sabina hat mir in diesem FaOe wirklich
recht gute Dienme geleistet.. 8ie brachte suersl die gestörte Harn-
eutleernng in Ordn mg. Da der Bauch nun ganz leer von Wasser
war und die FrHii sehr ningere Bauchmuskeln halle, konnte ich
mich durch Ars Gefühl ganx deutlich von der Verhärtung der Mut-
ier überzeugen; natürlich in der Voraussatzong, dafs kein fremd-
artigsa Aftergobiide den Ort, wo die ausgedehnte Gebärmutter lie-
gen mnfste, einnahm. Die Bauch nehm erzen sind bei dem Gebran-
che der Sahina nach und nach, jedoch langsam, vergangen, und
die Verhärtung ist auch nach und nach st^vertnindert , dafs ich
auletxt jnit meinen Fingern nichts mehr davon enldt^eken konnte.
Trotx dieser gilnsiigen Verfinderung glaube ich aber nicht, dafs
das Organ gunx zum Normalstande zurückgebracht ist. Da die
Flau der Schmerzen ohne, und vor der ^Vassersucht nicht weiter
_ SM —
bange war, gebrtfnohle sie die Sebina inofat mehr regelmftMg.
Oie Gescbäfl« ihres Maones waren offenbar im Zurückgeben, und
unter solchen Cinstäiiden scheuen die geringen Bürger die Apo-
theke. Drei Jahre habe ioh sie. noch nachher von Zeit zu Zeit
gelegeallich gesehen; sie hat eine erträgliche Gesundheit behalten,
ihr MonatlicheB ist aber nicht wiedergekommen. Da die Haushal-
tung von hier nach dem Holläadiicfaen vn-sogen ist, 'Werde ich
die Frau wol nicht wiedersehen, glaube aber, dafs auf die Dauer
doch nicht viel Gute* aus ihrer GebUrmnller spriefsen wird.*)
Eine grofse verhärieie Mutter, welche ich einst gesehen, wog
reichlich achtzehn Pfund BUrgerge wicht. Das Madchen, ans des-
Ncn Bauche sie geschnitlev war, habe ich-nichl gelcannt, aber Fol-
gendes über ihren Zustand erfragt. Sie hat sich mit einem jun-
gen Menschen begattet, wird nach und nach dioker und immer dik-
ker, zugleich aber kränklich, hernach bettlägerig, endlich stirbt sie.
Der Pastor, der sie für schwanger hält, (sie hatte sich seihst d«-
fur gehalten^ läfst den Wundarzt holen, um das Kind ans der tod-
ten Frau durch den Schnitt zu Tage zu f&rdern, damit es, im Falle
es noch lebte, könne getauft werden. Wie der Wundarzt deo
*) Seit ich Obipa f«tebrieben , babe ieb den iwf iinn Fall einer pviflicb ver-
birlelen tiebÜramlter in bebandeU gebabl, aber mil der Sabioa eben (• we-
niS anigerielitet als mit andern Hitlela, iseb die Kaut ueiiei Slleilen and
errabrcpfteo wandirtztichen Frenndea •eheilerle hier. Da Bocb keine Verel-
lerDDg oder Vcrjiucbnng in dem Organ war, lo batte die Kraske blofi eoa-
arnsuEtls Nerv enacbme neu in den unteren Exlrenilliten , welcbe Schmerren
are Gicht nannle. Tficbden die VerbSrlung mebre Jabre acheinbar in dem
aüaitlchen Wesen ^eblteben , atarb die Frau im JoMat 183B an einer kaam 30
Slnnden aahalteaden Kolik. Da iob Abenda 7 Ubr binkani , fand Ich ai« mil
knblam Geliebte nad käbleo Extremitätau , der Pulaschlas kann 60 naht is
einer Hioote. Dar Bauch war nicbt empBndlicb für die Berühmn; , er ver-
trug EinreibgnKeu gut, lie leiatelen aber nicht*. D«r Scbmera war angebeuer
helti^; die minnloalanpn Tftebläiie waren nicht ein AnHifiren dei Schmer-
lei, londern blolk ein NacbUaien aeiner BefliBkeit. leb bin ein»t aU iweiter
Arat zn einer aa BmieritiM leideaden Fraa dea Tag vor ibrem Tnd« gerafca
worden (die LeicbenSiTnnng hat nünlich die Diagnoie rollkommen baatällcel);
allein dleae Scene war mit der eriHhllen licbl lu vergleioben. — Ob ein Za-
simmeabaag, nnd welcher, zwiacben der verbürtetcn Gebünnntter nnd dem
baldigen , nnglanblicb tebmerzbaltcn Absterben war , wsir« ich nicbt. Naagie-
rig war ick wnl , da« Rltkaal durch die LeiehenGB'nung gelCaet in geben , di«
Freunde der kindarloien Witwe würden anob ohne Zweirel die OeffnuDg la-
geatnnden haben; allein, die Wnbnnng der Veratorbenen war iwei Meilen
von hier entferat , der Weg dahin acUecbt, enndig, zum.Tbeil durch eine
holperige Heide In n read : da* alnd UmilKnde , die den praktischen Ant eben
nicbt einladen , in der heirseaten labreHcil aeine Neugierde bei einer Todlea
ZB bnFriedfgen, wenn Lebendige leine, Zeit in Anaprnob ■«bman.
In Jahrn 1840 aollte ich einer Fraa helfen deren verbarlela Gebamatter
>a grori war, wi« eine im neunten Honat acbwangere. Ich koanta aber
weder die GebKrmutlar aar Norm lurückrührcn , noch der Falgewatierancbt
steaern. Die Frau starb nach aniiglichen Leidnn,
„,,,_„,,,, Google
— 327 —
Bmeb Mnet, «tSlsf er, StafI auf <l«fl sebwMigenn Uiernm, siif ei-
DBB v«rhftrlelen, acliDeidet ibo in der GtticbwiiMligkait baraus aoi
■iniat ihn mit mcb Haaae , ym nrir tlieae Seltenbait lu zeigen.
\«D, viel aeltsamea war eben nieht ^aran aa aehen. Seine Snb-
RttM war eine xlemliefa leirble, acbwBnmig[e Maaae, die Aehnlicb-
keit mit KnbeMer baue. Beim Durchach neiden ward ich swei klei-
•« Häyen, eine ungefähr in der Mitte der Maaie, die ander* inr
Seite, gewahr, die eine Unae Flüaaigkeil jede enthahea mochten,
welche wie titer aussah, alwr weder den Gemcfa de« Ciiera, nach
auch einen fauligen Gernch hatte. Durch die weiüie Maise sah
ich zwei rolbe, Blrohhaimdtoke , dem Anacheine meh DDgeaweigte
Blatgeßfite laufen. Da faei dem sdineHen und rauhen Auuciinei-
den, welches bei dieaem Gebär mullerdiebaia hl SiaH gefunden, die
Anhängsel de« Organs iheils verlet«, iheil« in dem Leichnattie sa-
rnckgeblifben waren , so kann ich über die Eierstocke nichts an*
gen ; was von den Mutlertraii^Mea übrig war^ beknndete wel, dafa
■le geannd gewesen.
Von dea Leiden der nicht cchwangeren Gekirmutter sind die
fehlende MenairoMian, die achmerahafie nnd die besebwerliche ge>
nde die, warum man uns Aente am nMiaten flberlKuft ; dann folgt
die zu starke nnd die an oft wiederkehrende, leb kenn mich nn-
mSglicb über alle diese Dinge hier auslassen, da iefa wol Erfah-
rung, aber keine eigen thümliche darüber habe, überdies kein Lebr-
bach der apesiellen Therapie schreibe. Eins wiU ich aber meinen
jängerea Lesern ans Hers legen : sie müssen nie vergessen , dnfs
die GebSmiutter luit andern Oi^anen, besonders mit den Bauch-
erganen in genauem Consent stehet, nnd dals Blniflüsse, heftige
Bioiflusse der .Mutter, Dicht selten blofs Too einem Urleiden der
Leber, der Milz, oder der Nieren abbangen. Mit einer Abkochung
des Franend ist el Samens kann man heftige, den zusammenziehenden
Mitteln trotzende Blotflüase stillen, sobald aie in einer Affektion
der Leber, oder Milz begründet sind ; und noch int vorigen Jahre
habe ich mit der Cochenille einen von einer Nierenaffektton ab-
hängenden Miittprblutflufs gestillet, gegen welchen unisaost der Li-
quor Slyptiru* L. venunht war.
Das Ausbleiben der Menstruation ist ebenfalls zuweiten in ei-
nem Urleiden eines anderen Bauchorganes begründet^ darum ist ei-
ne Zeit, wo gastriücbe Krankheiten herrschen, fiir geehelichte Wei-
ber eine üble Zeil. Werden diese von solchen atmosphärischen
Ursachen feindlich berührt, so bleibt mweiten das Monatliche aus.
Sie fühlen widrige Bewegungen in den Prfikordien ; was ist natür-
licher, als dafi sie schwanger sind? Weit entfernt, ärztliche Hülfe
zn suchen, schleppen sie sich halb krank halb gesund herum. Nnii
ßngt der Bauch an, nach und nach dick zu werden; ist das nicht
die bette Bestätigung der Scbwangersciiaft I Aber vergebens war-
— ft» —
IM man im funfiMi MmmM auf LebMutebenB^Mi der FradM; 41«
varhäll sieb gut« rnbig. Nun, eine Frau kann «Ich wo) am Ma viar*
xebo Tage vMmibDea ; wir rnüasen norji ein paar Wuchm warlM.
80 wartet man, bu in den Mobateo iVI»Bal; jeut, da da« eigenaio-
nigs Kind immer noch «ohlüfl^ wird endli^ zum Ante geschidu.
Wa« finden wif nun 1 Ein gnntige«, gelbes, oder erdfarbenei G*-
•iaht, aDbleiebende« Fieber, sohiuenfaafte f rBkordien uad den Baueh
voJl Wauer. Nun können wir uns an die Arbeit geben und die
wanergeacbwäagerlt Frau beileo ; eine erbauliche Arbeit I lefa habe
Doeh nie gastfisofae CoasUiation erlebt, wo ich nicht sitlofae Miü»-
gritte der Weib*r mehr als Einmahl geaebea bSlte,
Ueberhaupt hemcht bei den Weibera Ober da« AnsbJeibendea
Monaüicbea ein gar veritebrter Begriff, den leider nicht wenig
Aente mit ihnen tbeilen. Bleibt «itter Fran «dn eiawn Mädcbea
daa Monatliche au« und aie wird kränklieb, «9 hei&t e* gleich,
diese Kränklichkeit komme ron dem Ausbleiben des Monatlichen,
da doch gewifs, nnter sechs FsIIen des ausbleihenden Menatlichea,
in fSnf Fallen gerade das Gegentbeil Stau findet. Die Körper sind
krank, darum bleibet die Menstruation an«. Man mache die Kör-
per geaaad, so kehrt die Meastmation wieder. Will man ^e 8ar
che umkehren und da« Moa^iche treiben, so macht man die Wei-
her kränker als sie vor dem Araeneieo geweeen sind, ja treibt sie
nicht selten uif der Tielbeiretenen Ueerstrafse der Schwindsucht
■uui Grabe. Ich begreife nicht, was man von jeher in der Medi-
ain mit dem Treiben gewollt hat. Da sind Bteintreibende , uri»-
treibende, monatsselltreibende Mittel. Ich sehe aber, dafa die na-
türlioheq Ab- und Aussonderongen von selbst wieder regelmässig
werden, sobald man entweder den erkrankten Gesammtorganiaauis
oder einzelne erkrankte Organe gesund gemacht bat; wozu soll
al«o da« Treiben dienen?
Das Monatliche, dem aoiweder Scfatneneo vorhergehen, oder
dns mit Schmerlen b^leilet ist, weltdie Krankhaftigkeit bekannt-
lich den Weibern sehr lästig zu sein pflegt, kann in manchen Fäl-
le« in dem erkrankten Gesammtorganismiis begründet sein, und ist
es wirklich nar zu oft bei jungen erstbliiiigen Mädchen, ho dano
durch die Univenalia laufs geholfen werden, wovon icli, der Ord-
nung wegen, an einem «ohioklicheren Orte reden muls.
In gar vielen Fällen ist aber dieses Ungemach, welches nicht
blols schmerzlich ist, sondern durch welches die Blutaussönderuog
mehr oder minder kann geslöret werden , eine eigene Krankheil
der Gebürmutter, . die wahrlich nicht immer gemächlich zu he-
ben ist. Wie oft habe ich nicht Mohnsaft und andere schmers-
«tilleode Mittel ganz vergebens- ron den Aerzten reichen «eben,
«nd wie oft habe ich nicht in jüngeren Jahren selbst dergleichen
vergebens gereicht. Ca werden ungeAbr zwanzig Jahre sein, da
— w» —
bmi ich mwtt, iak mm giejdiilwiHgc Mh^ai^ von Krlhenav-
gM- anj Biebefgciliinkinr das bexw Heilniuel der bMagien Mut-
icduaaklMU ■«. Dibm MUchung Bltllet die SchnarMU baM ; wenn
■M sie ein paar Tag« vr dem MonatlkbMi , fflaf bis archsmabi
ui dieifaig Trapfea iMftich nehmca llf«, oad fkhn daaiit fon, m
böge das MpMiliebe fliclät, so kana man, w«mi nuui jeden Mo-
Hat dieM Vonchrift gebrauebt, auf die Dauer das Uebel ganz be-
ben. Ob aun in dieaer ZntaiaBKnsei^ng eine besonder« Heini^
licblieit stecke, Icnnn ich nicht mit Besiimmtheit sagen; ich habe
mich einftltig an selbige gebnllen, seh ich sie heilsam befunden.
DaiW Biebergeil allein ««lebet MuHerübel nicht hebe, weift ich
recht gui; ob aber die KribenaogeB allein es heben werden, habe
ich noch nieht vwsacht. Das mfifaie ich aber mehrmafals und bei
verschiedenen Kdrpem Tersueht haben, wenn ieb bestimmt behanp-
IsQ w«Uie , in jener Miaehnog «teeke «ine besondere Heimliob-
keit.
UebrigPDs h^M ieb mich bei dieser Misebang nie des Sibiri-
seheo Biebergeila bedient (es ist nir viel au theoer}, sondern ei-
«M guten Canadiscfaeo. Mit Biebe^eil allein habe ich wirklieb
noch nie einen Mensohea geheilt; es ist aber eine gnte Belhülfe,
welche bei naneben Baoobübel aegenblickliche Erleichterang rer-
scfaafft; darum beballe leb es auch bei, iadefs ich den grSfstea
Tbetl anderer segenaanlen krampfstiilendea Mittel sch«n lAngsl ha-
be tabren lassen. Es ist eine grobe und aberwiisige Einbildung,
wenn bbo gUnbt, oho« solch Zeug die Meascben nicht heilen la
Eine Tomehme Frau bat mir einst ein Reiepl geseigt, welches
in Wien geschrieben war ; es enthielt, in einem genieinen apoihe-
keriscben HischniaMhe, destillirtes Wasser dw Sibirischen Biebei-
geils. Wenn ich nun gleich bei» Beriecben der Flasche aweifel-
baft wurde, ob das Biebergeil sieb wirklich in der Flasche, oder
noch in Sibirien befinde, so gefiel mir doch der Gedanke, und ich
liefs von geiem nichtaib irischem Biebergeil ein geistiges Wasser
deslilliren. Dieses, in welchem das Verbülinifs des Castoreum snni
geistigen Waocr gerade das nilmliche ist, wie in der offixinpllrn
Tiokinr inni Weiageiale, hat einen so starken Gemeh, dah eine
Drachme, acht Unzen . Flüssigkeit nicht einbildisch, sondern wirk-
lich dnrcfasiinkt.
Sollie es nicht möglich sein, durch ein inländisches Mittel das
Biebergeil m ersetzen , damit wir doch , wenn unsere Weiber die
Hutterplage bekamen, nicht mehr nfitbig bätlea, ans Amerika oder
«BS Sibirien Hülfe zu holen I Die hotifigen Wunen, welche die
Pferde an der inneren Seite der FSrne hnben, sind in der alten.
Welt gebrancht worden. Oitoald Cro/htu bat in seiner Ba$Üica
dymica eine Timet. verntcarum eqHorvm. Diese Substanz bat
— S30 —
wirklich einen eigenen, atintenden, durchdringendeir Geruch; icn
soitifl wol denken, dafs sie d»a Caatoreniii eraetsen kSnme. Vor
geraumer Zeil habe ich eimmahl eine Tinktnr davon hereiten las-
sen. Diese getiel mir aber nicht; der Weingeist waltete zuviel
TOr und verdankelle zu »ehr den feinen Gerwch iler Prerdewarxen.
Ich glaube, dafr geisligea VA'agser den feinen durchdringenden timnd-
sioif hesser, zum wenigsten dem Gerncbe erkennbarer ansziehen
wird sIm, Weingeist. Versiiche habe ich aber bis jein noch nicht
darüber gemacht.
Die befruchtete Mntfer macht bekanntlich manchen Weibern
, viel Sil schaffen ; ich habe indefn wenig KMh anf all das Ungemach,
welches sie verursacht, finden kSnnen; jedoch ist die »nvertilgbare
Neigung znr Säure, womit einige Weiber lu kflntpfen haben, zu-
weilen von der Art, dafs man ihnen wol helfen nMifs so gut man
kann. Bei denen, welche in der zweiten *Hxlfie der Schwanger-
schaft, öder dnrcfa die ganze Zeit der Schwangerschaft stark daran
gelitten, rersehwindel oft das Lästige des brennenden, nagenden
Geflihls im Magen, des Anfstofaeiu und anderes Ungemach gleich
«scfa der Niederknnft. Weil sie aber den gansen Darmkanal noch
roll Silnre haben, so leiden die nengebomen Kinder viel dadurch,
bekommen Durchfall von grSnem Kothe, Bauchschmerzen und ande-
res Elend. Statt nun an den armen kleinen Würmern zu flicken
ntid ihoen gleich beim Eintriue in dieses Jaminerthal die Apotheke
in den Leib zu schicken, ihnt man -wirklich besser, die Mniter
reichlich \atron nehmen ni lassen, damit in der kürzesten Zeit
alles saure Zeug in den Dünnen neuiralisirt werde nnd die Milch
alle feindliche Einwirkung anf die Kindsdärme verliere.
Ueherhanpt kann man jüngeren Aeraten nicht genug empfehlen,
bei allen Bauchleiden und den davon abhängenden Krumpfen saugen-
der Kinder auf die Mutter zu achten. In den Därmen der Mutler,
in der Milch der Mutter sitzt nnr zu oft die materielle l'raache sol-
cher Kindernoih, und wenn man den Kleinen, nach VerhHiinifs ih-
res Allers und ihrer Zufälle, entweder blofa etwas mildes Oel, oder
Tragant hanflösung reicht (letzte ist der Sänrung nicht unierworfen),
läfsl die Mutter in gejheilien Gaben eine halbe Unze Natron iftg-
lich nehmen und eine, sSarewidrige Diät beobachten, so kommt
man mit dieser einfachen Behandlunf^ in ^in paar Tagen weiter
als mit allen zusammengesetzten syropigen Kinderarzeneien.
Ein übler Gehrauch mancher Aerzte ist es, dafs sie säugenden
Weibern Bilteraalzerde reichen, wenn die Säuglinge Durchfall mit
Bauchschmerzen und grünem Koth haben. DiCanuen Kleinen la-
xiren noch mehr nach dieser Arzenei und schwächliche können sol-
che feindliche Einwirkung auf ihre feinen Därmchen nicht vertra-
gen. Ein Glück ist es, dafs die Aerzte ihre unweisen Anschläge
auch nnweise ausführen, sie geben nämlich die Bilttirsalzerde in
— 331 — .
so geringer Giibe, dafs ai« sur TilgsDg «Im Stare in der tSugeii-
^n Fraaeo DäriDS nicht xum zefanien Theile hinreicht; auf die
Weite wird «war die Säure nur sum kleinsten Theile getilgt, aber
aa«b wenig laxiresdes 8aU gebildet. Was ich aber hier von der
Magnesia sage, ist onr auf zarte Säuglinge m beliehen; ältere
können schon einen Stols rertregen, niewol es auch bei Ruhren,
Darcbtällen nnd Koliken älterer weit klnger sein raechie, den sftu-
genden Weibern Natron oder Ammonium, als Bittersalxerde za ge-
ben, indem erste beide mit der Darmsfiure keine Laxirsalse bilden.
Ich habe oben gesagt, dafs bei herrschenden Baochleiden ge-
ebelicbie Weiber sich suweilen tänachen, und Ba uch krank he it för
. Schwangerschaft hallen. Solche Ternachläfsigte Bauchleiden sind
hintennach lästig für den Arxi xu heben; aber übrigens, wenn man
ihn nicht befragt hat, komiat die Täuschung nicht anf seine Rechnung.
Ganx anders verhält es sich, wenn wirklich schwangere Weiber,
oder solche, welche zweiflea, von der gastrischen epidemischen Coo-
stilulion berührt werden und den Aral um Hath fragen. Ich stelle
hier nicht den Fall, dafs sie vom wirklichen Gallenfieber aufs Kran-
kenlager geworfen werden , sondern ich spreche von jener epide- .
mischen Berührung, bei der daa Gesund bei tsgefnhl der Berührten
mit gewisser Beschränkung beslehel. Wie ist ein solcher Zustand
bei Schwangeren zu erkennen? -~ Ich weifs es wahrhaftig nichi;
und doch wird man um Hath gefragt, suweilen in Fällen, wo di«
Fraaen bestimmt wissen, dafs sie schwanger sind, suweilen in Fal-
len, wo sie noch aweifeln.
Alle Zeichen, wodurch man die Affeklioa eines Bnucborgans
erkennen kSnnte, finden sich auch nicht seilen bei Schwangeren;
wie wäre es also möglich, mit Sicherheit an entscheiden! Z. B. der
Schmerx in der Leber, der hei herrschenden Leberkrankheiten aa-
weilen ganz gemein, zirweilen seltener ist, findet sich auch etliche
Mahl bei Schwangeren, denn zwischen der Multer und der Leber
ist ein genauer Consens, dafs ich schon bei tödilicher Verlelanng
der Matter gans weifsen Darmkoth wie bei Gelbsüchiigen habe ab-
gehen sehen. Der Magen, der bei verschiedenen Affektionen drr
Bauchorgane consensuell ergriffen, nicht selten die Speisen, bald
nachdem sie genossen, wieder auswirft, thn( dasselbe auch bei man-
chen Schwangeren. Anfatofsen, Mangel. der Efslust, selbst etwas
belegte Zunge findet man sowol bei Schwangeren als bei gastrisch
Berührten. Wie sollen wir un^ nun, zum Helfen anfgefodert, ver-
balten! Dürfen wir, einem dunklen praktischen Gefühle vertrauend,
mieb der Wahrheit raihen« Ich sollt« denken, wir ihäten bosser,
uns alles Ralhens zu enthalten, denn was wir nicht mit unserm
Verstände erkennen können , das werden wir doch durch blindes
Rathen noch minder ueffen. So wenig es mir möglich Ist, aus
dem AnMicke einer Qacttchnng oder Blutunteilanfoiig »u besilm-
„ 33« — .
meo, ob lelbig» durcb Blo&eD, Fallen, oder SeUagM gflurMcbl
■ei, 80 wenig wertfe idi auch sage» können, ob die Afi'ekiion der
Uauchorgiioe von der Befnichtuag , oder von Bliiioaitbtlriscben Ur-
Mcbeo sltbange. Km iat nahrlich achwer geaug, aus den vorban-
denea Zofiillea die verborgeoe Uralfeklioo ein« Orgeo« zu ergrü-
beln; wie sollte es deon möglicb aein, aua di««eo Zufällen auch
das verborgene Ursachende solcher donklen Urganaflekiion xu er*
kennen j Wenn wir also nicht luit gelehrten und ernatbafien Ge-
siebtem paar oder unpaar spielen wollen, so tbun wir wol am be-
sten , denen , die ans um Kath fragen > die Wahrheit sn sagen.
Wir können hei Uebung unserer Kunst allenibalben wahr sein,
wo wir filauben, von den Kranken verstanden so werden, voraus-
gesetst, dafs die I'flicbt der Menschlichkeit uns das Wabnein nicht
▼erbietet. Wer da wibat» durcb blindes Halben sich und die Kunst
bei den Leuten in Ansehen zu setsen, der kennt die Menschen
nicht. Die prakiiscbeB Aentte haben (jedoch mit Ausnabirie) sieb
von jeher beniflbet, den Laien die UDVollkoniiuenheit der Kunsl,
sonderlich in KeireH' der Krank hei Iserkenntnir«, zu verbergen ; aber
haben sie bis jelzt wol ihren Zweck erreicht) Ich sollie es nicht
denken. Je kluger, je listiger die Menschen werden , um so we-
niger lassen sie sich täuschen. Der Arzt seut sich in ihren Angen
durch seine Tu usch versnebe weit eher herunter als tfafs er sich be-
ben sollte. Wir leben wirklich nicht mehr in jener Zeit, wo der
NicbisMidirie den, der auf der Hochschule eine gewisse Menge
Wein oder Bier gelniuken, fiir ein Wesen klügerer Art, für ein
mit unbegreiflicher Eingebung belfaeiltes Wesen hielt. Die Ver-
stand esbil düng der MenvcbeD hat mit der Zeit zugenommen und ist
in beeländigeui Vorrücken; war früher die Arailicbe Wellklugbeit
in der Täuschung zu finden, so m5cbie ich den eben nicht einen
Unweisen schelten, der sie heut s*i Tage gerade in der Wahrheit
suchen wollte.
Bei der Unmöglichkeit der Erkenntnifs, ob bei gasiriseber Con-
slitution die Leiden der schwangeren Weiber von Krankbeitsbe-
nlhrang, oder von der Befrncbiung abhangen, müssen wir, meines
Eracluens, Folgendes in Betracht ziehen. Entweder sind die Zd>
^lle von Krankheit, oder von blo&er Schwangerschaft geursachl.
Wird im ersten Falle der Ztiiiand von dem Arsie verkannt und
als blofse Schwangerschaft angesehen, so sind die Folgen dieses
Irrthuuis verderblich flir die Frau-, DieAfTektion des Bauchorgans
nimmt nach und nach zu und macht leicht Mifagebären, sonderlich
wenn das Organ in den ersten Monaten der Schwangerschaft be-
rührt war. Wird aber in den späteren Monaten die Frau von der
gaalriscben Constitution berührt, so schleppt sie sieb gewöhnlich,
halb krank halb gesund, bis zur Niederkunft, bekoniint zur ordent-
lichen Zeit dos Milchfieber und dieses gebet dann in das Baucbfieber
— 333 —
nbar, oder ist vielnehr sehoa dai Baackfieber selbst. Ein solches
Finber, wenn auch iler GeRRtiiiniorganiBiDus sich io dem Indifferenz-
Stande befiadet (dwi besie tlreignifs unter den scfalechien), ist doch
nicht eben gewüehlich sa heben, sonderlich wenn die Frau di« Or-
gBaaffekiiM sehen iwei oder drei Monate jretragen und im Kind-
heile vielBlnt vertoren haL Ja palat der Ant nidit gnt aaf, dad
er das' nrergriffene Organ bald erkenne, oder ist er einer von de-
>e*, die alles, wo nicht mit Feaer and Schwert, doch mit Blul-
e|^l und Quecksilber iwingen wollen, so kann die Fran gar wel
in die Ewigkeit gehen.
N'nn wollen wir den entgegeagesebiteit Fall in EraUgnng sie-
Imb. Gesetzt, die Banchleiden, wor&ber eine Schwangere klagie,
rfihrten nicht von Banohk rankheit her, sondern von blöder Schwan-
gerschaft; dar Arat nflfaroe die Sache aber, bei der Unmftglichkeit
einer sicheren ElrkenDtnifa, fir Baudikrankheit ;' was würde da die
Folge sein J — Was die Folge sein würde, wenn er die vermeint-
liche gastrische Afieklioa mit wiederholtem Brechen und Abführen
firilen wollte, kann ich nicht sagen; ^er das weifs ich wohl,
wenn er auf die Art, die ich im Vorigen angegeben, die nnterw
stellte gasrrisehe Affektiun bekSmpfte, so würde er hSchatens ver-
gebene Mühe haben and cB« Frna würde rergebens Atzenei vei»
ecMueken, aber auf keine Weise feindlich von der Arsenei ange*
griffen, im Gegenlheil noch dadurch etwas erlrichtert werden, nad
früher oder spKter würden sich Arzt and Sehwaagere übeneiigen,
daft die Aneon onnöihig gewesen sei.
Nnn frage ieh jeden verslftndigea Menschen : wenn bei de«
UnnsSglichkeit der Ericcnninifa in dem EJnxelfalle, zn-ei Wege to«
mir liegen, deren einer die Fran m Krankheit, Mifsfnll nad mm
Tode fuhren kann, der andere aber Sicherheit der Gesundheit und
des Lebens rerbiirgf; welchen Weg miiis ich als gewiesenhafier
Ant «nd alu Verstandesmensch eiiwdilBgent
Ob es gleich der erfahrenen Leser wegen ganz überflüssig ist,
das, was ich hier gesagt, durch einen KrankheiiBfaH zn eiUuteren,
so wiH ich doch, weil bai hesrschendan gaslrischea Krankbeitei»
«a sehr viel aa dar Sacha gelegen iat^ neiaen jüi^eren Amtsge-
neasen sa Liebe einee Fall als Erllalernng haiftigen , der, ob ee
g4*>cb an sieh nabedeatend ist, wir doch noch ganz frisch im Ge-
dSshlntaae sebwebt, wmI ich ibs erst vor sechs Wochen erlebt ba-
b«. Ich wurde bb eiaer jangen, gaas kürzlich geheirotbetca Fran
ysmfea, die ieb nie vorher gesehen. Ich fand Ma Junges, zartes,
tseht hübsches, etwas bl^es Fraochen. ^a klagie, dals sie seit
«ehe« Tage« alles Essen lad Trinken aui^echea aiüase, es hScIi-
ateas eine halbe Stande im Magen bctmlten kenna. Uabrigens war
das Ansgebrochene nicht sauer, sondern die uarerinderie Nahrung.
Sie V9t man, gH« voui Stuhle ins Bell nad vom Bette auf dea
— 334 —
Siubl. Ibf PnU war,' ao viel ich ohne ihn je rorher geffibU in
haben ortfaeil«» konnte, regelmSfsi^. Ihre Zange hatte einen gani
schwachen weifaen Anflug. Schmers nnd Spannung in lien PrS-
kordten war nicht vorhanden, der Harn war (räbe, der Schlaf un-
ruhig und nicht erquickend, da« Monatliche, das vor Tieraebn Ta-
gen eintreten inulste, war ausgeblieben. Unter' diesen Umständen
legten die Ebeletile und Aellern mir die Frage vor: ob hier, wo
Schwapgeracbaft doch wol wa brach ein lieb sei, das Erbrechen biofs
von der Schwangert^afi, oder von Krankheit herkomme.
Um diesen Fall richtig zu beuriheiten, mufs ich etwas von der
epidemischen Conititotioo einschallen. Es herrschten im Anfange
des Jahres 1830, in welcher Zeit diese Geicfaicbte spielt, gastrische
Krankheiten, und' swar machte Leberaffektion den Grnndton; Pan-
kreas- und Nierenaffekiion waren blofs Abweichungen von diesem
Grundtone. Die Leberuffekiion , welche im Hetbste des Jahres
182tf unter die Heilgewalt des Schellkrauies getreten war, ging
schon im Anfange Aea Jahres f83u wieder unter die des Krähen-
augenwBssers zurück, unter welchem sie auch im Sommer 1829 ge-
standen ; jedoch mit dem Unterschiede, dafs, wenn jm vorigen Jah-
re dreifsig Tropfen fönfmahl tags Heilung bewirkten , jetzt sehn
oder fünfzehn dasselbe leiaieten, und dreifsig nicht gut thaten.
Das Ert>rechen war auch bei diesen Krankheiten, wie hei den mei-
sten gastrischen, nicht ganz selten. Uefaerhaupt habe ich diesen
Zufall noch nie so bSofig und gewöhnlich gesehen als Seitenste-
chen, Spannung der Prftkordien, oder Bitterkeit des Mundes; aber
bei allen gastrischen Krankheiten, welcheriei Natur sie auch sein
mochten , doch immer einzelne Menschen gefunden , welche alles,
was sie zn sich nahmen, anabrechen mtilsien. So war nun di«
Stellung der herrschenden Krankheit zu der Zeit, da ich der Fran
wegen um Rath gefragt wurde.
Sollte ich nun sagen: junge Frau! fasse deine Seele in Ge-
duld ; du bist schwanger und dein Erbrechen kommt von derSchwan-
gerschafl, es wird schon xn seiner Zeit aufhören! — Möglich wit-
re gewesen, dafs ich richtig geraihen; aber auch eben so luSglich,
dafs mich die Frau vier oder sechs Wochen nachher abermabls zu
sich gerufen, und hetfifigerig und krank mit ganz gerechte Vor-
würfe gemacht, dafs ich ihren Zustand anfiinglich ganz verkehrt
beurlheilt, sie in eine Krankheit habe fallen lassen, der ich habe
vorkommen können. Was wtlre nun fiir eine Entschuldigung vor-
zubringen gewesMi? Ich hStte das *he Lied der Aerzte anstimmen
können: früher, da ich sie zuerai gesehen, sei sie blola schwan-
ger, nicht krank gewesen, die Krankheit sei hintennach hinzuge-
kommen. Nun freilich, man hört jn z. B. bSufig, dafs die Menr
sehen ein Cat arrha Ifie her bekommen, zu dem Catharrhnifipber tritt
ein \erven6eber, zu dem Nervenfieber ein Fanlfieber, zo dem Faul-
- 335 -
Roher d«r Tod — ; daa ist gMn in dar Ordnung. Ich habe aber
töniget Bedenken, ob diegei alle Krxllicbe Leientnokcben, anf wcN
cbes unselige Variationen m machen sind, den Ohreo dtt Knm-
kea aad ihier Frennde h«ut %a Tage noch ao erltaulich und irftsi-
Ueh klinge, als vor fünfzig oder hundert Jahren.
Bei Miaerer jungen Frau habe ich den geraden Weg eingo-
•eblagea, ihr uoid den Angehangen ehrlich gesagt, dak ieb nicht
wiasen könne, eh hier blobe Schwangerschaft, oder krankhafi«
Affeklion «ines Baoehorgaas die Zufälle hervorbringe; ich habe
ibsen alles verstSndlich und begreiflich getagt, was ich eben dem
Leser gesagt, und de dam selbst wählen lassen. Da nun niemand
seine eigen«, oder der Seinigen Gesundheit leichtsinnig auf die
Sefaaiue eelneo «ag, se wird dei Leser leicht begreifen, dafs man
■ieh gebeten, vor allen Dingen den siebersten Weg einiuschlagen.
Ich rersuchie nan snersl, dnrch unmittelbares Einwirken anf
den Magen das Erbrechen in stillen; ntebt well ich glaubte, die-
ses sei ein Urlciden des Magens (ich hielt es vielmehr fOr ein een-
sensnrilea), sondern weil mich die Erfahrung schon längst gelehrt
baue, dafs man auch eonsensuelle Erbrechen diirdi Eigenmin«! auf
den Magen, wo nicht gans heben, doch auf eine Zeit beruhigen
kSnae, nnd dnls sieh, bei solch seitlicher Beruhigung des eonsen-
Buellen, leicht das urergrißene Organ anf die eine oder die andere
Weise, mehr oder minder deutlich offenbaret. In dem gegeawttr-
tigeo Fall«, wo idi «Ine eonzeatrirte Auflösung dm salssanren Kal-
kei zu fünfzehn Tropfen seehstnahl tags mit Wasser vermischt
gab, erreichte ich aber diesen Zweck nicht- Es ist wnhr, das Mit-
lel versagie nicht ganz seine Wirkung, das Erbrechen niinderle,
kan nnr zweimahl tages, die Speisen blieben auch weit Iftnger tm
Magen ; allein am zweiten Tage des Gebrauchs war diese gute
Wirkung minder als am ersten, «m dritten noch minder. Ich liefe
also das Mittel fahren, nnd mich hlof« nach dem Grundtone der
epidemischen Conslituiion richtend, gab ich Jeizi KrübeuAtigenwas-
ser zn fünfzehn Tropfen fünfnahl tags. Am ersten Tage des Ge-
bmachez erschien das Erbreclien nur Einmafal, am zneiien blieb
es ganz ans nnd ist seitdem nicht wieder gekommen. Am dritten
Tage des Gebraoehes wnrde der trübe Harn klar. Nun Konnte ich
richtig über dessen Farbe urtheilen, sie hielt das Mittet zwischen
Strohgelb und Goldgelb. Dieses war zn damahliger Zeit das si-
cherste Zeichen der verborgenen Leheraffektion. (Ich gebe je-
doch zn, dafs selbiges Zeichen zu anderer Zeit bedeutungslos sein
kann; denn die meisten Zeichen haben einen zeitlichen, keinen
beständigen Werih.) Bei dem forrgeseizten Gebrauche des Krflben-
aagenwassers wurde der Harn in den folgenden drei Tagen nach
nnd nach ganz strohgelb, wie der des gesundesten Menschen; Eh-
lust und ruhiger Schlaf kehrten wieder, und ich fand «s üheiflüs-
— 136 —
n\gy di« Fm noch weiur mt -Mbco; ampfahl ihr jettoch, »oeli
xw«i Wochen mit dem Gebran^B 4«r Tropfen fonaHfahran. Naeh
vW WocheR begnchie ich si« ■■■ hlofaer Neogisrde noch EinniaU.
Sie war in dor Zeit vo» Brochea und aodenia UngemBche bti
geblieben ; schwanger war sie aber. Da ich sie, wie oh«a geaaf«,
sie früher gelcanat, so konate ich bei neineiH eiatea Beencbe nicht
über ihr äuberea Ansehen mid ihr Vorkvniinea laiheUea. Ans der
gegenw&nigea Verflnderang ihrer Farbe nnd ihres ganaeBWeMna
•ah ich aber jetai, dafe dai zehniftgige Erbreehen sie daaiahla nebr
müue angegriffen balwn all ich geglaaht. Die blaase jaOge Ffsa
war in eine blühende verwandelt; und das anscheinend bldd* We>
•sn hatte einer gefillligen Freimüihiglteit Platz gemacht.
Nnn, was bedAnkl denn meine Laser von diesem Fallet ^
Sollte das Erbrechen und Ü«woysein der Fran Uejb von dsv
Scbwsngenchaft , oder tob eprdemiBch gastriMcbev Berihrang ge-
koBinten aeial -^ Ich sage ehrlich, dals ich es weder im Anfang«,
noch aui Ende mit Besliiumlheit habe wissen können. Sehr geneigt
bin ich aber, das Uaaae für epidemiach gastrische Berührung sa
nehmen; sam wenigsten w&rde i^h diesen Fall nie einer medisi-
aiscben Zeitscbrifl einnrleiben, mit der UelierBebrift: neues and
unfehlbares Mittel gegen das Erbrechen der Sehwan-
gerea.
Heber das FebIgebKren habe ich mancbaHihl nacfagedaebt» abef
weder durch mein Nnchdenlcen, noch dofch meine Beohacbtung et«
was «onderlieb Kluges bernuibriagev können. Das waifs ich aüt
Besifmnlheit, dafs die kraaldufie AS'aklion anderer Organe, es
mag chronische, oder akute sein, dnreb consensueJIe Kinwiikung
aitf die Mutter Fehlgebartea ssaeben kann, und dals wel die mei-
sten BUS dieser Quelle entspringen. Wenn wir also deniellten vor-
bengen wollen, so köflsao wir es an sieherslen durch üesnndina-
cbea des urerkrankten > airf die Gabärnuttnr feindlich cooaensoell
einwirkenden Dianes. Aber freilich werden wir in den wenigilen
Fallen zu solchem Gesandmachen aufgefodert Ob Vollblütigkeit
Fehlgeb&ren renirsaeben kSune, und ob selbiges Fehtgebären durch
wiederholtes Aderlässen sn kehren aai, weils ieb nicht. Ich habn
dieses Adtarlaasen ob genug anwenden sehen , unA die FeUgehoit
kam doch zu ihrer Zeit. Ob die MuUer aieh an daa Umwerfen
gewähnen könne» weifs ich auch nicht. Zuweilen, habe ich be-
merkt, dafs Weiber mehrmahls auf der nllnilichea Hob* der Schwan^
gerschaft Sehlgebnren. Daraoa sollte man fast vermathen, dnSs^
eben so, wie durch öfteres. Hamen die Harnblase sich rerkleiMS-
ren kann, dals sie bei geringer Menge Harn den Menschen schon
sum Harnen mahnt, auch so die Mutler, auf dem Punkte , wo sie
hei der vorhergehenden Schwnngerschafit verscbüllel , einer weite-
ren Ausdehntiog ohne Unbequemlidikeit nicht ffthig, durch das-
- IW —
WMl»UHim <ler Lribetfrnebt tarn -ZasammBtixiehen nnd Abortiren
^reixt werde. Wenn ich aber sah, dafi Weiber, nachdem sie
dreiaiahl , a^efXhr mr nSmlichea Zeit , fehlgeboren , zam vier-
ten Mahle die Fracht gehörig nnd ohne Beschwerde ansiragen; so
nnfite ieh wol jene EricUmng alt unstatthaft verwerfen, lieber»
hanpt ist der Werth einer Srxtlichen Behandlung fehlgebHrender
Weiher sehr zweifelhaft. So habe ich schon gesehen , dals einer
Fran, die ein paarmahl abortiret, Ton einem geburtsh« 1 enden Ante
wiederholte kleine AderUsse gernthen waren ; aber troia diesen
AderlKssea' abortirte sie xn ihrer Zeit. Bald wnrde sie wieder
s^wanger; wenig geneigt, abemiahU einem nichthelfeoden Rathe
■a folgen, Bberiiefs sie sich der Natnr nnd gebar znr ordentlichen
Zeit ein aosgetragenes Kind. Wenn also bei einer angeralhenen
Bnilichen Behandlung (sei sie, welche sie wolle) solche Weiber,
welche mefarmahls fehlgeboren, ordentlich austragen, so ninfs man
sieh hüten, dieses glfickliche Ereignifs blindlings und gifiubig auf
Keehnnng der Srztlichen Behandlung xq schreiben. Dafs die I^nen
selber dieses tfaon , dafs Ite ihren Rathgeber als den erfahreuslen
Fracht - nnd Kinderhalter allen Bekannten anpreisen , das ist gut
und löblich; aber ISblich ist es ni^t, dafs solch f rftul icher Gl an-
be in nnsere doktoral Ischen Köpfe schleicht
Ich habe schon vor gar langer Zelt, ich weifs aber wahrhaf-
tig nicht tnehr, bei welchem Schriftsteller (mSglivfa bei OtianJer)
gelesen , dafs Mifsf&lle in ilen ersten Monaten die Ursache chro-
nischer, periodischer, heftiger MnlterblulflOsae sein könnten. Eine
halbe LSsang der Nachgeburt findet oft genug bei Fehlgeburten
Statt, weshalb man anch snweilen bei denselben mit heftigen Blut-
stSnen xn kämpfen hat. Ist Fracht nnd Nachgeburt herausgetrie-
ben, so hört bekanntlich die Blutang auf, oder mfifsigt sich eo,
dafs keine Gefahr mehr zu fürchten ist, vorausgesetzt, dafs der
Abortus liicht durch conienanelle Einwiritung eines andern urer-
krankten Organs aaf den Uterus bewirkt aei, in welchem Falle die
Blutung nach ausgetriebener Frnchl und deren Anhang noch stark
genug fortwähren kann. Das vollkommoe Trennen der von der Mat-
ter halbgetrennten Nachgeburt in den ersten Monaten ist auch nicht
iminer gaos gemSehlich su bewerkstelligen. Wir wollen aber von
diesen Üngen bei einer schtcklichern Gelegenheil handeln nnd Jetzt
blofs davon sprechen, dafs von frühen MifsfÜllen etwas snriickblei-
ben kann, welches hernach, als ein Afiergebildc fortlebend, in der
Geb9rmniter die heftigsten Bliitflüsse bewirken kann. Seil ich die-
se Bemerkung zuerst vor vielen Jahren gelesen, habe ich wahr-
scheinlich ein einzigem Mahl Gelegenheit gehabt, mich von der
Richtigkeit derselben augenscheinlich zu überzeugen. Die Frau ei-
nes französischen Wegaufsehers hatte angeblich einen Mifsfall in
den ersten Monaten der Schwangerschaft gehabt und war seitdem
22 ^^■'"
pfriodlsch mit hcfii^n nnil gefsfanbohtoden MuHerUulflusMH ge-
plagt itewMen. Der Zufell wollte ei, dafs ich genid* sa Hülfe
gorufeD wurde, da die Xatnr das Kfiibael dieser BluMiünn löa'te.
Die Fmu haue zu der Zeit eiDea lo h«riigen, allen fiufierea vmi
inneien Mitteln trotzenden Blulaturz, dafs ich wirklieb nw ihr Le-
ben besorgt war. Den Puls konnte ich nicht inrhr fühlen, die Be-
ainnaitg war dahin, und die Exlremiiäten waren ganz kühl. Un-
ter diesen U|Mst&ndeo wurde am der Mutler ein Körper getrieben,
welcher nngeßlhr drittehalb Zoll lang, einen Zoll breit und zwei
Linien dick sein moehie ; er hatte daa Ansehen einer Merabne,
war fest-und \on'Farbe rdthlioh. Die eine FlSche war gaaa glatt,
die andre nur bis znr Hälfte; ich verniuLhe, dais die Suhstanade,
wo sie raub war, mit der Gebfirinatier zzaaaimen§ehangen hatte*
Nachdem dieser Körper aus der Mutter getrieben war, hörte der
Blnuiurx von seihst auf. Die Frau war aber so blutarm gewori-
den, dafa drei Wochen hingingen, ehe sie wieder anf die Strafte
kam.' Ob nun die aasgetriebeae Substanz ein Ueberbleibtel tob
dem zwei Jahre vorher gehabten MifsfaNfa gewesen, mag der Him-
mel wiüsen. Die seit jeuer Zeit mehrmahls wiederkehrenden Blu-
tungen machen e« einigermafg«a wahrscheJolicfa; aber xur Gewifi^
hett fehlet aocb riel. Su lange sich die Frau hier aufgehalte»,
ist sie hernach von Blutflüuen frei geblieben ; da sie aber Galtinn
eines französischen Beamten war, der ein waaderndes Leben führ-
te, so kann ich über ihr ferneres Schicksal nichts barichlen.
In dem Kindbette sind di« Leiden der Gebftrmetter, die man
unter den N'anten der falschen Wehen, Nachwehen und der feh-
lenden Weben hegreift, wol gröfslen Theils eine in der Mutter
sifJi otfeobarende Affektion des Gesammiorgaaismas, and werden
am besten durch die Uni VC rxal mittel geheben, von welcher Sache
wir zu. seiner Zeit ausführlicher reden werden. Es ist aber niebi
zu leugnen, dafs nach der Geburt sich zuweilen ein krankhafter
Zustand der Gabärmnlter einstelle!, den man nicht unter die Kategorie
der Affektioo des Gesamtatorganiimus bringen kann, wenn er gleich
mit einem mehr oder minder lebhaften Fieber beglei,tet ist. Ge-
wöhnlich äufierc sich dieser krankhaft« Zustand beim Eintritte des
Milcfafiebers, zu der Zeit, wenn die Geburtarcinignng etwas stockt.
Die Gebärmutter schmerzt und ist mehr oder minder empfindlich
beim Aufseren mäfslgen Drucke. Nach eingetretener Milch kann
die Geburl sreinignng b&nfiger oder sparsamer, blutig oder unblutig
wiederersebeinen, ohne.dafs dieses die schmei^hafie Mutteraffektioa
höbe.
Ich habe mich in solchen Füllen bei dem alten Muttermittel,
dem Borax, am besten befunden. Er bebt den schmerzhaften Zu-
sund der GebSrmutler und dadurch das consensnelle Fieber weit
besser ala alle sogenaanle «oiziindungswidrige MitteL Es Ififst sich
- 339 —
dMT IsMm- Jener Imakhafte XnMnnd der GebSrmatter nicht Gaga
kein EiBlritle des MÜcbfieben richtig bennbeilen, d^nn beim Er-
■ebeinen diaaee Fiebers lafoen Bfefa obnedieg leicht eine scbmerz-
hftfte Spaonang !n der GebOrmiitter, welche bei geordneier Milch-
«beoadening von seibat verschwindet. Nur wenn diese Absonde-
nag \m Ordaang ist nnd die Schmerzen der Gebarmiuter und das
Fieber bleiben, nur dann kann man. eine Uraffekiion des Cierus
aU wiiUicb vorhanden annehmen, und die KrkenntniJs ist um an
gewjaaer, wenn man aaninglich wegen der Stfirke des Milchfiehera
warMiekten Salpeter gcrticbt hat, mithin das \ichtheilwirken die-
ses asaditigan Universalntillele Bcboa mit in der Schale der Wahr-
ackcialiehkeit Iiegt.<
lefa habe .eben gesagt, dafs iVachweben meist eine in der Mut-
ter verwallende Affektien des Gesaramiorganismus seien. 'Zuwei-
len sind sie aber auch nnwidcrsprcehlich Uraffekfron der Gebar>
■Miter. Ich habe gefnnden, dab in diesem Falle, bei Ihnen eben
B^vortfaeUbaft, als bei der sehm^rKbirften Menntmatlon, eine gleich-
tbailig« Miscbaag von KrihaMsgen- und Biebergeiltinktur gebrancht
wird.
Die ' Verletsnng dar debirmniler bei dem GebnrtggeschBfte ist
von dem binzugemfenen Ante wol einigermafsen zu vermuihen,
aber nickt mit SiebertMÖt zn erkennen, Üafs bei der Gebort durch
ZerrcÜauBg der Malter plötzlicher Tod erfolgen kBnne, ist bekannt,
davon woIImi wir also nicht reden. £• gibt aber mindere Ver-
lelzmgeo der Mutier, die sich nieht gleich nach der Niederkunft,
sondern erst mit Eintritt des Milehfiebera finfsem. Wenn ich sage,
sie iubera sich nicht, so versiehe ich darunter, dafa sie sich nicht
deMlii^ erkennbar ftnfsern; fibrigens bin ich Qbersengt, dafs eine
Maiierraletxang wol gleich ihren Ehiflnls anf den Gesammtoiga-
■naaMS kiriwn wird; aber 5ber den Zustand mandier Kindbelierin-
nen kann imn weder gleich nach der Niedeikunft, noch- selbst am
faxenden Tage riohtig anheilen; denn welche geistige nnd k5r-
perKcbe Einflrisse haben nicht auf sie gewirkt! nnd wie sollte es
mSgltcb »ein, dl« dmch aolche Sufsere Einflösse bewirkte Aufre-
gung des Organisinna von dem Kranksein desselben zu unterschei-
den f Darum ist anoh zuweilen Freude die FQlIe in dem Wochen-
zimmer, indefs der Tod schon nnsicblbar seine sichere Beute er-
fnlit hat. In Betracht dieser UiMieherheit der Erkenntnifs ist et
hdckst ekelhaft für einen Arat , wenn er anfgefodert wird , eine er-
krankte, durch gebnrlsbtilßicheKfinsie entbundene Kindifetterinn zu
heilen, voraasgesetzt, dafii er den Geburlshelf«- nicht als einen ver-
■iSndigen and (was die Hanpisache ist) aufrichtigen Mann kenne.
Mieb bat einst eine gar verstfindige Frau, eine arme, kranke, von
einem Geburtsbelfer entbundene Wöehnerinn zn heilea. Ich ver-
MMbele an« ollen ZsfüUen, dafii hier eine bedeaiende Verletzung
— 340 -
der Gett&rnmtter müsae Stalt gefunden haben, and erklfirte der mm-
Kchenfreundlieben, mich zum Helfen enffodernden Fron, dafs meine
Ktinsl hier scheitern werde. Der Tod erfolgie anefa, ich w«ifB
nicht mehr, ob am anderen, oder am folgenden Tage. Kurse Zeit
darauf biiiet mich ein 'LandmanD, seiner nach der Niederkanft ei^
krankten Frau etwas zu verordnen. Auf meine Frage, wer der
Frau bei der Niederkanft geholfen, nennet er mir den Namen des*
selben Geb)irtshelfers, dessen Kunst oder Cnkunst ichjöagst hatte
kennen gelernt. Ua ich nun wol einige Erfahrenheit in natärlichen
Krankheiten habe, aber in den künstlichen gSnilich unerfahren hio,
■o stellte ich dem Manne vor, dafs -ich nicht in den Bauch seiner
Frau sehen könne ; der Geburtshelfer sei aber mit der Hand darin
gewesen, so müsse denn der viel besser wissen, wie es darin ge-
stellt sei , als ich ; mithin sei es doch wol am klügsten , dafs der
Geburtshelfer, nnd nicht iidi, die Kindbetterina behandle. Dem
Manne kam diese Bade «ehr versiSndig vor nad er ging bin , mei-
nen Raih zn befolgen. Einige Zeit darauf haUe ich in der Nach-
barschaft jener Kiadbeiierina »a thnn', and erkundigte mich ans
Neugierde, wie es ihr doch ergangen; da hörte ich denn, dafs sie
schon am ersten, oder am zweiten Tag«, nacfadaai der Ebemitan
bei mir gewea^o, das Zeitliche gesegnet.
Es ist sehr preislich von den Mediainalhehörden, dafs sie Aen-
I« und Wandärzte, die sich der EatbindungAanst widmen wollen,
einer besonderen und strengen Prüfung unterwerfen; es «Sre aber
noch preislicher, wenn sie ihnen gesunden Ventand nnd gewaa^tn
Hinde anprufen könnten. 80 lange sie das nieht können, will ich
unter übrigens gleichen Umstanden lieber fünf krank« Wöoboerin-
nen aas den HSnden der Wehemütter als eine einzige mu den
Händen eines Gieburtsbelfers zu heilen übernehmen. Daft ehemabh
' ans Mangel künstlicher Hülfe einige Frauen in solchen Geganim,
wo keine Geburtshelfer waren, gestorben sind, ist niebt in Abrede
zu stellen ; ob abar hont zu Tage nicht noch mehr Fronen aa gar
zu reichlicher Spende der Geburltfaülfe sterben, will ich denen sa
benrtbeilen überlazaeo, die vermöge ihrer Stallnng diesei za benr>
ibcilen im. Stande sind.
Es mögen 26 Jahre sein , da erzSblte nur «inea Tage* eine
sehr versiftndige nnd menschenfreundliche Frau: sie komme eben
ans dem Hause einer Kreifseaden, der habe der Gebarisfael£er an-
gekündigt, sie könne nicht ohne den Kaiserschnitt entbunden wer-
den. Die -Frau walle sich su dieser Operation nicht verstehen,
erkläre bestimmt, sie werde ihr Leben nie auf solche Sdianza sei-
zen, sondern es getrost der Hand Gottes anbefehlen. Einige Zeit
darauf hatte ich Geschäfte in dem Schlosse der Berichterstetterinn
nnd mir fiel jene Kreifsende wieder ein. Wie gehet es, tagt« ich^
Ihrer Pücbterinn, bat ihr der Geburtshelfer endlich doch noch den
— »41 -
KaiMncfanitt tmiMH ! — Sie Ut aiantUMft in ihrer Wei^erfmg ge-
blwbea, uMwortMe die manschenfreandliobe Enfifalerinn mit lächeln-
dH-, die KoBtt höhDendea, Miene; der Gebartabelfer hat lie all
■«bellber Verlanen, und am folgenden Tage ist sie ganz ohne UM'
F« niedergekommen. — Waa konnte ich nun in dieser Tersweirel-
tea Geachiehle aagent — Nichta> gar Ncfaca; blofc die Benietkuag
erinuble ioh mir: da die Kreifieade ihr Leben glSahig der Hand
Gotlea anbefohlen, ao habe aich auch hier einmahl wieder der alle
Spimsh bewifaret, es sei besser, in die Hand Gottes zu
fftlleD, alt iD die Hftnde der Mensobea.
Ich bin einst xu einer Kiodbetterfnn unter so wunderlichen
Umständen gerufen, deb icfa Termnthe, den wenigsten meiner Le-
ser wird etwas Aehnliebes begegnet sei«. Der Fran war nftmlieb
Tsa ^oem anilAndischen Geburtshelfer, zur Förderung der Geburt,
der Scbambeinknorpel etliche Tage iorber durcksehnitiett worden.
Sie nuiüite sieh oft erhreohen, batta k7«iaen, sehsellen Pnls, nad
ob es gleich in der heifeesteo Jabresseii war, fnhhen sich doch
Um Hft»de and-Arme kfihi an, auch haUe ihr Geeicht einen Mge-
Ben, fremderiigea Aasdruck, den idi, de i^ sie efi Torber gese-
hen, sehr gm wDrdigen koimte.
Die Meinung der GehurtahrifiBc über die DurebschBeidnng des
Sebambeinkaorpela war mir zwar bekennt, ich hatte aber noch nie
dieeer Operation beigswobnat, oder ihre Folgen beobecbtot. Dem
Gauen, einem gar reniftodigeji und halb stndirtera Menne, sagte
iefc dieeei gerade heraus, nod madite ihm ohne Mübe begreiflich,
dafs «• höchst aMcbicklicfa sein würde, wem ich bei einem ao
wichtigen Falle dem operirenden Meister ins Handwerk greifen
wollte. Es »ei weit beeacr nnd herkömmlieber, dnfs er diesen bä-
te, die Kranke selbst zu sehen nnd das Nötbige zu verordneo ; der
habe ja die Operation mehnuabis gemaefat, werde also am besten
benrtbeilen können, in wiefern die ZufUle, die uns höchst veT-
däehtig vorkämen, als noihwendigc nnd tiobedenidiche Folgen der
Operation tuiznseben seien-
Der Geburuhelfer wurde gleich beschickt und kam in der ktir-
zeeten Zeit. Ich hielt, als ein in dieser Sache Ungeweihier, mein
Unheil zurück und übernahm die blofse Rolle des schneigenden
Zosdiaaeni. Der Geburtshelfer machte nicht viel Aufhebens von
dm mir sehr bedenklich scheinenden Zufällen ; diese Kühnmüthig^
keit bestimmte mich noch mehr, zn schweigen und mein ürtheil zu-
rück zu halten. Merkwürdig war es mir indeCi, dals er, die «ehr
kühlen Hände der Fran fühlend, dieser sagte : sie habe sich erkftl-
tet, sie «olle die Hände unter die Decke stecken. Den Ebemana
dreist bernbigend, reisele er nach Hanse ; am andern Tage war die
Frau toil't.
binige Zeit darauf hM mir jemand eine Zeitschrift gegeben,
„ , Google
_ 3« —
in welcher dieser Fall .mit Heineiii iddilicben Antganfe g«H d»
Wahrheit f^emfifn beachrieben war. Hier hube ieb denn gelesen,
dafs der Tod ganz unerwartet and opangekundigel geksinmen, und
daÜB weder der BerichiarHtaiter, noch ich, den iftdilichtm Ansgang
vecmuihet, Xun , ich ksoo den Mann auch in dieaem Punkte der
Uun'ahrbeit nicht zeihen; ich habe, wie geaagt, aia ein in solch
ha) ab rech enden Hftndeln ganz Unerfahrener geschwiegen, nod wer
schweigt, der sUmnil ein.
Jolzt will ich den Leaern blols, zur Unterhalinng eine solch
wunderliche Geschichte gehnnsbulllichen Inhaltes erK^hlen, der-
gleichen sie Doeh nie werden gebärt haben. Des Jahres, in wel-
chem »ie sich zugetragen, erinnere ich mich zwar nicht ganz be-
slimrat mehr; wenn ich aber die Zeil zwiBcfaen den Jahren 1810
und 1813 als ihren Spielranm angebe, werde ich der Wahrheit
wol niohi m nahe treten. Schriftlich bnbe ich mir nie etwas dar-
über aufgezeichnet. Die geburishelferiscbe Albernheit, die damahl«
ÖtTentlieh und landkundig zu Tage gelegt wurde, ist aber so aus-
gezeichnet grefS) dafs ich die Sache selbst niniaer vergeeaen wer-
de. Es verbreiteie aicb nftniliefa zu der angegebenen Z«it aufEio-
mahl ein Gerücht durch das ganze Land: in der Stadt V** habe
eine Frau in Einer. NiederkaaEt aecbsebn Kinder xar Welt gebraohl.
Anfange achtete ich nicht auf dieaes Gewäsch; da mir aber die
Sache von verschiedenen Meoscfaea uad nitiiaier von verständigMi
ersähiei, beaiimnH der Arzt genannt wurde, der dieses BegriMiiüi
beobachtet und das Gerücht desselben verbreiiet haben strike ; so
wurde ich aufmerksam, und ohne «ben an sechzehn Kinder zu dan-
ken, roufäte ich wol iai AUgemeioen für wahr annehmen, d*b sich
in der Stadt V** ein gatü an fsstordenil icher Fall bei einer Schwan«
gercn ereignet habe.
Die Leser können leicbt denken, dafa das wunderliche GerSekl*
wie alle Gerüchte, darch den Mund vieler Menschen wandernd,
aoch viele kleine Veränderungen erlitt; so aollicn bald sechzehn,
bald vierzehn Kinder, bald unreife, bald ausgptragene zu Tage ge-
fördert sein, t'inst knüpft« ich mit einem Kcisenden ein Gespricfa
auf der Landstrafae an, und da ich hörte, er sei ein Bewohner der
Stadt V**, so fragte ich gleich nach dem allgenein besproche-
nen Gegenstande.. Er behauptete die Wahrheit des aechzenkindri-
gen Geriichtea, setzte aber berichtigend hinzu, die Frau habe eine
Fehlgeburt in d^r früheren Zeit der Schwangerschaft gemacht, die
sechzehn Kinder seien nicht gröfser als Spinaen.
Mi^ erinnernd, doiä eine gar kluge und unterrichtete Frao,
deren Hausarzt ich war, in der Stadt V * * Verwandte habe, wen-
dete i(^ mich an diese. Auf meine Erkundigung wurde mir die
Nachricht: die in Rede stehende Gehärerinn habe eine Frübgebnrt
gemacht, es seien nicht sowol volUländige Kinder, als vielmehr sedi-
— S43 -
Mha befrucbteu Eier ron ibr gegangen. Diene Nachricht beriible
aber auoh nicbt enf BeaiigemeheiHigang, sondern auf Horensegen.
Die Beriefaienuuerhia, die in solchen oaiurlicheo Dingen neugie-
rig war, schlag mir vor, mich selbst hiuubegeben und die Sache
la DBterswi^eRj sie lasse, sagte sie, über ein paar Tage eine Ver-
wandle v«a V** mit dem Wagen abholen, ieh aolle mich dieser
gemacblicben Gelegenheit, ihre und meine Neugierde su befriedigen,
bfldienea. Auf den ersten Augenblick schien mir das frenndliche
ErbiMen annehmbar; aber hiniennacfa wollte es mir doch nicht recht
in den Kopf, dafs ich meine Geschäfte hintansetzen und einen gan<
Ben langen Tag berumbutsdien solhe, am sechzehn Kinder aufzu-
suchen, die nisht gröfser als Spinnen waren, und deren Wirklich-
keit mir noch eben so iweifelbaft schien , afs die dtr elftaitsend
Jnngfrasen. Ich tbat jelst etwai, was rdi nicht gern (hat, ich
schrieb an den Arst, den das Gerfleht als den Beobachter dieses
Fallsa beseiehnete.
Statt mir einfach su antworten , schickt mir dieser den Vater
der scdiBebn Kinder selbst. IfJi war ein armer, kleiner, dickkiipfi-
gn Schseider; ein mi}siger irdener Topf enthielt seine in BrHnnt-
WMn eingemachte Nachkoismensebaft. Ob ich nun die .vielbespro-
chene Sdlenbeit berausimhai and brennend vor Neugierde aie he-
tnM^iet«, was fand ich daf — Nichts als viermonailiche Zwillinge
und eine Awwhl runder iUniklnmpen, welche mein gelehrter ge-
bnrtihülflicber AmiibrOder fnr befruchtete Eier angesehen. Das
Tollste bei der Sache war, da£i er mir xugleicfa ein Schreiben des
ProÜBSBor GAtAirr aus UaiaboFg beilegte, worin dieser versttindi-
ge Hmw ihm auf sine höflich« und schonende Weise das nftmti-
cbe sagte, was ieh lait meisen Aagm sah. Ein die Blutembryonen
heglsit«iides Scbreihon meines Amtsbrnders schien den Zweck zu bä-
hen , mich »I seiner Meinung iiherxybolen nnd die des Prof. GüH-
tier verdttchtig xu macheiK Diese Absiebt war tu enischnidigen,
denn ar wnfste nicht, dab ich von Natur etwas halsstarrig bin,
in Saobea, die ich selber sehen nod untersuchen kann, die Mei-
nung anderer aaf guten Glauben anzunehmen. Der billige Leser
köanta vielleicfat glauben, die angeblichen Eier seirn runde Klum-
peu. weifser geronnener Lymphe gewesen und auf dieses eierähn-
lidie Ansehen habe sich die ärsiliche Täuschung gegründet. Ach
nein, lieber Leser! es war ehrliches, roihes, geronnenes Blut,
wonns die Eier bestanden, diese waren Mni Theil auch schon von
frftheren Unter suuhera zerquetscht.
Icfa sehe voraus, dals meine jüngeren Amisgenossen, die die
Welt und das Vjerhaltnifs des Arztes zu der Well noch nicht keo-
oea, der festen Meinung sein werden, jener Arzt, der sich nicht
blob in den Augen einer Stadt, sondern einer ganxen Provinz lä-
cherlich gemacht» ntüssa sich Dotbweodig dadurch in seinen Ge-
— 3« —
Bchäflan bedeutend gMcfaadet haben. loh bitM Euch ab«r, nwiae
Freunde! schlagt Euch solch anwahre Gedanken aas den Kopfa.
Glaubt es mir, jeder Am, wenn er nicht ein anagematihter Dumni-
dusel ist, hat seinen weiteren oder engeren Mensohen kreis, innef-
halb welches er die Bolle des unfehlbaren Wahraagars spielt, und
nimmer wird das niifabilligende Unheil einer mediziaischen Faoü-
tät, nimmer das .der höchsien Medizinal behörde >bn ianerhalb die-
ses Zauberkreises entsatteln. Weit eaiferat, an glauben, jenar
sechzehnki ndrige Ant habe sich in seiaen Gesobiifien geschadet,
hin ich vielmehr in meinem Herxen überxeagt, dafs die Franen,
deren Geburtshelfer er bei Leibes Leben gewesen , bis auf dieae
Stunde noch hei jeder Schwangerschaft TiirchtH, seefaxebn Kinder
im Leibe zu haben.
Vom Kindbettfieber inüfste ich jetzt wol ein Wort sagen, al-
iein diese Krankheit kenne ich nur aus Büchern ; in der Naiar ha-
be ich sie nie, weder behandelt, noch gesehen. In meiner Jagend
hatte ich mir ans purer Neugierde den Kopf so voll von allerlei firtt-
lichen Meinungen gestopft, dals Gott ans sonderen Gnaden mich
vor Narrheit mufs behütet haben. Das vielbesprochene Kindbett'
fieber nahm, begreiflich, einen ansehnlichen Plata in der Plnodei^
kammer meines Gehirns ein. Guter Gott! welch eieen Wust von
wunderlichem Zeuge, gröfsien Theila ans einer ansTührlichao CoM-
pilation geschöpft, habe ich damahls verschlungen, das mirbinteo-
' nach zu nichts, au gar nichts genutzt hat. *)
^'^ollte mich jetzt jemand nur blofs über die Meinungen der
damabia bekannten Schriftsteller, abgesehen von den seitdem be-
kaonl gewordenen, prüfen, so würde ich verzweifelt schlecht be-
stehen, denn ich hin jetzt weit dummer als da ich zuerst von der
Hochschule kam. Das, was ich seitdem mit meinen Sinnen und
mit meinem schlichten Verstände an kranken Wöcbnerianen be-
obachtet habe, ist herzlich wenig, ich will es aber treulich dem
Leser berichten.
Dafs die Gebärmutter nach' der N4ederkunft, abgeaebea von
gelahrlicben und tödtlichen Verleiznngeo derselben, so gut, wie
jedes andere Organ, eikranken könne, daran wird wol niemand
zweifeln. Ich habe aber von diesem Krankwerden schon ein we-
nig gesprochen und gesagt, dafs, im Falle einer reinen Uraffektion
dieses Organs, ich das alte Multermitlel, den Boras, noch für das
beste erkannu Das Erkranken der Geh&rmutter wird aber , mei-
ner Meinung nach, unter andern veranlassenden Schädlichkeiten,
auch durch gar zu reichliche Spende der Geburtahülfe geanndit,
*) Dis neuDbiidige P(lbi>lo|^a dei E. A. Kicotai war dis ente Faadgrabe , aoa
der ich Eieia bontacliackigei piltielo|i*ehei WUirn aeliSpfle; in ihr Hnüd
m«o rdaruiidxw«asifarlci Helnaiifea lh<r 4u Kiadbetlfieber.
— 345 —
IKe Haad de» Aki^ers, di« Zange mi andere Iniirameoie , nnd
4|§nweilea ganz nonöifaige nöd atirenUlDdige Blnisiillen nach der
Niederkunft, machen ohne Zweifel nicht wenig Weiber mntlerkrank,
die, Uefa der Natur iiberlaiMn, nie krank geworden, nie KiadbeK-
Geber, nie Meiritity PerHonäü, oder andere griechische nnd la-
(Moiache Uebel würden bekoinmen haben. Wenn mao den Wenh
»werer heutigen Geburtshillfe gefaSrig icbftlaeD will, so rnnfs man
Hiebt fragen, wie viel Fraaeo sind während md gleich nach der
EniiHndHng geatorben < aoadern man mufa fragen , wie viel sind
innerhaU> vierzehn Tag« nach der NiederknDfl erkrankt} Aus die-
sen Geaiehispnnkle Vergleichungen anstellen, heüit dte gelehrte
GebnruhOK'e nnparteiiieh würdigen ; jede andere Vergleichuog sagt '
oiditi und ffitui nur an Tänschnng. Wenn ichznweilen dae Ver-
hälinifa der natüdicbea Geharten zn den künsrlichen in den Ge-
bOraiiMailen Daehaahe, Sberfillt mich wahrhaft ein Granen. So
Ina it^ noch nealieh, d«& in einer streben Ansfall von sieben und
neblz^ Entbindungen nur zwei niid drei&ig natöriicb verlaufen wa-
ren; nMor den känirlicfaen waren vier nnd dreifsig Zangengebnr-
tea. Wahrlich! wenn hier die kiinallicbe Hülfe nicht ganz noDd-
iktg ond übembnöthig gespendet ist, so mnla die Natur das Man-
■ebengeacUecfat sehr sUefmüttertich bedacht hab^n. Wo ist aber
der verständige Arzt, der diese Klage gegen die Natur erheben
vad gehörig begründen wolltet
Was das hlofie Milchfieber betriffi and Milchknoten nnd wun-
de Waraen , so will ich davon nichts sagen ; denn das Milchfie-
ber bedarf in den allerwenignen Fällen ärxilicher Hülfe, und no
es seiner Stärke wegen selbige verlangt, ist es, zwar nicht norh-
wendig, aber in der Wirklichkeit gewSholich ein Urleiden des Ge-
samiatorgnuismas, welches unter der Heilgewalt des Salpeters sie-
bet. Von den Mildiknotes ond von der E^lxündaog der Brüsie
werden wir weit scfaicklicber onter den Universalmittein reden, und
wände Bmslwarxen gehören gar nicht hiMhin.
Die wenigen bis jetzt angeführten Erkrankangen sind a1>er die
ehnigen, welche die WSchnerinnen Huaschliefslich , insofern sie
Wöebnerinnen sind, befallen; altes andre Krankhafte, was sie er-
greift, ergreift sie blofa, in so fern sie Menschen, nicht in so fern
sie WSehaeiianen sind.
Würe ich ein Zauberer nnd k5nnte die fieberkranke Wücbno-
rian augenUicklich zum Manne umscha0en, so würde mir das um
kein Haar die Heflnng erleichtern; denn, kennete ich die Natur
des zn beflenden Fiebers nicht, so würde ich dem Manne eben so
wenig helfen als der Kindbetlerinn; kennele ich aber dt« Natur
da« KD heilenden Fiebers, so wrirde ieh der Wöchnerinn so gut
helfen als dem Manne, mithin wärde meine llexenwandeinng zu
nichts fAren. Da aber manchem Leser diese ibde hart, die an-
— 346 —
geblicbe Kunst berfibmier Meitt«- bofaneD«! varkomnieii nSebie, m
- will ich billig sein und noeh Eisa EEgenthÜraliohl»}! der ViUpk-
nerfnnen g«l(en lassen.
Bei vielen, aber gewifi nicfal bei nllen, befin<tet ilch 4er Kör-
per in einem Boleben Zustande, dafs sowot Anenetmiil^, welche
^en Organianns feindlich angreifen, als aacfa so1nhe> welche freumt-
lieh und heilfnd anf ihn in seiner Erkninkon^ einwirken, io weil
geringerer Gabe ihre Einwirkung TollfTibren, als sie «■ bei andern
weiblichen oder männlichen Körpern wi ibnn pflegen. Das hier
Gesagte gebe ich aber nur gani im Allgemeinen sa; dean (heihi
gibt es Kindbeiterinnen genug, bei denen dieser Zusiaad des Or-
ganismus niohi nnchsnweisea ist, iheils gibt es aueb MSnaer ge-
nug, awiichea daran Körper und der Anfsenwalt das nimlicfae Ver-
iiflhniffl ubwaltet; und endlieh sind au gewissen Zeiten alle kran-
ke Mens«benk9rper fa ein«» sulchan kiodbettlichen Zustande, daa
heifst, wnllen wir sie heilen, so mfissen wir ihnen die HeUmiHcl
nur in der halben, oder Vierlelgabe reichen, sonst helfen wir ib-
neu entweder nicht, oder maehen sie kranker, statt gesand, Aiae
kann ich einen solchen Zastaod des Körpers , mau nag ihn er-
höhte Erregbarkeit, oder Reizbarkeit nenorn, oder ihm einen aa-
dem Namen geben, unmögiich n)s eiiiea dea Wöabnerianen o^
genthümlicben Zustand ansehen.
Kl ist ober gut, sehr gut, ja es ist nolhweodig, dafs jeder
Arai, der eine erkrankte Wöchnerinn heilen will, wohl bedenke
und es sich deiitlich sage , dafs er as mit einara Körper zu thun
haben könne und wahrscheinlich lu ibun bähen werde, dessen Er-
regbarkeit, im VerbAlinifi an anderen weihlichen nieht kindbetl-
licben Körpern, roehr oder minder ertiithet seL Weon er sieh
dieses deutlich denkt, so wird er siinberlich wit der Frau verfah-
ren, sie nicht mit feindlichen Mitteln bestürmen, ihr aelbst die
milden, direkt heilenden, in gana niflf>iigen , Jr in kleinen Qabea
reichen. Körper, deren Erregbarkeit sehr erhöhet ist, es mögen
männltcbe oder weibliche, Kindbeiterinnen oder XtcbtkiadbeHerin-
nen sein, sind gar bald verdorben; wer diese sarten Gangwerke
mit der Am und dem ISchrubbhobel ausbesseren will, der branobt
sich eben nicht xu wandern, wenn sie gana in die Wirre geralbee,
und Krankheiten bei ihnen sich bilden, dereti Gestalt gaaz framd
und unerhört ist.
ich habe oben schon davon gesprochen, da& gastrische Kra»k-
beilen, die nicht selten eine lange Vorlaufaseit haben, bei Sohwan-
gtnn böcbsi lustig zu erkennen sind, indem sieh ihre ZuAII« übel
von den ZunileD der blofsen Schwangerschaft unterscbeiden las-
sen. Aber nicht blofs gasirische Krankheiten, soadern alle Orgaa-
kraokbeitea haben das Ueble an sich, dafs ihre VorlHufxeii lang
sein kaoa; je länger diese Vorlaufaeil ist, nw so sofalimmer ist
— 8« —
fie Knakbek wean tie lum Aaabnwlie kommt. K* itt wahr, dnli
•Miera M«ns«bMi , eben %o gal «!■ 8obw»gera , von mlchMi Or*
ganknmkhfliten kSoora btechlichen wer4«n ; allein 01 iit eben ■»
w«hr, dalfl, wegm der ZuMle d«r SchwaBgerftehaft, di« Weiber«
Tcriilldich H allen andeni Menachen, im noTerkennbaren Nach-
ibeHe aiad nad mweiten bei dem baiieo Willca von der Krank-
beil beaefalieben werden. Der Aaibmeh aelcber Oi^nbariihnbeii
•nn^eiat als Fieber im Kindbatre «i gaoi nabeMimmler Zeit. Am
htnfigelen iriftt e> wqI, dafe da* MJlcbfleber sulche awei-, drei',
*«d0r TiemoRalli«he Org*»afl«klien in Aufruhr bringt. In dieiem
Falle hin im Alitohfieber aar gewafanlicban Zeit nicht auf, ton-
dero wihrt entweder als whleicbendea , oder als heftiges akuies
fort. Die Milchahoeademog macht sich entweder nnvoUkommen,
•der die sehen geordiiete wird, wie bei allen aftiigendea kranken
Frauen, tftgiioh minder, oder, im Fall der Oesnmmtorganiamas hef-
tig ergriffen wird, hdrt die MUcbabaoitdening gana auf.
Wenn aber der Atuhmsh der Orgabknnkbeiien in den mei-
■ stca Fallao durefa das Milchfieber reranlailit wird , so iat dieaea
doch keiae feste Regel, soBdern der Aasbracfa kann au jeder Zeit
geschehen ; wiewol ich zulasse, dals die «raten vierxehn Tage nach
der Niadarkanft nns hiufiger knuike Wttehnwinnen liefern als die
folgenden.
Die Oebirmntter kann bei Kindbstterinnen vielleiebt leichter
ala bei andern Weibern, aam wenigsten eben so leicht, durch das
Urleideo eines andern Organs oonsenanell ergriffen werden, 4m-
dnreb bekommen dann die fieberhaften Krankheiten der Weiber,
aameailieh die der WSchnerinnen, eine wonderlicbe, den Ant leicht
tSnachende Fum. Die Organe , die nach meiner Bcobachtnng in
TOrsäglich genauem Coaseas mit der Muller ateben, sind die Leber
ud die Nieren. Von dem Urleidoa beider habe ich bei fieber-
kranken Kiodbetterinnen heftige consensnelle BIutflÜM«, Bauch-
Hod Rücken uhwenen entatehen sehen; ich will achweigeOTon den
eonsensn eilen Gehirn- and Hantaffektiooea, die, wo nicht die ge-
wöhnlichen, doch BBofa nicht die gani adieoen Begleiter Jener Ur-
leideo sind. Alle diese den Arzt leicht rerwirreoden ZnfKlie kön-
nen nur durch heUondea Einwirken auf das arerkrankte Organ ge-
beben werden.
Ferner bemerke i^ noch zum UeberRuls, dafs auch Jedes Ur*
leiden des Gesammlorganismus bei Kind bei lerinnen leicht in der
Gebftrmotter vorwalten kann; Ich sage, kaan; denn dieses Vor-
wnlton ist nichts Nothwendiges.
Aas dem, was ich bis jelat gesagt, folgt, dafi der Arit, der
fieberkranke Wöchnerinnen heilen will, mit grofsem Fleifse die
ey idomisehe Constitution beoboefalciv. müsse, sonst wird er mit sei-
»aai bfteherlicbea Wissen gar bald festbhrea. Wie der aber han-
— M8 -
dein soll, der, m ein«r fisberkniDken Wächaeriaa gsnifeä, ans
Faulbeit, od» aus Geis, oder ans Mangel ao ZiilraueD unter der
Masse des Volkei, oder aus Jnn^eit aad ünbekaontachaft mit dem
MeoBcheakrei», worin er lebt, miiihwillig versSumt hat, oder dnr
(JinstHade wegen nicht befähiget gewesen ist, die \Ktor der land-
gängigen Kraaltheit zu beabvchien nad ihre feinsten VerÜRderan-
gen in der wandelnden Zeit m haschen^ wie der, aage ich, han-
deln soll, das weif« ich nicht, er mufs tbun, wie er kann; tieit
helfe ihm und der Wöchnerinn: Eins will ich Ench, meinen jün-
geren AuiiBbriidern, sagen. Wenn Ihr fieberkranke. WSabnerinnes'
SU bebandeln habt, und swar solche, deren Kiebfr von der fiartlhrt-
heit irgend eines Organs abhängt, und Ihr bort, dafs die Frau
schon einige Zeit vor der Niederknn& , gekriokeli bat , so denkt
nur immer, dals Ihr «s mit einem Falle zu'lhun habt, bei dem
das SiormlaufeB übel angebracht ist. Da gilt es, mehr listig als
enlschloisen, mehr umsichtig als gelehrt sein. Vergebt nicht das,
was ich Eiieh früher von'der VerSndening des Krankheitsitces und
von dem Lirwerden di>s Consensnellen gesagt babe es sind einfill-
lige und geringe Dinge, sie werden Euch aber bei Ilcilnng der
Wöchnerinnen wol zu Statten kommen.
Das, was ich oben von der erböheten Erregberkeit der kran-
ken Wöchnerinnen bemerkt, werden mir, hoffe ich, meine erfah>
renen Amtsgenossen nicht meben auslegen. Um aber allen Mifs-
deutnngen vorzukemraen, eiklftre ich vorUufig, dafs ich auch Zei-
ten erlebt habe, wo man den fieberkrankf a A^ öchnerinnen die kräf-
tigsten IleilmtUel in eben solcher Gabe reichen inuCite als jedem
andern Kranken. Es hing aber solcher Zustand des Körpers von
der Natnr der damahls landgängigen Krankheiten ab. Durch die
epidemische Consiitniion kann das Verhälinifs den menschlicfaeit
Leibes zur Au&enwelt gar wunderbar uikI unbegreiflich verSodert
werden
Von den Milchabszessen halle ich schon wif der Hochschule
gar wunderliche Fälle gelesen, alwr vom Jahre 1795 bin 1829 die
Heilkunst geübt, ohne jemahls einen Milchäbssefs gesehen zu bu-
hen; im letzt genannten Jahre endlich, habe Ich den erMen Fall
beobachtet , der mit einigen der früher gelesenen Geschichten die
grofsie Aehnlichkeit hat. Die ausführliche Ertfihlung mdeble aber
wol dem Leser zu langweilig sein, darum will ich nur das Haiipt-
säch liebste daraus anführen.
Die Ktndbetterinn hatte von der Hälfte der Schwangerscbaft
an gekränkelt, hanptsächlieh über Spannung und Schmers in der
Lebergegend geklaget, sieb aber getröstet mit dem gemeinen Trö-
ste der Schwangeren, alles werde mit der Niederkunft von selbst
besser weirden. Die Enthindong war leicbt »od gut von Statten
gegangen; am dritten Tage trat «bs Milebfieber MlTaig ein, mit
— 349 —
ihm aber allcrl«i Begebffolisilea , welch« 4\b MilebabsoadwiiDg in
Stocken braebien. Den AnAing machte heftiger BancbBchmen mit
Kukem Dnrchlanfe ; darauf erschien mlAjiger Scbmen in der Le-
bej^geo4, ihm folgte Sehnen im linken Hypocbondrio , diesem
behinderte Uri na bson dem ng. Unter diesen sich abwechselnden Za-
mien vemrichen iiiehre Wochen; ich wufste wirklich nicbi recht,
WM ick aus der Sache inachea wllte , nnd hatte genug zu ihun,
Aie Frau von der Wanermeht abanbalten ; mehr wie Eininahl stock-
te in dieser Leideniseit die Uriaabsendernng, Bauch und Fufse fin-
gen aa zn scbwelleo, das QnassiaWBsser braehte aber diese Ans-
leemng jedesmah) wieder in Ordnung, ohne anf das Ganze des
krankhaften Zustande« sichtbar hcil«nd«n Einflofs zu haben. Von
allen wandelbaren Erscheinnngen fing zuletzt Eine an sich zn fe-
stigen; dieses war schmerzhafie Spannang in der Lebergegend.
FVöher gehArte dies« zn den Tor6bergelienden ZufXHen, Jetzt blieb
sie nnd erstreckte sieh über die ganze rechte Seit« des Banebes,
ohne bestimmt umscbrieben« Grenzen zn haben. Ich dnchte jetzt
wi^ an einen Leberabszefs ; allein es war doch noch manches, was
dagegen spraclf, so, dafs ich ehrliofa bekenne, ich bin bis zur L5-
ming des HSihsels zweifelliaft geblieben, mit welchem seltsamen
Ungeaiache ich ea «igenilich au thun hab».
Endlich leigtfl sich am ^^ \abet eine Wnist, die sich in ein
paar Tagen röihete, dann atubraeh und eine Feuchtigkeit ergofs,
die der Milch sehr ihnKch war, Sie reagirt« nlmlicb weder sauer
noch laugensdzig , ging aber gar bald in einen laaren Zustand
Sber, so, dafs selbst das Hemd nnd die I>inwanit, welche di« Fran
a«f d«n Nabel gelegt, sauer rl^hea. ' Die Meng« der ansgeleerlen,
ganz weiJsen, milcfaertigen Flüssigkeit war beträchtlich. Gleich
nadi dem ersten Aufbiacbe zeigt« mir dar Ehemann einen Nacht-
topf, der zwei Drittel davon eriSHet war, und wie viel vst bei
dem uavermuiheten Aafbruehe in* Bett and ins Hemd gelaufen, eb
man den Topf untergehalten.
8« viel ich die Saehe beurtbeilen kennt«, war dieses ein Le-
bermilehabssefs ; gleich anfänglich habe ich nicht darGber abspre-
chen mög|^ da aber dte Milohsekreiion mebre Monate in d«m
Absiefs gMmret , so hätte Ja die Milch , wenn sie sieh In der
HShI« des Banches befunden, nicht ans der Nabelwnnd« laufen
kSnnen, oder die Banchhöhle hAlte bis znm Nabel voll sein müs-
sea , welches sieh dnrch Fluktuation ward« verraihen haben. Ich
habe aber nie im Unterbanoba Fluklnatien fühlen können, aafter
in d«r ersten Leidensperiode mehrmahls, wenn ich die atodcend«
Hamabsondernng nicht geschwind genng normal machen konnte.
Nach geSffnetem Abszefs hatte die UnlerbaiiehhÖhle mit der Mileh-
abaoiMlerang nichts zn ihnn. Am Ende, wo die MilcbAbsondernng
minder nnd minder wurde, heilte zuweilen di« Nabeldffniiiig su.
_ )S6 .
fing nach einigen Tagen u m ■chmersMi, bont wir, iiiwl m er-
goU ■ich wieder eine kleine Menge milchiger Keiichiigkeit.
ich habe mir Milbe g^ebe«, itie aaßnglich üben-aiceb liehe Se-
kretion in demAbuefi, wodurch hegreiflieh die Frau sehr gaschwiefat
wurde, eq mäfsigen, habe aber nichts .Merklichea aaigerührt. Ale
ich dai sah, beschränkte ich mich blols darauf, der Frau, die noch
immer, wie in der ganxea Zeil ihre« Krankseins, eine gelblich
schmutzige Gesichtsfarbe hatte, die Leber und die GallensekratiM
wieder in Ordnung zn bringen und gab ihr zn dam Ende eine Ht>
schnng von Asant- und Kr&henaiigentinktur. Ich wnr jetit glRsk-
licher in meinem ÜDiernehmen als vor dem Mücluibizers , aneh
binderte mich jetzt nicht mehr, wie frflhet, die conseneuelie Nie-
renaffektion ; ich konnte grade nnd ohne Unterbreebmig meinen
Zweck verfolgen, ohne ganötbigt zu sein, nebenbei einen kleinen
Krieg mit der Wassersucht zn fTibren. So geaohah es denn, dafi
di» Fran bald wieder eine gute Fartm bekam , und selbst bei de«
anheilenden , durch die Zeit nur langsam Mindernden krankhafi«Q
Milchsekrelien , skhtbar Fleisch gewann, lüidlich nach reiehUcti
drei Monaten' hat diese denn nneh aufgehört. Dnfa eine Ausdeh-
nung des -vorderen Leberlappens und eine Verwachsung desselben
mit dem Bauchfelle Stau gefunden, ist wol anfaer Zweifel, denn
sonat hXite die Ausleerung durch «^aXabel dicht erfolgen können.
Leicht hftite eich aber jemand läusnien nnd das Ganze fär Abla-
gerung der Miloh auf die HShle des Bauches ansehen können, be-
sonders, wenn kurz vor Aufbrechen des Abszesse» der üaierbanch,
wegen der coneensuell gesiScien Harwibsenderung, voU Wasser ge-
wesen wäre. Ob bei frübersn Beobachtungen äbniicher Fälle von
Milcbablagemng auf die BaacfahtUile eine selche Täuechong Statt
gefunden, kann man so ^eoau nicht wiesen. Bei der Gelegoabeit,
dnh ich jetzt den Fall einer wabrseheinlichen Hilcbversetaang ng-
sShle , die denn doch w«i durch tinen frSheren, schon während
der Schwangerschaft Statt gefundenen krankhaften Zustand der Le-
ber vorsüglidi bedingt war, drängen sich mir allerlei Gedanken
auf, die ich nicht unterdrücken kann, ohne mir Gewalt anzütbua.
Kurs vor mainei Anfnabme in die Zunft der Aei^, war di»
eigentUcbe, wahrhafte Milehraaiastnsenzeit. VerschwanViner kma-
ken Kindbetlerinn die Milch ans den Brüsten, welches doch bw
Rewissan. Arten des heftigen Ergiiflensein« dea Gesanamtorgania-
mns fast immer der' Fall ist,' ao suhcn ia dem sieh nun zeigenden,
ein^ermalseo hervorsleohenden Leiden die Aersie beatisunt eine
Milchversetznng. Ich erinnere mich noch aus meiner Knabenaei^
dala daaiahU viel voRMilchverseiinng gesprochen wurde, dena die
HtiBlliehe Modemeinung halle sich aui^ der KSpfe der Niehtänte
bemeistert. Wenn eine Kiodbettarinn gestorben war, so sagtMi
die klugseinwollenden Leute, aus denen die Meinung der Aerzle
- asi —
imd«rfa«IIt6 , <fie Milch sei ihr auf da« Gshira , atif die I<ang»»
auf den Bauch, und tiuii weifs, auf was iB«br geiehlagen. Wenn
MMi aus dar dainahligen Zeit eine ainzige, oder e!o paar Beobach-
langen über dieaen Gegenatand lieset, so gewfthret daa wenig Ud-
lerbaltai^, es kann selbst wegea der ichrifutelleri sehen Weiiachwei-
figkeit (weiche die Schreiber selbst wahrscheinlich für Gründlich-
keit gehalten) etwas langweilig werden. Man mufs aber eine atia-
fahrliobe Zasamnienplünderung über diesen Gegenstand, eine enge
ZasammenalelluDg aller verstfindigen und aberwiuigen Beobach-
taagen md Meinnngen lesen, das gew&bret dem, der nur etwas
Demokritiseben Sisn bat, eine wahrhaft köstliche Unterhaltung, ja
es gibt aueb ralcbliohea Stoff xnm ernstlichen Nacbdeoken über
die grotM Neigung der Aente, Modemeinungeit zu habea. Mir
kManst es fast vor, als ob akute und chronische Peritonitis beut
n Tage in dea Köpfen uianaber die wichtige Holle der ehemali-
ge« Mikhinetastaseo übemoiimen habe.
Da ich auf der Hochschule war, konnte man sieh nicht ver-
etaigea, ob es besser sei« die Nachgeburt der Natur ui überlassen,
oder sie mit der Hand xu bewerkstelligen; jetzt, nach so langer
Zeit, ist nan noch nicht darüber eioverstanden. Die Verbindung
der Naehgeburt mit der Gebärmutter ist bald siculich locker, bald
fetter» Das feste Verwacbiea hat aueb seine Grade; mithin läfst
steh das, wa» man in dem einen FaNe beobachtet, nicbt auf den
aadera anwenden. Wer kann a, B. behaupten, dafs der Grad des
Zosannenhanges in dem Falle A der nSmlicbe sei, als in dem
Falle B1 Niemand. Also Iftfil sich im Allgemeinen dem GelMirts-
helfer keine feste Verhaltuagsregel votsebreib^n ; wcun in dem Fal-
le A die I^ösung der Naehgeburt mit der Hand glilckliebe Folgen
bat, im Falle B gerährjicbe und tödtUcbe, so kann luan nicht be-
baniriea, dafs der Geburtshelfer im Falle B nagescbickler «ich be-
Bomnwn als iiu Falle A, deaa der Grad dea Zusammeohanges der
Nachgeburt mit der Mutter kaoo in beiden Fällen gana verschie-
daa gewesen sein.
Will man ia Füllen, wo das Lösen der festsiiiendea Naehge-
bart UaCi der Natur überlassen warda» die Nachgeburt nach und
aach MüdEweise von der Frau faulte, und diese dabei litt und lange
ksftakelte (dergleichen Falle sieh einzeln xutragen ; so hat vor drei
Dod djteifsig Jahren eia solcher hier im Orte jedoch ohae lödtln
ohen Ausgang sieh weigaet) ; will laan, sage ich, einen solch sel-
teiMa FM als Beweis für die Nolbwendigkeii der bandlieben Lö-
snag der Naebgebiirt aBratellea, so wende ich Folgendes ein. In
den aittwlneo Fällen, wo die Naiar, von ihrem gewöhnlichea We-
ge abweichend, aiobt vermögend ist, die Nachgeburt früher oder
-a|Aer gana und uagekrttakt aasaustofsan , wo sie also gezwungen
ist^ aelbige stückweise nach und nach durch einen eigenen Prozefs
— JM —
Too der QebBnnalter xd inDnan, d«r uns, des slcfa dabei eoiwik-
ketnden böten GcnichM wegen, Fäulnifg m sein bediinkl; in di«-
Ben einselneti Fällen kann man kfibn annehmen, dafs die Nach-
geburt 80 feat mit der Gebärmntier verwachsen war, dab eine ge-
waltsame Trennung derselben dnrch die Pinger des Geburtshelfers,
nicht ohne heftigen Reiz und selbst nicht ohne Wundiing der Ge*
bürmutter würde, haben geschehen können, laiihin der Frau wett
geßlhrlicher würde gewesen sein als die langsam« und stinkende
selbslige Absonderung.
Die Falle hinwiederum, wo ein Geburlshelfer mit gifieklichem
Erfolge lind ohne bSse Folgen die festanhangende Nnchgebnrt mit
Müha von der Mutter trennte, tteweisen ebenfalls nichts für die
Vorxüglichkeit der künstlichen Lösang; denn man kann hier sa-
gen : hfiltest du geburtshülfl icher Arxt die Nachgeburt nicht nil
deinen künstlichen Fingern abgeklaubt, so habe ich den Glaufaeo,
die gebiirtsbelfende Natur würde auch ohne deine Finger das Ab>
sondern der Nachgeburt vollbracht haben; mithin bleibt deine wohl-
ihfiiige Hülfe, die du der Kindbetterinn vermeinest geleistet an ba*
ben, ein gar sweifelbaftes Ding.
Alles wohl erwogen, glaube ich, dafs eine der awei Meinan-
gen, in Betreff der L5sung der Naehgebnn, gar wol eine Zeitlang
das Uebergewieht über die andre bflbanpten und zur Modmneinong
werden kann ; gründlich wird man sich aber nie darüber vereini-
gen, und nach dreihundert Jahren noch eben so gelheilt sein wi«
jetzt. Ich habe inehremheils mit KindbetlerinaeD an ihuo gehabt,
denen die Nachgeburt mit der Hand geldset war, und die Et^iah-
rnng gemacht, dafs ein bemerkbarer Unterschied xwfschen den ge-
burtshulflicfaen Hunden sei; die Hand de« -einen Gebnrtahelfefs ist
plump mit täppischen, die des andern gewandt mit fiihlfaOmigen
Fingern. Mehre Jahre lebte hier ein gebnrts helfender Woodar^,
der, weil die Wehemütter einfältig nnd nngelehrt waren, viel mit
Kreifsenden zn thuo halte. Er holte die Nachgeburt mii der Hand;
ich bin aber nie öfter von Kindbelterinnen su Hülfe gerufen als
in der Zeit, da dieser Mann sein gebuMsbnlfliches Geschlft trieb,
obgleich er, wie mir die Frauen gewöhnlich kMm offenbarten,
meine Daswischenknnft als einen Eingriff in seine Rechte und ala
eine Verkümmening seiner gebnrtshelferi sehen Ehre so lange wie
niö^ich aufsus^iehen oder ganz und gar abzuwenden saehte. Die
Wöchnerinnen, zu denen ich gemfen wurde, klagten entweder fiber
allgemeine Bauchschmerzen, oder gaben bestimmt die Gebllrtnntler'
als lehmerxhaft ergriffen an, die denn auch, Aber den Sdrambei-
nen nhlbar, bei der Berührung einen gröfseren oder gerii^ren
Grad von Empfindlichkeit zeigte. Unglückliche FSlIe der Art faab«
ich aber, mit Ausschluß eines eioiigen, nicht erlebt. Damahlabin
ich anch mehr aU früher and spUer in solchen Wöchnerinnen ge-
- »s -
nhn, üe «• lehnach wwea, (väm gfofmm Wmtvtimta bii d«r
Geburt Dach ihr«r Angabe) dah Ü0 Tiebnahh dM Tsges ia Oho- ■
Macht lantcen.
Naehdem naa «Knei Geb«rt<brifer du Zei^che gawgDat, Dbftr-
nürta ein andeKr Wondarat da> GssehfiFt. OieMr übertraf jaoen
n Varstande und an KcDDtDicMo weil ; tod Müiar wunilftntÜoheo
Band konaie i«h aber, blofii R«eh Thatiuheii aftbeileiid, «ben
nicht dia vartbeUhaftaüe Abinang babea. Dieaer hohe ebcDfalU,
wie der rorige, die Nacbgvburt, wean sie aichl gleich dem Kinde
>oa aalbrt folgte, wt der Hand bm der Gcbfinnutter. Er h^t lau«
ge in dieaer Stadt and Gegend die Gebnruhülfe geübt; aber IrMa
wiaer wahrhaft ungeaehioklen wundftrzilichcn Hand, tnnfs er dai
L6aejt daa Matterkuchen w9» der Gabfiruatter geachiokter genai^t
habe« ah aeto V«rgfioger, denn ao lang« er gdebl and gewirkt,
bia ich von Kin<lbeUerianeB w<d wcf;en Kmokbeil, aber niebt we-
gaa BcbaersbaflAl GabSrDuKterKffMktiaa »o Hnlf» gemCan. Der ein-
sig« Fall, bei dea er offeabw einen MifsgriJBT gemaoht, war der
Imu^ wo ich n HüUa gerufen wiu4e, aber nicht helfen konnia.
Hier bau» er die Naebgebnrt halb gelSa't nsd abgeriuen, di« andre
HilfM iieckte noch in der GriiOmnttter. Ali die Natar am 12tea
Tage da« sorüokgiBkltebeaea Tbefl der Naebgebnrt anigutelieB,
MtidtSe »14^ Aa Fian üdhiltch xamTsde anj dieaas nhd daa hef-
tige Eigri&oaein det Geeannitorganiamna, das von Anfang an ber-
TOrsteobaad war, troti dem, dafa die Fmm nngelwaer viel Blnt ver*
lorea, nngeraebnet an^ bdM Zaicbcn, all Dnrchlaaf mit veifwm
Darmkotbe md apSter Erbrachen, mBchte e« nebr wie hSofaafr-
wahnebeinKcb, diia dar GebortAelbr b^ dem mifalungenen Vei^
■oebe dt« Naobgebort an ISsea, di« Malter T«fU<at haben mäaie.
Er war aber lebr in entschuldigen, denn er war damahls alt, mit
HlnaaonAoidea übel geylegt uad deahalb Mieif iia Rficken, apia
y»n Zeit n Zeit Blut nad War knmthamig, ato Thetl der D&rma
sMekle Ia aeinem HadaBaaeke , er sUtaite atatk nad war gfiniltch
TeiaehfiMen , so dafi er ein Jahr .darauf gaOi abg^ebt geaierben
ist. Es itt Iranrig genng, dab Maegel oad grofie Därftigkait ei-
nen Nana iwlagai, Geaebifia fertanaetieai dvoea er, in Rücksicht
auf aeln Alter nad auf «eia« k(h:pei4icjie n«4 geistige Schwa^heh,
nicht mehr gewaebsen ist;
Abgesehen ««n diesem iddtliefaen Falle, beweiset mir daeh
der jahrelang heobaohlete, gaoa Tcnehtedane Erfolg, der von swoiea
Gehartabc^fesB goObten- bandlteben Lösung dar Nachgabort , daüi,
WMw aHD aber dieMD Ge^ensland apraebea will, ma« ror allen
Diagen fie die Nachgeburt laaenden Hände mit in Anschlag brin-
gen Mali. Saloh* HtodevennscfaU^iaag wird aber wel ganz nn-
ihnnlich sein; denn wäre sie wiiUioh thanlich, so hftlte ich 4aa
Zniranen an den HadWnalbahaidan , nin wenigsten zd der.oxse-
— SM —
reo, sie wtird« ntanciinii fedM^Men xweifrifsigeit Thiere weil ehrr
' das Prttdikat eines G«biirUit5ren aU einei GvlHiriihelfen be-
kunden.
Uaber die krankhafie Geilheit der Weiber habe loli wenig oder
keine Gelegenheit gehabt, Begbaehtungen «nzualellen, oder HeiN
mittel auf seihige aoifindig in machen. Ein einziges Mahl in mei-
nem Lehen deshalb an Haih gefragt, wnfste icb aus dem Stegreif
kein Heilmiliel, auch erlaablen die UmsiSnde nicht, mich der Sa-
che ernaifiafil ansnftehmen, unter welchen Unisifinden die zu gro-
tae Entferanng der Kranken von meinem Wohnorte wol nicht der
g^ingate war.
Die Mnlier des MKdchens, eine ehrbare and fromme Frau,
woHm mich mit dem Ungütcke ihrer Tochter bekannt machen, drück-
te sich aber, entweder ana Mangel an MittfaeiliiRgsgab« , oder ana
Schamhufligkeil, lo verworren aus, dafs ich zwar wohl begrilf, aie
spreche nicht von dem Kopfe, aondem von den Gescfilechialheilen
ihrer Tochter, übrigem aber di« Art dea Hebels nnmSglieh erra-
then k'onnte. Sie fQhrle mich endlich in das Eimmer ihrer Toch-
ter und lief« mich mit dieser allehi, damit «ie mir ihr Leid selbst
beichini inSelite. Das war nun wieder eine grofae Noth und «in
Driicken, eh daa Bekenntnifa bemuakam. - Ich mufate mich nnfa
Baihen legen, habe aber manchmahl verfcehrt gerathen, eh ich das
Wahre traf. Vt* der Jungfrau Math zu machen, sprach ich etwas
hcrzlicl) und ziiiraolich so «hr nnd nahm sie bei der Hand. So
wie ich sie aber berBhrte, sah icb zn meinem Erstaanen, dafs sie
Zuckungen der Gesichtsmnakeln bekam. Ich machte mehrmnhia
ganz unbefangen im Qesprficbe den nRintiehen Versneh, und die
suckende Bewegung der Gesichtsmuskefn folgte den Berfihningen
nnmiilelbar.
Ihr Gestltndnifs lautete seltsam gvnng. Sie war zu dieser wi-
dernatürlichen Geilheit gekommen, ohne xn wissen, wi«; sie halte
. weder Onanie getrieben, noch ihre Einhildnpgskraft durch das Le-
sen unkeuBcber Bücher erhitzt. Die GeiHieii war abwechselnd,
bald stBrker, bald schwicber, zuweilen se heftig, dafs dte Kranke
■ich selbst zwei oder drei Wochen lang von aller Geselbehaft tn-
rilckxieben nnd anf ihr Zimmer verbannen mnftte, ans Furcht,
sie inSchie, durch den nngeheuren wollüstigen Jleiz gleich einer MS-
nade getrieben, den Mitnnem etwas höchst Unkensches nnd Unge-
wBbnlichesanBinnen. Wenn die Leser nun bedenken, daf^ hier niehk
die Etede von einer Lnstdime, aondem von einer ehrbaren and from-
men Jungfrau Ist, so werden sie mit mir einig sein , dafs man eine
«olche krankhafte Geilheit mit Recht ein grtfaes Unglück nennen
mnfs. Wunderlich war es noch, dnfs die Kranke vielniahls des
Tages ejaknliri«, ohne di« Geschlechtst heile mechanisch xu reixen.
Jene convulsivischen Bewegungen der Gesichlsmuskeln, die ich an-
— 355 —
flinglich, ioiieiii ich Ihre Hand s^rifT, bemerkte und nir nicht ei^
kllren kiwiite , waren , wie ich hernach von ihr lelhet faSrta , un-
willkürliche Begleiierianen jener Ejakalaiionen. — Bartkolimm» bat
nna in seinen Briefen einen ähnlichen Fall enfthlt; wer ihn nicht
kennet, der Tecainme nicht, ihn an leten, er itt wirklich merk-
wardig.')
Mittel auf die mäumiieAem Geteklecktutkeilt,
{ch weiis keine besondere Mitlei auf diese Theile, und wünsch-
te wol, dafs »ich jeuwad dergleichen lehrte, indem ich in der
Pr«\ia derselben bedurft hab* und wirklich noch bedarf. Das Krank-
■ein der mttnnlichen Huthe flufsert aich entweder durch überniäfst-
ga Geilheit und Steifwerden der'Ruthe, «der durch Geilheit mit
einem UnvermSgen steif in werden gepaaret, oder durch Unver-
ndgeo vergeselUcbafiet mit Mangel an Geilheit,
Wegen übermifaiger Geilheit mit Vemögeo der Rothe bin ich
mir ein eiaaigea Mahl um Rath gefragt und xwar ?on einen ehr-
baren Ehemanne« der mit einer recht bfibschen Prao schon man-
chcs Jabr verlebt und mehre Kiadw gesengt halte. Hier war aber
die Geilheit consensueller Art und hing von Baucbleiden ab. Nach-
dem ich ihm den Bauch gesund gemacht, kehrte der Trieb lui Be-
gntlnng wieder in die gehörigen Schranken zurück. WBre dieser
Mann nicht versündig gewesen, so würde er die übermäisige Geil-
heit als etwas ganz Vortreffliches angesehen und, ihr blindlings
folgend, sich selbst Bafgerieben habton; denn gew&bnlich halte er,
eine halbe Stund« nachdem er seine Frau erkannt, schon wiedor
Last znr Vermisehting. Ich habe einen andern gekannt, der, we-
niger verstSodig, «eine Geaundfaelt nicht bei Lustdirnea, sondera
bei seiner eigenen Frau (die fraÜich aniiehend genug war) durch
Miliibrauch der B«gattattg zerslftrt hat, obgleich die Frau ihn oft
geoog, die Bblen Folgen seiner Unersfitllichkeit ahnend, gewarnet
SU haben behaspteL Die Sehwindsnebt, die ihn ins Grab stüntei
fing mit Scbmersen des Rückens an, darauf folgte sichtbare Ab-
magerung, darauf knnMr Hasten, su diesem gesellete sich Blnt-
speiea, nnd so ging er laagaaia zum Grabe. Nach seinem Tode
gebar seine Gailinn noch die jüngste Frucht seijies übenpanntea
Gesehl echtstriebes.
Das Merkwürdigste, was ich j« von der Kraft der männlichen
Ruhe , zwar nicht selbst gesehen , aber von mehren ganz glaub-
würdigen Augenzeugen geh5rt habe, ist Folgendes. Unge^r in
dem letzten Jahrzeheod des Torigeo Jahrhunderts lebte zu Wesel
*) Ctmtmr. III Bfiil. SV.
^nGoogk
— 356 -
•In PrmfaiMlwr SoldM» der hii du aa.l^ricfaielea Ruth« einen ge-
wöhnlichen IHiwer voll VV«uer «qs dwn RheiM o»ek der Wache
tragen konnie. Ich bin uobekannt mit der Galageuheit der Sndt
Weeal, weib nicht, wie l«i^ der Weg geweien, den der wundw-
Ikbe Weuenrftger mruckgelegt ; «her wi der Weg iinroarbia kuD^
so wird ei ihm doch nicht leicht jemand nachthiin. Die Herreo,
die mir dieees enShIt haben, sprachen davon al« von einer gani
hekannlen Sache, die -daniahli jedermann sehen konnte. Der Sol-
dat seigte seine Kraft fir acht Greichen; begreiflieh aber aar an
frShen Morgen, eh die Strofse belebt war.
Ungenügende oder günvlich mangelnde Aafriebinng der Raihe
mit Neigung v»r Begattung gepaaret, kann suweilen .consensneUc
AffektioD der Geschlechtsihette , aber auch eine Uratfektion detv
selben sein, m welchem leuten Falle ich keinen Raih darauf weib,
nnd im ersten nnr. In so fem ich das UHeiden au heben im Stan-
de bin. Wenn ein solch nnvermtjgender und aogleiek sinnlicher
Mensch eich in den Sland der Ehe begeben will, gestehet seinen
körperlichen Fehler der Geliebten nnd diese will sich mit der Pla-
tonischen Liebe begnügen, so ist nichM dagegen einsawenden.
Wer aber einen solchen Fehler verschweigt, der handelt höchst nn-
besonoen; und doch erlobt man snwei)en dergleichen Ponen.*)
Unanfricfalbarkeit der Ifaithe ist auch snweilen mit einem Man-
gel aller Neigung lur Briwohnung gepaaret. Dieser Znstand ist
an sich nicht beklageoaweith ; begreiflich kann «r e« aber der Um-
stSnde wegen werden. Ich bin in solchen Fftllen etliche Mahl nm
Raih gefragt , habe aber keinen Rath gewafst nnd die Frager zn
andern Aerzlen gehen beifsen. Mit(«l, die ftfalende Aufrichtung
ivt Rnthe xn befBrdem, müssen wol in der Mediain bekannt sein.
Einige alte Arzoneien habe ich nicht versaeht, weil ich keinen
Glauben daran hatte; wanm ich den aber nicht batfe, kann tch
Dicht bestimmt angebeii. MögKch war es die bekannte, mir etwas
albern dankende Ansicht Gähnt und setner Anhänger in BetreiT
4er Anfricfatung der Rathc, welche mich abgeschreckt, dfe von ih-
nen angerathonen Mittd au venwehen. ßie spanischen FKegen ge-
fcranehte ich in meiner Jngend als nrintreibendes Mittel , jedMh
mit wenig Glüek, bemeritte bei der Gelegenlieit aber niehl, da&
nie die AsfriohlaDg der Rathe beflirdevtea. Einige der eilen Ga-
leniker (deren Namen ich aber nicht beatimnit anmgeben woifs«
denn es ist gar lange, dafs ich sie gelesen) vermafsen sich, das
reine Princ^ium apkrodi*iBctm der apanis^en Fliegen darstellen
Ml ktemn; wafarscheioliob, indem nie dnrch Znsitse den den
*> l«b weif* den Fall, Uh «in Albmer aio I«kr in der Ehe reble, ohne dte
jasfe FriB erkenaeo id kÜDoeo ; iplter in er dnroh Ulla BUer roB i«iDMii
UarHrnisea getaeilt ud hat mebre Ktader eraeagl.
- 357 —
fciorflicb Bagrvibndefl GnindiK^ <ar Nnll madiien i
(aita ihrer Meisterschaft im Zasanimenfieizen, und am thrar Uawii^
Maheit im Scheiden, .niufä man zum w*nig«ten dleic« Termnthen).
Wie aber ihre ZuBninmenseUnn^ gewesen t hanb ich nicht Mgen,
ne haben selbige für sich behalten, aus Vonücbt, damit böse dnd
Iflii^lsinnige Menschen nicht Mifibrauch damit treiben mächleo.
Solche Milfe), mit denen vielleicht in Einem Fitlla einem recht-
lieheo Manne in seinen NiHheo kann geholfen, in neun unil nenn-,
sig Fallen aber grofser Unfug kann getrieben werden, bleibeii «neb
besser das Eigenthum weniger Menschen.
Manche Kranke haben mir nngefmgt geeist, dafs ihnen die-
ses oder jenes Mittel, welches ich Ihnen gereicht, Steilheit der R»-
ths Tenirsaebt habe; so kenne ich einen, dervlieses von dem in-
aaran Gebranebe des Kampbers, einen ändern^ der es von der KrR-
benaugeniinktnr, einen dritten, der es von dem wnrfelichten Selpe-
tar bebtopiele i natersnchte leb die Sache nSher, so bemhie sie aut
Ttasehnngi man bftlte solche Mittel htindert nad laosend Mensohan
reicban können, ohne ihnen Steifheit derRuthe danilt tu erwecken.
Ich glaube, dafs Formeyi Aenfsernng, in Betreff des Jod als Lnet-
raismittel, nach auf solche elnielne Angabe eines Krankeo bem-
baa mafs; ich knbe lum wenigsten das Jod so oft gebraucht, dafe
mit, darsfa F^m«y aufmerksam Oeniacbfen, wol schwerlich diese
Wirknng auf die mannlichen Geieblechtsthelle kannte entgangen
sein« ieb kabe aber noch nie diese Wlrkong beobadrtei
Merkwfirdig ist es nnd nicht gut erklfirbur, dafs hei etliches
MAmtem naeh seohsig Jahren def zabni gewordene Geschlechts-
trieb anfs neue erwacht and sie mit Geilheit nnd Anfrichiung der
Reihe beimsacht (wiewol leiste Wahrscheinlich nicht der jogend-
licbea gleich sein wird). Ich habe einen siebeniigjahrigeh Anit ge-
kannt, bei dem dieses Wiedererwachen des Geschiechistriebes fibi»
Folgen baHe. Weil er wegen seine« bobea Alter« verstandesschwaeh
war, folgte er blindlings dem neu erwacbten thieristbea Triebe^
Iref den Huren nach and wnrde von diesen mit 4er Ltostadncke
begabt.
In physiologischer Hinsicht ist mir die Aufrichtung der männ-
lichen Ruthe noch sehr dilnkel> Ich sah einst einen Knaben, dem
die Ruihe etliche Wochen unablässig gestanden, obgleich er an
einer Lahmung der unteren Exlremiläten liit, die von Her Aaftrei-
bung einiger Rückenwirbel abhing und ihn bald ins Grab stürzte.
Eigewaitiel auf die erkrankten Hodea kenne ich gar nicht,
wärde aber aneh wenig Gelegenheit g^abt babeii, sie aasaweii-
den, denn die nicht venerische Anschwelinng der «Inen oder der
anderen Hode , die ich xoweilen , jedoch in VerhBllnifs su ande-
ren Krankheiten selten gesehen nnd geheilt habe, war jedesmdil
eine in diesem Theile vorwaltende Affektion des Gesamiatorganis-
mus and tjand doMt dar HcilgewKli dei «tMR, oder deli andM-n
Uoivcnal mittels. *)
Der eigentliche SttürluM der Ilodeii ist gewÖbnlicb unheilbar,
und man ihnt wol am besten, die verhifriete Hode wagiuscbn«i-
den, ToraiiBgeielzt , dafs nicht wichtige Gpgennnsei^n sol die Ope-
ration widerratben. Jedoch hnbe ich vor vierzig Jahren einen
Herrn gekannt, der mit einer sehr grofaen iind onförmlichen scirrhö-
-aen Hode noch twanxig J>ihre gelebt hat; so viel ich in Erfabrnng
gebmcht, ist in der verhärteten Hode auch nicht lei» Absterben
begründet gewesen.
Was den Wasaerbrucb betrifft, so habe ich bis jerat auch
wenig Hülfe von Araenei mittein gesehen. Oben schon ßibrte ich
eioen Fall von schnell enisundener Wassersucht an, bei der sich
Hydroeele eingefunden, welche hernach mit der BaDohwaBsersacht
iHgleich verschwunden, loh habe tAtvt noch einen andern Fall
erlebt, wo ein dnrch anfserliche Gewalt entstandener Wasserbmch
nach etlichen. Jahren von seibat verschwand. Ein« kurze Mitthei-
lung dieses Falles wird , denke leb , dem neugierigen Leser nicht
gatiE unwillkommen sein.
Im Summer des Jahres 17117 kam einer meiner früheren iiber-
rheiniachea Bekannlen in mir und bat mich, saioe Hode an be-
schauen, an welcher er seit Kursem Ungemach bekamaea. Ich
erkannte das (3abM für Wasserbmcb. Er gab eine kleine Quet-
schung der Hode ala Ursache dar Schwellung an. Er halte nim-
lieh Geschftfle in einer, ein paar Meilen von seinem Wohnorte
entlegenen Stadt gehabt nnd ein bei ihm znr Herberge liegeadrr
Benterofflxter ihm ein Pferd geliehen. Mein Freund, der mehr in
den Bücbem als auf dem Sattel gelebt, seist anf den Wege das
Pferd in Trab; da er aber wahrscheinlich dem Thiere eine dem-
selben nnverstSfldliche lateinische oder griechische Hülfe gegeben,
stehet es auf dem Flecke still und der nn vorbereitete Reiter «joetscht
sich die Hede ein wenig auf dem Sattel. Der Schmeni war, aei-
ner Aussage nach, nicht grofs gewesen, auch bald vorijbergegan-'
gen, und würde von ihm ganz vei;ges8en sein, wenn ihm nicht ei-
•) Vau Jlkr» 18».
Bekaaitliek Bodet man SBch laweilen, jsdocb lehes , bei altaa, «iaye-
wart«lt«B U<IwIb dar Baaokoi^ne eoDica*nelle BadeaaffecliiiB. Wo ick dieia
«ah , kettaad tie oielil in eisern Aaicbwellen , londarn ia ainan Schwisdei
der Bedca and Ia eiaea' Annrlmpea de* SawenilrangM. In dieasM Uafenden
Jahre keabachi«!« ieh aker eine ■ehmenkafl« Erlvtnknag beider Hadea , tfe
eeMaaaseD res aiser aenea «pideMiashen Lebarkeriihrtkeil abUeg aa4 swar
voa «iaer Mlehea Leberberährthell , die niEht siit liner eonieninellM akataa
Leber gepaart war. Hier warea beide, roüfiig tcbnerteade Hodao «ehr bart
aber platl; ich giaabe nicht , dafi ich je früher «oleh leltum erkrankte Roden
^rrdbll. UebrlBcni kehrten ile , well sie bloft conteniuell erpiSea wann,
siit desi Geinsden der Leber aiun norsialilaBde inriek.
- »e —
ImIm Tag» daraaf eio DicfcerwerdcD der einen HMe Awu gt-mak-
net hStie. Dieae Aaticfaivellnng nn4 ihre allraShlige Zunabiue balle
ihn besorgt gemachr, weshalb er uiir, seinem friUwren Bekannten,
itu Ding xeigie.
Der niederländische, sehr ppralfindige, als SclHifrMt'eller bekannte
Wnsdant va» ^y.bal ia» Was«er eiliehemabl dtucfa den Siicfa ent-
leerer, nnd viele, aber vei^bene Miibe angewendet, das fjebel,
ohne Dperaiinn, durch Aneneiniiliel xo beben.
Nachdem nun so ein paar Jahre vergangen, traf leb lueineo
wasMrbruchigen Freund einst in dem Hanse seiner Verwandten.
Sobald iefa micb mit ihm nHein befand , fhigte iuh nach seinem
Hebe), nnd bjirte, dafs es ganx geheilt »ei; aber nicht durch Arat
•^r Wundant, sondern von selbst auf fol^ode Weise. Er war
Ton Ju^nd anf sehr lu Magensliure geneigt nnd halte schon isehr-
mahts ubie Zufälle davon geliabi, weshalb er eine eigene, der S»-
ch« angemessaoe Lebensweise beobachten muCite. Einst bat er
dies« ihm snsagende Ordiwng vemachllssiget , die SNure nimmt
nbeffhand, er bekontml starkes Erbrechen and fühlt sieh von den
Beschwerden der Säure um vieles erleicluerl. Aber gleich darauf
dünkt ibm, als aei aeiae damahla sehr gespannte Hode schlaffer
geworden. Bald gebet die Wahrvcbeinlichkeit in Gewiisbeit über;
die Geschwulst wird tfiglich minder and die Hode befindet sieh
Imld gana wieder im Normalsiande. Aafiinglicb trauet er dieaer
Ueiluag nicht recht, farchiel, das Wasser werde. sich wieder an-
»•Mmlen ; nach md nach wird ibm aber der Glaobe, dafs ibm die
Natnr gi^^md grfindlicb geholfen. Jetzt mögen secbs md dreifsig
Jahre nach dieser Heilung VMflouen sein; nnd da er in dietcm
ganacn Zeitraame anoh nicht die mindeste Mabnui^ von seinem
Uebel gesparei, aa mufa ich doch wol aonebmen, dafs die Nator
ea eben sa gsSadlich geheilet, als der beste Wundant es aar im-
mer durch eine acbmerabafte Schneiderei hütte heilen k&apan.
Man sagt, wir Aemte sollen die Natur baobaebteo, tob ihr
lernen, ihr in ihren Hulungea nachahatwt. — Das aiod allai gat
gnte Redensarten; wenn man aber swanzig mit dem Wnasarbnicbe
Behaftete wollte speien lasten, Gott weifs, ob ein einaiger dadurch
geheilt würde.') In dem enUIten Falle wissen wir gewifs, dala
der Mann sich erbrochen hat, wir wissen eben so gewifa, dala
gleich daraaf der Wasserhmcb nach nnd nach vergangen ist; ob
aber ein Znsaminenbang iwiscben dem Erbrechen nnd der Selbah-
beilnng sei, das k3oaen wir nicht mit Bestimmtheit behaupten. Ala
') Br*d*itlet vardci is den ebirDrgicchBD LebrKebcrs tsr BaiUsf 4m Wm-
urbrsehe« »prahlen, uötMi aber ««■ nor U MlIxaeD FEIIes bsIFM, sesi
wcsigttea eriBMf« icb »icb niebt, i« »eine« Wirksaptr««« «■ eiasr «si-
eb«! Hflilug fkSn I« bsb«n.
.-..Ogk
VentUMlaubeiudwii köancn wir Uob 4ie kÜgUeUceit anerkaMM«',
ilafa Brechen und SalbMheilung sich wie Unaobe und Wirknng im
eionnder verhallen.
Bitterkeit de» Munde;
Bilterer Mand, Aofttofaea, Yollhait der Prikordien xind gv-
wöbnlioh Zeichen, dafa die Leber krank nei, dafi ktanktiafi ver-
änderte Galle zu reit^lich in lelbiger abgvaonderl, und in Je«
Zwölffingerdarm nnd weiter in den Magen entleeret waril«B. Wem
man nach in des gewSholiGhea FlÜlen, anf dieaeo Sehlufs baoand,
durch die analaeiende, «der Bentniliiirepde Heilait den Kiwik«a
hilft, ao iat ea doch nicht got, dala «aan den besenderen behaofi-
tetiden Oberaatz dieaes Scblaaaea %ma ellgemeioen tvhaupteadBii
macht, welche VerweohMluBg, wo nicht wortlidi, doch ihätlicfa oft
genug TOB den Aenten begangen winl.
Wober der bitter« Gaaohmaok bei einer grofieii AntaMisIimg
von acharfer Galle im Magen und Darmkeaale herrühre, ist mir
noch nicht hinlänglich klar. Durch die Speiaeröhre kann er niebt
wol Mr Zunge kommen; man kann ja durch Veranche an aicb
aelbat zur Uebeneugung gelangen, dafa auch die aUerhiUeratea Sab-
alauen, aa bald al« einiaabi in den Magen aind , ww Jni«eb bit-
leren Mand machen. Mir iat ea wabracfaeinlich » dafs der bitfare
Geachmaoh bei Qallenfiebent und andern LeberöhelB durch eine
Cinaaogang der Galle in-der erkronkien Leber and durch eine »li-
telat des grofae« Kreitlaufea bewirkle Ahlngemng dieaer Gialla auf
die MoadhöUe sich nacht) ab», daf* nidit aowal die in den Ma-
gnn Bnd Danokaoal ai|;«nene, ala vielmehr die in der Leber zu-
räckgobaÜeM GaHe die uatariell» Ursaehe dea bilterm Geaobmak-
kea i«t.
B«i vielen Ftlllea von Gelbiucht, wo doob kein Tropfen Galle
in dea Damikanal kommt, wo der Uamkeih ganz angeflrbt iat,
klagen die Kranken über oneriiaglich bitlcm Geachmack ; and bei
Gallenfidtern, wo Magen und Darnkanal voll lohaiEaE, reiaender
Galle Bind, fehlet zuweilen der hiuere Geachmack g&nzlich. Ea
möchte ichwer aa erklttren aoio, warum in einigen F&Ueo die ein-
geaogene Galle anf den inneren Mund abgelagert wird nnd bitte-
ren Geachmack macht , nnd warum aie in andern Fallen , anf die
Haut dea ganzen Kftrpera ^gelagert, das abacheolichale Jucken
«od Brennen veruraacbt, wie man diesea znweileo bei Gelbauchten,
ZUM eilen bei Gallenfiebem wahrnimnU. Ea iat wahrlich neeh vie>
In iaaluit in ttlOtma Dingm, Aa vir ^uben, schon iRugBt er-
grBn^M SU haben.
Belegte Zunge.
' leb hah» wtit inehr vm <l«r belsgtM Znagr« gahSn und g«le>
■en als selbm gesehen. Meine Erfaknief liolet aU«: Im Anfange
der Fieber, den ergien, aweiien, and drillen Teg »i die Zunge ei-
waa welüilich engeKhlagin; AuJeerM aelien ist sie aber gaoj; mit
einem weiften Urberaage bedeckt. LeUtes gehört ichon lu den
Selienheiies und scheint in der 5bel erlclärbared Eigeothümliehkeit
einiger Körper begrändet tu sein. Uebrigens nehme ieh nach mei-
ner &fahfmg ab wahr an, dafe, wenn der Arat Meisler de* Fie-
bern bleibt, die weiCtlich nngeeiAlegefle Zunge nicht Mhmntxig,
weder weilii pelsidii, nech gelb, noch bnma, sondern, je nachdem
die Beasming innimmt, vielmehr immer reiner wird. Wenn also
die Zunge onter der Befaaadlang dea Arxiei schrootsig wird, so ist
dieses ein Beweis, dab er der KruMeit niobt Meister ist, dafs
diese mier aeiaer Behandlang soblimmer, aasiatt besser wird. Bei
sehr reiner nnd sehr rolher Knnge kann der Megea voll scharfer
Galle stecken. Das haben schon die AnhKager Stella gewofal.
Wenn sie aber engen, dafa nach einem oder Mwb ein pa«r Breeh-
milteln sieh die Zang« belegt, so beweieen sie durch solche Aev-
fsemng, dab sie mit ihren Brechmitteln die Krankheit verschlin-
Mert haben. Wenn man bei reibar feariger Zange im Gallea^e-
ber nentraiisirende Mittel in gehörige Gabe reicht, so verliert die
Zange wol ihre feiHge Hsifie, aber sie wird nicht schnintsig, nnd
der Kr^ke wird besser, ohne dafs aicfa die Zunge belegt.
Die 8pei- und Laxirlrale hatten einen Caonn gemacht, 4er
lantet also : ohne Brechen iind Laxiren ist kein gastrisches Fieber
an beilea. Dafs Goit erbarme! sie sprecbeo, wie sie klag sind.
Wollte man sie fragen, ob sie necfa wol je die nentralisirende Heil-
act angewendet, ond eb sie iribige ansnwenden verstSnden, so
mAebteo sie wol etwas kleinlaoier werden; wollte man sie aber
ToHenda fragen, eh sie anch au« eigener Erfahmng solche gaeirl-
tche Fieber keaneten* bei denen beides, Ansleeren nnd Neelrall-
siren, wol mit gr<tfaem Naohtbeile, aber nicht mit Vonbeil ange-
wendet werden könne, ao möchten sie vielleicht gana verstummen.
Es ist wahrtieh «bei in nnsrer bücherlichen Welt, dafa MSn.
ner, die darch Ventand oder Glück sich einen schriftsletlerHcben
Kuf erworben, diesen dahin milsbraachen, dab sie dorch ihre dr«i-
ste, auf einseilige Erfabrung sich aiütxende Behauptung die Schwsch-
versländigen und Unerfabrnen verblüffen. Man mafa dem Verstän-
de der Menachen keine Fesseln ananlegen versncben. Es haben
vor Sloll anch verständige Heiteieiattr gelebt; lau* dosh, Ihr ge-
lehrten Schrelberl jedeb Arxt ueh ivt^ Mit 4ieien Metcfeia ami
ihren Crfahrangen berreunden. Wean er sich dano mit der Natur
dea Menacben atif dem Wege der BeobnclitnDg gana ohne Vorein-
genoHiinenheit bekaaot macht, >o wird ihm sein gesnuder Verstand
schon selbst sagen, was von alten nnd neuen Arailidien Meinungen
wahr, was halb wahr, und was unwahr sei, und er bedaif der höl-
xeracD Wegzeiger und der Wamtafeln nicht.
Comiem»tie/le Zufälle bei erkrafkten Bauckein-
g«teei4em.
Gliederreifsen , Angenentsündung , scbwaraer Star, Wuhnsim
und andere Arien ron Geiatesverwimmg kitnne« belcaantlicb als
Zufttlle eines gastrischen Urleideos entcheraeD. \\'er sieh aber hier
blofs eine gewisse Menge scbnrier Cialla im Baiieke denken woll-
te, deren Aiisfeernng den Kranken noihwendig heilen müsse, der
würde mit seiner irrigen Meinung sieht weit reichen.
Ich habe allerdings erlebt, dafs wirkliche, im Därmkanal vor-
waltende scharre Stoffe Gliederreifaen rerarsacbien , in wetehem
Falle man den ElheuraatiamtiB durefa iVatron, oder Bitteraaiaerde
gar bald meistern konnte. In bei weitem den lueislett FftUen sind
aber jene consensnelle Rhenmatismen unaiiitelbar ren einem (Jr-
leiden eines Banohorg^ns abbitngig, werde» nicht durch Brechen
und Lnsiren, soadern durch Heilen des nrergriffeoen Organs ge-
hidien. Das, was ich hier von Rheumatismus sage, gilt eben so
gut von der Ophthalmie, AmblTopie, Amaurose, Manie,' Melan^o-
lie u. s. w. Was aber di« akute gastriw^e HalseiHxilnduDg be-
iriSV, so habe ich die Erfahrong gemacht, daf* dieae fast iaimer
von einer guten Portion Hcharfer Galle im Darnkanale abhSagt
nnd der Magnesia weicht. *]
In gewissen Jahren, wo gastrische Fieber herrschen, siebet
man auch die gastrische Entaüodnng der Speiseröhre bald b&u-
figer, bald seltner. Dieses ist ein gar ttuschendes Uebel; eh e«
sich die Menschen versehen , kftonen sie gar nichts nehr schluk-
ken , dann werden sie bange und schicken mm Arxie. In der
flöh'e des Mundes ist nichts u sehen; saweilen ist der Tb eil des
Scfalundee, den man schauen kann, entzündet, xuweilen silxl d'as
Uebel aber tiefer und man sieHet dann gar nichts. Ich habe ge-
funden, dafs eine Uoraxaaflösung , die der Kranke iheeldffel weise
in den Schlund bringt, indem sie vermitge ihrer Schwere langsam
in die Speiseröhre binnntergleitet, die roaenartige E^txänduag der-
*) Vom Jahr 1830 bis 3S hibe ich viel hinfleer AtintboltD von dieicr Ref>el
bflabaehtet all friher ; Ich wtria ibsr !■ dar FtAge wol ein« Khiekikha Ge-
Icffsilieli laie* , darvi (OffSlirlich h (freebM.
- SM —
Mftw gmr Mi in m w*it nindut, iat» ima SMtmktu wimler,
obMfaoQ mit grofaer Beschwerde, MineB Forigang het. Subnld man
dM gewähr wird , nnf« man oicht •SuneD , eioen «flure widrigen
Trank ia den Magen xu bringen. Begreiflich pafst aber hier, we-
gen der wunden Speiieröhre, kein Ammaoium ; ein ScfaütleUrank
ven Magoeaia iat da« MUdeite und Ilülfreiehaie , wai niao geben
Verhärtung der BancAvrgame.
Galen sagt schon : er habe noch nicht geveben, dafit eine wirk-
liche baadgreiflicfae Verlairtung der Leber lei xeriheilt worden.
Gans Unrecht hat der Miuin wel nicht. . Ist einmahl ein solches
Organ lange and baadgreiflich verklirlei, so können wir wol daran
'flicken, kännen des Menschen, wran er erkrankt. Ja selbst bcil-
ISgerig ist, wol wieder auf die Beine bringen, aber gründlich hei-
len werden wir ihn nicht. Das Haaplubel bleibt, wird früher odm
spUer wieder rebellisch and slüAt endlich den Measoben ^och ins
Grab, voraasy seist, dals er nicht vor der Zeit anf eine andre Wei-
se nn das Leben komme. So lange man jung ist, bildet man sich
ein, manche chronische Cehel der Organa gründlich gebeilt su ha-
ben. Wird BMii aber alt, bleibt an Einem Orfe wohnen, und sie-
bet, wie Ein MensehMgeaefalecbt nach und nach vom Schauplata«
abtritt und ein anderes seinen Platx einnimmt; so überaengt man
■ich, dals die chronis^ea Uebel der Organe, sonderlich die erb-
liehen, seilen grüsdlioh gabeilt werden, und dafi es die Einrich-
laag der Welt so rak sich bringt, dafs die Mehrxahl der Menschen
aa and durch Organübel sterben mufs.
Mei^wärdig ■ bleibt es immer, dafs bei herfenienden handgreif-
lichen VerhBriungen der Organe das Gefühl der Gesundheit noch
lange besleben kann osd dafs die Menschen noch ein recht frabes
Leben dabei fr.brf n iiöaiMQ. An kleine unangenehme Gefühle sind
sie wahrscheinlich nach and aach gewfthul, diese haben also das
SiSrende verloreir, welches sie ohne Zweifel für eiaen vollkommen
Gesunden fanben würden.
Oa^ Merkwürdigste, was ich je von verhKrleler Leber geHihlt,
war bei einer amea, alten Frau. Beuligerig klagte. sie, es sei
ihr so hart vor dem Hersen. Als ich binfiiblie, glaubte icb auf
den ersten Grifi', ich sei mil meinen Fingern anf dem Brustbeine.
Vm war bei dieser snra Gerippe ausgesebrten Frau durch dag Ge-
fühl, hinsichtlich der Härte , nicht so oDtersebeiden , ob man sich
anf dem Brustbeine, oder auf dem Magen befand. Die VerhSttung
auf dem Magen war der vordere vergrafüerie und knocbenbsrte Le-
berlapp^; ich konnte ihn bis unter die Hippen verfolgen. Die
e^nlliche Knoobeohärte war aber am auflalleodslen auf dem Mb-
- Sftt -
gen xa ffiMen. Diese Frau, ii« ga» ImM M*A, h«(ts BMb sMg«
Tage, bevor ich aie iah, ihr Gmohift vefriefatei, weleb«*, da e«
tn Btiteln bestand, lie doch nötbigie, dnrcfa dt* Stnifiea m gtben.
Vereiterung der Buvchorgane.
Ueber Vereilerang habe ich wenig ^selegenheit gebebt Be-
ebachlnngen sn machen, denn lie kommt gar wüten vor. So lange
ich Arst bio, habe ich aar «wei iMoh atdiwn sieh aOfneDde Lcber-
vereiterungen mit Beglimmtbeit gesehen. Die eine mit glücklichem
Autgange »t im IV. Bande des Journals der Praklisohea Heilkun-
de bescbrieben, die iweite mit tSdtlichem erlebte icb im vorigen
Jahre. Hier habe ich mich Qbenmigt, dab eine soldt« in Eite-
rung übergebende Entifindnng sich von jeder andern alwat aehnierv
haften, bei efidemisch gaatrlacher Conatitntien ilgllch ToricofflnieD'
den Leberafieklion in nichts, in gar niehia nnieraebeidH , weder
htoafcbilicfa des Fiebers und dea Palsee, noch des SebmcneHonM,
nocb der Art des Sebmenei, n9^ des Hustens, noch des Urins.
Ich bemerke aber, da& der Mann, von dem iah spvMb», an lang«
tdi ihn gekannt, und da er eis Fünraiger war, habe ich ihn lange
gekannt, immer eine aehr garstige, ■obmntaige, gelbe Getiobtsfarbe
gehabt; niSglirii ist es also, dafs er sgImb lange nrit chronischer
Leberverstoprang behaftet gewesen. Die Aaafnigung gab indessen
keinen näheren Aufschlufa!, aafser dafs er engab, oft mit Mage»-
schmenen geplagt gewesen %a sein.
Es hatten sich in seiner Leber swei Eiterbeulen gebildet. Di«
erste ölFnHe iet Wendarxt, sie ergefs einen «ngefaeaer stiokeodMi
Eiter (ein biises Vorzeiten nticfa Angabe der Schriftsteller); der
Eiter besserte slcfa aber in der Folge, der Kranke baka» Gfslusi,
verllefs einen grofsen Theil des Tages das Bett, rancbt« mit Be-
hagen seine Pft^e vnd seblief ancb wiedfl* gut, kurs, ikiclit er,
nicht seine Frennde alifteien, dafs noch eiA verborgener Feind ins
RQckhalte sei. Auf einmnbl Wurde die Laber wieder scfamerebafl
und es bildete sieh in etlichen Tagen eine Eiterbeule neben der
alten. Die Geschwulst wurde faustdick nnd ergofs sich von selbst
mit grofaem Gestanke in die alle, fast geschlossene und wenig Ei-
ter mehr gebende HStile. Seitdem aber dieser aweile Abscefii sei-
nen Eiter «gössen, verschwand alle Hoffnung lur Genesung. Der
Kranke nahm ab an Fleisch und Kräften. Die Efsliist und der
Schlaf schwanden nttd er starb gans ansgenehrt. Dieses ist der
erste Leberabssefs, der sich bildete, wtthrend ich den Kranken aa
heilen verauchte. Ich habe so eben gesagt, dafs eine in Eiterung,
ubei^hende EntxünduDg durch nichts sieh von jei»r nndem schmers-
haften Leberaffektion unterscheide; icb aetse aber jetxt noefa bin-
lu, dafs ich nicht selten, sondern oft, weit aeknemliafret« Leber»
affektMBea, mit heftigeren ooniNHKidleB Braflllel<tta v%i belli*
gerer Aof^egtbeU dea AdmjetaiM im bek«ndleii habe, die blor«
ijod bJM« den Lebermitlels weiohea. Und wanin ging nnn die-
se* ntioder ucbmersfaRfie Leberleidee in Eiterung über! leb weib
viüirbBfüg «icbt dwa«f »i »tw«vteo, lo wenig ich weib, wodurch
eineai aakfaen Uebn^aage des tcbmenheftea ZeitRndee in Eile-
MiDg TOmbengeB Mt.
WeQie MRO «igen, iob isQeae solebeo leber- nod fieberkraa-
kso MeMcbeo nnr reicblieb uad oft nr Ader lawen, duo werde
idt Moeit lolcben Uebeigaage vorbetgen ; eo utwoite ich daraef i
ich habe nthoir in neiaer Jugend alt rSeliger Kam|ie nil jeaec
Waffe gMiriiien, und weile recht gut, wie weit mao damit reiebt.
Manche Menfcheot denea die Leber eehnenhaft ergriffen ist, ver>
Irageo wol das wiederbolle Aderlaueo (wie oft werden nicbl
acbmenJufte Leherleiden ton den Aerzlaa «)■ LuBgenenixaadnngei
behaadelt ! ), aber aadre vertragen ei siebt, itarbeD nafh deai awei-
ten AderlaM« einaa uiTenautbeiea Tode*. Ich iniUata alao, um
eiaer Vereitening, die ich in •eohB«nddr«iiiiig Jahren nur aweinwl
erlebt, TOnnkommen, da» Labes vieUr Meaaehes anf daa Spiel
■etxen. Daa w&re vielleicht lehr schulgerBefat , abet gewili aaeh
sehr aaventftadig and tebr nuittlicfa.
Aberaehta kSoaie man sagen, ich atfiM» arfcben Merkrankea
Uenacben Einmabl lü<^üg zur Ader Ufaen nnd ibnen daimQMckwl-
ber TBichan, das sei sicher nad unfehlbar. Gu! sehr gntl ich keit-
■• das; das Qnecfcailber ist in jüngeraa Jahren eins meiner Lieb-
Hngsmillel geweaen, darum weiia ich ^mt aaeh recht gut, dafs ii
nnserm gaaaen AmneiachatEV keip Mittel ist, welebei bei chro-
nischer Verstopfung oder Verh^rlnng der Organa, oder bei ver*
bärteten Drüsen in den Organen , so leicht Veeeilemag bewirkti
ala gerade diese Panazee. Maa kann i. B. hei scbnwrxlich«« fie-
berhaften ßmslleidei) mit einen eiD(tfg*o Aderlaaee nad binlen-
nach gereichiera Quecksilber viel Gutes ausrichte», wean die er-
krankte Lunge früher nogefUacbt war; waraie aber icbon früher
voV Knoten, ae kann man gerade durah das Quedtsilber «inen oder
iiiebr*K4P>«B>"'Et'*'^^ *f^*>n i>n4 defi Kiwnkam, den man von der
I^HgaQentiüadqag befreiet, in die Sehwiadsneht stürsen. Gerade
le wind es, daphe ich« mit der Lebe^ nnd mit aUen aadera Orga-
nen sein. Der Doktor M. an S. , -mein eigener Schwager, hatte
gi^;eB Leberaffektipo viel Calomel gebranidit nnd starb schwlod-
sSehtig. Einet seiner AmtsgetHMaea Sffneia die Leiche und fand,
iah «rinaarft nl«h nictu mehr genau, ob eine, oder awai Eiterbeur
len in der Laber.
"Weaa ein Leberkranker mich nm Baih fragt, der schon durah
die Hinde awhrar AerMe gegangen , von dem ich mitbin vermo*
thaa kann, oder vtt, d^ß Verotdonngyn «raehri da^ er viel Qaeck-
•über Ten«fart| m bin iob bnonden TOraiehiig in meinen Ver-
Kprechnngen. leb kann nicht in den Bancb lehen, was BSses dort
das Quecluitber BBgeriehtet; aber B5aes bat et höchst wahncfaeio-
lieh geiNan, aobald ea nicbii Gnle§ gewirkt.
Eine TOrfaandane Eiterung der Baadiorgane zii erkennen ist
gar schwierig, ja fast aniii&glicb. Das achleiGhende Fieber Iwwei-
■et gar nicht«, denn ein grofser Theil leberkranker Meuchen ha-
ben ichleichendes Fieber, ohne dafn dieses anf Eiterung scbliefien
liefae. Stärkere oder schwächere periodische Scbaader mit oaefa-
folgender Hilxe, welche bei Lnngenleiden twar nicht mit GewICs-
heit, aber mit grufter Wahrscheinlichkeit anf Eiterung denten, be-
weisen bei Leberleiden gar nichts,- insofern sie ein gemeines Symp-
tom sind , weiches bei etlichen herrschenden akuten Leberkraok-
beiien zu den tSgiich vorkommenden Erscheinungen des sweilen
Zwtran mos gehört. Ja, erscheinen nicht manche Leberkrankhei-
ten unter der Form des ungeregelten Wechsel fi e bers 1
Nachlschweifse, welche bei Lungenleiden verdftchlig sind, be-
weisen bei Leheraffeklionen gar nichts ; sie atnd . nicht blofs bei
diesen bSufig nnd erscheinen schon früh in der Zeit, sondern ma-
eben die Krankheit nm kein Haar schwieriger heilbar.
Durchfall j den man bei Lungenleiden nicht gern siebet, be-
deutet bei Leherlrideo nichts Böses; er ist meist coasenaueller Art,
und das Schlimmste, was man ihm nachaagen kimn, ist, dafs er
die Anwendung mancher gnten Mittel schwfBriger macht-
Kurz, ich weifa keine Zeichen, aus welchen ich die Eiterung der
Leber erkennen kann , nnd weil ich daa nicht kann , so mnfs ich
mit dem Kranken so bandeln, als ob ich gewifa wfibte, dafs kei-
ne Eilernog in der Leber wftre, es fSr nnd fnr aufa Heilen und
Zerlheileo anlegen. Ist wirklich achon Citemng da, so findet sich
das am Schlüsse von seibat, der Kranke hat durch die Unsicher-
heit meiner Erkenntnifs nichts, gar nichts verloren.
Die Oeffnnng eines Leberabssesaes in den Grimmdarm (wel-
che begreiflich nur mittelst Verwachsung des Darmes mit der Le^
ber sieh machen kann) ist ebenfalls eine seltene Erscheionng. Be-
stimmt weifs ich swar nicht anxngeben, wie oft ich sie in meinem
Leben beobachtet; gewifs ist aber, dafs raiinnter viele Jahre hin-
gegangen sind, oline dafs ich einen einzigen Fall der Art erlebt;
die neusten drei, die mir noch gans gegenwärtig sind, tragen sich
in den Jahren t835, 37 und 38 xu. Der Aufbruch des Absxeases
ist immer mit mehr oder minder sorglichen ZofSIlen gepaaret ; ein
Zufall ist aber alfindig, nSmlich, sinhis wangiger Dorcfalanf mit öl-
druseaaniger Entleerung. — Die Kunst kann bei einer solchen Be-
gebenheit io der Hauptaacbe wenig meistern ; ich besehrtnke mich
driranf, durch einen 'Trank von Wasser, Oel und Gummi den an
starken »otnm ptrUtalticvm etwas in mäfsigen nnd dabei befinden
-^ 1*7 ^
sicl) di« Kranken gnt. In salt^n FbIIm, wo die ans^son^MtMi
SfofÜB BO Bcharf iCJa m3ctif«n, daf« sie den Maildann zum wirkli-
chen 9Vmp*mk» reixten und ZasamtnenileliDn^ dei Duibm bewirk-
ICD, würde ich lieber Oel nad Bchleimtge Stoffa in den Masldnrm
Mlbat brin^n; bis jelit ist mir nber ein lolcher Füll noch nicht vor-
giekommen.
Ca ist ancfa leicht einiiisehen, dafs zuweilen einige Nebennm-
Biandfl die BeihitHiB der Kamt nStfaig machen. So hatte b. B. im
Jahro 1837 die Fran etnos Landmannea, bei der, da ich lie m-
erst iah , die Eiletlionle sieh tchon in den Grimmdarm entlecrat
baMfl, and die aicb wirklich in einem aebr kllglicben ZaUande be-
fand, den Baa^ dabei roll Wasaer nnd FSbe and Schenkel wa-
ren stark geschwollen. Hier war ich wo! genSthlget, die geslSrle
Harnabsonderong normal >a machen.
Uoberbanpt ist es aber nnneiae, b«i einem solch mifsliohen
Handel, wenn gleich die Eiierfaeule gut ansgeheili und der Kran-
ke sichtbar gebessert ist, eino gar su günstige Prognase sn slH-
lea ; denn in den meisten Fallen (nicht in allen) bilden aicb, wenn
«ine chronisch erkrankte Leber aehwBret, mebre Eiterbeulen, and
hat nan eine derselben sich in den Grimmdarm entleeret nnd ist
■n^ gnt ausgeheilt, so kann ja eine sweite sieh abeiraabia in den
Darm entleeren, nnd diese xweite, hinsichiliidi ihrer Form unfaeil-
bnr (wegen HShIen nnd blinder Ginge) den Kranken, oder ver-
neintlich Geheilten durch Bauchtcbwindsucbt tSdien. So starb s. B.
im Anfang des Jahres 1836 der BGrger eines Belgiidien Fleckens
an den Folgen einer iweiien nnansbeilbaren Eilarbeule , die aicb
in den Grimmdarm entleert halle. Die erste, die sieb im Jahr 183S
in den Grimmdarm enileeit halte, war (freilich nach vielen Lei-
den) eo gnt aasgeheilt, dafa nicht blofa der verdficbiige Darchlauf
gans aufhörte, sondern dafa man den aogeblich Gebeilten, da
ich ihn (zu einem anderen Kranken in dem Flecken gebeten) ans
Nengier besuchte, vom Felde, wo er seine Ackerwirtbschafi nach-
sah, rufen iiinfate.
Es kann anch, wenn eine in den Grimmdarm entleerte Leber-
eiterbeule ausgeheilt ist , eine zweite bersten und sich in die Bauch-
höhle ergiefsen, wo denn, je nachdem die Eiterbeule grofs oder
klein ist, oder vielleicht, je nachdem durch ihr Aufbrechen mehr
oder minder mm Leben nothwendige Verrichtungen der Leber ge-
stört werden, ein mehr oder minder schneller, den unerfahrenen
Afxt aberrascbender Tod erfolgen. So Ist z, B. die leberkranke
wassersüchtige Frao , von der ich oben gesprochen, die naoh aas-
geheilter Eiterbeule wieder im Ziiunier aufsitien und hSnsliobe Ar-
b«t verrichten koaoto, deren Kräfte aber nicht wiederkommen woll-
ten (ein sehr Teidfidittger Umstand), einst, nachdem sie auf ein-
inabl ober ein seltsames Ergiiffenseia in ihrem Leibe geklagt nnd
mau üe ia« Beu gri»n>cbt, nrrlStakcb gCatoHwo. — Im Jalir« 1838
■iwb suf BimUcba, aber doch elwu varKbUifMu Weiw eine FraiK
b«i dar eiiM LebereUwbenle licb unter sehz Borglicbon ZwUlm
in d«a Grüandana estlMrl hatte. Nach allniftblig anafehaUter £!•
Mrbaule luaale die Frau wiadar safutaan nad akb recbt genfig-
licb, ja laitaDter recht ranater mit ihren Freunden anlerbaliea, knai
jadoeh oicbt so u Krftfien, ala a« hfiUe gesobebes «tütaan, wenn
dorcb die EiuranaleeraDg Um Lebec ToHluMoaian gainad gewai^
den wära. Nachdem ei mir läi^it deulicfa gawordan, dab dia
anfangs ilchlbare Bauenii^ Btooke, Sag tie aittst aik» aber u&lu«
gea Sohinan im ^igattria an klagen, dieser Sohmen verschwaad
in ein )»aar Tagaa, und Matt seiner enchien ein mfilsiger Schmais
im Hjfpoftutrio i gleiobseitig aber mit diesem Hypogaatriaeban
Schmerze trat das Sterben ein, n&niiich plätalicher Varfall der
Kriftfi, «nlUellies Gviicbt, kleiner schneller Pnls * Vargeaiigkeit,
tilaisbgükigkait. Dan Starben währte xwei Tage* da erfttlgta
der Ted.
Blei.
Dia alten scheidekünatlariocben Aenite sahen das Blai als das
höchste HUamittel aa. Ich habe es nur selten in Mildwdeii ver>
sncbi, und weil wenige Fftlle nicht hinreiebeo ^ nin M^el s« «r-
piob«Q, so will ich gaas davon schweigen. Bei das Lmgcnmil"
l«ln werde ich obne dias Gelegenheit baban, mehr davw w»
sagen.
Z i»n.
Eben so sehen habe ich anch das ^innoxjd (magitttrium Jo-
vi») alR Hepaticum gebcaucht , obgleich et Paraceiiui nnd nach
ihm Poteriu» als ein gar nQlzUcbes Miirel anpreisen. So piel habe
ich begriffen, dais man es als Hepaticum in kleinen Gaben reichen
müsse. In der Gabe Ton sehn nnd mehren Granen wirkt es als
Abfübmngsiniitel ohne Bauchschmersen an machen. Möglich wSra
es, dafs Aerzte, die der Laxinnittel oft und viel bedürfen, (ich
gehöre nicht *a dieser Gesellschaft) in dem Zinnoxyd ein eben so
kfäfiigcs, als schiuerzlos wirkendet Mittel Anden * welches andere
aiisUndisch« Laxinnittel reichlich ersetzte.')
*) Seit den Jahre 1839, w« ich obisei (cbriab, hibi ich iu Zianoiyd mehr-
Mshli hai FKIIdD vflnachl , wo mich ludBr« Mittel \m Stich liarten , iber
voB denMlhto keioa HsilwlrkBDs beobtchvt, «DCh behndea , ittt niD« U-
licuBde Krit) lulohBt itt. Wer h Bebnuhaa viH , m»tt iaflr •orgen, i»t^
•I b«l voa AMMlk mI.
iHdifferenxttnnd 4e* Oeiammtorganitmut bei Or-
Sanerkra»knmgen und bei den van dienen abkangtH'
den Fiebern.
Ich fanb« im Vorigen mehrmahU von dieaem IixIilferenMlande
gMprochflii. Jbixi bemerke ich, dafa dieser ZuBtand dei KSrperi
«in Bolcfaer ist, bei welebem man keine Sratllche itiicksicbt anf den
GMunrntor^DisiDD*' 211 nähmen, idndern einzig aaf 4m krankhaft
berübrte Organ za achten braucht. Za manchen ZeNen iit er bei
den rorkommendea Kranken so vorhemchend, dafs AiiHnahmen zn
den Sehenbeilen gehören, zn andern Zeiten findet daz enlgegen-
gezelztfl Verhalinifi Statt. Der Indifferenzstand de« Gesammlorgo-
nlsmns bat aber Beine Grade; gar oft ist er bei herrschenden Krank-
heiten zo deatlii^ amgezprochen, dafs der GezainmlorgMiimnz der
Fieberkranken sich in dem nämlichen Verbalinisse zu den Siifse*
ren Schfidlichkeilen befindet aTs der des vollkommen Gesonden.
Wie man einen gesunden Menseben kann speien und pnrgiren las-
sen nnd kann ihm zein Blut tibzapren , ohne ihm das Lebenslicbt'
ansznblaaen, eben so kann man <fen Fieberkranken hart angrei-
fen, ohne ihn zii iadt«n: Ja mfin kann ihn, wie ich schon im Vo-
rigen bemerkt ; dnrch solch feindliches Angreifen aaf antagonisti-
zcfae Weise heilen.
Hingegen gibt es nach Zeiten, svo der Indlfferenznand des Ge-
zarnniforganismns zwar nnwidersprechlich bei der Mehrzahl der
Kranken vorhanden ist, so, dafs man sie am sicberslen nnd schneH-
sten dadurch gesund macht, dafs man blofi auf das or ergriffene Organ
direkt bellend einwirkt, ohne sich im geringsten an den Gonsensuell
anfgeregiea Gesammtorganismus zu kehren; nnd wo doch der Ge-
aammlorganismus, bei diesem unverkennbaren Tndifferenzstande, eine
heimliche Geneigtheit zum (Jrerkranken hat. Diese Geneigtheit zum
Urerkranken wird aber nur dann zum wirklichen Kranksein, wenn
man den F.rgriffeoen durch Brechen, Laxiren, Blaientziehen, durch
Quecksilber, oder anf eine andere Weise feindlich anlastet. Durch
solch feindliches Einwirken werden dann bei Banchorganerkran-
kungen die nerr&sen gastrischen Fieber künstlich von den Aerzten
gebildet. Wenn ich nun bedenke, dsfs es auch noch Zeiten gibt,
wo bei der Mehrzahl der Kranken der GesHunnlorganisinus sich
nichts weniger als im Indifferenz Stande befindet, sondern wo er
nebst dem urerkrankten Organe selbst urerkrankt ist, und zwar al-
so, dafs dieses (Irerkrankisein kein feindliches Angreifen verträgt:
so ist es mir wirklich unbegreifÜch , wie es Aerzte geben konnte,
die, seftdeih die der AusTeerungsmethode ungünsiige Erregungg-
ihcorie zu Grabe getragen war, uns mit Gewalt wieder zu dummen
Leibstuhlärzten nnd zu nnweisen Bliilvergeiidern machen wollten-
Aderlatte» bei BaHehorgaHkr.ankieit.
Ich orinnere mich« geleien an liaben, dafs öfteres nnd reicli-
)icbeB AdcrlasKii bei Leberkrankheilen nicht gnl vertragen werde.
Meine frühere Erfabrang bealäiig«! dieses auch. Sobald nun aber
von der Annahme aatgehel, dafii bei akuten Krankheiten «in ge-
wisser Theil der Kraekea sterben müsse, und man schlSgt diesen
Abgang nicht m gering an, so kann man bei Leber- und MiU-
krankfaeilen getrost das Blut abzapfen. Selbst habe i*^ freilieb
darüber keine Versnebe gemaoht, aber oft genug Gelegenheit ge-
habt, die Wirkung des mederhoUeO' Aderlaasens zd beobachten.
Zur Zeil, wenn Leberkrankheiten herrschen, eracbeiitea sie oft un-
ter der sehr lloscbenden Form von Pleuresie und werden von man-
chen Aerzien mit wiederholiem Aderlässen angegriffen. Wenn ich
gleich' zugebe, dafa die, welche mich hiarennach um Kath gefra-
gei, durch das Aderlässen ziemlich baufällig geworden, .und daiii
das Lebcrleiden wol einem Unerfahmen noch deurlicb erkennbar,
mithin nicht durch das Aderlawen gehoben wjir: ss kann i<di doch
nicht läiigaefl, dafa durch das Blifieai ziehen der akuie Zustand in
einen ^ironischen umgewandelt war, welcher Vonbeil mir jedoch
sehr gering scheint. Ob viele durch das Aderlassen gans ond
gründlich von ihrer Leberkrankheil Itefreiet werden, ob auck ver-
hüllnifsraärsig viele, oder wenige bei dieser Behandlung sterben,
Ist mir iinraöglich anmgeben, denn die Leser werden selbst ein-
sehen, dafs weder die gründlich Geheilten, noch die Verstorbenen
Hülfe bei mir suchen; nach blofsem Volksgeplauder über diesen
Gegenstand zu nrtheilen, ftafal für einen schlicht verständigen Mann
gar nicht.
Den merkwürdigsten Fall solcher Blnlarxnng habe ich im Jah-
re 1S3U erlebt. Ein junger Handwerker, den ich schon zfveimahl
an einer Leberki-aokfaeit behandelt, die er sich entweder durch
■eine sitzende Lebensart (er war Schnbmacher), oder durch Ein-
wirkung anerfragbaref Sc hSdl ich keilen zugezogen, und die sich
zum ersten Mahle unter der nosologischen Form des Rheumatitmw
acutut, einige Jahre darauf anler der der Phuritii äufaerie, wird
im Jahre 1 830, nachdem er drei Jahre lang wohl gewesen, in den
Niederlanden von der Leberkrankheit zum dritten Mahle befallen,
welche sich (nach seiner Beschreibung) als Rheumatitmut der Fü-
fjW nnd als fieberhaftes Seitenstechen mufs offenbaret haben. Vier
Wochen hat er in den Niederlanden krank gelegen, ist acht, mahl
Kur Ader gelassen, nnd jedesmabl ist ihm, angeblich, ein Suppen-
teller voll Blut abgezogen, auch fünfzehn Blutegel sind ihm gesellt
norden. Xon holte ihn sein« Mutter, die, als wenig bemittelte
Frau, die Unkosten ßr Verpflegung nnd tirttliche nnd apoihekerische
— 371 -
Behandlung nicht beibringen konnte, init einem Kanvn hierhin.
Oamahla aollte ihm zanv nennten Mahle zur Ader gelassen, oder
es Ballten ihm zwanzig Blutegel gesetzt werden, welches aber
wegen der Abreise umerblieben. Nun, wie war es dean mit UR-
senn leberkranken Jungen gestellt, da er hier ankam? — Er war
betilBgerig, sein Puls schnell, wie der eines Schwindsüchtigen,
die Leber schmeixfaart, ohne anfgetriebfln zu sein, die Intercostal-
nuskeln nnd der dreieckige Biastbeinmnskeln waren consensuell
«chmeTzbaft ergriffen, weshalb das AihmMi und die Bewegnng des
KSrpers erschweret war, so dafs er sich nur mit Mfihe ira Bette
onfriehten konnte. Der Schlaf war wenig nnd nnmhig, die Zange
rein, lie halte nur einen leichten weifsen Anflug wie ihn nach wol
Gesunde zu haben pflegen, die Gesichtsfarbe war gelblich, so,
dafs jeder Arzt von einiger Erfahrenheit gleich auf den ersten Blich
■eben konnte, wo der Fehler steckte.
Ich gab dfcm Jungen eine achtnnzige Abkochung einer Unxe
des Franendistelsamens, und liefs von dieser stGndlich einen LftfTel
roll nehmen. Er war schon nm folgenden Tage nm vieles besser,
in acht Tagen waren Leberachnien und consensueller Mnikelscbmerz
vergangen, Puls, Efslust, Schlaf normal, sein Gesicht war gebleicht
und er verliefa das Bett. Aber das abgezapfte Blut konnte ich ihm
nicht wieder in den KSrper bringen. Als der Harn bei dem Ge-
brauche der angezeigten Mittel seine etwas goldgelbe Farbe in stroh-
gelbe veränderte und reichlicher flob, da ergab die Untersuchung
mit gerötbetem Lackmnapapier, dafs er nicht allein ganz ohne Sfiu-
re , sondern selbst stark laogensalzig war. Ich hielt es nicht fQr
gemtben, diesen Znsland, von welchem ich in der Folge ansfübr-
licher reden werde, der Natur zu überlassen, indem er eine unter
der Heilgewalt des Eisens stehende Affektion des Gesainmtorga-
nismus ist , welche die Natur sehr langsam bebt. Ich gab dem
Kranken (Sglich eine halbe Unze einfache essigsaure Eisentinktur,
(deren Bereitung ich in der Folge anzeigen werde) mit einer hal-
ben Unze arabischem Gummi nnd vier Unzen Wasser gemischt,
von welcher Mischung er stündlich einen LSffel voll nahm. Da
die ganze Portion nur neun L&ffel enibielt, so konnte er gemäch-
lich die halbe Unze Eisentinklur täglich verzehren. Diese wirkte
denn auch unglaublich woblthütig anf diesen blutarmen KSrper;
jedoch hat es etwas lange gewähret, eh der Harn wieder sauer
geworden.
ich tadle gerade die Aerzte nicht, welche solche Blnlhuren
machen, denn ich denke, sie handien nach ihrer Ueherzeugiing,
thnn ihr Bestes auf ihre W^ise, wie ich es auf meine Weise thue;
aber das GestSndnifs wird mir wohl niemand übel nehmen , dafs
mir diese Kuren nicht gefallen. Mir scheint, so weit ich nämlich
im Allgemeinen die menschlichen Körper kenne, ein Theil der
— an -
Kranken, die der alWinigen Gewialt der KranlihHt nicht nntcrlie-
gen würden, iiiH«H«n dar veceinten Gewalt sulcher Arznng und der
Krankheil nochiTendif^ unterliegen.
Gelbe Geticktt/arhe.
leb babe früher geglaubt, dafa die im Gelbe oder Hnrnngetbe
■pieiende Geiichtsfafbe manchen Menschen twi Nalar eigen sei
' wie die Fnrbe der HEWue; Jetx| bin ich attet anderer Meinung.
Den SftHniern nod Italifiitern ist eine solche Geaichttfarbe eigen;
wenn aber Leute unserea Himnwlssiriehes, ohne dafs sie aich der
SoHimerionne oft und viel ansgesetit haben, gelb oder braus aua-
aehen, R]8^.w£^en sie von der Senne verbrannt, so ist dieses ein
Zeichen des Mehr oder minder feindlich borilbrwB galleabeoodem-
den Organs, bei welcher Berübrüteit dos GefTihl der Geauodtteit,
gute Verdauung nnd wlbst VieUeiscbigkeit bettehea tonn. E» ist
freilich nicht immer bestimmt, dafs die BeeiMrächtigung der Gal-
le nabaondentng eis Urleide« der Leber sei; e» kaon eben s« gaC
Bauch vollblriiigkeil sei», die sveh als beeintrflohtigte Gallenabsoa-
derang ofEanbaret. Wie sich alier auch die Sache verhallen wtKg,
aof alle Ffille ist es rath^am, wenn man einem hierliüidiscben Men-
schen Hülfe leialcn soll, der hrauoe oder gt-lbe Geaichtafarbe hat,
dafa man auf die Leber besonders sein Augenmerk ricfalet, und
Hieb gar nicht daran kehret, wenn er ulbst, oder seine Freunde
bebaii|MeB, die gelbe oder braune Farbe sei seine natürliche ihm
angeboctte Gesichtofarbe. Beim Schlüsse der Rechnung wird es
sich schon RusweiseD, vb der Kranke und seine Freunde Recht be-
halten, oder der ArsL Der gelehrte Heilkünaller aber, der gegen Le-
bertterubriheit Iceine andere Waffe- kennt als Brechen, Laxirea und
eine Hetie bitterer Extrakte, oder der aus- Voturtheil von der apo-
thekerischen SudelkScherei nicht lassen kiwn, der braucht sich wahr-
Bcheiolicb den gelben' oder brauosa. Weihern nicht als Bleichmei-
ster ansulragen, en wird a>il Schande absieben müssen. Je ein-
facher man die Sache angreift, je besser glückt die Bleiche.
Das auffallendite BeiapieL der Art habe ich vor uegefShr 14 Jah-
ren erlebt. Eine junge, hier geborae Frau, die jedermann nie an-
ders als gelb gekannt hatte, bekam, die damahls herrschende Ge-
hirnkrankheit, bei welcher in manchen Fälleit, ia dem gegenwSr-
tigen aber vorzugsweise, dds Gehirnleiden consensnell auf die Le-
ber einwirkte. WoUte i«h sie heilen, so mufsie ich wel dat con-
sensuelle Lebn-Ieiden, weloha« dioble, zum Urleidea m werden,
besonders berückaichtigeD. Bei der Geneanng liefs ich, nnler de«
Vorwande des zu verhüleoden Bückfalles, lange Zeit eine gleich-
theilige Mischung von aliokendem Asant und Kr8henaugentinklur
nehmen: dadntch habe ich die gelbe Frau voUkomnea gabbicfat,
- 873 -
so, dafa sie einegcunde, uMiriicbe Flenehferbe iMsksmiHrn. IMb-
aca ist nit^l der eimig«, «bar «ir gerade der merkw^fdigsle Fall
der Art, weil ich die Frau mit ihrer garaiigen Getrichtararbe von
HiTer Kindheit an gekannt, mich mithin ia dieser Htnafchl nicht
anf die Aaaaaga anderer Menaehen xn veriauen bmocfafe. llBlie
ich riter a««b anr diesen einzigen Fall erlebt, ae wSrile er hin-
reicbea, mir die aogeblich natürliche, angeborne. Spanische oder
ludiäaiaeba Geaiabttfarbe nieerer Kingeberaen faöctmt rentiehitg
Oefötwchl.
Ich habe ehntelne Fälle von Gelbsucht erlebt nnd den leisten
uMb IM Jahre 18S9, wo die Menschen van be^Kodigem Erbre-
chen gaqnälet wurde«. Hier kam keia Gran Galle ia den Dann-
kasal, denn der Darsakotb war gaax weifs nad die Gelbsucht gani
anagelMMet, allma bei jedesmahllgam Erbrechen wurde gelbe, ganz
bhiere Galle aosgeleeret. Es ist also wol offenbar, dals bei einer
aolcben' Gelbancht sich die Einmandnng des gemeinschaAlicben Gal-
leagaoges in des Zwölffingerdarm in einem ähnlichen Zastande
befindet, wie der Mastdarm bei der Rahr. Durch den heftigen
aatagonist lachen Reis des Erbrechens wird die Znsanimenxtehung .
der Gallef^ngmüadang gelSael nnd ein Theil Galle in den Ma-
gao getrieben. Wahrscheinlich sind solche Gelbsncfaten (die nichl
■ttiaier mit Erbrecfaea varbnadaa an sein braocfaen) grade dieje-
aigea, welche man mit gelinden Laxirmitteln heben kann, nnier
daaen die Alofi sich bei eiaigea Aeniea ein sonderliches Zntraneil
erworben. Ich glauba aller nicht, dafs alle Gelbstiabten solcher
\atiu sind, dafs sie mit Laxirmiüeln, oder Tonugsweise mit Mot
XU heilen wttrea. Ob man auch Gelbsucht Mit consensaellem Durch-
falle durch Laxirmiitel, naraeBdich durch Alae heilen künne, will
ich denen au entscheiden überlassen, die uns solche Mittel als die
möglichst besten in der Getbsnobt anpritisen. So viel ist sicher.
Gelbsacht mit co n sensuell em Durchlaufe Terbnnden, ist awar eine
Krankheit, di» nicht aii den alltagliehen gehttrt, aber sii den gana
seltenen kann man sie aach oichi rechnen, und sie ist etwas häk-
licher su behandlen als die gewöhnliche, bei der die Menschen
eher rerstopft als durehläufig sind.
Räthieikmfte SeiwulitverAärtung in der Ober-
bttueAgegend,
Im Jahre 1829 kam sur Herbalaeil einer unserer Nachtnfich-
ter SU mir, wegen schmersbafter Leiden in der Oberbaucfagegend.
Durch das Gefühl konnte ich wol eine Spannung io dieser Ge-
— 374 —
gflod, absr- sonst nichts RegelwidtigM eudmkeo. Di» Geapannt-
heit war aach nicht -ausgezeichnet, Mndern nur so, wie man st«
oft genug antrifil. Nach dem, was die Aosfragong ergab, konnte
ich nichts anderes nrtheilen, als dafä die Leber erkrankt, und dia
Erkrankung derselben schon langer müsse bestanden haben'j ohne
jedoch früher dnrch eigentlichen Schmerz das GieiUDdheitsgefUhl
zn beeinträchtigen. Ich versuchte die mir-durch den Gebranch be-
kannten Lebermiltel. vergebens; das letsle, was ich ihm gab, war
die gleicht heilige Mischung von Brechnufs- und Asantlinktar. An-
geblicb bat er sich bei dieser Arsenei am besten befunden ; das
heifst wol, sie hat ihm die schmershaften Gefühle beschwichtiget,
ohne heilend auf das Uebel einiuwirken. Ich sah ihn jeixt in
luehren Monaten nicht; er Tenrichtete sein N'acbtwBchiergeachäfi,
hat aber, wie ich in der Apotheke gesehen, den Gebrauch der ver-
ordneten Arxenei fortgesetzt. Eines Tages erscheint er wieder bei
mir, und erklfirtj sein Uebel sei seit einiger Zeit verschlimmert t
es habe sich nach und nach eine grofse, harte Geschwulst im Ma-
gen gebildet. Früher sei er nach dem Essen vol pustig gewesen,
jetzt aber habe er, wenn er nur ein Theescbüsselchea voll Speise
zn sieb genommen , ein Gefühl im Magen , als stecke eine unge-
heure Masse in demselben. Bei der Uniersuchnng Hihlte ich in
der linken Seite der Oberbauchgegend eine harle, sichtlich nach
aufsen hervorragende Geschwulst von der Gröfse eines Kindkopfea.
Glitt ich mit meinen Fingern von dieser Geschwulst nach dem rech-
ten Ilypochondrio, so fühlte ich, sobald meine Finger von der Ge*
schwulst waren, nichts Hartes mehr, nur eine gewöhnliche Span-
nung, wie ich sie audi friiber gefehlt. Auf meine Bitte nnlei^.
suchte unser Wundarzt, Herr Schtllenierg , die Sache, konn-
te aber eben so wenig einen Zusammenhang der Geschwulst mit
der Leber entdecken als ich. Ich wurde ganz iire in meiner Er-
kennlnifs. Nach der Lage der Eingeweide zu nrtheilen, mufste
die Geschwulst in der linken Seite der vorderen Magenwand sich
befinden. Da ich bis dabin immer gefunden, dafs Verbfirtnngen
in dem Magen mit Erbrechen hegleitet waren , dieser Mann sieh
aber nicht erbrach, so blieb mir die Geschwulst ein R&ihset, das
nur die Leichenöffnung ISsen konnte. Der Tod erfolgte nach lan-
ger Beillägerigkeit und gänzlicher Anszebrung den 2ten Septem-
ber 1830, Da ich abgehallen wurde, die Leichenöffnung selbst zn
machen, übernahm sie der Wundarzt. Ich habe faeinen ausführ-
lichen Fundbericht vor mir liegen; den Lesern wird aber mit ei-
ner Miitheilung desselben wol nicht gedient sein, also gebe ich
nur die kurze und einfache Lösung des Rathsels. Die Verhfirtnng,
die, nacb dem GefUhle zu nrtheilen, in der vorderen Magenwand
hätte stecken müssen, befand sich in dem vorderen, sehr vergrS-
fserten und- ganz entarteten Leberlappen. Der Grund, warum man
— 375 —
dorcb doa G«ßbl Itttinen ZumrumeDhang zwis^en der Verhärtung
und der Leber halte erkeoneii können, lag darin, da f» der übrif^e
l^il dea Leberlappens zwar in seiner Substanz entartet, aber nicht
T«rbfirlet war.
Einen ähdiichen, meiner Kunst zwar nnheilbaren, aber vor-
ISufig noeh nicht tddtlicben Fall, bei weichen jedoch die Verhfir-
tnng weder so groti, noch zo sichtiMr Kufserlich hervorragend war,
beobachtete ich im Jahre 1834 bei einem Zollbeamten. Weil ich
diaaes ManaeB lange schon verdorbene Leber kannte, und Kie, wenn
aie achmerzhaft aufgeregt war, schon ein paarmahl beschwichtiget
liatte, so konnte mich das Gefühl hinsichtlich der Diagnose nicht
irren. Wttre das nicttt gewesen, so hätte ich, blofs auf das GefiibI
iwnend, das Uebel für eine MagenTerfaSrlung halten miisHen, denn
die Vra'bBnnng aafs auf dem Magen, und ein Zusammenhang der-
selben mit der Lriter, war durch das Gefühl eben so wenig tu er-
keanen ab bei dem Torigen Kranken,
In Bariin, wo die Anatomie nie Mangel an Leichnamen hat,
habe ich mir in meiner Jugend Mühe gegeben, die Lage der Ein-
geweide durch Vtbaag so kennen zn lernen, dafs ich jedes dersel-
ben wol blindlings greifen konnte. Wozu hat es mir gedient? —
Bis Jetzt weils icfa es noch nicht.
Veher die SckvitrigAeit, Verkäriungen in der Höh-
le de» Bauche» durch da* Gefühl vu entdecken.
Auf diese Sofamerigbeit bin ich schon im dritten Jahre mei-
ner Praxis gestofseo , und habe es mir deutlich gesagt , dafs man
in Baonhailnilg solcher Vei^ärtnngen Sufserst vorsichtig sein, nicht
einzig sein Fiogergefiihl , tondern auch alle andere Umstünde zu
Batlie zieheD loüzse. Balggeschwülate, die zwischen Haut und
Bauchmuskeln sich bilden, halte Ich Riebt für schwer zu erkennen,
sie haben umschriebene Grenzen und ragen hervor. Ich habe im
vorigen Jahre noch eine solche faustgrofse Geschwulst gerade auf
dem Magen gaschen; aber auch der Unerfahrenste würde sie nicht
mil einer Verhärtung des Magens verwechselt haben.
Die Verhärtung des Zellgewebes, die man zuweilen (jedoch
in meinem Wirkungskreise Sofserst selten) am Bauche tindet, und
die einen gröberen oder geringeren Kaum einnimmt, ist ebenfalls
leicht zn erkennen, wer sie ein einziges Mahl gefühlt ba^ kennet
sie über zwoang Jahre wieder.
Schwieriger schon ist die Zusammenkrampfung eines Tbeils
dar Banchmuskelfasero, die man zuweilen bei AQ'ektionen von Le-
ber oder Milz findet, von der io Eiterung übergehenden Hartheit
der Bauchmuskeln zu unterscheiden. Im vorigen Jähre habe ich
beide Fälle sa einer und der nämlichen Zeit beobauhtet, den er-
..ogic
_ 37fi —
sUd bei eioem Maon« im rechten Ujpochowlrio fad Jen sw«lM
bei einer Frau in der Unterbanchjfqgead. Ich ktmot« kei««B La-
lerachied iwisclien beiden finden, aufser, dsfa die in £iteiu«g über-
gehende Horte von Anfang an weit empfindlicber b^iia iuüuinm
Piucke war, als die, welche ich' ßir eine hWf^ ooweaviraUe Miu-
kelfaserzuBaninienkranipfung hielt. Leixla echiMvnte auch baiin
Drucke; alleip, wenn uiao nicht garflda pliiW^ darauf drückt«,
konnte man sie doch mit den Fingerp unlerawcbeo. Aber £reu
war 80 scbiuerzbaft, dals mir die junge Frau «je guMiittet bat,
selbige gehörig mit den Fingern xu untersuchen. Eh ich mit dM
Uand auf der Haut war, fing sie schon, an na kreischen wie toll.
' Es bildete sich hier «ine Eiterbeule von uäiäiger Gtöfse; wie die
geöffnet war, hörte alles Leid auf.
Am allerscbwierigsten durch das Gerühl zu erkenn«» sind die
Hartheiten, die s^h ^wischen dei« Bancbfelle und Am BaNchnu-
keln bilden. Dem blolsen Fingcrgctühle vertrauend, sollte mn«
schwören, man füblo Verhfirtangeo in ift Häbla des Bauches. Ich
habe davon einen sehr merkwürdigen Fall erlebt, den ich meinen
jüngeren Amtsbrüdeia «ur Warnang mittbeileo will.
Die Ehefrau des hier wobnhafteu Kanfmannes und Fabrikiuii-
ten Herrn J. H. fragte mich im Jfihre 18U5 um Rath, wegen einer
harten Geschwulst, die sie unterhalb des Nabels, unter den gera-
den BauQbmuskelo hatte. Ich hielt dafür, dafs diese Geschwulst
sich innerhalb der Scheide der geraden Bauchmuskeln befinde ; gab
jedoch zu, dafs die Erkennlnifs durch das Gefühl etwas ungewifs
sei. Die Frau fragte darauf eineq alieq Arzt um Ratb, dar zu-
gleich erfahrener Wundarst and Geburtshelfer war. Dieser erklär-
te ohne viel Zaud^n und ßedenken, sie sei schwanger, und die
Härte, die i^an fühle, sei die Gebärmutter. Man beruhigte sieh
bei dieser ^Vussage bis zu der Zeit, da die Frucht sieb hätte niii-
ren ipüssen. Weil diese gar kffin Lebenszeichen von sich gab,
Qng maif i|0 zu glauben, dafs der alte ärzilioha Geburtshelfer sieb
gröblich müsse geirtet haben. Man fragte mich jelst, was nun xu
tbun sei. Ich schlag vor, die Frau solle sich eiomabl ron dem
Prof. Günther in Duühurg untersuchen lassen, und hören, was der
ans der Sache mache. Sie witr das mfrieden und reis'te nach
Duüburg ab. An den ßhein kommend, ist das Wetter so stür-
misch, dafs sie die Ueberfahtt nicht wagt. Mau gibt ihr hier den
Elatb, sich von einem diesseitrheinisofaen Ante und Geburtshelfer,
der ihr nngeiUbr am Weg« wohnte, untersuthen xu lassen. Da
dieser viel guten Ruf hatte, und auch wo| wirklich ein verxtändt-
ger und erfahrener Mann war, so trägt sie kein Badenken, den Rath
zu befolgen.
Sie brachte mir einen Brief dieses Arzte«, in welches) er ftr->
klürle: sie habe eine verhgi-lete Gebürmutler und man könne nur
— m —
MM •agiiMiifs PragnoM BidUa. Sw baUe etoe Vnotiamg vdb
ihm g«g«B Jaa äcä^Ava n/fri, nnd branchte diese Mittel treu ei-
ne gemme Zelt. Eues Taget kommt lie za mir aad bittet mich,
ibreD Beaeb «a nntenDcbeii, es komme ibr vor, als fange die Ver-
birtuBg nn , mehr naofa asfaen herTonutreten. Aii idi uaebsebe,
werde iob gleieh anrerkennbare Schwappoog gewahr > nnd ratbe
ibr, tteb das Ding angcnblieldieh tob dam Wondarxte öffnen an
tassea. Sie that ea^ «od es erg^ sich, dafs die Termeindicfa
■efawang^e Geb&rmatter nnd die verhärtete Gebflrmntte^ aof eine
Eilerbeale Unaoalief. Der jetaige Kreiswaodant, Herr Kr4gtr in
Chve, bat ihr iva Abese& geöfiaet and gebeilet, aber bei der Be-
handBOg einige SMiwierigkeiten gefunden, weil der Eiter in der
Scheide der geraden Banobrauskebi herootergemcki war. Hin-
leaach hat die Frau Booh mehre Kinder geboren; mm Bewaiae,
dafs die Gebärmntter weder verhärtet noch sonst erkrankt war.
Da dar anlatat uqtertnchende Azat mir ohne Veranlassung über
des Fidl gesebriebeo, und ich aas aetnem Briefe sab , dafs er ein
verstlindiger Atann sei: so hielt ich.es für bUlig and böflieb, ihm
JelKt aaeh den Ausgang der Sache in berieben. In sefaer Ant-
wort sekieB er mir aber etwas betreten; er aifalte mir alles' da*
anf, was er aa dem Gebftrmattermunde und dpreh den Mastdarm
an der GebBnnutier gefühlt habe ; aber er mochte gefühlt haben,
was er wollte, am Tage war doch, daft er sieb veifüUt hatte.
Dieser Artt war Iceio junger Springinsfeld , sondern ein vieraig«
jXbriger Mann, er war kein Pfuscher, kein Lump, sondern nn ge<
aohtetor UeilkfinstlM; also «ine Warnung für alle Jai^e Anste,
bei ähnlioben FlÜIao vorsichtig in ' ihrem Urtheile «u sein.
Merkwürdig ist es mir, dais diese Eitenmg mit wenig Schmer-
leo ood ohne coasensnelle Darmleiden geschah, da doch Eiterung
in anderen Theilen des Baucbaa (in dea seltenen Fallen, wo ioh
sie sab, maobte sie sich in, oder unter deo Muskelfasern der que-
ren Banehmuskeln) mit mehr oder minder deutlich aasgosprodM-
nem Darmleiden gepaarat ist. Allerdings hatte die Fraa auch ab*
weclmelBd Harnbeseiiwerde, di« ioh damabls als eonseniuelles Lei-
den ansaht hintemtaoh aber, da sie mioh wegen Urinbescbwer-
den schon ein paarmabl om Ralfa gcfri^, au einer Zeit, w« je-
nes Abenlener scbon vetjäbrt und fast vergessen war, bin ich awei-
felbaft geworden , ob früher die Urinbeeahwerde sich nicht hlofs
aaiilllig bei dem Baoefamn^elabsaesse eingefunden.
Eiterung de* PtoatmHiAel$.
Die Entnindung und Eitecung dieaea Muskels habe ich nur
sweimahl gesehen. So viel leb begreife, ist die Erkenntnifs die-
ser Entsindung sehr sehwierig, ja fast unmöglich ; denn der Sobmen
- J78 —
im Raekan nn<! die bahioderle Bvwvgnog daBl Sch«iri»h fiirdel >ietl
eben so, wo ntctit at&rk«r, oft genug bei dem Rbeumndsiiiaa des
KSckeDB. Ich glaube, daii ich mehr den» Eininnbl Memehefi mt-
nöihiger Weiaa das Blut abgezapft habe, blofs ftDi Furcht, ibr
heftiger Schraerx möchte Enlzditdang das Paoai aein. Bis jetst itt
untar meinar Bahandlnog dar Psoas Doch alcbt ia Eiteruag über-
gegangen; ob ich aber eine wirldioii» Enuiiadnng daaaalbeo je-
mabli unter Hflndca gehabt, ist aacfa zweifelhaft.
£<9 fragt sich, ob bei der wirklichen EotzünduBg dea Psoaa
das Putaadertfiieni oODaenanell müise aufgeregt «ein, ob ein acbnel-
Ivr and kräftiger Pula nothwendiger Begleiter dieser EotaSndang
■ei ? Auf diese kilzlicbe Frage weift ich aber nicht mit Beatimmt-
beit SD antworten. Möglieb ist es, dafs bei EnlzündoDg der dem
Rückgrathe nahgel^eoen Organe das Rückenmark coDsensueil er-
griffen wird^ dafs diese oonsansuelle RSdcenhiarkaffektion eine ei-
gene, ans, wegen der Seltanbeit teloher FSll«, wenig bekannte Ein-
wirkung anf das ATteriensjatem bat. Folgender FaU acfaeint ^e-
•ea wahrscheinlich xa machen.
Ein LandmAdchan wird vermeintlidt von einam heftigen Rhea-
matismus dea Rückens ergriffen, sie legt sich auf einen Sack mit
heiisem Snade nnd vermehrt den Schmerz dadurch sehr. Da sla
aber nichts anders weifa, und alle Leute ihres Schlages sagen, dafii
es das beste Mittel sei, so hfilt sie die peinlicbe Kar aus. Es modi-
te der sechste Tag sein, da ich zufällig hinkam. Der Sofamerz safis
in den Lenden und zwar in den Muslwln der linken Seite. Beim
Druck vermehrte er ; Oeschwnlst und R3tbe war nicht zd sAem.
Dieses Mädchen, welches einen grthtliehen Sehnen ausstand, hat
so lange ganz mhigen Pnia behalten, bis die in der Tiefe eneugte
Eiteniog so weil vorgerückt war, dab man Flubtttation fühlen konn-
te. Da nur dieser Fall äoberst merkwürdig schien, so habe ich
ihn so genau wie möglit^ beobacittet, die Kranke ott vor Mittag
und dreimahl gegen Abend untersacbt, aber ihren Pols jedesmabl
hinsichtlich der Geschwindigkeit nnd VoUheit dem geanndhcili^fr
mflfsen Tollkommen gleich befanden. Dals hier das RiickeaMiark
eonsoosnell ergriffen war, ist keinem Zweifel unterworfen j ja, das
consensnelle Leiden dieses Organs mnls zum Urleiden gewordm
sein, denn wie der AbazeJs geftftnet war, nnd die Kranke, die, bis
dabin wegen- der Heftigkeit des Schmerzes in Einer Lage verbairei,
nnn, aam gröfsten Tfaeile der Schmerzen erlediget, sich bewegen
sollte, ergab sich, dafs üe' eine Lihmong der unteren ExtremitS-
teo davon getragen, von welcher sie jedoch darch den inneren (ie-
brauch dea Kupfers spKter vollkommen geh eilt wurde.
Hier darf man nicht zweifeln, ob eine wirkliche Enlziin-
dung eines Tbeils der RSckenmuskeln vorhanden gewesen, denn
die Eiterung stellet diesen ]hnikt au/sez allem Zweifel; nnd dosb
— tn ~
war imt Pida, bis zw 6iig«riich (bIiUmi«b Eiternngf, uJofat in mia-
&ntan b—chlemigiBt. Dia Lewr kSnnua TMUcieht denk«*, we-
gea du coDMBUieU afisiitaa ftock^inarki» habe der Pols wider*
natnrlich laagmm , anasetiend , «der aaf irgend eiae Webe aar»-
gdmiing gtmdümgm. leb TenKbere aber anf das beaüaraleate,
daia er gva r^elmSfaig, deai geaandealen Polie rnllfc'ttmTii gleich
getcblagea hat.
Der hoBB li^ dscb bub aa«h de» Rädcgraihe nahe geneg*
aUo kana ei mißlich aain, daii bei der Am/»* ia elaselneo Fällco
das Rüekennark «aefa cooBeaaneU ergrtSeD uad dadorch eiae eige-
ne Eiawirfcai^ auf dea Kieifllauf genraacht wird. Zum weaigaiea
itt, biasiclillieb der Diagnoetik, der enkhite Fall, wo nicht aebr
belehreod, deefa aebr xweÜelerrogend.
I(^ habe eiost einen an der Vereitening dea Paoaa geatorbe-
oen Mann geöffnet. Bei diesem ans Nengier anleraommenen Ge-
■ch&fte Bii^en mancherlei aeltaame Gedanken in mir aaf, von de-
nen ieb dem Leaar etwas lutubeilen will.
leb aah, dala der Eiler aieb einen Weg an des Schenkdmua-
keln gebabnet nad aeben daa Fleisch um den Hala dea Scheniiel-
knocbena noierböfalet hatte. Der Paoas war ganz verschwuaden,
gaai in Eitw anfgelöset. Da nun diesen psoatischeD Eiienaek
■ichta mefar tod der Baochhöl^e aohied ala daz Baachfell, so iai
oSBriHU', daCs letztes zieh nicht leicht enuüodeo läfal; eatzSadet*
ea ai<^ leicht, so wScde der Eher sich bald einen Weg in die
Bandihahle gebabnet haben. Wie k&nnen nnn die Aerzte, son-
derlich die jüngeren, ao wunderlich von der Perilotutit trttnraenf
Diese «oll, wie man aagt, leiobt in Verbirtung , oder Vereiterung
der Banohmn^eln übe^riien; ich bin aber der Meinung, dafs in
den mustea Fällen daa, waa man für AnYeai'fw bftlt, wirklieb
eine Enlzündnog eiaes Theilea der tieferliegenden Banchmoskeln
sei, (des Trtmnertiy oder OUiqui mtemi) Welche dnnn früher oder
spiter in Eiterung äbergehel. Man muA sich gar nicht wundern,
deb dabei der ganze Bauch schmerzt, ohne dafa der Kranke be-
stimmt einen einzelaen Fleck als den Sitz des Uebels anzugeben
vermag; denn wegen der flachen Aoadefanung der queren nnd schrä-
gen Bauchmu^eln, die doch den ganzen Bauch «maehliefsen , iat
es begreifiit^, da& der ganze Mnakel leiden nnifs, wenn ein Theil
desaelhen erkrankt ietj und wegen der genauen Milleidenbeit, die
swisi^n den Bauehmnakela und den Dinnen obwaltet, iat ea eben
so begreifitcfa, dafa, durch eine.conaenauelle achmcrzbafte Anfregnng
der letzten, das Ganze die Form etnea inneren Banchleidena anneh-
men mnfa.
Den merkwürdigsten Fall der Art, von dem ich aber nur daa
Ende, nicht den Anfang beobachtet, eriebte ich in dem Niederlän-
diachen Gren»lfidtchen G. Ein junger Mann hatte im Inneren Ton
- 38d —
H«llBad krank gvlagsn, Mgsblicfi «n wfar heftigen, Bcknieniliiifi'Mi
BMchMdcii. Er war sweif«lfaart,'eb die IleAiskeit mihm Uebela
^nroh, oder bei dem Gebrauche der Arsenei nitch and Dach abge-
neameD. Kaaia veffabrbar, haiia er midi la seinen A eitern bria-
sea laMen, nnd ich wnrde g^ebeten, mich seiner atnanehaen. V.w
war naser, beltlttgerig, und «ein Pule ecbnell. Da er voniglieb
Gbei die rechte Seite der Unierbauchgegend klagte , «o balle ihn
der im Orte wobnfaaCie Wvndant aebea anUrsncht , nnd in jener
Gegend, in der Tiere eine Verhärtung gefunden. Ich begriff leicht,
dale dae ganie Elend des Maaaee in «iner EnfsiBdang des ilwf
mtli tranwerii seinen Gmnd gehabt , und dais die Heftigkeil der
consensnellen Baucbleiden nicht durch die verschluckte Anenei,
sondern durch die eingelreteae Eilenag nach nnd nach gemildert
sei, nnd dafs es jetzt blofs darauf ankomme, dem Eiter den Weg
aa<^ Aufaen m bahnen. Ich rieth also dem Wnndarxte, einen er-
waicbeadttD Breiumschlag aufinilegeo. Da ich nach eilichen Tagon
den Kranken xnm .aweiien Mahle sab , nnd durch da« Bfthen die
Sache dorebous nietit gefördert ftiad, der Wunderst nun ancb die
sehr riditige Bemerkung machte, dafs das wol eiaa ron den ewi-
gen Kuren werden wirde: so Terordnel* ich nm inneren Gebraii-
ehe «ssigannres Kapfier; wodurdi die Eiterung so rasch bafördnrt
ward«, dafs m^n alter wundinttlieher Frennd, weil entfetnt, die
Knr eine ewige eu nennen, sie nicht einmahl su den langweiligen
rechnen wollte. Naehdem der Abszefs geöffnet war, kehne di«
Gesondheit des Mannes bald wieder in das alle Gleis xurück.
In dem voiliegenden Falle, wo nach aller Wahrscheinlichketl
Entiündnng nnd darauf folgende Eilemng in einem Theile des que-
ren Bauobmuskeli begann, hatte der Eiter einen Kufiant knrien,
gemächlichen W^ in die BBucbbfthle gehabt, nnd doch bat «r den
Weg nach Anfsen g«w&blt, wo er sieb durch zwei Muskeln und
durch die Haut, EntxQndung und EiieruRg dieser ThcHe erregend,
durchgearbeitet. Hier haben wir den deutlichen Beweis, dafs das
Banohfell weder leioht entzuadbar, noch leicht vereiterbar ist. leb
glaube, dafs die Natur itberhaupt weit klüger ist als die gelehrten
Aente. Wäre das Bauchfell s6 leicht entiündbar als die Haut, so
würden ja Ci>*ch Aefaulichkeit ron der Haut anf das Bauchfell an
schliefsen) ron einer solchen EniaÜndung die fQrcbterlichstcn Stö-
rungen der Verricblnng aller Baoobeingeweida entatehea, and ein
gans mRtiiiger Grad der PtriUnitU müfste fitst anbedtagt nnd sobnaU
t5dtlich sein.
Ueber die Diät der %% Magen- und DarmaÜHreer-
zeugung geneigten Mentchen.
Wenn Magen- nnd DarmsSnre ihren Grund in einem krank-
haften Znsland der Leber, der MiU, des Pankreu, des Pforiader
~ Mt —
ajilMas, oder eiDM amler«« Oi^on hat, lo mufi idbw sDolien iut
Qrnmiiih^ m heben, sonM kann •■■■ «ol iKe variiaBdene SAitra
RCHlraliiirea , aber die Geneigtheit so Eneagong deraelbea nidrt
beben. Da ea aWr schwierig, ja faat aonögfioh isr, manch» cfaro-
aiaehe,^ oder ai^eeHrte üebel der Bingeweide gründlich ■■ heben,
to Ufat ncfa aaeh iKe Geneigtheit aar Süareeneegang nicbl inamu
grnadlich heben. Um so aöthiger iet ea aho, leia Angeamerfc aaf
dw IMfit n ricliten ; denn ein üMge«! geaand«> Meaeeh, dai heibt;
ein aoiekar, «reicher xwsr kftrpertlcbe UnvollkoninwnheiieD haben
kaas, abes keiM kranbbafte GafflUe bat, will doch flicht beitin-
Ag Aneni aaieo ; ja aHe Araenei hilft hier allein nichta , wemi
Mckt tämm aweekaittfnge Diät beobHcbiet wird.
Daa Erste und Nntbwendig«4e, was die Sliireersenger beobaeb-
tea aiüeaeH, ist Mküngkeit in Essen aitd Trinken. Die Eigen-
schaften der Speisen sind es nicht blofa, die eine snure Gthrnng im
Magen bewirtien, sandarn auch dm M&verfaaltBift ihrer Menge xii
den VerdaaBBgikrirtMi das Magens. Mt weifs aber nur m gut,
ni» sohwierig es amnchen iSAareeraeageni wird, itAüig an essen,
Mufem B>e suweilea etaen nastillhareD Hnager haben.
Atta Sappen, sie mögen Naaien haben, wie sie wollen, sind
den Siareeneagero bftelKt sofattdiieb. Wer durcb gate Diät es sO'
weit gehiadM hat, keine Besebwente» mehr vnn der SNure sa b»-
ben, der wird nach der ersten oder iweiteo Mahlselt, we er Smp*
pe gegessen, noch keine Beschwerden ffihlen; wenn er aber acht
oder rienehD Tage am Soppenessea bleibt, wird er achon merken,
da£t saia altea Uebel sieh wieder einMellt. Ich erinnere mich, nar
Eiaeo SobrifMtelter geleaen xa haben, der meiae Beobachtung, hfo-
skkalicb der ^ppe, heat«t^, und das ial EttmWer. B^reiflteh
ist in dieser Hinsicht die eine Suppe fibler als die andVe; so be-
wirkt Kalbflei Hefa Etappe, GersteMQppe' mit Wein, Biersuppe and an-
dere« Boloh schlabberige» Zeug ehe» die Sfiai« als gute Kindfleiach
sBppe;' aUciii man muft sieh doch triebt tHoschen nnd in diesem
Pnakta nach Theorie, eder naeh vorgefefster Meinung, oder naeh
altem HerhoaMiie» nrtheilea wollen; auch Rkid-> Schaf- end'HOh-
nersnppe vernrsechen denen sar- SBnreeraengnng Geaeigien Sffure.
Der SRniaenai^er darf vor lHBtia|< weder Brot, Bwerbrot,
FMfeeb-, D*eb kgend ein festes ^£Ab^Hlgamillel an sich nehmen,'
soodeen' nuifit sieb, mit ei» paar SohSlchea Kaffee oder Theo be-
gaSgea; Sahne darf er ^ber nicht snm Kafiee tfaua, senden blofs
einfaelie Hüeb.
Mir hat scbot» 1« sweiien Jahre der Praxis dieae Leine ein
allen Dsttandiar Förater gegeben, nnd awar als difitetiselie Regel fSr
den Reiter. Hernach habe ieh sie anch in einem allen Schriftstel-
ler gefanden als dlgemeio« dfaie*rache Regel fiir den Sftureerxen-
ger. Ob ick SB aber bstoa Ettmüthir adei beim Paracetut» gele-
~ S8S -
MH, ist mir niclit mebt erina«riieh, m wird Bach wel nielil d«r
Mübe wenh s«n, diuer K]eiwgk«it wsgeiit drei FoliaDlcD du-ch-
«astöbem. leb telbit habe diese Re^l oft und viel bewahrt ge-
fanden, aie mancheni Meoscheo mitgelbeilt, der aie für IreffUoh
gnt erkannt. Uebrigeas nrafi man nicht denken, dafs die Eetbal-
tiiBg TO« FröbstHcke eine grofse Baftnbung sei; wer ücb einmabl
daran gewöhnt hat, findet nicbti Lästiges mehr darin.
Was nun die einxelaes Speisen und Geirfinke betrifft, so bat
Jedes Land seine eigenthänliohen , es )Kfst sieh , wenn man hlofs
ans Erfahrung spreoben will, keine allgemeine Vonehrift darüber
§eben. Jedoch möchte ich im Allgemeinen den Satz als der Wahr-
heit sehr nahe kommend aafstellen, dafs nicht sowsl sanre Spei-
■en and Geirftnke Sftnreeneugeni schädlich sind, als rielmebr sol-
che, welche in Magen aod Darmkanale leicht in aaore Gfthmng
äbergehen.
Bier zur Mahlzeit getranken, sei es anch hinsicbtlioh seiner
Eigensc|iafien ganz untadelhaft, halte ich doch f5r aagesand. Es
ist ein flüssiges, krüfiiges Nabrungsmiltel; wer dem Magen sein
bescheiden Tbeil Speise gegeben , nnd überschwemmet ihn nodi
obendrein mil Bier, als sei dieses ein nichlsbedentendes AaJs, der
brancbt sich eben nicht zu wandern, wenn der Magen, anflhig,
diese zu grofse Masse nährender Stoffe gebSrig zu Terarbeitea, sie
in saure Gähning übergehen läJsl.
Wein zur Mahlzeit getrunken ist den Saureeraeugern aaeb
nicht gut. Wollen- sie Wein trinken, so thun sie e« am besten
nach ganz vollendeter Verdauung, Abends um sieben Uhr tun
noch später. Aber auch da müssen sie mit den Kräften ihres Ma-
gens Halb nehmen. Trinken sie mehr als sie verdauen kSnaen,
SD säuert ihnen selbst der beste Wein im Magen. Ferner sellM)
sie ihren Magen auch nicht mit dem Weise Knall und Fall über-
slSlpen, sondern ihn langsam trinken, da werden sie ihn besser
verdauen: z. ß. wenn jemand von sieben bis neun Uhr Abends
ein halbes Preufsiscbes Quart leichten Wein tränke und dieses be-
käme ihsi gni, se wurde es ihm nicht gut bekommen, wenn er es
in einer halben Stande aasleeren wollte.
Päracehia sagt , den zur Sänreenengnng Geneigten seien ge-
mischte M'eine höchst schädlich. Etwas Wahres ist an dieser Be-
hauptung, nur ist das Wahre zu allgemein ansgedröckt. Ob die
Mischung mebrer Gewächse mil einander die Sänrnng im Magen
befördert, wird wol von jeder besonderen Mischung abhangen,
worüber ich im Einzelnen nicht nnheilen kann, weil ich diese Mi-
schungen nicht kenne, die Weinhftndler anob so freundlich nicht sein
werden, mir selbige ansazeigea. Eine weinhändleriscbe Miscbang
kenne ich aber, von der ich gewif* weits, dalä sie ganz unsi^äd.
■ich ist, das ■•! die des gemeinen Bleichers mit Tavellewein. Es
— 383 -
imi gewSlmlicb vm Leuinn eio Vlertat and ron Emem drei Vier"
tel gcoonurai. leh habe nidi übcnenget , dnfs elo Mag«« , i»t
doa gamsiBeD Bleicher Dicht vertrSgt, jene HiBcbang gut verttfigt
nod daf< lie ihm keine gXnre veninacht Wer aber den Geachmsok
in TavelleweiMs kennet, dem kann i«r WeinhSndler nicht wol
aolchen Miechinnttch für Bleicher Terlotnfea. ") Anch die Miacfanag
des gemeinen Rbeinweiaei, oder asderer mit dem Rheinweine ver-
wandter GewSchae mit Teaeriffswein ist nuehSdlidi; die gerin-
gen Getränke bekemmen dadorcb iur den Niebtkeniter den Ge-
aebmack Mierer, edlerer Weine. Schaden kann dieae Miachung
nicht, denn der Teneriffa iat gerade fiir LeiUe, welche nr Sftore
neigen, ein trefBicher Wein nnd gar nicht theuer. In den Herber-
gen wird er vielffittig für Madera veracbenkt, welche swei Weine
wol Aehnlicbkeit im Geadimacke, aber grorae Unafanlichkeit Im
Preise haben.
E^ne hdcbat schSdIiebe Miaohng, welehe die Welnhnndler mn-
eben, iat die, dafs aie erkrankt«, in Gährang übergegangene Wei-
ne mit gesnndeo veraebneiden. Dadurch wird der Geruch nnd Ge-
acbmack dea kranken Weinea für den Nichikenner allerdinga mehr
oder minder veralecki; kommt er aber in den Magen, ao flingl er
aa m gftbren nnd macht den Menschen , aelbal 4n aehr nififsiger
Menge getranken, allerlei Besehwerden.
£ine Uaapt- nad Gnindknr dea auf jede andere Weiae unheil-
baren Weinea aoll aeio, iaS» «r in einem mir nnbekannlen Ver-
hüllniue mit Most gemischt wird. Dnrch die nene GKhrang, die
sieh nan dem ganzen Gebräiide nittheilt, aoll der kranke Wein
wied.er gesand werden. Ich will es aber lieber glauben als die
Geanndheii des gebeilten in meinna Magen erproben.
Von den Versnchen, die man aaberhalb dea Körpers mit Wei>
oen anstellet, labt sich nicht wol mit Sicherheit scblieben, ob sie
Hcbwachen Magen zuirliglich sein werden. Könnte man einen sol-
chen Schlafs wagen, so mfifste man alle die als achSitlich verwer-
fen, welche im Frühjahr oder im Sommer leicht ia Gährnng fiber-
gehen, nnd nnr durch die Gewalt der aehwefeligen SSnre von die-
aem Gährnngaproxeaae absnfaalten sind. Die Erfahrung lehret aber,
dafa manche atdeber Weine, m welchen man mehre Italilnische,
Spanische und FransÖaiache reebnen kann, den achwachen Magen
gerade am zotrSglicbaten sind ; wahrscheinlich weil der Früblings-
nnd Sommergtiirnngaprosefa , den die Wein« im Keller untei^heo,
von dem Gab rang* proxesae im Magen sehr verschieden ist.
Ich habe so eben vom Tavellewein gesprochen; dies Ist ge-
*) Die PrenrtUcbeD fanhcn Elngingirechtc vcrtbenern jeiil dea TavelUwiin lo
lebr, dsri ihn wnl kcio Weiobüadlcr ncbr tur VeradlDog dti grmeinaa Rhein-
Ueicbcr« ««brapfhea «ird. i
- sw —
nie flJB •«rfcher, d«r, wwib iirt Priibjahr und SwnmM- Mictil geiiM
anfgamerkt und er mit ScbureM goirihijiggt wird, kiekt m nare
Gahrnng übergehet ; und doch ist dieger Weia den mr SHnre ge-
neigten Magen aehr anlrl^licfa. Er wird aber kbifig von den Weii^
kAndlern mit geaieinem rothen Weibe remiicht, wo er dann eine
mehr edcr minder dimkelrotfae Farbe bekommt. UoTennisefat hat
er eine gani hsllrethe, die nickt dnakler aeia darf ala die de« re-
tben brausenden Cbunpagnen.
Boardeauxwein ist nacfa ein s^ geie« GetrAnk Tür aSifreer-
lengende Magen, nur Sobade« dafi £e MeaecbeR ihn gar zn wefal-
feil baben wollen, und die Weinfaändler, die doch die hoben Ein-
gaegsrechte davon bezafalee müsies, m allerlei Minbungen twIb-
gea , die dem Magen uoht immer wohltbnn. Ciott mag wisaen,
welche Mitchangen hent zn Tilge für Bonrdeauxweln rerkaoft vnf
den, meistens wol geringe rotbe Rheinweine mit tvokKeilen Spa-
nisehee veiacbnitten. Die WeinMlodler sind in der Kunst eu mi-
schen so weit gekoinmm^, dah sie den Lernen ordentlich den Ge-
sehmnok rerhexet baben. Man setze den meisten MenscheD, die
aa die weinblndlerischen Mixturen gewöhnt sind', einen reinen
Beurdeanx vor, so werden sie sagen, das sei schlechter Wehi.
Anch Portwein wird von sSnreerzei^endenMBgtDgnt rertragea,
wenn er rein ist nnd nicht gar an starken Zusatz Toa Branntwein
bat; aber leider wird aueh dieser treffliebe Wein von den Wein-
ItAndlean im eigentliohen Sinne gebranet luid der Branntwein ni«fc(
dabei vergessen.
Von nnserm Rheinwein, Moselweinen nnd den mit ihnen ver-
wanrlien nnd vemachbsrten GewKchaen weifs ich wenig am Er- '
fahning zn sagen. Die besseren Sorten sind zir ihener, als dafs
man sie Leuten von mAiatgem Einkommen zum tflgHcben Gebran-
cbe raihen könnte, und die getaeinen bekommen den zur SSure
geneigten Magen nicht sondeiHeh. Von den Milielih euren scheint
mir ein guter Steger neeh der beste zu sein; der enrhält wenig
Sfture und macirt auch nicht lerclit Siave, voran sges er zt , dafs er
nicht weinhindterizcfa rermiaehi ist. Der Asmannshttascr roih» Rhein-
wein ist zwar den zur SKnre Geneigten nicht abznrathen, aber wet
deaenr welche' mit HHmorrfaoiden geplagt sind, dorn er treibt «Ke-
se offenbar. Uebrigens wird unter dem Xamen von Annannshtlu-
ser Ttel vericaaft, was diesen Namen nicht verdient.
Da an derNabe wachsende weifse Wein bekommt sohtvachen,
zur S&ure geneigten Eingeweiden recht gnt. Er hat keinen vor-
waltenden Geruch, eb^ einen angenehmen und weit milderen Ge-
schmack als der Rheinwein. Gerade weil er keinen vorwaltenden
Geruch hat, ist er den Weiohüadlern sehr dienlich ^ indem sie ihm
nSmlich, durch einen Kusatz von Rheinwein Geruch geben, kön-
nen sie ans ihm alle llheinweinsorien bereiten. Freilich in dem
Rhein« einlan<l« atthu wardeo di« Weintrinkpr etneifolche Mischnng
nicht far ecliien Rheinwein hiDRehmen, aber hier, Km Xiederrbein
yn4 in dem nhri^n Denuchlamle iit man Bchoii damit zufrieden.
Von den Speisen will ich nur kflnlich die berühren, die wol
in gani Uentschiand bekannt sind.
KTiben, iMöhren, Pastinaken, Kohlrflben, die WarMin der Pe-
lersiite nnd Seilen (vielleicht auch andere mekeranige Wurzeln,
wnrGlter ich aber nicht nach Erfahrong sprechen kann), Spinal nnd
Blumenkohl ninehen leicht. Magensfiure. Begreiflich ist aber die
eine Spehe in dieser Hinsicht lehftdlicher ala die andre. So tln-
ren Hüben leichter im Magen aJ» Mdhren. ^in zn SHorang ge-
neigter Magen, der «ich blofs mit Kartoffeln lüttigen will, wird
■leb ancb Ai«h( tonderlich gnt dabei be6nd«n; all Znapeite bei
andern Gemüsen werden die Kartoffeln besser reriragen. Trockne
ErbsMi and neifse oder branne Bohnen taugen auch nicht Ticl;
minder übel sind Linien. Geschmolzene Bniter als Brfih bei Kar-
tofTeln, Fischen n. s. w. mnfs ganz vermieden werden.
Besser werden folgende Speisen vertragen :
Branner nnd gräner Kohl, Weifskrant, grüner nnd weifser
Wirsing, ^fme Zacker- and Pellerbsen (letzte nicht zd reif), gro-
fse Bohnen f9icia faba), Sanerkraat, Vhesbohnen frisch nnd eio-
geinacbt, Salalbohnen, Spargel) Salat (Lnttig, Andivie), Melonen,
gelbe und weifse. Vom Obiia : saftige Kirschen, Erdbeeren, Hei*
delbeeren, die verschiedenen Sorten feiner Pflaumen, Pfirsige, Apri-
kosen. Uebler werden vertragen Aepfel and die gerneinan Sorten
tusaminenziehender, Oder nebli<^ter Sommer*, Herbst- nnd Win«
rerbirnen.
In Betreff des Fleisches bemerke ich , dafs alle Arten von
Fleisch gnt vertragen werden. Ist es aber sehr fett, oder wird es
fett mit Butler gebraten, so stört es die Verdannng nnd macht SBd-
re. Daher bekommen den nr Sfturang Geneigten Sefanepfen nnd
Krammetsvdgel, die in einem Topfe mit Butter gebraten sind, zu-
weilen sehr übel, sind sie aber am Spiefse vorsichtig gebraten, so
bekommen sie ihnen besser. Hühner und Tmibühner, die wif die
Weise der KnnstkSche beim Braten mit grofsen Schalen Speck nm-
wunden werden, urn sie weifs sn erhalten, bekommen den znr SSu-
rnng Geneigten, wegen des gebratenen Speckes, übel, iodefs ihnen
die «nbünstlich gebratenen gnt bekommea. Ueberbaupt ist das Br»'
ten mit Speck , welches besonders die KScbe vornehmer Herren
treiben, eine unkeneehe Kocherei> Wer dodi Speak essen will,
der esae Speck; wer aber Hahner oder Truthühner essen will, dem
gebe man sie ungefSischl. * Der Geschmack des Speckes waltet Ja
in allen Braten vor; es gebort ein wahtbaft bäariseber Geschmaolr
dntin, so etwas angenehm zu finden.
Vom Sobweinefldneh Ist «ine gatti venehiedeite Meinung wo-
— SM —
l»r den Aer/t«n. Salem, in dem Biieba ¥on Euchymie nnd Ka-
icouhymi« , lobet «■ sehr, im xneiten Bnchc seiner Heiiknnst rSth
er einem nn der Fallsucht leidenden jungen Menschen, er solle
das Fleisch aller vierfufsigen Thiere meiden, nur Schweinefüfse
dürre er essen. Die meisten Aenie sind aber wol der Meinung^
dafa es schwerer su verdauen sei als das Fleisch anderer Thiere.
Die künstliche Küche, die alles nnlereinnnder mischt, die mil
THiffeln, Champignons, Morcheln, Rocnmbole, Schallorien, Spani-
schem Pfefi'er, Knoblauch und allerlei JGewünten wundervoll schal-
ret, kann sich nimmer mil einem zur Säumng geneigten Magen
berrenoden; der mt^ ganz einfache Kost geniefsen , je einfacher
je besser.
Fische vertragen etliche zur SKare Geneigte recht gut, andr*
nicht; der Unlerschied liegt vielleicht nicht sowol in den Fischen
selbal, als in der Znihat, in der Butter, in den Gewüraen, in des
Zwiebeln, auch in den Kartoffeln, welche Manche zum Ueberna-
fse mit den Fischen essen. Am gesundesten ist wol der hollindi«
sehe Wasserfisch. Ich erinnere mich noch aas meiner Knabenzeit,
wenn die Holländer sollten lächerlich gemacht werden, so wurde
angeführt, dafs sie den Fisch blofs mit Wasser, Salz und Peter-
silie gekocht ohne weitere Zuthat afsen und dazn von einem Bnt-
terbrote bissen. Seit ich aber diese belieble Wassarsode SelbM
gegessen, finde ich sie weil besser als alle andre Fischgerichte.
Den zur Säura Geneif^len ist gesfinertea Brot nicht sulrHglicb.
Ich kann aber blofs atis Erfahrung über das gesäuerte Roggenbrot
sprechen, welches hier gegessen wird und eine schlechte .\bart de«
wesiphäli«chen Schwarzbrotes ist. Weizenbrot nnd mit Hefen bereite-
tes ungesäuertes Roggenbrot, oder eine Mischung von Roggen und
Weisen ist solchen Menschen zuträglich. Torten und anderes Back-
werk mfisscn sie ganz lueiflen.
Milch stehet bei manchen Aerzien in üblem Rufe, abergenifs
salt Unrecht. Wenn man jemand , dessen ganzer Darmkanal voll
SSiira steckt, blofs Milch geben wollte, so würde er sie vielleicht
Übel vertragen. Tilget man ihm aber die Säore durch neutralisi-
rende Mittel, so ist, beim Gebrauche dieser Arteneien, Milch daa
beste Xahrungsmill«! und das beste Getränk. Ja, ich bin schon
•inmahl in dem Falle gewesen , dafs ich aufser Milch kein ande-
res Nahrangsm iiiel reichen durfte, weil aufser der Milch alles aus-
g«brochen wtirde. Wunderlich ist es indefs, da(s es einzelne Men-
schen gibt, sribst unter den Landleuten, die einen Absehen vor
»ihr Milcfa haben; auch haben mir einige, jedoch sehr wenige,
versichert, dafs ihnen die Milch Dnrchfnll errege. Solchan Mea-
scben kann man sie freilich nicht wol anraihen.
Brei von Milch und Weizenmehl, den Bauern nnd Bürger zu-
weilen ganiefscn, ist nicbt blofii den mr Slare Geneigten, sondern
Gberhanpt Rllen mit AbdomiDalIei4e& BchafMen seUdlich; d«D
GruiKt dHvon kann ich freilicb bestinHnl nicht angeben, die Erfah-
rang hat es mich aber xnr Genüge gelehret.*)
Bnirermilch und Suppe ron Balteriuilch ist ebeDfalU den sni
SSiire Geneigten schidlieb.
Das ist mm so das Hatiptsfichllchste, was ich , in Beireff der
DiSt, nach meiner Crfahraog xu sagen weifB. Manches pafst auch
auf akule gastrische Fieber. Wenn man hier die Nentralisirme-
ihode anwenden will, so miifs man aber nicht blofs gKhrende Sub-
Bianxen, sondern die SSuren selbst meiden, denn sonst würde man
wol, Blatt Fortschrille zur Heilung la machen^ auf Einem Flecke
sieben bleiben. Wenn gleich, wie ich oben^sagt, der anballen-
de Gehraach der Fleiacbsnppe bei chronischer Neigung liir Sänre
wenig culräglich ist, so kann man sie doch den am gastrischeD
Fieber Leidenden kühn reichen, wenn man nnr Kalbfleisch -Suppe
meidet, weil diese Torzüglich leicht in saure Gihrung übergehet und
in erregbaren Dirmen Durchfall veranlafst. .Uebrigeos kann man
es den Menschen nicht tu oft einschärfen, dafa sie dem Kranken
TOr allen Dingen keine au mfichiige Fleischsuppe reichen. Milch
mit Weifabrot ist auch ein gutes Essen für B^uchfieberkranke, wie
Milch mit drei oder vier Theilea Waieer verdünnet ihr bestes Ge-
Irink. * Ueberhaupt fordert bei der Neutral iiirmeihode eine dieser
Heilart angemessene Diät die Heilung unglaublich.
Aeraie, welche die Ausleerungsmetbode in Anwendung brin*
gen, können den Kranken eine gaoa andre DiSt empfehlen, sie
können sie gfthrende Speisen und aaure GeirBoke nehmen lassen,
dagegen ist nichts einzuwenden. Das SchKdIiche, welches sie ih-
nen rathen, oder an nehmen erlauben, schaffen sie ihnen ja mit
ibreD aosleerenden Mitteln auch wieder aus dem Bauche ; milbio
kann es keinen bleibenden schSdlichen Einflnfs auf die Krankheil
Bufsern.
Bei der gealörlen Gallenabtonderang und sichtlich bei der Gelb-
sucht habe ich S8nren sejir schädlich befunden, so selbst, dafa ein
Fehler der Diät, den die Kranken in dieser Hinsicht begingen, zu-
weilen in Einem Tage die gaie Wirkung eines drei- oder vier*
tägigen Arzeneigehranches aufhob; dieses habe ich nichl EinmabI,
sondern oft genug erlebt, nm mich roo der Wahrbeil der Sacba
an überzeugen. Sollten andre Aerzte in gewissen 'Fällen daa G*-
*} Seit tek OM^t reicbrieb», hit nieb alat Fräs !■ i«B PiDkia wait gemacht
Wetbankrat, ^raab da, erMart ciaa Staida Zeit, üb far fabaekca (■
wardea, Waitsaabret bisgaseD iil hnlg, aobald iu UM mW der Hilcb or-
iaatlicb tiadel; «lia kaaa da* Hebi aasiSglieb gar, loadars nara Tatt rok
Mio, and wird wol datkalb baoebkraDkeB Haaieban ackleeht bakonuieD. ^
Waram, erwiadart« lob, lll^t maa daas dal llebl niebt gir kocbeBt — IMs
AMwart laaltt« : WsU mw ■• kalaaa Brri bafcaaMS wBH*. iw\r
-■■55 • ---u^'^
ftemh^il erfahren tu haben behaupten, to glaube ich ihnen aU
wähl haften Münnern nnd wenle in der Folge auf einem achiokli-
cheren Piinkie dieses Werkei unsere anscheinend widenprecfaei»-
den Erfahrungen auf eine einfache Weise zn einen versuchen.
Zum Schliisse über diesen Gegenstand bemerke ich noch, dafs
die Neignng zu Magen - und DarmsfiureerzMigung bei Leuten, wel-
che nie daran gelitten, durch den täglichen, wenn gleich mflfsigen
Gebrauch eines schlechten, gährenden und halb rerdarbenen Wei-
nes kann geursacht werden. So habe ich unter andern einen ManD
gekannt, der, ans besonderer Zuneigung fnr einen solch unnütsea
Gesöff verschenkei^M Wirth, alle Abend mSfsig davon trank, aber
nach etlichen Jahren so ungeheuer an Magen- und DarmsAure lilt,
dafa ich die gröfste Mühe hatte, ihn wieder in Ordnung zu brin-
gen. Diesen Mann hatte ich lange vorher gekannt, er litt nie
froher an SSnre, hatte diese Meigung also wahrscheinlich duroh
den lang fortgesetilen täglichen Gebrauch des schlechten Weines
erworben. Ich sage,. WHhrscfaeinllch, denn mit Gewifsheit Ittfiit sich.
dieses doch noch nioht behaupten. Schon Gatem ( iL Buch von den
Temperatnenien) ist der Meinung, dalä der Magen ein der in ihi»
|;ebraobten Speise ähnliches Exkrement erzeuge, sobald er die Spei-
se nicht zu meistern vermöge. Auf alle Fllle mSchte es klug lein,
dafs sich jeder geaunde Magen vor dam tSglichan Gebrauchs solch
saurer, verdächtiger Brühe hüte.
An/angende Lähmung in den Bauchganglien.
fn dem ersten Jahr« meiner Kunstübang, wo gastrische Fia-
ker berrsehten, die ich, wie ich es gelernt halte, durch Ausleeren
and Auflfisen m heben suchte, trug es sich in, dafs ich xn einer
sechzi^ilbrigen Fran gernfen wnrde, die seit vier Tagen am Gal-
lenfieber krank lag. Sie klagte unter andern über sehr biitereo
Mund, nnd über eine grofse Beängstigung, deren Siti sie mit der
Hand knrs nnter dem Zwerchfelle im Ejtigaairi» beaeicimete. Be-
greiflich varen es nach oben turgeszirende Sordes, die sddrgrofsA '
Beängstigung machten, und nichts war natürlicher, als dafs ich ein
Breehmittel reichte. Das Erbrechen folgte leicht, allein, obgleich
Galle htolSnglich ausgeleeret war, so blieb doch der bittere Mnad
mtd die Be&egstignng , Ja letzte vermehrte nach dem Brechen so,
dafs die Frau in ersticken meinte uod bestfindig aus dem Betts
wollte; zugleich fing der Bauch- auch an, etwaS'Xu schwellen. Wer
konoei hier die nach unten targesKtrenden Serdee verkeBneaf wer
konnte zweifeln, dafs, wenn ich dem Brechmittel ein AbfBhmnge-
luittel folgen liefs, sich dann nicht alles znm Besten schicken wür-
4f|l Aher ea wollt« sich leider nicht schickeo, die Frau erlebte
die Wirkung des. Laxiemittels nicht; es. erfolgte Jlfe^eeräeiiM, L6h-
nung dw Schlund»! nnd dann der Tod. DiMer Fall, wo ich si-
cher war, das ßrschmitiel nicht «Hein meh nebliger Aaseige ge-
geben zn bähen, sondern wo selbst die Zuftlle, dnrcfa welche dos
Brechmittel aogeseiget worda, so vorwalieiea, dafs sie-nmSglieh
der Einbildung des Arztes, oder der der kranken Frsn zugeachriebeD
werden konnten, sondern als wirklich in dem Körper der Kranken
vorbanden nnriienanerkaiMit werden; dieser Fall mit seinem nngliick-
liehen Ausgange erregle in mir allerlei kelzerische Gedanken. Oh-
ne daniabia die Biiaber des Paraeehv* gelesen xu haben, war ich
•eben, mir selbst nnbewafst, Paraeehitt, denn ich fing an einxii-
seben, dafs den papierischen Büchern nicbt zn tränen
«ei, nnd dafi in der Scbriftalellerwelt viel ^eudouedici mit
letzter Feder gesehrieben. In der Folge begriff ich, dafs
der Zniiand, gegen welchen ich ein Brechmittel gegeben, die an-
fangende Lähmung in den Bauchganglien gewesen, daJa man mich
also im Gründe zu einer ■(.erbenden Frau gerureo. Wenn der Tod
den menschlichen Organismus ergreift, so offenbart sich seine Ge-
walt voraogsweise in folgeadeo Gebilden. Im Gehirn, in der Spei-
seröhre, in den Langen (eine beschwerliche Art des Sterbens), in
den Beuchganglien (wahrscheinlich In dem Pltxv eoeliacoj, in den
dünnen Dfirmen (ein seliner Fall, ich heobachleie ihn nur Einmnhl
bei einem achizigjshrigen Manne; Meteorümtu und Tenetmu» wa-
ren die Zufdlle, an welchen er litt), nnd endlich in der Blase-
£ine sdir üble Sache ist es, dafs manche Krankheiten eben so
anssehsn als jene anfangende tödiliche Lühmung In den angezeig-
len Organenj was ist dabei zn thun nnd wie kann man solche
Zufälle Ton dem Beginnen des Sterbens unterscheiden 1 Ich be-
kenne, dafs ich es nicht weifa, glaube anch nicht, dafs ein ver-
Mfindiger Arzt sich dieses Wissen anmafsen wird.
Es fragt sich jetzt, ob eine anfangende Lihranng Im P/exu
Meliaeo zn heben sei! Ich antworte darauf : tritt eine solche Lflh-
mnng in Sftäter Zeit der akuten Fieber, den vierzehnten, sechzehn-
ten Tag, oder noch sp&ier ein, so ist sie wo) immer tSdtlich; sie
iM das Sterben seibsi. In FKlIen, wo sie den zweiten, drillen,
oder vierten Tag eintrfite, würde sie nnr dann heilbar sein, wenn
MMi gleich beim ersten Entstehen Hülfe leisten ktnnle; wenn sie
aJ»er schon mehre Standen gewihret, so zweifle ich, ob sie noch
zu beseitigen sein wird. Folgender Fall scheint mir merkwfirdig
■nd belehrend geong, um ihn den Lesern niitzulheilen.
Im J^re 1816 wurde eine vientigjtihrige, nnfrnchlbare Frau,
wel^ie vi«^ im Muiterblutfiutsen gelitten, auf welche Schfidlicbkei-
ten man^etiei Art seit mehren Jahren eiogestOrmt, von dem dn-
maMs berrscheoden Gallenfid>er ganz mSfslg ergriffen. Da sie et-
was iKtleren Geschmack klagte, und überhaupt zu jener Zeit saure
Mefaflrfe im Darmkanale mnfitt berücksichtiget werden, so gab ich
— 890 -
Ihr eine Anflftiung von kohleaHurBmAnunininm miiTraganffa. Du
gansEe Befinden wurde beaaer, die Bitterkeit des Mundes war am
dritten Tage schon ganz beseitiget, so dela ich den folgenden Tag
ihr blofs Krähenaugentinktur geben wollte. Es geschah aber ganx
anders als ich und die Kranke vermniheien. Am vierten wurde
ich eilig zu ihr gemfen und fand alle Zufälle, welche eine an-
fangende Lähmung in dem Baucbganglieosyateme bezeichnen. Sie
hatte eine fSrcbterliche Beängstigung, deren Sitz sie in dem Epi-
gattrio angab. Der kalte Schweifii träufle ihr vom Gesiebte, der
Ausdruck ihrer Mienen war wi» der einer Sterbenden, nnd ihr
tonst sehr lebendiges Auge sah aiM ; als nb es erlöschen wollte.
Die Beängstigung meb sie aus dem Bette, aber di« Kräfte ver-
tagten ihr. Der Puls, der vor diesem Zufalle hinsichlltch seiner
Geschwindigkeit scbon fast normal gewesen, war klein und schndl,
ohne jedoch aussetzend zu sein.
Da ich jeut klüger war als im ersten Jahre meiner Praxis,
so gab ich kein Brechmittel , sondern liefs elliclie Unzen Schwe-
feläther holen und reichte dor Kranken davon einen guten Gufs in
einer Tasse Wasser, Diese Arzcnei ihat herrliche Wirkung, die
Beängstigung liefs nach und die Kranke fiel in Schlaf. Aber nach
einer halben Stunde erwachte sie wieder mit grofser Belingstigung.
Ich ging ihr aufs neue mit dem Aelher zu Leibe, die Befingiti-
gnng wurde wieder besser und es erfulgte wieder Sdilaf. So ging
es nun abwechselnd fort; der Kampf der Heilknnst mit dem Tode
währte bei acht und vierzig Stunden, jedoch so, dafs in dieser
Zeit die Kunst immer mehr im Vortheile und dar Tod immer mehr
im Verluste war, denn die Zeilen, wo auf reichliche Gaben Ae-
lher Ruhe erfolgt«, wurden immer länger und länger, mithin ka-
men die Anfälle von Beängstigung seliener, und wie nun das Ue-
bel in dieser Hinsicht bis auf einen gewissen Grad überwunden
war, so wurde auch die seltner kommende Beängstigung in sieb
■elbu milder, bis nach ungefähr acbtundvierzig Stunden dieser
Kampf zum Vonheile der Kranken ausgekämpft war.
Aber, werthe Leser! welche Spuren, welche unvertilgbare Spu-
ren liefs der künallioh bekämpfte Tod in diesem Körper zOriicki
Dafs auf solchen Slrauls grofse Sohwä<^e folgte, das fand ich sehr
natüi'Iicb ; aber wie konnte ich ahnen * dafs diese Schwäche so
bleibend, so allen Mitteln widerstehend sein werde! AnfSngUcb
war das Gefühl der Sinneswerkzeuge sehr gesteigert, besonders
das dos Ohres, \ieniand konnte in dem Zimmer der Kranken ei-
nem Andern auf das leiseste etwas zoflfistera, oder sie verstand
alles wSnlich und deutlich. Nachdem diese Aufregung etwas nach*
liefs und sich nun Lust mm Essen and Schlaf einstellte, da «r*
wartete ich, die ganz daniederliegende Muskelkraft sollte ait^ auch
wieder trinfinden : nber ich h(tl>fl wahrlich lange darauf warten m^s-
— Ml —
•Mi, und mihat gcffirobtet, iah die Krank* ihren KSrpAr nie wie-
der ordentlich würde bewegen können. Sie lag i. B. im Betie,
nolerhieh sich mit einem Bekannten und ptanderte wie eine EUlcr;
aber aofrichtcD konnte «ie «ich nichl im Bette. Dafa keine eigent-
liche Lftbmnng der Muskeln da war, davon übeneugte ich mich
woli sie kannte alle Bewegungen mit ihieu Gliedern machen, al-
lein es fehlte den Muskeln an Krart, denen Verrichtimgen vorzu-
stehen, SD welchen sie die Natur besliiamet. So konnte sie z. B.
die FüJse, liegend in allen Ktchiungen bewegen, aber diese Füfia
waren nicht im Stande, den Kampf su (ragen. Knrsum, es hat
über zwei Monate gewährt, ehe sie wieder gehen konnte. Uudie
Arme eher als die Füfie was su KrSfien kniAen, dafi sie Krückou
bandhabeo konnte, so bat sie mit diesen das Gehen gelernt. Je-
doch machte sich das Krücken anfangs auch sehr gebrechlich, es
muisle bei dieser Hebung allezeit jeiiiuDr) in Bereitschaft stehen,
der im Nothfalle Hand anlegen und dem Slüraen vorkommen konule.
Zwei Jahre nachher wollte sie einst mit meiner Frau ausfuh-
ren; ich führte sie xnm Wagen, aber sie hHlle noch so wenig Ge-
walt in ihren Muskeln, dafs, obgleich der Tritt des Wagens guns
gemächlich war, ich sie, im eigentlichen Kinne, in den Wagen
beben mufsie, Sie bat noch fünf Jahre nachher gelebt und ist
dann an einer Krankheit gestorben, deren Beschreibung für den
Leser kein Intresse haben wurde. Ueheihaupt wnr ibr Körpec
durch feindliche Einwirkungeti mancheilei Art verschlissen , und
das beschriebene Abenteuer wird auch wol das Seinige beigetra-
gen haben , den vorfrühen Verfall des Organismus sa beschlea-
ntgen.
Ich habe zuweilen gebSrt, dafs Aersie sich rfihmlen, diesen
«der jenen vom Tode gerettet zu haben. Das ist eine harte llede,
die mir ninmer got gefallen hat. Seil ich aber den beschriebenen
Fall erlebt, will mir die antlicba Tode^reiierei gar nicht meh^ in
den Kopf. Abgesehen davon, daft ich nicht einmahl In dem er-
sfthlten Falle mit Gewifsheit behaupten kann, die Frau vom Tode
gerettet so bähen, denn sie wSre vielleicht auch ohne irzilich«
Hälfe am Leben geblieben; und angenommen, dafs ich sie wirk-
lich errettet (welches mir auch wahrscheinlich ist): so beweiset
doch gerade diosM Fallt dafs der Tod, wenn er jemand wirklich
Bof den Fersen gesessen, gar üble Spuren suriieklgfst , und data
nun Dtehi so gar eilig sein dürfe, zu behaupten, man habe glfiok-
licb einen Kampf jnit dem Könige der Strecken beslandMi.
Jlent von Barmverengung.
In diesem ersten Abschnitte des dritten Kapitds» welchen lA
im Jahre 1839 gesohrieben, habe ick den Fall eines Il^m, der
Folge eiofr verMohJUiiwgtui KoihMik war, enfibll, uad bui dw
Gelegeoheit von dem metalliichsD Uuecksilber gesprochen, wel-
ch« iett aber In jeoein Falle, weil ich auf den eraieii Griff and^
re Hülfe fand, nicht bedurft. Jetxt, im Jahce 1838, bin ich end-
lich auf einen Fall gestofsen, der mich xur Anweaduag den m»<
taltiachen Quecktilbers nothigle. Da derselbe keineaweges ein aku-
ter, londern vielmehr ein cfaroniachei war (der sechxijgährige
Mann hat iwei Monate daran gelilten und iit dann gani enchBpfl
generben): so würde eine läge bücherliche Erzählung den Leaet
wenig unterballen; ich will alto blob das Merkwürdigste davon
mittheil eo.
Die vorwaltenden Zufälle de« Heu» waren: Verstopfung, Koih-
brecheo, beständiges Schluchzen, stark aussetnender > nngeregeliM
Pull, und Schlaflosigkeit. Bauchschmerzen waren nicht vorhanden,
auch der Bauch nicht empfindlich fSr die Belastung. — N'aohdein
ich andere Hülfen vergebens versucht, liefs ich ein halbes Pfnad
Quecksilber verschlacken ; dieses bewirkte aber nicht eine baldige
Oeffnung, sonderp nachdem ich mit Einreiben und KIjsliren nach-
geholfen , erfolgte erst am dritten Tage auf ein Klystir die erst«
sehr mäfsige Entleerung von flünBigera Darmkolh mit untermisch-
ten Koibbrocken; aber keine Spur des verschluckten Quculcailbers
war in dem Entleerten su erkennen- In den folgenden fünf Ta-
gen, wo ich täglich durch Klysiire Oeffnung bewirken liefs (von
felbst kam sie nicht) ging dergrSfaere Theil des Quecksilbers all-
mäblig von dem Kranken.
Ich habe mich nun sinnlich überzeugt, wie in diesem Körper
das Quecksilber (ganz gegen seine Natur) den aufsteigenden Grimm-
darm erl^lomtnen. Vermittelst des Darmschleimea war es nämlich
in ganz kleine Perlghen sertheilf, und diese waren in die äufsera
fläche der Kqibbrookea eingedrückt- Einst zeigte mir die Frau
des Hrfinken einen zinnernen \achttopf, dessen Boden gana mit
Quecksitberpericheo hasäet war; ne^le man dieses Geschirr »o,
dafs der Boden senkrecht stand, so blieben dennoch die QoMk-
•ilberper loben daran hangen, ein Beweis dafs das aertheilte Queck-
silber durch den Darmacbleiin auch seine Liufigkeit verlaien hat-
te. Die Frau scftied auf mein Ejsnchen durch Zugie&en von Was'
ler das Quecksilber von dem Ketb und Schleim; so bald es gut
abgewaschen war, liefen die Pericken uieder in Eine Masse n-
sauimen. Die Frau hat auf die Weise allm&hlig drei Unsen und
sechs Drachmen ausgeschieden ; ob das Uehiige in Darmkanale
geblieben, oder Terschülfet ist, kann ich nicht sagen.
Nachdem nun die Oeffnung dar Darmeng« bewirkt war, hSrte
zwar das Brechen auf, das Schluchzen, der ungeregelte Puls, die
ftchlaflnigkeit blieben aber, wiawol das Schlucbian nach angeführ
virrseba Tagen bedeutend nachHefc. Nicht Uofs Mangel an VSt,'
imtt — »Jm» flia wirklMber Witfcrwillw gag«n alle N«hrnagiwi|>
ul, Mcht» die EraHbmng des ersdöpften Kraakee sehr scbwie-
tig. Da aüefa die &bhniBg schon llog« gelplvl, d«£i man 9 ans
eraclidpfte KSrper dnrcli Milch an besten ernibrt, so liefs iok
■ba Milcb iriDkcn; des ging aber aefar ■BTolikomtnen , die Qiian-
liih, die er Dah«, war a» klein, dafa der faeabsichligte Zveok nn-
■iSglieb dednreh konnte erreicht werden.
Der Gedanke , darcb den Teretchtigeo Gebranch einet Laxir*
■HiieU den Daminbalt fleuig oder dünnbreiig su erbeten, daaiil
die Dameng» lieh nicht aufa nene rettlopfen mScbie, war gam
onnQsfäbrbar ; denn wenn gleich der Magen nicht ao reizbar war,
dnreb IMiteb, oder ein wenig Ziviaback, oder ein wenig dtinn«
Fleischbröhe kd» Erbrecbcn gereist sa werden, so rerlrng er doch
kein Lavirmitiel, die geringste Gabe machte gleich Erbfeeben, wo-
durch aber nicht, wie früher, Dnrmkoib, sondern die wenigen im
Hagen befindlieben Xahrungsmiliel entleeret wurden. Ich war al-
10, um der abeniiahligen Verstopfung der Dannenge veraubengen,
etnsig anf Klysiire bescbrinki. Ein gewShnliches iwwirkte rHglidi
Oeffnang, die verbKlilich n der wenigen genosienen Nahrung,
reichlich an nennen war.
Da nun aber der Kranke, der von Natar wol viwaa eigensii».
irig sebi Mochte (ich habe ihn friiher >o genau nicht gekannt) mit
der Ahaabme sehier Kräfte immer widpihoariger und sperriger wur-
de, weigerte er einst drei Tage lang, sich klystiran an lassen, nnd
da er es am vierten auf instfindiges Bilten seiner Frau erlaubte,
wies sich aus, dafs die Üarniesge wieder verstopft war. Ich rieth
jatzl gleich zam Qnecksilber, denn wenn ich nach die Krankheit
für eine tödtliche hielt, so glaubte ich doch, dnreh Anwendung des
Queclutlbers dem Koibbrechen vorbeugen in kSnnen. Der eigeii-
ainnige Mnnn zauderte aber drei Tage, nnn erschien wieder das
Erhreehen, und, was wohl su bemerken Ist, bei dem ersten Erbre-
(dwn wnrde blofa dunkelgelber stinkender Darmkoth entleert. Da
dieses dem Kranken selbst sehr ekelhaft war, verscbhiokte er gnt-
willig ein halbes I^fand Quecksilber. Obsebon ich jetzt mit Bauch-
einretbnngen und Kiratiren nachhalf, so eifolgie doch keine OeflT-
nang, sondern den fünrien Tag darauf verlftsohle das Leben die-
aaa ganz erscIiSpften KSrpers.
Die Leiefaenfiffnung bitte ich, obgleich die Diagnose beslimmt
geong geweseo, gern gemacht, ich begriff aber, dafs sie der Wit-
we, dar Enge des Hauses und des Geschäftes wegen, wav darin
getrieben wurde, sehr hiitderlieh sein mShte, (nig also nicht darauf
a». Vehrigens würde die LetcbenSffiiuttg das eigemiiehe Rsthael,
was in diesem Falle steckt, wol schwerlich gelAset baben. Ich
hatte mir ftfiber immer TOrgeslelll , Koibbrechen könne nicht eni-
•tehen, oder vorher mOase durch Erbrechen der Inhalt dea Magens
- 894 —
tni der Speiaebrei du oberen Theiles des Dannkaei^BS , rwiaic-
leUt eines motu» aMtiperiitallici rückwärts getrieben, enileeri «eio.
Du wird sich auch wol in den meisten Fällen so macbcn, dafi w
■ich aber nicht in allen bo macht, beweiset der eriäbtte Fall. Da
ich elliohs Tage vor Eracheinea des Erbrechens to dem Kranken
gerufen.hin, wo er über nichts, als über Vollbeit Im Epigasirio,
SohUf- und Appetitlosigkeit klagte and über einen Geschmaek,
den er einen stinkenden nannte^ so weifs leb ganx heatinint, daft
durch das erste Erbrechen schon duokelgelber Dartnkoifa eolleert
warde. Xacbdein der Kranke dwrch dreitägiges Verweigern der
Klystire die geöffnete Oarnienge sich wieder verstopfen liels, und
■an aufs neue das Erbrechen erschien, wurde abermabls Bchon beiu
ersten Erbrechen duokelgelber Koih entleert. Wie iat das non
itt erklären! — Was mich betrifft, so kenne ich nicht einraahl die
Bewegung der gesunden Organe in dem lebendigen Mensobenleibe,
also halte ich mich auch niobt für befähiget, über die Bewegna^
eines abnormen Organa au nrlheilen.
Hinsicbilich der Art, rtie das metallische Qaecksilber sein«
angeblich schnelle Reise durch einen nornialea Damikanal ninchi,
besonders, wie es (scheinbar gegen seine Natur) das CWoa atcen-
dtm hinaufklimmt, hat inicb der erzählte Fall nicht int miodeaten
bielehrt. Bei einem schnellen Durchgänge durch den Oarmkanal
kann es ja unmöglich auf die von mir sinnlich eriiaante und ba-
ichriebeoe Weise seine Läufigkeit verlieren.
Rtithielhafte Baiichkrankheit, die durch di« Lti-
chenSffnung noch räth»elkafter wurde.
Im. Sommer des Jahres 1S3S wurde ich za einem Einwohner
dieses Städtobena gerufen, den der hier wohnende Wundarzt «-ater
Klasse, Herr Bumer^ schon eine geraume Zeit ärztlich behandelt,
aber nichts Erspriefsliches aosgerichlet hatte. Mir ging es um kein
Haar beaaer; ich flickte auch ein wenig an den Mann; er wurde
immer schwächer, immer magerer, und starb endlich, ganz zum
Gerippe ausgezehrt, den 21sten Juli.
Chroniichea Erbrechen war der vorwaltende krankhafte Zufall.
Die Speisen wurden aber nicht gleich, nachdem sie genoasen wa-
ren, ausgebrochen, aondern spfiter zii unbestimmter Zeit, oft eine
Stande, oft einen halben Tag, nach dem Essen, ja zuweilen blieb
das Erbrechen, auch einen ganzen Tag aus. In letztem Falle hat-
te der Kranke ein gani ichmerzloaes Gafnhl des VolUeina in d«r
Oberbauchgegend, welches aber verschwand, sobald durch Erbre-
cfarn die Speisen ansgeworfea waren.
Uebrigens hatte er weder Krämpfe noch Schmerua im Bauche,
auch war der Bauch schmerzlos beim Belastenj nirgend Auftreihnng.
— M& -
•d*r Terfclrtan; zn fSbleo. Der Kruke klagte Mmt nlrbta, «la almr
grofM« Mattigkeit; leio Pub war nicht beachleuoiget , aoMlern so,
tubig und rhyibmitch ao regelmiUiiig , wi« der des gesuadeslea
Heoschen. Angeblicb halle bis dahin die Leibesöffniing durch L»-
iiirinittel kSnnfa erswnngen werden, und das durch l<>brechen Enl-
lecrte war erkennbar die genossene Speise gewesen, auch batle di«
Eblust eine geranne Zeit schon gefehlt. —
Auf meine Frage, ob das Ansgebro ebene einca beslinmieBt
vorwaltenden Geschmnek habe, antwortete der Kranke : es sei sauer,
•od nm ao sanerer je länger die Speise im Magen geblieben. Da
ich nan oft genug erfahren, dais chronisches Erbrechen einsig von
einer AnaaniMiJaag saurer Stoffe im Darmkaniil herrühren käan«,
■o war nichts einfacher, als dafs ich vorläufig diese sinnlich er-
kennbare materielle Schädlichkeit zn entfernen snchie, und su dem
Ende, weil der Mann sehr verstopft war, die BittersaUerde wähl-
te. Ich hoffte, nach Entfernung der SSure, wenn diese auch nidit
^as Erbrechen geursachl, werde mir die Naiur dieses heimlichen
Hebels deutlicher werden, verschrieb also folgenden Trank. "SlMag-
neiiae u$iae ^^ Magitt. BUmuthi gr XV V |viii MD. S. Stünd-
lich umgescbüitelt einen Löffel au nehmen, bis ein paarmahl Oeff-
nnng erfolgt. Der Kranke verschrie die ganze Flasche ohne su
erbrechen und eine sweiie zur HUlfle, da erfolgte eine mehniiab-
lige Siuhlentleeriing von kohlschwarzem Kotb. Den nfimlichen Tag
erbrach er sieb wieder und zwar ebenfalls eine kohlenschwarze
Masse. Dafs dieses schwarze Zeug nicht verdorbenes Blut sei, be-
wies die Geruchlos igkeit desselben.
Ich will die Geduld des Lesers nicht durch eine ausrührlich«
Erzählung der Fortschritte der Krankheit erniSden, denn das Be-
nerkenswertbe läfst sich kurz sagen. Ohne Hinzutreten neuer 2u-
ftltc, also ohne Sehmerz, ohne Krämpfe, ohne getei/.ten Pols, wnr-
de der Mann immer schwächer, weiterhin scbläferig, blieb bei vol-
lem Verstände und verlor die Hoffnung nicht. Die dureh das Er-
brechen und durch den Stuhlgang entleerten Stoffe blieben bis zum
Tode kohlschwarz. Da ich das Uebel gar bald als unheilbar an-
■ah, bestfirmie ich den Mann nicht mit zwecklosen Arzeneien, son-
dern gab ihm nur ein wenig Arzenei, hesucbie ihn aber täglich,
damit der Funke von Hoffnung, der noch immer in seiner Seele
glomm, nicht verlBschen niitehie. Drei Tage vor dem Tode wur-
de der Puls Ueiner, ohne scboellev zn werden, am Morgen des
Todestages konnte ich denselben nicht mehr fühlen -, die Ehefran
behauptete, C'onvulsionen der GeiichtsmuBkeln bemerkt zu haben;
ich selbst habe dieses nicht gesehen. Gleich nach Mittag erlSsete
der Tod den armen Leider von allem Elesd.
Dafs dieses ein sehr heimlicher Handel nad an einen Bildungs-
fehler im Bändle nicht zn zweifeln gewesen, werden die Lesrr
— »» —
wel M gnt begreifen all Ich ea gar biiU begriff. W« at«okle »hat
.der Fehler* Der bis sntn ToiIm nornial lahige Piila lief« mich ver-
Muiben, der Kranke bnbe an einer Verhärtung im Gekröse gelit-
ten, denn dnfs bei dieser der Piila bis inm Tode ruhig bleiben
könne, halte ich sehon frAher bei anderen Kranken der Art be-
nbachiet, es ist nueb dieses errabrenen Aernten gar wohl bekannt.
Die harrnäckige Verstopfung lisfs mich glauben , die Termuibeie
Verhärtung im Gekröse sitze einem Darme so nahe, dafs sie die-
len Kum Tbei) verschlossen and das Hinunter«teigen der Speisern
■ehr behindert habe. Wie stimmte aber mit dieser Vermnthhng
die Abwesenheit aller Krfimpfe, aller Schmereen, TOa denen äho'
liebe Uaglnckliche bald anhaltend, bald aussetzend gemartert wer-
den) — - Die Leichenöffnung ergab Folgendes.
Das erste, was uns (mir und dem früheren Arxt, Herrn H.)
bei Oefl'nung des Bauches in die Augen fiel , war die ungewöbn- '
liehe Gröfse der Leber und die, über den Rand derselben stark
hervorragende Gallenblase. Wenn ich aber von einer grofsen Le-
ber spreche, so dürfen die Leset: ^ich keine dicke, aufgetriebene,
TerhSrteie, knorrige denken; sie war Ticlmehr nngewöbnlich |>latlf
und ihr« Gröi'se bestand blofs darin, dafs sie sich bis in das linke
Hj'pochondrium eralreckte. Krankhaftigkeit konnten wir an diesem
Organe nicht entdecken. Die grofse von Galle strotzende Gallen-
blase ergofs, da sie aufgeschnitten wurde, eine kohlscbwane Galle.
Ihre Schwärze war aber nur scheinbar, denn da ich sie an den
Finger brachte und auf ein weifses Tuch strich, ergab es sich
gleich, dafs die scheinbar kohlschwarze Farbe ein dunkles Ponia-
ranzengelb war.
Meine Vermnthung, hinsichtlich der Gekröse Terhin u ng , wies
sich als ganz irrig aus; keine Verbfirlung war ita Gekröse zu fii*
den. Was aber das Erbrechen nnd die Versiapfung bewirkt , das
fanden wir im ersten GriSe. Es war dieses eine Verhärtung von
dem Umfange einer grofsen Wallnufs, die sich ungefähr auf der
unteren Grenze des Zwölffingerdarmes befand nnd den Darm g»nt
nmschlofs. Oberhalb der Verhärtung w.Ar der Darm so erweiierl,
dafs man ihn auf den ersten Blick für den Magen selbst hätte bal-
len sollen, unterhalb der Verhärtung fanden wir den ganzen Üarm-
kanal lear und zusammengeschrumpfi. Wir schnitten nu« den
Terbärlelen Darmibeil heraus, und ilberzeugten uns, da/s die Dü-
nung desselben nur so weit war, dafs man höcbatans eise Sohwa-
nenspnle hätte durchbringen können. Die übrigen Boucheingewei-
d« waren gesand, das Pankreas aar ungewöbnliob klein.
Dieser Leichenfund ist nn sich so gemein, ao oft von dea
Aonten gemacht und besehrieben, dafs ich ihn gewifii meinen Le-
Mrn nicht mittbeiien würde, wenn nicht di« Abwesenheit aller
- 897 -
acbmelrsluftra and kn>mpfhaft«B ZuMU, wMmitd dM gansea V«r-
kare* derlSdtltuben Krankheit, ihn höchst merkwürdig macht«.
Wie WM- es mäglich, daf* bei dieser VerhftrtuDg, durch wel-
^e doch die warmformige Bewegung des Darmkanali geilörl wer-
den muCtle, weder Schmers noch Krämpfe entstanden! — Ich weift
es nicht.
Wie war es mäglich, da& bei der gfinxlichen Erschöpfung des
Körpers der Kreidauf des Bluies bis zum Tode nicht beschleuniget
wnrdef — Ich weifa es nicht.
Hier waren es nicht Cntzündnog, Vereilemng, Verjauchung,
Krämpfe, Schmerz, die das Leben aufrieben, also raufs der Mann
blofs aas Mangel der Ernährung, miihia des Hungertodes gestor-
ben sein. Ich mein« aber gelesen zu haben, dafs mehre Tag« vor
dem Hungertode der Kreislauf sich beschleuniget, das Hungerfie-
ber einirilt. Häde ich es aber auch nie gelesen, so habe ich doch
selbst dieses Fieber am Ende einer eÜftagigen Enlhallung von al-
le« Speisen and Geirfinken beobachtet (icb werde den merkwürdi-
gen Fall spSter an einem acbicklieheren One dieses Werkes er-
schien). Was war der Grund, dafs unser brechender und verhun-
gernder Mann ganz frei von diesem Fieber blieb! Icb weifs es
nicht.
Dafs der sehr erweiterte, magcnförmige Zwölffingerdarm» wenn
er mit Speise erfüllet war, durch den Druck der Leber allmfihlig
nach der linken Seile mufsle gedrängt werden (wie wir ihn auch
fanden), ist begreiilicb-; eben so glaublich ist es auch, dnfa die
dadurch bewirkte allmählige Zerrung des Gallen- und Baucbspei-
ebeldrüsenganges Einfiufs auf die qualiiarive und qnantiiaiive Ab-
sondemng der Galle und des pankreatischen Saftes gehabt haben
kann. Dieses aber zugegeben, wie war ea möglich, d»fa die dun-
kel pomeraaze n färb ige Galle, den Magen- und Darminbalt kohl-
schwarz färbte ! — Ich weifs es nicht.
Der kohlschwarze Oarmkoih ist, als Folge einer Magenblu-
tung, sehr geiuein; dieser verbreitet aber, wie den Aerzlen be-
kannt, einen unerträglich aashaften Gestank. Derjenige hingegen,
der lueht von verfaultem oder aufgelösetem Blule nach Magen-
oder Oberdarmblulungen, sondern von anbekannten (Jrsaehen nh-
hfingl, ist sehr selten, und ist, wo nicht ganz ohne Geruch, doch
ganz ohne aasigeo. Dadurch allein unterscheidet er sich von Je-
nem, und nicht durch das äu&ere Ansehen, dieses ist vielmehr bei
beiden gleieb. Aufser in dein erzählten Fall«, hab« ich nur ein
einziges Mahl den, wirklich gani geruchlosen, kohlschwarzen Darm-
koih gesehen, und zwar bei einer Frau, die bei de| Einheiinng
eines grofsen Nicrcnitteines in den rechten Harogang consensuelle
Gelbsucht und rühlbare Auftreibung der Leber bekam. Da der
SHin Md) »ehr Ui^«* nad naslglioheii Leide* endlich aar Blas«
— 396 -
i;elan^ war (bei seinem Durchgang durch iio BchrS^, eng« Bla-
seneinmiindnng des Harngangea wurde der Schmm bit zu Con-
Tnlsionen gesteigert), liefs das conseniaelle Leiden des Gallengan-
ges etwa^ nach, und nun wurde der Darmlcoth, der, wie bei GeJb-
■Sohiigen, schon lange weifs gewesen, kohlschwnn und blieb viel*
Tage so. Die Schwärze war nicht blofg eine scheinbare, sondern
eine wirkliche, denn, auch init Wasser verdünnt, blieb sie.*)
*) Im Jahre tB40 baba ich lam driUen UM» in meiDem Lcbea bei einen lech-
(igjährigen B«ncb*chwiad»ÜGbtigea kohliehwarzen geructalaiea Darmiubalt ;«-
»eben, iluo er voo oben und nnlcn entleerte nnd zwar einige Tage vor •ei-
nen Tode. Da dieier Miod , der angetlieh gcbon leit Oitern gekrKnkelt nnd
«raeneiel , «m ü. Jall sn mir kan , nlcbt blor« einei («wlbalicliaii Hasget '
■D Erdoat , »andern qnen wirklirbes Abtchen var aller Spciie balte (wie vir
(püler «ein Soha lagte , aebon eLwai TrCber gehakt) uod dieier Abacbeu bis
■un Tode , der am zweiten Angait errolgla , aaveräaderl bEieb , lo itt er , da
er weder Picber noch Eiteran^ hatte, wal dei eigeotliehen Haogertodet ga-
lt orben ; bei ilim blieb aber oiekt, wie lo desi obei cniikltea Falle, dn
RaogcrSeber am , ioaderi es crtc.biea siebre Tage vor den Tode mit acba«)-.
lern PnUe, ilchibarem Verrille der Rrine, Darat und Erbrechen de* genoaie-
aea Gctrinkei. Aofangi war daa , ebne die mVadeile Aaelrengnag auigebro*
ebene Getränk nnverkadert, gar hnid ward« ci brionlich, ata lei KaOea danil
gemilcht , aad dann kohlichwars , nnd da ich am den drobendea Ileut *on
««beagen , kanilliebeg Slahlgang bewirkte , wir«a die breiiges EierenenU
aneb koMicbwarz uod gerDcblas, AU ich am li.Jnli, wie gejagt, den Maas
aoerit iik (den ich Trüber jenau gekaaol) ieblor< icb an« dem Taat gelhiüch-
tlgbraonen' Harne, ani der bedealendra Abmagerung, aoi dem fremdartig ge-
wordenea Geliebte and denen Hifarirbe, am der verSadcrlea Genötbttlin-
nang , die aiiw votlkomnen flciebgölUge oder ergebene wir, dab er an einer
araithaTtcB, eiBgewnrzeltsB Leliererkranktag leid«, otachon icb mit netaea
Piagera ia der Oberbiachgege'nd nnd in den rechtea Hj/perhQndrio (lo weit
dieaet za bBrübjen) nicbl dai mindeate Regelwidrige entdecken koante. Weaa
icb aber ani den angeluhrten Zeicben anf eioe LebererkrankaDg zu icktierses
berechtiget war, la bitte ich dbck Oedipai telbat aeie miiiien, wenn Ich dl«
Art dieier Rrankh'ei^ bitte erralhaa kSaneo. Bei Brijffanng der Baoehhbbla
einei Leichnam fällt einrn docb gleich die Leber in di« Aagcn, deren vorde-
rer Lappen ja meiil bi< zan icb wErttönn igen Rnerpel , and i« manchen Pil-
len (wi« z. 8, in den ob«a erzihlten) nnch viel weiter reicht. Difi ich alle
Bberraiebt ward« , da ich nach arfiffnefer Banehbohl« dea la Rede itehenden
Haanei kein« Sf nr von einer Leber aah, werden mir die Leier gern glanbes j
die Leber war nanlich dermarMn atraptaitob verkSmmert, dab icb , am il«
tlchlbar zn uachea, mit der Uaad Ina rechte HypochamJriam Tahren nad als
hervardräagen mafite; auch ibra Farbe war gioa von der Nom abweichend,
nSnIicb , «in ichnntzigea Dnakelgrib; asT der eenveien Placbe sab ich hia
■nd wieder naregeimlfiige ina Weirilieke achlllemde FToeken: wader leb,
noeh der mir heiresde Wnadarzt, der aaeh sieht za den janges gebSrt, bat*
tcn je eise aclche alropkiick eslartel« Leber gsteben. Der hagreiRUh voa
Speiiebrei and Roth ganz leer« Darmkanal , war mit Lnlt and einer kohl-
aohwarzea Tinaaigkelt arßllet, die, da wir die Darme anttackes, wie Dials
beraailief, ja islbit gaaa denttieb dnrck die Hünle der Dinadlme lebies. .
tlebrigeni waren angewlknllch viel Verwnckaasgen In diaacM Baaebe, dt«
aber w»dar leb , aooh dar Wendtnt » aatwirNS Lest haUaa, weil im FnJli-
Brdige Mitttl bei Magen- umä Darm$Mtire,'
Ein paar Krankheitafftlle, die mir kürilich Torgekommen (ich
mache diesen Zusatz im Anfange des Jahres 1837), haben mich er-
innert, dafs ich im Vorigen vergessen, von dem früher beliebten
Abiorbens, dem Krebssteinpulver zn sprechen. In der ersten Zeit
meiner Praxis gebrauchte ich dieses weit hSufiger als später, denn
wenn ich gleich schon früh den Nulzeö und die Vorsüg« des Na-
tron kennen lernte, so war ich doch der Meinung, seliges bild*
mit Magen- und Darmsflure ein LaxirsaU, fürchtete also, es beim
Durchlaufe su gebrauchen; das Irrige dieser Meinung ist mir aber
schon vor langer als 2Ü Jahren klar geworden.
Daft das Natron mit ScIiwefeUäure Laxirsalx bildet, ist be-
kannt ; darans folgt aber nicht, dafs es auch mit Magen - and Darm-
süure Laxiriatz bilden müsse. Mit der Salz-, Salpeter-, Cssig-
nnd WeinsteinsSure bildet es keiue eigentliche Laxirsalse, wiewol
ich nicht in Abrede stelle, dafs diese Salze, so gut wie manch»
andere Substanzen , in nngemessener Gabe verschluckt , wol den
Motum perittallicuM etwas vermehren kdnnen.
Im Vorigen habe ich gesagt, dafs das Natron den Darchlauf,
der bei dem gewöhnlichen Gallen6eber von einer gfofnen Menge
aanrer Stoffe abhSngl, hebt, dafs es die krankhaft vermehrte Aktion
des galleabsondernden Organs mHbiget, und so- in zweifacher Hin-
sieht Heilmittel dieses Fiebers ist. Ferner habe ich gesagt, dafs
in einem entgegengesetzten Zustande des Gallenorgans, bei der ver-
minderten Gallenabsooderong, das Natron nur, wo es nftthig, mit
grofser Umsieht zu gebrauchen sei, welche Vorsicht ich zuerst bei
der Gelbsucht gelernt, wo zuweilen, gleich nach gehobener Strik-
tur des Gallenganges, sich eine grofse Menge scharfer Galle er-
giefst nnd allerlei widrige Gefühle im Fpigasirio macht. — Nnn,
das NSmliche gilt von allen den Leberkrnnkheiten, sie mSgen als
akutes Fieber oder als chronisches Siechihum auftreten, bei denen
man keine vermehrte Gallenabsondening gewahren kann, nnd di«
man im Allgemeinen am sichersten blofs durch Hepatica heilt.
Der Durchlauf, der sich zuweilen bei diesen zeigt, ist rein con*
sensueller Art, er ist Zeichen einer höheren Steigerung des Leber-
leidens, und um ihn %a heben, mnfs man das znr Zeil hniffiche Le-
bermittcl in ganz kleinen Gaben reichen.
laden der Tiicb wu , wonar wir hllfan ■Acitai düimd , lad weil eis «»1-
cArf Tiieb scbr angeinieblicb iit. Zorn [Icberlliih benerki icb Docb , Att»
d«r Hinn weder tob (einem 'beiaftlblicbeo Anio , nnch vos vir, Eilen, oder
ein BiMnprlparat , oder irgend «iao Arcenei erhtlten , dar nna die lebwar»
rarto dM IhraiabshM UMt HHhrvibiä UMaa.
Wird man aber lu lolchen Kranken erat d^n fÜnficn, techaten
Tag gerufen , so irifll es sich milanler , dafs diese durch ungehö-
rige Speisen, welche ihre erkraokien VerdauungswerkKeiige nicht
nieiaiern konnten, ala , durch Buiiermilch-, Bier-, Wein- oder
Mchlauppe ihren ganzen Darmkanal so versauen, und sich dadurch
solche krampf • und schmerzhafte Leiden hereiiei hahen, dafs man
wol genöihiget ist, die materielle Ursache dieser Leiden besonders
7.11 heriicksichligen. In den beiden Füllen, die mich gerade in die-,
aem Jahre an meine achriftstellerische Vergessigkeit hinsicbiHch
des Kreb.isieinpiiU-ers mahnten, waren die flüssigen Exkremente der
Kranken ft. sauer, dafs, wie mir die Hairsleuie ungefragt saglen,
das Zimmer bei jeder Entleerung mit einem sehr sauren Geruch
erfüllet wurde. — In aolchen Fällen wird der Durchlauf swar nicht
durch die Siture, sundern eonsensuell durch das Leberleiden ver-
ursacht, aber durch die erzeugte Säure doch sehr verstärkt. Hier
ist nun das Krebssteinpulver sa einer halben Unze tags das wahre
Mittel, welches die sauren Stoffe neutraiisirl, und ohne die (inl- ,
lengänge feindlich anzugreifen den Durchlauf bedeutend mflfsiget;
ganz hemmet es ihn nicht, denn er hängt, wie gesagt, von der er-
krankten Leber con sensuell ab.
' Gibt man in solchen Fällen Natron, so hat das eine sehr täu-
schende Wirkung; man siebet das Gefühl der Vollheil, der Be-
ängstigung, des Schiuerzes aus dem Epigaslrio verschwinden, und
iwar so wundervoll schnell verschwinden, dafs man, unerfahren in
diesem Handel, glauben sollte, man hübe das wahre Heilmittel
gefunden. LSfst man aber in diesem guten Glauben das Natron
forigehrancben, so verschlimmert es gar bald das Leberleirlen und
begreiflich auch den consensuellen Durchlauf. Ich raihe also je-
dem Arzie, gleich von dem Natra abzustehen, so bald er siebet,
dafa es Durchlauf macht, oder den vorhandenen versiArkl, oder
auch nur den voritaadenen nicht beschwichtiget.
Sollte aber einer meiner Leser denken, das Xalron kdnne.
Wenn der ganze Darmkanal voll saurer Stoffe sei, unmöglich als
Natron feindlich auf die Gallengänge wirken, denn es verbinde sich
ja in dem Darmkanal mit der SSnre zn Mitlelsalz ; — ao bemerke
ich dieaein Zweifler Folgendes. So lange Magen und Dnodenum
voll saurer Stoße sind, kann allerdings das Natron nicht als aol-
chea auf diese Organ« wirken, sondern es mufs die Säure in den-
selben neutralisiren und ao dem Kranken durch Enlfernong dieaei
materiellen Reizea eine schnelle, fast wnndergleiche Erleichlerung
verschalfen. L&fst man es aber weiter forlgebrauchen , in der gu- »^
t6n jtbsichi, den weit gröfseren Theil der Säure, der den ganzen
übrigen Darmkanal errüllet, auch zu neutralisiren, so kann es doch
unmdgttch zu diesen sauren StofTeo gelangen, oder es mnfs durch
Megen und Daedenam daUa kaianM», «ad Mf dMM, ia wekbMi
- 401 —
«■'niehu mehr zu neatralirireo 6ndet, als pnrei Natron wirken.
— Waiam daa Natron, mit der ianeren Flieh« des Magens und
de« ZwSlffingerdarmea io BerOhrang gebracht, eine Krankheit der
Leber, hei der die Aktion de« Gallenorgani Terminderi, znm we-
nigfllen nicht vermehrt ist, weit eher steigert als heilt, das weifs
ich nicht xu erklären. Was ich gesugt, ist blofs dus Ergebnifs
vergleidiender fieobachlnng.
Gebrannte Magneiia.
Behandelt man Kranke, die riel Magnesia bedürfen, so begreift
man bald, da& das Reichen dieses Mittels in Palrerform seinen
Haken hat ; die Lente erschrecken vor dem gro&en Ranfen , den
sie verscUingen sollen, and nehmen selten das Mittel in hinrei-
chender Meng«. Damm habe ich schon Tor llnger als 30 Jahren
die Magnesia in einen Sehaiteltrank gegeben and mich besser bei
dieser Form befunden. Acht Unaen Wasser und eine halbe Unz«
gehrannte Magnesia bilden zusammen einen Trank, der flüssig ge<
ong ist, um ihn ohne Beschwerde nnd Widerwillen nehmen an kön-
nen. Stehet er aber über Nacht, so macht die^Magnesia mit dem
grfifsteo Theile des Wassers eine eigene Masse, die fast galler^
artig za sein scheint, es aber doch nicht ist. Heber dieser Masse .
stehet ein Schicht klares Wasser. Wer da glaubt, er könne die
Mag. «ata, wie andere Pälrer, durch Schütteln mit dem Wassw
mischen, der tfiuseht sich- Will man den Trank wieder flfissig
haben, so mnfs man mit einer Stricknadel (die sich' allenibalben
findet) mebrmahls bis auf den Grand daroh die Masse fahren, und
dann schütteln, so wird alles so flüssig als es frQfaer gewesen. Es
ist nothwendig, die Krankaa oder deren Hansgenossea mit der b«-
sagtea Eigenschaft der Magnesia bekannt zu machen, und sie den
einfachen HandgrifiT an lehren; that man es nicht, so siehet der
Kranke die Arzenei für unbrauchbar an nnd iB&t sie ateben, oder
er l&fst anfragen, Vie er es mit der Arzenei halten solle, die sei
über Xacht so dick gewordfa, dafs sie nicht mehr aus der Flasche
wolle.
Sachträgtiehe Bemerkungen über Quania- und
Breeknuftteaiier.
leb 'habe im Vorigen gesagt, das Quasslawasser sei ein ror-
iGglich gntes Heilmittel in derjenigen Wassenncht, die von einem
I3rleiden der Leber vermittelst consensaeller ASaktion der Nieren
abhänge; auch habe ich gesagt, anderartige Leberkrankheiten gin-
gen anf die Dauer leicht in die Qnassialeberkrankheit über. Ans
diewn Anliierangeti könnten manche Leier schliefaen, ich halte
J5 -; o-
— 4« -
das Qtiawiawasier fiir ein Specifiam {b itfttrvpe hepatie». S»
isl et aber aiehi gen«int ; ich bia vialmebr übaneiigt , dafi j«<lei
Leberhetliuiliel swar eine Leberwuaenucbt m heilen im Staade
igt, aber doch jedes Mittel nur immer eioe solche Wauenueht,
wdche von einer nnler seiner Heilgewalt iteheDden Leberkrank-
beit abhängt, so wird s. B. das QMasiiawasBer nie eine von eiaer
Brechnufsleberkrankheit abhängende Wasserancbt heilen, und das
Brechnafswasaer nie eioe TOif einer Quassialeberkrankheil abban-
gende u. s. w. Als erklärende Thatsache mögen folgende swei
Fälle dienen.
Im Deaiember IS36 wurde ich an einer faier wohaenden Kiad-
bellerinn in der 9len Wuche gerufen. Sie hatte Banch - und Zell-
gewebewassersuchl mit wbletehendem Fieber, welchen abendliche
Exaserbaiiottea machte, die HRfDausfloaderang war sehr vermin-
dert, der Harn bniua nnd trabe. Die Leberaffektioa, tod der die-
ler krankhafte Zustand abhiag, haue die Frau während dw Schwan-
gersehaft zu einer unbe«timmbaren Zeit berührt, ohne sie ins Bett
XU werfen; die fremdartigen Gefühle im Epigaitrio waren, wie
das oft geschieht, auf Rechonng der Sehwaagerachafi geschrieben.
[Jebrigent konnte Ich nicht gewahr werden, dalä solche materiel-
le, feindliche Reise im Darmkanal atecktea, die man hätte entfer-
nen oder neulralisiren roJissen.
Da ich über die \atnr dieser Leberknittkheit kaum eine Ver-
mnibimg wagen konnte, so gab ich alaErkeonungsmittel dai Qoaa-
Mawatstr.- Dieses machte in xwei Tagen den triiben Harn klar
»ad vermehrte dessen Ahaoaderung so, dafa ich nicht daran awei-
felte, die Frau werde durch dieses Miiiel geheilt werden. \ach
10 Tagen, da alles einen re^t erwünschten Fortgang hatte, schickt
ihr eine NaebbartDR ein« Suppe, die aas Buttermilch, Bier, Syrop
nnd Weifabrot angeblieb EuaammengesMst war. Die Kranke schlägt
meine Wamang, solche Speisen zu maiden, in den Wind, und ilst
Mittags die Suppe,
Um 7 Uhr Abends (die gewöhnliche Zeit, wo solche gähren-
de. Mittags genossene Speisen, welche die Vcrdaunngsorgane nicht
meistern können , recht ihre feindliche Wirkung äufsern ) wnrde
ich an ihr gerufen. Man sagte mir, sie habe schon gegen 5 Uhr
über ein Gefühl des VolUeinsin der Herzgrube und über Beäng-
stigung geklagt. Jetzt befand sie sieb in einem Zustande halber
Besinnungslosigkeit, und hatte Zuckungen der Arme, ihr Puls war
klein, schnell und aussetzend; angeblich hatte sie seit Mittag gar
nicht mehr gebamt. Weil iefa bia dahin in ihrem Darfflkanale
nicht die mindeste Neigung zum cpnsensuellen Durchlavf bemerkt,
gab ich ihr, um die materielle Ursach« der Zufälle zu beseitigen,
einen aehtnnzigen Trank, der blofa aiu einer halben Unze Natron
und eiaetn Skrupd Tragandt beatand, von 4»m ich u« stüadUeh,
dt« gM»e NeNtht dureb, tiun Ufftl voll BchniMi liab, uod iwar
Mit dem Erfolge, dals, von dani Angeablioke dea Einoebmeat »a,
aÜo üble Zufälle oacb aod nach venicbwandeD nad üb aie am an*
den Morgee am 0 Ubr ao got fuid, wie vor dieeem ZwiiicbeD-
■piele, mit Aueacblnlä jedoch der Harnaueaonderunf , welche sioht-
lieh dadurch geaifirt war, aach war der wenige Hara bmoD and
Iräbe, hatte jedoch seine Säure. Jetxt ging ich wieder aum Q|1b»-
■iawawer über, ia der Zuveraicht, ea werde, wie vor de« leter-
■euo, die Haraabsoodeniog Teimehreo, tftoachte mich ei>er darin
■ehr; ia vier Tagen kam ich um kein Haar weiter, und begreif-
lieh vermehrte »ich onn das Walser im Bauche und im Zellgewebe
merkliefa. Ueberzangt, dafr die durch den nMeriellea Darmreli rer-
nraaebte eooienauelle Gehin- und NervenaSektion die NMur der
Lebersrkraakung verändert habe, vermuchte idi ein uiderci Leber-
beilmittel and swar das Wauer der Brechonlii. Ich fing jak fünf
Tropfen Bit die 6abe fnnfmahl tags a«, »ah atbon an folgendan
Tage eine gäneiige Varaadeimg in der 'Farbe dea Hanu, am xm^
ten eine Vermebrang detaeiben ; da aber am aechiten die Eatlee*
rang das jetzt gaos uormalen noch nicht se reichlich war ala ich
et wüosebte, so stieg ich mit der Gabe dea Srecbnolsvaasers bis
auf 15 Tropfen, and weil ano die Hamentleeroog so vermehrte,
dafs in dieser Hinsicht nichts in wünacbea überblieb, so hidt ich
nirli bei dieaar Gabe. Dia Fran ist aseh, ohne weiteren Anstidii,
Mala dnreb dieses Mhtel von der Waasersacbt uad von dem schlsi»
efaenden Fieber hefrait worden; das Fieber blieb aber, nach gaai
wflggebarntem Wasser, noch über 14 Tage, and nalim allmäUig
ab, wie ea gewöhnlich die Waiae aolcfaer von der Erkrankung ei-
BBS Orgaaa abhängenden Seblaishfieber ist
Da awejte Fall, den ich bald daranf , gleidveilig mit dam
erxihlten lu behandeln hatte, betraf eine Bllliche dienende Jnag-
fer, deren Gesicht brfiunlicb, wie das einer Spanierinn oder Ita-
liSneiten aaasafa, und die behauptete, diese Geaiebts&rbe habe
aie immer gehabt. Sie litt am SeUeidifieber, Uagta ttber widri-
ge Gefühle im Epigastrie, die F&fae warea bis zn den Knien ge-
■ckwvHen, der Baaeh t«11 Wasaer, nad, wns das Schlimmste, rie
hatte schon leit einem Monate aehmerdoaea Dnrehlanf, 8 bis 10
Eniteerungea in 24 Standen, der sehr sparsame Harn war klar nad
geld&wbig, als« nar an eine Sehattang danklar als der normale,
Sbrigeaa ardentli«^ eatier,
Oa Ich dacch die Aeafragang keine deotliehe Nadwicht über die
etale foutebang dieser Krankheit «rimliea konnte (seiche Orgaaer-
lowikungea beseUeIcken die Mensobea «ft geong gens leise nad an-
MMiUleh ) , «B«h «iaht «imnahl efna Venaathnng aber die Natar
deivelbea katta , die Fm-m der KranUieit aber , das Leberleiden,
gwn tmaikaanbar mr, so gab ich ab Probemittid raemt das
— «4 —
Qoaariawnuer , weil mir diesei an oficitcn in Hydrope kepmtic»
irefllicbe Dienste ^leiil«!, ich miihiit ala Venia idea mensch nicht
anders hnndelR konnte.
Nachdem vier Unsen verzehrt waren, and ich nicht die min-
deste wohlth&tig« Wirkung auf den Durchlauf und die Harnent-
leerung gewahrte, so begriff ich , dab hier die Wassersucht nicht
von «iner Qnassialeberkrankbeit abhänge, sondern dafa die Leber-
krankbeit anders natnret sein müsse. Es handelte sich also jetzt
daram, diese unbekannte Natur weiter an erforsche, und wi dem
Ende gab ich fiinfmahl lagi acht Tropfen Brechnufswasser. Ich
sah jetzt eine gute Wirknag, der Durchlauf minderte tind die Hara-
absondernng vAiuehrte sidi. Da jedoch nach 10 Tagen das Fort-
schreiten zur Besserung immer uuderiiaft blieb, so vermindert«
ich die Gabe des Brechnnfswassen nach uod nach bis auf vier
Tropfen fäafmahl tags. Sobald ich bis auf dies« geringe Gabe ge-
kommen war, lieti der Dovchlanf usoh, und die Harnabsonderang
vermehl-l« so, dafs Bauch ond Zellgewebe bald ganz frei von Was-
ser wurden. Weil aber in diesem Falle das Leberleiden wahr-
tchetnlicb schea lange vor dem Erscheineii der Wassersucht be-
standen halte, gab ich der Juogfer den Rath, das Brechau&wasser
noeb lange nachzagebraachen.
Van der wohltfaütigen Wirkung der Lebernittel in ganz klei-
nen Gaben beim oonaensnellen Durchlaof habe ich schon fraber
gesprochen , darum brauche ich mich jetzt nicht zu rechtfertigen,
■dais ich im ersten Falle die anfiingliche Gabe des Brechnufswaa-
sers vermehrt, tm zw«iien vermindert habe.
lieber die Noihviendigkeit kSrperlicker und geitti-
ger R%he b*i aufgeregter Antchoppung der Bauek~
Organe,
Dafi Verstopfung, Anschoppung, Aafireibnng, Verhärtung, oder
wie man noeh sonst die Krankheit eines Oi^ns neanen mag, durch
welche seine Form verändert wird, uad zuweilen so verSndett»
dals man das Abnorme greiflicfa erkennet, sich in einem zweifachaa
Znstande , nämlich , in dem der Rahe und in »ineB anderen d«t
Aufgeregtheit befinden kitene, habe ich schon froher gesagt, auch
bamerlu, d^s kfirperliche Anstrengung, Elrschütteruog und geistig«
Einwirkung eine solche Anfgeregtheit herbeiführe, deren böse Fol-
gen sieh gewühnlicb erst den zweiten oder dritten Tag rechtmerklich
durch coasensuelle Leiden anderer Organe offenbaren, and dafs
sich diese An^eregtbeit des Erkrankten gar trefflich iatdt einao
Absod des Frauendistelsamens beschwiditigen lasse. — Hier habe
ich nun eine sehr wichtige Sftdie vergessen, nttmJicb, da& k&rpar^
lioh» oad geistige Buhe nothweodjge Bedioguig des Besobwiohti-
— 405 —
gew «md. Dine Be4ingtiiig- kaan leicht voa ■inetn jangen Ante
ubenefaen warden; denn dn nrnnche Krank« der Art ao angegrif-
fen Bind, dafs sie aiich ohne irsdiche Mahnung im BeHe bletben,
M tcbreibt man ieich*- die Beachwiobtignng der An^eregtheit ein-
ng Bof die Wirkung der Anenei, und lafsl die UnuUtade anhcr
Acfat, oMer denen die Anenei ihre wohllharige Wirkung offenba-
ret. Bekomm man dann gpSter minder ernatbafie FUle ni bebaa-
ddn, das heifst, tolche, bei denen die scfamenhaften Leiden den
Kranken nicht beaiimrai nöthigen im Bette %n bleiben, bei denon
er vielmehr im Hanse bemmgehet, ja wol aafaer dem Hanae aeioe
Geachftfte, -wenn gleich nräbsara und peinlich heacbickt, bo wun-
dert msn sich aebr, dalii ein Mitte), weichet in emaihafieD Ftileo
bald BiGhilich Hnife geschafft, iü diesen scheinbar leit^teren zwar
flieht ganz seine Dienste versagt , aber doch nur sauderbaft biin.
— Nur durch Vergleichang mebrer , versebiedenariiger Falle ge-
langt man au der Ueberzeugung, dafs körperliche Ruhe die rnnr-
lifrliche Bedingung ist, unter welcher die Arzenei ihre wahre,
wohitbfitige Wirkung Snfsert. Wer dies« Uebersengang erlnogt bat,
oder dem durch Erfahrung (Jeberzeugten Glauben schenkt, der wird
auch solche Kranke, die dureb ihr Leiden selbst otcbt betllügerig
sind, durch eine verständige Vorstelliwg znr Rabe verweisen.
Das Nftmlich« gilt von den geistigen Reixen, nicht blofs von
den heftigen, unangenebmen, sondern ancb von den milderen, ai»-
genehmen ; je gleicbgiiliiger die Geinttthsstimmung des Krankes isit
um so gemftcfalieber wird man die Aufgeregtheit dea leidenden Or-
gans bembigen,
Darmtteing.
Folgender Fal), den mein Ältester wnndArMlicher Freund, Herr
BodeMtaff (wohnhaft in dem niederlindiscben Grenzstadt eben Gei^
mepj behanddi bat, scheint mir, seiner Seltenheit wegen, der ße-
kannmacbnng werth.
Eine sechs nod fSnfzigjflbrige Frau in den Dorfe Samdbeeh
(Land von Kemk, Provinz Nordbraband), Matter von acht Kindern,
hatte im April des Jahres 1833 starke, anhallende Banchacbmer-
zen bekommen, und da die Miilel, die ein Arzt dagegen verschrie-
ben, keine Hülfe geschafft, einen Monat spftter die Kunst des Herrn
ßodenttaff in Anspruch genommen.
Da dieser ihr den Bauch nntersucbt, entdeckt er in der rech-
ten Seite der Unterbau cbgegend, an der Stelle, wo der Blinddarm
li^, eine Verhärtung, die er fflr einen iVIadcelabtzela hXit und
einen erweichenden Brei darauf legt. Bei seinem zweiten Besuche
ßhlt er ganz deutlich Fluktuation, aber in der Tiefe dankel einen
banea KBrper. Er ftfioet nun den Abizeb; ob lanfeo, nach un-
— 406 —
gcntbrer Schfttzoog, aebt Udmb Eitar bemu. Nacb Umm E«-
leening kiinD er den faarIeD K3rf»er in der Tiefe niebt mebr fnb-
Idd, glaubt bUo, eiob getäascbt xa beben. Bei dem aicheten Be-
suche bringt er Beinen kleinen Finger in die Hdhle des Abszeseea
— fnfalt im Gründe uniweifelig den harten KSrper, fTihrl eine fein«
Pinaette neben seinen Finger anf den rithselhaften Kftqier, erfaftt
ihn ohne MSfae, liehet ihn heraus nnd überzeugt «ieb nun toH-
fcommen, dafs es ein wirklicher Stein ist. In den folgenden Ta-
gen holt er auf die oänlicbe Weise nach acht der gr&lsereo Stei-
ne heraus; die kleineren werden ipälsr dnrch die Eiterung aoige-
slofäen. In allen sind drei nnd xwanalg grftfsere and kleinere Slei*
ne zu Tage gekommen ; die ganze Knr bat zwei Monate gewfihrt,
die Frau ist vollkommen gesund geworden nnd hat nach dieser Be-
gebenheit noch neun Jahre getobt.
Herr Bodemtaff ist der Meinung, die Steine müliiten in den
wnmfSrmlgen Anhange des Blinddarmes gelegen haben, denn hU-
ten ste sieb in dem Blinddärme selbst befunden, so würde er bei
dem Herausholen derselben doch wol Spuren von Oaralkolh be-
merkt haben ; Ja, da die Höhle des Abssasses mit dem Sielnlager
commnniairt, hstte sioh Dannkotfa in dem Eiier aeigen müssen.
Die iieinsüchiige Frau hat den gräiälen Theil der Steine, sur
Erinnemng an dieses Abenteuer, selbst aufgehoben, nur zwei der
grfifseren dem Herrn B. geschenkt, welcher mir einen davon ge-
geben nnd awar mit der Bemerkung, dafs die Ghrigen mit diesea,
hinsichtlich der Farbe nnd Consisienx, gleich gewesen.
Dieser bat fünf Flächen ; die ctberste ist gewölbt, bildet ein et-
was geschobenes Viereck und hat ohne Zweifel die innere Wandung
des wurmßrmigen Anhanges des Bliaddarnies berQhrt, wober ihr
die Wölhang geworden. Die eine Seite dieser FISche ist einen
halben Zoll , die andere fünf Linien lang. Die vier übrigen Fli-
ehen sind, jede, einen halben Zoll lang, die Breite deraelhen, w^
sie keilförmig zusammenlaufen, ungleich. Dafs der Stein mit die-
sen Tier FlBchen zwischen den anderen Steinen gesteokt^ varmu-
Ibe ich, well diese Flächen nicht, wie die oberste, gewdlbt, son-
dern platt sind. Das Gewicht des Steines ist 23| Gran, die Färb«
desselben weifs ins Gelbliche spielend mit kastanienbrauner Spran-
kelung. Das ganze Concrement hat hinaiohilloh seiner Leichtig-
keit und seiner feiD«n Oberfläche, die sich seidenartig^ anfShlt, di«
gröfste Aehnlichkeit mit dem f«insten und leichtesten Meerschaum,
wenn dieser nHmlich mit Wachs getränkt ist.
Wohllh&tige Rarnhlatenhiutmng,
Ein sechsundseGhsigjRhrigvr Mann, bei dem die Baaobvollblii-
tigkrit bis zum Jahre 1840 blo« etwas Vwrmaihlielwa gewesen,
— 407 —
wn4m !■ bengien SAn (nadulcni er ein« HiibeuiwMiia ZmI aa
cbroBÜcbeai Unateo gslitten und allmtiilif «io wich üMsa Ans-
aalieD bekommen, dafs «eine Freunde geglaubt, ar sei im Jkbgehn)
van dem damahia landgangigen Leberfieber eigriffcn , welches je-
doch, irMa deo bedenklieben Zueilen, mit deoen ea begann,
(Ohanaebr, Cdltrecheo, &ihlafguchl)«iich ohne Anatob blofs durch
de« SütmaD der Fianendiatel hailen lieb. Nachdem dec Gafaeilla
wieder auf die Strafse kam and aain«! hier im Oite wahBea-
deo Sohn ein einsigea Mahl beaacht hatte, saigtan aicfa bei Ihm
die Varbotbes der BlaaeshSmorrboidea. Ich BHcbla dem drohen-
den Uebel dorch Blattei an den Afier voran bangeo , «a glückte
aber nicht; denn am awetten Tage noch dieaer Eatleemng erschie-
nea die wirklicben filasenbäinorrhoiden mit Stiangarie und don-
kalblarigeni Harne. Ein paar Tage darauf, oaebdem ich norgena
majae atädiisehen Kranke, alao auch den Mann beaucbt haue, bei
dieaeaa niehta Ungewöhnliches gefnnden, uni mtn, um auDwratftdti-
ache Gesch&fie an beaehiakeo dem Hause des Kranken rorbeifuhr,
wmJe Ich hier von der Tochter angehallen und dringend gebeten,
eioantreten, denn es habe sieb, sagte sie, den Aiigenbtick bei ihrem
Vater etwas Seluamea erMgoet. Da ich iii dem Kranken kam,
zeigte man mir einen grofsen HarDIDpf, der fast halbvoll von ei-
ner sehwanbrannen Flüaiigkeit war, uod fragte mich, ob ich diese-
Flässigkait, die der Mann geharnt, für Blut balle. Da das Anl-
gdeerte mehr schwarz als braun war, lo wurde ich wirklich stns-
aig, go& etwaa davon in ein grofsei weilsea Bierglai, und setzte
■o lange Waaser hiaza, das Glaagegen das Licht hallend, bis die
dunkelrotfae Blutfarbe sit^lbar' wurde; ich veraiobare aber dem Le-
ser, dafi, um diesen Zweck au erreichen, eine Verdünnung roa
drei Viertel Wasser erfoderlich war. Die, in Vergleich mit ande-
ren Fallen von Blasenhämorrhoiden, geringe Harnslrenge drang rair
den Glaoben auf, dafs ich ea jetzt mit einem wahrhaft kriiiichen
oder wobltbätigan HamblaseabluifluaM au ifann habe, nnd der Vor-
•och, die Natur, die hier den Weg der Entleerung dnrcb die Bla-
se so energisch eingeschlagen, durch ferneres Angeizen von Blut-
egeln an den After in einen anderen Weg zu zwingen, schien
mir thörichti Ich beschr&nkte mich also darauf, dem Kranken,
der begreiflich nicht ganz frei von Harnsirenge sein konnte, diese
durch stündlich gereichte dreibig Tropfen Roaenschwammiinkinr
zu mäbigen. Dieses Mittel, welches früher in anderen Fällen von
BlasenbBmon-hoiden (die ich Tür ein nicht glückendes Bestreben
der Natur, sich des überfliiiaigeD Bauchhlutes durch die Blase zu
entleeren, also für hiofse Molimina critica ansahen mufste] nichts
geleistet, leistete in dem gegenwärtigen Falle, wo der Natur diese
Entleerung vollktunmen gluckte, recht gute Dienste. Warum aber
eine solche wahrhaft wohltbätige HBroUasenbluinDg so leiten vor-
— 408 —
kouiml, daCi ich iie ent im fünf and vienigrtfln Jahre mBiaat Pm-
xii gesehen, das «erden die gelehrlen- Anatomen nnd Phjviolt^n
wahrscheinli^ besser ansziilegeD wissen als Ich. — Was den fer-
neren Verlauf des Uebels bei iinsereia Kranken beiriffi, ao kann
ich mich darfibet kura fassen. Der Kranke entleerte noch einige
Tage blnttgen Harn, bekam auch noth einen kleiaeo, nngeftfar ei-
ne Unxe betragenden Blulergiifs ans der Harnrfthre, und awar ganz
ohne Schment ; dann wnrde der Harn nicht blofs anblutig, sondern
ganz normal von Farbe. Nach ein paar Tagen, fKrbte er sich wie-
der faellblntig Cwabneheinlicb wegen eines kleinen Difttfeblers )
das wtthrte aber nar einen Tag, dann war er wieder normal. In
den folgenden Tagen reinij^e aich die Blase von dem no*^ in ihr
steckenden Blntgvrinnsel , welches Wahrscheinlich, von der eigeat-
licben Hanptbintung herstammte ; ich sah nXmlich in dem hellstroh-
gAlben Harne kleine Stückchen von scfawanbrannem geronnenen
Blote. Endlich ereignete eiob noch ein. Znlall, der den Kranken
so besorgt machte , dafs er mr ungewdhnlicben Zeit meinen Ratb
in Anspmcb nahm ; wenn er nBmlich harnen wollte, konnte er bei
aller Ansirengnng keinen Tropfen Wasser entleeren. Ans allen
Umständen schlols ich, es müsse ein weit gröfseres StSok Blu^^
rinnsei, als bis jetat von ihm gegangen, sich in die HarnrShre fe^
geaetat haben und sie verstopfen. Ich rieih ihm also, -er solle tim>
läufig jeden Versuch anm Hamen ganx aufgeben, damit sieb eine
gute Portion in der Blase sammle, and nur wenn er es gar nicht
mehr aushalten könne, das Hamen versuchen.
Dieser Baih, dessen Befolgung, bei der gesteigerten Beiabar-
keit der Blase, welche nach einem solchen Stofse noch eine Zeit-
lang fiberbleibt, allerdings etwas lästig war, wnrde möglichst tren
tnr Ansführnng gebracht, nnd da nun der Kranke das Hamen eod-
iich versuchte, trieb der kräftigere Hamstrom ein nngeiähr zoUlan-
gea BlntgerioDBel , weli^es sich wahrscheintieb qner in die Harn-
löbie gesetzt, ohne Mibe heraus, nnd damit war nun das Ende
aller Leiden erreicht.
it» Google
Zweiter Abschal««.
■ftttel mmt <li« •rgan« der mrmmt.
Mittel auf d*a Ber%.
M9«r iiM«gelnKfiiget aanetwad« HBmchlag üi nweilen
•ine im Henen Torwaltende Affektion dna GeMraratorganitinnB,
nnd Riebet nnler der Heil^ewalt eines der UnivertalieD. Oder er
ist eoDsenineller Art , hftngt ron der Affektion eines andern Ein.
geweides ab , tind kann nar dnrcb Hebang des Gmndfibeli besei-
tiget werden. Dia Affektion der Bancbetngeweide, der Leber, der Milz,
des Pankreas, des Pforladersystemes, oder der Banchganglien können
ganx unregelmafsigen Hemohlag machen, so, dafs sich anch vol
«in verständiger Mann tiaschen and datf Ganze ffir eine Uraffektion
des Henens ansehen kSnnte. Ich erinnere mich, Tor zwei Jahren
den Füll erlebt za haben, dafs bei einem Manne von höheren
Jahren- der Gallenstein solch einen nnregelmafsigen Herzschlag
und solche Athemsnoth machte, dafs ich selbst mehre Tage zwei-
felhaft blieb , ob ich es nicht mit einem , mit Bmstwassersncht
Terbnndenen Herzfehler zn ihnn hätte. In der Folge ergab es
sich aber, da& ein Gallenstein solche grofse Noth verarsBcht ha-
be', der denn anch so gef&llig war, sich durch eine Abkochung
des Franeodisteliamens benihigeo m lassen. Aus den vorhandenen
Zeidien nnd dnrcb die Ansfragvng lUst steh so' etwas nicht immer
erkennen. Man mufs die geeigneten Mittel mit dem Organismas
in Berährung bringen, nnd ans dem Verhalten beider gegen ein-
ander das IJebel erkennen. Es giebt Ffille, wo wirklich jede an-
dre Art der Erkenntnifs bar nnmöglicb ist.
In den Urieidan des Herze6s, die nicht von angebornen, ode'
erworlienen Bildon gl fehlem dieses Organs abhangen, nnd in denen
davon entstehenden consensudlen Affektionen anderer Gebilde ist
die Di^talia wol du beste direkte Heilmitlei. Jedoch mnfs man
— 410 —
sie oft Kor HbdiI nehmen, wann man ein krankhaft aafgtngtea
Hsrz griinditcb damit heilen will, ja die gründliche Heilung glückt
nicht iqinier. Ich habe eine Jungfrau gekannt, die swanzig Jahn
am anhaltenden Ilerzlflopfen gelitten, ohne dafa man behaupten
konnte, ai« habe Uerafehler. Sie !at auch nicht gestorben, wie
Mensohen, die an aolcben Fehlern sterben, eondern sie iat viel-
mehr alt und abgelebt heimgegangen. Dieser Jungfrau habe ich,
da sie kaum iwei Monate den ersten Anfang des anhaltenden
Heraklopfens gehabt , die Digitalis gegeben , aber nicht die inin-
deste wohlibätige Wirkung dieses Mittels können gewahr werden.
Wenn junge Leute periodisches lienklopfen haben, so wird
dieses bisweilen mit den Jahren minder, nnd verschwindet wol
mit der Zeit gäoslieh. Haben wir diesen nun Digitalis gereicht,
■o kSnnen wir hintennach rathen, ob die Digitalis, oder die Zeit
Heilen nn geweson.
Ich habe ein Fräulein gekannt, die mit Heraklopfen und
Asthma periodisch geplagt war, und die nun «chon seit gar langer
Zeit nichts mehr von diesem Uebel weifs. Sie hat keine Digila-
II« gebraucht. Ich kenne einen Mann, der Irnhor Hersklopfen
und aslbmaiisohe Zueile oft hatte; mit lanehnienden Jabren iat
dieses Uebel, ohne den Gebrauch der Digitalis, so gemindert,
dafa er die gegründete Hofinung hat, gaoi davon befreit tu wer-
den. Sondefbar ist es, dafs dieser Mann das Herzklopfen gleich
dadurch beschwichtigen kann, dafa er den Körper vorn beriiber
beugt, den Kopf nach unten, je tiefer je besser.
Im Jahre 1836 gewann ich die Ueberzeugung, dafa die Natur
auch eine der Konst ganz nnangllnglicbe Uerserkrankong , wo
nicht vollkommen heilen, doch um vieles verbesseren könne.
Der 17jShrige Sohn ein«» armea Ochsenbauers litt an einem so
furchtbaren Herztoben, dals, wenn man die Hand auf seinen
Brustkasten legte, man nicht blofs den sehr starken, nnregelmS-
fsigen Herzschlag, sondern aetbat die zuckende Bewegung, die
das Herz bei jeder Znaammenziehaag uiacht, deutlich fühlen konnte.
Da weder die Digitalis noch andere Mittel eine wohllhälige Wir-
kung auf dieses Herzleiden äufserten; so rieth ich dem Vater,
sein weniges Geld nicht zwecklos in die Apotheke zu tragen,
•ondera nur dafür zu sorgen, dals der Kranke nicht durch kör-
perliche Ansirengvngen sein Uebel verschlimmere. Ich gab ilim
den Trost, das Herzleiden könne mit der Ausbildung des Kör-
pers durch die Zeit von selbst besser werden.
Zu der Zeit, da der Junge in die Militaircooscription 6«l,
erschien dvr Vater wieder hei mir und verlangte ein Zeugnifs
über dessen Krankheit. Statt eines Zeugnisses gab ich ihm den
Ratb, er solle den Jungen auf «einen Ochsenkarren laden, ihn
nach G, fiihren und den ootenncheaden Militttrirzten in meinem
— 411 —
NMiMt «rklirtn : i«h bdw «in ZengaiA verweigert , VeU Wean
■ie sieb die Mike gebea vollteii} den Jnogen ihre Haad eaf das
Ben zu legen, lie enf den enien Griff leise volUcomiiine Uoleng-
Kchkeil xun MilitlnUenete geu ■Dsweifelbafl erkenaen würde«.
Diese HerreB weres encb u verständig, 'hn für gans antüehtig
n erkiftren.
Nun bBrte ich in langer Zeit niditt mehr von ihm. Im Jahre
IS36 erschien er wieder bei mir, um für einen kranken Verwand-
ten Bath SU Bueheui Durch die Andildung seines Körpers war
er so verftnderl, dn& ich ihn ttiobt mehr kannte; da er sich mir
gu erkenne» gab, seblofi ich aus seinem gansMt Ansehen, dala
es mit seinem Hersen viel besser beateilt sein müsse nls früher.
Anf meine Fmge naeh seiner Bessemng horte ich nua Folgendes,
Er habe, ugte er, meinen Bath, alle körperliche Anstrengungen
sorgfältig SU meiden, treu befolgt; sein Hersioben sei durch. die
Zeit allmählich minder geworden, die Fortschritte der Bessemag
jedoeb so unmerklich gewesen ^ dals er DBMöglicb einen bestimm-
ten Zeitpunkt •nffallender Besserung bezeichnen könne. Jetst trei-
be er schon wieder ein paar Jahre die Feldarbeit, hüte sich Je-
doch dabei vor grofser Anstrengung und tot grolser Eile. — Da
ich ihm- die Hand auf das Herz legte , Hiblte ich allerdings , dafs
ea noch stärker «ohlug als ein gesundes; allein was war das ge-
gen das frühere Tobenl — Ich begriff Jetst, da£i der Mann bei
allen Bewegungen mit seinem Henen Bath nehmen mnlste, also
im eigentlichen Sinne ein Unfreier, ein Sklave seines Ueneu
war. Dieser Knachlschaft aber langst gewohnt, führte er nicht
blofil ein erträgliches, sondern selbst ein genüglicbes Leben.
Ueher den Gebrauch der Digiralis ist in unserer Zeit so viel
Gutes und ErfahrungMnXlsigeB gesagt, dala ich es für ganz über-
flüssig halte, meine eigcnthfimliehen Erfahrungen den Lesern ane-
fnhrlich raitzutbeilen. Folgendes kann ich mich aber nicht entbal-
ten an heiueriten.
Die Digitalis hat eine direkt heilende Einwirkung auf das
erkrankte Herz ; nur in anpassenden Gaben , and zu anhaltend ge-
bfaucfal, wirkt sie feindlieh auf selbiges. Will man das kranke
Hen heilen, so mufs man alle feindliche Einwirkung vermeiden.
ich lasse 10 bis 12 Gran des Krautes mit 8 bis 12 Unaen Was-
ser bis lur HOlfie rerkoehen , and den Kranken von diesem De-
kokt viermabls tags einen LSffel voll nehmen, so daiä die l*or>
tioo in zwei bis drei Tagen. verzehrt wird. Diese ist im Allge-
meinen hinreichend, das Herz zu hembigen, and die consensuel-
leu Zufälle aufzuheben. Sobald ich sehe, dafs letzte, z. B. Athems-
noih, Spannung in den Präkordien u. s. w. , nacblassen, hoifiie
ich den Kranken gleich mit dem Arseneigebrauche. aufhören, wenn
gleich der veroidnate Trank noch aioht ganz verzehrt wäre.
- 4!t -
Ven dem isindliohm Ai^jraifM deg OkgiDlaau iatA dw Digila-
lii habe ich bis j«tBtn<tch kein Heil in Bsnleidea gMehcn. lok weili
jedoch recht gat, dafi man durch seloh feindliehei Angratfea i»
nancheo KrankheiteD g;ar wunderbare VerSaderangea bewirkea
kaan; et liegt nur anfier meinem Plane , jelit von aoldiea f«nd.
liehen Heilarten so iprechen, da ich aie, der Deatliebkeit wegen^
in einen beionderen Kapitel abhandeln werde. BUdangtfebler
dea Henens aind bekanntlich nicht ui heilen, aber man kanndocb
Tiel xnr Erleiehtemng dea Kranken ihnn. Bei den meiiten Hen-
krankbeiten, welche icfa i&t erworbene Bildnngifehler hielt, nnd
an welchen die MeDseben auch Mhnt oder spttter gestorben tind«
fand ich den Pata toII, wallend, mehr oder minder annetiend)
und dann mehre Schiige lebnell nnd minder kräftig blntereinan-
der ichlagend. In den wenigem FSll^n fand ich ihn kleie, eb-
sammeogexogen nnd aouetnad. Dieser Unieracbied wird wabr-
sdwinlieh von der Art der Fehlet abhängen. leb veratehe mieb
wbet nicht darauf, die eioselnea Fehler durch sichere Zeichen von
einander zu unten ebeiden , glanbe auch nicht, dala dem prakti-
adien Arzte an Bolcfaem (Jntenefaeiden riel gelegen Bein kann,
insofern er nKmlieb den einen Fehler ao wenig beben kann alt
den andern.
Es adielnt wol, dafs befiige kdrperliche AnMrengnng, dnrcb
Laufen , oder durch Heben einer Last , oder dala ein Sinn solche
Bildungsfehler des Herzens Teranlasaen kann. Unter den franxasi-
Bchen Zollbeamten, die «nweilen aua Dienateifer, oder in Hoff-
nung guter Beute , den Schmagglern mit der anfsertten Anstreo-
gnog nachrannten, habe ich mdire Herzkranke gekannt. Auch
nnter den Preufsiacfaen Zollaufsehem waren im Jahre 1829 n
gleicher Zeit zwei herzkranke Leute in hiesigem Orte. Der eine
gab bestimmt einen Stum in eine liefe Sandgmbe als die erste
Teranlaasende Ursache seines Leidens an. Vor etlichen Jahren
ist hier ein Bäcker an Herzfehler gestorben, der einen wahrhaft
athletischen Körperbau hatte. Dieser gab ebenfalls bestimmt das
Heben eines überschweren Komiaokes als die Veranlassung seines
Uebels an. Uebrigens findet man Herzknmkc genug, die durcb-
aus keine Teranlassende Ursache ihres Ungemachs anzugeben
wissen. Bei alten Leuten soll zuweilen VerkoÖcherung der Herz-
klappen das Herzleiden macben. Möglich ist es; ich habe es aber
nodi nicht gesehen. Vor etlichen Jahren behandelte ich einen
Mann, dessen Uebel von dem Uebel anderer aebr abweichend
war; der Imt vielleicht VerknScherung der Klappen, oder gar der
AorU, oder Gott weifs was für andre verborgene Fehler gtfhabt.
Sein Puls war klein, fadeofftmig, anasetzeod nnd ganz unregel-
mäfsig schlagend. Der Athem kurz, ohne dafs man Bruatwasser-
sucht annehmen koBDte. Die Nase war blaaroth und kalt. Die Digitalis
• — 41S —
wirkt« gw aiaht anf diuea «dtMmen Zattand. Der Mann üt
aaeh nicht gMtorb«a, wie andre Henkranka oder Bnutwaas«'.
B&ebtig«, aoadem, nacbdea er nehrere Jahre in dieaem Zaaianda
faeniMgegaagen und nach and nach Fleuch und Krifte verloren,
iat er endlich beltlägerig, dann immer magerer und kftltar gawor-
deo , and iat aoleut im eigentlichen Sinne verlöichi. Der Pub
war in der leisten Zeit lo klein , dala ich ihn nnr mit MUhe fin-
den konnte, vk-% ich aber daran fiihlie', war geltsame ünregelmä-
Crigkeil. leb hin der Meionng, dals hier ein eigenee Hindernif«
dea KraialanfiH Statt gefnnden habe, mafae mich aber nicht an,
selbiges bestimmen zu wollen.
M&glicb ist es, dafi manche Kinder kleine Herzfehler mit anf
die Welt bringen , welche anfänglich dem KreiNlaufe and der Cr-
aSbrviig nicht sehr binderlich sind , sich aber mit dein K5rper
aaeh und nach aoibilden nndje Unger je stürender aaf den Kreis-
laaf einwirken. Möglich ist es aber auch, dafi im Knabenaher
solche Henfebler dareh heftiges Laafen, Springen and andere ge-
waltsame Anstrengongen gearsacbet werden.
Die Gonsensaellen Leiden , die durch Herzfehler veranlafal
werden, ihid nach meiner Beobachtung , folgende:
Brost Wassersucht und folgende BanohwassersacfaL Blutiger
Aoswurf. Krampfhafts Affektion des LnftrShrenkopfei , die sich
als Erstiekungsznfaile Sufsert Affektion der Leber , häufiger je-
doch, nach meiner Beobachtung, mit krankhaft vermehrter, als
mit Termindener Gallenabsonderung gepaarel. Affektion des Ma-
gens ,' die sidi als Spannung in den Prttkordien , oder als bestBn-
digea Uebelsein, tind mitunter ab Würgen änfserl. Affektion
der Stieren, die sich als Öfteres, aber spanames Harnen, oder als
Bwhr oder minder behinderte Harnabsondening und normwidrig«
Farbe des Harnes offenbaret (aaf die Weise kann bei Hersfefalem
Bauchwassersucht ohne Brust was« ersucht entstehen, wiewol ich
zulasse, dafa uolche Falle anberst selten vorkommen). Zuaam-
menziefanng des Mastdarmes, wodurch der Darmkoih in ganz dün-
nen Kringen zn Tage gefordert wird, mit öfterer Neigung tnr
Entlaatnng ab bei vollkommener Gesnndbeit. Endlich ein eigenes,
nach Aussage des Kranken, ans dem OheriMoehe hervorgehendes,
selbst bei mäfsiger Bewegung entstehendes G^hl von HinfAUigkeit
nnd Unmficbtigkeit, welches nicht selten mit Würgen begleitet ist
PlStzlicbe Tode habe ich sehr selten gesehen, wo ich sie aber
■ah, waren sie blltsschnell. Im Jahre 1829 hatte lob einem Grenz-
xollanfseher ein Zengnib gegeben , dafs er wegen unheilbarer
Heizfehler anftthig zo seinem Dienste sei. Durch gute Vorspräche
whtdt er einen gemfichliehen sitsenden Posten an der Brücke zn
^■■mifareiuiain , und der Termin war ihm anheranmt, wann er
*i«'i donbin be^ben sollle. Nachdem er eines Moigeu Kaffee
— 414 —
geirnnken, recket er sich auf dem Stahle, «od miebt eroe eeliBa-
me bange Miene. Seine Frau springt au ihiBt nimmt ibn in ihre
Arme , nnd er veraeheidet aagenhlicklieh. Ejnen ähnlichen Tod
halte der Obent von D * * , der achon mehre Jahre anhaltewl
nnregelmKfsigen Herzacfalag gehabt, Obrigea« sieh ziemlich wohl
bei einer mürRigen, alisenden, sorgen&eiea Lebensart befanden,
leh wurde im Jahre 1817 zu seiner Gemahlinn gerufen, die an
einem chronischen Uebel litt. Nachdem idi dieae unleriucht und
ihr dai Nötbige verordnet, bat sie mich, ihren Gatten doch aneb
einmahl za examiairen, der leide, tagte aie, aeit einiger Zeit aa
karzem Aihem, wolle es aber nicht Wort haben. Ich anteranchie
ihm znerat den Bauch und fand diesen von Wasser ganz gespannt ;
' in der Brnit halte er. aber kein Wasser, denn sonst haue die
AthemskSrze bei dem wasaererHillten Bauche weit, weil -gröber,
sie h3iie schon wiriiliche Athemsnoth sein müssen. Der Puls war,
wie ich ihn schon früher gefühlt, voll, wallend, aassetzend, und
dano mehre schwache Schlage schnell hintereinander thuend. Ich
verordnete, was ich ßir dienlich hielt, und da die A|ioiheke fast
eine Meile entfernt war, das Uebel ganz schleunige Hülfe nicht
zn fodern schien, und es schon auf den Abend ging, so sollte fol-
genden Tages die Arsenei geholt werden. In derselben Nacht siebt
die Oberstinn ihren Gallen ans dem Bette steigen, sich auf einen
Stuhl setzen und nach Athem schnappen. Sie spricht ihn an, er
antworlet nicht, wanket aber auf dem Stuhle, als ob er hinunier-
sinken wolle, erschrocken fliegt sie ans dem Beue, umfafst ihn
mit ihren Armen, und eh sie das neben an schlafen de Midcfaen berii.
fen kann, gibt er schon den Geist anf. So gfmachiidi enden aber,
bekanntlicfa, die wenigsten Herskranken. Die meisten, welche ich
geaeheu, Ktten viel und lange, efa sie des Lebens bar worden.
Apoplexie sah ich noch nie sich zu Herzfehlern gesellen
{vorausgesetzt , dafs man die angerührten plötzlichen Tode nicht
Apoplekie nennen will, woza aber keia Grund vorhanden ist)»
aber wol vorübergehende L&lnaung, aneb StBrnng der Gefaimver-
ricblungen. So behandelte ich z. B. einen allen Domherrn, der
an einem Henfehler litt, in dem sich Bmstwassersacht gesellte;
dieser bekam kurz votlier, eh er, wo nMit bettlSgetig, de«h
atnfalriisiig wnrde, eine Lähmung des linken Fn&es, die sieh aber
in einer halben Stunde wieder verlor. Dit Frau eines Laodmannes
wurde halbseitig gelähnst oad apraofalos, (Am die Besinnung za
verlieren. Die I^ähtaung, sowol der Extreraiifiieii als der Zunge,
wShrte aber kaum vieruadawaazig Stunden. Ich kannte einen acht»
ligjäbrigen Geistlichen, der an einem Fehler de« Herzens und der
davon abhängenden Brustwassersuefat litt. Dieser bekam einst ei>
ne Lähmung des rechten Armes und Fafses ; Gäiirn, Znnge, Mund
«nd 6encht waren «her frei geblieben, Dfeae Uimmg vencbwaiMl
— 41S —
innerhalb «ckt Tage m, dab er wieder in der Kirch« die Metae
lesen konnte. Ein aaderes Mahl rerlor er plöcxUch Bein GedRcht-
mls in der Art, dafa er allen Gegenständen einen verkehrten Na-
Men gab; dieaea hat aieuilicfa lange gew&hrt, verlor aich aber auch
wieder. Gott weifa, wie oft ich dieaen Mann daa Bnuiwaaaer
durch die Digilalia habe wegbarnen lassen. Eine Zeitlang riefen
«cb seine HanagenOHcn, wenn er Atbanianoih bekam and die Füfae
ihm «chwollen ; weiterhin woUteo sie mich nicht bemühen , boo-
dera li^en nur den viemuigeD Fiogerhulsabaod wiederholen, weU
diea denn aach got ging.
Ueber die erleichtern de Behandlang der Hersfehler (auf wirk-
tich heilende verzichte ich) hat mich die Erfabmng Polgendea ge-
lehrt:
Man mufi sorgen, daa Wasser aus der Bmit an halten, und
dieses kann man am besten dadorcb erreichen, daTs man die Di-
giulis als Heilmiitel auf das Herz in unfeindlicher Gabe reicht,
wie dieses schon oben bemerkt. Ein feindliches Angreifen des
Organismus störet weit eher die Urinabsonderung, als dafs es seU
bige berördem sollte. Bekannilich sind aber die verschiedenen
Menschenkör|jer nicht gleich empfänglich für die Einwirkung der
Digitalis; man mnls in dieser Hinsicht jeden einselnen Körper,
mit dem man zu thun hat, und die Wirkung der Arzenei genau
beobachten, dann wird man schon bald die heilsame iiDfeindlich«
Gabe ausmitteln.
Uenfehler tauchen bekanntlich consensuelle Leiden anderer
Bmst- und Banehorgnne. Im Allgeiaeiiwa kann man als wahr an-
nehmen, dafs £e Digitalis, durch wohltbfitiges Einwirken auf daa
Hers, diese csasensuellea Leiden hebt und zwar schnell hebt. Zu-
weilen aber trifft es sieb, dafs solch ein consensuelles Leiden ei-
aes Organs anfängt zum wirkliehea Urleiden zu werden , dann
weiidit es flicht mehr der Digitalis , und gerade dadurch , dafs es
nicht mehr derselben weicht, bekomimt nun die Vermuthnng, dala
es selbstsiändig geworden sei. Hier maJs man durch die Eigen-
mittel solch «in urerkranktes Organ wieder zum Normalstande ta-
röekföhren, dann wird man dem Kranken grolse Erleichternng ver-
a«baffen. So habe iöb schon erlebt, dafs die Digitalis die consen-
anelle Spannung in den PrSkordien, naaientUch im rechten Ifyf»-
eiomdria, bei einem herzkranken Manne nicht mehr heben wollte,
ich gab jetsL QoasaiBWBSser, und dadurch wurde dieser Zufall be-
seitiget, und die Urinabsondemng, die der Digitalis nicht mehr ge-
horchen wollte, wieder zur Norm gebracht. Ich habe auch schon
gesehen, dafs eine falsche Gallenabsoodernng mit sehr bitterem
Gesohmaok, nod mit anderen Zeichen gastrischer Schärfe Statt fand.
Magaetia, bi« sam drei- oder viennabligefi täglichen Abfuhren ge-
— 416 —
gebeo, beieitlgte 4ie Zuflllle gar bald, and nan ibat dfe DigitalU
wieder ihre alte Wirkung.
Es ist dnrchant oöthtg, darauf in achten, ob früher ichoa ein
krankhafter Zaaund des einen oder dei andern Orgau vorfaandSB
gewesen. Wenn man solche TrQher vorhandene, neben dem Hen-
leiden bestehende krankhafte Zustände der Organe nicht heseiti-
gel, so kann man mit der Digitalis allein nweilen gar nichts aus-
richten. Haupts&chlich ist zu achten auf den Bauch, and in die-
sem auf das PfortadersTstem. Bei solchem doppelten normwidri-
' gen Zustande des Herzens und eines andern Organa findet ein ge-
geaseiliges Ineinand erwirken beider Oi^ane Statt, wodnrch denn
das Hersleiden ungeheuer gesteigert wird. Beschwichtiget man die
Anfgeregtheit eines solchen friiher erkrankten Organs (in heilen
ist es auch nicht immer), so beruhiget man dadurch nm vieles das
Herzleiden, oder man bahnet der Digitalis den Weg, ihre beilsa-
me Wirkung, welche bereits versagt, aufs neue zu bewahren. So
habe ich z. B. durch den inneren Gebrauch des Schwefels und
dnrcb Ansetzen der Blutegel an den Mastdarm den wankenden Rnf
der Digitalis als Herzheilmitiel und tds Diuretieum auch sdion
gerettet.
Man mufs auf den Znstand des Gesammtorganismus achten,
and diesen, wenn er erkrankt, zur Norm sarückfübren. Mebr-
muhls habe ich erlebt, dafs die Digitalis nicht mehr wirken woll-
te, und dafs die Kranken sich Sufaerst unbehaglich fühlten; ihr
Harn war dunkelroth, aber bamsaaer, die NSchte wurden schlaf-
los zugebracht, und das Herzpochen war nngewSbnlich heftig.
Durch mehrtSgtgen Gebranch des kubischen Salpeters wurde dieser Zu-
stand, zwar nicht ganz gehoben, aber um vieles gemildert, und nnnthat
die Digitalis anfs neue ihre herrliche Wirkung. Noch lebt in mei-
ner Xachbarschaft ein herzkranker Mann, den ich sdion über vier
Jahre behandelt habe. Dieser hat innerhalb der angegebenen Zeit
sebon zweimahl an einer nnter der Heilgewalt des Eisens stehen-
den Affektioa des Gesammtorganismus gelitten. Zum ersten Mah-
le stellte die essigsaure Eisentinktnr die Urinabaonderang, die der
Digitalis durchaus nicht mehr gehorchen wollte, wieder her. Ein
Jahr darauf vermochte es diese Tinktur allein nicht; aber der
Mann, der schon ganz bettlägerig war, fQhlte sich bei ihrem Ge-
brauche wieder besser und sifirker, und der dnnkcIgefBrbte , ganz
alkalische Harn wurde wieder sauer, und verlor, zwar nicht ganz,
aber grSfstentbeils die dnnkelrotbe Farbe. Nun gab ich aufs neue
die Digitalis, und sie, die vorher nichts, gar nichts geleistet, that
jetzt so rasch ihre treffliche, wundergleiche Wirkung, als ich sie
je in meinem Leben gesehen.
Ob bei Herzfehlern Aderlässen zur Erleichterung der Beschwer-
den und Verlängerung des Lebeu diene , darOber Uiirt sieh im
- 417 -
AUftBOflinsn niehl gemSchlich absprechen. Ich habe, wie icb eben
bemerkt, Ffille erlebt, wo sti dem Hentfehler sich eine unter der
HeUgewali dei Salpeters stehende Affektion des Gesammlorganis-
mns gesellte. Wer hier hfiile cur Ader lasien wollen, vfirde da-
nitwol nicht geschadet haben. AuchinPSllen, wo Leuteschon früher
an BI Uten tlee rangen gewöhnt sind, wo sie gat essen nnd Irinken, nnd
sich gerade wegen ihres Uebels keine Bewegung machen können,
aneb in diesen Fällen kann man wo! genöthiget sein, ein paarmahl
des Jahres BInt zn lassen. Ich kann aber nicht sagen, daft ich
je in solchen Fitllen eine direkt wohlthaiige Einwirkung des Ader-
latsens aof das Herzleiden bemerkt habe; mir schien blofs, dafs
nach dem Aderlasse die wobllhiliige Wirkung der Digitalis sich et-
was deutlicher heransstellte. Ganz bestimmt kann ich dieses aber
nodi nicht einmahl behaapten , und es ist immer möglich, dafs ich
es mir blofs eingebildet. Eins weifs ich gewiis; ich habe mehre
Herzkranke behandelt, denen das AdMiassenweit eher zur Yerkür*
znng, nie ,znr Verlängerung des Lebens wQrde enchossen sein,
wenn ich nnweise genug gewesen wSre, es anzuwenden. Wenn
man sagen wollte, die verminderte Blntmasse wirke auch minder
reizend, störend aaf das kranke Herz; so gehe ich zu, dafs sol-
che , auf nnsre etwas nnvollkommne Kenntnifs von dem Blutsm-
lanfo sich stBizende theoretische Ansicht gnt vorgetragen, sich ziem-
lich erbaulich anhört. Bei Uebong der Kunst würde man sich ahw
gar bald getHnscht finden, wenn man ihr gröfseren Werth beil^
gen wollte, als sie, in Betracht der grofaen Unvollkommenheit un*
serer Kenntnifs des menschlichen Organismus überhaupt, haben
kann. Wir siofsen bei Beobachtung der Kranken auf Erscheinun-
gen, welche jenen theoreiischen Ansichteo geradezu widersprechen.
Eiae belrfichtlicbe Verminderung der Blutmasse bewirkt bei man-
eben Körpern nicht sowol verminderte, als vermehrte Herzschlfi-
ge, ja selbst nnregelmftfsige Herzbewegungen. Ich erinnere hier
nor an die Folgen heftiger Mutterblutflüsse. Eine geringe körper-
liehe , oder geistige Aufregung bewirkt ja bei solchen blutarmen
Wesen Herzklopfen. Ferner habe ich beobachtet, dafs manche ~
Herzkranke (aber nicht alle) geistige Getr9nke in mfifgiger Menge
ohne Vermehrung ihres Herzleidens vertragen. Noch jetzt, indem
ich dieses schreihe, bin ich Arzt eines Mannes, der schon vor fQnf
Jahren, als Folgen seines Herzfehlers, Brost- nnd Baiichwasser-
sucht und wassergeschwollene Fütas his za den Knien hatte, and
dem ich seit dieser Zeit ein kiinsllicbes und recht ertrftgUcbes Le.
ben erhalten habe. Dieser trinkt alle Abend gegen fSnf oder sechs
Uhr eine ganze Flasche Wein. Hat er Ansprache von Frennden,
kann er auch wol etwas mehr trinken. Ich sehe nicht, dafa er
feindlich davon angegriffen wird. Er selbst kann es auch nicht
Merkm; daoa Miut würde er dch wol von dieser Gewohnheit h>%.
— 418 —
saj^a. Da nan der Wein itn Blatunilauf .und die Zahl der Uen-
schl&ge, ohne merkbare Verscblimnicriing des Herzleidens, deut-
lich und sinnlich erkennbar vermehrt : lo Mufs man wohl gezwun-
gen' Mifstrauen in Hie ÜrKtliche Meinung seilen, als ob man durch
Verminderung der Uliituiasse dem kraakeo Herzen eine wohllhSii-
ge Schonung bereiten konae.
Uie Briiuiwasgersucht war in den meisten Füllen, die ich sa
behandln gehabt, von Herzfehlern abhängig; in elneelnen «elie-
aen entstand sie aber auch wol von elu-oniscben Leber- oder Milz-
leiden. Da Leber- und Mikleiden consensuellen Husten, bintigen
Auswarf und Asthma mncheo, so ist xu begreifen, dafs sie eben
sowol ein MiTsverhäUnifs zwischen den Verrichtungen der einsau-
genden und aushauchenden Gefüfse des Brustfelles bewirken kön-
aen. Warum sie dieses aber »o seltea ibun, woils ich wirklieh
nicht auszulegen.
E^ gibt Fälle von Brastwassersucht, bei denen man weder die
Baucheingeweide, noch das Heraaln Ursacber des Uebels ansehen
ka^t^ und wo man dieses als Urkrankheit des Brugifelles ansehen
iHufa. Aber selbst in diesen Fällen ist es noch niöglich, dals das
llrustnasser von Herzfehlern abhängt , ohne dals wir dieses ahnen
können. Wie d!e Leber erkranken kann, ohne dafs die Menschen
gel bsüchl ig- werden, wie das Gehirn erkranken kann, ohne iaia si«
wahnsinnig werden, und wie die \ieren erkranken können, ohne
dafs sichtbare Leiden dieser Organe sich äufsern, so kann auch
das Herz chronisch erkranken, ohne dafs sich dieses Kranksein
durch ungeregelten Herzschlag ofienfaarei; es kann sich vielleicht
einzig durch das consensuell gestörte Verhältnifs der einBaiigenden
und aushauchenden GefSfse des Brustfelles äitfsera. Kein verstän-
diger Arzt, der den menschlichen Organismus mit Aufmerksamkeit
heobachlet hat, wird in dieser Sache das Für und das Wider mit
Bestimmtheit zu behaupten wogen.
Auf alle Fälle sind selche UrbnistwasBersuchten gerade am
allerschwierigsten zu erkennen. Der Pulssdilag ist hier ganz re-
gelmäfsig, und der Kranke kann auch, wenn die Brust nicht gar zu
voll von Wasser igt, noch ziemlich gut auf dem Bücken, aber nicht
gut auf der einen, oder der andern Seite liegen. AÜmrnt das Ue-
bei zu, so inufs er mit dem oberen Theile des Körpers immer hö-
her liegen ; endlich mufs er sitzen mit vornübergebeugieoi Körper.
Gewöhnlich entstehet die Brttsiwassersucht langsam, zuweilen fast
nnmerklich, so dafs die Menschen die Kurze ihres Athems blofs
gewahren, wenn sie mit andern, die rasches Schrittes gehen, Über-
weg wollen. \acb und nach wird das Uebel deutlicher; es gebet
aber zuweilen eine ziemliche Zeit hin, ehe die Menschen die Kür-
ze ihres Athpins sich als eiwas Krankhaftes gestehen. Das ist
nun das Gewöhnliche, welches jedem Arzte bekaont ist. Ell gibt
— 4W -
aber Aontahmen, wo die Ausbildung dietet klSgfidien Hebels viel'
schoeller geschiehet, wodurch denn die Erkenntnifs in dem Ein-
xelfalle sehr erschwert wird. Des Hachsie, was ich je von schnel-
ler Entstehung beobachtet, will ich dem Leser, weil es mir hin-
•ichilich der Erkenntnifs lehrreich acheinet , in einem Krankbeils-
fall« kurzlich erzählen.
Vor mehren Jahren fragte mich ein auswärtiger Mann wegen
EngbrGstigkeit um Rath. Er konnte nur langsam, Fufs filr Fufs
geben , und niufate noch zwischendnrch stehen bleiben. Liegen
konnte er am besten auf dem RQcken, übel auf der einen oder der
andern Seite. Der Puls war ganz regelmifsig, Abdoniinalleiden
waren durchaai nicht tu entdecken, so wenig als Schwappung im
Bauehe, welche lerzte, bei diesem alten, mageren Manne, anch in
ganx geringem Grade nicht zu verkennen gewesen sein würde.
Fufsgescbwulst war nicht vorhanden, auch nie von ihm früher be-
merkt worden. Der Harn war ganz normal von Farbe, war sauer,
und wurde, in Yerbältnifs zu dem verzehrten Getränke (nach un-
gefährer ScbBizung), in hinreichender Menge entleeret Die Efs-
lust war wie früher ; der Schlaf gut, nur etwas unterbrochen. Die
Entstehung seines jetzigen Uebels machte die Erkennloifs ganz dun-
kel und schwierig. Er war nämlich, so lautete seine Erzählung,
eines Abends in einer frohen Gesellschaft gewesen, hatte hier roä-
fsig gegessen und inäfsig Wein getrunken, und am andern Mor-
ien, da er aufstehet, mehr noch, da er zur Kirche gehet, (er war
nSmIicb ein Geistlicher) wird er die Engbrüstigkeil gewahr. Gleich
fragt er den im Orte wohnenden Arzt um Baih. Der bchandell ihn
nach seinem besten Wissen, kann ihm aber nicht helfen. Er wen-
det sich jetzt an einen auswärtigen Arzt, den er für erfahrner hält;
dieser gibt ihm ebenfalls mancherlei Arzenet, ohne ihm einen län-
geren Athem za machen. Nan kam er zu mir, damit ich ihm hel-
fen sollte.
Alle Umstände wohl erwogen, sagte ich mir deniüch, dafs ant
den Zufällen und durch die Ausfragung nichts zu erkennen sei,
und dafs ich hier die Arzenei als Erkennnngsmittel in Anwendung
bringen müsse. Ich gab ihm also eine Abkochung des Fingerhu-
tes, und in derselben Nacht, vor welcher er den Tag durch diese
Arxenei gebraucht, harnte er, seiner Aussage nach, doppelt so viel
als gew5bnlich, nnd sein Athem war wieder so long als er je ge-
wesen.
Hier hatte ich also die Erkenottrifs, dab der Mann an der
Brustwassersucht gelitten. Wahrscheinlich hatte die ungewühnlich
schnelle Entstehung des tlebels meine beiden Vorgänger getäuscht;
denn da diese die Wirkung der Digitalis so gut kannten als ich, so
würden sie, hätten sie an Wassersncht gedacht, ihm eben so gut
geholfen haben als ich. Ich gestehe, daüi aaeh mich diese nog^.
37"
- 420 -
wöhnli<^ ■chmll* EattiekaBg, die ich bis iMa noch nie beobach-
tet, asfilDglicb atnixtg; machte, beioadera, da die Anuage die-
■es recbtlicheD, Hülfe Bochentien, und nicht« weniger alt einbildi-
Bcben MaaneR auf keine Weise konnte in Zweifel gezogen wer-
den. Ich dachte aber, da man einen Menschen das Brnitwaasar
in einer einzigen \acht wol kann wegfaarnen lauen, so ist eben
•idit nRmSgiich, dafi ei auch !o Eioer \acht «ntsieben kann. Zum
wenigBien schien mir dieser ungewöhnliche Anfang nicht wichtig
genug, mich dorch denselben von eisern Versuche mit der Digi-
talis abschrecken su lassen.
Es könnten Bl>er die Leser denken, ich habe mich denooi^
gelSnscht, denn da die Digiialis auch in aitdetn Brust affektionen
beilsam sei, so folge aus ihrer Hülfleistung noch nicht, dafs dar
Mann an der Brust wasserancht gelitten. Darauf antworte ich : der
Mann ist etliche Monate darauf, wie ich von seiner Familie Mif
das bestimmteste weifs, von der näralicben Engbrüstigkeit heimge-
■uchl worden; nachdem diese eine Zeitlang angehalten, aind ihm
die Füfse geschwollen, darauf der Baucb; endlich ist die Ztdige-
webewasserauobt hinangekommen und der Tod unter grofsen Lei-
den erfolgt. Dieser Ausgang spricht, wie ich glaube, iür die Ricb-
tigkeit meiner ffftheren Anaichl.
Ick stelle jetzt die Frage auf: ist die Brnstwasaersacbt gründ-
lich zn heilen, das heifst, ist es möglich, das VerbSitnifs swiscfaen
den Verriohiangen der einsaugenden und ausbauchenden GefSfse der
H5hle der Brust so zur Norm zurüekxufnbren, dafs die Leute fro-
her oder apfiter nicht an diesem Uebel sterben t Mir scheint, keis
Teratlifldiger Arst kann nach physiolt^iscben und pathologis^en
Gründen die Unmöglichkeit einer wirklichen Heilung darthun; al-
so aind wir genStfaiget, die Möglichkeit anzunehmen, and es ist
unsere Pflicht das mit Fleifs zu aucben, was nns vielleicht in die-
sem Punkte noch fehlen möchte. Wenn mich aber jemand fragt,
ob ich je die Brust Wassersucht gründlich geheilt halte, so mufa ich
als ehrlicher Mann gestehen, dals ich niicfa einer aolchen Heilang
nicht rühmen kann. Die, von denen ich bestimmt wufste, dafs sie
an der Bmstwasaemicbt litten, und deren Schicksal ich habe in
Erfahrung Bringen köanen, sind endlich alle, früher oder apftter,
nachdem ich sie oft das Wasser hatte wegharaen lassen , an die-
sem Uebel gestorben. Freilich erinnere ich mich wol einzelner,
seltener Fftlle, wo ich Leute, die etwas kurzen Albern hatten, die
aber noch ordentlich gehen und ihre Geschäfte verrichten konn-
ten, nnd von denen ich vermuthete, dafs sie vielleicht Wasser in
der Brust haben möchten, durch die Digitalis von ihrer Eng-
brüstigkeit befreit habe, die auch gans frei davon geblieben
sind. Ich kann aber nicht mit Bestimmtheit behaupten, dafs diese
•inielnen Menschen wirklich an der BnulwaatertBeht geliueo. Die
— ttl -
Btutiraaiennefat igt, wenn de wirkUeh bis sn einem gewiana
6rmile gekommen, oft nicht leicht n erkennen, wie viel schwerer
Mofe rie also bei ihrem ersten Enbriehen in erkeBoea sein, und
wie leicht kenn da TAuidiang mit oaterlanfeD!
£a kann möglich sein, dals von Auswärtigen, bei denen ich
das BnutwBiser bestimmt erkannte, und die ich es weghomen lisfi,
der eine oder der andere gesond geblieben ist; da aber die,
welche unter meinen Aogen gel^t, und die, von deren Schicksale
ich bia nnterrichlet werden, endlieh am Bnistwasser gestorben sind,
so glaobe ich, dafg auch die, von deren ferneren Schicksalen ich
nichts gehart, endlich ebenfalls von dem Uebel getödtet sein wer-
den. Wollten wir Kranke, mit schwer, ja mit selten zu iMilendm
Uebeln, denen wir ihre Krankheit bescb wichtige!, nnd sie anachei-
■end gesund gemacht, desbalb, weil wir weiter nichts mehr von
ihnen hören , als grandlicb geheilt ansehen , so würden wir uns
selbsl täasehen, und ea würde uns luletit geben, wie den hemm-
waademden Maiktschreiem, die, weil die Kranken, denen sie Ar-
lenei gereicht, ihnen auf ihren Wanderungen nicht nachrennen and
sie mit ihren Klagen behelligen können, endlich der festen Mei-
nung sind, alle gründlii^ geheilt zu haben; vor welcher markt-
schreierischen Einbildnng uns Gott bewahren w(41e.
Ich kann nicht wol von diesem Gegenstände scheiden, ahne
noch insbesondere ein Wort 3ber den auaselzenden Puls zu sagen.
Ea ist bekannt, dafs nicht blofs Heraleiden,' sondern nach Baneh-
leiden, anssetxenden und seltsam schlagenden Puls machen können.
Den Puls znm Auaaeuen und aum seltsamen Schlagen zu bringen»
dun gehört hei manchen Körpern nicht viel. Ich bin Arzt einer
Frau gewesen, die durchaus nicht hysterisch war, die aber bei je-
dem leichten Uehelhefinden anssetsenden nad nnregelmüfsig schla-
genden Puls haue. Diese ist nun nicht an einem Herafehler ge-
storben, sondern im ziemlich hohen Alter an einer Verhürtnog und
Vereiterung des Mastdarmes. Ich habe vor vielen Jahren ein epi-
demisches Fieber beobachtet, hei welchem Säuren, besonders Scbwe-
felsSure, in mSfsigen Gaben gereicht, den Menschen alsobald ans-
letzenden und seltsam schlagenden Puls machten. Das Nftmliche
ihat die Rinde und das Extrakt der Catecfau (ob andere bittere nnd
zusammenziehende Mittel 1 kann ich nicht sagen). Solche wunder-
liche Erscheinungen möchten den Physiologen und Pathologen be-
•chwerlich zu erld&ren sein; sie lehren uns aber, daCi wir von
dem aussetzenden nnd unregelmäisig schlagenden Pulse nicht im-
mer Böses ahnen dürfen, und dafs es nnweise sei, aus diesen Znfftl-
leo fingt auf Fehler des Herzens zn achliefsen. Der wirkliclieii
heizkranken Menschen gibt es leider genug in der Welt, wir brau-
chen dei^eicben wahrhaftig nicht noch hiniuxndichten.
Da ich jung war, hat man mir geMgt) dal« man nit der Dt;!,.
^tnlit den fflntkr^ilanf Terlaagsainen köRDe. Du itt allerdiitgs
vrahr, allein, gleichxeiiig mit dieiei Yerlangaamang wird der Hera-
idilag aaeh mehr oder minder auuetzend, und die Meniicbfi] Juli-
len sich unbehaglich, so dafs aawidersprecblich solch Längsamei^
werden des Pulses von einer feindlichen Einwirkung der Digitalis
nnf den Organismus abhangt. UnregelmSfsigen , von Bildangsfeh-
lern des Herzens abhängenden Fula habe ich durch die Digitalis
noch nie rcgelmäfsig machen können, wenn gleich alle consen-
suelle Alfektionen durch selbige beseitiget wurden. Da, wo der uo-
regnlin&isige Puls durch die Digitalis regelniälsig wird, ist es weit
eher wahrscheinlich, dafs man es mehr mit einer dynamischen Hen-
erkranknng, als mit einem Bildungsfehler , oder mit der Hersbeii-
leluassersucht XU thnn hat. Letzte ist aber, als fiir sich bestehen-
des üebei, selten, und ich kann nicht behatipteo, sie je behandelt
tu haben.
Es gibt ßilduDgsfehler des Herzens , die sich dureh keinen
rhythmisch ungeregelten Puls rerralben, soadem nnr dorcb einen
beschleunigten. Da aber ein beschleunigter Puls ein gemeiner Zu-
fall gar vieler chronischen Erkrankungen ist, so wird durch die-
sen allein der Arzt nicht auf einen Hersfehler aufmerksam ge-
niBcht. Sind nun noch dazu Baocbleiden erkennbar, (bekannilich
gesellen sich oft consensuelle zu Hersfeblem) so wird der Arzt
leicht in den Irrihum fallen , die Beschleunigung des Kreislanfea
als eine Folge der Baucbcrkranknng anzusehen ; und das nm soviel
eher, wenn Bauchkrankheiten zur Zeit landgfingig sind. Ein jun-
ger Arzt, der sich noch keine Menscbenkenntnifs erworben, konn-
te denken, Leute, denen das Herz angewöbnlich stark in der Bmst
klopfe, würden das auch wol ungefragt dem Arzte sagen. Da« IhI
aber ein ganz falscher Gedanke. Freilich, wenn ein gesnndes Hers
plötzlich anfinge siark zu klopfen, so würde auch wol der Etaf&l-
tigsfe dieses dem Arzte als etwas Fremdarliges und UngewShn-
licbes sagen. In den meisten Fällen aber erkraakt es langsam,
die Leute gewöhnen sich allm&hlig an den harten Schlag, sie den»
ken, das müsse so sein. Nimmt nun früher oder spSter das (Jebel
zu, und macht conBensaeile Leiden, so sind es gerade diese, und
nur diese, wtvüber sie klagen.
Ich habe jetzt von Erwachsenen gesprochen ; von Kindern gilt
das Gesagte aber noch vielmehr. Man kann gar nicht darauf rech-
nen, dafs die Aeltern den Brustkasten derselben untersuchen, und
von den Kindern selbst, wenn es auch zehn oder swölQtthrige sind,
darf tiian das noch viel weniger erwarten. Jetzt, indem ich die-
ses schreibe, sind es noch keine sechs Wochen, da ward« ich zu
dem zwölfjährigen Töehterchen woblhabender und verständiger
Laodleute gerufen. Der mündliche Bericht des Vaters lautete Bftm-
lich so dunkel und widersprechend, dafs es mir, ohne das Kind
- 428 —
■«Ibat BD leben, unmögltck war, über dcwsn Kraokbeil lu uribei-
ha. Worin steckte onn 4x9 Kraakhaiit Die BniMschmerzen, T«n
denen der Vater viel gexprocken, rBbrMQ einsig von dem ftiroht-
bnren Hainniem eines unbeilbar krankan HenMiis gegen die Rip-
}»ea ber. Hier war die Erkrankung as, dafa jeder in iricben Din-
gen Dur einigernia&en erfabrene Am, beim erttea Griff nnf die
Brau die Hoffnnog, nicbt blofa aur Heilnng, aendern aelbst aar
Beacbwicfatigung aufgeb«a ninlate. Und doch waren weder Vaier
noch Matter jemabla anf den GedankcD gekotnuMO, ibre Hand auf
des Kindei Brnst ati Jegen. Ivb rathe allen Aersten , in aoleben
Fällen, wo ein zwar rhythmisch regeliidfaiger, aber scbnelJer, vol-
ler, wallender Pul^sclilag, der mit den von dem Kranken angegebenen
Leiden in einem nbel iti erklärenden Zusaii>menhange stehend, auf
etwas Unheinilichea zu deuten scheint, nur gleich den Brusikaiten
m nniersDchen. Sie werden dann, auch ohne Stethoskop, mit blo-
fser Hand oft genng gewahr werden , dafa daa vftn 4em Kranken
nicht beschnidigle Herz das nrerkraokte Organ iat. Oh der schnel-
le, rhythmisch rtgelmAfsige Puls auch Zeichen einea blofa dynamisch
erkrankten Herzens sein kdnne, mag ich nicht entscheiden. Ich
bin früher dieser Meinung wol gewesen, seit ich aber gesehen,
dafs ßildHngsfehler des Herzens, die sich dnrcb anhaltend abnor-
men Pulsacblag offenbarien, bis zum Aller von 60 Jahren bestan-
den, ohne das Befinden de> Belheiliglen auch onr im Mindesten
zn krünken ; dann aber so feindlich in das Leben eingrillen, dafs
die fürchterlichsten ErstickungszufAlle, Brustwassersncht, und halb-
seitige Lähmung nicht gleichzeitig, sottdem nach and nach ent-
standen; seit ich ferner gesehen, dafa eine vermeintliche dynami-
sche Herzkrankheit, die ich gebeilt, nach vielen Jahren wieder ei-
schien: lO bin ich etwas bedenklich in Bestimmung der Herz-
krankheiten geworden. Die B il du nga fehler aller Organe, welcher-
lek Namen wir denselben ancb gebttn mügMii können lange be-
aieheo , ohne feindlich in das Leben einzugreifen ; und wenn sie
auch einmahl feindlich in daaselbe eingreifea, ist die Kunit nicht
zelten befähiget, dieses feindliche Kingreifan aufzuheben. Aber
dadurch sind diese Fehler nicht wirklich geheilt. Bedenken wir
nua vollends, dafa in blofa dynamisch erkrankten Organen nach
ihrer Heilung eine Geneigtheit zur nämlicbea Erkrankung üher-
bleibt, so folgt daraus, dab nicht eionah! ein sehr apSter Hück-
fall einen Bildungsfehler des Organs bekwMlei; und was von allen
Organen gilt,, das gilt noofa vom Herzen, ich wüfate zum wenig-
sten nicht, warum dieses eine Ausnahme von der Regel machen
sollte. Daran) ist es fast unmögliofa , in jedem Falle zu bestirnt-
neu, ob ein Herz bilduDgaCehlerhafl, oder blofs dynamisch erkrankt
zei. Ich kann nur da eine echte, blofs dynamische U«rakrankhett
aDDebuen, wo auf den Gebrauch der Digitalis der Puls vollkom.
— «M —
m«D nomud wird. Vwvofawiiiden «11« htÜimy Ober vitMt» 4er
Kranke klagt, und bleibt der Pola anragslmftliif , dn heilst, bleibt
der anuetsende anuetieiid, der beichleaiiigte beacfalennigt, to traae
leb dem Handel niofat. Anf die Dauer, nad wSre ee ancb nach
langer Zeil, wird es «ob echoD aatweiien, dalf dai vermeintlicb
UoIj dynamisch erkrankte Hen wirklich bildnngifefalerbaft erkrankt
ist. Den rbythmiaob ragelrnftbigen aber beschlennigten PdU bei
Herxfehlem Ikabe ich , so viel ich mich erinaare , immer toI) nnd
wallend gefanden; er hat die grölxte AefaDlicfakeil mit dem der
Wechselfieberkranken za der Zeit, wean der Schweib ordentlich
im Gange iat.
Di» Meinung, als aei der intermiitirende, nach jeder Intermis-
aion mehre ichnelle Schläge hintereioander machende Puli ein Zei-
chen der Bnatwassenucht, halte ich für eiae gans irrige. Hen-
fehler nnd Braalwasaer finden eich bekanatlich häußg suaarainen,
letztes ist die Felge des ersten. Würde die Intermission des Pul-
ses durch das BrnstwBsaer genrsacht, somürsteja, sobald der Kran-
ke das Brottwasser weggeharnt, der Puls wieder normal werden;
das wird er aber nichr. Der Athein des Kranken ist nicht mehr
geengt, er fühlt sich seiner Leiden erlediget, aber sein Puls bleibt
aussetzend und schnell. Vom Broslwasser, das sich zu Hwzfeh-
lern gesellet, kann man auch nicht behaupten, dafs es sich durch
einen kleinen und aussetzenden Puls offenbart. Ist der Herzfehler
80 geartet, dafa er den Puls tuU und anssetzend, oder roll und
schnell bei rbj'thmischer Kegelmäfaigkeit macht, so bleibt er auch
so beim Brustwasser; ist er hingegen klein, fadenartig, unregel-
mäfsig schlagend vor Erzeugung des Wassers, so bleibt er eben-
falls so nach erzeugtem Wasser.
Im Jahre 1833 habe ich einen bemerkeuswertben Fall ron
Henkraukheit beohaehteL Bekanntlich speien herskranke Mensc|pn
inweilen Blnt. Ich habe diesen ZufaM, Terhftlilich zu anderen Zu-
allen, selten gesehen, und wo ich ihn sab, bestand der Auswarf
blols in blulgefirbtem Schleime, oder auch wol abwechselnd in
etwas purem Blute. Der Fall, den ich jetzt erzUhle, war aber
etwas ernsthafterer Art Der Hjfthrige Knabe, den ich schon mebr-
mahls das Bmstwasser hatte weghamen lassen, bekam eines Tages
eine Lungenblatung, dte das Mittel zwischen Blutspeien nnd Blnt-
■tun hielt. Ich war nun neugierig xn erfahren, welchen Einflnls
diese Blutentleerung auf das erkrankte tobende Herz haben würde.
Der Einfiufs war aber so schlecht, dafs das Hers noch viel hefti-
ger nach der Entleerung als vor derselben tobte, und dafs von die-
ser Zeit an meine zwar nicht heilende, aber doch bednftigende
Kunst ganz nntslos ward«.
Hlttel mut «le I.«nse.
Saimiak,
Diner, der in AJI^emeinsD ahnlicbe, j»doch sehwäobm Krif-
M ds der Salpeter Ruf dea Geummtorguismu äafnn, hu a«f
Tertdiiedeiw Or^sa« eine eigene wohltbitige Eiowirkaag. Bei ei-
ner tkrankbaften Sehleimabiondening auf der inneren Flttche der
Lange kenne ich nkfati HeiUemerei. Er hemmt diese Scbleimab-
■ondMung naeh nnd nach nnd beschwichtiget den davon abhängen-
den Hollen. Aach der Eiterabsonderang in geborstenen Eiierben-
lea der Lange setst er Schranken, nad es ist wol schwerlich ein
Nittkl in der Apotheke, welches Ihm in dieser Hinsicht gleich sq
aebten wAre. Ich gebe ihn in vier nnd swansig Standen xa zwei
Drachmen, lasse diese in vier Unxen Wasser auflösen, und setze,
mr Deckaag des sehr salzigen Geschmackes, sehn Gran Traganth-
ganni Uasu, aus alter Gewohnheit aaeb wol sehe Gran Bilse»-
kraalaxtrakt. Leistern Znsatae kann ich aber eben keine besonde-
re, ansgezeichaete Kräfte gegen den Hasten suschreiben. Ein Kran-
ker, der eine nnd dieselbe Araenei lange Zeit anhaltend nehmen
mnfs, veriangt wol einmahl nach Abwecbselnog, and da kann man
ihm bMser Bilseokrantexlrakt rasetsen (welches doch, nach der
Meinang der Aente, so den nicht erhitzenden berohigenden Mit-
teln gehören soll), als Sj'rnp ; denn der leckerste Syrap schmeckt
in Verbindung mit dem Salmiak garstig. Eine Auflösung von zwei
Drachmen Salmiak in vier Unzen Wasser ist manchen Leuten anf
die Daner zn salzig. Wenn man die zwei Drachmen in acht Un-
zen Wasser auflöset nnd einen Skrupel Traganth snsetit, so sind
sie besser zu nehmen , allein , dann muls mau den Kranken zwei
LJUTel voll jedes Mahl nehmen lassen , sonst wird er nicht leicht
die zwei Drachmen in einem Tage verzehren. B« chronischen
Krankheiten ist ein sechzebumabligea Einnebnen in vier und zwaxH
zig Standen za viel; auf die Dauer wird solch eine Vorschrift
nidit befolgt. •
Bei den kleinen Eiterbenlen, die von Langenknoten entstehen,
habe ich den Salmiak oft niitzlich befanden, auch bei gröfiwreo,
die zuweilen auf eineubel cn erklärende Weise sich in den Lon-
gen erzeagen ; ja es ist mir oft so vorgekommen , als ob er den
Aofbrnch der Eilerbeulen befördere. Was aber das Anshailea der
geöffneten Eitorbralen betrifft, lo habe ich zwar grofse Neigung,
dem Salmiak diese Tugend zatagestehen , bescheide mich aber
gern, dals diese Neigung nicht ganz aus üeberzeugnng hervorge-
het. Man mnfs hier wol bedenken, daft, so bald geborstene Ei-
tcrbmilen bliode ZellMi und GSi^ haben, der Salmiak si« ba-
— 4» —
«iinmt ai<Mt RUBbeilet, und dafs, wenn sie rnad Bind, sie aucb wol
ohoe Sstroink, u gut wie j«de( eiofaebe Abuefa, voo selW hei-
len. Mitbin, iM in dieser Hinaicbt der Wertfa dei Salmiaks Bebr
iweiffllbaft. £■ sind gar man cbe Mittel von den Aencten ^riihmli
all ob mit Relbi^ea Vereiterung der Lunge, mithin die Lnngen-
■ucbt KD heilen lei. Wenn man dai Vorgeben bei Licht beiiebei,
berabel es gewöhnliob anf Tftnscbnag. Hunde, nicht fiataläte, oder
BiniiÖRe Eiierbeuleo, die wol von selbst bellen, sind b«i dem Ge-
brauche, nicht durch den Gebrauch der geprieaanen Mittel ehm-
geheilt,
ich habe geburstene Lungeneiterbeuleo bei dem Gebrauche der
unBcbuldigalen Mittel ansfaeilen und die GewiDdheil wiederkehren se-
fano. Im enten Jahre meiner Praxis wurde ich xu einem Mann«
gerufen, der wenig GM in die Apotheke zn tragen halte. Er war
InngeMucfatig, apie vielen und sehr atinkeadeB Eiter aua. Ich hat-
te in dem KÜniko m B** so manchen schwindsiichtigeii Hand*
werkahnrsdien sterbeD sehen, dals ich wenig Glauben an die Me-
dizin, hiosichilich der Heilung der Lungensueht, hatte, sagte alao
dem armen Manne, er tolle, atatt sein weniges Geld in die Apo-
theke zu tragen, sich lieber an blofse Milch halteo. (Er batle näm-
lich, wie ich sah, eine Knh, and lebte dürftig von dem geringen
Ertrage eines kleinen gemietbeten Gartens.) leb erzShIte ihm aim
Menschlichkeit viel Tröstliches ~von der Milch, was ich leider selbst
nicht glaubte. Ihm gefiel es gut, dafs er ohne Kosten sich von aei-
ner Kuh sollte heilen lassen; er trank fleilsig-Milefa, nnd nichts
als Milch t und sein stinkender Auswurf wurde minder und min-
der, die Vomiea heilt« aus, nnd er genas. In demselben Jahre
rietb ich einer schwind süchtigen, Eiter auswerfenden Taglöbnerinn,
die noch weniger besafs als der vorige Kranke, und weder Kuh
noch G«fs halte, sie solle Garkensaft täglich trinken. (Es war'
nämlich gerade in der Zeit, wo sie die Gurken umsonst babcQ
konnte.) Sie folgte meinem R^e, ihre Vomica heilte nach und
nach ans and sie genas.
Im zweiten Jahre meines hiesigen Anfenthaltes kam ein Mann
* SD mir, der so kunen Alhem hatte, dafs er nicht g«ben, sondern
nur sehneckenrnSlsig schleidieo konnte, der, wie er bei mir an-
langte, so ganz alhemlos war, dals er erst eine Zeit sineu und
ruhen raufiue, eb er im Stande war, anf meine Fragen zu antwor-
ten. Ana der Erfiagong gab sich leicht, dafs er eine Vomica
der Lnngen, Felge einer vemachläisigten EntzGndung habe. Bald
dantnf barst der Eitersack, nnd der Kranke »igte mir eines Mor-
gans, da ich ihn besuchte, eineD ganzen Naehtlopf voll klaren
Eiler, den er. in derselben Nacht, wo die Eiterbeule geborsten
war, entleeret hatte. Ex ^e nieht ai» wie oiB anderer hustender
Aknseh , er hatte deq Kopf nr Seit^ auf die Bittplank« getegl.
— «7 —
■mI m badirfie nur mbm mi&ig*o Aa&fihraM dar Bkatt, aiB«
willkätlichen Aufbnatuiif um gau« Mgndvoli Cit«r henmfmbriii-
g«a. Da die Eii«rb«al« entleert war, enutand, wahncbcinlich
durch die Eiowiilmng der Lufi auf die WHnile de« ■chnell entleer-
ten Eiieruckee, ein heftiger, erstickender Huaten. Dieien nSliiigte
icfa durch etwu Mohoaaft, nnd die Vomica heilte nach und nach
BM, so dnfs in der dritten Woche der Anwnrf nur noch nnbe-
dentend war, JeUt batst aber eine iweite Eiterbeule, die swiw
nicht ganz lo grob, wie die erst«} aber, ans dem in Einer Nacht
entleerten Eiler an sehlielsen, doch mehr als halb so grofs sein
malste. Die Vomiea ist auageheilet ; ich habe nichts gegeben ab
ein wenig Mofanaaft; der Mann ist wieder gesund nnd stark ge-
worden. Sein Haupthaar, welches er bei diesem Straufse gans
verloren , (bekanntlich ein üblen Zeichen in der ikhwindsucht)
in wiederge wachsen, und er hat noch runfundxwanzig Jahre nach-
her gelebt, wo er sieb dann endlich an Branntwein an Tode ge
trunken.
Ich hebe eben gesagt, dafs fistnlSse nnd ainuöae Eileibenlea
nicht durch Salmiak, und überhaupt durch keine Miuel auszuhei-
len seien. Es ist aber noch ein Umstand, der die Heilung unmög-
lich macht, welcher sich iudefs selten ereignet ; ich habe zum we-
nigsten nur einen einzigen auffallenden Fall der Art erlebt. Es
kann sich nSmlich zutragen, dafs eine Vomiea aun>ricbt; die ent-
staodene Oeffnnng ist aber so klein, dafs der Eiler nicht frei ans-
galeeret werden kann. Hier ist an keine Heilung zu denken,
l^n junger Mann von blasser Gesichtsfarbe, der, wie die Ausfra-
gung ergab, schon seit langer Zeit etwas kurzen Athen, aber
keinen Husten gehabt, übrigens sich nicht krank gefühlt, wird
von einem hier herrschenden, ganz gefahrlosen, und leicht zu he-
benden Husten ergriffen. Am dritten Tage wird ihm aof Ein Mahl
beim Husten gar seltsam und hinfällig zu Mtiihe , nnd er wirft,
statt wie bisher Schleim, übelschraeckendes dickliches Zeug aus,
zagleich wird sein bis dahin mäfsiger Husten gans noertrSglicb,
das Befinden so Sbel, dafs er den gröfsten Tbeil des Tages das
Bett hüten inuls, .und am fblgendeo meine Hülfe anspricht- Ana
der Erwügung aller Umsiftnde ergab sich leicht, dab der Katairb-
alhusteo eine alle Eiterbeule gesprengt habe , aber aus der Klein-
heit der ausgeworfenen Etterkliecken ergab es sich auch, dafs das
|#ocb in der aofgebcochenen ^terbenle sehr klein sein müsse.
Dieser Menich ist in Zeit ron drei Wochen gestorben, und hat
eich, im eigentlichen Sinne, zu Tode gehustet. Ich konnte ihm
den Husten nicht uififaigen nnd das Loch in der Vomiea nicht
gröfier machen.
Dafs durch Kalorthalhnsten alte, verborgene Eiterbeulen ge-
sprengt werden, .ist eben nicht selten, aber liegender Fall einer
— 4t8 —
gMpreitgten Eiterbeule gebftrt gflwib m dea seltnarcn. Ein dem
Branntwein sehr ergebener Mann aus der arbeitenden Vwlkilclaasa
öberaiinint lieh in einem fremden Hanse, Icrie^t gins Irunlceu
auf den Heuboden, und legte sich dortbio xu sefalnfen. Wie er
erwBcbt, erinnert er siob, noch halb tannelig, nicht deutlich
des Ortes, wo er alch bandet, stehet auf, schreitet anbesoaneo
vorwOrtt, Btrmst dureh die Luke ron einer ziemlichen Hähe nuf
die gesteinle Flur, bricht einen Unterarm, und ist vom Falle et- .
was bediisselu Man bringt ihn nach Hause, der Wundarzt ver-
bindet ihm den gebrochenen Ann, and man glaubt, nun sei alles
beschickt. Am selben Tage werde ich aber gebeten, eilig zu ihm
SU kommen, weil er angeblich su eraiickeu berürchte. Wie idt
hinkomme, sehe ich, dafs er wirklich an den furchtbarsten Er-
stickungszufKllen leidet. Es war als ob zwei feindliche Gewalten
seinen Brustkasten unter sich hfitten', von denen die eine ihn zu
husten zwänge und die andere ihn daran behinderte. Da ich, den
Wundarzt als einen Mann kannte, der zuweilen in seiner Unter-
suchung etwas oberflächlich sn Werke ging, so fürchtete ich, hier
mSchle durch den Fall eine Rt[fpe gebrochen sein und ein Splitter
in der Lunge stecken. Da sieb aber bei näherer UntersnchuDg
. meine Vermulhung nicht bestätigte, so wufna ich nicht, was ich
aus der Sache machen loltte, und verordnete deshalb, weil doch
etwas verordnet werden mufate, eine schwache AuASsung des Bil-
senkraulextraktes ; mehr jedoch, am Zeit zur deullicheren Erkennt-
nils des Uebels zu gewinnen, als weil ich mir efaea grolse Wir-
kung von diesem Tranke versprochen hätte. Abends, da ich den
Kranken noch einmahl besuchte, sah ich, dafs die Beängstigung
gehoben und zugleich der Grund derselben offenbaret war. Er spie
Dämlich Eiler in rüchticher Menge aus, nnd befand sich, trotz
der gehobenen Beängstigung, sehr matt und elend, und sein Ge-
fäfssystero war sehr nufgeregt, welche Zufälle man zwar nicht bei
dem Aufbruche kleiner, aber wol grofser Lnngeneiterbenlen an
beobachten pflegt. Dieser Mann, der viel Eiter ausgewofen, ist
nicht allein bei dem Gebrauche ganx- einfacher Mittel vollkommen
genesen, sondern die Vomica ist noch «her ausgeheilt, eh der
Arrabruch heil war.
Meinen jfingeren Amtsbrüdem will ich, io Betreff der aufge-
brocheaeo Eitersacke, folgende Warnung geben. Sollten sie se-
hen, dafs bei dem Gebrauche des Salmiaks, oder anderer Mittel,
denen die Lobpreisnng berühmter AerUe guten Ruf gegeben, eine
VemÜM ausgeheilt ist; so kSnnen sie sich einbilden, das gegebene
Mittel habe die Vomiea geheilt, oder sie kSnnen die M5glichkeit
der blolsen Selbstfaeilung zugeben, und sich die UnraSgtichkeit, in
solcher Sache eine bestimmte Entscheidnog auszusprechen, deutlich
denken ; das stehet alles in ihrem Belieben , ieh will ihnen darü-
Iwr keine Vonchrifian macbMi : meine Wanuog gehH blofs dahin,
4at% sie, wenn »ie TerMeinllicb eine solclie Heilnog Tollbmchl,
■ich nicht z<a «ehr überheben , nicht prableriseb davon sprechen,
sondern , dafs «e das Lob , welches ihnen der Kranke und seine
Freonde spenden, lieber bescheiden «blefanen, als rubmredig und
selbstgnögsam hinnehmen sollen. Wamml Abgesehen davon, dafs
es einem ehrbaren Arzte überhaupt nicht gezieme(, den Prahler
an spielen, so ist ins besondere wohl zu erwSgen, dafs sich öfter
zwei und drei Eiterbeulen in der Longe befinden, als eine einzige.
Wen» man nun Eine ansgeheilet hat, so liegt der Feind znweilen
noch im Hinterhalie, and den Kampf, den man glücklich autge-
bbnpft zu haben vermeinet, mu& man aufs neue beginnen, wo
man dann nie sicher sein kann, ihn eben so glücklich zu vollen-
den als das erste Mahl. Wie garstig sieht es nun aus, dafs ein
Mensch stirbt, zuweilen bald stirbt, an einem Uebel stirbt, von
welchem ihn der Arzt wunder^'oll befreit zn haben vorgegeben,
leb habe selttarae Dinge Ton Eitersicken erlebt, die ich unmSg-
lich alle, ohne die L^er and mich seihst zu langweilen, erzählen
kann. Zwei, das, was ich eben gesagt, trefflich veranach an liehen de
Fülle werde ich aber meinen jüngeren Amtsbrüdern zu Liebe ktirx-
Itch anführen.
Ein ehrbam Bürger begehrte einst meine Hülfe, Er warf
vid Eiter ans, halte Zehrfieber, Husten und Nachtschweifse, korz
er war Inngensüchtig. Die Ansfragung machie es hSchst wahr-
sefaeinlich, daJs ich es nicht mit einem Lungenges chwiire, sondern
mit einem geborstenen Abszefs zn tbnn habe. Ich reichte Salmiak
bald allein, bald zur Abwechselung mit Bilsenkrantextrakt. Der
Erfolg dieser Behandlung war so günstig, dafs die Eiieraussonde-
rung bedeutend minderte und alle übrige Zoftlle der Schwindsucht
nachliefsen, man also gegründete Hoffnung haben mufsie, den
Mann ganz herzustellen. Bei diesen günstigen Umständen brach
«in- zweiter Eilersack auf. Die Erkenntnifs dieses zweiten Auf-
brocbes war leicht. Der pIStzlicb sich zeigende leichte Auswurf
einer bedeutenden Menge Eiter, verbunden mit einem etliche Tage
anhaltenden, nicht bloft dem Kranken fühlbaren, sondeiTi dem
Ante sicfalbaren feindlichen Eigriffensein des ganzen Organismus,
setzten die Sache aufser allen Zweifel. Der Salmiak, in dessen'
Gebrauche der Kranke in der letzten Zeit, wegen der angenfUIi-
gen Besserung, etwas schluffig gewesen, wurde jetzt wieder ernst-
haft zur Hand genommen nnd ganz regelmäfsig gebraucht. Der
Erfolg War noch günstiger als bei der ersten Vomica. Der Eiter-
ausworT hSrte nach und nach ganz auf; der Kranke nahm wieder
sichtbar zn an Fleisch nnd Kräften, nnd von allen verdiehtigen
ZuftUen blieb nichts über, als etwas kurzer Hnsten, und ein ge.
ringer ScUeimauwnrf, dar keine Spar von iigend eioer^biitain
— 430 —
hatte, die naa für Eiler hfitte nniebui kSnneD ; auch ivar der Pul«
noch ein wenig gereizt. Ich erinnere mich, dafi ich einit den
Kranken (oder den in der Meinang der Leute Geheilten) auf der
StralÄe gehen sah. Ich gesellte mich zu ihm und bdrle, dafs er
aus seinem vor dem Thore gelegenen Garten komme. Ich ging
mit ihm über, aber ich bezeuge dem Leser, dafi ich, ob ich gleich
weder lahme noch leichdSrnige Füfse habe, doch Muhe hatte, mit
ihm Schritt zn halten. Bald darauf machte er zum Vergnügen
eine Reise nach Rnhremunde (welches zwölf Wegstunden von
hier entfernt ist), und zwar auf dem hiesigen Nationalfuhrwerke,
der Hufkarre. Wenn die Leser nun bedenken, dafs ein solchea
Fuhrwerk weiter nichts, alt ein zweirädriger, auf der Achse ste-
hender, mit bunten Brettern omsteckler Fracht- oder Mistkarren
ist, in welchem eia gesunder Mensch auf nosem Unknnstwegen
durch ein zwdifstündiges Fahren ifichlig ermüdet wird: so werden
sie einsehen, dafs ein Mann, der nicht aus Noih, sondern blofs
zum Vergnügen eine solche Rnmpelfahn machte, sich ziemlich
kraftig fiiblen mufste.
Von diesem Besuche bei seinen Freunden kam er glücklich
nnd wohlbehalten wieder hier an, und das Befinden blieb noch
eine kurze Zeit unverinden. Eines Tages ruft man mich zu ihm
und führt mich in das Schlafzimmer. Sobald ich hineintrele,
schlftgt mix schon der widrige Qualm von stinkendem Eiter entge-
gen. Eines weiilänftigen Examens bedurfte es hier nicht, nm zur
Erkenotnifs zu kommen, diese drang sich einem wol von selbst
auf. Die jetzt geplatzte VotHtca war weit gröfser als beide vorher
ansgeheilie zusammen, das bewies die grofse Menge Eiter, die mit
wenig oder keiner Anstrengung aus der Lunge entleert wurde.
Der Geruch des Eiters war aber sehr stark ; wenn nicht beständig
das Zimmer gelüftet wurde, so war dieses gleich so verstunken,
dafs nur ein Geruchloser darin hätte ansdauern können. Ich habe
mir Mühe gegeiien, auch diesen Eitersack auszuheilen, aber meine
Mähe war vergebens; in der dritten Woche starb dieser Mann, den
die Lente als geheilt angesehen.
Folgender Fall ist in einem Punkte noch weit merkwürdiger,
obgleich bei der Termeintlit^en Genesong die zweite Vomiea nicht
TollkommeD ausgeheilt wnrde und nicht ausgeheilt werden konnte.
Ein, zwischen vierzig und fünfzig Jahren aller Junggesell,
mit dessen schwarzen Haupthaaren schon viel graue gemischt wa-
ren, litt an einer geplatzten Eiterbeule von mäfsiger Grofse. Es
Rückte mir, sie auszuheilen. Bald darauf barst eine zweite, der
Kranke wurde sehr elend, erholte sich aber gar bald wieder, nnd
es gelang mir, abermahls die Vomiea so weit auszuheilen, dafs
er nur zu Einer Zeit des Tages einen Mund voll Eiter ansspie,
und dafs alle übrige ZußUle der Sehwindsneht Tendiwaadmi.^ Er
— 431 —
tMkam wieder Fkisch und giiie, blähende G«ajcfabfariw , ruhigen
Sdtlaf, Eftlust n. a. w., j» was wahrhaft merkwürdig ist, er yer-
lor leine graDeo Haare und bekam dafür gaox schwarze, welefaa
Verilndernng ihm, wie leicht zu erachten, den Anstricfa der Ver-
JHDgnng gab. Seine KrSfte sind wol nie ganz wiedergekehrt,
aber ich weifn doch, dafa er zn jener Zeit eiae Wegatnade von
hier 10 einem meiner JBekannlen gegangen ist, nm sich diesem
oicfat blefs als einen rom Tode Erstandenen , sondern , was mehr
sagen will, als eines veijfiogten iichwarxköpögen Gesellen zn zeigen.
In ErwSgnng aller UmsiBnde hielt ich daför, dala die kleine Ei-
terentleerung, die täglich regvlrnäfsig gegen zehn oder eilf Uhr
Tomiittags geschah, ans einem kleinen blinden Kanäle des üosge-
faeilten Eitersackes komme, wdcher Kanal nnausheilbar sei, und un-
beschadet der Lunge, wie eine Fontanelle in selbiger bleiben werde.
Dafs diej"« unbeschadet der Lange geschehen kSnne, bewies mir die
Kanabnie des Fleisches, der gnien Farbe und der Krttfte, M wie
das Ruhigergewofdenaein des Pnlses. Ich rieih also dem Manne,
er solle anfhdren zu arzeneien, und für das Geld, welches er von
jet/tao zwecklos in die Apotheke tragen würde, sich lieber Lebens-
mittel kanfen. Es war das zufrieden , nnd ich sah ihn seitdem
tior gelegentlich auf der Strafse, wo ich denn hörle, dafs alles
beim Alten bliebe, und dafs die tägliche, regelmäfsige Eitcreoi-
leemng sieh weder verlliehre noch vermindere. Seine Kräfte hat
er aber wafarsch ein lieb in diesem Zeiträume der Termeintlichen Ge-
nesung nie ganz wiederbekommen. Ich fragte einst einen «einer
Bekannten, ob er auch wieder sein Handwerk treibe (er war näm- '
lieh Tischler). Die Antwort war: er schnitzle wol ein wenig an
der Bank, aber die eigentliche Arbeit, die er tfaäte, möchte wol
fiicbl viel zu bedeuten haben. Er wurde aber auch eio Thor sein,
wenn er sich müde abarbeiten wolle, den« er habe ohni dies zn
leben. — Diesen leisten Znsatz Qberhdrte ich als ein alltSglicbes
GeadiwXtz des gemeinen Mannes, das er von jedem sagt, der ein
paar Groschen Eigeaihum hat, nnd ich begriff, dafs ein Gednhl '
von UnmScbfigkeit diesen früher tfafitigen und flailsigen Haan von
der Arbeit abhalten müsse.
Ungefähr ein Jahr nach der vermeintlichen Heilung and Ver-
jüngung wurde ich zn ihm gerufen. Es war ihm jetst eine fiülier
verborgene, grofse, alte Vomica geplatzt. Di» Eiterentleenog
war uogebener, and der Gestank des Eitws so ganz unenrSglich,
dals es mir, der ich doch in diesem Punkte gewifs nicht venfiiw
telt bin, bar nnmöglich war, ISager Als ein paar Minuten in dem
Kraidcenzimmer zu weilen. Man hat mir gesagt, dafs der Geist-
liehe, der ihn Beichte' gehört, nach vollbrachter geistlicher Ver-
riehtuag, eiligst io das daranstobende Hans geflücblet sei, nnd
sich FSV Eckd heftig erbrechen habe. Ich glaobe es gern^ md
— 4» —
v«nnnidef« mich aar, dib der EiektA ihs «rlHabl hat, «eia« griw
liehe -Varrichlong la ToIU>ringfln, denn wahrliRftig ein fRulende«
Au auf dem Schindanger Terbreilet WohlgerScbe in Vergleich
mit difliem Kranken. Man, er halte diewe Hahl einen knrmB
Kampf mit winem Uebel , er «tarfa bald.
. Em iet eine eigene Sache am den nbeln Geraeh dei Eiters nad
mir nicht gans deatlieb, warum der Inhalt der einen tilerbeala
stinkt, und der der auderu nicht. Ich habe einen Mana gekannt,
dem von einer alten gebur^teuen Eiterbeule ein kleiner Kanal oder
Zelle nnauigeheilt geblieben and Eor Lnngenfoataaelle geworden
war. So oft dieeer licfa erlcfiliete nod einen KatarriialhaUen bekam,
ttank. der anageworfene Eiter; war der Katarrh rorüber, ao war
der Eiter wieder gestankloa, Dieter Mann hat lange bei dem
kleinen Ungemache gelebt, und hat noch, da er qtäter Wittwer
gewobreo, mit einer xweiiea Gattinn mehre Kinder eneugt
Idi habe selten erlebt, dafi sich bei Eiterbeulen der Lnag«
der Eiter einen Weg durch die HippenmuBkeln nach au&en g«-
bahnet hätte. Jedoch anter diesen seltenen Fallen habe ich einen
B« aasgesaichaet seltenen beobachtet, dafs ich &at iweifle, ob
ein einziger meiner Leser «nan Khnlicben erlebt. Der Mann,
nimlieh, dessen Schiksal ich dem Leser kfiralich mittbeilen will,
befand sidi im neunnndueunaigsteu Jahre seines Alters, da der
Eiter einer verborgeoen und nie geahntln Vowtiea sich einen
Weg durch die Rippenmnekdn bahnte. Gebnatet hatte der Mann
wol seit undenklicher Zeit Einst fühlte er beim Hasten ein selt-
* sames, etwas schmenhaftes StoDiea oder Herausdrängen swiscben
zw^i Rippen der rechten Seite, und da er nach den Orte bingreift,
wird er eine Geschwulst gewahr. Er leigte mir diese; sie war
länglicb , und nngeffihr von der Dicke eines Taubeneiea. Durch
das Husten wurde sie nnn immer gröber und gröfser, und zaietzt
so grols, wie eine tüchtige Weiberbrast. Da die Schwappung
naverkenabar war, rieth ich ihm, das Ding öffnen zu lassen; er
w<^ie aber nicht. Der Eiter machte sich nun allerlei Wege awi-
atdiea den Faserbnndeln des Bnistmnskels , und bildete hier kleine
Hügel von der Gröfse der Hühnereier, so da& das Ganze ein gar
wanderliebes Ansehen bekam. Einst merkt er, dafs in der Spitze
einer der kleinen Geschwülste eine kaum sichtbare Oeffnung ent-
standen ist, woraus etwas Eiter sickert. So bald er gewahr wird,
dafs wirklich Eiter darin steckt (er hatte bis dahin daran geawei-
felt) , läfst er den Wundarzt holen und die grofse Geschwolst anf-
scbneiden. Der noch in Cteve lebende Kreiswandarzt Krüger
hat bei der ersten Oeffnnng zwei Suppenteller voll Eiter heraus-
gelassen; jedoch , wegen des in dem Zellgewebe ergossenen Ei-
ters, einige Mühe gehabt, die Heilung rollkommen eu bewei^stel'
ligen. Sie ist aber vollkominea erfolgt; der alt« MaitB hat noeh
-- «3 —
riae Zeit bernMli ^lefat« aad ist im hundert and ersten Jtihra
■eisM Altan geetorben.
Ueber die ^ntsleheng dleaer yomt'ea wnr nichlt BeMimmiei
aanamitteln. An Ende des eratea Schleitichen Kriege« batie der
Maim ala Pimfiiecfaer Soldat im Hospitale gelegen , wnlate sich
«ber Dicht mehr m erinnern, an welcher Krankheit er geütten.
Gleich nadi dievem Kriege war er tir nnfUhig snu Dienste er-
Itlirt Bnd lam Thoraehreiber gemacht worden.
Da nun %a jener Zeil das Preafsische Mtlitlr einem grofsen
md nnverkrSppelten Seidaten gewifs nicht verabicfaiedeie , wenn
er nicht einen bedetnenden inneren Fehler hatte: so ist es wahr-
■cheinlicS, dafa nnaev Aller am Ende des Schlesischen Krieges im
Hospitale an einer BmsietitsfiRdnng krank gelegen, dafs diese in
Eilemtig ilbe^egangeii , und dafs aus jener Zeit die im neunund-
neunaigsten Jahre geborttene Vamiea stammle. Seit jener Hospl-
talkranhbeit hatte ihm nie etweii gefehlet, anfaer dafa er gehnslef,
mit welebeui kleinen Ungemache er aber Ifingst befreandet war.
Ein eiokiges Mahl nnr habe leb beobachtet , dafs sich 'eine
grofse Feaiica in den Grimmdarm entleerte. Eine kleine war vor<
her geborsten, und ein Qbelriecbender Eiler wnrde ausgeworfen.
Wie die grofse sich in den Grimmdarm entleerte, entstand in diesem
Oiigane eine groläe Rerolaiion. Der Stuhlawang war so heftig,
daft ich rait^ genölhiget sah, schleimige Kljstire einspritzen au
lassen, am die Schffrfe des Eiters, von welcher doch wol wahr-
scheinlich der heftige Stnblswang entsund, etwas einznhfiUen. Den
Elter konnte man im Nacbtstuble sehen, und sein Gerncb erfüllte
das ganze Zimmer; also war hier keine xweifelhafte , sondern ei-
ne sichere Erkenninifs. Der Tod erfolgte aber gar bald. GeSfT-
net habe ich den Leichnam nicht, die Oertlichkeit und andre Um- '
stftnde erlaubten es nicht. Uebrigens begreift es jeder, dafi eine
solche Entleerung unmöglich Statt finden kann, ohne vorherige
Verwachsung der Fltxucde Coli mit dem Zwerchfelle, und ohne
Verwadisung des Zwerchfelles mit der verschworenen Lunge.
Entleerung eines Eilersackes in die Höhle der Brust ist etwas
selten. Dafs sie selten bei Uebnng der Kunst beobachtet wird, ist
auch leicht za begreifen. Die Entzündang der Sufseren FiBche der
Lunge bewirkt Verwachanngen mit der Pleura, und so hat der Ei-
let eben keinen gemfichlichen Weg zu der Höhle der Brust.
Ich wurde einst von einem MilitBrwnndarxle gebeten , einen
kranken Offizier zu besuchen, und fand diesen im letzten Zeiträu-
me der LnngensHchl. Der Eiterauswurf war aber, in yerhftllniTs
zu den übrigen Zufällen der Schwindsucht, so gering, dafs man
wol mit ziemlicher Gewifsheit auf bedentende, aber noch verschlos-
sene Eiterbeulen der Lunge rechnen konnte. Ich erklärte dem
Wundärzte, dafs ich den Mann als verloren ansehe, rieih aber,
.28 lylc
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um Ihm aein noch nhrige§ Leben w> ertriglich wie 'raSglieh m
machen, ibin, ilatl des bis dahin gebraacbten Chinadekoktet, eiae
schwache Auflösung des Salpefers zu reichen. Dieter Offiuer, der
wegen Beines Liingenfehlen auf der rechten Seite nur erträg^icb
ruhen konnte, ßng auf einmahl an, «nf dem Rücken su liegen und
konnte nur auf dem Rücken liegen, zugleich wurde «ein Puls, der,
wie der PuU jedes Lnngensüchtigen , bis dahii) beschleuDlget ge>
wesen, langsam, wie der, eines gesunden Uenschen. Aus der Rük-
kenlage des Kranken, die .ihm früher unmöglich gewesen, scblofs
ich, dafa sich eine Vomica in die Höhle der Brust entleeret. Du
Langiamerwerden des Pulses liefa ich aber ganz unerklärt. Er lag^
noch nicht acht Tage, da starb er. Der Wundarzt bat den Leich-
nam geöiTaet, meine Gescfaftfie erlaubten mir aber nicht dieser Oeff-
nung beizuwabneu. Was ich also von dem Leichenfunde weifs,
weifs ich blofs durch den Wundarzt. Er hatte eine bedeutende
Zerstörung der rechten Lunge, und in der Höhle der Brust Was-
ser gefunden- Auf mein Etefragen, ob das Wasser klar, oder 0ok-
kig ^wesen, sagte er mir blofs, es sei frühes Wasser gewesen!
Wenn ein Mensch gleich nach einer Eiterergiefsung in die Höhle
der Brust stirbt, so wird man bei dar Leichenöffnung Eiter finden;
stirbt er aber eine mäfsige Zeit, vielleicbt nur acht Tage nach der
Ergiefsung, so kann jiian wol nichts anders als trübes flockiges
Wasser Buden, denn durch die Schftrfe des ergossenen Eilers wer-
den die ausbauchenden Gefdfse der Höhle der Brust zur vermehr-
ten Thätigkeit angereizt, nod durch das abgesonderte Wasser wird
der Eiter so verdünnet, dafs dieser dem LeicbenÖflTner unmöglich
mehr als Eiter erseheinen kann. Was ich hier sage, ist bekannt,
und die erzählte Krankengeschichte ist gemein; ich habe sie blofs
'den Lesern wegen der aufserordentlicb merkwürdigen Erscheinung
des Langsam- ja des Nqrmalwerdeii des Pulses im letzten Zeit-
räume der Lungeusucht mitgetfaeili. Die Erscheinung ist nicht gnl
zu erklären, sie ist aber so seilen, dafs, ich sie nur dieses einzige
Mahl in der Art erlebt habe. Etwas Aehnliches beobachtete ich
einst an einem lungensücbligen Mädchen, welches die Krankheit
durch Ansteckung überkommen. Hier blieb der Puls bis zum letz-
ten Zeiträume der Kraoldieit normallangsam; not im letzten Zeit-
räume wurde er beschleuniget, wie bei jedem andern Sdiwind-
süchtigen.
Es ist wirklich merkwürdig, dals Meascbea an ein so bedeu-
tendes Hindernif!! des AtUemholens, als ein grofser Eitersack ist,
sich gewöhnen können, so, dafs ihnen selbige« kein Hindemib
mehr zu sein bediioht. Einer vierzigjährigen Nonne barst einst,
bei einem epidemischen KtUarrhalbusten, ein grofser, nicht geabne-
ler Eitersack, dessen Entstehung auf keine Weise auszumitteln
war. Nachdem der Eiier au^eleeret und der Sack ansgeheilet war.
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wtlehM la diMen Falle keine Sdiwlerigkeit hatte, Tn^e ich ei-
ne« Tages die Noaoe, ob sie denn bei diesen grofsen Eitersaeke
nicht gemerkt, dafs ihr der Albern kurz gewesen. Sie antwortete :
lie kSnDe oicbt befannpten, j« eioen kurzen Aihem gehabt xu ha-
ben , merke aber wohl , data er jeNit langer sei als früher.
Es frSgt sioh jetzt, in Betreff des Salmiaks, ob man selbigen
bei jeder geborstenen FsMtca reichen kSnne I Daranf antworte ich
Folgendes: Man mnfs nie vei^ssen, dafs der Salmiak, neben sei-
ner spezifischen Eigenschaft, Eiter- and Schlei mabsondernng zU
keumen, eine dem Salpeter nahe verwandte Einwirkung anf den
Gesammiorganismas hat. Befindet sich der Gesaramtorganismns bei
der geborstenen Vomica in dem Indifferensstande , so kann man
dreist Salmiak reichen, er wird seine gute Wirkung Bufsem, vor-
ansgeaetst, dafs nicht die oben angeführten Hindernisse der Hei-
lang seine Wirkung vereiteln.
Befindet sich der Gesamnltorganismus in einem anter der Heil-
gewalt des Salpeters stehenden Zustande, so pafat der Salmiak aU
OrganheHmiitel und als Univenale ganz vortrefflich.
Bandet sieb aber der Gesäumt Organismus in einem Znstande,
der unter der Heilgewalt des Eisens stehet, so ihnt der Salmiak
kein Gnt. Di« Menschen fühlen sich matt und elend hei dessen
Gebranche, und Hosten and Eiterausleerang werden beide nicht
minder dadurch.
Es frfigt sieh ferner: wie soll man es mit dem Salmiak bei
der Katarrhal- nnd Schlelmsehwindsucht halten? Ueber letxte ha-
be ich wenig Erfahmng (sie ist im VerhKltnifs zu anderen Schwind-
süchten selten); Gber erste habe ich um so mehr Erfahrung, weil
ein großer Theil der vorkommenden. Scbwindsnchlen dieser Art
Bind.
Was man von der Katarrhalscbwindsuebt sehen nnd von den
Kranken durch Anafragen erfahren kann, ist Folgendes: Die Men-
schen bekommen einen gewüfanlicben Katarrhal bnste n , und dieser
bat anfanglich den gewahnliohea Verlauf. Erst husieo sie nnd
werfen mit M&he etwas dünaen wfisserigan Schleim ans , haben
meh wol etwas Schmerzen in dem Luftr&hrenkopfe oder in der
Brost, und befinden sieb unbehaglich. In ellichen Tagen wird der
Sehicim dick, belcomint ein grnnlicbes oder gelbliches Ansehen,
und das unbehagliche GefBhl verschwindet ganz. Statt dafs nun
aber Hasten und Auswurf, wie bei gewübnlichem Husten, nach und
nach mindern und früher oder spBter aufhören sollten, bleiben bei-
de; es entstehet mit der Zeit schleichendes Fieber, Abmagerung,
Varlust der Kritfie, und der Debergang des Katarihalfaunens in die
Schwindsucht ist gemacht. Nach meiner Beobachtung hfingt die-
ser Lfebergang aber gar nicht von der Menge des im iweiten Zeit-
räume des Lungenkatarrhs ausgesonderten Schleimes ab, also, dafs
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der, der ia dieMOi Zeilranme viel aoBwrirf«, aneh nm m> ahev
tchwindsiichtig würde. Ich habe Menschen gesehen, welche hei
einem KHlarrhalhuaien ongeheaer answarfen, ohne scbwiad tüchtige
zu werden, indefs andere, hei sehr mfifsigem, ganz gew&bnliofaem
Auswurfe gar bald schwiadsiiehtig wnrden. Darum wird aach der
Uebergang des Huiieo* ia die Scbwindsacht von gewöhnlichen,
ihren Kör[ter nicht Sngsrlich hütenden Mentcfaen kanm friihei ge-
ahnet, bis sichlliche Abmagerung und Abnahnia der Kräfte ihnen
ihren HuMen verdftehiig maebeo. Die , w^chs grobe SebleimniM-
aen anawerfen, fSrchlen weit eher eiwaa B3aea aU die, walch»
mSfaigen Auswurf haben.
Wenn nun aolche Kranken bei Zeiten itratlicha Hülfe auchen,
bevor «i^ Geachwüre auf der inaaren FIScbe der Longe gebildet,
BO kann das Hebel, wenn ei reebt «nteraacbt und recht angegrif-
fen wird, geheilt werden. Ist aber aebon eine VerschwSmng der
Lunge da, so ist die Hnlang nnlhnnlich; denn hier bilden sich
keine Eiterbeulen (Vo»icae), sondern echte äeschwnre (üleera).
Sollten sich unter meinen Lesern Aerzte finden, die den Cüan-
ben hatten, solche Longengesobwüre heilen zu können, so will ich
mir keine Mühe geben, sie aua ibrem glücklichen Tranme an wek-
ken; ich selbst kann mich aber nnmöglich solchen TrilamereiMi
hingeben, glaube-Tielmehr, dals ich wol V.amicOM^ aber nocb ni«
Uicera pulmonum geheilt habe.
Es frftgt sich jetxt: wie bilden sich aolcb« Uleera pmfmoMumf
— Ja, wertbe Leger ! darüber können wir blofs Verninihangen ha-
ben. Die Leichenöffnungen derer, welcbe an der Katarrh alach wind-
sucht gestorhen, zeigen uns die Entstehung des UebeU nidit; da
■ehea wir blofü wirkliche Geachwöre, und gröfaere, oder geringere
ZerstSrung der L nngens übst ans ; diese Untersuchung Ififst ans lei-
der ao klug ai» wir vorher gewesen. Wenn ein Meosch, der sich
auf dem Punkte des Uebergsngaa des Katarrhal husten s in dia
Schwindsucht befBnde, auf dem Punkte, wo aicb die eraten Spa*
ren der hintennaeh tödlliehen GasdiwCr» hildea, eines gewaltaa»
nieo Tadel stürbe, man btttte die Freiheit einen solchen Leichnan
m öffnen, und man aehnilta dann nicht in die Lunge wie ein Metz-
ger, sondern rpan Öffnete vielmehr die LuArÖfare , verfolgte sie in
ihrer Verästelung, md beschaute aafraerkaBm die iunere FUoh«
der Lunge, so würde man sieh einen anschaulichen Begriff von
der Entstehung der Katarrhalsch windsacht machen können. Da
das Zusammentreffen der besagten UmstHnde aber sehr selten aeia
möchte, so bleibt uns wol niohu anderes über, als nna die Ent-
atehnng der Lnngengeschwiire nach Aehnlicbkeit an erkMren. Dafa
die ausgesonderten Ssfie durch krankhafte Affektion des auaaon»
dernden Organes einen gewissen Grad ronSchSife annehmen kön-
oen, haben uns die Beobaobtungen an erkrankten aichf baren Or-
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gancD, und mUmH GnlvaBitcbe Vennoli« galetft; wmib wir uDs<lNt
Kauieben golcher Schärffl gleich nieht erklHren können, so mnisen
wir (li«a*n NnturproEela doch gUiibeit , weil wir ihn mit Aa^n
sehen. So sehen wir s. B., d«b beim Schnapfen an der inneren
Fläche und.ani äulaerea Rande der Naae »tweilen tirnppen von
Pöckchen auS'ahren, suasiamenfliefien, ttafbrecben, sehr schmenen,
und eiUcbenahl sdbat nicht gnt heilen wollen; wir sehen, dafs
sich iiu Monde, aäcb einer oft uobedeatenden rosenartigen £nt-
xUndiiDg, Sache, speckige Geschwüre bilden; wir sehen, ditfs sieb
auf der Haut bei weniger Eotiüodung Poeteln bilden, znaammen-
fliefsen, aufbrechen nnd Sache Geschwüre bilden, welche, wenn
(bosn nicht geaienert wird, tiefer in die Haut eiafressen and aellMt
die Substanz der Muskeln ergreifen. Nun , wird es denn in der
Lunge, in diesem schwammigen Organe, beider KalarrhaUchwind-
sucbt andera hergehend Hier werden auch wol auf der inneren
Fläche Gnippea voo Pdckcben auffahren, xuiaBsnaeBfliehen und
flache Geschwüre bilden, welche io der Folge tiefer und liefer ein-
fressen, nnd die Subslans der Lunge cerstören. Wo ist nun der
Punkt, wo noch Heilung möglich ist ) — Ich weib es wahrhaftig
nicht, ich mufa es versuchen. Wenn es möglich wäre, den mit
einer grofaen Menge Schleim vermiachten wonigen Eiter, der sieh
bei der ersiea EnUlebiing solcher flachen tieicfawnre bildet, «n
uniersuchen und zu unterscheiden, so würde man sich selbst m-
weilen viel Mühe und dem Kranken viel Geld ersparen könoeo;
da dieses Elrkennen und Uolersebeiden nbar niobt möglieb ist, so
halte ich es für kriatlich, bei jedem vorkommenden Falle die Hei-
lung als raüglich vorauszusetsen und sie zu versochen. Ich habe
manchen geheilet, den ich in meinem Henen, wegen der Menge
des garstigen Auswurfes nnd wegen des heftigen Fiebers für ver-
loren hielt; hingegen sind andre gestorben, deren Zustand nicfat
den vierten Theil so bedenklich schien. Bei der Behandlung die-
ser Krankheit ist es weit klüger, man überrascht die Lente mit
sogenannten Wunderkuren, als dafs man Wunderkiiren in ihnn
verspricht.
Was leistet'nnn der Salmiak in dem ersten Zeiträume dieser
Krankheil, eh sich wirkliche Geschwüre ^bildet haben! — loh
denke etwas Gutes, wenn der GesBinrntorganismus sich entweder
in einem unter der Heilgewalt des Salpeters stehenden krankbaf-
lOB Zustande befindet, oder wenn die abnorme Sekretion in den
Lungen ein blofs Örtliches Uebel dieses Organs ist , und der Ge-
sassmtorganismus, nur consenauell aGKairt, sich in dein Indifferenz-
Stande befindet. Nach meiner Erfahrung ist aber beides bei der
Katarrbalschwindsncht seltener der Fall; iob sage seltener, damit
will ich jedoch nicht so verstehen geben, dafs beides niemahls der
Fall wäre. Häufiger befiiidet sich wol bei der Kaiarrbalschwind-
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racht der Gettunmlerganisuiiii in einem ORMr der Heilgewah des
Eiwni siebenden krankhaften Zuaiande, weshalb auch im 17. Jahr-
hnndert die esaigsaiire Eiaeoiinktnr so ^ofsen Ruf bei der Sthwind-
sucbt erlangt bat, dafs sie Tinctwa antipHlhUica genannt ist, voa
welchem Gegenstände Ich susrübrlicber aprechen werde, wenn ich
unter den Universal mittein das Eisen abhandle.
Was wird nun der Salmiak in -der Schleimachwindsuchl lei-
sten f — Ich kann es nicht sagen, denn diese Krankheit Ist etwas
selten. Ich glaube wol, dafs eio Lungenkalarrh in Schleimachwind-
sncht übergehen kann, erinnert) mich aber nicht, diesen Uebergang
je genau beobaclitet su haben. Ich habe die echte Schleimscbwin<!-
■ncht (Scbleimfiufii der Lunge) blofg bei Leuten von hSberen Jah-
ren beobachtet, die mir iiber den Urspruug ihres Uebets keine ge-
nügende Auskunft geben konnten. Es scheint, dafs Bolcbe Leute
blofs durch den Verlust der Sftfto -und durch die bfiufige Unler-
brechnng des nfichilichen Schlafes abmagerp, und dafs übrigens in
ihren Langen weder, wie bei der Katarrhal schwind sucht, eine chro-
nische Enuündnng der inneren Lnngenfläcbe , noch wie ht\ der
Kootenscbwindsucbt, Verh&riungen in der Lunge su- finden sind.
Aber übrigens künnen solche an der SchJeimschwindaucht Leiden-
de, aufser der Abmagerung, gereizten Puls und umschriebene Wan-
genröihe, gerade, wie die an der eiternden Lungensucbt Leiden-
den haben, so, dafs jemand, der die Sache nicht kennt, leicht ei-
ne üble, aber falsche Prognose machen wurde. Im Jahre 1795 sah
ich einen Herren meiner Verwandtschaft, der hustete viel, warf
viel schleimiges Zeug aus, hatte gereizten Puls wie ein Schwind-
•iichtiger^ sein K3rp6r war ziemlich zusammengeschrumpft, und
es fehlte ihm auch nicht di« amschriebene Wangenröthe. Da er
nun gerade aussah , wie die schwindslichtigen Hau dwerksbu rächen
in dem Krankenhause zn B*% von denen ich den einen nach dem
andern aus den Rette hatte verschwinden sehen, so dachte ich in
meinem Herzen, mein guter Oebm würde höchstens noch ein an-
derthalb Jahr zu leben haben. Aber, werthe Leser! er hat noch
fünfundzwaniig Jahre nachher, hustend und ausspeiend gelebt, und
ist als ein alter, Terschliisener Mann, im sechsundachtzigsten Jah-
re seines Alters gestorben.
Leichen5ffnüngen derer, welche au der Schleimschwindsucht
gestorben, kSnnen wenig Licht über diese Krankheit geben, denn
Öott weifs, welche VerSndfmngen kurz vor dem Tode in den Lun-
gen vorgehen. Wenn sie aber nicht an dieser Krankheit, sondern
an einer die Lange nicht angreifenden akuten sterben, oder wenn
sie gewaltsam getödtet werden, so Ififst sich vielleicht richtiger der
Zustand der Lunge benrtheilen. Zur Zeit der franzftsischen Herr-
schaft bin ich einmahl gerichtlich anfgefodert worden, einen sieb.
zigjftbrigen , zwei Tage nach einer Milshandlung gestorbenen Mana
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■u SfiiM, DIU zu Bsben, eh iat Tod dnreh 4{« Mifabandluag g«-
imaebt sei. Ich bedsure aar, dafs ich den KörpeniiMBad iea mir
nDbeicaDnlflu Veritorbenen nicht bei Minem Leben bnlle uniemi-
ehen kSnnen, aoadem mich in dieser Hinsicht blofa auf die Aue-
■age seiner Bekannlen Verlanen mulale. Die Aunnge aller, wel-
che die Neugierde hingezogen, «iinmte dahin öberein, dalii der Alle
idioa lange an der Aaaxebrung gelitten, Hnsten und alarken Aae-
wurf gehabt. Dab er gnna anagezehrt aei, bewiei augensc heinlieh
der in tehr hohen Grade abgemagerte Leichnam ; nnd da der Tod
zwei Tage nach der Mifahandlnng erfolgt war, mufste die Abma-
gerung unwiderzprechlich Folge eines früher beitasdenen hrank-
haften Ziiaiandes win. Diese Leichenöffnung erregte anfänglich
nicht im mindealen meine Neugier, deon ich glaubte, in den Lun-
gen diese* Mannes Knoten, Eitersacke, oder Geschwüre zu fin-
den. Wie sehr warde ich übemseht, da ich nichts von diesen
. gemanen Dingen fand. Die Lnngen erschienen, was ihre Sub-
stanz belrifift, gesund von Farbe nnd Dichte, waren aber so sehr
von einem klaren, gallertartigen, dem Froschlaiche fthnlichen Schlei-
me erfüllet, dafs ich kaum begreife, wie der Mann hat aihinen kön-
nen. Wenn ich mich auch gern bescheide, da& die fibergrefse
Masse von Schleim erst nach der Mifshandlnng, bei dem abneh-
menden Leben und bei der zunehmenden UomSgltchkcit, ihn durch
Husten Sil enileeren, sieh angesammelt habe, *o hegrrtfe ich doch,
dttfa der Verator1>ene bei Leibes Leben an einem wahren Hcbleim-
flasse der Lunge gelitten, irod tHglich viel hat hnsten müssen, um
seine Lange nur ertrügltch vom Schleime zu reinigen.
Ich erinnere mich vor mehren Jahren dte Rezension eines frao-
zöitiscben Buches gelesen zu haben, in welchem der Verfasser von
der Katarrhalschwindsncfal iprichi. Der Deutsche tadelt den Franzo-
sen dieses Ausdruckes wegen, und behauptet, das, was jener Ka-
tarrhalscbwindBUcbl nenne, müsse nnler die Kategorie derSohleim-
Bchwindsochl ge reibet werden.
Ich bin eben kein Freund von, Krankheiten amen, habe lieber,
dafs man ein Ueilmiitel, als dafa man eioen Namen auf eine Krank-
heit findet. Wenn wir aber einmahl Krankheiten henamen sollen,
scheinet es mir gerade nicht unklug, zwei Krankheiten, von de-
nen die eine den Menschen swansig und mehr Jahre leben Iflfst,
die andere aber nach Einem oder anderthalb Jahren schon tödtet,
darch Namen -zu unterscheiden.
Ich bin in meinem Leben mehrmahls als zweiter Arzt lu Kran-
. ken gerufen, welche angeblich an der Schleimschwind sucht leiden
■«lUen; mir kam es aber vor, al« htiiten sie echte Verschwarun-
gen in den Langen, nnd der bald erfolgte Tod dieser Menschen
setzte es auch ohne LeichenfiSnnng anfser allem Zweifel, dafs sie
wol an VenebwBnmg, aber nicht an einem Schleimflusze der Lunge
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gestorben. Dab ein Ant den Kraokea in diMer HiuiolH -tSaMihf,
ist ki'istlicb; dafa er sich aber selbst tfiuwbta ist albern, und dafs
er einen Kollegen xu täuschen sucht, ist aberwiliig.
Da ich jetzt einmahl von der Schwindsucht redcj wird ea daai
Leser wol nicht unangenehm sein, dafs ich ihm meine Beobacb-
luDgen über Schwindsuchten, welche durch Ansleckuiig eotslanden,
tiiidheile. Aerzie, welche blofg bei Voraehmeo und Beicheo ihre
Kunst üben, ihun am besien, über diesen Ge^nensiand gsax zu
schweigen, denn die Lungeosucht ist wahrlich nicht so böse,
da£i sie in den geräumigen, oft gelüfteten und gereinigten GemS-
ohern der Reichen ihre verderblich» Kraft äoCwra sollte. Will
luan diese kennen, so mu(s man sie bei dem geringen Burger und
bei dem Annen kennen lernen. Ein enges Zusammen wohn an in
kleinen, niedrigen Zimmern, und daa ZuBan»raenschIafen unter Ei-
ner Decke, in einem Bettkaaten, oder in einem umhangeaea Bell,
befördert die Ansteckung ungemein. Wenn icb gLaicb xiflaaae, daia, ,
Hin von einer Krankheit angesteckt lu werden, eine Piädisposiüon
des K&rpera erforderlich sei, ohne welche k.ein manschliche« Gift
jemnnd sum Verderben eracbiefsen kann, so habe icb dach, nicht
einbildisch, sondern mit nüchternem Sinne beobachtet, dafa, um
von der Lungensucht angesteckt zu werden, keine aionlioh erkenn-
bare Disposition ni>ibig sei, dals man also höchstens eine unsicht-
bare and uaerkeonbHre annehmen könne, und Ewar einzig aus dem
Grunde, weil zwar viele, aber nicht alle, die sich dem EinBnsae
des Giftes aussetzen, angesteckt werden. Ich habe auffallende Bei-
spiele von der Aosieckung der Lungensucht gesehen; wie könnte
ich aber auch nur den kleinsten Theil d^von erafihleo, ohne dem
Leser Langeweile zu verursachen! Mir selbst (oh dem Leser, kann
ich nicht wissen) war folgendes das merkwürdigate. Ein Mfidchen
aus der geringen Volkaklasse, grofs von Stator und von solch kräf-
tigem Körperbau, dafs ich w^nig solch kräftige weibliehe Körper
in meinem Lehen gesehen, heiiaihete mit einem winzigen Scbnei-
der, in dessen Familie die Lnngensucht faeimisch war. Sie hatte
kaum ein Jahr in dieser Ehe gelebt, da rief sie mich sii ihrem
Manne; der lag an der eiternden Lungenauoht im Bette, und es
war nichts Heilendes mehr an ihm zu ihun. Da ioh nun aber die
Frau früher als ein braves Mädchen gekannt, und sie mir beson-
ders wegen ihres kräftigen Körperbaues merkwürdig gewesen, so
jammerte es mich, dafa ein solch kräftiges Geschöpf in der Blöte
seiner Jahre auf der Marterbank der Schwindsnebt verscheiden soll'
te. Ich nahm sie also allein, und sagte ihr gerade herana, ihr
Mann nerde sterben, er werde sie aber mit in das Grab ziehen,
wenn aie ferner mit ihm in dem dumpfen Bettkiisten schlafe- Im
Falle sie kein anderes Bett habe, solle sie sich lieber auf Stroh
betten. Sie wurde nachdenklich, maobte EiawenduDgaD, glaubte,
- 441 —
M Ml g«g»m die «belwha Lieb«, ibrwi knnkca Meao atleia lie-
gMi IQ iMwn, lie sei atark, und ea werde ifar ao leicht nicht aoha-
deD. Daa mifsverstaiideBe efaeltcbe PflichtgefGhl, daa Gefühl ihrer
'eigeaen Kraft, nod wahracfaeiolioh die leichtfertig anfgeitthlten Bei-
•pfeU derer, die aidi oitg«atraft itt Aatteckoag blof^eatellt , be-
wegen aie, in den dampfen WRadksMen bei ihre« Manne bis nah
rot Mwen Tode ni übemacbten. Acht Monate nngcfthr nach
neioem Tod« ««b ich nie eines Tages in mein Ztmin«r iretan. Ihr
Ihr vorher kräftiger Blick hatte schon etwas Maues, ihr früher Tol-
les Qesicht fing schon an beiiafalien. Eiogedenk »einer War^
nung, kansiekii mir, Rath sn suchen gAgnn einen kunen trocknen
Haalen, wehr aber noch gegen eine Mattigkeit, welche sie hinderte,
•olcke anstrengend« Arbeiten lu verrichte«, die ihr fräher nv Spiel
waren. Ich begriff bald, wie ea mit ihr gestellt sei, allein meine
Mühe, aie sn reuen, war vergebens. Sie bat sieb noch dritlehalb
Jahm langcnsficktig berumgesefaleppt , und dann das Keilliche ge-
•egaet.
Man könnte die Frage anfwerfen: welcherlei Natur die ang»-
steckt« Sekwiadsttcht seit — leb habe niemafaU Gelegenheit ge-
habt einen an der durch Ansteckung erworbenen Schwindsucht Ver-
etorbsnen eo öffnen. Aus den ganaen' Verlaufe einer solchpu Krank-
heit scfaliefse ich aber, dafs sie die PiiAfiü tuberculaau sei. Es
ist aach leicht zu begreifen, daft die Aoslftckong nur dnrcb die
Lunge auf dem Wege der Einsangnng geschehen kann« dals die
eingealhmeten , nnd auf der inneren Fliehe der Lunge eingesoge-
nen scharfen Eitenbaile ZusaauaenniebuBgen in den Gef&fsen der
Langendrusen vemrsaohen, woraua dann eine Anachwellang die-
ser Drüsen, und hinlennaoh, frQher oder später, Ver«>lernng der-
selben entstehet.
Die Meinung der Mebrsafal nnsorer hehtigsn Aersm g«bkt
freilieh dahin, die Lnngeaknoten aoiea nicht Terfalrlet« DrSsen;
ieh kann diese Heianng aber ni^ht unbedingt für wahr halteB>
rergleichende Beobachtungen zwingen nioh Tiriraehr, der Meinong
solcher Aersle beizutreten, welche zweierlei rnn einander rerschie-
depe Knoten annehmen, die einen sollen bloliw Ablageningea fremd-
artiger Stoffe in die Lnngenzellcben , *) die- anderen wirUioha Ter-
*) Diew Ablae«niDS fremdaHiKer Stoff« lil da daDhlsr NalarproMb , roa wel-
chen wir wenif mehr keaien , ■<■ di« tlchlbare EnMg»ib dtwelbM ia dea
LdtAea; «eiM bsbea ab«r wboa dia tltailea Aenta gakaaBt, Hirputruttt
(4e tmterm. »ffM. omp. If.) nU Jritan* (£t». S Cmp. 8). E( til atWM u-
begrailioh , wie dl« absalarrte Hatarie , kMlehat aie nieht ia ataii^M Cod-
creaeatea , mter ia Ebenlich leharTM Slaffen, Ihre Hällra n Entiiadaas «nd
ttilcr briagea kaaa ; wir näiian da* aber glauben , weU dia Encheinnagea <d
vi«lcn FlUlea dafir tpreehao, dafi EDli&BdnDK and Eiteraag dar Rsetea ia der
PeriphErie denelbea begiant, wodarch daan ecbta Geackwüra BilWieh tablldet
werdea , ikhl U«ia« ^ethsrias,- — Is niattt FSIhn bildas üeb abar ao«
— 4« —
bSrtete DrQien Min. In dem letzten Viertel dei. vorigen Jahrliiin-
derti behauptete Bautin (dem wol niemand eine »ich» Erfahrang
fiber die Lungenancht absprecben wird), die enre Art der Knoien
vereitere ntelit leicht, die andere Art hing^en, nHmlicfa die vet^,
bftrleten DrQsen, tei leicht entsünd- und vereiterbar,**) Solcher
Art mäwen nothwendig die doroh Anileckang erworiiene leiit,
denn man liehet ja nicht, dafa die angesteckten Meoschen, gleich
uideren Lungenknotigen, zehn ond xwanxig Jahre leben ohne
tnngensHchtig lu werden, ■ondern sie atarben vielmehr bald, das
faflifst, in dem nngefAhren Zeilraame von swei Jahren; mit Fallen
und Aufstehen slolpera sie dem Grabe zu. Einige Drüsen k&naen
kleine runde Abaseiae bilden, anfbrecfaen und wieder ausheilen;
aber niemand traue der anscheinenden Heaserang, der Tod hat lei-
der aein Opfer nur au sicher erfafat. Ich kann mit Wahrheit sa-
gen, dafa es mir noch nie gelangen ist, eine von Anatecknng «nt-
Mandene Lnngenachwindancht sn heilen , obgleich ich in einselnen
Fällen, wo in der ersten Entstehung noch Hülfe möglich sefaieo,
mir die Sufserste Mühe deshalb gegeben.
Idi erinnere mich unter andern einer aogeatedden und frfifa
von mir gewarnten ftlllichen Jungfrau. Diese sachte gleich meine
Hülfe, da die ersten Sporen flei kurzen trocknen Haatens ersehie-
nen.. Welche Mähe ich mir aber geben mochte, alles war verge-
bens. Unter Hoffen and Zweifeln verging die Zeit, nnd der Tod
nahte sich eben so dreist uad sicher, als hftite sich ihm nie ein.
Arat wehrend in den Weg gestellt.
Erbliche Lnngensnchlen sind auch übel ni heilen, jedoch kann
ich von diesen die Unfaeilbarkeit nicht so bestimmt behaupten, als
von den dnrch Ansteckung überkommenen. Von den gewShnl»-
ehen Arten der Lnngensncht sind zwei erblich , nimlich : die
FktÜfü tniercmloia uad die catmrJuUia. Aber die Erblichkeit
verbXlt sich bei beiden gam verschieden. Bei der tmbercuhtm
werden, wahracheinlieh in vielen Fallen, die Lungeoknoten schon
rait auf die Welt gebracht. Wenn solche Lente in ihrer Kindheit
nicht gehustet haben, folgt daraus noch «cht, dafs ihre Lungen
frei von Verbftrtungen gewesen; und wie unaureichend sind nicht
bei manchen Mensehen die Erinnemngen ans der Kindheit!
d«a Kaataa Itleia« AbuMM , wekks imb bei ibr«H AaRtracbB !■ d«B nei*lfla
Fillea taiw«irelk*fl crbBiDan htm. Diaiei iit doch wol d*r a^lig«idita Bo-
«reii , 4ab die leliles Kaotaa ■■HüflUh blofb« AJ»U|arwiK ftaHAutlgar Stah
ia die L«aK*SMU*beB lela ISaaes, aaBdera wlrkliaba vefUMata Drian, sm
waal^rtea verbärtatei ervasifeba* flewabe ■•■■ aiiMea. Eis Raetea kana
Didbt aar Bitarbeala werdeo , oder Butiüadeag aad fi>[ge*d( Eiteraas «Ti in
aaiaeB laneraa begioneo, alio nnh eeia laaerai aa« arsBoiicbeai ISewebe ba-
■lebea, daaa aar ia dieten, eicbt ia «iaer todlea Haaae bildet fleh Batlin-
daag «ad Eiteraag.
•■) Abbaadtnay Bber die Uaseaiochl. I. Theil d, AhiehatH 1. aed «. Kalter
— 443 —
FrShflr odor iplMr, gswSlnilloh im J&ngling«-, oder im eni«n
MoonMalur, gshen oaa diese Knoten, auf eiae freilich Qbel xa
erklSrende Weiu, in Eiterang über.
Es sdieint jedoch auch jene eigene, den Angen lichlbare Be-
tchaffeoheii de* H3rpen, die wir Habitnm phtkUieum nennen,
vererbt, und durch diese eigene KSrperbeschafienheit gerade die
frSbzeitige Yereitemng, mithin der Ansbrneh der Lungensncht be-
dingt xn werden. WSre das nicht, so würden gar viele Menschen,
die Knoten in den Lungen von Kindesbeinen an gehabt haben,
frühxeilig sterben. Ich sehe aber, da/s die, welche, wie das Volle
sich ansdriickt , eine bdfse Bmst haben , und deren in meinem
Wirkungskreise eine Uniahl ist, hBufig au einem ziemlichen Al-
ler gelangen , obgleich «ie von Zeit xn Zeit heftig husten , wenn
es aufs beste ist, bestandig hSsteln, nnd mehr oder minder dampfig
und schleimig sind. Freilich sterben sie zuletit, wenn keine atcule
Krankheit sie t&dtet, an der Lungensucht; aber nicht frSh, wie
jene, denen der Habit*» p&tküicut aufgeprftgel ist, londem sie
werden nicht selten sechsig bis siebzig Jahre alt
So viel ich beobachtet habe, kann diese Schwindsucht aowol
von dem Vater, als von der Mnlier vererbt werden. Der schwind-
süchtige Vater kann mit der gesunden kräftigen Galtina scbwind-
siichlige Kinder sengen, und der gesunde kräftige Mann kann
mit der schwindsüchtigen Gaitinn ebenfalls scbwindsRchtige Kinder
zeugen. Auf diese Heimlichkeit der Natur läfst sich durchaus
keine Weise machen.
Das Forterben der Katarrhalachwiadsadit gescbiehet auf eine
andere Weise. Es scheint die ertiliche Anlage zu dieser Scbwiod-
gnchl, blofa in zn groÜier Reizbarkeit der Haut und vielleicht auch
derLnngen zu bestehen. Ein HabUut phthüiciu ist nicht vorfaaa-
den. Dieser Schwindsucht kann in der Jugend vorgebeugt werden,
dadurch, dafs man die Kinder, ohne sie eben nackt gehen zn laa-
len , vor za warmer Bedeckung hütet, .ihr Hantorgan an di« Vep>
andernng der Witterung gewShnt ; und dann dadurch , dafs man
jeden entstehenden Husten gleich ipi Anfange unterdrückt , nicht
erst abwerfet, was daraus werden will.
Wird man aber zn solchen Leuten gerufen, wenn ihr Kalarrb-
•Ibnaten schon auf dem Punkte stehet , in die eiternde Lungen-
sacht übervugehen , so kostet es zuweilen Kunst, aoch cnweilen
etwas Dreistigkeit, sie im Lande der Lebendigen zo ballen. Hier
Jfbt noch ein achtbarer BArger, das einzige Glied einer an solcher
Schwindsucht gestorbenen Familie. Ich wurde einst, da er Jüng-
ling war, zu ihm gerufen. Er halte oft Kaiarrhathusieu gehabt,
sich also mit diesem Ungemache befreundet, weshalb es ihn auch
jetzt iAel betrogen. Ich faad ihn bettlägerig, fieberhaft, heftig
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han^d nii4 ungUublicb häufig RU«werf«id. Kein MeiMfifa ttioer
Bekanntschaft glaubte, dafa er xu reiien lei. Milde Miiul wall)«!!
bei diesem hartnackigen Uebel nicht auscbiageu. Da reichte ich
ihm eine Abkochung der Oigiuiis so, dafs sein Organiimus aichi-
bur feindlich davon ergriffen wurde ; der Husten kehrte sich aber
nicht daran. Nun liefs ich die Digitalis fahren und gab Mohasafi
in ganz mäfsiger Gabe. Jetzt wich Husten, Auswurf und Fieber
so gchnell, dafs der Kranke gar bald vollkoiumen genas, und die
Leute seiner Bekanntschaft diese Heilung für ein halbes Wunder
ansahen.
In dem Nacheinandergeben der Digitalis und des Mohnsafies
Btekt eine übel eu erklärende Heimlichkeit. Man mufs bei dieser
Gewallkur die Digitalis bis zum ersten KntitehRn des Erbrechens
reichen, und dann nnmitielbar Mohnsaft in mäfsiger Gabe darauf
folgen lassen. Ich bin im Allgemeinen, sonderlieh seit ich mün-
dig geworden, kein Freund von aolchen feindlichen Kuren, und
habe deshalb auch die angegebene sehen in Anwendung gebracht.
Man «töfst aber bei Uebung der Kunst Kuweilen auf Fälle, bei
denen die unfeindliche, milde Behandlung durchaus nichts fruch-
tet, und bei denen die umstände so niifslich und dringend sind,
(Ufs Zeitverlust Lebensverlust ist; da mufs man wohl zu feindli-
chen Mitteln greifen und das, was man ihun will, bald ihuo.
Ueber solche und Ähnliche feindliche Heilarien, werde ich, um
nicht mifsvenlanden zu werden, io einem bpsondern Kapitel aus-
führlicher sprechen.
Der Mann, dessen Schicksal ich eben erzählt, durch den be-
denkliohea Zustand, dem er glScklicb entronnen, gewilziget, hat
in der Folge, so oft er wieder eine kleine Mahnung von Kalarrji-
alhnsten bekommen, (nnd dies geschah seitdem änfserst selten)
gleich meine Hülfe gesucht, nnd (was mir selbst unerkiBrbar scheint)
ich habe nie die mindeste MShe gehabt, einen solchen Husten
durch milde Lnngenmittel gleich in der Enutehung zu ersticken.
Ein einziges Mahl, da er schon Vater war, nnd sein SShBcbes ei-
nen Kenchhnsten bekam, der sich durch Bdladonna bSodigen liefs,
fing auch er an, stark zn husten, nnd der Husten wollte den ein-
gehen Bruitmitteln nicht weichen. Ich vemmthete , dafs er jeixt
vnn dem Kinde mit dem Keuehhusien begabt sei, der sich bei ihm
wie bei andern Erwachsenen , unter der Form eines starken Ka-
tarrhalhnstans verstecke. Ich gab ihm also das Mittel , wdolwi
dem Kinde geholfen, die Belladonna, nnd siehe, der Husten war
so gefällig, gleich diesem Mittel zu weichen. Seitdem bat er
meiner Hülfe nicht mehr bednrfi, nnd da er jetzt so viele Jahre
ganx frei von aller Bruslalfection geblieben, und nun schon zu
den Allen geailblt wird, so ist zu vermutben« dals seine erbliche
Anlage zur Scbwindsuobt tbeils ^reh die Beilk«BSt, theils durch
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Jie Zeit gelilget sei ; Jedoch frörd« ich ibm anch Jelit noch nicht
ralhen , w«nn er einmabt wieder einen Kaiarrhalfansten bekRme,
dieaein g^ewfihren m lauen; denn die Kalarrhaltichwindiuchi acko-
nel keines Alien, man kann sie sowol im fBnfsi^ien nnd leeb-
xigsten Lebensjahre, als im vwanaigsten oder drerfsigaten bekom-
men.
Da in Erblichkeit derulben nicht aewol in einem Fehler
der Lange, alt vielmehr in einer fibergrofsen Heilbarkeit der Hant
bestehet, vemiSge welcher dieses Organ durch die VerSndemng
der LafttemperHtnr leicht feindlich ergriffen wird, so kann ei aicb
anch TOlragen, dafs der, dem ein solches Erbtbeil wird, wenig
dem Husten, am so mehr aber dem Schnupfen nnd der aknten,
Tonitgfich der chronisehen Gaumen- nnd Mandel nentxündung nn-
terworfen ist , denn diese Organe stehen , so gut wie die Longe,
in sehr genanem Consens mit der HanL Begreiflich haben solche
Lenle weniger von der Lungensncbl an fTirchien, sie thnn also
grobes Unrecht, wenn sie sich über ihr kleines Ungemach beschwe-
ren.
Von der Bebendtong der Ka( arrhalseh wind such t , so lange sie
heilbar ist, werde ich am scbiokliehsten onler den Universalniilteln
mehr sagen.
SuipAur amratum a»timonii.
DIeaes Mittel ist etoa von d«wa, welche ich im Anfang«
neiiMf Praxis gerii^faefalitste, weil ich «a TOn «Rdera, dio die Sache
hMtaD besser keMien' müssen als ich , mdurmabl« vergebens hatte
bmneben sehen. E» srochle nngef&hr im finftcn oder sechsten
Jahn BBeiae« Praxis sein, da aoUta iofa einer, mit heftigem Ha*
stCD ans Hdln&d kommenden iVan heihn. Ich griff sie mit Moha-
aaft, mit Qneeksiiben, inii D^italii nnd aadem heroischen Mitlalii
aa; nichts half. t«ie, die scbaa halb botdSgwig war, da sie her-
kaa, wurde es ganz nsier neiner Behssidlang, nad tier Husten
wurde eher sebÜmnwr ah besser. Naa fiel mir der Spiefsglanagold-
schweflsl wieder ein. Weil ich aüt neiner Weisheit am Ende
war, und doch etwas mocdnen amlsle, verordnete ich dieses vor-
maiMlich oicbtsnätaige Ding, nnd weil ich die apmhekerisehe Mei»>
gerei noch im Kopfe haue, setzte ich Pulver zusammen von zebo
Gran Bud. .^mlme, ebensoviel Irü fioraU. nnd einen Gran Gold-
e^wefol. Voo diesen Palvan liefs ich die Kranke viemabl tags
eins nehmen.
Wie sebr werde ich überrascht, da ich den Husten, der den
Miehtigsteo Arzeneien nicht hatte weichen wollen, gleich hei des
Gebrauche dieser geriagen Pulver bessern, von Tage zu Tage
laiadw werden, ba^- fortgaaelztan Gebraaofae gaiut vetscbwlnden,
nnd i\» Flau , Ha ich ichMi tut m den SehwiiHlsiiehligea zllilte,
gans gfliMMn sab. Dleier Fall batl« «inen bedeuteadsn Einfiufs
•nf tnBine prakliiclie AaibiMang. leb fing an *a begreiicn, dafs
man mit feiDdlicbeni Einwirken auf den Organiuntu nicht immtt
»n licheraleD fabn, sondern mit geringen Mittein oft viel weiter
komme. Wanderlich aber, nnd mir telbtt IScfaerÜcli ist e«, dab
ich die angeführte Zusaumeouttnng jener Pulver von Skuta^ Irü
nnd Su^kur oMratum viele Jalire gewinenhaft beibehalten, ood
selbst da noch beibehaltea habe , als ich mich schon langst über*
leogt halia, daJs man mit einfachen Mitteln weiter komme A
mit xnsam mengesei Men» und dafs in wenigen, tetirwenigeoZusammea-
setsnnged eine besondere wohlthaiige Heimlichkeit stecke. Begreiflioh
habeich michzuletstselbsteiaanalbBrnenNarrengescholten, nndden
Antimon ialgoldscbweffll mit blofsem Milcbiooker gegeben, wo et
d«nn eben so gute, wenn nicht bessere Dienste leistete, als in je-
ner Zueammensetiang.
Ich habe ihn seitdem häufig in fieberhaften nnd fieberloseo,
scbmerxhaften und scbinerzloaan, anler der Form von Husten, mit
oder ohne beengtem Athem sich offenbarenden Bmslaffeklionen
gegeben, und zwar mit so scbneller und aosgeieichneter HBHe,
dals, wSre ich auch dergröfite Zweifeler, Ja wBre ich ein wahrhaft an-
gläiibiger Arzt, ich doch die wohltbätige Wirknng dieses Mittels
anf die Lange anerkeuBen müfate.
Es -würde aber ein grofser Irrthnm sein , wenn man glauben
wollte, der SpiefsglanKgoldschwefel müsse in allen Hasten helfen,
die man im gemeinen Leben unter dem Namen des Katarrfaalhn-
etens begreift. Solch ein Wondensiltel ist er nun eben nicht, »aif
dem er wirkt blofs heilsam in einem eigenen krankbaf^n Zustan-
de der Lunge. Welchen Namen man diesem Zustande geb«i wUl,
int mir gans gleichgültig, wenn man ihm nur nicht 'einen solchen
gibt, der die minder erf^renen Aente in die Irre fGhrt.
Die neaereo Heilung«, die nmn mit dem Brechweinsteine in
grofsen Gaben angeblieb bei Lungeirantzündungeo gemacht- hat,
kBnnten einige Leser verleiten, zu glauben, ich habe viel mit ent-
snndlichen Bmstaffektionen sa ihan gehabt nnd preise deshdb
den Spielsglanz m6 sehr. Ntm, wer das Rauben will , der glaabe
es immerhinficb selbst bin überzengt, dafs sich die Saehe nicht
80 verhält. Freilich habe ich oft den Goldschwefel mit anffallen-
der Hülfe in solchen Fallen gegeben, wo heftiges .Fieber und Hu-
sIeQ, grefse Beangstigaog nnd dnmpfe Schmerzen unter dem obe-
ren Theile des Brustbeines einen enlsündlichen Zustand der Ver-
astnng dur Luftröhre vermuihen liefsen; aber ich habe ihn auch
mit eben so gutem Erfolge beim chronischen fieberlosen Husten
gereicht- leb würde mich wahrlich bei einer in der Lunge vorwal-
tenden, unter der Heilgewalt des kabisohen Salpeters stehenden
— 447 —
AA«kU(Mi dM GMamintM'^iiUmai, wader aof SpwlxgIaug;oI<Iieliw«<
fal, noch auf Brach wein«iein verlauan. Wer jed« schraenhafte
Aflbktion eiiMB Orgaai, bei der das GefSfujstetn nur zn oft hef-
. iig, aber doch blob coBoemuell angeregt ist, Enlsfindiing nennet,
der siebet , wobd er anch aar ein sehr mäfstg beichfifrigler Prak-
tiker ist, iSglicb EnisiindnageD ; und wenn er nichts anders ken-
net als Aderlässen und Blutegel, so ist es ihm eben nicht an ver-
argen, dab er über einen Fand jaachzet, welcher an wahrer Heil-
wirkung seine Laosette nnd seine Egel Jinendliah iibertriffi. Ue-
berbaupl gibt es unter uns Aerxten aneh solche, welche nie die Kran-
ken wirkKeh heilten, sondern sie aar schulgerecht behandelten; -
man mnls dieses es nicht nbel nehmen, dafs, wenn sie, durch den
Zufall oder durch eigenes Nachdenken geleitet, einmahl wirklich
sichtbar nnd nnxweifelhaft heilen, sie dann, durch das Ungewöhn-
lich« nnd Ueberrascbende ein wenig begeistert, Behauptungen wa-
gen, die sie vielleicht nach etlichen Jahren seibat nicht mehr g«t-
heiben werden.
Was die Gabe des Spiefsglanagoldschwefels helrifi^ so schwebt
diese, nach meiner Erfahrung, zwischen vier und zehn Gran in
Timrundawansig Stunden. Ein Gran viermahl tags ist die gewöhn-
liche Gabe, und aehn Gran ia viernndzwaaaig Stondea die aufser-
gewdbnlicbe , welche ich nur bei drii^nden Brustafieklionea rei-
che, nnd alsdann die zehn Gran mit acht Urnen Wasser nnd einer
Unxe A^abisohen Gummi in einen ScbÜtieltrank bringe, von wel-
chem der Kranke stfindlioh einen Löffel roll nimmt. Tragant6
darf man nicht mit dem Goldscbwefel zusammensetzen; in dieser
UiachuBg bildet sich zwar nicht augenblicklich , aber doch inner-
halb viernndawaasig JStuaden Schwefelleberinfl oder geschwefeltes
Waasersioffgas.
Da ich nun den Sfüefsglanagoldsehwefel aett gar langer Zeit
gabrancfat und hlinfig gebraucht habe, so ist mir in dieser Zeit
melirroabU etwas Wunderliches nnd Unerk Urbares begegnet: ich
habe Bimlich Leute, mit diesem einffiliigen, alten und bekannten
Mittel vom Husten befreit, welche vergebens die Hülfe anderer
Aerate aBgesproehen , und swar solcher Aerzle, die ich wahrlich
nicht za den-onversiändigen sähtea möehlo. Sollte ea diesen M&o-
nem ancb wol eben so gegangen sein wie frfibermirt Sie haben
oho« Zweifel auf der Hochschule schon gelernt, das Mittel sei gut
gegen den Husten t. s. w„ man bat ihnen aneh über diese Erfah-
mog eine verschiedesartige theoretische Tanke gegossen. Wie
sie aber das Mittel hei der eigenen Knnstiihong gegen den Hosten
gereicht, hat sich wahrscheinlich ereignet, dafs der Hasten hart-
näckig geblieben, und demselben um kein Haar hat weichen wol-
len. Nun sind sie unwillig geworden, haben Bücher und Hoch-
sdiale verwünscht, und etwas Besseres gesucht, was des Husten
bezwnngeD hat. Auf iKa Weia» bt sin gnUti imth nklita in w-
•etzend«! Mittel bei IfaueD wol, gerade wie bei luir, in VemditoDg
gekommen.
Damit nnn eine solche UDbill sich nicht ferner begebe, «nd
kein ehrlicher Arxl, gleich mir, rerleilet werde, eine edle GottM-
gabe n Terechien, to will ich den Tadel der gelebrtao Beurtbet-
. I«- dietea Bnchea in Gottea Namen auf mich nebnwa, ond mit mm-
dem Worten das wiederhalen, was ieb acboo einmabi gesigu
Abgeseben davon, dals es ein eigener Itrankhafter Zostand der
Longe ist, der durch das Su^iiir aia-atum am «chnelUten und si-
chersten gehoben wird, und da/s dieser Znsland steh von andern
krankhaften ZustHnden der Lunge, die entweder naier der Heilg«-
wah des Salmiaks, oder anderer LimgenmiltelateheD, nnwidertprach-
licfa nnlencbeidet; so ist wohl au bemerken, dafs dieee Antimonial-
krankheit der Lunge rielßlltig ^>en so, wie die akuten hamobM*
de« Fieber, von atmoiphKrischen, uns gBasUch unbekannten Um-
chen abbängL Es wiirHe also höchst irrig sein, an glanben, weil
der SpiefeglauEgoldscbwefel ein gnies Lnngenmiitel sei, so müan
er au<^, wo nicht alle, doch die meisten vorkommenden sogenaam-
leo Katarrbalhnsten heilen-. Jahrelang kann dieses wirklich 4tt
Fall sein. Ich selbst habe ihn, war weifs wie lange Zeit, mit vor-
Kügli^tem Erfolge und so hSiifig gebrancfal, dals ich gar leicht wut
den Gedanken hätte kommen können, das müsse immer so geben.
Es gehet aber wahrlicb nicht immer so; es kommen auch andre
Jahre und wol viele Jahre biatereinander, wo man das Mittel bei
den angeblichen Katarrbalfausien nicht gebrauchen kann; thelh,
weil ea Katarrbalhnsten sind, welche unter Avr Heilgewalt unes a»-
dern Lungenmittels stehen; tbeils weil es falsche Lungeahntlen sind,
das heifst, Huslen, die hlofs die Form eines Katarrhal hnstens h»*
ben, im Grunde aber als consensnelle Langenaff^tiooen von ei-
nem mehr oder minder verborgenen Urleiden des einen oder des
andern Bauch eingeweid es , oder des Gehirnes, oder des ROcken-
tnarkes abhängen; tbeils weil es in den Lungen vorwaltende, als
Hniten sich ofTeobarende Affekllonen des Gesammtorganismns sind,
welche unter der Heilgewalt des «inen oder des anderen (JaiTer-
salmitlels stehen. Ich liabe jelst' seit mehren Jahren, troli der
hünfig' vorkommenden sogenannten Katarrbalhnsten, den Spiefi^-
ftlansgoldscbwefel wenig brauchen können, weil die vermelntlicben
Erkälinngshusten nicht Uiinngen-, sondern Urleberaifektionen, und
vor dieser gasuiaeben Zeit, gntfsien tbeils Gehirn- und ROcken-
markaffekiioneo waren. Einiebie FAlle laufen freilich Eoweilen nrit
nnier, wo man den Goldschwefel in Anspruch nehmen mufs; es
sind aber so wenige , dafs es kaum der Mühe lohnet , davon zu
sprechen. So schreibe ich *. B. dieses iin Anfange des Monates
Angntt des Jahres 1830. In den verflossenen sieben Monaleo die-
SM JfthrM hsbe ieh, obgleich di« angeblichen Katerrhalhnsten, hei
deaen dte HSIf» der Kuail in Aaspnich genommen wurde, unge-
wöhnlich bänfig gewesen, dennoch den Spiefsglan'zgoldschweft!! nur
in swei FUlen nh Nutzen gtitw können. Alle nhrigen HiiBien
waren consensnelle , ron einem Lelwrleiden abhängende Lungen-
affektionen und wichen dem KrSfaenaagenwasaer, Da meine ge-
wShaiichen eingranigen (JoldschweTelpuIrer ichon geit langer Zeit
in hiaciger Stadt nnd Umgegend wegen ihter guien \^'irkung dem
Volke bekannt sind, und von den Apothekern aach ohne Vnord-
ausg rerkaoft werden, ao hatten Mboa mehre der HüJfeinchenden
diese sogenannten gelben Hastpulrer Tergebens versucht, eh sie m
mir kamen; ja ein paar Menschen waren dorch frühere Errafamng
ao aehr von der unTeblbaren Wirkung dieser Pulver überzeugt, rfab
sie das jetzige Niehtwirken derselben ohne Bedenken deui Apo-
theker in die Schuhe schieben wellten, behauptend, er habe ihnen
knftlene, verlegene Waare verkauft.
Es Ist wahriiefa sehr iftusohend, bei einer und der nfimli-
cben Krankheit (Krankheitsfozm) ein gutea Miiiel seine lan-
ge und hinfig erprobte Wü-knng versagen an sehen. Wenn irgend
etwas ist, was den jungen Ar«, nicht blols zum Zweifler an der
Theorie seines Meisler*, soudero zum wirklichen Ungläubigen ma-
chen kann, so ist es gerade dieses. Darum halle ich es als prak-
tischer Schriftsteller für meine Pflicht, die Sache so darsustelles,
wie sie sich wirklich in der Natur findet. Weifs man eiomahl,
dab sie sich so verhfili, so findet man sich darin ; denn wer kann
der Natur Einrede ihun? Bildet man sich aber ein, man könne
ein edles Heilmittel nach sehnigerecfaten Indikaiionen geben , and
dann müsse es nothwendig helfen; bildet man sich ein, mnu kön-
ne Ürlongen- ond Urbanchleiden so sicher von einander unterschei-
den, wie-mau Weifs von Schwarz unterscheidet, da sie doch in
auoehen Fallen, nicht dorch Zeichen zu unterscheiden, sondern nur
darch Probeanwendnng der Arzeneien an beurtheüen sind : so wird
naa bei Selbstühung der Kunst sieb nur sn bald getäuscht finden.
Aus solcher TSusehong geben aber leider Unglaube, Verachtung
aller achalgerechten Kunst i SchmShung der irrlehrenden Mei-
ster, Gleichgültigkeit in Behandlung der Kranken, ärztliche Gau-
kelei und andere Untugenden hervor, die den Stand der AersI« in
den Angen des Volkes verächtlich machen.
Von der Anwendung des Spiefsglanzgoldschwefels bei der an-
fangenden Lungensacbt ist überflüssig, viel zu sagen. So ba!d ein
anier der HeÜgewaltdieses Mittels stehender Husten in die Schwind-
sucht überzugehen drohet, wird man ihn wol mit anderen Mitteln
bebandeln, aber nicht leicht heilen können; mit dem Galdschwe-
fel wird man ihn aber heilen. Ebenfalls, sobald in einer knoti-
gen Lunge sich ein Husten eianisiel, der unter der Heilgewall
— «0 —
dieaes MiKeli ileliet, wird maa anreh hin-, etnxtg darch dtn« MH-
te), dem Ansbracfie der Schwindsucht vorbengen kanneo. Zeiche«,
eine solche AmimonialkranlLheit der Lange ed erkennen , gibt es
nicht ; ich ratlie aber jedem , eich Koer«! naob der epideraiashen
Constitution zu richten, dann wird er schon aeheR, wie Wltit er
kommt.
Es frSgt «ick jeist : wirkt der HyiefsglanEgaldschwefel aar 4ie
Substanz der Lunge, «der Torzugsweiae auf die Luftrfihre und ihre
Verastongf leb bin geneigt. Letztes f3r wahr zu haltmi'; die
Schwierigkeit, selbiges zn beweisen, schreckt mi^ alter ab, dea
Versueh eines praktischen Beweises vn wagen , zffmshl da mir
gelche iVlübe Ton wenigem Nutzen fSr die Heilkunst zu sein schei-
nel, und dem grasten Tbeil« der Leser Langweile Tvrarsaehe«
würde.
Sobald diejenigen meiner Leser, welche über diesen Pnnkl
zweifelhaft sind, ganz ungeblendet von irgend einer Theorie 2bec
die Wirknngsart des Spiefsglanzes, dessen Heilung aaf die Lange
nicht bei etlichen Krenken; sondern bei vielen unparteiisch be-
obachten, so werden sie, denke ich) nach zelin Jahren meiner Mei-
nung sein; seilten sie es aber nicht sein, ist es auch gut.
Oafs der Spiefsglenzgeldschwefel bei Leuten , deren Gallen.
gSnge leicht feindlich zu aSiziren sind, die Galle nabsendernng stS-
re, hahe ich schon früher gesagt. Gerade bei Brustaffektionee,
wo ich dieses Mittel in An weodnng brachte, habe leb jene ätürung
zuMst bemerkt, und nun den Grund der gnten Wirkung derAnti-
monialmiltel bei dem von Stoll und seinen Anhängern heat^riebe-
nen Gallenfieber and überhaupt bei verntehrter Gallenabsonderang
begriffen. Ich gestehe aber ehrlich, dafs, bei Brusiaffekiionen, die-
se feindliche F.inwii^cnng anf die Gallengftnge and zuweilen aaeh
aaf die Uürme mich abgeschreckt hat, den Spiefsglanzgeldschwe-
fel solche erregbare Körper ferner gebrauchen zu lassen. Die neue-
ren Erfahrungen über den Brechweinateln in ungewöhnlich grolsen
Gaben lassen mich vermuthen, dafs solche feindliche Einwirkung
anf DHrme und ' GallengSnge nur vorübergehend würde gewesen
sein, dafs ich also Unrecht geihan, mich dadurch von dem weite-
ren Gebrauche des Goldschwefels abschrecken *a lassen. Die Sa-
che mag sich aber verhalten wie sie will, so sind die Fülle, wo
der Goldschwflfel, in mSfsiger Gabe (zu vier Gran innerhalb viei^
nndzwanzig Stunden) gereicht, DSrme und Gallengange feindlich
affizirt, so selten, dafs dadurch die Anwendung dieses Mittels nicht
kann beschränkt werden; die Mehrzahl der Menschen rertrfigt es
recht gut, und ich kann kein feindliches Einwirken anf i^nd ein
Organ gewahr werden, weshalb ich ihm auch eine direkt heilende
Wirkung auf die Lnngen ' zugestehen mufs. Ob übrigens Brech-
weinslein nnd andere Antiuionialbereitungen die nftmlichen Dienste
leisleo, kaan ich nicht lageD; ich vermsdie ei wo), habe aber
k«ioe Vflmiche darüber geruBcbt.
Tahakthrutitea^traAt.
Oen Gebnineb dieses Extrakts, als Langenmiitel , habe ich
von JBnut Stahl gelcrot. Zaent will ich von der BereiluDg des-
■albeo sprechen, welche ich aber nicht von StaAl gelernt habe.
Ich bediene mich der Nicotiaa« rnttica , nnd laaae das Extrakt
von dem Safte des ganz friHchen Kraulei bereiten. Die Nicotianti
teiacmm, lo, wie sie in uosern Gsgeoden gesogen wird, bat einen
üblen Geraob, welchen jene nicht hat. In dem frischen Tabak
stefb «in doppelter heilender Steff, ein flüchtiger, d est illir barer,
welcher mn treffliches Cephalicum, nnd ein nnBiichtiger, der in den
Extrakte enthalten ist, von weitem -ich jetzt reden will. Bei der
Bereitung des Extrakts ist zu beobachten, dafs die Bl&tter ohn«
Vemg, nnchdem sie gepflückt, gleich auigeprebt und der Saft ein-
gedicket werde. Anf die Weise bereitet, bat er durchans keinen
Geschmack, der dem Geschraacke des getrockneten Tabakes ähnelt.
L&Ist der Apotheker aber die gepflückten Blätter nar ein wenig lie-
gen (aar Tiernndzwaoztg Stunden), ehe er sie auaprefst, so nimmt
das Extrakt mehr oder minder einen dem Rauchtabake ähnlichen
Geschraadc an. Das Nftraliche gilt von dem Destillat. Wahrschein-
lich kommt aber die Lufttemperatur hier mit in Anschlag.
Bei der Bereitung der TabaksbUtter zum Rauch - oder Schnnpf-
tabak notergeben diese eine eigene, mir unbekannte Veränderung.
Die Tabakstauern bangen erst die Blätter an trocknen in der Schen-
ne auf. Wenn diese die gehörige Trockenheit haben, werden sie
in einem Zimmer aufeinander gelegt, und müssen (wie die Bauern
Mgeo) tebwilzen. Durch dieses Schwitzen bekommen sie die rech-
te branae Farbe nnd den Geschmack, den sie als Rauchtabak ha-
ben müssen. Es ist wol zn begreifen, dals sie schon bei dem
Tiocknea einen gewissen Grad der Gährung untergehen, denn sie
sind in dick uad saftig, als dafs das Trocknen, aacfa in der laf-
tigsteD Schenne, die Gährung ganz hemmen kSnnte. Durch das
■Bcbherige Anfeinanderliegen nnd Schwitzen wird dieser GAhrungs-
prozeb noch mehr befordert, und es entstehet eine eigene Verbin-
dang der Grundstoffe. Saher ist das aus den trocknen BUttetn
bereitete Extrakt ein ganz anderes eis das aus dem Safte der grü'
oen bereitete. Letztes habe ich als Langeomiltel in Anwendung
gebracht, nnd es ist das, von welchem ich spreche.
Im echten Lnngeobusten ist es eins der besten Uittel, welche
ich kenne, nnd wenn ich gleich Stahlt etwas dreiste Behanptung
nicht gntgläabig unterschreiben möchte, so kann ich es doch mit
gutem Gawissen denen unier meinen Lesern, die darüber keine
— 45a —
eigeae Erfahrung haben möeht«n, ftla eio Mittel empf«Uen, wei-
chet da, wo es pafsi, wel ecbwerHch durch ein nnderai *a erset-
zen sein wird. Ich gebe ei so twei^ vier, bii acht Gran in vier
und xwanzig Stunden , und an einen halben , bis awei Gran pre
doti. Ela junger Aiiitsbruder, dem ich meine E>fahning mitge-
rheill, hat ei in weil ■läriteren Gabeo angewendet, und mir ver-
licfacrt, dafa er davon keine feindliche Einwirkung auf den Magen,
oder auf den Darmkanal, oder auf daa Gehirn gewhen. Ich aelbit
habe keinen Beruf gefühlt , Vemiche mit grofsen Gd>en anau-
uellen.
Dri, was ich eben 6ber den Spiefsglanzgoldschwefel gesagt,
gilt auch Tan dem Tabaksextrakt Cs ist «chnslles uad aieherea
Hailmiiel -in eiaem eigenen krankhaften Zustande der Lunge, wel-
chen ich keinen Namen au geben weif«, der für den praktiaehen
Arst auch nur den mindesten Xnuea haben könnte. Diesen Zu-
ataod trifft man in der mit Krankheiten mancher Art heimgesneh*
tan Menschenwell bald bSufig«-, bald seltener aa. Durch bestimm-
te, sichere Keichen verrKih er sieh aber eben so wenig als Jener,
der unter der HeilgewaU des Spiefsglanzgol dach wef eis stehet.
Dafs man mit Tabaksextrakt b«im eiagewuraelien' Urlungen-
husten der nahenden Schwindsucht Torbengen kSnne, ist keinem-
Zweifel unterworfen, Toransgcsetst , dafs der Husten unter der
Heilgewalt dieses Mittels stehet; stehet er aber unter der des An-
^moniuNis, so wird man ihn mit diesem bändigen und nicht mit
Tabak. Ueberbaopt müssen wir uns bei Uebung der Heitknnst
feigende Wahrheit ganz deultich denken; die Krankheiten richten
sieh nicht nach den Gedanken des Araiea, und wKre dieser aoch
der gelehrteste Mann, also wird der Arzt wol genSihigt sein, sieh
nach der Krankheit an richten.
leb habe einst einer Fran, die an einem chronischen Urlungen-
husien und starkem Schleim aus würfe litt, sich überhaupt !n einem
Zustande befand, der ia wirkliche Schwindsucht überzugehen droh-
te, die sich schon des Rathes zweier Aerzte bedient und viel Ar-
senei vergebens verschluckt hatte, Pillen von dem Tabaksextrakt
gegeben. Sie bat mich, wenn ich in ihren Wohnort käme, bei ihr
anzusprechen. Kurze Zeit darauf fBhrte mich ein anderes Geschäft
in ihren Wohnort, ich erinnerte mich ihrer Bitte und besuchte sie.
Auf meine Frage, wie sie sich befinde , Nagte sie: die Pillen ha-
ben so mächtig den Husten gebändigel, dafs sie von meiner Vor-
schrift abgewichen , und statt viermahl tags eine Pille , nnr swei-
mahl eise genommen. Erstaunt aber diese Abweichung von mei-
ner Vorschrift bei der auffallend erwünschten Wiilcnng, fragte ich
nach dem Grunde dieser Seltsamkeit. Mit überklnger Miene ant-
wortete sie : da der Hosten so schnell auf den Gebranch der Pil-
len vermindert sei, habe sie befürchtet, im Schleime zu ersticken,
— 453 —
wean sie mei«« Vorachrift gani befolge, ,,[lRbeo lie deon , ver- ■
Mitte ich, Beängstigung, kurzen Albetn, VoUheit der Brust, oder
udere Hrscbwerden von dem Schleime geipürl?" — Xein, sngt«
sie, abef da ich biaber eine unglaubliehe Menge achMmJgei Zeag
aiisgehiuttct, ao begreife icfa doob wol, dafa, wenn icb den Haatea
mit den Pillen gana unterdnicke, ich dann notbwendig im Schtei-
Me eraiickea mula, denn wie aall der Schleim obae Hosten ana
der Lunge koniHieol Ich beruhigte dieae überklage Fran dadnreh,
daCi ich ihr aagte: die Filten hitien mit nichten die Kraft, den
HuBieB geradem m unterdrücken, aondera aie hBtten vielmehr die
Kraft, die krankhafte Sohleimabaonderung in den Longen nüeh und
nach *u miadero, ond ao indirekt den Huaien an heben; Schleim-
eralickuog aei also gar nickit au fürchten. Dieae Daratellung der
Sache genügte dem neibltcheD Veraiande; aie nahm nnn die Pil-
len wieder aach Venwhrift, und iat auch damahii gani von ihrem
UiHien befreit wurden. Wem fallen nicht bei dieaar Enttbiung
ähnliche Änalehlea mancher fiheren Aeiate über Huatea und krank-
hafie Schleimabaonderung ein f Wahrhaftig ! manche unaerer Vor-
gänger aind am kein Haar klüger geweaen ala diese Bberwciae
Frau.
Einst erlebte Ich einen bemerkenawerthen Fall von der Wir-
kung des Tabaksextraktea, Welchen ich dem Leaer mitiheilen will.
Eine aebr achtbar» altliche Frau, welche frfiher an Pnennionie
aehr krank gelegen und, tos dem Professor R" behandelt, einen
heftigen Husten überbcbaliea, mit welchem dieser verslfindige Mann
viel lu kämpfen gehabt, eh er iha bezwangen, hatte von dietem
Siraafae eine so grofse Reiabarkeit der Lange behalten, dafs, wenn
sia «ich eiomahl erkaltete, sie nicht, wie andere Menachen, einen
gewöhnlichen Huateii, sondern einen aolch heftigeri und nnbeawing-
biaren bekam, dafs aowol sie aelbal, als ihr Arsi, der Prof. R**>
w«nn der Husten endlich nach und nach ausgelobet, aweifethaft
waren , ob die mancherlei verauchten Medikamente viel oder we-
nig, elwua oder gar nichts r.ur Linderung dea Ungemacbea beige-
tragen. Da sie einst zum Besuche hier im Lande und mir nah«
war, wurde sie von ihrem alten Uusian wieder ergriffen, und liefa
mich bitten, aie au besuchen. Ich hSrte jetzt alles daa von ihr,
was ich dem Leaer eben erzählt, merkte aber gar wohl, dafa die
gute Frau allen Glauben an die Arzanei in diesem Uebel verloren
hatte, und dafa aie weit mehr ana Gewohnheit der reichen Grofs-
Mädier, in ihrem Uebelbefindeo tob einem Arzte besucht zu wer-
den and Anenei ku verschlucken ( wenn acfaon beidea ihnen nicht
fromoMt), ala in der Hoffnung oder in dem Glauben van mir ge*
heilet za werden, mich hniie rufen lassen. Ich nnheilte, dafs der
Hatten, der jeisi seinen Anfang genommen, niftglieh durch daa
£ir/r. nicofionae zu bändiges sei; und weil dieae« Extrakt nidit
— 4M —
in dflo Apolbsken Torbaod«n ist uad von den Aanuen tranig; |^
braucht wird, so war es mir wahrBcheinlich , daf> der Prof. R**
salbi^es noch Dicfatin Anwendung gfebrackt. Grasd genug, duhicfa »■
jelxt verBchdcb ; denn von den übrigen krarapfMiUeRdeu and Lnn-
geniniitaln würde wol in der Apotbelte nicltti übrig bmu, was nicht
schon früher vergebens veisiicbl wHre.
Ich lief* alao aus dein Tabakseittrakt mit Akbeewurzelpalver
Pillea jnachen, deren jede ein Gran dea Extrakts enthielt, und sag-
te der Frau: diese Pillen habe si« bestimmt nie von dem Prof. R**,
BOch nach dessen Tode von einem andeln Arxie orfaaken, sie seien
aber von gar wundervoller Wiiknng gegen den Huslcn.
Die Heilwiritung dieses Mittels (ia der Gabe von vier Gran in
24 SlondenJ ^rar so schnell, dals die unglftobig« Frau mir gestand,
hRtte ich ihr nicht vorher gesagt, dafs die Pillen waaduroll den
Hosten beschwichtigten, so wurde sie die Bladigung ihres alten
furcbibaren Feindes eher dem glücklichen Znfalle als den Pillen
zugeschrieben haben ; jetat mfisse sie aber ihren Unglauben aufg»-
ben, da ich ihr die wahrscheinlich schaeUe und wohllhfitige Wir>
kung vorhergesagt,
E, Stahl sagt : das Rxtr. Nicot. sei so mSchtig den Urlungen-
husten zn bezwingen, dab es als Erkenaungsmittel dienen kfinae,
in Füllen, wo man zweifelhaft sei, ob man es mit einem solchen,
oder mit einem oonBcnsuellen zn thnn habe. Streng wörtlich darf
man diese Aeufserung nicht nehmen, denn es gibt ja Urlungenhn-
Blen, die dem Tabak wol schwerlich weichen werden, z. B. solche,
welche von Knoten , oder von verschlossenen oder offnen Eiter-
säcken hertOhren. \imrat man aber an, dafs Stahl solche Fehler,
als Jedem Leser beltannte noibwendige Ausnahmen schweigend vor-
aussetzt, so ist es vollkommen wahr, dafs das Tabaksextrakt wol
anf idiopathtsche, aber anf keine consensuelle Hasten heilende Ein-
wirkung bat. Mit Mobnsaft kann man zuweilen consensuelle Hu-
sten, wo nicht heilen, doch mftfeigen, ja für eine kurae Zeit be-
schwichtigen ; mit dem TahakseiUrakte ist mir dieses aber bis jetzt
noch nie gelungen.
Es frggt sich jetzt : wirkt das Tabaksextrakt anf die LnftrSh-
re und ihre Verastung, oder auf den KörpOT der Langet Ich bin
der Meinung, dafs es mehr auf die Lunge selbst, als auf die
Bronchial verastung heilsam einwirke, und zwar deshalb, weil es
das mSchiigste Mittel ist, idiopathische Lungenhlutungen zu heben.
Wenn ich aber hier von Lungenblatung spreche, so verstehe ich
darunter die Blutung, die man im geneinen Leben Blutspeien nen-
ne), wo entweder eine grÖfsere oder geringere Menge klares Blut,
oder blulgef&rbier Schleim, oder Schleim mit Blutstreifen durchzo-
gen ausgeworfen wird. Zwischen dem eigentlichen Lnngenblut-
sturze und dem Blutspeien läfsi sich keine bestimmte Grenze ziehen.
— «5 —
Job« FMc, w* dal ßlat aunfkaltMuii-iB grober Mum am d«n
LnngaB Munt , sio^ iufsent leltsp. SoM« Blnlitirae , w«in lie
ulia|MrihH^ Bind, haben gewöhnlich frühete Fehler der Lange snin
Grund«, mad die Sehvrindaudt^ ist die Folge dttvon. Ein einx^ei
MaU Iwbe ich edebt, dafa ein an eiternden Lun^nkoeten liedieB*
dea Frftalein innerhalb neb» Mioutan Mch todt klnlete. GIncUicb
war dieses für die Kranke, denn dieia inuble ohnedies bald eter-
ben, aber sohreckbar für di* Motier, die,^ gaiu von dam Blute ih-
rer Tochter überab^mt , diese hi ihren Armea verscbeiden sah.
Wenn nma bei solchen BtaUtnneo aucji fiuga gerufen wird , so
ist doch wenig guter Kath dianmf. Wollen wir den Kranken nicht
so Tode hinten lassen, so müssen wir wol mit starken rosBin-
inennehendea Mitteln, namontlieh mit Alann, oder dnrch Be-
legen dea gmsen Briistkastans mit Eis oder mit kihntlicfa gebäl-
teten Wasser das Bluten anhubalten und ihm sein Leben zn fri-
sten sncbon. leb habe roti aber zuweilen die Frage vorgelegt:
efa es nicht riel measdilicher sein möchte, solche Kranke sieh T«r-
blnten und sie ihren eigenen Tod sterben an lassen , als sie mit
Gewalt im Lande der Lebendigen aii ballen, ans welchem sie doch
gar bald, gemartert, ansgemergelt and geschnnden wieder abtreten
«nisen. AerztHsh wftre dieses freilich nicht, denn wir meisieni
lind flidre» ja an den Manschen, wenn wir gleich dentlicb sehen,
dafa nneer Meistern und Fliofcea ihnen eher sar Marter als sam
Heil erscbiefst; aber menadilicb wäre es gewifa, Toraiisgesetst,
dafs wir den ganzen kraakhafien Zustand Aogs deutlich erkenneten.
Daran fehlt aber io manchen FsUen auch noch gar viel, sonder-
lich, wenn wir Knall und FaH zn Muem nnt übrigens Unbekann-
ten als Helfer gerufen werden.
Lnngenblainegen gehftren, wie Kolik, Schlag ond etliche andre
Krankiis iien, *n den tnmullerregenden. Alle UmstSnde vereinigen
üob iiiwrilen, den jungen Arzt lu vertollen, und doch bat er wol
nirgend nülhiger, seinen Versland zusammen zu hallen, als in sol-
chen Fallen. leh ratfae meinen jungen Aintabrüdern , sich nicht
durch das- Weinen und Schrrien der Kiuder, dea Galten oder der
Gattinn, nicht durch den TiUQult und das Gefrnge der Nachbarn
und Freunde, nicht durch das mit Blut besudelte Betiinch und son-
st^ Leinzeug verblüffen zn lassen. Solob Ding siebet in den
«eisten Fttllen anf den ersten Blick wüster ans als es in der That
ist. Ein M^se^ blutet sich nicht so leicht todt; aber die eitele
Furebl, dafs er sich todt bluten mScbte, hat manchen taghaften
Arzt bealimast, Schwefelsanre , Alaun, oder andere znaammenric-
heade Uinge in Fallen anzuwenden, wo sie pafsten wft die Fanal
anfs' Auge.
Das gewöhnliche Blutspeien hat einen ziemlich bösen Namen
unter den Leuten. Der Grund dieses hÖsen LBumundet liegt theila
- 45» -
hl d«r 8Mh« Mlbat, theih in den Aenlen. Et' i« kein«» Zmtii-
fei nMerworfen , dafs anbeilbar« Fefalsr der Lnoge ( xu weleheii
ich insbesondere Knoten, wenn sie iich in. grofser Zahl Torfiodcn
und Fehler des Heneiu rechne) BJiiHpeiMi veninacbm kdnoea;
ebeo M wenig tat es einem Zweifel nnierworfen, dab eio nnragel-
mSbiger Kieislauf in dem Pfortadenj'BteMe eowol conaenanelle Na-
sen-, als Lnngenblutung , ond uiweilen bedeutende Blutung tmr~
ntvacben könne. Da nun solchen Bl9inngea vieUlUtig unheilbare
Fehler der Lunge, oder anderer Organe zum Grunde liegen, so iat
eben nicht in wondern, dala früher oder spfiter die Schwindsucht
oder die Wassersucht und der Tod darauf folgt. Anf die Weise
hat das Blutsf^eien, wie die Wassersucht, bei dem Volke einen gar
üblen and verdächtigen Namen b^ommen, und die Aeme haben
dag Ihrige auch treulich beigetragen sa solcher Veranglimpfnng.
Warum sollte bei voUblüligen, gut genBhrlen, übrigens gcann-
d«n Menschen Blutung ruh der Liiogp geffthriioiwr sein ^ Blu-
tung aus der Nase? Ich sehe keinen Grund xn einer solcbeR An-
nahme. Die Natur entlediget sich des Ueberflnssigen, des ibr Hin-
derliehen; diese Entleecaog ist nicht selten heilsam, und es ist
siemlich gleichgültig, ob sie ans der Nase, oder aas der Lunge
geschiehei. Wir sehen, dals bei jungen vollblütigea Menschen Na-
sen- und Lungenblutungen nicht ungewöhnlich mit einander ab-
wechseln ; dafs bei luancheti Weibern Tur dem Elinlrilte der Men-
struation Blulapeien entstehet, ohne dais sie dadurch an ihrer Ge-
sundlieit Schaden leiden. Bei akuten mit Seitenstechen verbunde-
nen Fiebern, nicht blofs bei Lungen -, sondeni eben su faftufig bei
Leber- und Milsaffektion, scbea wir blutigen Auswurf, ohne dafs
die Menschen schwindsüchtig werden oder sterben. Also können
doch Lungenblulungen nit^t blot« nach einer tntlichen Theorie
Statt linden, sondern sie finden wirklich häufig in der Natur Statt,
ohne die Gesnodbeit des Blutenden auch nur im mindeMen %a ge-
fährden. Warum wird d^n ein aus der Lunge Blutender gewöhn-
lich von den Aerzlen so rauh und sohonnngslos angegriffen f Da
wird ihm mefarroahls die Ader geschlagen , und ihm das Blot bis
cur ErscböpfuDg abgezapft; da wüd er auf magere Düt gesetit,
es werden ihm Abführungiimitlel ^[eben, nnd, Gott weifs, wie
man ihn noch weiter knnslmäfsig ausmergelt. Auf die Weise kommt
mancher hiofs durch die Sntliche Behandlung sur Scfawindsucbt,
der, hStle er beim Blutspeiea nie die Hülfe der Kunst angespro-
chen, auch nie die Schwindsucht würde h^omraee haben. Wahi^-
lieh ! manche Körper, sonderlich junge im WacbsthnMe hegriSne
vertragen solch unweiae Blutentleerung und Ansiasrgeluag aichl,
sie bekommen dadurch för immer einen Knacks, den weder die
heileade Natur» noch die hellende Kunst je wieder gut m am^en
im Stande ist.
„,,,_„,,,, Google
— 457 -
Dm, wn bei cMMsosa^eD, im Baaeb« IiegrSiidMAB l^ngen-
UabiDj^n du* Saaie der Framndisr«! leistet, das leistet bei Urlao-
genblmaBgRD Am Tebaksextrakt. Dieses Kxtralct scheint direkt
die kninkbeft Tennebrle Alclion der Lnagesblalgefftfae zd Terniin-
dem «ad sie lam Nortnaktande ni^dnafahren. Dammhalie ich
ea aaeh für ein gar edles Mittel , walches leicht ia den Biichera,
ai>er nicbt leicht .bei wirklicher Uebnng der Kuait dorch ein aa-
dmea zu ersetzen ist.
'Es verstehet sich aber von seibat, dafs mao bei allen Urlnngen-
Uniangen wohl auf den Zustand des Gesammtorganismos achten innfs.
Dieeer ist anweilen, sondwlieb bei jnngeo Lentea, in gewissem
Grade erkrankt, nnd stehet, zwar nicht noibwendig, aber doch ge-
aseintglieb noter der Heilgewalt des kubischen Salpeters. Hier ist
es dann zweekmäisig, den Salpeter mit dem Tidiakseztrakt za rer-
binden. Stelle jemand zweifelhaft acia, ob er es mit einem ein-
Anfaea Urlnngenleiden, odet mit einem Tennlschten za thun habe,
M raihe ich ibm, zur Vorsicht den kabiseben Salpeter mit dem
Tabaksextraktc n verbinde». Im Falle er sich geiSuscfat, and der
Gesaaimloi^aiiismna befinde sich ia dem Indifferenzstande, so wird
der würfeliehte Salpeter hier nicht schaden, der Wirkung des Ta-
bakaextiakts keiaea Eintrag ibun. Den Zniland des Gesaninitor-
ganismas nach gewissen sicheren Zeichen xa benrtheitea, ist im
Allgemeinen nicbt gat thnnlich« bei Longeabblsagea aber in vie-
len FftUen ganz und gar namftgjidi. Der b8ae Name, den diese
BIntnngen haben , wirkt so ersehreekand aaf den Blntendeo , dafs
mehr Verstand dann gehfirt, ab aeha Aerzle tasammengenommea
vielleicht nicht haben, diese Wirkung des Schrecken* von einem
Urergriffensein des GesamaMorganismas zu aaterscheiden.
Es gibt aber auch Lnngenbintnngen, die, gleich nuneben Blu-
tangen aaa der Nase, aas der Gebarmotter, ans den Nieren, wei-
ter nichts sind als ein in den LnageablntgefSbcn vorwaltende, un-
ter der Heilgewalt des Eisens atriiende Affektien des Gesninmtor-
ganianins. Hier ist das Tabaksextrakt, wo nicht geradezu schRd-
lieh, doch ganx überflüssig. Es sind dieses Blatungen, bei wel-
ebeo die Aerzie Mioeralsatiren < Alann und ahnliche Miilel nüis-
|ieh befanden. So gut mm diese Arxeneien in einem solchen Zu-
Stande des Gesammtorganismus sind, so nachiheilig wirken sie in
dem unter der Heilgewalt des würfelichtea Salpeters stehenden
km^harten Znstaod des Gesammtorganismus, der sich nls Langen-
bintung offenbaret. Von solchen Dingen, uad von den mit dem
Eisen verwandten Arzeimkörpem werde ich in dem Kapitel von
Universal mit lein reden.
Da ich jeUt von eiaigen Arseneien gehandelt, mit denen man
- der Schwindsucht vorbeugen, and die wirklich vorhandene, so lan-
ge sie »ocii heilbar ist* beilea kann; so wird es auch wol, uw
— 458 —
den G^rauch der genanmen Miiiel gaiia deudtcFrm nmebwr, drhi*
gend noibwendig sein, von dem gegenseitigen Conseu, der n«i^
sehen den Liiogen und den BaucharganeD SiMi indet , ein Wort
xn sagen. Dafs die Lange dur(^ Uraffektion d«r Bauoborgan» mil-
leidig ergriffen wird, und darans HnsMU, Blatspeiea , und eadlicb
Schwindsucht entstehen könne, ist eine altbekannte Sache;, aber
bei ihrer Allbekanniheit wird doch von mencheD Aerzten weni^,
sehr wenig darauf geachtet. Dieses Nichibeaobten einer so wieh-
tfgen Suehe nihrt nicht von Unwissenheit her, denn die nciatea
haben heiil xa Tage auf der Hochscbule mehr gelernt, als sie liei
schlichtem Yentande and bei fünf »ogekranklen Sinnen je am
Krankenbette werden gebrauche« können, soaderir es Fbbrt vielmehr
daher, daft sie gar zu rohe, ungehobelte Begriffe ros der krank-
haften Affektion der Banehorgane haben. Wenn ein Maisch nit^t
gerade gelbsTichtig ist, oder er bot den Magen Dicht voll scbMfer
Galle, so ist in den Augen stdeher gelehrten Aerate die Leber ge-
sund; bat er keijien ScbsseiB and Geschwulst des linken Nypo-
cbondriamSf so bU die Milx gesund, md klagt er nicht über K-rens-
schmensen and Mastadetknoten, so ist das PfortadersfUetn gemnd.
Sie begreifen nicht, dais m gar manche Affektienen der Baocbor-
gane gibt, die sich nicht durob selch grobe. Zeieben verratben, '
aus denen wol etneiaRiliiger Baaer das Urfibel erkennen möchte.
Da ich aber in der ersten Ahtbellung dieees Kaphel* Üb«- die ver-
borgenen Affektion«n der Batichorgane anirfiihriich genug gespro-
chen, so werde icb jetzt weiter nichts davan sagen, als nur dies
Ein7.ige, dafa gar manche Menschen an der Langensuebt sterben,
die gemächlich halten erhalten werden können, weH man beizei-
ten auf die Urbauchaffekiionen geachtet and selbige gehoben hätte.
Alle consensnelle Affektionen der Oi^ane werden auf die Dauer
zn Uraffektionen, mithin wird die gar zn lange consensuril ergrif-
fene Lunge auch zur nrergriffeneo ; es bildet sich chronlsehe Em-
BÜndnng in diese« Eingeweide, aas welcher dann Geschwüre enl-
ateben; oder es entstehet, darch den behindAten Baucbkreialavf,
Bill (an hau fang in den Longen, und diese verarsaoht, auweilen auf
geringe Veranlassung, ZerreifsuDg eines mehr oder minder beden-
tenden Blulgef^fsea. In diesem Hisse , welcher 'doch eine Wnnde
ist wie jede andere Wnnde, bildet sieb wahracheialich Eiteraag^
und so ist der Anfang snm Lungengeaebw&re und zur Sdiwiad-
sucht gemacht. Wir können hier freilich das enle Entstehen der
Schwämng nicht sinnlich erkennen, weil wir nicta in die Lange
sehen können; der Verlauf aber einer nach solcher LMBgenbliiiwig
entstandenen Schwindsucht spricht für diese Annahme.
Das (Jrwerden des eoniensuellen Langenleidens hat, nach mei-
ner Erfahrung zu sprechen, keine aaefa nur angef&hr su hektini-
mende Zeit; im Allgemeinen kau icb beluufteB, dafs «a nicbl
— 459 —
sclHidl gefehielM. Man naft aho bei Bshandlnng; aoleber Sehwini-
sacfaten , in iweifol haften , dnrch Zeichen anerkennbaren FHIlen,
ein blofs coaMnanellaa Lnngenleiden annehmen, und das Crbauch-
tnden ausminitteln nnd an heben Bachen. Dnrch dieae Annahnte
in aweifelhaften Fällen habe ich manchen Sebwindsiiehtigen ge-
beilet, von dem die l>«nie glaabien, er sei verloren, nnd von dem
kfa wahrhaftig seibat naeh dem Bnlserea Anscheine nicht viel gün-
stiger arthetlen Itonnta. Ich habe mieh aber aacb mannichmabl
betrogen und werde mich in ^kanft noch behiigen ; denn laweilen
ist die Lange sohoa wirklieh nrergriffen , iodefa ich sie auf guten
Glauben noch für consentoell ergriOen halte nnd auf das Urbauch-
Iriden arbeite. Was schadet nun aber dem Kranken diese Tfin-
Bofaoagf Nishia, gar niohts. Eine sdiwfirige Lange heile ich doch
nicht, alao ist ee, da der Kranke ja nelhwendig Arzenei venchluk-
ken Mofs, siemlich gleiefagfiltig, oberBanch-, Lungen-, oder Ge-
Ummilie) speiset; das eine wird ihm so wenig helfen als das andre.
Wollte ieh abiar, bei der S»hwieri|^eit, ja bei der UnmSg-
liefakeit der Erkennlnift eine eMgegengeseIxte Handlnngaweise he-
ftigen, wollfe ieh da, wo die CrkenniBlls iweifelhaft ist, blind-
lings nnd kBhn sagen i hier ist die Lange Terscfaworen, wollte sol-
che Mittd reioheo, welche der Hoohmutb, oder der Aberwita, oder
. die VefstaadesschwKsbe einiger Aerste als InngengeschwQr-
h eilende ansposannet hat; so wOr de ich manchen Kranken, zwar
nicht geradem tddten, aber doeh dnrch VersSnmung gründlicher
Hülfe sterben lassen, der, wBreichminder dumnikfibner Diagnostiker
gewesen, wol im Lande der Lebendigen geblieben sein niftchle. —
Dieses ist alles, was ich über die conaensnelle Einwirknng kran-
ker Banehorgane auf die Lange zu sagen habe.
Jet« wollen wir umgekehrt von der conaensnelfen Einwirknng der
erkrankten Lungen auf die Bau chorgane reden. Was ich jetzt ange, sage
ichhanpUbchlicbdenBanch-jinsbeaonderedeuLeberSrzten. Es gibt ja
wirkliche Aerste, auf deren Geaebwftts man anf die Vermnthung
gemthen k9na(e, der ganze mensoblicbe Organismna sei weiter
aichta als eine einzige grofae Leber, leb selbst habe eininahl ge.
sehen, dals ein solcher (übrigens nichts weniger ah unwissend
oder nnversiSndig ) einen Measchen, der «ich im letzten Zeitraani
der eiternden Lni^nsacht befand , wo ancb jeder Unkänslige be-
begreifen konnte , dafs die Knnat hier nichts mehr vermSge , mit
einem listigen, altklugen Gesichle anf die Leber ktirirte.
Lungen, in denen grobe Eitersacke stecken, oder grofae of-
fene Geschwüre , oder eine grofse Menge Varhärtnngen, wirken
sichtbar consensuell anf die Banehorgane. So findet man Schwind-
afichllge mit grofaen Eltergeschwflren in den Lungen, die alles
anabrechen, was sie in den .Magen bekommen; bei andern findet
man dampfen SchniHi im revhten Hypochoadrio, ja ich habe selbst
weiden Darmkoib, wie bei Gclbiüditigen, von ■olcbso Kmaken
Bbgehsn sehen. Data dna LuR^enleiden coBHOuell auf dio Dftrnte
wirkt und Durchfull erregt, ist bekannt genv^f. Di« A«ntc, mehr
wort- sU biilfteich, haben in voriger Zeit dieaem Dorcbralie deo
Namen du eolliqaativen gegeben, weil »ie aiefa einbildeten, er
rühre von einer AuSösnng, einer Schmelmag der Sifte oder vial-
leicbt dei gansen Kor|iers her. Er iit aber nnverkennbar ein blafa
cORsetisneller, darum bekommen ihn zwar wol die raei«t«D Linigen-
sQciuigen, aber nicht alle. Auch den eoaMMoeUea StulUzwaDg
habe ich bei LaBgeaanchten, jedoch aelren, beobacbtM, Kiereolei-
den und die daAaa ennpringende Waifersiieht ist bei der Lungen-
•ucht eher eine gewShnliche, nie eine seltene Erscheinung.
Wenn wir non aber diese conwosuelIeD Baacbleiden ernsthaft
nachdenken, so drin][t sich uns der Gedank« auf: wie oogehener
schwierig die Entdeckung des urergrifleneo Organa sein iBÜsae,
und wie thSricht es sei, selbst bei eioein sichilicfa affinrten Bnucfa-
organe, blindlings und hartnäckig xu behaupten, in diesem Organ*
sei der Sitz der Krankheit. WoUten wir s. B. ao etwas von der
sichtlich ergriffenen Leber behaupten, sp müiaieii wir das \am-
licha von den aicbtlich ergriffenen Därmen gellen lassen, und d«
bei den meisten Lungensnchlen Durchfall entstehet, Müfsien wir,
um folgerichtig au urthsilent Jen Sata als wahr anaehoten, dafn
die meisten Lungenanehten von einem Urleiden des Danukannls
abhingen, loh bin der Meinung , dafa es wehr als auvi«! Fälle
von Lungeiwuohien gibt, in welchen wir auf keine andere Weiae^
als einsig durch Anwendung der ArMneien als Eickenaungsmittel
die Natur der Krankheit ergfinden können , und dafa es hundert-
mahl gescheiter ist, aein Unheil aiirausehieben , als ea gleich an-
fänglich berauaaufaseln.
Damit aber die Leser nicht auf den Einfall konmeo, als
wolle ich durch grelle Beleuchuag der Schwierigkeiten , die aicb
der Uebung der Kumt enigegenstellen , unseren jüngeren Amiage-
noasen ihr Gescbfifi gar und gaax verleiden, so wird ea Zeit sein«
auf den eigentlichen Zweck meiner Rede au kommen.
Das, was ich jetzt über consenauelle Bnuobaffektionen bei Ur-
lungenleiden gesagt, hat bei .unheilbaren LungengeacbwGren kei-
nen Nutzen } aber zur Vorbepgung der Sehwindsucht bei knotigen
Longen bat ea grolsen Nuixeu. Das Nämliche, was ich früher von
Hörfehlern und dttren Behandlung erinnert, gilt auch von Lun-
genfehlern. Lassen wir conseoanelle Leiden in den Bauchorganen
aicb ungehindert einoisten , so werden die coosensuelleo Leiden
durch die Zeit au Urleiden, und wirken auf die kmnke Lunge feind-
lich zurück. Durch dieses gegenseitige Aufeinanderwirkm der pr-
krankten Organe leidet die knotige Lnage ooglanblich. A'ermehr- .
ler llusleq, Blatspeiea, cbronhidw Caizündnng, nnd folgonds Ei-
- 4«! -
(ernn; dnd du EffabaifatoMiea CooBIkti. Wahrivt m, eonkett.
Halle LsidcB lau«D «ieh nicht wol grOadlieli hsbeiif als aar ianh
Hebang (Im Urisiduw. Habe« wir ab«r gaie Eigenniittel auf die
Oi^ne, so kftanen wir aach die conienioeUeD Leiden denelben,
wo nicht gmu% aafbeben , deeh mehr oder Minder beicbwichtigen,
«od darch dieea Beechwiehtignag ■ehaffen wir dem Kruken mehr
KulieOf all dareb kieüw oder grobe AderllaM. Dock aicht Mofa
zur Vorbe«^Bg der Scbwiadwoht bei knotigen Langen ist daa Be-
■ehwiehligen der ceneeaiaeUen Leiden dieoeam, eondemeelb« xnr
Heitnag, du beiftt, aar aeliHehen Heilang,. denn, aef die Daner
aterbeo solche Heneeken doeh an der Schwiadenebt.
Es begibt sich nimlleh anweilen, dafii in knotigen Langen ein
Knoiea in Citemog Qbe^ehet nnd einen kleinen Abeaefs brJdei,
welcher sieb öffnet. Dieaer kann , wean er rund ist nad kein«
Uinde Gänge oder Mlea hat^ gemiehlicfa ansheilea. Auch in di^
sein Falle ist du Beeeh wichtigen , MwiJ aller coonnsBellen , all
anoh vorher beslandenn Baaehteidan dringend nJtrhig. Wenn aaf
diese''SBcfae aicht geadilet wird, so Aagt, wenn Ein Knoten ans-
geeiten bat, ein anderer wieder an an eitern, nnd bo gehet et fort
biB aiim Tode.
Endlich kann das Anlineikea anf die eonsensuellen Leiden
auch bei gana nnbeilbaren Lnagaua^len dem Krankm grofie Er-
leichlerung verachaffen. Die Wuseisucbt ist oho« Zweifel ein sehr
übler Znfall, indem aie den LungeMiiehligen grofee Beängstigung
veruraacbt. Dieaer kann in rielra Flllea dnreh Baschwicbiignng
des consensnellen Nieren-, Leber- oder Milsleiden vorgebeugt wer-
den ; nnd wenn gleleb der Kmnke an der Loagenvereiteraog ster-
ben mnis, so sparen wir ihm do^, wenn wir der WasserBucbt to^
bengen, viel Marter.
leider ist di« Kaut abw »cht nlebtig genng, in allen FHU
len die dnrdi die orerkrankta Lange gearauhlea conseMuellen Lei-
den anderer Organe an bebea, oder 'ftaefa nar bedenlead n be-
aehwiebtigen. Leutte sind in einadaan. Jedoch selttnen Flllen,
lo anbalteqd nnd nnbewe^ich an ein O^an gebannet, dafs sie
sellMt erfahrene Aonte Terwirma kSnaeo. Den nierkwürdigttea
Fall der Art habe ick i» Jdu« 18S4 erlebt. Qne hier gebome
nad in Aadem gehnralbele jn^^e ftwa, welche bei einem schönen
Kilrper, etwas knra TOn Athem war, <Ane jedoch eigenilicfa aslh.
■Mtiscfa an sein, welche ediebe Mahl, so viel ich niieh eriaaere,
Mark an Hüten gelitten, wol InaMr gehSelelt hatte, nnd ven der
es hSehat wahrw^einlich war, dab ihre Longe nicht frei voa Vor*
hRnoagen sei, wnrde gleid' nach den ersten Kindbette kranklieb,
nnd man bat mich, sie an besncheo nnd mit ihrem Arste, dem jetat
▼erstorbenea Doktor Beumemd Ober ihre Krankheit Bath xii pfle-
gen. Ich hnd «i« den gröbleo Tliail dea Togu beuUgerig, «o-
— 4« —
bedeutend hmtend nnd nur eiwu Idsrei) Sehleim aaswerfend. St»-
liBUe acbleicbendes Fieber, Mangel an Efsldgt und an Schlaf; ihr
Harn, der nicht dnnkel gefKrbt wao, machte «nea starken weiften
BodamaU. ( Lelztes hatte Herr Reumond von Anrange an unana-
geaetzt bemerkt und ich habe das nämliche bia anm Tode der Kran-
ken bemerkt.) Ihre Hauplklagfl war ein fixer, durch änfseren Druck
sich nicht vermehrender Schmerz in der Gegend des Magens. Za
diesem gesellte sißh von Zeit so Zeit flüssiger Stuhlgang und ab-
wechselnd peinlicher Sluhlxwang. Da ich sie seit einem Jahre nicht
gesehen, fand ich sie zwar abgemagert, aber bei weitem doch nicht
so, wie ich sie mit nach der .Beeclireihung vorgestellt.
Ich war mit dem Herrn Dr. AcMMond einig, dafs es hSchst
schwierig sei, diesen Zustand richtig an benrthetten.' Weil der
Sohraera in der Magengegend vom Anfange des Unwohlseins an
hartnäckig auf dem nämlichen Orte geblieben, so waren wir ge-
neigt anzunehmen, da£« das Hauptübel nicht sowel in ihren allei^
dingB sehr verdächtigen Luagea, sondern viduiehr iavBaache stek-
ke, Aai» es aber nnthunlicb sei, das urergriffene Organ mtt Be-
aitmmtbeit anzugeben. Endlich waren wir darüber einverstanden,
dafa man in dieses dunkle Leiden mit keinen feindlichen Mhleln
trotzig eingreifen dürfe, sondern mit milden, anf die fiauchorga-
ne einwirkenden zur endlichen ErkanDlnifs an kommen versuchen
Dieaes geSehab Ende Aprils. Im Jan! war sie wieder so weit,
dais sie die Reise hierhin antreten koiwte. Da icb sie den ISten
des genannten Monates zuerst wiedersah, war ihr Zustand noch
ganz deraetbe, wie ich ihn in Aac&en gesehen, aufser dafs aich
die Bauohznf&lle etwas miUar zeigten nad die Kranke an Kräßen
gewonnen hatte, welches Letzte auch daraus schon erbellet, dafs
sie die sweilSgige Reise nntemommen. Bei- ihrem Hiersein war
anAnglicb ibr Hnsten nocfa anbe«teutend, nnd ihr weniger Aaswurf
so uflverdäahtig sebleimig, dafa aneh der nmsichtigsie Ant nicht
ahnen konnte, dafs der seit mehren Monaten hartnäckige fixe Schmeia
in der Magengegend und jea« Darnleiden, als blofa ^(msansueUe
Ltideo, von einer verhärteten Lnnge abhiogen.
Nachdem ich ein pRU Monate mgebena maiiie Kaiut eraebSpft
und nicht weiter kam, nbesgab icb sie, so wie ich sie fibnkom-
men, den 17. September dem Herren Dr. Artutz in Qeve, damit
dieser seine Konst auch eimnabl daran versneben möge. Er bat
sich viele Mühe gegeben nnd sein Bestes gethan, aber eben <o we-
nig aasgerichtet als Herr Benmmid nad ich. We Kranke wnrde
nncb und nach beUlitgerig, Hasten und schleichendes Fieber ver-
mehrten sich, der Auswarf wurde eiterig, und den 13, November
Blarb sie, wie die LungeosUchtigen sti sterben pflegen, so dalb in
der leUten Zeit, hinsiobüich der Langenveraitemng, kein Zweifel
<l/bveiAnm konnte. Di abvr Ui mlM«-^ BancMaMm Qivni»»
d«rt geUiebaih ao war «a waknwfaciKKeh, dab 4ie L««haD&ffniiDf
i^end eiaen Fehler in der BaucfaspeiGlieldrüae, oder in der Leber«
•der in der Milk, oder im Gekröse ausweisen wflrde. Es Terhielt
sieh aber nicht nlao^ die Bnuehergane waren vielmehr alle ss ge-
sund, daf» man keine gesnndere sehen kann. Mit den Lnagen war
es aber «m so viel übler bestellt. Sie waren beide anglanblieh
kleiiL, und wenn ich sagen wollte, dnfs sich in ihnen s^r viele
Verh&rtnngeB b«fnnden, so würde ich mieh hftchst im voll kommen«
die 8B<^e tibel beseichnend auidrneken. Jede eiuelne Lange wnr
vielmehr nichts anders, aU eine elosige Znsainmballipng von Knoten;
der mXchtigsie Kneten war wie eine Wallnofs, Her kleinste wie
eine Erbse. Wenn man nicht wSfste , wie wunderbar steh die
menschliche Natur an die behindert« Verrichtong mancher Or-
gane nach und nach gewöhnen kann, so würde es unbegreiflich
sein, wie in diesem Knetengeballe das Athemholen anch nur anf
eine ertrügliche Weise haheiT geaeheben können. Uebrigens war
die Eiterung, welche sich in der Lunge fand, nnbetrHchlllch in
Yergleich mit den Zerstöniitgen, die ich wol In den Lungen ande-
rer Schwindsrichiigen angelraffen. Möglich aber bedarfte es in die-
sem so gnn-/ von der Norm abweichenden Organe anch nur einer
gans mülsigen Eiterung, nm dem Leben ein Ende su machen.
Indem wir jelst von dem eonsensuellen , von DHungenleiden
abhängenden Affeklionen der Organe sprechen, hoffe ich, hei den
Lesern nicht nnMstefsen , wenn ich auch von der eonsensuellen
Gehirnaffektion ein Wort sage, obscbon ich weifs, dafs das , was
ich 2U sagen habe, gnni nutslos fBr die Uebnog der Knnst ist.
Nicht blofs den Aerzien , sondern %ach den unkänstigen Leu-
ten ist es bekannt, daTs die an Lnngeneilemng Leidenden bestän-
dig gnter Hoffnung sind, sich ober die Oefabr, in welcher sje schwe-
ben, so sehr iSnschen, dafs sie nicht idten, mit der Znnabme ih-
res Uebels, der Genesung entgegeniugeben wShnen. Ich bin der
Meinung, dels diese HoffAungsfBUe ans einem eigenen consensnell
krankhaften Zuaunde des Gehirnes entspringt, welcher nicht blofs
Begleiter der Lungeneilemng , sondern anch mancher alcnten lie-
ber ist. Dieses NichtfBhIen, Nlehterkennen des krankhaften, oft
geßhrlichen Zostandes, worin nan sieh befindet, gehet bei akuten
Fiebern gewöhnlich in wirUiehen Irrsinn über; jedoch ist dieser
tjehergang nicht nothwendig, denn ich habe manche beim beftigea
akuten Fieber sich nnr für ein wenig matt, aber sieh fibrigens für
gesund Haltende und von allen weltlichen Dingen Plandemde ge-
nesen sehen, ohne dafs es snm wirklichen Irrereden gekommen wR-
re. Bei diesen ging aber das GefSbl des Nichikrankseins in das
Geßhl des wirblichen Krankseins Gber, bevor die Genesung er-
folgte. Bei der Lnngensoehl gehet Jene seltsame coosensuelle Gc-
— 4M -
kirnaffekltttO nnr io eiuelasn FftHm in wiAltchen Imian iAer,
dieser Iminn ist daoa weiter oiehtt ak da höherer Grad derael*
ben TSuBcherei.
Im Aofaoge meiner Praxis war es mir böchit aaaiöfiig, den
Werth dw HMUi^iea io meinen Aagen herantutetiead , da£i ver*
Biftadige, rechtliche, kristliche Legte sich all wahr« Narren mit
■ieher« Heffnang der Genesung sohneichelleo , unier Umsianden,
wo ein Unweiser, ein £inffi]tJger, eis Kind den nahenden Tod er»
kannte. »Wie, dachte ich, Ihr wollt veratandige Mansdien sein,
Ihr wollt als Kristen den Glauben eiaes jenseitigen Daseins be-
keanen, und hangt s« ftagatlich an diesem Laben, als sei jenseit
des Grabe« das Gotlesreich der ewigen Liebe eint» M&hre 'der Traum-
welt I Die Fordit vor dem Tode hat eure Sinne so aauberisch ge-
fesselt, dals Ihr die AaflSsnog eurer eigeaea Leiher nicht gewah-
ret, dafs Ihr die bedenklichen Gesichter aarer Freunde nicht se-
het, dab Ihr, Belbst am Bai)de des oßhen Grabes, weilausseheade
Plane irdischer Hindel macht and Mren traureaden Freandvn ein
LSchela des Mitleidens entloekL Ihr seid eine seltsame, Eneb
selbst widersprehende Art, der ich mit Liebe dienen soll, die mir
aber, fast verächtlich bedenkt."
So war ich eine xiemliche Zeit befangen ia jugendlichem Wah-
ne, bis mir endlich ein Bauer aus meinem Irrihnme half, und mich
die menschliche Natur richtiger beortheilen lehrte. Hier, nahe
vor dem Thore, war ein Ackersmann, der hatte einen aa der Lun>
gensacht kranken Knecht. Es ging mit selbigem, wie es mit den
meisten Longensüchtigen gehet, seine Hoffnung nahm mit dem V«i>-
welken seines Körpers au. Eines Tages, es mo^e eine Woche
vor dem. Tode sein, glanbf'er sich ganz geaeseo, kleidet sich an,
ergreifi den Spaten und will aafs Feld gehen. ZufliUig siebet ihn
die Wirthinn da er schon in der Hanstbür ist, hält ihn auf und
lalst ihn ins B^lt bringen.
Da ich dieses hSrte, ging mir anerst ein Licht auf, ich fing
an, die Menschen milder aa beortheilen. Ich begriff, indem ich
nach and nach dieseo Fall mit Shnlicfaen chtonischeo und akuten
verglich, dafs das thSrichte Hoffen der SchwlndsüiAtigen nur von
einer consensnellen Gehirnaffekllon abhänge, welche sich von dem
im gemeinen Leben f3r Irresein gehaltenen Zustande blofs den
Grade nach unterscheide; dafs dieser conseRsuelle Irrsinn als et-
was Ki^rperlichea , gleich Durchfall, Husten and anderen consen-
•aeUaa Leiden, den aiSrksten Geist eben so gat anwandeln IcSone
als den aehwacheo. In der Folge bestätigte sich mir dieses immer
mehr: bei einigen Schwindsüch(igen/sah ich jenen krankhaften Zn-
stand des Gehirnes schon im Anfange der Lungeneiiernng, bei an-
dern erst im Verlaufe der Krankeit entstehen , und hei einigen
(welch» jedoch die Minderuhl auimacfaten) beioerlü« ich ihn gar
— 4» —
nidit. Er verliielt «idi aUe gerade wi« dl« oonMHraelle Affektio-
DMi aBdam Oi^ane; tob iha«ii kann msn oieht beh«ipteD, dafii
■M sich noihwendig bei einem gewinen Urleiiieo einfinden mfis-
WB, MDdem MSB kann blofs ragen, daf« ans die Erfahrang ihr
öftere! oder seltenerea Eracheinen gelehrt hat, ohne daft um dai
Wenin dea Eneheinens oder Niohlerecheineni klar wäre.
Mittel muf die LmftrSkre.
Ich weit« wiiklich, anfier dem allbekanjitea Sptefsglanzgold-
schwefel und Queckailber, nicht das Geringate, welches auch nur
von fern Ansprach aaf Neuheit machen könnte.
In manchen Fällen iat der krankhafte Zuaiand der Laflröhre
eine in diesem Orgaae Torwalteode Afiektion dea Geaaramtorga-
nianins, der bei weitem nicht immer einerlei Art ist; weshalb ea
mir BOeh gar nicht gefftlll, und eine Neigung unaerea Zeitalten
aar rohen FormbehaBdlu^ retrfilh, daia man der bämigen Bräune
eiae eigene Art der Behandlnng anpaasen wilU gerade, als mache
aie eine Ananabae von allen and«:n Krankheiten. Def eine will
sie mit Blutegel, Brechen und Queckailber heilen , und der andre
mit Kupfer. Nun, ich denke, beide Parteien werden wol Recht
haben, und werden dieaes auch auf die Dauer einaefaen.
Die Urleideo der Lofiröbre ftufaern aioh nnter der Form von
Ueiaerkeil, Kitaelhustea, Aalhn» nnd Spraehloaigkeil. Bei der ge-
wöbnlichMi Heiserkeit wird der Arzt einer kleinen Stadt Bellen an
Halbe gesogen; ea^ub aoLon von dieser Art etwaa Ernsthaftes
sein, waa die Menschen bestimmt, die Heilkunst in Anspruch m
nehmen. Wenn bei der Heiserkeit der Kranke einen empfindlichen
Schmers im Laftr&brenkopfa spüret, wenn dieser Schmerz bei»
Hasten lud beim äniseren Dmcke mch vermehret, so habe ich ge-
funden, dals man mit dem Spiefsglanxgoldachwefel diesea Uebel,
ist es nicht gar m sehr eingewuraall , heben kann. Dieses, und
daia doB nämliche Mittel bei dem Husten, bei welchem die Men-
icheo über Schmerten unter dem oberen Theile dea Bniatbeinea
Idagea, beeoadera heilaam ist, hat mir wahracbeinlicb gemacht,
daia es ein achälsbarea Eigenmittel auf die Luftröhre sei, das beifsi,
nicht blols anf die Luftröhre im engeren Sinne dea Wortes, son-
dern auch anf ihre Veraatoog und auf den Larjnx. Bei eiogewnr-
aelter Heiserkeit bin ich aber mit ihm lu kurz gekommen. Hier
hat mir in heilbareo Fällen das Quecksilber aasgeholfen. Man
brancht dieses niebi bis aum angegriffenen Zahnfleiach zu geben;
gewöhnticb verschwindet die Hmaerkeit schon, aobald der Athem,
durch die Nasa ansgeatofswi, dem Anaathmenden riechbar iat.
Die Lnfiröhrenkopfachwindancbt in, in Verhältuili zu andern
SchwindsHchten , aelten. Ich würde jedem rathen, bei eingewnr-
36 ^ ^^v-
- 466 —
zelier Heiserkeit , auf den BaBch , tooderlifji auf das Pfortadenj-
Stern zn schien , in diesem liegt niweil«n der Grund der Heiterkeit
ufld der chronischen HaUentxündan^. Ist eine solche Bancharsaob«
im Spiele, so helfen alle Mittel nichts, die man anf den LarjBX.
anwendet. Die eigentliche Phtküi» latyngea ist eher abzuwenden
als zu heilen. Wird sie iSdtlich, so beschränkt sich das örtliebe
Leiden nicht Mofa anf den Larynx, sondern die Bronchialdrüsen,
und wahrscheinlich die LufirShre , werden euqh ergriffen , ja ich
habe einst bei einem alten Herrn, der, da ich im Jahre 1797 hier-
hin kam, schon mehre Jahre heiser gewesen war, bei meinem Hteiv
sein noch mtihre Jahre heiser lebte, uad endlich die wirkliche
Pklhüit laryitgea bekam, bemerkt, dafs etliche Monate vor dem
Tode die Speiseröhre mit angegriffen wurde, und eine wirkliche
Dysphagie entstand, so dafs der ungltiekliche Mann hiofs Flüssig-
keil, und diese aar mit grofser Mühe hinnnlerbringen konnte.
Die Heiserkeit scheint in den meisten Fallen wol zunKchat tod
eioer chronischen EntzfinduDg der inneren Hant des Larynx abzu-
hängen. Iflh habe Falle beobachtet, wo bei der Heiserkeit Gaumen
und Mandeln an chronischer EntzBadmig sehr litten , und da konn-
te man wol nicht zweifeln, dafs die sichtbare Entzündung auch die
unsichtbare HShIe des Latynx einnehme. In allen Ffillen IfiJst sich
dieses aber nicht mit eben solcher Wahrscheinlichkeit vermntben.
Friedrich Roffman» rSth, bei Heiseriteit einen weinigen Auf-
gnfs aromatischer Kräuter zum Gurgeln. Der Ruth ist gut, denn
manche chronische Entziindungen Sufserer Theil« weichen ja den
aromatischen KrHutern besser als den Blnte^n , dem Aderlässen
und dem Salpeter. Ich habe gefunden, dafs lauwarme Milch mit
ein kleinwenig HoSiuannischen Lehensbalsam gemischt, noch bes-
sere Dienste leistet als ein weiniger Krftuieraufgiifs.
Jede Heiserkeit ist aber gewifs nicht snnBehst in einer chro-
Discfaen Entzündung der inneren Hant des Larynx begründet; das
sehen wir daraus , dafs hysterische Weiher nweilen in Einem Au'
genblicke heiser, und hemaeh wieder eben so schneit hellsiiramig
werden. Ich kenne eine Frau, welehe in früheren Jahren jedes-
mafal beim Eintritte ihres hysterischen Zustandes heiser, und wei-
terhin ganK stumm wurde, so dafs sie alles aufschreiben mnfate,
wag sie andern wollte zu wissen thun. Da war ohne Zweifel ein
Krampf im Larynx ; — aber wie dieser Krampf anf die eintelnm
Theile des Organs gewiekt, und Heiserkeit, und demnfti^t Sprach-
losigkeit geursacht, ist mir wirklich unbekannt. Ueberhaupt ist
meinem Verstände die Bitdung der Töne im Kehlkopf« noch eben
so dunkel als die Bfldnng der TSne in einem Blaünstrumente. Ich
kann im Allgemeinen wol darüber schwatzen, aber ins Einzelne
darf niemand mit mir gehen, oder ich muls ihm bekennen, dafs
ich noch sehr unwissend in diesen Dingen bin.
— 467 —
Folgender Fall von schnell eaUtaedener und s^nell vergchwnn-
dener Heiierkeit scheinet mir, wo nicht für dea Arzt als Heil-
meiBter, doch tat den Arxt als Physiologen znm Nachdenken ein-
ladend.
Ein nngefShr ffinfsehnjahrigea gesandes Msdchen, die bei kin-
de^osen Verwandten im Hanse war und von diesen als Kind ge-
hallen wnrde, bewahret einst zur Winterszeit, da liire YervandteD
xnn Besuche bei Freunden sind, das Haas. Indem sie den Rost
des mit' Stein kohlen gries geheilten Ofens mit dem Parreisen luf-
len will, schlägt die darch das oben xusamniengesinterle Gries ver-
haltene Flamme mit einem Paff nnten zam Roste hinaus. Sie, die
gebäckt vor den Ofen stehet nnd in dem Roste pnrret, bekommt
natfirlieh den Mund voll schwefeÜger Kohlendirapfe, und äugen-
blicldich wird sie so heiser, dab ihre Abends zurückkehrenden
sie nicht verstehen können. Diese denken jedoch, es sei einege-
Verwandlen wShnliehe, nnr etwas siiricere Heiserkeit , and werde
wol von selbst vergehen. Da sie aber sechs Wochen anhält nnd
nm kein Haar besser wird, fragen sie mich um Ratb, nnd ich ver-
nehme das, was ich eben dem Leser erzählet.
Das Mädchen war wirklich so heiser, dafs ich kein Wort von
ihr verstehen konnte, nnd dafs die Tante, die dnrch die Zeit sie
verstahas gelernt hatte, die Dolnetscherinn zwischen ans machen
mn&ie.
Ich verschrieb ihr eingranige Pnlver vom Hahnemannischen
schwarzen Quecksilber, und lieb sie täglich eins nehmen.
Der von den Verwandlea bestätigte Bericht der Heilang die-
sea Uebels lanlet also: Eines Tages fühlt das Mädchen ein Knap-
pen im Halse, und angenblicklich ist ihre Stimme wieder eben so
^ell nnd deutlich als sie vor der Heiserkeit gewesen. — Sie und
ihre Verwuidten schrieben diese Heilung den genommenen Pulvera
xa. Ich selbst konnte nicht so leichtgläubig sein, denn iheils ist
die Heilung des Qneckulhers bei der Heiserkeit ganz ändert (das
Uebel verschwindet nach and nach in etlichen Tagen), theils hat-
te sie noch zn wenig von den Pulvern genommen, als dafs diese
•ine aolcb wandergleicbe Wirkung bfltten herviffbriDgen sollen,
leb habe das Mädchen selbst hintennacfa ansgefragt, ob sie, bevor
ihre Stimme wiedergekehrt , beim Aasathmen dnrch die Nase el- *
aen fremdartigen Geruch ihres Athetns verspüret; sie venticfaerle
aber, nichts dergleiebea gemerkt za haben.
Ich fiberlasse dem Leser, seihst über' diese Geschichte nach-
zndeaken, nnd will seinem Urtheile nicht vorgreifen. Eins bemer-
ke ich aber ansdröcklicb. Ich habe das Verhältnifa, worin das
Mädehea lebte, genau gebannt, nnd wei£i recht gnl, dafs bei ihr
an eine erdichtet^ Krankheit und erdichtete Heilnng nicht zu den-
ken war. Bei allen atUzerordentlieben Krankheiten (zn dMi«i ich
— <ß8 —
den erzSblien Fall jedoch nicht rechnen möchte) und bei autaer-
gewöhnlichen Heilnogen, die sich bei Mädchen and jüngeren Wei-
bern ziilragcn, hat man Unacbe etwas niiftlraniBch zn sein. Die-
se haben milanler gar wunderliche und unarklärbare Mucken.
Dae Asthma ist (wenn ich meinen Ohren trauen darf) eben-
falls ein Leiden des Laryox. Bei jeder Aihemsnoth ist aber gewife
nicht immer der Laryax «rgriS'en. ' Z. B. bei der BruMwasaenncht,
bei grofaen Eilerbeulen kann der Alhem kurv genug sein, ohne
dafs sich jene eigene, hörbAre Affekiion des Loflröhrenkopfes ein-
stellt, die man beim periodischen Asthma vernimmt. Bia jetzt ha-
be ich noch nie ein wirkliches jVstbma behandelt, welches ein Ut-
leiden des Lnryiix gewesen wftre, 1d allen Fällen, welche ich b»-
obachleie, war es «ine coDst^nsuelle Affektion dieses Organa. Feh-
ler der Lunge, Fehler des Herzens und Bauchfefaler ursadien b«i
manchen Menschen das Asthma. Weil «s nnn in gar vielen Fftl-
len, wo nicht von uBheilbareti, dach von alten, schwer sn heben-
den Fehlern abhSngt, so ist es anck bei weitem nicht in allen
Fällen gründlicb lu heben. Um so nöihiger wäre wol, dnfs wir
Mittel auf den Larynx bätien, es angenUicklich zn beschwichti-
gen. Wenn wir sagen wollien: das Asthma bestehe zunächst in ei-
nem krampfhaften Znstande des LoftrÖhrenkopfea, so ist das, mm-
nes Erachtens, nichts als eine ärztliche Redeosart, die keinen Nnz-
zen beim Heilen gowäfart. Wäre sie mehr als eine nackte Redeoa-
art, so möfst« man mit solchen Mitteln, welchen die Aerzte den
Namen der kraiiipfstillendon beigelegt, jenen Krampf des Larynz
heben können. Ob man das aber kann, mögen die Aerzle selbst
beurth eilen.
Der sogenannle krampfhafte Zustand des Lai^nx, wenn er län-
ger oder kürzer angehalten, läfit von selbst nach. Wer dem letz-
ten Mitte), das der Kranke gerade beim Nachlasse des Anfalles
verschluckt hat , die Wunderheilkraft beilegen wiD , der thue es ;
ich thue es nicht. Am klSgsien wäre wol, dafs man in Dampf-
oder Gasform Mittel in die Höhle des Laryux brächte. Aber bei
der Auswahl dieser Mittel würde ans das ara«ieiniltdlehrige Krampf-
atillende auch vielleicht wenig Nutzen schaßen. Ich habe wol ei-
nen Theelöffel voll BitfernsaDdelwasser den Kranken in den Mnnd
• halten lassen , wo dann die durch die Wärme des Mundes ver-
flüchtigte Blausäure noibwendig beim Einatfamen durch den Laryox
streichen roufste. Allerdinga gab das etwas Erleichterung; es fehlt
aber viel daran, dafs i0b dieses Mitld, und diese Anwendung des-
selben, als ein sicheres Eigenmittel auf den Larynx andern ehrli-
chen Aersien empfehlen könnte.
Ich kenne einen Bauer, bei dem das periodische, sehr häufig
ihn plagende Asthma von einem Fehler der Lnnge, wahrschein-
lich von Knoten derselben herrührt. Er ist einvr von denen, die.
«w nan hier »i Lande sich aa>4rSeki, eins faöw Bniu hnbM.
Dieter «raXhIte mir eimt PolgeDdes. Et btt io der Sudt G* *'
and hat itort Geaehäfte bei einem Herrn. Der Herr, der im Ge-
spräche TOD ihm vernimmt, dnla er vom Asthma übel ^plagt sei,
rSth ihm, sich an die dortige Apotheke «i wenden, wo nun ihn nit-
fehibar helfende Pulver gegen dieeea Hebel verkaufe. Diese PaU
ver waren, angeblich, einem andern asthmatisehen Mensche» von
einem' auswftrtigen Ante verschrieben, und der Apotheker, der die
gme Witknng derselben von dem Kranken vernommen, haue aus
ihnen einen geheimen Handelsartikel gemacht. Der Bauer gehet snr
Apotheke nad bekemnu für sein Gield einen Pack Pulver und ein
Glas mit klarem, etwas riechenden Wasser. Die Vorschrift lantet:
Beim Eintritte des Asthma mnis der Kranke ein Leintoeh mit dem
Wasser befenchlel fiber die' vordere Seile des Halses schlagen.
Von den Palvern nois er. eins trodien auf die Zunge legen nnd
es hier se^ebes lassen.
Aof dem Heiraw^e fiberfftllt den Bauer das Asthma. Er kann
Dicht wol aaf der Landstrafse das apotbekeriscfae Wasser am den
Hats schlagen, also begntigt er sii^, eins-rcra den Palvera auf die
Zange su legen, end setst sich am Wege nieder, die Wirkung absa>
warten Er meikt, da& sich viel Hpeiehel im Mande absondert
■nd dafs sein Asifama in etlichen Minuten nnchwiadet , so dafs
er ungehindert seinen Weg fortsatsen kann. Dieser Mann hat nun
lange die Pulver gebraucht and immer mit gutem Erfolge, das
heifsi, er konnte HUgenhlieklieb den Krampf des Lufiröhrenkopfea
damit heben. Einst kommt er auf den Gedanken, ob der hiesige
Apotheker die Pulver nicht untersnchen, sie naebtDaeben und ibm
dieselben billiger verkaufen kSnne als der Apotheker xa G * * '.
Unser ehemaliger Apeibekcr, der jetsige Rentner Herr BorcAAardf
hat sie ontersncbt, and om siehe.- an sein, seinem damahls in Ber-
fiia sieh aufhaltenden Geh&lfen auch ein paar Pulver zn nnlerso-
cfaen äbarschiekt. Die Analysen beider stimmten sietnlich überein,
wi^en nur ein wenig hinsichtlich der Gewichlsverhftltnisse ab.
Die Pulver bestanden aus kohlensaurer Bittersalserde, oxydalirlem
Eisen and ein wenig Kohle. Ich habe dieses Mittel etliehemahl
nagewendel, und ranis gestehen, dafa es allerdiags wohlihSiige Wir-
kung anf den Larynx hat; jedoch kann ich ein so grofses Aufhe-
ben nicht davon machen als der EnShIer mir davon getoacht hat.
Mdglich ist es aber, dafs meine damit angestellten Versuche nicht
riefatig angestellt sind. Abgesehen davon, dafs die FAlle von Asth-
ma, die mir seitdem vorgekommen, otfeabar s^r verwickelter Art
waren, sich also übel eigneten, die volle Wirkung eines Heilm^
lels anf den Larynx kennen su lernen; ist es nicht einraahl aaiser
allen Zweifel, dafs beide Apotheker die Wuaderpulver gana ricb-
ütt aiMlTsirt haben. Vor Karsem war der erste Ersftbter, der asih-
— 47« —
■»tisch« Baner, elnas krankea HanBgenoiMB w«gro bei nir. Üb
hatte ihn, Hit ihm.HerrB. die sataathmatiachen Palver uaclifabrieirt»
oicht geiebeo, fragte ihn alro, oh Aia nachgemaehlcn «Iran so gu-
te Dienste leiBtelen als die, welche er aus der Apotfaeke za G"'*
bek*mmen. Er sagte : erste hätten allerdings wol eine gute Wir-
kung, aber doch niebt ein« voDkornmen so gute als die.Ociglnat-
palver. Ob er vom Vorortheil besessen ist, oder ob die Apothe-
ker nariobiig aaalfiirt haben, iKfst sieb nicht wo! raihen.
loh habe Ursache for wahrscheinlich aa ballen^ dals die Koh-
leasäure ein forsüglicbes Benihigangs mittel des LaArAhrenkopfes
seL Meine Meinnng ist aber nicht, den Astfamatiacheo mit kohlen-
saurem Gas halb oder ganz xa ersticken, sondern ich glaube Mola,
daia eine geriage, die Verrichtung der Lunge nicht störende Men-
ge kohlensaures Gas, durch den Laryni streichend, die krampfhaften
Zufälle desselben vielleicht -beaser beichwicbtigen wird , als andre
sogenannte krampfalillAode Mittel. Der obengenaante ehemafalige
Apotheker Herr B.^ der zu der Zeit , da der Prof. Leidenftwt in
Duitbitrg als betagter Mann noch lebte, in Cleve als Gehülfe in
einer Offizin stand, hat mir erziÜilt« dalä Leidtufrvtt an Beschwich-
tigung des Asthma Pulver von kohlensaurer Biitersalzerde und Wein-
ateinaäure verschrieb, wriche der Kranke trocken auf die Zunge
legen mufste, wo sich, begreiflich, kohlensaures Gas entwickelt«
und beim Einathinen durch den E^arynx strich.
Ich selbst habe noch keine Mitscheidende Versacbe darüber
angestellt, denn iheils bin iob erst spBt auf den Gedanken ge-
braeht» theils sind die zn eatscheidenden Versncheo sich eignen-
den Asihualischen nicht so bttnfig als Schwindsüchtige, Wasser-
süchtige und Gelbsüchtige. Einst fragte mich ein mir unbekann-
ter Mann vom Rhein nm.Raih, den angeblich das Aalhma schon
ein Jabr lang allnächtlich aus dem Beu« getrieben. Ich gab ihm
eine Unze koUensanra Bitlersalzeide und drei Drachmen Wein-
steinsBure zn Pulver gemisdit, und hieb ihn, davon im benöthig-
len Falle einen Theelüffel voll trocken auf die Zunge Legen. Wie
das Pulver verbraucht war, kam er wieder, und behauptete, durch
das Pulver den nächtlichen Anfall so beschwichtiget zn haben, dafs
er nicht raelir genöthiget gewesen, das Bett zn verlaasen. leb lieft
ihn noch eine Portion Pulver ans der Apotheke holen, hake aber
seitdem nichts mehr von ihm gehSrl. — Einem jungen Pfarrer, der
die Spur des periodischen Asthma schon als Knabe gehabt, auf der
Universität es schlimmer bekommen, und im Amte noch öfterer
von demselben heimgesucht wurde, der nie dagegen arzeneiel, aber
wol zur Beschwichtigung Stechapfeiblätter geraucht hatte, gab ich
Jenes Pulver. Es half ihm gar nicht. Er schenkt es darauf ei-
nem asthmatischen Bauer seiner Gemeinde; der macht viel RühueiM
von der lindarnden Wirkung desselben. Dem Pfairer glaube ich,
— 471 —
dar [u «In ahrifeh» 'ftUoD; dem Bauer gbnbe iofa aUfat, im kttSB
die liadenidfl Wirkung des Palven blefi rui Höflichkeit gegen set-
nen PJarrer erdichtet haben. Wie b«**B*.i "■ ■** s<^wiertg, ga-
•igneie Kranke xu solohen Venaohea xu finden. Ein uoiet def
Form d«i Aelfama sich oSenbarendei Urleidea dee LuftrShreako-
pfei, würde wol die heitende, oder beschwiehtigeade Kraft der Kah-
IvMflare auf die sicherete Probe ■(eilen.
Oben habe ich gea^, daft daa Aitbna in den meielen FSl-
len coBuntOBUer Art sei. Erfahrenen Aerslen iit bekannt , dale
oonsensnelle Leiden mweilan viela Jahre hintereinander ein and
daa uAniJiche Organ , wo nicht anhaltend , dooh periodisch ergrei-
fen, Dod dann auf eiom^hl auablMhcn. Bei dieiem AaBblaiben wird
entweder das cooeenauelle Leiden a«f «in anderes Organ überin-
gen , oder das Drergriffane Organ offenbart sich dnridi eigenihüm-
liche Örtliche Laidea in sieh selbtt. Der Grund des Ausbleibens
lange bestandener ooaieiMueller Leiden, oder ihrer Ueberiragnng
auf andere Organe, ist eben so wenig anxngeben als der ihre« «i"
eleu Erscheinens. Es kamt aber das Aafhören eines lang bestan-
denen consensuellen Leidens des Larynx einen Unerfahrenen in
grofsen , sehr gro^n Irrthnm fl^hrea. Zafftllig au einem solchen
Kranken gerade in der Zeit gerufen, wo das Asthma ohnedies aus-
bleiben wollte, kann er daa Aashleibaii «einen gegebenen Mitteln
siisehretben. Der Irrthnm ist sehr Tetseihlicb, qihI so lange ihn
der Aiat für sich bebAft, auch miBahaldig; denn die Zeit belehrt
ihn sehen früher oder spiter eioes Besseren. Aber das Ansposan-
nea einer solchen Termeiailich glOdilioben HeUong in einer Zett-
aehrift ist sehr schädlich; denn durch solch fräh- und unseitigea.
Bakaontmacj^en verlieren die Zeitacbrifien auletxt allen Glauben bei
den praktischen Asiaten, nnd diese, besondars die Siteren, machen
sieb «efaon jetst, wie ioli gemerkt habe, -des Paracelsismns theil-
hafiig, dadureb, dafa «ie nnler weh behaupten, den gedruckten Bä-
ebwn sei nkbt an trauen.
Mittel auf die SpeiterSAre.
Weil ich jetzt tod den Eigenmiueln auf die Brustorgane red«,
wkre wol niehts natürlicher, als dais ich dem Leser auch ein oder
etliche Mittel anf die erkrankte Speiseröhre Kiittheilie ; leider weif«
ich alter nichts, gar nichts auf dieaes Organ. Ich hoffe jedoch,
man werde mir aanichtübel deuten, dafsicfai meiner jüngeren Amta-
brüder wegen, von der Verhärtang und Verengung der Speiseröh-
re, von diesem traurigen, leider gar su oft vorkonunendeo Uebet
«in wenig rede.
Ich habe «riebt, und zwar mehr als EinmabI, data Aente sich
etwas dreist verma&en, dieses Uebel heben su können; ja dals
- 47Ä -
•ie , diii«h die antofaeüwod gute Würkung ibm- ^^«bMim Hinri
getäuBcbt, niofat blofg dem Kranken («a« M eoscblichkeii),
■ODdern aucfa den Angehörigen sicliere Heilang penpraohen. Da
Dun der Auegiing deonoch todüich war, ao erschieaen tie io dea
Angen der Leate, je nachdem die (JnuiSode waren, entweder aU
Unwissende, oder als Beutelschneider. Weil ich nicht wol leiden
kann, dal« steh approbirte Aerzte also in den Aogen des Volkea
heruniersetaen , will ich ihnen« um solchen Mifsgriffen TOTanbeu-
gen, folgende Erinnerang geben.
Bis jelat ist es ttir noch kein MBsiges Mahl gelaogsn, dieses
furchtbare Uebel an heilen, aacl> sah ich es bis jetst noch nicht
durch die Kanst anderer Aenle geheilt. Zwar M-lebte ich wol ein
paar Fäll«, dals Leute, bei der ersten Entstehung laeiBe Uäfe ver»
langten, und mir es gelang, sie durch den Gebraocb des Qaack-
ailbers wiederberxHslellMi;*) ich gestehe jedoefa , dals in diesen
paar Fällen die Erkenotntfa iwar nicht sweifejhaft war, aber dtfch
für keine bedeutende Steigerung des Uebels sprach. Bai dem qb-
verkeonbar bis au einem gewissen Grade ansgebildetea Uebel iaA
mir die Heilung i>es(iramt noch nie gelangen.
Einen einiigen Fall ron wirklich bis zu einen bedanklicfaea
Grade ausgebildeter Dysphagie habe ich mit dem Jod anacbeinend
glücklich bebandelt, und das Uebel nicht Torübwgehend, sondern
anhallaod, nach und nach besser werden sehen. Von der tcJI-
kommnen Heilung kann ich aber nicht sprechen, denn der Manta,
ein kaufmännischer Bauer, war etwas weit von mir, in dan Nio-
derlanden an Hause, and, wie ich hioiennaofa hörte, hSch^ aber-
gläubisch. Man halle ihn glauben gtraacht^ er sei behext; «r
hat (wie man hier sich ansdrüdct) gehtlichen Raih gesucht, and
sich weiter nicht bei mir blicken lassen. Uebrigens habe ieb, arät
Entdeckung des Jod , dieses oft genug bei der von Verengemtig
und Verhärtung der SpMseröbre herführenden Dysphagie gans ohne
Nutzen gegeben, weshalb ich in dieser Hinsicht nicht den gering*
Sien Wenh auf dieses -edle Mittel lege.
Zuerst mache ich auf die Täasebang aufmerksam, in welch«
ein junger Arzt hinsichtlich der Erkennlntfs verfallen kann. Es
gibt eine Entzündung der Speiseröhre, bei der man auch nicht die
mindeste RSthe des Gaumens oder der Mandeln -wahrnimmt und
bei der der Krank« nur mit grober Mühe und Schmerz Flüasig-
kflilen, aber feste Speisen gar nicht hinunterbringen kann. Wer
solche Fälle mit der von Verbäitung der Speiseröhre herrührenden
*) Bald« wireD junge MiDner, dai Hipdernir* dei Seblingaai bertnd lieb, naeh
ilireH Gardhle , aBgefibr ii der Hitte der ^eiierSkr«. BeB«rk«nwertt bt
e« , dsr* der Vater dea eines n«le Jahre apSler as der Dfiphtfit ftstoftaa
,,,, Google
— 473 —
Djnph^« vsrWMbtelt, 4er kann in aeiner EmbilJoDg das Glfic^
haben, mit gan* geringm Mitteln Meister des Airehlbarsteii ITebelt
la sein. Solobe chroDiiche EnisSadongen der 8peiaerSlire sind
vielfiÜtig gastrischer Art, nun findet sie am Sftenten aur Zeit,
wenn gastrische Krankheiten herracfaen. Za andern Zeiten sind sie
selten, oder man siebet sie vidmebr gar nicht. Dieses behinderte
Schlingen weicht den Mitteln, die auf den gasirischen Zastsnd pas-
sen, Ten welchen Mitteln Ich im enien Absehditte dieses Kapitels
hinreichend gesprochen.*)
Die aweite TSaschang, in welch« ein Cnerfiahreaer fallen kann,
ist felgendei Bei wirklicher VerengiMg und Verfaftrtnng der Spei-
secakre wird das behinderte Schlingen nicht gana nnd allein durch
das mechanische Hindemib, das in der Röhre steckt, bedingt, son-
dern aar aan Theil. Die Verhirtung wirkt als etwas StSrendes
aaf die Mnskelfasem der Rehre nnd renirsachet nngeregehe Zn-
Mmwenaiebang derselben. Das niecltanische Uinderaifs nnd diese
Zwammonaiehnngen der Mnskelfasern bedingm anianiMengenom-
men einen gewissen Grad des behinderten Sehlingena. Da wir nnn
MiUel besitaen, welebe den krankhaften Zusammenaiebangen der
Moskelfaaern steaem, so ist leicht einaaaehen, dafa die Anwendnag
dieser Mittel in maaehen Fällen dem Kranken daa Schlingen sehr
erleieblera nnd ihm neae Hoffnung der Genesung geben müsse. "*)
Es ist aber diese Bnuerimg nnr adieinbar. Du Hanptübel nimmt
nach nnd nach an, nnd es kommt gar bald ein Pankt, wo alle
sogenanate krampfslillende Mittel ihren Dien« gans versagen.
Ein Ant, der solche Kranken, die ihn in seinem Hanse nm
Batb fragen, die licb anf die gegebenen Mittel bessern nnd dann
ganz wegbleiben, aof guten Glauben als geheilt anriebet, der kann
in seiner Eänhildvng die nnglücklkbe Dysphagie oft gebeill haben.
Ea ist aber die Wnae maaehw Menseben, dafs sie, wenn anf ein
g^ebeoos Mittel ein Uebel sich betaert and hernach wieder achlim-
nwr wird , durch diese get&nsdite Erwarlang vecdrielslicb werden
nnd an einem andern Ante geben. Man kann ^so ompSglich die,
wdche ttiu dt« Nnchricht ihres Besaerwerdens , aber nicht ihrer
TolIsiSndigeo Heilang gebracht, als wirklich geheilt' ansehen, oder
nan würde in einen grofaen - Irrtham verfallen.
Die von Verengernng der Speiaer5hre herrührende Dysphagie
') Mt ieh OUff gMchriebM, hak« ieh afl gauag GeleKMhall sckiht, •)■ cod-
HismllM b«bM«Hei ScIiUnfeB m haabacMei , waidiM iok ■DMSfflich einer
ckrMiiehoa Eatalbdosg dar SpMwrBkre ■ustretbM koist«. d<u m wkh
Rir Bieht «eltcD ■■ Kidmi Tft iem »r Zeil beilesdei L«b*rHtltel, war aber
weil hiaflgor Zahll dar fiebarloien all der acbcrhartna LebererkraakDag.
**} Di« klladinBi , bekanatlidi iu nlhshtigito MiUel ia dieier HiDtiehl , wirkt
M waitna sieht ia allaa Fillen erleiabterad, aber wol le maaabon, snd ver^
-..ügic
— 474 —
ttiagt j Baeb der eiattiraniigai Anwife aHet der l3nglfielcKoh«p,
bei detien ich in meineni Leben die HeihiDg Teraiicht , Rber nicht
vollbraobt habe , fol^n derma Isen - an. Die Leute haben beim
Sohlingen fester Speisen , wenn diese gleich nicht trocken aind,
gerade dai Geftifal, das wot jeder gesunde Mensch hat, weiw er
mehre Mundvoll trockner Speisen schnell hintereinaDder T^rschlak-
ken will. Die irooknen Npeisea können nicht schnell genug in
der Speiseröhre hinnntersteigen , und die Vollgestopftheit des Oe>
tophagna bewirkt ein Gefübl, welchem die Menschen in Terechle-
denen Lindem einen ganx verschiedenen Namen beilegen. Sich
sticken, si«h kröpfen habe ich es nennen boren, w«t6
aber nicht, welcher Ausdruck in gnnx Deuiscfaland versfflndUeh
wBre. Jedermann indefs, der in seinem Leben schon elnmakl
etwas heifsbungerig trockne Speisen verschlungen bat, kennet es
recht gut. Sobald man als gesunder Mensch dieses (JrefSbl beim
Essen hat, hört man so lange auf id essen, his die Speisen Im
Magen sind, oder man spHlet sie geschwind mit einem gsten
Schlucke Uelitnk hinunter.
Nun, das nftmlich» GefShl h^Mn jene UnglQcklldien beim
Genosse fester , gar nicht trockner Speisen, des Gemtises, des
Fleisches u. a. Anfänglich haben sie es blolsi wenn rie Bcboci)
essen , hemaeb auoh beim langsamen Essen. Sie müssen öftere
Pansen machen, um den Speisen Zeit lum Hinontenteigen m
lassen. In diesem Zeitranme, der zuweilen lange währt, ahnen
sie noch niohts Böses. FrQher oder spftier nimmt das Uebel im-
mer mehr zu , in dab bald fetiie Speisen gar nicht , sondern nur
flüssige und dflnnhreiige hinnuter gebracht werden könuBu. End-
lich können antfa Flüsaigkeitw nicht mehr hinnnter, nnd die Un-
gliicklicben sterben des Hungertodes.
Der SilB der Verengung ist sehr verschieden. Einen einsigen
Mann habe ich behawdelt, der sie nahe unter dem Schlond« faatto.
Dieses konnte man daraus erkennen, da£i er die geoosmae Flüs-
sigkeit fast angenblioklich wieder ausbrach, nnd hei ihm geschah
das Vanslcbgeben durch wirldiohes Erbrechen, jedoch ohne heftige
Anstrengung*) Bei denen, welchen die Verengung in der Mitte
*) S«it iab obige» picbriebas bibe ich dnl Fülle beobachtet , bei daiea die Ver-
bartaog im Scblaoda telbit jleeLta. Alle drei L«ider waren •otgMeiebDetB
BranntweiaiKDrer 1 iia konalea biiiom Tode flüiilge nod hreiisfl Speiien aehlnk-
kcD , allein du Sehlneken varorMcblc ihaen la fro&es Sehaian in SchiBBda,
dafi fie ei «Sgliebat venaiadea. Alle drai battan Speiehalflnf* , welcber bei
aiaeai denalben 14 Tag« vor den Tede tob lelbat ranehwand; bai disaeM
laliUa fconate ii^ »it Beiacn Flngar die obere GrEoie einer Verbürtnof ia
der raeblen Seite der Znegeohui* rablen ; wie weit und wobin »ick dlcie Ver-
hErtans erttraekte , konnte leb aber licM tnblen , weil nein Kiefer nicbl lo
weit reiebte. Die iwai iBdern vartrBfen dleae Uolanaehnng gar nicht, aie
aiachte ibnen aa »ohBienkanea Brachrali, da& M gaas iavai ahatehea SiHitc.
— 4» -
4w S^bwrtbre, »der in ds unter« Htift«, o4a- aqf der C'ardh
Meckt, gMehiehvt dai ZarückMBmeii it» Vencfaluckttn oicht durch
•igaoUichet ErfacMfaen, RondAn du VenidilaGkie kriecht deo Men-
mhen die Speiieröbre hiaauf und in d«B Mund anrSok. Bei eini-
fen ist, M lange «e noch eines fe«te Speiiea udilacken kön-
Reo, die Verengung eohmenhefr. Zwelnahl habe ich die Verhär-
tiiBg auf der Cardia in VereiteniBg oder Verjauchung übcrge^ui
■eben. Ea kam dieeea Leuten eiterigee, ühelaehmeckeodei Zeug
mit Blut Tcrmbcht in den Mnnd, und aia, die gar nichts mehr
hatten in den Ml^wll. bringen können, lehluekten nach dieser Ent-
leerung lienlich frei. Die Freude wihne aber nicht lange, das
Uebel wachs wieder an, und der Tod erfolgre, wie gewöholicb.
Von nlle» denen, di» ich behandelt bal>e, ist der einsige, dw
die Vereogtt^ nahe unter dem Schlünde halte, am baldeaiea gv
slorbea; alt* übrigen haben weit länger gdittea. Es sind wenige
Jahre meiner Praxis verlaufen, in denen ich nicht zbr wenigsten
einen bis drei solcher Ffille beobaohtet hiue; das maeht im San-
nen für ein solches kJiglicbea Uebel rine nur lu groÜM Ansahl'
ans. Die bei weitem grofate Zahl der Leider waren Minner. Die
Meinung mancher Avntv , als ob der übermBlsige Gennla de«
Branntweins die Verhfinung und Vcrengnng des Oesaphagas hefSr-
dere, ist mich eine von den firsilichen Fabeln; ich habe allerdings
ansachweifende Branntwein tri nker, aber gewifs noch mehr mifaige
Mensehen, jn Weiber, die nie Branntwein Imakea, daran sterben
•eben.
Es wftre in wftnsdien, da& kluge Aertte ein gutes Mittel ge-
gen solch ein grofkes Leid entdeckten. Die Verhärtung des Masl-
dnnnes, die Veriilrtung der GebtrmuUer wollen die beutigen Wnnd-
ftnle mit dem Messer anssehseiden ; ich glaube aber, daJä sie ihre
Mesner nnd Znngoi und Haken in der ^eiseröhre 6bel handhaben
wilden. £b fragt sich nun, «h eine geschickte Hand die vereif
garte Speiseröhre nicht eben ao gut erwetlcm könne, ds die Ter-
angwte Barorfthre; die Wnodaraaneiknnst kttmpft Jn nicht blofs
mit Fnner und Sdiwert. Den eiunigen Kranken , der die Veren-
gong nahe unter dem Sohinnde halte, habe ich einem alten Frennde,
•iaem klugen , sehr erfahreDea nnd 'ichr belesenen Wundarzt su-
geschiekt, am eiomabi n sahen, ab dieser nicht einen glicklt-
obea Einfall bitte, der dem Kranken sum Heile erschiefaen möchte
m^ alter Freund wulsle jedoch shen so wenig Halb als ich.
Zusais rom Jahre 1836.
Da ^ph obiges schrieb, waren, nh viel ich weifs, die Er-
weitenrigswerkieuge (Dämtatomt) noch nicht erfunden. Bis jettt
biAe iflb weder Jtmttvm nedi J^AdUr« lutnuaeBt geieheo, d>er
— ue -
wol ror Knnem ^flMn, 4ab «ro anlilbamr Meltlcr sie btniti fitr
nnvollkcnnmeii hfilt narf Biif Verbosm^ng d^rselbeii bedacht tat.
£a ist mir wahracheiBÜeh, dnfs man in Fällen tob einfacher Ver-
angewaüg, wo di« \Vftitile der Speiseröhre nicht gtir xo sehr tbf-
faHriet and verdickt sind , viel Gates , ja wol gar Heilang dareh
eine solche mecluiDisehe Hfilfe bewirken kann. Ich fnrchte aber,
da^ in den meisten Fftllen das Uebrl, emsiharierer Art, in einem
wirkliehen Scirrlo der Speiserßhre besiehe, und da wird die me-
i^anische Hülfe nach wenig frnchren; ja wenn cbroaisehe Cnizfin-
dnng in einem solchen Aftergebilde ist, wird sie weit eher schaden.
Die schnelle Zunahme des (Jebels, wenn es einmahl gam langsan*
bis auf einen gewissen Punkt der Venchttnimening gekommen,
schreibe ich eincig der sich in der VerbKrinng erxengtea chroni-
■ehen Entsiindnng va. BekauBÜicb lassen sich ehroaiscbe Entxiin-
dnngen nicht selten dareh den innerlichen Gebrauch zasainmenaie-
hender Mittel wunderbar beschwichtigen; die grofse Erleiehiemng,
die manche an dem ScirrAo Oetopiagi Leidende nach dem Ge-
branche solcher Mittel fQblen , hängt wahracheinKeh von der {te-
Bcfawichtignng der ebrenisohen EnlzSodung in dem Aftergehilde nnd
Ton dessen dadurch bewirkten Umfangsverminderang ab. Da diese
Arxeneien aber nicht das GrandSbel beben können, so hat die Er-
leichlerang, die sie dem Kranken verschafften, auch kein«« Bestand.
— In diesem laafeoden Jahre habe ich abermahls den Fall beob_
achtet, dafs einem solchen Kranken xweinml, mit einer Zwischen,
seit von ungefähr vier Wochen, blntige, angeblich nbelachm eckend*
Stoffe BOB der SpeiserSbre kamen. Diese Entleerang bewirkte
eine ongefthr aehtifigige Erleiehierung; das Schlingen tob Flüssig-
keilen ging etwas besser; das Ende war aber der Tod.
Ich habe oben (im Jahr 1830) gesagt, nar swei Krank« seien
dnrcb {meine Knust geheilt. Indem ich vor Kursen die sämH-
che Bemerkung einem Freunde machte, behauptete dieser gaoi
bestimmt, ich (ansehe mich ,• er selbst kenne snm wenigst«« genau
einen jungen Landmann, der von mir gebeilt sei. Da mein Fienad
ein rechtlicher Mann iUi und dem Geheilten nahe wohnt« so muTs
ich ihm glauben, nnd raufs überlwupt die Möglichkeit mge-
ben , daÜH der eine oder der andere von den entfernt WobneadMi,
die mich in meinem Hause um Raih gefragt, könne geheilt sein.
Solche I>nle, die durch unsere Verordnnagpu geheilt sind, er-
scheinen ja nicht mehr bei uns, weil die Gesunden de« Antes
nicht bedürfen. Die Eraäblnng meines Freundes veranlafsie mich
zu folgender ßelrachlung.
Bekanntlich liegen an der hinleren Seite der Speiseröhre,
ungefähr in der Gegend des rünften Kückenwirbels , zw^ Drüsen
von dar Gröfse der Vielesbohoeo. Wenn diese Drüsen , chronisch
•nuändai} anscbwnUeni sokÖBimn sie die SpaiHrübre verengen)
— 477 -
obJ soldie FMie werde« «s wol t«n, die licb darofa Jod^ adet
durch Quecksilber, oder durch andere Mittel heilen lassen; denn
ttaruiD aollien «ich diene Ürüsen nicht eben so gnt xur Norm xn-
rCckführen Insaen nls andere f Ich weila niebl, da& ich in neue-
ren Sdiriftitellern etwas Gher die Eikranknog dieser Orfisen ge-
lesen habe. Um mich lu überzeugen, ob ich wirklich nichts
darüber gelesen, oder ob mir das Gelesene entfalleo sei, habe
ich die neuste Encjklopädie nachgeschlagen, «war viel von der
Oyiiphagie, aber nichts von der Anschwellung der Bückendinsen
4arin gernnden. Von letslem Uebel haben aber schon mehre äl-
tere ächririMeller gesprochen; ich eriooere mich des jüngeren
Jaamtte» lUo/taun und des Fkil^ Verhelfen. Erster sagt von
jenen Drüsen: iwAulae et tma^factae aliquB /mmore, magnum
impedimemtuM adfena^ dsglutitittU. (Enck«iritUum analom. et
palMohg, pag. 319^. Philipp Verhelfen aber sagt: Vidi ex hn-
mm glandmlamm tmmare et »eürrhotitnte palientem prue inedim
misere aiii$»e, omni teificet via e^ patuique ad ventriculum
praecIntn.^Aperto autem cndmvere reperi iaiera ttephigi ei
eehementem compreniomem eaalnitte, iptumque ^pu tvhnlum »nh
glondnlia iatia akiiate in eorpta leiidtim. Ist es einmal so weit
geboMmen, dann kann es nns freilieh sehr gicichgfiliig sein, ob
das Uehel von dea Drüsen ausgegangen, oder sich ursprünglich
jn der Wandung der Speiseröhre arsengt habe. — Mir kommt es
so vor, als habe «ii^ die Zahl der Uaglncklidien, die alljshr*
lieh an diesem kiftglichen Leiden aterbeo, wibrenf der Zeit mei-
aer praktischen Wirksunkeit nach und aacfa vermehrt. Ich b»-
greife freilich recht gnt, dab ieh tob der jetst gr3fMi«n Zuhl
der Hülfe Saehenden nicht blindlings auf eine Veruehrnng der
Krankheit in diesem Lande sebliefsen darf; alwr abgesehen voü
der Unsiclwrheit eines solchen Sohlaases, kann ich mich doch
des Gedankens nicht erwehren , dafs das Uebel jetit hSuiiger sieh
«TKfluge als früher. Im vorig«! Jafara s. B. balle ich allein in
dieser kleinen Kiadt vier solcber Mftrterer au behandeln, und
mehre von anderen Orten haben HüUe bei mir gesucht; wievielt
das habe ich tticfai aagaschrieheD and werde es ancfa nie anschrei-
ben, denn ich weile vorher, dafi das. endliche ErgebolA einm
solchen Bnchfühmng ein ganz untröstliches sein würde. In mei-
ner Jugend miisaen meine nniveniiSilsehen Meister weit weniger
mit diesem Elende xa ihno gehabt haben ; faStten sie so viel Jam-
aaw davon erlebt als ich , so würden sie mir gawifs einige nüm-
liche Winke hinsichtlich der Diagnose nnd Prognose gegeben
haben Sie sprndien aber nnr beiläufig davon, wo dals ich es
für etwsM A nlsergew5hn1iches halten mubie, das vielleicht so sel-
ten in der Praxis vorkomme, als Darmsteine, Zungensteine,
Foetu» extramterixK» und d. g. Ja F. Hoffmann, der gewifa
- 478 —
ein erfahrener Arct iind treuer praktischer Schrifuieller rat, muh
■ehr wenig eigene ErFahrung daräber gehabt haben, denn er be-
rührt den Gegenitand nnr beilfiufig nnd verweilet nar auf «in
paar fremde Beobach fangen. Was er von den unlerseheid enden
Zeichen der in Rede siebenden Dysphagie nnd der blofs krampfi-
gen sagt, wird gewifs Jeder, der jenes traurige Uebel nni ein
duiiendmabl beobachtet bat, unzureichend findeo. (Mtdic. ru-
tümal. »yir««. Tm. IV. part HL Cap. 5 §. 8J
Obgleich nun aber das besprochene Uehel in den meisien
fallen nnbeilbar nnd tSdilich ist, so mufs sich doch der Arst hü-
ten, die Tödtlichkeit des Unheilbaren gar an bestimmt aussuBpre-
chen. Da ich im Jahre 1797 hierhin kam, lernte ich eine Frau
Toa milüem Alter kennen, welche damabla schon mehre Jahre
an der Dysphagie geliltea. Diene ist, ohne geheilt au werden,
über achtxig Jahre alt geworden, denn sie ist erst im Jahre 1K31
gestorben. Sie halte eine Verengung der Cardia, odea des dwr
Cardia sehr nahen Theiles der Speiserälire , konnte gar kein«
feste Speisen , sondern nur dünnea Brei und Flnsai^^en schlin-
gen. Das Uebel ist auf der nimliehen Höbe bis au ihrem Tode
geblieben , sie ist auch nicht an der Dysphagie , aondem au
Marasmus gestorben. Da sie aohoo alt war, wurde ich einsi itt
ihr gerufen. Sie klagte über Schmers in der'Cardia, und das
Schlingen war so sehr erscbweret, dafs sie nicht mehr dünnen
Brei , sondern blob Flüssigkeit und swar nur mit Schmers nnd
grofser Muhe' hinunier bringen konnte. Sie behauptete, ihre
Tochter habe ihr eine Suppe mit Zwetachen bereitet und aus Un-
achtsamkeit einen Zweticbenstein in der Suppe gelassen; diesen
habe sie versehluekt und er stecke ihr im Magenmunde. Was
eigentlich Wahres an diesem Vorgeben sein mochte, konnte ich
nicht wissen; alte Leute haben ja auch anweilen seltsame Ein-
bildungen.
Nachdem sie einige Tage gelitten, nnd ich, um ihr Genüge
SU leisten, einen einfactien milden Oeltrank verschrieben, xeigte
sie mir eines Tages eine blutige Snbsiana, welche reichlich einen
Zoll lang, zwei Linien breit, nnd eine Linie, dick sein mochte;
diese bebanpteie sie ausgebrochen xu haben , und seitdem gebe,
sagte sie, das Schlingen wieder besser, nämlich, wieder so gut
als vor dem angeblich venchluekten Zwetschentfeine. Das ana-
gebrochene Ding hatte die Farbe der in Branntwein aufbewahrten
anatomischen Pritparate, wenn diese nlmlieh nlofat mit rotbw
Farbe ansgespritxt sind.
Dieser Fall beweiset, dab die unheilbar« Verengung und
Verhirtung der Speiseröhre nicht immer tddtlich sei. F.s ist aber
anch dw ainilge Fidl der Art, den ich seibat beobachtet habe.
Besondere Bemetkmngt» Über eimige die Brmatorgme
betrtffe»4t GegetuiSnät.
Unier den Milleln, welch« angeblich LuDgeiMiterua^ beileo
MHen, behauptet der Bleizucker auch seinen Plalz. Ich habe
ihn in (rnherer Zeit oft gebrancht, aber nichi gefunden, Aats er
du leistet, was man von ihm geriihmet. AbssesH können bei
desaoD Gebrauche amheilen, aber Geaebwüra heilen nicht. B»-
finden sich aber in einem Abssesse \ebengSnge und Zellen^ so
ivird diese der Bleixncker eben so wenij;; ausheilen als es andre
Mhtel ihun.
VAta mnfa ich aber euf Stener der Wahrheit sagen : die Ka-
tarrbaUehwindsncfat, wenn sie sich noch im Zeiiranme der Heil-
baAeit befindet , nnd anter der Heilbarkeit des Eisens stehet,
kann, niefat einbildiecb, sondern wirklich und angenfSIlig durch
BieiKucker geheilt werden.
Auch die Pitkiii» imberevloia, so lange noch Hülfe Möglicb
ist, das heifst, so lange nur chroBisch« Eotsfindung in den Kno-
ten ist, kann, wenn dies« Entsündung mit einer unter der Heil-
gewalt des Eisens stehenden Affektion des Oesamiatorguaismaa
verbunden ist, ebenfaUs durch das Blei seitlich geheilt werden.
So ist ferner auch keinem Zweifel nnierwurfen, dals, untM- der
nanliefaen Bedingung, ein rein abssedirter Knoten durch das Blei
ansgebeilt, die chronische Eotsündung anderer benachbarten Kno>
ten gekehrt, mithin die Schwindsucht fQr die Zeit geheik werden
könne. BHdet aber ein solcher Kneten ein GescbwGr, das beifst,
filngt die Eiterung, nicht wie beim Abssefs, im Mittelpunkte,
sondern anf der Oberfläche an , so ist das Blei bestimmt kein
Heilmittel 6ei J^lküü tmberculata, wiewol ich siüasse dafs es
den Arst und den Kranken sehr iftoschcn, beiden mit grofs«
Hvttbnng- einer baldigen Heilang schmeicheln kann. Der Kranke
kann «iob nftmlieb, ( varausgesetxt die ASektion seines Gesamint-
ofganismus stehe nicht nni«r der Heilgefralt des Haipeters, son-
dern des Eisens) so vortrefflich bei dem Gebraaefae des Bleies
befinden, dafs ein minder Erfahrener nothwendig glauben mufs,
er habe gewonnenes Spiri. Die Besserung ist aber nur schein*
bar und beruhet einxig auf <^ woblthStigen Umänderang der Af-
fektion des GesammiorganismuB. Das Örllicbe Langenleiden, die
VerschwSning Eines oder mehrer Knoten gehet seinen Gang un-
gestört fort, und gar bald kommt die Zeit, wo das durch Blei-
xueker bewirkte Wohlbefinden wiednr xum Uabelbefioden wird.
Das Blei ist in seiner Heilwirknng nahe mit dem Eisen ver-
wandt^ es ist so gnt wie dieses ein Unlrersalmittel , ein Mittel,
welches den anf eine eigentbämlicbe Weise erkrankten Gesamrat-
organismus sor Norm zarückführel ; es nntencbeidet sich aber
dadurch von dem Eisen, da£i es, je nachdem der Körper für
- 460 —
seiM EinwiricuBg empAng^kh ist, («nAkli aaf die Dftmie od«
aof die Mundhöhle einwirkt.
Obgleich ich das Blei ia frühem' Zeit oft nnd viel gebraucht.
Wann ich doch Bicht behaupten, aeine feindliche Einwirkung auf
den Darmkanal oft beobachtet xu haben, imGegenlheil, ich habe
Hie sehr leiten erl^t. Folgendes hübe ich aber beobachtet, wel-
chea mir, binticbiliob dei Behaodlaog der Bleiknuikheiten, be-
»erk^BRwerth icheint. Der gröüite Theil derer, denen ich daa
Blei als Araeaei gegeben, hat nämlich früher oder ipSter, zn-
weilen, nachdem in vieriefan Tagen kein Blei mehr genommen
war, einen mfifalgen Durchfall bekonuuen, der mehre Tage an-
hielt nnd in den meinen Fällen ganz schmerzlos war; in einigen
Fällen ging jeder Eatlaatung ein unbedeutendes Kneipen der Dftt-
me vorher. Ich bin der Meinung, dafs sich die Natur auf die
Weise de« Bleies entledigt, und halte ei lur unweiae, ihr atd-
rend in den Weg zu treten. Die Zeit, die der Durchlauf an-
hält, Mheint eitaigermalseii mit der Zeitlang« des Bleigebraachei
tm Verfaähoili zu iteheo.
Sollte das, was i«b hier zage, von andern Aerzten noch
nicht bemerkt sein, und die Leser deshalb an der Wahrheit me»-
Der Beobachtung zweifeln wellen, so bezeuge icb ihaeo ansdrück*
lieh, dafs sie auf die Wahrheit meiner Beobachtung bauen köo-
nea; denn da ich diese Nalurbülfe etUchemahl' xufUlig gewahr
worden bin, habe ich mich hernach absichtlich um diesen Ge-
geasiand bekümmert. Ist es nun, nach der Meinung verstAndiger
Aerzte, sicher, der Natur in ihren Heilprozessen naehsMahmen,
■o würden wir wol Blei krankh eilen dadurch am besten bellen,
dafs wir den Leider ein vierzehn Tage bis drei Wochen in n-
nem Zustande des mBlsigen Üurebfallei erhielten. Ich apreche
aber hier falofs nach meiner Beobachtung, nicht nach Verfluchen;
ich lebe in einem Lande, wo ich weder mit Ber^eaten, oocb
mit Bleiarheitern zu tbun habe , mithiu fehlt mir Gelegenheit,
Versuche zu ua^en. Eine sehr seltsame Wirkung dea Bleies
habe ich einmaht eilebt. Bei einem Bucheinend starken Manne
wirkte es nftwlich, vom ersten Augenlilioke seines Gebrauohea
an, wie die heftigste Pnrgans. D^Mann war klug genug, die
Arienei stehen zu lassen , und mir von dieser heftigen Wirkung
Bericht zu erslatlen; die Leser werden auch wol denken, dafil
ich nicht so unweise gewesen, den Gebrauch dei Bleiiucken
fortietzen zu lassen. Da meine Verordnung in einer fremden
Apotheke bereitet war, konnte ich nicht wissen, ob hier bloü
die Eigenthümlichkeit des also heftig ergriffenen KSrpera, oder
die Unreinheit de^ Bleizucken io Anichlag zu bringen sei.
Die feindliche Einwirkung des Bleies auf die Mundhöhle ist
für den Kranken und den Arzt sehr I&uig; ich habe si« weit
— 481 —
mehr fchafil, >Ia rfie foiniiliehe E^nwirkang auf die DSnne. Sie
bectehei is einer Eoisilsdang; der Mandeln, des Ganmefn und des
Zahnfleische«, knn, der ganxen Mundhöhle, gerade wie bei dem
■afangenden QueeksUbenpeicfaellusae. Ich habe beim Einlritle
dieeee ZnfnlleB gleich dem Gebranche des Bleixuckers cnisagt,
iweifle aber nicht, der TortgeMtne Gebraneb würde einen wirk-
Kehen Speichelflufe vemreachet haben. Nicht durch Einen, son-
dern durch mehre FSile von der Richtigkeit meiner Beobachtung
rergewissert , nnd mich nicht erinnernd, je dergleichen gelesen
sn haben, sching ich etliche Arten ei mit teil ehren nach, ohne et-
was von dem Gegenstände in linden ; ja ich «ah selbst , dafs in
etlichen der' neneaten ein tiefes Schweigen darüber herrschte.
Im Allgemeinen weifs ich zwar wol, dafs die Augen man-
chc( praktischen Aerxie durch die Sehullehre so sauberisch ge-
blendet sind, dafs sie bei der Anwendung der Aneneien nur die
Wirkung sehen, die selbige nach der Lehre herrorhringen müs-
•en; jene aber gana nbersehen, von welcher die Sehullebre
schweigt. Kaum kann ich mir aber denken, dafs anter denen,
welche über den Urzllichen Bleigebrnoch geschrieben, kein ein-
aiger sein sol'le , der, gleich mir, die feindliche Wirkung des
Bleies auf die Mundhöhle beobachtet hSlIe. Das Wahrscheinlich-
ste ist, dafs der Zufall mir und meinen Srsilichen Freunden, die
ich darüber befragt, nicht jene, in der Biicherwelt vielleicht vor-
handenen, meine Beobachtung bestätigenden Schriften in die
Hsnde gespielt bat. Wollte ich also mehr sagen, als, man suche
vergebens Bestfitignng meiner Beobachtung in mehren geschStzien
Büchern, welche, hinsichtlich ihres Zweckes, noihwendig davon
XU reden hfiiten, so mufäte ich entweder ein ungeheuer grofser
Bfl ch erkenn er , oder ein recht grofser Narr sein.
Möglieb ist es, dals manche A erste, die das Blei blofs im
lotsten Zeiträume der Lnngensncbt gegeben , wo die Eatziindung
der Mundhöhle ein gewöhnlicher Zufall ist, die feindliche Wir-
kung df s Bleies eben so gat als ich gesehen ; sie bähen aber
wahrscheinlich diese bleiische EntsOndung mit der phthisischen
verwechselt.
Es gehet dem Heilkünstler, dem es Vergnügen macht, seine
eigenen Beobacbluiigen mit denen anderer Meister zu vergleichen,
zuweilen gar wunderlich. Man sucht in den Schriften berühmter
Aerzte vergebens Belehrung über einen Gegenstand, und wenn
man sich den Kopf wirre und die Augen müde gesucht hat , hört
man auf, sn suchen. SpHter, nachdem die gesuchte Sache ISogst
aufgehört hat, Gegenstand einer besonderen Forschung nnd Lieb-
haberei zu sein, findet man zuweilen die inieressanteslen Bemer-
kungen und Beobacbtnngen daröher ganz zufällig in dem Buche
«ines nnberühmten Schreibers, ja wol gar in einer nicbtinedizini-
-^ im —
sehen Schriß. Mir ist es mdir'inabls in meinem Leben m ei^n*
gee, nmiiftiMÜfili aber mit dem Blei. Schon Ungtii haue ich den
Gebrauch desHelben rerlaasen nod «s darcb ein irafeindÜciiea Mii-
Ittl erieiKi, da lese ich eines Tage« lur Umethallung in C. P.
Tku»&ergt Keiseu durch einen Tlieil von Europa,
Afrika und Asien, und stofse auf folgende Ej«ftblung< Der
Verfasser baiie, bei einer Seefahrt, mit einigen vom der Sobiffs-
geaeDschaft Pfannkuchen gegessen, in welch« wia Versehen eine
guie Portion Bleineifs slalt Mehl g«mengt war. AVi« es ihn
selbst darauf ergangen, beschreibt «r mit folgenden W^en:
„Schon «IM nftiiilictten Tage schwoll -tiiir das Zahnfleisch um di«
„Wurxel der Zähne so auf, dafs sich kleine II5cker forinirten,
„die mir unittreiiig Bleiweife wi enihalteo schieoeB (!J, und sehr
t,enipfiadlicb waren. Eben so schwollen mir aaeh die Mand«ln
„nowol im Munde als unter dem Kinno,- der Speichel war afth,
„und die Zunge sah bräunlich aus. Am folgendeo Tage fing ich
„an , förmlich , wiewol gelinde sa salivireo , der Mond wurde in-
„wesdig wand, besonders an den Seiten, und der Athem bekam
„einen häfslieheA Gestank."
Wie es den übrigen der SehiSsgesellsebaft , die von den
Pfannkuchen gegessen , ergangen , wage ich nicht au« meinem
Gedäcfalaisse nachxu schrei b« n , denn es ist schon gar lange, dafs
ich jenes Buch gelesen; mir stehet aber vor, dafs der grö&i«
Theil ähnliche ZiifSUe bekommen. Wem das Buch xur Hand ist,
.der seh« es aeibal nach. Den besprochenen CJegensiaod Sndel er
im eraien Bande der deuischen Uebervetsiu^ von Groietmr/.
Seile 79. *>
Watteryencheliane.
Dieses Mittel , welches mir, als Ltmgeneilemng heilendes,
luerst durch einen Aafbaix des Prof. M. Ren im Hufelandischen
Journale ist bekanntworden, habe ich in früheren Jahren oft auf
die Probe gestellet , kann aber nicht sagen , dafs es mir etwas
genütst bBlte. Freilich habe ich mich sehr gehütet, es beim Lnn-
genabszefs auf die Probe zu stellen; denn, da ich, wie oben
erKübli, schon in dem ersten Jahre meiner Kansiübang den Vor-
iheil halle, ein paar tüchtige Lungenabssease ohne Apothekermit-
lel ausheilen zu sehen, so würde es doch ein wahres Tollhäus-
lerspiel von mir gewesen sein, die angebliche Wunderkraft des
Wasserfenchels durch Heilen eines Abszesses bekunden xa wollen.
') Seil ich Obige* getiAriebeB, habe leb io Frarirp NotiieB (Bind 35 Sl. 23
S. ii) (eleiBi , dir» W. LeiJlme Veriocfae mit dem AleiiDcker gesucht.
Er hat ebenfalli fernnden, dar« deraelba Gesehwalil de* Zaboneiacbea , ji
wirkHelMii SpaiekeMub vMartMhl.
— 483 —
Nein, irenbe LetH.' ich baba ihn nicht eininahl in iwalfelhaf«
ten Fallen auf 4lie Probe geetellet. Es gibt nXmlich FSlle, wo,
wegen Unerfonohlichkeit der vorhergegasgeneD UniiAnde , es
mwiaglich iit , mit Betliieiatheit ansngeben , ob mitn mit einem
AbuesMt, oder mit einem Geschwüre »a tbnn habe. Ja es kann
aach ein anfangi echter Abazeb lum am erwählenden Lungengc-
schwüre weiden; denn so gut, wie der Eilei eines MntkeUbs-
■esses, wenn dieser nicht snr gehörigen Zeit geSffoet wird, in
das benaehbarle Zellgewebe flinsaalcen, and dort Fijnelo, anue-
breitMe Scbwfirungen, ja selbst den Tod verursachen iuinn, so
Icann auch der Eiter eines Lungen absseatea , wenn sieb dieser
nicht leilig öffaet» echte Ulseratioo der Lange und grobe Zer-
stönutg ihrer Subsiani Tenirsachen ; denn wenn e* gleich wahr
ist, dafs manche Longeoabssesie fast uodorchdringUche Wnudun-
gen haheo, so fehlt doch noch gar riel daran, dais sie «■ alle
h&tlen. Nun, in solchen swaifelhaften Fftllen habe ich den Wa«-
serfenchel nicht gebraueht, denn ich wollte eben so wenig daxu
beiimgen, seinen ungegründeten Ruf in bestätigen, als seinen,
vielleicht mit Recht ihm intcomMenden sn sohm&lern. In der Ka-
tarrholkchwindsucbt, wenn fadchst wahischeiolicb schon Eiterung
eingetreten war , in der iftMww twberculota^ wenn ebenfalls £i-
temug eingetreten war, habe ich ihn gebraucht, und noch kei-
nen einsigen Fall erlebet, in welchem ich seine Heilkraft hätte
erkennen k&nnen. Ja mir scheint, ich wollte mit Buchen- oder
Tanaenaägemehl die eiterige Lungensocht wol eben so erfolgreich
bdiandeln , als mit Wasiarfencbal. Als billiger Mann habe ich
ihn auch nicht im leliten Zeitraame der Krankheit gegeben, son-
deni iM dem Zeitranme, wo die Kranken noch nicht hetilfigerig
waren, noch heramgiogeD nnd noch zum Tbcile ihre Geschlfie
versiüien, denn ich verlange von einem angeblieh guten Heilmit-
tel nur das M&glicbe, oiobt das Uam&gliohe.
leb übeilaese es den Lesern, die von M. Hers im zweiten
Buide des Hnfelandiecbea Journals eraftbllen Krankheitsfälle, nach
den vMi mir aosgesprocheoen Ansichten, (die von den Ansichten
anderer veniSodigea Heilmeisier wol luhwerUeh ab^\ei€hen) einer
gnns billigen Kritik «a unterwerfen; sie werden dann schon se-
hen, wie der Grund beaehaffen ist, auf welchem der heutig«,
xwar nicht grofse, aber doch noch noibdUrftig sich hütende aa-
li|iluhieische Ruf des beaprocheneD Mittele beruhet.
Uebrigene bin ich weit entfernt, dem WasserfeiKhel deshalb,
weil ich durch ihn heia« Laogwigeschwute habe heilen können,
aUe Heilkräfte auf andere Organe abzasprechen. Er kann wim-
derv^e Kräfte beritaen, ich kenne me nur niehi , weil ich noch
keine Veranlassung gebäht habe, sie SQ uatersuchen.
■ " • ., jj.^Göüglc
— 484 —
TbeerriflcberiiDg; habe lob auch bei Lung«ngescb»ür«ii ange-
winder, aber ne, wie manche andere Dinge nutzlos befaadea.
Voiu Schwefel ugie ich Bchen. im rerigan Abschnitt« meine Mei-
nung. In Onniigestak (nur nicht in schwefelicht laorer^
leialel er eben to wenig all inoeriich gereicht. Oi* Allen haben
ihn freilich Baitantmm pulmnmi* genannt, dae ist ntter eine ven
den Albernheiten, deren xie mehre geugt, nnd ee ietganx üher-
flÜHig, heat sn Tage ihnen selbige nachzu lallen. Bai Verg;lei-
cfaung det Neuen mit dem Allen haben lich xmveilen eekaame
tiedanken in meine Seele g«ichliehen; ea ist mir nSmIicfa vorge-
kommen, b1« habe man die treffliehsten, wahrsten, auf richtige
BeobaehtuKg «ich ilfiuenden Bemerkungen anierer Altvordern Mn-
beaehlet gelaaaen , midsicb darauf beschränkt, gewisse toih grauen
AUertbume ihnen vererbte GenieiniStxe und Albernheiten als son-
derliehe Wasbeit herausia heben. Wahrbafiigi die medisinische
Bncherwelt ist eiae gar wunderliche Welt. Wer, m einem Alter
von vierxig Jahren gekommen, nicht, auch ohne die Erntabanng
unseres achiharen Hufeland, ven selbst duldsam, ja wei nicht
auni leibhafMn Demokrit geworden , dem enge iiA anf den Kof»f
zu, dafs er entweder auf der BSrenhant gelegen, oder dais er,
wo nicht ein sehr achlecbiei, doch ein sehr schwerfälliges und
versteiftes Gedäcbinifs haben müsse.
Zu den Selienheiteo , von denen ich früher in den Bachern
gelesen, geh&rt auch das Auswerfen kleiner KnochenstiickcheB
aus der Lunge- Ich hnbe einen salchen Fall ein einiiges Mahl
erlebt. Der Knoehenspeier halte von Kindheit an eine böM Brost.
Die Knochen , die er auswarf, waren gani kleine, dem blofsen
Auge jedoch deutlich erkennbare Knoohenblltlcben. liehrigens
war der Mann nicht krank, und arsneiete auch nicht, er hatte
hlofa, wie gesagt, eine schlechte Lunge nnd spie belricfatlich
Sehleim aus. Wie viel er von den Knochenbiftttcben ausgewor-
fen, wufste er seihst nicht, nnd aus welchem Theile der Lnfi-
röhre, oder des Kehlkopfes sie gekommen sind, das weifs ich
nicht. Ein paar von den Dingern habe ich noch lange bewahret,
auf die Dauer sind sie aber verworfen worden. Das Knochen-
answerfen hat bei diesem Manne nicht lange gewiihret, ich kann
aber nicht die Zeit bestimmt angeben, wie lange, denn ich habe
ihn, weil er übrigens auf seine Weise gesund war, nicht als
Arst behandelt und kein Bu«^ Bber seinen Knoi^nanawurf gerdh-
ret. Er hat ungeftthr noch zehn Jahre nachher gelebt, und ist dann,
dnreh itbermäfsiges Branntweintrinken körpetlich nnd geistig zer-
rüttet, an der knotigen Lnngensucht gestorben. In dieser letEten
Krankheit bat er aber keine.Knochea ausgeworfen: das weifs ich
— 485 —
' bratiinM, demr idi habe Uid Omlich bdiBiid«li aai mich bvMHl-
den dsrnaoh wkupdiget
leb hnbe int V«rMebeo4ea ;«mgt, daU ich in eiiMcliwD FbI-
len vorfibflTgebsa<le LährauDg der Kxlramitltftn als Folge eines
Henfeblers' beobachtet. Seit ich jenes geadu-iebeR, erlebte ich
den enlen Fall, in welchem die Lähniutig gewiCi iMcht voraber-
gehend an nennen war. Dieser Fall ist in mehr als eisar Hia-
aicbl merkwürdig, 'darnat werde ich iho, mit Vermeidung aller
aicfatssngemlen scbnigereeiiteir WeilocbweiGgkeil , den» Leiter er-
Eia vier and swaasigjäbriger Mann' rerlai^M den drillen Oc-
lober 1830 UMine Hülfe. Er war so katt von Aibem, d»& er
nicht liegen konnte, sein Puls klein, and so unregelmSbig und
aiiseetsend , dafs etwas Unri^felniariigerei unmäglich kann gedaeht
werden. Der barnaaiire, sehr aparaani ausgesonderle Urin war
so angebeuer morastig, dafs ich sehr seilen in meinem Leben
garstigem gesehen habe. Die FDbe waren bis su den Knien öde-
iiialös gcBcbwoilen. Im Bauche kennle ich keine Fliikiualion ent-
decken. Die Efiluat war gering, der Geschmack biiter. leb hielt
diesen Zustand für die von einem organischen Herzfehler abhän-
gende KruBlwassenuebt mit gastrischer Cemplikation, und behan-
delte ihn nach dieser Ansicht. Die gastrisch« Complikalion trat
mir bei dieser Behandtang so stftrend in den Weg , dals swei and
swansig Tage hingingen, ehe Ich den .Mann wieder auf dem Punkte
hatte, anf welchem er vor diesem Uebelbefinden gewesen war.
Da er wieder gat schlafen, essen, trinken und harnen kennte,
da er nicht mehr engbrauig, nnd die Fufsgeschwulst rerachwna-
den war, gab ich ihm den fiinf und awanaigsten desselben Mona-
tes den Abschied. Sein Puls war nun noch eben so ungeregelt,
als ich ihn bei meinem ersten Besncbe gefunden. HSlle ich ihn
aber noch ein ganzes Jahr besuchen nnd ihm die halbe Apotheke
in den Magen schicken wollen, so würde der Puls doch ongere-
gelt geblieben sein.
Ich habe mir, nicht blolii bei dem ersten Besuche, sondern
während der ganzen swei and zwansigtSgigen Behandlung alle
inSgliche Mühe gegeben, einiges Licht über die Entstehung und
die Dauer dieses Herzleidens xu bekommen; meine Mühe war
aber ganz vergebens. Der Kranke wufsle nichts, als daCi er von
Zeit za Zeit dem Herzklopfen unterworfen gewesen, aber seit
welcher Zeil er dieses gewesen, konnte er nicht Angehen. Da
nnn in diesem Falle die Unmöglichkeit, durch Ausfragnng snr
Kenntnifs der Enislehung des Uebels zu gelangen, nicht in der
Dummheit ivt Kranken begründet war, denn der ist der Sohn
— 486 —
eluM sehr TvoUhabeniea Manna, hat einen gnteir Ventnd noi
ist gut uolerrichiet; bo bin ich der Meinung, dftfs der Kranke
entweder einen angebornen, oder einen in der ersteo Kindheil
erworbenen Herzfehler habe, welcher mit der Aasbildong des Kör-
pers, nicht zum Guten, sondern zum Böien ausgebildet, anf den
Punkt gekommen sei, wo er feindlich in das normale Getriebe
des KSrperg einwirke. Ei ist wo] offenbar, dafi ein Mensch,
der noch nie das Gefühl einer roUkommnen Hengesundbeit ge-
kannt hat, ans schlecht« Nachricht über die Entstehung und Aus-
bildung seines Uebels mnfs gaben kBnnen.
Nachdem ich nun den Kranken, wie gesagt, den fünfnnd-
Kwanzigslen Oktober anscheinend geheilt verlassen , wurde ich den
vierzehnten November wieder zu ihm gerufen. Er lag im Bette
und war halbseitig gelfihmt. Er stiefs beim Reden mit der Zunge
stark an, so dafs ich Mühe halle, ihn zu verstehen, die linke
Wange war etwas gelahmt , den Atigendeekel derselben Seit«
konnte er aber ordentlich scbliefsen. Dex linke Arm nnd Fufii
waren, ohne Verminderung des Gefühles, vallkommen lahm. Der
(Irin war, wie das vorige Mahl, murasiig und wurde in geringer
Menge ausgesondert. Gastrische Aäeklion war dieses Mahl nicht
zu bemerken. Auf den Gebrauch der Digitalis ist die Urlnabaon-
demng gar bald wieder normal geworden, nnd die Lähmung der
2unge, der Wange, und des Fnfse« innerhalb zehn Tagen vergas»
gen. Der Arm ist aber lahm geblieben.
Dieser Fall , dessen aasführliohe &zSbIang durchaus kein In-
tresse für den Leser haben könnte , ist deshalb merkwürdig, weil
er einen Mann betraf, der so viel gesunden Verstand besafs, dals
man sich auf seine Aussage verlassen konnte. Neugierig war ieb,
wie sich vor'nnd bei Entstehung der LShmnag das Gehirn verhal-
ten, ob der Kranke ein Gefühl von Betäubung, von Taumel, von
Gedankenverwirmng , kurz, ob er irgend etwas von der Nonu
Abweichendes im Kopfe wahrgenommen. Er versicherte mich
aber , nichts dergleichen wahrgenommen sn haben , die LSbmung
sei vielmehr plötzlich , ohne vorhergehende oder begleitende Kopf-
alfektion eniManden. Die Aussage der Adlern stimmte aneh dar-
in fiberein, dafs sie an dem Sohne weder einen Mangel des Ge-
düchtnisses, noch ii^end eine andere Störung seines Kopfes be-
merkt. Acht Tage vor der jetzigen Lähmung sei ihm anf einnabl
der Mund schief geworden; da dieser Mifssland aber innerhalb
einer Stunde verschwunden, habe man es nidit der Mühe wenb
gehalten , mich deshalb anzusprechen.
Weil 'wir Aerzte halbseitige Lähmung in den meisten Fällen
als Folge einer schlagartigen Gehimberüfartheit sehen, sind wir
nnr zu geneigt, bei halbseitiger Lähmung eine GeUrnafiiakiioa,
wenn gleloh eine vorübergehende , schweigend Torausznaetzen.
— 487 —
Dw «rsjüilie Fall nicht m «ausliMiliGh, daf* halbseitige Lshitintig,
g»ax ohne Gebtrnafieklion, uamiiielbaf durch einen BiidungHfehler
da> IJerxena kÖDoe bewirkt werden.
Ja der Tod des jungen Mnniies, der na<^ iiu ulbea Jabra er-
folgte, erhebt diese Wahrheit über allen Zweifel. Au Morgen des
26. Dexenibers könnt er vom Hofplatie im Webaximnier, setct
sich auf einen Stuhl, liehet etwa« veratört aus und ragt in Hau
XII der im Zimner beechftftigten Dieoatioagd, sie Belle eilig seine •
Altera rufen, er nüue sterben. Da die erschrockene Müller ins
Zimmer tritt, ruft er, laut, Mullerl Mutter! Sie nimnt den Wan-
keoden in ihr« Arme aod er gibt augenUleklich den Geist auf.
Folgenden Fall von secnndürer Apoplexie mit halbseitiger Läh-
mung, Folge eines Henfeblers, hnbe ioh seil den Jahre 30 gena«
XU beobachten Gelegenheit gehabt , weil er leider meine eigene
Gatlinn betraf. Diese balle wol einen angebomen Bildungtfehler
dea Herzens, dafür sprach mm wenigsien der nnansgesetil ahaor-
ne intennittirenda Puls, den ich von jeher an ihr bemerkt ; der
Fehler mofite aber der Art sein, daÜi er nicht störend in das KSr-
pergetriebe einwirken konnte, denn von 179Ü bis 183U ist sie immer
gesund geblieben, Knrs vor lind nach den 60 Jahren gewahrte sie
l>eim raschen Gehen eine ungewohnte Kurse des Atheuis, schrieb
das aber, wol nicht ganx mit Unrecbl, auf die Zunahme ihrer Be-
leibtheit. Wenige Wucheo, bevor es mir gani klar wurde, daft
der verinuthete angeborene Uerafehler anfiinge, feindlich auf das
KSrpergetriebe eiaauwirken« klagt* sie übei* Unruhe und Unerquick-
lichkeit des nfichtllchen Schlafes. Eines Morgens aber, da sie noch
im Belle lag, wurde sie urpl&txlich von einer so heftigen Orthopnoe
ergriSen, dergieioben iah daroahls noch nie, und später nur ein
einsiges Mahl bei einem achuigjährigen herxknnken Manne ge-
sehen.
Gleich nacbdem die Gefahr beaeiiigel war, xeigle es sieb, dafs
das Gehirn bei dieser Orthopnoe ergriffen gewesen, denn sie halte
ein eigenes basiigea Wesen angenonuen, ihr Mund stand schief,
beim Essen liefe sie von der Speise anf ihre Kleider fallen ohne
üch darum zu bekümmern, ihr Auge hatte einen irren nnatäien Blick.
Diese Zufülle verschwanden in einem Zeiträume von 24 Stunden.
Die bei der Orthopnoe etwas gesiöne Harnabsonderong blieb aber
gestdn, bis ich sie di)rch die Digitalis regelte.
Ich habe nun dieser Frau vier Jahre lang durch den mäfsigen
Gehrauch der Digiialis (alle vier oder srichs Wochen eine etnsige
vieruniiga Abkochung von ceba Gran des Kraities) nicht blob ein
eiträgliohes, sondern auch ein angenehmes Leben erhalten. Sie
blieb in dieser Zeit gana in ihrem gewohnten Wesen, anber das
alle 4 oder 6 Wochen sich Unruhe des nfichtliehea Schlafes and
SlBruag der Verdauung Zeigten, worin den« für mich die Mahnung
1^, gleich den DigiUlUabsod zn g«b«n , d»r dann Baeh jed«naaU
dieao Klagen flogs baseiii^e, ohne jedoch, \fu man teictit denken
kann , den von jeher nnregelmAfiigen Herzschlag regelniihig zu
machen ■
So hlieb nun der Znstaod bis zum Fjübjahre 1S34; da ruft
sie einst in früher Morgens tu ade nm Hülfej das nebenan schlafen-
de Mfidcheo eilt zu ihr, kann sie aber .nicht verstehen; ich fand,
■ dafs sie apoplektisch and ihre linke Seite gelfibmt war. iSpStar
wies es sich ans, dafs die UDtere Extremität vollkoiamen, and die
obere fast ganz des Gefühles beraubt war.
Die apoplekiische GehimaffekiioD war der Art, dafs man di«
Kranke wol durch Rütteln und Anrufen dazu bringen konnte , dafs
sie die Augen aofschlug und sprachähnliche Laute von sich gab,
Dieniaod verslaud aber diese Laute, man glaubte blofs, den Sina
derselben zu eiraihen. — Nach 14 Tagen war die Sprache wie-
der versiandlich und die Besinuang zurückgekehrt. Naeh drei Mo-
naiei} kam ^Inählig das GefSbl in die gelAhmien Glieder wieder.
In dem Zeiträume eines Jahres wurde der Fnfs so weit brauchbar,
dafs aie mit Hülfe einer Handkrücke im Hause faerumschleichen,
auch wol in den hinter dem Hause gelegenen Garten kommen konn-
te. 0er Ann blieb aber lahm. DriUehalb Jahre Daoh der Apo-
plexie starb sie im siebzigsten Jahre ihres Altera, aber nicht durch
Rückkehr der Apoplexie, sondern wie Ich manche alte Leute, die
weder herz- noch gehimkrank gewesen, sterben sah.
Eine Aenfserung des Herni D. L. Kreytimg in seinnr Phy-
siologie des Kreislaufes (Fortsetzung des Hnfelandschen
Journals 1838 Augus'theft) hat mich vorzüglich veranlafst,
den erzfiblten Krankheiufall einzUBohalten, weil ich Folgendes da-
bei beobachtet, welches dem Physiologen merkwürdig sein wird.
Da die Kranke aus der Betäubung zur Besinnung kam und
man ihre Sprache wieder verstehen koitnte, fragte sie mich einst
ganz deutlich : lendest du in die Gesondheitf Das erste»
historisch • er i tische Kapitel dieses Buches hatte ich nämlich (weil
es mir so gemächlicher war) gans zuletzt geschrieben und es kun
vor dem unglücklichen häuslicheii Ereignifs beendiget. Meine Gat-
tinn, deren jugendliche Geistesbildung sich noch von der Zeit bei^
schrieb, wo in den meisten Häusern die Romane verpSni, die Jun-
gen Leute also , wenn sie lesen wollten , einzig auf unsere Klas-
•iker angewiesen waren, halte dadurch ihren Geschmack auf eine
solche Weite gebildet, dafs aie das Schöne, allenthalben, wo sie
es fand, als solches erkannte, wenn es gleich nicht mit dem Na-
men eines berühmten schon schreiben den Schriftstellers gestempelt
war: mithin wird ei auch niemand seltsam hedünken, wenn ich
sage , dafs sie viel Freude an manchen sohönen Stellen aus den
Paiacelsiscben Schriften gefunden. Die letzte, welche sie vierTa-
— 489 —
ga TW dem ayoplekliwban ADfalla gvleaen, war geiade di«, mit
der ich du Hapild g^eschlonen , vod in dar di« Won« vorkam-
luvn: ich lende in die Gesandbeit der Kranken. —
Wer unter meioen Leeem sollte Dan nicht aus ihrer Frage: len<
deal du in die Geanndheitl woria doch nicht blofi eine An-
spielung auf die ParacelaiBebe Stelle, «ondern aagleich ein na-
■diuldiger Scher« lag, denn das Won leodea ist ja in nnaerar
Zeit 10 gana aufser Gebrauch, dafs gewir* mehr Deuisohe sein
werden, die es niobt kennen als die et kennen; wer, sage ich,
sollle nicht aus dieser Frage eine günstige Prognose gezogen, nicht
geglanbt haben, ihr Gedflehlnifs und ihr Verstand müsse von der
Apoplexie ungekrtinkt geblieben seinf — Gar bald wies ei sich
aas, dafs ihr Gedächlniis auf eine eigene Art angegriffen war, es
befand sich nKmIich in einem Zustande der vollkommensten Gfth-
mng. ^icht blofs Crinaemngen knra Torbergegangenar Begeban-
heiten, noadem auch solcher, die steh ror 20, 30, 40 Jahren an-
getragen, nicht Uols wichtiger, sondern auch unbedeutender, wah-
rer Kleinigkeiten tauchten in ihrem Kopfe auf, und in allem, was
sie Torbrachte, war nicht das mindeste Unwahre, welches ich, da
ich salbst ein trenes Gedichtnila habe, gans gut wissen konnte. —
In jedem treuen nnd behenden Gedächtnisse werden abM- doch sol-
che Erinnerungen nur durch Veranlassung geweckt, welche Ver>
aalassang freilich, bei einem recht beweglichen GodSchtnllii nnr ge-
ring su sein braucht, oft nnr in unbedeutender Aefanlichkeit bestehet;
in dem Kopfe metner Frau hingegen tauchten die Erinnernngen
ohne alle Veranlassung anf. Bei dieser GedflcbtuiftgSbmng war
sie sich so wenig ihres wahrhaft hülflosen Zuatandea bewiifst, dafs
sie einst den Kutscher au sprechen verlaagte und ihm, an meiner
eben nicht erfrenlichen Ueberrasohung, sagte, er aolle anspannen,
sie wolle spasieren fahren. Weiterhin hörte diese GedAohtnifigfth-
mng auf, und da zeigte es steh auf die Dauer, dafs ihr Verstand
durch den apoplekii sehen Aufall ein wenig geschwftcbt war. Sie
war sieh aber dieser SchwScbe bewnlät, denn obgleich sie, so lan-
ge ich aril ihr verbunden gewesen, alle geldliche Geschfifte allein
besorgt, so wollte sie doch nach der Apoplexie nichts tnehr von
Geldgeschäften hören , sie sagte , ihr Kopf sei daan au schwach.
Diesem GefShle der Verstaudesschnttche schreibe ich es auch au,
dafs ihr der Besuch ihrer vertrautesten Freundinnen .nie sonderlieh
willkommen war, sie bat mich immer, bei der Geaellscbafi an srin
und das Wort zn föhran. Wnbte sie, dafs minder vertrnnle Be-
kannte bei mir im Hanse waren, so versetzte eine gm» grund-
lose Beförchiung, diese würdet» sie besuchen, sie in eine wahr-
hafte Angst. Von Zeit so Zeit, selbst noch im xweiten Jahre nach
der Apoplexie gerietb ihr Kopf in einen eigenen Zustand, den
ich frfiber, aber sahr selten, auch hei anderen beobnchtet, nnd
— 4W -
denaelben, weil er nach |;ebobenem Fieberdsiirio ersefaien, gotglfiii-
big für eine Abart des Irreseim gchnlien. Seit icb ihn jelxt bei
meiner Frau gRnBtier beobaohiet, kann ich jener Meinung nicht
mehr sein. Bei ihr erschien er ohne vorhergehende ihn ankPindi-
gende krankhafte Gefühle , wlikne mir i>itiche Mimtten , und be-
stand darin, dafs sie das Zimmer, worin sie wohnte, nicht mehr
erkaanie; wo bin ich dochf sagte sie dann, es ist mir biet
alles so fremd. Versicherte man ihr, sie sei in ihrem Weho-
ümmer, machte man sie iiu Einseinen anf ffie sie umgebenden Ge-
genstände anfiiierkanmt so Bchüttelie sie unglXnbig den Kopf, liefs
sich aber nie auf eine Beschreibung des Fremdseini ein. Führte
ich sie in einem solchen Zustande ans dem Zimmer in dm Vor-
baus, so war ihr aacfa hier alles fremd. — Meine BetAacbtnng xwingt
mich jetr.i, diesen seltsamen Znstand fiir nichts anders, als für ein
vorübergebendes Versagen des Gesiebt sgedScbtoiases ansnsebeD;
denn in nns Menschen liegt ja nicht blofii ein Saoh- und Won-,
sondern anch ein Sinnengedichmifs , fiir jeden Sinn ein besonde-
res Gedächlnifii ; in einem und denselben Mensehen kaiui das Ge-
dSchfnifs des einen Sinnes stark und das des anderen Sinnes schwach
sein, ja durch den Nichtgebrauch kann das se4u- gute GedXchialls
eines Sinnes auf die Daner sehr schwach werden, nnd ein schwa-
ches dnrch lange Uebnng ^ob erstHrken.
Bekanntlich wird das sittliche Gefühl, oder fnm mich des Lieb-
lingsnnsdrnekes nnsererZeit sa bedienen) das Gemüib, in manchen
Kranken gar wnndervoll beeinträchtiget; hei meiner Gaiiinn hat
der apoplekiische Anfall nicht den mindesten stärenden Einfiufa
auf dasselbe gehabt, von Natur giitinüthig, mitleidig und woblihft-
lig, blieb sie es auch bis sii ihrem Tode.
Ich habe mich einst, hinsiohilich eines nrerkrankten Herr-em,
durch den vollkommen normalen Puls (ansehen lassen, und
swar noch seit dem Jahre 1B30, wo icb wol eigentlich hätte ktü-
ger sein müssen. Ob aber das Hera blofs djnamiscfa, oder bil-
dongsfehlerhaft erkrankt war, kann icb nicht sagen, weil ich vo«
dem weiteren Schicksale des Raihfragendso nicht benachrichti-
get bin.
^Q ehrbarer Burger aus dem Bf abandischen klagte üherSchmer-
aen in der Mtlzgegend, Mangel an Efslast, Mattigkeit ». s. W.
Sein Puls war gnus regelmäfaig hinsichtlich der Geschwindigkeit
nnd des Zeitmafses. Ob der Mann wirklich an einem Urleiden
der Mil» litt, mafste icb untersadien, und gab ihm vorlin&g, mehr
als EfkeiHinngs-, denn als Heiinriitel, swei Unscn des Pulvers der
Frauendistel, von welchem er Tiermahl Inga «inen TbaelÖSel voll
nahm. Nachdem er dieses Pnlver verbraucht, kam er wieder xn
mir und erklärte: der Schmers in der Seile sei veraehwiinden :
SiMt deswn habe er aber jeiM ein widr^es klopfendes Gefühl im
— 4M -
Magm, und sriiw HoBgerlongkeit aail Maitigknt •««r nm nnsfani
gebevert. Ich legt« die Haod aaf sehicD Magen, nod fnhhe wirk-
lieb ein dankles, mii den Pake gleiefaseitiges Klopfen, Ich räek-
(e mit der Hand auf die linke Seite der Brust, und hier entdeck-
te ich dax nrerkrankte Oi^n. Das Hera schlug mir ao deutlich
in die Hand, dsfs ich das eigene Zacben, welches es bei jeder
ZüMimmenBiebang macht, eben so deutlich fnbleD könnt« ab man
es bei manchen bedeutenden Bildungsfeblern fnblef, bei denen,
wSre man nicht überxengt, mit der Hand auf dem Brustkasten zu
liegen, man schworen sollie, man habe das sappelnde Herx in der
Hand. Der Henschlag war aber bei diesem Manne, hinsicht-
lich der Geschwindigkeit nnd des sei tmafslichen
Verhältnisses der SchlSge gegen einander, vollkom-
men normal. Weil mir dieser Fall besonders belehrend schien,
köaneo die Leser leicht denken, dafs ich ihn nicht im Fluge, son-
dera mit Miifse untersucht habe.
Ich gab dem Leider einen aehwachea Absod der Digitalis,
durch den er nicht feindlich konote angegriffen werden, andhiefs
ihn, nicbt eher als nach vierzehn Tagen wiederkommen. Zur be-
stimmten Zeil erschien er mit sehr vergnügter Miene. Alle seine
Leiden waren beseitiget. Das Herz schlug jet« wie jedes andre
Hera, die zuckende Bewegung desselben konnte ich nicht mehr
Ttiblen. Ich gab ihm noch eine Abkochung der Digitalis («inen
Skrupel des KTuuies mit acht Unzen Wasser bis au vier einge-
kocht) und liefs ihn davon zweimahl tags einen Löffel voll neh-
men, mit dem Bedeuten, nicht eher wiederzukommen, bis er eine
leise Mahnung seiner vorigen Uebel oder anderer krankhaften Ge-
fühle spure ; jedoch nicht so lange zu warten, bis diese krankhaf-
ten Gefühle sieh zn sefar gesteigert baitM. Wie et weiter ihm er-
gangen, kann icb nicht sagen, denn ich habe ihn nicht mehr ge-
sehen. Er hatte das Uebel schon eine gute Zeit, und Ich war der
dritte Arzt, dessen Wissen er in Anspruch nahm. Nach seinem
Gestandnifs war die Arsenei, welche er von mir erhalte», die er-
ste hülßiche von vielen, di« er gebraucht.
Es ist maglicb, dafs ich in voriger Zeit manche übel zu be-
bende Rauchteiden behandelt habe, weTche (Jrielden des liemens
gewesen, nnd dafs mich der ganz regelmSfsig schlagende Puls irre
geleitet Es kann mögUch sein, dafa es andern Aeraien eben so
ergangen. Ich werde in Zukunft genauer auf diesen Gegenstand
merken, nnd rathe dieses ebenfalls meinen Lesern; voraosgeselal,
dafe sie nicht sehon ISngst in diesem Ponkle listiger gewesen sind
als ich, in welchem Falle begreiflich meine Erinnerung ihnen ganx
überflüssig isL
Uebrigens steckt in der e^&hltea Beobachtung necb eine Heim-
licbkeit, welche ich nicht hervorheben mag. Wie gesagt, i«b eni-
Bcbeide ni<Al, ot) du H*n biUungsfehlerbafl, oder hieb djnaniacb
erkrankt war. Für das Erste jprach mein Tastaion, für dM An-
dere die gKiuliefae und niicb übenratdieade Bembigung durch di«
Digitalis. 'J
~ ') ZiiMli von Jahr« f8*ff.
ta Jahr« tSSr k«bB ich ini Fütla nHcbdr UrhaiwrknalngsB kobiaJelr,
dia durch die ENsiUli» Bicht la lehr bciehwieblifsl wnrdca, llf ich erwarlfl'
le ; hier gab reh die Wareel der Ärte»i«ii , Dud dicM beili*nigln bald iiid
den Knaben tiiblbar die eaDHHa«llea Letriei, die, beiooders n den eisen
der drei Filte, lO befljg wiren ili ick ite aar »ellea geaehep. Id dcDiel-
bea Jakra liefi iob einer tenliraiikeB Jaagrna , Acren Herzleiden der Digil*>
lU gir nickt geborgen wollte, frtn« gefaetiehta MeliMa anf dai tobende
Hers legen. Die JangTrsn, die liekl« weniger all «wbHdiech iat, bchan^lel«,
Kknelle und gror*e Brleieblernntt davon in tfärgt. NB. Dielet iil eigenU
lieb ein Rnnitiläck de« Petria fortilm ; wmi «r Oiitrv. i. Lit. IT. dava«
Btgl, iit iebr merkwürdig.
!■ iabre I83II venacble leb den Salmiak bei einem LaadBasa , der angeb-
lisb aehea viele Jabre an eiaea HenkIspren geKtlea , welebei Ika lar Land-
arbeit naflibig geaaebt, nnd na welebeaiL aobaa BaDcba Aerite ikra Kaait ver-
lacht. NaebdeB er vier Uaiea Stlmink renebH, wer du Ilerekl»|ir^B (aaeb
■elaem TnaUinae na nrtkeilan) gewifa um iwei Drillel geninderl ; begreiflich
rietb ich ihn, den Gebraneb da* Silniafc rortmaetien , ob er aber dem Bathe
gefolgt , kann ick nicht ugeo , denn er bat aieb weiter niekt bei mir lebea
laaaea. — In dcBielban Jahre narrte ich die Heileng einer Jnngrraa vena-
ehen, welche eine DnbentiaiHbare Zeit •■) Henkloprea gelitlan ; lie war ncbaa
lieatlich ■ilkhrkig and nager dabei geworden. Anra^i hatte leb , wegea der
■ehniatzig galblieken Geaiektirarke , die Veraiathnng , daa Uenkloprea kSaoa
wol ein ennienin eitel, von einen Urleiden der Leber nbhangendei »ein ; dieae
Vermuthnng wiei aieb nker dnrck da« Nick tkeil wirken einiger golen Leber-
niltel ala fal*ch ana. Die Digital)*, die ich jelil verfacbte, leUlele wer gnte
Dienite , aber deeh alebt aolcle , ala ick bei einer blefk djvamiirben Ueraer-
kmokoDg atek uaiaer Erfakrang an erwarten berecktlgel War, and eiaeD Bil-
dangnfekler dei Heneai in veraatkan , daiu war aock kein wahracbeialUher
Gmad vorhanden. — Nnn lief* iah den Salaiak ( i oinl lagn einen gebinden
TheelKffen anhaltend gebrnnchen. Dieicr kerehigte aaek ood nach dn* klo-
pfende Her* aad Tcrlnngaimle den Blatkreiilaari bei der (icht- ond Tählhnren
Beetcrang verachwand die aekomtiiggelblicbe Gesiebtafarbe und die Abmage-
- rang waadellc lieh in eine gerillige Vollfleisckigkeit an. — Ein lehr Bblar
Unitaad bei dynaniiehaa Urkereerkraaknagea (welcka ikrer Natur Dich keil-
knr lind ) iit der , dab daa gekeilte Heri noch lange Zeit nncbker ein« vor-
' lichtige Sckonaag verlangt, Tanten , Springen , Ligfen , Heben , GeaiDlkabe-
wegengen inüiaen gini gemieden werden; nicht leiten lind die Lenle geneigt,
dm gekeilte Hera abiiebllieh durch solche A nitre ngnngea naf die'Prube H
itellen, man atnfi ihnen nlia keiaeitea daa Uniinaige loleber Venaekc be-
greiflich macken.
Ob die Aente jetiiger Zelt den Salmlik all HerzbeilBlttel kennen , weifi
ich nicht, den« ei iit mir uaniiglick, alle Schriftea an leien ; ieh kann blofi
lagen , dafi ich mich nicht eHnnere , in neoer Zeit elwai darnber galeiea tu
haben. Von den Klieren Scbrirtilellern erinnere leb micb dei Thimat «'illlt,
dieier gibt im Hiruillern (Trtmtr eordit) von einem Pnlver noi gleichen
Tkeilen Salmink aad KDrallen iweidlahl Ug* einea. Skrapel , ( PharmmteaUci
— 493 —
Zam Scbluue wiH iett noch von der Lnngcnlihmnng etn Wort
>ag*ii, wiewsl m vielleicht nnwets« iil, Ton einem Uebel tn Hpre-
ctien , welches i(4i nur dreimahl in meinem Leben beobscbtet
habe.
Ich spreche aber nichi von der LShmung der Lunge, durch
welche sich nicht seilen eni Ende chroniicher oder akoler Krank-
heiten der nahende Ted ankündiget; auch spreche ich nicht von
der dnrch die Koast gemachten Lähmang , welche bei aolches
Pneumonien, die unter der Heilgewalt det Eieena, oder des Ku-
pfers stehen, auf das Aderlasaea nnd den Gebranch des Queckeil-
here folgt, diese will ich, -weil ich keinen Hath darauf weifs, an-
dern za hnlen Sberlassen; sondern ich spreche von der Lungen-
l&hmung, welche den anscheinend gesunden Menschen plötzlfch
äberfillt, nnd die das Ar die Lunge su sein scheint, was der
Schlag fHr das Gehirn ist. Von dem Wie d^ gestSrten Lungen-
verriebtung weifa ich mir keinen deutlichen Begriff xu machen.
Die xiemlich mechanische Erklärung des Athemholens, die man
mir in meiner Jugend gegeben, schernl mir, seit ich den mensch-
lichen Organisnms mit' eigenen Angen nnd eigenem Verslande selbst
bcabaehtet , sehr ungenügend ; es liegt jedoch nufser meinem Pla-
ne, über solche physiologische Dinge su sprechen.
Die anierscheidenden Zeichen der LungenIShmnng weils ich
nicht anEUgeben, denn meine Erfahrung Tiber nniersch eidende Zei-
chen der Krankbrilen hütet im Allgemeinen also; Hat man eine
Krankheit ein -, iwei -, oder dreimahl beobachtet, so ist man, son-
derlich fn der Jugend, sehr geneigt , nniersch ei den de Zeichen der-
selben festzusiellen. Je mehr man aber Fille derselben Art be-
obachtet, nm so mehr wird man, hinsichtlich der unterscheidenden
Zeichen, bedenklich. Ja, ist mAn einmafat in einem gewissen Al-
ter gekommen, nnd hat beobachtet, wie ganz verschieden in ver-
schiedenen FRllen die von einem und demselben urergriffenen Or-
gane abhängenden consensuellen Affektionen anderer Organe sindj
so verzichtet man sulelzt ganz anf die Peslsiellnng eigenthnmlieher
unterscheidenden Zeichen, nnd fiberl&fst dieses Geschift den Ge-
lehrten.
Dafs die von Lungenlfihmung ergriffenen Menschen grolse,
tebr grufae Athemsnoib haben , verstehet sich von selbst. Die,
welche ich beofcaehieie, gaben aber nicht wie bei der LSbmung
ratiomalit fag. 170.J D«s Bsmltlem koMMt walt, weil islls«r Ib dar Pr«-
ai( vor als du BlK*Dtlicbe Henklof ren, li« rorigfla Jihra bealaibleta iek ei-
eca lelUamtn Fall dtr Art, d« ieii üSnlieh dii Hand tat dai Ran legte,
hilta ich ain (ietöhl, alii krabbeltea in der Brnat ein HaarcD Bienen; bei din-
ier acItaMuea Rsnbewegans war aber doch der betchteaaigle Pal« hlDaieht-
Ueb kr Hetbenrolfe der Scbliee recelMTaiB. i
— 4M —
. iw Bwwhganglivn d!e Msgeogsgetid ah den Uniix du Atheiiiii-
jioih KU, auoh hörte man b«L ibaeo nicht wi« beim Aslhnia daa
eigene tietöne dei durch die Laftröhre gewtJluun duicbgepreblen
AlheiDs. Uebrigeoi hatten sie ein GefTihl von Hinfftlligkeit, wet-
ehea ihnen nach übarwundeBem Haoptübel oocb mehre Tage blieb.
Der PnU war etwas wenig beschleuniget, und, hinsichilicb des 2eit-
mafses der Schlüge gegen einander, regelmtlffig. Uebvr aeioe GrÖ-
fse oder Kleine, Hürie oder Weiche, konnte ich nicht urtheilen,
weil ich diesen Menschen nie bei gesundem Leilj« den Puls un-
tersucht, und weil tich soldi« Eigenachaften des Pulses, als etwn«
VerhlltUcbea, blofa nach dem Regelpnlse jedes Cinxelmenaehen be-
urtbeilen lassen, welches unser etwas prahlerhafte Pulafiibler Ga^
ie» auch schon begriffen hat.
Die Lungenlahmung ist etwas ao pISixlich Entstehendes, et-
was so Aengalliches , daCi der Arst bestimmt in der ernten Eni-
stehung am Hülfe angesprochen wird. In zwei Fällen, bei danea
ich erster und einxiger Ant war, behandelte ich das Uebel wie
die sogenannte Apoplexia »ervota, ich gab ScbwefelStber in knr-
xen ZwiaebeorSnmen , und in solchen Galjen, dafa zwei Unaen in
vierandzwanaig Stunden verzehrt worden. Der Erfolg war der,
dafs die Beängstigung nach und nach minder and da* Uebel inner-
halb zweier Tage gehoben wurde. Aach hier bestätigte gidi nur
daa, was ich mehrmahls bei andern liebeln, deren Heilmittel Ae-
iher, oder tiberhaapt geistige Arzeneien waren, beobachtet Hatte.
Die Kranken selbst fühlten die woblthäiige Wirkung, und hatten,
sobald sie diese einraahl gefühlt, ein Verlangen nach selbiger.
Es ist leicht eiaaniehen, dafs die LnogenUhmung , wenn sie
aollslftodig ist, uns als pliMxliofaer Tod encfaeinen muls. Da sie
«ber %o gut als jede andere Lähmung verschiedene Grade haben
kann, wird ihre schnelle oder langsame Tödtlichkeit, ihre Heil-
barkeit oder Unbeilberkeit wol baoptsüchlicb von dem Grad« ab-
hängen, in welchem sie den Menacheo zuerst überfallt. Jedoch
glaube ich, dafs eine Lfibmong, die anfänglich gering ist, durch
vemaohläftigte Hülfe, oder, noch eher, dnr<^ verkehrte Mittel von
Tage SU Tage oder vielm^r von Stunde zu Stunde zunehmen nnd
cor vollständigen Lähmoag werden kann.
Von den drei Krankheitsfällen, welobe ich erlebt, will ich den
I^esern den erzählen, dar einen todtlieben Ausgang hatte, weil er
belehrender nnd unterhaltender ist als die beiden andern mit glück-
lichem Ausgange.
Den vierzehnten November 1802 fuhr früh Morgent ein Wa-
gen mit dampfenden Pferden vor mein Haus. Es sprang der Ref.
R** heraus, und bat mich dringend, augenblicklich mit ihm an
seinem Vater zu fahren, der sehnlich nach mir verlange. Ich seta-
te mich gleich mit ihm ein, und hatte auf dem Wege naoh C*"
Zeit i^ang, i^d ätw Üt Kratikbeit te Vatcn Mu^iftagea. hh
hSrte daan, iatn dar fiwt ftchuigilfariga MaMi, naiok 1 iiwfln mi*
DM AntM, «■fahUmr MM-be« wer4«, Mw »r viellcMht MhoD in
4«a lAtxten Zügen Kege; li« er eber aaeb Mir Terlsngt Iwbe, uaA
nen eiflsm äuvbpndcii nicht gern elwM abecbloge, Bei er, der
EnShler, um ellwt Veniig n beeeitigen, gleich mit fcUgwipMrt
XU mir geeilei. Auf meine Frage, wer d« Arst des idiea HerrD
eei, 5aanle er mir de« IMcLor K**.
Wenn e« eonDglich uhi wenig Aauebendei (ur niiek bati«,
mit AufepIeraDg meinei Frabetöekes , HaU über Ki^ wu etoMi
alten aierbttnden Manne xn eilen, na welchem hi>ctnt wabncheio-
liefa nichts Heilend«* mehr sn tfami war, ho bekam Jeeb die Sa-
ehe dadvreh eiKen anderen ond ganx nngewShoIichen Reis, dafr
teh bei dieser Gelegenheit dia Bekannteobaft einet Antea machen
Mike, den ieb wol durch gnte nad bihm Gerächte, aber bia d*-
liia nach nicht paretolieh luuinte. Er war 'wirklich ein gw aeli-
«imer Kaufs. Er hatte seine Gattin, die das Gerücht eine rer-
ttfinilixe, brave Fran nannte, vier oder fünf Kinder, and «ioe
«inirügliche Praxis in einer der Ifeicbslen nnd ber&lkertsten Ge-
genden Oentschlands, begleitet von einer nicht soaderlieb bold-
■eligen Geliebte« verlaseen', und sich in C**, eine« One von
8000 Cinwwbnem, den man aw hSefauens xn den midelmiütig
wohlbabenden rechnen kann, als driuer Arxt oindergelssaen. Um
«r nun dieaei Abenteuer nicht im Inehuiiwigea Jugendaller, ■em>
dern im reifen Mannesaller bestanden (er ültte schon seit dreifiig
Jabren die Hejlkunm), 'so werden mir die Leser sngebco, dafa
es wol der Aiifopfening des Friifastiickes lohnie, einen solcii
WandervoU verliebten Amiqbmder von Angesicht xu Angesicht xu
nchauen«
leb hatte in C" Zeit geH«g den kranken Herrn «nd leine
Freunde aiwsnfragea , ehe taein.Awtsgenosrc «nohien. Den Kran-
ken hatte vor vier Tage» die Aibisrnspotb plftMlich nnd heftig er-
griffen. Sio war se gfofsi dab er bei jeder, auch der leisesten
leidenden Bewegung , m ersticken fucchteie. Dieses war die Ur-
MKbe, dafa er schon vier Tage nnverruckt auf dem aftinlichen
Flecke im Bett« gelegen. bajUe. Er Iwuni« in ein Harnglaa, und
verrichtete seine Aetbdurft ins Beit, su welchenr Ende man ein
doppeltes Leintuch unter ihn xu bringen suchte. Seine Sprache
war leiw, «bgebroehen, aber verstlodlicb. Sein Atbemholen kurs
und sichtbu mahum, ohne dab man auch tutr den geringsten
Lant h5rte, der anf eine krankbafi« Berühitfaait der Luftröhre
gedeutet fafiii«. Seia Gesicht war nicht reih oder aufgetrieben,
sondern aber blaf* und baigefailen, ohne jednch in seinen Zügen
den nabeoden- Tod su rerkündsn. Die Zonge war weifs enge-
«bidge«, 4er Putß etwas bMch|enaiget, «od, hiasiehtlich des
r^elioBbigni ZailfflaTus dnr SohUge gegeaeinamlpr , diircliRu«
nicht kraakbaft. Der Urin, ilrohg^b von Farbe, wurde, nach
utigefHhrer Sehälrang, in genngiamer Meng« aaagMondert. Die
Lage des Kranken im Bette war wie die der meJalen geannden
Menacben. ( Bekanntiicb liegen di« meisten mit dem Kopfe elwaa
höher alt mit dem Bntnpfe; es gibt wenige, die mit dem Kopfe
und Rumpfe wagerecbt liegen. )
Von den Haasgenosien und Freunden erfuhr ich, dafs der
alte HeiT nie an ohröniachem Husten, Engbriiaiigkeil , periodi-
■cbem Asthma, kurz nie an ZoflÜlen gelilien, die einen Fahler
der Lange vermnihen liefsen.
Nachdem ich nun mit Mnfie alles ansfBbrIich erforscht, er-
Bcfaien mein Amtsgenosie Dieser halte das Uebel fSr anheilbar
erkISrt , milbin konnte ich bald mit ihm fertig werden. Ich fragle
ihn knn: ob er es für BrastwasHersncfat , für Asthma, fiir.Peri-
pnenraonie, ftir einen organischen Fehler des Henten« oder der
Lange halte. Da er bestimmt auf alle diese Punkte mit Nein
antwortete, wollte ich kein GeslRndnifs, wofür er denn das Ue-
bel eigentlich balle , von ibtn Inwingen , sendern sagte ihm ohne
Umschweif , dafs ich es fBr eine nnvollkommne Ltthmung der Lunge
halte. Eine rollkommne sei der Tod aelbst; hier sei aber mit
Recht tu fürchten , dafs die unvollkomrone in eine Tollkommoe
fibergehe. Ob diesem Uebergnnge vormbeugen sei, könne man
mit Beslimmtheit weder bejahen, noch vemetnen; es sei aber
Vflieht des Arxtes, die Hülfe su TerBuchcn. In flSchligen , schodl
wiriienden belebenden Mitteln sei aber die nögliobe Hülfe einxig
Kfl suchen.
Mein Amtsgenosse sagte nicht blofa so allem ja, sondern er
stimmte auch so henlich ein, dafs ich wol glauben niufste, ick
hübe meine Gedanken ana seiner Seele gestohlen. Nun mufste
der alte Herr Schwefelltber in reichlicfaer Gabe, und in kurzen
KwiscbenrHunien Tag and Nacht durch nehmen , bis entweder die
Gefahr beseitiget, oder bis man sich durch das Nichtheil wirken
TOn der Nichtigkeit auch dieser Heilart wurde Gberxengt haben,
leb besiimmte die in vienindswansig Standen zu verxebrende Men*
ge des Aetben anf zwei Unzen. Damit alter die Behandlung in
den Angen der Umstehenden etwas schalgerechter und apotbeke-
rischer anssBhe, verschrieben wir noch einen schleimigen, lOfTel-
weise zu nehmenden Trank, der HoflniiuHiischen Lebensbalsam,
oder vielleicht andere Schnarrpfeifereien enthielt, ich weirs es
wirklich selbst nicht mehr; denn solche Kleinigkeiten, die znr
Hauptsache nichts thnn, bemerke ich mir nicht schriftlich, und
wer mag sie dreifsig Jahre lang im GedHchinffs behalten f
Alles dieses geschah nun, wie gesagt, am 14. November.
Ich mufsie versprechen am 141. wieder m kommen, und fand an
- 4*7 —
4iM«m Tage den' Kmiikea wnnderrall Teriodart. Dar Baridil dar
Vcrwanitien , die ihm beigealiuiden , Inuteia also : er habe aieh
bai dau Gebrancha das Aetlien ron Stande an be§ter befunden.
Die Aihenmotb lei nicht iilSialicb, Mndern nach und nach im-
war miader geworden. £■ habe aieh in der Uizien Nacht ein
paanlnndiger nihigar Schlaf aingeaiallt und man habe dieaen aneh
nicht durch Xöihigen eh» Einnehnieo gestört ( welchae ge^ifa sehr
veratSndig war), Xacb dem Schlafe sei die Athenisnoib nicht sii-
rfickgek«hn. Die» jelste Nachricht war die wichtigste, sie be-
wies, dafs die Gefahr beseitiget sei; wlire sie es nicht gewesen,
so würde das Gegenthail erfolgt, die Albemanoih wflrde »ach dem
Schliife mit emanerler Gewalt wiedergekehrt sefn, oder vielmehr
ihn ans dem Schlafe geweckt haben, leb aelbai fand den Kran-
ken nach den Umatlndea ansnebnand wohl. Dals ein aller Mann
■ach solch hariaai Stranfse nicht das Bett verlassen nnd im Zim-
mer Instwandeln kooate, war leicht TOrbennsehen , al>er dia Be-
SagBiigiing, das Ilaopiübel, war bis anf eine geringe Spnr betei-
liget. Zwar konnte ar sieb noch nicht iclbst im Betta anfriehten,
dieses Unvermögen rührte aber von grofser MoBkelBcbwfleha her,
denn wenn ihn andere bewegten and verlegten , hatte dieses Be-
wegen nicht den geringsten Einflufa anf seinen Athem, weshalb
er anch jetzt nicht mehr seine Noihdnrft ins Halt zu verrichten
brauchte, sondern sich der Stackpfanne bediente. Uebrrgans war
sein Geist wieder ermathtget, nnd wie wohl er sich fühlte, er-
bellet daniHH, dafs ich zwar versprechen muffte, ihn nochmabia
Snilieh XU besnchan, dafs er aber nicht von mir varlangie, den
Tag meiner Ueherknnft an bestimmen.
Mit meinem Amtsgenossen vereinigte ich mich dahin, daft
die Gab« des Aeibera nan nach nnd nach miisse vermindert wer-
den, welche Verminderung ich ihm nach den UmsiSnden einsu-
richten überliefB.
Zehn Tage nachher, also am 26., beauchte ich den Kranken
wieder, und fand, dafs seine KrSfia bedeutend zngenommen hat-
ten; von der Athemsnoth war gar nicht mehr dia Rede. Mein
Amfsgeoosse hatte in der Zeit die Gabe in Aeriian sehr zweck-
MKfsig gemindert, so, dafs Jetzt nur noch etwas weniges vier
oder fünfniahl lags gebraucht wurde. Wir wurden nun einig, die-
ses Mittri ganz bei Seite zu seizeii , und znr Vollendung der Hei-
lung fixe Slfirkangsniitlel zu retchen. Bei meinem Abschiede be-
gehrte der Genesene aber, ich möchte ihn zu einer Zeil, wenn
es mir ganz gelegen sei , noch einmahl besnchen. Ich ventjtrach
Ihm dieses , konnte aber mein Versprechen anderer GeschBfie we-
gen erst am 19. Dezember erfBlIen, fand ihn damahls anfser dam
Bette nnd konnte nichts Krankhaftes mehr an ihm erkennen.
Ungafnhr vianehn Tage daranf hatte ich Genchftfke in C",
32 ^ -0-~
— 498 —
und da mieb mein Weg dem Hanie das allen Herrn vorbetniune,
plagte mich die \eugiard«, ihn in »efaeR. Man wies mich in aet-
ne Schreibatube , ich fand ihn gekleidet ¥or einer Kegiairabir sie-
ben nnd in alten AlUen kraweq. Mein Eintreten wirkte aichibar
irtSrend auf Uio; er war io veitieft io den alten rfttieherigen Pa-
piaceo, dafs meine Frage nach seinem Befinden ihn fast su be-
fremden schien. Da ich weder Zeit noch Lost hatlc, diesen alten
verbrieften KofS ans saiaem papieriecben Traumleben zu wecken,
so ging ich, mit dem Vorgebeo, Um in seinen wichiigen Nach-
ssobungen niebt stören su wallen , itehendea Fufies wieder weg,
und er nmehte ancb eben nickt die Miene, micb an meinem Eni-
weicben behindern zu wollen.
Dieses ist nun der erste Tbeil der Geschieble ; jetxt felgt der
sweke, der nach Art der Traoecapiele mit dem Tode des Helden
sohlielät.
Am Abend des liien Febr. 1803, also fast zwei Monate nach
meinem letzten arollich - Intlicheo Besncfae, erbielt ich einen Brief
von ihm. Dieses Schreiben war so klagend uod flehend abgefabi,
als «ei ich, mit der nobedingtestefl Gewair, ihn dem Rachen des
Todes zu eotreifsen ausgerüstet, grausam, hartherzig, lenfliadi ge-
nug, ihn verderben su lassen, und als sei dieser Brief der letzte
von vielen vergebenen Versuchen, mein versteiuies Herz sa er-
Was kannte ich. werthe Leser! nun anders denken, als der
iJte Mann sei loll geworden! Gleich »m folgenden Morgen vor
Tage begflb ich mieb zu ihm auf den Weg. In der Tfaür des
Schlafzimmeri tritt mir seine sehr ubernBchlig aussehende Eokelinn
entgegen, und weiset mich, auf meine Frage, wie es dem Grofs-
vaier. gehe, S.att aller Antwort, an das Bett. Nun freilich, da lag
die Antwort deutlicher, als die menschliche Sprache sie geben
konnte. Der Kranke war dem Ersticken nahe , sein Gesiebt hip-
pokraliach, der Puls klein, schnell und kaum zu fühlen, die Hän-
de kühl , die Sprache kaum veratandlicb- Als er midi erkuioie,
fing er an in reden, ich mufate aber, un ihn zn verstehen, mein
Obr seinem Munde imhe bringen. Srine Worte waren: was babe
ich Ihnen doch geiban, dafs Sie mich so ganz in meinem Elende
veilaasen und mir niebt helfen wolledt — Erstaunt iiber diene rSlb-
•«Ihafie Hede, nnd begreifend, dafs ich von dem halbiodten Man-
ne keine Erklfimng verlangen könne, versicherte ich ihm blols,
dafs ntir durch seinen gestrigen Brief mir "die erste Nacbriobt tod
dem Kückfalle seines Uebelssngekomtuen sei, nnd ich bat die £■-
kelinn , mir das GeheimnifsvoUe dieses Vorganges zu cnibiiUoa.
Sie erkiftrte mir nun ; der Grofsvatar b^e, vor nnge^r sechs Ta-
gen, p'iSuUch einen Rückfall des vorigen Uebels bekommen, wel-
ches aber anfangs nicht so heftig ihn ergriffe« als dai TOi%e Mahl,
- 4M --
Er b^c gMch zb Jmb AkI» gMcblt^t , «thMen ^betm , mir an»
T*ni>gli<A. Nachricht v»n diM»n RfickfaUe sn geben und meine
[]«bHk«nfil ia Mineni NanMn in va^langeo. Da Ich am folgend«»
Tage niebt enchienen lei, bab* der Ant vei^egeben, die von mir
erbalieue Aatwert hmie, diifi andere GembShe mir es onraöglieli
MBch'ien heräberaukominen. Der Grobrafer hnbe nbermahli in den
Ant gedrungen, meine UeberituDft aef dat emnliefaate und drin-
gendaie m Terlat^cn, am folgenden Tag« eber die nimliche Ant-
wort mit «inifer VcrHndernng erhalten. So ael es nan aUe Tage
gegangen , der Kranke indeb bei dem flebraocfae der verardoMen
Miltel immer elender geworden. EndKch habe er Verdaobl ge-
■ebSpft, und ihr (der Enkelinn) anfgelragen, mir lelbet in seinem
Namen zn scfareiben. Nun konnte ich mir freilich die SeltianH
keil des Briefes und die Seltsankak der Anrede das Kranken er-
klären.
Ich war jetzl neugierig, ob mein Amtsgenosse das Mittel, des-
sen nulfallende and wundergleicbe Wirkung er doch beim ersten
Anfülle mit seinen leiblichen Augen gesehen, bei diesem Rückfalle
wieder angewendet habe. Die EnkeliuD behanplete, er habe ver-
schiedene, aber ganz andere Miuel verschrieben; da das vorige
sich durch seinen starken Geruch verraihe, k3nne sie sich unmög-
lich in diesem Punkte t&uschen. Bei der Einsicht der Verordnun-
gen in der Apotheke ergab sieb auch, dafs mancherlei Brustmittel
verschrieben waren, die an ihrem Orte gut sein mögen, di« aber
dem Kranken unmöglich helfen konnten. Aelher und solche Mit-
tel, die in ihrer' Wirkung dem Aelher mehr oder minder verwandt
sind, waren nicht gebraucht.
Was war nun mit dem Kraakan zu machen 1 leider nichts,
gac niohlB. Die vorige Heilart war wegen des schon erschwerten
Schlingens ganz unanwondbart and ein Kind konnte sehen, dafa
der Tod im Ansage sei. Mit dem Kranken hatte ich wenig in
schaffen, denn der befand sieb sehen in dem Zustande, worin sich
manche Menschen nahe vor dem Tode befinden, sie reden zwar
nicht eigentlich irre, aber das Gedächlnifs schwindet ihnen, sie
wissen nicht, ob es Morgen oder Abend, Mitlag oder Mitiernat^t
ist. Ich bin iibersengt, der alte Alaun hat eine Stunde nachher
nicht mehr gewulsl, dafs ich bei ihm gewesen. Cr ist, wie mir
das Gerücht gesagt, in der folgenden Nacht oder am folgenden Tag»
gestorben. Meinen Amtsgenossen habe ich dieses Mahl nicht ge-
sprochen; kh sab den Kranltea für nicht viel mebr als einen Leich-
nam an, und über Leichen können praktische Aerzle sieb niebt
iMMtfaen.
Es ist der Gebranch in der medizinischen Bücberwelti an ei-
ne Umgmtiiigt KcaikengescUobie eine noch Uw^weiligere Nach-
- MO —
tcbrifi KU raiben. Danit ich diM«in 10bltcli«n Qebrauoli« trwi
bleibe, iiiacbe ich folgende Naobtobrift. -'
Manche Leier« londerlicb di« jfiDgwan, d^en G«isi mmit «i-
aea dichteriBcbea Anflug hat, künntan den Doktor S ** elwai sebarf
bonribeil«R- I3ni nun die Scbirfe ihres Unheiles etwea ni mSfol-
gen, gebe icb ibneQ nacfairKglicb oocb folgende Thalmcbe «a ber>
denken. — Einige Zeit nach der erstthlieo Begebenheit ^krankte
•r eelbit an einem akuMn Fiabar. Aufgefodert Ton seiner-Ge*
Uablen , . besaohte ich ibn. Nach reiflieber ErwSgung aller Um^
ttlnde, hielt ich dafür, dafii ar des RiBfaigan Gebrauobei geiiiiiger,v
belebender Heilaiitlel xuc Sicherstallang «einet Lebens eben lo %tlbr ■
bedürfe ala dar Gatande des Brotes, und icb sagte ihm dieses, weil
sein Kopf ooob nngekrlnkt war, ganz nnverbobleo. Er gab mtr
Recht, nnd die Snehe war abgaibnn.
Mehre Tage daraof wnrde ich abermahls ron der tieliebteo
gabeleo bcrüberEnkoniinen. Jetzt fand icb ihn aber, obachon nicht
irreredend, in sehr bedenklichen UinslSoden. Sehend, dafs er mei-
nen früheren Ralb blofg aus HSflicbkeii gebilliget , ibn aber nicht
befolgt hatte , inacbte ich ihn anf die Gefahr aiifmerksam , worin
er schwebe, und ermahnte ihn, seiner \a(ur durch «in paar Drach-
men Essig- oder Schwefelather (auf viemodzwanstg Stnnden ver-
iheilt) xu Iinire XU hemmen. Ich bemerkte ihm, wie ich nicht in
Abrede stelle, dufs eine ktüfügv Natur bei jedir Hrilart , s«Ibi<l
bei einer widersinnigen nnd feindlichen den Sieg dHrnD tragen
kSnne. Da ihm aber niemand eine solch krfifiige SelbsibDlfc sei-
ner NatiH- verbrirgan könne, so sei es docb der Klugheit gemSfs,
ihr mit belebenden Mitteln zu Hitlfe sn kommen n, s. w.
War es nitn meine Rede , oder war es die Krankheit selbst,
die ihn aus aeiner bSfischen Bolle fallen liefs, das kann Ich nicht
sagen; genug, er gab mir dieses Mabl keinen Beifall, sondern er-
klltrie ganz aufricblig, er werde meinen Rath nicht befolgen, denn
icb lege es darauf an, ibn vn überreisen.
Wir waren also jetzt am Ende, and ich erklärte seiner ver-
sweifelnden Geliebten, dafs mein ferneres Ueberkommen ganz nutz-
los sein werde. Ein paar Tage darauf gelangte schon die Kunde
seines Todes xu mir.
Einen Arxt, der seine Meinungen, oder seine Voniribeile durch
seinen eigenen Tim) bestfitiget, also den bBndigsten Beweis liefert,
dafs er selbige wirklich fiir Wahrheit bBlt, den kann man, meines
Eracbtens, nicht tadeln, dafs er frdher auch andere Kranken nach
diesen Meinungen und Vorurtbeilen behandelt hat, und dals auch
der handgreiflich glfieklicbe Erfolg einer entgegeng«aetzlen Heilart
Ihn von seinen Vomrlhellen nicht hat heilen können.
Der ungeheure Widerspruch in dem Benehmen des Dr. S**,
dafs et firGber meine Tergesehlageae Aeiherifor firtadtg billigt«,
- Wl —
ihn gnifl Wiriang «nh , aad ne doch hernub beim Rückfalle nicht
wiadsr anwandle, gleicht sich in etwas dadnreh aus, dafs er nn<
MagUdi den Kranken für unrettbar verloren hielt , ea ihm alao
gana gleich bcdenlend win mufste, ob ich aelbigen dnrcb Salpeter
■bkBblle, oder dareh Aoiber Tmueintlicfa überreiEie. Su viel ae-
beo die Leier ein, der Mann hatte ein nnüberwiodliches Vonirtheil
g«geo Aether und andre geistige Miilel. Nun, Gott weila, tob
welchen Vonirtheilen ich beaeaaen bin , und von welchen Ihr he-
■esaen leid, wertbe Leser f wir sind Bllesaromt schwache Menaefaen,
und wer aieh am klngsten dünkt, ist oft am oSchsten daran, alber«
ne Streiche au maehen.
Uebrigens will ich durch das, was ich gesagt, nicht gerade den
Adv^tmtum diaMi spielen; ieh gestehe vielmehr aafridiiig, daft
ia dem Benehmen meines Amlsgenoasen noch etwas Geheimes and
übel m ErklSrendes liegt. Anf alle Falle ist die erxahlt« Ge-
aohichte ein ireffiiefaes Antijfiticmm für »eine jangeren Antsbrädor.
itv Google
Dritter Abschnitt.
mi«««l auf dl« mwKmm» *mm ■&•»'«■•
Dai Amg*.
Mw» ieli kein Augsoant bin, mich also mit krankca -Augen
nicht mehr abgebe aU jeder andere prakiiicbe Am la thun ge>
zwangen ist, lo dürfen die Leeer keine beaondere iniereuanie Be-
meritungen ron mir erwanen, ieb werde ihnen rielleicbt mehr mei-
ne Unweisheit als meine Weisheit offenbaren.
Zuenl ist e> keinem Zweifel unterworfen, dafs Angenenliöo-
dungen nicht selten eine in den Angen vorwaltende AffekiioD des
Gesammiorganismas ist. Manche Aenle scheinen aber fast der
Meionng su sein, (inm wenigsten nna ihrer Behandlang sollte leh
es Bchliefsen) als ob blofs eine unter der Heilgewalt des Salpeters
stehende Affektion des Gesammtorgaaiinins in den Angen vorwal-
ten kfinne. Dieses ist ein Irrihnm, denn die swei anderen L'mi-
vertmlia sind eben so heilsam in AngeneotaSadiingen als der Sal-
peter, so bald das Leiden des Gesa mm (Organismus sieb für den
Gebrancb derselben eigenet.
Dafs Augenentsündungen und andere Augenfehler als ÄwMy-
ojfie, Ammir»MÜ ete. nicht selten coDsensneller Art sind, ist eben-
fails bekannt genug. Wenn aber Aenie bei den Uraffektionen
der B an cheinge weide blofs an auszuführende Unreinigkeiten denken,
kann ich nur ihren Irrthum beklagen. Wahr ist es, dals es gastri-
sche Augenentsündungen gibt, die men mit ausleerenden oder nea-
tralisirenden Mitteln am besten heilel ; es gibt aber manche Aa-
genentsundangen, die nicht von dem Reise scharfer Stoffe anf den
Darmkanal abhangen, sondern die blob durch Ansmitielang des
uretkrankieu Bauchorganes und des geeigneten Bauehiniltela an he-
ben sind. Das N&mliohe gilt von den conaeniuelien Augenentzün-
dnngen, die von einem Urgehiro leiden abbangen, diese kSnnen nur
durch das geeignete Gohirnmittel gehoben werden.
VoB ifii htkmmaln nad gebribichllchen fiofterilüheti Miilela
bab« ich ftflgendp« in sageo: Qaeck-tilbermitlel werden xuweileo
TOB den Aenien, selbst von venilindigen, ja wol von Au^oftn-
laa* in su starkar Gabe angewendet. Zugegeben, dafa in vielen
F&llen dine tiaben paaun , so pasnen sie doch gewifs nicht in al-
l«a. Icfa hab« aiehnuah]« solche AiigeneoUiindiingcn, welche den
aiarken Quecksilbersalben nicbl ballen weichen wollen, mit einer
Salbe aas Einem Grane JUeremriMt einereu» und iwei Orachmen
Scbweineschinala gefaeileL Das nSmliche gill van dem Siiblimai:
man kann aniveilen aiit fitoem Grane auf sechsefan Unseo Wasser
AngenenisündiingeD heilen, wetcbe rioem aiSrkeren Wasser nicht
baben weicben wollen. Damm habe ich es mir längst snr Regel
gemacbl, solchen Leuten, die schon bei mehren Aeraien vergebei» ■
Bath geattoht, gans milde Aogenmiirel sn verordnen.
Von den nicbimerknrialischen Miiteln sind eine BoraxanflS-
aong von eioer Dracbni« anf sechs Unzen Wasser, oder eine Auf-
IdsuRg des essigManren Zinks von Kinen Grane auf jede Unae Was-
aer, sehr gute Augenwiaaer, die ich aber wenig von dan Aeraleo
habe brauchen gesehen. Ich kenne auch e!n gana milde*, in Ao-
ga niehl • beif^endes Silbamittel , dessen Bareitnng ich unter den
GehimMilMio angeben werde, welches sn Einem Grane oder sa
swci auf Ein« Orachtae Seh wainescb mala sehr gute Dienste in
obroMtfehoo Augeneotaündungen leiatet, nnd solche bebt, die deo
Merkarialmiiteln nicbl weichen. Dar Gebittudi solcher Angonmit-
tel rieblet sich viel nach der Zeit. In diesem Jahre wird man
dieses Miilel n>ii guieai Erfolge bei vorkommcDden Fallen gebraii*
«heu, im fulgeaden ein anderes. Es Ififm sich wirklich aicbia Ba-
«lim mies darüber vorher angeben.
Ich habe schon eine ansteckende, ongehaner achmerabafte Aa>
geneniwindttag erlebt, in der das «innige Heilmiltel Bitlcrmaadel-
wassar war; jedoeb nicht das Wamer des Preufiiscbea Apotheken
bnches, dsan dieses würde, wegen des reicfalicbeD Zaialzes von
Branntwein, solch achaaera haften Aogen wol nicht gutgeiban baben.
DtJs ätherische , aromatische Oele ia Diinstgestalt manchen
kranken Angea gnt tbnn, ist bekannt, aad die beste Art der Aa>
Wendung bleibt wol die. Einen Tro|^an anf ein Läppchen Linnea
»I tr&pfeln, und das Läppchen vor das Ange wt bangen.*} In
Salban habe ich noch nie fttheriacfae Oele gebraucht; dHfs dies«
aber ia solcher Form bSliisch beilsen müssen, bin ich su der Zeit
gewahr worden, da dem Prenfsischen Apoifaeker buche eine Mer-
karialaageaaalhe mit einem Zosatae von Qleo de otJro einverleibet
*) Dm Otmm Mafurauat leh« leb gar Bidbl ron dan AerHe», »llitt atokl mn
4h As^dirstM febraaebcs, nd dach i*t m, tmik mtlmtr Brhhrast, dw
,,, Google
— 504 —
war. Ich selbit habe freilich nie disM Salb« Tsnefariebeo, aa miai
aber au der Zeit mehrmahU aageokraoke Menachen, deaaD ai« to«
Aenten oder Wundärxten Terschrieben war, au mir gekoMuien, dia
da behaupteten , man könne mit dieser 8albe eher ein gaauode»
Auge krank, als ein krankes gesund machen. —
Zweierlei Augeneniziindnogan habe ich finfaerat scltea beobach-
tet: die Enlzundung der Netzhaut, und die EnlaüaduDg der H«rB-
haut. Es ist gewiüi eine sehr weise Eiorichtiing der Natar, dafa
beide (Jebel selten sind, wKren sie so hftufig als die Entaündung
der CoHj'iMciiva oder der Lieder, so wurde man ron der geHngMi
Menscheoklasae Blinde auf allen Wegen anlrelten.
Die Entaündung der Netshaut Eines Auges behandelte ich ein
- einziges Mahl vor vielen Jahren bei einem jungen , starken Man-
ne. Sie war acbnell eolsUnden. Aenlseriich «ah man nichts am
dem Auge, als eine unbedeutende Rdlhe der Comjwnctiva. Dia
Pupille war Dicht erweiiert. Ein dampfer Schmera in der Tiefe
de* Auges und daa ganzlich« Aufhören des Sebovermögeni bezeich-
neten mir diese Entzündung. Der Puls war etiyae gereiai, jedoch
behauptete der starke Mann, sich nicht unwohl an fühlen. Zwei
raichliche Aderlässe, ein einmahliges Anseizea von acht Blniegeln
und ein Laxirniiitel von SeonesbUtIcrab kochung und Glaubersalz
machten den Mann innerhalb drei Tage wieder sehend. Er hat
aber noch etliche Wochen nachher eine Schwache dieses Auges
behalten, welche steh nicht durch nndeutÜehea Sehen tlufserle, son-
dern blofs dadurch, dalk er nicht lange leaeu konnte, ohne dafa
ibiu das Auge achnieme und dafs er aich beim Sehen aasirengen
mufsie. Dieses Ungemach ist ohne Aracaei nach edidien WodieM
durdi blofses Schooen des Auges vergangen.
Mir ist es wahneheinlicb , dafa die Zaichen der Neizhautent-
zilndaag nicht immer gleich sind, und dafs die Ungleichheit d«r->
selben in rersehiedeoeB Fällen von dem Grade der Ealafiadung ab-
hängt. Aach ist es mir wahrscheinlich, dafs eine vernachlässigte,
oder verkannle Nelzhantenizändung , wenn sie gleich nicht in Ei-
terung äbergehet, doch eine Lähmung der Nelahaut bewirken k5o-
ne. Eine auf Einem Auge blinde Jungfrao beschrieb mir einst
den Anfang ihrer Blindheit gerade so, als ich sie bei dem jungen
Manne beobachtet hatte. Bei ihr .waren der dumpfe Schmerz in
der Tiefe der Augenhöhle und die leichte Höihe der C*i^imeUvm
nach und nach vergangen, die Blindheit war aber gehliebea.
Die Entzündang der Hornhaut mufs wol sehr sriien sein, denn
in ihrer ganz reinen Form habe ich sie, so viel ich midi er-
innere, nur ein einziges Mahl gesehen^ und zwar im Jahre 1829
bei einem jungen schönen Mädchen. Die Conjunctiva war ganz
leicht gerätbet ; da aber daa Mädchen, Mus Furcht blind zu werden,
beständig weinte, und die Röihe der ComjmncMa nicht sllriter war
— SOS —
Hit sie auch durcb ia» Wainen bewirkt wird« eo kunnie i^A un-
mdgliek wiaMn, ob dieae RiMfae wirklich eine leichte Entxüa-
dun^, oder die gew9boliolM Tbränenrötbe war. Et gibt keioe
Kra nie Iwiis form id der Natur, welche man deutlicher, beelimmier
and küner beacbraiben kBnnte , ala di« Entaünduiig der Hornhaut.
Wenn man tagt: die entaOndtia Hsmhant aiehet gerade aus, alt
eine gefrorene Fensterachetbe, so lifti lich nichts mehr binxasex-
MO, wai dieae Krankbeiuform amchanÜcher machen könnte. Die
Sehkraft ^ar awar bei dem MRdchen nicht Tcrminden, lia tah
den hellea Tag, konate ab^r eben ao wenig die Gegenatlnde nn-
teracheiden , alt man dietea dareh eine gefrorene Fenstenoheib«
ibnn kann. Man bAile schwören tollen, die Homhant sei «nfge-
leckert. Koibe GefHfte konnte ich in dertellicn nicht entdecken;
da aber mein früher acharfet Geeicht mit den Jahren tebon viel
abgenommen, ao kann ea möglich sein, dafa ich deahalb daa Vor- '
bandansein ganz Feiner roiher Geßfae nicht habe tehen können,
und daft die, welche dergleichen bei Hörn hauten txfindung betAech-
let, ein aehtlrferea Geeicht gehabt haben als ich anr Zeit.
Die Beseitigung diMet seltenen Uebelt batle in dem erxBhl>
tan Falle durebans keine Schwierigkeil. GUabMaalzwRBMr xom
Innerlichen Gebranche, aweimahliget Ansetzea von Blnlegetn, nnd
ein Angenwaseer von esaigsftnrein Zink (Ein Gran auf jede tlnae
Waaaer) hoben das Uebel in etlichen Tagen.
Ich tagre so eben, die Hornhaut bähe da* Anaehn gehabt, all
sei lie aufgelocl|prt. Sollte et möglich aein, dafs das Erweioben
der Homhnat, dtu Aufbrechen und Anslaufen der Angflpfal durch
•okbe Enisündnng könnie veranlaftl werden f — Folgender Fall,
den ich awar nicht aelhst beobachtet, der mir aber von dem Lei*
der erxihlt iat, macht diese Vermuthnng höehtt wahrscheinlich.
In Winter 182$ begehrte man bei einem tiefaenxig^hrigen
Landnaaon meine Hülfe gegen Bancfalefden. Ich verordnete nach
dem deutlichen Berichte dea Söhnet das Nöibige, und rartpracb,
Mf sein Bitten , dea dritten Tag darauf den allen Vater zu beeu-
ohen. AU ich hinkam, hatte das verordnete Miflel schon so gute
Dienste geleistet, dab der Alte ans den Bette stieg, sich lebens-
lasiig an den Tisch seiste, und der jnngen Baurinn, seiner Schwio-
gertochler, den Safle bereiten hiefs; aus welchen Anstalten ich
verniuthete, dafs er viel mit mir zu verbandlen haben mösse. Ka
ging aber besser als ich dachle, denn die Verhandlung Aber den
Bauch war bald abgeiban; ich wufste ihm nichts Besseres zu ge-
ben als ich ihm gegeben hatte, nnd er verlangte ancb nichts Bea-
eeres. Xnn wurde aber meine Neugierde durch die seltsame Form
seiner Augen aufgeregt. Uafs er auf beiden Augen blind war,
hatte ich schon von dem Sohne gehöret; aber seine AugBpfel sa-
h»n beide so •usannengefallen und aötgelattfen «us, als wHren
— 506 —
aie durch fiiifwre Gewaltlkäligkeit, durch etnea Slofa uder Siioh
geöffnet und- alle Contenia herauigelanea worden. Du mnn «o
etwas oft genug an Einem Auge,, aber gewif« selipn an beiden
siebet, so können die Leser leicht denken, dafs ich deo Aliea
bat, mir das Scbickial seiner Augen %<a enüblen. Sein« Erailh-
lung lautet also: er hab« an beiden Angen eine anbedeiiiende Hil-
tbe beltommen , nieuiuad habe Geschwulst der Lieder beiuerlien
können, die Trübheit sei aber seinen Freunden sichihnr gewesen.
Das SehverniÖgen sei ihm so schwach geworden, dHÜi er allrs
wie durch einen Nebel gesehen habe. Dieser Neb«l sei gar bald
■o dicht geworden, dafs er nur die ongetähren Umrisse der Ge-
genatünde habe erkeiinen können. Eines Morgens sei ihm beim
Aufstehen ein Auge gehonten und aDsgelanfen , eini^ Tage dar-
auf sei es mit dem andern eben so gegangen, nnd nun sei ««
vollständige Naobi um ihn gewesen. —
Kleine Pocken, welche zuweilen auf der Coi^metivu oder
der Hornhaut auffahren, sind nicht selten so winzig, dH& der
Arxt seihst ein recht schärfet Gesicht haben inufa, wenn er sie
erkennen will, nod doch ist m nftlhig, sie alsobald zn erkennen;
denn sie TOriragmi -weder Merknrialmiitel, nech xnsaaimentiebendo
Angenwosser. Durch den Gebrauch selcher Mittel ist maocker
Mensch blind geworden, der, wenn er nie Rath gesucht , sondern
sein krankes Auge nur in lanwarmer Milch gebadet hfale, sehend
geblieben wHr«. Es gibt hier zu Lande AfterattgonSrxle, die sich
vermesnen, darch Einblaaen gewisser Pulver in du Augedie Flek-
ken der Hornbant wegschaffen zu können. AVeil sie aber die klai-
nen eiternden Pöckchen der Hornhaut nicht von dm Flecken un-
terscheiden, so machen sie den Leuten ein unbedeutendes Pöck-
chen mit ihren scharfen Pulvern so schlimm,. dab die ganze Horo-
hani sich trübet, und Blindheit die Folge davon ist. —
Die Sebwacbsichtigkeit der Branntweiasttafer halte ich für eik
nnheilbares Uebel, besonders wenn sie nicht von ihrer üblen Ge-
wohnheit lassen. Solche nnglückliche Menschen plagen die Bril-
lenschleifer, ihnen eine Brille sn machen, durch welche sie got
lesen können; diese werden aber lange schleifen, ehe sie ihnen
inm Lesen verhelfen.
Ich kannte einst einen Wein- und BrannlweinsKufer , der be-
hanpieta, alle Gegenstände erschienen ihm grün geßirbt. Begreif*
lieh eriKhle ich dieses so, wie er es mir erzählt hat; ist seine
Aussage unwahr, so ist anch meine ErzäUnng unwahr. Ich habe
aber nitsht deo geringsten Grund, an der Wahrheit seiner Ansang«
zn sweifeln. Dieses GrBnsehen bat nur ungefähr sechs MonMa
gewähret und ist dann von selbst vergnngen. —
Bekanntlich gibt es Menschen, die die Farben nicht unlw
•cbetdaa kÖMwn. Einen solchen hab« wwh ich ganz genna
— 507 —
gekannl. Auf dem recb(«D Auge war «r blind, and wkr lo auf
die Well gskoinmen. Sichtlieh konnte man an dieiem Auge
aichit KrnnkhaCteB erkennen. Mit dem linken Auge iah er uhr
giH , war aber nicht im blande Farben n unieracheiden. Begreif*
lieh halM ich miofa hier aoeh anf aeiae Anuage verlaaaan niUa-
■en; da er aber ein aehr rechtlicher, vertländiger Maaa und mein
gater Bekannter war, würde, ea unweiae aei», an aeiaer Auasage
tn aweife!n. —
Dafa die Netahant dnreh inaere Eindrücke eben lo kann he-
rührt werden, ala durch ftufgere G^^enuSnde, ist bekannt genug.
Man findet davon gar wnaderliche Geschichten aufgeseichnei , und
wahrscheinliob gehSren alle GeiNtererseheianngen in die Kategorie
dieser nüialichea Uoerklirlichkeit. Ich habe im Anfange meiner
hiesigen Koosiübung «inen solchen Fall erlebt. Der achlaigjäh-
rige Oberst von Ulrich, der den siebenjährigen Krieg niiige-
auehl, nnd draaen auch Friedrich der aweite in seiner Ge<
schichte jene« Kri^ea erwAhnet, hatte ein so gutes Ang« , dafo
er ohne Rrille lesen kusnie, nnd war, obgleich vea Aller und
den Kri^smiihseligkeiiea versteift, gesaad nnd hei anverletalen
Geisleskrifien. Dieser Mann sah aus dam Fenster seines an dein
kleinen Flusse die Niers gelegenen Zimmers Truppen aller Waf-
fengattung nnd mit varNohiedenariiger Bekleidung, Packwagen,
Markelender n. s. w. über den Flufa setxea. Uieaea sah er nicht
Finmahl, sondern oft, an verschiedenen Zeilen, und die Gestal-
ten waren ganz deutlich vom Kopfe bis an den Füfsen. Yon Zeil
SU Zeit erschienen auch Soldaien von mancherlei Waffengatiung
in seinem Zimmer. Diexe Zimmersoldsten waren aber nur vom
Kopfe bis tum Gürtel denilich, vom Giirlel an abwHrts nndeut-
lieh, und xerflossen hier gleichaam in einen Kebel. Dafa indem
ersühltcn Falle and in ihnliehen von anderen erafihlien die Net^
hnnt nicht dnrcb die Licbtslrahlen solcher körpeifiehen Gegen-
stände, dergleichen die Seher sclinuen, berührt «erde, davon
kann sich auch der Einßliigsie leicht überzengen. Diese Ueber-
aengnag gibt den sogenannlen Abergl Kubischen den Glauben an
eine nnr wenigen Gewaibien sichtbare Geist erweit , nnd uns ärzt-
lichen Seh werglAnb igen gibt sie den Glauben , dafs die Ketshant
durch inaere Uraariien gerade wie dnrcb die Lichtsirahlen Infie-
rer GegeosfKnde k5nne berührt werden. Nun, mir scheint, beide
Glaabeo haben so ziemlich gleichen Werth. Es mächte uns nach
wol schwierig an sagen sein, an welchem One des Gebims denn
M^ntlich der Bilderkaaiea liege, ans welchem jene , die Neis-
haat von innen henias berührende GastallMi hervorgehen. *)
*) Im IsIm 1840 bat »llrta niiaea eifeneB Haus eise Iksltah« Bflgcbtnhait u-
Sstr^ea. H«iBe UassUllMis, eise sehtas4*)afBi|iUriffS JasBham vm slrssf^
Die JV a » t.
Von dteaeni Organe weifn ich «beofalU wenig m tagen.
Mangel im Genicbea habe ich, auüar beim heftigen Schnupfen,
leiten, lehr selten beobachfet, erinnere mich aber eines Fiilles,
in welehern er echt consenauelter Ajt war, und ran einer chro-
niaeben MilzalTekiion abhing. AIb dieae, iwar nicht gani geho-
ben, aber doch nm vieles verbeaaert Wiar, kehrte der Gertich wie-
'der. Stinkende Schleinianaaotideriing aus der Xan hal>e idi auch
Dur ein einziges Mahl äratÜch zn behandeln gehabt, leb gab dem
Manne, der mich um Ralh fragte, die Tegeiabilisobe Kohle zum
inneren Gebrauche, and dna Uebel iat gar bald verschwunden;
lA M durch die Kohle geheilet sei, möchte aber schwer su iia-
gen aein. —
Die N'eigung zum Schnupfen und die HartnSckigkeh des Scha»-
pfena ist hfinfigizunftohat in einem Blnlandrange nach der Schleim-
haut der \aae begründet, and dieser hSngt wieder bHufig vea
Banchrollbliiiigkeit , oder von chronischen Leber- «der Milzleiden
ab. Darum läfst sich eine solche Neigting znm Schnupfen auch
nur durch Heilung des Grandfibela beseitigen. Kopfrihicharangen
oder Schnupfpniver von Cawpher sind in Verbindung mit dem
inneren Gebrauche des kubischen Salpeters hinreichend , einen
gewithnlichen Schnupfen Wald, oft schnell so beseitigen; mun
Redlichkeit, dia Keiundea Vtntaad oad fttisis Asi«* hit, ikhel cin*t
■beaüi , da tie , ■■> lich igblifsB lu l>|«a , nil dem Ealklelden , auf einaat
Stifte tiUead, bcjcbiriisct iil, die ZimmerthSr lieb Bfnea, meine vor drei
Jebre* vereterbeue Gatlib bereiDtretee nad dsreh dta Zianer fehan , ata bebe
»ie kier eia Gaaebift ■■ beicblakeD. Nael nrefibrer SoUtasaB hatte dieae
BrtebeiBaag aieb ihr bü aaf alae EalTerMBi vm drei oder viertebatb Feb
Seaihert , »o dali lia , bei den bell breaaendan Liebte , die ihr wähl ba-
baaataa iUeidaDBUtacke der Vinlorbenen eiaieln bii Ca dea Paolaffela er-
kaaat. Sie behaDpIct , dedareb twar aaf aiae eigeae Weise übemicbt, aber
aicbt eracbreekt nrorden m leia, leUtai wibreebeiDlich deahatk aickl, well
dw gasM Aaftritt la ken, Tiellelebt aar aiae Hlante sewgbrt. Die JaBR-
fraa, die eben lo weaig apakiliabig tat alt ea der alte Obant y. UlrieA war,
kaahia sir daca foJgaade BeHarkoBg: WKra die BaerklirUohe EruJieinaac
wirküeh meiae wiederkehre ade vertlorfaeae Gattian ssweaen , ao würde die*«,
die aeit nekr dean dreiraig Jabraa mit wabrlult mülterlicber Liebe ae ibr
Sebaagen, die von ihr ia der letzten, langea, tSdlicken Krankliatl klndllcb
trea Gepüefte doch wol alebt , *U habe da eia aUdgtiebM GetAifl Im Ztai-
■er n beaehiekaa, te gMabriUis, m tbeilMhadaa aa ihr varüiie^esnveB
•ata , Madara ri* werde Ibr ««■ waaigalaa eiMB hvBBdiiehea BUok laachaakl
babea, deba ia der bailife* Sthrift keifie m ja aaadrSafclleh : die Liehe
hSret liKBier aaf, to doch die WeiaiMaa««« aarbSren wer-
daa aad die Spraehen «BthSreB werdiTaad dai BrkaaBtair«
BsnilraB wir«.
— MIO —
w3rde sich aber g«r isfar ttaachen, wenn mmii dieun Mlliela fa
Jenen bartaickigan consen au eilen Schonpfcn vertrauen wollte.
Auch eine krankhafte Reizbarkeit des HnnlorgBnei, rornebm-
lieh in Kopfee und Ralaes, kann eine \eigung zum Schnnpfen
und die Hartnäckigkeit deiselben begründen. Dm Waiichen ilee
Kopfes nnd Halim mit Branntwein im Winler, und im Sommer
das Begiefsen dieser Tbeile mit kaliem Wasser leistet in solcbea
FSlIen wol gute Dienale wenn es lange genug fortgesetzt wird.
Da aber auch die Zeit manches im KSrper veründert und verbes*
Bert, mScbte es, wenn die Neigung zum Schnupfen sich mindert,
iibel zu bestiiumen sein,- ob die kalten Begiefsungen , oder di«
geistigen Wanchungen, oder die Zeit diese gute Veränderung be-
wirkt babfl. —
Das Nasenbluien ist in gar vielen Ffillen consensueller Art,
nnd rührt von einem unrpgelmfifsigen KreislHufe im PforiHders]'-
Meme, von Verslopfung der Leber oder Milz her. In diesem Falle
ist der innere Gebrauch des Pulvers des Frauendinielsamens das
1>esle Mittel, sie zu beschwichtigen, wie ich dieses schon in der
ersten Abtbeilung dieses Knpiiels angeführt, im das Xasenblulen
eine ii) der Nase sieb oifenbarende Afi'ekiion des Gesammtorga*
' nismns, welche unter der Heilgewalt des Eisens siebet, so mufs
tnan das Risen anwenden, nnd zwar die slfirkeren zusammenzie-
henden PrHparai«, die salzsaure Tinklar, den Liquor Sfj/pticm».
In diesem Falle ist anch Eis oder Schnee auf Kepf und Xackeo
gelegt, oder das Setzen des Kranken unter eine Pumpe, so, dafs
der Strom des kalten Wassers unausgeselzl auf Kopf und Nacken
^lll,.sebr heilsam, (jewdhnliche kalte Umsehlfige, das heifst,
4uit kaltem Wasser befeuchiete Tücher, helfen nichts sobald die
Blutung ernsthaft ist. leb nenne aber das eine ernsthafie nnd
sorgliche Blutung, wenn das Blut so aus der Nase Ifiuft, wie es
beim Aderlässen aus einer tüchtigen Oeffnang der Ader strömt.
Vun der chirurgischen Hülfe bein Nasenbluten will icb'nirhts
sagen, weil darüber alle« gesagt ist, was sieh durüber sagen
lüfst. Das Verstopfen md Verbinden der Nase bewirkt begreif-
lich eii^ GerioneD des Blaies in der Höhle derselben, wodurch
die Oeffnung des blutenden Gef^bes verstopft wird. Der eine ver-
bindet nun die Nase so, der andere anders; wenn der Zweck
erreicht wird, ist alles gut- "
Das Einspritzen einer Auflösung von Fischleim in die Nase
ist auch ein nicbt su verMbiendea Mittel, bartolckige, Jedoob
geringe Nasenbluln^ea in stillen. Bei heftigen hat es mich ini
Stiche gelassen.
Ist das Nasenbluten ein Urleiden der Sohletmfaant der Nase,
so bann man diurefa G«Urn»ittel> aanwulieh doreh Zink, «m
— SlO —
bcBieD belfsn; weron i«b aber am «ehidtUdiilM aniMr den G*-
hirnmilleln reden werde. —
Ein sehr lästiges Uebel , toq welcbeni mooche Leute geplagt
werdeD, siod die Pöokchen, die an der ioneieD Flticbe der Sa-
tenflitgel oder der Scheidewand auffahrea. Sie schmerxeD bald
mehr, bald minder, geben in Eileniog fiber, and scbwSren aufs
neue wieder« und ao gebet ea ohne AuASreB fort, wenn dem
Uebel kein Ziel geselat wird. Zinksalbe, und wo diese nicht
faiDreichl, Quecksilbersalbe alle Abend in die Nase geaebniiart,
machea dar Sache bald ein Ende. Alle andre Salbereien habe ich
nutilos befunden.
Leute, welche an ohroniicher, erworbener oder ererbter Le-
beraffekiion leiden, sind diesen Nasenscbw&rcbeu am häufigsten aua-
gesetzt. Die Bemerkung ist aber nicht neu; ich habe sie schon
bei einem Schriftsteller aus dem aechiehnten, oder siebsehnten
Jahrhundert (wejfs nicht bestimmt, bei welcbeni) gelesen.
Der Mund.
Fehlenden Gesefamack beobachtete ich noch nie. Ein Scbwei-
ler Of6zier, dem eine Gewehrkugel durch den Mund gefahren
war, und ihm die halbe Zunge zerrissen, dessen biniennacb ab-
gefaulte und gebeilte Zunge ganz kurz und spitz war, sagte mir:
er habe von allen Speisen , die er an der linken Seile des Mun-
des käue, wibrend des Kauens keinen (lescbmack, an der rech-
ten aber kSnne er alles feben so gut schmecken als vor seiner
unglücklichen ZuDgeuversiQminelung.
Den Krebs der Zunge sah ich dreimaM in meinem Leben.
In zwei Fällen war er durch scharfe, die Zunge verwundende'
Bnckensähne veranlafsl. Bei allen Leiden der Zunge, sonderlich
der ItSnder derselben, ist es durchaus n3thig, die Zähne zu un-
tersuchen. Diese Vorsicht ist schon von mehren verstSadigen
Aerzlen empfohlen , sie wird aber leider von mehren unverstindi-
gen nicht beobachtet.
Ist schon durch eine solche beständige Wandung des Zungeo-
randes ein jauchendes Geschwür entstanden, sind die Drusen des
Halses schon verhärtet und siehende Schmerzen in den Drüsen,
so ist es allerdings noch Pflicht des Arztes, die erste mechani-
sche Veranlassung des (Jebels in beseitigen; jedoch wird er in
diesem Zeiträume wenig damit ansfüfareo.
Einem derer, die ieh gesc^n, waren scIkhi zwei die Zange
wandende BackenxKboe , von einem meiner' chinitgisehen Freunde
nnsgerissen; da dieser aber, zu spät um Balh gefragt, die Hülfe
zu ipttt geleistet, hatte sie keinen Einflufs auf das Wohl des
Krankan. Da* Uebel madue tcfandle Fortwhrltta and tüdteta ihn.
— »u —
Der ander«, ia deMca liuksr ZiingABseil* sich ein ftrofges
Jaucbendea Geschwür mit uingesiül|ii«n BBndttrn bttfand, deaien
HalHÜräien deraelben Seite alla Meinbart waren, und der über
UBcriräglicfafl, wie Blitxe durch die Zunge und die verhlrtelen
Urüeen sehierMnde Schmerzen klagte, hatte noch, obgleich ich
nicht der erste iMuna vom Fache war, den er sprach, xwei ne-
ben dein Geschwüre »itiende BacLensähne, deren innere Ränder
so scharf wie Messer waren.
Ich habe uianchen Leuten Ton chronischer Entsündung und
Wundung des Zungenrandea fiir einen Groschen geholfen, -ich hieb
sie näiiitioh in den Eisenladen geben, für einen Groschen eine
Feile kuiifcn, und sich uiit dieser die scharfen Zfihne selbst glatt
feilen.
Zuweilen sind, bescadera bei Blieren Leuten, die scharfen
Runder der ansgeschlissenen oder abgebrochenen Zühne, suweilen
ist Ulufs der an der inneren Seite der Zähne sitzende Kalk Ur-
sache iler Enisnndnng, Wundung, oder Verhärtung des Zungen-
randes. Noch vor korseui fragte mich eine ehrwine Biirgerfrnu
wegen einer chronischen t^ntxiindung und kleinen ihr sehr iKviigen
Verhärtung des rechten Zangenrandes um Raib. Als ich binrühlie,
fObtte ich allerdings den Knoten in der Zunge, aber auch zu-
gleich die me^anisehe Ursache des Knoiens. Das war nHuiliefa
ein grofses, rauhes Stück Kalk, welches sich an der inneren
Seile zweii>r Backenzäbae angesetzt. Ich hiefa ihr, sluh die Züh-
ne von einem Zahn- oder Wundarzt reinigen lassen, dies, sngie
ich ihr, sei die einsige Arzenei gegen den Zungenkrebs, dessen
Keim sie su haben befTirchie. Nachdem der Wnndarat ihr ein
ungeheures Stück weUsen Kalk von den Zähnen gesioläen, ver-
schwand die chronische Eniaündung innerhalb zweier Tage, und
der Knoten in ein paar Wochen von selbst.
Es sind aber nicht immer solche grofse Massen weifsen Kal-
kes, welche den Zungenrand wunden, sondern suweilen kommt
dieses Ungemach von einer Kleinigkeit eines harten, schwarzen
oder braunen Kalkes, der sich jedoch Sfterer an der inneren Seite
der Wuraelrftnder der Schneide-, als der Backenzähne anlegt.
Dieser Kalk ist von dem weifsen sehr verschieden, er ist stein-
hart, erzeugt sich nnr am Wurzelrande der S^ioe, nod bildet,
so viel ich bemerkt, nie grofse, die Zähne zum Theil überklei-
dende Hassen, wie der weifse. Er ist ancb fast immer raub, ia-
defs der weifse , wahrsebeialieh wegen seiner geringeren Härte,
sich weit leichler glatt stdileift. Eine ganz geringe Menge jenes
rauhen hatten Kalkes kann sohoo eine lästige Wundnng der Zunge
venirsnchen, dämm nufii man, ehe man die Leute zur Apoihek«
schick! , geoan auf solche Kleinigkeiten achten.
Von den Scbwammebea haha ich &über mancbH gelesen, tie
.,, _ .-. ügTc
— Sit —
■bar wlbst nur bei Kindani , aui boi dmi«a niebi rinniihl blufiit,
geaeben. Der wände Mnnd and Scblnnd der Liinj^eiisrichtigen im
■eisten Zeilrannie ihrei Rlendea hat etwaa' Ihnlicbea mit den
Schwfininichen, Wenn ich dieiei ün^emacb Ruinchiue, dua lei-
der nicht aeltan vorkommt, habe ich bei Erwaobaenea die ApAtua
tebr selten gegeben.
Bei Kindern ist daa bekannte Mittel, der Borax, «ol im
beite. leb bin aber von der allen Vorichrift, den gepiilTertro
Borax mit Sirop, wol gar mit Maulheerairop xn miacfaen, gar
bald abgegangen. Fine AnflSsuog von einer Drachme Borax ia
fiinf Unxen Waiser ihut besser als eip solches Siropgeichmiere.
Warum man in der allen Welt Maiilbeerairop xugesetxt , ist mir
unbekannt. Ich denke aber wol, weil das (Jebel im IMaiile wnr,
miifsie Maulbeenirop heilsamer sein als ein anderer.
Bei den SchwHmmchen der Kinder kann man die sAurewidri-
gen Mittel nicht entbehren, und bei saugenden Kindern luiifa man,
um die Heilung su beschleunigen , auch den Süngerinnen \nlrea
oder Ammoninni geben. Der üble Gebrancb mancher Aerxle, alle
Anenei mit Sirop zu vermischen, ist bei akuten Krankheiten,
sonderlich bei denen der Kinder, eine wichtige Ursache der
SchwSmmcben. in dem kranken Magen gehen solche auhalleDd
gebrauchte Süßigkeiten in saure Gfihru»g über, und der Magen
wird XU einem wuhren Kssigfnsse; daher kommen dann SchwArom-
^en und andere üble Zuf&lle.
Die chronische En^stlndung des Gaumens und der Mandela ist
hiiutig eine in dieuen Theiien vorwaltende Afieklion des Gesamml-
Organismus, welche unter der Heilgewall des Eisens stehet, und
k.tnn also mit diesem am sichersten und schnellsten gehoben
werden.
Zuweilen rührt das Uebel blofs von Magen- und Darmsfture
her, wo dtinn Alkalien h&lfreich sind. In eioselneo Füllen ist der
Grnnd im PfortaderEysieme xn suchen, man hilft dann am beMlea
durch Schwere) und nöihigen Falles dorch Blotegel.
Aufser der conseosiiellen chronischen Halsenixündnng gibi es
noch eine Örtliche, die ein echtes Urleiden des Gnomeos, der
Mandeln und des Schlundes ist. Diese Ist selten, aber sie ist
auch , wenn sie Jhigewurxelt ist , sehr übel so heilen. Ein Gnr-
gelwHSser von Sublimal (ein halbes Uran auf die-Unxe), womit
der Kranke Elnmabl lags vor Schlafengehen gnrgelt , hat mir gute
Dienste geleistet, es hat mich aber auch wol im Stiche gelassen.
In neuer Zeit habe ich Kweimehl bei chronischer Halsentsün-
dung, bei der die Mandeln schon einen gewissen Grad von Ver-.
hftrtnng angenommen, (welches sonst bei diesen chronitcben Ent-
xündiingen, wie bekannt, nicht leicht der Fall ist) durch Einret-
ben TOn Jodsalbe, und dureh ein Gnigelwasser Ton »cbt üoseo
- 513 ^
Wauer and sechtaebn Tr»pf«n Jodlinkim- die beste Hülfe' geJei-
•tot. Aber, wie gesagt, die Eiuxüaduiig alt echiea Urleiden der
aichtbar ergriffenes Theile iel aellen, im VeihMtaifs xu der con-
•BMneUea aad ni der io dem HaUe vorwaltenden AffekliOD des
Gesammtorganismna , darum habe ich anch, fainsicbtlicb der ei-
atea, die wenigste Gelegenlieil gekabi, eine Erfahrang zu ei^
werben.
Dafa daa reaeriache Gift cfaronincka HaUenlaünduDg verur-
aachen köane, ht bekannt; mir ist aber nahracheinlich, dafe ea
noch andre ibieriscbe Gifi« in der Aatur gibt^ dia vorzugaweiB«
tind inenit den inneren Hals angreifen, und die wir wenig ken*
nen, ja lob niufa glaubeo, dafa ein aolcbea Gift, in einzelnen
Körpern erzeugt, anf andere übulragen werden könne, bei denso
ea dann die nftHltchen HalazafAlle venirsacbt. Ich kannte einen
ehrsamen Bürger , der an der Liingensucht gestorben iit. Bei die-
aem fing die Scbwiitdaacfat mit chronischer, nnertrSglicb brennen-
der HnlsentzUndiing an, ohne data sish jedoch naf den eatzüodelen
Theilen Sek wlinni eben, »der eine Spur von irgend einem AniBchlage
gezeigt hS^te, und ohne dafs die Lunge aaffinglicb ergriffen ge-
wesen wSre. Erst später stellte sich Husten, Auswurf und andere
Zufölle der Lnngensucbt ein. Dieser Mann steckte mit der nim-
licben Krankheit Frau und Toebtar an, ood bei beiden fing das
Uebel, gerade wie bei den Manne, mit chronischer unertrKglich
brennender Malseniaünduag an , - zo . der sich später Husten und
andere Zufalle der Scbwindsacht geselUen. —
Den Krebs Einer Mandel habe ich nar ein einaiges Mahl ge-
sehen. Die Leidenszeit war hier weit kfiner als bei jedem an-
deren KrebsgescbwGre ; «ahrstAeinlich , weil der Mann anf&nglich
die Jauche des GeaefawSras berunterBChlnckao nable, lud weil
er spSter gar nichts mehr schluchM konnte.
Den Krebs der Subliagnaldrfiae sah icfa aachEinmabl; der
Mann hat aber weit IXog^ geUtIeD, eh ihn der Tod erlSs'le.
Blutendes, sckwammiges Zabofieiscb wird oft mit Unrecht all
ein Zeichen des Scorbules angesehen; ea ist hier su Lande in den
«eisten Fällen ein ÖEtliohes Leiden des Zahußeisofaes. In FAllenf
wo man sehon vergebens zuaammensieheade Mund Spülungen ge-
braucht, heiM ich es wol durch ein paannabliges SpSbleo mit
einer schwachen SnblimalanflSsnng gehoben.
Eine woblihtttige Hischnng gegen blutendes Zahnfleisch ist
der Hoffmannische Lebensbalsam mit Pomeranzen ach alensirojt.
Das VerfaSltnils beider gegen einander thut eben nichts zur Sache,
leb nehme gewöhnlich einen Tbeil BaUamtim vitae B. und drei
Ttieile Sffruptu Cort. aurant. , man kann aber anch das Yerhältnif«
anders nehmen ,. ohne dafs die gute Wirkung verringert würde. Mit
diaaar Miaehnng unb man das Zahiifleia<di mehrmahls des Tages
— SU -*
reiben lauen. Ob der Sifrmptu Ctrt, murant. dorcbnns nStblg sei,
oder ob renn diesen dnrch einen wohlfeileren erselien kSnne, weffä
ich Dicht. Es iit eine Vortebrifl von Friedrick Hoffmann, und
da ich mich gut bei derMlben befnndea, habe iah nidls daran
Indem mögen.
In neuerer Zeit hat mir aneb eine AnflSinag de« lalsunren
Kalkei laweilen gute Dienste geleiitel. Ein FrSalein bekam an
dem Zahnfleiiche der inneren Seile eines Schneideaabnes einen
•ehwamniigeo Auswacbs, angefthr tob der GrSfie einer graoen
Erbse , der sehr schmenle , und swar rerbreilete licb der Schmer«
dnrch die Kinnladenhöhle bis mm Natenloche derselben Seile.
Da ich venebicdene Mittel ganx vergebens Tersncht, schickte
ich sie su meinem erfahrensten wund&nrtlichen Freunde, damit
dieser ihr Hülfe leisten möchte. Der fürchtete wabncbeinlieh
Entsfindang oder Eilerang in der Kinnladenhöhle , xog ihr den
Behneidesahn , hinter welchem das GewSchs sab, ans, und gab
ihr andre gtile Mittel. Die Knr half aber nicht. Einige Zeit
darauf behandelte ein anderer Amtsgenoase den acfawammigen Au»-
wnchs wie einen Polj'p, drefale ihn mit der Zange ah; das Ding
kam aber doch wieder. Nun hatte ich in der Zeit gar manche
gute Wirkung von dem salssanreo Kalke gesehen. Ich gab ihr
eine Auflösung von einem Theile HalaHanrem Kalke in zwei Thei-
len Wasser, nnd liefs damit mebrmahls tags den Answnchs be-
feuchten. Dieser wurde immer minder nnd weniger scfamenhaft,
nnd der anbellende Gebrauch dieses Mittels beseitigte das hart-
nSdcige Uebel gana. Ob aber die Heilang Stand hallen wird,
kann ich nicht mit Sicherheit in Erfahrung hringen, weil das
FrSnlein diese Gegend Terlassen hat. So viel weifs ich aber si-
cher, and habe es mit meinen eigenen Angen gesehen, dala der
aaluBure Kalk mehr geleistet hat, als alle andere Salbereien, die
früher ich und meine beiden Kollegen an das FrKnlein gestrichen. *)
Da« Zahnweh ist hSufig eine in den Zihnen vorwaltendo Af-
fektion des Gesammtofganismus , welche nnter der Heilgewalt des
kahiscbm Salpeters stehet. Oft habe ich darch reichliche Gaben
Salpeter und durch Auflegen der Galmelsalbe auf die Wange in
kuner Zeit die heftigsten Schmerzen gestillet, gegen welche Ücbon
TCrgebeni manche, angeblich unfehlbare Mittel gebrancht waren.
Es ist aber nöthig darauf an achten, dafs die Menschen nicht ver-
stopft sind. Ist der Stuhlgang IrBge, so mnfs man mit Gianber-
aalx, oder mit einem andern Laxirsalze an Hölfe kommen. Zu-
weilen ist der Zahnsehmers ein rein örtliches Uebel und er weicht
*) Oblfie* ichriab ich an Eads dei lakrc« 1830. Jalil in KagntX dei Jibrci
183>, wo 'du Friialain leboa eia paar Jahr« wieder fcter iit, kann ich fce-
■Unal Tcraiabtre, dalk aleb Loina Spar An vMri(u Ucbels suhr gneiFt M.
— 515 —
alarfann den Sehirnniilteln , dem Zink, dem Tabakigeiite. Vnr
karxent beot»eblele ioh den Fnll, dafs ein schmenender schad-
hafter Backenzahn ^t und ganx anigeiogvn war, und dafa der
Sehmen riich weit heftiger, aU er zaror ia dem Zahne geWeaeo,
auf die ZahnlScke lagerte, nnd «elbal da nicht adfhSrle m iohf>n,
da die wnnde Zaholad« achon verheilt war. loh veranchie, ihn
dnr«;^ den inneren CDebraach eines' Silhemiittela, deuen Bereitnng
ich an einem schieklieberen Orte diese* Buches angeben werde,
m stillen) jedoch vergebens. Der innere Gebrauch des essigsnn-
ren Zinks bannte aber gar bald diesen aaleidlichen Schmers.
WAhreod meiner Praiis habe ich gar manche, angeblich sd*
fehlbare Bufsere Mittel von manchen ehrlichen Leuten gelernt.
Da ich aber noch kein einsiges gelernt, welches mir in den meiste»
FSlien Hälfe geleistet hSite , so will ich dem Lesef anch keine
Langweile durch die Mitlheilung solcher Vorschriften machen.
Kommt der Zahnschmen von einem angefressenen Zabne, so
ist bekanntlieh oft keine andere Hülfe als das Ansreifsen. Aber
beim Ansreifsen wird, wie ich gemerkt, oft genug ein grofser
Fehler begangen. Man reifst den gesunden stark schmenenden
Zahn heraos, nnd der Schmers wirft sich dann auf einen andern.
Da heifflt es dann, es seien Flüsse, die den Schmers Temrsa-
ehen , nnd dagegen helfe kein Zahnsieben , man müsse sich nicht
mehr an den Zahnbrecher, sondern an den Arxt wenden. Nun,
wenn in diesem Falle der Arzt nicht klüger ist als der Zahnzie-
hor, wenn er dem Leider Antirienmatiea , Anodina nnd anderes
solches Geschmeifs auf guten Glauben in den Magen schickt, so
kann dieser lange arseneien, ehe er Hülfe findet; denn das Ur-
leiden steckt snweilen in einem entfernten, angefressenen, aber
gar nicht schmerzenden Zahne, und der Schmers äofiert sich hlofs
in dem •olfernten gesunden. So habe ich noch vor kursero ge-
sehen, dafs der Schmerz der Scbneidezähne, die Geschwulst des
Fleisches derselben, blofs rein consensnell war, von einem ka-
riösen, aber nie schmenenden, bachstens beim Kauen etwas em-
pfindlichen WeiaheitaiahDe kam. Als dieser aasgesogen war, ver-
schwand der Schmerz der SchacidezShne , nnd die Geschwulst des
ZabnSeitches, welche keinem Mittel hatte weichen wollen, war
innerhalb vier und zwanzig Stunden , wie durch einen Zauber ge-
bannet. Von den Zahnen gilt das Nftmliche, was ich von den
Organen überhaupt schon früher gesagt ; der Schmerz ist ein tftn-
achender, .sehr länacbender Bezeichner des urergriffenen Organea.
Von dem Durchbrnche der Weisheitszähne habe ich gar wun-
derliche nnd heschwerlicbe ZuAUla enlalehen sehen, ja ich habe
ein FrAnlein gekannt, die ihre Gesondbeit zum Theil dadurch
verlor; znm wenigsten ist sie nie wieder die geworden, die sie
vorher war. Eine mir besonders befreundete Frau bekam einen
— 516 —
KO grofaeti VVeiBheilsz^n , itafa er beim Eimrelen in die Zakn-
reibe die benschbarten Backenzübne drSngle. Da niao mit Recbt
Enizöndung und Eilernng der KinnJade befnrchlete, wurden ihr
von eioeiB kundigen Wuodarste die zwei naobBUteheoden BRckea-
xUbae ausgesogen. Sie iu freilich, ahgegehea von dem Vetluai«
der twei BackeoEShne, ohne Scbaden davon gekoninieo, allein
- es iM kaum x,u beacbreiben, nelch Elend üe erduldet, ehe maa
einraahl den wabren Grund dieee« scbreeklicheo Leiden« kannle;
dieser Grund war nicht sowol der Dnrcbbrucb des Weisheitssab-
nes, als vielmebr die gans aagewdbaliohe Gröfse dieses Zab^ei^
Er halt« nümlich vier Hügel, uad war HO grofs wie der grSlste
Backenzahn.
Das Loswerden der Zähne bei iibrigSDB ^snndem Zahnllei-
sehe ist eine aelfsame Erscheinung, loh kenne etoe Frau, der
der erste Backonsahn funfseho Jahre lang so los gewesen, bIb
ob man ihn wol mit den blofaen Fiqgern httite ausziebeo k&nnen.
Er schmerzte aber nicht, das ZahnSeisch war gesund, und sie
konnte recht gut damit heifsen. b^ kenne eioen Mann, de» eia
ansteckendes l^fthöses Fieber, das aber im ersten Zeitranise ge-
beilt wurde, sivei BackenEithne losgemacht hat. Man kann beide
deutlich mit dem Fit^r bewegen, daa Zahnfleisch ist fest und
gesund und er kann mit den Ztthiien gut beifuen. Auf solches
Loswerden der Zfihne habe ioh bis jieiat noch kein Mittel ge-
funden.
Einer meiner früheren Bekannten, ein Lileratus, dabei ein
seliseraer Kautz, der auf maocfaeflei Dinge achtete, die von an*
deren Menschen nnheacbtet bleiben, eriählie mir einst Folgepdes.
In der ehemahla herübmleo Stadt Calcar hafae man ein uraltes
Beinhaus ausgerftnmet. Der Erafthler bemerkte, je tiefer man in
diese Knochengruhe eindrang je besser und anveclelxler erschien
das Gebifs der Todtenköpfe. \artidem wir uns nun über diese
Beobachtung hin und wieder besprochen, war das Ergebnils un-
serer Besprechung ganz einfach folgendes; es sei möglich, dafs
naiere jetzige Lebensart den Zähnen verderblicher sei als die nn-
serer Altvordern; es sei aber auch m&glich, dafs ganz unbekannte
. Schädlichkeiten jetzt feindlich auf die Zähne einwirken, die fril-
her gar nicht, oder doch weniger daraof gewirkt, und es sei dem
Narren leichter, in solchen Dingen abzusprechen, als den ver-
ständigen Manne.
Die Entzündung und Anaehwelfong der Parotis soll zuweilen
in akuten Fiebern kritisch sein; bis jetst habe ich das noch nicht
erlebt , wie ich überhaupt kritische Abszesse und kritische Anslee-
rungen {ausgenommen das VViedererscheinen gewohnter Bluißässe)
sehr wenig erlebt habe. Es Iriflt Steh aber zuweilen , dafs die Ent-
zündung der Parolis, mit akutem Fieber begleitet, einen gesunden
- 517 -
Mensdieii p!(hilie6 »rgrein. Hi«r muls man irhnell b^ der Hand
sein, wenn man der Eiierting vorbeugen will. Der innerliche
Gebrancb des Nalri nUriei zn einer halben Unxe in rier and
zwauxig Sluadeo mit dreifsig oder viercig Tropfen Jodtinktur, und
äitfgerlieh die GaUneiwtIbe anfgelegt, helfen am Kicheriien und
schnellsten. Ist aber der Stvhlgang trflge, so muft man diesen
».gleicher Zeit ein wenig mit (ilaubersaliwasser oder mit einer
aadern SalKauidsnng befördern.
Zuweilen isi aber die Anschwellung der Parotis mehr chroni-
scher Art und ein Urletden dieses Organes, in sulchrn FSlIen ihut
der innere und Snfsere Gebrauch des Jod gut« Diensie; die Ver-
eitentftg solcher chronischen Parotidenge schwülste ist nicht Hellen
lan'g«'Bilig, man nnifs ihr anf alle Weise vorbeugen. Ofo aber das
Vorbeugen in jedem Falle nidglich sei, wage ich nivlit in be-
siimmeu. Zuweilen scbwillt eine Parolis stark an und wird Bchmers>
haft, die schon seit Jahren ein wenig aufgetrieben gewesen. Das
sind böse Dinge, ein reiner Abssels wird nicht dareus, sondern
es bildet sieh Vereiterung in einxelnen Thetlen der Geschwulst
und es entsiefaen Fistelgfinge , die ohne Hülfe des Messers nimmer
geheilt werden. In neuer Zeit habe ich mit solchen garstigen
IMngen nicht zu kSmpfen gehabt, kann als« nicht sagen, ob ich
jeist, da ich manche gute HälCe kenne, die mir früher verbor-
gen war, glücklicher entweder im Keriheilen, oder, wu dieses
unmöglich wür«, in der Beförderung einer gaten, raschen und
vollständigen Eiterung sein wftrde.
Einen seltenun Fsll von geschwollener Parotis habe ich im
Anfange meiner hiesigen Praxis erlebt. Ein Handwerker eines
benachbarten Dorfes kam in mir, Hälfe gegen eine geschwollene
Parolia m sncbea. Die Dröse fShlie sieb ganz gewöhnlich hart
a«, war nichl eben grob, and es war mehr ISslige Spannung
«nd Sfeifheii, aU eigealliefaer sMrkftr Schmers darin. Uebrigens
fühlte der Mann «ich nicht krank, denn er war eine starke Weg-
stunde weit zu Fufse hierher gekoitinien. Da ich in solchen Din-
gen noeh keine eigenifaümliche Erfahrung hatte, so verordnete ich
einen erweichenden Breiumschlag, uttd sum Einreiben graue Queck-
silbersalbe. Jedoch mnls ich zur Steuer der Wahrheil bekennen,
dafs ich von der unzureichenden Heilwirkong dieser Behandlung
mich schon mehr als Einmahl Gberzeugt halte; aber wenn man
niehls besseres weifs , mufs mad sich schon an den allen Tränt
hallen.
Diese Behandlnng hati« denn auch bei dem Manne nichts ge-
leistet, er war, nm geholfen an werden, zu einer \onne gegan-
gen , die eine Mischung aus Krebsen und Knoblauch gegen den
Krebs verkauft , and hatte tlieses Mittel auf die vermeintlich krebs-
hafie Verfairtung gelegt. Ob nun durch den Knoblauch, oder
-.ügic
— 518 —
durch aadre, «eitdem VM Aeraten and AfterSnOeit verordnet« Mit-
tel, oder blo& durch die Zeit dai Uebel eo eehr gesteigert war,
kanii ich nicht sageo; so viel ist aber sicher, dafa die Parotis
bis la einer bedeuienden Gröfse angeschwollen und so schmen-
haft geworden ist, dafs das ganse Dorf damahls diesen Mann und
seine grSuliche Schmerzen angelegentlichst besprach. Eines Ta-
ges, da ich mich gerade im Dorfe befand, liefs mich der Kranke
bitten , ihn xu besuchen ( ich halle ihn seit seiner ersten Raihfra-
gnng nicht wieder gesehen). Ich fand alsobald, duls er in den
angefahren Zeiträume von sechs Wochen ginzlich abgemagert und
dab sein Auge so flau war, als sei er dem Tode nahe. Mit der
Parotis war eine wunderliche VerKndening vorgegangen. Es war,
nach Aussage des Kranken , vor etlichen Tagen ein Speichelflufs
eingeireted, und bei dieser Ausleerung Schmerz und Spaannog
der Geschwulst vergangen. Der Speichelflufs , den er noch hatte,
war kein stinkender, wie der von Quecksilber verursachte, son-
dern vielmehr ein ganz geruchloser. Die Parotis hing wie ein
leerer Sack au Halse, und naeh ni^eföhrer ScfaBtzung, niüfate
ihre gröfsle Ausdehnung wol so groJa.wie ein Kindskopf gewe-
sen sein.
Der Kranke hafte mich jetzt nicht wegen der Parotis zu sich
entbieten lasaen, denn die machle ihm nichts mehr zu schaffen,
sondern wegen eines Gefühles von unbeschreiblicher Schwiche,
das ihn nicht viel Gutes ahnen lieis. Seine Ahnung halte ihn
auch nicht getauscht, denn trotz meiner Bemühung, ihn durch
stärkende Mittel im Lande d*t Lebendigen zu halten, gab et
schon nach zwei Tagen den Geist auf.
Dieser Fall ist merkwürdig, eiomabl wegen des orergriffenen
Offnes, denn es war arii Ende doch wol unverkennbar, dals
die Auftreibung der Parotis blofa von einer Versiopfnng des D»-
fitu* S/enoniani abgehangen; zweitens ist der Fall hinsichtlich
der Diagnose merkwürdig. Ich besenge dem Leser, defs diese
Parotis, die ich doch ganz im Anfange ihrer Anschwellung ge-
fühlt, sich durchaus nicht anders anfühlte, als jede andere g»<
schwollene Drüse; mithin ist anfangs die Erkenntnifs der Ver-
stopfung des Ductu$ SteMO»ia»i ganz unmSglich , und am Ende
nülzt sie zu nichts mehr.
Dafs in dem erz&bllen Falle die Eröffnung des verstopften
Speichelgangea, die durch kein Aneneimittel hatte können be-
wirkt werden, am Ende von selbst erfolgte, mufs man ni^i all
eine geh ei mnifs volle Selbsthütfe der Xalur ansehen, sie war viel-
mehr eine Folge des abnehmenden Lebens und des nahenden
Todes.
Obgleich die Geschwulst der Pcurolis eben nicht m den sel-
lenen (Jebeln gehört, so ist doch die von einer Verstopfung des
— 519 —
OveAn S/ffiMMiHtM' twrrfilHnBd« ao ulten, dab der enihlie Fall
der aEuige isl* den ich je erlebt habe.
Die gescbwoMnwD , eniiiiDdetea Halidrüsea der Kinder (ge*
wöliDlich lind ei die Submaxillardrüeen , beide oder Eine) «er-
ibeilen üch übel, und io ^winra Jahrao, in denen sie hinfig
eracbeiiMD, habe ich sie fast »luerlheilbar befunden. Hie werdea
«u reinen Absxeaaen , venirsacben aber den Kindern fielen Schmers
und dnrcb den Scbmerz aicbt selten befiigea consensuelles Fieber.
Die beste Bebaodlnng, die icb, seit ich mündig geworden, anf
dieses Ungemach gefnoden, ist folgende: Man legt einen mit
tialineJMlbe dick bestrichenen Leinwand läppen , der aber nieht
sn klein sein darf, anf die verblneie Drüse, and gibt den Kin-
dern, zur Mindereng des coaaeBsuellen Fiebert, (denn gani tu
beben ist es nicht) etwas kubischen Salpeter. Ist aber die Span-
nung und der Schtnen schon sehr stark , so kann man über Tag,
oder eine Zeit dea Tage«, erweidtenden Brei anfl^en, und des
iVaohts die Galuieisalbe. Auf die Weise aeriheilt man das Zer-
ibeilbare. Der Haup(v<Hvug dieser Behandlung liegt aber darin,
dalä, wean die enuündete Drüse nicht mehr an serlheUen ist,
die Galmeisalbe die Eilerang besser, und besiimuit mit derllSifie
der Scbmenen befördert , als jedes andere Mittel , dieser Voisng
ist bei alleü Körpern, besonders aber bei kindlichen, wohl n
beachten. Icb will jedoch der Galmeisdbe die gute Wirkung nicht
auB«cblie£dieh nisobreiben, sondern ich spreche nnr von ihr, als
ron dem Mittel , welohea ich aaa Ifingsten und häufigsten gebraucht
habe. Vielleicht leistet die milde Bleisalbe, die unter dem Sa-
MMU Mnitersalbe in den Apotheken verkauft wird, das Nftmlicbe
■IV Beförderang einer wenig ■ehmerzendeu Eiterung; einige FtÜle,
In denen ich sie bei Ermangelnng der Galmeisalbe gebraucht, Ua-
aea mich dieses vermuihen.
Siebet nan nun , däb die Eilening wirklich eingetreten ist,
und dafs die Hant aebon ein wenig empindlicb wird« so kann
man den Aufbeuch durch einfache Wachssalbe, mit der man auf
die halbe ünie vier bis fünf Gran kohlensaures Kupfer mengt,
am besten befordern; man kann anch das Kupfer in der besagten
Gabe au der Galmeisdbe aelaen, diese Mischung leistet auch in
dem leisten Zeiiraume treffliche Dienste, wiewol ich ihr nicht
gerade bestimmt den Vonug vor der einfachen Kupfenuilbe ge-
ben mag.
Ob man die Oeffnuog der \ator überlassen dürfe (weldie«
die meisten Mütter am liebsten hRben ) , oder ob man sie mit dem
Messer machen müsse, hingt meines Eracbiens davon ab, ob der
untere Tbell der eiternden Drüse sich luersl oder suletst erweicht.
Wird er suerst weich, so mufs das Messer vor allen Dingen bei
Zeiten gebrancht werden: bleibi er »ehr oder minder hart, indefs
— 530 —
die Dr&se schon auTet^onber abrasdirt iat, ao kann mm £m
OefTniing getrost det Natur BberUwen , iiian hat aladana du Eio*
sacken des £iten in das Zellgewebe der beoachbarten Tfaeil« nicht
EU fürchten. Meiner Beobachtnog nach ist das Messer in den we-
nigsten Füllen nStbig; wird es aber von dem Arzte oder dem Kran-
ken da geacheuet, wo es wirklich nötbig ist, so konntn datwn
sehr üble , jn selbst tSdtliehe Folgen eatstehen. Ich habe in mei-
nem Leben swei Meoscben , nicht Kioder , sondern Erwachsen«,
an einer einfach abszediiten Haladriise sterben sehen. Dieses lao-
let fast nnglenblich, ist aber nichlsdestoweniger wörtlich wahr.
Zn einem derselben, dar schon zun Geri|«pe abgemagert war,
kam ich den dritten Tag vor seinem Tode. Er hatte, so viel ich
aas der Ersählang hegreifen konnte, eine nach anfsan abszedirle
Mandel gehabt (einen b5sen Hals, wie man es Damit«}; statt
dafs man den Abszefs bei Zeiten geäffnet hXite, war auf denitaih
eines Afterantes, ein Breiamschlag aohalteed gebraucht worden;
der Eiter war in das Zellgewebe gesackt, und hatte sich einen
Weg bis unter das Brnstbein gesncfat. Hart aber dem Mmtuibri»
»temi war die Haut und die Luftröhre durehfressen. Au der Seile
des Halses war eine zweite Haniöffiiang von d« GrÖbe einen
FünfgroBchensiiickes.
Der andere Unglückliche, der die Veciagiheit des Wundan-
tes mit dem Tede bozableo mo&te, war ein athletiseher Hollin-
discher Holzschubmacher. Ihm war die absaedirte Parotis nicht
cur Zeit geöffnet, der Eiier hinnnter und wahrscheinli<^ schon
in die Brusthöhle gesackt. Da ich ihn xaftllig sah, war sein
Zustand schon so miAdich, dafs man, auch ohne propfaeiiscbe
Gabe, den Tod voraussagen konnte. Ich rieih dem etwas \vt-
standesBchwachen nad rerzagten Wundarsie , noch Jetzt den schlaf-
fea Eitersack zu öffnen, den Weg, den der Eiter genommen,
zu verfolgen , Gegeoöffnungen ta machen , wo es noth sei n. s.
w. Indefs weifs ich recht gut, dafs so etwas bis zu einem ge-
wissen Zeiträume mit Erfolg kann angewendet werden , aber die-
sem Zeiträume hinaus aber nuialoa ist. Letztes war hier der Fall,
der Kranke ist zwei Tage darauf geslorben. Dafs dieser weit
schneller starb als jener, dessen Schicksal ich eben erzählt, rühit
wol von der gröfseren Menge des gesackten Eiters her; denn ich
stelle mir vor, dafs die Eitermasse eines tfichtigeo Parotidenabs-
zesses weit eher zu dem Cava thoraci» gelangen kann als die wek
kleinere eines Maadelabszesses. Es möchte aber mancher Leser
denken : da ich seihst schon ein ziemlich alter Gesell sei , so
spreche ich von alten Geschichten , die sich zu der Zeit erngenel,
da die Wnndarzeneiknnst noch in den Händen unwissender Men-
schen \^'ar. Ich niufs dem also vermathenden Leser Recht geben,
die Grsubichle ist ult, und der Wundarzt war auch einer von deu
— Wl —
im ▼origes Jafariianderte approbirten. AUeiii wcbo nBise Prea-
f«Mehe Leser sich eiobilHen wollten, einen beutigen PreufsUcheo
CAtrKrj-s cianieo könne nicht elwu Aebniichea beg^nen, bo würden
sie sich erstaunlich t&uachen. Was ich früher voa iler Geburu-
bä'fe behauptet, behaupte ick ancb von in Wundaneneikunst :
die Medisinaibehörde kann keinem Manne ein richtiges Fiugerge-
lafal NÜttheilan, dem es die Natur versagt hat. Es gibt Wund
Inte, die sehr gut schneiden, sobald sie das, was geschnitten wer-
den mufs, mit Augen sehen; wo sie sich aber auf ihr GeCTikl ver-
lauen seilen, sind sie versagt. Freilich um die. Fluktuation in einer
abssedinen Parotis nicht sh fehlen, daiu gehören schon newlicfa
sebwielige Finger. Es giebt aber auch tiefliegende Absaeiae iia
Oberschenkel, im GFsOfse, von deren fiüfaseitigen OeSisoeg das
Leben, oder die Nichtverkrüppelung einsig abhängt, deren Eiter-
•ebwappung aber Ton achlechtfUbleoden , oder ungeübten Fingern
nicht so gemBehlicb gefühlt wird. Wie kann man retlangeo, dals
ein WundaRi, der den tiefliegenden Eiter nicht fühlen kann, daa
gesunde Fleiseb ins Tolle hinein zerschneiden soll; wenn er zau-
dert und vMxagt ist, wer kann ihn ladektf Man ninCi billig sein,
»nd manches, was geschieht, nicht auf die Nachlässigkeit, «der
anf die Unwissenheit, noeh viel weiriger auf den bösen Willen
des Wondantes schieben, sondern vielmehr überhaupt aufdicUn-
voUkomtneabeit der menschlichen Natur , welche Unvollkomnen-
beit sieb in allen bürgerlichen Einrit^iungeo snr Geaüg« offei»*
barel.
Em Jahre 18t2 habe ich in drei von einander sehr cntfemlcn
HSnsem eine wunderliche Krankheit 'der Speicheldrüsen beobach-
let, welche ich dem Leser kürzlich beschreiben werde.
Im Anglist des besagten Jahres wurde ich zu eineai Frana»-
sEaefaen Unterbeamten , der eine Gattinn und mehre Kinder hatte,
gerufen. Er seihst war gesnnd, aber die Frau und vier Kiader
litten an ein und demselben Uehel. Dieses bestand in einem fie-
berhaften Zustande, der jedoch, hinsichtlich das beschi^nnit^ien
Pulses, der vermehrten WSrme und anderer ZufAlle, sieh anschei-
nend mehr dem lehleiehenden als dem akutan Fieber näherte. Die
Snbmaxillar -, SuUingnaldrnsen und die Mnndeln waren geschwol-
len', das ZahnfleiHch war, wie beim bohni Grade des Scorbnts,
gesehwollen und blutend, und es flofs der Frau, die die Krankheit
im hohen Grade hatte, nnaufhaluam ein stinkender blutiger Spei-
chel ans dem Mnnde. Der übelste Umstand war der, dab die
Frau, wenn sie nur kurze Zeit aas grofser Ermattung schlummer-
te, jedesmahl zu ersticken fürchten nnifaie; das Blut gerann ihr
im Halse, und es gehörten gar wunderliche Kiinafe dar.n, selbiges
heranzuholen und ihr Luft zu machen, da wegen der harten Drü-
Mn der Mund nur sehr wenig kannte geöATnet werden, üebrigens
— »« —
ging das Sefalingcn von FlüMigkeiieD nur mit M6he, am icUimm-
Men bei der Frau , die dal Uebel acboa fünf Tage gehabt halte,
etwas beisar hei den Kindern, die ipSter eins nach dem andern
erkrankt waren.
Auf den ersten Blick dacfaie ich, die Leute hSlIen die Krfilxe,
nnd ich habe es mit einem Merkarialspeirfadflula xu ihun ; bei nähe-
rer Erkundigung sab ich aber bald, dals das Uebel, gegen weichet
man Hülfe verUagle, kein so gemeines Merk urialkrSlsaben teuer
sei. Das jetzige Uebel unterschied sich auch, bei genauer Betradi-
tung. deallich von dem MerkarialBpeichelBuMe ; denn, weco xwar
bei eiaem hohen Grade des letuen auch Blnt ans dem Munde
kommt, so sind doch mgleieh die Lippen bedeutend geaehwollen,
die Zahn« los, und die Zunge schmerxi an ihrem Rande, wo sie
die Zfthae berührt, elwas ungemSchiich, welches alles hier nicht
der Fall war. Wie es aber überbanpl in dem Munde der Kfsd-
kea recht ansgeiebea, konnte ich nicht wissen, weil sie ihn nicht
genugsam m fiffhen vermochte.
Da ich nicht wnfste , was ich ans dieser Krankheit madien
sollte, so glaubt« ich, ich w3rde am sichersten fahren, wenn ich
nich an dies« etwas fremdartige Form gar nicht kehrte, sonden
die Natur der herrschenden Krankheil im Auge hielt. Diese war
nun also beschaffen , dab Boionmtia fixa «iehibar heilende Wir-
kung Sufiierten, und weil ich, wegen der Theurting der Rinde, da«
wahls mich im Allgemeinen der Cateehw bediente, so verschrieb
ich einen Trank von einer Unie Terra Catecka, acht Unien WaC
ser nnd einer (Jnie Arabisches Gummi. Von diesem mufste ai«
alle Stunde einen LiSffel voll nehmen. Den Kindern gab ich, oaiA
Verhälinifs ihres Alters , denselben Trank. Die Wirkung dieser
Anenei war so, dafs ich schon den folgenden Tag deutlich sah,
ich sei auf deia rechten Wege; die Heilung dieser Familie erfolg-
te auch ohne Anstofs bei dem fortgesetsteu Gebrauche des n&m-
lichen Mittels.
Ungeföhr vier Wochen darauf wurde ich zn einem Bürger ei*
nes benacbbarlen Fleckens gerufen, und sah , dafs er mit seiner
Ehefrau an der nämlichen Krankheit im Bette log. Das Uebel war
aber bei beiden, weil sie bald HQlfe gesucht, nicht an dem Grade
gesteigert, eis bei jener Frau. Ich gab ihnen beiden den Catechu-
trank, and sie genasen bald und ohne Ansiofs.
Den xwolftea Oktober desselben Jahres wurde ich xu einem
Mir früher bekannten, sehr achtbaren Geistlichen, am Rheine, g«-
ruf«n, und zwar mufste ich , der Dringlichkeit der Umsifinde we>
gen, noch gegen Ahend hinkommen. Hier sah ich nun zu mei-
nem Erstaunen das Uebel, dessen Bekanntschaft ich schon in swei
Ilausern gemacht, in seinem höchsten Grade, nnd awar war es
von zwei Aenten aoiipUc^iMisch behandelt worden; der erste bat-
— 5» —
te etnen raiehliehni Aderiafi TerordoM, dsr nrsll« LmaarnüK als
Ableitongfimittei gegeben. Nach reiflicher Erwlgoag aller Um-
atftnde hielt ich dafür, ea Bei da« Betle, dafs ich, ala der dritte
Arxt, den Kranken mit deo StwbewknuiWDlen veraehen liefae.
Die UmMlnde waren wirklidi ao, dafi man «ine baldige Anflö-
■nng befürc^len mnfste. Weit enlfenit, dafa die Drfiiea durch die
aDtiphlogiiiisefae Behaadlang artveicht werden wftren, waren aie
vielmehr immer hRrter und grSfser geworden, to daüi Jelst Tqm
Rande der Kinnlade bis mm Kehlkopfe allea Eine Verhftrlnng war.
Der Mosd konnte nnr unbedenlend geöffnet werden, und das Schlin-
gen war so erschweret, dab, hSit« ich auch ein schnell wirkendea
inneres, nnfehlbares Heilmittel gekannt, die Anwendung deaselbea
doch nnmöglicfa gewesen sein würde. Uebrigens leigte die grofae
Schwiehe des Krankmi, aein matter, erloachener Blick, nnd aein
kleiner achneller Pnla auch dem minder Elrfahrenen achen an, daiii
das Leben bald abgelanfen sei. Der Tod ist anek wirklieh in den
nSdisten vienapdswaniig Standen erfolgt. Seitden habe lob die«*
KranUieit nie wiede^esehen.
Da» Ohr.
Taubheit ist im Verhftlinirs za anderen Krankheiten der Or-
gane selten. SchwerhSrigkeitist hSufiger, onil unter den Schwer-
hörigen hat ein grofser Theil das Uebel ererbt, in welchem Falle
ea auch nicht gnl an heilen aein mScbte.*)
Ea ist, meinea Eracbtens, eben keine sonderliche itrstliche
Weisheit, alle mdgliche Krankheiten, die jedem einseinen Theile
des msammengeaelzten Geh9rorganea snstofaen kBnnleo, aafsnifih-
lea und Heilarleo dagegen su dekretiren ; ob der Knost , Tau-
be hörend und Schwerhörig* leicbthörig lu machen, durch sol-
che gaokelhnfte Schreiberei anfgehoiren sei, daran mochte ich
sweifeln.
Bei akuten Fiebern ist bekanntlich die Schwerhörigkeit, ja
•) Vm iar DvebIwkraaB da« TrawMlkUM, «li D«1Ih1U«I der TaUk«il, kab«
ieh U*BB rieht* aiehr gghSrt; 4iB Sich« nali wdI aliBMehUfea ■•!&. Eiier
msiaer altea niadartündiielieD Freud« , deiieD erwtchiepar Soha laabito«)«
ut, bat (ich fletbig nach dca ErEebolft dieaer Operalioa erknadiget. Die
eiageiogaaa Nachricht Ifl aber der Art feweaea , dafa hwoI er all aein S«ha
•uf <ie ■■pblirhe HailaiR verzichM habe*. Ich bla elaMabI wnilif U\m
Dsrchblitlcm etnea llteraa Sehriftatellara aaf attraa disaea Geieaftaad Balraf.
Teadea geatofMD. JeaM*et Riitlanut JH. aagl la aeioem Bacieiridia amale-
mico et pathologica pag. 30O Folgendca ; In HalKraH tarditale a con/or-
Kationit vilia, am lenlanJnm (tluJ experiMtnlam, fiiod inopinata tt ftlieitet
tatttnU emiiam, gmi iMtnio aari$e€apio In murtm frffani(MiMt, dStrupil
ifmpmK» frtgttga» ntiemla, «I /•(!*« ««A'WI f
— «4 —
41* wirkliDli« TMUnk «in gus geniel«r ZuMI, «mJ Jafs <lWer
•niwe4er Doch wShrand der Krankheit od«r bei iler Baawrnng von
Klbtl TWgebet, iirt ebenfnila bekannt D« ich hwi in den letzten
aehiEebn Jabrcn viel aknte Fieber behandelt habe, die Ton einem
Urleiden einee Banch-, oder Gebtrnorgattea eioxig abhingen, bet
deaen alao die Taubheit blefa ein« coniensaelle Affoktioa des Ge-
hftrorganes war, so ist ei mir wabracbeinlich , dafe aoeh ebrooi-
iche Tanbheit oder Sehwerhörigkeit von ähniit^hen chroniHchen Ur-
leiden abbRAgen ; ich habe aber über dieaen Ge^netand au wenig
eigene Erfahrung, als dalä ich wageo dürfte, mich darüber ans-
Fäkrliobar in fiufsem.
Verbänetea OhrenKKinals kann nicht blofs einen hohen Grad
ron Schwerhörigkeit, londern aticb aterkes und sehr iKsiige« Ohreo-
bransea verarsBchen.' Letale Eracheinung iai mir aber wirklich
nieht ao erkürlieb als erele; man findet jene auch siebt ao hftn-
fig als dieae. Im Torigea Jahre sollte ich einer inngfraa Ratb
geben, die 3ber eis so ongebeure« Ohrenbrauaen klggte, dafs sie,
freilich etwas übertrieben in ihren Auadröcken, behaapteie, aie
wolle lieber lodt sein, ala ewig dieaes Gebriille im Kopfe haben.
Ich biefa ihr, mit Oel getrSnktes Pflückael in die Ohren stecken,
idieaea drei Tage hintereinander erneuern , und weh dann von ei-
nem ebritcben Landwundante, der mir niehrmabls in solchen Sa-
chen znr Hand gegangen, die Ohren reinigen lassen. Wie ihr
nun dieser die Ohren von einer grofaen Menge Unaanberkeit be-
freiet hatte, war nicht blofs die SchwerhSrigkeit , aondem auch
daa Ohrenbrauaen wie durch einen Zauber verschwunden. Ich aa-
ge aber noch einmab), ich kann mir wol erklSren, wie Unreinig-
keit des Sufseren Gebörgangea ScbuerbSrigkeit, aber nicht, wie sie
Ohrenbrausen verursacht; glanben mufs ich jedoch Lerzlea, weit
ich mehrmahia das Brausen blofs nach der Reinigung des Snfae-
ren Gebörganges habe verschwinden sehen. Das waa ich hier
BHge ist nur eine Kleinigkeit; da aber Obrenbranaen nicht seilen
von Verstojirung der Leber, der Mils, oder von Vollbliiiigkeii des
Pforladersy sie nies entstehet, so ist es doch wol der Miihe werib,
XH bedenken, dafs das Uebel von einer leicht m hebenden mata-
riellea Ursache im änfseren Geböi^gange ebim so wol entstehen
kSnne, und zuerst nachxnsehen, ob eine solrhe Ureache vor-
banden sei, damit man die Leute nicht ganz zweckloa in dem
pharmasenli Beben Irrgarten sich ergehen lasse.
Ohrenaehmersen entstehen bekanntlich nicht selten von einem
kleinen Absxeaae dea Sufaeren Gehörgangea. Ich weifa keinen Kalb
auf dieses Uebel, als dafs man durch erweichende Mittel den Durch-
bruch des kleinen Abüxesses beschleunige. Wenn man aber eine
Geneigtheit au solchem Ungeuiache gewahr wird, so uiufa man
diese als Fehler der Haut de« finliieren Geh&rgangea anieben, nnd
— 9» —
«i« durch Qaeckiillwrtaftt , voa dm Stirii*i wie man »)e ali An-
genHalbe gebraochl, oder durch eine schwache SnblimaiaufleBang
(ein balbet Gran auf di« Unae Waaaer) heben. Ani beaien ist
wol, man wartet mit der Anwendung dieser Mille) lo lange, bia
gerade ein kleiaer Abaaeb sich gecffn«t, der Ceborgang aich aU
a« nicht mehr in eioeui Zutlande tcmakhafter Beimng steh be-
findet.
Ea gibt ancb ein n&siendea Exanthem dea äufaaren Gehörgiw
gea, mit übelriechendem Ausfluase verbunden, welebea der Subli-
matanflösimg weicht. Man mafa aich nur hiites, dea Goten ■■ viel
an ihna. Einmabl Tage« etwas mit dar Auflöanng bereaehtele«
Pflitckiel in die Ohre« geateekt, ist hinreicfaend, wmm man lange
damit fonMhrt, das lJal>el xu heben.
Mancher atinkende AaaSnü aaa den Ohren rührt aber nicht
v«n einem Exantheme her, aondem iit blola eine krankhaft vei^
inderte ObrenKhmalxaakreiioD. lat diesea Hebel ah, ao ist wafar-
acheinlich 6bel Rath darauf an finden j ich habe gar keine Erfali*
mag darOber, d^m ich habe ai Uefa in einzelnen Ffillen bei Meii>
Bclian aua der geringeren VoIfcsUasaa gaaehea, di« keiae EJftire
gegen setbigea verlangten. Ein reicher Mann sorget adH>n dafür,
dafs HO eiwnR nicht bei ihm einwursele.
Dafs man manche Schwerhörigkeit (aber keine erbliche) da-
dnich hebt, dafs man etwaa Laiapfluclual nil achwacher Subli-
maiauflftiung bafeuohtet, täglich in die Ohren atecki, iai bekannt;
ich wcifa aber der also heilbaren Sehwerfaörigkeit keinen N'amea
au geben, anm wenigsten keinen solchen, mit dem ich selbst ei-
nen deutlichen Begriff verbinden könnte.
Der hefttga Schmem dea inneren Ohres, der nicht von einem
Abszesse des äiifseren Geh5rganges, soadarn von anaiohil>aren nnd
^nbekannien draachen berrdlirt, iat ein sehr grofsea Uebpl. Bei
Lernen, die demselben unterworfen aiad, gesellet er sich leicht
z» jedem Uebelbefindon ; er ist oaregelm&fsig periodisch, and ver.
schwindet anweilea von salbst. Der Arst hat also die beste Ge-
legenheil, sich allerlei gnte Wirkungen von den gegebenen Mit-
teln einaubilden. Oirelu heilende Mittel anf das also erkrankte
innere Ohr weifaioh nicht; durch aniagoniatiaeh wirkende kann ich,
wenn mir das Glück weht will, eben so gut heilen als jeder andere
Arzt. Es ist nur au bemerken , dafs man solchen inaeren Obren-
acbaierz eher bei sarlen, reizbaren, als bei robusten Körpern aa-
triflü, und dafs bei jenen die feindlichen Heilanen niobt iamer
Anwendbarkeil finden. Unter dieaen Hwlmiltaln iat das Hnarseil
im Nacken ziemlich nnscbuldig, den Gesammlorganismna nicht
sooderlich angreifend , und ich habe daniselhen aueb schon daa
in Rede «tehende Uebel weichen sehen ; jedooh iat mir auch ein
Fall bekannt, <We der Ohrenachnura nach awei Monateo wieder-
— S86- —
kehrte, obgisieh du Tcrmeioilieh bülende Haaneil noch im Nak-
ken MMkte.
£> gibt Tielfl Augep-, and ZahnBnrte in der Welt, aber we-
nige Ohrenante. Ich kenne einen durch epoplekiiicbe Gehint-
affekti«n schwerhSrig gewordmien Mann, der, nachdem er manche
k&ufliebe äeheiraraitiel vergebens venncht, ni einem Ohrenarzu
nach Holland gereuet, aber eben so schwerhörig wiedergekommen
ist als er hingegangen ; er hat vom Glficke zu spreehen , dafa er
nicht gani taub geworden.
In der Zeil , da der Galvanismns das Steckenpferd mancher
Aerale war, wnrde ich an einer kranken Jungfrau gerafen, die
«blich aehwerhSrig war, mit der ich mich aber früher dnrch lan-
tM Sprechen gut hatte verslftndigen können. Jetzt war sie so
tanb, dafs ich ihr Mfidehen um Dobaetscfaang meiner Rede bitten
mufsle, welche Dolmetschung atwr noch fibel genng Terstanden
ward«. Da idi nnn die ebenfalls schwerhörige Mniter fragte, wio
es doch komme, dafs ihre Tochter jetzt so versweifell laab sei,
hörte ich Folgendes : Sie sei, bei überrheinischeu Verwandten sur
Herberge, von einem dortigen Ante snr Heilung ihrer Schwerhd-
rigkeit galvanisirt, ab«r leider dadurch von einer Schwerhörigen
Kur Taaben geworden.
Es ist wirklich eine mifsliche Rache, Heilvertnche bei aolchen
diwkeln Uebaln au machen, zamabl wenn diese erblich sind. Könn-
te der Erfolg nnserer Heilversucha blofa Heilen oder Nicht-
heilen sein, so möchte es noch hingehen; aber Heileo,
Nichtheilen, Sohlimmermachen lind die drei Endpunkte,
weruin es sich handelt. Bis jetzt habe ich noch nicht gesehen,
dafs der Arzt durch das Schlimmermachen sonderlicbeo Dank bei
den Menschen verdient hätte.
Da ich nnn von dem Obre so sehr wenig medizinisch prak-
tisches an sagen weifs, will ich tat Abwechselnng einmahl mit
meinen physiologisefaen Lesern von der Musik reden.
Dafs das Ohr der Benrtheilet der Reinheit der Töne aei, dar-
an zweifelt keiner von ans, nnd wir wiisen auch alleaammt, dafs
die Reinheit dar Töne in dem VechBlioils derselben gegen einan-
der bestehet. Eben ao wissen wir , dafs , wenn gleich ein reines
richtiges Spielen noch lange kein schönes Spielen, doch letztes
ohne erstes nicht' denkbar ist ; denn wenn jemand auf der Geige
oder Flöte die herrlichsten Töne hervorzubringen verstehet, und
er verstehst nicht beim Spieles das richtige Yerhälinifs der Töne
gegen einander xn beohachten, so wird sein FaUohapieleo oiemabli
gefallen.
Es fragt sich jetzt : ist das Ohr, wie die Anatomie ans aelbi-
ges kennen lehrt, also das anatomische Ohr, Ursacher des Rei»>
spielens auf Blas- und Saiieninsimmeaten f (B^reifiich aprecb*
«eh htet nur vm dvn 8wtaniMtnaMntM , wf wtithea iw Tom
mit des FiDgera gagriffHi warden.) Ich bshaupt« : Mi« ; im ua-
tomitdi« Ohr hat mit 4mi BaÜMpidBa nichu la ihnn , M kaaa
•uch Dicht du Gcfingste dam beitragen. Sollla meinen Leaera
diese BehanpHng elWM widersinnig bedünlteo, es bitte idt lie, F(4-
gendee wohl *u erw3gcn.
Sobald jeder einzelne Tob einai MniiktlGdiea aujt dem In-
atramenle gebildet iit, so ist or auch verldni^en ; ist er falsch m
Tage gefSrdert, so hfirt das Ohr ihn allerdings als falschen Ton,
es kann ihn aber doch nicht mrfieknifen und zam reinen machen.
Im langsamen Zeitmafse könnte allenfalls das Ohr den Falschspie-
lenden bei rinem anhaltenden Zwei-, Drei-, oder Vier viertel tone
ein wenig xurechi helfen ; allein meine Leser, welche selbst Blas-
oder Saileninslrumenie spielen, wissen wol, dufs solche durch das
Ohr Teranlafste Tonverbessaning eine ungefKlIige Siüniperei ist.
Im geschwinden Zetimafae, bei Achteln, Sechszehnlein, Zweiund-
dreifsigaleln kann aber anch dieae Verbeaseniag nicht eiamahl Slall
finden.
Wie soll ich mir nun diese wunderliche Sache erklären! Ich
weifs ea wirklich nicht. Mir, dem überhaupt der menschliche Or-
ganismus ein grofaes Rftihsel ist, bleibt nichts über, als gans ein-
ftltig ansunehmeo, dafa bei dem Spielen der Blasinstrumente die
Lippenmuskeln , und bei dem Spielen der Saileninslrumenie die
Fiogerapilsen des Spielenden hSren gelernt haben. Wenn ich hie-
lait die tbieriach magnetische Eracheinoagen vergleiche, so möch-
te ich auf den Gedanken kommen, die Sioaeswerkxeuge seien swar
so eingerichtet, dafa das Gefühl in jedem derselben durch einen
eigenen Reis des Schalles, des Lichtes n. a. w. aufgeregt werde,
daib aber durch lange Uebong, oder durch eine krankhafte, aber
freilich Übel lu erklärende Umstimmnng der Nerven, jeder Theil
des Körpers au jedem Sinaeswerkzenge werden könne.
Sonderbar, ja Ificherlieh ist es mir, daf^i ich selbst bei vier-
aig Jahren Musikant gewesen bin, ohne in dieser langen Zeil
Jetnahla auf eine mir ao nahe liegende Sache, dafa nämlich daa
Ohr sum Reinapielen nichts beitragen könne, geachtet zu haben.
Nachdem ich endlich darauf geachtet, theilte ich dieses Paradoxon
einigen Bekannten mit, und fand, dalä dieae früher eben ao we-
nig daran gedachL Ea scheinet wol, dafs wir Menschen überhaupt
anf das am wenigsten achten, waa aaa ganz nahe liegt,
leh könnte jetzt noch wol ein anderea Paradoxon , betreffend
das muaikaliaeheZeilmafa, den Leaern vorlegen, fürchte aber, die
nicht nasikalischen nöchlen wenig Erbauung daran finden, daran
will ich liebet den Neugierigen überlassen, es auf dem Weg« der
Beobachtung selbst zu finden.
In dem letMcn Kapitri, welabM Uh für soMie, 4n Praxis
nicht betreffeade Gegciralände bMtimmt, warde ich noch einen
merlEWÖrdigen Irrthutu fügan; in den aail der Mitte des vorigen
Jahrhunderts die Dichter unserea Volkes blo£t durch venmchlütsig-
te Beobachtung des Gebororgaii» gefallen sind.
fiehlrnaalttel.
Taiak.
Es war im Jnbre 1819 im Juoioa, da sieh hier Gehirnfieber
zo xeigen anfingen, bei denen ich die heili^rae Wirknng des Ta-
baks kennen lernte. Vor Erscheinung dieser Fieber hatten eine
gerannte Zeit gaslriache geherrscht, bei denen ich laugensalsige
Mittel und Kräbenaugenlinklar (wie ich dem Leser früher «Tzfthli}
heilsam befanden. Beide Krankheilen unierachieden sich in ihrem
ersten Entstehea wenig von einander. Bei beiden war Bii|rker
Kopfschmen , wenig belebe Zange ( bei manchen biiteret Ge-
schmack), lebhaftes Fieber mit vollem, schnellem Pnlse. Der
Hara war bei beiden Fiebern bald roth, bald trübe, bald dem ge-
■undbeilsgemSfsen gleich. Die Erkennlnifs, dafs das in Rede ste-
hende Gehirnfieber von dem bis dahin herrschenden gastrischen
verschieden sei, habe ich, ehrlich zu sprechen, nur dadurch be-
kommen, dafs die Anwendung der säiirewidrigen and der Leber-
mittel nicht, wie früher beim gastrischen Fieber, sichtlich heilaam
war, sondern dafs Fieber und heftiger Kopfschmerz blieben, und
überhaupt die Krankheit ungestört voranschriit. Ich gesiehe gern,
dafs ich nicht wenig Terdat%t wnrde, da ich auf den Gebrauch der
bis dahin heilsamen Miilel wot deo bitteren Geschmack (in den
einzelnen FSlIen wo er vorbanden war) vericbwinden, das Fieber
■her in der nämlichen Lebhaftigkeit bleiben und die heftigen Kopf-
Nchmerzen nm nichts nachlassen sah.
Wollte ich die Zufdlle dieses Gebirnfiebem gewissenhaft anf-
zühlen, so wurde icb dem Leser Langweile verursachen, denn die-
ser begreift leicht, dafs, wenn vom Fieber die Rede ist, dann auch
die gewöhnlichen Zufälle der Fieber vorhanden gewesen sein wei^
den. Ferner begreift Jeder Verständige eben so leicht, dafs, wenn
das Gehirn krankhaft ergriffen ixt, solche Organe, die von den Ge-
hirnnerven ganz oder zum Tbeile versehen werden , den coasen-
siiellen Leiden sehr unterworfen sein müssen. Solch« LaideD sind
■her sehr uabestfindig, bei dem einen gestalten sie sich ••, bei
dam andern anders, und wamm bei dem einen dieaea, bei- de«
andern jene« Organ oonsensuell ergriffen sei , davon iRfst sich
wahrlich kein guter Grnnd angeben. So wnr Zaboacfanaerz in man-
Dfaen FUlen Vorbhifar dM Fiabsn, io udera Fittlra ead^te dna
Fieber dauiii. Andre hntteo UhrenhraaMti, oder entzündete Augen.
Wieder bei andern, jedoch bei den wenigslen, wnr im Aureng«
des Fieben m baftigeii Erbrechen, dafa aelbsl die unschuldigst c«
fiairAnlia augenbliGklich ausgeworfen wurden. Abentialila bei an-
dern, jedoch auch bei wenigen, seigte sich coDsensuelle Leber-
attektion und eine davon abhängende abnorme Gallensekreiion.
Der Durchfall, der sich znweilen einstellte, war ebenfalls eine
consensuelle Dartnaffektion. Sebnenhitpfen war sehr selten, und
eine krampfhafte Zusammenaieboog der Muskeln noch seltener.
Ich erinnere mich nor einer einzigen Frait, deren Hände krampf-
haft geschlossen waren, so, dafs man sie nur mit Gewalt büiie
BfTnen können, woza ich aber keinen Beruf fühlte.
Da ich nun. anfser dem jetzt in Rede stehenden Gehirnfieber,
noch von andeiV Gehirnfiebern reden mnfs, so werde ich auch in
der Folge, sowol von den allgemeinen Fieberziißlleo, als von den
eonsensnellen Zufallen, die sich jeder Verständige leicht hinsu-
denken kann, gan« schweigen, und nur von den Zuftllen reden,
durch welche sich jenes Fieber von den andern beobachteten Ge-
hirniiehern, die ich nach diesem beschreiben werde, auszeichnete.
0er einzige Zufall, durch welchen sich das jetzt in Rede sie-
hende auszeiohneie , war ein starker, jedoch nicht sowol klopfen-
der, als vielmehr ziehender Kopfschuieri, der bei manchen den
gauxeo Kopf einnahm, bei mehren den Hinlerkopf, und bei mnn-
chen einzig die Gegend des kleinen Gehirns. Bei denen, wo er
den ganzen Kopf in den ersten Tagen einnahm, fixirte er sich
doch in der Folge auf den Hinterkopf.
Einige, jedoch wenige, klagten über einen Schmerz im klei-
nen Gehirne und zugleich im Rückgraihe zwischen den Schulter-
blStiern, diese hatten denn anch consensuelle Brusileiden, ja selbst
blutigen Auswurf.
Der Kopfschmerz war bei allen anhaltend; er setzte nicht aus,
nnd sein etwaiger täglicher Nachlafs war sehr, sehr gering, so
dafs der Kranke, wenn ich ihn nicht besonders darauf aufmerk-
sam machte, nicht auf diesen unbedeutenden Nachlafs achtete, son-
dern den Schmerz unbedingt als in gleicher Uefügkeit fonwährend
angab.
Die MnskelkrXfte blieben bei allen Kranken ziemlich gut, so
dafs sich diese Im Bette aufrichten, ja ganz ohne oder mit gerin-
ger Hülfe aufstehen konnten. Ehe ich aber ein Heilmittel auf das
urergrifiene Organ wufste, ehe ich also der Krankheil Einhalt tbun
konnte, sah ich doch auf die Daner die Muskelkraft, wie bei tj-
pbSsen Fiebern, schwinden- Dafs ich dem Kranken mit den ge-
eigneten Mitteln gegen solche Schwache za Hülfe kam, half mir
iti der Hauptsache nicIitB; denn wenn ich gleich bewirken konniej
— 530 -
diifa er «ob wieder ohne Hülfe, ja <Ane Aaitrei^og im Bette
aurrichiele, ao war sein Gehirn doch nicht dadurch geheileL Die
Krankheit ging; ihren Gang nngeatSn fort, und die anacheinend
woblihfitige Einwirkung auf den Gesammtorganiernua verschwand
wieder in etlichen Tagen bei dem unanageaelzien Gebraache.d^
nämlichen Mittel, die in den ersten xwei Tagen den Kranken und
dem Arzte mit der frohen Hoffnnng einer baldigen Heilung ver-
rttlheriach geachmetohelt hauen.
Dieses Fieber währte, aich selbst überlaasen, lange> aehr lan-
ge, die Natur luachle keine kritische Ausleerungen, sondern heil-
te es. nur durch ErschSpfnog des gansen Körpers, vorausgeaelzi,
dafs die Kranken diese langweilige, endlose Selbaiheilung ana-
biellen.
Eigentliches anhaltendes Irrereden war selten, man traf ea aber
doch einieln an. Andre ZufSlle typhöser oder nemser Fieber, ala
Trockenheit der Zunge, Sehnenspringen, Durchfall, gesellten sich
im Verlaufe su diesem Fieber, wenn es sich selbst überlassen, war.
Im Allgemeinen waren aber auch diese Zufälle aebr wandelbar;
ihr Vorhandensein oder Nichtvorhandensein machte die Krankheit
weder gefahrvoller, noch gefahrloser. So konnte die trockne Zun-
ge feucht werden, daa Sehnenspringen) der Durchlauf konnte auf-
hören, ohne dafs dieses die Besserung angezeigt hftlte. Alle Er-
fahrungen, die ich mir früher bei sogenannten typhösen oder ner-
vösen Fiebern erworben , nutzten mir su nichts, zu gar nichts. Ein
achtbarer und in der Literatur bekannter Arzt, der nur einen ein-
zigen dieser Kranken behandelt hatte, sagte mir damahls: Bei die-
sem Fieber bore alle Diagnose und Prognose auf. In dem Sinne,
wie man gewöhnlich diese Kunstauadrücke nimmt, halte er voll-
kommen Recht.
Gleich allen, von einem erkrankten Organe abbangenden
Krankheilen, hatte dieses Fieber einen Vorlaufsseitrauni, der hin-
sichtlich seiner Dauer so verschieden war, dafs ich, ohne un-
wahr zu werden, nicht einmahl seine ungefähre Miilelzeit angeben
kann. Er offenbarte sich durch Schwindel, Eingenommenheit des
Kopfes, Ohrensausen, Zahnschmerz, oder Kopfschmerz, bei dem
einen ao, hei dem andern anders. Bei manchen blieb dieser chro>
oische Znstand anhaltend, und ging gar nit^t in den akuten über.
Ich bekenne, dafs ich einst, ehe ich in die Sache eingeweiht war,
einen solchen heftigen chronischen Kopfschmerz für einen Rheu-
matismuB des Kopfes gehalten, nnd dem gemllfa behandelt habe.
Der Erfolg meiner Behandlung belehrte mich aber gar bald, daü
ich ea mit einem ganz anderen Dinge zu thun habe.
Dafs nun bei einer Menge Kranken auch einzelne seltaame
Fülle vorgekommen, verstehet sich wol von selbst. So erinnere
ich mich, dafs ein an ObnmachieD gar nicht geneigtes , starkes
— 531 —
DiMntmSdcben , Dachdcm lie Tieraehn Tage lang «in« EingeDom-
menbeit in* Kopfei Tenipüret, selbige aber nieht geachtet, eines
Morgens auf dem HorplaUe xusammeostijrste , auf dem Steinpfla-
ster zwei S<Jine!de£Sbne r.erbrach, ohntuBclitig ins Hans gebracht
wurde, bi* Mittag ohnmächtig blieb, su sich gekommen im hefti-
gen Fieber lag, and am selben Abend schon eine rotbe, ganz
trockne Zonge hatte.
Eines starken jungen Mannes erinnere ich mich, der seiner
guten Niitiir vertrauend, erst am dritten Tage des Fieber» mein«
Hülfe Milchte. An diesem Tage war nach einem reichlichen Na-
senblnlen der heftige Kopfschmerz verschwunden, aber slatt des
Scbmer/es ein solch furchtbares Brausen im Ko|^e eingetreten nn'd
ein solches Gefühl des An gegriffen sei ns, dafs er es für hohe Zeit
hielt, meine Kunst in Anspruch zu nehmen.
CJeherhaupt war in dieser Zeit das Nasenbluten (welches je-
doch bei den wenigsten eintrat) nicht gerade tödtlich, auch nicht
einniahl geßihrlich, aber doch unverkennbar die Krankheit ver-
schlimmeren d.
Ein dem Branntwein sehr ergebener Handwerksgesell, der im
Vorlaufszei träume viel Branntwein getrunken nnd gans verstand-
los dadurch geworden war, starb an diesem Fieber nach mancher*
lei Abenteiiern, deren ErzShlung etwas zu weitläuftig sein mdchte.
Ich habe den Leichnam ge5ffnet und nichts Krankhafte« mit mei-
nen .Augen darin entdecken kSnnen. Ja, wenn ich auch zn den
Aerzten gehörte, die bei Gehiraleidea gleich von EntzOnduDg träu-
men, so hätte mich doch der Anblick dieses Gehirns nothwendig
aus meinem Entzflndnngsiraame wecken müssen. Ich konnte an
dem Gehirn nichts von der Norm abweichendes entdecken, als ei-
ne ganz nngewöhnlicbe Weiche desselben. Da ich die Oeß'nnng
vieniodzwanzig Stunden nach dem Tode machte, und die Laft eher
kühl als warm wpr, so konnte ich diese Weichheit nicht wol nis
•iae Folge der Fäulnifs ansehen, sondern mitfste sie vielmehr als
eine Folge der Krankheit betrachten; jedoch ^^ztf^ 'anch nicht
Ifti^ Sicherheit, .sondern nnr mit einiger -\t>'{^iflli^iiM);tikeil.
,■ ' .lUebrigens war dieses faerrschenJc Fieber ^^r Aiufeckung sehr
v^nlScbtig', imlehi! man' weit ioelvr--äfilil^ito(lV'in'Senen mehr«
ftf^fibmtms fhi.xÜK}M,- in dttunour eih' »itlKf^ w)ititlikl«.';-Ip
^aii-tHMifatiwHlniieinfwi^^Mäu^i^R-'IMkann^fftr liihd iii gitvitör-
sfnltih 4i4>;Be«[hHcliafi^ darri^w^4«'tll><d«;!i^iwnc'jn«ift^.:l|iiile
eines Armen, fh der doch das beetSodige Ziisammipnwv&gfen der
fifMdaUen'iliAAit^^cBbl^np-tncbt sa' i(.(rnbid«n/iUvr-si^ier dem
BhfSi^ich Ei^i%nen'kMner;mBUDfeil0wrii(dj;)Jjirf!bi(ii{upt ist es
bei den von Loflgiften entstandenen Krankheiten s^hjr'Wiwer ib
34'* ■ O"
— 532 —
bestimmen, ob sie anilecltend Bind oder nicht; dt« Meinungen der
Aerzle werden immer in diesem Piiakte getfaeill seia.
Kb war glücklich für iiiicb und fiir die Kranken, dafs das be>
Bchriebene Fieber nicht plötziich eine grofie Zahl Menschen, sab-
rfern aiifünglich nur einzelne, and nach uod nach mehre ergriS*,
Stadt nnd Uiiigegeod also mehr überachlich als überfiel.
Ich will jetzt dem Leser mein tirziliches Schicksal, hinsiebt-
lieh dieser Krankheil, erzählen.
Erfahrene Aerzte werden mir gern zngeheo, dafs ans den Zu-
ßllen der Krankheit die Natur derselben nicht blofs schwer, son-
dern vielmehr gar nicht zu erkennen war. Ich hatte die Wider-
wärtigkeit, dafs gerade bei dem ersten Kranken eine durch abnor-
me Gallenseeretion sich offenbarende consensuelle Leberaffektion
vorhanden war; also sah hier die Krankheit gerade so aus, wie
das bis dahin herrschende Fieber; einzig das Fortwähren des hef-
tigen Kopfschmerzes bei dem Verschwinden der gasiriscben Symp-
. tome machte es mir begreiflich, dafs ich es jetzt mit einer andern
Krankheit zn thun habe. Aber was war das nun für eine Krank-
heil 1 War es ein Urleiden des Gehirns, oder ein im Gehirne blofs
vorwaltendes Leiden des Gesanimiorganismus t Dafs man dieses
in den wenigsten Fällen aus Zeichen erkennen könne, wnfsle ich,
also mufste ich gerade wie der Seh eidekiin stier verfahren, meine
Mittel, deren Verhallen zum gesunden und kranken KSiper ich ge-
nau kannte, mit dem Organismus des Leiders in Berührung brin-
gen. Nachdem ich mich schon durch die Unwirksamkeit der bis
dahin heiUamen nniigastrisehen Knr nicht gerade absichtlich, aber
doch ztiHiDig nberzengi, dafs die Krankheit nicht in einer Affekiion
des gnllealisondernden Organa bestehe, so brachte ich zuerst den
würfelichten Salpeter in des Kranken Magen. Ich sah, dafs er
sich frut dabei befand, das heifsl, das lebhafte Fieber wurde, ohne
jedoch nachzulassen, minder, aber das Kopfleiden blieb wie es ge-
wesen. \ach drei Tagen mufste ich mich wol überzeugen , dafs
ich es mit keiner linier der Heilgewalt des würfelicfaten Salpeters
stehenden Affekiioi» des Gesa mm (Organismus zu thun habe.
Nun wendete ich dte zwei andern Univenatia der Allen Ge-
heiinürzte, das eine nach dem andern an. Sie schadeten nicht,
ja, da ich sie nicht im Anfange, sondern im Verlaufe der Krank-
heit gab, WO sich die Muskelkräfte schoii minderten, so sah ich
selbst ihre wohlihälige Wirkung; die Kräfte nahmen sichtbar %a:
aber — der Kopfschmerz blieb, die ganse Krankheit blieb, nnd
die wohithätige Wirknng der gegebenen Mittel war Dur vorüber-
gehend.
Jetzt war ich zu der Ueberzeugnng gelangt, 'Jafi ich wirkfich
ein Urleiden des Gebims zn bekämpfen habe. leh hatte aber lei-
der dureh meine Untersuchung oiehts erworbeof als «■• Fonnen-
_ 533 —
erkanoMifi (jm Srane der reinen Eiypirie); JelM war die schwie-
rige Frage zu lösen: welche Subttianz in dergrofseB, wetten, re!- '
chen Naiur luii diesem Urgehirnleiden in einein sicheren Heilver-
• hällaisse stehe!
Auüier der Anaga/lia ood detn Hyperica, den Mitteln, welche
die alieo Galeniker beim Irresein wollen wirksam befunden haben,
deren Heilwirkung ich aber bis dahin nicht sonderlich bewährt
gefunden, und nutzer dem Kampher, den man in neuerer Zeit als
Cejihalicam gerühmt, dessen HeilwirkuDg auf das Gehirn ich bis
jetzt auch übel habe finden könoen, wuCite ich kein anderes Mittel,
als dea Zink, Ich gebrauchte diesen also, aber ohne Erfolg; der
Schmen wich um kein Haar, and die wohlcbälfge Wirkung, die
ich von dem Mittel sah, bestand einsig darin, dafs es in den ein-
zelnen Fällen, wo sich Irresein zeigte, dieses beschwicbiigle,
ohne dafs jedoch dadurch die Fortschritte der Krankheit gehemmt
wurden.
Jetzt war icb mit meinem Erfahrung« wissen am Code; ent-
weder mulste ich die Krankheit der Natu^ zu heilen überlassen,
und den Krenken blof» zum Scheine liichiswirkende Arzenei ver-
schreiben (sie behandlen); oder ich mufsie ein mir bis jetzt un-
bekanntes Eigenbeilmiltel aufs Gehirn suchen. Das Erste war mir
im hoben Grade zuwider, und das zweiie mit unberechenbaren
iichwierigkeiteD verbunden. Indem ich oun über die Lage, worin
ich mich befand, verdriefslicb war (ehijich gesfirochen, es ist ein
eeltsBmer Wechselfaji, entweder die Rolle des Gauklers oder des
blinden Versnchmachers spielen zu müuen), and gerade eine Be-
stellung in der Apoiheke zu mai^en halle, so fand ich dort eine
alte Holländische Uebersetznng des Dodo»eu», die durch den Ue-
bersetzer noch mit vielen Zusätzen bereichert war. Der alte
Foliant diente dem Lehrling zum Plätten der Pflanzen, die er sich
JTiir das Beriarium vivum gesammelt, war also in grofse Verach-
tung gekommen, unwillkürlich sclUage ich das alte Bach aof,
und der Zufall will, dafs mein Ange auf die Beschreibung des
Tabaks fällt. Icb lese diesen Artikel; aber durchaus nicht in Be-
ziehung zur herrschenden Krankheit, sondern aus blofser Neugier-
de, weil es mich mahnte, dafs einst eine Zeit gewesen, in der
man dieser Pflanze gar wunderbare Heilwirkung zugeschrieben,
ja ganz übertriebenes Lob gespendet; nnd vorzüglich, weil die selt-
same Erinnerung aus Kaitert Clevischem Mnsenberge
in meinem Kopfe auftauchte, dafs ein Geistlicher zu damahliger
Zeit in einer Predigt das edle Wund- und Tabakskraut
mit unserm Herrn Kristo verglichen habe.
Nachdem ich den Artikel durchgelesen, und darüber nachge-
dacht, wie es mSgUch sei, dafs dieses Mittel in so ganz versehie-
denen Krankheiiaformeu könne geholfen haben , machte ich den
— sa* —
S«Uub : eolwedn- mflne dar grSbls Tbeil der ersSHltcn Erfah-
rangen erlognen, oder d«r Tabak roSflse ein Heilmiliel auf da« er-
krankte Gehirn and Rtekenmark «ein. Da ick nun die älteren
Aeriite nicht für so ;oiili>se Geschöpfe halte, dab sie abuichilich
Erfahrungen ■olllen erdichtet haben, so war ich geneigt, die leixu .
Meinnag für wahr sa halten, und bflschluls, in der Preaue, worin
ich Bteckte, das Mille] an versuchen. Der Aiioiheker halte di«
Nicoliana ntttica im Garten und swar in hinreichender Menge,
denn er hatte ant Liebhaberei mm Experimentirea viele vergebe-
ne Versnche gemacht, aus dieser Pflanze einen, dem Amerika-
nischen an Gfite glelchkoninienden Rancfalabak zu bereites. Ich
Hefa gleich eine Tinktur ans den frischen Bläiiern machen, und
wendete sie znerst hei mir selbit an, um zu sehen, ob dieses Mit-
tel auch eine feindliche Wirkung ant den Gesunden fi&fsere. Es
machte mir aber, in der Gabe zu dreifsig, vierzig Tropfen, nicht
die- geringste feindliche Einwirkung, weder auf den Magen, noch
auf den Kopf.
Nun gebrauchte ich es zuerst in Füllen von nichtfieberhaften
Knpfleiden, und sah bald, dafs es herrliche Wirkung leistete. Da
ich aber in viernndzwanzig Stunden eine halbe Unze nehmen liefs,
kam es mir vor, dafs die Tinktur ein wenig auf den Stuhlgang
wirke. Mich hatte schon die Beobachtung gelehret, dafs , wenn
die Gehirnkrankheit unter der Form des akuten Fiebers erschieD,
leicht ein cunsensueller Diirchfalt sich einstellte, der die Krankheit
eher verscblimmerle als verbesserte, und da ich fürchtete, die Tink-
tur des Tabaks raftchte diesen Durchlauf befArdern, auch zugleich
vermntheie , dafs der flüchtige desiillirhare Theil dus eigentliche
Heilmittel des kranken Gehirns sei, so liefs ich die Tinktur desiil-
liren und einen Tabaksgeist bereiten. Dieser leistete nun alles,
was ich von einem guten Hetlmiilel verlangte. Weit entfernt, dcD
Durchlauf zu betördern nnd den vorhandenen zu vennehren, be-
schwichiigle er vielmehr den vorhandenen. Der harinSckige Kopf.
schmerz wich domselbeo, und ich konnte die Krankheit nicht blo£i
damit behandeln, sondern sichtbar heilen.
Die ersten Kranken, hei denen ich ihn anwendete, waren sol-
che, deren Gef^faaystem wenig aufgeregt war, bei denen sich also
da-t Uebet mehr unter chronischer Form offenbarte. Da aber die
meisten Kranken lebhaftes Fieber hatten, und viele unter diesen
selbst starke Hitze nnd vollen, sehr hescbleunigien Puls, ich aber
schon, wie oben gesagt, durch meine anfänglichen Versuche aus-
gemiitelt, dafs der kuhische Salpeter die Aufgeregtheit des Ge-
ftlfssystems michlig beschwichtige, ohne jedoch der Krankheit Ein-
halt zu thun: so war jetzt noch xn untersuchen, oh das Fieber
ein Mofs consensuelles , also blofs durch Heilen des nrergrift'enen
Gehirns am schnellsten in heben sei, oder ob es ein unter der
•<- &S5 —
Hetigewalt Aaa kubiichen Saipwert stehendn Urleiden des Ge-
sauHitorgaaiflmiu sei, welches mit dem Urgehirnleiden rerbunden
die bemcbeade KranLheit ausmache. Der Veranch war der ein-
aige nnd offenbar ganx gefahrlose Weg, om in diesem Punkte
aufs Keiae in kommen. Durch Vergleichung mehrer Fttlle ergab
sich bald , dä£i von den beiden Möglichkeiten die letzte Wirklich-
keit sei; denn durch eine Mischung von zwei Drachmen kubisuben
Salpeter, einer halben Unse Tabaksgeial nod acht Unsen Wuü-
aw* von der der Kranke slöndlich einen Löffel voll nahm, wurde
Au fieberhafte Gehirnleiden am sicherslen nnd schnellsten geho-
ben. Ich habe mich dieser Miaehung in der Folge anverftndert
bedient, nnd die Krankheit durch selbige ans dem ersten Zeil*
räume in den der Gepeaung gebracht. Die Heilung erfolgte zu-
weilen überraschend schnell (in drei bis vier Tagen), im Allge-
meinen aber in acht bis zehn Tagen. Mir scheint, wenn wir bil-
lig sind , müssen wir mit einer solehea Heilung einer Kranjibeit
schon zufrieden sein , welche die Natur nur durch Erschöpfung des
ganzen Körpers heilt, nnd deren Verlauf also, wenn sie sich
selbst uberlasiten ist, zwar ganz unbestimmbar, aber in jedem
Falle doch höchst langweilig sein nnfs.
Weiterhin wurde ich gewahr, dafs, wenn ich im spSleren
Zeiträume (den fünfzehnten Tag und noch spGter) erst zu Hülfe
gerufen wurde, dann die Afiektion des Gesammtoiganisrnnt einen
andern Charakter angenommen, denn der TabakssÜpetertraok ver-
si^ie seine gewohnte Wirkung. Sebte ich nun, slutt des wür-
felicbien Salpeters , zwei Drachmen roihes peroxydirtes Eisen hin-
zu, und, damit das Eisen in der Flasche nnd dem Löffel nicbt
zu schneit zu Boden fallen möchte , zehn Gran Traganth , so er-
folgte wieder die heilsame Wirkang. Diese Varänderang des Zu-
atandes da Gesamnilorganismus liefs sich aber nicht durch Zei-
chen erkennen. Auch der Zeitraum, in welchem man zur Hülfe
•ufgefodert wurde, konnte keine Bestimmung darüber geben, häch>
siens schwache Vermuthung. ich bin wirklich am fünfzehnten
Tage XU Kranken gerufen, denen der Salpelertabakslrank noch
eben so woblthat als er je einem Kranken in den ersten Tagen
bitte thun können.
In einigen Fällen bin ich im spateren Zeiträume der Krank-
heit zn Hülfe gerufen, wo sich die Kranken in dem vollkommnen
Zustande des Irreseins befanden. Hier leistete der Zink nicht blofs
dadurch Hülfe, dafs er das Irresein hob, sondern er 'heilte auch
die ganze Krankheit aa, dab die Rückkehr der normalen Ver-
siandesAufserung und die voUkommne Heilung der ganzen Krank-
heit eins war. Oben habe ich erzählt, dafs, bevor ich den Ta-
baksgeist als Geh irnheil mittel gekannt, ich den Zink hei unserer
Krankheit gebraucht, dafs dieser aber in den einzelnen Fftllea,
— 53C -
wo sieb liresein gaxeigt, selbigM wol beschwichtiget, Jihrigens
den Forlschrilien der Krankheit keinen Einhalt getfaan.
Ich bitte die Leser, anf diese gaiu Terschiedeneo und sich
anscheinend widersprecbenden ErfahruDgen zu achten; ich weide
in der Folge an einem schick lieberen Orte wieder daran erinneren.
Jetzt müfste ich, wollte ich schulgerecbt schreiben, erläu-
ternde, oder beweisende Krankengeschichten erEäbleo; ich be-
daure nur, dafs sich solide ErsShIungen nicht gut, ohne lang-
weilig zu werden, maehao lassen, darum will ich lieber die La-
ser damit verscbonen.
Etwas, worin ein Arzt, der je in Zukunft eine solche Krank-
heit SU behandeln haben mdchte , sich leicht iBuicben könnte,
■st aber Folgendes.
Die Affektion des Gehirns und Rückenmarkes versteckt sieh
zuweilen unter der Fonu des Bieumatfymua acutm* ßxu» oder
va^^H»; da ist leicht Täuschung möglich. Auch habe ich sechs
Fälle erlebt, in denen sich -die sporadische Ilerhsiruhr nih der
Afi'ekiion des Rückenmarkes verband. Diese Verbindung , die die
Anwendung des Tabaksgeistes verlangte, oRenbarie sich durch
Schmerzen in den Schenkeln, und in Einem Falle durch solch
heftige, dafs ich das Geschrei des Kranken schon vor der Thiir
horte. Auch einen einzigen Fall von echter Cholera hatte ich an
behandeln, in welchem der Tabaksgeist ebenfalls schnell heilend
wirkte. Da iiäx aber diesen Fall im Mufetandischen Journale er-
zählt habe, so wird es üherflüssig sein, ihn hier ku wiederholea,
zuniahl , da mit der Zeit die Cholera zu den einheimischen Krank-
heilen zu rechnen sein wird. Eins mufs ich aber bemerken: die
deutschen Aerzle handeln sehr unrecht , ja meines Erachten« höclut
unverständig, dafs sie das Wort Cholera durch Brecbruhr über-
setzen. Ich habe in sechs Ruhrepidemien Brechruhren genug be-
handelt, aber ich habe nur einen einzigen Fall der Cholera in
meinem Lehen behandelL Die Brechruhr ist von der Cholera so
sehr verschieden, dnfs eine grofse Unerfahren heit dazu gebärt,
beide Krankheiten unter eine Kategorie bringen zu wollen. Ich
habe bei der Brechruhr noch nie jene heftigen schmerzhaften Kräm-
pfe der unleren Extremitäten bemerkt nie in dem einzigen Falle
der Cholera, noch nie bei der Brechruhr jene Kälte des ganzen
Körpers und jenes furchtbar entstellte Gesicht als hei der Cholera.
Mir ist es wahrscheinlich , dafs hei letzter ( die aber auch nicht
immer einerlei Natur sein wird, .so wenig als alle andre Krank-
heiten) das Gehirn, oder das Rückenmark urerkiankt, der Dann-
kanal nur consensuell erkrankt sei. Kennen wir nicht das orer-
griffene Organ und das Eigeaheilmittel darauf, so mufs, wenn
die Krankheil sia]^ um sich greift, notbwendig die Sterblichkeit
grols sein. Das.^tliche Einwirken auf den Danakanal bleibt
— SS7 —
iuuiar eise symptoisadBche Behandlang. Aiu dem einsigeti FaII«
der Cholera, den ich nicht, aa eüiein Schwächling, sondern an
eioem kräftigen Manne erlebt, sehlierse ich, wenn je eine solche
oceideaialiscbe, in nnserm Lande eneugte Cholera viele Menschen
ergriÜ'e (der orientalischen bedürfte es nicht), und man- fände
nicht in den ersten Stunden das heilende Mittel, so müfsie genifs
die Hälfte der Kranken sterben. Ja wenn wir auch das heilende
Mittel kenneten, so wilrde doch noch immer die Sterblichkeit
grofs bleiben, denn tbeils würde die N'Bchlässigkeit.und Gleich-
■gültigkeit mancher Menschen ans der geringen Klasse, theils hin-
sicbtlicb des Arstes die Unmöglichkeit sich zu rerallgegeowilrti-
geo, immer ein bedeutendes Uinderniis der richtigen nnd schnel-
len Anwendung auch des bewährtestes Heilmitrela bleiben ; und -
wie bald ist nicht bei einer solchen schnell tödtllchen Krankbeil
die eigentliche lieilzeit entschwunden.
Hinsichtlich des Tabaks beinei^e ich noch, dab ich in der
Folge satt eines Spiritu» NicoUimae eine Aquam apiritumam h^e*
bereiten lassen, welches Wasser die volU Meilkraft des Tebaks-
geisles hat; man kann es zn einer halben oder ganzen Unze, in
vier und «zwansig Stunden geben, und weit eatfornt , Brecben und
Durchlauf zu verursachen , beschwichtiget es vielmehr solchen Auf-
mbr des Darmkanals auf eine wundervolle Weise.
Im vorigen Abschnitte dieses Kapitels, in welchem ich von
dem Tabaksexlrakte als Lungenmittel rede, habe ich schon auf
die Bereitung, die die Tabaksblätter bei den Tahakshauern un-
tergehen, gehandelt. JeUt mache ich ebermahU die Leser auf
den grofueo Unterschied, der zwischen den grünen und getrock-
neten Blällern, hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Organismus
Statt findet, aufmerksam. Ich habe bis jetzt noch nie von den
getrockneten BUltern (von dem Rauchtabak) ein desiillirtes Waa-
Hor oder einen Spirilmm gebranehi, Bi>ndern von den griilwn.
Wer also in Zukunft sieb der trocknen Bläiter zu den nämlichen
Zwecken bedienen will , der macht eigene Erfahrungen, die, wahr<
soheinlich von den meinen verschieden , mit denen der älteren
Aerzie übereintlimmeD werden, die viel von der Brechen und Pur-
gieren erregenden Kraft des Tabaks sprachen.
Koch einmabi bemerke ich dem Leser, dafs ich mich in der
beschriebenen Krankheit nicht der Nicotiana tabaeuM, sondern
der Nicotiana rutlica bedient habe. Erste hat in unsern Gegen-
den, wenn man sich aar den Feldern nähert, einen sehr stinken-
den Gerach, und ohne es versackt zu haben, zweifle ich, dafs
man aus ihr, wie au^ der Nieot. rutttca, ein Wasser oder einen
Geist bereiten könne, der weder dem Gerüche, noch dem Ge- -
scbniacke naangenehm sei.
fab b^>e meine Meinung schon früher über den flüchliMO,
— 538 —
Grnnilsloff dm Tibska att8ftBip'*>chB» > dafs iiam namlicb ver-
ziiglicb auf dos erkrankte kleine Gebim nnd RückeDroark heilend
•inwirke. Der Hauptgrund, auf welchen sich diese Meinung
«ütst, iit aber vorzüglich die bescbriebene epidcmiHche Krank-
heit. *Der Schmers im Hinterkopfe war der einxige bestindige
Zufall, tndefi alle übrige wandelbar waren. Wollte ich hieraus
den bestimmten Schtufa sieben, dafs der flüchtige Stoff des Ta-
baks ein Heilmiilel für das erkrankte Gehirn sei, so würde die-
sei ein etwas gewagier Schlufä sein; ich Terouthe blofs, nach
meinen Beobachtungen, dafs sich die Saehe leicht so verhallen
mBchle, und überlasse ei der Zeit ood der Beobachtungsgabe
künftiger Aente, diesen Gegenstand, n-enn sieb giinaiige Gele-
genheit darbietet, (efiwingen kann diose ja keiner ) geoaner su
erforsebeo.
Steckapfel.
Von dieser Pftans« bat man bekanntlich in der Voraeit gar
fabelbafie Dinge ersahlt, welche ich bei ihrem Gebraoche nicht
bestätiget gefunden. Ich habe sie bis sum Jahre 1821 Hnfserst
selten gebraucht ; in diesem Jahre twang mich aber die \oih, sie
anzuwenden. Oamahls nämlich, veränderten die eben beachrie-
benen Gehirnfieber also ihre Natnr, dafs der Tabaksgeist gar
keine heilende Wirkung mehr Hnfserle; ich befand mich leider
in der nBmIichen Lage, in der ich mich früher befunden, ich
mufste mir selbst gestehen , dafs mir keine andre Wahl überblieb,
als, entweder die Roll« des Ganklers tu spielen, oder ein be-
sonderes Heilmittel auf diese besondere Krankheit zn suchen, oder
den Leuten gerade herdns an bekennen, dafs ich keinen Ralh
wies«.
Fieberlos erschien das in Rede stehende Kopfleiden allerdings
■o mehren einzelnen Fallen; im Allgemeinen war es aber mit
starkem Fieber verbanden.
Hinsichilich der Form nnienehied es sich dadurch von dein
vorigen , dafs der heftige Kopfschmerz nicht im Hinterkopfe safa,
sondern in der Stirn und im Oberkopfe, dafs er nicht so anhal-
tend war wie jener, sondern an Iniermission grensenden Nach-
lafs, bei manchen wirkliche laiermission machte, an welcher In-
termisaion des Kopfsi^merzes das aufgeregte Gefafssysiein aber
keinen erkennbaren Anibeil nahm. Bei der Exazerbation war der
Schmerz ungeheuer befkig> es entstand bei manchen Kranken selbst
Irrereden , welches b«im Nachlasse wieder verschwand. Dieser
heftige , nachlassende oder auaselaende Kopfschmers war das eio-
aige feste Symptom, wodurch «ich diese Krankheit von der vort-
gan unterschied. Das Fieber war, wie alle Fieber, r«roiH)rend;
— 539 —
di» Remluion SnlseHe sich abw ¥eringKflh darch mindw« Vell-
b«it dei PhImi, Dicht durch miodere ScbneHs deuelbeo.
Wa> die übrigen wandvlbaraa Zufälle betri&i, so kann ich
aber aelbige , gerade weil sie wandelbar waren , nur gsax in
Allgemeinen folgende Vergleichung mit denen dei vorigeo Fiebers
anstellen.
Der Schraera in den Füfsen (io den Wadea oder JPersen)
Vrar weit häufiger bei dieser Krankheit als bei der Torigen, ja
als bei irgend einer lo genannten nervSsen Krankheit, die ich
je in meinem Leben behandelt. £r erschien nicht blofs bei der
Genesung, sondern auch lu weilen im ersten Zeiträume.
Bei der vorigen Krankheit hatte ich mehre behandelt, die
gleich anfänglich anfaaliendas consensnelles Erbrechen batieD^ bei
der jetzigen fand ich keinen einiigcn mit diesem Zufalle.
Bei der vorigen Krankheit hallen etliche Menschen Husten
nnd blutigen Auswurf, bei selbigen Uefa der Schmerz im Rück-
graihe veriiHithen , dals der Hosten von einer Affektion des Rük-
kenmarkes abbing; bei der jetzt in Rede stehenden Krankheit
erschien der Husten oft als sehr ISstiges Symptom , ohne dafs man
die geringste Vermotbong des ergriffenen Rückenmarkes haben
kennte. Als consensueller Zufall des Urgehirnleidens machte er
iia Krankheit weder gefahrloser noch gefährlicher.
Der Durchlauf war häufiger bei dieser Krankheit ala.bai der
TOrigen.
Krampfhafte Mnskelaffeklionen waren, wie bei der rorigen»
adten.
Consensualle Affektion der Gallenging« and davon abhängende
krankhafte GallenEekretion bemerkte ich' in der vorigen Krankheit
bei etlicfacn , in der jetaigea bei gar keinem.
Naseohlnlen, welches bei der vorigen Krankheit nachtheilig
einwirkte , ohne gerade Gefahr an bringen , war bei der jeuigen
geftbrlicb , ja ich habe es selbst t&dtlich werden aeben.
Die jetsige Krankheit machte hei etlichen Mensi^en Rnck-
ftlle, welches die vorige nicht that.
Die Kräfte eihielten sich hei dieser so gnt wie bei der vo-
rigen.
Die Daner der jerxigan Krankheit war, wie die der vorigen*
ehe ich Ralh darauf wufite, lang, sehr lang. Die Natur heilte
■ar dnrch ErsehSpfung; und wie nun der eine Körper eher er-
sohSfft ist als der andere, wie nnn zu dieser schnelleren oder
langsameren Erschöpfung manche Umstände z. B. der Grad des
Fiebers, dea Kspfachmeraes , Durchlauf oder Vetatopfusg beilra-
gen, to ist leicht so begreifen, dafs über den Verlanf einer sol'
chen Krankheit nicht einmahl etwas UngefBhtea kann beslimiul
— 540 —
loh habe eioeo Mann behandelt, <ien aber nicht loh, tooivitt
die Natur ^heilt hat, (ioh kannte damHhlg noch kein Eij^enniitlcl
auf dieitea (iehirnleidenj dessen Krankheit mit ihren Xuchwehen
( VerstandesschwScbe, heftiger Schraen in den Füban, Ilarnbe-
■ohwerden) voni elftea September bis mm aieben und zwanzig-
Uen Dexentber anhielt. Eine junge Frau , die xur nBmIlcbea Zeit
erkrankte , da ich noch uneingeweiht in dieser Sache war , hat,
du sie keine Nachwehen bekam, blofs vorn siebzehnten Oktober
bis Silin fünf und zwanzigsten November krank gelegen. Einer
meiner ftlteren Freunde lag ebenfalls über vier Wochen krank,
und wenn er periodiscfa deltrirte, erinnerte er sich hinlenaach
dieser Fabeleien; auch bei der voUkoniinnen Genesung ist ihm
die dentlicbe Erinnerung, zwar nicht aller* aber doch der aus-
gezeichnetsten Phantasien geblieben. So befand er sich z. B. einst
auf einer schönen Aue, ihn umgab eine grofse Schar Kinder,
die weifs gekleidet und mit blauen Blumengewinden geschmückt
waren. Diese stimmten einen Gesang an, und nie in seinem
Leben halle mein Freund einen solch zauberisch schönen Gesaag
gehört. Die Leser möchten vielleicht denken, der ehrliche Mann
habe nie in seinem Leben etwas Gulei gehört, und darum sei
ihm jener Gesang so gar lieblich lorgekommen. Ich bemerkt aber
darauf: dafs er in einem gesaogreichen Lande und zwar in einer
der gri^erea Residenzstädte E^ropens sechs Jahre im Amte ge-
standen, mithin, als ein Liebhaber der Tonkunst, dem es nie
an Gelde gefehlt, aach ansgeEeichnet ai^önea Gesang gehört halte;
aber, wie gesagt, alles, was er je gehört, hielt nicht den Ver-
gleich mit dem Zaubergesange seiner Phantasie aus.
Eh ich ein Eigenmittel auf dieses Gehirnieiden kannte, ging
bei dem Fieber das periodische Irresein in wirklich «nbalteodeS
über, welches mit Schlafsucht igkeit abwechselte. In diesem Zu-
stande ihat der Zink gute Dienste; jedoch habe ich keinen gese-
hen, den er wirklich geheilt hätte. Wenn Irresein und Schlaf-
sucht verschwanden , ging die Krankheit ungestört ihren Gunj^,
und die Klagen über Kopfschmerz, durch jenen besinnungslosen
Zustand onterbrnehen , fingen aufs neue wieder an.
Oh diese Krankheit ansieckend gewesen , kann ich nicht mit
Gewibheit sagen; es sprachen Beobachtungen für und wider die
Antteckang. Wenn die Leser nun bedenken , wie gering die un-
terscheidenden Zeichen zwischen dieser Krankheit und der vorigen
waren, ja wie ähnlich sie im ersten Zeiträume manchen an In-
termission grenzenden Bauchfiebero war , so wird sich ihnen , ao
gut wie mir, der Gedanke unwiderstehlich aufdringen, dafs die
Erkenntnifa der von unbekannten atmosphlrischen Einflüssen ahi
bangenden Krankheilen ungeheuer schwierig sei, nur durch Ver-
glaichung mehrer Fälle, und zwar hinsichilich der Krankheitaaeit-
— 541 —
Ktame Twsehiedener I^le, uad nur durch TOraiehtige Veranche
kSane erworben werden.
Wiu Toeinfl Uniersaehang dieser Krankheit betrifft, so be-
lehrte mich, wie gesagt, daa Niobtbeil wirken de« Tabaksgeistea
aueni unwidersprechlieh , dala ich es mit einer nenen Krankheit
all ihnn habe. Es war znvdrderst zu untersacben , ob diese tie-
berhafte Krankheit ein reines Urkopfleiden , das heifst, ob die
ASektion des Gehirns ein für sieh bestehendes Uebel nnd das Fie-
ber consensuell davon abhängig sei, oder, ob ich es mit einer
gemischten Krankheit, mit einem Urgehiraleiden eigener Art, und
mit einem Urleiden eigener Art des Gesammiorganisrnns zu ihun
Iwbe; oder endlieh, ob das Ganze blofs eine im Gehirne vorwal-
tende Affektion des Gesammtorgnnismns sei. Von diesen drei
Möglichkeiten mnfst« Eine doch Wirklichkeil sein. Das Ungldck
war nur, iaSa die sinnlieh erkennbaren Erscheinungen weder f&r
das eine, noch für das'andre sprachen. '
Da ich bald sah, dafe der würfelichte Salpeter die Anfregnng
des Geßfasystemes dnrvhans nicht mäfsigte, ja den Dorchfall,
wenn dieser da war, selbst mit Oelemolsion rerbunden, eher Ter-
mehne als verminderte, so war ich sicher, dafs ich es mit kerner,
unter der Heilgewalt des ^Ipeters stehenden Affektion des Ge-
sammt Organ ismns zn tbnn hatte. Ich wandte jetzt das Eisen an,
nnd zwar das rothe peroxydirte, weil dieses in der letzten Zeit der
vorigen Krankheit einigen wohlthStig gewesen war, niid Bberhaupl
das mildeste von allen Eisenprü paraten ist. Es leistete anch jetzt
offenbar weil bessere Dienste in der Beschwichtigung der GefHfsanf-
regnng, als der Salpeter, jedoch nicht die Dienste, welche ich ver-
langte. Einige F9lle von sehr befti^m nnd sehr nachiheiligem
Xasenbluien bestimmten mich gar bald, ein krüftigeres Eisenprä-
parat, die einfache essigsaure Eisentinklnr znr Hand zu nehmen.
Ich gab also eine Unze einfache essigsaure Eisentioktur (deren
Bereitung ich an einem schicklicheren Orte angehen werde ), eine
Unze arabisches Gummi und sieben Unzen Wasser. Von dieser
Mischung liefs ich stündlich einen L5ffel voll nehmen , so dafa
die ganze Portion innerhalb vier nnd zwanzig Stunden verzehrt
wnrde. leb sah sehr bald , dnfs icfa anf dem rechten Wege war,
denn die in dem ersten Zeitranme der Krankheit vorwallende starke
Gef&fsBufreguug beschwichtigte sich bald nnd dem Kranken fShl-
bar; ja, beim Darchlanfe gegeben, stand dieser bald. Letztes
war ein Beweis, dafs der Dnreklanf kein cnnsensnellor war, denn
ein solcher wSrde nicht dem Eisen gewichen sein.
Bei aller guten Wirkung des Eisens blieb aber leider der
Kopfschmerz wie er gewesen , und die Krankheit hielt ihren Vei^
lanf.
Alles wohl erwogen, glaubte icfa sicsulich sieher zu nein, ^^^•
— 542 ^
ich M Mit «iner gemisohtm Kruikbeit, mtt «in«« UilaideD iIm
Gehimg uod mit einem, anter der Heilgewalt dra Eiwei atehen-
den ürleiden drs G«aanmtorg«iitmy* Eu tban habe. Jettt war
diu wichtige Aufgabe an ISien: welcher Körper in d«- Natnr ai-
cfaerei, ichnellea Heilmiliel dea Urgehirnleidens lei; ao lange ich
dieSH nicht gefanden, konnte ich anch die Krankheit nicht hei-
le»; ich konnte blofs, dnrcfa meine Bekanntaebaft mit der Natur
des Urleideni des Gesammtorganismua , dem lödtlichen Anagange
der Krankheit Torbeugen (ob in oUea Fällen! dai mdcbte noeh
BWflifelhaft sein).
Den eiaigaauren Zink hatte ich schon anßDglich des aympto-
lAaliscben Durcblaufei wegen ganz ohne Nutaen gebraucht, er
halte weder den Durchlauf geiiillet, noch den Kopfachmera ge-
hoben ; alao stand das Kopfleiden auch nicht nnier seiner Heil-
gewalt, und ea würde verlorene Muba uod Zeit gewesen amot
Mit ihm neue Veraoche tu machen.
. Ich Tersuchte nno die Cepkaltca der Alten , das Ht/perieMm
nod die Auaga/li*; aber der Erfolg war weder günstig noch un-
günstig. Jetzt wendeten sich meine Gedanken auf daa S/raai«-
mium , weil ich dieses Tor gar langer Zeit iii einem einieliMn
Falle mit. Nuixen beim heftigen periodischen, (Bglicben Kopf-
schrnene gegeben; Ich fand auch jelst, da ich ea bei der berr-
Bcbeaden Krankheit gebrnuchle , dafs es das nnbeBwingbare Kopf-
leiden aichibar beschwiohiigie, und ea bei fongesälkteni Gebran-
ehe gAos hob. Anfänglich ging aber daa Ding noch etwas gc
brechtioh, denn ich mufsle die Gabe erst vontichtig aasmiitelnt
als itih di«8e pinmahl bcaiimml hatte, ging es besser, und meine
BeaOrgnifs vor einer mSglifrhen feindlichen Einnirkung wurde im-
mer geringer und schwand bald ganz. Ich fand, dafs ich im All-
gemeinen Eide Drachme der Tinktur des Siechapfeisamens in vier
«nd swanaig .'Standen nöihig hatte; selten bin ich bei dringenden
lÄftsifndbn (w^en daK.vitgph^^^n Schnierzea) duf anderthalb
Oratfhinea'igeiiiiitgen.. , ' ; •''/' r./t i ■•,...., ,
r-iJt^zt,,. nun iclt'idM:tt((hi^:E>g«t>heifminel abf d1ls*G)>h?'<'oA*'-
ge^hl*k,i-jetxti sBhb.iv^«ildiGVk:;d||«Jph.die: Natnr der A^Me^
tian.des GBMmAworgMivilHH f*f,tVi«l|<rtii« «ithli^.ibei^beib::^ W
warwirklicb keia rfeit'eoiüJ^MtowIlflSt: «otOtaa» M«t«|rtli(d;eb Vfliki
gewalt des Eisens deherfdes: I5rfieber.':.*W4U .Mli;q?^Rt-'fe«ll4it«[f '
nftthige Mittel and eb«n ao nngelrn niclitoni}ßug<ZitstMilmfiletpiM
gen gebe, so versucfate ich, uai mieh'rvHkihiAn^'Tnn jdtfRiflh'
tigkeit meiner Ansicht in überzeugen, miC der> StOohapfUtinkiilD
allein die£^erhafte Oehirnkrankheit KU heben« Den-KApffchmerz
konnte ich wol mBfaigen, allAin das Fieber blieb, snd ich sab
offenbar, dafa sich dieses Fieber ganz andera verhielt als ein rein
consensnelleB, welcbea letite, sobald man ein gnlei Eigenmittel
— 543 —
■nf itu nrnkrankte Or^ao einwirken iBfit, sich gar baiA be-
xefcwichiigel, welche«, wie gesagt , diese« Mahl nicht der Fall war.
leb hielt es aber für pflichtwidrig, den Versuch Weiler zu treiben,
soodern setzte eine Unze essigsaure einfache Eiientinktar , eine
Uoze arabisches Gummi, eine Drachm» Siechapfehiaklur und sie-
ben Unsen Wasser lusamnien , welche Mischung der Kranke in-
aerhaib vierundswanzig Stunden (atündlicfa einen Lilffel) verzehren
nnbte. Diesem war nun das wahre Miiiel. Die Gel^fsanfregung
wnrde dadurch Snga gemSfaiget, der Kopfschmerz beschwichtiget,
die Besserung schritt regehnfiblg voran, und die endEose Krank-
heit hob sich innerhalb acht bis vierzehn Tage. Ich war wirklich
herzlich froh, dafa ich mit dieser Uniertnohnng auf dent Reinen
war; sie bat mir viel Schererei gemacht, znmahl da zwei meiner
besonders guten Freunde , von deren Leben , nach menschlieher
Ansicht, das Glück ihrer Familie abhing, von dieser Krankheit
heftig ergriffen waren, bevor idi die Xalnr derselben kannte.
Die besonderen Erfahrungen , die ich hernach gemacht habe,'
lind folgende.
In etlichen, jedoch wenigen Fällen, sah ich, dafs entweder
der vorhandene Durchfall sich nicht bald stillen wollte, oder dafs
er, lelhflt bei dem Gebrauche des angegebenen Trankes enisiand.
SeiKe ich dann eine halbe Jünze Tabaksgeist zu dem Tranke, so
hörte er gleich auf. Offenbar war in diesen einzelnen Fällen der
Durchlauf anderer ^Jatur; er hing mehr als echt consensneller von
dem Gehirnleiden, als von dem Leiden des GesammiorganisuiDS
ab. Warum aber zur Beschwichtigu|ig desselben der Tabaksgeist
mehr leistete als die Stechapfeltinktur, ist schwer anzugeben. He-
ber solche Abweichungen von dem Gewöhnlichen einer herrschen-
den Krankheit kann man leicht wortreich sprechen, aber sie nicht
leicht genügend erkISren,
Mit dem Nasenbluten habe ich, seit ich die Natur der Krank-
heit kannte und Mittel darauf wnfite, wenig mehr zu kämpfen ge-
habt. Bei der angegebenen Behandlung erschien es nicht leicht,
und wenn es auch in geringem Grade erschien, liefs es sich durch
kalte Umschlage anf die Stirn bald heramei^. Es hat sich aber
■nr selben Zeit ein Mädchen aus der geringen Volksklasse, aro dril-
len oder vierten Tage der Krankheil, zn Tode geblutet. Begreif-
lich haben die Ihrigen nicht die Gefahr geahnet, zonst würden lie
wol Hülfe gesucht haben.
Hinsichtlich des Nasenblutens ist es eine eigene, nnerklärba-
f* Sache, dafs es in dem einen Jahre bei der nämlichen Krank-
heit hKchst gefährlich, in einem folgenden belan^os, und wieder
in einem andern, wenn gleich nicht heilend, doch wohlthätig, das
Kepfleiden nehc oder minder bascbwicfatigeod mId kann. Wenn
— M4 —
non ein Kranker, bevor der Arzt die Natur der Krankheit erforeoht
hat, anfängt zu bluten, wie mofa «eh der Änt dabei benehmeal
Die schreibenden und lehrenden Aerste , die ea nch wahr-
Bcheinlieb zur Schande rechnen, nicht auf alles Hülfe zn witaen,
g;eben ans den Raih , auf die Wirkung dieser Ausleerung » ach-
len , sie in stillen, wenn wir sehen, dafs sie naefatheilig auf das
Befinden des Kranken wirkt. Es ist sehr klug gesprochen, aber nnr
sa beklagen, dafs, wenn wir bei solchen fieberhaften Krankbeitea
den Nachifaeil der Blutung gewahr werden, wir das ausgelanfene
Blnt nicht wieder in den Kopf bringen, und den Nachibeil der
Aosleemng suweilen nicht wieder gut machen können.
Da ich weder lu den Gelehrten, noch zu den Lehrenden f^
h3re , so trage ich kein Bedanken xu gestehen , dafs bei solcher
neuen herrschenden Krankheit mich das Nasenblnlen, wenn es et-
was reichlich ist, >b nicht geringe Veriegeobeit setz). Es gibt al-
lerdings Zeichen, ans denen man die Schädlichkeit der Blutungen
mit Gewifsheit bestimmen kann (von welchen Zeichen ich im fol-
genden Kapitel handeln werde); diese Zeichen sind aber in sofern
unsicher, dafs ihr Nfchlvorbandensein das Nichtvorhandenaein ei-
nes Körperznsiandes , bei dem Blutungen höchst nachtheilig und,
auf keine Weise Terbürgei.
E^ gibt In jeder sieb verschlimmernden Krankheit einen un-
sichtbaren, nicht zu beslimmenden Punkt, der zwar nicht das Ziel
der Lebeuszeit, aber doch das Ziel der Heilzeit ist. Der Kranke
kann durch ein reichliches Nasenblnten (vom überreichlich hefti-
gen spreche ich nicht) gleich auf jenen unsichtbaren Punkt versetzt
werden, und wenn er dann auch noch einen, and erlhalh, bis zwei
Tage leben sollte, so werden wir doch vergebens unsere Kunst
aufbieten, ihn von der Heimfahrt zarückzabalten.
Des Stramoniam scheint mir ein Mittel, dem man in früher
Zeit, gleich der Brechnafs und einigen andern (refilicben Heilmit-
teln, üble Wirkung zngeschrieben, die es, in der nnmittelharen
Heilgabe , bestimmt nicht bat. Ich habe es bei dieser berrschen-
den Krankheit so hSnfig gebraucht, dafs, wenn es irgend eine feind-
liche Einwirkung anf den OigHnismus geSafsert hätte, mir diese
anm5glich hatte entgehen kBnnen. Ich habe es aber dnrchgehenda
unmittelbar heilsam, und nicht feindlich wirkend befunden. Ein
einziges Mahl mochte bei einem etwas reizbaren Fräulein die Ga-
be ein wenig zn starte gewesen sein; ihre Mutter sagte mir zum
wenigsten, sie habe an ihr kleine Zuckungen der Arme bemerkt.
Ob das aber von der Steobapfeltinktnr , oder von der Krankheit
gekommen , machte schwer zn bestimmen sein ; denn , da ich bei
unserer Krankheit schon gesehen, dafs einem starken Landmanna
die Ferse eines Fufses krampfhaft bis an die Hinlerbacken gezo-
gen wurde, und zwar ehe m- Stechapfel, oder irgenil eine andre
— »45 —
An««*i gwmwo', ao kounte ümaa näinliobe Kiankheh eiama
fnivleiD «acb wol ein weaig ArwiKikangen veninacfaeti. Uebri-
gnmt Mi dicMS ZDckende Fr&uleia eise von d«n«n geweien« di«
u» aebpaUateB gebeilt und ; lie- genas in vier Taget*
Bei deq Verwicbu» di» iob ipit der Sieehapfeliinktiir an niei-
mna «igaaea Leibe bei vollkoanoer Gesondbait aageaiallt, um
aM aebeB, ob sie aaoh ia der Heilgal>e dea gvsnndco Manachea
fnükiUioh angreife, faad ioh bieb, dafa aie itiir eine lästige Trok-
kai^it des Munden varuraaobte. Merkwürdig war •« mir, daT»
die Krankaa aiabt über diese Trookenbait klagian; ich weifa. mir
diasea oiclu andan M. erklfirao, abidaJa das KopSeiden, Fiäber und
anderes mit jedem Fiel>er rerbundenea Ungemaob daa Gefühl der
Kmakeui ganz^. in Anaprueb genoMiman, und er auf die kleine- Un-
bctguemliebkeii, die MiiadtraDkeabeil, nicht geachtet.
Ea iu weit leiobter,. bei- dem Stechapfel eine allgemein paa-
sende Hailgab« auaznfindeDi als bei niaoehen andeta narkotischen
Milieloi Wann ein Mittel» dos in der Gabe, wniio es fonfxig
\I«ft9cfaen hilft, de«) einundfunfKigaien üble und bedaoklicbe Zu-
Wie verumaoht, ohne dafa ioh dimes vorhers^eO' und verbuiea
kann, so hat dieses Mittel in meipwi A-ugen wenig Werih, und
bc^i herrschenden Krankheiten es zu gebrauchen, könnte nur die
ftufsersre itaifajosigkait mich heaiinmea. Das Stramoniuin gehört
niefat in diesn Kategpriej nun kana die allgemeine Heilgabe ge-
inAchlich ansniitteJo, und wird, nicht leicjat in unangeoefaiiie Verla-
genheiien garatheo. Was ea iu grofaen, feindlich den Organli-
■aas angreifendeo Gahea leistet, kann ioh nicht iag«n, da icli es.
blofa in der direkt wohlihfiiigen Heilgabe gebraucht.
Unter den nicht fieberhaften Kopfleiden habe ich au jener Zeit
den Fall erlebt, dafs der Schmerz in der rechten Seite des Kopfes
■afs, und einen bestimmten Fleok von der Gröfse aiaes Handtei-
len einnahm. Er war angabeuer heftig and faat aahaltend-, sinm
wenigsten der Nachlafs höchst unbedeutend. Bei dieaer Kranken,
einer Fran von höheren Jahren, habe ich aoerst mit der Stech-
apfellinktur bis auf anderthalh Drachmen in viemndswanzig Stun-
den steigen müssen, in welcher Gabe sie heilend wirkte. In den
gewöhnlichen Fällen reichte aber inuuar eine Dttuhjae hin.
Zn jener Zeit offenbarte sich auch JM Kogflaiden bei einigen
Leuten durch «ehr schmerzhafte Angeaentzündnog, die ehenfalla
dem Eisen nud der Siecbapfellinktar wich , allen andern Mitteln.
aber widerstand. Bei der Amaurose, die ich zweiinahl zu behan-
deln bekam, bin ieh nicht so glütjklicb gaweten. Ein junges Kind,
das. heim fieberhaften Kopfleiden gatu blind geworden war, woll-
te durchaus vichu einnehmen, und ist blind geblieben. Eine ält-
liche Frau ans der arbeitenden Klasse, die beim nichtfiefaerhaften,
whr lahncnUcbea Kqpfleideo iif eii)eip ZelUanme von ungelUhr .
— 546 —
4r«i Wachen ganz -bliod g;eworden war, kam dureh dan Gebranch
der angezeigten Mittel wieder so weil , dafa «ie die Unriaae dar
Gegenstände und die Farben der dem Auge nahe gebrachten an-
lerscheiden Bonnte. Da verlangte lie aehnlich die Kanal einea
angeblich in der Augenheiiknnst vorzBglieh bewandenan Wund-
arztes zn Terauchen. Der Veraach ist aber fibei anigefallen, die
Besserung ist ruckgängig geworden and die Fraa bis diese Sinnde
. stockbiind. Unter memer Behandlung wfire aie aber Tielleicht auch
nicht sehend geworden; denn wenn gleich bei dem schwanen
Stare die ersten Spuren der Wiederkehr dea Sehvermögens erfreu-
lich sind , so Terbüi^en diese doch nicht immer die Sicherheit der
rolikommnen Heilang.
Dafs Zahnsohiherz auch nicht selten VorgBnger oder Nach-
folger der Gehirnkrankheit gewesen, werden erfahrene Aerzte nuch
ohne meine Versicherung wol glauben. Warum ich ihn aber nicht
bei der wirklichen Krankheit beobachtet, ist mir nicht ganz er-
klftrbar; aufser, dafs ich im Allgemeinen weifs, dafs hervorste-
chende consensnelle Leiden weit eher bei dem nicht hervorstechen-
den Leiden deä urergrifi'enen Organa, alsoeher im Vorlllufer- aad
im Genesangszeit räume, als im Zeilraame der wirklichen Krank-
heit sich fiufsern.
Zwei Menschen, die im Zertranme dar Genesung sich einen
scbMerzenden und wirklich schadhaften Zahn aosreifsen liefien,
baxahhen ihre Voreiligkeil dnrch weit heftigere Sofamerzen in der
ZahnlUcke; ja «Ine derselben, ein junges FrSulein, hat von die-
ser Zahnbrecherei , welche übrigens ganz knastgerecht und glück-
lich Terrichiet war, 4iiehr Elend überkommen als von ihrer gan-
zen Krankheit.
Was übrigens den Gebrauch des Stechapfels aufeer der be-
schriebenen herrschenden Krankheit betrifft, so weifs ich nichts
davon zu sagen; denn ich habe bis jetzt (im Ocioher 1831 ) keine
t^legenbeit gehabt, ihn anzuwenden.
CAloriniilier.
Ich bin zu diesem Silbermiltel auf eine etwas sallMme Weise
£fekommen, die ich item Leser erxHhlen werde.
Ich schlage einst, anter andern alten Bficharn, auch dea
Woitx SchatzktaMmer über das Silber nach. Hier finde ich fol-
gende, nach unserer heuiigen chemtschen Lehre, ganz widersin-
nige Bereimng einer iSilbertinkiur. Man solle Silber in Salpeier-
aflore auflösen, es mit Kochsalz niederschlagen, und das geftllie
Silber mit Weingeist and Spiritui Urinae dlgerireo. Daraas solla
eine blaue Tinktur entstehen. Ich thetlie diese seliaaraa Bereitung
dem datnabligen Apotheker Herrn Bwekard mit und wie kamen
— 547 —
bali) nbvrein: m lei allerdiags onmSglich, dafi durch den be-
■chriebenei) Proaefs «ine blaae Tinktur «oltleben IcSnne ; aber es
sei auch eben ao unmoglicb, dafs «ioer seiner Sinae nifichtiger
Menscb nicbt ßlan von Weife oder Roth eollie haben untorsobei-
den können. In Grwftgang, dab die Allen die Corpora nalurO'
lia gar wunderlich haben auf einander wirken lassen, und des-
halb vielleicht Ergebnisse gesehen, die wir jetzt nicht sehen,- und
in Erwägung, dafs der Versuch, dieaen Widerspruch zu lösen,
weder kostspielig noch bescbwerlicb sei, übernahm Herr B**
die Bereitung der angeblichen blauen fabelhaften Silbertinklur.
Wir überzeugten uns dod bald, dafs des Woits Gewfthra-
minn, statt eines reinen, ein mit Kupfer gemischtes Silber müsse
genommen haben, und dalji er besliinmt die Tinktur so nicht be-
reitet habe als sie in der Schatzkammer angegeben ist; denn da
jetzt reines Silber genommen wurde, war die Flüssigkeit, die
angeblich blau sein sollte, wasserbell. Mir war das nnn eben
nichl auffallend, denn ich wnfste recht gnt, dais die allen scbei-
dekiinslleriscben Schelme nicht selten die Bereitung ihrer Gebeim-
nittel absichtlich falsch oder anvollkommen angegeben, am die
Aenle zum Besten zu haben.
Indem ich nnn bei Herrn B** im Laboratorio war, und die-
ser, der die Schelmerei der allen Scheidekünstler ao gut nicht
kaonia als ich, die Ehre desTinkturmachera dadurch noch ein wenig
aufrecht so erhalten suchte, dafs er in der angeblicben Silberlinktor
durch Reagenlien ein Atom Silber entdecken wollte; fiel mala
Auge auf das auf dem Seibpapiere liegende Silber. Dieses war
von bifitilioher Farbe , wie feuchter Mercuriu» cinereui. Wie t
dachte ich, sollte das anch wol des Paracelaus Argenttm laivreum
sein, welches er als Cephalicum riihtni, dessen Bereitung er aber
nicht andeutet! Aus dem Beilegeworle latureum lälst sieb doch,
in Erwfigung der eigensinnigen Schreibweise des Paracelsns, nichts
weiter achliefsea, als dafs die Farbe seines Silbermiiteis der blauen
nfihet gekommen sei als der rotben, grünen oder gelben. Ich
tbeilte dem Herrn B" diesen Gedanken mit und bat ihn, das
auf dem Filtro liegende Silber. abzuwaschen and, dem Lichte nicht
aasgesetzl, zu trocknen. Getrocknet sah es nicht mehr so bUo-
lich aus, da ich es aber auf die Zunge brachte, batie es einen
BufTallend metallischen, dem grauen Quecksilberoxyd Shnlichen
Geschmack, so dafs ich kaum im Stande sein würde, es von die-
sem durch den Geschmack zu unterscheiden. Ich urlheilte, dafs
dieses Silber im Speichel auflösbar sein müsse, denn sonst kfinne
es unmSglich schmeckbar sein.
Was nnn die Wirkung desselben betrifft, so ergab sich durah
den Versnch an meinem eigenen Leibe, dafs es, in eingraniger
Gabe, viermabl lag agebraucht, ein wenig den Stuhlgang befBr-
— 548 —
der«, d«f> diese Einwirkung; nuf di« DHrni» aber bei dem Tortg*-
temen Gebrauche in ein paar Tagen von lelbat naclilasae, nnd
AnU man es in zweigraniger Gabe , viermahl lag« , ohn« feind-
liche Wirknng verlragen könne.
Das Nämliche habe ich nun auch bei Kranken beobachtet,
denen ich es, eines Ko|tf]eidenB wegen, gegeben. Zwar nicht
allen berördert es anfUnglich ein wenig den Stuhlgang, aber dock
den meisien^ diese Wirkung hört aber von selbst auf. Wollte
ich behaupten, dieses tSiiber sa häufig gebraucht zu haben als
andre Cepha/icn, so würde ich unwahr sein; ich habe vielmehr
wenig Gelegenheit gehabt, es in Kopfleiden aniuwenden, weil
das uBier seiner Heilgewali stehende wenig vorgekommen ist.
Die wichtigste Erfahrung kabe ich im Jahre 1S24 gemacht. Bis
. dahin hatte die eben baschrietiene, nnler der Heiigewalt des Stech-
apfels nnd Eisens stehende Gehirnkrankheit geherrschi. Ungefähr
Im Sepiembar des besagten Jakret v«r8nderte die Krankheit am
ihre Natur, daf« ich mit jenen Mitteln nichts mehr aasriehte«
kannte, leh mufsle also ein anderes CephaÜcum versuchen , nnd
fand jetsi Hälfe in dem Chiorinsilber. Das unterscheidende Sei-
chen dieser Krankheit war aber mehr negativ als positiv; denn
wenn bei den beiden vorigen Fiebern ein hefifger, anhaltender,
oder umsetzender Kopfsohmera vorwaliata, so war bei dem in
Rede stehenden der Kopfschmeni eine seltena firsobeinung, nnd
In den Fällen seines Verbände «sei na war er nicht einmahl heftig,
xam Wenigsten nicht mit dem der oben beaf^riebanen Kraakhci-
•en vergleichbar. Alle Krank« klagten aber, aelbst im Vnriän-
fersiadio , Ober «in wahrscheinlich dem Schwindet verwandtes Ge-
fäbl, welches sie in der Volkssprache mit dem Namen TolÜgkeit
belegten. Dieses GefShl, welches man im Teatschan wol am
richtigsten dnroh Tanmeligkeit bezeichnet, ist aber der gewfihn-
liehe Vorboihe und Begleiter muncher sogentanten nervBsen Bauch-
fieber, Ja nicht lelian ist es der Vorbotbe der gewöhn liehen Gal-
lenfieber. Nur ein höchst Unerfahrener könnte ea also als ein
pathognomoniscbes Zeichen nnaerea Fiebers ansehen. Uebrtgeos
hatte diese Krankheit keine auagaaeichneta Zufälle, welche man
nicht allflsammt auch bei den früheren Krankheiten beobachtet bitte,
loh bin in ganx verschiedeoea Zeiirftumen zu Kranken geni-
fen worden, und habe mich überzeugt, daf« diese Gehirnkrank-
heit von den twei vorigen, aufaer durch Abwesenheit oder gerin-
gen Grad des Kopfschmerzes, sich nur blofs dadurch nnterschied,
daA sie nicht den Mitteln wich, denen die vorigen vrichen. Mit
dem Silber konnte man sie aber aus dem ersten Zeiträume in den
der Genesung führen; das Gefühl der Taumeligkeit verging bei
^m Gehranehe desselben augenicheiofich , das Fiaber lieb oaek
nnd der Kranke genas.
„,,,_„,,,, Google
— 046 —
Diifs diMei Fieber, wie alle andr* Gebtfii- ami BauehfirbM,
wenn sre nicht duriA das geeignete Aliltei auf das urerkrunkt«
Or;gan im ersiea Züiiranme gehoben werden, lich im weiteren
Verlaufe dem BOgeoanaten \ervenfiebcr gliiioh geutoltete, und bei
dem einen Kranken diese, bei dem andern jene Zufälle aeigte,
Mid dafs unter diesen Zufällen Irrereden , SchlaFsiiohligkeit , Mek-
neMpringen in verscbiedenem Grade, die gemeinsten waren, braii-
nbe ich wul kaan dem Leser zu sngen. Folgendes bin ich aber,
der minder Erfabrenen wegen, zu sagen verpflichtet. Wenn gleich
das Silber die besagt« Krankheit im Vorlaofzeilraume unterdrückte,
und im ersten Ansbruchsseitraume bald und augenscheinlich heilte
( nicht selten in vier bis fitnf Tagen ) , so kann ich doch das Näm-
liche nicht von den folgenden Zeiirttnmen behaupten. Wurde ich
erst dann gerufen > wenn sich die Krankheit schon recht im Ge-
hirn etngtniatet , wenn schon der Anfang des Irreredens, der
Schlafiüchtighmt , Sehnenspringen, trockne Zunge, Durchfall u.
s. vr. vorhanden war, so ifaat es allerdings gute Wirkung, es
blieb das einzige Miuel, von dem ich wirkliche Heilwirkung sah ;
jetzt waren aber nicht, wie im ernten Sladlo, vier oderfSnf Ta-
ge, sondern wol vierzehn snr Heilung nötbig- Bei solchen weit
fortgerückien Krankheiten hängt das geschwindere oder langsa-
mere Heilen, bei gleirh guten Mitteln, gar zu viel von Umstän-
den ab, die nicht in der Gewalt des Arztes stehen. Jedoch, da
die Selbsibeilung soldker Krankheit von der Natur in den meisten
Ffitlen nur durch gKnzlicbe Erschöpfung des ganzen Körpers be-
wirkt wird, so müfaten schon sehr mifiiliGhe Umstünde dem Arzle
in den- Weg Ireieo, wenn seine Kunslbeilung nicht noch grofse
Vonüge vor der SelbBiheilung haben tind dem Kranken nnbere-
eheabare Leiden ersparen sollt*.
Meinen Lesern bemerke ich übrigens, da& die besprochene
Silbergebimkrankbeit bei weitem nicht so viele Menschen ergrif-
fe« hat als die Tabaks- oder Stechapfelgebirnkraakheit , dals ich
«la» nach ni«ht ao viel Etfakrinig iibei das Silber habe als über
jene Mittel. Sollte früher oder spitar der eine oder der andre
ähaliche, unter der Heilgewalt des Silbefa stehende herrschende
Gefaimkranklieitea an behandeln haben , ao würde er wahrschein-
lich noch manche Vortheile des Silbergebranches lernen, die ich
jetzt aus Maogel an Erfahrung aicht angeben kann.
Ein Fall von Gehirnleiden, in welchem icfa es a^ut nicht
mk Voribeil, sondern offenbar mit Verschlimmerung des Uehela
gegeben, sebrnnt mir der ErzKbliing w«I werih. Im Winter iS^
bernebten hier, wie an vielen anderen Orten, böio Masern. Ich
■olk« eioen ««hijaJu'igen Knaben, welcher nach den Masern epi-
leptisob gewordc«, beilan. Da bekanntlich die Masern gern ein»
Crütm »eeuudurittm AuifAi dM Stuhlgang machen, die Natur die-
-.ügic
— 6W —
■M ab«r in dem gegenwirtigen Falle nicht gsthan , die KnnBt ihr
aach nicht nachgeholfen, io Tersacfaie ich zaerat, ob ich nicht
darch Laxtrniittel dieses Uebel, gleich manchen andern Nachkrank-
heiten der Maaern, heben könnte, und du ich auch starke Ver-
muibung baue, dafa das Kiod voll VViirraer «lecke, richtete ich
logleich anf diese mein Angcnmerk. Allein , ob ich gleich den
Kleinen mehre Tage hintereinander dSnnleibtg hielt nnd ihm eine
grofse Menge Spulwürmer wegtrieb, so haue doch diese Behand-
lung durchaas keinen Einflufs auf die Epilepsie, die machte rM-
Mehr, wie früher, mehre Anfölle in vier nnd swaoxig Stunden,
■owol bei Tage als bei Nacbl.
Ich xweifelle jetzt nicht, dafs ich es mit einer Uraffektion
ita Gehirns zu thun habe, nnd versuchte das Silber. Weit ent-
fernt aber , dafa dieses die Fallsucht gehoben oder gemindert hätte,
kamen vielmehr die Anfälle derselben häufiger und waren unver-
kennbar heftiger und anhaltender. Ich liefs jetzt das Silber fahren,
und gab das Pulver der Ariemiaiawursel. Dadurch wurde die Fall-
sucht gleich gelinden, in knrzer Zeit ganz gehoben, und ist bis
jelzt, da ich dieses schreibe (im October 1631), nicht wieder-
gekehrt. Ich glaube, dafs die Beifufswurzel die Fallsucht nur dann
hebt, wenn diese in einem Urleiden des Gehirns ihren GrUnd hat,
mit Atisschltifs jedoch der ererbten oder erworbenen Bildungsfeb-
ler dieses Organs, oder auch der Hirnschale, denn wenn die Fall-
sucht von solchen Fehlern abhangt, wird die Beifufswurzel nicht
heilen. Auch in consensuellen Epilepsien, die von Urleiden an-
derer Organe abhängen , wird sie wenig leisten , zum wenigsten
keine dauernde Heilung bewirken.
Mir hat sich bei diesem Falle der Gedanke aufgedrungen, dafs
die Arteinisia, ata Eigenmittel des Gehirns, wahrscheinlich auch in
andern UrgehirnaltekiioneD direktes Heilmittel sein kaoue. Einer
solchen Gehirnkrankheit begehre ich aber gerade keinen nosolo-
gischen Namen zu geben; ich denke nur, wie ich bis jetzt herr-
sehende Gehirnfieher erlebt, die unter der Heilgewalt des Tabaks,
des Stechapfels, oder Silbers standen, so kann ich auch noch
solche erleben, die unter der Heilgewalt der Artemtsia, der Ana-
gallis oder dea Hypenciim stehen. Mittel, denen wir entweder
aua eigener Erfahrung, oder nach der Erfahrung anderer, direkte
Heilkräfte auf ein urerkrankles Organ zuschreiben müssen (diese
Affekiion mag sieb offenbaren, unter welcher nosologiachen Form
es auch sei}} sind für uns praktische Aerzle von grofser Wich-
tigkeit. Nicht, dafs wir sie täglich gebrauchen und ihre Heil-
wirkung sehen kannten, so meine ich es wahrlich nicht, aondera
es kSnoen früher oder apäter Krankheiten erscheinen, in denen
das eine oder das andre einziges Heilmittel ist , nnd uns aus gro-
fser Srzllicber Verlegenheit hilft. Damm ist es eine übergrofse
— Wi —
Narrbtit, eia Rittet deshalb gering m schSf zen , weil wir in eiaam
^wissen Zeiträume wenig oder keine Gelegenheit gehabt, loine
Heilkraft lu erprohen.
Zorn Schluue werde ich jetzt die Bereiiuog des .von mir ge-
brauch len Silberpr¶tes angeben.
Eine beliebige Menge Silber wird in reiner Salpetersäure auf-
gdSset und durch hinreichende Kochielaautlösnag niedergeschla-
gen. Daa gut aoegawaschetie Filtrat wird mit weinichlem Ainnio-
oiak, unter Vermeidung der Einwirkung deu LichteH, in einem
Kolben digerirt, dann gut abgewaschen und im Schalten getrocknet.
Z i n i.
Diese« Mittel babe ich nnter dea Gefaimmitteln am frühsten
«ad am faKufigaien gebraucht, obgleich ich bii jelzl noch keine
hemehende Krankheit erlebt, die in ihrem ersien Zeiträume un-
ter seiner Heiigewalt gaatanden.
Da der Zink ia allen Sauren auflöslicb ist, also auch leieht
im Oarmkanaie so viel Sture findet, um sich auficulösen^ so habe
ich für das klügste gehalten, ihn den Kranken als essigsauren
Zink zu geben; und bis jelst kenne ich noch keine SSure, mit
der man ibo als Cephalicmm xwedimSfuger verbinden k&unte «Im
mit der Essigsaure; wiewoL ich nicht in Abrede stelle, dafs ermit
ScbwefelsBuie verbunden als Brechmillel krKfliger sein mag, und
dals man ihn auch mit andern Sauren xu anderen Zwecken vor-
iheilbafler verbinden kann.
Was die Gabe des essigsaaren Zioka betrifft, so kann man
anderthalb his zwei Drachmen in vier und zwantig Stunden geben,
ohne dafs die Menschen dadurch zum Brechen oder zur Uebelkeit
gebracht werden. Jedoch ist anderthalb Drachmen di^ gewöhn-
liche, swei Drachmen die anfeerge wohnliche Gabe. Man trifft
auch einzelne Menschen, denen and erlhalb Drachmen xa viel ist;
diesen mufi man begreiflich weniger geben, jedoch kann man
diese Quantität als die Mitlelgabe ansehen, von dar nun bei Er-
wachsenen seilen abzuweichen braacht.
GewShnlich gebe ich anderthalb Drachmen in acht Unzen Was-
ser HU%Blöset, mit einem Zusätze von einer Unse Arabischem
Gummi, und lasse von dieser Auflösung stündlich einen Löffel
voll nehmen. Der essigsaure Ziak hat keinen bösen Geschraack.
Wenn man ihn zum ersten Mahle kostet, sollte man glauben,
man könne ihn, ohne daia er einem widene, mehre Monate hin-
ter einander nehmen; die meisten Menschen bekommen aber schon
nach etlichen Tagen einen Widerwillen gegen denselben. Will
man ihn also bei chronischen Leiden eine Zeitlang gebraacben,
Bo- ist es zowmlen ndlbig, ihn in Pillenform in bringen. Von
_ (Ö4 _
■mhrtbMlb Urmlimen Iuob oibb «it 'CiBsn Entn^t», Am Imok
«tdrcnde Nebenwirkung maeht, oiur «iiU JiUfMm arabiwlMa Garn-
tili dreifdi^ Pillen inncfaeD and von diesen a|i»Mcb «ine ader swei
Bebntea iMaeen , je naobde» lin ilebel ea varlao^ ^cb aprecha
aber hier blofs im Allgemeinen, denn » Sacbaa dei tiaMthmakt
kea gibt CS iinner Aosn^tiDen.
Hiasicbüicb der bracbeoaivegetideo Eigenvchaft dM esügaan-
reo Zioks bemerke ick : man kana der Einwirkaag dasselben auf
den Magen dadiircb vorbeugen, dafs man die erste« vier adei
füar Stuaden nur die balb« Gabe, alao von oben erwftbmen Traak«
einea halben Löffel reicbl. Aaf die Weise gewöhnt sich der Ha-
gen bald aa diese Anenei , nnd man kann dann ohne Hinderung
die vulle Gabe reiehea.
Ehe ich nun aum Gebraach« des esaigaaaren Zioks äbergebe,
will iA dem aeugierigeo Leser noch einen Versoeb Miiubeilea,
den teh mit Ziokoxyd an meiaeik eigenen Leibe bei vajlkomnaer
Gesundheit angestellet. Ich habe aber daiaahls wirklich aiebt ge-
duckt, dafs ich diesen Venucb je dem Krstlicben i^Iblika miltbei-
len würde, dämm fcabe ich ihn auch niobt mit der Ukr in dei
Hand gemacht, sondern aar so, daCs er meine eigene Neugierde
Iwfriedigle.
Ich liefa Salpetersäuren Zink bereiten, die Salpetevaänra dnrcbi
Feuer davon (reiben , und bekaai etneo Zinkkalk , dea man beul
zu Tage Peroxid nennet, dan man über etliche Jabre vielleicht
anders, und über iwanaig Jahre gcwifs ahennakls ander« beoa-
men wird. Von diesem Zinkkalke venchluckt« -idi vormiuags
balb seba (Jbr, da ich aufser Kaffee noch keine andere Speisen
und Geirttnke ini Magen hatte, fanfieho Gran aafCinniabl. Ei««
kurze Zeit darauf warde ich , ohne irgend ein uaangenehmes G»>
fühl gewahr an -werden, blutroth im Gesichte; bald daraaf öbet-
fiel mich eilte so grofse Sct^Hfrigke*t , dafs ich, wie ein wirklieh
scblaftruahemr Mensch mmne Gadanken nicht mehr zasammei»-
halten kennte, und einem mich gerade dawabls um Raih fragea-
den Bekannten erkllrea roubt« , ich fühle mich unwohl wrd könne
ihm in dem Augenblicke niobi Rede Neben. WeiieriiiQ «tellie sieh
etwas Uebelkeit ein. Die St^atennkenbeit zwang mic4i, mich
anfs Bett m leg^n, aber die geviage Uebelkeit war groJä genug,
mich nicht zum Einschlafen kommen za lassen: also war ich
zweien Gewalten hiagegeben, dia eine schUferte mich ein, und
die andre erweckte mich. Dieser seltsame Zustand war dem Zu-
stande sehr fihnlich, in dem man sich befindet, wenn man durch
starke iörperficb« nad geiatige Anstrsngimg und durch mebmäeh-
tiges UebcTwachen höchst ermüdet and mgleich aufgeragt ist. Hat
man «ndltch aum Ruhen Zeit gewonnen^ so kann man doch au
keinem ertjuickenden Schlafe komaien, sonilet-n bei dem gröfsMn
— 5M —
Qni4« 4«r 8«hlM4gk«it vermikt mu nor in eim Art van nnge-
afiflicbeiu IVauni leben.
iNaefadem ich mich eine Zeiilaag in dietem Mltsamen Eostanife
bvfnmlea, bekam kh inwiMaht Bfivaifea StNfalgang, und die fi^l-
bare Wirkwig des Ztnlu bM« mmob Hud Aach auf, ao dafs ich
za Mittag wieder wie gewöhnlich «neii koRole. Uebrigeiw fühlte
kk Mich durch dieiea Versnch weiter nicht angegriffen.
Ich habe in <ter Feige, in etlichen Fallen r«n GehinnSek-
lioa, daa beschribbeae Zinlcoxyd wich ander«, jedech nicht in
der Gabe ven fünFnehn, aendem v«n fünf Gran gegeben, nnd ge-
fanden, dafi ea sacfa in dieacr Gabe den Menacheo eine anäai-
leode, bald vetühergehende Hütfa« Aoa Gesteht« verDnaobte; da
ich aber übrigen« nicfat arfi, dalj ea hinsichtlich seiner Heilwir-
In^ V«rznge vcr d«ni essigsatiKn Zink halle, bin ich wieder
M dieaein mrückgekehrt. Meiee Versuche sind indecsen unToH-
fcenmen, miihia d&rfca sie keinen wifsbegierigen Anl von wei-
terer Forschung abhalten. Vielleicht steekt in diesem Zinkoxyd
»och eine herrliche Heilkraft, welche eine« anderen Arxte sn
entdecken vei1>ehaJtea ist. Ich selbst bin rfnrcb die Zeit, darch
k5rperliche nnd geistige Anstrengungen schon so sehr verdnmpfi,
lUfs mich der Kiizel nicht mehr sticht, ans blofser Wlfsbegierde
amcb nar den gefahrlosesten Versuch m machen; nur die Noih,
die Ralhlesigkeil kann latch zn so etwas swingen.
Jetzt will ich anerst vom Zink im AllgemMnCa sprechen, nod
dann von ecanMn Gebraache bei akuten Gehirnleiden.
Der Zink ist der eigentliche Mineral m oh nsaft , er bat näm-
lich, hinsichtlich «einer bembigenden Kraft, die grSfste Aehn-
lichkeit mit dem Mobnsafie, ohne jedoch auch nur im geringsten
seine gefSfserregeirde an tbeiien. Durch diese Eigenschaft ist er
•in ganz nnschitzbares Mittel) das unser alter Landsmann een
Haiatieim ucit besser gekannt hat als die Aertte Jetaiger Zeit.
£r ist dienlicli und nicht selten überraschend schnell wirksam in
der Affektion der Organe, in denen die Gehirnnerven v-crfloehte»
sind. So kann man damit heftige Zahnsebta erzen stillen, man
kann damit bei lien schmerzkaAesten Angeacntzüadungen iSchmers
md l^nlznndung ia knner Zeit helien, man kann damit die Kepf-
rose, wenn diese ein Urleiden des sichtbar ergriffenen Theila ist,
bald n»d einzig beschwichtigen. LeKtes möchte meinen jungen
Lesern, welche die Kopfrose wol in einem leichten, aber nicfat
im hoben Grade gesehen, eine Wenig M beachtende, kanm der
Rede wenfae Wirkung des Zinks nn sein bedanken, loh bemerk«
diesen ako, dal« die Kopfrose, wenn sie ei«en hohen Grad er-
reicht, H-enn sie, mit heftigem Fieber und irrereden verinindeB,
dem genzen Kopfe ein scheafsHches Ansehen gibt, woM säcfa
nrchi Uefs die Haut 4ee Geuiehte« , wdwn aneh des befannrten
— 5M —
Kopfes in grofse Wanerblaaen erhebt, lo dab dw KniDkc bei der
BeiseruRg ganz enthaart ist, dafs, sage ich, die Kopfrose ein «ol-
chM Uebel ist, auf welches die Kumt, ao wie ich and andre sie
auf der Hochschule erlernt haben , wenig vermag. Es dnrcfaliuft,
troll der streng aotiphlogia tischen Behandlung, trotz den ableiten-
den Laxirmittelo, alle Stadien; ja, bei seinem endlichen Abzug«
kann es ( wie mich drei Fälle gelehrt ) wirklichen Wahnsinn «o-
rücklaisen. Der Zink ist das einzige 'Mittel, welches, meiner Er-
fahrung geraüfs, diesem abscheulichen Uebel schnell Grenzen setat,
welches in vierundzwanzig Standen seine Fortschritte zicfaibar hem-
met. Es verstehet sich aber von selbst, dafs ich hier von der
Kopfrose als Urleiden des sichtbar aifizirten Tbeils rede. Es gibt
ancb bekanntlich eine Kopfrose gastrischen Ursprunges, diese raafs
man antigastrisch behandeln. Ich habe selbige aber bis jetst noch
nicht tn dem beschriebenen hohen Grade gesehen, vielmehr be-
stand die gastrisch -oonsensuelle in der Anschwellung ' der einen
oder der andern Seite des Gesichts dnd des Halses, nnd wich ohne
UmstBnde, entweder der zweck mafstgen Behandlung des urergrif-
fenen Baiichorgans , oder im Falle von abnormer Gallenabsonde-
rung, der Neu trat isirung, oder Ansleening der im Magen und Darm-
kenal vorhandenen SSure.
Der Zink ist auch in manchen inneren Schmerzen des Kopfes
heilsam, selbst in einigen Fsllen des inneren Ohrschmerzes, je-
doch wahrlich nicht in allen. Es ist eine eigene Art des Schmer-
zes, der unter seiner Heilgewalt stehet, doch würde man aich sehr
(Huschen, wenn mnn glaubte, diesen Schmerz durch unterscheiden-
de Zeichen erkennen zu kdnnen. Der Schmerz dea Kopfes, der
dem Tabak, oder dem Stechapfel, oder dem Silber weicht, der
weicht nicht dem Zink, und der dem Ziok weicht, der weicht
nicht jenen Mitteln. Die Erfahrung hat mich also vier schmers-
hafte Kopfaffektionen kennen gelehrt, welche ich am richtigsten Ta-
bak-, Stechapfel-, Silber-, und Zinkgehimaffektion nenne. Diese
Einiheilung lautet wahrscheinlich nicht gelehrt, sie ist aber echt prak-
tisch. Es werden wol noch mehr schmerzhafte GehirnaSekiioneo
in der Welt sein , die ich bis jetzt nicht habe kennen gelernt,
oder deren Natur, wenn ich auch in früheren Jahren ihre Bekannt-
schaft oberflttchlich gemacht, ich doch, bei meiner damahligen Un-
mündigkeit und scfaiilgerecbten Verstau des verkrnppelnng, nicht ha-
be ergründen. können.
Was die Wirkung des essigsauren Zialu auf den Darmkanal
betrifft, so haha ich davon unter den Banchmitteln gesprochen.
Ea iM mir wabracheinlich , dafs er nicht blofs auf das Ge-
hirn, zondem noch auf das Rückenmark heilend einwirkt. Dieser
Knwirkung schreibe ich zum wenigsten die durch Zink vollbrach-
te Hailangen der sohiaenbafien Affektionan Hulserer Gebilde zu,
— 5» —
dw VBtw dsB \aneD .TOD Rfa«iiinalianeD , Chibt, N«nralgie, o4w
nnwr andem bekanolen, oder noch von aaiera Srztlicben \^'5rl«^
■MchM-Q SU Khaffeoden N'iiiaea vorkonunen. UDixr dieseo Uebela
ist vorsüglicb sd bemerken die scbmenbefte Afisktion dei HfiTt-
•erven, die in gemeiBes Leben unter dem Nemen des Hrifiwehes
leider nur sa bekannt ist, von welchem ich aber an einem andern
Orte ■BsfQbrIieber handeln werde. Dieses sehmershafic, nnd wenn
es sich selbst überlasien bleibt, langweilige, endlose Uebel stehet
in naacbea Fällen (ober gewifs nicht in allen) unter der Heiig»-
wnlt des Zinks.
Ich habe noch vor karsein den Fall erlebt, dafs eine Fnw, ia
der ihr wahrscheinlich toö andern au fgeach wateten Meinnng, si« '
sei mit der Gicht behaftet, nad die inüMe ihre Zeit haben, kein
Ant kSnoe sie heilen, ein paar Monate an der ASiektion des Hoft-
■erren gelitten. Endlich war ihr erzählt, dafs ich ähnliche Uebel
gehoben, und ich niafsie nun auch meiae Kunst an ihr versuchen.
Li ergab sieh bald, dafs die sehr scbmerabafte Affektion des Hüft-
nerren unter der Heilgewalt des Zinks stand; und ich befreite sie
durch Zink und hiofs durch Ztnk voq ihrem Schmers. Merkwflr-
dig war es mir, dafs, da die Geneaene sich wieder auf der Strafse
xeigie, die Leute ihrer Bekanntschaft mir sugiea, sie sei durch die
Gicht ganx krumm geworden. Diese Zeitung klang mir ganz selt-
sam. Ich hatte die Frau hei meinen Beauchen nie gehen lasaea,
sondero mich nur um den Schmerz hekümniert , da ich durch Er-
fahruDg recht gut wufste, dafs, wenn man den Schmerz nur grund-
lich wegschafft, man hintennach wahrlich keine besondere Gang-
anenei nöthig hat. Die Neugierde trieb mich jeiai au der Gene-
senen, um sn sehen, welche Bewandnifs es mit der angeblicheii
Krnmmheit habe; und, wahrhaftig! ich fand, dnfs die Lendenwil^
bei nach einer Seite einen Bogen machten. Diese Krümmung war,
da die Fraa beim Sitzen zur Erleichterung der Schmersen eine und
die nHniliche gezwangene Haltung des Körpers beobachtet, blols
durch die Wirkung der Muskeln auf die Lendenwirbel entstanden.
Eine ganz eoigegengeaetzte Haltung beim Sitzen, die ihr aber an-
Anglich recht mühsam wtirde , beseitigte den Mifssiand in weit
küraeref Zeit als ich vermotbet. Ich habe in meinem Lehen nicht
wenig mit HQftweb- mancherlei Art xa ihun gehabt, aber'der er-
zählte Fall ist der einzige, in dem das Kiickgrath dadurch ge-
btrummt wurde. Die Genesene war eine ältliche, recht versläudi-
ge Frau, die meinen Ratfa, hinsichtlich dieser Verunstaltung, be-
griff und dämm auch befolgte. Einem unverstKudigen Kinde, oder
dummen Menschen würde schwieriger, zum wenigsten nicht so ein-
fach zu helfen gewesen sein.
Auch gegen den Rückenschmerz, der, mit der Affekiion des
Hüftnetren nah verwandt, häufig in diesen übergebet, habe ich
Jen Ziak ai«bt aelMn bU wirklidm Ilailmiiwl bcwXbrt g«riiB-
4m.
Jeixi will icb üb«r den Gebrauch de> Zinkii beim (jiebirnfieb«r
nieina ^rfabrungen dem Leser mitibeilvn. leb hulte, wie oben ge-
engt, noch kein Gehirs6«ber beobachlel , das unprfinglicb «Mer
desaen HeilgeWall grstaode« bflirc, so, dsfe m durch ihn ane dem
erUea Zeiiranme ia den der Genesung bKite gebracht werdea kön-
nen. Es ist mir aber wahrscheinlich, dab in der Folg« ander«
Aente dirae Crrabning machen werden. Diese Amtsgeaossen biit»
ich freundlich, ihre gemachten Erfahrungen, wenn sie selbige pnbli-
liren, nicht als solche atwugebeo, welche fnr and für in allen Ge-
himfiebem heilende Anwendung finden raiirsten, deno ich betheue-
r« ihnen, dafs der Zink das erste Gehirnheilniitel int, welchaa ich
kennen gelernt, sie können also leicht denken, dafs ich es bei
len beschriebenen Gehirnfiebem eher angewendet, ehe ich ein
RCaes Mitrel geancht. Ans Msthwillen sucht man kein neue« Hti-
l«l, sondern aus Noth, weil das bekannte nicht mehr faulfreich ist.
Sollleo sie also je den Zink bei akuten Gehirnfiebera , welche
man nach ichnlrechlem Branche Nerrenfieber nennet, als Heilmit-
let im ersten Zeiträume erproben^ so thnn sie am besten, die Be-
bannlmachung ihrer Erfahrung ein funfsehn Jahre aufioiobieben»
oder wenn sie dazu di« Geduld oichi haben, so bitte ich sie, eio-
xig die nackte Thatsncbe der Well mitsotbeilen, ohne auf selbige
allgemeine Behauptungen zu gründen. Durch solche auf kurze zeit-
rthimliche Erfahmng gegründete allgemeine Behauplnngea iit der
Medizin untiKglicfaef frahaden geschehen, dadurch ist manchen Mit-
teln ein übertriebener Wenh beigel^, den die Folgeceit uRmi%-
lich bestätigen konnle, dadurch sind ebenlälU die ed^slen, uneni-
behriidisten Miliel in Vergessenfaeit gekomman, und daderdi ist
selbst die Kunst, kranke Mensches gasn*d su ninchen, seit ein
paar hundert Jahren so xicinlich auf den eSmlicben Punkt« sie-
ben geblieben , und hat ihre Termeintlich nageheuren Fortschritte
in einem, bl&den Augen imBichtbaren Tritliwd« gemacht.
Ich habe den Zink, obgleich ieh ihn, wie gesagt, ab wirk-
liches direktes Heilmittel im ersten Zeitravtaa 4er Gehirnfiehtn-
nicht erkannt, doch bei keinem herrschenden Gehimfieber in eio-
zelnen Fällen ganz entbehren können. In eiancben Fillea konnte
ich damit den symptomatischen Durchlauf stiüefl, ohne der Wir-
kung des eigentlidtea Heilmittels Eintrag ku ihun; jedoch habe
ich schon gesagt, dafs ich ihn in etlichen aelchcn Fällen aiioh
nutzlos gegeben. Dieser Vonheil , et^eiofa nicht zu veracliten,
ist doch hei weitem nicht «ler wiebligsle, den der Ziak gewährt.
Bei allen herrschenden Krankheiten hekemmeu wir bekanailicb
otohi immer die Kraekea iiu ersten Zeiträume der Krankheit, son-
dern «ft dam erst, %veMi ia» Uebel sehen hedeutesd« Fortschritte
- 5H —
^einaebt. Tfaeili int m«nchfl Organkrankfaeii lehr rarrflihertieh,
sehinctchelt durch pcriodMcbei Betnrwerdcn mit einer biddigriB
Geneiung, woräber dann die Zeil hingebet, und die Krankheit h
einer ungeahneten H&be steigt ; thells erlauben auch beachränkt«
VermögensDiniilnd* manchen Menichen nicht, die Hülfe der Knnat
B tiza spreche n ; denn wenn aie auch wiiun, dafs der Arzt nienach-
Ii«h genug ist, ihnen nnenigelilich su dienen, ao gcbeuea sie doch
die Apotheke, und nur die äuTserste \otb, oder renneiotliche Le-
beDsgefahr zwingt aie erst, die Hülfe der Kunst zu suchen.
Dieae Ungleichheit der Hülfeaacb enden iat für den Arzt, ala
Beobachter und Erforacher der herrschenden Krankheit, von gro-
fsenr Nutzen. Wenn ich nicht die naniliche Krankheit bei eini-
gen sich selbst überlassen und bei ändert» durch die Kunst behan-
delt rergleichen kann, mag ich übel den Werib meiner Heilmit-
tel Bchäizen; nur einzig solche vergleichende Beobnchtungen be-
lehren mich am kürzesten und besten über die Naiur der Krank-
heit, and'sagen mir deniÜch, um wie viel besser oder schlechter
meine Kansthellung als die Naturheitong ist.
Nun, bei allen den heschriebenen Ciehirnfiebem habe ich ge*
Kunden, dafs die Naior sie selten anders, als durch gfin/.lirhe Er*
schöpfang des gaacen Korpora hellt. Jedoch ist dieser l'r»zefa
der Selbttheilnng nicht in alten Fallen ganz einfach; w&hrend des-
sen hSnnen in manchen Körpern Vertetsungen des UHeidens ron
einem Organe auf das andere entstehen , wodnrcb dann das Ein»
greifen der Kunst, wenn dieses nicht zum Naehiheile, sondern wiw
Heile der Kranken geschehen soll, grofse Umsicht erfudert.
Bei den beschriebenen drei Gehimfiebern ging der Kopf-
■chinerz, sich selbst überlassen, in wirkliches anhahendea Irrere*
den, oder Schlafsüehligkeii Gber. Die Zeit dieses Uebergange«
war aber ganz unbestimmt, und wie' ich in sichere Erfahrung ge*
bracht, sind auch Menschen an diesen Fiebern gestorben, ohne
Irre xn reden , »nd andra sind von aelbet nach langer Krankheit
geneaen, ohne irregeredet tu haben, od«r schlafsüebiig gewesen zu
■ein.
Das anhaltende Irreteta iNnls man von dem periodischen woM
unterscheiden. Das Gehirn und Rückenmark Ist ohne Zweifel daa
Geeine mehrer Organe, deren Verrichtung wir bis jetzt noch nicht
genau zu besrimmen wissen. Es gibt Organe im Gehirn, die an-
widersprechlicb von dem die regelmlürige Aenfsenmg des Denk-
vermögens bedingenden nnterschieden sind. Durch «iae krankhaf-
te Affektion der etviea kann aber das letzte coAtensnell krank-
haft ergriflFen w«rden, wo dean leicht, sonderlich wenn die Heber
Biarke Exaserbationen machen, daa periodlsehe Irresein eintritt : tm
4elirirte» die Krankea periodisch bei unsern durch Steehepfel heil-
baren GehirBfii4>era, so delliiran sie leicht beün Weshaelfiebar
— 558 —
nnd bei andern BchmenfaafiMi Gchirnleidan. Bai nsiern FiBbcrn
war dm Irreiein nicht regclmBrai^ periixliseh, sonitera konnte zn-
weilen mehre Tag« mit geringer UnteHtrecbnn^ anhalten. Dnrch
Zink gemAfsiget oder ganz beseitiget, ging aber doch die Kniok-
beit ihren Gang. Der Vorihei), den man also vom Zink hatte,
war sehr gering, lo gut als gar keiner.
Bei dem wirklich anhaltenden Irresein, oder bei der Schlaf-
i6chiigkeit scheint eine Krankheil snberlragang im Gehirn Srati zu
finden , die Krankheit scheint nämlich von dem urergrilfenen Ge-
fairnorgane auf das die regetmäfsige Aearsening des DenkvermS-
gens bedingende übertragen xa sein, so, dafs dieses nicht mehr
mitleidendes, sondern arleidendes ist.
In den Fällen, wo eine solche wirkliche Uebertragnng Statt
gefanden , beschwichtigte ich nicht blofs das Delirium durch Zink,
londern hob auch die ganze Krankheit damit.
Es iai aber ganz nnmögliob , aus den ZufUllen der Krankheit
XQ erkennen, ob wirklich ein solcher Meiaschematisrnna sich g^
macht habe. Wahrscheinlich hat er sich noch oicbt vollkommeo
gemacht, ao lange der Kranke in den hellen Zeiträumen, solltcB
diese auch sehr kurz nod anvolUtfiadig sein, noch über Kopf-
K^merzen klagt. Klagt er aber dann nicht mehr über Kopfschmer-
zen, sind diese vielmehr ganz verschwunden, so ist die WahrsebaiB-
]ichkett vorhanden, dafs der Meiaschematismus sieh vollkommen
gemacht. Aber dieses Zeichen Ist leider auch nicht ganz sicher,
'und wird vollends nnsicher, wenn der Arzt unweise genug ist, in
einem halb lichten Augenblicke dem Kranken die Frage vorzule-
gen; ob er noch Kopfschmerz habe. Die bejahende Antwort des
halb tanmeligeo Kranken ist gar nichts werih. Wenn aber der
Kranke auf die allgemeine Frage, über welche widrige Gefühle
er zu klagen habe, den Kopf aU den schmerzenden Theil angibt,
so beweiset dieses weit mehr, gibt aber auch noch keine Sicher-
heit; denn dem halb besinnungslosen Kranken können diese Kla-
geworte vom ersten Zeiträume her zur Gewohnheil geworden sein.
Von den freiwilligen Klagen des ganz nnbefraglen Kranken gilt
eben dasselbe, wiewol man ihnen nicht mit Unrecht einen grSfse-
ren Werth beilegt. Anf alle Fälle kann man die zweifelhafte Er-
kenntnifs nur dadurch zur sicheren erheben, dafs man den Zink
reicht. Ist das die richtige Aenfserung des DenkvermSgens be-
dingende Organ urergriffen , so heilt der Zink diesen krankhafiea
Zustand, und die Heiinng erfodert einen bis drei Tage. Bei den
von mir behandelten Fiebern war danii auch, mit der vollkomm-
nen Rückkehr des Verstandes die Heilung der ganzen Krankheit
vollendet. Es hat mir, da ich zuerst den Zink als Gebirnmillel
kennen lernte, grofsea VergnQgeD gemacht, den tollenden Kran-
~ S99 —
ksB Bnir^aR inoerhstb Tiemndxwanri; Stnodea wieder mm Ver-
Maiide XV bringen, \nchilein ich diesn aber «fi geeehcn, hat m
4ea Reia der Neaheit, des Wanderbaren aad UeberraBchendeo ver-
loren, nnd teitdem koninit ea mir vor, als mfiue dna lo sein nod
kSnne nicht anders sein.
Der Meiaachemaiisnina, von welchem ich jetzt spreche, macht,
sich aber nicht imner auf einerlei Weise, Am öftesten geschiehet
die Uebertragnng von dem luerst ergriSenen Gehirnorgan aaf das
die DenkJcraft bedingende langsam , in dem nabeslimmbaren Zeit-
laane mehrer Tage, auf dem Wege der Mitleidenheit. AnfUng-
lich ist das Denknrgan blofs raitleid«ad ergtiffen, nach nnd nach
wird das Mitleiden anm wirklichen Urleiden, und das Urleiden
des ineni ergriffenen Gehimorganes wird immer dunkler nnd ver-
Kchwindet.snlelxt ganx. Wtihrend die Nainr in dieser Operation
begriffen , kann man mit Zink den phantasirenden Kranken nicht
blofs verständig , sondern anscheinend gani gesond machen. Hat
aber in diesem Falle noch kein echter, vollkommner Metascfae-
matismns anf das Denkorgan Statt gefunden, sondern blofs ein nn-
Tollkommncr, sweidentiger, das beifst, ist die Krankheit nicht gaoK
nnd gar von dem nrergriffenen auf das Uenkorgan übertragen, so,
dafs das erstergriffene gani gesnnd ist, so kann man den Vor*
dmfa haben, den vermeintlich vollkommen geheilten Kranken nadi
mehren Tagen wieder in die erste Krankheit surDckfallen n se-
hen. Er Ringi wieder an 3ber Kopfitchmera ab klagen, über Taa-
mel, sein Puls bescfalennigt sich wieder n. n. w. Wird man als»
an einem Kranken gerufen, in dessen Kopfe dia Natur jene lang-
aame Krankheilaübertragnng auf das Denkorgan sa macheo im Be-
griffe iat, so ist ess weit besser, das Klgenmiltel auf das im ersten
Zeitranme ergrifl^ne Organ so lange.su geben, bis die Xaturjene
Operation wahrscheinlich ganz vollendet hat, nnd dann durch Zink
das Denkorgan zum Normalstande zurück sa führen; es ist bes-
aer> sage ich, so zu handeln, als durch nnzeitigon Gebrauch des
Zinks jene geheimnifsvolle Naturoperation zn stören, und den ver-
meintlich geheilten Kranken einem verdriefalichen und gefährlichen
Rfiokfalle blofszn stellen.
Der Leser könnte aber denken, in solchen zweideniigen FSl-
len würde eine Verbindung des Zinks mit dem Eigenheilmittel anf
das urergriffene Organ heilsam sein. Aaf den Gedanken bin ich
anch gekommen, habe aber bis jeiat keinen Vortheil von solcher
Verbindung gesehen. Sollte je ein Arzt Ähnliche Fieber zn hei-
len haben, so kann ich ihm aber nicht abraihen, eine solche Ver-
bindang in jenem zwetdeaiigen Zustande zn versachen. Theila
meine Abneigung gegen Verbindung kräftiger Heilmittel, theils
die, gerade ans dieser Abneigung hervorgehende GeringzKhIigkeit
nciaet Vennche, machen nothwendig mein eigenes Urtheil in dio-
wr Sack« HMul&ogliob. Da ich «bev hlBlftanKcb b«i fcwhfiatuni,
DAineDilich b«i denen, Tun eiaaiii Urlsidea dn iVurn» GoeA'otfii aW
hängesdaD,- durch ZuaaanMeawtsfln awai«r vwaehierfenartigea £^
{enmiiwl einer KrankhettHübartraguag auf Laber oder Atib xavor«
gekommen bin; so ist es möglich, dafs sich diesea auch bei des
Gabirnfiebern ia den Gebiruor^BMi bewarkatel Eigen Ififat. Mit
Gewifsbeit läftit aioh über solche dunkle Uio^ Bichi« lagcB.
Wenn ich aber oben bemerkt, dab ich den Metaichemati»«
laua, eotweder vollendet, oder im Werden bcgrifieo« torzüglieh bei
solchen gefunden, >u denen ich erat iiu ipSteren ZeiiraunM der
Krankheit gerufen wetden, bo inufa ick aU Fieaud in Wahrheit,
«1a Feind aHer Prahlerei geatehen, dafaia einselaea, jedooh arb»-
nea Fülle«, «ueh bei aulehcn, dAnen ich vom Anfang« an daa Heil-
Mittel aat daa urerkraakle Organ gegeben, Jeae fiiraBkbeätaitbei-
iragung «af daa Oenkorgan eiagelreien iaa. Waniln i daa tiab*
iek nicht erfunden kdaaen, aondern mich b^nügen n)fisaen^*-delb
irren Kranken durch Zink wieder veraläadig und geaand au aut'
eben. £b ia( aiSglich , dafa die Falgeaeit mir a««b manehea er-
•ikUrea wird, waa nir jetst dukel iai: ea iai aber aaok nSg-
licU, daia ich, da ick schoa zn den Alten gtb&vt, keine Aufklä-
mag wehr von der Zeit erhalle; welches denn «neb gtit iat.
Daa iat nua allea, was ich von der dusch Miileideaheäl aich
laogMHn uiacheoden Krankheitanbertragnng au aagen Weib. Ea
gibt aber auch eine« plotidich eaiaiebandan Metaaeben&tlsiuaa, der
jedoch aeltner iat ala jeoar. Man kann keine andre Beaohreibusg
Tpn dieaer Xaluroperation geben, als dafa der Kranke, der eili* -
che Tage über die gewöhalichen ZufKlIe dea »niea Zaiiraumea
der Gehirnfieber geklagt, auf ein Mahl und gaoa ungewamt ent-
weder Rebla&Schlig wie ein A pople ktiach er, oder toll wie ein Ma-
oiakoB wird. Eritea habe ich jedoch nie in den beachriebenen
reinen Gehirofiebera , aondcm in den aogenanalea nervÜaan anre-
gelmSfaigen Weohaelfiebera beobachtet, sonderlich hei dem, wal-
ehea im Spätsommer des Jahres 1831 hier und in der Uotgegand,
an Rhein und Maaa, hüufig verkam and in siemlichem Grade u»-
ateckend war. E^ war ofTenbter eine Verbindung dea den gameo
Sommer durch nnglanblieh häufig TOrkeMtuendeD WechBe}fiebert
mit dem im Spfitaoaamer entstehenden Gehirafteber. Dea plMüi-
oben Uelaachematismna auf das Denkoi^n, der sich nicht aU
Sohiafsuoht, aondern als Irraino offenbaret, habe iofa bei den ein-
fachen Gehireiebafn iwar nickt häufig, aber doch eiaaeln von
Zeit zn Zeit beobacblet, nnd in diesem Falle nicht blofs das Denk-
Ofg«« durch Zink zum Normalaiande anrOckgefühH, sondern nach
augleich die ganae Krankheit geheilt.
Einen selMamen Fall der Art erlebte ich n der Zeit, da das
nM«r der Heilgewalt d«a Tabaka stehend« Fieber h«ri««hl«, ia
- 561 —
rf*r geringen Völksklass«. Ein Mana Ton initilen Jahren, nach
Angabe Reiner Ehefnin, seit vier Tagen mit einem heifBeD Fieber
behaftet , welches sich durch ausgezeichnet starken Kopfachmerx
und durch die gewöhnlichen Fieberzutdlle offeqbaret, wird am
f&nfteo Tage auf ein Mahi toll, und man rnft mich am sechsten sii
Rnlfe. Ich fand den Kranken vollkommen wahnsinnig, mit einer
aBaufhörlichen \eigung das Bett zu verlassen. Sein Wahnsinn
war aber nicht bitsartiger Katar; er kannte mich gut, versprach
auch, die Arzenei richtig einsunehmen, ja er vermafs sich, alle
Arxenei, selbst die garsiigsie nehmen zn können. Sein l'uls war
schnell und ingfsig voll, -seine Zunge hatte einen leichlen weifsen
Anflug, sein Gesicht war blafs, er hatte aber, nach Aussage sei-
ner Frau, im gesunden Zustande auch keine Röthe. (Jchrigens
konnte ich von der Frau wenig Aufklärendes und von ihm selbst,
begreiflich, gar nichts erfahren. Da ich nun aber einen solch plSixIi-
chen M et a Schematismus auf das Uenkorgan, bei seiner verhtilrnifs-
mSfsigen Seltenheit, oft genug erlebt halle, um in gegenwärtigem
Falle den Zustand richtig zn beuriheilen, so verschrieb ich zwei
Drachmen Zink, liefa selbige mit einer Unze Arebisches Gummi
itr acht Unzen Wasser auflösen, und davon dem Kranken stünd-
lich einen Löflfel voll reichen.
Am folgenden Tage, vierundzwanzrg Stunden nuch dem ersten
Besuche , fand ich den Kranken schlafend ; ich weckte ihn , und
überzengle mich, dafs der Irrsinn gehoben, einer SchlaFirunkenheit
Plaiz gemacht, und das Fieber schon über die H&lfie nachgelas-
sen. Ich liefs die nKmliche Arzenei wiedeiholen und stündlich
forigebraucben.
Am folgenden Tage, also e cht» nd vierzig Stunden nach mei-
nem ersten Besuche, war der Krank« vom Irrsinn, Schlafsucht
und Fieber frei. Jetzt liefs ich blofs zur Vorsicht noch eine drit-
te Portion Arzenei holen , von selbiger aber nur alle zwei Stun-
den einen Löffel voll nehmen.
Da mir die erzählte Wirkung des Zinks damahls schon lang«
nicht mehr Den war, so halte aoch dieser Fall für mich keine be-
sondere MerkwSrdigkeit, er bekam sie aber hinten nach.
Indem ich eines Tages ans dem Hause ging, sprachen mich
ein paar Einwohner desselben an und (heilten mir folgende sell-
sdme Nachricht mit. Der Mann , den ich jetzt geheilet , lebe in
«Iner unglücklichen Ehe, die Frao sei zänkisch und boshaft. Sie
habe in den «vien vier Tagen, ol^Ieich der Mann sehr krank ge-
wesen und sie die Arzenei von der Stadt nnenigeltlicb bekomme,
absichtlich keine Hülfe gesucht, in der Hoffnung, das lieber wer-
de ihn tödten. Der plötzlich entstandene hefiige Wahnsinn, der
ihr selbst sehr lästig gewesen, nnd die mifsbill igen den Urlheile
dut Mkbewohoer des Hauses haben sie endlich bestimmt, meine
HiilTe in lacfa». Nan habe sie ahm, in d«r Meinon^, nao kft>-
tifi einen Krnnken dadurch tBdten, dafa man ihm die Anenei in
drei- oder viermalil grSfserer (iabe reiche, ala die Vorschrift de«
Arzlea es heaa^e, ihrem wahniinitigeti, aber binaiehllicb det Ein-
nehmena sehr gefHlIigen Manne die verordnete Araenei nicht nach
VoTBobrift siöndlich, aondern so schnell hintereinander iüffalweiae
gereicht, dafs der für vieru ad zwanzig Stunden Teracbriebene Trank
in gar kurier Zeit verbrnnchi worden aei. (In wie karaer Zeit,
konnten aie mir nicht genau angeben.) Die Wirkung derArienei
habe, wie man ans den Aenfserungen der Frau wahrgenommen, ihr
aofllnglieb grofse Hoffnung gegeben, dafs ihre bSaa Absicht gelin-
gMi werde, denn der Mann sei ans dem unruhigen Wahnsinn in
einen tiefen, sehr liefen Schlaf gefallen. Am folgenden Tage ha-
be sich aber gezeigt, daft dieser tiefe Sohlaf nicht der Vorboihe
dtfs Todes, sondern der Genesung gewesen.
Ich habe diesen Fall deshalb znr Mittheilung auagewfihlt, weil
er manchem Ante bei Verschreibang stark wirkender, feindlicher
Mitlei zur nütsiicben Warnung dienen kann.
Der Zink macbi, auch in der oben angegebenen mSfsigen Ga-
be gebraucht, bei Beschwichtigung des Irrsinnes mebremheils ei-
nen ruhigen Schlaf; ich rathe aber meinen Lesern, beim ersten
eintreten dieses Schlafes nicht zu denken, nun sei die Sache ab-
geihan, denn wenn sie den Kranken mehre Stunden schlafen las-
sen, kSnnen sie zu ihrem Verdrusse sehen, dafs er eben so när-
risch wieder aufwacht als er eingeschlafen ist. Man mnU den
Zink Tielmehr slfindlich reichen nnd den Schlafenden zum Einneh-
men aufwecken; nur dann, wenn man siebet, dafs er, ron aelbsl
aufwachend, verslindig ist, nur dann darf man denken, dafs der
Zink seine Heilwirkung vollbracbt. Aber andi jetzt wfirdeesnn*
weise sein, ihn ganz bei Seite zu setsen ; man raufs ihn vielmehr
in geringeren Gaben, oder in längeren Zwiacbenrftumen noch ein
paar Tage fortgebrauehen lassen. .
In icblafnüchtigen ZuHillen, in welche akute Gehimleiden auch
leicht fibergehen , welche aber mit dem Irresein nahe verwandt,
Jn selbst selten ohne diese sind, habe ich den Zink auch als Heil-
mittel erkannt. Bei seinem Gebranche erwacht der scfalafsücblige
Kranke, wenn der Zink seine Heilwirkung voUbmcht, von sdbat
Jedoch siebet man bei dem atQndlicben Erwecken , welches man
rfes Einnehmens wegen thnn mufii, die GeisteakrHft« schon nach
nnd nach zum Normalstande zurückkehren , eb* das Selbslerwa-
chen, welches dm Anfang der wirkliehea Heilung beseiobn«,
eintritt. Auch hier ist es, wie beim Irrereden, der Vorsieht ge-
mafs, den Zink beim Eintritt der Genesung noch etliche Tage Un-
gar gebrauchen zu Iais«i.'
httt rauft ich als ein treuer [»rakiücher SofariAsteUM An«h
— 563 —
fncliMm bmten Winen von den HindernifliMi reilcii, di« dftr c»-
|>bRli«ctiMi Heilwirkung das Zinks in den W«g traten.
Gchirnleiden machen leicht conseniMelle Baucfaleiden; das ist
b^Rnnt. Meine eigene Erfahning lehrt mich, daff Magen Dsr-
nu und Leber weit öfter ergriffen werden , nU Milx oder Pan-
kreas, oder iVieren, wiewol ich im Jahre 1831 die Milz auch bSu-
fig ergriffen geaehea. Gegen diese contensueiien Affekiionen habe
ich bei vorher bngekrftnkien Kßrpern keine besondere Mittel n».
•Wg gehabt. Bei solchen aber, in denen frühere Baacbleiden durch
eonsensoeire Affekiion aafgerührt wurden, habe ich gefunden dnft
das Heilinitiel auf das . anfänglich erkrankte Gehirnorgan allein
nicht im Stande war, die Krankheit im ersten Sfadio an beben
diese ging vielmehr in das sweite durch ASekiion de« Denkor-
gans bezeichnete über; ja ich habe aueh gefaoden, dals, wenn das
Baucfaleiden ernsthaft war, dieses zum wirklichen Utieiden wurde
nad das Delirinni als eonsensaelle Gehirnaffektioa nnlerbielt al-
so, dafs ein dem anfänglichen VerbSlinissa gans entgegengeteu-
tes X wischen dem Ranch organe und dem Denkorgane enuiaad.
Dnfe dieses so und nicht anders sei, siJiliefse ich daraus, weil ich
in solchen Fällen den Zink ganz rergebena gegen das Irrereden
angewendet, und weil dieses susammt der ganzen Krankheit ein-
zig dem geeigneten Bauchmitlel wich. .
Warum sich dieses aber zo mache, mSchle übel zu erklären
sein; es ist genng, dafs man weifs, es kann so geschehen und
gescbiehet wirklich also in der Natur. Dieses Wissen bestimmt
nns zum wenigsten, unsere Aufmerksamkeit bei Behandlung sol-
cher Krankheiieo auf diesen Gegenstand zu lenken, und befähiget
nns, dem Kranken zu helfes, indefs einseitige Aiuichten uns cum
Helfen ganz ungeschickt machen.
Meinen jüngeren, in dieser Sache noch wenig geüblen Amts-
brüdern, will ich aber nicht bergen, dals solche Versetzung des
Urleidens von einem Oi^ane anf das andere, und solche Rollen-
Bmtnnscbung der Organe unter einander, in manchen Fällen schwer
zu erkennen ist. Z. B. die znm Urleiden gewordene consensuelle
Leberaffekiiun, (wenn der Wahnsina des Kranken uns der Erfra-
gnng desselben beranbt, nns nichts überbleibt als die Ansfraguog
der Freunde nnd wenige sinnlich erkennbare, aber auch leicht viel-
artig an deutende Zufälle) setzt uns, wollen wir nicht blofs Be-
handler, toodern Heiler sein, in eine gar seltsame Lage, In ei-
nigen Fftllen bat mich die gelbe Gesichtsfarbe des Kranken gelei-
tet, in andera die gelbe Farbe des Urins (welches Zeichen aber
unter den nnsieheren das unsicherste ist), in andern Fallen di«
granliebe Farbe des Oarmkothet bei weifser GesichlsfWrbe , nnd
abermnhis in andern Flllen habe ich die Arzeneien als Erken-^
Dungtmittal (BemgmtittJ g^aneben uüsseo. So kann man a. B.
- 564 —
durch das E'imd «rkeancD, ob die abgmionderte Galle eigenaofaafl-
lich normnl sei. lat sie dieaea, ao färbt der ionerlicb gebraucht«
Liquor »lypticu» den Darinkoth itohlschwarz," im enlgegeDgeietz-
leD Falle aber grau, oder schwarzgran. Weil Rber dies« atarli«
Eisenpräparat bei weiieni nicht in allen Ftlilen anwendbar ist, ao
kaiiD man sieh besser des rothen peroxydirten Kiaena zu zwei
Drachmen ia TierundzwaaKig 'Stunden bedienen. Dieses färbt ia-
nerhalb zwei, h&chsteDs drei Tage den Darmkoih kasl an je abrann,
wena die abgesonderte Galle quatitate normal ist : im Gegentfaeil
bleibt er hellgelb, oder bunifarbig, roth und grau gemischt.
Auch die atmosphärische Lgft ist als Reagens zu gebrauchen.
W«ttn die gelben oder braunen Exkremente, der Luft ausgesetzt,
innerhalb eines Tages an ihrer Oberfläche mehr oder mindt^r graa-
licht werden , so kann man ziemlich sicher sein , dab die Galle
aigenschafilich abnorm, mitbin das absondernde Organ krank sei,
denn die Exkremente des vollkommen lebergesonden Menschen
werden nicht hell-, sondera dimkelfarbig an der Luft.
lo Fällen, wo zugleich mit dem Irresein Durckfall vorhanden
ist, kann auch der essigsaure Zink als Erkennungsmiltel benutzt
werden, indem dieser in den meisten Fällen wul einen consfn-
suellen von einem Urgehirnleiden , in. vielen Fällen einen von ei-
nem Urdarnileiden abhängenden, aber wahrlich nicht leicht einen
oonsenstteHen V'On einem (Jrieberleldeo abhangendeo Duir-hfall he-
ben wird.
Es würde den Leser ennüden, -wenn ich jetzt von der Krank-
heilriübertrngitng des Gehirnleidens auf andre Bnuchorgane aus-
führlich sprechen wollte, blofs von dem Meiaschematismus der Af-
feklion des Denkorgans auf den Darmkanal sei es mir Erlaubt ein
Wort zu sagen. Dieser. Metascliematismus ist so fiufserst selten,
dafs ich ihn nur zweimabl in meinem Leben beobachtet habe, und
hier erschien er unter der Form des echt kritischen Durchfalles,
dai heifst, eines solchen Durcbfaltes, der den Kranken aus dem
gefKhrliflbstea Krankheitsznstaade auf einmahl, wie durch einen
Zanber, zur Genesang brachte.
Ich mufs aber vorlan&g bemerken , dafs ich einen Durchfall
nicht kritisch nenne, den die Natur zaweilen, und eben nicht sel-
ten hervorbringt bei vernachlässigter Ausleerong oder Nentralisi-
mag der Darmschärfe, die entweder durch krankhafte Affeklion
eines Banchorgana erzeugt, oder durch schlecht geordnete Difil,
oder durch den anhaltenden Gebrancfa verairopler, gahreoder Arze-
Deieo Bchnlrecht gemacht ist. Die chemisch abnormen SloflFe er-
regen, wenn ihre Schärfe bis auf einen gewisaeo Grad gekom-
men, einen Durchfall, der begreiflich dem Kranken gut ihnn, und
das durch' den Reiz dieser DarmschBrfe gesteigerte Fieber rnftfai-
gen mufs. Eigentliche vollkouimne Heilung iah ich «bor noch nie
- 565 -
daäarcb bewirkt. Danitn mag ich ati«h nicht lei<l«a, dafi tnoR
dicsffit lind einen anderen Durchfall, welcher xaweilen io m&fiigem
Grade gleich nach der Beendigang akuter Fieber eintritt, kritisch
nennet, denn der wirklich kntische i§t wahrlich ein ganr. ände-
ret Ding.
Im Jahre 1 $09, da der xu erzithlende Fall ait^ sninig, hemch-
len hier itn Lande ansteckende Fieber, deren nimmer verlöschen-
der Herd die FranzSaischen Gefängnisse waren. Ich nannle lie,
nach dumahls hergebrachter Sitte, Nervenfieher , koimle sie wo)
bebandlen, aber nicht heilen. In der Stadl Gelder» starben daran
in ganx kurzer Zeit der Maire, sein Adjunct und der Pfarrer der
katholisL'hen Kirche; diese Todesralle machten einen solchen Lärm
im Lande and in der angrenzenden Provinz der Niederlande, dafs
die MedizinalbehSrde xu Arnkeim mir einen besonderen Boihen
schickte, am sich nach .diesem Ungethnmei zu erkundigen. Aus*
leerende Mittel' und Blutverlust verschlimmerten augenscheinlich
dieses Fieber. Alle geistige und andre exzitrrende Mittel machten
es ebenfalls schlimmer. Fixa roborantia und Schwefelsfiure tha-
teil auch nicht gnt, sie machten den Puls in den meisten Fällen
inleiroittirend. Da ich damahl« Bezirkmrcl fiir die Epidemien war,
batie iob in dem weiilfiuftigen Clevischen Beairke genugsam Ge-
legenheit, mich von der Sch&dlichkett dieser verschiedenartigen
Mittel lu überzeugen, -ohne gerade selbst Versuche zu machen.
Dieses Fieber, welches, sieb selbst überlassen, bei weitem so end-
los nicht war, als die oben beachri ebenen, ging leicht, auch ohne
von Arzenei gesi5rel zu sein, in des Zustand des Irreseins und der
Schlafsucht übsr. Durchlanf ging diesem (Jebergnnge vorher; weit
entfernt also, düfs der Dnrcblauf heilsam gewesen wäre, erfolgte
vielmehr hei seinem Erscheinen die Verschlimmerang der Krank-
heit. DainahU, noch uneingeweiht in solche Heimlichkeiten der
Natur, die idi jetzt kenne, war ich schon, als. Zweifler an der
Mächtigkeit der schulgerechten Heilkunsl, klug genug, den Kran-
ken nicht mit feindlichen Mitteln zu bestünnrn. Ich beschrünkle
mich darauf, etwas Kampher zu reichen (einen Skrupel in vierund-
zwanxig Stunden) und den Durchlauf mit Krebsslei npiilver und ara-
bischem Gummi xu mSfaigen. Heilen konnte ich mit dienen Mit-
teln die Krankheit nicht, aber ich siörfe ihren Verlauf nicht; und
konnte ich sie auch nicht merklich abkürzen, so hatte ich doch
die kleine Genuglhnung , zu sehen, dafs weniger Menschen bei
dieser Behandlung starben als bei jeder anderen zu meiner Kunde
gekommenen. Ja, selbst von denen, die sich ganz der Nator über-
liefsen,. starben weit mehr; in welchem Punkte ich mich n'\^tH
tauschen konnte , da ich als fiexirksarxt Gelegenheit hatte , mich
bei den Geistlichen an verschiedenea Orten nach d^; filerblichkeil
der, der blofsen \aturhiUfe Ueberlssseoen zu e/kundigeo. Dieseq
— 566 —
Untcnehled Mhrilbfl !eh aber nicht anf die Hetlwtrkoag in Kam-
pben, •ondflra auf den Unterschied der DiBt. Durch Verneidaiig
aller laureii and gSbrendea Speisen und Getrttnke, durch Vertnw-
dung aller Sirope, ^enen ich damahls achon iKngit als unouts»
und ichidlichen ArzeneiTertüfgungea den Abschied gegeben* blieb
in Tiefen Ffillen der Durchlauf gan> aus nad die Krankheit Ter-
lief viel milder; wenn er aber auch nicht ganx auiblieb, wurtl*
er doch nicht so erschöpfend als bei einer ungeregelteD Diäl. Der
gemeine Mann hingegen, der «ich in verschiedenen Gegenden gaas
der Natur überliels, afs dai, woxu er Last haue, und dessen er
habhaft worden kannte: gekoohie Buiterniilch mit schwariem Si-
rop, Milch mit Mehl und Bier gekocht, Mehlbrei, Biersuppe mit
Schwarxbroi gekocht, katz, solche Dinge, die in manchen gesun-
den, etwas reixbaren Därmen schon flüssigen Stuhlgang bewirken.
Dadurch erregle er be'»> jenem Fieber den Durchlauf, und raadtte
den rorhandenen sum erschöpfenden. Diesem Unterschiede in der
Difit schreibe ich einzig den Unterschied der Sterblichkeit zu.
Nun, in jener Zeit hatte ich hier im Orte einen jungen, de»
Branntwein schon -lange ergebenen Mann an diesem Fieber lu be-
handeln. Er bekam früh den Durchlauf, und fiel, wie es bei den
Fieber gewöhnlich war, in den Znstand des Irreseins. Den Dur<^
lauf müfsigie ich Ewar dadurch, dafs ich etwas Krebsateinpulyer
KU dein schleimigen Kamphertrank selxie, er liefs in dem Zeiirau-
me eiiicher Tage ganz nach; allein die Krankheil, einmahl in daa
Stadium des- Irreseins übergegangen, stieg doch von Tage in Ta-
ge. Der Kranke wurde bald gaox besinnungslos, seine Zunge trek-
ken und borkig, sein Puls klein und sehr schnell, das Sebneo-
■pringen so stark, dafs man kaum den fadenartigen Puls davor
fühlen konnte, der Körper rutschte su dem Fufsende des Beiles;
kors, die Umstfinde waren so, dafs ich seine Genesung awar nicht
für anmögtich, aber doch für sehr iweifelbaft halten ronfste. Da
nun die Krankheit aaf das Höchste gestiegen, und die Hoffnung
in dem Hetzen der Freunde des Leiders fasi ganz erloschen war,
kamen sie mich eines Morgen« rufen, sagend, der Kranke habe
die Nacht einen furcblbareo Durchfall bekonunen, und es scheine
ihnen, er liege in den leisten Zfigen; sie wSnschlen sehr, ineio
Unheil darüber xu hören und .ob ich vielleicht in diesen vcrxwei-
feilen Zustande noch Ratb wisse.
Ich fand nun den Kranken in folgender Lage: der plöixlich
entstandene Durchfall war so unglaublich heftig gewesen, dafs der
wtsserige Abgang, nicht blofs durch das Bett, sondern auch durch
de':> Slrohsack gedrungen, auf dem Boden unter der Betlaielle ber-
trieb. Grofsen Gestank konnte ich nicht gewahr werden. Auf den
ersten Anbii'v.'s sollte man den ganx besinnungslosen Kranken wiik-
lieh für einen Sterhendeo gehalten hidten; da ich aber den Pnk
— 567 -
nuMnncbte, luvrklfl ich, inSn dieser etWM langiiam«r anit nnver*
kenabv voller und kräftiger geworden war, auch hatte daa Seh-
Denipriogen fast ganz aufgehört. Ohne ebea die Genesung be-
siiinml rerbOrgen xo können , gab ich doch den Freunden einige
Hoflnnag, and. weil ich nun %u ihrer Bembignng etwas Anenei-
artiges rathen assbie,. hieb ich sie, deni Kranken stündlich fSnf
Tropfen Li^tur mnodynM» B. mit einem Löffel voll Wasser ge-
nsischt reichen. Dadurch nalerstSlxte ich diese Nainroperalion weit
eher als dafs ich sie geslöret hfttte.
Gegen Ahend, da mich die \engierde wieder hintrieh, war
schon die BcdenluDg dieser gewaltsamen \atiiroperation ganz au-
frfer allen Zweifel gestellt. Die OesehwindigkeiidM Pultes hatte
nech mehr abgenommen , and er war noch voller nod krfifiiger
als am Morgen. Der Durchfall wShrte noch immer, aber er war
nicht mehr atürmisch, sondern sehr mäfsig. Die BesinnnBgslosig-
keit hatte naofagelassen , nnd obgleich der Kranke aus Schwach-
heit . noch nicht sprechen kannte , gab «r doch durch Zeicbea zu
erkennen, dafs er reratehe, was man ihm sage. Mund und Zunge
hatten sich an diesem Tage rollkommaii gereinigei. Am folgen-
den Morgen hatte der Darcbfall ganz aufgehört nnd die Krank-
heit war gehoben; denn anfaer grofser Schwachheit, konnte ich
oiebis Krankhaftes mehr erkennen.
Ich wiirde geglaubt haben , ganz g^ea die Achtung zu feh-
len} welche ich vor unserer groben Lehrmaislerinn, der Natur he-
ge, wenn ich, um in den Augen der EUnfBltigen meiner Knnat die
UeiluDg zazueigenen, dem Kranken jetzt noch Arzenei hSiie rei-
ehen wollen. Ich rietfa ihm, gleich einem jungen Kinde Milch
u trinken, und Weifsbrot mit Milch zu easeu ; dadurch bekam er
«oglBabli^ schnell die verlorenen KrHfte wieder.
Bei der ganz unverkennbaren Neigung, welche die scbulge-
rechlen Aerxte von jeher gehabt haben, die Natur in ihren feind-
liofaeD Hüloperatioiien nachznahmen, nnd ihre milden, frenndlt-
chen, direkten Heilungen als der Nacbahmnag gana unwürdig au-
iMVt Acht zn lassen , glaube icb doch kaum , dafa unter huuHeri
Aerxten sich ein einziger finden wnrde, der in einem Ähnlichen
Falle durch drastische Porgaaien eine solche aaiagonistische Hei-
loag nachzuahmen wagte.
Ich sehe, wie gesagt, diesen Durchfall als einen echten Me-
taschematismHS auf den Darmkanal an. Da£ Wie dieser Natur-
•peration, und die BedingungMi, unter welchen sie geschehen kanu^
ist mir aber dunkel, wie mir überhanpt alle solche plötzliche Krank-
- heitsv^rseiznogen von einem Organe «if das andere sehr dunkel
sind.
lob hoäe , jetzt nicht den Namen eines Wirrkopfes an ver-
JieD0B, wenn idi von dem Conseos, der zwiieban den Baucborga«
n«n und dem GAhirn hemcht, noch ein Wort r«d». Wära iliass
Rede nach berkömnilicfaer Weise scliicklicher bei Abhandlung der
Bauchfieber gewesen, ao ist sie, hier jetzt eingereihet, ventändli-
cfaer und nfitEÜcher.
Ich habe im Vorigen mehre fiauchfiebei beschrieben, bei de-
nen dos Gehirn leicht in seinem Denkorgane conseoauell ergriffen
wurde. Bei diesen Fiebern fand aber kein Metaschemaiisinu* auf
das Oeukorgao Statt, weder ein plötzlicher, noch, auf dem Wege
der Mitleidenschaft, ein langsam sich machender. Deshalb leiste-
te auch der Zink in dem Irresein bei diesen Fiebern nicht«, gai
nichts, denn es war echt consensuell, und konnte nnr durch das
geeignete Heilmittel auf das urerk rankte .Bauchorgan gehoben wer-
den. Aus diesen Beobachtungen folgt nun die praktische Wahr-
heit, dafs bei Uraffekiionen der Bauchorgane das consensuelle Er-
gciffensein des Denkorganes nicht leicht zum Urleiden des Denk-
organes wird, sondern consensuelles Leiden bleibt, und nur durch
^eil^ng des urergriffenen Baucfaoi^ans zum Normalslande zurück-
zuführen ist. Wollte ich nun aber diese praktische, von den jün-
geren Lesern nipht genug zn beherzigende Wahrheit zu einem
praktischen Canon erheben, so würde ich selbst im Irrthume sein
und andre Unerfahrene in die Irre führen. Es gibt Ausnahmen
von der Regel, und wenn ich diese eben nicht häufig lieobachtet
habe, so ist es doch nicht unmdglich, dafs einst solche Fieber er-
scheinen, bei denen das dos Gewöhnliche ist, was ich bis jetzt
als Ausnahme beobachlet.
Im Jahre 1830 im Herbste habe ich ein herrsehendea, in- meh-
ren Gemeinen sich stark verbreitendes, nicht ohne grofsen Ver-
daeht der Ansteckung seiendes Leberfieber behandeli, bei dem das
Denkorgan nicht leicht consensuell ergriffen wurde. Aber bei ein-
zeinen wenigen Menschen, bei denen es consensuell ergriäen wur-
de, artete das consensuelle Gehirnleiden gar bald zum Urgebira-
leiden aus, ich haMe ei dann nicht mehr mit einem Leber-, aon-
dern mit einem Gefairnfieber zu thun, und dieses stand unter der
sicheren Heilgewalt des Zinks; nicht blofs das Irresein, sondern
die ganze Krankheit wurde durch Zink gehoben. Da es nun aber
durch Zeichen unroöglicb zu erkennen ist, ob der Metascbematis-
raus auf das Gehirn sich vollkommen gemacht hat, so begcgneu
es mir, dafs ich in Einem Falle mit dem Zinke zu schnell bei
der Hand war. Ich hob das Irresein und anscheinend die ganz«
Krankheit, aber am dritten Tage des Zinkgebrauches wurde der
vermeintlich genesene Kranke wieder unwohl, und ich begriff jetzt,
dafs ich es mit einem anvollkommneo Meiaschematismus zu ihaa
gehabt, griff wieder zum Lebormittel, und der Kranke genas bald,
ohne dafs das Denkorgan weiter affiairt wurde, ohne dafs das Fie-
ber wieder überhand nahm. Hätte ich hier bei dem eiatrelendcn
- «Kl —
CttwaUieia nur Mwu gexandert, anf Am Leberor^n hnlend eia-
ntwirken, so wurde auadeni UowohlseiD, in ein paar Taren ein
fitriulicher Rückfall des Leberfieber« geworden sein.
leb hoffe jeut genug gesagt zu babao, am den jüngeren Le-
iern begreifliefa za machen, dafs man den Zink, wie mftchdg und
unaraetziicb er auch nla Gehirnmitiel aein mag, doch nicht blind-
lings bei allem Irresein heilend anwenden kZnae. Znm Ueber-
Suate bemerke ich aach noch, dafa vom Zinke eben das gilt, was
ich schon früher, von allen andern Organmiiteln gesagt habe: er
wird nimmer das erkrankte Gehirn gesnad machen, wenn die Krank-
heit, sie mag sieh als Kopfschmera, Irresein, oder auf jede andere
Weise Bofsern , eine in dem Gehirne vorwaltende Affeklion des Ge-
aammtorganiamna ist.
Jetzt, da ich von dem Irrsinne geredet, wird es wo! nicht
ODsChicklich sein, dafa ich auch einmahl von einem seltsamen
Zustande Sprech«, in welchen Menschen, ohne offenbare Verstao-
desverwirrnng , im Anfange oder im Verlaufe akuter Fieber gera-
ihen können. Dieser Zustand äufsert sieh auf zweierlei Weise;
entweder blofa dadurch, dnfs die Kranken, ob sie gleich nichta
treiben noch ^reden , .was Verstandes verwirmng anzeigt ,- kein Ge-
fnfal ihrer Krankheit haben. Bei den Gehirnfiebern habe ich die-
ses am öftesten beobachtet. Die Kranken klagen blofs über Mall-
heil, und Sachen bei atarkem Fieber nicht das BetI; ja ich in-
nere mich eines Schustergeaellen , der noch einen gansen Tag ge-
arbeitet hat, und wol am Arbeiten länger geblieben aein wilrde«
wenn der Meister ihn nicht nach Hause geschickt hStte. GewÖfan-
lieh ist dieser Zastand der Vorboihe des wirklichen Irreseins,
kann aber, ehe er darin Übergehet, mehre Tage anhalten. Bei
der Genesung erinnern sich die Kranken dessen nicht, was sie in
diasem Zustande gethan oder geredet.
Der xweiie seltsame Zuaiand , den ich aber nicht hlofi bei
Gehirn-, sondern auch bei Banch6ebem beobachiet, ist folgen-
der: der Kranke fühlt sich von dem Fieber sehr angegriffen, ist
bettlägerig, antwortet dem Arzte aaf alle Fragen verständig, und
doch erinnert er sich, nachdem er genesen, nicht des Mindesten
aus diesem Zeifraame. Mefarmahls haben Fieberkranke, die bat
meinem ersten Besuche ganz verständig auf meine Fragen geant-
wortet, nicht die letaeste Spur von Irrsinn gezeigt hatten, mir
nach etlichen Tagen , wenn sie besserten , gestanden , dafs sie
sich neines ersten BesiK^ea nnd dessen , was dabei vorgefallen,
durchaus nicht mehr erinnerten. Dieser Zastand ist lEuweilen der
Vorbothe des Irreseins, aber er ist es nicht immer; man ßndet
ihn häufiger, als manche Aerate, die auf solche Dinge nicht ach-
ten , vermntben möchten.
,WaB ist nun von Schenkongan, Teatamealen, o4«r andern
„,,,_„,,,, Google
ftffentlicben UaodliiageB , ii« mignt geriehllieh oder noUrieU s«i«,
XU lialteD, die der Kranke ia einem aoldien Zu«tniule begehet}
Die Rechtegelehrtea und gerichilichen AerMe köonsn BDIworieB:
wenn die Nicbierinoerung d«uen , wna man gelkan, einen öBeni-
Ijchen Akt ungültig, vordächtii; und anfechtbar maoben kÄnm»,
■o müfalen alle öffeniUcbe Handinngen , die «in Mann je in aei-
ueui Lebeo gemacht, nngültig, oder anfechlbar werden, sobald
dieaer apäterhin lein Ged&chlnilii durch Krankheit oder ddrcb AI-
IMaohwftcbe verlöre.
Mit dieier Antwort nnfa man lufrieden asia, wiewol ma«
[3hlt, dafs aie einen atarken Anflug von Sopbiiierei bat.
leb gehe aber weiter, und frage: wenn jemand seinen Wil-
len in einem solchen körperlichen kranken Zustande gericbtlioh
oder notariell offenbaret, und er erinnert sieb dessen bei der tie-
neauBg oicbt. allein nicht mehr, sondern- er ftufiert dann einen,
dem gerichtlich oder notariell offenbarten., gani eotgegengeaetxteo
Willen, was ist dann von dem Stfeatlicfaen Akt su haken!
Ein Recbtsgelebrter , dem ieb diese Frage einst voric^e, «Bl-
wortete darauf Folgendes: Weno die Ver&nderong des Willens
eines Menseben gericblliehe oder notarielle, Haadlungeii, die er
begangen, ungültig nnd anfechtbar machen könnte, so würde wol.
ein grofser Theil j;arichtl icher Handlungen ungültig werde«, in-
dem der Wille mancher Mensehen sehr TerBnderlicb sei, was sie
jetzt wollten, wollten sie über ein Jabr, ja wol über acht Tag«
nicht mehr.
Diese Antwort mag juristiicb sehr verstiodig sein, mir als
Arst war es aber etwas unverdaulicb , dals man die Gesanden »il
den Kranken über einen Kamm scheren sollte. Es gibt offeabar
in Fiebern , aofscr dem Irrsinoe mit seinen vielfBUigeB Scbattun*
gen, ein dem Traumleben nab Terwaadter, oder vieUwcht mit
ihm eins seiender Zustand.
Wollte man die Aeufaernngen eines lebhaft Trtfumenden ge-
richtlich an Papier bringen, nnd den Erwachten hintennacb an-
haben , daa EU erfüllen , was er im Trauma T«rsproeben , so würde
jeder ehrliobe Mann behaupten, dieses Verfabres sei barer Un-
sinn. Aber, werthe Leser! sollte die Gültigkeit mancher Testa-
mente sich wol auf etwas besseres als aof diesen Unsinn gründen t
— leb glanbe aum wenigsten, dafs mancher, der in fieberhafter
Krankheit seiaen letzten Willen geriebilich ausgesagt, künnte er
ans dem Grabe erstehen, gar wanderlicbe Augen machen würdet
wenn er sein Tealamrat l8se.
Folgender Fall, den ich vor ungefähr 26 Jahren erlebt, hat
mich xuerat xüm Nachdenken über diesen Gegenstand gebracht.
In der Zeit, da hier xu Lande jene aogenaonien Nervenfie-
ber bemcbteo , von denen ich eben gnagt , dsis ich sie mit Kam-
— 971 -
|ib«r bfthanddl , aber g«i»da nlAt dank g«b«il«t hMle , ei^mokta
•B dieaem Fiebei ein« BcboD iltliche Magd, die aich durch Tage-
Iftboern enilhite , w^en ihrer lUdliefakait und Vcrsifiodigkait Toa
mehreo woblbabeodeo Bürgern geacbBrat wnrde« and eia kleinaa
VermSgen beaafa, du vieUeicht ein paar hundert Thaler beira-
gen Machte. Sie wohole, eine Viertelmeile von hier, in den
Uniergebauden einea abgebrannten Schlouea. In denielben Ge<
bftuden, aber nicht mit ihr zasamraen, wohnle ein dem BianU-
wein eehr ergebener liederlicher ZimmermaDn. Dieacr balle , wi*
man mir sagte , lebon ein« Zeiilai^ Teroneht , die Rolle de> Freier«
bei ihr an apieleil , am iieh ihrer kleinen Habe zu beuicfaligen.
Da ich diese Pereon xnerat in ihm Krankbeil besuchle, halle
das Fieber schon etliche Tage gewähret, ea war mir alsa, io
Betracht der Natur dieses Fiebers und meiner Unkuode ea an be-
meisiern, gar nicbt wabraoheinlicfa , dab sia ohne irre as werden
daroD kommen wurde. Ich faod aber bei meinen Beauche weder
eine Spur ron Irnion, noch von den Vorboihen desselben. Di«M
Vorbolheo sind» nach meiner Beobacbmng: entweder SoblKfrig-
keil, oder Schwüche des Gedächtnissei, welche sich durch Nicht*
findenkonBen der Wörter und durch Verwechselung der Wörter
aufiien , NioblgefShl der Gröfse der Krankheit , oder eodlit^ frei-
williges, aber nicbt unverständiges Sprechen über Gegenstände»
die XU der Krankheit nicbt gebSrcn. Von diesen Vorboihen des
Irreseins fand ich, wie gesagt, auch nicht die leiseste Spnr> Si«
fühlte aich sehr krank, sie war nicht redselig, denn das ist oi«
ein schwerkranker Mensch, aber sie beantwortete meine Fragen
deallich und bestimml. Ich verordoele du NSibige und ging naob
Hanse.
Eine halbe Stunde nach mir ist der Notarius, ein sehr tot-
ständiger und recbtlioher Mann, bei ihr gewesen, und sie bat in
Beisein zweier als Zeugen berufener Nachbarn, dem vws'ofienm
Zimniermanne ihre ganse Habe vermacht. Gegen die Kechtlich-
keit und Geseulichkeit dieser notariellen Handlung ist um so we-
niger Einwendung xn stachen , dn sowol Notar als Zeugen , dureb
der Teslirenden leltsama Willenserklärung überrascht, und selbige
in ihren Hcraeo mifsbilligend , wohl angesehen, ob die Erblasse-
rina auch bei ungekr&nkteiit Verstände sei.
Am folgenden Tage, vielleicht noch io der nKmliehen Nacht
( das kann ich nicht mit Bestimmtheit wissen ) ist sie in Irrsinn
verfallen , mehre Tage darin geblieben nnd dann genesen.
Nachdem sie nun vom Fieber befreit, aber noch malt und
bettlägerig war, besuchte ich sie eines Tages. Ich hatte von ib*
rem seltsamen Testament« gehört, und da ich sie schon von frü-
her Zeit als eine verständige Person kannte, so fragte ich sie:
wie sie dooh anf den wmnderliohen .Gedanken gekommen, dem
— 572 -
TenoB'enan ZiTomermaiiD iKr Vet-mögeo lu vennBchaa , ich küonv
wir doch unmttglich deoken , dafa aie je gwonnen geweien, niil
dieiem Ansbnnd von Liederlichkeit eio Ehebüadnib za schliefifln.
Als ich also gexprocben, fältele sie die Hände, schaute gen
Hinmel, und rief Gott mm Zeugen an, dais sie auch nicht das
geringme von der ganzen Testamentmaeherei wisse; sie sei den
Vorgang erat bei der Genssnng gewahr worden.
•Sie weinte bitler, dafs künftig ihre Habe, ihrer dürfiigen
Familie entzogen, in die Hände des Liederlichen Wandern sollle,
mit dem sie nie eine andere Gemeinschaft gehabt, noch je hnben
werde, als dafs sie mit ihm, jedoch weit genug von ihm, in den
Uniergebäuden des verbrannten Schlosses wohne.
Da ich der erste in solchen Händeln etwas Erfahrene war,
der mit ihr von dieser Sache sprach, so benihigle ich gar leicht
ihre Seele durch die Erklärung, dafs si« ihr Testament nraänderen
könne, so oft si« wolle, und dafs das in ihrer jetzt überstände-
nen Krankheit anfgenommene dareh ein neues könne nngüliig ge-
macht werden.
Ich halte diese Geschichte deshalb enählt, weil sie mir für
jeden Arzt , der nicht blofs Pulgfnhler und Zungenbeschaner ist,
bemerk en s werth , für den- gerichtlichen Arzt aber ins besondere
zum Nachdenken einladend scheint Sie betrifft freilich nnr eine
arme Magd, freilich nur di6 Summe von ein paar hundert Tba-
lem; aber gesetzt, so etwas trüge sich bei einem reichen und
vornehmen Manne zu, die Snmtiie, worum es sich handelte, be-
stände nicht in ein paar hundert Thalern, sondern in vielen tan-
senden , der notarielle oder gerichtliche Akt wäre kein Teatameot,
sondern eine Schenkung, oder ein anderer, willkürlich und aiit>
seitig nicht aufsuhebender Vertrag; der Fieberkranke genäse, er-
innerie sich, gleich der testirenden Magd, nicht dessen, was er
in der Krankheit gelban, mifsbilligte es jetzt, wollte die Schen-
kung oder den Vertrag aufheben, und der Beschenkte oder Ge-
voflheilie thäie dagegen Einsprache; wie sollte der gerichtliche
Arzt, von dem ohne Zweifel ein Guiachteo würde gefodert wer-
den, sich aus diesem Handel ziehen! Der öffentliche Nolarins
hat mir damahls , da die ersählie Geschichte sich zutrug, die Frag«
vorgelegt: Wie bei Fieberkranken ein solcher Znstand das ver-
ständigen Traumlebens von dem Znstande der wirklichen wachen
Verständigkeit zu unterscheiden sei. Ich habe ihm unverhohlen
erklärt, -dnfs ich dieses nicht wisse, ihm aber versprochen , diese
Frage den gelebnen Aerzten bei Gelegenheit vorzulegen. Wenn
ich dieses Versprechen erst jetzt, nach 26 Jahren, also etwas
spät arfüile, so rechne ich darauf, dafs die Gelehrten in dieser
langen Zeit um so viel grSndlicher den manscbliehen Geist, des-
sen Zusammenhang mit dem Körper, und das gegenseitige Elia-
- WS —
wirken beidef auf cinandw werdsn erfonehl haiMO , daü also ihr*
Antwort auf maHi« Frage (dwen Wichtigkeit li« niebl Terkeaaen
können) um so viel gründiicber, battimmter , den öffentlichea
Beamlen bei Beurkundung des Wilteas fieberkranker Measchen
um so viel bi'aiichbarer sein wird.
Von dieser Abschweifung kefar« ich wieder su den Gcbiro-
mitieln xuriick, und stelle die Frage auf: Llfstiich mit Bestiraml-
beit von jedem derselben behanplcn, es wirke beileod auf dieses
oder jedes einzelne Organ des GebirDS}steines!
Ueber den flächiigen desiil lirbaren Grundstoff des Tabaks habe
ich nichts als Vermuthung, dafs er auf das kleine Gehirn und das
Rückenmark wirkt. Deber den Zink habe ich die Vermuthung, dafli
er auf da«, das regelmXfsige Denken bedingende Organ heilend
einwirke. Manche Erfahrungen iodefs fiber seine heilende Wir^
knng in schraenbaften Affeklionen der ExtremiiüleR lftf«i mich
auch vermuthen , dafs er auf das Rückenmark wohlihStig einwirke j
und seine beiletade Einw irkuog auf sebmerzhafi erkrankt« Organe,
die von den Gebimnerven verseben werden, macht es mir wab^
scheiolrch, dafs er, nufser auf das Denkorgaa, auchnoch auf
andre Gebirnorgane eigenes Heilmittel sei. Ob Meine wohlthBtigO
Wirkting im Durchfalle von einer direkten Einwirkung auf dia
DSrme, oder von einer direkten auf das Gehirn und Rückenmark
abhänge, wage ich nicht zu hestimuien. Von dem Stechapfel habe
ich grofse Neigung zu glauben, dafs er auf ein solches Organ,
oder auf solche Organe heilend einwifke, welche sich ioi oberen
Tbeile des Gebima befinden. Auf das Denkorgan wirkt er nicht
bellend , als nnr in dem Falle , wenn dieses cansensuell ergriffen
ist , nnd seine Irrangen von einem Urleiden solcher Gfhirnorgano
abhängen, welche unter des Stechapfels Heilgewalt stehen. Ich
mufs aber ausdrücklich in Erinnerung bringen, dafs bei den Fie-
bern, die ich durch Siechapfel gebeilet, und bei denen ungeheuer
heftiger Kopfschmerz nnd periodisches consensuelles Irresein vor-
walteten, das Irresein verschwand * wenn ich durch Stechapfel-
ttnkinr den KoprschmerE wegschaffte. Ging aber die Krankheit
in den zweiten Zeitraom über, versehwand der Kopfschmerz und
trat da« anhaltende Irreatn ein , so habe ich mit dem Siediapfel
aichta, gar nidits mehr ansricblen können. Daraus schlielse ich,
da& dieses Mittel keine direkt heilende Einwirkung auf das Denk-
organ hat.
Was nun «ndUch das Cblorinsilber betrifft, so weifs ich wol,
dafi es Gehimmittel ist, allein ich habe keine Veminibung, auf
weiches Organ des Gehirns es vorzfiglieh heilend eiowirke.
Dem aufmerksamen Beobachter wird nberbaupt die Folgeikit
noch manches binsicblliefa der Gehirnmiltel hell machen, was mir
bis jeist dunkel ist. Ich kann nidits mehr gebao als ich habe;
— 674 -
wollt« ich m«hr geben, m müf>ten es Lügen Bein, Nülriichet
Im es, dafa ich ein« Ssehe in Anregung bringe, die -mir für di«
Hebung der Kunal von Wichtiglceit «ofieint.
Wahrscheinlich alle Gehirn heilmittel (durch Erfahrnng kann
ich aber nnr vom Zinlc und Tabak iprechen) sind* nicht bUfa in
krankhaften Affektionen dei Gehirns und Rückenniarkes, sondern
anch hei dem normalen Zasiande dieser Organe in der Ursfiektion
anderer Organe mit Vortheil aasowenden. Ohne mich besonders
über diesen Punkt anazulassen, hahe ich schon im Vorigen dar-
fiber Erfahrnngen mitgetheilt ; ich bemerke aber jetzt : as ist niBg-
lich, dafs gerade die heftigsten and lödtlicbsten Affektionen des
Darmlianales oder der Bauchganglien sich dnrch Gehirnmitiel zu-
weilen besser beschwören lassen, als durch die bewährtesten Banch-
miitel. Meine Erfahrungen über diesen Gegenstand sind xn nn-
Tollkommen, als dafs ich sie in abgezogenen praktischen SBizen
mittheilen dürft«, und die Einzelheiten derselben zu erzfthlen,
würde viel xo weitlKuflig s«io: ich hoffe aber, dafs die blols« An-
deutung dieses, wahrscheinlich wichtigen Gegenstandes die Forsch-
begierde dankend« Aeni« hinlänglich aufregen werde.
Besio,n4ere BejMerknn ven Aber d»a dehim.
ChroniacAt Ver» fandet ttSrung.
Diese wird, meiner Beobachtung gemifti, grftfiHemheils frü-
her oder splter gefaeilet, oft durch Arzenei, oft von seihst, und
nicht selten möchte es zweifelhaft sein, oh sie auf die eiiM oder
andre Weise geheilet sei. Darum haben die Aerzte der.Heilirren-
aostalten nicht so ganz Unrecht, wenn sie verlangen, wir adlen
ihnen die Kranken recht bald schicken. Begreiflich werden sie
auf die Weis« gar oft das Vergnügen haben , die Irren veratSn-
dig werden zu sehen, nnd ihrer Anstalt den Ruf einer wahrhaft
wrfamaehenden zn gehen.
Da für nns einfache praktische Aerzte aber die Hmlung sol'
ch«r Kranken anch ein besonderes Inirease hat, zo werden dia
Herren Irrenärzte uns wol nicht verdMiken, dafii wir alle dia
selbst heilen , die wir Pär heilbar ballen , and ihnen nur aoldie m-
s<äiieken, weiche wir für nnheilbar ansehen ^ oder bei denen sl5r«n-
d« äafs«re Umstände die Anwendung der geeigneten Hälfe nidit
erlauben. Ueberdiea wissen -wir, di^ wir den Geist des Volkes
kennen, recht gur, dafs, durch das Geheiltsein in einer Irroo-
ansialt, Jedem Menschen in den Augen des Volkes eine Mark«
aufgedrückt wird, die nicht leidit verwichset. Der, deaa«o bür-
gerlidMs Bestehen einzig von dem Zatranen abhängt, daa seine
ÜngebaMgen in die Bichiigltait des Varslandea zctM« (wie s. B.
— 576 _
ein Janger Am, od«r Gviitllehsr) , der JcOnnls I«ielit dnrcfa dn
Geheiltsein in mdm Irrenanitalt nnglBeklicher werden bI« AarA
<ten Iminn seibat. Mit lolehen Leuten will das Volk niflhts sn
ihan haben, wahrscheinlich besorgend, der -IrrsioQ nöcht« ein-
niahl mr angelegenen Zeil bei ihnen wiederkehren. Damm bilia
ich meine Herren Amtsgenoasen , alle Irren, welche sn der an-
gezeigien Kategorie gehSren, keinesweges einer Irrenanstalt m
übergeben, sondern si« selbst xn heilen, und dem Imiooe einen
gani nnschuldigea und unanstfifsigen iVamen cu geben.
Meine Erfafarang spricht daßir , dafs der Grand eines groben
Tbeila der Verstandes! rmngen im Bauche , eines geringeren Thei-
les im Gebim m findtn sei. Bei letaler Art ist aber das Denk-
organ nicht immer orergriffen, sondern xuweilen mitleidend. So
glenbe ich a. B. data die, in seltenen 'FBlIen , nach dem mit Ir>
resein verbnndenen Scharlaehfieber , oder nach der mit Irrfloeln
verhnndeneo Koprrosa inrückb leiben da chronische Verstandesm-
wErmng nicht ein Urleiden des eigentlichen Denkorgans, sondmrn
vielmehr eines Safteren, nah unter der Schale liegenden Gebim-
theiles ist. Welehesi — Oai nag der Himmel wissen.
'Arn merkwfirdigsten fiir den Ant, nnd auch am schwierig-
sten xn heilen , ist das eigentliche Ürleiden des Denkorgans , oder
des Gehimtheiles , welcher die regelmüfsige Aenfternng des Denk-
vermögens kSrperlich bedingt, feh hoffe, die Geduld der Leser
aaf keine gar an harte Pro l>e xa stellen, wenn ich ihnen kürslieb
das niuheile, was ieh binsicbtlich dieser Krankheit beobachtet
habe.
Ea gibt einen Irrainn, welcher einsig in einem Mifsverhllt-
nisse der Phantasie xnm Verstände hesiehei. Wenn ein Meneefa
mit reger Phantasie, der Einsamkeit Gbergeben, den Rufseren Ein-
drflcken mehr oder minder caisegen ist, nnd Her Verstand nicht
anf wirkliehe Dinge geriehtet wird, so lebt ein solcher auf die
Daaer blofa in seiner Phantuiewelt. Anfangs in dieses andern
I.eaten nicht auffallend, so lange der Phantast n«ch Aniheil an
dem nimmt, was vm ihn vorgebet, and so lange die Bufseren
EiodrAeke s«nen Gedanken eine andere , den Eindrfieken entspre-
chende, wenn gleich vorfibergehende Riehtnng geben. Nach aai
nach wird es ihm aber immer schwerer , sieh seioM Phanlasiewell
s« entwinden, aaf das, was um ihn vorgehet, xn achten. Da
fari&t ea denn im gemeinen Lehen, der Mensch leide an Abw*>
senheit des Geistes. Weil man aber so etwas auch wol greisen
Gelehrten nncbgocagt hat, so ahnet noch niemand was Böaea.
Indefs wird diese vemeintlicb« Abwesenheit des Cieistes im-
ner hervecstetAeader, ea bllt immer schwerer, die Gedanken des
Triumtn auf das, was um ihn vorgriwi, xn festigen und ihn
seiiMr Traumwelt so entrei&en. Endlieh bewirken Balmre Ein-
^ 576 —
drti^ft kein wirkliche! Erwtchen ai*kr, Mndern >ie mUchsa- sivii
vielmehr mit den Phantaiielrinmen , nnd bewirken, gemisriit mii
«tiesen, eine gana andere Gedankenfolge als lie nngemisdit bei
j«deni andern kopfgesunden Menschen bewirken würden.
Nun befindet er sich , hinstclulicli der ftufseren Eindrücke,
gerade in demselben Verfaftllniase , als wir uns im Schlafe befin-
den, wo gewfihnlieh Sufsere Eindrucke auch eine gaiu ander*
Gedankenfolge hervorbringen als im Wachen ; wird unser Ohr
t. B. durch einen Schall berührt, der nicht so surk ist, dafs sr
uns weckt, so kann dieser bewirken, daJs wir vielleicht in dem
Getümmel einer Schlacht, oder in einer belagerten Feslnag m
■ein wfthnea. So lange nun der Phanlasiekrank« seine lelisamen
OedaukcD nicht mit Worten ausspricht , hat er blob das Ansehen
eines Einniligen; ofl'enbart er sie aber mit Worten, so neaaet
man ihn im gemeinen Leben verrückt.
Es ist wahrlich heklagenswerih , dafs luweilen Aeltero, un-
bekannt mit der unüchuldig scheinenden Veranlassung solches Irr-
sinnes , Kinder von lebhafter Phantasie verständig unbeschftftiget
der Einsamkeit fiberUssen. Sie können dadurch den Grund xu
dieser scbwerheilbaren Krankheit des Gehirns legen.
Vor langer Zeit (des Jahres erinnere ich mich nicht mehr
genau) führten zwei Freundinnen meiner Frau das Fräulein Klara
E***, ein siefaKehn oder achlsehnjähriges, seht hübsches Mid-
chen bei uns ein. Dieses hatte aulser dem Liebreixe, eine so
seltene Natürlichkeit and Unbefangenheit, dab ihre Origiiialilfil
meine \eugier auf eine angenehme Weise anregte. Ich lieb mich
mit ibr in eine Zweispracbe eia, und da wir bald mit eioandet
bekannt wurden, und ich hörte, dab sie hei ihren reichen ab«r
betagten Grofsältern lebte, so sagte ich su ihr: Fräulein Klara!
womit beschäftigen Sie sich doch den ganzen Tag, Ihco Grofs-
altem haben wenig Umgang , und xnr Unlerhattung werden die
alten Leute auch wol nicht viel taugen ; die Zell mufs Ihnen ciem-
lioh lang werden. — Ach nein! versetzte sie, die Zeit wird mir
nie lang, denn wenn ich allein bin, welches freilich oft der Fall
ist, mache ich Geschichten. Ich verstand diese Antwort anlSng-
lioh nicht recht; die Erklärung, die sie auf meine Bitte darüber
gab, war, obgleich undeutlich vorgetragen, doch deutlich geimg,
dafs ich begriff, das acme Kind lieb in der Einsamkeit seiner
Einbildung den Zügel ichiefsen , und lebte in einer eigenen Phan-
laaiewett. Ich hielt es für meine Pflicht, sie zu warnen, und
sagte ihr gerade heraus: hüten Sie sich, Klaral vor dem Ge-
schichten machen, Sie können gar leicht närrisch dadurch werden.
— Sie lacht« mich aus. Wir nahmen beide Antheil an einem
andern Gespräche und der Sache wurde nicht weiter gedacht.
Es mag jetzt drei Jahr sein, da treffe ich in dem Hause eiaea
— W7 —
BskaantMi «iae Ui^ nidrt gM^wne FraondiiiD, welche danwhU
in HeiRem Hwite gewMea, da jenes holdwlige FrftnUin einge-
föhrt wurde. Dieie wiaaert aicb des frob verbrachlea TagM, num-
efaer £iiiielbeiteii nnierer Unterbaliaog, und briogt mir dadorcli
das FrHnleio wieder iu Gedäcbtoifs. Wo iit Jelxt, frage ieb,
Klara £**"} Ach, lautet die Antwort, die litzt »ehoo Ungst
in Irrenbaniel
Du Irreieia als Urleiden dei Denkorgans kann bekanntlich
aueh TOD dem aohälieadan Lagern der Gedanken anf Einem Ge-
genstände entstehen. Hier findet das nämliche Verhftltnifs in den
Fortschritten des Uebels statt als bei der vorigen Art, jedoch sind
die Fortschrifte in nuutcben Fällen noch weit rascher. Ist das
Hebel SU einer bedeutenden Höbe gestiegen, so beschäftiget einige
Irrsinnige der Gegensund , der sie nrsitrnnglich närrisch gemacht,'
nicht nebr anaschlielslicb , sondern ihre Gedanken adimen einen
gsDi nngeregehen Gang; bei andern aher bleibt er aasschliefslich
der rerherrsebende. So hal>e ich eioeo Jangen Mann gekaDut, der,
ans Liebe an einer ret^t artigen Gastwirtfainn närrisch, sich den
Gedanken in den Kopf geaetat hatte, seine Angebetete habe ihm
in einer halben Flasche rothen fransdaiscben Wein einen Liebe*-
trank beigebracht. Der Mann ist lange irrsinnig , nnd der wunder-
liche Gedanke wahrscheinlich hia m seinem Tode vorherrschend
gehlieben ; «um wcnigslen , da ich ihn ein paar Jahre vor seioen
Tode znMIig bei seinen Verwandten traf, fühlte er noch das
höllische Fener des Zanbertrankes in seinem Leibe.
Ich habe, so lange ich Arzt gewesen, eioxelne Mensehen ans
Liebe, aas religiöser GrSbelei, aas Sorgen der \ahrang and aus
Hochmnlh irrsinnig werden sehen; die Fälle sind aber allesammt
so geraein, dafs nnr ein sehr genialer Kopf sie dem Leser, ohne
ihn sn langweilen, enihlen konnte.
Die Heiinng solcher Gebimkrankheilen ist sehr schwierig.
Wenn wir Aenrte dem verliebten Irren seine Geliebte ins Bett
schaffen, den Hochmüthigen lam Fürsten oder xam Minister er-
heben^ den vor dem Yerhangem Bangen xam reichen Manne mn-
cheo, nnd dem religiösen Zweifler seine Zweifel lösen könnten,
dann w&rden wir ganze Heilmeisier sein, voraasgesetzt , dafs wir
die unfehlbaren Mittel bei Zeiten anwendeten, denn xa >päl, möch-
ten sie aneh wol nicht mehr verfangen. Wir sind aber arme Men-
schen, nnd nnaere Heilversoche kommen mir zuweilen eben so
widersinnig vor, als ob wir einen am Galgen Hängenden beleben
sollten, ohne dafs es ans erlaubt wäre, ihn hemnierzanehmen.
Die Gelehrten unter meinen Lesern werden sagen, solche
KfMiken müsse man anf psychischem Wege heilen: das lautet
gut, bat aber seine grofsen, sehr grofaen Schwierigkeiten. Um
die anf einem einzigen Gegenstailde gelagerten Gedanken von dte-
-■■-37 ^---o-
— 578 —
WM abtiikiehea , m4 auf andM« C(«g«utind« Dicht bl«& tngtn-
bücklicfa , BOndern daawnd m richten , lUam nÜHoo die JtJiwwi
UviKlÜnde niit dem Arxt« !■ Biisdnih treiea; «iad dteae ibm ab-
hold, Bo wird er wel ps^cbiidi sebwatse«, aber oiebt ptf^cbiaeh
heilen kÖnnea.
Wie geadiivind ein Iminalger dureh güoMige UmMfiade ge-
heilt werden könne, davon habe ich Fälle erlebt, die bamerkens-
werifa genug liod, um aie dem Leier lu eraählea.
Ein sehr achtbarer Mann von h&baram Altar hatte durch die
Zeiinmslftade Verlnu an seiner EiBnahme erliuan. Wie mif aeio«
Verwandten versicherten, war dieiier Verlust aber aii^t ao he-
deutend, dafs er je Maagel hSiie leiden köanen, ja er würde nicht
einaiahl nSthig gehabt haben, ia seiner gewebaien Lebensweiaa
die mindeste einschränkende Veriindemng in taachen. Er grüballe
aber über diesen Verlast so lai^e, bis die milamathigen Vorsiri-
liiogen seine ganae Ueakkraft dermafsea in Aasprach Bahweo, dafs
er nicht n»hr im Staade war, selbige auf andere Gegenstiade **
richten. Er war gnas uoföbig ku seinen GewhttfteD, uaßbig au
freondscbafilicfaer Unteriialtnog j der Schlaf fioh ihn uad eeioa
Bauehorgane wurden raitleidead crgriSea.
Da nun die Seinigen kftrperllcbe Uraaehen dieser Gcm&tbs-
krankheit vwinutheien , lo wurde ich, da ieh seit twanaig Jahren
sein gewöhplichar Aru gewesen, um Rath gefragt. Um au sehen,
wie weil et sehen mit ihm gekomaien sei, ob «ia kSrperlicber
■chmerahafiler Beiz ihn noch, wenn gieich vorübergriiead , ana
uinea Iraorlgen Phantiuien su wecken vermftg« (ni^t ihn n hei-
len^, lief« ich ihm Breebweinsieinsalbe auf die Mageng^end ein-
reiben. Nachdem dieses etliche Tage geaoheben war, trat ieh
gerade ins Zimmer, da seine Frau ihn über die sablreich und dick
aimgcbrochenen Aniinonialpocken recht derb rieb. Er gab nicht
das mindeste Zeichen von sich, dafs ihm dieses Reiben anange-
nehm sei , er blieb vtelntebr in tiefem Xaobdenkea verloren, —
N'un, alter Freund! sagte ich , ihut Ihnen denn das nicht wehl —
Ei wasl versetsM er, ich habe an gaaa andere Dinge xn denken
als an solche Kindereien.
Da nun der Mann int geauaden Zustande für scbmersbafie
Reize eben so empfindlich war wie jeder andere, ao kSnoeo die
Leaer aus dem Gesagten Rbaebmen, dafa es sehen weit mit iblä
gekommen.
Ich suchte ihm die coasensueUcn Banchleiden au heben oder
an mindern; allein, da ich das urerkrankte Organ nicht heilen,
und die ftufseren , besitimlig anf ihn einwirkenden ■veranlastendeo
Ursachen des UrleideDs nicht beseitigen kennte, so waren meine
Remithnngen fritchtlos; zum wenigsten sctuieb ich die vermeint-
liche Besaeruag, welche die Seinigen su bemerken glaubten, mehr
^ 579 —
Auf RMliaiisg ifarei Wunaeh«« ihn be«*r in lebeB, aU aaf H«eh-
Dong der AriwMi; denn des alla Sprichwort, daJji man das g«m
glaubt, w«s man wünsoht, «eben wir bei üebnng unserer Kunst
hinfig bestätiget.
So wäbrie oiin die Sacbe eiae ziemliche Zeit; seine Haus-
genossen und Freunde biellen es für klug, seinen GetQÜlhizustand
dar Weh in verbergen , und ihn für körperlich krank aaszugeben.
Eines Tages, bei der neoen Umwandlung 'der Dinge, die
naeh dem letalen Befreiungskriege in manehen Ländern eistcal,
bekommt unser irübsinniger Mann (der begreiflich bei der Behörde
nicht als irrsinnig su Bache stand) eine amtliche AusBeichnung,
seine EinBahme vermehrt sich, sein Sohn, der als Offizier den
Krieg mitgemacht, und des er de^alb in seinem trübsinnigen
Uamuthe den vergnldelen Bettler xu nennen pfiegie, wird im Ci-
vUdienste autl&ndig und eintrfig^ich versorgt , und aiehe da I aoier
Trübsinniger tat von der Zeit an ao vollkommen geheilt, dafa er
seine aatlioheo Geschäfte mit Leichtigkeit und Vergnügen ver-
si«bet, und dafs er wieder ein eben ao guter Gesellscbafier , ein
dten so ganüglieber Hansvater ist, als er je vor jenem Iranrigen
Gemüt brau Stande gewesen.
Wie konnte ich biilfarmer Mensch nun meine» kranken alten
Freunde eine amtliche Aasieichaung beao^eal wie konnte ich
seine Einnahme vermehren? wie konnte ich seinem vergoldeiev
Beiller eine einträgliche Verto^ng verschaffen I Und doch faätie
idi tUeiiter solcher Hülfen sein nässen, wenn ich ihn hellen wollte.
Wahrlich mit Apotheker-Büchsen, mit Messer und Brenneisen ist
es nicht immer gethan , eben se wenig mit parchiacher Behand-
Inng; denn hätte man nnsern Kranken den Theologen und Philo-
logen XH heilen übergeben , welche ehrliehe Leute doch beide den
nessefalichen Geist besser tu kennen vorgeben als wir, ich bin
überzeugt, sie würden ihn eher wirrer als besser gemacht haben.
Dia Verändernng der Zeitumstände, ond sie nur allein hat ihn
geheilt.
Der zweite Fall, den ich dem Leser ersfihlen will, betrifft
eine Irric&pfigkeit aus Liebe, und zwar eine seltsame psychische
Heilung derselban in ihrem ersten Zeiträume.
Ein junger Mann verliebte sich in eine geheirathele Frau , de-
ren Haus seinem Wohnzimmer gerade gegenüber lag , mit der er
aber, so viel mir bewufst, wenig Umgang' gehabt hatte. In dem
Hanse der Frau war ein Husarenoffizier einqaartirt, und jener
verliebte Nachbar sah diesen als seinen begünstigten Nebenbuhler
nn. Darüber brütete er nun so lange, bis er geistig, und mit-
leidend k&rperlich krank wurde. Ich sollte ihn heilen; allein was
konnte ich bei einem Menschen- aniführen, der den Gegenstand
seiner unglücklichen Leidenschaft beständig vor Augen hattet Seine
^■-■-37 -^---O"
— 580 —
ElsluBt war rerschwntiden , ■ein Schlaf aiHerbroelMn nad dnrch
Traume beanruhiget, seine Zung« belegt, fl«In Pali bmchleani-
gei. Uebrigens war er bestSiMlig in leinen Phantasien verloren,
ohne lieh jedoch fiber dieie gegen mich anszuBprechen ; zuweilen
brachte er abgebrochene, mir räthselhafte Beden hervor. Wie
es überhaupt mit seinem Verstände beiieltet war, kSnnen die Le-
ier aus folgender Kleinigkeit am besten abnehmen. Eines Abends
kommt er, mit einem Nachirocke angeihan, ins \adibarhaas,
um hier seinen Bruder zn sprechen. Dieser Bruder wohnte aber
viele Meilen von hier, und hatte nie im Sinne gehabt hierhin m
kommen, würde auch am allerwenigsten sich bei einem ihm niH
bekannten Bürger, der kein Gasthaus hielt, eingelagert haben.
Ich gab nun dem Kranken, den wir der gemichlicherea Er-
zfihtnng wegen, Y** nennen wollen, allerdings einige Anenei,
allein Nutzen konnte ich nicht davon gewahr werden, rechnete auch
wahrlich nicht darauf. Eines Morgens besuchte ich ihn ; er safs auf
einem Stuhle, vor sich hin stierend, in tiefen Gedanken verio-
ren, und ich hielt mit ihm folgende Zwiesprache: I^: Wte ge-
het es Ihnen Herr Y**t — ¥**; Ntra, Sie werden Wal gehSrt,
haben, wie es mir diese \acht ergangen. — Ich: Nichts hdw
ich gehSrt, ich komme den Augenblick von Hause, Sie sind der
erste StBdlische, den ich spreche. — Y**: Ich habe mich diese
Nacht mit Herrn v. T* duellirt. — Ich: Wer hat denn etwas
abgekricgtf — Y": v, T* hat mich verwandet. — Hier zeigte
er mir eine unbedeniende Schramme, die zwischen dem Daumen
und Zeigefinger safs, auf welcher er ein Läppchen mit Wandwas-
ser liegen halle. Üa ich den Morgen nicht sonderlich aufgelegt
war, solche Narrengposscn zu h5ren , so grüfste ich ihn, and
ging gerade gegenüber ins Schlofs der Zaaberprinzefs. Ich fand
hier die Familie, deren freundschaftlicher Umgang mir seit lan-
gen Jahren zur Gewohnheit geworden, beim Frühstücke, und sagte
ihr: es mSchte doch wol bald Zeit sein, die AngehSrigen des Y**
von dem unglücklichen Gemütbszustande desselben zu benachrich-
tigen, denn es werde, statt besser, schlimmer mit ihm. Er habe,
wahrscheinlich die Nacht, unruhig trBumend, mit der Hand im
Bette herumgefochlen , und sich an der Bettstelle ein wenig ge-
schrammt, nun bilde er sich ein, er habe sich mit dem Liente-
nanl v. T* duellirt und sei von diesem verwundet.
Nach dieser Bede staunten mich alle verwundert an, fragend,
ob ich denn noch ntchta von dem Skandal der vorigen Nacht ge-
hftrtl Auf mein Verneinen wurde mir Folgendes erzfihlt:
Der liebekranke Y" biuet, in einer Anwandlung von Grofr-
muih , oder Gott mag wissen aus welchem andern Beweggründe,
seinen vermein (liehen Nebenbuhler, den Lieutenant T. T*, znm
Punsch. Dieser« der auch einen Strich hatte, kdr^ierlicfa nnd gei-
— Wl —
M^ Bbgaantzt war, mniM die Eialadnng an, obglaieh er wohl
wu&te, dab dw Eioladar ihn für miiicb begfinsligtea K«benbuh-
l«f halte, and dab es mit deuan VenUande etwaa uDheimlich be-
U«lh ■£■• Waa Dan bei dem Puuacb vorgefallen, daron kann nie-
mand WiaaeAacbaft haben i Mviel aber iat ansgemaeht ibatafichlich :
Um Mitiemacht bekommen aie Streit, fodern «ich heraui, treten
ohne (JmstAnd* im bellen Mondscheine auf die Strafae, und feuern
mit Pialolen auf einander. Daaie aber, abgeaeben von dem, dem
richtigen Treffm etwa« nngünatigen PpmcbgeiBie, beide elwaa
wirre im Kopfe waren, » acbiefsen aie beide febl; die eine Ku-
gel BclilSgt in eine Pumpe, und die andere in die Fenaterblende de«
verwünachleb Scbloswa. Begreiflich stecken auf diesen Lerm die
ana dem Schlafe anfgeaeh reckten Nachbarn die Köpfe zum Fen-
ster hinans, und die noch auf der Strafse hefioditchen Menschen
eilen xnr Wahlstatt. Unter diesen befindet sich ein Jäger, der
hielei gleich seine Dienste xnm Laden der Pistolen an. Laden
tbnt er sie nun awar ordnnogsmAfsig , aber er apeiel auf die Zünd-
pfanne, und Jetxt wollen die Dinger mm Verdmb der Kämpfen-
den nicht losgeben. Nach mehren vergeblichen VersBchen greift
man zum Säbel, nad Y** bekommt eine Schramme auf die Hand.
Hitle nun unser Liebekranke die Franaösischen Geselse ge-
kannt, nach denen der Zweikampf nicht geseislich verboten ist,
sondern die Betheiligten blofs hinsicbtlich der Folgen desselben
verantwonlicb sind, welche Folgen in dem erzähllen Falle nicht
in Mord oder Verstümmelung, sondern blofs in einer unbedeuten-
den Schramme bestanden, so würde wahrscheinlich das Abenieoer
nicht seine Genesung bewirkt haben. Er kannte aber xu seinem
Heile die Fraozäaiacheo Geseiae nicht, er besorgte grofse ünge-
iegenheit von diesem Unfuge, und da er einen grofsen Grad von
Ehrb^ierde besafs, so wirkte der Gedanke, als Ueberlreier der
Geaetae und als frevelbafler Slörer nllcbtiicber Ruhe von dem öf-
featlicbeo Anldäger belangt an werden, ao mächtig auf ihn, dafs
die Liebetpbaniaaien in den Hintergrund seines' Kopfes zurücktra-
toa. Er saadito sich auf den Weg, seinen entfernten Vorgeseti-
len die Sache in einem erträglieh günstigem Liebte vorsusiellen,
eh das Helsöogige Gerücbt sie entstellt und vergröfsert an ihres
Ohren bringen konntet kurs, er ihat alles, was jeder unter una
tbua würde, wenn er einnabl aiu Üebereilung eine ähnliche Narr-
heit begangen.
Mit der Poliaei hatte er am wenigsten ka schaffen, denn die
wafule den Vorgang mit allen Umständen, sah mithin dordi die
Finger, und das um soviel mehr, weil sie auch 'den HuaareDof-
fisier f3r balbverrückt hielt, worin sie eben nicht Unrecht hatte;
denn eine Zeitlang darauf bekam dieser hier im Orte einen An-
fall vofx WahMinn, hat daranf ao der anderen Seite des Rheines
einen scbreeklichen , aber mifiilungenen Vcmidi ieu SelbstmordM
lt«niRcht, und ist, wie ich gehöri, endlich m Beriin wshosliiirig
im Krankenhaase gestorben.
Der liebekranke Y** war aber durch dieses Abenteuer, das
seine Gedanken aof andere Gegenstände nicht blofs lenkte , son-
dern zwang, das seine Ehrbegierde aufregte, das seinen Geist
und KSrper in Thüiigkeit setzte, so gründlich geheilet, dals er
keines Arztes und keiner Araeoei mehr bedurfte, sondern wie
jeder andere Tersläodige Mann lebte und seine amtlichen Gescb&fte
versah.
Dieses ist nun eine echt psychische Heilung; aber, stand es
wol in der Gewalt des Arstes, den heilendeo Straufs. herheixu-
fljbren*
In früherer Zeit hielt mao vi«! aaf die Geifselbeilongen. Wel-
cher Unfug damit, noch in meiner Lebzeit in den Militärkranken*
h^nsern getrieben wurde, darüber will ich nichu sagen; mir scheint
xber doch, dafs in den eben besproefaeaeo Arten de« IrrriBiM»
derbe Kuthenstreicbe den Mensehen besser aus seiner Traam- and
Phantasiewelt tat wirklicben Versiftndigkeil erwecken wurde«, sds
alle Arienei nnd als alle chirnrgische Aelz- und Breonmitlel. Ich
glaube jedoch nicht , dals man Menschen , die schon mehre Jalire
in ihrer Phaniasiewelt gelebt, nod deren Gefühl für den Seh man,
wie flir alle Snfsere Reise schon bedeutend vermindert ist, dnvch
solch empfindlichen tianireiz wird heilen kSnnen.
Da in der Medizin das Neue und vielfach Besprochene gar
bald znm Alten, Vergessenen, ja zum Verachteten, das Alte,
Vei^Bsene nnd Veraehieie aber zum Neuen wird, so kdonle es
sieh leicht treffen, dals auch mit der Zeit wieder ein Arzt Irrsin-
nige durch Geifselnag gründlich heilte. Diesen bitte ich, seine
Heilongen doch ja nidit in einer Druckschrift bekannt zu niaehen.
Es gibt in der Medizin, wie in allen andern bürgerlichen GesehSf-
ten, immer solche Menschen, denen die Natur die zur nmsicbti-
gen Betreibong ihres Gesch&ftes ndlhigen Veratandeskrftfl« nicht
verliehen hat. Diese wirden ohne Zweifel durch die Bekanntma*
chung solcher gliickliohen Geifselheiluogen verleitet Werden, das
gepriesene Mittel auch hei solchen Irren anzuwenden, bei denen
es das Uehel weit eher schlimmer als besser machen mttchte, nnd
vor der Erneuerung solch empürenden Unfuges wolle uns Gott
bewahren.
ieizt will ich den Lesern einea Fall mittheilen, den ich zwar
nicht selbst beobachtet, den mir aber der Geheilte, einer meiner
filtesfen hiesigen Freunde, ein versifindiger und wahrtiaDer Mann
erzählt hat. Dieser, in den besten Jahren, stark, gesund, auf
dem Land« lebend , und reichliefa vom Schicksale mit GlücksgD*
tum begabt, streichelt »inst seinenLieblingahund, und hört gleich
— 5M -
darwF, dafr «EmtmIW von «iHm wfilfawideB HuiHlt gebinen au.
Ib ihn srwaclu dsr GedRike, er werds dis Waumeben bskoin-
nwn, und w«d«r 4m VoralsUniigea mIdm Arnos, noeh leinor
Froondo können ihn von der Nichiigkeit diews Schrockbildes iiber-
uugoD. 0er Gedanke bescbättiget ibn lo einiig, so ausschliefa-
lieh, dafs er eu ollen Geschäften, *a allor gesellachafUtclieD Uo-
terhaltung unfähig wird, einiig in seineo düsteren Phnntaiien lebt,
und die gräüiliche lürwartang des Rasendwerdens ibm alle Ruhe
raubt.
Sein Ant und leine Freunde hallen Zerstreuung für die belle
Arzeuei , und xn dem Ende macht er in Gesellschaft yoo ein paar
heitern und lebensfrohen Vertrauten eine Heise .den Rhein hinauf.
Bei dieser Reise beschränkt inan sich nicht blofa darauf, die sohö-
nen Gegenden au beobachten, sondern man sucht aach jede an-
dere frohe gesellschiifiliche Unterhaltung, und versäumt eben so
wenig, die verschiedenen Rhein w eins rteu biasicbilich ihrer erwär-
menden und erheileroden Kräfte auf die Probe au stelleo. Die
Wirkung dieser Reise war, nach Aussage meines alten Freundes,
folgende : Neue Gegeastftode, neue Menschen, neue Unterhaltung,
sobald diese nicht den Anstrich des Gemeinen oder Alltäglichen
hatten, verdrSngten auf kurze Zeil den unglücklieben Uundege-
da^Len, jedoch verdr&ngt war dieser im eigeai liehen Sinne nicht,
sondern er schwebte gleich einem umtauberen Geiste io luftiger
Nebelgesiatt über der bunten Gruppe lustiger Rheinbilder, die Zeit
ungeduldig erharrend, wo er jene Eindringlinge wieder verscheu-
chen wSrde.
Leider geschah dieses bald, denn knum war der vermeint-
lich halb Geheilte wieder zu Hause, so wies ea sieb aus, daf«
die Reise nicht gefruchtet ; er sank wieder in seinen vorigen grltfs-
licben Gemüthszuatand , und würde ohne Zweifel ganz wahnsinnig
geworden sein , wenn das Schicksal nicht besser fiir ihn gesorgt
bitte als Menschenwitz es vermochte. Er bekommt nämlich, ein *
damafals im Lande herrschendes typhöses Fieber, und da sein Arzt
dieses nicht im ersten Zeiträume zu händigen verstehet , durchläuft
es alle Zeiträume; er liegl lange im Zustande von ßesinnungslo-
tigkeit, magert gänslich nb und geneset dann langsam.
Dieses Fieber war nun das beste und vielleicht auch das ein-
zige Heilmittel für ihn gewesen. Hund und Hundawulh, Bellen
■ttd Beifaen vreren aus seinem Kopfe verschwunden, und wie aus
eiaem furchtbaren Traume erwacht, schaute er bintennach atif
jenea schre^liehen Gemüthaaostand zurück, dem er duich das wohl-
thäüge Fieber glücklich entronnen war.
Den Irrsinn aus religiösen Zweifeln habe ich r.n beobncbten
wenig Gelegenheit gehabt, wabracheinlicb weil ich in einer Ge-
gend die Kunst übe, ia der hei weitem die meisten Bewohner
-.ügic
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katboliidien Glanbeni liad. Vor eilicbeB Jabc«o iM mir ^mc «in
Fall vorgekoinnwn , deaaen Enäblung mir Ge]eg«nheit geben wird,
über einen bei Bebandlnng des Irrsinoes wichtigen Gegeiutaod eio
Wort za sagen.
Ein zwanzigjähriges Mädchen, aas der geringeren Volktklassoj
war in der Stadt G** bei öberfrotnmen Leuten im Dienste. Wie
diese ihr Gewissen bearbeitet haben , mag der Himmel wissen ;
ich weifs nnr, dafs sie aufser der gewöhnlichen Zeit den Dienst
verlassen mnfsle and irrsinnig xu ihren Aeltern kam. Ihr Irrsion
hatte keinen bösartigen Anstrich, sie war vielmehr schweigsaro,
xa allen GeschSfien anbraachbar , nnd das Wenige , was sie sprach,
war unznsammentängendes , nm religiöse Gegenstände sich dre-
hendes Zeng. Da Ihre Zange belegt, ihr Harn duokelgelb war,
sie viel Aufstofsen hatte, nnd gastrische Krankheiten damahls im
Lande vorwalteten, so'zweifelte ich nicht, dafs dieser Irrsinn ans
der Leber kSme. Ich gab ihr eine Mischung aus einer gleicbthei-
ligen Mischung der Tinktur der KrShenaugen nnd des stinkenden
Asants, nnd in vierzehn Tagen war sie wieder anseheinend eben
so verstBndig als sie je vertier gewesen tein mochte.
Die vermetnllich Geheilte ging nun zu ihrer vorigen Herr-
schaft, um ihre dort zurückgelassenen Kleider abzuholen; inner-
halb zweier Tage kehrte sie wieder zurück; kaum war sie im al-
lerlicben Hause warm geworden, so offenbarte sich aufs neue der
Irrsinn, halte aber jetzt die Form der Manie, da er, wie ge-
sagt, früher die Form des Trübsinnes gehabt.
Weil ich jetzt wieder die vorigen Zeichen der Bauch beruh rl-
heit sah, schlug ich auch wieder den vorigen Heilw^ ein, aber
leider mit so wenigem Glücke, dafs die Kranke weit eher schlim-
mer als besser wurde, und man ihres aufrührischen Betragens
wegen genötbigel wurde, sie in eine Kammer eiazoschliefsen.
Nachdem ich über den ungünstigen Erfolg der vorher wohltfaS-
tigen HeiJart nachgedacht, hielt ich es für das Beste, jetzt ein-
zig auf das erkrankte Gehirn einzuwirken, nnd liefs sie zu dem
Ende, stündlich einen Löffel voll von einem achtunzigieD Tranke
nehmen , der anderthalb Drachmen essigsauren Zink nnd eine Unze
Arabiscbes Gummi enihielt. Da sie fünf solcher TrHoke versehrt
hatte , war Irrsinn und gastrisches Leiden xugleieh verschwunden. .
Nun erklärte ich aber dem Geisüichen, der ihr« Seele hüten
inufüie: ich habe jeUt meine Pflicht als Ant getban, ich habe
das Mädchen wieder verständig gemacht; seine Sache ^sei es fer-
'ner, dafür zu sorgen, dafs sie verständig bleibe, dafs er ihr die
religiösen Zweifel benehme , die sie irre gemacht und die sie über
kurz oder lang aberuiabls irre machen würden, wenn er dieselben
nicht mit Stumpf und Stiel ausrotte. Er wird. ohne Zweifel sein
BraMs mit Eftatg ^faaa bab», dena da« ModvfaM iu venifindig
gebliebeo, hat iieh venhclichet and ut jetil Mnttpr mehrer Kinder.
\uD wolleo wir fiher diesfl Getdiicbte eitrige B«trachlaagen
aoatetlen. leb h^e «choa oben, bei den akuten Gehirnlcrankhei-
len, von der xwiichen dem Denkorgan und den Banchorganen statt-
habenden Wechselwirkong gesprochen. Die erzählte Geschichte
gibt mir Veranlaasang, noch einaiabl auf diesea wichtigen Gtgen-
Dafg durch eine Urafiektion des Denkorgans die Bauofaorgaoe
consenauell ergriffen werden kdanea, ist aufser allem Zweifel.
Diese consenauelie . Banchaffelaion wiikt ab^ xnweiten feindlieb
wieder xnrück aof das Gehirn und vennehrt den Irrsinn. Gelin-
get es nos nan, durch gale Banchmittel das consensuell ergriffene
Banchoi^ao, wo nicht ganz, doch sum Theil wieder zum Normal-
stande zurückauführen , so wird die Aeufserong das IrTsinaes be-
greifiieh minder berrorstechend ; ja ea kaaa , sonderlich beim
schweigsamen Irrsinne, ein Zustand eintreten, der dem dar Gene-
sung fast ähnlicb siebet. E^ne tolohe acbeinbare Beilung des Ge-
hirnleidens durch Baucbmittel kann den Praktiker aber sehr in
die Irre führen, er kana sieb gar zu fest in den Kopf setzen, dafä
er einen gastrischen Irrsinn gebeilet habe, und kehrt das Uebel
wieder, so kann er in dieser Befangenheit dem Kranken so lang«
dea Bauch bearbeiien, bis das-Urleiden des Denkorgans aurgröfo-
ten Höbe gesteigert ist.
Man mufs sich also dendich denken, dafi^ wegen der Wecb-
selwirknag, die zwischen dem Denkorgan und den Bauchorganan
Statt findet, es bar nnmSglicb ist, durch besondere Gestalt der
wahroebmbaren Zufülle eine sichere unteracbeidendo Erkenotnila
m erlangen, ob man es mit einem Urbaucb-, oder Urkopfleidea
m thun habe. Dieses deniliche Denken der Unsicherheit der £r-
kanntnifs Iiewabret uns vor Einseitigkeit in der Beurtheilung nnd
Behandlung solcher verborgenen Uebel.
Dab man bei sichtlich vorwaltenden Bauchleiden zuerst diese
zu heben oder zu mindern sucht, ist der Klugheit gemäfsf man
raub nnr nicht seinen Kopf darauf seixea, nnd denken, ea innsse
noihwendig ein Urbanchübel sein nnd kSnne nichts anders sein;
ea kann leider oft genug ganz anders sein , als onaer schulmälsig
abgerichteter Verstand es sieh denkt.
Wenn ich aber geaagt, dafa man durch Beschwii^tigung de«
coB«ensaellen Banchleidene das Urleiden des Denkorgans mindern,
ja anscheinend heben könne , und wenn dieses die erzählte Kran-
kengescbiehte auch klftrlich danbat, so mnls ich meinen jüngeren
Amtsgenossen ausdrOcklich erklären, dafs man selbst bei unvet^
kennhar vorwaltender BanchaSektion nicht immer auf eine solche
Verbesserung des Hauptübela rechnen dnrf, und dafs man durch
den €ebniw)h der BaachnilMl laweilas niofats i^wiinit, rIi ifnreb
ihr Nichtwirken die UeberMOgUBg, imin babe m «inxlg mit ei-
nen reinen (jrkopfleiden zu tbun, in welcher UeberseDgiing dann
die ernsilicfae Mahnung liegt, nnrerweilt m dea Gehimmiuelo %»
greifen. Folgender Fall, dw mit dem Torigen einige Aehiriiefakeit
hat, wird dieses dentlich machen.
Ein junger Tischler, der schon eine Zeitlang den Bramitwein
mi&brau^t, übrigens aber ein Mann von gewfifanlicbein Verstände
war, wird vom Garicbte als Taxator der Habe fJninfindiger er-
nannt. Er war ein ehrlicher Mann , 'nnd wird also ohne Zweifel
■lies nach seinem besten Wiueo abgeschätset haben. Hiotennach
macht Ihm aber ein Sberfrommer und ü berge wissenhafm MGeken-
•eiger das GewiMen bo enge, dafa er in Zweifelnag ftfll« und
dann vollkomnen irrsinnig wird.
Er war niobt bösartig, sondern vieltuehr leidend, nad (bat was
man ihm hiefs; er war weder schweigsam noch radaelig, waa er
nber vorbra^te war allesammt tolles Zeug. Der bei ibm vorberr-
sehende Qedanke war : die Ciendarmen würden kommen , aad ihn
gefangen nehmen, er bestimmte auch die Zeit, wann sie -kommen
wfirdeo; da aber sein wirres Gedächtoils diese Zeitbeslimmirag
ni^t feslznhalten Termechia, so lebte er in einer immerwährenden
Fnr^t vor der Gefangenschaft, welcher klttgliche Gemütbuusiaad
zuweilen selbst einen Harlheriigen , darob seine ritkreoden Aen-
fserungen, xum Mitleiden hätte bewegen müssen.
Nun, bei diesem Manne war die consensuelle Baacliaffeklion
eben so in die Augen fallend als bei dem Mädchen der vorigen
Geidiiohte; vierzehn Tage lang habe ich ihn aus Vorsiebt nach
meinem besten Wissen mit Lebermitteln .behandelt* aber weit ent-
fei^t , bei ihm , wie bei dem Mädchen eine anscheinende Heilung
des Gehiroleidens su gewahren, sah icb vielmehr von Hrinen Mi^
tele nicht die mindeste Wirkung, weder auf Bancb aoch auf Ge-
hirn. \un glaubte ich nber meiner Sache ganx sicher an -sein,
gab essigsauren Zink nnd halte das Vergniigen, den Knmken in
vier Tagen wieder verständig zu machen ; die «onsensuallen Rauch-
affektionen verschwanden sn gleicher Zeit durch Heilnng des Denk-
organs.
Warum nun aber die darcb ein Urleiden des Denkorgans eoD-
sensuell ergriffenen Baochorgane bei dem einen, auf das Denkor-
gan feindlich zurückwirkend, dessen IrrungeD bedestend Ueigern,
bei dem andern diese feindliche Rüokwirktuig' aidu äufsern, das
weifs ich nicht lu erklären.
Jetzt komme ich auf eine Art des Irrsinnes, der hier zu Lan-
de so seilen ist, dafa ich ihn nur ein einziges Mahl zu beobach-
ten Gelegenheit gehabt, es ist nämlich der, wdeber si(^ durch
libermSlaige nnd anhaltende Anstrengung des Verstandes und das
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GsdSehtDlnM «nengt. Dah leb diesen Imlnn nur ein eincfgea MaU
beobnchlet, bot wabnebeialicb darin leinen Grund, dafa ioh in ei-
ner Gegend die Kumt 3be, wo die Menicben iwar listig nnd Tar-
achlagen in bürgerlichen HBodeln sind, übrigens sich aber mit Ge-
genatinden der GelebraamkeH nicht sonderlich den Kopf lerbre-
eben.
Den Mann, von dem icb jelat reden werde, habe ich Ton sei-
ner KioAeit an gekannt. Et halte ein wundervoll alHrkea Go-
dichlnifs, war von \atnr scbweigBain, iingefaener wifabegierig nnd
ausharrend in seinen Forschungen. Auf der Hochschule hatte er
wol gar sn heftig nnd raiilos seinen Verstand und sein Gedäcbl-
aifs angeairenget, dabei seinen Körper durch Nacbisitsen gesehwRcfat.
icb habe mehrmabls Gelegenheit gehabt , mich xa der Zeit mit
ihm SU unterbniten , da er seine hochscfantigen Studien vollendet
und sebon von der Beharde geprüfet war, ood erstaunle jedes Mabl
ilber die Masse von Kenntniuen in versobiedenen Fftcbeni des
Wissens, die er, wahrlich nicht prahlerisch vorlaut, sondern fast
kindlich beseheiden an den Tag legte.
Alles ging anscheinend gnt, bis m der Zeit, da ihm ein ebren-
voller Antrag m einer amilicheo Versorgung geschah. Nnn fiel
er in Zweifelnng, glaubte et mit seiner P&icbt unvertriglicb , das
Amt ansnnebaaen, weigerte sieb lobriftlich, es ansntreten, nnd war
nnversebens ans dem Hause seines nächsten Verwandten, bei dem -
er lieb damabls aufhielt, verseil wunden. Da er sich bei seiner
Enlweichang weder mit Geld, noch n>it Wasche verseben hatte,
so konnte man leicht denken, dafs er blofs an fentfemien Bekann-
ten wSrde gegangen sein. Man schickte Uoihen nach verschiede-
nen Seilen ans, und fand ihn anob wirklich an einem der verma-
theten Orte. Dem Wunsche seines Verwandten, xarfickzakehren,
leistete er ohne Einrede Folge.
Man glanble, sein seltsamer Anschlag nSehte wol in kitrper-
licher Krankheit begründet sein, und mir wurde der Antrag, Ihn
zn nntersDchen und wieder in Ordnung za bringen. Obgleich nun
■lies Vorhei^egangeRe mit Recht anf ein Urleiden des Denkorgans
schliefaen lieb, so hielt ioh es doch flir verstfindig, xu veranchen,
ob ich soeral die in diesem Falle sichlbar vorwaltende Berühnheit
der Leber ganz, oder zum Tbeile heben kBnnte, woraus sich dann
ergeben wfirde, in wiefern diese Leberaffektion anf das Denkor-
gan feindlich eingewirkt. £s gelang mir, durch ein« Migehaog
der Krahenangentinktnr mit der des stinkenden Aaant im Verein
mit einer zweckm»faigen Lebensordnung das Leberleidan za he-
ben, und die seltsamen zweifelnden Grillen verschwanden aus sei-
Dem Kopfe. Seine schriftliche Weigening, das Ami anzunehmen,
war von den Verwandten entweder nnlerdrUckt, oder doch am ge-
bifrigen Orte dem naehtboiligea ClDdroeke, den sie nothwendig
taaehen mn&te, Biif eine mir anbekannle Weise rorgetwngM. Er
trat das Amt an, versah es pflichtmSbig , nai war in seinen Uhi-
gebungen ein hoofageachleler und geliebter Mann.
Eine Nachricht, die ich aber in dieser Zeit von iea Seinen
erhielt, gefiel mir gar nicht Weit enifernt, dnreb das Geachehe-
ne gewitziget an sein, hat er sieh gans ohne Schonung den ge-
lehrten Forschungen hingegeben, grölsleniheik bis Mitlernachi,
Qiobt selten bis zum Morgen anfgeseisen, kun, alles nnverftndert
so getrieben wie früher.
Nachdem er ein paar Jahre im Amte gewesen, gewann er ei-
ne sehr achtbare Jungfran lieb, and da diese mit ihm gleiritea
Standes, uhd er aicbi blols ein gelehrtpr und Aisgeaeichneler Kopf,
Bondem ancb ein aufserordenilich gutartiger Mensch, nnd hinsicht-
lich seiner Gestalt eher schfin als hAfslich war, s» hatte er nicht
nach Art der Itomanenhelden mit de^ Harth^rsigkeit seiner Gelieb-
ten, mit der Graosamkeit ihrer Aellern, oder eines grieagrttmi-
sehen Vormnades zu kämpfen, sondern seiner Varbipdnng stand
vielmehr nichts im Wege, nnd das beabsichtigte Ehehündnils wür-
de h&chst wahrscheinlich wohltbHtig auf seinen Geist nnd Körper
gewirkt haben.
Es war aber im Ratbe des Schicksals anders beschlosseB.
Durch seine ausgezeichneten Talente , durch sein liebreiches Be-
. tragen und streng sittlichen Lebenswandel hatte «r sich nicht hiofs
in dein beschränkten Kreise seines nächsten Wirkens, sondern
auch in entfernteren Gegenden die Achtung verständiger und recht-
licher Menschen erwarben, und er bekam deshalb in einem ganz
karzen Zeitranme von drei verschiedenen Onen Berufe zu Aem-
tem. Für einen Mann, der an dem Orte, wo er wohnet, mit Sor-
gen der \ahning zu kämpfen hat, der von seinen Umgebnngeo
eher gehnfst als geliebt wird, für den ist der Ruf, in neue Ver-
hältnisse zu treten , immer erwünscht ; ' die Wahl vemrsaoht ihm
kein Kopfbrechen, denn der Gedanke, es kann da, wohin ich
komme, nicht schlechter sein als wo ich jetzt bin,
ist eben nicht kopfbr acher isch er Art Ganz anders aber gestaltet
sich die Sache, wenn ein Mann ohne Sorgen der Nabmng, von
- seinen Umgehungen geachtet nnd geliebt an einem Orte wobnt.
Die Verhältnisse, worin er lebt, kennet er genau, die neuen, worin
er treten soll, keunet er nur ans Erzählung nnd Hörensagen, mit-
bin ist die Wahl milslich, es handelt sich hier nm das Wohl,
oder Weh des Lebens; nnd wie manchen bat nicht das verrftlhe-
rische Glück, dem er sieb treuherzig in die offenen Arme warf,
gleich der Spanischen Jungfer in den alten Follerkamuern gar ua-
heimlich geherzt [
Wenn also bei jedem behaglich lebenden Meusehea eine sol-
che Wahl nicht ohne Geantbsbewegung vsrgdien kann, so iai
1«iehl m bcjfrtrifleii , dafs li« aoch auf nnserQ jungen Maati, der
drei Berufs fa«t in gleicher Zeit beliaiii, vorzüglich aufregend wir-
ken rnnfite. Dieae Wirkung war aber für ibn »o feindlich, dafi
er in Irrnnn fiel.
Wi'e ich von seinen Verwandten erkundet, hat sich der Irr-
sinn anßnglich als Manie effeabaret , sein Arst hat aber die tob-
sächfigen KufUlB dnreh antagoaisii sehen Reia auf den Magen be-
schwichtiget. Sobald er verfofarbar war, wurde er in seinem Ver^
wandton in meiner Nachbarschaft gebrachL
Er war jetsi ■ehweigsam, aber irre; wai in seinem Kopfe
vorging, konnte man nicht ralhen. Eines Tages fand ich ihn im
Vorhause an der Treppe, anf einem Knie gesiülzl, die Hinde rin-
gend, und nie habe ich den geistigen Schmerz so grell ansge-
drüekt gesehen. HStta mhr «in Mahler das Konterfei «nes solchen
Kopfes gexeigt, so würde ich ihn gerade«! der Uebertreibuag, der
UanatOrlicbkett bescholdiget haben. Gott! welche schreckliche
Gedanken mGsaen in einem Kopfe bansen, in dessen Zügen sieh
der geistige Schmerz so grifslieh aassprieht. War das vitdieicht
ein lichter Angenblidt, in dem et den ganzen Umfang seines Un-
glückes itbersehautel Niemand kann es freilich wissen, aber mög-
lich ist es.
Was war nun b» der Sache zu thnn? Wenig genug. Ohne
das Uebel gerade für unheilbar erklRren zu k5nnen, hatte ich doch
wenig Hoffnung, es durch meine Kunst zu heilen, selbst in dem
Falle, dafs die regelmSlsTge Anwendung der dienlichen Mittel mög-
lich gewesen wRre. Diese war aber unmRgKcb, denn wenn der
Kranke ein paar Gaben von einer ATzenei genommen, so liefs er
sie stehen. Es schien , dafs die Seinen wenig' Gewalt in dieser
Hinsicht über ihn hatten; nidglich aber ist es auch, dafs, da sie
vorhatten, ihu in einer irrenheilanstalt unterzubringen, sie, vor-
züglich von dieser Hülfe erwartend, meine Heilversuche nicht son-
derlich nnlerslntxlen. Oa ich aber, wie gesagt, selbst wenig IIoll-
nung zur Heilung hatte, und deshalb, hinsichtlich des Beatnllens
in einer Irrenheilensialt, vom Anfange an uiit seinen A'erwandten
vollkommen etoveraianden war, so sind meine nicht ansgefübr-
ten HeilanschlSge für nichts zu achten und der ErwAhnung nidit
wenh.
Der Unglückliche ist jetzt über zwei Jahre In der Heilanstalt,
allein, obgleich sehr verständige Aerzte dieser vorstehen, so hat
doch ihre Kunst nichts über das Uebel vermocht ; ja, wie mir vor
Kurzem der nScbste Verwandle gesagt, haben sie den Kranken
für unheilbar erklärt.
Nun werde ich über diesen Fall einige Bemerkungen machen.
Zuerst stelle ich folgende Frage ; Da ich dem Kranken zwei Jah-
re früher durch Lebermiiiei die ersten Scfamllen aus dem Kopfe
— «M —
■^an«, war dsiichon du DenkorgBO arergritTen , oimt war die
Leb«rberührth«it daa Urleidea, and kBrneii jan« xweifeliulen Schrol-
ha, jene nogvahnatc Flocht aaa dem Hiuie leiner Ycrwandten,
Ton einer blofs conieninellen Benlhnbeit dei Denkorgai» f
Ich bin der enien Meinung, nämlich daf« teio Denkergan
schon damahU urerkrankt war, und dafg dai Leberleiden, conaen-
raeller Art, aaf dai durch anmüfsiges Stadiren krankhaft gamach-
te Oenkoigan feindlich srarückwirkead, die erste, dem Wahnsinna
gaai nahe verwandte Ertcheinung hervorgebracht habe.
Dia Erkrankung dei Denkorgana hat, wie die Berüfartheit al-
ler anderen Organe, nnsählbare in einanderflieftende ScbattoDgeo,
ehe aia la dem Punkte kommt, wo die Aerxte ihr einen noaolo-
giaehen Namen beilegen. Das Deakoif an nnserei jungen Mannea
war bestimmt achon früher erkrankt, früher, ehe er, xwei Jahre
vor Anabrooh des wirklichen Wahnsinnes, in Zweifelung fiel Daa
damahla, der Himmel mag wUsen durch welche Nebenanat&ede
gesteigerte coniensaelle Leberleideo steigerte nan durch seine Rück-
wirkung auf das Gehirn das Urleiden das Denkorgans, und venu-
sachte einen, nicht bloüi Termulhbaren, sondern erkennbaren krank-
haften Znstand desselben , denn der Mann gab sich solchen Ge-
danken hin und beging solche Handlungen, welche von den Ge-
danken und Handlungen aller der Menschen, die man für versiKn-
d!g hilt; sehr verschieden waren.
Die Beaeitignng des Leberleidena und die dadurch aufgehobe-
ne Rückwirkung desselben auf das Gehirn hob weiter nichls anf,
als jene durch das I^aberleiden verurMchte Steigerung dea krank-
haften ZuBlandes des Denkorgans, wodurch dann die sichtbare Aen-
fserung dieser Steigerung noibwendig verschwinden nrafste. Aber,
war das Denhorgan dadurch wirklich vollkommen mm Normal-
Stande zurückgeführt t Ich tweifle nicht blofs hieran, sondern ich
bin vielmehr überaeugl, dab dieses Organ ohne Nachlala krank-
haft geblieben ist, bis, nach ungefähr xwei Jahren, diese Kraak-
hafiigkeit , durch die erzSbllen äufseren Einwirkungen gestei-
gert, in wirklichen Wahnsinn überg'ing. Meine Gründe fär dies*
Behanptang sind sehr einfach und müssen jedem Leser einleuchten.
Für einen wifs- und ehrbegierigen Mann ist doch wol nicht«
■chraeklicher , als in Irrsinn su verfallen und lum unfreien Men-
sehen an werden. Der, dessen Denkorgan vollkommen normal
Ist, der wird gewifs, wenn ihm ein solches CDglüok auch nur von
lern drohet, alles tbun, ihm m entgehen. Wie machte es nnn
aber unser junge Manol
Da er swei Jahre vor Ausbruch des Wahniiniies in Zweife-
lung fiel und anscheinend geheilei wurde, haha ich ihn unverho-
len gewarnet, die Anstrengung seiner Geisteskräfte au mHfngen,
etliche Jahre bloEs seine, ihn wahrlich nicht ansitengeaden Anus-
- Ml —
*«rrichtai^wi m vennebeo , «ad bIIcd gelehnen Kram ganz fah> .
na la iMaen; denn nicht in d«n ApeibekarbüchMn , loodeni ia
•iner golciun GetMesbrache aei für ibo das Heil «n finden. Seine
Verwandlea, Ten deren warnen Tbeilnahme er vollkomtnen über-
seiigt war, 'hal»en ihm damabls dai Nämliche ans Hen gelegt.
W&n hier blofa von einer kahlen Warnung die Rede, so
nSebta das \ichibeachlea derselben noch wol auf Jugendlieben
Leichtsinn, auf Wifs-, oder Khrbegietd« geccbobea werden kön-
nea ; aber hier wurde ein Mann gewarnet, der schon auf den Mar-
ken dat Wahnainnea gestanden, er wurde vor Sch8dUchkeiten ge-
wamet, die ihn schon einniabl auf jeaen furcbibarea Wendepunkt
gestellt. lat nun das Nichlaehlen dieser Warnnng, das anhalten-
de Beharren in aeiaen gelebnen Grfibeleien wol mit einer yoll-
koBUMfl Regelmafsigkeit dea Denkorgaua vereinbart Ich sollte
•• nicht glauben. Halten ihn Wifs-, oder Ehrbegierde nach «i
der anmftfsigen Anstrengung seiner GeiateskrHrie gespornet, so
bktln «r, bei einen Ttdikomnen normalen Oenkorgane, doch be-
grufen mflsaen , dafa alles Wiasen und alle "Ehre im Irrsinn« nn-
«ergebet , nnd dafs der arme Irre nur bSchsleaa das Mitleiden der
Henaehen erwirbt.
Anas wohl erwogen, Ua ich überaeugt, dafa nnaer Mann achon
aof der Hoebaebule die Krenkbaftigkeit dea Denkergana erworben,
und dafa die Zweifelbag, in welche er anßiiiglieh fiel, die Tob-
saebt, die ihn «in paar Jahre spSler ergriS nnd der darauf folgen-
de aefawaigaanie Irratan nur verschiedenartige, grell hervorstechen-
de Aenlaeningaa einer und der oämiiehen ununterbrochenen Krank-
haftigkeit des Denkorgans gewesen.
Dia Krankhaftigkeit dea Deakorgana, die aich niehi durch nn-
auaaraaienb angende, abkreiaend« Rade ftufaert, iat schwer, ja fast
nanöglieh mit Sicherheit lu eriunnen. Zuweilen ttufsert sie sich
blolk dnreh unaittliehe Handlungen; da heifst ea dann im gemei-
oan Leben: wie-'itt es möglich, dafs dieser rechtliche, genchlele
Mann aiefa aU geineinen Hurer, oder Säufer, oder Verschwender,
oder filiigen Knauser, oder ata Henker seiner Familie sur Schau
stellen kann! Aeh, wertbe Leaer! ea ist alles mBglich in dieser nn-
Tollkomnnen Welt, allea mBglicb in dieaem gebrechlieben Men-
scbealeibe. Wie die Leber Jahre lang krankhaft ber&hrt aein
knnn,. ohne dafs Gelbsucht oder Gallenfieber aaa dieser Berübrt-
heit hervergebet, wie die Nieren Jabre lang Steine bergen kOa-
OMi, ob«« dafa Bauchgrinmen oder Harnbeschwerden daraus ent-
stehen, wie di« Lungen Jahre lang Knoten oder Eitersacke ent-
halten kSntien, ohne dafs das Alhemholsn sichilioh geslSrat wird,
kon, wie fiberhanpt alle Organe lange, sehr lange krankhaft be-
rfibn sein kftnnen, ohne dafs ihre Hauptverricblnng bandgrsiSiob
geatdrei wird; so kann anob das Denkorgan Jahre lang krankhaft
sein, ohne dafs diese Krankhaftigkeit dareh nnsnsanneBbaD^ode
Beden und darch solehe Handinngen sioti offenbaret, die man im
gemeinen Leben und in der Heilkuntt als Aenberungen des Ifr-
ainnes geateinpelt hat. Aber wehe dem Hause, in welchem det
Herr oder die Herrinn an einer solehen faeindichen Krankhaftig-
keit des Denhorgaos leidet! Den wirklich Wahnunnigen sperret
' man ein, oder man tchickt ihn in ein Irrenbam; aber sperret do-
mahl einen solchen heimlich kopfkranken Menschen ein!
Ich habe oben gesagt, dafa ich, da der nnglacklicfae jooge
Mann, von der Tobsacht zam schwetgsamen Irrsinn übergegangen,
in meine Nachbarschaft gebracht wnrde, wenig Hoffnung «a sei-
ner Genesung gehabt, selbst in dem Falle nicht einmahl, weno
die regelmKfsige Anwendung der Anenei möglich gewesen, leb
bin noch schuldig, die Grfinde »einer Hoffhnngsschwäohe dem Le-
ser auszulegen.
Dieser Grunde sind swsi ; der eine ist in dem enthalten, was
ieh oben gesagt, und gebet aus dem allgemeinen Erfahrangssatsa
hervor, welcher rorsüglieh bei erkrankten Organen s« beherxigen
ist: dafs die St^wierigkeit der Heilung mit der Lftnge der Zeit,
die die Erkrankung gewähret, im geraden VerhfiltDisse stehet.
Wenn es wahr ist, dafa man xuweilen auf Ansnabmamie st5fsl,
so ist es eben so wahr, dafs diese scheinlichen Ansnahmen gröfa-
lentheils anf blofse Krankheiisformenveiilnderungen hinaaslanfeo.
Der zweite» and vielleicht noch wichtigere Grand meiner Bedenk-
lichkeit liegt in der grofsen Wahrscheinlichkeit, dafs der Kranke
eine Anlage zum Iirsinne als Erbtbeil von seinem Vater über-
kommen.
Dieser Vater war aber nicht wahnsinnig. Nach seinem Spre-
chen und Schreiben zu nriheilen, mofste man ihn vielmehr fSr ei-
nen verstSndigen Mann hallen. Ich habe nach keine Kunde, dafs
ihn irgend Jemand für verrückt angesehen : blofs ans seinen Hand-
lungen schliefse ich, dafs sein Gehirn an einer Krankheit leide,
die freilich schwer unter irgend eine krankheiislehrige Kategorie
XU bringen sein möchte, die aber nichts desto weniger in einer Re-
gelwidrigkeit des Denkorgans bestehet. Thatsäcbliche Beweise für
diese Meinung kann ich nicht geben, da ich anvertraute haasliche
Heimlichkeiten nicht darf drucken lassen. Eine Thatsache jedoch,
die mir von einem glaubhaften AugeuEengen miigeifaeilt und die
blofs Illcberlich ist, werde ich dem Leser erxHhIen.
Der Mann hielt sich eine Zeitlang auf dem Lande auf, und
lustwandelte oft früh Morgens im Felde herum. Die dortige Ge-
gend ist so bevölkert, dafs er kaum einen Schafs Weges gehen
lEonnte , ohne auf ehrliche beschüfiigte Landlente , oder auf HSu-
ser zu stofsen, die auch wol niemand für Diebshöhlen hallen wHr-
de ; nnd doch trug er bei diesem Lustwandeln eine geladene Pi-
— 5W —
Hole in dw Twehe. Dwau kSneo dis Lemr si^d abnabiiMn,
daS» M mit »eineni Kopfe Rüden beetellt war, als mit den Köpfen
eolcher Meiucbea, die man ini geneineo Leben tär rentindig
hält.
Die Krwüchait de* Denkargane erbt bekanotÜch eben ■« leicbt
nat die Naclikoauiea, alt die Krankheiten oder KrankheiliaafageB
aller anderen Organe. Hier mufa man aber wohl Ewiscben Krank-
heit nnd Doaeie^ecber Form nntertebeiden. Der Valcr kann viel-
leicht keine Krankheit det Denkor^nB liaben, die in irgend eine
Boeologiaebe Form palat , er kann aber an einer eolcheo Krank-
hofti^eit deaeelben leiden, die der schlichte VerUand der Unge-
lehttea weit ricbtiger als der Terknnitelte der gelehrtes Aente Toa
dw Begelmtfaiglteit nnlertcheidet , nnd sie dnrck die eehsameB
A^nbücke: ei»ea Schüfe, einen Hieb, einen Sparren,
fiinen inviel haben, besricfaael.
Dieser Sehn&, oder Hieb, edw Bberr.ihlige Sinn kann aber
in den Kiadcn oder Enkeln, wenn die äuberen Umstände mit-
wirken, sieh aia wirkliebe, unter eine Bosologische Kategtfrie ge-
hörige Krankbeitsform des Denkorgane offenbaren.
Dafum, wenn man über die leichte oder schwierige Heilbai-
keit der Deake^aakrwikheit eines MenscbeD ein unuicbliges Ui^
t}teil füllen will, mule man nicht blels fragen, ob Vater oder Grofa-
TBter des Kraokea wahniinnig gewesee, aondera man rnufs die
Sache etwas feiner antersncben. Da aber dieaes feine Uatersu-
eben aaweÜea mit grofser Scbwier^^il rorbaBden, ioweilen gaoi
«BBBÖglich ist (welcbe Schwierigkeit ckder Unmöglichkeit dem ver-
■Ondigen Leser ansnl^en wel überflSsaig sein wird), so ist of-
fenbar, da£i sich ein Arzt hiasicbtiiob der Heilbarkeit des Irrste
nes öbel tSneehen kann, und dafa die Aerite der Irren heilanstal-
len dieser Tbischong eben so gm, ja noch mehr nntetworfeo sind
ak wir.
Ich komme ^tit auf dea periodischen IrtataB. Diesen habe
leb nicht hfiufig angetro&en, und mit Anseehlefs eines einzigen
Falles, blofs nnter der Form des Trübalanes. MerkwSrdig ist mir
das Abkraiiende gewesen , das ich in der goten Zeit bei solche«
Memcben- bemerkt. So habe ich seit vierzig Jahrea eine Frao
gricannt, die vor Knraem, in dem Alter von achtsig Jahren g»-
Motbeo ist. Diese hatte die erste Versttndesilenu^ im KindlieU
Jwkommen nnd war seitdem dem periodiscban Trübeinne wiler*
warfen. In ihrer kranken Zeit war sie'geis^, sie fürchtete su kun
SB kommen ; In ihter gntea Zeit war nie nicht Uofi breigebig,
•ewdem selbst Tenu^wenderieeh. Eine andra Frao, die ich ebeir
fidh eowel in ihrer guten als bösen Zeit beobachtet habe, aprach
■war iD der gntea Zeit keine ODweise Dinge, aber doch war in
ütnm gamen Vorkommen etwas widrig AbkreiBendes , sie betiug
— 5M -
k'uA» wie ein aobbsebejabriges mothwiUigee MKdchen, d« ale doch
eine Witlwe von reichlieh fünfzig Jahres war.
Bis jetst sah ich noch keioen NuIkod von dem Gebrauche viel-
ertiger Arzeneien. Bei allem nnregelmftfstg Periodischen hat die
Einbildungskraft des Araiea eile Freiheit, da* eelbttige Beuerwer-
den anCBechnnng der gegebenen Mittel zn achreiben ; nur die Zeit
kann lolche IrrthDnier berichtigen.
Am allerübelsfen kann man sich t&uschen, wenn Urbaucbaf-
fektionen gleichzeitig vorhanden aind. Man ist nur zn geneigt,
die Afifektion des Denkorgana als consenioelle Folge dea Baaefa-
ieidens anzasehen, da doch beide mweilen in keieeni Zuaemmen-
kange stehen. So habe ich lange eine an periodiacben Trübsin-
ne leidende Frau gekannt, die zngleicb mit Hämorrhoidea behaf-
tet war; der Trübeion störte sich weder an die dienliche Anienei
auf das Pfortaderayslem, noch an BluieDtleeningea aas dem Aficr,
er erschien nnd verschwand, wie es ihm belieble.
Ob gegen solche Wechselkrankbett des Denkorgana der Mag-
neiiBmus vielleicht heilsamer sein mag als die Apoikekmitlel, dar-
über kann ich nicht aus Erfahrnng uctheilen ; glanbe aber , dab
der einzige magnetiscbe Heilversucb, dem ich je in meinem Le-
ben beiwohnte, und der gerade bei einer periodisch TrGbainnigea
gemacht wurde, nerkwürdig genug ist, am ihn meinen Lesern
ohne Langweilnng enShlen »a können.
Eine aechzigjährige Frau litt seil mehren Jahren an periodi-
Bchem Trübsinn, sie mied alle Gesellschaft, war, wenn man sie
ansprach, einsilbig, safs immer hinter balbgeschlossenen Fenater-
blenden nnd lag znweilen Tage lang im Bett. Uebrigeo« konnte
man im Allgemeinen gerade nicht sagen , def^ sie uaversiftndtg
war; von Zeit zu Zeit lief nnr etwas Seltsames mitnater, als s. B.
ein wenig Unart g^en Lerne, die ihr mifsfielen, ein wenig Be-
sorglbeil vor gefönglicher Haft, und ein wenig Inswasserspringen;
letKle Mncke mnfste aber wol ein Erbstück sein , denn ihr Vater
halte sich auch ersfiaft.
Ihre Schwester, die ebenfalls an Wechselt rühsinn lilt, sollie
angeblich von dem in den Niederlanden damafals niäoni^icb be-
kannten Magnelisirer , Herrn v. d. L** geheilt sein. Von dieier
Magnetiairten und Geheilten wurde dem Ehemanne unserer Kran-
ken stark zugesclzt, das dnfebl bare Mittel auch bei seiner Galiion
XU versuchen, nnd er berieth sich mit mir darnber.
Nichts hHlte mir erwünschter kommen können; ich halle noch
nie in meinem Leben einer magnetischen Heilung beigewohnt. In
meiner Jugend, da ich die Ifeilkunst lernte, war der Magoetismoa
in Mifsrof, und da er wieder zu Ehren kam, hatte ich weder Zeit
noch Lust, mich damit abzugeben. Ich sagte dem Herrn : da von
der Medizin, die durch vt&g- und mefsbare Mittel heile, die Ge-
— 595 —
»eiRDg seiner GHltinn nicht zu hoffen lei, bleibe ihn Dichti übrig,
mU in Mngnetiiiiius ; und da der »Kehlige Magnetiurer der Nie.
derlHode gerade in den beDaehbarien Nimwegen leine Kuott
übe, würde es nnweiie sein, diese Gelegenheit nnbennl« zu las-
sen. Herr v. d. L** wurde also gebeten, snm Magnciistren faer-
Bberzu kommen.
Wenn es mir gleich sehr angenehm war, einen Mann persSn-
licb liennen xu lernen, von dem das vielzängige Gerficht Wns-
derdinga srsKhlte, so war es mir doch noch weit angenehmer, ge-
rade bei einer Kranlcen seinen Heilversuch sii beobacblen, die
binsicbtlicb ihres Geistigen sich vollkommen dazu eignete, mir ei-
oeu wichtigen Zweifel über den Magnetismus zu lösen.
Dieser Zweifel ist folgender. Wenn der thierische Magne-
tismus etwas Körperliches, etwas von der geistigen Einwirkung
Geschiedenes ist, so kann man sich dieses doch nicht anders den-
ken, als unter gewissen körperlichen, nnwfigbaren and nnmefsh»-
reo Ausflüssen, die aus dem Leibe des Magneti sirenden in den
des Magnelisirlen übergehen, nnd in diesem die bekannten Ersi^ei-
nwigen hervorbringen. Wie kann man aber diese körperliche Ein-
wirkung von der geistigen nnlerscheiden 1 Durch das Magnetisi-
rMi selbst lagern sich die Gedanken des Magnetisirlen einzig auf
diesen Gegenstand ; und welche Verändemng kann nicht in rei>-
haren Körpern blofs das Lagern der Gedanken auf Einen Gegen-
tund bewirken!
Ferner, was thot bei Me^schei^ die gern geheilt sein wollen,
der Glaube, dafs sie durch den Magnetismus werden geheilt wer-
den! Endlich fragt es sich, ob der feste Wille des Magneiisirers
nicht auch einen geistigen Einflufs auf den Kranken haben kann 1
Alberhu magnu; in seinem Buche Dt mirubihbtu mutidi schreibt
dem festen Willen des Menschen eine geistige, geheime Gewalt
auf andre Menseben zn, und dieser Gegenstand ist auch wShrend
meiner Lebseit wieder in Anregung gebracht worden. Ich ge-
stehe aber, dafs ich nieinahls Gelegenheit gehabt habe, über die-
se, den Menschen angeblich inwohnende geheime WUlensgewalt
einige Beobachtungen oder Vwsuche zu machen.
Was nun unsere Kranke belriSt, so konnte icn ganz sicher
sein, dafs auch der festeste Wille des Magneiisirers keinen zwin-
genden Einflufs anf si« haben wfitde, denn sie war von Natur ver-
zweifelt «iBrrkBpfigy und nach der Meinung des Mberfiu magntu
kann der Wille des Menschen wol das S^wSchwe, aber nicht
das StKrkere gewaltigen.
Der Glaube konnte mir bei ihr auch nicht in die Quere kon-
men, denn weil sie sechzig Jahre alt war, fiel ihre Jugendbildung
in die Zeit, da man die jungen Leute zu echten Verstau desmeo-
aeben niacban wollte ; alles mnfste erklfiiet werden, nnd was nicht
— 59C —
ventandeireeht cd erklltren war, wnrde als Fdicl, »\m LGge« ali
Aberglaube Terworfen. Da nun nnaere Kranke in ibrer geistigen
Bildung mit der Zeil nicht fortgeschritlen war, aondem «ch al«
antigelernt betrachtet halle, so werden die Leser leicht begreifen,
dafs «e den Magnetisiniis als eine Posse ansah, mit der man nur
Abergläubische und Einfftitige begaukele.
Was endlich das Lagern ihrer Gedanken auf das Verfahren
des Magnetisiren betrifft, so achtete sie theils diese Sache viel
aa gering, als dafs sie ihr auch nur die mindeste Aarmerksamkelt
httite widmen sollen, Ihetia nahm sie überhaupt wenig Antheil an
dem, was an sie vorging; mitbin war von dieser Seite auch kel-
ne geistige Einwit^nng au befürchten.
Alles wob) erwogen, eignete sich unsere Kranke ganz Tor-
sSglich , reine Erfahrung über den Magnetismus zu liefern ; denn
wenn ich mir unter vielen hundert K5rpern Einen zu diesem Zwek-
ke hBtte aussuchen sollen, würde ich keinen besseren haben wlb-
len können, als den, welchen mir das gijnstige Geschick zu-
führte.
Bevor die magnetische Manipulation begann, unterhielt ich
mich erst ein wenig mit Herrn v. d. L** und legte ihm unter
andern folgende Frage vor : das Gerücht habe mir gesagt, er kSn-
ne jeden Menschen durch seine Manipulation in den magnetischen
Schlaf bringen; da nun, nach Aussage anderer Magnetisirer , die^
ser Schlaf bei weitem nicht immer das Eigebnifg der magnelisehen
Manipulation sei, so wünsche ich von ihm selbst zu hören, ob
das Gerücht seine magnetische Mtfchiigkeit übertreibe, oder ob er
wirklich ein solch seltener Einachlftferer sei.
Er antwortete mir auf diese Frage ganz bestimmt und ohne
allen Vwbebalt, er könne nach Willkür jeden in den magneli-
aehen Schlaf bringen. Nun wnfste ich, was ich wissen wollte,
and schickte mich an, die Operation mit Aufmerksamkeit m be-
obachten.
Die Kranke safs auf dem Sofa, vor ihr der Magnetisirer, dle-
wm zur Seile, aber ein wenig zurück, seine Ehefrau, eine üllliche
Niederländerinn. In weitem Kreise um diese Gruppe safsen zwei
Tüchler der Kranken mit ihren Gatten, ein befreundeter Nachbar,
der Hausherr und ich.
Es herrachle tiefes Schwelgen in der Versammlung; v. d. L**
machte mit seinen Händen ^eri« Luftstreiche , und die Kranke
achaute ihn mit verBchtlichem , höhnendem Blicke an. \achdem
er eine Zeil lang diese Luftbehändelung getrieben, acUofs sie die
Augen, und v. d. L** gab mir einen Wink, indem sieb die volle
Zuversieht des Gelingens seines Untemebnuns nnveifcennbar ans-
sprach. leb konnte aber diesen Wink mit gutem Gewissen nicht
•twiedcm, denn kh wnfste recht gut, daüt er die Weise dar Kran-
- 997 —
ken to war, aU die Aogen in' achlierwn bimI ihren traben Gedan-
ken nachaiifaSngea; ea kam mir auch ror, als schliefse sie jetst
abiichilieb die Augen, um den Anblick de§ ihr anfgedrungenen
Magiken zn vermeiden. Bald ergab es Hieb, daft ich die Sache
richtiger beurtheilei als Herr v. d. L**; denn ehe dieser es aidi
Tenab, öffnete sie wieder die Augen, und ihr verfichilicher Blick
muiste ihm wol eagen, dafs jener Sehet nschlumnier weder ein
nagneiiicfaer, noch ein natürlicber Sclilaf gewesen.
80 ging nun das Ding seinen Gang, v. d. L" durchsägt*
die Luft mit seinen Händen anf mancherlei Weise, and die Kran-
ke sab Iba bald mit bfimiscfaen Blicken an, bald scblofs sie dia
Augen. Eiliebemahl baaohte er sie an, ein anderes Mahl legte er
ihr «eine Hand awi«cb«n die Schulterbläder ; über diese Manipu»
laiion warde sie aber ein wenig nngedaldig, und da die Ehefrao
des Magikers, ebenfalls von magneiischer Kraft geschwSngen, sich
rfenielbea dareh Hanefaen anf unsre Kranke entladen wollte, wur-
de diese im eigentlichen Sinne xornig. Iin Grunde konnte ich ihr
daa aoch nicht verdenken, denn wirklich,, mir selbst mülste eine
Fran aneb sdion sehr appelitlioh sein, wenn ich mich gutwillig
von ibr sollte behanchen lasten.
So sehr nun meine Neugierde gespannt gewesen war, so we-
nig wurde sie befriediget; die Langweile fing an, sich meiner z«
bemeistem, und ich war beralieh froh, da das Aufstehen 6ei Mag-
natiairen daa Ende der Operation beaeicbnete. Den übrigen Zu-
Bcbanern ging es am k<in Haar besser; die anhallende Spannong
ihm Anfmerksamkeit,, die anhallende Erwariang der seltsamen
Dinge, die da kommen sollten und die nicht kommen wollten, hal-
le sie sinmilicb erwfidet, und die Einladung des freundlichen Hang-
herm, an Tische au gehen, seh)*» ihnen höchlich willkommen.
Was mich betrifft, so war ich vorsichtig genug, diese Einladung
höflich abmlehnen, denn ich besorge, das Mahl möchte, zwar
weht hiosichllich der Gerichie, aber wol hinsichtlich der Unler-
tuJinng, etwas magnetischer Xatur sein; ich versprach aber, mich
gleich matik Tische wieder einzustellen.
Da ich hinkam, fand ich die Gesellschaft noch beim Nach-
lische, sie erhob sich bald, nud wir waren jetzt alle in Erwar-
tung, das Magn«iisiren würde aufs neue losgehen.
Unglücklicherweise mufste aber Herr v. d. L" am selben
Nachmittage noch dem Fräulein *'"' zu '* einen Bandwurm durch
den Magnetismus abtreiben, darum lieb er gleich anspannen und
fuhr davoB. Ob er nun den Kampf mit dem Lindwurm rühmli-
cher bwtaadao als den besohriebenen Heilversoch, kann ich nicht
sagen ; da« kann ich aber mit Bestimmcheit sagen , data in den
Befiodao nnaerer Ungliubigen nicht die mindeste VerBnderung durch
die magische Behandlung bewirkt ist.
Eimirrheit (Monamunie).
Der Begriff den die hentigeo' Aerzle , besonders die gerieht-
licben, inii dieBen Worte Terbinden, weicht von dem, den dag
Wort selbst bezeichnet, and den man auch früher damit verban-
den hai, bedeutend ab. So viel ich die Sache kenne, bezetcbnet
man damit heut zn Tage einen vorfi hergehen den Zneiand der Un-
freiheit des Menschen, in Trelchem aufgeregte Leidenschaflen ibn
Kum NechdenlieD ganz nnffthig machen , und ihn zu einer nnge-
■etzlichen Handlang hinreifsen, die «r, wenn jener Rappel roriber
ist, selbst mifsbilliget. Die Aerzle sind der Meinung, dafs die
Gerechtiglceii jemand, der id einem solchen unfreien Zustande ein
Verbrechen begangen, selbiges eben so wenig zurechnen kitoae
als einem wirklich Wahnsinnigen.
HBret man nun eine Partei darüber sprechen, so maft ma>
ihr Recht geben, hSret man die andere sprechen, luufs man djpser
ebenfalls Recht geben ;- das ist schon ein Zeichen , da£i in den
Meinungen beider etwas Wahres steckt. Warum kSonen lie ai«A
denn so übel einenl Mir scheint, blofs deshalb, weil sie krist-
lich sittliche Ansichten von den bürgerlichen Ansichten nicht schei-
den. Um meine Meinung dem l.eser deuilich zu machen, will ich
eiomahi, nicht philosophisch, nicht gelehrt, sondern schlicht ver-
ständig über diesen Gegenstand, zuerst kristlich sittlich und dana
börgerlich sprechen. *
Wir müssen hier von der Beobachtung des geistigen Menscbea
aasgehen, und es verstehet sich wol von selbst, dafs jeder nur sich
selbst beobachten, nnd die GestBndnisse anderer ehrliehen Lame
vernehmen kann, die, nuTerblendet von theologischen oder ^ü»-
Bophischen Vonirtheilen, ebenfalls sich selbst beobachtM haben. Ana
dieser Beobachtung ergibt sich nun Folgendes.
Kein Mensch kann eine Handlung begehen , oder der Witt»
sie zu begehen mufs dem Handeln zum Grunde liegen. Oieaet
Wille kann ein d«m Han-leln vorhergehender, oder ein mit deM
- Handeln gleichzeitiger sein. Wenn ich mich hier des Wortes
gleichzeitig bediene, so nehme ich dieses nicht im streng ab-
geschlossenen Sinne, sondern nur im Gegensatze zu dem, deM
Handel vorhergehenden Willen.
Der Wille, der nns zum Handeln nSfhiget, wird durch die
Wahl dessen, was uns in dem Punkte des Handelns das Beste ■ebei-
net, einzig bestimmt. Wollte jemand diese Wahrheit zweifelhaft
naacfaen, so gebe ich ihm Folgendes zu bedenken. Entweder wird der
Wille durch da« bestimmet, was ans in dem Punkte des Handelns
das Bessere, oder ei wird durch das bestimmet, was uns das Schlecb-
Icie scheinet; eine dritte Annahme ist undenkbar. Lafst uns nun
•intaabl annehmen, in Will« würde in dein Punkte de« H«d-
deln« durch das scheiolich ScUeehtere bestimmet, lo wurde ja aus
dieser Annahme folgen, dafs der Mensch, der aieh gewBhnt, di«
Fodeninj^en seiner Sinnlichkeit der Fedening der Sittliebkeit onler'
zuordnen, dem also in dem Punkte des Handelns das Sittliche da«
Bessere und da« Unsittliche das Schlechtere schiene, dafs dieser
gate Mensch immer da« Unsittliche wollen nnd begehen, nod dafs,
im Gegentheil, der unsittlichste Mensch immer die «tltlichalen
Handlungen begehen müüite. Da nnn der geannde Ventand und
die Erfahrung dieser Folgerung geradezu widersprechen, so sehe
ich mich genSthiget, weil eine dritte Annahme OBmöglich iat, den
«nfgestellien Sau, dafs die Wahl dessen, wa« in dem
Punkte das Handelns nn« das Beste scheint, unsern
Willen und mithin auch unser Handeln bestiraiee,
für wahr zu halten.
Wenn ich sage, die Wahl dee Besseren bestimmet deo Wil-
l«n, HO liegt sehoD in dem Begritfe der Wahl ein Sch&taen und
Vergleichen inehrer Oinge miteinander^ ein Unheil, nithln eina
V e rstaadesverrichtBUg.
Wenn der Verstaud über etwa« uriheilt, zo nufi diese« Up-
ibeil sieb nothwendig nach dem ihm Torliegenden Stoffe richten,
■nd dieser kann sowol in zaUiger Hinsicht, ab hinsichtlich sei-
ner Klarheit nnd Lebhaftigkeit sehr verschieden sein, so dafs die-
se VeralandesTerricblung vlelmahls eine sehr verwickelte sein mufs.
Gesetsi, am äbei eine Sache richtig au urtlieilen, dato wftren die
Gegebnisse a. b. c. d. e. f. nSthig, dem Urtheiler P* fielen aber
■nur B. b. c. ein, dem Urtheiler A.* hingegen alle sechs Gegeb-
■isse ; so würde P * ohne Zweifel ein sehr einseitige« nnd nnriob-
tiges, A* hingegen ein sehr richtige« Urtbeil fSlIen. Die Leb-
haftigkeit, oder Belittndigkeit des Gedieh misse«, das heilst , seine
Fertigkeit , alle mit dem zu benrtheilenden Gegenstände in naher
•der ferner Beziehung «lebende Dinge zusammen lu ztellen, be-
dingt da« schnelle und ricblige Urtheil.
Aber auch die Lebhaftigkeit der Gegeboi««« sind vor allen Din-
gen in Anacblag zu bringen. Man nehme an, zwei Menschen, wel-
che wir X und Z nennen wollen, hätten heida Lust, eine Jung-
frau fleischlich zu eHtennen , deren Jungfrau bürgerliche Verbalt-
nisse so wSren, dafs eine Scbw&ngerung sie unglUdElicb machen
würde. Die .Lebendigkeit des sittlichen Gefühles und die Fertig-
keit nach selbigem zu handeln sei bei X nod Z gleich, aber die
SiBrke de« Gesoblechtstriebes sei bei X=3 bei Z=;tO: so wird
bei X das «ittlicba Gefühl die Oberhand bebalten , and ihm wird
das Nichtberübren der Jungfrau da« Beste «eheinen ; bei Z aber,
dessen mehr als doppelt stärkerer Geschlechtstrieb müchtig auf «ein
Denkergan «inwirkt, wiid die Lebendigkeit der wollüstigen Vor-
— MO —
ateUaagan elp« ridcwirkeaila Kraft aat Ae GMobtMhtath«!!« •«-
fsern , diet« inincr racbr KifragaB , nui die xwnehcn den G«-
■eblecbttUMUcB imd dem Deokorgao Statt findende Wacbselwir
kuDg wird seine Begiefde sor fleiediHcfaen Vernitclmitg eo Hei-
gern, die innere Stimme der SiuUehktät lo verdompfea, dafa fhn
gani nalie vor, und glcidueitig im Pankte des HuMlehis, dMK Ut»-
Hiltlicbe dai Be«(e acbelnen nuie, und er wird eine Handlung bv-
geben, die, M iwuiqfeniftb tie an »ich sein nag, bei da beita-
hende« bürgerlieken Ordnung aiyen Mentehen an^Scklich madit,
tuitbia eine uiwittli«he Handlang JiL
Wenn ick nsn dieses altes reiflidi erwfige, so tn da* Ergab-
nib Bolohar Erwfignng folgende Uebenengung : ob einem Menscbea
in dem Pankte des Handeliu das Sitlliehe, oder da« Unsitlliche, da*
gesettlicfa Erlaubte, oder das straf getelslich Verbotene das Beste
■eheinl, das hingt von dem Zustande das KSrpers übeHiaupt, ins-
besondare tos erblicker Anläge, von der Hartnonie, oder Dishar-
monie dar Organe gegen eibander, von der StIIrke and Lebhafiig-
keit dm Gedächtnisses, von der Jugendlieben Ausbildung des sitt-
lichen Qefüfales, TOQ der erworbenen Fertigkeit der Fodemng der
Sillliebkvit die Fodemngen der Sinnlichkeit ootermordneo , oder
Ton dem Mangel dieser Fertigkeit nnd vielleidK von gar videa
Dingen ab, von denen wir kaum eine dnokle Ahnung haben
mSgen.
So weit reicht die Beobaehtnog; wie slisomet nun mit dieser
die heilige Schrift? — Der ApoMel Paulus sagt: Das Gnle, das
ich will, das tbue ich nicht, und da« Bös«, da« ich aiefat will,
das tbue ich, Voniasgesem, dab n den Manschen in dem Punkte
des Handelns nicht, als «in ganz willenloses Getriebe ansiehec,
gebet aus diaaer Stelle hervor, dab di« Beobacfatnng seiner Seibat
ihn gelehrt bat: es könne in dem Punkte des Handelns dnr^ &u-
fsere oder innere unberttehenbare Einwirkungen ein Wille eraeogt
werden, der dem, dan Handela Torhergehenden Willen gerade ent-
gegengesetzt sei.
Kriitns lehrt ans im Vatemoser beien: Tühre uns nicht
in Versuefanng. Auch aus dieser Biite gehet hervor, da& mensch-
lich unabwendbare Einwirkungen unsern Willen nicht selten aum
Böten bestimmen. Hinge es immer von uns ab, diese dan Wil-
len bestimmenden Einwirkungen xu vermeidea, oder anfnhebea,
so würde jene Bitto ja wahren Unsinn enthalten ; ^e mGfste dann
vielmehr lauten : Führe uns vit in Versuchung, damit wir als tiieh<
tige KSmpeo unsere sitdiche Kraft und Gewandtheit recht ofit be<-
währen können. Ich denke, Kristns wird aber die Natur das Man-
schea wol beuer gekannt haben als unsere wiliensfreie Philoae-
phen und Theologen; nm wenigiten da Petrus an ihm sprach:
Hwr! ich hin berat, mit dir ins Gefft^aib and in den Tod m
- 60t —
gtihtn, RBtvnirtfltf w ifam: P«<nni! leb tag» «Hr, dm Hahn wird
beute nieht kilben, ehe denn da di i liwrtl verhlngBel be«, deCi
itn mkh kenimt. Et iat b5olist nnwabncheiDlicfa , dkfa er den
guten Willen dee i'etnra, «llee MÜsgeschick mit ihm nn theilen,
beiwelMl bebe, er het aber woU gewnftt, daf» der Wille dee
ecbwaeben Mensebea nsr ni oft in dem Angenbiicke dee Handeina
ein gani anderer iat ata ror dem Handeln, and dafa Zeit und Um-
slinde mit nnwidetatefalicber Getmlt anf ihn eiowirben.
Wie laniet nnn die an« dem Geaagtea hervorgehende Sitte»-
Mtnl — Wir loUea wol «ine auiltliehe Handlang- mifsbiliige«,
ale ala nmlldicb anOTkenaea, aber nieht den Handelnden reidaa^
men, daa beHet, aeineB aiitliehen Wenh iberbaept nach dieser
Handlung abacbltaig bestimmen.
Da die Juden Kristo eine EbriireeheriMi Torfflhrten nnd ihn
fragten , ob aie nieht naeb dem Geaelie mfiaae geaieiniget werden,
hat er aie anAnglich keiner Antwort gewfirdiget, nnd da aie wei-
ter In ihn gedrei^ea, ihnen eiafUt^ 8^***S** ^"' «■>>«' *<>ob
«hne 8Gnde iM, der werfe den ersten Stein auf aie. Nnn sind
die Jaden weggegangen nnd haben die Fraq allein «eben lassen.
Ka der sagt Kristna, da er aiehet, dafa ifat« Ankläger ne nicht
verdammet haben: ich will dich naeb nicht verdaaimen, gehe hin
nnd Bündige hiafoit ateht «ehr.
Alao aollea wir aoch bei Benrtheiinng aoleher Menadea , die
sieh grober Verbrechen sehbidig gen»chl, wohl bedenken, dafa
wir seibat bei weitem niebt immer der Stimme der Sktliobkcit
OehSr geben, dafs ▼ietleicbt biols das eigene Zusammentreffen
von aofsermi (Jmstinden, die doeh nicht in nnserer Gewall ataa-
den, ans vor ähnlichen Veibrecben bewahret haben, nnd wir
werden mit Kristo sprechen: Ich will dich nicht verdammen.
Dieaes ist nnn die kristlicfae Anaicfat fiber die Zarecfannngs-
nhigkeil, nnd es ist eine rein menaebliebe, in der Naiar des
Meaieben begrfindrte, aus dem GemBibe sieb oSenbarende.
Jetzt will ich aber ancfa die echt bHigerliohe Ansiebt fiber
ZnrechnangsfKhigkeit dem Leser kSrelich vorlegen, und hier eben-
falls von der Beobachtung anigehen, sehend, dafa die Vertheidi-
ger der Unsurechnangsfthigkeit der vermeintlieben Eioirren schwel-
gend von demselben Ponkte ansgeben.
Da des Menschen Wille in dem Punkte des Handelns nur
das wählen kann, was ihm das Beste scheinet, and es von gar
vielen , dnrchans nicht in Seiner Gewalt siebenden Umständen ab-
biegt, ob- ihm du Sittliche, oder dos Unsittliche in solchem An-
genUieke das Beste scheinet, so mnfs er sich bei jeder ungenetz-
liohen Handlang in einem Zustande 'der Unfreiheit befinden, uad
es mSfsieD nach diesen Ansichten, alle V«rl»echeo nnbestraft
Ueibeift
- 801 —
Wollttt man hier, in den einirinen Fril''n , die dwn wlblen-
imn Vcintaad« vorliegenden GegebniMe hintichilicfa ihrer Vielheit
■nd ihrer Lebendigkeit auf die Wage legen, nnd nach aolrber
Wignng die Fälle beKimmen , in denen der eine Mensch frei,
der andere anfrei gehandelt, in denen ahe der eine aurechnnoga-
fähig* der »ndere unxareehnungiftthig wSre, ao wnrde man ein
ganz übermenachliebes Unternehmen beginnen, indem nicht gelten
solche Begebniue auf die Wahl zwiaebeB Siultcb ntid UmkiUcb
Einfinfa haben , die in ferner Vergangenheit verbergen liegen , tol-
cbe, die der Wahlende aelbat nie nr mittheilbaren Klarheit su
bringen im Stande ist, und die auch der nniemichende Arxt nie
gehörig wird wenhen können. Bestrafung, oder Freiapretdinog ider
Verbrecher würde also einzig von der plumperen oder gewandt*-
ren Sophistlk des den geraiigen Zustand des Verbreeberi begtti-
aohlenden Arxtes abhängen, WoUie man nnn nicht den Kriuiinal-
gericbtshof zn einer sophtsliscben Glfioksbude machen, so wärde
man sich wol genötbiget sehen , alle ohne Vorbedacht verfibto
Verbreohen , als im Zustande der Unfreiheit begangen , anbeeiraft
m lassen.
Mir scheint, haben wir nna einmalU diese Höbe billiger Ge-
sinnung erklimmt, so verschwindet anob vor nnserm Blicke der
Unterschied zwischen vorbedachien uad ni «hl varba dachten Verbre-
chen, so grufsen Werih auch die heniigea Kriminalislen noch dar-
auf legen mögen. Beide unierscheiden sieb blofs dadiireh von ein-
ander, dafs bei dem einen der Wille Böses zu thuD dem Handeln
lang« vorbergebei, bei ^em andern dieser in dem, dem Handeln
nlcbat vorhergehen den Zeilpunkte erzeugt wird, weshalb ich ihn
auch den gleichzeitigen gbnnoni habe. Es ist also blofs der Zeil-
punkt der Willeoseraetignng , der hier den angeblichen UBierachied
macht ; nnd warum lolt denn der in dem Zeitpunkte ji erzeugte
Wille das Verbrechen entaebnldi^D, den Verbrecher straffrei ma-
chen,, und der in den Zeiipunloen B C D erzeugte Wille das Ver-
brechen erschweren, den Verbrecher an den Galgen bringen I Ich
sehe davon wirklich keinen Grund. Betrachte ich aber diese Sa-
che in BeKiehung auf die Sicherheit der bürgerlichen Gesellschafl,
so wird sie mir fast iHoherlich. Der einzige Zweck bürgerlicher
Strafen ist doch der, durch Tödten oder Einsobli^scn der Ver-
brecher die Gesellscbaft vor Ähnlichen Verbrechen sicher zu stel-
len, und die Oeffentlichkeit der Strafe soll andre von Verbrechen
abschrecken, nnd auch so die Gesellschaft stöbern. Die Sicher-
heit der bürgerlichen Gesellschaft ist also der einzige Zweck aller
Bestrafung, nicht Wiedervergeltong, wie etliche Krinfnaliatea be-
hauptet.
Wollte man nur den bestrafsD, der^in Verbrachen mit Vt»i-
bedacht begangen, das beifst, den, bei dem der Wille et in be-
gtktm lang« vor der angeMtilMMa HsB^Inof ttth anwtgft, *ad
Immb dea andern, bei dem der Will» ent in dem Angesblick*
des Handelaa entstanden, aU Unfreien, ak Eioirren ungestraft
laafen, eo wDrde die Sicherheit der Gaselleehaft dureh solcbe (Ja-
teraeheidnng eine lebr achlecbte Gewfibr haben ; denn wenn Eacb,
liebe Leser I jemand ein Auge aus den Kopfe ■cbUgl, oder er
■leckt euch das Hans in Brand, oder er tSdi« Euch Frau und Kind,
lo wird Euch wol wenig daran gelegen sein, ob der UebelthXter
die Handlung eio Jahr vorher beschlossen, oder ob sie ihm erM
io dem Aagenblicke der Ausführung eingefalleo. Ja durch di«
Benrafang derer, welche Verbrecbeo mit Vorbedacht begaogea
nnd durch Freisprechen der angeblichea Einirren würde der bür-
gerlichen Gesellsc4iafi die Sicherheit gerade ain allerschlechtesiea
verbürget sein; denn durch solche einseitige Bestrafung würde die
florgfnliige Verbergang des bSeen Willens befördert werden. Das
Dichten und Tracbiea jedes Verbrechers würde sein, sieb, im
Falle er ertappt würde, aU Eiairreo darstellen zu können; die
. Vertheidigong der Advokaten, die gelehrte Begniaehtaog der Aerite,
and , in aoserm Lande , die Oeifenfliohkeit der gerichtlicbea Ver-
haadlang würden dann auch dieaes Intfl1i<^e Studium nngeneio
befSrdern. Wohin aollte das alles führen! Dabin, ohne Zweifel«
dafa kein ehrlicher Mensch seines Lebens und seiner Habe mehr
sicher wSre.
Endlich ist wohl m bedenken : da der bösen Handlang der
Wille Kum Gmode liegt, dem Willen das Unheil, mithin die
Wahl des seheinlich Besseren, so tnuls die Furcht vor Stufe, be-
BOoders vor der Todesstrafe mit zu den, dem Versiaoda vorlie-
genden Gegehniisen gerechnet werden, und diese Furdit wird«
wo nicht immer, doch in vielen Fällen, den Willen in dem ruokia
des Handelns eher aain Guten ala zum Bösen lenken, statt dafs di«
Anasicht, ungestraft sündigen au können, gerade das G^aatheil
bewirken mu&.
Alles wohl erwogen, kann man tilso als wahr annehmen, dati
die Beslrafuag aller Verbrechen, sowol der vorbedachten als dar
«nvorbedachten ( letzte mögen von den Aerzten dpr Monomanie »n-
geaehrieben werden oder nicht), jedoch mit billiger Berücksicb-
tignng der erkennbaren mildernden UmstHnde (nicht der pbaniasti-
aehen, Krztlicb- sophistisch berbeigeserrten) , die Sicherheit der
Gesellschaft am besten befördert.
Nachdem ich nun die kristlich sittliche qsd bürgerllebe Aa-
■icbt über Einirrbeit und UnzDrecbnnngsfKhigkeit der Einirren von
einander geschieden dem Leser vorgetragen und gani nnparleüscb
bei beiden von unleugbarer Beobachtung ausgegangen bin; so wird '
jedens Unbefangenen der Grand, warum eich die Aenteso übel
in dieaar Sache einen können , ohne meine Anilegnng klar in di«
Angen fallas. ' Dm viaUcBprodiMiB Pioblem iH Bfimliek eiMa
fa&faer«! ProUcn amargeordnet mai in dieMiu entbelteu ; so lange
man alw du fauhara niebt gelötet hatt sind die Venecbe, daa
unterge ordnete «n Ifteen, oichiig, nnd lanEen auf blofäei achrift-
Meileriscbe« Pllnkeln hinaua. Du höhere Problem lautet aleo:
iit dia krlalliche, oder wenn nan Hebet will, die rein meuck-
liehe SiirenlehrB mit- der jetsigea Cinricbtnng der buif^erlicliea Ge-
aellacbaft, ine baeoadere mit dem peiolicheo Hechle, an eioeni —
Sobald dieee Frage gruadliob wird beantwortet lain, wird auob
daa Problem roo der Teraeioilieben Ejoirrheit nnd der Uninrecb-
flOBgatthiglreit der Eininren galöset aein , oder ea wird doch ohoe
Mähe können geldaet werden, leb bitte alto meine Herren Amia-
geenaeea, aiofa endlich einmahl an diese« höhere Problem au ma-
cben und hier dia Tialgcrghmia deutsche GrändlichkMt an bewSh-'
ran. Waa mich betrifft, ao bin ich aehon an alt, ala dafa ich
M vanaehen därrta, diasa atwns hartsehalige Nufc anfaubeifaen ;
darum reiche ich sie frenndlieh meinen riist^ereo Lesern.
Zum Sefalasae bin ich aber noch mir selbit schuldig, mich
bei meinmi Legem zu rechtfertigen. Ea köoale nRmlich einigea
so vorkommen, als Imbe ich im Vorigen die von den Philoaopbea
und Theologen Tielbeaprochena Frnge ron der Wlllenafreibeit be-
rühret, und seihst Neigung geBulkert, Partai in diaser Sache zu
nehmen. Ich erauehe sie aber höflich , von einem ehrlichen Prak-
tiker nioht solch üble Gedanken zu hegen. Aufrichtig bekenne ich
ihnen vielmehr, dafs meinem schlichten Verstände die Erörterung
i)b«r dia Willensfreihalt eine aefar unweis« zu sein scheint. Alan
mag das vielfach hexankta Ding Freiheit des Willens, oder sitt-
liche Freiheit, oder das Vermögen, siidi selbst unabhängig ven
den Fodernngen des sinnlichen Triebes nach der höheren Fede-
rung der Vernunft zu bestimmen, neoaen, so Iftoft doch die ganaa
Erfirtening, entkleidet von aller philoaophischeo Kunstsprache und
ansgedrnekt in veralSnd liebem Deniich, auf die Fn^e hinana:
ob man den Willen haben könne, an wollen; diese Frage enthflii
aber leider schon wieder dia neue Frage: ob man deo WilleM
hnben könne, zu wollen dafs man wolle d, b. w. Der Verstand
mnfs noihwendig bei dieser Untersuchung ins Grenacnlose fortlau-
fen, well er nirgends einen Rnbepunkt findet. Nach dieaem aof-
ricfaligea Gestflndnisae werden die Leser schon einsehen , dafs ich
'nicht die mindeala Anlage snm Pbilosphen habe, dafs ich also
im Vorigen, weit eiMfemt eine philosophisebe und theologische
StreiiCr^a aufzurühren , Uob ti» Beobachter gesprochen.
Selbstmord.
Üeber diesen GegeoBland habe ich in meineni Leben mancbet^
lel gelaaen , bin tixt wirklidi ao, klug als hätte ich gar nicbis
— 605 —
daritber fiesen. Am merkwBrdffTileii ist mir dia BeBprrchan^ ge-
WMMi; ob der S«lb8imord von SebirtcbB^der von StSrke in
GeiBlMi zeage; iinwillkArlieh fielen mir dal>ei die Worte ein* di*
Schiller den Wellenstein sagen lafst; Des Gehirn ifft weil«
aber im Räume atofsen sieh die Dinge.
Ich denke, wenn jemand e> Dir das Beste bili, sich nmiK*
bringen, so wird er sich nmbringen, bSlt er es aber fHr das Be-
ste, in der Welt m bleiben, so kann er sieh nicht Iftdien. Dafs
er nun aber den Selbslmord fnr das Beste hlllt, sn dieger Mel-
nnng kann er durch gar maneberlei Umsiftnde gebracht werden,
die wir in dan wenigsten F&llen erforsehenT mitbin anch nicht
benrtheilen können.
Es ist wnl keinen Zweifel nnlerworfen, dafs krankhafte Af-
fektionen der Banchorgane, oder des Gehirns den Menseben mm
äelbsimorde bringen können, aber es ist eben so wahr, dafs sieh
Menschen umbringen, bei denen kein Arzt einen körperlich krank-
haften ZosUnd irgend eines Organs nachsaweisen im Stande ist.
Es lödten sieb Menscben, um dem Mangel oder der Sehande
zn entgehen. Bei manchen dieser Helbstmörder liegt nnverkenn-
bar der erste Keim dieser Handlang in ihrer Entiebnng. ' Wilr«
ihr EhrgefBbl in der Jugend nicht liberfipannt worden, wSren sie
hei Brot and Wassersuppe grofs gebracht , hKtien sie früh mit der
Hand ihren Unterhalt erworben , so würde sie spfiler weder Fnrclit
vor eii^ebildetem Mangel, noch vor eingebildeter Schande zam
Selbstmorde gebracht haben, leb habe aber anch PBlIe erlebt,
in denen kein Mensch die geringste, nahe oder ferne Veranlas-
sung snm Selbstmorde nnr mit einem Scheine von Wabriieil rer-
innthen konnte.
Da der Trieb der Selbiterfanltang der mRcbligste 'in der Na-
lur ist , so sollte man denken , nur ein ZusammenlrefTen von gar
gellsamen, feindUcben Begebenheiten kSnne einen MenschMi snn
^Ibstmörder iiiaclien ; und doi^ erlebte tcb den Fall bei einem
geringen Manne , dafa in einem Zeiträume von sechs oder acht
Monaten die wSrmste AnhftDglicbkeit an das Leben einem Lebens-
Qberdruase Plali nmcbie, dessen Folge Selbstmord war. Da di^
■er. Fall dem aeelenkundigen Ame bemerkenswerth Bein mag, wiH
ich Ihn kürzlich erzählen.
Ein zwischen fnnbig nnd sechiig Jahren aller, sieh dureh
Tagriöhnern nührender, ordenAicber ond flelfsiger Mann lief« mich
eines Tages zu sich rufen, damit ich ihn von der Wassersucht
befreien mSehte. leb fand, dafs er an der Bauch- wm! Zellge-
wehewBseersucht li», und bedeutend gesehwollen war. Es eif;ah
sich bald , dab kein alter Organfebler dieser Wassersncfal ran
Grande lag, sondern, dafs sie von einer einfachen Nierennffek-
lioo nbbing, die er sieh mttgtkh durch ErkSltBog bei dw Arbeh
■■^«xogen, Darch Tart»rm» htrtuemtu» itnllle iefa die gMtftrte
Harnabaondarung wivder hw, und lo scbrilt die Benanjog regd-
»Hfaig b)B »r veUkommnen Heilung vono. Da aber in diesem
K9rper eine ishr grofse Menge Wuier Hak, die aaf dem gewiUi^
liehen Wege nnniSglich in etlichen Tagen konnte entleeret wcr>
den, nnd es ihSricht gewesen sein würde, die Enlleerang dnrch
Abzapfen nnd Scbri'tpfen in bescfalennigen ; so infserte der Mensch,
bei der sicfaibaren iSgticben Besserung, eine solche warme An-
hänglichkeit an das Leben, eine solche alberne Fnrdit vor dem
Sterben, iah ich fest dnranf redtnen konnte, einen Bothen von
ihm im Hanse sn haben, wenn ich ihn, durch anfserstftdiisehe
Geschifie behindert, auch nnr einen einzigen Tag nicht gesehen
halte. Er genas vollkommen, ging wieder seiner Arbeit nach,
nsd ich war wirklich froh, dieses Iftstigen Dringers los za sein.
Sechs oder acht Monaie nachher sehe ich einit auf der Siratw
einen Zusammenlanf von IHenschen, der sich nach einer kleinea,
TOD geringen Leuten bewohnten Gasse hinziehet. Auf meine Fra-
ge, was es dort Neues gebe, wird mir die Antwort: es habe sich
Jemand erhftngt, nnd das Gericht sei eben hingegangen, ihn zn
besichtigen. Die Neagier treibt mich euch hin, nnd wen finde
ich da erhtingtf Niemand anders als den lodesfiirchtigen Gesellen,
der mich etliche Monate früher so sehr geplagt bade, ihn im
Lande der Lebendigen zu halten, leb war neugierig, ob irgend
jemand ein besonderes Ereignifs als wahrscheinliche VeranlaBsang
dieser ganz unerklärlichen That angeben kdnne. Der Kntlefble
balle als JunggescU ohne Mitbewohner in seiner Hfitie gelebt, mit-
bin waren die JNachbaren die Einzigen, die mir hätten Ansknnft
geben kSnnen. Von diesen konnte ich aber nur das schlecht ver-
bnrgie Gerücht erkunden , dafs ein böser Mensch dem armen Manne
ein Ersparnifs , welches man auf zehn bis fünfzehn Thaler schalste,
gestohlen ; diesen Verlust , hiefs es , mRsse er sich wahrscheinlich
so zn Herzen gezogen haben , dafs er dadurch einen Widerwillen
•D dem Leben bekotnuen.
Eine wohl zn beachtende psychische Ursache des Selbstmar-
des ist das Lagern der Gedanken nuf diesen Gegenstand; denn
die Gedanken können sich auf denselben eben so fest lagern , al«
anf eine schöne Frau , und es ist alsdann schwierig , sie davon
abzuziehen Aber die wenigsten, die in einer solchen Gedanken*
klemme leben, 'gestehen ihre Nnth, sondern sie Tvvbergen selbige
vielmehr. Nor ein einziges Mahl bähe ich das GesiKndnifs eines
Mannes aas der arbeilenden Klasse gehört, den mir ein Geistlidiw
Bnsofaickie, in der Meinung, er leide an körperlicher Krankheit,
«eiche aber nicht zu erkennen war. . Dieser Mann bekannte mir
nnverhohlen, daiz er sieb des Gedankens, das Beste fSr ihn werde
sein, sioh mia der Walt sn scHaffeD, durchaus nicht erwehren
kSMte; ar muier« ihn bei Tage und bei Naobt, in den Standen
der Arbeit and in denen der Rübe. Icli liele den Geisiliehen wis-
aen , man rnmie Acht anf den Menicben halten , denn die Erfali-
nng habe gelehrt, dafs die, welche einmahl von dievem Gedan-
ken beienea seien < ihn früher oder Bpiicr xnr Ausfnhfnng brich-
ten. Meine Warnung iat aber frnchiloB gewesen, denn ungefähr
drei Wochen nachher arbeitet der Mann im Holie, und nachdem
er lein Tageweck Tollendet hal, erhängt er aich in den nSchilen
Baum.
Merkwürdig iai es, dafs die Gedanken, wenn sie eine Zeit
lang auf den Selbstmord geheftet genesen sind, durch Zufall da-
von abgelenkt , Jahre lang davon entfernt bleiben , und dann sich
wieder mit ernenerler Gewalt darauf lagern können.
Ich kannte hier im Lande einen Sltlichen Baumeister, der in
seinem Fache wol ein TerslSndiger Mann sein mochte, denn er
führte gute GebSude auf; übrigens gehörte er /.u denen, die, wie
das Volk spricht, einen Strich, einen Schufs, einen Hieb hüben.
In den Dingen, die er ans Liebhaberei trieb, und die ich auch
ein wenig beunheilen konnte, hatte er es nicht sum Erträglichen
gebracht. Ec war auch Philosoph, Atheist, Materialist, und Gott
weifs, was mehr; aber nichts, was ec dachte und vorbrachte, war
znr millheilbaren Klarheit gereift. Bei dem allen halle er zuwei-
len originelle Gerfanken, und seine Art, sie einem unversehens
wie einen Fangball zuzuwerfen, war noch origineller. Von einem
seiner vertrauten Bekannten wiifste ich, dafs er schon mehrmahls
den festen Vorsatz gefafsi, sich zu morden, aber wunderbarer
Weise in dem Augenblicke, wo er ihn zur Ausführung bringen
wollte, durch andre Menschen daran behindert sei.
Eines Tages traf idi ihn bei einem meiner Freunde, und wir
gprieihen mit einander in ein Gespräch über den Selbstmord. Da
erzählte er mir ganz unbefangen nod launig, dals er sich einmahl
durch Kohlendunst habe ersticken wollen. Er sei lange mit dem
Gedanken schwanger gegangen ; da er aber znr Ausrübrnog habe
schreiten wollen, md um sicher zn gehen, einige notbwendige
Vorbereitungen in seinem etwas undichten Zimmer gemaobt, sei
seine Hauzwirthinn , die Verdacht gesGb5[^t, zu ihm gekommen,
bab« ihm auf den Kopf zugesagt, dafs er Böses beabsichtige, und
habe so verständig und beweglich zu ihm gesprochen, dafs er den
Vorsatz, aich zu entleiben, ganz aufgegeben.
Können Sie es begreifen, eagie er zn mir, wie man so nllr-
riscfa sein kann, sich selbst aus der Welt zu schaffen f was hat
man Besseres als das Leben f und wenn man, wie Ich, das L»-
ben ohne Sorgen geniefsea kann , zo ist doch wol der gröfile Un-
sinn, es als ein niefatsnüliiges Ding wegzuwerfen. — So apraoh
iiamt wltswna KwM, oad hanin KWei Jahn luwUcr bat er Mdi
Ea ist wol letebt Muwiebwi , iaSm in Lagvni dw Gedanken
auf de« Selbsunord ohne ftnlaere Vcranlaiiung nicht leicht Statt
findet. Dheer VeranlawRagen können viele eein, die lebwerlicb
aa beeehreiben and noch eohwleriger kb vcnoeiden ■eia nScbten.
Einer Venalaweiig nuili ich aber erwähnea , ofitHlicb des Anfent-
halte« en eine« Orte, wo tchun ein Selbelnord b^aogen ist,
denn hierauf gründet aich der Volkeabergiaube von den nnbeiaH
' lieben Oeriem. Ei ist wol begreiflich , dsft , wenn man lich ein-
sam in einem Hause befindet, in dam eich jemand crhflngt odet
erschossen bet) man da auch eher an den Selbstmord denket, als
an jeden anderen Gegenstand, gerade wie man in den Trümmern
eines alten Bergscblosies unwillkürlich an stablbewamms'te Raufer,
an Wegelagernng nnd Biirgverliefs denkt. Freilich , dafe der al-
so erweckte Gedanke des Selbstmordes aum vorherrschenden , snm
unverschencfabaren werde, dazn gehört wol der Zusammenstofs
mehrer Umstände; wSre er aber durch den nnbeimlicben Ort nicht
xuerst geweckt worden, hXtten ihn die nachfaerigen (Jrasiftade auch
nicht festigen und reifen können. Wenn also der gemeine Mann
den Aberglauben heget, dafi der Teufel an solchen unheimKchen
Oertern Gewalt 9ber den Menschen habe nnd ihn zum Selbstmorde
nöthige, so ist dieser Aberglaabe bloJs eine in bildliche Form
gehfiltte Erfabmngswabrheit , die anr n sehr in der Natnr des
Menschen begründet ist.
Folgenden merkwürdigen Fall bat mir ein ToUkommeo glaub-
hafter Mann , der hier wohnhafte Freiherr Friedrich vom Bauern
milgetheilt. in seiner Jngend lag er, zngleieb mit seinem Bru-
der, fV. p. Hallen, in Wesel sur Besaisnng, nnd beide Brüder
waren damsbis Lieaianaats. Es stand einst eia kleines niedliches
Haus ta mietben, welches, weil sieb mehre Meaaclmn darin ent-
leibet, in Vermf gekoauscn nnd deshalb nicht gerade jedem an-
Btlndig war. Da beide Brflder den Abergiaaben des Volkes nicht
tbellten, so trogen sie kein Bodenken, diesen Termfene Hans mit
ihren Soldateaborecben in besiefaen; die finnchea waren gesonda
Lerne and keine Spnr vea Trübsinn an ihnrn m bemerken. Ei-
nes Abends kennst der Enfthler spit tob einer kleinen Lnstreisc
hnm. Die Dunkelheit der Fenster Iftist ihn Tematk^, dafs die
Barschen sieb echlafeD gelegt, er schliefst sko, da er den Hana-
scblüssel immer bei sich führt, dieThnr aaf, und tappet so dem
Orte hia» wo das Feneraaug stehet. Kaau hat er aber di« Kerae
aageaiindel, so erblickt er den Burscken seines Bmden, tänen
ahriichen Scfaweixer, erhftagt unter der Treppe.
Ich habe gelesen, dafa in nnaerer Zeit die Selbstmorde bän-
ger sein sollen als früber. Zwei gatw eia&che Ursaebea dieser
— 809 —
VcrMhiedenheit zwiachen jetzt und sontt «ind ohne Zweifel die
Zuiwltiiie der BevölkeraDg und das Beispiel: nndre Ursachen die
man Rngi1>t, will ich auf ihren Werth berafaen lassen.
Unter mehren ErhSngten, die ich gesehen, babeo drei mir
et höehst wahrscheinlich gemacht, dafs diese Todesart eine sehr
gemftchliche sein müsse ; denn vorausgesetzt, dafs bei diesen dreien
der Vorsatz sich xa entleiben nicht so unerschS Herlich gewesen
dafs er selbst der Athemanoth Widersianden , mtifs ich denken, dafs
in dem nSmlicheD Augenblicke, in weichem der Druck auf die
Infseren Droaseladem gescbiebet, auch alles ßewufstsein dahin
ist. Ich fand sie nämlich in einer solchen Lage, dafs es foII-
kommen von ihrer Willkür abgehangen hatte , den Druck auf Dros-
seladern und LuftrShre auhnheben. Der merkwGrdigsle unter die-
sen dreien war ein junger Mann , den man wegen Diebstahl einer
silbemeo Uhr in das hiesige Oefftognifs gesetzet, und der sich in
derselben Nacht gelddtel. Kaum sollte man glauben , dafs es mög-
lich sei, sich auf so einfalle Weise den Tod zu geben. Er hatte
sein kattunenes Halstuch strickanig aber nichts weniger als fest
KU sam menge drehet, die Enden durch einen Knoten verbunden, diese
Verbindutig an die Angel des sehr niedrigen Fensien gebangen
und seinen Kopf durch das, keine Schlinge, sondern einen ganz
einfachen weiten Kranz bildende Tuch gesteckt. Das Fenster war
u> niedrig, dafs er, mit dem RScken gegen dasselbe gekehret,
anfreeht stehend nnmftglich auch nur den geringsten Drnck des
Tuches auf Drosseladern oder Lufiiöhre bekommen konnte. Um
diesen zu bewirken, hatte er sieh nur ein wenig in die Knie sin-
ken lassen, und so war das Leben dahin. leb habe ihn noch
ganz unberührt in der nämlichen Stellung gesehen, in der er sich
gewürgt; er stand mit den Fiifsen auf dem Grunde, die Knie wa-
ren nur ein wenig gebogen, sein Gesicht war nicht anfgelrieben,
seine ZBge auf keine Weise entstellt, sondern vielmehr wunder-
sam freundlich. Wahrscheinlich hatte der antle Jüngling die Uhr
aus Hunger gestohlen , und sich gewürgt, am der Schande zu ent-
gehen.
Der Leichtigkeit, sich durch einen geringen Druck auf die
Drosseladern des Bewuftseins zu berauben, ist auch nur einzig
folgender , höchstwahrscheinlich nicht beabsichtigte Selbstmord zu-
zuschreiben. Die Mägd eines hiesigen Ackerbau treibenden Biir-
gM« gehet eines Tages auf den Heuboden , und findet , zn ihrem
greisen Schrecken, daselbst einen vierzehn- oder fünfzehnjähri-
gen Knaben, d^r als BeilSnfer und Kuhjunge im Hanse diente,
erhängt, Sie macht Lärm , man holet ihn vom SSller herunter,
aber er ist todt. Da dieser Junge, nach Aussage aller, die ihn
kannten, ein gesunder, lebensfroher, näckischer Gesell war, der
oft mit dem Dienstmädchen Spafs trieb , imd da er mit den Fiifsen
— 610 —
anf dem Htu Uefa«Bd, den Strick an eia QneriiolK der DaciMpai^
ren befestiget hnue; so iat bAchit wahnohejnlich» dafs er aicb
blofs ia die Stellung eioea b^rbüngten gebracht, um deio Dienai-
mfidchen einen Scbreciien absiijagen, uicbt uin aicfa wirklich m
würgen. Der arme Junge hatte niebt bedacht, daia auch feetga-
packtCB Heu mehr nachgibt als Holx oder Stein , und da durch
das Gewicht des Körpers das Heu unter aeinea FüfsAn «ia weo^
gesacket ist , bat ihm auch der SiricL «in wenig die Oros*«ladera
Kusainiueitgeprelst , er hat das BowafMsein verloren, und ans de«
Spafa ist Ernst geworden.
Materialitmu» der Aerxte.
Ca ist nicht in ISiignen, dafs man in unserem Stande mehr
Materialisten findet als in allen andern Ständen der bürgerlichen
Gesellschaft; aber nicht alle xuin Malerialisnius naigende Aente
sprechen ihre Meinung über diesen Gegenstand ans, und unter den
ans Weltklugheit schweigenden wird wd die Mehrzahl in solchen
beateben, die das, was sie darüber gedacht, nicht xur luittheil-
baren Klarheil erhoben haben.
Efwas ist mir bei allen materialistischen Aeufaeningen , und
auch noch bei der neusten ürzilieben, die ich gelesen, aufgefal-
len, nämlich, dafs man die (Jnmdglichkeit, das Sein eines von
dem Körper Tprscbiedeneo geistigen Wesens versiandesrecht au be<
weisen , schweigend mit dem Nichtsein eines solchen Wesens ver-
wechselt. Diese Begriffsvermiscbung kann wol in dem Kopfe eines
Philosophen vorgehen; wie sie aber in dem Kopfe eines Arxies
Siatt haben kann, ist mir ganz nnbegrieiflicb. Wir stoben ja bei
Uebung der Heilkunat auf so manche Erscheinungan , welche wir
nicht verstandesrecfat erklären können, und deren Wirklichkeil
wir doch glauben müssen, weil wir sie sehen; also solllea wir
Aente doch wol am ersten begreifen, dafs das Nichtsein einer
Sache, und die UnmÖglicbkeil das Sein verstandbaft zu erklären
oder an beweisen, zwei ganz verschiedene Dinge sind.
Ich billige vollkommen die Meinung der Verstäudigern unse-
rer Zeit, dafs das Sein eines von dem Körper verschiedenen gei-
stigen Wesena in uns , und dessen Forldauer als Eigenweien nach
dem Tode des Leibes, bis jetzt noch nicht versiandesrecht bewie-
sen ist; ja ich gehe noch weiter, und behaupte, dafs es nie ver-
siandesrecht wird bewiesen werden.
Man hat von dar früher emsig gesuchten Umwandlung da- un-
edlen Metalle in Gold gesagt, dafs, wenn diese Kunst je wurde er-
funden und bekannt werden, eine grolse Störung der bürgerlichen
Verhältnisse durch solch« Erfindung entstehen müfste. Ich glaube
auch , dnfa man ganz richtig genrtheill ; zum wenigsten mülslen
- 611 -
alle Kapitalisten anne Leute werdea , iodeia nur AttM Grandeigen-
tham Werth behallea kdniite.
DiMe Störung würde aber bei weilein der nicht au verglei-
ebeo seio, die darch daa AaSiDden und durch die Verbreiiun^
•inea schlicht renlandearecbten Beweises der Unsterblichkeit der
8ede mübte bewirkt werden. Ich sprecba aber hier nicht voo
einem pbilosopbiicb Terslandesrecbieit Beweise , denn was den Phi-
losophen hente vollkominen verslandearecht ist, ist ihnen vielleicht
nach etlichen Jahren venlaadeswidrig ; sondern ich spreche von
•ineni solchen Beweise, dessen Bündigkeit jedem gesunden, an-
verkünsielien Verstände einleuchtet, und der ihn wirklieb nber-
zengt. Die Leaer nüasen sich aber wohl hüten, den überaengen-
den Beweis mit dem dialektisch unwiderlegbaren zu Terweehseln.
Menicben von gesundem, unTerkünaleltem Verstände haben die
ehemahUgen metaphysitcben Beweise für die Unsierblicbkeit der
Seele wol gerade nicht dialektisch widerlegen kSnneRf aber sind
aie deshalb durch selbige über«engt worden 1 — Ich glaube, wie
gesagt, dals das Auffinden und Verbrrilen eines schlicht verslan-
desrechten Beweises der Unsterblichkeit dar Seele nothwendig die
ganae Menschenwelt nmgesialicn mürste; Ha aber das Vardentlicheo
dieser »einer Meinung dem einen oder dem andern achtbaren Leu
aar etwas anstBfsig sein kSimle, überlasse ich lieber jedem , selbst
darüber nachsudenken ; und wer reiflieb darüber nachgedacht, der
wird mir beipflicblen, dafa unter den Dingen, die unser Verstand
au den UnmSglichkeilen sHblet, eine künftige Berei sang des Mon-
des noch weit glanbltcher ist , als ein künftiger verstandesrechter
Beweis der Unsterblichkeit; ich aum wenigsten halte dafür, es
möchte dem schwachen Erdbewohner noch weil eher vergSnnt sein,
die Raumgrense dieaea Wandelsternes an Rberscbreilen , als auf
diesem Sterne eine nene Menachenwelt an bilden.
Es ist ein alter Gebranch, (ob er gut ist, will ich nicht eni-
aeheiden) dafs über daa Dasein Gottes nod über die Unsterblich-
keit der Seele nur HiilosopheB und Theologen öffentlich sprachen,
and dab der gesunde schlichte Verstand blofs die Rolle des schwei-
genden bescheidenen ZuhÖrera spielt. So könnten denn auch leicht
meine Leser anf den Gedanken kommen, dafa ich, da ich doch
ausgemacht kein Philosoph sei , bei den anm Materialismus nei-
genden Amtsbrüdern den kirchlichen Bekehrer machen wolle. Ich
erkISre ihnen also nnr geradezu, dab ich, der Theologie gftna-
licb unknndig , blofs ala schlichter Verstandesmenach sprechen wer-
de, und damit sie sehen, dafs iefa hinsichtlich des Rrztlichen Ma-
tertalismna sehr billige Gedanken hege, tfiame ich ihnen gleich
gutwillig Folgendes ein.
Da wir sehen, dafs die geistigen Ffihigkeilen mit der Aua-
btldung des KSrpers %iti\ ausbilden , mit seiner Abnahme abneh-
— 612 —
luen, dureh orzeneiUelie oder selbilig« SlSrimgen des KSrpen
geatSrel, und wieder durch Arzenei oder andere xiifftlltge Einwir-
kung normal werden, so ist es sehr begreiflich, ditfs wir Aerxte
geoeigt aiad, die geiitigen Fähigkeilen des Menschen als das Er-
gebnifa des künstlichen Korpergelriebes anzusehen, und dafi die
Meinung sich fast unwillkürlich bei nns einschleicht, der Mensch
werde gleichzeiiig mit der ZersiSrung seines Leibes aufhören als
Eigenwesen forlxaleben.
Das Fürchterliche, das Trostlose des Aufhitrena unserer Ei-
genwesenheit heim Sterben ist, meines Erachtens, anoh nur ein
Himapuk acbwachkSpfiger Eiferer; es bemhet einsig darauf, itd*
steh die Menschen daa \ichlsein sinnlich vorMellen wollen. Well
•le nan etwas wollen, was in sich selbst einen Widerspruch , al-
so eine Unmöglicbkeil enthftlt , ' so folgt , dafs sie sh:h das Niehl-
•eia vorstellen müssen, als ein ewiges Eingeiperrtsein in einem
engen dunklen Orte , geschieden auf immer von Licht und Freude,
von Liebe und Freands^aft und allem Lebensgenüsse. Nnn frei-
lich, das wäre fürchterlich genug, da würde einem die Zeil wo!
etwas lang werden. So schlimm ist es aber doch eigentlich nicht,
denn jedenfalls würden wir doch nur sein ( mit Hiob zu reden ]
wie die jungen Kinder , die das Licht nie gesehen haben.
Die gntgeineinlen Wahrscheinlichmachungen der Unsterblich-
keit der Seele, welche einige ehrliche Leute aus ihren Beobach-
tungen ziehen wollen, mSchten füt uns Aerzte auch nol ziemlich
ouizlos sein, leb habe in meinem Leben mancherlei solcher Sa-
chen gelesen, ohne dafi ich sie, nach Art der Gelehrten, bestimmt
nachweisen könnte. So viel ich mich erinnere, warvn die ver-
meintlich wichtigsten Beobachtungen die: dals zuweilen das gei-
stige Vermögen bei dem Verfalle des Körpers anverlelzt hieihi,
und dann, dafs znweilen, bei langer Störung des Denkvermögens,
der Veratand kura vor der Auflösung des Körpers ganz ungetrübt
wieder hervarbricht. Die ans diesen Beobachtungen gezogenen
Folgerungen für da« Sein und die Unsterblichkeit der Seele übw-
gehe ich, weil sie sich jeder leicht hinzudenken kann. Aber du
bemerke ich nur : Wenn solche Wahrscheinlichmachungen flir einen
Nichiarst erbaulich sein mögen, so taugen sie nicht für den Arzl.
Was die erste Art der Beobachtungen beirilR, so sehen wir bei
Uebung der Kunst weit Öfter das Giegentheil, nfi milch , dafi das
geistige Vermögen sugleicfa mit dem Körper abnimmt. Ja jene
aelinereo Fälle sind für nns nichts weniger als beweisend, denn
wir wissen es, dafs der Körper Snfserst selten, oder vielleicht
nie gleichmäfsig in allen Organen verschleifst. Bei dem Verfalle
des ganzen Körpers kann die Verrichtung des einen oder des an-
dern Orguna unverletzt bleiben. So sah ich die geisiigea KrSfile
im hohen Alter bei gfinzlich verschlisaeoem Körper ganx nnverletst.
— 613 —
ick Bab aber auch !n andern FftDea die Sehkraft des Aiign, od«r
die Verdanungikraft des Mejfeiu noverlelzl ; wollt« ich non in dem
einen Falle aus den nnverletxten Geilt eskräflen auf ein von dem
Körper reracbiedenes Wesen, eine Seele, schliefBen, so mHisia
ieht wollte ich folgerichtig iirtheilen, auch in den andern Fallen
eine Augen- oder Magenaeele aonehuen.
Was aber die «weite Art der Beobachlnngen betrifft, dafs
nämlich das lang gestört« Denkvermögen nahe vor der Auflösung
dm Körpers ZDweilen ganst ungelrübt wieder hervortritt, so lautet
es allerdings etwas dichterisch, dafs bei dem ggozlicben VerfalU
des Körpers die Psyche, deren irdische Fesseln noch nicht ein-
mahl gebrochen, sondern nur gelockert sind, schon ihre Schwiti-
gen pnist, um bald gleich dem fabelhaften iäonnenvogel vetjilngt
ober der zerstörten Hülle empor lu schweben: allein, sehen wir
Aerzie nicht die nfimliche Erseheinnng auch bei andern Organen t
Der krankhafte Zustand mancher anderen Organe verschwindet
nicht ganz selten bei dem abnehmenden Leben. So sah ich die
den Arzeneien und den wnndärzt liehen Bemühungen unüberwind-
liche Znsanimenziehung der Harnröhre nahe vor dem .Tode sich
selbst lösen, ich sah Nierensteine abgehen, ich sab den lange
verstopften Speichelgang der Ohrendriise sich Öffnen. Es liegt bei
solchen Erscheinungen ein allgemeineres Naturgesetz znm Grande,
und nur Mangel an Beobaditnngagabe, oder Mangel an Zeil and
Gelegenheit den belebten MenstJienlfib zu beobachten j kann ehr-
liche Leute dazu bringen, durch vereinzelte, beim Gehirnorgaoe
gemachte Beobachtungen die Meinung stützen zu wollen , dafs das
Denkvermögen ein Ton dem Körper f ersehiedenes geistiges Wesen
sei , das den Körper fiberleben werde. Sollten wir Aerzie nun
nicht, wenn wir solche Wahrscheinlicfamachnngen hören, am er-
sten auf den Gedanken kommen, es. müsse gar windig um eine
Sache anssuben, welche man mit solcherlei morschen Gründen
Biüizen wolle!
Ich habe in meiner Jngend manches von der Inmalerialilfit
und SubslanzialilSt der Seele, nebst den daraus gesogenen Folge-
rungen, gelesen, bekenne aber gern, daiii mein Verstand keinen
Beweis für die Undlerblicbkeit der Seele darin finden konnte, son-
dern dafs mir das Ganze wie ein nichlnütziges dialektisches Gau-
kelspiel vorkam. Da aber die Jungen damahls bei weitem noch
nicht so aniitafseud waren als in unsern Tagen, so glaubte ich
deiaüthig, ich sei noch zu dumm, die grofie Weisheit der Mei-
sler zu fazsen, mit der Zeit würde ich schon zum besseren Yer-
atändai& gelangen.
Als idi die Hocbschale bezog, fing die Kanlische Philoso-
phie an aufzublühen, und es enuündete sich ein Krieg zwischen
KaDliaoer und Anlikanlianer. Am besten gefiel es mir, daS» Kant
— 614 —
die mir frfiher «DTerMfindliobeB Beweiie der UilMerblichkeit ver-
warf; jedoch gestehe ich, dafi mir eeia pniktiicher Beweis, uder
der meraliache GUube damehla aocfa nicht ^db deuüicb war. Was
Biu Jener Zeit als OeMunnteindrack de« allseitig Beaprocbeaeii in
meinem Kopfe fibei^blieben, kann ich gem&chlich anf folgende
zwei Piinkle Kurückfüfaren.
Kant hat keinen veratandesrecbten Beweis des üaaeios Got-
lea und der Unsterblichkeit der Seele gehen wollen.
Er hat nichts Fremdartiges in uns faineindemonstriren , son-
dem uns blofs darauf anfinerksam machen wollen , dafs der Glaube
ao das Dasein G«liee und an die Unsierblichlieit in uns selbst lie-
ge, einzig ans unserer eigenen Sittlichkeit hervorgebea könne.
Er hat also im Grunde nnr eine philosophische Auslegong des bibli-
schen Spruches gegeben: selig sind, die da reines Her-
lens sind, denn sie werden Gott schauen.
Weil nan Kamti moralischer Gtaabe etwas ist, was angeb-
lich in jedem Menschen liegt, m bin ich, seit ich seihst mündig
geworden, auf den Gedanken gekommen; der Weg der Beobach-
tung müsse ans am sichersten in dieser Sache xnr Wahrheit führen.
Wir kSnnen aber, wie ich schon oben bemerkt, nur uiu selbst
beobachten, und die Geständnisse anderer hören, die sich eben-
falls 8«lbst beobacbiet haben. Hinsichtlich dieser Geatündnisse ist
mir ^1 bedenken, dafs die wenigsten Menscban im Stande sind,
ihre inneren Wahrnehmungen uns rein' darzul^en; sie kleiden
selbige vielinr'br in ein sinnliches, oder, wenn man lieber will,
kirchliches Gewand. Der Beobachter des geistigen Menschen mufs
sich nicht an dieses Gewand hüllen, sondern es vielmehr den
W'^abmehmungen abstreifen, so werden sie nackt vor ihm stehen,
lind er wird auf diese Weise hei Menschen von allen kircblicheD-
Bekenninisffiu und Sekten den Sehaii seiner Beobacbiongeo berei-
i^ern kSnnen.
Vor Kurseiii habe ich gelesen, (ich schreibe dieses im An-
fänge des Jahres 1832) dafs Herr H. Fickte der Meinung ist:
Kant» praktischer Beweis beruhe anfeiner groben SelbsttSuscbuag;
man scheue sich aber dieses offen auszusprechen , am des höseo
Xamens willen, den man sich dadurch machen würtf«. Er glaubt,
unsra MoralitHt habe mit der die Unsterblichkeit betrefenden Frage
nicht das Geringste gemein.
Ich gebe es zu, wenn man den Kampf, in den die Sittlich-
keit mit den oft seltsam verwickelten bürgerlichen Verh&liniseen
tritt, im Auge hat, so möchte man «llerdings mit Hrn. F. aw«-
feln, ob hier die Bürgachatt eines künftigen Zestandes za finden
sei. Meines Erachiens müssen wir aber unsere Gedanken gans
von solchen, den Verstand verwirrenden Einzelheiten abaiehen,
lind uns fragen; wag ist SittÜchbeit? Diese Frag« können Wir
— 6» —
•M bcaua mit dem bibliseheB Sfniche beaMwotten: die LMie iit
<■«■ fBüMD GmMzm ErfüUniif .
Waa DHU die Liebe sei, da« aa^ ans am deuilicbttan der
Apoatel Paulaa, indem er um die Er^nscbaflen der Lieb« wif-
afthlc. Erwägt: Die Liebe iat langmüihig und freundlid») die Lie-
be eiTert nicht, die Liebe treibt nieht Mntfawillen, sie blähet Bich
nicht, sie Btellet Biob nicht nngeberdig, sie eochet nicht dae Ihre,
sie lälst sich nicht erbittern, sie trachtet nioht nach Schaden, sie
freuet sich nicht der Ungerechlifckeit , sie freuet sich aber der
Wahrheit, sie vertrigt alles, sie veruanet allee, sie hnffct alles,
sie daldet alles.
In dieser Liebe, die nas nicht von Theologen eingeprediget,
nieht TOn Philosophen eindemonstrirt , sondern die Theil unseres
geistigen Wesens ist, in dieser liegt der Glaube an eine h&chsie,
ewige Liebe, die nna nicht verlassen, noch versüumen
wird.
Wollten wir annehmen, die Liebe in uns und der Glaube an
eine (Jrliebe wfirde durch den von achtbaren Denkern nnd st^on
Mher von denGolteslfingneraangafoehteaen und verworfentn ^Iz
der Uraaeblicbbeit vermittelt, so würden wir nns nicht als anpar-
teiidcbe Beobachter bekunden. Wer sieh selbst ohne vorgefafste
Meinung bcoba<^tet, der wird bald gewahr werden, dafa die Lie-
be in ihm und der Glaube an die Ürliehe eine Einheit ist, und
dafs sich kein Syllogisraus awischen beide schiebt. Auf der in-
neren Wahrnehmung dieser Einheit der Liebe und des Glaubens
beruhet die von Slteren und neueren krisllictien Mystikern, und
unter den Aersten von anserm ehrltcbeo Landsiuanne Crolliu» be-
sprochene Vereinigung des geistigen Menschen mit Gott. Jeder
bat seine Wahrnehmung in ein ihm snsagendes sinnlichea Kirchen-,
oder Sekleogewand gekleidet ; die Wahrnehmung bleibt aber doch,
entkleidet von diesem Gewände, eine und dieselbe.
Auch der Meinung der allen nichikrietlidien Philoaophen : dafs
der Heuseh durch Befreiung von der Knechtschaft der Sinnlich-
keit der Gottheit ähnlich oder gleich werde, liegt die innere Wabr-
neb'mang der Einheit der Sittlichkeit und des Glaubens buid Grun-
de. Wie konnte der Gedanke der Gottäfanliclikeil je in eines Men-
schen Kopfe gdieren ' werden, wenn ihm niohi ein hohes, dem Ver-
stände uaefreiehhares Musterbild der Sittlichkeit vorschwebte, und
wenn nicht in dienern Erhabeiten, Unbegriffenan der Glaube an
«in künftiges Sein ligel
Ob wir nun diesen Glaaben an- eine Urliebe, in der die BSrg-
sdiafit DOserer Fortdauer Bach de« Tode beruhet, Vamunfioffen-
barung, oder oh wir iha Gefühl, Abwiag nennen, scheint mir
fana gleichgültig. Wie das phyaisclie Leben sich naa nnr einxig
in Kampf* feindlicher GewaHsn oQenbeiet, so ofienbarei in dem
- 616 —
bfltchtftokten Mnk* dinwa ErdanlebMiii auch ii» Liebe lit^ um
nur in und durch Widentreit. Von einer nicht im Kampfe, aoo*
dem rein sich offenbaranden Liebe können wir nnr einen Temei-
neoden, einen nneigeatlicfaen Begriff haben , nnd daa nennen wir
Gefühl, Ahnung, und insofern wir dae Gefühlte, Geahaete ala et-
was Wahres, aber dem Verstände Unerreichbares, ansriien, nen-
nen \tir das Gefühl oder die Ahnung Glanben.
Wenn wir Aeme den belebten Menachenleib beobachten, ao
beobachten wir ibn nicht blofs in dem ruhigen Gange des voll-
kommen gesund beitsgemftliten Getriebes, sondern wir beobachten
ihn in verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Vei-hfiltnissea xni
Aufaeowelt; so erkläret das Eine das Andre, und unare nnvoll-
kommne Kenntnib des belebten MeDsehenleibes, die auch wol im-
mer unvollkommen bleil>«i wird, haben wir nicht einseitigen, aon-
dorn vielseitigen und ve^leicbenden Beobachtungen zu danken.
Den ntimlichen Vt'eg müssen wir nuo auch bei Beobachtungen des
geistigen Menschen eiasohlagen.
In dem ruhigen Gange des ifiglichen Lebens sehen wir nicht
das Einsseiu der Sittlichkeit mit dem Glauben, denn dem Men-
schen, war er nicht durch sefaleehte Eniehnng oder durch sndre
widrige UmsIKnde verwildert, ist das Rechthandeln anr Gewohn-
heit geworden, sein sittliches Gefühl wird nicht merkbar dabei
aufgeregt. Wie aber den Körper auweilen feindliche äofser» Ein-
wirkungen aufregen, so bestürmen auch feindliehe Schicksale das
siiiliche Gefühl. Dos gemeinste, aber auch fGr den Beobachter
das belehrendste, auf unser sittliches Gefühl feindlich einwirkende
Schicksal, ist die Wahraeheiolicbkfst oder die Gewifsheit des Ver-
luiies solcher Menschen, die wir recht von Heraen lieb haben.
Ich halle lefaon ia müner Jugend bemerkt, dafs die meisten
Leute bei dem Tode ihrer Freunde den besten Glauben an Vor-
sehung und Unsterblichkeit flulserren; jedoch weiter nicht darüber
nachgedadil, höchstens geglaubt, ein solch unangenehmer Verlost
habe ihnen jene Religionswahrheiten einmahl wieder ins GedScht-
ni£i gebrachi. Da ich aber alter wurde und sah, dafs selbst bei
solchen Menschen, denen im gewöhnlichen Gange des Lebens die
Religion eine gans gleichgültige, des Nachdenkens kaum wertbe
Sache war, der Glanbe an Vorsehung und Unsterblichkeit gerade
beim Sierbebette der Ihren in seiner ganaen StBrk« erwachte, so
hätte ich wol sehr nnversffindig sein müssen, wenn ich nicht den
scheinlicfaen Widersprach , in welchem diese Reobachlung mit ei-
ner andern stehet, au lösen versucht hätte.
Die andere Beobachtung, auf welche ich ziele, ist folgende.
Die Einbildungskraft kann bei allen Menschen, aber freilich b«
dem einen mehr als bei dem andern, aufgeregt werden, und sie
kiinnan gar seltaame Dinge für wahr halten, sie könoMi, wie ^
- 617 —
ßilter TOD dw Mascha, Windmnhlen für RisMD balttn; aber m
weit treiben ai* doch nimmer den Aberwiti, dafs, wenn ihnen die
Windmnhlen den Kopf zerschlagen, lie diese iniiner ntx^ für Rie-
sen hallen.
Vor der Wirklichkeit verbleicht der Phanlasie glühendsiea
Farbenspiel. Ein iahr in der Ehe verlebt, inacfat das bimmliiche
Wesen, das dn anbetest, aar gsien ehrlichen Hansfran mit frau-
lichen Schwacfafaeiien ; ein Jahraebend der .heilkundigen Praxis
streift dieser das Fe«tgewand ob, mit dem sie dein JDgendlicher
Diehtertranm achuäckte, und du befindest dich auf dem Wende-
jMokle, wo dn entweder zur höheren Lyrik erhoben dein Geschfift
snr Religion machen., oder iintertanchen nuifst in der Gemeinheit.
Wäre nun der Glaube an (Jnsterbücbkeit etwas der Phanta-
sie von aufsen Gegebenes, die Frucht einer schlecht verbürgten
Erzählung, dafs dn einst mit den Deinen an einem freundlichen
One dich wieilerfioden wurdest, so möchten diese lieblichen Bilder
sieh wol dazu eignen, dich angcnebm tu unterhahen, wenn dn in
Stunden der Mn&e kosend an der Seile deiner Gatlion, im Kreise
deiner Kinder sllfsest und das kräftige Leben aller dich umwehte.
Aber wenn nun wirklich einmahl der Tod einen aus diesem lieim-
lichen KrMse ergrilfe, deine Gatlinn, dein Kind daläge mii erlo-
•ehenem Blicke, mit den stummen Zögen des CnbewufstseinB, heim-
gefallen den feindlichen zeratSpenden Gewalten der grofsen Natur j
wSrde da nicht die Kunde von einem kfinfiigen Leben, von einer
künftigen Wiedervereinignng, die einst in glücklichen Tagen dei-
ne Phantasie so lieblich aufregte, vor der gräfslicben Wirklichkeit
in Uunst zerflieliienl Wahrlich! sie würde in Nichts lerrinnen,
and hätte auch vmr mehren lausend Jahren die Gottheit , selbst sie
von allen Bei^n des Erdkreises, wie einst das Gesetz vom Sinai,
in Wetter verkündigt.
Warom verschwindet denn aber nicht der Glaube ao diese
frohe Mähr, gleich anderem der Phantasie gegebenen Bildwerke,
V4W der fnrchtbaren Wirklichkeit, warum verstärkt er sieh viel-
mehr wo er sehwach werden müfstel warum erglühet er wo er
erstarren uiüÜite} Deshalb, weil er kein Pbaoiasiegebilde ist, weil
er sich nicht auf geschichtliche \achricht gründet, die der Vet^
■tasd bezweiflen kann, sehend, dafs die reine Wahrheit alles Ge-
■cfa^enen, seihst' dessen, was in nnaero Tagen sieb zutrug, kaum
anszamiueln und von der Unwahrheit an scheiden ist; sondern
weil er, dieser Glaube, vielmehr aus dem Menschen seihst her-
vorgehet, eine Einheit mit der Liebe Ist, erglühet wo die Liebe
erglühet, erkaltet wo die Liebe erkaltet.
Beobachtet einmabi, werthe lieser! die Seene, wo der Geist-
liche als Tröster des Ejeidiragaaden, auftritt. Fremdling in dem
inneren Heiligthvme des Menscheogemnüiea , verwaiset er kühn
— 618 —
all anlliehsr Spender des biranlitciHtn TroMe> dea «cbiuenhaft
efgriSeoen Leider aaf ein küariige* Lrbeti, auf ein IcfinfiigeB Wie-
dertefaen des entachwoadeaen Geliebten. Aber, webe! der Scfaaen
dea Unglück! icben, weit eniferat, durch eolGhe TrÖsiungeo eich w
bMcbwicbtigen , wird rielmebr heftiger aufgeregt, und die ThrB-
aea, die dadurch »allteii gesiillet werden, flielaen reichlicher. Wai*
an das} — Weil der Schmen ans der Lieb« enialehet , Liebe
und Glaube eine Einheit eind, dnrcb Kräftigung dee Glaubens die
Liebe gesteigert wird und mit ihr der Schmerz. Den befiigea
Sdimem, der naa beim Verlnete unserer Freflnde ergreift, stillet
aur die Zeil und nur allein die Zeit; ihn dnrch Hinweisen auf
eine Ictinftige Well, anf eiae künftige Wiederrereiaignag mildera
wollea, ist eben so nnweise als der Gedanke unweise sein würde,
die aufgeregten Scblagadem durch vermehrte Aufregung des Her>
seas m beruhigen.
Und ist vielleicht die Slerbekassmar der eiaiige Ort, wo wir
solche Beobaobiungen matdiea können? Ach nein; sie ist blofa
die Warte, von der wir am klarsten den Stern sehen, der ans
den dunklen Pfad sum jenseitigen Lands des Friedeas beleneblet.
Auch alle andre Aufregungen des aiulichen Gefühles, die ans ent-
weder m grofsen Aufopferungen nSifaigen, oder bei denen wir naa
solcher Aufopferungen fSbig ballen, dringaa uns den Glauben an
eine Urliebe auf; und in dieaem Glauben liegt Ja eiaaig die Bürg-
schaft eines künftigen Seins. Ea würde niob zn weit fuhren,
wenn ieh hier ins Einzelne gehen wollte, ich muls vielmehr die-
sen Gegenstand dem eigenen Beobacbtongsgeisle de« Lesers Biter-
geben und kann mich nur darauf betofatänken, sdiM Aofnerksam*
keit auf einige Punkte zu richten.
Das Vergeben and Vergeasen der Beleidiguogen Ist in man»
eben Fällen mit solcher Aufopferung des sinalicbcn Mensoben ver-
bunden, dab man mit Recht diese Pflicht, die doeh die SittliiA-
keit von ans beisdit, fiir die schwerate aller ihrer Fodernngea
halten mufa. Das blofse Nichlahnden der Beleidigungea kann aas
Stolz, ana Verachtung des Beleidigers, ans Welikingheit Statt fia*
den , and bei dieaem Vorgange in naaerem laaeren wird das sitt-
liche Gefühl nicht aufger^i.
Wenn aber allein die Liebe die empörten Leidenschafitea,
Hals, Raebsacht, Zommiith gewttltigsi, und wir von dieser £iott*»-
atimme in uns gemahnt dem Beleidiger verzeihen, dann wird die-
se Gewalt des sittlichen Geftrhles zum Glauben an eine ewig«,
verzeihende, erbarmende Liebe; nnd ist dieser Glaube wo! eia
anderer, als der an ein künftiges Sein and an eia künftiges Heicb
der Liebe! Auch die heilige Schrift, die mit Recht den Zunamen
der Heiligen hat, woil sie uns das innere Heiligifaam unaeree ei-
genen Gesnithes besser enibüllM als irgs&d eine aadre alle Ur-
' _ 619 —
kiinde, lagt uds deatlich, dah der Glaabe an einen veneihenileii
nod erbarinenden Gott der Liebe einsig am ungerer eigenen Sitt-
lichkeit berrorgehen kiinne; denn m heifst im Vaiernnser: Ver-
gib nna uDsre Schuld, wie wir vergeben denen, die
QDB beleidigen. \nr iheologiiehe Sopfaiatik könnte dieser eia-
facfaen und TersiSndigen Bitte eine andere Deutnng geben.
Ferner erinnere ich den Leiier an die Geachlechtaliebe, an
die wundervolle Mischnng von tfaierischeni Triebe und ven aa«-
Bchliefsl icher HochtchKtznng dei Sittlichen in dem ansiehenden Ge-
genstande, bei welcher unverkennbar das Thierische dnrch die SiM-
lichkeii gemeistert wird. Hören wir die Menschen, welche je die-
se Liebe fühlten, hSren wir sie vorzüglieh in späteren Jahren, wo
schon das jugendlich Abkreisende dem ruhigen Walten des Ver-
standes Plsts gemacht , so werden nie uns bekennen , dafs solch
eine Liehe sie veredelte, dafe sie der Wendepunkt war, wo der
Geist von dem Irdischen and Gemainen xii dem Himmlischen em-
porgehoben, wo der todie Glanbe an Gott nnd Unsterblichkeit sura
lebendigen wurde. Nach meiner Ansicht ist dieser GaiteBglaube
d^ Liebenden nichts Aufserordentliches, noch vielweniger etwas
Lächerliches; denn die Liebe, man nenne ihre irdische» Artnngen
Gesebleehtsliebe, Aeltern- oder Kindesliebe, Freundschaft , Men-
schen- oder Vaterlandsliobe , bleibt in (dien diasen Artungen der
Grandion menschlicher Sittlidikeil, nnd dessen kräftiger Anklang
weckt für nnd für die höhere, überirdische Oktave, den Glanben.
Eadlich komme ich noch aaf eine Beobachtung, welche den-
jaoigen meinet Leser, die mit mir gleichall erig, oder alter als ich
sind, weil verständlicher sein wird als den jungen. Ich hatte schon
in früheren Jahren bemerkt, dafs die Menschen, wenn sie über
die Funfxig hinans sich den Sechligen nSherten, eine weit vor-
waltendera \eignng lom Religiösen hatten als die Jungen. Ich
schrieb das, ohne eben viel darüber nacbxodenken, tbeils auf eine
beinilicbe Abnahme ihrer Verstau des krSfte, auf eine davon abhan-
^aada Geistestrtlgheit, die lieber auf dem Ruhebette des Glaubens
lagert als in den Irrgewinden der Zweifel omherachweifl; theifs
glanbie Ich auch, der Tod, der den Alten nBher sei bIk den Jun-
gen, mache sie hange um ihr künftiges Schicksal, nnd die Furcht
verkläre die längst verbleichten Farben der böKischen nnd tenili-
•chen Bilder, mii denen laan im Kindesaltnr ihre Phantasie be-
stürmt.
Da ich aber nach gerade selbst alt wurde, und mich und mei-
Ae gleicbaher^en Bekannten ernsthafter musterte, sah ich gar bdd
die Ntchiigkeit meiner jugendlichen RrkTSnng ein. Die geisiigeD
Fähigkeiten, wenn sie nicht durch leibliehe Krankheit geschwärt,
oder durch Nieh^ebranch verstumpft sind, bleiben mindestens bis zum
secbsigtten Jahre, aber häufiger noch «ehr weit daribei hiaans gaiu
— 620 —
unverletzt, and die Tfafiligkeit det Geimea verslffrkt nch wftii fher
aU dafa sie sich verniindern sollte. Wu aber die gr^feere Nifao
des Todes betrifft, so ist es js nicht hloh eine alle Sage, sondern
jed«r Hiebet es vor seinen Angen, daf« mehr Junge aU Alte iterbpii.
Die Aeigung der Alien suni Religiösen beruhvi wahrlich a<if
einem gans andern-, and für den Beobachter des geiaiigen Men-
Bchao weit wichtigerem Gründe. Der Apostel Paulus sagt: Et ist
ero Gesetz in meinen Gliedern, welches widerslreilet dem Gewu-a
in meinem Gemnib. Dieses Gesetz in iinsern Gliedern sinH, den-
ke ich, die Leidenschaften , Stolz, Ehrgeiz, Zornmuth und wie die
bösen Geister sonst noch heifaen mögen, die den armen Menicben
auf dieser irdischen Pilgerfahrt plagen. Mit diesen ist die LieW,
bald siegend, bald besiegt, in besiindigem Kampfe.
Die Leidenschaften werden aber »tit den ziinehineoden Jahren
schwächer; denn tbeils sind sie etwas rein Körperliches, als der
Zornmuth und das aus dem GeschlechtBi riebe eotspringeode Be-
gehren, und diese nehmen, ohne unser Zuihnn, mit der Zeit vou
selbst ab, iheils beziehen sie sich auf bürgerliche Verhalioisse,
als -Neid, Stolz, Ehrgeiz, und diese beschwichtiget der Verstand,
einsehend, dafs der Abend des Lebens nicht mehr die Zeit isi,
sie zu befriedigen. Ueberdies bringt, nach meiner Beobachtung,
Bowol die Unmöglichkeit die Leidenschaften zu befriedigen, aU
die wirkliche Befriedigung derselben mit ihrer Folge der Ueber-
Sättigung auf die Datier ein und dasselbe Ergebnifs in dem Menschen
hervor, nümlich, die Salomonische Uebenseugnng, daü alles eitel isU
Wie nun mit den snnehmenden Jahren die Leidenschaften im-
mer schwächer and schwächer werden, iriit in den Gemnthe dn
.Menschen die beeintrftchiigie Liebe wieder siegend in ihre natür-
lichen Rechte , und gleich einer ämsigen Schaffnerinn reinet und
verklärt sie die lang entweihte beimische Stätte.
Glaubt Ihr, die Jugend sei die Zeit der Liehet — Ihr seid
wahrlich in grofsem Irrihum befHngen ; die Jugend ist die Zeit
der Leidenschaft, das Aller ist die Zeit der Liebe. Man nennet
das Aller den Abend des Lebens; das ist eine gute bildliche Itvde,
aber, merkt wohll -~ es ist nicht ein dunkler, stürmischer Abend,
sondern ein stiller Abend, vom milden Mondschein der Liehe be-
glänxt; und wie das Licht des Mondes am Himmel der Abglanz
der Sonne ist, so ist das milde Mondlicbt der Liebe, das den Abend
unseres Lebens beleucbiei, der Abglanz der ewigen Liebe.
In dnnkler Nacht, wandelnd auf den Wogen des bewegten
Meeres, sprach Krislus zu seinen erschrockenen Jüngern, die ihn
für ein Gespenst hielten : Furch tet euch nicht, lob bin es.
Auch uns, wenn die letzte Nacht anbricht, und wir den nahenden
Tod erschrocken für ein Gespenst hallen wollten, auch uns rufl
die Liehe zu: Ich bin es, furchtet euch nicht.
vierter AbschMltl.
H«IImlt*el mnt Anfaere •rs«nc.
JUiese Organe sind: Haut, Muskeln, Bfinrfer, Knochen,
Dräaen, Nerven- nnd BluigeföfHlSmiBe. Wenn ich sage, dafs ich
auf diese Organe wenig Eleiliniltel weif«, und dafs ich mit den
wenigen noch nicht im Beinen bin , nicht bestimini sagen kann,
•ie wirken auf dieses oder jenes Organ hailenr), so kann nnr der
aselner Leser dieses Ificherlich finden, der nie über die Schwie-
rigkeit , Eigenniitlel auf die Organe lu finden , nachgedacht , der
also nicht einsiehet, dafs diese Schwierigkeiten sich gerade bei
den Sufieren Organen am grellsten herausstellen. Ich'halre es für
das Beste, tarn wenigsten für da« Rechtlichste, mein unTollkomm-
n«s Wissen, ohne ihm die schriftstellerische Schminke der Sicher-
heit anzustreichen, nnvollkoinmen, wie ea ist, dem Leser zn über-
geben, damit der, rfer Liebhaberei nnd Gelegenheit dazu hat, es
berichtige und verToIlkommne.
Wir wollen von der Oberhaut anfangen. Zuerst ist es zu-
weilen schwierig eq sagen, ob die Krankheilen derselben Urlei-
den, oder consensaelle sind, ja bei manohen Ausschlagkrankbeilen
ist es zweifelhaft, ob scharfe Stoffe durch fehlerhafte Verdauung,
oder durch fehlerhafte Hamabaonderong erzeugt, sich auf die Haut
ablagern. Durch bittere gewurzhafle KrSuierlrSnke siebet man h9u-
fig flechtenanige Haniausacblage vergehen. Ich bediene mich ge-
wShnlieh des hier in grofser Menge wachsenden Fieberklees, setze
auch wol aus (alter Gewohnheit etwas Guajakholi und Sassafras
hinzu. Ich habe grofse Neigung zu gUoben, dafs In den Fallen, wo
dies« und Shnliche Mittel Hautausschläge vertreiben , die auf die
Haut abgelagenen Scharfen von einer fehlerhaften Verdauung her-
rfihren. Wer kann aber so etwas mit Bestlmnitheil behaupteaf
Auch fehlerhafte Harnqbsonderung , nicht sowol hinsicblllch
der Menge, als wahrscheinlich binsichlllch der Eigenschaften, kann
die Unache garstigei flechtenartiger AutschlSge sein. Den Grund,
— 821 —
dafs der innere Gebnracb des Kalkwawers bei ■olchen Aunachlfi-
gen so anigesei ebneten NuUen achaßet, enche ich darin, dofs das
KnlkwBsser ein auagezeicbneles Nierenmiltel tat. Ich glanbe, dafs
es bei dem Miichschorfe der Kinder ein gutea Heilmillel sein wür-
de, wenn man es jungen Kindern nur in der geh&rigen Menge bei-
bringen könnfe; weil sich das aber nichr tbnn läfst, so habe ich
auch keine tCrfahrnng darüber. Folgender Fall, den ich vor fünf
und dreiJsig Jahren erlebte, wird, meiner Meinung, wol einige
Wahrscheinlichkeit geben. Das Kind eines meiner Freunde bekam
den Milcbscborf. Ich ihat alles dagegen, was ich gelernt, das Ge-
lernte half aber nicht, im Gegemheil, der Schorf griff, anfser dem
Gesichte, aach einzelne Flecke des Rumpfes nnd der Glieder an.
Endlich waren sowol die Aeliern, als ich selbst des vergebenen
Arzeneiens mflde, nnd wir dachten, das Uebel werde, wie hei den
Kindern geringer LeiKe, die nichts Arzeneiisches dagegen gebraa-
dien, von selbst vergehen. Im Gesicble wurde er aueh wirklit^
mit der Zeit minder and verschwand endlich ganz, aber aa den
Gliedern blieb er, bis das Kind fünf Jahre ah war. Nun fingen
wir an, Sorge zu tragen, das Uebel mBcble nie ganz vergehen;
nnd da eine schorfige Jungfrau nicht sonderlich tob den jungea
Männern gesucht wird, so beschlossen wir einen neaen Heilveraucb.
Ich lieJs jetzt das Kind täglich vormillags eineB Schoppen Kalk-
wasser mit Milch vermischt trinken. Dieses Mittel war das wahre;
der Ausschlag wnrde bald heuer, und in Zeit von drei Monaien war
er ganz verschwunden. Jedoch war die Natnr an diese krankhaP
te Hautaussonderung schon sq gewähnt, defs das Mädchen wol
vier Jahre nachher immer im Leas« zn dem Kalkwaaser greifea
mufste, weil sich in dieser Jabnzeii wieder Spnrea des allen Ana-
Bchlages an den Gliedern, besonders an den Knien, selgten.
SublimataaäSanng habe ich noch nie gegen den Milchschorf
äufserlich gebranoht. In inaocben Fällen bin ich mit Borainnfli^
sung znm Zwecke gekommen, in andern hat mich dieses Mittel in
Stich gelassen. Vermuihend, nicht der Borax als Borax, soMdera
der geriage Ueberschub des Natron in denselben mdchle ak nen-
iralisirendes Mittel heilsam seiir, verznchte ich eine schwache Anf-
losung voa koblensanrem Natro. Dieses schafft« den Ausaefalag
weg, allein die Epidermis wurde glatt, glSnzend, spröde, nnd be-
kam Bisse, ao dafi ich mich genSihiget sah, Fett einreiben zu las-
sen, um dieser Spr5digkeil der neuen Oberhaut sa begegnen. Ih
folgenden Fällen verband ich das Natron gleich mit Fett, lieb ei-
nen Skrapel getrocknetes fein gepulvertes kohlensaures Natron mit
einer halben Uaze Schmatz zusamnienreiben und damit ein paar-
mahl taga saaft die Haut schmieren. Dadurch verschwand der
Ausschlag und die neue Oberhaut bekam keine Hisse. Begreiflieb
lauls mau aber, bevor man schaueret, die Krusten abweichen las-
MD, denn wu iobb auf die Knuten sehnieret, wird wol wenig
Wirkang auf die Haut aufaem.
Unter den wohlhabenden Bürgern liehet man wenig Kinder
Mit dem Milchschorre, der gemeine Mann verlangt aber nicht die
H&Ife dei Antes gegen dieecn Anaachlag; man bat bIbo, vvrhfilt-
liefa xn andern Uebeln, wenig Gelegenheit Erfahmngen in dieeer
Sache lu machen. In Fällen, wo ich du beengte Mittel gehrancbt,
habe ich mich von eeiner Wirksamkeit öbenengt , bin aber übti-
gena nicht darauf ausgegangen, mir luilcbscborfige Kiader anm
Experimentiren zn verschaffen.
Gegen den gewöhnlichen ansgebhmen Kopf der Kinder habe
in den inneren Gebrancb des KalkwasBerg mit Milch besonders
heilsam befunden. Zuerst heilet der Ausschlag, und dann ver-
schwinden bei dem fortgesetiten Gebrauche die angelaufenen Diii-
seB am Halse.
Was ich aber vom ^Ülebschorfe gesagt, gilt auch von die-
sem Ausschlage. Man wird nur von reichen Leuten , die gern ar-
zeaeien, deshalb angesprochen, und auch gewöhnlich von diesen
onr* wenn das Uehel schlimm ist, die Kinder ein ungesundes
Ansehen und den Hals voll geschwollener Drüsen haben. Die
Wirkung des Kalkwasaers auf den Ausschlag ist aber suweilen
so überraschend schnell, dafs einst eine Frau, die eben nicht xu
den unverständigen gehört, sich geradeso weigerte, ihr Töchtercfaen
das Kalkwaaser weiter nehmen zu lassen, weil sie es in ihrem
Kopfe nicht reimen konnte, dafs eine so st^nelle Heilung des
Ausschlages ohne Nachiheil der Gesundheit Statt finden könne;
ich halte gegen diesen fraulichen Obsiand nichts einzuwenden,
denn da ich selbst die persönliche Freiheit liebe, gönne ich sie
aach andern.
Das Voranheil der Menschen, dafs der ansgerahrene Kopf
der Kinder und der Milchschorf gesund, nnd es schädlich sei, ihn
SD heilen, rührt ohne Zweifel ans der alten Welt von den Aerz>
t«n her. Da nun beide Uebel nicht gecade tödilicfa sind , sondern
ia den meisten Fttllen na^ und Dach von selbst vergeben, so
haben sich die alten Vomribeile leicht unter dem Volke erhalen
köDBen, and werden sich auch noch sehr lange erhalten. Den
jungen Arzte, der Lust haben möchte sie xa bekfimpfen, lege
ich Folgendes' ans Herz. Bekanntlich ist die Sterblichkeit unter
Am Kindern grofs, und diese Ordnung der Natnr haben wir bis
jetzt noch nicht aufheben können, wiewol ich zulasse, dafs sin
durch die Kuhpockenimpfung etwas veräud«t sein nag. Wenn
nun ein Kind , dem wir den Milchschorf «der den ausgefahrenen
Kopf gekeilt, hiMennach an irgend eineia Uebel stirbt, so kann
die Mader sich allerlei Giitlen in den Kopf setzen; sie kann den-
ken , das Erkranken nnd Sterben des Kindes sei Folge des gebeil-
(en, oder, wie sieh das Volk ansdiäckt, vertriebenen AmacUa-
ges. i\un isl ea aber eiae mifsliche Sadte, wenn »ich Frauen
Bolche Grillee in dea Ko|if utzea; die eine ist siark ^nug, ■ei-
bige luil der Zeit zu gewSltigen , die andre trägt sich lange 4*>
mit , und ite wirken feindlich anf ihren Geist und Körper. Ei
iat also offenbar, dals ea sich bei der Heilung der besptoobenen
Uebel nicht bowoI darum handelt, den Volltsvomrtheilen draiat
entg^enzotreien , als vielmehr der Sehwfiehe weiblicher Gemntber
lu lebonen.
Was mich betrifft, so habe ich in meinem Wirkangskreise
viele Voruriheile gegen die Heilknnst rait Sinnipf und Stiel aus-
gerottet, mich nie um die verkehrten Urlheile nnveniBndiger Men-
schen bekdmmerl; aber vor dem besprochenen Vorurtheile habe
ich immer eine beilige Scheu gehabt, nie den Versuch gemacht,
es zu bek&mpren, jedoch es auch nie bekräftiget. Wenn mich
die Müller anffodern , ihre Kinder zu heilen, so ihue ich es, denn
diese Auffoderung macht es mir wahrscheinlich , dafs sie das Vor-
urlheil des Volkes nicht theilen ; übrigens biete ich , selbst in den
HKusern, wo ich Arzt bin, nie meine Hülfe gegen die bespro-
chenen Uehel an, noch vielweniger suche ich die Leute zum Ar-
zeneien zu fiherreden.
Es ist mir höchst wahrscheinlich, dafs einige Ausschlage bei
Kindern and Erwachsenen saure SchSrfe absondern« und dafs der
Sufsere Gebrauch alkalischer Miilel deshalb heilsam ist. Die Un-
tersuchung durch Lackmuspapier isl aber unsicher, voraosgesetzl,
dafs der Ausschlag nicht so viel Feucbiigkeit absondert, dafs man
das Lackmospapter damit hen&saen kann. Ist man genSibiget es
auf den Ansschlag zu binden, und es eine Zeitlang darauf liegen
zu lassen, so mufs die Röihnng desselben eine schlechte Erkennt-
nifs der chemischen Eigenschaft der Ansschlagsfeuchtigkeit geben,
weil die Hautausdiinstung an sich das Lackmuspapier röthet.
Vor nngefthr zwei Jahren habe ich eine Erfuhrung 3ber den
fiufseren Gebrauch der kohlensauren BitlersaUerde bei einer klei-
nen, hartnäckigen, allen Mitteln widentehendeo Flechte gemacht.
Eine zwischen vierzig und fünfzig Jahr alte Frau bekam diese an
der linken Seite des Gesichtes zwischen Wange und Nase, nnd
obgleich die Frau nicht eitel war, so schien ihr doch die Entstel-
lung ihres Gesichtes etwas unangenehm zu sein. Ich habe fBnf
Jahre lang alle mir bekannte äufsere Mittel , rait Ansschlufs des
Höllensteines and Aetzsteines , vergebens versucht. Der Sublimat
leistete gar nichts, eben so wenig andere QuecksilberprSparate,
oder die Verbindung desselben mit Blei. Von dem schwefelzan-
rem Kupfer sah ich anfangs Besserung, gar bald wies es sich
aber aus, dals die Bessernng nur scheinbar gewesen. Die neue
gUttB Obmiiaat, die sich auf den Gebrauch des Miftels eniea^e,
warde in eini^a Tagen wieder rauh tiod borkig.
So oft ich die Fraa sah, nnd das war oft, weil sie eine gro-
fiw Hanshaitung halte, in der man häufig der HHlfe des Arnes be-
darft«, aagle sie, wenn ich das NSlhige beschickt: denken Sie
Mch eiamahl an mich, machen Sie, dafs ich das gantige Ding
ww dem Geaiebte loswerde. Nach vielen vergebenen Heilversn-
chen gestand ich ihr mehr als einmahl, dafs ich nichts mehr wis-
■e, als entweder die gantige Stelle wegsnfttsen, oder den ganzen
kraokeo Hautfleck anaauscfaneiden ; zum Aetien wolle ich nicht
rathen, weil man für die Folgen nicht stehen könne, aber das Ans-
schneiden scheine mir eine sicher« Hülfe, und die dadurch vemr-
aachte Narbe würde «ie bestimmt weniger milskleiden als die
ekelhafte Flechte. Sie wollte sich aber zn dieser SchnilthMlung
aiebt venlehMi, and der Ringelreim einer solchen Unterhalmog
war immer: denken Sie noch «nmafal über die Sache nach, Sie
finden gewib noch etwas, was mir hilft. Ich habe hinlennach fast
glauben mässen, rials die Frau in prophetischem Geiste gesprochen.
Eines Tages, als ich das alte Lied wieder hSrte, kam ich auf fol-
genden Gedanken: Ich liefs die Kruste abweichen, und nicht blofs
die kranke Hantstelle, sondern auch den ganzen Umkreis dersel-
ben mit kohlensaurer Magnesia bestreuen, und diese mit dem Fin-
ger sanft einreiben. Dieses Mittel war nun das wahre Heilmittel.
Die Kroate worde iSglich abgeweicht und Magnesia eingerieben.
Bei dieser Behandlung wurde die Kruste immer dünner und die
Wiedererzengung derselben hörte endlich gsna auf. Die neue Ober-
bant war aber etwas hart and trocken. Gegen diese verdächtige
Eigenschaft wendete ich kein anderes Mittel an, sondern hielt mich
•iniig an die Bitlersalzerde ; so ist das halsstarrige Ding ganz ver-
schwunden und der kranke Hanifleek wieder eben so weich und
gesand als das übrige Gesiebt. Di« Zeit, innerhalb welcher die
Heilang geschah, war zwei Monate; das ist für ein Hebel, welches
fßnf Jahre gewahrt, nicht au lang. Seit der Zeit ist mir nun noch
ein erwachsenes Mftdchen geringer Leute in den Wurf gekommen,
welches an mehren Orten des Gesichles nSssende Flechten hnite,
die gerade anssaben wie Milchachorf, jedoch nicht aus der Kind-
heit herstammten , sondern sich erst in der Zeit der Mannbarkeit
.erzeuget hallen. Bei diesen ibal die Magnesia ftbniiche Heildien-
ste. Hier waren die Flechten nicht blofs Örtlich, sondern die gan-
ze Gesicnishant war krank, darum brachen sie auch, ein paar Mahl
gebeilt, an einem andern Orte des Gesichtes wieder aus. Ich
konnte das Mädchen anfangs übel dazu briuf^en , das ganze Ge-
sicht einzareiben, mir schien, als siräube sich ihre jungfräuliche
Eitelkeit gegen diese Lei eben seh niinkung. Wer aber ein solch
ekelhaftes Uebel hat, der mnfs, kommt es anfs Heilen an, nicht
«it«) mia. Sie bnt ei aneh gsr bald begriff«», iah die ÜMit ifa*
res ganzen .Gesichies erkrankt, der BlUerssIxerde liednrfe, und aan
gelangte sie cur Heilang. *)
Diesei sind die iwei fliaiigeo Falle, in denen ich bii im Jabt
1832 die Magnesia gebraaoht. MSglicfa ist es, data das vo» mit
bis jetst wenig Krproble dem einen oder dem andern Arale von
unerwartetem jVnlzen ist, und manchem Fraaengesiehie aiu Ver-
schönerung gereicht.
Deneu, die da Lust habeu möchten, weitere Vemcfae ni nw-
cfaen, mufs ich noch sagen, dafs ich bei der Frau, hei der ich die
Magnesia heilend gebrauchte, schon früher eine Auflösung dn
Natrons vergebens versudit. Daraus könnte man sehliefaen, dal«
die Heilung nicht blofs der Neufralisirung saurer Schürfe xuMir
schreibtin sei; ich glaube aber, dafs diese Folgerung etwas vor-
eilig sein möchte. Uas kohleaganre Natron wirkt auf die goeuo-
de Haut xwar nicht feindlich, es kann aber auf ein« kranke gar
wol feindlich wirken. Waschen wir nun die kranke Haut mit ei-
ner AuflSsung des Natrons, so wird der Theil des Natrons, der
die ausgesondert« SSare neotralisirt , nicht feindlich auf die kran-
ke Haut wirken, aber wol der Theil, der nichts mehr so nenlra-
liairen findet. Dn nun die Menge der SSure, die xur Zeit der Na-
ironanwendnng ausgesondert ist , nnmöglich kann bestimmt wer-
den, eben so wenig der Zeitraum innerhalb dessen nllmäblig eine
neue Menge abgesondert wird, so Ist es auch unmöglich, die Na-
ironauflöBung so cusurichten , sie so oft oder so selten ansnwen-
den, dafs gerade nur die ausgesonderte Söure neutrslisirt werde,
das Natron aber nicht als Natron dynamisch feindlich auf die kran-
ke Hsut wirke, und so das wieder verderbe, was es als nentrali-
sirendes Mittel gut gemacht.
Die Bittersalserde hingegen neniralisirt eben so gutdieSXore
auf die Haut, als Natron oder Kali; das auf die Haut gebrachte
Zuviel ilerselben wirkt aber nicht dynamisch feindlich auf dieselbe,
sondern es liegt als ein gleichgültiger Körper da, bereit, unablässig
jede Spur nenerEeugler Sfture zu tilgen. Man hei also, wenn man
hei AusBchUgskrankheitan chemisch wirken will, in der Magnesia
ein zuverlässiges Mittel, mit dem mau rein chemische Versuche
macheo kann. Vom Nalro oder Kali kann man dieses nicht be-
haupten ; denn wo sie heilen, möchte es zuweilen zweifelhaft sein,
ob sie chemisch oder dynamisch gewirkt.
*) Btwi* dihii Bctiehlichei Sndet min b«i Ptirut FomiKi. SeAot. eSt. S.
Hb, 5. Ott. rkirmrg. Hier nfi er: Pro Strpigine putrerum, mmiime faciem
attupgmlB, Am areanumt prepenam. Crelo pulverixelur , et miteeatar cum
tueca temptrritti ad erattUiem Hm'mtMti, gu» loem» immgohir: itatim *i-
tinmt *erp{ttiam tt pkiyel*e*at, B» rtm»ii» diu mntt mtt rMfmrgui qui-
dam Dtlpimtit trmmadt in putrit ufetalmr.
"■■■ - ---— ^o"
— 627 —
Von der Krittte i§l bei meiner Lebzeit so viel geachrieben,
ei nnil so manche Mittel ingegen Rngernhint, dafa ich es für gsni
überflassig halte, dem Leser meine Erfahrungen milzuibeilen.
Zweierlei werde ich nur kfirzlich anmerken.
Dafs die Subihnahiaflöating den Ausbrach der KrXtze anfäng-
lich befördere, and dann die au fgebro ebenen Pusteln heile, aach
die verboi^oe Krtttie sichrbar mache , worauf nns nnser Veteran
von Wedekind aufmerksam gemacht, ist wichtig, nicht sowol für
die bürgerliche Praxis (wiewol es uns anch da tuweilen trefilicb
sn Stande kommt), aU vielmehr für die Praxis unter eingelager-
ten Soldaten. Gewöhnlich werden nur die wirklich Krttizigen ins
Siechenhaaa geschickt, die der Ansteckung Verdächtigen bleiben
aber bei den Bürgern, bis die KrtltKpQSieln bei ihnen ausbrechen.
In der Zeit haben sie wieder andere KriegesgefShrten oder Bür-
ger angesteckt, nnd man braucht sich also nicht zu wundern, dafa
die Kr9(Be in einer solchen Gegend nnglnublich am sich greif).
Wenn e. Wedekin,d9 Erfahrung sich bewShrle, würde man ja der
Verbreitung der Krfitze bei eingelagerten Soldaten dadurch am be-
sten vorkommen , dafs man nicht blofs die wirklich KrStzigen ins
Siechenhaus schickte, sondern die Verdächtigen, die, welche, wenn
gleii^ nnr kurze Zeit, bei KrAlzigen geschlafen, oder sonst in na-
her Berührung mit ihnen gewesen gleich absenderte und durch
Snblimat wasch nng auf die Probe stellte. Begreiflich müfulen aber
die angeatecklen Bürger auch ihr Bestes (hun, selbst von dem He-
bel zit kommen, und die durch Krülzgift verunreinigten Betten den
gesunden Soldaten nicht wieder unterlegen. Federbetten sind in
Hltusern, wo schon Krfitzige gelegen, höchst rerdHchiig, und müfs-
ten gar nicht gestaltet werden ; die gründlit^e Reinigung dersel-
ben ist mit vielen Umst&nden verbanden, nnd der Bürger gehet
nicht leicht dazu über; reine Beillücher geben allein schlechte Ge-
wShr. Ein reiner Strohaack und frisch gewaschene Decken sind
in solcher Zeit das sicherste Lager für den Soldaten.
Was nun die SiiblimatanflSsung als Kr^fzwascfaung betrifft,
so lasse ich gewühnlich eine halbe Drachme Sablimat und eben
so viel Salmiak in einem Pfnnde Wasser auflSsen; es Isfst sich
aber hinsichtlich des Gebrauchea dieser AuflSsnng nicht wol eine
allgeraeioe Vorschrift geben, denn der eine hat eine sehr reizbare
Haut, der andere eine minder reizbare, der eine benBsset die Haut
aanft mit der Auflösung, der andere scheuert sie tüchtig damit.
So kommt es denn, dafs bei dem einen Kranken das (Sglich ein-
mahlige Waschen die Krätze gnr bald vertreibt, bei dem andern
sie von Tage zu Tage schlimmer macht. Letztes bat mich ein-
mahl in meiner Jugend so verblüfft, dafa ich die SublimataafiÖ-
sang, welche mir ein Münsterscher Untversitfttsfrennd , als €. L.
Hoffmaniu gewöhnliches Krfilzmittel empfohlen, für lange Zeit
fahren liels. Da ich nbei mit der Zeit di« Wirkung de* Subli-
mais besser kennen lernte, war mir jene abschreckende Verichlim-
meriing erklärlich. Die gar su ofte Anwendung des SnbÜman bei
aufseren Entsrindiingen, weit enlfernr Nutzen zn schaffen, vermehrt
vielmehr sichtlich das Uebel, welches er heilen aM. Z. B. die
chronische Entzündung der Mundhöhle ist zuweilen nuc durch Subli-
mat zu heilen. Lfifst man mit einer schwachen Aufl9«ung von ei-
nem halben Gran auf die Unze Wasser alle Abend vor Schiaren-
gehen einmahl den Mund spülen, so siebet man die Entzündung
schnell rergehen, aiiweilen im nur eine, zuweilen sind zwei oder
drei Spülungen nöthig. Lftfst man nun aber mit der nftmlichen
Auflösung drei- oder viermahl tags spülen, so macht man den Mund
weit eher schlimmer als besser. Also kann man auch die Krätze
in manchen Fällen weit besser heben, wenn man nur um den an-
dern Tag mit der Sublimaluuflösung waschen Iftfst, als wenn man
es alle Tage thuL Vorzüglich rathe ich diese anderiigige Wa-
schung bei solchen Menschen , welche schon vergebens manche
nichtinülsige Mittel gebraucht haben, und der Krütie ganz über-
drüssig sindj denn diese scheuem sich in ihrem Ueberdrnsse die
Haut so derb, dafs, wenn man sie mehr als um den andern Tag
waschen Ufsl, die Heilang dadurch verzögert wird.
Ich stelle jetzt die Frage auf: Ist die Beobachtung Wede-
Und», dafs die SaUiinalwascbung anftnglich die KrAlzpusieln zu
Tage fördert und sie darauf heilt, neu oder all *. Mir als Prakti-
ker ist es freilich ganz gleichgültig, ob eine gute mir branehbare
Beobachtung neu oder alt ist, darum habe ich auch keine Schrift-
sietler deshalb nachgesehen. Da ich aber jene Beohachtuog las,
tauchte eine dunkle Erinnerung in meinem Kopfe auf, dafs ich die
nämliche schon früher irgendwo miiaie gelesen haben; eine ziem-
liche Zeit nachher fand ich den Scbriflsieller zuffillig wieder, in
welchem sie eoihalien ist. Das Biieh hat den Tiiel: D. Aiexii
Pedemontani de tecreti» libri aeptem. Die vierte Aof-
lage der lateinischen Uebersetznng, welche ich habe, ist zu Basel
im Jahre 1603 gedruckt, also mnfs die italiänische Urschrift wahr-
scheinlich ans dem letzten Viertel des sechzelmten Jahrhunderta
sein. Die auf die Heilung der Kräiz« durch Sublimat sich be-
ziehende Stelle laniet also:
Parlet teait'e affectat alttrni* dithut lemei imeniur et per »e
»iccari permittantur. Cum vero iertio parte» htae /uerint , vide-
bii, primam ei »ecuadam lotionem omnem »cabiem/orat extraxUte^
tertiam vero parte» exticcaate »tuuuteque. Qfiare ad icabiem re-
medium meliv» /aciliutque tio» erit, praeterti» cum »eque «MgvMi-
tü /betidü, Heque ba/neü, iteque purgatiomiiut, ut commtiniter «M-
net far-ere Mofeiit, optit tit. Haec etiam aqua cuti candorem eon~
ciiiat, atque cum omnet äumarei vitiMot, talto* et putrido* apre-
— 629 -
futtda cerp9re extrakat, veritimile quoqne e»t, eam ad morbum
gallicum , podagram aliaque hujm*modi permulta vim habere etc.
Es könole aber ein SpQKer es hSchst Ittcherlich finden, Ja es
den AenEten iiir grofsen Schande anrechneo, dafs, da von dem an-
geftihriea Buche, allein in lateinischer Ueberselzung ^ znm wenig-
sten vier Anflagen, also wahrscheinlich noch ein paar Iialiänische
rerhreiiet sind, die Aersle nicht lüngsl auf den, jedem gesunden
Verstände ganz nahe liegenden Gedanken gefallen seien, die Subli'
matwaschung als Erkennungsmiitel des verborgenen KrSlzgifies zu
gebrauchen, nnd dafs noch im neunsehnten Jahrhundert ein acht-
barer Schriftsteller genöthiget gewesen, uns die krfitZBusireibende
Kraft des Sublinints zu lehren, und uns Rufnierksani zu innchen,
dafs derselbe gerade durch diese Kraft das beste Erkennungsmit-
tel des in der Haut verborgenen , noch nicht durch Pusteln sieh
offenbarenden Krittzgiftes sei. Was lafst sich nun zu diesem Pas-
quill sagen? Nichts, gar ntohls, denn es enthalt nicht Spott aus-
scblielslich aaf unsern äntllchen Versland, sondern es emhfilt Spoit
ftnf den menschlichen Verstand fiberhanpt.
Es ist heut zu Tage jedem bekannt, weil es im Conversationa-
Lexicon stehet, dafs man die Kitesle bestimmte Nachricht über die
Zusaiiiinensetznng des Schiefspnlvers beim Alberiut Magnut fin-
det; aber es ist wenigeren bekannt (weil es nicht im Conversations-
Lexicon stehet), dafs Af&erttu Magk9» und die, welche sein Biicb
gelesen, schon damahls. Im dreizehnten Jahrhundert, Kackelen aus
dem Schiefspulver zu machen verstanden.") Wie nahe lag nun
den Leuten daniahliger Zeit der Gedanke des Fenergewehra , nnd
wie lange hat es dennoch gewSbret, ehe sie daranf gefallen sind !
0er menschliche Verstand ist iiberhimpt etwas übersichtig, wir se-
hen das am wenigsten, was vor unsern Ffifsen Hegt, und so wird
es auch wol bleiben, bis ans Ende der Welt.
Das Zweiie, was ich von der Kratze zu sagen habe, betrifft
Folgende Kleinigkeit. Ich hatte einst beim Thomat Willit gele-
sen: man künne die Kratze am besten dadurch heilen, dafs man
die Kratzigen ein Hemde tragen liefse, welches in Wasser mit
Schwefel gekocht und dann getrocknet wäre. Ich fand hernach,
■J Der nsricirrigen Leser weBCn, die niohl wiweD, difi Albertut Maenut tUcke-
lea II inacheD venlaad, will ich die Stelle SHSokretbea.
Ignit Volant.
Arript librui» »»mm tulphnrli , librai Juat earbennm tiflirii , Ttbra* le.r
talit peirgti; qua* tria tuitllinime leranlur in lapUn Marmore«. PoUea
alifKtd petleriuM, adlibHum, ik luHita dt papyro, «Blamle vtt tttnitTiiitm fa-
tienlt paüalar.
Tamfea ad votnmiam dtbet tue laHga, grarMit, pultert itto tptimt pUna ;
ad fatitmdum tirs lumilruum, ireci'i, grona el lemiplema.
Dt mirabHiiu* rnimdi »aS der lelcten Seit«.
— 630 —
d&fs b«i jungcD Kindern, derva reübare Haut darch allerlei Sd-
bau nicht batla gesunden kSonNi, der trockne Schwefel am bauen
Hülfe Uisieie. ich lasse aber nicht, wie WUlUf das Hemde mit
Schwefel kochen, sondern blofs die inaere Seite desselben und der
Strümpfe mit trockenem Schwefel tüchtig einreiben, «(ich wol,
wenn die Hände «ehr angegrifieo sind, geschwefelte leinene Faust«
handschub anziehen. Ueberbaupt ist der Schwefel in trockener
Gestalt ein sehr woblthäliges Mittel.
Was er in allen Entzündungen und Ausscbligen der Haot lei-
sten mag, kann ich freilich nicht wissen, denn wenn ich dl« Lao-
te, des blofsen Versuches wegen, um jed<> Kleinigkeit mit Schwe-
fel Tcrsiinken wollte, würden sie wol denken, ich habe den Ver-
stand verloren; ich wende ihn aber mit grofsem Nutzen in man-
chen chronischen Hantentzün düngen und Ausschlägen an, die an-
dern Mitteln widerstehen, und deren Hartnäckigkeit seinen etwa«
unangenehmen Gebrauch recbtferiigeL Ursprünglich habe ich die
Anwendung dieses einfachen Mittels in meiner Jugend einem alten
Medico-chimrgo abgesehen, der mit selbigem znweilen chronische
Enizfindungen heilte, die seine jüngeren, sich für weit gelebner
ballenden Kidlegen nicht hatten heilen können. Folgende zwei
Fälle seheinen mir, ihrer Seltsamkeit wegen, der Erzählung
werih.
Ein junges Frfiulein, dem ich schon ein paar Jahr früher näs-
sende Flechten durch den äufseren Gebrauch des essigsaures Zinks
geheilet hatte, bekam abermahls ein Hautübel, welches iuh besser
bescbieiben, als schulrecht henamen kann. . Es bestand in Flecken
verschiedener Grdfse, die mehr auf den Gliedern als auf dem
Kami»fe safsen, der gröfste mochte einen ungefähren Umfang von
drei Zoll Breite und vierlebalb bis vier Zoll Länge haben. Ich
kann das Ansehen derselben dem Leser ganz deutlich betcbreiben,
wenn ich sage , dafs sie auf den enUen Blick von wunden Haot-
stellen, die ihrer Epidermis durch Blasenpäasier beraubet sind,
nicht zu unieracheiden waren. Bei näherer ßeschauung wurde man
blofs den kleinen Unterschied gewahr, dafs die wunde Fläche un-
ebener und dnnkeler rolh war, als die Flüche der BlasenpSHter-
wundungen. Aus den kraiiken Stellen wurde eine, wahrscheinlich
scharfe Feuchtigkeit ausgesondert, denn das Fräulein hatte starkes
Jucken, konnte sich aber nicht kratzen, weil es ihr schmerzhaft
war, mit den Nägeln die geschundenen Stellen zu berühren. Ge-
gen diese Hautkrankheit, der man wol nur ganz mifsbräucblich
den Namen Flechte beilegen könnte, habe ich mehre Mittel ver-
gebens gebraucht, nicht ahnend, dafs sie so hartnäckig sein wür-
de. Endlieh half der Schwefel. Ich liefs die wunden Stellen iGg-
lieh etlichemahl mit präzipilirlem Schwefel pudern, da heilten sie
in gar kurzer Zeit. Erst hürte das Jucken und das Ausschwitzen
- «31 -
dar icfaMfan Feuehligkeit auf, dann eneagts sieh eioe nene g«-
BMide Oberhaut. Oaft ich aber noch eine Zeillang fortpndern lieb,
und dafs das Fräulein durch dea ualiisligen Scbwefalgeruch von
d«n Padern nicht abgeschreckt wurde, werden die Leser aoch
ohne weitem Venichening glauben.
Der zweite bewerkenswerthe Fall ist folgender. Das Fräulein
V. W. hatte in gnler Geiellichuft zum Vergnügen eine Hbeinreis«
genacfat, und wahrscheinlich in einem unreinen Bette geichlafen.
Ba sia nach Hause kam, Bniserle >icfa bei ihr eine Hautkrank-
heit, welche Ich nicht gut unter eine krankheitslehrige Kategorie
bringen, sie also blofs dem Leser beschreiben kann. Es waren
bandgrofse, sehwachrölhliefae Flecken ohne unischriebene Grensen,
die Röihe derselben war so schwach, dafs man genau ansehen
muffte, um aie zu erkennen; die Grenze, wo sie mit der gesun-
deo Haut zusammenfioisen , war gani unerkennbar, Hier und da
auf den Flecken sah die Oberhaut etwas geschrumpelt aus, gerade
als ob sie an einem harten Körper gerieben wSre. Die kleinen
Schrumpeln waren aber nicht roth, sondern weifslich. Auch die-
ses war jedoch so gering, dafs ich es nicht wBrde bemerkt ha-
ben, wenn das Frfiulein selbst mich nicht darauf aufmerksam ge-
macht hätte. Das war nun alles, was ich mit meinen Augen vod
dieser Hautkrankheit erkennen konnte, und die Leser werden
mir zugeben, dafl en etwas sehr Geringem und (Jnbedeirlendes ist.
Das Gefühl des Fräuleins sprach aber ganE anders von diesem an-
scfaeinend unbedeutenden Hantübel. Sie fühlte nSinlich ein solch
lästiges Schreinen , dafs sie , die wahrlich nicht zn den quasigen
Mädchen gehörte, sehr daran litt, und mich dringend bat, sie davon
bald zu befreien. Ansteckend mufste dieses Haninbel auch wol
■ein, denn das Kammermädchen, welches die Rbeinreise nicht mit-
gamacht, fing einige Zeit nach der Znrückknnft des Fräuleins an,
über ähnliche Beschwerden zn klagen.
Nicht wiHend, was ich aus dieser Haaikrankheit eigentlich
machen sollte, hielt ich es Kr das Beste, mit dem mildesten Haui-
miltel versuchsweise zu beginnen, und liefs das Fräulein sich mit
einer Bornxnuflösung waschen. Da nun eine gesütiigte Boraxanf-
Idsung nicht einmahl im Ange heilst, wer faStie denken sollen,
dals sie feindlich auf diese kranke Haut wirken würdet Was ich
aber nicht vermuthen konnte, geschah wirklich; der Borax ver-
mebne nicht blofs das Gefühl deb Sdireinens, sondern steigerte
es'zUm Gefühle des unerträglichen Brennens, so, dafs dag Fräu-
lein seblnflose X&t^ie dadurch hatte.
Bei dieser ganz ungewöhnlichen Beizbarkeit der Haut hielt
ich es für uaweise , schärfere Mittel zn versuchen , liefs also et-
was ipräsipitirteo Schwefel in ein Läppchen Nesseltuch binden,
nnd damit die Haut mehrmahls tags pudern. Dieses Mittel schaffte
- WJ -
bald LiadMnng, und iMcrbftlb nbn Tage wmr dms Ucbal gcbo-
beo. Das Karamerm&dchen genai aaf di« Dämliche Weise.
Ich koinnifl jetit anf die troekenen aromBtiachea Kräuter, ein
in der Cbinugie bekaanl« Alitlel gegen chroniaclie IlaalentBÜD-
ditng, welches aber vod manchen jungen AmtsganoaMD so sehr
Teraachlässiget wird , dafs die Erfahrenen mir eine Erinnerung
daran nioht übel dealen werden. Dieses würzige Luftbad leiatM
bei manchen chronischen Hantentsündungen mehr als alle anda*
Mittel , nnd ist wol durch nichts< zu eraelxen. . Ich bediene mich ans
alter Gewohnheit der ^ecierum retohentium, ond lasse die Krla-
ter entweder in Leinwand gefaiillet, oder naverhüllet auf dieHant
legen. Die Art der Enitiiodang, auch der Ort derselben , bestimmt
die Art der Anwendung. Sind wunde Stellen, aufgefahrene Blat-
tern auf der entzündeten Hatil, so verursacht der Druck der nack-
ten Kräuter Schmerz, den mufs man vermeiden und die Krfiuter
in Leinwand hüllen.
Ob in der Zusammensetzung der Specierum reiohentium eine
besondere Heimlichkeit stecke, kann ich nicht sagen, bezweifle
es aber, weil in den A^oifaekerbiicbern bedeutende Abweichungea
der Zusammensetzung vorkommen. Bekanntlich sind diese nfiM-
licben Spectei, mit erwfirmfem Wein geweicht (nicht gekocht),
sehr heilsam bei Quetschungen. Was nun diese Wirkung betrifft,
so weifs ich wol , dala ein altes Hansmittel , welches ich schon
als Knabe gekannt, der Mfgoran mit warmem Wein, bei Qaet-
scbungen alles leistet, was man vqn den Spee. reaot. erwarten
kann. Möglicli ist es also, dafs auch die Spee. ret»!., als wür-
ziges Luftbad gebraneht, durch jenes Kraul oder durch ein ande-
res einfaches kdnnten ersetzt werden. *)
Ferner erinnere ich meine jüngeren Leser an das altmodiaebe
Pufvii contra Bry*ipelot. Auch dieses ist bei duvoiscben Ham-
entzimdungen nicht so verachten. Ich habe eioiela« Fälle beob-
achtet , dafa Menschen , welche gegen chronische Hautentsündnng
der Fiifse gar manche Mittel vergebens gebraneht, bktfi durdi das
Pudern mit Rosenpulver geheilt wurden.
Es Hiebet etwas wunderlich aus, wenn ein Medien» ^ oder Jlf«-
dieo-chirurgui, jemanden einen Tbeil der Apotheke veigebens in
den Leib geschickt, und ihm einen anderen Theil eben so ver-
gebens von aufsen darauf gelegt hat, dann ein Laie in der Kunst,
ein Einfältiger su dem Kiankenspricht : wirf deine Arzenei, deine
*) JaUl , in Jabra 1830 , htb« ich darch uekre Vantche die UcbiruasDDg
SewoaneD , difj d«r bloft« Hsjorin alloi teiltet , wa* man voa den Spec.
molv. erwarlan kaon , ja wol noch nähr. Aaf neinea Ratb hat ihn ein
Wondairt in eiaem aebr «raalhalteo Falle aur die Probe geitellt , and dai
Kraat bat ao Rate Dieosle geleitlet, dafo icb faat' iweillo, ob der Hana je
wieder Spit. rtitie. veracbreibca wird.
"■■■ - ^-—-^^■'
— 658 —
WXso«', KrIInter diu) Salben mm Henker, lafa dir in der Apo-
theke ffir ein paar Ciroschen Roaenpulver holen, und pndere dich
«fontit, — und wenn dann der Zweigroschen - Bath des EinßÜligen
besser hilft als ttie doktoralischen oder medizinalräthlichen lateini-
schen Resepte. Den Leuten fHlll gar leicht bei solcher Gelegen-
heit der ketzerische Gedanke ein : dafs wir uns auf der Hoch-
schule den Kopf toll stadiren , und von ihr zu übersichtigen Aar-
ren gebildet werden. Darnm, wenhe Leser, lafst uns auch sol-
che altmodische und einfältige Mittel nicht verachten, die den
langen Gebrauch für sieh haben , damit wir nicht einmahl von un-
stadirten Leuten am Krankenbett« überflügeil werden.
Das ohne Branntwein desiillirte Biltermandelwasaer ist auch
ein gar trefHiches Mittel bei Hautentzündungen, man kann damit
sehr peinliche beschwichtigen. Dafs es aber von den Aerzten
Preufsiacher Lande wenig zu diesem Zwecke gebraucht werde, ist
mir deshalb WHhrscheinlicb, weil es nicht in dem Ditpetuatorio
aufgenommen ist. Das darin enthaltene hat einen starken Zusatz
von Weingeist, und pafst deshalb bo wenig bei Augenentzündun-
gen als bei Entzündungen der Haut. Jeder kann sich freilich in
seinem Wohnorte ein ungeistiges von. dem Apotheker bereiten las-
sen; soll er aber an einem entfernteren Orte verordnen, so sitzt
er in der Klemme.
In der Znsammensetznng des Quecksilbers und des Bleies
steckt eine besondere heimliche Heilkraft, tbeils bei chronischer
Entaüadnng der Haut , tfaeils bei hartnäckigen flechienartigen Ans-
sehlSgen. Der gewesene Apotheker Herr B', der die wunder-
volle Heilung, die ein Französischer Wandarzt bei einem hart-
nlickigen Fleehtenanssohlage dadarcfa bewerkstelligte , beobachtet
halte , machte mich vor mehr denn zwanzig Jahren auf diese Mi-
schung aufmerksam. Die Verordnung des Franzosen lautete also:
R; Mercurii praecipitati albi Ji Plu^Ü cerhmtici , axungiae porei
aa f ß m. Ich habe wirklich garstige drllicbe Flechten mit dieser
Mischung geheilt, ohne jedoch streng das angegebene VerbHltnils
zwischen Blei und Quecksilber zn beobachten, indem ich in ein-
zelnen Füllen dieses Verhältnifa so abänderte, wie es mir der
vermuthlicbe Grad krankhafter Reiibarkeit der Haut i;n erfodern
schien. Wenn ich aber Flechten damit geheilet habe, die dem
üufseren Gebrauche des Sublimats widerstanden halten, so habe
ich auch wiederum durch Sublimat solche geheilet, bei denen ich
jene Mischung vei^bens gebraucht hatte. Auch bei harloäckigen
Hantgescbwüren habe icb es anweilen heilend angewendet, denn
übe ich gleich die Wundanienaikunst nicht, so kann ich doch in
einzelnen Fällen es den Leuten nicht abschlagen, ihnen einen
Rath zn geben, wenn sie den Beialaad des nficbiten Wundarztes
- «34 -
vergebens in Aoiprucli g^eoomraen, uod ihre Veno SgeniutiiHtS ade
ihnen nicht erlauben, einen eotfernlen in benifen.
Von nndern ftafierlichen Mitteln, die bei der erkrankten Ober-
hnnt mit gutem Nnizen gebraucht werden, hIb vom euigaauren
Blei, KchwAfeiaanrem Zinke und von dem Wundwasser will ich
nichii sagen, weil Aerxt« und WundSnie sie iSglich eowenden;
nur TOD zwei weniger gebraacbien Mitteln gei et mir erlaubt, noch
ein Wort eu sagen.
Uen essigsauren Zink habe ich, ehe ich ihn als Gehimniii-
te) kannte, schon als treffliches Heilmittel bei Hauieoliifindungm
gekannt. Ich sah elmt, da&i ein FraozÖsiseher Miliiärwandarst
gegen Entzündung eine Mischung von Bleiwasser und schwerdsau-
rer Zinkauflöaung verschrieb, welche ausnehmend gute Dienste
leistete. Ich erinnerte mich bei der Gelegenheit, dafs einer mei-
ner Universität lachen Meister die nimtiche Mischung als Angen-
wasser besonders gerühmt habe. Da nun in dieser Znsamraenaes-
zong eine doppelle Wahlverwandscbaft Statt finden mufs, durch
weichte sich essigsaurer Zink und schwefelsaures Blei bildet, ich
aber dem unauflöslichen schwefelsauren Bleie unmSglicb die HeiU
kraft zuschreiben konnte, so liefs ich mir einen reinen essigsau-
ren Zink bereiten , und fand , dafa er eben so treffliche Dienste
leiste als jene Mischung. Merkwürdig ist es, dafs dieses Zink-
salz die venerischen Sdianker, es mögen Sniiche, oder sympio-
malische sein, weit besser wegschafil als irgend ein Quecksilber-
mittel. Man mufi ibn aber su dem Zwecke in stitrkerer Auflösung
geben als gegen gewShnliche Entsendungen. Ein Skrupel auf jede
(Jnze Wasser ist bei Schankern meine gewöhnliche Gabe. Ein
Wundarzt, dem ich diese Erfahmng mitgetheilt, hat behauptet,
dafs er mit einer gesAlligteren Anflö^nng noch schneller geheilet
habe.
Ich bin aber, nachdem ich mich von der Wiikaamkeit dieses
Mittels hintflnglich Qbersengt hatte, einst seltsam überrascht wor-
den, da ich anf FSlIe siiefs, in denen es glnalich unwirksam
war. Diese Fslle haben mich fast zum AnhAnger der HaÜMemmm-
Hüchen Meinung gemacht; dafs es in der Natur ein xweifachea
teneriflches Gift gebe. Folgende Beobachtung theite ich dem Le-
ser mit, ansdrfickiicb jedoch erklärend, dafs ich zu weuig Ei^
fahmng in dieser Krankheit habe, am aus den Beobachinngen
Folgerungen fiir oder wider die Wahrscheinlichkeit der Hakne-
matiniic/im Meinung ziehen zu können.
In hiesiger Stadt und in der Limgegend von zwei, drei Weg-
stunden, ja wol noch weiter von hier, ist die venerische Krank-
heit nicht zu Hause, Was man davon einzeln siebet, ist gewöhn-
lich von Clet)€ oder von Nymttegen eingeschleppt. .Nun bat •■ sieh
aber einst begeben, dafs ein fremdes Weib in eine, ein paar
Sebnh V/tgtn vod dkr Stadt g«I«g»ne groüm BiMuitiveiDUvnDerei
unter irgeod eiaeiii DichligcD Vorwasde gekoin>n«ii iit , ihren Leib
feil zu bieten. Die Arbeiter, welche gewStmlioh aachailtagt
Tom Branntweine etwafl ■chweinielig sind, und dann nicht recht
tum Ueberlegen geschickt sein mSgen, hatten sich wabracbeiniicb
mit dimem Weibe abgegeben, waren zum wenigiten angesteckt,
and Bleckten bernach , da sie verheirathet waren , ihre Frauen
an. leb habe mehre von. diesen Leuten behandelt ^ allein vom
essigaaoren Zink bei den Sehankern keinen JVntsen geeefaea. Der
imere Gebrauch des Quecksilbers leistete aber auch nichts. Ein
Theil derwlben, den ich bebasdelt, hatte sieb schon früher des
WandKraten anreriraurt und ron diesen vergebens Ihcils Sublimat,
iheils versüfstes Quecksilber hekonmen. Einem andern Tbeile,
der sich gleich au mich wendete, gab icb eb«D so vergebens das
Habnemnansche schwarze Oxyd , oder den rotben Präzipitat. End-
lich fand ich Heil in einer Miscbnng aus oxydirtem Kupfer und
dem Hahnasaannischen Quecksilber. — ■ ' Da nun alle diese Leute
und die van ihnen hinlennach angesteckt wurden aus einem und
dem nftmlicben Glückstopfe ibr Loos gezogen, so hat mich der
grofse Unterschied, der zwischen dieser Krankheit und der, wel-
che ich sonst gesehen, auf den Gedanken gebracht, ob Herr Hn^
nemann auch woi hinaichtlieb dar Doppelbeit des vanerisdien Gif-
tes Recht haben könnet Wie wenig übrigens die venetische Krank-
heit in biniger G^end unter dem geringen Volke bekannt sei»
eihellel aus fegender Kleinigkeit , die gewifs manchen Aerztea
l&eherlich vorkommen nata. Weil die Krankheit ursprünglich
auB der BrasBiweiBbrennerei, die auf einem GehSft, Thomashof
genannt, arbeitet, hervorgegangen war, so kannte sie das Volk
nur unter dem N'uiaen der Tbomasefqual. Nan, stewarfrei-
lich eine gr«lse Qaal für arme Leute, die mit ihrer Hinde Ar-
beit das Brot verdienen mnfaten.
Von dieser Abschweifung kehre ich wieder zu den Hautmit-
leln zurück. — Von einer AnfiSenng des Kochsalzes habe ich zu-
weilen bei Flechten aiisgezeiebnciea Nntxen gesehen. Es ist ein
Mittel , dessen Heilwirkung unter de« Volke zwar nicht allgetnein
bekannt ist, das sich aber, als Hausmittel ge^sn gewisse Aufser-
liche Uebel, unter demselben wahrscheinlich seit undenklicher
Zeit erbalten hat. lob habe etnmabl gesehen, dafs ein Herr von
einer in der flachen Hand sitzenden trocknen., sehr lästigen Flecbte,
gegen wekhe Quecksilbereinrei bongen fruchtlos gewesen , und ge-
gen welefa« ein sehr erfahrener Wuodarst eben so erfolglos den
Chlorkalk geraihen, bloü durch den 8 nfaeren Gebranch einer ge-
sättigten Koehsalzanidsung befreiet wurde. In uenerZeit hat man
den äafseren Gebrauch des Kochsalzes, dieils in See-, tbeils in
Sohlbädern hervorgehoben. E» wHie ni wünscfaeo , dafg die deut-
. — 63« -
sehen Asrata dna eiomalil inil Aiifnierksaiukeit IXten, waa der
deiitBche Amt von Hohenheim über den äiirMrlichen (iebraiicli des
Kochaalzes aagt. Vielleicht würden nisnche etuns f^ünsiigere Ge-
danken von dem Erfohrongiwinen desselhen hekoiiiTiien als sie
jent haben mögen.
Das ist nnn all«B, was ich in der Kurze über ifie Mittel sa-
gen kann, die anf die sichtbar erkrankte Kpidermis heilend ein-
wirken. Was die Aaswahl des einen oder des andern in dem Ein-
zelfalle belriQt, so habe ich, seit ich Arzt gewesen, ja selbst zu
der Zeit, da ieh die Heilkunst erlernte, beubacbtei, dafs Mün-
neri denen ich geannden Verstand, Bekanntschaft mit dein Er-
fahrnngsgeBammtwiasen unserer Kunst, und durnh Alter nnd Ue-
bung erworbene Fertigkeil, ihr Wissen auf den Einzelfall anzu-
wenden, nicht absprechen konnte, allerdings in manchen FKllen
gleieh im ersten Griffe das wahre Heilmiiiel nusuKhlten, in aI^
deren Fftlleo aber du wahre nicht trafen, sondern sich genöthiget
fanden, ein, zwei, ja mehre Mittel zu versuchen , ehe sie das wahr-
haft heilende trafen. Da ich nun bis jeixt anch noch nicht weiter
in diesem Pnnki« gekommen bin, so trage ich kein Bedenken z»
gestehen , dafs ich die E]Hderniis Tür ein eigensinniges Ding halte,
welches sich zuweilen übel unsera Ärztlichen Ansichten fügen will;
wir müssen ihm also seinen Willen ihuo, nnd wenn ein Mittel
nieht helfen will, ein anderes verwehen. Wer htntennach, wenn
er ein IJebel geheilt hat, gelehrt darüber schwaiieo oder schrei-
ben will, der ihne es; ich darf es nicht thun, denn ich ninfsal*
pjaktiseher Schriftsteller eine unbedingte Ehrlichkeit beobachten.
Zum Ueberflusae, vielleicht anch manchem Leser sam Ekel,
erinnere iob an den schon niehrmnhla wiederholten Spruch: dafs
die Krankheit der Epidermis, ao gni als die Krankheit aller an-
deren Organe, auch zuweilen Afiektion des Gesanimtoi^nismns
sein kann, welche aich blofa anf der Oberbaut sinnlich darsfellet,
lind dafs, wenn man auf diese Sache nicht achtet, man ganz ver-
gebens die bealen Mittel anwenden wird.
Ja es kann auch inöglrch sein , dafs eine Krankheit der
Epidermis von einer eigenen , unbekannten Dyakrasie der SSfte
abhängt, und einzig deahalh unheilbar ist, weil wir kein Mittel
auf dieae Dyakrasie wissen. So h^M ich «ine alte Jungfrau ge-
kannt, die von einem garstigen, nSasenden Flechlenausachlegc,
der vorzüglich Nase und Wangen einnahm , auch hier und da auf
den Gliedmafaen lagerte, so übel geschändet war, dafs niemand
sie ohne Ekel nnd Grauen ansehen konnte. Dieae , seit mehr denn
vierzig Jahren damit behaftet, hatte in der Zeit den Kalb luehrer
Aerzte, aber jederzeit verständiger und erfahrener Männer gebraaeht,
ohne dals ihr einer hätte belfea können. Auch ich habe »iletzt
noch vergebeoa »eine KuaU daran verschwndet. Die Juugfnia
— «37 —
i<t, trotz dieiier D;aktame dw Sifte, xn Bisem ordeotlicfaei) Al-
ter gelangt, denn sie iat rar zwei Jabreo, den Siebiigen sehr
nnhe, am SuhUgwechselfieber gestorben.
Ich machte eiHBl die Bekanntschaft einer Edelfran, die be-
•achsweise sich in hiewiger Gegend aufhielt. Sie hatte eine ver<
Mrtere und aurgeiriebene UnierkioniadendrBse , eine kleine nfts-
seode Fleehle auf einer Wange und mehre auf dem behaarten
Theile des Kopfes. Uiesa Frau bat nun in ihrer resi den» tid ti-
schen Heimalh alles geihan, am von dem Uebelitande in kom-
men, aber »lies vergebens; auch das Seebad, dem sie nahe 'ge-
nug ist, war vergebens gebraucht. Mit Zwiacltenxeiten von mah-
reo Jahren habe ich sie viermahl gesehen , aber jedesmafal hatte
das Uebel zugenommen. Einst, da sie sich in hiesiger Gegend
b^nd, wurde sie von dem damahls herrschenden Gehirnfieber
ergriffen, und ich mafste sie heileo. Ich war neugierig, welchen
Einflub das Fieber «nf den garstigen Ausschlag haben lyirrde.
Es hatte aber wirklich gar keinen darauf, so wenig als die Dya-
krasie der Säfte einen Einflnfs auf das Fieber halte; dieses lieiii
sich bei ihr eben so gut heilen, als bei jedem andern früher ge-
sunden Mensofaeo.
Wollte man geradezu behaupten, dafs die von einer soTdten
nnbekannien Dyskrasie der Ssfte herrührenden AusschUge den
Sufseren MiUela' jederveit widerständen, so mSfate man unwahr
sprechen. Sie heilen wirklich zuweilen durch den Gebrsueb der-
selben ; aber dos Schlimmste ist , dnfs , wenn wir sie en einem
Orte heilen , sie an einem anderen wieder ausbrechen , und zu-
weilen an einem ungemlichlieheren als der war, von dem wir sie
vertrieben.
Bis jetzt habe ich noch kein einziges Mahl Gelegenheit ge-
habt, die erste Elrzeugung solcher Ausschlage tu beobachten; die
einseinen Fülle, welche ich gesehen, waren alt, und die Kran-
k«n schon durch alle medixinlsehe Schulen gefuhret. Eine War-
nung mufs ich aber meinen jüngeren Amtsbrüdern geben. Wenn
sie einen solchen ausschlägigen Mensche« vergebens behandelt
haben , so dürfen sie nicht , wfire er auch früher eben so verge-
bens durch die HSnde mehrer guten Heilmeister gegangen, unbe-
dingt behaupten, sein Uebel sei unheilbar- Wir kennen solche
Krankheilen der Süfta viel zu wenig, als dafs wir so unbediagl
über die .Heilbariteil oder Unheilbarkelt abeprecben kftnnlen. E»
ist allerdings wahr, dafs solche der Knnsl spottende Ausschläge
mit der Zeit ^er sehlimmer als besser werden; ich habe aber
den einzigen Fall beobaehlet, dafs ein stark nfissender Flechten-
ansBchlftg, der, mit Ausschlufs des Gesichtes, jlen ganzen Leib
eines jungen Mannes wie eine Rinde bedeckte, und den Bemü-
bungen mehrer gelehrten und erfabnoen Aerste widwilanden hatte.
mil den nniAbnieiidsB JsfareD Dach mni bwA vor b«HiiI verging,
nnd nictita Karückliefa, «!■ ein« Boffallende Hkrte and Trocken'
beit d«r Haut. Dna allnalilig« Vergehen geachah in dem Alter
zwisehen dreifsig nnd vierzig Jabren. Nachdem der Aanchlag
vergangen, isl aher der Miinn mit allerlei Krttnklicbkeit heinge-
■ncht wordeil, er hat, bald Leber-, bald Mitileiden, bald Hn-
uen, bald Aslhn» gehabt, ja er bat eine iRchtige Lpngeneiier-
beule entleeret. Leisler Sirwifs war ao eroMbaft, die Ansleernng
dei aiinkeadea Eilen •« bftufig, dafe keiner seiner Frennde mehr
an Mine Geneanng dachte ; dieae iit aber doch mr grofaeo Ver-
wunderung unkundiger Mentcben erfolgt. (Jeber das Anaheilen
des Lungenabaieasea habe ich lAicb nnn freilieb nicht genundert,
denn das bäogt nicht von der Kiindigkeit des Arnes, aondem von
der Geslalt- dea Ab^aessea ab; aber darüber habe ich mich ge-
wnndert, dafs der Mann, der von Kindheit an eine blasse, acbmu-
tztge nngeannde Geaicblsfarbe balle, nach ansgebeilter Vomiea
ein wirklich bitihendea Anaehen bekam.
Ist nnn die verscfaiedeofönnige Krinklichkeit von dem allmflb-
ligen Veracbwinden des Anaschlages entstanden t Es war einmabl
eine Zeit in der Medizin, da man keinen Anstand würde genom-
wea haben, diese Frage nnbedenklieh mit Ja an beantwarten.
Ich denke aber, wir sind jetzt schon elwas klSger, zum wenig-
sten lehret nna die Beobaehlnngi dafs manche Menschen, diente
Ansschlag gehabt, in einem gewlnaen Zeiträume ihres Lebens
krinklicb werden, und an (Jewohlaein von mancherlei Formen
leiden, hintennach sich wieder erholen nnd recht geannd and blK«
bend werden : miihia ist kein Grund vorhanden , in dem erzBhl*
len Falle, die dem von selbst geheilten Ausaehlage folgende KrtnE-
lichkeit gradeza dein Verschwinden des Ansscblages ZDznscfarei-
ben; wiewol eben so wenig Grund vorbanden ist, einen nrsacb-
licben Zosammenbang zwischen beiden absuIXngnen. Dreistea Ab-
sprechen in solchen wahrhaft dunklen Dingen fSrdert die Fort-
sehritie der Kunst nicht; ea wird wol besser sein, wir flberlat-
seo nnseren NaobkommeD auch etwas zu beobachten nnd zu nn-
tersuchen.
Von den aelt«oen Krankbellen der Epidermia habe ich eine
vor vierzig Jahren, nAmllch die Erisengung eines Homes an der
inneren Seile dea Schenkcia beobacbtat. Eine alle Nonne balle
ein solche« nnd liefa es sich, wenn es sie bindwte, von Zeit zn
Zeit nahe an der Oberhant abschneiden. Ich habe «inen Abschnitt
der Ejeltsanikeit wegen aufgehoben und es im Anfange dieses Jahr-
bnndeHs dem Herren Leder, der damahla noch Professor in Jörn
war, geschickt, weil ich' mich aümlinl) nicht erinnerte, in seiner
Sammlung pafhalogiaeher SdlenheiteD ein Menscheofaom gesehen
zu haben. S* viel iob mir jetzt noch das Ding vomfellen kann,
— 6M» —
war n zwiiebra iwm tkd ini Zoll 4u;, aehwanbrasa roo Far-
b«, aoregelaiafiHg ntod, stwaa gebogen , ond mochte nngaObr
di« Dicke einer ScfawBDenapale habea. — Vor KocKani la« ich
im ViHe»4Wtte Babanptung : aa seiea bis jetzt ein and siebaig var-
•ebiodene Hornhilduagen bei Menacben beobacbiet und baaehriebaD
worden. Ob er Recht habe, kann ich nicht beunheUcn. Sind
ober eia ond eiebzig beachrieben , ao aind gewifs iünf , oder aecha-
mahl mehr von dea Aeratea beobachtet worden; denn der beob-
Rchtanden, nicht achreibendan Aerzte gibt ea viel nehr in dar
Welt als der achreibendan, und die achreibendeD werden ana*
acbliefaUefa die Homer ntcbt gaaeheb haben. ^
Jetzt will ich , da ich doch einmah) von der £pidertnis rede,
eine mir bia jetzt oaerklSrbare Sache erwibaen. £a liebem ainn
lieh von Zeit zn Zeit Gaukler im Land« bemin, die feich mit
rMhglahendeni Eiaen die Haut alraichan, die geechmelacnea Blei
angreifen , ohne davon verbrannl zu werden. Dafa dieae Leol«
«ich mit gewiaaen Mitteln die Hant baachmieren, ist wol keinem
Zweifel unterworfen. Wiasen nao die Aerzie, die Scheidekünat-
ler, die Naturforscher selbige Schutzmittel gegen das Fenerf —
leb habe gedacht, da ich einat diese Kanal sah, und so oft ich
di« AaknodiguBg aolcfaar Vorsidlangan in der Zeitung Ina: wen«
die Gelehrten dieae Fenerschotznultel nicht kennen , aa ist ea wol
«na ewige Schande, dafs herumziehende Gaukler mehr von den
Heimlichkeiten der A'atnr wiasen als die Gelehrien; wissen dieae
es aber, and haben aa nach ihrer freisinnigen Art bekannt, alao
zom Gemeingnte gemacht, ao ist es noch unbegreiflicher, wie
jene Gaukler nicht blofa in kleiaea SlSdten, wo sie auf die Un-
wissenheit der Bewohner rennen, sondern in Grofa- und Haupt-
städten ihre Knast als eine anergrüodliehe Heimlichkeit zeigen
kftnnen. Bis jetzt hat mir noch niemand, den ich daräber ge-
sprochen , diesen Widerapmeb gelöseL
Feuerachutsmiitel hat man schon in ganz alter Zeit zu ken-
nen vorgegeben. \a At* Alhertu» JSiagnu» Büchelehen De mtra-
bilibu» «MM dl findet man m ehre Zu sammenaei Zungen solcher Mit-
tel. In des Mareiu Aureliiu Buch Dt tffieaei medicina iat
aneb die Rede davon ; er führet mehre Sdiriftsteller an , die an-
geblich solche Heimlichkeit oflenbaret haben, als: den Thettphra-
ttiu, PÜMiu« Fallopiu; Jakoh Weker, Baptüt ^V)r/g| Das ganze
Gebeinnib läuft, mit Abändemngan , auf Alaun, Sals, Etweils,
Fisefaleim und einige Kräniersftfto hinaus. E^o Ding ist mir et-
was seltsam voigekoramen, nämlich, daüi sowohl Alber tti»
Magnv, als Fallopiv eine Mischung angeben, in der Oper-
ment eniballeo ist. Da Fallopiut dieses wahrscheinlich vom Al-
berim Magna» hat, so will ich der neagierigen Leser wegen des
Leisten Rezept abschreiben. Ea lautet als«: Qfumd» meeipHur
antHicum rnhrum et mlumen et tenmtmr tl eönficnrntiir cttM Sutem
tempervivae et/e/le tuuri, et limit cum eo A«mo mmau two*, deinde
aecipitfemtm ignitum, mihi comburit iptum. Eise Weihüperaon, die
icb eimt selbit sab, akh ihre weilseo, kernhaften Arrae mit gl&-
hcndeo Eisen Kreichen, hnlte licb aber baslimmt weder inil Ochun-
galle , noch mit Opernieot gesalbet.
Ich habe bis jetzt noch Iceine Versuche mii solcben Reee|tteB
angMtelll, denn ich irane ihnen nicht so recht; tollte Ich aber ja
eininahl anf den Einfall kommeD, so werde ich erst eins der an-
deren Alberliscben Receple auf die Probe slellen, %. B. das, wel-
ches den Menseben befShiget, die Sprache der V&gel zu Terale-
ben,') oder ein anderes, welches ihn unsidiibar macht.") Be-
währet sich dann dieses, so wage icb auch neiae Haut daran nnd
veraucbe die Feuerschiitamiltel.
Icb komme jetzt auf die Schleimhaut (Rete Malpigkii), mufa
aber leider bekennen, dufs icb kein EigenmitI«! darauf weifs. Es
scheint mir selbst zweifelhaft, ob manche aichibare Uebel Krank-
heiten der Ober-, oder der ScbleiwfaaNt sind. Nach meiaem Auge
und Fingergefnhle zu nrtheilen , mala ich glauben , dafs die ver-
schiedenen Pockenarien, manch« Haatgsschwöre,' das Antoniuafeuer
nod der Blaseoaaascblag in der Schleimbaut ihren Hauptsita haben,
ohne jedoch durch diese Aeufseruug behaupten zu wollen, dals je-
ne Üebel gerade Urleiden der Schleimhaut seien. Die FetechieD»
VOR deuen icb aber an einem Bchicklicfaeren Orte ausführlicher re-
den werde, haben bestimmt ihren Sitz in der Schleimhaut, denn
icb habe mehrmahls bei den sogenannten Morbo haemorrhagic»
maculonQ bemerkt, da& die Epidermis so locker anf der Schleim-
haut safs, dafa sie bei der geringsten Reibung, oder bei dem ge-
ringsten Stofse sich von der Schleimhaut ablös'le und dann Blu-
tungen entstanden.
Jetzt wollen wir von der Lederbaut (CorittmJ handeln und es
fragt sich zuerst: gibt es innerliche Mittel, welche vorzugsweise
direkt heilend auf dieses Organ wirken! loh habe leider bis jetzt,
mit vollkomiMier Ueberzeugnng, noch keins kennen gelernt. Die
Alten , besonder« die ■chreibenden scfaeideküiistlerischen Geheu»-
*) Si ri( inltUi[tT« tacet aeium, atiorfa leeam Juoi taeiot in guinU Ca-
Ind. NoT^^rit , el tadt in queddtim Mernm cmm eaniblti fHOti ai ittmn-
dum, tl ülam b»»tiam , y*am primo inetnerit , dtftr letum md rfMnm irl
pratpara cni» earde valpil, tt ttatim imtrlUget vaesi mt^km, vrt tmUmram,
tl »i vi» üt oligul* iiileltigat, »tcitia tum, tl tnliltigH n'milfltr,
") In nido mptipat ett quidiim lapii, qui ttt dietriomtn eohr»m, deftr ttcmm
iptum, tt erit iHviiibiHl. — Albert, tdagnu* de tterttii aiulit.
rxm. Dt eirmt. herb, lapid. et amimalium. Dt a ilril «t pla-
nitit rernn. Dt karit ditram et moetium. Dt mirabiU^ft
ntKHdi tie. Amttatiid. 1660. pug. 190 aid 191.
"■■■ - ---— ^^^-^
— 841 —
ItKlB nach d«in teehzehnl«n Jahrbnodert machen grofsM Aulhetien
ron riem Spiers^lanxe ; da me aber im Allgemeinen ron der Haut
reden, and damnler Ober-, Scbleim-, Leder- und Fetthaut ver-
atahen, ao tat daa, was sie behaupten, unbestimmt, und ich babe
nie TOm Spiefsglanxe eine solche Wirkung gesellen, dafi ich ihn
mit Ueberxengung als Eigen heil mittel eines dieser Organe aner-
kennen kannte. Solcher Mittel, die bedingongn weise den Schweifs
befSrdern, gibt es mehre in der Aneneimitfellehre, icb kann dies«
aber nicht als Hanthsilmitid ansehen , so wenig als ich Laxir*
mittel als Darmbeilmitiel ansehen kann. Die einsige Snbstana,
wel^a ich mit einiger Wa^raehainlichkeit für ein Hauiheilmitiet
halte, ist die Peruanische Rinde. Ich sage, mit einiger Wahr-
ftcheinlicbkeit, denn es fehlet wahrlich noch viel daran, dafs
ich mit dieser Sache im Keinen wfire. Der Haoplgrond, warum
ich die Rinde für ein Haotheilmttlel halte, ist ihre unbestrittene
Heilbrafi gegen das Weehaelfieber.
Das reine Wechselfieber (abgesehen von allen möglichen Ver-
wickelungen) halle ich für ein Urleiden des Haotorgans. *) Diese
Untersnchnng hat mich schon seit dem Jahre 1803, seit welchem
die Fieber jfihrlich mehr oder minder hftufig im Sommer herrsch-
ten , beschfiftigei. Ich legte es nSmIich darauf an , das Organ zu
entdecken, welches beim Wechaelfieber urerkrankt ist, bin aber,
wie die Leser leicht denken können, suweüen in grofse TSnscbong
verfallen, besonders, da ich früher mir manches, hinsichtlich des
belebten Menschenleibes und hinsichtlich der Heilwirkung der Ar-
leneien, minder deutlich dachte als jetst.
Seit icb mich zur reinen Erfahmngslehre der allen Jalrocbe-
miker gehalten, hat aber erst meine Untersuchung einen, wiewol
schwachen Werth für praktische Aerzie erhallen. Indem ich ihnen
jetzt die Gründe für die Wahrscheinlichkeit meiner Meinung aus-
einander setr.e, hoffe ich jedoch, sie werden diese Mitlheilang ein-
aig als eine freandschaftüehe Einiadnng ansehen, der Sache gründ-
licher nachzudenken, und keinesweges als einen Versocb, ihnen
einen Wagesalz als nnbezweifelte Wahrheit aufzuschwatzen.
Zuerst habe ich nntersnebt, ob das Wechaelfieber eine IV-
aflMction des Gesamratorganismns sei, und gefnndea, dafs es nicht
nnier der Heilgewalt eines der drei Uni veraal mittel stehet, kann
es also auch nicht filr eine Ura^ktion des Gesammtoi^nismns
halten. Die Tftuschung, in welefaa matr bei einer solchen Dnier-
snehnng fallen kaiin, ist folgende. Das Wechaelfieber vermischt
rieh leicht mit dem Morba »tatiimario. Ist nnn dieser so geartet,
dafs der erkrankte Gesammtorganisams unter der Heilgewalt des
■) DiMcn Gedanken werden woL pr viel« Praktiker (ekabt lnbeDg ab er ia
dar literatsr aa*BMprochM Irt, wt\b Ich Dicht. )OqIc
— 6« —
EiHM, oder des Kupfen, oder dei wSrfelichten Sslpeten liehet,
so liebet man la mehrea Fnllen Wecliielfieber dem auf die tiatio-
nSre Krankheit pasiendeo Uaiversal mittel weichen. Ja, waa die
Täuichnng oocb gräber macht, mao wird gewahr, dafa lolelw
Weebielfieber, welche man gleich mit der lUnde angegriffen, in
manchen Fllllen iheils unvollkommen nnlerdrückt werden, tbeils
endloie RiickfUlle machen. Gibt man hioiennach dai anf den
Marin» tlalionärtut paiiende Mittel , lo werden lie gründlicher
geheilt, nnd das Gefühl von Wohlbehagen, welchea der Gesnnd-
heil eigen iit, tritt wieder ein.
Hier könnte ein Arzt, dem lein beichrSnkter Wirkangakreis
nicht erlaubt , viele Fälle mit einander zu vergleichen , und der
keine Geduld hat, mehrjährige Erfahrungen au sammlen, gor leicht
die Meinung aniiprecfaen, dab Eisen, oder Kupfer dai Weebiel-
fieber heile. Ei ist dieses aber nicht wahr. Im Jahre 1832, wo
den gansen Winter Krankheiten geherrscht, hei denen der Gc-
saromtorganiinius unter der Heilgewalt des Eisens stand, und wo
im Frühjahr swei Drittel der Wechielfieber als CoMtinuee remil-
ffnfei, ohne den mindesten Trost oder Schander vor den einsei-
nen Exaaerbationen anfingen, wich ein Theil dieser Fieber dem
Eisen, ein anderer Theil ging bei dem Gebrauche de« Eiieng in
«inigen Tagen in wirkliche Intermilfeiu über und roufile mit der
Knde geheilt werden. Ja von denen, die als Ctmtinuae remitten-
te* durch Eisen geheilt waren , machte der gröfste Theil einen
RSckfall, trat dabei gleich als echte lulermitlen» auf und niulste
durch Rinde geheilt werden. Im Jahre 1831 habe ich das NSm-
liehe vom Kupfer erlebt. Die Meinung, dafs Eisen und Kupfer
das Wechselfieber heile, beruhet wabricbeinlich auf einer solchen
Tftuichung,
loh habe aber nicht hiofa in den angeführten Jahren, sondern
auch in andern viele Venuche darüber gemacht , und mich voll-
kommen von dem überzeuget, was ich hier sage. Hinatchtlicb
dei wiirfelichten Salpeters wird wol das Xftniliche gellen; ich ha-
be aber hierüber nicht so vielfache Versuche genmcbt, weil in
solchen sich mir die günittge Gelegenheit nicht dargeboten.
Nachdem ich nnn die Ueberzeagung gewonnen, das Wechsel-
fieber sei kein Urleidea des Gesammtorgauiimns ( dals jeder ein-
zelne Anfall eine onverkennbar« Affektion des Gesamuiorganismna
•ei, stelle ich nicht in Abrede, es ist eine ccnseniuelle), so war
Jetzt zu utMersnchsn, von welchem urergriffenen Organe jenes con-
tensuelle Weehselleiden, welches die Form der Intermitttiu macht,
abhänge. Ich bin schon früh, za einer Zeit, da ich von den alten
acheidekünatleriicben Geheimftrzlen nnd ihrem Treiben nicbti mehr
wufite, all wai ich vom HSrensagea hatte, auf den Gedanken ge-
kommen , dals die Hant das urergriffene Organ sein müsse , und
— 543 —
«war aus dem Grunde, weil ich üb, <taft bei g^IeichmfifBig war-
mer Wiflerang weil weniger Rfiokfölle der Fieber vorkamen ala
bei veränderlicher Temperatur der Altnoaphäre. Jedoch mein da-
mahliger Gedanke: durch zasammenziehende Mitlel (durch Eisen-
ritriol oder Terra japonica) auf die Haut zn wirken, diese da-
durch minder «mpfSnglicb für die Einwirkung der aimospbiri sehen
Verftadernngen zu machen, und so den RückHlllen vorzubeugen,
war etwas unverständig, und bekundet meine damabls noch nnge-
hobeltan Begrilfe über Organberührtbeil. Dia Fieber waren auch
wirklich so gefSlIig nicht, ticb meinen albernen Antcblägeo zu
fSgen,
Da ich in der Folge genauere Bekanntschaft mit den allen
iatroc he mischen Meistern machte, und nach ihrer Ansicht rerglei-
cbende Beobachtungen über verschiedene Fieberarten und Fieber-
forraen anstellte, sah ich erst die grofse Schwierigkeit ein, io die-
ser Sache etwas zu bestimmen, was nur einen hoben Grad von
Wahrscheinlichkeit hätte; auf volle Gewifsheit verzichtete ich-
Dafs die Binde das Wechselfieber vertreibt, ist heut zu Tage
eine nnangefocblene praktische Wahrheit. Nehmen wir nun den
Wagesalz an, dafs sie es deshalb vertreibt, weil sie als Eigen-
faanibeilmiilel das erkrankte Haulorgan znm Normalslande zornck-
führet, so bestehet die Schwierigkeil, diesem Satz* einige Wahr-
scheinlichkeit zn geben, in Folgendem.
Die Affektionen aller Organe, und zuweilen die bedenklich-
•len, Bnfsern sich, wie ich schon im Vorigen gezeiget, häufiger
durch eoasensuelle Leiden als dorcb solche, welche sich an dem
urergriffenea Organe erkennen lasten. Vermöge der genauen, von
verständigen Aerzien nie verkannten Mitleidigkeil, in welcher du
an sich sehr reizbare Hautorgan mit allen inneren und Kufseren Or-
ganen liehet, wird aber die Schwierigkeit, das Urleiden des Haut*
Organs als solches zu erkennen, unbereefaenhar gesteigeH! Um
diese Schwierigkeit recht anschaulich zn machen, werde ich dia
eonfensuellen Affekiionen, die ich selbst beobachtet, mit kurzer
Bemerkung des Seltenen oder Aufsergewdhnlicheo durchgehen.
Das Organ , mit welchem die Haut im nSchafen Zusammen-
hange stehet, ist das Harnabaoudernde ; man siebet also auch we-
nig Wechselfieber, bei denen die Absonderung des Harnes nicht
Q)aalitate oder QuMHtiiate abnorm wäre, und in gewissen Jahren
ist die Battchwasseraacht eine unacIteDe Erseheioong hei Wecbsel-
iehem. Diese Bauchwassersucht, oder Wassergeschwulst der Pft-
fse, die sich zu neuen Wechselfiebem gesellet, mnfs man nicht
mit der verweebseln, die die Folge eingewurzaller Fieber ist; letz-
te hängt gewöhnlich von allen Leber- oder Milzleiden, jene von
•inea einfachen consenauelleB Nierenleiden ib.
- 644 —
Muthein, ächmeraen in diesen sind bei VVechielfieberu
nicht teilen; in einem Jahre erscheinen sie alter häufiger, all in
dem andern. Am hftn6g>ten sab ich sie im Jahre 1829. Dafi
diese Rbeumalisinen als consensuelle Mnskelleiden von eioem Uf-
bantleiden abhangen, ist deshalb wahrseheinlich, well nicht seben
Ein Fieberaorall sie veruriacfat, und ein anderer sie wieder eben
■o plSdlieb vertreibt. — Das Zittern und Schütteln beira Fieber-
froste ist ebenfalls eine consensuelle MuskelafTebiion. In jünge-
ren Jahren haha ich es als ein« Folge des GefTihU der Kfilie an-
gesehen; da ich aber eiost einen Kranken beobachtete, der dns
eigeuilicbe heftige Schuiieln ohne das geringste Gefühl von KKite
halte, so begriff ich leicht , dafs Kfilte und Zittern sieb nicht wie
Ursache nnd Wirkung zu einander verhalten, sqodern dafs Letztes'
eine eigene Muskelaffektion ist.
Nervfnttikmme. Auch diese siebet ,nian oicbt selten con-
sensufll ergriffen. Im Jahre 1829 beobachtete ich sie aber bdi
häufigsten. Der Hüftnerre ond der fünfte Gehirnnerve werden
laicht ergriffen. Ich sah schon den Gesichts -chmerz beim Fieber-
paroxiHmns bis zu Zuckungen der Extreiniifiien gesteigert. Auch
von diesen Nervenschmerzen gilt das, was ich eben von den Mus-
kelscfamerzen gesagt habe, sie erscheinen bei Einem Fieberanfall,
nnd ein anderer treibt sie zuweilen wieder weg. Geschiehet Lett-
les nicht, so k&nnen sie als consensuelle Leiden nur durch Hei-
lang des urergriffenen Organs vertrieben werden.
Dreien. Auch diese werden mweilen, jedoch seltener als
andre Organe ergriffen. Ein Fall hat es mir wahrscheinlich ge-
macht, dafs das Wechselfieber Leuten, die verhärtete Drüsen in
den Lungen haben, verderblich werden k5nne. Ein Mann hatte
lange Jahre eine kleine unschmerzhafie verhärtete DrSse von der
GrÖfoe einer granen Erbse in der Haut des Hodensackes gehabt.
Er bekam das Wecbselfiefaer, die Drüse enlzöodeie sieb beim Pa-
roxisiRns nnd ging schnell in Eiterung über.
Geiehleehtitheile. Diese werden ebenfalls selten eivrif-
fen. Der weifie Flufs der Weiber hing in den Fällen, die ich
beobachtete, nieht geradezu als consensuelles Leiden vom Heber
ab, sondern von älteren, durch das Fieber gMteigerten Mila- oder
Leberleiden. Einen einiigen Fall beobachtete ich, in welchem
das Fieber den gesunden Hoden eines äliliohen Mannes consen-
tnell, aber sehr scbruerzhaft ergriff. Ob Geschwulst, Schmen nnd
Eolziindang diese« Organs durch einen folgenden Fieb«-anfall wür-
den gehoben werden, durfte ich Di(At abwarten; ich nnterdrnt^to
das Fieber, und der erkrankte Hods ging ohne andere Hülfe zam
Normalstande snruck.
Äugt». Die eonsensuelle Enlatindung dieser Organe iatinm
Glücke der geringeren HenaeheoklasM salleiwr als manche andere
— Mä —
conMoanalla UeM. In dan KhlimmKeD Fall»n kann aar «Id*
ruche Unierdrüekang dea Fleben das Gmiickt retten. Ich habe
schon beobschfet , dafs xwei Fieberanfaile den Kranken des Seh-
lermögcns so beraubten, dafs er nluht einniabi mehr die Umrisse
grober OegenstSode erkennen konnte.
Geiim. Dafs dieaei Oi^n beim WeohsrISeber consensnell
ergriffen werde, Ist allbekannt. Die Fülle , in denen das Gehirn
gsr nicbi angegriffen wird , gehören schon zn den aalsergewohn-
lichen. Schmeriioser Schwindel oder Tniiinel, Kopfichinene , Irr-
sinn, Bewufst- und GefiihlloRigkeii , alles in rerscfaiedenen Gr»<
den, sind die Formen, unter denen sich bekanntlich das Gehirn-
leiden offenbaret.
Rückenmark. Dafs ancb dieses Organ consensnell ergrif-
fen sei, daran kann niemand zweifeln, der je die Klagen mancher
Kranken über die Schmersen des Rfiekgrathes , durch welcbe fast
der Kopfsohmers rerdnnkelt wird, gehört bat.
Lunge. CoBseniDelle Hniten sind beim Wecbaelfieber gar
nicht Bellen, im Jahre 1832 erlebte ich den einiigen Fall,' dafs
ein früher ganx Inagengesonder Mann beim Wechtelfieber ein ech-
tes Asthma bekam, so dafs er beim Paroxismus su ersticken glaob-
te, aber aufser dem Fieberanfalle auch noch hörbar dSmpfig blieb.
Utrrch Heilang dea Fiebers warde dieses Asthma gehoben.
Her%. Die eonsensuelle ASektion dieses Organs, die eich
durch vermehrte Bewegnag ftnfswt, ist die allgemeinste beim Weoh-
selfieber. Im Jahre 1632 (welche« reich an ongeregellen Weeh-
setfiebem war) beobachleie ich bei einem Knaben den Fall, daf«
ein solches Fieber das Hers so fnrehibar angriff, dafs dieses, wie
bei bedeiiiendein Organfehler, heftig gegen die Rippen klopfte,
der Kranke empfindliche Stiche in der Bmst, Scbmensen in der
liaken Schalter und im linken H^pocbondrio halte, und der linke
Hode krampf- und sehmer^aft in die Höhe gesogen wurde. Ue-
berdies konnte er nur in litiender Slellnng etwas ruhen, weil das
Liegen das furchlbare Herstuben vermehrte. Bei dieser Anfre-
gaog des Herzens waren dach dessen Bewegungen, hinsichtlich
der Keihefolge der Schlüge, regelmäfsig. Der Puls der Schleg-
adern eher klein als grofa, eher schwach eU stark lu nennen. Da
ich durch die Frfragung nicht ansmittelD konnte, ob der Knabe
sohoa früher Spuren des Herzleidens gebabtt so gab ich zar Tor-
eioht elwBS Digilalis. Diese leistete aber nicht die gewohnten
Dienitie. Ein Prüparat der Rinde brachte allein Siillsiand in die-
ses Herzleiden und stellte den Jungen wieder her.
MundhShlt. Dafs die Menseben Trockenheit des Mnndes
und Durst beim Wecbsetfiebei' haben , ist etwas sehr Gemeines.
Man ist geneigt, dieses der AfTektion des Gesaiumiorganisrnna und
der dai'on abbangenden Hitze zuzuschreiben. Oa> ial aber auch
— 646 —
wol «in« falsebe Annafaiae, denn wire *i« wdir, so nCCtf« molb-
veaiig J«dea Wecbaelfieber mit Durit begleitet ■ein. Man find«!
.aber eioEelne Wechaelfieberkranke , die weder Trockenheit des
Muodes, noch Dural haben. loh ■elbsl wurde zweiinahl in mei*
Dem Leben Tom Wecbaelfieber ergriffen, ohne Trockenheit d«»
Mnndfls, oder Darat beim Anfalle xu spüren. —
Leber. Diese wird bald in ihrer inneren Subslana, bald in
im* galleabaondernden Organe berührt ; daher Stiche in der Seite,
die aich bei jedem Fieberanfalle verscbliinmeren, gelbaücblige Zu-
Mle, oder überraKfuige.Gallenabsonderung mit mehr oder minder
veränderter Beachafieohflit der Galle.
Milx. Diese wird zwar nicht so faBufig conaensuell ergriffen
ah die Leber, aber doch in gewiaaen Jahren xu hjiufig, ala dafa
man diese coosenauelle Affektion gerade «i deo aelienen xfthlan
könnte. Die Milxleiden, die man zuweilen ala Begleiter einge-
wurzelter Wecbaelfieber findet, sind wol meistens vorfieberige,
durch das Fieber also nicht conaensuell erieugt«, sondern blofa
geaiei^erte Leiden.
Magen, Dieses Organ wird gar häufig consensnell ergrif-
fen. Daher ein anhaltend schmerzhaftes, oder spannendea Gefühl
in der Magengegend, welches hei jedem Fieberparoxismus sich
mehrt und beim Nachlasse sich niiDderi; oder ein eigenes, vor dem
Paroxismua sich aufaerndes Gefühl von Leere und Hinfälligkeit im
Epigastrio, welches beim Ausbruche des Paroxisnias verschwinde);
oder das gewöhnliche Erbrechen beim Fieberanfalle; oder endlich
anhaltendes Erbrechen, so dafs die Leute auch während der guten
Zeit keinen Schluck Wasser im Magen behalten können.
Därme, Diese werden anch, jedoch seltener als der Ma-
gen, conaensuell ergriffen. Bei Kindern und andern reizbaren
Körpern ttufaert aich dieaes Ergriffensein durch B au chacb merzen,
aeliner durch mäfsigen Durchlauf. Den eigentlichen stürmiscbeo
Durchfall, der sich hei jedem Fieberparoxismus einstellt, habe ich
nur zweimaht in meinem Lehen beobachtet. In diesen Fällen wur-
den aber die Kranken so unglaublich erschSpfi , dafs kein Arsi,
weder der kiügale, noch der dümmste, würde Anaiand genommen
Imben, der Wiederkehr dea Fieberanfallea vonubeugen.
Wenn wir nun alle diese Zufölle, die bäofiger oder seltener
das Wechselfieber begl<>iten, betrachten, so werden wir wol achwer-
liob von selbigen anf ein (Jrergriffeosein der Haut acbliefsen kto-
nian. Es fragt sich also ferner: beobachten wir krankhafte Cr-
acbeirmngen an der Haut selbst, ans welchen wir vielleicht aiohe-
rer auf ein tJrleiden dieaes Organs acbliefsen könnten t
Wir aehen zuweilen, jedoch selten, beim Wecbaelfieber eine
entzündliche Rölhe, oder eine andere Affektion der Epidermis, die
sich dem Auge wie weifse, platte, linsengrofse Blasen darstellel,
— «47 -
w«l«he im firnnde eher idctu Ljmphe endultanda Blaieo ■ind«
■ondarn aur scfaeinbare; dean lie venchwiDden wieder bei Besn-
digniig dn FieberwirailM. Aaa didser consenin eilen Afielction der
Epidemiia läfit eich aber gar übel auf ein Urleiden der Haut
MhlieÜMD, denn eolche AiiMchlSge findet man aacb suweilea bei
Baucbfiebem.
Wir Mben beim regelmftfiigen Wechselfieber, dafi Jeder Pas-
oxiamus sair Kälte, cnni weniggten mit Schänder aafUngt und mit
Schweifs endiget. Ja wir aeben nicht leiten, dafa beim Abxuge
der Wecbaelfiflber die Menacbea einen mehnigigen anhaltenden
Schweifa haben, so dafa aie nicht blofa im Bette, aondern au«^
aufserbalb deaaelben lehwitseo. Da nun aber nicht aelien bei
Langeneilernng periodiacfa wiederkehrende Kille oder Schauder
Statt findet, eben so im zweiten Zeiträume, auch wol im ersten
mancher gastrischen Fieber; wir aber weder dieae Wechselkähe
aioem Urleiden des Hautorgaoa anschreiben, noch mit der Rinde
bemeistern können, im Gegentheil das Urühel in der Lnnge oder
Leber dadurch schlimmer machen; so würde eine grofae Unerfah-
renbeit daau gehören, wenn wir von der Kälte und dem Schwei-
fae gulgifiubig auf eine UraOekiion dea Hantorgana acbliefsen
wollten.
Stände der Sau feat, dafs die Rinde ein apezifischea Hant-
heilmitlel sei, ao köanien wir von ihrer Heilwirkung beim Wech-
aelfieber acbliefaeo, dafa diesem ein Urleiden des Haatorgans sam
Grunde läge, und dafs alle Irrungen anderer Organe als eonsen-
auelle von jenem Urleiden abhiogen. Bei dem jeisigen Zualand«
unserer Crkennlnifs handelt es sich aber darum, beide Sätze: das
Wechselfieber ist ein Urletden dea Hanlorgans, und den : die Rin-
de ist ein spexifiscbea Haalbeilmiitel, su beweisent Diesen di-
rekten Doppel beweis sa geben, iat bar unmSglicb. Er würde sich,
in nackter Svhlufsform dargestellt, also ausnehmen:
Die Rinde ist ein spezifisches Hauiheilmillel.
Die Rinde heilt das Wechselfieber :
Also ist das Wechselfieber eine Krankheil der Haut.
Wollte man nns nnn heifsen den Oberaatx beweisen, so tnüfs^
icn wir den Schlufssalz wieder sum Oberaatz machen und also
sprechen :
Das Wechaelfieber ist eine Krankheit der Haut.
Die Rinde heilt das Wechselfieber:
Also ist die Rinde ein llaniheilmittel.
Sfl ungeheuer albern nun eine solche Kreisbeweiaführung in
nackter Schlufsform dargestellt auch lauten mag, ao kann man ihr
doch durch weites Au sein and erstellen der einzelnen Schlufsaäize,
durch Einschalten eine« ungehörigen, breit anagesponoenen Ge-
- 648 —
uhwatEM, Zitina und Kritisiran fieiiider McianagaD, ood danh
andr« KäDif* g«lehr(er Faxeomadierei eineo Anstrich von Gniod-
lichkeit ^eben, durch welchan ein schwacher oder irSger Yeralaiid
berückt wird. Wenn gleich der Versiand der Aerale aller Zeil
(wie ich ia einem der folgenden Kapitel zeigen werde) bei einer
anderen Gelegenheit sich in einem Bolcben Kreise faenirngetrie-
ben, nnd selbst folgende Gesohlechter ihnen gofglSabig nachge-
wirbelt haben; wenn gleich bei meiner Lebzeit manche gelehrt,
oder philoiophiach sein sollende Abhandlung djen gesunden schlieh*
ten Versland der Praktiker in einem solchen verBteekleo syliogi-
stisehen Drillhaose bearbeitet hat, damit er im Schwindel dunkel
die unbegreifiicbe Weisbeil des Verhssers demöibig verehren mdch-
le : so will icb doch, da dieses Bocfa keine dialektische Fechtsehw-
le ist, die Leser nicht mit solchen Thorhaiten unterhalten. Wir
wollen nns vielmehr deutlich denken, dafs in der besprochenen
Sache die praktiscli« Untersuchung oder Beweisführung (beides ist
hier gleichbedeuleod) nur wechselschlufsartig sein könne.
Vorausgesetzt die ärstlich praktische Uebersengung , dafs du
Wecbiolfieher kein Urleiden des Gesammtorganisrnns sei, würde
der Abrifs einer solchen Beweisfnbrung, in nackter Schlufsform
ausgedrückt, also lauten.
Entweder ist das Wechselfieber ein Urleiden der Haut, oiler
ein Urleiden eines anderen Organs;
Nun ist es weder ein Urleiden der Leber, oder der Mils,
oder der Nieren u. s. w. , aus den praktischen Gründen.
Also folgt, dafs es eine Krankheit der Haut sein müsse.
Jeder Leser siebet ohne Nachdenken ein, dafs^ am dieses
Di/emma überzeugend xu machen, folgende zwei Dinge erfodert
wurden.
Wir müfsten zuerst alle Organe des Menschenleibes kennen.
Die kenne ich aber nicht alle; manches Organ, welches in der
Physiologie als Eins zu Buche stehet, wird wo! aus mehren be-
stehen, von deren Bestimmung sich die Gelehrten noch nichts träu-
men lassen.
Ferner müfsten wir auf alle Organe nicht hlofs Eigenheilmit-
tel, sondern auch .die besten kennen, die in der Natur sind. Die-
ser Kenn tnifs kann ich mich aber wahrlich nicht rühmen; ich ken-
ne vielmehr auf mehre Organe bis jetzt gar keine Eigenheilmit-
lel, und von denen, die ich auf mehre Organe kenne, kann ich
auch nicht unbedingt behaupten, dafs es die hosten der ganzen
Natur sind. Da ich nun in dem Satze; entweder ist das
Weehselfieber ein« Urhnu tkrankhei t, oder die ei-
ne« anderen Organe« das zweite Glied des Satzes nicht &ber-
— «49 —
laufend verneinen kann, «o kann ich auch daa erala Glied nicht
uhoneugflnd bejahen. '
Wenn ich aber, bei dem jetzigen Stande meines Wisaena, auf
eine vollkommene veratandhaffe Beweisfühniiig verzichte, so sehe
ich doch ein, dafa alle praktische Uniersachung über diesen Ge-
genstand nur Wechsel ach Inf sau ig lein kSnne.
Ich habe nun aeil einer Reihe von Jahren die mir bekannten
Eigenheilmittei anf alle mir bekannte Organe versucht , sie aber
luf Heilung des Wechselfiebers iinEiireichend befunden; dadurch
ist mir der uiedizlfliachpraktiacbe Glaube geworden , dafs das
Weebielfieber von einem Urleiden des Hauforgans abhänge. Die-
aen Glauben, den ich von einer rerstnndhaften Ueberzeugung wohl
unterscheide, kann ich niemand miltheilen, jeder kann ihn sich
alwr anf dem nSmIichen Wege prakiiachditemmnlischer Uniersu'
drang erwerben. Je weiter er in dieser Unlersucbirng forlachrei-
let, das heifsi, ron je mehr Organen er sich liber/.engf, dafs in
ihrer Afiektioa nicht der Uigrnnd dea Wechselfiebers stecke, um
ao mehr wird er meinen Glauben (heilen. Jn, wer weiter in Hei-
lung der Organberfibrlheiten kommt nts ich bis jetzt gekommen
bin, und als ich in Betracht meines Alters kommen kann, dessen
|Hiik.tiBcher Glaube wird noch stärkw werden als der meine bis
jetzt ist, voranigeseizt , dafs er nicht Eigenheilmittei anf solche
Organe entdecke, auf welche ich keine weif^i und dafs er nicht
in einem dieser Organe den Grnnd dea Wechselfiebers finde. Dafs
ich jetit, binaicfatlich meiner Versuche, nicht ins Einxelne gehe,
nnd die Teraeinenden Ergebnisse ausfilhrllch beschreibe, werden
die Leser wol nicht tadeln , in ErwHgung, dafs ich den Gebmuch
aller mir bekannten Elgenheilmiliel anf die einzelnen Organe ans-
fihrlieh nach meinem besten Wissen beschrieben habe.
Gegen einen Vorwurf, den mir mancher gewiasenbafl« Leser
maehen könnte, mufs ich mich aber noch zu schützen suchen. Ea
kannte nSinlich jemand sagen; ich habe, da ich doch die Rinde
als Heilmittel des Wechseltiebers gekannt, statt den Kranken durch
aelbige bald zu seiner Gesundheit zn verhelfen, als neugieingcr
Versochmarher muthwilUg mit seinem Leibe und mit seiner Bör-
■e gefcpielt. Den Unerfahrenen (denn nur diese kiinnlcn mir den
Vorwurf machen) bemerke ich darauf Folgendes. Hftlte ich mei-
ne Versuche in einem, oder in zwei Jahren gemacht, ao verdien-
te ich vielleicht den Vorwurf der niuihwilligen Versuch macherei.
In den letzten zwanzig Jahren, von denen sich TOrznglich meine
Versuche faerschreiben , haben aber grofslentheils Organberühn-
heiteo als Morbi »tationarU geherrscht. Eine solche herrschende
Organkrank heil verbindet sich gewöhnlich mit einem Tbeile der
im Sommer vorkommenden Wecbselfieber und macht diese unre-
gelniSfsig, ja nicht seilen gefShrlich. So kann nicht blofs l»nd-
— 656 -
glogige Beiühnheit der Banchorgane, sondern avch laixlgl^ig*
Beröhnheil der Gehimorgane sieb mit einem geringeres oder grA-
rxeren Theile der im Sommer vorkorameoden Wecluelfieber ver-
binden. Wer auf solche Verbindung nicht acblel, der wird maa-
che Ficberkrantw wabrlich übel beratfaen- Ich habe nicht als muifa-
willixer Experimentator, sondern als gexwuBgener auf die einzel-
nen Organe heilend eingewirLt, nnd bei snlchen Verwickelungen
. bemerkt, dab, je nachdem das durch den Morbu» itatiamanut be-
riihne Organ zum NormalslBode icuriickkehrie , daa ungeregelte
Wechselfieber zum geregelten, oder vielmehr die Contixua remit-
tetu zur I»termitfen* wurde. In den Fällen, ho die Contittna ra-
mittetu durch die Heilung des von der stationären Krankheit be-
rtihnen Organs, ohne zur InfermUleiu zu werden, verschwand,
erschien gewi5hnlicb ein vierzehn Tage nachher die echte Inttr-
mi/Unt als Beeidiv. Durch diese nnfreiwUligen Versuche ist mir
nicht blofs der Glaube geworden, dafs das nrleideode Organ wa-
der im Bauche noch im Gehirn stecke, sondern ich habe auch zu-
gleich die grofse, aber leichte Tftuschung erkannt, in welche frä-
her manche Aerzte, hintichtlich des uiergriffenen Organs, gefallen
sind.
Wir wollen Jetzt anf einige Beobachtnngen achten , die ieder
beim Wechselfieber gemacht hm, oder doch machen kann, and
die una, wo nicht gerade auf eine Üraffektion der Haut, doch ge-
wifs auf die Uraffektion irgend eines Organs hinweisen.
Die Aerzle haben viel von verlarvlen Wecbselfiebern gespro-
cben. Daa i^l, meines Erachten», ein unsinniger Ausdruck. Das
Won Wechsalfieber beseichnel doch blofs eine Form von
Krankheit, oder eine gewisse Gruppe sinnlich erkennbarer Zufäl-
le. Der Ausdruck F'ebrii intermiflen* larvata heifat also in ver-
siAndlicbes Deutsch übersetzt: ein Wechselfieber, welches kein
Wechselfieber ist. Wir Aerzta baben die üble Gewohafaeit, das,
was einfach und begreiflich, jedem verstehbar könnte anagedrü«^
werden, in solcfa seliSHUie roibwülsche Spiache zu verstecken, dufa
ein schlicht versifindiger Mann uns weit eher fTir Xarreo als für
kluge Leute halten sollte. Der mit solch einem seltsamen Aus-
drucke zu verbindende praktische ßegriO', das heifat der Begritf,
der Einflufs auf unser Heilung bezweckendes Handeln baben kann,
ist folgender.
Es erscheinen theils anhaltend - nachlassende Fieber , ibeils
Irrungen einzelner Organe, welche der Rinde eben so gut wei-
chen als daa Wechselfieber in seiner gewöhnlichen Form. Nun,
diese auf unbeslriitene Beobachtung sich gründende' Wahrheit hät-
te ja die Aerzte schon längst anf den Gedanken bringen müssen,
dafs die durch das Aussetzen ( Intermiuio) bedingte Krankbetts-
form ein st^lechles Merkmahl abgebe, aus weldien man erken-
— Mt —
DMi kösne, ob eia« Krankheit darch die lUnde heilbar sei, i»Ia nUo
dieses Heilverhaltnils , worin die Rinde za ^ar mannichfacbgeatal-
tetan Uebeln- Hebet, auf einetn gani andrem Grund« als auf einer
■ogenanDteo Fieber vertreibenden Kraft, vielmehr auf Heilung ir-
gend eines nrerkrankten Organs beruhen müsse. Ferner, da die
Aerste durch Erfahmng wufsten, dafs weil nicht alles, was nacb-
läfst oder anssetzi, nnier der Herlgewalt der Riode stehet, und da
sie schon längst übeneagt sein mnfslen, dafs alle sogenannten To-
niea, Roboranlia ßxa, Adttringentia, knrz, solche Mittel, die auf
den GesaniDitorganisnius wirken, die in einzelaea Fftlleo das Fie-
ber unterdrücken (wie es auch andere Mittel thun, die wahrlich
nicht unter jene Kalegorieen zu reiben sind), hinsichtlich der si-
cheren fieberver(reibend«n Kraft nicht allein der Rinde nicht gletch-
snstellen, sondern nicht einmahl zu vergleichen sind: so haue
ihnen dieses Wissen die Uefaerseugung geben iHÜssen , dafs die
Rinde nicht durch ihre termeinilich Ionische, stärkende Kraft (die '
ich ihr übrigens nicht abbrechen will) auf den Gesamiutorganis-
inas , sondern durch eine eigenihfimlicbe Kraft auf irgend ein er-
kranktes Organ heilend einwirke.
Die Form des Wechselfiebers verschwindet bekanntlich, Dicht
selten , sondern häufig von selbst , ohne dafs dem Kranken das
volle Gefafal der Gesundheit durch solches Verschwinden würde.
In manchen Ffillen bringt die Natur allein die Körpermaschine
wieder ins alte Gleis; in manchen anderen bleibt ein schleichen-
der Krankheitssnstand surück , der in alli-rlei chronische Krank-
heitsformen übergehen kann, als in WasBersucht, Gelbsucht, Lun-
gensucht, Raiicbschwindsucht u. s. w. £in Arzt, der so lange und
häufig als ich, oder noch länger und häufiger mit Wecbselfiebern
zu thun gehabt, dem wird lelbsl der Name Wecbaelfieber zum
E^el. Es iii ihm nämlich der Glaube aufgedrungen, dafs das
Wechseln oder Iniermittiren, welches das Unterscheidende dieser
eigenartigen Krankheit sein soll, nur Nebensache sei* und dafs die
Haopisache irgend ein urerkranktes Organ sein müsse.
Ein Rückblick auf andere FieberarLen spricht auch fiir diese
Ansicht. Alle fieberhafte Afi'ektionen des Gesamnitorgaoismus,
wenn sie wirklich Urleiden desselben sind, nSbern sich mehr der
C9mti»ua, alle von einer Uraffeklion eines Orgeus abhängende
nähern sieh mehr der Intermillau ; bei jenen sind die Nachlasse
andentlich , bei diesen deutlich in die Augen fallend. Die tinler
der Form des akuten Fiebers sich offenbarenden Craffektionen des
Gesammtorganismus machen, wenn sie beendigt sind, nicht blofs
keine Rückfälle, sondern sie schntsen selbst den Menschen, ent-
weder für sein ganzes Lehen, oder Tür eine gewisse Zeit vor glei-
cher Krankheit. So sebäiaen die Pocken auf ein ganzes Men-
tehenUben, das Petechienfiaber auf mehre Jahre, die rothe Ruhr
— 653 -
flum w«i!g*teD auf iwei Jahre. Hiogegen Ata T«a Uraficlutonrn
der Organe abhängenden Fieber machen nicht allein leiofat RTick-
fHlle, ■oodern ea bleibt auch in dem urerltrantElen Organe norh
lange Zeil eine Kmpflinglichkeit für gleiche Krankheit. So inn-
cbcn Gehirnfieber nicht blofa Rtlclimfe, sondern das Gehirn bleilit
Dooh lange fiir gleiche Krankheit weit empfänglicher alt ein von
dieser Krankheit noch nie ergriffenes; dai nftmliche gilt ?on Lc-
berfiebern. Wenn ich nun diese Beobacfalnng, die jeder Amt ge-
macht bat, oder doch, wenn er aofinerkt, machen kann, atif Ah»
Wechtelfieber anwende, m mnfs ich ■choii aua der Inicrmiaiiiun
■elbii und am der Geneigtheit an Riiekfailen schlicfsen , dala e«,
hIs conienaiielle Affeklioo At* Geaammiorgaoisnius , von dem Ur-
leiden irgend einea Organa abhänge.
Lafit ans endlich anf die ungeheure Meng« von Mitteln ach-
ten, die gegen das Wecbselfieber empfoblea aind. Wir wolleii
solche von der Unaahl abaiehen, die offenbar feindlich den Orga-
nismus angreifen ond das Fieber anf aniagonisiiscfae Weise ver-
Ireiben, als Quecksilber, Digitalis, Arsenik, BetUdoana u. s. w.,
■o bleibt ans noch eine solche Menge übrig, welche in ihren Wir-
kungen, nach schul gerechter Ansicht, sich so eiugegengcseiat sind,
dafs wir geswiingen werden, dem Gedanken Ranm ed geben; das
Organ, in dessen Ürergriffensein die Form -des Wechselfiebers be-
gründet ist, könne nur ein ausgezeichnet reisbares Organ aeia,
denn sonst wäre es bar unmöglich, dafs aa terschiedenanige-, in
ihrer Wirkung entgegen gesetzte Miliel ein und das nBmlieha Er-
gebnifs herrorbringen könnten, das Aufboren, oder das VerJIndem,
oder das Unterbrechen der Krankheitsform.
Ja nicht blofs Arzeneieti, sondern selbst geistige Einwirkun-
gen können sttweilen das nüniliche Ei^ebnils herbei fÜ hren , und
xwar nieht nur heftige Aufregnagen , rIs Zorn , Furcht , Schleck
u. s. w., sondern selbst die Befriedigung eines Gelnsie«, daa La^
gern der Gedanken anf Einen Gegenstand, der Glaub« an eine
sogennnnte sympathetische oder magische Heilung. Was den er-
sten Punkt betrifft, so spricht dafür das unter dem Yolke bekann-
te Abessen des Fiebers. Man hat n&mltcb beobachtet, dafs, wenn
•in Fieberkranker ein heftiges Geinst auf eine Speise hat, di« Be-
friedigung diesea Gelnsiea snwetlen das Fieber vertreibt. Was
aber das Lagern der Gedanken auf Einen Gegenstand betrifft, so
habe ich zu der Zeit, da ich noch die Riqde nach der Sekeduim
Romana gab, mehrmahls gesehen, dab das Fieber ausblieb, ebne
dafs der Kranke die Anenei genommen hatte. Bei dieser Heil-
art nach der Scheduta BamoMa iiiufs nämliefa Atr Kranke mit dem
Einnehmen nicht so lange warten, bis der wirklidie Frost ein-
tritt, sondern er inufe genau anf die dem Froste vorb ergeh ende«
Spuren des kommendeu Fiebers achten, als; anf Ziehen in den
— M3 —
iäJiMlara oder im Rück«n , Gfifanea and Kodere leiu Gefühle det
Dabeaden Kfankwerdaas , aad dann das iwei Drachmen Rind«
«nihaliende Trftnkchtn anf Ein Mahl TenDhlncken. Dia geapann-
U Aafmerkaamkeit auf die ersten Spuren krankhaHer Verilndenin-
gcD, die da kommen eollien, war in manchen F&Uen hinreieheDd,
das Fieber *a nnierdrilcken , und einige Kranke aagien mir wol
seheraweiie, das FläMfachen mniee eine gar krSfrige Arzenei ent-
halten, denn daa Fieber sei blofa durch desies Anblick rerschwun-
den. — Bei den aogenannlen i^mpathetiaGheD Heilungen kann man
aacb wol aar den Glauben des Kranken in ADSchlag bringen. Ich
habe eiuiHahl eiu Wech^elfieber , und zwar nicht ein neues, eon-
dern ein altes, mit der Rinde vei^ebens faekKinpfies, ohne es selbst
SU wissen oder zu wollen, magisch geheilt. Kiner meiner Belgl-
'scben Amtsbrüder bat mir nacbmahls diese Kur foIg«n derma fsan
aasgelegt. Ein Mann aus der arbeitenden Volksklasse hat lange
das Fieber, mein Kollege kann ihn nicht davon befreien. Da er
nun gebürt, ich wisse gut mit solchen Fiebern nmzngeheii, sdiickt
er mir den Menschen, tarn meine fieber vertreibende Kunst auf die
Probe zu stellen. Von dem Kranken war ihm, bei dessen Heim-
kehr, folgender Bericht abgestattet, leb hsbe nn ihn einige Fra-
gen gerichtet, anter andern die: ob er schon viel Arzenei ge>
bniUcbt. Darauf habe ich ihn sietf angesehen und zu ihm gesagt:
er solle nur in Gottes Namen nach Hause gehen, nnd wenn in
vierzehn Tagelt das Fieber nicht ron selbst ausbleibe, könne er
wiederkommen. — Da nun innerhalb acht Tage das Fieber aus-
geblieben, war mein achtbarer Amtzgenosse fast der Meinung des
Kranken geworden , dkfa ich durdi Zauberkunst das Fieber ver-
ueiben kSnne, und er wünschte diese Kunst, an deren Wirklich-
keit er bis dahin gezweifelt, too mir sn lernen.
Das Wahre an der Sache war folgendes. Dals ich den Kran-
ken besonders starr angesehen haben sollie, hatte er sich blols
eingebildet. Dafs ich ihn ohne Arzenei. nach Hause geschickit
nitd ihn naeh vierzehn Tagen wiederkommen geheifsen, war wahr;
■eh hatte es deshalb gethan, wril ich eine« von aller fremden At^
zeaeiwirkung freien Kärper haben wollte.. DaCi ich ihn aber nut
nnler der Bediaguag wiederkommen geheifsen, wenn das Fieber
oteht TOR selbst ausbleibe, grfladet sieb auf die Beobachtang, dids
bei Fieberkranken, welche viele, bittere, zusammenziehende, ge*
wflnhafte, oder geiziige Mittel genommen, einsig und allein die
VerUnderung, welche das gXnzlicbe und plötzliefae Entziehen die-
ser arxeneiiscfaen Reize im Kflrper verursacht, zuweilen hinreicht,
da*. Fieber za anterdriteken. In dem gegenwftrtigen Falle war
diese Enlziehnng nicht in Anschlag zu bringen, denn, wie maia
Kollege versicherte, hatte er dem Kranken nur blels die Rinde
^geben , und da zu jener Zeit , di» logenanate China »eva von
— 654 -
mandMii gswUtenloMn Apoihekwn ffir gate Rinde de« Ktranken
verkauft wante, so kann man der. Entziehung dieMi nicktsRntxi-
gen, nnwirkuaiaen Pulvers (welchei der Kranke h&chst wahnohein-
iich bekpmnien) nichr dat Ausbleiben dea Fiebere Kaschreiben,
aoodero man mifs diesei einzig auf Rechnung der geUligen Ein-
wirkung utKcn , snmahl, da, wie mein AmiKgenoase mir verai*
cherte, der Kranke gleich bei «einer Heimkehr des Glanbens ge-
wesen, dafa ich eine magische Heilung mit 'ihm Torgenommeo.
Wo ist nna ein Organ im ganzen Menschenleibe , das hin-
sichtlich seiner Reixbarkeit mit dem Haatoi^ane glekhiasiellMi
wirel Ich kenne wahrlich k«n ander«s. Nicht blofs heftige Ge-
rn üthsbewegungen , sondern bei manchen Körpern seihst ein leiser
Verstofs gegen gesellaGhafiliche Herkömmlichkeit bringt Ja eis«
sichtbare Verftnderung in der Haut herror, welche sich bei dem
einen durch Räihe, bei dem andern durch Blasse des Gesicht««
offenbareL Bei herrschenden Krankheiten , diese mögen von Luft-
gifiien, oder anderen nnhekannten ScbAdlichkeiten abhängen, be-
fördert in pr&disponirten Körpern die feindliche Einwirkung, wel-
che die Verfinderung der Lufttemperatur im Haotorgan hervor-
bringt, gar leicht den Ausbruch der Krankheit. Die Aersle be-
haupten dieses in unserer Zeit Ton der Cholera, von der Rnbr
bat man es IfingM behauptet, und von andern bedenklichen Krank-
heiten hat es mich ebenfalls die Beobachtung gelehret.
Welches ist nun der Grund, dafs, da in dem Gegammiwi»-
sen unserer Kunst so nngebeuer viele Mittel als Heilmittel des
. Wecfaselfiebers angegeben werden, diese wo! in einseinen FRlIen
das Fieber iinterdrScken , aber sich im Atigemeinen nicht als si-
chere HetIntiltel bewähren? Meines Eracblens hftngt dieses von
den eigenthnmlichen Graden der Reixbarkeit der Haut in de« ver-
scliiedeneo Körpern ab. Zwischen blofser aneneüscher Einwir-
kung auf ein erkranktes Organ, nnd xwischen heilender ist ein
gar grofaer Unterschied. Dnrch hlofse anieneiische Einwirkung
anf ein krankes Organ kann man die von dem kranken Organ
abhängende nosologische Form zuweilen verändern , zuweilen auf-
beben, ohne das urerkrankte Oi^an zu heilen. So kann man bei
erkrankter Leher das Gallenfieber durch ein Breohmitld wol in
Gelbsncht verwandeln , bei chronischer Erkrankung diese« Organa
oder der Milz, die Leibesveralopfung durch ein Pnrgiruittel in
chronischen Durchfall ; aber durch diese KrankbeiCsformvsrinde-
rung ist die Leber oder die Milz noch lange nicht geheilet. Ob
man durch eine solche aneneiische Einwirkung die nosologische
Form verSndert , hBngt einzig von dem Grnde der Reiiharkeit de«
iirerkrankten Organs ab. Ein Mittel, welches das Wechselfieber
bei einem Grade der Heilbarkeit der Haut der := 10 ist, vulreibl,
wird es nicht vertreiben , wenn der Grad der Reizbarkeit = 5 ist.
— 655 —
Di* naiitoii nniichenn FiebenNittel OBterilrncken blofa die döso-
lo^scha Form. Id manchen FSlIea bringt dann die heilende Ka-
tar daa nrerkrankie Organ nach und nach zum Normalsiiinde zn-
rüek, in vielen Fallen aber bleiben die Leute mit einem schlepp
penden Siechthume behaftet. Belehrend in dieser Hinaicfai ist die
Beobachtung, die ich nicht einzeln, londern bfiuGg gemacht ha-
be, dafa nfimlich licb im Banche mancher Kranken selbst ein
Fiebermittel erxeugi, welches, hinsichtlicb der lieber Ten reiben den
Kraft, anderen aogenannten FieEwrmiiieln um kein Haar nacbsle-
het (das halfst, es nnierdrSckt die Fieberform, ohne die Leolo
geannd au machen). Dieses Fiebermiitel ist: eine giite Portion
scharfer Galle , welche durch Einwirkung des Fiebeni auf die Le-
ber erzeugt ist. Bei einem gewissen Grade der Reizbarkeit der
Haut ist dieser Gallenreis auf die Därme hinreichend, die Fieber- '
form nt anlerdrSeken ; aber es bleibt Siechihum zurück, AlljShr-
Iteh kommen Leute Rath bei mir su suchen, denen die Natur anf
die angegebene Weise das Fieber gehoben. Bei den meisten kehrt
du Wechselfieber in gewöhnlicher Form wieder zurBck, sobald
ieh ihnen dnr^ Natron oder Bilierealzerde die SHiire im Darmka-
nale neutralisirt habe; bei andern kehrt die Gesundheit durch diese
Bebandlnng nnd durch Heilung des galleabsondemden Oi^ans obn«
Wiedererscb einen des Wechselfiebers zurück.
Dafs das psjchische Fieberverlreiben eben so nntiicher ist als
daa gemeine ■rzeneiisohe , in Einem Falle hilft nnd In dreien und
vieren nicht hilft, hingt auch wol einzig von dem Grade der Reiz-
barkeit des arerkrankten Organs (nach meiner Meinung der Haut)
ab. leb habe einmafal versucht, einem kernbafien, gesunden Müd-
^eo ein nenes Weehselfieber durch psychische Einwirkung zu ver-
treiben. Ich aage aber dabei, daf» iofa gnt mit ibr bekannt war,
sonst würde ich es für umicbicklich gehalten haben, des'psjchi-
schen Heilversaches wegen die Rolle des Gauklers zu spielen.
Auf ihre Bitte, sie bald vOm Fieber lo befreien, erklärte ich ihr:
iah würde ibr das Fieber ganz einfach und sieber vertreiben , wenn
sie etwas recht Ahschenliches verschlucken kdnnie; ee sei dieses
■AnBoh das Knochenpulvsr von dem Hirnsebadel eines Hingerich-
teten ; man kSnne es nur vom Galgen «der Rade holen. Die Jdng-
fnn schauderte vor Ekel; naeb einem kleinen Bedenken erkiKrte
sie jedoch : wenn ich gewifs wisse , dafs es helfe , wolle sie sieh
iberwieden, ea tu nehme».
leb reichte ihr nun vor dem Fi eberan falle , ebe noch eine
Spnr des Unwohlseins sieb leiglo, jedoch so nahe VM dem An-
CaUe, dafs bis inr Zeit des mmbmafelieben Eintrittes die geistige
Ciawirkiing noch nicht konnte verflogen sein , einen Skrupel Kreb«-
steiopolrer. Sie stutzte ein wenig, ehe sie znm Einnehmen über-
fing* si« aefaandtrM, «ndKoh &ftle m eiaHMi nnd TencUockto
- »6 -
wie im Anlaufa daa Galg«DpoIv«. Sie ward« blafa I
Kampfe; nber, — dint Fieber, weder Galgen noch Bad eoheaend,
kam aur gehörigen Zeil; ich macfate ans dem pifebiaehen Heil-
veranche einen fTeundscbaft lieben Sehers and vertrieb daa Fieber
nach hergebrachter Wei«e.
Daa ist nun Blies , waa icli über daa urerkrankte Organ beim
Wecbselfieber iq gagen weifa. Ich bitte aber die Leaer nocfaniahia,
das Gesagte einzig al^ die Miitheilung einer uQToIIendeien prak-
liacben Untersuchung und nicht als das Anfacbwatzen einer Hypo-
theie anzii aeben.
Jetzt werde ich einige», was mich die Beobaehtuog beim
Wecbaelficber gelebrel, und was für praktische Aerate brauchbar
■ein kSDOle, millheilen.
Die MeinuDg unserer Altvordero, welche aaob noch in den
K5pren mancher Aenie nnserer Tage Anklang findet, war; di«
Leber sei der Sirz des Wecbselfiebera. Ich aelbat sah hlofig,
dafs die Leber conaenauell ergriffen war, dafs durch eine krank-
hafte GallenabsondernDg der Darmkanal voll scharfer Stoffe steckte,
durch deren Heiz die reine IntefmiaBioQ nicht selten gestftret uad
das Fieber eher RemitieHt als Intermittau wnrde. Wer in sol-
chen Fallen die chemische Schärfe im Darmkanale nicht neairjfi-
airen oder aasleeren wollte, würde allein mit der Rinde, in wel-
cher Form er sie aacb gehen wollte , wenig anarichlen. Da ich
die neulralisirenda Methode der ausleerenden voniehe, so weifs
ich recht gut , dafa man mit jener eben ao leicht nnd noch siche-
rer xnm Zwedte kommt als mit dieser. Maa mvb abtt di« Ne-
bensache nicht aar Haiiptaaebe machen , nnd wohl badenkeo, dab
das Fieber selbst, beim jedesraahligen Anfalle eine StStnng in
dem Gallenorgane hervorbringt, nnd dafa, wenn man die Baapb-
sa«^«, das Fieber, nicht wegschaffet, man dnrch bloEus Ausle»-
reo oder Neatralisireo den Stein des Sisypbns wKlzt.
bt das Leberleiden blols eine leichte consensuell« Berährlheit
der GallengSnge, so kann raan, so bald die im Darmkanale var-
bandene Schärfe weggeachaBk ist, die Rinde gleich geben. Httn-
fig aber ist bei gaslriacher Coostiinlion daa Ldwrieidan bedan-
tender; die Genebtsfarbe ist gelb, der flam in der fieberfraim
Zeit dunkel gefärbt, und imEpigastrio sind spannende oderscbmers-
baft stechende Gefühle , welche bei dem FiebertuifiBlU Temefaren,
beim Aufhören desselben wol nachlassen , aber nie ganz verachwin-
deA. In diaaan Füllen sorge ich dafiir, dafs, bevor ich das Fie-
ber vertreibe, die Leber wieder möglichst sam \orma1siande zn-
rüakgafahrt werde. Ueber die anzuwendenden Mittel l&fnt siob fm
Allgemeinen aiehta bestimmen. Mich bat die Grfabrang gelehret,
dafs ich mit den Mitteln am sicberaien snm Zwecke komm«, die
aof im hamcheoda Lriiaräbal des Jahres passen. Aber auch hier
— 6B7 —
gibt es Auanhbmsii, wiewol ti» Briten und. So habe ich erlebt,
cIrIs in einem Jahre, wo die Lebetbarührtheii durch die Brech<
mlk Bofasell und aicher lu beaeitigen war, ich bei eiiuwIaeD Fie-
berkrattken mil der Schellkraattiokiur die Leber in Ordnnng hrin-
g«o mnfste, weil jenes allgemein wohlibfilige iVliiicI dieeen ein-,
letoen niohl hulf. Daa sind aber, wie gesagt, Ausnahmen von
der Regel ; im Allgenrainen kommt man am aicheraten zum Zwecke,
wenn man sieb- nach den feinen Schaltungen der epidemiachen
KoQstituiioD richtet.
Das Beate ist nun wol, man lürst die Bauchmiilel »o lang«
gebcBuehen, bis die widrigen tieTiihle im Epigastrio aar Zeit das
Fiebemacbtaasea ganz verscbwondeatindt und bis der Harn auch
ZU' dieser freien Zeit die Failie d«s vollkomraen gesunden half
xiim wenigsten heilet man dann das Wechselfieber am letcbusieo
«ad sicbersten.
Zuweilen ist nbier diese aidiere Behandlung in ihrsM gnnsen
Umfange aoanwendhar. Bei alten Leberleiden, die duroh das
Wechse4fieber aufgerührt und gesteigert werden, würde atBin den
Kranken einer langweiligen' und endlosen Beltandluug unterwerfen,
Menn man mil Unterdrückung des Fiebers warten wollte, bis das
alte Baiichleiden gehoben wfire. Hier mufs nien sich darauf be-
ttcbrHnken, den ersten Sturm, den das Fieber auf die Leber ge-
macht, durch Hepatica ku beschworen, dann d«tvh ein Priparat
der Rinde das Fieber wegachafien, und gleichzeitig, und hinten-
tiHcb die Leber, so viel es sich thun läfsl, in Ordnung bringen.
VVeno ich aber hier von der Behandlung der Leberleiden beim
Wechaelfieber rede, so will ich dadurch wahrlich nicht andeuten,
dafs die Leber jederseit beim Weobselfieber ho ergriffen wire,
dats man a&tfaig hätte, besondere Riioksichi auf selbige zu neh-
men. Im tiegeniheil , selbst wenn Leberaflfekiionen landglingig
sind, nimmt nicht ein Viertel der im Sommer Torkoannenden
Wcchsclfieber Theil an dem landgttngtgen Leberübel.
Die Beobaeblung hat uns Aorzte längst gelefarei, dafs alle
consensuelle Leiden der Organe sn Urleiden werden können, und
dafs in solchen Fällen nieht selten das Leiden des nnfSuglich ur-
ergriffenen Organs gant verschwindet. Auch diese Beobachtung
habe ich beim Wechselfieber bestätiget gefunden. So kann die
consensnelle Leberaftektion zum Urleiden dieses Organs werden,
welches sich unter der nosologischen Form des Galleofiebers , oder
der Gelbsneht darstellet, in welchem Falle Am Wecbselfieber aus-
bleibt. Auch das wniensuelle Leiden des Magens, welches si^
beim Pardxismns durch vorfib ergehen des Erbrechen ftnlsert, kann
zum lit-leiden des Magens, zum anhaltenden Erbrechen werden.
In den Falten, die iefa, besonders in den leisten iabren sab , und
bei denen man mieh gerade des - Erbrechens wegen ko Hätf« rief,
«tillt» ich iHmm dureh aalnadreB Kslk und iIm Fieber kehrte
nicht wieder. Die conaeniuetie NlarenaffektioD, welche sich durch
trSben, dankelf^effirbten Harn %u erkennen gibt, kann aach gar leicht
Kum Urleiden dieser Organe werden, und sich als WaisersDebl
darstellen, in welchem Falle häufig dai Wechselfieber verschwindet.
Diese verschiedenen Arten des Melasebemaiismas können ni«Ai
leicht bei solchen Kranken stattfinden, die der Ar«( von Anfange
an in Behandlung hat, denn, ist er klug, so wird er immer ein
wachsames Auge auf die consensuell ergrifTenen Organe haben.
Wir finden die Krankhettsverietxnng aber leider lu viel bei sol-
chen Menschen, welche gar keine oder verkehrte Araenei gebraucht
haben. Ich habe bemerkt, dafs ich in diesen Füllen am besten fah-
re, wenn ich das Wecfaselfiebar gani vergesse und das urerkraAk-
te Organ gesand mache. Kehrt Jenes dann nach w ie derb ergesi eil-
ter Gesundbeil in gewähnlicher Form sarCek , so heile ich ea
gründlicher als es die Nainr oder die Unknnst rrnbar gebeilt hatte.
Es kehrt aber bei weitem nicht immer luriick:
W«nn man über dl« RGckfSlIigkait der Wechselfieber spre-
chen will, so Mehet der Erfabrangssaln oben an, dafs alle Organ-
berübnheiien nicht blors leicht RnckfXIle machen, sondern dafs in
dan wirklich geheilten Oi^nea eine Disposition id gleicher Krank-
heit noch eine lange Zeit naehher bleibet, nise dab, wenn eine sol-
che Krankheit landgSngig ist, diejenigen Menschen weit eher von
ihr berülirt werden, die sie schon einmahl gehabt, als andere, wel-
che sie noch nie gehabt.
Der zweite Gnrnd der Rückf^lligkeit der Wechselfieber isi in
alten Banchorgaßfehlem r.u suchen, snd diesen ans solchem Grunde
entstehenden RückOlllen ist am wenigsten vorxubeugen, wenn ent-
weder die fiauchfehler unserer Kunst unheilbar sind, oder wenn wir
es mit Leuten sa (bun haben , die , sobald der Fieberanfall aus.
bleibt, die Araenei, deren sie hochbedürftig sind^ bei Seite setaen.
Der dritte Grund der RückfBlligkeit liegt in der wunderlichen
Ansicht nancher Praktiker, dafs es sich nur darum bandle, das
Fieber zu vertreiben. Wer den Menseben als gesund ansiebet,
sobald der Fieberanfall ausbleibt, dm wird oft mit Rückfällen, oft
mit allerlei Kränklichkeiten zu kämpfen haben. Das Fieber ist
nichts als eine Krankheitsform, und die vermeintliche Heilung des-
halb oft weiter nichts, als die bewirkte Veränderung dieser Form.
Leider ist die dem Kranken angekünstelte neue Krankbeitsform
nicht selten weit listiger als die alte, voranglich Wassersucht,
Hosten, Gelbsucht, schleichendes Fieber, and er ist aaweilen berz-
Ikti froh, wenn die Krankheit in der dun Wechselfiebeiform
wiederkehret und ihn von der weit listigeren Afterfotm erlöset.
Diese Beobachtung, die «ehr alt und gemein ikl, hat 4er Mei-
nung unter dem Volke Eingang verschaffet, dafs die n frühe Un-
— 65» —
lerdrQckan^ des ' Fiebers solche Kränklichkeit benorbringe. Ei
Ut aber nicht die zu frühe, sondern die nnTollkommne Heilang
der Krankheit, das blofse Formvert reiben, was man besehnldigen
mata. Gebet man von dem Satse aas, dafs man es mit einem ar-
erkrankten Organe zti ihun hat, und dafi wirkliches, vollkommenea
Heilen nur roUkoininnea Heilen des urergriffenen Organs , nicht
blofs Unterdrücken der periodiacfaen consensuelten Aufgeregtheit
des Gesammtorganismus sein müsse, so wird man einsehen, dafs
ea nns an Zeichen fehlet, ans welchen wir das vollkommne Ge-
lieiltsein eikiankier Organe mit Sicherbeil erkennen können, und
dafs wir nur durch lang fottgesetsten Gebrauch des Eigenheilmil-
tds die Wahrscheinlichkeit des rollkommenen Geheiltseins erlan-
gen k3nnen. Ob aber auch in diesem Falle die Geneigtheit rat
tdbigen Krankheit in dem geheilten Organe gaox getilgt sei, kön-
nen wir dennoch nicht wissen.
leb bin der Meinung, dafs nimmer in der Medirin ein Mittel
wird entdeckt werden, welches den Riickföllen der Wecbselfieber
ganz rorbenget. Von Zeit sn Zeit werden Aerzte auftreten, die
sich solcher Erfindung rühmen ; di« Folgezeit wird aber immer
lehren, dafs sie sich getäuscht haben. Meine Vorfaersagnng grün-
de icb einzig auf den Wagesalz: dafs das, Wechselfieber als con-
sensnelles Ergriffensein des Gesammtorganismus von einem Urlei-
den des Hantorgans abhänge. Sobald man nämlich diesen, frei-
lich noch nnbewiesenen Salz als wahr annimmt, kann man nicht
wol glauben, dafs ein Organ, welches den Einwirkungen der at-
mospbftrischen Temperaturverinderungen so sehr und so nnmiltet-
bar ausgesetzt ist als die Haut, Je bei verinderlicher Witterung
(auch gründlich geheilt) vollkommen vor RückfSlIen wird cu scbilz-
zen sein; so lange nämlich jenes unbekannte Feindliche, welches
die Wechselfieber landgängig macht, auf den Menschen einwirkt.
Hftrt dieses auf zu wirken, so kann die Veränderlichkeit der At-
mosphäre allein keine Rückfälle dar Fieber machen; aber unter
jener Bedingung veranlafst sie dieselben, wie sie anch unter ähn-
lichen Bedingnngen manche andere Krankheilen veranlafst.
Das Schlagwechsel fieber habe icb mehrroahls beobachtet, Je-
doch meistens in den letzten sehn Jahren. Bestimmt erinnere icb
mich, dafs ich im Jahre 1816 erst zwei Fälle der Art gesehen
hatte. Alle die Kranken, welche ich später gesehen, und deren
Körperbesch äffen heit icb entweder kannt«, oder durch die Aussage
ihrer Freunde kennen lernte, waren mit alten Bauchfeblern be-
haftet. Den Zusammenhang swischen solchen alten Banchleiden
und der apoplekliachen Gebirnaffeklion sehe ich zwar nicht recht
deutHch ein , so viel weifs ich aber wol , dafs anch ohne Wech-
selfieber Steinsrichtige und an aller Leberversiopfung Leidende
vom Schlage zuweilen berührt werden.
- 660 —
Wiibrscheinlich die Neigung d*r Aeraie, rIIm iheoreliach zu
•Tkifiren, imd zugleich der seluama, rohe Begriff, all ob der
Schlag von einer Anhäufung dea Blütea im Gehirn entefehe , bm
dem Vorgeben Eingang vericbafft, AwSa bei dem Schlagwecbsel-
fieb«r die Kranken io dem Zeiiraume des Frosiea sterben mnfs-
len. In unserer Zeit ist diesem Vorgeben mit Recht widerapro-
chen worden, auch ich mufa ihm widersprechen.' Jedoch dürfen
wir unseren AllvorHern nicht unbedingt die Meinnng aufbürden,
als ob der Kranke jederseit im 2eitraun|e des Frostes sterbe.
Saglivi sagt: Omnei fn' extinguuntnr fehre ahqua inlermiHeUte,
circa initium paroxytmi marittntur , raro autem tu augmeitto,
atatu et declinatioiu. Da« Selten oder Nichtselt en hängt
TMi der eigenihiiinlicben Erfahrung des Anies und von der Zeit
ab, in der er sie gemnehl. Ich habe allerdings wol ein paar-
mahl erlebt) dafs der Kranke im Zeiträume des Froalea apoplek-
lisch wurde ; die meialen die ich aber geaehen , wurden es erst
bei der Hitae, ja ich sah deren, bei denen der Fieberanfall ohne
Frost, oder mit uobedeaiendein erschien, die bei der Höbe der
Hilie beitnnangsloi, und beim Auabruche dea allgemeinen war-
men Schweifsea erat tÖdtlich im Gehirn ergriffen wurden.
Das Gehirnleiden ist auch hitisichllich aeinea Grades so ver-
schieden, dafs der, der diesen Zustand nur ein oder ein )iaar-
inahl gesehen, ihn gemächlicher beschreiben kann, als der, wel-
ober ihn oft gesehen. Zwischen der gans gewSfanlichen cunsen-
soellen Gehirnaffeklion , die sich beim Paroxismus durch Irrere-
den äulseri, und der apoplektischen , bei der der Kranke gans
gefuhl- und besinnungslos mit röchelndem Athemzuge dalieget,
gibt es gar viele Abstufungen, so dafs ich selbst etnmahl hei ei-
nem Manne, zweifelhaft, was ich aus dem seltsamen Zustande
machen sollte, auf dem Punkte war, ihm, dem kaiholiacben Kri-
ateu, die letzte Oelung geben »u lassen.. Bei ihm äufserte sich
aänilich die Gehirnaffektion bei der eintretenden Hitze anfänglich
als ganz gewöhnliches Irrereden, aber zwölf Stunden nach dem
ersten Eintritte des Fiebers lag er im heftigen Scfaweifse ganz be-
sinnnngalöa, und war selbst unfähig zu schlucken. Es wies sich
hiotennacb aus, dafs ein ungewöhnlich langer, über vierundzwan-
zig Stunden anhallender Fieheranfall den Spuk gemacht. Dafs
ich der Rückkehr dieses etWBü verdächtigen Fiebers vorbeugte,
werden die Leser wol denken.
Die Febrit intermittenM apoplectica convuitiva, von welcher
Marlon t als von einer eben nicht ganz seltenen Fiebarform spricht,
habe ich nnr ein einziges Mahl gesehen. Die Ftfrm der Krank-
heit war aber wirklich weit näher mit der Epilepsie als mit der
Apoplexie verwandt. Der erste Fieberanfall war ein ganz gewöhn-
licher gewesen, der zweite, au welchem ich gerufen wuHe, war
— 661 —
Mm epileptiMsbe , uod der tttdtete auch deu allen Braiintudiisüu-
fer. Die ConvulBlooen waren aber, besonders in den Gliedma-
iata, ungeheuer hefiig, aad wHhrten bei vier und zwanzig Stun-
den, wo dann der Tod der ekelbafien $«ene ein Ende inachle.
Die seltsamste Gehtrnberühriheit sab ich im Jahre 1829 bei
einetn Landinanna von mittlen Jahren. Der Anfall, bei dem ich
gerufen wurde, war der dritte eines andertftg igen Fiebers. Der
erste war ein gewShnlicher gewesen, der EWeite ein solch ban-
ger , dtifs man den Kranken mit den Sakranienien der Sterbenden
versehen, der dritte, bei dem ich gerufen wurde, war, nach
Amsage der Umalehendiin , dem zweiten Tollkommen gleich. Au-
fser einem leisen Aihemfaalen', mäfsiger, nicht fieberhafter WSr-
■iie und einem etwas beschleunigten PnUe, der biDStchilicb seiner
Vollbeit, miilhmafsHch von dein normalen dieses Körpers wol
wenig verschieden sein mochte, war der Kranke wie ein lebloses
Wesen. Seine- Augenlider standen halb often, waren wie die
Augapfel onbeweglicb, Kneipen und Stechen fühlte er nicht, an
Schlucken war gar nicht cn denken, wollte man ihn aufheben,
so handhabte er sich gerade wie ein nichterslarrlef Leichnam.
Der Mann ist aber nicht an diesem seltsamen Fieber gestorben,
sondern der beschriebene Anfall ist der letete gewesen.
Der Raih des (^arl Ludw. Boffmanii, dafs man dem Kran-
ken im Paroxysmus grofse Gaben Opium reichen müsse, kann
heilsam sein, besonders wenn die verdächtige Gehirne ffeklion bei
der Kille sieh zeigt. Es ist aber wol offenbar, dafs dieser Schiift-
atelier das besprochene Fieber nicht oft, also auch nicht in sei- ^
mm Terscbiedenen Gestalten beobachtet hat. üeberdies verdScbti-
get seine iVeignng zum Theoretisiren und seine .Abhandlung über
die Wirkungsari des Mohnsaftes seinen Rath in meinen Augen ein
wenig. Ich denke immer, seine Kranken wären vielleicht eben
so goi ohne den Gebrauch als bei dem Gebrauche des Opium«
wieder zn sich selbst gekommen; zum wenigsten habe ich, auch
ohne gegebenen Mohnsaft, sehr bedenkliche Anßlle unlödtltch
ablaufen sehen. Dafs man der Wiederkehr vorzubeugen sucht,
bedarf keiner weiteren Erwähnung.
Was die im Anfall zu gebrauchende Mittel betrifft, so hat
Werlhqf' darüber geschrieben j C. L. Hoffnann verwirft sie aber
als unnntc ich selbst will nichts darüber eniscbeiden ; wer sie
mahrmahls versucht hat, der wird am besten ihren Werlh schä«.
■en können, üeberhaupl habe ich von den drei klassischen Schrift-
stellern über die Wechselfieber, Wtrlh^f, Sthac und Medicut^
die man mir in meiner Jugend empfohlen, wenig Nutzen gezo-
- gen. Wfiren sie so reich an originellen Erfahrungen und origi-
aellen Gedanken, als sie reich an fremden Beobachtungen und
Meinungen lind , so würden sie mich weniger gelangweilt haben.
— «6S —
leb gisab« wahrhaftig, daA diew drai MaiiMf, tob deaeo Senme
aber d«r niagerite in, durch den Wost, der bei ihnen aufgeata-
pelien Beobachtungen, Erfafarangen, RathichlSge nnd Meinungen
allein im Siande wären , einen etwas aohwachköpfigen Ant gana
toll in macbeo.
Jedenfalls iit das Schlaf-, oder Schlagwechielfieber eine solche
Krankheit, die auch den Tortichligsten Arzt berücken kann; denn ein
solcher Anfall erscheint nicht allein ungeahnet, aondern ergreift aaeb
stuweilen den Menschen so, dafs die Anwendaog innerlicher Mit-
tel , kSnate man ancb deren heilende Wirkung verbürgen (welches
aber noch wol etwas sweifelbaft sein möehle), gans unmSglicb ist.
Ich bin jetzt noch schuldig, zweier Bedingungen zu erwähnen,
unter denen ^ nach meiner Beobachtung, alte Baucbfehler leicbi ein
Wechselfieber anm Schlaf- oder Schlagfieber machen können.
1. Wenn die epidemische Konstitution so geartet ist > dafi bei
den hemobenden aknieti Krankheiten der erkrankte GesaromtftrgB-
nigmui unter der Heilgewalt des Kupfers stehet, ao nehmen man-
che Wechselfieber , sonderlich im Frühjahre , wo dieae Som-
merlandplage erscheint , nnd im Herbste , wo sie sich wieder zum
Abzage anschicket, Tbeil an der herrschenden Konstitution. Durch
diese Venniachung werden die Wechselfieber noregelmKlÄig , nl-
bern sich mehr der RemitUiu als der Intermitttnt. Die Anßlle
erscheinen ohne Kälte, oder nur mit einem geringen Schauder.
Menschen, welche altfehlerhafte Baucheingeweide haben, werden
dann leicht bei einem Fieberanfalle schlafgüchtig , oder apoplek-
tisch. Durch zeitiges Heben des krankhaften Zuslandes des G«-
•ammtorganismas kann man diesem bedenklichen oder tSdtlichen
Gehiroleiden am besten zuvorkommen , das ganze Fieber entweder
abschneiden , oder es so umgesialten, dafs ea sich deutlich der
lotermission nKbert. Sobald man dieses siebet, mnfs man es
gleich mit der Binde angreife^i. Nach meiner Erfahrung darf man
aber nicht warten , bis der Parosysmus regelin&fsig wird , son-
. dem mnfs gleich die Rinde anwenden, sobald man gewahr wird, dab
die Exazerhation nicht mehr abends, aondern nachts, nach Mit-
ternacht, oder morgens sich einstellet.
Wird man aber io solcben Fällen erst spät, den zehnten Tag,
oder noch später zu Hülfe gemfen , so ist man doch nicht immer
Meister des Ausganges. Diese Fieber sind sehr täuschend ;ue
erscheinen zuweilen als echte Intermittentet , machen zwei, nach
wot drei Anfälle mit Kälte, und gehen dann in die Remittem*
mit abendlicher Exazerhation über. Daher kommt es, dait Leute,
die einra gewöhnlichen Wechselfiebers wegen nicht aogenblieklioh
zum Arzte laufen, sondern erst fünf oder sechs Anfölle abwarten
wollen , gar übel getäuscht werden. Auch der Arzt selbst kann
sieh sehr leicht täuschen, sonderlich im Herbste, welcher swar
— 653 —
aiofat dar beatiranie, aber docb <i«r gendhaUobe Wendepunkl der
•piileiuischeQ Konstitution ist. Wenn hier neugeBriete Krankl^-
ten eracbetnen nnd sich mit den Weohselfiebera verbinden, ao lat
u wabrlich böse Arzt gein. Glaubt es inir, wertbe Leser! man-
che sogeuannle NervenGeber, die, wenn sie aicbt tödtlich ablaa-
fen, naob endlosen Leiden in Wecbselfieber übergebA, sind wei-
ter nicbis ab eine solche Vermischnng des Weohselfiebers mit
einem Urleiden des GesammlorganisinoB. Beim einfitchen , reinen
Wecbselfieber befindet sieb des Gesam ml Organismus in dem Indif-
fereuiBtande ; darum kann der Kranke eben so unschüdlicb Brannt-
wein trinken, als Blut lassen, eben so unschädlich Salpeter ver-
■chincken als Aether. Ganz anders geslallet sich aber die Sacbe,
wenn der Geaammtorganismus, von der epidemiscben Konsiilution
berübrl, urerkraokt ist; da heifst es aufmerken.
2) Wenn UrgebJrnleiden herrschen , nehmen die Wecbselfie-
ber ebenfalls leicht Theil an der herrschenden Konstitution. Hier
gilt die nämliche Vorsicht in der Behandlung als bei der vorigen
Vermischung. Ich habe in einielneo Fällen die Vernüscbung so
dentlicb gesehen, dufs die lalerMtilteiu als Terliana um den an-
dern Tag morgens mit geringem Schauder auftrat; am Abend des-
selben Tages kam die Exazerbation des Gehirnfiebers, währte die
ganze \achl, und am zweiten Tage merkte man etwas Nacblafs,
der sich aber mehr dem Gefühle des Kranken, als durch vermia-
derle Geschwindigkeit des Pulses dem Arzte offenbarte. Am Abend
dieses zweiten Tages erschien nnn wieder die Gehirnfieberexazei-
baiion, und Daohdem der Kranke die Nacht höchst leidend zuge-
bracht, stellte sich am Morgen, als am dritten Tage , das Wecb-
selfieber mit Schauder wieder ein. So deutlich ist nun aber lei-
der nicht immer die Sache. Der Wechsel fieberanf all kommt nicht
selten ohne Schauder, ja statt der Tertiana ist es nicht selten
fiftoUdiaHa. Nun siebet die ganze Krankheit aus, wie eine Con-
timta remitietu qaotidiana duplicata.
Bei den jetzt in Rede stehenden Fiebern verrieih sich der
Wechselfieberanfall blofs durch seine Wandelbarkeit, durch Vor-
oder Zarucksetzen , jedoch häufiger durch Erstes als durch Letz-
tes, indefs der Gehirn fieberanfall regelmSfsig abends gegen sechs
Uhr eintrat. Im Jahre 1832 im Herbste fingen hier an, Gehirnfie-
ber zu. herrschen, wel^e unter der Heilgewalt des Tabaks stan-
den, und bei denen der Zustand des Gesammtorganismus salpetri-
scher Natur war. Diese verbanden sich nicht selten, sondern häu-
fig mit dem Wechsel lieber. . Wenn ich hier in vier und zwanzig
Stunden eine Unze destillirtes Tabakswasser aod zwei Drachmen
wiirfelichten Salpeter gab , so Hefsen die Kopfleidea in einigen
Tagen bedeutend nach und ich konnte nun d^s Wecbselfieber er-
kennen. Ohne XU warten, bis dieses regelmSfsig mit Kälte eii;-
— — "s'^'
trat (ich hfille in den mewteD Füllen wol wg^M« auf 4i«N
bicheiaung. warten inüaseD), griff ich es gleich mit Aar Kiada a«.
War efl gehoben, lo mufale ich ilen Knutkea, wallte ich ihn
«icfat scheiDbar, londern wirklich geiand haben, eine Zeit laag
das RindcprSpant und gleichzeitig dai 'Tabakiwaaser gebraachea
Innen. VVVUte ich daa Rindepräparat allein gaben , so kriegte lob
ihn nicht aus dem Bette , er blieb in einem schleichenden Kraok-
heitsiuatande; wollte ich das Tabakswaaier allein galwn « sa spiella
das Wechgelfieber den Meister; nur durch daa gleichxeitige Geben
beider Mittel konnte ich sicher zum Zwecke kommen.
An diesem etwas ungemBohlichen vermischten Fieber habe ich
einen Mann behandelt, der voii langj&hrigen Leberleiden heimge-
«iichl, inehre Aerzte wegen dieses Leberleidens vergebens uiu
Kalb 'gefragt halte. Das Ternijscbta Fieber griff ihn gelind an;
aber unversehens würde ein Wecbael fieberen fall sunt achlafsüchti-
gen. Krst Bchlummerie er und war leicht au erwecken, dann wur-
de der Schlaf tiefer und das Erwecken schwieriger, darauf ward«
das Erwecken ganz nnfbuolich , endlich trat Unvermögen zu schlin-
gen, röchelnder Athem, unfreiwilliger Harnabgang ein, uod-«s
'schickte sich alles edmi Tode an, der auch ungefähr dfeifsig Sibb-
<den nach dem Pieberanfalle erfolgte. Wie wenig ein allgemeiner
warmer Schweifs in solchem Zustande den guten Aasgang rerbütgt,
habe ich nach bei dieser Gelegenheit gesehen. F.inen erwünsch-
teren Schweifs konnte kein Kranker haben als dieser Mann zu der
Zeit hatte, da er schon nnenveckbar schlief. Nur beim Eintritte
der unverkennbaren Agonie wurde der Scbweils kalt, klaberig,
uogleichmäfsig.
Die Venniitchung der Wechselfieber mit andern Gehiriifiebern,
s. B. mit solciien, welche unter der Heilgeualt des Sieohapf«ls
oder des Silbers stehen j h»be ich so genau siu beobachten nicht
die Gelegenheit gehabt, weil zn der Zeil, da jeae Fieber barracfa-
ten, die Wechselfieber zwar wol landgängig, aber nicht eigentli-
che Landplage waren, als im Sommer fies besagten Jahres.
Ueberbaupt ist aber die Verbindung des Weehselfiebers inii
Bauch- oder Gehirnfiebern jederzeit eine mifsliche und gefährliche
Sache, davon mag höchstens die gemeine Berühriheit der Gallen-
gSnge, die sieb eniwed»- durch 'vermehrte Galle na bsondening, oder
durch Gelbsacht offenbaret, eine Ausnahme machen. Ich habe
zum wenigsten von dieser, wenn sie landgängig sich mit deni
Wechselfieber vermischte, keine grofse Gefährlichkeit bemerkt. Daa
tOdlliche Fieber, das im Jahre 1609 in Leiden so viel Menschen
umgebracht hat, ist, so-^iel ich aus der BMchreibung des StfMu*
abnehmen kann, höchst wahrscheialiob aoch-Vermischung eine«
gefährlichen Leberfiebers mit dem Wechselfieber gewesen; eines
solchen Leberfiebers nKinlich. das nicht von einem Urleiden der
- «» -
GallengflDg;«, •oadero von einem Urieideo der inneren Lebeniiili-
«nox abbfingt. Ein grofser Tbeil der Kranken, die nicht von je-
oem Fieber gewQrgt worden, sind bei der BesseniDg in Wechael-
äflber gefallen. Die Heilact de« Professor Sylviui und seiner Kol-
legen war auf keine Weise geeignet, die Gefahr dieser Krankheit
abanwenden ; darum sind auch mehr Memcheu aus der vornehme-
ren, die Hülfe des Aretes in Anspruch nehmenden Klasse gestor-
ben, als ana den geringeren.
Ich werde jetxl dein Leser mein Schicksal hinsichtlich de^
Gebrauches der Penianiscfaen Rinde erzählen.
Im Anfange meiner praktischen Laufbahn, die im Jabre 179S
begann , waren die Wechgelfipber selten , sie erschienen im Som-
mer einzeln; ich hörie aber altere Leute von denselben als von
einer wahren Landplage reden. So lange nun die Fieber einieln
erachienen, behandelte ich sie wie ich es gelernt hatte; das Ge-
lernte wollte mir aber, in mehr als einer Hinsicht, nicht sonder-
lich gefallen. Im Jahre ISO^I, da sie nnfingen, landgängig z» wer-
den, dachte ich an eine aweckmäfsigere Behandlung. Des Tt«^
ma» WiiU% einfache Beschreibang der Wirkntig der nach der
Sekedu/tt B«miima gegebenen Rinde brachte mich auf den Gedan-
ken, dieser Vorschrift zu folgen. Sgdenhamt Vorgeben, dafs ein
Mensch, der die Rinde also genommen, am VVechselfieber sollte
gestorben sein, und meine eigene Beobachtung, dafs in einzelnen
Fillen nach dem Einnehmen der zwei Drachmen Rinde ein nnge-
wöhnlieh heftiger Anbll entstand, die Möglichkeit also mir ein-
leuchtete, dafs Sydenhamt Vorgeben «ol wahr sein. könne, vnan-
lafsie mich die Sckedwia Romana so zu verbessern, dafs nicht der
■weile Anfall nach der gegebenen Artenei, sondern der erste aiiz
bfeihen mafste. Ich mischte nftmlrch eine Unze Königsrinde mit acht
Unzen Wasser, setzte auch wol etwas Gewitrzhaf^es zu (welches aber
nur Nebensache war), und liefs den Kranken fewölf Stunden vor
dem Fieberanfalle das Einnehmen lieginnen. Er mufste sechs Stan-
den lang Blündlich einen Löft'el voll nehmen, nach diesen sechs
Stunden aber alle halbe Stunde einen Löffel, bis der Trank a'le
war. Diese Vorschrift war auf das, oft bedeutende Vorrücken
der Paroxiümen berechnet. Ich erreichte nun vollkommen meinen
Zweck; der Paroxismus, vor welchem ich den Tränte gab, blieb
ans, nnd der Trank fnnd bei den Menschen grofsen Beifall. Die-
ser Beifall ist aber nicht einzig der beschriebenen Gebrauchsart
mzuBcbreiben , sondern auch wol zugleich der Echtheit der Kö-
nigsrinde. Es gab frOher viel schlechte Rinde, wurde von man-
chen Apothekern ßr gute dispeusirt, und die Fieber, welche HOl-
ehem unnützen Zeuge nicht weichen wollten, kamen bei manchen
Aerzten in Verdacht, als oh sie von einer fremden, weit sperri-
geren An wMren als früher. Ich erinnere mich noch der Zeit,
dtifs ein Apotheker, der gute Köoigariiule luben wolhe , dch b«-
■ondera mit den \1aieri allsten darüber besprechen nin&te, dena
was diese unter den Namen Cort. cküuie reg. opt, in ihrer Preii-
zeitiing aufgeführt hatten, war ein Gemisch von guten und falacben
RindesiQcken, und leiste saheD den ersten xiemlich iknficfa. Wei-
terhin kam eine ganz unwirksame Rinde in den Handel, die xa
der Zeit, da die echte Kinde am theuerslen war, für drei Frankeo
das Pfund verkatifi wurde. Gewinnsüchtige und schelmische Apo>
theker machten diese mit Gentianwurzel bitter, nad diapeosirten
sie für die Köaigsrinde. Von dieser Betrügerei habe ich mich
einst bei einem auswärtigen Anlsbruder, der, apoihekerglSabig,
die Fieber einer ausgezeichneten Hartnftclcigkeit beschuldigte, nicht
vermuihlitdi, sondern sinnlich übenengt.
Nachdem ich mich nun eine lange Zelt des besebriebenen
Trankes bedient, so hatte ich Gelegenheit genug gehabt, auch das
Hinderliche dieser Behandlung kr beobachten. Starke nad dreiste
Menschen hatlea ihr Vergnügen daran, durch diesen nnfehlbare«
Trank dem Fieber zu trotzen; aber schwachen Menschen, Wei-
bern aus der vornebmerea Klasse, überhaupt Z&rtlingen wollte er
nicht recht munden, and ich sah mich deshalb genöthiget, d^
Rindepulver ein Extrakt zu substiluiren , welches ich ans der Kö-
nigsrinde bereiten liefs, indem diese suerst mit Alkohol ausgezo-
gen, dann ausgekocht, und beide Auszüge zur Extraktdtcke abge-
dampft warden. Abgesehen von dem, bei der damafaligen Thenre
der Königsrinde, hohen Preise des Extrakts, welcher dessen Ge-
brauch bei allen weichlichen Menschen nicht einmabl erlBDb<e,
denn leider sind nicht alle Weichlinge aaeh reich, schieo es
mir fast, als ob das Rindepulvw nicht einnahl ganz dadurch er-
setal würdew Da ich nun auch in der Zeit, durch den hfiufigen
Umgang mit Wechselfieberu den Glauben an die Sj/demAaM^eMe
Erzählung etwas verloren hatte, ging ich wieder in der Sciedmia
Romatia über, und weil ich früher schon bemerkt, dafs die Fieber,
nach dieser Vorschrift vertrieben , gar leicht wiederkehrten , ao
suchte ich dieser gar zu häufigen Wiederkehr dureh folgende Ver-
besserung Torzuheugen. leb liefs drei Pulver machen, jedes tob
zwei Drachiaen Rinde. Sobald nun der Kranke die ersten Spo-
ren des nahenden Fleberanf^les merkte, mnfale er ein Pulver,
welches schon «in paar Stunden vorher in Wasser geweicht war,
auf Ein Mahl verschlucken. Bekanntlich bleibet in den wenigsten
Fallen dieser Paroxiamus, vor welchem man die zwei Diacbinen
Rinde gibt, aus, sondern der folgende bleibt ans. Xun lieis leb
den Kranken das zweite Pulver den folgenden Fiebertag gerade
sur nämlichen Zeit nehmen wie das erste. Er durfte jetzt nicht
auf die erste Anmahnong des Fiebers warten, weil dieses nur in
seltenen Fällen erschien. - Das drifte Pulver wurde den drillen Fie-
— 687 -
b«rtag ebsnfBlIs gerade wat Dfimlicheii Zeit genommen wie das
•nte und zweite. Durch diese Art des Rindegebrnucbs bewirkte
ich, dalk die Fieber nicht so gar häufige RfickfÜlle macbteii , nnd
ich habe mich lange an diese Vorschrift gehalten.
Inzwischen wurde das Chinin entdeckt. Den Vorzug, den
dieses Präparat vor der Rinde in Substanz hatte, sah ich bald ein ;
er bestand in folgendem :
Zärtliche Leute konnten es besser nehmen als das Pulver.
Man konnte es lange nachgebrauchen lassen, und so nicht
bloÜB den Fieberanfall nnterdrncken , sundern auch das erkrankte
Hautorgan gnlndlich heilen, welches sich mit dem Rindepulver
wol in einzelnen Fällen, aber im Allgemeinen bei der Mehrzahl
der Menschen nicht tfaun liefs, weil es sie gar bald anwiderte.
Bei dem iäglichen Fieber, welches von Anfall zu Anfall, statt
mehr und mehr auszusetzen, vielmehr in einander lief, hatte es
den grofsen Werth, dals es, zu zwei Gran stündlich gegeben, die-
ser höchst angreifenden, Schwachen und Allen höchst verderbli-
chen Krankheit ein Ende machte. Mit dem Rindepnlver konnte
man bei schwachen Leuten , deren Verdaunngswerkzeuge zuwei-
len nicht zum besten bestellt sind, solche Gewaltsknren nicht im-
mer beginnen. Ich habe aber in späteren Jahren die in einander
laufenden Fieber weit häufiger gesehen als früher. Machen sie,
wenn sie geheilt sind, Rjickßllle, so erscheinen sie gewöhnlich als
r^elmäfgige Fieber; jedoch finden sich auch znweilen Ausnahmen
von dieser Regel.
Das Unvollkommene und Hinderliche des Chioingebranehes
bestand in Folgendem:
Beschränkte man sich blofs darauf, den Fieberparoxismua durch
das Chinin zu unterdrücken, so gehörte eine sehr grofse Einbil-
dung dazu, den Vorzug, den es vor dem Rindepulver haben soll-
te, zu erkennen. Die Rückfälle erschienen eben ho biufig nach
dem Gehrauche des einen a|a des anderen Mittels.
Weil das Chinin anfangs sehr iheaer war, konnte man es nur
wohlhabende Leute lange nachgebrauchen lassen, und so nicht blofü
das Fieber unterdrücken, sondern auch das urerkrankte Hautorgan
heilen. Bei der Masse des Volkes war dieses aber ganz unibun-
Kcb> und ist es auch noch jetzt, obgleich das Chinin viel wohl-
feiler geworden ist. Ich habe also bei der geringeren Klasse die
drei Rindepul?er noch nach Erfindung des Chinins gebrauchen
Endlich wurde nun auch das Chioiodin entdeckt. Seitdem
ich zuerst von diesem Präparat gelesen , habe ich nichts weiter
von ihm gehört, aneh nicht gesehen, dafs ein Arzt meiner Bv-
kanntsehaft es anwendete. Daraus scblofs ich, es könne leicht zn
der Unsahl von Mitteln gehören, deneo «iozig der Erfinder Wertb
beilegt, and du ich eben kein« beaondere Xeigiing xtini Venucti-
machen habe, wollte ich rorläufig aDderii Aersten dieie praktische
UniersüchoDg. überlaaBen.
Im Jahre 1S31 gehet aber einer meiner Bekannlen über den
Rhein und bekommt dort, nebst seinem Bedienten, das Wechscl-
fieber. Beiden nird das Fieber mit einer Miscbang von Chinio-
din nnd Chinin gebeilt nnd beide bleiben gesund. Dafs auch hier
das alte Lied wieder gesungen wurde, «in mit dieser Arzenei ver-
triebenes Fieber kehre nicht wieder, können die Leser leicht den-
ken. Abgesehen von diesem mir höchst unwahrscheinlichen Vor-
geben war doch so viel gewifs, dafs diese iMischung in sehr ge-
mäcblicher Form die ganze Kraft der Rinde enihieli: ich versuch-
te dieselbe und fand gar bald, dafs sie grofse Vorzüge vor dem
Pulver der Rinde und vor dem Chinin halle. Die Vorschrift lau-
tet also: ]^ CAiiiiotlini ^i Chinini tulph. gr. x ÄlcoM |ii M.DS.
Vierniahl täglich fünfzig Tropfen 7.11 nehmen. Der eigene Ge-
hrauch hat mich nun Folgendes gelehret. In Wasser lassen sich
diese Tropfen nicht wol nehmen, denn begreiflich schwimmt die
harzige Substanz, gleich auf dem Wasser, setzt sich an den Li>r-
fel oder die Tasse, nnd der Kranke bekommt vielleicht nur
die Hälfte der Gabe in den Magen. In einem schleimigen Tran-
ke, z, B. in einem Löffel voll kaliru Alihee>mfgiifs genommen,
kann dieses freilich nicht Stait finden; die Arzenei ist aber in
dieser Mischung sehr widerlich und ekelt die meisten Menschen
nn. Will man sie anf ein Stückchen Zucker iröpfeln und dieses
im Mumie zergehen lassen , so müchie die durchdringende Bitter-
keit des Chiniodins, selbst den Liebhabern des bitteren Ge^chmak-
kes doch wol etwas zu stark sein. Die beste Art die*Tropfen zu
geben bleibt also folgende. Man legt einen TheelöfTel voll zer-
riebenen Zucker vorn in einen Efslöffel, tröpfelt die fünfzig Tro-
pfen darauf, nimmt diesen Bitierzucker in den Mund., und apiilet
ihn mit einem Schlucke Wasser hinunter. Fänden sich Leute,
denen auch so noch die Bitlerkeil zuwider wäre, so können diese
den Bitierzucker in Oblate wickeln und hinunterschlucken, wo sie
dann gar keinen Geschmack davon haben. Mir ist aber unter gar
vielen Menschen nur Ein Fräulein vorgekommen, welches Ge;
brauch von dieser Oblatenbekleidung machte.
Die Anwendung der Tropfen und ihre Wirknng ist folgende.
Der Kranke mnfs sowol an dem guten als an dem bösen Tage
viermahi die fnnfsig Tropfen nehmen. An dem bftsen Tage darf
er sie aber nicht gerade in der FieberkSlie, oder in der ersten
Hitze nehmen, weil das Weehselfieber eine brecheriacbe Nainr
bat, sondern er muf« sie eine Zeit lang vor dem Fieber, oder nach
Beeodigang desselben nehMen; sobald der Nehweift elBwahl or-
denllicfa in Gange ist, kann er sie dr«iii oehnen, er wird li«
dann nicht mehr ansfarechvn.
So iit nnn der gewöhnliche Gebrauch. Wenn aber Noih a«
Mann gehet, kann man die Tropfen aiärker geben. So habe ich
einer Frau, die bei dem eogenaDnien verlarvien Wechselfieber
darcb heftige Augenentiiindiing gleich des Sebevemiögeiis beranbt
war, alle awei Stunden fnnfsig Tropfen gegeben, dadurch der nit-
gehener seh merz haften Augen eDtxüodiing Einhalt geibnn und dee
Gesicht gereitet. In einem andern Falle, wo die Enisündnng swar
auch Rehr schmerzhaft, aber die Gefahr za Erblinden nicht lo
deutlich war, habe ich mich bei der gewÖhnlicheo Gabe gehallen
und es ist auch gut gegangen.
Bei manchen Menschen bleibet nach eiatSgigem Einnehmen
schon der Fieberanfall aiix, bei andern wird der zweite bedeutend
•ehwBcher und der dritte bleibt an*. Wenige , sehr wenige «ar-
branchen die Hfilfte des FlHschchens , ohne dafs das Fieber ver-
schwändev Sollte aber, mehr als die Hftifie rerbraucfat sein, oho«
dafs es seine Wirkung gelhan, so kann man darauf rechnen, dafs
solche Leute nicht baachgesnnd sind, dafs llliere, vorfieberige Lei-
den des einen oder des andren Organs die Wirkung der Tropfen
hindern. Es gibt nHmlich unverstündige Menschen, jlie, wenn sie
wissen, der Arst vemlehe gut mit dem Fieber ninr.iigehen , auf
seine Frage nach ihrem früheren Befinden absichtlich falschen 9f-
scheid geben, weil sie sich einbilden, er werde sie, sagten sie die
Wahrheit , mehre Woclien lang schulgererht am Narrenseile füh-
ren, ehe er ihnen das Fieber abnehme. Dieser iiberlisiigen Nar-
ren gibt es keine mehr in meinem engeren Wirkungskreise, aber
in meinem weiteren stofse ich zuweilen noch anf solche. Ich ha-
be es ihnen mehrmahls anf den Kopf lugesagt, dafs sie mich ge-
tftnsrht, und dadurch das Geständnifs ihrer vorfiebsrigen ßanch-
feiden erprefst. Aber, was ich oben gesagt,- wiederhole ich noch
einmahl meinen jüngeren Kollegen : es ist durchaus überflüssig, ja
«elbst sehldlich, solche fn'iher banchberOhrte Menschen Wochen
lang die Srztliehe Leihsiuhlschule dnrchmacfaen xu lassen. Gera-
de darob Boleh aberwitziges Handeln uniTersilStisch abgerichteter
Meister hat sich in den KSpfen der Menschen durch die LXnge
der Zeit ein Arztbild geforinei, welches einem übersichtigen ge-
lehrten Steifling^ oder einem markachreierischen Gauner ziemlich
ibniich sehen mag. Mit Beziehung auf das früher Gesagte, erin-
nere ich hlofs daran, dafs man sowol das Chinin,- als das Chinio-
din und die Zusammensetzung beider recht gut neben den Bauch-
mitleln nnd neben den Gebirnmitleln geben kann, nnd wenn man
mit manchen Kranken fertig werden will, selbst gehen niufs. Ich
sage aber dadurch nicht, dafs man sie zusammenmischen mfisse,
das würde sich zum wenigalea nit der Anfittsang des Cbtniodini
— «70 —
nicht got ifann laMen, sondero man kann ne einselo gebeo. So
habe ich im Sommer 1832, da, wo es adthig war, aechsmafal tags
dreifsig Tropfen Kräheoangenwauier neben den xnsammengeteK-
len ClüniodiiHropfen gegeben, weil nämlich damahU drb hernchsn-
de Leberbenlhriheit iinier der sicfaersten Heilgewalt dieaea Wai-
■era stand (su einer andern Zeil würde ich ein anderes pafslichet
Mittel geben). Da der Kranke ohnedies den Chiniodinbitterxnk-
ker mit Wasser hiniinierspälte, so kannte er in dieses Wasser die
fast gescfamaoklosen Banchiropfen mischen und so das doppelte
Einnehmen vermeiden.
Was die Rückfälle der Fieber, nach dem Gebranche der be-
sagten Tropfen befriffl, ao sind sie allerdings weit seltener als
nach dem Gebrauche jedes anderen Rindepräparat«; ich denke aber,
dieser Vorzug wird wol grdfstentbeils anf die verordnete Menge
der Arsenei , nicht gerade anf die Zusammensetzung derselben m
schreiben sein. Eine Drachme Chiniodin und zehn Gran Chinin
in zwei Unxen Alkohol aufgelöset, hält, zu funfsig Tropfen Hg-
lieh vierniahl gebraucht, ungefähr zehn Tage vor. Da nun das
Fieber hfinBg durch einen ein-, oder zweitägigen Gebrauch nnter-
drüclrt wird, ^o hat der Kranke acht bis nenn Tage nach auage-
bliebenem Fieber noch einzunehmen , und man kann darauf rech-
nen, dafs bei Ticlen Menschen das erkrankte Hautorgan durch den
zehntägigen Arzen ei gebrauch schon geheilt iat. Bei andern , wo
diese Heilung nicht vollsländig war, entstehet Rückfall. Diesem
kann man am besten dadurch vorbeugen, dafa man die Portion
zwei- oder dreimahl verdflert; denn man hat eben so wenig si-
chere Zeichen, ob das Hauiorgan ganz zum Normalslande zurück-
gekehrt sei, aU man diese Zeichen' von der erkrankten Leber,
Milz, Bauchspeicheldrüse, Gehirn oder anderen Oi^nen bat. Die
Kosten des Arzeneigebrauches betragen, die zweiunzen Portion i«r
Tropfen zn elf Preufsische Silbergroachen drei Pfennige gerech-
net, mit der Flasche, kaum vierzehn Pfennige tags. Es mufs schon
ein dürftiger Mensch sein, der diese Kosten nicht zwanzig oder
dreiJsig Tage tragen könnte. Wem das aber noch za tbener ist,
der mufs, nachdem er eine zweianzen Portion genommen, gnt auf
seine Gesundheit merken. Sobald er Mattigkeit, Ziehen in den
Fiifsen, mehr oder minder Schmerzen oder Steifigkeit Lu Kreuze
spüret, darf er nicht warten, bis das Fieber wiederkommt, son-
dern mufa mehre Tage die Tropfen nehmen, bis diese Vorboihen
verschwinden. Die, welche eine gleichmäfsige , nicht kSrperlich
thSÜge Lebensart haben , k&nnen sieb in dieser Hinsicht nieht
leicht tBnschen; aber der, welcher ifiglich seinen Leib bafs ka-
steien mufs, der kann sich leicht täuschen, wenn die Vorbotben
des Rückfalles nicht gerade in Schmerzen , sondern blofs in Mal-
— 671 -
tigkeit bestehen, diese wird gewöhnlich aaf die untergangene An-
Mrengnng geschriebcD.
Alles wohl erwogen, ist jene Miachang von C'hiniodin and
• Chinin, welche die ganze Kraft der Rinde eDtbBlf, das beste Hetl-
miltel des Wechselfiebers , das mir bis jetzt bekannt worden ist.
Ob man das angegebene Verhältnifs zwischen beiden RindeprSpa-
raten mit Vortheü verflndern kSnne, weifs ich nicht zu sagen, denn
ich weiche nicht gern von dem ab, was gut hilft.
Von wie viel Kranken ich meine ersten Erfahrungen im Som-
mer 1832 gesammelt, kann ich nicht bestimmt sagen. Da aber
in der Milte Oktobers einer unserer Apotheker durch Vergleichiing
des eingekauften Cbiniodins mit dem noch vorhandenen sich 'über-
zeugt hat, dafs in besagtem Sommer acht Pfnnd CiFÜgewicht Cbi-
niodin verbraucht waren, welches kein anderer Arzt verordnet hat-
te als ich, so werden die Leser aus dieser Angabe leicht den Ue-
berscblag machen können, dafs das, was ich darüber gesagt, nicht
von einem oder ein paar Dutzend Kranken abgezogen ist.
Nnn mufs ich noch zum Schlnsse von den verschiedenen Wech-
selformen der Fieber ein Wort sagen. Die Quartana ist hier. zu
Lande^ in VerhBltnifs zu anderen Formen, selten. Im Winter, wo
die Wechselfieber wenig vorkommen,") sind aber die meisten der
wenigen, Quartanfieber. leb habe nie gefunden, dafs die Quarfa-
Ma schwieriger zu heilen ist, als die ■ Tertiana, Alte Rauchleiden
erschweren die Heilung der Tertiana eben so sehr als die Hei-
lung der Quartana. Die Tertianform ist die allgemeinste in mei-
nem 'Wirkungskreise. In den Jahren 1831 und 1S32 war der Ue-
bergang der Tertiana in die Quotidiana hfiufiger als ich ihn je
erlebt habe. Die Quotidiana ist die böseste Form ron allen, well
die Leute am härtesten davon angegriffen werden, besonders wenn
die Paroxismen lange anhalten und den Kranken keine Zeit las-
sen, sieb KU erholen. Das Vurgeben einiger Aerzte, dafs die
Qjtotidiana ein doppeltes Tenlanfieber sei, kann ich nicht für
wahr halten; es ist zwar niüglicb , dafs es sich in einzelnen Fäl-
len so verhält, aber im Allgemeinen ist es nicht so. Die Quoti-
') S«il icb Obisu isi htm 1832 «wchriobaa, bat «ich di« Satb« veriodwt, «■
cnebeiHaD weit mehr WeehaelBeber im Wiater, *ll frähcr. Jatat, icb acbrei-
be dieiei *m Bade Dezemben 1S37 , geheo wenig Tage hii, difi aielit Fit-
berkrtoke flilfe bei mir lachen. Sie leiden meitt am einfaehea , einige an
dspfelten Qisrtsaf eb«r , wenige isi sHtÜKigfo. ta meine« Wohanrt« ud in
deMen Umgabaiig tind .dif Fiebw Mlten ; die neiftna Kranke« kommea rom
Belfiichea , an« eiaer BsIferDang voa drei bii leeb« Wecatnndea. Ob die
dertigen Aerxte, «der die Apstbeker Schuld lind, daTi 4ie Kranken oder de-
ren Seudlioge , eiuei Fieber« wrgen , «ech« bi* iwolf Standen in den knraeo
Wintertagea dorcb ■•raelige and Sde Wege laaren raüitln , mag ich aiehl
""•"'•■■ .,,,_ ..Oügic
— «72 —
diana duplicala habe ich noch nie lange anhalten gteteben ; böch-
flleM kommt etliche Ta^ hiaterainander ein doppelter Anfall, dann
gehet sie v<m lelbst wieder in die Quotidiana timphx aber. Ich
glaube auch, dafs eine sehr Marke Natur dazu gehören würde, ein
doppelt alltägiges Fieber, ohne bedeutend schädlichen £infla£i anf
das künftige Belinden, xwei oder drei Wochen sa behalten,
Ueber die Erkensinife der sog«Daonten FebrU üttermilteiu
larvata, das heifst, auf Oentsch^ der vielgestalielen Uebel, welcbe
durch die Rinde oder ihre Präparate am sichMsten könoen beiei-
tigH werden, läfsi sich wenig ugen. Auch die Schriftsteller, wel-
che angeblich über den in Rede stehenden Gegenstand klassisch
sollen geschrieben bähen, befinden sich offenbar, wenn es anf die-
sen Punkt ankommt, in der Klemme, und rutschen, mit einem et-
was verlegenen Gesichte darüber hin- Sind die Wechselfieber m
allgemein als sie, besonders in den letzten Jahren, hier in Lande
gewesen, so hat man wol Vermulbang, dafs manche mehr oder
minder wechselnde Uebel , ohne gerade in dte Kaiegori« der Fie-
ber m gehören, ebenfalls unter der Heilgewalt der Rinde stehen.
In vielen Fällen wird man die Vermnihung bestätiget finden , in
einzelnen anderen wird man sieh aber tfinschen; jedoch kann die-
se Täuschung anch nben niemand zum Verderben gereichen. Das
iHl alles, was sich über diesen Gegenstand mit gutem Gewissen
sagen litf^t. Wem es nicht genüget, den bitte ich, das Kapitel
über die Krankheiiserkeonung damit zu vergleichen.
Jetzt werde ich von der Fetihaut reden. Zu den Krankbeilen
derselben gehört ein Uebel, welches eigenilich ein Gegenstand der
Wundarzeneikunst ist, bei welchem aber die Wundarzeneikiiast
bis JKizt wenig geleiscet hat; das ist nämlich der Furunkel, wel-
cher hier za Lande Blulscbwäre, auch wol Neunauge heifst. So
lange ich Arzt bin, habe ich bemerkt, dafs alle Itabungen, Um-
schläge, Salben und l'flaster, welche die Wundärzte dagegen ge-
brauchten, nutzlos waren.' Der gemeine Mann ist auch von dem
Unvermögen der Wundärzte ihm zu helfen so sehr überzeugt, dnfs
er sieb nicht wehr an selbige wendet, sondern sich selbst be-
schmieret oder bepflastert. Ja die Armen, welche auf Kosten der
Gemeinde ärzilicheo und wundärzilichen Itei^sland «rhalten, wollen
nicht eiumahl mehr die Kunst in Anspruch nehmen. Da wir frü-
her alle, nach altmodischer Weise nnteiriobiete WaadArsie hatten,
so war ich beim Abgange derselben neugierig, was wol die neu
nnierrichielen Preufsischen Chirurgen erster oder zweiler Klasse
vermöchten; fand aber b^ld , dafs sie eben so wenig konnten als
die alten. Ich mag sie deshalb auch nicht tadeln, denn da ich,
- 67S — .
fa^^rlicb Sber dieie« Seomlahtm, mefarmahlB telbM Veraacke hin-
siebtlich der Heiinng jener Teriweifelten Dinger gemRcht, ao ha-
ha ich niiob übeneagt, dafa dieielben sich meinen keizeriBcbea
AnaiehMn eben so wenig fngen wollten hU den schul gerechten mei-
ner wundAntlicben Amlsgenossen.
£a bat iicb aber in den vorleizten Jahren Kugetragen, dalä
ich durch die Menschenliebe, die uns Aersien beiwohnet, gezwun-
gen warde, bei den Armen ein wenig die Rolle des Wnndarstei
SB spielen, weil nämlich unser StadiwuaHarxi, gftnalich versohlis*
«en, die Armen aus KSrjjerschwäche, oder aus Vergefslichkeit vtr-
nacblafaigte. Da beitStigle sich mir nun die IrefHicbe Wirkung
des Salzsäuren Kalkea , von der ich in ZeitscfaciFien gelesen , bei
manchen fiufseren Gebrechen. Unter andern werde ich eininaU
lu einer armen, fieberkranlcen Frau gemfen und sehe dort den
Ehemann, einen Handwerker, mSfsig sitiea. Auf meine Frage,
warum er denn feire, leigt er mir seine beiden Fäfse, deren Hant
wirklich die grftfste Aehniichkeit mit einem Kräoiersiebe hatte
Sie waren nämlich mit kleinen Qescbwüren besAet, welche im
Durchschnitt von der Gröfse eines PreufHiscben Sllbergroicbens, ein-
■eloe aber doppelt so grofs sein mocfaieni Sie drangen durch die
Lederhant in die Fetibant, sonderten üble Jauche ab, hatten ein
mifsfarbige« Ansehen, und waren so schmerahaft, dafs der Mann,
nnfühig sur Arbeit, zum grofaen Nachibeile seiner Familie miifsig
dnsitzen mnfste. Nach seiner Aussage, halle ihm der Stadtwundant
Mittel gegeben, die nicht geholfen, und ihn hernach ganz ferlassen.
Diesem Manne machte ich nun seine kranken Füfse nicht blofs durch
den fiufseren Gebranch des Salzsäuren Kalkes gesnnd, sondern das
Gesandwerden geschah auch so schnell fortschreitend , so sichtbar,
dafs dieser Fall, Her an sich nicht der ErwSbniing werlh ist, mich
auf folgenden Gedanken braehln. Es ist doch , dachte ich , nicht
vermalblicfa, sondern sichtbar mit leiblichen Augen su erkenneo
gewesen, dafs die Unzahl kleiner Geschwüre in der Fetthaut ihren
Grund hatten. Der saltsanre Kalk beschwichtigte aber nicht blofs
wie ein Zanbermiltel den Schmerz, sondern er befSrderte die Hei-
Inng weit rascher als ich Je durch Satben oder Pflaster die Hei-
long ähnlicher Geschwüre habe bewirken sehen. Sollte man al-
so nicht versucht sein su glauben, der salzsanre Kalk sei ein aus-
gezeichnetes Eigenbeilmittel anf die erkrankte Fetlhantf und wenn
diese Vermutbang Wahrheit enthielte, nufste er dann nicht anch
das wahre Heilmittel der Fnrnnkeln sein, da diese doch sichtbar
und.nnwidersprecblieh ebenfalls Ihren Sitz in der Fetthaut haben!
Der Gedanke war gut ; aber wo findet maa gleich soleb blotsehwfi-
rige Menschen t Weil diese wissen, dafs bei ans Aeriten und
Wundärzten keine wahrhaftige Hülfe zu finden ist , so lassen sie
uns wohlwddich ungeschoren , und die reichlhüinlicbe Uehersicb-
- «74 —
lig^ail niaeht unbefriedliche Fu4«nifigen an die WuMlbeilkwast.
Glücklich M*d die Schtirfekfioider; wen« ihnea ein guter GmImi-
ke einflÜlt, k&ni>«ii li« gleich auf der Steile einen Vennch ina-
chea. Wir Aenie ranisen warien , bii sich naa die Geiegenheii
darbietet, und bietet sie sich nna ia der Folgezeit dar> so ge-
schiehst dieses xnweileo ganz zur UDrecbten Zeit, zu einer Zeit,
wo der gnie Gedanke schon iHngst seine \euheit nod Lebeadig-
keit verloren, zu einer Zeit, in der wir so sehr mit anderen wich-
ligen Gegensiftnden bexchfifiiget sind, dafi wir, statt nach dem al-
ten Sprichworte , die Gelegenheit beim Schöpfe zu e^reifen , sie
viclinefar fahren lassen. So ist es mir denn leider aaeh gegangen,
bis zum Jahre 1831. Da werde ich einmahl zu der fieberkranken
Tochter armer Leute gerufen, und sehe dort die Mutter der Kran-
ken mit peinlichem Gesiebte im Zimiaer herumtreten. Anf meine
Frage, was ihr denn Fehle, sagt sie: sie habe nnf dem reckten
Sebulterblatte eine grolin Blutschware, die kasteie sie so, dala sie
nachts nicht schlafen könne ond alle Efslast verloren habe. Es
sei schon ein winziges Loch in dem Dinge, allein der Sehmers sei
dadurch um keki Haar vermindert.
Die Besichtigung ergab, dafs sie wirklich einen recht giftigen
Furunkel anf dem Sehnllerblatle hatte. Die Verhfirlnng mochte von
der Grdfee eines Handtellers sein, die Eniaündiing war sehr leb-
haft , in der Mitte war schon ein einziges ganz kleines Loch. —
Auf meine frage, warum sie nicht die Hülfe des Stadtwnndaix-
tea in Ansprach nehme, antwortete sie: das halle sie für ganz
nutzlos, denn die WiindSrzie wiifslen doch keinen Raih auf die
Blatsohwiren. Sie habe blofs gekauten Pfefferkuchen darauf ge-
legt, der werde wol t^n so gnt sein als die wuod&rxtlicfaen Mit-
tel. Dieser Behauptung konnte ich mit gutem Gewissen nicht wi-
dersprechen, zum wenigsten schien mir gekauter Pfefferkuchen eben
so gut als des Paiilui Aegi»ela gekauier Weizen, leb fragte sie
aber, ob sie willig sei, ein Mittel auf die ScbwGre *a legen, daa
ich ihr verschreiben würde; wenn es ihr nicht bald Erleichterung
verschaffte, slSnde es ihr ja immer noch frei, wieder zum Pfeffer-
kuchen zu greifen. Sie nahm meinen Vorschlag gutwillig , jedoch
mit einer .etwas xweifelnden Miene an.
Ich liefs nun eine Unze Balzsauren Kalk in zwei Pfund Was-
ser auflösen, einen tfichiigen Flocken leinenes Pfliicksel damit
befenchten , mit diesem den ganzen Furunkel , so weit sich die
Verhärtung erstreckte, bedecken und hestftndig feucht halten. Ei-
ne Warnung, die ScbwSre vor allem Drucke der Kleidang sn.hü-
ten , war überflüssig , denn der Sehmerz hatte schon die Kranke
gelehret, ihre Jacke so aasznscbneiden , dafs diese nicht den Fu-
mnkel berühren konnte. Am folgenden T^;e machte mir die Alle
ein recht freundliches Gesicht, und sagte sobald ich ins Zimmer
— «75 —
mtt, es gehe mit ihrer Blatsehff&re viel besser, leh flberzeupe
mieh , dafa die giftigfe EnizfiDdung des Furunkels gebrochen war,
aai liefs ihn ferner Mit der AuflÖanng des selnaareo Kalkes he-
Mindig feucht halten.
loh will die Leser mit der Enählung der täglichen Fort-
Mfarliie der Besserung nicht langweilen. Es ist genug, wenn ich
sage, dafs die Verhirturtg nach nnd nach sieb erweichte, dals die
Absonderung des verdorbenen Hanipfropfes nberrasefaend schnell
geschah, und dafi, wie der Pfropf herausgefallen war, die Mns-
lislfasern so schön nnd saaber aussahen , als sie nur je der Zer-
gliederer an einer Leiche prlpariren kann. Ich liels jelxt die Auf-
Idsnng des salssauran Kalkes um die Hälft* rerdünnen, und bei
dem fongeseliten Gebrauche dieses einfachen Mitteis erfolgt« die
Heilung so schmerslos, so ohne allen Anstofii, dafs ich niA etwas
Achnliches gesehen.
Xachdem ich nun noch in eia paar anderen Flllen'die Heil-
kraft des sdxsauren Kalkes erprobet, so blieb das Wichtigste an
nntersDcheo über, nSnilicfa) ob er auch im Stande sei, die Furun-
keln in ihrer ersten Entsiehang an xertheilen. Solche Fälle sum
Versuchmachen waren aber noch weit schwieriger aufxutreibeo.
Im Sommer 1832 treffe ich eine Frau meiner Bekanntschaft,
die im Winter an Bauehkränklicbkeit gelitten, aber wieder gene-
aen war. Da sie nicht wie gewfihnlich eine heitere Miene halte,
frage ich , üb es wieder nicht richtig mit ihr sei. Sie antwortet :
Mit ihrer Gesundheit sei es gut geuug besteUt, aber nun werde
sie von Blnischwären gemarlerl. Eine sitze en der inneren Seite
des Schenkels, drei andere seien im Entsiehea begriffen, und von
diesen sitze Eine auf einer so ungeniächlicben tSlelle, dafs sie gar
nicht wisse,* wie sie das Leid überstehen solle. (Sie safs nämlich
oben in der Kerbe der Hinterbacken, nahe dem Sehwanzbeine.)
Ich fragte die Frau, ob sie sich sii einem Versuche hergeben
wolle; ich JcSnne nämlich blofs den Versuch machen, die im Ent-
stehen begriffenen Blutschwären .sn senheilen, versprechen könne
ich nichts, als dafs ich den unaertheilbaren Furunkel, den nSnn
lieh, der an der inneren Seite des Schenkels safs, und in den
schon iwei kleine Löcher gefallen waren, bald schmerzlos heilen
wolle.
Da sie mit allem zufrieden war, liefs ich sie die Auflösung
des salisanren Kalkes in der nämlichen Stärke als der vorigen
Frau auflegen. Die drei im Entstehen begriffenen Furunkel zer-
theilten sich glücklich, selbst der, welcher in der Kerbe safa, nnd
aaf welchen die Kranke weder Lappen noch Pflucksel legen, son~
dern ihn nur oft benetzen konnte, Kertheilte sich. Der uozertheil-
harp, in welcltem tohon zwei Löcher waren, heilte wie hei der
vorigen Kranken. Ich habe bald darauf noch einem Fi^ulein das
— 67« —
nihnlioha Mitlel mit eben so giiietn Erfolg« zum ZertfaeÜM gen-
üi«n. Die Zeil wird mich lehreo, ob sieb diese Erfahrnng besU-
ligel. Zwei WuDdärzte, denen ich sie mitgetbellt, haben mir
Tenprochen, sie zu benutzen, sie werden aber wahrscheinlidi we-
niger Gelegenheit' dazii finden als ich lelbit. Da ich bei meinen
xeiiranbenden praktischen GescbHfren noch wol zwei oder drei Jab-
re mit dem Schreiben dieses Buches besehKfiiget sein werde, in
dieser Zeit aber noch bejahende oder verneinende Erfahrungen über
diesen Gegenstand, ohne die Gelegenheit absichtlich dazo tat su-
chen, machen kann, so werde ich daz Crgebnifs derselben in ei-
nem Anhange dem Le^er mitiheilen. *)
Es gibt noch manche andre Krankheiten der Fettfaaut; sia
kommen aber zn wenig vor, als dafs -man Tiel Kluges darüber sa-
gen könnte. So sind z. B. die sogenannten lymphatiacben Gesahwnl-
Bte nicht hlofs seltene Erscbeinungen , sondern die seltenen sind
mir hauplaXcblich zn eia«r Zeit vorgekommen, wo ich noch nicbl
hlnlRnglich in manche Heimlichkeiten der Natnr eingeweiht war.
So viel ich die Sache einsehe , waren die Lerne , welche ich be<
obacbtei, und welche zwei oder drei solcher Geschwülste von ver-
schiedener Grdfse zugleich am Laibe hatten, kränklich, hatten ein
mifsliehes Aniehen, und sind anch, so viel ich habe in Erfahrung
bringen kSnnen, an diesem krankhaften Zustande gestorben. Hier
schienen also die lymphatischen Geschwülste Folgen jenes allge-
meinen krankliafien KSrperznstandes so sein, Dafa aber eine gro-
be lymphatische Geschwulst auch als hlofs örtliches Uebel eracbei-
nen könne, davon kann ich mich iBglioh überzeugen. Ich ken-
ne eine Frau , die seit Unger denn zwanzig Jahren eine bedeu-
') BU soat Asfiul 183t bin kb leider ssr aar aiaia clBsi|ea Fatt sMtaAeD ;
der be*t]itift« mir aber niebt bloft die gute Wirkgng de* laliiaaraB Kalkea,
■oaderi war aaeh Bocb in aDderar Himirbt librreicfa. Der Krank«, der al*
ZoHbeanler f^Sber In etaer anderen Stadt geitanden , nod dort (cban eiacn
Paninbd im Scbenkel nab iber dem Rate gebabt , welebar van einem MtH-
ea cM-vr|a baluadek war, koaala snek aelaen aiganea Cellble den Wnrib
■weier Heilartan an riebÜKataa Bit eiaander varglaiaben. Der FaraolLel, bei
den er inaiDe Kanit ia Antprnch aabn , tnta auf dam Baaobe oDlerbatb dea
Nabel« and war van mlltlerer Grörie. An ZBrtheilea war nipbt mehr lO den-
ken , deoa et waren lebon mehr« Tage «eil aeiner vollkommDen Aotbildung
verfloaten. Der «aliaaare Ralk bewirkte aber gtaicb einen bodealenden Nacb-
Infa den SebMersea. Naebden aieh der verdorbene Banipfrapf awgeaaadert,
sab icb darcfc die Oaffnug, d^ du Zellgewebe v«a dnaksl «ameaiaratber
Farbe war, nad erwartMe, dieaea werde die Nalnr aoeta nla elwaa Verdorbe-
aea ansttsfian. Uierin tnnaeble icb mich aber; die daakle Bälhe dei Poiitii-
euK adipoti verichwand in eis paar Tagen) ei wnrde nicht! ahgeilofien, und
die Hellang errotgle ohne Aniteb. leb denke, diete dnnkfe R5the, die offen-
bar nicbt EnUSndaDgartltb« war, wird wnl die Damfttelbnr« Folfe der Träha-
ren Entiüiidung geweien aain.
- 677 -
tcode au Hiolerb Büken bu; iteiu besiiiuat noch gröbvr al« zw«i
MaDBsfiiust«. Die Fluktuation fühlt man darin so dentlich, daJa
«atbit schwielige Fingor sie ohne Mühe erkennen können. Uebri-
§Mi» ist die Frau gesand. *;
Ich habe noch eine andere Krankheit der Fetlhaat in fünf Fällen
beobacblet. Es waren Getchwulsie, welche mit den lymphetischeQ
•iaige Aehnlichkeit halten, aber hinsichtlich ihrer Kleinheit, ihrei
■«U)Migen Aufbrechens und ihrer Entstehung von jenen abwichen.
Bei ihrem Entstehen fühlte der Kranke in der Tiefe der Haut eine
mlÜkige, fast icbmerslose Verbftriung. Die Haut wurde immer
dünner und dünner, die Flakloation immer deutlicher, endlich öff-
nete sich die kleine Gescbwnlst, und es iofs ein gerachloser Stoff
heraus, den mau weder Eiter noch Lymphe nenaen konnte, weil
•) Zaiati ton Jabr« 1835.
In Torigmi Jahr« ward« icb ed diaiar Fran , ciaea fariagwa UnwabUeina
wegat, geraTm, and 1« lab mich aoa r(Ea|;ierde naob ibrer altea Geacbwobt
«rfcsadisig , aagte «ie, ea babe aiob mit dieaer feit ctUcbaa Jabreo roa aelbal
•!■• aoadortarc Variiadernag sagotrasea, *ie aai aümliob aaak aad nacb saai
aeblapp gtworAea ; icb iLooDa m^eb an bcaleo darab daa GErUbl dkroa übar-
leoEfln. leb raadjelst, statt der prallea GeicbiroUt, eioeB laercii Sack, aad
in dieiem Sacjt tcbwebte (Ig läaglicbniader , barter, aber eiaatiMtber KErpar,
Toa der GrSfie elaea RSbaereies. Da er «icb oacb allen Seilen frei bewegen,
aber licb nicbt nacb BDlea, nach dem Grunde dei leeren Sackei bringen lief»,
an war et offenbar, dalb er dnreb ein lellgewebigei Band mit dem Uiatecbak-
kea laaaaimenbäBgeQ an rat«.
Die lymibatiacJie Anacbwellaag einaa fanxen GiieUea babe itb lebr lettes
geaeben ; sie iit aber ein gar böiei Dlag, beioaders wenn lie niebt darcb aina
necbaniicbe Urncbe, lODitera darcb eine innere Krinkbariigkeit de* Rürpera
enengt iil. Bi DSgea jetzt drei Jabre »ein, da zeigte mir dat Oieoatmlid-
cbea einaa meiner Freande ibrea liakan Fnfk) dieaer war, ohne Veranlaatang,
oaeb nnd aaefa dick nnd barl bii anm Rnia gewnrden. Der Watt war, da
icb iba a nteri nebte , «d prall geipannt, wie eine Trommel. An der iaberaa
Seile dea oberen Tbeiti der Wade rüblta icb deatlicb Flnclaalion, ortheilla
also, dafi alle Zwiicbenriinme der Parsmnakeln mit Lympüe anigerHnet lein
mürsten. Da das Hädcbeo angehlicb von Jagend an kränklieb geweaen, aad,
wie gtaagi, die GeacbwaUt ubae iafaere meehaniaeba Veranlaiaang eneegl
war, an aah ieb die Saiba all tebr bedeaklieb aa , ond gab der Ralbfra-
gceden, der ich dank da« UnlrSalUcbe aiebl «ageo dnrlte , eian Salbn, die
iwar aicbt beileod , aber docb aach aiebt varacblinBereni wirken kannte.
Ein paar Tage daraof iit tia, dnrcb meiae Verordnung wenig berriedignt,
an einem Wnndinte gegangen. Dieaer bat an dec Stelle, wo die' Flaktnation
In Füblen war, eine OeSbung gemacht, und e* aoll eine grofie Menge lei-
miger Lympbe entleert lein. Der ErTolg dieeer Entlerrang war aber nicht
güailig; daa Hüdeben mnfat« nacb «llicbea Tagen avi groraar Scbwieha dea
Dienet Verlanen, nnd lieb in ihren Aeltarn aars Land begeben. Hier iit aia
gleiib beltllgerig geworden, and der Tod kat nngerahr drei Wocben nach OeS-
nang der Ceacbwalit errolgt. Ancb ohne Oeffonag würde aie , freillab fiel
apiter, geatorben sein ; aie würde aber alidann ancb weit mebr Blead anaia-
elehaa gehabt haben ,
... ügic
er das Mittel zwiKhen betdea hielt. Ol« Hailong folgte von s«IIm(,
ohne kÜDStliche Hälfe. War eher eiaer, oder etliche aufgebro-
chen, lo waren wieder ein paar andere im Entliehen. Der Um-
fang der Geschwnliite war sehr Teraohieden; die meiaten inochteo
einen halben Zoll im Darchmener haben. Die fnnf mit dieaer
Krankheit behafteten Menichen, welche ich geaeheo, sind daran
gestorben. Ein junges, fast noch kindliches Mfidchen hat lange
daran gelitten. Die Mutter, welche mit ihr In einem Bette g»-
achlafen, bekam nach dem Tode des Mädchens die nSmIiche Krank-
heit und starb ebenfalls. Ich habe diese Beltsame Krankheit der
Fetthaut, (denn in dieser hatte sie doch wol ihren Sita) jeist seit
aWBDsig Jahren, nicht gesehen, dämm kann das, was ich duniahls
vergebens dagegen angewendet, die Leser auch wenig anmutben.
Wir wollen jetal lieber ron den Muskeln spreehni.
Die Schwierigkeit Eigenmittel auf die kranken Muskeln zu
finden ist grofs, weil diese fast mit allen Organen im eagen Con-
sens stehen. So stehen sie in naher Veri>indang
1) mit der Haut. Darnmsind manche Muskelschnierzen blof«
consensueller Art, und hangen von einem Urhnuileidän ab. Darauf
gründet sich ihre Heilung durch die Rinde.
2) Mit den Nieren. Darum sind sowo] BAemm«ii*mMt acu-
lut vagiUf als der ^xu» ehronicut nicht selten Urleiden der Xiereo,
nnd ich habe in den letzten Jahren mehre Fälle erlebt, dafsjesie
ITebel blofs durch die Cochenille bald und «icher beseitiget sind.
Ja es ist mir höchst wahrscheinlich, dafs man den alten S)iruGh:
die gichtischen sind sieinsüchtig, mit gutem Fuge um-
kehren und sagen müfite: die Steinsiichllgen aiud gich-
tiach.
3) Mit dem Gehirne nnd Rückenmarke. Darum kann
man auch in manchen Ffillen solche Miiskelleideu einzig durch Ge-
hirnmitiel heilen. So habe ich sie mehrmahlg durch den destillir-
baren Stoff des grünen Tabaks, oder durch den Zink gebeileL
4) Mit allen Bauchorganen. Darum kann man mit den
Banchmitteln Rheumatismen heben, die nimmer einer anderen Be-
handlung weichen, welches schon in gar alten Zeiten bekannt ge-
wesen; StoU und seine Anhänger haben es hernacbinahls grell
hervorgehoben und viel vom Bkeumatintu* bilion* gescbwal/.!,
den raan aber luweilen übel nach ihrer Anleitung würde heben
kSnnen.
Endlich ist wohl zu bedenken, dafs in den Muskeln hfiufig
eine Beriihnheit des Gesammtorganismng vorwaltend, sich unter
der Form des Kheumaiismus oder der Gicht offenbaret.
. — 679 -
Alte» wabi erwogoD, rnSchie n ia München Fällen «cliwierig
zu »agen ssin, bb man es mit «inMU (Jrleiden der Muskeln, oder
mit einem consensu allen, oder iui( einem in den Munkeln vorwal-
tenden Leiden des (lesammlofganiamus tu ihun habe, nnd in die-
ser Schwierigknt liegt anoh die Si^iwierlgkeit Elgenmiilel au^dle
Muskeln xu finden, und den Gebrauch derselben so lu bestimmen,
dnfs ein anderN sie wieder, ebne viel an ralbeo und berumEutnp-
pen, inil Sieberfaeit anwenden kann. Alles was ich also ober sol-
che Miiiel sagen werde, ist höchst nnvolEkommen, mehr eine llin-
deuuing als eine Milibeilung uobezweifelier Erfahrung.
Die Blumen der Armica montaita halle ich mit Wahrschein-
lichkeit ffir ein Eigenbeilmtitel der Muskeln; ich habe rfamii xnm
wenigsten Örtliche fixe Mnskelscbuierzen gehoben, welche ich lur
UralTekiioaen dieser Organa hielt. Ich erinnere mich unter an-
dern des seltneren Falles, dafs ein Mann, der wahrscheinlich da-
durch, dafs er Nacken nnd Hinterkopf bescbwilzl dem Winlerwin-
de ausgesetzt hatte, einen Rheumalistnus des Hinterhaiipimuskels
-bekam. Er litt viel daran, und das Debet balle den sogenaonleo
AmtirheumatieU barlnSckig widerstanden. Ich heilte ihn in drei
Tagen dadurch, dafs ich ihn, abends im Bette, drei Tassen eine«
wannen Aufgusses von lefan Gran Wolferleihlumen trinken liefs.
Schon am ersten Morgen nach dem abendlichen Einnehmen war
das sehr lästige Uebel gewifa um die Hslfie minder. — Im Bheu-
matüMtu acutui vagut habe ich diese Blumen bis jetst nicht bd-
gewendet, weil dieser in deo meisten Fällen, aonderlich wenn er
landgängig ist, von einem (Jrleiden des Geaammlorganismua ab-
hängt, in Welchem sie nicht passen möchten. Ueberhaupl niufs
iftan bei etwas reizl^aren Magen sich hüten , die Wolferleihlumen
in lu starker Gabe unzuwenden, sie verursachen leicht widrige Ge-
fühle. Sie wachsen in hiesiger Gegend wenig; ich habe aber mit
den in hiesiger Gegend gesammelten an meinem eigenen, recht
gesunden Magen zweimahl einen Versuch gemacht. Wenn ich drei
Tassen eines warmen Aufgusses von zehn Gran etwas schnell hia-
ler einander trank, so fühlte ich bald darauf ein mdriges, ziehen-
des Gefühl im Magen, welches «ich bis auf den Schlund erstreck-
te, und ungefähr eine halbe Stunde anhielt. Deshalb glaube ich
auch, d)tfs Aerzte, welche dieses Mittel in stärkeren Gaben rei-
chen, und diese stärkeren Gaben in weil reizbarere Magen brin-
gen als der meine, ist, sich unwirksamerer Blumen bedienen.
Mir hat der eriählte Versuch, die Wolferleiblumeo als Eigen-
heilmitiel der erkrankten Muskeln etwas verdächtig gemacht. Es
ist nämlich möglich, dafs sie nicht direkt heilend auf die Muskeln
wirken , sondern durch feindliches Berühren der Bauchnerven, aii{
antagonistische Weise. Die Schwierigkeit, in dieser ZHeifelbafien
Sache aufs Heine zu kommen, bat inicb wol hauplaäcblich be-
alimrat, die WoIfwlBiblmBea in dsn latiten zeha odw swälf Jalt-
r«ii weoig mehr au gebraaehea, indem eg ia d«r Natar meinar
Forschung; liegt, solche Mittel zn suchen, welche nicht antngoai-
stisch, Boodern direkt heilend auf die erkcaakteo Organe wir-
ken.')
EachenbUtter (fo l ia J<'r a x in i). Ich babe mehr al« Vei^
luutbung, dah ein Aufgufs dieser Blattei' eio gotea direktes Moh-
kelheilmittel ist. Auf eine eigene Weise kam ich sn dieaar Ef
fabrung. Ein ehemahliger Professor aus £<«»es, der, angeblidi,
unter Napoleon» Herrschaft das Weite suchen luufste, langte, da
wir wieder unter Preufsiscben Zepter kamen, nach mancherlei un-
glücklichen Schicksalen hier im Orte an, und lehrte« um sein Le-
hen XU fristen, die Bürgerjungen etwas Latein fürs Haus. Ich
hielt den alten , armen , unglQcklidien Professor Tür einen gelehr-
ten Mann, denn er hatte lateinische Oden geschriebel^ welche ich
nur halb rersiand, und eine französische Abhandlung über die
Quadratur des Zirkels, welche ich gar nicht verstand. Dieser ei-
sählie mir nun unter andern der Beachtung nicht wenhen Dingen:.
er sei während seiner mehrjährigen Verbannung vom Podagra ge-
plagt worden, dieses habe nicht hlofs feindlich auf seine Füfse
gewirkt, sondern noch feindlicher auf seinen Broterwerb, die la-
teinische Sprachiueisterscfaaft, und ihn dadurch in nicht geringe
Verlegenheit gesetzt. Durch den Raih eines Xichiarztes sei er ge-
beilt worden. Dieser habe ihm näiulich gesagt, er brauche sein
Uekel nicht iHnger zu behalten als er tielbst wolle; ein Aufguls
von EschenblSttern werde es ihm unfehlbar verireiben. Wenn
ich gleich im Allgemeinen solchen Erzählungen der Laien nur hal-
ben tilauben schenke, weil ich weifs, dufs ihre Einbildung die
Heilwirkung eines Mittels« welches ihnen geholfen, übertreibt, ver-
schönert, und es fast znm Wunder- oder Zaubermittel macht, so
') Im Jahr I83S biba ich i\e ia ellicben FVIen von UmnikellaiileD mit loineh-
mead fuXaa J&rMft (ebrancht, oDtar «Ddern io iweien voa toganaDotcB Ko^f-
rbMunariinu. Eiiin dcNfllkan Mbs \A ab BCrkwir4<K »a , wail er air
«ehr Hltea vurgekooBei itt. Hier utt der Sehmirs «Df den linkeB Sllrobü-
. gel nnd im lioliea Aogiprel , oder wsbricbeiiilicli iu dsa Munkeln dei Auj-
«lifels. Leizles icblierae Ich dirius, weil bei dem jedesmahligen Schmarzei»-
anrall dua Auge zwar iichlicheii , aber kanm gEriitbel war. Daa Uebei halte,
da ich zam Helfen aafgerodert warde , Eber acht Tage gewifarl , denn da «a
b^aBDllleh aDfailaweiae die Menaobea ergreift lad alarka HaehlliiM nacht,
■0 halte der Knuka hei jedem HachlMie wek geiohaeiehalt , «a ward« nicht
wiederkehrep. Um nna wöglicbat reine Errahrang n machen , liefe ich aehn
Gran WalfarleiblDmea mit aech« Tasaen beir»en Waiaer eine halbe Stunde
•uszieben, nnd den Aufgafi in getheillea, kleinen Gehen innerhalb Eiaei Ta-
ge« verzehren} la konnte die Arnika die Hageonervea nicht reindlicb angrei-
fen, leb hatte aeebi aoteher Pickehen Blumeo Teraebriebee ; 4re( war«* aber
hinnioband, dal labr peiaUdie Uebel i« hehaa.
„,,,_„,,,, Google
- 681 -
iiobiMi mir doch die fllafache Knäblnng d«s alten Mannes der Be-
achtung wenb. Ich Tenncfate diecet einfaehe, wohlfeile, inländi-
sche Miilel in inanoben Formen des Mnskelschmerses, welcher mit
•io Ürle'iden dieser Organe xn sein schien, und fand wirklieh, dafs
es treffliche Dienste lenteie, Kom wenigsien alle sogenannte Anti-
rkeumalicay hinsichtlich der wirklieben Heilwirkung, fibertraf. Ich
habe es selbst in' ein paar Fällen bei dem Bbenmaiismns der Kn-
Jäereo Tbeile des Kopfes, welcher RheunaiismHs gewöhnlich sehr
hartnilokig ist, mit überraschend wobllhSiiger Wirkung gegeben.
Man ntflfa aber nicht mehr von einem solchen Mittel verlan-
gen , als es -seiner \aiur nach leisten ka«n. Will man consen-
•uelle Muskelsehmenen, die-von einem Urleiden der Nieren, der
Leber, der Mil*) des Pforiadersysleraes , des Gehirnes, oder der
HbhI abhängen damit bekämpfen, so braucht man sich eben nicbl
SU wandern, dafs es seine Heilkraft nicht offenbaret.*)
Was nun den Gebrauch der EschenblKiter betrifft, so muls
man eine Unae ein« halbe Stunde lang mit geniigiamem heifse«
Wasser aussieben, und den Aiifgofa nach und nach durch den Tag
verstihreo lassen. Da. das Mittel gering, und im Sommer sum we-
nigsten umsonsi au befewtamen ist, so ist auch der Aernste im Sian«
de, es aabattend bis mr Genesung au gebrauchen. Die Zeit der
Heilung stehet gewBhnlich mit dem Aller des-Uebels im geraden
Verfaältniase ; jedoch stftfst man auch auf Ausnahmen , und xiem-
liefa alte Uebel remohwinden nweilen schnell.
Den ang«bliohan Unterschied swischen Gicht und RheaMatis-
NMtB halle ich IBr einen blofa hilofaerlichen , man findet ihii nicht
in der Natur. Jedes Organfibel kann akut, bald TorUbergebend»
oder «hrontsoh und periodisch wiederkehrend sein. Ueberhaupt
bleibt in den erkrankten Muskeln , wenn sie geheilt sind , so gut
wie in aUen einmahl erkranktan und geheilten Organen, eine Dis-
position XU gleicher oder ähnlicher Krankheit aurSck, also, dafs
dar, welcher einmahl eine solche Moskelkrankheit gehabt, unter
susagenden UmitftiHleu weit eher wieder von derselben ei^lf'en
wird, als ein anderer, welcher sie noch nie gehabt. Woraus aber
Boch lange nicht folgt, dab der, welcher einaiahl eine solche Mus-
kelkrankbeit überstanden, sie auch noihwendig früher oder spSier
wiederbekommen müsse.
Das chronische Uebel, welches das Volk Gicht nennet, ist in
vielen Fällen con sensu eller Art und kann nnr durch Heilen im
Hrergriflfianen Oi^:ans gehoben werden; in anderen FAllen hangt m
*) S^ter kabe ich cinnahl laKUif (efDiKleD , Jab die EsohenblStlPr >ehon in
der üllerea Welt Sarierllch ftgen dea Gichtscbmera gebraacbt lind. Deter
mrtArilitat tfU$*fmt »rdalar, forendü pmlrm irpia /»Hamm ftBiimi ditlUim-
Im iM «/MiMra plmmiM. Sammet Fvrmtmt. Ot»tr9. SO.
blofs vua einem Urleidcn dm (lesamnitor^niittius sb itnd kann
nur durch die Urniverta/ia geheilt werden, md da endlich, wo es
al« wirkliches Urleiden der Glieder nafiriii, ist es ofTenbar, eoi-
weder eiji Urleiden der Moskeln, oder ein Urleiden eines \erven-
Ktaiitiues, oder Krankheit der Knochen. Gegen leiste weifs inh
keinen helfenden Ralh, weil ich kein Eigenheil in itfel auf die Kno-
chen kenne. Wenn ich in meiner Jugend gichiiscfae Menschen
mit gans verkrümmten und unbrauchbaren Fingern sah, ho schrieb
ich diese Verkrümmung dem durch den Schmers verursachien lan-
gen Ungebrauehe und dem ebenfalls dureh den Scbmen veriu-such-
len langen Verharren in Einer Lage su. Jedoch war es mir auch
dsmahla achon nnerklftrlich , wnmin denn nicht alle Leute, denen
die Gidit in den Hfinden gesessen, Terkrfimmie und reriteirie
Finger bauen, und ich fing an su ahnen, dafs die Bogenannie Gicht
in einzelnen rtlineren Fallen wirkliche Knochen krankheit sein
müsMt. Hfilie ich aber darüber noch «inigen Zweifel haben k5n-
nen, so würde ihn tuir, vor ungefBhr sehn Jahren, ein Mann
benommen haben, dessen Fingergelenke, beionders die minien,
nach einein blofa vi er wöchentlichen Schmerze Bflmmtlicfa aufgetrie-
ben waren, dai heilst, die Knfseren Theile waren nicht aufgetrie-
ben, sondern die Knochenenden selbst. Aber, wie gesagt, ich
weifs keinen Ralh auf diese Kranliheii.
Der l.ebertrahn, den man in neuer Zeit gegen die Oichl in
medizinischen Schriften angeriihmt findet, innfa wol ein gnr sllea
Volksmillel sein. Ich habe schon, da ich in die lateinische Schu-
I« ginSi davon gehSrei, und gesehen, dafs meine damablige, von
der Gicht lange geplagte Nachbarinn dadnrch geheilt wurde. In
dem Sauerlande der Graftchaft Mark, wo sieh dieses znirug, sag-
te der Volksaberglauhe : Lebertrahn vertreibe die Gidil, wer ihn
aber einmahl gebraucht habe, bei dem verschlage kein andere«
Heilmittel je mehr an. Woher solche alberne Sage, gekommen, mag
der Himmel wissen, wahrscbeinlieh achreibt sie sich aber wol von
unseren übergelehnen doktorsi lachen Altvordern; denn wenn diese
die Heilwirkung eines Volksmitiels nicht geradeso längnen konn-
ten, so Buchten sie ihm etwas ansuhSngen, was sich gewöhnlich
auf das apSiere Befinden des Geheilten, auf die bösen Folgen, die
solche Heilung in der Zukunft noch haben könnte, bezog. Heul
au Tage sind die Aerzte ktüger, sie suchen die verachteten Volks-
millel wieder auf. Ob diese Klugheit uns daher geworden, dafs
wir einen richtigeren , natnrgemäfseren Begriff von der Heilkunst
haben, oder ob wir blofs deshalb jener doktornl lachen Selierkunst
entsagen, weil sie hei den klügeren Laien in Mifsruf gekommen,
mag ich nicht entscheiden.
Hier KU Lande haben die Bauern seit undenklicher Zeil den
Xieberlrahn gegen die Giohl gebraucht. Bei ihnen wird man irich
— 689 —
über wol nicht btlefaren kSmto, gsgan welche Art des Gliedcr-
twbraeraw er hülfreH^ »I, denn sie iriDkeu ibn gegeo alie Sehinnr-
xen und Steifheit der Glieder; hilft er aicht immer, so wird er
doch auch nicht schaden.
Die Wasserkur des Cadet de Vattx hat hier ein Wundarst
gegen man^eriei Schmeraen, welche die Leute mit dem Namen
der Gicht bezeichnen , angewendet , jedoch , so viel ich in Erfah-
roDg gebracht, gani ohne Natzen. Er hat also die Art der Giofat
wel nicht getroffen, in. der sie beilsam Ist; da& sie in allen Ar-
ien beilsaiii sein kSnne, scheint mir nicht blois nDwahrscheinÜch
asodein seihet anmöglich. Ich glaube, daf« entweder die grorae
Menge beilsen Wassers eine eigene Wirkung auf diB Haut bni,
und aolche Gliederschmerzen hebi, welche von einem Urleideo der
Haut abhangen; vielleicht durch ihre Einwirkung anf die A'ieren
auch solche, welche von einem IJrleiden dieser Organe abhängen; i
oder dafs die grols^ Erhitzung des Körpers, als feindliche Einwir-
kung anf den Gesammtorganiamns, ein scfaraerzhaftei Urleiden der
Muskeln und Gelenke auf aniagonisiische Weise hebt. Ich habe
aber mehr Neigung, die erste, als die leiste Ansicht für wahr zu
halten. Diese Meinung bat mich einmahl bestimmet, die Wasser-
kur bei einem Wechsel fieberkranken anzuwenden; jedoch mit sei-
ner Bewilligung; denn ich habe ihn nicbt verhehlet, daf* ich Lust
hätte, einen Versuch an seinein Leibe zu machen. Ich bemerke
hier, dafs der Mann von mittlen Jahren and der {tertodischen Trun-
kenheit ergeben war. Das audenigige Fieber War ne» nnd stark,
hatte vier Attf&lle-gemaoht; an dem guten Tage war der Pult noch
unruhig, und' der Harn so braun als unmittelbar nach dem Paro-
xisBius. Ich liefs zw9If Stunden vor dem Fieberanfalle mit Trin-.
ken anfangen, den Kranken im Bette bleiben nnd sich siebt wSr-
ner decken als er auch in gesunden Tagen gewohnt war. Es er-
folgte starker Schweifs nnd starke Hamanaleerung. Der famune
Harn wurde während dieser Wassn-kur erst strohgelb Wie ein ge*
sunder, dann ganz Weifs wie Wasser. Der Fieberanfall blieb nicht
blofs aus, sondern die volle Gesundheit wurde zugleich dadurch
hergesteliet, nnd der Mann, der seines Handwerkes ein Dacbdek-
ker isi, hat sich den ganzen Sommer in Moi^eo- und Abendkfifa-
le, in Soanenbilze und Hegen auf den DScbern beruni getrieben,
ohne auch nur eine Spur von Rückfall zu bekommen.
Ein einziger Versneb der Art beweiset freilich nichts; die
Ertöhlung dessellwn kann aber den Hospital flraten Veranlassung
geben , der Sacbe weiter naohzudenken. Möglich ist es , dafit eina
solche Watserkur gründlicher die erkrankte Haut heilet als die
lUnde. So viel ist sicher, nur eine hinreichende Anzahl Versu-
che kann darüber etwas beiiimnen. Diese sind nicbt in der Bür-
gerpraxis, wol aber jn der Hospiinlpraxis anzaslelien, und keswr
in einem Soldaten- ala BiirgerkrBQkenhmiaa, <Uqb tn cnisMi bnt
nao ea U«fi mit Menschan su ibnn, di« ia den bMleo Jabrea
4ei LeiMWt sinilT die alao eine sololie Wauerknr ertragen kön-
nen. Bei xarlen , reizbaren , kr inklicbea Körpern rodchie ich eie
nicht gern nnwenden. Die böeen Felgen, die man von dieser
Kur will beobachiet haben , rubren wol mehr von der anb^ieoden
Erbimng dea KSrpers als von der Menge des venehlaokten Was-
sers her, and es frSgt si^, ob es denn dnrchnu nStbig sei , dna
Wasser so sehr warm su trinken* Nnr Versuche können hiereal-
seheiden. Jedenfalls ist es etwas ungenftchlich , swölf Stunden
hinter einander jede Viertelstande nebt Unien beifsee Wnieer su
verscbiaekcA.
Die EntnindiiBg und Vereiteni&g; der Muskeln ist eigentlieh
eia Gegenstand der Wundaneneiknnst; ieh kann aber nicht an»-
hia, die Frage aafsuwerfen: wie anterscheiden wir das Muskel-
Bchrnen, den man gewöhnlich mit dem Nrnvaaii Bieumatitmut be-
legt, von der in Fiiemng übergehbaren £ntsnndnngt Ich gestehe
ehrlich, dafs ich dieses aioht bestimmt anzugeben weife. In den
Fallen, wo in einem einslgen Gliede ein heftiger, besonders klo-
pfender Sehmen sitzt, dabei lebhaftes Fieber und rother Harn
diesen begleiten, Ist es wahrscheinlich, dals man es eher mit
einer in Eitemng fibergehbnreo Entaündung als mit einem RAew
matümiu m ifaan habe. Wenn aber swei oder drei Glieder in-
glaieb erkrankt sind, und der Sdimen ist mehr xiehend, bren-
nend, blitzend als klopfend, so ist es wahrsoheinlich , dafa der
Kranke am Rheomatiamaa leide. Das sind aber alles nar Wabr-
sebeinlicbkeiten, die leider «ehr geringen Weith haben. Die in Ei-
temng iibe^ehbare Entzündang hat nicht immer klopfenden Seh meis,
ja das klopfende Gefühl des SelunoRes scheint mir blefii dnreh
die Nfthe eines KaocheBS, ode* darcfa den Druck einer Aponea-
rose bedingt zu werden. Das Fieber ist zuweilen sehr nXlsig und
der Urin kaum roth geArbt. Ja ich habe schon gesehen, dafs bei
einer solchen Enizfindong der 8ohmers wie ein elekuiacher Schlag
Ton Zeit zu Zeit durch die Nerven fuhr, ein leichtes Zucken des
kranken Gliedes VHuraachle, und den Menachen zam laniea Schreie«
nStbigte. Die n&mliche Erscheinnng sah ich aber auch sobon bei
dem hitzigen Rheamatisroas , der, wie gewöhnlieh, mehre Glieder
einnahm. Ja bei der in Eiterung übergehbaren Enixöndnag köa-
aea zuweilen zwei Glieder sagfeich schmerzen, indeCi der Rhen-
matiamus zuweilen nur eins einnimmt. Ich habe oaier andern den
Fall erlebt, dab ein Mädchen starken, aber nicbt klopfenden
StAmerz in beiden Schenkeln mit mfifsigetn Fieber verbundea,
hotte. leb hielt diesen Schmerz, gerade deshalb, weil er in bei-
den Schenkeln eben ainrk war,, fnr einen rheuaMtiaoheB, wollt«
ihn durah einen antageaiatisdien Heiz auf den sympathischen Nac-
ven beb«n, pnd gab zn dem Rnde m^rmahlB Brechweinstein bis
xnm Erbracben. Am dein rschtea Selienkel Tertrieb icb dimScbin«n
dadurch gar bald ; dieier günstige Erfolg bestitigte, wie ich da-
inaUs irrig glanble, die Richtiglieit meiner Rrkenntnlfg, nnd er-
mnnterle mich, auf dein eingeschlagenen Weg foriinich reiten. Da
iob , noD aber mit der aniagonistisohen Heilart. nicht weiter Itam
und jetzt die Sache anders angreifen wolhe, hatte sieb schon in
ilem linken Schenkel F.iter eneagt. Das Mädchen ist freilich ge-
heilet 'worden nnd unverlcriippelt geblieban, aber der Fall hat mich
doch etwa skopfacben hinsichtlich der antngoaist liehen Brechmetbo-
de gemacht.
Die Leser könnten sagen : da, wo es zweifelhaft sei, ob man
es mit einem Rheiimatiäinnü , oder mit einer in Eiterung iibergeh-
baren Entzündung su ibun habe, sei ja das Kliigsie, die sicher»
Heilart jeder unsicheren vorzuziehen. Adertassen sei das sicher-
ste Mittel in echter Entzündung der Muskeln, und zugleich eine
Haupihülfe im bilzigen Rheumatismus, welche schon seit der ftl-
lesien Zeit mit Nutzen angewendet worden : also brauche «an
sich den Kopf eben nicht zu zerbrechen, mit welcherlei Glieder-
schmerz man es in dem F.inzelfalle zu thnn habe. — Ganz recht 1
so denke ich auch. Wenn ich aber nach diesen Gedanken in
zweifelhaften Fällen handle, so sage ich mir doch deutlich, dafs
ich salbst hei dieser veniieinllichen Sicherheit garstig in die Dinie
kommen kann.
Man findet nSnllcfa aknta Krankheiten , di« durch Aderlässen .
sichtbar TerschliBimert, ja wol gsr tftdtlich werden. Solche akute
Krankheiten, (gewöhnlich Gehirnfiehar) fangen in einielnen Fal-
len mit einem heftigen Sehmerze in irgend einem GHede, mei-
■teos aber in einem, auch wol in beiden Füfsen an. Da dieser
Gliedschmerz im Vorl auf sseit räume sieb einstellt und zuweilen der
•Invige Verlftnfer ist, so siebet jeder Verständige ein, dafs die
praktische Zwickmühle, von Am wir eben gesproohen, das Ader-
■•saeii, uns dann auch nichts weniger als sieher stellet. Freilich,
wenn eine solche fieberhafte Krankheit einmahl landgSngig ist,
wird wol jeder Arzt etwas leise auftreten ; allein bei jeder herr-
■efaenden Krankheit macht doch Ein Mensch oder etliche den An-
fang, nnd wenn nun in diesem Falle ein rheumatischer Tncke-
bold als einziger Vorltinfer des Ungeksnnten, ja Ungeahneten aaaf-
tritt, so kann er leicht den Arst in die Irre und der irrende Arzt
dm Kranken in die Unterwelt f&hren Was kann man ntin dazu
Mgeof — Meines Eracblans nichts Klügeres als was Boras sag-
te, da ihm ein fallender Baum beinahe den Kopf eingeschlagen
hatte: ^id qwüqut vitet, nuMqtiam komimi imtü ca»tMm t»t i»
-'- — "8'^
Die Krankheit der Muskeln, die sieh darch Ziltern ia&ert,
eiehet inHn nicht selten. £a ist ein wenig wahrBcheinlicb , defii
bei manchen Menschen der Mifabrauch geistiger Getrfinke, oder
Mifabrauch des Geschlechtstriebes sie verursacht. Da aber aaeh
Menschen damit behaftet sind, die weder In 6eva einen, noch in
dem anderen Pnnkte ausge;ich weift haben, und andere, die wirk-
lich arg darin gesündigt, nicht zittern, so kann man jene SchHd-
lichkeiten nur als solche ansehen, die unter gewissen Bedingungen,
welche wir gewöhnlich nicht kennen nnd von denen wir kaam
eine Ahnung haben kSonen, die Krankheit sn veranlassen im Stan-
de sind. Was wir also too diesen Dingen wissen , mag ein wa-
«ig mehr als, nichts sein.
Vor vielen Jahren hat einmahl eine sehr achtbare Fran vei^
gebens Hülfe bei mir gesucht, die auf eine gar seltsame Weise
zum Zittern gekommen war. Sie f&hrt eines Tages in sahlreicher
Gesellschaft aufs Land. In dem Wagen, worin sie sitzt, befindet
sich uti glück! icher weise nin Herr, den der Miethkulscher in Ver-
dacht bat, dafs er ihm in sein eheliches Gehege streife. Die tl-
fersüchiige Wulb ergreift ihn, er f%ngt an ins Tolle in jagen,
will absichtlich den Wagen umwerfen, um dem vermeinllichen
Buhlen seiner Eheliebsten den Hals zu brechen. Wenn nun gleich
. diese Gewaltsfahrt zufUltig ohne Halsbrechen abgelaufen ist, so
hat doch die in Rede stehende Frau durch den auageslaadeoen
Schrecken ein starkes Zittern bekommen. Dieses, von mehren
Aenten behandelte, aber ihrei Kunst unheilbare Uebel, ist von
Jabr xa Jahr scUimmer geworden und hat endlich einen solchen
Grad erreicht, dafs die Aemiste, da sie wegen des heftigen Zit-
lerns weder Hand noch Fub gebrauchen konnte, wie ein junges
Kind roufste gefüttert und in einem HAderstuble im Hause verfah-
ren werden.
Hinsichtlich der Heilung dea Ziilerns, weifs ich nichts zu sa-
geit, als dafs meine Heilrersuche bis jetst fruehtlos gewesen sind.
loh spreche aber hier von dem anhaltenden Zittern, nicht von dem
wechselnden, welches die periedischen Trinker bei Beendiguog ei-
nes TrunkHofalles heimsuchet; so etwas vergebet wol voo s^bal,
wenn die durch den Wein oder Branntwein an^re^e und wirre-
gemachle Körpermasehiae wieder in den allen Begelgang surück-
kehret.
Die uDwillkilrlichen Muskelhewegungen, die gerade wie will-
kürliche aussehen, begreift luan beut su Tage unter dem allgetnei-
nen, freilich etwas seltsamen Namen der Chorea. Dieses Uobei
gehört SU den seltneren; es sind suweilen mehre Jahre hing^nn-
gen , in denen ich es nicht ein einziges Mahl gesehen buhe. Der
beste Beweis , dafs diese unwillkürlichen Muskelhewegui^en den
wUlkärliehen voUkommea ftbnlicfa sehen, ist der, dafs, wenn junge
— «87 —
LMnie den ertten Anfang davon bekommen, sie gemeiniglich des-
halb von den Aelteni oder Eraiehern als wegen einer üblen An-
gewöhnung RiisgeaehmShlet werden. In den meisten Fttlien fangen
sie in den Füfaen an, lo dafs diese nicht können sliDn gehalten
w«rden, sondern wider Willen des EigenihUmers allerlei Stelltin-
gen inaclien. \ach und nach nehmen mehre Muskeln an dem He-
bel Aniheil, nnd im hohen Grade desselben ist das ganie Mnskel-
^stein abwechselnd im Aufnihre. Ich habe einmahl ein Kind ge-
s«ben, das, wenn Vater und Mutler es zwischen sieh bei den IlMn-
den hielten, mit angezogenen Friften sich heftig wie ein Pendel
schwang. Aus den verdächtigen Reden der einfSlligen Alien mnfs-
te ich fast schliefien, dafs sie es für besaiibert, oder vom Satan
besessen hielten : es war aber wirklich nicht vom Satan, sondern
von Würmern besessen.
Meines Erachtens ninfs man bei Behandlung dieses Uebela,
wie iitw dieses langst verständige Meister gelehret haben , xuerst
wohl xusefaen, ob Würmer, andere materielle Ursachen, und beim
weiblichen Gesehlecbte Unordnungen der Menslniaiion vorhanden
(lind, leb seiM aber sa dieser alten und sehr weisen Lehre hin-
kh ; wenn so etwas erkannt ist, so darf man doch nicht den gar
zn festen Glauben haben, dafs solche Irrungen und die unwillkür-
lichen Muskelbewegnogen sich noihwendig zu einander wie Ursa-
che und Wirkung verhallen mnfsten. Es können auch von einan-
der ganz unabhängige, susamnien bestehende Irrnngeo der thieri-
scben Maschine sein.
Ii^ den unwillkürlichen Bewegungen , welche ich für ein Ur-
leiden des MuskelsTsienis gehalten, hat mir das Glaubersalz di«
besten Dienste geleistet. f)ie Erfahrung, dafs laxirende Miitel-
salse in diesem Uebel bülfreich sind, ist aber nicht mein EJgen-
ihum ; ich weifs bestimmt , dafs ich sie von einem guten alteren
Meister habe, kann aber nicht mit Gewifsheit sagen, von welchem.
Ich lasse von dem Glaubersalze, wie ich schon früher angegeben,
zwei Urnen in zwei Pfund Wasser auflösen, nnd davon lassen-,
oder glUserweise, stündlich oder sweiiiüadlich trinken, bis drei-
oder viermahl tiglich Oeffnung erfolgt. Die Kranken, welche ich
behandelt, waren mehr oder minder hartleibig; anfänglich halten
sie viel Glaubersalzwasser nöihig, um die richtige Wirkung auf die
DRrme sn erzielen, von Zeit zu Zeit aber immer weniger. Inzwi-
schen wurden die unwillkürlichen Miisltelbeweguagen immer min-
der und blieben zuletst ganis ans. Die Zeit der vollkommnen Hei-
lung ist unbestimmt; die licbibare Besserung erfolgt aber bald.
In Einem Falle hat mir das Glaubersal/.wasser nichts geleistet.
Die Kranke war aber die Tochter geringer Tagelöhner auf einem
-Derfe, und ich kennte sie also nicfat unter ineineo Augen haben.
Aas den verdScbtigea Aenfseningen der Mutter nwftite ich schlie-
fwn, riafs laan die Kraakh«il Qbernatürlicben Uroschea suiobriek,
nod dafa rntia meioea ärxtlichen BeiBlBod nicht gesndM, ■andern,
dafs er der Kranken von d«iH GeiHilichsu in gnter Abaiefai anfge-
drungen war. Sie ist oicbt durch GlauberaaU geheill , das weifii
ich beaiimmt; ob sie aber das Glaubonialz nach Vorschrift gaaom-
luen, das weil« ich nicht bestimmt.*)
Ich habe nur ein einziges Mahl Gelegenheit gehabt, den er-
sten Anfang der CAorea mit eigenen Augen za beobachten; in
den Abrigeo mir vorgekommenen Fftllen ist er mir blofs von d«a
Kranken, oder von den Angehörigen derselben beschrieben wor>
den. — Ein Knabe wird von seiner Mutter oft und viel aaage-
aehmählt, weil er beim Sitzen allerlei Faxen mit den Fiiisen macht.
Einst da sie ibo gar zn unsanft anläfst, fängt er an zu weinea
und sagt Bchlncbzend, er könne die Füfse nicht still« halfen, sie
bewegen zieh ohne «einen Willen. Die Mutier, die nie von solch
seltsamen Dingen gehört, fragt mich, was ich von deai Vorgeben
ihres Sohnes halte.
ludem ich den Knaben beobachtete , sah ich sehr bald , dafa
er den Anfang der Chorea hatte, und bemerkte, was der Mauer
entgangen war, dafs auch schon in dem linken Anne sich kleine
unwillkürliche Bewegungen äufserten. Ich nahm also den Knaben
gleich in Schuu und erklärte der Mutter, sie würde demselben
dnrch den inneren Gebrauch der GlanbersalzauflÖsuog weit bester
die Füfse ia Hube bringen als durch Ermahnen und Brummen. Sie
Obeneugte sich auch gar bald von der Hichiigkeit meiner Ansicht,
denn da der Knabe das GlauberaaUwaasvr vierzehn Tage getrun-
ken, waren seine Füfse beruhiget und sind auch mbig geblieben.
Es fragt sich mit Recht: wirkt das Glaubersalz all direktes
Heilmittel der Muskeln, oder als sogenuinies Antipilogülicitm,
oder stillet es das Muskelleiden auf antagonistische Weise, durch
einen Reiz auf den sympatbiacheo Nerven, oder wirkt es heilend
durch Ausleeren achädlicher Stoffe! — Dafs ea nicht als Aitti-
p&logMicuM heilet, davon habe ich mich in zwei Fallen über-
zeugt, in denen ich den kubischen Salpeter (ein weit luächiigeres
AMtiphhgittiatm als das Glaubersalz) mehre Tage, des Versuches
wegen, ganz ohne Nutzen gab. Dafs es nicht durch Ausleere»
schädlicher Stoße heilet, muä ich deshalb glauben, weil in den
Fällen, wo es heilend wirkte, keine, mirnnd den Kranken erkenn-
*> Seit ieb ObifU feiBkri«b«a , iit nir du Hidekso laKlUg wieder n Gt*>«kt
gekamniea. Sis war aacb nicbt Kubeilti id dm 18 od«r 19 Jehreo , da \e\
■ie sieht goehen , hiUa die Rrankbeit eioa andere, und iwar lo aelUaine
Form angeiioiDmeii , dar« ei mir nDmüglicb i*l , islbige lu beiehreiberi. Sie
kam jetxt anregelmirtig periodiieb , der Anfbll wEhrla angeflhr 10 Hlsotei.
und üorterle aieh niebt nelir ja dee Eitrenitileo , loadere ta den MaAela
dM Brutkaatesf.
b«re und fahlbare scbitlliche Slofle in den Dftrnien waren. Ob
M aber lAa anlagonisiisi^er lUia anr den sympathischen Netren,
oier als direklea Muskel heil mittel wirkt, wage ich nicttt zn ent-
scheiden. Ich müfslA weit mehr Kranke der Art behandelt, nnd
andere feindliche Reixe auf den lympathiBchen Xerren venmchi ha-
ben, wenn ich darüber etwas GrÜDdliches sagen wollte.
Es könnte aber meine jüngeren Laser, denen to viele mäch-
tige Antüpatmodiea, Nerviaa, und Tonica zu Gebote stehen, sehr
albem bedanken, daft ich bebanptele, ein solch geringes Mittel
gegvo ein so grolsas Uebel mit ausgeseichneiem Nutzen angewen-
det m haben. Ihntn za Liebe will ich also eioeo FaU erzählen,
der sie lehren soll, das Gennge nicht za verachten, ich wflrde
aber den Fall wahrlich nicht erzählen, wenn der dabei betheiligte
Arzt die ErxShIang lesen könnte.
loh wurde einst vor vielen Jahren eingeladen, mich mit einem
Amtigenossen über die Krankheit einer erwachsenen Jungfrau 70
berathen, welche schon mehre Monate im hohen Grade an der
Chorea gelitten. Sie konnte wirklich kein Glied stille haltMi,
selbst lücht einmahl die Zunge, sie zangelte von Zeit zn Zeit wie
eine Schlange. Sie war stark altgemagert nnd hatte fiberhanpl «n
sehr krankhaftes Ansehen. Eine materielle Ursache des Uritela
war nicht zu entdecken. Der Stuhlgang war aber ir&ge, konnte
nnr, wie mein Kollege versicherte, durch Pnrgauten erxwnngen
werden, und stockte, sobald dieser arzeneiische Zwang aufhörie.
Nachdem ich nun von der Kranken, ihren Aeltero und dem Arzte
alles erfragt, was mir zn wissen aSthig schien, so begriff ich gar
bald, dafii es mir weit leichter sein wdrde, die Krankheit als den
Haosarzt richtig zn behandeln. Dieser war nSmlich ein achtbarer
nad rechtlicher Mann, baite aber, bei guten metHziaischen Kennt-
nissen und bei einem guten Verstände, den etwas seltsamen Glau-
ben, kein anderer Arzt kdnne ein besseres Heihnitiel anf ein Ue-
bel kennen als er selbst. Zngleidi besafs er noch di» Eigenheit
(auf welche ich aber schon mehr in meinem Leben gestofaen bin),
von allen Heilmitteln, die man ihm vorschlug, zn behaupten, er
habe sie schon vergebens bei dem zn behandelnden Falle gebrancht.
Ich glaube wahrhaftig, wenn* «a möglich wfire, ein Mittel ans dem
Monde zu holen, er würde höchst wahrscheinlich sich zur Unehre
gerechnet haben , dieses Mondheilmiltel nicht zu kennen. Was
sollte ich nun mit dem wunderlichen Manne anfangen? Wahr-
lich! es war eilte schwierige Aufgabe, die einem achtbaren Amts-
brnder schuldige Hofliebkeil mit meiner Pflicht als berathender Arzt
in einen. Die alte Regel der Lebensklngheit, dafs wir im Allge-
meinen die Menschen am leichtesien nnseren Absichten willig ma-
chen, wenn wir ihrer Schwüchen schonen, liefs mich nber ancli
hier nicht in Stich. Ich sagte meinem Kollegen in Gegenwart der
— QUO —
Kranken iwd der Aeltem: Er habe bei nwwrer Kranken idlea «••
a«h3pft, wa« die KuiMt variaSge, icli wime wirklioh bcio Uriltni»-
lel mehr aomgebeBi was er nicfat Khon asgewendet. Oa naa abo
hIIss, wa« wir J>elde wishd, veri^baoB gebraocht, und die Krank-
heit kaia iddtliobes Uebel «ei, eo loblagB -ieb etwas vor, wag er
iD seiner VeratAndigkeit , a«sb oboe meine Daxwiachenknnft , in
Knncm gewib würde aar AwifSbrong gebiaebt haben, nämlicb,
dafa wir die Kranke ein vienabn Tage gvts von alkn Aneaei-
gebraucbe feiern laaeeo, am'einautbl m sebea, wai die uoara»-
neitc Nainr fhnn wollen. Da er aber enge, da& das Fritalei« sehr
hartleibig sei, lOt dafii Oeffnung nur dnrefa kraftige farginaiitel
könne erawnngea werden; eine vicraehnifi^ge Veratoffang ihr aber
doch wol nicht aendertieh lalrfigUeh^in laüdiie, ho schlage ieb
ein eiofUtiges Hansmittel TOr, Mnlicfa den tfigHeheo Gebrauch
des GlaabersaJawaaier«, In der Axt, dn&t drei «der vier StSUe tags
erfolgeti.
Mein KoHege, der wirklieb mit aeiow Kuwrt an Ende war,
gab taeinen einfältigen Vorseblage Beifnll, nod die Kranke nebst
ihran Aeliera, des langen vargebenea Eing^ens und Einnehme«
aneb faeralich um, waren ebenfalls aofneden. Nnn wendete ich
mich aber aa die Aeltem, na4 aagle ihnen , wie das GlanberMls-
wasaer hereilct nnd wie es nnantgesetat mnaie gelraokeq werden,
wenn man den Stuhlgang so dadurch regeln wolle, dafs die Oeff>
oung hemach von selbst, auch ohne Glaabersalswaaser erfeige.
Mein Aaitsgenosse, der bei meiner emslhafien Aqdegnag eine
etwas lliflhelnd saiiriiche Miene macht«, gtanble h&ebst wahracbei»-
lich , dafs ich aus firstlicher Weltkingheil der eüMtitigen Sndie
Wichtigkeit beilege, damit ich, als zur Beralhfiag Gebeiener, in
den Angen de« Levte nicht gaos rathloa nad nnrftihgebig von iMr
nen gehen möchte.
Waa maebii*B wir aus twoh den abgelaNfenM vieriehn Ta*
genl — tkm kann ich karx sagen; ee war keine Rede mehr von
einem weiteren Arsen ei wecfaeeL DaaUebel, swar noch nicht gans
gehoben, war schon so überrascbend gemindert, dafs weder Kran-
ke noch Aeltem daran dachten , von dem eingeschlagenen Bail-
wege ahsnweichen. Das Mädchen bat auch nichts anders gebranoht,
sondern ist hlofa durch daa Glaobersaliwasser von ifarem-^Elende
befreit worden. Aafdtiglicb bat sie, um die beabsichtigte Wir-
kung anf die DSrme au erzielen, täglich swei Pfund Wasser ge-
trunken, welche swei Uq^n SaU «ubielteni nach und nach aber
immer weniger bedurft.
Ob nun bei dieser Heilwt auch das Wnsser in Anschlag au
bringen «ei, will ich nicht enlaobeidan. JP, E^wumn enählt uns
den Fall, dafs ein JfingUng, der gegen Krfimpfe, welche der Er-
zShler Motu* »patmpdnsu vago» nennet, aufaloa viel Arienei ge-
braucht, durch' Jrs iKgliche Trinksn eiaer gaien Porlion frischen
Wasaera j^heilt sei. Freilieb h«t der Enfthler auch noch Deben*
bat krampfstitlende Pulver gereicht; er legt aber selbst «uf diese
keinen Werih, Madem ichrelbt die Heilenj^ dem Waaaer zn, — -
Es lind gar viele Ueimlichkeiteo in der \alur, das Leben ist aber
zn knrx, ntn alles zn ergründen.*)
Da nun die unwillkürlichen MnskelbeWegaQgen , von denen
wir gesprochen, in die Kategor'ie der Chorea gehören, so möchte
der nengierige Leser wol fragen, ob ich, der ich doeb IQ den
AltMi gehöre, in meinem Letten je das wirkliche Tanzen gese-
hen! —• Wahrhaftig! ich habe es noch nie gesehen, möchte es
aber gern elnnahl sehen, und könnte dieses Scbanspleles wegen
wol eine Reise von «rticben Meilen machen.
Das, was bei meinen Kranken höchstenB dem Tanze verwandt
zu sein schien, war, wenn sie sich in aiizenrder Stellung befnnden,
die Bewegung der Fiifee. Es kam mir aimliich so vor, als woll-
ten sie dia iBBsnieisterlichen Positionen einflfaen. So viel ich mich
aber nooh jetzt dieser Elemente der Tanzkunst ans meiner Kind-
heil erinnere, machien sie diescB)en verzweifelt schlecht und nn-
r^elmBfsig.
') Za*>tK VOM Jibre 1836.
In Acten lahm htht ich iwci Fülle behindrtt. Den linea (er betraf eio
noeb ftit kiniliicbef Hädeben) heilte iob dueh Gteibinali, er war nee and
dai HEdeliaB hatte trafen Stuhl^of . Der iweitc Fall betraf eiae junge nann-
bare Jan^ra«, er war iller ead die Rranke ta allen weiblieben Haad- oder
Pinfferarbeilee uräbiic', aoeb war da« Gehen , wegen der an frei will igen 8e-
wcfung der Füfa«, an Bangelbalt , data sie dit Bau Sicht verUaaen konolp.
Da nnn diese keinen IrägcD Stghlgaof halte, toudern gaDt regelmüfaigEn , la
war ieb aeagierig , waa dti Glanberuli leisten würde. Ein aohtligigcr Ge-
braneh deiaelbea ebereeagte nieb , daft es gar nichts lafile. Nan »an leb
daraaf, dai Dabei durch Gcbiramittil aa baflen, mA verenehte »erat da*
Pnlver der Beifariwarul (Arltmiitm vMlg.). Bei der Gftba vdb ejntn gebSof-
ton TheelGffel, fnnfBabl tags, aib Ich bald die nnfrei willig« Bewcfang der
CUeder miader werden ; altei« die Beasempg machte nach acbt Tagen keine
Portschritle mehr. Jettt gab ieb den esiigsanren Zink , nnd dieser war dai
elgeutlicbn Hetlaillel. Die vollkopinne Heilang bat sich aber langsam ge-
naobt. Da das Hldebea wieder nKen , sticken , nnd aof die Strafae gebin
koonte, erkaltete ibr erster Eifer »■ BionehM«. Sie war jang and, wie die
neisten jnBgea Leate, laich tsinaig ; eine kleine UnaUlbeil der Glieder acbtete
■ie nicbt. tcb bähe acbon Trüber gesagt, dafs der essigsiare Zink zwar kai-
nen üblen Geschmack habe , aber dennoch auf die Dauer den Kranken widrig
«erde ; dai ist ein grofies Hindernifs seiner Anwendung bei chrnniicben Ue-
belo, bMoedera wean die Kranken ibn in FittenferH nicht Debmea kHnuen.
Auch iU es seiir bladerliob , daCi maa genStUget ist, die Taggabe faa Zinks,
wegen seiner ÜbelBaebandoD EigeHchalt , ie so Uaine Pvrtiaoea in tbeilea,
dafs der Kranke itiindlich einnehmen mufa. So lange die ZnrUle der Brask-
heit dringlich sind, gehet das ElaDebneQ regelmafaig, aber bei der Besseroog
Ich will alter durch die Aonfsening, dafs ich 'das eigentliche
Tansen nod» nichl geaeheo, and«te Schriftsteller keineswegev ver-
dächtig mache«; im Gegenlheil, ich gestehe vielmehr, dafa ich die
vorxügHchB(«ii und allbeliannt^ Tanzbeobachturtgen mit Vergnü-
gen gelesen; ea sind kleine, griine, lästige Auen in der dfiiren,
grauen Sandwiiste iinserer Literatur.
Unsere heutigen Aerzte werden wol sSmiutlich der Meinung
sein, dafs, in Fällen, wu kein Betrug mituntergelnufen , aolche
Tanzerei nicht sowol Aenfserung einer Muskelkrankheit, als viel-
mehr Aeufserung einer eigenen Monorannie gewesen. Im 17. Jahr-
hundert sprach schon Läureiu BeUini diese Ansicht ans, denn er
sagt: Fieri poteti, ul ejutwtudi taüatio tit timpUx defirinm a guu'
libet opinione prodiicIutH, quaßat, vt delirui iffe aailare debeat
«. B. W.
Nun, ich denke, wi« ea in unseren Tagen Menschen gibt, die
.üicb allerlei seluame, närrisclie Dinge !n den Koprselna, so wint
es deren auch in der alten Welt gegeben haben ; nnd me , nach
der Erzählung des Ahb^.Faydit^ der Pater Amoux , BeiehtvKter
Ludwig des Dreizehnten« da er betagt wurde, sieh einbildete, in
einen Hahn verwandelt zn sein, als ein Hahn krähte, und in dem
Jesuitenhause, worin er sieh aufhielt, als Wecker diente, früh mor*
gens alle Gänge durchlief und aus Lcibcskräfien krähte; eben so
kann sich ein Anderer auch einbilden, er müsse tanzen, und dann
wird er tanzen, wie jener krähte.
Ich will jetzt einniahl zur Abwechselung über einen Gegen-
stand der Wundarzeneikunst sprechen, obgleich ich diese Kunst
selbst nicht übe. .Die Wundftrale sagen: wenn die Achillsaetine
bricht, so haben die Leute ein GefUhl, als ob ihnen jemand einen
Stein auf die Wade würfe, oder ihnen einen mfffsigen Schlag mit
einem Stocke darauf gäbe. Ich setze aber jetzt hinzu : solches
Schlag-, oder Wurfgefühl ist nicht blofs der Begleiter der voll-
koinmnen Zerreifsung der Achillsaehne, sotidern auch der halben
oder der Einreifsong derselben. Ein Herr bekam einst beim (Je-
hcrfahien über die Waal, indem er beim Landen an das Ufer
sprang, einen solchen Sehnenetnrifs. Er, der von dem, was die
Chirurgen sagen, nichts wufste, erzählte als eine Sonderbarkeit,
es sei ihm in dein Augenblicke der Einreifsung so vorgekom-
men, als habe ihm jemand mit einem kleinen Steine auf die Wa-
de geworfen, da er sich aber im nSmlicben Augenblicke uutgeuen-
det, um in sehen, woher der Wurf gekommen, habe er geiuerkt,
dafs er lahm seL
Im Jahre 1836 hatte ich Gelegenheit, den zweiten Fall <l^ Art
za scfaen. Ei« BelgiMher LaRdmaDD , der mich wegvn tohmer»-
bafier Lahiaheit eines Falaea um Kalh fragte, erzählte die Entoie-
bong alao: Er S&brt mit seiner Familie auf Besuch su Verwand-
tan, und gebet an einer Stelle, wo der Weg schlecht ist, xn Fufs
neben dem Fahrwerke; binler ihm gehet ein ihm iHibekaifnt«r
Banerjunge. Anf einmabl bekommt er einen Wurf, soheinbar mit
eincni kieiaea Steine auf die Wade, und tat Bugenblicklicb labm. ,
In der festen LJeberzeitgung , der hinter ihm gebende Junge habe
ihn mit einem Steine geworfen, wird er zornig und will diesem
zn Leibe. Der sehwöret Stein und Bern, er habe nicht geworfen.
Der Landaiann mnfs, aus MangeJ an Beweis, sich dabei beruhigen,
obschoa er vom Gegeniheil überzeugt zu sein glaubt. Er schonet
nun den kranken Fufs und dieser wird in dem ungefiihreu Zeit-
räume etlicher Wochen um vieles besser. Bevor er aber ganz gut
ist, rnnfs der Landmann zu einer Hechzett. Mit deai festen Vor-
sätze, nicht zn tanzen, begibt er sich zwar hin; der Spott seiner
Freunde aber, als sei er ein Weichling, bestimmen ihn, einen
Tanz zn wagen. Der Tanz macht den Fufs wieder so schlimm
aU er gleich nach dem vermeinllicben Steinwurfe gewesen, nnd
dieser Verschlintmerang wegen hält es der Mann iUr räthtich,
nach eiiügen' Tagen meine Meinung aber die rülhselhafte Lahmheit
zn bdren. Die Erkenntnifs war leicht; ich fühlie denllieb eine klei-
ne Vertiefung in der Sehne, aber auch zugleich, dafs sie nicht
durchgerissen war, auch war nicht blofs die Bewegung des Flail-
fofsee, durch welche die Sehne gespannt wird, schmerzhaft, son-
dern auch die seiligen Belegungen des Gelenkes waren es. —
Begreiflich ist eine Schonnng des Fufses, durch welche Jede An-
spannung der Sehne vermieden wird, ebne andere Künstelei, das
ein&ohsle und sicherste Heilmittel dieses Sebnencinrisses. Weil
aber jeden Menscheo <las eigene Gefühl diese Art der Schonung
des Fafses lehret, und die Heiloag dadurch erfolgt, SO werden
Menschen ans der geringen oder mittlen Volksklnsse die Knast den
Wundarztes nicht leicht deshalb in Anspruch nehmen. Dieses ist
auch höchst wahrscheinlich der Grand, dafs in den Letirhücbern
der Chirurgie blofs von der Durcbreifsnng, nicht aber ven der Ein-
reifsnng der Sehne die Rede ist. Da nun die angegebenen Zeichen
der Dnrchreifsung auf die blofse Einreifsung schieb passeh, und die
Menschen, wie ich in den zwei Fällen gesehen, beim Hinken nicht
über Schmerz' in der verletzten Sehne, sondern im Gelenk klagen
(sie sprechen begreiflich nach ihrem Gefiihle), su kann ein Uner-
fahrener die Sache leicht fiir Subhixation , oder Tür d'ie Nach» eben
einer Subluxation nehmen. So ging es zum wenigHieu in dein erai-
erzühlten Falle einem jungen Doktor der Cliirurgie, den ich ge-
rade nicht zu den Unwissenden und Einßiltigen rechnen möchte.
Dafs seine rauhen und schmerzhaften Manipuluiiunen die eingeris-
— »4 —
sette Bahn« sieht gatti dnrofariMM, ww bltiü d«n guten Glucke
Kuauschreiben. Ein aller nad erfahrener Wnndant, dem eich der
hinkende Herr apftler anvertraute, erknnM* den wahren Grand das
Hinkeos alsobald , and hi»lt Schonung ilee Fufiies für das be«e
Heilmittel. Mir scheint, gerade weil dieser Sehneoeinrih dan
Wundftrxten, des angegebenen Gmndet wegen,- aar sehr selten var-
komiiiea kann, bei demaelbea aber viel leichter ein« Imiog in der
Diagnose mdglicfa ist, als hm der wirklichen Durckreilsnng^ w>
wSre es doch wol Pflicht der schreibenden Meister, die Unerfiih-
renen besonder» daraaf anfinerksain an inacheni
Nun will ich noch von der rüihselhafleD Dnrohreilsang einer
anderen Sehne reden.
Ein Mann erxählte mir eitwt das Nftmliche, was die Achills-
sehnen brüchigen erzBhten: er habe auf der Landstrafse, wel^ie
freilich bei ans etwas holperig ist, ohne sit laufen oder «a sprin-
gen, bei einem angleichen Tritte, jenes WurfgefBhi aaf die Wade
bekommen, sei aber nicht Uhm geworden, sondern habe nnr ein
widriges Gefühl in der Wade behalten, welches sich hiob beim
Gehen ftnlserei das er aber mit Unrecht Schmers nennen würde.
Den Sitz dieses widrigen Gefühles konnte er xwar nicht gaaa ge-
nau bestimmen, bcseiehaeie alter als angefahren Ort die untere
Gegend der Wade. An der fiufseren Seile aeigte er mir eine ver-
ineinlliche Blolunierlaufung, welche sich aber blols als eine feine,
blÜHliche Marmelung dem Auge darstellte. Das widrige Gefühl
beim Gehen hat eine Zeitlang angehalten, ist allmählig Blinder ge-
worden, und dann gans verschwanden.
Dnfs nun in dem eraählteo Falle der Bmoh einer Sehne Statt
gehabt, unterliegt wel keinem Zweifel ; aber welches Muskels Seh-
ne war wol serrissenl Die Aohillisehne war weder durch-, noch
eingerissen, der Mann giitg ancfa nicht lahnu Ich vermuthe also,
dttüi blofs die lange Sehne des Flanfari» lerrissen war; überlasse
aber gern den WundBrcien, diese Meinung an berichtigen. Aas
dieser Geschichte folgt saia wenigsten , dalii' das Schlag - oder
WiirfgefShl auf der Wade aioht nnschlielalieh der Begleiter de«
Acbillssehoenbruobes ist.
Jetzt miifste ich wol von der Krankheit der \ervenstämaia re-
den; da ich aber kein Eigenmittel auf diese Organe kenne, son-
dern sie, wenn sie consensuell ergriffen sind, durch Heilendes ur-
ergriffenen Organs, wenn sie urergritfen sind, durch Gehirnmiitel,
und wenn ihr Leiden eine in ihnen vorwaltende Affektion des Ge-
sammtorganismus ist, durch die Universalmiltel heile:, so werde
ich, weil sie be^ionders häufig in letzter An vorkommen, diesen
- fl05 —
für den- AfM M wichügna QtgtamtMad in 4m)i Kkpilal fifaet die
UniveisBlinitlel amfübrlich baapreeheB.
Von den BlaigBfftfMtiDaaMi, den G«lMikbänd«rB, den Knochwn
und DriiMu wnä ich onfaM so sig««« «ss mein lüigcntfaum wä-
re ; aUo würde ca bSchst bUmiii tob mir aein, wenn ich den Le-
wr mit allbekannteB Dingeo langweileo wollte.
Beiondere Bemerkungen über die äu/*eren Organe.
Ich glaube, dafs die Aawendnng der HeilmitI«! aat Haatslet-
len, welche man ihrer Epidermia cniblöfal hat, in vielen Krank-
heiten nicht blofii der Haut und der Safteten Organe, londern auch
der inneren von vorzüglichem Nutzen sein mufs; Torauggeserzt,
dah ea nicht nDverstandhafl Ist , von meiner eigenen F^rfabrung
hinsichtlich der Wiritung der blofs die Epidermis berSbrenden Mit-
tel nnd Ton den noch weit wichtigeren Erfahrungen Allerer Aers-
le, anf jene neue endermalische Heilart «n schliersen , welche ich
selbst bis jetzt noch nicht in Anwendung gebracht habe.
Die Heilung mancher Uebel durch Siifsere Mittel scheint mir
fror dem achuehnten Jahrhundert häufiger getibt xn sein als B|>ä-
ter. Ich spreche aber hier blofa nach dein nngeföhren Gesaninit-
eindnicke, der mir von meiner geringen Leserei Übergeblieben,
ohne meine Aeiifserung dnrch bCcherliche Anfuhrangen beweinea
XU können. Früher bat man durch Sufiterliehe Mittel mweilen wnnr
dei^leicbe Wirkung hervorgebracht, dergleichen man sich jetzt kaum
wird riihraen kBnnen.
Den merkwiirdigslen Fall der Art, den ich je gelesen, will
ich jetzt den die endermailache Heilart übenden Aerzten mitihei-
len, blols damit sie sich selbst prüfen mSgen, oh sie mit ihrer
neuen' Methode das »uszuführeo utMemehmen würden, was ein al-
ler Arzt durch einfaches Beschmieren der Oberhaut ausgeführt hai.
Die zu erz&hlende Tbatsache hat Petrut F^ettn» aus den gehei-
men Papieren seines Meistere Githert Brnnt^ Hospitalarztes zu Born,
abgeschrieben.
Im Jahre 1537 den 24. Norepsher wurden su Born zweien zum
Tode venuiheilien Verbrechem fdgeod« Giftpillen zu dem Zweeke
gegeben, die Macht ftnfserllch angehnditer Gegengifte zu versnefaeB.
I^ Srnb/imali 3i
Artenici crytUUlini
Büagalli (amriptgmentij aa 5|}
\mcti «amicae 3K
Gallamm elepiantinarum Num. ü (sind mir un<
bekannt)
Badicü Tkymeleae ( Mtxereij 5i
— 666 —
Napelli Ji
Viru» gaad dettiBat de dente viperae ^i ')
M. f. ^ teMuiuimtu et cum tacdkaro roiutta boli oei«.
VoD dieBea acht Bissen mufste jeder der beiden Verbrecher
vier auf Ein Mahl Terschlucken und beide sich ans Feuer stellen.
Einer derselben bekommt eine halbe Stunde nach dein Einnehmen
Magenschmerzen, Hitze im Mnnde und Schlande, föu^t an zu spei-
cheln, darauf zu erbrechen, und kaons nicht mehr nm Feuer aus-
hallen. Man fieifsi ihn jetzt, auf und ab wandeln; wahrend des
Gehens vermehrt sich das Erbrechen, er bekommt einen ungeheuer
starken Durchfall und ihn durstet heftig; man gibt ihm aber nichls
zu trinken, Bondern erlaubet ihm blofs, sieb den Mund mit Was-
ser auszuspülen. In diesem Zasiande bleibt er bei vier Stunden.
Nun überiSIIt ihn Mattigkeit, der Albem versagt ihm, er wird ohn-
Mfichtig, der Puls ist nicht mehr zu füblen, die Extremiiäten er-
kalten, die Angen verdrehen sich, die Finget liehen sich krampf-
haft zusammen, die Lippen zittern.
Sobald die Wirkung des Giftes bis xn diesem Grade gestei-
gert war, wurde die Einreibung des Gegengiftes begonnen. Der
Arzt schmieret die Gegend des Herzens, der Schläfe, des Pulses,
den Mund, die Magengegend, die Hypochondrien, den Rückgrath
und die Nase. Diese Salbung wiederholt er viermahl innerhalb
vier Stunden; am folgenden Tage salbet er den Menscheo noch
Ein Mahl, gibt ihm ein ÄUxipharmacum ein, über dessen Zusam^
mensetztmg Gitiert Hörnt nur Vermuihung hat, und der Gesalbte
geneset wie ein vom Tode Erweckter.
Der zweite Verbrecher hatte folgendes Schicksal.
Er halt eine ganze Stunde beim Feuer aus ehe er Ekel be<
kommt, dann f^Qgt er an zu speicheln, hat ein nagendes Gefühl im
Schlünde und Magen', ohne dafs er Erbrechen von Bedeutung be-
kommt. Endlich schwindet der Puls, es erfolgt Ohnmacht, er stürzt
fallsGchlig hin, als wolle er augenblicklich den Geist aufgeben. Man
fragt ihn auf ein Lager, und da er wieder beikommt, hat er ein na-
*J El (t«bet mir vor, AenfgernDgeD Bber die ODiRhiidlichkeit de» in dn IfaKeii
gebraAten Viperngiftei bei mahrea Scbrin*t«ller[i geleian sa haben, icb kann
inieb aber der Nameo denelben nicht bealimoil eriDDern. Zwei, deren icb
mich erinnere, lind: Latir. Beilini nod Ririeril Mead. Letzter iet der
eiBil|;e , bei dem ich einigen Grnnd Jenes Vorfebeei ^rinden , nad dieaer
Sauie Grand iil: ,,dalk den Henachen , weiche die Viperbiie wanden aoas«-
«ogen, kein Uebel durch dicie Operation zogeetafiea *ei." ^ Ick denke aber,
solche Laute werden wol die ailigetogene Blut niehl hinnBlergeaehlDckt, lon-
dern aufcipicn haben. Wcan dal der elozige Grand iat, die Uoachndlicbkeil
de« verleb lack teil Viperogiriei zu behBapteB, so stehet die BebaopluDF wakr-
Itcb auf acbwecfaen FSniou.
"■■■ - ^-—-^^■~
- «97 —
geiMtm Gefthl in allen aofiienn Ttwilen , knunpfhafm 2i*h«o der
Glieder, Taubheit der Finger, vmziiglich der Spiizeo derselben.
Nun ist der alte Arzt gleich bei der Hand, schmieret ihm, gerade
wie dem ersten Verbrecher, ver*cbiedene Tbeile des Leibes mit
einem Oele, welches ß'o reatu» Oleum Jratri» Gregorn vocati Fe-
ituii nennet (auf Italiäniech Fratre meto capo), tSobald die HeRB-
gegend gesalbet ist, bekommt der Mensch Vetdreben der Augen,
AlhemsDOth, Krämpfe der Finger, Kfilte der Glieder und Herz-
klopfen. Nachdem diese Zufltlle zwei Miserere lang gewähret, las-
tien sie nach; der Arm bleibt aber schlaff und taub, und in dem
rechten ist auch noch ein geringeres GefiihI von Taubheit, zugleich
Snfsert sich noch Be&ngttiguag nebst einem Nagen im Mageo, Hitse
und Kratzen im Schlünde. Der Arst salbet ihn noch dreiraahl in
einem Zeiträume von zwei Standen, am andern Morgen noch Ein
Mahl und verläfst ihn dann gesund.
Ob die Yeritreoher durch diesen ärztlichen Versach ihr Leben
erkauft haben, sagt Foreitiu nicht; meines Eraofatens wäre es aber
wol billig ^wesen. Es scheinet, dafs man jeden Verbrecher mit
einem besonderes Balsam gesalhet bat; um Tergleicbende Versu-
che zn machen. Die Zusammensatznng des ersten gibt forettiu
an,' sie Ist aber %a lang, nm sie absnachraiben ; wer sie wissen
Vfül , kann sie im dreifsigMeo Bnche der Beobaohtungea auf der
ersten Seile finden. Ich sage aber vorher, dafs zweihundert Skor-
pione die Grundlage ansroaefaea ; wer die also nicht auftreiben kann,
der braucht das Buch nicht nachzusehen.
Das Oleum Jratri» Gregorii vocati Pfrutii, mit welchem der
zweite Verbrecher geschmieret ist, scheint im Anfange des secb-
sehnten Jahrhnmderts ein bekanntes, oder doch zum wenigsten
kanfbares Oel gewesen zu sein. Ich kenne es nicht, denke aber,
die gelehrten Aerzte werden es wol kennen.
Was meine eigene Erfahrung Sber fiufserliche Mittel bei
schmerzhaften Mnskelleiden betrifft, so will ich, mit Uebergehon
des Allbekannten, auf zwei Mittel aufmerksam machen, n&mlich
auf die Jodsalbe und auf die Brechnufgtinklur.
Erste habe ich in neuer Zeit, seit nSmlich das Jod entdeckt ist,
zuweilen mit ausnehmend gutem, zuweilen mit überraschendem Er-
folge angewendet. Der merkwürdigste Fall mag wol folgender sein.
Ein Taglöhne* stiebt sich mit einem Nagel in den Zeigeiinger >der
rechten Hand, weil ihn der kleine Stich scbmeriet und die Hand
zu schwellen anfängt, sucht er gleich Hülfe bei unserem Sladt-
wuftdante. Dieser Ulst ihn die Hand mit Spec. reao/v. bähen;
der Mensch fallt aber in anhaltenden Irrsinn, und der Wundarzt
wQnMht neiMn BaktMid. D« kh wma den Kbrpw <dieMa Mwww
und Minen hicht sii vtr*iw— den Kopf von fniber Z«it bscMr
kaniMa ali der Wuadant, to Uelt Ich den Irrainn für keinen be-
deoktiehea Zufall, bob ihn iaawbalb awei Tage darcb deo inner-
lichen tiebraaeh daa aasigiaarab Zinks. Aber die Hand, nii der
pvg es oicht ao raaob, di« war, ohne beiondere EaiaonduDgardthe,
■o dick und hatt geschwollen, dafa die ausfealrecktea Finger gam
unbeweglich standen, dabei war der Schnieni awnr nicht aoMrtrfig-
lich, aber doch von der Ant, dafa ar dea Schlaf (erscheuchie und
die Ebluat ranble.
Der Waodarst t>arsi«herte mich heilig, er habe die kleine Stieb-
wnnde TOr Znnahne der Geaebwulat genau uniersncht, sie dringe
nicht eiomahl durch die Ledschaut; sie aei allerdings wol die niobi
lu ei^enneade erste Yeranlasaung der Haadgeschwalat , übrigeM
müsse leiste noch roa anderen Ursaehcn abbangen, denn der ge-
ringe Stich, der jetat wol aehon heil sei, kdane anmöglicb ein ao
grolsee Uebel venraaebea. leb mufsie ihn Beifall gebe« ; dann
wenn durch deo stechenden Nagel ein kleiner Nerreaaweig halb
serrissen wfire, wOrden weit schneller heftige Eotsnadaag, Brand,
oder wol gar Starrkrampf hiaaagekossnwo sein. Eine Eatsiindai^
tind Eitemng unter den Apouearosen war auch nicht denkbar, denn
datu war der Stdinieri nicht stark genug. Der Wunderst « naeb-
dem er noch den einen und den anderan Versoch der Zerlbeiinng
gemacht, verliefs den Kranken gfinslicb, oder virinebr, er Sber-
liefs ihn schweigend meiner Vorsorge.
Was sollte ich nun mit ihm machen f Fand idt kein Ileil-
aiHtel auf dieses Uebel, so war er nr Arbeit ttnf%h% nnd ein Ben*
ler. Nachdem ioh noch «in paar veigebene Heilversncbe gemacht,
ksn loh anf den Einfall, die Jodsalbe zu gebrauchen, und lieft
die ganse Hand mit selbiger morgeas nnd abends eine halbe Siaa-
de lang sanft einreiben. Nach sweimahligem Einreiben war die
Ver&nderang schon auffallend, die Geschwulst so vermindert, dafs
der Kranke die Hand zwar noch lange nicht schliefsen, aber doch
schon die Finger bewegen konnte. Die Besserung schritt täglich
sichtbar voran, nnd in xehn Tagen war dieses hartnackige Uebel
gans gehoben. -
Was das nnn fUr eine Krankheit der Hand gewesen, kann
ich wirklich nicht aagen. Ein lUtenmattamtia war es nicht, das
Chimgra auch nicht, und eine echte EntsQndnng anch nicht.
Die besagten Uebel habe ich an oft gesehen , als dafs ich die al-
ten Vertrauten niifskennen könnte^ Die gante Hand war ohne
merkbare Entzündungsröihe hart wie ela Stfiek Holz. Nun, wird
nicht auch snweilen eine Drüse hoUhari, ohne dafa man sie eben
eniziindet nennen könnte , und sertheilt sich auch wieder «Sbne
Blutegel und Aderlasseot Warum solhe denn ao etwas a« der
Ilaiid nicht ebem «o gm g«Mk«lMi können* Unsere ftmlich» Er-
kUning der Knea^ngiart msnchcr Uebel ist snweilen niefats als
eine ZusamiueBBteliung selunu klingender Kumtwörler, die dorn
Verslende die Krankheitsenengang nirhis weniger als klar m»-
eben: daruM m^ dxi ehrlicbe GestKndnifi des Nichtwissens wol
ohen so gai, wo nicht he«er die Verstlndigkeit des Antes b^
künden, als solche WortzassmiiienwQrrelnng.
Das iweiie Infseriiclie Mittel, ron welchem ich reden werde,
ist die Brechouf«. Ich hnbe tot vielen Jahrea den Fall bpobacii-
let, dsla sineFran den heftigsten, sie sam JammCrn und Schreien
nftihigenden Knieachmen hatte, der allm mir damahls bekannten
innerlichen and Su&eriicfaen Mitteln widerstand, so dafii ick fsst
färchlete, ich nidehte c« wol niriit mit einem Rheumatismas des
Knies, sondern nM einer Knochenkrankheit des Geleokea in ihm
haben. Oa aber die Heftigkeit des SefamsRcfls Hülfe erbeJichie,
so raulste iah etwas anssinnen, was miofa bis dabin dieErfabrang
noch nicht gelehret hatte. Ich halte damable schon oft genng g*-
sehea, dab die Brechnafs heftigen^ dem Mohnsafie onbeswingba-
ren Darmsohmers geslillet, nleo vermethete ich, dieses Mittel kön-
(M anch wol, gafserfieh gehravcht, den heftigen Kniesckmen stil-
len. Ich liefs SU dem Ende gepoWene Krthenaugen mit warmem
Wasstr amnengen und ma das scbmenbafie Knie schlagen. Die-
se stillten nicht blofs bald die Sehtneraen, sondern das Knie wur-
de auch in gar kurser Zeil wieder eben so gesund als es vor dt«-
sem Zufalle gewesen.
Zu nmncT Schande mufs ich gestehen, dafs ich diese einsl-
ge, mir durch die Koth aufgedrungene Erfahrang sehr lange g^u
unbenutst gelaasen. Erst vor etlichen Jahren fiel es mir ein, die-
selbe weiter tu erproben, und ich habe nun gefanden, dnfs, wen«
man die Brechnufstinktur mit Seifenspiritns le. gleichen Theilea
misobt, und damit ein schmerxhaftes Glied ein paarmabl tags ei-
ne' halbe Stunde einreiben lllfst, man nicht selten heim Snllcben
Rhenmatismos nebr damit ausrichtet als mit vislem anderen Ge-
schmiere. Der Srifeaspiritn« thnl nichts nr Sachs, ich setse ihn
nur sa, weil sich die Tinktar io dieser Misebang besser einreibe«
liütt. In dem Bieuma/iamo acuta vago habe ich Um aber nicht ge-
braucht,' denn der ist nick Krankheit eines einseinen Muskels, aoi^
dem des ganzen Maskslsyslens, und da hilft das Salben nicht viel.
Ich habe eben gesagt, ilnfs ich in dem ersten Fxlle, in wel-
chem ich die BrechnuJti JtiifxerMoh gebraucht, zweifelhaft gewesen,
oh ich es mit einem Itbeniuiuisiuus, oder mit dem anfangenden
Knochenfrafs des Kniegelenkes su ihun halle. Ich stelle jetat
— 700 -
die Frage auf: Btai beide Uelwl in ihrer ersten t^ntaleliHiig von
eiannder zu anteracheidenl — leb glaube es niofat. Vor dem eben
erstthlten Falle will ich nicht weiter reden, denn ich war damahh
BochJDOg, kannte manche Hülfen nichf, welche jelEt Theil dea
Geeammtwiflsens nn§erer Kunst lind , oder welche mich lelldem der
Zufall oder mein eigenes Nachdenken gelehrei hat: vor ellicben
Jahren habe ich aber einen ähnlichen Fall erlebt, in dem der
Schmerz dea Knies bei weitem nidit so heftig war, und wo es
flieh doch auf die Dauer ergab, und die Leichenöffnung noch zum
Ueberflnsse die Erkeoninifa liesiliiigte, dab «■ kein RbeumatisMus,
sondern wirklicher Knpchenfrafs gewesen. Hier habe ich, weti
(mgeblicb die erste, aber hinsichtlich der Zeit, enifemte Veran-
lassung ein Fall auf gefrorenem Acker gewesen, vom Anfange an
w«l an die Möglichkeit gedacht, dafs das Cebd ein Knochenfrafs
sein könnte; alleio bei aller Aufmerksamkeit, die ich absichtlich
auf diesen Fall wendete, habe ich mir doch in d^ ersten Zeit
deutlich sagen müssen , dafs kein verständiger Grund vorbanden
sei, mit Bestimmtheit eine Krankheit der Knochen zu erkennen.
In der Folge freilich , da stellte sich dieses immer deutlicher her-
aus, allein diese Verdeutlichung konnte doch zur Erkenntnifs im
ersten Zeiträume nichts beitragen.
Es ist möglich, dub das tödtlich« Hüftweh, welches ich aber
sehr selten, so viel ich mich erinnere, nur xweimahl in meinem
Leben beobachtet, ebenfalls eine wickliche K noch en krank hei t des
Hüftgelenkes ist, welche durch Carte» und schleichendes Fieber
den Menschen aufreibt. Einer meiner ärztlichen Freunde hat ein-
mahl einen Landmann, der stark an Baucbvollblüiigkeit litt, nach
reichlicher, aber vergebener Anwendung der Blutegel am After,
und nach eben so vergebener Anwendung anderer, anf die wahr-
scheinliche BauchursBche zielender zweckmäfsigen innerlichen Ar-
zeneien, durch das glühende Eisen gar bald von dem Hüflgeleok-
schmerze befreiet. Der Mann, der mir nicht selten unter die Au-
gen kommt, hat aber einen gewissen Grad von Steifheit im G^
lenke behalten, weiches man, ohne besonders aufzumerken, gleich
an seinem Gange s^ien kann. Das Brennen hat ihm begreiflich
das Gelenk nicht steif gemacht, sondern die Krankheit hat es ge-
tban. Das Brennen kann, meines Erat^iens, wol als. Heilmittel
dienen, wenn es beizeiten angewendet wird, spSf gebraucht, wird
es auch nicht helfen. Wo aber der Scheidepunkt zwischen dem
Beizeiten und dem Spät sein mag, weifs ich nicht.
Ich glaube, dafs unter den Uebeln, durch welche der Mensch
des Lebens beraubt werden kann , das Hüftgelenkweh eins der
furchtbarsten ist. Vor vielen Jahren bin ich einst zur Anilichen
Beraihung in eine so weit entlegene Stadt gerufen , dafs ich im
Hanse der Kranken übernachten mufsle. Diese lag im Bett, ab-
— 701 —
gemHgerl kam Gerippe , besiandig wimmernd , nicht selten laiit taf-
■ebreiend. Ihr gewöhnlicher Arxt halte alles geihan, wa« er wnfa-
le, und die Brennzilindvr waren aach nicht Tergessen. Dann wa-
ren andere Aeriie um Ka(h gefragt, aber alles vergebens. Antit
ich war rathloa und würde es auch noch jetzt in einem ähnlichen
Falle sein. Die Kranke halte schon angefangen sich durcfaziilie-
gen, und ehe der Tod sie erlöset hat, sind die Liegwunden so be-
deutend geworden, dafa nan sie in Gurten schwebend erhallen
mnfsle, und dafg ihre nSchaieD Frennde nach ihrer Auflösung, als
nach dem einzigen Heile verlaogten.
Jener lange Winterabend, den ich im Hanse der Kranken
inbringen inufste, bat mir allerdings das beaprosbeac-U^el in
seiner scheu fslit^slen Gestall recht gründlich gexeigt; Sbrigens
gehört er zu den eiozelftbn Punkten in meinem Lebe« , auf wel-
che ich nur mit Granen snrfickblieken kann. Mein Kollege, mit
' dem ich mich bald veniHndigei hatte, nberliefs midi entweder aiw
GeaebSflszwang , oder aus Bosheit meinem Schicksale. Nun hatte
ich zwei Zinmier, in denen ich mick aufhalten konnte; in dem
einen befand lieh die Matter der Kranke», eine siebzigjährige
Marschalltnn , deren altfranzösiscke GetHtesbildung sich noch ana
Ludwig den Vienehaien Zeit herschrieb; in dem anderen lag ihr«
verwitwete Totifater, die b&ftkranke Markise. Ich hatte also die
Wahl, entweder d!e JammertÖne der tingiflekiichen Markise anzn-
hSren, oder die mediziniseben Fragen der Marschallinni Eher den
Zustand jener, nnanfhörlidi zu beantworten. Grober Gott! wi«
ist mir der Abend so lang geworden!
Wir praktischen Aerzte haben denn doch ein gar wunderliches
Geschäft, et fShrt uns zuweilen in seltsame Lagen; so viel Ich
aber bemerkt, taugen die Sellsamkeilen durch die Bank nicht viel.
Ein Arzt des 16. Jahrhunderts, StfmphorianH$ Campggitii, hat einst
eine noch weit ausgedehntere Langweile ausgestanden, ob sie
aber an Innigkeit der von n«r erlebten zn vergleichen sei , dar-
an möchte ich fast zweifeln. Er wird , wie er uns selbst ersibll,
SU einem Kardinal gerufen, und findet bei diesem einen ganzen
Schwärm Aerzte, mit denen er sich beraihen soll, wie dem geist-
lichen Herren das Quarianfieber zn vertreiben sei. Das Lustigste
war, dafs alle Aerzte dort bleiben mafaten, bis das Wecbselfieber
wirklich gehoben war. Da man nun zu jener Zeir im Fieberver-
treiben nicht sonderlich fix war, so mufslen sie gar lan^ im Hau-
se seiner Eminenz verharren und langweilten sich ungeheuer. Ei-
nige plauderten mit einander von gemeinen, ungelefarten Dingen,
andere spielten Sehach, und Sga^/ivrian Ckampier schrieb ans Ver-
zweifelung sein Büchelchen über die Irrihümer der Arabischen
Aerzte, in welchem er die heftigsten Schmähungen gegen diese ans-
alöfst, weshalb «r, wahrBcheinUcb) reo einem unserer Gasebichts-
— 708 —
ünle XII lien Arabislen gntthlt wird. Mir schnnt «ber, häti«
•r, Mall diese ScbriTi zu verfHaaen^ nit Minen Amtegenosaea Schach
gHpiett, «r wurde dednrch der Kumt kranke MeBsohen gesund zn
nacben anch keinea beaunderen Abbruch getban liaben.
. Selttame Mnikelkrankheit,
In Jahre IM40. ksia eines NachmiltageB ein niederlfindUeher
Herr wegen einer periodisebea Mnak^krankbeit eeiser «fwachse-
nen Tochter zu mir. Da angeblioh der AafaJl tSglicfa und xwar
MKibinittagB eiRiuiretea pflagle, ao bat er,' ich möchie mich gleieh
w dcK meinem Hause oäcfailgelegenen Gaslknf, wo er eingekehrt,
begeben ; ich werde vor Eintritt dca Anfalles ooeb Zeit genug ha-
ben, di« Kranke selbst über alles, was mir in wissen nöihig aus-
zufragen, und könne mich spUer, wenn der'Asfail erseheiBe, an-
ac^nUch tmi der sellsamen Form der Krankheit ubenengen.
Ich begab uiicb gleich hin «ad fand in der Leiderian eis reeht
bühscfaes Fräulein, der wb alcbls Krankhaftes« whh wenigeMn
nichts, was auf Bancherkrankung auch nar von fern gedealet hSi-
te, ansekeo kannte; auch ergab di« Aosfragnng niokis derglei-
chen. Aas den mitgebrachten Beeeptea, die ihr ven awei Aeis-
tea ( der Vater nannte diese Profesaoren ) rerubrieben waren,
enak ich, dalä aie anf kciae Weite, feindlich und wagehüUig
T0B diesen verständigen MUnnem angegriffeo war; eiuer der-
aelhea hatte den Versuch geaiacht, diese periodisebe Krankheit
durch Chinin wie ein Wecha^fiaber au heilen, aber obaa Erfolg.
Nachdem ich die Recey te gelesen and nun »och eine Frage an
die Kranke richtete, bekam ich keine Antwort ven IIk. Der \tk*
itr sagte gleich, dei A&faU nahe und komme früher als gewähih-
Uefa, er nahm die a«f einem Stuhle am Fenster sitzende Kranke
aaf und legte sie auf ein im Zimmer stehendes oß'enes Batt. Xnn
konnte ich die seltsame, mir aodi aie ?orgekomineoe Erscheimiog
einer doppelten Krankheitiform deutlich sehen. Die linke Seile
dieses Körpers war vom Surrkrampf ergriffen, der Arm lag ganz
anegestreckt liart am Leibe und war so steif, dafs es mir vorkam,
als kdane man Üui eher brechen als vom Leibe eniferiien. Mif
der rechten Seite sah es aber ganz anders aus« diese befand sich
in einem convalsiviseben Zitleni, und mit dem Arme diesn- Seile
machte das' Mideben allerlei Geslikulaltonea, die, wie nicht sellea
in der Chorea, den willkürliehen Bewegungen ^hslioh sahen, wirk-
lich aber anvillkürliche waren. Der Vater bemerkte mir avn
noch, wie ich jetzt den Anfall sehe, sei er ein geUader, bei einem
eraethafteren seien die Bewegungen der rechtes Seite weil hef*
liger.
Ich bdbe diesem Fräulein das Glanbenalz gcraüien; ob Bie
— roa — •-
dadurch geheilt iat, knnii ich, weil sie gleich nach dieser Rath-
fragong in daa Innere der Niederlande xorSckkehrte, mir nleo die
anschauliche Ueberzeitgiing der Heilung tt-Mt, nichi inli Bestimmt-
heit angeben. Die Gründe welche fiir die erfolgte Heilung apre-
ehen sind folgende. Ungefähr 12 Titge nachdem ich meinen Kath
gegeben, lief» mich der Vater durch eine hiesige achiUare Fran
seiner Bekannlaehaft wissen,' mit seiner Tochter gehe es viel bes*
aer; da aber das Glauberaala anfange viel at&rker adT den Stuhl-
gang n wirken als früher, so frage ot an, ob seine Tochter ea
aosseixen dürfe. Ich sah daraaa, dafs derMann meinen mündli-
chen Unterricht schlecht behalten hatte, liefs ihm also antworten,
die ToehlM* dfirfe'das GlanberaaU nicht aussetzen, sondern aie
möasfl ea femer in geringerer Menge nehmen.
Ungefkhr einen Monat spfiter überreichte mir dieselbe Fraa,
mit der Nachricht dafs da« M&dchen gaos geheilt sei, namens ries
Valera eine Erkenntlichkeit, die mir zwar an sich nutxiot war,
aber doch den Weith des Honorars weit üiieratieg, welches ein
preu&iseher Ant für einen einaigen stfidiischen Besuch zu fadem
berechtiget iat. Dieser leixte Umstand macht es mir besonders
glaablicb, daft mein GhMbersalarath steh wirklich als hellend mafa
ausgewiesen haben, denn bis Jetai ist es sowo) in meinem ange-
ren ah weiierea Wirkimgskreive etwas Unerhörtes, dafii jeman<(
einem Arate, der ihm ohne w\e\ La»f»r«i einen hellenden
Rath gegeben, fretwiH4g und fi^gebig lehnen aollte: mithin bin
ich ab VerBtaadesmeoMh gezwungen, ilni freiwlIKge und freige-
bige Lohnen eines nlebtheitenden Rathea für eine wahrhafte
bfii^rtiehe UnmSgKchkeit au h^teo.
it» Google
vierte« Kapitel.
V*it 4eH tmiTersMlmlttelH.
£inle»tung.
Mühe ich die Wirkung nad d« Gebraocb der iatroohemiielKn
DniversiiIiniHel aattage, wird m nölhig win, die Begriffabeuim-
mang, die icli im iweiien Kepitd von einem solebee Miuel ge-
gebea , zp recbtfertigen. leb bnbe dieeen Begriff fotgenderoMfeen
beelimmi: Ein ÜDivanalmiuei sei ein aolcbei Mittel, welcbee in
dem beleblen Menschenieibe da^nige, wu, «rkrankl, niobt an-
ler der HeilgeAvalt iigeod eine« Ofgaobeilmitule Uebe, tarn Nor-
inaleiande aurfiokrübre. Dm in dem belebteo Menscbenleibe durdi
die Uni reraal mittel Heilbare nenne ich den GesammiorganianuiB,
im Gegeasatse za den eiozelaen Organen, die, erlurankt, nnt«r
der Heilgewalt ibrer Eigenfa eil mittel stehen.
Sollte man diese Bestiiamnng etwas seltsam ßaden , so be-
merke ich darüber Folgendes. In einer reinerapirischen Begriffs-
besiimmong darf nichts Hypothetisches, sich auf eine vermeint-
liche oder vermnlhlicbe Kenntnifa des belebten Mensch enleibes
Beziehendes anfgenommen werden. Das Bat ioneil empiriac he , das
Varmulhlicbe über die Unirertalmittel werde iob am Ende dieses
Kapitels dem Leser miltbeilen, damit es auf keine Weise mit
dem BeinerfahrnngsgemSfsen vermischt werde. Solche Vermischung
gibt Verwirrung der Begriffe, deren fticb freilieb manche ratio-
nelle Empiriker nur zn oft schuldig gemacht, welche mich aber,
der ich die Absicht habe, die reinempiriscbe Heillebre der Alten
dem Leser verslfiadlicb darsulegen, gar übel kleiden würde.
Alle BegriffsbestimmiiDgen sagen uns nicht, was das zu be-
stimmende Ding sei, sondern blofs, welches sein Verhällnifs zu
andern Dingen sei, mit denen es der Verstand möglich venvech-
seln kSnnie.
- 705 -
Wsna die ScbetrfskllDMiflr ans solche Kürpitr, welcfae die
Kaaat bia jetzt noch nicht lu zerlegen vennochte , bestimmen , ho
Mgen «ie nna niehl, waä Hie sind, sondern bloh, wie sie sich-
n andern KSrpero verhalten. Also «eifi ich anch nicht, waa
ein Uni Versal mittel sei , wie and auf welche Weise es in dem
erkrankten Leibe eine getnadnacheiide Wirkung änfsAt ; ich schei-
de es aber TOn den Eigenheil mit lein der Organe. Ohne mich in
das Hf potbetisrhe za verlieren , weift ich nicht anzugeben , was
der Geaammtorganismua sei; ich weifs aber gar wohl, da& etwas.
in dem belebten Meascbenleibe ist, welches eriAAnkl, nicht nnier
der Heilgewalt der OrganheÜmitlel, sondern der Universal heJl mit-
tel stehet,' and dieses ist meinem Verstände der Geaammierga-
Die schulrecbten Aerzte haben den lat röche mi kern hinsicht-
(ioh der Universalmitlel ofFenbar einen nicht blofs irrigen , sondern
■albii albernen Begriff anrgebSrdet. Sie haben nfimlieh t^oi^eg»-
ben, als behanpteien jene, ein Universal mittel heܫ alte Krank-
heireo, und wer im Besitze eiaes solchen sei, der bedürfe keiner
anderen Heilmittel.
Ich gestehe, dafs schon Baymmndu» LhIUw den scbulrechlen
Aeralen Yeranlassnng zn dieser verkehrten Ansicht gegeben. Wenn
er ein nnendliches Namen verzelchnifs von Krankheilen anfertigt,
welche er mit einem nnd demselben )1ittel heilen zu kSnnen be-
hanptet,*) so war bei den Galrnikern nnd bei ihren Nachfolgern,
welche Krankheit vai K rank hei tiform mit einander vermischten,
znm wenigsten beide nicht versiandhaft von einander achieden,
der Gedanke leicht zu eatachnldigen , dafa die lalroebemiker wirk-
lich alle Krankheiten mit einem nnd demselben Mittel heilen zn
können rorgSban. Krankheit ist ein eigenes , anfaerbalb der Gren-
zen nnseres Verstandeswissena liegendes feindliches Ergriffenselo
des Lebens. Krankheitsform hingegen ist eine Gmppa von Zn-
fXllen , welche sich als gestörte Verrichtung einzelner Organe,
nnd dem Kranken als BeeinlrSefatignog des Gesa ndbeitsgefü blas
infsert. Krankheitsform ist also die sinnliche Offenbarung des
Unbekannten und Unerkennbaren, welches wir Krankheit nennen.
■Dalii es Urleiden des Gesammtorganismns gibt , nnd diese sieh
von den UHeiden der einzelnen Organe unterscheiden, daran ha-
ben auch die scbulrechlen Aerzle wol nie gezweifelt. Eine Umf-
fekliun des Gesammtorganiamua greift aber den ganzen Leib nie
so gleichmäfaig an, dafa sie nicht in dem einen, oder dem ande-
ren Organe mehr oder minder vorwalten sollte. Daher Schmerz,
■) RapmmniS LuBü MaiereaKi tAb, dm Mtdirtntt $eereUuimii. DieMr Philo-
soph «der Narr iit wabrtcheialieh einer von den Halbwitieru der (aheivünt-
lieban Sekt« gewefw, weehalb iha anek PtrateliMi EwiDguhiHt.
^4$ —ö-
— 7oe —
oder geuörte Verrichtung «inxelnw Oigan«. Wegen der MUl«-
denheit der Organe unter einauder kann aiktr «iD lolclieK Yorwal-
len der Atlektioa des GeiaiaintorguiiMmna in eiaem Orgaue nicbt
Stall tindeo , ohne dafi andere Organe toStleidliob dadurch berührt
würden. Auf die Weise bilden sich gewiue Gruppen von Zußil-
len, welche ^ne nosologische Form darstallen, die, wie jeder
leicht eiaseheu wird, je nachdem der Theil ist, worin die Affek-
lioa des Gesammiorganianins vorwaltet, aadera und anders gestal-
tet sein mnls.'
Wie aber all« solche nftgliche und denkbare Krankheittfot-
Men gestaltet sein wögen, so können sie doch sämaitlldi Offen-
barong einer und der ttämliobea Afiiektioa des GesaamtorgaaüsniHs
sein nnd können mithin durch ein and das nSmliche Mittel besei-
tiget werden.
Denen meinei I>8er, welchen das Gesagte noch unrersifiod-
lich sein m&ebte, will ich die Sache durch ein sohnlgeireehtes Bei-
s|uel gnnz anschaulich tu machen versuchen.
Unsere beuligen Aerite, mit Ausscblofs der homöopathischen,
nehmen elneo krankhaßen Zusund des GesammtorganisniiuB an,
den sie den «ttsündltchen nennen. Dieser greift nnn nie die ganze
Körpertoaschine sichtbar gleiehmäfsig an, sondern er waltet in
dem einen oder anderen Theile erkennbar vor. Dadurch werden
kosologiscfae Formen gebildet, als Cephaiiti», Ophthalmie, Ott-
tu, Gintilü, Axgima, Fleuriltt, Rkeumatümtu, Colic, nnd wie
das Heer solcher Zufallsgnyi^n von den Aeralea mag benetutet
sein. Alle diese verschiedenen nosologischen Formen, die noeh
überdies durch die Miileidenheil, worin die Tbeile, in welchen
die Affekiion des Gesamauoi^an Istaus vorwallet, mit anderen iM-
ben, Ubbereehenhar können verfindert werden, weichen doch einer
und der nfimlicben BebandluDg, der schulgereobten Kutenuiehnag,
den sogenannten aniiphlogistischen Mitteln, oder dem CalomeL
Se wenig man nun sagen kann, dafs unsere Aenle anweise
bandlen, dafs sie ein ganzes Heer von Krankheiten durch eine
und die nämli^. Behandlung heilen zu können behaupten, eben
so wenig kann man auch die alten Geheimärzle AtiM Aberwitzes
zeihen, dals sie ein ganzes Heer von Krankheiten, oder alle
KraoUieiten (Krankheitsformen) mit einem und dem nftmlichen
Mittel heilen zu können behanple'en.
Sollte nun aber einer meiner Leser, trotz dieser deutlichen
Anslegnng, so halsstarrig sein, die alle Galenistisehe, von «pS-
teren Geschlechtern gntgläubig nachgebetete Meinnag festmihaltea,
so biUe ich diesen, nur ein beliefaigeB Werk des ersten besten
latrochemikers aufzuschlagen. Er wird dann bald finden, dafs
diese Leute, nebst der Kenntnifs der Unlversaiiuittel, sich auch
ausgezeichnet guter Organheiliniltel rühmten; und ich will ihm
- 7W -
I ^ Wahl luwB, enlweder mfeins Aiu]«gaii^ all die walw«
oder die alten Geheim&nte als Yollkommne Toll-
blailer anzusehen. Wen sollten sie der Or^nheiiniilld bedurft
haben, wenn sie des Glaubens gewesen, mit ihren Universalmit-
teln alle Krankheiten heilen in können? —
Endlich gebe ich jedem Zweifler noch Folgendes zn bedeo-
ken. GeseUt, die Geheiniinte bitten auch, in der dunklen Ur-
leil der Entstehung ihrer Sekte, den ihnen von den Galenisten
aafgebSrdelen albernen Begriff von einem alle Krankheiten hei-
leadea Unirersalmittel gehabt, so hftite doch ihre eigene Erfab-
ruag we nothweadig gar bald von dem Irrthunie lurfickbringea
nfiaaen; denn wie wir allesammt wissen, ist die \alar nicht so
gefiÜlig, sich nach der Phantasie der AerMe zu fügen, und so
eigenwillig sie jetzt ist, wird sie es aacb wol von jeher gewe-
sen sein.
Ferner ist die Meinung der Galenisten und ihrer Nachfolger
aa«h darin irrig , dB& sie , wie man ans ihren indirekten Aeufse-
nwgen aohliefsen mafg, die Universalmittel fBr isolirt dastehende
Arxeneien ansehen, welche, in ihrer Wirkung mit keinem ande-
res Mittel verwandt, die angebliehen Wunder verrichten sollen.
So ist es aber wahriich nicht gemeint. Die Universal mittel sind
keinesweget, hiosichtüab iluer Wirkung, verinselle, verwandt-
lose Findlinge, sondern sie haben ihre Verwandten. Sie onle^
scheiden sieb nur dadurch voa ihren Verwandten , dafs sie mäch-
tiger , schneller in ihrer Wirkung sind und dafs ihre Heilwirkung
ausgezeichnet rein ist. Rein ist sie in der Hiniiicbl, dafs sie we-
der den Gesammtorganismus , noch irgend ein einzelnes Organ
feindlich angreift. Die Univeraalmiitel sind also nicht b'ols hin-
sichtlich ihrer mächtigen Heilwirlcnng, sondern auch hinsichtlich
der Reinheit und Einfachheit Ihrer Wirkung wichtig. Je mehr
Nebenwirknngen ein solches Mittel hat, um so viel schwieriger
ist seine Anwendimg; als Erkeunungzmittel würde aber ein unrei-
ne«, oder gar feiadliches Universal mittel gar scbleebt zu gebrau-
chen Min.
Die drei, in der alten geheimärallichen Zeit bekannten Uni-
versalmittel waren, so viel ich die Sache habe ergründen können:
der würfelicfate Salpeter, das Eisen und das Kupfer.
iVlan kann aber aus den Schriften der lalrochemiker den Be-
weis nicht führen, dafs alle G^eimBrzte auch gerade den Ge-
brauch der drei Universalmiitel gekannt hstfen. So hat Ragm.
Lultiui den würfeücbten Salpeter nicht gekannt; wenn also Ai-
raceüm» dessen HeÜkuost etwas gering ichBlzt , mag er nicht gani
Unrecht haben. Paracehu» , der sich auf seiner ersten Wande-
rung (die man von seiner zweiten wohl nnierioheiden mnfa) mit
den in Frankreich, Italien, Spanien und Deotachland hiti und
- 7W —
wieder xenireuMn ünilicb«!! GcheimfoncharR baiprocfaen uaA aidi
wahrscbcialich ihre Heiiulichkeiiea angeeignet halte, kaaMe den
Gebraucb aller drei Univerialniiltel. Aber auch er spricht eben
so wenig deutlich über diexelben , ala sein VorgAog«r und seine
Nachfolger.
Von Hern angebliehen Vater der ialrocheuisi^iMi Sekte, von
dem sweifelhaften Hermet, weifs ich nichts su sagen, ^eil ich
dessen Schrift nie habe aaifireiben können. Ans einer Strile der-
selben aber, die ich in Berkert Pigtiea miterranea gefunden,
maSa ich wol Bchliefsen, dafa das Den I lieh seh reiben anch eben
seine Sache nicht gewesen. HSiien die latrocfaemikcr über ihre
Uni Versal mittel deuilich geschrieben, so bftiten sie dieses aicht
ihan können , ohne ihre ganse Heillahre an offenbaren. Ich habe
aber im ersten Kapitel gezeigt, dufs der damahlige nnbillige, ver-
folgende Zeitgeist jeden klugen Mann von dem Deuilichschreiben
abmahnen mnCit«. Die rftthaeUiafien , dankten Andeutangen H»-
hettkeimu über die Univeraalmiuel mögen allerdings woi die Forsoh-
begierde mancher "Leser aufgeregt haben; es konnte aber auch
nicht fehlen, dafa die Aualegang jener duakelen Andeutungen
gauf verschiedenartig aasfallen luufsle, je nachdem die Verstaa-
deskrifie der Leser und ihre Hntliche Erfahrenheit verschieden
war. Daher findet man hei den Paracelsisten hhisichilicb tfer Uni-,
v^rsalinittel sehr abweichende Ansichten, und es kann immer in5g-
lich sein, dafs die eigentlichen ChemiJter, die nur zuweilen ein
wenig in der Medizin pfuschten, ond die man, obschon sie Dok-
toren der Medizin gewesen sein m5gen, nicht mit gnieia Gewis-
se» au den ach eidekünstleri sehen Geheim8raten xSblen kann , gans
irrige Begriffe von den Uniyersaliuilteln gelubt haben, indem dU
Erfahrung ihre Begriffe nicht -bwricbtigen konnte. ')
Zu dem wahren Begriffe, den die eigentlichen latro Chemiker,
namentlich Paraceliu, von den Universalmiiieln hatten, kann
nur der gelangen , der den erkrankten Menschenleib selbst beob<
achtet , selbst so heilen vertatet. Diese Selbstbeobachtung macht
ihm inaRche Aeufserung HoheKheimt deutlich, and awar so deui-
lich, dafs er hintenaach erstaunt, jene Aeufaemng nieht gleich
verstanden su bähen, üeberhaupt waren Hvkenheim* Schriften fSr
Beobachter der Natur, für Selbstforscber berechnet, nicht Tür ga-
lenistische Büchergelehrte. Den letiten mnlsten sie immerdar dun-
kel bleiben, indefs sie gerade durch ihre geheim nf fsvollen Andeu-
tangen die Neugierde der ärstlichen Forscher aufregten. Das Ge-
beimnifttvolle regt die Neugierde forachlus liger Menschen auf , nicht
das De'ntliobe. ParaceUu» hat deutlich und offen gegen den Oale-
") Owea tiad jedM , dar lich alt dw wakres Lahr« der seheialnlliBhea
Sskie bakMU MMbas will , di» Sebriftea dar foraeakbten UM pas aetslM.
— 709 —
■t^M gsklapfl, «bflr das, waa w «n de«sen Stell« «etil«, dan-
ke) vorgeirafen. Dadurch bildete er Dicht sowol Paracelaiglen,
aU vielmehr Naturforseher ; uad wenn inb die Frage aufstelle:
würde er wol, hätte er aeine Lehre deutlich vorgetragen, einen
«o bedeutenden Einflurs auf die Medicin gehabt haben aUer wirk-
lich g;efaabtl bo könnte nur der meiner Leser diese Frage albern
finden, der den nenschlichen Geist nie selbst beohachiet, nie die
Geschichte inBeiiehung auf denselben gelesen, nie von dem An-
hange gehöret, den jede Gebeimelei gefunden.
leh will nicht in Abrede stellen, dnfs das unendliche Nuatens-
verxeichnifs von Krankheiten, in welchen die latrocbeniiker ihre
üniversaliMitIcl wollten bSIfreich befunden haben , iheils auf Rech-
nong ihrer Eitelkeit, theils auf einen sie beseelenden nfickischen
Plagegeist in schreiben sei, der sie drang, die Galenistea duFcfa
die Aufgabe eines ihrem bücherlichen Verstände anauflSslichen
Rflthsels zn Argem. Es könnte aber auch wol io unseren Tagen
ein Arzt, der die Geheiinkunst der Allen blofs an den bücherli-
chen Quellen studiren wollte, durch jene neckische Plagerei in
die Irre geführt werden. Er könnte sich nSinlich vorsteifen, die
üttiversalniittel seien solche Arzeneien, die bei tJebung der Kunüt
keinen Tag an entbehren wSren. Damit ich^ gleich rem Anrange
an, jeden Leser vor solidem Irnbunie. warne, wird es hinreichend
sein, mit wenigen Worten das Ergehnifs meiner zw anxigjfihrige»
Beobachtung auszusprechen. Ich gebe aber gern zu, dafs, wenn
ich, Matt zwBuiig, vierzig Jahre die alte Geheiinkunst geübei,
das Ergebnifs meiner Beobnchtong vielleicht anders lauten würde
als jefzt. Bis jetzt habe ich beobachtet, dafs reine LJrteiden des
Gesani ml Organismus in unserem Himmelsstriche neit weniger sich
finden als reine Drorgankrunk heilen 'Wenn diese jahrelang als
feslBlehende Krankheiten herrschen, so erscheinen jene ah uni-
schenlanfende und hermchen nur monatelang. Vermischte Krank-
heilen, BUB einer Uraffektion des Gesaiumlorganisnius und aus
einem Uroi^nleiden bestehend, sind ebenfalls bSufiger als reine
Uraffektionen des Gesammiorganismos, aber auch jene wfihren
nur monale-, nicht jahrelang, und gehen dann leicht wieder in
einfache Urorganleiden über. Wer also glauben wollte, ich habe, •
weil ich der Lehre der alten Geheiraärzte gefolgt, bestSndig, ent-
weder durch würfelichlen Salpeier, oder darcb Eisen, oder durch
Kupfer alle Krankheiten bekämpft , der würde sich einen ganz
verkehrten Begriff von jener Lehre machen. Aus dem vorigen
Kapitel haben die Leser schon gesehen, dafs ich mit einfachen
Organfaeilmitleln die übelsten akuten Krankheiten gebeilt habe,
leb sage aber noch znm Ueberflusse ausdrücklich, wer reiae Ur-
o^anleiden und die davon abhängenden akuten Fieber ■iehl Uoia
— 710 —
behanillen, sondern wirklich beiUn wiH, der mnfi dia geeigoMmi
Organheilmiltel rran nod allein anwenden.
Mir ist es wahrscheinlich, dafs HippoAratet Vraffe]ttianen de«
Gesammlorganismus in Griechenland weit häufiger beobachtet hat
als sie in unserem Himiiielsstnche TOrkommen, und dafs sich daher
seine aof blofse Beobachtung gegründete Lehre von den kritischen
Tagen schreibt. So ist, nach seiner Aussage , in den schnell ver-
laufenden Fiebern der vierte Tag der kriiische, der bei bösartigen
aber auch der tödiliche sein kann. Ferner iheill er die entscheiden-
den Tage in solche, welche wirklich entscheiden, und in solche,
welche die künftige EnUcheidung anzeigen. Da isl mm wieder der
vierte' Tag der Anzeiger, so, dafs wenn an diesem eine gfinstige
Veränderung eintritt, der siebente der wirklich glücklich entschei-
dende, wenn aber eine nngünstige VerSnderung einiriit, der sechste
der lödtlicho sein wird.
Merkwürdig ist es mir gewesen, dali be> dem Gebrauche der
Universal mittel in akuten Krankbeilen der vierte Tag des Araenei-
gebrauchcs gewöhnlich der Tag der BeMcrungist, dasbeibt, der
Tag , an dem das Gesnndheiisgefühl wieder eintritt. Freilich ist
hier der vierte Tag des Arzeneigebraoches der Tag der Bessemng
und bei Hippokraies war der vierte Tag, vom Anfange des Krank-
heit an gerechnet, der entscheidende » oder der anzeigende. Ich
ahne aber irgend einen Znsammenbang zwischen d^m Uippokraliacb
kritischen und dem beim Gehrauche der Universal mittel eintreten-
den Genesungstage; bis jetsl habe ich jedoch diese Ahnung nicht
auf dem Wege der Beobachtung zur veFslandbaften Klarheit bringeo
können. Hfille ich die reinen Uraffektionen des Gesammtorganis-
mns so hftufig zu beobachten Gelegenheit gehabt als die reinen Ur-
organafl'ektionen , so würde ich vielleicht mehr von diesem dunkleo
Gegenstände sagen können als jetzt. Aber in diesem Falle würde
anch weine ärztlich praktische Ausbildung weit nnvollkommner ge-
hlieben sein, denn die kälteste Phantasie würde bei dem beständi*
gen Aiuchanen der wundergleipfaen Wirkung der Universalmitlel
sich erwärmt haben , und als praktischer Schriftsteller hätte ich
Dothwcndig, auch bei dem besten Willen, die Köpfe meiner jün-
geren Amtsgenossen erhitzen müsaen.
Jetzt bin ich in eine etwas rauhe Schule geschickt , ich habe
die beschwerlichsten Urorgankninkbeiten behandeln müssen, bei
denen, wenn sie gleich zuweilen mit Urleiden des Gesammtoiga-
aismos verbunden waren, die Universalmitlel entweder gar Bicbt,
oder doch allein nicht halfen, indem ich nur heilen konnte, wenn
ich das urergriffene Organ erkannte und auf selbiges das geeig-
nete Organheilmiltel fand. Dadareh ist in meinem Kopfe wol das
wahre Gleichgewicht enlsuiaden, welches mich als praktiadien
— 711 —
SokrirMeilcr beClbigei , den Wenh der üUroflhemiHcben Unlvenat-
mittel ohne Uebertrcibung richtig lu Bchätzea.
Bei einer AbhaDdlang über die UniverRalmitlel miifi man mit
lUcht, ehe man ins Einaelnv gehet, die Fragen beantworten : wie
offenbaret fich die CralfelniQn des GesammtorganitmiiB ? gibt ea
Zeichen, dnrcfa welche wir dieselbe von der consensnellen Aflek-
tion des Gesamiutorganiamna unterscheiden können! und gibt e.s
Zeichen, durch welche sich die drei Uraftektionen des GeseiHnM-
oignnismns von einander nniersoheiden 1
Wenn jemand nur kurze Z<-it die UniTersalmittel gebTaiiolil
hülfe, ond er wollte, bevor er seinen Verstand von der iheilich-
len Verkrüppeln ng gebeilet, niil welcher uns allesainnit der Kryp-
logalenisnins schon in der Jugend bemakelt hat , deih Rubliko seine
f 'rfahrnngen mittfaeilen , so würde er sich wahrlich in einer gro-
Tuen VerTegenfaeit befinden. Von der irrigen Ansicht ansgebend,
dals alle Krankheiten sieh von einander durch gewisse Zeichen
nnterscheideo , würde er ängstlicb nach solchen noterseheidenden
Kennzeichen boacben, er würde die ZnflUla, welche er bei einer
geringen Anzahl von Kranken beobachtet, als allgemein gnltiga
unterscheidende Zeichen nafstellen, und lo, indem er der schnl-
gere«4iten Ansieht fröhnte, den Leser in die Irre fuhren. Da ioh
aber zu gewissenhaft bin, i^eine A nitigenossen absichtlich xu t&n-
sehen, da ich lange genug die üniversalmitiel gebraucht, und nicht
den geringsten Belang habe, den ftulseren Schein jI er Schnlregrl
SU bewahren, so trage ich kein Bedenken , besiimnit zu erklären,
dals ich keine allgemein sichere Zeichen kennen gelernt, dnrcb
welche ioh die Uraffektion des Gesammtorganisrans von der con-
wnsnellen unterscheiden kannte, eben so wenig solche, durt^
welche ich die drei UraSekiionen des Gesamintorgunismii» von ein-
. ander zn onlerscheiden im Stande wftre. Was ich Ventauibliches
über dieMD Punkt ze sagen habe, werde ich bei der Auslegung
des Gebrauches der einzelnen Uni vwsal mittel bemerken.
Da jede der drei (Jraffekiionen des GeBamratorganisious in
jedem Oigane oder Systeme vorwalten kann, so inufc uns schon ■
der gesunde Verataod sagen, dafs wir vergebens nach unterschei-
denden Zeichen soeben werden. Einen einzigen beständigen Zu-
fall findet man bei allen Uraffekliooen des Gesammtorganisiniis,
nfimlich, das heeinUSchiigle Gesundheitsgefühls alle andere Zn-
fdlle sind wandelbar, sie können vorhanden, oder nicht vorhan-
den sein. Da aber das geiHihte GesundheitsgeRihl auch bei con-
sensuellen ASektionen des Gesanimtorganismus ebensowol vor-
banden ist, so kann man diesen Zufall nicht als ein unierschei-
dendea Zeichen der Uraffektion des Gesaiomiorganisrous ansehen.
Ja, da manche Urleiden des GesammtorganiBmus sich langsam
einschleichen können, so verliert der Mensch in diesen» Falle auch
— 712 —
gHDx allniählig dus kr&ftijj;« GeShl 4«r GMinidb«it , ahne ei selbtt
besiimmt zu wUseo und ohne sich darüber zu beklagen, denn dm
tiesundheitsgefübl ist ein sehr relalivea. Jedoch, wenn die Affek-
tion des GesarainlorgaDlsmuB , sie mag scfandl überfallen, oder
langsam überscbleichen , bis %a einem gewissen Grade gesteigert
ist, fühlt jeder ein Unwohlsein; die 'Verrichtungen aller O^ane
können noch wol ihren Gang gehen , aber das Beerhauviteke 06-
leciamentum fehlt dabei.
Nebst dem beeintriichi igten Gesoadheitsgefühle ist die Hegel-
widrigkeit des Kreislaufes der nächste, aber schon weit minder
digemeioe Zufall. Abgesehen davon, dafs die consensuelle Af-
fektion des Gesammtarganismns , eben sowol als die UraSektion,
sich durch Avfrmung des Ge^ssystemes offenbaret, mithin der
beschleunigte Vulsschlag keinesweges ein unterscheidendes Zeichen
der letzten sein kann, niufs es jedem, der nur ein wenig den
kranken Menschenleib mit Aufmerksamkeit beobachtet und der ge-
sehen hat, daCi die VerSnderung des Kreislaufes mit der Gröfae
und Wichtigkeit der Affektion des Gesammiorganiamus nicht alle-
zeit in einem beslimmian Verhftliniase stehet, begreiflich werden,
dals die Regelwidrigkeit des Kreislaufes unrnSglich ein sicheres
unterscheidendes Zeiches der Uraffektion des GesammlorgaDismns
sein könne.
Niemand zweifelt wol daran, dafs das, was wir Aervle Fie-
ber nennen, eine Aftiektion dea Gesammtorganismus sei, welche
bald als Uraffekiion, bald als mitleidliohe auftritt. Wie nt es
denn aber möglich, dafa man je in der Medizin auf den Gedan-
ken hat kommen können, eine BegriSsbestimmnng des Fiebers,
oder eine allgemeine Beschreibung desselben zu geben f — Eine
BegriSsbesHinmiuig (B^nitioj kann hier doch nicht das Wie
des feindlichen Ergriffensf ins des Lebens ausdrücken , denn dieses
liegt ja aufserbalh rfer Grenzen der menschlichen Erkenntnifs;
also könnte sie blofs eine scheidende Bestimmung sein. Diese ist
- aber nach zu geben unntöglich , denn der Verstand kann daz nicht
scheiden, was die Ntitnr nngescbieden gelassen. Wo hat diese
die Marken swischen der fieberhaften und niditfi eberhaften Affek-
lion des Gesammtorganismus gesteckt! — Mir sind sie unbekanni.
Wollte man nun aber eine allgemeine Beschreibung des Fie-
bers geben, so müfste man einen 'Popanz von allerlei möglichen
und denkbaren Zufällen zusammensetzen und dieses wurde dann
die wahrhaftige, allgemeine Beschreibung des Fiebers sein.
Will man eine Affektion des Gesammtorganismus, die sich
durch beschleunigten Pnls und veränderte Temperatur des Körpers
offenbaret, als Fieber ansehen, so biß ich damii zufrieden, he.
greife aber leicht, dafs dieses blofs die nichts sagende und nichts
bezweckende Annahme einer willkürlichen Krankheiuform ist. Wir
— 71S -
würdefi bei einer sokfaen FormeabcctimiBUBg maacben «n akuter
Kraakbeit schwer und gefährlich Leidenden far fieberfrei, und
Mianchen sich nicht krank Fühlcndeo för fieberkrank erklären müa-
a«D. Bei luancheD akaten , gefährlicfaea Gebirnleiden, ja bei man-
ofaen akulen und gefährlidien Baachleiden weichen in einielnen
Körpern Puls und Temperatur wenig von Normalen ab, nnd bei
retsbarea Körpern, i. B. bei waiblicbeD( aonderlieh bei Ktndbei-
terinnen, ist der Puls inweilen sehr tteschleoniget , ohne daTs sie
das Gefühl des Krankseins haben. Wollte man nun diese fTir fie-
berkrank und jene für fieberfrei erklären, so wfirde man sich woi
io den Augen verständiger Nichtärale lächerlich machen. loh ha-
be aber wirklieh einst einen recht belesenen Arst kennen gelernt,
der sich sater meineo Augen einer solchen Thorbaii schuldig mach-
te; ihn hatte eine lange Praxj« ni^t aus seinem Büchertraume wek-
ken können.
In dem belebten Menschenleibe ist die Beßikigung der einiel-
neo Oigan«, durch allgameiae, geistige oder körperliche Reise lu
vermehrten oder ungeregelieo Verrichtungen aufgeregt au werden
«ehr verschieden. Bei dem einen Menschen ist die Leber, bei dem
andern die Lntige, bei dem dritten die Haut, bei dem vierten das
Gehirn, bei dem Rinften das Hera und das Scfalagadersyitem vor-
sfiglich aufregbar. So werden das Hera nnd die Schlagadern bei
einigen Körpern durch nnbedauleBde Krankheit dennafiten anfge-
regt, dafs manche Sterbende kaum einen so schnellen, kleinen,
uageregelteo Puls haben, als solche Menticheo. Andre können
schwer erkranken, ja sichtbare, bedeutende Verletzungen bekom-
men, ohne dafs Hera and Schlagadern bemerkbar mitleidig ergrif-
fen werden. Einige Menschen haben bei jedem leichten Unwofal-
saio anssetaenden Pulsschlag, ja ich habe nne Frau genau gekannt,
deren Pals, wenn sie bettlägerig «rkrankie, langsamer war als bei
vollkomflsner Gesundheit. Wie diöricht würde es also sein, wie
so ganz BweckloB für die Uebnng der Kunst, den beschleunigten
Palssehlag als unterscheidendes Zeichen des Fiebers aoiuaehen.
E^B wäre vielleicht fanndertmahl basser fSr die Heilknnst und
fOr die Menschheit gewesen, wenn man nie den Ausdruck, Fie-
ber, in die Mediiin eingeffihrt hätte. So bat man sieh bemühet
Fiebermittel an auchea, man hat die Fieber eingelbeilt, ihnen selt-
same griechische oder lateinische Namen gegeben, und die Acrzte
■ind um kein Haar weiter in Heilung derselben giskomuien. Hät-
te man den Gedanken von Fieber ganx fahren iasspa, blofs Mit-
tel auf den erkrankten Gesammtorganiamns und andre auf die er-
krankten 0^;ane gesucht, so worden in hundert Jahren zwanzig
verständige Aersie die eigentliche Heilknnst in diesem Punkte wei-
ter gefördert bähen, als es jetil alle Aerxte aller Lande in einem
Zeitraame von mehr dann sweilansead Jahren geiban. ,
— — "-'S'^'
— 714 —
Uebrtgena bia ich weit entfernt, diäter meiner AMiebt. we-
gen, dun alten Sprachgebraacbe in dieier Schrift la eetsegen.
Ich habe mich dea Anadmckm Fieber bedient, and werde
mich desselben bedienen, wie man sich mancher Aasdräcke im
tftglichen Leben bedieu, mii denen der Verstand allerdiogs wol
nndenfliche, aber keine klare, streng sl^mnrkie Begriffe verbin-
den kann. Einen Zustand des fiesammiorganiBmas, bei dem das
Gesnodbeitsgefuhl , dem Kranken nMrkbar, geirfibt und der Pals
beacbleuniget ist, wollen wir immerbin Fieber nennen.
Hinsichtlich der Wirkung der Universal mittel in rein oonsen-
snellen ASektionen des CtesammtorganiBmns bemerke ich, dais, da
die Universalmitlel das Urleiden der Orgnne nicht heben, sie aiieh
nicht das von diesem abhängende ceosensnelle Leiden doa Ge-
sammterganismns , nicht ein consensnelles Fieber heben können.
Jedoch werden sie in manchen Fällen ohne anffallenden \aehtheil
g^eben. Idi habe schon früher von einem Zustande des Ge-
sainmtoi^anismns bei consensnellen Fiebern gesprochen, den ich
den Indifferemisland genannt. Ich nenne diesen Zastand, der fie-
berhaft oder nicfatfieberbaft sein kann, deshalb gleichgeltand, gleich-
bedentend, weil es gleich gilt, ob man bei demselben das eine oder
das andere Mittel reicht. Wie das Befinden eines geeondea Meoseben
durch das Kinnehinen mancher Mittel (voraosgeaetxt, dafs diese
nicht bar giftig sind, oder in nngeraesseoer Gabe gereicht werden)
nicht mei^licb gestdret wird, so wird anch der GesaramtorgaDia*
mns bei manchen consensnellen Fiebern durch den Gebrauoh Kweck.-
loser Mittel nicht sonderlich gestört, voransgesetit, dala diese nicht
feindlich auf das urericrankte Organ wirken.
Darauf gründet sieb die seltsame, oft gans eatgegengesetsl«
Behandlang verschiedener Aersle einer and der nfimlicfaen Krank-
heit. Der eine entziehet dem Mensehen das Blut durch Aderina-
sen oder Egel, der andere reicht Weta oder Aetbsr, der dritte
Ififst speien und laxiren. Wenn die Kranken auch dureh solche
Bebaiidlangen nicht gerade geheilt werden, ao steiheo sie dodi
nicht alle, nnd bei denen, die gwiesen, sciireibt Jeder Ant seiner
Heilart die Genesung ku. Dafs hier zuweilen sin kleiner Inthnm
mit nnterlaufe, ist den Aenteo nicht btofs in unseren Tagen, son-
dern schon in früheren Jahrhunderten vorgeworfen worden.
Sie kfinnlen diesen Irrthum leicht berichtigen, wenn sie un-
ter der geringeren Volksklasae auf dem Lande, wo die Leute, un-
vermögend die hochbetaxlen Arieneiea tu beaablen, aich der hei-
lenden Natnr überlassen, nach der Dauer solcher selbstgeheilten
Fieber forschen wollten. Sind es nicht gerade solche Organfieber,
bei denen die groben Speisen der armen Leute dem nrerkrankten
Oigane schaden, so ist die Dauer derselben nicht länger, zuwei-
len noch kürzer als die der ärztlieb schulgerecht behandelten.
— 71» —
Zwischen Heilen - und BehamHen ist ein groüser UntenehieH.
, Uer Begriff dea Heilem schliefHt die AbkAnning des Verlanfeii der
Knaklieit mit ein; der Begriff deu änüichen Behandlens ist nn-
bettiiuml und vieldeutig. Wenn gleich die ÜniTeraal mittel bei ech-
ten Organfiebern, wegen des Indifferenistaadfla dea Geeammtorga-
niarnns, nicht offenbar schaden, so kunen sie doch die Krankheit
nicht ab; man kann sie also nicht als Heilmittel solcher Fieber
anaeben. Je einfacher man hei diesen verf&hret , je reiner nnd
unvennisohler man das geeignete Organ heil mittel reicht, je siche-
rer und geschwinder geneset der Kranke.
Inwiefern aber die UniverBal mittel bei Untersncbung verbor-
ge/ier Organ krankfaMtm als EHceanongamitlel sa gebrauchen sind,
werde ich an einem schicklicheren One dieses Werkes auslegen.
Zum Schiasse dieser Einleitung erinnere ich noch eiamahl
daran; der Satz: es gibt drei Uraffekiionen des Gesammlorganis-
mus, von welchen die eine unter der Heilgewalt des wiirfelicbten
Salpeters, die andre unter der des Eisens, und die dritte nnrer der
des Kupfers stehet, Ist durchaus kein, von einer phai^lastischen,
vermeintlichen Kenntnifs des belebten Mensch enleibes hei^leile-
ter, sondern ein echter, reiner Erfahrungisaiz, der also keineswe-
ges als ein nnbedingt gewisser angesehen werden kann. Ich gebe
die Mftgllchkell xu, dafs künftige Krfahning ihn erweitern, oder
Terengem könne ; meine eigene Erfahrung hat aber bis jelst diese
Möglichkeit noch nicht zur Wahrscheinlichkeit gebracht.
Uehrigens warne ich jeden, der Lust haben mSchte, die Leh-
re der alten Geheim&rzie am Krankenbefie anzuwenden , in der
Oweiteruog, oder Verengerung dieses Salzes nicht gar an hurtig
zu seii^ Es ist möglich, daf«, wenn er nach einem Zeiträume von
drei oder vier Jahren die drei UrkrankheitssUtnde des Gesamrat-
orgnnlsmns anf zwei zurGckgefuhrt , oder auf Tier oder fünf ver-
mehrt hat, er nach zwanzig Jahren, so gut aU ich, nur drei als
wahrhaft von einander geschiedene anerkenneL
itv Google
Erster AbBchnltl«
WUrftlickttr Salptttr (Natrum nitricmm).
nohenktim ul der einzige, bei dem ich die Bereitung den
würfeüchten Salpeters deutlich gerunden. Bei Becker und Pet. Po-
tcriu» fatti ich nur dunkle Andeutungen. Hohenheim* Bereitung
stehet in seinen Archidoxen unter der Aufuchrift Elixir »alt».
Et giefst nämlich auf Kochsalz Salpetersäure; da~ mufs sieb be-
greiflich die Salpetersäure mit dem Natron verbinden nnd die Salz-
säure frei werden. Letzte scheidet er durch die Destillation ron
dem würfe lichten Salpeter.
Denen, die Lust haben möchten, diese Bereitung bei Hohen-
heim selbst nachzusehen, ohne an dessen etwas dunkle Schreibart
gew&bnt zu sein, bemerke ich Folgendes.
Er sagt nicht deutlich, dafs er Salpetersäure anf Kochsalz
giefst, sondern ernennet sie Aqua »olven». Sollte alsirjeniand
glauben, es sei Brunnenwasser gewesen, so gebe ich ihm zu .be-
denken, dafs, nach anderen Stellen, Hohenheim die Aqua »olven*
zum Auflösen der Metalle gebrancbl.') Ferner beweiset das Er-
gebnifs des Prozesses selbst, dafs er weder Brunnenwasser, noch
Schwefelsäure, sondern Salpetersäure, mit jenem Ausdrucke be-
zeichnet. Er sagt: nach der Destillation bleibe in J^undo re~
tortae ein Oel zurück und dieses sei das Elixir $äli». Oel
nannte man aber in der alt chemischen Welt, eine concenirirte Auf-
lösung schwer krystallisirbarer Salze; so ist jii nach in den Apo-
theken aas allen Rezepten das Oleum tarlari bekannt. Tläile nun
HoAesAet'M'Brunneawasser, oder Schwefelsäure anf des Kochsalz
gegossen, so würde er nach der Destillation nicht ein Oel, son-
dern, entweder Kochsalz-, oder Glauhersalzkryslallen gefunden
haben. Weil er aber ein Oel fand, so folgt, dafs er Salpeiersftu-
. r*M. /. Seile Sil IBtei er Mireieil r« 4«r Agiim laletm ■«f.
— 717 —
n «iif das KochiuiU ^pscbüiiet fakbe. Dm talpet«nMire N'alroa
iiryitRlIisirt «ohwer, und tod diesem konnte er ein Oel in fu»äa
rttorlae behalten. Uer ZasaM einei Goldpriparau tn dem Elixtr
»ali* darf niemand vnwirren, denn Hahenheim seixet es fast xn
•Hen seinen geheimen Mitteln. Daruiis kann man schon abnefa-
nen, dufa der Goldzutatz eines jener frrliclitor ist, durch welche
die <!ebeim8rste die GaUnisten (fiuBchten, durch welche aber die
Geweihten nicbl leicht konnten gelttuscht wurden, so wenig. aU
Jetzt ein Arzt, der sich mit der selisanien Schreibart jener Leute
ein wenig verlrniii ^ntacht hat, dadnrch geirret wird. Oafs aber
HohtnheiM den Itrztlichen. Gebrauch des salpetersauren \airon*
recht gut kannte, erhellet daraus, dafa da, wo er von der durch
ehemische Kunst gesteigerten Heilwirkung des Kochsalzes spricht,
er das zum hSehsten Grade der Heilwirkung gesleigerle Kochsala
im Durchfalle als rorzüglich heilsam preiset. Das Kochsalz als
Kochsalz heilet nicht den Durchfall, wol aber das in würfelicbten
Salpeter umgewandelte Kochsalz.
In dem weitiRnftigen chemischen Werke des Berliner Sehei*
deküH«tler!i IVettmaxM, welches in den fünfziger Jahien des vorigen
iahrhiinderts herausgekoninien, findet man die Berehung des wiir-
felichien Salpeters eben so angegeben als in den HoAemAeimücAem .
ArchiHoxen, nur mit iem ünierscbiede, dafi dort der Proxefs voll-
kommen deutlich beschrieben ist. Heut zu Tage ist ea wol am
klügsten, dafs man das \atfon geradem mit SaipetersAure sfiuigei,
s« hat man einen gnien kubischen Salper.
Früher haben manche Aerzie, denen die chemischen Wahl-
verwandtschaften nicht sonderiieh gelHufig sein mochten, den w&r-
felicbten Salpeter zuweilen verschrieben, ohne es selbst sn wissen.
Sie verschrieben nSmIicb eine Auflösung Von einer Mischung /Va-
tmm tulphuricmm und Kali ailricum. Da bekamen sie, wenn sie
nichv gur zu viel Kali nitricu» losetzien , einen Trank , der aus
Natrmm nlphuricum, Natrum »itrieum, ond Kali nlphmricum be-
aiand. Dafs sie davon in uiancben Fkllea recht gute Dienste mBs-
sen gesehen haben, daran ist wol kein Zweifel. Diese Mischung
i« aber, man mag das VerbHltnif« des Kali niirici zu dem Natro
talpAurieo nehmen wie man will, jederzeit la^irend. Je^mehr Kali
nitrieuM man zusetzt, um so mehr Natrum niiricmm, aber auch
nm so mehr Kali »n^Auricvm erzeugt sieh. Je weniger Rali mi-
tricum man ansetzt, nm so mehr Natrum »tttpkurieum bleibt in der
Mischung; also jedenfalls hat ein solcher Trank lazirende Eigen-
schaften, durch welctie die wundervolle Wirkung des kubischen
Salpeters vielmabis mufsl% getrübt werden. Hütte sich die Sache
so nicht verhallen, dann würde gerade die frühere Unbekanntschaft
der Aerste mit den chemischen Wablverwandischafleo I8ngst die
Aofmerksiuakeit donelbeo anf den kubischen Salpeter nioht blofs
— 71» —
gricnkt, MMdern ge»vmgeu fiaben. Ko viel ich ab«r 4i«'LilMii<
Mr kenne, ist er als Heilniitel mit finulicber Bewohiheit ftüber
ni« gebraiicbl worden, wiewol er in rnnvcben chemischen Bücheni
des voriges Jebrhunderts, gleich andern in der Medütin nngebrfiaeb*
' liehen Salmen, anfgefäfart wird. Macher in der sweiien, im Jah-
re 1778 enchieneneD Ausgabe seioea chemischen Wörterbacbe»,
sagt, nachdem er ndire B«eitnngen des kabischen Salpeters aa-
gegebin, ansdrücklioh von ihm : Ce »et an rette »'eit utile »i dan»
im 3Iedevi»e^ «• äaiu la Cktßmie, m» daua Um ArU. Wahrend
meiner Lebuit ist seine Heilwirkung eben so wenig Scannt wor-
den; denn das, was Herr Prof. Djierbach*) foq ihm sagt, slaranf,
wie ieh «ehe, eiosig von mir her. Herr Krelsph]vicns Dr. v. Vei-
««*, «ein Gewährsmann, bat es von mir, and Herr Dr. Meyer von
Herrn Dr. v, Vel»em.
Ich habe die Wirkang dieaes ftUitels ursprünglich nicht von
den alten Geheimlnten gelernt, sondern im Jahre 1S14 gans au-
Mlig auf folgende Weise entdeckt, loh hatte früher gegen den
Rkeumatitmut aeutu» die Heitart des R. BroeMetbtf ,'**) der be-
kanntlich dieses Hebel durch Aderlässen und grofse Gaben Kali
Mitrtcum heilet, am besten befiuiden, auch nicht gesehen, daft der
. Salpeter in grofsen Gaben den Darmkanal ao feindlich angriff, als
in meiner Jugend manche Aerale dieses beHirchteten. Nun traf
M sieh, dafa ich einst ein Frftulein vom RAeitmalitwuu acutiu be-
freien sollte, dessen Magen etwas reizbarer sein mochte al« die
Magen derer gewesen, welche ich bis dahin behandelt tiaite. Das
Kali nitricum machte ihr etwas Magenschmenen, und ob ich gleich
Einen Aderlaia bei ihr angewendet, so schien mir doch die roebr-
fache Wiederholung desselben ihrem etwas schwachen Körper niobt
sonderlich dienlich zu sein. Ich balte schon früher bemerkt, dafa
Miuelsaixe , die das Natron zur Basis hatten , milder wirkten als
die, welche das Kali zur Basis hatten. So wirkt Natron aulphw-
riaim milder als Kali lulpkuricvm , Natron tartaricttm milder,
al« Kali tartaricHm, ja das Seignetsalz, bei dem doch nur die
fiberschüssige Sfiiire dea Weinsteiaa mit Natron geeättiget iat^
wirkt milder als Weinstein und als Kali tartaricmm. Ich kam also
auf den Gedanken, ob Natron nitricHm nicht ebenfalla milder auf
den Magen wirken möebte als Kali nitricum- Ich lieb Natron mit
Salpetersäure sttttigen und gab dieaen Trank dem FrSulein.
Ilinsiehtlicfa seiner nicht feindlichen Wirkung auf den Daffiu>
kanal hatte ich richtig vermuthef, allein hinsichtlich seiner Heilwir-
*) Die ledMlea EntdecLnDgea in dar Matefia mediea >od J. H. Ditrbafh
S. 53i.
"y D. Räkard BtveUeiiy Gkonomlich« nnd ma^itTnlieb« BoobMhlangea a- *- «•
SbarMtrt vm D. Ctr, Gaia. Stile.
— 7W —
Icang Bai den gauso KniBkbeitumtand hati ioh Mww« WM Mb
Hiebt vennathen koanle, niulicb eine Hailwirkung, die mir, der
ick die Bro€Me»bifdK SalpMerfaeilwt ojft geang erprobt, fast mb
Waoder in grMweD sehieB. Der RbeapisÜBnaa wurde gleich b«s-
MT and Tersobwaod nuamiU dcpt Fieber in eilichea Tagen. Von
weiterem Blailassen war keine Rede mebr, und diu Fräalein ge-
nas gesdiwiDder and gemiohUcher all icb Je jenand durck die
BrocUetiydte Heilkrt bafie genesen seben. In eiaig«a ftfanliebea
FMIen leistete mir das Mitlei iholinb« gute Dienste, nnd da ich
M aiflbt sowol als ein MuBkelheilmiltel, sondern vielnebr ab ein
msgexeiehneles Fiebenailtel ansah, so wu der Gedanke wol sa
entschuldigen, dafs idi vielleioht eins der allen geheimgeballeaeB
Fiebemittel gefandan. Icb koante n&mlicb schon daawbls die Ge-
beimftrxte nicht bUb aas der GeMhicble der Medisin , sondern
pgtru* Interim war mir sebon früh in die Hände gefallen. Die-
sen hatte ieh gdeaen, ihn aber hinsichtlich seines Fiebemittels
(A»tipgr9ti) nicht verstanden ; denn bitte ich ihn verstandea ,. so
wSrde ieb b^riffen haben, dafs gerade er am deutlicbstea sieb
darüber anispricfat, dal« die coasensaellen Fieber einsig durch f]ei-
len das arergriffenen Organs könnan gehoben werden. *)
In der einfUtigen Meinung als», dafs ich ein gar herrliches
Fiebermittel gefandeo , fing ich aa , es im Fieber m gebrauchen.
Unmahls hatten schsa etliche Jahre CotUHmae remittentet g»-
berrscfat, dia icb aicbi gut unter eine kraokbeitslehrige Kategorie
bringao koaMe. Weder Hahorantia fixa^ noch voiatiiia, noch
geistige, das Arterieosysleai aufr^oBdo Mittel halfen; schwKcben-
de, küblende, oder aasleerende eben so wenig. Milde belebende
Mittel, als Casspher in der Gabe von sehn Gran bis sum Skrupel ta
Tiernndswanaig Slnoden, Bmhaamm viiae H. ia geringen Gaben,
und MMkaleanois oder Blüte tbatea gute Dienste. Letale wende-
te ich dann an, wenn eine Neigung sum Darehfalle entweder an*
fkaglicb gleich da war, oder sich in der FoJge so dem Fieber ge-
sellte. Durch diese milde Behandlung bewirkte ich, dali die Krank-
heiten nicht unter meinen Händen schlimmer wurden ; icb war aber,
wenn sie naeh zcba, vierzehn, oder awanzig Tagen aafbörten, sehr
■weifelbaft, ob sie durch meine, oder bei meiner Behandlung
vergangen waren; ja, weil icb von jeher eine \eigung gehabt,
der Kunst au miCstrauen, so war mir Leixtes noch etwaa wahr*
■cbeiolicher als EJrstes.
Auf die Weise halte icb nun schon etliche Jahre bei Behand-
lung der akuten Fieber lavirt, und g^laubt, es sei doch besser,
■•Ibige zaudernd aus dem^iten Stadio, wann gleich langsam, in
•) Pttri Ptterii Op*rm »mmtti m»Jtea «t rAmtee. LH. J. dt ftMbtu. Cof.
— 720 —
4»* Stadium der Genetang xa fShran, als sie Mürmend ■ehlimmer
sQ inHchen ; desn , aafrichtig .gesprochen , ich habe es van jeber
nicht BODd«rlieh erbaulich' finden kSnnen, dafs die Fieber unter
der äniUchen Behandlung Behlinimer worden, wiewol es fast schei-
ne!» als seien manche Aerzte und xwar nicht die nngelebrtaatea
der Meinung, es müsse so sein and könne nicht anders sein.
Da ich Kuerst die Heilkraft des würfelichten Salpeters kennen
leraie, waren jene Fielter so geartet, dab ich, wegen des hinsu-
kommenden Dnrchlaufes , der nicht gut dabei ibat , sie blofs mit
mäfsigen Gaben Maskaleobliite behandelte. Nun hatte ich eine
weihliehe Kranke, bei der sich das Fieber über die gewähnliche
Zeit verzog, dieser gab ich einen Trank von ßfatrum »ilricum.
Da sie etwas einfältig war, und wahrscheinlich von der Behand-
lung der akuten Fieber noch etwa« weniger venland als ich da-
mahls, so fragte sie mich an folgenden Tage, warnni ich ihr doch
nicht gleich diesen Trank gegeben; er habe so fühlbar wohlthS-
tig anf sie gewirkt, dafs sie, wenn es so fortgehe, in ein paar
Tagen wieder gesund sein werde, loh wafste wahrhaftig nicht,
was ich , ohne unwahr au sein , aus dem Stegreif antworten soll-
te, nheriiörte also diesen Vorwurf, war jedoch in meinem Hersea
froh, dafs die Frau gerade an der grofsen Klasse derer gehSrte,
die ich umsonst bediene. Hätte sie au den Wohlhabenden gehdrt,
so wfirde ihr der Gedanke sehr nahe gelegen habra, dafs ich sie
mit nawirksamen Mitteln blofi hingehalten, au ihr anf eine ehr-
bare Weise das Geld ans der Tasche in holen ; die VerdäcbtignDg
ärsilicher B&rsenschneiderei würde also die erste, gar labende
Frucht meiner nütalichen Entdeckung gewesen sein. Uehrigens
hatte das eigene Gefühl die Frau nicht getttnecht, sie genaa wirk-
lich in drei Tagen. Ich erprobte jetzt das Mittel bei mancherlei
Kraiikheiisformea, bei^giwi, Hemritü, Scbarlachfieber, Dorchlanf,
Ruhr, Husten, Rheumatismus, Asthma, und Gott weif«, bei wel-
chen anderen Krankheitformen ,* es ging alles gar herrlich und ül>er-
raschend schnell.
Nur das Wechselfieber wollte nicht so gefällig sein, dies»
Wunderarsenei an weichen; wich bei chronischen Fiebern mit al-
ten, deutlich erkennbaren Leiden irgend eines Organs, haperte
ex. Hinaichilich des Wechselfiehers hatte ich scboo damahfs langst
meine eigenen, vermuihlichen Gedanken, welche ich tm vorigen
Kapitel dem Leser milgetheilt , und wenn ich gleich hinsichtlich
der Crorganleiden noch gar robe, echt galenische Begriffe hatte,
so waren di^se doch biareicbend, mir das Nichtwirken bei den
chronischen Fiebeni, welche mir vorluMen, zu erkifiren. So übte
ich nun die Kunst acht bis neun Monate gar lustig und ohne Kopf-
brechen. Es ging mir damabls , ohne dafs iah es selbst ahneta,
wie einem aoknndigen Beiter, d«i man auf ein ffornmea» gemttcb-
— 7Jl —
ItchM, EugeritieDM Pferd aetst; er tr^M, ^loppirt, irnrenirt, cour-
betdrt and dankt lioh ein gaiw«ir Slallmeisier zu min: gibt man
ihm aber einmafal eine harttrabende, eigensinnige, faBlsstarrige Mäh-
re, sn iata am Ende mit seiner vermeintlichen Keiikunat. i\un,
■neb mir wurde gar bald das halsstarrige Roh rorgefTihrt, daa wa-
ren die Leberfieber, die ich im vorigen Kapital beschrieben; bei
diesen wsllie das unfehlbare Fiebermittel nicht helfen nnd ich mnfs.
(e andern Ralh Bachen.
Schon frnh war ich der Meinung, die Heilwirkung der Mittel
bernbfl auf nnwandelbaren Naturgesetzen. Diese Gesetze könne
der menschliehe Yeratand zwar nicht ergründen, aber er kenne
doch von Beobachtnngen und Versuchen allgemeine Stfize abzie-
hen, die, ohne gerade auf unbedingte Unfehlbarkeit Ansprnrh zu
machen, tod- grofsem Nutzen bei künftiger Behandlung der Krank-
heiten sein mnfsten.
Ferner war ieh der Meinung, die Heilwirkung eines Mittels,
wetehe man in einer so hinreichend grofsen Zahl von Füllen be-
obnuhiet, dafs keine mfKllige Tänscbung möglich, (welche'bei we-
nigen FSlIen allerdings möglich ist) sei etwas ThaigSifhliches, wel-
ches nie durch irgend eine theoretische Beweislhümelei könne un-
wahr oder ungeschehen gemacht werden. Das Nicht heil wirken die-
bes Mittels, bei scheinbar ähnlichen Fällen, müsse also seinen
guten Grnnd haben, nnd diesen Grund könne man nicht nach ei-
ner auf angebliche Kenntnift des belebten Menschen! ei bes Ixisirlen
Theorie', sondern nur durch vergleichende Beobachtungen aasiniiieln.
In Erwägung der Kürze und Unsicherheit des menschlichen
Lebens, der Abhängigkeit, in der wir praktischen Aerzie von den
rwkomwaaden Krankheiten stehen , schien es mir zweckniSfsig,
meine wirklich merkwürdigen bestätigenden Beobachtongen über
die Heilwirkung des kubischen Salpeters, nebst den Beobachtungen
über die NichtWirkung desselben beim gastrischen Fieber, einigen
Aerzten miizutheilen. Unter diesen war mein ärztlicher Freund
Herr KreiitphysiciiB «o» Vehen in C/eve, der auch hernach diesen
Gegenstand in Born» Archiv zur Oeffentlichknit gebracht, und vor-
züglich mein ehemahliger Lehrer, der SMaisraih B*ifeland. Die-
sem überschickte ich, nach vorläufiger Anfrage, schriftlich und ans-
führlich meine damahligen Erfahmogan, damit er sie privatim ei-
nigea verständigen Heilkünstlem bekannt machen möchte; an»-
drücklicb jedoch ihn bittend, meine Mittheilnng nicht !■ seinMn
Journale zur Oeffentlichkeit zn bringen. Abgesehen davon, dafs
jene Schreiberei mehr ein PosUeenium practicum als eine ordent-
liche journalrecbte Abhandlung war, glaubte ich, eine voreilige
Bekanntmachung meiner unvollkommnen, durch vergleichende Be-
obachlung nicht gelästerten, durch die Zeit nicht gereiften Erfah-
rungen, kdnne der Knust wenig frommen.
— 722 —
DaniahU icbriBb ich aber dem S(. R. H. elwiu verwegen, ieli
wolle telbBt die Sache genau unierauchen. Ach! wie ofi hnbe ich
hintennach über meinen kecken Muih lächeln müuen , wie oft an
des Horax Spruch gedacht: PivdeRii/KttirUemporit eJ^Uum cafigt-
' Hosa nocle preMÜ Deut. llSite ich die uoiäf^liche Mübe gekannt,
welche mir diese ünterBUchung machen würde, h&tte irh begrttTeo,
dala ich mich vuo der schülgerechieo Kunat scheiden, dafii ich die .
in uieinem Kopfe fesigewurzelien krankheits- und heilmiuellehri-
gen Kalegorien aoareuien, dafs ich die langweiligen, dunklen Schrif-
ten der GebetiiiSrzie nur zu oft danklas dnrchiftabern luülste, wahr-
haftig! ich glaube nimraer, dafs ich dai Uniernehnien begonnen
lifitie.
Uamahls halte ich noch nicht die Schriften der latrocheniiker
gelesen. Paraeehu* und Helmonl hatte ich früher blofs aus Neu-
gierde einmahl durchlaufen, wie ich auch den Sekteeilemiorg und
Jacob Bö» durchlaufen habe. Uurch solche Hiicblige, stfickweise,
Wählische Laserei hekouimt man aber nur einen sehr verworrenen
Begriff von den Eigenibümlichkeiten der Schriflsieller.
EttmüUer, der ohne die Geheinilehre der lairocbemiker ein-
gedrungen lu seiu, manche ihrer Mittel anführt, und fiberhaopl mit
mehr Achtung von ihnen spricht als manche andere Gelehrte, halle
mich iäagst auf selbige aufmerksam gemacht. Der Gedanke tauchte bei
mir auf, ob der kubische Salpeter wol eins jener berfichtigen iatro-
cheniiacheo Grofstuiilel sein iiiöcbie. Peiru» I^ferim, der einzige
Schriftsteller der Art, den ich daiunhls besafs, regle meine Neu-
gierde mehr auf als dafs er alte befriediget hatte Er schreibt wirk-
lieb, was die Bereitung der Mittel betri&'t, ao dunkel, dafs ich bis
diesen Augenblick nicht raihen kann, ob sein Antipfreium der ku-
bische Salpeter ist.
In der lilerürigchen Abgeschiedenheit , worin ich als klein-
Bt&dtischer Arzt mich befinde, ist es etwas ungeniäcblich, alte Bü-
cher aufzulreibeo. Ich hat damabia den in KSln wirkenden Pro-
fessor BougemoMt, mir die Werke des Helmonl und Paracehmt
bei einem Antiquar zu kaufen. Seine wenig uSsiliche Antwort
lautete aber: er habe den Helmont gar nicht finden können, den
Paraeeüu* xwar gefunden, der Antiquar aber sechiehn Laubthaler
dofiir gefodert, und auf die Bemerkung des De bertri ebenen in die-
ser Foderung, blofs mit einem, den MifsscfaHi/.er alter Bücher be-
mitleidenden Blicke geantwortet. Rougemont war eher, ohne dab
ich ihn darum bat, so gefällig, mir aus seiner Bibliothek die Wer-
ke des t>. HelMout und einen, etliche Bücher des Forace/tw ent-
haltenden Quartband au schicken. In letzten fand ich, aufaer man-
chen die Medizin nicht berührenden Büchern, die Arc&idoxa, nnd
da ich von der Chemie so vtel behalten hatte, dafs man aus Koch-
aals durch eine einfache Wahlverwandtschaft kuhischen Salpeter
_ 723 —
bereiten kSnne , so fesselte in den Arehidosen die Ueberschrirt
Elixir $aii* gleich meine AnfTnerbsamkeit. Ich sah bald, wie
ich oben bemerkt, aus dem Ergebnisse des Proxesses selbst, dafs
die ParaceMscAe Aqua aolvem Snlpelersäiire müsse gewesen sein,
welches sich mir hernnch, da fch Hie Werke des Paraceltu» ron
einem ehrlichen Manne elwns billiger erhandelt, durch Verglei-
drang mehrer Stellen bestSiigte, gleichwie ich den mir anfänglich
grof^e Zweifel erweckenden Zusati von Gold gar bald für ein, wo
nicht eigenihümlich Piraceltitehe», doch gemeines iairochemiaches
Wirrsal erkannte.
Nachdem ich mich nun überzeugt, dafs der kubische Salpeter
eines der Grofsmittel dieses aeltsamen, so verschiedenariig beur-
theillen Mannes sei, so Itig der Gedanke mir sehr nahe, dnfs seine
KuQSI doch wol etwas mehr als marktschreierische Aufschneiderei
gewesen. Ich fing an, den mir schon eine Zeillang höchst verdächti-
gen Uribeilen alter und neuer Gelehrten vollends zii mifitrauen, und
beschlofs, die geheim ärztliche Lehre, deren Erfinder Paracefiu»
wol eigentlich nicht ist, deren VeröfTemlicber und Verbreiter er aber
ist , selbst EU errorschen und zu erproben, denkend , dafs ich einzig
auf diesem Wege den richtigen Gebrauch des kubischen Salpeters
lernen würde. Die Leser sehen also aus dieser treuen Erzählung,
dafs die Heilwirkung dieses Satzes mir nicht von den latrochemi-
kern offenbaret ist, sondt-rn dnfs, gerade umgekehrt, die ganz zu-
ßllig enideckte Heilwirkung desselben mich erst zum Erforscher
nnd dann zum Anhänger der geheimärzilichen Lehre gemacht hat.
Aus dieser Erzählung dringt sich uns von selbst fnlgende, für
die Heilkunst, besonders für praktische Schriftsteller sehr nützli-
che Lehre auf. Ueber acht Monate balle ich die ganze volle, wun-
dergleiche Wirkung des kubischen Salpeters auf den erkrankten
Mensdienleib gesehen, da erschienen gastrische Krankbeilen, da
erschienen Gehirnkrankheilen , bei denen er entweder gar nicht,
oder nur als Nebenmitiel diente. Wäre ich also acht Monate spa-
lte auf den Einfall gekommen, ihn zu gebrauchen, so würde ich
seine volle Wirkung nicht gesehen , ich würde ihn als ein gutes
Aniiphlogisticum, das sich von manchen andern der Art nicht son-
derlich unterscheide, betrachtet, nnd ihn wahrscheinlich nicht wei-
ter gebraucht haben. Ton welchen Zufälligkeiten hängt also die
Entdeckung der Heilwirkung der Mittel ab.
Ferner: hätte ich nachdem ich acht Monate lang die Wirkung
desselben in mancherlei Krankheilsfornien erprobet, meine Erfah-
rungen sofort der gelehrten Welt milgetheilt, nnd ans diesen Er-
fahrungen allgemeine prakilscfie Salze fiir dessen Gebrauch gezo-
gen, so hätten die Leser, varausgesclzt, dafs in ihrem Wirkungs-
kreise nicht gerade /.ur.Zeit, da ihnen diese Mittfaeilung wurde,
ähnliche reine LVaffektionen des G es animt Organismus gcherrschl,
— 724 —
mich euiwedei für eiucn groben Lügner, oder doch zum wenigueu
liir eiHcn einbililiäclien, seiner Sinne nicbl recht uiftchligen iiltta-
Kvhen hallen niiisseD; und doch wSre ich in Wahrheit beides nichl,
ich nüre blofa ein toreiliger Schreiber gewesen. Darniis folgt,
AaU, wenn wir die Heilwirkung eines MilleU nicht blofs in etli-
chen, sondern in gi<r vielen Fällen erprobet haben, wir am besten
ihiin, vorläufig zu schweigen, in einem Zeilrauine mehrer Jahre
iiQBere Erfahrung durch vergleichende Beobach Hingen zu berichti-
' gen, und sie erst dniin Hein ärztlichen Publico mitzutbeilen. Wer
aber die Geduld nicht hHt, so lange zu warten, dem raihe ich, die
beobachteten Thals. ichen nackt bekannt zu machen, ohne aus sel-
bigen allgeiueine (trüklische Sätze für den künftigen Gebrauch des
Mittels zu ziehen. Das hat aber auch seine groise Unvollkommen-
heil. Da jeder krankhafte Zustand des Menschenlei bes sich durch
Zufälle oB'enbarei , Gruppen von Zufällen aber nosologische For-
men bilden, die Erzählung nackter Thaisachen also nur als sinn-
lich erkennbare Desciiigung nosologiacher Formen kann vorgetra-
gen werden, so wird der Unerfahrene das Mittel, wenn es ihm in
ähnlichen Krankheiisformeo nicht hilft, geradezu aU nichtsaüiiig
verwerfen ; oder er wird es unter eine heilmiltellehrige Kategorie
leihen und es so nach einer blofsen Phantasie anwenden. Es bleibt
also jedi-nfalls dem Zufalle iU)erlassen , ob die durch ErzühLung
nackter ThaüMichen bekann igcmacbie Heilwirkung eines Mittels
der Kunst und diircli sie der Menschheit nu zen oder nicht nutzen
wird. Es wäre zu wünschen, alle Aerzie dächten es sich deutlich,
daJs, insofern die Heilwirkung der Arzeneien auf unwandelbaren
Naturgesetzen beruhet, hundert für die ausgezeichnete Heilwirkung
eines Mittels sprechende Beobachlungeo iiiehr werifa sind als tau-
send dagegen sprechende. Jene hundert beweisen, dafs es einen
krankhaften Zustand des Mcnschenleibes in der Natur gibt, der
durch das in Kede stehende Mittel schnell und sicher zimr Noi-
malslande zurückgeführt wird; diese tausend hingegen \ieweisen
btofs, dals die versuchenden Aerzie den krankhaften Zusinnd vei-
kannt, dals sie eine gewisse Gruppe von Zufällen als Zeichen und
Burgen eines solchen unsichtbaren Zustnndes gutgläubig angeno.ii-
men. Ob aber unser Zeitalter die Wahrheit meiner Rede aner-
kennen wird, mag Ich nicht vorher besiiminen
Jetzt wende ich mich zii dem kubischen Salpeter selbst, und
werde zuerst im Allgemeinen von der Gabe reden, in der man ihn
mit Vonheil gebrauchen kann.
Man kann ihn innerhalb vierundzwanzig Stnndeo von einer
Drachme bis zu einer Unze gehen. • Wenn man einen milden Grad
der Reizbarkeit des Darmkanals als den normalen annimmt, so kann
man behaupten, dafs der kubische Salpeter den Darmkanal nicht
zur vermehrten Bewegung reizt, vorausgesetzt, dafs man ihn nicht
— 725 —
in aageheuem tinben reicIiF. Jedoch, da bei tieitiiDilen Im Darni-
kaaal ein sehr veftchiedener find der KiHpntnglichkeii für man-
cherlei Keize Uaiifindeii kann, so ist ea möglich, daft groftie <üa-
b«D (eine Unze in 24 Sinnden) manchen den Darmkanal ein we-
nig *at vermehrten Bewegung, ohne schinerzhafle oder krankhafie
Gefühle sn verursachen, aufregen, and dafs bei anderfeh Gesunden ,
selb« noch grSftere Gaben dieses nicht thun.
Bei dem Gebrauche desselben in krankhafien ZiiM^nden mufs
man aber den Oarmkanal besondera beachten. Durch Krankheit
iriü Uicbi blofs <tec Qesammiorganiamna , sondern auch einselne
Organe und sehr hSufig der Oarmkanal in ganx neue Verhältnisse
sur Anfgenwelt, s» dafs die Versuche, die mun mit den Mitteln
an Gesunden macht, uns wenig ihre Wirkung bei Kranken ver-
bürgen. Der Darmkanal ist das Organ, dessen VerbHllnifs Eiir
Aufaeowelt durch Krankheit am ofieslen verändert wird; woher es
denn kommt, dafs Mittel , welche einen Gesunden nicht durchiHn-
fig machen , bei einem Kranken znweilan als Laxantia, ja aU
furgaHtia wirken. Wollte man im Allgemeinen den Satz als wahr
aufstellen, dafs die Gröfse der Arzeneigabe mit der flefiigkeit der
Alfektion des Gesatomtorgani^mus in geradem Verhälioiase stehen
müsse, so würde man, wenn dieaei ASektion, ini Darmkanale vor-
waltend, sich als Durchfall ilafserie, mit dem kabischen Salpeter
»rg in der Klemme sitzen. Bei solchen Umsifinden ist es nicht
hiofs noibig, Jhn in ganz mtifaiger Menge (zu anderthalb Drach-
men' in 2t Stunden) anzuwenden, sondern es iat auch nHihig, die-
se Portion in einem schleimigen Oeliranke in geiheilicn «tüodli-
chen Gaben zu reichen. Ueberhaupt mufs man bei Bestimmung
der Arzeneigaben den Salz, dafs das Viel auch notbwendig viel
helfen müsse, zwar nicht als einen ganz falschen, aber doch als
einen lolchen ansehen , der bei Uebnng der Kunst grofse , sehr
grofae Beschränkung erleidet.
Im Allgemeinen hat mich die Erfahrnng gek-hiel , dafs zwei
Drachmen in 24 Stunden alles leisten , was man verlangen kann,
und dafs grdfsere Gaben nur ausnahmsweise brauchen gegeben zu
werden, wovon ich weiter unten besonders handeln werde.
Die Mittel, mit denen er hinsichtlich seiner Heilwirkung in nü-
herer oder enifernlerer Verwandtschaft stehet, sind folgende.
1) Kali nilricum. Dieses ist hinsichilicb der Mächtigkeit
seiner Heilwirkung auf den Gesaiiuntorganismus am nächsten mit
dem Natro nitrico Terwandi, ohne jedoch ihm gleich zu kommen.
Es ist darin aber weit nnvollkommner, dafs ea bei etwas gestei-
gerter Retzbarkeit des Damikanals diesen feindlich, zuweilen hef-
tig angreift. Da ich, wie ich schon oben gesagt, bevor ich den
kubischen Salpeter kannte, das Kali Hitrievm häufig gebrancht ha-
be, M gehöre ich ninht zu denen, die die feindliche Wirining des-
— 726 —
selben auf den Dnrmluuial zu »ehr hervMliebea ; Jedoch k«Da ich
nicht bergen, <tafi ea zuweilen zu zwei Oraehiaen in einem acht-
nmigea schleimigen Tranke Btündlich Idffelwciae gereicht , la«
grofscn Nachtheile des Kranken heftigen Durchfall eiregt, wes-
halb ich mich in eioielnen FAlleo genöihiget gesehen, es gana bei
JSeiie SU satien und mich mit verwandten, minder michtigan Mii-
teln XU beheJfen. Ohne also dem Kali mitrico au nahe treten au
wollen, behaapie ich bestimmt, dafs das Natrwm nitricum, aowol
hinsichtlich der Mfichtigkeii, als hinsichtlich der Reinheit der Heil-
wirkung auf den Gesauimioi^aniamna, ein weit vollkomnineres üii»-
vertttfe ist als jenes.
2) ^aiM0»i*KM murialicum. In meiner Jugend schienen
manche Aertte den Salmiak, hinsichllicb seiner Heilwirkung auf
den erkrankten Gesammiorganismus, fast den Kali mitrico gleich
sn stellen , wiewol ich angebe , dafs sie sich nicht ganx bestimmt
darüber aussprachen. £r stehet aber iem Kali niiric» weit, and
dem Nalro Mitrico noch viel weiter nach. Seine Wirkung als
Organheilmitiel kann begreiflich hier nicht in Betracht komnen,
ich habe davon schon früher gesprochen.
3} Verschiedene Milielsalse. Die, deren Gebrauch ich
kenne als: Kali »ulphnriaimy tartarieum, aceticum, Natrmu *«/-
phuricuat , tertaricum , aceticum, der Tartanu nalronatui und Ao-
raxatu», die Magnetia lu/pkurica und tartarica, die Calcaria mu-
riatica und vielleicht auch wol andere wenig gebräupfaliche Miilel-
salze, deren Namea ich blofs kenne, sind mit dem Natro mitric9
in entfernieu Grade verwandt, stehen ihm aber hinsichtlich der
Heilwirkung auf den Gesuuiiutorganistuus unberechenbar nach. Je-
doch sind manche derselben (wovon ich irn vorigen Kapiiel ge-
bandelt) nneni beb Hiebe Organheilmitiel. Ob das Ammoniiim MiYrt-
eiMi ifafn aber biosichtlich der Heilwirkung auf den Gesammtorga-
nismus naher komme als die genannten Mittelsalze, kann ich nicht
sagen, weil ich es nie gebrauchr.
4) Mercuriui. Dieser ist in Betreff seiner Heilwirkung
aaf den Gesammtorganismus nahe mit dem kubischen Salpeter ver-
wandt; welche Verwandtschaft auch, zum Theil mit, der Grund
seines jetst heutigen Gebrauches in gans verschieden form igen Krank-
heiten ist. Seine feindliche Wirkung aber auf verschiedene Or-
gane, als auf die ganze innere Mundhöhle, auf Mandeln und Spei-
cheldrüsen, wahrscheinlich auf das Pankreas, und wer weila auf
welohe andre Bauchorgane, unterscheidet ihn sehr von dem kubi-
schen Salpeter. Die durch ihn verrichtete Heilungen geschehen
nicht blofs durch eine dem Sulpeter verwandte Heilkraft auf den
erkrankten Gesainmlorganismus, sondern auch auf antagonistische
Weise, durch feindliches Angreifen verschiedener Organe ; von wel-
chem Gegenstände ich aber schicklicher in einem anderen Kapitel
rodeD werde. Die Meinung, in Beireff «einer dem Snl^ier verwuml-
I8Q (enlxundungswidiigen , antiphlogiBtischen) Hwikraft iM in der
Medizin l>ekaantlich gethcilet; einige Aerxte nehmen sie an, findre
verwerfen iie. Ich sehe mich genSifaigef, den ersten belsnlieteu,
werde aber die GrTmde, die mich dazu l>eHiimmen, im Verfolge
des Kapitels, wo ich von der Wirkung des Kupfers auf den er-
icranltten Gesaminiorganiamus handle, dem Leiier ToHegen.
Ehe ich nun sum besonderen Gebrauche des liubischen Snlpe-
lern übergehe, mnfs ich den Leser auf eine in allen solchen fieber-
bafien Zusiftnden, in denen er heilend wirkr, beinerkbnie Erschei-
nung anftuerksam machen. Er bewirfci nümlich gleich einen ge-
wissen Grad von woblihiiiger Veränderung im Körper, welche der
Amt Bwar nicht sehen, der Kranke aber fiiblen kann. DicKes wohl-
ihätige Geßhl vermehrt sich fast bis zn dem der Genesung, ohne
dafs der Puls bedeutend langsamer wird. Die Verminderung der
Geschwindigkeit desselben tritt jedenfalls später ein als die RQck-
kehr des Genesungsgeftihls. Diese Beobachtung scheinet mir lu
beweisen, dafs er nicht aU ein eigentliches direkt beruhigendes
Mittel auf das Hers und die tastbaren GeföfsstBmme wirkt. Ferner
hat mich diese Beohachlong aneh in der Meinung bestärkt, dafs
bei derjenigen Affeklionsform des (üesnmmtorganisinus, welche wir
Fieber nennen, die vermehrte Aktion des Heriens und der Schlag-
adern etwas sehr Anfserwesentliches sei.
Wenn ich jetst von den einzelnen Krankbeitsformen spreche,
in denen ich deq kubischen Salpeter heilend gehraucht, so mufs
ich mich suerst vor allen unebenen, gehftssigen Auslegungen mei-
ner Bede schiitMn. Ich erkläre also auf das bestimmteste: da die
nnier der Ileilgewalt des kabischen Salpeters siehende AffektiOn
des Gesammiorganismus etwas Unsicheres i^t, welches sich nur
durch gestörte Verrichtung der Organe dem Ante, und durch Be-
einlrSchlignng des Gesondheitagei^ihfbs dem Kranken offenbaret,
diese Offenbarung aber nicht anders geschehen kann, als durch
Bildung von Krankbeitsformen; so ist es mir auch unmSglich, meine
Erfahrung anders auiznsprechen als dnrch Erzählung der Beseiti-
gung von Krankheitsformen. Ditraus soll aber niemand den Scbluf»
ziehen , der kubische Salpeter sei das trefllichsie Antikgt/ericum,
Antipgrecttm , An1idg»entericmm, AntUcariatinunt n. ■. w. Nein,
meine werihen Ainuhrfider! ich kenne keine Aniimittel auf no-
sologische Formen. Sobald die nämlichen nosologischen Formen,
bei denen wir den kubischen Salpeter die herrlichste Heilwirkung
(iufseren sahen, Offttnbarnngen eines anderen krankhaften Zustan-
des des Gesammtorganisuius sind, so können sie nicht mehr durch
kubischen Salpeter, aber wol durch Eisen, oder durch Kupfer besei-
tiget werden. ^
leb bitte also meine raiionellempirischen Leser, die, wie ich
„,,,_„.,L, Google
— 728 —
laogBt gewerki, bei aller RationalilAt «ne gebeime Neigang nr
Krank heiuformeitbeh an dlung haben, diese Neigung, welche sie, wie
ich an mir gelbst errahren, nicht so Knall und Fall auareuten k&n-
nen , beim Lesen meines Buches zum wenigsten etwas sa nater-
drücken.
Hysterie. Gegen diese habe ich das Mittel, wenn nicht ge-
rade Magea und Därme voll Säure steckten, vielmabls heilsam
befunden. Wenn es aber wahr ist, dnfs manche Hysterie, beson-
ders bei jungen vollsafiigen Mädchen und Frauen, blofs in einer
reinen Salpet^krankbeit bestehet, so ist es eben so wahr, dafs sie
in vielen anderen Fällen Bauch-, oder Gehirnorgankrankbejt vsi,
und man den Weibern nur einzig dadurch ein lebensfrohes Dasein
wiederverscbaffen kann , dafs man ihnen das urerkrankle Organ,
von dem die Hjsterie abhängt, gesund mnchl* In Fällen, wo die-
ses untbnnlich ist, bleibt unsere ganze ftrzllicbe Behandlung nur
Flickwerk. Jedoch auch in solchen Fällen, wo die Hysterie von
dem Urleiden eines Organs abhängt , der Salpeter also als wirk-
liches Heilmittel nicht nutzen kann, tritt zuweilen ein vorübergehen-
der krankhafter Znsiand des (jesamratorganiamua ein, der durch
das Natrum nUricum beseitiget wird; wo es dann, hinsicbilicb
des ganzen Krankheitsziislandes blofs als ei leichterndes Mittel die-
net. Deshalb sehe ich auch wol, dafs manche bysicriscbe Weiber
eine conzenlrirle Auflösung des kubischen Salpeters (welche in den
hiesigen Apotheken unter dem Namen Salpelerlropfen verkauft
wird) für den Noihfall im Hanse haben. Ja eine acbibare Frau
meiner Bekanntschaft hat eine entfernte Frenndinn, die an hj-
stei'ischen Ko^fschtner/.en leidet, die ich aber übrigens nicht kenne,
Reit zehn Jahren mit den Salpelertropfen verseben. Ich denke,
diese mufs sich wol bei den- Tropfen besser befinden als bei an-
derer Ancenei, sonst würde sie selbige längst haben fuhren lassen,
da hysterische Weiber im Allgemeinen eine grofse Neigung haben,
mit der Arzeoei zu wechseln.
Zahnschmerz. Es gibt ein Zahnweh, welches blofs ein in
dsD Zahnhöhlen , oder in den Umkleidungen der Wurselo eines
oder mehrer Zähne vorwaltende Affektion desGesammtorgaoismus
ist. Dieses Uebel, welches bei weitem nicht immer eine in Eite-
rung ühergehbare Entzündung ist, wird dnrch manche MUte), die
gewöhnlich gegen das Zahnweh gebraucht werden , als durch das
Anflegeo von Pfeffer oder Meerreilig auf die Wange, dnrcb Nel-
kenöl und andere an die Zahne und das Zahnfleisch gebrackte
scharfe Substanzen, nicht blofs nicht gehoben, sondern noch ver-
mehrt, und zwar so, dafs nicht blofs Hac und Arteriensysieni.
merklich aufgeregt werden, sondern dafs bei reisbaren Körpern
— 729 —
MÜMt leiefate ZnckBogcD der Moikelo eotsiehen. Der iaocre Ge*
brftiich An kabischen Salpeten in etwas reichlicher Gabe (lu ei-
ner halben ilnxe ta(^s) und daa Auflegen von Zinksalbe auf die
Wange haben mir hier oft lichtbareo Nuuen geschafft. Wer Blut-
egel an das Zahnfleisch setaen will, der tbue es, sie helfen aber
in solchen Fällen .nicht immer; cum wenigsten bin ich mehr aU
ein Mahl an Hülfe gerufen, wo dieses Hansmittel schon vergebens
gebraucht war. Ueberfaaapt sind die Fälle, von denen ich spreche,
etwas ernslhafier An, denn in kleinen Sllidtea rufen die Menschen
nicht um jeder Kleinigkeit willen den Arst.
Kopfrose. In dieser gibt man den kubischen Salpeter
mit grofsem und auffallendem Nutzen, wenn sie nicht ein Urlei-
. den des Kopfes, oder gaslrischeo Ursprunges, oder Symptom ei-
ner AfTektion des Gesammtorganismus anderer Art ist. Sie kann
aber alles dieses sein; darnm halte ich es für sehr unsicher, sie
mit feindlichen, stark ausleerenden Mitteln au bekämpfen. Ja,
nach einem ungefähren Ueberschlage dessen, was ich in diesem
Punkte erfahren, kommt es mir fast vor, als sei die Kopfrose in
den wenigsten Ffillen eine in den ftufseren Thellen des Kopfes vor-
waltende Aßekiion des Gesammtorganismus salpelrischer Art ge-
wesen.
A ngina. Diese Krankheit kommt so oft vor, dafs man sie
als die gemeinste ansehen kann. Es gibt Aenie, die den Kran-
ken durch Aderlassen and Egel das Blut abzapfen und Gott weifs
wie vielerlei Miuel in den Magen schicken. Ich halte das aber
für ganz überflüssige Anschläge; der kubische Salpeter schafft wol
allein Hülfe. Wird man gleich, am ersten oder zweiten Tage ge-
rufen, so kann man mit zwei Drachmen kubischen Salpeter jeden
Tag ausreichen. Wird man am dritten gerufen und ist das Uebel
schon sehr gesteigert, so thut man am besten, den kqbischem Sal-
peter zu einer halben, bis ganzen Unze innerhalb 24 Stunden zu
reichen. Gurgeln lasse ich schon längst nicht mehr in diesen Ar-
ten der Angina. Wer sich mit Milch gurgeln will, der kann es
thun. Ist die Entzündung schon weit gediehen, wenn man hin-
zukomini, so mufs man, wie uns das die Allen schon lehrten, rin-
f3r sorgen, dafs der Kranke nachts einnehme und ni5glichiit wenig
schlafe; denn schläft er, so kann er beim Erwachen anfänglich
gar nicht mehr schlingen und hat die grÖfste Mühe, den Hals wie-
der in etwas gängig zu macbeu. Ist aber die Entzündung noch
stärker, ko, dafs der Kranke seinen Speichel nicht ohne grofse
Schmerzen verschlucken kann, so braucht man ihn nicht mehr vom
Schlafe abzuhalten, denn die Entzündung verbietet ihm von selbst
das Schlafen. Beschleicbt ihn nftmlich der Schlummer und er will
unwillkürlich den Speichel verschlnoken, so weckt ihn der Schmerz ;
schlackt er nicht, so läuft der Speichel in den Kehlkopf and vei-
— 730 ~
uniacbt Hiiiiten, auf di« Weise isl es bar uami^licb, dafs er aueh
nur xehn Minuten lang Rchlafen kann. In lolchen dringenden FSl-
len halle icb es doch fiir zweckni&faig, nebat dem inneren Gebrau-
che des kubischen Salpelera anch äiifserlicbe Mitlei sii Hüire lu
nehmen. Icb bediene mich seit langer Zeit der GHlmei- oder
Zinksalbe und la»e sie auf Leinwand gesiricheji um den Hala le-
gen. In neuer Zeit bin ich aber gewahr worden, dafs eine Oigi-
lalisaalbe noch weit heuere Dienste leiitet.
Bei der Angina kann man lich, Toraasgegetzl , dala dem
Kranken durch consensuetles Crgriffensein des Masseters der Mund
nicht geschlossen sei, sichtbar überzeugen, dafs der kubische Sal-
peier allein hinreicht, eine solche Entzündung, die an sich leicht
in Eiterung übergebet, zu serlheileo. Der roibe Harn, den man
als eins der Zeichen entzündlicher Fieber ansiehet, fehlet zuweilen
bei der durch kubischen Salpeter heilbaren Angina; ich habe oft
gentig gegundheiisgemftfsen Harn bei heftiger Entzündung des Hal-
ses und bei sehr lebhaftem Fieber gesehen,
Uebrigens bemerke ich noch, dufa man sich hüten mufs, sol-
che von einer Uratfektioa des'Gesammtorganisraus abhängende Hals-
entzündung mit gastrischer zn verwechseln. Letzte ist zuweilen
mit keinem einzigen Zufalle verbunden, der auf krankafie Gallen-
ei^iefsung in Mageo und Darmkanal schliersen liefse, aandern sie
ist lediglich consensuellei Symptom eines urergriSenen Bauchor«
gans. Sie kann auf so wunderliche und vielfache Art erKcheinen,
dafs es knnni zu beschreiben ist. So sah ich z. B. im Winter 1832,
wo spHt im Herbste Leberleiden vorherrschend, geworden waren,
Halsentzündungen erscheinen, bei denen man nnr unbedeutende Ge-
schwulst und Höthiing der Mandeln und des änfsersten die Man-
deln berührenden Randes des Gaumensegels gewahr wurde. Und
doch klagten die Leute über so starken Schmerz beim Schlucken,
w,ie dieser sonst nur bei sehr heftigen und weit gediehenen Ent-
zündungen zu sein pflegt. Dabei war lebhaftes Fieber und etwas
gelbgeffirbter Marn. Diese Angina hob sich in einem oder zwei
Tagen mit dem Brechaufswasser zu dreifsig Tropfen alle zwei Stun-
den gereicht, Kine Frau, die oft mit eniziindlichem Halsweh ge-
plagt, sich immer selbst durch Salpeieiiropfen geheilt halte, konn-
te dieses MabI nicht damit zum Zwecke kommen, icb half ihr aber
mit Brechnufs Wasser.
Diese Angina, welch« blofs Symptom einer Leberberühnheit
war, selbst in etlichen Füllen mit schmerzhafter Leberaffekiion ab-
wechtelie, halte hinstchllich des in hohem Grade scbruerahnft be-
hinderten Schluckens , und hinsichtlich der nnbedeHicnden wahr-
nehmbaren Entzündung, die gröfste Aebnlichkeit mit dor, welche
znweilen von einem kleine« Pückchen in der Hnnt einer Mandel
eolitahl. *) B|ei dieser üt aber dtm Gurgeln whr »chmerBhaft , ja
fast uaihnolieh ; bei jener, von der ieh jetxt spreche, konnten lich
die Leute gurgeln , wenn lie Liebhaberei daran fanden , wiewol
das Gurgeln nicht half. Ueberdiea vericnwand sie auch nicht, wie
die PSckchenangina, in ein paar Tagen von selbst, denn ich bin
za Leuten gerufen worden, die ioboo fünf bis aecha Tage darv>
gelitten und lieinlich auf einem Punkte geblieben waren. OasFie-
ber war meistens lebhaft und der Puls bei manchen sehr unge-
regelt, ja ich habe eine nichtfaysteriscbe Jungfrau behandelt,
deren Puls so schnell, klein und auiseuend achlug, dafi gar viele
Menschen sterben können, uhne, selbst nahe vor dem Tode, ei-
nen solch wahaen Puls zu haben. Dafs man aber, wenn diese
aymptoinatiscbe Angina gehoben war, das IJr leb erleiden nicht all
ganz-gehoben ansehen konnte, sondern dafür sorgen mufBle, da£i
der Bttn frei und schmerzlos aefalnckende Mensch auch gründlicfa
banchgesnnd wurde, brauche ich wol kaum zu bemerken.
Bange Leute machen von einer Angina grofses Aufheben;
denn weil sie sehr grofse Unbequemlichkeit davon haben, so glau-
ben sie, sie müfaten sterben. Ich habe aber bis jetzt noch keinen
daran sterben sehen. Das weifs ich wohl, wenn man ^ie Art der
Enisündung verkannt, wenn man eine Eisen-, oder Kupfer-, tHi
eine Stalpeteraffektion des Gesammlorganismns ansiehet, solchen
Kranken daa Blut abzapfet, and ableitungiweiae sie tüchtig pur-
girt, so können sie wol sterben; aber ai$ sterben dann doch nicht
*) Obgleich dioM Trac*np°' ein yatedtateaden &iag iit, lo kann ■!• doch whr
liUliS werdCB, sod eiaan junjen Amt lar AnwoadiniB maneber gan iweeklo*
$»m Hhtel veriaiten, beaoodaA wana da* PSokcbea an dar hialereo Seite ei-
ner Ilaadel ailit , alao auicbtbar lit. Vor vielen Jabrea baba ieh eiail per.
aSalieh die BekaanUebaft dietei UebeU mmacbt. Bei vollkonnner Ge«aa4-
heit rüblle iab laeret geriogea Schalen bein ScblnckeD; aaeb twei Tigta
war die*er an lUrk, dalk ieb gar keine Speiae mehr b'manterbriDKen koanta
nad data ich, am eipen Litff'el FläiaiBkeil lu icbluekea, wol dreimahl aaielzea,
nad nach dabei aeltsame Gesiabler acbaeidea maüle. Zwei Tage aad eiae
Nacbt nalkte ich ia dieier gexwaogenea Eathaluainkait verbarrcD, kuaala
aoch aiebt aehbres, weir ich meiaeD Speichel aicbt aeblaeken kuaate, dleaer
mir aleo bei jeden Veraaehe inm Seblarea ia den Laryai lief aad nir Haateo
verorMehle. Da ieh, beiah iob daa loaere meiaea Ualiea im Spiegel , siehla
Knakbaftea Brkennen konale , aad jeder Veraach inn Gargeln mir dea Scbmarz
aasiaabilob iteiserte, ao be^lT iob leteht, von welchem winxiKea Dloge daa
liitlge Uagemaeh abbiu> aad fafate neiaa Seele ia Gedald. An awoitas
Tage dea vellkommneD UavenHl%eaa tn icklaakeD war ich doch etwaa Ban,
' legte miib Abends aur« Sofa, ichllof ein , erwachte gegen Milleroacbl , ruMt«
nicht die leUeate Spar inetir von meinem HaUleiden, hatte aber atarkea Una-
ger. — Hatte Ich aicbt ashoa früher die TrugBogina durch ein paar Fülle, bei
deien die gerlogs Uraaefaa daa aehmenhart behinderten Schtingea* aiebibtr
war, keanes gelernt, da* Diag wärde Bicb doeb, da leb lelbat davon ergrir- .
Ten wnrde, tlDUig gcvaehl babea.
- 7it —
4liirob die Aagina, «oadwo durah die alt»«»« FimaeBbehaadlaog.
Kben so kann wol ein Msnaek bei einer canMneadlen Angina ster-
ben, wenn man nicht im Stande iat, dai nrergriifene Organ, von
dem das conienmielle lialalflidea abhingt, geauad in raachen, Rl>er
er stirbt doch nicht durch, eoadern bei der Angisa; büite er kein
Haiaweh gehabt, wftrde er ebeafBlU geRtothen sein.
Die Bettngciigvng , welche manche Kranke bei heftiger ilala-
enlKfindnng haben, die aber Torfibergebend ist, aoheint mir nicht
von der Verbreitnng der Eniaändung auf den Larynx absehangen,
•ondern von der Geechwalst der Mandeln, de> Gaumens nnd der
hinteren NaienbShlen, and von der UnmSglichkeit , den dnrch die
Entzündung erzenglen lähen Schleim xu entleeren. Ich achliefse
das daraus, weil die Kranken gewöhnlich erst dann beklommen
werden, wenn sie sich aus Müdigkeit dem Schlummer bingelieo.
Uebrigens will ich nicht gerade dagegen streiten , dafi die Beklei-
dung der Stimmritse niweilen nicht auch ein wenig mit leiden solltp.
Die Terborgene Angina, von der Hippoiratt» spricht, die
aieh dnrch keine sichibare Geschwulst iinfaert, ist entweder eine
EnlzBndung der Speieeröhre gewesen , oder eine consensnelie, von
einem Urbaucb-, oder Gehimleiden abhängende ABekiion des
Schlundes. Femefita sah einen KrRnken an einer solchen nnsichl-
baren Angina innerhalb achtzehn Stunden sterben. Einen sehr merk-
würdigen Fall von symptomatischer, schnell tödtlicber Angina be-
obachtete ich im Jahre 1S32. Rin fünfzigjähriger Mann, von sehr
ungesunder , scfamni ziggelber Gesichlsfarbe , der lange Jahre ab-
weobseliwi an Bauchbvscbwerden gelitten, die sich bald aU Kolilf,
bald als chronischer Durchfall äufserten, halte, da ich ihn zuerst
sah, unbedeniende Enizundnng der Mandeln, etwas Steifheit des
Nackens, ganz mJtftiges Fieber, war nicht bettlägerig, und hatte
die ersten Spuren des Unwohlseins seif zwei Tagen bemerkt. Die
Steifheit des Nackens vermehrte sich aber in der folgenden \acbi,
verbreitete sich über den ganzen Kücken. Die Kinnlade, ohne
sich eben gtinz zu lebtiefsen, wurde doch auch sleif, so, dnfs
der Mund nicht weit mehr konnte geöffnet werden. Das Schlin-
gen wurde im Verlaufe des Debets nicht 'beschwerlicher als es von
Anfang an gewesen, und da war es so, wie es bei der leichte-
sten Angima toniillari zu sein pRegt. Am Anfange des dritten
Tages erfolgte der- Tod. Dieses war ein echter Starrkrampf, aus
innerer, mir aber unbekannter Ursache, wie er sich xnweilen au
Wunden gesellet. Wahrscheinlich ittt er \^ol in des Kranken al-
len Banchleidm begründet gewesen; denn so gut wie von allen
Leberfeblern Scblagllufs, Lähmung, Fullsncbt, Ziitern nnd an-
dere üebel enisichen, eben so gut kann auch wol eininabl Starr-
. hrampf daraus werden. Dieser hing doch besiinint nicht ton der
uofaedeulenden Angina ab, vielmehr ist «s wahrscheinlich, dafs
— 733 —
dl« leidite Entiiiadung 4«r Mandela icbo« «in Syniflvra des na-
henden Slarrkr«uipfe8 gewesen. leb hekeane nbar gern , dafs icb
so etwas anf^glicb nicht ahnete. Wie nmncfae Memchen klagen
bei einer Angina tontiUari über 8letfheit des Nacitens, nnd über
weit läsligere als jpner Kranke, ja wie manchen ist dnrch con-
senMielles Leiden des Kitiimoakeb die Kinnlade ganz geschlouen,
ohne dafa es uns einfiele, ans diesen gemeinen Zofällen etwas
Bedenkliebes xa vemiiiben, Mein Kranker konnte, da ich ihn
suerst sah, den Mund ohne Mühe so weit anrBperren, dafs tob
seine gance Mundhöhle nnd seinen Schlund genau vn be>iehtigen
beiSbiget werde. Wie konnte ich da denken, dafs der Trüwmt
itn Ansnge sei! Bei Wanden bat es die Erfahrung gelehrt, daft
Steifheit des \aokens ein böiJist verdüchiiger Zufall und leicht ein
Vorbolbe des SiarrkrainpfeB sei; aber dafs ein NichlTerwnndefer,
der blofs über etwas Halsweh nnd Steifheil des Nackens klagt,
den Anfang dieses furchtbaren Uebela haben könne, ist etwas nn-
gew 5hnlicbea , xnin Wenigsten hnbe ich nie einen fihnlichen Fall
erl<'bt. Die Erkennlnifs des Uebels war bei meinem iweiten Be-
midie schon so deutlich, dafs niemand es hütie verkennen kön-
nen. Der Verlauf desselben war auch gerade wie d^r des Wiin«^
starrkrampfea. Der ganze Rücken wurde so steif wie ein Stück
Hole, Schlneken konnte der Kranke noch immer, wiewol mit
einiger Beschwerde, den Mund konnte er zwar nicht weit auf*
sperren, aber doch ordentlich öffnen, um Getränk xu sich zn
nehmen. Das Sehlief«en des Mundes ist aber auch bei dem Wund-
starrkrämpfe ein wandelbarer ZufaH.
Vor eiliuben Jahren trog sich hier der Fall xn, dafs tan ge-
■nndes, starkes Dienstmädchen TOn einem Hnhnerhabne nahe über
dem Auge in die Stirn gebissen wnrdb. Zu dieser unbedeutenden
Wunde gesellte sich der Starrkrampf. Ich sab sie den Tag vor '
ihrem Tode. Der Wundarzt halte alles geihan, was in solchen
Fällen erfahrene Meister raiben , aber leider ohne Hülfe. Dem
Mädohen war der Mund geschlossen gewesen ; da ich sie aber sab,
konnte sie ihn ohne Mfthe so weit Öffnen, um Getränk nnd Ar-
xenei zu nehmen.
Sollte micb nnn jemand fragen , wie ich in Zaknafi bei einem
nichtTerwundeien Menschen den anfangenden Starrkrampf mit symp-
lomaiiitcher Angina von einer einfachen Angina mit geringer rhea-
matischer Affektion dar Nackenmuikeln unterscheiden wolle, so
antworte ich einfältig darauf: icb weifs es nicht. —
Mao hat in dem Gesammtwissen unserer Kunst nnzählige Mit-
tel gegen die Angina. Ein Krankheitsfall bat es mir einmahl vor
vielen Jahren deutlich gemacht, wamm wir denn so gar maacbe^
lei haben. Ich worde einst zu einer ebriicben Bürgerfroa gem-
fen, die an der Anginn tenniiari litt, nnd zwar so heftigt dafs
— 734 —
wenn sie etneo Löffel roll Flüasigkeit icblacken woDle , diese ihr
tat Nasa heraiialief. Da ihr der Mnnil nicht geicblossen war,
ich also den Hals besichtigen konnte, so nrtheille ich ans dem
Anseho der Mandeln, am der Daner der Entzfinduag und ans der
gRnzlichen Unmöglichkeit des Schluckens, dafs sich ein Abssefii
gebildet, der bald durchgehen werde. Dieses nnn dar, nicht ohne
Furoht vor Sterben, in grofaer Noih schwebenden Fran auszule-
gen , wnrde lAcherlich gewesen sein. Ich verschrieb also gar eh-
renfest ein Rezept, das bestand in Alih«esalbe, mit der «ie Sut-
tsrlich den Hals scbmieren mufste. Am anderen Tage sah ich sie
wieder; sie behauptete, die Snihe, welche ich ihr verschriebeo,
sai eine wahrhafte Wiindersalbe. \achdem sie sich ein einziges
Mahl damit habe schmieren lassen, sei sie gleich eingeschlafen,
habe mehre Standern hintereinander .geschlafen , nod beim Erwa-
chen sich von allen Leiden befreit gefühlt.
Was meinen meine Leser, sollie es nicht, hinsichtlich dar
BrÜunemittel , manchen Aerztea der allen Welt gegangen sein wi«
dieser Frau? sollten sie nicht die selbslige Oefinung der Mandel-
abszesse, bei der, wenn sie im Schlafe gescbiehet, der Eiter ver-
schluckt wird , wo dann eine anscheinend zanberisebe Heilung a-
folgt, für eine wundervolle zertheilende und heilende Wirkung
ihrer Mittel gehallen und so sich selbst nnd die Nachwelt getäuscht
haben? — Anker einer Unzahl von zusammengesetzten Umschlü-
gen, Ourgelwftssern , Tränken und Salben, auf welche man hü
früheren Schriftstellern stöfst, ungerechnet das Aderlassen am Arme
nnd unter der Znnge, das Si^ropfen im Nacken nnd die Blasen-
pflasier, findet man alleio beim Dioicoridet sieben nnd zwanzig
Simplicia gegen die Bi^une, womnier etliche recht schmntsige sind,
als Hund«- und Menschenkoih (Lit, 2 Cap. 7Z) und sein Ueber-
a^ty.er Mathtohu thut noch vier hinzu. Nach diesem soll, unter
andern , der Kranke den Rauch von auf Glnhkoblen gestreuten
Bernstein durch einen Trichter einathmen, und dieses ein Prae-
ttantiaMtmum aujtilium sein (Lib.i Cap.^Z). Ich glaube,
wer beut zu Tage hatskranke Menschen, die ohnedies Ungemach
genug auszustehen haben und arg in der Presse sitzen » noch oben-
drein mit Bernsleinranch verqnalmen wollte, den würden die Leute
weit eher für einen übergeschnappten Narren als für einen ver-
ständigen Meister halten.
Uebrigens habtii beknnntlich iiltere Schrißsteller unter den
Namen ^ngi'xa, Entzündung der Unterkinnladen-, Unterzungen-
und Ohrendrüse, der Znnge, der Mandeln, des Gaumens, ja
selbst des Nackens begriffen , ") ohne jedesmafal in dem Einzel-
■) Diviei Latite itamnl wbI eiseDttieb tod H/fpoiratt* her . sder , wie eto^«
Gilabrie n«ipsa , tob Tkettalui — Hipp, voa dea Landfenoben 2.
BnokanEBdedB)}. Abiobaittei. .,, ,_ ,, ^ , ,.^.,
— 735 —
falle ifB enlBÜndctsD Theil besonders RDZugeben. Ob niRnche der-
selben di«MS aus Nachlässigkeit, oder am Mangel anatomischer
Kenntnifs versäahit, kaon ich nicht sagen.
Ziiiii Schlüsse dieses Artikels inufs ich noch vom Zapfen re-
den, leb habe, so lange ich Arxt gewesen, mit einer besonde-
ren Krankheit desselben nie zu Ihun gehabt. -Bei Anginen, wenn
sie nur eioigermarHen ernsthaft Hind, ist bekanntlich das Vtlmm
palatinnm^ mithin auch der Zapfen enuündet nad geschwollen.
Leisler wird aber mit dem Gaumen und Mandeln sogleich gesund.
Uafs er iiiweilen, wahrscheinlich durch chronische Enisüadung,
sich verlängert , und bedeutend verlängert , habe ich blofs gele-
sen, nie selbst gesehen, ich weifs auch, dafa man in allen Zei>
ten ein besonderes Instrument erfunden hat, den verlängerten m
kiirsen. Das waren aber doch nar seltene Fälle. Wie kommt M
denn, dafs das Volk immer vom geschoüsenen oder gefallenen
Zupfen spricht! Wo ich in meinem Leben seil Kindesbeinen ge-
wesen , habe ich davoii gehftrt. Da ich zuerst mich hier nieder-
liefs, sagten mir die an Angina Leidenden, wenn ich wegen der
hoch gesteigerten Entzündung sie fragt«, warum sie doch nicht
zeitiger die Konst in Anspruch genommen: sie haben anfänglich
geglaubt, der Zapfen sei ihnen blofs geschossen. Durch die Länge
der Zeil iat in meinem Wirkungskreise das Zapfenschiefsen mit
anderen Albernheiten aus der Mode gekommen.
Ich habe in meinem Leben von allerlei Volksmitieln gegen
den gedcbossenen Zapfen gehört. In dem Orte , wo ich als Knabe
Meine erste wissenschafilicbe Bildung erhielt, war ein Handwer-
ker, der sieb grofsen Ruf im Zapfenlichlen erworben. Er packte
auf dem oberen Theile des Kopfes dessen, den er heilen wollte,
einen Schopf Haare, und zog selbigen tüchtig in die Höhe, so,
dafs der Kranke arge Schmerzen davon halle. Dieses sollte nun,
wie es bi^fa, unfehlbar helfen. Damahls kam meinem kindischen,
iinmedizinischen Verstände eine solche Behandln tig recht widersin-'
nig vor; wie sehr bin ich aber in der Folge einst überrascht wor-
den, da ieh diese nämliche Raofkur bei einein sehr berühmten
Arzte des fünfzehnten Jiihrhunderta fand. BaHhohmatut Monfag-
nann, (Conti/. S8J nachdem er gegen den geschossenen Zapfen
trockne Schröpfköpfe auf die Pfeiinaht empfohlen , fährt also fort :
Violenfer etiam «itri»M allrehaatur cepi/ii ejut (des Kranken),
i'At, Mt cutü capilü exfol^lur a cranio «ko.- per tale enim inge-
nium ttatim Uvula mirabililer »ublevetur. Vidi ipmm fieri , etin-
itanter prqftiit ; »ed non debet ßeri Hin in cam arduo magnae tvf-
Jocationi».
•) (Zoiiti vom Jihre 18*1.) Seil ich ObigM In Jahre 1829 ^sicbriebeii,
•isd Mir nrri FSIIe von UrleidcB 4ei Zapfeo*, welche« sick eil . ■«rklieh«
— 736 —
Die Frage: ob maaeli« VelkaHiiael unpränglicb von «ks al-
len AersiMi h«raiam»wn , vui den Nachfolgerii ilerselbeu verwor-
fen und vergessen, sich anier deM Volke durch mündliche Heber-
lieferang erballen, oder ob, nmgekehrt, die allen Aersie sie nr-
sprSnglieh vom Volke erhalten, und sie, blefs verlaieiot, fBr
ihre Erfindung ausgegeben , möcbte nicht blofs sehr schwer , son-
dem unm&glich lu beaniworlea sein.
Glosaitis. Die eigeniliet>e Enixündiing der Subsians der Zun-
ge (roo einer Haaieotzündüng derselben i«t jetsi nichi die Bede)
gehört zu den selteneren Krankheiten ; es sind suweilen mehre Jahre
' hingegangen , ohne dafs sie mir ein einziges Mahl vorgekommen.
In den Fällen, die ich zu behandeln hatie, war immer die Ent-
zündnng nur in einer Seile. Dieses kann nutn gerade nicht durch
das Gesichi entdecken, denn den Auge erscheinet die ganze Zunge
geschwollen und das Sehlucken ist wegen der consensuellen Af-
fekiion der Organe des Schinndes sehr erschweret. Fühlet man
aber mit dem Finger die Zunge, so wird man gleich gewahr, dafs
in einer Seile eine harte Geschwulst von der Gröfse einer Wall-
nufs, oder eines Taubeneiei ist. Ich habe den kobischen Salpe-
ter bei der Glossitis eben so heilsam befunden als bei der Angina.
Ohne Aderlassen, Scarifisiren und Blutegel, hob er dieses Zun-
genleiden bald. Die allgemeine Geschwulst der Zunge wich zu-
erst; war dieses gMtcbehn, so konnte mau in einer Seile die enl-
KÜndele Stelle gans deuilich wie einen Ball fühlen. Dieser wurde
dann gar liald weicher und kleiner, und das ganae Zungen! ei den,
siisammt dem Fieber, war in einem Zeiträume von vier Tagen
gehoben. Uebrigens habe ich, weil in den Fällen, die ich be*
handelt, die Geschwulst sehen bedeutend war, denkabisch«t Sal-
peter XU einer halben Una« in vier und zwanzig Stunden gegeben.
Ich bin einst zu einem Landmann gerufen, bei dem die Eniznn-
Verläggeraof dem Aage diritellla , vorgokammea. Da beide Fälle aber Des
Waran, ao heitt«ii ale aicb dsrsli elg Gni^elwaaaer voa AlaoD far bald. Irk
Iwgraire aber , dafi eiae aoiche ZapreDverlaagerang , weaa aie dareh Verucb-
läaiipBf aea elseotltchea ebroDiacben tiebel geworden, andere Hüirsn eStbif
maobsD kann. Ant den zwei Pillen , welebe icb geteben , bei denen da*
Ganmiegel gar oUbt betheiligt war, wo aicb der verlüngerla Zapren in einem
sieht- nid rdbibaren Ziuland der Braehliffnng befand, mnf^ ich icblleraen,
dar* aiobt leiebt jemand dieaei liebet vernaebliaaigen wird, dens nach der
Anaaage beider Belbeiligten , i*t ei ein wkr litliga* Ding, ila bilt^ imaer
ein Gefühl, al« ileeka ibaen ein Brocken im Sclilnnde, den aia binnnter
leblncken müfalaD. Ei iit mSglicb , dafi dieae Kranibeit dea Zapfens Trüber
viel binSger gewaien ali jetit, und dafi dalier die Volkirede vom geaekoa-
aenen Zapfen a lammt ; liad docfa aoeh andere Rrankbeiten, die TrSber hinflg
enehieDea , jetit leiten geworden , ja fall g«M vencbwnnden , z. B. da* Fiie-
lelReber nad dal Podagra ; hingegen kummeo Urberileiden , Hamorrbsiden der
Blase Bad die sagliickliebe Dyapbngie nlr jnttl weil hiaBger v«r als fröber.
dang schon in Eiterung über^gangen war , der Abszeß barst nSm-
li«h schon am folgenden Tage. Der Mann hatte wirklich grofse
Unbequemlichkeit von diesem Zufalle, nnd Reine Fran glaubte,
er werde Elerhen; es war aber nicht die geringste Gefahr dabei,
denn nachdem der Abszefs geborsten, war die ganze Sache ab-
gethan. *)
Laryngitis. Diese habe ich, so lange ich den kohisclien
Salpeter kenne, nie zu behandeln gehabt, ja ich habe so lange
ich lebe onr einen einzigen Fall der Art, vor ungeßbr 36 Jahren
bei einem fnnßEigjSbrigen Manne gesehen. Reichliches Aderlassen,
BIntegel, Quecksilber, (damafals meine einzigen Waffen) waren
Dicht mSchtig genug, ihn zu reiten; er erlebte kaum den dritten
Tag. Das Uebel war wirklich forchtbar, die Beängstigung, mit
nbwechselndem , geringem, nnTollkommnem Nachlasse, ungeheuer,
so dafa der Kranke nicht im ßefte danren konnte; dahei ein Ton
dra Hnstena, der dem Tone eiitea am Croup leidenden Kindes
ähnlich war.
Uehrigens bemerkte ich bei Langenaffektionen mancherlei Art
oft genng einen mehr oder minder schinerzhafren Zustand des Lnft-
r&hrenkopfes , der selbst dnrdi finfseren Druck vermehrle ,' und der
dem kubischen Salpeier gar gemächlich wich, ohne dafs es mir
eingefallen wKre, diesen mit dem Namen Lafyngitii zu belegen.
Häutige Bräune- Diese ist mir viel seliener vorgekom-
men als inanchea anderen Aerzien, und von den wenigen damit
befallenen Kindern ist der grSfste Theil gestorben. Wenn die
Krankheit landgängig wftre , würden die Menschen die Gefahr gar
bald kennen lernen nnd bei Zeiten Hfilfe suchen. In seltenen spo-
radischen Fällen kdnneo sie aber nnmSglicb die Gefahr kennen,
vorausgesetzt, dafs sie nicht gerade medizinische Volksbücher ge-
lesen. Ueberdies ist die Krankheit sehr verrälheriscb, und kann
anch wol ziemlich verständige Leute berScken. Ich erinnere mich
des Falles, dafs der Croup sich so einem vierzehnifigigen Katar-
rbalhnslen, und eines anderen. In dem er sich zu einem vierw5-
ehentlichen gesellte. Wenn er alsbald in der ordentlichen Form
anftritt, suchen die Leute am zeitigsten Hülfe.
Ich kann nnr behaupten, einen einzigen Fall wirklich ansge-
bildeter, aber sclinell entstandener bSuiigen Bräune durch knbi-
sehen Salpeter geheilt zu haben. Die Leute riefen mich zeitig,
nnd die Krankheit war echt salpeterischer Natur, wie alle da-
mahls herrschende Krankheiten dieser Art waren. Ich giaqbe aber,
*) In Jahre 1638 kan mir der zweite fall einer Zuaftatairänintg vor, die,
dl aao nein« EilTi «aiprach , ■ohon in Abludiren be^ffen war. Die OelT-
nnn; dei Abneue« trto\gte bald , nsd anob bier mr Blofct« Bedesitliabea bei
der Sacba , obgleieb die Rinder der ■M>tK^htis«B Krtnkes dei Tod dersel-
ben rSr Baabireiidbar bialUs. -_-.. ...^.^.^
47
— 738 —
dafa u mit dem Croup gehet wie mit allen anderen Krankfaeiteo,
er isl nicht immer dertelben Nnlor.
Zu eioer Z«it, da hier gaslriache Fieber berrichlen, die man
durch Neatraliairen der laiiren Siofl'e im DarntkaDale sicher nad
bald heilen kaante, warde ich einst xu einem vieijäbrigeD dicken
Jungen gerufen. Er halte lebhaftes Fieber mit allen Zeichen der
häutigen BrKnne. Ich gab ihm zwei Tage lang reichlich kubischen
Salpe'.er oboe den mindesten Erfolg, im Gegenibeil, die Croup-
zufalle verschlimmerten. Jeiit glaubte ich, ob ich gleich keine
erkennbare Zeichen, gastrischer Alfeklion gewahr werden konnte,
ich sei berechtiget, aus dem Genius« der herrschenden Krankheit
und aus dem Nicbiheilwirken des kubischen Salpeters auf einen
conseDinell enUfindlichen , in einem Urleiden des Bauches begrün-
deten Zustand der Luftröhre mit einiger Wahrscheinlichkeit lu
scbliefaen. leb setzte also zu dem Saipelertrank eine gute Portion
gebrannte Biltersalzerde , and siebe! das fnrrJitbare Uebel wich
in zwei Tagen. Uebrigens sind solche gasirisch consensuelle Eot-
zündoBgen bei weitem nicht so gerrihrlich alz reine, in einem
Tbeile vorwaltende Affektionen des Gesammtorganismus ; sie ma-
chen weder so leicht Auascbwilzung plastischer Ljuipbe, noch ge-
hen sie so leicht in Eiterung über.. Darum war auch in dem er-
zübllen Falle durch die sweitHgige ärztliche Verkennnng der Na-
tur des Uebels nichts rerspiell.
Der Ton des Hustens beim Croup, den einige mit der Stimme
eines jungen bellenden Hundes , andere mit der eines jungen ko-
kenden Hahnes vergleichen, der aber von den Tftnen beider Thiere
doch noch wol etwas verschieden sein möchte, ist, meines Cracb-
lens, ein höchst unsicheres Zeichen. Ich habe -ihn mehrmabk bei
Lungenaffekiionen der Kinder bemerkt ond ihn in ein paar Tagen
hei dem Gebrauche des kubischen Salpeters verschwinden sehen;
wäre ich also einbildiscb, so würde ich behaupten, den Croup
im ersten Zeiträume oft genug durch jenes Mittel geheilt xa bä-
hen. Da ich aber von Natur keine sehr lebhafte Einbildungskraft
habe, so kann ich auch so etwas nicht mit gnlem Gewisaen be-
haupten. Ja es ist mir selbst sehr zweifelhaft, ob m^n dieses
furchtbar« Uebel im ersten Zeiträume mit Sicherheit erkennen kön-
ne. Aus den wenigen Fällen, die ich beobachtet, bei denen ich
die Entstehung von den Mültem erfragte, vermuibe ich, dafa es,
wo nicht immer, doch oft, wie ein einfacher Katarrbalbusten an-
fängt.
Von der in der LufirÜibre erzengten Membran haha ich man-
ches gelesen , lege aber wenig Werib auf Beobachtungen solcher
Falle, bei denen sie in den durch Erbrechen nnd Laxiren ent-
leeneo Stoffen soll erkannt sein. Hier hat die Einbildongakraft
des Beobachters gar zu grofsen Spielraum , als dafs man sich ei-
- 739 -^
n«s billigen ZweifeU erwehren kSonie. So erinnere ich mich un-
ter aadem dea Falles, dab der ArEl so viel Stücke Membran in
den durch Stuhlgang nnd Erbrechen entleerten Sloften wollte ge-
fanden haben, dafs es mir fast vorkam, als könne man, setzte
man alle die Stücke susammen, gemSchlich die ganze Luftröhre
einea Ochsen damit aaskleiden. Ich selbst habe nnr ein einziges
Mahl die Membran gesehen , die ein vom Croup lödlFicb ergriff'v
nes Kind den Tag vor seinem Ende, nicht durch Erbrechen, son-
dern blofs durch Hnslen auswarf. Ich habe aber nicht mit eigenen
Augen gesehen, riafs sie das Kind ausfaiistele, sondern die Mnt-
ter hatte sie mir als eine Seltsamkeil aufbewahret. Weil hbet
diese Mutier, eine ehrliche BHuerinn, nie medizinische Volkshü-
cber gelesen , also auch nie von einer In der Lnfirahre erzengten
krankhaften Haut gebort, so ist nicht die geringste Vemiuihung
denkbar, dafs sie mich habe täuschen wollen.
Ich sah einst bei der OaOnung eines an Pleuritis Verstorbe-
nen die durch Ansschwilzen plastischer Lymphe erzeugte Membran.
Die mir von der Motter gezeigte halte aber nicht die geringste
Aehnlichkeit mit jener plenriiischen ; sie hatte vielmehr grofse
Gleicbhetl mit dem Panniculo adipoto, das die Schilichter gern
auf dem Kalbfleische sitzen lassen, weil sie durch Anfblasen des-
selben dem nöchieriien Fleische ein sonderiich gutes Ansehen ge-
ben. Da die Mutter mir die Cronpmembran reichte, war diese
zwei Stunden vorher ausgehnsiet. Sie war in ein Kliiinpchen zu-
sammengerollt; als ich sie auseinander legte, zeigte sich Breite
and Dicke ganz ungleich. Nach ungefährer Schätzung (denn einen
Mafsslab führte ich nicht bei mir) mochte die gröfsle Breite einen
Viertel-, die geringste einen Achtel^oll betragen. Ueber die Dicke
kann ich nicht etnraahl, Ueil sie so sehr ungleich war, etwas
UngefBhres bestimmen, sie war aber so, dafs ich der Meinung
wurde, wenn die ganze innere FlSche der Luftröhre mit dieser
Membran bekleidet wlire, so würde doch noch Raum genug über-
bleiben, um der Luft freien Zntritt zu den Lungen zu lassen.
Uebrigens war sie, nach ungefährer Schätzung, reichlich zwei,
vielleicht auch wot driitebalh Zoll lang (ich kann es so genau
nicht bestimmen), weifs von Farbe, durchsichtig und sehr ela-
stisch, leb habe mich bei Betrachtung dieser Afierbaul des Ge-
dankens nicht erwehren können , dafs der Tod , der beim Croup
znweilen nnvermuihet, plötzlich; bei anscheinender Besserung er-
folgt, von einer blo£| mechanischen Ursache abhangen könne.
Wenn nSmIich die Aftermembran durch Beschwichiignng der Ent-
sSndung lösbar wird, nnd nnn darcb die Erschiiitemng des klinst-
licb erregten Erbrechens , oder darcb einfachen unkün st lieben Hii-
afen theilweise wirklich gelöset wird, so kann sich ein solcher
gelöster Theil zusammenrollen, bis lur Rfurkation der Luftröhre
-■■-„. o-
— 740 —
hiaunierfaJl«!! . und hiw, wean er grofi genug i*l, E^bknng
verursachen. Vs gehSrt wahrlich fronig dam, ein durch i— hrti-
gige Leiden eraehöpfieu Kind su ersticken.
Oab übrigeas groJäe BeSagsitgung mit aoi^iriebeaen , roüi-
Müulichein Gesichte, begleitet von dem, detn Croup eigenen Tone
des Hustens und Itupirirens, und ron lebhaftem Fieber, nicht ia-
mer das VurhRudensein der häutigen Brftunn verbürgt, hat miak
schon vor eecfai und dreifsig Jahren fulgeodar Fall gelehrt.
Ich wurde zu einem sechsjährigen Mädchen gerufen, welches
das Masernfieber hatte , bei dem sich aber der Ausbruch des Cxb»>
Üieuis Bber die gewdfanliche Zfiit verzögerte, was bekanntlich bei
dieser Krankheit nicht selten der Fall ist. Da diese Krank« ans
selbigen Tage alle ZufÜlU der hSatigen Bräune hekoromen halte,
uelche ich daniahU schon durch oinea tddtlioh abgelattfeneo Fall
in der Wirklichkeit hatte kwuen geleral, so fürchtete ich, da»
Kind luScbte ebenfalls in die Ewigknt gehaa. Diese Besorgnifs
bestimmte mich aber doch nicht zu einor stünniscben Quecksilber-
knr, wiewol ich danuihls ein auloefordentlich grolser Freund von
diesem Gewaltmittel war, sondern mein Skeptisismus , hinsichiHcb
der Ud fehl bar keit der Pathognomik , brachte mich auf den Gedan-
ken, xwei Tropfan Mohnsaftiinktur mit vier Unxen Wasser mi-
schen, und davon das Kind um die andere Stunde einen halben
ElfsISfiVI voll nehmeo vu iasaiiD. Dieses geschaji am \achmiiiage;
da ich aiu aodereo Morgen die Kleine wieder sah , waren mit
dam Aosbruobe der Masern die Be&ngstigung , der Croupton des
Hustens und des Alhemholens, kurx, alle ««rweintUche Zeichen
der Angina meaibraHaeea verschwanden. Das Kind batt« gutar-
tige Masern und hustete dabei wie alle andere Masernkinder.
Kä ist, so lange ich Arzl bin, so viel über die hfiutigefirfiu-
ae geschrieben , dafs jemand , der nur die Ilfiifie davon hinterein-
ander laseiv wollte, gani wirre im Kopfe werden mufste: ob man
aber bis jetzt das Wahre getroffen, mag ich nicht entscheiden.
Angene ntzSndung. Gegen diese habe'ich den kabisehea
Salpeter oft genug mit ansgezeicbnetem Nutzen gegeben. Dals
ich ihn aber oft heilend gegebm, beweiset nicht, dafs die in di.n
Augen vorwallende Affekiion des Gesamniiorganismüs Hatpelrisoher
Art häufig ist, sondern Ich habe seine heilende Kraft oft gesehen,
weil ich ihn schon zwaniig Jahre gekannt. Selbst das, was min-
der häufig vorkommt, kaim ein beschSfii^er Praktiker in zwanzig
Jahren oft genug sehen, um sich von der Heilwirkung eines Mit-
tels binlftnglicb zu überzeugen. An sich ist die in den Augen vor-
waltende, unter der Heilkraft des Salpeters stehende Affekiion das
Gesaiamtorganismus seltener als in denselben vorwaltende Affeklio-
nen des Gesammtoiganismus anderer Art, seltener als echte Ur^
leiden derselben , selteow eodlicb als ooQsensiieUe. Jedoch mala
- 741 —
du- L«er wohl b«d«nken, dttU hier vielei, vielleicht alles von
dem Laufe der epideinischm ComiiiiHion aUAngt> Ich hahe, wie
oben gesagt, in den ]etsien zwonxig Jahren meist mit Urleiden
der Bancb- und Gebirnorgane sn kämpfen gehabt, und im Dorch-
whmit mehr Eiien- nnd Kupfer-, ali ESalpeieraflfekiionen des Ge-
umiBlorganisMtH geaehwi. Meine künftig Erfahrung und die künf-
liga BMlerer Aenle kann andere lanten, das gebe Ich gern zu;
jedoch dringt sich mir der Gedanke auf: weni die in den Aagen
vorwaltende aalpelrisehe Aflekiion des GesaniratorgniiiBraus nnr hatb
so hftnfig wSre als Augentzündiingen hA«fig »inH, so würde man
niuer der geringen Volkeklasse , die eben niobt sebr eilig ist Hülfe
SD sotten, die anch daxa das YermSgen nicht bat, and die Bof
dem platten Lande nnr bei gAnxlicfaer, beatStigler Armnth die Ar-
lenei unentgeltlich erbSll, allenthalben nnfganx, oder halb blinde
Menschen etofsen. Da das aber in der Wirklichkeit nicht der Fall
iat, ancb früher nie der Fall gewesen sein kann, denn ich erin-
nere midi, selbst ans meiner Jagend nicht, viel blinde Menseben
gesehen an balwD, so wird die sa)|»eirieche Affektion des Ge-
«amiuloi^aaismus wo) nie hStifig in den Augen Toi-gewaliet haben.
Daa Warnin? Iftfst sich nicht gut auslegen; denn wer kann die
bewai>demngs würdige £inricbiang, die die ewige Weisheit unse-
rom gebrechlichen Leibe gegeben, verstandbaft ergründen?
Daia Ophthalmie oft genng eine in den Angen vorwallende
niditsalpelNsohe, sondern vielmehr anderanige Affeklion des Ge-
ummlorganiimus sei, scheinen manche Aersle nnr mit Mühe so
begreifen. Aderlässen , Blutegel , magere Diüt nnd sogenannte
entsüadungsWidrige Mittel tollen und mPisseii nach ihrer Meinung
helfen, und doch bdfen sie zuweilen nicht. So ist es Jetzt nnd
ao wird es wol von jeher gewesen sein, HippoAralea (Aph«-
ritm. 31 IjA. 6) sagt schon, dafs das Weinirinken schmerzhafte
Aagcn heile, und Ltaanu Rivtriwa fObaerv- 25 cent. 3) erzfthlt
nns davon ein nettes Stückeben. Ein Baner, der an Ophthalmie
lange gelitten, die ihm von seinem Arzte angefaihene magere Difit'
lange beobachtet, nnd nichts als blof^es Wasser getrunken, aber
sieht dadurch beuer wird, erfattit von einem andern Bauer den
Baib, er solle einmah) ttlcbtig Wein trinken. Gleich nach dem
ersten Becher liihlei er schon Erleichterung, »d nachdem er et<
lieba Tage die Weinknr fortgesetzt, ist er ganz wieder he^e-
stellt. Biverüu sngt, er habe noch von zwei anderon Khnlichen
Fallen gehört.
Data aber Ophthalmie auch hAufig ein Urleiden der Angen
sein Mösae, dafür spricht die nnendlitshe Menge Heilmittel« wel-
che die Aerzte gegen Aogeoentzflndung preisen. Beim Diotcori-
de» findet man schon zwei nnd vienig, und wie viel notdi bei
aiMleten iltereB und neaeren Scbrifuiellani ! Dai moikwärdigste
— 742 —
Heilmitiel vftn allen, hat ohae Zweifel Jao. Sglviu» (Comait.
67 Lib. 7 CoMÜ. CratMü et aliar. med. a SehoHxio edit.). Es
lautet wörtlich alio: Ex ii* qKae lomga experiemtta eognovimw,
laudamu* iitier caetera , ut Juvetti» aliquit pueffut amt Jmencula
tuavem kabemiea amAetitum, tiuußent leniter in aern/um laboranti»
manejejtmi, uhipritu et abluerüit aquapmra, in qua kora nma alt
altera aiacerala fuerit tem»it fyentculi, hkt moaeh. et eiMtammo-
«K». Poitea tero limgua lambent ochlum, mandent autem prtut
»emeufoenicuH et etipkrtuiam. £ine fthDliche Leckkur findet man
bei Jo. Baptitla Monlanu» (cotuU. 84J .- Paer vel pmella octo am-
norum j'ejuHo atomacAo ataaticiet roaam unam rece/Uem , et pmt
matticalionem »tatim oculoa fambat. Hier zu Lande würden niebl
einmahl ganz arme J>ute ihre Kinder zu einer solchen ekelhaf-
ten Angenleckeret hergehen wollem
Delirium ireae»: Dieser Krankheitsname ist eine Et-
finduDg unserer Zeit} welche überhaupt sehr reich an golcben be-
wunderunga würdigen, von grobem Scharfiinae zeugenden Nameo-
erfindungen ist. Ich denke, Wein und Branntwein werden wol
von jeher einzelne Menschen , die diese GeirBnke gar ku über*
mäfiig und anhaltend gebrauchten, verrückt gemacht haben, und
die Aerxle werden diesen Irrsinn auch wol eben so gut erkannt
haben als wir, ohne dafs sie es eben für nöihig gehalten , den-
selben einen besonderen \amen zn geben. Sollte aber jemand
glauben, nicht blofa die Erfindung desNameos, sondern auch die
Erfindung des Heilmitlels (des Mobnsaftes) sei das Eigenthum
unserer Zeit, so bemerke ich diesem Folgendes.
Bei Greg. Horit (obterv. 25 LA. 2J findet man einen Krank-
heitsfall beschrieben , in welchem der Verfasser den Mohnsaft mit
sonderlich gutem Erfolge gebraucht hat. Die GeHchichte ist ab«
etwas zu lang, um sie wörtlich abzuschreiben. Der kurze Inhalt
ist folgender. Zu einem Manne, der durch nnmHfsiges Trinken gani
toll geworden, wird Horat an techsien Tege der Krankheit ge*
rufen. Er sagt: pro primo atatim ad narcoiica confugi , propter
nimiam caloria et apiritnum efferveacentiam et moMitalem in aub-
jecto calido et aicco; quam oh cauaaia aine uiteriore detüeratimie
aequeniem Sgrupum exkihui. K; Synipi papae. erratici ^ i Laudaui
apiati gr. iii Aguae Laciucae ^ß 31. D, Nachdem der Kranke
diese Arzenei auf ein Mahl verschluckt hatte, fiel er in Schlaft
schlief die ganze Naeht durch, und erwachte versl&ndig.
Was ich aus eigener Beobachtung von dem krankhaften Za-
ataqde weifs, in welchen zaweilcn unmSfalge Trinker fallen, ist
Folgendes. Es gibt zweierlei Arten Trinker. Die der ersten Art
mifabranchen ISglich die geistigen Getränke, jedoch nicht gerade
so, dafs sie ganz ihrer Skne beraabi werden. Sie schweben
gleichsam zwischen Himmel nod Erde; dafs sie beraascht sind,
— 743 -
si«hel jeder, sie kennen aber gehen, schwatzen, »(retten iiDd
alberne Streiche treiben. Diese Trinker werden, mit aelienen
Ausnahmen, alt vor der Zeit, reracbleifsen nach nnd noch kör-
perlich und geiBtig. Ich habe viele der Art in meinem Lehen ge-
kannt, aber sie noch nie, wenn sie bei dieser gewöhnlichen Trink-
ordnung blieben, in den krankhaften Zustand fallen sehen, den
ich gleich beschreiben werde.
Die Rweiie Art ist die der periodischen SHufer, sie sind, in
Verhallnifs zu jenen, selten. Ein solcher Mensch enlhHlt sich
Wochen, ja Monat« lang aller geistigen GetrSnke; äberfAltt ihn
aber der Saiifparoxysmus , dann trinkt er so lange anhaltend gei-
stige Getrfinke in grofeer Menge, bis er, seiner Sinne nicht mehr-
mächiig, einschläft. Beim Erwachen ftlngt er wieder an zu trin-
ken, und aeiEt dieses fort, bis zur schlar^hnliGhen BesinnnngslO'
sigkeit. So gehet es nun in einem unaufhaltsamen Wirbel von
der Trunkenheit in die Besinnungslosigkeit, nnd von dieser , wenn
■ie etwas schwindet, wieder in die Trunkenheit. Auf die Dauer
rouls begreiflich jede Natur , auch die stärkste , solchen uuanfhdr-
liehen, gewaltsamen Eingriffen erliegen. Es tritt dnnn ein wahr-
haft krankhafter Zustand des Gesammiorganismus ein , der sich
im Allgemeinen durch beschleunigten Pulsschlag, belegte Zunge
nnd gestörtes GesundheitsgeftihI iiund gibt; aber im Einzelnen,
bei verschiedenen Körpern in giinz verschiedenen Organen, die
Verrichtung dieser mannigfach störend, vorwalten kann. So wal-
tet er bei rieni einen in dem Magen vor, und dieser hat anhal-
tendes mebrtligiges Eibrechen, knnn keinen Schluck Wasser hei
sich beballen; bei dem anderen im Gehirn, und dieser ist wahn-
sinnig; bei dem drillen in den Muskeln, nnd dieser zitiert so
heftig , dafs er fast nnfilhig zu willkürlichen Bewegungen ist ; hei
dem vierten in einem der ßaucheingeweide, und dieser bat KoKk,
oder gelbsitchtige ZufSlle, oder anderes Bauchleiden. Gewöhn-
lich wfibret der krankhafte Zustand bis an den vierten , fünften,
oder sechsten Tag; dann kehret die Natur wieder ins normale
Gleis znrfick, nnd der Süufer ist bis mm nfichsten Paroxysmus
ein recht nüchterner, veralHndiger Mensch. Jedoch kann diese
ASektion des Gesnmmiorganismns auch in den Tod übergeben.
Je starker der Mensch ist je ISnger hält er das Trinken aus,
ehe jener krankhafte Zustand eintritt. Da aber durch die Öftere
Wiederkehr des Trinkanfalles die Körpermaschine in ibreui inner-
sten Gelriebe gekränkt werden niufs, so mnfs auch nothwendig
der Anfall immer kürzer und kürzer werden, und der krankhafte
Zustand immer früher nnd früher eintreten. So habe ich einen
Herren von mittlen Jahren gekannt, der, da ich mich hier nie-
derlieft, vierzehn Tage , bis in die dritte Woche trinken könnt«,
ehe die .Natnr unterlag. Die Paroxystnen verkürzten sich aber
— 744 -
nach und nach go, dafs er endlich qach einem zweil^igen Trin-
ken «chon krank wurde. Da ea so weit mit ibni gekoioinen war,
ging einat der krankhafte Zustand des Gesammiorganisiniis in den
Tod über. Erst erbrach er atcb ein paar Tage unanfbdriich, uod
dieses war die gewohnliche Erscheinung; dann hörte das Elrbre-
cben auf, der Puls wurde aber nicht wie gewöhnlich ruhiger, soo-
dern er blieb schnell und wurde vom tollen krSfiigen zum klei-
nen schwachen, die belegte Zunge reinigte sich nicht, wie ge-
wöhnlich, sondern blieb schmnlzig und wurde trocken, und die
Muskelkraft, sutt sich xu mehren, minderte. Da fünf Tage, dl«
gewöhnliche Zeit in der hei diesem Manne die \atur wieder -io
den Normalütand zurückzukehren pflegte, verflossen waren , machte
ich die Ehefrau und ihre Freunde auf die bedenkliche Lage, wor-
in er schwebte, aufmerksam. Man traute meinem Urtheite in die-
ser Sache and sorgte dafür, dafs er eine lestaraeniariBche Dispo-
sition zn müglichsien Gunsten seiner Gauinn machte. Uebrigen^
dachte er selbst , der so viele Jahre dem Trank ergeben gewesen,
der so oft den Slraufa, welcher mir jeizl gefährlich schien, glück-
lich überstanden halle, nicht ans Sterben. Er nahm keine Arze-
nei, and so viel ich seinen neckischen Charakter kannie, mu£iif!
ich denken, er mache deshalb so gutwillig sein Testament, um
uns hinlennacb mit unserer irrigen Beaorgnifs zum Besten zn ha-
ben. Wie wenig er ans Sterben dachte, sah ich daraus, dafs
er, um die Reinlichkeitsliehe seiner Gattinn za kränken, aas Bos-
heit dns BetI beschmutzte. Er hatle näuilich nicht den Durchlauf,
halte nicht, wie ein Todtkranker, den Koih unter sich geben
lassen, sondern in einem unbewachten Augenblicke sich aufgerich-
tet, war in eine Ecke des zweischläferigeo Beiles gekrochen, und
hatte dort seine \olh veriicbiei. Es ist wirklich kaum glaublich,
auf welch seltsame Menschen man in dieser Welt siofsl. Mir mufs
niemand mehr sagen , dafs irgend eine Charakterzeichnaog eines
Schauspiet- uder Romandichlers übenriebeo, unrichlig, unwahr-
scheinlich sei; EU jeder Zeichnung, die nur die, toihtte Phantasie
gehären kann, findet sich das Urbild in der Vt^irklichkeil. — Der
wideihaarige Gesell, von dem ich jetzt spreche, hat aber nie das
Vergnügen gehabt, mich wegen meiner irrigen Beurlbeilung sei-
nes Zuslandes necken zu können, denn ein paar Tage nach Be-
Bobickung seines Testaments starb er zum grofaen Glücke seiner
Familie.
Meine zwar nicht bestimiule, aber vermuihliche Voraussage
gründete sich einzig darauf, dafs ich aus der allinühligen Verkür-
zung des Trinkanfalles nnd aus dem baldereo Eintritte des krank-
haften Zustaudea des Gesammtorganismus anf eines dorcb den
Mifsbrauch geistiger Getiänhe abgenutzten Organismus scblofs;
wozu noch kam, dafs jetzt die Selbsthülfe der Natur ausblieb,
- 7« -
nnd dati die HSife jder Knstt, wegen Verkefarthait «nd wtgeo
ibärichler Sicherheit dei Mannet, nicht anwendbar war. Ich bnbe
Brust uaif Bauch dea Leicbniuus geöS'net, den Kopf aber, nicht,
weil die Fran Fürbitte einie^^te, and weil auch nicht zu Teriiiu-
ibea war, dafii man in dieieiu etwas Krankhaftes finden wiirde,
denn er war intiaer ein gescheiter, witziger^ aniiriBcher, etwas
boühafier Kopf gewesen. leb fand nun in beiden Höhlen auch
nicht das niiodesle sichtbar Krankbafie. Die Masse Fett, luii der
sie aberauagefiiUet waren, ftrenzle ans (Jnglaubliciw. Ks ist Tiber-
haiipt ein Irrthuin, wenn iHaocbe Aeriie glauben, der Mißbrauch
geistiger Getränke verui-sacbe Krankhaftigkeit einzelner Organs.
Wo man diese findet, ist sie nol blofs zufiillig tob anderer Ein-
wirkung entstanden , wie man sie auch in lolidien Körpern finde),
die niüfsig gelebt haben. Ich habe grofse Neigung zu glaabeo«
dals der Mifsbranch geistiger Geirftoke eine Afagenaiziheit in dem
feineren Organismas bewirkt, den bis jeizi keine Zergliedernngs-
knnst ergründet hat, auch wul nie ergründen wird. Der Körper
des Trinkers (ritt nach und nach in das nfiniliche Yerhällnifs za
den geistigen Getränkes, wie der Körper eines allen, abgeleb-
ten Menschen. ,
Dits Verhftlinils der geistigen Getränke som Körper rerändert
mit den Jahren auf folgende Weise. Wenn ein Mann in der hi-
gend, im zwansigslen Jahr«, sieb dem Tranke ergibt, so kaao
er anfönglicb wenig trinken ohne befauscbt sn werden; nach und
nach ge)vöhitet sich aber die Natar an diese feindliche Einwirkung
nnd er kann es allmählig zu einer wahren Meisterschaft bringen.
Hat er nun dieses Ziel erreicht, so bleibt er Jahre lang schein-
bar auf dem nlünlicheo Punkt« sieben; as ist eine grofse Menge
geistiger Getränke nötbig, um ihn %a berauschen. Nach diesem
Stillstand« reränden aber das Verbältnib aaf «mgekebrle Weis«;
er verträgt ^lach nnd nach immer weniger ohne berauscht zu wer-
den. So kommi es denn, dafs er im fünfzigsten Jahre, cJioe in
Trunkenheil zu fallen, ein noch geringeres Mafs geistiger Flfia-
sigkeiien zu trinken vermag, als mancher siebzigjährige Mann,
der, ohne gerade wcisacbeo zu sein, von je her inäfsig gelebt.
Man kann also im eigentlichen Sinne bebanpteo, dafs die Trin-
ker vor der Zeit alt werden.
Was nun den kabischen Salpaier betrifft , ss wfirde ca erfab-
rnngswidrig sein , wenn ich behaupten wollte , er sei für und für
Heilmittel in jener krankhaften Aflektion des GesanrntorganiBmus,
welche das anhaltende Saufen Tcranlafai. Diese kann in Teraehie-
denen Körpern, ja in einem nnd demselben Körper zn verschie-
dmen Zeiten ganz rerschiedfiaer Art sein, wovon ich in der zwei-
ten Abtheilong dietea Kapitels mehr sagen werde. Ein« kan ich
aber hier kühn Terzichem, dafs sie in den mtiiten Fällen, son-
— 74ß —
deriich bei Trinkern, die noch nicht im Abnehmen sind, ani\ie,
irischer Art ist. Zwei oder drei Drachmen kubischen Salpeter
tags gelben, schaffen fühlbare Linderung der Beschwerden, be-
schwichtigen die Aufgeregtheit aller Organe, nnd kürzen liber-
faaapt den ganzen Krankheitssustand nm zwei Drittel seines Ver.
laafes ab. Ich brauche aber klugen Aerzlen kaum zu erinnern,
dafs, wenn die Affektion des GeBammtorganiimiis, im Magen vor-
walteod, sich durch anhaltendes Grbrechea offenbaret, «s noih-
wendig ist, ein gutes Magenminel dem kubischen Salpeter zn/u-
setzen; denn wenn dieser gleich wieder ansgcbrochen wtnt, kann
er unmitglicb heilende Einwirkung auf den Gesamnitorganismuii
haben. Am besten ist zu diesem Zwecke das Natrum acetirtrm,
Jedoch werden andere Mittel , von denen wir früher gesprochen,
sach wol dienlich sein. Man braucht sie nicht Iffnger zu gebpn
als bis zum beschwichtigten Erbrechen.
Mir ist es zuweilen etwas ansiSfsig gewesen , dafs man eine
solch edele Goiiesgahe, wie der kubische Salpeter ist, an wahr-
haft viehische Menschen vergeuden mnfs, die sich selbst krank
machen, und die man doch nur heilet, damit sie sich desto eher
nod sorgenloser ihrer garstigen Neigong hingaben können. Ich
verschrieb einem periodischen SSufer^ der in seinem krankhaften
Zustande gewöhnlich an Kolik litt, einen Trank von A'afrum »i-
tricum. Diesen Trank hielt er so hoch, dafs er ihm förmlich
den Namen seiner Saufmedizin beitegle, und ich glauLe wahrhaf-
tig, dafs er seitdem noch weit heftiger getninken bat als vorher,
weil er sich jetzt, wenn es Noih ihat, weit besser zu helfen
wnfsle.
Oben ist gemgt, dafs ich jenen krankhaßen Zustand des Ge-
aammtoi^nisnins, von dem jetzt <)ie Rede ist, nur bei periodi-
schen Trinkern gefunden. Es ist dieses aber ao zu verstehan,
dafs ich ihn blofs ganz dentlieh ansgesprocbea bei diesen gefun-
den, denn auch die gewöhnlichen Trinker, die sich tfi^ich- be-
rauschen, ohne es gerade bis znr Sinnlosigkeit kommen zu las*
Ben, können zuweilen wol einmahl, von ihrer Trinkordnnng ab-
weichend , Aber die Schnur bauen , dann fühlen sie sich anch den
andern Tag krank; allein dieses bald vorübergehende Unwohlsein
ist mit jenem beschriebenen nicht zu vergleichen und der Arxt
wird nicht leicht zum Helfen dabei anfgefodert werden. Jedoch
habe ich einst bei einem solchen gewBbnlichen Trinker eine so
seltsame Beobachtung gemacht, dafs es wol der M6he wenb ist,
sie dem seelenknndigen Leser mitzutheilen.
0er Mann, bei dem ich die zu ersShlende Erscheinung beob*
achtete, war in mittlen Jahren und dem ligliohen Trinken von
Kindheit an ergeben. Seine Mntler , die , ohne seihst zu trinken
nnd ohne anverstSndig ni sein , eine solch adlsame \ftrrino war,
— 747 —
Mk inaii wo) ein Bach fiber »ie lehreiben kftDMe , baue tfao Mboii,
da «r noch Knabe war, daa Braantweintriakea gelebrt. Der
Sehnappi war ihm alio von Kindheit an nm Bedurfnifs gewor^
den , den Wein (rank er wafaracheinlicb anm Wohlgeeehinack,
nnd alle«, geistiges Bier lur Abkühlnng. (Jebrigena halte er ge-
sunden Versland nnd war ein guler Mensch.
Einst bat mich seine Fran sebrifüich , möglichst bald m ihm
SU konimeo; er befinde sich in einem Zustande, der ihr grofie
Sorge mache, den sie mir aber nicht beschreiben wolle, den ich
■eihst sehen mfisae. Da ich gerade den folgenden Tag, fünf Weg*
standen von hier, auf Belgischem Gebiete mit einem achibareo
Autsgenoasen ans N** bei einem Kranken zusammen kommen
nnfsle , es in der Mitte des Wiater» war , die Wohnung des Man-
Des mir swar am Wege, aber doch eine starke Wegsinnde aar
Seite lag, es also bar unmöglich war, an Einem Tage beide
Kranke ta besut^en, mit einem Kollegen so rathschlagen (wel-
ches bekannllich auch Aufenthalt verursacht), und abends wiedet
SU Hause sn sein: so beschlofs ich, im Hanse des Kranken, des-
sen Geschichte ich jetit ersShle , xii übernachleo , halle also in
dem langen Winterabend Zeit genug, die seltsame, mir xum er-
sten Male anf die Weise vorkommraide Erscheinung zn beobach-
ten. Dafs der Mann in Abwesenheit seiner Fran arg seine Trink-
ordnnng überschritten halte, wnfste ich schon tob dem Bolhen,
der mir den Brief überbracht, also erwartete ich blofs, ihn in
einem kraokliaften Znstande, der Folge eines mehrtägigen Ran-
Bches XU finden. Meine Erwartung wurde aber, da ich abends
hinkam, sehr getäuscht, ich fand ihn nfinilich munter und wohl;
die Folge des Trinkstraufses halte, wie es schien, die Natur
schon ausgeglichen. Er innfste selbst den Tag anfserordenüich
uHfsig gelebt haben * denn ich konnte wirklich keine Spar von
Aufregung, Erhitzung, geschweige von Berauschung an ihm mer-
ken. Ob diese Mifsigkeit anf Bechoung meiner erwarteten Ueher-
knnft, oder auf Rechnang des gar zn frischen Andenkens der
Sberstandenen Tmnknnbequemlichkeiien zu schreiben war, kann
idi nit^t sagen.
Nachdem ich ihn liinISnglich unterancht, erklärte ich in Ge-
genwart seiner Gattinn, ich wisse nichts krankhaftes an ihm su
erkennen; vielleicht sei er die vorigen Tnge unwohl gewesen,
jetzt sei er es aber nicht.
Er gab mir Beifall und sagte, es fehle ihm wirkll«^ aiehts,
aber seine Gattinn sei so Angsitich , dafs sie sich seinetwegen ohna
Notb nur zn oft Sorge mache. Er würde es bedanern, dafs Ich
ganz nnniithig den weiten Weg gemacht, wenn er nicht dächte,
es müsse mir selbst, schon in M" beschäftiget nnd acht Stunden
lang enf den gefrorenen Heidewegen lentaucbt, behaglicher sein.
^ 748 -
bei ihm n übernackteoj all oocb drei SluBdmt lAnger aaf nicht
viel besBCren Wegen ia der Dnnkelbeil naeb Ilauie sa kainchen.
— Üie Kode du iVtaanes war wirklich aebr verMftndig, dai sag-
ten mir nieiae zerBiofHenea Glieder, uod iab erwiederle darauf:
da nein Afuligenossa aus \" Jaage auf licb liabe warten las-
sen und mir dadurch viel Zeit verloren gaganjjen sei, so würde
ich wahracbeiulich , aacb ohne den Brief seiner Gaiiion, Eiidager
bei ihm genoiiiiiieD, um wich einmabi mit IbiU, dem lang Etil-
bebriea su leuen.
Die HaiiBfran, welche diese hSflicheftede and Gegenrede ohne
einzufallen fiherbdrte, dachte ohne Zweifel, ieb würde gar bald
von selbst gf wahr werden, wo der Knoten stecke. — Wir setzten
uns jetzt traulieb zusammen and plauderten über dieses und jenes.
Indem ich ihn nun im Verlaufe des Gexprficbes nach dem Befin-
den leiner Schwiegerinn fragte, kam er dadurch auf seinen Schwa-
ger lu sprechen. Er sagte mir unwillig, dieser habe sich vor et-
lichen Tagen (es war gerade die Zeit, wo der Erzähler sehr trun-
ken gewesen) gar unanstHodig und feindlich gegen ihn betrngen.
Er sei n&mlich im dunklen Spftiabend auf den Hausplais gekom-
men, habe ein furchtbares Jaulen erbeben, und ein Dienstmädchen,
welches- dort zu thnn gehabt, mifxhandelt. Bei dieser ErzHhlung
fing ich an Unrath zu merken; dentl sein Schwager war ein ver-
ständiger, gesetzter Mann, wohnte als wohlhabender Gutsbesitzer
sechs bis sieben Wegstunden von dort, und würde dem ErsSbler
wahrhaftig nicht auf den Platz laufen, um zu jaulen und die Magd
zn mifsbandeln. Ich liefs die ErzHhlung aber hingeben, waiiend,
ob noch mehr Narrheit zum Vorschein kommen werde.
Bald erzählte er mir nun: an selbigem Abend habe ein Spitz-
bube sieb ins Hans geschlichen und sich unter das Beit versteckt.
Etj der Erzähler, habe denselben «ber mit Hülfe seines Jägers
bervorgezegep. — Hier konnte ich mich nicht enthalten, ihn auf
die Unwahrscheioliehkeit aufmerksam au machen, dafs »ich ein
üieb io ein Haus schleichen sollte, ohne dessen Gelegenheit und
dessen Bewohner zu kennen. Wenn er aber diese kennele, und
wu&le, dafs vier handfeste Männer darin schliefen, und dafs es
mit geladenen Gewehren gut versehen sei, so würde er gentl«
noch gröfaeres Bedenken tragen, sich einzuschleichen. Höchst-
wahrscheinlich sei der Erzähler an Jenem Abend eingeschlafen,
habe einen sehr lebhaften Traum gehabt, und die geirllumte Be-
gebenheit balle er jetzt für eine wirkliche; er sei nicht der erste
in dieser Welt, dem so etwas widerfahren. Auf diese Rede fragte
er mich ganz karz und besliumit: ob ich ihn für verrückt balle!
liefii mir aber keine Zeit zum Antworten, sondern sog die Klingel
nnd Iwfabi dem eintretenden Msdcbeo, dea JSger m rnien. Die-
- 749 —
MB fr»gt9 er nan i ob er Dicht ^ gemeinschaMioh mit ihm , an j«^
ncMi Abend einen Spitibuben unter dem Belle hervorgeiogen h^
be! in, betbeoeMe der iiger, so aei es; die Miene desselben und
die der Hausfrau sprachen aber so deiitlicb das Gegentheil ans,
dafa ich über den Gieisieszustand des Erzählers keinen Zweifel-
mehr haben konnte.
Bis eilf Uhr Abends habe icb nun. bei den Eheleuten g;eses<
sen und mit ihnen 'ge|ilanderl, am anderen Morgen mit ihnen ge-
frübslOckt, aber kein unversiändiges Wort weiter von dem Manne
gehört. Bleis die swei Gedanken : sein Schwager habe Unfug aaf
dem Hiuisplaise getrieben , und ein Räuber sei unter dem Bette
hervorgesogen worden, die sieb in dem Traumleben der Tranken*
heit eneogt hatten , waren so warm und lebendig in das Waeb^
leben der Aiüi^lernheit übergegangen, di^ icb niebt zweifle, der
Mann, der an sich ehrlich und t\ afarbeitsliebend war, würde vor
jedem Tribunal dio Wahrheit seiner Bebaiiplung eidlich eebSrtet
beben.
Der Galtinn, die mir ihre Besorgnils tofserte, dafs jene irri-
gen VorstelloHgen der Anfang einer vollkommenen Verrüekiheit
aein raBchten, erklärte icb, sie könne sich deshalb vollkommen be>
ruhigen. Uiese jeist so lebhufien Voraiellungen wiirden gar bald
noiter nnd iuimer inalter werden, und endlich ganz verschwinden.
Sie iiiiisse fürs eraio mir im Geopräche al|ea veniieiden, was die-
selben wieder anregen könnte. Mein üribtril hat sieb auch voll-,
kommen beatiltiget. Die Vorsiellungen sind gar bald abgestorben,
und niemand ist anch später so nnzart gewesen, ihn an diese Täu-
schung an erinnern. Wahrlich I der Menschliche Kopf ist doch
ein ganz noergrändUohes Gemachte. Man könnte gar nacbdenk-
liebe Betrachlongen über diesM Fall anstellen, ich will das aber
den Lesern Oberlassen.
In alter und neuer Zeil bat man Versuche geinaebl, die Me^
sehen von der Trunksucht zu heilen. Es ist noch nicht manches
Jabr her, da habe ieh, ich weifa nicht mehr in welchem Journal,
gelesen: wer den Branniweia mit Sebwefelslare gemischt ttftnke«
der bekäme dadurch einen Absehen vor ayem Branntwein. Beim
Albertui Magnut habe leb - gelesen : wer Weis tränke , in wtA-
cheni man einen Aal habe sterben lassen, der vrerde ein Jahr
lang, und vielleicht für immer allen Wein verabscheuen. Icb ken-
ne aber ein Mittel gegen die Trunksucht, welches weit sicherer
ist als alle solche alle und neue Schnurrpfeifereien , und das ist
der feste Wille, sich aller geistigen Getr&nke zu enthalten. Es
ist ein grofiwr Aberwitz mancher Aerzte, dafs sie glauben, ein an
den täglichen Gebrauch geistiger Getränke Gewöhnter könne die-
se nicht ohne Xacbtbeil seiner Gesundheit auf Ein Mahl gänzlich
meiden, es sei nöibig, ihm anfangs täglich eise geringe Menge
— 7S0 -
dandban nongmebcn.') Wer den Tranke ergeben, licfa tob die-
Mm Iiuter, oder vod dieser Krankheil heilen wiK* der HttÜi keiae
Wiakeliü^ meehen, aoodern Knall nod Fall alle geistigen Ge-
iritoke meiden. Sollte er in den eraten Tagen eine gewiase Lee-
re und Flauheit im Magen spüren, so kann er ja Calmas, Knob-
lauch, oder andere reisende Subsiansen in geringer Gabe verschlak-
ken; gar bald wird er aber einer aolcbea Nachhülfe nicht mehr
bedOrfen. Wäre es wahr, dafa die plUilicfae and gSnxliche Ent-
liehnng geistiger tielränke nachiheilig auf das Befinden wirkte,
ao möfste man ja keinen Trunkenbold, der am hitxigen Fieber
krank würde, ohne Wein oder Branntwein heilen k&nne«. Man
heilt die SAufer aber eben so gut nageiatig als ändere Heoaeben;
das ist doeb wot dar beate Beweia, dafa die plötaiiche Ealaiebang
der geiatigen GetrHnke nicht bloia nnicbAdlicfa , aendera wobllkft-
Üg und heilsam ist.
80 oft ich einen anerkanslen Blnfervon einer cfaroniaebeB,
oder akaien Krankheit geheilet, habe ich es für meine Pflicht ge-
halten, ihn Srztlieh von seiner böaen Gewohnheit abaumahoeo, uod
ihm begreiflich *a machen , dafs er jeiii, da er durch die Krank-
heit des geistigen Trankes entwöhnet sei, mithin daa Bedfirfnile
zum Trinken nicht mehr fühle, nur muthwillig und abaiohtlicb sieh
in das alte Laster luruckatSnen könne, ich kann aber mit Wahr-
heit behaupten, dafs (vielleicht ausgenommen die Menschen, von
,dereB nachfolgenden Leben und Treiben ich keine Kunde haben
konnte) meine Ermabnnog bei allen fmcbilos gewesen ist. £!■
paarmahl glaubte ich wirklich, etwas recht Gute« geslifiet au ha-
ben, die Trinker enthielten -sich ein Jahr, und ISnger, aller gei-
stigen Getröake; aber leider börie ich spltter, dafs sie wieder ■■
den allen Fehlw xurückgerallen waren und ea Arger trieben als
froher. **) Wie unbedeutend die Veranlassung sein kann, die ei-
nen solchen verneinilich Geheilten rückfällig macht, wird folgen-
de Geaefaicfate leigen.
Der Herr v, X" ein «nmSfstger täglicher Branniweintrinker
seit vielen Jahren, mit dem ich nie in einiger Verbindung gestan-
den> aufoer dafs ich vor langer Zeit als zweiler Arct zn aeinem
wassericöpfigeo Kinde gerufen war, beanchte mich einst in Gesell-
aehaft seinoa Schwagers auf einer Durchreise. Im Laufe des Ge-
*) Dieie HeiiMg itütitB ilch wol frblier eiaiig aar du Antehcs itt Hipta-,
crali* (Af^»ri». II. 50.) ipiler liben ila siiDche Aerste, dia lich sn Hif-
pacralet wealf bekSninertCB, aor gatta Glaoben nsehgeiproeben.
"•) Vesi Jshr« 1840.
Jelzt inari Uk isr Steaer der Wskrheil benerLep , iftt (nach lahr glaati-
wärdisen Z«Bgitl*teB) meiae EraiahoaDg bei («ei«n wirklkli Berrgrblet, dkae
aoUen neb aeboa Bebra Jabra alltr feliliras CcIrlBke eatbalien babea.
_ 751 —
■präcbes Mgle lelxlcr zu mir: gebco Sie dodi neinem S^wdgar
ein gatta Millel für wiae Augen, nein Gmichl iit Ja so Bchwa^
<Ia& er nnr mit Mühe leaen und lehreiben luoD. — Meine Aat-
wort war: ich weil« kein Miilt»! auf die AugsuBcbwaohe des Herrn
V. \-, die kotniat blofs von iflineni i&^Iichea nniuälkigen Bräunt-
weinlrioiien, die wird luil der Zeit immer achlimraer, ja sie kaan
endlich aar ganslichen Blindheit werden. Er liehet ja das leben-
dige Beispiel an seioem sehr guten Freundo dem Barua v. D";
der hat aehon weit und breit di« Kunst aller BrillenscUeifor in
Tbätigkeit gesetst, und ist jetit so weit, dafs er die Leute auf
der g[o£Ma Landstralse übet den Haufen Iftuft.
Diese Rede war freilich nicht sehr höflich, aber sie eaibielt
Wahrheit nnd meine UeberxeuguDg, .Uebrigons war mit dieser
Antwort die Sache abgeihan, das Gespräch wendete sich in an-
deren Gegenständen. Kt mochte reichlich ein Jahr nachher •eia>
da bittet mich die Gemahlinn des Herrea sebrifilich, bald herüber
SU konmen , ihr Mann sei in sehr üblen Umstanden ; sein Arxt
verlange, sich mit mir su beratbea. Ua ich hinkam, fand ich aber
den Kranken in einem solchen Stande, dafs ich fast glauben mufs*
te^ mein kluger und aller Kollego habe blols meine Ueberkunft
Terlaogt, am einmabi ein paar Stunden mit mir an verplaudern,
denn ton einer ernalhafien Beraihnng über den Zustand des Kran-
ken konnte wirklieh nioht luehr Rede sein. Dieser war abgezebrt
von sdileiehendem Fieber, schwarzgelhuüchiig, nnd geistig so ver- ,
schlissen, dafs er, Tollkommen schwachsinnig, an dem, was um
ihn vorging, keinen Antheil mehr nahm. Er ist auch drei Tage
darauf gestorben. Seine Gemahlinn ersahlte mir damahls Folgen-
des. Ein Jahr rorher, da mich ihr Mann gelegentlich besvchl, '
und ich eine mediainiscbe Wahrheit gans ohne Schminke« ihm
nicht ermahnend aafgedrungen , sondern unahsichilieh in die Rap-
puse geworfen, habe diese Wahrheit so ernstlich mahnend anf ihn
gewirkt, dafs er sich vorgenommen, das B rannt weintrinken ganx
snbugeben. A«ht Monate diesem Vorsätze treu y habe sieb eine
aufiallende Veränderoog in seinem K&rper gezeigt. Seine nnsiS-
ten Glieder haben wieder Fesligkeil bekommen, seine Gemütlia-
■timmnng sei gleicbmafsig nnd heiter gewoNen, er habe mit Ver-
gnügen seine Landwirthscbaft und seine Büsche nachgesehen; ja
er sei so weit gekommen, dafs er die, eine Wegstnnde von dem
Gate entlegene Stadt zu Fufse, ohne in ermüden habe besuchen
kSnoen. Indem nun seine Elrnenemng und Verjüngaog also sicht-
bar fortgeschritten, habe er sich einst im Busche den Fufs gesto-
faen nnd eine unbedeutende Hautwunde bekommen. Der hingeru-
feoe Wundarzt (selbst als arger Scboappsirinker bekannt) habe
ihn, da die kleine Wunde den aufgelegten Mitteln schlecht gehoi-
eben wollte, gefragt, eb er aneb Schnapps trinke. Auf die Ant-
Wort-, ittU er ifensellwa frflfacr hRnfig, Jefzt aber seit Mtfat Mona-
len gar Diclrt mebr trinke, den Kopf mi&billlgead gesehüMelt uimI
gfläirfsan, CB kdirae doch anmSglich Min, dafs jemand, der so lan*
ge den Branniweis gewohnt gewesen, ihn ganr meide; ja er habe
nicht andeuilich xa verarehen gegeben , dali die reraögerie Hei-
liing der kleinen Wnnde wahncfaeinllcb der gar in strengen Eat-
hallianikeit iiixiischreiben sei.
Durch diese niehniinhli gefinfserte Vemioibnng eei Koenf ia
dem Herren der Gedanke geweckt worden, tSglioh ein oder ellidie
Glflser SehnappB blors als Heilmittel sd trinken ; aber gar bald set
er durch die Brannrneinknr wieder in die alle Trunksucht verfal-
len und habe so nngebeuer gesoffen, als müsse er das seit acht
Monaten VersRniuie gewissenhafi nachholen. Vier Wochen nach
diesem RBckfall« liabe er schon in alle Wiakel de« Hansei, woria
er gewöhnlich gekommen , oder doch iii5glich kommen konnte,
sribsi aitf den Abiriii, Krüge voll Brandtwein gestellt, damit, wo
er sich atich im flmise befinde, er diesen Labetrunk gleich zur
Hand, haben mSchie. Nachdem er dieses ongeßlhr drei Monate
so getrieben, sei er in den gegenwfirtlgen ktiglichen, boffiinnga-
. losen Zustand gefallen.
80 lange ich Arst bin , habe ich manche Junge Leute , die
blofs durch b5se Keispiele verführt eine Ehre darin snchten, viel
Irinken zn kSnnen, mit der Zeit sehr ehrbar und mfiläig werden
sehen. Ihr eigener Verstand, die Folgen mancher im Rausche be-
gangenen AitsBchweifiingen, and vielleicht auch das guie Beispiel
anderer brachten sie von ihrer Vertrrnng zurück. Aber von den
eigeniHühen anerkannten SRnfern, die in reiferen Jahren dieses
Laster übten, habe ich nnr drei gekannt, die darch den festton
Willen von der TriinkBocbt sich geheilet haben. Durch welche
Veranlassung dieker feste Wille in ihnen erzeugt sei , kann ich
nicht sagen. Zwei von diesen waren gewdhnliche, tSghche Trin-
ker, und weder von ihrem Trinken, no^ von ihrer Beasening wüfs-
le ich etwas Bemerkenswertbes zu sagen. Der dritte war ein pe-
riodischer Trinker, und der ist im Jahr 1832, nachdem er seit
fünfundzwanzig Jahren mSfaig und «brbar gelebt, in tiemlich ho-
hem Alter (zwischen 70 und SO) gestorben. Da ich mich hier im
Jahre 1797 niederliefs, war er wohlhabender Bauer und hatte sich
durch Sern Trinken zur Fabel der ganzen Umgegend gemacht. Ich
kannte ihn damahls nicht persSnIich, später aber, während er als
Rentner in einem benachbarten Dorfe gar ehrbar und anslündig
lebte, um bo viel hesaer. Er war wirklich ein recht mflfüiger, ver-
slfindiger Mahn und ein guter Hansvater. Ich habe es für unzart
gehalten, mir von ihm selbst seine früheren Verirrungen erzählen
SU lassen; was ich aber davon weils, sianiml ans der glaubwür-
digsten Quelle, nlffliicfa von seinen eigenen, erwachsenen Kindern,
— 753 —
iiml na srinnit ^hi mit dem ftnbervti, fint rHbrihafien 0«rilchte
öbcreiii.
Wie ein Vogel, der brüten will, sich rorher sein Nest zube-
reitel, eo bereitet« er sieh auch aein Nest, wenn der Trinkanfail
nahte. In dem Bettkasten, warin>er »Ach Art der hiesigen Lnnd-
leate schlief, waren an der Hiaiw- und Fufswiind swei gleicfaiau-
feade Bretter wie Biicberbreiter angebracht. Diese stellte er roll
gefullier Branntweinbrfige , nnd trenm das Nest also bereitet war,
l^le er xich hinein. Nnn trank er so lange, bis er tantnelig war»
de nnd einschlief; heim Erwachen fing er wieder arr zu trinken
bis xam Tanmel, und so trieb er es Tag nnd Nacht durch, ohne
Speise nnd luigeistigeo Trank sm sich zu nehmen, bis die \alnr
unterlag. Das Zeichen, woraus die Seinen die Beendigung des
Anfalles zuerst gewahren konnten, war die Bereitwilligkeit, eine
ihm angebotene Tasse Kaffee, oder Suppe, kurz, etwns, was nicht
Fns«) war, zn sich su. n«4inien. Onroh öftere Wiederkehr des .An-
falles war denn doch sein Gehirn etwas gekrankt worden, denn
man halte ihn mefamiahls, bald nach einem solchen, nnf dem Fei*
de zli den Korngari>en sprechend gefnoden. Die Dichter köimeiL
freilich , ohne verrückt m sein , ihre Rede an leblose Dinge riefa-
len, wenn aber ein Bauer sich mit den Korngarben unlerhiilt, sin-
ket es ihm gewifs im Kopfe. Jedoch hat die Natur diese kleinen
Vers I and eairrnngen iininer ron selbst wieder ausgeglichen ; denn,
wie gesagt, ich habe den Mann spfiter, da er sich von seiner Trunk-
sucht geheilt halte, als einen recht veritftndigen, klugen nnd gu-
ten MntiBvflier kennen gelernt.
Man fani früher solche Mittel gesnchi, deren Gebranch den
Mensehen befÜhigie, viel Wein sn trinken, ohne dadurch beransobt
in werden. Sdcbe Hiuel mochten ehemahls in Deutschland dem,
der viel in Geselkchaflen ging, wol wiinschenswerlh sein, denn
man tat selten znsammengekomnien, ohne sich au beramiohen. Da
der Fyrst von Lignitz (wie nns sein Hefmarediall , Diiter von
Schwetnichen in seinem Memorienbac^e crsAbll) mit seinem Ge-
folge unter Trompeten- und Pankenschell Land anf Land ab zog,
in den stKdtiachen GasthSfen ohne Geld zn haben zehrte, so dafi
hftnfig die Magistrate, nm der lästigen GRsts los zn werden, die
Zeche bezahlten (sie aasq nitti rten), so rechnet der Hofniar-
sohall fast bei jeder Stadt anf, wie oft er dort beranschl gewesen
(Ich habe da zwei, drei, vier Räusche gehabt).- Das
war wahrhaftig eine wunderliche Zeit.
Felij; Ptaier sagt in seinen Beobachtnngen (Lih. I. pag. A\.):
Man habe ihn oft gefragt, wie er es doch mache, daf'4, da er h&n-
fig XII Fürsten, Edellenlen nnd anderen reichen Menschen gerufen
werde, bei denen man üppig lebe, nnd viel trinke, seine Gesund-
heit durdi loleheB Zechen kmnen Schaden selitien, sondern er ku
_ 754 —
«inein hohen und krBftigeD Alter ^langt «ei. Das Kuntiilück sei
iehr einfach. Er habe sich bei den, viele StuDden wShrenden Gatt-
iiiählern, die erste, aaeh wol die sweile Stunde alles Trinkens ent-
halten. Nur wenn- sein Magen mit Speise erluliet gewesen, habe
er erst xu trinken begonnen, nnd dann tüchtig iniiinacheo k&iineD,
ahne davon einiges Ungemach xa verspüren.
Man sieht darnui, dafs frnher dafs GeschSft des praktischen
Arztes ein weit schwierigeres war als heul zn Tage; er mufate
nicht blofs die Leute gesund inacbrn, sondern anch mit ihnen ze-
chen. Gegenwärtig ist es keine Mode mehr, dafs vornehme und
reiche Leute den Arzt, wenn er einmahl aus GeschKftszwang an
ihrer Tafel apeiset, zum Trinken nöthigen. Er hat seine v.olle
Freiheil, viel, oder wenig, oder gar keiaen Wein zu trinken; wir
bedürfen also des Hatertcie» Kuoststuckes nicht weiter. Ja, 90-
viel ich die beutige Welt kennen gelernt, werden reiche nnd vor-
nehme Leute den Arct, der ihaen gut in ihren N'öthen hilft und
dann ehrbar in seinem eigenen Hause tafelt« um kein Haar ge-
ringer achKtzen als den, der ihnen ihren Wein nnstriokt. Irri-
gen! mSehie das Knnsistück des J<\ IVater nicht gerade allen Ma-
gen zusagen; denn inancheo Menschen, zn denen ich selbst gehd-
re, wird, auch durch ralfsiges Weinirinken die Verdairang ge-
stört.
Dafs das Bedürfoifs zn trinken, welches die eigenilichen tSg-
lichen Trinker huben, in einer durch die vortügige Aufregung
begrnndotea Flauheit und Abspannung zu suchen sei, glauben
wir, -nnd wol nicht mit Unrecht. Es ist ahn- möglich und
mir zum wenigsten wahrscheinlich, dafs auch bei solchen Men-
schen, welche man nicht zu den eigentlichen Trinkern zihlen
kann, die zwar nicht täglich Wein trinken, aber in ihrem eigonen
Hause, oder in den Ilftusern anderer Mensehen jede Gelegenheil
willig ergreifen, sich, wo nicht zn berauschen, doch sich ni«-klich
«nfzoachrauben, ein eigener körperlicher Zustand Stntt findet, der
mit jener Flauheit und Abspannung der täglichen Trinker einige
Verwandtschaft hat. - Dieser Zustand findet sich hlnfiger bei jun-
gen als bei alteren Leuten. Es ist iqöglieb, dafs der menacbliche
Leib BpSter zn seiner vollkommenen Ausbildung gelangt, als man
gewöhnlich glaubt, und dafs gerade das Unvollkouimene in seiner ~
Ausbildung, bei körperlichen und geistigen Anstrengungen das Ge-
fühl von Flauheit verursacht, welches sich durch Hinneigung zu
geistigen Getränken offenbaret. Wenn man vierzig-, fünfzig-, seoh-
zigjfihrige Menschen siebet, die enthaltsaiuer leben als jüngere, so
ist nwu geneigt, dieses ihrer Erfahrung und erworbenen Lebens-
klugheit zuEuschreiben ; ich glaube aber, dafs diese Meinung nicht
ganz richtig ist.
Solche Leute haben mir seibat gesiaaden, dafs sie in junge-
— 755 ^
reo Jahren gern Wein getrunken, ja iah er ihnen ein wahrei
Labsal gewesen, jelal ffihlten sie aber nicht das mißdeite Bedfirf-
nifs mehr, Wein xil trinken, und wenn sie ei thBien, gesch&he es
biflfs bei Gelegenheit der Mode wegen, und dann sehr niäfsig, ob-
gleich sie, ohne lieranscht zu werden, noch wol eben so viel ver-
tragen kannten, als früher. Eis ist also etwas unkrisllich und un-
Sndich wenn filtere Heilraeister jüngere Kollegen, die einmahl
gelegentlich hinsiohilich des Trankes sich einns iibemehnien, gar
zu scharf beuriheilen. Ach, werthe Leser! wer weifs es, wie we-
nig lieh vielleicht Leib and Geist solcher jüngeren Amtsgenossen
I» dem Geschäfte eigenen mag, das sie ergriffcin haben, ohne ein
Haar mehr davon zu kennen als seine lästige Aulsenseite; wer
weib es, wie vielleicht ein geheimes, ihnen selbst nnbewnfsies Ge-
fühl sie mahnet, ihren Geist and. Körper kansilieh aufzuschrauben,
üarch diese Erionerong will ich aber nicht die UnmOfsigkeit in
Schulz nehmen« ich glaube vielmehr, dafs MSfsigkeit den Arzt weit
hesser kleidet als UninftJsigkeil.
Heber die Wirkung des Weins auf das Gehirn in den ver-
schiedenen Lebeasaliem habe ich oft nachgedacht, aber die Ver-
schiedenheit dieser Wirkung mir nie ganz genügend erklären kön-
nen. Ich spreche aber hier nicfal von der eigentliche^ Trunken-
heit, sondern von der geistigen Aufregung, welche einfältige nnd
ungebildete Menschen elwas aufdringlich und iBsiig, aber vielsei-
tig gebildete und witzige Kflpfe zu ausnehmend unterhaltenden Ge-
seilscbaflern macht.
Wenn ich i» meiner Jugend eine mfif«ige Portion Wein trank,
so war die gaoie Well um nticb verftnden; die Menschen waren
zu Engeln des Lichts geworden und vor mir lag die Zukunft wie
ein freundliches Eden. Je nachdem ich älter geworden, hat der
Wein anfgehürt, diese Wirkung anf meinen Kopf zu äufsern, and
wollte ich jetzt in dem edelsten mich berauschen, so bin ich über-
zeugt, Welt and Menschen würden in dem nämlichen Gewände
vor meinen Angen stehen, als sie vor mir sieben, wenn ich Was-
ser, Thee, oder Limonade getrunken. Woher rührt dieser Unter-
schied in der Wirkung, den nicht ich allein bei mir beobachtet,
den anch mehre ältere Bekannte durch ihre eigenen Beobachtun-
gen mir bestäiiget babeoT
Ich glaube, dafs der Hanptgrnnd nicht in der dnrch die Zeit
veränderten Organisation unseres Gehirns, sondern blofs in unse-
rer Doppelerziehung in unserer jugendlichen nämlich, und in un-
serer männlichen *n finden ist.
Man sucht uns von Kindheit an zu rechtlichen, (ugendhafien
Menschen zu bilden; man beschränkt sich nicht blofs darauf, uns
mit kalten Ermahnungen zu unterhalien, sondern man zeigt uns
unter der Geichiehle und Oiehlung Zanbetbelenchtung eine Reitie
— 75« —
miltt MenBchftfl, d!« dorcb I 'iieigennfilz{gk«it, Getpchiigkeii, M^n-
Rdien- und Vitler)iind«liabe , Aofopferong and Tortes r»rii<^tMf^,
gleich itrahleoden Feaergebildcn in diinkl«r Nacht, unsere Aag«n
HO blenden, dsf« wir die Diabtnngi- oder GeuihiehlitlAiiicning J^
ner Charaklere überteben, ja kaum ahnen, lleberdies lipgi bm
unieren wiiBonachaftlicben Besireben der Gedanke im Iliniprgnin-
de, dab wir durch gründliche Vorbereitung zu nnserin GeschSft«
und durch gründliche ErlerniHig desselben den Beifall drr Men-
schen efwerben, durch daa Gegen tfa eil Dnbeachteie, armselige \^p-
sen bleiben würden. Aeliern und ErEieher irngen nicht wenig da-
XII l»ei, diesem Gedanken seine Prisehe in bewahren, er soll der
Sporn aein, der bei den nnserem Leib« und (ieiste übel iwagen-
den Bescbäftignngen nns in reger ThSligkeit erhalte. Da wirnnn
eine tolcbe dicbteriiefae Ideenwelt ih »ni>erem Kopfe mgen, so
ist leicht eiiunsehen^ dafs, wenn der Wmn unser Gfbirn anfregi,
dipse inner« Welt tou tnagiachem Lichte lieller beairahtet berror-
tritl, nnd daf« wir die wirkliche Hufsere Weh, von der wir
noch wenig kennen, mit jener inneren' Dichterwelt verwechaeln.
Ilätien wir, von krttmerischen Aetiem gebaren, aobald nnsere kin-
dischen FObe am tragen konnten , hinaus geninfst , wie Hcbiller
sagt, io das feindlich« Leben, erlisten, erralfen; hätten wir, stau
mit Quinta» Cineinnatua den Acker xti pflügen, «tait mit
Leomidat in den Tbermopyltfen m kfinipfen, statt mit Mueiit*
Seaevofa ans di« Haod xn Terbrennen, Kaisen- nnd HasenbXl-
ge oder Hadern verschachert, so würden, wenn der Wein uns^r
Gehirn aufgeregt, die .Vlenichen un^ wahrlich nicht aU gute Fngd
erscheinen. Ja bitte man, statt nnti die Welt aU eine billige Ver-
ge1:erinn iin-ieres wissenschaftlicheD Bestrebens voringanklen , sie
uaa treu wie BttrtkoUna» seinem aii^enkranken Verwandten gp-
Bchildert,*) so würde selbst im Weinmusche die Zukunft nicht als
ein Schlaraffenland vor uns liegen; denn das bürgerliche Leben
würde sich uns darstellen wie e« wirklich iat, nHmlieb, alu eine
von Menschengewühl nrasiandene Olücksbude, kq der man* sieh
mir dur^ tüchtige Püffe Plati mnebea, and aus der man fiir sei*
nen guten Einsatz gar leicht etwas Scbofelwaare ziehen kann.
Dafs aber im reiferen miDnlicben Alter der Wein keine ma*
gisehe Wirkung mehr auf unser Gehirn hat, dieses \»t einxig an-
■erer zweiten , höheren Bildung zuzuschreiben , die wir in der
*> Da dieser w^en Hiaer webeo Augen nielit lefar keftig Uailirea konnte , vU
Kri-htele, er Mutbte nicht gelehrt ggniig werden , nm ejast in der Welt sein
Uiunk in necheD , la trostele ihn Barthetia mit folgeadcD Worten: Crtd»
mihi. Rara mafma foriuna magiiai» rradltlonen teqnilnr. Satpim mt-
iioeria pTttaHlur, tmip« tttam eaUt fjiffi rrmm tafnill» md Dtoi eerrfl
•»« gml/iMw JlUn. — T/twm. Barlkthmi EfM- C*nl. 4. Bft»t. 94.
"■■■ - ■■" ---— 'O"
- 757 -
EUaUeliul« de« biirK«rIichen Lebens erhaU«n. Du bTirferliofae Lc-
bea «mixl ja unser«- jugeodliebeo thHntaiie oicht blaf« ailulierli«h
die Scbwiii^a, Bondern reißit ibr selbst die Scblugfedern auf ein«
verzweifelt pluia|ie und Mfauieribnfte Art luit Siunipf und Stiel
aoi; WM Wunder bUo, iata später auch der edeUie Weiii die
•chnäblich gerupfie nicht wieder befiedem kann.
Ich habe ■chon vor langer Zeit den Gedanken gehabt, ei kön.
ne nicht unbelchrebd «ein, durch Versuche Husiumiiieln , ob der
kobiacbe Salpeter die Aufregung , die der Wein auf das Geföfi-
•jruein und Gehirn hat, gaox, oder zum Theile aiibuheben im Stan-
de eei. Weil ich aber im der Zeit, da sich dieser Gedanke er-
zmigio, tchun über die Jahre hinaou war, in denen der ^Vein eine
frohe, freundliche Erregung hervorbringt, so hielt ich mich auch.
selbst oicht mehr für diesen Versuch geeigenel. leb schlage ihn
JMsi meinen jüngeren wifsbegierigen AmlsgenOBsen vor.
Zuerü ist uöthig, dafs der, der ihn machen will, den Wein,
welchen er daxn angewendet, durch den Gebmuch genau kenne.
Et iDufs wissen, *wie viel er von demselben vertragen kann, um
froh aufgeregt xu werden, ohne die Grenzen des eigenilichen Bau-
■cbea SU berühren. Von diesain Weine jnu£i er nun die doppelle
L*oriioa in dem namlieben Zeilrauiae au sich nehmen, worin er ge-
wöhnlich die einfache zu trinken pfiogte, und zugleich eine Auflö-
sung von einer Unze kubischen Salpeter iu getheilien Gaben ver-
schlucken. Er wird dann bald gewahr werden, ob letzter die Wir-
kung des Weines auf das Gehirn gans , oder zum Tbeile aufhebt.
t^ verstehet sich aber von selbet, da£i, wer rein experiinentiren
will, bei diesem Versuche alle fiufiwre Aufregungen meiden mufs;
dazu recbtte ich groCte lernende Gesrilscbufi, Musik, Gesang, Mil-
iheilnngen über ansiaheade GegeiMtäa<ie, Aerger, Zorn und andere
Gemü (habe wegun gen. Möglieb scheint es mir allerdings, dafs der
kubische Salpeter die aufregende Wirkung des Weines auf das Ge-
hirn zum Tbeil aufheben könne; dafa er aber die reizende Wirkung
desselben auT das Herz und die Scblagadersiümme aufheben, oder
bedeutend mindern seihe, ist mir nicht Booderlieb wahrscheinlich.
So viel ich ihn habe kennen gelernt, bat er keine direkte Einwir-
kung auf das Herz und die SchlagaderstSmiHe; seine merkbare
Wirkung auf diese Organe scheint mir eine indirekte oder se-
cnndire.
Indem ich aber meinen jiingaren A inisgenossen vorschlagt;, ei-
nen Versuch, lu dem ich mich selbst nicht mehr foerdhiget bulle,
an ihren Kdpfen xu machen, so soll der Zweck dieses Versuches
wahrlich nicht sein, den unmäfsigen Trinkern ein Rauedisebutz-
inittel aufzusuchen. Das wäregewifs eio reeht nichtsnutziger Zweck;
wer so etwas haben will, der -suche es sieh selbst. Ich dpnke
aber, man kann nie zu genau die Wirkungen der Mittel zof den
— 758 -
belebten Menachcnleib ood das Verbfillnili diuer Wirkungen g^
gen einander ergründen. Numquam ahtUtmidum ah ohitrvalion&ui
et experimenli» sagt F. Hoffmann, und, wahrhaftig! der Alt« bat
Kechl. Wer jederzeit Tragt: woin toll et nutsen, der bleibt
ewig ein Esel.
Husten. Es gibt Husten, welche durch den kubischen Sal-
peter sicher und bald geheilt werden. Die Zeichen aber, aus de-
nen ein durch das besprachene Mittel heilbarer zn erkennen ist,
neifs ich nicht anzngeben. Wollte ich sagen, starkes Fieber, oder
achmerzhafie Gefühle im Brustkasten, oder beide xusamniHn seien
die begleitenden Zufhlle desselben, so würde ich unwahr sprechen.
Bei dem als Husten sich offenbarenden (Jrleiden der Lunge sind
beide ZuRille, lebhaftes Fieber und SchniMs im BruMkasten nicht
selten vorhanden, und doch heilt sich ein solcher Husten nicht
durch kubischen Salpeter, -sondern durch Spiefsglanxgoldaehwefel,
oder durch Tnbakexlrakt, und mit dem Husten verschwinden des-
sen begleitende Zufälle. Manche Husten, welche dnrch den kubi-
schen Salpeter bald und sicher geheilt iverden, sind nur von sehr
geringem Fieber begleitet.
Man ibul am besten, wenn man keine überwiegenden Griinde
hut-, anders zit handeln, sich nach der epidemischen Conaiiliition
zu richten. Haben wir die hernchende Krankheit einmahl als sol>
che erkannt, welche in einer unter d^r Heilgewalt des Salpeters
stehenden Affeklion des Ueaamimorganisinus bestehet, so ist auch
Wahrscheinlichkeit vorhanden, dafs die vorkommenden Husten die-
ser Art sind, und dur Erfolg wird in vielen, jedoch nicht in allen
Fällen, diese Wahrscheinlichkeit lur Gewifahett machen.
Wer aber über die wahrscheinlichen Zeichen eines solchen snl-
peteHschen Hustens etwas wissen will, dem hemeike ich Folgendes.
Vorausgeseiit , man habe sich überzeugt , dafs in einem gegebenen
Falle keine Leber-, Nieren-, oder Gefairnaffektion vorhanden sei,
so gibt der mehr oder minder roihe Harn bei mehr oderminder leb-
hnftem Fieber grofse Vermuihung, dafs man es mit einem salpe-
trischen Husten zu thun habe. Sobald man aber nur einige Ver-
muthnng hat, dafs eine solche in den Lungen vorwaltende Affeklion
des Geimtnmtorganismus vorbanden sei , ao ist es Immer klug und
der Vorsieht gemafs, den Salpeter zn geben. Ist nKmlicb wirk-
lich ein solcher Zustand vorbanden, so heilet der Salpeter; ist er
nicht vorhanden, so gewinnen wir dnrch das Nichtheilen in
zwei bis drei Tagen die Ueberceugung, dafs wir es entweder mit
einem Urleiden der Langen, oder mit einem coosensuereo dersel-
ben, oder mit einer aoderartigen , in den Lungen vor(vallendeo
AHektinn des Gesaumlorganismus zn thun haben, und wir sind je-
denfalh anf negativem Wege der Erkenntnifa nBher genickt.
Aber ich sage auf das bcslimmiesle : das ang^ebene Zeichen
— 75Ö —
Mt kein gswiuet, «ondera btofii eia rermutbliofa««. Thxil« ist b«i
mandMia durcb Salpeter heilbaren Hualen der Harn nicht roih ge-
ftrfat, tbeils iiMchl nicht blof^i die Sal|ta(er-, soodsrn andi die Ei-
ten- und KupferafFekiton des GfsaiiiiiiiorganiKtuus, wie ich hernach
zeigen werde, rotbea und ntcbt seilen recht dunkel reihen Ilaro
nnd lebhaftes Fieber. Ferner machen ürteber-, Umieren- und Ur-
gehirnaSeklioDca ebenfalln gar leicht rolhen Harn, und itn Ver-
lan ferzei trau lue ist liuüten oft der eineiige Zufall solcher Orgnnbe-
rSbrtbeilen.
Da ich Jetzt vom Husten rede, werden die Leser auch wol von
mir erwarten, rfafs ich ihnen meine Erfahrungen über den Keuch-
husten millheile. Ditf kann ich leider in wenig Worleo zusammen
fassen, wenn ich sage: ich weifs kein* Hülfe darauf. Dafs er
nicht in einzelnen Fällen aal peterischer Art , sonderlich im Anfange
sein könnte, will ich gerade nicht bestreiten, habe aber selbst kei-
ne Erfahrung darüber. Bii jetzt bin ich nicht so glücklich gewesen,
das Organ zu entdecken , von dessen UrafTeklion dieser Husten ab-
hftngt. Ein Urleideo der Lunge ist er bestimmt nicht, denn alle
Lnngenheiinntiel leisten bestimmt nichts dnrin. Zwar sagt ein sehr
achtbarer Schriftsteller nnserer Zeil, der Tabak sei heilsam im
KenchhuBten; da er aber hinxuseist, dafs vier Wochen hingehen,
ehe der Husten geliebelt sei, so ist das schon der beste Deweis,
dafs der Tabak nicht Heilmiiiel des Keuchhustens Ist ; denn Husten
die jener wirklich heilet, heilet er bald und man siebet seine hei-
lende Wirkung gleich gnns nnwidersprechlicb. Ich bähe das Ex-
trakt des grünen Tabaks oft genug gegen den Keuchhusten ver-
■Hcbt, aber keine Wirkung davon in dieser Krankheit gesehen,
welche ich mit gutem Gewissen Heilwirkung nennen künole.
Wäre der Keuchhusten OflTenbarnng einea Urlungenleidens, oder
wfire er Offenbarung des Vor wallen s einer AÖekiion des Gesainmt-
organisiuus in den Lungen, so. müfste man in beiden Fällen nach
einer solchen Epidemie allenthalben lungensüchiige Kinder sehen;
das siebet man aber gerade nicht, sondern man siebet weit , weit
häufiger Bauchaffekt ionen als Folgen des Keudihiialens. Den Was-
serkopf, den ich in Einem Falle, und die AnsamiHlung des Was-
sers in den GebirnbShlen, welche ich in einem anHeren siih, schrieb
ich blofs dem Springen eines Wassergerutjies im Gehirn zu; denn
wie zuweilen durch den Husten ein Biutgefflfs in der Conjunktiva
des Auges gesprengt und das ßtnt in das Zellgewebe ergossen
wird, welches den Kindern ein gar abscheuliches Ansehn gibt, ac
gqt wird auch wol durch die Gewalt des Hustens nuf oder ia
dem Gehirn ein WassergeHlfa bersten können.
Die Leber wird oft consensuell ergriffen, und man siebet sich
genölbiget, sie durcb geeignete Mittel ia Ordnung lu hidten. Aach
— 760 -
di« Milx leidet bei ellieben Kindern, und well diMe in engem Caa-
sens mit dttn Nieren stehet, wird in talGhen Fällen leicht die Hnro-
absonderung gestöret, ea «atslehel WassergeschwuUt der Füfue und
des Bauches.
Durch die richtige Beh«ndliiDg solcher consensuellea Leiden
kumnil man den bösen Folgen des Kenchhuateos zuvor, aber man
bellt ihn nicht dadurch. Der lelcbiglüiibigo Arzt Uhdu hier in gro-
l'se Täuschung fallen. Die consensuelLen Leiden der Leber oder
Milz werden auf die Dauer in manchen Fällen zu ürleideu, und
der in seiner Form verändeiie, zum gewöhnlichen, aber barloäk-
kigen Husten unigewaodelte Stickhusten hüngt dann Itlofs von die-
ser zum Urleiden gewordenen Bauchatfektiofi ab. Wenn nun iu
solchen -Fällen der Arzt aus der durch Hepalica oder Splettiea
vollbrachten Heilung des Ilusicns schÜefsen wollte, der anfäng-
liche Siickbusten habe von einem Urleiden der Leber uder Milz
abgehangen, so würde das ein grober Irrihum sein.
Der Stickhusten ist eine blofse Kcankheiisforin , und es iüi
noch lange nicht ausgemacht, dafs diese Form jederzeit in dem Ur-
leiden eines und des n9mlicbea Organs begründet sei. Mir ist
vielmehr das Gegenibeil wahrscheinlich und zwar deshalb, weil
sieb mir die Heilwirkung solcher Mittel nicht besiäliget hat, die
von kundigen und glaubwürdigen Aeraten empfohlen waren. Ent-
weder müfsten diene Aerzte ihrer Sinne nicht mächtig gewesen,
oder ich selbst müfste meiner Sinne nicht mächtig sein, oder wir
Riitfsten mit Tcrschiedenarligen, unter einerlei Form sich offenba-
renden Krankheiten zu thun gehabt haben. Da ich nun weder
das Erste, noch das Zweite für wahr ballen kann, so sehe ich mich
genöihiget, das Dritte als wahr gelten zu lassen.
Sollte anch wol das Zuerchfell der Sitz des Siickhustenn sein t
Ich kann nicht dariiber nribeilen, weil ich kein Eigenheilmiltel auf
dieses Organ kenne.
Mir ist es zaweilen wahrscheinlich gewesen, dafs er, als con-
sensuelles Leiden, von dem Urleiden eines der Nervenplexus des
synipaihischen Nerven abhänge. Aber welches Plexust das mögen
die Gölter wissen. Ueberbanpt ist die Erkenntnifs dieser \erven-
orgnnberiihnbeit die schwache Seile der Lehre der alten Geheim-
ärzte: so viel ich aber weifa, sind auch die schul gerechten Aerzle
aller Farben nicht sonderlich stark in dfesem Punkte, oder man
möchte ihre Sl&rke darin finden , dafs sie jene Organe und ihre
Erkrankungen ganz übergehen, oder büchslens einmahl ein Wort
vom Sonnengeflecble fallen lassen. Psychische Einwirkungen hei-
len bekanntlich am ersten die Krankheiten der Nervenorgane und
unter diesen Einwirkungen siebet Schreck und Furcht oben an.
So lesen wir denn auch im Hufelandischen Jouraale, dafs ein Kind
durch einen Sturz aus dein Fenster vom Stickhusten geheilt s*i,
- 761 -
uad TAamoM Willi» ertShlt uiw, dal» in selnffip Lande di« Frauen
ihre am Siickbiuieo leidenden Kinder zur Mühle bfigea und sie dort
in einen Sack ueelcieo, wo dann die armen Kleinen io dem dunk-
len Sacke durch den Lärm de« Rädergetriebes so heftig erschreckt
würden, dafs der Husten verschwände. leb denke aber, Tkomat
iVilli» wird wol nicht oft dabei gestanden haben, wenn die Wei-
ber diese Kur uniernahmea und es mag auch wol manches Kind
vngeheilt wieder aus dem Sacke gezogen sein; denn wenn es nicht
SU läugneo ist, dafs geistige Einwirkungen Organherührtheiieui
sonderlich der Nervenorgaae heilen können, so ist es noch weni-
ger zn läugnen, dafs solche gewaltMme ^jcbische Heiluogeo nn-
aicher, ja selbst geCUirlich sind.
Ich habe einst bei einer Siickhnslenepideniie (des Jahres erin-
nere ich mich so genau nicht mehr) in einzelnen Ffillen durch
Belladonna wahrhaft und bald geheilet, jedoch eoeh zu^eich er-
fahren, dafs die rechte Heil^nbe des Mittels im Allgemeinen nacb
dei* Aller der Kinder gar Gbel auszumitteln war, vielmehr bei {••
dem einzelnen Kinde muffte geüncht werden. Dadurch ist mir nun
der Gebrauch schon datuithU sehr verleidet worden. Was hilft
mir ein Mittel, dessen Gabe ich in jedem einzelnen Falle erst
Ängstlich enifsuchen mnfsf Soll ich vielleicht den Mütcorn diese«
Anfsuchen überlasBen! Kein! nein! das geht nicht, am wenigsten
bei den armen Lenten, deren doch- in der ganzen Welt weit mehr
sind als der reichen und denen auch mufi geholfen werden. Bei
verständigen Meoitchen kann man die Tinktnr, oder eine Auflösung
des KxiraklH geben und tropfenweise aufsteigen lassen, bis man
die wahre Heilgabe gefunden; aber thut dna einuiahl, werihe Le-
ser! in den Hütten armer Leute, sonderlich wenn mehre Kinder
zugleich in einer H3(te am Husten sind. Solche rohe, ungeschlach-
le Menschen wären im Stande, einem Kinde, dessen Husten ihnen
gerade sehr hinderlich wHre, das ganze Fl8schcfaen auf einmahl in
den Hals zu schütten.
Bei einer anderen Stickhustenepidemie habe ich aber auch die
Belladonna ganz unwirksam befunden, sie leistete wirklich nicht
das mindeste.
Von allen gegen diese Kraokbeitaform empfohlenen Mitteln
hat mir keines bessere Oleosle geleistet, als das von dem Hofrub
Haum SU Riga erprobte Extrakt der Küchenschelle. (Extr, Pul-
tatillae nigr.J Ob es aber der wahre Stiekhnsteo gewesen, in wel-
chem ich diese vortreflUche Heilwirkung gesehen, kann ich nicht
uiit Sicherheit behaapten. Ich will diesen im Jahre 1S28 hier herr-
sehenden Husten beaehreiben, das heifsi, auf den Unterschied anf-
uerksam machen , der zwischen diesem nnd anderen von mir er-
lebten Statt fand. Hinsichtlich der heftigen antiekeodcn Asßlle war
— 782 —
•r von andeijübrigen Stiekhuiten gat aicbt zu uniertck«i4eR ; Ml>«r
in folgenden Punkten wich er ein wenig dovon ab.
1. Er verbreiteie sich bei weitem nicht ao lehr unie/ dem
Volke als andere Keiichhusien,
2. El wurden drei erwachsene Mt-nsehen von Kindern ange-
steckt und beknmen den Huaten in der nftmlichen Form wie die
Kinder. Frßher habe leb auch wol, jedoch äufserat gellen gese-
hen, dafs Erwachsene angesteckt wurden, bei diesen erschien
aber der Husten unter der Furm eines gew9hnlichen heftigen llii-
Btena, nicht unter der des Slickbnslens.
3. Bei andern Keuchhusten endigle der Anfall immer mit Er-
brechen. In dem besprochenen erbrachen sieh einige Kinder, an-
dere nicht.
4. Bei andern Keuchhusten hehl daa Erbrechen den Anfall;
dieses iat ja so allgemein bekannt , dafa seibat die Mütter bei hef-
tigen, EraiickuBg drohenden Anfällen d,en Kindern den Finger in
den Schlund stecken, um sie zum Erbrechen zu bringen und An-
durch die Beendigung des Anfalles zu beschleunigen. Bei deui
beaprOchenen Husten brachen manche Kinder während des Anf»!-
les, ohne dafa dieser dadurch gehoben wurde. Ich weifs dieses
nicht blofa durch die Aussage der Mutter, sondern ich habe in
dem Hause eines meiner Freunde Beibat gesehen, dab ein fünf-
jlihriges Mädchen sich während des Aufalles nicht e^n wenig, son-
dern tüchtig und zweimahl erbrach, ohne dafs der heftige AaMl
sich daran störte, dieser tobte aus und endigte dann ohne Er-
brechen.
MSgliib ial es, dafs die PuhaHlla in anderen Keuchhuaten
das nicht hisiet, was sie in dem beschriebenen leistete; hier nur
sie aber wirkliches, sichtbares Heilmittel. Die Heilung geschah
ungefähr innerhalb acht Tage, und auar so, wie sie bei allen
andern heftigen Husten, die anfallsweiae die iMenachen ergreifen,
sich zn machen pflegt. Die erste gleich sichtbare Besserung be-
stand in einer Verminderung der Zahl der Anfülle, ohne dafs die
Heftigkeit jedes einzelnen Anfalles minder geworden wäre. Nur
erst, wenn die Zahl der Anfülle bedeutend vermindert war, min-
derten diese hinsichtlich ihrer HeFiigkeit und dann war auch die '
Sache gar bald beendiget. Bei den drei erwachsenen Menschen
gab ich das Extrakt der Pulaatilla in der Gabe von vier Gran vier
mahl tags; Kindern, wie Herr I]ofrath K. es bestimmt. Uehri-
gens läfst sich über die Gabe solcher Extrakte, die von Pflanzen
bereitet werden, welche gerade nicht allenthalben wachsen, die
der Apotheker alao von dem Materialisten heziehen mnfa, wenig
Kluges sagen. Es ist nicht anzunehmen, dafs die Bereiluag der
ExirakiB und ihre davon abhängende Wirkaamkeit allenthalben
gleich sei, mitbin mufi der Ari, der sie anwenden will, die
— 763 —
richtige, wirkaame Gab« darob i*a Gebrancb BasmiHelii. \Vm
er aber ansgemiilell hat, iat andero Aenian, die entweder ein
IcrfiftigereB , oder ein DokrSffigeret Extrakt in ibren Apoibeken
finden, ganz ohIiIm. leb liebe es nicht, von solchen Pflanzen,
welche hier nicht beimiscb sind, die Extrakte zu gebranchen;
mit der Pulsatilla habe ich elnniahl eine Ausnahme gemacht und
ea hat mir wirklich nicht leid geiban. Ob aicb bei künftigen
Keuchhusten ihre Heilwirkung bestätigen wird, nnfa ich abwar-
ten, bin aber wirklich in diesem Punkte sehr kleingUubig.
Zusatz vom Jahre 1 836.
Im Jahre 1834 leistete mir die Pulsatilla beim Keucbhnsten
eben so gute Dienste als im Jahre 1828, allein auch dieser Ha-
sten war nicht von der recht bÖs«n Art, wie ich ihn wol früher,
namentlich einst nach einer Masemepittemie rrlebte. Seit dem
Jahre 28 habe ich die Pnlaaiilla in anderen sehr angreifenden Hu-
sten hei Erwachsenen wundervoll heilsam befunden. Es waren
dieses Husten, von denen ich blofa eine verneinende ErkenntniJs
halte; das heifst, ich erkannte wol, dafs sie nicht von einem
Urleiden der Lunge, der Leber, der Milx, des Pankreas abbin-
gen, also wahrscheinlich in der Urerkrankung eines der Bancb-
nervenplexns begründet sein iniifsten. In diesem Frühjahr bekam
eine 82jabrige Frau , nachdem ich ihr ein herrschendea Leberfie-
ber, von dem sie ungewöhnlich heftig ergriffen wurde, gebeilt,
bei der Genesung einen so angreifenden Husten , dafs man fast
am das Leben der schwachen Frau besorgt sein mufste. Die
fruchtlose Anwendung mebrer Bauchmiiiel, worunter anch Ni»:
renmittel waren (sie hatte nämlich Sand in den \ieren; ich kenne
ihren Klirper genau, denn ich hin seit 3^ Jahren ihr Arsi) drang
mir den Gedanken auf, bei dem Gesundwerden der Leber kSnne
wol der Plexn» renal!* erkrankt sein. Ich verschrieb 16 Pulver,
jedes von drei' Gran Extr. Ptrhatillae; sie nahm tSglicb vier, und
wie sie 16 Pulver verzehrt halte, war der Husten gehoben.
S)iiiter gab ich einem jungen Manne van steinsüchliger An,
der, wie die Untersuchung des Hsrns ergab, Sand in den Nie-
ren hatte, gegen einen schon ziemlich lange bestandenen kur-
zen Husten die Pulsatilla ganz ohne Nutzen: Mohnaaft hingegen^
zn einem halben Gran für die Gabe viermabl tags , bändigte gleich
den Husten und bef&rderte den Abgang des Nierensandes.
Vor etlichen Jahren gab ich einem lOjShrigen Jungen, der,
ohne früher lungenkrank gewesen xu sein, an einem kurzen trock-
nen Husten litt, iifaer ein unheimliches Gefühl in der Nabelgegend
klagte, und dessen Harn schmutzig goldfarben war, der ohne ge-
' rade vollkoinmen bettlägerig zu sein , schleichendes Fieber und
garstige Gesichtsfarbe hatte, anch, nach Aussage der Malter, schon
— 764 -
M»A «bgcmagart ww, gana verg^Mia < luebre BAHcbmitiel. Dm
NicfatbeilwirkM Hertalben butiwBle niicb, die PnlMttilla xii rei-
oh«n, nad dieie hob Bicbt allein bald irn kursen Husiea, ton-
dern auoh gleiebieitig dni uahrnmliGbe Gefühl io der \abelgegen<l.
Der icbBUitxiggoldfarbae lUrn wurde aoriual, dm Hobleicheiide Fie-
ber and die gwmige Gesioblafiu-be vprschwand, knrz, der Junge
wurde gan» ge<uod. — leb -führe hier blofi nackie Thnisachca an,
kann auch nichu anders anfUhrep, denn ich kenne das Banohner-
venorgHU nicht, vnn dessen Erkrankung der durch Pulsaiilla heil-
bare Husien abbängl: die allgemeine Vermuihung jedoch, dafii er
voD der Urerkranknng eines der HaiicbRerienplexna des 8ytii|iBihi-
■cbeo Nerven abhänge, enthält nicht btofg eine M^lichkeit , son-
dern eines ziemlicben Grad von Wahrscheinlichkaii*
Asthma. Manche Menschen sind bei dem periodischen Aslb-
Ma ernstlich krank, ihr Puls ist voll und scbBell und ihr Harn dun-
kelrolb. In diesen Fällen Jsi gewöhnlich eine Affekiion des Ge-
■amiatorganisnias salpetrischer An bei dem Uebel und steigen das-
selbe. Ich babo raehrmahls das ^atrum mtrieum mit- sonderlich gti-
leu Nullen gegeben; die Kranken fühlten gleich-Erleit^tening, die
Anfregung des Gefafssyslemea beruhigte sich, der rothe Harn wurde
blasser, und der ganze Anfall kürser; in anderen Fällen leiiftete das
Miuel aber gar nichts. Der Grund dieser Verscbiedenheii ist leicbt
einsuselien: in solchen Fällen, wo das Asibma vttn einer Uraffek*
lioa der Luftrühre, oder des Latjnx abhängt, kSnnen wir es nur
durch ein gutes Eigenheilmittel auf diese Organe heben; in aolchen,
wo es, cDusensneller Ari, von einen Ufleiden eines anderen Or*
gans abhängt, werden wir es nur durch Beruhignng dieses Urlei-
dens heben. Der fieberhafte Zustand kann dabei rein consensueller
Art, milbin dem kubischen Salpeter unbezwingbar ssio. Ja der
rothe Harn ist dann nicht Zeichen einer salpetrischen Affektion des
GesamniorganisrauB , sondern eines conaensuellen Nierenlndens,
und wird nicfat durch kubischen Salpeter, sondern durch ein gute«
Nierenbeihuiiiel entfärbt.
Blut speien. Das Natmat nitricum ist ein gar gutes Heit-
miiinl , wenn eine aalpelris^e Affekiion des GeaammlorganiMnins
sich durch Blutung in den Lungen offenbaret. Ein solcher Zustand
findetsich nichi selten bei jungen Leuten, sonderlich beim weiblichen
Gescblechte , die übrigens keine Fehler in den Lungen haben. Das
Aderlässen ist in den wenigslen Fällen nöihig, macht, wenn es oft
angewendet wird, solche in der Ausbildung begriffene Körper
bauHillig und führet sie gerades \^'egeB zur Schwindsucht. DoTs
aber censensuelles , von einem Uibaucbleiden alihangendes Blut-
speien, welches gar häufig in der Praxis Torkommt, nicht durch
kubischen Salpeter kann gehoben werden, tm uol kaum nölhig
zu bemerken.
— 7«ö —
LHng«n9Uch(. Zu «tieier, Bonderlteti in der Pktiüü tw
t9reu/9tm, f^cBellet «Ich nwcihn eine Aflhkiion dei Oeiainintor-
gADismna uliieirtscher An, itie steh itiircb rmnehriM Unwohlsflia
dea Kranken, durch volleren Pnla and durch roihgeflirblen Harn
oßenbarei. Hier achain der kubräche Salpeter aichibar N'ntien,
indem er diesen Zuslanrf beaeitigel. Er iat kein Antiphtküicum,
aber durch Beseitigung jenes krankhaften Zuatandes des GeSBinint-
oi^aninmnt macht er. die Heilung der Lnngensncht inBglich.
Wird jener Znatynd riiehl beachtet and nicht gehoben, ao ist die
Heiding nnmSglich. Rr eraetit nicht allein, aondem er liber-
triffiE in aeiiter Wirkung die Ueinen Aderlässe, deren aich die
Aerxte, Hahracheinlieb weil aie Dichls beaserea kannten, in «ol-
eben Fällen bedient haben.
Pneiimeniache Fieber. Unter diesem Namen begreif«
ieh das, waa die Alten unter Pfeuritit, PeripHeamonie und Plen-
r9perip»eHt»9nie begriffen. Dafa die Meinung, als ob in der Pleu-
ritis die Pleara, in der PeripBeamonie die Lunge, und In der
Plenroperipnenmonie beide Organe entzündet seiert, aoch weiter
oUhta als eise Meinung seri, die una bei Uebong der Knast sn
«ichla diene, haben acbon Vor mehr denn hundert Jahren verstlln-
dige Aersie begriffen, aber der Mode wegen die alten WSner
beibehalten. *)
Es nind mir in den 1 eist es i wanzig Jahren keine Pnennionie«
Mtpeirischer Art vorgekommen. Im eraten Jahre, da ich den
kubischen Salpeter gebranchfe, habe ich einige ku behandela ge-
habt, nnd gesehen, dafs diese wenigen dem kubischen Snipeier
anch ohne Aderlassen wicben. Jedoch gestehe ich ehrlich, wenn
ieb an einem aolchen Kranken den dritten oder vtenen Tag Her
Krankheit gerufen würde , und daa Bmslleideo wSre heftig , ao
würde ich sur Ader lassen. Dies« Aenfaerung mag aber rielleiclit
mehr meine Unerfahrenheit als meine Erfahrenheit in dieser Krank-
heit bekunden; denn im Allgemeinen habe ioh den kubischen Sal-
peter als ein weit raftrhtigeres Mittel kennen gelernt, alle inner«
Entziiadangen , welche die Schule echte, aktive, auch noch wol,
iB Naehklai^ der Terschellenen Erregungstheorte, slheniscb«
nennt y> XU zenheilen, als das Aderlässen.
Es könnte aber meinen jüngeren Leiern, denen die Pneumo-
nien fast iBglicfa vorkommen, meine Aeofurang, als habe icb
dieoe Krankheit satt xwanng Jahren wenig oder gar nicht gesa-
*) In der gani altea Walt fsb Dtmetrim*, AnbSBfer des Hertphila», PsripMa-
moiie Dnd Pluaritlt al) LaPieieDiiÖDdant «d^ dio aar dem firade nub ver-
Mbiedeo lei. 8«i»e Warle, diB Cael. AareliaMui Lib. II Cap. 33 dt »eu-
li» aD^hrt, UalflB alio: Peripittiiiiionia MI laM»r {» tat» fvlmtn(t tarpnt,
ir part* tntm li/mnil, pltnrlU» Meitur,
- 7M —
li«n , elWH mIisbui badüBken , und •{« köDUm denken , ich hmhm
Mlbige verkannt. Uieien lege icfa folgendes ans Ben, Entweder
sertheill sich die Brnsientiündnng , oder sie gebet in Cilemng riber»
oder sie tddiet durch LHhmang oder Brand. Wollt Ihr mich nnn,
werthe Kollegen! nicht für ein solches Glückskind ansehen, dafs
unter meinen zBuberischen HSnden alle echte EntxrmduDgen, ohne
Anwendung der entsHndnngswidrigen Hälfen, sich von selbst ler-
ibeilt hKtten , so werdet Ihr annehmen möss^n , dab ein guter Tfaeil
der verkannten Pneumonien, entweder in Eiterung, oder in den
Tod hfiltan übergehen müuen. Wenn Ihr nnn je zu einem an Pnen-
monie Leidenden so NpftI gerufen seid, dafs Ener Aderlässen die
Eilening nicht mehr kehren konnte, so werdet Ihr Euch doch wol
überzeugt haben, dafs ein grofser Grad von Dumgitheil dazn ge-
hören würde, den Uebergang der Enizündong in Eiterung zu ver-
kennen.
Stirbt aber einer an der Heftigkeit einer echt enlnindlieben
(salpetrinchen) Pneumonie, wir miVgen uns nnn vorstellen, die-
ses geschehe durch Lfthmnng oder durch Brand, so würde wahr-
lich noch wehr als Dummheit dazu gehören , solches sn rerkeu-
nen. Ich habe nur ein einziges Mdhl aolcb einen Kranken de*
Abend vor seiner letslen Nacht gesehen; wollte mich aber lieber
drei Mahl henken lassen, als ein Mahl an einer solch verdamm-
ten Krankheil sterben.
Ihr kanntet hier sagen, werihe Amisgenosmn! ich gefalle
mir Jn Ueberireibnngen. Auch Ihr hSitel solche brustkranke Men-
schen , bei denen Eum Blailassen nicht hülfreiah gewesen, ster-
ben sehen, aber sie seien eines sanften Todes verschieden.
Ich glaube wirklich, meine Freunde! dafs Ihr Encb tSuscbt.
Wenn Ihr solche Leiden des Geiammtorganismas , die unter der
Heiigpwftit des Eisens, oder des Kupfers siehn , und, in den Lun-
gen vorwaltend, sich ata Pneumonie oSenbarten, fit salpeiriHchfl
Afteklion hallend, mit Aderlassen angegrißen habt, so habt Ihr
nach dem ersten oder nach dem zweiten Aderlefs die Menseben
zuweilen unvermuihet eines sanften Todes sterben sehn; voraus-
gesetzt; dsls sie nicht nach dem Blutlassen unsinnig geworden,
in welchem Falle wir kunstmäfsig sn sagen pflegen, die Jfrank-
heit habe einen nervSsen Charakter angenoninien. Oder Ihr habt
Leber- und Mi IzaflTeki innen , die nicht selten mit contensu eilen,
schmerzhaften Brnstleiden nnd blutigem Auswurfe verbunden sind,
ja zuweilen einzig durch diese cons^nsuellen Brustleiden sich dem
Arzte sinnlieh offenbaren, fßr echt eniziindliche Pneumonien gehal-
len, wo Ihr dann auch zuweilen nach dem zweiten Aderlafs (selte-
ner nach dem ersten) ein sanfieH Hinscheiden des Kranken gewah-
ren konntet. — Aber glaubt es mir, an echter entzündlichen Pneu-
monie sterben , ist ein ganx anderes Ding,
- 7«7 —
V^'SreB <li« t^chl«» enttiia4lich«n Pmamoniea m hRufig , all
«in grofaM-Theii d»r Praktiker (nach ihrer Bsbsndlnng Kuachliefno)
glanbr, so mufsie man nnter der geringen Volksklaue auf dem Lan- -
de, die entweder aiis Arinnth die Hiilfe der Kansl gar niclii , oder
erst spät sucht, allenihniben auf lungensiichlige Menscheo stofsea.
In der Wirklichkeit findet sieh das aberniehlso; im Gegenibeil,
die meisten Schwindffuchien kommen ron chronischen Bauchleideo,
ein anderer Theil von vernachliasiglen Katarrhal hu aten , ein drit-
ter von älierlicher Erbschaft, und our wenige, sehr wenige von
TernachlRsBigler Pneumonie.
Affekiionen der Leber mit eonsensuellen Hasten, Seiiensteeben
iifld bttiiigem Auswurfe, werden hänßg für LungeDenisnadungea
gehallen und mil Aderlassen und dem antiphlogistischen Heilapparat
behandelt. In diesem Punkte kann ich rnieh unmöglich Ifiiiscben,
denn ich habe in meinem Leben au viel also behandelte und ver-
■iieintlieh gehellte Menschen anier meinen HüBcIea gehabt. Ge-
heilt waren sie wahrhaftig nicht ; sie hatten gantige Mifsfarb«,
kurzen linsten, beiehleuaigten Puls, manche hallen Nachtschwei-
fse, sie befanden sich in einem quineoden Zustande nnd wurden
nur dnrch Bauchmittel wieder gesund. Suchen solche Leute aber
nidit in Zeilen Hiilfe, oder finden sie nii-ht die passende, so wird
das censenauelle Lungenleiden xuni Urleiden dieses Organs, es
enislefael Eiterung in demselben und eine noheilbare Schwindsucht
mnchi den Beschluls.
Es ist seit gar aller Zeit der Gebranch gewesen , dafs e>a gro-
fser Tbeil Aentte Kiemlicb blindlings , oder doch nach höchst unsi-
eheren Zeichen sich richtend , bei jedem fieberhaften Seitenstechen
. zar A'der gelassen , nnd ubgleich ron 2eit sn Zeit kluge und vor-
sichtige Meister gegen solchen Unfug geeifert , so ist es doch bis
Jetzt so ziemli^ in der Medixia beim Alten geblieben. Chiif. Bai'
foHiUM sagt (Lii. 1 epid. et ephe». pag. 79J.' IncredibUt ett dictu^
quem mnlto» trita vülgalaque medtndivia, ac prae$ertim im pieu-
ritide perdidU: nam andilo lateria dolori» nomine, »i qiu'» aliud
praeter venaetectionem remedium teniet, amalhema etta. Und wei-
ter unten in der nämlichen Stelle : Nulla e*t cam»a tarn exilia , tarn-
pie parum ejfficax , quae non dahrem i» latere excitet : ac aequum'
ne est , tanquam caute eadem nt , ac idem malvm , remediomm
idem aturpare, et omnihu» eundem coikumum attribueret
Ja. Beumiut (ad apkor. Hipp. 33 Seet, 6J sagt : In eorporibu»
frigidit ac pituitoiia taepe gravi— im* dolore* laterum a Jialibu»
oriuntur fotibut mitigandi; si venam pertvderi* neea&ii. Vidi
formotam mulierem , quae, cnmßatibut oiuoxia ettet^ accumcoe-
nattet liheraliu» , noct« in acerbum laierit dolorem coajecta fuit^
illico a »ecta vena periit. Die Allen ballen viel mit Winden im
schaffen, diese Meinung des Verfasser« wollen, wir niebt bekrit-
lein; abgeR^hrn von derielbBn , laaiet aber dia rein« Beobnch-
IHI^;: dafa durch BaachaßfikliODen (die freilieh iuweil«n Winde
verursachen ) en t »1 n du ngstlhn liehe Brunleideti entBlehen können,
welche durch Aderlässen nicht beseitiget werden, sondern het de-
nen dHBselbe gafXhrlich ist. Mir selbst sind mehre FBile in mei-
nem Leben TOrgekommen , die mit Uem des Hetimiu* grofse Aehn-
lichkeii hatten nnd bei denen die Wirkung des Aderlasses aueh
nm kein Haar preislii^er war,
i*' Hnffmaitn , in seiner Med, Rat. lytlem. in dem Kapitel de
Plenriliäe, sagt in derNachschrirt xu der letzten Kranbengesohichfe :
Id aufem €X cmn koc in umm praeticum eoHvert^e licet: quod ori'
go peripneumMici mtrfi eliam enepottit in primU viiiy ai «/oaw-
eku» flatihK*'et apaimii HetiHelnr, qiti iangMinem nimia copia md
parte» ntperiore», imprimi» theraeem, ttrgent. Tun qmidtm^ *i
candide aeger delictuM confitettiry (HoSinann denkt hieran Mifs-
btauch von Speise nnd Trank) o«ca«»t'o datWj cito praetcindendi
gravem Jvturum moröum , ricomMode evacuantiimi, ftniorihtt eme-
tieir, laxanli&tu aut cfytteribut, primae viäe a sordibnt deplemt'
tur. Und in der Nachschrift zn der vierien Geschichte stigt er:
Saepita ofnervart, ex aolo dohre eoh'eo praecedenle , qvi clgileri^
hu» et aUi* congrui* facHe lofvi potnitset , orlam /uisse periptmi-
utoniam in ro6u»tit et crntio'»anguine pleni» , praetertim »ettiw.
Jeder Mensch trägt die Fesseln seines Zeitalters, auch J<\ Hoff'
man» macht hier keine Ausnahme. Fr legt offenbar viel su grt^
fse Wichtigkeit auf Diäifehler. Wo blofs und allein Speise iiitd
Trank die Bauchaffeklion nnd die tod dieser abhängende pneumo-
nische ßruslaBeklion machen, da ist wahrlich bald lu helfen; so
'etwas ist aber kanni wenh, dafs man verständige Leute daraaf
aufmerksam macht. Weit ernsthafter sind solche, von unbekann-
ten Einflnssen abhängende Atfektionen der inneren Subatanx, oder
des convexen Theiles der Leber, welche sich nicht durch ver-
mehrte oder etgepschafilich verftnderte Gallenabsondernng, son-
dern, leider nur lu oft, einzig durch die pneumonische. consen-
suetle Aflektion offenbaren. Wahrlich ! wenn solohe Krankheiten
anfangen zn herrseben , kann ich den Arzt nicht tadeln , der eio-
mahl einen Mifsgriff macht; denn in dem einzelnen Falle ist es
bar anmöglich , die Natur der Krankheit richtig xu erkennen, nnd
der KlGgste kann daneben greifen. Nor durch VergTeichong neh-
rer Fslle in verschiedenes Zeiträumen der Krankheit kann man
zu der richtigen Beurtheilung einer solchen hetricbenden Tmg-
pnenmonie gelangen, üehrigens bewirken gerade diese Leberaf-
fekiionen am ersten steche Erscheinungen, von denen y. Hoff-
mmtn spricht; denn wie sie consensuell die Därme berühren und
Kolik machen, so kSnnen sie auch conseaauell Lunge oder Brust-
kastMi berühren nnd pneumonische ZofiHle machen , ja dies« oon-
BMUuellen ZuftlU kdnnen in einem nnd dem nüiulichen Körppr
abwechaelD. Diu aind deon wol die Pneamonien, von den«D Hoff-
maan tagt, daüi •!« auf Kolik fol^n.
Ich habe, wie oben bemerkt, zu wenig GelegeDhcit gehabt,
die Wirknng dei knbisehen Salpeters in der aogennntiien echten
entsnndliobeD Pnenmotiie durch Erfahrung kennen za lernen, wenn
i^ alto nicht m sagen wage, dad' das Aderlässen ganz dabei
kSnne entbehret werden, so waifi ich aber doch wo), dafs die
Sfiere Wiederhoinng desselben durch den kubischen Salpeter sehr
wird beschränkt werden.
Vor vierzig Jahren, da ich noch an kein Nafrum nilriemm
dachte , sab ich , dafs die Heilung der Poeunionie durch Aderläs-
sen in allen den Fällen, wo man den Kranken nicht liglich be-
suchen kann, eine hdehst unrollkommene und unausführbare Sa-
chs sei, nnd kam deshalb auf den Gedanken, nach eiiimahligem
Aderlassen das Qaeckailher zd reichen , welche Heilart damahls
zwar nicht unbekannt, aber doch in Pneumonien noch wenig ge-
brSnchlich war. Diese QuecksilberhebandluDg , welche ich aas
blofser Noih ergriff, um nSmIich den Landlenten, die man in
Ihren entlegenen und zerstreuten Wohnungen doch unmSglich täg-
lich selbst sehen kann, besser dadurch zu helfen > (über welchen
Gegenstand man im lOlen Bande des Hufelandschen Journals einen
AnfBatz BUS jener Zeit von mir findet) will mir jetzt nicht mehr
recht gefallen. Gesetzt, der kubische Salpeter sei um kein Haar
mächtiger, solche echt enuundlicbe Pneumonien au lerlheilen,
als das Quecksilber, sondern diesem nur gleich, so würde es
doch jedenfalls geraihen sein, .ein dem Organismus befreundete«
Mittel, dem feindlichen vorzuziehen. Uebrigens ist auch das Queck-
silber bei Eolzündungen, abgesehen von seiner bekannten Unbe-
quemlichkeit, nicht ganz sicher; über welchen Gegenstand ich
aber an einem schicklicheren Orte mehr sagen werde.
Denen meiner Leser, die bei enizündlishen Pneumonien ein-
zig das Heil in wiederholten Aderlassen zu finden glauben, be-
merke ich noch, dafs reichliche Blnienf7.iehungen nicht immer die
Zertheilung der Entzündung verbürgen. Ich habe bei den prakti-
schen Schriftstellern manche Ffille gelesen , in denen trotz dem
Aderlässen die Entzündung in Eiterung überging, mir aber solche
Falle nicht gerade schriftlich bemerkt, es nürde mir auch jetzt
grofse und langweilige Mühe machen, selbige wieder aufzufinden,
denn in den Registern der Bücher kann man so etwas wol suchen,
aber ob man es darin findet, ist eine andere Frage. Da ich, um
die oben angeführte Stelle in F. Hoffmannt Med. Bat. »y»tem. zu
suchen . dieses Buch noch auf dem Tische liegen habe , sehe ich
gleich, dafs die Fünfte Krankengeschichte des Kapitels de fehrt-
6u» pneumonicit einen solchen Fall enlhrdt. Hier wird Hoffmann
— 770 —
nicbt spfit, Hondera glsich gerafeot und er sagt; Ego voeaAw,
vataeieciioHe repefiUt et puheriiiu tmtipietiriticU , nitro»it el ein-
naharinit, nee uon potu ii^wi t&eiformü, a perieulotit lä>erat>i
ipaum tymplomalilui. Bematuil autem tmnit jvaeilam cum lenta
ftbre, virinm langnore corporwqne M«rcore, re»piratioue tarnen
HÖH ttdeü d^fficili. Nnu, nach acht Wochen ist die eneugie Eiter-
beule geboritsn — der Kranke auf £in Mahl über ein Mafs Eiier
losgeworden, hat darauf noch einen Monat lang Eiter ansgewor-
f«n nnd ist nach und nach wieder lar (jaanndbeil gelangt.
Wäre nun bo etwas einem blutscbaaea Arxte beg^nei, lo
könnte man denken, der habe die Aderlabbehandlang nicht ver-
standen; aber Hoffwum» war «ahrbafiig nicht blutscheu; also im
dieser Fall doch wol beweisend , dafs der Oebergang der E^tzdn-
dnng in EUwnng nicht unbedingt darch wiederfaoltes AderlaneH
abzuwenden sei. Jedem sinnigen Ante mufs mithin ein Mittel
schälxhar sein, welches, ohne feindlidie Nebenwirkung, mSch-
tigere Kräfte besitzt, echte Entiöndungen innerer Gebilde su zer-
iheiten, als irgend ein anderes bis jetzt bekanntes.
Ich rathe meinen jüngeren Amtsgenossen, hinsichtlich des
AdeHassens bei Pneumonien, nicht blindlings der Meinnog oder
der Mode unseres Zeitalters zu folgen , sondern auch das zu lesen
nnd xn erwDgen , was frühere gute und erfahrene Meister darüber
gesagt. Zum Helmottt möchte ich sie nun gerade nicht in die
Schule schicken, aber Ern^i Stahl kann ieb ihnen milgotem Ge-
wissen empfehlen. Theils in dem Co/legi» practica desselben,
theile hin nnd nieder in den Diasertaliooen findet man treffliche
Bemerkungen und gar nachdenkliche Andeutungen über den be-
sprochenen Gegensland, und seine Dissertatiun De venaetec-
tione in febribu» acHlia könnten ancfa wol manche ältere
Praktiker noch mit Nutzen lesen. ")
Ich komme jetzt auf die Affekiion des Gesamratorganismus,
weldie im Bauche vorwaltet.
Schmerzen des Darmkanals, \velche bald als sogenannte Ma-
genschmerzen, bald als Kolik auftreten, sind in manchen Fällen
salpeirischer Natur, vorzüglich mnls man in unserem Lande an
diese Wahrheit zur herbstlichen Zeit denken. Wenn ich aber 6ber
die Natur der Magen- und Bauchschmerzen im Allgemeinen, wie
sie Jahr aua Jahr ein Torkommen, urtheilen soll, so mnfa ich
naefa meiner Erfahrung sagen, dafs sie in den wenigsten Fällen
*J Ig der Den«r«D Litemlsr iat di« AbliiBdluiif tm B. Danria iibar di« As-
wendoBg i*a Tori. tiib. in der P«ripDeniiiani« bemerk cd iwerLb. (Neue Samn-
Isng ■uerleiner Abhaudl. mm Gebnnche pnkt. Aenle B. XV St. 1.) Min
flndet bier du VerhSirgir« der bei wiederbolleai AdM-lawea GebeiUcp mA G«-
•turbenan , nach Lanntc , chomel aad Loait anssgeben.
— 771 —
6tiw in dem Dannkanale Tonvalteade AffiektiOB des QetmnnUor-
ganiBiniu sind , londern in den »eisten entweder ein Urleiden der
DBma , oder ein conaennellei , welches von einem Urleiden eines
anderen Bauchorgans, der Leber, der Mils, des Pankreas, oder
dea Gekröses abhängt. Wir bednrfen also in den meisten Fällen
der Eigenheilmiliel auf die Banehorgane weit dringender als der
UniTersalmidel. Aber gerade diese Beebachiang könnte am er-
sten einen jungen Arzt auf die irrige Meinung bringen , als mässe
das immer so sein und kSnae nicht anders sein. Es kann aber
nicht blols anders sein , sondern es ist auch nicht selten anders ;
denn im Herbste besonden, und auch im Winter, heilt man zn-
weilen Koliken Sberras^end schnell durch den kubischen Salpe-
ter, die dnrek DarmkeilBiltal eher TerschUmmert als verbessert
werden.
Ich habe manche Aersie geftmde», die bei der Kolik ans der
Empfindlichkeit des Bancbes für äufsere Beriihmng und aus dem
lebhaften Fieber eine Entxündang der Därme, orfer des Bauchfel-
les ariiennen wollten. Ja b)b junger Mann , selbst in diesem Irr-
ihnme verstrickt, zapfte ich solche« banchkranken Menschen ein-,
zwei-, dreimahl das Blol.ab. Da ich aber älter wurde nnd gute
Organheilmillel kennen lernte , sah ich , dafa ith nicht selten in
ein paar Stunden nnd zuweilen selbst durch eine oder zwei Arze-
neigaben solche heftige Bauchschmerzen hob , dafs dann die Em-
pfindlichkeit dea Bauches mit dem Schmerze verschwand nnd das
Fieber von selbst aufböHe. Weil ich nun unmöglich glanben
konnte, dafs eine wirkliche Entzündung der Därme in einer oder
in ein paar Stunden eo gründlich zu heben sei , so gewann ich
die Uefaerzeagung , dafs die Wichen, aus denen ich früher die
Bkt«ritit hatte erkennen wollen, hßchst ansicber sein müfsten.
Rtthr. Diese Krankheit hat in den telzten zwanzig Jahren
daa Clevisdie Land so sehr verschonet, dafs sie es nnr ein etn-
siges MaU nnd zwar die Hauptstadt ein wenig besucht hat. Ich
habe, so lange ich Ant war, sechs ordentliche Epidemien ver-
■chiedener Art beobachtet: ottmlick iqi Jahr 1796 in Cleve, 1800
und 1802 in Goch, tU08 in deni jetzt niederländischen Grenz-
«tidtchen Gennep, 1810 und 1811 in Goch. Ueberdies habe ich,
mit Aasscblufs weniger Jahre, jeden Herbst mit Ruhren zu thnn
gehabt , nnd bei diesen sich nicht verbreitenden Herbstmbren man-
che merkwürdigere nnd belehrendere Fälle beobachtet als in den
«igentlicben Epidemien.
Bevor ich von dem Gebraoche des kubischen Salpeters spre-
che, nula ich nothwendig meine Beobachtung Ober die zwei ganz
verschiedenen Hauptformen dieser Krankheit voranschicken.
Diese zwei Formen. unterscheiden sich dadurch, dafs die eine
ein Ergriffensein des ganzen Dannkanals, die andere blofs ein
— 772 —
flrgriRcDaein des Mastdarmes ist. Wir wollen die erste also Darm-
ruhr uod die andere MaBldaritiriihr nennen. Vier der von mir be-
handelten EpidemieD waren Darmrahren; eine derselben, welche
ich als französicher Bezirksarxt, aber nicht als lilofs Bericht er-
Blatlender, sondern aU wirklich behandelnder beobachtet, unter-
■cbied sich von den drei anderen dadnrch, dafs im Allgemeinen
die Reizbarkeit des Dariiikanals bei weitem nicht so hoch gestei-
gert war als bei jenen, weshalb ich sie in der Mehrzahl klefs
mit der Tinktur der Krühenangen bellen konnte, und zwar im
Durchschnitt in acht Tagen, da in den drei andern Epidemien
fast die doppelle Zeit zur Heilung erfo 'ert wurde. Uebrigens war
sie auch, hinsichtlich der G'erahr und hiosiehtlioh der Schwierig-
keit der Behandlung, iiiit jenen nicht zu vergleichen.
Die zwei Mastdarmruhrepideinieu behandelte ich im Jahre
1810 und 181 1 und hatte damahia Gelegenheit, sie auch in ver-
schiedenen jenseits der Maas gelegenen Ortschaften zu beobach-
ten. Sie war dort gerade so geartet als hier.
Bei der Darmruhr ist der Darmkanal vom Magen bis zum Af-
ter ergriffen, jedoch wallet das Ergriffensein des Afiers im ersten
Zeiträume etwas vor, und offenbaret sich durch ganz kothlosen,
blutigen , Bcbrappseligen Abgang mit mehr oder minder StnhI-
zwang. , Die ganz reine Darmmhrforni , bei der gar kein Vorwal-
ten im Mastdarm St»lt findet, bei der diiankoihige Stoffe al^e-
hen, die, wegen eines consensnellen Ergriffenseins der Gallen-
gSnge, grau von Farbe sind, hat die gröfste Aehnlichkeii, ja
Gleichheit, mit einem gewöhnlichen fieberhaften Durchfalle. Sie
nnlerscbeidet sich von diesem blofs dadurch , data sie in hohem
Grade gefährlich ist, sie kann in vier Tagen tödien. Höchst wahr-
scheinlich ist sie aber wo] nie allgemein oder landg^ngig geuor-
den; ich habe zum wenigsten noch nie davon gelesen nnd sie
selbst nur in einzelnen, seltenen Fällen bei Darnirubrepidemien
beobachtet. Die diarrhoea maligna, von der uns Bartholinmt
eine kurze und leider sehr unvoUkommeae Beschreibung hinter-
lassen (Hiri. anatom. Oat. II Hitt, 65> scheint eine gans an-
dere Krankheit der Dfirme gewesen zn sein.
Die Maetdarmrubr sitzj blofa im Mastdarm , der übrige Dann-
kanal ist nur wenig, vielleicht nur miJeidlich ergriffen. Das ist
die Ruhr, von der die Schriftsteller sagen, dafs bei der -Besäe-
rung harte Kothklumpen abgehen.
Uebrigens sind die Zeichen , durch welche man beide Ruhr-
arten in dem Einzelfalle unterscheiden könnte, höchst unsicher.
Macht man aber von dar Mehrzahl der Falle einen Abzug, so wird
folgender Unterschied wol der Wahrheit am nicbsten kommen.
D,riz.dt,Güüylc
rläaf«:
MHBldariiiruhr.
t'orUufertcitrauDi
Wahret Ein bil drei Tage, o.ler «ul Ist «dir kurz. Wen« die Menschen
noch länger. Ei geltet entweder aui Murgea Unbeiiaglichkeit itu Bau-
grauer gebundener Koth ab, oder che fühlen, hahen sie Bui Abend
h Sgl ich kl
>r. Dabei im Unb«-
Mattigkeit, Hauch-
lerz , Ulier ein Gefühl von l''lau-
und Leere im Efigiutrio.
■chon die Ruhr mit blutigem Ab-
gänge, und Kenn sie abeudi so et-
»as fahlen, können lie ichou in
derselben Nactit, «der am folgenden
Morgen die Ruhr haben. Nicht we-
nige werden auch ohne die gering-
■te Warnung ergriffen.
Zeil
khei'taforni,
der Matt-
Erster Zeitraum de
bildeten Krankhe
ehni
rung.
I. DieStüfaie sind mehr oder min-
der hüulig, kothlos, dunkelblutig
mit Scbrappsel gemilcht. Die Men-
ge dei bei jedem Stuhle Auigeleer-
ten iit weit beträchtlicher all bei der
Maitdarmruhr. Wird die Krankheit
vernachläMiget , oder übel behau-
delt, 10 gehet in der Folge, abwech-
lelnd mit dem Blute, allerlei bunt-
gefärbter Schleim ab, nicht lellen
achleimigei gallertartige! Zeug wi«
dunkelgrünei Glai.
2. Der Stuhlgang int tuafiig.
3. Erbrechen ist häutig.
4. Abgeiehea vcu dem, jedem
Stuhle vorangehenden Bauchkneipen,
findet man heftige Bauchtch merzen
leiten. Der Bauch iit emptindlicb
fär die Betaitong.
5. Hamitrenge iit i
ZufaU.
I gemeiner
I. Die Stühle lind lehr häufig,
wol duppelt H hüulig all in der
Darmruhr. Der Abgang kothloi,
blafiblutiger Sehleim in geringer
Menge, oder blofa weifier Schleim
mit blutigen Streifchen durchiogcn,
oder hellrothei Walser mit weifiem
Schrappiel; leiten dunkelblutig mit
Schrappiel.
2. Der Stuhlgang iit heftig, und
kann von lelbit, oder durch üble
Behandinng bis suni Vorfalle dei
Maitdarmei gelte ige rt werden.
3. Erbrechen Hudet leiten Statt.
4. Abgeiehea ron dem, jedem
Stuhle Torangeh enden Bauchkneipen,
liDdet lieh ilarker, auhaltender
Baucliscbmeri weit hantiger. Der
Bauch ist jeilenfalli empfindlich für
die Betastung.
5. Harnatrenge gehört su den
ungemeinen Zufällen.
- 774 -
Zveiter Zettramn der lut- Zweiter Zeitraum der «n»-
geblldeten Krankheittfortn, gebildeten Krankheitsf orin,
oder Zeitraum der Mast- oder Zeitraum der Mait-
darmilSaang. darmlSsung.
■ ang.
I. Tritt bei einer urecIcmSfaigen
Behandlung den dritten oder riertea
Tag ein und e* erfolgt dünner, ko-
thiger Abgang. Ohne Diütfehler
kehret selten oder nie die Mutdarm-
EUichnürnng zurflek> sondern der
kothlge Durchfall bleibt fortan ko-
(big , mit Bauchkneipen vor den
Stühlen.
2. Nach der bisherigen Behand-
Inng hat man ungefähr lehn Tage
Werk, den dOnnflüMigen Abgang
gonndheitigemSiB m machen , vor-
auigesetzt, dais der Kranke nicht
früher nirbt. Bittere und tusam-
meni ich ende Mittel, Wein und Wein-
geiat Tcrmehren die Zahl der Stühle
und machen den Koth dünner, >o
da» man , nach der biehcrigen Wei-
se , fast blofi auf den Mohnsaft b«-
schrftnkt blieb.
1. Sein EiDtritt ist nnbestimm-
bar, er kann erst den lechiten, ach-
ten, Kchnten Tag, ja wol noch spä-
ter beginnen. Ea gehet dann ent-
weder nrdentlicb geformter, oder
breiiger Koth ab. Auch ohne DiÜI-
fehler kann aber' die Mastdarrosu-
■eboürang sich aufs neue einstellen,
und die wandelbaren, bald kotbi-
gen, bald blofs blutig schleimigen
Entleemogen k5nneu mehre Tage
abwechseln. Ist die Krankheit sich
selbst überlaaaen , lo Terbreitet sieh
der krankhafte Reis im Mastdarme
nach und nach über den gansen
Dsmikanal, erregt in diesem eine
vermehrte Ahionderung der Säfte
und eine renuehrte . wurm form ige
Bewegung, die sich durch dünnko-
thigen DnrohblE offenbaret. Auf die
Weise wird durch die Krankheit
selbst ein antagonistisch er Keii auf
die dQnnen Därme gebildet , der die
Mastdarm tu seh nnrung aufhebt Der
nach lang veriögerter Mastdarmlö-
Bung erseheinende dunnkothige Ab-
gang führt inweilen grofse, harte
Kothklnmpen aus.
2. Je kurier dieMastdarminschnü'
rung gewähret, je weniger hat man
mit dem Durchfalle au thun. Nach
gehobener Mastdarmauscbnürung ist
die Krankheit in vielen Fällen, gana
gehoben , es gehet dann gleich ge-
formter, oder breiiger Koth ab. Der
Durchfall aber, der bei lange rer-
■ögerter Mastdarm lösung überbleibt,
ist Euweilen hartnäckig. Columbo-
wurael, oder Catechu, besonders
letste, sind auagezeiehnet heilaani.
3. Bei ScAwangereu hab« i«h nach 3. In ivei Epidenien ImIm idh
«M eiata Mifafall gcMhen. fttof MlnRillc ^Mhen, und iwar
mit tädtlidiem Auigange.
Zeichen derGefahr uaddei Zeiehea der Gefahr and de>
nahenden Todes. nahenden Tode*.
1. Der Tod erfolgt immer inmwsi- I. Der Tod erfolgt im enten Zeit-
tMi Zeiträume der aaigehildotOR räume der asigeblldcten Kranliheitt-
KranLheitiform. Die letteaen Fäll«, form, oder in der Hittelieit tw\-
in denen die Natnr den enten Zeit- Mhen dem enten und iwetten Zeit-
runi gana überipringt, lind aehr räume.
gefUurlich, aber uioht jedenwit tüdC-
ITeh.
2. Eiskalte Uinde , die rieh wh % Kftite der Hinde stellt sich
FrÖsdie anflihlen, eind ein iicfaeres aach vor dem Tode ein,' aber et ist
Zeichen des unglückliehen Aiugan- nicht eine seliauderhafte Frosehkäl-
gtt. D\mf ZeitAen erseheint ei- te, sondern eine gewöhnliche, wie
. nen , ««oh «ol awei Tag« ror dam bei andern Sterbenden , auch «r-
T»de. scheint sie kurs ror dem Tode, höeh-
Rtena awdlf Stunden ror demselben.
leh habe bei einem einiigen diese
Kftlte wieder verschwinden und ihn
genesen sehen.
3. Manche Kranke rerbreiteukun 3. Dan aashaften Geruch habe ich
vor dem Tode einen unglaublich noch bei keinem Sterbenden bemerkt,
aaahaften Geruch.
4. Kindern istdieKraulilieitnicht 4. Kindern ist die Krankhrit,
gefährlicher als Efwach»enen. wahrscheinlich wegen der grdsieren
Rciabarkeit ihres Mastdarmes, sehr
gefUirlieh.
5. Ahe Leute (70, SOjahrige) und fi. Alta LcntenndjüagereSdiwäeh-
jiingere, welche bei Tol^oiuninar linge- laufen , wenn die Krankheit
Gesundheit von einer gani geringen sie ernsthaft ergreift, eben so gros-
GiAe geistiger Getrünke berauscht seOefohr; Aean Uohosaft rerschliro-
wecden , laufen , wann die Krank- mert die Krankheit , und die Laxir-
faeit aie ernsthaft ergreift, immer metbede, welche sie heilet, küreet
Gefahr. Die Heilung durch Hohn- die Danar an wenig ab , als dafs die
Mft ist bei diesen zum wenigMcn vn- Erhaltnng der Alten und Schwacdien
thanlich. wahrscheinlich «eia könnte.
Das lind nnn im AHg«in«inen die nntersctieideaden ZufUlle
beider Rnhrarten. Ich erinnere es aber ansdrücklich noch einmahl,
dafs in dem Einzelfalle sich sehr 9b«I die Art bestimmen l&fst.
Das wahrmjheiDlichste Zeichen , dafs man es mit einer Dannnihr
— 776 -
SU (hnti bab«! ut wol «in kothigei Darebfall im VorlSiifeneit-
rBunie ; ganz sicher iit aber diews Zeichen nicht. — BIs&blatiger
Schleim in kleiner Menge bei jedem Stuhle mit Blarken Zwange
entlefft, gibt die Venunihung, dafs man ei mit einer Masldarin-
ruhr zu (hnn habe. Dieaei Zeichen ist aber aaeh hScbst unsicher,
denn es findet sich zuweiiea bei ganz leichten Darninibren.
Bis jetzt gab es zwei HaaplheilnrieD der Rohr; die eine heilte
durch Mohnsaft, die andere durch Laiirmitiel. Ich spreche abvr
hier nicht von der ganz allen Medizin, denn die halle andere Ge-
danken, auf welche ich mich vorläufig nicht einlassen darf.
Einige praktische Schriftsteller verwerfen den Mohnsafi aU
ein Alillel, weldies die Krankheit nicht blofs nicht heile, sondMn
verschlimmere, ja lödtlicb mache, nnd-sie erheben die Laxir-
mittel als einzige wahrhafte Hülfe. Andere behaupten , Laxirmit-
tel verschlimmeren die Krankheit nnd nur Mohosaft heile sie.
Was kann man nun zu diesem Widerspruche sagen i — Wenn
man billig sein will , nur Folgendes. Die wenigsten Schriftstel-
ler haben Gelegenheit gehabt, die besagten zwei Uanptarten der
Ruhr zu' beobacblen , oder wenn sie selbige auch beubachiet, ha-
ben sie decb versäumt, auf das Organ zn achten, dessen Ver-
richtung in jpder Art vorzugsweise gestört war. Als Kryptogale-
nisten, du faeifst, als Leute, die da glaubten, es gebe nur Eine
Form dieser Krankheit, haben sie die Behandlung der Epidemie,
oder der Epidemien, die ihnen vorgekoniiiien, als allgemein an-
wendbar, wo nicht mit ganz bestimmler, doch mit also zu deu-
ten<Ier Rede gepriesen. HScbstens haben sie die phRntastiKche
Verse hiedenh ei t einer materiellen Ursache der Ruhr erwähnt , und
sie nach dieser, bald rbenmatisob, bald gallig, bald faulig be-
namset.
Abgesehen aber von der m&glichen Verschied enartigkeit der
Affektion des Gesammiorganismus , beruhet doch der für die Pra-
xis wichtige Hanpinntermhied darauf, ob die Affeklion des Ge-
sammtorganismui blofs im Mastdärme, ^er im ganzen Darmka-
nale vor walle.
Man mujji aber wohl bedenken, dafs die besagten zwei Ar-
ten der Ruhrform in ihren äubersten Enden swar sehr von einan-
der unterschieden sind, dafs sie aber durch unfnerkliobe Schat-
tungen sieb einander näheren können. Wenn es gleich wahr ist,
dafs es liarmrubr- nnd Mastdarmruhrepidemien gibt, so ist es
eben so wahr, dafs bei Darmrubrepideraien die Krankheit si^
in einzelnen , wenn gleich zuweilen wenigen Körpern , der Foim
der Mastdarmruhr mehr oder minder nähert, und dafs sie sich,
eben so bei Mastdarm ru hrepidem i en , in einzelnen Körpern der
Danurulir nShert.
Bei der Darmruhr, mit AusacUufs der leicblereii Art (wie
„,. , Google
— 777 —
ich V. B. iiu Jahre 1808 «rl«l)t), ist die Erregbarkeit des gatiEen
Dariukanala anglaublich gealeig;ert. Nach gelöster Siriklor ded
Maatduma, ja bei dem ao weit besehwicbiigieo Durchfalle, daf^
uchoD breiiger Kotb abgebel , kann ein einsiges Glas Weia , ein
wenig Pomeranzeniioktar , oder ein anderes unsohulHigea biileres
Mittel den Durchfall wie ein starkes Purgirmiitel vermehren.
Weon man dud in einen solchen kranken Darnikanal Laxinniltel
bringt, was kann davon Gnteg koiiiinen} Diene werden allerdings,
im emtsn Zeiträume gegeben, die Mastdarnisiriklur liKienj allein
was ist damit gewonnen? Bei dieser Ruhr sterben ja nicht die
Menschen im ersten Zeiträume, in dem der Masidarmsiriktur, son-
dern im aweilen, des kalhig«n Durchfalls, und wenn man dnrch
Lax.iruittel die ungeheuer erhöhte Erregbaikeit des OuruikanaU
noch mehr aufschraubt , ao wird man den koihigen Durchfall noch
weit rebellischer machen, und weit eher den Tod als die Gene-
• tuog des' Kranken befördern.
Beruhiget man hingegen duixb Mohosaft den krankhaft auf-
geregten Darmkanal, ao lafst in zwei bis vier Tagen die Musi-
darmstriktur nach nnd es erfolgt dänner kolbiger'Abgang, der nach
und nach bei dem fortgesetzten Gebrauche des Mohnaaftes, ge-
wöhnlich innerhalb zehn Tage, erst breiig und weiter fest wird,
wo dann die Krankheit beendiget ist.
Wenn nun die Brech- nnd Laxickor bei dieser. Ruhr barer Uo-
sinn ist, und der Arzt, den der üble Erfolg solch widersinnigen
Heilarl nicht eines besseren belehret , ein durch vorgefafate Meinun-
gen ganz vers^robener und verbündeter Kopf sein mufa , so ist es
aber doch auch eben so wahr, dafa die Mobnsaftkur zwar unter den
schlechten die bessere, aber übrigena nichts weniger als eine gute
und TuUkommene zo nennen iat.
Der Mohnsaft, man mag über dessen Wirkungsart eine Theorie
machen , welche man wolle , ist immer ein das Leben feindlich an-
greifendes Mittel; alte Leute vertragen ihn nur m sehr geringer
Uabe, ohne davon ein Gefühl der Mattigkeit, Hinfälligkeit and Be-
täubung zu spüren, und diese geringe Gabe reicht nicht hin, den
Durchfall zu stillen. Den vierzehntägigen , anhaltenden Gebrauch
des Mittels, den die Widerspenstigkeit des Darmkanals nBthig
macht, vertragen sie aber gar nicht. Auch unter den Menschen
von mittlen Jahren gibt es einzelne, die, hinsichtlich des Mohnsaf-
tes, den alten nnd abgelebten gleidi sind. Gewöhnlich sind diesea
solche, die bei vollkommner Gesundheit durch sehr kleine Gaben
geistiger Getränke berauscht werden.
Der Gedanke, den ich einmabl halte, durch gleichzeitigen Ge-
btttocb d«s Schwefelälhers die feindliche Wirkung des Opinms bei
solchen Körpern auEiuheben, war in Theai gut, bei der Aasfüh-
mng ergab sieb aber, um so viel icb die feindliche Wirkang des
— 778 —
M«hDtaft«s durch Aelher nMHimlliHfte, vim go viel benahm ich ibm
auch Mine den Darmkanal bBrnhigvnda Kraft; niiibin blieb icb,
biniichlllch der Heiinn; dorKnuikhsh, aof den nämlichen Punkte
Mehen, welche« dann anch aa nichts anderem als mm Tode füb-
ren marate. Ua nun ferner die Heilung der Rnbr dnrch Opiam
vterxehn Ta^ erfodert, go mnfs echon die vienehntigige , oft
bedenteude Aoileening, -das Fieber, die nScbilicbea Stühle, die
davon abhängende Störung der Nachtruhe, Menget an Efsltist, ond
die M gftnzlioh d am ied erliegende Verdauung, dafe nicht nlieo
dl* Speisen nach kurzer Zeit gana nnverflnden durch den After
wieder abgehen, manchen Menschen, vereint mit der feindlichen
Wirkung dee Hohnaaftei, verderblieh werden.
Bei jeder, maA der besten Heilart, kann ein nnvoibergBaebe-
nar Zufall, alte Fehler der Organe, oder die Unmöglichkeit, die
dienlichen Mittel zweckmifsig anzuwenden, wol einmal den Tod
eines Krankra befördern, ohne dafs dieses gegen den Wenh der
Heilart senget. Wenn aber der darcfa allgemeine Beobachtung des
belebten Menschenleibes beiebne Verstand von einer Heilart vor-
her einsiehet, dafs ein Theil der Kranken, sei ea audi oar der
kleinste, nnmftglich durch selbige kÜane erhalten werden, so uiufs
man eine solche Heilart doch mit veliem Reohte eine krüppelbafle
und unvollkommne nennen.
Dieses Unheil, über die Opinmbehandlung der Ruhr, könnten
manche Leser als die Fracht meiner Eigenliebe ansehen, denkend,
ich fShle einen geheimen, mir selbst unbewofslen Drang, dem von
mir in die Medisin eingefQbnen Mittel, dem kubischen Salpeter,
durch Vemnglimpfung des Mobnsaflea den Vorrang m verschaffen.
Diesen Lesern belheure ich aber, dafs zehn Jahre, bevor ich vom
kubischen Salpeter auch nur das geringste mehr wobte, als ans
der Scheidekunst seinen Namen nnd seine Besiandiheile , ich das
nfimliche Unheil über die Opinmbehandlnng, in «nem Buch«, wel-
ches ich damahls nber die Ruhr geschrieben ( was aber wol den
wenigsten meiner Leser bekannt sein wird ) nicht zweifelhaft, son-
dem bestimmt ausgesprochen habe.
Jetzt wollen wir von der Mastdarmmhr reden.
Hier waltet die Affektion des Gesammtorganismus im Mast-
darme vor, der übrige Darmkanal ist wenig, vielleicht blofa con-
sensnel) elwas ergriffen, mithin ist die Erregbarkeil des letzten
anch nicht sonderlich erhShei und in manchen Fallen vom Nor-
raalstande wenig verschieden.
In den Därmen findet unwidersprecblich ein Enlgegenstreben
zwischen dem Mastdärme und dem Übrigen Danukanale Stall, und
swar so, dafs im gesunden Zustande die Wirkung des Mastdarmes
immer etwas das Uebergewicht hat. Bei der natürlichen gesen-
den Darmausleerung fühlet jeder zuerst eine venuehne Bewegung
— 779 —
IQ der Mitte de« Baachw, ulso in deo dBaoen Dfiraea, dadurch
wird die Schlieliaiig dei Mastdarmes überwniideii and der Kotb
fortgetehafft. Wäre dieses EntgegeBstrebeii nicht, so tfnrde der
Keih ja anhaltend von dem Menseben laufen.
Durch die krankhaft vermehrte Wiriraeg des Mastdarmes ist
dieses regelmäfsige Verhällnifs der bewegenden KrHfte des Darm-
kanala gestöret * so, dafs wenn der Henaeh Mahnnog sam Stuhl-
gänge spüret, die, solche Mahnung veriiruchende vermehrte Be-
wegung der Dünndarme die krankhaft vermehrte Schliefsung des
Masidarmea nicht überwinden kann; daher wol Drängen zun Ab-
geben im Mastdärme und Abgang von Blut und Sebleim ans die-
sem Organe^ aber k^n Kothabgang.
Beicben wir nun I^axirmiilel, so reisen diese, wenn es nicht
eigentliche Purganzen sind, aiisschliefsluh die Dünndärme, weni-
ge den Grimmdum, und gar nicht den Mastdarm^ Sie vermeh-
ren aliO die wnrmföruige Bewegung der DünndSrmB, und durch
diese känsilich vermehrte Bewegung wird das gestörte Verhälinifi
swischen dem Mastdarm« and dem übrigen Daimkanale gewaltsam
wieder bergesleUet, die ZuSammeoziehung des erslea überwunden
nod die Ausleerung des Koilies erzwungen* So geschiebet nun. die
Heilung der Maatdarmruhr durch Laxtrmitlel.
Jeder verständige Arzt «iehet leicht ein, dafs. diese Heilart
nicht eine gerade, aondern nne gegneris«J]e {aniagoaiitiscbe) ist,
und dafs sie auch nnr in der Mastdarmrubr mit Vonbeil angewen-
det werden kann, weil in dieser die Därme, und wahrscheinlich
auch der Grimmdarm nicht iwdeniend erkrankt sind. Man braucht
hier nicht, wie bei der Darmruhr, zu fürchten, dafa man die krank-
haft gesteigerte Reizbarkeit der Dünndärme durch den knnatlicheo
Beil der Laxiimillel nodi melir steigere und die Krankheit gar
inr unheilbareD mache, weil man es mit keiner krankhaft ver-
mehrten Reizbarkeit dieses Organs xa thun hat.
Dafs früher manche Aerste sich eingebildet haben, solche durch
I*axirmittel heilbare Bahren seien gallig, und die Laxirmitlel hei-
len durch Entleerung der scharfen Galle, ihnt nichts znr Sache.
Man mirfs die Erfahrangen der Aerzte beachten, nicht ilue meist
vom Geiste der Zeit abbangenden Ansichten.
Wenn es uns aber, die wir verUandbafl, blofs nach rerglel-
chenden Beobachtungen die Sache beurtheilen, gans gleichgültig
sein kann, wie jene Aerzte theoietisirt haben, so können wir doch
nicht läugnen, dals die seltsame Meinung von einer in den Där-
men liegenden acharfgalligen Rnbrursache, tbeiU der richtigen' Ad-
wendung der andeeranden Mittel, als anlagenistis^^er Reizmittel,
Eintrag thun, theils (was das Bcblimmste istj andere Aersteingni-
fse Täuschung stürzen mnftte. Diese Tänschang geschah auf fol-
gende Weise.
— 780 -
Gerad* bei der Dananihr, in der (fie Lunirmiitel gnr nicht
pasRen, leheii wir am ersten salche Stoffe von dea Menachen ge-
hen, welche die Meinung von einem galligen RuhrstolTe zu besttt-
tigen Ncbeinen. Weil hier der ganse Darriikanal erkrankt ist, wird
das gallenabsondernde Organ am leichtesten miileiHltch ergriffen;
daher schon im VariBaferseiiranme graner, koihiger Abgang. Im
X\teiien Zeiträume der an ige bildeten Krankheit lAfat frfiher oder
^kAier diese niiileidliche Zaiammenxiehnng der GallengAnge nach,
dann ergiefat sich eine gale Ponion dunkelgrüner Gall.e in die
Därme, die, mit dem Darmschleime TPrmischl, znweileD wie dun-
kelgrünes Glas anasiehet. Je widersinniger die Krankheit vom
Anfange an behandelt wird, am so l&nger wShrt die miileidlirlie
Zgsammenschnüning der Gallenginge, and ym so reichlicher ist
in der Folge bei der Lösung derselben die Gallenergiefsimg.
Da aber diese Gallenergiefsung im zweiten Zeiträume der
Krankheit, wo schon die Lösnng der Maslrfarmsuschnüruog ge-
schehen ist. Statt findet, so wird begreiflich, wegen der stark ver-
mehrt«n wurinfarmigen Bewegung der Därme, der gallige Sloff
schnell genug fortgeschafft, nnd eine künstliehe Anspornung des
Dnrmkanals ist weit eher sehKdIicfa als nätslich. Meine Leser wer>
den mir aber ingeben, dafs der Anblick stflcher garstigen dunkel-
grünen Stoffe die Meinung von einer Bcharfeo galligen Ruhmrsa-
ehe maaehen Aerzleo sehr etnlenchlend ma^en und sie in einen
grofsea irribnm verstricken mufstei
Da onn bei der echten Mastdarmmhr die Laxirmiilel, als an-
tagonistische Reizmittel auf die Düno'tArine angewendet, wirkliehe
Heilmitlei Biad, so fragt ea sich Jetat: ist diese antagonistische
Heilari eine vollkommnet Ich anlworle darauf; sie ist nichis we-
niger als vollkommen. So wahr es ist, dafs die Heilung der Darm-
ruhr durch Opium unvollkommen ist, eben so wahr ist es auch,
dafs die Heilung der Masidarmnihr durch Laxirmittel unvollkom-
men ist, Jedoch gilt von der letzten, was von der ersten gilt,
ue war bei dem bidierigcn Stande unseres praktischen Wissens
die beste unter den schlechten.
Wie es leichte Darmruhrepidemien gibt, deren ich, wie ge-
sagt, selbst eine behandelt habe, so wird es ohne Zweifel auch
wol Mcbte Mastdarmruhrepideraien geben. Ich selbst habe zwar
keine bebandelt, der ich diesen Beinamen hKlIe geben können;
aber einzelne leicht« Fälle in den behandelten Masidarmnihrepi-
demien, und einzelne leichte Fälle in Herbsten, wo die Rnhr nicht
überhandnahm, lassen mir keinen Zweifel, dafs es solche Epidemien
geben fcSnne and wiiklicb schon gegeben habe. So ist die Ruhr,
welche ZimmerMutm» beschreibt und für eine gallige hält, eine sol-
che leichte Masidarmnihr gewesen. Bei leichten Masldarmruhren
wird man das Unvollkommne der Brecb-, oder Laxirbehandlung
_ 781 —
hiebt gewahr, imtm ein |Ninrtligiger Gebraaeh tchuBcher Laxinuil-
■el hebt die ZusantmeoiiehuDg des Mastdarmei, also auch Blut- und
SchleiiiinbgaDg , es. erfolgt breiiger, oder selbst steifer Kolb, und
■ die Kiankbeii ist gcheilet- Ein Lobpreiser der Brecbniiiiel wird
auob bei solchen Kuhien oA Gelegenbek finden, die Wundernir-
kung seines AtJheils beaüiligel ku sehen. Wer aber Erfahrnngen,
die er bei leicbien Musldarutruhrepideiuien gemscbl, als bei ernst-
haften anwendbar anpreisen wollte, würde sich dadurch scblechfea
Dank von den Praktikern rerdienen.
Niemand, der es nicht selbst erlebt hat, stellet es «ich vor,
wie ungeheuer da» Mifst erhälinifa zwischen den bewegenden KrAf-
len des Oarrakanalea sein kann. Ganz wilde Laxirinitie), als Mit-
lelsalze oder Si^wefel (leixter ist ja auch schon gegen die Ruhr
empfohlen) helfen nicht, sie lösen nicht die Schliefsung des Mast-
darmes, heben nicht den St.ihlxwang, mindern nicht die zahllosen
StQhle. Ich habe oft von einer achlunngeo Abkochung einer hal-
ben Unze Senoesblfttter mit einem Zusätze von einer, auch wol .
von awei Urnen Glanbersali stUndlicb einen L9äel voll nehmen
lassen, und die Flasche wurde fast gans verbraucht, ehe die Zu-
schnüfuog des Mastdarmes oacbliefs und koib ig er Abgang erfolgte.
Wenn der nun erscheint, so ist die Suche aber noch nicht abge-
than, sondern ehe man es sich versiehet, Iriit Zusammen xiehnng
aufs neue ein und man ist wieder auf dem nämlichen Pnnkle, toh
dem man ausging. \ua mufa man abermaMs Laxirmittel so lange
reichen , bis kotbiger Abgang erfolgt. Die Frende währet aber
auch nicht lange-, der Mastdarm schliefst sich abermabis, und aber-
nahls mnfs man zu den Laxirmitteln greifen. So kann man acht»
sehn, ja wol vierzehn Tage laviren, ehe das arzeneiiseh erzwunge-
ne Gleichgewicht zwischen dem Mastdarme and dem übrigen Darm-
kenale gesundheiisgem&fs, das heilst, ohne arzeneiische Xachbülfe
normal bleibt.
Ek könnte aber jemand denken : sobald durch das erale L»-
xirraittel die Zusammenziebung des Mastdarmes gelÖset sei, brau-
che man Ja nnr das nämliche Laxirmittel anhaltend zu reichen.
Durch fortwährende Einwirkung des gegnerischen Reizes auf die
DünndSrme müsse der rebellische Mastdarm am ersten zum Nor-
malstande znrfiekgebracht werden.
Das lautet allerdings sehr verstKndig, ist aber in der Wirk-
lichkeit nicht ausführbar. Die Miitetsalze, welche nicht blob an-
fänglich, sondern auch anf die Dauer blofs die DnnndSrme sn rei-
zen scheinen, sind, wie gesagt, bei ernsthaften Mastdarmruhren ZQ
unmftchlig. Die milderen Laxirmiltet aus dem Pflanzenreiche, na-
mentlich Sennesblüiter und Rhabarber, prickeln anfKnglich auch
blofs die Dünndärme zur vermehrt«! Bewegung, läfst man sie aber
einen Gesiiudeo, d,es8en Mastdarm nnr etwas ungewöhnlich reizbar
— 7» —
ist, aobaltend gebraucheo, so reiten aie in Verfolg« «adh den
Grimm- and Maatdann und Ternrtachen mehr oder minder Stuhl-
xwang. Rhabarber ihat dieses aber leichter als Senneafolätier. Man
brancht sich also nicht zn wandern, wenn das Laxirroittel, welches
die Menge der blatigen Stühle wie durch einen Zanber mindert
and rielleicht auf ein Viertel der Zahl zurückführet, beim anhat-
teoden Gebrauche das Gate, was es bewirkt, wieder selbst auf-
hebt. In diesem Umstände liegt die praktische Xotfawendigkeit,
den Gebrauch der Laxirmiitel auszusetien, sobald sie dia Zasam-
menziehung des Mastdarmes gelösei haben. Nur wenn man den
antagonistischen Reis anf die Dünndärme Terflanen und die Zusau-
meniiehung des Mastdarmes anfa neue encheinen sieber, mafs nwn
leiste nicht überhand nehmen lassen, aendem ^eieh wieder za den
Laxirmitieln greifen, und so fonnrbeiien, bis die Krtmkbeit gv
hoben Ist.
Die Heilung geschiehst in folgender Ordnung. AafBoglidi ist
. der anf das antagonistisch wirkende Laxirniittel folgende Zeitraam
der Erleichterung kurs, nach und nach werden die gnten ZeiirSa-
me aber iminer Unger nnd gehen endlich in Gesundheit über.
Non üefaet, denk« ioh, jeder verständige Mann ven selbst ein,
dafa diese Heilart eine hBcbst onvollkommne ist ; denn einmaht ist
die Mastdarmruhr zwar nicht durch die Masse der eadeerten Sftfie
(wriche vielmehr gering ist), aber wol durch den beständigen Drang
xom Stuhlgänge, dorch die gestörte Nachtruhe und in manchen
Fällen durch starke Bauch seh merzen Alten, Kindern nnd Schwa-
chen hdehst verderhliefa; mm andern ist die Zeil, die «i ihrer
Heilung erfodert wird, die aber so wandelbar ist, dafa ich nicht
einmahl eine durchschnittliche anzugeben wage, in manchen Fäl-
len zn lang, als dafs Alte nad Schwache sie überbringen kännlen.
Mohnsafteinspri&nngen in den After raü£alen, könnte. man den-
ken , den antagonistischen Reia der Laxirniittel anf die Dünndäi^
me herrlich unterstützen nad das Gleichgewicht swischen den be-
wegenden Kräften desJ)annkanals gar bald wieder herstellen. Gut
lautet dieses freilich, ist aber bei der Uebong nicht so zaverlSssig
ala es den Schein hat, und überdies bei umgreifendeQ Epidemlsa
im Allgemeinen kaum anwendbar.
Der Mastdarm iat in vielen Fällen so reiEbar, dafs die einge-
spritzte Flüssigkeil gleich wieder herausgedrängt wird, nnd wenn
sf« aaoh ein wenig im Mastdarm bleibet, ist doch di« Zeit ihres Ver-
bleibens gar zn kurz, ala dafs viel Heil davon za erwuten wäre.
In einigen Fällen habe ich bei den MasidarmmhrepidemieB die
M«hnsafleinsprilznng«n mit Vortfaeil angewendet, in den meüMsn
aber ohne Nutzen.
Eb scheint, dois sie bei der höchsten Steigerung der krank-
haften Reizbarkeit des Mastdarmes, wo sie gerade an nSibigsten
Min wGrden, naanweDdfaar sitid. Wären rie aber auob nlrklich
in Jedeiu Falle anwendbar, %o wnrda doch bei einer ordentlichan
Epidemie schon die Zahl der Kranken den allgemeinen Gebraach
derselben untfaunlich machen. Im Jahre 1810 z. B. nahm die Ruhr
■o acbaell im hiesigen One fibeihand, dafs aie acht Tage nach
ihrem ersten Erscheinen «chon in vierrig HSasem , nnd in man-
eben derselben mehr als Ein Kranker war , weldie Zahl begreif-
lich weiterbin noch Terinehrte. Wenn man nan bedenkt, dafs ei-
ne einmahlige iSgliche Einspriizang w^en des gw ktn-Eea Ver-
weileos der Flüssigkeit im Masidanne wenig nntxen kann, naa
also mehrmahls tags einspritzen mnfs, so würdeinan wo! beson*
dere Spritzmeister ndibig haben. Wir haben hier zwei Wuadän^
le, und daran hat Stadt und Umgegend übrig genug. Wenn nun.
fnnfsig Ruhrkranken viermabi tags Opium sollte in den Mastdarm
gespritxt werden, so müfate jeder Wnndaral hundert Einsprtlgnn^
gen täglich verrichten, dabei aber auefa seine gewdhnliebeB Ge>
■chHfle ia Sudt und Umgegend versehen; wie wQrde das mSglich
sein* Femer wfirden auch dem geringen, ja manchem Mittelbar-
g«r die Kosten einer aolchen Spriiakar viel za hoch nnri nner-
schwinglicb sein. Nach aoserer Preufzischen Taxe kostet das Se>-
zen eines Klystirs acht bis zwölf Groschen , mithin würden vier
Einspritzungen tSglich über einen Thaler kommen; das können die
geringen Leute nicht bezahlen.
Die Verscfaiadenbeit der Meinungen, hinsichtlich der Einsprii-
sang, bangt, meines Eraohiens, roa der Art der Krankheit ab,
welche die Aerste behandelt haben. Ich selbst denke seit den
Epidemien von 1810 und 1811 anders darüber als früher. Die
Aerste der alten Welt, deren Einapritanngen aber meist ia schlei-
migen, oder in zusammenziehenden Dingen bestanden, waren utrier
sich auch nicht eroig; so ist Balimtint z. B. gegen die Klystire«
aber seine galenischen Gründe scbeiiaen mir etwas albwn md ich
mag sie nicht nacherzählen.
Iiieber will ich versuchen, meinen jüngeren l«Beni die Un*
möglichkeit einer Heilung der Mastdarmnihr durch Uohnsaft be-
greiflich zu machen. Vorher bemerke ich aber nochmals , daft
nnser dqrch Beobachtung belehrter Verttand beide Rahrarfen un-
terscheiden kann, weil sie sich streng geschieden in der Nalor
finden, weil in einzelnen Epidemien die eine oder die andere nicht
eiabildisch , sondern so deutlich vorwaltet , dais bei einer Mast-
darMurofarepidemie die DarmmhrfBlIe seilen, und nmgekebrt, bei
Darmnihrepidemien die Mastdarram hrfölle selten sind. Dieses vor-
ansgeselzt, mnfs man aber nicht glaaben, dafs sich die Natnr im-
mer so strenge an eine solche Scheidung der Formen binde; es
gibt vielmehr unberechenbare Scbattuogen zwischen beiden, and
auf dieses Ine inand erschmelzen der beiden Formen gründen sich
— TW —
wuhrndieinlich die verichiedeneD HflilarteD venchiedener Aenle;
vorausgeaelst , düfs nma oicht manches anf Rsoboang d«H wandel-
baren SEeilgeistfls und auT die von aelbigem abhängende tbeilichl*
Verkrüppeliing des Srzilichen Verstandes schreiben will.'
Ich kann mich unmöglich auf die Mittel- nnd Uebergangafor-
men der beiden Rnbrarien einlassen, sondern daif, um den jünge-
ren Leiern denilicfa xu bleiben, blofa von derjenigen, Masldarm-
rnhr sprechen, welche mir am häufigsten vorgekommen. So bald
ein Arzt sieh die swei Hauplformen deu'lich denkt nnd ihre Heil-
arten zu würdigen weifs, wird er $ieh ohne viel Mühe in alle Mit-
lelfonnen xu finden wissen. Denkt er sieb itber jene beiden For-
men nicht deutlich geschieden, so beklage ich ihn wenn es lom
.Treffen kommt. Er wird thun, was der eine Schriftsteller rüth
nnd was der andere rüth, nnd das Ende wird, sein, dafs er alle
Schriftsteller xum Henker wünscht and sie fiir Lügner hält, oder,
hat er-eine h&fliche Natur, für ftrEiliche SeiliHnzer.*)
Nun zar Sache! ich stelle folgende znei Sätze fest.
1) Der Mohnsanft mindert die wnrnifünnige Bewegung der.
Därme nach unterwärts , welch« Bewegung eine nothwendige Be-
dingung der Bauchentleernng ist. — Dies ist ein auf blofser Er-
fahrung beruhender Satz; keine sogenannte Theorie über die Wir-
kungsart des Opiums kommt bei demselben tn Betracht.
2) Der Mohnsaft mindert diese Bewegung gleichmSfiig im gan-
zen Darinkannle, nicht |msgesch1ossen den Mastdarm.
Diesen Satz kann ich selbst nicht als einen streng wahren
ansehen, denn das Opium mSchfe wo] vorzugsweise in den dünnen
Därmen seine den Molum perüfaftictim hemmende Wirkung än-
fsem, weniger in den dicken nnd unter diesen am wenigsten im
Mastdarms. Da aber das Problematische, was in dem Satze liegen
uiüchte, jedenfalis nicht gegen, sondern für meine auszulegende
Ansicht spricht, so verzichte ich freiwillig auf diesen Vorlheil,
und nehme, der gemächlicheren Anlegung wegen, den Satz als
einen unbeschränkt wahren an.
*J E. SImJU in ■•inir Dintriali» ät D^nUria tagt: PUnt»tra liirmrmm jkM
MUpßtlHMl, fit( dittrlt atqnr tonfiäemtiutmt fTameribant, non telitm fMid im
gHibatlittt, tt iMpriatü d(fficilltna qaalibet, m»rbi* , agert comtuial; tei
tllam quitui maternt teu mtdicatnentit iUud errlo perpetrari poitil : nte
ibi fert pinaria aligaa, ted abundanlia (nvenitur, hI vgl ipia eopia fatü'
dlitm faeert videalur, aal certe perplexam tl inrerfHM reddert pattO.
tlaamd« vero eput lande» «U veritatt premiitomm, tt mrgemt mtrÜ!
vama ibi vtl »miiia, vel tertt imptditlfima , gravUer prortnt eanfamltr*
anlMum , tt palieatimii imprimU, nom magit extptctationif guai» praedpue
mtttuitati dtttit , tnltemm omm'modo ttl et mtrflo duUndum. Sgllte nin
nicb dieiar, treBends Wibrticit cnlhtllcDden Red« nicht denken, der gclahrl«
Varfasier toBus, hinsichlliob der Rabr, atwai f»r VurlrelBiches and praktixah
Brm«iUara| Im BintertasUe hsbear —
— 7M —
Ich will nim, um jedem dmiHeh m wMdeo, daa VarhUlinirs
zwiBchen der Bewegung des Mastdarmes and der des übrigen DarA-
kR&al« in wilUcm-ltchen Zahlen danteltea. Die Gröfse der Bewe-
gDDg dM MaaldaniieB «ei gleich 10, die des GbrigeD Darnikanals
gleich &, die tägliche Vermfndening dieier Bewegung durch dem
Opium^brenreh gleich 1. DieMB nvn voraaigetetzl , würde sich
eim Mastdarmrnhr bei dem Gebrauche des Mebaxafies innerbidb
fTraf Tage folge ndermalseii- gestallen.
Tag Darmkanal Mastdarm
1t«r := 4 — 9
& ^ U unbestimmbar.
Wollte man denken, sobald die Bewegung des Darmkanals
aof Nnll gebracht sei , müsse die des Masidätmea ^ 5 sein, so
Mürde eich dieses nur als wahr bestätigen , wenn kein Ant^ottit-
iiiua zwischen dem Mastdärme und dem übrigen Darmkanale Statt
fandff. Weil dieser aber wirkKeh Statt hat, au matn vielmehr eine
unberechenbare Vermehrung der Bewegung dlmreten.
Wenn die eine HSifie des Gesichtes gelühmet ist, so sehen
wir, dafa die gegnerischen Muskeln das Gesicht schief ziehen, und
zwar ziehen sie es so weit herüber, als sie hinsichtlich ihrer Ein-
pHanziingcD es vermögen. Die Muskelfasern des Mastdarmes sind
aber, mit Ausnahme des Snfseren Schliefsinuakels , keinem Kno-
chen eingepflanzt, mithin mufs, durch Anfhehen der Wirkung ihrer
Gegner, die Vermehrung ihrer krankbafien Bewegung ganz unbe-
rechenbar sein.
BeMftliget sich dieses nnn wirklich also in der ErfabniDgt
Allerdings, werihe AmiBgeBoewn ! es beslätigel sieb. Sobald durch
Mobnsaft' die Bewegung der Ofirme (wabrscbuiilioh der Dünndär-
iwe) auf Null gebracht ist ,- wird die Wirküng^ des Mastdarmes so
heftig, db/s ' gar nicht mehr von eine« Zahl der Stühle die Rede
sein kann, soodern dafs sich' der Kranke in einem unanfhörlichen
Smhlzwange befindet. Siebet d«r Arzt alsdann den Mifsgriff noch
nicht ein, liiht reizt er nicht durch ein Laxirmiitel die Dünndärme
zur gegnerischen Bewegung, so aiülfit sich der Mastdarm um und
wie haben deti Voi^aU desselben, wodurch aber begreiflich der
SliiUtwang nicht gemindert wifd. Ich selbst habe einen tüchtigen
Prolapmm noch nicht beobachtet, was ich der Art sab, war Klet-
nigkeitj aber vor vielen Jahren hat ein junger Kollege, der, nach
seinem eigenen Geständnisse, übel mit der Krankheit fertig wer-
den konnte und der den Schriftalellern auch eben nicht viel Gu-
" 5« O"
— 786 -
IM nachaagie , mir dluea ZaMand ab einen sehr klflgli«ben be-
achriebea.
' Ich glaube, dafe i^ jetzt meinen jüageren Amisgenoiaen die
UnniSgridikeil, die Maeidarmruhr dnrch Mohnsafi xn heilen, ganz
anschaulich gemacht habe, und (tafs sie nun um ao beeeer das. ver-
stehen werden, was ich noch über diesen Gegeniiand xn sagen
habe. Die Tollkeinmen rein» Maatdamiruhr , bei der die Püan-
dftnne gar nicht, sondern nur einzig der Masldarm erkrankt ist,
kann wo! durch eine einzige Gabe Mohnsaft ganz uirglaublicb ver-
mehrt werden. Eine mir nahe berreundete Frau, die mehre Jahre
vorher die Darmruhr im VorlSuferzeilranme auf meio Anreihen
durch Mohnsfift unierdrückt halte, veriucbte einst, da die Mast-
darmrubr herrschte, und sie die ersten Spuren der Krankheit an
sich gewahrte, das alte KunslBiück, welches ihr früher so gut ge-
ihao. Sie haue einen grofsen Abscheu vor der Krankheit , und
weil Hie mich, da ich aufiieriialb der Stadt beachfiftiget war, nicht
erat befragen konnte, nahm sie, um keine Zeit zn verlieren, eine
ganz ni&fsige Gabe Mohnsaftlinklur. Etliche Stunden nach dem
Einnehmen sah ich sie; sie halle aber schon einen solch furcfat-
baren, an erträglichen Sluhlzwang, dnj^ sie wie wahnsinnig int Zim-
mer herumlief und um Hülfe schrie.
Bei solchen vollkommen reinen Masidarmnihren, die aber
lerhälinifsniüfsig seilen sind, jedoch bei weitem nicht so seilen
als die vollkommen reinen Darmruhren, wird ans die Schäd-
lichkeit des Opiunigebrauches im eigentlichen Sinne aufgedrungen.
Allein, wie ich oben gesagt, in vielen Fällen sind die Dünndärme
ein wenig mit erkrankt, und dietie Falle sind, hinBichtlich des
Mohnsaftgebrauchea, am tänschendsten. *)
Hier siebet man anfänglich, so lange die Bewegung der Dünn-
dSrme nicht ganz auf Null zuriickgebrachl ist, die Zahl der Stühle
durch das Opium tfiglieh minder werden, ist aber nach- etlichen
Tagen die Bewegung der Dünndärme auf \ull gebracht, so tritt
das' ungehenerste Mastdarmleiden ein. Wie ist es mitglich, denkt
da der Arzt, dafs ein Mittel, welches zwei, drei, vier Tage- die
Krankheit gemindert hat, sie auf einmahl ungeheuer verachlimnem
kann? Wie es dieses kann, habe ich so eben durch Zahlen au-
genscheinlich gemacht, und absichtlieh einen Fall von nicht voll-
kommen reiner Mastdarmrubr dargestellt, wie solche Fälle mir
bei den Epidemien durch die Bank vorgekommen sind. Jeder üe-
bel leicht ein, dafs die Zeit der eintretenden Verschlimmerung von
dem Grade der Erkrankung der Dünndärme abhängt. Je geringer
*) Ob t« «nlch«D Füllen die Erkrankung der DünadSnne eine blofi couentaelle
••i, will ieb aielil eDtfch«id«D ; •■ Iumb licb GrSade dirür nod dawider aat-
— 787 —
dieser Grad ist je eher wird die Bewe^ng derselben anf Null ge-
bracht and je eher iriit das farchtbare Maatdarinlei den ein. Je
grftfser dieser Grad der Erkrankung der Dünndärme Ut^ um 80
Hpftler erscheint das Mastdarmleiden. Es versiebet sich aber von
selbst, dHfg hier eine gleiche Gabe Mnhnsaft Toraasgeselzt wird.
Im Jahre 1SI1, da die Masldannruhr, nachdem sie hier ans-
gelobt, das jenseitige Maasafer heimsachle, wurde ich dort zn ei-
nem zehnjährigen Kinde gerufen, am über den bedenklichen Zu-
stand desselben mit einem jüngeren Amlagenosien mich zu be-
sprechen. Dieser Arzt hatte sich, wie er sagte, bei einer frü-
heren Ruhr von der Schüdlicbkeil der ausleerenden Mittel und von
der Heilsamkeil des Mohnsaries durch eigene Erfahrung ilberaeagt.
Auch hei dem Kinde, worüber wir uns jetzt besprechen sollten,
war in den ersten Tagen auf den Gebrauch des Mobnsaftes die
Zahl der Stühle vermindert. Statt dafa aber, wie bei der Darm-
ruhr, nach etlichen Tagen die Zuaa m mensch nur nng des Mastdarms
sich lösen und Kothabgang erfolgen sollte, war ein heftiger Stuhl-
zwang eingetreten. Jetzt war der achte Tag der Krankheit and
das Kind hatte schon vier Tage in dieser Presse gelegen. Von
der Zahl der-Stnhle konnte nicht mehr die Rede sein, anch nicht
mehr vom Gebrauche des Nachttopfes oder Steckbeckens; der nn-
aufhörliche Drang nöthigle dag Kind, die achleim igblutigen Ruhr.
Stoffe auf unlygelegte Tücher zn entleeren.
Da ich meinem Kollegen den Vorschlag that, der Kranken
eine Abkochung von Sennesblätter mit Seignettsalz zu geben, so
sab er mich befremdet an, glaubte, das Laxirmiitel müsse wie bei
der Darmruhr die Stahle vermehren, und da in dem vorliegenden
Fall diese Vermehrung schon ,von seihst aof den höchsten Punkt
gekommen, werde es durch seinen Reis einen Vorfall des Aftett
verursachen. Nachdem ich ihm aber ehrlich geaianden, dafs ich
früher zwar der nämlichen Meinung gewesen ,• später aber, durch
Erfahrung besser belehret, wisse, dafs, vermöge des, zwiachen dem
Mastdärme und dem übrigen Darmkanale Statt habenden Antago-
nismus, die Laxirmittel, mit Umsicht als gegnerische Reizmittel
gebrancht , nothwendig die Zahl der Stühle vermindern mBfsteo ; •
so war er, von Natur verständig ond w^abegierig, nicht blofs wil-
lig, meinen Vorschlag anszufilhreo , sondern selbst neugierig, die
verheifsene Wirkung des Laxirmittels zn sehen. Erfand auch her-
nach rollkommen meine Berechnung bestätiget, ja er versicherte
mir, der Stuhlzwang habe schon «in wenig gemindert, kurz bevor
die Wirkung des Laxirmitiels sich durch kotbigen Abgang sicht-
lich offenbaret habe. Daa Kind ist auch wieder recht geannd und
bald gesund geworden; denn die Ruhr, an der ea liit, war nicht
von der schlimmsten Art, sondern halte blofa durch den Mifsbranch
dea Mohnsaftea ein solch bösea Ansehen , bekommen, —
50 * O"
— 7S8 —
Denen meiner Lmm-, welchen meine, auf blofse Bsobachluag
Am im DnrmkanalB Statt habenden Antagonismus ilch itülMsde
RcklKrung der Heilwirkung der Laxirniiltel und der UnmdgUtUeit
einer Heilung der MaBtdarniruhr durch Mohnsafl wenig gefallen
möokle, gebe ich gera lu, dafs vielleicht jeder Andere eine weit
«oharfaiBnigere Erklärung vortragen känne; alle Anslegangen je-
d»ch , die btofs dea Scharfsinn der Ausleger bekaoden , ohne deo
Praktikern die wirkliche Heilung der Krankheit zo erleichlera,
•ehe ich als ein antxloses Veratandesspiel an. Jeiat, nachdem ich
»Un Nöihige vorausgeschickt, werde Ich von der Heilung der Rohr
durch kuhisoben Salpeter reden.
Es ist nicht neu, dafs man die Ruhr für eina Affeklioo des
Geiammto^oniamus (für ein Fieber) hält und «lie Bancbleiden für
eia VorwallMi dieser A&ektion ia den Därmen (für Symptom des
Fieheca). Von den älteren Sehrifiatellern, die dieser IVieinung waren,
neoae ich nnr den aUbekaunen St/deniam. — Da aher die Aen-
te kein Mittel kannten, mit dea sie, ohne den reizbaxen DSrnMa
wehe zu thnn, das f'ieber bekKtapien konmen, so war ihr Gedaa-
k« auch weiter nicht« ak ein guter Gedanke, der für die Praxi*
Sufaerst' wenig Werth hatte; denn mit Ata besteo, varstfindigsten
Gedanken köanea wir ja keine Krankheiten heilen , sondern nnr
mit guten Arzeneien, durt^ welche wir einsig beßlbiget werden,
unsere Gedanken zu vecwijkikken. .
Ich habe schon in meiuer Jvgend der Meiamg ««Jeher Si^rifi-
ttellei Beifall gegeben, welche das Darmleidea als ein Symptom
ima Ruhrfiefaers ansehen. Da ich uher gewahrt», dafs die auf die-
se Ansicht gegründete Befaaodluag (ich wulliedamahls mit Salmiak
heilen) das aicht leistete, was ich davon erwartet«, ja da ich sab,
dtla bei ihr die Kraakheit eher scblimaier als basser warde, ae
glaubte ich gar bald, dteae Ansicht db ganx irrig verwerfen an
HÜaseo.
Ich sab noa die RnJ» als ein Urleidea des Darmkanals, das
Fieber als eine von diesem ürdarmleiden' abhängende cooseosuella
Aafregnng des Gcsanamtorganismus aa, und da Mch dieser An-
sicht die Heihiag durch Mobnsaft erträglich got von Statlas ging,
so blieb ich bei derseUMn. Ich belceoae abe* gern, dafs mir aaeh
damahls manche ErscheinBagen g^u uaerklärlich waren, i, B. die
gro&e iMenge Mohnsaft, die ich nötbig halte, den DaraULanal zu
Iteruhigen, da ich doch jeden anderen Oorcbfall, war er i>icht ge-
cade ein chronischer, oder oaaflenaueller, mit geringen Gaben mel-
•tero konnte. Ferner war es mir unerklärlich, warum kb so lange
Zeit nSihig hatte, den DurohfaU za stillen, da doch jeder andere
DnrchfaJl dem Mittel in wenig Tagen gehorcht«.. Weiter war mir
ouerklärlich, dafs das Fieber anniagllch beim Gebraaehe des Mohn-
safies vermehrte, dHjIs es nicht in Veshäliniüi zu den vMMiaderten
— res. -
Slühlrtn abnabm, and rfafs es nur bei gfanz bfls«itigi«m Darmlei-
deo endigte. Endlich stellte ich nir BMch nOcb die Frage, warum
die Bgfar, die doch, nach gebobeoer MastdariuzusamnienschDflrutig,
wie jeder andere Durchfall aussehe, den Menschen so krank ins-
obe, und ihn in so kurser Zeit tädten könne, da doch jeder ande-
re Darchfall dieses nie thuel Daniabls mufsta ich diese Häthsel
auf sich bemben lassen, von der Zeit und vom Zufslle erwartend,
ob, und welche Lösung mir auf die Dauer werden würdb.
Die Lösung ist mir nun durch den wüi-feliohten Salpeter ge-
worden. Da ich dieses Mittel kennfn lernte und sah, dufs es bei
akaieo Fiebern die s^iRptonaaiischen Dnrmleiden beschwichtigte
und diese mit dem Fieber gleichaeilig hob, so tauchte der frühere
Gedanke wieder bei mir auf: die Ruhr könne wol eine ABTektlon
des ClesammtorganisniuB und das Darntleiden ein blofses Vorwal-
ten dieser AffeKtion im Darinkanale sein, loh fing an zu ahneD*
dafs das Mifslingen meiner frflberen ßeilversuobe nicht meiner und
anderer Aerzte Iriigen Aosieht, sondern vielleicht blofs der Un-
vollkommenheil der bis dahin bekKnntea Heilmittel zuzuschreibeo
sei. Weil ich jetzt ein vollkommnes Universal mittel hatte, mu&-
le es sich bald ausweisen , ob ich früher Recht oder Unrecht ge-
habt.
Bei dem ersl^ ordentlichen Ruhrkranken boslBiigle sich schon
auf eine überraschende Weise die Wahrheil meiner Ansicht. Der
kubische Salpeter wirkte dem Kranken fühlbar wohlibütig und höh
die Krankheit in einem Drittel der Zeit, welche eine Mohnsafl*
faeilung würde erfodert haben. Nttcbdem ich mich mia durch eine
hinreichende Anzahl ertisihaft er Fälle itberseugt hatte, dafs'idie
Heilung jenes ersten weder dem Zufalle, noch der IndivHualitfit
des Kranken zasuschreiben, sondern wirklich und einzig durch den
knbisehen Salpeter bewirkt sei, so fragte mich einst brieflich mein
alter ärztlicher Freund, der Herr Kreisphysicns D. v. Veite», da
die Ruhr in der Stadt C/eve anfing zn herrschen: ob in meinem
Wohnorte, oder ia dessen Nachbarschaft sich die Rnbr auch schon
zeige, und ob ich Gelegenheil gehabt, die Natur derselben zu er-
gründen.
Verbreilel halle sich dieselbe nun zwar nicht, ich hatte aber
den Herbst schon sehn Falle zn behandeln gehabt, wufsie also,
dafa sie salpetrischer Art sei; und da Cleve nur xwei starke Weg-
stunden von hier ist, war es eben nicht wahrschetnlloh, diifs sie
dort anders sollte geartet sein als hier. Ich rieih hIso meinem al-
ten Freunde den Gebrauch «des ^atri nitriei, (auf welches ich ibd
schon im Allgemeinen im Jahr 1816 aufmerksam geniacbt) als ei-
nes Heilmiiiels, welches alle bis jelzt beknnnie weit übertreffe,
gab ihm auch einige Anschlllge hinsichtlich dessen Anwendung ia
dieser Krankheil, so viel es sich nttmlich brieflich im Fluge ihiin
— 790 —
liefi. Seine Erfahning bei janer Epidemie bettHtigie nun die nel-
na, nnd er hat die Beachreibang der Epidemie und seiner Behaod-
lang 18t9, io Hörn» Archiv für mediEinische Erfah-
rung im 2ien Hefte, der irztlichen lesenden Welt niitgeifaeilt.
Diese Abhandlung hat hernach den Herrn Dr. Meyer in Bäche-
burg bewogen, den kubischen Salpeter ebenfalls bei der Ruhr an-
sQwenden. Er sagt im 64sleQ Bande 4len Stücke des Hufelandschen
Jonrnalsder praktischen Heilkunde : „De^ Erfolg meiner ersten Ver-
„sacbe fiel so günstig aus, da& wihrend einer grafsen Rubrepideinie
,^iu Sommer 1822, dem neuen Mittel (auch in der weit ausgedehn-
tsten Praxis meines Herren Collegen, des Landphysicua Dr. ZägeiJ
„nicht nur der Vorrang zugestanden wurde, sondern auch der Mils-
„branch vMer Hausmittel seinem glfinzenden Rufe weichen inufs-
„le^ Viele Hunderte von Kranken , die jener Epidemie unleH«-
},gen, verdanken dem Natro nitrico eine schnelle and voJIsiändige
„Genesung, nnd keine zwei von hundert wurden ein Opfer der
„Krankheit (zum Theile stdiwäcbltche Subjekte, bei denen gleich
„au Anfang die complizirte Form derselben einen bösartigen Ver-
„laaf ankündigte, oder VemaehlSfsignDg des UebeU Statt gefunden
„hatte)."
Weiter sagt er, dals bei der Mehrzahl der Kranken der un-
aasgesetzte Gebrauch des kultischen Salpeters hingereicht habe,
die wesentlichen ZuMle und Krank heilserscheinungen binnen ei-
nem bis zwei Tagen gSnzlicb zn entfernen. Und als Beweis, dafa
nicht blofs der Ärztliche, sondern auch der gemeine Menichenrer-
stand die ansgezeichoete Heilwirkung dieses Mittels erkannt habe,
aetel er noch in einer Anmerkung hinzu: „Es war nichts selte-
„nes, dafs auawSrtige Ruhrkranke sich geradezu , oder wenn sie
„keines Arztes habhaft werden konnten, an den Apotheker wandten
„und die (kubischen Salpeter enthaltende) sogenannte
„weifse Mixtur fordern lie&en."
Die Leser sehen daraus, dafs des besprochenen Mittels Reil-
krlifie in der Ruhr nicht blofs von dem Entdecker derselben, son-
dern auch schon von zwei unparteiischen Aerzten anerkannt ist.
Da aber das, was bis jetzt die Herren v. Vehen und Meyer
darüber gesagt, bei manchen Epidemien zwar hinreichend beleh-
rend sein wird, bei anderen hingegen sich als unzureichend aus-
weisen möchte ; so beffe ich, nicht den Vorwurf einer gar in klein-
lichen Aasfuhr1ic)ikeit zu verdienen, wenn ich unseren jüngeren
Amtsbrüdern den Gebrauch des Mittels so auslege , dafs sie sich
bei allen denen Epidemien, bei welchen es Heilmittel ist, in je-
dem vorkommenden Falle zu helfen wissen.
Hinsichtlich der beiden Ruhrarten und der Unsicherheit der
Unterscheidongszeichen derselben bemerke ich vorifiufig; wenn
gleich bei der Salpeterbe handlang eine verstandbafte Uoierschei-
— 791 —
Ainjf beider Foniifto n&tbig isr, so kann man doch durch ein V«r- -
kenant der Form in dem Einzelfalle, in einem, oder in zwei Ta-
gen, keinen Bonderliehen Schaden anrichten; weiter findet sich
dnrch die Behandlung in sweifelhaften Fsllen die ünleracbeidung
von selbst.
Zuerst also voo der Darmruhr. Bei dieser kann die Reizbar-
keit der Dftrme in versehiedeneo Graden krankhaft geaieigert sein.
In vwschiedenen Epidemien kann im Allgemeinen dieser Grad ver-
■cfaieden sein, aber auch in einer und der nfimlichen Epidemie
die Reizbarkeil der Dünne in einem oder in etlichen Körpern mäch-
tig von der epidemischen Norm abweichen. ')
\un bezeichnet aber das Wort Reizbarkeit oder Erregbarkeit
du VerhSltnifs des Gesammlorganismiis oder einzelner Organe zar
Aufsenwelt. Von dem Grade dieser Keizbarhett hangt eines und
deMelbea Mittels woblthStig heilende, oder feindliche, die Krank-
heit verschlimmernde Wirkung ab. Am ■anffallendsten ist dieses
in dem erkrankten Üarmkanale wahrsu nehmen. Es ist also bar
oniDÖglich, eine allgemein wofalihStige nnd heilend» Gabe des iVa<
tri nitrici anzugeben.
Bei einem gesunden Menschen bewirkt eine Unze desselben,
ioneriiBlb viernndzwanaig Stunden in geiheillen Gaben gereicht,
keine merkbar vermehrte Darmbewegung; aber darans folgt nicht,
iabi man es auch bei der Damimhr in solcher Gabe mit Vorthei)
reichen könne. Hier ist die Reizbarkeit der Diinndfirme so krank-
haft erhöhet, dafs zuweilen eine halbe Unze innerhalb viemnd-
zwanzig Stunden gereicht, schon slürmischen Diirtihfall erregt.
Die wahre Miltelgabe ist anderfhalb bis zwei Drachmen in ei-
ner aehtnnxigen Auflösung von einem Scrupel Trnganih, von der
der Kranke stündlich einen Löffel voll nimmt. Ist aber die Reit-
barkeit des Darmkanals sühr gesteigert, so ihut man am besten,
anderthalb Drachmen Natrum nitricuM, in acht Unzen Wasser aof-
gelöaet, mit einer Unze arabischen Gummi und drei Drachmen
Mohnöl zu verbinden, denn durch diese Verbindung wird der feind-
lichen Einwirkung des Mittels auf die krankhaft reitbaren Därme
vorgebeugt.
Der Fall, bei dem ich zuerst diese Vorsicht lernte, hat et-
wa« ausgezeichnet Merkwürdiges, weshalb ich ihn dem Leser er-
zählen werde.
*) In dar Epidenii de« JabrM tSOS , bei der die SrecboDb, wtgto der siiader
grsteisarteii Reitbarkeit de« DarmkiOili im AllscneinEa HeilmilUI wtr, habe
ich gine Fna bohtndell, deren DannrBizberkeil von dieior r|iideiaiicbaD Hom
to lehr tbwicb , itü die Brecbnolk alle Znrill* der Kreukbeil uD^eebliob
•teigerte; icb Riiirete tte bbreo iHien dbiI mn Hobnean greires, welcher
daan lacb die Kranke wieder beMtelile.
-Jügic
- 702 -
Eine siebzigjährig« Frau war4« vaa iat Rabe erginim, in «i-
nem Herbste, da diese sieb niofat verbreiute, Es var sivs vM-
kouimen reine Oarinruhr, dss heilst, eine aoiofae, hei der gar iiei-
B0 ZuacbuiiruDg des Mastdarmes, liein Schleim- und Biuiabgang
Statt fand, bei der aber, wie bei den meisten Darmrubren, die GbIIbd-
gfinge mitleidlich ergriffen und dieGalleaabsiNidwung gehemiuet war,
weshalb grauer dünnflüssiger Koib entleeret wurde. Ich habe schsa
oben gesagt, dafs diese Ruhr, die ich aber nur einsein gesehen,
höchst gefährlich ist, wol inoerbalb vier Tage den Kranken tödien
kann. Ueberhaupf bedeutet in allen akuten Krankheilen das üa-
berspringen des ersten Stadiums seUan etwa» Gutes. Die Krauk«
halte nicht eben sehr bSufige Stühle, bloTs bei der Mahnung zum
Abgänge etwas widrige Gefühle im Bsuobe, kein Erbrechen, aber
sehr schnellen, schwachen Puls und pjn GnHibl -von grofser Mat-
tigkeit. Ich gab ihr einen achtnnsigen Trank von zwei Dracb-
men Nalrum »iiricum und einem Scrup^ Traganlh (slÜDdliah einso
Löffet). Mit diesepi hatte iph b<s dahin die mir vorgekomnienen
KlihrJäjte glücklieb und bald beseitiget. (Ich spreche hier reo
der ersten Zeit, oder von meiner Lehrzeit des Salpelergebraocbes,)
In diesem Falle half aber d«r Trank nicbt allein gar nicht,
sondern der Durchlauf vermehrte, und am «weiten Tage wunden
Hände und Gesicht der Kranken kühl, bläulich, der Puls sobnel-
ler und kleiner als am vorigen Tage, die Enikräfiung nahm sidit-
bar zu, und eine gleichgültige Gemüthssiimmung, bei dieser swar
allen aber sehr rührigen Frau, liefs mich nicht viel Gutes ahnen.
Ich sab den Mifsgriff ein, liefs einen achiunsigeo Trank von andert-
halb Drachmen Natram nitricuptt aiqer lln«e arabisches Gummi
und drei Drachmen MohnJ^t bereiten und der Kranken stündlicb
einen Löffel davon reichen. Nun sehickle sich alles sur Besse-
rung an; der bedenkliche Zustand verschwand noch. am afimlichen
Tage, und am folgenden war schqn die Zahl der Stühle nni zwei
Driltel Y^rroindert, der Koth nicht mehr grau, sondern gelb und
breiig, und die ganze Krankheit dann, ohne weitere Zufälle in et-
lichen Tagen beseitiget. Dieser Fall war wegen der bl&ulichea
FSrhung des Gesichtes und der Hände merkwürdig; ich sab diese
hei der Ruhr noch nie, als vielleicht im Todeskampfe selbst, wo
man sie auch wol bei anderen Krankheiten bemerkt.
\on mofs ich auf eine Erscheinung aufmerksam macheui wel-
che manchen Unerfahrenen täuschen könnte. Beim Gebrauche des
kubischen Salpeters,' mindert die Zahl der Slühle bald, und das
Mifsbehagen im BaOche und im ganzen Körper bessert , dem Kran-
ken fühlbar. Sobald aber die Zuschnurung des Mastdarmes nach-
läfsl und koihiger Abgang eifolgt, entstehet bei einigen Menschen,
aber lange nicht bei allen, ein vermehrter Durchfall. Hat man
die Gabe des Salpeters nicht zu reichlich genommen, so braucht
— 793 —
Ulan in ^m Tranke nichts ahzntindHa, denn dtese Vennehriing
des Durchlaufii kehrt, bei dem fortgesetsteD Gebrauche der Arze-
nei, iaaerbalb etlicher Stunden in die gewahnlichen Schranken zu-
rück. Der Gniod dieier «aBcheinenden Venchliininerung ist fol-
gen der.
Die Darmruhr bat ein Vorlaiiferstadiunij welches, wie gesagt,
etwas lang ist, und welches sich entweder durch wenige dünnko-
tbige Stühle, oder durch Rummeln im Bauche, oder durch Knei-
pen, oder auch wol durch ein sellsameB, dem Hunger ähnliches
GefShl im Epigasirio offenbaret. Alles, was nun die Menschen
in diesem Zeiträume essen, wird iiichl verdauet, und wenn die
ZnschnOrong des Mastdarmes einiriit, bleihon die unverdauten \«h-
rangsminel im Darmicanale. Wahrscheinlich er]ei<len diese eine
saure Gsfaruag, cum wenigsi^n klagen manche Menschen in die-
sem Zeifraume über saure« Aufstolsen und Aber ein brenncndeii
Gefühl im Bauche. Sobald nun die Zusammenziefating des Masl-
darraes bei dem Gebrauche des kubischen Salpelers sich lilset, eni-
lediget sich die Natur von selbst der verdorbenen \ahrungsmiiiel,
ja, diese gehen nicht selten unverdaaet von dem Kianken. Weit
enlfernt also, dafs die anBcbetnende Verschlimmerung eine wirli-
liche Verschlimmerung sein sollte, ist sie vielmehr eine nützliche
und zur Heilung nothwendige iSelbslhülfe der Natur, welche man
nicht hemmen -mofs. Sind aber die unverdauten, verdorbenen Stof-
fe entleeret und der vermehrte Durchlauf mindert nicht von selbst
in ein paar Stunden, so ist dieses ein Beweis, dafs die Salpeter.
gäbe verhältlich zu dem Grade der krankhaften Darroreizbarkeit
zu grofg ist. Man ihut am besten, den Salpeter, bat man ihn in
gfBfserer Gabe gereicht, gleich auf die Taggabe von anderthalb
Drachmen einzuachrfinlEea und nach Umstanden ihn mit Gummi und
Oel zn verbinden.*)
In Fällen, wo das Vorlaufersladiuin sich durch reichlichen
kotbigen Durchfall und Appetitlosigkeit offenbaret hat, ist eine An-
sammlung verdorbener Stoffe nicht möglich, überdies wird durch
einen solchen Vorläuferdurchfall die Crkenntnifs der Darmruhr aia
sichersleti verbürgt. Man kann in dieven Fällen, wo die Erkennt-
oils sicher ist, den schleituigöligen Sulpeterlrank gleich geben,
dann bat man nicht nöthig, mehre Rezepte für Einen Kranken
zu schreiben. Im Falle man aber nur einigermafsen unsicher ist,
mit welcherlei Ruhr man es zu thun habe, raihe ich, lieber die
einfache Salpeteraulloaung mit etwas Gummi zu reichen.
") Ich bta aoob anf mie gHtofain , bei denen leb dla Gibe dei Stlpcler* tat
R\»*, ja auf «ia« hsHa Drachua verriafera naTale, an aeiaa wahrt B«llffir-
- 79i -
' Dm Erbrechen, welchm he! der Darmruhr eine gemeine Er-
■cheinung ist, ilillei Bich, wenn ea nicht sehr hefitg nt, oder
schon lange angehnlien , durch einen Zosati Ten funhekn Gran
Megüferium Bitnmthi eh dem achtnnxigen SRlp^frrlrtnke ; niitn
inufs aber dann keinen Traganih, sondern eine halbe Unie ar«-
bischea Gummi KuseCMU. Ist das Erbrechen hartnackig, oderver-
mnlhet nian aus der Zeit, die ei schon gewihret, dessen Han-
nfickigLeit, so int es klug, sein vouügliches Aageninerk auf sei-
biges SU richten; denn was macht man mit einem Menschen, il^r
dieArzenei, die ihm helfen soll , augenblicklich wieder ausbricht ^
Ich pflege in solchen Füllen mit grofsem und sicbiharem N'uis«n
stündlich einen LölTel von einem aas acht Unzen Wasser, zwei
Drachmen essigsauren Natron und einer halben Uose arabischeB
Gummi bestehenden Trank za geben. Sobald das Erbrechen ge-
hoben ist, niufs matt den Salpetertrank geben und damit die Krank-
heit heilen.
Nun habe ich mir aber von meinen allgemeineren Beobach-
tungen des erkrankten Meoschenleibes zwei SKtze abgezogen, auf
welche ich, weil man'sie bei der gründlichen Heilung der Ruhr
nicht gut missen kann, den' Leser aufmerksam mache.
1. Die Erkrankung eines Organs, welche das Vor-
wallen ei ner Äff ektion des Gesammlorganismus
in diesem Organe ist, kann, wenn die Affeklion
des Gesammtorganismus gehoben ist, als blofses
Urleiden des Organs in diesem fortwähren, (ge-
wöhnlich aber in geringcrem Grade.)
Dieser Satz bestftliget sieb auch bei der Ruhr in eiHzelnen
Fällen, und man siebet sich dann genBihiget, «in gutes Dam-
heilmiltel za suchen. Wer vom Mohnsafte roraüglfch Hülfe er-
wartet, der wird finden, dafs dieser hier eben io sicher hilft als
in jedem anderen einfachen Durchlaufe. Wer aber den Glanben
gerade nicht hat, dafs jene Heilkraft ausachliefslich an denMofansafi
gebunden sei, der versuche den essigsauren Zink; ich hRbe von
diesem in solchen Fällen auffallend heilende Wirkung gesehen.
Er bat den grofgen Vorzug, dafs durch ihn die Hamabsonderitng
auch nicht im mindesten gestoret wird , welches man vom Mohn-
safte wol nicht so geradezu behaupten kann.
Uebrigens mufs sich niemand vorstellen, dafs man oft genö-
thiget sei, zu den Darroheilmitteln zu greifen; im Gegeniheil,
solche Fälle sind Ausnahmen von der Regel.
Der Grund, warum das Vorwalten der AfTekiion des Ge-
•ammtorganismus in einem Orgaue zuweilen zum IMeiden dieses
Organ« wird, ist nicht gemächlich anzngebeo. Wollte man bei
der Ruhr eine frühere iibergrofse Reizbarkeil des Dnrmkanals als
— 793 —
d»D Grund eioes goldwn Ueberganges aogebeo, «> laufg ich Eig-
red« ibun, denn icb habe Menschen gelcanat, deren Dfiroie im
gesanden Zostaade , verbältlich an den Därmen der Mehrzahl an-
derer Menschen, sehr reisbar waren, bei denen aber, wenn sie
die Darmruhr bekamen, nac^ geheilter Affeliiioa des Gesaiamt-
organismus keine Spur von Urleiden des Darmkanals zurückblieb ;
bei anderen hingegen, deren Dirme im gesunden Zustande nichu
weniger als überreizbar gewesen, blieb zuweilen ein solches (Jr-
leiden zurück.
11. Bei der in einem Organ vorwaltenden Affeklion
des Gesammtorganismns kann durch dieses Vor-
walten in dem Organe ein anderes Organ mitleid-
lich ergriffen werden, und dieses consensuelle
Ergriffe Qsein des Organs kann in einzelnen Men-
schen, znin Urleiden dieses Organs werdend,
nach gehobener Affektion des Gesantni torganis-
mns fortbestehen.
Wenn also bei der durch Salpeter bewirkten siehibareb Besse-
rung der Ruhr Durchlauf zurückbleibt, so kann man diesen nicht
immer blindlings als ein Urleiden der Därme ansehen und dem
gemäfs behandlen. Bei der Darmruhr können alle Bauchorgane
mitieidlich ergriffen ond die conseninellen Leiden derselben zu
Urleiden werden. Diese neu gebildeten Urleiden können dann con-
seoBueU auf die Därme wirken und einen Durchlauf unterhalten,
den wir vergebens mit Mohnsaft, mit Zink, oder mit anderen
Darmmitteln belüimpfen werden.
Zwei Organe werden vorzüglich bei der Darmruhr consensnell
ergriffen, das sind: die Leber in ihren Gallengängen und die
Nieren, Darum zeigt sich schon im YorlSuferzeitraume grau«-,
koibiger Abgang, oder verminderte 'Harnabsondetung; ja, leich-
ter Harnzwang begleitet die Krankheit nicht selten durch alle Zeit-
räume.
Sehen wir nun, dafs nach gehobpuer Affektion des Gesammt-
organismiis das Gefühl der Gesundheit zwar wiederkehret, aber
doch noch in geringerem Grade etwas getrübt ist, dafs Durchlauf
aberbleibt, durch welchen ganz hellgelber, oder grünlicher , oder
grauer, oder an der Luft grau werdender Koth entleeret wird,
und findet dabei noch gar ein widriges, fremdartiges Gefühl in
der Leber Statt ( Schmerz braucht es nicht gerade sn sein ) ; so
werden wir den Durchfall am besten durch Lebermittel heben.
Aber hier mnfs man Torsichtig sein , nicht denken , viel hilft viel,
nnd täppisch mit den Hepatici» hineinfahren. Alle Leberleiden
mit consensnellem Durchlauf wollen mit kleinen Gd>en der ge-
eigneten Mittel behandelt leia. Etwas Quaaüawasser (eine Unze
-.ügic
- TO6 -
tags), oder etwas Kräfasnangsnwasser (fünf- bn Hcfasnahl lag»
fünf bis acht Tropfen), oder etwas Tinktar des Schellkraaiaiif-
tes (aehi, besser noch fiinf Tropfen in einem schleiiuigen Tranke
■U Taggabe), oder eiwas Tinktur der Prauendislel (acht bis sehn
Tropfen fiinf- bis sechsmah) lags ) Verden schon helfen. Die Aus-
wahl mufg dem tiberlassen bleiben , der den Einxelfall lu behan-
deln hat; es läfot sich nichts weiter darüber sagen als was ich
früher über den Gebrauch dieser Mittel gesagt habe, welches ich
jetzt nicht wiederholen mag.
Was die zum Urleiden gewordene Xierenaffekiion angfbei,
welche man bei dem überbleibenden Durchfalle aus der Wenig-
keit, oder Trübheit des Flarnes, oder aus beiden vereint veriiiu-
tbel, so sind hier drei Mittel, welche nicht« zu wünschen über-
lassen. Das erste ist die Mohniafitinktur zu drei bis vier Tro-
pfen mit zwei Pfund lauwarmen Wasser gemischt und iheeiassen-
weise innerhalb vierundzwanzig Stunden verzehrt. Das zweite ist
das Pulver der Cochenille zu zwei Drachmen, innerhalb vierund-
zwanzig Stunden genommen. Das drille ist die tioldruthe zu ei-
ner halben Unze lags mit fünf bis sechs Tassen beifsero Wasser
eine halbe Stunde lang ausgezogen. Sobald durch eins dieser
Mittel der Harn klar, btrohgelb von Farbe und in reichlit^er
Menge ausgesondert wird, hört der Uurchf)ill auf.
Hinsichdicb der Diät bemerke ich Folgendes. Muffige Beii-
wärme ist Dothwendige Bedingung der sicberea und schoellen Hei-
lung. Bei Mahnung zur Bauchenileemng mub der Kranke im
Betie bleiben, und Hieb der Steckpfanne, oder der gemeine Mann,
der diese nicht hat, sich des Nachltopfes bedienen. Das Gehen
auf den Leibatuhl ist, besonders bei kühler Wiiteroog, sehr nach-
ibeiligt es kann augenblicklich die Krankheit verschlimmern.
Enthallting von allen festen Speisen ist unerlälslich , dieDfir-
rae vertragen dergleichen nicht. Im ersten Zeiträume verursacheo
feste Speisen Bauchschmerzen , auch wol BeSagsiigung und Er<
brechen, im zweiten vermehren sie den Durchfall und machen
ihn leicht sehmerzhafier als er war. Dünne Suppe von Hühner-,
Riad-, oder Lammfleisch mit etwas Reifs oder Weifsbroi wird an
besten vertragen. Auch Milch mit Weifsbrot ist gut. Den gerin-
gen Mann, der nicht immer Fleischsuppe haben kann, liefs ich
oft genug blofs von Milch und etwas Weifsbrot leben. Ja ich habe
schon bei einer Epidemie, Jurch frühere Erfahrung gewitzigt, da«
Geld, welches mir mitleidige Menachen für die Armen gaben,
eiaeu Milch verkaufenden Bäcker eingeiiäodigct , der dann den
Armen auf meine Anweisung diese einfache und zweckmfilaige
Nahrung reichte.
Mehl, selbst in geringer Menge mit Milch gekocht, langt
nicht, es verursacht im ersten Zeitranme Baucbsehroeraea und
— 797 —
Bellnguigiing, im zwciicn BAutfaKbuefseD und vermehrten Durch-
fall, der lo .lange anhält , bia die Ofime sich des Mehlbreie« eni-
lediget haben.
Zum Gelränke dient grfiDer Thee und noch besser warmes
Wasser mit einem Vierlei Milch gemischt; kaltes Getränk ver-
mehrt die ßauchleideo ungetiblivklicb. Kamillentheei der von
manchen Aerztea in der Hubr und neuerlich selbst in der asiati-
«chen Cholera als eine Panasee g^erühml ist, in leisier Krankheit
aber seinen unverdienten Kuf fast verloren zu haben icheint, ist
in der Ruhr weit dfter schsdlich als unscbAdlicb» und wirklich
heilsam habe ich ihn noch nie erkannt. Nur da, wo die Reiz-
barkeit der IXiriae nicht sehr gesteigert ist , kann er unschädlich
sein; im ealgegeoge»etzies Falle schadet er beatimmi. Weil sieb
noD aber der Grad der krankhaften Darmreisbarkeit in dem Ein-
lelfalle gleich anfänglich so genau nicht immer schätseu labt, so
ist es wol am klügsten, sich des Kamillentheea gar nicht vi be-
dienen. Manche Leute trinken denselben als ein Rnschuldiges-
Haasmitlei bei allem Unwohlsein; ich raihe als» meinen Amts-
brüdern, an diese ziemlieh veihreitete Mode »i denken und ihn
den Ruhrtranben ausdrücklich zu vetbieien, dnmit nicht diese den
Darmkaaal, den def Arzt zu beruhigen strebt, durch den Kamil-
lenthee nnablfissig wieder aufrühren und sich so ein gebeiuter
Ureikaiitpf zwischen dem Arzte, der Krankheit und dem Kamil-
lenthee enlspiane.
Der Grad krankhafter Daimreiabarkeil ist bei ernsthaften Darm-
rubren gr&fsar, als Aerzte, die es nicht selbst beobaofatel, den-
ken möchten. Wenn z. B. hei kühlem Herbsiwetier manche Leute
ihre Arzenei, damit sie nicht im Schlafzimmer flau werde, in ein
anstofseodes unbewohntes, also k<eres Zimmer stellen laaaen,
so bewir^it ein einziger LSfiM dieser kühlen Arzenei augenblick-
lich Drehen im Bauche und Mahntti^ zum Stubtgange. Wer dar-
auf nicht achtel, dem kann es gehen wie mir in neiner Jugend.
Ich wurde wakihaflig ganz verblüBt, dafs ein Löffel Mohnsaftar-
zenei, der, meiner Meinnng und meiner Erf^rung nach, die
Dftrine beruhigen mufaie, sie augenblicklich in Aufsubr brachte.
Jetzt weifs ich Ifingst die LiMong des Rfithsels und sorge sehen
dafBr, da/s der Kranke die Arzenei nicht za aefar abkfihlt, und
wenn sie zn kalt aMS dar Apotheke kommt) lasse ich sie lieber
etwas wärmen.
Diese Vorsicht mufs man aucli hei dem Gebraocbe der Mit-
tel beebachtan, mit denen man das Erbrechen stillen will.
Einer meiner früheren Bekannleo, der auf einer Geschäfts-
reise sieh ein' paar Tage etwas unwohl gefiibll, wurde von der
Ruhr ergriffen, and blieb eine Wegstunde von hier, unfähig wei-
ter zu reisen , in- dein Hause einea meiner Freunde liegen. Er
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Uefa mir di« ZuftÜle seiner Krankheit zu wüien thnn, und weil
ihn nnier diesen das lilrbrMhen etwas besorgt machte (er mafste
nämlich alles Genommene gleich wieder von sich geben) so wünschte
er , ich m5chte ihn gleich besachen. Dieses war mir aber , wenn
ich einen anderen Kranken, der in einer ganz anderen Gegend
wohnte und dem ich meinen Besuch zugesagt, nicht täuschen woll-
te, zu thun unmSglich. Ich liefs ihm also sagen, dafs ich erst
nachmittags kommen würde, und schickte ihm folgenden Trank:
Sl Nairi nifriei 5iß Gmm. arab. |ß magüt, Biamulki gr. xv Aquae
^fiii M. D. S. Stündlich umgeschuitelt einen Löffel voll seu neh-
men. Dieses geschah vormittags zehn Uhr. Ich sah ihn nachmit-
tags vier Uhr. Die Arzenei halle das Brechen nicht geslillet, er
hatte sie vielmehr jedeami^l, so wie er sie genommen, augen-
blicklich wieder von sich gegeben. .Sein Puls war schnell nnd
klein, stündlitih ungefähr war eine Bauchenlleentng erfolgt, und
nng den. ausgeleerten Stoffen, die das Mittel zwischen Schleim nnd
Koth hielten, schlofs Ich, dafs die Brechnihr auf dem Uebergangs-
punkte zwischen dem Vorläufer- und dem ersten Zeiträume der
ausgebildeten Krankheit sich belinde. Uebrigens war sein Gesicht
hlafs, die Augen lagen ii«r in ihren Hdhien, und alle Züge wa-
ren so seltsam nnd fremdartig entstellt, dafs die Hauslente der
Meinung waren, er müsse nothwendig den Anfang einer sebw.e-
ren Krankheit haben. Ich glaubte das nun eben nicht, denn ich
knnnte ihn von früher Zeil her, und wufsle, dafs sein Gesicht
zu den seltenen gehörte, die durch jedes, selbst durch ein leich-
tes Unwohlsein wunderbar entstellt werden. Da ich nun blofs der
K8lte der Arzenei das Nichtheilwirken derselben zuschrieb, so
Rchüiteie ich einen LSffel voll in eine Tasse nnd setzte diese in
warmes Wasser, bis die Arzenei gut erwärmet war. Diese Gnbe
blieb im Magen, und der Kranke versicherte, davon ein eigenes
wohlihfiliges Geföhl im ganzen KSrper zn spuren. Ich verweilte
bei den Hnusleuten , meinen ahen Freunden , so lange , bis ich
sah, dafs der Kranke die drille Gabe bei sich behielt, und anfing,
eine mäfsige, ihm selbst behagliche Ausdünstnng zu bekommen.
Am folgenden Tage, da das Brechen nicht wieder gekehrt, nnd dkr
Kranke, bis auf einen unbedenlenden koihigen Durchlauf , von al-'
len vonägigen Leiden befreiet war, gab ich ihm noch eine acht-
nnzige Oelemulsion mit anderthalb Drachmen Nalrum nitricum,
wodurch denn der Rest des Darmleidens beseitiget und er befähi-
get wurde, am dritten Tage seine Reise fortzusetzen.
Nun werde ich von dem Gebrauche des kubischen Salpeters
bei der Maatdarmruhr reden.
Hier findet ein ganz anderes Terhälinifs zwischen den dün-
nen Därmen und dem Heilmittel Statt. Weil die Reizbarkeit je-
ner wenig gesteigert ist, verlragen sie auch den Salpeter in gr8-
JseRn Gaben , ja wenn dicR grSfaeren Gaben ein wenig laxirend
wirkeo, so «badet dieses nidit, wadern ist rielmebr nüiKÜcli.
Wir schlagen bier, wie das Spricbwort sagt, zwei Fliegen mit
einer Kla^ipe, wir beilen den Gcsanimiorganiannii und bringen
mit dem nSmlichen Mittet einen aniagoolsiisch wirlienden Reiz in
die Dünndärme.
Hier bedarf es iceiocs schleimigen oder öligen Zosaizes« um
die Därme vor der Srllicben Einwirkung des Salpeters zn schlis-
xenf man gibt diesen am beites in einfachem Wasser.
Eine Uoze in acht L'nuen Wasser aafgelSset nnd davon stünd-
lich ein LöfTe.I, ist die wahre Gabe. In manchen Fallen, wo d^
Mastdarm nicht gar zu heftig ergriffen ist, erfolgt schon am ei^
Sien Tage koibiger gebundener Abgang nnd -am zweiten ist die
Krankheit gehoben. Bei einem höheren Grade der Krankheit
währt die Ziisainmenziehung des Mastdarmes lUnger; ist die aber
gehoben, so ist auch die ganze Krankheit gehoben. *) Sollte man
aber sehen, dafs hei aacblaasender MasidarmconNtriklion der ko-
ihige Abgang gaDz.dfian wäre, so ihul man am besten, die Gabe
dos kubischen Salpeters auf zwei bis anderthalb Drachmen zu ver-
mindern, ihn auch wol nach Umständen in einer schteimigeo Mi-
schung KU reichen. Jedoch darf man bei ernsthaften Fällen nicht
gor zu hurtig in Verringerung der Arzeneigabe sein. i
Bei schnell geheilten Kuhten dieser Art hat man mit einem
zum Urleiden der Darme gewordenen Durchfall nichts zu ihun.
Ist aber die Krankheit sich selbst überlas' en geblieben, oder wi-
dersinnig behandelt worden, ao bleibt nach langen Leiden gar
leicht ein chronischer Durchfall zurück, -der einer Mischung von
Catechu und Salmiak besser weicht als allen anderen Darnnnitteln.
Wenn aber nach einer gut geheilten Mastdarmruhr ein Durch-
fall nicht wol snrfickbleiben kann, so kann aber doch das Mast-
darmletden in seltenen Fflilen zum Urleiden dieses Organs wer-
den, wo es denn, ohne den Menschen krank zu machen, sieh
von Zeit zu Zeit durch stnblzwangige Mahnung offenbaret. Hier
wäre eg gut, dafs wir ein Eigenmittel auf d«li Mastdarm hätten.
loh habe in meinem Leben , durch die Noih gezwungen , manche
Versuche in dieser Hinsicht gemacht, aber nicht viel Gutes ge-
lernt. Der fiufserliche Gebrauch der Belladonna gefällt mir noch
am besten. Ich lasse eine Salbe von zwei Drachmen Schmalz nnd
einer halben, auch wol einer ganzen Drachme Belladonnaexlrakt
*) Bei msaohaB tu der Usstdirmrabr LeideidBB ilad die Dirme sehr cupfind-
lich Kr dia EiDWirkoDE der Kilto. Wean ntn •Iwi gewahrt, dafi der Krsa-
ke , ^sleh pschdeB er eines LHITel voll SsIpetersatlSisas verstklacki, B««ch-
tebacnsa mad StokUwias bakrasit , le mmü Ms dl« Aneael wsrn reicbep,
dadurcb benMert asa die BeiluB ■^•■•ia.
- (toe -
fünf bis MebaMfthl i»^ fiaÜMtlicb in die Mandbng dea Afwra em-
reibeo. EiakpriUnsgen wurden wol noch bewer sein; da aber
das Millfll lu den hefligwirkesden gcbörl, aod nan ntcbt wjmpb
kann, wie lange ei in dem Mastdärme verweilen wird, M läiat
»ich aueb die richtige Gabe nicht gut be«timmen , es Itdnnte io man-
chen FHlien mehr wirl^en , als einem gerade lieb sein möehie.
Uaberhanpt scheint die Belladonna auf die Moskelfascin eine
eigene Wirkung au äiibem, die man beruhigend, Ubmend, oder
meinetwegen erweilerod nennen mag, die «as bei Uebnitg der Kamt
weif wichtiger w«rden könnlc, als ihre angebliche Heilwirkting in
der Wasieracheu , oder in anderen Krankheiiea, Z. B. bei der Un-
inS^icbkeit den Calheler in die Blase zu bringen mSchte vielleicht
eifie Belladonnabrüh , die nan durch einen HoMkalheter leicht an
den Ort der krampfbafien Verseht iefsung der Hanirftbre bringen
kSonte , mehr leisten ala alle andere Hülfen. *)
Ob man nun den antagonistischen Reis der Laxirmittet in jedem
Falle bei der Masidarmruhr entbehren könne , wage ich nicb< sn I»»-
Miuinen; denn ob ich gleich seit xwansig Jahren, eine- gate Zafal
derselben behandelt habe, so ist sie doch seitdem noeb nicht aar
eigentlichen epidemischen Stadt-, oder Landplage geworden; ja,
') Die von der Re'cu« meditafr. ia «iDK«kIeinnlen Brä«han mpfobleo« ond von
Dmfangfl erprobte Belladonna hat mir In drei PKüea nicht bloft Knte, Mi-
darn wirklich aberraieheada DIende Balriitet: ia alle« drei FUlen «iMAIe
■ie die T*xi| onnolbi^. Giaer diaiar Fälle, der einen Jänt^ag betrar, war
■o ernalban , dafi der errabrene Wundant , wrgen der lebr ■cbmerxbanea
SpaanonE det Brnchei , die TaxJt vorliafig nicht xn veriDcben wifle. Der
(weile Fall betraf einen TOJühHgFn Mann, dessen grorser, alter, verwaeliie-
ner Brach eingeklemmt war, bei dem der Wondint vergeben! die Tuii ver-
aaeht nad mich deihalb in Ratll rief.- SeKrelBich k«Dnle die Beltadenna des
varivacb«B*en Brneh nicht in die SaaebbSU« HrSckblringen , aber ne bob
doch in knrzer Zeit di« JEÜaklenmunSi denn da ich den Kranken drei Stan-
d^n nacbher bainchte, fand ioh ihn niebt blofi frei von Scbnera nnd Erbre-
eben , aondern irb lab ifan im Bette ailien and gant gemücblich eine PTeife
Tabak ranehen. Der dritte Fall betraf sarh cioen TOJIbrireo anriertladli-
irhen Hana mit ainein verwaebaenen Bmehe, an welchem nocb knin Wnnd*
■nt die TaxU venocht. lab venobrieb gleicb die.BelladoasMalbe, aid wta
ich laeb swei Stande« ihn aab , »area aeboa die Znlalle der Einkla^maa^
gehoben.
Ei nag drei oder vier Jabre tejo, teit ich xnerit aber diesen Gegen-
aland etwa« geleacDf BJr, obgleieb ich di« Cbirorgia nicht Sbe , schien die
Sache Ton grofier Wlehliglceit. Bia jetit (Im September T83fi} babe fcb ge-
legeatlirh mit drei nnterrlcbteteu Wnndliriteu and mit einem Madiee ■ ekirar-
gtt daröber geapraehea, aber alle vier warnten davon nicbla. Vor Runen
In« ich die anaTiibrliobe Reeension einer aaardlirl leben' AbhandlDoy über die
Brficbe, nnd aacb in diäter war von der Balladonna nlebt slnmafal die Rede.
~- Mir acbeiBl , daa Praktiaehniilillebe naaerar heuttgeo Litentor linU to
der apringflnlh des UnnDtdiebes gar leiekt la Bedan nnd eaui«ht alch- den
Bllekea derer, die desselben haobbedirAir «Urea,
— 801 —
wlre sie das nach geworden , so wGrde vieHeicht meine ErfRhrnnff
noch nicht binreiebent in diesem Punkte etwas xn bqiiinimen. Ans
der Gabe des ksbischen Salpeters, die Herr Dr. Meyer in Bücke-
bni^ mit Yortbeil den Kranken gegelaen, scfaliefse icb, da fs er es
mit einer Masidarmrabr za thiin gehabt; nun, dieser scheint der
Laxirmillel nicht bedurft in beben , denn er erwibnet derselben
gar nicht.
Ich habe mehrmahls vier, Ja fnnf Tage täglich eine Unze Sal-
peter gegeben , che die Constriktion des Mastdarms nnd mit ihr die
Krankheit gehoben wurde. Welchen Grand k&nnte ich haben , zh
behaupten , dafs bei künftigen Epidemien das MifsverbSltnifa zwi-
schen den bewegenden KrSfien des Darmkanals sich nicht noch weit
greller heransstellen bSnne?
Für solche Epidemien, vorausgesetzt, dafs die Affektion des
Gesammiorganismus satpetrischer Art sei, ratbe ich meinen Amis-
genossen Folgendes. Geben sie erst vier Tage tSglicb eine Unze
knbiachen Salpeter und lassen oie zur Vorsicht Belladonnaialbe an
den After streichen. Den fünften Tag geben sie noch eine Unze
Salpeter and lauen dem Kranken dreimahl, jedesmahl eine halbe
Stunde lang den Bauch einreiben mit einer Mischung von zwei
Tbeilen Spiriiut taponü und einem Tbeije Brecbnufitinkfur.
Nur wenn sie sebeq , dafs die Mastdarmcoaslriktion diesen Hülfen
widerstehet, wenden sie am sechsten ein Laxirmittel an. Sie
werden dann gewahr werden, dafs dieses ganz nnders heilend
wirkt , als es ohne den vorhergegangenen Gebrauch des kabischen
Salpeters wurde gewirkt haben. Es wird durch seinen antagoni-
stischen Reiz auf die DtiaudSrme die Mastdarm constriktion gewftl-
tigea, kotfaigen Abgang bewirken und die Krankheit wird gehe-
ben sein.
Dieser Ralb gründet sich auf folgende Beobachtung. Ernst-
hafte Mastdarmmbren , wenn sie durch Mohnaafi auf den mög-
lichsten Grad der Verschlimmerung getrieben waren, habe ich
ohne den antagonistischen Reiz eines Lasirmittela nicht heilen
kSnnen. Also kommt es mir sehr m&glich vor, dafs bei einer
Epidemie künftig einmabl das Verhftlinifs zwischen dem Mastdär-
me und den Dünndärmen sich durch den Genius der Epidemie
selbst also gestalten könne, wie es in den von mir beobachteten
Füllen durch Mobnsaft erkünstelt war.
Das ist nan das Wichtigste, was ich in der Kürze über den
Gebrauch des kubischen Seipeters in der Ruhr zn sagen habe.
Ich erklare aber aasdrücklich, dafi die Ruhr, als eine in dem
Darmkanal vorwaltende AfTeklien des Getammtsorganismus , nicht
Doihwendig immer nnter der Heilgewalt des Salpeters stehen müsse»
sondern dafs sie nach unter der des Eisens , oder des Kupfers
irt*hen könne ; über w«lf hen GegHiUnnd ioK in dpo folgeaden Ah-
iheiliiogen dieaea Kapilnla nnsfiibrlicher reden werii».
JeiM will ich niich znm Schlnaa« mit meinen Lewra iibw
eiliclie wichlige, die Ruhr beU«ffende Funkle besprechen. Znerat
«Mille ich die Frage anf:
Gibt e« auch Rühren, die nicht eine io dem Dan» knnale vor-
waltende Affeklion dei Geganimtorganiamus , sondern ein Urieiden
dieses Organs sind, bei denen also das Fieber als ein Uofies
censenauelles Leidrn »n belrachien isll —
So viel ich den belebten Menachenleib kenne, können alle
Organe nrergriffen werden, nnd icb »ufate keinen Grand anin-
geben, warum man dieses hinaichilicb dea Darmkanals verneinen
ftollie. Mit deutlichem Bewnrsisein habe ich aber eine solche Ruhr
noch nicht beobachtet. Wm ich der Art tiah, waren chronische,
stubliwangige UeberWeibael vernachlftsaigter, oder Abel behandel-
ter Maaldarmrahr; wollte ich ans dieaen U ehe rbl ei bsein (welche
freilich die Form der Ruhr noch nnvermiacht darstellen) die Natsr
der anfanglichen akuten Ruhrkrankheit benrtheilen, so würde ich
mich dem Leser als einen aebr unweisen Menschen bekunden.
Meine frühere irrige Ansicht, als sei die Ruhr jederseit ein Ur-
teiden dea Darmkanala, habe ich, wie gesagt, ISngst fahren las-
sen. Ob aber die Ruhr, welche ich im Jahre 1808 in dem nie-
derlandiachf-n SiR.ltcben durch Brecbnuratinkinr durcbachniitlich in-
nerhalb acht Tage heilte, ein hlofxes Urieiden des Darmkanals
gewesen, bann ich nicht wissen. Damahls kannte ich wol die
Namen, aber nicht die Wiikung und die Gebraurhsart der drei
iairochemischen Unirersaltniltrl. Hftite ich diese gekannt, sie ver-
gebena bei jpner Krankheit angewendet nnd selbige dann durch
Brechnnfs gebeilt, so könnte ich mit Sicherheit über die Natur
der Krankheit nribeilen; jetzt ist mir dieses aber nnmSglich.
Die iweite Frage, die icb aufstelle, lautet also: Gibt es auch
conaensnelle Rubren, oder solche, bei denen das Dnrmleiden blofa
von einem Urergriffensein eines anderen Organs abhfingtl
Beatimmt gibt es derer in der Natur. Wie sich consensnel-
ler Dtircblauf xn Leber-, Mils-, oder Gehirnfiebern gesellet, so
wird sich auch wol eine Rohr consensneller Ak zu solchen Ur-
organleiden gesellen können. Die Ruhr unterscheidet sich ja blofs
dadurch vom Durchfeile, dafs in ihrem ersten Studio eine Zusam-
mensiehung an irgend einem Orie der dicken Oämie Statt findet,
wodnreb bei «ebr oder tainder ttarkcr Neigung zur Bauehentlee-
rang der Darmkoth zurQckgehalten wird und blofa dte SBfte dea
QDier der Stelle der Zuacbnüruag befindlichen Darmiheiles snsge.
teeret werden. Sie ist also, hinaiebtlich der Form, vom fieber-
haften Duroblaufe blofa im eraten Zeilrauine Terschiaden ; ja , wie
ich oben gesagt ^ in seltenen Füllen überspringt die Natur dieaen
«rsten Z«itiiiam ganz, wo dann einzig die gr&f^ere «der geringere
Qefabr den Unlerschied iwisehen beiden Krankheit«« ausmacht,
indefa die Formen derselben eich vollltoramen gleich sind.
Die eonaensnellen Rühren, welche ich aber blofs «iniela be-
obaebtei und gehetlet, waren Gebirtiruliren, und was ich davon
weifs, werde ich dem Leser tren raiilheilen, denkend, dafs alles,
was einzeln erscheinet, auch in der Folg« einmahl laadgSngig
werden k5nD«, und daf« es klag ist, sich im Frieden mm Kriege
so rSaten.
Die Gehirorahr kann als Darmrahr, oder als Mastdarmnihr
erscheinen, und erste entweder als einfache Dnnnrahr, oder als
ßrecbrnhr. Im Jahre 1824 habe ich sechs Fälle der einfachen Ge-
hirndarmrubr beobachtet und sie dorch kubischen Salpeter und das
-Debtillat des Tabaks bald geheitei. Bei allen sechsen bemerkte
ich Schmerzen der unteren Extremitäten in versebiedenem Gmd«,
welche aber bei einem Kranken so heftig waren, dafs ich sein
Geschrei schon ror dem Hanse hdrte. Diese Schmerten, die nach
der Beschrcibang der Kranken , aus dem Krenze entstehen und
wie Blitze durch die unteren EiftremitKten sehiefsen, sind al>er,
wie ich hernach erfahren, kein besISadiger Zufall der Gehirnrnhr. '
Jene sechs Falte schienen mir Termiscfale Krankheiten zu sein,
bestehend aus einer in den DSrmeo vorwaltenden Salpeieraffektioa
des Gesammtorganismns und ans einem eigenen Gehirnleiden. Letz-
tes war schon eine Zeitlang Morbui Uatiimarini; die Rnhrj die
aber damabls nicht nmgrift', war, wo sie unvennischt erschien,
salpetrischer Natur. Also fand in den sechs besagtes Fallen wol
eine Vermischnng des Sforbi »tationarii mit dem inttrcmrrente
siBit. Diese Vermiscfaung hatte ich früher, mit Aosnahme eines
einzigen Falles , noch nie beobacbtel ; die Ruhr hielt sich sonst
immer rein, wShrte ihre Zeit j verschwand wieder and vermischte
eich gar nicht mit der herrschenden feststehenden Krankheit.
Die Gehirnbrechfuhr ist ein« sehr angreifende Krankheit , sie
hat die grSfste Aehnlichkeit mit der Cholera. Im SpStsommer
1S32, da die asiatische Cholera in einigMi Stftdten der Preufsi-
schen Rheinprovinzea herrschte, und angeblich in Emmerich, wel-
cbetf ifnr drei starke Wegstondeo von hier ist, etliche Mensehen
sollte ergriffen haben, hatte ich Gelegenheit, sie zn beobachten
nnd zu heilen. Damahls waren die vorkommenden akuten Krank-
heiien solche Gehirnfieber, die unter der Heilgewalt des Tabak«
BtanHen, nnd dafs die consensuellen Bauchleidcn diesem Mittel
besser wit^en als den Bancbniitleln , hatte ich erfahren; mithin
brauchte ich bei der Gebirnbrecbmhr nicht lange nach Hölfe zn
soeben. Da man nun in den HRtlen der Armen manefaes, aon>
derltch die ansgeleerien Stoffe nicht so genau beobachten kann
als bei woblhabeDden Leuten, so will ich, mit UebOTgehen »fA-
- 804 —
chei' Fälle, dem Leser die Krankengeschichte eines sehr achtbar«»
Mannes, des Bürgerin eist er L"* xa Pf* eneählen.
Uieaer Herr, der, wie ich beim Ausbruche der Krankheit
von itiiii hone, ein paar Tage vorher fremdartige Gefühle üii Bau-
che gespüret und saures Aufstolsen gehabt, wird in der Nacht
vom 29. auf dea 30. Augasi von icfainerzbafiem GefGhle, ini Bau-
che und starkem Froste befallen, mufs auf den Nachtstuhl « und
es BtürU ihm eine grofse Masse w&aseriges Zeug aas dem Leihe,
welche Ausleerung ihn so angreift, dafs er der Ohnmacht nahe
ist. Nuo muls er sich erbrechen und die ausgeleerten Stolfe sind
flieht bitter, sondern wässerig nnd geschmacklos. Kälte, onans-
löscblicber Durst, Erbrechen nach jedem Schlucke >^'^asser odw
Thee , Durchfall , ein seltsames . übel zu beschreibendes , befing-
ttigendes Gefühl iui den Präcordien, und im Kopfe ein Geßhl
von Taamel, machen ihn besorgt, er könne ivol von der damahls
allseitig besprochenen asiatischen Cholera ergriffen sein. Theils
diese. BerürchlUDg , theils das Gefiibl von Frost bestimmen ihn
sich das Bett tüchtig wfirmen au lassen, nnd mir einen reitenden
Boihen zu schicken. Dieser kam um fünf Uhr bei mir an. Da
ich wufste, dafs der Herr einen gesunden, starken Körper hatte,
und eben nicht besorgte, dafs er Kamillenthee trinken würde,
denn wir hatten diesen Punkt schon früher besprochen, so ver-
schrieb ich gleich, um keine Zeit zu verlieren, folgenden Trank:
H; Nafri acelici 5ii 0mm. tirab. ^P Aquae nicoWaitae |i V ^vii
M. D. S. Stündlich einen Löft'el voll zu nehmen. Nun stand ich
auf, und weil nicht meine Gegenwart, sondern meine Mittel hei'
fen inufgien, so verschob ich absichElicb nietae Üeberkunft.so lan-
ge, bis ich über die Wirkung der verordneten Arsenei würde ur-
lheilen köanes. Nachdem ich, ohne mich eben au sputen, ge^
frühstückt hatte und um halb sieben gerade in den Wagen steigen
wollte, kam der zweite reiieade ßothe Hüls über Kopf gejagt,
und bat micb dringend, herüberzu kommen. Da dieser nun gar
nichts TOB dem Befinden seines Herren zu sagen wufste, mufsle
ich HOthwendig deakea, das übersehickte Mittel habe die erwar-
tete Wirkang versagt, war also genötbiget, ein paar einfache
Arzeaeien aas der Apotheke holen zu lasten, damit ich hernach,
ein« Wegstunde von der ftratlichen Uüstkaminer entfernt, Waffen
zur Haad haben möchte, womit ich den verdächtigen Feind be-
kämpfen könnte.
Durch diesen Aufenthalt wurde es fast halb acht Uhr, eh«,
ich den Kranken sah. Angenehm wurde ich aber überrascht, da
ich von ihm hörte, dafs der erste und zweite Löffel Arzenei im
Magen geblieben und seitdem nur zweimahl Stuhlgang erfolgt sei.
Ohne dafs er es mir gerade mit dürren Wetten gestand, begriff
ich doch jetzt leicht, dafii einzig die Furcht vor der asiatischen
— 805 —
Chol«ra ihn beMfmmt halt«, mir 4«n zweiten ßotlien zu BchicLen.
Sein gegpnwfiniger Zuilnnd war falgender. Die Kälte wnr ver-
gangen , die Haat war mftfsig warm und fenelit. Der PiiIb schnell
and ntüfsig toII. Die Zan^e eiwna weifs belegt. Der Dnrit nn-
■nsidublich. Von Zeit so Zeit wurrfe er von einem beängstigen-
den GefShte in den PrBcordien ei^iH'en und klBgle über ein selt-
Mmea Brennen im Baache. Wie der Harn anasah, konnte ich
nicht gewahr werden, denn er hatte nicht geharnt, als nur ein
wen^ bei der Baucbenileerung. Uebrigens war er frei von Kepf-
Bchmerz; blofa da- Schwindel oder Taumel war noch da, der ihn
beim ersten Anfalle der Krankheit ergriffen hatte.
Ich hahemicb nun vallkommen übenengi, daiä dieser Mann,
der in den zwei Tagen des Voi lüaferstadiunis zwar nicht verslopfl
gewesen, aber doch keinen Dnrcbfall, sondern btofs ein fremd-
artiges GefTibl im Baucha ond saures ihm ebenfalls fremdes Anf-
stnfsen gehabt, der in diesen Tagen ordenilicb gegessen balle,
also noth wendig Kot b in den DHrmen haben mu&te, daCi der, b*t
mchrmahliger reii^ichen Baoeheiuleening dureb den After, aach
nicht das Mindeste von Darmkoih los geworden war. Die in j^r*-
fser Menge entleerte Fliissigkeii war ganz kothlos, schmutzig weifs,
dem Gersien- oder Beihwasser Khnlich. Aadi das Ausgebrochen»
war nicht gallig, sondern blofs schniMiatg wSsaerig, und hatte-,
nach Aussage des Kranken, einen faden Geschmack gehabt.
Dafs hier eine ZusammenscbiMirimg im Darmkanale Statt fand,
wodurch bei der Bauchentleerung der Koib surüdcg eh alten ward»,
lehrte die Besieklignng der ausgeleerten Flüssigkeit. Aber, an
welchem Orte des Uarntkanals, wnr die J^nscbaüniDg! — Im Mast-
därme bestimmt nicht; denn iheils war nicht der geringste Stahl-
zwang vorhanden, ibeils sind auch die, biofs aus dem Mastdärme
entleerten Flassigkeiten ganz anderer Natur als die, welch« idi
hier s^. Und wo kam die grufse Masse Flüssigkeit bert Durch
die wenigen Stühle, welche de* Kranke bis zu meiner Ueberkunft
gehabt, war das Geßfs des Leibstuhles schon über halb voll.
Aus dieser Menge des Fnlleerlen yollte man genrigt seinsa scblie-
fsen, die Zuscfanürong im Darmkanale müsse koch im Grinundar-
me, vielleicht nahe der Vahufa coli gewesen sein. Aber, wie
kann man sich bei einer solchen Annahme erkliren, dals auch
bei den ersten Stühlen kein Kotb abgegangen wart Der Grimat-
danii ist doch nur bei ganz ausgehungerten Menschen vollkommco
leer von Koth; bei einem Manne, der bis zum Ansbrucbe dar
Krankheit ordentüeb gegessen , kann man eine solclte Leere nicht
wol aanehmen, nnd aller Koih, der sich unter den» Orte der
Oarmzuscbnnrnng befand, haue doch bei der ersten und tweiten
EUitlastang weggehen müssen.
Mno kannte sich vorstellen, in dem zweilügigen Vorlaufer-
L,, ,_ , Google
_ 806 — -
»ladio b«be mImhi ain« ZundiDüniiig hocb im Grimmduia* StMl g»-
habt, und da der Kranke «war nicbt durcbläufig, aber doch «ueh
niobt v«n(opft gewateii, ao hab« der Grimm dar m wäfareod diaaer
Zeit aicfa aeinei unter der ZuacboOrung befindlioheD kothigen Inhal-
tes entleert; auf die Weise baba bei dem eigeatlichea Analiniche
der Krankheit eioe %o reichliche hoihlose , wägBerige Entleerung ge-
■chefaen können. ^ Freilich, diese Annahme iai: die einxige, die
»DB überbleibt, um jene Bellsame Eraoheinong, wo nicbt genügendi
deeh eioigermaliMD crtrSglich zn erklären: wer aiehet aber Dicht)
dals bei derselben auch noch Raibsel lin Hintergrunde bleibeol —
l>och, Weiler in der Geachichie!
Ich venprach dem Kranken, der, wie es mir sohien, stob von
dem Gedanken niobt losmachen konnte , er sei von der asiatischen
Cholera ergriffen, ihn ge^n Abend noch «iopuihl au besucheu;
rieth ihm, wenn er Luit an» Eesen au haben glanbe, etwas dünne
ftindfleischsuppe au nebmen , und weil es damahls aobun kiibl war<
so viel Fener in den Ofen legen an lassen, dafs die Temperatnr des
gegen Norden gelegenen Zimmers behaglich werde , damit er sich
hei etwaiger Bauchentlacning nicbt erliillte-
Da ich naohmiiiaga gegen fnnf Uhr ihn wiedersah« fand ich
ihn so wohl , als ich es nach den UmslSaden erwarten konnte. Er
halle während meiner Abwesenheit noeb ein paarmahl wSsserige
Ausleernng gehabt, und dann wareii ihm unverdaute Speisen, wel-
che er die vorigen Tage au sich genommen, mit Elrleichierung
■bgegangen. Ich batie ihm vorhergesagt, dafs er entweder an
diesem oder am folgenden Tage unverdaute Speisen eDileerrn wiiiv
de. Die ßeBttttigting meiner leitet an machenden und sicheren
Vorhersagung wirkte offenbar wohlihStig auf seinen Geist; gans
vertrieb sie xwar nicht die Choleragedanken, aber sie drang ihßi
doch den Glauben auf, dafs ich mit dem Uebel, woran er leide,
vertraut sein müsse. Uebrigens kam das beängstigende Gefühl in
den Pr&kordien weit seltener, das Brennen im Bauche war noeb
onverfinden, der Durst swar minder, aber doch nodi aiark, der
PuIb schnell, die Auadünslnng jnälsig..
Am folgenden Morgen (den 31. August), da ich ihn besuch-
te, fand ich alles viel verbessert, es war nach ein paarraabl ko-
tbiger, dünner Abgang erfolgt, das beHngsligende Gefabl gana
verschwunden, das Fieber um vieles gemindert, der Durst unbe-
deutend , über Taumel klagte er auch nicht mebr. Nor das bren-
nende Gefühl im Bauche war noch nnverinderl. Da ich mehrmabk
gefanden, dafs dieses bei der Ruhr, auch wol bei Gallenfiebern,
eine gute Portion scharfer Säure im Darmkanale vermntben Ififa),
so hiefs ich den Kranken , bei dem , wegen des aaiuen Aufal«-
fsens im Vorlänfersladio, eine solche materielle ürsacbe.des Brand-
ge^hles wahrscheinlich war, von Zeit zu Zeit einen Theelöffel
voll lu*bBS(einpnlver ■ehtncS) «hne jedoch dsbei den Gebrauch
der emverordnetcn Arsenei su unierbrechen. Meine Veruiulhuag
bineichtlich der Säure war aber, wie es sich bald auswies, gaat
faläch. Jede Gkbe Krebsstf>inpii]\er niachle starkes Aaralotseo,
und da dieses oicbt von enibundener, leicht zu erkenneoder Koh-
leosSure herrührte, ao war es einfeig der noch sehr gesteigerten
Reizbarkeit des Mageas susuBchreibeo , der das erdige Miltel nicht
leiden wollte. Ich stand, sobald ich dieses sah, ganz da\on ab,
iiiid da wegen des diinnkotbigen Abganges von einer Zuscbnurung
im Qriniin-, oder Mastdärme nichts mehr xu flirchten war, gab
ich das Natrmt aeetieum tnii dem Tabakswaiser io Oeleinulaion,
Am Morgen des dritten Tngett (ersten September) fand ich
ihn frei von Fieber, das Brandgefiihl war guna verschwunden, er
batie die Nacht rabig geschlafen , seine liarnabsonderung , die wie
gewöhnlich bei aolchen Krankheiten gestört gewesen , war wieder
Donual. Er hatte gebundenen Koih entleeret, ebne vorhergehen-
de« oder nachfolgendes fremdartige« Gefühl irn Bauche. Er fühlte
sieb wol doch matt, safs aber wieder auf, und die ICfalusI fing
an, sich einsiistellen. Ich hiefs ihn jetsi aufhören zu arzeneien
und mit Vorsicht zu seiner früheren Lebensweise zurückkehren.
Am drillen Septenber bat er mich brieflieb, ihn noch ein-
tuahl au besuchen, er sei zwar wohl (schrieb er), liabe aber an
seioem Kö|f>er eine.ao sellsame Erscheinung bemerkt, dafs er mir
es nur mündlich analegen könne. Wie ich hinkam, hörte ieh,
die aelatsame Erscheinung bestehe in Folgendem. Er hatte lü'slusi i
sobald er aber feste Speise, z. B, etwas (lasen-, oder Kalbsbra-
len in ganz kleiner Menge au sich [whiu, wurde er augenblick-
lich eiskalt und kalter Schweifs (reff Ihm von der Stirn, ohne dafs
dabei sein Magen schmerzhaft, oder auch nur fühlbar durch die
Speise wKre gereizt norden. Diese Ersclieiiumg war allerdings
etwas seltsam. Ich erinnerte mich nicht, dergleichen je selbst
beobachtet sa haben; dunkel tauchten blols aus lueinein Gedäcfat-
Dtsze ähnliche, von älteren Schriflsiellern besehiiebene Fälle, wie
gesialllose Nebelgebilde auf.
Ich schrieb die ganze Erscheinung auf eine von der Krank-
bett zurückgebliebene nbergrofse Reizbarkeit des Magens, verord- '
nste den Liq. Calc, murinl. fünf mahl tags zu fünfzehn Tropfen
und innerhalb zweier Tage war die seltsame E^rscheinung verschwun-
den, — der Bnrgemeisier konnte wieder ohne kalt zu »erden es-
sen , was et- wollte.
Hernach war ich doch in einer Stunde der Mufiie neagierig,
ob meiner danklen Erinnemng, etwas Aehidicbea gelesen au ha-
ben, Wirklichkeit snm Grunde liege, oder ob ich es mir blofs
eingebildet. Nach manchem vergebenen Suchen wurde mir die
Ueherzengung , dafs mein Gedächlnifs mich nicht ganz getäuscht.
Die allen ßMbafAtnngkB wichen aber dirtn tod der meiaen ab,
dars die Lant« nicht blofs gleich nach dem Bossen kalt, sondern
auch pnlsloB und kunt von Albein wurden. Der Uaterscbied kann
jedoch darin liegen, dafs lie eine ordetMÜche Mahlzeit hielten,
nnd mein Burgemeisler nnr ein klein wenig IlaBea-, oder Kalbs-
braten sn lieh nahm. Jedenfalls ist es nerkwBrdig , dafs die in
den Mngen- gebrachten Speisen, ohne diewn nur im miadesten fohl-
bar auKngretfen , solche feindliche Einwirkang «nf die Haut änfse-
ren können. Pet. Bairo (Eitckirid. LH. II cap. 9) siebet den Fall,
deo er erzAhlt, als sehen an, denn er sagt: JUiki, iieet tim nunc
»enio cot\fee1a> , to/vm bii in vita mea canti üie innotuit. £r wird
SU einem Kdelmana gerufen, der den Zufall für Bnfserst geßihrlich
hSit, weil einer seiner Verwandten angeblich an dem nämlichen
Uebel gestorben sein sollte. Den eintretenden Arxt empfingt er
gleich mit der ErklXrnng : Ego ■«> Vom vocavi ui aperem tanitatem
recuperare, ted ne videar emnitto vitam negligere. P. Bairo bit-
tet sich bei ihm m Gaste, um die Encbeinung seihst m beobachten.
Sobald nun der Edelmann seine Mahlseit gehallen, wird er eiskalt,
sein Puls so zusammengezogen, dafs er kaum m fShlen ist, aach
wird er sum Ersticken engbrüstig; das w&hrt reichlich drei Smn-
den, und verschwindet dann allmftblig. P. Bairo erinnert sich,
dfifa Gafen einen Fürsten von einem Bhnlichen Uebel durch Pfeffer,
Wein nnd einige Sufserliche Schmierereien will befreit haben. Der
Edelmann mnfs also gleich dieses Galeniscfae Mittel , eibe Drachme
- gepulverten Pfeßer in Oblaie gewickelt verachincken und drei Un-
zen warmen Wein darauf trinken. (Gesalbt und gerieben war er
schon früher.) Eine Stunde nachher speiset er, und siehe! der
lästige Zufall erscheint nicht mehr. Der Verfasser schliefst die
Geschichte mit folgenden Worten: Te»ti$ tit aii&i Dem», quod
mtnquttM pottea vtinimam part«m aetuit ilHut paaaiomia , lieeitnitea
pht» quam per meiuem eä ordinarie poat omnem emotionem infetta-
retur, (Die Leser werden wol so wenig begreifen als ich, war-
um er hier Golt xum Zeugen anraft.) Den «weiten Fall hat er
bei einer Frau beobachtet und eben so behandelt; er berBhrt ihn
aber nur im Fluge.
PMKpjmt Salmuliita (Obterc. 9 cent. 2} hat bei der Frau einen
Gelehrten Ihnliebe ZuftDe gesehen. Der Gelehrte, den Satmulk
die Beobachtungen des P. Bairo und des Gafen lasen li&t, mft
in der Frend« seines Herxens aus , die Zufälle seiner Gaiiian seien
von jenen Aersten nicht blofs beschrieben, sondern lebendig ge-
zeichnet. Pfeffer und Wein thaien dieser Fran aber gar nicht gut,
nnd obgleich die Kur' mehre Tage hinter einander wiederholet
ward« , 10 war doch alles vergebens. Em entstand Kolik , Zittern,
grofse Geschwulst des Hdses, Libroung, irad das Ende der Ge-
schichte war der Tod.
Wenn ich hintennaGh atlet reiflicb erwig«, \kud et do^ wol
am beiiea gewesen leio, dafs ich dem Burgemeister salwaaren
Kalk gegeben; dena da die Goleniache Pfefferkur zwar einen Für-
sten und Edelmann geheilet, der Ehefrau eiaes Gelehrten aber
übel bekommen ist, so bKite aie vielleicht auch für den Burge-
metsler nicht gepalat.
Uebrtgeos hat der von Oafe» enäblte Fall, der den P, Bairo
belehrte, was er zu thun habe, weder' mit dem von ihm selbst,
noch mit dem vom i%. Salmuth beobacbieien sonderliche Aehn-
licbkeit.
Manche ältere Aersle hatteii den Wahn, man müsse alles,
was einem xu wissen noth thue, beim Qaien, oder beim Htppo-
krate» finden können. Es ist w»! unverkennbar, dafi Gale» die
von Pet- Bairo erwähnte unbedeutende Geschichte (LH. de /Va^
cognitio»e c^. ii,) blofa geschrieben, mn seiner hofmännisch-
Iratlichen Eitelkeit zu fröhnen. 0er Kaiser Marctu Äurelitu bat
sich einmahl den Magen überladen , befindet sieh etwas übel und
frostig und sein Puls ist zusammengesogen. Zwei Aerxte hatten
ans letztem ZuEalle geschlossen, dafs ein F!el>er im Ansage sei.
Galen aber, der später den Puls untersucht, und der^ wie er
selbst behauptet, mit einem ausnehmend feinem Gefühle von der
Natur begabt war, fühlt gleich an dem Pulse, dals sich der Kai-
ser blofs den Magen überladen habe. Auf die Frage, was nun
zu tbun sei, antwortet er: Andern ehrlichen Leuten pflege et
Pfefier mit Wein zu geben ; da aber die Aerxte fürstlichen Per-
sonen gemeinlicfa nur sichere und unschuldige Mittel riethen, so
möge er sich blofa mit NardenSi einreiben lassen. Der Kaiser
befahl dem Pitholau» , den gegebnen Rath zur AnsfÜhrnng su brin-
gen nnd eatlicfs Galen. Xachdena er nun das Oel warm auf den
Bauch gelegt, nnd steh die Füfae mit erwärniten Händen bait«
warm reiben lassen, hat er auf guten Glauben den Pfeffer mit
Sabinerwein verschluckt , und darauf zum Pilkolatu gesagt : wir
haben da wahrhaftig einen seltsamen Arzt aufgegabelt und zwar
einen recht geistreichen. Seine Majestät sollen auch nicht aufge-
hört haben, über GiUen zu sprechen, und von ihm zu fiufsern
geruhet: er sei der vortrefflichste Arzt und ein auigezeicbneter
Philosoph. Mir scheint aber, da Galenvam. Kaiser gleich nach
dem gegebenen Pfeffertath entlassen war, so konnte er jenss Ur-
(heil nur von den HoQeuten gehört haben; wie viel also wahr
daran sein mag, müssen wir rathen. Eins brauche ich aber nicht
zu ratben, weil ich es gewifa weils: hätte der Kaiser Galen ei-
nen EUel genannt, wir würden die alberne Geschichte niohl zu
lesen bekommen haben. •
Von den übrigen Fällen der Gehirnbrechrubr, die mir im
Herbste 1832 vorkamen, waren zwei bloja w^eu des Atters der
- 8ilO —
Bef^eneo benarkeDiwerib , denn rIia Leute Tmirageii tolche mit
reicfa)icheB Ausleerungen verbundene, sUrk M^reifende Krank-
heilen gewöhnlich fibel.
Ich wurde eines Morgen* zn einer armen Fmu gerufen, die,
über achtzig Jahre all,, seit dem vorigen Tage an der Brecbruhr
gelitten. Sie erbrach allei, was sie in den Mngeo bekam; daa
Eriirecben gewhah, wie ich selbM »üi, uh»» besondere Anstren-
gung, und die entl*ene FlOaaigkeil war nicht niit Galle geHlrbt.
Der Abgang, den ich aber nicht selbst sebun konnte, wnr, nuch
Anisage der Tochter, wie Wasser, weder schleimig, noch gelb,
oder grün gefärbt. Die Alte klagte haiiptiRGhlicb über Schmer-
ken in den unteren Extremiiftten. Diese Schmerian miirsteo aber
wol erirlglich sein, denn ich sah oicbt, dafa sie sich ungeberdig
anatellle. Hunde and Gesicht ffibrteo sich kühl an, halten aber
nicht die den Riibrtod verkündigende Kilte. Der Puls war schnell
■ad klein, der Durst grofs. Lebrigens war die Alle Lmunielig und
schien sich in einem gans gleichgültigen Gemülhszu stände zu befin-
den. Ich gab ihr den oben bemerktoii Trank ans Natrum mcet. Ag.
uieoi. und Gmm. arab,, glaubte aber kannt, dafn ich sie am anderen
Tage lebendig wiederfinden würde. Meine Befüroblnng war jed««b
ganz gnindlos , denn da ich am andern Margen hinkatn , hone ich,
dafs lehon nach dein ersten Lütfel Arzenei das Erbrechen aufgehört
habe. Der Durchfall warjelst auf wenig« kothige Stühle zurückge-
bracht, und alle übrige Ziifülle so gebesserl, dafs eine zweite l*or>
tion des nftnilieben Trankes die Kranke ganz wieder herstellte.
Eine sechs und siebzigjährige Bfirgerfrau sah ich zuerst abend;«,
da sie am nämlichen \acbniiitage von der Krankheit ergriffen war.
Nach Aussage ihrer Kinder, war die durch Brechen and durch den
Stuhlgang enileerie Flüssigkeit ganz wässerig, Ich selbst habe sie
nicht gesehen. Die Frau war aber sehr krank, ihr Pala schadl
und voll, ihre Ilant heifa nnd feucht, der Durst sehr grofs. Ueber
Schmerzen klagte sie gar nicht, ihr Kopf war ganz dasselig. Ich
gab ihr den nümlicfaea Trank, den ich den andern gegeben, und da
ich au andern Morgen sie besuchen und geradezu in das hinten iiu
Hause liegende Schlafzimmer gehen wollte, rief mich ihre Enkelina
mit der Bemerkung zarück, dafs die Grofamiitler Bi<^ wieder im
Wohnzimmer befinde. Zu meiner Ueberraschung sah ich die Alle
frei TOB Brechen, Durchfall und Fieber. Nach ihrer Behauptung,
Mite ihr nichts mehr als Kräfte. Ich rieth ihr, znr Vordcbt nodi
eine Portion von dem verordneten Trank« zu nehmen.
Es mächten aber manche Leser denken, die beschriebene Buhr
aei blofs ein Urleiden der Därme, und nicht ein Urleiden de« Ge-
hirns , «sie würde eben so gut , ja wol besser durch Mohnsaft als
durch Tabakswasser und durch Aalnn aeedteim zu heilen sein.
Diesen Lesern zu Liebe will ich einen Fall aus früher Zeil er-
— 811 —
jBAhlen , io welcbsia ich Mohnsafi reidile. Die 2aht das Jabren,
worin er sich xuirug, habe ich vergeasen,*) die !Sacbe selbst wird
aber nie meiaen Gedlchinisse entfallen. Ich habe oben gesngt,
dafii ich bis soni Jahre 1824 nur einen einaigen Fall beobacb(el,
in dem sich der Morbiu »talioiiariua iiiit der Ruhr Terniiscbt ha-
be. Der JHorAu» »tationariui wurde damahla von ans Aersten Ner-
venfieber geoannr, und lo viel ich jetil die Sache einsehe, warea
ein Fieber, welches von eioeni eigenen, mir aber dnraahU unbe-
kanoien Gehirnloiden abhing. Der Mann, dem ich zu helfen anf-
geFoderl wurde, war in den besten Jahren und von krfifiigeni K5r-
|ierbau. Die Ruhr, woran er litt, schien mir, dem Safseren An-
sihen nacb, eine HiKfaige, einfache Darninibr ohne Erbrechen xu
sein, mit dei ich bald fertig werden würde, ich verschrieb einen
■chleimigen Trank mit Opiumiinklur; innerhalb dreier Tage iiefs
die Darnischn&rnpg nach, nnd statt des hluiigen, scbrappieligen
Abganges, erfolgte gelber diinakothiger, Jeisl bitte sich die Krank-
heit von Tage au Tage bessern müssen; allein das geschah leider
nicht, der Kranke fing vielmehr an, irre zo reden, die Znnge wur-
de trocken, der Puls schneller «od kleiner und die Bewegungen
«eines Körpers xiiiernd. lob lieb den Mohnsafi fahren, denn ich
aah eis, daCi ich es mit einer blofs symptotnaiischen Ruhr xn thun
gflbaht, und dafs das Urieidcn im Kopfe stecke. Da ich aber z«
jener Zeit kein Heilmiitel anf das Gehirn wnfste, so inafsie loh
dem Dinge seinen Laof lassen und den Zauderer spielen. Wochen
lang war der Kranke nun bald Schlafsucht ig, bald irrsinnig, er lag
sich durch, sein Hodensack wurde brandig, kurs, er durchging alle
Grade des Elends, das man bei solchen bSsen Fiebern kennen ge-
lernt hat. Die Xalnr konnte dieses Gehimleiden auch nnr durch
vollstftndige Erschöpfung der ganzen Kftrpennaschine heilen. Und
wirklich war der K3rper dieses Kranken bei dem sichtbaren Anf-
börea des Gebirnleidens so darchaiia ersebSpfl, dafa die beMen und
zweckmfifsigNieo Speisea ihm nicht wieder xn Kräften verhelfen
konnten, und dafs iofa mit Recht befiirchien mufste, er werde noch,
bei der Besserung aus Msngel der ErnHhrung verderben. Nur da
ich ihn wie ein junges Kind, oder wie einen verhungerten Men-
schen behandeile, ihn blofs mit Milch. erhalten Iiefs, fing et wie-
der an aufzuleben.
Jetzt komme ich auf die Gebirnmasldarmnihr, dos heifst, auf
die, bei der ein Urleiden des Gehirns, oder Rückenmarkes, den
Mastdarm also consensuell berührt, dafs dieser sich zusammenzie-
het und keinen Kolh dorchlSfst, wodurch denn, bei einer mehr oder
*) Au aaderen Uattind«n kaou leb sohliirnea , dtfi ich den Fall D«tbwea4if
VKiuhu 4w Jshrsa 1M6 lud 1814 anf« bcbwuldt hibcD. .
'- 812 —
minder groben Neigung zuin Abgehen, ruhrähnliche EntteerRngen
entstehen.
Diese Krankheit habe ich im Winter 1833 mm erMen Mahle
in meinem Leben beobachtet; ich glaube aber, Aafa sie, wenn
sie je landgäogig werden Hollte> den Aerzien viel Kopfbrechen
verursachen' würde. VorlSnfig bemerke ich , dafs die Gehirnlie'-
ber, welche seit 1833 herrschten, leicht mit gastrischen, consen-
snellen Leiden, and im Winter vorziiglich mit Leberleiden gepaa-
ret waren, weshalb die Kranken auch htiufig über Stiche des rech-
ten Hypochondrinma klagten. Der Harn war bei dem grSfsten
Theile IrKbe, mehr oder minder dankel gefSrbt; klarer und hocfa-
gelber war zum wenigsten Ausnahme von der Regel. Die Ver-
änderung des trüben in klaren, Btrobgelbeo, war Ann Bichersie Zei-
chen der Besserung ; übrigens war bei einigen Schmers im Hinter-
kopfe, bei andern im Rücken, bei andern blofser Tanrael oder
Scblfifrigkeit , nnd wieder bei andern starker stehender Schmerz
in den Fü&en Begleiter dieses Gehimleidens. Der Durst war
bei den meisten Kranken grofs, die Hitze mSfetg. Irrereden aeig-
te sich nie, als nur da, wo die Krankheit vernachlitrsiget oder ver-
kannt war. Im Allgemeinen stand dieses Gehirnleiden unter der
Heilgewalt des Tabnkswaaaers. Je nachdem nun die consensnellen
Leiden entweder Magen oder Leber ergriffen, beförderte ein Zu-
satz von Ntttrum eceiicnm, oder ron der Frauendislel , oder vom
Brechnufs Walser, auch wol von ein klein wenig Schellkrauttinkdir
die Heilung ungemein, ja man konnte dadurch dein Umerden die-
ser consenauellen Leiden am besten vorbeugen. Mit krankhafter
Gallenabsonderung halte ich nur in hScbstaeltenen Ffillen zu ihun,
und auch da war sie nur unbedenlend.
Ferner mufs ich noch einer eigenen Seltsamkeil des besagten
Winters gedenken. Es ist zwar aichti' unerhörtes , dafs ich ein-
mahl mitten im Winter einen eiaselnen Ruhrfell lu behandeln ha-
be; aber vom SpSifaerbste 1833 bis sum Frühjahre 1833 hatte ich
über zwanzig vm bebandeln (den letzten bekam ich den 7. April).
Diese Rubren waren siiuimtlich echte Mastdarm rubren, sie heilten
sich hlofs durch den Jkobisehen Salpeter, in reichlicher Gabe ge-
reicht, innerhalb vier Tage.
So waren nun die vorkommenden Krankheiten geartet, als im
Januar einer meiner Bekannten seinen fünfzehnjährigen, seit acht
Tagen kranken Sohn, aus der Fremde nach Hause holte. Ich be-
suchte ihn noch am Abend seiner Ankunft. Er halle starkes Fie-
ber, klagte über Kopfschmerz, hatte, nach seiner Aussage, anfling-
licb Schmerzen im rechten Hj'pochondrio gehabt. Jetzt halte er
aber Bauchschmerzen, starken Durst, und aogeUich Durchlauf.
Welche Arzenei der Knabe in den ac^t Tagen genommen, konnie
ich nicht gewahr werden, auch nicht, ob dort, wo er «ich aufge-
- 813 —
hallen, ekie besoadere KraDkheit hemche. Eb kam mir aber vor,
alm habe er eine eigene Aufgeregtheit des tiebirni, von der ich
jedoch nicht wissen konnte, ob sie ein Zufall der Krankheit, oder
durch die Heise veruraacht, oder durch A.rs«neiniittel erkünstelt sei.
Da ioh keine bexiniinie Erkennlnifs der Natur dieser Krankheit
faatte, aber doch veroiuthete, dafs alle Zufälle von einem Urleiden
des Gebirna abhingen, verordnete ioh einen Trpnk von Natntm
acetieuM und Tabakswasaer.
Au folgenden Tage war alles nnrerfindert. Ans dem Abgan-
ge der, weiAschleimig, und kolhloe, hitiHOlitlieb seiner ConsUteni
dag Mittel «wischen Syrup und Gallerte hielt, (am vorigen Abend
batte ich ihn nicht sehen können) scblofs ioh, dafs eine Ziisam-
menscbnürang im Mastdärme vorhanden aei, and zwar in dem obe-
ren Theile deuelben. Ich glaable also, mich in meiner vorifigi-
gen mnlhmaJiilichen Diagnose gelfinscht zn haben, denkend, die
ganze Krankheit sei eine einfache Mastdarmruhr, dergleichen ich
schon mehre in diesem Winter behandelt. Ich gab blofs Nalrum
nitricum in reichlichen Gaben und lieft damit drei Tage fortfah-
ren. Die Sache wurde aber um kein Haar besser, im Gegt^niheil,
die Stühle wurden häufiger, waren koihlos schleimig, und fingen
an, etwas blutig tu werden. Stuhlswang war nicht zu erkennen.
Jetst versuchte ich, durch einen antagonislischen Reiz auf die
Oünndärroe die Zusamraenscfanurung des Mastdarmes zn heben.
Allein, eine Abkochung von Sennesbläliern mit Glaubersalz preCile
blofs etwas grün und gelb geHirltten gallertartigen Schleim durch
die Zuschoürung des Mastdarmes , ohne diese zn lösen. Dabei
wurde das ganze Befinden übler, es entstand Irrereden, die Nase
blutete oft, aber nicht stark, die Sprache wurde uodeullieh; übri-
gens blieben die Moskelkrftfte , nach den Umstindeo, unverletzt
und die Zunge rein und feucht.
Da der Junge von Kindheit an eine gelblich schmutzige Ge-
sichtsfarbe gehabt, nach Aussage der Aeltera , früher von Zeit zu
Zeit über Schiuerzen in der rechten Seile geklagel, ja beim ersten
Anfange der Krankheit auch diese Schmerzen gehabt, >o dachte
ich an die Möglichkeit, dafs die ganze Krankheit ein echtes Le-
berfieber Bein könne. Der Harn war klar, strohgelb und sauer,
also dem eines Gesunden vollkommen gleich. Zu jener Zeit, da
ich herrschende Leberfieher, die mit Irrereden uad einer eigenen,
der Lihmung fthnlichen coasensuellen Mastdarmaffektion begleitet
waren,* durch Sebellknoitinktur heilte, (ich habe sie im vorigen
Kapitel beaobrieben) hatte ich schon bemerkt, dafs Leute, welche
am schwersten von dieser Leberkrankheit angegriffen waren, eben
solchen gesnndheitsgleichen Hain ausleerten. Diese Ofuhrung be-
stimmte mich, auch dem Kranken, von dem wir jetzt fedcn, tie>
ber die Scbellkrauuinktur ala eia anderes Lebermitlel zu geben*
— »14 —
Icbgnlt sie ihm tu cineM halben Kkmpel innerhHlb virnmdzwanrig
Stunden und zwar in ■(ündlicb getheilien Gaben, (ßnfs man sie bei
LelKcleiden, die niii conaensiiellen Ottrmlaiden begleitet sind, nicbt
reicblicb geben drirfe, habe ich schon früher gesagt.)
WShrend ich acht Tage dieae Leberknr fortaelsen liela, war
nicbt blof« mir, sondern auch den Aeliern die anfTallend« Ver9n>-
dernng der Gesii^igrarbe des Kranken merkwfirdig ; das von jeber
Bchmutziggelbe Gesicht fing nämlich an ra bleichen. Leider hatte
aber die Leberknr auf das ganse Befinden keinen güntligen Ein-
flnfs; denn aufser di^s das Xasenblnien atifh&rie, und dafs getb-
gefilrbler, gallertariiger Schleim durch die Striktnr des Mastdar-
mes geprefsl wnrdet versefalimnierte sich der gnnze ZnMand angen-
Bcheinlich. Da ich anent den gelbgefürbten Schleim abgeben sab,
glaubte ich, auf meine Beobachtni^ der einfachen Rnfar mich stiis-
jEend, nun werde bald kothtger Abgang erfolgen; i^ hStle aber
lange aaf die Erscheinung desselben wariei> kännen. Daa Irrere-
den vermehrte sich, wechselte mit SehlafMUcht ab, jedoch erreich-
te es nie den Grad der Tollkommnen Bewufsilosigkeit , denn der
Knabe beeebninlaie das Bett nicbt, sondern gab es in venteben,
wenn ar Noth zum Abgehen hatte. Uebrigens wurde die Sprache
so andeutitch, dafti man ihn als wirklich sprachlos ansehen konn-
te. Dabei war die Zunge rein und feucht, ohne fearig roih zu
sein, und die Muskelkrftfte hielten sich gut. Die Spraidiloaigkeit
war in diesem Falle nickt Folge der BewufstloBtgkeil , uder einen
hohen Grades von Trockenheit der Zunge und der ganzen Mund-
höhle, sondern eine eigene constHianeile Affektion der ZungMimns-
keln, welch» ich mebrmuhbi bei Gehimfiebem, auch bei gastri-
schen beobachtet babe.
Ich wurde jaiat, naeb dem vergebenen Doppelversache der Hei-
lung, wol gezwungen, meinen ersten, au voreilig verwoffenen Ge-
danken wieder aufzunehmen, dafii ntimlich das Ganze ein Urge-
hirnleiden sei, welches conseiMuell die Bauchorgane alfizire, und
da ich die Leber nicht ganz frei sprechen konnte, obgleich ich
mich überzeugt, dafa sie nicht daa urergrifiene Organ sei, so ver-
ordnete ich folgenden Trank.
K; Aquae micalt'anae |i Tätet, cielidonii '^f^ Aqnae |vii
GMm. arab. fi} M. D. S. Stilndlieh einen Löffel.
Diese Arzeoei verbesserte den Zustand ganz unverkennbar, das
Irrereden wnrde minder, der Dirrat liefs nach, die Zahl der Stübia
wurde weniger, aber die verzweifelte ZuaammenziefauRg des Mast-
darmes blieb wie sie gewesen. In Erwignng, dad Ich das lange
verkannte Gehirnleiden wol schwerlich so wnrde nieniem können,
als wenn ich es anränglich nicht verkannt hStte, in Erwflgnng,
dnfs der Versuch, das consensuelle Maat darmlei den vor Reilong des
Urleidena za heben oder zu bezcbwiduigen , der Haaptknr nicht
— 8t» —
Mob k«i»en Kiiiirag ihnn, ton^rR »e violiiiehr dureli Entfernung
räiM taaligfln, erniüitenden ZafalleB, erleichlero werd«, und io Er-
wägung endlich, dafs der i^lastdarnt ein Oi^an sei, in welchem du
«otaaenauelle Leiden leicht zam UHeiden werden, und dran selbst
nach dem gcholieiien Gebirnlciden noch foriheetehen könne, hielt
kb es (nr sweckiuäliig , die Belladonna äirfserüch su versuchen.
Ich TeffiNrdnete eine Salbe von einer Drachme Schinalx nnd funf-
sehn tiran BelladonDaextrakt, und lieft sie nach jeder Enileerung
an den Afier einreiben. Dieses Millel ISs'te ianerbaJb zweier Ta<
ge- die Cunsiriklion des Masidsrmes. Erst hörte die Neigung znai
Abgeben auf, dann wnrde breiiger, Datnrlicb braun gefärbter Kolh
«ntleerel. Ich hätete luii^ aber, das Einreiben jettt ausausetzMi,
■oBdem lieiTs es noch mehre Tage fortgebraiicben. Wlire nun die
Zoicbniirnng.des MastdHrmes Zufall einar einfachen Mastdarm ruht
gewesen, so würde der Kranke keiner Arzenei mehr bedurft ha-
ben. Hier war aber durch Beseitigung des consenanellen Mast-
danuletdens das Urgchirnleiden nicht gehoben; diese« wAhrte ink
Allmfthliger, sichtlicher Abnahme, bei dem fongeseisten Gebrauch«
des Trankes noch über zehn Tage. Die gans augenscfaeioliebe
Besserung otteabarle sich dudarch, dulJi der Kranke über Tag woki
war, aber gegen Abend «nrubig nnd iMifg wurde, mit Beschleuni-
gung nnd Erhebang des Pulses. Die Sprache kehrte bei der Bes- -
serung innerhalb eines Zeitraumes von vier Tagen surnck. Erst
sprach der Knabe wieder einige Wörter denllicb, darauf mebre,
endlich alle. Die CoMlrikiion des Mastdarmes, sie mag consensuelle
Affektion dieses Organs., oder das Vorwallen einer Affeklien des
fiesamiuioiganisaj^us in diesem Organe sein, wird gar teichi lum
[Meiden dicaes Organs, und wenn sie nach der Tolltwomnnen Ge-
nesang spHt einen RuckfaU macht, ist dieser, nach meinet Beobaobr
tnng, jederseii ein blofses Urleiden des Mastdarmes und mnfs als
sclchea behandelt werden. Diese Wabrlwit, die ich schon lang«
bei der Ruhr gelernt balle, besiitigte sich auch in dein ersithlieu
Falle. Vier Woche» nach der Genesung, da der Knabe scb«a ISngat
4ai Haus verlassen baue, wnrde ich abenuafals zu ihm gerufen.
Er halte seit drei Tagen wieder eine Zusammenziehnng des Mast-
darmes gehabt, verlor den Appetit nnd war unlustig. Ich hieb
ihm jelst blofs fiinfmaU tags die Betladoimasalbe an den After
fltrcictien; am anderen Tage bekam er gesandheitagemftfse Oeff-
■ung, die Unlust Terschwand und der Hunger kehrte wieder.
Uebrigens bat dieser Knabe, der von Kindheit an eine gelb-
schmutsige Gesichtsfarbe gehabt, durch die Krankheil eine gesunde
Farbe bekommen.
Ich weifs über den erzählten Fall nichts Klügeres zu sagen,
als dafs bei der Genesung mehr das Glück als mein äritlicber Ver-
stand in A nschlag zu bringen isi. Hätte der Junge nicht ein so sehr
— 816 —
xSbes Leben gehabt, wifrde er js getlorbea sein, ehe ich eiomshi
fiir richtigen Erkennlnifa der Krankheit gelconinien wire. E> iafirt
sich über Krankheiten nicht bloft viel Gelehrtes^ 'ondern ancli viel
VerBlXndigea nnd Wahres schreiben; aber leider fährt nni die Wit-k-
liehkeit selbige znweilen unter solch seltsameD, widrigeD Umstän-
den vor,*) dafs ein weit sehSrferer Veratand als mir die \alnr
verliehen dam gehftreo würde, daa Verstindige und Wahre jede«-
mahl richtig anf den Cinielfall aoanwenden.
Zu der Zeil da der Knabe, dessen KraDkengeschichte ich jetzt
erzählt, in der Besserung begriffen war, wurde ich an einem sech-
xigjfthrigen Bürger gerufen, der anfser periodischen GichtanfBlIen
allzeit gesund gewesen und keine Fehlerhaftigkeit irgend eines Or-
gans haue. Da er seit acht Tagen zwar das Bett gehütet, aber
über keine schmershafte ZufUlIe geklagt , hatten seine Kinder es
inr überflüssig gehallen, ünlliche Hülfe n suchen. Eine auffal-
lende Veränderung in seinem ganzen Wesen war ihnen km achien
verdfichtig Torgekonimen , ond hatte sie bestimmt, mich au rufen.
lA fand den Mann mit sehr schnellem kleinen Pulse, mfilsiger Wir-
me, ohne Durst, mit reiner, aber nicht feuriger Zunge. Elr sdilief
beständig, war aber leicht zu wecken, und klagte dann über nichts,
als über Mattigkeit. Eigentliche Verstandesverwtrmng konnte ich
■ nit^t an ihm merken, aber wol eine ganz gleichgültige tiemüths-
Btimmuog, (velche von seiner gewühnlichen to sehr abwich, dal«
gerade sie die Kinder bestimmt hatte , Hülfe su suchen. Uehri-
geua wurde mir gesagt, dafs er mehrmahls des Tages dünnen Ab-
gang habe. Der Abgangwar kolhlos, schleimig mit Blut vermischt,
aber nicht sohrappselig. Ob bei der Entleerung Stnhlawang war,
konnte ich von dem Kranken nicht erfahren, weil sein Kopf nicht
so bestellt war, dafs er meine Frage begriff. Der Harn war we-
nig, etwas dunkler gefärbt als ein gesunder, nnd ganz trübe, wie
ar diimahls gaw5hnI1ch bei den Gehimfiebem zu sein pflegte.
Ich erkannte diese Krankheit Tiir ein Urleiden des Gebims mit
consensneller dfseniriacher Maatdarraaffektion, und verschrieb gleich
den Trank ans Tabakswasser und essigsaurem Natron, weil dieser
in solchen Füllen wundervolle Dienste leistet. Innerhalb viernnd-
zwansig Stunden war die Schläfri^eit verschwunden, nnd der sehr
schnelle, kleine Puls zum gewühnlich fieberhaften, nnverdlebtigen
geworden. Nach dem zweiten Tage war das Befinden so verbes-
sert, dafs der Kranke sein gleichgültiges, dümisches Wesen ganz
') Uotir des widrigeD UaMlündei i«t wol ilclit der |eriDE*<e i diCi eii m «fcn-
tem Fieber Leidender um von eiDem «nderea Orte gebracht wird. Werk««!
wiMCD , wie die Nilnr der dort herrgehenden Krioklieit iitT Bat er aber
■ehoB Anenei pbriDcM , die wir niekl keaaea, ao erackweret du dl« K^
kasBlair« siKh viel nekr.
— 817 —
verioren baU« uimI seine AnlworteB Sät Micb Wenli haben koon-
MB. Er Tcraicbwle mir jetzt« 4tA er kein* Schraene« Cübfe, aocb
niobt gefühlt habe, blofs lauiiielig sei er gewesen, and davon ba-
be ei aucb noch einen Rest irn Kopfe. Beim Abgeben fühle et
keia Ürftngea und keinen Schmerz, aber ee sei ihm so unbehag*
lieh dabei xu Muthe, dafs er dem Dinge keinen Namen geben k&a-
ne. Da ich selbst eiomahl swei Tage lang eine solche Ziwcbn3>
rang des Mastdarms gehabt, so weifs ich aus cigeaer EHabrang,
dais das widrige GefGhl, weichet man bei der EnileeniDg hat, sich,
wenn loan es weder Slublxwaag noch Schmers nennen kann, sehr
übel, oder vielmehr gar nicht beschreibeo läfst.
Bei der augenscheinlicbea Besserung des ganzen Befindens wur-
de aber die canseasuelle Masldannstriklar nicht besser, nnd da di*>
se den Kranken aöthigte, fünf-, seobsmahl in ein«r Nacht, ja wol
noch öfter den Topf zu sachen , und dieses eioea nacfatbeiligeo
Einflufs auf die f lanptkrankheit hätte haben können , so hielt ieb
es Tur unzweckmäfaig, abzuwarten, ob dieselbe mit dem ürgebirn-
leideo ungleich aufhören, joder nach gebobenein Gehirnleiden ala
(Jrtimstdarialeiden fortbestehen werde. Ich verschrieb die Betla-
donnaMlbe, mit dem Bedeuten, sie nach jedesmahliger Ansleemng
an den After au sireiehen. Die Arxenei wurde aber dabei regel-
nafsig eingenommen. Nach iwei Tagen h&rte die Zusammensie-
hung des Mastdarms auf und es erfolgte dicke, koibige Entleerang
Biit grolser Erleichterung des Kranken. D!e fernere ungesiitiie Bes^
serung geschah innerhalb vier Tage, eo, dals die ganze Kur eioea
Zeitranm von acht Tagen erfedert hatte. Mir scheint, wäre ich -
bei dem ersten Kranken so sicher in meiner Diagnose gewesen
als bei diesem, ich hKiie ihn anch wol in acht Tagen geheilt, vor-
ausgesetzt, dafs mir seine verdächtige Leber nicht einen Querstrich
durch die Rechnung gemacht.
Kaum war dieser Bürger geheilt,'-<o wurde ich zu einem Man-
ne von 36 Jahren gerufen, der von jeher gesund gewesen. Er
bulle tnüfsig schnellen Pnis, viel Durst, etwas Kopfweh, viel
Schwindel, und eine solche SchlSfrigkeit , dufa er selbst auf dem
Stuhle sitzend einschlief. Sein Blick war wie der eines Menschen,
welcher am voHgen Tage tüchtig beranscfal gewesen. Uebrigens
klagte «r über ziehende Schmen^n in den Frifsen und über Uebel-
keit ; Magen nnd Hj'pochondrien waren aber frei von allen fremd«
artigen Gefühlen, der Harn sah trfibe. Aaf den Gebranch des Ait-
fri acelici nnd des Tabakwassers besserte sich die Krankheit;
den f&nfien Tag ging der Kranke wieder herum und kam anch,
weil ihm die Zeit anfing lang zu werden, auf den Hausplatz. Am
siebenten klagte er über etwas Ktnblzwang, hatte kothlose, blofs
nehlrimige Entleerung, die röthlich, zuweilen wässerig war, und
Uie ihm, wenn er im B«U« MahnuDg lon Abgeben apücie, weil
— 818 —
■clmellM- eotliaf als er Im Siaml« war, dai N'acbigucfairr m krie-
gen oder aaf den LrilMtnbl su gehen. Dabei fing er an , aclMa-
derig und nnwohl m werden. Ich lieft den vwordneien Trank,
deuen er nit awei Tagen nicht mehr bedürftig gewesen , wieder
einnehmen und Belladoa nasal l>e an den Afler sireieben. Das Un-
wohlsein und die Sohaaderigkeit verging in einem Tuge, die Mait-
darmsiwehaürang in sweien, wo dann gleich eoniislenler Koih ^'
leeret wurde und die ganxe Sache abgelhan war, Dafi in diesem
Falle die MasldarMconstriklion erst fa«i der Bessemng des Gehin-
leidens sich seigte, mufs nifinnnd befremden ; ich erinnere nur an
Zahnschmeraen , ja an die nnoh gemeineren , sehr heftigen Fnfs-
sebmerseo, die bei akuten Gebirnletden sich gerade bei der Bes-
■emng, bei dem gftnzlicben Verschwinden des Kopfleidens am er-
sten Biifieren. Bei solchen Zueilen ist es immer am sichersten,
das Uehirnheilmittel , wenn man es der sichtbaren Besserung we-
gen sdion bei Seile geseist, gleich wieder anr Hand in nehmen,
and sieb nicht guigiftubig überreden mi lassen, die enlslandenea
Zufölle rSfaren von Erklillnng, oder von anderen kleinen iiifseren
Einwirkungen her. Auch in dem erzählten Falle wollte die Gat-
Unn des Kranken mir begreiflich lunohen, ihr Mann sei, tioii ihrer
Abmahnung, auf den Hausplais gelaufen und »iilsse dart dnrch Er-
kiltuog die rnhrähnliche Maudannalfeklion bekoniiiien haben. leb
kannte iwar nicht geradean diese Meinung verwerfen, hielt aber
doi^ für sicherer, das Gehimheilmiitel anfs neue au geben, weil
mm wenigsten eben so wahrscbeinlich war, das Urgehimleiden sei
noch nicht Tollkomninn getilgt, nnd die rnhrXholiche Masldaria-
affektien hange, als eonaensneller Zufall , von deui Beste des Ge-
himleidens ab.
Doch, genug von diesem Gegenstände; ich mag vielleicht schon
viel zn viel darüber gesprochen haben, bolle aber, die Leser werden
es mir an gute halten.
Ich stelle jetst die letale Frage auf: Kann eine Kubr nlacon-
senauelles Darmleiden von einem Urieiden der Leber oder Milz
abbangen f
Was man über diesen Gegenstand is den Bfichem findet, hat
wenig Werth, denn iheils mufs man dabei die vorgefafste Meinung
jedes Zeiulier« in Anschlag bringen, iheiU, wie ich oben schon
bemerkt, nicht vergessen , dafs die Mastdarmmhr durch den anla-
gonislisehen Reiz der Laxirmittel kann gebSndiget werden, daft
also der, welcher von galligen Ruhrstofieo iriumle, in der wohl-
ihiligen Wirkung der Laxir- und Brechmittel die iftuschendsle Be-
siBiigung seiner Meinung finden mufste.
Eigene Erfahrung besitse ich nicht ütter diesen G^^nsland;
so viel ich aber im allgemeinea den belebt» Meuchenleibkui-
— 819 -
neD ^lernt habe, mnfs ich glauben, dnfs eine consenBuelle Leber-
oder Mifzruhr eben nicht xa den Dingen gehöre, die man leicht-
sinotg in im Reich der Fabeln verweisen dürfe.
Bei einen Urleiden der Leber, welches sich dnrch vermehrie
Thätigkeit der GallengSage und durch rermehrle Gallenalwondfr-
Tun^ offeDberet» bei der anch die Galle eigenachnfilich verändert
und gewöhnlich ichBrfer ist als im gesunden Zustande, wird nicht
leidit eine rahi^hnliche AfTekilon des Mastdarms entstehen, son-
dern die scharfe Galle wird weit eher die UünndSrme znr ver-
mehrten Bewegung prickeln und galligen Dnrchfall erregen, wie
wir dieses auch bei dem gewöhnlichen Gallenfieber oft genng se-
heiK. Aber bei dem entgegengesetzten Znstande des Galle abson-
dernden Organs, der sieh durch Twminderte Ahsondernng offenba-
ret, kann weit eher eine solche consensnelle dysenterische Mast-
darmaffektion entstehen, snm wenigsten habe ich leise Mahnungen
davon bei einem solchen Zustande der Leber mehr als einmahl
bemerkt, und mich des Gedankens nicht erwehren kSnnen, dafs
das, was leise gemahnt, anch in Zukunft wol, grell hervorstechend,
den Aerxten viel Kopfbrechen verursachen, nnd solche, welche gar
an grofse Wichtigkeit den nosologischen Formen beilegen, Kbel '
in die Irre fCbren könne. Es ist mir anch wahrscheinlich , dafs
bei einem Urleiden de.i inneren Gebildes der Leber, bei welchem
die GallengSnge nicht erkennbar ergriffen sind, sieb gar leicht ei-
ne dysenterische MasldarmAffeklion einfinden könne. Ich habe im
vorigen Kapitel eine herrschende Leberkrankheit beschrieben, zu
der sich ein Leiden des Mastdarmes gesellte, welches der LSh-
mung, oder der GefTibllosigkeit nahe verwandt war, denn den Kran-
ken entlief der kothige, flüssige Abgang, ohne dafs sie davon ein
anderes Gefühl, als hintennach das der Nftwe an den Schenkeln
hatten. Ich meine also, dafs sich zn einem solchen Url eberleiden
eben so gnt eine Zuscbnürung des Mastdarmes, StuhTz^vang nnd
nihrähnlicbe Entleerung gesellen könne. Beide ZuatSnde des Mast-
darmes sind zum wenigsten nahe verivandt; bei der gewöhnlichen
Darmruhr gehet zuweilen der eine in den andern über. Gleich
nach dem ersten Aufhören der Constriktion des Mastdarmes nüin-
lich, laufen die flüssigen, kothigen Stoffe ins Bett, nicht durch hef-
tigen Drang herausgeprefsl, sondern weil der Mastdarm von dem
Zustande der Zuscbnürung in einen der Lfthmnng verwandten über-
gegangen ist, welchen letzten ich aber noch nie vierundzwanzig
Stunden anhalten sah.
Jedenfalls ist es gnt, dafs man sich die. Möglichkeit solcher
consensuellen Ruhren denkt; man hat dadurch den Torfheil, dafs
man , wenn sie künftig einmahl erscheinen sollten , nicht so sehr
52 •
— 8M —
davon ütterrucht wird, und w«il «her Rpüi danuf fiajieii wird, aU
wenn mui sich nie die iMögliebkeit gedadit hat.')
San mm SchlsHse noch ein Wort voo deia Mastdanue uod
voo der Belladoana. Ich bin erst ia neuer Zeit auf den Einfall
gekommen, die Belladonna aU ftiiberlicbea Heilmitie) gegen die
krankhafte Zuaaiumeiuiehung des Mastdarmes xu gebrauchen. Ob
ich durch ;BiaeD neueren Schriftsteller dazu veranlagt bin, kann ieh
mit Wahrheit nicht sagen, denn mao mufs beal xu Tag«^, will sun
dea jüngeren Kollegen nicht gar zu onwissend uad albern eraofaei-
nen , so vielerlei gute Dinge dnrebeiBaader lesen , dafs ein mehr
als menschliches Gedficbinifa danu gehören würde, sich jeder Ein-
selhsit bestimmt an erianero; sumahl da das Bücherlesen nicht,
wie bei den tielehrien, unser eigenilicbes Geschäfi, sosdern blofs
untere Erholung in Stundeo der Maise ist. Der Gedanke, die Bel-
ladoann als Eigenheilmitiel des Mastdarms aninwendeo, mag mir
nun aber von einem neueren iäebriftsteller mitgetheilt, oder In mei-
nem eigenen Kopfe erseugt sein, so wünschte ich doch wol» da£i
die Mitiheihing mler die Erzeugung desaelben etwas früher ge-
schehen w^e. Ich würde in diesem Falle meinen Lesern den Ge-
brauch dea Mittels auanihrlich und bestimmt angeben köaaen, da
jetai meine geringe und unvollkumiune Erfahrung mir nur erlaubt,
es als ein solches anzumerken, welches vorzüglich die Beachtung
der Praktiker verdient.
Wer den erkrankten Menschenleib mit Aufmerksamkeit und
ohne Vorunheile beobachtet hat, der wird nicht ia Abrede stellen,
dafs sowol die consensuellen Leiden der Organe, als auch die
Vorwallungen der Affekiiouen des Gvsarumiorganisinus in den Or-
ganen zu Ui'leiden der alao ergriffenen Organe werden k&nnen.
Die Organe unterscheiden sich aber, biasichilich ihrer Geneigtheil,
die besagten Leiden zu Urleiden umzuwandeln, sehr von einander,
und der Maatdarm ist ohne Zweifel dasjenige, welches zu dieser
dynamischen Metamorphose die gröfste Geneigtheit hat. Um die
Geduld der Leser nicht zu ermüden, enibalie ich mich hier aller be>
weisenden ihatsAchÜchen Mittheiluag, und erinnere nur an die aus
jener Wahrheit nnserem Verstände einleuchtende Noih wendigkeil
eines guten Eigenheilmittels auf den Mastdarm. Besäfsen wir die-
ses, so k&naien wir unwidersprechlicb die aoiagonigtische La-
xirkur, welche doch auch ihre Ungemäcblicbkeit hat, ganz ent-
behren. Ich bitte also di^enigen meiner Leser, welche früher
oder spater vertraute Bekannuchaft mit der Mastdarmruhr machen
*) Da ich Obige« ichricb, batte ich nocb aia eiia t
IcbarleldaD abbangeDd« Hahr baobacbtat. Brat iai Jabra 183S tat Mir der er»
ale FaU dieaer Art rorsaliaDiaea ) ieb bab« «•saelbaa U erwOat, wo ieb
vsD 4aia Safraa ata t.«b«rbaUBait«l ni:
— »21 —
ihr Augenmerk wrttiglich auF dieten Gegeniland zu
liobten.
HepMtiti: leb kann nietit mit vollkommner [3eb«n«i(guog
behanpt«n, den kabiBchen Salpeter je ff<>gen echt« Leberenixiindang
gobraucbt so haben, denn diete Krankheit ist selten, und bttie in
erkennen. Die Zeichen Heraelben, welche die äliesien 8ahrifts(el-
ler angeben, als Hippöcrale» ^ (1*^- de intern, effecU \. II.) Are-
taeu», fJiö. IL d« morh. aent. eap. VII.) Cetnu, (Hb. IV. emp. VII.)
Alexander Trall., (l^. VIII. eap. l.J sind haefa» nnsicher; und
was die neueren SchriflBfeller betrifft, welche mir ta Gesichte ge-
kommen, Ro pafst auf selbige, was F Hoffmann im Jahre 1721 in
■einer Dissertation: De hepatia Jnftammatione vera ra-
riatima, ipuria frequentifima »np: ^aa vero recentio-
re» de hepatU inftammationt »cripiemnt, nofumut ob erilandam
pro/isitalem kic interere; iihid tameu memmitie anffecerit , ex
vetemm menumenU», qnae haient, maxime trantteripia tue, neqme
uHurn fere, qnod»ciam, rede exponere, quemodo vera inflammati«
jecori* cognoici et distingui debeat.
Nun, das liegt wol in der Natur der Sache selbst; denn ab-
gesehen von der Lage dieses £ingewei<Ie8 und von dem Consens,
welcher «wischen demselben, dein ßrtiBikasten ,. dem Zwerchfelle
nnd den Lnngen Stall hat, welchea Doppel bindernifs der Erkennt-
nifs, dÜB Unmöglichkeit, sichere Zeichen der Lefaerenltiindiing an-
siigeben , augenscheinlich macht, konnten jn die Neneren, weil
nach Hoffmann» ICrfahrnng die BepaliÜ» sehr selten ist, sie
auch nur sehr selten zu sehen bekoninien, mithin sie nach eige-
ner Beobachtung auch mir unvollkommen bescbreiben. Da sel-
bige nnn aber in den speziellen Heillehreu , der Vollständigkeit
solcher Biicher wegen, nothwendig ntufsie beschrieben werden, so
konnten nenere Aerzte die Beschreibung nur von den Alten ent-
lehnen, und wenn diese unToIlkommen nnd den Praktikern unge-
nügend geschrieben, so wftre es ein wahres Wunder, wenn jene
es besser gemaehl hätten. Eins folgt hier noifawMidig ans dem
andern; man mnfn von seinem Zeitalter keine physische UnroSg-
licbkeiten heischen.*)
•) Zd*iIi tob Jabri 1936.
WdDi ich gleich billif gCE ^i'i *»■ Maiicn ZeilgeaDMCD kaiaa pbywMb«
UomliiitiebUUaa la vgriangas, *o gaTilll ca vir iocl aur kalb, dab ich t<e
pucb pbfiidibaB UumSglictiliailea bascbcD lebe. Lsider paMia die ZufäÜB,
di» SUD basiigai Tag« ala ZaichcB der Ht/iatilii angibt , auf gar maoeba
akut« LebererkraiikaDgea , die aiaiig darcb eia iweckDiürtigai , ia kleinao
Gaben geniehtea Leberniltal bald und licbtbar gcbobea werdau ) aUo
deih namSglich eine in der Leber vorwallrDda ABektioD da« Geaamuttorga-
aiiMsa acia küanea. Seh riftil alter, die d« behanplei , die Hipalitii kenne
hüaBgar vor, als man rrnber geneint, biUmcd entweder wenig vil erailballcn
ZnfftUe w«iblUb*r Karpar. In falicIlMi WehM 4w
Kreifaenden habe ich d«n kubischen Salpeter mit grofsem Nation
gebraueht, Jedenfalla bafindao sidi die Kiadbeiterinnen besser,
weoo Maa die fatiehen Wehen dufch kubischea Salpeter, als wenn
iiMD sie durch Mobasaft beschwichtiget i leutea ist gut, hat aber
aaeb sein Hinderliche!.
Beim Milchfieber, gegen welches man in kleinen Sittätea, wo
die Leute Dicht gern ohne Noih aneneieo , nnr dann verordnet,
wenn es durch seioe aoCiergewSholiche Stärke verdäcblig wird,
leistet der kubiacbe Salpeter altes, was man billigerweise verlan-
gen kann. Ich erinnere aber hier nochmals an das, was ich im
vorigMi Kapitel gesagt, dab nämlich manche während der Schwan-
gerschaft erworbene chronische Krankheiien der Bauchorgane durch
das Milchfieber anfgeregt werden, in welchen Fällen man es also
nicht mit ainan Mikbfieber, sondern mit einem Leber-, oder Mila-
fieber u. s. w. sn thun bat, ^geo welche der kubische Salpeter
■kulea UrMdcD der Leber la tbne yahabt bibaa, alao aicbl bcHbist gewNes
■ein, darch Vargleiobnng vieUr und aiehrartiger Fülle ihr« irrige Heieaac u
berichligen ; oder aie hahes keine gutt Hepatica gekaant, eder wean lie tel-
bige gskaniil, btbee lis aie Id za ttarker Gabe angewtedet, Eie acbmcnbar-
IM Urleberlcideo kaeo dtrak , ae aieb nibis« , aber Tdr dea Kaielfall aa-
pafilieba Gaben , telbat da» ler Zrit belfeadea Letensitteli , soKtaiblich go-
aleigert werdca. Da Ut et dean tahr la eaUcbatdigeB , dtCi ein Ant, der
auf die«c Eipnbeil de» «rkraaktaa Heoiubenleibei aie geachtet hat, aicfa eia>
bildet, er habe e» nil einer befligea KdliüaduDC der Leber lu than. Da»
Jetzt laareade Jahr tit raieb an akalea LebererkraDknaBeii fewvitu , die gar
aicbt aeltea der Hepaiilit «b Ihalieb «aheB, daf* ea |aoz eaatEgllrb war, sie
vaa denelkea sa aatenebaidea. Die eiaheh« Bailaag bawia» aber aawidcr-
tprachUeht i^It der GeaaBHtorgaaiisiu , bUb eoatenaaell aal^r«^, aieb ia
den Indifereeulaade belade , denn ciniig darcb nildei Biawirkea aar da*
arerkrankl« Organ beule ieb »iehibar and bald. Dia Tiaktar dea Fraaaa-
diilelianea* war vom ABfaDge dea Jabref bii ongeräbr lan Jnaiai da« lieber-
ite Hsiliiittel. Da naa to FIIIbi , vb aan von kleiaea Gabia Arzeael da*
Hell erwartet, d«a weaigiten Kraakea da* TrSpfela iiberi*»(ea darf, »o brach-
le Ich die Tlaktar ia rolgendea Traak : R; Gummi Tragmemmtkat ^ i 5a/a« im
cgtia» SViii määa TImct. Sem. CarAii JUarlat Ji d*. Stiadlich «iaea Uf-
M. Die Beilsag erfalgta »it regabsifkig rorlMih reitender Be(»ersnK laMr-
halb drti bis icehi Tage. Dia ertia , dcM Anta liehtbare aad den Rraakaa
ISbIbare Wirhaag der Anaaei seigle tick gewobatich (oboB aaeh dea erataa
Tage dai ÄneaeigebraachM darcb Venntaderang der Aarrrgaag de* fienb*
»fttene», de* Rophotmeraei, de» belagitigendra GefEbl» im Brulka*ten, und
darcb (Jablatlgwerdea de* Aaiwarfea. Kars , die gaaie' Kar war alcbl eia
logaaaaate* Behaadela , laadern ein wakrbaftu aieblbare* Heilea dorek dea
Pr*Be*di«lal«ainen. — Salebe aad Sbnlicbe Erfabraagea bestiatnea Mich,
F. Hoffmarnnt Meiaang in leia , daf* die icbeinbar« Hepatitit *ehr hiaflg,
die wabre *ehr aeitaa vorkowe. Dafa man aber die fiiUehe von der wahrcB
darcb heitimmte Zeicheg anterscheiden kÜaBc, halle ich Vir anwebr, ja für
pbyiiscb anaUglicb.
— «3 -
wmig »der auch gar niefat natien wird , iodem mIcIm Fialer nur
durah Hvilung det nrerknwklaii OrgsDB k5nn«ii gehoben werden.
Gegea Bmnefaetlei ^iUle, mit denen jni^ velftnftiga MM-
efaen »ir Zeit der emiretenden Mannbarkeit zu kRmpfen hnben,
fand ich häufig den kubischen Salpeter weit heilsainer als alle an-
dere Mittel, leb will aber durch diese Aeafserung keineswegea be-
haupien, dafa solche 2affiUe unbedingt inHiier unter der Ueilgewalt
dieeM Mittels alSnden. Znweilen heben sip sich besser ^iwvb ECisen,
niweilen durch Kupfer, und in naoehen Pillen durch Kigeaheil-
niltel auf die Gebftrmutter. Da, wa sie aber salpelriscber Natur
sind, kann das Mi^enoen dieser Artung, das ftnclMn sogenann-
ter stärkender AixeiMieo, das Durchmachen der antispasmoduchan
Schule, die Mftdcfaen ganx heniDterbringen.
Kinderpocken. Ob es gleiofa iinweise aeheiAcD möchte,,
in unseren Tagen, wo die Poeken wahrsehrnnJich durnh die Vse-
eine auf die Dauer gaua werden rerbaant werden, noch eis Wort
ron ihrer Behandlung zn sagen, s» glanba ieh doch, dab wir, um
die Heilwirkaag einer Anenei auf den erkrankten Mensehenletb
SU erfi>rschen, auch solche Beobachiaagen anmerken müssen, wel-
che una gerade nicht mehr sum täglichen Gebrauch* dteiren können.
Im Jahre 1817 nachien die Pocken Miene, ihre alte Herr-
schaft SU erneuem, wurden aber durch die gar su geringe Zahl
der empOii^lichen KSrper daran behindeft. Damahlg nioehie iit
hiesiger Stadt, so viel ieh habe in i^fahrang bringen kSniten, ein
halbes Dutzend Menschen daran erkranken, ron denen xWei erfolg-
los und vrer gar nicht vaecinkt waren. Kin Kind der ersten Art, ,
ein Tietjithriges Msdchen armer Letiie, litt am iMUigen Fieber dn
ich zu ihm gerufen wurde, und zwar seit dem vorigen Tage. Ich
konnte unmöglich wissen,- dafa es die- Pocken bekommen würde,
weil ieh aber das Fieber für eine salpetrische Attektioo des Ge-
sani ml Organismus hieti, gab ich den kubischen Salpeter. An der
Tempcralnr des Zimmers konnte ich nichls meiaiern; die Leute
waren blutarm, mafsten in dem einzigen Zimmer, welches sie in-
ne hatten, kochen, und es war alao darin, wie gewöhnlich in sol-
chen Hatten, verdammt heile. Der kubische Salpeter minderte aber
das Fieber gleich so merklich, dafa das Kind so munter wurde,
als es bei einem bedeutend beschwichtigten , aber noch nicht ge-
hobenen Fieber sein konnte, und dafs ich, hinsichtlich der Kichtig-
keit der Diagnose, keinen Zweifel mehr halle. Wie wurde ich
überrascht, ia ich um vierlen Tage die Pocken, meine alten Be-
kannten ausbrechen sah. Sie standen so einzeln, wie früher die
eingeimpften bei der aorgHiliigen Beobacbiung eines kühlen Ver-
haltens zu stehen pflegten; der Verlauf war se mild, dals diese
furchtbare Krankheit zur unbedeaienden wurde. Einem Medizinat-
beamtea , der dainabls die Gegend grrade der Pocken w^en be-
— 814 —
rcU'te, leigto iah diaiu Kiad, uod maebl« Ihn mat ^ ungäm^ca
ftiifi«r«n Eiawirkaiig«D Mifnarksam, 4Miea m w&hrMHt d*B Ana-
brachliflbers4uBg«8etU gftWMen war; er hatte aber keinaa Sinn Hir
iol«fae Beobachtungen, ja die Sofseren SchttdÜchk eilen, Hie in der
ll&tt« liemlich igcrkbar waren , aebienen feindlicher ayf ihn als
auf des jPockenkind in wirken, denn nnlaatig, «ich iiiii mir über
diesen Gegenstand an bespreoben, Tcrtief» er eiligst die Hütte.
bald sollte ^nir aber der Anblick eines falle« werden, desgleichen
ich in iwei bühereo Pocken epidemien noch nie gesehen. Oer Ge>
hülfe eines hiesigen Sattlers, ein dreibigjHfariger , Marker, nicht
vaecinifter Matw, der aas der Fr«»d« hief hin gekontmen, fBhlt sieh
krank, denkt-nichl nn Pocken, Tersebluckt eine gute Ponion ge-
siofsenen Pfeffer mit einen halben Schoppen Branntwein, und bM-
tei sich hinter den Ofen. Ich wurde in ihm genifen, da der Aus-
bruch der Pocken am gauan Lnbe ihn und seiae Haiwl«nie von
der Natnr der Krankheit überzeugt hatte. Nun habe ich in mei-
nem Leben die Pocken schon so häußg hervo^ottimen sehen, düfs
die Kinder bei der Eilening die \figel von Hfinden und Füfsen
verloren, aber alles, was ich je in dieser Art gesehen, blieb weit,
weit hinter diesem Fall. Nicht bIo£i das Gesiebt und die Cxtre-
lailäten, sondern selbst der ganze Humpf war so dicht mit Pocken
besXet, dafa man nirgend einen Fleck gennde, nabepockie Ober-
haut finden konnte. Voraasgeseist , dafs Ob«r- und Schleimhant
nicht gana überflüssige Organe sind, miifale man diesen Fall gleich
als einen lödtlichen ansehen* Wäre die ILiierang möglich gewe-
sen, so hätte sich die Ifaat des gnasan KSrpcra in eine einzige
Pocke verwandeln müssen. Da aber die Xaior eine solche güni-
licbe Zerstörung der Ober- und Schleimhaut wol nickt ertragen
kann, so hielt ich für das Beste, den katholischen Kriaten mit den
Sakrainenien dar Sterbenden versehen zu Inasen. Es war auch Zeit,
denn das Hindemifs beim Schlingen nnd der Speichelfiufs , wel-
che sich schon einstellten, nabitieo von Stande zn Stande sq; in
der nächsten \acht steigerten sich die Leiden des Kranken nnf
das h&chste, und am folgenden Tag« vormiuags starb er.
Der Tod dieses Menschen, der ein Fremder war, brachte am
sich wol kein Leid io dieser Familie; aber die Krankheit, an wel-
cher er gestorben, verursachle grolse Beaorgnifs. Die junge, wirk-
lich hübache Fran dea Meisters gehörte zu den wenigen in hiesL
ger Stadt, deren Aeliern die Vaccine verschmähet hatten, and die,
znr Mündigkeit gelangt, dnrch daa vieljährige Nichterscheinen der
epidemischen Menschenpocken in thürichte Sicherheit eingewiegt,
das Yacciniren für überflüssig gehallen. Jetzt war aber grofie N'oih
im Hanse. Die Frau, dnrch den schenfslicbenAnblick der lödtÜobe«
Krankheit aufgeschreckt, fürchtete, wo nicht gerade dea Tod, dodi
eine nnliebliche Verwandlung ihres glattm Cresichles, nnd der Me»-
Mcr, tler wot bmMr wimsr moehte als ieh, Attta dietes glttll« Ge-
•icbt ihr bester Matilschais geweaen, machte eine saDeraufee Mie-
ne dam, and schante auf michf ■!■ mnue ich noihwendig in die-
ser Bedrfiagnifd Aaih schaffe». Ich spielte jetzt eiDnialil die Rolle
des recht frecbeo CharlaiaiiM. Dreist gagte ich der Fraii, wenn sie
tren weine Vorschrift befolgen wolle, werde sie weder sterben noch
bUtternarbig werden. Ich kenne eine geheime Arsenei, welche
diese abscheolicbe Kranltheit in eine so infaerst milde verwandle,
dafa es kaum der Mühe wenh sei, ein Won darüber zn verlieren,
geschweige denn, sieh au grftiiien oder sich bange sii machen.
Ob ieh nun Wert halten würde , konnte ich wol so gnna sl.
eher nicht wissen, denn ein paar Pille, ia denen bei dem Gebrau-
che des kultischen Salpeters ita ersten Zeiträume das Fieber st^hr
gemftfiiget und der Ausbruch sehr nnliedeuiend gewwden H-ar« koan-
l«a an sich leiobie Fülle gewesen sein, tind wären vielleicht auch
ohne den kubischen Salpeter so gernftchlich verlnufen. Ja, hStts
ich ansh diese Erfahrung hei zwanzig Kranken gemacbl, so wPir*
de mich das noch nicht zu solch dreisleiu Veraprechen beiechiiget
haben. Wir müssen aber so manchem unheilbaren Limgensüchli-
gen BUS kristlioher Liebe etwas vorliigm, also konnte ich auch
wol einnahl zur Gemüihabenihigiing der jungen Frau mich etwas
nibraredig geberden. Jeddhralls hatte ich weit nehr Aussicht, laein
Versprechen zn halten , als ich je bei Lungensüohligen gehabt
habe.
Ich yersdirieh nun eine Aufl&snng ron einer halben Unze 8nl-
peler in acht Unzen Wasser, mit der Weisung, soLnld sich die er-
ste Spur des Unwuhlseins xeige, gleich das Rezept bereiten zu las-
sen und siiindlich. Tag und Xacht durch, einen Löffel voll zu neh-
men! Daiä ieh das Rezept gleich bei d«n Leuten niederlegte ge-
achah deshalb, dafs, wenn ich bei dem traten Autbruche des Pok-
keofiebers vielleicht anlser der Sudt besohSftigt sein möchte, auch
nicht ein halber Tag, ja keine Stunde nnbenuUt verloren ginge.
Ungefähr vierzehn Tage nach dem Tode des Gehfiiren wurde
die Frnu von lebhaflen Fieber ergriffen. Ich besuchte sie auf die-
se Xaebricht gleich nnd fwd sie schon am Arzeneien. üa es ihre
Weise war, zur Winierzeit unter zwei Decken zu schlafen, so liefs
ich sie bei dieser Weise; das Feuer im Ofen dnrfie aber nur so
laAlsig unterhalten werden, dab sie sich behaglich dnbei ftiblie.
Bei dieser Behandlung hielt sich das Ausbruchsfieber auf einem
solchen Grade, dafs ein sehr gelinder Ausbruch zu vermnthen war;
nnd wirklich kamen anch die Pocken zur gehSrigen Zeit io lo ge-
ringer Zahl zum Vorschein, dafs mit dieser Kri'ais die ganze Krank-
heit als abgelhan xa betrachten war, denn die geringe Aufregung
in Orgnniauns, welehe die fälemng der wenigen Pocken vemrsach-
te, war wiridiob kanm der Rede werth.
— 856 —
Nun krieg;!« ich aber gleich darviif «inen Fall ih belModlen,
der für miah weit belebrcader war, wiewul ich bei dmeiii nicbt,
wie bei jenem , viel versprechen koRWe. Der Bruder 4er verigeH
Kranken, ein secbi and dreiftigjftbriger Mann, der wabrscfaetft-
lieh in dem Hanse des Satilen angeaieckt war, nad swar von sei-
ner Schwester, (wire er ven deai Gehillfen angesteckt, hXiie er
viel früher erkranken müssen) war, da ich sn ihm gerufen wnr-
de, schon bis auf den Punkt gekommen, daf« die Packen in
Gesichle ausbrachen und dab man sich von der überreichlicben
Zahl derselben nberseugen konnte. Auf den ExtremiiAten nnd
dein Rumpfe konnte ich aber den Ansbruch noch nicht gewahren.
Das Fieber war angebener heftig. Der Kranke lag unter -«10«»
Federdeckbelte , und der Ofen war gut geheist, leb liels gleich
das Deckbett mit einer eiAfachen wollenen Decke Tertanaobm,
das Feuer aus dem Ofen nehme» nnd den Kranken sirmdlieb einen
Löffel voll Ton einem aehtnnxigen Tranke nehmen, der eim game
linse kubisches Salpeter enthielt. Hegreifiich konnte ich durch
diese Anordnung die im Ausbrnebe bogriSenen Pocken nicht *a-
rfiekdrltngen ; aber die Heftigkeit des Fiebers ward« so dadurch
gemSfsiget, und der Ausbruch der Pocken am Kampfe and den Ex-
tremiiftten so dadnrch gemindert, dafs ich noch nie ein solch Mifs-
verhslinifs «wischen der Pockenznhl des Gesichtes nnd der des übri-
gen KSrperi gesehen habe. Dafs aber, da ich den Ansbnwh im
Gesichte nicht halle mSfsigen kSnnen , starke Geschwulst des Ko-
pfes und starkes Eitern ngsßelier eintrat, liegt wol in der Naiiir der
Sache selbst. Ich gab wioli >n dieser Periode blob kubischen Sal-
peter, jedoch in halber Gabe, nnd hatte das Vergi>«gen, die ganse
Krankheit , die bei meinem ersten Besuehe eine a^r bedenkliche «1
werden drohete, nach den UmslKntten mild am) rasch verlHufen xn
sahen. Dafs ich aber die bekannten Vorsichtsmabregelo snr Ver-
hütung der Blaiiernach wehen in diesem Falle nickt anfser Acht Heb,
werden die Leser auch wol ohne Venicherung glauben.
Ich sehe vorher, dafs meinen jüngeren Amtsbriidern, die nicht,
wie wir älteren, Poekeiiepidemien erlebt haben, die erzüblie Ge-
schichte wenig bemerkenswerth scheiiten wird; mir selbst ist sie
aber, hinsichtlich der Wirkung <les kubischen Salpeters, weit merk-
würdiger gewesen, als iwansig Fslle' sein würden, in denen ich
das Mittel gleich beim ersten Eiolrin de* Aasbrucbfiebers gegeben
hätte.
So viel ich die Wirkung des besprochenen Mittels kennen
galernt, mufs ich des Glaubens sein, dafs, wHre nicht «am Glücke
der Menschheit die Vaccine entdeckt, es die beste Hülfe gegen
die ah8<Aeulicbe Pockensenche sein würde; ja der Himmel welfs,
was es leisten mSchte, wenn man es itn Angesteckten noch vor
Eintritt des Fiebers reichte. Ich habe darfiber keine Versacbe
— 8*7 -
■••eb«ii kftanm, vttil et nir an Gdegenlwit gefchiM; lie wilrdea
aber auf JMlea Fall iDtreuanl, nod tut diejenigen, an welchen
sie guiiacbt würden, ganx gefahrloa aein. Dafs das Ausbrnchfie-
ber die Verniebriing des in den Körper gebrachiea Pockengifie»
durch einen ans wenig bekannten Natur|irDiefa befÖrden , dafia wir
durch Bedch wichtig an g des Fiebers diesen Veniiebrungsprosers
Hiebr oder minder unterbrechen und dadurch die ganie Krankheil
lu einer milden umwandeln ItönDea« hat uns die Erfahrung ge-
lehret; allein von dem geheimen GiftTermehriiRgsprozegse, def
von der Zeit der Ansteckung bis tum Ansbmcbe des Fiebers Statt
hat, wissen wir gar nichts. Möglich ist es,' dafs wir durch den
Gebrauch des kubischen Salpeters jenen stiilea Prozeft, wo nicht
gam aafheben , doch ins Stocken bringen können. Impförsie der
Mensche Dpocken gaben in dem Zeiträume zwischen der Imjifung
und dem. Eintritte des Fiebers von Zeit %a Zeit Quecksilber, weil
sie sich einbildeten, das Queekailber sei eine Art von GegengiTl.
Abgesehen von dieser Meinung, welche auch nie unter den Aen-
len aligemein geworden , mufs man wohl bedenken , dafs , wenn
das Quecksilber, vor dem Fieber gereicht, wirklich die Poeken-
krankbeit milder gemacht hat, welches aber, wegen der beim
wirklichen Eintrttie des Fiebers angewandten Hülfen, noch sehr
problematisch sein möchte, dieser Milderwerden der Pocken mit
w«it mehr Wahrscheinlichkeit der dem Salpeter verwandten Heil-
wirkung als einer gegengif tischen Eigenschaft des Quecksilben
Knmackreiben ist; dafs man also vom kubischen Salpeter noch
weit mehr flir jenen Zweck erwarten könne.
Es verstehet sich aber von selbst, dafs ich den kubischen
Salpeter nicht als ein Spezificum gegen die Pocken anpreise. Er
ist blofsein Universal mittel gegen eine Affsktion des Gesammt-
organismus, welche sehr hftufig durch das Poekengift verorsacbt
wird. Niemand kann aber behaupten, dafs notbwendig eine'und
die nfiniliche Affektion des Gesammtorgauismus jederaeit durch da*
Pockengift müsse hervorgebracht werden, mithin würde die l)e-
hauptnng, dafs' der kubische Salpeter jederseit in dieser Krank-
heit Heilmittel sei, sieb schon dem gesunden Verstände (abgese«
han von aller Erfahrung) als gana unstatihaft darstellen.
Die Vaccine bat sich bis jetzt in meinem engeren Wirkungs-
kreise (denn von diesem kann ich nnr mit Bestimmtheit sprechen)
als ein trefliiches Schntzniiliel gegen die Pockonkrankheit bewSh-
rel. Die gegent heil igen Beobnchtnngen anderer Aersle haben mich
aber bestimmt, das Wiederholen- der Impfung den Leuten anan-
ralhen. Es bat hier so gut wie in anderen Orten Menschen ge-
geben, die von Zeit in Zeit das Erschainen der Mensohenpocken
ansgeschrien. So oft ich aber die Sache unlersncble, ergab ea
sich, dafs es falsche Pocken waren, die selbst ein Einfältiger
von den wnhren unteraclieHen IcsniMn , wran ati^ ninht immpr
ganz deutlich diirrh das HtifBere Anseheo, doch um bo dentlicher
nnd nngezwei feller durch den Verlanf, Ob abw falach« Pocken
erscheinen können , welche ancb hiniichllich des Veriwifes grofxe
Aehnlichkeit mit den wahren haben, das ist eine Frage, welche
ich weit eher mit Ja als mit nein /n beantworten geneigt wttie.
Da ich in nener Zeit manches von fMUchcn Men sehen pocken lese,
denen man verschiedene Namen beilegt, so wird es wol incht
Tibet gelhan sein, dafs ich einmahl zwei dahin einschlagen 'fe Pfllle
entthle, die sich vor Rrfindiing der Vaccine zutrugen. Ich kann
sie aber nicht genatier angeben, aU mich die UmsiHnde, iinier
denen ich sie beobachiete, daza befähiget haben.
Der Oberniiiimann L" zu C**, ein sehr veraiftndiger und
tfnierrtchieler Mann, war, ich weifa nicht durch welche Umstände
veranlafsl, sehr gegen das Impfen eingenommen. Bei ein^rJ^ok-
kenepidemie sind in dem Hanse seines nflehsfeD \nchbars gutar-
tige Pocken; er schickt seine drei Kinder absichtlich hin, damit
sie mächten angesteckt werden. Ungefilhr vierzeba Tage nach
diesem Besuche werden sie krank nnd bekommen die Pocken in
nififsigem Grade. Sein.Haniarst, mein Vorgliager, der Dr. Cur-
Uta, ein Mann, der gute medizinische Kenninissa und viel Ver-
stand besnfs, von dem meine Leser noch eine gekrönte Preis-
scbrifi über die Schwindsucht in der Sammlung aaterlesABer Ab-
handlungen fiir praktische Aerzte finden können, war damahls an
eiaein Fi.ifsgeachwfire betllfigerig, konnte also die, eine Wegsion-
de entfernten Pockenkinder nicht selbst sehen. Der Oberamtmaan
schickt sie aber, sobald sie genesen sind, zu ihm, damit er sie
nber alles aasfragen kSnne. Nachdem er von den Kindern und
beiden Aeflern Alles hinsichilich des Verlaufes der Krankheit ge<
nan erforscht, erklärt er, es sei nicht zn zweifeln, dafs die Kin-
der die echten Pocken wirklich gehabt. Da die des Bauers, von
denen sie angesteckt waren, nie die Pocken weiter bekommen
haben , anch nach Enidecknng der Vaccine nicht geimpft sind,
so mufs ich noch jetzt anerkennen, dafs mein Vorgänger nach
wahrscheinlichen Gründen nicht anders habe artheilen können.
Im Jahre 1800 besachle den Oberamtmann sein Schwager und
brachte ein Söhnchen mit; dieses wurde krank, nnd bekam die
Pocken , welche damahls nicht in der Gegend herrschten. Ich
wurde hingenifen , nnd hörte jetzt von dem Haasherren das, was
ich eben dem Leser erzählt habe- Weil sein jüngates Kind noch
nicht geboren gewesen, da die drei älteren die Pocken gehabt,
so konnte dieses auch nur Jetzt erkranken. Aber was geschahl
Aicbl blofs das Jüngste Kind , sondern alle vier bekamen die wah-
ren, echten Pocken, und an der Echtheit derselben hätte selbst
der grftfste Zweifler nicht zweifeln können.
— 8t» —
miaeo noch weit wIlaainereD Fall beobach(e(e ich ein paar
Jahre nachher. Hier ia der Sia44 berrtehlaa die Pocken, waren
aber nicht bdsHrii^, niiihin riefen ehrbare Bürger den Arzt nicht
anders, als wenn Btiraergewobnlicbe Zufälle sie besorgt niachien.
(Die albeine faeifce BebRndlung war von irieinem Vorgänger schon
aus der Mode gebracht.) In dem Hause eines wohlhabenden Bür-
gers bekamen alle Kinder diePocLen; nach überstanden er Krank-
heit riwf toao mich xu dem jüngslco. Die einzeln Blebenden ro-
tbea Flecken seugien von guten, nicht %a hänfigea Pocken. Zwi-
cchen zwei Bippen bildete «ich eine kleine Geschwulst, in der
schon Fluktuaiiun zu unterscheiden war; das Kind hatte starkes
Fieber, war sehr krank, und, nach Aussage der Aeltern, seit
zwei Tagen in diesem Zustande. Ich konnte dieses Fieber für
kein anderes hallen, ah für ein Folgefieber der uberslandenen
Pockeii} zninahl, da sich schon ein kleiner Absaefa bildete; wel-
che Crtaw ieeuMdarüt bei versSnniier zeiliger Anwendung der La-
xirmittel nicht selten nach den Pocken einlrat. leb behandelte die
Sache nach dieser Ansicht und balle nicht den geringsten Zweifel
an der Bichiigkeit meiner Diagnose. Am folgenden Murgen be-
suchie ich das Kind tum zweiten Mahle und sah jetzt etwas, das
mich ganz in Erstaunen seizie, ntluilich — den Auitbiuch der wirk-
lichen Pocken. Die«e wncen giiiiiriig und hallen einen ganz re-
gelntäfsigen Verjauf. Dafs aber die anderen Kinder die ecbien
Pocken gehabt hatten, dran war kein Zweifel ; denii sie wnrden
jetzt nicht angesteckt, und sind auch in der Folge ohne vacoinirt
zu sein frei geblieben , ja einer der Söhne irägt noch jetzt als
Mann die unverkennbaren Spuren einer recht ungeniacblichen Pok-
keukrankbeit in seinem Gesichte.
Wir Praktiker müssen fast immer nach wahrscheinlicben Grün-
den anheilen und handlea : das Allerunwahrscheinlichste ist aber
zuweilen wahr und das Allerwahrscheinlicbste unwahr.*)
Masern. Diese sind für mich eine unbekannte Krankbeil.
So viel weifs ich wol, sie sind nicht eine in der Haut vorwal-
lende Affektion des GeaaMimtorganismns , denn sie stehen nicht
nn/er der Ueilgewalt des kubischen Salpeters, oder der zwei an-
deren Uni Versal mittel. Durch den Salpeter knno man nicht im
eraten Stadio das Fieber beschwichtigen, und, wie bei den Pok-
') Zniats VOM Jahr 183«.
Ib Jakr« 183S bab« lob Badlicb Gelegaabcil schabt, dia rialbMpro^aHS
Varioliden za beobaebteD. Sit »ind m dm neulcn Slidt«a oad DSrfars d«t
eleviicbcB Landea gawsieD ; in Deioiim Wohnorte mSgen zwitcben 20 and 30
•rkranbet goweaeo ■«■■>. leb baaa lia niehl für die ecbien Pocken halten.
Da *ia vsecinirle ond nicbtraeeloirte KSrper erfriffen , ao bitten ile Ja ,^irii-
rea ai« die wirkiieban Poektn gewaaea , aioh aber die «ante Stadt Tcrbtaiica
•MHl tw wabrea Scaaha ir«4«ft lOMsa.
— 830 -
ken, den AuuchlBg mioder macbeti. Diwer iu anch keiae kri-
tische Ausleerung; denn wfire er das» so mnfiile nach dem Ans-
brnche dss Fieber bedeutend Nacblaascn , oder gans verschwin-
den. Das ist aber nicht so; im Gegentheil, die Kinder sind oft
genug kritaker nach, »\a vor dem Aasbmobe.
Möglich ist diese Krankheit, die, wenn sie nicht nngewöho-
lich böse erscheint, der Kunsthülfe nicht bedarf, und bei der,
wenn sie wirklich bö.sarlig ist, die Kunst auch sehr wenig ver-
mag, ein eigenes Urleiden der Hant, so, dafs das Fieber und
die begleitenden bekannten Ziimie als blofse consensuelle Leideo
angesehen werden mfissen. Ich habe aber bis fetit keine Versu-
che darüber gemacht, kann also nur blofs diesen Gedanlwn hin-
werfen, ohne für die Wahrscheinlichkeit desselben GrCnde ansa-
ftihren , welche ohnedies den gröfsien Theil der Leser langwei-
len würden. Soiiald aber einmabl wieder gewöhnliche, gutartige
Maiern erscheinen , wrrde ich versuchen , ob ich dieselbe nicht
milder machen und bedeutend abkünen kann. Kann ich letztes
nicht, so habe ich auch kein Heilmittel gefunden Mir scheint,
gefftbriiche nnd lödtliche Epidemien haben uns xur Genüge gemah-
net, die Naiur dieser Krankheil besser xa erforschen als es bi«
jetit geschehen ist, und wir wwdea diese UnlersachuDg wol su-
ersi bei den gewöhnlichen, gefahrlosen heginnen müssen.
Sollte aber je ein Ant so gincklich, oder so scharfsioalg
sein, ein wahres Heilmittel der Masern zn finden, so sage ich
ihm Todier , dafs er bei bösen Epidemien die Sterblichkeit unter
den Kindern nicht so sehr dadurch verniiadem wird, als er sich
vielleicht einbilden möchte. Die Zahl der armen Leute ist in al-
len Onen grob, und die sind in Bei reff des Lebens ihrer Kinder
sehr gleichgültig. Durch die Gefahrlosigkeit der meisten Masern-
epidemien, bei denen doch die Kunst nichts thun kann, als höch-
slens in den wenigeren Fftllen, wo die Selbslhülfe der Natnr aos-
faleibt, die Chitin »ecundariam durch den Stuhl befördern, wer-
den sie verleitet, auch bei bösen Epidemien alles der Natur vn
überlassen.
Im Winter 18f| herrschten hier sehr bösartige Masern, wel-
che damahls, früher oder spttier, viele Gegenden heimsnchien.
Ob ich nun gleich die Nainr, weder der guten, noch der bösen
Mnaern ergründet habe, so beobachlele ich doch, dafs die her-
vorstechende Aftekiion zweier Organe, wo nicht in allen, doch
gewifs in vielen Fitileo die Krankheit tödilich machte. Diese
Organe waren, der Larjnx nnd der MHüidarm. Erster wurde
nahe vor und nach dem Ausbruche so ergriffen , dafs er nicht hlofs
beim Husten, sondern auch beim äufseren Drucke sdimerxte; wo-
von ich mich zwar nicht bei ganz kleinen Kindern, ab^r wol bei
alleren und bei Erwachsenen aawidersprechliefa übeneugen konnte.
— 8S1 —
Auch haue in «liesen Fällen der HuBlen il*n Ton des Croii|*hu8lenii.
Uie BeSogali^nng, die sich aber dabei, sofMlerlich gegen Abend
einatellie, war iriobt mit der 4tt Amgina mewtbranacea an ver-
gleichen. Diesen ZnfMii Itonnte ich durch den innerlichen tiebrnuob
des KnpferH und durch Auflegen von Zinkskli» auf den Lur^nx
beben, obne dafa jedoch selbige Behundlnng einen heilenden, den
Verlauf verkürzenden Rinflufs auf die Krankheit hatte.
Die Afl'ekiion des Mastdarmes äufserte sieh Im Verlaufe der
Krankheil , frülier oder apKier bei der Criti tecundaria durch den
8tuhl, als 'Tt»e»mua mit ZurÜckhalien des Darinkotfaes. Aueh
biavon habe ich mich nicht vermutblich , lOBdern sinnlieh übei-
seugt. Manche Kinder werden wol an dieser wahrhaften Maserit-
rohr gestorben sein. Die LRxifiniliel wirkten hier nicht blols als
Aualeertrngamitiel , sondern sie hoben aueh, durch den aatagoni-
ttischen Reis auf die Düundürme, den sehr läaiigen , die heilsame
Bestrebung der Naiur vereitelnden Siuhlxwang. Diese beiden Hül-
fen waren aber blofs symiiioniBiische , und wenn sie gleich in den
meisten FHllen dem lödilichen Ausgange vorbeugten, so würde es
doeh thftricht sein, de als eine lieilnng aHzuseben.
Ueberdies sind auch etliche, welche ich genau beobwclilef,
gestorben, ohne rfafs Larynx oder Mastduriu hervorsiecbend er-
griffen waren. Ja bei einigen, »eiche, wenn niciit durch mei-
ne, doch bei meiner Behandlung die schwere Krankheit überwun-
' den, Hiacbien die Würmer argen S^tak, bei andern war die in-
■ere Leber ergriffen, so, dufs man ihnen mit etwas Schellkraut-
tinklnr helfen mnfsle, wenn man sie nicht nach den Masern wollte
verderben tassen. Lieber die Todesart aller derer, welche ich in
den Hiitten der Armen schon als Leichen antraf, habe ich keine
Auskunft bekommen, denn Aüt geringe Mann ist wirklich zu dumm,
als dafs man so etnaa von ihm erfragen kdnot«.
Scharliicbfieber. Dieses ist bestimmt eine in der Haut
vorwaltende Affekiion des Gesammiorganisiuus , welche in vielen,
aber gewils nicht in nllen Fällen , unter der Heilgewalt des ku-
bischen Salpeters stehet. Mao luufa aber die Sache nicht so ver-
Heben, als halle ich jedes ScfaarlacliGeber , welches den Kranken
nicht tödiet und bei welchem er kubischen Salpeter genommen,
für eine unter der Hellgewall dieses Mittels slihLude AQektion des
Gesammiürganismus. Diese Meinung würde etwas albern sein;
denn es gibt ja Scharlachfieber, welche mit Durchlauf, anhalten-
dem Irrereden und anderen bedenkliehen Zufällen verbunden sind,
und die doch nicht iSdiea, so lange man nur nicht durch feind-
liches Angreifen des Organismus den Krankheitaprozefs siSret. So
beobaehieie ich im Jahre 1806 eine stark verbreitete F.pidemie,
b«i der ich nngeßihr so viel als nichts ihal, hSchstens durch milde
Mitt^ den starken, offenbar M^ittdlieheii Durchfall laXfaigileiaad
-_ SM —
an <l«r hi«r im Orte kein eiiuiger M^uch starb, ol^eich d«r
Drirchfail und das anliHliende Jn-^wlen dar Kruikhait ein aefar
bnnge« Ansehen gaben. OamnkU sagiea die Lenie , ich sei aus-
geieichnet glücltlich in Behaudliing dieses gefährlichen Fiebers.
Sie halten voilkominea Hecht, (iafs sie sich des wahren, geeig^
nelen Ausdruckes, iflliebllell^ in ihrer Lubrede bedieoien;
denn ich wufste daniabls eben so wenig ein Uetliuktei auf diese
Krankheil als ich jetxt eins auf die Pest weifa. Dafs ich die bös-
«nssehwnde, aber aa sich uniSdiliche , nicht durch dreistes Ein-
greifen kansUiiSfsig zur iSdtiicben machte, kann ich kl ofa meinen
ärstlicben Skeplisiamus zaschreiban, ich wurde oänlich bald ge-
wahr, dafs die sogeaannLen Aut^hlogüUca eben so wohl als die
siärkettden uad reixendaa Mittel das Uing verseht iiuiuerlen : iniüi*
trauend den schulrechten Ansichten, hielt ich für das Beste, an-
thKtig in bleiben, und beschriinkie mich, wie gesagt, blofs dar-
auT, dan Durchfall lu lu&fiigen. Uebrigena bin ich, selbst io
jüngeien Jahren, nie so niimsch gewesen , zn glauben, ich half«
ein» Krankkeit geheilt, wann ich die Heftigkeit derselbe« nidtt
sichtbar niäfsigen und den Verlauf derselben nicht abk Ursen konnte.
Ja, wfire ich hinsichilicb des Scharlachfiebers mit dieser Einbil-
dung behaftet gewesen, so würden späterbiQ t5dilich ablaufende
Fülle mich gründlich v^on meiner Narrbeil geheilt babea. Eins
bekenne ich unverhofalen: gerade das Scbarlachfieber hat meine
Zweifel an die Macht der schulrechleo Heilkunst aufs Höchste ge-
steigert.
Eine Beschreibnng der Krankheit zu geben, würde, da sie
bekannt genug ist, übprfltiasig, ja es würde anch sehr schwer
sein; denn, so viel ich beobachtet, erscheint sie bei weitem
nicht Immer mit einerlei ZufHllen, hat anch nicht immer einerlei
Verlnnf. Das leichte kann in acht Tagen verlaufen und die Heit-
knnst kann nach ganz verschifedenen Theorien ganz verschiedene
Miiiel anwenden, ohne es merklich zu stSren. Das bS^ere nAh-
ret reichlich vierzehn Tage. Am" vierten Tage reiniget sich die
wetfsbelegte Zunge, das heifst, die Sächarlacheniziindiing verbrei-
tet sich auf derselben , sie wird feurigrolh und die Papillen ragen
wie glühende Köhlchen auf der rothen FtSche hervor. Die Ent-
zündung verbrettet sich über die ganze Schleimhant der Nase , Über
den Schlund, nnd wahrKcheinlich auch Über die harte Gehirnhant,
denn es entstehet anhaltendes Irrereden und mehr oder minder
starker, consensdeller Durchfall, weldie ZnfSlle bis nr Beendi-
gung der Krankheit, mit dieser abnehmend, anhalten.
Zu einer anderen Zeil, besonders in den leisten Jahren, habe
ich es anders gesehen. Die Reinigung der Zunge erfolgte apüier,
«ie machte sieh nicht > wie ebemnUs, ioaeihalb Eines T«([es, son-
dem langssm ; die Zange ward« nicht lO feurig totb , aoch enl-
ilead weder Irrereden, noch Durcbfftll.
Früher war es mir bei meiner UntbStigkeit auffallend nod ni>-
erkUrlich, ( obachon ich ea aucfa bei Schriftit.e]lem angemerkt
gernnden) dafg die Gefahr nicht von den >itüriiii>ch«n Zufällen ab-
bing, indem »uweilen eine anicfaeinend milde Krankheit nnvermn-
ibet tSdilich Wnrde. Den ersten tödilichen Fall beobachtete ich
bei eider jungen, echSnen, frfiher gesunden ifnd starken Fran.
Ihre Krankheit war htnaichilicb der Zufllille ganz unverdftchtig.
Die gew3bnlicben , ah Haluchmen, Fieber nod R5ihe der Hant,
waren selbst sehr tnafsig. Am sechsten Tage abends, fing sie air,
fiber Beängstigung au klagen und gab schon um Miliernacht den
Geist auf. Ich habe hernach von Shnlii^en Fallen gelesen, dah
man eine salcbe Befingstigang einer Lungenlfihmurig zntchrelbt;
glaube aber, dafa sie das Sterben selbil ist, und ob man daa nun
in diesem Falle LungenlAhmang, oder Tod nennet,- wird wol so
breit als lang sein.
Hinsichtlich der Form des Ansschlages habe ich bei einer und
der nüinllchen Epidemie Verschiedenheit gefunden. Bei den mei-
sten Kranken war die Rötbe glait, bei wenigen fühlte icb auf
der Köihe eine Bauhheit, bei noch wenigem konnte ich daranf
kleine BISschen wie FrieselblSscben entdecken, und in seltenen
Füllen sab ich hier und dort auf der Roth« wirkliebe Blasen von
verschiedener CrSfse, welche wässerige Stoffe enthielten. Aus-
geseichnet in dieser Art war der Ausschlag einer jungen schwan-
geren Fran; diese hatte nicht blof^ mehre Blasen von der GrSfse
grauer Erbsen, sondern über dem rechten Knie safs eine ron der
GrSfse eines Taubeneies; tibrigens war sie deshalb nicht kranker
als andere und genas auch eben so gut.
Obs VerhHulen in ganz grofsen Lappen, von dem icb geh3rt,
habe ich eigentlich noch nie recht gesehen. Den einaigen Fall,
der etwas fibniiches hatte, beobachtete ich vor langer Zeit bei
einem jungen Mädchen, jind wegen eines närrischen Umstandes,
der sich dabei antrug, ist er mir im Gedfichtnifs geblieben. Das
MSdcben ziehet nämlich .von einem ihrer Finger die Oberhaut in
einem einzigen SfTicke beninter, nnd nachdem sie mir selbige ge-
tetgt , kommt sie auf den Einfall , den Hauilappen als Andenken
der überst an denen Krankheit zu bewahren, und legt ihn vorlfiufig
in eine von der Familie nicht gebrauchte Kaffeekanne. Gleich
darauf tritt die Zeit der Wallfahrten nach dem wundert hat igen
Mnitergottesbilde zn Kevelaer ein. Die Herbergen reichen dann
nicht bin, die Zahl der Pilger zu fassen, weshalb anch ander«
ehrsame Bürger, aus Eigennutz, .oder aus krisilicher Liebe, sol-
htge in ihren HSusern verpflegen. Die Mutter des Madebens , bei
def ebenfalls solch wallende Beter einkehreo, giefst den hestelU
^53 -•— o"
— 834 -
les Kaffee in ^ie K«id«, worin, ohoe ihr Wiuen, der Tocbler
Hanilappen liegt, und nan irioLen di« andächtigen Leute deo
\mffffS* dei ScharUtdifiDgerliBga. loh denk« aber , e« wird ihnen
wol Di<^ geschadet haben.
Ein wahrhaft ■eluaiuea Ereignifa habe ich früher i>et eine«
Wundärzte erlebt. Die Ehefrau dnuelben lieb mich biuen, ibn
au beaueben. Er klagte über grofae HeHobwerde bei» Schlingen,
und da daa Sobttrlachfieber damahla herrnchtn, liefa »ich der un-
g«wähnlieh icfanetle Puls verniuihen , dafs ea auch bei ihm im
Äoeuge sei. Das Bett* worin er lag, stand an einer etwas duok-
l«o Stelle, ieh bat ihn also, auf/.ugtehen und sich ans Fenster
au begeben, danii ich sehen könne, ob seine Haut schon ait-
fange sich »a rdtben und wie es mit seinem llaUe bestelJt sei.
lob wurde gewahr, da(« das Exanthem schon am Aasbrechen war,
merkte aber bei der Gelegenheil, dafs der Mann ein lolcb selt-
same« taumeliges \^''eaen und einen solch Irnnkeneo Blick hatte,
dafs ich, weil ich damahls kein Heilmiiiel der Kran kt.eit kannte,
mit grofiei Wabrscheinlichkeit vermuthen mufste, sie werde oboe
Irrereden nicht ablaufen. £• war der Anfang des vierten Tages,
denn die Zunge war eben in Begrifi sich zu reinigen.. Da ich
ihn am folgenden Tage besucble, war sie ganx gereiniget, das
Exanthem allenthalben sichtbar und es fühlte sich etwas rauh an.
Der Puls war sebr schnell und ztemlicb voll. Irrereden war noch
nicht da, aber wol eine eigene Aufgeregtheit des Kopfes nnd ein
gewisser Grad von Nichtgefühl der Krankheit. Er wuIste wol,
dafs er krank war, aber er sah das Ding für eine Kleinigkeit
an. Dieser Zustand des Kopfes ist fast immer, wenn man keine
schnelle Hülfe weifs, dar nächste Vorbotbe des Irreredens.
Am nächsten Morgen fand icb den Kranken in einem solchen
Zustande, dafs ich der Frau rieih, ihn mit dun Sacramenten der
Sterbenden versehen zu lassen. Er wnfste nicht mehr was er sagte,
war sitierad und scblafsücbiig, der Puls ungeheuer schnell nnd
klein, der Ausschlag blafs, wie er bei denen zu sein pfleget, die
die Krankheit fast überstanden haben; auf der verblafsten Roth«
sab die Oberhaut hier und da geschrumpelt aus, als wolle sie
sich schälen. Der Tod erfolgte noch am nämliaben Tage abends.
Das Merkwürdige bei diesem an sich nicht merkwürdigen
Falle ist Folgendes. Der Kranke wird am Vorabeitd seines To-
destages zu einer Kretfsenden gerufen, macht sich, trotz aller
Abmahnung seiner besorgten Ehefraa, aus dem Bette, ISfst sich
unvermögend zu siehn oder zu gehn, in eiuem Armstuhle zur
KreiJäenden- tragen und spielt bei dieser die Kolle des Geburts*
beifers. Welche Hülfe er dort geleistet, kann ich nicht sagen;
höchstwahrscheinlich hatte er es mit einer leichten, selbst sich
machenden Geburt zu thun, denn bei einer schweren würde er doch
— »35 —
wol aiebl haben belfea k5an«n. Di«BM seluame UnternehMen
Boheint aber eine üble Einwirkung auf ihn gehabt zu haben ; denn
4n u»n ihn nach ein paar Stunden wieder annickgetrageo and ins
Beit gelegt, ia( er gleich sichtbar kranker und beBinanogsloaer
geworden, nod gar bald in den hoffnungslosen Zaaland verfallen,
in welchem ich ihn am anderen Morgen fand.
Die Leser werden wol ao gut einsehen als ich, dafa Her Mann
das Gescbiift des Geburlsheiren in einem Zustande des Irreseins
verrichtet hat. Wenn er gleich von Natur keine sonderliche Gel-
stesgahen besafa , würde er doch ^ wäre er nicht irre gewesen,
leicht begriffen haben, dnfs er sich dureh diese« Unternehmen
höchst wahrscheinlich selbst schaden werde und dnfi er die Krei-
dende anstecken k9nne.
Dieser Fall gibt einmahl wieder den deiitliehen Beweis, dafs
in akuten Krankheiten swischen dem eigentlichen Irresein, wel-
ches «ch durch verwirrte Reden offenbaret, und swischen der re-
gelnilfsigen Verständigkeit ein Mitleixnsiand des wachen Traum-
lebens Statt finden kann , in welchem die Menschen blofs das Ge-
fühl ihrer Krankheit mehr oder mindar verloren haben.
Nun zum kubiMben Salpeter. In allen den Fsllen, wo daa
Scharlachfieber , nicht einbildisch, sondern wirklich »nier dessen
Heilgewalt stehet, leistet er sichtbare Hülfe, das heibt, er be-
achwichiigel die ZufiiUe, macht die Krankheit nicht blofs nach
der Meinung des Arztes, sondern nach dem eigenen Gefühle des
Kranken milder, und kuriet sie bedeniend ab. Letztes hängt aber
von dem Zeitpunkte ab, in welchem wir anm Helfen aiifgefodert
werden. Geschiebet dieses erst den vierten Tag, wo das Exan-
them schon ausgebrochen ist, so kann man noch viel leiileo,
denn diese Entzündung, deren Aushtuchszeit überhaupt sehr wan-
delbar ist, verbreitet sich nicht urplötzlich über alle Gebilde, son-
dern erat nach und nach in einem Zeilrannie von ein paar Tagen,
in welchem, sie dann auch intensiv stärker wird, wodurch sich
das ganv.e Leiden mehr und mehr steigert. Dieser Steigerung kana
man den vierten , ja selbst den fünften Tag noch sichtbar Schran>
ken setzen, aber freilieb nicht so, als wenn nun den «rsien ge-
rufen %vird; denn beginnt man gleich beim ersten Anfange des
Fiebers die Behandlung, so macht man ea m einem milden und
unbedeutenden, lo dafs es dem mit Salpeter nicht behandelten ganz
unähnlicb siebet.
Sollten aber vielleicht einige meiner I^ser denken, das unter
der Heilgewalt des kubischen Salpeters stehende Scharlachfieber
sei an sich eine leichte Krankheit uud werde ao bald nicht töd-
ten, so mufsle ich gegen solche Meinung Einrede thnn. Ich glau-
be mich zum wenigsten überzeugt zu haben, dafa alle Aßek-
tiunen des GewuHtulorganiswu* , sie mögen unter der Heilgewalt
— 83« ,—
des kukUGheii 8Bl[>ei«ni, des E^iaeni, oder des Kiipfera ateben,
gleicb lödtlich werden können. Es ist nicht blofii das Vorwalten
derselben in irgend einem Organe und die dadurch veruraachie
Niörung der Verrichtung dea Organs , welche tödiet , Bondeni dia
Aß'ekllon de« Ge«aniinlorganismtis aU lolvhe, nbgetieben von aller
besondereo Störung eines Organs , ist hinreichend , einen Men-
schen KU tödlen. Wie dieses gr-Nchiehet, dan ist nicht versland-
haft ansznlegen so lange wir nicht wissen, was das Leben sei.
Dafs aber das , was ich gesagt , Wahrheit eoihalte , beweiaet «ich
gerade am besten durch solche Fälle des Scharlachfiebers , dia
schnell und iinvermiilbel tödilich werden, ohne dars einielne Or-
gane oder Systeme aosgeseichnet heriig ergriffen sind;
Im Sommer des Jahres 1SJ1 trug sich in meiner N'acbbar-
Rchafi folgender Fall lu. In einer Bauerscbaft, in der seil Men-
scheagedenken das ' Schartachfieber nicht geherrscht, den Landleu-
len also eine ganz onbakannie Krankheit war, erkrankr die acht-
zehnjährige gesunde and alarice Tochter eines wohlhabenden Land-
wirtbea, klagt über Halsach merz, wird beUlSgerig und ihre Haut
röthet sich. Man halt das Ding für eine getvdhnliclM Ilalsenisün-
dung, gegen welche map nicht leicht die Hülfe des Arxies in
Anspruch niinmi; am sechsten Tage siiH)t das Mädchen. Der
Vater, ein Landmann von seltener \'ersiandigkeii , betheuerie mir,
dafs er und seine tlhefrau auch nicht die leisenie Ahnung einer
Gefahr gehabt hätten; nnd das glaube ich ihm gern, denn hallen
ihn böse und verdficbtige Zufälle gewarnt, er würde wol Hfllf«
gesucht haben.
War das nun ein unter der Heilgewalt des Salpeters stehen*
des Scfaarlachßeber gewesen f — Mit vollkommner Gewifsbeit kano
ich dieses nicht behaupten, aber wol mit grofser Wahrscbeinlieh-
keil; denn, weil gleicb dar.iuf mehre Hausbewohner am oämli-
eheo Fieber erkrankten und durch Salpeter geheilt wurden, so ist
. weit wahrscheinlicher , dafs das Fieber der Verstorbenen eben so,
als dafs es anders geartet gewesen.
Ich wurde gleicb nach dem Tode der ältesten Tocbier zu der
zweiten, sechzehnjährigen gerufen, sie war angeblich drei Tag*
krank. Der Ausschlag war schon heraus, aber noch nicht sehr
feurig. Aus der Zunge, deren Spilze und Rand schon rolh wa-
ren , erkannte ich , dafs die Krankheit auf der Grenz« zwischen
dem ersten und zweiten Zeiträume siehe. Ein übler Umstand war
der, dafs das Mädchen, welches die Schwester an der oftnilicben
Krankheit hatte sterben sehen , von grofser Todesfurcht ergriffen,
an lieiiun^ zwetfelle. Ich mulste also vor allen Dingen ihr Ge-
Müih zn beruhigen und ihr den Glauben einzureden suchen , dafs
ate werde erhalten werden. Bsi einfachen N'ainrkindern (^ivmutl
meinen jüngeren Lenern gesagt) lafst sich aber. dieser ^week .nicht.
— 837 —
wie bei manchen verbailerten Siftdlern, durch markiscbieierincli«
Versprechunj;en erreichen , sondern mna inufa vielinehr auf ihr
religiöaes Gefühl eimvirkea, Gott als cinzigeD IlelTer, und iiich
selbst als blofses Werkzeug destelben darstellen. So wird in sol-
shafl achlicbi frommen Gemülhern jeder Zweifel sur Goitealüsie-
ning, und der kindliche Glanbe an die göiilicbe Hülfe durch die
Arzenei entwindet itieh ^ar leicht den Fesseln, worin ihn das driik-
kende GeHihl der Krankheit, oder der Aablick befreondetec Tod-
t*o vertlrickt halte.
' Bei dem Müdchen gelang mir meine vorbereitende psychische
Kur ansBehmend gut; während der halben Stunde, die ich im
Hause vprueilie, war sie ganz umgewandelt, und ich konnie jetzt
erst recht deutlich sehen, wie feindlich die Todesfurcht aaf sie
gewirkt hatte. Ich vererhrieb einen achlunzigrn , eine hallte Unze
kabischen Salpeter enthaltenden Trank, von welchem sie slünd-
licfa einen Loßel voll nehmen mufste. Dieser bewirkte, dafs das
Fieber gleich minder wurde, dafa der vorhandene Auaachlag nicht
mehr an Heftigkeit zunahm und dafs die ganze Krankheit in fBnf
Tagea (vom Tage des Einnehniens an gerechnet) verlief.
Die Leser könnten aber denken, der erzählte Fall niSchte
atich vyo] ohne kubiaehen Salpeter eben so mild und in eben der
Zeiifriat rerlanren sein, BegreiiRich kann ich das Gegenibeil nicht
beweisen; dafx aber das in jener Baiiersehaft umgehende Schar-
lachSeher aa sieb nicht ganz gemüchlicher Art war, davon bekam
ich noch zur selben Stnnde den denitichstea Beleg. Ich mnfste
nünilicb von dem iVlUduhen zu dem Knecht de» nücfaülen Nachbars
geben, der seil sech.s Tagen an dem nämlichen Fieber krank lag.
Bei dieser niii zwei Tage älteren Krankheit sah die Sache aber
schon weit ernsihafier aus als bei jenem Mfidchen. Die Zunge
war feurig rorh, MHudeln und Gaumen so versdiwollrn, dafs Flüs-
sigkeiten nur mit Anstrengung konnten hinuntergebracht werden.
Das Exanthem war schon zu einem hohen Grade der Iittensiiilt
gelangt, hafte aber lange noch nicht den h&cbsien erreicht. Darcb-
lauf hatte der Kranke schon seit zwei Tagen, und seil dem Ta-
ge, wo ich ihn sah, halle sich Irrereden eingesiellei, dieses war
aber noch nicht so, wie es bei der gröfsten Höhe dei Fiebers /.u
sein pflegt, sondern mäfsig; zwischen seine versläadigen Antwor-
ten auf meine Fragen, mischten aieh blofs einige Ungereimthei-
ten, und er halte Mühe, die Wörter zu finden, die er ansspre-
chen wcJIle. Wegen des Durcblaufes gab ich diesem den kubi-
schen Salpeter in Oelemulsion, and er leirileie auch hier alles,
was ich verlangen konnte, nämlich, er bebinderte die ifeiieren
Fortschritte der Krankheit. Am folgenden Tage schon war Irre-
reden und Durchlauf gehoben, die Hautentzündung, welche noch
lange nicht ihre gewöhnliche H'ihe erreicht hatte, minderte zu-
-i- — "gl^-
gleich mit der HalaenUHndiiDf ron Tage *a Tttgs, wii 4er Kran-
ke genaa ohne weiter« ZofAll«.
Dafs aber, wi« ich oben gesagt, der kabische Saliicier, gleich
beiiu Eintritte des Fiebers gereicht, die Kraakheit von einer g*-
fölirliehen in eine nnbedeoienile verwandle, hat sich auch in den
Hanse jenes Laadmannes, dessen filleate Tochter gestorben war,
bestftliget. Da in demselben mehre Kinder and Dienstboihen der
Ansteckang ausgesettt waren, so gab ich deia Hausvater eine gnie
Portion Liquor nairi nilrici, mit der Weisung, jedem, der von
der Krankheit ergrißen würde, sinndlicb davon einzugehen bis tt
genesen sei. Er hat auch , da er von einer selienen Yersi&ndig-
ksit war, meinen Kalb treu befolgt, und mir von Zeit zu Zeit,
wenn er neue Salpetertropfen ans der Apoihelte holte, Nachricht
gebracht. Mehre Bewohner, bei denen sich die Krankheit ge-
zeigt, sind durch den frühzeitigen Gebrauch der Arzenei bald und
leicht genesen; das Fieber ist aas dem ersten Zeiträume in den
der Genesang übergegangen, so dafs der Landraann sich des Aus-
druckes bediente: man tollte schwören, die Krankheit sei nicht
mehr die nämliche.
Gans wird durch das frühzeitige Geben des kobischea Salpe-
ters dem Aasschlage nicht vorgebeugt, er wird jedoch, im Ver-
hfiltnifs'zu den nicbtarzeneieien Körpern, unbedeutend. Sollte aber
in der Folge der eine oder der andere Arcl glauben, man kSnoe
wirklich dem Ausbruche ganz vorbeugen , so raifae ich ihm , die
Thatsachen ganz genau zu nnlersucben, bevor er diese Behanp*
tnng ausspricht. Folgender Fall, den ich im Jahre 1SI6 beob-
achtet habe, mag vielleicht in dieser Hinsicht lehrreich s0in.
Ich besuchte eines Abends meinen allen Freund, den Superin-
tendenten V", der sagte mir, sein Sohn fühle sich den Abend an-
wohl, klage über Halsschmerz und scheine zu fiebern. Ich unter-
suchte ihn, und fand seine Mandeln etwas gerSthet und geschwol-
len, den Puls aber ungewöhnlich schnell. Den Aeltern bemerkt«
ich also, die NShe des ScharlacbGebers (dies war nSinlich in
dem Nachbarhause), weit mehr aber noch die ungewöhnlich«
Schnelle des Pulses liefse vermothen, dafs des Söhnchens Unwohl-
sein inehr als Halsweh, dafs «s der Anfang des Scharlachfiehers
sei. Mit voller Gewifsheit lasse sich freilich nichts darüber be-
stimmen; da aber Eine Arzenci in beiden Krankheilen hülfreicb
sei, werde man wol am klügsten handlen, diese Arzenei gleich
zu reichen. Das Abwarten, was aus der Sache werden wolle,
habe das Unbequeme, dafs, wenn das Abgewartete eintrete, man
es aufs beste slillständig , aber doch jedenfalls nicht rückgängig
machen könne. Das alte Sprichwort , dafs den Gelehrten gnt pre-
digen sei, beslütigte sich auch hier; der Sohn wurde «nm Sal-
peter verurtheilt.
„,,,_„,,,, Google
- 839 —
Miin «rgab aioh aber, dnfo die rem*imlt«h9 (eichte Mnudel-
flütsändung, diu Fieber, und das Gefühl des ÜDwöhlseins, drei
Tage auf . dem n&mlichen Punkte blieb. Dann wurde alles bea-
aer; es wfthrte aber auch (iaan noch über drei Tage, ehe der
■choelle PuU wieder normal wnrde. Das stimmte Aodt alles nicht
mit der Idee eine« gewöhnli«hen leichrsn Helswebes. Wahrend
des Verlaufes dieser kleineo zweifeihnfien Krankheil uniersncbten
sowol die Aeltern als ich die Haut des Knaben oft und genau,
ob wir eine Röihe gewahr werden könalen ; wir blieben aber
■ämmilich zweifelhaft. Bald glaubten wir eine leicbte Röthe su
■eben, bald glaubten wir uns getäuscht sn haben.
Nun war ich aber folgender Meinung. Weder der kubische
Salpeter, noch irgend ein anderes Heilinillel sei m&chtig genug,
die Natur der Krankheit so xu verändern, dafs gar keine Haut-
enisündung erscheine. Diese könne aber dem Grade nach so ge-
ringe sein, dafs das blufse Auge sie nicht xu erkennen vermSge.
In dem rorliegenden Falle, wo wir über die Gegenwart der Hant-
«puündung uugewifs seien, tnüsse spSierhia die Abschuppnng der
Haut, die man, wo nicht mit blofsen Augen, doch durdi eine
Lünpe würde erkennen können , unsere wankende Meinung be-
richtigen.
E^ erfolgte auch wirklich eine, mit den blofsen Angen zwar
mübsaiUt niii der Loupe aber leicht zn erkennende Abschnppung;
es war auch deutlich wahrzunehmen, dafa die Eniziindung sich
bei weitem nicht über den ganzen Körper verbreitet, sondern nur
fleckweise einzelne Stellen eingenommen halte.
Uebrigens war ich in dieser Sache so sicher, als man es nach
wahrscheinlichen Gründen .sein kann, denn der ausnehmend schnelle
Puls war zu jener Zeit ein solch sicheres Zeichen des Scharlach-
fieber«, als je ein Zeichen sicher Bein kann. Später habe ich aber
beobacblet, dafs bei manchen aalpetrtsoben SeharlachSebern der
Puls nicht schneller ist als bei jeder anderen ordentlichen, nicht
, XU leichten Mandelentzündung, dafs also die Schnelle desselben,
als Zeieheo des nahenden Scharlachs wol einen zeilwierigen, aber
keinen beständigen Werth habe. Ich mag den Leser nicht länger
bei diesem Gegenstande auflialteo, bemerke also nur noch zum
Schlüsse Folgendes. .
Sollte je ein Arzt hei einer unter der Heilgewalt des kuhi-
acben Salpeters stehenden Seharlacbfieberepidemie Geiegenheir ha-
ben, die herrliche Wirkung dieses Mittels su sehen, so bitte ich
ihn freundlich, denselben in keiner Druckschrift als ein Speciß-
cum gegen das Schariachfieber anzupreisen, weder mit bestimm-
ten Worten, noch mit rielsinniger Andeutnng. Wer die Mftg-
tichkeil, dafs die Affektioa des Gesammtorganismus, die das We-
sen des Scharlach&eben anaraacbt, anderer, Bichtaalpelriscber Art
— 840 —
•ein kSone, iwar loM lagtbt , aber diese Mdgticbk*it Id dm Hin-
tergrund stellet, und die Heilwirkang des kubischen Salpeten gw
XU grell belenchlet , der meinet es «nlweder nicht gut mit unserat
KuDBt , oder er täuscht sich selbst. Jene Möglichkeit ist, wie ich
in den folgenden Abifaeüungen dieses Kapitel« xeigen werde , nicht
blofs eine theoretische, sondern eine wahrtiaft praktische Möglich-
keit, das heifsi, es finden sich wirklich in der Natur Scharlach-
fieber, welche eben so sicher utiler der Heilwirkung des Eiseas,
oder des Kupfers stehen, als andere unter der des kubischen Sal-
peters. Wenn also ein solches Fieber anfängt an herrschen, ist
die Wahrscheinlichkeit eben so grofs, dafs es nnier der Heilge-
walt des einen, als dafs es unter der des anderen l]niver:talniil-
tels siehe. Sobald wir uns dieses deuilicb denken, werden wir
am leichtesten die Nalur der herrschenden Krankheit ergründen.
Vorunheile hingegen und einseitige Ansichten befähigen uns ge-
rade am wenigsten sur gründlichen praktischen Untersuchung^ von
der doch einzig die wirkliche Heilung abhängt.
Rkeumatitmut aculut. Dieser ist, in manchen FSllen,
eine in den Muskeln, und auch wahrscheinlich in den Gelenkbän-
dern TOiwaliende, unter der Heilgewali des kubischen Salpeters
siehende Affektion des Gesamm (Organismus.
leb war früher der Meinung, die Unterscheidung des Rheu-
matismus von der Gicht schreibe sich vom siebsehnien Jahrhun-
dert her. Später habe ich aber in Kurt. Sprengelt Geschieht«
der Heilkunde gelesen , dafs schon Themüon , Schüler des Ai-
klepiade», beide Uebel von einander unterschieden. Die angezeigte,
angeblich beweisende Stelle aus Caeltut Aurelianui (ekroH. Hb. 3
eap. 2) scheint mir aber nichts weniger als beweisend. Es ist ja
in dem gansen Kapitel ron weiter nichts , als von Hageakrank-
' beiten die Rede ; vom Tkemiton und vom EUieumatismns finde ich
nur folgende Worte: Themüott quoque prime iüro iardarum pat-
»ionum lolationem circa »tomachum appellavit rkeumatt'imum,
tectindo liiro vemtotitatem.
Man hat schon in alter Zeit den itbenmatismus dnrch Ader-
lässen und xwar durch mehrmahls wiederholtes geheilt. Wollte
man daraus folgeren, dafs die Krankheit aalpetriseber Art gewe-
sen, so würde diese Annahme sehr übereilt sein. Das Urln-
den jedes Organs kann man durch wiederholtes reichliches Blot-
enlziehen beschwichtigen, oder beben. Solche, durch reicbliehas
Blullassen geheilte Rheumatismen kftnnen also eben so wol Urlei-
den der Muskeln und Bänder, als Vorwallnngen einer salpetii-
sehen Affektion des Gesammtorganismus in diesen Organen gewe-
sen sein. Da ich über diesen wichtigen Gegenstand noch in ei-
nem besonderen Kapitel handien werde, so mag es vorläufig hin-
reichen, ihn nur (^m Fluge berührt zu haben.
„,. , Google
— 841 —
Seit ich Arst bb, habe ich oft genug io Zeitschriften , wenn
Ulf dieien GagenstaDd von deo Praktikern zu aprecheo kam, Sy-
detthoM als den vorxüglkhaten Anpreiser des AderlasBeas erwShnt
gefunden, no dafs man auf den Gedanken kommen kannte, er sei
der Erfinder dieser Heilan des Rheumatismus. Es ist daa aber
wol ein Irnhutn, den ich mir nur bdb der Vorliebe, welche früher
die pnikliacbea Aente für Sydeuham hatten, erklären kann. La-
Mnw Riveriu», der ungefähr dreifsig Jahre »or ihm wirkte, sagt
ausdrücklieb in seiner Praxi medica (Üb. 16. cap. 3.): Singuli»
diebuM ab initio taitguit delrahendua e»t, donec moriu» remüerit et
dahre» inminuti fueriat. iS'ec r^erl ti per decem , duodecim^ aut
etiam. plnren die$ »angui» delrakatur. Und in seinen Observatio-
nen Cent, 3. ob». 41. findet man den Fall, dafs er einein Jüngling
aehnniahl, und Ctnt. 4. oba. 2., dab er einem anderen «iebenmahl
Blut gelassen.
Einen Bheumatitmum acutum, der wirklieh eine in den Mus-
keln und Bindern vorwaltende Alfektion Aet Gesaipmlorganismu*
ist, kann man, wenn diese Affektion unter der Heilgewalt des ku-
bischen Salpeters stehet , einzig durch denselben beseitigen und
bedarf dabei des Aderlassens nicht; wiewol ich sugebe, dals ein
einziger reichlicher Aderlafs, bei jungen, voUbliiligfln Leuten, zu-
luahl wenn das Uebel durch heifse Behandlung schon gesteigert
ist} die Heilung beschleuniget. In dieser Krankheit mufs man
aber, da ohnedies der Dariakanal nicht aufgeregt i^t, den Salpeter
zn einer Unze (ags geben.
Uebrigeos sind die Zeicbeo des salpeuischen Rhenmatismus
sehr täuschend. Der rothe, sehr saure Harn, lebhaftes Fieber mit
vollem Pulse , starke £nt':<iindung und Geschwulst der ergriffenen
Glieder sprechen Tür einen solchen Zustand. Ich habe aber den
eonsensnellen Rbeomaiismus, der von einem Urleiden der Leber ab-
hing, von eben diesen Zufällen begleitet gesehen, und hinwiederum
Rbeanmtismen , bei denen das Fieber nnd die Enisüadung der er-
griffenen Glieder sehr mäfsig war, und die Farbe des Harns von
der geaundheitsgeuttfsen wenig abwich, durch blofsen kubischen
Salpeter geheilet.
Uebrigens ibut man wohl , bei der Behandlung des hiuigen
Rheumatismus auf den Geist der herrschenden Krankheit lu ach-
ten. Die Organkrankbeiten der Leber, des Gehirns, oder der Nie-
ren macbea leicht consensuelle Rheumatismen, und sind verräthe-
risch genug, sich blofs durch diese Gliederleiden zu ftufsern. Ver-
gebens wird man solche Rbeomatisuien durch kubischen Salpeter
zn heilen versuchen; sie heilen sich nur durch Heilung des urtr-
griffenen Oi^^ans. Da hier einst die Bauchfieber, die ich ßr Af-
feklion des Flexas coeliaei hielt und |nit Bitterniandelwasser heil-
te, umgingen, habe ich einen Fall, jedoch auofa Dar einen einzi-
— Bit —
gea, TOD GOM«n«aelIeni RbenmatiBinas beobnobtel, der von Jenem
herrschendpn Banohleiden abhing. Die Frau , die imoa ergriffen
wurde, tifNte aber noch überdiei eine» alten Leberfehler; ob Siei-
ae, oder Verstopfung? das war nicht gut lu lagen. Sie hatte ge-
gen diesen Fehler nie arieiteiet, als nur dann, wenn er, durch zu-
fHilige Ursachen aufgeregt, feindlich in das Leben eingriff, und
nur so lange, bis dieses eigenitiche Kranksein gehoben war, Ucbri-
gens war sie der Unbeqneniliobkeiten , welehe lolobe alte Organ-
fehler machen, gewohnt geworden und achtete ihrer nicht. Der
Rheumaiiamus, an dem sie litt, war der BchmerKfaafteate , den ich
je in meinem Leben gesehen habe. Die geschwellenen und des
Schmerses wegen nnheweglichen Glieder wurden abwechselnd durch
kleineZuckungen, wie durch elektrische ScbUge lichlbar erschüttert.
Nan denke man sich einmahl die Marter der armen Frau! Bei dieser
seltsamen, mir wirklich ganz neuen Erscheinung, richtete ich mich
nach der epidemischen Constitution, gab BitlerraandelwaiMer und
beseitigte damit innerhalb eines Tages das Zucken. Die Frau wur-
de blofs durch die Entfernung dieses Zufalles so erleichtert, dafs,
hStte ich auch den Rheumatismus in sechs Wochen nicht heben k&n-
nen, sie mich dennoch für einen gewaliigeo Meister würde gehal-
ten haben. Uebrigens schickte sich die ganxe Sache so gut, als
' sie sich bei allen Leberfehlern schicken konnte. Im aHgemeinen
wurde dam;ibls die Leber leicht consenauell ergrifTen , und das con-
sensuelle Leiden wurde hintennach gern zum Urleiden, wie ich
dieses im vorigen Kapitel ersBhlt habe. Da dieses sich nun bei
manchem lebergesunden Menschen also machte, war wol lu erwar-
ten, dafs die früher kranke Leber der Frau, nach dem gehobenen
Urleiden des Plexut coeliaci, eine Hauptrolle spielen würde. Hftt-
le ich die aufgeregte Leber nicht hernhigei, sie nicht auf den frü-
heren Punkt Euruck gebracht , HO würde ich die Frau- anch nicht
Tom HheumaiisHtus haben befreien können. Dafs die in deo Mn.-.-
keln vorwaltende Affekiion des Gesammtorganismus zuweilen zum
Urteiden des ganzen Miiskeltystems werde, daran ist kein Zwei-
fel, eben so wenig daran, dsfs in anderen FAllen die Haut urer-
krankt, und dafs dann das Muskelleiden coosensuell tod dieser
Erkrankung abhängt. Das Schlimmste bei dieser Sache ist, dafs
das urergriffene Organ sehr schwer zu erkennen ist. Ich will zwar
solche Mittel, welche auf die Haut, oder die Muskeln wirken aol-
len, nicht gerade verwerfen, ich habe früher vom Ammvnio can-
hoHico, vom Sulph. aural. antim., vom Gnajakharz zuweilen (vom
ersten aber am öftesten) gute Wirkung gesehen; sie haben aber
weit hfiufiger meine Erwartung getüuscht, und ich sehe auch eben
nicht, dafs andere Aerzle viel Merkwürdiges damit ausrichten. Sie
scheinen mir nar da Dienste zu leisten, wo nach gebobeoer Affek-
tion des Gesammioi^oismna die Vorwaltung dieaer Affektion zum
— 843 —
«chtBD Urleidm der Maikdo oder d6r Haut gewordm ist. Aber
Huch in eralam Falle niöchien die EsebeobUuer ihiraB leicht den
Preis streitig machen. ' Da in dieseo Bläuern nichli ist, was di«
Heilwirkung des kabisclien Salpeters aufhebt, oder mindert, ao
kann man einen Aufgiifs derselben dreist . mit dem Salpeter ge-
brauchen lassen. Man hat dadurch den Vortheil, dafg man dem
Urwerden des ■jmplomatiacheD Moekclleidens voibengt. Als prak-
tischer Schriftsteller ist es aber meine Pfliofai , ancb auf das Hin-
derliche aufmerksam zu machen, welches eine solche Verbindung
zweier widuamer Mittel mit sieh führet.
Gate Organbeilfliittol heilen nicht biofs die Erleiden der Or-
gane, sondern sie bescbwichiigen auch in manchen Fällen (ab«
gewib nicht in allen )4bs sinnliche Vorwalten der Affeluioo <tes
Gesammiorganismns in den Organen, auf welche sie Einwirkung
haben. Das ist aber kein Heilen t sondern ein vorSbergebendea
Beschwichtigen sjropiomatischer Leiden, und gerade diese Be-
sohwichtigung kann uns , fainsichilieh der eigenilicbeD Natur
der Krankheit, in grofae Täuschung führen. Der RheumaiiBmus
1. B. kann Symptom einer Salpeter-, oder Eisen-, oder Kupfer«
aäeklian des Gesumm lorgantsmus sein. Wenn icb'Uun glaube,
ich habe es in einem Falle mit einer Salpeleraffektion de^ Ge-
sammiorganismns XU thun, gebe kubischen Salpeter in einem Auf-
güsse von Eschen bifittern, und sehe, dafs das Muskelleiden minder
wird, -so weifs ich Ja nicht, ob das eine, oder das andere Mittel
die Besserung bewirkt hat. Nur das Xicfatfortschreiten der Besse-
rung und ein gewisser quinender Zustand, worin der Kranke ge*
rfilfa, kann mich überzeugen, da£i ich, durch die Wirkung der
EschenhlHtter getüuscht, die Natur der Affekilon des Gesaiiirator-
ganisrana verkannt habe. So verschwende ich die Zeit und mifa-
brauche die Geduld des Kranken.
Folgender Fall wird das Gesagte deutlich machen. Im Jahre
1832 kam ein Bürger aus einem oiederiftndischen Grensstädtchen
zu mir, Heilmiitel fGr seinen am BAeumatümo aculo vago seit
acht Tagen krank liegenden erwachsenen Sohn zu holen. Aus der
Erfrnguag und aus dem rothen, sauren Urin vermuihete ich, der
Bheunialismns sei Symptom einer SalpeteraSiektion des Gesammt-
organismus. Damit ich dem möglichen Urwerden des iS^mptoma-
lischen vorbeugen und dem Jungen bald helfen mSchte, Kerordne-
te ich den kubischen Salpeter in einem Aufgusse von Eschea-
blSli'ern.
Nach drei Tagen J>racbte mir der. Vater die Nachricht, alles
gehe erwünscht, der Sohn fühle si^ nicht halb so krank mehr,
die Schmerzen in den Gliedern seien ganz erträglich geworden.
Aber auffallend war es mir, dafs ich die nämliche Nachricht vier-
zehn T»sp lang, je um den dritten Tag bekam. Auf meine Fnt-
— 844 -
gc, ob deoo der Jung« schon daa Bell vstlaM«, ward« mir xitr
ÄnlwoTi: ntia, das känne er nocb nicht, duu lei er noch lu krank.
Da es Dun gani widersprechend ist, dafs ein Kranker nach einem
vienehntfigigen Bessernerden nicht lollte das Bett verlassen kön-
nen, lo Hchiofs ich, dafs dai angebliche Besaerwerden Tänsehung
sei, blofs in einer Beschwichiigung der schinerzhafien syiiiptoina-
tisefaen Leiden besiehe. Uebaneugi, dafs ich die Art der Alfektion
des Gesammiorganisnini verkannt halte, liefs ich den kubischen
Salpeter ziisammt den Cschenblätrern fahren, gnb biofse Kupfer-
tinktur, und nun genas der Kranke, nicht scheinbar, aonHern wirk-
lich und bald, so, dafs ich, da ich einige ZcitVaraof in dem Siftdi-
chen zu thun halte nnd bei der Gelegenheit seine kranke Malier
besuchte, ihn gesund und ohne die geringAen Xachweben auf sei-
nem Webstuhle arbeiten fand. Er wiederholte mir auch jelzl selbst
des Vaters Bericht: die erste Araenei habe ihm so wunderbar seine
heftigen Gliederscbaiersen gelindert, dafs er fest geglaubt, in et-
lichen Tagen vollkoninien zu genesen. Aber mit dem eigenilicfaen
Gesundwerden habe es doch im Verfolge nicht recht ratschen wol-
len. Die zweite Arxenei sei die wahre gewesen, durch die sei er
gesund worden; hStie ich ihn selbige nicht geschickt, würde er
noch wol im Bette liegen.
Ich sagte so eben, der Junge sei ohne \achweken gesund ge-
worden. Solche achmerstiche Ueberbleibsel in dem einen oder dem
andren Gliede sind gewöhnlich örtlich« Urleidea, und haben mit
dem geheilten RAeum. acut. vag. nichts mehr gemein. Man kann
sie am besten durch äufserliche Mittel wegschaBen, und hier pas-
sen auch äufserliche Mittel, die bei der eigentlichen Krankheit
ganz zwecklos sind, unsere Kunst besitzt einen Reichibum sol-
cher Mittel. Aufaer denen , welche die Haut feindlich angreifen,
alaSpanischefliegen-, Srechwetnsleinsalbe, oder Sublimatauflösung,
haben wir auch aolche , die den Schmers wegnehmen , ohne die
Haut zn reizen, und letzte verdienen in vielen Fällen den Vorzug
vor den ersten, nicht blofs in den Nachwehen des B&*mm. acut.
vag., sondern anch im BieuM. acHtoßxo, weil der leiste, zwar
nicht in allen Fällen, aber in manchen ein echtes Urleiden des er-
griffenen Theiles ist, so, dafs das Fieber als ein bloCs consensucl-
les mufs betrachtet werden.
Zum Schlüsse werde ich dem Leser noch einen seltenen Fall
von R&eum, acut. ßx. erzählen^ Ith nenne ihn aber deshalb sel-
ten, weil er der einzige der Art ist, den ich je beobachtet habe.
Ein siebzigjähriger, früher allzeit gesunder, starker und ihSti-
ger Mann, von groben Knochen und straffer Faser, der eine Weg-
stunde von hier wohut, beschickte mich eines Tages, um Arzenei
gegen starke Bauchschmerzen zu haben. Aus der Bothscbnft konn-
te ich durchaus nichts anderes machen, als dafii er seif ein paar
— 845 —
Tilgen an DsniiichinrrKen leide, und da ich ihn gat kanaie und
wufalB, dafs er ueder einen Brach noch andere alle Baiichfehler
bfliie, so verschrieb ivh ihm einen Trank bua aiinkendem Asani
und Brechnufslinkiar.
Am folgenden Tage Uefi er mir aber sagen, sein Banchschmerx
sei um nichts minder, er wunacbe, dafs ich ihn je ^er je lieber
selbst nntersnchen machte.
Da ick hinkam, fnnd ich, dafs es mit dem Baaehicfamenie
folgende Bewandnifs halle. Er nahm blofs die rechte Seile dei
Bauches eio und erstreckte sich gerade bis zur Linea alba. Er war
von der Art, dafs er den Kranken zu aller Bewegung des Rum-
pfes unfähig machte, indem er hei jeder versuchten ^ selbst gerin-
geD Bewegung ganx unerirüglich wurde. Aber auch bei dieser dnrch
Bewegung Tefursachfen Heftigkeit desselben blieb die Linea albu
die Grenze, welche er nicht überschritt. Das Betasien war etwas
empfindlich, aber nicht in dem Grade, dafs ich dadurch an der
Uiiiersnchung behindert wurde. Ich konnte wirklieb nirgends ein»
Stelle entdecken, welche voraiigllch hart, oder gespannt gewesen
wftre. Meine Vermuthung, dafs vieHeicht eine in Eiternng über-
gehbare Enisündung an irgend einer Stelle vorhanden sein möch-
te, wnrde dadurch sehr geschwftcbl, und ich niufsie also den Schmers
als einen Rheumatismns der reohlsseiiigen Bauchmuskeln ansehen.
Dieser Rheiiraatismua konnte nicht den oberen Tbeil der Muskeio
ergriffen haben , denn in diesem Falle hätte, wegen der den Rip-
pen eingepflaDKfen Zähung^n der Banohninskeln , das Albemholen
mehr oder minder behindert sein müssen, welches aber nicht so
war.
Weil nun eine in Eiterung fibergehhare Enisündung schwer,
oder vielmehr gar nicht von einem Rheumatismus der Baocbmus-
kelo za unterscheiden sein möchte, so hielt ich für das sicherste,
die Kur mit einem mSfuigen Aderfafs zu beginnen, xumabl da der
Mann zwar alt, aber noch weit rfistiger war als mancher junge,
uod da sein fieberhaft schneller Pols recht kräftig schlug. Gleich
nach dem Aderiafs gab ich kubischen Salpeter -zu einer Unze für
<n« Taggabe, ond das ganze Uebel hob sieh ioDeriialb eines Zeit-
ranmea von zwei Tagen.
Nachdem ich nun von den Besooderheiien des Salpetergebran-
ches alles gesagt, was mir erinnerlich gewesen und nützlich ge-
schienen, niufs ich noch zum Schlnsse mich mit meinen Lesera
Sber etliche beachienäwertbe AllgeOieinheiien besprechen.
Welchen Begriff verbindet die rationell - empirische Schule
mit dem Ausdrucke : entzündlicher Zustand des
— 846 -
Körpersf — Ich glaube wirklich, dnh 4iflcer Begriff ebftn mo
weiig klar, als bniachbiir bei Behandlung Am Krankhciiea iat.
Wia die Aenle sichtbare EntiünilnDg bescbreibeB, iai iinnötfaig
hier aaznriibrea, da aich eine solcfae Beschreibung »der Beaiim-
mung in jedem witndinilichen Lehrbuche fiodet. JedeDfalla ist es
eine sichtbare und (as^re Krankheilsforni : weno sie also von ei-
nem inneren krankhaften Zustande des Körpers sprechen, der ent-
tBndlich aeia soll, so beliehen sie die Form einer örtlichen Krank-
hril auf eioeo inneren, nnsiehtbaren krankhaften Zustand des gan-
MD Körpers. Daran würde nan wol wenig gelegen sein j wenn
das Sriliche aieht- und lastbare Uebel-, welches Entzündung
hräfst, immer nit eiBem und dem nftmlicben Mittel könnte geho-
ben werden. In diesem Falle würde nSmlicb der Ansdrnck, enl-
■ ündlicher Znstand des Körpers, einen solchen Zustand
beseichnen, der mit dem nKmltchen Mittel xa heilen sei, mit dem
die sichtbare nnd lastbire Form des örtlichen Uebels , Entzün-
dung gehoben würde. Nur ein Wortfechler könnte gegen den
Ausdruck, entzündlicher Zustand, etwas einzuwenden ha-
ben; der acbnlrechten Kategorie des Entznndlit^en Ifige ein wahr-
haft praktischer Begriff zum Grunde.
Wie verhält aich aber die Sacfae in der Wirklicbkeitf —
Sichtbare Entzündungen werden durch ganz verschiedene Mine),
nicht einbildiaeh, sondern' sinnlich erkennbar gehoben: dnrch Blnt-
entziehung, durch Wärme, oder durch Kälte, durch Salpeter, Sal-
miak, Salzsäuren Kalk, Borax, Quecksilber, Eisen, Zink, Blei,
Kupfer, dnrch Säuren, durch Alaun, durch Laugensalse, Kauipher,
aromalische oder narkotische Pflanzensloffe und wer weifs dnrch
welch andere Mittel noch, die mir jetzt gerade nicht einrallen.
Wenn wir nun die zieht- nnd tastbare Kfankheiuform, Ent-
zündung, auf einen inneren unsichtbaren Zustand des Körpers
belieben, den wir den entzündlichen nennen, so iat es ja bai
unmöglich, irgend einen deutlichen praktischen Begriff mit dieseta
Ausdrucke zu verbinden, das heifsi, einen solchen, der das Ver-
hältnifs bezeichnet , in welchem dieser Zustand sa der Heilwirkung
irgend eines Mittels siebet. Mithin ist die scbulrecbte Kategoria
des Inflammatorischen eine blofs gedankenbildliche, die uns bei
Uebung der Kunst auch nicht den mindesten Nutzen schafft und
der wir sehr gnt «nibehren können.
Sage ich hingegen : e> gibt in der Nainr einen unter der Heil-
gewalt des kubischen Salpeters stehenden krankh^ien Zustand des
GesammiOfganismus, so ist dieses nicht, wie der scbulgerecbte in-
flammatoriscbe Zustand, etwas Gedaokenbildliches und Unbrauch-
bares , sondern etwas Wirkliches nnd bei Uebung der Heilkunst
Brauchbares.
Sollten oua aber deaDOoh die Leser meinen, die«« Salpeter-
— W7 —
affektioD des GeummtorgtiniBmna sei mit dem sehnigereehiea in-
flRinDiatorueben ZuiOnde eiae und dia nämliche Kategorie, roeioe
ganze Dialribe Innfe blofa anf aicblige Wonklanberei hinaus; lo
habe ich gegen diese MeinuDg nicht dns mindeste einziiwendea.
Wir kSonen um, denke ich, gar leicht vertragen ; ich behalte mei-
nan prakiiachen Begriff, iind sie ihr inflaniniatMisches Wort, so
sind wir fertig. Indeiu ich meine (leherzeugnng ohne Rückhalt
■nsspreche, tiible Ich nicht die geringste Neignng, meinen AmiSr
genossen etwas zn rauben oder su verdächtigen, dessen sie, nach
ihrer eigenen Meinung und nach der Meinung hochgeachteter Sohrift-
steller, bei Uebuug der Kiinsl nicht enibefaren können.
An die besprochene Frage schliefst sich folgende weit wich-
tigere: gibt es änliche EnlsünduDgen 1 Eine örlliehe Eniiundung
ist ein Urleiden des affizirien Theiles. Ist Fieber mit ihr verbun-
den, >o ist dieses eine blofs oonsensuelle Aufregung des, Gesammt-
organismus und hängt von dem önlichen Leiden als von seiner
Ursache ab. Sie ist also nicht Symptom oder Vorwalten einer Ur-
allektion dea Gesammtorganisnas.
Nach nwiner Beobachtung gibt es viele solcher Sriliohen Eot-
sündungflD io derXalar. Manche Augeneniziindiingen, manche Coi-
■ündongen der Brnsie bei säugenden Weibern, mancfae Fntxündungen
der Drüsen, als der Ohren-, Unterkionladen-, Achsel-, und Leir
atendrüsen sind dieser Art. Ja die Entzündungen in früher krankhaften
inneren Organen, als in der Leber, der Milz und in Lungenknoien,
werden wol in den meislen Fällen echt öriliche sein. Gegen solche
örtliche Entzündungen führt man mit den Universalniitleln direkt
■ichis heilendes aus, weil sie für sich bestehende, nicht von einer
Affekliun des Gesamniiorganismus ahbangende Leiden sind. Da sie
aber bei reizbaren Körpern consensnell den Gesammtorganismus auf-
rühren und lebhaftes Fieber machen, so kann allerdings dieses Fie-
ber anf den enUündelen Theil zurückwirken und die Entzündung
deaselben vermehren. Ja, da die Beobachtung uns gelehrt hat, dafs
die eonsensuellen Affektionen einzelner Organe zu Uraffektionen
auf eine freilieb übel zu erklärende Weise werden können, so ist
es wol eben nicht widersinnig, anzun^men, dafs ein solches Ur-
werden des Consensuellen auch in dem Gesammtorganismus vor-
geben könne und wirklich nicht seilen vorgehe, wiewol ich ange-
be, dafs hier diese Umwandlung weit schwieriger durch Beobach-
tung aiissumittela ist als bei den Organen. Alles wohl erwogen,
möchte es doch wol der Klugheit gemäfs sein, dafs wir die Auf-
geregtheit des Gesammtorganismus durch das geeignete Mittet zu
beschwichtigen und indirekt dadurch die Örtliche Entzündung zu
zertbeilen versw^en. Ich sage, versuchen; denn ob wir letz-
tes wirklich dadurch erreichen können, ist eine Frage, welche ich
nicht unbedingt bejahen utiwhte. Zum wenigsten habe ich oft ge-
-:- 848 —
niig gflMhen, dab anisiindefc Lungenknöien viiter der Behnndlung
reratflndiger Aer/.t«, die doch wol die Aufgeregibeit des GeMmmt-
orgaDisrnng zu betcbwichitgen veniandeo, in Eiicrnog abergingeo,
wodurcb dann Lnngensucbt nod Tod herbeigefäfart warde.
Wollen wir ganx aafrichlig seia, to mSuen wir bektwnen, dab
die achu)rech(e Kunst bis jetzt eben nicht beaonderi künstig inHeilang
iSrtlicher Enfinndnngen ist. Vielleicht kämen wir weiter in dieacM
Punkt, wenn wir örtliche Uebel auch durch örtliche Millel zu faeiiea
Tersuebten, und wenn wir uns Mübe gilben, entweder bessere Mittel
XU finden, oder der bekannten Mittel Heilkräfie grOndlicfaer zn er-
forschen- Da die Srtliche Enizündong innerer Organe nicht selten
schwierig zu erkennen ist, ich aber, indem ich über diesen Gegen-
stand meine Ansichten mitlbeܫ, keine Lust habe, ins Blaue hin-
ein zn sprechen, so wollen wir ans vorläufig an solche Entzün-
dungen ballen , die- wir sehen and tasten k&nnen, nSmIich an die
Eoczüodung der Drüsen, die am gemeinsten in der Praxis toi^
kommt, und an andere sichtbare Dinge. Gegen solche Snliche
Entzündungen werden naph scbulrecblem Tjant Blutegel, erwei-
chende Umschllge, Qneeksilbereinreihnng , oder Quecksilberpfla-
tler angewendet. So war es, da ich zuerst in die Praxis kam,
nnd so ist es auch noch jrtzl. Die jüngeren Chirargi und Medice-
chirurgi, von denen ich mehr «rwariet hatte, spielen noch immer
die alle Leier, deren Ton mir schon lange zuwider gewesen. Ich
habe bei dieser Behandlung die entzündeten Drüsen weit hKußgei'
in Eiterung übergehen als sich zertheilen sehen ; die entstandene
Eiterung war nicht selten ungeregelt, es bildeten sich eher fisin-
löse Geschwüre, als echte Eiierbenlen, weshalb auch wol hier zn
Lande der g«meiae Mann solche Dinger Heiligenwerk nenner;
er glaubt nämlich, die Heiligen können besser darin helfen als
die wandftrztlichfl Kunst. Schon lange habe ich mich bei Örtlichen
Drüsenentzündungen derGalmei-, oder der Zinksalbe bedient, und
gefunden, dafs die Zertbeilung weil häufiger dadurch erreicht wird,
und dafs, wenn diese nicht mehr möglich ist, die Eiterung mit weit
wenigerem Schmerze sich macht, auch eine einfache Beule bildet,
die bernacb, von selbst oder durch das Messer geöffnet, ohne wei-
tere Nachhülfe heileL Die Mutlersalbe fUnguenttim fu*cum) lei-
stet ähnliche Dienste, ich habe mich aber weit mehr jener als die-
ser bedient.
In neuer Zeil, und zu'ar im Jahre 1832 bin ich veranlafst
worden, die Digitalis äufserlicb zu gebrauchen, nnd es scbeioM
mir wol der Mühe werih, meine bis jetzt noch nnrollkommne Er-
fabrungen den Legern milzntheilen. So viel ich weifs, ist dieses
Mittel in unserer Zeit äufserlicb wenig yon den Aerzlen angewen-
det worden. Herr Prof. Dieriach, der, in seinem Bache über die
neuesten Enidecknngen in der Materiu mediee, viel über den in-
nerlichen Gebranoh der tMgiialis Baaaniinen^trageo, hat Wftnig von
dem finfKerlichen nnd das Ist selbst höchst unbedeutend.
Ich bin durch einen Schriftsteller des 17. Jahrhunderts znersl
bewogen wordeo, das Mittel lafserlich tu gebratichen. Unter »i-
nem Rtidel nlier Bächer nSnilich, welches icb iio Jahre 1832 er-
handelt, fand sich eine mir bis dabin unbekannte PharinacopS, die
Pkarmacopoea Bateana, das ist, eine Sammlung von Re-
zepten des englischen Arztes Bafe. Ich kannte diesen Mann wei-
ter nicht, ata dafs ich wufste, er habe seine Erfahrungen zu GUaioni
Bach nber die Rachitis bergegeben und sein Name stehe auf des-
sen Titel bemerkt. Es kam mir ftber vor, eine Rezeptsaminlung,
welche schon vier Auflagen erlebt habe, müsse doch wol eiwaä
Gutes enthalten. Ich aliefs auch wirklich auf manche MerliwiJr-
digkeiten, vorzüglich nahm ein Unguentum digilaht meine Auf-
nierbsamkeii in Anspruch. G. Bäte bereitet es aus Buller und den
gequetschren Blumen. Die Gebrauchsangabe ist sehr aphoristisch
sie lautet: I^o ioeü i^ffeciü »cropAu/osü inungendü. Nil mequale.
Diese Angabe bestimmte mich, der Sache etwas emstlich nachicu-
denken.
Dafs die Digitalis innerlich gebraucht, io mfifsigen, unfeind*
liehen Gaben dem kranken Herzen wundervoll wohlthut, dafs sie
in grSfseren das gesunde Herz krank macht, die Zahl seiner SchlS>
ge verringert und den Rhythmus derselben störet, ist bekannt, aber
daraus folgt nicht, dafs sie heilend auf die Pulsadern einwirkt.
Wenn sie aber auch heilend auf die PuUadersiitmme einwirkte,
so würde doch daraus noch nicht folgen, dafs sie auch heilend anf
die feineren BlutgefSfse, die doch wol bei Entziindungen die Haupt-
rolle spielen, wirken müsse, denn diese feineren GefÜfse scheinen
Gesetzen za gehorchen, die bis jetzt noch wenig bekannt sind.
Von einem Versache llefi sich also mit Besiimmtbeit nichts vor-
hersagen, aufser dafs er gefahrlos sein werde.
Gleich den anderen Tag, da ich diesen Gedanken gefafst, nnd
dip Wichtigkeit und .\6tzlichkeit solcher Versuche erwogen, bat
man mich abends, eine jnnge sllugende Frau zu besuchen. Sie
hatte seit dem vorigen Tage einen sehr schmerzhaft entzündeten
Milchknoten nnd so starkes heibes Fieber, als man es wenig bei
solcher Gelegenheit tu sehen gewohnt ist. Die Heftigkeit des Fie-
bers h8ngt in lolcfaen Ffilien von dem individuellen Grade der Reiz-
barkeit de« Arteriensyitema ab und dl« Zertfaeilung der Entzündung
wird dadurch eben nicht schwieriger. Daft ich durch kubischen
Satpeter den enuQndeten Milchknoien nicht zertheilen würde, wnfs-
te ich wol; Ich gab ihii aber dennoch, denkend, wenn ich dadurch
4u heftige coDsensnelle Fieber auch nur etwas mKfsigen kitnne,
.so sei das doch immer eine nicht «u veraehiende Beihülfe. Auf
de« enuBodeten Knoieo tegle ich einen mit Digital isaalbe beatri-
ebenen Lappen l^einwand. Die SRibe beglaod RUt einem Theile
Extr. Digila/i* und acbi Theilen Ungueml. ccrae. (Man mnb
aber von dieser Salbe, weil anrän^Ncb das Fett stark in die Lein-
wand ziehet, niehrniahls lages etwas Dacbiragen.)
Die \acbt wurde sehr unruhig zugebracht unH der Schmerz in
der Brnsl war grofs, gegen Morgen liefs alles bedeutend nach;
bei meinem Besnebe fand ich die Spanniing'der Rrusi gewifs schon
lim die Hülfte gemindert und das heftige Fieber zu eiuein ganz
gewöhnlichen inngewandeli. Am zweiien Morgen war Knixiindung
und Spannung der Brust verschwunden, der Knoien nur noch un-
bedeutend, das Fieber balte ganz aufgebort. Am driiieo Morgen
safs die junge Frau auf, der Knoieo war zerlbeilt und sie bedurfte
meiner Hülfe nicht weiter.
Ein paar Tage darauf kam der Kutscher eines hiesigen Ein-
wohners zu mir, dafs ich ihm gegen eine geschwollene Parolis
Katb geben mSchie. Die Geschwulst schmerzte ihn sehr, war
hart, und die VerbSrtnng erstreckte sich bis zu den Halswirbeln.
Ein Wundarzt , an den er sich gleich anzüglich gewendet , halle
ihm ein Merkurialpflaster darauf gelegt. Angeblich sollte die Ge-
schwulst durch dieses Pflaster so grofs und hart geworden sein ;
ich denke, sie wurde aber auch ohne dasaelbe wol nicht kleiner
lind weicher geblieben sein. Der Mann war von mittler Gröfse,
straff von Faser, grob von Knochen nnd Muskeln. Da bei diesem
aibleiiflchen Körper das consensiielte Fieber gering war, würde es
thSricht gewesen sein, ihm Arzenei zu geben. Ich liefs ihn blofs
das Vng. digHaii» auf die Geschwulst legen. Am dritten Tage
kam er wieder, mir sein Uebel zu zeigen. Die Yeriindening war
wirklich merkwürdig. Die grofse, harte Geschwulst war so ver-
schwunden , dafa ich jetzt blofs einen daumdicken Slrnng fühlen
konnte, der von dem Procenu mattoideo anfing und sieb in der
Richinng des Siernocfeidomattoidei , unge^br drei Zoll herunter
erstreckte. Der forigeseizie Gebrauch der Oigiialissnlbe hob die-
ses Ueberbleibsel auch in ein paar Tagen.
Gleich darauf wurde ich zu einem Fräulein gerufen, dicurnp-
ter beiden Annen geschwollene und entzündete Driisan hatte. Da
ich in der des rechten Armes schon deutlich Fluktuation fühlte,
so legte ich Uug. cerae mit Cupr- carb. darauf, welches den Anf-
brnch gar bald befördert. Die Geschwulst in der Haken Achsel-
höhle war neuer, hart, die Haut derselben wenig ger&lhet, der
Schmerz mäfsig. Ich legte das üag. digit. darauf, und die Zer-
tbeilung erfolgte so rasch, dafs «io zweiter Besuch, den ich ihr
nach eilicheo Tagen zugedacht hatte, (sie wohnte nfimlich eine
Wegaiundo von hier) ganz üherflii&sig wurde, indem sie mir schnn
— 8&1 —
früher durch eine Freandion für meine aasgez«ldiii«t icbnelle
Hülfe danken liefa. *J
Da ich DOD die irefHiche Wirkung der Digitalis nicht blofs
in den erzuhlien Fällen, sondern auch in mehren anderen gesehen
baue, die ich, um nicht im ausführlich an werden, übergehe, so
wurde ich dreist und bescfalofs, anch Venncbe hei artlichen Eot-
lündangen anderer Organe in machen.
Es kam ein Mann von mittlen Jahren zu mir, der den Abend
vorher eine so schmerzhafie' Enizündnng des linken Auges bekom-
men, daffl er die ganze ^aebt schlaflos zugebracht. Das Ange war
^fsig entzündet und ich koonie wirklich keinen Zusammenhang
zwischen der Heftigkeit des Schmerzes und dem sicblbaren Grade
der Entzündung finden. Ich habe aber mebrmahls in meinem Le-
ben dieses Mibverbältnifs beobachtet, ohne mir es genügend er-
klSren xa können. Uebrigens war das SehTermägen bei dem Man-
ne zwar nicht gekränkt, aber das Licht Bleigerte doch den Schmerz.
Damit aber die Leser nicht denken mSgen, ich habe es mit ei-
nem xSrtlichen, schmerxscheuen Herren zu thun gehabt, so bemerke
ich ihnen, dafs es ein gesunder und ibStiger Mann ans der arbei-
tenden Volksklaase war, von grofser Muskelkraft und von einer
seltenen Ausdauer dieser Kraft. Wenn ein solcher über unerträg-
liche Schmer/.en klagt, so ist das ein ganz anderes Ding, als wenn
ein Weichling diese Klage führt.
Ich liefs zwei Drachmen Digitalis mit sechzehn Unzen Was-
ser zur Hälfte einkochen, die Abkocfanng lanwarm mit Leinwand-
la[ipen auf das geschlossene Auge legen, und Sorge tragen, dafs
der Lappen immer feucht erhalten wurde. In das Auge brachte
ich nichts von dem Dekokt. Es war Abend, da ich diese Anord-
nung machte. Die Nacht wurde sehr schmerzhaft zugebracht, aber
auch nm so genauer meine Verordnung befolgt. Gegen Morgen
stillte sich nach und nach der heftige Schmerz und verschwand
bis Mitlag ganz. Merkwürdig war es, dafs die sichtbare Entzün-
dung, welche mit Verschwinden des Schmerzes merklich abgenom-
men hatte, bei dem fortgesetzten Gebrauche der Digitalis auf dem '
n&mlichen Punkte zwei Tage lang stehen blieb. Sie war jerzt
•) Seit icb ObigM K«iehHsbeD , l*be Ufc ife«eheo , i'h dia Digittlit duixb taa-
f EiDwirkDis asr 41b Daat eise rosenutise Bitiiadeif nnd eioes lUrk
Jockesden AsMeblBs BMbt, der ia kleinea elbMiden PSckeheo betlebet.
Dteiea Somner 1836 lerlbeille ich cIdcd karte d , jcbr verdick li gen , tiemlicb
Sroriaü Rooleo io der Brott einer uUlit «ÜOBenden Frsn. Weil da« Ding nif hl
nebr aeo war, machte «ich die Zertheileiig langiam. Nach drei WD«beo er-
' lekien der Aniiehlas. Aebt Tage w»ren DEIhigy dieiei Ungemach darcb Blei-
waiier la beieiligea. Da ich aber nach gebobaaer EaliSadiiBg die Brut be-
Kblle , had ich dea Rett de» bii dahin ellmUllg vemiaderttp Haoleni gaai
ven«h*BiHUB.
-■"• o-
iiicbti mehr und nicht« wenig;er als eine gant altifiglicbe, leichte
AiigeneotaÜDdung, gegen welche die Leute leiten die Hülfe der
Knnsl sDehen. Licht and Wind varen, ohne eben eigentlichen
Schmers ko veraraachen, dem Auge empKndlich, weshalb derMann
es bedeckte und wieder teitien Geschäften neebging. Mit Tolgen-
dem AMgenwasaer bob ich nun dea Rest der EnizUndung in Kwei
Tagen> Bf Zinei ace/ici gr. Vi Aquae äetl. ^v Aquae amggdaf.
aMor. s.V ^> Md. Er mnfste das Auge oft damit waschen, nnd vier-
mahl tags etwas hineinlaufen lassen.
Dieser Fall brachte mich auf den Gedanken , ob die Aenite,
die Ton arteriellen nnd venSsen Entzündungen sprechen, wol Reclp
haben kftnnten, und ob vielleicht die Digitalis blof^ in der ersten
Art heilsam, in der xweiten Dnm3chtig sei. Es ist immer m8g-
licb, dafs ein solcher Unterschied zwischen den EnisBndungen Statt
findet; allein WO sind die nnterscbeideoden Zeichenf Wollte man
die Lebhaftigkeit der EniioDdang oder die Heftigkeit des Schmer-
zes als Zeichen der arteriellen Enrziindnng ansehen, in der einsig
die Digitalis bülfreich sei, so würde diese Meinung schon gleich
mit dem verleizierBühlten Falle in Widerspruch stehen; denn die
Acfaseldriise des FrSuleins, weiche durch die Dlgitatissalbe über-
raschend schnell zertbeill wnrde, war nur wenig ger9thet nnd nur
mSlirig schmerzhaft. Es sind das gar dunkle Dinge, sie können
gnt sein, wir wollen uns aber nicht dabei aufhalten , sondern lie-
her zu interessanteren GegenstSnden übergehen.
Den 13. Mfirz 1833 wnrde ich zn dem ändert halbjährigen Kin-
de eines hiesigen Bürgers gerufen. Angeblich halte es seil drei
Tagen einen Husten von seltsamem, scharfem Tone gehabt, der
aber, wie ich jetzt selbst hören konnte , der wahre Ton des Croap-
husiens war. In der letiien Nacht batie es sehr starke Beängsti-
gung bekommen , welche die Aeltern hesiimuiet, ärztliche HBlfe zn
suchen. Aus den Reden der Aeltern mufale ich schliefaun, dals die-
se BeSngstigung sich auch schon früher in geringerem Grade ge-
zeigt, besonders am vorigen Tage, dafs man aber nicht eher Ver-
dacht geschöpft, als bis sie an Erstickung gegrensl. Es traf sich
gerade, dafs das Kind bei meinem Besuche einen heftigen Anfall
bekam, ich mich also von dem wirklichen Vorhandensein der^l«-
gina membraHacea sichtlich überzeugen konnte. Es fieberte stark
und hatte eine solclie Athemsnoih, dafs sein aufgetriebenes Gesicht
eine roihe ini) Bläuliche spielende Farbe bekam. Da es die Mat-
ter auf den Armen trug, denn in dem Belle halle es bei dieser
IVoih keine Dauer, sah ich, dafs es den Kopf beständig hinlen-
übvr bog um Luft zu kriegen. Dafs es aber die Krankheit schon
in hohem Grade hatte, schliefse ich nicht sowol nns diesem heftigen
Anfalle, sondern auch noa dem hörbar scharfen Tone des Alhem-
faolens , den es, nie ich bei meinem zweiten abendlichen Besuche
g«nahr wurde, Beltui ftn Schlafe von aicfa gab. Zum weuigsi«u
hab« icb Kiarivr geisbeo, dw, weno sia beim Niichintue Mhliefea,
diesen aobarfea Ton bein Albemholen Dicht haliea, die aber den-
noch durch die Krankheit geiödlel wurden.
Ich Itefs jetzt dem Kinde die ganse Lnflröhre bis zutn Brust-
beine mit Digitnlissalbe belegen, und belastete die iVlutier, den
mit der Salbe bestrichenen Lappen oft aufiufiischen.
Da ich es aber fiir eine GewisHenasache hielt, blofs des Ver:-
suchs wegen keine innerliche Araenei zu verordneni so verordnete
ich dergleichen wirklich;, war aber, da mir abends die Mutter er-
klArle, es sei ganz nnm&glicbi aie dem Kinde betzuhringen , eben
nicht nngebalten darüber; dann nun konnte ich gerade die Heil-
wirkung der Digitalis rein beubachlen, und halte noch obendrein
den Vorthefl, dab die Mutter, die ihr Kind nicht gern missen
wollte, jetzt einzig in der Salbe das Heil suchte, iniihio sorgfäl-
tig darauf achtele, dafs die ganze LuftrSbre bestKndig damit be-
deckt blieb.
Die Wirkung war folgende. Die EnitiobungNanfölle wurden
milder und kamen seltener, nnd mil der Abnahme des Luflrobren-
IAdeus nahm auch das Fieber ah, so dafs nach drei Tagf-n das
Kind wieder geannd war und nich» von diesem Straufse iiberbe-
bteli, als den scharfen Ton heim Husten, jedoch nicht beim Aihem-
holen im Schlafe, üebrigens war der diesen Ton höibar machende
Husten nicht stark und störte die Gesundheit dez Kindes nicht wei-
ter, ist auch hernach -ohne Arzenei von selbst vergangen, wie er
denn überhaupt nur Nebensache beim Croup ist.
Den 2. Juoi 1833 bat mich der hier wirkende Wundarzt Herr
Hamer, den neunjährigen Soho einer Wittwe zu besuchen, der an
der Angitta memirett. genhrlich krank liege. Er, der Wundarzt,
war in der leisten N'acbt ans dem Bette gebolet worden, weil der
Junge einen so gar heftigen, Erstickung drohenden Anfall gehabt; er
hatte ihm Buch Pulver von Calomel vertchriehen, von denen, da
ich hinkam, ein paar verzehrt sein moohlen. Ich fand den Kran-
ken mit schnellem Pnise, ohne grofae Hitze, klagend über Kopf-,
vorzöglieb aber über Halaschmerz. Ich hicfa ihn, mit seinem Fin-
ger den Ort am Halse zeigen, wo es weh ihue. Er zeigte die
Luftröhre. Sein Harn war nicht sehr dunkel von Farbe, aber
trübe, der Dni«t mäfsig, der Ton heim Hasten der unverkennbare
der hantigen Bräune. Da sowol Söhochen aU Mutter zu den halb-
wilden Menachen gehörten, so konnte ich wot über die Entuebung
der Krankheit Fragen an sie richten, aber ihre Antworten hatten
für mich keinen Werth und können auch für die Leser keinen ha-
ben. Ich liefs nun die Luftröhre mit Digitalissalbe belegen, und
verordnete, da mir das Fieber keine SalpeteraHektion des Gesamnit-
organimnua zu sein schien, ein schleimiges Träokchen mit Kupfer-
— 854 —
liakiur. Der Babe aber, der sehr sigenwillig war, wollte die Ar-
zCDei, wegen des angeblich faden Geschmackes derselben, Dicht
nehmen, und was er davon anf dringendes Bitten der Mutter ge-
nommen, kann gar niehl in Betracht kommen. Ich faftd eben kei-
nen Bamf, den Termeinllicb faden Geschmack der Arzenei in ei-
nen prickelnden amzuwandeln , sondern erklärte der Matter: da
ich TorauBsäbB, dafs der Junge an Jeder Araenei etwas aiiszuses-
sen haben wurde, die Zeit zur Hülfe aber in dieser Krankheit
kurz sei, so möge sie nur die Arzenei gans stehen lassen nnd um
Bo viel gewissenhafter die Salbe nach meiner Vorschrift gebrau-
chen. Das geschah denn auch ganz regelmÄfsig, nicht blofs weil
ich dazu ermahnte, sondern weil der Junge selbst nichts dagegen
einzuwenden halte. Die Wirkung der Salbe war wie bei dem
vorigen Kinde. Die Anßlle der Beänggtigang wurden milder, ka-
men seltener, und blieben dann ans, der Schmerz in der Luftröh-
re minderte gleichzeitig nach und nach, bis er ganz verschwand,
und das Fieber hiSrte mit diesem Brtlichen Leiden auf. \acb drei
Tagen war das Uebel gehoben, der scharfe Ton des Hustens blieb
aber, und es schien nicht, dafs die Digilalissi^be auf diese eigene
Affektion, welche wahrscheinlich in der StiiiHnrilse haftet, mer£>
liehen Kinflufs gehabt halte. Ich wollte jelzl versuchen, dnrch
Antimonial-GoldschweFel diese letzte Spur des Uebels zu tilgen.
Die Arzenei war nach Geschmack und das Einnehmen geschah et-
was besser als schlecht. Durch den Husten , der an sich gering
war, wurde schon rar dem genommenen Antlmonial mittel dickli-
cher Schleim ausgeworfen; ob aber anch hSotige Stoffe we^in-
gen, war unraöglich in dieser wilden Wirthscbaft zu erfahren. Da
ich den fBnfien Tag hinkam, war der verzweifelte Junge entsprun-
gen und trieb sich auf der Strafse herum. Ein paar Tage darauf
begegnete er mir; ich liefs ihn willk&rlich anfhusten, uod horte,
dafs er den garstigen Ton noch hatte. [JngelShr vierzehn Tage
nachher stiefs ich noch einmahl auf ihn, er utufsle mir wieder
etwas vorhnsten, und onn war der verdfichtige Ton ganz ver-
■cbwnnden.
Ich bemerke wi dieser Geschichte noch, dafs, ob ich gleich
den Kranken drei Tage zweimahl täglich besncht, ich ihn doch
kein einziges Mahl in dem eigentlichen Anfalle der BeSngsügnng
getroffen habe. Dieses ist aber Zufall und ibut der GtanbwSrdig-
keit der Geschichte keinen Abhrnch. Herr H., der, ob er mir
gleich den Kranken fibergeben , ihn doch aus Nengierde ligli^
besuchte, damit er den Ausgang dieser verrufenen Krankheit bei
der blofs äufserlichen Bebandlnng beobachten luSchte, hat ihn mehr-
mahls in den An^llen gefunden, behauptet aber, keinen so heftigen
weiter gesehen zu haben, als der nSchlHcbe gewesen, wegen dessen
— 855 -
ann ihn hhh dem Bett» geholt. Uamit siimriite auch die AuiwH^e
der Mutler und den Kranken selUt iiberein.
Die Betrachtung, welche ich über dieae zwei KraitkheiisfSlIe
inachen hano, ist kurz. Abgesehen diivon, dafa die \utiir der be-
■prochenen Krankheit verschiedener Art sein kann, ist es mir doch
höchst wahrscheinlich, dafs sie in vielen Fällen eine blofs Örtliche
EnuAndung der Luftröhre ;iei. Wäre si« jederzeit eine in der Luft-
rdhre vorwaltende Affektion des Gesamtuiorganigraus, so MÜrde ea
mir nnerklürlich bleiben, wie die Kinder, sobald der BeSngslignngs-
anfall nur etwas lange ansseizl^-gleieh wieder erirüglich wohl sein
können. Dieses vermein) liehe Wohlsein tSuschl ja noch jetzt die
Unkundigen nnd wird früher, da der Gegenstand aoch nicht so
hSufig besprochen war, auch wol die Aerz4e geiSuscht hat>en. Wenn
ich gleich bis jetzt noch nie gesehen, dafs die Kinder in den gu-
ten Zeiträumen spielten, so waren sie doch unverkennbar wohler,
als sie es hätten sein können , wenn sie an einer Uraffektion des
Gesammiorganismus gelitten. Diese Ueobachlung hat mich schon
längst auf den Gedanken gebracht, man wBrde wol die Heilung
am sichersten erzielen, wenn man das Lnfiröhrenleiden als eine
rein örtliche l^ntzÜndang , nnd das Fieber als ein blefs consen-
«iielles ansähe. Was helfen aber guie Gedanken, wenn man keine
gute Mittel kennet, durch w^che sie können zur Ausführung ge-
bracht werden? Was nutzen Quecksilbereinreibungen und Blutegel
bei einer so schnell verlaufenden Krankheit? — Ich bin in jünge-
ren Jahren wol ein eben so tüchtiger Quecksilberarzi gewesen als
einer meiner jetzigen Zeilgenossen, wiewol ich bekenne, dieses
Allheil weder beim Morbo haemorrhagico maculoto, noch den Lun-
gensilchligen in A^aite m»rtU gegeben zu haben. Ich weifs recht
gilt, dafs bei örilioher Entzündung der Mandeln Qu e ok si I berein rei-
bungen erst den dritten Tag ihre wohlthiliige Wirkung auf die enl-
zündetea Mandeln äufscrn , und weil ich in meiner Jugend selbst,
wie manche junge Leute, oft von dieser Plage heimgesucht wui>
de, weifs ich eben so gnt, dafs ich mir meinen Hals weit grund-
liehet verquickt habe, als die Hälfte der Müller oder Wärterinnen
es den croupkranken Kindern thnn werden; aber gerade die »n
meinem eigenen Halse gemachte Erfahrung bat mieh schon früh
mit grofsem Mifsirauen gegen die angeblich schnelle Heilwirkung
dieser Einreibungen bei der Angina membramacea erfüllet.
Was die Blutegel betrifft, so kann ich eben so wenig den
fibergrofsen und überschnellen Nutzen derselben bei allen Örtlichen
Entzündungen anerkennen, wiewol ich zulasse, dafs sie bei Uebung
der Kunst zu manchen Zwecken nicht blola gut, sondern selbst uo-
enibckrlich und unersetzlich sind.
itv Google
— 856 -
Mit du» beapTocbensn Gvgenstaade isl folgeader guu niibc
verwandt. Wir sehen, dnfi Eiterung gewöhnlich eine Folge der
EnlzündoDg ist, sind darum geneigt xii glHnben« dals ohne diese
keine Eilerbildung geschehen könae. Diese Meinung, die sieh gtu»
unwillkGrlich bei uns Praktikern einschleicht, ist aber nicht gKU
wahr, und die Zweifel, welche man dagegen erhoben, mögen viel-
leicht einen guten Grand haben. leb sehe nur nicht recht mu,
wie man etwas Verständiges über einen .Naturprosefs sagen kann,
der in dem HaargefU'ssjsteme, in dieser geheimsten Werkstatt des
Kttrpera vollbracht wird, von welcher Werkstatt wir nur ein we-
nig mehr als gar, nichts kennen.
Hallen wir uns blob an die Beobachtung, so lehret nns diese
Tolgendes. Es gibt bei allen Entzündungen einen übel zu besiini-
menden, blofs verraathlichen Punkt, wo sie nicht mehr sn serihei-
len siod, sondern in Eiterung übergehen. Merkwürdig ist es, dafs
gerade solnhe Mittel, welche sichtbar und fühlbar der Entzündung .
wehren , bei der unsertheilbaren auch ans besten die Eilening be-
fördern. Das Uitgtieittum Jincmmt die Zink-, oder Gilineisalbe,
der salssanre Kalk bescbwiobtigen mitchtig und sichtbar die Eol-
sündong; ist sie aber nicbt za sertbeilen, so befördern gerade die-
se die Eiterung rascher nod besser, als erwercbende, oder reisen-
de BreiumschlHge, oder dei^leicben Pflaster. Wie das su erklä-
ren ist, weiCs ich wahrhaftig nicht. Einer meiner jüngeren Arats-
genossen, dem ich einst dieses Käthsel zu lösen aufgab, bestätigte
meine Beobachtung dadurch, dafs er sagte, er habe mehrmabU ge-
funden, dafs Bluienutebung durch Egel, bei entzündeten Drüsen
den Uebergang in Eiterung schnell und sichtbar befördere. Da
er aber noch in den besten Jahran war, mitbin noch die jugend-
liche ErklBrangsfertigkeit besafa, welche wir Alten leider mit der
Zeit eingsbüfst haben, so war er flugs der Meinung, gerade Jene
Reobachtnngen sprftchen dafür , dafs ein gewisser mKfsiger Grad
der Entziindang nothwendige Bedingung der Eilerersengnng, und
ein höherer derselben hinderlich sei. Ich liefs das gut sein, den-
kend, mein Kollege, dem Gott einen gesunden Veratand verliehen,
würde schon von selbst 6nden, dafs man aus seiner Annahme Fol-
gerangen, und zwar nicht sophistisch^ sondern ganz ehrlich ver-
slandbaft ableiten könne, welche weder mit seiner eigenen Er-
fahrung, noch mit der, anderer Aente in Einklang zn bringen leiti
möchten.
Da Bun aber die genannten entzüodungswidrigen Mittel bei
nnzertbeilbaren Eotsündongen den Uebergang in Eiterang beföi^
dern und erleicfalern, so schien es mir der Mühe werlh so versu-
chen, ob die Digitalis die nfimliohe Wirkung habe, oder ob sie
vielleicht in dieser Hinsicht nOch mfichiiger sei.
Zuerst machte ich Verauche bei solchen enizundeten Drüaen,
„,,,_„,,,, Google
AHf deren Zsnhellang^, wogen der Daner der Eoiiiindiing, nicht
mehr %n rachnea wsr. Ich sah , dafi «ch hier die Eiiernnf ichnetl
uad vollsiSodig, ja noch schneller, als bei den vor^enannceo Mit-
teln machte. Non sprach mich einst eine NiederlBnderinn an, ihr
Raih gegen eine iKngst verhärtete , seit einiger Zeil schmershafi ge-
wordene , aber nicht sehr ausgedehnte Unterkinn) ad endrCise sn ge-
ben. 8ie halte manche Mitiel angeblich ohne Hülfe gebraucht, und
weil der sehr ertrBgliche Schmen nicht sowol in der Orüxe selbst,
als vielmebr aaf der Kinnlade und im Inneren ie» Mnndes, an
der linken Seite, wo jene Drüse safa, sich fiuf^ierte, so war ihr
die Sache sehe verdichtig, sie tiirchtete nftmlicb,. die Druse sei
krebwnig. Weil ich aber dieser Meinung nicht war, legre ich
Digilalissalbe darauf, damit die Drüse sich entweder dadurch xer-
iheilen, oder in rasche Giienmg übergehen inöchle, Lelxlei ge-
schah wirklich schDell genug, aber nicht ohne Schmerz. Der
Abssefs ftffnete sich von anfsen und fast gleichzeicig in der Mund-
hSble, heilte dann ohne Schwierigkeil, und die Jungfrau war
herzlich froh , so guten Kaufes von dem verdüchiigen Dinge ge-
kommen au sein.
Bald hatte ich Gelegenheit eine VerhUrinng in di r Bauchfeit-
haut KU behandeln. Da ich dieses Uebel Sufoergt seilen gesthen,
es nie selbst geheilet, aber wol gehört, dafs, wenn F^nisiindung
sieb darin erzeuge, diese sehr schwer au serlheilen und mehr chro-
nischer als akuter Art sei, auch eine langweilige F.iierung mache;
so wurde meine Neugierde durch den Fall hesbndem aufgeregt.
Die ganze der Verhärtung vorhergehende Krankheit ausführ-
lich XU erzfthlen, würde jedoch dem Leser wenig Unierhalinng
gewHhren, darum will ich nur das Wichtigste davon ausheben.
Eine jonge Biuerinn , welche den gröfsten Theii ihrer Schwan-
geriehafi an Husten gelitten, gebiert leicht, das Kind stirbt gleich
nach der Gebnri, der alte Husten verschwinilet aber nicht, wie
sie gehoSt, nach der Niederkunft, die Milch wird nicht gewalt-
sam vertrieben , sondern versieget nach und nach , und die Wöcli-
nerinn befindet sich vioh). In der fünften Woche wird sie kränk-
lich und begehrt meinen Beisland.
Ich fand sie in folgenden fjmst&nden. Sie halle leichtes Fie-
ber, welches tfiglich deutliche, fast an Inlermisiiion grentende
Hemiision machie, dieses konnie ich gleich bei meinem ersten
Beanche erkennen, weil ich sie gerade cur Zeit der Remission
sah. Sie hustete viel und warf Schleim aus, klagte über Schmerz
im linken Schenkel, der zwar erträglich war, aber sie doch s um
Gehen unfähig machte, nebenbeigab sie auch an, einen geringen
Schmers in der Unterbau chgegend su haben. Bei Unleraucfanng
des Schenkels, konnte ich nichts krankhaftes durch das Gefühl
entdeckwi, eben so wenig in der Unlerbanchgegendj das Betasten
— 858 —
veniietirie auch i)«n Schment nicht. Ich hielt den Schmers im
Schenkel für eine geriage rheitmaiiBche AltekrioD der Mnskelo;
den in der ün (erbau chg^egend konnte ich aber nicht dafür erken-
nen, weil sich die Fran ohne Beschwerde und Veniiehinng des
Schmeraea im Beile anfrichleWund nmwendete. Da ich ntehrniahU
gesehen, dafa aolche Schmerzen des Unierbatiches späteren bluti-
gen Ansleeriingen aus der Gebärmnlter einige Tage vorhergeben,
so vertnuthele ich, das würde auch hier der Fall sein, und gab
innerlich blofs eine Boraxanflösnug. Den kranken Schenkel Itefü
ich zweimahl li^s mit dem A^ido pyrofigHoio einreiben. Der l^r-
folg dieser Behaodinng war, dafs nach drei Tagen bloiige Aus-
leernng durch die UebSrmnller erfolgte und dafs gleichzeitig der
Schmerz aus dein Bauche verschwand. Der Scbmerz i»i Schenkel
wich der äufserUch angewendeten brenzelichen Holzsäure nach
vier Tagen. Nachdem nun diese zwei Hauptklagpunkte beseitige!
waren, war das eigentliche paroxj'sniirende Fieber allerdings mit
verschwunden, die Frau behauptete, sich wieder wohl ku Tüblen.
Allein der Puls war noch immer etwas gereizi, und ich sah of-
fenbar, dafs sie sich in einem gewissen quinenden Zustande be-
finde, sich, hinsichtlich ihres Wohlseins, seihst lausche. Ihr
Hnsten war jetzt das, was mich am meisten kümmerte , ja ich
fürchtete, dafs die beiden schmerzhaften Uebel, weshalb sie mei-
nen Ralh gesucht, blofs Nebensache gewesen, und dafs ibr jetzi-
ger quinender Zustand von der ergriffenen Lunge abhängen mSeh-
te, denn einem mehre Monate alten Husten ist wenig zu trauen.
Ich gab das ExtractHni Hicolianae rutlicae, und zwar mit au
gutem Erfolge, dafs der Husten bis auf eine Kleinlgkrit gehoben
wurde, nnd die Frau essen, trinken, schlafen und im Hause
herumgehen konnte. Bei alle dem nahm sie aber nicht so an
Fleisch und Kräften zu, als ich erwartete, ihre früher rothe Wan-
gen blühten nicht wieder auf, nnd oh sie gleich im Ifaiise her-
nmging, auch wol in der Wirthschaft etwas schnminelle, so war
doch alles nur halb Werk ; ihrer Bewegung fehlte das Rasche jnn-
gergesunder Leute. Da ihr Puls noch immer ein wenig gereist
war, imd noch ein kleines Restchen des Hustens sich verbültea
halle, so ermahnte ich sie dringend, den Gebrauch des Tabak-
exirakts, welches sie schon f&r überflüssig hielt, so lange fort-
zusetzen, bis auch die leiseste Spur des alten Hustens verschwuii»
den sein würde; denn ich hatte wirklich noch immer den Ver-
dacht, dafs ein verborgener Lungenfehler im Hintergrnnde liege.
Nun gingen ein paar Wochen hin , ohne dafs ich weiter Nach-
richt von ihr bekam, ich konnte also wol sicher sein, dafs alles
gut stehe, denn die Familie war in Betreff der Gesundheit und
des Lebens der jungen Frau nichts weniger als gleichgültig. Ei-
nes Tages kommt der Ehemann tu mir und sagt : seine Frau , weU
— 859 —
che rieh bii dahin wohl befunden nnd noofa wohl be6iide, klug«
seit ein paar Tagen nber eiwas Scbmen in der Unlerbauchgegend;
und aei, wenn lie vom Stuhle aufstehen oder sich im Bette auf-
richten wolle, steif, die Bewegung verursache ihr etwas, aber
geringen Schmerz, diesen fühle sie jedoch weder beim Stehen
□och beim Gehen. Da ich ans diesem Berichte durchaus nichts
anderes macbea konnte, als dafs die Frau an einem kleinen Kheu-
matismns der Bauchmuskeln leide, so sagte ich dem Manne, seine
Frau habe noch genug von dem Acido pyro/ignoto , mit welchem
sie sich den Schmers aus dein Schenkel geschmieret, überbehaU
ten, sie möge solches nur auf den Bauch einreiben, es werde
auch diesen Schmerz wol vertreiben.
Reichlich acht Tage nachher kommt der Mann abermabla lu
mir und bittet mich, seine Frau zu besuchen; sie habe zwar kei-
nen grof:«en Schmerz, aber sie behaupte, der Bauch aei ihr hart
und geschwollen, die Müller, die es uotersuchl, behanpie das
nämliche, beide wissen aber nicht recht, was sie daraus machen
■ollen, weshalb es am besten sein werde, dafaioh persöolichjlie
Sache nntersoche.
Da ich nun die Kranke selbst sah , fand ich gleich , dals die
Fetthaut der ganzen Unierbaucfagegend verhärtet war. Die Mus-
keln konnten an dieser Krankhaftigkeit keinen Aniheil nehmen,
denn sonst hfitteo ditf Verrichtungen derselben weit mehr müssen
ges(5rt sein als sie es durch diese Zellgewebeverhftrtuog waren.
An der linken Seite der Reg, hypogatt. fand ich eine Stelle, in
der ich deuili«;h Fluktuation fühlte, und die auch bei der Berüh-
rung schmerzte.
Ob mir nun gleich die Sache nur halb gefiel, so dachte ich
doch an die Mäglichkeil, dafs die angabliche Langweiligkeit der
Eiterung in verhSrteiem Zellgewebe auch wol- einzig der UnvolU
kommenheit der angewendeten Mittel suzuschreiben sein möchte,
nnd ich boffie, die Digitalis würde balder Hülfe achalTen. Die
ganze verfafirieie Reg.hypogiut. wurde also mitDigiialissalbe belegt.
Drei Tage darauf brachte mir der Mann die Nachricht, die
Stelle, von der ich gesagt, dafs schon Eiter darin alecke, sei
dnrchgegangen. Ich liefs den Gebrauch der DigitaliasaJbs fortsez-
zen, und weiter nichts daran thnn; nach zwei Tagen (absicbilich
nicht früher) ging ich selbst bin, die Sache zu uniersu<;hen. Ich
fand , dafs sich an der bezeicbnelen Stelle ein echter, reiner, run-
der Ahssefs gedffoet hatte, und zwar so geSffnet, dafs das Lo<;h,
nach ungershrer SchKtsiing, über zwei Zoll im Querdurchmesser,
nnd gewifs zwei im senkrechten hatte. F^ war also grofs genug,
nm mich durch das Gesicht überzeugeo zu können, dafs die Eite-
rung hiofs im Zellgewehe zwischen der Haut und den Bauchmuskeln
sitze und die Muskeln selbst nicht ergriffen habe. Uebrigens mochte
— 860 -
ich raiid «II die Oetfbung, weil oder nahe, driickeo od«- alreichen,
ieh rafa nichl, dafs irgend an einer Strlle aucli nur das luindetie von
Kiler lieranaquoll ; wodiircb also gewif« wurde , dafg der Absxelg we-
der XebenhShlen noch GSnge hatte. Weil mir nnn noch iniiaer die
ungeheure Langweiliglteit aol eher Eiterung im Kopfe lag, and ich
überhaupt nicht gern den Wundärxten Abbnich (bue , so sagie
ich der Kreoken: da die Sache etwas langwierig werden köoDe,
mir aber meine übrigen Geschäfte nicht erlauben, selbige lo nnch-
znseheB, wie es nSihig sei, so möge sie sich lieber an einen
Wundargt wenden , ich werde mich schon mit diesem besprechen
und sie deshalb nicht gaw: rerlassen. Dieser Vorschlag wirkt«
«her sehr feindlich auf das Gemfilh der Kranken; aie fing nn xti
weinen, nnd hehauplele', wenn sie einem Wnndanle in die Hunde
falle , werde sie geschniiten und gest^nnden werden , und Gott
möge wissen, wie die Sache ablaufe.
Ich kann nicht gut einen Menschen weinen sehen, und nm
wenigsten eine ariige, junge, nnschnldige Frau, und das war
witklich die kleine Bäuerinn in einem so »elienen Grade, als ich
es' wenig gesehen. Flugs kam mir der Gedanke in den Kopf, ich
k3nne ja der entscblojsenen , rährigen , ausielligen Schwiegermul-
ler das Geschäft der kleinen Chirurgie übertragen. Diese ging
gleich in meinen Vomchlag ein, und ihr erstes Probestuck war,
dafs sie die heranterhangenden , abgestorbenen Hantresle mit drr
Schere abschneiden mufsle, welches begreiflich ohne Schiuerxm
geschah. Da ich dem Manne schon ein altmodisches PÜasler mit-
gegeben , damit ich es bei meinem Besuche sur Hand haben inöcfa-
le, (ich werde von diesem unten mehr sagen) so Uefs ich die
alle Mutter Pfiücksel machen, etwas von dem Pflaster darauf sirei-
ohen und dieses in den Groad des Abszesses bringen, mit dem
Bedeuten, so lange tiglich das hepflasierie Pflücksei su erneuern,
bis der Grund des Abssesses. frisch rotb sei. Sobald sie dieses
sehe, müase sie weiter nichts mehr hineinbringen, aoadem blob
das Loch mit dem auf Leinwand geslricbvnen Pflaster bedecken,
dieses xSglich erneuern, und anfönglich xweimahl ISglich den Ei-
ter auslaufen lassen , ohne weiter daran lu drücken , su streichen,
oder sonst in meistern. Ungefähr sehn Tage, nachdem dieser
Abssels sich geöffnet, SSnete sich auch ein zweiter, etwas klei-
nerer an der rechten Seite des Uoterhaucbes. Die alte Schwie-
genuotier war jetzt schon eine so perfekte WundBrztinn , dtifs sie
es für schülerhaft hielt, mich von der Sache zu benachritdiiigen^
■oodern alle« NSihtge von selbst versah. Auch dieser Abszefs war
ein reiner, runder, ohne NebengKnga, und da ich ihn sah, wnr
er schon im Heilen begriffen. Beide Abszesse sind so gut und
so rasch geheilt, als man dieses bei jeden anderen, die gerade
nicht in verbärietem Zellgewebe ersengt sind, zu sehen genohnt
— Ml —
ist. Die Verblutung iter Bauch feitfaiKt , welche ich iiMiMgeiMst
mit Digiialissalb« behandeln liefs, erweichte lich nach und naehi
besonder* war dipses licfaibar nach dem Anfbniche Ae% iweiten
Abszeaaes. Sie ist auch rein verschwunden, ohne Spuren, als
die Narben der z^^ei Abmegge überautaBsen.
Ich mache lu diearr Geschichte folgende Bemerkungen.
Die Frau, die früher, in der Meinung der Menschen geheilt,
mir noch immer wegen heimlicher Fehler TerdScbiig geschicaen,
fiog nach diesem Siiaufse an, so schnell, so wundervoll aofin-
leben und so kräfiig lu werden, dafs bei mir nicht blofs alle Be-
«orgnifs wegen heimlicher Lungenfehler schwand, sondern daüi
ich inicb auch des Gedankens nicht «rwriireo koonte, die Natur
habe hier in ^er Bauchfetibaut eiae ihrer geheim tn kriliscben Ope-
rationen vollführet. Bestimmt kann ich diesas iwar nicht hehanp-
ten, denn ich gehöre eigentlich nicht an denAeraten, die allent-
halben kritische Ausleerungen au sehen wfihnen, ich Termaihete
aber wirklich hier dergleichen.
Die zweite Bemerkung ist folgende. Zu der Zeil, da der
r.weiie Abszefs fast geheilt nar, bekam diu Frau wieder Milch,
und zwar so, dafs sie die BrSsie, der lK«ligea Spannung wegen,
um den aweiten oder dritten Tag mniste ansiehen lassen. Wie
ist das nun au begreifen* Das Kind war gleich nach der Geburt
gestorben, und die Milch, da icb die Frau in der fiinften Woche
nach der Niederkunft zoerit sah, ganz versiegt. Begreiflich war
luil der eigeniliehfln Krankheit, weshalb man mich gerufeo, mit
dem Mittelanslande der vermeintlichen Genesirag, mit der darauf
folgenden Zellgewebeverhfirtnog, der Bildung und Heiloag der
Absiesse viel Zeit verbracht. Ich habe die Frau in allem sechs-
Biabl besucht. Den ersten Beuch machte ich den 17. April, den
letxten den 1. Juni. Bei diesem fand ich sie «o, dafs ich er-
kISrte, es sei weiter unnBthig, sie au beuneben. Den 10. Juni fBhrta
mich, da ich %u einem anderen Kranken ging, der Weg ihrem
Hanse vorbei, ich sprach bei ihr ein und es war noch von keiner
Wiederkehr der Milchabsonderung die Rede. Also nach dem tt>.
Juni ist erst die Milidi wieder nrschleaen; den Tag, wann dieses
geschehen, habe Ich mir nicht bemerkt, es ibut auch ni(;hu anr
SaQhe. Ich war aber wirklich etwas erstaant , da der Ehemann mir
dieses berichtete und meine Meinung hören wollte, was bei die-
ser seltsamen Erscheinnng sn thun sei. Die ehrlichen Lente hatten
aber schon das beste gelhao, was ich ihnen reiben konnte, sie bat-
len die Brüste von Zeit su Zeit so viel durch Sangen entleeren las-
sen, dafs eben die iBstige Spannung gemindert wurde.
In jener Zeit, . da die Aerzte allenihalben Milchablagernngen
sehen wollten, würden die Abszesse in der erxihlten Geschichte
a»ch wol unter diese Kategorie gebracht sein ; so viel ich «her te-
h«n IcoDfite, «aihielien sie nokt Milcb, woderD ^etandea Eiter,
echt von Farbe und Genicb.
Die Vonchrift zu dem alimodiscben Pflnster, welcfaes maif
che nndera Pflaster und Salben entbehrlicb macbl, welches xwar
nicht in allen Uebeln, bei denRU man Pflasfec gebrauch), hilft,
aber doch gewifi in gar vielen, habe ieb in ((ein Xacfalaue ihm-
ner Aeliern gefunden, i^ war in nieinein Geburisorte , Hamm,
Ilaiiptttadt der Grafachaft Mark, fruber sehr .in Ruf. Ein Feld-
prediger der dortigen Garaisoii balle «a als eine besonders nfits-
liche Heimlicblfeit niiigebracbt nnd die Vorschrift ^anchen Eün-
wobnem, woninler auch nieine Aeliern waren, mitgetheilt, wes-
halb es den Nainmi des Feldpredigerapflasters führte. Vor 40 Jah-
ren habe ich es in die hiesige Apotheke gegeben und «s hat auch
hier vielen Beifall gefunden; es wird unter dem sehr bebalibare«
Namen Wonderpflasier verkauft.
Die Voncbrift lautet also:
Zwei Pfund BanmiJl nnd ein Pfnnd Menaig werden unter be-
siindigem Rühren zur PflaslerconsisleDS gekocht, dann mischt man
iwei Drachmen gebrannten Alaun gani geaan darunter. Jet»
nimmt man dag Gefftfs voni Feuer, und wenn die ersie Hilse der
Masse etwas verflogen ist, setat man sechs Drachmen gepulverten
Bernstein lu und mischt auch dienen Borgßltig dnrch besifindigcs
Rübren. Endlich, wenn die Masse so weit abgekühlt ist, dafs
man, ohne sieb su brennen, die Hand an das GeAfs (»"iogen
kann, setzt man eine halbe Urne Campber zu, deU man vorher
in etwas BauraSi aufgelöaet hat, und giefst das Ganze in kleine
SalblSpfcfaen , welche man gut mit Blase verschliefst. Hier, wo
das Pflaslnr von dem Volke hfiufig in kleinen Ponionan verlangt
wird, gi'efst der Apotheker einen Tfaeil der Masse in Tnfeln und
schneidet diese in Streifen. Die Tafeln müssen aber auch in Blase
gewickelt bewahret werden, denn der Campher verfliegt sonst,
und den kanti man nicht als einen überflüssigen nnd unwirksamen
Bestand (heil ansehen.
Von dem Gebranche des Pflasters will ich nichts sagen, er
findet sich von selbst; es teilet, .wie gesagt, nicht nlles, aber
ea heilet vieles. Blofs meinen jüngeren Amisbrüdern werde ich
einige kleine Vorsichtigkeiten anmerken.
Will man ein nusanberes Geschwür damit heilen, so nrnfs
man es dick «uf die Leinwand alreicben, auch wol, wenn das
Geschwür tief iai, elwaa in die Tiefe legen, damit sich alles gut
reinige und gesundes Fleisch zn Tage komme. So legte ich auch
( wie ers&hlt ist ) der jungen Bäuerin» etwas Pflaater in die IluMe
— 863 —
das AbwcsMs, damit sich dieae ichacll von dem abgeatorl>en«n
Zell^web« reinigen niöchle. — Je naohdem nun aber dieser Zweck
erieicht ist, mafa man das Pflaster immer dünner und dfinner
Rtreichen. lat ea so weit gekommen, dafa sich der Schaden
schliefst, mofs eit gans diinn aurgeirngen werden, und wenn die
Wiederersengting der Haut beginnt, so dünn, däfa die Leinwand
nur eben gelb davon gefÜrbt iai. Nun ist aber noch eine Klei-
nigkeit zu beobacbien. Das Päaater klebt stark; reirsi Hian<es
ins tolle von der sich erzeugenden jungen Haut , ao reifst man
jedesinahl die IIhhi itiit weg, und man könoie auf die Weise wol
bis an den jüngsten Tag einen Schaden bepflastern, ohne au t^ii-
de zu kommen. Um dieses zu vermeiden, inufs man beim Ver-
binden ein zusBinmengelegies Tuch gnt erwärmen und es etwas
aaf das Pflaster halten , dann erweicht sich dieses gleich-, and
man kann ea abnehmen , ohne die junge Haut in Eerreif: en.
Im Anfange meiner Praxis iheilia ich die Vorschrift des Pfla-
sters einem sehr erfahreaen, mir befreandeten Wundärzte mii.
Der bemerkte mir späler: das Fflaater bef&rdere die Heilung un-
reiner Geschwüre gar trefflich; sei die Heilung aber bis zur Haul-
enengung vorgerückt, so paase es nicht mehr.
Mir war das Vorgeben des versiftndigen Mannes ein Rftihsel,
und dieses Rfiibsel wurde mir ein paar Jahre spfiier auf folgende
Weise gelöset. Ein franidaischer Keamter sagte mir einst, ihm
habe der Wundarzt Y* ein Futigeschwür gnt und bald geheilt,
alleis die neu eraengle Haut sei noch an einigen Stellen wund
uod nSsse. Ihm sei ea unbegreiflich, wamm ein Pflaster, welches
das Geschwür so gnt geheilt, nun nicht auch die Haut heile.
Seit vierzehn Tagen habe er sich vergebens bepflastert ; der kleine
Hest seines Uebels bleibe immer auf dem nimlichen Punkte. Da
leb sah. dafs ier genannte Wundarzt das Wunderpflaater , dessen
Vorschrift ich in die hiesige Apoiheke gegeben, zum Heilen des
Geschwürs angewendet, ao begriff ich' bald, woran sich da< Ding
hakte; der Franzo^^e hatte nftmlicfa, -bei dem iHglichen Abziehen
das Pflasters, Stücke der neu erzeugten aarten Epidennia abge-
riasea; und dieae der Epidermia entblSfaten Stellen nSfsten. Ich
erklärte das dem Manne , und weil keine Spur von Eiterung mehr
da war, gab ich ifain den Raih, mit dem möglichst dünn geairi-
cheaen Pflaster die ganze Flficbe des geheilten Geschwürs zu be-
decken , und es darauf liegen zu lassen , bis es von selbst ab-
falle. Da das Pflaster nach einigen Tagen sich von selbst lösele,
waren die nSssenden Stellen voltkuiiimen geschlossen.
In der Krankengeschichte der Büuerinn ist auch noch von der
brensltchen HoIasAure die Rede. Es sei mir erlaubt, von dieser
ein Wort zu sagen.
Ich habe waniir Heil von dem innerlichen Gebrauche deraelr
— 864 —
b«o geavhen » '} aber dar Syb«rliche , bei maneheD Bchmenbafiea
Urteiden der MuBkeln und Nerven , iit doch wahrlich nicht ku
verachten; man kann aolebe Liebe) xuweilen überraBchend «chaell
damit heilen. Kiu paar Monaie vor dem erziblien Falle verlasfie
eine Frau meine Hülfe, welche von einer achwerea, küoetlieli
bewirkten Geburt eine onvollkommene Lähmung der unteren Kx-
Iremil&ten behahen batle, die, wie nicht aelien solche Halblib-
mußgeo mit grolsen Schmer/en der Nerven ver^sellac haftet war.
Der Geburtafaelfer hatte aie verlasaen, weil er entweder keinen
Ruh wufiiie, oder weil die VermSgenganiBlände der Frau nicht
•o waren, dafa er alle Apoihetterbüchsen mit ihr durchproben
konnte. Ich heilte tie in acht Tagen, blofii durch den ftufiierli-
cben Gebrauch der breaslicben Uolulare, welche ich dreinwU
tage id die unteren Exiremilftten einreiben lieb. In dieser Hei-
lung lag auch, wie ich apäter erfahren, der Grund, dafa die
kleine Bliucrinn, welcher selbige bekannt geworden, und welche
irnhiimlich glaubte , ein fthnlicbea Uebel in ihreaa Schenkel mn
haben, durchana nicht voo mir laaseo und aich keinem Wuad-
ame anveilrauea wollte.
Uebrigens kann man durch die brenilicbe Hslia&nre, wenn
man liglieh zwei oder dreimabl Baueh, Bücken und Schenkel da-
mit einreiben läfsl, Wechselfiebar heilen, lu Jahr 1833 bat sie
wir bei mehren Kindern, die am ungeregelten Wechselfieber litten
und denen Araenei Bbel beiEubringen war, ausnehmend gute und
überraschend sebnelle Hülfe geleistet. *') Auch etliche Ej-wacluiene
habe ich damit geheilt, aber sehr bald gefunden , dafs sie im allge-
meinen in der bürgerlichen Praxis nicht anwendbar ist. Bei den
meisten geschiefaet das Einreiben sehr unregelinlifaig and Süchtig,
andere beben einen Abscheu vor dem btenzeliohen Gerüche, noch
andere fürchten, und swar nicht mit Unrecht, dafs sie sieh durch
das Enlblöfsen und durch das Benäasen bei kühler Witterung Hu-
sten, Schnupfen, ja noch ichlimmere Hebel susiefaen, und endlich
bilden, unter der wohlhabenden Klaase, die Weiber, die nette
Hände haben , und die ihren Kindern , oder Müiiem , oder Schwe-
stern , oder Fraundinnea den Liebesdienst des Einreiben« verrich-
*) Gole DlauMa tetitel üe Jedoch in chronftebeB Haltcrbintlltfue , wean üntt
OBanbiraDg eis«* 47Bant*eh«n Urlaldeai der GsUrKatter iit (dicht' aber
wesa or von «iaer leihtiabvn EnlartoDK dar Gokiraiutter , va* Polyp , Ver-
härtnos oder Erehi dcnilbaa atihSagt). Di« Wahrheit £e«er RrfahreDs wird
•albit dgrch die VallLiiage hcilüliget, dafi hart garÜDoherlet RindBeliah dea
Hnltirblolflar) beile. Haa icbabl oder reibet nSmiich , da* geriooberle,
plcbl sekocbte Fleiich la Palver oad sibt davoD den BlntflOMtgea elliohe Mahl
U«* eine« TheelSITal Teil.
"> Im Jahr* 1835 hat« ich bei awei Kiadara die Eiar«ibsar gabi tarrebea*
ten, eine förmlicks Oppoiiiion. 8i« behaupten nfimlieli , ikre Hfln-
da afthen am, als hilitan «ie grüne WaUnuase ^pelll; ja in Hfin-
Mni, wo die Kammerinagd das Einreiban Terrichiei, macht einem
dieae aalbst ein aaures Gesicht. la dan Sieche nhUnsarn haben die
Aerste mit allen diesen Häkeleien nichts au schaffen nnd sie könn-
ten am getaüchlicfasten den Wenb ftiterer Erfahrangen in dieser.
Pankle unteratichen. Bekanntlich hat man früher dnrch den Snfser-
lichen Gebranch Hes harten Scbomsteinrufies, auch des Acetiquer-
ei»i (welcher nnser \Acidum pyro/igmotum war) Wechselfieber
geheilet« Wie leicht wären solche Versuche in einem Hospital
gemacht. Man brancfaie ja nur die Fieberkranken rfigUch in bren-
aelicber Holzaaure baden an lassen, das würde wahrscheinlich
noch besser helfen als blpfsea Einreiben. Abgegeben davon, dnf^
das Mittel an sich nicht ihaoer ist, könnte Ein Bad gar vielen
Fieberkranken dienen, vorausgesetzt, dafs man diese erst in ei-
nem gewöhnlichen Bade ron aller Unsanberkeit reinigte und die-
jenigen absonderte , die vielleicht oebat dem Fieber noch mit
Hauian^chUgen behaftet wären. Der Hanptaweck solcher Unter-
suchung wftre der: ausznmitteln, ob man das Wechselfieber so
dadurch heilen könnle, dafs es, wenn der Geheilte sich der ver-
änderlichen Willenmg ansseizie, nicht wiederkehrte. Dieses wür-
de besonders wichtig für das Militär sein, denn der Soldat kann
ja nicht, wie der Bürger, die feindliche Einwirkung der Witte-
rung vermeiden, und wer einmahl vom Wechsel6eber ergriffen
ist, der wird wol für den Belbjfihrigen Feldzug wenig nnraen.
Bei den hier eingelagerten Truppen habe ich Eum wenigsten be-
merkt, dafa die ans dem Hospital zurückkehrenden gar bald, wenn
sie wieder Dienst ihaien, rückfällig wurden: dieses lag doch
nicht an der Unknnde der Hospitalärzle , sondern an der \ainr
der Krankheit und an der ünvollkommenheit unserer Kunst in die-
sem Punkte. Was ist aber d«r Exerzirdienst in Vergleich sum
FelddienMe !
Mir ist es wahrscheinlich, dafs man durch änfserlicbe Mittel
die Geneigtheit des Organismus %a Rückfällen weit besser heben
wird als dnrch innerliche, jedoch snche ich diese Heilwirkung
nicht in feindlichen, sondern in nnfeindlichen Mitteln, nnd gerade
au letalen gehört die brenaliche HolasHui^. Dafs diese ganz nn-
feindlich wirkt, kann ich bestimmt wissen, weil ich sie bei Kin-
dern gebraucht habe. ")
■) Vom Jabre 1836.
S«il ieb Obigtt fMchrleben , baba icb eio pstr Pill« beobsdtlct, 1b denen
iu Einrcibgn de« Jeiili pgralignati ErttscbieDCD dls Biit wund naeble. Ob
dictri Mittel vencbiedea tat , je nacbdem ea am der einen oder aal der an-
itrta Holzart bereitet wird, kann icb niebt i*(eiii iwsr bab« ieb über dieae
Var*cbie<twibt;t cIwm gelHen , et isnügte nir dieMf ab*r alehl, weil ei
— 886 —
U«brig«t]a bemerke Ich denen , die Lnit haben mftohtep , Ver-
tucbe anziuiellen, dafi da, wo das Fieber früher beataadea«
-Baucbfehler anfgerührt oder nene erzeugt hat, welche gehoben,
oder möglich besch wicht ige i werden muisen, man bei dem äufaer-
Uchen Gehranche der brenzlieben HoIzsSure den grofien , Zeil
ersparenden Vortheil hat, dab man gleichzeitig die auf solche
Bauchorgan leiden geeigneten Heilmittel anwenden kann. Diesen
Vortheil hat man bei dem Gebrauche der Rinde auch wo) in man-
chen Fällen, aber gewift nicht in allen.
•ich Dicht inf •ekeid«kSnillf c Unteriarfanng , loadeni »r Vansalbang grfio-
d«ls.
Von Jahr 184«.
Vor Rdtmib bat nsu SBeh der kiarmäDiiich« Gaii spfaftaseD, iint§ lt«B~
lictiB nad wohlfeile Hiltai eo in vernitcben , difi ei jetit fini nnwirkMoi,
tUo ^BDE inbraDohhar (cewordea. Abgeaeben davon , daCi dta llDechte oineB
ichwfebarea Gerach hat alt daa Bchle , kann man die FalitlinDg - ana foi^a-
den iwel Kerkmahlen eAanaea. Die (eräiiehta HotuKare briianet beiai Eia-
reiba* nicht die Hant, and wenn man aie bis aar vellkMBnaoea Trockenheil
eiarcibt, kovat nicht, wie bei 4er aogerKUehlea , 4er Kreototgerneb za
Tsge. Da ich einen anterer Apotbeker auf die Fälichnng anfnerktaB naelite
(von der ich keioeswefea vermalbete, daf* aie ihm la SehnlJen koDBie) *d
l^ftand «r mir , dafj er acbon lelbat , wegen dea arbwücheren Gernchee , Ver-
daebl getcbVpft ood tu Mittel van vier vencbiedeaeo HaterialiitCD habe koM-
Ben lauan. Leider taa^en die vier Proben, die er mir teigte, Mmmtlicb
niobt , eine äertelban wnr aohwari , all aai ai« siil Diäte gelarbt. Ea ist wol
an erbarmen , data die Aneneian also geralichl werden , aelbit von ffmiro
Kitrie» itl jetit eine nnreine Abart im Handel, ein Natnrenengnir* , welche«
«Bier desi Nanen Cbilitalpeler Tur Sj Greichen da« Pfnad verkanft wird.
itv Google
Zweiter Abschnitt.
K I ■ C M.
BPiegfl« allbekannte und Ifingst gebrauchle Mittel bat, wia
einil der SptefBglaOK und noch Jetzt das Kupfer, seine Zeit ge-
habt, wo es die Aerzie fnr Gift ansahen. *) Im vorigen Jahrhun-
dert noch war es aehr hitzig, und man hielt es deshalb in hitzi-
gen Fiebern , ja wo) io allen Fiebern fiir schädlich. Längst , be-
vor ich die Lehre der GeheimArate ergründet, batla ich mich
schon über manche fabelhafte Meinung hinweggesetzt und es mit
grofsem Nutzen. in solchen Kranlcheiten gebraucht, worin es, nach
der Meinung des dainahligeo Zeitalters, hfitle schädlich sein möa>
sen. Ettmülfer, der den Gebrauch der Metalle, ohne für, oder
wider abzusprechen, nach alten Aerzteo angibt and anch hier die
Paracelsislen nicht ausschliefst, halte mir zoerst manche gfingig«
Meinung rerdächtig gemacht. Nichtsdestoweniger wirkte die Mei-
nung des Zeilaliers, in welcher Ich meine erste Srzillche Bildung
erhielt, so lauberiscb auf meinen Kopf, dafs ich es früher ni«
in akuten Fiebern zu versuchen wagte. Hiniennach ist es mir
unbegreiflich rorgekommen, wie ich das mir so ganz nahe Lie-
gende nicht gesehen.
Wenn man von alten and neneti Sehriftstellera nor so viel
gelesen, als einem ehrlichen Praktiker dieses Zeit and Gelegen-
heit zu ifaun erlaubt, so mufs einem die Menge der Krankbeits-
formen, in dentfn das Eisen soU geholfen haben, schon den Glau-
ben aufdringen, dafs es ein aosgcceichnetes Universal mittel sei.
Wollte ich zum wenigsten nur das, was ich selbst über diesen
Gegenstand gelesen , anführen , so könnte ich schon ein hübsches
') Ptt, ForrtiKt. Obiarvat. Hb. tO p*g. 28 Mgt; Er potu teariae fsrri ae-
eiätt dolQr vi4m«m$ in vtMra et i» capile cum orit at ptUtirlt inflam-
BtaHont! fu»ä «■ ilaUm no» evrelur, guolidit vtlut heetieiu- tetaurnttur,
tt tanätm mmratMO crntuMliit aiorielmr. Und atir der nEmlichcD Seite Dslea :
Dt iguama ftrri ft iibalur , accidit (injuil BtrtrKliutJ dolor et m
vthtmtnt tl diffleili» in »lomotha tt in inttitimil, et guaKdojue flmxi
ttit tuftrjliiit* f itti Kt /»rtmtU* ad if%tnttri*m ftriuemt.
YeneiehDÜi von Krnnkheilsfornien anfertigen : da aber nllrs, waa
ich zu sagen wüfsle, den Cl^lehrten längst bekannt, nnri meinen
pnikliBtiiien Amisbrüdern langweilig und niilzlos sein würde, so
enthalte ich mich lieber solcher Hcbriftstellerischen Faxeniuacherei
und gehe gleich xur Hauptsache »her.
Die Eisenprlparaie, deren ich mich früher bediente, waren
das Feilicht und das schwefelsaure Eisen. Später, da ich -micb
zu der geh ei mSrzI liehen Lehre wandte, waren folgende Präparnie
nHine Waffen.
1)RotheB peroxydirfes Eisen. Ich hahe dieses ans
ulpctersaurem Eisen bereiten Innaen , indem die Salpelersfinre
dnrcb das Feuer davon getrieben wnrde. In der neuen Ausgabe
des Preofsischen A po i bekerb uch es liehet aber eine Bereitung, die
mir besser getällt.
Das rothe parotydirie Eisen, innerlich su zwei Drachmen
tags gebraucht, fürbet nicht, wie andere Eisenpräparate, den
barmkoifa schwarz, sondern braun. Wird dieser bei dem (ie-
branch nar ein vrenlif schwärzlich, so ist in der Bereitung
«Iwas versehen. Wenn die Gallenabsonderung krankhaft ist, die
Galle xm sparsam abgesondert wird, so flirbt dieses Präparat den
Darmkoih nicht braun, sondern er wird vielmehr graulich, and
das rothe Eisen ist nur, und zwar sichtbar, damit vermischt. Es
hat mir auf diese Weise uiehrinahls als Erkennungsmiilel verbor-
gener Fehler des gHlleabsondernden Organs gedient, wslcbe ich
dann nacbgebends durch dienliche Lebermitlei gehoben habe. Oho«
dieses Eisen hftlie ich sie nimmer erkennen können.
Es sprach einst ein büclieriuachender Arzt etwas spöttisch zu
mir Qber das rothe Eisen nnd über dessen vermeintliche Wirkung.
Weil es sich, bei gewöhnlicher niederer Temperalnr, in Säuren
nicht auSSsen läfsl, so glaubte er, es könne nnch, unauflöslich
in den Oarmsäften, unmöglich Heilwirkung haben. Ich liefs ihn
bei seiner Meinung, denn ich konnte ihn ans dem Stegreife nicht
klug machen; za meinen Lesern will ich aber ganz aufrichtig
sprecben. Ibrwifst, werlhe Aiutsbruder!. von dein Wie der Wir-
kung des Eisens auf den kranken Menschenleib nichts, gar nichts.
Nun, ich weifs eben so wenig davon als Ihr; also werden wir
uns darfw halten müssen , was die Augen uns lehren. Ich ver-
sichere Euch, dafs ich nicht ein-, oder zweimahl, sondern of'
genug, um der Unm&glichk«it einer TSnschung sicher zu sein,
gesehen habe, dafs Kranke, die so matt waren, dafs sie sich
nicht mehr ohne Hälfe im Bette anfrichien konnten, sieb den
folgenden Tag, nachdem sie zwei Drachmen rothes Eisen ver-
zehrt hatten, ganz frei und ohne Hülfe im Belle aufsetzten.
2) Kohlensaures Eisen fCrocui martia aperitivuij ist
l)insiehiHch der Mächtigkeit seiner Wirkung jenem übeilcgeo.
Weil et aber in der ira Darmkanal vorLaii ÜHiieii , oilei' hiueiiigs-
brachten Säur« mehr oder minder auflösbar isl und dadurch su-
Bammeaxiebende Eigenschaft bekommt, so wird os zuweilea von
sehr reiibaren Därmen nicht vertragen, denen daa roibe Eiieo
ganz gut bekommt. Letztet verträgt auch der reizbarste Darm-
kanalt
3) Essigsaure Eisentinktur. Diese ist ein mildes Prä-
parat, welches, wenn der Darm kaoal nicht gerade ausgezeichnet
reizbar ist, im Allgemeinen den Menschen recht gut bekommt.
In akuten Fiebern gebe ich es zu einer Unze tags. Diese Unze
mit sieben Unzen Wasser und einer Unze Arabischen (Jummi,
oder einem Skrupel Traganih, in einen Trank gebracht und stQnd-
lich lötl'elweise gereicht, wird von den meisten Krenken nicht
blofs einen Tagj sondern auch auf die Dauer gern genommen.
Die Tinktur, die sich, in unserem jetzigen Preufsischen Düpen-
tatorio findet, taugt nicht zii meinein Geschäft. 8ie hat einen
Zusatz von Essigäther. Dieser Zusatz beweiset auf das bündig-
ste, dafg die Aerzie, welche das Düpematorium gemacht haben,
den wahren Gebrauch des Eisens nicht kennen; kenneten sie die-
sen nämlich, so würden sie gcwufst haben, dafs- unter hundert
Fallen, worin die essigsaure Eisentinktur das beste und das ge-
niächlichsie Heiliuillel ist, sich kaum ein einziger findet, bei dem
der Aelher mit Voriheil gebrauclTt werden kann. Dieser scheint
auch wul ntir des Genichex und des Geschmackes wegen angesetzt
zu sein, denn ohne denselben ist die Tinktur eine sehr herbe
lind saure Brühe.
Die beste Bereitung geschiehel auf dem Wege doppelter Wahl-
verwandtschaft , aiw schwefelMRiirein Eisen und essigsaurem BleL
Die also bereitete findet man in mehren älteren Apoihelcerbüehern
unter dem Namen der Tinct. $atmminae, oder Aw antiphlhitiietit.
Ich habe aber noch in keinem die richtige Bereitung angetroffen.
Will man nach den verschiedenen Vorschriften sie zurichten, so
bekoniml man entweder ein bleiballiges Präparat, oder ein mo-
rastiges Spülicht.
Ich werde also deiu Leser die wahre Bereitung niiitheilen.
Man nimmt sechs Pfund (civil Gewicht) reinen, cryslallisir-
leu Bleizucker und sieben und ein halbes reinen Eisenvitriol. Bei-
de werden, jedes besonders, möglichst fein zeriheilt. Dann in
einem eisernen Gef^fse mit Hülfe eines PisiiHs s« lange anhal-
tend ^arbeitet, bis das Ganze zu einem gleichförmigen Brei ge-
worden. Diese Masse wird nun allmähltg mit dreifsig Pfunden
Weingeist von ^ vermischt und ntSglichst schnell in einen glä-
sernen Kolben gegossen. In diesem wird sie, von Zeit zu Zeit
geschüttelt, einer gelinden vierzehntSgigen Digestion übetlasaen.
Hierauf läfsl man die Tinktur durch ruhiges Stehen sich abklären,
— 870 —
Qod filtrirt rie. Sollt« «ie noch ein« Spar BI«i enthsllen (wel-
ohea nicht leicht möglich iat), ao schafft man.diMes am beaieo
darch etwas Tart. Jerrugtit. weg, von dem man etwa eine Drach-
me in der Flüiaigkeit anfläael and sie dann Ton oenem filtrirt.
Ist nao die Tinktnr von jeder fremden Beimischung frei, so
giefflt man sie in ein Slandgetäfs, worin acht Unzen, noch feuch-
tes, frisch niedergeschlageoes , und nach dem Waschen geprefs-
tes, roihes, volIkommDes Eisenoxyd befindlich sind. (Dieses
Ox^d wird ans dem Liq./erri. muriat. oxydali durch eine Aiiflo-
snng de« filzenden Kali gefallet.) Auf diesem Oxyd bleibt sie
zum mindesten drei Wochao stehen und wird von Zeit zn Zeit
nmgeschütlelt. Dann täfst man sie ruhen, sich ktitren, und sie
ist fertig. Die sinnlichen Eigenschaften derselben sind folgende. Sie
bat, verhSltlich zn allen andern Eisenbereiiangen, einen sehr bd-
genehmen und erquicklichen Geschmack. Hinsichtlich des Geru-
ches ist sie dem Malagawein so ähnlich, dafs Leute, die diesen
kennen, mich gar oft fragen, ob die Arsenei nicht mit Malaga-
wein bereitet sei. Bei der frischbereileten ist dieser Geruch schwach,
verstärkt sich aber, bis zu einem gewissen Grade, mit dem Al-
ter derselben. *)
4) Liquor ferri muriatici oxydati. (Liq. »tj/pticui.j Frü-
her liefs ich diesen nach alter Weise bereiten , seit man ihn aber
in das Preufsische DiajpeHtatorium Bufgenommen, gebrauche ich
diesen nicht, weil er hinsichtlich seiner Wirkung besser ist als
jener (die Wirkung ist vielmehr gleich), sondern weil er etwas
besser schmeckt.
Dieser Liquor ist ohne Zweifel das machtigste von allen Ei-
senbereitungen, aber er verlangt auch beim Gebrauche gewisse
') la dar tns«gebeDea Mens« oder io Doeh (rüfierar nacbl sich di« Tioktar
«n beitcD , mm wenifsteB botier aU in aebr kleiner. Will map lie rccbt
Hcblicb htbeii , lo moni man sia cio balbu Jabf nad ÜHfcr (ttbaa luiea ;
dtrcb di« Zeil nnlergebet lie eine tortbeitbattB VerÜnderaBf , die ieb Hir
slebl gBDi erUSren kaaa, Allardia;« sebeidel aieb du io denalbaa alleafalla
Bocb vorbtoden« icbwareliaar« EUen dsrcb die Zeit e*bi bnvai, slleiii die-
iem Umataade kaoa leb die vorlbeitbarta VerBoderang an detwillea oicbt la-
■cbreibcB , weil maa aaeb iü der tHtcbbereiteleo Tioklnr dat nocb aKenfalla
vorhaadene •ehwefeliaore Biien aenelzea kaaB, obae dadareh die Bämliehe
Llebliehkelt daraalbeD la enielea , welche aia dareh daa Alter erUlt. Viel-
leiebt Tarhilt et ateh nit dieier Tinktur wie mit einem geten Weine , der
•neb dorch die Zeil eine Vera pdernag nalarsehet, welche wir dareh die Kosat
nicht bewirken, ja nicht elanabl beicbleaniEen kSanen. Freilich lehrt «a«
J, R. Claaber, in seinem appendic» generali, dah man dorch lebwerelianrei
rCatron , dem da* RrfitallisaüoDawaMer eatugen , jnDS*<i Wein seiati; ma-
cbaa nad ia der Geichwtadiikalt veradeln küaae ; mieb selüttat aber aiehl,
•inea dnrcb dea Glanberiachen WaaanraasnalaB veredeltes Weis in trisfc««.
— 871 —
Vonichiigkcilen. MsoKhM mit «lt«ii Lekcirlelden veniagen iha
suwei1«n nicht. Den Fraaen bann man ihn nicht knn vor Ein-
tritt des Monallichen geben, man murs acht, ja wol zehn oder
Bwdif Tnge vorher das Einnehiueo ausseUen, will man nicht diesa
Aussonderang stören.
Hinsichllich der Gabe nnifs man auch auf die Reizbarlieit des
Magens and der Därme sehen, sonst bekommt er den Leuten
nicht. Einigen ibnt er gut in kleiuen Gaben, andern in gröfse-
ren, darum ist es sweckmafsig, wo mau grofae Gaben reichen
will, erst mit kleinen anzufangen, dann kann man beim Auf B(ei>
gen die Gabe beibehalten, die dem Kranken am wohlihäligslen
ist. Auch darf man nicht vergessen, dem Kranken ausdrücklich
zu bemerken , data der Liquor in eine halbe Tasse Wasser mufs
getröpfelt werden. Will man aus demselben mit Wasser und Ara-
bischem Gummi einen Trank bereiten, so darf man von diesem
Gummi nicht mehr als zwei Draohmen auf acht Unzen Wasser
nehmen. Der Liquor bat nämlich die Eigenschaft, dafs er den
gj'rupartigen Schleim des* arabischen Gummi mm gallertartigen
umwandelt und ihn noch überdies verdickt; wollte man also einen
Trank von acht Unzen Wasser, einer Unze arabischen Gummi
und 40 oder 60 Tropfen Lt'gmor ferri muriat. oxyd. verschreiben,
so würde die Mischung so dick werden, dafs sie nicht durch den
Hals der Flasche konnte. Das sind gewils Kleiifigkeiten ; ein
Arxi, der solche aber nicht kennt, macht sich in den Angen der
Apotheker lächerlich; darum werden diejenigen meiner Leser,
denen das, was ich gesagt, bekannt ist, mir nicht übel deuten,
dafs ich es auch denen sage, welchen es nicht bekannt ist.
Ich habe den Liquor zuweilen nur einroahl tags »u sechs
Tropfen gegeben, und von dieser einigen täglichen Gabe auf die
Daner sehr woMihälige Wirkiiog geschn. Sonst gebe ich auch vier-
mahl tags sechs Tropfen , und wo ich kräftiger einwirken will, stei-
ge ich täglich um einen Tropfen für die Gabe bis zu zehn, bei wel-
cher zehntropfigeu Gabe ich bis «ur Heilung sieben bleibe, denn
selten ist es nölbig höher zu steigen- In den Fällen , wo ich dieses
aber nöthig tinde, verstärke ich die einzelne Gabe nidit, sondern
laue diese öfterer tags nehmen. Gar zu starke G«beu verursachen
ein seltsames Genihl im Oberbauche, welches dem, worüber die
Ilypochondristen klagen, nicht unähnlich sein mag. Bei andern
bewirken sie flüssigen Stuhlgang, und wieder bei andern eine Auf-
^biasenheit des Bauches, die der Arzt zwar nicht mit Händen ta-
sten kann, der Kranke aber fühlt.
5) Schwefelsaures Eisen (Vitriolum martit). Dieses
habe ich früher viel gehrancht, es aber seit zwanzig Jahren , viel-
leicht mit Unrecht, sehr vernachlässiget. Hinsichtlich der Mäch-
tigkeit seiner Wirkung kommt es dem vorigen Prfiparal ziemlich
— 871 —
nahe, •• hat aber das Uobeqaane, imSt «■ l^eht Ucbelkeit vemr-
«acht, Dod daf> et, aeioe« böaen GBicbmackM wegen, aich aicfat
wol andere all in Pilleoform verordnen läfsl. Wer diete nun schluk-
ken kann, den iat ee gemlehlicb, und sHar gemaofalicfaer als Tro-
pfen und TrSnke; aber bekanntlich findet »an oichl leliea Men-
■chen, die im Pillenicblncken «ehr unbehttlfen sind, denen kaao
man dann das Mittel nicht geben.
Was die Habe betrißi, so habe ich gewöhnlich vier, bis fünf-
rnahl tags einen Gran gegeben; man kann aber wol an acht bis
zehn Bleigen. Gibt man iwei Gran anf eininahl, so macht diese
Gabe manchen Menschen schon Uebelkeit; darum in es am be-
sten, eingrflnige Pillen in Tenehreibea und, je nachdem sie der
Magen rertr>, eine, oder zwei auf eininahl zu reichen.
Alle Eisen prfiparaie > welche mir bekannt sind, haben eine
und die nfimllche Wirkung auf den GeumiDtorganismus ; sie na-
terscheiden sich nur hinsiebilich der Mächtigkeit und Schnelle ih-
rer Wirkang von einander. Den Vonheil und das Hinderliche
von jedem einzelnen kann ich jetzt nicht auslegen, es wird sich
in der Folge dam weit schicklichere Gelegenheil finden.
Seit ich mich zu der geheimärztlichen Lehre gehalten, kommt
es mir, nach einem ungeriihren Ueberschlage , so vor, als seien
Eisenkran kbfiien häufiger gewesen als Salpeterkrankheiien. Sollte
der eine oder andre meiner Leser aus dieser Aeufüerung achlie-
fsen, ich müsse es mit sehr verbasterien, entkrfifielen , der künst-
lichen 8(yrkuDg bediirrtigen Menschenleibern zu ihun gehabt ha-
beo , so bitte ich ihn , vorifiufig sein Unheil ein wenig anfzo-
schieben. Am Ende dieses Abschnittes wollen wir die krankheiia-
lebrige Kategorie der Schwache und die araeneiiniltel lehrige des
Stärkenden etwas nflher beleiichien.
Die Meinang, die man in alteren Schriften ansgesproeben
findet, dafs das Eisen bei ahnten Krankheiten schädlich sei, ist
weiter nichts als eine Meinung, die sich auf die angeblich hitzige
Eigensfifaari des Mitteli stützt. Niemand kann aber beweisen, dafs
es ein« daa Herz und das Ge/üfssyatem aufregende Wirkung bat.
Nor da würde dieses der Fall sein, wo man es irrthümlich in ei-
ner SalpelerafTeklion des G es am mt Organismus gfibe. Gibt man
aber den Salpeter in einer Eisenkrankheit, so kann dieser eben-
falls das Geßfssyatem aufregen.
Ueberhanpt iat der Unterschied zwischen chronischen und aku-
ten Krankheiten ein blofs bncherlicber , die Natur seihst hat hier
keine bestimmte Grenzen gesogen. Wer zuerst diesen Unterschied
in die Medizin eingeführt, weifs ich nicht einmahlj er hatte aber,
meines Erachten), wol etwas Klügeres thun können. K. Sjiren'
gei behauptet A»klepiadtt acbeine zuerst die Eintbeiluag der
Krankheiten in hitzige und langwierige eingeführt, ja sie als
— 873 —
WMsniltch betrachtet zq haben. Et Ut möglich; ich will niclH
dagegen itreiten. Die beweisende Stelle jedoch aus Caeliui Att-
relian*t (iil. 3 pfig. 169 Chron.) ist ein verworrenes ATrikanischea
Gebraii, «ni dem ich nicht klug werden kann.
Wer gegen die Wahrhf^it , dafi das. Eisen ein eben ao schäti-
bares Heilmittel akuter, als chronischer Krankheiten sei, streitet,
der beweiset blofs, dufs sein Wissen ein wahrhaft papierenes
Wissen ist. Das Eisen hat in den akuten Eisenkrankbeiten gerade
die nftmllche beruhigende Wirkuhg auf das Hent und die fühlba-
ren ScblagaderstKniine , als der Salpeter io den Salpel erkrank hei-
len. Dafs es aber nicht geradezu diese Organe beruhiget, son-
dern wahrscheinlich auf indirekte Weise, schlief» ich daraus,
dafs ein gewisser Grad von Besserbefinden gar bald eintritt, und
zwar dem Kranken fühlbar, vor dem Langsamerwerdeo des Pul-
aes. Die Leser werden sich doch wol erinnern , dafs ich das
NSmIiehe vom Salpeter bemerkt habe, and ich wünschte, sie ver-
güfsen es nicht, denn ich werde mich am Ende dieses Kapitels
darauf beliehen.
Die Zeichen, ans denen man eine Eisenaffektion des Gesammi-
organismus erkennen kann, sind, wie die der Salpeiera Sektion,
höchst unsicher; Hitze, voller, schneller Puls beseichnen so gn^
die Eisen- alt die Sulpeterkrankheit. Der rolhe Harn findet sich
aowol bei der einen als hei der andern Krankheiisart. Sichtbare
Entzündungen sind ebenfalls bei beiden ntchis weniger als selten.
- Ein wichtiges Zeichen der Eisenaft'ektion , von dem ich nur
beklage, dafs Ich es nicht als ein beslAndiges angeben kann, ist
der Mangel ao Harnsäure , und mehr noch , die laugensalzige
Eigenschaft des Harns. Wenn das mit schwacher EsaigsHure ge-
rölhete Lackmuspapier, in den Harn geiancht, gleich so blau
wird, wie ea vor der Röihnng war, so kann man wol ziemlich
sicher sein, dafs man es mit einer Eisenaffektion xa thun hat.
Man findet aber oft genug Eisenkrankheiten , bei denen der Harn
das gerSlhei« Lackmaspapier nicht, bläuet, sondern das blaue viel-
mehr r&lhei; milhin ist die laugensalzige Eigenschaft zwar eins
der sichersten Zeichen der Eisenaffekiion , aber die Abwesenheit
desselben spricht noch nicht bestimmt ßr das Michtvorhandensein
der EisesaSeklion.
Ich habe mich Jahre lang mit der Untersuchung des Harns
in dieser Hinsicht beschäfiiget; es schien mir wichiig, auszumit-
teln, ob man auf diese AVeise zu einer sicheren und frühzeiiigen
Erkenntnifa der Eisenaffekiion gelangen könne. Meine Untersu-
chung hat mir zwnr grofsen Nutzen geschafft, aber bei weitem
doch nicht den, welchen ich anfänglich davon erwarteie.
Bei der Untersuchung des Hains mufs man folgende Vorsicht
beobachten. Wird da* geröihet« Lackmuspapter aageobliqklich
— 874 —
bwm Einlaucheo lo hltax , all as wm der K3lhung gawewn , ao
kann man,' wie gaiagt, dar Kiseoaffekiion ii«mlicb sicher Hin;
man mufs sich aber, hat man einen Kranken au behandeln, der
■choD vorher andere Arzenai gebrauch!, wohl erkundignn , ob diese
ArteDei in Kali , Nairon , BiitersaUerde , oder Ammoninra beatan-
deo habe, damit man nicht in eine arge Tituschang falle.
Wird das gerdlhete Lackranipapier beim Eintaneben nicht
gleich basiimmt und schnell blau, sondern erat langsam, oder
vielleicht gar erat, wenn man es trocknet, so ist die ErkennlniCa
Kweifelhaft und man mufs die UnlersuQhung mehrmahla anslellea.
Hier ist aber sa bemerken, dafg, bei gleicher tangenaalsigen Ei-
genschaft, ein dicker Harn, er mag trübe oder klar sein, nicht
so augenblicklich achnell das geröihete Lackmnapapier blanet, als
ein dünner wässeriger. Das mufs also mit in Anschlag gebracht
werden.
Neutraler Harn , der das Lackmuspapier nicht röthet nnd das
gerdlhete nicht blauet, gibt keine sichere Erkenntnifs; man mnfs
in diesem Falle die tJntenuchung mehrmahla wiederholen. Man
kann beule den Harn neutral finden und morgen schwach sauer,
oder schwach langattsalzig , ja die mehrmahlige Untersuchung an
Einem Tage kann verschiedene Ergebnisse zeigen. Diese Wan-
delbarkeit des Harns spricht blofs Tiir einen zweifelhaften Zusiand.
Wenn man aber daraus nicht bestimmt auf Eiaenkrankheit schlie-
fstn kann, so ist doch- die Wahrscbeinlicbkeii weit grdls«r, dafs
man es mit einer Eisen-, als mit einer Salpeierkrankheit zu thita
habe.
Zu der Untersuchung mnfs man vor allen Dingen kein ange-
leimtes Papier gebrauchen, soodern ganz weifses, feines und gni
geleimtes, dieses mit Lackmus nicht dunkelblau, sondern hsllblan
antitreicheD , and das, waa roib sein soll, nur mit gans schwa-
cher Säure rSlhen. Die Untersuchung, die man mit ungeleimtem
Papier anstellt, iai nichts werlh, beaonders bei dunkel gefSrbiem
Harne. Dieser durchdringt gleich das Papier und gibt ihm eine
Mifgfarbe, die nichts unterscheiden läfat. Das an duDkelblane
lälst einen sehr schwachen Gehalt von Harnsäare nur undeuilich
erkennen, nnd das mit zu starker Siure gerStheie zeigt gar übel
einen ganz geringen Grad der Langensalzigkeir. *}
*) lek niiri klar aaf «!■« gnttt TiajebiBB aifmarkt^m machen , la 4it dar
Arat gar lalebt bei CntanachanE de« Biraae fiUeD kann. Garlago Laal« b»-
diaaen lieb der geneinaD irdeaan Haratbpr« , diese TSpfe Dehnen beitaaat-
iich gar bald aiaro aliokeaden Gerncb lo; lai dem verderbendea Harn ent-
wickelt aicb eümlich Ammoaiaai and darebdrioft anf die Daner dai sinie Ge-
iobirr. ieder friieba Hara , der ia einem aolcbea aaiaaberen Topfa geilaa-
den , bianal da« garittbeta Laekmnapapier , kSante alto den Ant leiehl la
einar ang«bliri|es AnweadBng dei Siiaa* varleiMn. Asf da« , waa lab Mar
— 875 —
W«it«r ist eine aicblbare Abnahme der Mgabelkraft , tonderlich
io akntea Krankheiten, ein wahrscheinliches Zeichen, dafs man ed
mil einer Eiaen krank heil zu ihun bat ; Toransgesetsi, dals der Kran-
ke nicht an einer Urgehirnaßeklion, oder an einer iinisr der Heil-
kraft d«a Kupfen stehenden Afieklion desGesammtorganismus leide.
Sowol die eine als die andere kann, eben so gnt als die Eisenaffek-
tioQ, eio Unvermdgen sich im Beite aufiurichien bewirken, wes-
halb man auf die leiste nicht hlindlings aus einem aolchen Zustand
schliefsen darf. Uebrigens findet man an Eisenltrankheit Leidende
genug, die in akuten Krankheilen nicht matter sind als andere,
welche an anderen Krankheiten leiden ; in chronischen Krankheiten
bemerkt man das N&mliehe. Wenn also aus einer hervorstechenden
Mattheit auf Eisenaffektion mit gehöriger ümsicbt zu schUefsen ist,
so kann man doch ans der Abwesenheit dieses Zeichens gar übel das
Michlvorbandenaein der EisenafTektion folgern.
Femer ist es anch wichtig, den Gaumen nnd die ganze Mond-
bähle des Kranken zu untersuchen. Hat der Ciannien und das Gau-
mensegel eine bleiche, fast scbmuUig weifse Farbe, so ist mehr
Wahrscheinlichkeit vorhanden, dafs der Kranke an einer Eisen-,
als ao einer Salpeierafiiektion leide. Sicher ist das Zeichen aber
auch nicht, denn theils findet man es zuweilen bei Kupferaffektion,
tbeils nach Bbersiarken Bluiflüssen , und im letzten Falle bezeichnet
es blofa einen Blutmangel, nicht Eisenaffektion; voransgesetsl, dab
diese nicht schon vor dem Rluiflasse da war und selbst den BluiJlufs
bewirkte, welches ani^ zuweilen sich so verbot. Eisenaffektion
waltet ferner nicht selten in den Mandeln und dem Gaumen unter
der Form der Entzündung vor ; and in diesen Fällen kann hegteif-
Hch der Gaumen auch keine blasse Farbe haben.
Endlich sind schwarze, oder dunkel violette Flecken anf der
Haat, zumahl wenn sie scbarfumschri ebene Grenzen haben und hün-
fig. erscheinen , so anch die schwarze Färbung eines ganzen Gliedes,
welcher letzte Zufall aber selten vorkommt , ziemlich sichere Zei-
chen der Eisenaffektion, und zwar eines höheren Grades derselben.
Blofs blaue Flecken auf dem einen oder dem anderen Gliede bewei-
sen aber nichts; ich haha diese zuweilen, jedoch selten, entstehen
und vergehen sehen, ohne dafs das Befinden dabei getrübt wurde
und oho« dafs Arzenei dabei nSthig war. ")
la^e, mar* man «Übt bloft bei sraea HeMEhen »ckteo, fODdern aacb bei
wablbabendeB LaBdlealcD ; deoD wbü die» tüglicb mil DUasgr ongebeD , ift
ihre Nsu m lolebe Geriiche gewGbot , mitbin knnn ibnen nncb ein iliokesder
Harnlopr oicbt wideriicb «ein.
*) Id leilensn Füllen gaben die na EiMnaETektion Leitiendan gani angerrngl an,
•ie haben in ihrem Hnnde aabaltand ainea aüfaen Getehaaek. LÜTat man
dieae gertilhatea Laekaiwpapier ao Uage in Hnnde halten, hia •• ordentlich
darcfa den Sf eichet bercuohlet iit, «o wird ea lo blaa, ala ea vor dtr Bt>-
- 876 —
So anvollkonimea nun aueh die aogsgebensn Zsichen <l«r Ei-
uoaffektion tiad, lo ist ei doch njJihig, darauf m merken. Ver-
kennt man nfimlich bei aknten Fiebern diesen Znitand in seinem
ersten Entstehen, so kann er in weoig Tagen zu einer solchen Höh»
steigen, dafs das Leben de« Kranken Gefahr läufL Manche der
Fieber, die nan früher Faulfieber oannte, sind weiter nichts als
Ureisenaffeklionen des Gesainmtorganismus. Mir war es in meiner
Jugend schon auffallend und etwas anitöfsig, data ich in den Bü-
chern, die von der speziellen Therapie handeln, keine Zeichen an-
gegeben fand , ans denen ich einen solchen Znsland in der ersten
CnlBiehung erkennen konnte, soodero nur immer solche, welche
die Begleiter und Offenbarer eines spSieren Zeilraumes der Krank-'
heit wai-cn. Die Zufälle, mit denen solche Fieber Bufireten, sind
gewöhnlich die allgemeineo aller Fieber, ja sie k&nnen selbst durch
ein eigenes Gefühl im Epigaairto, durch Uebelkett und durch Uitier-
keit des Mundes den Anschein gastrischer, oder durch pleorilische,
anginöse Zufälle, durch entzündete Augen mit geschwollenen, ei-
leriihDlicheB Schleim absondernden Liederrändern den Anschein sal-
pelrischer Affektionen haben. Wernun mit Brecb- und Laxirmit-
teln läppisch hineinföhn, der kann den Kranken gar bald in Basin-
nungslosigkeit und grofse Schwachheit verfallen «eben. Durchfall
oder Bluifiiisse sind die gewöhnlichen Folgen einer solchen ungehö-
rigen gastrischen Behandlung. Das Blutemiiehen, won auch man-
che ZufSlle verleiten k&onten, ist nicht weniger niifslich. Das Ver-
schwinden schmerzhafter Leiden , welches durch Aderlassen erzielt
ist, wird nur su oft durch die darauf folgende grofse Schwflche des
Kranken , oder wol gar durch dessen nnvermotheten Tod , als ein
bSser, nicht zu verbessernder Mifsgriff des Antes, wo nicht von
diesem selbst, doch von den, zuweilen unbefangenem Freunden
des Kranken erkaani.
Wie nttlfaig wäre es also, dafs wir Bichere Zeichen der ersten
Entsiehung der Eisenaffekiion hätten! Nur sie könnten uns be-
Ihaig (ewaiea. Ick babe aVer eise lo danllicfa ■■■füi^racbnne LtagenMliig-
keil du SpeiebaU aar in islcban Fillea baobaahlat, w* die aurke Laafas-
«aUigkcii dsi Haraea obaediet dig Nainr der Kraokbeit geaöpnd uOaBbarte.
Jeder gtsaade Speichel Jit »chwacb lauar , der Uaugiil dieaer ääar« b«-
wirkl ilan agUau Geicbmaek. Lelztea kano vaa dnrcb TulgaadeD Veraach b«-
weiaeo. Haa veracblacke eiaa NaUvnanflGjaaf and trinke in desi Augeablicke,
wa man lie Tcracblackl hat, ao viel friaehea Waiaer nach, bia das >'atroB
von der Zunge nnd aaa dar (Baaea Maadhühle rein wegseipGIt lal. Haa
wird dana Im Hunds einea ao auften Geiehmaek bekomnen , ala fiabe niaa
Zscker gegeaiao. Begreiflicb iai aber, dafa, weil die S|ieicbelali(oDderuDf
UMarhKrlicb ibrea FoVls*nK hat , drr aSfae Geicbaiack nicht laa;! Meiben
kaan , nad abaa ao be^ilicb iaI vt , daft der abHie Gaacbnack aaiafiglich
ei-acbeiaea ksaa , weas das Natma aicht rein wtsgMfi.lt' w'iri , ieaa dieaea
bal ja kniaea (UiMa GMahwwk, Hodero etaen tehr «alutisBa-
— «rr —
nhigro, in jedem Falle die achnell reriaufeDden Fieber aui dem
ersten Zeiträume gleich in den der Genesung sn führen. Wir ha-
ben aber solche Zeicbeo ninht. — Was ist dabei an thtinl Kön-
nen wir die ewigen Geselse der Natur verftnderni Sollen wir, die
wir all sind. Tön deren FTfahning jüngere Anitsbrüder Belehrung
erwarten, 6ber die Unsicherheit unserer Exkennlnifs ein vieldeuti-
ges Schweigen beobachten nnd so zu Verrftthern an unseren jun-
gen Kollegen werden? Nein! nein! da sei Gott vor. Wer als
praktischer Schriflsieller die- Lücken und Unvoll kommen heilen sei-
ner KnoMt mit deiiiliefaeiu Bewufsiseini aus Eig nliebe nnd Prahl-
hanserei absichtlich verhehlet, der ist, meines Eracblens, . ein gro-
fiter Schelm: wer aber selbst einen solchen bOcherl ich vernagelten
Kopf hat, dnfs er sich einbildet , die aknten Fieber müfsien noib-
wendig gewisse ZeiirKome der Verachlimmernng durchlaufen, dem
k»nn der strengste Sillenrichter weder die Gefahr, in die er durch
seine Anschlage die Kranken stürzt, noch den Tod" derselben zu-
rechnen- Wir schlicht verständige Praktiker, die wir an solche
Mührchcn nicht glauben, schreiben die Verschiimniernng, die xii-
weilen die Fieberkranken bei unserer Behandlung untergehen, der
Un Vollkommenheit der Knust zu, und zwar einer Unvollkommen-
heit, die nicht in der Unweisheit oder \achlAssigkeit der utit nnd
tor uns lebenden schriftstellenden Aerzie, sondern in der Natur
selbst begründe^ ist.
Indem wir um diese Unvollkomraenbeit der Kunst nnd die
UnmSgliehkeit, aelhige zu berichtigen und zu ergSnsen, denilieh
denken, mahnet uns dieses denilieh Gedachte zur Vorsicht bei der
Behandlung akuter Krankheilen. Es wurde wahrlich thBricht sein,
wenn wir, weil wir keine ganz sichere Zeichen der Eisenkraok-
heit haben, die minder sicheren geringschHleen, nnd warten woll-
ten, bis Blutflfisie, tödiliche Scbwfiche, Besinnungslosigkeit, oder
gar schwarze Flecken und Brand uns von einem solchen Znalande
vergewijd Berten. Sind wir auch noch Meister der Krankheit wenn
es so weit gekommen ist I Ich bin es nicht mehr. Freilich habe
ich Menschen aus diesem Zustande wieder zur Gesundheit gebraiHit
und mir als junger Mann darauf etwas eingebildet. Aber schun
dainahia sah ich einen Fall, in welchem die noterscheidenden Zei-
cbeo der znr Zeit herrschenden Fieber (schwarze Flecken^ Blnt-
ffiisse nnd Durchfall) erst erschienen, da die Frau in den leisten
Zügen lag. Mein Hellmuth wurde dadurch ziemlich abgekühlt iin^k
ich ^ihlie lebhaft das Bedürfnifs solcher Zeichen, durch welche ich
frühzeitig die verrSlheriscbe Krank hei laartung erkennen könnte,
Es ist mir aber bis jetzt bei aller Muhe nicht so gnt geworden*
auf dem Wege der Beobaehiiing etwas Sicheres zu entdecken. Dm
wenige, was mir mein Zeitalter in dieser Hinsicht angeboten, bat
sieb mir oichi bewShret ; es liegt aber oicb' im Plane dieses Wer-
— 878 —
keü, die besonderan MeiBingeo und Erfahrungen meiner Zeiig»-
noMen zn beunheilen. In den FSlIen, wo wir hinsicbllich d«r Zei-
ehen von iller Wahrscheinlichkeit rerlasaen liad, ist es am klüg-
sten, sieh mller slark eingreifenden Mittel tuenihalien, das heifal,
solcher, die, im Falle wir es mit einer Eisenkrankheit zu ihun haben
möchten, selbige verschlimmeren würden. Der Verlast von ein paar
Tagen wird keinen solchen Nachtheil bewirken als Brech-, oder
AbfShmngsmitiel, Aderlässen oder Mohnsafi. Freilieh, durch die-
se Mittel kann man recht schocll zar Erkenntnifs der Krankheits-
artung gelangen , allein , diese Schnelle kann aoch dem Kranken
dal Leben kosten.
Man spricht in der Medizin viel Tun der epidemiacben Con-
stitution. Allerdings ist die genaue Erforschung derselben, auf
dem Wege der Beobachtang, sehr nflthig. Haben wir einmabl er^
falst, daia die Torkominenden Krankheiten durcb di« Bank Eiaen-
krankheilen sind, sO ist et eben kein grolses KinuItlOck , in dem
Einzelfalle das Wahre zu treffen. Ehe aber eine solche Consti-
tution durchgedroDgeo Ist, wenn sie erst beginnt, oder wenn sie
noch schwankt, dann mnfi tnan genau aufpassen, will man nicht
MibgriSe ma^en. Was schon filtere Zeicbendenter sagten , man
nSase ans der Vergleichung mebrer Zeichen die Krankheit beur-
iheilen, ist das Klügste, was anch ich raihen kann.
EisenafTekiiun des Geaanim (Organismus gesellet lieh leicht zu
herrschenden Urorganleiden. Geaeisl, eine Krankheit der Leber,
oder des Gehirns sei als reines Uforganleiden eine Zeitlang herr-
schend gewesen, ao kann die Zeit eintreten, dafs Eisen afliaklion
sich mit diesem Organleiden Terbindet. Diese Termischle Krank-
heit heilen wir nur, wenn wir daa Uni veraal mittel, das Eiaen, mit
dem Organheil mittel verbinden. Anf die Vermischung wird man
zuweilen nur einzig durch das Nichiheilwirken des Orgaomittels,
welches vielleicht seit mehren Monaten, und wol Ifinger, ersprieb-
lich gewesen, aufmerksamge macht. Sobald man aiefaet, dafs es die
gewohnte Hülfe versagt, ist es Zeit, genau aufzumerken, ob man
Zeichen gewahret, die anf eine Eiienaffektion bindeuteo. Sind
diese ganz zweifelhaft, so kann man das- Organmittel noch etliche
Tage allein fortgebranchen lassen, nnd wenn man nnr die gering-
ste Vermnthnog hat, dafs das heirscbende Organleiden in seiner
ArWng verindert sein könne, (z. B. dafs eine bis dahin berrachen-
pde Brechnufalebei^crankheit in ein« ScheUkranlleberkrankbeit nn-
gefindert sei) so ist es klug, ein anderes Eigenmitlel auf das ei^
krankte Organ zu versuchen. In der Zeit bessert die Krankheit
entweder, oder die Zeichen der Eisenaff'ektion werden deutlicher,
oder das Nicbtheilwirken der erprobten Organmiltel rechtfertiget
allein den Verauch des Ei senge brau cfaes. Wie oft habe ich bei
Abwesenheit aller Zeichen, blofs durch die Nichtwirkung der Or-
— «7» —
ganheil Hill te) gemahnt, dhs Eisen mit dem betten Erfolge gege-
ben. — Gar tu grofie Vorsicht des Arslei kann dem Kranken
üben so schttdiich werden als gar in grofiie Knhnheit; das wird
den Leser folgender Fall lehren, den ich zur Zeit einer sich rer-
Andernden epidemischen Constitnlion erlebte. Es bauen bis dahin
Gehirnleiden geherrscht, die durch den flüchtigen Stoff des Taba-
kes geheilt wurden. Eisenaffektion war nicht damit verbunden;
der Fall, den ich erzfthlen will, war der erste, in dein sich diese
Ver&nderang und Verniischuag ofTenbane. Ein FrSulein wurde
von der herrschenden -Gehirn krank heil ergriffen; ich gab das Or-
ganheilmiliel , dieses leistete nicht die gewohnte Wirkung. Zei-
chen der Eisenaffektion waren durchaas nicht zu erlfennen, ich
lavirte also, and liefs das Organmiitel fortgehratichen. Nnn ent-
stand Nasenbluten , von dem ich auch anfänglich nicht wissen
konnte, ob es dem jungen, vollsaftigen MHdchen schädlich, oder
aiitslich sein würde. Die xunehmende Heftigkeit desselben, die
Umiidglichkeit, es durch gewöhnliche Miiiel, als durch kalte Um-
schläge, oder durch Einspritzung von Fischleim zu stillen, und die
N'oth wendigkeit, es durch Verstopfen nnd Verbinden der Nase zu
hemmen, lehrte mich nun wol, mit welchem Feinde ich zn kätn-
pfen hatte. Aber dieser Zufall, der mich belehrte, führte aneh das
Fräulein am selben Tage in die Ewigkeit. Die ganze Krankheil
hatte nur sechs Tage gewftfart.
Da ich nnn gesehen, dafs die Vorsicht auch nicht immer zum
Zweck führt, habe ich mir die Frage vorgelegt, was man im Grun-
ds mit einer Unze essigsaurer Eisentinkinr für Schaden anrichten
kSnue? Das Eisen ist ja kein feindliches Mittel, nicht Ralzeit-
kraut, nicht Quecksilber, nicht Brech-, oder Laxirmittel, nicht
Aderiaisen; also kann der unndthige Gebranch desselben bei
weitem den Nachlbeil nicht haben, den das Unterlassen, oder das
ängstliche Au fach isben des nQtbigen haben mols. Wir handlen
mithin am klügsten, wenn wir in Fällen, wo wir von allen Zei-
chen verlassen sind , es nach Art der Scbeidekönstler alt Erkm-
Dungsmiltel gebrauchen.
Eine epideniscbe Conaliluiion rein talpslräichsr Kmnkheitsn
■ah ich bis jetzt noch nicht in eine Constitnlion reiner Eiaenkrank-
heitea sich umwandeln, also kann ich auch ans eigener Erfohntng
nlcbta darüber sagen. Es wird aber das, was ich jetxt gesagt,
auch wol auf eine solche Umwandlung passen.
Nachdem ich nun das Allgemeine voransgeaohickt , will ich
ZD den einzelnen Kraokheitsformen übergehen. Alle, die mir vor-
gdcomaien zind, kann ich aber, will ich nicht blofa Ober das Ei-
Ma ein ganzes Buch schreiben, unmüglich berühren.
Sänferwabosinn. Ich habe nur ein einziges Mahl ge-
sshen, dafi diese Affeklion des GesamnlorganisMus, iio Gebira
von\'al(«ad , onler der Heilgcwalt dei Eiseni siand. D«r Fall ist
wirklich b«merkeDtwertfa, dämm ersähle ich ihn den LeMra.
Sie werden sich noch wol am dem Vorig'en erinnern, dafs ich
einst einem Säufer, bei dem die Affekiton des GeBammlorganta-
mufl in den Dttrmen vom-altele, einen Salpetcrtrank gegeben, dis-,
ser ihm so wohl gethan, dals er ihm den Namen seiner Saufme-
disin beigelegt, und dafi er sich in der Folge desselben, so oft
es nÖthig gewesen, ohne weitere AnfrRge bedient habe.
Die Schwester dieses Gesellen, eine achtbare Bürgerfraa, io
deren Hanse er als Rentner lebte, liefs mich einst bitten, »u ihrem
nnglücklicben Bruder sn kommen; er befinde sich in einem so
traurigem Zustande, dafs er es wol nicht lange mehr machen wer-
de. Ich fand ihn in folgenden UmsiKnden. Sein PnU war fieber-
haft schnell und voll, seine Glieder zitterten bei jeder Bewegung.
Obs Weifsa des Auges war geröihet, die Rinder der Lieder ro.b,
gesuhwellea, und die Drüsen derselben sonderten so reichlich ei-
nen garaligea Schleim ah , dafs es aussah , ■ als seien sie am Ei-
lern. Die Zunge war etwas scfamulEig und Iroekea , der ZnsUnd
seines Kopfes wie der eines Tollkemmen Wahnsinnigen. Er er-
kannte mich awar gleich, sagte aber, er sei nicht krank, bedürfe
keiner Arsenei und werde auch keine nehmen. Uebrigena war sein
Irrsion nicht boshafter, sondern vielmehr lustiger An; die Hans-
lenie hallen auch so viel möglich seinen Willen gethan, damit sie
ihn nicht enfiraen inScbten. Eine Neigung dem BeHe lu enlsprin-
gen konnte man nicht an ihm gewahren; ich denke aber, die sehr
UDStäle Bewegung seiner Glieder wurde ihm- anch wol daa Ent-
springen nnniSglich gemacht haben. Uebrigens war sein Hara
feurig roih, beim Erkalten trübe und seigie schwache Säure. Die
Wärme seines Körpers war wo] siHrker, als die eines Gesunden,
aber doch nicht so, als sie, verhiltlich zn seinen roihen Augen,
seinem vollen, schnellen Pulse nod seinem feurigen Harne hiile
sein können.
Aus dem Berichte seiner Hausleate h'örie ich fiber die Eni-
siehung dieses Zuslandes Folgendes. Er war nach einem mehr-
tägigen Saufanfall in den gewöhnlichen krankhaften, mit Bauch-
schniersen vergesellscfaafteien Zustand verfallen, und hatte dann
seine sogenannte Sanfmedizin aus der Apotheke boten lassen. Ein
dreitägiger Gebranch dieses Salpeterlraaks war aber nutzlos ge-
wesen , deiMi aufser dajs der Erkrankte nicht mehr ober Baneh-
sdimerzen geklagt, war er doeh nach den drei Tagen, bei dem
fongeseizten Gebrauche seiner Medizin, sichtbar elender geworden
und seine Augen hallen sich geröthet. Man halle aber nicht son-
derlich darauf geachtet, sondern ihn ruhig im Bette liegen lassen.
Nun war Irrereden eingetreten, anch das hatte man gut sein las-
sen; da man ihn aber am folgenden Tage in dem beschriebenen,
rermeiadieh hoffnnaploaeD KuiUnde geranifon, hatte man es für
Pflitbi gflbalteo, tlritlicba Hülfe xa sncfaeD.
Der Kfaake war katholiacher Kriai ; für Bein« Erhaltatig moch-
te ich mich gerade nicht verbürgen ; »eine Schwester fragie ange-
legeDiUch, ab es mir möglich sei, ihn so weit wieder zu Verstän-
de zn bringen, dafs er beichten könne. leb Terspracb den Ver-
such SU macliea, seizle aber zngleich die Warnang hinEU, sobald
das Irrereden aufhöre, augenblicklich den Geistlichen an rufen,
denn ich könne oichl venprecben, dafs die Verständigkeit von lan-
ger D^ner sein werde. .
Idi lieb jetzt Umschläge von kaltem Wasser auf den Kopf
legen, (I^s hatte ich nicbt, sonst würde ich dieses vorgezogen ha-
ben ) und empfahl , den Kopf unablässig damit zu külten. Noch
war dieses keine zwei Stunden geachehn, da wurde der Kranke
so verständig, dafs der Priester ihn Beichte hören konnte. Wie
lang oder kurz dieses gewähret, kann ieb nicht sagen; ich weifi
aber wol, dafs, gleich nachdem der Geistliche weggegangen, er wie-
der angefangen hat irre zu reden, und gar bald eben so toll ge-
worden wie vorbin.
Jetzt überlegte ich, wie ich dem närrischen Menschen Arze-
nei beibringen könnte , denn das begriff ich wol , er würde gut-
willig ans einer Arzeneiflascbe nicht löffeln. Am Belle sab ich
Ewei seiner Katneraden zur Wacht sitzen, diese Saufbrüder ersah
ich mir gleich zn Helfern; sie waren auch, wahrscheinlich weil
ihnen meine Anordnung lustig vorkam, ganz willig, mir beizn-
stehn. Ich verschrieb essigsaure Eisentinktur , Üefs diese stünd-
lich, mit Wasser verdünnt, in ein Branntweinglas giefaen, nnd sei-
ne Spiefsgesellen mufsten, als säfsen sie gcmeinscbafilich in einer
Schenke, ihm das Glas zubringen. Das ging nun ganz vortreff-
lich. Wie viel er jedesmah] nahm, konnte man wol so genaa nicht
wissen, das that aber auch nichts zur Sache, es kam blofs darauf
an , dafs er die Taggabe verzehrte. Ich bestimmte diose auf an-
derthalb Unzen, bin auch überzengt, dafs kein Tropfen verschüt-
let ist. Ja seine Kameraden würden ibm wol noch reichlicher xo-
getninken haben, wäre ich nicht so vorsichtig gewesen, jeden Tag
nur die Taggabe aus der Apotheke holen zu lassen.
Diese Arzenei wirkte schon nach dem ersten Tage sichtbar
anf die Augen; die Conjunctlva verlor ihre Höthe, die geschwol-
lenen Angenliederf ander fielen bei, nnd die wie Eiter aussehende
Schleimabsonderung aus den Liederdrnson wurde auffallend minder.
Der dunkel reihe Harn fing an, heller zu werden, die trockne
Zunge wurde feucht. Die Aufregung des Gehirns war minder, ohne
dafs der Verstand eigernJich wiederkehrte.
Nach dem zweiten Tage wurden die Augen ganz normal, der
Ilnrn verlor fast ganz seine Rölhe , der Verstand fing an wiade|-r<
Knkehr«n. Ei erfolgts mitniriBr mehnt3adig«r Schlaf, obne Ah-
berang dea Tminiu beim Erwachen. Ueberhanpt offenbuta lieh
jetsi die Gshirnsiftruag nicht mehr all eigenllicbea Irrtreden, aon-
dem ata Vergafsiichkeit, all ein mähsames Sachen der WSrter.
Nach dem driitea Tage w^ der Vefatand normal, der Pula
nnr noch etvraa gereist, aber nichi mehr voll. Oaa Marke ZiUem
der Glieder war verschwunden , ohne dafa jedoch die Bewegung
deraelben so stSlig geweaen wBre als bei gesunden, mSfiigen Men-
schen, sie war vielmehr ao, wie man sie häufig auch im nüchtern
nen Zustande bei Gewohnheiissäufern su sehen pflegt. Er klagte
jelxt blofs über Schwäche und halte keine Erinnerung des über-
stBodenen Abenteuers.
Ich gab ihm noch drei Tage eine Unxe essigsaure Eisentink*
tnr, and dann bedurfte er meines Beialandea nicht mehr, er war
wieder im eigentlichen Sinne gesifiblet für künftige Trinkatränlae.
Meine Leser sehen leicht ein, dafa dieser Fall, hinaichüich
der Diagnose, durchaus keine Schwierigkeit bade. Da der Kran-
ke schon bei fünf Tage kubischen Salpeter aus eigenem Antriebe
genommen und bei demselben verschlimmert war, ao konole die
Krankheit keine salpeiHache, aio mufsle entweder ein Urgehirn-
leiden, oder eine Kupfer-, oder ein« Eiaenaffekiioa dea Geaamml-
organiamiiB sein. Ffir die eraten zwei Krankbeitasuatände sprachen
keine Griinde der Wahrheit, alao blieb nichta über, als den leis-
ten anzunehmen. Dieae Annahme halte un so mabr Wahrschein-
lichkeit für sich, da mich die Erfahrung gelehrt hatte, data in
chronischen und altuteo Krankheiten roihe Augen, geacbwollene
Lieder, und eiieräboliche Absonderung der Meibom i sehen Drüsen
nicht seilen OiTenbarer einer Eisenaffeklion sind. Dafs ich durch
kalte Umschlüge das Irrereden nur auf kurze Zeit beschwichtigen
konnte, auch nicht mehr von denselben erwartete, hat seinen
gnien Grund, den ich jetzt, ohne auf einen die Leser atSrenden
Abweg iB geratben, nicht aaslegen kann, an einem schicklicheren
Ort« aber mehr davon sagen werde. Denen, die glauben möch-
ten, ich wurde dem Kranken durch fongeaetilen Gebranch der kal-
ten Umachläge weit schneller seinen kranken Kopf gesund gemacht
haben als durch Eisen , dienet Folgendes vorlitufig zur Xachricht.
Da der Kranke nach abgelegter Beichte wieder irre geworden
war, hallen seine Freunde schon, ohne mein Aoraiben, die lalteB
Umschlüge von neuem ihm auf dea Kopf gelegt, glaubend, was
eioniahl geholfen, müsse mich weiter helfen. Ich erklärte ihnen,
sie ihSien mir durch dieaen Versueh einen ^«faen Gefallen, dann
wenn es gleich nach meiner Erfahrung nicht wahrscheinlich sei,
dafs das kalte Wasser jetst die nämliche wobltbätige Wirkung ha-
ben werde als anfänglich, ao könne ich doch auch gerade die Un-
mAglichkeit nicht behaupten. Sie möcbteo «lao «inmabl emsig ver-
meb«n, das MSgltche sn vsrwirklichen. Sie bab«D auch ntm
den Kopf des Kranlceo lo lange nnabliacig gekället, bU ite noh
diirch mehraliindig« fruchtlose Bemühung von der Richtigkeit mei-
ner Ansicht telbat übeneugten.
Dieaei ist der einaige Fall der Art, den ich beobachiet habe.
Er ist aber hinreichend, die Wahrheit eo erhärten , dafs die durch
Milsbranch geistiger Getränke reniraat^t« Affektion iea Geaammt-
Organismus nicht immer gleich geartet sei , niihio auch nicht immer
durch einerlei Mittel könne beseitiget werden.
Dem, der da glaobeu möchte, ich würde durch Mohnsaft
schneller aum Zweck gekommen sein, raihe ich, dieses in einem
Sholichen Fall« selbst m versuchen. Ich versuche es nicht, denn
ich weifs recht gut, dafa der Mohnsafi bei Eisenaffektion des Ge-
sammiorganiamus weit eher schSdlicb als nötztich ist Wenn es
■ns gelingt, dnrch selbigen das sinnlich erkennbare Vorwallen
dieser Affekiion au mBfsigen, oder gans anfznheben (welcher Er-
folg aber in vielen FXUen wo) sehr sweifelhaft sein möchte), so
heben wir dadurch doch nicht die Affektion des Gesammtorganis-
mus selbst, ond die ist ja hinreichend, einen Menschen za tödten.
A ngeneDtzündDUg, Ea mag vielleicht manchem Leser
anfiallend genesen sein, dafs ich in der vorigen Geschicbie RSthe
der Augen und Geschwulst der Lieder als ein vermuihliches Zei-
chen der Eisenatfeklion angegeben habe. Diesen bemerke ich,
dafs Entzündung derAogen, sonderlich die, welche mit geschwol-
lenen Liedern gepaaret ist, gar nicht selten Zufall einer Eisenaffek-
lioo des Gesamratorganismus ist. Achtel man hierauf bei Uebung der
Kunst nicht, will man zolebe Entzöndungen mit ableitenden Laxan-
len , mit Quecksilber und mit allerlei guten Salben und Wassern
behandlen, so kommt man nicht zum Zweck, ja stiftet zuweilen
mehr Schaden als \uizen.
Wenn Eisenaffektion herrschend ist» kommen solche Angeo-
entzündungeo oft vor. Da hier einst vermischte Gehirnkrankhei-
ten, aus einer Eisenaffektion des Gesammtorganismns und einem
Urgehirnleiden zusammengeaetat, landgKDgtg waren, welche ich im
vorigen Kapitel beschrieben, heilte ich sehr scfamerzhafie Angen-
ebtzündangen durch einen Trank aus essigsaorem Eisen und Siecb-
apfeliinktur überraschend schnell. Auch aufser solcher Zeit habe
ich oft genug chronische, sehr bös aussehende Entzündung derLie-
darrander blofs dnrch den innerlichen Gebrancb des Liq.ferrimu-
riat oxyd. geheilt. Ist aber eine solche Liederentsündung ein Erb-
st&ck und obendrein schon eingewunelt, so mag sie ein anderer
heilen, ich kann es nicht.
Angina, ..Diese .Krankheilsform lehrt uns sichtbar, dafs daa
Eisen die Entsündung eben so gut hebt als Salpeter, dafs also
Entzündung blolz Symptom eines Krankheitsznatandes des Gesammt-
- 884 —
orgRüismaH iir, der gnti* verschieden kann geartet lein. Blnteet-
zi^ung lau^t bei einer durch Eisen heilburen Angina nicht; wer
sie und andre sogennnnie entziindiingtwidrige Milt«! fmchiloi an-
gewendet, den Kranken schliiiinier werden, ja wol gar Merben rie-
bet, und >ich damit tröstet, er habe sein Bestes geihan, die Bös-
artigkeit der Anginn sei ein/ig Ursache des Todes, dem beneide
ich wahrlich seinen starken Glauben; bekenne aber gern, dafs ich
mir denselben nie habe aneignen können.
Ute chronische Eniziindiing der Mandeln, des Gaoroens nnd
Schlundes ist ein sehr lustiges Uehel. Httufig ist es aber Symptom
einer Eisenkrankheit, nnd man heilt es am besten darch den Liq,
ferri muriat. oxydati. Man miifs aber vorher alles wohl nnter-
suchen, ehe man mit dem Eisen hineinfahrt. Ich habe mebmiahls
gesehn, dafs Banchrollblfitigkeit dieses chronische üebel bewirkte,
es durch Blolenileerungea aus dem After und durch den Gebrauch
des Schwefels nnd Glaubersalzes gehoben. Ein einmahliges An-
wenden der Egel hilft aber seilen, man mufs öfter dasu greifen.
Man kann auch Ffille iretten, dafs bei einer Eisenafteklion
der liiq. ferri mmriat. oxyd. , wegen krankhafter Beizturkeit der
DSrme, keine Anwendbarkeit findet. Hier mufs man an milderen
Eiaenmiileln greifen, die freilich etwas langsamer wirken.
Es fragte mich einsj ein Mann nm Rath , der gegen sein Hals-
übel schon die Kunst zweier guten Aerzie in Anspruch genommen.
Der erste haue ihm zwar viel Arzenei vorschrieben, aber Uin doch
im Allgemeinen ganz unfeindlich behandelt. Der zweite hatte ver-
sucht, durch den anhaltenden Gebranch der Laxirmiltel das Dabei
za beben; es war aber «her schlimmer als besser geworden. Die
DArmedieses Mannes waren nun durch den anhaltenden Gebranch der
Laxirmiltel so krankhaft reizbar gemacht, dafs ieb gor nicht daran
denken durfte, ihm den tjiq. ferri mttriat. oxyd. zu geben, er ver-
trug nicht einmahl das essigsaare Eisen. Das kohlensaure, und
dieses nur zn 15 Gran tags, war für diese Därme das pafslii^Bte
PrSparat. Er genas dadurch, aber langsamer als er durch stärke-
re Prfiparaia würde genesen sein. Jedoch, da er schon in der Ge-
dald durch meine Amtsbriider trefflich geübt war, so machte er
auch keine sehr hohe Foderung an meine Kunst, er verlangte blofa
geheilt zn werden nnd gelTÖBtete sieb gern der langsamen Hei-
lang.
Nun werde ich, meiaer jüngeren Amtsbriider wegen, noch an
eine Kleinigkeit eiinners. Gesetzt, wir faStten jemand durch Eisan
von der chi-oniscben Halsentzündang befreit und derselbe Mann
kSme mit dem nämlichen üebel nach zwei oder drei Jahren ab«r-
mshls zu uns, so müssen wir uns sehr hüten, 8elt{i^es, ohne vor.
hergebende Untersuchung, giilgiftubig für Ei'senaffeklion zu hallen.
Die Kranken sind in solchen FttUen selbst überzeugt, dafs Sie an
d«iB nKmlioheD Uebel leiden, ja sie würden h wol eidlidi etliär-
ten. Der Glaube des Kranken kann aber nicht die Natur der
Krankheil bealimmen; darum müssen wir selbst gut zasehen, wenn
wir uns nicht täuschen wollen. — Einst kam ein Gelehrter und
kluger Mann zu mir, damit ich ihn von einer chronischen Ilals-
entzüadung befreien möchte. Er halle von einem versiandigen und
kenntnifsreichen Arzte viel Arzenei vergebens gebraucht, leb hielt
das (Jebel für eine Eisenaffeklion des Gesammiorganismus und be-
freite ihn durch Liq. ferri 'mur. o^ryd. in vierzehn Tagen davon.
Nacb zwei Jahren kam er mit dem njinilicbeo Uebel abermahls zu
mir, nnd sagte, da er das Kezept der Tropfen , die ihm vor zwei
Jahren so gut geholfen, aufbewahrt gehabt, so habe er bei dem
abermahligen Erscheinen der Entzündung gleich wieder seine Zu-
flucht zu jenen Tropfen genommen. Ganz unerklärbar sei es, dafs
jetzt ein Tierzehntägiger Gebranch derselben sein Uebel uiobi blof^t
nicht gehoben, sondern es nicht einmahl um etwas gemindert ha-
be. Mein Augenmerk war nun auf seinen Bauch gerichtet; aus
der Crfragiing konnte ich nichts anders machen, als dals aeiu
Darrakanal voll Süure stecke. Da ich nun längst durch eigene Er-
fahrung wufste, dafs SSure im Darmkanal nicht selten einzige Ur-
sacherinn chronischer Halsentzündung ist, so verordnete ich eine
sänrewidrigo Difit; diese und etliche Unzen Natron waren hinrei-
chend, das verrurene Uebel zu beseitigen.
Scharlachfieber. Dieses ist, wie ich es kennen gelernt,
eine in der Haut und im Schlünde sichtbar vorwaltende Afl'ekiion
des GuBammtorganismus. Im Jahre 1831 zeigte es sich in meh-
ren Hänsern hiesiger Stadt, ohne sich gerade zu verbreiten. Da
ich aber die Möglichkeit einer starken Verbreitung voraussetzte, so
gab ich mir gleich Mühe, die Art desselben zii erforschen. Dreien
gab iah Salpeter, sah aber, dafü die Krankheit, ohne sich an das
Univenale zu kehren, ihren Verlauf hielt. Schon dieses würde
mir die Uekerzeugung gegeben halien, dafs das Fieber nicht sal-
petrischer Art sei, wenn mir auch nicht ein vierter f'nll , A«a ich
gleichzeitig behandelte, diese Ceberzeugung , zwar nicht durch ei-
nen tÖdtlichen Ausgang, aber duch durch sehr frruidariigp, beun-
ruhigende ZufaUe aufgedrungen halte. Den fulgendi-u Kranken
gab ich nun das e«aigHaure Eiuen , und es gehorte wahrlich, kein
Verstand, sondern nur ein gesundes Auge dazu, um sich zu iibei-
zengen, dafs das Eisen das ricbiige Ileilmitiel war.
Die Wirkung desselben kann ich kurz beschreiben, nenn ich
sage: sie war gerade so, tvie die des kubischen Salpeters bei dem
Salpeterscharlach. Wurde ich gleich im ersten Zeiträume früh-
seitig gerufen, so konnte ich die Krankheit in eine nnbedeutcnde
umwandeln, dem Ausschlage zwar nicht ganz zuvorkommen, aber
ihn doch sehr mild und den schtm vorhandenen stitlsiändig ma~
eben. Die HBlaeotsnndung ^horchte anch jatxt «beo bo ateher
dem Eiafia ala frähn dem Salpeter.
Spliier gerufen , konnte ieh die Krankheit begreiflich nicht
rückgängig, aber wol stillBlfindig machen. Ich würde also, wollte
icb viel darfiber ichreiben , nur das wiederholen müssen , was ich
früher von der Wirlmng des kabischen Salpeters bei dem Salpeier-
scbarlach gesagt habe.
Eins aber muls ich, hinsichiticb der Untersnchnng der Natar
eine/ Holchen Krankheit, bemerken. Wenn man, ron allen Zei-
chen verlassen, wie es mir damahia ging, den kubischen Salpeter
als Erkennungsmitiel gibt, und man siehet nach der Anwendung
desselben kein Siillstefaen, sondern ein Fortschreiten der Krank-
heit, so hat man es bestimmt mit keiner Salpeterkrankheit lu thim.
Es bleibt .dann kein anderer Aasweg, als das Eisen versuchsweise
zu gebrauchen. Gewagt ist im Grunde nichts dabei; denn wenn
die AffektioQ des Gesammiorganismus nicht unter der Fleilgewalt
des Salpeters stehet, mufs sie unter der des Eisens, oder unter der
des Kupfers stehen. Letzte beide Krankheiiszustftnde sind nun
zwar verschiedene, aber doch nicht enigegengesetzle. Hätte man
es also mit einer Kupferkrankheit zu thun, so wGrde man durch
Eisen zwar nicht heilen, aber doch auch nicht direkt schaden, mit-
hin brauclit man sich in solchen Fällen auch nicht gar zu ängst-
lich den Kopf zu zerbrechen.
Es verstehet sich aber von selbst, dafs in allen den Fällen,
wo nur irgend ein Zeichen das Vorhandensein der einen oder der
anderen Krankheitsartung wahrscheinlich üiacht, wir als Verstan-
desmenschen uns zuerst nach dieser Wahrscheinlichkeit richten.
Täuscht uns diese, so bleibt nns nichts anders über, als durch
Reagentia medica xur Erkennlnifs zu gelangen.
Glofiti». Diese Krankheilsform, die überbanpt selten vor-
kommt, habe icb nur ein einziges Mahl als Eisenkrankbeit be-
obachtet, und zwar zn einer Zeit, wo Eisenaffeklioo des Gesammi-
organismus epidemisch war, bald in diesem bald in Jenem Organe
vorwaltend, verschiedenartige Krankheiisformen bildete. Hinsicht-
lich der Form war diese Eisen glossitis der Salpelerglossitia ganz
ähnlich, sie heilte auch wie diese.
Geschwollene und entzündete Unterkinnladen- nnd Untemm-
gendrüsen, die als Symptom eines akuten Fiebers erscheinen , ha-
be ich mebrmabls zu einer solchen Zeit durch Eisen trefflich sar-
iheilt. Ich denke, etliche sehr lästige und ekelhafte Fälle dieser
Krank hei ts form, die ich in früherer Zeit beobachtete, und sie dft-
mabls, weil ich den Gebrauch des Eisens noch nicht kannte, durch
die Terra Cateciu heilte, werden auch wol eine in jenen DrSten
vonndtsade EUsnaffektioa iem QeswiunlorgBDuiiuiB gtwescD sein ;
un wenigsten spricht der im vorigen Kapitel erzählte Fall , der
bei loliphlogistiicber Behandlung- t5dtlich ablief, für diese Mei-
■UBg.
Husten. Der daroh Eisen heilbare hat gewöhnlich das An-
sehen' eines gemeinen Katarrhal hnsiens. Er weicht aber nicht den
Langenmittelu, woninler ich, wie die Leser schon wissen, das
Antimonium mitbegreife. Durch Aderlässen und antiphlogistische
Mittel wird er leicht in Lungensnchi amgawandelt , und das um
so viel leichter je KUer er schon ist und je mehr Anlage nir
Schwindsucht der davon ergriffene Körper hat.
Pleuriti: Diese Krankheilsform ist hSufig eine in den
Lungen, Rippenfelle und Zwischeorippenrauskelo vorwaltende Ei-
senaffektion des Gesammiorgiinismus. Sie verträgt das Aderlässen
und die antiphlogistische Behandlung sehr übel. Ein Aderlafs
kann allerdings den Schmerz wegschaffen , aber der Kranke wird
nicht besser dadurch, sondern stirbt gar leicht. Zuweilen ver-
trKgt er einen Aderlafs, aber der swette tödtel ihn. Zuweilen
stirbt er eines raschen Todes, nHchdem er sich kurz vorher sehr
erschöpft gefiibh, oder er fltngt an, irre zn reden, und das ver-
raeintlieh entzündliche Fieber wird znni typhösen. Im letzten Fal-
le kann der Arzt noch helfen, wenn er es versiebet, Mifsgriffe
wieder gut zu machen. Im ersten Falle kann er sich blofs trö-
Bieo, dafa er es mit einer l^eurilü maligna zu thun gehabt.
Sjfden&am sagt (-Praj;. med. pag. 310,J.- P^ncula de eo di-
cam, quad om»ium are trittitiimum eal, plenreiin »eilicet qmando-
que itu malignam reperiri, ut per e»« UHHOa phlebotomiam ferre
netcüit, la/tea» totiei repetilam, quotie» hie morbm communiler
depotcit. Mir scheint aber, es ist eben nicht sonderlich tranrig,
dafs die Natur solche Krankheiten machf, sondern das wahrhaft
Traurige bei der Sache ist, dafs die Aerzie so dumm sein konn-
ten , zu glauben , die \alur niiiese sich nach ihren albernen pa-
piemen Büchern richten. Das hat sie zn SgdeiikamM Zeh nicht
geiban, und, so viel ich die Eigenheit meiner allen Freundinn
kenne, ihut sie es auch noch nicht. Darum habe ich immer, ob-
gleich Kleinslftdter , Rittersittlichkeit genug gehabt, mich in ihre,
freilich mitunter etwas unbequemen Launen zu schicken. Sie hat
nun die Mucken, eine Kran kheits form, welche den büchermaohen-
den Aerzten Pteuriti» zn nennen beliebt hat, zn gewissen Zeiten
als Offenbarung einer Ureisenaffektion des Gesammtorganismus in
die Welt xn senden. Siait also mit den Aerzien des siebzehnten
Jabrhanderis die Dunkelheit dieser Offenbarung nls etwas höchst
Tratiriges zu beklagen and xu beseufsen, wird es wol weit klüger
sein, za ßbarlegen , ob und wie wir die N'ator dieier Plsurit» er-
kennen können ')
Das Wichiigsie ist, dnfg man licfa alle aoaologiacb« FornMi
ganz aus dem Kopfe schlägt und iinnter die Natur der zur Zeit
herrschenden Krankheiten genau ergründet. Aeufserst belehrend
sind solche, bei denen sich das ergriffene Organ mit Angen er-
kennen Ififiit, dann folgen solche Fieber, die ohne ausgezeichnete
Slftrnng eines einzelnen Organs auftreten. Werden wir gewahr,
dafs einzelne, oben angegebene Zeichen der EisenafTekiion sich
einstellen, oder sehen wir, verlassen von allen Zeichen, dafs in
vermeintlichen und scheinbaren Salpeterkrankheiten der kubische
Salpeter die gewohnte Wirkung nicht leistet, so haben wir da-
durch die Vermulhung, dab eine Bsenkrankbeit vorhanden sei.
Ileichen wir nun Eisen, so hat dieses eine so schnelle Wirkung,
dafs wir bei solchen Krankheiten, wo das Organ, in dem die Af-
fektion des Gesammtorganismus als £nt:£Ünd<ing vorwallet, sicht-
bar ist, uns uninSglich täuschen können. Die Angina totuillarit
z. B., diese gemeine Krankheitsfonn , ist weit wichtiger als man-
che Aerale denken mSchien. Hier sehe ich mit meinen leiblichen
Augen die Wirkung der gegebenen Mittel, also ist Täuschung un-
möglieb. Die akuten Fieber, die ohne besondere schmenbafte
Affektion eines Organs auftreten, eigenen sich auch weit besser
dazu, in Ermangelung aller Zeichen, durch unfeindliche Erken-
nungsmittel ihre Artung ku ergründen, als solche, bei denen die
Affekiion des Gesammtorganismus in einem unsichtbaren Or;gan,
schmerzhaft die Verrichtung dieses Organs störend, vornaltel. In
*) Joanrnn Wierm , Ltilxril d«i Benogi vna Cleve . hit atne Plearette be-
■cbriebes {Obiere. Üb, I. ie epidtmiea piiuritlie, Peripntumamia alfa*
Angina petlt/eHli) , die 1^76 hier im LtDde giibemcht, niil die, lo viel-ich
sie (HS dir Beschreibung b«srtbeileii ksDD , EiienifTektian du GcibbudIoi^-
nismDi gewesen lein mofs, welche bei eioigen liraalcen im Halse, bei indera
in der Brnd vorgewaltet. Ich scblicrse du daraai , weil er lisiiaiiplet , *\t
mit (Snerlicliea Miltela i;lücl(Iii:b behandett za hibea. Van den iwei gewSbs-
lieben Hüirea bei der Angina, Aderluaen nnd Laxlrmittel, lagl er FolgeadM:
t/ant altiaat ad precedemäi aiodum in euralion» mttAadica, ebtertaliemm tili-
tial I purgaUantt ei vtnae »telionel p/ui daatni qua» uUlitalit Btgrit alüt-
liur. — Von der Pleureaie tagt er: Cum in erdiaaria pleuritide cottiuitnm
tit, ante omnia rrnam incidrrt MallUBifue tanguiirit detroAert, que tangni%
iBßitatmatai veluti radix hujut meli, una caia aliit praeter natural* Inmaribnt
imminai, et nfflaxat tt lalere »umtnoreri et derltarl pottit, in hte («■>««
peilileali merbo evMIrarimm futt obtenatum, tidtlictt langmiitii mittimiam
ralde perniciBiam faiite, opud roi praetertim, qui emit tattt languiaeia ex-
reratbant, jaod proeal dubio bine factam ett, quia per eeaar ticUomm ve-
nenum va/de fail agilalum , adeoque spiritui sllalet aiagit fatrlni diitipati.
rl laitgaii a venens mttgii concuuut et iaftrta* fuerit. — leb boffe, neiaBn
Leiern wird Wirrat ErklÜrang, warain du AJerli)«en bei jeD«rFlenr«tie «e-
tchadel, dtnttlcber «ein nli mir.
,,,, Google
leisten l'^eberti müuan wir immer besorgen, dafa durcb Mifikpn-
nen der Arliing; der Affeklion des GeBHiiiniiarganismua das vor-
wallend ergriffene Organ in Eiterung übergehen kunne, welcher
Besorgnifa wir bei jenen einfacheren Fieberforinen überhoben
sind.
Wenn wir auf die Weise alle vorkommende Krankheiten und
die Heilwirkung der Mittel auf selbige genau beobachien, so wer-
den wir, vorausgeseUt, dafs wir nicht das sogenannte Behandeln
mit dem Heilen verwechseln, gar bald gewahr werden, ob jene
unbekannten atniosphäriacben , tellurischen, siderischen Einflüsse,
die das bewirken, was wir epidemische Conatitation nennen, die
Leiber der Menschen zu Eiaenkrankheiten geneigt machen. Se-
hen wir das, so werden wir auch bei vorkommender Plenresi« dem
Kranken nicht tSppisch mit der Lansetle /.u Leibe gehn, sondern
nns wohlweislich erinnern, dafs diese Krankheit mit aelteoen Aus-
nahmen, sieb immer nach der epidemischen Constitution richtet.
Damit ich es aber nicht mache, wie manche ältere Heraus-
geber Römischer Scbrifisleller znm Gebrauche der Schulen, die
leichtverständliche Stellen in Noten ausführlich erklärten, wirk-
lich schwierige Siellen aber übergingen und den nnglücklichen
Schüler im Stiche liefsen; so trage ich kein Bedenken, auch das
Schwierigste zur Sprache zu bringen.
1) Gesetzt, die epidemische Constiiuiian verKndere so, dafs
sie Ei Seekrankheiten erzeuge, so mufs doch Ein Mensch der erste
sein , bei dein sich dieses offenbaret. Es ist blofs Zufall , dafs dem
Praktiker zuerst Halsentzündungen und einfache Fieber vorkom-
men, bei denen er die Natur der veränderten Krankheit gemäch-
lich ergründen kann; es ist möglich, dafs die Eis«naffeklion des
Gesammtorganismus sich bei dem ersten Kranken als Pleuresie
äufsert. Ein solcher Fall kann so sein, dafs es wegen Mangel
aller Zeichen bar unmöglich ist, die N'alur der Krankheit zu er-
kennen. Haben wir uns überzeugt, dafs die Pleuresie nicht, con-
sensuellw Art, von Bauch- oder Gehirnleiden abhänge, so liegt
es wol in der Natur der Sache, dafs wir kubischen Salpeter rei-
chen. Das Nichtheilwirken dieses mächtigen Mittels kann nns hier
einzig die Wahrscheinlichkeit gehen, dafs wir es mit einer Eisen-
afl'ektion zu thun haben , nnd wenn der Kranke nicht gerade zum
Tode reif ist, wird ihm ein dreitägiger Salpetergebrauch anch eben
das Leben nicht kosten. Hier hat der Arzt, bei dem Mangel al-
ler für Eisenaffekliou sprechenden Zeichen, gar keine Wahl; er
mufa also als Verstandesmensch das Mittel reichen, welches er
bei ähnlicher Krankbeitsform hülfreich befunden.
■ 2) Wie siebet es nun aber aus, wenn sich bei dem ersfea
Kranken zweifelhafte Zeichen einer Eisenaffeklion äufsernt z. B.
wenn bei einem hohen Grade des ■cbuiershaftea Bruslletdeni der
-.oylc
Ham Dicht roth, sondern, von der norniaUn Farbe wenig abwvi-
chend, ■au«', oder wenn er dnnkelroih nnd neniral iait Hier kapn
man Eisen, oder Salpeter, beide als Eritennan^uiiuel gebntu^eD.
Die Vortiieile und Naclilheile des einen und des andern sind fol-
gende.
Salpeter. Von diesem werden wir, wenn die onericennbare
Eisenaffeklion nicht scbon etoeo hohen Grad erreicht hat, keinen
sichtbaren Nachlheil in ein |«ar Tagen spOren, anch wird das
Bruslleiden nicht minder dadurch. Wir sehen hier weit eher ein
scheinbares Stillstehn, als ein Verscblimmeni der Krankheit. Höch-
stens kann der Kranke sich matter fahlen, auch wol sichtbar an
Muskelkrfifien abnehmen. Ueberhaiipt wird er nie das woblthäii-
gB QefÜhl Ton dam Salpetergebrauche in seiaeni Korper spüren,
das er hei echten Salpeterkrankheiien spürt.
Das Bedenklichste bei diesem Erkennnngsmitlel ist die Mög-
lichkeit, dafs pISlilich eintretende Blutung den Kranken in Lebens-
gefahr sliirzt. Solche Fftlle gehören aber schon zu den Ausnah-
men von der Regel.
Der kubische Salpeter hat vor dem Aderlässen den groÜien
Voneng als Erkennunga mittel, dafs ar das symptoraaiiache Brustlei-
den nicht mindert nnd. uns gerade dndurch sagt,' er sei in dem
Falle nicht Heilmittel. Das Aderlassen hingegen kann uns, als
Erkennungsmiüel gebraacht, in die grSfste Tfiuschnng siürsea;
denn es beschwichtiget, oder hehl, wo nicht in allen, doch in vie-
len FAllen das schmerzhafte Bmstleiden in Eisenkrankheiien noch
schneller als in Salpeterkrankheiien. Diesem Scbraerzsiillen ist
aber leider nicht viel au tränen, la der Folg« werde ich Ober
diesen Gegenstand ansfiihrlicber sprechen , jetzt wurde ich mich
dadurch zu weit von der Hauptsache enlfernen.
Eisen. Ist die sweifelbafte Pleoresie aalpetrischec Art, so
werden wir auf den Gebrauch des esaigsanren Eisens innerhalb
24 Stunden, ja noch wol früher, Verschlimmerung des ganzen Be-
Bndens und des Bnisileidens sehen. Wir gelangen durch diese
Verschliuimernng zur Erkenntnifa, können gleich einen anderen
Weg einschlagen und den kubischen Salpeter in reichlicher Gabe
anwenden. — Kann aber das Eisen, auf die Weise als F.rken-
nnngsmittel gebraucht, nicht auch den lödtlichen Ausgang der Krank-
heit befördern! — Freilich, wenn wir trotz der sichtbaren Ver-
schlimmerung den Gelt|;nnGb desselben forlsetzen wollten, so wür-
den wir die Salpelerafifektion so steigern, dafs das Organ, in wel-
chem sie vorwaltete, vereitern mülsle. Aber ein solch unsinniger
und hartnäckiger Gebrauch einer Arzenei in Füllen, wo deren
nachiheilige Wirkung gleich anfftnglich zu erkennen ist, würde ja
mit der auf die Heilwirkung der Mittel basirten Lehre der alten
Geheimirzte in einem ganz grellen Widerspruche slebn. Nur vor-
— 891 —
^fafsl« Melnnog, die idcb anf eine blofa TenoeiMliebe und pban-
loBtiiche Kenntnib des belebteo Menichenleibea und der Wirkungs-
art der Mittel gründet, ksui den Ant nt solcbem widersinnigen
Araeneigebraucbe verleiien, wie ans denn dissee die Geschichte
der Medizin leider znr Genüge lehrt.
Der Voriheil des Eisens als Erkenn ungsmiltel bestehet also
darin, dafs wir dnrcb selbiges, ohne das Leben des Kraulten anßi
Spiel sa setzen, lar Erkenninifs gelangen könnea. •
Sein möglicher Nachtfaeil ist nnerheblich.
Oer Voriheil des kubischen Salpeters bestehet darin:
Dafs er ans nicbt dnrch Beschwichtigung des Brustleidens
täuscht.
Dafs wir dnreh sein blofses Xichtbeilwirken znr Erkennlnilii
gelangen können.
Sein möglieher Nachtheil bestehet darin :
Dals wir wol drei Tage nüthig haben, um durch das blofse
Nicblhell wirken snr Erkenntniis xu gelangen.
Dals die unerkannte Eisenaffektion, ohne sichtbare allnifthlige
Verschlimmerung, sich plBizlich durch geföhiHche BlutSüsse und
andere gefShrliche ZitRille offenbaren kann.
Wenn ich also den Vonheil nnd Naohtbeil, den beide Arzeneien
als Erkennungsmiliel haben, unparteiisch gegen einander abwflge,
to mufa mein schlichter Verstand dem Eisen den Vorzug geben.
3) Jetzt stelle ich noch die allerschwierigste Frage auf: wenn
wir zu einer solchen sweifelbaflen Pieuresie erst den fünften, oder
sechsten Tag gerufen werden, was ist dann zn thuni —
Darauf antworte ich Folgendes. Bai einer so weit verlaufenen
Krankheit ist es höchst nnwahrscheinlich , dafs sich nicht sollten
Zufölle eingestellt haben, welche für die eine, oder die andere Art
der Affektion des Gesammlorganismus sprSehen. Entweder hat
der Kranke Hülfe gesneht, oder er bat sie nicht gesucht. Im er-
sten Falle ist ihm gewöhnlich schon znr Ader gelassen, nnd wir
werden ans den Folgen dieses Heilversuchet sehen, wie es mit
ihn bestellt ist. Ist die Krankheit wirklich Eisenaffektion, so
wird entweder die Beschaffenheit des Harns, oder die Verminde-
rung der Kritfte , oder ein eigener, lanmeliger Znsiand des Kopfes,
oder ein nicht erleichternder Blutflnfs (gewöhnlich aas der Nase),
«der ein damischer Blick der £lan«a Augen uns die Art der Krank-
heit verraihen.
In FAlIen, wo weder Aderlassen, noch Laxirmitfel, noch andere
AntiphlogUtica gebraucht sind, ist es allerdings möglich, dafs die
Natur der Krankheit noch zweifelhaft bleibt, flier mnfs man, hin-
sicbilich des Gebrauches der Erkennungsmiliel, gerade so verfafa-
reo, als sei die Krankheit noch neu. — Wäre aber eiamahl die
Krankheit salpetrischer Art, wurde nicht das Eisen, welche« anfSng-
lieh als Erkennungutniitpl gefuhi-loif baue geg«ljen vterAen käonrii,
j«ut, im späteren Zeiträume dia BrasitDlstintlmig xar Vereiieruiij^
bringen, und würde jetzt dar Probemiliigriff so gemScblich wie-
der gilt zu machen aein^ Maine Meinung ist darüber folgende.
Line Pleuresie, die wirklich eine in den Lungen vorwaltemle
Salpeteraffektion des Gesamnitorganismus iat, wird, werden wir
erst den fünften oder gar den sechsten Tag zu Hülfe gerufen, nicht
mehr xpriheilt, sondern gehet in Kiierung über, mithin haben wir
nns hinsichtlich dieses Punktes den Kopf nicht sonderlich zu zer-
brechen.
Wäre aber die Pleuresie eine Ei aenk rankheit , so würde der
kubische Salpeter in diesem späteren Zeitraum« auch nicht ein so
ganz unschuldiges Mittel sein; er kann, wo nidit dem Brustlei-
den, doch der ganzen Krankheit eine etwas unheiiulicbe Wen-
dung geben. Ein Aderlafs aber kann in diesem spSten Zeiträume
den Tod schneller herbeiführen als dem Arue lieb sein möchte.
Ich erinnere mich, dafs. Indem ich einst (vor vielen Jahren)
mit einer spaiierenreitenden Edelfirau auf der Lattdatrafse sprach,
ein aller MedtcocMrurgu» des Weges sog. Er kam von einem
seit etlichen Tagen an der Pleuresie krank liegenden Pächier der
f^eirrau. Auf ihre Frage, wie es dem Kranken gehe, iniworteie
er, ein Aderlnfs habe denselben gleich von seinem Brustleiden be-
freiet und sein Zustand sei weiter nicht bedenklich. Einige Tage
darauf traf ich die Frau abermahls nnd sie sagte unwillig zu mir:
können i^ie sich etwas so Tolles denken! Sie haben selbst f^ebori,
dafs der Alte behauptete, der Bauer befinde «ich nach dem Ader-
lassen besser, er sei in keinem bedenklichen Zustande, und — da
ich nach Hause komme, linde ich schon den Boihen, der mir den
Tod desselben bekannt macht.
Das ist eine verzweifelte Geschichte, wenhe Leser! nnd doch,
wer kann den Arzt tadeln, der nach seiner besten Ueberzeugung
bandelt! Ich nicht, denn ich kenne zu gut die Klemme, worin
man zuweilen bei Uebung der Kunst ger&th, nnd liabe auch kei-
nen Belang dabei, sie meinen jüngeren Lesern zu verhehlen.
Ich habe so eben gesagt, eine Pleuresie, welche wirklich ei-
ne in den Longen vorwaltende Ursalpeteraffeklion des Gesamml-
Organismus sei, lasse sich, wenn wir erat den fünften, oder gar
den sechsten Tag zu helfen aufgefodert würden, nicht mehr zer-
iheilen. Dieses könnte meinen Lesern eine unwahre Behauptung
dünken; ihre Belesenheit, oder ihre eigene Praxis konnte ihnen
Fälle ins Gedächtnifs rufen, welche meiner Behauptung geradezu
widersprächen. Diesen Amtsbrüdern bemerke ich Folgendes zu
meiner Rechtferlignng, und Ich hoffe, sie werden mir der Wich-
tigkeit des Gegenstände« wegen , eine kleine Abschweifung von der
Hauptsache zu gute halten.
„,,,_„.,,,, Google
Dafs meine Behanplung sich nicht aof jene leichteren Salpe-
rerplenreiieo beliebet, die sich von selbsl, ohne Hülfe der Kunst
ionerbaib vier bis acht Tagsn zertheUen, verstehet sich wol von
selbst; denn da diese begreiflich nicht bia zum fünften Tage sieh
verschlimiHera , so wird auch der a\>M Hülfe suchende geringe
Landbewohner uns nicht xu solchen, schon im Bessern begriffe-
nen Pleuresien rufen, sondern er ruft uns nur dann, wenn bis zum
fünften, sechsten Tage oder noch später die Krankheil schlimmer
geworden ist. Üieses voransgegeizt , bemerke ich nun Folgendes.
Consensnelte Fleuresien, die nicht selten, sondern hftalig von
den Aerzten für echt salpeirische genommen werden, heben sich
niebt blofs den fünften, sechsten Tag, sondern auch dann noch,
wenn man weit später zum Helfen aufgefodert wird. Es ISlst sich
hier kein Termin angeben, über welchen hinaus die grfindliche
Heilung unmSglich wXre. Es ist mir wahrscheinlich, dafs solche
coaseasnelle Entzündungen nicht leicht echte Abszesse bilden, son-
dern in chronische Entzündungen iibergeho, aus welchen hernach,
aber oft ziemlich spHt , Geschwüre, seltener Eiterbeblen entstehen.
WSre das nicht so, würde mir es ganz iinerklfirlich sein, wie ich
noch im Stadio ckronico blofs durch Einwirken auf die urergrif-
fene Organ (Leber, Milx etc) gar viel« Menschen von ihren ver-
ineinilicfaen Brustleidtn befreiet nnd zur Gesundheit verhelfen ha-
be. Freilich, ist schon ein Longengeschwur gebildet, so weifsich
keinen Rath mehr. Die zweite Art der Pleureiie, die ebenfalls noch
nach dem fünften, sechsten Tag zu serlheilen ist, bestehet in einem
Urlaiden des Bronchialiheilea der Lunge. Sie ist im Gründe dei
höchste Grad des sogeuannlen Katarrhalfanslens, erscheint entweder
unter der Form der einfachen I^eurilit, oder der Pleuroperipnen-
moaie. Sie siebet, wenn sie heftig ist, der echten Salpeterpleari-
tis so ähnlich, dafs es schwer ist, sie von dieser zu nnterscbeiden.
Man heilt sie, aoch noch im späteren Zeiträume, dorch den Spiefs-
glanzgold Schwefel. Sie gehet, wahrscheinlich, weil sie in einer
roaenariigen Entzündung bestehet, vemachlüfsiget nicht in einen
Abssefs über, sondern in die KalarrbalBchwindsacht, nnd anch
dann ist noch Hülfe, so lange si^ keine Geschwüre gebildet
haben.
Ganz anders verhüll es sich aber mit der Pleuresie, die eine
in den Lungen vorwaltende Salpeieraffektion des Gesammtorganis-
rans ist. Hier ist nicht blofs der Gesammtorganisnius , nnd sicht-
nnd fSfalbar das GefKfssfslem beftig aufgeregt, sondern das Vor-
walten dieser Affektion des Geaammlorganismus in den Lnngen
mnfs, wie jeder schmerzhafte Reiz, zurück auf daa GefSlsaystem
wirken nnd die Aufregung desselben vermehren. Hier findet ein
solch heftiges, gegenseitiges Ineinanderwirken des Oert liehen und
Allgeweinen statt, dafs noihwendig die Entzündung, nicht von
Tage ra Tage, sondern von Stande n Sbiode BchlimMer werden
Mufs. Wie ISüt es lieb denn denken , dafs man sie , erst den
fünften oder sechMen Tag so Hülfe gerufen, noch sertbmlen
solltet —
In der Praxis mÜBsen wir, von dem Satrn aasgehend, 4aU
das Ganze des belebten Menschenleibes gewissen allgemeinen Ge-
aelsen gehorche , das , was unseren Aiigen verborgen ist , durch
das erklären , was sichtbar ist. Eine Entzündung der Lunge k5n-
-nen wir nicht sehen, aber eine EniiiiDdung der Mandeln kSnnea
wir in allen den Fällen, wo der consensnell ergriffene Kanemas-
kel dem Kranken den Mund nicht schliefst, recht demlich sehen.
Wer kann non behaupten , je eine echt salpetrische , bis xom fünf-
ten, oder sechsten Tage beständig gesteigerte Halsentxnndong
noch zerlheilt xu .haben 1 Ich nicht; obgleich ich xugebe, dab
ich mir so etwas in meiner Jugend wol eingebildet habe. Consen-
snelle Halsentziindangen , namentlich gastrische, aertbeilen sieb
freilich noch in weit spfiterem Zeiträume, weil sie ihrer Natur
nach nicht leicht in Eiterung übergehn.
Was sollte mich nnn bewegen, die Möglichkeit der splten
Zertheilnng der Lungenentzündung xu behaupten, da ich bei der
Halsentsündung die Unihunlichkeit einer Zertheilnng mehr als ein-
mahl mit meinen leiblichen Augen gesehra habet —
Was ich jetzt gesagt, enihtÜt keinesweges die Bebanplung,
dafs der Arxl im späteren Zeilranme die Zertheilnng der Pleoresie
nicht mehr versuchen müsse. Der Versuch ist selbst Pflicht , aber
es ist doch unangenehm, wenn man von einem solchen pflicbt-
mäfsigen Versuche gar zu grofse Erwartung hegt und aich hernach
getäuscht fliehet ; darum raihe ich jedem, seine Erwartungen nicht
zu hoch zu spannen.
Von dieser Abschweifung kehre ich zo dem Eisen und zu der
Eisenpleuresie znrück. Ich bediene mich in derselben, wie in
anderen akuten Krankheiten, der essigsauren Eisentinktur zu einer
Unze für die Taggahe in sieben Unzen Schlei manfl&sung. Die
Wirkung ist gerade wie die des kubischen Salpeters. Der Kranke
fühlt zuerst selbst, dafs ihm die Arzenei wohl thiit. Dann wird
der blutig^ oder schokoladenfarbige Auswurf unblutig schleimig
und mehr oder minder dicklich. Gleichzeitig wird der Schmerz
und das widrige, drückende Gefühl in der Brust minder und Ter-
schwindet dann ganz. Zuweilen verschwindet der Schmerz schon
den ersten Tag, .zuweilen den zweiten , oder dritten. Beim Nach-
lasse des Schmerses vermehrt der Husten anHInglich etwas, das
hat aber nichts zu bedeuten; denn in dem ersten Zeiträume bat
sich durch den Reiz der Krankheit seihst ein Tbeil Schleim in
der Lunge erzeugt, der wegen des Seilenstechens nicht ordentlich
ausgehustet werden konnte. Sobald die Bewegung des Brustka-
~ 695 —
itet» wieder frei i>t, enden«! tich die Lnnge dieee« Schleimet
und daa kann ohne Hustea nicht gesohehen. Expectarantia za
geben, \%t gHOi überflüssig. Man mnls das Eiien fortgebraachen,
und höchstens etwas Altheewarzelanfgafs nebenbei trinken lassen.
Beim forigeseliten Gebrauche des Eisens wird Husten, Auswurf
und Fieber sichibar minder und der Kranke geneset.
Hinsichtlich der Sufsetlieben Mittel bemerke ich Folgendes.
Im ersten Zeitranme, wo das Fieber und das Brusileiden stark
sind, passen jene Mitlei, wenn sie die Haut feindlich angreifen,
gar nicht; will man etwas Aeufserlicbes gebraocben, so lege man
Zink-, oder Galmeisalbe auf die achmerzhafie Stelle. SpRter,
wenn sich augenseheinliche Besserung einftellt, kann in einigen
Fällen der Schmerz noch in den Zwischenrippenmuskeln verwei-
len. Wer diesen dann mit einem Blasenpflaster verjagen will, der
thue et. Man kommt aber auch wol mit milderen Mitteln zum
Ziel, z. B. mit Auflegen der Zinksalbe , mit Einreiben der Jodin-
salbe, oder der brenzlichen Holssäure. —
Das Verweilen dieses Schmerzes in den Zwischenrippennins-
■ kein hat folgenden Grund. Bei jedem Erkranken eines Organs,
es mag dieses Erkranktsein in dem Vorwallen einer Urafleldion
des Gesammtorganismus, oder in einem Urleiden des Oi^nns selbst
bnilehen, werden benachbarte Organe consensuell ergriffen, und
dieses consensnelle Leiden kann in einzelnen Fttllen zum Urlei-
den werden, und als solches noch fortbestehen, wenn das Lei-
den des anßnglioh ergriffenen Organs schon gehoben ist. Dieses
allgameiae Gesetz des thierischen Organismus findet man auch in
manchen FAllen bei der Pleuresie bestSiiget. Das Lnngenleiden
berührt zuweilen consensuell die Zwischenrippenmuskeln , und die-
ses Muskelleiden kann nach gehobenem Lungenleiden noch selbtl-
stBndig andanern. Durch mancherlei Hantreize lifit sich bekannt-
lich dieser Schmerz wegschaffen; man mufs sieh aber nicht ein-
bilden , durch diese Haulreise die LungenentzünduKg heben tu
kdnnen. In meiner Jugend, da ich noch ein weit grSfserer Freund
des Blutlassaes war als jetzt, war es mir schon auffallend, dafs
«n Btasanpflaster in etlichen Stunden einen Rest des pleuriiiachen
Scbnerzes wegschaffte, der dem Aderlassen getrotzt hatte. Ich
fing an, darüber so grübeln, wie es möglich sei, dafs eine in-
nere Entzündung so schnell verschwinden könne, da icb dodi ein
solch znnberisches Verschwinden ein« Entzündung Gufserer Theile
nie gewahrte.
Bei der Behandlung der Pleuresie ist die Hauptsache, dafs
auch nicht der geringste Best des Lungenleidans und des Fiebers
überbleibe. Ich stelle nicht in Abrede, dafs die Natur in vielen
Fällen solche kleine Ueberbleibsel, welche man mit dem belieb-
ten Namen: übergebliebeDe Schwäche bezeichnet, ohne
KuDSibiilfe bAieiligen kSnne; e« kt aber doch nnmeiatarlicb, einen
Me.QBcben mit diesen UeberblelbBelo aia Iganx geheilt zu enilasaen.
Bei der als Pleureiiie sich offenbarenden EisenaffekiioB des Gb-
«ammtorganismus müssen wir wohl bedenken, dafii dai Braaüei-
den früher verschwinden kann als die Affekiion des Gesainmlor-
ganismua, dufa aber xur gründlichen Heilung nicht hieb das Ent-
fernen des syinptomaiischen Brustleidens , sondern das Heben der
Uraffeklionades G esain nitorgan Ismus geh&ri. Ja wenn selbst, nach
verschwundenem Brnsrleiden, der Pnls ruhig wird, and der ver-
luelntlicb Geheilte bat noch nicht das volle GeriihI der Gesund-
heit, so mnasen wir das Eisen so lange fortgebrauohen lassen,
bis er jenes Gefühl wiedererlangt ; nur so könaen wir sagen, dafs
er vollkommen geheilt und vor allem, ans akuten Krankheiten
entspringenden Siechihum bewahrt sei.
Wenn ich aber also spreche, so dürfen meine Leser niefal
denken, ich habe meine Kunat im Monde geiibi: nein! nein!
ich übe sie auf diesem wunderlichen Erdballe und weifs so gut,
uU irgend einer meiner Leser, da(s es Menseben genug gibt, die,
üobald sie das Krankenbett verlassen , alle Vorsicht des ArHea -
für überflüssig haltend, einsig ihrer guten Natur die Sache über-
geben. Gewöhnlich sind dieses geringe Leute, denen die tägli-
che Ausgabe von ein paar Groschen fjir Arzeoet schon drückend
ist, oder Krafiniänner, die auf die Unverwustlichkeit ihres Lei-
bes trotzen. Ich weifs ferner auch recht gut, dafs Aerzle kleiner
und mittler Städie einen grofsen Theil ihrer Kranken, weil diese
aufserhalb der Stadt , oft ziemlich entfernt wohnen , nicht täglich,
und am wenigsten nach gehobenem akuten Fieber sehen, dafs ih-
nen mithin die Gelegenheit benommen ist, denselben die Wieb-
ligkeit einer schnellen und Tollkouimnen Genesung ans Hers in
legen. Meine obige Warnung enthält also nicht die thSrichte Fe-
derung an die Aerzte, die Atmen reich und die Narren verstfin-
-dig zu machen, denn dHS kann ich wahrhaftig selbst nicht, son-
dern sie enthält blofs die Mahnung, bei allen akuten Krankhei-
ten , namentlich bei der Pleuriiis , auch dem Genesuegsseiiraume,
so viel es die äufseren Umstände erlauben, eine besondere Anf-
merksamkeit zu schenken.
Es ist aber nicht blofs ein schwacher Rest der Affekiion des
GesammtorganismoB , auf welchen wir achten müssen, sondern wir
mGssen auch dafür sorgen, dafs der pleurilische Husten nicht bei
etlichen Menschen- zum Urleiden der Lunge werde und nach ge-
hobener Krankheit selbstsiündig foridauere. Wird ein solcher Hu-
sten nicht gleich vertrieben , sondern erst später, so bleibet leicht
nach demselben eine krankhafte Reizbarkeit der Lungen zurück,
welche sich durch eine Geneigtheit zu liarinSckigem Hnsten nach
jeder geringen Veranlassung offenbaret.
L,, ,_ , Google
Die Vermnihnng, dafs d«r symptomatisch plearilische Hasten
mro Urleiden dar Lunga werden wolle , haben wir dann , wenn
wir nach beseitigtem Fieber nnd pleanliscbem Grustleiden and
nach Rückkehr des GesRndheilgefiihU die leiste Spur des Hn-
slens nicht verscbwiDden sehen. Es ist ihöricht abEuwanen , was
ans diesem Husten werden wolle. Vierraahl täglich ein, oder
xwei Gran Extrakt des grünen Tabakes heben ihn nach meiner
Erfahmng bald ; wer wollte also abwarten , ob er von selbst ver-
gehen werde oder nicht 1 Uebrigens rathe ich meinen Lesern, bei
der Eisenplcnresie das Universaliuiltel nicht gar zu bald fahren an
lassen , sondern in Fällen , wo sie die Vermuthong haben , der
symptomatische Hosten wolle zum Urleiden der Lunge werden,
das Universalmittel gleichzeitig mit dem Lnngenmitiel zu reichen.
Meine Warnnng stützet sich auf die Ueberzeugung , dafs wir keine
ganz sichere aotersebeidende Zeichen der Eisenaffektion des Ge-
sammtorganiamus haben, also auch nicht im Stande sind, den
Punkt genau anzugeben, wo der leizte Rest der wirklich rorhan-
deoen ganz beseitiget ist.
Zum Schlosse bemerke ich noch, dafs der symploraatische
Husten bei Eisen plenreslen seltener tum Urleiden der Longe wird
als bei Salpeterplenresien , von letzten nicht ausgeschlossen sol-
che, welche durch reichliches Aderlassen geheilt werden.
Doch genng von diesem Gegenstande. Habe ich mich etwas
lange dabei aufgehalten, so werde ich mich bei anderen Krank-
heitsfornien am so viel kürzer fassen können ; denn das , was ich
von der Unvoll kommenheit der unterscheidenden Zeichen der Ei-
senaffektion gesagt, pafst, mit der nothigen Abänderung , nuf alle
andere Krankheitsformen.
Lungensocbt. Diese ist entweder ein Urleiden der Lun-
ge mit consensueller Affektion des Gesammtorganismus, oder sie
ist eine in den Lungen vorwaltende Uraffektion des Gesammtor-
ganismos , oder Vermischung eines Urleidens der Lunge mit einer
Uraffektion des Gesanuntorganiamus.
Eilerbeulen, die entweder durch aorserlicba GewaltthSligkeit,
oder durch eine nicht zeriheilte pleutiiische Entzündung, oder auf
eine geheime, nicht zn erralhende Weise entstanden sind, heilen,
wenn sie aufbrechen und keine Gänge und Höhlen haben , von
selbst, vorausgesetzt, dala sich der Gesammtorganismus in dem
Indifferenzstande befinde. Wird aber das, sich gewöhnlich als
Fieber Sufsernde, consenaaelle Leiden des Gesummt Organismus
zum Urleiden, so kann es eben so gut eine Salpeter- als eine
EisenaSektion sein. Die Schwierigkeit der Erkenntnifs ist nicht
immer grofa. Bei der Salpeteraffektion sah ich gewöhnlich den
Harn mehr oder minder roih und den Husten stärker werden. Der
Auswurf wnrda aber minder bei eisern vermehrten Gefühl« f^s-
J7
UawAblaeins. Kabiscber Snlpelcr lohafft hier iq etlichen Tagen
H81fe. Wird das coDsenia'elle lieber aber znr UreiseaaSektion
des GesMiimtorgattisinni , bo wird Her Harn anch wol roth, aber
nicht immer, zuweilen langenaalzig, oder neotral; der Aaswnif
verniehrt , und der Kranke wird aichibar matter. In letzte« Falle
mnfs man zum Eisen greifen , nnd es fortgebraneheD lauen so
lange es gals Wirkung hat. Ich habe es hei heilbaren Eiterbeu-
len mehrmafals bis zur Genesnng gegeben, ohne mir gerade ein-
zubilden, eine besondere Wunderkur verrichtet tu haben. In
sotebcn Ffillen kann ein Mensch, wird ibin nicht kÜMtli^ gehol-
fen, bei einer hinsicbilich ihrer Form heilbaren Eiterbeule ge-
m&chlich in die Ewigkeit gebao; darum ist es nöthig, das Eisen
zn geben. la manchen anderen Fällen, wo der Gesammtorganis-
mns sich in dem IndiSerenzstande belindel , schadet ea zwar nidil,
aber es ist doch überflüssig, denn die Menschen geneaen ohne
Eilen und ohne alle Arzenei vieUeicht bester als übeneichlicb
arzeneiet.
Bei verschlusse nen Eiterbeulen, die aber, wenn sie nicht ge-
rade von fiufserlicher Gewalubäiigkeit, oder von einer unsertheil-
• ten pleuriüscben Entzündung entstanden sind , zuweilen ühel er-
kannt, ja kaum geahnet werden, trifft es sieh auch zuweilen,
dafs eine Eisenaffektios des Gesammtorganianius entstehet, nnd
in der urerkrankten Lunge vorwaltend, das Leiden derselben sehr
vermehret. Ich habe einst eisen merkwürdigen Fall der Art be-
obftchiM, bei dem ich wol die Artung der Afiektion des Gesanunt-
«rganismua, aber nicht die des (jriungealeidena erkannte.
Ein siebztgjähr^er Mann , der schon viele Jahre sehr engbrü-
stig gewesen, kam mich einst wegen eines befiigen Buslens um
Bath fragen, der ihn periodisch belästigte, zuweilen mehrmahls,
snm wenigsten einmahl im Jahre, gewöhnlich in Winter erschien,
und angeblich den Arzeaeien der Aerzte nicht gefaerchend, eine
lange Zeit anhielt, dann nach und nach abnahm, nnd zn einem
nnbedeuienden , kurzen , nicht angreifenden wurde , an den sich
der Kranke, so gut als an die Engbrüstigkeit, schon iKngif ge-
wShnt hatte. Weder gegen diesen gewSbnlicben Husten, noch
gegen die Engbrüstigkeit verlangte er Raih von mir , denn er war
verständig geaug, einzusehen, dals gegen diese chronischen Be-
■ebwerden, mit denen er sich schon befreundet, wenig Hülfe za
finden sein würde. Aber gegen den befiigen periodischen, ihm
bei seiner Engbriiaii^^it doppelt lästigen Husten, wünschte er
Hülfe, und hat mich dringend, den Versuch zu machen, oh ich
sie linden könne. Ich fand sie auf den ersten GritT im- schwefel-
sauren Eisen. Fünfmah! täglich ein Gran dieses Mittels in Pillen-
form, hob den bösen Huiten gar bald, und der Mann hat mehrt
Jahre diese l*illen bei jedem Aullauobeo seines periodtebe^.Feia-
det mit <l«m bestra wid fShlbaralen Erfolg« gebmuckt. Stia Ver-
irauen zu denselben war so grob, dtifs et immer für den Nolh-
falt Vorraih im Hause hatte. Er gebranchie sie nie länger, als
Ae Heftigkeit dei Hnstens e> erfoderle; war dieser auf den altea
gewohnten Pnnkt zurückgeführt, so arzeneiie er nicht tnehr.
Nach mehren Jahren, da ich diese Kleinigkeit fiui vergessen,
täfst er mir el^st sagen, seine Wunderpillen wollen keine Wun-
der mehr ihun. Er sei jetzt sehr kratik, und nicht mehr im Stan-
de, das Zimmef zu verlassen, ich möge ihn also besuchen und
selbst nachsehen, ob noch an ihm zu flicken sei.
Was fand ich sua, da icb hinkami — Eine grofse, alte Ei-
terbeule war geborsten. Die Masse des ausgeleerten Eiters war
nogeheuer, und dieser stank so abscheulich, dafs es mir, der
ich doch eben nicht sehr zärtlich in diesem Punkte bia, ganz un-
möglich war, länger als eine Viertelstunde in dem etwas niedri-
gen Scblafaimmer ausztihalten. Der Alte safs noch auf, war aber
sehr erschöpft und starb nngeföhr vierzehn Tage nach dem Auf-
bruche der Eiterbeule. *
Dieser Fall lehret, dafs zn einer alten Eiterheule sich eine
Eisenaffekiion de« Gesammtorganistnua gesellen kann, und dafs
wir durch Beaeiiigung dieser Affekiion die davoa abbangeadea
Leiden beseitigen können, ohne das Urlangenleiden zu entfernen.
Wollte man aber daraus schlieisen, dafs jedem Körper, der eine
verschlossene Eilerbeule in seinen Lungen birgt, das Eisen wohl
ihnD müsse, so würde solcher Folgerung die Erfahrung wider-
sprcehan.
Ein Mann, den zwei Eiterbeulen gsborsten und aasgeheilt
waren, hütete zwar nicht mehr das Zimmer, kam aber nicht so
sn Kräften, als ich nnd er selbst es wünsohten. DiesAm gab ich
versuchsweise das Eisen, damit ich sehen möchte, ob «in« Ei-
senafl'ektion des Gesammtorganiimus vielleicht einzig die ToUstän-
dige Heilung behindere. Bestimmte Zei<^eii der Eisenaffekiion
fehlten; die fehlen aber, wie gesagt, oft, wo dennoch das Ei-
sen Heilmittel ist. Nacbdem eine einzige Unze essigsaure Eisen*
ilnklur verzehrt war, entstand ein gewiiser Grad van krankhaftem
Gefühle im ganzen I^ibe und eine Bpannnng in der Brust. leb
■ah, dafs ich nicht den wahren Hailweg eingescblageo , hob die*
ses erkünstelte Unwohlsein durch kubischen Salpeter in zwei Ta-
gen und nherliefs der Zeil und den gesunden Nahrangsmitteln , die
Schwäche entweder zu beseitigen , oder das , was noch krankhaft
in dem Zustande des Mannes war, aufzuklären. Sechs Wochen
nachher barst eine dritte Beule, die, nach dem entleerten stin-
kenden Eiter in nrtbeilen , weit gröber sein mnfsie als die zwei
fribeien. Die Entkräfinng war aber gleich nach dem Anfbrnd^e.
— aoo —
■o groll, «Uft der Kranke da« Belt niefat nebe verluien konnl«
and in wenigen Tagen den Geist aufgab.
Wie liebet es nun aua mit der Pkthiiü nodota oder tubercM-
lotaf — Oafs man dtircii Verhütung, oder Bcieitigung der Ent-
zfindong der Lungenknoien der Scbwiadaucht vorbeugen könne,
ist bekannt aod aucb iVahr. Wenn aber jemand bebnupten wollte,
dieser Zweck könne aat durcii Aderlässen und sogenannte Antt-
phlogislica erreicht werden, so ist das, als allgemeiner Satz aos-
gesprocheo, unwahr. Die Entzündung dieser. Knoten kann eine
blofs örtliche, selbstslfindige , von einer Affektion des Gesamml-
organismuB unabhSngige sein, und in diesem Falle werden wir daich
Einwirken auf den Gesamnitorganismus, sei es durch Aderlässen,
oder durch Salpeter, oder Eisen, oder Quecksilber, nichts Kln-
ges ausführeD. Die Sache gehet ihren Gang; ein Knoten verei-
tert nach dem andern und das Ende ist der Tod;-
Warum sich das so macht, weifs ich nicht auszulegen, so
wenig als ich es erklSreo kann, warum manche Menschen an ih-
ren sichtbar gesunden Fingern Schwären bekommen, so, dab
wenn ein Finger kanm heil ist, der andere wieder krank wird.
Ist aber die Entzündung in .den Lungenknoten nicht eine
seIhsistSndige , örtliche, sondern Vorwalten einer Affektion des
Gesammlorgnnismus in den Knoten, so können wir, je nachdem
diese Affektion geartet ist, mit Salpeter, oder mit Eisen, oder
mit Kupfer helfen. Es ist eben so unwahr, dafs wir in allen Fäl-
len durch Salpeier helfen, als es unwahr ist, dafs wir in allen
dnrch Eisen helfen können; nnd wenn EttmtUler sagt, dafs die
Tinctura ferri aeetici (antiphthüica) alle chronische Entzundna-
gen bebe , lo lunfs er in diesem Punkte sehr wenig ErfabroDg haben.
Wenn bei der knotigen Lungensucht ein Knoten durch Vorwal-
ten «iner Affektion des Gesanimtorganisraus in Eiler übergebet, so
kann die kleine Beule. aufberslen, sich entleeren und heilen. Wir
können, wenn wir die Art der Affektion des Gesammtorganismas
für das Eisen geeignet erkennen, mit diesem Amt ferneren Ent-
iSndong der übrigen Knoten Einhalt thun und die Schwindsucht
einstwoilon heilen. Solcher Heilungen dürfen wir uns aber nicht
überheben, denn sie sind nur zum Theil das Werk der Kanat,
BOB Tbeil des Zufalles Werk. In der Form Air kleinen Eiter-
beule liegt die nothwendige Bedingung der Heilung; ist sie der
Heilung ungünstig, so kann ja die Kunst nichts daran ändern.
Es können auch andere, seltnere Hindernisse der Heilang
sich vorfinden, die OBsere küastlerisobcn Bemühungen gBnzlich
vereiilen. So behandelte ich im Jahre 1832' einen jungen Mann,
bei dem sieh in den Lungenknoten kleine Steine erzeugt hatten.
Ich bewahre noch sieben von diesen Dingern, di« er ausgewor-
fen. Sie sind wetfa, hart, and haben so schaife Eckeii^^.dals,
— »Ol —
w«nn ein solch«« Steinch*n auch nur onisr der Haut im Zellge-
wabe steckte, so tnüfst« es hier schon Enrzündung eiregeo. Ob
Qod wieviel Steine der Mann bei seinem Absterben noth in den
Longen halle, kann ich nicht sagen, denn ich habe ihn nicht
geöffnet, es ist anch im Grunde wenig daran gelegen. Ich be-
merke aber noch, dafs er weder Steinmetz, noch BÜdhaner, Bon-
nern Kapellan war; in seinem GeitchSft also wol nicht der Grund
der Steinerzengung zu suchen sein möchte. Wir Aerzle müssen
so viel im Dunkeln (appen, dafs es uns auf die Dauer gehet, wie
den langjährig Blinden, die zuletzt das Gesicht kaum mehr ver-
missen and sich auf ihren gewohnten Gängen den Kopf nicht leicht
zerslofseti. Treffen wir aber anf solche seltene, unerkennbare,
ja unahnbare Dinge, so wird es uns einmahl wieder recht tiifal-
bar, dafs es dnsler nm uns ist *)
Die Koiarrhalsch windsacht ist gerade die, bei welcher das
Eisen die grOfsten Wunder zu thun scheint, und durch selbige
wkd auch wol in früher Zeit die essigsaure Eisentinkiur vorzüg-
lich ihren Zunamen antipKthitiea verdient haben.
Sie ist gew&fanlicb Folge eines Katarrhalhustens , kann jedodi
auch Folge einer solchen Pleuritis sein, von der ich oben gesagt.
*) In Jihri 1837 Hgle mir eiae arms Fna, di icb lia krinlilicitiiTegeD ba-
Mchte, ihr TbcbterebeB , irslebcs eins bli«e Brnal bab« aml ioIiod wkr Ub{*
ItebHtet, werfa von Zeit la Zeit «iseD kleiDen Suis •». leb biefi «ig, in
Falle diMes wieder geicbcbea lollte, den Stein terbebeD. In Feliniir lS3ft
bat lie nicb , ibra Tocbter la beiBcbea , niebl, um diaae za beilan, londera
blaf« nn dem Verlangen denelbca lo e^BÖffea ; lie achmeivble ücb nümiieb
mit' der IhSrichlea Hnffaneg , icb iverde ibr aucb wol taclran fcSaaen. — leb
Fand nae du zwüirjübri^e Kind gtet, lam Gerippe abf enagerl , starb Bebemd,
•tark bottead , Eirar aaiwerfead , lebwiuend aad aa au Dorcblaere , dafl
tiglteb VI bU IS Entleerangea arFolgleD ; übrigaoa war ea voll BalTaaDf «ad
Toa eioer lo «alteaea Verttündigkeit , ali iah aia vielleiehl lue bei einem Rio-
de diaaea Altera angetroffen. Ea arklürte mir nao k*di deutlicb , wie die
Steine aua der Longe kirn an , nümlicb , vfir dem Aoawnrfe jedes Steinei füble
es wol einen Tag [ang itecbendan Scbmeri unter dem oberes Tbelle dei Brnsl-
beiBM , mfisie mebr basteo ud S«bleim auwerfeB ; lliee sieb aber endlieh
dar Stein , ■• komm« ihr dieser bei eineBi starken Anrall von Husten , ebna
Scbleim , gSBE trockcB in den Hand. — Dia Huller gob mir zwei toleber
SleiacbeB , die vor Kanem tasgeworCan waren. Beide wiegen lustnimaB et-
was über aiu Gran , nad sebea , dareb eine Loepe belracblel , wie Tafitala
aai. Run vor dem Tode , der hn Anrange des Hirt erfolgt«, kjtl da* Riad
Book einen ganz kleinen Stein ausgewarrea.
Im Anrange des Jabrea 1839 wurde icb tob einer Jungfrau wagaa Huslaa
mit SteiaaeawBrf na Halb gefragt ; diaia beschrieb den Abging der Stein*
(van denen lie mir eia paar bracbte] gerade wia jenes Rind. Ucbrigans war
sie niebt scbwindiüehlig , londern vielnehr bläband von Farbe, voUfletsehig
und im eigautlicbeB Sinne ein kernhaftea Hädchan. — Ihr Vater, den i«h
genaa gekannt , ist in besten HtDDMalter an der KttUtU tmbartalna §«•
"•*•"• . _ .-JOgIc
dars man sie ab den bÖabit«B Grad d«i KuanfaaUmtteDa anwbMi
Müsse. Sie mag nun aber entunnden mib, wie sie will, so im
sie heilbar, bo lange aich nicht auf der inneren Luogepfläcbe Ütt-
s^würe gebildet hab«n. Dieser Uebergang in den uDheilbareo
Zeitraum läfst sieb sehr schlecht aus der Art des Answurfes ond
aua anderen Zufällen beurtheilea. Jcb habe nicb.! etwa seksD,
sondern oft SchwLndtücfaiige gesund gemacht^ bei denen Dicht blofs
die gew&bniichen Zufälle vorhanden waren, als: schleiisbendas
Fieber, fehlende Efslasl, Mattigkeit, ja Unvermögen das Bell »i
verlassen, Xacblscbweifse uad grofse Abmagerung, sonderii dereo
Auswurf so häufig und so siteräbnlieh vonAaseben uar, dafsiMta
hätte schwören sollen, die halb« Luo^e müsse bereits durch Ei-
lemng versebiet sein; und doch bewies die Wirkung des Ciseiks
in solchen Fallen , dafs die vermathlicbe EiMnu^ nnraSgiicfa hatu
Statt finden k&nnen. Wie wäre es attmlich mitglich, dafs der un-
mSfsige, eiterftlMalicha Answurf ioDerhaJb vierMbn, ja ianerfaaib
a«ht Tage wideren köanle, wenn wirklich Gescbwüve io <U»
Longen vorhaaden wäre»? .Sind sotcbe Genebwüre beilbar, wel-
ahes ich nicht eMscbaideo mag, se werden sie doch nicht in ao
Ifuner Zeil heilen.
Ich gebe gewöhnlich in solchen FSllen die essigsaure Eisen-
tinklur zu einer Ünse für die Taggabe, binde miefa aber gerade
nicht aa dieses PrSperat, sondern lasse auch wol den Liq. fttri
mttriat. oxyd. nehmen und sehe keinen Unterschied zwischen der
Heilwirkung beider. Es ist sehr erwQnscht und versprichi eia«
baldige Heilung, wenn der Harn, in Fallen, wo er dunkel ge-
färbt wac, bei dem Gebrauche des Eisens sich bald eotfäjbl and
strohgelb wird. Uebrigens mufs man in Fällen, wo er laugeo-
aalzig ist, bei aller anscheinenden Besserung dem Handel nicht
tränen, bis er wieder sauer wird. Hört man mit dem Gebranchs
des Eisens früher auf, so kann die Kache wol gut geben, wenn
der Kranke noch in den besten Jahren ist und keine Anlage zur
Schwindsucht bat, bei alten Leuten aber und bei solchen, wel-
che, ohne eben knotige Lungen zu haben , schwächlich sind, kann
die bis auf einen gewissen Punkt künstlich bewirkt» und dann der
Natur zur Vollendung überlassene Heilung wieder rückgängig wer-
den, und der Kranke nach etlichen Wochen sich auf dem näm-
lichen Punkte befinden, von welchem man anfänglich ausging.
Damm ist die Vorsicht jedem Arzte zu empfehlen, sowol bei Al-
ten als bei Jungen.
Warum die essigsaure Eisenlinktur früher TinetWa anti-
phthiiica geheifsen, das wird einem bei solchen Schwindsuchien
recht anschaulich; denn wirklich, es stehet einem Wunder fast
gleich, wenn man Kranke, die von den Xichtärzten schon für
verloren geachtet werden, und von deren künftigem Sohieksale
— 9*» —
Mua Mlbat nicht viel Bextiimiit«« sagen kann , in kurzer Z«ii wie-
Amr ra auf di« Beiae bringt, rfafa lieine Spur ihres vorigen Lei*
deD» mehr in erkennen ist.
Oamii aber meine jüngeren Leser, wenn sie einmahl solche
Wanderkuren verrichten , nicht gar nu niuthtg werden , so will
icb ihnen eine kleine BeMerkong machen, die ihren Heilmuih
swar nicht ganz Biederschlagen , doch ein wenig mäfsigen wird.
Wie gesagt, bestehet bei der Kaiarrhalsehwindsucht vennnih*
lieh in dein Bronchi aliheile der Lunge eine rosenariige Cntzün-
daog, ana der früher oder apäier sich oberflächliche Geschwüre
bilden. Solche Gesohwiire, die höchst wahrscheinlich, wie rrtan-
tihe Hautgesebwnre durch PSckcben sich bilden, welche Euiain-
menfliebend eine teharfe Feuchtigkeit absondern und allinfthlig die
Bekleidung der inoerea LungenflSche lerstSren, bilden sich doch
wol nicht an vielen Orten der inneren Lungenfl^che ungleich, son-
dern es ist wahrscheinlich, dafa ein solches Geschwür anfönglich nnr
aa einer einsigen und vielleicht recht kleinen Sielle entstehet. Wer-
den wir nun in diesem Zeiträume, wo schon die erste Bildung eine»
kleinen tieschwüree Statt findet, zum Heilen anfgefodert, so kön-
nen wir bei dem Gebrauche des Eisens anfänglich auch Wunder
VI sehen wähnen nnd uns hintennach doch sehr gelauscht finden.
Diese Tänschnng geschiehet auf folgende Weise. Der reich-
liehe eiterjüinliche Auswurf rührt in solchen Füllen nicht von dem
kleinen Geschwür, sondern vou der erkrankten, aber nicht ge>
sohwürigen Longenfläche her, nnd von dieser und der Affekiion
des Gesammtoi^anlsmus hntigen die Abiiiagerung, der Nac hl schweif«
und andere Zufiille der Schwindsucht ab. Reichen wir mm Eisen,
so können wir wol die Zuteile der Schwindsucht wunderbar ab-
aebmen sehen und doch den Kranken nicht am Leben erhalten.
Indem wir nämlich durch das Eisen die Affekiion des Gesammt-
oi^msmira und das Vorwallen derselben. in den Lungen heben,
müssen die Zufalle der Schwindsucht oolhwendig ahnebmeo. Weil
wir aber ein kleines, schon gebildetes Geschwür nicht heilen kön-
nen, so wird die Besserung, bis auf einen gewissen Punkt sicht-
lieb und handgreiflich vorgerückt, stocken. Früher oder spfiter,
jß nachdem dsii kleine Gasohwür sich vergröfitert nnd die Substam
der Lunge angreift, treten die Zufalle der Schwindsucht wieder
deutlicher nnd immer deqtlichet hervor, und das Ende der aus-
nehmend glücklichen Kur ist der Tod.
Oa es nun unmöglich ist, dat Innere der Lunge su beschauen,
nnd das Stelhoakop anch wol wenig Aufschlufs in solch hSbliohen
Fällen geben möchte , so rathe ich meinen jBngeren Lesern , bei
dem anscheinend giDcklichstea Fortgänge der Heilung nicht zu
viel zu versprechen , Boudero den Kranken nicht eher aller Ge-
tahr entronnen »u erklüren, bis die letzte, leiseste Spur der Schwind-
— 904 —
Bliebt verflchwundMi itt. 1b Fallen , wo die Lnoga wirldiob icboji
ein wenig geichwilrig angegrifien ist, wird man imtuer fiodea
dafs die lelzie Spur des Hiistena nicht ganz venchwisdea will,
dafs die Nacbischweifae, sind eia gchoo vorbanden geweaen, zwar
BufhSreD, aber docb von Zeit zu Zeit Mieoe maeben, wiedeclceb-
ren zu wollen* dafg der Puls zwar seine Freqaens Terloiea, aber
doch noch ein wenig gereizt bleibt. Das änfaere Aniehen da«
Kranken kann dabei beiwer werden und dooh der tödtliche Ana-
gang unabwendbar sein.
Manche Leser möchten mich vielleicht tadeln, dalj ich die
Doheilbarkeit eines Lungengescbwiiren lo geradezu behaupte ; ich
bin mir also selbst schuldig, mich deshalb zu rechtfertigen. Ich
kann nicht mit Beaiimmibeit aus physiologischen und pathologi-
schen Gründen die ünheilbarkeit behaupten; als praktischem Arite
stehet es mir aber nicht gut an , mich selbst zu täuseheu. Ich
gebe die Möglichkeit su, dafs ich vielleicht oft genug Lungeage-
achwüre in ihrem ersten Entstehen geheilt habe, aber eine toU-
komnine Ueberxeugung habe ich mir darüber nie verschaffen kön-
nen. Mir bleibt also nicfals anderes über, als durch vergleichende
Beobucbiungen der Wahrheit nahe zu kommen. Ich habe nun. die
Ueberzeugung erlangt, dafa in denjenigen Fällen, wo ich über
das Vorhandensein eines Geschwüres keinen Zweifel haben konn-
te, meine Kumt unraBchiig gewesen. Ferner habe ich Fälle be-
haocfelt, in denen zur Zeit, da ich die Behandlung übernahm,
das Vorhandensein des Geschwürs noch sehr zweifelhaft wer, der
tödtliche, geachwürige Anagang aber unwidersprechliob bewies,
dafa das anfänglich zweifelhafte Geschwür ein wahrhaftes, in aei-
ner ersten Entaiehung begriffenes müsse gewesen aein. Wenn ich
nun solche Beobachtungen mit einander vergleiche, so gehet ans
dieser Vergleichung die hohe Wahrscheinlichkeit hervor, dab io
den acfalimmaten Fällen von Katarrhalschwindsucbt , welche ich ge-
heilt, trotz allem Anscheine, keine wirkliche Verschwärnng an ir-
gend einer Stelle der inneren Luagenfläehe Statt gehabt habe.
Nun mnfs ich noch einen Gegenstand beaprecheo, wozu theils
die Aenfsernngen mancher neueren Schriftsteller, iheils am Kran-
kenbette die Aeufserungen jüngerer, verständiger Kollegen micb
veranlassen.
Man bat ea hent zu Tage viel mit Tuberkeln zu tbnn , gerade
als ob da, wo Lnngengeschwüre sind , diese fast immer aua Tnber^
kein entstehen mnfoten. Das ist aber wohl in vielen Flllen ganz
irrig. Eotständeo z. B, bei der Katarrbalscbwindsncht erst Tuber-
hein und ans diesen die Geachwüre, so würde die rasche und gründ-
liche Heilung dieser Schwindsucht ganz unmöglich sein, denn Ver.
bärtungen sertbeilen sich doch wol nicht so rasch als sieb diese
Schwindsucht heilt. Findet man bei den an Kalarrfaalsehwindsacht
— 905 —
Vemorbeuea nehBt don GeschwQren Knoten in den Lnngea, bo kön-
nea- leiste die EnutebuDg der ersten nicht anOdären. Bei jedem
Geschwüre, welehea scharfen £iter aussondert, kann dieser, snm
Theil eingesogen , benachbarte Lnngendrüaen feindlich angreifen
und ihre Anschnellnng bewirken; aber daraus folgt nicht, dafs
diese Knoten schon vor der Bildung der Geschwüre TOrhandeit'
gewesen. Ueberhaupt können Leichenöffnangen , in so fern sie
nns blofs d^n Zustand des Körpers, wie er beim Tode war, se-
hen lassen, dem praktischen Arzte nnr nntzen, wenn er den Lei-
chenbefand mit seinen an Terscfaiedenen Kranken und in verschie-
denen Zeiträumen der Krankheit gemachten Beobachtungen ver-
gleicht. Diese Vergleichnng kanii ihn bef&higen, einige nicht
ganz grandlose Vermnlhnngen fiber die Erzeugung der Krankheit
zu wagen. An sich ist die OeShung der Leichen dem Praktiker
von wenigem \nlEen, ja es frSgt'sich noch, ob sie nicht weh Öfter
zu Inihömern verlaitel als den richtigen Heilweg angedeutet habe.
Durchfall. Diesen habe ich mehrmahls als in dem Darm-
kanal Torwaltende Eisenatfekiion erkannt und mit Eisen geheilt.
Bei Eisenaffektionen , die als akute Fieber auftreten, ist der Darofa-
lauf ein nicht seltener ZafaÜ ; wo man noch zweifelhaft über die
Natur der Krankheit ist, gibt das baldige AnfhSren des_ Durch-
falles hei dem Gebranch des Eiseng einen gnten Beweis, dafs man
den richtigen Weg eingeschlagen.
Ruhr. Diese habe ich bis jetzt noch nicht als Eisenaffektion
beohachiet; ältere Erfahrungen sprechen aber dafdr, dafs sie also
geartet sein könne und auch oft also gewesen sein müsse. lo der
alten Galenischen Welt bediente man sich gemeinlich der Aqua
chalyheata, ja da man den Nntzen derselben erkannt, empfahl
man sie, obno Rücksicht auf die Artung der Krankheit, ziemlich
blindlings als Antidyientericum. Ich habe versSomt, aas
den älteren Schriftstellern , welche ich gelesen , mir das dahin
Einschlagende schriftlich zu bemerken, nnd dieses jetzt wieder
nachzusuchen, würde mir wenig Unterhaltung gewahren. Deut-
lich erinnere ich mich aber, da& in der ärztlichen Briefsammlnng,
welche man io den Wwken des Oreg. Hont findet, mebrmahls
von der guten Wirkung der Aquu ekalybeata in der Ruhr die Rede
■St. CrsprÜDglicb schreibt sich diese Erfahrung und Meinung der
alten Aerzte wol von ihrem Orakel dem Qalen her, denn der
rühmt das lerum laclit ehah/beatum vorzüglich gegen die Ruhr
(De timpi. Med. facHlt. Lib. X Cap. lO;.
Joh. Cralo scheint mir der erste zu sein, der zieh gegen
die blinde Anwendung des Eisens erklärt hat. Er sagt ansdrüek'
lieh (ContÜ. 22 lib. i) : Ne detur pottu chalybeatu» utßeri golet,
»on ettim ia adttringit, ut falto exittinant medici, »ed tvrhat
ahmm. Ich glaube gern, dafs das Eisen, bei einer Selpetenuhr
- 906 —
gebraucht, den Darmkanal, atut zu beruhigen, arg ia Aufmbr
bringen wird.
Fabritiua BUdamui tag! (LH. de dg»t»l. Cajr. 7) : Aqua cJta-
Igieata im d^iealeriä ah tmn^tufere^ qui im mtdieüta clurMtnmt,
praeter Joanitem Craiouem, laudatmr^ i/le enim lange alioM prm-
fert opiKtontm u. s. w.
Mau siehe! bierani, dafii die Meinung, als sei Eisen daa
wahre Heilmittel der Ruhr, gar gemein nmer den Aerxien mub
gewesen sein. Da man nun aber die suweilige böse Wirknn|p
desaelben nicht abl&ugnen konnte oder wollte, so snobia raan
( w ah reche inl ich uia das Ansehen des Galen aufrecht zu erbal-
ten) die Ursache des bald Helfens, bald Schadens, nitht sonol
in der Teracbiedeneo ArtDng der Krankheit, als Tielmehr in der
Verschiedenheit der aagewenHetea Eisenprftparat«. So spricht sich
sum wenigsten F.^ Flater ia dem Briefe aus, den er an Fahritimt
Hild. schrieb nnd den man in der angeführten Ahhaadlaog des
leisien findet; fihnlich denkt darüber Mickael DSriag, dessea
Worte dort ebenfalla stehao , äbnlicb Adrian Liiaviut and Her-
aäee Sauonia.
Was die Erfahmitg des Fahritiu» Hild, selbst betrifft, saaagt
er darüber Folgendes: £go, vt ingentie Jatear , doctrinam et pra-
xin praeceptorum mevrum imifima , per multoa anntt mquam ckmlfß.
heatam djfenterici» quoque praetcripti. Tandem ven otum em, qua«
Crato kac de re o&teroavit, mihi innotuitäent, ee preinde loco
agnae ehtüybeatat aegrit decactum aJiquod convenitM exAibuiitem^
amnia pr^fecla lange felicitu mihi imecetterunt ; iia qtiidem, ut
o&ienationem Cratonit veriiiimam eue re ipta expertu» »im,
Mi 1 «leiden. Es ist ein grober Irriham der früheren Mrdi-
lin gowesen, dafs man des Glaubens war, Eisen wirke vonugs-
weise heilend auf die Mils, Der Arat, dar diese Meinung %w»l
snerst in die Medizin eingeführt haben mag, ist Aetin» (Ltbt X
Cap, aj. Er sagt: Hammerscblag habe den Landleuieo bei aof-
getriebener Milz gat geihan, aarien Körpern müss« man aber Wein
geben, Jn dem glühendea Eisen gelSacht «et
Gabriel FaJlopitu ist durch diese Aeulsemng des Aetiui be-
wogen worden, zwar nicht Hammerscblag, aber doch Wein, der
auf Eisenfeil gestanden, den Milzkranken sn gehen. Auch Wein,
worin glüheodas Eisen geloscht worden, behauptet er, aei köst-
lich bei Verhärtung der Milz. Er sagt: Vinum kac raUone cim-
lybeatum moderate lubricahit ahum^ et edueet exorementa »igra,
et tpatio quadraginta dieru» videbiti» comminulum teirrium. Hoc
etrte ionum ett medicamentum etpraetertim pro mollioribtn.
Alles, was er noch darüber sagt, lautet wirklich so nnmn-
thig, dafs man glauben sollte, eine verhünete Mila zu xertheilen
aei nur Kinderapii,'!. So luftig kann man aber wahrhaftig die Saohe
— 007 -
nicht nehnen. Es ist wsbr, dab Eiaenaffsktion d«i GeiRmmlor-
gaDisniuH nicht nette», in der Milz vorwaltend, ichmerzloBe oder
Bcfainenhafie Auftreibang dieses Organa macht, und dafa in disBen
FKlIcn das Eisen aoUhe leiden bebt; aber es ist unwahr dafs
das Eisen ein besonderes Miizheii mittel aei. Man findet leider oft
genug Milzleiden, die, als Urleiden dieses Organs, nicht dem Ei*
sen, aber wol den eigeacn Milzbeil mittel n gehorchen. Ja der ei-
gcHiIiehe Sfirrhus der Milz, der sich mit der Hand ntcbt btofs
als «ine Spannung des linken Hypochooitriuins, Boadero als wirk-
tieh harter Körper ffiblcn läfst, dessen vordere, oder onlere Gren-
xe man rieutlieb unterscheiden kann, ist .wahrlich sehr schwer aa
zertheilen; was uoB &U Heilung erscheint, ist wol in den meisten
FsUen blofs eine Verminderung des Umfanges des kranken Or-
gans, nicht ein wirkliebe« Zurückbringen desselben zum Normel-
gtande.
Leberleiden. Ich glaube nicht, bis jetzt eine Gelhsocht
behandelt zu haben, die von eioer in den Gallengängen vorwal-
tenden Eisenaffekiion abgehangen, denn wenn ich mir von einem
solchen Falle anch schriftlich nichts bemerkt bfttte, so würde ich
mich desselben doch als eines seltenen erinnern. Bei älteren Schrift-
stellern findet man zuweilen, dals sie unter eine Menge L^e^
und Lwxirmittel Eise« mischen, z. B. Felix Plater (Otterv.
la. X pag. 352. und lA. 3. pag. 612.;. Solcbe Beobachtungen ha-
ben aber für mich keinen Werifa; wer knnn wissen, welcher B»*
atandtheil des Allerleies geholfen.
Jedoch, da ich mehrmabls beobnchtet, dafs alte Urleberi«den
(ohne Gelbsucht) mit einer Ureiaenaffektion dee Geaammtorganis-
mus gepaaret waren, so wird anch wol Gelbsncht eine Vorwaltung
einer UreiaenaSektioa sen, oder als Urleiden der Gallengänge
aioh mit einer eolcbsn Affektioa paaren kftnnen. Dafs ich das nun
gerade nicht beobachtet habe, ikut nichts cur Sache, denn ich
bab« mnoches nicht gesehen , was sich doch in der Natur finden
wird.
Das akni« Leberfieher, welches von einem Urlmden der Oal-
lengBngfl abhing, das sich durch oogeregebe, zu häufige, eigen-
schaftlich verändetta Gallenabsonderutig oSenbarte, habe ich nwbr-
mahts mit einer Urei«enaffektioo des Gesammtorganismiis gepaart
gesehen, jedoch mit einer, dem Grade naoh, gelinden, an dafs icb
mit roihem Eisenoxyd fertig werden konnte. Da ich^ wie im vo-
r^en Kapitel bemerkt ist, solche Gallenfieber im ersten ZeitEaume
mit neutral isirenden Mitteln bekämpfe, so lielaen sich diese Mitt^
ganz gemächlicb mit den Eiseitoxyd verbinden. War die im Darm-
kanal vorhandene saure Galle neutralisirt, so verband icb das £i-
senoxfd mit einem guten LeberSailtel. Hier durfte ich aber be-
gceiflicb zuaa Neuiralisiren nicht BittenaUerda gebrauchen, son-
- 908 —
imt \a(Ton oder AmtBoaium waren xweckinHfMiger. Uab ich je-
doch eioi dieser Mittel allein, so konnle ich noi damit das erste
sturmiscbe Stadium beBchwih'eo, weil dieses vorsäglich von dem
HeiKe der scharfen Galle auf die Dftrme abhfingi, allein, autt *a
bessern fiel der Kranke io einen schleichenden Zustand, der sieh
dann anch nicht dnrch blofse Lebermiiielj aber wol durch eine
Verbindung derselben mit dem Eisen beben liefs.
Ich gebe gern zn, dafs solche aus einer Urleber- and Ureisen-
affektton des Gesammtorgani^mas gemischte Krankheiten » wenn
sie als Undgängige zuerst auftreten, nicht gemScblicfa zu erken-
nen sind. Der erste, der davon ergriffen wird, ist am übelsten
daran. Fehlt es dem Arzte an bestimmten Zeichen der Cisenaf-
fektion, so schöpft er erat Vwda^t, wenn er in den ersten paar
Tagen die einfache antigaitrische Neutralisirnielbode swar er-
wünschte Besserung bewirken, aber dann diese Besserung stocken
ziehet. Begreiflich denkt er jetzt zunfichst darauf, die Leber blols
durch Hepatica gesund zd machen. Das Nicht heil wiriien dieser
Miiiet dringt ihm endlich den Gedanken anf, dafs er es mit einem
gemischten Kran k hei tszn stände zn ihnn habe. NalSrlieh gehet im-
mer Zeit Terloren, wenn blofs durch Erkennnngsmitlel die gemisch-
te Natur der Krankheit mufs ergründet werden.
Was ich hiervon den neu auftretenden epidenuKcben, gemisch-
ten Leberfiebern gesagt, gilt auch von den nftmlichen Fiebern,
wenn sie sporadisch erscheinen, und sie erscheinen dann am leich-
testen sporadisch, wenn einfache LeberHeher herrschen. Bei deM
einfachen Leberfieber bfingt die als Fieber sich offenbarende Af-
fektioo des Gesammtorganisnoa blofs von den Urleiden der Leber
ab und ist also eine blofs eonsensuelle; der Geaamnitorganisniiis
befindet sich, hinsichtlich der Mittel, in dem Indifferenzstande. Nnn
trifft es sich mitunter,' dafs bei einzelnen Menschen die Affekiion
des Gesammtorganismns nicht eine rein consensuelle , sondern ei-
ne UreisenaffektioQ entweder gleich anfangs ist, oder es doch in
ein paar Tagen wird. Dieses rührt von der Eigenthümlichkeit sol-
cher K&rper her, welche weder gnt zn erkennen , noch gut zu erklä-
ren ist. Man mnfs sich aber jederzeit die Mäglicbkeit solcher Ab-
weichung von dem epidemischen Regelgange denken, damit man,
wenn sie zur Wirklichkeit wird, sich darin in finden wisse. Will
man, nachdem man den Charakter einer herrschenden KranUieit
e^ründet hat und das Heilen onn gar lustig von Stallen gehet»
zieh auf die faule Seite legen nnd denken, ich bin jetzt Meister
der Krankheit, es hat weiter keine Noth ; so kann man, wenn ein-
mahl eine solche Abweichung von dem Gewöhnlichen erscheint,
am ersten in die Dinle kommen.
Nnn will ich dem Leser noch einen kleinen Wink, hinsicbt-
lich der Erkeoninifs der Elizenaffektion des GesamatorganisMat
trai Leberfiebern geben; was ich zn sagen habe, gewfibrt keine
nnbedingte Sioberheit, ich darf es aber doch nicht verschweigen,
weil es manchem bei Uebung der Kunst zu Statten Icoinmen könn-
te. Ja, mancher könnte es selbst dnrch eigene Beobacbtung ler-
nen, und mich dann hintennach wegen meines Schweigens lar ei-
nen ODaufmerksamen Arst hallen.
Wenn man bei Leberfiebern zhf Neutralisirnng der scharfen
, Galle (in F&llen, wo diese vorhanden ist) im ersten Zeilraame
Nairon xu einer halben Unze laga reicht, und man findet, dafs '
den zweiten Tag, wo also erat eine halbe Unze verbraucht ist,
der Harn schon neuiral , oder gar laugensalzig ist, so ist dieses
eine Erscheinung, welche, beim Mangel aller Zeichen der Eisea-
alTekiion , schon eine nicht zu verachtende Vermuihnng für das
Vorhandensein eines solchen Zuslandes gibt. Es wird jedem, der
den Menschenleib nur mit einiger Aufmerksamkeit beobachtet hat,
wol begreiflich sein, dafs, Wenn eine halbe Unze Natron innerhalb
«Ines Tages gereicht, den Harn eines KTanken langensalzig macht,
indefa hundert andere anderthalb Unzen innerhalb drei Tage ver-
zehren bKnoen, ohne dafs der Harn kaum neutral wird, in jenem
ersten Falle die schnell bewirkte neutrale oder laugenaalzige Um-
Snderong des Harnes anf etwas Unheimliches, von der Norm Ab-
weichendes deuten müsse. Dieses kann uns nun zwar nicht im-
mer znm dreisten Gebraache des Eisens, aber doch anf unserer Hut
zn sein mahnen. Bei der grofsen Schwierigkeit, die Eitenaffektion
in ihrem ersten Entstehen zu erkennen, mufs man solche kleine Li-
sten in Ehren halten.
Nun könnten mich meine Leser noch fragen: wie ich dann
helfen wolle, wenn die Eisenafiektion des Gesammlorganismns bei
solchen Galienfiebern, dem Grade nach stärker, ein kräftigeres Ei-
senprSparal als das rothe Oxyd nnd das kahlensaate verlange, ich
kSnne doch keine Ver'bindungen des Eisens mit Säuren gleich-
teilig mit Laugensalzen reichen, ohne jene Eisenialze zu zer-
setzen,
Daranf antworte ich : Solche Fieber habe ich bis Jetzt noch
nicht landgangig beobachtet, kann also nicht mit Bestimmtheit da-
rin raihen. Erwartet man aber einen auf meine allgemeinere Be-
äbachlungen baairten Vorachlag der Heilung solcher Fieber, de- .
ren Erscheinen deon doch frDher oder später nicht ausbleiben wird,
so kann ich Folgendes mit gutem Gewissen rathen.
Im ersten Zeiträume, wo es darauf ankommt, die scharfe Gal-
le zn neutralisiren, verbinde man kohlensaures Natron mit rothe n
Eisenoxj'd oder kohlensaurem Oxyd, und lasse diese Mischung,
wenn nicht das gänzliche Aufhören der gastrischen Beschwerden
das Nairon frDher nnnötbig macht, drei bis vier Tage nehmen.
Offenbart sich die Affektion der Galleogfinge blofs durch ein« ge-
— gio —
sieigen« maleerend« Bewegnng (welches gewöhnlich bei dcD ge-
meinen, in den mediiiniflchen I^hrbnchern beichriebeaen derFslI
ist), sa braucht man zn der Miichnng von Eiienoxyd and Nuron
kein beaoaderes Lebertnittel xnmsetieD, denn in diesen Fällen i«
das Natron selbst schon Heiimiitel der Gallengange.
Es kann aber sein, dsfs die A&ektion des galieafasondemdan ih^
garts ganx anders geartet ist. Die awei entgagengesetzieB krank-
haften Zustände dieses Organs sind : entweder sehr verniehrl«,
oder ganz aufhörende Gallenabsondernng. Zwischen diesen Extre-
men liegen aber so riele nnberechenbare Scfaattungen des Krank-
aeins, dafg ich ein wahTbafter Galeniker sttin müfste, wenn ich ei-
nen allgemeinen Raih geben wollte. Nur das kann ich sagen : so-
bald man die VenniithuMg bat, dafa die (jalicnabsoBdening sich
eher anr Vermindernng aU tor Vermehrnng neigt, ao thnt man
wohl, gleich ein gutes, aur Zeit wirksames Lehermittel lu jener
Mischung au setzen. Die Zeichen , woraus man eine solche sur
Verminderung sich neigende Gallenabsondening erkennet, sind
Kwar nicht ganz sieber, aber doch Ton der Art, dafs «s wol der
Mäbe lohnet, auf seihige an achten. Die in das Duodennm «r~
gouene Galle kann, wenn gleich nicht ühermftfsig in Menge, doch
eigenschafilich so krankhaft rerfinden sein, dafs aie im Darmka-
nate durch ihre Schärfe die sugenannten gastrischen Zafiille in
hohem Grade hervorbringt. Wenn wir nun diese ZafSlIe dardi
Natron, oder Ammonium beschwichtigen, die Bitterkeit des Mun-
des weicht aber nicht sugleicfa mit den Darmleiden , so ist das
ein ziemlich sicheres Zeichen, dafs dieser Zufall nicht von der au
reichlich in den Darmkanal ergossenen, «oodem von der in den
' Gallengängen enriickgehaltenen , eingesogenen und aaf die Zung«
ahgelagenen Galle enutebet.
Durch das im ersten Zeiträume nebst dem Nalro gegebene^
Eiaenoxjd werden wir so viel erlangen, doTs die Urelsenaffektitm
des Gesammtorganismus , während wir die saure Galle neatnilisi-
ren, nicht überraschend zunimmt nnd uns in Verlegenheit setzt.
Sobald die Neutralisation der scharfen Galle im Darmkanal voll-
bracht ist, wird es wol am klügsten sein, essigsaure EUseatinktur
mit einem zur Zeit pafsliehen Lebermittel verhnnden za geben«.
und mh dieaein die Heilung zu vollenden.
Breeb- und Laxirmittel im ersten Zeitraum« aolcher vermisch-
ten Leberfieher zu geben, halte ich für sehr unsicher, weshalb ich
auch den Gebrauch der Bittersalzerde nicht anrathen kann. Bei
einfachen -Gallenfiebern hat die ausleerende Melhiode eine ertrBg-
licb gaie Wirkung, wiewol sie, hinsiebtlich der Sicherheit, der
neu trau sirendea anth hier weit aachsiebet ; aber bei dem mit oi-
ner UreiseaaSiektion des GesammtorganisBius verbundenen Gallea-
fiebec {«£tt aie sehr schlecht. Wü kSnaM dfUnit «!> 13«^ «^
— 9tl —
küvtt^n, wel«bea ia der BeknlreehteD Hpracbe Omtriea »ervota
beifiti.
Hypochondrie notl Hysterie. Wer da gUobt, dm Ei-
MD tei eine ipez.ifische Hülfe gfegea diese,' blofa dem Namen nach
verschiadenen Uebel, der belLnodet wahrlich eine grofae CnerMi-
renheit in dieiem Punkte. HSafi^ iH dae verrafene Uebel in dem
Urleiden irgend eioeB Organs begründet, und kann nur einzig da-
dnrch geheilt werden, dafs wir das nrerliranlcle Org;Ha geaand ma-
chen: so sitit ia vielen Fällen der Gmnd in der Leber, in der
Mih, im Gehirn, im Panlireu, im Pfortadersyslem. Zuweilen,
jedoch selten, ist eine VerhKrtnng im Gekrttae, snweilen, aber
auch selten, eine VerengeraDg-eiaes Theilsdes DarrokanaU Schuld
■n dem ganzen Elende, auf weiche Fehler viel Reib und wenig
Hülfe ist. Ja auch Nierensteine, und ein Urleiden de« Hersens
/welches nicht gerade erworbener oder angeborener fiildongsfehler
SU sein brancht) kSnnen Hypoehondrie machea. Endlich spielt
beim weiblichen Gescblechte auch die Gebirmntier eine Hauptrol-
le, wenn sie n&mlich urerkrankt ist. Kannen wir nun das urlei-
deode Organ erkennen und heilen, so k5nnen wir auch die davon
abhängende Hypochondrie heilen, sonst bleibt all unser Tlwin nur
Flickwerk, vp» dem es nicht der Muhe werlh ist, su sprechen.
Diesel mm vorausgesetzt, ist aber nicht tu Iftognen, dafi die
Hypochondrie in gar manchen Körpern sich ohne Urleiden irgend
eines Organs als reine EisenalTektioa des Gesamrotarganisnins fin-
det. Je nachdem diese Afiektion in dem einen od«: dem anderen
Organe vorwaltet, macht sie ein endloses Heer voa Zufällen, de-
ren Erklärnag den gelehrtesten Physiologen wol greises Kopfbre-
chen vernfsachen m5chie.
Man hat schon in alter Zelt geglaubt, das Eisen heile die Hy-
sterie nnd Hypochondrie durch seine stärkende Wirkung; Schwäche,
der man in verschiedenen Zeitaltern verschiedene Namen gab, sei
die nächste Ursache des verrufenen Uebels.
Schon im dritten Jahre meiner Praxis warde mir dieser Ge-
danke, den ich, wie so manches andere, anf gnten Glanben hinge-
nommnn , höchst verdächtig. Ein Mädchen , welches woeheolaBg
mit allerlei seltsamen, geraeinlich alle Tage abwechselnden Zufäl-
len heimgesucht wnrde, genas, nachdem alle Mittel nutzlos gewe-
sen, durch Eisenfeil, nnd zwar auf eine so schnelle nad mi<A über-
raschende Weise, dafs idi wahrhaftig ein Thor hätte sein müssen,
wenn ich dieses Heilen einer Vertreibang der Schwäche hätte zu-
schreiben wollen. Obgleich damahls noch jnng, hatte -ich doch
schon manche Menschen, die schwach waren, durch stärkende Mit*
tel wieder auf die Beine gebracht, wufsie also recht gut, dab das
Stärken sieh so rasch nicht machte als hier die Heilung. Ja der
etliche Monate fongeaetsie Gebranch des EiaenfeiU behiodfrle.»^
— wa-
te Jabre die RGckkebr d«r ZafSUe, lo, daft du Mfidsben, so laag*
sie hier wobnie, gaoz frei blieb. De sie aber hernach mit ihrer
Familie' Daob W"* zog, nod dsrt «in Jahr gewohnt, erhielt ich
von ihret Sefaweater die Nadirichl, die allen ZufRlle haben eich
wieder eingeaiellt, und der Arxt, der alle bekannie Mittel ftvcht-
los gebraucht, wünache dai Rezept der Wunderpulver xa sehen,
dorch welche ich sie früher geheilt.
Das Eisen hat anch jetzt wieder die nfimliche Wirkung gehabt
als früher, uad ao viel ich von der Familie in Erfabnrag gebracht,
ist die Jungfrau bis xu ihrem Tode, der im Jahre 1831 erfolgt,
fr«i von ihren aeltanmen Zufällen geblieben.
Bei dieser Kranken habe ich etwas beobachtet, welches ich
seitdem nie wiedergesehen. Sie hatte nSmlich zuweilen opisto-
tholoniicbe Krämpfe, welche mit minutenlanger Unterbrechung ei-
nen ganzen Tag anhielten' und dann anderen ZolSlIen Flau macfa-
len. Diese Krämpfe waren so heftig, dafa der Körper einen ho-
hen Bogen bildete, and ohne durch fremde Hülfe im (ileicbgewichte
gebalteo zu werden nothwendig aus dem Bette hatte Stars« niiis-
len. Gewöhnlich sind die an solch furchtbaren Convalsionen Lei-
denden w&hrend des Anfalles besinnungslos; diese Jungfran aber
' hörte während des Anfalles alles, was um sie vorging und erin-
nerte sich desselben hernach gana genau. Sprechen konnte sie
aber nicht, und nur höchst anvollkommen, auch wol gai nicht, in
den kurzen Unterbrechungen.
Ob ea zwar gana aufser meinem Plane liegt, die Leser mit der
Entählnng seltsamer hysterischer Begebenheiten zu langweilen, so
kann ich doch nicht gut zwei Beobachtungen unterdrücken, die mir
merkwürdig scheinen. Die erste betriffi ein M&dcken , welches im
hysterischen Anfalle, bei gescblosaeRen Augen, ohne jedoch das
Bett au verlauen, gleich den Schlafwandlern allerlei Dinge trieb
als oh sie wachte. Ich habe seihst einmahl gesehen, dafs sie ei-
nem Manne ihrer Verwandtschaft, der bei seinem Besuche sie ge-
rade in dem Anfalle traf und sich zu ihr ans Bett setste, alle Ta-
schen ausleerte, den Inhalt auf das Bett legte, und dann alles wie-
der genau an den Ort steckt«, woher sie es geholt. War der An-
fall beendiget, so erinnerte sie sich dessen, was sie gelhan, nii^
mehr. (Die Hysterie hing von einem Urleideo der Milz ab, ich
heilte sie durch Eicbelnwasser.) Sie ist jetzt längst verheirathet,
Mntler mefarer Kinder, und hat, seit sie genesen, nie mehr ihn-
liiAe Znfölle gehabt.
Die zwMt« Geschichte wird den Physiologen besonders merk,
würdig sein, sie betrifft eine hysterische \aohisichtigkeit.
Die Ehefrau eines meiner Freunde , wurde von Zeit zu Zeit,
jedoch selten, von hysterischen Zueilen heimgesucht, welche sich
nicht im Bauche, sondern im Kopfe «Is voffibei^iehendaa Irmeden
— 913 —
fttifiierten. Uebrigvui gebön« sie wahrlich nicht *a dem Onl«D d«r
allieit J^lagenden, allMit aneneifudeo W'«iber, tondern tie war
«ine geaund«, lebenslustige, rührige Hansmatier. Eiikb Tages wg>
Is mir der Chemano, da ich ihn gelegentlich sprach, seine Fran
habe seit einiger Zeil etwas SeltBanies an sich bemerkt; sie kön-
ne nämlick xuweilen, wenn sie nachts erwache, in dem stockdunk-
len Scblarziinnier sehen. Ob er mich nun zwar weder aus eige-
nem Antriebe, noch namens seiner Fran zur näheren Unieranchnng
dieser Sache aufibderte, die er aU eine Mllsame, eher unwichiigc
Kleinigkeit ansah, so trieb mich doch die ärstliche Neugierde gar
bald an der Seherinn, am aus ihrem eigenen Munde den Vorganf
zu vernehmen.
Begreiflich kann ich dem Leset nur ers&hlen, was ich von
ihr gehört, denn uro mich durch eigene Versuche von der Wahr-
heit der Ersiählung za überie^gen, halle ich mich ein acht oder
vierzehn Tage in das Schlafgemach der jungen Frau betten mü^
sen, welches sich hier au Lande nicht gut ifaun läfst.
Ich beiuerke aber dem Leser, dals die Frau wahrhaft, nicht
abergläubisch, und mii gutem Verstände begnbl ist. Sie hat Schil-
ler», GSlhe», Wielanda und anderer Scbrirtsieller Werke, aber be-
stimint nie etwas über Nj'ktalopie und Hemeralopie gelesen. Es
ist also kein gater Graiwi vorhanden , ihrer Aussage auch nur im
mindesten zu mifitlrauen. Ja sollte einer meiner Leser noch Zwei-
fel hegen, so wird vr in der Geschichte seihst den schlagendsten
Beweis der ihaisSchlichen Wahrheit finden. Nun cur Sache.
Die Fensler des Schlafzimmers der Frau sind mit gut schlie-
fseoden Laden, die keine Löcher haben, versehen, also konnte
von aiif^en kein Licht ins Zimmer dringen, und dieses mufale, da
die Frau keine Xachtlampe brennet, atockfinsler sein. Wenn sie
nun zuweilen nachts erwachte, war das Gemach von einem eige-
nem Lieble erhellet. Sie konnte dieses weder mit dem Ti^es-,
noch mit dem Mond-, noch mit KerzcnHobte vergleichen, es kam
dem hellen Dämmerlichte am nächsten, (ohne diesem jedoch ganz
zu gleichen) welches im hohen Sommer beim anbrechenden Tage
die nahen Gegenstände schon so beleuchtet, dafs man sie gut ken-
nen und unterscheiden kann. So konnte sie z. B. auf einem et-
liche Schritte vom Belle stehenden Tische alle Gegenstände deut-
licb unterscheiden, nicht blofs grobe, als den Leuchter, oder ein
Baob, sondern auch kleinere, als Lichlschere und Uhr. Scblofs
sie die Augen etliche Minuten und dffneta sie dann wieder, so war
zuweilen das Zimmer stockfinster, zuweilen aber von dem vorigen
Dämmerlichte erhellet. Ihr Ehemann, den sie mehrmabls des Ver-
zdches wegen aufgeweckt, konnte von diesem Liebte nie etwas ge-
wahren. Das Nachlsdien äolserte sich zuweilen- in mehren Wochen
niclit, wenn es aber Statt fand, meldete ei sich durch kein« so
— 914 —
•
genannte hytleriMhe ZafSlIe vorher an , ■onden enchien ^mein-
lich nach einem nihigen Schlafe, war auch von keinen andwen
krankhaften ZafHllen beg^leiiet. Das Merkwürdigste bei der Sadie
igt die Bebanptong der Pran, dafs du Licht, welches daa Zimmer
erhelle, keinen Schallen habe. Aaf meine Frage, wie sie auf deo
Gedanken gekommen sei, auf die Unachaiiigkeit xu achten, aot-
worlete sie Folgendes. Das Bett ihres Mannes stehe in einer Ent-
fernung von nngenibr fQnf Schriuen dem ihren gegenüber. Einat
habe sie ihren schlafenden Mann betrachtet, alle Theile seines Ge-
sichtes deatlicb nnterschiedenj und über ihre seltsame BefBhignog,
im Dunkeln m sehen, Betrachtungen nngesiellet ; da habe sie ganz
xuf&llig ihren Blick unter das Bell gerichtet und zu ihrer grdfsen
Ueberraschung gesehen, dals es unter dem Bette eben so hell
gewesen als in dem Bette. Bei Tage sei es aber dpch unter je-
dem Betle dunkel, wenn nicht zufällig die Sonnenslrahlen gerade
darunter fielen , also wSra es wol ganz natürlich , dafs diese Un-
schattigkeit sie bestimmt bllte, auch auf andere Gegenstände ihre
Anfnerksamkeit lu richten. Sie sei jetzt gleich gewahr worden,
dafs kein Uerfiih des Zinimen einen Schatten werfe, denn an wel-
idier Seile eines Gegenstandes sie anch den Boden betrachtet, der
Grad der Beleuchtang sei immer gleich geblieben und sie habe
nicbl die leiseste Spnr eines Schadens entdecken können. Uebri-
gens gestand mir noch die Frau ganz efarlfch: ob sie gleich Frei
Ton Aberglaoben und Geistesfnreht sei, so habe sie sich doch bei
dieser magischen Beleuchlnng anRtnglich eines leisen Grauens nicht
erwehren können.
Eio zweimonatlicher Uebranch des kohlensanren Eisenoxydes
befreite sie von ihrer \achtsichiigkeit.
Man könnte über diese Geschichte manche physiolDgiache Be-
merkung machen, ich überlasse daä aber dem Leser, weil ich selbst
nichts Kluges in sagen weifs ; glaube jedoch, er wird wol so gut
als ich aa das Platonische eigen thümliche Licht, welches angeb-
lich ans den Augen hervorströmen soll , gedacht haben. Nun,
wahrscheinlich war das innere Licht in den Augen der Frau so
mtlchtig, dafs es, auch ohne sieh mit dem verwandten Anfaen-
liehie mt verbinden, das Zimmer zu erhellen im Stande war. Ich
gestehe aber gern, dafs ich noch eines dritten Licbles bedürfte,
nm den Platonischen Gedanken zu fassen. So viel ist wol sicher:
da kein äufseres Licht das Zimmer erleuchten konnte, so mnfste
das Licht aus den Augen der Sehertan selbst hervorkommen. Aber
freilich, mufste es auch ein sonderbares, von anderen Lichtern ganz
verschiedenes sein, weil der Mann es nicht sehen konnte, der doch
recht gute Angen hat.
Ich sagte oben , in der .Geschichte selbst liege der beste Be-
weis der ihaisachlicbea Wahtbeit. Der i9«i|tlnd$. J^füsu^kmia
— 915 —
darBber folgenden Versnch machen. Er enBhle zebn Aenten die
GMchichle, mit Anaschlufs der Uaichaitigkeil der Belenchinng, nod
mache sie ronnglicfa daranf aufmerksam, dafs das Licht, weichet
das Zimmer und die darin befindlichen Gej^enstEinda erhellte, blofs
■n* den Aogen der Frau selbst habe kommen können. Er wird
dann schon gewahr werden, wie viele von den lehnen ihn flags
die Bemerkung machen, dafs die durch ein eigenlhümliches Angen-
licht beleuchteten G^enttände neihwendig ganz nnschattig sein
mufsten. Freilich, jeder verständige Mensch , wenn er ein wenig
darüber nachdenkt, wird dieses leicht einsehen; ob aber alle, ja ob
nnr die Hälfte derer, die diese fremdartige Erscheinung hören,
gleich bei der Ertfthlnng darauf fallen * daran zweifle ich sehr.
Ich glaube auch, der Leser wird sich durch diesen Versuch vaa
der grofsen Unwahrscheinlichkeit übcneugen , dafs eine schlichte
Fraa , im Falle sie mich auch hätte täuschen wollen , solche FoU '
gerichtigkeit in ihre Erdichtung habe legen können.
Was ich oben über den Gebrauch des Eisens bei akuten Fie-
bern gesagt, dafs nämlich ausleerende Mittel nicht dabei taugen,
wiederhole ich auch hier. Sydeniam gibt zwar, nach einem Ader-
lafs, drei bis vier Tage hinter einander ein Laxirmiitel (Oputcula
Mntv. p. bQ7.)i sagt abar selbst, die Leate befanden sich so übel
dabei, dafs er sich genöthiget sähe, damit sie nicht gar den Muih
verlören, iboeo die Verschlimmerung vorher anzukündigen. Es
wäre wol klüger gewesen, er hätte die vienfigige Ausleerung gar
nicht gemacht, dann hätte er anch nicht nöthig gehabt, den Pro-
pheten zu spielen. Uebrigens ist nicht zu Isugnen, daft bei aller
Hypochondrie , welche als Eisenaffektion im Bauche vorwaltet,
durch die gesiSrte Verdauung, auch ohne Urleiden irgend eines
Organs, entweder Stohlverhaltung , oder eine grofse Masse von
Säure erzeugt wird. Bei der Sinhlverhaltnng mub man daranf ach-
ten, ob im Mastdarm, oder in den Dünndärmen der Grund steckt,
and im ersten Falle durch ein, täglich sur nämlichen Stunde ge-
brauchtes Salz-, oder einfaches Watserklysiir , im zweiten durch
Glanbersali -, oder SeigneUalzwasaer helfen; nicht um den Kran-
kea ordentli^ tu laxiren, sondern blofs um ihm tägliche Oeffoung
XQ erhalten und die fehlerhafte Bewegung seiner Därme zu regeln.
Diese einfachen Mittel machen nicht, wie Sydenha» sagt, eine
ipiritUMm ataxiam, sondern die Laute befinden sich gut dabei,
und ich aehe auch nicht, dafa dadurch der Wirkung des Eisens Ein-
trag gethan wird.
Wo man aber eine solche Beibülfe nicht unumgänglich n&thig
hat, machte man wol ein Narr sein, wenn man sie gebrauchen
wollte. Das Eisen heilet allein, nicht das Glaubersale, nicht KIj-
Biira; sie sind nnr anfängliche Beihülfen, nm dem Kranken vor-
liufig loa» Erieiobterang au rwachaffeD, deien er späterhin nii^t
58*
— 916 —
mehr bedarf., Ueberhaapt mufs man ein Caiiareticum Imütimtm
der Schrifiiteller dea aechaehtiten und aiebzehoien Jahihnndem
nicht mit einem Schlack Glauberaalzwasser, oder mit einem Waa-
■er- oder Salzkl^stire verwechseln. Wer den Kranken zwischen
der EiHenknr von Zeit zu Zeit ordeoilieh, auch nnr mSfaig laxireo
will, der kann durch ein Ab führungs mittel in Einem Tage wieder
verderben, was er durch Eisen in acht Tagen gut gemacht, und
Sydenham hat ganz Recht, wenn er Magt, nur ein alberner, ver<
dammier Faselhans (vanut et irife/ix ardelioj könne ein solche*
Ca/harct^ium lenüaimum abwechselnd wSfareod der EisAiknr rei-
chen.
Was nun die Ansammlang ron Siure betrifft, die sich zwar
nicht in dem Darmkanal aller, aber doch mancher Hypochon-
dristen erzengt, so ist es dringend nÖlhig, diese za neutralisiren
und dnrch eine zweckmäfsige DiSt die Wiedererze ngnng zu ver-
hüten. Die Hanpisache bleiht immer, dafs man gleich vom .An-
fange an, zugleich iiiii dem Eisen, Nairon, oder Ammonium in sol-
cher Gabe reicht, dafs die vorhandene Siure nicht blofa im Ma-
gen, sondern ancb im ganzen Darmkanale getilgt werde; hat man
das erreicht, ao hat man achon viel gewonnen.
Bei manchen Leidenden der Art entstehet nachmittags gegen
vier, fünf, oder sechs Uhr, je nachdeiii sie früh, oder apftt getafelt
haben, ein Anfall von allerlei schiiieiz*, oder krampfhafien Darm-
leiden. Diesen g'ehr lästigen Zufallen, die, wenn aie zn der be-
sagten Zeit sich einstellen, von einer sauren Gährung der rnktags
gienossenen Nuhrungsmiitel faenühren , kann man dadurch zuvor-
kommen, dafs man von einer Aufiöaung dea \atron (eine halbe
bia ganze Unze in acht Unzen Wasaer) gleich nach dem Mittaga-
mahle stündlich, bis fünf, oder sechs Uhr einen Löffel voll n^-
men Isfst. Dadurch beugt man der aauren Gährung der genosse-
nen Speisen vor und die Bauchleiden erscheinen nicht. Wenn man
dann mehre Tage das Natron auf die Weise gib(,*0 bleiben die
nachmiliBgigen Banchleiden auch ohne Xatroa weg uqd ntan kann
weiter das Eisen allein reichen. Ich habe in meinem Leben gar
vielen Menschen durch dieses ganz einfache Kunst aluckcfaen ge-
holfen, die vergebens die an lispas modische und stärkende Schule
mit anderen Acrzten durchgemacht. Den Gebrauch der Bittersals-
erde kann ich niemand sonderlich anraihen. Diese macht suwei-
len Durchlauf und auch wol stürmischen, der i^m Kranken kein
Gut thut; überdies habe ich gefunden, dafa nach einem soldiea
Durchlaufe Verstopfung folgt, welches denn auch nicht viel laugt.
Noch einmalil bemerke ich aber ausdrücklich, dafs bei msa-
cben durch Eisen heilbaren Kranken, bei denen die ElsenafleklioD
des Gesaramlorganismus im Bauche vorwallend sich dnrch Darm-
leiden offenbaret , keine saure Gahping in den Dfirmen Start fin-
~ 917 -
det. Will man dienn Natroa, «der Ammonium geben, »o liabeo
sie des keinen Nnt«o. Die Sünre im Magen i*t leicht zn erken-
nen; aber wie erkennt iiiaa die in den Därmen 1 leb weifa et nicht
bestimmt anzugeben, die Zeichm liad hSchst unsicher. Will man
der Sache gewifs sein , so latae man den Kranken vormiiiags fa-
sten, und gebe ihm nach dem Mitiagaessen das Natron auf die ao
ebeo beschriebene Weise , dann wird man bald gewahr werden,
ob eine saure G&hrung der Speisen die Baiichleiden macht.
Das Natron ist in solchen Fällen so sicher helfend, dafs man
sich anmöglich täuschen kann. Da, wo die Oarmleideo nicht von
einer sauren Gährung hervorgerufen werden, sondern falofs von
der immateriellen krankhaften Reisbarkeit der Därme abbangen,
hilft das Natron nicht, ja, wenn es in gur zu reichlicher Menge
gegeben wird, kann es selbil jene Zufälle wol augenblicklich ein
wenig vermehren; kurz, wer die Wirkung des Nalrun odec des
Ammonium dorch den Gebranch kennet, der mufs ein Alberner
■ein, wenn er aus der Wirkung Dicht gleich stehet, mit welcher-
lei Dermleideo er zu thnn hat.
Von der Diät der Hysterischen und Hypochondrischen weifs
ich hier nichts zu sagen , was ich nicht schon früher bei den
BaacbmiUelo gesagt. Jedenfalls ist eine KweckmKfsige Diät de-
nen sehr anzuempfehlen, bei denen die Eisenalfektion in den Där-
men Torwaltet. Bei jenen , wo sie blofs im Gehirn vorwallel,
braucht man so gar wtthliscb nicht zu sein. So habe ich z. B. der
Xacbtseherioo, von der ich oben sprach, keine besondere X^ebens-
weise vorgeschriebeI^ denn ihr Gehirn litt, nicht ihr Bauch. Sie
afs, wie andere wohlhabende Leute, gesunde Hausmannskost; war-
um sollte ich also daran meistern?
Was den Wein und Branntwein betrifft, so läfst sich über die
ZnlSssigkeit dieser Getränke im Allgemeinea nicht nbaprecben. Ei-
nigen bekommen sie gut, anderen nicht; das gilt aber nicht blofs
▼an der durch Eisen heilbaren Krankheit, sondern auch von der,
die vop Bauch voll blutigkeit, oder anderen Urorganleiden abhängt.
Einzig von der durch kubischen Salpeter heilbaren kann ich be-
faanpten, dafs geistige Getränke, selbst mäfsig gehraucht, das (Jebel
immer verschlimmern.
Es ist am besten , in jedem einzelnen Falle durch Beobach-
tung das auszumitteln, was der Eigemhiimlichkeit des Körpers zu-
sagt. Wollte man sprechen: diesem Körper bekommt das Eisen
gut, alito mufs ihm anch Wein oder Branntwein zuträglich sein;
so könnte das allerdings eintreffea, es könnte aber auch eben so
gnt mifsgehn. Hinsichtlich des Gutbekomniens geistiger Getränke
kann das eigene Gerühl manchen Bauchkranken sehr täuschen.
Selbst in Fällen, wo geistige Getränke den ganzen krankhaften
Zustand auf die Daner verschliii)mern, ja ganz unheilbar macheo,
— 918 -
kaDiMii lie denoocb nnaDgenebme, Mlbst sobmersfaifte Geffiblo wol
angenblicklicb beachwicbtigen, oder vielmebr betäuben. MenscheR,
die dieser verrät beri sehen Hülfe vertrauen, .lebweben in Gefabr,
sieb nacb and Dach der Völlerei tu ergeben; darain iit es Pfliebt
des Arztes, sie vor dieser Klippe zu warnen. Wollen sie der War-
nung nicht GebKr geben, lo kommen die foösen Folgen anf ihre
eigene Recbnang, und dafi diese nicht immer blofs in einer oa-
aostSudigen Trunksucbt besteben, sondern weit emaibafter, ja wirk-
lich scbauderbaft sein können, mag folgender Fall beweisen.
Im Anfange des Jahres 1840 starb ein Mann, den ich aeit-noge-
ßhr 30 Jahren gekannt. In früher Zeit nnierbielt icb mich gern
mit ihm, weil er gut nnterriebiet , gut belesen war und viel Ver-
flland besafs; sp&ter aber trat ein ihm vom Vater vererbter Geist
des Widerspmcbes und eine ebenfalls vererbte Widerhaarigkeit des
Charakters nacb and nach so grell hervor, .dafs mich sein Umgang
nicht mehr anm'uihete, obscbon icb ihn als einen alten Bekannten
und recfatlicheu Mann immer in Eibren gebalten, Kx litt an erb-
licher BnDcbvollblütigkeit, welche sieb früher blofs durch ein be-
ängstigendes Gefühl beim Sitzen änfserte, weshalb er auch wenig
safs, sondern Seifsig im Freien spazieren ging, ja selbst im Han-
se sich beständig bewegte. Icb habe ihn schon früh ermahnt, ein
Auge anf seine erertMe Bauehvollhlütigkeit zu halten, sie auf eine
Ewecktnäfaige Weise zu regeln; er hat aber meine Ermabnang in
den Wind geschlagen, Iheils weil er von Natur widerbaarig, theik
weil er, abgesehen von dem vfiterlicben Baucberbtheile, ein kräf-
tiger Mann war.
Mit der Zeit stellten sich nun nach und nacb andere Bauchha-
scbwerden ein, die er durch geistige Getränke augenblicklich be-
st^ wichtigen konnte und dieses war wol die Veranlaunng, dafs er sieb
allmäblig mehr nnd mehr dem Trunk ergab. Einen Trunkenbold
konnte man ihn darum aber nicht schelten , denn er berauschte aich,
im eigentlichen Sinne des Wortes, nicht, sondern trank nur vom
Margen bis 2um Abend allerlei geistige Getränke unter einander,
je nachdem es ibm einfiel, nämlich, Pnnschsirop, starken franzö-
sischen Branntwein mit Bischof linktur, ein Gemisch von rothem
franz&sischen Wein mit Bleicfaert, Teneriffa, seltener Rbeinwein.
Wie viel er täglich trank, war nicht auszumitteln , denn er holte
diese verschiedenen Getränke selbst aus dem Keller nnd stellte sie
an verschiedene Orte des Hauses hin, so, dafs er sie, bei seinen
nnablässigen häuslichen Wanderangen beständig ohne Mübe snr
Hand hatte. Gegen Abend ist sein Kopf wol immer etwas anfge-
schraubt gewesen, dieses bat sich aber, wie seine Hauslente ver-
sichern, immer blofs durch eine etwas greller hervortretende Wider-
haarigkeit offenbaret.
So ging nun die Sache nluiches Jahr, da stellien sich Blasen-
— 919 —
bftmoirbftiden ein, blauten aber nicbt, sondern niachteo blof« sebr
peinliche Harostrenge, dieies and eine Steifheit der Füfse war
wol di« Ursache, dafa er seine tfiglicben SpaiiergBoge im Freien
nach and nach eioschr&nkte, und endlich gani darauf Terzicblete.
Im Herbste des Jahres 1838 wurde ich ta ihm gerafen, er aoMie
uigeblich an der Gicht leiden. Die vermeimliche Gicbt war aber
eine acbmerzhafie iVervenaffektion der Füfse, welche von der mib-
handelten BaucbTolIhlüiigkeit abbing, die ich nnm5glich heilen
konnte, weil die Widerspenstigkeit des Mannes nicbt erlanbte, den
wahren Grand seiner Leiden aosugr^ifen. Ein einziges Mahl, da
■ich kleine Hämorrhoidalknoten am Afier seigien, gab er es za,
data ihm Blutegel daran gesellt wurden, Üefs aber, verkehrt wie
er war, die Bifswunden nicht nachbluten, wodurch denn das Guie»
was die Egel hätten leisten können, vereitelt wurde.
So vergingen nun anter abwechselnden Befinden vier Manaie;
die Schmeraen der Glieder wurden nach und nach minder, der
Kranke wieder befähiget, das Haus au verlas^wn. Diese scheinba-
re Besserung, die ein acht Tage Sund hieb, mufo der Leser aber
nicht meinen ftrstlichva Bemühungen nuchreihen ; ich bekenne viel-
mehr, dafs ich den Mann blofs als aller Bekannter besucht und
mit ihm geplandert habe; du Wenige, was ich als Arxt dabei ge>
ihan, ist gar nicbt in Anschlag xu bringen.
Nachdem ich nun den verroeinllich Genesenen in etlichen Ta-
gen nicbugesehen, liefs .er mich eines Abends zieinlicb spSt bit-
ten, ihn an besuchen. Der Grund dieser Bitte laiUeta sdttavi er
hatte angeblich seit einigen Tagen ein Gefühl von Schwere unten
im Becken gespüret, dieses Gefühl einer zweilSgigen Verstopfung
tugescbriehen , and sich deshalb ein KIjsttr seisen lassen. Oeff-
nnng war darauf erfolgt, aber nun li^ flüssiger Kotb unfreiwillig
ron ihm. Da ich den Grund dieser selisainoB Erscheinnag unmög-
lich abends bei der Kers« nnienucben konrrte, so vertröstete ich
ihn auf den folgenden Tag, wo es sich denn auch gleich auswies,
dafs an der rechten Seite neben der Aftermündnng eine kleine
Oeffnung war, aus der eine kothartige Flüssigkeit sickerte. Ich
sweifelte also gar nicht, dals der Mana eine vt^Uländige Mastdarm-
fislel habe, obgleich es mir ein Räihsel war, wie sich 4>cs« ohne
&chmerz gemacht. Da ich die Chirurgie nicbt übe, so rielb ich
dem Manne, sich einem guten Wnndarata atiza vertrauen. Die Un-
icrsachung des ersten, den er gewählt, geSel ihm aber nicbt, er
wählte also einen anderen. Ueber diesem Mifsgriff waresi etliche
Tage vergangen. Bei der Unlarsnchung des sweiten Wundarztes
war ich selbst gegenwärtig, nod sab zu meiner UebeFraschnng die
vermeintliche kleine Fistelöffnung so vergröfsert, dafs der Wnnd-
arat seinen Finger ohne Müh« ganz hineinbringen konnte t^oe
Grand zu finden; es vergingen ober nehro Tage, bevor er lu ei-
— 920 —
ner voIlstSndigfn Erkeuotnifs dea Uflbals g«laBgte. Dsfa eine bran-
dige Zerstörung im Beckea Statt hatte, stellte sich gleich -heraus,
schon der starke Brandgernch verrieih es; wie weit sich aber die
Zerstörung erstrecke, ergab sich erst nach und nach, denn naan-
ches, was anfangt noch lebendig schien, war schon abgestorben.
(Ini mich also kurs za fassen, will ich die Zerstörung, wie sie
sich nach und nach herausgestellt, angeben.
Die rechtseiiige Wandung dea Mastdarmes war, so weit sie
lu bereichen, ganz Eeraiörl. Von dem inneren und äufseren Schtiefs-
mtiskel war über die Hälfte zerstört, von den Haiitfalien der Af-
teriuündung blieb nichts über, als an der linken Seile ein Stück-
chen einer grauen Erbse grofs. Begreiltich bildeten also jetzt die
Aftenuiiodung und die anfangs scheinbare Fiaielöffnung ein einzi-
ges grofses Lach, durch welches man in eine dunkle Höhle schau-
te. — Was konnte nun die Kunst hei diesem verzweifelten Han-
del ihun! Wenig, sehr wenig. Der Wundnrzt war auch ver^iAo-
dig genug, dieaea m begreifen; er stopfie anfangs die ganze Hoh-
le mit Pflücksel ans, welches mit starkem Rindeabsod getränkt war;
nachdem aber die Höhle sich gereintget und allea Abgestorbene
ausgestobeo war, uberliefa er die Heiinng der \atur, suchte blofs
die Wandlippen durch Abspritzen und durch eine gute Salbe vor
der Einwirkung dea auslaufenden Eiters au achtiuen, so viel sieb
dieses nämlich thun Uefa. I<^ rieth, abend« dem Kranken 15 Tro-
pfen Mohnsafitinktnr zu geben, dieses, befördecte eine^sehr gute
Eiietung, Uebrigens schien der Gesammtorganismua des Mannes
gar niobi angegriffen eu sein, nur abends faeschieunigte sich seia
Puls etwas, aber gewifs nicht mehr, ata bei dem leiohlesien Wnnd-
äeber. Von der Harnatrenge, die ihn vor diesem Stranfse', näm-
lich, vor der vermeintlichen Gicht und vor der Maatdarmzerstörang
viel gematlerl, war er jetzt ganz frei.
Wie die Heilang sich nach und nach gemacht, werde ich dem
Leser nicht erzählen, denn iheila begreift ea sich leicht, daXs die
Natur mehrer Monate dazu bedurfte, theils begreift es sich eben
80 leicht, dafs ich nicht in den Mastdarm schanen konnte und der
Wundarzt eben so wenig. Aber auf einen Punkt werden die ver-
Btändigen Leaer wol neugierig sein, nämlich, wie sich die Heilung
der AfierscfalieJ'smuakeln gemacht. Ich sage ihnen also, sie hat
sich wider Erwarten gut gemacht. Die Hautfalten der Aftermün-
dung, von denen, wie gesagt, nichts übergeblieben, als an der lin-
ken Seite ein Stückchen vnn der Gröfse einer grauen Erbse, ha-
ben sich nicht wieder erzeugt, sondern die Mündung ist ohne Fal-
len ganz glatt geheilt. Die Zusammenziehbarkeit der Scbliefsmua-
kein ist in so fern wiedergekehrt, dafs der Mann steifen Kolh
und breiigen Kolh zurückhalten konnte, aber nicht flüssigen, dio-
aer entlief ihm.
- 921 -
Nachdem nun (in Mai 1S39 die Heilung also vollbracht war,
der Maao wieder auf die Slrafse kam , ja aufser dem Thore Bpa-
xieren ging, blieb er ungef&hr sechs Wochen auf seine Weise
wofalj ich aage, auf seine Weise, denn ganz ohne krankhafie Ge-
fühle wird er nicht gewesen sein, er war aber schon seit Jahren
an dergleichen gewShot. Merkwürdig ist es, dafs der überstande-
De Slraufs ihm sehr wenig von seiner Vollfleiscbigkeit genommen.
Nnn wurde er aber einst auf einmahl, ohne erkennbare Vcranlas-
sang leidend, klagte über Seitenstechen, Fufs- und Rückenschmer-
len, nach 1U Tagen wurde er etwas fieberhaft, sein Puls beschleu-
nigt; nachdem dieses ein paar Tnge gewährt, lös'te sich das Käih-
sel , es borst nttinlicb eine im - Grimmdarme erzeugte Eiterbeule.
Beim erslen Aufbruche, da der ablaufende Eiler mit Koth gemischt
war, hätte man noch wol einigen Zweifel über die Natur dieses
Zufalles haben kÖnuep ; später aber, da der Koih entleert war und
non der pure Eiier aus dem Afier lief, konnte ich unmöglich mehr
zweifeln. Bald nach dem Aufbruche verschwanden allmählig die
Leiden, die, wie gesagt, ein paar Tage vor dem Aufbruche ziem-
lich ernsthaft gewesen, der beschleunigte Puls wurde wieder ruhig,
die Efslust kehrte zurück. Der Kiteraiisflufs währte abnehmend
einige Tage, hdrto dann ganz auf und das Befinden kehrte wieder
in das alle Gleis zurück.
Mir gefiel diese Begebenheit gar nicht, denn ich begriff, dafs
eine so beirSchtliche Eilerbeule sich unmöglich in der Wandung
des Grimmdarmes hSlIe erzeugen können, wenn dieser nicht hy-
pertrophisch entartet gewesen, und wie weit konnte sich diese Ent-
artung erstrecken !
leb will meine Leser nun nicht mit der weilschichtigen Auf-
zählung der Fortschrilte des Uehels langweilen, sondern halle es
für schicklicher, mich auf folgende kurze Nacfarichl zu beschrän-
ken. — In einem Zeiträume von neun Monaten erzeugten sich
sechs solcher Eiterbeulen, und mit Ausschlufs der Letzten kann
ich von 9en andern nichts sagen, als was ich von der ersten ge-
sagt. Jedoch niufs ich bemerken, dafs, wenn gleich nach dem
Aufbruche jeder Benle das Befinden des Kranken wieder leidlich
gut wurde, dennoch Im Allgemeinen seine Kräfte allmählig ab-
nahmen und seine Vielfleiscbigkeit sich nach nnd nach in Mager-
keit umwandelte. Die letzte Eilerbeule, die ihm den Tedesstofs
gab, mufsle gröfser sein, als die früheren, denn sie verscblofs den
Darmkanal so, dafs mehrtägige Verstopfung eintrat, der Kranke
grofsB Beängstigung, starke Strengorie und so heftige Schmerzen
in der Seite, in der Brost, im Rücken und in den unteren Extre-
mitäten bekam, dafa ich, so ungern ich ei auch that, ein Laxtr-
mitlel g^en mulsle. Da in Fällen, wo ein mechanisches Hinder-
jiifii den Darmkanal verschliefst, es unmöglich ist, die Gabe eines
— ÖM —
Laxirmittela lo xa beMimmen , dafs es nichts ni«hr wirkl als man
verlangt, nämlich, Oeffonng, so geachab es ancb hier, dafs,
Dachdem durch die kiinillich vermehrte Darrabewegiing dem Koih
ein Weg Deben der Vereoguiig gebahnt war , die Eotleerung weit
reichlicher erfolgte, als nöihig gewesen wfire, jedoch, da der
bei^ichtigle Zweck, Linderung der unifiglichen Qualen, nanenl- '
lieh der Befingatiguag , erreicht war, *o schidElfl sich der Kranke
gern in das bei seiner Sehw&che lästige Verbetten, welches das
ODfreiwillige Cnilanfen des Darmkofbes nöibig machte. Drei Tage
nachher borst die Eiterbeule, aber nach ihrem Anfbracbe wnrda
der bescbleunigie Puls nicht, wre nach dem Aufbruche der frü-
heren Beulen normal, sondern er wurde noch geschwinder, die
SchmerEen blieben unter etwas veränderter Form, die Sirangurie
wurde aar vollkommnen HarnTerhaltnag, so, dafa der Caiheier
ranläte gebraucht werden ; ich war seibat dabei , als ihn der Wand-
arat zuerst in die Blase brachte, es geschah langsam und gani
ohne Schmerz, der entleerte Harn war brann, schleimig und eir
was blutig. Da ich am folgenden Tage den Kranken sah , klagte
er über listige Spannung in der Blase, der Wundarzt, anfser der
Sladt beschäftiget, hatte lange auf sich warten lassen. Da ich
die Blase fUhlte, fand ich sie ungefähr vier Finger breit fiber dem
Schambein bervonageod, die rechte Seite der vorderen fühlbaren
Wand war gank entartet, sie fühlte sich hier gerade an, wie ein
fleischerner, mit FlUstigkeit gefüllter Sack, die linke Seite der
vorderen Blasenwand fühlte sich hingegen an, wie gew&hnlich
eine ansgedehhte Blase, also war an einer tbeilichtea hypertrophi-
schen EnlariuDg nicht zu zweifeln. Nachdem der Mann nun noch
ein paar Tage gelebt , ist es in Betinnniigalosigkeit verfallen und
dann gestorben.
Beim Schlnsse dieses Artikels wandelt mich nun noch die
Laune an, einen fluchligen Blick auf die allere Literatur zu werfen.
Wer nur etwas mit bypochondriachen und hysterischen Men-
schen umgegangen, der wird schon von selbst, ohne fremde Lehre
gewahr worden sein, dafs unter allen den Gemüsen, die solchen
Kranken eine saure Gäbrung in den Därmen verursachen, deren
Folge eine Menge Winde sind, Rüben oben an sieben. Dieses ist
■o sicher, dafs, mit Ausnahme der ganz rohen Menschen , die, wie
das Vieh , auch nicht im mindesten auf das achten, was ihnen scha-
det, mir fast alle, die ich auf den Nschtheil dieser Speise aufmerk-
sam gemacht, gleich Beifall gegeben, sagend, ihre eigene Erfahrung
habe sie dieses schon oft genug auf eine sehr lästige Weise gelehret.
Ferner; unter allen Gewürzen, die solchen Baucbkranken übel
bekommen, sind die Gewürznelken das sjehid liebste. Speisen, die
damit etwas reichlich gewürzt sind , bewirken ja in einem geaundaa
— 923 —
Magen Kcfaott eia läBti^ Aabtabea; du bnncht mao wol noch zu
fragen , waniin sich die hypochoDdriMhen gar übel dabei befinden !
Nun wollen wir etnmahl hören, was JoA. Crato, bekanntlieh
einer der besten Aerzte des secbxehnlen Jahrhundert«, (Cotuil.
107 Ad. &) Ton der Diät bei der Melancholia Aypociondriaca sagt.
Vtatur (der Kranke nümlich) eibi» boni ntcci, ut ett vitulina
rare, puili, pipione», aoet nemortUet: paluttrei osmeB, utanatety
oMfer», camea cervinai, mum, tarn tylveatrium quam domettica'
rumrelinquat: non eowumedat ßtmo macerata, tion »ahaadmodum
out eromatibuM ntperßue condita; abttineat a /egumintbua y oleri-
bu*\ rapai tarnen, beut coctai-et condita* carifQpAjfl-
lity commedere poterit u. b. w,
Sollten die Leser ann noch daran iweifeln, dafs Hüben mit
Nelken gewünt den Hypochondrischen zulrtlglich seien, so bitte ieh
sie, wohl an bedenken, dafs JoA> Cra/o Leibarzt dreier Kaiser ge-
wesen. Sollten ate feraerin dieser diätetischen Vorschrift auf andere,
ihrer eigenen Erfahrong widersprechende Bebanptnagen stoben,
■ollten sie z. B. glaabeo , die Pipione» and Ave* nemorale», zu wel.
dien letzten doch ohne Zweifel KrammelsTÖgel nnd Holzscbnepfea
geboren, verlangen, nm verdauet an werden, einen weit gesun-
deren Magen, als Hirschbraten nnd gerSnchertes Bindfleisch (vor-
ans^esetzt, dafg erster nicht von einem allen Vielender, nnd letz-
tes nicht im Schoratein za Holz aosged&rret aei); so 1)itte ieh
aie noch einmabl, zu bedenken, dafs Jak. Crato Leiharzt dreiw
Kaiser gewesen. Ein lolcher Atzt ist wahrlich ein seltener 'Vo-
^1, und schon seiner Seltenheit wegen mufs man i^m glanben,
wenn es einem gleich schwer eingehet.
Er war aber auch ein für seine Zeit recht rerstfindiger Mann,
nnd wenn er , hinsichtlich der Diät der Hypochondrisien , offen-
bar gegen die gemeine Erfabrnng spricht,, so thnt er etwas, was
■nch wol noch in unseren Tagen geschiehet. Ich habe mehr als
einmahl gesehen, dab Aerzte jungen Kindern, die eine schwa-
che Verdauung und grofse Geneigtheit zur Säureerzeugung hatten,
rorztigsweis^ Möbren zar Nahrung verordneten, obgleich diese,
nichat den Rüben, am Ipichtesien in achwacben Därmen sänren,*
und überdies den Kindern, so gut wie den jungen Hunden, un-
verdauet abgehen.
Jetzt wollen wir eine andere Seltsamkeit beäugen. Unter al-
len Gerüchen, welche bei hysterischen Weibern den Krampfan-
fall hervorrufen, stehet, nach allgemeiner Erfahrung, der Mo-
schos oben an. leb habe schon gesehen , däfs eine Jungfrau , die
wol ein klein wenig hysterisch , aber 'doch sonst eine gesunde und
lastige Mard war , ohnmächtig ans einem Conzert getragen wnrde.
Indem ich mich bei ihr, die sonst gar nicht zu Ohnmächten ge-
neigt mr, eriEondigte, was ihr denn doch Uo^heorvi begegnet
— 9J4 —
■ei, BO hSrle icb: eio« mit - allerlei lieblichen , vennoMhnbten
Geriicheo gebahamte Frau habe sich neben sie geaeut, da sei
sie 10 einen leltsameD Zustand geratben , von dem sie selbst nicht*
nacberzfthleo kdnne.
Wer Bollie nun bei dieser gemeinen und allbelcanDien Erfah-
rung darauf fallen, hysterische Weiber durch Moschus su heilen?
— Und doch siöfst man in der Slieren Literatur auf solche Ku-
ren. Rtinerut Solenander Leibarzt des Hersogea von Cleva
behandelt eine Frau, die wird von Knpfschmenen, Aufstofseo,
Coovulsionen , Schmerzen des Unterbsuches nnd Zabnknirschen
heimgesucht. Zuweilen stQrzt sie nieder, wird stamm, ihre Kino-
lade schliefst sich krampfhaft, sie zerreifst ihre Kleider, wird
auch wol mitunter ohnmächtig. —
Das waren gewifs sehr böse Zufölle; wie werden sie geho-
ben 1 Ich will es mit den eigenen Worten des Beobachters sagen:
Bewtedii» mullU /nutra facN» , superveateni mttHer quaedam vetU'
la dedit iredecim grana motcM et iotidem pulvert* »angttinii dra-
conii valgarit ex uncii* guatuor aquae fiarum aurantionim. Sona-
ta e*ty nee vnquam in poBtemm ütot dolore* perpet»a e*t. Idem
medicamentum, in timili catu a me exhibilum, Mtmper prqfvit : ex-
hibituM autem aliqmotie» (Conail. \b Sect. 4J.
Horatitu Augeniu», Professor zu Turin nnd Padua, ein Zeit-
genosse des vorigen, sagt von der Heilung der Hysterie: Nbttmm
experimenttim , quod nunquam /^ellit , eat: nt devoret moacki op-
Umi gr,-v — Cinnammomi, caryopkyllorvm , »ucia moachatae , aa
5i vitM od»ratiaaimo ditaoluta. (£^iat. 7 lib. \2.)
N'achdem wir nun gehört, was ein deutscher und ein iialiSni-
scher Arzt sagen, miisseo wir auch einen Franzosen, den Laxa-
na Riveriua hören. Er lebte bekanntlich etwas spSter als jene,
denn er ist 50 Jahre später als Solenander und ungefähr 42 spä-
ter als Horaliut Augeniua geatorbeo. Dieser hat einst eine hy-
sterische Frau zu behandeln nnd verordnet ihr allerlei gute Dinge,
als; Klfslire, ein Brechmitlei ans Vitriol und «wei Aderlässe;
sie wird aber bei dieser Behandlung bis zum vierte^Tage immer
•schlimmer. Nun fährt der Beobachter plso fort in seiner Erzäh-
lung: Quintb deanm die exkibita e*t pofio aegueni kyaferiei» con-
venientitiima. ^ moachi et aanguini* draconia aa gr. xiü Aquae
napiae |iv y. potio. Hoc remedio meutime levaia eat. At aexto
et aeptimo redierunt aymptomata. Octavo aumtit pilul. foetid. Jt
qu&tna optime purgata eat et ita hene kabuit, ut nuilia a/üu reme-
diit optt» fuerit ( Observ. 64, cent. \).
Das Moschusrezept des' gelehrten Professors von Montpellier
ist gerade das nämliche , welches etoe alle Frau der Kraaken des
Solenander gab.
Ssdeni^m tagt bekannlliGh, das Reiten sei das beste Heil-
— 925 —
miltel der Hypochondrie ; ihm haben diese Meinnog gar riete Aent«
nachgesprochea und das anfehlbare MiHel gar vielen Kranken ver-
ordnet, die sieh übel dabei befunden. Da, wo die Hypochon-
drie, ohne Urorganleiden, blofs eine im Bauehe vorwalieode Ei-
senaffektioD des GesaminiorganiBuius ist, kann man diese üebong
denen wul raihen, die diircfa den Gebrauch früher schon daran
gewöhnt sind; aber auch diesen wird das Schiitireiten besser be-
kommen als das Traben. SydenAam erklärt sich den Xutzen des
Beitens auf eine sehr luecbBoiscbe Weise; er sagt: {pag. 521^
Quae t^ta fwHctionvm pemergio, aliave arganarum naturali» im-
poteniia velßngi poleit, cui tot »uccuaiationum miiiia eodvm die
ingeminata idque svb dio, opem non altuleriti Ct^ju» calidum äuta-
tum wqme adeo d^erbueril, ut hoc motu non excitetur, et denn»
ejfferveacatf — Was die Aufregung des Calidi innati betrifft, so
habe ich , vor ungefähr 25 Jahren , mich von der Wahrheit der
Sgdenkamachen Behauplnng recht fühlbar überzeugt. Damahls
kaufte ich mir oämlkh, xnra N'oihbehelf, bis ich ein tndiligeres
Pferd fände, einen angeblich Bastardiürken. Traf es sich nun
nnglücklicherweise, dafa ein Reiter sich auf der Slrafse zn mir
gesellte und mir durch Plaudern den Weg verkürzen wollle, so
wurde der Bankert derniafaen ungestüm, nnd rührte mir mein Ca-
Udvm innatum durch seine heftigen und widrigen Anstrengungen
so derb auf, dafs in Zeit von einer Vierlelslunde mir der tSchweifs
am ganzen Leibe ausbrach. Acb! wie oft habe ich damahls an
den guten Sydenkam gedacht. Ich glaube wahrhaftig, hätte der
podagrische nnd steinsüchti^e Mann jemahls atif solch einer Be-
stie gesessen, er würde andere Gedanken vom Reiten bekommen,
zum wenigsten einen Unterschied zwischen Pferd und Pferd ge-
macht haben.
Was aber solche Hypochondristen belriS), deren Uebel von
dem Urleiden eines Banchorgana, der Leber, derMili, des Pfort-
adersystems abhängt, so dienet diesen in der Regel das Reiten
gar nicht; ja selbst die, die ihrer Geschäfte wegen reifen mns-
' sen, thun wohl, sich eines Pferdes zu bedienen, welches einen
gaps gemftcljlicben Gang hat. Die Sydeniamitche» Millta tuc-
cvtiationvm die der Trab mit sich bringt, können ihnen, beson-
ders auf einem Hartlraber,, leicht die allen Urorganfehler in Auf-
rahr bringen; und, was das BSseate ist, diese Verschlimmerung
wird sieb sehen nnjnittelbar nach demftitie, sondern den zweiten
orfer drillen Tag nachher erst recht fiufsern, wo man sie denn
gewöhnlich anderen Ursachen zuschreibt.
Solche Hypochondristen , welche nie auf einem Pferde geses-
sen, nnd solche, welche zwar in ihrer Jugend auf der Reitbahn
ein wenig im Kreise heru mgezn ekelt , später aber all ihr Lehen
Fnfsgfinger gehlieb«n sind, stebea biasiehtlich des Reitaes. offea-^
— «» —
bar in der Kntegorie der Weiber, t«d denen Sydenkau tagt, iah
ihnen diese gynioaMische Uebong nicht diene.
Dem Falle einer biob dnrcfa Retten gebeilteo Hypochondrie,
den Sydtnham enfthlt (pag. 522J, konnte tnan g:eni&ch]ich andere
Falle enIgegenBMzen , in welchen Kranke , denen ihr (Jebel durch
Tiele nndienliche Arzeeei auf den höchsten Grad gesteigert war,
blofs nnd ein»g durch g&nzliche Eothaltnog ron aller Arzoai , ohne
Reiten geheilt sind , und der Gedanke liegt einem sehr nahe , dafa
nach bei dem Si/deH&aptitcien, durch die Kunst iibel mifshandcU
ten Kranken, die ihm von dem Erzähler angerathene E^haltang
von aller Anenei wol eben so viel zur Heilung mag beigetragen
haben als das Reiten.
Znm Schlüsse raihe ich noch meinm Lesern, die, gleich
mir, gern selbst sehen und keinem Schriftsteller blinden Glaaben
schenken , dafs sie die Hy pochondriaten , denen sie vielleicht das
Reiten sa verordnen Lust haben möchten, erst einen mBfsigen
Versuch mit dieser Uebung machen lassen. Sie werden dann schon
sehen, ob selbige ihnen dienet oder nicht. Wo sie dient, wen-
det man sie sweckmSfgiger vormittags als nachmittags an, denn
sie verlangsamt selbst in gesanden Magen die Verdauong der mit-
tags genossenen Speisen; also mnfs sie in kranken Eingeweiden
die 'Verdauung mehr oder minder stören. Ich spreche hier nicht
nach einem Buche, sondern ans eigener Erfahrang; denn da ich,
bei gesunden Eingeweiden und einer schnellen Verdauung, über
fünf nnd swanzig Jahre fast tSglich auf dem Pferde gehangen und
mich erst da ich alt wurde in einen Wagen gepackt habe, so wer^
de ich doch wol wissen, welchen Einfinfs diese Bewegung anf
die Verdauung hat.
Hämorrhoiden. Bauchvollbloligkeit ist zuweilen mit Ei-
sennffeklion des Gesammtorganismus gepaarM; in diesen FBlIen
nntBt dem Kranken der Schwefel nicht, nnd reichliche Blnteot-
leemng durch Egel können ihn in grofse Schwachheit stürzen.
Erscheinen auf den Gebrauch des Eisens Knoten am After, wel-
che früher nicht da waren ^ so ist das ein gutes Zeichen und man *
kann wol die Egel versnchen ; man mufs aber nicht jnit der Thür
ins Haus fallen, sondern es erst mit ein paar Egeln versnchen.
Siefaet man, dab die Blutentleemng gut vertragen wird nnd dafs
die Knoten dnrcfa die gefinge Entleerung am zweiten oder dritten
Tage nachher eher hervortreten als verschwinden , so kann man
reichlichere Entleerung machen ; aber alles mit Vorsicht nnd nicht
übertreiben.
Mit alten Urleiden dar Bauchorgane verbindet sich auch wol
eine Eisenaffektion des Gesammtorganismus. Ist der Kranke sehen
betagt, früher nie Hfimorrboidarius gewesen, nnd haben wir kei-
mn veratBndigen Grand, di« Heilbarkeit d«| IJcor^nil^deM aa-
— »w —
sMiehman ( wie et x. B. dn Fall bei- bandgraiflidier Vwliärtaiig
der Leber, oder der Mili wol lein möchte), loiale«, weoD eich
entwedw vor, oder bei dem Gebrauche des Eisena Knateo am
After seigea, höchst miblicfa, BtotenilAeruog ans dem After darcfa
Egel IQ machen , denn in solchen Fällen kaon die Eiaenaffelttioa
blofs eine OlTenbarang der Abnahme des Lebens sein; Bluienilee-
rang wird dann nicht dazu beitragen, das Leben ku verlfingern, im
Gegentheil, sie wird es viel eher ablcürsen. Ueberhanpt sind Kno-
ten am After bei allen handgreiflichen Fehlern der Baucheingeweide
weit wahrscheinlicher Folge jener Fehler, als Zeichen einer Bauch*
Tollblütigkeit ; wer, sobald die Knoten erscheinen, gleich den
wahren Heilweg gefunden zu haben wähnet und denselben keck
und nobegonnen einschlägt , der kann übel anlaufen. — Doch , das
sind bekannte Dinge, ich will mich nicht ISnger dabei aufllaltel^
aondem dem Leser einen Versuch erzählen, den ich mit dem ^aen
an meinem eigenen Bauche gemacht.
Da ich das Eisen schon früh häufiger gebraucht als manche an-
dere Aerzie, so war es mir auch. schon damahls auffallend, dafs
Menschen, die etwas bäuchig waren, ohne gerade mastbäuchig zu
sein, bei dfm Gebrauche desselben dünner von Bauch wurden, oh-
ne an Fleisch zn verlieren. , *
Ich mochte ungeffihr 40 Jahre alt sein, "da bekam ich auch ein
wenig Bauch ; es fiel mir ein , den Versuch sn machen , ob ich mir
das Zuviel des Bauchet wegnehmen könne. Zu demEnde gebrauchte
ich den Liq. ferri muriat. oxyd., fing mit fünf Tropfen viermaht
tags an, und stieg bis zu zehn. Der Erfolg, den ich nach vieneha
Tagen apürle» war eine solche Verminderung des Bauchumfanges,
dafa ich den Rock, der mir früher ordenilich pafste, wol zwei Fin-
ger breit über einander schlagen konnte.
Einer meiner Freunde, damahls über 60 Jahra alt, deo sein
stark gewdlbier Bauch etwas hinderlich war, wünschte diesen Ver-
aach , von dem ich ihm den Erfolg an meinem Leibe zeigte , auch
zn machen. Bei ihm war aber das Ergebnifs gans anders, sein
Bauch Wurde um nichts dünner. Ich schlofa daraus , dafs die Dicke
des Bauches , wenn sie Uols von FeU herrühre, durch Eisen nicht
vermindert werde.
Da ich nun nach den Fnnfsigen anch fetter wurde , wahrsebeio-
lieb weil ich zu der Zeit um nicht ganz zn versteifen das Reiten auf-
gab und mir «inen Wagen zulegte, so fiel es mir im 598ten Jahre
ein , den vorigen Versuch za wiederholen ; nicht weil mir der
Bauch binderlich war, sondern aus blofser \eugierde. Ich wurde
jetzt gewahr , dafs das Eisen nicht mehr die bauch vermindern de
Wirkung hatte als zwanzig Jahre früher. Dafs ich jetzt fetter war
als froher, davon äbeneugt* mich die Wage; also wurde aneh
wol mehr Fett im Baoolie itadtea bU frGhir, uad diu IrDanie
doch dai EUen nicht wegnehinen.
Aber was steckt Dun eigentlich in einem Bauche, der dareh
Eisen dünn gemacht wird) Sein Umfang kaon doch uniDÖglicfa
laiader werden, oder er mufs etwai Maierielles verlieren.
Weil ich über laeinen eigenen Bauch wol am richtigsten nr-
theilea kann, wc-rde ich, mit Uebergehung anderer Bfinche, bei
denen ich das Oünnwerden beobachtet, blofa von dem uieinca
reden.
Da ich vor zwanzig Jahren den ersten Versuch roachte, hatte
ich bestimmt kein Wasser in der Banchfaöhle, denn meine Harn-
auBsonderung ist von jeher regelmäfsig, selbst schnell und stark
gewesen. Unter di^aen Umständen lainmeJt sich aber kein Was-
ser in der Bauchhöhle an, zum wenigsten sind die Fälle höchst
sehen, wo dieses geschiehetj und io diesen seltenen Mst aich
doch die Schwappnng im Bauche mit der Hand fühlen.
Eine Auftreibung des Darmkanals durch Winde konnte auch
nicht Statt finden, denn ich habe weder daniahls noch jemaMs
zu dem Orden der windigen Gesellen gehört.
Eben so wenig konnte eine Ansammlung von Speisebrei und
Darmkflh die durch das Eisen Temiinderte Ausdehnung des Bau-
ches machen, denn ich hatte, damahig sowohl als jetzt, eine
schnelle Verdaunng und regelniäfsige Entleerung; überdies wirkte
bei mir das Eisen nicht als Laxan», mithin läfst sich auch das
Dünnerwerden des Bauches nicht auf eine Entleerung des üarm-
iohaltes schreiben.
Was bleibt uns nun für eine Erklürung über j — Da ich meine
Meinung nicht ohne Anführen von anatomischen und physiologi-
schen Gründen vortragen konnte, diese aber nicht in dem mir
vorgesteckten Plane liegt, die Leser überdies einen alten Prakti*
ker wol schwerlich als sonderlichen Anatomen und Physiologen
anerkennen werden : so überlasse ich die Lösung des Räihsels de-
nen Amtsgenosseo, welche jene Ilülfsschulen der Heilkunst vor-
zugsweise üben, und ich denke, sie werden sich den Kopf des-
halb nicht stark zu zermartern brauchen.
Fehler der Menstruation. Da dag Eisen häufig bei
dem Ausbleiben des Monatlichen von den Aerzten gebraucht wird,
so würde es thilricht sein , viel Worte davon zu machen. Eine
Warnung habe ich aber meinen jüngeren Lesern zu geben. Bei
siechenden Weibern, denen das Monatliche ausbleibt, wird nur
zu oft das Siechlhum dem Ausbleiben der Menstruation zugeschrie-
ben. Es verhält sich aber die Sache nicht selten ganz umgekehrt,
das Siechlhum ist die Ursache des Ausbleibens der Menstruation,
und dies Ausbleiben und die Kränklichkeit rühren beide nicht von
einer Eiseoaffektloa des Gesanuntorgnnismns, sondern von dem
— »29 —
llrieid«n «tnea Organs ab. Ei ist rIbo dringead nöthig, dieses
arerkraok» Organ auriusoGhen and su heilen, dena nur aaf die
Weise kann man das Monatliche regeln und die Weiber gesund
macben. Eine rohe Anwendnng des Eisens kann in solchen FSU
len wol schaden , aber nicht nnizen.
Das Nichiarscbeioen der Menstraation bei jungen Mädchen
kann snweileo von einer, Eiaenaffekiion des Gesamralorganismas
abhangen und dnrch efnen mebrmonailidien Gebrauch des Eisen-
feilfl, oder des Cröci Martü aperiliti hervoi^bracfal werden.
Man siebet in solchen Fallen die siechlichen Mädchen gesund wer-
den nnd dann die Menstruation erscheinen. Hängt aber das Nicbt-
erschetnen des Monatlichen von dem Urleiden eines Organs ab,
so hilft Eisen nicht, sbndern man tnufs das kranke Organ anf-
suchen und gesund machen.
Zuweilen mag aber wol das Ntcblerscfaetnen des Monatlieben
in einer angeborenen Feblerbaftigkeit der Gebärmutter begründet
sein, nnd darauf weih ich keinen Rath. Solche Mädchen können
gesund und blühend aussehen, ja auch wirklich gpsund sein. Ob
es gut sei, sie mit vielen nnd heroischen Arseneien zu bestür-
men, mag ich nicht entscheiden; mir selbst scheint es nicht so.
Mut t erblutflufs. In meiner Jugend sollte ich einst einer
Holländerinn , die sich hier aufhielt) rom Mutierblntflnssa helfen;
ich gab ihr Alann, Schwefelsäure nnd andere gar nützliche Dinge,
von denen ich gelernt , dafs sie gut gegen diese Blutung seien.
Das üebet war aber so hartnäckig, dafs es diesen guten Mitteln
nicht weichen wallte. Da fiel es der Frau ein, ihren früheren
Arzt nm Kaih zu fragen; der verordnete ihr einen Trank, wel-
cher aus 30 Tropfen Liquor Mtypiicut (Liq. ferri muriat. oxyd.),
acht Unzen Wasser, zwei Drachmen Arabischem Gummi nnd fünf-
zehn Tropfen Mohnsafttinklur bestand. Davon nahm sie slnndlieli
einen LiSfTel und es half gleich. Die Sache gefiel mir, nnd ich
habe seitdem gar manchen Blutfliissigen durch den Liq. atypt. ge-
holfen; vermuihete aber gleich, dafs der Mohnsaft recht gut da-
bei enihehfei werden k5nne, nnd das hat sich mir nach in der
Folge bestätiget. Uebrigens mnb man nie vergessen, dafs Mut-
terblutflüsse ancb häufig von Urleiden der Baucheingeweide auf
consensuelle Art enisiefaen, in welchen Tällen das Eisen gar übel
passen m5cbie. Solche, von Leber nnd Milzleiden entstehende
MnUerblutfliisse heben sich am sichersten durch den Samen der
Frauendistel, die, welche von Umierenleiden entstehen, durch
Nierenheil mittel, als Cochenille, virga aurea, Magnet, uata,
KalkwBssec, die, welche von einer Menge saurer Stoffe in den
Därmen entstehen , durch langensalzige Mittel.
Bei frühen ^ifsf^Ilen, wo die halb gelrennte Nachgeburt
furchtbare Blnlsirirze erregt, hat mir der Liq. ferri mariai. exyd.
von allen MitlelQ di« beslea Dienste geleiitet; b^relflich kann
man hier auf gäDElichea AofhSren der Blntnng erat dann redineii,
weDD die Geblrmotter die Nachgebnrt ganz ausgestofien bau Ea
acheint aber , dala in aolchea FSlIen das Eiaea diese ADstreibaog
bfi fördert.
N&cbtiiche SantenergiefHiing. Gegen dieses Uabel.
Iiabe< ich scbon in meiner Jagend die Bestnscfaefsche NerrentiBlt-
tar nit sehr gutem Erfolge gegeben, spBter aber gelerot, daft
man mit dem eiafacfaen Jjiquor Jerri muriat, oxyd, eben so weit
Itommt. Begreiflich igt es aber nicht immer eine in den Geachlechu-
tbeilen vorwaltende EiBenaSekiioo des Gesammtorgan ismus , son-
dern bangt anch znweilen,' als consensnelle Affeklion, von dem
Urlieiden eines anderen Organs ab. So liann z. B. Blntüberful-
Inng des Pfortadersyslemes g^ofse Geilheit nnd fibermäfsig« näebt-
liche Samenergiefsangen bewirken, lo welchem Falle Blutegel an
den After, Schwefel mit Salpeter, oder Glaubersalz besser hel-
fen als Eisen.
Rbea niatismus nnd Gicht. Dais diese Uebel in vielen
Fftllen eine in den Muskeln und Gelenken vorwaltende Eisenaf-
fekiion des Gesamnitorganismns seien , dafür spriobt die wohlthälige
Wirkung des inneren und äufseren Gebrauches eisenhaltiger Mi-
neralwässer, von der ich schon als Knabe, einer solchen Qoelle
ganz nahe wohnend, Wunder gehört. Wehe dem Kranken, dem
der Arzt ein solches Uebel durch AderlnsBen, Salpeter, Queck-
silber, oder durch anlirheumaüsche Miiiel heilen will. Das gibt
eine langweilige Kur, deren Ende nicht seilen BanAlligkeii d«s
ganzen Körpers ist. Ich bediene mich zur Heilung dieses Uebelt
der Eisensalze, des essig-, Schwefel-, Salzsäuren Eisens, ohne
jedoch den Oxyden die Heilwirknng absprecheo zu wollen; jene
leisten schneller , was man verlangt , darum siebe ich sie in die-
sen Fällen den Oxjden vor.
Beim Rheumatüntu* acutu» ist das Eisen ein so schnell wir-
kendes Mittel, deffl dem Kranken die Heilung an Wunder an
grenzen scheint, und dafs sie auch wol einen Arzt, der derglei-
chen nie gesehen, stutzig machen könnte. Dafs aber auch hier,
wie beim Salpeterrheumatismus, besonders wenn der Kranke erat
spät Hülfe gesucht, das Vorwalten der Affektion des Gesamml-
organismua in dem einen oder dem anderen Theile zum Ürleiden
dieses Theiles werden könne und dann äufsere Mittel zu «einer
_ Heilung erfodere, ist wol kaum nöthig zu erinnern. Jedoch ist
dieses Urwerden beim Eiaenrbenmatismus seltener als beim Sal-
peterrheumatismus.
Das chronische Gliederreifsen, welches man mit dem Namen
der Gicht belegt, ist. wie ich schon früher gesagt, so ganz ver-
schiedeoer Art, dafs der ein wahrer Narr sein mnfs, derdabehaup-
— aji —
tet, er habe ein allgemeine« Gichtmitlel eatdeekt. Id maDcfaen,
und Ewar nicht a^lienen Fallen , ist aher die Gicht eine in den Ge-
lenken TOf wallende Eisenaffeltiion dei Gesanuntorganisinni und wird
dann , wie dieses schon alte Erfahrung gelehret hat , durch Eisen
geheilfli. Die durch eisenhaltige Mineral quellen geheilten Glieder-
^kranken sind ja durch die Bank gichtische Menschen , deondieam
akuten Rbenmatismiw leidenden sind gewöhnlich der Scbmersen we-
gen so unbeweglich, dafa sie sich zu einer aolchen Quelle nicht
leicht werden schleppen lassen.
Non mufs ich noch von einem die Gicht betreffenden Gegen-
stande sprechen. Mir ist es höehst wahrscheinlich, dafs dieses ver-
rufene Uebel in manchen Fällen consensueller Art sei und von ei-
nem Urleiden irgend eines Bauchorgana abhänge. *) Manche Ur-
baucbleiden können durch eine lang fortgesetsie milde und mKlsige
DiSt gehoben , oder doeb um vieles gebessert werden , und da wird
denn auch wol der consensnelle Gliederschmerz bessern , oder ganz
vergeben. So erkläre ich mir znm wenigsten die -alte Erfahrung,
dab Gichtkranke durch Enthaltung von allen seh w erverdau lieben ^
hitzigen , gewürzten Speisen und von allen geistigen Getränken*
blofs durch milde, einfache Nahrung auf die Daner geheilt sind.
Es sagt Ecfaon Com. Celtu»: ^uidam cum anttino iacte epoto «c
eiuineat, ■'» perpeluum hoc malvm evaterunt. Quidam cum toto
anno a vino, mul$o, venere libi lemperiuient, aecuritatem totiuM
vilae coH»ecuti sunt. (Lib. 4 eap. 2iJ Paulv» Aegtneta sagt (pag.
307 '")J : Sißeriqueaty vinipoiua ex toto devifandn». Noh pau-
co» equidem novi, gut ab hoc solo in totum abatineHte» , OMfiM mor-
ba levati ntnt. Alii namgue in morbi co^fettim txordio prortut
conva/uerunt : alii vero in potteru» rariti» et atinu» gravibu» acce»-
»ionuM doloribui vexati sunt etc.
Im 16, Jahrhundert hat bekanntlich Joh. Crato die Gicht durch
strenge Diät und den Gebranch der Milch geheilt. Im 17. Jabrhun-
*) lIoheillMrB Fehler der BaMhein^eweide kKniea siebt Maft Seknenwa der
Nervenilämine dar Extremitlllei) , odar der Hukeli, oder der Gelenke, Mo-
dern Hcb , ia . leitnerea Füilan , eiae ful •chnenloee Verdrebang der Ge-
leoke bewirken. Ich kcDna eioe Fna, die scbon seit mehrcD J>hr«n an ei-
nein dnnklsn , acbwer za beitinimendeD Bnacbübel leidet ( wafancheinlieh iil
CS .eine Verengang id eiprm Orte der Dbiindärma). Dieser find jetzt di«
Baliwirkel i» nach vorn gekrBinnt, dafi ibr Kino nur dem Broatbeiim rshet,
dl« Finger beider Hände ao verdrehet, dara ais, nmfiiUf , Gabel oder LEffei
ZQ baltea , lieb mori fSttam lauen , die Fälka in den Knüebelgeleiiken der>
mafieo eiowärtg getogen , dafi lie, wäre du Gehen mtiglicb, anf den üatfe-
ren Rniicliela gehen mürste} lie bat nie Gieblicbinerzen febabt. Im Sanimer
1837 iah ich auf Belglacbem Gebiete eine Frai, die da« leibbarie fibaabild
der beachriebenen war.
"} Pauli Atginttat Mediei imttgmii apat divinum ilc. Albano IMa» ritoiu-
retai iatmrprtte Bmtl. XWX. '. GoO'jIc
ii- -^
— 932 —
dert Mliri«b der Headiehe Leibant Dolämt ein Icleioet Bncb , du
hat den pomphaflen Titel : TVactaftf« hovui , mmnquoM amteiae edf-
ttu , de fnria podagrae laete victa et mitigata , propria experie»-
tut com»criptKt. Hier führt er noch drei andere SchriftMeller ao,
die angeblteh von dem nftmlichen Gegenatand handien, nämlich:
/. G. Gnüelim, J. Saeh» und J. G. WaltUchmidt. Von diesen,
dreien kenne ich nur den Waldichmidt; wenn aber das, was er
über die Gicht geechrteben, nicht klüger ist als seine nngesaixenen
Itutitutione* wtedicinae rationalü, so begehre ich es nicht tu lesen.
Ancb kenne ich noch einen Fransoien, den Nicol. Cke»item, der '
von dieser Heilung der Gicht, ftia von einer im 17. Jahrfanndert be-
kannten Sache spricht (06$erv. pag. 391 J. Sein Buch liat aber
einen ziemlichen Anstrich von Albembeit.
Doch nicht blofa Enthaltung von Wein , nicht blofs Milch-
trinken , sondern überbaupt ganz magere , sparsame Difit mnli
wel die Gicht inweilen heilen- können , denn Joh, Crato schreibt:
f' Conti?. 21 iii,4J Friineüciu Alexander, Medicut de Frtmcite»
Peekio tcnAit, eumjam qninquagemaröim uorbo articulari gravüer
mffectum totü annit viginii tum' incliuum fuine , tixüae uutem
t»la aqu» et pane. Ea diaeta , bett^ficia naturme materiam a^
nmptam, et motu et exercitio artieui»» ade» roboratot , ut libera-
tu» mttllot unqutiM dolore» podagricOB »euterU. Ex quo per»piciam
eit, immaderationem in victu kuju» morii guoMt matrem «tte.
Den reichlichen und anhaltenden Genufs des Weines sehen
die Aerzte als eine Ursache der Gicht an. Es ist aber doch selt-
sam , dafs die Menschen ant Rheine , wo der Wein häufig und
tlglich geimnken wird, von der Gicht, so viel ich gehört, nicht
mehr heimgesucht werden als die Bewohner solcher Gegenden,
wo kein Wein wSchst. Q.üarin sagt auch: (Animadvert. prac*.
pag. 267 J Butiici Moiitri et pfeift, loiie* vino addo aiutentet pod-
agra vix corripiUMtur. — Was soll man nan sn diesem Wtdu^
Spruche sagen! In WeinlSndern Irinken die Menschen durch dio.
Bank junge nnd unverraischte Weine, in Ländern, wo kein Wein
w&chst, trinken sie meist vermischte.
Es ist möglieb, Üafs die Meinung der Aerxte, hinsichtlich
der gi cht machen den Wirkung des Weins, blofs auf die vermisch-
ten, gebrauten, von Verderbnifs künstlich geheilten, nicht aber
auf die unvermisditea pafat. Jedoch mufs ich gestehen, dufa ich
mehre Leute gekannt habe, die, ganz ohne Auswahl, von der
gemeinen Weinjanche tSglich eine grofse Menge verschlangen und
dieses nnausgeseizt bis zu einem ziemlichen Alter trieben, ohne
' je von der Gicht Anmahnung zu bekommen. Der in meinem en-
geren WickoBgak reise von Gicht und Nierenstein am schlimmaten
geplagte Mann hatte von jeher mfifaig gelebt, nnd trank, so lan-
ge ich ihn gekannt, blofs Waaaer, oder Dünnbier.
— 933 —
Hüftweh. Ich habe ■cboa im vorigen Ka|tiie] gaiiagi, dafs
bei weitem der gröfate Theil der Kranken, welche ich gesehen,
an einer Krankheit dei Hüftnerven, ntchi an einer des Gelenke«
oder der Gelenkkapsel gelitten. Dafs dae tJebel häufig eine in
dem Hüftnerven Torwalteade Eisena&ektion des Gesaromiorganis-
mns >ei, labt sich nicht bexwetflen. Ich bediene mich, wenn
die Umstände es arlaubeD, gern des Liq. J'erri »uriat, oüfryd.,
weifs aber recht got, dals auch andere Ei senprH parate helfen,
wiewol etwas langsamer als jener Liquor.
Als idi zuerst in einer Zeitschrift die Empfehlung des kofa-
IcDsauren Eisens gegen das besprochen« (Jebel las, nnser Zeital-
ter also den alten verachteten Gefaeiruilrxten mühselig nachhinken
sah, da wandelte miofa ein gewisses spotllustiges GeffihI an. Die
Meinnag aber, dafs die Vermehrung des Schmerzes durch ftufser-
lichen Druck eine Entaündung des Nerven bezeichne, lasse ich
auf ihren Werth beruhen , bemerke jedoch Folgendes dazi^ Wenn
die Vermehrung des Schmerzes durch änfierlichen Druck auf ein
krankes Organ , die tUitsündung dieses Organs bewiese, so würde
es ganz unerklärlich sein, wie bei acbmerzbafien Darroleiden, wo
zuweilen der Bauch für den ftufseren Druck ausnehmend empfind-
lich ist, man also, von jener Meinung ansgehend, ru B»leritii,
oder Perüanilü denken müfsie, ein paar Lößel eines sweckmä-
ftigen Darmheilmiiiels diese Empfindlichkeit für' die Berührung
hebea kennen. Ich sollte doch nicht denken, iah Enteritü, oder
PeritomHü sich so schnell wegzaubern liefsen. Wenn wir aber
anoh die Meinung , dafs die Vermehrung des Schmerses durch
Druck eine Enizündung des HUfinerren oder seiner Scheide be-
zeichne, als wahr annehmen wollten, so würde doch daraus
noch keine richtige Anzeige für die Behandlung zu entnehmen
sein; denn so gut es «itznndete Mandeln, entzündete Lungen,
entzündete Augen gibt, die nicht durch BInteniziefaung , Queck-
silber, oder Salpeter, sondern dnrch Eisen geheilt werden, so
'gut wird es anch wol entzündeie Huftnerven geben, welche ein-
zig dnrch Eisen sicher geheilt werden.
Da dieses Uebel unter den chronischen ein sehr gemeine« ist,
ich nicht blofs viele Menschen behandelt, sondern auch geheilt
habe, so will ich denen meiner Leser, welche noch wenig £r-
fuhmog in diesem Punkte haben, alles, was ich weifs und waz
ihnen dienen kfinnle, ganz ehrlich mitiheilen. Die, welche mehr
davon wissen als ich, werden es mir wol zn gute hatten, wenn
ich der Verständlichkeit wegen Dinge berühren mub, die ihnen
so gut bekannt sind als mir.
Im vorigen Kapitel habe ich schon gesagt, dafii das Hüftweh
zuweilen als blofses Vrleiden des Nerven auftreie and dafa ich es
in diesem Falle mit Zink geheilt. Ferner, d9&_es nicht ^sdl«a
— 934 —
all conunsnelles Lndeo, von dem UrleiJea eines anderen Or-
gans abhängend, nur durch Heileo des urergriffenen Organs ge-
beilt werde. Dies setz« ich also als bekannt voraus, und spre-
che jelzt blols von der im Hiiftnerven vorwaltenden Eisenaffekliou
des Gesammlorgani Sinus. ') .
Das Uebel erscheint gemeinlich unvermuihet , ohne Vorläu-
fer, zum wenigsten ohne solche, die der Arzt, oder der Kranke
deuten konnte. Erkundigt man sich aber genau bei solchen Men-
schen, welche einer möglichBt volllcommenen Gesundheit genie-
fsen , milbin am besten sich jeder kleineren Abweichung von dem
gewohnten Nonnalen erinnern , so wird man durch die Aussage
derselben sich überzeugen, dafs das Uebel allerdings sich durch
kleine Trübungen des Gesundheitgefühls eine Zeit lang vorher
ankündigeL In der Verdannag, im Schlafe, in der Ausdauer
körperlicher Anstrengungen äufsern sich solche kleine Abweichun-
gen vom Gewohnten. Sie sind aber so klein, dafs, wie gesagt,
niemand sie als Vorherverkundiger des Hüftwehs verstehen kann.
Rohe Mensi^en , die gar auf ihren Körper nicht achten , und kränk-
liche, die nie das volle Gefühl der Gesundheit haben, braucht
man aber nach solchen Dingen nicht zu fragen.
Der Anfang des Uehels ist zweifach. In einigen, jedoch den
wenigeren Fallen, wird gleich der Hiiftnerv ergriffen. Gemein-
lich fühlt der Kranke bei einem Tritt, oder beiih Auf- oder Ab-
fiteigen einer Treppe, oder beim Niedersiizen auf einmahl ein
eigenes, widriges, mäfgig schmerzhaftes Gefühl, von dem er be-
hauptet, es habe sich gerade so geäufsert, als sei ihm eine Sehne
veraprungen. Dieses schmerzhafte, das Gehen mehr oder minder
behindernde Geliihl, kann in der anfänglichen Geringigkeit lange
fortbestehen; es kann aber auch so schnell zuoehmen, dafs der
Ergriffene nach vier und zwanzig Standen schon ganz nnfShig
zum Geben isL
In den meisten Fällen aber f^ngt das Hüftweh zuerst als Len-
deoweh an, und letztes entstehet scheinbar durch eine Bewegung
beim Treten, N'iedersilzen b. s. w. ; auch hier sagen die Leute,
•B müsse ihnen wol eine Sehne verapmngen sein. In den Fällen,
*) Ui btltf ei rdr maina Pflicht, hier dea Jüpgcren AmtigenoHcn eiae kleine
Wiranng za gebeii. Früher habe ich ichoa aar die nble Lage, woria
bei gastriacb - epidemUcfaer Conilitotion sieli «chirtngere Weiber befinden, tnf-
merksam peinaobt, und vonSflieli dinnf, dafi Kreakbeitea, walebe fräber
oder ipäler nach dar Kiederknart aubrecfaen , iiüafl; vbd eiaem mibrand dar
SehwaDgeracbift darcb di« apidemiaclia Conttitnüsn miftiK DerührtaD Bancbor-
g«na ■bbaa^eo. Jetzt bemerka ich nach inabeiondere, difa lach du Hüftweh,
welebei zDweilan, fröber oder apüter, nieh der Niederkaolt erscbeiot, gar
leicht au iolchen Groade entiprinst, i*h Mo jeder lich wol h&tcD mag,
■■ dieaen Falla laiehtslnnig; du Biieo n rdohen. Hier icbafft die Tiaktar
d«i FraaeodlatelMmab* ticfaüiar Hälfe.
- 935 —
wo du [.endeDWeh wirklicher Vaiboihe des HSfiwehe« int , bnbe
ich M fast immer schDell zunehmen sehen. Die Leute gehen sehr
mShsain, gebückt, mit steifem Rücken, oder sie Bind xum Ge-
ben, ja za all« Bewegung des Rumpfes unfähig.
Es stehet mir vor, bei einem alleren Schriftsteller gelesen
IQ haben , man könne dem Hüftweh in diesem ersten Zeiträume
durch ein Laxirniiitel den Pafs abschneiden. Die Erfahrung ist
wahr, (ich habe es selbst mehrmahls versucht ) dafs man das neue
Zjeodenweh dadurch zuweilen rertreiben kann ; ob aber aus diesem
Lendenweh Hüftweh würde geworden sein, läfst sich doch nicht
mit Gewifsheit behaupten , zumafal , da auch Menschen , die schon
mebrmahls vom Hüftweh heimgesucht waren, ein Lendenweh be-
kommeo können, welches, ohne zum Hüfiweh zu werden , in eini-
gen Tagen von selbst vergehet.. ^
Der jüebergaug des Lendenwehes in Hüftweh macht sich nicht
immer auf einerlei Weise. Zuweilen geschiehet dieses inner-
halb Eines Tages, oder Einer Nacht; der Rücken ist frei und
das Leid sitzt im Hüfinerven. In anderen Fällen geschiehet die Ue-
bertraguDg langsamer. Der Rücken wird in einem Zeiträume von
vier oder fünf Tagen nach und nach besser, und je nachdem die-
ser bessert, wird der Hüftnerven nach nnd nach krank. Znwei*
len kann, wenn diese Uebertragung geschehen ist, auch wol noch
später eine rückgängige, jedoch nnvollkommne Uebertragung
Statt haben, so, dafs der Schmers zum Theile wieder ans dem
Hüftnerven in den Rücken wandert. Diese Uebertragung war aber,
so oft ich sie beobachtete, unvollkommen, denn der Schmerz
blieb, obgleich minder, im Hüfinerven, und die Aflektion des
Rückens änfserte sich mehr durch Steifheit der Muskeln, eis
durch eigentlichen Schmerz. Ich sah auch diese Halhübertragnng
fast nie länger als einen Tag bestehen. Was die AfTektion des Hnft-
nerven betrifft, so kann der Schmerz anfönglich zuweilen sehr hef*
tig sein, sich durch die äufsere Seite des ganzen Fufses verbreiten,
und nicht blofs bei der Bewegung, sondern auch beim rubigen Lie-
gen den Kranken martern. Die Stellen, wo er sich gewöhnlich an-
fsert, sind: der Trochanter, oder die Mitte des Schenkelbeines,
oder der äufsere Theil des Knies, oder die Gegend über dem Sufse-
ren Knöchel. Er ist meist ziehend und nagend, selten blitzend; je-
doch habe ich auch Fälle beobachtet, dafster wie elektrische, oder
Blitzschläge durch denXerven icbofs und deuKranken zum Schreien
nöthigte. Seilen währet aber dieser Zustand .des heftigen Schmer-
zes lange, and in den wenigsten Fällen ist er so stark. Gewöhn-
lich bat der Kranke beim Liegen wenig oder keinen Schmerz, aber
wol bei der Bewegung und beim Sitzen. Einige können auf der
kranken Seite liegen , anderen ist dieses schmerzhaft. Bei einigen
äufsert sich nachts zu einer gewissen Zeit, ohne äufsere Veranlas-
■ung, der Sehnen an irgend einet Stelle, ond di« Stelle, welche
er einmahl gewählt, beaocfat er gern wieder. Gern erscheint er an
der Ruf§eren Seite de> Unierachenkela über dem Knöchel, ziehet
sich aber mehr nach dem Schienbeine als nach der Wade. Un-
ertriglich ist «r eben nicht, aber es kommt dem Kranken doch
so vor , als nagten Mäuse in dem Fnfse , nnd das Nagen treibt
ihn BUS dem Uelie.
Anränglich ist mit dieser Krankheit des Hüftnerven eine grö-
fsere oder geringere Steifheit der Schenkelmaskeln verbunden, diese
ist aber nur Nebensache; sie kann verschwinden und sie verschwin-
det gewöhnlich schon frnfa, ohne dafi die Affektion des HSftaer-
ven deshalb der Heilung nSher gerOckt wfire. In diesem Zeiirau-
ine kann jeder den Unterschied swischen Bhenmatismus der Mus-
keln und dieser Nervenkrankheit recht anschaulich erkenoeo. Hier
liegt t. B. der Kranke aof dem Polsterbetie; erstehet ohne Mühe
auf und gehet ein-, sweimahl, rasch wie ein Tansmeieter durch
dits Zimmer, Ihr sehet nicht die allermindeste gestörte Bewegung
seiner Muskeln. Aber, heifst ihn nundrei-, vier-, funftnahl auf-
und abgehen , so werdet Ihr sehen , dafs sein luftiger Tansmei-
stergang zum wahren Krfippelgange wird« und dafs sein anfäng-
lich gleichgfitiiges oder heileres Gesicht den Ausdruck des vertial-
teneo Schmerzes und grofser Unbehaglichkeit ausspricht.
Der Schmers , der durch fortgeseute Bewegung herrorgebracbt
wird, ist ein eigener ziehender und lähmender. Das letzte Bei-
legewort verdienet er mit allem Bechte, denn wenn der Kranke,
ihm trotzend , sich hartnäckig am Gehen hält, so I&oft er Gefahr,
gleich einem Gelähmten niederzustürzen. Legt er sich nach einer
solchen Anstrengung nieder, sn währt der Schmerz in der ruhi-
gen Lage widrig ziehend, aber nicht mehr lähmend, noch eine
längere oder kürzere Zeit, und diese Zeil richtet sich nach der
vorhergehenden Anstrengung. Ist z. B. der Schmerz durch ein
nehcmahliges Auf- und Abgehen im Zimmer veranlafst, so kann
er im Buben nach zehn Minuten wol verschwinden. Ist aber das
Hüftweh so weit beseitiget, dafs der Kranke beim Probegehen
das lähmende Gefühl nicht mehr bekommt, oder doch nur in ei-
nem solchen Grade, dafs er demselben trotzen kann, und er wan-
dert dann ein oder anderthalb Stunden, bald sitzend, bald ge-
hend, Geschäfte beschickend, oder Freunde besacbeod in der
Stadt herum , so kann , wenn er sich hernach aufs Bnbebelt legt,
der ziehende Schmerz bei einer Stunde anhalten.
Bei dem ersten Entstehen des Hüftwehes ist etwas Fieber vor-
handen, welches sich nur bei reizbaren Körpern und grofsen
Schmerzen durch vermehrten Pnisschlag, bei alten nber durch ei-
nen gewissen Grad von Unbehaglichkeit im gansen Körper offen-
baret-
— 937 —
Der beste Beweis jedoch, dafs das Gefühl des sllgemeineti
Krankseins selten beim Hüftweh Statt habe, wird wol die Bemer-
kong sein, dufs ich selten nnter der geringen, ja unter der mitt-
len Volksklasse im Beginne des Uebels zum Helfen nafgefodert
werde, sondern nur dann erst, wenn es in ein acht oder vier-
zehn Tagen nicht von selbst hat weichen wollen. WSren die Leute
rnm Anfange an ordenillch fühlbar krank, so würden sie wol
gleich Hülfe suchen , wie sie es bei akuten Krankheiten thun.
Es gibt von diettem Uebel leichte, bald und ohne Knnsthülfe
sich heilende Fftlle, wie es deren bei allen Krankheiten, Pest
and Cholera nicht ausgenommen, gibt; wer aber an diesen das
Heilen lernen wollte, der würde spSter finden, dafs er in einer
schlechten Lehre gewesen.
Ich sali die Kranken schon in drei oder vier Tagen von selbst
genesen; ja ich kenne genau einen Mann, der, eine Wegstunde
von seinem Wohnorte entfernt, pI5tslich ein so schmerzhaftes
Leiden des rechten Hüftuferven bekam, dafs er, nni nicht bei
fremden Leuten Hegen zo bleiben, mit grofaer M8be sein Pferd
erkletterte und nnter grofaem Schmerz im kleinen Schritte nach
Hause ritt. Hier angekommen, mafs er auf den Abtritt, und
nach der Bauchentleerung erfolgt ein Blutergufs aus dem After,
der, nach ungefKhrer Schäizang, kaum einen Efstoffel voll beträgt,
and sieh«! da er vom Abtritte zurück ins Wohnsimmer hampeln
will, wird er za seiner grofsen Verwunderung gewahr, dals der
Schmers his anf die leiseste Spat verschwunden ist. Dieser Mann
war damahls jung and gesund, und halte nie die geringste An-
uiahnung von Hämorrhoiden gehabt.
Die Zeit, in der man das Hüftweh, welches nicht so gefäl-
lig gewesen , von selbst zu vergehen , heilen kann , ist sehr un-
bestimmt. Ab sich ist es, wird es nicht durch die Kunst ver-
trieben, ein sehr langdanerndes Uebel. Es kann ein Jahr und
langer währen; ja ich habe Leute gekannt, welche zwar Hülfe
gesucht, aber nicht gefunden, die von der heilenden Natur'lang-
sam wieder zurecbt gebracht, noch nach anderthalb Jahren, so-
bald sie lange stillstanden , ein lähmende« Gefühl im ganzen Fufie
und ein solch widriges Ziehen über dem Sufseren Knöchel spür-
ten, dafs sie genätbigt waren, sich za setzen.
Die längste Dauer eines heilbaren Hüftwehes, die zn meiner
Kenntoifs gekommen, war reichlich sechzehn Jahr. Die Frau,
welch« so lange daran gelitten, halle vergebens die Kunst meh-
rer Aerzte in Anspruch genommen , nnd eben so vergebens ein Pa-
riser, ziemlich tbeures Geheimmittel versuchl. Endlich aber wur-
de sie gebeilet nnd konnte ihre lang gebraochte Krücke weg-
werfen.
Durch welches .Mittel wurde sie gebeilt, werdet Ihr fragvo.
— 938 -
w«r(he Leaer! wer war 4er kundige Meiner, der diem veiJEhrte
Uebel zu bändig«* venuiNdt — Acb! — es war einsig unsere Lehr-
meuierinn die Natur. — Abennahla könnlet Ihr lu mir sagen :
Du, der du ketserisch die tchnlgerechte Kunst bekrittelst, der du
die Natur als deine einsige Lebrerinn ansieheat , der du uoe , die
wir lehren und achreiben, nur in ao fern so achten sdieinst, alx
wir treue Dolmeischer der GeheimsprDche dieser Cumfilscheo Sy-
bille aind, hast deoa Du deiner angeblichen Meisierinn ihr Kunai-
stSck nicht abgelauscht j — Wahrhaftig, liebe Am'.sgenossen! ich
habe es ihr abgelauscht, aber, — ich kann es ihr leider nicht
nachmachen. Die Selbsiheilung dietea veralleleo Uehels erzähle
ich jedoch weit belehrender in einem anderen Kapitel; hier führe
ich nur den Fall als den ausgezeichnetsten hinsichtlich seiner
Dauer an.
Wenn du Hüftweh, ohne Vermischung mit einem Urorgan-
leiden, alt reine Eisenaffektion des Gesaramt Organismus auftritt,
ao heilet eg sich, mag es sur Zeit, wo man sum Heilen aofgefo-
dert wird, lange, oder minder lange. bestanden haben, in knner
Zeit, das heifst, in einer Zeit, die mit der, worin es die Natur
heilet verglichen, kurz au nennen ist; denn eine, zwei, drei Wo-
chen sind, denke ich, doch eine kürzere Zeit, als zwei, drei, oder
sechs Monate.
Ob nuD jemand in Einer Woche, oder in zwei, oder drei ge-
heilt werden wird, daa läfst sich ao genau nicht vorhersagen, leb
habe Fälle, die mehre Monate a't waren, in der küneaten Friii,
und andere, die neu waren, in der längeren geheilet.
Hinsichtlich der Behandlung mnfs man ein neues, noch oicbt
ausgebildetes Hüftweh, von einem älteren, oidentlicfa ausgebilde-
leo unterscheiden, weil jenes einige besondere Vorsichtigkeilen er-
fodert. Befindet es sich nämli«^ noch auf dem Punkte, wo ei
Lendenweb ist und wo die Uebertragung des Schmerzes auf den
Hüftnerven beginnt, so kann eine consensuelle Berühriheit der
Bauchorgane, insonderheit der Leber dabei Stau haben ond der
Kranke über bitteren Mund, Blähungen und Anfstofsen klagen. In
diesem Falle gebe ich mit grofaem Nutzen, ja zuweilen wahrhaft
heilend, einen Trank von einer halben Unze gebrannten Bilier-
salzerde, ein Scrupel, oder eine halbe Drachme fl. Zinci und acht
Unzen Wasser, nod lasse den Kranken stündlich einen Löffel da-
von nehmen. Wirkt dieser Trank gleich nicht immer heilend, so
macht er doch den Bauch frei, die Kranken fühlen sich darauf
behaglicher und, wie sie sieh gewöhnlich ausdrücken, von Herzen
gesund. Siebet man nun, dals die Steifigkeit der Rückenmuakeln
nachläfst und das Uebeb seine wahre Form angenommen hat, ao
kann man den Gebrauch des Eiaens beginnen.
Hier mula ich aber etwas einscbaltea. Wenn gleich, nach
meiner BeobBchliing; xn sprechen, das Hüftweh' in den allerselien-
slen Ffillen salpetrischer Art war, ao kann doch die epidemische
Conatitotion xu einer Zeit so geartet sein, dals sie anischlierslich
Sa) p eierkrank heiten erzeugt. Unter diesen Umständen würde ich
jedem rathen, beim neuen Hüftweh, wenn bestimmte Zeichen der
Eisenafiektion fehlen, znerst den kubischen Salpeter als ErkeA-
nungBDiittel su versuchen. Es ist besser, drei oder vier Tage der
Sicherheit der Erkenntnifs anfxuopfern, als die ganze Krankheit in
die Wirrd m bringen. — Ferner ralhe ich jedem, nicht aus den
gastrischen Zaßllen gutgl&nbig auf ein Urleiden der' Leber zu
schlieliien und die Affektion des Hnfttierven als von diesem. con-
sensiiell abhängig anausehen. Die gastrischen Zufälle , die man
zuweilen gewahret, sind meist consensualler Art ; ich habe sie, so
viel ich mich erinnere, nie gesehen, als im ersten Zeitranme, wo
das Hüftweh noch Lendenweh, oder wo letztes ito Begriff war,
sich in erstes za verwandeln. Wird, man aber erst dann zum Kran-
ken gerufen, wenn der Hüfinerv schon ordentlich ergriflen ist, so
braucht man nicht viel Vorsichtigkeiten zu beobachten. Glaubt man
nämlich überzeugt zu sein, dafs man es mit keinem consensaellen
und mit keinem Urleiden des Hiiftnetven zu ihun hat, so kann
man das Eisen gleich gebend Ich habe schon oben gesagt, dafs
ich mich des Liq. »typtici bediene und , mit einigen Tropfen an-
fangend, bis zu zehn für die Gabe , viermabi tags, steige. Jedoch
können Umstände eintreten, die auch einen dreisteren Gebrauch
rechtfertigen ; denn es gibt Menschen, welchen dieses Mittel in stär-
keren Gaben gm thut, indefs solche, die reizbare Därme haben,
von zo reichlichen Gaben Uebelkeit, Bauchschmerzen, oder Durch*
fall bekommen. Folgenden merkwürdigen Fall habe ich einst in
hiesiger Stadt erlebt.
Ein kleiner, Ackerscbaft treibender Bürger, der das Hüflweb
angeßhr zehn Tage gehabt haben mochte, sprach meine Hülfe an.
Er hatte den Schmerz zwar nicht im höchsten Grade, aber doch so,
dafs er unfähig zu seinen Geschäften war and das Bett hüien
roufste. Ich verschrieb den Liq. »typt.^ viermabi tags mit sechs
Tropfen anzufangen ^nd bis zu zehn zu steigen. Am folgenden Ta-
ge besuchte ich ihn, und er kam mir, von seinem Schmerze ganz
befreiet, in der Thür entgegen. Ich war erstaunt, liefs mir aber
mein Erstaunen nicht merken, sondern ging gleich zum Tische,
wo das Gläschen mit dein hiq, »iypt. stand. Dieses fand ich
leer. Auf meine Frage: ob vielleicht jemand die Tropfen verschüt-
tet habe, sagte er, nein, er habe sie ehrlich genommen, es seien
verzweifelt rafichtige Dinger; er liebe aber solche Arzenei, von der
man fühlen könne, wohin sie komme. Ich bemerkte ihm, er habe
denn doch die TrOpfen etwas reichlicher genommen als ich es ihm
mändlich gesagt und alt auf dem Zettel der Flasche geschriebfiit
stehe. Weil er aie aber ^t veriragen und sie ibiu tod dem
Schmerz geholfen, sei aa dem Mifsvemändnifs nichts gelsgea.
Er veneizte darnnf: am vorigen Tage habe er sich gerade
eines Dnaufschiebbnreo Bedürfnisses wegen in die. Scheune ge-
schleppt and sich den Augenblick vor meiner Ankunft wieder ins
Bett gelegt. Der Schmers sei dnrch diese Bewegung so heftig anf-
geregt gewesen, dafs er nnmöglich anf meine Ansiegong habe ach-
ten können. In der Zuversicht) die Tropfen wurden ibm helfen,
habe er auch, von Schmers gepeiniget, nicht lange den Apoiheker-
Eeitel gelesen, sondern nach Gutdünken d^von in eine Tasse Was-
ser geschüttet, nnd weil er gemerkt, dafs ihm diese Art des Ge-
brauchs keinen Schaden gethan, sei er dabei geblieben.
Er halte wirklich eine ganze Unsa Liq. »typt, innerhalb rier-
nndzwanzig Stunden verzehrt.
Unter der arbeitendea Klasse, der es begreiflich sehr hinder-
lich ist, durch scbmershafie Leiden von ihren GeschKften abgehal-
ten zu werden, trifft man nicht selten Menschen, die die Arzenei
in ungemessener Menge verschlucken. In dem crsSblien Falle war
nun freilieb wenig daran gelegei^^ aber in solchen Füllen, wo ge-
rade von einer geringen Gabe der verordneieu Arcenei das Heil
zu erwarten ist, mnfs man der Art Ledien nie Tropfen verschrei-
ben, sondern die Taggabe mit Wasser z» einem Tranke machen,
dann können sie doch nicht gar zu toll Über die Schnur hauen.
Ich fragte noch den Liebhaber kräftiger Arzenet, ob er ancb
ein widriges Gefühl im Banche von den Tropfen verspüre. Er ant-
wortete r das gerade nicht; aber er sei so pustig, aU habe er sich an
starker Kost überfressen. — Das glaube ich gern, denn ob ich
gleich selbst einen guten, gefälligen Magen hnbe, so sind doch
fünfzehn Tropfen Liq. »typt, das IlScbste, was ich, ohne mir wi-
drige GefBhIe zn erwecken, anf ein Mahl vertragen kann.
Uebrtgens haben mir mehrmahls Menschen ans der arbeilen-
den Klasse, von denen ich verraotbeie, dafs sie die Tropfen etwas
reichlich nShmen, von dieser Pusiigkeit gesprochen, jedoch bat es
bestimmt keiner zu einer solchen Meisterschaft im Einnehmen ge-
bracht, als der besagte Mann.
\acb einem ungeHlhren Ueberschlage kommt es mir vor, alz
habe Ich weit mehr Männer als Pranen am Hüftweh bebandelt,
und ebenfalls nach allgemeinem Ueberschlage kommt es mir so
vor, als habe ich weit öfter den linken, als den rechten Hflftner-
ven ergriffen gesehen. Buch habe ich freilich nicht darüber ge-
hallen, denn wenn man sich in der Praxis alles Bchilftlich bemer-
ken wollte, würde man wol, bevor man zu den Funfzigen gekom-
men, eine ganze Pferdefracht Schreiberei haben. — Wer einniahl
das Hüftweh gehabt , der wird Leicht mehrmahls davon ergriffen ;
nicht deshalb, weil das Uebel seiner Natur nach ein perioillicbea
— 9ii —
I weil die Affisktion aller Organ« (diaie mag grarlst
■ein, wie »ie wolle) eine Geneigtheit der Organe %a derselben
Krankheitaform ziirünklar«. Wer einmahl ein solchea Leid ge-
habt, der kann es dnrch eine Veranlaaanng wiederbekommen, durch
welche es eia anderer nichl bekommt, üo kann z. B. der, der
einmabl das Ilüriweb gehabt, ea durch- ein einfaches Fieber wie-
derbekommen, bei welchem jeder andere nur etwas schmerzhaftes
Ziehen in den Füfsen klagt, leicht, gar leicht durch ein Wecbsel-
fieber, aach wol durch ein gastrisches, öder Gebirnfieb«r. Man
mnfs lieh aber hei l.eibe nit^t in den Kopf seilen, als sei das
nach Jahren wiederkehrende Hüftweh mit dem früher erkannten
imd geheilten imnter gleiohartig. Das kann es allerdingt sein, aber
es kann anch eben so gut gans ander« geartet sein. So kann es s. B.
jetst eine im Hüfinerren vorwallende Eisenaffektioa des Gesammt-
orgaaisinns, über vier oder fünf Jahre bei seiner Kfiekkefar ein Ur-
leiden des Hüfinerven, nnd Gemahls bei eiaer knnftigen Rfiek-
kehr ein consensnelles Leiden des HüFtnerven sein. Man niub
also jedesmafal die Sache genau untersuchen, wenn man helfen
will.
Ich habe Ttermahl in meinem Leben selbst dieses verdammte
Leid gehabt, bin aber jedesmahl mit einer acht, oder sebniägigen
Haft davon gekommen, ohne Jedoch nach aufgehobener Haft zum
Tanzen, Springen, oder anderen Turnübungen sonderlich geschickt
gewesen 2u sein, vielmehr mufs ich gestehen, meine Geschäfte mit
Unlust beschickt zu haben.
Bis jetzt habe Ich blofs von dem Hüftweh gesprochen, welches
eine reine EisenaSektion des Gesammtorganisnins ist. Nicht im-
mer ist es aber so rein geartet, bisweilen ist es vermischt, tbeils
mit chronischen Organleiden, theils mit o«nen epidemischen. Will
man den Leuten helfen , mnfs man nothwendig auf diese Vermi-
schung Acht haben, sie erforschen and sie beseitigen.
Hinsichtlich der chronischen Organleiden, mache ich vorzüg-
lich aufmerksam aof Leber und Milz. Wollte man aus der Seile,
deren Hüftnerr ergriffea ist, auf eine Krankheit eines dieser Baucb-
o^ane schliefsen, so würde man die Wahrheit bei weitem nicht
in jedem Falle treffen. Zuweilen verhSlt sieh die Sache ganz um-
gekehrt, leb habe gar- oft den linken Hoftnerven durch ein Ur-
leiden der Leber affizirt gefunden, und io seltneren FSllen den
rechten durch ein Urletden der Milz. Bei grofser' Schwierigkeit
der Erkenotnib, wo man, von allen Zeichen verlassen, die Artung
der Krankheit blofs durch Probemiitel erkennen mnfs, also am
ersten und liebsten auf das probet, was am wahraebeinlichsteo nnd
schnellsten zur Heilung führt, ihut man immer am besten, sieb
zuerst nach der erkrankten Seite zu richten.
Man mnfs si£h aber ganz den rohea Gedanken aas den i(<Me
— 9« —
pfe iicfalagen, bIi ob blofs handgraiflidie Leiden dieier Orguie
solche consentneila Hüftnervenberührtheit Teruriachten. Nein !
Dein! diese handgreifliohen Leiden bewirkea sie gerade am »el-
tensten. Jene geheime, von den meisleB Aeraten nnbeacbtete Be-
rilbnheit der Organe, die sieb oicbt darch «chtbare und füblbare
Stdfung der Verricblang der berührten Organe selbst, gondern in
gar manchen Fällen einsig durch conflensnelle Leiden anderer Or-
gane offenbaret, «ie ist es, aaf welche wir Tonüglicb unser Aa-
gedmerk richten müssen.' So habe ich mehrnabls eine Leberbe-
rühriheit mit dem Hüftweh verbünden gesehen, die sich einzig
durch goldfarbenen Harn, and in anderen Fällen Milxberührtheit,
die sich einsig durch blassen, ungleichen, bald klaren, bald weifs
absetzenden Harn , sder durch leise , nur blickliohe bacuslrengige
Mahnnngen dem Beobachter verdächtigte. Beachtet man solche mit
der Eisena Sektion des Gesammtorganismu« vermischte Organbe-
rühnheiten nicht, oder kann man sie bei der gänzlichen Abwesen-
heit aller, auch der leisesten Zeichen nicht beachten, so wird man
während der Behandlung der Krankheit auf folgende Weise den
Mifsgriff gewahr. i{ei dem Gebrauche des. Eisens wird das Hüft-
weh minder, aber es verschwindet nicht gans, oder es verschwin-
det bis auf einen kleinen Best und dieser will nicht weichen ;
nebst dem durch anhaltende Bewegung aufgeregten Schmerz bleibt
noch ein gewisses Mifsbehagen im Körper zurück; oder das Hüft-
weh verschwindet ganz, erscheint aber nach einem ein- oder zwei-
stündigen Gange wieder eben so, als es vor der Eisenkur war.
Hat man neu anfangs nicht an eine entferntere Organberühnheit
gedacht, oder bat man, wegen Abwesenheit aller Zeichen, als Ver-
standesmensch das blofs Mi>gtiche nicht beachten dürfen, so ist
es jetzt Zeil, entweder das durch Zeichen erkennbare kranke Or-
gan zn heilen, oder das durch keine Zeichen sich verralhende
durch Probemittel aufzusuchen. Sobald man 'dieses findet nnd es
heilet, heilet man auch dadurch gleichseitig den kranken Hiift-
nerven.
Jetzt wollen wir noch kürzlich von der epidemischen Organ-
berübrlheit sprechen, welche sich taii einer im Hüftnerveo vor-
wattesden Eisenaffektion paaren kann. Zu einer Zeit, wo solche
Krankheiten der Oigane als Urleiden derselben landgSngig sind,
liegt wol jedem Arzte der Gedanke nahe, dafs die epidemische
Urorganberfihrtheit sich mit d^r als HUCtweh offenbarten Eisenaf-
fektion deff Gesanimtorganismus paaren kjünne. Allzeit verhält
sich dieses freilich in der Wirklichkeit nicht so, denn ich habe
zu den verschiedenen Zeiten, da Leber-, oder Pankreas-, oder
Gehimleiden landgängig waren, Hüftwehkranke, behapdelt, welche
einzig durch Eisen geheilt wurden, ohne dafs auch nur die ge-
ringste Stockung in dem FoiUchceilen der Bessentag, bei mir den
- 943 —
Verdacht einM TenniMbieD Krankheiiuastandcfl hfitte aafkoinmea
laasen. In anderen Fällen aber habe ich eine solche VermisehnD^
da , wo ich iie nicht geabnet, wahrgenommen , das heifit , prak-
tisch wahrgenommen; ich habe.n&tnKcb da, wo in der durch Ei-
sen bewirkten Besserung eine Stockung eintrat, das Eigenheilmit-
tel auf dns landgängig erkrankte Organ, entweder gleichzeitig mit
dem Eisen, oder, wenn des letzten schon genag gebrancht war,
allein gegeben, und niclK selten überraschende Heilung gesehen.
An mir selbst machte ich «inst einen dahin eimchlageaden
VersDch, dessen Erzählung wohl nicht ganz unbelehrend sein mag.
Im Jahre 1828 litt ich am Hüftweb. Durch Eisen stellte ich mich
so weit wieder her, dafs mir niemand mehr etwas anmerken konn-
te. Ich selbst konnte aber nur su gut gewahr werden, dalii nicht
alles war, wie es sein mufste; tbeils fühlte ich noch Schmera,
wenn ich ein paar Stunden, methe Geschäft« beschickend, in der
Stadt herumgegangen war, und mnfste mich aufs Sofa legen, nm
den Schmerz verschreinen zu lassen, tbeils fühlie ich auch eine
leise Trübung meines Befindens, welche sieh nicht durch Mangel
an Efslust, durch schlechte Verdauung, durch nnruhigen Schlaf,
oder durch andere sichtbare StSmng der gewohnten GesnntUieil,
sondern durch eioe gewisse Sehnsucht nach Rohe olfenbarie. Die
deutlichste Veränderung in meinem Befinden war, dafs ich nachts
ungewöhnlich lange schlief. Bin ich bei vollkonunner Gesnndbeit
um zehn, halb eilf eingeschlafen, so wache ich nm halb vier, oder
vier auf und mein Haupischlaf ist abgeiban. Jetzt schlief ich ganz
mhig, ohne aufzuwachen, bis sieben Uhr, und würde gern noch
länger geschlafen haben, wenn meine Geschäfte es erlaubt hätten.
Es kam mir wahrhaftig so vor, als sei ich zurück, in meine Kind-
heit versetzt, wo es mir hart ankam, um sieben Uhr aufznstehn.
Solch eine Veränderung in der gewohnten Weise eines Menschen,
wenn sie gleich ohne krankhafte Gefühle sich zeiget, bedeutet ge-
wöhnlich nicht viel Gutes.
*Da ich nun^ oft genng bemerkt, dala epidemisch« Orgaobe-
ruhrtheit einen guten Theil der davon Ergriffenen nicht eigentlich
krank macht, sondern nur ihre Gesundheit ein wenig trübt, so kam
ich auf den Gedanken, ob aoch mein widerspenstiges Hüftweh wol
znra Theil von einem solchen epidemischen Einfiusse abbangen
mächte. Damahls herrschten Krankheiten, die ich für ein Urlei-
den des Plexu» coefiaci ansah und mit Biitermaodelwasser heilte.
Es war also eben kein grofses Wagnifs, dieses Mittel zu versu-
chen. Da ich schon bei drei Wochen Eisen genug gebraucht, die
Besserang, die es bewirkt, offenbar stillstand, so war es unver-
kennbar, dafs mein Üehel keine reine Eisenaffektion sein konnte.
Ich liefs also das Eisen ganz fahren, nahm täglich eine Unze Bit-
ter man delwasaer in getheilten Gaben, und — wie ich diMM drei
— 944 —
Tag« gaibnt, war der Rest melQM Hfiftwahn ganz Tenichwanden.
Nur var noch nSthig, di« Prob« auf die Kur su luaehen,* dasn
bot tich gleich eine treffliche 6e)egenhei(.
Ich wurde gebeten, ein« kranke Frau in einem swei Weg-
aiunden entlegenen SUtdicfien zu besuchen, und sagte meioen Be-
such beatimnit auf den 26. Januar zu , denkend , ich würde den
Weg gar gemichlich in meinem Wagen machen. Das ging aber
ganz andere aie ich dachte. Da ich beitimmt hatte, mit dem Ta-
ge ansEDfahren, kam mein Kutscher eine Stunde vor Tage mir
ankündigen, es eei die Nacht ein solch höllisches Wetter mit Sturm
und SchneegestSber eingetreten, dafs er nicht wisse, wie er durch
den an sieh garstigen , mit liefen Gleisen durcbeohaiilencn , jetst
verschneiten Weg ohne Unglück kommen solle. Ich stand auf, und
nachdem ich mith von der Wahrheil seines Vorgebens übersengt,
verging mir selbst die Lust zum P&hren. Ich ver'abachpne es nfim-
lich , einen Weg zn Wagen zu machen , auf welchem Ich jeden
Augenblick fürchten mufs, entweder umgeworfen zn werden, od«f
den Wagen zu hreeheo, oder die Pferde lahm zn fahren. Ich eat-
schlofs mich also kurz und gut eine Probe auf meinen Hnfinerven
zu machen und zu Fnbe su gehen.
Nachdem ich meine, wegen dieses Unternehmens sehr besorg-
te Gattion beschwitihtiget und zu ihrer Beruhigung ei nge williget,
den Kutscher mitzunehmen, wiewol ich nicht recht begriff, woza
er mir dienen sollte, machte ich mich mit dem Tage auf den Pfad,
vermied auf einem Umwege durch Holzung einigermarsen den
Starm and die SchDeewell<fli , und machte schon die Bemerkung, die
ich mehrmahls gemacht, dafs solch wüstes Wetter sich im Hause
hinter dem Ofen viel unfreundlicher ansiehet, als es wirklich ist,
wenn man sich darin befindet. Ich legte selbst mit Vergnügoo den
Weg bis zum letzten Viertel zurück. Da lag nun aber ein unbe-
Rchütztes, unvermeidliches Blachfeld vor mir. Den lief zugeschnei-
ten Weg EU halten, War nnmägUch, also mufste ich zur Seite Über
die gefrorenen Ackerfurchen, die hohen Schneewellen vermeidend,
in einer Schlangenlinie wandern. Der Sturm, mir entgegen, war
so stark, dafs- er mich n^thigte, mit vorgelegtem Leibe gegen ihn
anzakümpfen. Es bedünkte mich, als kSme ich fast nicht vom
Flecke, als würde ich wol eine Stunde Zeit gebrauchen, um diese
halbe Wegstunde zurückzulegen. -Das Gefühl des Menschen nufa
aber sehr tfiuscfaend sein, denn da ich nnter dem Thore des Städt-
chens auf meine Uhr sah, Wurde ich zn meiner Ueberraschung ge-
wahr, dafs ich nur fönf Minuten lünger als gewöhnlich auf dem
Wege zugebracht, und diese fünf Minuten konnte man reichlich
auf das Vermeiden der Schneewellen rechnen. Die Leute, zn de-
nen ich kam und die gehört hatten, ich sei etwas unwohl gewe-
sen, wunderten steh hafs, da sie den beschneiten Wandersmann ein-
— 945 —
trMeo sahen; ti» behanplelen , nach eio«r aliea Sprechweise, es
lei ein Wetler, dafs ein ehrlicher Mann keinen Hund hinaus-
jagen würde. Ua die Haasfrau aber wirklich meine Gegenwact
nötfaig halle, so liela ich die guten Menschen dabei, dafa ich, blofi
als Mann von Wort mein Versprechen aifiillend, mich diesem Un-
gemache uusgeseizt, und sagie ihaen nicht, dafs ich sugleich die
Absieht habe, ein Experiment auf meinen Nervun itchiadicum
zu machen. Hinsichtlich des Hundes hatten sie aber wirklich
Recht, es war mir auf. dem gansen^ Wege weder Hund noch Katxe
za Gesicht gekomniea ; heim Heimgänge begegneten mir die er-
sten lebendigen Geschöpfe, ein paar Holzsäger mit verhülllen
Mäulern.
Wie ging es mir nun nach diesem Strauisel — Gut, recht
gut, ich ßhlie nicht das mindeste Ziehen im Hüfinerveo und war
jetzt von seiner voUkommnen Genesung überzeugt.
Ein Gang von ein paar Stunden über Land ist die beste Pro-
be auf die Heilung; ist diese nicht gründli«^, so fühlt man hinten-
nach ein widriges Ziehen im Nerven, ist sie aber gründlich, so
kann man wel müde werden, wie jeder andere* aber man Hihlt
nicht, dafs man einen Nervum itchiadicum hat. Notbwendig ist
es eben nicht, einen solchen Probegang in Starm und Schnee zu
machen; ich hätte ihn auch lieber bei gutem Weiter gemacht,
aber es fugte sich so, dafs es gerade sturuiie und schneiete und
dafs ich der KranLen meinen Besuch bestimmt zugesagt.
Ich habe im dritten Kapitel, von dem Hüftweh handelnd, ge-
sagt, dafs ich von der Erkrankung des Hüftnerven nie Folgever^
krüppelung gesehen, mir also einst eine durch das lange Verhar-
ren in der nämlichen Stellung krumm gewordene Frau eine auf-
fallende Erscheinung gewesen. Was ich dort gesagt, gilt begreif-
lich nur von Eiwachsenen ; von Kindern würde die Behauptung
gegen die allgemeine Erfahrung streiten. Verharren diese lange
in Einer Steliong, so wird ihr Knochengerfisl gar leicht versdio-
hen; manche im Wachsen i>egritfene M&dcheo verkrüppeln ja ani
Stickrahmen, manche Knaben am Schreibtische. Je jünger die
Körper, je leichter wei'den sie verkriippell. Auch junge Kinder
kann ein körpeilieher Schmerz an eine gewisse Siellung banncii
und dadurch ihr Knochengerüst theilicht verschoben werden; die
Erkrankung des Hüfinerveo ist eine Veranlassung Kur Verkruppe-
lung, die man nicht übersehen darf. Ob die chronische Entieun-
dung und Eiterung im Hüfigelenk, deren Folge theiltchte ZersiB-
rung des Gelenkkopfas und Exartikulaiion ist, in manchen Fällen
nicht ursprünglich von einer Erkrankung des Ilüftnerven abhänge,
will ich nich (uoteraachen. Auf Etwas, welches ich nber nur in
einem einzigen Falle beobachtet habe, mub ich jedoch meine Le-
ser anfmerksaiu iiiachea. ,
Wenn bei einer am^seichnet schmenhafieD Erkr«Dkniig des
Hüfinerven der HchmerE durch dienliche Mitlei gehoben isl , so
kann ein Zusland in den Muskeln überbleiben, der einer onvoll-
Icommnen Lähmung sehr ähnlich ■cheinr, im Gninde aber wol nicbta
anderg sein wird, als eine blofs verändene Form der Hüftnerveo-
erkrankung. Ich Bchliefse diesei daraus, weil diese scheinbare
Lähmung dem fortgetieizten Gebrauche des aäralicheo Mittels weicht,
welches den Schmerz gehoben hat. Wena nun ein Kind nach be-
■eiligiem Schmelz lange in der nämlichen Körperslellnog verhar-
ret, so kann, je nachdem die Stellung sich dasn eignet, nicht blofs
eine Verschiebung der Lendenwirbel, sondern auch eine alliuSh-
Irge mechanische Exartikalaiion des Schenkelgelenkkopfes die Folge
davon sein. Darnm ist es nSihig, nach beseitigtem Schmers die
Aeltera za ermahnen, dafs sie das Kind nicht in der nämlichen
Stellung sitzen lassen, uiMi am wenigsten in einer solchen, wodurch
die Exartiknlaiion könoie veranlafst werden. Folgen sie der Er-
mahnung nicht, so können sie sich die Verkrüppelnng des Kindes
selbst zuschreiben. Uebrigens habe ich mich durch den Einen Fall
öberzengl, dafs eine solche allmShüg bewirkte mechanische Exar-
tiknlaiion ein weit anderes Oitig ist als die durch Gelenkeitemng
bewirkte. Leiste ist sehr genihrtieh, niemand kann sich für den
Ausgang Terbiirgen ; erste ist ohne Gefahr. Bei dieser ist das
Kind weil, weit früher befähiget, schmerzlos, obgleich hinkend m
gehen, eis bei jener. Bei dem durch Gelenkeiierung theilicht zer-
BtSrtcn Gelenkkopfe ist das schmerzlos« Gehen nnniöglich« bevor
nicht die Xatur Hie Rauhigkeit des exnrlikulirien Gelenkkopf lestea
abgeglättet hat, wozu jedenfalls Zeit gebort. Bei der allmähligeit
mechanischei) Exanikulaiion ist der Gelenkkopf glatt, mithin kann
er sich weit gemächlicher Platz auf dem Hüftbeine machen, ond
gerade wegen seiner Glätte mufs die ßeföbigung, zwar hinkend,
aber doch schmerzlos zu gehen, weil früher eintrete»-.
Scoibnt. Es mufs wol xwei verschiedene Arten dieses Ue<
bals geben, den See- and den Landscoibut. Ich schliefe das
darans, weil, nach den Reiseberichten der Seefahrer, das scorbn-
tische SchifTsvolk am Lande blofs durch den Gebrauch frischer
Nahrungsmittel geneset. Nun kann aber jemand, der immer auf
dem festen Lande gewohnt und frische, gesunde Kost gegessen
hat, vom Scorbut ergriffen werden; ich meine also, dafs dieser
Scorbut anders geartet sein müsse als jener.
Vom Seescorbnt weifs ich nichts zu sagen, denn ich habe nie
die See Iwfahren , aber vom Laadscotbut bebanpte ich mit Be-
atimmiheit, dafs er in der Gegend, wo ich die Kunst übe, »Dter
den chronischen IJebeln eines der seltneren ist. Wollte man alle
die Leute für scorbuiisch halten, die wegen des geschwollenen und
blutenden Zahnfleisches sich selbst dafür ansgebao, so würde man
— 947 —
eine grobe Uoerfahrenheit v^rrathen. Dieser Zufall ist in weit
den nieisien Fsllen ein Snlichea Leiden des Zahnfleisches, oder
hangt von der Krankhaftigkeit einer oder mehrer Zahnwurzeln ab.
Der ecbie Laodscorbnt , der sich durch Mattigkeit, Schmers der
Beine, grofse, blaue, nicht scharf amschriebene Flecken, stinken-
den Athem, geichwoUenes, bläuliches, blutendes Zahnfleisch und
durch mehr oder minder dunkel geßrbten, laugensalsigen Harn
offenbaret, ist ein ganz anderes Ding. Wird hier dem Kranken
nicht durch zweckmftfsige Mittel geholfen, so mufs er verderben.
Jn den einzelnen FSllen, die ich beobachtet, schaffte das Eisen
CTinct. ferri acet.^ oder /i^. »tgpt.) nicht einbildischen , sondern
augenscheinlichen Noizen, nnd beförderte die Heilung weit rascher,
als ich dieses früher je durch SHuren und sogenannte Antücoriu-
iica gesehen.
Mit dem Scorbut scheint die SchwSrzung einzelner Glieder
ein wenig verwandt zu sein. Sie ist mir aber sehr selten vorge-
kommen; den leizfen Fall habe ich vor neun Jahren behandelt.
Hier war die äiifsere Seite des rechten Ober- und Unterschenkels
so glänzend schwarz, als sei sie mit Pottloifa gefärbt. Uebrigens
war der Mann mit keinem anderen Zeichen des Scorbnts behaftet,
sein Harn jedoch laugensalzig. Anf den Gebranch des Liq. »typt.
veränderte die schwitze Farbe in die violette, diese in die natür-
liche Hantfai'be. Uebrigens war der Kranke einer von den iBg-
lichen Branntweinsäufern, der auch seinem schwarzen Beine zti
Liebe das Saufen nicht wird nnferlassen haben.
Näher mit dem Scorbnt verwandt scheint die Fleckenkrenk-
heit zn sein, die ich Sfier in meinem Leben gesehen habealsden
wirklichen Soorbut. Die Flecken, die ich gesehen, waren bei ver-
schiedenen Kranken verschieden. Bei einigen klein, wie alte Floh-
eticbe ohne Hof, dunkel violett, oder ganz schwarz, entweder mit
acharf nmschriebenen Rändern^ ot|er gezackt. Bei andern von ver.
schiedener Gröfse, die kleinsten wie Linsen, die gröfsten wie der
Nagel eines Fingers, ihre Gestalt nnregelmSlsig mnd, ihre B4fnder
scharf abgescbnilien, ihre Farbe schwarz. Bei dem gröfsten Thei-
le schien, nach dem Ansehen zn schliefsen, die Verbindung swi-
schen Oberbant nnd Schleinihant nicht verändert zu sein. Bei
zweien war aber eine krankhafte Veränderung dieser Verbindung
sichtbar, denn wenn sie sich nur ein wenig an die Flecken siie-
fsen oder rieben, so schälte sich die Oberhaut ab und es erfolgte
Blutnng. Eine einaige Fran habe ich gesehen, die mehre Flecken .
anf der Zunge halle; weil hier durch das Käuen die Oberhant von
den Flecken abgerieben wnrde, blnlele ihr beständig der Mund.
Uebrigens sind Blatnngen nicht immer mit dieser Krankbeitaform
verbunden; ob sie entsieheii, oder ausbleiben, hängt vom Zufalle
ab. Am iMtigslen ist die ans der Nase, sie kann wirklich den Arst
— 948 —
in Verlegenheii sefcen, und man mag wol jedem raihen, glaicb
aafSnglich eraathafle Mafsregela *a ergreifen.
Die Fälle von Fleckenkrankbeiti die mir vorgekommen, aeit
icb mich zu der gelieimärztlichen Heillehre gehalten, habe ich
mit /jtff. itypt., oder essigsanrem Eisen geheilt. Frfiher bedieuM
ieb mich einzig der Sohivefeliäore; die erste Behandlung ist aber
der letalen weit vorzuziehen, nicht hlofs weil sie die Heilung g«-
achwinder bewirkt, aondern deshalb, weil manche Menschen anr
nngero eine solche Menge Sfiure verschlucken, als zur baldigen
Heilung nöthig ist.
Die Heilung geschiehst folgenderniafien. Zuerst verschwin-
den alle krankhafte GefGble, wozu man besonder* das der Mattig-
keit rechnen mufs, bei manchen auch die vermeintlichen Rheuma-
liimen. Der Harn, war er lauge nsalz ig , welches er bei einem
tiemliflh hohen Grade d«i Uebels wol immer sein wird, wird erst
nenlral und dann sauer. Hinsichtlich des Veracbwindens der Flek-
keo findet aber ein grofset Unterschied Statt. Bei einem geringe-
ren Grade der Krankheit acheiitt das BInt blofs in solche Gefafse
gedrungen zu sein, welche im gesunden Zustande VtAa roihes Blut
fShrvn. Dadurch werden kleine Flecken gebildet, die, violett, oder
■chwarv, wie die gewShnlicben Petechien beim I'eiecbialßeber ao»
aeben. Diese Petechien vei^ehwinden gleichseitig mit dem Besser-
werden des ganzen Befindens. Fs scheint also, dafs das Blut nnr
in solche kleine Gefftfse gedrungen ist, die bei der Besserung des
ganzen krankhaften Zusiandes ffthig sind, es zur Gesammiblnl-
masae nuf eine mir freilich unbekannte Weise zurückzubefordern.
In-anderen Füllen scheinet das BInt in noch feinere Gefifse,
. und zwar in solche gedrungen zu sein , welche bei der Besserung
des ganten Krankheitzustandes, Tenuüge ihrer Organisation nicht
beiUhigei sein können, es geradezu zur GesammtUalmaase znrück-
znbefördern. Ich achliefse dieses aua der Beobachtung, dals solche
Flecken nicht verhalilicb mit der Ruckkehr der Gesandbeil ver-
lebwinden, aendern später wie BlutuoterlanfuDgea durch die Ein-
sangnng.
Uebrigens habe ich bis jetzt noch nia eine Fleckenkmnkbeit
mit rotbes Flecken gesehen, mnfs aber wol glauben, dafs die von
einigen anderen Aerzien behandelte mit Att von mir eben be«cbrie-
benea nicht gleichartig gewesen sei ; denn icb habe ja in neuer Zeil
gelesen, dafs einer sie mit Glaubersalz, ein anderer mit Calonel
will geheilt haben. Wahrlich! ich hätte meinen Kranken weder
das eine, noch das andere geben mögen.
Man tagt, der Warb- kaemorr, mac, sei ohne Fieber. — Nun*
solche Behauptung kann wahr und auch unwahr sein, je nachdem
der Begrifi* ist, den man sich vom Fieber macht, and einen be-
sünunten kaan wol keiner haben. Dafs eine AÖektioa des Ge-
— 9i9 —
■ainmtorgHDismaB, die sich durch die beschrtebenen Keioben oSeii-'
baret, ohne roancherlei krankhafte Gefühle Stalt babea könne,
Iftfttt sich nicht wol denken; ob sie aber gerade aof das Schlag-
adergyatem den irstlichea Fingern fühlbar wirkt, das hfingt von
dem eigenthäntlichen Grad« der Reizbarkeit dieses Sjatems in dea
rerschiedenen Körpern ab, und der ist bekanntlich in veracbiede-
nea Körpern sehr rerschieden.
Ein einziges Mahl und zwar in früheren Jahren hatte ich dia
seltene Gelegenheil, die Enisiehung der viuletten Flecken mit mei-
nen Augen zu sehen. Ein fast noch kindisches EdelfrSulein war
auf einer Reise, ein wenig unwohl, von so starkem Nasenbluten
befallen, dafs die Malter einen Arsi zti Hfilfe rufen muffte. Gleich
nach ihrer Rückkehr, da ich mich gerade anderer Geschsfte we-
gen im Schlosse befand , mufste sie sich ohne erkennbare Veran-
laasnng erbrechen; die Anstrengung des Erbrechens bewirkte au*
genblicklich den Ansbnich unsihliger violetter Flecken am Halse,
die sich hinsichilich ihrer Form und Farbe in gar nichts von den
gemeinen, kleinen, violetten Petechien des Faul- oder Petechial-
fiebers unterschieden. Absichtlich verweilte ich noch etliche Stun-
den , um zu sehen , ob sie vielleicht eben so von selbst vergehen
würden als sie gekommen. Sie blieben aber und verschwanden
erst nach etlichen Tagen nebst dem geringen Unwohlsein, welche«
schon vor dem \asenbluien sich gezeigt, bei dem Gebrauche der
Schwefelsäure, die ich daroahls noch in solchen Fällen to geben
pflegte.
Diese Beobachtung ist in pathogenetischer Hinsicht sehr merk-
würdig; sie zwingt uns gleichsam, über den Unterschied der vio-
letten, schwarzen und der rothen Flecken nachzudenken. Ich über-
lasse das aber dem Leser, da es aufser meinem Plane liegt, mich
in Bloche Erörterungen einzulassen.
Die Leser werden jetzt, auch wol erwarten, dafs Ich vom Pe-
techialfieber ein Wort sage. Ich habe dieses aber seit vierzig Jah-
ren epidemisch nicht beobachtet, und es seildeui nur ein einzige«
Mahl , lange bevor ich die geheiniSrztlicbe Lehre kannte , in der
Hütte eines armen Mannes gesehen, kann also aus Erfahrung nicht
von der Wirkung des Eisens bei demselben sprechen. Was mich
früher die Erfahrung von diesem bSsen, ansteckenden Fieber ge-
lehret, will ich weiter unten, wo ich von den dem Eisen verwand-
ten Mitteln sprechen werde, vortragen.
Wassersucht. Diese ist in manchen Fftllen eine reineEi-
senaffektion des Gesammtorganismus, welche in den Nieren, die
aussondernde Verrichtung derselben störend, vorwaltet; in ande-
ren Fällen ist sie nicht rein, sondern niil dem Urleiden eines Or-
gans gepaarel.
Zuerst werde ich von der reinen Eisenaft'ekiion iprecben. —
„,,,_„,,,, Google
— 950 —
Em itt mir häohit wabnobeiolich , dab dins Wauwsncht blofx
TOD einem Vorwalten jener Affektion des GesamnitorgBoisinaB ia
den Nieren abhängt, nicht von einem Vorwalten in den einsan-
genden, oder auahaucbenden Gefftfsen; xam wenigsten ist Letxtee
nicht das Gewöhnliche, sondern man mafa es blofs als Ausnabnae
Ton der Regel betrachten.
Die Erkenntnifs der durch Elsen beilbaren Wassersucht ist
mweilen kinderleicht, suweilen schwieriger. Leicht ist sie da,
wo die Langensalaigkeit des Ilarnes die Art der Krankheit offen-
barel, schwieriger da, wo der Harn nicht diese gesundheitswidrige
Beschaffenheit liat.
In Fällen, wo die Harnabsonderong sehr gering und der we-
nige Harn sehr trübe und braun ist, Ittfst sieb zuweilen aus dem-
selben der Zustand dea Getammtorgaaisnua übel beurtheilen ; hier
kann nämlich das Lackmufxpapier Sfturc anzeigen, und d.ese Pro-
be dennoch falsch sein. Um aur richiigea Benrtheiluag an gelan-
gen, gibt es ein kleines Kunsutück, Avelches zvioi nicht allzeit,
aber doch oft glückt. Man mufs xuerst ein gutes Nierenmiitel rei-
chen (die Goldruibe, oder die Cochenille); dieses vermehrt nicht
selten die Harnabsonderung , und wenn man dann den Harn un-
tersucht, kann man ihn laugensalzig finden, da man ihn, während
er in unbedenlender Menge ausgesondert wurde, sauer gefonden.
Ich kenne den Menichenleib nicht so' genau, um diese Sonderbar-
keit erklären in können; genug, dafs ich weifs, man kann znwü-
len auf diese Weise gemächlich zur Erkenninifs gelangen. Man
hat bei der Probe zugleich den Vorlheil, dafs man sich überzeugt,
ein Urleiden der Nieren sei nicht vorhanden. Bei einem Urleiden
dieser Organe helfen nämlich die Nierenmiitel allein; vermehren
sie aber bei einer in den Nieren vorwaltenden Eisenafiektion die
Harnabsonderung auch etwas, so hat diese gute Wirkung keinen
Bestand. Wer das nicht kennt, der glaubt, sobald er die Harn-
absonderung vermehren siebet, er habe gewonnen S^iiel, hemacb
wird et gewahr, dafs die vermeintliche Besserung stillsleht, er
uehei dann wol, dafs er sich geläoscbt, weil* aber nicht, woran
das Ding hakt.
Ferner erinnere ich auch noch an den Probegebrauch des Na-
trons, oder des Ammoniums, wovon ich früher, bei Besprechung
der mit einer Ureisenaffektion gepaarten Leberkren kheit schon al-
les gesagt, was nach bei der Wassersucht anwendbar sein möchte.
Ich bediene mich zur Heilung der Wassersucht entweder der
esaigsaaren Eisentinktur, oder dea Liq. »typt. Der Harn 'wird,
war er anfönglich trübe und dunkel brenn, zuerst klar und braun,
dann gehet die hranoe Färbung durch die Schaltungen von Hell-
braun, Dunkelgelh, Hellgelb, Goldfarbe in das Strohgelbe über.
Die Meagevermehrung hSit gewöhnlich gleichen Schritt mit dieser
— 951 —
FarkenveränderuDg. Wo aber vor dem Utsbraucbe de« Kinens die
Farbe des Harns voQ der gesund beilsgeiuäfsen wenig abwich, (voll-
koininen gesundheitag^mäfs trifft man sie seilen bei reinen Lisen-
affektionen) kann, man sieh allein durch diu Vermehrung von der
HeUuirknng des Eisens überzengea.
Da, wo der Harn stark laugensalzig ist, wShrei es jedoch su~
weileo Kleinlich lange, ebe er seine Säure wieder annimmt. So
laege diese Umänderung suni Normalen noch oicht ge^behen ist,
kano man, war» auch alles Wasser entleeret, nicht sicher der
gründlichen Heünng seiu , sondern man iiiuf:! das Ei:i«n , bis sich
diese Umfindemng gemacht, fortgebrauchen lassen.
In manchen Fällen geschiehet die Suurung des Harns in we-
nigen Tagea; ich erinnere aber absichdicb an das Schwierigere,
damit sich niemand täusche, und glaube, er könne den laugensal-
sigeo Harn jederzeit in drei oder vier Tagen sauer machen.
Wenn vor dem Gebrauche des Eiüens der laugensalzige Harn
nicht trübe und dunkelgefärbl, sondern nur ein wenig trübe, oder
selbst klar und weiCi ist, so mufs man daraus nicht schliefsen, die
Eisenaffektion sei dem Grade nach geringer, als da, wo der Harn
dunkelbraun und loorasiig ist; ich habe zum wenigsten eine sol-
che Uebereioslimmuag der Harnfarbe mit dem Grade der EiseO-
affekiioo im Allgemeinen eicht beobachtet. Schwarten Harn sie-
he! man ftufaerst selten, und wo man ihn zu sehen glaubt, wird
man sich wol in den meiüien Fällen ditrcb Zugiefücn von Was-
ser überzeugen können, diifs er nicht wirklich schwarz, sondm-n
ganz dunkelbraun ist. Wirklich, schwärzlich geßirblen habe ich
nur ein einziges Mahl gesehen. Er war vollkommen klar, stroh-
gelb, mit einer schwarsen Schauung, als sei ei» wenig Diote
darunter gemischt. Dafs diese sobwärzUcbe Färbung nicht tou
der Unreinigkeit des Hamiojjfes herrührte, davon überzeugte ich
mich hinlänglich. Er blieb, mehre Tage so, verlor dann bei der
fortschreite öden Besserung des Kranken die schwärzliche Färbung
und wurde sauer, da er früher scbwachluugensalzig gewesen war.
Einen seltenen Fall von Bauchwassersucht habe ich einst hei
einer armen, aliea Frau beobachtet. Sie halte, nebst der Bauch-
wassersucht und gesehwoUeaen Füfsen, schwarse Flecken auf der
Haut, gerade so, wie die gröfseren beim Morb. katmorrhag. mac.
zu sein pflegen. Ich wollte ihren Harn untersuchen, hatte aber
das Lackwiifspupier vergessen, warf also ein Slückchea Kupfer-
vitriol, welches ich zufällig bei mir führte, in das Glas, worin
man den Harn geihan. Dieser brauste so heftig dadurch auf, dab
ein gutes Theil über den Hand des Glaces lief; es erzeugte sich
hernach ein grüner Niederschlag.
Durch den Liq. »typticu» genas diese Frau; die schwar-
zen Flecken standen aber noch auf der Haut, da durch die ver-
-- --^#
— 952 —
mehrfe HBrnabsondentng Bancb ond Ffilse achan entleeret waren.
Der Harn nafam gani angewohnlioh ipit aeiae S8nre wieder an. ■
Jetzt wollen wir von der aus einer Ureiaenattekiion des G*-
aainmtorganiainuB und ans eioem UrorganleideO' gemischten Waa-
sersuclit sprechen. Diese ist im Allgemeinen weil schwieriger zn
erkennen und zu heilen als die einfache, von der wir bis jeiat
gehandelt. Ein Arsl, der gern prophezeiet, kann, durch die
anfangliche gtile Wirkung der Mittel geiSnscht, Versprechnngen
machen, die er zu halten nicht im Stunde ist; darum rathe ich'
wohlmeinend jedem, nicht zu viel zn versprechen. Ea ist aber
ein grofser Unterschied zwischen den Organleiden; einige sind
neu, andere all. Zu den neuen gehören vorzüglich solche, wel-
che von epidemischen Einflüssen erzengt sind. Machen diese nicht
bettligertg, so wird auch keine Hülfe geaiiobt. Der davon Er-
griffene, heilt ihn nicht die Natur, pflegt gewithnKcb eine Zeit
lang XU siechen, bekommt knieen Aihem, fShh JiernBch Span-
nung des Banches, endlich schwellen ihm die Ffifse. Nun erst
kommt ihm das Ding unheimlich vor und er gehet zum Arste,
Findet man in solchen Fällen keine besiimmte Zeichen der Eisen-
affektion, so handelt man immer am klügsten, wenn man das
Organ heil mittel gnnz unvermiacht auf das urerkrankie Organ gibt,
denn durch die Rank wird man, je oachdem man dieses Organ
heilt, zugleich die davon eonsensuell abhängige NierenaSekiion,
mithin auch die Wassersucht heilan. In manchen Fällen kann
freilich di« consensuelle Nierenaffekiion schon zur Uraffektion die-
ser Organ« geworden sein, wo man dann allein Nierenmiltel an-
wenden roufs.
Es trifft aber zu Zeiten, dafs epidemische Crorganleiden, die
einige Zeit im Körper genesiet, die ich aber deshalb noch nicht
IQ den chronischen rechnen m&chte , mit einer Ureiseuaffeklion
des Gesammtorgan iswns aich mischen. Hier hangt die Eisenaffek-
tlon entweder von der Eigenihünilichkeii des Körpers, oder von
epidemischen Fjnflüssen ab. Letztes ist also zu verslehn: vor zwei,
orfer drei Monat, da z.B. Urleberlei den herrschten, wurde die
Leber eines Menseben leise von dieser epidemischen Einwlrltung
berührt. Jetzt da er , um steh heilen zu lassen , wassersücbiig
zum Arzte kommt, kann die epidemische Coastiluiion so verAn-
den sein, dafs sie Eisenaffeklion des Gesamrnlorgaoismus erzeugt.
Diese epidemische Constitution kann den früher leberkranken
Mann berührt und ihn in einen gemischten Krankheilstastand ver-
setzt haben. Die Ureiseoaffektion mag nun aber von einer sol-
chen epidemischen Beriihrtheit, oder von einer unerklärlichen Ei-
genihünilicbkeit des ergriffenen Körpers abhängen, so thut man
am besten, das Eisen mit dem pafalicben Orgaobeilmillel entwe-
der glaicbzeilig, a<(er verbunden za geben. Obgleich ich «in gro-
— 953 —
fser Freund Ton einfacher Medizin bin; bo mnfa ich doch benier-
km, dafs mai^ in besagten g^emiichten F&llen weder allein mit
dem Eisen, noch allein mit dem Organheilmtitel ausreicht; von
beiden vereint siehe! mRnÜberraschende Heilwirkung. Aber auch
bei solchen vermischien FAllen mufs man immer an die MSglich-
keit-denken, dars durch die Zeil ein Leber-, Milz-, oder ande-
res Organleiden znm Urnierinleiden werden k5nne, und wo man
diele Verranihnng hat, sfait eines Leber-, oder .Mllzmillels, ein
gutes Nierenmitlel gleichxeiiig mit dem Fisen gebrauchen lassen.
Da ich aber von diesem Meiaschemniisrnns im Vorigen zur Genüge
geredet, wird es jetzt hinreichen, den sehr wichiigen Gegenstand
nur beilüufig in Erinnernng gebracht -/.u haben.
Jetzt müssen wir noch von der Wassersucht sprechen, diie
ans einer Eisenaffekiion des Gesammtorgan Ismus und hos einem
alten Organfebler zusamniengeselzt ist. 8ie ist zuweilen sehr böse
KM heilen, zuweilen ganz unheilbar, das heifsl, meiner'Kunst
unheilbar. Es kann niilnnier ein wunderliches Yerhällnifs zwi-
schen dem alten OrganTehler und der EisenafTekiion Siaii haben.
Letzte kann, in den Nieren vorwaltend, allein die gestörte Iluni-
nbsonderong und die davon abhängende Wassersucht gemacht ha-
ben, und der alte Organfebler kann ganz unschuldig sein, tie-
greiflieh heilt m:in in solchen Fsllen die Wassersucht gar gemüch-
lich durch Eisen, und es ISfst sich auch nicht geradezu behnup-
len, sie werde früher oder spater wiederkehren; denn obgleich
der alte Organfehler nicht geheilt ist, sn sterben doch gar viele
Menschen an solchen Fehlern, die durch selbige nicht wasser-
süchtig geworden.
Ganz anders gestaltet steh aber die Sache, wenn der chro-
nische Organfebler, consensuell auf die Nieren wirkend, die Was-
sersucht gemacht nnd sich' mit diesem Zustande eine UreisenafTeU-
tion des Gesamml Organismus verbindet; daist wahrlich guter Kath
theuer. Im Allgemeinen kann man nichts anderes dabei beobach-
ten, als das, was ich so eben von der Behandlung der vermisch-
ten, von neueren Organleiden abhängenden Wassersucht gesagt.
Zuweilen glQckt «s, die alten Organfehler ein wenig zu beschwich-
tigen nnd die Harn abson der ung zu befördern , z(l^^'eilen glückt es
aaeh nicht; die Prognose ist jedenfalls zweifelhaft. Ja da, wo
wir so glücklich sind, das Wasser durch die Nieren zu entlee-
ren, kehret es doch frfiher oder spfiter wieder, und im Grunde
ist unser Bemühen weiter nichts , als ein zweckloses Scharmritzeln
mit dem Tode. Freilich ist es unsere l'flicht, da zu flicken, wo
wir nicht erneuen können, und selbst da das Flicken zn versu-
chen, wo keine Aussicht ist, dafs es glücken werde; wenn ich
aber behaupten wollte , dafs die Erfüllung dieser Pflicht mir je-
mshls grofses Verzügen gewähret, so möfste ich lügen.
— 954 —
Weil ieb doch dud «intiiahl am Sprechen über die Wiimer^
Bucht bin, will ich, meinen jünger^o Aiutsf^enosnen cn Liebe,
noch einiger Punkte erwühoen, die ihnen bei Beheadlung dieser
Krankheit kftnoien zn Stalten kommen.
Der Durchfall ist hei Wnieemnchlen , die von Orgttnerkrati-
kungen herrühren , zwar kein ganz tiiobereg Zeichen ihrer Unheil-
barkeit, denn wir finden ihn ja bSufig als coosensuellen Zufall
bei neuen, leicht heilbaren Organleiden; bei Wasaerauebten aber,
die Fon allen Organleiden abhangen, int er immer sehr bedenk-
lich, es läfst eich in solchen Fällen nicht viel versprechen.
Wer einen WasBcrsücfaiigen mit alten Organleiden aus den
Händen eines Purgiernieisters übernitnml, der den Versuch ge-
macht, durch heftige Purganien das Wasser /.u entleeren, und
es ist nach dieser Gewallkur chronischer Durchlauf übergeblieben,
so ist es böcbst nnweise, viel Gutes zu versprechen.
Wenn bei Wassersüchten mit alten Organleiden der Harn klar,
blafs, und hinsichtlich der ausgesonderien Menge fast normal ist,
ohne dafs das Wasser im Bauche mindert, so ist das ein sehr
bdsea Zeichen.
Ich habe einst den Fall beohachlei, dab ein mit sehr alten
Mtlzleiden behafteter Mann, da er endlich wassersüchtig wurde,
wcifsen, klaren, stark langen salzigen Harn anhaltend in noch
grofserer Menge entleerte, als ein Gesunder, während sein Bauch
und seine Füfse immer mehr anschwollen. Diese Wassersucht
schien mir mit der Ilarnrahc ein wenig verwandt; dab sie den
Mann geiodiet, brauche ich wol nicht zu versichern.
In meiner Jugend sab ich , dafs ein verständiger und gelehr-
ter Professor Wassersüchtigen den Bauch täglich, oder um den
anderen Tag messen liefs, um zu sehen, wie viel die Waaser-
«ntleerung gefördert sei. Damabis kam mir der Anschlag des ver-
ständigen Mannes recht verständig vor; nachdem ich aber selb»
die Kunst ein wenig geübt, darbte ich aikders darüber. Die Fälle,
wo hei narnialer Harnentjeernng das Wasxer in der Bauchhöhle
eher vermehret als vermindert, sind selten. Im Allgemeinen
kann man annehmen, dafs die Verminderung der Wasseransamm-
lung mit der Vermehrung der Harn aussen der nng in geradem Ver-
hältnisse stehet. Sfalt also den Bauch mit einem Bande au mes-
sen, ist es doch wol weit einfacher und siclierer, die Menge de«
täglich entleerten Harnes au messen , denn wenn der Kranke auch
nur einen halben Schoppen täglich mehr harnt als er trinkt, so
mufs er früher oder später das Wasser verlieren, und h&ite er
auch eine ganze Ahm int Bauche.
Den Baucbstich habe ich in meiner Jugend öfter versucht als
später, im Allgemeinen aber nicht viel \nlzen davon gesehen.
Seit ich mich zur aligeheimänilicheD Lehre gehallen, ist er mir
— 955 —
als Bvihülfe zur Heilnog gant eotbehrlich geworden, ich weade
ihn b)afs zur Erleicblerung der Kranlteo nar in solchen Fällen
an , die meiner Kunst unheilbar siad.
Die Meinung, die ich in meiner Jugend ansaprechen hörte,
dafa der Baachslich die Wirkung der bar n treibenden Millel unler-
stülze, so, dafs man nach, der Entleerung die nämlichen Mittel
harQireibend auf die Nieren wirken sehe, welche vor der Enilee-
rung nichts geleistet, kann ich nach eigener Erfahrung nicht be-
stätigen. Vielleicht habe ich aber auch den Bauchstich zu wenig
bei heilbaren Fällen Tersuchl, als dafs ich in dieser Hinsicht rich-
tig über seinen Werth urthei'en kannte. Die Möglichkeit, dafs
eiwaa Wahres an dieser Meinung sei, gebe ich zu, aberwlseine
unbedingt wahre kann ich sie nicht gellen lassen, und zwar des-
halb, weil ich folgenden Fall noch in neuer Zeit beubachtei habe.
Eine vierzigjährige Jungfrau war seit mehren Jahren mit Le-
berleiden behafiet und bekam endlich die Bauchwassersucht. In
der Magengegead fühlte man den vorderen Leberlappen als eine
harle, hJSckerige, hervorragende Kugel, und so weit man an der
rechten Seile mit den Fingern etwas unterscheiden konnte, war
die Leber nicht blofs aufgeirieben, sondern wirklich verhärtet.
Bei diesem verz weif eilen Falle veriuchle ich allerdings einige Mit-
tel, wie dieses meine Pflicht war, dafs sie aber nicht geholfen,
werden die Leser wol denken.
Da die Jungfrau zwar nicht zu den Armen gehörte, aber doch
aii<^ kein überflüssiges Geld halle, so rieth ich ihr ein Hausmit-
tel, nämlich den Aufgufs von stark gebrannten, aber nicht ver-
brannten Ka&'eehohnen. Dieser Trank that sehr gniH Dienste, sie
hatnte täglich einen grofsen Xachtlopf voll i gewöhnlich mehr als
sie trank), aber das Wasser im Bauche vermehrte bei dieser Aus-
teemng täglich, und ich sah mich gen&thiget, zu ihrer Erlcich-
teruBg den Bauchstich, in längeren oder kürseren Zwischenräu-
men , zebnroahl zu machen. Merkwürdig war es , dafs nach jeder
künstlichen Eoileerung die Harnabsonderong gewifs nm zwei Drit-
tel verminderte und erat nach und nach wieder zunahm, je nach-
dem die Wasseransammlung im Bauche diesen ausdehnte. Solche
Erscheinungen sind übel zu erklären und unsere Erklärungen sind
meistens nur Vermuihungen.
Den Bauchstich kann man nicht einniahl hei jeder Bauchwas-
sersucht als erleichterndes Mittel mit Voriheil anwenden, denn
wenn das Wasser in einem vielzelligen Sacke eingeschlossen ist,
möchte es schwierig sein, den Hauplbehälter zu Iretfen. Vor
etlichen Jahren wurde ich zu einem verwachsenen , aasgezehrien
jungen Mann gerufen, der den Bauch voll Wasser hatte. Der
Bauchstich war schon vergebens von einem meiner Kollegen ver-
sucht. Da ich den Fall für unheilbar hielt und den Bauchstich
-.ügic
— 956 —
■U das «ioxige Erleicbteningstiitliel ansah, liefs ich den Trocar
an einem ganz anderen Orte in den Bauch atofsen, als wo mein
Kollege den Stich gemacht. Der Sack niufsle aber wol aus Tie-
)en kleinen Zellen bestehen, denn es ging mir nicht besser als
meinem Vorglinger; es lief hSchsiens nur ein halbes Mafs Was-
ser heraas, welclifs gelblich und gar nicht leimig war. ') Ein«
lange Sonde in die R5hre gebracht, um xn sehen, ob etwa die
MAndong derselben versioprt sein möchte, beförderte den Aasflufs
des Wassera gar nicht. Da ich den Verwandten des Kranken
anf ihre Anfrage besiiinmi erklärte, das Uebel sei meiner Kunst
anheilbar, so werden sie wol anderwärts Hülfe gesucht haben,
ohne diese jedoch zu finden, denn der Kranke ist bald darauf
gestorben.
Bei unheilbaren , von chronischen Organleiden abhängenden
Wassersüchten habe ich dem Kranken zuweilen dadurch grofse
Erleichterung verBchafft, dafs ich ihm vweimahl tigHch eine Mi-
schung von zwei Theilen Schmalz und einem Theile Terpenthinöl
in die unteren Extremitäten einreiben liefs. Die Harnabsondernng
wurde dadurch befördert und das schaffte Luft. Man verlängert
das Leben wol gerade nicht, aber man macht da^ kurze ertcftg-
lieh. Leider glückt dieses Kfinsichen nicht immer.
Beiläufig erinnere ich noch meinen jüngeren Lesern, dafs man
die Terpenikineinreibungen auch bei heilbaren Wassersüchten mit
Nutzen gebrauchen kann. Hangen diese nämlich als conseosoelle
Nierenaffektion von dem heilbaren Kranksein eines anderen Or-
gana ab, und man hat durch heilendes Einwirken auf das urer-
krankte Organ das consensuelle Nierenleiden gehoben, die Harn-
absonderung normal gemacht, so kann nian durch Terpenthinein-
reibungen die gesundgem achten Nieren xur sehr veratörkira Harn-
absonderung anspornen and die vorhandene Waaaeransammlang
schnell entleeren. Im Grunde ist dieses aber ein nichtsoutiiger
KunstgrifT; denn sobald die Verrichiiing der Nieren wieder nor-
mal ist, mufs ja der Kranke das Wasser von selbst eoileeren, nnd
ich sehe eben keinen ausgezeichneten Vorihell in der gar tu gro-
faea Eile. Ja, sollte es wol der Klugheit geinSfa sein, die eben
zum Normalslande zurückgebrachten Nieren so ungemessen zu rei-
zen? — Ich bin der Meinung, man mufs da», was gut ist, pit
lassen ; will man es besser machten , verdirbt man zuweilen den
ganzen Kram.
Hinsichtlich des Terpenihinöls bemerke ich noch, dafs ich
es blofs deshalb mit zwei Theilen Schmatz mische, weil ich be-
*) Die Falle, wo eine leiniga oder gallErtartige BeichaBenbeil dei Bauchwu-
Mr« iie EDllgerDng dntelben durch den Trocar ouiuäElicb siaehl , lind selir
— 957 —
merkt , daft m , ohne din« Vermiiehnng eingeriebcs , «inigen
Menschen eine rosenartige Enixündnng der Hftat veruraachf. Ich
wGrde aber doch jedem raihenj dafs er ei, anch mii SchmaU
vermischl, nicht in die Fiiise einreiben liefse, wenn diese scboD
eniiündet Bind, wie sich lolches nicht selten bei allen Wnuer-
•nchien findet. In diesem Falle kann man Haulatellen wiblen«
die nicht eoteundet lind.
Ich habe gesehen, dafs Aerzte bei'Baach- und Zellgewebe-
wasseraiicht dem Kranken Einschnitte in die Hant der Füfse mach-
ten, andere, die auhi oder zehn SchrSpfkSpfe auf jeden Fiifs setz-
ten und die Oberhaut ein wenig riizlen. Wo man solche Entlee-
rung :niachen will, (ich mache sie blofs bei unheilbarer Krank-
heit ')) kann man' ja den nämlichenZweck eben so gut, ja noch
wo) besser, einzig durch zwei Schläge des ScbrÖpfitchnäpperg er-
reichen, und man hat den Vonheil, dafs man bei beiilägerigca
Kranken die lästige und ekelhafte Durchnässung des Beiles ver-
meidet. An dem unteren Theite jeder Wade mufs der Schräpf-
schnfipper mit alliuählig verslhrkier Kraft in die Wasserge schwulst
eingetli'ückt und wenn das Wasser dein Drucke nicht mehr weicht,
erat dann mufs loügeschn eilet werden. So dringen <lte Messerchen
ordentlich in die Haut ein und es erfolgt durch die Wunden eine
reichliche Wasserentleening. Dag Bett innfs dann so bereitet wer-
den, dafs es unter den SchrSpfwunden hohl ist. In die Hdhiung
setzt man Suppenteller, die das Wasser aufnebmeo and die man
so oft entleeren kann als es nSthig ist.
Im Jahr 1830 erleichterte ich auf diese Weise einem ehrsamea
Borger hiesiger Stadt leine letzten Tage. Der Sohn machte sich
ana Neugierde ein Geschäft daraus, das ausgelaufene Wasser täg-
lich zu messen nnd das Mafs anzuschreiben. Ich habe zwar die
Zahl der Kannen des ausgeleerten Wassers rergesaen, allein ich
weifs wol, dafs ich die angezeichnete Menge nicht in dem Bauche
und Zellgewebe des Kranken Termnihel hätte.
Diese künstliche Entleerang kann man bei tuibeilbaren Was-
cenuchien auch zum Vorbeugen des AufbredieRs der Fiilae anwen-
den. Das Anfbrechan ist Dämlich snwetlen mitgvofser Uobe^nem-
*] Bsf ülllicbiD WeiberD , Ig deren Btncb lieh , Iwi r»Riiitig«ii AniblcibeB des
MoaatlieheB , ' Wuier enanft, kana aun luwgifn tforeb, aaf die geiehwri-
leo« FSTii yenlite ScbrÜpfköpfa bewirken, diCi Arww««*, welak« (IrBlMr
nor halbs Wirknag geäursert, picb der fsrinpn Blaliitlaarang m pit wir-
kcD, dsTi die Kranken io Kareem dt* Wtiier wBgbaraeD. Die nnbedealeude
EuiireroDg de« W«*iera darcb die ScbräpTwandeo komiDt bier uicbt In Be-
Incbt , «andarn die prtnge BlDlentleernDg-. In den Fallen , wo icb dieiei
RnniUlnek Bit iberraiebeo* gnteii Erfal^e geübt, war die Vuügettikwmltt
•tu HiUaidiaf iwitdiea Ocdm u4 BaliiadaasiBaiobwalal.
_ 958 —
lichkeit, mit EntxiliKtnn^ nnd Abschlllang der Oberhant verbno-
den. Da imd vorher nnmöglich nisaen kann, welchen tirad die-
■ea Ungemach errvichen wird , so thiit man am besten , demselben
zuvorzukommen. Einer nieiiier Sllesien Freunde litt an Maratmta
lemiltt; dieses und iiigleich ein vieljähriges LeberRbel machten
ihn wassersüchtig. Ich verslliimte, ihm die geschwollenen Füfse
kiinailich zu offnen, sie fifTneten sich also von selbst und zwar
anf eine so nngemachliche Weise, dafs ven den Knien bis zo den
Knöcheln die ganze Epidermis sich abichfilte. Die grofse, wnnde,
entzündete FIftche schmerzte sehr, und dieses Leid Terbitlerle dem
allen Manne noch seine letzten Lebenslage. -Cngeistiges Biiierman-
delwasser äufseilich gebraucht, war das einzige Mittel, durch wel-
ches ich Erleichtening verschafTen kannte; es war aber Zeit, dafa
er starb, denn die wunden Füfse fingen an, so abscheulich zu stin-
ken, dafs selbst denen, welche ihm aufwarteten, beim Verbinden
unheimlich zu Mutbe wurde.
Da ich in meiner Jugend den ersten, meiner erlernten Kunst
unheilbaren Wassersüchtigen, nachdem ihm die Ffifse aufgebrochen,
dünn werden sah, so halle ich die kindische Vermuthung, die Na-
tur wolle mir hier einmahl eins ihrer Hanptmeisterstiicke der Hei-
Inng zeigen. Das Wasser wurde im Bauche und Zellgewebe tSglich
minder, die Harnabsondemng blieb aber gesiBrt. Endlich, da das
Wasser so weit entleert war, dals ich kaum mehr Fluktuation im
Bauche des Kranken fTihlen konnte , starb er eines nihigen Todes.
Nun, ein sonderliches Kunslstfick hatte ich d^r Natur eben
nicht abgelauscht, aber ich lernte doch bei der Gelegenheit, daTs
das Wasserenileeren und das Heilen der Wassersucht zwei himmel-
weit rerscbiedene Dinge sind, und derBath mancher Schriftsteller,
hinsichtlich des Wasserenileerens , wurde mir schon damahls höchst
veidScbtig.
Jetzt raiifs ich noch von den Milletn sprechen, die mit dem
Eisen verwandt sind.
' Alle sogenannte Bobarantia ßxa sind mit ihm hinsichtlich
der Wirknag verwandt, ohne eher ihm gleich zn kommen. Dafa
jedoch manche ans dieser Klasse auch als Organbeilniiitel wirken,
dafs also hinsichtlich des Heilens der Organ erkrank angen noch
viel Nützliches anf diesem blofa gebrachten, aber nicht gebauten
Felde zu entdecken sei, glaube ich bestimmt. Meine Lebenszeit
ist jedoch zn weil abgelaufen, als dafs ich mir schmeicheln dürf-
te, selbst viel nützliche Entdeckungen zu niaehen. In aller nnd
neuer Zeit sind wahrscheinlich manche Heilungen gnIgISubig auf
die sogenannte stärkende Kraft der gegebenen Mittel geschrieben,
da sie doch vielleicht einzig ron einer ougeafaneteo Organheilkraft
- 989 — .
d«rtelben abhingen. 'Das Cinpr«roh«D der Heilmitlel in gewi»»
GedunkeDf&cfaer konn wol sehr philosophisch sein, dufs es aber
nicht iBirosophiBch ist, wurde mir im Einzelnen nnr xu oQenbar,
als dafs ich weiter detn ganzen Hendel viel tränen kSnnie. Da
es aber ohne Zweifel viel gemächlicher ist, arzeneimiiiellehrige
Kategorien zn ersinnen, und jedem Mittel seinen bücherlichen
Plati anzuweisen , als die Heilwirkung der Mitlei auf dem Wege
der Beobachinng genau sn erforschen, so werden sieb, denke
ieb, immer mehr Aerale kq jenem als zu diesem Geschäfte finden.
Was die Adatringenlia betrifft, so haben diese ebenfalls eine
nahe Verwandtschaft zum Eisen; von ihnen gilt aber auch, was
ich eben gesagt, manche k5nnen neben der sinnlieh erkeonl)aren
zusammenziehenden noch eine unbekannte, nicht schmeekbare Or-
ganheilkraft haben. Da ich aber nicht genugsam« Crfahrnng über
diesen Gegenstand besitze und die Erzählung einzelner Fälle, wel-
ehe mir die Vermnlhong aufgedrungen, etwas zu weiilaiifiig sein
wurde, so mag es genug sein, diesen Gedanken blofs hingewor-
fen zn haben.
Endlich komme ich auf die Säuren. Diese hdien eine sehr
■ahe Verwandtschaft mit dem Eisen, sonderlich die MineralsSu-
r«n, ja ick bin selbst ungewifs, oh sie nicht in manchen Pfillen
4*9 Heilwirkang jenes iatroe he mischen Universal mittels übertreRen.
Am Ende des vorigen Jahrhunderte (wenn ich nicht irre, war
es im Jahre 1799) gab der Prof. 6. Chr. Reich vor, ein Mittel
entdeckt zu haben, mit dem er alle Fieber heilen k5nne. Seine
Versuche, die er mit -demselben im Krankenhause zu Berlin mach-
te, fielen freilich nicht ganz günstig aas, jedoch bekam er Für
seine Entdeckung von dem Könige (wo mir recht ist) eine geld-
liche Belohnung. Da der Gegenstand damahls viel Aufsehen er-
regle und viel besprochen wurde, so war ich ungeheuer neugie-
rig, das geheime Mittel kennen eu lernen. Ich wurde aber sehr
in meiner Erwartung getäuscht, als ich im Jahre 1800 aus einem
von Herrn it. verfafsten Schrifichen ersah, es bestehe in grofaen
Gaben Salzsäare und Schwefelsäure. So viel ich mich noch jetzt
der Sache erinnere, denn das Büchelcheo ist mir abhanden ge-
kommen, gab er verzugsweise SalisBute und znr Abwechselung
SehwefelsAure.
Nnn halle ich aber schon selbst am Ende des Jahre« 1795
durch blofse SchwefelsSur« in grofsen Gaben Petechialfieber ge-
heilt, dieses im Jahre 1796 dem jetzt verstorbenea Staatsraih,
damnhligem Bathe und Professor HtifelaHd in Jena, gelegentlich
geschrieben, und . versprochen , ihm meine Beobachtungen in der
Folge HiisfTihrlicher milzulheilen. (Man findet diese knrr.e brief-
liche Nachricht in seinem Joum&le B. IV S. 825.)
Da litrr Reich sein Fiebermittel bekannt nacht«, hatte idt .
■eboD binlAnglicb (iel^eyhait gehabt* dnrcb vei^leiohend« I
achtungeit mivh cu ubcrseogeD, dafa die SAiubd wol im Pelecbial-
oder Faulßcber, aber nicht in dem ffpfaSaea, welches maQ Aar
mahlg, wie auch noch wol jetzt, Nerveafieber Bannte, Heilmit-
tel leien. Ich hüte aUo des Hro. R. Entdeckung, die sich itu
Berliner Krankenhause nur sehr navollkomuen bewfthret, theila
trefflich bestätigen, ibeHs berichtigen können. Da dieses aber
nicht zu thun war, ohne dem Publico durch ErzSliInng beweisen-
der Thatsacben zu sagen, ich habe schon mn (»aar Jahre früher
die angebliche Entdeckung gekannt and mit fiberraschendent Er^
folge angewendet, so hielt mich ein Gefühl des SchickÜchen van
aller literäriacheo Einmischung xurück. Ich habe es nämlich von
jeher etwas klein und armselig gefunden, jemand eine vermHint-
liehe Entdeckung direkt oder indirekt streitig zu machen. Ist das
Entdeckt* gut und niiislich, so kann e« ja der inenschlichen Ge-
sellschaft ganz gleichgiiliig «ein , wer es enideekle. Jeder spätere
Anspruch auf das Eratreeht der Entdeckung, und wäre dieser An-
spruch auch in die höflichste und schonendste Rede gehüllet, raufa
de« Ansprecher das Ansehen eines armaeligtm iVeidbarts geben,
und das um so viel mehr, wenn der angebliche Entdecker darcfa
■eine Entdeckung Ehre oder Geld erworben. Von rechtlichen,
freisinnigen Aeltern erzogen, hatte ich aber schon in meiner Ja-
gend einen solch uoiiberwindlichea Abschen vor dergleichen nie-
deren Leidensehnften , dafg ich nm aljes in der Welt nicht ein-
mahl den leisesten Verdacht derselben auf mich hätte laden mö-
gen. Ich schwieg also; aber, aufrichiig gesprochen, es sebas erste
Mich* dafs man die Reieitche Entdeckung so gar junkerbaCt be-
Seitdem sind onn vierzig Jahre verflossen, die hentige jung«
Welt weifa nichts vom Aeic^cAoi -Fiebermittel, die Geschichte
der Medizin erwähnt dieser Sache nur als einer vorübergehenden
Erscheinung, dergleichen es unzählige gab: es wird wir also jetat
wol nieraand mehr als Eigenliebe oder \eid auslegen, wena ich
das Wahre, was an der Sache ist, in das gehörig« Licht au
stellen versuche.
Zuerst bemerke ich dem. Leser, dafs ich ni<^t durch Scharf-
sinn odur Belesenheit auf jene Entdeckung gekommen, denn ich
war damahls noch jung und dumm, 'sondern dafs mir blob der
Zufall gedient. Ich hatte einen Schneidermeister am Faulfieber
zn behandeln und b^andelte ihn wie ich es gelernt, das heiCsi,
anfänglich, weil er biiteren Geschmack, bellte Zunge und Druck
in den Präkordien halte, ein wenig aruigasiriscfa ,- und weil icb
sah, dafs er, statt besser, schlimmer wurde, gab ich eine Ab-
kochung der Kinde, Serpeotaria u. s. w., liefe auch Schwefel-
säure mit Sirop und Wasser nach Beliebeo zum Dnnrt trioken.
- 961 -
Di« Saeh« ^ag Ihren Gang wie sie gnrSboÜch bei dieser Be-
handlnng m gehen pflegt, der Kranke starb zvar aicbt, aber et
•und doch viel Elend ans und lag lange.
Indem nnn dieser in den nbehien Umttübden war, bat man
mich, den Gehnifen, einen sechzehnjährigen Jnngen, der oben
im Hanse kranic lag, su besichtigen und seine Heiinng za ver-
suchen. Ich fand ihn zwar bei guter Besinnung, aber in hefti-
gem Fieber und mit grofgen schwarzen PeieehteD beiiSei , das BInt
sickerte ihm beständig ans der Nase.
Cr war arm, sein kranlier Meiner bade auch nichts mehr als
die Nothdnrft, und den Armenvorsland durfte man nicht anspra-
chen, weil der Junge nicht in die Kategorie der eigentlicheo Ar-
men gehörte; an eine scbnlrechie ftmliche ßehandlong war also
gar nicht zn denken. Da Ich aber glaubte, es sei doch besser
etwas als gar nichts za thun, so verschrieb ich blofs Schwefel-
sfinre nnd liefs ihn davon nach Durst trinken. Nachmitiaga kam
sein Nachbar der Apotheker L' zn mir und sagte: wenn ich kei-
nen Rath aof das Nasenblnten wbse, masse der Junge nothwen-
dig sterben; diese« sei nSmlich, seit ich ihn gesehen, so stark
geworilen, dafa er es so unmöglich lange anshallen k8hne.
Die Anwendung Rufserlicher Mittel, die ich gegen das Nasen-
blnien gelernt, hair nicht, Hnlfe mufsle aber vor Abend geschafft
werden ; ich kam anf folgenden Einfall. Ich mischte eine ganze
Unze Acid. tufph. dilutum (damahls nannte man es noch Spiritu»
vUrioli) mit nur so viel Wasser, dafs, nach raeiaem Geschmacke
zu nriheilen, die Speiseröhre des Schluckenden nicht dadurch ver-
Bchrnmpfen konnte, nnd liefs den Kranken alles anf Ein Mahl neh-
men. In dem Augenblicke, da er den Trank verschluckie , schrie
er laut auf, ein Theil desselben kam wieder zurück, aber die Blu-
tung stand und der Zweck war also erreicht. Nun versah ich den
Jungen noch mit einer guten Menge ScbwefelsXnre , und bedenlele
ihn , seihige nidit blofs zum Durst an Irinken , sondern so viel da-
von in sich zu giefsen, als es ihm mSglicb Set. Da er, wie gesagt,
hei guter Besinnung war, sehr fürchtete , die BIntung niSchle wie-
derkehren, und überhaupt keine besondere Liebhalierei am Sterben
zu haben schien, so trank er täglich eine grofse Menge der sauren
Brfih. Nach ungefährem Ueberschlage rechae ich, defs er iBglich
eine halbe Unze conzentrirter Schwefelsäure verbrauchte, nnd das
ist auch die gröfsle Menge gewesen, die ich in der Folge anderen
Kranken beizubringen im Stande war. *)
*) Ib dar an^nihrlea Stelle KelDii« Brier«« (Hv/UaaA Jnamal B. IV S. S3S)
Gadel msD zwar eine pmo Uoia logsgebcn ; iu iit aber sin Irrlbam , nid
der koBiiDt Diebt auf neiae RechaaDE, aandern auf Hecbanag dae betraf eri-
achen Anaenapetheker«. Ef.warsiir is der Folge ssbUea
«1
-O''
Der Erfolg ilieMr Bshaadlong war «o , dafs !«b wahrlich «ia
Albemer baue sein tnüuen , wenn ich nicht auf denselbea geachtet,
ihn nicbl mit dem der acbulrechten Behandlung vei^lichen hSlte.
Der Junge genai gewifs in einem Drittel der Zeil, welebe die tchul-
recbt Behandelten zu ihrem Anfltomnien bedurften. Ja, obgleich
t^ier erkrankt als ■ein Meister, nah er schon wieder anf dem
Schaeidertisebe , da jener noch elendiglich im Bette lag.
Seit dieser Zeit liefs ich die Bcbulrechte Behandlung ganx
fahren und hielt mich blofs an die Säure. Da ich Hufeland jene
rorläußge Nachricht gab, hatte ich erst sieben und dreifsig Kranke
auf diene Weise gebeilt, .später hat sich mir aber der ausgeseicb-
nefe Vorxng dieser Behandlung bei einer weit grofneren AnxabI
bestätiget. Gelegenheit halte ich reichliob zu solcher Untersachung,
denn ich war, wegen körperlicher Unbehülflicbkeil eines älteren
Kollegen, xwar nicht betablier, aber doch wirklicher und eioxi-
ger Armenarzt in Cleve. Wer ntin die Verbreitung dieses anstek-
kenden Fiebers in den Hütleo der Arnien je selbst beobachtet hat,
der wird wol begreifen, dafs das, was ich darüber sagen kann,
welche die Säare in eioer Boderen Apotheke sefaolet, and die icb efieu niebt
tSr lehr lirtlieh iomIi , kinm die Bilfte venehrei kanoteD. Der duoihli
ia C* wirkende Apotbekcr L*, ts den i«h aiatt Voa dieter iDKallcadaa Ver-
■chiedeabeit ipraebj litbelte and Hfte nir ■ai'eriiaUea: da« Acidmm talfli,
äUnt. «eiDea ABtti(eaot*ea enlhalta onr die Bilfta der Siare , dl* tt aach
den DitptHtttluriB eathalleD müiie. — Nua freilich , wir lebten danabls in
einer Zeit, wo j«d«r Ihoa konnia, wii ihm beJiebte. Der nümtiche Apothe-
ker e«b einst einer irmen Frau , italt der verichriebenen WeiniteinsÜitre,
■chwerelsaDre* Kali. Sie , üt aa PeUcbiilSeber krapk lag , bekan Matises
Dsrckliar, HatteiifotB^ onA Naaeab[qlca incleich. lek koctat« Ün Ariea«
nnd Tind die St-heluierei. Ein anderer Apotheker ilirb, B«chdem ieli ein paar
Jsbre mit ihm Geuhün« genichl. Irh hatte ihn inuner Tür einen »br galen
Apotheker gehalten, weit teine ArzearJcn immer nnlailelbert waren. Bever
die Wittwe de* Ventorbeneo einen löcbtigea IVoviior bekommen konnte , be-
torgte der Lehrling , eine ehrliche Seele , dar lebsa vier Jihre dort geataa-
de«, die BnepUu. Da« at^te Reiapt, welebea iek ihm äber^b, ealhjalt
ein Extrakt. Ich blieb •» Rezeptirtiaebe ateben, am ta lehen , wie i ich der
joDge Henich dabei beaehue , denn ich hatte Trüber wol gemerkt , d«Ei er
■elb*l ia Kleinigkeiten kindi*ch »bbüngig von »einem Heister nad mehr Knecht
all Lehrling geweieu. Nachdem er dai Rezept geleteo , achauete er mich
etwa* verlegen an nnd fragte , ob er die vorgesebriebeoe Qaantitit de« Bk-
tnkti g*ni , oder halb nehme* aalle, leh liera mein Bratannen sieht var- .
keo , aondern Mgte gau ruhig : wie haben Sie das bei Lebieit ibrei Pria<
■ipili gehalten? Wir haben, veraeUte er, inmer die Uiirta der rorgeachris-
benen (Juntitüt geaaBmeo. — Anch von narkotieebea Eitrskten T — Anch von
Die Leier dürfen nicht vergeMeo , dafi wir damabli Repnblikaner , tUo
freie Leate waren. Henl la Tage kano lolrbe Schelmerei sieht nebr Statt
haben, dena die Apolbekeo werden alle drei Jabra genaa ■■-
,,,, Google
— 963 —
Dicht von Einem, odw zwei Dntiset»} FaUen abgezogen ist. Ja
niefat bl*fs in Cleve bernchien dteafl. Fieber, aondern anch in
dein Kwisclmn hier and Cleve belegenen Pfalzdorf. In letzter Darf-
■cbafl habe ich damahU mehre Kranken behandelt, und ich erin-
nere micb noch lebhaft , daVt einst in einem Hanse gewesen zu
»ein, wo secha Kranke in Einem Zimmer lagen.
Das Fieber will ich dem Leier nicht beschreibeif , denn wer
et selbst nicht gegeben, kann in allen apeziellen Heillehren eine
BeachreibiiBg davon findeei. Petechien, nie rolhe, allzeit vio-
lette, oder schwarze, war der einzige Zufall, dnrcb welchen es
sich von anderen lyphössn Fiebern, die ich später gesehen, un-
terschied. Ich will auch nicht in- Abrede stellen, dals die Ge-
neigtheit zu Bluifläsaen bei demselben etwas grofser sein mochte
als bei andern Fiebern , jedoch ist diese Geneigtheit nichts be-
Biimiiii UntOTScbeideades. (Jebrigeos war, wie bei anderen ty-
phüsen oder nervösen Fiebern, der Zustand des Gehirns, des
Magens, der Dürme, des Schlagadersy steins , der Zunge, des
Harns, der Mnskelkrftfte bei verschiedenen Kranken ganz ver-
schieden; wer der Wahrbeil treu bleiben wollte, konnte unmSg*
lieb ein.treÖ'endes Bild desselben entwerfen.
Sehr anstöfsig kam es mir dauaUs vor, dafs die von den
Schriftstellern aogegebeaen uulerscbeidendea Zeichen , erst im Ver-
laufe des Fiebers hervortretend, anch nicht den mindesten Werth
fiir die Erkenninifs der ersten Entstehung hatten. Da ich aber die
iNoth wendigkeit einer zeitigen Erkenninifs deutlich einsah, indem
diese in manchen Fällen allein die Heiinng mdglich macht, so
begritf ich leider nur zu gut, dafs den Praktiker die. Bücher ge-
rade da raihlos lassen, wo er des Rathes am meisten bedarf.
Ob man vielleicht aus der laugensalzigen, oder neutralen Mi-
schung des Harnes jenes Fieber in seinem ersten Entstehen hSite
erkennen können, weifs ich nicht, denn ich war noch' jnng, ach-
tele nicht auf die Mischung des Harns, aondern nur auf seine
Klarheit, oder Trübheit, auf die JVubecula und Hf/po»ta»is ; wor-
ans denn anch nichts weiter erwuchs, als ein grofser Zweifel,
ob ich mich auf der Hochschule mit der Zeiehenlehre vielleicht
ganz nutzlos geplagt hätte.
Was den Gebranch der ScbwefelsSure betrifft, so gab ich
diese, wenn ich mich von deia Vorhandensein des bösen Fiebers
überzeugt hatte , ( in den Häusern , wo es einroahl eingezogen
war, wartete ich bei den folgenden Erkrankungen nicht auf diese
Ueberzeuguog) so stark, dafs, wie gesagt, eine halb« Unze der con-
zentrirleo auf die Taggabe kam. Manche mögen sie vielleicht
reichlicher, andere mäfsiger genommen haben, darüber läfst sich
bei einer solchen ansteckenden Krankheit, wo gemeinlich mehre
Menschen in einer Familie krank liegen, keine genaue Rechen-
„ Ol- . . ..,
— 94U —
■Gbitrt geben; man Tenchreibt eine gehlrig» Portion Slore ISr
die ganze Haothalinng, viri FederiM»iiB kann man ni oiner sol-
chen Zeit nicht machen.
Wurde die Slnre nach Vonchrift raicfalicb gebrancht, bo eiH-
iland den TJenen T»g, aehener den driiten, flüssiger Siahfgang
lind, was wohl xu beraerhen ist, der Koib batle eine dnnkelgrö-
n« Farbe. Rochen die ersten Knileerangen anch etwas anbaft,
wie gewöhnlich bei diesen Fieber, so worden sie doch gleich
darauf Tasl ganz geruchlos. Sobald man dieses sab, war es Zeit,
die Gabe der SchwefelsSore aof die Hftifto, ja wol , war der
Durchlaur stark, auf ein Viertel so Termindern. Die Kranken
halten dann auch schon gew&holicb einen Widerwillen an der
SSnre bekommen und waren Froh, sie in- geringerer Menge ge>
brauchen zn dürfen. Inzwischen war wBhrend dieserKur das Fie-
ber iSglich minder geworden. Die kleinen violetten Flecken rer.
schwanden allmilblig, indem die vielelte Farbe in die der gewSbn-
liehen Hatiifarbe überging. Die kleinen schwarxen worden erat
violelt und gingen dann in die Haulfarbe Ober, das NStnlicbe gilt
von einem Theile der grSfseren schwarsen. Ein anderer Theil
dieser leisten verging apfiler wie Quetschungen dorch die Einan-
gnng, ein Beweis, dafs in diesen Fftllen das Blut entweder gans
aufserhalb des Kreislanfes sich befand, oder doch in so engen
GefBIscn stockte, dafs diese unftthig waren, es m der Gesammt-
blntmaase KnrückznbefSrdero.
Idi traf bei dieser Epidemie Kranke', denen die Scbwefel-
sSure so zuwider war, dafs sie dieselbe nicht mehr nehnteD konn-
ten, sondern sich daron erbrachen. Diesen gab ich Weinstoin-
•Knre in so grofsen Gaben als sie es vertrugen.
Wo aber das Erbrechen nicht durch einen wirklichen Absehen
vor dem Geschmacke der Schwefelafiurc enlsiand, sondern in ei-
nem eigenen krankhaften Zustande des Magens selbst begründet
war, liefs ich stündlich, oder sweisiündlicb , einen LftQ«] voll
gemeinen Kornbranotwein neben der SSure nehmen , wobei sich
die armen Leute gnt befanden nnd nicht mehr erbrachen. Aach
denen, welche auf den Gebrauch der Säure Druck oder Aufge-
triehenbeit des Magens bekamen, half ich einfKllig durch mSfsige
Gaben Branntwein. Bei einigen trat den vierten, oder den drit-
ten Tag nach dem Sänregebrauch der Durchlauf nicht ein, aber
auch bei diesen, welche wahrscheinlich minder reizbare DSrme
hatten als andere, war der spSler auageteerle Darmkoth grSn ge-
fBrbt. Es wird also wol die SchwefelsSure , In grofser Mengo
mit der Galle gemischt, aus dieser die grüne Farbe niedergeschla-
gen haben.
Wurde ich zu einem Kranken im B|i8ieTen Zeiträume gerufen,
der schon Petechien hatte und schon so schwach war, dafs er
— 9» —
»eh nicht mehr im Bett« aafri«hl«R konnte, ■« gab ich diesem
gisieh. Beben der reichliebMi Sehwefeliäure > BtfiDdlieb einen Lftf-
fel voll Btenniwein. Du Geiiiigej mit der grofseo Menge sau-
rer Brüh im Magen TarnHicfat, konnte wol nicht aU heftiges Aof-
ragnngimiiiel wirken, «ondern blofi den MageH intt der Sfture
befreunden.
Warde ich im spRieren Zeiträume in einem Kranken gerufen,
der schon den itinkenden, bei diesen Fiebern gemeinen Durch-
fall halte, so suchte ich diesen, welcher bekanntlich Fieber und
Schwäche augenscheinlich vermehrt, mQglichsL bald su beuinien,
nnd erreichte selbigen Zweck durch das liLxtrakt der Mimota Ca-
tecku SU eiaer Unxe für die Taggabe. Die Säore mofste aber
immer die Haaptsache bleiben, und nach Umatftnden auch etwas
Branntwein nebenbei gereicht, oder der Sture sugemisebt werden.
Der Durchlftuf hftne 1>ei dieser Behandlung gemeinlich innerhalb
vier und zwansig Stunden auf. Drei oder vier Tage nachher er-
schien aber ein anderer Durchlauf, nämlich, der durch die Schwe-
felsäure bewirkte. Dieser unierschied sich von jenem ersten ajm-
ptomaiischen durch die grüne Farbe des Koihea und durch die iln-
stinkende Miscfaiiag.
Wurde ich sen Lenten gerufen, welnhe scbun stark irrerede-
ten , oder sehr schlafsüchtrg waren , so gab ich hier ebenfalls,
nebst der reichlichen Schnerelsäure, etwas Branntwein, auch wol
etwas Kampfer, weil ich mir irrig vorstellte, letaler wirke wobl-
thätig auf das Gehirn. Er war mir aber nur Nebenniitlel, welches
ich blols in solchen einseloen fallen reichte, weil ich mich auf
einmahl nicht gsns von dem schulrechien Tränt lusmacben konnte.
Ich sehe aus meinen alten Schreibereien, welche sich sufäl-
lig in einem Plunderkasten wiedergefunden haben, und die jetst
neben wir liegen, dafs ich schon damabts gelernt haben mufste,
heftiges Irrereden mit glKnxenden, roihen Augen, ruthem Gesich-
te, vollem und starkem Pulsej deute nicht immer, und am we-
nigsten in diesem Fieber, auf einen' sogenannten enixündlichen
Znstand des Gehirns. Ich finde nämtieh den Fall kürslich be-
merkt, dafs Ich einen Jüngling, der an den besagten Zuftllen
gelitten, der>al||^m vorigen Tage Blut gespien und so wiithend
gewesen, dufs.Vnc^Rrei Menschen ihn kaum im Bette hatten halten
können , durch reichliche Schwefelsäure und eine Pbtio tpirituota
campAorata schnell geheilet. Ich mufste auch, obj^leich noch .
jung, - die herrschende Krankheit genau beobachtet haben und,
auf diese Beobachtung gesiiflzt, fest in meinen Schuhen stehen,
denn ich finde aiisdrüeklich verzeichnet, dafs ich den Freundt-n
des Kranken die Wirkung der Arzenei voransgesagt und dafs sich
diese VorauBsagnng selbst fiberrascbend schnell bewähret; nach-
dem ich nämlich am Morgen die Verordnung gemacht , sei der
Kranke lehAD AboDdi ■• weit wl«d«r bei B«»ianaB^^eu-*seii, iatm
er die Umstehendea erkannt und nur ii«cfa gleiob einem rerg«M«nea
Menschen etwat albernes Keug vorgebrnchl. Am anderen Morgen
lei er bei vollkomiiinem Veniiande geweNen , ferner varsifiodig ge~
blieben und dann blofs darcfa viel SchwefelgKure nnd etwas Hfaein-
wein bald genesen.
UebrigenB begreife ich jetzt; da ich ülier und, wie ich hoffe,
auch versründiger geworden bin , dufs jenes Fieber einzig in einer
reinen AfTekiton des Gesaminlorganismus bestand, welche bei ver-
schiedenen Kranken in verschiedenen Organen vorwalteie. Es kann
kein Urleiden irgend eines Organs dabei Statt gehabt haben, denn
M9re das der Fall gewesen, so würdeich, hei meiner damah'igen
Unkenntnifs der Organheiintittel, die Kranken durch blofs« Schwe-
felsfiare wahrhaftig so bald nicht geheilt haben.
In jener oben angeführten, C. ^. ffi(/e/an(j miigetheilien \acb-
richi, liudet man auch einen merkwürdigen Fall kürzlich erwähnet,
den ich, da ich ihn jetzt in meinen allen Schreibereien wiedertinde,
den Lesern, wo nicht langweilig ausführlich, doch demlicber er-
zfiblen werde, als es heiläufig in einem Briefe geschehen konn-
te. — Ich wnrde in einem Tagelöhner von mittlem Aller geru-
fen, der zwei Tage an Plenritis kjank gelegen. Er halte star-
kes Stechen der linken Seite, blulfaibigen Auswurf, kursen Hr.
sten, grofse Hiize, roihen Harn, aufgetriebenes Gesicht, vollen,
starken, schnellen Puls.
Ich verordnete einen Aderlab nnd AulipMogMica. Die ver-
meintliche Plearesie war am folgenden Tage so mächtig gebes-
sert, dafs ich eines zweiten Aderlasses nicht bedurfte. Der Sehmera
war verschwunden, die Expektoration ging gut von Statten, der
Pols schlug iwar noch schnell , aber weder voll noch st^ meW'.
Als ich am dritten Tage meiner Behandlung, in die Hütte trat,
glaubte ioh auf den ersten Blick, dem Kranken sei von den Kin-
dern aus Passen das Gesicht geschwärzt. Die Ntue war ganz
schwarz, geschwollen und glüasend , die beide Wangen sahen
aus, als habe sie jemand mtt Rufs angestrichen, defan hier halte
die schwarze Färbung keine scharf um schrie be^^Sffnzen, sondern
flofs auf dorn Jochbeine nach den Schläfen 41^^ anf der unteren
Kinnlade nach dem Halse bin, mit der gesunden Haut durch
matte , ins Violette spielende Schaltung- zusammen. Der linke
Arm , an dem man vor zwei Tagen den Aderlafs gemacht , war
stark geschwollen, kohlschwarz uad so glänzend, als sei er mit
Pottluth gerieben. Beide Waden schwarz, geschwollen und glän-
zend. Am übrigen Leibe sah man hin nnd wieder gro&e, blaue,
nicht scharf nmschriebene Stellen, wie 'sie sich beim Scorbnt zei-
gen. Uebrigens befand sieb der Kranke in einem Mitlelzosunde
— 967 -
swUvliMi Irreredca nnd SahlahDchi , du Wut sickerte ibni aus der
Nase, der Puli war ichndU nod Idein.
Ich aah jeut leider wot , dafs der Maoa das Paalfieber in
bvbeia Grade liaue, verordnete reicbllcbe ISchwefelsSure und Btnnd-
lieh ein«n Löffel Branntwein. Neugierig war ieb aber 4nch, ob
nein alter wund äratl icher Kolleg« H", den ich scbon von früber
Zeit all einen erfahrenen und recbtlicben Mann Icannt«, je einen
Ibniicben Fall geaehe^. Auf meine Bitte begab er sieb mit mir
xuin Kranken; nachdem er ihn aber bescbanet und ihm den PuU
gefühlt, ging er auf Hütte hinaus und sagte: icb habe nie eioea
solchen Fall gesehen; — der Mann wird sterben. Ich suchte ihm
die wundervolle Wirkung meiner einfachen Heilart begreiflich au
machen, aber er schmnnzelie iuhI blieb dabei: der Mann wird
sterben.
Der Mann starb aber ni<^l, sondern genas bald. Die Fran,
deren Bestehen von seinem Leben abbiog, machte nicht viel Uhi'
stflnde mit ihm, gob die SchwefelsAur« in so reichlicher Menge
in ihn hinein, als er sie schlucken wollte; das gute GIfick fügte
es auch, dafs der Beaionnngslose nicht blob-gnt scfalncken konn-
te, sondern auch onwetgerlicb alles verschlackte, was sie ihm
reichte. Am folgenden Tage war der geschwollene Arm schon
nm die Hälfte beigefallen, die schwarze Farbe in eine violette
verwandelt, und auf der rothvioleiten Fläche lag, nicht allent-
halben, über siellenweise, ein dünner, schwaner Flor. Auf der
jetzt beignfallenen roibvioletten Nase lag ebenfalU ein solch dün-
ner schwatxer Flor. Die Waogen waren aber roibviolett ohne
Flor, beide Waden rundum rothvioletii in der Mitte no^ kohl-
schwarz. Das Blut sickarie nicbt mehr aus der Xase.
;, Nach 46 Stunden war die toihvioLeite Farbe in eine bellroibe
Mmandvlt, der Arm ganz beigefalten, der schwarze Flor safs
aber noch auf den Stellen, wo icb ihn am vorigen Tage ges«-
hen. Uebrigens war das Befinden de« Mannes besser, die Besin-
nung kehrte wieder und mit ihr die Muskelkraft. Alles ging jetxi
rasch zur Genesung, su, dafs ich den Luser mit riner weiteren
ausführlichen Erzählung nur Langweile erregen könnte. Ich be-
durfte keines anderen Mittels als der Scbwefelsliure und des Brannt-
weins. Blofa die Waden, wo der Brand die Lederhaut schon an-
gegriSen hatte, niufate ich lail einem Pflaster heilen.
Ich halle dafür, dafs der schwarze Flor, weither bei der
Besserung auf der Nase and auf mehren Stellen des Armes log,
die obere, schon wirklich abgealorbene Fl&che der Epidermis war.
G.an^ konnte die E^iideiniis noch nicht abgestorben sein, denn dns
würde sich wol offenbaret haben Auch in der Mitte beider Wa-
den war die Lederhaut noch nicht ganz abgestorben , aondern nur
die der Epidermis zugewandte Flüche. Hier wurde bei dem Ge-
braoche dn Pflaslwt, JMwn ZaHMunnMinBg ich seboa firfib«r
dem Leaer raii^thvilt, du Sehwuse darch Eitanw^ abges)o&*ii,
nnd da koonle man deatliefa criieiinMi, dafr die Ham nicht gmux
Mnldrt war.
Nan jioch eiaa klein« Nachrede an dieser Geachichie.
Mir steckten damahli, als fDaraadiwaniigjfihii^m Aofftn^r,
noch . die no«ologi>ch«n Formen im Kopfe , nad iofa rerrngthMe
blofs, dafa ich vielleicht kluger laftdite gehandelt haban, dem
Manne nicht aor Ader an faasen.
Um niicb selbst an rechifertigen nad die noielogtsche Form
an retten stellte ich mir vor, das Petechialfieber sei «i der fast
geheilieD enizündliehen Plenresie hinsugekomuieo. Diese Recht-
fertigung schien dadorch einigertnahen begröndat, dafi in dem
Bette des Pleoritisebeo ein kleiner Junge lag, der, wie es sich
hernach aoswies, am Petechialfieber litt. Ich halte den Knaben
w<ri hinten in dem dunklen Bettkasten liegen seilen, wubte aber
nicht , dafs er krank war. Jedenfalls war es ein dummer Gedan-
ke, daJs der Vater tod dem SÖhachcn sollie angesteckt sein,
denn wSre das wirklich gewesen, so würde bei jenem das Pete-
chialfieber doch so bald nicht ausgebrochen sein.
Jetst bin ich überseugt und bin es Gott Dank schon lange
gewesen , dafs, hatte ich den Maan nicht snr Ader gelassen, san-
dern hatte ihm gleich HchwefelsHure gegeben, er weder einen
schwarsen Ann noch eine schwane Nase würde bekommen halten.
Die Affektion des Gesammtoiganisssas , die das landgingige Pe^
lechialfieber machte, halte in diesem Falle durch ihr Vorwallen
in der Lunge nnd der Pleura dem Fieber das Ansehen eines ent-
afindlichen Lungenleidens gegeben. Abgesehen jedoch von diesen
jugendlichen Mifigriffe, ist der Fall merkwürdig, er beweiuA
was man, selbst in einem anseheinend versweifelten Zuya^fl^
mit grofser Gabe SchwefelsSure aasrichten kann. Ich glaube aber,
bStte ich es, statt mit einem krtftigea Körper, mit einem schwa-
dien und abgelehlen au thun gehabt, meines allen Freundes R*
Ringelreim: flerMann wird sterben, wiirde wol trotz der
Schwefelsiura und dem Branntwein in Erfallong gegangen sein.
Ich erinnere mich nicht, dnfs Herr Reich die Wirknng der
Säure anf Dinne und Galle bemerkt hat. Es ist aber n&lhtg,
dafs man diese kenne, wenn man das Mittel bei den Fiebern, in
denen sie Heilmittel ist, gebraueben will.
Nun werde ich dem Leser noch eine fremde Erfahrung fiber
diesen Gegenstand mittheilen. Vor nngeffthr zwanzig Jahren mniste
ich mich mit einem niederiftodtscben AmUgenossen in einem jen-
seits der Maas gelegenem One über einenSchwindgiichtigen be-
ratheo, der weit klüger würde gehandelt haben, sich in ein un-
vermeidliches Schicksal in fügen , als natilos sieb gegen dasselbe
sa iperren. Da wir, ¥reil in <li«Mm Frila niohla mähr zu raihea
war, Diil uaflcrer BwaUiaag bald gatban faalteD, »o plauderten mir
aber andere Gegentlända naseres Geiehaftes. Mein Kollege, ein
aller niederlSudisoher, Ton England pensionirter MililSrarst, macb-
le nnter andern einig* spottende Bemnknagen über die Micfalig-
keil der schnlreehien Behandlung typböier Fieber, und da er wol
merken Mocbte, dafs ich ancb eben nioht in den domingläubigea
Doktoren gehörte, enählte er mir Folgendea.
Zn der Zeit, da England ein analiadiscbes TnippencorpR auf der
Insel IVighth bildete (das Jahr habe ich vergessen) nnd die von
ihm pensioninen Offiziere dab« in Thfiiigkeit setzte, wurde auch
mein Kollege angestellt. Es herrschte dort ein aosteckoades Fie-
ber mit Flecken und Biutilüssen unter den Truppen und das Hoapi-
4al wurde mit solchen Kranken überfüllet. Man behandefle diese
nach schnlrechiem Trantj es ging, wie e« genÖhnlich gehet, sie
starben entweder, oder das Fieber durchlief alle Stufen von Jammer
und Elend , und es «&brte lange , ehe die Genesenen wieder zum
Dientte fUhig waren. Der Er/.fthler, ubel zufrieden nüt diesem Er-
folge, iHfst in seiner Abibeiinng gar keine Arzeoei mehr reichen,
sondern die Soldaten blofs Bchwefelsaares Wasser Irinken nnd gibt
iKnen zur Erqnickung von Zeit au Zeit ein Glas Portwein, Er wird
bald gewähr, dafs diese einfache Behandlung ihnen gut ihm, ver-
mehrt Jeiit die Gabe der Scbwrfelsäure und — er hat das wahre
Heiimiilel gefunden. Die Kranken stefben nicht mehr, sondern
sie genesen in kurser Zeit ohne Nachwehea und die Behandlung
findet bei den übrigen Aerzlen Xachahmung. '
leb stellte ihm die verfBnglicbe Frage: ob er nicht glaobe,
dafs dem Portweine der gate Erfolg vonnglich zuzuschreiben sei.
Er antwortete darauf: das sei anmöglich, denn man habe diesen
schon ftfiher, wenn die Sehwftche hei den Kranken überhand ge-
nommen, gereicht, ohne je den anffallenden Nutzen davon zu se-
hen , als von der ScbwefelsSure. Er habe aber spllter bemerkt,
dafs die Soldaten, wenn sie von Zeit zu Zeit ein Glas Portwein
bekommen, das sehwefelsanre Wasser besser vertragen oder ver-
dauet hftiten, als wenn man sie ganz ohne Wein gelassen.
Auf meine Frage, ob er nie etwas vom RetektcAe» Fieber-
mittel gehört, aniwonele er : in jener seltsam bewegten Zeit hebe
er kaum Mufse gehabt, mit der Literatur seines Landes Schritt zti
haken ; an die ausländische habe er gar nicht denken dürfen und
vom Reiduchen Fiebermittel nie etwas gehört. Auf meine Aus-
)*S*iHS dieser Entdeckung machte er die richtige Bemerkung, dafs,
.ohne den glciehzettlgen Gebraocb des Weines, manche Kranke
das schwefelsaure Wasser kanm in niilsigcr Menge vertragen
würden. Da ich ihm meine eigenen Erfahrungen mttiheilte, war
er der ftfainang, wenn ich, statt In den Uütteu der Annen tu C,
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in eiaem englicbon Hospitale diese Fieber behuiileii bäitr, würde
ich den Kranken neiwn def Schwefelsäure nicht Fniol, sondern
Forlweio gegeben haben; uod wenn er aelbsi, in dem One, worin
er jetzt lebe, je diese Fieber wieder solle hebuidlen inüssen, wer-
de er deq. Amen siait Portweio Fnsel reichen^ denn ein Praktiker
luusse in Zeit und Umstände sich zu atiiicken wissen.
Auf meiner Heimreise hatte ich nun in dem sandigen Heide*
wege Zeil genug, über diese UnterhaltuBg Betrachtungen anzasLeU
len. Es 6el mir ein, waa SeAiller in den Worten des Glau-
bens von der Tugend sagt: und was kein Verstand der
VerstSodigen sieht, das übet in Einfalt ein kindlich
Gemii.tb. Diese Worte wendete ich, mutaiit mutamdit, auf die
Medizin ao> Sollte nicht}, dachte ich, manches Heilmittel, oder
di« eigene Anwendung desselben, zuweilen von dem scbtichlen
Verstände anspruchloser Praktiker entdeckt und zam grofsen Hei-
le der Kranken gebraucht sein, welches sptter uns ein Gelehrter
mit grofsem Pompe und nicht selten mit Uebertreibung bekannt
gemacht hntl — Ich kann mich auch noch jetzt nicht von diesem
Gedanken loi machen, und es kommt mir vor, als sei es sehr ir-
rig, das Ganze der mediziDischen Welt und die sohreibende me-
dizinische Welt tn einer Kategorie in werfen. In jener katfn
manches geübt werden, .von der diese keine Ahnung haben mag.
Lacht Ihr vielleicht, Ihr gelehrten Ämtsbriiderl — Glaubt Ihr,
es dränge mich, als schlichten, ungelehrten Prak«iker, den Zauber-
kreis eines Gebeimwissens um mich und meine Genossenschaft zu
ziehen, auf die Ihr denn doch wol ein wenig selb« (genügsam herab-
schaueil — Haltet Ihr mir eine kleine Abschweifung au Gute, so
werde ich Euch ein paar Stückchen erzählen , die es Euch deut-
lich machen sulleu, dafs Heiiulicbk eilen der Natur maochen Men-,
sehen bekannt sein, und durch mündliche Ueberliefemng lange er-
halten werden können, bevor sie, aar Kunde ein^s Gelehrien ge-
langt , von diesem unler die Druokerprease gebracht werden. —
Ich sprach einst einen Mann, der gegen ein Uebel , dessen Be-
schreibung nicht zur Sache gehört, auf Anraiben eines Ginfacben
Praktikers die Hungerkur versucht. Das war aber sehr lange, be-
vor 0*hecK diese fast abgestorbene, nur in der Geschichte .noch
lebende Heilart wieder in. das medizinische Leben eurückrief.
Da ich zuerst las, man habe die Entdeckung gemacht, dafs
der Arsenik ibierische Körper vor der Fäulnifs schütte, erzählte
ich diese merkwürdige Entdeckung einem allen Freunde, der zwar
nicht Arzi, aber doch wissenscbartlich gebildeter Mann war. Ivb
ersiaanie nicht wenig, da er mir erklärte, was ich ihiu gesagt,,
könne unmöglich eine neue Entdeckung, soodern müsse vielmehr
eine längst bekannte Sache sein; denn da er noch Knabe gewe-
sen, habe ihn einst ein aller MSncb die Kuwt V^el auszusiopfen
— 971 —
gelehrt. Er «ei iwa aber nicht ein Ansstopfen dftrfiHlge, londern
der Leiber, also ein eigentliches Mnniiairen gewcMn. Die Stopf*
iiiease hebe bestanden in einer Mischung mehrer Krftuter und «!•
ner guten Portion weifsein Arsenik,
Von dieser Abschweifung kehre ich wieder zar SchwefelsSnre
zurück. Oben sagte ich , dafs man die Reichsche Enldeckting,
weil sie nicht ganx der hochgespannten Erwartung genüget, etwas
gar XU junberbaft behandelt habe. Der Grund dieser Nichlwürdi-
gung lag aber nicht an den Aerzten, sondera an der eigensinni-
gen N'aiiir selbst, die solche durch Srxiren heilbare Fieber, verb^li-
lich zu anderen Krankheiten, selten erseugi.
Es siod jetsi Tierundrierzig Jahre, dafa dieses Fiebet io dem
diesseitigen Clevischen Lande nicht geherrscht, und ni;n bin ich
dar einzige Arzt dieses Landes, der es bis jerzt epidemisch gese-
hen hat. Sporadisch sah ich es vor ungeräbr 30 Jahren in der
Uüiie eines armen Mannes; es verläugneie anch hier seine anslek-
kende .\atur nicht , denn alle Bewohner der Hiilfe (beide Ehegal-
len und vier jnnge Lenle, ihre Kinder) wurden davon ergritt'en.
Der Geistliche, der sie besucht nnd der, 60 Jahre alt, noch nie
von irgend einer Krankheit war angesteckt worden, wurde auch
hier gewahr, dafs ihm die. Natur keinen Freibrief gegeben; er er-
kraokle schwer, steckte aber niemand an und es blieb also bei diesea
sieben Menschen.
Ich hatte jetzt Gelegenheil , nicht blofs aufs neue die trelT-
liche Heilwirkung der Schwefelsäure bestätiget lu sehen, sondern
lOufsle auch gezwungen eine vergleichende Beobachtung machen.
Die sechs Kranken in der Hütte heilte ich blofs durch Schwefel-
saure in kurzer Zeit. Der Geistliche, bei dem das Fieber die tSu-
Bcheode Form der Angina tontiUari» angenommen (welches nichts
Seltenes ist) und der geglaubt, dieses leichte, gemeine Uebel wer-
de wol einem Haosrajitel weichen, der überdies gar nicht daran
dachte, daJa er k9nne in jener Hütte angesteckt sein, schöpfte, erst
Verdacht, da es schlimmer mit ihm wurde und die schweren Pe-
techien aasbracben. Ich fand auf der äufseren Seite des recbieo
Schenkels eine wirkliche Blninnterlaufung, die Seite sah aus, als
sei sie durch SlockschlHge furchtbar mifshandelt. Er hatte einen
natürlichen Widerwillen gegen alle Säure; der Versuch, den ich
durch Weinsleinsäure machte, war von keinem besseren Erfolg«
als der mit der Schwefelsäure. Auf meine Vorstellung, dals er
durch jede andre Behandlung bei weitem ao schnell nicht würde .
gebeilt werden , antwortete er : an der beilsaineo nnd scIiDeUen '
Wirkung der Säure könne er unm&glich zweiflen, denn er habe
sie ja an den sechs Kranken in der Huite aelbal beobachtet; al-
lein er hibe nun einmahl einen Abscheu vor aller Sfiure, nnd wol-
le'Iicbof dreinuhl Ittoger krank liegen, als etwas aebneD, wel-
ehn seiaer Natar lo tehr wideralreite.
Was war da zu ihunf — Ich gab eine itarke Abkochung der
Rinde und andere guie Dinge, wie iie gewobnIicK gegeben wer-
den. Er starb nicht, er genas selbst ungewöhnlich bald, weil er
ein starker Mann war, der noch, indem ich dieses schreibe, als
neuaiigjfthriger Greis lebt; aber er lag doch reichlich doppelt se
lange krank, als die sechs, welube blofa SchwefelsSure gebraucht
kalten.
Wenn ich nun bedenke, dafs ich dieses Fieber in so langer
Zeifr nicht epidemisch und nur ein einziges Mahl sporadisch ge-
sehen, so wird es mir sehr glaublich, dais ea auch anderen Aerz-
ten nicht oft vorgekommen, und dafs in dieser Seltenheit der Haupt-
grund der Mifsschätzong du Beic/ueie» Fiebermittels zu suchen
sei. Die Betliaar Aerste halte ich für sehr kluge Lenle, aber so
künstig waren sie doch nicht > data sie Fieber machen konnten,
auf die des Prof. ReicA Mittel pabte. Ucbrigens Bebe ich recht
gut ein, auf welche Weise Herr R. sich selbst getSuscht und, aof
diese Tüuachung gestützt, mehr versprochen hat als er zu halten
im Stande war. Jede Affektion des <Jie8ammlorgHnisaiiis kann in
jedan Organe vorwallen und ganz verschiedenartige Fieberformen
machen; Herr K. konnte also als ehrlicher Mann darauf schwö-
ren, er habe einsig durch Salz- und Schwefelsäure alle mSgliche
Fieber bald geheilt. Wollte man mir einwenden: wenn die man-
nigformigen Fieber, bei denen er seine F.otdeckung gemacht, sich,
wie die von mir beobachteten, durch Petechien ausgezeichnet hat-
ten, müsse er nothwendig auf den Gedanken gekoiunien sein, dab
et es blofs mit einer einzigen Fieberart zu thnn habe, die sieb
aber unter verschiedenen Formen offenbare; so antworte ick darauf
Folgendes.
Bei den Fiebern, wriehe ich beobachtet, waren allerrfinge Pe-
techien der einzige Zufall, von dem man sagan konnte, da£i er
unterscheidend war. Ich habe diese Flecken zum wenigsten bei
anderen lyphösen oder nervösen Fiebern nicht bemerkt. Daraus
folgt aber nicht, dafs alle von diesem Fieber Ergriffene Paieokien
gehabt hfilten. Das hatten sie wahrlich nicht. Eine Geneigtheit
mochte wo! hei allen Körpern zu dieser Fleokenerzengung vor-
handen sein, allein sie offenbarte sieh nicht sichtlich. Ja in den
Fällen , wo, wenn ich die Heilung darch Schwefelsäure begann,
• die Petechien noch nicht zu Tage gekommen waren, erschienen
sie auch nicht wShrend der Knr, so wenig als andere Zunile der
Verschlimmerung.
Möglich ist es also und mir selbst wahrscheinlich, dafs das
Fieber , bei dem Herr it. seine Entdeckung gemacht | ^au obna
— »TS —
PMMtbiMi «nohienen iM, WB4ar«h iam dl* Tliiafamig um M Meb*
Unler mefneii L«i«ni kSnaten Ruch louige Lew» uin, dia
einmahl g«rn wisaen machten, ob m mir, da ich die witDdervolI«
Heilwirkang der Schwefelsäure g«sehen, nicht eben so gegnngeD
sei aU Herrn Reich, ob ich aieht auch geglaubt habe, im Bsuise
eine* nnfehlbaren allgemeinen Firberniiticli an aeitit — Ganx lo
iit ei mir nun wol gerade nicht gegangen, das war auch nnmSg-
lieh. Das Erste nHiulich, was ich bei meinem Eintritt in das prak-
tische Leben zu seh«n und tu behandlaQ krieg'e, waren gasl^rlseb«
Fieber, die nic^l einbildisch, sondern wirklich darch die bancb-
«nileerende M«lbode geheilt wurden. Da ich nun bei mehren Kran-
ken Schwerelsfinre gefunden, welche ihnen der abgelebte, sie nicht
besnchend« Armenarzt nach Bericht verordnet, sie sieh sehr iibel
dabei fDblten, ja da in der ersten fi&tte, worin ichgernfen wurde,
«ineFrao, die die SSnre gebraucht, am Sterben war, indefs lieh
der Mann in sehr elenden UmstüDden befand ; so war e« doch wol
ganz nnmSglich, dals ich die SchwefelsRore für ein allgenet-
nes FieberiHiilel halten konnte.
Aufrichtig gestehe ich aber, ich hatte die grSfsle Vermuthnng,
sie würde wol in bIIpil: den Fiebern, bei denen, wie ich damahls
schon mit meinen Augen oft genug gesehen, die Kunst wenig ver-
mag und die man heut su Tage unler dem rieUinnigen Mumen
Typ Au I begreift, hfilfreich sein. Dals meine oben angeführte
voriHnfige Nachricht an Herrn Hufeland blofs vom Faulfieber
spridit, beweiset wahrlich nicht, dafs ich in meinem fünfundswan-
zigsten Jahre klüger war als ein Professor der Medizin, sondern
sie beweiset blofs, dafs ich, schon auf der Uocbschiile zum Zweif-
ler gebildet, wenig Neigung haben konnte, etwas auf das Papier
zu setzen, was ich nicht mit leiblichen Augen gesehen. Mit Au-
gen hatte ich gesehen , dafs SchwefelsSure die Fanifieber heilte,
also schrieb ich auch nur das an Herrn H. nnd nichts mehr. Wie
wenig ich aber frei von dem nachherigea Reichtchen Irrsale war,
mag dem Leser folgendes Geschichtchen durtbun.
Ea herrachte daniahls in yerschiedenen Gegenden die Vieb-
senche. Aus den Zufftllen derselben schlaf« ich, sie müsse ancb
wol ein ähnliches bSses Fieb«r sein, als das, welches die Men-
schen heimsuchte, und die ScbwefelsBure werde bei dem Vieh
eben so beilsam wirken als bei den Menseben. Dem damahligeo
Krieges • und Domänenraihe Sack, der sich viel um die Seuche be-
kümmerte, tfaeille ich bei Gelegenheit mündKch oad später auf
•ein Verlangen schriftlich meine Gedanken über diesen Gegen-
stand mii. Begreiflich spielte in diesem Aufnaise, nach datnahli-
ger fimlicber Ansicht, die Fäulnifs eine Hauptrolle. Da aber die
erst« Erzeugung aller Säfte im Darmkanal geschiebet, ao brauchte
— 974 —
nätD diesen ja anr gan* «mit Sftsr« am erCiillao; die Fftalaife im
Bliile nnd id allen übrigea Sfiften war dadurch Domöglitb gemaeht
und die achoo vorhandene atafate gehoben werden.
Diese Gedunken waren schon ibrer Einfachbeit wegen deni
Nichlarale, der sieb wo) als kUiger Mann too dem glecklicfaen
Erfolge dieser hei Meoschen geüblea Heilart ao der besten Quelle
wurde erkundiget haben, sehr einleucbiend. Er machte mir den
Vorschlag, selbst einen Versuch anzustellen, besorgte mir aeha
Kinder von den ÜoiHäneabauerD , einen Stall sabe hei der Stadt,
einen Bauernthierarsi , um das Vieh su pflegen und ihm einzuge-
ben. Die Domänenbauern jedoch, die sich schon für Franattsiscbe
Republikaner bielien, hallen keine sonderliche Neigung, dem Preu-
tili«chen DomKnenraifae »a willfahren. Die Hinder schickten sie
wol (diese halten begreiflich zu einer solchen Zeit wenig Werih),
aber das Futter blieb aus. Die armen Geschöpfe mnfsien blofs von
nacktem Roggenstroh leben. — Ich impfte sie, erfüllte ihren Darm-
kanal mit SübwefelNSure , und von den Zehen starben nebt. Die
xwei noch lebenden sahen aber wirklich so elend an^ dafs sie en
nach wol nicht lange mehr werden gemacht haben. Ob nun die
acht angiGcklichen Thiere von Hunger, oder dnrob die Schwefel-
säure, oder an der Seuche gestorben, mag der Himmel wissen; ich
wufste es dninahls nicht und weifa es auch jelxi noch nicht.
Als ich im Jahre 17S7 hierhin kani , waren in hiesiger Sudt
und Umgegend tj-pböse Fieber zwar nicht hftufig, aber sie erschie-
nen doch einzeln, batlen, luit Ausichlnfs der Petechien, hinsicfai-
licb der ZufAlIe die gröfsle Gleichheit mit jenen durch Schwefel-
RJiure beilbaren, ich zweifelte also gar nicht, sie würden sich
durch Schwefelsäure eben so gemäcbltob bannen lassen als jene.
Das ging aber so nicht als ich glaubte; sie waren vielmehr so ei-
gensinnig, der Säure gar nicht zu gehorchen, und ich-mufatejetst
ihun wie andere Aerzlc, behandeln sie ärzilicb, weil ich sie nichl
heilen konnie.
Der beste Nutzen, den ich von der mir dureh Zufall aiifge-
dmngenen Entdeckung gezogen, bestehet wol darin, dafs ich schon
in meiner Jugend den grofsen Uoierschied zwischen wirklichem
Heilen und firzilichem Befaandlen mit leiblichen Angen gesiehen.
Das hat ohna Zweifel einen grotsen Eiafluis auf meine spätere
praktische Ausbildung gehabt; ob einen guten, oder einen bSseni
das mögen vielleicht meine Leser richtiger benrtheilen als ich
selbst.
Nun mufs ich noch, weil ich doch einmabl vom Faulfieher
spreche, noch kürzlich erwähnen, wie n mir mit den Petechien
ergangen. Auf der Hochschule hatte ich gehört, die Petechien
seien den Flohsiichen ähnlich, man ki>nne sie von diesen dadurch
unterscheiden, dafs die Rftihe auf einen Druck des Fingers angen-
_ 975 —
blicldieh Tendiwä»4e ««4 gm* varacbw&nde,- da b»i dan Flobflek-
km in der Mine immer dieBifa- and Stiehmarke sichibar bliebe.
Dm Nftffiliche fand ich auch in ■•leben praküacbea Bücbern, die
■ur Relshning der Unkundigen verfällst zu min scbienen. leb. be-
griff leicht, dafs bei dieser Belehrung nur von neuen Fiohsiichen
die Rede aein konnte, denn nor dieae haben einen roihan Hof.
Bei keinem Kranken in der oben beaohriebenen Epidemie aah ich
aber •olthe Petechien, die aaeh onr die geriogate Aebniichkeit mit
roibanhofteo Fl<^bi«ien hatten; dunkel «ioleit, oder schwarz, sa-
hen sie binsiciulich ihrer Form, aber nicbi hinsichilicb der Farbe,
oft genug «US wie ahe, nicht uaihofte Flobbisae, und verschwan-
den eben ao wenig - ala dieae auf den Druck des Fingers. Blofa
unier den sieben, am aporadischen Petechialfieber Leidenden, wel>
che ich apSLer bebaodelte, hatte der alte Geiailicbe ungefähr ein
DoUeod roiber, wunder Flecken ^uf dem Hucken des rechten Plalt-
fuis««, die uaboften Flohbissen, Masern - oder RöthleQÜecken ähn-
lich, dem Drucke des Fingers schwanden. Diese Flecken wurden
bei der abendlichen Fiebererhebuog offenbar feuriger, vergingen
aber in drei Tagen, ohne violett, oder schwarz zu werden, ob-
gleich, wie ich eben eczlihll, der Mann schwarze Petechien an dem
übrigen Körper, und an der äu&eren Seile. des rechten Schenkels
eine Schwärtang hatte, die wie eine wirkliche Blutunterlaufnng
aussah,
Ueberbaupt müssen manche Aerste solche Epidemien beobach-
tet haben, hei denen roihe Petechien die gewähnlichen , violette,
oder schwarze nur Auanahmen von der Regel gewesen. Vor et- |
. liehen Jahren kaufie ich einen Rudel alter Schriftsteller und unter
diesen das Werk eines rheinisch Cölniachen- Arsies, des Laurenz
Doaker», der mir ganz unbekannt war. Sein Buch bat den Titel :
Idea febril petechiale ■, live tractatu» de uorbo pmncticulari.
Xuu, das Wort Idea beKeichnet am besten den Geist des Buches.
Das Praktische, welches mitunter w dumm nicht ist, mufs man
aus einer fünfhundert Seiten langen, ekelhaften, Cariesiacb - theore-
tischen Brüh heraoafiiclien. Aber auch dieser Mann, der das Pe-
tecbialfiebeT selbst, und offenbar häufig behandelt bat, siebet «Jie
schwarzen Petechien zwar nicht gerade als Zeichen eines unbe-
dingt lödtlichen, aber doch als eines sehr gefährlichen Zuaian-
des an.
In Fallen , wo sich Angina oder Pleurilii bei diesem Fieber
gezeigt, hat er sor Ader gelassen. Ich glaube aber, hfiiie er, wie
ich., einen -starken Mann nach dem Aderlassen achwarzarmig nnd
Bchwarsuaaig werden sehen, er würde schon eine andere Ideam
febrit pelechiali» bekommen haben, als die 1686 zu Leiden
gedru elfte.
Ich habe die Säuren als Millel angegeben, welche bin«cbt-
— «7« —
lieb ihm H«ilwirkiiag nil itum EU»a varwaadt Miao, Mit Beohl
kann also der Lncr erwanaB, meiDa Meiaang ma hSrea, ob auch
im Petechialfieber dai Eisen di« Sfinren nicht blofi eraeUeo, aoa-
dern sie in ihrer Heilwirkung noch nbenreffen werde.
Ich bitte aber den Leger, wohl zA bedenken, iah ich nicht
eine Lobpreisang der altgeheimBrttliehen Lehre, aondern eine prak-
tische Unlersocbung derselben schreibe. Da ich aaa seit den zwan-
zig Jahren, dafs ich dieser Heillehre gefolgt bin, keina Petechial-
fieber gesehen, so habe ich nach die Heilwirkung des Eisens bei
dieser Krankheit nicht nnienncheo können. Allerdings gab ich
wHbrend dieser Zeit das Eisen mit grofseni , selbst mit überra-
sehendem Nutzen in solche* Krankheiten , bei denen mir frfiher
die Schwefelsflure sehr gnie Dienste geleistet , z. B. im Rbenna-
tismus, im Scorbat, in der Fleokenkrankheit; aber der Schlnfs ron
diesen auf das Petechialfieber mSchie doch wol etwas gewagt sein.
Ich glaube allerdings, dafi man durch Eiaen das Peiechialfiebi r
noch besser, und besiiromt gen^ächlicher heilen wird, alt dnrcb
Sftnren; allein etwas nach wahrscheinlichen Gründen glauben und
etwas mit leiblichen Augen gesehen haben, sind zwei ganz ver-
schiedene Uinge. Der Arzt, der nicht gdemt hat, dafs in der
Praxis das Wahrscheinlichste aowahr sein kann, ist noch ein Un-
erfahrener, wenn er gleich graue Haare hat. Wolll« ich, nach
Art mancher einbtidischen , unkundigen Schriflsleller , das Eisen
anbedingt als Heilmittel des Petechialfiebers anpreisen, so kSnnte
es manchem jungen, das Neue oder das Altncne gern ergreifendem .
Arzte mit dem Eisen bei Menschen vielleieht einmahl gehen, wie
mir mit der Schwefetsnure beim Kindvieh.
leb will nicht der Verantasser eines solchen Mifsgriffes sein,
darum sage icb als rechtlicher Mann gerade heraus: ich habe
keine Erfahrung in diesem Punkte. Sollte sieh mir je
die Gelegenheit darbieten, so werde ich gewjfs durch vorsichtige
Versuche die Wahrheit zu erforschen suchen, und ich sehe mich
dazu selbst verpflichtet, weil ich das Hindpriiche des Gebrauches
der SBure, sonderlich bei Kindern und zKrtlicben Menschen erfah-
rea habe; da ich aber schon sn den Alten gehöre, ist es möglich,
dafa die besprochenen Fieber bei meiner Lebseit nicht mehr er-
scheinen, und so mufs ich denn den jfingerea Aratsbrüdern diege-
Untersachung überlassen.
Nun wollen wir noch zum Schlüsse über die krankheitslehri-
g« Kategorie der Schwfiche und über die nrzeneimillellehrige des
Sl&rkenden ein wenig nachdenken, denn das Eisen gehöret ja nach
Schulfechter Ansicht zu den stärkenden Mitteln und könole also
nur in einem Zustande der SebwOoh« heilsani aein. -
— »77 —
Walobra Begriff v«rbtnd«n wir mit dam W»rl« SehwUebef
— Im geweiacQ Leb*» nacni mmn <ten Mann gtsrk, der, ohn« un-
■agcnahiiM GsTuhla, ohn» atcbibara SiSnin; des Rcfrelgangci tei-
ner Körpeniiaschine, nll« fiofacrlichB SchSdliehkeiion kann auf aich
•tnwirken lanen. Wer z. B. ifst« was und ao viel er will, ohne
Uabeqiiemliohkaii za 8|niren, wer viel Wein Irink't, ohne berauscht
H werden, wer grofsa Tagereisen eh Fufae oder in Pferde machr, ^
ohne sichtbar su ermfideii, wer schwera Lasten bewegt, im Ringen
andore gewSlliget , den Schlaf lange entbehret , Hitie und Kftlt«
erträgt, obne richtbar davon angegriffen sa werden, den nennet
man aiark. Schweigend liegt diesem Begriffe ein ongi-fährea Mafs
Hm Grande, das mao von der Mehrzahl der Mensehen sich abge-
logen. Den, der über diesem Mittelmafae iai, nennet man starii,
den, dw darunter ist, schwach.
Der Brstliehe Begriff der Schwäche mafs aber noihwendig ein
von jenem, im gemeinen Laben angenommenen, gans verschiedener
sein ; denn wir müfsten Ja , hitlen wir den gemeinen Begriff der
Schwäche, jeden Kranken für einen in Schwäche versunkenen hal-
ten, so wol den am iaflammaiori sehen, als den am tjphSsen Fie-
ber leidenden, denn der eine kann eben so wenig , einem Gesun-
den gleich eilen, trinken, laufen, tanseo und springen, als der
andere.
Wann wir aber diesen gemeinen Begriff mit nnserer Icrank-
beitslehrigen Kategorie der Schwäche nicht vefbinden kSnnen, so
verstehen wir vielleicht damnier eine (joantitalive Vermindemag
des Lehensf — Dieses kann aber auch nicht wol sein; denn da
wir das Leben nur in seinen Aeiiberungen, nicht von diesen
geschieden kennen, so liegt das Venaefareo, oder das Vermindern
desselben ganz aufserhalb der Grensen unseres Wissens. Ueber-
dies, wenn die krankheilslehrige Schwäche eine quantitative Ver-
mindernng des Lebens wäre, so würde die Selbstheilnng solcher
Fieber, die wir lyphSs, oder nervSs, oder fanlieht nennen, gans
nnerklärbar sein. Ich habe mir schon in meiner Jagend über die-
sen Widerspruch den Kopf lerbroehen. Wenn ich nämli*^ sah,
dafs solche Kranke nioht blofs ohae Arzenei von selbst genasen,
sondern dafs jnnge, in der Ansbildnng begriffene Leute, während
ibf Körper alle Stufen des Elendes dieser Fieber durchlief, nicht
blofs einbildisch, sondern lichthar und raefsbar an Gröfae zuge-
nommen hatten, so dachte ich; wie ist es mSglich, dafs hier, wo
die Na(ur nicht blofs gegen die verderbliche Krankheit ankämpft,
soadern gleichseitig den K5i;per ausbildet, wie ist es möglich, dafs
hier eine Verminderung der so genannten Lebenskraft, oder, was
wol gleiehgeltend kt, eine quantitative Verminderung des Lebens
Statt haben kanni — Wäre es thnnlieh, die hier zum Grunde lie-
gende Wiikorsaobe gräfsUeh zu sobätien, so würde doch wol je-
-■■-62 ---o"
— »7» —
drä nnrarbrSppell« Ventanil nrth«il«n, e« lei, um <Iim«r Doppel-
TerricbtuDg tm genSgen, weit ein Mehr j«nei unbekannten Wir-
keoi ndthig, ala oölbig ist, den Refelgang deg geinnden, auage-
bildeiea KSrpers in Ordnung zu halten.
Da man aber gewÖbDÜcb in der Jagend Wörter, benonders
griecbiacbe, oder'IateiniKche, Tiir BegriQe auf gnteo Glauben bio-
Dimml, «o konnte ich mich auch vnn der kran kh ei ta lehrigen Sobwl-
cbe nicbt gemfichlich lesmacben. Dafi bei allen Widmprfichen,
in die mich die Beobachtung der Naiiir veratricklej dennoch etwai
Wahres an dieser Kateg'orie aei, fSblt» ich wol, das heifst, mein
Verstand dachte eii sieb dunkel; es ging aber eine lange Zeit hin,
bevor ich dieses dunkel gedachte, dieses gefäblte Wahre zur mit-
ibeilbaren Klarheit bringen konnte. Endlich , - als ich den Geist
der geheimSnttlichen Lehre erfafst, als ich begrifien, dafs wir von
dem Wesen der Krankheit, das heifsl, von der Krankheit, io~ so-
fern wir sie von der aichibaren .und fühlbaren SiSrung des Regel-
ganges dfr Kftrpermaschine scheiden, nichts erkennen k&Bnen , als
ihr Verbftlinifs xu der Heilwirkung der Arsenei, da sah ich erst ein,
dafs die Kategorie der Schwficbe blofs einen Zustand des kranken
Körpers bexeicfane, der durch gewisse Mittel könne gehaben und
dnrch gewisse andere könne verschlimmert werden. Dem Kranken
wird es allerdings ganz gleichgültig sein, ob wir diesen Zustand
SchwHche, Asthenie, Verflanung der Lebensgeister , Abnahme der
Lebenskraft, typhösen, nervösen Zustand, und Gott weifs wie sonst
noch nennen, wenn wir nnr das wahre Heilmittel auf denselben
wissen. Da man aber heul zu Tage überviel auf Philosophie und
wissensehaftliehe Bildung pocht, so scheinet es mir doch sehr wi-
dersinnig, dafe man eine Kategorie aufaiellet, mit welcher der Ver-
stand keinen denilicben BegiifT verbinden kann, sondern von der
er nur durch die Uebnng der Kunst nach und nach das Wahre
ahnen lernt. Von der arzeneiniiti eil ehrigen Kategorie des Slfirken-
den will ich weiter nicht spreobe«, da von dieser das Nämliche
gilt, was ich von jener gesagt.
Das Gänse der schulrechlen Lehre^ welches ans, in diesem
Punkte, seit der ältesten Zeil in sehr veränderlichem, vielfarbigen,
von griechischen und lateinischen Kunstwörtern bauschendem Ge-
wände vorgeführt ist« dienet dem praktischen Arzte bei Uehnng
der Kunst zu nichts, zu gar nichts. Wie einfach, wie verstlnd-
llcb, wie brauchbar in der Praxis ist dagegen die Lehre der allen
Geheim&rzte: es findet steh in der Nator ein krankhafter Zustand
des Gesaramtorganismns, der durch das Eisen tum Normaistand«
zarTickgerabrl wird. Das Eisen ist zwar oichl das einzige Hail-
miitel dieses krankhaften Zusiandes, aber es ist das vollkommen sie.
Unser Verstand kann von dem Wesen dieses Zustandes nichts erken-
nen, als nur seine Heilbarkeit flurcb Eisen , and da keinesweges zu
— 979 —
behaupten ist, er bestehe in SchwSche, in einer Verminderung des
Lebens« so würde es auch sehr widersinnig sein, dem Eisen eine
stSrbende Wirkung saxnschreiben.
Ich überlasse es nun ganz meinen Lesern, selbst za bearlhei-
len, welche Ansicht die verständigste sei. Sollte ihr Verstand bei
Bennheilung einer Krankheil der besprochenen Kategorie nicht ent-
behren k&nnen, soralhe ich ihnen, selbige beizubehalten, denn ich
weifs ja aus eigener Erfahrung, dafs. solche, unserem jugendlichen
Gehirne bei der ersten Lehre eingepflanite Unkräoier sehr schwer
eussnrenlen sind. Uebrigens versichere ich ihnen als ehrlicher
Mann, dafi ich seibat wenigstens nicht, gleich den Geislerbeschwd-
rern, dunkler W5rfer and Formeln bei dem HeilgeschSfte bedarf.
nizedtv Google
Dritter Abschnitt.
M D p r e r.
BPieaeg Metall iai «las Hlleste Univeraal mittel der Geheim-
firzte. Das Allheil des R. LmIUu» ist weiter nichts als Kapfer.
Freilich, das gar weitlfiiiTtige Rezept, welches er in seinem Buche
De Medicini» tecretittimit deiiAerzten mitznlheilen die Bos-
heit hat, enih&It kein Gran Kupfer. Man braucht aber nur in dem
Buche selbst die Wirkuitg des Mittels nachzusehen und diese mit
dem zu vergleichen, was sich von seiner das Leben verifingemden
Anenei in dem Gespräche De ligno vitae findet; so begreift man
bald, dafs das ganze- Geheimnifs in Kupfer bestehet, und dafs der
alberne Wirrkopf dieses Metall in Salpetersäure aufgeldset eine
lange Zeit mit Alkohul hat digeriren lassen. Einige Stellen ans
den Schriften der Slieüten Gebeimftrzte, die ich aber blofs bei spä-
teren Scbriftsiellera gefunden, (die Werke jener ältesten Geheim-
ärzte habe ich nie auftreiben kSnoen) sprechen auch dafür, dafs
das Kupfer das vorzüglichste und älteste Universalmiiiel jener Sek-
te gewesen.
Da ei aber die Weise dieser Leute war, die Ungeweibten nnd
die Galeniker zu täuschen, so spiegelten sie diesen vor, ihr Uni-
versalmitle) sei ans Gold bereitet. Die Dauerhafügkeit des Me-
talles, welche sie hervorheben, um die Gedanken des Lesers auf
Gold XU lenken, führt sich darauf zurück, dais das Kupfer über
tausend Jahre in der Erde liegen kann, ohne zu verderben, und dafs
Luft und Wasser nur Einwirkung anf seine Oberfläche haben, aber
nicht sein inneres Gefüge angreifen.
Die Meinung, welch« man nicht blofs in uralten, sondern selbst
in ziemlich neuen chemisch - pbarmaceu tischen Schririea findet:
das Kupfer werde von allen fetten Oelen aufgelSset,
ist eine Fabel. Die Oele lösen es nicht auf, sondern die mit den-
selben verbundene Säare. Trennet man diese darch Biliersalzerde
von denselben , so kann man die entsäuerten Oele so lange man
— 981 —
will auf Kapferfeilig «tebea Immd, man wird nicht leiten, dafa
■ie M angraifaD und sieh grän fISrben. NiektaotaaaeriM Oel färbt
aieh, JAbt inan ea auf Knpfarfeilig Htehaa, grün. Abar auch die-
•aa.Knpferaala bült sieb aieht ainmahl im Oeie anfgaldBet, lon-
deto ■chlägt eich durcb die Zeit aieder, und man liehet da* klare
entfärbte Gel über dein grünen Niedenchlage iteben. Die Luft,
Wasser und Luft vereint greifen dua Kupfer an aeiaer Oberflftebe
BO, Sfiuren und Ammonium Ütaen ea auf, aber nicht Oele, nicht
Hitielaalie. Wenn eine Aufipiaag von Salmiak, auf Kupfer ge-
gossen, eine gana hellblaue Farbe annimmt, ao Ist daa nicht der
Salmiak all Mitteisalz, der diese Aufläauag bewirkt, landern da«
Ammonium, welehea im Salmiak ein klein wenig unneuiralisirt
Tsrnalien kann, Dafa noch ia umarm Jahrhundart, himicfadich
daa Kupfers, (JnriefaligtEeilen lam G«bnioDhe der Aenla und Apo-
theker gedruckt, ja wiederged ruckt sind, ohne dafa die Bennheilcr
einer aoLcbao Schrift diaaelben geragt beben , beweiset , dafa alte
Fabeln, haben sie eiomahl nnter den A ersten Fufs gefafat, schwer
auainroitea aind.
Zu diesen Fabeln gehört auch nnwidarsprechlich die Giftig-
. keil des Kupfeii. Dafa jede Arienei, ungehörig angewendet, dem
Kranken schaden könne, daran zweifelt wol kein veniandiger
Menach, alao wicd man dieses auch vom Kupfer nicht bezweiflen.
Dalä ein Gesunder durch grofae Gaben Kupferaalao oder Osyd»
könne getödiet werden, mag ich eben »o wenig in Abrede stellen,
als dafs der nämliche Zweck durch groise Gaben Branntwein kann
erreicht werden. Wann aber behauptet wird, das Kupfer kAnne
in mäfsiger Gabe, in solcbec, die allenfalls in Speise und Trank
einem Menschen unmerklich heimbringen sei, tödtlicha Wirkung
haben, so erkläre ich. daa geradezu für die gröfxte Unwahrheit.
Es macht den sobulrecbien Aerztenwahrlich aebr wenig Ebre, dafs
si» diese Lüg« ■(> lange für Wahrheit gehalten babeo, da ihnen
doch die eigene Untersnobung sehr nahe lag und aebr wenig Mäbe
wOrda gemacht haben.
Die Kapferschläger vencblucken täglich eine gute Menge Ku-
pfaroxfd; werden sie denn dadurch krankt Ich habe daa nicht
bemerkt. Hier wohnen drei KapferacblSger, die, der Hranniwein-
brennereiea wegen, viel in Koibknpfer arbeitea; aber gerade die-
se und ihre Gehiilfan sah ich. fast nie krank. Betrachte ich die
Haare dieser Leute , so eahe leb , dafs ai« vom Kapferoxyd ganz
grfin gefärbt sind. Bin icb nor fünf Miauten in ihrer Werkslatt,
so lileiht mir dar Geschmack des Kupferox7dei noch Ungar als
eine Stunde im Munde. Diese Leute verschlucken 30, 40, 50 Jah-
re lang täglich Kiipferoxyd und bleiben gesund ; wie kann dann
das Kupfer ein der menachlichea Natur nacbiheiligea Metall seinf —
£inMu unserer KupferscblSger sagte icb einet : sein Geschäft mäfse
wol ein tehr geniadei Geschäft ino, denn weder er, noch leioe
GebälfttD bedürfen je neiner ämlichen Hülfe. SchmansehMl erwie-
derte er: anter ihrem Gewerbe sei das, was ich sage, längst be-
kannt, er selbst habe auch viel alle und rostige Meister gesehen»
wisse aber wobt) dafi die Aente anderer Meinnng seien. Kr hal-
te jedoch die Aerxie in diesem Punltte für Stocknarren, die Erfab-
rang spreche ja gegen sie.
Um zu untersaeben, ob der innerliche Gebrauch de» Kupfern
den gesunden Mentcbeo krank mache oder nicht, hielt ich es für
das einfachste und üherseugendsie , Versucha an meinem eigenen
gemiDden Leibe su machen.
Zuerst nahm ieh acht Tage lang ffübraorgens funfisebn Gran
Bcbwarxes Kupferoxyd. loh liels aber das Oxyd mit dera Eztraiit
der Eichenmistel in Pillenfarm bringen, darait es mir keine CJebel-
kelt Ternraacben möchte. In Polrecform würde es mir ohne Zwei-
fel tiebelkeit, oder wol gar Erbrediea ^rancht haben; beides
muftte ich zn vermeiden suchen, lonst würde unmöglich gewesen
•ein, ^ie Wirkung, die es auf mein Befinden haue, zu beurifaei-
leo. — Ich habe bei diesem Versuche nicht die geringste Trübnog
Heiner Gesundheit bemerkt.
Bei dem zweiten Versuche, den ich eine Zeit lang spfiter an-
Btellie, nahm ich drei Wochen lägUch vier Graa des nämlichen
Oxides in Pillenform, ebenfalls oho« nacblheilige Folgen für mei-
ne Gesundheit.
Später fiel es mir ein, zu untersuchen, ob das Kupfer in mä-
fsiger Gabe, aber lange Zeit gebraucht, feindlich auf den Körper
wirke. Zn dem Ende nahm ich acht Monate lang täglich vier
Gran Oxyd. Ich erkläre aber, dafa ich von der angeblich nach-
iheiligen Wirkung desselben nicht das Mindeste gespiiret; denn
Bufser dafs meine übrigens gut« Efslast mittags dadurch verstärkt
wurde, war es mir nnmöglicb, irgend eine unheimliche Verände-
rung meines Befinden« wahrzunehmen. Das einzige, was ich be-
merkte, war Folgendes. Während der Versnche entstand früher
oder später ein gana raälÄiger, sohmersloser, bächstens einen hal-
ben Tag anhaltender, und dann von selbst aufhörender Durchfall.
Ob dieser von dem Kupfer bewirkt wurde, kann ich zwar nicht
mit Beatimmtheit behauplea, es ist mjr aber wahrscheinlich, und
zwar deshalb, weil einige, denen ich das Oxyd als Arsenei gege-
ben, -den nämlichen Zufall beobachtet haben. Ander« hingegen
hatten angeblich nichts dergleichen bemerkt. Ob diese weniger
reizbare Därme hatten eh jene, oder oh sie, weniger aufmerksaa
auf ihren Körper, den scfamerslosen, unbedeutenden Durchfell nicht
beachtet, kann ich nicht sagen.
Femer bemerkte ich währwid meiner Versuche von Zeil zu
Zeit , aber lange nicht (flglicb , vormittags im Magen das Gefühl
- 983 —
•IBM WKhten UeifshuBgen , weichet nilcb zn euen xwang, ob-
gleich ich seit länger äla 30 Jahreo gewohnt bin , eufser Kaffee,
TMinittaga nichtt zu genielBeii. £s stehet mir vor, in neuer Zeit
gelesen zu haben, dafa ein aimlRndischer Arzt einen ähnlichen Ver-
zncb an seinem Leihe gemacht, ja das Kupfer in noch grofserer
Menge verschlucki hat als ich. Ich habe aber versäumt, den Ka-
UMD dieses Arzies wir schriftlich su bemerkea und wiifuie jetzt
auch nicht, wo ich ihn suchen sollte.
Dafs man in DSMer Zeit zuweilen Kupfervergifiungen beobach-
tet, darüber wundeve ich mich eben nicht; denn weil in den Gift-
bnchesD das Kupfer etnniahl als Gift verzeichnet Uehet, der Ver-
stand gar niancher Aerxie durch die Bücfaerle.hre theilicbt verkrüp-
pelt ist, ein ibeilicht verlcrüppelier Versiand aber seinen Besitzer
wol eben nicht zum richtigen ßeohachier betäfaiget : so niüsseo
wir noibwendig ho lange Beobachtungea über Kupfer Vergiftung
l«aen, bis die Wahrbeil, dafs Kupfer kein Gift sei, so oft ge-
druckt ist, als die Lüge, dafs es Gift sei, so lange, bis dl«
Bücher, in denen Letztes behauptet wird, durch die Länge der Zeit
der Vergessenbeil beiingefullen. Da nun weder ich, noch ein ein-
ziger meiner Zeiigenossea dieses erleben wird , so werden aoch
hinfort noch immer von Zeit zo Zeit Menschen angeblich durch
Kupfer vergiftet werden. Nun, iiumerhin! Als Menschen sind
wir doch alle dem Irrlbuiue unterworfen, und wenn denn einmahl
iiinls geijrel werden, so ist es der Menschheit weit weniger scbfid-
lieh, dafs man ein wohlihfitiges Mittel für Gifl, als dafs man nn
feiodlichaz für ein unacbuM^es, ja für ein unenihehrlicbes Allbeil
hält.
lo meiner Jugend sollie iob eimrt einen »bgentugerten, braun-
farbigen, an allerlei Bau ebb esch werden leidenden Nadler heilen;
das konnte ich nicht, denn mein universiiälisch Slolliicbet Wis-
sen pafitle unglficklicherweirie nicht «uf den kranken Bauch dieses
Mannes. Er xehrie immer mehr ab und starb endlich an der Bancb-
schwindsucbl. Da ich nun Hiehrmahls in seiner Werkstatt gewe-
sen, and gemerkt, daCi beim Schleifen der Stecknadeln der ganxs
Lnfiraum des Zimmers so mit Kupferstaub erfüllet war, dafs man
den Augenblick, wo man bineinirat, schon den Geschmack des
. Metatles im Munde halte, so glaubt« ich scbulgerecbler Arzt, der
Mann sei durch das Kupfer, welches er täglich vencbluckl, lang-
sam wie durch das Tofanische Wasser vergiftet. Freilich wollte
der gesunde Theil meines Verstandes sich gegen den verkrüppel-
ten auflehnen; es fiel mir ein, wenn das Kupfer jene Bauchleidea
hervorgebracht, so habe es dieses doch wol etwas früher thon müs-
sen, der Mann sei ja immer gesund geblieben, nnd erst krKnkli^
geworden, da man ihn zu den Alten gezählt. Diese Opposition
war aber zu ohomSchiig; es mufste dabei bleiben, dais das an-
,— 9ä4 -
hallende VenchluckMi des gift^eo Ka|>l«rttBalte« d«n branneo Sm4-
1er lur Bauchschwindiacht verholfen.
Viele Jahre nachher, da ich scban lingat maocbe Ificfaerlielie
Vomrlheil« eua neinem Kopfe verbannt, kam sein Sohn, ein Laad-
pfarrer, um Hülfe zu mir. Er hatte eine brann« Geeiehtsfarbe wie
sein Vater, Banebleiden, Heiserkeit, HSmorrhoiden, kun, er war,
mit Aasacblufe der Abmagerung, dai leibhafte Bild seiaai vertiM-
beneo Vaters. Nun mubt« ieh über meine jugendliche Esalei la-
chen, dafi ich die Krankheil dei Vaters dem Kupfer zogeschrie-
ben, Dieier Sohn, der an dem niiiilicben Uebel litt (weil aolofae
Banchfehler leicht forterben und tnanobe derselben Bioh «rat apil
■o weit ausbilden, dafs sie feindlieh in das Leben eiagreifen), die-
an_ Sohn haue als Landpfarrer wol die Gewissen seiner bänri-
«eben PfarrgeBOssen , aber nie Stecknadeln geschftrfl ; höchstens
konnte man, wollte man von Scfafidlichkeiien spreobeo, ihm nach-
sagen, dafs er hiosichtlich des Trankes sich den Erzvater Noah
zum Vorbilde genommen.
Mathiolu» legt dem Kupfer eine Vimmlcefativamhn; dar-
an ist etwas Wahres. Legt man es als Salbe auf ancen heil bar*
€i«schwfilBle, so gebeb diese bald in Eiterung über, auch der in-
nerliche Gebrauch desselben b«fSrdert die Eiiemilg des dnienfaeil-
baren.
Reibt man kohlensaures Kupfer mit Wachssalbe msammen
nod legt diese Klischung auf die gesunde Haut, so stirbt die Epi-
dermis ab, allein die nene ist schon wieder erseugt, ehe die alle
abftllt. Ich habe den Versnefa aa meiner eigenen HB.ut gemacht
und mich überzeugt, dafs diese Wirkung des Kupfers von der
fluenden und blasenniachenden anderer Mittel sehr verschieden ist-
Seine Wirkung auf Afterorganisalionen der Haut (auf Warzen
und andere Auswüchse) ist bekannt; wer aber damit umgegangen^
der wird auch bemerkt heben , dafs es solofae Dinger nicht nach
Art der Aetsmittel, sondern auf eine eigene, öbel aussalegenda
Weite verleibt.
Was die medizinische Bereitung desselben betrifft, so dienet
diese blofs dazu, es dem Magen zu befreunden. Kupfer Ueibl hin-
sichtlich seiner Wirkung auf den Gesammtorganisnius hnmer Ku-
pfer, man mag es geben in welcher Form man wolle; da es aber
leicht Uebelkeit und Erbrechen verursacht, so ist diejenige Berei-
Inag die beste, welche jener ünbeqnemlidikeit am besten vorbengt.
Warum es leicht Erbrechen macht, wetfs ich eben so wenig
«It ich weifs, warnm Brechwuml, Spiefsgianz, Zink, nnd in man-
chen Magen Wein oder Branntwein dieses bewirken, warum Senf,
Pfeffer und Meerrettig, die doch die Haut schnell und sichtbar
•oisfinden, es nicht bewirken. Das Wie der Wirkung der Arze-
neimitt«! scheint aufserhalb der Onnien anserer Erkanntaib zu
— 985- —
Keg«n. Unterwirft maii SDm weaigBten eine solche Tcrmeintlicb
griladliche Erkllmiig einer schlicht Terstand haften Analyse, s«
bleibt, anfiier dem Wortklange, nichts Gescheites davon über.
leb habe gefunden, dufs inen die übelniachende Wirkung des
Kupfer« durch einen Znsats von Zimmet sehr mäfsigen , ja ganz
naffaeben kann. Das Warum, kann ich aber auch nicht auslegen,
sondern bloJa sagen, dafs unter manchen gewarzhafien Substan-
zen, welche ich venncht, mir der Zimniet in dieser Hinsicht an
besten gedient. Jedoch ist dieser Zusatz in vielen Körpern ganz
entbehrlich, und wo er nSihig ist, ein sehr unschuldiger Zusatz,
der der Wirkung des Kupfers auf den Gesammtorganisnus keinen
Eiaimg tbno wird.
Man kann das Knpfer geben als Oxyd, oder in Ammonium,
nder in SBuren anfgetSsel.
Die Verbindung mit dem Ammonio macht am leicbtesten Ue-
belkeit, darum ist aueh das Cuprum amwwniacale das Ewecklose-
me von allen mir bekanolen Kupferbereitungen.
Von den Oxiden kann man kohlensaures innerlich gebrau-
chen; es macht aber leicht Uebelkeit, weshalb es gut als Brech-
mittel dielten könnte, nnd swar in solchen Fällen, wo man Bre-
chen erregen wollte, ohne den Krenken hart anzugreifen, denn
offenbar macht ein Kupferbrech mittel fainiennach nicht halb »b
flau als ein Spiefsglanxbrech mittel. Das ist aber blofs ein Wink^
den ich im Vorbeigehen den Brechfinteo g«be; ich selbst gebBr«
nicht KB dieser Zunft.
Treibt man durch das Feuer von dem Salpetersäuren Knpfer
die Saure, so bekommt man ein schwarzes Oxyd, welches etli-
che Scheidekünsiler für ein Peroxyd gehallen haben, andere nicht.
An dieser Verschiedenheit chemischer Meinungen ist mir wenig
gelegen; es ist ein gnles Mittel, weil es weniger Uebelkeit er-
regt als das kohlensaare, und weil es am brauchbarsten in «ol-
oben Fällen ist, wo es darauf ankommt, eine gute Portion Ku-
pfer in den Darniknnal zu bringen. Will man es blofs als Uni-
versalmittel geben, so braucht man es nicht in starken Gaben
lu reichen; 1, 2, bis 4 Gran täglich nnd zwar \ bis 1 Gran ;wo
dmi leistet alles, was man verlangen kann. Andere Oxyds habe
ich nie versucht, weil ich niofat vermuihe, dafs in ihnen ausge-
zeichnete Heilkräfte verborgen sein könnten.' Die latrochemiker
des 17. Jahrhunderts, welche viel in dieser Sache gearbeitet, ha-
ben auch viel darüber gemeinet, das sich nie besiäiigen wird.
So schreibt Mart. Walter an 6. Hont: der Leibarzt Heinrich IV.
~i. du Ckeine habe kurz vor seinem Tode noch ein Kupferoxyd
von röihlicber Farbe bereitet, welches er Sulphnr vitrioU nareo-
tieum genannt. (G. Hortt. ap. Tm. II. Lib. X pag. 508.; Ich
denke aber, weil er bald darauf gestorben ist^ kann er unmög-
lieh Zeit g«habl haheo, 4te aarkoiiaeli« Wlriiang: Mio« Sm^iti'
ri» viMoli zu erfarschflo.
Estigsanr« Kupf artinktur. Oiwo w)rd am beslaii auf
folgende Weise bereite).
Man nimmt zwei Pfuod reinee easigaaurea Blei nnd iwM und
ein lialbes Pfund reinei schwefelsaures Kupfer. Beide fein gepul-
verte Stoße .werden vemiiacht in einem eiaerneo Geisse dun^
■nhaltendei Heiben in eine gleichförmige breiige Masae verwan-
delt, dann siarker franzöiischer Branrnweio allmSblig in der Quan-
tität von 12 Pfunden ngeiatn. Dan Game wird in einem gläser-
nen Kotben bei gufem Verschlufi drei Wochen lang gelinde di-
gerirt und wSiirend dieser Zeit öfters des Tages bis aUr Gleich-
artigkeit der Masse nrngescbiittelt. Nach Verlauf- der Digusiions-
frisl wird die Flüssigkeit durch Ablagern und Filtriren gdil&rt und
auf BleiTflrunreioiguDg (welche aber nicht leicht möglich) sorg-
Tdliig geprüft. Sollte indessen Blei entdedit werden, so digcrirt
man von neuem das Ganae über ein Loih fein ge|t«lvef(es acbwe-
felsanres Kupfer und kUrt es dann von n«H«M.
Von dieser Tinktur kann man, je nachdem der Magen des
Kranken gestellt ist, iHglich anderthalb bis drei Drachmen in ga-
theilten Gaben reiefaen. Jedoch ist die mittle Ta^abe andenbalb,
bis zwei Drachmen. Da man, dei mißlichen Mifsbraucfaes we-
gen, jede Arzenei nicht jedem Menschen in Tropfenform ver-
Bcbreiben kann , sondern sie weit klüger in einen . Trank bringt,
so ihut man, will man die Kupfertinkiur in cio«n Tranke geben,
am besien, sie in Gummiaafiösnng mit einem Zuaatze von ungei-
stigem Zimmetwasser zu geben. Meine gewöhnliche Verordnung
in akuten Fiebern ist Folgende : Si Ttnct. cupri 5iP Crjnit. tragm-
canlhae ^i Aquae cinuammomi s. v^i V detti/i. |vii ^D. Siiiodlicb
einen LSffel voll. Man kann aucfa, statt des Skrupels Tragantfa,
eine Unze Arabisches Gummi nahmen.' Von diesem Tränke aeh«
ich niemahls Uebelkait, oder Erbrechen eataiefaen.
Sollten vielleicht die Leser denken , es sei ein ihörtchtes Be-
ginnen, diese Tinktur durch doppelte Wahlverwandtschaft zu lua-
cben, da man sie viel gemSchlicher direkt aus den essigsaurea
Kupferkr^stallen bereiten könne; so antworte ich darauf Folgen-
des. Bei der Bereitung raelallischer Arxeneien hSngl viel von dem'
Oxydationsgrade ab', unter welohem sich die Süuren mit den Afe-
tallen verbinden, und dieser läfst sich nach der Theorie wsl ao
ganz spitz nicht keaiimnien. Siebet man also, dafs man dprch
die doppelte Wahlverwanduohaft ein angenehmeres, dem Magea
befreundeteres Mittel erhält, als dnrcb die direkte AuAösung den
Metallsalzes , so mflfsle man wol ein Thor sein, wenn man, einer
bis jetzt nnvollkonimnen Lehre zu Liebe, das scblnchtere Mitini
dem besseren vorziehen wollte. Die von essigsauren Kupferkiy-
— 987 —
M«ll«n bereitete Tioktat liehet bUtaliehgräD aus and bat eiaes
widrigen Geschmack. Die durch doppelte WahlverwandiBcfaaft
^machte hat eioe graigtüae Farbe, ond ohne ganz den Kupfer-
gesehmack sa TerlängoeD, schmeckt sie offenbar weit besser und
nachf weil weniger Uebelkeit als jene; das ist schon ein grofser
Vors Dg.
Sollte aber jemand durch die Scheideknnst ein besseres, dem
Magen noch veriräglicheres Mittel bereiten können, der thue es.
Uie beschriebene Tioktnr ist das beste Präparat, was ich bis jetit
kenne; ich behaupte aber nicht, dafs ein besseres zu entdecken un.
TuSglich sei. Jedoch bemerke ich denen, welche Lust haben niöcb-^
len, sich in dieser Sache sn versuchen, dafs das salzsaure Kupfer
schlechter %n gübraacben ist, und data das salpetersaure ebenfalls
keine Vorzüge tut. leh bin eiomafal auf den Einfall gekommen,
das Knpfer in säuerlicbem Spirilv n*tri dvleit aufzulösen , das gab
denn des ü, Lulliin Geheimniiilel, es war aber dem Magen noch
weniger befreundet als die essigsaure Tinktur. Ueberdies hielt ich
es für unverständig, das Kupfer, in Verbindung mit einem anderen
wirksamen Mittel xa geben; ich glaubte, auf die Weise unmög-
lich richtige Erfahrung über seine Heilkraft machen au können.
Van Sicieten in seinen Coinuenlarien (Cap. de MpiieptiaX
sagt: Longo labore ex eupro praeparatvM remedinm vidi, quod
attttmtum nuüam facitbat nauteam , *ed miram quandaM farmiea-
iioneat quatiper toium corput ad extremoM dtgilomm apieei utque:
et illad quibmdam prß/küie novi. Und weiter heifst es: If/ud
autem reMedium, non 4urbando primaM corpori» via», ad intima
penetrare videbalur, et in totum nervomm iyttema agere, mirit
quideut, ted hlandi* tuccutt^ui. Abgesehen von der mira for-
mieatione uud von den blandia tuccmtibaa, welche wol
von der Individualität des Kranken, oder blufs von dessen Ein-
bildung werden abgehangen haben, hat der Verfasser vollkom-
men Becht. Das Kupfer, -gibt man es niobt in so ungehörigen
tiabea, dafs es den Darmkanal aufrühri, wirkt auf eine eigene,
sehr milde, mit der Wirkung keiner anderen Arzenei zu verglei-
chenden Weise. Es ist eine der menachlicben Naiur sehr befreun-
dete Substans, ja «s wirkt so wundervoll, dafs, wenn mein Ver-
stand über das Hehr oder Minder' des Lebeos su urtheilen befä-
higet wäre ( welches er aber nicht ist ) , ich aus der Wirkung
desselben m scbliefsen geneigt sein würde, es vermehre wirklich
quantitativ das Leben; weshalb ich auch den Geheimärztea eben
nicht verdenken kann, dab sie in ihm die Verifiugerung des Le-
bens zu finden geglaubt haben.
Es ist in chronischen und ahnten Krankheilen gleich braueh-.
bar; tfaeils in solchen, welche einsig in einer Afi'ektioD des Ge-
sBrnmlorganismu*, iheils in solchen, welche in einer Mischung
■ua «Iner Uraffektion des GeutnintorgaDiiiuiis and «inem Urorgan-
leiden beatefaea. So lange ich micb zii der geheiiuflnilicheD Lahr«
gehalten, §ind mir reine Knpferkrankheilfln zwar nicht lelteOi
aber doch weit weniger vorgekommeD , all Eisen- und Salpeter*
kninkheiien. Sie erscheinen xu einer Seit httuBger als ni einer
anderen, aber doch n!e so, dafs ich mit Wahrheit hätte sagen
können, die Mehrzahl der Kranken habe daran gelitten. Damit
behaupte ich aber wahrlit^ nicbi-, dals das in Zukunft iinuer so
■ein werde, ich sehe vielmehr recht gut ein, dafs auch eintnahl
eine Zeil erscheinen kann, wo die vorkommenden Krankheiten
dorch die Bank Kuprerkrankheiien sind. Sollte- je ein Arat die-
ses beobachten, so warne ich ihn schon jetzt vorläufig, seinen
Erfahrunge», wenn ersie bekannt macht, keine altgemeine Gül-
tigkeit beizalegen , oder das Kupfer gegen Krankbeitaformeo su
empfehlen; ja nicht zu sag^n, es sei das beste Hirilniittel der
Pleiiresie, des Scbarlaefa-, des Nerven-, des typbösen Fiebwa.
Durch solche knbne Behaapiangeo , zu denen nicht blels die Ju-
gend, sondern auch nicht selten das männliche Alter geneigt ist«
hat man von jeher der HeilkunU un berechenbare n Schaden gethan.
Welches sind nun die Zeichen, aus denen man eine Kupfer-
alf'ektioD erkennen kann? — Das ist eine häkliche Frage. Sal-
peter- und Ei sennffek (innen des Gesamin (Organismus sind schon
schwer xu erkennen, aber weit, weit schwerer noch Kupferaffek-
(ion. Bei akuten Krankheiten kann grofae Hi(se in allen drei
Aß'ektionen statifioden, Kopfichmerz, Ourst ebMifalls. Der Harn
kann in allen dreien gleich roih, trabe, oder klar sein. Irresein
aiehet man nicht selten bei allen dreien , und grofse MnBkelsebw&-
che häufig gowol bei Eisen-, als Kupferaffektionen. Dazukommt
noch, dafs sowol Irresein als grofse Mu sk eise b wache oft Beglei-
ter der Urgehirnleiden und zuweilen der (Jrbaucbleiden sind. Der
Puls kann schnell, voll, kräftig, schwach, langsam, dem ge-
snudheilsgeniäfsen fast gleich bei allen drei Affektionen sein.
Die Laugensalzigkeil des Hnros habe ich noch nie hei Ku-
pferaSekdon gefunden, er hat hei dieser, wie bei der Salpeter-
affektion, seine Säure; mitbin kann die Langensalsigkeit wol ein
verneinendes Zeichen der Knpferaffektion , aber die Säure den
Harns kein bejahendes derselben sein , weil es ein gemeiaschaft-
llches der Kapf«r- und Salpeteraffeklioo ist und weil, wie ich
schon früher gesagt, dieses Zeichen auch bei der Eisenatfektien
noch lange nicht immer fehlet.
]<fh kenne keine Krankbeiiiforni , von der ich behaupten kann,
sie deute vorzugsweise auf Kupferalfektion ; hingegen kdnoan all«
- Krankheilsformen Offenharungen derselben sein.
Alles wohl erwogen, kann man KnpferaOektion , wi« dar
Sttbeidekünstler, nur durch Proheuillel etkeDBea.
„,,,_„,,,, Google
Sollt« da«, wn« ich hier gesagt, meinea Letem nicht genu-
gen, lo werdsn si« wol ao billig sein, sich zu erinnern, dal^ ich
ihnen nichts m^r geben kann, all ich selbst empfangen habe.
Sie nüfsien mich für einen erbSrmlichen Beobachter halten, wenn
sie glaaben wollten , ich habe aus Leichtsinn oder Trilgbeii ver-
sftnmet, mich nach unterscheidenden Zeichen der Kupferaffektion
nmsnsehen. Wahrlich! die Sache ist zu wichtig, als dafs der
leichtsinnigste Arst eine solche UnlersuchungTernachiSssigeo könn-
te; ja der (rigste warde in dem Anffiaden nnterscfaeidender Zei-
chen eine solche Bequemlichkeit erkennen , dafa ihn schon selbst
seine TrSgfaeit anspornen müfste, ein Ziel cn erstreben, wo er
fnr immer von seinen Anstrengnngen auaroben könnte. Leider
bat die geh ei mnifs volle Naiar einen gar n dichten Vorhang vor
dtls innere Hpiligtbum des belebten Menacbenleibes gezogen; die-
sen Vorhang mit tftuschcBdea Pbantasiebildem in bemahlen , schei-
net mir eines rechtlichen Arztes unwürdig.
Da die Kopferaffektion die gröfste Aehnlichk'eit mit der Sal-
peterafleklion bat, so kann uns ( voranigesetzt , man habe es nicht
mit einem Urorganleiden zn thnn ) tnweilen nur das \ichifaeilwir-
ken des kubischen Salpeters znr Erkenninifs der Kapfcraffekiion
bringen, samahl wenn wir bei diesem Nichtbeil wirken den Harn
ordentlich sauer bleiben sehen.
Bei ohronisohen liebeln kann di« Zeit, die das Uebel ge-
wBhrt, uas schon einige Vermnthnng geben, dafs es ober ein«
Kupfer-, als eine Salpelernffeklion sei. Man mafs aber hier mit
grefser Umsieht zu Werke gehen, detin Salpeteroffektion kann
zDWeilen lange, sehr lange im Körper bestehen, ohne sich in
Kupfer-, oder Eisenaffekiion amsuwaadeln.
Bei akoien Fiebern kann bedeutende MaskelschwHche, wenn
sie nicht von einem Urletden des Gehirns abhangt und wenn aie
nisbl Zainhen einer E^senalFektion ist, leicht OBenkarung der Kii-
pferaffektion sein. Auch Irrereden, wenn es nicht Zufall einer
Salp«teraffektion, eines Urieiden des Gehirns, oder eonsensneller
eines Urbauobleideas ist , deutet aiemlich wahrscheinlich auf Ku-
pferaffektio». Das nftmliche gilt von der plötzlich eintretenden
BcSngsiignng bei akuten Fiebeni, die nicht selten Mahnboihinn
grofser Gefahr, ja wol des nahenden, aber noch lAwendbarea
Todes ist.
Altes , was ich hier aber gesagt , kann man nicht als Zeichen
4)er Kapferaffdciionansehen, sondern als blofse Andeuinngen , leise
Mahnungen der Natur, das Kupfer zn versuchen.
Die Wirkung dieses Dniversafmittela ist so bestimmt, so wohl-
ibätig, so rasch, dafs es, als Probemiltel gebraucht, sehr bald den
Zustand des Gosammtorganismus offenbaret. Die MaskelschwHche
siebet man ianerlMlb eines Tages sich bosaern, die BeKngstigvng
— 990 —
vergehen; dcrÜHii, war erbrann und trübe, wird klar nnd heller
«efärbl. Auf lelxtes Zeichen mufs man beim Probegebraneh des
Kapfen vorzüglich acblen. War der Harn vor dem KupfergHbran-
che hellfarbig und klar, wird aber bei dem Gebrancb« nar um et-
was dunkler, ho ist man nicht auf dein rechten Wege. Auch muft
man bei dem Pro hege bran che nicht venäumen, tliglich die Mischung
des Harnes zn nntersnchen. Ich habe in dem vorigen Ahschoitto
dieses Kapiiels gesagt , dafa bei Eisenaffektion der Harn nicht im-
mer 1 äugen salxi g , sondern auch oft sauer sei. Nimmt man nun,
ans Mangel unterscheidender Zeichen , eine solche Eisenkrankheit
für Kupferkrankheit, so wird man sehen, dafs in swei oder drei
Tagen der Harn bei dem Gebrauche des Kupfers langeosaUig wird.
Man mnfs, sobald man das gewahret, gleich das Kupfer fahren
lassen und eu dem wahren Heilmittel , dem Eisen greifen.
Bei dem Gebrauche des Knpfers kommt anch, wie heim Sal-
peter und Eisen , die Zeh In Betracht. Ea gibt Zeiten , wo Knpfer-
krankheiten (einfache oder gemischte) häufiger vorkommen als sn
anderen Zeilen. Siehet man das, so gehet man weit leichler in
dem Einzelfalle zam Probegebrauch über, als wenn man es nicht
siehst. Aber, wie gesagt, kq keiner Zeit beobachtete ich bis
jetzt, dafs die Mehrzahl der vorkommenden Kranken an Kupfer-
affektion litten , wiewol die Zahl derselben zuweilen so grofs war,
dafs idb sia wahrer Narr hätte sein müssen, wenn ich diese Er-
scheioong einzig auf die Individualität der also ergriffenen Körper
biUe schieben wollen.
Die mit dem Kupfer hinsichtlich seiner Heilwirkung verwand-
te)) Mittel sind: die verschiedenen Aether, Wein, Branntwels,
gewürshafte Mittel und destillirle balsamische Oele. Am Ende
dieses Abschnittes werde ich mehr von diesen Verwandten sagen ;
jeici würde es mich za weit von der Hauptsache ahfiibren. Es
gilt von diesen Verwandten , was ich von den Eisen - nnd Salpe-
terverwandten gesagt; manche derselben mögen neben ihrer Uni-
versal heil kraft noch eine eigene Orga'nheilkraft besitzen, nnd in
vielen Füllen mag ihre wohlihHtige Wirkung von den Aerzten gut
nod vorglfinbig der ersten zugeschrieben sein, da sie doch viel-
leicht einzig von der anderen abgehangen. Hier ist no^ ein wei-
tes Feld, nSlzliehe Entdeckungen zu machen; aber freilich nicht
hinter dem Schreibtische ^nd sie zu machen , sondern mit greisem
Fleifse und mit grofser Müb« am Krankenbeife. Ich raihe anch
wohlmeinend dem, der aus Wifsbegierde diese Untersuchung 8ber-
nehmen wollte , sieb , wie Paracehtt» sagt , am Danke der Knust
genügen zu lassen , denn der Dank seiner Zeitgenossen wird ihm
s^werlich lohnen.
Ich werde jetzt, wie ich es auch bei den zwei andern Uni-
varsalmitleln geihaa « einige Krankheitafotman dnicfagehen , mich
— 991 —
jedoeh BuWrücklicb gegen alle unebene Aotlegnng raeioer Rade
verwahrend. Ich empfehle dat Kupfer, lo wenig aU das Eiieo,
oder den knbiacfaen Salpeter gegen gewisse Krankheiiaformen.
Alle Kranicbeittformen weichen aber dein Kupfer, wenn sie Of>
fenbaningpn der eigenen Affektion des GeBanimtorganistnns tiad,
die ich, weil sie durch Kupfer am bellen nnd sichersten geheilt
wird, Knpferaffektien nenne. Sind die nämlichen Krankheilsfor-
men Offenbarungen einer Eisen-, oder Salpeieraffektion, ao wei-
chen sie, je nachdem ihre Anung ist, dem Eisen, oder dem Sal-
peter, und nicht dem Knpfer. Nun mr Sache!
Kopfschmerz. Sehr heftigen, anhaltenden, periodiwb an-
regelmKfsig sich verstSrkeoden habe ich mehrmahls durch Kupfer
geheilt, nnd bald geheilt. Ob ich natih schulrechler Weise den-
selhcD hätte rheamalisch , oder nervds nennen müssen, das weife
ich nicht; solche Kategorien, unter welche die Aerzte Krank-
beitaiDsifiode reihen, haben für das Auffinden der wahren Heil art
gar keinen Nutzen. Wenn ein Schmers in- den Mnskeln sitzt and
macht ein Glied nnbeweglich, und ich sage, das ist ein Rfaen-
malismus, so weifs ich ja durch dieses Sagen nicht, wie ich ihn
heilen soll. Er kann gar verschiedener Artung sein, und nur
wenn ich die Artung kenne, heile ich ihn. Was nutzt es mir
also, wenn ich ron einem Kopfschmerz sage, er sei rheumatisch,
oder nervös t Es möchte wol eben so klug sein, ich nennete ihn
höllisch, oder satanisch; znra wenigsten wurden diese nngewöhn-
lichen Bezeichnungen mir um kein Haar schlechter bei AnfGndong
des Heilmittels dienen, als die gewöhnlichen Brzllichcn.
Den GesichiSBchmerz f Ptvtopaigiaj habe ich in den leisten
zwanzig Jahren als chronisches eingewurzeltes (Jehel gar nicht ge-
sehen; ganz im Anfange dieses Zeitraumes aber einen Laadnano
durch Kupfer davon befreiet. Dieser halte lange daran gelitten,
manche Aerzte, selbst entfernte um Raih gefragt, viel Arzenei
verschluckt, die Zähne waren ihm ausgebrochen und ein Nerven-
zweig dnrebachaitten ; aber alle diese Kuren halten zu nichts ge-
fShrt. Da ich in dieser früheren Zeit noch kein gutes Kupferprfi-
parat kannte, gab ich ihm viermahl täglich zwei Gran Cuprum
ammoHiacale in Pulverform. Der Bauer wurde von der zweigrS-
nigen Gabe jedesmahl Qbel, fühlte aber gleich Linderung, und
nach acht Tagen war der Schmerz verschwunden. Da dieser Zweck
, erreicht war, hörte er auf, zu arzeneien , denn die Pulver wi-
derten ihn, wie er sagte, zu sehr an, als dafs er sich überwin-
den könne, sie, vom Schmerze befreiet, noch forizngebrauchen.
So kam es denn, dafs der Schmer« nach einem, oder zwei Jah-
ren auf irgend eine Veranlassung wiederkehrte, jedoch auch Je-
deimahl wieder den Pulvern wich. Da ich bessere Kupferpräpa-
rate kennen lernte, schlug ich einst dem Manne, den loh gelo-
— sa» —
geoUich am driU«D Orte traf, vor, ich woll« itun ^ nanKcb«
Araenei mit einiger Abänderang in Pillen geben; diese würdeo
ihm keine Uebelkeit machen, und er aolle ale dann etnnahl ein
paar Monate hintereinander gebranchei). Er halle aber eiaen boI-
chen anbHndigen Glauben zu den blauen Pulvern, dafs er mir er-
klärte, er verlange keine heuere Arzenei als diese Pulver; er
habe noch von keineta Arxte ein solch wohllbAliges Mittel erlwl-
ten, warum er denn >etzt, da er es endlich gefunden, vef&ndera
(ol)^} Was war da einzuredend — Ich konnie ihm leioen
Glanhen durch medizinisohe Gründe nicht erschüttern, denn «r
wurde sie nicht begriffen haben , aUo liefs ich ihn dabei. . Seit
der Zeit hat ihn noch pinmahl die Noth zu mir getrieben. Eine
lüDdgtingige LeberatleklioB halle ihn ergriSen, und ohne ihn ge-
rade bettlägerig zu machen, den allen, fast vergessenen Gesichts-
flcbmerz wieder aufgeriUirt. Begreiflich halte er, da er za mir kam,
seine unfehlbaren Pulver schon versucht, aber dieses Mahl ganz
ohne Nutzen. loh befreite ihn durch Brechnufs von der Leberaf-
fekiion , und nun ihaten die allen Pulver wieder ihre gewohnle Wir-
kung, ielxt habe ich sfit gar lai^er Zeit niohia mehr von ibn ge-
hfirt.
Meinen jüngeren Leiern gebe ich aber die Warnung, bei jedem
Gesicbtsschnierze, welche Form er auch haben möge, wohl aufzu-
merken , ob er auch conseQsueller Art sei, Ist das der Fall , so
wird ihn weder Kupfer, noch Eisen, noch Salpeter beben , sondern
er wird nur gehoben durch Heilen des urergriffenen Organs. Im
Jahr 1S33 und 34 habe ich viel mit solchen Gesichtssch merzen zn
kämpfen gehabt; in den meisten Fällen hingen sie von Urleheraf-
feklion, in seltneren von Miliaffeklton ab. Jene heilte ich durch
das Brechnnfswasser , zu 30 Tropfen fünfmahl Tages gereicht, zwar
nicht gan* schnell, aber mit regelmifsig fortschreitender Besserang;
diese, die ans der Milz kamen, durch Eichelwasser. Der Gesichu-
schmerz war unregelmäfsig periodisch, exazerbirle täglich, oder
um den andern Tag zu unbeBiimmter Zeit, Hefa aber nie vollkom-
men nach, sondern gab auch in der Bemissionszeii seine Gegen-
wart durch ein zwar erträgliches, aber doch hinderliches Mahlen
knnd. Er nahm die Schläfe, oder das Jochbein, oder die Uni er-
kinnlade ein, ohne sich jedoch an den Ort, den er sich einmahl
gewählt, zu binden. Er war ungeheuer heftig, so, dafs selbst
harte -Leute ihn kaum, ohne laut zu werden, ertragen konnten.
Ein davon ergriffenes starkes Bauermädcben , die hei mir als Werk-
magd dient, hat uns zwei Nächte im eigentlichen Sinne aus dem
Schlafe gebrüllt. Uen übelsten Stand hatte ich bei einer zarten
Frau von mittlen Jahren, nicht blols wegen der Heftigkeit des
Schmerzes, sondern weit mehr wegen der Schwierigkeil, das ur-
erkraokte Organ zu finden. Bei ihr sleigeile sich der Sehroetz
«nwriten bia sar Obnmachl; anfier <}«t rechteD Schl&fe, dem Joch-
bein« und der unteren KiniÜBde, ergriff er auch wol die Zunge. Die
Fran behaupieti!, der ZungeDuchmerz sei der nneriräglichite. Bei
der anfänglicben Unmöglicbkeit, irgend ein erliranktea Bauchor-
gan so erkennen, wollte ich daa Leid uie eine Febr. intermit.
larvata durcb Chinin verlreibeo; der Schmera kehrte sich aber
eben ao wenig daran , alt bitte ich Brunnenwasser gegeben. Nacb-
deiu ich, wegen meiner (Jnkunde der Natur dieses üebels, noch
mehre vergebene Heilversuche gemacht , brachten mich leise, bald
Tersch windende Stiche im linken HypQcbondrio auf den Gedan-
ken, ob avch wol das ganxe Elend von Milikrankheit entstehen
k&nne. Daa Zeichen der Milzaffekiinn war aber so nnbedeutend,
ao vorübergehend, blofs heiin Paroxitmns des Gesichtsscbmerxes
■ich angenhiicklich offenbarend, dab ich wenig Glauben halte,
durch ein Milimltlel den grfiuticbeD Gesicb tisch merz su bändigen.
Jedoch hielt ich es für meine Pflicht, in diesem schwer zu er-
kennenden Falle Blich dem Schalten der Wahrscheinlichkeit zu
folgen. leb gab Eichelnwasser, vierroahl lags einen halben Löffel
mit einer halben Tasse Wasier verdünnet,' und — das wahre
Heilmittel war gefunden. Nach zweitSgigem Gebrauche fing der
Gesicbtsscbmerz schon an, minder su werden, und dieses Ver-
mindern schritt regelmäfsig, ohne (Jnterbrechnng voran, bis znr
Tollkommnen Heiinng. Ich bemerke dabei, dafa die Anßll«, die
hinsichtlich ihrer Dauer aber immer unregelmäfaig gewesen und
meist über 12 Standen gewährt, sich erst merkbar verkürzten,
nachdem der Schmerz an StSrke bedeutend abgenommen. Dafs
die Frau, nach beseitigtem Gesichtsschmerxe, den Gebrauch des
Eicheln Wassers noch eine ganze Zeit fortgesetzt, brauche ich dem
Leser wol kaum zu tagen.
Chronische Zungenentzüodung. leb verstehe, natw
dieser Benennung nicht «ine Entzündung der Haal, sondern der
Substanz der Znnge. Diese Krankheilsfarm rauls als chronisches
Uebel wol sehr selten sein, denn ich sah sie nur ein einziges
Mahl in meinem Leben. Sie unterschied sich von der akuten
GloKsitis dadurch, dafs kein dentlich an sgesp rochen es Fieber da-
mit verbunden war. Der Puls war wol etwas gereizt und der
Mann fühlte sich etwas unwohl, dieses konnte man aber der
Schlaflosigkeit, der Dauer des Uebels, und dem von dem behin-
derieo Schlucken abhängenden Mangel der Ernährung zuschreiben.
Ferner nniersebied sie sich dadurch von der GloatUü acuta^ dafs
sie Bchon hei drei Wochen bestanden halte, ohne in Eiterung
übensHgehn. Uebrigens glich sie, dem finfiiereo Aobehen nach,
ganz der akuten. Dia Zunge war geschwollen, roth, und in der
Milie der rechten Seite fühlte ich eine runde, harte Geschwulst
von d«r Gr&lse einer Wallnofa. Da« Sdilingsn war sehr erschwe-
83" ■ --O"
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rei und der alte Mann zIemHcb abgenagen. Cr halte Im ber^
«eben Lande, wo er leinen Soho b«saobt, du Hebel bekoniBeo,
lind da er mich am Ende der dritten Woche nm Hfllfe ansprach,
noch kein» Arsenet genomineo. Aas der Daner dea (JebeU nn<t
aus dem nicht roihen, aber klaren und sauren Harne Termotkeie
ich, dasUebel werde wo) nicht eine Salpeter-, oder Eisen-, son-
dern Kupfergloasilfs sein. Ich gab ihm die Kupfenioktar in «wei
Drachmen für die Taggabe in einem schleimigen Tranke «nd sah
sehr bald, dafa ich mich in der Artung dieser Enlsflndung nicht
getfiuscht. Schon am folgenden Tage glaabte der Mann si<^ bea-
Ker zu befinden; denn ob ich gleich mit meinen Augen und Fin-
gern noch keine Veränderung an der Zunge entdecken konnte, lo
behanpiete er doch , ale sei ihm weniger aieif. Nan freilich , dM
war auch unmöglich zu sehen und zn fühlen. Nach dem sweilea
Tage konnie ich aber schon unverkennbar ein« Abnahme der
Hürte und Ausdehnong der Gescbwnlst gewahren, ancb halte die
Rölbe sichtbar abgenommen. Damit ich non den L«ser nicht lan-
ge aufballe, sage ich ihm kurz, dafs dnrch den fortgeseizien Go-
braach des Kupfers das Uebel nach und nach abnahm, and naah
acht Tagen die Zange wieder so gesund war als sie je gewesen.
' Sollte aber jemand vermuihen, ich habe mich geiBusoht, der
Ball in der Zunge werde wol schon eine Eiierbcnle gewesen aad
diese ohne Wissen des Kranken , während er im' Schlummer ge-
legen, geborsten sein; so bemerke ich gegen eine solche \tt-
mnihung Folgendes. Ich habe den Kranken nicht ein , oder zwei-
mabl, sondern lüglicb gesehen und untersucht, und mich von
der nllmtibtigen , aber regelniäfsig fortschreitenden Besserung über-
zeugt, also hätte mir das Bers'.en eines Zangenabsxesses nicht
entgehen kSnnen. Wo eine Eilerheule berstet, daist die Besse-
rung gleich auffallend; so ging es aber 'hier nicht, es nriheille
sich die Hüne vielmehr gerade wie bei der akuten Glogaitis, nnr
mit dem Unterschiede, dafs es etwas langsamer ging.
Meinen jüngeren Amtsbrüdem bemerke ich noch zum Schlüs-
se, dafs die beachriebeAe chronische Glossiiis sich ganz gemäch-
lich von der Verhäriang und Enizundnng der Zunge unterscfaeidet,
welche durch den mechanischen Reiz schadhafter, scharfer Zähne
bewirkt wird. Letzte fängi, so viel ich bemerkt, immer im Ran-
de der Zunge an , und verbreitet sich erst später, wenn der schad-
hafte Zahn, oder die Zähne nicht zeitig entfernt werden, ia der
Substanz der Zunge; überhaupt fühlt sie sich ganz andera na,
als jene glossitische Geschwnist.
Apnplexie. Diese Krankheit gehört zu denen, deren Ent-
stehung dea Aersten gar Ghel zn erklären ist; ihr« Form ist sehr
schlimm zn bestimmen, denn sie gleicht ja in manchen Fällen
dem tiefen, krankhaften Schlafe, auch nidcbte wol der höchste
Gnid in Truokeoheit gar Dicht voa ihr la unteracbeiden sein.
Auf der Hocbschul« oanoie man mir zwei Hauptanen der Apople-
xie; in einer sollte Bluteotziehang nützlich nnd noihwendig, in
der anderen DaaStbig, Ja ichädlich sein; wunderlich ist es je-
dooh, dafa ich, roin Anfange meiner Praxis bis jetzt, immer ge-
sehen nnd gehört f dafs die Aerste den apoplektischen Menscheo
mit der LauEeUe su Leibe gegangen sind, und noch wunderlicher,
dafs ich selbit noch nie Nutzen vom Aderlässen gewahret habe,
auch da nicht einmahl, wo ein raller, starker Puls diese Hülfe
amamtheD schien. Durch den Erfolg belehn, habe ich mich
eito schon früh der Blolentleerong enthalten.
Wäre Aderlassen ein Heilmittel der Apoplexie , so laüfste es,
meines Erachtens, noch weit sicherer ein Yorbauungsmitlel dersel-
ben sein. Ist es das denn auch immer? — Ihr konntet mir, wenhe
Laser! dreiläig F&Ue enäblen, in denen Ihr durch Aderlassen
Termeintlicl^ der Apoplexie Toigeb^ugt ; wenn ich Euch aber nur
einen einzigen, in dem das Aderlässen ihr nicht vorgebeugt, ent-
gegensetze, so beweiset dieser einzige weit besser die Nichtig-
keit der blutigen Prophylaxis, als Eure dreifsig die Nützlichkeit
und Sicherheit dravelben. Iii diesen dreilsigen beruhet der Be-
weis aof einem blofsen Wfthnen and Meinen; Ihr könnt nicht mit
Sicherheit behaupten, dafs, wenn AlJ,en dreifsig Menschen nicht
zur Ader gelassen wSre, auch nur ein einziger den Schlag würde
bekommen haben, bt aber jemand, nach dem Vorbauungsaderlafit,
selbst bald nach demselben, apoplekiiscb geworden, so ist das
eine sichtbare Thatsacbe , über deren Wirklichkeit niemand etwas
w&hnen nnd meinen kann.
Den 2fi. Juli 180» wurde ich von einem älteren Kollegen,
dem jetzt verstorbenen Kreisphysikos PJtffer zu Geldorn gebeten,
mich mit ihm übet einen , auf niederlfindischem Gebiete liegen-
den Apoplektiscben zn ber&ifaen. Dieser #ecbzigjährige , früher
immer gesimde nnd starke Mann, halte sieb, wegen Anwandlung
von Schwindel, zu meinem Kollegen nach Geldern begeben und
eich auf dessen Bath eine tüchtige Menge Blut abziehen lassen.
Weit entfernt aber, dafs ihn diese Entleerung vor der Apoplexie
haue bewahren sollen, wurde er vielmehr Zwei Tage nachher
davon ergriSen. Sein voller, starker Puls und sein athletischer
Körperbau hatten meinen Amtsgenossen auch jetzt bestimmt, ihm
«in reichliches Aderlafs, nebst antiphlogistischen Mitteln zu ver-
ordnen; die Krankheit war aber nach diesem Heilveriuche sicht-
bar schlimmer geworden. F., ein ehemahliger Schüler Stollt,
der grftiste fintlicbe Skeptiker, den ich je gesehen, fragte mich
ohne Umscbweif,' ob ich schon in meinem Leben einen Puls ge-
fühlt, der das Aderlassen mehr anzeige, als der des vorliegenden
Kranken? Ich konnte nicht in Abrede Hellen, dais nacb sohul-
— 996 —
rechter Ansicht d«r Put« des Krankes aaf eine eolcbe Hülfe- hiDwei'
■a ; setzte .aber hinnn , ich habe lobon ein paarmahl , aufser der
Apoplexie, einen gleich »larken, vollen nnd harten Pult beim jlfa-
raimo »enili gefunden, wo es denn doch wol schwerlich einem An-
te einfallen würde, die verschlissenen Körper durch Bluitassen in
verjüngen. Das war Wasser auf des Skeptikers Mühle; satirisch
erinnerte er mich an die iretliche Erklärung jener auffallenden Er-
scheinung btiiia Marasmut , and war der Meinung, es würde denii
doch unweise seiU) in dem vorliegenden Falle, irgend einer Theo-
rie »Liebe, eigensinnig auf einem Wege forlxnscbreiten , der bis
dahin sichtbar und unwidersprechlich xii nichts Gutem geführt. Ich
nu&te ihm Beifall geben, wiewol ich begriff, dafs das Einschlagen
«nes anderen Heilweges den Kranken auch nicht mehr retten wür-
de; erstarb (ten dritten Tag nachher.
Im Anfange des xweiten Befreiungskrieges mnfste ich einen
ach I zigjährigen apoplekirschen Mann übernehmen, dessen Ant xum
KriegesboBpiial abgegangen war. Dieser hatte dem Allen, bei den
ersten Zeichen des eintretenden Schlages, eine reichliche Blntenl-
leening gemavhL; nach Aussage der Hausgenossen, war der Kran-
ke gleich nach dem Aderlässen schlimmer nnd die Lähmung sidit-
hta geworden. Auch dieser haue einen vollen, starken Pnis nnd
wird ihn auch wol bis zum Tode, der aro zweiten Tage erfolgt«)
behalten haben.
Im Jahre 1S06 wurde ich zu dem damahls sechzigjährigen, jetzt
tangzt verstorbenen Pfarrer J. zu Pf gernfen. Angeblich war M
früh morgens zur nngewohnliehen Zeit aus dem Beite gestiegen und
halle sich gat freindariig geberdet; erschrocken eilt man zu ihm,
spricht ihn an, er antwortet nicht, taumelt, nnd man bringt ihn
Niit Mühe ins Bett. Bei meiner Ankunft, die ich inSglichst be-
schleuniget hatte, fand ich ihn in folgendem Zustande.
Er war ganz besinnungs- und gefühllos, konnte nichts schluk-
ken, nicht einen Tropfen Flüssigkeit. Sein Gesicht war weder
roib noch blab, aber fremdartig entstellt, sein Aihemholen lang-
sam und so rasselnd, wie man es zuweilen bei Sterbenden faSrt, sein
Pnisvoll, stark, abnorm langsam, aber rhyifamisch regelmäfsig, die
Wärme seiner Haut von der normalen nicht merkbar verschieden.
Lähmung konnte ich nicht erkennen , zum wenigsten war der Hnnil
nicht schief.
Da er nicht sohlncken konnte, war es anch unmöglich, ihm
Anenei einzugeben. Weil ich aber meines alten Freundes leiblicbe
Eigenibnmiicbkeiien genau kannte, erinnejrle ich mich gleich d«r
aosgezt'ichneien Beizharkeil seiner Haut; auf diese baute ich die
schwache Hoffnung, ihn durch äufsere Heize so weit zu erweckeDj
dafs er wieder zum Schlucken befähiget würde. Schwach war di«n«
Hoffnung aber gewifa, da weder tüehtires Kneipen dm Haut , nodi
— 997 —
Kilnln dar Fulinobl« du gsriogal« Zuvksn, oim Bout ein Zeichen
dee Gefühli hervorbraehte. Ich legte .ihn grofse Zuj^pfluler auf
beide Waden, beide Oberarme nnd den Nacken. Nachdem diese
Blasen gesogen und der Zustand noch unrerUndert blieb, liefs ich
die Oberhaut von den wunden Sielleo ganx wegnehmen, die Pflif
ster mit einem Mestei anfltraizen und wieder anf die Siellen le-
gen , verordnete auch , d'afa man dieses von Zeit zu Zeil wieder-
holen müijie. Das ersfe Zeichen von Geluhl, das er auf diese
Kasteiung vun sieb gegeben, isl , wie man mir sagte, sp&ier ein
leises Winseln gewesen, welches man beim Ablieben der Pflaster
gewahrte. Es währte aber bis sam Morgen des drillen Tage«,
ehe er wieder so weil kam , etwas schlucken tn kftnnen. Der
besinnungslose ZusUnd hatte also 4S Stunden angehalten. Jeist
gab ich ihm, well ich damahU die Wirkung des Kupfers noch
nicht kannte, ScbwefelSiher in so reichlicher Menge, als ich in
ihn hioeinbringeo konnte. Dieser machte bald dem bedenklichen
Zustande ein Ende. Das rasselnde AthemhoIeD wnrde xum ton-
losen, naiQrlichen, und dann kehrte die Besinnung wieder. Es
war gerade Sonnlag, da er erwachte und etwas verblüfft um sich
schaute; ohne tu sprechen, gab er, gefragt, durch Winken zu
versiehn , dafs er seine Umgebungen kenne. Sein Sohn , der
kürzlich Kandidat der Theologie geworden, halle an seiner Statt
die Kanzel bestiegen. Man glaubte, dem Erwachenden durch
diese Nachricht eine Freude zu machen; die Freude äufserte sich
aber auf eine eiwas ungewöhnliche Weise, er fing nftmlich an
zn weinen , blieb am feinen nnd konnte nicht wieder davon
kommen. Ich gab ihm reichlicher Aeiher und Wein, und alillie
dadurch besser seine TbrHoen als durch die versifindigsie Rede.
Auf die geschundenen Hautalellen legte ich, um sie bald zu hei-
len, Multersnlbe, denn der Zweck, der durch die Zugpflaster
sollte erreidii werden, war erreiohi, mitbin würde es nnweise
gewesen sein, die wunden Stellen durch reizende Mittel offen zu
erhallen. Im Verlaufe dieses dritten Tages schickte sich beim
Gebrancba des Aethers und des Weines alles außallend schnell zui
Besserung. Der Kranke fing wieder an, ungefragt zu sprechen,
der damische Blick seines Auges verlor sich, der volle, stark«
und langsame Puls wnrde zum normalen, auch an dem willkür-
lichen Gebrauche seiner Glieder konnte man im Bett« nichts Krank-
haftes erkennen. Den nftefasien Tag war er wirklich im Bette ein
ganzer Held; das war aber auch allea, was man von ihm rüh-
men konnte. Das Beiie konnte er nicht verlassen, denn er war
so kraftlos , wie ein Mensch , der eben von einer schweren , lan-
gen Krankheil genesen ist, und es hat reichlieb 14 Tage gewflb*
TOI, ehe er sich wieder einigermafsen erholt.
Da er den wsien Versuch machte, im Zimmern gehen, .be^L.
kam er heftige Kt^mpr« in den Wadenmavkelii; er Rchrieb dns
auf die Zugpflaster, womit ich ihn kasteiet. Da aber zu jener
Zeit die wunden Stellen tHngaf heil waren , konnte ich seiner
Meinung nicht sein. Mit der Zunahme der KriOe Tprior aii^
diese Neignng zu den WadenkrSmpfen , die ihm wirklich hinder-
lich waren, weil aie, sehr sehmershaft, ihn von seinen Gangrer-
suchen abschreckten.
Eigentliche Lähmung hatte er bei dieser Apoplexie nicht ge-
habt; aber doch war'eioe hesoodere Krankhaftigkeit der Finger,
die sich später entdeckte, eine Folge derselben. Er war Präsi-
dent des Clevischen Consislariums ; während seines Krankseins
hatten sich begreiflich die Geschäfte gehäuft, und als Genesender
fing er zuerst an , das Rückständige nachzusehen' und das Nöibige
zu fertigen. Hier gewahrten er und die Seinigen nun folgende
Sellsamkeil. Er konnte wol schreiben, aber seine Handschrifi,-
die früher, wie die Handschrift jedes Geschäftsmannes, eine un-
lerscheidbare Eigen (hiiinlicbkeit gehabt, war jetzt, ohne unleser-
lich zu sein, nicht mehr für die- seine zu erkennen. — Rührte
diese Seltsamkeit nun von einer Lähmung der Finget her? (Be-
greiflich kann hier die Rede nicht von einer vollkommaen LSli-
mung, sondern mir von einem geringen Grade derselben sein.)
Ich wage dieses nicht zu behaupten. Versuchsweise liefs ich ihn
einst ein bis zum Rande mit Wasser gefülltes Glas mit seinen
Fingerspitzen, bei ganz, ausgestrecktem Arme, eine Minute lang
ballen, konnte aber mit meinen Angen nicht die mindeste Bewe-
gung an der Oberfläche des Wassers bemerken ; daraus sollte man
fast Bchliefsen, dafs nicht der mindeste Grad von Lfihmnng in
dem Arme und in den Fingern vorhanden gewesen sein könne. —
Warum jeder Mensch, der viel geschrieben, nnwillkürlich eigen-
ihümlich« Schrifizüge macht, das weifs ich nicht auszulegen, also
wBrde es auch iböricht sein , die durch Krankheit bewirkte Ver-
ttaderung dieser E ige nthüml ich keil erklären za wollen.
In einem Zeiträume von sechs Monaten, hat nnset geistliebe
Herr nach nnd nach die Befähigung, seine alten, gewobotea
Schtiftznge %a machen, wieder erhallen; ob bei, oder durch den
Gebrauch des Weines und der Bestnschefschen Nerventinktnr, m5-
gen meine Leser ratbeo « denn ich weifs es ihnen nicht mit Be-
stimmtheit m sagen. Uebrigens. dient znr Nachricht» dafs der Mann
noch 17 Jahre nachher gelebt bat, ohne je Anmahnungen vom Schla-
ge zu bekommen; er ist, den Achteigen ganz nahe, am Marasmus
allmählig verlSscht.
Wie die Schulen die Artungen der Apoplexie eintheilen, waib
jeder, ich will mich nicht dabei aufhalten. Sa viel ich aber selbst
diese Krank he ilsform beobaehteti Ist sie ihrer Natur nacb sweiar-
tigf die eiDfl ist d» Slerbea nlbat, die »adftre eine heilbare Krank-
heit.
Woi die erste .4riuog beiriffi, ao meldet sie sieb gern TOrber
an, zuweilen ein Jafar, jh woI zwei Jahre vorher. Alte Leute
■ind ihr am lueisten auageseizi, da« heifut, sechiigjährit^e nnd
noch ältere, oder solche jüngere, die ho ichnell und ungestüm
gelebt haben, daTs man sie vor der natürlichen Zeit zu den Al-
ien rechnen mufs. Schwinilfll, Fehler des (jedüchinisses ^ ein Ge-
fühl von Abnahme der Krüfle, auch wol schnell vorübergehende
Lähniungen des einen oder de« anderen Uliede« sind die Vorbo-
then derselben-
Es ist freilich unsere Pflicht, eine solche Apopleyie zu be-
kitnpfen, denn da wir nicht wissen, was das Leben sei, so kän-
nen wir auch nicht wissen, ob es in dein Einzelfalle am Abneh-
men, atn Ablaufen, ain Verlöschen sei; mitbin müssen wir jeden
Menschen so behandeln, als sei seine Krankheit heilbar, unser
blolaes Veniiulhen darf keinen Einflufs auf unser ärzilicbes Han-
deln haben. Im AUgetiieiaen niufs man sich aber nicht aofamei-
cbeln, daEs man den. Kampf mit dem Tode rrihtaiicfa bestehen
werde. Ich habe mehrmafals, seit ich mich zur gehe iiujirst liehen
Lehre gehalten, bei den Vorbothen der Apoplexie diesen Kampf
unternoiumen , aber nie das Feld behalten könnrn, sondern der
Tod ist zuletzt, früher oder spfiter, immer Meisiec geblieben,
Zuweilen freilich schien es anderen Leuten wol, als sei ich ein
wahrhafter Todesbändiger; allein zwischen dem Schein nnd dem
Sein ist eine grofse Kluft. Ich erinnere mich noch lebhaft einet
achtbaren Mannes, den ein Gerühl von Kraftabnahme und ein
Wanken des Gedachinisses an einen apoiileklischen Tod mahnten.
Das Wanken des Gedächtnisses fiufsene sich nicht durch Vergels-
licbkeit, sondern durch Aussprechen von WSriern, die er nicht
lagea wollte. Die dadurch bewirkte Verwirrung seiner Rede machte
•eine Freunde, deren er viele hatte, sehr besorgt um ihn, nnd
ich raufste versuchen, das geahneie Schicksal von ihm abzuwen-
den. Outch Kupfer brachte ich ihn in Kurzem so weit, dafg man
keine Spur der gefürchleien Todesboiben mt-hr ao ihm gewahren
konnte; er sprach, und baachickle seine GeNchätie wie früher.
Zu einer Zeit, da man schon lüagst alle Besargnifs fahren gelas-
sen, vermissen ihn einst seine Hausgenosaea; dringend* Geschäfte
wartao auf ihn, man sacht ihn veigabens in allen Zimmern und •
findet iba endlich besinnungslos nnd halbseitig gelähmt auf dein
Abuitie. Schlacken konnte er noch, aber er erbrach alles, waa
in seiDoa Magen kam. Das ist ein übler Zufall , der böseste un-
ter den bösen. So viel ich mich erinnere, habe icb noch kei-
nen gesehen, der bei diesem Zufalle dem Tanse entsprungen Ut,
und so ging es auch hier, der Mann starb nach ein paar Tagen.
— 1000 —
Ein aoderar 70JShriger Mann, der MhiHi lio^r über allniBb-
lige Aboabme seines Ireuen Gedächtniasea geklagt, sliirsl einat auf
dem Wege nach seiner Iftndlichen Wohnung zusanimBii, stehet aber
ohne Hülfe wieder auf, flihlt sich nairfi diesem Falle etwas matt,
und fragt mich um Raih. Nach dem Gebrauche den Kupfers be-
kam er den SchwiuilBl , ' der ihn aog^lich loiu Fallen gebracht,
in einem ganzen Jahre nicht wieder; der Maogel des GedSchinisses
blieb aber. Ein Jahr darauf M-urde er von einer Besinnungstorigknt
ergriffen, die aber nur anderthalb Stunden anhielt, leb fand ihn,
da ich bittkam, bei vollem Bewufslsein. Die vorübergehende apo-
plekiiiche Gehirnaffeklion halle ein« unvollkommne Lghmung des
linken Armes surfickgelassen ; bald erschien eine sweite kleine
Gehirnaffeklion und bewirkte eine Htiibläbmnng des linken Fn-
fses; nun machten mehre kleine Anßlle die Lahinnng beider Glie-
der ToItstSndig, ohne jedoch in den Verrichtungen der Sprachor-
gane einige SlSrang xu Terursacben. Anbaileod' besinnungslos,
■wii bei der gewäbniichen Apoplexie, ist der Mann nie gewesen.
Sein Schicksal sagte er mir, da ich zuerst ihn besuchte, vorher.
Er war der Meinung, meine Pflicht sei, seine Heilung eu ver-
suchen, und di« seine sei,, meinen Anordnungen Folge zn lei-
sten; aber weder meine Bemfihnngen, noch seine Folgsamkeit
werden das endliche Schicksal der Menschheit von ihm abwenden , ,
seine Zeit sei abgelaufen und er sum Scheiden bereit.
Uehrigens hatten die mehrmahls wiederkehrenden kleinen Ge-
fairnaffekiionen keinen slSrenden Einflufs auf seinen Verstand ge-
habt. Er halle mir früher einmahl in einem GeldgeschSfie frennd-
Bchaftlichen Ratb gegeben. Um zu sehe^, ob auch sein Verstand
gelitten, erz&hlte ich ihm jeizt wie ich seinen Raih befolgt und
welches das Ergebnifs- gewesen; er sprach aber wirklich noch eben
so versiBndig und mit eben der Tbeilnahme darüber als früher.
Das Ende seines Lebens wurde auch ntcbt durch einen erneuen
ten apopleklitcben Anfall herbeigeführt; er ward vielmehr immer
inaiter, sein Puls kleiner nnd schneller, sein Seblaf unierbrocfae-
ner, sein Gedfichlnifs ichwScher, und so verlSscbte er am Ende der
.drillen Woche seines Krankenlagers.
Solch ein kurzes Gefedit mit dem Tode lasse ich mir allenfalls
noch gefallen; wenn ich aber Mönala lang mich abmühe, deo
scheinlicb Geheilten mehrmahls nlckfUllig werden sehe', und dann
* doch endlich der Tod mit seiner koScbernen Taise mir einen groben
Strich durch meine Reofanang macht, so ergreift lAioh zuweilen noch
jeist, obgleich ich der Sache ISngsl gewohnt sein sollte , ein widri-
ges, mein Geaehäft anf Augenblicke mir verleidendes Gefühl. Ich
sehe dann die Uebnng unserer Knnst als ein Farospiel an , bei dem
der Tod Baukhalter, also auf die Dauer immer im Voribeile ist,
und der Gedanke steigt in mir anf, ob es nicht weit gescheiter sein
- 1001 -
n5cbta, d« Bankbattsn Spte)b«lfer, als leia QegenspieW in
•MD.
Mache ich von allen apoplekiiieben FAHen, die icb je behan-
delt, einen UDgeRihren Ueberichla^ , (Bach habe ich nicht darüber
geballen) so waren die meiaten Ofi'enbamn; eines abgfingigen Or-
ganinsuB, sie Irafen entweder. abgelebte MenicheD, oder jBngere,
die mit chroniichen Gehirn-, oder Bauch-, oder Herxieiden bs-
hAflM wart>n. Apoplexie als krankhafte Störung dei wirklieb geson-
den, krftfiigen Organismns iah ich sehr wenig. Daher mag n auch
wol kommen, dab icb dem Aderlassen keine Sonderliche Lobrede
ballen kann. Wo ich geholfen, habe ich früher durch Aelber,
Wein und andere belebende Dinge geholfen, spflier, der gebefm-
irallichen Lebre folgend, durch Kupfer. Bei weitem der gröfsie
Tbeil wurde dadurch wieder aufgeflickt, wenige, sehr wenige star-
ben in oder gleich nach dem apoplektischen Anfalle. Dafi aber
das vermeintliche Heilen nur Flickwerk war, darüber kann ich
keinen Zweifel haben, weil entweder, früher orfer später, die Apo-
plexie wiederkehrte, oder weil, ohne Wiederkehr derselben, ein
altmtlhliger Verfall des Organismus dem Leben ein Ende machte.
IJebrigens spreche ich hiofs von dem, was ich selbst erfahren.
Ohne es jedoch selbst beobachtet xu haben , sehe ich leicht ein,
dafs Apoplexie eben so gnt eine im Gebirn vorwaltende Eisen-,
oder SalpeleraffekiLon sein kann, und dafs man dann weder di«
eine, noch die andere durch Kupfer wird faeilan können. So viel
ich Eisen krankheilen im Allgemeinen kennen gelernt, nrafsich ur-
theilen, dafi bei einer Eittenapoplexie am ersten Blniesiravasate
Ond andere von dem Eindringen des Blutes in die feineren Ge-
hirngefKfse abhängende SlÖrnngen tu erwarten sind. Begreiflich
wird wnn diese Störungen durch Blotentxiehnng nicht vermindern,
MHdarn vermehren nnd in den meisten Füllen tödtlich machen.
Wenn xn chronischen, meiner Kunst nnheilbaren Uanehleiden,
dleae mögen von VerhSriungen, oder Steinen abhängen, steh Apo-
plexie mit Liihiiinng gesellet, so gebe ich den Kranken verloren,
Aach wenn sie sich id chronischen Gehirnleiden gesellet, siehet
•s mi&lich aus, denn diese Leiden hangen entweder von allen er-
worbeoen Bildungsfehlem des Gehirns ah, und darauf weifs icb
keinen Rath, oder sie rühren von epidemischen Einflüssen ber, und
dann sind sie, sobald sie eingewurzelt, anch nbel zn heben; je-
doch so lange das höchst verdftchiige, anhaltende Erbrechen nicht
dabei ist, darf man den Muth nicht sinken lassen. Begreiflieb
können solche Apoplexien nur durch Gehtmmiitei gebeilt werden,
denn sie bestehen in einer Urgehimkrankheit. Ich ralbe aber je-
dem Arzte, anch in den Ftlllen, wo das anhaltende Erbrechen noch
nicht erschienen, vorsichtig in seinen Versprechungen lu sein,
denn dem von epidemischen Einflftssm h«nr6hm(den veralteten lad
— 1002 —
Mhon eingewnnielteD. GehiroIflirfeD itt gut nlobt zatriwMi. Eioea
bemerkenswsrihen, ab«r tödtlicb«n Fall beobachi«!« ich eiiut. Eine
junge Frau, welch» xar Zeit, da hier Gehimleiden landgttngig,
während ihrer Schwoagenchaft viel Kopfschmerz und Sdiwiadel
gehabt, auch einen gewisieo Grad von UnwobUein geapüret, alles
aber der Schwangenchaft lugeschrieben, warde leicht entbnndaB;
ihr Kopf blieb aber Dach der Entbindung noch eben so krank alt
vorher. Man TertrSstete sich, es werde nach den sechs .Wocbeo
anders werden, die Wochen vergingen und es wurde nicht anders.
Bald nachdem sie ihren ersten Kirchgang gehalten, wird «ie obn-
mftchtigi da man sie wieder an sich bringt, gewahn mau, dab
ihr der linke Arm gani labm geworden. Man bittet iaid>, die
Sache an ontersochen, und ich erfahre jetal das, was ich dem Le-
ser beridttet. Da ich die Frau gm kannie, aber lange nicht ge-
sehen, so war mir ihr Verlust an Fleisch und die Frentdartigkeit
ihres Gesichtes am so auffallender. Ich faielt daför, die angebli-
che Ohnmacht sei ein kleiner, vorübergehender Anfall von Apo-
plexie gewesen, und in Erwitgung, dafs bei dem noch jogendlicheo
Aller der Frau au einen Verfall des Organismus ni<^t an denken
sei, dab man keinen Grund habe, Bildangsfehler des Gehirns, oder
des Heraens, oder eines fiaacborgans ensunehmen, und in ErwX-
gung, dafs das Kopfleiden sich von einer Zeit herschreibe, wu Ga-
bi rnaffektionen gemein ^wesen, blieb nichts anders über, als den
apopiek tischen Anfall fiir eine Folge jener epidemischen Gehir»-
berühnheit anzusehen. Diese mnlhmafalicba Erkenntnifs war nun
eben nicht tröstlich; jedoch, da der ühelüie ZufHÜ, das Erbrechen
sich noch nicht gest^igt, griff ich die Sache mit guiam Mathe ao
und verordnete den eisigaaureo Zink, welcher mir uiehrmahls hei
ei Hge wurzelten leiden gnte Dienste geleiatei. Die Wirkui^ war
auch hier anSallend wohlthälig. Der erste, anderthalb Drachmen
enthaltende Trank verminderte, nach Aussage der Kranken, das
Kopfleiden um. ein Merkliches, der zweite macht« den Kopfsoch
freier; der Ann blieb aber lahm, und die Kraoke beitlSgerrg. Sie
war nämlich nach dem kleinen apopleklischen, fiir Ohnmacht ge-
haltenen Anfall so unwohl geworden > dafs sie sich im Bette bes-
ser fühlte als aufier demselben.
Den dritten Tag konnte ich, weil ich, entfernter Kranken we-
gen, schon am frühen Morgen die Siadt verlassen mufiile, sie erat
abends sehen. Fröhlich kommt mir der Ehemann auf der Hans-
flur entgegen nnd sagt mir, ich werde jetzt Freude an seiner Fraa
haben. Auf meine Frage, warum* antwortet er nicht, sondern
bringt mich ins Zimmer, und heilst seine auf dem Stuhle sitaende
Frau, mir ihre schlimme Hand reichen. Sie Ihul dieses ohne
Mühe und ich sehe ku meiner IJeherraschung, dafs der lahm ge-
wesene Arm wieder gaoi g«t ist; sie kann ihn aiit Leichtigkeit
— 1003 —
In tiUn Bichtongeii bewegen. leb bitte sie, mir •iiinmh] derb die
Hand »1 drucken, nnd aneh hier aagl mir mein GefBhl, dah ibre
Fin^r weder an Ltthmung, noch Schvtficbe leiden. Ich hatte
wirklich Freude an dieser wnndergleicben Beaserong nnd machte
schon in meinem Sinne die Anmerkang, dafi jeder Arat sich doch
wohl hüten möge, seine, wenn gleich anf lan^'Sbrige Beobachtung
baairie Prognose wörtlich anBSii apre eben. Bis auf den Augenblick
hatten meine Beobachlnngen mich gezwungen, eingewurzelte epi-
demische Gehimaffektionen für schwer heilbar ansUaeben, undjelst
mnfste ich doch glanben, dafs es ancb Adsnahmen von dieser Re-
gel geben könne. Weil ich am folgenden Tage wieder aufser-
slildiisohe Geicbifie xii beschicken halte, beancbie ich, von Neu-
gierde getrieben, die Kranke früh morgens, bevor ich die Stadt
verliefs. Ich wnrde jetst abermahls überrascht, aber nicht aaf ei-
ne 80 frenodliche Weise als am vorigen Abend, ich fand nHmlich
die Fran im Todeskampfe liegen, mit kleinem, kanm fGhU und
xfihlbarern Pulsscblage, mit blassem, gans entstelltem Gesiebte,
halb gedfioeieD, gebrochenen Angen, rSchlendem , sehr schnellem
Athen, knra so, dafa ein Kind sebeii konnte, sie sei am Sterben.
Wie Dsd wann sich dieser Zustand eingesielit, war iiichi mit Be-
stimmtheit anssumitteln ; denn da die Kranke am vorigen Abend
ganz ruhig eingeschlafen, hatten die Hansleaie sieb wabrscbein-
lich auch dem Schlafe sorglos hingegeben. Um Miiternacbt hat-
ten sie Untatb gemerict, und die Kranke, da sie nachgesehen,
schon in dem beschriebenen Zustande gefunden. Weil diese das
Vermögen bü sehIncken ganz verloren and man überhaupt den Zn-
stand für das S)eri>en selbst angeeeb^n, hatte man es für thSricht
gebalten, micb ans dem Bette sn einer Sterbenden xu b»Ien.
V. Swieten, der ibeils reisende, theils ansleerende Mittel nnd
Btnteotriiehungen in der Apoplexie aorSth , sidi MOfae -gibt , die
Fille «ti bestimmeQ, in denen die eine, oder die andere Heilart
AnwendoDg finde, (welche Anlegung aber wol keinem Leser deal-
lichen Unterricht geben, wird) üufsert sich auf folgende bemerkena-
wertbe Art über diese beiden enigegengeaetsten Heilarten : Si acria
txätmUia aähAita no% fuerint, vel pareina, prvdenti comüio,
mort aegri adacr^tur körum itegleetui ab ignari» vei mm/evoli».
Et pariter-, »i pott mbitat evacuationet , viri6u$ if/ieo coiiaptitf
aegtr pereat, tmlpabttur SfediaUt imprimi» apud Magnat«», qui
munqwtm creduntur perire morÜß; »td taxtum medicarum erroratu.
Das ist wahrlich eine wanderliehe Rede; sie baweiset, dafa der
gelehne Schreiber es sich, wo nicht gans dentlicb, doch dunkel
gedacht hat, dafs die schulrechten Anseichtn zu der einen, odmr
zu der anderen Heilart b&cbM unsicher sind.
Sollten manche Lesaf denken, die LeicheDÖSaungeD haben ja oft
genug Blntüberfüllnng des Gehinw nacbgewtMen, wi« ich also «bie
- i«p4 —
■olche Urmcb« der Apoplsxi» rerdtehiigeo hAam ; m b«m«rt» leb
dieaeo Folgeodea. Di« Anatomen bfibea io früher Zeit dieAffenaiia-
tonie dea Gale» in den menssiiliGheB Leicfaeo wjedersnfinden ge^aubl«
und da Veaaliu* ihnen Stück vor ^fiek et autlegie, wie thSricfat«
wie blind sie seien, eo wurden lie onwinch und schrien ihn als
einen unbefugten Kritiker, als einen VerScbter der nlten gaten
Schule aus. Nun, ich denke, die Meiuchen bleiben sich in allen
Jahrhundeiien so xiemliob gleich. Wer sich einmabl in dfen Kopf
gesetzt, Blutüberfüllong des Gehirns habe bei einem Menschen den
Üchlag geronchi, der wird in der Leiche auch diese Blutfiberfül-
lung finden. Zwischen dem Mehr nnd dem Minder ist ja keine
bestimmte Grense* nlso ist es blols die Einbildung dei vorgl&ubi-
gen Besichtigen, welche hier die Greme ziehet. Mir scheint
überhaupt der finu des Gehirns mit leinen grofsen Blotbehältem
to weise von der Natur eingerichtet zu sein, dafs Blutüheffüliuog
nicht leicht das Lebm geftibrden wird, vorausgesetzt > dafs der
Huckflafs des Blutes durch die Drosselndem nicht mechaniach ge-
hemmet sei.
In dar alten Welt kannte man zwei Arten des Schlnges, di«
Apoplexia tangminea und terna. Da ich die Medizin sindirte,
war die serot« lur nervo«« geworden ; in neuer Zeit ist aber dieaa
Krankheil in zo viele Abiheilungen und Unterabtheilungen zer-
spalten, dafs mich der Scharfsinn der Aerate wahrhaft mit Erstau-
nen erfüllet. Lenke ich nuB von dieser acharfsinni^n Bücher-
weit meine Blicke aof die wirkliche Ärztlich -praktische Well, s«
werde ich ganz verwirrt, denn hier soheiot Aderlässen und abet^
mabls Aderlässen die QßiiHta euentia aller flrsilich-prakiischea
Weisheit zu sein. Vor Kurzem erzfthlte mir ein sehr kluges Frfin-
lein, ihr achtzigjihrigsr Oheim sei am Schlage gestorbco. Der Arzt
habe ein Aderlafa verordnet, aber der kalte Brand sei an die Adar-
lafswunde gekommen. Dals Gott erbarm I Ich «ah den Oheim zwei
iahre früher, worde wegen Vorboiben der Apoplexie zu ihm geru-
fen und beseiiigie sie durch Kupfer. Er sprach Wörter ans* die
pr nicht aussprechen wollte und konnte gar übel die rechten fin-
den. Ein ganz Unkundiger konnte schon damahls an seinem Gei>
ate nnd Leibe die Sparen des lUaratwau taiilii anmdglich ve^
kennen: hat er sich also in den zwei folgenden Jahren nicht wie
der Soonenvogel verjüngt, so mnfs die Apoplexie das Absteriwa
seihst gewesen sein ; für welche Meinung denn auch wol der BrantI
an der Aderlafswunde spricht. Er würde auch, hSite man ihm
nicht zur Ader gelassen, gestorben sein; keine menschliche Knast
war mfiehtig genag, ihn im Lande der Lebendigen zu halten. leb
denke aber, der alle Mann wird wol, da er vom Sehlage gerührt
wurde, einen vollen und starken Puls gehabt und einzig dieses den
Arzt zur Blvienileening bestinint haben.
— 1005 — ■
D«r Pals ist wirklich «in wnaderlicbei Dlag, er kann au
B«hr in di« Irr« führen; Ich glaabe alao, etwu rächt Verdienit-
liches KU than, wenn ich dem Ventande meiner Leser einen Mo-
rien Widerspruch, der mir in der ichulrechlen Lehre Ifingst sehr
•nalöfai^ gewesen, wo nicht inr LSanng, dech luin Bedenken
▼erlege.
Man liehet Hippocralea als einen au ageiei ebneten praktisches
Arzt an, als einen treuen Beobachter der Natnr, ans dessen Schrif-
ten wir noch bis diese Stunde viel Gates iSrnen kÖnni/n. Qalen
hfilt man für einen ausgezeichneten Gelelirten,' dessen SchriÜian
ODS aber in geachichilicher Hinsicht veit wichtiger als in prakti-
scher sind. Biese Meinung nehme ich einroabl, ohne ihren Wenk
m bennbeilen, als wahr an, und mache auf den gri^en'Wider-
apnich aufmerksam, in den die Aerste xeit dem Veralten der Ga-
lenischen Schule gefallen sind. Hippocratti , der sorgfAltige Be-
obachter der Natur, bekümmert sich nicht um den Puls, er grün-
det auf selbigen weder die Erkenninila der Krankheit, noch die
Prognose. Der gelehrte Gaie» hingegen gibt sich selbst für den
feinsten Palsfuhler aus, er sollte einem wol weis machen, der
Arzt müsse es am Pulse fühlen können, ob ein Mensch Erbsen
oder Bohnen gegessen. Ist nun Hippocrate» ein solch trefflicher
Arzt, der uns noch jetzt als schwer erreichbares Musterbild prak-
tischer Weisheit vorgestellt wird , wie \ommt es denn , dafs wir
nicht ihm hinsichtlich der Werthung des Pulses folgen, aoo-
dem vielmehr dem minder praktischen und etwas , prahlfaansigen
GiUeHf —
Jetzt stelle ieb eine andere Frage auf: wie sollen wir nns
verhaliea, wenn eiaBauchrollblüiiger vom Schlage ergriffen wird!
Ich weib recht gut, dafs ein junger Arzt leicht diese Frage be-
antworten kann; al>er dtiroh die bücherlich richtige Beantwortung
ist für die eigentliche Kunst, kranke Menschen gesund zu raaeheti,
wenig gewonnen. Ich selbst halte eine bestimmte Beantwortung
der Frage nicht blofs für schwierig, sondern für unmSglicfa. Fol-
gende Bemerkungen werden dem sinnigen Leser wol Stoff zum
Nachdenken geben.
Wäre Bauchvollblüiigkeit die nächste Ursache des Schlages,
10 müfste der Schlag bnndertmahl hftafiger vorkommen als er wirk-
lich sich seigt, denn der Bauch voll blutigen gibt es gar viele in
der Welt, der Apoplektischen verhältlicb wenige. Aus dieser Be-
obachtung, deren Wahrheit kein beschäftigter Praktiker ablSngnen
wird, seheint doch wol zu folgen, dafs, wenn BauehvollblOtigkeit
den Schlag machen sollte, in diesem Falle andere Ursachen und
zwar sehr ernsthafte mitwirken müfsten.
Ferner, da oft genug Menschen vom Schlage ergriffen wer-
den, die nlflht an BaaehvollblStigkeit leidcB, auch ai« ftSher dar-
— IQM -
an gelitten^ so -folgt, 4afs, wcdb «in wirUleher BauofaTollbliiiger
■poplektisch wird, wir nicht genidazn behuiplen kSanen, BaBcb^
Tollblnligkeit nnd Schlag verhalten lich wi« Unache nnd Wirlcaog
SU einander. Es kSoaen ja gleichuitig betiebande, von allen ur-
wchlicfaen Verbände freie SiArangen dw OrganiMiinB lein. Dal*
der Aberwilz filterer Aerzte gutgläubig und ohne den geringales
Beweia einen ursaeblichra Zusammenhang angenommen, kommt
hier gar nicht in Betracht; dean io solchen Dingen kann nur der
gesnade Verstand eioe Stiaune haben, nicht der verkrüppelte, Dicht
der Aberwitx.
Cs beilal, wir Aerste sollaa Diener der Natur sein.
Das !■! eine sehr verslBndige Heda; mir scheint aber, widlea wir
gute Diener der Naior Mio, so müssen wir doch allererst dafür
sorgen, die Weise aoserar Heisierinn oder Gebieterina kennen la
lernen; kennen wir die nicht, werden wir, wie anstetlig wir uns
anch geberden, immer renwsifalt faölierne Diener bleiben.
Was lehrt nnn die Beobachtung von den durch die Natnr be-
wirkten BIntflüssen bei akuten Fiebern, namantlieh von den ge-
ueinsteo, von der Nasen- nnd Mastdanniilatnng t — So viel ich
die Natur beobat^tet habe, enefaeinen diese Bletflüne, erster b^
jnngen , letster bei ftUeren Menschen , selten oder nie als wobl>
thätige Entleerung bei dem eigentlichen Kranksein, sondern früher
oder spfiter bei der beginnenden Bessemng. So ist gew5bnlieh
das Naseabloien im Anfange und auf der Habe der Krankheit eni-
weder nicht erleichternd, in vielen Ffillen reracblimraernd und ia
manchen tSdtlicb. ErBcheini es hingegen beim Nachlasse des Fie-' .
bera, beim Wiederkehren des Gesnodfaeitsgefilbls , so ist ein mfi-
fsigas gewSbnlich woblthätig, es hebt eia Ueherbleibsal von Schwe-
re und Dumpfheit des Kopfes.
Blutung aus den HXmorrboidalgeMsen sab ich dU eiiie wobl-
ihStig« fast nie auf der HShe odec im Anfange akuter Fieber,
aber wol bei eintretender Besserung. In meiner Jugend habe ick
mekrmabls im Anfange oder auf der HShe solcher Fieber erklär-
ten Bau<^ vollblütigen künntliche Entleerung durch Egel machen
lassen, wurde aber nicht wenig verblüfft, da das, was nach mei-
ner Ansicht nothwendig helfen mufste, nicht half, sondern wol gar
den Kranken in grofse Schwachheit stürzte. Wer sich einbildet,
die akaten Krankheiten müfsten sich anfAnglich unter der Behand-
lung des Arztes verschlininern, das sei so lo der Ordnung, der
empfehle immerhin die ffiutegel; ich selbst kann mir uamöglidi
einbilden, eine Arzenei,. oder eine Eatleerang aei heilsam, auf
welche ich sichtbare Verschlimmerung des Krankheitssnstandes
folgen sehe, gesetzt, der Kranke kfime auch endlich mit dem Le-
ben davon.
MedcwOrdig ist es mir imonr geffesen^dais sellMt die zur
— 10Ö7 —
ordcntlichsD Zeit «intralMtdB MsaMraation im Asfan^ und Ve^
laufe ekater Fieber dieee Teneblinimert , ja gewöhalich die Hei-
lung am etliche Tage venSgeft , nnd - Kwar nicht biore bei Wei-
bern, die TO0 Naiar eine beschwerliche Menuniaiion heben, son-
dern auch bei solchen, welche im geiunden Zustande nicht daf
mindeste Unwohlsein davon fühlen. Im Vorigen habe ich ichoo
erzählt, dafs icti einst ein herrschendes Fieber bebandelt, wel'
obes durch die eintretende Menstraation nicht blofs rorüberge-
hend, sundem anhaltend Tersehliuueert , ja böchat bedenklich ge-
worden.
Welchen guten Grund haben wir nun, bei bancbroUblütigan
Apo piek tischen gleich zu Blutendeerungen zu schreiten? Wisaeo
wir ea denn, und kSnnen wir es beweisen, dafe' beide Uebal in
ursächlichem Verhältnisse zu einander stehen? Ich glaube, in des
meisten Ffillen wird dieser Beweis wol schwer zu fuhren eeiii.
Wollen wir also, als eiageöbte Diener, nach der Weise unserer
Meisterinn Natur handeln, so müssen wir wahrlich gro&es Be-
denlcMi tragen, die baacbToIlblfiiigen Apofdektischen flugs den Bhl-
egeln Preis zn geben.
Es wQrde wahrhaft thSricbt sein, wenn ich jetzt xat BewU»-
nag meiner Ansicht -fWle anführen wbllle, iu denen auf Blutent-
leerungcn aus dem Mastdarm Verschlimmerung oder Tod gefolgt;
denn da ich den ^öfsten Tlieil der Apolexien als Offenbarung
des^ab nehm enden Lebens, also als das im Gehira beginnende Ab-
sterben selbst ansehe, so muffte ich l>ei jedem Falle zuerst den
Beweis beibringen, dafs er an sieh heilbar gewesen ; das kann ich
aber nicht.. Es scheint mir weit nSlslicber, sum ernsiUoben Nach-
denken einladender, dafs ich lieber einen heilberen Fall erzähle»
dea ich genan beobachtet und genau beobachten konnte, weil ich
den Kranken seit vielen Jahren genan kannte.
Er war eia Sechziger, hatte immer regelmfiblg gelebt, tfig»
lieh sein gutes Glas Wein getrunken, aber nie in dicum Punkte
aosgeschweift. Aulser dafs er eininahl, so lange ich ihn kannte,
an einem einfachen , t^^deutenden \^'echselfieber gelitten , war
leine (xesundheit immer ungetrübt gewesen. Seine Leibesgrölsa
war unter der mittlen, sein Hals kurz, sein Ctesicht mth, ohua
aufgedunsen zu sein. Die Nator hatte ihn mit einer seltenen
Gleicbmütbigkeit begabt; er spielte nicht zum Scheine die Rolle
des- Demokrit, er war vielmehr Demohrit selbst. Schon seit meh-
ren Jahren hatte er sich von Geschäften zurückgezogen , die ihn,
wie alle bürgerliehe Geschfifle, mit den Leidenschaften der Men-
schen in Zosammenstofs bringen konnten, und lebie foflan zwar
nicht ganz geschäfilos, #ber doch leicht nod angenehm beschäfti-
get. In seinen späteren Lebensjahren bekam er Anmahnnng von
Hänorr{.(ddeB; ich rietfa ihm, selbige darch Blitfeg«! n«d.Sebw«-
— 100» —
M zu Mgeln; er befolgt« Keinen RbÜi und die BaDchvollbtülig>
keit hftlie weiter keinen neehtheiligMi Einfluft auf aein Befinden.
Am Abend des 12. Januar 1833 schrieb mir seine Verwandle,
die ibm die Hansbeliung fübrte: er befinde eich etwas unwohl, sei
tnumelig, wanke beim Geben und habe sich ins Bell legen mDsseD.
Sie bat mich , etwas zu verschreiben und ihn am folgenden Mar-
gen an besnoben. Ich schlofs aas diesem Schreiben, das Ganxe
sei weiter nichts als Orgatmmt kaemorrkoidali* , und verordnele
eiaen Trank aoa Salpeter nnd Schwefel. Früh Morgens am 13.
Jan. besucht« ich ihn. Die Haushftlterinn kam mir mit weinen-
den Augen auf der Hausflur entgegen nnd kündigte »ir an , er
liege gans ohne Bestaonng. Ich fand das leider, da ich ans Bett
trat, besiSiiget, er war wirklich ganzbesinnODgalox, aber doch
nicht ganz gefuhllo«, denn wenn ich ihm die Hant etwas derb
kneiple, zackte er ein wenig, das war ein gutes Zeicshen.
Uebrigens konnte ich noch keine LShmnng gewähr werden;
' mir zum wenigsten schien sein Mund nicht achief gesogen, wie-
wol einige seiner Freunde dieses im geringen Grade sn bemerken
glaubten. Sein Athem war wie der eines tief Schlafenden, wol
mitunter ■chuarehead, abrr doch nicht rasselnd. Der Puls Toller
and stJtrkar. als im gesanden ISaatande, dabei nnregelniSfsig und
stark anssetzend. Das Gesicht roih, wie ich es an ihm gewohnt
war, aber voller, ohne dafs man es eben aufgetrieben oder aaf-
gedunsen hätte nennen k5nnen. Die Wärme seines KSrperaawar
gleiohmäfaig an allen Theilen rermehrt, jedoeb nicbt in dem Gra-
de wie bei einem biiaigeu Fieber. Das Schlacken ging nach gnt,
man mnfsl« sieh aber einige Muhe damit geben. Den Harn konn-
te ich nicht sehen , weil man ihn unter diesen Umständen nicht
faati« aaffangen kftonea.
Ueber die Ausbildung dieses Zusiandes ergab die Ausfragnng
der \idite Folgendes. Am vorigen Abend, da er sich des Scbwin-
dels und des Unwohlseins wegen ins Bett gelegt, war er bald in
einen Schlaf gefallen, den man für einen natürlieheo nnd wohl-
thäligen gehalten. Zwei Stunden naohhdk da die ran mir verord-
nete Arzenei angekommen, hatte man beim Eingeben derselben
zuerst Verdacht gesch5pft. Nach nnd nach war der vermeintlich
wohlihätige Schlaf immer widernatürlicher, tiefer, und der Kranke
schwerer ecweckbar geworden, weiter seine Sprache lallend, dann
ganz unverständlich; nngeftbr am Mitternacht war der gegenwär-
lige Zustand gans ausgebildet gewesen.
Wegen seines Alten nnd des vermeintlichen HiAihu ap^ee-
tiei wurde der Mann von seinen Freunden für verloren geachtet
und sie begehrten meine Meinnng darüber ma hSren. Ich sagte
ihnen Folgendes. In dem Falle, dafs diese Apoplexie das Sterben
nlhiit sei, kSDM ich Meinem allen Freund« nidlit belfui; ob aio
_ 1009 —
dfes ab« sei , IcBniM ich aimöglieh iviuen. - Weil ich diMes ava
nickt wiue, halte icb für meilie Pflicht, den Leider so %a behan-
deln, als sei er dein Tode noch nicht TerfalleQ, sondern blofs von
einer hoÜbarcn Krankheit ergrißen. Weil sie, seine Freunde, es
aber eben so wenig wissen-, sei es ihre Pflicht, sich alle Gedan-
ken des Sterbens aus, dem Kopfe zu schlagen, andjneiner, airf
eine heilbare Krankheit bereefaoeien Anordnung gewissenhaft Fol*
ge zn leisten.
Diese Rede ist, denke ich, jedem Nichlarst« sehr versttlBd-
Itch. Sobald der Gedanj^e, der Kranke sei anreitbar, in den KS-
pfen seiner Freunde and Hansgenoasen ainmabi vorherrscht, ge-
schehen die HülSeistnngea, die. der Arzt verordnet, sehr fiau, nur
halbj oft nur znm Scheine, blofs tiin qich das Ansehen zu geben,
als erfülle man bis zum letzten seine Pflicht; will also der Ant
itm Kranken helfen, so piufs er zuerst 4en Gedanken der Freun*
de und Hausganosseä- die gahSrige Ricbiiing geben. Auf scblicht
verständige Menschen wirkt ab«r weder Lüge, noch Prahlerei, son-
dern die nackte Wahrheit, darum mufa man bei der Wahrheit
bleiben.
Ich verschrieb jelEt folgenden Trank, f^ Gummi TVagacmt-
thae ^ii So/ee in aqiae deitiUatae f Xvi md4e Tincturae Cupri oce-
tici^^ M — Von diesem Tranke mofste man dem Kranken stünd-
lich, Tag und Nacht durch, einen Löffel voll reichen.
Am folgenden Tage war der Zustand schon vorlbeilbaft vw-
ändert, nicht blofs in meiner arzilicben Einbildung, sondern allen
Menschen sichtbar, selbst denen sichtbar, welche am vorigen Tage
die übelste Ahnnng gehabt. Besinnung und Sprech« waren zwar
noch nicht wiedergekehrt, aber der Kranke bewegte doch wieder
etwas seine Glieder, und rief man ihn laut slo,, so SSoete er .die
Angen und schaute etwas damisch um sich. Auch das Gefühl war
besser, denn wenn ieh ihn jetzt nur ein wenig luiei(tte, bew^te ,
er das gereizte Glied; ich . ü herze ngle mich also, dafs seine Glie-
der nicht gelähmt waren. Wie es um die Zunge aussah, das konn-
te ich freilich noch nicht wissen, sondern mufste es abwarten.
Bei meinem dritten Besuche , also nach zweitägigem Kupfer-
gebrauche, war die Besserung merklich vorangeschritten. Der Puls
war jetxi nicht mehr unregelmfifaig und auasetzead, die Sprache
wiedergekehrt, der Gebranch der Glieder freier, der Harn, den
ich jetzt sehen kennte, etwas dunkler als im nonnalen Zustande,
er trübte sich beim Erkalten. Uebrigens war der Kopf noch et-
was eingenommen nad das scblafsuchtige Wesen noch nicht ganz
gewichen.
Bei meinem vierten Besuche, also nach dreitägigem Kupfer-
gebranche, war die eigeaiÜche A|JOplexie gehoben. Der Kranke
sprach oideaüich, ohne jedoch gesprächig zu sein, das schlafsüch-
_ --■64 ---^-^^,,.^
— 1010 —
rig« Wenn war gans venohwaadeo, er verlangte aus den BeKe,
und konnte lieh, da man ihm aufhalf, bewegen, leine Bewegnn-
gea waren aber noch langiam und unsicher. Von den rerfloaa»-
n«n KrankheUsiagen batie er auch keinen Schatten der Erinneruog,
dat konaleo die Hanagenonen ans teioen erslan Anordnungen ab-
nehmen. Uebrigens wÜhnc ea noch zehn Tage , ehe dci nftcht-
liche Schlaf ruhig and erquicklieb, die Efiluat regelmSfaig , und
■ die Mnakelkraft ao weit wiedergekehrt war, dafa er den gaoaen
Tag, obn» zu ermüden, aufaer dem Bette bleiben konnte, kurz,
eb« er nieder to war, wie er vor der Jtpo|>lexie geweaen. Ich
liefa ihn in dieser Zeit das Kupfer fori gebrauchen, jedoch den nScbt-
lieben Gebranch einsrellen, bemerkte aber, Auh der Harn bo blieb,
wie ich ihn zuerst gesehen, ninilich etwas dunkler als im norraa-
Un ZuBiande und beim Crkalieo trüb werdend. Wenn man in Fäl-
len, wo die wohlihStige,' heilende Wirkung de« Kupfers nicht za
verkennen ist, eine solche Regelwidrigkeit-des Hamea gewahret,
mnfs man mit Recht besorgen, dafs dieses Vorwalten der Affek-
lion des Gesammtorganismus zum Urleideo der Nitren werden wol-
le, und man handelt klug, diesem vorzubeugen. Ich gab also dem
Kranken einen Anfgnfa der Goldruihe und machte dadurch in drei
Tagen die Harnabsonderung gans normal.
Ich habe den Kranken zebnmabl , also fast tftglicb gesehen,
und erat dann, da er wieder sb seiner gewohnten Lebensordaang
überging, verlassen. Jedoch ihm auch daoQ noch das Kupfer äta
Woche lang fonzubrauehen geraihen. .
Nachdem er nun ungefttfar seit 14 Tagen in die Reihe der Ge-
•nnden getreten war, seine gemächlichen (Jieschxfie beschickt und
sein gewohntes Glas Wein getrunken (letztes haMe ich anfänglich
beim Kupfergebraucbe untersagt), liefa er mir durch den dortigea
Wundarzt wissen, er habe schmerzhafte Hünterrhoidalknoten am
, After bekommen^ wie er sich dabei verhalten sollet ob er Egel
ansetzen dürfe, oder ob ich fürchte, dafs ihm die Bluten tleeraag
zu seht schwächen werdel — leb hiels ihm gleich, ohne Verzug
die Blutegel aalegen, ond da i<^ ihn hernach sprach, sagte er mb,
er habe sich nach der reichlichen Blutentleerung nicht im gering-
sten schwach, sondern vielmehr, wie früher nach dieser Entlee-
rung, heiter und wohl gefühlt.
Ich sehe voraas, dals manche Leser meine Behandlung dieser
Apoplexie sehr tadeln werden, denkend, es würde doch weit klü-
ger gewesen sein, die Blutegel gleich bei meinem ersten Besuche
zu verordnen, ziimahl da spfiier diese Entleerung dem Manne, nach
seinem eigenen Geständnisse, sehr wohl gethan. Diesen Lesern
bemerke ich aber,, dafs zwischen dem gesunden und dem krankeD
Menschen ein grofser Unterschied stattfindet. Blnieotleerung , di«
jenem gut thui, kann diesen lödien, oder ihn doch in einen aol-
— 1011 -
eben Zustand veraetsen, ans dem wir ihn, iIdiI wir auch lehr kKn-
stig, nur mit grofser Mühe wieder herauareifaen. Eine Krankheil,
die uian nicht «inbildiach, sondern augenscheinlich durch Kupfer
heilet, heilt sich nicht durch Blutemieerung , man wird sie viel-
mehr schliiumer dadurch niHchen, und wenn bei der Apoplexia
noch keine Lähmung vorhanden ist, diese am ersten dadurch her-
TOrruren.
Es k&nnten jeist andere Leier, mich beim Worte fassend, al*
so sprechen : Wenn es wahr ist, data Bluieniiiehung aus dem Af-
ter deinem durch Knpfer geheilten npopiek tischen Manne wfihrend
■einea eigentlichen Krankseins schädlich, ja tddllich gewesen «ein
würde, so bist du offenbar in eine grobe Fofge Widrigkeit TCrfal-
ten, dafs du demselben, nachdem er seit vierzehn Tagen wieder
in. die Reihe der Gesunden getreten, ohne Zagen eine Blntentle*-
raog hast machen lassen; du hättest ihn ja gar leicht dadurch in
deti Zustand inrüoksiüriea kSonen, nus dem du ihn durch das Kn-
pfer gezogen. — Ganz recht, werihe Leser! hfitte ich die beschrie-
bene Apoplexie, nach sebulrechter Ansicht, für Apoplexia nervota
gehalten, sie mit dem sifirkenden Kupfer geheilt, und nun vierzehn
Tage nachher, den voo der Schwftchekrankheii Hergestellten durch
Blulentziehung wieder geschwächt, so würde ich, wfire diese schnl-
rechie Ansicht wahr, wol fürs Irrenhaus reif sein. Allein, wer
kann denn behaupten, dafs die Apoplexie, wie sie dieser Mann
halle, eine Schwftcbekrankbeit nnd dafs das Kupfer ein slSrken-
des Mittel sei? Ich wahrhaftig nicht; solche scbnlrechle Katego-
rien balie ich vielmehr für einen blofien Worlklang ohne Bedea-
tnng. In dem erztthlien Falle war die Apoplexie eine indemGe-
birn vorwaltende Kupfernlfektion des Gesamnitorganismas; nicht
Schwäche, nicht Asthenie u, s. w. Niemand kann auch bewei-
sen, dafs die Baucfavollblruigkeit des Mannes in einem ursachlicben
Zusammenhange mit seinem Gehiraleiden gestanden: nachdem ich
also die im Gebirn> vorwaltende Kupferafieklion des Gesammtor-
ganismus heseiiiget und gründlich beseitiget halte, war es doch
wol nicht besonders waglich , dem übrigens gesunden Manne ein
chronisch gestörtes Organ auf die einfachste Weise in Ordnung zu
bringen.
Jetzt stelle ich eine andere verföngliche Frage auf:
Wenn ein Mensch besinnungslos am Fufse einer Treppe ge-
funden wird, wie kann man wissen, ob er, aus Unvorsichtigkeit
berunlergeslürzl , eine Gehirnerschrniening oder Scbädelrisse be-
kommen, oder ob ihn der Schlag gerührt und er besinnungsloM die
Treppe bernntergerntscht seit Zweimahl in meinem Leben ist mir
ein solch häklicber Fall vorgekommen. Da aber das Alter der.
Gefallenen, die icb genau kannte (es waren siebzigjährige Wei-
ber), die längst sichtbar« Abnahme ihrei Organismus, die Abne-
— Mit —
tenheil erkennbarer VerlMxungeo der Safaeren Theile des Kopfea,
weit mehr dftfQr spraohen, dafa sie vom Schlage gerührt die Trep-
pe herunlerge rutscht, aU durch (InachlsamkeEt heniniergeBlürst Dod
sich den Kopf verletzt, so behandelte ich aie naeh dieier Ansicht,
aber leider ohne Erfolg. Ehe drei Tage am waren alarben sie.
Bei der einen konnte man aus dem seMef stehenden Munde auf
Li&bmnng sehliefsen; der anderen stand der Mund zwar nicht schief,
aber sie erbrach alles, was sie in den Mftgen kriegte, und das war
noch bSser.
WHren das nnn, statt siebzigjShrige Leute, TiersigjShrige ge*
wesen, deren Organismus ich früher nicht gekannt, so würde ich
micb doch in nicht geringer Verlegenheit Iwsfunden haben.
leb erinnere mich nocb aus meiner Scbulseit, dafs man dort
einen alten' Arxl, der mweilen ein Glas über den Durst trank und
den ich sehr gut gekannt habe, am Fnfse einer nur vier oder fünf
Stufen hoben steinernen Treppe besinnungslos fand. Wahrschein-
lich bestimmte eine Betile am Kopfe seinen Kellegen, ihn la tn-
paniren; troix dem, dafs man ihm den Schädel aufbohne, starb er
aber gar bald.
Aeholiohe Fälle habe ich bei tlteren Aervten gefnnden. So
ercBhlt 6r. Hwit (ob». 13. /i2. 2. de morb. capit.): ein sechzig-
jlhriger Geistlicher sei von der Treppe gesiürst und fGr apoplek-
tisch erkannt. Der Erzähler Isfst dem Gefallenen zur Ader nnd
wendet alle damahls übliche Hötfen an, aber er stirbt. Ein b&-
aes Zeichen fand sich gleich bei dem Manne, nämlich das Erbre-
chen.
Bei dem Lüiticher, Hemr. ab Ueen, (obM. 21. lA. 1.) habe ich
anefa einen selchen Fall gelesen. Der Organist eines Frauenklo-
Bters betrinkt sieb in einem \ye!nbBnse nnd sifirRt kopfunter in
den Keller, bekommt «war tüchtige Beulen am Hinterkopfe, aber
keine Schidelrtsse, wird von hinsngernfeBeti Aerzlen fSr apoplek-
liscb erkannt nnd als unheilbar verloren gegeben. «. Heen heil-
te ihn jedoch durch Blasenpflaster, scharfe Klystire, Porganzen
und SchröpfkSpfe. Der Fall ist aber sehr unTollkammeo erzihlt.
Die Trunkenheit ist ja in ihrem b&beren Grade der Apoplexie so
ähnlich als ein Ei dem andern, und gehet auch zuweilen wirklich in
diese über; darauf hiiie doch der ErzählerRücksicht nehmen müssen.
Jetzt bleibt es ein Rälhsel, ob und wie viel die Besserung dem
verflogenen Weinrausche, oder der firtfrlichen Hülfe suzuscfareiben
sei. Ueberhaupt scheint dieser Lüiiicher dem Schinge etwas weite
Grenzen zu setzen, welches man aus folgendem Gescbichtcben nb-
nehinen kann (es findet sich am Ende der vorigen): ÄfiHm Angfum
apopleeticum, (der vorige war nämlich auch ein Engländer) in cu-
JH» capvi magna porta cum trabe, eui adhaerebat, deciderat, ita eu-
ravi. N'iin folgt die Behandlung,, die nichts HerkwQrdiges enihSll.
— 1Ü13 —
Am merkwärdigalao ist himr d» Sicherheit der Diagnose des Schla-
ges; denn wem ein Scheonentbor mit einem Balken auf den Kopf
gefallen, der hat nn widersprecht ich einea wahrhaften and tüchtigen
Sehlag bekommen.
Uebrigcns ist der Schlag eine von denen Krankheiten, deren
Ariong ioweilen der gescheiteste Arzt nicht erkennen kann. Wer
kann z. B. die Bildungsfehler des Gehirns erraihen, wenn man zn
einem Apoplekiischen gerufen wird, den man vorher nicht kannte !
Hat man es mit verständigen Umgebungen zu thnn, die einem über
das Vorhergegangene bestimmte Nachricht geben, so kann man
luweiten Verninthungen wagen; aber eine ungeschlachte Umge-
boDg macht auch dieses nnmöglich. Als zweiter Arzt einst zu ei-
nem Apoplekiischen gerufen, schlofs ich aus einem fixen Schmer-
ze, der wie der Clavui hyttericut an einer besiimmten Stelle des
Kopfes den Kranken schon mehre Jahre vorher gemartert hatte,
dafs die Apoplexie and die sie begleitende LBhmung wahrschein-
lich von einem älteren Bildangsfehler des tiehirns abhänge nnd
Hülfe also schwerlich za finden sein werde. Bei der LeichenSS'-
nong sollen zwei bei dem Falle nnbetheiligte Aerzte an der fnl-
her schmerzhaften Stelle ein« von eiteriger Flüssigkeit umgebene
schwammichffl After Organisation in der Gehirnsubslanz gefunden
haben. Ich selbst war nicht bei der LelchendfTnung, habe aber
den Befund aus dem Munde eines der Uniersncher. Die Diagnose
war in diesem Falle so sicher, als eine blofs vermuibliche es sein
kann; allein ich hätte mich dennoch täuschen können. Die Art
solcher Gehirnbildungsfehler aber beim Leben des Leiden za er-
kennen, scheint mir ganz nnmöglich. Wer würde z. B., wenn er auch
im Allgemeir>en einen Bildungsfehler des Gehirns vermuthete, auf
einen solchen zu schliefsen wagen, wie ihn Felix Ptaler einst bei
der Leicbenölfnung einer Apoplekiischen fand? (Obtervat. Hb. \.
pag- i&) Nach weggenommenem Schädel fuhhe er das Gehirn io
seinen Häuten schwappen, nnd wie er diese öffnete, Oofs es wie
ein dicklich weifser Brei über das Gesicht des Leichnams.*)
Lähmung. — Diese, unter welcherlei Form sie auch er-
scheinen mag, ist oft consensueller Art, hängt von einem Urlei-
den des Gehirns, Rückenmarkes, des Herzens, oder eines Bauch-
eingeweides ab und kann nur durch Heilung des urerkrankten Or-
gans gründlich geheilt werden. Da aber blofs chronische und un-
heilbare Fehler des Herzens oder der Bancheingeweide consen-
') Unber die Gehlrierweidiiin^ bat IB3i D. F. W. UppieA in XVI. Biod«
3; StBclie der »«dii. JabrbHeber de» k. k. Ssterr, St««tM grichrlebcD. —
W»r ■eogierig iil, m errikrea, tat mtcbvB Zttittf bei» Leben de« Rraa-
kea eiag GebiraerweirbDaK la arkeao«a tti, dir kau* d«i dort sarbeB:!
-Jügic
— lOU —
ludle Llhmangen macheo, so sidwt m gewShalieb an du gröod-
lich« Heilung toicher LäfamuDgen mifalich aaa.
Ferner Hiod Lähmungen auch saweileo eis blofiet Vorwalien
•inet Atfekiion des GeiiniiiintorgBDiiiiius in dem gelähniien Tbcile
und werden dann durch das geeignete Universalittittel gehoben.
Gar leicht käonte jemand, dei mit dem Kupfer anfangt umsuge-
hen, bevor er mit deuea Wirkung vertraut geworden, durch et-
liche glücklich geheilte Fälle verleitet werden, ea ala das höchste
Mittel in LShmungen auszurufen. Ich warne ihn jetxi vor lolchet
gar zu dreisten Lobpreisung und sage ihm vorher, dafs, bat er
nnr ein wenig Geduld, er auch auf Falle Stoffen wird,. die er wol
mit Eisen, aber nicht mit Kupfer heilt. Ja, wer das Glück bat,
alt genug zu werden , der kann auch vielleicht auf Lähmungen
stofsen , die weder durch Eisen, noch durch Kupfer^ eondern durch
Salpeter geheilt werden; ich selbst habe aber diese letzte Art noch
nicht beobachtet.
Weiter gibt es Lähmungen, die ein echtes Urleiden des ge-
IShmlen Theiles seihst sind; von diesen habe ich bemerkt, dafs
sie sich weit beider durch ttuCierlicfae als durch innerliche Mittel
heilen.
Endlich darf man nicht vergessen, dafs sowol alles Consen-
suelle, als auch das Vorwalten der Aifektion des Gesammiorganis-
mus zum Urleiden des ergrifienen Theiig werden kann; man wird
dieses allgemeine Gesetz des Organismus auch bei den Lähmun*
gen bestätiget finden.
Ich nmfs aber zur Steuer der Wahrheit bekennen, dafs nii
Lähmungen vorgekommen sind , deren Artung ich nicht habe «-
gr^inden können. So lebt hier noch ein geringer Mann, dessen
untere ExiremilSien ganz langsam nach und nach gelähmt sind-
Ich habe alle äulaerliche and innerliche Mittel angewendet, von
denen ich mir nur einigermafsen Hülfe versprechen konnte, bin
nber mit meinen Künsteleien nie weiter gekommen , als znr un-
willkürlichen schmerzhaften Bewegung der Füfse, und habe ihn,
nachdem ich mich anderthalb Jahr vergebens abgemühet, unge-
heilt aufgeben müssen. Gründe der Wahrscheinlichkeit sprechen
für gröfaere Nierensteine. Sein Harn emhsit froschlaichanigen
Schleim, von Zeit zu Zeit Sand nnd ist ungeheuer stinkend.
Die vunderlichste Art Lähmung habe ich im ersten Jahre meiner
hiesigen Praxis gesehen, den Kranken aber nicht behandelt, sondern
er ist mir von einem Freunde blofs d^r Seltsamkeit wegen gezeigt
worden. Das Hebel bestand in einer nnvollkommnen Lähmung der
unteren Extremitäten, und die Seltsamkeit darin, daCi an den halb-
gelähmten Gliedern bald hier bald dort die Haut wellenförmig
zuckend sich erhob. Eine solche zuckende Welle war ungentbr
eine halbe Spanne lang, woraus idi zcfalofs, dals das Zucken nicht
— 1015 —
in dem gADieo Körper einet MuskeU, sOBdeni io eioMlaeo FRser-
bündeln «einen Vorgang haben mriise. Es eah aber wirklich aas,
als ob Frösche unier der Haut sprängen. Der Mann hat es nicht
gar lange mehr gemachf, und ist, nachdem die Lähmang Tollsläo-
dig geworden, ausgezehrt gesiorben. *)
Lähmung mit vollkooimner Gefühllosigkeit des gelähmten Glie-
des bei ungestörtem Bewiifslsein, ist mir äaraerat selten vorgekom-
men. Einst weckt \achts ein siebzigjähriger Mann seine jüngere
Fran, und knurret mit ihr, dafs sie ihren Arm ihm auf den Bauch
lege, es sei ihm dieses Ifislig. Wie sie die Sache uniersiicbt»
liegt ihm sein eigener Arm auf dem Bauche, der aber in dersel-
ben Nacht so lahm und gefühllos geworden, dafs er ihn für eineit
fremden gvhalien. Diese Lfihmnng . war der Anfang des Absler-
bens; kurz darauf erschien über Tag, nach einer kleinen augen-
blicltlichen Betäubung, eine Lähmung des Fufnes derselben Seite
und der Tod erfolgte bald.
Folgender Fall von Lähmung mit Gefühllosigkeit gehört zu
den ganz seltenen; ich habe auch nur einen einzigen der Art. in
meinem Leben gesehen.
Ein Mädchen, welches in einer Stadt als Kammeijnngfer ge-
dient, wurde, angeblich vom Nervenfieber geheilt, ihrer Muller
nach Hause gebracht. Die Heilung mufs aber wol sehr unvoll-
kommen gewesen sein, denn die Geheilte war noch beitlSgerig.
Ungefähr drei Tage nach ihrer Ankuofi bekommt sie, nach einer
bald vorübergehenden Betäubung, die man für Ohnmacht hält, ei-
ne'Lähmung des rechten Ober- und Unterschenkels. Ein paar
Tag« darauf werde Ich, da ich gerade eines anderen Kranken we-
gen im Dorfe bin, gelielen, sie zu untersuchen und ihre Heilung
an übernehmen. Indem ich nun den Fufs nnlersuche, werde ich
zu meiner Verwunderung gewahr, dafs er nicht blofs lahm, son-
dern des Gefühls gtinzlich beraubt ist. Der Plattfufs war schon
vom trocknen Brande ergriffen, die Zehen schwarz und ausgedorrt,
die Sohle schwarz und hart wie Pferdehuf; auf dem Rücken des
Fulses sab ich noch in der Mitte eine Insel von weifser Haut,
aber anch diese war schon ganz blafs, verschrumpft, und leicheo-
utigen Ansehens.
Es würde wol das Klügste gewesen sein, die ganze Sache
der Natur zu übergeben und das Mädchen ihren eigenen Tod sier-
bon zu lassen. Sterben mufste sie doch, das sah ich wol ein;
denn wenn ich gleich meinte , Fälle gelesen zu haben , in denen
die \alur verdorrte Glieder abgesondert, an konnte man auf eine
solche Nainrhülfe doch hier nicht rechnen, weil der ganze Ober-
*) In itm Grsd« htt« lefa di« Zocksifea dar FateABi^cl itit^iH li« wl(i4w>
SH«b«o, ■bcr wol io elisnt vi«) g«riafir«a.
— 1016 —
Schenkel bis xum HOftbeloe labm und |;^hl)M war. Die Nainr
würde dock aiobi das ab^oitorbene Glied im Hürigelenlie losen;
ja bSlIe sie dieses aach. ibon wollen, so würde das dnrcb lange
Krankheit erschSpfte Mttdchen die dabei statibabende Eiterung nicht
nuBgehalien haben. Das KliigHte wfirde-aiso, \^ie gesagt, gewesen
sein, sie ihren eigenen Tod sterben in lassen.
Man tbot aber leider nicht immer das Klügste. Ich rersneh-
te Leben in das absterbende Glied *a bringen and dem Brand«
Stillstand zu gebieten. Den letzten Zweclc erreichte iob daroh in-
nerliche und äufserlicbe Mittel ganz; der Brand krocb nicht wei-
ter, aber den ersten Zweck konnte ich nicht inr Hälfte erreichen.
Der gröfste Theit des .Gliedes war zwar noch nicht schwarz nnd
Buegedörret, doch, wie es sich hintennacb auswies, abgestorben;
was aber einmabl gestorben ist, das kann man nicht wieder be-
leben. Die künstlich aufgeregte Nator bestrebte sich, das Abge-
storbene von dem Lebendigen zu ISsen nnd zu scheiden; da aber
des Abgestorbenen sehr viel war, entstand in dem Unter- und
Oberschenkel die furchtbarste Eiterung. Ganze Maskeln worden
ansgestofsen ; ehe sie aber nusgestoraen wurden, verfaulten -sie als
todte Theile, und die Kranke verbreitete einen solch schanderhaf-
len Gestank, dafs ich nicht begreife, wie die arme Mutter es in
dieser verpesteten Luft ansgebalien. Acht Tage vor dem Tftde fiel
die Kniescheibe ab, und das Mädchen, schon vor der LBbmung
durch das Nervenfieber enchSpft, zehrte zum Gerippe ans und
gab endlich znm grolseti Tröste aller, die nm sie sein laufiHen, den
Geist auf.
Hütte ich nun keine Srzlliche Künsteleien versucht, »o würde
wahrscheinlich der trockne Brand sich nach nnd nach über dasgan-
getähmtfl Glied verbreitet haben, nnd das M&dcben, obtie ihren
ze Umgebungen zom Scheusale zu werden, abgestorben sein ; doch,
— mit Bestimmtheit Iftfst sich das auch ntdit einmahl behaupten.
Eine seltene Lähmung beobachtete ich einst an dem sechzig-
jährigen Prior eines AngDMinerklosten. Zuerst wurde ihm nach
einer leichten, bald vorübergehenden Betäubnng der linke Arm
lahm. Xach vergebener Anwendung innerlicher und äufserÜeber
Arzeneien, versuchte ich die Elektrizität. Durch Funkenziefaen
auf dem Isolatorio wurde der labme Arm etwas besser, jedocb
nicht so, dafs man ihn geheilt hätte ansehen kSnnen. Weiterhin
wurde es mir ganz deutlich , dafs ich nicht gegen eine Krankheit,
sondern gegen den Tod selbst den elektrischen Kampf begonnen.
Einst bekommt der Mann einen leichten, nur etliche Minuten an-
haltenden Taumel; der Zufall wollte es, dafs ich gerade den An-
genblick nachher bei ihm einsprach. Die Folgen des Taumels
waren so se)|sam, dafs ich dargleichen weder früher, noch später
gesehen; sie bestanden nämlich in einer Lähmung der Zotige nnd
— 1017 —
dm SdblDadei, ohne LshiBiiDg der GeiiehUmaakeln. Er hat ia
diewm wahrhaft erbärmlichen Zuataikde noch ein paar Mooale g^
lebt nnd dann den Geiet auf^gebea. Die Mönche ernährten ihn
Mit dicklichem Brei auf folgeode Weise. Ein kleiner Löffel, nicht
viel gröfter als ein Theelöffel, der einen langen Stiel h^lle, wur-
de Toll Brei möglichst lief in den Schlund gebracht und hier eot-
leerei; dann sank der Brei durch sein Gewicht in die Speiseröh-
re, und war er einniahl in dieser, so kam er ohne Hindernils in
den Magen. Ich schlofa aus diesem Vorgänge, -dafs blofs der
Schlund, nicht die Speiseröhre gelähmt sei.
Es ist mir immer merkwördig gewesen, dafs LHhmuag sowei-
len Folge einer unbedeutenden, bald voriibergehenSen Gehirnaffek-
lion ist, die nun höchstens Schwindel, oder Taumel nennen köoa-
le, und dafa in anderen Fällen eine fast iSdilich scheinende G^
hiroaSeklion keine LShmung luriicktSfst; ich scfaliefse daraus, dafs
wir das Wesen der Apoplexie und ihren Zusammenhang mit der
gleichzeitig enisiehenden , oder bald nachfolgenden Lähmung we-
nig oder gar nicht kennen. Apoplexie ohne gleichseitige oder
DBcbrolgenda Lähmung ist selten; in den seltenen Fällen, die ich
beobachtete, folgte aber der gehobenen Besinnungslosigkeit ein
längeres oder kiineres Unwohlsein. Bestimmt darf ich auch nicht
eininahl behaupten, dafs in solchen Fällen gar keine Lähtnung vor-
handen gewesen ; sie konnte ja gleichzeitig mit der Apoplexie ent-
standen und mit ihr vergangen sein. Ob ein Arm, oder Bein ein
wenig lahm sei, läfst sieh in einem solchen besinnungslosen Zn-
stnnde des Kranken, bei dem anch das Gefühl, wo nicht ganz er-
löscht, doch bedeutend vermindert ist, so genau nicht erkennen.
Eine halbseitige Lähmnng des Gesichtes o0eobaret sich, selbst
im geringen Grade, durch den schief geiogeaen Mund. Da ich
aber mehr als einmahl den sdiiefsiehenden Mund in ein paar Stun-
den wiede^ habe gerade werden sehen, so. bin ich der Meinung,
dals ein solcher Vorgang auch eben so gat in einem Arme oder
Beine Statt haben und man also nicht im strengsten Sinne behonp-
len könne, eine Apoplexie ohne alle Lähmung bcobachiet zu
haben. '■
Im Jahre 1797 schrieb der Prof. iV^. Friedreick za Würibnrg
ein Programm, von der rheumatischen hatbseiiigen Lähmnng des
Gesiebtes.*)
In den dort ersäblten Fällen wird die Lähmung wol von ei-
ner in der Scheide der harten Portion des Nervi acuttici stattha-
benden rheumatischen Enisündung entstanden sein ; indessen ist
kein guter Grund vorhanden, la allen den Fällen, welche man nicht
unter die Kategorie der apopleki lachen Lähmnng bringen kann.
■) Joiraal d«r ErBsdaSKCD, Thcoiiaa sad Wilctspüshe. 8U XXV. S. 83.
„,. , Google
- 1018 -
eine inlcb» rhennaiiieh-mMlianisah« Ursachs anxaoahniKn. Wird
durch Anschwellen der Xertenicheide in dem Forawtim« ttil»-
matloideo der Nerv xasninmengedräckt , so niufi lich dieaee durch
mehr oder minder schmerxhafi« Getchwalst in .der Gegend der
Apopkitit mailoidea ftufaern. Im Jahre 1799 habe ich einen sol-
chen Fall von halbseiriger, liicht a pople kl! scher Geaichlilähanung
erzfifaU, *) wo dia rhenmatitche Ursache sehr tweifeihaft war.
Zwei Jahre darauf mufate ich einer schönen Jungfrau das schief
gewordene Grmcht gerade machen; die liatte aber anch keine Ge-
schwuUt, oder Schmers in der Gegend der Apopkitii mdtloiilea.
In neuer Zeit habe ich endlich den dritten Fall bei eine« jungen
Madchen beobachtet und auch hier hatte ich sehr cinbildisch acin
miiisen, wenn ich von Rheomatistous hfitle trfiamen wollen. Das
Wahre an der Sache ist wol , dafs die halbseitige Gesiehisllih*
niiing, so gnt als die Lshntung anderer Theile, als Srtliches Ur-
leiden aiiftreien kann, und dann, wie alle Ertliche Urlübman-
gen, hesser durch Sulierliehe , als durch innerliehe Mittel geheilt
wird.
In dein ersten von mir erzfihlien Falle , der eiaen allen Mann
betraf, heilte ich dia Lähmung durch ein Blasenpflaster hiaier
das Ohr, und durch das Emplailrnm de Galtano crocatum mit Pt-
troleum und ^Msroai^tui carbonicum gemischt , welches ich auf die
gelähmte Seite legte.
In dem zweiten Falle, weil die Jungfrau den Geruch des
Pflasters nicht leiden konnte, heilte ich einfach dnrch Eioreilwa
der grauen Quecksilbersalbe, und in dem dritten Falle half diese
Salbe auch allein. — Die Heilung geichiehet bei allen Muskeln
der gelahmten Seite nicht gleicbmSfsig, sondern der eine Muskel
geneset früher, der andere später. Ja in dem zweiten von mir
beobachieten Falle ist selbst ein kleiner Rest der Lahmung zurüelc-
geblieben, den aber niemand bemerken kann, wenn er das Ge-
sicht früher nicht genau gekannt. Begreiflich ist die ehemahls
schöne Jungfrau jetst eine alte Hausmuiter geworden; aber ooch
jetzt kann ich , wenn sie ISchelt , den Rest der früheren Liihmung
erkennen; nicht dafs das Gesiebt beim Lficheln schief gezogen
würde, so schlimm isla freilich nicht, aber ein paar Muskeln
wollen doch nicht recht iniilficfaeln. Sowol dieses, als auch die
ungleiche Heilung der gelähmten Gesichismuakeln , scheint mir
mit der Idee einer Zusarnmendnlckung des Nerven in dem Fora-
mine Uih-mttUaideo übel vereinbar. Jedenfalls haben die Pro-
fessoren Friedreich nnd Brünninghimien durch die Öffeniliche Be-
sprechong dieses Gegenstandes etwas sehr Nützliches gelhan. Gott
weifs, wie frSher solche gesichulahme Menschen, in der guten
') Jnniil der prskliiehaB Hsilhasd« vm C. W. BitfUmmä 8 WDI 5. 130.
„,,,_„,,,, Google
AlMlcfat, Bi« Toc dem nahenden ScUtige tu bewahren, ron deo
Aerelen mS^en kasteiet- sein.
Bekanntlich gil>t es Lähmungen einselner Theile, Hemiplegie
und Paraplegi« ; diese Formen scheidet aber die Natur nicht immer
genni), bei mancher Lähmung würde es schwer, ja unmiSglich sein,
sie unter eine dieser drei Kniegorien su reihen. So sah ich einst
einen Fall, den idi nicht Hemiplegie nennen konoie, denn die lang-
•am sich ausbildende Lähmung sprang von einer Seile auf diu an-
dere über. Paraplegie war es auch nicht, denn iheils wurde, so
lange ich den kranken Jüngling sah, der ganze Rumpf nicht lahm,
sondern blof« die Extreiniiälen; theils blieb auch der Kopf nicht
frei, sondern die Muskeln Eines Auges wurden iheilicht gelähmt,
lo, dafs der Aogapfet guns schief stand. Ich glaubte diese selisania
Krankheit, zu der ich als aweiler Ant gerufen wurde, in einem
Bildungsfehler des Gehirns begründet, und da ich so wenig als mein
Vorgänger sie heilen IcoAnie, Sberliefs ich es den Aeliern, entwe-
der andere Hülfe so suchen, oder den Jüngling als nnheühar anzu-
sehen. Was «te gewählt, weifs ich nicht, auch nicht, welchen
Grad diese Lähmnng erreicht hat, die, aus ihren allmähligeo Fort-
nhrittea zu acbliefsen, sich über den ganzen Körper verbreiien
wollte; bestimmt weifs ich aberj dafs man keine Hülfe gefunden,
denn der Jüngling ist kurze Zeit nachher gestorben.
Die Paraplegie mufs wol eine sehr seliene Krankheit sein, denn
iti ihrer möglichst anagebildeten Form sah ich sie nur ein einziges
Mahl.
Eine arme TagelShnerioo kam einst bei mir Ratb suchen gegen
die Krankheit ihres ISjäbrigen Sohnes. Sie konnte niir aber nichts
noders angeben, als: der Junge sei ein paar Tage unwohl gewesen,
darauf nach und nach steif geworden, und sei Jetzt so gans steif,
dafs er kein Glied rühren könne.
Am folgenden Tage sah ich den Kranken und fand, Aah die
vermeintliche Stei&gkeit Paraplegie war, und zwar eine so voll-
konimne, dafs, wenn jemand sie noch Tollkominner sehen wullie,
Paraplegie und Tod gleichbedeutend sein müfsten. Felgende Theile
' waren gelähmt.
Die Riiokenmnskeln bis zum Halse; Hals und Kopf konnte der
Junge bewegen. Die oberen und unteren Extremitäten waren voll-
kommen lahm , letzte auch ganz gefühllos , und ödematös geschwol-
len. Die Blase war gelähmt znsammt der Harnröhre; die von Uarn
■ehr ausgedehnte Blase konnte ich durch einen btofsen Druck auf
den Bauch entleeren. Ich zeigte dieses der Mutter und hiefs sie die
Entleerung ein paannahl täglich vornehmen. Endlich war anch der
Mastdarm lahm, welches ein sehr lästiges Ding. für deo Kranken
und für die Matter wurde, denn die harten Exkremente kamen bis
in die Mündung des Afters, konnten aber von dem Kranken nicht
— 1020 —
beraiugcdriingt netden , wadera die Muller «uf 'le aie mm( m'Attmi-
Bche Weise uiühBam berauahol«». Wenn man diesen Msnschcn ini
Bette aufrichten wollt«, so war ei gerade, aU ob man cJoeo Dicbt
entarrien Leichnam handhabte.
Die Heilung geachah vollkommen durch Kupfer. Geschwind
iet es eben nicht gvgangen; ich bin aber schoo utfrieden, weon
ich bei einer so schweren Kranltheit auf den Gebranch des Heil-
mittel* siaolicb erliennbare, regelniifsig, wenn gleich langsaai
fortschreitende Besierung sehe, denn was regelmfifsig und lang-
sam bessert, das raufs xuletst ganz gnt werden. Jedoch sind drei
Mottaie hinreichend gewesen, den Kranken vollkomrorn hermst«!-
leu nad ihm eine gute Gesundheit und blilhende Farbe su verschaf-
fen. Die ganz gefühllosen und ödemaiitsen Fafse waren, am sdiwie-
rigsien lu heilen , auf diese kommt wdI allein der drille Thcil
der angegebenen Heilzeit. Ein lustiger Umsiattd ergab sieh nncb
noch während der Heilung,, die LHhuinng der Harnrohre heilte
■ich nSnilicb viel früher als die derlllasa. Begreiflieb wurde jeist
die Entleerung der Blase durch einen blofseo Druck auf den Bauch
unmöglich, mnfsie also durch den Catiteier geaehebeo. Jedoch,
da der mildthüiige Edelmann, auf desaeo Grunde die anoB Frau
hansete, dem nachstwohnenden Wundarsie auftrug, iSglich die
Knileerung sii machen, so war auch dieaem Hinderitiase der Hei-
lung abgeholfen.
Crltthmungen, oder solche, von denen ich zum wenigstea
nicht erkennen konnte, dafs sie consensiiell von dem Fehler ic^
gend eines anderen Organs abhingen, wurden, wie ich erfahren
XU haben meine, beeser durch äufserliche, als durch innerliebe
Miitel gehoben. Die Mittel, von denen ich vermnthe, dafa sie
mir in manchen Fällen gnle Dienste geleistet , sind : die Klekiri-
ziiät, Quecksilber-, Brecbweinaiein-, Kupfer-Jodiosalbe, bren-
selicbe Holzsäure und desiilline aromatische Oele.
Die meisten Aersie werden wol der ElektriziilU den Vorrang
zugestehen , ober auch . die Hindernisse kennen , die eine allge-
meine Anwendung derselben unmöglich machen. Ilitlen wir Elek-
trisirmeisier, welche die Kranken für Geld elektrisirien , wie wir
Schröpf- und Klj'stirmeister haben , so würden wir uns ebne Zwei-
fei jener Hülfe öfterer bedienen. Weil wir die aber nicht haben,
und die Wohnungen der gelähmten Menschen in Tieleo Fällen so
beschaffen sind, dafs die Elektrisirraaschine nicht einmahl vor
Staub und Feuchtigkeit, oder vor dem Zerbrechen kann geborgen
werden, so fühlen wir praktischen Aerste wenig Neigung zu den
elektrischen Heilversncben. Uehtigens mufs man das auch nur
halb glauben, was früher in dieser Hinsicht von der Elektrizität
gerühmt ist. Wenn ich sie gleich für sehr wirksam halte, so
habe ich doch gesehen, dafs sie nicht immer hilft, und uuch wol
— lOSl —
(I«, wo aie nach menschlicher Ansicht ganx nnd grilndlich helfen
rnfffsle , nnr halb hilfl. Folgend«!! Fall einer elektrischen Halb-
heilun^ werde ich dem Leser deshalb erzählen, weil die Läh-
mang Folge einer, scheinbar durch übergrofge Freude verursach-
ten Apoplexie War and weil ein solcher Fall selten ist; denn in
dieser onglücklichen Welt werden die Leute hSufig von Schrek-
ken, Verdrafs, Sorgen, Kümmernifs und anderen widrigen Ge-
niiiihsbewegiingen, ah°r so selten von Frende krank, dafs man
dreifsig Jahre Arzt sein kann, ohne ein einziges Mahl so etwas
tn erleben.
Eine wohlhabende, fünfzigjShrige Fran lebte io grofser Knm-
meroirs ihres Sohnes wegen , der sollte dem Kaiser Napoleon als
Soldat dienen, welches damahls dem Sterben oder Verkrüppelt-
werden gleichbedeutend war; denn da Napoleon wol schwerliiuh
je aufgehSrl haben würde Krieg zn fähren, so war keine Wahr-
scheinlichkeit vorhanden, dafg die A eitern ihre zum Mililärdiea-
sie bezeichneten Kinder je wiedersehen würden, als atirs Beste
Hiech, oder verkrüppelt. Der Sohn dieser Fraa zog nun bei der
Losung glücklicherweise eine, so hohe Nummer, dafs man ihn mit
der grfifsien Wahrscheinlichkeit als frei für immer ansehen konn-
te. Diese Nachricht, der beüngsiigten Matter mitgeiheilt, wirkte
so feindlich auf thr Gehirn, dafs sie augenblicklich apopleklisch
und halbseitig gelahmt wurde. Mit der geheilten Apoplexie wich
gleichzeitig die Lähmung Her Zunge, des Gesichts und des Rum-
pfes, denn ihr schiefes Gesicht war wieder gerade, sie konnte
wieder gnt plaudern und aufrecht im Armstuhle sitzen; aber die
LShmnng ihres Ar.mes und Fiifoes verging nicht mit der Apople-
xie. Ich mufste sie also als Urleiden der Glieder ansehen und
es handelte sieh jetzt da'rnm, dieses Urleiden zu heben. Nach
fruchtloser Anwendung etlicher Salben, übernahm, anf meine
Rille, ihr nfichster Nachbar die Mühe, sie zu eleklrisiren. Die
Elektrisirniaschine war gut (nicht eine alberne Puppenmascbtne ),
es wurden der Kranken aus den gelfthmleo Gliedern Fnnken ge-
zogen, bald den NervenslSmmen entlang, bald witlkiirlich anf der
ganzen Flüche der Glieder, bald worden die mit Flanell beklei-
deten Glieder mit einer Metallkugel gerieben. Nachdem nun alle
Abend diese Operation mehre Wochen ohns Unterbrechung fort-
gesetzt war, blieb der Arm gerade so' lahm, wie er von Anfang
an gewesen ; der Fufg war nach und nach halbbrauchbar geworden,
die Kranke konnte ohne Unterst üizung im Hause herumgehen , hob
aber bei jedem Schritte den kranken Fufs so hoch auf, dafs es ans-
sah, als wolle sie soldatisch marschiren. (Bekanntlich findet man
bei halbgelühmten Füfsen diese Gangart nicht selten.) Wollte sie
zn der etwas entfernten Kirche geben, liefa sie sich ans Vorsicht
von der Magd führen. Da nun die fortgesetzte Anwendung der
— lOSZ —
£l«klririlSt du Uebcl aaf dem DamlichtD Paakte lieft , der elektrl-'
sirende Nachbar des EleklriBireiu überdrüssig worde, üi« Kranke,
selbst der Sache satt, mit der Halbbeiinng KOiViedea war, ich
aacb keine Hoffnung mehr halte, auf diesem Wege eine rM-
kommne Heilung ku bewirken; so glauhre ich, es sei das Klfig-
s(a, von weiteren Heiiversuchen abausieheo. Die Frau hat, ohne
je wieder einen Anfall vom Schlage xn bekommen, ihr Leben
bis KU einem siemlich hoben Alter gebracht.
Was die anderen Mittel betrifft, welche ich eben angeführt,
so ist es für einen ungelehrien, schlicht verständigen Arxt eine
bedenkliche Sache, viel Rühmens davon xa machen; denn die
Erfahrung, die man sich über die Heilwirkung derselben erwer-
ben kann, bleibt jcdeafalls» wenn man auch xa einem ordent-
lichen Alter gelangt, sehr unvollkommen. Ich niache meine j3n-
geren Leser in sehr guter Abaicht auf folgende Punkte aufmerk-
sam.
] ) Lihmnngen , obgleich sie nicht zu den seltenen Krankhei-
ten geboren, sind doch verbältlich zu vielen anderen Krankheiten
selten zu nennen. Wir kAonea ja, besitzen wir das Zniranen der
Menschen in unserem Wirkungskreise, über Wechsellieher , Ruhr,
Banoh-, Gebimfieber und manche andere Krankheiten weit zahl-
reichere, richtigere und belehrendere Beobachtungen io einem ein-
zigea Jahre machen , als über Lfthmungen fast in einem ganzen
Menschenleben.
2) Die Artung mancher Lähmung iat so dunkel, so ganz un-
erkennbar, dafs durch die Behandlung solcher Fälle uDiter« Er-
fahrung nm kein Haar bereichert wird.
3) Viele Lähmungen, weil sie Folgen solcher Apoplexien
rind, die man nur als Aeufsemng eines allniflhligen Absterbens
des Organismus ansehen kann, liefern uns über die Heilwirknng
der Arzeneien nur negative Ergebnisse. Da^ NKniliche gilt von
consensuelleo, aus allen, unheilbaren Bauch-, Gehira-, oder
Herzfehlern entspringenden Lähmungen.
4) Manche Lfthmungen verschwinden in kürzerer oder länge-
rer Zeit von selbst So siebet man die consensneilea , von apo-
plekliscber Gehirnaffektion abhängenden , entweder gleichzeitig
mit der Apoplexie, oder gleichzeitig mit dem der Apoplexie fol-
genden Unwohlsein vergehen. Ja, auch Urlähmung der Glieder
kann, wie ich, jedoch seltener, beobachtet, nach und nach von
selbst hcBBcrn.
&) Endlich kann in seltenen Fallen eine von nnh'eilbaren Hers-,
oder BBuchfeblem herrührende Lfthmung auch ohne Arzenei von
selbst verschwinden. So sah ich schon Lfthmnng Eines Armet
von Herzfehlern plötzlich entstehen nnd in 24 Stunden von sellist
wieder vergehen. In einem anderen Falle geschah dieses mit ei-
— lOlS —
u«r halbMlligeii Gwrichttlshimng ' in atlitibeo Slütadco. Ein« roa
Gallensteinen abhangearfn LAhmung dea linken FuImi uh ich in
drei Tagen tod selbst vernhwinden, obgleich das Urfibal, tod
dem flia enlitand, die Frau ein Jahr darauf durch Bauchschwind-
■Qcht (öd(eie.
Wenn man nun alles, was ich hier ges^t, nur in Bausch
nnd Bogen gegen einander abufigt, so niufa einem wahrlich schon
der Math sinken, eins, oder mebre Mitlei als wirksam anzuprei-
sen , oder dem einen vor dem anderen den Vorrang r.n geben.
Wer kann es wissen, oh hei, oder durch den Gebrauch solcher
Mittel die Lshiuung geheilt ist? Wie leicht kann man sieb selbst
tSuscben, wie leicht mit dem besftin Willen als Scbrifisteller die
Leser iSuschen! Siebet man sieb nun aber vollends in den Schrif-
ten airer Aentle um, erwitgl, mit welcheo Mitteln diese Läh-
mungen geheilt XU haben versichern, wie ihre Miuet von unse-
ren Jetzigen abweichen, so wird man ganz nnd gar wirre; nnd
rtoch sind diese Leui« praktische Aerzie gewesen so wol als wir,
ja manche derselben erfahrener und gelehrter als ein grofser Thell
derer, die hent zu Tage selbsigenfigiiam die Schriften jener Mai-
sier beschnuppern. Sollte man nicht auf den Gedanken kommen,
Lshmung müsse ein kinderleichtes, mit dem ersten dem besten,
einem in den Wurf kommenden Mittel zu heilendes Hebel sein;
oder, entweder wir, oder die Alten niüfvten uns grofsea Tfiu-
scbuDgen hingegeben haben?
Man stSfsi wirklich bei filteren Schrifistellern auf so gar wun-
derliche Mittel, dafs man mehr als ernsthaft, dafs man selbst
griefsgrS misch sein möchte, wenn einem die seltsamen Anschläge
unserer alten Kollegen nicht /.uweileo ein Lächeln entlocken soll-
ten. So läfst z. B. Pelru» Foretlui (oiterv. S'i Hb. tO de cereb.
morb.J eine Katze mästen, sie schlachten, ausweiden, abziehen,
stopft den Rauch derselben mit Lorheerblüitern , Salbei, Rante
und andern Kräutern aus, spickt sie, besteckt sie mit Gewürz-
nelken und läfst sie am Spiefse bei gelindem Feuer braten: das
b er abtrSu feinde Fett ist dann das berühmte Kaizenöl, welches bei
Lühniungeo so herrliche Dienste leisten soll. Abgesehen von dem
Mancherlei gewürzhafter Kräuter, m!t denen die Katze gebraten
ist, gibt aber der Verfasser den Gelähmten noch so viel anders
gute Dinge, dafs man am Ende ganz zweifelhaft wird, ob das
Fett der unglücklichen Kai^c wol etwas zur Heilung beigetragen.
Der nüinliche Arzt (Sekol. obterv. 86 lib. \Q) kodit jonga
fnehaige Hunde so lange, bis itinen das Fleisch von den Knochea
fallt, sammelt dann das Fett und schmieret damit die gelilhmtea
Glieder, das toll audi gut sein.
JnliHt Ca€»ar Cltmdt»i, Profeuor in Bologna, (Coiuuit. 13S>J
- 16S4 —
rftlh , die geltthiAMn Glieder Mit deei Feit einee ahee Gäaieriebe
SU Balbee. Man nub eher den Bauch dei GfinserichB uiit Bdei-
lium, Galbamiat, Oj^iapmtax, AMmomiacum und Fuchifleiach aug-
fnllen , und dann das apoihekerisch ausgesiopfie Tiiier uu S{ii*JM
braten.
Nach meiner Ansicht, nribeiU am verslftndigsten über eine
solche Heilung J'ranz. Valeriola, Proresaor in Turin. fObierv, 4
lib. *•) Nachdem er einem BiebzigjShrigen, durch Apoplexie halb-
■eiiig gelähmlen Manne ein« UDxähiige Menge Arieneieo in den
Magen geHchickl, von denen mir dai Gehirn einei gebratenen Ha-
sen noch am beaien gefüllt j nachdem ej ihn mit einer sehr zusam-
mengesetzten Salbe geschmiejcet, in der Gänse-, Katsen- nnd
Schlangenfeit ihre Rolle spielen , so geneset der Kranke; quod ego
(schliefst der Verfasiier) pro miraculo &a6eo, ckjr »it aegri/udo
ipia napte natura ferme imcurabili» et fyerit aeger leptuagena'
riu». Huod ergo in tamta aetate convaluerit a tanto morio aeger
kic, id Dei iatmentae polentiae ad»cri&endnm ^ fui »it benedictnt
in »ecula. Mir scheint, werthe Leser! von manchen unseren heu-
tigen, erstaunlich glücklichen Heitungen (nicht ausgeschlossen mei-
ne eigenen) wird mau auch wol mit Fa/«rte/a sagen können : id
Deiimmetuae potentiae adtcribendttm^ qai lit btnedictut in »ecula.
Angina und ächarlachfieber. In der ersten Krankheit
kann man das Kupfer zuweilen mit grarsem Xulseo geben , und es
ist mir wahrscheinlich, dafs manche gefährliche und tödlliche Hals-
entsündungen, die ich zwar nicht selbst erlebt, aber beschrieben,
gefunden , im Halse vorwaltende Kupferaffeklion des Gesanimtor-
ganiamus gewesen. Auch das Scharlacbfieber ist weder immer
Salpeter-, oder Eisen-, sondern auch zuweilen Kupferaffektion.
Im Jahre 1832 traf ich einige Fille der Art an; was ich von der
Erkenntnifs der Kupferaffeklion Oberhaupt gesagt, fand ich auch
bei diesen einxelnen Ffillen bestätiget. Ich stiefs hier unter an-
dern auf Einen, der, hälfe ich noch gezweifelt, mir es hand-
greiflich würde gemacht haben, dafs nicht das hesle männliche
Aller, nicht ein krAfiig^r Körperbau, nicht eine bis dahin onge-
Irüble Gesundheit und mBfsige Lebensart bei eintretender akuter
Krankheit auf die Natur dieser Krankheit schliefsen lafsi. Der
Mann, dessen Krankheit ich erzählen will, war in dem besten
Alter, kräftig gebaut, stark von Knochen und Muskeln, unver-
letzt in allen Organen, blühend von Farbe, und halle bis dahin
einer ungesl5rlett Gesundheit genossen. llBite man nnn nicht den-
ken sollen, das Scharlacbfieber, von dem er ergiffen wurde,
mnssa salpeiHacber Artung seini — und doch war ea nicht so.
Am ersten Fiebertage wurde ich tu ihm gerufen; sein Puls war
kräftig, voll und schnell, die Halseniiiindung BsOfaig, er hatle
die erste Mahnung derselben aolion an v«rigen Tage bemerkt.
— 1025 —
Der K«pf war miiimm ihaft , daa Gesicht rotli, dl« Aagen gllOEend,
d«r Haro elwai dankler als im normalcD Znslaade, klar and saner.
Ich gab ihm «hicn Trank ven Natrum nifrietim.
Am zweiten Tage erschien schon eine schwache Rothe an ver-
schiedenen Siellen des Körpers und alle Zufalle waren eher yer-
tnehrt, als vermindert. Ich liefs den Salpeter fongebrauchen,
merkie aber ans der Zunahme der Krankheit, dafa etwas Unheim-
liches im Spiele sein müsse.
Am dritten Tage waren die Zufälle noch um etwas geitei-
gert,- die Rothe hatte sicliibar zngenommen, auch waren die Aa-
gen jetzt geröthelf der Harn etwas dunkler als am vorigen Tage,
aber noch stark saner und beim Erkalten sich trübend. Nun wur-
de es mir, sonderlich da iqh den Kranken abends sab, ganz dant-
lieh, dalis das Scharlachfieber entweder Eisen-, oder Kupferaf-
feklion des GesammtorganismuB sein müsse; weil es .offenbar,
trotz den darauf deutenden Symptomen, nicht Satpeieraffektion
war. Ob es aber Eisen-, odet ob es Kupferaffektion sei, das
war aus den Zufällen nnmöglieh za erkennen. Nun lagen zwei
Wege, zur Erkenntnifs zn gelangen, vor mir: ich konnte durch
eins der beiden Universalarzeneien , als Probemittel gebraucht, die
Natur der Krankheit ergründen , oder ich konnte unthäiig abwar-
ten, ob sich vielleicht noch Zufälle offenbaren möchten, die mir
die Erkenntnifs erleichtern würden. Ich wählte den letzten Weg,
und zwar deshalb, weil der vierte Tag vor der Thur war, der
in dieser Krankheit zwar kein entscheidender, aber doqh nicht
selten ein wichtiger Tag ist. Dafs in diesem kurien Zaudern ein
Wagnifs für den Kranken stecke, fürchtete ich bei dessen kräf-
tigem Körper gar nicht.
Am folgenden Morgen, warde mir nun wirklieh die Erkennt-
nis; allein sie war jetzt leider so deutlieh, dafs ich, in Betracht
der verrStherischen und zuweilen schnell lödtliohen Art der Krank-
heit, um das Leben des Familienvaters besorgt sein mufste. Sei-
ne MuskelkrGfte waren in dar Nacht so gesunken , dafs er sich
nur mit grofsar Mühe im Bette aufrichieo konnte, sein Kopf auf
jene eigene Art angegriffen , die gewShnlioh dem Irrereden vor-
hergehet , oder vielmehr schon der erste Grad desselben Ist. Sein
Ged&chtnifs war nämlich so schwach geworden , dafs er die Wör-
ter, die er sagen wollte, nicht finden konnte, dafs er mitunter
andere aussprach als er aussprechen wollt«, sich aber doch die-
ses MlfugriffeB bewufst n-ar. Der Puls , schneller als am vorigen
Tage, hatte ganz sein« Vollheit verloren. Der Ansschtsg war
noch wie am vorigen Tage, hatte sich in der Nacht nicht ver-
mehrt, war aber auch nicht blasser geworden, welches Letzte ich
für ein erfreuliches Zeichen nnter den verdfichiigen, hielt. Der
Harn war wie frOh«r, «twai Anke}, ateh trätwsd bmni EritdicB
und siark Muer.
Hier iprachen aiia dia ZanilcmumineagcnomnieD, als: dar
eigene Znttland des Kopfea, die Mnakalschwüche, der saure Har«,
die schon früher erworbeae Uebersengnag d«a NichlvorhaDdenseias
einer Salpeieraftektion, weit, weiinieh'r fiir Kupfer- als für Ei-
unkrankheil. Ich zauderte also auch nicht mehr, toodern tct-
schrieb gleich folgenden Trank. Rr Oummi Trggacantiae 3i Soi-
ve iH aquae ^vii adde aq»ae einnammomi •. v. ^i Tincturae eupri
acetiei 5ii Jff- Von diesem Tranke runfsie der Krank« stündlich,
Tag lind Nacht dairch, einen LSfTei t<iII nehmen. Mfindlicb schirfte
ich nucfa der besorgten Gattin ein', sich durch einen anscheinend
ruhigen Schlummer des Kranken nicht mm Aastfetten oder Auf-
schieben des Araeneieingebens verführen zulassen, sondern stünd-
lich regelmfifsig einzugeben, auch am Abend noch für eine fri-
Hche Flasche Anenei xn sollen, damit gegen Morgen nicht Man-
gel daran sei.
Merkwürdig war jetzt die Wirknng de« Kopfers; schon am
selben Tage, nach ungefthr xwölfstnndigem Gebrauche, brachte
es die fortschreitende Krankheit zum Stillslehen, gegen Abend
konnte man, nicht einbildisch, sondero deutlich, unwideraprech-
lich den Zustand des Kopfes verbessert erkennen. Am folgenden
Morgen gegen 10 Uhr fand ich den Kranken von den verdflchti-
gen ZufXllen ganz befreiet, er konnte sich wieder ohne Mühe im
Bette anfrichien und sein Kopf war wieder ganz gut; knrz, er
war ao aiohlbar auf der Besaemng, dafs auch der zaghafteste Aritt
an keine Gefahr mehr würde gedacht haben. Da es nun albera
sein würde, diese Krankengeschichte weiter anaznsplnnen , so be-
schrSnke ich mich darauf, den wichtigsten Punkt der Wirkung
des Kupfers herrorzuheben , nSnilich den, dafs es der im Zuneh-
men begriffenen Krankheit Einhalt gelban, gerade wie bei den
zwei anderen Arten dea Scharlachs das Eisen oder der kubiaehe
Salpeter, wovoa ich oben zur Genüge geaprochen.
Wichtiger und acblagender iat kein Beweia für die Heilwir-
kung des Kupfers als gerade dieser. Wenn maa zwanzig und
dreifsig FSlIe anführt, in denen das Kupfer, vom ersten Tage
an gegeben , die Krankheit zu einer sehr milden , ja zu einer
ganz nnhedeulenden gemacht, so kann immer ein Zweifler spra-
chen : wie weifal du Kupferarzt , dafs ohne deine Panazee diese
Fftlle nicht eben ao mild würden verlaufen sein ? — \un , das
lifst sich höcbnlens dem , der die Natur der -gerade herrschenden
Krankheit kennet, wahrscheinlich machen, jedoch auch nicht ein-
mahl diasein atreng beweiaen.
Wer iat aber, der im Allgemeinen die hüae und TerrStheri-
ache Natur der besprochenen Krankheil kennen geUm(, der bei
— 1«B7 —
den BisShlten Falle na dar Beilwirknng d«s Köpfen sweiflen
könnte? Es gilt jedoch auch von dieiem \nitel, was ich vom
Etaen and Salpeter getagt: die bis anf einen gewiBaen Pnnkt ge-
Meigerte Kranitheit kaDD wol dadurch atillaiSndig, aber nickt rück-
gKogig gemacht werden, nnd der achon zu Thkc gekommene Aua-
achlag niufa seinen Verlauf haben, er läfst sich nicht xurücklrei-
ben. Es ist aber doch ein grofser, aebr grofser Unterschied, ob
diese Hanientzündung, von Tage xu Tage gesteigert, sich etat
die Gebirnbftui« nnd wer weifs wohin verbreitet, oder ob sie so,
wie sie alletifalls am Anfange des vierten Tages ist, ttillslehet,
UDd dann allmfihiig abnimmt.
Ich babe früher nnd spSler mehre Fälle behandelt , in denen
itb, ana dMn dreitägigen nicht heilwirkenden Salpetergebranch
auf Knpferkrankheit schliefsend , das ScharlachGeber durch Kupfer
stillstftndig machte; da aber bei diesen Füllen nicht die heunra-
higendeit Zufälle erschienen aU bei dem ersfiblten> so würde ea
ancb iweckloB aeio , sie ananführen. ')
■) Vom Jabre 1837.
)■ Hai dio*«! Jahrs» ktUe ich eine Kiadbetleriaa (■ bebaidola , M im
dit an sweile» Tife naeb dar rtiederkanll auiscbrocbeae Sebsrliebleber eiDe
wahrend der Sebwaoferichafl erworbene chmaiacha Lehererkrankaag lor wirk'
licbsn Gelb.ioeht geitelgert hatte. Ich wurde im rdiift«ii Tage dei Fiebiri
prarea. Da das voa dm Gsburlibeirer gereichte NairuiH «iiricun die Rrank-
beit Dteht itilbllndig genaebt , po konnte lie nicht Salpeter', lie morste Bl-
•en- oder Kufrenebarlaeh aain. Flir BUen apraehen keine wahncheinliebe '
Gründe, alao verordnete ich eiaeo aehtaHlgen aebleimlran Trank, der an-
dertbalh Drachmen Rapferlinktir enthielt, nod lier* van diesen, Tag nDd
Nacht dnreh , itäpdiich «ineD Lätfsl Dehnen. Es wir Miuag, da die KraoLe
dai Etnnehnen begann. Die folgende Ifacbt war, uaeb Aossage der Haa*-
leate, sehr nnrabif, in Irrereden and grofser Hitze durchbracht , gegen Mor-
(■B aber Slillatind erfolgt. Ala inh die Kranke bbi 10 Uhr besachte, fand
ieh die Haalaiitiäodnag , die aai vorigen Tage anf den Hiodsa , an Bali«
nnd im Geaieble achoa in einer bsdealeodeD ' lotmibilül geileigert war, i»
auffallend vcrblaTgt, d.-iTs ieb anf den erstell Blick fast bedeokticfa wurde.
Da Jedoch der gestern dlmisebe , irre Blick Her Ad^o jrlil ganz naiürlicfa,
der Pul* Doverdicblig war, nnd dai eigenfi Gelähl der Frao ein Slitlstehcn
tw Krankheit nowidartpteehlich beknndele, so verschwand bei mir alle fle-
denklUhfceil. ,lch Uefi den Rnpfertraak BnaBtgaaelil noch vier Tage fortge-
brapehea, daaa aber den Gebrharh einatelleo, weil leb ana aicbar war, daTt
nie das verr'ätberiicbe Fieber keioe Poiaen mehr spielen koDOlc , und weil ea
ancb Zeit war , die kranke Leber gesond in machen. Lrlilea Zweck er'
reichte ich darcb das btofie Rr'ihenatigenwaMer, nämlTcb, diireb einen arbl-
aniigea acbleinlgen Trank der einen Skrnpel dieses Wasters ealbialt, von
dem die Kranke stündlich eioen Ldffal oshn nnd ihn regelnüffif liglich vrr-
sebrte. Bevor aocb die Natur den HÜnlnngaproiers de* Seh arlaeh Seher* beea-
diget hatte , welcher ProEcf» , weil naa mich erat am rdqflen Tage lum Hcl'
fen aof);erordert , sichtbar genng wnrde, war nicht blofs der freie Ergufs der
Galle in den Dsrntkanal wieder hcrfj^atellt, sonderD die in der Hast abgela-
gerte Galle acbon darcb die Nierea weggeicbaft — Da* Kindbett , dl« Gelb-
"■"""'«5» ■"'^'^"
— uns —
Eimm benMrke tob aoeli mn Schl«iM: wann beim Kopfer-
tcb«rlai^fieb«r Durdifall rorhanrien {«, bo ibui man wu besMii,
4w Kapfertinklur in Oel«makioa n reicfaen.
Wahneheiniich ist m mir, dafs mancbe gafSbriieh« Sdhr
hicfafiabwapidemien KiipferaOekliaiMn fj^^wnen. Soltle ich ja ••-
han, daffl di« MehrEahl der vorkommenden Filia hei eiser Epi-
demie also geariet wfiren, ao wSrde ich nicht, wie ich jeMt hei
den einaelncn Kupfermien geihan, er« Salpeter reichen und aua
daaien Nichifaeilwirken die Arioag der Krankheit erkennen, son-
dern ich würde, bei der UnmSglichkeit die Artung dnrch Zeichen
Sil erkennen, gleich Kupfer reichen. ~
Die Leaer kAnnten mir nnn folgmidea Badenken vorlegen.
Geaetn bei einer Epidemie waren die Mebnab) der Pftlie Kupfer-
krankheil, so kSnnie doch Saipelerkrankfaait als Ananahnie von
der Regel vorkommen ; w8rde denn da «ieht daa Knpfer die luifs-
kannie Salpeierkrankfaeit steigern , oder wol gar aar iSdtlidicn
machen f — Meine Meinung ist darOtter folgend«.
Das Salpeterscharlachfieber wird durch Kupfer freilich nicht
■tillsltlodig gemacht werden , aber daraus wurde ich ionerbalb drei
Tage , ja auch noch wol viel früher den Mifsgriff erkennen und
Efim kubischen Salpeter greifen. Gesetzt , das Fieber sei in zwei
oder dreiTagen durch dasKupfer auch stärker geworden, alsesohae
Kupfer, sich selbst überlassen, würde gewordan sein, ao ist der
kabiache Salpeter doch ein solch mfichiigra Mittet, dnla man die
Vertchlimmening weit aber darch denselben wGrde aufheben kön-
nen, als jemand, der blofs dessen chemischen Namen und Zu-
sammenselznng, aber nicht dessen Wirkung kennet, ea glauben
mScble. Ueberdies, wenn man wirkliche handgreifliche VerHcblim-
merung des Krankheilsxusiandes bei dem Gebrauche des Köpfen
Bäbe, würde man doch wol nicht so albern sein, es fortgebran-
eben zii lassen. Ja, in einer Epidemie, wo die Mehrzahl der
FSlle Kupferk rankheilen wären, raüfste der Arzt die Art der Heil-
wirkung des Kupfers so genau kennen lernen, dafs er bei den
einzelnen vorkommenden Salpeierßllen gleich den Unlerachied der
Arzcnet Wirkung sehen wurde. \ur ein Krypiogaleaiker , dar in
dem Knpfer ein Gegengift des Sefaarlacfas entdeckt an haben w8bn-
te, nur der kSnnle bannSckig den Gebrauch des nicht heilenden,
sondern verschlimmernden Mitteln forlselzen, nicht aber der, wel-
cher das, was ich über die Universal mittel gesagt, soonvollkom-
men es auch sein mag, gelesen nnd darüber nachgedacht hat.
(acht aai da« Scfairtacb^bar »lad drei Dia^, die im Grunda Bcbleelkl la
riaandcr paMea j hällg die Fraa bei der iNiederkuun gelitlBD , ao ■iicble
vieMcichi der ErPolf maiaer Hailart nicht la (üutig gewciea acii; lie halle
. aber ohne Mühe irhr «iniiee Zwiilinse geboren, nnd hefiDd sieb io den
bett» Lehanaaller.
"■■■ - ^-—-^^■~
— litt» ~
Croup. Ich habe tchon obtin gMagt, dafa icb diäte Krank-
heit wenig gesehen. In dem einzigen Falle, wo mir, wie ich
erxählt, von der Möller eine wiriclicfae, dnrch HoMeo aiisgewor-
fane Membran geieigt wnrije , hatte ich Knpfer gegeben. Die be-
ate Ueilzeit war, da ich hinican), wol schon verlaufen, denn das
achtjährige Mädchen war schon seil drei Tagen betiUgerig. Wollte
ich den Fall blofa deshalb erattfalen, am dem Leser weitschich-
tig zn sagen, bei dem Gebrauche des Kupfers sei ein Kind am
Croup gestorben, lo würde das eiwas kleinlieh und albern sein.
Ich glaube aber, dafs gerade dieser tödiliche Fall einiges Licht
auf die noch dunkle Natur der bespracheaen Krankheit wirft, dar-
um darf ich ihn nicht verschweigen.
Am 9. Oclober 1832 wurde ich zn dem achtjährigen Mädchen
wohlhabender Landleiite, angeblich wegen einer Halsenizündung,
gerufen. Da ich den Hals des Kindes im Betre nicht untersuchen
konnte, lie^ ich es ans Fensler tragen, und fand beide Mandeln
geschwollen und entzündet. Die Zunge war wenig belegt, sie
halle nur einen weifslichen Anflug. Das Fieber mäfsig, zum we-
nigsten nicht so stark, als man es bei einer Angina tonsillaris
wenn sie Kinder und überhaupt reizbare KSrper ergreift, zu fin-
den pflegt. Nachdem das Kind wieder ins Bett gebracht war,
fing ich an, die Mutler zu befragen, was sie weiter Unheimli-
ches bei diesem hösen Halse bemerkt habe. Dafs das Kind über
Schmerz klage und mit Mühe schlucke, halle ich schon gehSrt;
das 'waren aber gemeine Zufälle der Mandelentzündung, und es
fiel mir auf, dafs ein Landmano, einer einfachen, leichten Hals-
entzündung wegen, meinen Besuch verlangt hatte; solche Dinge,
und wol weil schwierigere, werden hier zu Lande, nach Berichl,
mit einem Rezepte abgethaa.
Die Mutier gab mir auf meine Frage eine undeniliche Ant-
wort; sie sagte, das Kind sei *o gnf, als ich es den Angenblick
sehe, nicht immer, sondern von Zeit zu Zeit sehr krank, und
so benaauivd, dafs sie mehr als eiamahl gefiirchtei habe, es
werde verstAetden. Das niederhindiBcfae Wort benaauwd, iwt
aber in der hiesigen platten Sprache (ein Halbscblag der nieder-
ländischen} vielsinntg; denn wenn ein Mensch AibemsBeib- hat,
ist er benaauwd; hat er grofs« Hilze, ist er ebenfalls he-'
naaawd; Ich war also durch diese AenfHerung der Mutter um
kein Haar klüger geworden, iadeai ich mir nun Mühe gab, den
Begrftf, den sie mk dem doppdsinnlg«! Ansdracke verband, zu
erforschen, hnslete das Kind, nud ich hürle leider den unver-
kennbaren Ton des Crouphastens. Nun war mir die dunkle Bede
der Bäurinn deoiltch, und ihre weitere Auslegung setzte es gana
anliier allen Zweifel , dafs das Kind heftige , an Erstickung gr*n-
- 1030 —
mtain AnflÜle v«n Aihsminoth bab«, also wot an dem wahrbaf-
ten Croup laide.
1d ErwSgnng, dafi u achon Mit drei Tag«n beltllf«rig krank
war, hatte ich wenig Hoffnung .ei «u erhalten, aber belehren
konoie inicb der Fall doch, oh die mit dem Creap verbundene
Gefahr von einer Eoizündong abhänge, oder nicht. Hier war jIm-
gima tontillari* und Croup ausammen. Die Eniafindang dar Luft-
röhre und ifarei Kopfei kann freilich' niemand aehen , aber die
Entzündung der Mandeln, die kann man doch deutlich sehen, ao
lange die Kinnlade nicht durch Krampf oder (üeacbwuUt gescbloe-
aeo ist. Wenn ich alao nicht die allergrSfste Unwahracheinlicb-
keit bIb wahr annehmen wollte, dafi nfimlkh die Entaundang
zweier sich genz' nahe liegenden, aich fast beruhreuden Organe
verscliieden geartet aei, ao mufale ich die Einwirkung, die daa
Kupfer auf die Entzündung der Lufirfthre haben würde, an den
Mandeln mit meinen leiblichen Augeu sehen können. Die Eniiün-
düng der Mandeln aehien mir, nach dem Anaehän su uriheÜen, nicht
aalpcirischer Art zu aein; das Fieber war theila nicht stark, iheils
%var auch die Zunge nicht ao weifa belegt, wie sie es gewöhnlich
bei echten, durch Salpeter heilbaren flalaentzGndungen au aein
pflegt. Wenn ich also Knjifer gab, so (bat ich ea nicht blofa dea-
balb, weil diesea in neuer Zeit gegen den Croup empfohlen ist,
aondern auch weil die EnlzOndnng, die ich mit meinen Augen tab,
mir weil wahrscheinlit^er durch Kupfer als durch Salpeter heilbar
schien.
Ich rerschrieb die Kupfertinkinr in einer AuflSaung von Tra-
ganib, etwaa reichlicher, als aonat meine Weiae ist , mit der Ver-
warnung, im Falle dem Kinde übel werde, oder ea Erbrechen be-
komme, gleich wetaiger zq geben; denn wenn man durch Kupfer
heilen will, ist ea zweckwidrig, den Körper feindlich damit ansu-
greifen.
Am folgenden Tage, den 10. October, bekam ich dieNacb-
riebt, dafi das Kind die Arzenei ohne übel zu werden gut vertrage,
nicht achlimtner sei, aber auch nicht beaaer.
Den 3ten Tag, den 11. Octb., sah ichea aelbat. Nacb dar
Meinung der Mutter war ea etwaa besser, ea kli^e nicht mehr über
Halsschmerzen nnd konnte wieder freier schlucken. Die AafSUa
' von BeAngaligang sollten etwaa geringer sein nnd sieh etwas ad-
tener einalellen. Ich lieb es ans Fenster tragen, schanle ihm in
den Hals, und fand, was ich^vermuiheta, nfimlich die EnUandang
aebr abgenomBaen, nnd die abgenommene dorch umschriebene Gren-
zen aickibar bezeichnet, die Mandeln zwar noch nicht ganz beige-
fallea, aber doch nicht sehr gespannt, aoodern erschlafft, kurz
allea so, wie man ea bei der Beuerung solcher Entzündungen zu
aeben gewohnt ist. I>aa Fieber war noch nicht gau verachwonden,
— 1031 —
abw offenbar minder aU bei meinem ersten Beiuehe, und die
Tageiuii konnte bier den Unterschied nicht machen, denn beide
Mable sab ich doa Kind nur namlicben Stunde, angeffthr am 1U
Ubr Tor mittags.
Die Mutter zeigte mir nun. die durch Hnsten ausgeworfene
Membran, die ich früher beschrieben; und wenn die Tadilichkeit
dieser verrufenen Krankheit von einer als Enlzündung in d» Luft-
iBhre vorwaltenden Affektion des GesammierganiBmus abhinge, so
hätte ich doch wahrhafiig, von dem Sichtliaren auf das unsicht-
bare schliefsend, die gegriiodetMe Ursache gehabt, einen glück-
lichen Ausgang lu vermnthen. Da ich aljer iclion lAngst driJAei-
Dang gewesen, dab wir Aente die Natur dieser Krankheit noch
gar nicht kennen, und dafs die Gefährlichkeit und Tödlliehkeit
vielleicht gar nicht einmahl von einer solchen Entiiindung abhän-
ge, so bätet« ich mich, der Mutler grofte (loffonng zu machen,
sondern sagte ihr aneh noch jetzt, was ich ihr bei meinem enian
Besuche gesagt, dafs nfimlich das Uebel, sehr verriihertsch , bei
einer scheinbaren Bessemng unvermuihet t5dten kAnne. Am fol-
genden Tage ist das Kind in eioem Anfalle von Btlngsiigung ver-
schieden.
Seitdem habe ich den Gedanken an eine, als Entsündung in
der Luftröhre vorwaltende Affekiion des Gesammiorganiamus fah-
ren lassen; zum wenigsten kann eine Uraffektion des Gesamtnt-
oiganismus nicht die Hauptsache »ein, auf welche wir bei unse-
ren Heilversnchen zu sehen haben , sondern ein Urleiden der Luft-
röhre muCi die Hatiptsache sein. Dieses Urleiden der Luftröhre
kann , wie jedes Urorganleidea , blofs «in rein consentuelles Fi*>
ber bewirken, bei dem der Gesanimtorganiimus sieb in dem In-
differrnsstand« befindet, oder das coosensuelle Fieber kann zum
Urfiiher werden, und dann «ioe Salpeter-, Kupfer-, oder Eiaeo-
affeklieo sein. Bei einer solchen krankhaften Umstimmung des
tiesammtorganisiitus können wir dorcb eins der drei Universalmii-
tti den Zustand des Gesa miai Organismus zum aormalen zurückfuh-
ren, und werden in manchen Fällen gleicbzeiiig das Luftröhren-
leiden beben; in anderen Fällen werden wir dieses aber oieb*
heben, sondern es wird die Kinder tödten. Warum das so ist,
weifs ich nicht zu erklären; keiner aber, der den Organismus
in verschiedenen Krankheiten mit Aufmerksamkeit und ohne Vor-
wibeil beobacbiet hat, wird in Abrede stellen, dnft jedes Uror-
gai(leiden durch eine hiBzukomiuende UraÜekiioa des Geinmmtor-
ganismus (durch ein Urfieber) könne gehoben werden, vorausge-
SMzt, dafs wir Meister dieses Fiebers sind; denn sind wir es
nicht, so könnte das Urwerdeo des cou sensuellen Fiebers weit
eher zum Verderben als zum Heile des Kranken gereicbeD. Aber
gerade der, der dieses beobachtet hat, dem wird so wenig als
— iMi —
mir enlgangui bmji , dab utlck« Uvllangu <t«r UrorgMileidMi mIw
nnaichar sind, bald glücken, baU nicht giüoksn. Man mag ab*
gegen den Cronp d«a Salpeter «npfebleo, oder dae dcu Salpeter
verwandle Quecksilber, oder Kupfer, oder Eisen {mU leisten
babe ich «elbst einmahl ein Kind gebellt *)), wm glaabe ich «war
die Wahrheit solcher Beobachtongen , aber nicht die vermeiatliohe
Wahrheit der aus denselben hergeleiieien praktiecben Folgerun-
gen; sie-sind, so viel ich den OrgaoiKnias durch Beobacfaluog
kennen gelernt, lu einseilig, als dafs sie sieb auf die Daner be-
wSbren könnten.
Nur wenn wir ein Eigenbeilmitld auf die Luftröhre kenneiea*
würoen wir wirklich Meisler des Croaps sein. . Aber auch pl^dwu
würden wir noch scblecbte Meisicr sein , wenn wir nicht an das
mögliche Urwerden des conseosnellen Fiebers de^en , und da , wo
nur der geringste Verdau einer solchen Unistiraninog des Cesamuit-
organiawus verhandeD wäre, das geeigaete Univarsalmiital vernnob*
lässigen wollten.
Es würde wahrhaft ihöricht sein, wennich xweier, früher er-
zählten Cronpffillc wegen, bei denen die äutterlicb gebraachie Di-
gitalis überraschende Wirkung geieigt, dieses müchiige Mittel fa-
berlich als unfehlbar im Croup anralhen wollte. \eio, nein, wer-
ibe Leset] wae ich wirklich als gut anraihe, deesen Heilwirkung
mufs ich gar oft gesehen haben. loh denke aber, es ist eio grofset
Unterschied zwischen der Miltbeilong eines laogjlhrig erprobten
Heilmittels und zwischen der vertraolicfaen Besprechung über ein
Boeh SU entdeckendes. Leiste reohtfenigen die zwei früher erzähl-
ten Fälle vollkommen, und das am so viel Mehr, da ich, wenn
ich auch zu einem Alter von 70 Jahren gelangte, nnd siihe die
besprochene Kränkelt nicht htünfiger, als ich sie hit jetzt gese-
hen, BOch wol im siebzigsten wol -wenig Genügendes üh«- die
Digitalis würde sagen können. Höret idso jetzt eianMfal geduldig
meine Gedanken. Die Widtnng der äefserlich gehram^ten Digi-
lelis kennet mau noch zn wenig, als dafs man. für oder wider
darüber absprechen könnte, leb kann nicht sagen, ob sie direkt
aqf die feinen BluigefKlse, die doch dcblhar bei allen Entzn»-
dnngen hetbailiget sind, oder ob sie direkt anf die Nerven und
durch selbige indirekt aaf die Geffifae wirkt. Durch Vergleicfaang
mehrarliger Fülle ist mir letztes aber wahrscheinlich gewoidea.
Ich habe nümlich die Digitalissalbe (ünguent. cerae ^i Eoitr. di-
gUali» 5ü) beim itbennatisasiiz anf sehr eehmershaft ergriffene
*) Id rieen, jetzt niederlladlfebeD Greszorta. EIdi (sioer Getcbwlsltr war
(US knrt varter ■■ dar olittUchea Rrsakbeil B«itorbea. Da d«r datÜEe Anl
«ia utrerattlÜMh «bfcriohteter nsd doktorlrter Utes war , war dai «estM^
bgp« okD« ZweiM uek du Scknlregel bakeudelL
— 1633 -
GlUdM gebgl > and roD ihr eim so schDella nad übernuehende
WirkoBg geiebes , da& ich aicht weUs , ob Ich , oder der Kranke
salbtl, inehr über da« fait »tuberuche VerachwiDden des Scbmer-
EW enlaiuiie. Auch babo ich eia« bai elnar Afiekiioo des Uufl-
ncrveo, tob dusoo EnUündung ich mich auf keine Weise über-
aaugeo konnte, von dem ttufserÜcheo Gebrancbe der Digitalis
eine, swar nicht heilende, aber dodi'wunderbar beschwicbligende
Wirkung gesehen. Der Schiuerx war so heftig, daf^er wie elek-
trische Schläge durch den Nerven scbofs und man jedegmahl den
Fufs konnte aucken aeben. Ich belegte den ganzen Fufs mit Di-
gitalisaalbe, nod in weniger als einer Viertelstunde war die Wuih
des Sehiaerxes gestillet, die Zuckungen und elekiriscfaen Schlage
verschwunden. Heilen konnte ich uiit der Digitalis dieses Hüft-
web Qicfat, das wnfste ich recht gut, denn es war consensiiellec
Art; aber was ich von ihr erwartete, Beschwichtigung der Wuib
das Schraersas, das leistete sie vollkommen , und schwerlich würde
ihr ein anderes Mittel hierin gleich gekommen sein.
i\un sagt mir eiomahl, wenbe Amtsgenogsen ! wifst Ihr auch,
in wiefern eine krankhafte Affeklion der Nerven der Trachea bei
der Tödtlicbkeit des Croups in Anschlag za bringen ist? —• Ich
w^ifa es nicht. DaJb die auagaworfeoe Membran, in dem einzigen
Falle, wo ich sie nnlersucht, mit der von plastischer Lymphe ge-
bildeten keine Aabnlichkelt halte, habe ich gesehen ; dafs Kinder
vom wahren Croup genesen sind, ohne ein Stück Membran ausauwer-
fen, habe ich ebenfalls gesehen; dafs man bei manchen , die daran
gestof ben , keine Membran bei der LeichenöSnung gefanden, habe
ich gelesen; mitbin mitls die Membran wol nur Nebensache sein.
Dafs ferner der eigene Ton des Hustaai auch nur Nebensache sei,
habe ich schon vor gar langer Zeit gewufst, bin auch weder der
snie, noch einsige, der dieses bebaupteL Dia durch Druck ver-
mehrbare äobmerahafügkeit der Tracht» ist ancb etwas Aufser-
weaentliohes , dann nun findet diese oft genug bei solchen Aflek-
tionen der Trachea^ die man nicht Croup, sondern Katarrh nen-
net, und bei denen nicht die mindeste (Jefnhr ist. Die Beschwer-
den beim Atbemholea siebet man beim Asthma eben so stark als
beim Croup, zuweilen auch, wie bei diesem, knrsa, oft wie-
derkehrende Anfälle, ohne dafs man dabei an Gefahr denkt, ja
auch bei manchen Arten des Astbma fehlt die Aufregung des Ge-
f^ssyMemes eben so wenig als beim Croup. Alles wohl erwogen,
anifg also .die Gefahr und die scbnelle Tödtlicbkeit des Croups
von Bedingungen abhängen, die wir eben so wenig kennen, ala
das Wie der Tödtlicbkeit der Cholera, der Ruhr, dar A^ieplexie,
des bSsartigen Wecliselfi«bers und anderer solcher Krankheiten,
welche die Menacben entweder urpUtzlicb, oder in einem Zeit-
raame von etlichen Tagen wegraffen. Ea ist mit weh mehr Wabe-
— 1034 —
•clMinliehkMl beim Croup dia Ertliche AScktlan dw Nerveo, als
dar GeHlfse in Anschlag zu bringen, und weoii ich gleich gern
gestehe, dafs ich bei dein iuberlichen Gebrauche der Digilalii
beabsicbiiget habe, die örtliche Enisüodung der Traeiea mu be-
ben , ao sehe ich doch recht gut ein , dah dieser Gedantie auch
weiter nichts als ein blofser <JiedanLe ist , dessen Wahrheit auf
keine Weise praktisch kann bewiesen werden. Die Digitalis mag
eben so gnt direkt und vonugsweise auf die Nerven der Trachea
wirken, als auf deren GefÜfse, nnd so wahres und ■chnellra
Heilmittel werden. Von den Brechiiiiiteln , denen die Aeriie
grofsei Lob im Croup beilegen, will ich jetzt niebu tagen, deno
solche Heilungen gehören offenbar su den gegnerischen (anta-
gonistischen), TOD denen ich noch in einem besonderen Ka-
pitel XU sprechen habe. VorUufig bemerke ich nar, dnfa alle
gegnerische Heilversuche unsicher sind ; sie hat>en sich beim Croup
auch onsieber gezeigt, denn wenn manche Kinder durch Brech-
niitlel geheilt sind, so sind andere trotz dem Speien geslorbea.
Sollte aber der eine oder der andere meiner Leser erfahmogswi-
drig die Sicherheit der gegnerischen Brechkur behaupten wollen,
dem rathe ich, nur Versuche mit dieser Kar bei der gemelnsieo
Krenkheti, bei der Angiira tontill^i, zn machen. Er wihle sich
möglichst gleiche Falle , ao wird ^dennoch bald gewahr werden,
dafs etliche sich durch Brechmiil«}, zuweilen durch ein einziges
schnell heilen lassen , andere aber nicht. Nun , wird es denn
anders bei dem gefährlichen Croup, nls bei der gefahrlosen An-
gina tOMÜlari sein! —
So lange- man auf eine Krankbeil keine dirdite, sichere Heil-
art kennet, mufa man begreiflicb die indirekte, gegnerisch«, nn-
sichere anwenden. Ea ist aber nnmeiaterlich und unsittlich, die
unvollkommne als TollkomnieD auazusehreien. Dnrdi eofeh drat-
siea Auftreten wird der Forsehgeist nmnoher bescheidenen Prak-
tiker gefesselt, von denen ich (aufrichtig zu sprechen) weit eher
das erwarte, was uns noth ist, als vorf manchen schriftstelleri-
schen Pochcrn.
Wir kennen bis jetzt noch keine direkte, sichere Heilart dea
Croup, also ist es unsere Pflicht, sie zu suchen. Ob wir sie in
der iufserlicheo Anwendung der Digitalis finden werden, niuti
die Zeit lehren; jedenfalls ist es mir weit wahrscheinlicher, dab
wir sie in dieser, als in jeder anderen Arzeneisubsianz finden.
Aber, eine roh empirische Anwendung des Miiisls wird uns nicht
immer zum Zweck föhren. In manchen FälUn ist der Croup ohne
Zweifel ein echtes Önlicbes tJebel, das damit verbundene Fieber
ein rein consensuelles , und der Geflammt Organismus befindet sich
in dem Indiflerenzslande. ' Wenn wir nunsolche FRlle einzig durch
den äufaerlichea Gebraach der Digitalis geheilt haben, so folgt
- 1085 -
nNdil, dtli wir anoli in anderen eben lo ^l blofs mii dieeer
Salbe ansreichen vefden; denn in dieaen anderen Ffillen kann ja
der GeMRttntargaNiamM eine lirankbafie UaastimniDDg erlitten ha-
ben , nod Bo die Krankheit au einer gemischten geworden Bein,
bestehend aus einem Urleiden der Trachea nnd ans einem Urlei-
den dea GesaranitorganismnB. leb raihealao jedem, der solch«
HeilverBDche machen vill, den Zustand des Gesain mlorganiBinas
nebenbei sn beräcktichtigen, and da« wo nnr die geriogsie Ver-
nnihung einer' kraakbafien [Imsliininang desselben Torhaodea ist,
diese dnrch das geeignete Univ^rsalniiltel zu heben.
Merkurialspeicheif lufs. Wollte ich im .4Mgenieinea
sagen, das Kupfer liebe diesen, so würde ich zum Theil Unwahr-
heit behaupten. Wenn bei einer Salpeieraftekiion, oder bei dem
IndifferenzBlande des GeBainniiorganismus durch den inoerlieben
Gebrauch des Quecksilber« Speicfaelflurs eniBtanden ist, so hebt
man diesen bald durch den innerlichen Gebrauch des Kupfers. Ist
aber das Quecksilber bei einer EiBena&ekiion des Gesaiuiiitorga-
nismus bis mm Speichelflufs gereicht , so heilt man diesen Dicht
durch Kapfer; dean das Quecksilber batden itureh Eisen heilba-
ren krankliBflen Znsland gesteigert, und man kann keine Eisea-
affektion durch Kupfer heilen. Wie sich aber die Suche rarhfili,
wenn hei einer Kupferaffektion das Quecksilber bis snm Speichel-
fiufs gegeben wird , kann ich nicht sagen , deun ich habe keioe
Gelegenheit gehabt^ darüber Erfahrungen m machen.
Merkwürdig ist es, dafs, wenn bei dem Indifferenaatande del
Gesammtorgaoiimus das Quecksilber, -durch Einreibung ia den Leib
gehrncbt, Speichelflnla macht, die heilende Wirknng des Kupfers
■ich nicht so augenscheinlich herausstellet als bei dem durch dea
innerilcfaen Qneeksilbergebrauch Terorsachten SpeicbelSufs. Wahr-
seheinlich wird das in die Haut eingeriebene Quecksilber erst
langsam nach nnd nacheingeiogen, ao daC^ wenn heim beginnen-
den Speiclieliluase daa Einreiben auch eingeBtellet wird, noch eiae
gute Menge Quecksilber unth&tig in der Haut lieget, welche, nach
nnd nach eingesogen , die Quecksilberkrankheil anierhült. Verhfill
■ich die Sache so, dann wird kein Mittel in der Welt sein, wel-
ches die dnrch Sehmieren gemachte Quecksilberkrankbeil so schnell
hehl als die durch Einnehmen verursachte. Ich kenne das Hant-
organ viel an wenig, als dafs ich wagen möchte, in dieser Sache
■u entscheiden; was ich sage, ist blofs Vermuibung. Ich ge-
stehe gern, dafs, nachdem ich hei dem durch den innerlichen Ge-
brauch des Queckailbera Ternrsachleo Speicbelflnfs das Kupfer Mehr-
mahls mit aichlhar gutem Erfolge gegeben , ich aicht weaig ver-
Uüm wurde, da ich xuerst bei zweien durch Q iiecksil herein rei-
bang erkrankteo £hfllealea die gute und schnulle Heilwirkung des
Kupfer« lücht sah. Später habe ich mabmabls des Verasch mit
- 1€M -
•ben 80 ()og;Mi&geD(lem Erfolge gsmKckt; dana weil anl«r den ge-
ringen Leuten die Qaeckiilbereinreibung gegen die Krüm üblich
in, nnd aie lich gemeialioh einer aolohen eelbethereiteten Schmie-
re bedienen, die leicht Sfeichelfliifs mncfat, lo hktle lob w eolcben
Versndieo nicht iiciten Gelegenheit.
Husleo. Nach meiner Beohacbteag ist dieser nnr in selte-
nen F&üen Knpferaffektion des GesamintorgaDisMas. Aedere Aen-
te können aber xu andereji Zeiten und in anderen LSttdem gann
andere Erfahrungen machen, ja ich kann seihet, sierhe iofa nicht
bald, noch andere Erfahrungen machen; über solohe Dinge läfat
sich im voraus nicfala heatimmen.
Luogensnchl. Inder Katarrhalschwindkncht, bei der wirk-
liche Geschwüre noch nicht gebildet sind, habe ich keine Gele-
genbeil gehabt, das Kupfer zu versuchen, indem diese entweder
Salpeter - , oder öfter Eiaenkrankheit xa sein pflegt. Theil« halle
ich es Air Unrecht, aus hlofser Neugierde Versuche xu nnchan,
theils weifs ich auch aus allgemeiner Erfabrnng, dafs Salpeter-
und Ei||enkrankheileo nicht durch Kupfer gebeilt werden.
In Fällen, wo bei der KatarrbalBchwiodsuehl schon- wirkliche
Geschwüre gebildet waren, ich sie also fGr unheilber ansafa, habe
ich mebrmahls Knpfer versucht, aber von ihm keinen besseren Er-
folg gesehen als von anderen Miiieln ; die Krankheit ging ihres
Gang und das Ende war der Tod.
In der J^ihiti n»dom ist das Kupfer eis etwas sweideuti-
ges Mittel; ich kann niemand reihen, es ntxowenden. LSugnen
mag ich nicht, dafs es im Sinnde ist, verhftrtete Dränen xn ser-
theilen, rann kann sich ja davon bei liufserlichen, föblharen Dnl-
sen handgreiffich äberxeogen; gewöhnlich -sind aber die Knoten in
den Langen alt, ihr Alter und ihre Art ist übel xn bestimmen,,
mwi kiwa auf Zertbeüang nicht nehr rechnen, aber wnl darauf,
dafs das. Kupfer sie rasch in Eitening aetcen wird. Möglich ist
alsdann die Heilung immer noch, denn das Kupfer bewirkt ei«n
gute Eiterung; da aber, wie ich schon fräher gesagt, die Form
der Eiterbeule ihre Heilbarkeit beaiimmt, se bleibt eine solche
Kupferkur immer ein gewagtes Uniernehraen. Ich ratbe dem, der
es in selchen Fällen gebrauchen wdlte, sich xnerst gans mit des-
sen Wirkung , auf eine nnscbttdliobe Weise bekannt tu mache«.
Hat er sich bei äulsereo Verhämngen überzeugt, dafa das \a1u9-
lich and äulserlich angewendete Knpfer das, was es nicht senhei-'
4en kann, leicht in Eitening xetxt, so wird er, denke ich, meine
Vorsicht hei der P&tAiti nodota nicht tadeln.
Uebrigens ist meine Meinung nicht, dals man das Kopfer ge-
rade ängstlich bei allen denen meiden müsse, welche Knoten ia
den Lungen haben. Soldi'e Leute köotiea ja, so gut als Lnngen-
gesuade, unter der Fem von chronischer oder akuter Krankheit,
— 1W7 —
V«« KnpivraflFvktios er^riffBn werdfln: wsllle irmi dann, am Furcht,
ihnen di« Lunganknoton in EUening xn aelKn, dM Kupfer fingtl-
lieh M«id«n, lo würde man sie ja einem fegenwHnigen gewinen
Verderben Preia gtben, blofi um ein entferniea, mögiicheg xu ver-
meiden. Meine Warnung gehet voraüglich dahin, da« KupT^ nicht
leichlsinnig als Anliphtkiiiemm xu gebrauchen. (Jebrigena begrei-
fe iob recht gut, dar« die der Vereirernng vorbergehende Entznn-
dung der Longenknolen, vorausgesetxi, sie sei nicht ein reinea Ur-
leiden dieser Kooien (welches sie aber wol hSafig sein möchie)
eben so gtit Vorwalinng einer Kupfer-, als einer Eisen- oder SaU
peleraffekiion de« Uesammtorganismus in diesen Knoten sein kann.
Ich raihe jedem, in solchen Fttllen, wo, bei der Unmöglichkeit die
Artnng dieaer Knixündnng durch Zeicnen xu erkennen, die Er-
kenntnifs dorcfa Probemiiiel mufs erlangt werden, das Kupfer nicht
xnarat, sondern luletel au versut^en.
In der Schwindsucht, die in übrigens gesunden Lungen von
einer Eilerbeale entstehet ( bekanniHch ist die Erxwigung einer
solchen Beule nnd ihr Aller zuweilen gnr nicht nachzuweisen, ja
ihr Vorhandensein schwer iii besiinuien), kaan man durch Kupfer
den Anfbrueh der Beale beschleunigen, den Eiler, wenn er gar-
stig ist, Terbetsern, und su dem Menschen xu seiner Gesnndbnt
verhelfen; aber auch hier bedingt die Fonnder Beule vorzüglich
die Heilung. Jedenfalls wird die Besclileuaignng des Anfhrnebet
dem Kranken nicht sum Verderben gereichen, eben so wenig als
die Verbesserung des Eiters. Hier lebt noch eine Fraii, der \A
als t2jahrigein Mftilchen eine Terbergene Eiterbeule der Lunge,
deren tlntstehuag auf keine Weise n acb so w eisen . war, deren Voiv
handenaein ich aber ans wahrscheinlichen Gründen vennntbeie,
durch Kupfer schnell xum Aufbruch gebracht. AnfSnglich roeh
der Eiter xiemlich übel, vetbeaserte sich aber- beim Gebrauehe
des Kupfers gar bald; der Abszefst weil er keine KebenhSUen
und Gilnge hatte, heilte in kurzer Zeit, and das Mideben, welches
sieh- lange ia einem quioenden Zustande befunden, gelangte xu ei-
ner vollkoinmnen Gesundfaeh. Aber, wie ich sehen früher gesagt,
solche Heilungen maus man nicht hlofs dem gegebenea Mittel sn-
schreiben , sondern auch xum Tbeile dem Glücke, das heibt , ei-
nem aufser unserer Gewall liegenden, die Mi^lichkeit der Heilang
bedingeodea Zusammenstoß von Umsländea.
Was ich in neuer Zeit über den (üebrRach des KnpfMi in
der Lungenincht gelesen, halte ich für wahr, aber, wie matiebe
liiere Beobachtungen, für praktisch autxloi. Bei den Erxühlangea
gläeklicber Heilung der Lungansucht kommt es daranf an, dam
Leser hinsichtJich der Artung der Krankheit deniÜch zn werden;
diese Deeiliehkeit vermisse ich aber 'gewöhnlich. Ist bei dem Ge-
brauche dea Knpfen eine Eitwheula gebeilt, so liugae iob zwar
— 10S8 —
nicht , dab bei einer geborttenen , hiDiiehilidi ihrer Form faett*
baren ein Znatand dea GeBanmiorganianui eintreten kann, der die
Heilang erschweret, ja selbst anrndglich macht, und dafs dies^
Znsland durch Kupfer heilbar sein iiann. ich habe diese« selbst,
mehr als einmahl erfahren, aber es ist mir noch nie eingefallen,
das Knpfer deshalb als ein Amt^itiiMieum aazatebtn. Befindet sich
hingegen hei einer geborstenen, binsichilich Ihrer Form heilbaren
Eilerbenle der Gesa mmiorganis mos in dem Indifferenistande, so
beweiset die beim Gebrancfae des Kupfers erfolgte Heilung gar
nicht dessen aatiphihiinachen Werth, dann das nftnlivhe glückliche
Ergebnifs beobachtfeie schon bei dem. blofaen Gebrnnche der A»-
Btern Nicolaiu Tulpiu: (Ohtervtit, med. Cap. 8. LA. '2.)
Anfangende LShmnng der Lnoge. Bei allen Leuten
und noch wol bei solchen jüngeren , die so schnell und ungestüm
gelebt haben, dafs ihrem Leibe schon das Gn^rfige der Verscblia-
•enheit aufgedrückt ist, stellt sieh «iiweilen im Verlaufe ^nier
Fieber ein höchst gefHhrlicher Zufall , eine plötzlich entstehende,
■ehr beSngsligcBde AihemsDoth ein. leh habe dieses Faseln i>«i
solchen Fiebern bemerkt , wdche nicht ron einem Urleiden der
Lange abhingen, ja bei denen die Longe nicht einmahl bonscn-
suell ergriffen war, i. B. bei Leber- nnd Gebimfiebem. Wenn
man hei einer herrschenden Krankheit anch in hundert Leibern das
Fieber so geartet gefunden, dafs man nur auf das urerkrankie Or-
gan heilend einsowirken brancbie, weil sieh der Gesammtorganis-
mus in dem Indifferenzslande befa'Dii, so gibt doch der besagte
Zufall uns die-grölsie WabrMheinlicbkeit, dafs der Gesammlorga-
nismus des also ergriffenen Leibes urerkrankt, nfld dnfs die Alhems.
noth eine in den Lungen Torwaliehde Knpferaffekiion dessel-
ben sei.
Man kann sich leicht hei diesem Zufalle iftnschen ; bei sei-
nem ersten Erst^inen hftit er vidleicht nur eine Viertelstunde an
und verschwindet dann wieder von selbst. Früher oder später kehrt
er aber wieder , und er kann wiederkehren , ohne je aufzuhöre«,
welches dann der Tod ist.
Ich habe mich in solchen Fällen am besten beim Knpfer be-
funden. Da man aber die BeSngstignng nicht als ein Urleiden,
oder als ein consenaaelle* der Lange ansehen kann , sondern da
es wirklich eine in den Lungen vorwaltende Affeklion des ۥ-
sammt Organismus ist, so würde es ihöricbl sein, das Knpfer mir
bis snr gehobenen BeÜngsiigung, oder nur ein paar Tage lang
nach derselben zu reichen. Nein, nein, man mufs es mehre Ta-
ge, wol sechs oder acht fortgebrauchen lassen, wenn man den Kran-
ken sieher stellen will. Diese Beftngsiignng ist in den Longen
gerade das, was im Gehirn vorübergehende Beiftobong, Irrung Ar^
GedSctuoissea und oiidere Vonaiohan der Apoplaxi« sind. Wird
— 1039 —
4i* BflXngMigang «nhaluBd, so iit der Kraoke iwar oocK nicht
HBbediDgt für VM-Ioren xu Rchlsn aber «■ bleibt dann das Heilen
doob immer ein GlüelcMpiel ; dämm innfg man auf die erste War-
nung der iNalnr merken. Da der betagte Zafall, bei aulchen Fiebern
encheinea kann, die nicbli mit der Lunge gemein beben, lo mufs
nuia, dea Kupfergebraacbes wegen, das iirerkrapkle Organ, von dem
dat -Fieber abhftngt, niebi aas dem Ange lasaen. Der Krankbeiiesii-
■tand i«t ein gemi'icbier, und mujis als solcher behHodeh werden,
wenn man xnm Zwecke kommen will. Jetxt, indem ich dieses schrei-
be, wird es xwei Jabre sein, deja ich den leiilen Fall der Art ge-
•eben (denn man siebei so etwas nicht tSglieh); er betraf einen
frübalien Mann, der etwas uagestüm gelebt, und regelniflfsig flie-
bende HSmorrboiden halle, i^r war von einem damahls herrschen-
den Leberfieber ergriffen, bei dem, im Allgemeinen, der Gesaramt*
Organismus sieb in demlndiffcrenxsiande befand. Das Fieber brauch-
!• man also gar nicht xu beriicksicbiigen, sondern es veraohwnnd
durch heileodes Einwirken auf das urerkrankin Organ, und das
BreehBufewaseer war damahls das Miuel, welches schnell and sicht-
bar heilend anf die X>eber wirkte.
Am 4ieB Tage, da sich bei dem Manne, dessen Krankenge-
scbicbie ich eraähle, das Fieber auf dem Wege der regelraHfsig
fori ach reit enden Bessemng befand, stellet sich die Beftngsiigung
alwnda iinvermuthet ein, wShrei aber nur reichlich eine Vtertel-
slimde'; weil sie gant verschwindet, abnet man nicht« Böses, und
gibt den Voraaia, mich von diesem Zufalle gleich au bsoach-
ricbiigen, wieder auf. Am folgenden Morgen besuche ich dea
Kranken , finde ihn etwas matier als er meiner Erwartung navh
bille sein messen; e» enühli mir sein Schicksal, das ihn am vo-
rigen Abend beirofieo. Ich werde gleich aiifinerkaam, frage, wann
und wie sieh alles angeiragen; der Kranke antwortet, aeine Gat-
linn erg&nxt das, was er vergifai, und siehe! während wir so mit
einander sprechen, erscheint aufs neue der böse Znfall iind macht
alles Fragen und Beschreiben überfluaaig. Er wHhrie jelxl ISnger
als das erste Mahl, und ich sab jelxt mit meinen Awgen, welchen
Feind ich zu beUmpfen hatte ; versehrieh gleich einen Trank
von Kupfertinktnr und Krechnufawasaer; der böse Zufall Ist nicht
wiedergekehrt und der Kranke vollkommen geheilt, jedoch viel
spüler, als es ohne Erscheinen jenes Zufalles würde geschehen
sein. Dieser Fall hesiStigte nrir aufs neue meine frühere Beoh-
achluBg, dafs nSmIieh die besprochene Athemanoih einen gawiasea
Grad von Ermatlui^ znrüeklUfst, welche oicbl wie die Ennauung,
die der Kranke hei krampfhaften Zufttllen fühlet, bald nach die-
sen Zußllen versehwindet, sondern sie ist etwas Bleibendes, «o
dafs der Kranke, war auch das Fieber, tu dem sidi die BeHngstl-
gung gesellet, ata sich leicht md bald u heben, nur laagaam wie-
der zu KrHf)«n g;etan^. Die Art der BcHngstlgunjf kh b«aobreib«n
Im etwas ichwieri^, ieh kaaa weiter niebia davsn wf«») 'aU dafa
fch bei ihr die pfeifende Inspiration, wie beim gewöbniiohea Aatb-
tna, nirht benierift habe, dafs sie der BeSogsiifaag in eiwaa äbnelrt
welche im leisten Zeiträume der LangenBUGfat ersoheini, dab ai«
aber der am älierähnlichsien ist, welche anwellen dem Tode vor-
hergehet und das in den Lungen bagianeode Starben adbst tat.
Meinen jüngeren Amtsgenossan gebe ieh folgenden frennd-
BchaMichen Kath. Wenn sie Toa einem halbTervckliasenen Men-
schen das Verderben, Welches die besprocheoe Be&ogstigung dro-
het, durch zweckniitfsige Mittel abgewendet haben, und der niia-
liehe Mensch erkrankt ein paar Jahre nachher' abernablB an eineia
akuten Fieber, so erinnern sie sich, sollte das jeUigc Fieber auch
leicht, auch ganx unbedeutend scheinen, des früher ütterststodeneK
Straufaes, sein sie auf ihrer Hut, meiden si« Brech-, Laxirnittel,
Kuieniaiehuag nad QaecksUber, und Iwdenkcn sie wohli da£i der
im Verfall begEiffeoe Organismus sich schwerlich wird erheuert
und verjünget haben. Qaeekailber, Brech-, Laxirmiliel aad BIu^
entliehung, geschehe letzte durch AderlasBen, oder durch £g«l aa
den Mastdarm, können den Kranken unversehens in einen solchen
Zustand starzen, dafa, wenn Hippekratet dem Grabe eatsitegen so
ihm eilte, Golen diesem folgte und Faraeeitm» den Beibsa «cblü<>
se, ihn weder Hippokrate» durch sein Beobachlen, Oulea durch
*sein Demonsiriren, noch Paraeeltmt dufi^ sein DesliUina im Lan-
de der Lebeadigeo halten würde.
Plemritit, Nioht selten ist diese Krankhaiiaform Offenliar
rung einer Kupferaffekiioa des Gesaaimlerganiflmns; allein, diese
Otfeobamng ist, wie die aller Kupferaß'ektiOn , etwas andeutiicfa.
Warnet die Natur den Arzt durch einige verdttchtige Zuftüle, i. B.
durch leises Irrereden, oder sichibarea Verlust der MuskelkrSfte, so
kann er dieses als eine besondere Begünstigung ansehen, und des
Wink, verstehet er ihn zn deuten, zum Heile des Kranken beoas-
zen. Thiit er dieses nicht, znpft er wol gar dem Kranken daz
Blut ab, so kann man zehen gegen eins weiten, dafs er dem Tod-
lengräber in die Haitd arbeitet. Aber leider gibt die Natur nickt
immer selche Winke, sondern der Tod macht an«h zuweilen ohne
Warnung der Kran1<bett eio uavermutheies Ende. F.s ist auch
nicht blols Blnientziefaung, welche den uoglüdttiehen Ausgang
befdrderi, sondern allein das Nichianweadeh des Kamera, oder
anderer mit diesem verwandten Mittel ist hinreichend, den Tod
herbeiznlnhren, weil die Krankheit ihrer Natur nach gern in den
Tod abergehet. Das Warnm Iftfst sich wol nicbt ^nügend aoa-
legeni
Bei Kupferpleoresien habe ich selten sehr rothe» Har« beob-
achtet, weit bftufiger gold-, oder. ttrabgelb«B> bald (nbwerdMi-
— 104L —
dun, bmI «aren. D«r PoUi w«r mifug voll und ^spaeat« di«
Hiue liewJicb Mark , ohne labe« QbsnaSfiig: »i sein , der Dunt
wandeUMU', den einea dünl«t« viel, den andern wenig. Die Sei-
leoalicliB aad «Ka Atkambewliwerde, welche letale bei einigen
nicht blof« darcb it» Schnwrz veruriaebl, aondern noch durch
eia dcüokeadea, beengende! Gefühl in der Mitle de« BraalkaMeni
gealaigert wurde, waren in vcnchiedenen Körpern bald atlrkar
bald echwttcber; HuMea, gewöhnlich mit, Beltee ohne blatigea
Auswurf, fehlte auch niemahU. Kurx, es Übt rieh im Allga-
neinen kein untencbeidendes Bild der Krankheit entwerfen , wenn
man Mahr bleiben will. Vergleich« ich die Kupferpleareaie (lit
andern Pleiiresien, u'liat sie die neiale Aehnlichkeit mit der
durch Spiefsglana heilbaren , wiewet «ch leUie auch nicht immer
hinaichilich der Symptome gleieh bleibt.
Hat man in der Siadt mit eiaer dareh Zeichen naarkennbaren
Kupferpleareiie an ihan, so kann man den Kranken ilglioh. Ja,
wenn man ee nöthig. findet, wolxweimahl täglich «eben, and,
durch «intretende Tcrdäeluige ZuAIle gflwnmt, so leitig aur Ei^
kenMatls gelangen , dafi doreh -daa eigentliche Heilmittel ein an-
f&oglicber MifsgriGT wieder gnt *u mache« ist; TOranageaelst , da&
dieser MHsgrfff nicht in nngalittriger BlatenileeruBg befanden,
denn dieser ist beeohweriicb nad nor bei stnriEeo Nalurea wieder
gilt lo machen. Wie übel ist aber lo BoIclMn kiialichea Oii^«n
Raih geben, wen« einem der Kranke eine, xwei, drei Wt^stuo-
deo van der Hand liegt, die Gegenwart des Aratea entweder gar
niebt, oder nur Eiomahl verlangt wird, nnd man übrigens nach
»nTollkommnemmSndlicheDBeriehte verordnen mofs. Im Anfange
^«a Jahres 1V26 hatte ich in einem, «ine Wegslande entlegenen
Dorfe mehre Kupferplea realen kura nach einaiwler an behandeln,
und sah übrigena diese Krankheit damahls weder in meinem Wohti- -
orte, noch in anderen Gegenden meines WiiJtnngakreises. Der
erste Kranke war ein Mann in dem beslen asfinnlioben Alter. Ich
sah ihn am aweiien Ti^e nnd nahm die i^rftnkheit, des nicht dun-
-kel genirbten , trüben , sauren Harnes und anderer Symptome we-
gen, für ein Urieiden d«r Lunge, fBr Antimoniaiplaoraaie. Sie
sehiekte sich aber bei dieser AbtimooialbebaRdlnng so übe), d^
der Tod den aecfasten erfolgte. So viel war aassnmitteln , dafii
der Kranke nicht gesiorbea war, wie einer, der an einer achten
Salpeterplenresie stirbt, denn das Brnsileiden hatte sieh nicht vet^
-mehrt, soodero war ungefBhr auf dem nlmlichen Punkt« geblie-
-ben, und den Tag vor dem Tode war leises Irrereden and grofie
Sehwache eingetiaten. Wire der Mann mir nun nahe gewesen,
dafs ich die verdächiigen ZuHille hätte erkennen können, so w3r-
d« er wol aehwetflieb gestorben seio , denn ieh wärde ihm gleich
Knpfer gegeben haben; ao hörte ioh die Warming der Natur erst,
68 ^ ^^v-
_ 1042 —
da «r (Im Zeilliehe gesegaet, pkJ dMun baue er keinen Nutten.
Qleich daraaf wurde ich so einem jungen Mniitie gerufen , der
mehrmabls bei dem vorigen Kranken gewesen war. Er hatte alte
Knoten in den Lungen, und einen von denselben abhängenden
kurzen Hunlen, dessen Anraag er nicht nachxoweise» w-ufsie. Da
ich diesen Zustand seiner Liunge schon früher kannte, so wUrde
die Behandlung der jetzigen Pleuresie um so hSklicfaer, denn ich
träne dem Kupfer bei Lungenknoien nicht riel, gebe es zum we-
nigsten nicht gern als Frobemittel.
Die Pleuresie, von der er jet/.t ergriffen war, batie weit drin-
gOidere Ziiffllle, als die des voi igen Kranken. Das belogst igen de,
drückende Gefühl in der Mitte der Brost, welches last gleichseitig
mit dein Seitenstechen sich eingesielii, faUte der Knmkbett wol den
Bchulrechten Namen Pfeuroperip»euMonie geben mSssen; da aber
niemand von mir veriangie, ihr einen Naitieo in gelten, sondern
bluls, sie so heilen, so dachte icb auch nar an Letztes.
Das Fieber war siBrker als bei dem vorigen Kranken , der
Puls Bchnell, aber hinsichtlich der Vollfaeit wenig von dem nor-
malen abweichend. Der Harn etwas dankler als ein normaler,
aber nicht so roih wie er gewShnlicfa bei echter Salpeterplenrevie
so sein pflegt, übrigem sauer und trübe, ohne Niederschlag. Der
Husten war kurs änd beängstigend, der Auswurf schaumig und
achokotadefarbig.
Dafs dieses keine Salpeterplenresie sei, sah ich wol; es war
also an bestimmen, ob es Eisen-, oder Kupferplenresi« sei. Dw
uure Harn sprach mehr ftir Kupfer als für Eisen; da ich aber,
der Longenknoien wegen, das Kupfer nicbt geben mocbife, als nur
mit Tollkommner Sicherheit, so gab ich suerst, um zu dieser si-
cheren Erkenninifs zu gelangen , das Eisra als Probemiuel , und
- zwar um so viel unbedenklicher, weil dieses, wenn es auch nickt
Heilmittel sein sollte, doch dem luäglicfa schnellen Absterben
vorbeugen, mir also Zeit lassen wü'rde, die sichere Erkenntuifs
nur sicheren Heilung zu benuuen. Da die Leser schon wissen,
dafs ich in solchen akuten Krankheiten die essigsaure Eisentink-
tur anwende, sq bniacbe ich darüber nichts weiter tu sagen. Es
war den 22. Januar 1823 da ich bei meinem ersten Besuche die-
se verordnete. Der Mann war am vorigen Tage so plSttlich und
so heftig von der Krankheit in dem Hause befreundeter Meoachea
ergriffen worden, dafs diese es für nnkristlich gehalten, ihn bei
der slrrngen Kälte nach seiner Wohnung au bringen. Sie' pfieg-
sten ihn, als sei er ihr leiblicber Sohn, und ich konaH bio-
sichilich der Befolgung meiaer Vorschriften vollkommen sicher
sein.
Der Kranke bat mich , ihn so «ft in bemebeo » als ich m
selbst tut aSibig erachte, deoua er sei «n knidi^ mir su sefaraibwi.
— 1043 —
and iDiiadliclie Berichte, von nskandigen L«nt«n MbgeMaMet, leien,
wie ich selbst wissen werde, nniicher. Ich besuchte ihn den
dritten Tag darauf wieder, weil ich alsdann, nachdem er iwai Un-
nn EiBcntinlciur veriekrt, ans der Wirkung dieses Probemittela
die Natnr der Krankheit beuriboilen Iconnte. Ich fand ihn zwar
nicht schliminer, aber das Befinden war duch nicht sn, wie ob
fafilte sein miiswo, wenn die Krankheil Eisenaffektion gewesen
wttre. Das Briisileiden schien dem Kranken etwas mäfsiger, be-
sonders das drüclcende Gefühl in der Mitte des Brustkastens. Das
^«Hienstechen war aber noch onrerändert, und der Aaswarf zwar
nicht scbokoladefarbig mehr, aber doch noch dünaer helirothar
Schleim. .Der Harn trübe wie früher, Puls nnd Temperatur eben-
fnlls unverBndert. Die ehrliehen Hantleule phantasirten zwar etwas
too Besserung, ich konnte aber diese nicht erkennen, im Gegen-
theil, ich gewann die Ueberaengang , dafs diese Pleurcaie nicht
Etsenaffeklion sei, also Käpfa raffe kt loa sein ntüne, nnd verschrieb
gleich einen schleimigen, andenhalb Drachmen Kupfertinkiar ent-
haltenden achliinzigen Trank, von dem der Kranke stündlich, Tag
and Nacht durch, einen LStfel voll nehtaen mufste. .
^Am folgenden Tage, den 25. Januar, besuchte ich ihn aber-
mahls, um xu sehen, ob ich richtig ^urtheilt. Die sicfaibare Bes-
serung setzte jetzt die Erkenninifs aufser allem Zweifel. Ein Ge-
fSbl von zunehmender Kraft, der um die Hälfte verminderte Sei-
tenstich , das ganz verschwundene drückende Gefühl in der Mitte
. der Brust, die freie, aber ganz mülsige nnd anblutige Expekto-
ration, der klar gewordene Harn, waren mir Bürge, dafs ich den
wahren Heilweg eingeschlagen. Bei jedem anderen Kranken, des-
sen Lunge früher nnverdfichtig gewesen , würde ich meine ferne-
ren Besuche fiir überflüssig gehallea haben; denn er würde, auch
ohne mein Sehen nnd Sprechen, durch den fortgesetzten Ge-
brauch des Kupfers genesen sein; in dem gegenwBrtigan Falle
hielt ich es aber, der früher verdftcbtigen Lunge wegen , für vor-
sichtig, ihn noch zweimahl, nümlich dpn 26. und 27. Jan. sti be-
suchen. Da ich nun am 27i das Bnisileiden gehoben und das Fie-
ber beendiget fand, erkiHrte ich, meine Besncbe seien ferner nn-
nSlhig, hiefs ihn, das Kupfer noch so lange forlgebraiichen, bis
ein Gefühl von Schwäche, welches nach akuten Kupferkrankhei-
ten gew&hnlich merklicher tst als nach akuten Salpeterkrankbei-
ten , würde verschwunden sein , nnd gab ihm diStetische Regeln,
wie man sie Genesenden gibt. Es hat sieh auch weiter nichts Un.
heimliches zugetragen, sondern beim Gebraute des Kupfers nrid
mSfsiger gesunder Nahrung ist das Gefühl von Schwäche bald vei^
schwunden. Den alten Lungenknoten hat in diesem Falle das
Kupfer keinen Schaden geihan; oaeh sehen Jahren werdeich die-
ses jetzt wol benimmt behaupten kdonen.
66* ö -
— 1044 —
ich mag de» L«ser nicht mit der £rzfthlnDg ghtchBeitig, frft-
h«r nnd ipBter befaBadeliAr Fall« aufhalten, d«Bn JMter, der Vei^
Bland voD der Sache hat, weifs recht gut, dafs die Pleaieiii«, wel-
oberl« Artung sie auch sein mag, ia fehlerhaften Loogen weit, weit
übler cn zwingen iit, aU in früher vollkomnien geManden; daniH
habe Ich auch einen schwierigen Fall erzählt, und deakb , das im
BO belehrend aU die Erzählung zwanaig gemeiaer.
Gelbsaeht. — Diese aab ich bor ein eiaaigei MabI vcr-
Miichter Art, hesfebend aua einem Urleideil der Leber nsd aas
einer Kupferatfekilon Aot Gesammiorganismut , and zwar bei ei-
sern Manne, der, leiner Angabe naeh, schon lange vorher banch-
Icrank gewesen. Ihm war wol eine Anlage m Leberkrankheit ah
Erbtheil von seinen Aeltera gewerden ; diese Anlage hatte sich
aber durch anhaltendes Stuhensitaen und durch die von einem ua>
günstig ablaiireoden, verwickdten BecblBhandel unaeTtrennlicfaen
niederdrücken den GeiaOihsbewegangen aam wirklieben chronischen
Leberäbel geiialtet. fjo klager und gelehrter Arzt, dessen Rath
et fraher eingeholt und befolgt, wiar angebliofa nveifelhafl gewe-
sea, in welchem Organe sein BaaohieideB stecke, wotana ich
«ehiofs, dafs sein Lcherubel sidb früher undeutliofa müsse heraua-
gestdlt haben. Sa ich «eine Bekanaiacbaft machte, war es schon
•o deutlich, dafs ich unmöglich die friiheren Zweifel meines
Amtagenossen ifaeilen konnte, und weiter wurde die Erkeiui-
■tiifs durch die Zeit immer deatliober and deutlicbar. Nichts war
«■ der Leber zu fühlen; es war -also schon daraus zu scbliefaen,
dafs der hintere dicke, von anlsen nicht iHiblhare Theil krank sein /
mSsse, wofür dem aneh die sich von Zeil zu Zeit ftufsemden Zu-
fiÜI« Bpracben, deren Aufzfihlung aber oioht hierhin gehört. Nach-
dem er eine Zeit lang hier im Lande gewohnt, wurde er ohne
erkennbare Veranlassang gelhaüchiig, Nun niufs man wohl erwä-
gen, dafs, während der Dauer meines praktischen Wirkens, die
Torkomroenden Gelbsüchten , waren sie nicht consensueller Art,
-einzig Urleiden der Leber gewesen. Ich hatte his dahin, weder
■in der Leber vorwaltende, als Gelbsucht sieh effenbaiende Affek-
tionen des Gesammiorganisraua , noch .als Gelbsucht sich offenba-
rendes, mit eiaer Uraffektion des Geaamiut Organismus verbundenes
Urleiden der Leber behandelt Da ich nun aber gar viele Gulb-
ani^ten in meinem Leben geheilt haue, so folgte daraus schon,
dals ich, in Ermaogelnng solcher Zeichen, die Tür eine Ausnahme
von dar bis dahin beobachteten Regel sprac'ben, den vorliegenden
Fall als ein reines Urleiden der Leber ansehen und mit Hepaticia
bekämpfen mufste. Zeichen einer Salpeter-, Eisen-", oder Kupfer-
affekiion des Geaammtorganiamus waren gar nicht zu entdecken;
ich würde also, bitte ich eines der Universalmiltel, oder oaehein-
— 1043 —
•oder alle dni als Pf«b««Ulel i«««i4«« w«[|bb, gaoa geg«B die
~ Gmeui« der Wahrecheiolkhkeit ventofaen haben.
Auf gattD 6laaben griff ich die Sache aU UrleberUiden an ;
Wflicba Mübe ich mir abec gaben aiochie, icb kam nicbl weiter.
Da bei der Behandlung dieser Kranltheit d«r glückliebe Erfolg
niebt blofs von der richtigen Wahl der Artenei, sondern auch
von dar genanen Ananiitielung der pafiilichen Gabe der Anenei
abhfiogtf bO TArat(nmle ich gawifs in beider Hinsicht nichts; abu
alle meine Bemühung war fnichilas. Ueberveugt endlieb, dafs
diese Gelbsncht kein reinee Urleidea der Leber sein könne, war
die Frage zu entscheiden, ob sie vielleicht ein mit einem Urlei-
.den des Gesammiorganiarans gepaartes Urleiden jenes Organs sei,
Dafs ich zuerst -das Kupfer als Prohemiitel wählte, dasu war
ein guter Grund vorhanden. Ich hatte nämlich beobachtet, dafs
nur selben Zeit mehre mit Abdominal leiden behaftete Kranke sich
in einem gemischten Zustande befanden, so, dafs ihr urerkrank-.
ler G es ammf Organismus durch Kupfer heilbar war. Eisen- und
Salpelerkrank heilen hatte ich gar nicht beobachtet, weder rein
noch Termiacbt. Urleberleiden war der Gmodion der epidemischen
Constitution; mit Knpferaffekiioo desGesammlorganismus vermisch-
tes, Abweichung von diesem Grondlone. Jedoch war diese Ab-
weichung mir zu der Zeit schon tu oft vorgekommen, als dafs
icb selbige oer Individualität der also ergriffenen Körper halte sii-
Bcbreihen können. Es war mir vielmehr wahrscheinlich , dafs all-
gemeinere, freilich mir gans unbekannte Einflüsse diese Anoma-
lie bewirken müsse. Jedoch miifs ich ausdrücklich bemerken,
dafs icb aufser dem Kranken, dessen Gesobichie ich Jetzt entähle,
keinen Gel bsrieht igen behandelt halte , dessen Gesaiuwlorganismns,
nrerkrankt, Kupfer «u seiner Heilung erfodert hiitie. Alles wohl
erwogen, war abo ein schwacher, an Wahrscheinlichkeit strei-
fender Gmnd der Möglichkeit vorhanden , dafs auch der bespro-
«hene Kranke von soleben altgemeioeren , unbekannten Schädlich-
keiten könne berührt sein. Die nosologische Forin verminderte
diese schwache Wahraebeiolichkeit auf der Wage des Verstandes
am kein Gran. Wenn ich gleich blü dahin noch keine mit Ku-
pferaffekiion des Gesammiorganismus verbundene Gelbsucht gese-
hen, so konnte ja der vorliegende Fall der erste sein.
Oa aber alte Fehler der Organe die rcgelmäfsige Wirkung
der Heilmittel wunderbar verwirren und den untersuchenden Arst
gauE veriollen können, so gab ich das Kupfer xuerst ganz allein,
um SD sehen , ob es diesem von der Norm abweichenden Körper
Mich msage. Ein sweilßgiger Gebrauch belehne mich, dafs «r
es gut vertragen werde; denn wenn es gleich keine wohlihftiiga
Wirkung auf die erkrankten Gallengiinge ftuftene, so verursachte
es doch krinc vermehrte Spannung iui tliporhoadrio, und niii dem
— 1046 —
alten , waluneheinlich nobeillMreii Fehler in den Doraahbeile der
Leber vertrug ei sieh gat, es lieft ihn in Ruh*. Non ging ii^
mit mir zu Rathe, welches Leberb eil mittel icb dem Univfl^s«lrait--
lel Euseixeo müufl. Aus meinen vergebeoen, einiig auf ein rei-
nes Urleiden der Leber gerichteten Heilversuehen -halle ieh Fol-
gendes gelernt.
1 ) Dafs die Tinktur des Schellkrautea , selbst in gani iilei-
nen Gaben die Spannung "im Hypocbondrio vermehre, in etwas
grofser zum Schmers steigere.
2) Uafs eine gleichiheilige Mischang ron Brechnufa- und
Asanltinktur, sowol in grüfsereo, als kleiaeren Gaben die nSm-
liche ungünstige Wirkung habe.
3) Dafs die einfache Brechnufstinktur um nichts woblthäii-
ger sei.
4) Dafs eine Abkpchung des Frauendislelsaamens nichts Bö-
ses und nichts Gutes bewirke.
5) Dafs das Wasser der Brechnuß am besten vertragen werde,
dafs es die Spaoaaog, swar nicht In dem Hypocbondrio, aber
doch in dar Magengegend mindere, uhne jedoch den Kranken iq
der Hauptsache weiter zu bringen.
Ich hielt also rorlänfig für das Beste, dasjenige Lebermit-
tel mit dem Kupfer tu verbinden, von dem ichH'iüher keine
oachtbeilige Wirkung, sondern vielmehr einen Schatten von gu-
ter gfliehen, mischte zwei Drat^men Brecbnufawaster mit andert-
halb Drachmen Köpfen i nktn r , acht Unzen Wasser, einer Unxe
arabischem Gummi, und liejs davon stündlich einen L5ffel voll
nehmen. Nach xwei Tagen sab ich schon die erste Spur der Bes-
serung im Harnes dieser, der nicht blofs schwarsbraun , sondern
gaflX morastig gewesen , war jetzt klar und seine braune Fftrhung
ein wenig heller. Bei Gelbsuchten, die in früher nngefftlschlea
Lebern sich machen , ist dieses Zeichen das erste sichere der Bes-
sm-nng, es trügt nicht, vorausgesetzt, dafs Diätfebler die Bessa-
mng nicht rückgängig machen. In dem gegenwärtigen Falle aber,
wo ein alter, wahrscheinlich anbeilbarer Fehler jn dem hinteren
Leberlappen genestet hatte, konnte ich dieses Zeichen aieht für
so gar sicher hallen. Es hat zwar wirklich nicht getrogen, es
hätte aber trügen kSonen. Zwei Tage spiter gab der ausge-
leerte gelb gefärbte Darmkoih den sichersten Beweis, da£i die
Krankheit der Gallenginge in derHauplsache gehoben sei, and Dan
ging alles ganz regelmafsig, wie bei anderen Gelbsüchten, zur Bes-
serung, so dafs eine weitere ausführliche Erzählung nur gam
zwacklos die Geduld des Lesers ermüden würde.
Durchfall. Ruhr. Mancher Durchfall ist eine in den Dftr-
men vorwaltende Affektion des Gesammiorganismiu, die uoter der
— 1047 —
HcilgewMk <!•• Kuphn nsbet. 1d Mlckra Fillsn üt das Kii)»rer
dvreh seine Verwandten fibei xo enelseo. Man ihat am besten,
sich der Tinktur lu bedienen und sie in einem Tranke von Gurami-
anflösiing, odef| bei sehr reizbaren Därmen, in Oelemuhion za
rieben. Da ich schon früher dem Leser bemerkt, dafs mancher
Durchlauf, als consensuellea Darnilelden, von einem Urleiden der
Nieren abhanf^e, so könnte jetzt ein gefälliges Gedächinifs, sich
des früher Gesagten erinnerend, mir den Zweifei erregen, ob ancb
wol das Knpf«r als Diurelicum den Durchfall hebe, nicht aber
als Univertalt, — Ich gestehe dem Leser, daf« dieser Zweifel
sich sehon früh in meinem eigenen Kopfe erzeugt hat; und die Elr-
ionerung, dafs schon SUere Aeme das Kupfer nu den harnireiben-
den Milieln gerechnet, mufste ihn noihwendig erzengen. Um Go-
wifsheit in dieser Sache zu erTangen, machte ich einen kleinen,
aber belehrenden Versuch an meinem eigenen Leibe. In einem
Herbste (des Jahres erinnere ich mich nicht genau mehr) wurde
ich , wie mehr andere Menschen , vom Beberhaflen Durchfalle er-
griffen, ohne jedoch, wie manche andere, gerade bettiMgerig zu
werden. Dafs der Durchfall bei mir, wie damahls bei anderen,
snlpetarischar Art sei, daran zweifehe ich gar nicht.. Ich be-
■chlofs aber zu nMeraochen, »b da« Knpfer als vermeintliches
Divreticnm den Durehfal) heben fcSnne, ich mich also, hin-
siehtlteh seiner Uni versalheil krafi in' dieser Krankheit, mit den
alten Geheimänten getSuscht. Eine Mischung, von aaderlhalb
Draohmen Kupfertinkiur, einer Unze arabischem Gummi nnd aobt
Unzen Wauer stündlich in eiaem L&ff»l genommen , bernhigta
aber nicht, wie bei einem Kupferdiirchfall , meine anmhigeB
Dftrme, vemraachte mir nicht ein Wohibelmgen, sondern ver-
mehrte mir vielmehr das unangenehme, quinen de Gefühl im Bau-
che, das solchen DurehfUllen eigen ist, und ich wurde, ohne dab
■ioh eben die Zahl der Stühle mehrfe, unwohler, so dafs'icfa nach
24 Stunden den Versuch aufgab. Ein Trank van Nairum mitri-
csai, den ich jetst gebrauchte, wirkte gleich fühlbar wohlthfiiig,
Dod befreite mich in zwei Tagea von dem kleinen Ungemacbe.
Man hat in neuer Zeit das sehwefelsaure Kupfer gegen den
chronischen Dnrchlanf gerühmt; abermahla ein Beweifs, dafs uti-
ser Zeitalter unbewufsi defi alten scheidekünsileriscben Geheinv-
firzlen nachhinkt. Leider ist aber der chronische Durchlauf so
vielartig, dals derjenige, der das Kupfer als roher Empiriker,
als Formeobehandler dagegen anwenden will, es weit ftfiet ohne
als mit Nutzen gebrauahen wird. Ich raihe jedem, zuerst sorg-
fältig die Art des Durohlaufes auszanaitteln. Milufig ist er otM-
sansuetler Art , und einen solchen heih man nicht durch Kupfer,
sondern dadorch, dafs man das nrerkrankte Organ heik. Auch
ein als Darchlanf sich offenbarendes Uilciden der Därme heilt man
— 104« —
■ioht duroh Kupf*r, ebM m wenig ^ dateh Kswi oi»t Salpe-
ter, tondem derofa DBrimnitiel.
Waa die Ruhr befriffi, lo habe idi weder eiüe epidemische,
noch sporadische beobachtet, die ifu AFIgemeinen durch Kupfer
heilbar gewesen wBre. Blofa einen einxigen Fall sporadischer
Herbstrahr erlebte ich, und zwar einer Masidarninihr, in dem
daa Kupfer schnell heilsam war. Die Erkenninifs wurde mir aber
nar dadurch, dafs ich den knbiacben Salpeter vergebens reichte.
Der Slahlzwang H'ftr so heftig, dafa di« davon ergritfene Frau, die
wahrlich nicht lu den weichlichen gehörte, zuweilen der Ohn>
macht nahe kam. Daa Kupfer schaffte so schnell Hülfe, dafs ich
keiner anderen Arzenei bedurfte.
Da nnn kein guter Grund vorhanden ist, zu iBugDen, dafs
alles, waa einzeln erschienen ist, kiiafiig einraahl allgemein wer-
den kdnne; so rathe ich jedem Arzie, bei einer anfangenden
Epidemie alle Vorurtheile fahren m lassen und an alle Möglich-
keiien zu denken. Nur dadurch wird er befähigt, mSgUchst schnell
die Artung einer aolchen Epidemie zu erkennen.
Kindbett. Bekanntlich hat achon Hippokrate» das Kupfer
zur BefÖidemng der zögernden Geburt gereicbl. Es ist aber ba-
atimmt nicht Organheilmiuel der Gebftrnialter. . Wenn die Geburt
sieb durch mangelnde, oder durch falsche Wehen TeizSgeri, ao
ist dieses vielfältig, nicht ia der Gebärmutter aeibat, sondern in
einein eigenen abnormen Zostand« des Gesammtorganisnus be>
gründet.- Ich begreife recht gut, dafs dieser Zustand so geartet
sein kann, dafs er nnr durch Eisen »der durch dem Eisen ver-
wandle Mittel zu heben ist. Jedoch habe ich selbigen mehr hei
MifslÜllen als bei wirklichen Gebarten beobatfatet; er aeheint
selbst MifafUle au veranlassen, und, bei diesen uogebwier heftige
BlotUDgeo. Bei der wirklich zeitigen Geburt befindet sich der
Gesammtorganisnans nicht seilen in einem krankhaften Zustande,
der durch kabischen Salpeter zu heben ist ; dieser Zustand Sufscrt
sich aber wehr durch falaclte Weben ala durch mangelnde. In
anderen Fällen, jedoch seltener, tat dei die Gebart venÜgerndo
krankhafte Zustand des Gesanmtorganismus so geartet, dals man
ihn nicht durch kubischen Salpeter, aber wo! durch Kupfer hebt.
Ich beobachtete bei diesem mehr einen Mangel ,an Wehen, ala
falsche, die Geburt nicht fördernde. Es aeheint mir aber, dab
jüngere Geburtshelfer, auf den verschiedenen Zastand des Ge-
sammtorganiamus wenig achtend, sich einzig auf das Mnlterkwo
verlassen. Dieses beliebte Mittel wirkt schneit auf die Gebärnat-
ter, und wenn einzig in dieser die Ursacfa« der zSgerndea Gebart
Hegt , so möchte es wol durch kein anderes zu ersetzen sein. In
den fallen aber, wo ein krankhafter Zustand des Gaatumiorgfa-
— 1049 -^
niiniDa Ae CJabart T*n%g*rt, pafit m Dieht, m wirf siebt 1I0O
WüoHcbeD des Gebnrtaliclfen enUpraefaea. '
Vor Karirm wnrde ich tob «insn wnndäfMlieben G«b«rt>-
helfvr zu einer Kreibendea gerufen , dereo mifabeote« fieckfin die
Gebnrt lebr schwierig iiacbie. Die Hervorragneg des HetUgen-
beines verengerte die obere Becken Slfanng so, dRfa nur ein Mfar
winziger Kindsliopf bOtie dorcbdringen itSanen. Dn die Frnn aber
sehr Marke Kiader trug, so war sie auch schon drei aiahl von
lodleo Kiadera tnll grofur Mühe der waadärallichen Kuast eat-
banden. Das gegenwDnt|^ Kind v/ta auch ■oben lodt, uad es
handelte sich nur darum, sie von diesem todten Kinde su Brim-
sen. Der Geburtshelfer, der meioea Batb verlangte, war der
zweite, seine Kunst hatte man deo vierlea Tag des KreiCieas in
Anspruch genommen. Der erste Geburtshelfer halle, nach Au»-
sage der Kreifseaden and des EhemaDnea, sechamahl vergebeas
die Zange aagelegt, sie war jedesauhl abgerutscht. Der xweite
hatte die Zange abermahls angelegt, da er aber die vollkemmae
(Jnbeweglichkeit des Kopfes gemerkt, weiter keine Gewalt ange-
wendet, sondern die Zange wieder herausgenommen, bt ErwS-
gnng der greisen Leiden, welche die Frau seit drei Tagen aus.
gestaaden, der Ohnmächten und kleinen Zucknagen, wehih« sich
jelsl einstelliea, vermnihete er einen tödtlichen Ausgang und he-
gehrte deshalb meinen ßalb. Hinsichtlich des wahrscheinlich tra-
giicbea Endes koonte ich ihm freilich nicht widersprechen, war
aber der Meinung, die Beförderang der Geburt sei doch di* Be-
dingung, der Mtfgiichkeit der Erhaliang der Frau, mithin sei «s
ansere Pflicht , diese Högllohkeit su bewirken.
Die Wehen fehlten jetat gSnilicb, waren» nach Aassage der
Fraa uad der Hebamtae, welche leiste aber keine thitige Rolle
gespielt, von Anfang an sehr schwach gewesen. Das reiehlieh
gegebene Mutterkorn hatte keinen v er mehrenden
Einflufs auf dieselben gehabt.
In Erwftgung, dals ein Gefühl von grofaer Flauheil, Ohn-
mächten und klein« Zuckungen auf einen krankhaft ergriffei^en
Gesammlorganisnns mit gvofser Wahrscheinlichkeit sehliefsen lie-
fsen, verordnete ich der Krausenden folgenden Trank: ^ Timct.
empri acetici 5ip a^tu ciMHammmii : «. ^i Gmm. arabici |i Aqume
dett. ^vii MU. Von diesem Tranke mafsle sie bis siir Beseiti-
gsng der Ohnmächten und kleinen Zuekungen halbstündlich, und
weiter stündlich einen Löffel voll nehmen. Ich rieih dabei dem
G^raruhelfer, vorläufig keine Enibindungsversuche au machen,
aoodem die Frau ruhen su lassen; es sei nlmlich möglich, und
eelbsi wahrsebeinlich , dafs die \atnr, nach einiger Rnbe« durch
Weben den Kopf etwas beruntertreiben vnd der Kunst ihr Werk
trleiohleran weide. Auf meine Frege, ob auch die Gesohlecbls-
— lOBO —
Organe durch die gebartafaülflicheD Haiidgiiffe caiMiiidei Mien , ke-
kani ich unbestimmle Antwort. Jedoch liefs alles Vorhcrgegao-
geae and die grofie Empfindlichkeit der GeBchlechtithetle auf go
etwas mit Gewifabett acliltefBen. Ich rieth, während der sd er-
wartenden Rufaexeit BoraxaufiöiDDg in die Scheide an «priizen and
LKppchen mit derselben befeuchtet awisohen die Lippen zu legao.
Alles dieses geschah um vier Uhr nachmiitags; am folgenden Mor-
fren nm sechs Uhr wurde die Fran durch die Zange von dem tod-
len Kinde entbunden. Der Bericht des Geburtshelfers und der
Umgebung lautete also: bei den Gebrauche der verschriebenen
Antenei h5ren die Ohnmächten und kleinen Zuckungen bald auf,
es tritt Rahe ein, und nachts schlummert die Kreifsende unter-
brochen ein wenig. Gegen Morgen erscheinen niäfsige Wehen,
nnd da nach diesen der Geburtshelfer bei der Untersuchung ßn-
det, dab der Kopf etwas weiter heran leigedrKngt ist, legt er die
Zange an, wird jelxl gewahr^ dais der früher gans unbewegliche
Kopf nachgibt, nnd fSrdert ihn an Tage. Ohne Gewalt wird es
wol nicht hergegangen sein, denn das Kind war so nngehener
grofs, dafs eine Frau von sehr gut gebildetem Becken mit dem
Gebären ihr Werk gehabt .haben würde. Um nnn das Mab der
Leiden voll zu machen, ist die Nachgeburt verwachsen, mob
also mit den Fingern von der Gebärmutter getrennet werden.
Die Geburt war gegen 6 Uhr erfolgt, um 10 Uhr sah ich
die Fran. Sie klagte über keine Schmenen, ihr Pols war «ehr
aebnell, welches nach einer solchen viertägigen Marter wol nicht
anders sein konnte , übrigens fühlte sie sich erträglich wohl. Am
«weiten Tage klagte sie noch über keinen Schmerz , aber über
Magenainre} weiche ihr durch Sodbrennen nnd sanres Anbtoben
sehr lästig fiel. Sie erinnerte siohj dafa ich bei meinem ersten
Besuche den Gebranch der Weinsuppe, welche ich gerade anf
dem Tische gefunden, getadelt, und gesagt, sie werde ihren
Magen gans dadnrch versäuren und hintenaach die Beschwerdeo-
davon spüren; sie bst mich, ihr von diesen Beschwerden in hei-'
fen. Ich gab ihr blofs eine Auflösung von Natron, um davon
Bach Nothdnrfl zu gebrauchen, und war Sbrigens auf die näch-
sten Tage neugierig, in diesen mufsie es sich ausweisen, ob ihr
Körper so unverwüstlich sei, einen solch schweren Straub ohne
üble Folgen zn überstehen. Am folgenden Morgen gegen zefann
Uhr fand ich sie bei meinem Besuche im Armsinhle sitzen, mit
anfgelriebenem Bauche, kaltem Gesichte, kalten Extremitäten,
entstellten Zügen , beängstiget und deshalb im Bette nicht dauernd.
Ich sagte ihr zwar nicht wSnlich, aber in meinem Herzen gute
Nacht, sie starb noch am selben Tage.
Da ich jetzt blob über die Wirkung des Kupfer* schreibe,
— 1061 ^
ao «rianbe \A mir keine besondere Bemerkung über dieeen Fall;
aber »iae ellgeraelne wird, denke ich, wol leiigemSfi sein.
Schon Qaltn laft, die Bdmisehen Hebammen eeien der
Moinnng, man därfe die KreifaeodeB nicht n früh lur Gebnrlt-
arbeit anatrengen, sondern müsse der \alar Zeit lassen. Diese
Lehr« ist seitdem oft, sehr oft denen g^eben worden, die sich
mit der Gebulabfilfe befassen wollten. Aber, wenn nun das
Beeken so verengt ist, dafs der Durchgang des Kopfes, wo nicht
ganx nnraäglicb, doch sehr Schwierig wird, sollte denn da nicht
die Natur der Kunst auch ooefa in die Hand arbeilen können und
man ihr daao Zeit lassen müssen f — Am b'ade des siebzehnlen
JahrhunderU schrieb Henrich v. Dtventer ein Buch über die Ge-
bnrtshülfe, in welchem er, wie hundert Jahie spAler J. F. Sa-
combe, die Entbehrlichkeit aller logtrumenie behauptet, jedoch
in einem Anhange einige Auanabmen sugibl, welclies freilich ver-
slftndiger war, als des Sac»mbe bekannte Herausfoderuag an Bau-
deioeque, ihm eine Subwanger^ mit gans mifsbaotem Becken an
liefern, damit' «r an dieser seine fiebauplong bewfihrea kSnn«.
Wir Slteren Aerzte erinnern uns -noeb recht gut, wie übel er bei
dieser Probe bestand, und wie er darch selbige seiner £c«/« an/i-
einriemte den Todessiofs gab. e. Devexier, ein kluger Mann,
bat wirklieb sehr TeralUndige Gedanken über die , durch Verengung
des Beckens behinderte Geburt. Er glaubt, kleine, wäfsige We-
ben seien gerade aweckmfifsig^ die allmählige Verifingerang des
Kopfes SD bewirken, durch welche dieser einsig beßbiget werde,
durch die Enge des Beckens xu dringen. Starke Wehen laugen,
glaubt er, gar nicht zu selbigem Zwecke, diese drücken den Kopf
oberhalb der Enge breit, und machen dadurch den allmBhligen
Durchgang nnmftglich; darum sei es auch gaozunweise, durch die
Kunst starke Wehen herTorsurnfen. ') — Das sind gai versllndige
') Kurt. Sfrtmgrl, der Utur, wa DtvanUr aiBaa dar (CicbicktMtea Wond-
iriM Miaer Zeit Besnat, aad imr Mit T*Ua« Raiihle, hat klora daiiaa
Dmgtrmmd dtr yr»ad9r»uw» ( 11 off aartfthe dMHabavnea) aoa einer
trauüeliekea UeberMUsPS def Buitr fÄblaiiteitrt Ptri» 17Si K^li'Bat.
Du Uiaftwerk aber dei Verfatiera, welcbai er Jpitar rar arhulrecble KäntI*
ler gesebriebea, bat den Tilel .- Henritl m Dnnttr, Midie. Dett. Oitir-
paliem4i cAiriirgieat notum luman txhibtMttt »HUtrieantiiii* ele, Lmgduni
Bmttmunim 1701. Die llarB>arSlhe, vaa dar Sprtmgtl ipricbt, iat eia fräbe-
re* iBTa11fce»M«ae* Werk dei VerlMiara, deaa er »st tu der Varrede is
•alaeB flaaplwarke: Jmm dadum hat Navmm Immen pramüeram in Am-
rtrm ■(*«> in fn« ifteimt» fuaMmm et ejiilameu Aif}Ki librt edidi , quem
fTmfr»p«r€ tmittera nttiä, manitM* a mtammUit , gmotdam Auraram me-
am r4fklat»m, f""»' •"•" '" ß"'" t*mpm et tpaUam dare velui. Daa
Bach lil wirklieb nit einer «elleBca Detttlicbkeit KeecbriebRo , and nit vielen
Kaprera varaebeo , die die HeUea; des Verraiiar* aBtchiitUeb aaebea.
Eise Beilage sa dieiea Werke Ut nir abei noeb weil Mertwärdiger ala
-.ügic
— 105« —
GedantcBB, aber das Dipf hi*t doeb ooefc wia«! Haken; (tena weks
der DM-cbmctser in Kopfei sich gar lu uagleieb m<(tMn d«r Bek-
keneage verbält, lo k&nni» die Kreifaenda aaeb wol wibrend der
allmäbligen Verlfingarang dea Kopras , die in deo iDbltminsleo Fäl-
len docbviel Zeil erfodern würde, in die Rwigkeit gehen.
Wer gibt uns in aaldien Fftllen den Punkt an, wo der Geburts-
helfer als blofser Helfer der Geburt zandern , nad den , wo er als
eigendiehcr Gebarlsiwloger eingreifen mufsj So etwan wa beatin-
nen, ist sehr hiklich, ja mir scheint es selbst nniaöglicb. I3ebpr
einen einzelaen Fall, dessen Ausgang scben vor unserea Augen
liegt, iSfst sich leicht verstlndig, oder gelehrt schwatzen. Ich
begreife nnr nit^t, welchen Notsen ein solches Gaacbwils babea
kannte; darum mag >ob et nach gar nicht hären, obgleich ich da-
sii , bei der heutigen übm-grofsen Zahl der Gebunshelfer , nicht sel-
ten Gelegenheit hülte.
Wassersucht. Man bat das Kupfer schon vor gar langer
Zeit als Heilmittel dieser Krankheit angesehen , aber gerade in die-
ser Meinung stelle der GrQnd, dafa sich sein antlbydropitfcher Rnf
unmBglicb hallen konnte. Ich sehe, dafs man es in neuer Zeit we-
nig in der Wassersucht gebraucht. Vor 15 oder 16 Jahren habe
ich die letzte, damahls neueste Monographie Qljer diese Krankheit
gelesen, und war nicht wenig verwundert, dafs des Kupfers darin
gar nicht einmabi gedacht wurde. Bei den Golenikeni idas 16. und
da« Warit Mtbit, weil lia ainsa, tu nuerea Tifsn t
5CBiUad, dis Onhepidie, belriR. Der Verruier, der diejen Theil der
Cbirorgia Bit beiondarer Liebe -Bn Fi fit tn babas icbeint, aagl: er baba dri
VerkrüpfeltCD «eJoa BälTe ii den Glfeiitltebea Zattangaa ote aDbielaa nGges,
weil er («rSrchtet, ilcb dadarcb du Asaeba aiioa Harkttahraian asd B«a-
tebdiaaidwa la g«b«a. Da er aa aber doeb för Dnraobt balta , «nae Kaait
daa Häirabedärftigaa and Höire Socbeadaa la rerbaqtea , «s naeb* er aia
jelat mit des , wai er leiilea kSioa , bakaont. Er aennel eis and «waaii^
lfaa|ilTerkrlinmoaBeB de< Knoebeogertiilca ( aebweigtod vaa dea alidar be-
danlcalea ) , walebe er dnrefe aieebaelaeba , nebaDbal lacb derab araeariiiabB
Mitlei ta . heilen reripricht. Für anaere orlbapldiacben Aante »aU dleie
Aimanilio ad hetarmn aebr narkwördig (ein ; ri« kSiaea oaeb deraelbep ih-
re ei^anea Leiitnnfei mit deoea de« van Dnt»ier verglaieben aad arfaaa,
ob die Raaft ia diaien Pnakta leit bnndert dreirilt bii viaral; Jibrea grorea
Forlstbrille genicbt.
Dia (eldlicbea BedlofaDgea dea ton Dtttaltr macben ei ilaaUleb, dara
er daa lelitea kaoate, wit er verapraeb. Er uft; K«Ka «ai ftrfntt tan.
Bmiendi hate «(.' Primguam labaraiM tmratitntm mtmm ftlemtt »mmum
aMibao, toHw» earatianft preUum paettei taUo, ntfne egattnd* dt nnmt.
randa peeunla, anuguam vtlil tarrttUentm aut euratiandm ahtttulam,
quam promiil , praeililtHm, nihil pmttmlant prt lahart , initramtnUt , i'm-
peniittt, aiti condilionibn* prvmtttil malta trpltlii tte.
Siad dia BedlngODgaa BDaerer oHbopidiaehea laalllala SSlfe •• MIlif t —
' Ich bin Ifl dieiaa Pooiita gani Bawiuaed
„,,,_.di» Google
— lOU —
17. Ja)ir(i«ii(lerU fiodct awui m IiIb wmi wtadar kU WHMrtndesreti*
lim Mittel Mifgeftihil, niid iMni kwiD dann nuhen, ob m iwm Wa»>
■er dareh den Mund, oder darab dan Afier, oder dereh die Hncn-
röhre entleert hat.
Petrm» Fanttmt (SeA^i. adobterv. 37 LA. i9j eagt: Adaqno-
*0M kumore» edneendt imprimü em^fert $ftuiMa aerit vet aeiftwm,
quo Jaekinut te priwtmm, qutd »cüU, nomtrm oHtUe utum r^erti
cam tarnen Bae»4orpiut autea eo «t» »itt» Lmperafre Carth
^uitiiö Ajfdrtpico , qui cum alii medici deiptrareMt , je %nmm remte-
dimm iatere prq/tie&atmr Carola Ii^terattri; M</ee »e potütt maät
Mti i» rtutico guum i» Jmperat»re: ctti Imperator retpimdit (mt
not aßde dignü aixepimu*): eogita te rutticum prae mtuukiu ka-
here, uod» Imperatorem itm curaverit; afque eavteiu, illumaa-
tutvit. Jaakimt» hat fibrigeoe daa Kwpferoxjrd zu einer, bii an-
derthalb Draehnen gegeben; da wird ea wol da« Waanr -durch
Mond und After eatleert und lu^eich die HaraabeoDdemng nor~
mal geraacht haben. Letates war doch die Bedingung der Mög>-
liehbeit einer wiifcUcken Heilung.
Im Al^emeinen gilt von der Wasaerancbt, wai ick ven an-
decea Krankheiten geengt; Kupfer wanemcht iat verhälilich an
anderen Wanersnchtcn aelien; beg«eifiicb nolä aber der, wel-
cher Aas Kopfer aeit xwanng Jahren ala UqiverBaliaiite] g<4>raacbt,
■ieh doeh einer hnbaohen Zahl Filfe arianem, w^ehe er dorcfa
Kapfer gebeilt.
Maa niufa , wiH «an da« Kapfer in dieser Krankheit mit Er-
folg anwenden, aioh auerst öberaeogen, dafi man es nieht mit
einem Urerganleidea an tbua habe, von dem die gettörte Harn-
absonderang abhingt. la sotoben Fällen hilft Aom Kupfer nicht«
ja, ea wird weit eher die gestSrte Horaabaonderung gana unter-
drücken aU aelbige normal machen. In Waaaersncht tob (Jrle-
beraffektioB hilft QuaaaiawaBser uad andera S^paliea, nicht Kn-
pfer; in der von Urwilsaffektion EichelowaSsar, Meerzwiehel, oder
ein anderes Mtlamittel, aber nicht Kapfer; in Waaeeraacht von
Krankhaftigkeit dei Pfortaderayateme hilft Schwefel in Yerbindong
mit Salpeter, oder Glaaberaala , nicht Kupfer; in WaiierHucht,
die von einem Urnierenleiden abhängt, hilft Goldraihe, Coche-
nille, Magnesia, Ammonium u. a. w. , aber nicht Kupfer.
Ist die Wasierauchi eine in den Nieren nk hehiadette Hamal^
•ondenrng sich offenbarende Affektioo des Geanmmtorgaaismnif ao
wird aie, ja nachdem die Artung dieser Affektion ist, aatweder
dnrcb Snlpeter, oder durch Eiaen, oder durch Kupfer gebeilt. Sal-
peter wasiiersucht habe ieh bis jetzt noch nicht beobachtet,*) wor-
*) W*s«g gMtSriar HtmbMidersac mai aahagnder GMafawabI 4m ZtUgawe-
k«, F*%a dM ScharlaekBebar» , bfa Ich fffliliah «ia fwauHhl *a fiäUto nra*
— 1054 —
atit ich ■chliafae, dafi lia salteB TorkonBen mnfa; dafa si* abw
k«in blofs «ingsbildeter Kmokfavituti Bland sein kSnoe, dafür apre-
chen dia Beobachtungen anderer Aerate. Eisen- und Kupferwas-
serauchl habe ich oft gengg geheilt-
Hat man sich nnn , entweder durch Zeichen oder durch Pro-
bemiltel überzeugt, dafi in einem Falle die Wauerancbt nicht
von dem Urleiden einea Organs abhängt, so mufa man weiter
wohl unterauchon, ob sie auch Offenbarung einer Eisenaffektion
dea Gesammtorganiamna aei, und xu dem Ende .voraüglicb den
Harn prüfen. Findet man denselben laogensalsig , ao braucht man
kein Kupfer zu geben, ea hilft nicht; ist er aiwr sauer, ond bleibt
bei weiterer Unteraiichung , die man mehre Tnge wiederholen
mofa, sauer, so wird man das Kupfer mit wahrscheinlich gutem
Erfolge reichen. Ich gebe ea am liebaien in Tinktnr, in kleinen,
oft wiederholten Gaben, zu 15 Tropfen atündlieh, auch wol, zur
Bequemlichkeit dea Krankes, zweiatQndlich 30 Tropfen, ia einer
hnlben TasM Wasser.
Die Wirknog Snfsert sich innerhalb zwei, häufiger innerhalb
drei Tage durch die Veränderung dea Hatnes; ist er luoraslig,
nad dunkel geförbt, so wird er zuerst klar, dann verliert er die
dunkle Farbe, gebet von der dunkelbraunen stufenweise in die
strohgelbe Ether. Wahrend dieser Verfindernng nimmt die Menge
dea auagesonderten Harnes TerhSltnifsmHfsig immerzu, jedoch nur
bia auf einen gewissen Punkt. Bei Waaserauchlen , welche, con-
sensneller Art, von einem Urorganleiden abhingen, habe- ich in
einzelnen , jedoch sehr seltenen Fällen , auf den gebrauch des
pafslichen Organbeilmitiels eine ungeheure Hamenileemng erfol-
gen s^en; das sab ich aber noch nie vom Kupfer. Wenn die
Haraentleerung bia auf ein gewisses Mafs gekommen ist, ao dafs
aie die Menge dea ISglich genossenen Getränkes um ein Merkli-
ches Qbersieigt, dann bleibt aie auf dieser Höhe atehen, und be<
greiflich mafs die im Bauche und im Zellgewebe angeaammeiie
Wasaermasse tfiglicb minder werden und endlich ganz verschwin-
den. Während dieser Heilung kehret das Geaundheiiagefühl , wel-
ches Jn aolchen Fällen mehr oder minder getrübt ist, zugleich mit
der verlorenen Farbe der Gesundheit wieder, und der Mensch
wird nicht hlofa das Wasser los, sondera pr wird, was doch die
Hauptsache Ist, geaund.
Ich hatte bis vor Kurzem noch nie die Menge des tiglicfa
genossenen Getränkes mit der des ansgosonderten Harnes hei ei-
nem auf der Besserung befindlichen' Wassersüchtigen genau ver-
r«B, Süd bab'e innh knbliebts Salpstar («ko"'* i wibraebeialleb w«i[ <U
8«hH-UahB0b«r and •sIpetriiehBr Art BSweiai. Salcb« Rlsial|ktil«s »»$ ich
■b«r stobt WawenaeU naDDea.
— 1055 —
glichen, lonileni leirien nur nach dem AageoinafBe gefchütsr, weU
chea auch für die Praxis hinreicht, nnd mich hinsichtlich der fort-
sehreilenden Beaaerang nie tSuichi, voran igeaetzt, Atta mit der
Wassersucht nicht ein gewisser Grad von Hernrtihr verbunden ist,
welche Verbindnng aber so Safserst seilen ist, dafs mancher Ant,
der dreifsig Jahre die Kunst geSbi, sie nicht ein einziges Mahl
wird gesehen haben. Da es aber unter den Aertten auch solche
gibt,- die da glauben, die Beobachinngsgabe des praktischen Schrift-
«lellera offenbare sich durch AufiShlung alter, selbst solcher klei-
nen (JinsiSnde, welche die Hanpisache um kein Haar verdeoili-
ehen; so habe ich, um auch diesen AmtsbrSdern sn genügen, wSb-
rend ich gegenwünigen Abschnitt geschrieben , eine an Kupfer-
wassersuchi (Bauch- und Zellgewebewasaeriuchl } leidende, sech-
ztgjBhrige Frau, die gerade gelegen meine Hülfe in Anspruch
nahm, gebeten, einige Tage ihr iBgÜch genossenes GeirBnk und
ihren ausgesonderten Harn zu messen. Sie hat dieses vier Tage
geihan, nnd das Ergebnifa war, dafs sie durchschnittlich jeden Tag
vierzig Unzen Getränk zu sich genommen und zwei und achtzig
geharnt. *)
In solchen Ffillen, wo der Harn zwar sehr vermindert, aber
weder braun, noch morastig ist, mufs er beim Gebrauche des Ku-
pfers in drei Tagen ganz klar und strohfarbig werden; wird er
es nicht, sondern verdunkelt sich seine Farbe, so kann man dar-
auf rechnen, dafs diese Wassersucht nicht von einer Kupferatfek-
lion des Gesammiorganisnius abhSngt, und man mnfs dann die Ar-
tung derselben genauer ausinilteln, wenn man sie heilen will.
Was ich frBber von Eisen wasaersncht gesagt , ange ich jetzt
auch von der Kupferwassersucht; diese kann zuweilen mit einem
Lirleiden eines Organs verbunden sein, und ist alsdann, wie alle
vermischte Krankheiten, schwieriger zu erkennen und zu heilen.
Ist aber das mit der Kupferwassersucht verbundene Urorganleiden
ein wirklicher, aller, vielleicht dae Gebilde des Organs schon ab-
oonn verAndernder, unheilbarer Fehler, so stehet es um die Hei-
lang der Wassersucht mifslieh aus. Was sich über dieten Ge-
genstand sagen Ififst, habe ich schon im vorigen Abschnitte, von
der Eisenwassersucht sprechend , bemerkt nnd mag es Jetzt nicht
zum Ekel der Leser wiederholen.
*) Diewr Pill bitte dai, lar da glaoM, du Rapfcr Mle «Ha Wutcnaebt ala
btoftu DinraCioaii, treAich «lBe«B«MerBn belekraB LSnBaa. DU waitanüeb-
lige Fr*D hatte alna EfaroDlieb«, iwar waaig icbaienharta, absr aie *ebr eat-
ilillcDde EatiäodDDg d«a rcchlea Aagri, aad aalbige asgebtieh aehoa Hcba
Hoaate vor Bncbeiaoug itr Waiienaehl fibabt. Diaac FrsebetauBf *er>
ackwasd b«l den Oabraadie da« Rapfon slatahsaiiig mH der WaMaraacht,
•baa Aawaaiasc tabarliaber NIIbI.
— tOM —
Da, wo dai Kupfer uiQbiglt«li dem Krasken gnt ih« ubJ 4S«
HamabionderuD^ verniehrt, demet wim ätUsMod in dieisc Bbmb
luDg gewöhalich auf oinea geraUobten KraokheiUxMtaBd. Ei iat
dann di« Sache dei Ante», eu uaienucbea, nit welchem Organ-
leiden die KnpferaffebtiOD det GeeauiiiHorga»iBnufl yerbundea eei;
«otdeekl er diesei uod ul ea leiiier Kuuit heilbar, lo heilt er
auidi die Waaiertucht. So habe ich luehrmahlB Tsrborgene Le-
berCehler bei dem Gehrancbe des Kupfers nicht blofa durch den
Stillataad der fieaaerung, loadern autii durch gleichzeitig enlue-
Jieode Spannung im rechten Hypochondrio erkBoni; fUinlicbe Er-
fahrnng habe ich bei der Mili gemacht, und bin in dieaem Fall
durch einen Zoaaii von Eidielnwauer aum Kupfer, in jenem durch
Quaasiawaaser iura Zwecke gekoinmen.
Uebrigena ratbe ich jedem , nur in den Füllen, wo Stillatand
4ler BcHeruflg eioirUl, auf erachei&ende rermuihlicbe Zeichen ur-
erkrankter Organe an achieo. Ist kein Siiliatand der Besumng
sicfatbari so raufi man auf solche Termaikliche Zeichen voriftufig
gar nicht achten, sondern einfach auf dem Wege fortecbreiten,
den man eingeschlagen; er fährt am siebenten lum Ziele. Hat
liian dieses erreicht, so kann man binictiDach versuchen, die Krank-
haftigkeit eines Organs, deren Erkenntnifs eiaeia -während der Kur
geworden, zu heilen. Es kann madche KrankhafiigLeit des einen
oder des anderen Organs im Körper vorhanden sein , welofae mit
der Kupferwasserincbt nichu geiMeio bat ; www sollte ea also die-
nen, sie während der Kor zu berücksicbiigenf Wer ohne \oih,
blofs nach . phantaatiuch iheoreiischen Aoatchten, von der einfa-
chen, sichtbar zur Heilung fiihrpnden Behandlung abspringt, der
mufs sich nicht wundern, wenn er später xum Ziele kommt, oder
dasselbe auch wol gar nicht erreicht. Ea würde ihSricht sein,
wenn Ich jetxt Kranke ng esc hicblen eiofucber Kupferwaslersuchien
erxfihlen wollte; sie würden den Leser wenig unterhalten, denn
ich kSante ja nsr das darin wiederholen , was ich eben gesagt.
Wollte ich aber Ffille Tenniacfater Kiipferwasaersiuht erx&hleo,
und Ewar solch schwierige, in denen die Krankhaftigkeit der Or-
gane nicht durch Zeichen, sondern nur durch Probemittel zu er-
gründen war, so müfste ich über manchen einxelnen Fall wol
mehr als einen Bogen voll. schreiben , indem ich hier die Haupt-
sache , die verstandbafie Weise , zur Erkennlaifs xu gelangen , in
ein helles Licht zu stellen gen5ihiget sein würde. So etwas pafst
aber besser für einra Sohriftsleller, der die Jugend belehrt, wia
aie sich selbst reratandhafte Rechensebafi von ihrem prakliachoD
Handien geben mufii, als für mich, der ich blofs hexwecke, mei-
nen achtbaren Amtagenossen eine müfsige Stunde xu verplaadem.
Jedoch will ich meinen jüngeren Kollegen au Liebe einen Fall
erzählen, der das in ein helles Liotu «telUt, .was ieh eben gesagt.
— 1017 —
«hfi '■■■ oftmlieh die« wlfaraad der fmiMlirriMnilea BeMerung aicli
•bsbarande wabndMiBÜdM l->krankiing «in«« OrgniM nieht %m
Iwräckaicbiigen braucht, wenn dien die Beaaeriing nicht tlilktän-
«Kg macht.
D«n 22. Oktabar 1824 wnrde icb aa «tnem an der Banch-
waaaaraachi leidenden Manne gerufen, um mich mit aeinem Ante
■n beratfaen. Metn AmtagenAue hatte, so viel tch die Sache ke»-
ne, allei gcthan, waa er naohacbHlrechler Anaicht ihiin konnte;
Mtoe Beiu&fanngen waren ab« froehilaa geblieben, und der Kran-
ke, iMmer gew^wollener nnd elender atait .beaser geworden, hatte
gani den Mmh Terhtrea. Vor Ankunft meinei Aintsgenouen, die
aieb durch anderweitige GcaeiUfte veraBgerte, nnteraochte ich mit
MiAe den Kranken, and da er «in sehr verstandiger Mnnn wac,
taiae Galiian anch 4n), was er allenfalls aus Scbw«cbbeJt in sei-
■er Ersfthlang vergalä, ans ihrmn tiedicbinifg ergSnsie, lo brech-
t» mich diese Uoiartacbnng au der Erkenninifit, dafa er an einer
in den Nieren vorwaltenden, als behinderte Harne baonderung sich
ofibnbaaenden Kspferaffekriofr des Geanihmterganisnina leide. (Vur-
bebaiien jedoch die MSglicbkeit geheimer, dnreb die Ausfragong
■ieht erkennbaren Org«nfehler.) Mein erfahrener und sehr recht-
licher Amtegeaoiae halte gegen die AnwendiH^ der Knpfertinklnr
aicbta einzuwenden,' nnd ackien diesem neuen Heilversuobe eine
besondere Aufmerksamkeit an aehenken. Ich iheilie ihm dia B^
rettang der Tinktur mit, liefs sie aber ans der hiesigen Apotheke
holen, weil der dortige Apotheker aie. etlicher Unxen wegen doch
nicht machen konnte. Die Wirkung war so, wie ich sie bei rei~
ner Knpferafiekiion n aeben gewohnt (mb. Der dunkle, iriib*
Harn wiude klar, halt von Farbe and vemiabrie in etlichen Ta-
gen Bo, .dafs seine Menge die dea tSgllch genoisenen GetrKnkes,
nach BBgeföbfer Scbfilxung, nm ein Merkliches überstieg; begraif-
lidi iwifsta nnn das vorhandene Bauchwaaaer täglich mtsder wer>
itm. Mit dieser Vernrindernng der Wnssarmasse kehrte aber aa«h
die Gesandfaeit wieder, und ea tftfst aiob van der reg«Imft£aigen,
ohiw Anstofs foruchreitenden Besserung «ickt viti Wort« maoben.
Während der Kranke min st^n atemlicb -weit in der Be*-
samng vorgerückt war, ttafsenen aiob bei ihm Hlmorrboidal-
knitfeo. Mein AmtsgeBOsse wollte jetat auf die Bau ch voll blüiig-
kflit besondere Mittel anwenden, ich war aber nicht seiner Mei-
oaog. Daa regclm&fsig fortschreitende Gesunden war ao, dafs kein
Mensch etwas daran verbessern konnte; die Wassersucht konnte
■nnSglioh von der Krankhaftigkeit dea Pfortaderayateins abhangen,
denn hätte sie wirklich davon abgehangen, so wSrde das Kupfer
gewifs nicht eine so regelmäfsig fonschreitesde Betsarnag bewirkt
haben; waram aollie man also, etliofaer wenig ■cbmershafier Hft-
norrboidalkneten wegen, dia einfache B^andlnng verwickeln, and
67 - -o"
— lOM —
IIBlfen anwenden, ii» wo ibeoreliaeb iWMkni'ftfaig lie Mta mooli-
ten, doch di« fortschreitende Benernn; bilten in StoelMB tHWgen
können t —
Einige %eit darauf, da icb einet anderen Kranken we^n ia
jene
Stadt kam , besucbte ich den Mann und fand ihn aof seiner
Sohreibstube beschftftiget. leb rieih ibiu jetsi, die Kupfarlnktor
noch luehre V^'echen farisugeb rauch An , denn wenn er ^«icfa kein
Wasser mehr im Bauche habe, so könne tnan doch nicht mit Si-
cherheit behauplen, dafs in seinem KSrper die Geneigtheit ittr
Wasserersengweg vollkamiuea geiilgl sei; daran» sei es, bei die-
Ker Unsieherheit , der Klngheit geiiiftfs, lieber et wbb xu viel, als
«twaa E« wenig Vorsivbi anauwendfui. Hiniicbtlieb d«r Ban^
vollblütigkeil , ron der sich aber früher nie Sparen geseigt,- rietb
ich ihm, kilnfiig bei erscheinenden HAanorrboidal knoten Blutegel
ansetzen zu lassen , und durch die Zeit Sdiwefel mi gebrauchen.
Da er ein recht verstlndiger Mann war, wird .er, dfnbe ich, mei-
nen Halb wol befolgt haben. Das ist nun die gans einfache Kran-
kenge^chicbie; jetat will ich noefa «ine eben so einfache, aber
etwas seltsame Nachschrift dazu machen. Begreifiicb hatte ich
von diesem Manne, der mir übrigens gans fiemd war, seiideM
icb ihn gebeilt, weiter nichts gebort. Acht Jahre darauf be-
komme >eb von ihm einen aus einer entfernteren Haupt- und Re-
sidenzstadt dalirtcn Brief. Er schreibt mir: seit ich ihn ror acht
Jahren von der Wassersoehl befreiet, habe er forfwalireDd einer
ungetrübten Gesnndheif genossen. In der letzten Zeit aber, da
er seiner Amtsgeschftfte wegen genöthiget gewesen, sich anhal-
lend der. kalten und regnerischen Witterung ansauselsen , sei er
von Katarrh» Izußllen heimgesucbl, und aus diesen habe sich, ob-
Bcbon er gleich ärztlichen Etafh gesucht, wieder die Wauersaebl
entsponnen. Der Arzt gebe sich freilich mit ihm viele Mäbe, aber
bei dessen Beniüfaungea gehe doch seine Gesundheit so stebdiBr
den Krebsgang, dab er jerxt wegen grober SobwScbe kaum die-
sen Brief vollenden kitnne. Er bat mich dringend, ihm die Tro-
pfen KU schicken, durch welche ich ihn vor aeht Jahren geheilt;
auf diese setze er noch seine einzige Hoßunng.
Abschlagen konnte ich ihm seine, wirklieh sehr rührend TOr-
getragene Bitte nicht ; allein wie war es mir mftglich, an erraiben,
ob seine jetzige Wassersneht wieder der nfimljchen Artung sei als
die frühere 1 — Acht Jahre ist sobon eine für ein Mensebenlebea
lange Zeit, nnd wie kann in dieser der Körper verändern!
Ich schrieb ihm dieses ausführlich, nnd so deutlich, dals nein
■tichiärztlicber Verstand eb begreifen mufste. Ich machte es ihm
znr Pflicht, seinem Arzte die Anten eiflasche, auf deren Gebrancba-
zettel der Inhalt bemerkt war, zu seigen, ihm, wenn er es noeb
nicht geihan, seine früher«, durch diese Arsenei bewirkte Hrilun^
- 1050 —
m «rtflhl«ii, und sie jelzt nitr mit dessen Genehmiping xu ge-
branehen.' Ich hätte mir aber die MShe eines augfAhrlichen Brie-
fes erH^areii kSnnen, denn knrz rfarRiif erhielt ich von seiner Gat-
lin dte Xachrichi, er sei schon vor Eintreffen meines Sehreibens
gestorben.
Ich kann nnmSglich wissen, ja nicht einmahl mmhmBfsen, ob
dieser Mann an einer Knpferwassersiicht, oder an einer anderen
Art dieser Krankheit gestorben ist; was ich also noch zn sagen
habe, tnnh keiner meiner Leser auf den erz&hlien Fall bezieben.
Knpfer Wassersucht ist nur dnrch da^ Kupfer selbst, nicht durch
die dem Kupfer verwandten- Mittel eu heilen; som wenigsten wer-
den die Fälle, in denen letzte den Foderungen des .4rzies genS-
gen, selten sein. Mittel, welche die \ieren zur vermehrten Harn-
absonderung reizen (DiareticaJ, heilen nicht die Kupferwasser-
snchi, wenn sie gleich zuweilen ein paar Tage lang den Arzt und
den Krankert durch etwas veränderte und vermehrte Darnabsonrfe*
rang täuschen. Die Paracentese bePirdert nicht die Heilung. M'er
den Kranken darch Purgirmitlel heilen will, der Jiann darauf rech-
nen, dafs er ihn auf dem kürzesten Wege zum Kirchhofe fGhrt.
Uebrigens habe ich blofs Bauch- und Zellgewebewassersuchl
durch Knpfer geheilt, nicht Brust Wassersucht. Letzte scheint meist
von einer Krankhaftigkeit des Herzens herzurShren, und die wird
das Knpfer nicht heilen.
Meinen jängeren Anilsgenossen gebe ich folgende Warnung.
Haben sie Je einen Wassersüchtigen geheilt, das heifst, ihm nicht
blofs das Wasser entleeret , sondern ihn auch wahrhaft gesnnd ge-
macht, und der nämliche Mann wird 5, 8, 10 Jahre, oder noch
später nachher wieder wassersüchtig, so müssen sie sich vor Blleo
Dingen nicht einbilden, dafk diese letzte Wassersucht'wieder eben
Bo geartet sei als die frühere. De^s kann allerdings wol so sein;
die Wahrscheinlichkeit aber, dafs es nicht so sei, ist eb^n so grofs
als die, dafs es so sei. Ich habe schon frühA in diesem Buche
hei einer anderen Gelegenheil gesagt, dafs jede Erkrankung eines
Organs, sei sie auch noch so gründlich gehoben, eine Geneigtheit
EU ähnlicher Erkrankung in dem Organe zurücklasse. Unwider- ■
sprechlich sind bei aller Wassersucht die' Nieren krank ; denn es'
mag in denselben eine AlTektion des Gesammiorgani.smus vorwal-
ten, oder sie. mSgen consensiiell, oder urer^rifTen sein, so sind sie
doch jedenfalls krank. Von dieser Erkrankung kann denselben,
wie jedem anderen Organe, eine Geneigtheil zu ähnlicher Erkran- ■
kung überbleiben, und sie kSnnen spftter durch solche Veranlas-
sung erkranken, durch welche Nieren, die früher immer gesund
geblieben, nicht erkranken würden.
Wenn man dieses allgemeine, zwar nicht erklärbare, aber
durch Beobachtung erkennbare Gesetz des Organismus im Aq^
97 ' '^
- - 1060 —
hall, bleibt luan am b«Bl«B vor all«f Ein*eiitgtc«h in 4er Befaaad-
luDg bewahret. Mftn wird dann nicht Bogen: weil ich den jMst
watsersüchiigen X. vor fßnf oder Becha Jahren, da er an der nint-
liehen Krankheit litt, durch dae Mittel A. geheilt habe, so mmh
er jetzt wieder durch das Mittel A. geheilt werden; Boadern awi
wird die Artung der WaMersucht de« kranken X. to genau And
Bo Tonirlheiirrei unierBucheD, als habe er früher nie an der otm-
lichen Krankheit gelitten.
Um daa, waa ich jeizi gesagt, durch «in Beispiel deutlich m
ntaoben, brauche ich keinen beBonderen Fall «i eriBhIen, Bondern
mich nur auf einen 8chon erwähnten an besieben. Die l'ran nftut-
lich, von der ich oben gesagt, dafa ich sie die Menge des genos-
senen Geiritnkes und des aoHgelrwlen Harnes habe wessen las-
sen, war fünf Jahre früher auch wassersüt^iiig; ich heilte b>« da-
nabls, weil die Leber urerkrankt war, durch QüaaBiawasser ; jeut
aber, weil nicht ihre Leber, sondern ihr QeummlorganisaMs ur-
erkrankt war, heüie ich sie durch Kupfer.
Da ich wohrscheialich jetxi mm letzten Mahle in diesem Ba-
che Von der Wasnersucht spreche, bo mufa ioh noch einer seltsa-
men Volksnieinung gedeolten, von der ich nicht weif«, ob sie iich
orBprünglicb in dem anärulichen Verstände des Volkes enteegt
hat, oder ob sie von den alten Aerxien den Laoten in den Kopf
gesetzt, und von Geschlecht- zu Geschlecht vererbt iki. Der ge-
meine Mnnn ist tMiralicb der Meinung, hei der Wassersucbl mfisse
der Kranke das Trinken mSglicbst meiden. Trinken vermehre
das Wasser und bindere die Heilung.
Im sechzehnten Jahrhundert, und früher, war wol die Mehi^
sahl der Aerzte der Meinung, dafs die WaBsersüchiigeo , «ich wo
nicht alles Getränkes enthalten , doch nur znr höcbmen Noifadarft
trinken dürften.- lo meiner Jugend habe ich mir aus manchen al-
ten Schriftstellern, die ich nicht^kaufen konnte, solche Steiles
aasgeschr leben, die mir damahls beraerkenswerth schienen. Ob-
gleich die meisten dieser Schriftsielleo mir jetst weit weniger wich-
tig scheinen als damahls, so bin ich doch jeiEt noch auf eine ge-
aiofsen, die, in Betreff des Durstens bei der Wasaersueht, sehr
-nerkwurdig ist. Ich bedaure nur, dafa ich den Namen des Schrei-
ben derselben nicht angeben kann, er tat in meinen Papieren
durch die Zelt und' durch andere Schicksale ganx »Bteserlieb ge-
worden. Ich vermuthe blob, ans vor- und nachslehenden Stel-
len, dafs die ansu führen de von Victor Trincavelfi sein mnfs,
kann mich aber nicht davon nbrrsengen , weil ich diesen Schrift-
steller nicht selbst besitze und jetzt auch keinen Kollegen kenne,
der ihn mir borgen kSnnle. Die Stelle lautet bIbo: Novi ego
non pattremi nominü metiicum, Hüpanum puUtce B»m»Miae prüfen-
tem , gut 9oio e*u alimentarum anorum et aMineMüi p«ttta »mmit
— 1081 —
ptr 40 äif eomttMmaa curmtm» ett ah^me »Ih prorwt meäicamenie.
Du w8r« also ein« wahre Daniknr. leb seltMt habe diese Kur
absiehtlieh nie angewendet, jedoch mancfae Leute ans der gerin-
i;»ten VolkaklasM gefunden, die xwar nicht, wie jener Spanier,
meh alles Getränk rvraagien, aher doch nnr iiir böcbaren Noih-
durft (ranken. Sobald idi dieses gewahr ward«, rieih ich ihnen,
so viel an trinken als sie Dn^t bitten , denn ich sah eben nicht,
dafs dnrcb ihre Enthallsamkait die Heilung besser von Stalten
In des AmI. Benivtmitu Bnab lU abditü wtorbomm et tanatith-
MW» «UMM (Cap. 13.J findet »an eine aeltaame, dahin einschla-
gende Gesehicbie. Ein Baner, der an einer allen Zellgeifebewas-
aorsucht leidet, verlangt von Benivie»*, er solle ihn heilen; die-
ser erkUn, er könne ihn nicht heilen, sein L'ebel sei schon zo alt.
Oei Bauer llfst sieh aber so leicht nicht abweisen, sondern ver-
langt dringend einen Rattr.' BenMeni mufs über dessen Zudring-
lichkeit lächeln, und nm seiner loa m werden, sagt er ihm : mein
Freund! willst du genesen, so motit du niohts mehr trinken, als
auc eben hinreicht, dein Leben au fristen.
Ein Jabr nariiher kommt derselbe Bauer wieder su Benivieni
nnd sagt: er sei deijenige, den er durch seinen guten Raih von
d«r Wassersucht befreiet; nun komme er aufregen, ob er Jetzt,
da er geheilt sei, wieder trinken dürfe. Der Bauer »lufs wol das
ganie Jabr durch gar nichts getrunken haben, dann es siebet aut-
drücklich dort : ad te reverlor, tcire cupietu, an adkvfi mihi liceat
aliqitid biberey ckk haclenut nihil biberim. Benivieni räih ihm,
sieh allmfthlig an den Wein au gewöhnen , und swar an onge-
wttsserten. (Die Geschiohte spielt nttmlich in lulien, wo man
die starken Weine gern mit Wasser gemischt irinlit.)
Da die alte Hungerkor in unseren Tagen wieder hervorge-
suebt ist, so kann ieh, sterbe ich nicht bald, noch erleben, dafs
auch die Durstknr wieder zu Ehren kommt. In dieser Voraus-
seixung mache ich vorläafig folgende Bemerkung, ohne jedoch da-
durch im Allgemeinen aber den Wenh der Kur absprechen tu wollen.
In derjenigen Wassersucht, die von einer Urerkrankong der
Nieren abhängt, und in der der sparsam ausgesonderle Harn nicht
■eilen so sauer tat , d»fs das eingetauchte LakmaspHpier sich so
«cboeli und stark röthet, als habe man es in scharfen Essig ge-
taucht; in dieser Wassersucht, weldie man gar irefflicb durch
Magnesia, Ainmoniaro, oder andere Langensalze heilt, wird die
Dursikar nicht gut ihtiui denn ich habe bemerkt, dafs. Dächst den
l>esBgten Mitteln, reichliches Trinken sehr woklihätig ist.
Auch die alten Aerzte mögen wol Fälle erlebt haben, in de-
nen reichlicbes Trinken sieh zweckmäfsiger erwiesen als Dnrsien ;
wahrscheialiob h^ea sie aber den guten Erfolg des reichlichen
— IM» —
Trinkern, .w*il er ihrsr vorgefa£Hcii MeinnDf widertpnefa, dsm blin-
den Zufalle sugeschrieben , ja manche mSgeo wol solche Fftlle, al«
ganz iinerklärlicbe Dinge, der Aufseicbniiag nicht werth gebd-
len haben. Ich wünschte, dafa eiBiiiahl eio gelehrter Am (der
■her Meister einer grofaen Bücherei sein und Geduld und Zeit haben
müfste, viele alte Bücher eu durGhatöbern) uns tait einerattsführlichsa
Abhandlung über die Durstkur beacbeokie. leb selbst weifs, aafaer
dem Angeführlen, nichts von diesem Gegenstände, als noch ein
recht artiges Stückchen von Dominien* Panarotui (Ob: '14. Pemtt-
co»te 2.) , welches ich zum Schlüsse, weil es kurz ist, den Leaeni
wSrtlich zum Beaten geben will. FueUa quaedaai hgdrope letkali
torqueiatur ; jttöeMtidut no&i» potu» cpimneunqHe Jitgam , »t ßeri
deief, taatam aqua« quantitatem aüqnmnd« bibitt ut mmpi »id€-
retur. Sed qiioMia», ut tyu»t, /ortuna putria et atvltü amxi-
lialur, a/vi ÜUQre oborto, priitiume aanitati rettilula convalwit.
Da sie nun geaiind geworden iat, so begreirt jeder leicht, ohne
dafs der Ramische Profesaor es sagt, dafs durch das übenuHfaige
Wataertrinken die gcsiSrie Harnabsoaderang normnl geworden aein
niufs, denn der BauchSufs allein konnte die Heilung doch nicht
bewirken.
Das Hinweisen auf die all« Sage, dafa Khidern und Narren
das Gluck diene, ist zwar eine recht Ireuhersige, aber wahrhaftig
keine professoral lache Aeufsernng ' dieses Schriftatellera; er schei-
net ganz übersehen an haben, dafa ea dem Leser sehr nahe liegt,
die Kranke für das Kind und den Professor für den \arren va
nehmen.
BlNiharnen. — Wenn die Blutung aus den Nieren komsii,
ist das Uebel zuweilen in Kupferafi'ekiion des Crsaniiniorganiamus
begründet. Dieses mufa nicht blofs bei Menschen so seiif, son-
dern auch beim Rindvieh;*) denn einst hat mir ein rheinlftndi-
scher Bauer gesagt, gegen das Blulhamen des Rindviehes sei kein
besseres Mittel, als demselben etliche Kupferpfennige einzugeben,
das helfe bestimmt. Er sprach auch nicht davon, als von einer
besonderen Heimlichkeit, sondern als von einer unter den dortigen
Landleuten bekannten Sache.
Beim Bluthamen, welches von HSmorrhoiden der Blase kommt,
habe ich das Kupfer noch nie gegeben; hier thut man wol am
besten, durch Blutegel an den After nicht blofs die heftigen Schmer-
len SU lindem, sondern auch der Natur den wahren Weg der £ni-
leerang zu «eigen. Jedoch ist die Natur zuweilen sehr eigensin-
nig und nngelebrig in diesem Punkte. Uebrigens begreift jeder
leicht, dab ich das Kupfer nicht als ein Specificum gegen alle
*> Bein Riadvieb nah dia» Blatoaf hKitllger mIs ali b«l dsn lltat«h«a , bii
diMsa Loguat «i«, verkSlllich m aadaraD Uebab, loltM vor.
— ie»3 —
Ni«rMblatoageD empffible. So mttohte «■ t. B. schlecht b«i dar
paasen, wdcbe,-.vri0 die Schrifriitcller Mgen, von dem meehafii-
•cban R«U0 nharfer Steine in diesen Organen enUlehet. Ich eelbat
sah aber folch» Blutung noch nie, obgleich ich somit alle mdglt-
che gräuliche Zufälle von diesen siainernen Reizen xam Ueber-
drufs beobachtet habe. Au^ Niereabluiung, welche durch einen
hohen Grad von Eisenaffekiion An Gesaiunilurgani^nius bewirkt
wird (beim Petechialfieber, oder hei den> Morbo haemarrkagico
macmiotoj, möcfaie wot weit eher diireh Kupfer veracblinitiiert ^la
varbessen werden. Ich rathe xuin ^venigsieo aieiuand, es bei sol-
chen und ähnlichen Krankheiten anauweoden.
Bheumatisuius. Gicht. -~ Meine Leser mache ich be-
Boiwlera darauf aufmerksam, dals der Kheamatismus nicht selien>
beaonder« in gewissen Jahren, Kuprerafiekiion. ist- So habe ich
vorsüglich io den Jahren 32 und 33 mehr Kranke, nicht einbil-
disch, sondern sichtbar und bald durch Kupfer gefaeilet. Ich ge- ,
stehe aber, dafs ich die Erkenntnifs der Art der Krankheit nur
durch den als Probeiuiiiel gegebenen kubischen Salpeter, nicht
durch Zeichen erlangen konnte. Im Allgemeinen habe ich zwar
beim Kupferrbeumatismus die Welcbtheile der sehr schmerzhaft
e^^iffenen Glieder nicht so lebhaft entzündet und so stark ge-
schwollen gesehen als man dieses wol beim Satpcterrheuniatiamus
■iehet, kann aber dieses nicht als ein unterscheiJendes Zeichen
des KupferrheuinaiiamuK angeben, denn wer viel mit dieser Krank-
heitsform umgegangen i^t, der wird so gut als ich beobachtet ha-
ben, dafs zuweilen auch beim echten Salpeterrheumaiiamtis die
Weichlheile der ergriffenen Glieder nur sehr ntafsig «niaiindet sind.
Das chronische Gliederreifsen , welches im gemeinen Leben
Gieht heifst^ kann eben so wohl, wie der Ilkeumati»mu* acutu;
Kupferaffeklion des Gesammlorganismus sein, nnd jn diesem Falle
wird es schwerlich dnrch andere Miitel geheilt. Vor ziemlich lan-
ger Zeit (das Jahr habe ich vergessen) bat mich ein resJdenzstäd-
tiscber TonkÜnsller, ihn von der Gicht zu befreien. Durch den
Kuf war er mir als ausgezeichneter Violinsi>ieler bekannt; jetzt
konnte er aber, der Unbrauchbarkeit seiner Arme wegen, nicht
mehr geigen, und mit seinen Fufsen war es auch übel gestellel,
denn sein Gang war langsam, vorsichtig nnd humpelnd. Er sagte
mir: sein residenastld tisch er Arzt habe, nach vielen vergebenen
Heilversnehen, ihm das Aachener UnA, als das einzige noch übri-
ge Heilniitiel angerathen. Eine schwache, wenig berühmte Eisen*
quelle sei ihm spSier von einem andm-en Arzte, der sich vermes-
sen, die Sache besser zn kennen, sehr gepriesen und er dadurch
bestimmt worden, sie zu versuchen; sein (Jebel sei aber dnrch die
Risenbftder eher schlimmer als besser geworden. Darauf haben
ihm bierliodiscbe Freunde den Vorschlair irethan, sich mir eiitr
— 10*4 —
mahl anravertrauen, hiu in sehen, ah icb ihn rieUeicht der Aache-
ner Beive üb«rbebeD kSone. Du Aachener Bad sei doch m nn-
bedingt heilsam in der Gicht auch niehl; «an »ehe Kwar eisige
geheilt, aber andere eben so gichtiscb davon zuräckkehren ala sie
hingeg;Bngea.
Nachdem ich den Mannansgefragt) erIrfSrte icb ihm; es sei
mir nninöglich, in dem gegen w&n igen Falle die Natur der Krank-
heit durch Fragen, Sehen und Fühlen au ergründen; also müsse
ich es durch unfeindliche Probemitiel thnn. Üa dieses aber, je
nachdem die ErkeDfiinifs leicht, oder schwer sei, eine lingere,
- oder kürzere Zeil erfordere, so ratbe Ich Ihm, sich hier ein Zim-
mer Xtt miethen, damit ich ihn sehen könne , so oft icb es fSr nö-
thig halte. Er war das zufrieden und miethete sich in einem mir
gelegenen Hause ein.
Ich wendete jetzt nach Gründen der Wahrscheinlichkeit (welche
auszulegen, den Leser wenig unierbalien würde) eilicbe Probemiiiel
an, und nachdem ich gefunden, dafs seine Gicht eine unvermisch-
te, in den Gliedern vorwaltende Kupferalt'ekiioR des Gesammiorga-
nismas sei, sagte ich ihm: er könne jelict mit dem Heilmittel nach
Hause geben, dieses werde ihm doit so gut helfen als hier, wo
er sich noihwendig ohne Beschäftigung und Unterhaliung sehr lang-
weilen müsse. Er bezeigte aber wenig Lust, sich so weit zu ent-
fernen, sondern zog es vor, an einem nur zwei Meilen entfernten
Orte, wo er Verwandle oder Bekannte baue, xeine Genesung ab-
zuwarieu. Ich nahm die Absprache mit ihm, dafs er, wenn die
Terachriehene Foriion Kupfoninkiur verzehrt sei,' wieder neue von
der Apotheke holen lasse, und mir nur dann schreibe, wenn eine
Stockung in der Besserung eintreten sollte, welches jedoch un-
wahrscheinlich sei. Auch bemerkte icb ihm zum Ueberflufs die
Möglichkeit, dafs nach hergestellter Gesundheit noch wol ein klei-
ner schmerzhafter Rest des Uebels in dem einen oder dem ande-
ren Gliede überbleiben kÖntie. Wenn er das gewahr werde, müs-
se er mir es schreiben, oder selbst zn mir kommen, denn ein sol-
ches Ueberbleibsel sei gewohnlich ein öriliches Uebel und ich kön-
ne es mir durch äufserliche Mittel beben.
Yon Zeit zu Zeit lief» er mit nun mündlich durch den Apo-
theker sagen, wenn et von diesem neuen Vorraih der Tropfen fo-
derte, «s gehe mit seiner Gesnndbeil immer besser. Nach drei
Wochen erschien er selbst, von seinem Gliederschmerze vollkom-
men gebeilt, als lebensfroher, ruhriger Mann. Er dankte mir herz-
lich für meine Sorgfalt, bemerkte mir, dafs ich ihn nicht blofs
befähiget, seine Kunst wieder wie früher xu üben, sondern dafs
ich ihm auch durdi meine einfache Behandlung eine bedeutende
Geldansgabe (für die Badefahrt) ersparet habe; er begehrte jeut
— 1065 — ■
m b5r«i, wi« rlel Geld er mir für diese Heilang scbnldig sei.*)
Er iat mir bei dieser Gelegenbeit aufierordeallicb merkwürdig ge-
worden; ntcbi wegen seiner geheilten Gicbi, sondern wegen eines
ausnebraenden Scharfsinnes, den er jetzt offenbarte, and ich glan-
be, die ErsHblung dieaes Auftrittes wird dem sinnigen Les«r mehr
Unterhaltang gewibren, als die gelehrlesie and uncerstftadlichste
\acbsGhrifi mancher gedrneklen Krankengesehichie. Damit aber
■lemand nach der Sianspiiae meiner EraShlang su raihen branchl,
beierke ich vorlRnfig, dafs mir, der ir.h mich aie mit irgend ei-
nem Zweige der Simtsarseneikunde befafst, die gesetsliche Medi-
ziMliate hnmer ein gans unanftftslidiet Uaiheel gewesen war. Et
kam mir ■Smliefa so vor, als habe der Scaat durch diese Tax»
den Aret in di« wahrhaft seltsame nnd anheimlicbe Slellung g»*
bracht, da£i seine geldliche Einnahme mit seiner künstlerischen
and sillltcbeB Verroll kommnang (rerhBltücb an der Zahl seiner
Kranken) nethwendig im nmgekehnen VerbfilinisHe slehen mii«se.
(]nser Tonkdnstler war endlich der Mann, der mir dieses Rsthtel
Ida'ie; dämm werde ich ihn aneb nie vergessen. -
Wie gesagf, er foderte Rechnung ton mir. Mein werther Herr!
erwied^le ich, ich bin jetit, nachdem ich snm üeberdrufs Franzoi«
gewesen, endlich wieder geworden, was ich bei meiner Gebor) wnr,
praufsischer Bürger. Die preufsiscbe Medixinnlordnung ist vor Knr-
sem hier eingeführt nod vor drei Tagen ist mir das Amtsblatt mit
der Medisinaltaxe sngesehiekt. Ich habe den Gnindsalr,, die Ge-
setze des Landes, dessen Bfirger ich bin, gewissenbefl zu beob-
achten; also darf ich auch keine höhere Federung an Sie mnchen,
ala die Taxe bestimmt. Da sie mir aber iielbst gesngl, dnfs Sie
in ihrer Residenxstadt jShrlicb 5000 Gulden verdienen, nnd weder
Fran noch Kinder haben , so werden Sie mir nnch , ohne dafs es
Ihnen wehe (bot, nach nnserer kleinstSdiiscben Taxe besablen
können. — Er ISchelte bejahend. — Hier, sagte ich, iat das nen-
it« Amtsblatt, wortn die Taxe stehet, und hier ist mein Bnch ;
Sie kennen meine Faderong selbst ausrechnen. Um Ihre Krank-
heit kennen zn lernen , besnchte ich Sie hier im Orte zehnmafal,
das macht gerade, nach dem kleiiistädtiscbeo Salze unserer Taxe,
vier Thaler. — Der Tonkünsiler wurde jetzt auf einmabl sinmm;
seine heitere Miene verwandelte sieb in die des liefen Nachden-
kens ; nacb ein paar Minuten holte er, immer noch in Xacbdenken
*J DieJeDigcn meiner Leter, wtleh«. lieh HamcbenkBontair« enTorfaeii, werdaa
*H* der ErzEhliiaf «ehDD ibDehneD , dafi der Tanküaitler eia lelir recbllicker
Hana w«r. Gimaine RDiaser, wenn lie, voUkammeD gebellt, Becbaang fo-,
dcrs, stellen lich ^wöbalicb , lU leien lie nur halb gekeilt , oder tli feliU
dKb Docb elWM «B der Heilang. Didarch toll der Arxl etwa* kleinnütliig
gcBMbt, Bod beitimmt werdea, leiae Dieast« ftring ■DSBfcblsgen.
— 1066 —
'veiüanken , vi«* harte Thaler aas der Tasche , legte eie avT den
TiMch, ichaiite wich siarr an und sagie: Herr Doktor! das iu
wenig, wabrhnfiig, sehr wenig; — aber, — freifieh, — die
Kunst kann nicht bezahlt werden. *)
Chronische Hau taasschlSge. Manche derselben » sie
mögen Namen haben welche sie wollen, sind Offenbarung einer
Kupfera&ekiion des Gesammtorganisrnua. ich habe Menschen , die
Maf der Haut ein unenrAglicbes Jucken hniien, ohne duia ich mit
meinen Augeo einen Aiiaschl»g entdecken konnte , blor» durch des
innerlichen Gebraoch des Kupfers tub diesem lästigen Uebel be-
freiei. Anderen habe ich durch dieses . .Vliltel von solchen n&ssen-
den Flechten geholfen, die nicht blofa eine einielne Hanisielle,
sondern einen betrSchlliehen Tbeil der Oberfläche des Körpers
einnahmen. Meinen jüngeren Amisgenoasen mufs ich aber bemer-
ken, dafs solche Flechten ausscblSge io den wenigsten Fällen Offen-
barung einer Kapferaffekiion sind , sondern äfterer vob einem Ur-
leiden des Hautorgans herstammen , snweilen auch von einem Ur-
leiden der Nieren; ich rathe ihnen also, nicht xu viel und oicbte
Unbilliges vom Kupfer su verlangen. In soleben Fällen, wo der
Ausschlag wirklich Kupforaffekiion des GesammtorganismiH idi, hel-
fen keine Schwefel-, noch Queciisilbei'sBlbeo, sondern der inner-
liche Gebraiich den Kupfers hilft allein. — Ich wurde einst su armea
Lernen eines kranken Kindes wegen gerufen, und fand dort den
Bruder der Hausfrau, einen jungen Mann, Hiussig anf dem Stuhle
silsen. Ua ich ihn früher mehrmals in einer Itrannlweinbrennerei
als Arbeiter gesehen, so fragte ich ihn, warum er denn miiasig
dasiliel ob er sich vielleicht mit dem Meister, oder mit dem
Herrn der Brennerei versürot habe? -r ülr suckte die Achseln und
erwiderie: gern wolle er arbeilen, allein «r sei unfähig dasu,
er sei krank.
Seine Krankheit bestand in .eioeni nlissendeo , stark jucken-
den Fl echten ausscb läge , der am meisten seine Arme, dann aber
') Wir« er ciser von des xirar diokbarei , aber anartBo UeDiehcn mwoien,
s« «fiidg aciao Dankbarkeit ibo ofaoa Znratrct beitioimt babca, nir sia paar
Tbaler nebr, als meiae Fodemog war, luznbielen, sr balle aber ein ■■ aar-
tea fierübl de« Schicklicbco , all d*r« er aicb einer lolcbea Gemeiabcit (auf
welche ieb u^bnaabli io meiDem Leben s^slarseu) batle acbnldif; machea bön-
DSn. Jeder, dar van dem Arzte Rechnung verlangt, ilebel vbd deai Aagea-
blicke aa , wo er deuen FoderoDg weifi , in dein namliclieR VerhällniHe an
■bm als IQ jelem anderen Ranfmanne. Wer einem Raurnanne mebi fir a^
ne Waara labten wotUe , aU dieser geroderl, der würde ja in Verdacbt f~
ratbea , als aehe er ibn für einen venrmleo , der milden BoUlaser bedfirfti-
geo Mann an, aad er würde lieb icbleeliieD Dank bei ihm verdieneo.
Im tiraada habe leh dadarcb , difa ich dei Taakiinttlera Geld aDgenomneB,
etwas nnbillig gebändelt , denn aeine geniale Liisong dei UediiinaltaxrSihael*
war sBenbar eben so viel warlh alt melae Gicb (bei long.
— loer -
a»^ Banpf nnd Beine Übel flchftndel«. Zur Arbftit, daa üb Ech
wsl, wsr er nnföbig, denn beide Handgelenke waren dorch den
sie nberaiebendan Herpea fast nnbewegltch. Da ich wal begrifl',
dafi der Auuchlag nicht neu mehr sein k5nne, «o fragie ich,
wann und wie er enutanden und wamm niao deoselben also habe
eiawDTseln lassen.
iN'iiii nahm die Schwester dag Wort und tagte : Vor langer
als einem Jahre haben sie und ihr Bruder die KrAtse belcommen.
ÜVie «ei vor ihrer Ehe Haushälterinn des MediBinalrathes A'* gewe-
sen, habe sieh also, da sie krütaig geworden, gleich sii ihrem
allen, liebreichen Herren begehen, um bei diesem Hüire su Su-
eben. Durch Anenei und 8albe sei sie selbst von der Krüize
befreiet worden, ihr Hrudrr aber nicht. Kun sei sie mebriiiahls
xa detn Medizinalrafhe gegangen, für ihren Brader andere Hülfe
zusucfaon, habe auch niehie Sialben und Arzeneien eihalien, al-
lein daa Uebel sei nach und nowh rerschlimmert, nnd zuleir.t so
geworden, wie ich.ej jeist sehe. Vor xwei Menaien habe der
Bruder auf alle Arbeit verKichfen müssen, denn seine Glieder seien
niehi blofs unbeweglich, sokdera er sei auch kraftlos und abge-
magert. Der Bruder, der diese H^rsAhlung in allvn Punkten be-
siSligte, setzte noch binzo: sein nllchilioher Schlaf sei unterbro>
chea und unerquicklich, und abgesehen von dem Schmerze, wel-
chen ihm die Bewegung seiner Glieder verursache, fühle er auch
eine Schwere und Trägheit in seinem ganzen Leibe, und die trau-
rige Aoasicht, dafa er, nnfitlifg xnr Arbeit, nächstens znr Klasse
der wirklichen Bettler benmtersinken werde, mache ihn noch
obendrcia ganz raifsmuihig. -
Da der Gedanke der Unheilbarkeit des Uehels in dem Kopfe
dea Mannes schon unverkennbar Wurzel gefafsl, so suchte ich
ihm denselben ansxureden, und ermuihigte ihn durch das dreiste
Versprechen, dafs ich ihn heilen wolle, wenn er zusage, genau
nein« Vorschriften an befolgen.
Mir war ea höchst wahrscheinlich, dafs sein Aosschlng kein
Urhantleiden aeij in diesem Falle, schien mir, bfilte er doch wol
den Salben meines achtbaren ond erfahrentD Amtsgenossen wei-
chen mnssen. Ehe ich ihn jedoch als Vorwallen einer üraffek-
lion des Gesammlorganismus behandelte, machie ich vorher noch
eine kleine Probe. Er sollte angeblich von der KrHtze entstan-
den sein; nun halte ich schon in meinem Leben durch den äo-
Jäerlichen Gebrauch des trocknen Schwefels KfSl/.e geheilt, die
vergebens mit sehr krSfiigen Qaecksiihersalben bekäiupft war; al-
so wolhe ich auch jetzt einmahl versuchen, oh der Aasschlag,
der freilich mit der Krätze keine Aehnlichkeit mehr hatte, viel-
leicht durch dieses milde äufserlicbe Mittel xa heilen .sei. Ein
achttägiger } gaox Tergebener Gebiauch belehrte mich aber, dafs
— wa —
ieb M mit k«iaer UrhauikraBkheh *a ihua habe, BOndera iaSm
der Ausschlag ÜOenbarung einer Uraffeklioa des GeBaniiiit(»gaiii«-
miM Min müsse. Für Salpeter-, oder EueDatfekiioo spracfawi gar
keine Grande der WahrHeheialichkeit., also tnufsie ich v»n den
Kupfer die Heilung erwarien.
Ich liefs jetsi den Kranken secbsmabl tags dreifgig Tropfen
Kupferlioktur Dshmen. Nach dr«iiagigem Gebrauche wurde ich
die erste nohhhUiige Wirkung des Miiieli gewahr; der Krank«
sagte mir nfimlich, «r bemerke, dafs das Gefühl von Maiiigkeit
in seinem Körper uiioder werde. Uiese Besserung nahm nun lig-
lieh tu , so , dafs er bald ein Gefühl von Kraft und Wohlaeia
bekam> Mit meinen Augen konnte ich aber xu der Zeit noch nicht
die mindeste Veränderung des Ausschlage;« bemerken, wiewol der
Kranke bebaupieie, es komme ihm lo vor, aU mindere daaJuk-
ken. Dafs er sich dies*« niebt hiefs eingebildet , e^ab sich wei-
icrhin , wo es merklich abaahni and dann gani verging. Nun
fing die Besserung des Ausschlages aö> reckt «ichibar xu werden.
Die R5the desselben wurde blasser., dtis Kassen hörte nach and
nach auf, die verdorbene Oberhaut starb ab, löi'ia sich alsblalBs
Lappen und Kleien, oad die neuerseogle blieb frei von der Krank-
haftigkeit der alten. Kun, von dem gansen , wirklich renkt gar-
stigen Uebel blieb keine Spur über,, als eine von der übrigen
Haut sich unierscheiHende ßSthe deijeaigen Stellen , die am übel-
sten von dem Herpes ergriffen gewesen. Das ist aber nichts Krank-
haftes und verschwindet nur mit der ^eiu Uebrigens bemerke
ich noch, dafit der Mann, den ich vor ungeAhr 13 Jahren ge.
heilt, seitdem nie wieder eine Spur diesea Ansschlage« bekom-
men, und dafs drei ganse Wochen zur Heilung nAthig gewesen,
angerechnet die achttägige Schwefelprobe.
Wollte ich nun eine schulreehte Naahachrift su dieser Ge-
schichte machen, so mufste ich xuerst erörterp, ob der Herpes
Meiamorphoae der Krätze gewesen sei. Leider bin ich aber in
diesem Puakle nicht eiomahl des Geaohiehilichen sicher. Die
Schwester des Kranken behauptete xwar, er habe mit ihr gUich-
seitig die Krälse gehabt. Diese Schwester war aber, da sie frü-
her als Kindermädchen im Hanse eines meiner Bekannten diente,
dort ala die grdfsle LOgnerinn bekannt. Vorausgesetst also, daCi
das Sakrament der Ehe sie nicht von diesem bösen Laster gerei-
niget (welches mir nicht wahrscheinlich ist), kann ich unmög-
lich von allem, was sie mir gesagt, nach nur ein Wort glauben.
Des Bruders Beattitigung ihrer Aussaga ist mir auch nichts wenh;
denn höchstens kann ich als wahr annehmen , er habe anfönglich
selbst geglaubt, krKiaig xn sein: weil er es aber geglaubt bat,
darum ist er es noch nicht gewesen. Also ist die Krälxmetamoi-
phose nichts weniger als erweislich.
— ice» —
Wi» Tiel mag mm ^r ■bhrittende Qdvtwb twi msbrerlel
8slben, 4ie wol meist Qaeckiilber «erdea «iiWtea bal*«ii (dM
IMgnenti citrini tnuA ich dort nocli eine Portion), xur Sieig^erang
-dea UebeU beigetragen haben t — Ich weifs e« nicht. — Wie viel
nag ED dieser Steigerong der gleichseitige, t&gliehe und »icb-
lidia Genafa des Branatwaias beigvirage« babant ') — leb weiüi
es eben so wenig.
■ Nachdem ich nnn mehre Krankheilsfonnan dnn;bg«gaiig«it,
bei denen ich das Knpfer mit g^ofsem Vonbeil heilend gebraneht,
io bemerke ich noch anidrücklich , dafa sich seine woMihBiige
Wirkung nicht blofs auf diese Krankheilcformen beschrankt, aoit-
derD dafs man die angeführten nnr als solche ahsehen müsse, wel-
che mir beim Schreiben znerst in den Warf gekommen. Wer da
glauben wollte, in denen, von welchen ich, um nickt lo w«i(-
Ifinftig itt werden, geschwiegen, sei das Kopfer weniger, oder
gnr nicht dimlich, der würde sich sehr tlosehe«. Ich habe von
dem Asihma niebia in diesem Ahsehniit« gesagt, aber wahrend
ich denselhcD geschrieben, einem frfitilein, das so heftig und
mgleich so «eluam von diewr Krankheit ergriffen war, dafs ich
kaum wfifste, anter welche schulrechie Kaiegorie dieses Asthma
xa hHageii sei, «o auflaliend schnell durch Knpfer geholfen, dafs
ich mich kaum «rinaere, je in dringlichen Umstflndea schnellere
Hälfe von einer Anenel gesehen zu haben. Ich habe in diesem
Abschnitte nichts von der Hysterie gesagt, aber wahrend ich Ihn
geschrieben noch ein FrBulein dnrch Kupfer geheilt, deren Hei-
lung weder dnrch Bauehmitlel, noch durch den swei monatlichen
Gebrauch des kohlensauren Eisens um das geringste gefördert war.
Wer dea richtigen Begriff des Universal mittels Festhalt, der wird
das Knpfer bald in vorkomni enden Fallen braneben lernen, und
durch die nosologischen l^ormen weder in dessen Gebranch be-
atinnnt, noth von dessen Gebranche abgeschreckt werden. Wer
aber jenen Regriff nicht fesihalt, oder ihn wol gar nicht xn er-
fassen vermag, den würde es wahrlich wenig nutzen, wenn ich
fiuch ein Lehrbuch der speziellen Therapie xnr Hand nehmen und
nach diesem alle Hrankheilsfurmen durchgehen wollte. Mir acheint
es jetzt nülzlicher, von den Verwandten des Kupfers ein Wort
KU sagen. Diese Verwandten sind (wie oben gesagt): Wrfn,
Branntwein, Aetber, deslillirte belebende, gewfinhafte Oele, kare,
') ÜBgcnbr 30 Vom» BrasBlwrin bt das tSglieh« Hari, weletea der Hsrr dar
Bremncrai jodaiii Arbeitar iilcft. Da die Arbailar abar der aliakeadeU ^'V"
pokrene •> aalir »he elebea , bleibt ei bei dlatea Harae aicli , loader* *^
Iriekaa obaa Hah.
— 1070 —
iolche Miltel, welche in deP ■ehnlraohleo Kategorie der flüchlig
reizenden unfei od liehen gehören.
Sollte jemand es vielleicht seltnm finden, dafa ich den Wein
bU ein Amalagon des Kupfers angebe, ja sollle gar ein geisirei-
eher Le«er aus meiner Behaoplung folgern wollen, ein Verehrer
«dier Weine könne dieser etwas iheureo LicMiaberei hinfort durch
tägliches Verschhicken einiger kleinen Kuiiferkryatalle genügen;
so bemerke ich die.sem, dafs nicht vom Weine als Nähr- und
Schleckt ran k , sondern vom Weine als eigentlichem Heilmittel die
Rede iat. Gwade duri^ die das Gehirn und das Genfssysiem aaf-
regende Wirkung, wodurch er den Trinkern unentbehrlich wird,
uehel er als Universalarzenei weil uotei: dem Kupfer. Leizteii regt
beide genannte Organ« nicht auf, und ist mithin in vieleiLPSlIen
anwendbar, wo jener ea nicht ist
Allerdings gibt ea Kupferaffeklionen des Gcsammtorganiamas,
in denen die das Gehirn und das Geßifssfsieni aafifgeode Wirkung
des Weins der Heilwirkung desselben keinen Abbruch ihm, er also
i%m Kupfer gleich stehen mag ; daraus folgt aber nicht , dafs er, i«
Allgemtiinea dem Kupfer glmcbaiehead, eine eben so Tollkommae
Uaiveraalarzenei «ei ala dieses.
Im Jahre 1802 herrscbieu hier and in der Umgegend Plenre-
sien, die ihrer Natur nach sehr geßhrlicb waren und durch Ader-
lässen in den meisten FKllen iSdilich wurden. Durch Wein, Brannt-
wein, oder Aeiher heilte man sie sicher und bald. Auch sah ich
dainabla in unserer NHchbamchaft einzelne Scharlachfieherkranke,
die ohne Aderlassen, bei anliphlogistiscber Behandlung starben,
iodefa andere durch geistige Mittel geheilt wurden. In den folgen-
den Jahren waren unter mancherlei Formen erscheinende Fieber,
die durch geistige Miiiel gebeilt wurden, gac sieht selten ; jedoch
brauchte man ein schnelles Sterben des Kranken so sehr nicht mehr
zu besorgen, ala im Jahre 1S02. Das Irrereden ^ ein gemeiner Zu-
fall dieser Fieber, warde nicht durch Wein,' oder andere geistige
Mittel verschlimmert, sondern der Kranke kam durch diese Mittel
wieder »i Verstand. So viel ich jetzt' die Sache begreife, waren
diese Fieber Kupferaffektionen des Gesammtorganismus, und hBtie
ich damabla dag Kupfer gekannt, ich würde wahrscheinlich des
Weines , des Branntweines , oder des Aelhers nicht bedurft haben.
Schon damahls legte ich mir die Frage vor: ob aus den ZnfBI-
leD der Krankheit dieser eigene Zustand des Körpers zu erkennen
sei. Alles wohl erwogen, fiel die Antwort dabin ans, dafs die Er-
kenninifs durch Zeichen nnmSglich sei, man also den Arzt nicht
tadeln dürfe , der bei solchen heu erscheinenden Krankheiten durch
Aderlässen und den übrigen kühlenden Heilapparat Schaden stifte,
oder gar den Tod berördere. Das NSmIiche mtifs ich auch noch
jetzt von den KupferkranUieilen behaupten, biu also in diesem
— 1071 —
Punkt« darch die g«helinllnlKche Lahr» nin kein Hftar weiter g«-
kontnifin.
Wer da gflaubt, dnrcfa solche ElrfabrangeD, und keien es auch
die glHckliclHien, Heilmittel auf Kratikheitaformen gefunden an
haben, der ist wahrlich seine« Glaobens wegen zu beklagen, früher
oder apäter wird er enuftasoht werden; iperret er sich aber gegen
diese EnltBoacbnng, te wird er sich, selbst in den Angen tchlicbt
veratindiger Laien, )Xc1ier)ich machen. Meinen jüngeren Lesern
HKifa ich eine kleine dahin einschlagende, elwaa lästige Anekdote
ersäbleo. hn Jahre tSOS war der Wendepunkt, wo die darch
geistige Mittel mit VoribBll zu behandelnden Fieber ihre Endscbaft
errcLcbten, nnd anderen Plan maehien, die, obgleich man sie
aaeh achnlreohiem Brauche wol eigentlich nicht inflaaiinatoriseha
hatte nennen können, doch so geartet waren, dafa sie keine gel'
stige Mittel vertrugen. Die verstAndigeren Praktiker meiner Be-
kanntschaft haben diese VerHndening damahls so wol beobaebtM
eU ich , es gehörte auch eben kein grofser Scharfsinn zu dieser
Dfobachlnng. In meinen alten Papieren finde ich den 17. Janoar
1808 als den Tag angegeben, an wdchem ich den ersten Kran-
ken der neuen Art übernommen. Kun, ein Jahr darauf hesuchie
mich eines Tages mein Freund itA", jetziger K5nigl. Badearzt
zn S". Im Lanfe des Gesprfichei sagte er auf einmahl zu mir:
w'a» haben Sie doch meinen Kollegen X. tat ein verzweifeltes Fie-
bermitttel gelehrt* er macht ja die Fieberkranken durch Wein
und Aeiher ganz toll, und wenn sich die Freunde des Kranke«
gegen diese Behandlung sirüaben, beruft er sich kühn auf Sie,
mein Frenndi behauptet, Sie haben ihm den Nutzen des Weines
nnd Aeihers nicht theoretisch vordemonatrirt ( darauf würde er we-
flig Werth legen), sondern ihm denselben wahrhaft pfaktfaeh.
Dämlich, sichtbar am Krankenlfette gezeigt.
Da ich mich mit meinem niederländischen Amtsgenossen X sehr
selten am Krankenbette ausammengefunden , so erinnerte icb mich
augenblicklich dieser praktischen nnd sichtbaren Belehrung, und
«rxKhlie sie meinem Freunde ^A"'^ wie ich sie jetai den Leser
erafthlea werde. '
Den 7. Jan. 1S07 wurde icb zn dem Freiherren t. L. zn W.
gerufen, um mit seinem gewöhnlichen Arzte über den Zaatand
seines kranken Rentmeisters zu rathschlagen. Dieser, früher ge«
annde und starke Mann, befand sich in sorglichen UmstSnden.
Obgleich er, nach dem schnellen, vollen Pulse za urlheilen, stac-
kea Fieber halte, war er doch nicht im Bette zu hallen, sondern
safs auf einem Stahle, sprach wirre Dinge durch einander, seine
Zunge war schmutzig, die Bewegungen seiner Glieder zitternd,
sein Blick flan und irre. Da mein Kollege ihn von Anfang an
antiphlogisliseh nnd abfiibrend bebaadelt, ohne ihn jedo^ snr
— i»ra —
Ader *a lam*, aadh beim apfter ewtratflotlan ffreredsD die Zog-
pflaster nicht vergesMeo hall«, der Krank» aber iSglich Bchliniin«»
bei dieaer BebandluDg geworden war, to niu/ata schon drr ge-
«uude MenscheoverUttod in einer ganz eeigegengMeutea Behand-
lung daa Heil suchen. Meinem AmtsgenOHen Mellie ich diese«,
ohne mich weiter auf theoretische DAinonriraiionen eiDsniassen,
gana einfiillig vor; und da er den faliiiache« Vorderaa», daii der
Kranke bei der Koii|ib logistischen udd aMleerendao Behandlnog
sichtbar schlinimef geworden, nicht Ifiugnea konnte, so konme
er auch die prakliiche Folgerang, die ich aoa dieaem Satxe log,
nicht verwerfen. Ob er aber in seinem Uerien von der Richtig-
keit dieser Folgening wirklich überzeugt war, wag« ich nicht ca
bestimmen, ja fast mufs ich daran zweifeln, denn er erklirle,
er wolle mir die Anordnung' des neuen Heilplanes ganz äberlaa-
•an. Diese Anordnung war mit Zuziehung des Eddinannes bald
geauwht. Da derselbe auf meine Frage, - <^ er guten ^len Wein
im Keller habe, aniworiete, dafs er'dieaen nicht blofs faahe, son-
dern ihn auch gern zur Heilnng seines Reatmeisters hergeben wol-
le, so war mein Ratb, den Kranken innerhalb 24 Stunden an-
dertbalh Flasi^en in getheilten Gaben trinken zu lassen. Damit
wir aber auch, der Apotheke zu Ehre, etwas Apolhekeriscbes
verordnen möchten, rieih ich, Schwefelfiihet holen zu lassen nad
davon stündlich 15 bis 20 Tropfen zu reichen.
Der Erfolg dieier Behandlung war, dab der Kranke, «^a
am folgenden Tage zu Versland gekemmen, in überrascbend schnei-
ler Zeit genas. Solche Fieber nftmlich, wean sie blofa in einer
reinen Afl^kiion des Gesammtoiganismus bestehen, also kein Or-
gan urerkraakt ist, heilen sich schnell; vorausgeaetat, dalz dem
Kranken das Blut nicht abgezapft ist ; iat daa aber geschehen , so
gebet die Heilung viel langsamer, Entfernt »an auch die Gefahr
bald, s« bleibt doch der Puls gewöhnlich eine lange Zeit. schnell
und die Krfifie wollen übel wiederkommen.
Das ist nun kürzlich die sichibare praktische Belehning, die
mein acbcbarer Amisgenosse X. von mir erhallen. Mehr als wabi^
acheinlicb ist es, dafs'er die geistige Fieberheilung zu jeser Zeil
hei den meisten vorkommenden Kranken mit mehr oder minder
gtücklicbem Erfolge, jedenfalls mit weit besserem als die anti-
phlogistische und ausleerende wird versucht haben. Ohne Zwei-
fel bat er nun geglaubt, im Besitze einer ateheren Heilart des
Nervenfiebers zn sein , *) und da er uf die schon Im folgenden
Jahre eintretende Veränderung der epidemischen Conalitniian nicht
*J Wer neioes, jclil icbon in Reich« dar Scbaltaa wailenden Kolleges tsdeU
wallte, wärle nteht blori Iba , leDdera mit ibn viala aadar« Aerite tadcla.
Er war ea dock licbt alleia, dar alcb ainbildBle, eina aleber« Beilul des
Hamslabsn, dlaaa« trslIiataN WshaUldai u keDsea.
"■■■ - ■' ---— ^^_v-
- 1073 —
geachtet, mofate er §ich selbsi, durch seine geistigen Fieberku-
ren, als eioen etwas nngeistigen Mann beknnden. Mein Freund
dÄ"y eia änfserst TerstSndiger nnd umKiobliget' Praktiker, der
weiter nichts wafsie, als dafs sich X. auf mein handgreifliches
Experiment berufe, mufale herslicb lachen, da ich ihm nicht blofs
die Thaisache, sondern anch den Hauptpunkt, die Zeit, wo sie
■ich xugetragen, auslegte.
Ich habe zu jener Zeit, da geistige Miiiel den Fieberkranken
offenbar gnle Dienste ihaien, mich ans .\eugier<fe, so weit meine
and guter Freunde Bücher reichten, in der älteren Literatur um-
gesehen, ob sieb in dieser auch Erfahrangen über den fraglichen
Gegenstand finden. Es kam niir nftmlicb so vor, dafs, wenn
anch die Galenische Lehre die Aerzte nicht leicht auf den Ge-
danken einer geistigen Fieberheilung habe führen können, *) doch
der Zufall in so vielen Jahrhunderten ihnen diese Erfahrung habe
aufdringen müssen. Ich fand aber damahls nichts,, was meine
Neugierde hfitte befriedigen können; wahrscheinlich, weil ich als
Ungelehrier es da suchte, wo es nicht zu finden war. Die Mei-
nung, der Galenismus müsse die Augen und den Verstand der
Aerzte so verblendet haben, dafä sie die vom Zufalle ihnen an-
gebotene Erfahrung hartnackig von sich gestofsen, war also sehr
verzeihlicb. Später ist mir manches dahin Einschlagende ganz
ongesnchl in die H&nde gefallen und hat mich überzeugt, dals ich
in jugendlicher Voreiligkeil den Siteren Aerzien Unrecht gethan.
Obgleich ich, weil der Gegenstand im Laufe der Zeit den ersten
lebhaften Reiz für mich verlor, dasjenige, worauf ich zwischen
den Jahren 180H und 34 zufällig gestofsen, mir schrifilich zu be-
merken versSumt habe, so erinnere ich mich doch noch deutlich
des Laz. Biveriua, der (Lib. XVII Cap. i. Praxi* med.) sagt:
sn Montpellier habe 1623 ein Fieber geherrscbt , welches* den drit-
ten Tbeil der Erkrankten get5diet. Hinsichtlich des Weingebrau-
cbes, laniet seine Rede also: li» aegroianlibtu , qtiibut puhu»
eratparum fre^utn* et puhui tanorvm ftre nmili» , Ungtta iunida,
et Hulla lifit, vintim exhibnimu» felici sttcceMU; illiuiqne eontinua-
tionem indicabat levtmen inde emergen* , «t qüod es ifiiua »■» Jie-
hrii nvffalenui iatetuior evadebat, neque »i(i» out iinguae ticcitfu
excitabatur.
In Fällen, wo das Fieber stark, die Zunge -trocken, scbwnn,
rauh, und der Durst grofs war, enthielt er sich des Weines nnd
gab kühlende, sfioerlicb« Mittel. Er scheint hier aber mehr durch
vorgefafute Meinung verblendet, als dnrch Erfahrung belehrt , den
Wein gefürchtet zn haben; denn gleich darauf fahrt er den von
') Wm an kei Galt» äb«r d«B Gebraoeb du Weiiei is Fi«b«ni lädst, lit
tihr siib«ishr«Bd. " " - ' — ■"O'"
68
— 1074 —
ZmeutuM TM»itttHut (Ohnerv. 93 Lih, 1 Praxi* mdmir.J erzahlien
Fall an, dar« ein am bö«ar(is«ii Fieber kraaker, bei «ukem
Durale, truckner, schwarzer Zunge scheinbar dem Tode naher
Mensch , aaf Zacmtu» Lmaantu Raih mit ans^eceichnet ^ücklicheai
.Erftflge Wein getrunken und blof« durch Wein geheilt tei, und
macht zu dieser Beohacbinng folgende Bemerkung: Verum Ait
Ctlai lententiam adducere non alienum.' tatpe qttot ratio »m
rettitüit lemerita» adjuvat. Da< ist eine Bemerkung, die mir aas
der Feder eioeji übrigens recht yeiBiäadigen Mannet nicht Hooderlicfa
geftllt.
Tiom. BaHh«hnm (Hüi. 7 Cent. 6) en&bU : der Kneohl eines
Efsbischofes habe airi Petechialfieber heffnungsloR gelegen, und da
er selbst gemertit, dafs man ihn verloren gebe, den Erzbiadiaf an
einen Schlack Wein biilen lassen, damit er sich vor seinem Hra-
' scheiden noch einmahl laben könne. Von dem geistlichen Heriea
bekommt er Rheinnein, qnd swareiwas mehr, als einen Schinde.
Nachdem er davon getrunken, fkllt er ia einen ruhigen Schlaf,
schwitzt liichiig, und ist aufsor Gefahr.
Similia exempla plura apad »oi atemoriae 9cairr»Mt, sagt Bar-
thotinw- Es konnte ja nicht fehlen , «s mufsieo üth solche Fslle
oft zutragen; denn da manche, denen der Wein wahres HeilmilteJ
ist» eiben besonderen Trieb dazu fühlen, so werden gewib ancb
nicht alle, die diesen Trieb gefühlt, ihn dem Arzte und dCsSM
Theorie zu Liebe unterdrückt, sondern vielmehr tüchtig Wein ge-
trunken haben. Das Wenigste von solchen Begebenheiten ist wol
sa nnsM-er Kunde gekommen, denn die wenigsten Aerzte haben
grofse Neigung, Beobachtungen bekannt zu machen, welche mit
ihren theoretischen Ansichten im Widerspruch stehen.
Was V. Helmvnt vom Gebrauche des Weines bei Fiebern sagt,
kommt mir etwas prahlerisch und etwas albern vor. Seite 432
heifsi es: jam a qninquaginla Mne annii mecum experioTy me
flare* luinare , eliam non vi»o»,^»pretiaqKe diaettu regufii , quam
plurt* tiMul medicix qui in nottra urbe »berraiU; experior, Äa-
füofn , m« omhei /ebret continvai et ialermitieittet curare paueia
dithtu , im9 et plerumque pauci$ ioria , mq» admitto phlehotnmoy
»edpermitto vino.
Der Mann war, da er dieses schrieb, schon sehr alt, snd
alten Leuten muls man, wie ganz jungen, etwas zu gute halten,
bei beiden spielt die Fantasie nicht sehen den Meister, Abgese-
hen von der Allgemeinheit seiner Behauptung, niufs er jedoch in
«einem Leben viel mit solchen Fieberkranken zu ihao gehabt ha-
ben , denen der Wein gut bekommen ist, sonst würde er sich
schwerlich im hohen Alter diese Behauptung erlaubt haben.
AnuUdtu de Viffamova, der bekanntlich am Ende des ISten
und im Anfange des 14iea Jahrhunderts lebte, als» so einisZeit,
— 1076 -
wo ^r GalMisniDs nosh Ktn« ganze Herrtohart Qbie, *) «agt
(Aphoriimi de ingemii» Aocitii«, euratiti* et prae-
»ervmtivi» aiBrioriiM, apecialei corp9ri» parte» re-
»picient«*) von d»m Gebrauch« doi Waiae« in Fiebern Fol-
gende« : Qfttbuieunqme fehricitaittätu» arteriae aunt angtutat , mto-
dieum äpiriiHm csHtinentet , neceme ett vino mbHli et dehili »piri-
Itu Jovere vitale: — FebriciloMtet ^ qui penuriam tpiritmtm pa-
timtttmr, niai vino ctutte r^aeil/eiilur , cito d^eiunt. -~ Quiiiu-
cunque/ebricitantAnt atomachua fuerit frigidu», caput autem forte
et vix pa»»iii/e, vinam congruenliu» adminiiiratur. Ich hoffe,
meinen Leiern wird diew Unlerrichmng, wie der Wein bei Fie-
bern tu gebranchen, deutlicher aein als niir.
Meine Aeafurnng, als sehe ich Jeist jene Krankheiten, wel-
che ich frCher durch Wein, Brannlweia und Aether geheilt, für
Knpferkrankheilen an, spricht eine Meinung aus, welche zwar
viel Wafaracheinlichkeit für sich bat, gegen welche man aber
aoch manche Zweifel erbeben kann. Bei mir ist die Untersuchung
noeh nicht beendiget, mithin kann ich auch nicht unbedingt dar-
über absprechen. Ich gestehe ehrlich, dnfs in solchen Fällen,
wo von schleuniger, augenblicklicher HOlfe die Erhaltung des
Lebens abhflngt, (z. B. in der aofangeodeo LSbmung Ao% Plexu»
eoeliaci oder in der achon etwü weit gediehenen Lübmung dec
Lunge) ich mich auch jetzt noch nicht gut des Aeihers enthalteo
kSnnte. Das kann, i«h gebe es zu, blofse, blinde Vorliehe für
eine Waffe sein,' niit der i«h Trüher glücklich gek&mpff; es kacQ
aber auch eine Mahnung meines prakiischen Gefühls sein, an der
etwas Wahres taL Wer kann es wissen? nnd wie soll man sieb,
ohne Menschenleben aufs iSpiel zu seinen, überzeugen!
Was ist von einer Verbindung des fCnpfers mit dem Aether
za erwarten! — Ich kann es nicht mit Beslimmtheil sagen; ieh
habe eine solche Verbindung wol einmahl versucht, aber doch
so sfthr selten, dafa ich nicht einmahl vermulhend, geschweige
denn belehrend darüber sprechen darf. Dm Kupfer ist ein so
sdnell wirkendes, zwar nicht sinnlich, aber dynamisch flachli-;
ges Mittel« dafi man, durch einen Zusatz von Aether, ihm (wie
C W. Hnfela»d von einer geistigen Verbindung des Quecksilbers
einst sagte) wahrhafte Flügel geben würde. Leider würden aber
*) Hit (Jnncht wird dleitr Sebftnftellsr tm eisif«! ta d«a AlcbTHililaB ge-
raebnet. ^mpAerian Champitr , icio LabepiboHbrajlMr, h(I, er bak« •üh
bL)Gi in dar Jaicad nit der Goldnichenl ■iseK^boa oad sei ipliter voi die-
■er Thorbeit tDraoksckonnea. War laiaa mediiiDiioban Scbriflen lieact,
Kab dieaei aueb aebr wabncbeiolkb flndea. la dar Baaelar Anigabe leiDar
aKmiDtllcbaa Werke, tob 1S8S, fiodet man jene jngaadHtbaD Goldnaehertcirif-
tan mit einer, D* jmUrtia attrtmtmima Bsi elMT udares Da ligil-
li» tia Aabsai. ;.. . - ■■, -.-.j-J^lc
— 1076 —
dies* Fliigel sehr Gbel lu beobachlen leih, und msn IcQnot« gar
leicht der ZiiBaminensetznag eine Wirkung grascbreiben', die dem
blofsen Kupfer allein sukäine. leb überlaBse diesen Gegenaiand
dem Versuch - und BeabachtnogsgeiBte meiner Leser , bemerke aber
xngleich den jiing;eren, dafs sie sieh nichi herausnehmen dürfen,
über den Werih einer solchen geistigen Kapferverbindung abzu-
sprechen, wenn ihnen nicht vorher das einfache Kapfer durch
einen zehenjtihrigen Gebrauch zn einer Waffe geworden , die sie
mit Gemächlichkeit »nd möglichster Sicherheit zu handhaben ver-
stehen.
Wils die destilHrten aromatischen Oele betrifft, ho hab« ich
mich früher derselben gern da bedieat, wo die eigentlich geisti-
gen Miliei das GefiffaBy^teni auf eine, wie es mir schien, wenig
voriheilbafie Art aufregten. Jene Oele ihun dieses minder, nnd
der Hoffmannische Lebensbalsani hat mir wirklich recht gole Dien-
ste geleistet; jedoch war mit dem Jahre H die beste Zeit für den
Gebrauch dieses Mittels auch abgelaufen. Hinsichtlich der schnel-
len, wohlihüiigen Wirkung, stehen aber die desiillinen balsami-
schen 0«le dein Kupfer, obgleich si« mit ihm venrandt sind,
weit nach.
Von dem Moschus mufs ich, nach dem Gebrauche, den an-
dere AerKle davon machet) , zu schliefsen, glauben, dafs er aucfa ein
Verwandter des Kupfers sei. Ich selbst habe mich' seiner sosehr
wenig in meinem Leben bedient, dafs ich aus eigener Erfabmng
nichts, gar nichts von ihm zn sagen weifs. Ich hebt es nicht,
sehr (heure Ar/.eneien zu verordnen, kann auch unmöglich glau-
ben, dafs die Natur so sliefmiitierlich ffir das Menschengeschlet^t
sollte gesorgt haben, ausschliefsliche Heilkräfte an eine so ibeate
Substanz zu binden.
T*st d«m Ksspfcr •!■ Wisrnsinlttel.
Eig^ndicb ist hier wol nicht der rechte Ort, Ton dem Kupfer
als Wnrmmiliel zu reden , d^nn seine wurmiödtende Kraft hat mit
aeinec Unirersalheilkraft nichts gemein. Da aber das, was ich
über erste zu sägen habe, sich hier kürzer und versftindlicher sa-
gen läfst als an jedem anderen Orte dieses Buches, so werden
die Leser, statt mich eines Verstofges gegen die logische Ord-
nung zu seihen, wol so gefällig sein, meine- Etede als eine bloCae
Einschaltung zu betrachten.
Das Kupfer lödiet die Würmer, es treibt sie nicht, wie an-
dere Wurmrniiiel, lebendig aus dem Darmkanal. In dieser Wahr-
heit liegt das ganze Geheimnifs seiner richtigen Anwendung; denn
wer nur ganz gemeioeu Verstand besiizl, der, mufs schon begrei-
fen, dafs es sich nicht darum bandelt, dieses Metall in so star*
— 1077 —
ken Gaben xa nicbta, ial» es den Uarmkanal zd verniehr-
lu Bewegung aufregt, sonderD, dafs man mit geringeren Ga-
ben, durcb den fortgesetzten Gebrauch die Würmer am si«ber-
iten todtet. Die im Maat - und Griniindnrme bausenden Ma-
den lieben das Knpfer zwar nicht , auf den anhaltenden Gebranch '
desselben gehen sie von den Menschen; es mufa diesen Thieieo
aber so tödilicb nicht sein als den anderea Würmern, denn die
Leute, denen ich es gegeben, haben mir gesagt, dafs ihnen viel
lebendige abgegangen. All« werden wol nicht mehr lebendig ge-
wesen sein; die mit dem Käthe Tennischten («dien mägen aber
wol , Qbel zn erkennen , von den Leuten fibersebea weiden. Die
TbatsBche, dafs lebendige Maden von den Menschen gehen, lälst
mich, hinsichtlich dieser Tlnare, an der lödtenden Kraft des Ku-
pfers etwas zweifeln, und ich pflege also, wenn ich sie vertilgen
will, Aloe in solcher Gabe dem Kupferoxyd zuzusatien, dafs mit-
iaiges Laxirpn erfolgt. Den Spnhiwiirmern ist das Kupfer ganz
bestimmt lödtltch. Man kaim es zu diesem Zweck in verschiede-
ner Form geben. Die Verbindung der Tinktur, oder des schwar-
zen Oxydes mit MohnSl ist vorx,üglich wirksam, aber auch man-
clien Menschen , des, Oeles wegen , sehr zuwider. In diesem Falle
mofs man die ,blofse Tinktur, in solcher Gabe, dafs sie kein
Brechen erregt, stündlich reichen, oder in Pillen- oder Pulver-
farm das schwarze Oxjd. *) . ■ ■ ^
leb habe mich bei akuten Fiebern, jedoch in seltenen Fftl-
len, genSihigt gesehen, die Wurmer durch Knpfer zu lödlen,
es waren aber consensuelle Fieber, bei denen der Grsammlorga-
nismns sich in dem Indilferenzsiande befand; wo also das Knpfer
als Universalmifiel nicht in etlichen Tagen schaden konnte. (Bei
einer UrsalpelerafTeklion des Gesanimlorganismus würde ich Be-
denken tragen, es als Wurmmittel zu reichen.) Sobald die Wür-
mer getödiet waren, verschwanden alle bSse, die Heilung stö-
rende Zufälle. '
Vor etlichen Jahren hatte ich ein achlKehnjfthriges MSdchen
SU bebandlen, welches an einem Leberfieber mit coDSGnsuellem
Durchlaufe litt. Ein aussetzender, ganz angeregelier Puls, nn-
anfhörliche Sut*uUm lendinum gleich im Anfsoga der Krankheit,
Irrereden, and die faestinunte Aussage der Mutter, dafs die Krank«
von jeher viel von Würmern geplagt gewesen, liefs mich i
*) WcDD du fcELvarze Oxyd , In dar Gabt Ton «in «der iwei Gr«e, Debelkeil
oder Brbrecben ntcht, lo ist ei rotwader Dicht got hereitel, oder der Rria-
ke tiat Sinre in Higea. Im lalzlen Fitla kaan man daritb «inea TheetGITel
roll RrebaaUinpalver, welcbet ntaa zaglaiab siit dem Qvji verietlueliai UM,
dar UabaqatBUaULaK vorbasgao.
"■■■ - ^-'-~-^'~
— 1076 -
theo, int» die d«r hernchendeD LvbBrknnkheit nieht eigenlhHio-
lichen ZufSll« von Würmern enisieben müfaien. Des vorhandenen
Durchfalles wegen gab ich hier die Kui»feriihkiiit- in Oelemulalen.
Ohne dafs der Durchfall Bufhdrie, verschwanden nach stveilSgi-
gBtu Kupfergebrauche die freiridartigen Zufalle; warum sie ttw-
Bchwanden , das wies sich in der darattf folgenden Nacht «aa.
Da näpilich der consensneile, von dem Urleherleidea abbangenda
Darchlanf noch bestand, so schafhe dieser die ledten WDrmer
weg. Zweiniahl schon halle die Mutier das Nachtgeschirr nnbe-
eeben in den Abtritt entleeret; aum drillenmahle wird siaerat
anfmerksam anf den Wuriniobalt detselben, und f&ngt an, die ab*
gebenden todten Thiere cii suhlen. Wfibrend dieser N'aebt und
des folgenden Tages ist die Kranke 54 grofae Spulwürmer lus ge-
worden nnd eine üniahl von Maden. Von letzten sagte die Mut-
ter, sie seien nicht, wie die SpuhlwBraier, todt, sondern viel-
mehr lebendig nnd sehr rilbrig gewesen. Nach Entfernung dieser
GSale heilte sich das Fieber, wie bei Jedem anderen Menscben.
Ein Jahr darauf sollte ich die EwetundswaniigjBhrige Tochter
eines Landmannes heilen. Sie hatte ebenfalls ein Leberfieber mit
(»nsensufllem Durchlaufe. Angeblich früher viel von Würmern
geplagt , war ihr Puls jetzt gans nnregelmfifaig ; Znokunge« , nnd
abwechselnd so liefe und lange Ohnmächten', dafs (Jnkundige um
ihr l^en besorgt wareq, raachien mir es wahrscheinlich, dafii
hie^WilaiAer im Spiele seien. Ich gab ihr die Knpferiinklur in
Oeleniulsioo , und ein sweltftgige'r Gebrauch derselben beseitigte
jen^fiemdariigen Zufälle. Nun gingen ihr, nach Aussage des Va-
ters, drei Tage lang eine Unzahl lodter Spulwürmer ab. Wie
vielf das kann ich nicht sagen; denn dem Landmanne, der Witt-
wer war, schien zwar sehr viel an dein Leben seiner Tochter,
aber gar nichts an der Zahl ihrer Würmer gelegen zn sein. Bloft
am dritten Tage hatte ein ihr abgegangenes Wurmknäuel aeiae
bäuerische Neugierde aufgeregt; er hatte, dasselbe entwirret, und
sich überzeugt , dafs es ans 32 grofsen Würmern gebildet sei.
Eigentliche akute WurtnGeher, das heifst, solche, die ein-
zig Ton dem Reize der Würmer auf die DArme abhangen, habe
leb, so viel ich mich jetzt erinnere, noch nie beobachiet, aber
wol« dafs andere akute Fieber, wie in den erzfthlten Fällen,
durch Würmer ver^chUmmttt ' und ihre Erkeontoih sehe erschwe-
ret wurde. Jedoch ist mir auch dieses bei weitem so hftafig niebt
vorgekommen , als angeblich anderen Aerzten.
Was den Bandwurm betrifft, so glaube ich, dafs kein besse-
res Mittel gegen denselben ist , als Kupfer. Man mufs das schwar-
ze Oxyd in mäfsigen Gaben , zn 1 , 2,3,4 Gran pro doti vier-
mahl tags reichen, so wird der \Vunn anf die Dauer flan und
stirbt ab. Will man dann dorcb ein Laxirmittel dno todten Wurm
— IflTi» —
huBDuchRffeB, so luBB maa «■ tboa; n&big i«t M aber nicbi,
denn ein lodter Bandwnrio wird in den Dtümen ja nicht fer*.
fMÜen, sondern wie jede andere tbieriache Subums avfgelSaet
werden, und nicht als Wuru, sMadpin als Koth abgehen. Ich
habe mebrmabls aaf den Gebrauch des Knprers alle ven dem Wur-
me abhaogeade Leiden Teracfawtnden sehen , ohne dafa der Wurm
sichtbar abging. Ein paar Mahl sagten mir die Kranken , sie ha-
ben ia de« Darmkotbe ein ungeßbr spannenlanges Stück entdeckt,
dieses habe aber nicfat, wie die früher abgegangeDeo Stöcke oder
Glieder, weifi, sonder^ gelblich and verBchrumpft ansgesefaeB.
BebannUich geben den Lcaien, die einen ordentlichen grofsen
Bandwurm im Bauche haben, von Zeit zu Zeit einzelne Glieder
des Wurmes, anch wol längere oder kürzere Stücke von selbst
ab. Bei und nach dem Gebrauche des Kupfers werden sie selcba
Glieder nicht mehr in den Excreneaten gewahr. *)
*) BlsMlie eitedsr odar Sticke , «it lirh von dem lebeodifca V/am miBM,
««rdan, weil lie gauK weib nod vall aisd, liicht aof dsM Darakotko erkanBl ;
aber Glieder eiRca todtea Warna« liad , w>il lie Eaia»»aaBcrft]lea «ad
- ichnnliinclb aoMebeB, ub«[ vom Darmkotbe- zd oBlericheidcD ; and wer,
weaa er nicbt gerada tnptlicber Hjpeebnodriit iai, bat Heigoac, »ciaem Kulb
■o urgTätrig in darckainjterB ? — Her in dem Falle, wo eia erientliehca
SlDck de» abceitortieBn Wemai aar der iDr«er«B Saite de» gcbuodencD
Darmkotbaa klebt (niobt wena ea ia Ibm atrckt) , wird ea vos den RrankeD
beHerkl, Sie aolcbe* Stock, daa ■ofcKbr eine Spuae liog aeia aocbte,
babe ich tatbit Bcaeben, md Hieb an* der *i;bmaliifgelbeD , vencbrompHeB
BeeebaSenbail deaielbeB von dem bbenengt, was icb eben (ea«f I , dal) oSm-
licb etotelBe Glieder, oder klciaera Stücke (iDllta aucb maiae HeiuDog, data
dar getUdtete Worai Id dea DÜntiiirtea aiirgeiaiet werde, aowibr lelu) lellea
vaa dea Rnukea erkaant werdaa. Freilich , letzt man eia mirsigsa Laiir-
BÜtlel ia dem Kepreroifd, »• kaaa maa den Warm eder Tbeile dfi Wurst
' ia ibrer Kaaxeo WeiTda nad Fälle aa lebaa bakoiumfa, denn bei der käaat'
Ucb rermebrlea Sawei^ag dea Dannkaiialn baben aie keiae Zeit, aaiebeialieb
la wardao : ea iit diriei aber ein ganz nDnatze« Betonen , aad waa naBÜts
iit maCi maa aicbt tbaa ala nur aaiaabmsweiaB. Vur ellicbaa Jabren Mille
i«b eiaer JaB^far beiren , die aiüeo Warm im Baaebe nad einca Sparrea im
Kapfa hetle. Die NärriaD wollte aiebt bisra geiaad werdea , aoadn-a aaeb
dea Wem aehaaea , der aia kraak fenaebt. Um ibr an saaüsea , aelita ich
a» Tial Aloe la dem KapfErexyd, daft aie faaf- bia Mcbioiabl laga dfiaae«
AbfBBS bekam. Nachdan )ie mebre Tage da* Hittel gebrasEtat, saifte aie
mir eiaaa Horgant dea ihr abgagaageaea Warm , aia batle iba gemeaaen and
ia «laem 6U*a Wasaer an aiaem Vadaa BafgebM^a«. Dia Uaga babe iah
rargecaea, waiCt aneh oiebt, ob er aaiaea Kepl »lEgabraebl, deaa ieh baUe
damabtt ao viel eraithafta Diage aa be«i;biclian, dafa icb mich bei dem Warm
aicbt beaaadera aarhallaa koaat«. So tiel aah ieh, er war s«eh ia (eiaer
gaasen'Fälla , vh bteadead weifaar Farbe , aad gegea daa Liebt gehallea
«ebiea er Taat balbdarabaiebtig. leb biell iba Kr dia Tntaiti Imta, welche
ia DeatKblaad aebr eeltea vorkeansea aoU. Taaaebea kaaa icb muh daria
aUerdiBfi, deaa »ail mir ia, meiaar «Mverallbtiacben Lebraail dar ProToaior
die Tunia lata gcieigt, babe kb tie aie mebr («aebea. Aber daria knaa ich
— 1080 —
Die Kdehinn «inca EdelmBoaei in nriiwr Nachbancfaaft litt
viel vom Bandwarme , u gin^«o ihr von Zeit lu Zeit Glieder,
saweileo spaanenlange Stücke ab. Sie klagte mir dieaea zo der
Zeit, da das TerpeDthiDäl sehr empfuhlen war. Ich gab ifar die-
ses, konnte aber keine andere Wirkung davon bemerken , als einee
reicblicberen Abgang der Glieder; diese Glieder sahen Auch nicht
al»gestorbeD und verschrumpft, sondern gerade so w«ifa und voll
aus , als jene , weiche ihr von selbst abzugehen pflegten. Uebrt-
gens blieb das Bauchleiden , -und die Terpenlbiakur war dem Mäd-
chen sehr zuwider. Einige Zeit darauf gab ich ihr das Kupfer-
oxyd, und durch den 14iägigeD Gebrauch desselben, wurde sie
von ihrem Bauchleiden gänzlich befreiet. Aach dieser gingen bei
dem .Kupfergebrauche weder Glieder noch Stücke ab, aber sie iat
gesaod geworden, und das bleibt die Hauptsache. Vor Kurzem
hatte ich Gelegenheit, sie in einem benachbarten Dorfe, wo sie
Ifingsl verheiraihet lebt, zu sprechen. Auf meine Frage, sagte
sie mir, sie habe seit jener Kur nie wieder Wurmleideo gespürt,
auch seien ihr nie mehr Glieder abgegangen.
Mir scheint, werihe LeserJ das ist eine weit gemSchlicbere
.Bandwurmknr, als die durch heftige Parganzen. Letzte habe ich
nie selbst versucht , aber Leote gesprochen, die sie Untergängen;
das Schlimmste bleibt immer, dafs sie nicht einmahl sicher ist.
Das Terpeoihtnöl will ich nicht verachten ; «s bat aber das
Unbequeme, dafs es die Leute ungemein schwindli«^ macht. Ich
trieb einst einem Manne den Bandwurm damit weg, der sagte mir,
er habe sich des Schwindels wegen ins Bett legen müssen. Das
Kammermädchen einer Edelfran, das ich auch damit heilen, wollte,
wurde so schwindlich, dafs sie sich besliiAmt weigerte, es wei-
ler zu nehmen. Seitdem habe ich es nicht mehr gebrancbt und
werde es auch nicht mehr gebrauchen.
Ob die Kupferbandwurmkur ganz nnfebibar sei, darüber will
ich mich nicht äufsern, sondern blofs dem Verstände meiner Le-
ser ein vertrauliches Wort zuraunen. Das Kupfer ist ein der
menschlichen Natur befreundetes Mittet. — Das Kupfer ist dem
Bandwarme ein tddtÜches Gift. — Die praktische Folgerung, wel>
che BUS diesen zwei SStzen sich, nicht sophistisch, sondern ganz
mich unm^lieb UkMohra, daüi er vod des BasdirfinBerB , valcha Icfa hier n
Lande gHehaii, «alir varaehieden trar. Die Glieder waran Uirzer nad breiter,
nicht lo glatt, aondarn ishea tut gerieti saa, nod die Seitaarinder warea
fein geuekt. tlebrig«ni hemerke ioh oaiih , dar« der Warm, d« ich ihn iah,
erat ein paar Stnndan vorher ran der Kranken fegangen, nad Hiebt ia Brannt-
wein, aonlern ia Waaier anfgahliBBt war, «Uo noch *ela vollkooiDHiea nalUr-
llehea Aniehea hatte. — Der Jangfer gab icli , naehdeai ihre Neagierde be-
friediget war, noch eine Zeitlang Knirfcroxyd nhae Alne, an die uEgliekes
Ueb«rii|«ihael des Wansei gau h vertilgen.
— 1081 —
ehrlich reritandbaft tEeben Isist, dem Leser weidSafii; anslegea,
hiebe aa der Gesundheit eeioea Verslaiidea iweifela.
Vom Kopfe des Bandwurmes habe ich auch hin und wieder
geleken : bleibe er bei dem Menschea , so wachse der Warm wie-
der An i all» müsse man sich überseti^en , dafa der Kopf abge-
Uieben sei. Ich will es gern glauben, wiewol der Sache aach
schon widersprochen is(; eins bemerk« ich nur meinen Lesern:
tödten sie den AVurm durch Kupfer, so brauchen sie sich weder
um Kopf noch Schwanz ta beliümmerp , denn der ganse Wurm
stirbt ab.
itv Google
vierter Absehnltt.
ScfelaflibeHiciit.aaseii Aber 41* VBlTeraalaüttcl.
r. Ka»H von de» drei Äff ektionen de$ Geiammttr-
goHitmui die eine in die andere ühergekent Ist ein
tolcher Uebergang xu erkennen?
■Hl ach einem blofsen WBhnen und Meinen Islsi lich über die-
sen GegcDBtand nicht sprechen, also werde ich dem Leser nur
einfach das miitheilen, was ich am Krankenbette in dieser Hinsicbi
beobachtet habe.
1 ) Salpeierkrankheil kann io Knpferkrankheit üiwrgehen.
q. Bei jungen Lstiteh, die eine nngpregelte und wQsie Lebeot-
art gerührt haben, naneDlIicb bei solchen, die im Genasw
geistiger Gelrftnke viel und anhaltend ausgeschweift.
h. Bei Allen, deren Organisntas im Abnehmen begriffen ist.
c. Bei langen und Alten, Schwachen und Stark«n, wenn die
Salpeterkrank heil gar sa lange anhält, oder durch icbonai^;f
lose Blutentleeinng ntid Qoecksilber bekfimpft wird.
Es wird aber jedem versländigen Leser eiolenchiend sein, riafs
die - angerührten Bedingungen den Arzt blofs die Möglichkeit eines
solchen Ueberganges'vermuihen lassen und ihn auf seiner Hut su
sein mahnen; Gewifsheit geben sie gar nicht. Man siebet b«i
allen achwachen Leuten, und bei frühalten jungen, Salpeterkrank-
heiten, werden siti xweckmalaig und nafeindlich behandelt, auch
geradexu in den Normalstand übergehen, ja dieser Uebergang ist
weit häufiger als der in Knpferkrankheit. Das Nämliche gilt von
lange bestandenen Salpeterkrankheiteo ; darum mag sieh wol jeder
hüten, aus der blofsen Daner einer solchen Krankheit auf ihre
Natur Bu schliefsen. ■
Da, wo ein 'Uebergang der Salpetfer- in Knpferkrankheit statt-
findet , gewahret man anfBnglich auf den Gehranch des 'Salpeters
«in unverkennbares Besserwerdeo ; den diiiien, vierten Tag tritt
— 1063 -
aber ein SiillflaBd dieiet BesRerwerdens ein. Hat »hd soldier Siill-
xiand- leiaen GraDd Dicht in eiDeni augletcb mit dtr 8alpMeraf-
fektion beBteheodeo Urorgaaleiden , ao kann man daraaf rachnen,
dab der Uabergang Ton Salpaier*, in Kupfer-, oder in Eisenaf-
fektioo sieb gewacht hat. Der kubiacbe Salpeter befördert diesea
üebergaag nicht, aber leicht thun dieses siarke Blutentleerungen
und das Queckailber; in schwächeren Körpern auch wo) Laxir-
und Brechmittel.
2) Die Salpelerkrankheit kann in Eisaokrankheil fibergehen:
nnter den nSmlichen UmstSnden, welche den Uebergang in Kupfer-
krankheit baßrdern. Jedoch bemerke ich hier nach, dafs es Kör-
per gibt, dt« ein« eigene' Geneigtheit za Eisenkrankbeit haben;
wenn dieaa vod «pidemiechen JSalpelerkrankheilen ergriffen wer-
den, ist ein solcher Uebergang, ohne erkennbare Veranlassung,
leichter mSglich als bei andereo Körpern. Worin die Geneigt-
heit zu EisanaffekiiOD besiehe , weifs ich nicht auszulegen ; dals
sie gewissen KSrpero eigen ist, habe ich blob beobacbiei onil
zu solcher Beobachtung gute Gelegenhieit gehabt, weil ich eine
lange Zeit ao dem nttmlicben Orte wohne nod wirke,
3) 0er Uebergang von Eiseo- in Salpelerkraakfaeit ist zwar
nicht unmöglich, mir aber bis jetzt noch nicht vorgekommea. Man
kann wol wihnen, einen solchen Uebergang gesehen zu haben,
eich aber auch gröblich täuschen. Eine dem Grade nach schwa-
che Salpeteraffeklian vertiügt nämlich anfangs das Eisen, der Or-
ganismaa wird nicht sichtbar und dem Kranken rübibar feindlich
davon aufgeregt.- Ela drei- oder viertägiger Gebrauch des Eisens
wird aber die schwache Sulpeteraffektion nach und nach steigern,
und dann ein Zustand ainireten, in welchem der ktibiscbe Salpe-
ter Wunder thnt. Der Arzt kann sich hier leicht einbilden, di«
Eiecnaffekiion lai in Salpeteraffektibo omgewandellt es ist das aber
blofse TBuBchnng, welch« bei. einer apfangs «cbwacben, aber bei
keiner ilnrkeD Salpeieraffekiion möglieh ist.
4) Der Uebergang dar Kapfer- In Si^peleraffekiion ist mir
abeafalli noch siebt vorgekommeo ;' die Mdgliokkeit deaselbMi mag
ich aber nicht abüreiten. Jedoch kann bei aolchett Beobachtan-
g«D auch leicht aia Irrtbnm mit Dotcrlanfan ; weshalb sieb jeder
wohl vurseben mag, der kline Lost bat, sich selbst und andere
xn täuschen.
itv Google
tl. Von d€M Verieitnitte der Univertalmittel ^e-
gen einander und von der MSglichkeit eine» gleich-
zeitigen Vorhandenteitti zweier Univertaltrank-
heiten i» Organitmo,
So Tial ich beobachtet habe, sind Eisen nod KnpFerj hiniichi-
lich ihrer Heilwirkung, dem kubischen Salpeier gerade entgegen-
gesetzte Mittel. Eilen and Kupfer sind nicht einander eutgegen-
gesetzte, sondern neben einander gesetzte. Daraus folgt schon,
dafs Salpeter- nnd EisenafTeklion nicht gleichzeitig im Kdrper vor-
banden sein kSnne, und eben so wenig Salpeter- und Kupferafl'ek-
tion. Aus dein Gesagten folgt aber nicht die Unmöglicbkeit eines
gleichzeitigen Vorhandenseins der Eisen - und Kupreraäektion, and
ich habe fast den Glauben , dafs ich sie zuweilen gleichzeitig in
Einem und demselben Körper gefunden habe. Da ich aber deut-
lich einsehe, wie leicht ich hier in Irrthum habe rerfalleo k&n-
neo, so TDBg ich auch keine bestimmte Erfahrungen anfuhren,
sondern übergebe den Gegenstand zur weiteren Uniersuefaong de-
nen meiner Leser, die Lust und. hinreichende Geduld (u einer
solchen Untersuchnog haben.
///. Von den Univenalmilteln alt Hülfenj verbor-
gene Uror ganleiden xu entdecken.
Bekanntlich sind manche Uro rgan leiden sehr schwer zu erkm-
nen, ja es starben- Menschen, ohne dafa ihr Arzt je eine Ahnung des
Orgaoleidens gehabt, welches den Tod herbeigeführt. ;Man -würde
also Sehr nnweise handeln, wenn man in dieser Dunkelfaeit irgend
ein Hütfsmitlel, zur Erkeanlnifs zu gelangen, verscbmSheo wollte,
gesetzt dieses Hülfsmiiiel wäre auch an sich, unvallkoiniuen. Un-
Toilkommen sind die Univermlmiitel in dieser Uiniioht allerdings;
ich werde sie aber so lange in Ehren hallen , biä ich das VoU-
Icommnere gefunden, und das, was ich bis jetzt gHernt, denen
mitlheilen, welche Lnst haben möchlsn, den Weg, <d«a ich «elbu
etwas zu spät eingeschlagen, weiter zu Terfolgen.
' Kubischer Salpeter.' — Durch dies«n kann tnan zuwai-
len verborgene Leber- und Milileiden bei akoten Fiebern erken-
neo , wenn mit diesen Durchlauf verbunden ist. Gibt man nSm-
lieb gegen sofchen Durchlauf den Salpeter in Oelemulsion, und der
Durchlauf läfst nicht nach, so kann man, voransgesetzl, man habe
es nicht mit einer Eisen-, oder Kupferaßektion des Gesammtor-
ganismns und auch nicht mit einem Urleidon der DSrme zu tbuu.
— I0S9 —
siemlicb sich» ■«!»> dab das Darmleideii congenBoall ron d*»
Urleiden irgend •inei Organs abhang«. Hier nafi man aun be-
greiflieh auch andere Zeicben nicht gering schBisen. Ist z. B. bei
ainem solchen Durchlaufe der Harn -goldgelb, oder noch dunkler
gefärbf , lo gibt das Vermutfaung, dafs Durchlauf nnd Fieber voa
-einer verborgenen LeberaffeklioD abbange, -und man ihnt dann am
besten, ein Leberinitiel in kleinen Gaben zu reichen, %. B. fünfmahl
tags sieben bis acht Tropfen Breehnufswasser, oder tags eine (Jnxe
Qiiassiawasaer in getbeilten Gaben. Ist aber der Harn bei eioe.m
■eichen Pieber strohgelb, der dünne Darmkoth weifs, oder gran
nnd die Gesichtsfarbe nicht gelblich, so kann man darauf rechnen,
dafs die Leber in ihrer innersten Subsiant erkrankt sei. Hier
hilft dann am besten die Schellkrantaafttinktur, in kleinen Gaben
sn 1, 2, 3 Trapfen fÜnfmahl tags.
Siebet man, dafs bei klarem strohgelben Harne, oder bei etwaa
■nklarem weifsen, bei weifser Gesichtsfarbe und braqnsm Darm-
kothe, der Durchlauf, trotz dem iii Oelemolsion gegebenen knbi-
aehan Salpeter, anhftlt; so kann man mit grofser Wahrscheinlichkeit
darauf rechnen, dafs die Mili ergriffen sei. '
Uebrigens wird man bei solchen Urorganleiden, wenn gleich
das ron denselben abhängende Fieber der heftigsten, als Fieber
sieb oHenbarenden Ursalpeieraffektion des Gesammtorganisinng ähn-
lich sein sollte, kaum eine erkennbare kleine Beschwichtigung des -
Fiebers, aber nie ein wirkliches Abnehmen oder Versehwinden des-
selben bei dem Gehrauche des kubischen Salpeters gewahr werden.
Eisen! — Bei abnien Fiebern mit Dnrchiaiif, welche man
für Eisenaffektiön zu hnlten einigen Grund haben in5chfe, gibt
das baldige Aufboren des Durchlaufes, hei dem Gebrauche des Ei-
sens, den sichersten Beweis der richtigen Erkenoinifs.
Wichrig ist, bei den Organtiebern auf die Farbe der Excre-
mente zu achten. Wenn diese das Eisen, sonderlich das aatzsanre,
nicht ganz schwarz fSrbt, so si^het es um die cheiuiHche Mischung
der abgesonderlen Galle sehr verdächtig aus, gesetzt, der Darm-
koth sei auch vor dem Gebrauche des Eisens gelb gewesen. Auch
das rothe peroxydirte Eisen, wenn es nicht den Darmkoth gleich-
intirsig braiin t^rhi, deutet auf eine abnorme Gallenmischung. Zu-
weilen üufsert sich bei dein Prpbege brauche des Eisens in dem
rechten, 'oder linken Hypochondiio Spannung, oder Schmerz. Das
raufs lins auf die Möglichkeil einer verborgenen Urerkrankung der
Leber, oder der Milz aufmerksam machen, and durch Verglei-
ebong dieser Erscheinung mit manchen anderen, an sich nichts
sagenden Umständen, gelangen wir nicht selten zur Erkenntnifs de*
Verborgenen.
Kupfer. — Dieses ist als Hülfsmillel tor Erkenntnifs zn ge-
langen noch weit wichiiger als das Eisen. Ich habe dvdb .siJhi-
ges golclie Leber- and MiliHbd e^aiit und berHcbinnhli aneb
gebeilet, welche mir ohne dieeei HülfaailM wol für immer wür-
«les Terhorgen geblieben tein. Ich eah mehraahls, auf den Pro-
begebrauch 4^% Kupfers, Urleberleiden ueh dureh granen Darm-
koib offenbaren, und hei Milnleiden im linken Hjpoehoodrio Spui-
nnng und Scbmerxen entstehen, wo früher nie dergleichen bemerkt
waren, auch aah ich den Harn si<^ donkel fOrbea, der früher, itroh-
gelb, noch wol noch blauer gewOiea.
Die ElrkenntnilJi verborgener Oiganfehler kann aber nur in den
Falle durch die üniverial mittel erlangt «erden, wenn der Gefamnt'
organinnn* aiob in dem iDdiffarenattande befiodei. In einem ge^
miachien K raskb ei tuu stände kann nna blofi das SlillMehen der an-
filBglieben Bottemng auf aln gleiehzeiiig tirerkraakle« Orgaa hin-
Jedoch werden uns auch hier nicht aalten manche Erschei-
1 daa Auffinden des nrerkrankten Organa erleichtern, beeoa-
der« wenn wir das UniverBalmittel etwas länger reicban, als der
Zuaiand des Geaanmtorganisinna ea verlangt. leb falbe Jedem,
anf alle Encbeinnngen , . die eich bei dem 6ebraucbe der Ünirer-
aalmitiel, auch da, wo er sie nicht blofi als Probe-, loadern al«
Heilmittel reicht, areigenen, genan an achten; den Vonheil, den
dieses Anfmerken, zwar nicht in alle», aber doch in manchen Fal-
len gewähret, will ich nicht weiiläuftig sualegee, er findet lich
von aelbat.
Uebrigens haben mir die Univeraat mittel vonnglich bei ver-
boigewan Laber-, Milz-, und Pankreasleidea als Erkennangsmiital
gedient, weniger nnd nnr onvoUkomnian bei Gehirn-, Nferan- und
anderen Organlaidea. Znm Sehhisae bemerke ich noch , dafa ich
■ta nur in aolchen Fftllen ala Erkeqnungsmitlel gebraucht, wo die
Erkennlnifs auf jede andere Weiae unmSglicb war. Da , wo sie
durch Elrforachung nod Vergleichnng der Zafille kann erlangt wer-
den, wSrde ea von grofnem Uarertunde aengen, sich deraelbea
auf einem Uiuwegtf an nahen.
IV. ron den Uni\}^rtalmittelm alt Hülfen, in akutem
Fiebern bei nnverienubaren Organaf/ektionen dat
Leben sm fritten,
. £a möchte die Leier aelisan) bedünken, dafii ich von nner-
kennbarea Orgaoaffektionea bei akuten Fiebern spreche. Ich hü-
te sie aber, wohl za bedenken, dafa ich weder Galenikar noch
- Kryptogaleniker bin, also auch nicht zu der Klaue derer gefaOre,
welche sich einbilden, die Natar eraeuge eine gewiue Anzahl
Krankheilea, and wer dies« KrankhcilMi nod dis.HeilM« derad-
— 1087 —
bon am 4em neatleB Lehi4tacfa« der ipcsiellen Tbefapis* oder
au der neailen EncjclopSdie keBne, der «ei «in Tollcndeter Ant>
Bim ich gleieh, all hartlerniger- Schüler der \siar, erst im vier-
tigttta Jafare etwaa gescheit geworden, -ao begreife ich doch jetst,
daiä eioe nnbesiimmbare Menge Kraakheiten mSglich ist, dafa
\Jele Krankheiten dagewesen, welchen die Aerxte awar einen schal-,
rechten Namen gegeben, deren Natnr sie aber sieht erkannt, aad
dafs kiinrtig solche erscheinen werden, deren Nalor zn ergriindea,
wo nicht ganx unmaglioh, doch infserst schwierig sein wird; dafs
w!r also, so lange wir die' Kunst Tiben, uns aaf nnbekaante Krank-
lieitea gefafat halten niiissen. Haben wir qhh auch den ScharbiDD,
oder das Gluck , die \aiur einer solchen Krankheil so erk«ineii
{loweilea fflhrt uns ja der Zufall halder zur richtigen Erkenntnib
als das raüheTOillste Gröbein), so gnschiehel dieses doch selten so
hurtig, dafs durch nnsereaofUngliche Unwissenheit das Lehen mehrer
Menschen nicht sollte anfs Spiel gesetzt werden ; es ist also un-
sere Pflicht, anch für diesen Fall lebensfristende Mittel zu haben.
Eisen nnd Kupfer halte ich gerade für solche, und zwar für die
besten Aoshelfer. Vollkommen sind sie freilich oiebl, denn es
können ja epidetsiicfae O rganb «rührt bei ten Erscheinen, die die Men-
schen plülslich dahinraffen; da wird uns auch wol, kennen wir
nicht das wahre Organheilmiltel, oder nicht einmahl das nrergrif-
feoe Organ, Eisen nnd Kupfer wenig helfen.
Abgeiefaen aber- von solchen tödttichea Krankheiten, sind' die
Uni Versalmittel nicht so Terachlen. Bei manchen vnn einem Orot'
ganleiden abhängenden akuten Fiebern gehet offenbar der oonsen-
fiuell aufgeregte Gegamnit Organismus von dem IndifferenMlande fro-
her oder BpBter in Eisen-, oder Kupferkrankheit über. Dadurch
wird die Gefahr solcher Fieber gar sehr vermehrt. Heben, oder m&-
Csigen wir nun durch Eisen oder Kupfer diessAffektion desGesammi-
organismns. so mindern wir dadurch die Gefahr und gewinden Zeit,
das urerkrankle Organ und desben Heilmittel aufzusuchen. Ich war-
ne aber jeden , sich in solchen Fällen nicht durch überraschend
wohltbülige Wirkung der Universal mittel tauschen zn lassen, sich
ja nicht dem Glauben hinzugeben , als habe er schon die wahre
Hfilfe gefunden. Die wahre Hülfe isf nnr in dem Organheilroit-
lel; kennen wir dieses nicht, so wird die dnreh die Universalmil-
lel bewirkte scheinbare Besserung gar bald stocken nnd alles wie-
der den Krebsgang gehen. '
Sind wir nun aber anch so unglncklich, das wahre Organ-
heilmiltel nicht zn finden, so werden wir doch jedenfalls durch
den Torsicbtigen Gebrauch der genannten Uoiversalmiitel der Na-
tur nicht entgegen, sondern in die Hemd arbeiten, derselben Frist
■n ihrer geheimen , aber leider etwas langweiligen Heiloperaiion
verschaffen. ^-, ,. ..^
— 1088 —
Die •ehnlrechien Aerxte hBb«n den Gebrauch, in ihren tj'phS-
sen, nerröaen , bSsartigeo Fiebern, frSher oder spRter BtSrkende
und belebende Mittel za reichen.' Jeder, der, unverblendet von
■olchen bücherlichen Meinungen, die Natur selbil beobachtet und
seine Beobachtungen mit denen Jener Acrzte vergleicht, der wird
leicht gewahr werden,, dafa die togenannien ty phöien oder nervö-
sen Fieber in vielen Fftllen conaensnelle, von dem nicht beachte-
ten Urleiden irgend eines Organs abhängende Fieber gewesen.
Heilen konnten sie dieselben durch ihre stärkenden and belebea-
den Mittel zwar^ nicht, aber sie kennten doch, durch den mäfsigen
and vorsichtigen Gebrauch dieser Mittel, der Natur Frist zur Selbst-
heilung bereiten.
Wenn einige derselben, in ihrer bütiberltchen Verblendung,
uns eine solche Behandlung als wirkliche Heilung aufbindea wol-
len, so lafst nns sie nicht so scharf tadeln, werihe Leser! sie
sprechen ja ihre Ueberzeugung aus, and schreiben so weise als sie
können. Wir aber, die diesen papiernen Glauben nicht haben,
wollen, bei aller schuldigen Achtung für unsere Amtsgenosaen, in
den FKllen, wo wir hei unverkennbaren Urorganleidea durch den
vorsichtigen Gebrauch der Universalmitiel ' der Naiar blofs Frist
zur Selbsiheilung bereiten, uns nicht vermessen, wirklich geheilt
zu haben, sondern demfiihig bekennen, dafa wir, statt Heilmeiaier,
nur ungeschickte FÜoker.geweaen. Diese Deinaih wird nns zum
wenigsten vor den Witzpfeilen der ärztlichen und nichiflrztlichen
Patquillenmacher schfiizen, in so fern diese Pfeile nicht sowol ant
die Kunst gerichtet sind, als vielmehr auf die ruhmredigen, ver-
i KunstmSnner.
K Vermuthung Ober da», wat eigentiieh 4er Ge-
»ammtorganiimu» leiblich •«*» mag.
Ich habe früher eine reinerfahrungarechle Besiimmung des Gv
sammtorgan Ismus gegeben, nlLmlich: dafs er das sei, was, erkrankt,
nicht unter der Heifgewalt der Orgaa-, soudern der Universalmit-
lel siehe. Das Vermnihliehe, was er eigentlich lejblicb, sicht-
und tastbar sei, konnte ich, wollte ich nicht gSnxlich in Wider-
spruch gerathen, nnmSglich einer reinerfahru'ngarechlen Bestim-
mung einverleiben. Jetzt werde ich aber von deoi Vermnihllchen
auch ein Wort sagen, in der Voraussetzung, dafa die Leser so
gütig sein werden, meine Vemiuthung als eine zur Erfahmngs-
heillehre nicht gehörige Einschaltung zu betrachten.
Ich bin der Meinung, dala das, was im menschlichen Leibe,
erkrankt, nicht unter der Heilgewalt der Org^n-, soQileni d^r.IJni-
- 108» —
venalbeflmiitel stehet, du (Jrgewebe dea Letbei lei, and meine
C^nd«' für diese Meinung sind folgende. Das Urgewebe iai bis
jetM fBr uns ein anbeksaDto« Land, welches unsere Phanteaie
swar bereisen kann, in welchem ihr aber untere leiblichen Augen
nicht SU folgen vermögen. Ich hege die gräfsle Hochacfatung für
jene ihAiigen Untenticher, welche sich bestreben, diesen Theil der
Physiologie durch neue und sinnreiche Versuche aufzubellen, und
■cfa hoffe, das endliche Ergebnifa ihrer Benirihungeo wird von ei-
nigem Naixen für die elgenilichs Heilkunst sein.
Man spricht vaa dem Haargerafasj'aieise; daa ist wahrhaftig
ein unbezeichaender Ausdruck. In dein-Urgewebe des Leib«s wird
doqh dos lebendige UngefSfaige auch wol in Anmerkung iioninien,
ja die feinen, luisichtbaren Nervenföden, die ohne Zweifel einen
Theil dieses Gewebes ausmachen, sind, so viel wir bis jetzt wis-
sen, nicht Gefafsa,
Der ganze Leib mit allen seinen Organen ist aua diesem C[r-
gewebe gebildet; wie aber die reracbiedenariigen Substanzen der
Organe sich daraus machen, ist gänzlich in l>ankelheit gehül-
let. Sichtbar anderf ist doch die Substanz der Leber, anders die
der Lunge, der Nieren, des Fleisches u. s. w. ; nehmen wir an,
daa Urgewebe besiehe ans nichtgefäfüigem Stoffe, aus Blut- und
Lymphgefbiäen und Nerven, so müfaten doch, um dt,e verscbEeden-
BTtigen Snbaianzen der Organe zu hilden, jene Einzelheiten in ganz
eigenen und ganx verschiedenen Verbälloiasen gemischt sein. Wer
bat bis jetzt diese Sache ergründet, und wer wird sie je ergrün-
den f — Was ich hinr im Vorbeigehen berühre, ist nur ein ganz gro-
ber Pnnkt des Unerkannten und Unerkennbaren; wie viele weit,
web spitttgere Fragen künnte man aiifwerfen, und wer würde sie
beantworten? — Das Urgewebe ist ja die Werkstatt, in der jene
geheimen Verrichtungen vorgehen, welche dem KSrper daa Siegel
dea Organischen aufdrücken. Alles Uebrige, Was daa Auge siebet,
daa anatomische Messer ans^chSlel, dienet nur als grobes, vorberei-
tendes Werkzeug zn den geheimen Verrichtungen, welche die Na-
tnr in dem innersten Heiiiglhume dea Lebena vollführt. Wie weit
auch die Hohenpriester Hygeens in diesem Allerheiligslen vordrin-
gen mögen, kein Utim und Tbammim wird ihnen je die Nacht
erhellen.
In dieser Dunkelheit können wir weiter nichts thnn, als eini-
ge hervorstechende Verrieb tnngea des Ui^gewebes, in ihren Ergeb-
nissen beim gesanden und kranken Zustand« beobachten, verzich-
tend auf jede Erklärung.
Mit Gewifsbeii kann man wol annehmen, dafs das Wachatbum
in dem Urgewebe seinen Vorgang habe, ferner, der Ersatz des
Verlorenen, die Ernährung, die verachiedenariigen Entzündungen,
die Eiterung, die VerbSrinog, die einfache nod die fressende
^9 -^ -^v-
— IU0O —
SehwKrnng, die Absonderang den Brandigsn. Mit WiAndMio-
lichkeil kaun man noch Rnoehinenf dafii jener Zuilwid, d«r ncK
daueh ein Gefühl dai allgenieiDea Kraakiain« offenbaret, den nas,
ohne keine Grense beatinimes *a kSnaea, Fieber jMmnet, aoeh in
dem Ui^webe seineo Sita habe.
BelracfaleQ wir Duo die Wirkoog der UDiverealniiltel, M werden
wir Folgendet gewabr.
Bei der krankhaften Stdrong, die xaweilen in der Assbilduog
des Körpers Sialt hat, bei der die Kinder, ohne dafs die Verrich-
tung irgend eines Organs erkennbar getrübt wäre, in einen qai-
nenden Zustand geraiben, thut bald Eiaen,.bald Kupfer ao herr-
liche Dienste, dafa man mehr als Zweifler sein loGisle, wenn man
die heilende Einwirknng dieser Metalle auf das Urgewobe Iftognen
wollte.
Bei der Abmagerung, der zuweilen auagebildele Körper, ohne
sichtbare Störung der Verrichtung eines Organa, unterworfen sind,
liehet man auf den Gebrauch des Eisens oder Kupfers die £mib-
rung wieder normal werden^ Die mageren Menschen werden flet-
schig, ihr flaues, mifsfarbigea Gesteht bekommt die blühende Far-
be der Gesundheit und den Ausdruck der Kraft.
Auf Eolsündungen , je nuchdem sie geartet sind, wirken alle
drei Universal mittel so sichtbar heilend, dafs einem aacb hier der
Gedanke aufgedrungen wird, sie müssen notliwendig Heilmittd des
erkrankten Urgewebes sein.
Bei unzerlheilbarer Enlzüadung bewirkt das Kupfer eine
■chnelle und gute Eiterung. Worin die Uazenfaeilbarkeit bestehe,
weifs ich iwar nicht, . vermnthe aber, dafs, wenu ein gewisser
Theil der feinen Gefäfse durch plastische Lymphe verstopft oder
verwachsen ist , die Natur nur durch Al>szediren der «ntaündeten
Stelle lielfen kaan; diese Naiurbülfe, welche doch in dem Urge-
webe vorgehet, befördert das Kupfer mScbiig und sicfaibar.
Elsen und Kupfer befördern das SiilUtehen des Brandes and
das Abatofaen des Brandigen ; ein Beweis^ dafs aie auf das Urge-
webe wirken, denn in diesem wird doch jene Operation der Natur
Tolirüfarl.
Bei nianohen üblen Geschwüren, die schwer cur Heilung zu
Wingen sind und die sich doch auch im Urgewebe m.achen, lei-
sten Kupfer und Eisen aüfiallende Hülfe.
Endlich ist die Beobachtung, die ich geiuacbt, dafs bei allen
durch die Universal mittel bekXmpften Urfiebern (das heifst, bei
solchen, welche nicht consensuell von der Urerkrankung eines Or-
gans abhängen) ein Gefühl von Besserwerden viel früher von dem
Kranken bemerkt wird, als der Arst mit aeineo Fii^era ein Ver*
langsauen des Blutkreislaufes gewahren kamt; ein Beweis, dali
die Universal mittel nicht direkt auf das Hen und den Kreislauf,
— 1001 —
direkt Tielmebr anf das Urgewebe- heilend and dadnreh
weileriiin bernhigend auf das Genfuysiem wirken. Auch liegt in
diewr Beebachtang die Wahrscheinlicfalceit, dafi solche, dnreh di«
Uaivenalmiltel heilbaren Fieber, eine idiopalhiiche Erkrankung
dea Urgewebea lind.
Das und nun kürzlich die wabrachefnlicheii Gründe für mein«
Meinung. Jeut mala ich aber auch ron Beobachlnngen sprechen,
welche gegen dieselbe sind.
Ich habe im Yorigeo von önlicber Cnlznnduiig geredet, und
von derselben gesagt, sie sei nicht Vorwalmng einer Affekiion des
tiesasinitorgaBisinns in dem kranken Theile, sondern Urleiden des
kranken Theiles selbst. Mir tcheint aber, da diese driliche Ent-
snndung doch ohne Zweifel aoch in dem tJrgewebe des entBiin-
deien Theiles steckt, so mufsten die Uaiveraalniillel, wirkten sie
auf da« U^ewebe des ganzen Leibes heilend, doch auch heilend
anf das eines einzelnen Theiles wirken. Das ihiin sie nnn aber
nicht ,' denn th&len sie es, so müfste man jede Enizüodung zerthei-
len können, nnd keiner der s. B. Knoten in den Lungen hätte,
Inuucbte mehr zu fBrchten, schwindsüchtig zv werden.
Wer diesen Widersprach aasgleichen kann, der tbae es; ich
selbst werde mir den Kopf darüber oiobt zerbrechen,
Voransgesetzt die Wahrheit der Meinung, dafs dasjenige im
inenscfallcbeo Leibe, waa arkraakl unler der Heilgewalt der Uai-
rersalmiltel stehet, das Urgewebe sei, konnte man die Frage auf-
werfen, ob ea darch wahrscheinliche Gründe zu erweisen, dafs das
Urgewebe nnr einer dreiartigen Erkrankung unterworfen sein kön-
ne. — Wertfae Leser I das iKfst sich gar nieht erweisen ; ich wei-
de es aber der Erfahrung so lange glauben, bis ich durch die Er»
' Adimng anders belehret werde. Das einzige Wahrscheinliche, was
gaein Verstand in dieser Sache vorbringen kann , mag Folgendes
Dn alle Organe aus dem Urgewebe gebildet sind, zugleich
aber auch EigenlhBmliehkellpn haben , durch welche sin zn be-
sonderen Organen werden, lo ist es höchst wahrscheinlich, dafs
sie mehrartigen Ksankheiten unterworfen sein jnQssen, als das Ur-
gewebe. Daher röhrt es wol, dafs wir utancherlei Leber-, Milz-,
Gehirn-, Lungeakrankheilen u. s. w. haben, aber nur drei Krank-
heiten des Urgewebea.
Ob da, wo die Erkrankung der Eigenthünilichkeil eines Or-
gans durch die Universal mittel znm Xormalstande siuiickgefShrt
wird, durch das Erkranken des Urgewebes die Eigenihumlichkeit
des Organa hiofs tionsensnell erkrankt sei, iKfat sich nicht mit Ge-
wUsheit bestimmen, es ist aber als wahrscheinlich anzunehmen.
Ud>erhanpt sind aolche päd ähnliche Gegenstände gar feine Din-
ge, über welche sieh für oder wider, stumpf- oder scharfsianig
69« O"
— low —
■preefa«a Ufsl; es ist »acU gar harmlos, lich mit veratlndig««
Freunden darüber zu unlerhalien; nnr darf das Vermnibliche niebt
mit der reinen Erfahrungs lehre Tcnniaeht werde». Wer das ihan
wollte, der würde dadurch beweisen, dafa er niebt einnahl dea
ersten Begriff der reinen Erfabrungslehre der alten GebeimSme
arfafsi; es würde ihm gerade geben wie Sydemhmm und einigen
spateren Aerzien, die 3ber (tbaHiaatisoke Theoria klagen , sie, ab
den For(scbriiien der wahren Heilkunsl hinderlloh, verwerfen,
deneo aber ihr iheilicht verkrüppelter Verstand den Possen spielt,
dafs er sie «'X^ etwas anders gemodelte, aber eben so phaiitasli-
sehe Theorie an die Stelle der aU pbaniaaliieh verdaiiHnl«« Bes-
ten Ufst.
VI. V«n der Verlängerung de* Lebeut durch die
Univertalmittel.
Dieser Gegenstand ist mit dem vwigen nahe verwandt, wes-
halb ich auch keine schicklichere Stelle dieaea Buche« wüfsie,
von ihm za sprechen.
Da der grfifsie Theil der Menaeben ein la^es Laben für et-
was aehr Wrinscheaswerthes bfili, aa kann man leicht denken,
dafs die Aersie »chon in de; fihesien, vorgeschiehiiicben Zeit über
die Mdglichkeit es künstlich an verlSngern werden gegrübelt ha-
ben. Diese Grübeleien aiaid nicht auf uns gekomraen, würde»
anch wol wenig Ansiehendes für uns haben. Dia Klteaie heaiinui-
te Nachricht von einer knnsilichea Lebensver llingening , welche
an meiner Kunde gelangt, ist, verhälilich an dem mnitunafalidiea
Alter unseres Erdballes, sehr, sehr jung, sie fiailct sich nämlich
in den Werken des Galen. Dieser sagt in dem Buche vom Ma-
rasmus: zu seiner Zeit sei ein Philosoph gewesen, der habe eine
Schrift verfafst, in welcher er gelehrt, wie man sich vor den
Schwachheiten des Alters bewahren k5nne. Da er aber selbst
zum achiaigsten Jahre gelangt, sei er ao mager uni dürr gewor-
den, dafs sein Gesicht die grftfate Aebolicbkeit mit dem gehabt,
welches Hippokrate» in seinen Prfinoiionen als das des Sierbeoden
beschrieben.
Im Miiielalter , wo steh, nach, der Meinung der Gescbicht-
scbreiber, die iatro che mische Sekle gebildet (welche sich aber
selbst ein viel höheres Alter zuschreibt), soll angeblich zuerst der
Gedanke, durch gewisse geheime Arzeneien das Lebea eu ver-
längern, erseugt sein. Das Wie und Wann läftt sieb aber wot
nicht mit Bestimmtheit angeben, denn in jene» dunklen Zeiten
machte man nicht so viel Büehn* als jetzt, die Miitbeilunggcachah
meist mündlich, ja manches, was einiehie Künstler aa%e«eicbnei.
- IIM» —
wird sie la anaenr Kitide gekommra sein. Im Anfang;« des 14l«n
oder am Ende des ISien' Jabr^onderli soll JtmfMundu» Lutlitu eio
Gasprich über di« VerUBgemng des Lebens geacbrieben hab«D. *)
Das lebeoB verlängernde Mittel wird jeder, der dieses GesprAeb
nnr mit halber AnfmsrkMmkeit lieaet, für Kupfer ertcennen, wie^
wol der Verfasser es wnsdergnl xa venieckcn glaubt.*") Uebri>
geoB ist das Geaprftcb oSiinhar ein Hiichwerk späterer Zeit und
dem R. LuHiua antergeachoben,
Seiie 474 spricht Damogorgo»^ der atcb von R. Lullüa Be-
lebrnng tiber die Lebensverlängemog ausbillet, gaoi (reuhersig ron
Maraiiiu» Fici»u». Dieser hat nnn zwar über das Leben geschrien
Ben, aber angiäcklicher Weise über ein Jahrhundert später gelebt
ala R, Lmüitit. Abgesehen von diesem iVlifigriffe, ist das Gespräch
ganz im LuitUcken Geiste geschrieben, es stimmt genan mit des
R. Lmlliu* Buche De medicimü aecretütimia nberetn. **')
Des Amaldui de ViUa mma Buch TOn der Lebeatverlänge-
rong ist ein gemeines Machwerk, in dem keine Einheit ist.****)
*) Dl» Bnfb, io wElchm ich si Bcleifd, bat den Titel; Ragmititdl LhHU Ma-
joHcanl, miotephi tut temporii dael/MtiaH, Hbtlli aliguol ckemiei. Nmac
prirnnm {txeeptt Vad» nreiiiH) in lueem, äpera Doctorii Taxita» editl. —
BatOlas apuä Pttrum Pernnm ISja. Dal GtiprSeh Mal H* UthtrtuhHft i
(^gMam wilaa. DlaltgoM Raymuitit Lallli Maforitmml myteria in /«crM
") Seit« *66 beirsl u I, B. Haee medicima ia praeparatione aiutUpliciltr Varia-
tun nam niridem uitumit cBlorem nt lierha, prapterta nppellavemut ipiam
Fetem rrgelabilem ieriam. Mebre Siellen ttag icb Bicfat lanihraa, dst
Diog Ut mir gar ta albern.
"*) la diBfen Becbe belfit e* von der gebriMes Anes«i; Hon mtdieina at
t«mt*maUta et rtiuttgralifa juvtmtatii. A»« «t 5»*» Jurtmii eeptrit da
diela medieina «i» «ut ter in $€plimaila, tu pautl* vieibiu foeiet tumm »pt-
ratiaatm, et comefBabit tibi javmtHltm im ma proprio ttata ; ttiamti futrit
mitte annorMM ipatio, ttHKguant apparebil teiiex, negua habebit tanot , nt-
gH€ alfjaaai pstredlatm aal eorruptiomem, et iptum umabil tanum ab am-
»t üffinHilalt ialertori et eileritri, et ab amut febre , n«?»« md täHmam
ttrmimam tibi a De» prof/hram .- et lemper angel iptam ta firTtHndiii* , ru-
bere, magaaminiilat» et aadecia: el coatereabit ipiitm alaerem , laelam et
jaeaadam, es «ff, gnia Aaet mediciaa eit lamtae nrlalii, praprielalt* et pa-
leaUae, gaad man tiait palr^eri laagniatm, mee dowiiMori phlegiOm, mee
magare mrlaachaliam, ate iaeendi thetaram, nfe kamoret rnüat eit.
Da« Boate utd dai Veraliodlgtte ■■ diätem tallea Zaoffe ist dsr Termina»
mD*o praefix»». Wean eia UeaMb bti dea eehnaeb« der Wunderirceaei
aacb in den beiten Jabraa ilarb , Itoania man taner lafiea , ei aei ad termi-
■«M a Oio pratflxam gelang, and die WaBderarsaial blieb in Gbrea. Crol-
liai bat anob viel ■■! dem Tfruilao praefiro ta tbun, min laehL aber bei
■bm rergabsni einen deBtliebeo BefriS dieiei Aaidniekei.
"*-) Der Tilel iit : Oe ee/atreanda jaeeälwle el rtimrdaada ttaeeMe. In iler
Vorrad« naeat er lieb lalbal : Homimem »Üteelrem , lArortN^am igatfam
el praclitam raitieaaum. 1
— low -
Diraw Msogel an Einheit U&t nioli fait vwiantbeD, dafs et tob
■pSlerea Absfhraibem Zailixtf erhskeQ hab«. Amaldiu liBt , wie
die Geschichtidir eiber tagea, l>lofa in der Ja^od sich nit der
GeheimoneaeilcanBt and der Goldmactierei abgegeben , and sicli
apftler an den GalenisiniH gehalten. Da nnn ein paar Stellen in
jenem lebenireH an geraden Buche gans paeh der Geheiniliaatt
■chmecken, lO ist ei eben so ^t nftglich , dafe diese von einem
späteren abschreibenden' Adepten «iBgeachaUei , als dafs sie Aaf-
tanchen der jugaudlith - Amaldüeie» GeheimnilskrSRietei sind.
Jedoch, weil sie mit dem gamen Bncbe in Widerspnicb stehen,
grenzt die erste Möglicblceit näher an Wahrscbe in liebkeit als die
lEweiie. •)
ParmeeUtu bat bekanntlich auch Ober die Veriingerung. des
Lebens geschrieben. Eisen und Kupfer siod , nach Ihm, die Mit-
tel, worin das Geheininil« steckt, nicht aber Gold, wie man den
Ungeweihten vorgiaspiegelt, und wie es nnknndige Gefaeimfirsie
sotbat geglaobt.
Um aber die Stelle, worin er dieses sagt, an versieben, innfs
man vorher wissen, dafs er, nach seiner dunklen Schreibart, an
vielen Orten seiner Schriften Eisen und Kupfer, oder vielmehr
seine aus diesen Metallen bereiteten Arseneien unter den Namen
Ckeiri und Antht versteekt. 'Die Stelle laulBi also: Qßtinpiam
a/iOM de Auro potttbiii, »imiliter de qminta tttentia mtntiaßat!
tarnen hie tingiUa ad Ckeiri et ad laphirinum Anthoa rtferem»»,
id quod noH paneoi fyfellit f inier guoi eit Amaldiu ckm aemnli»
tut».") ■ ,
Uehrtgens ist von diesem Werke die deuuche Unchrifl ver-
< loren; anlser etlichen dentschen RruchstSoken, hal>eD wir nur die
lateinische Uebertetning desselben von Oporinm, deren Echtheit
etwas zweifelhaft ist. **') Zum wenigsten ist die Aeufserung, dals
der Mehacb durch die Kunst sein Leben auf mehre hundert Jahre
bringen bönoe, gerade in Widersprach mit einer in den deni-
sehen Brucbslücken, wo dasJiScbfil» Aller des Menschen auf 140
Jahre beaiimml wird, nnd mit einer nnderen in der Anslegnog der
•) Di« Ilaaftttalle lädst B«a in nrailsB Kapitel; aia »t absr sa laof na lie
obinacbreilMB. Im Bapplnseit sd Bechar« Phiiiem »mbterranea iil lis im
Hchil^D Ripital dgr Llnga Mob ibgadnelct. Wer all« die Wark« dea Ar-
naldm aiehl bat (aie «erdea tob deo fiachtr6dl«ra la des MitBBen Biehani
feiähll), dar kass dte Stelle bai Backtr lodea.
"J Dt Bi'M longa. Am Bade der Voirede du iweilee Baobef.
"*) Am Gada dar Uebenetiaag der rUaf Bacber De fi'la longa aagt der Ber-
auigeber H. Battmt : Deraa Biicber deutieba Baenplaria, weltbs Joh. Opo-
rinut bei Leben Theophratti Tartirt, siad aiobt mehr vorbeadea , aar allicba
FragMtmUi, aa* «relebea eraebciaet, dafa Oforiiuu , aa allietaeD Orien der
Veraioft, da* AmlATit Maiaaag aicht DachiakoBBes.
— 1095 —
Aphorismen det Bippükrate», wo das •rruekkaie Ziel aaf M bis
90 featgeatellf ül.*}
Dis laiainiscb« UabenMiang mag Dnn aber Tial oder wenig
verfilUcbt Min, aoerltetiet doefa aas einer Vergleicbang derselben
mit den deutscfaeo Brnehitücken Folgendes: Paraeehm hat nie
eine nnbedingte VerUngernng des Lebens durch eine Wnnrferar-
aenei fär mSglich geliaiten, sondern seine erste Bedingung einer
kiBUliohen Lebens rerlAngerung dorch Eisen und Kupfer war: die
vorläufige Beseitigung der Krankhaftigkeiten einselner Organe und
der von diesen abhängenden Krankheitsforiaen, von denen er ein«
gute Menge namhaft macht.
Abgesehen von den ßbrigeii Bedingungen,**) nnier denen er
eine LebensverlSngerang dnr«h die zwei genannten Universal mit-
tel fSr möglich halt, wollen wir einmahl die angeführte etwas dK-
her betrachten. Was lehret ans die 'Beobachtung Ton der Urer-
krankaog Avt Organe? — Ich glaube, Folgendes werden wol die
meisten Leser mit ihren eigenen Beobachinngen öbereioMiminend
liaden.
Die Erkrankung einzelner Organe nberftllt inweilen den Men-
soben plStilich, zuweilen ubersobleicbt sie aber so gana unmerk-
lich, dafs selbst der, welcher am sorgfSirfgsien seinen Leib hütet,
nichts dergleichen ahnpt. So kann sie in jedem Organe entsieben
und wachsen, ohne bemerkbar feindtich das Gesundheit sgefiihl zu
bBeinlrfickiigen. Wenn sie dieses endlich ihut, ist die Kunst zu-
weilen nicht mDchiig genug, selbige im eigentlichen Sinne zu hei-
len. Das angebliche Heilen ist nur blofs ein Besch Wichligen des
rielleicht znf&Mig gesleigerlen Orgnnleidens und des durch diese
Steigerung consensnell ergriffenen Gesammlorganiamns. Die Ver-
nnlsssangen, durch welche eine alle, nnerkaunte Orgaoerkrankung,
in einem gewissen, oft knnen Zeiträume so gesteigert wird, dafs
sie consensnell die ganie -Körperm aschine aufregt nnd das eigent-
liche Gefühl des Krankseins bewirkt, k&nnen mancherlei sein;
die gemeinsten sind wol folgende.
Durch Fehler der DiHt, sonderlich dnrch grobe Unrnftbigkeit
im Essen nnd im Gebrauche geistiger GetrXnke kSnnen rerboi^e-
ne Leber- nnd Milsleiden, plötzlich gesteigert, den Menschen krank
machen.
' Dafs durch mechanische GrscbGllerung robende, nnerkannkie
Gallen- nnd Nierensteine anfgeriihri, de» Menschen in Lebensge-
Mtw stürzen höhnen, ist bekannt. Weniger wird von den Aerzlen
beachtet, dafs anch andere, ruhende, nnerkaunie Erkrankungen der
•) AuilegaOK primae teelionit ApAoritm. /lltipolralft, Apfiar. l.
*') Zu ilieieb rechnet er beinodEra eiacH geiundeD HimiBc tut rieh aed «rtlicbs
Astiyc zwB Itogm l^brn. 1
— low —
Organe darch ll«i(«B, Fahren, and- dordi die EnsbütlernDg det
Erbrechens so können gesteigerl werden, dafa eia allgeinetnei
Kranksein darani enUlebat, ja dals die Anftreibang des kranken
Organs, wenn es gerade Ijsber, oder Müa iat, mit Hindca liann
gefühlt werden. ,
Ferner habe ioh bemerkt, dafs diireb Zorn^ durch Sehreek,
durch anbaltelides Schwaben xwiichen Furcht und Hoflnting tbro-
ntflcbe lieber-, Mila-, oder Pankrt^ulaideo tuweilcn nioht bJob
erkeanbar, sondern eo widerspenstig werden, daia man Mühe bat,
«ie si) faesanfiigen.
Eodlicfa mufs man wohl bedenken, dafs, abgesehen von der
Einwirkong aller Bufserlicben erkennbaren Schfidlichkeiieo , die
geheimen UrorgRnerkrankungan auch eiaxig durch die Zeit anneh-
men. Ihr Znaebmen ges<^iehet aihnäblig; bevor sie dem Men-
schen dns eigeniliehe Gefühl des Krankseins machen, nnd eine
Sjniploniengruppe unaohen, der man einen nesolDgiscben Namen
beilegt, können 10, 20, 30 Jahre verfliefaen.
Woran sterben nm die meUlen Menschenl sterben sie ao ei-
ner gMcbmäfsigen AbDahme dar gansea K&rperuiaschine, oder an
Fehlern einselner Oi^nDa 1 . — > Ich sollte denken , an letzten ater-
hen die meisten. Lungensucht, Banchsobwindsucht , Waasersnelil
nnd andere chronische SiechtfaSmer bewirken bauptsficbliefa die
Sterblichkeit dea MaB^chcngeschleofalea. Uieae nosologischen For-
men werden aber weit. in den meisten F&llea durch Urerkranknng
einzelner Organe hervorgebracht. Ja obgleich (mit Auanahme)
die wenigaien Menichea durch akute Fieber getödtet werden, to
kann man doch annehmen, dafs ein grofüer Tbeil der akuten Fie-
ber (vielleicht der grölste) von Urorganaffektioa abhängt. "Mao-
cbe dieaec Urorganaffektiooen . sind uDglaoblicb schwer lu erken-
nen , auf manche wird von den Aeraien in ihrer bücherlichen Be-
fangenheit gar nicht geachtet, und andere sind erschienen nnd
können noch erscheinen, auf welche die Kunst bis jetat noch kei-
ne Heilmittel weifs. Man kann also dreist annehmen, dafs ancb
von denen, welche na akuten Fiebern sierbea, ein grolaer, viel-
leicht der gr&fsle Theil an Urorganleiden stirbt.
Alles wobl erwogen, iat die Uraffekiion der Organe gerade
dasjenige, was man in seinem ersten Entstehen erkennen und auf
welches man Heilmittel wissen mufste, wenn man sich vermessen
' wollte, das Leben verlSngern m können. Da nun kein Mensch
im Stande ist, die erste Spur dieser Organerkrankungeo zu er-
kennen, Kb ist es ancb unmöglich, dem Haaptfeiode des Lebens
entgegen zu gehen. Eisen und Kupfer, in ao fern sie blob auf
das Urgewebe, nicht aber auf die Eigenthümlichkeit der Organe
wirken, können uns in dieser Hinsicht nu nichts dienen.
Was lafst sich nun von der Erkrankung des Urgewebea sa-
— 1097 —
g«nt — Allerdingi ■terben aoeh Mewcfaen «n diwer Crkmakiiag;
manche cbroaiscbe Siecbthümer haben in dem L'cgewebe ibcen
tiruod, und in lo fern wir diese drltrankung dereh die Univeraat-
iniuel heilen, verlängern wir gewifs das Leben dee G«hülien.
Die wuodergleicbe Heilung durch KUen oder Knpfer hat wabr-
acheiolich auecgt den Gedanken an «ine durch diese Mitlei be-
wirkbare [^ebensverlängerung erzeugt. Nun , ea ist xa enischul-
digen , dafa Aerrle, die da geaeben, dafs Einen und Kupfer da«
scheinbar verlöacbende Leben auf eine wahrhaft überraschende Weise
wieder Bafachen, auf den Gedanken gefallen sind, diese a&mlicbea
Millel ntüfaten, rop Zeit tu Zeit bei vollkommaer Gesundheit ge-
braucht, da* Leben in seiner vollen Kraft erbalten, und ein Ver-
fall des Organismus sei bei dein Gebrauche derselben gani un-
inSglich. Dazu kommt noch, dafs manche Schwächen, die das
Alter rait sich bringt, als sinnliche Erscheinungen, grofse Aehn-
lichkeil mit den Erscheinungen heben, die wir bei Eisen- oder
Kupferkrank heilen bemerken. So sehen wir z. B. bei zunebnten-
dem Alter die Muskelkraft sich mindern; in Krankheiten sehen
wir die geschwundene, ja fast erloschene Muskelkraft beim Ge-
brauche des Eisens oder Kupfers sich so schnell wieder ersetzen,
dafa der Kranke, der heute nicht mehr im Stande ist, sich im
Bette nufaurichien, sich morgen wieder ohne Analrengung aufrich-
tet. Bei Allen wankt das Gedäcb,tnirs und die übrigen Geistes-
kräfte stumpfen merklich ab. In Krankheiten, wo die Geisteskräf-
te sichtbar abnehmen, sehen wir diese bei dem Gebrauche desEi-
aeua oder Kupfers überraschend schnell wiederkehren.
Im Aller verändert daa Geaicht, der Ausdruck desselben wird
flau; die Muskeln eriicblaffen. Bei Krankheiien sehen wir nicht
selten die Gesichter der Menschen so veiSndert, daU wir schwS-
ren sollten, sie seien durch einen Zauber veraltet; dem Gebrau-
che des Eisens, oder Kupfers weichet diese scheinbare Veraltung
nttd wandelt srch in den Ausdruck des kräftigen Lebeos um.
Der^lten Gesicht ist gewöhnlich blafs, zuweilen mit einer
amscfariebenen Röthe auf den blassen Wangen. Daa Nämliche
sehen wir nicht salteQ bei Krankheilen, hier aber nach dem Ge-
brauche des Eisens oder Kupfers die blühende Farbe der Gesund-
heit wiederkehren.
Wahrlieb! wenn ich alle« dieses bedenke^ so entschnldige »ob
deti Recheafebler der Geheimärtte, znmahl da es wahracheialidl
ist, dals derselbe von einem kleinen Reste des Galenismus her-
rührte, welcher, ihnen selbst anbewufst, neoh in ihren Köpfen
bitflete. Sie haben nämlich, von einer Gruppe äbnlicber Eraehet-
nnngen gutgläubig auf einen gleichartigen Krank hei laauatand ge-
schlossen; das war gewifs ein arger Mifagriff. Von dem Wesen
der Krankheit, d«a beifst, von der Krankheit, in ao fern wir lie
— 1098 —
von der •ichtbären StSrang d«s Hegelganges der K&rperninacbine
scheiden , kann noaer Verttand nichts erkennen , ah ihr V«rhRll-
niCi SU der Heilwirkung der Arsenei. Dafi ea einen Krankheita-
zustand in der Natur gibt, der durch Eisen, und einen andereo,
der durch Kupfer heilbar ist, das wissen wir biofs durch die Er-
fahrung. Wer hat aber je durch die Erfahrung gelernt, dafs die
Abnahme, welche die Zelt in unserem Organismus bewirkt, eine
durch Kupfer, oder Eisen beilbare Krankheit seit Ich seilte den-
ken, bis Jetst hat dieses die Erfahrung noch keinen Ani gelehret.
Also ISuft Ja die ganze Lebensverlingerung auf ein blofeea, von
der Aehnlichkeit der Erscheinangen hergenommetiM Vermmhen
hiaans.
' Von der Veranderuog , die das Urgewebe mit dem Aller er-
leidet, wissen wir durch die Beobachtung der lebenden, durch die
Untersuchung der lodiea und durch Vergleichung anderer Thier-
kürper mit dea menschlichen bis jetzt sehr wenig. Wir wissen
dafs das Fleisch solcher Thiere, welche wir zu unserer Nahrung
verwenden, mit dem zunehmenden Aller hart, zah, fast ungeniels-
bar wird. Daraus schliefsen wir und wol nicht .mit Unrecht ; das,
was früher röhrig gewesen, tnÜsse mit dem Aller unröhng gewor-
den sein; und weil doch in den Köhren FlüsHigkeiien umlaufen,
schliefsen wir weiter: mit der Verminderung des Röhiigen müsse
das Verbülinifs zwischen dem Starren und Flüssigen so verSndert
sein, dafs erstes die Oberhand gewonnen. Nach der Aebolich-
keil, welche alle vier- und zweifüfsige Thiere hinsichilich ihrer
Organisalioi) mit einander haben, schliefsen wir ferner: iui inensch-
lichen Leibe müsse durch die Zeil eine ähnliche Vera oderuag -Statt
haben; die steifen, vorsichtigen Bewegungen aller Leute, und die
Verknöcherung, welche man aichi selten in den Weichihetlen ih-
i«T Leichen gefunden, rechtfertiget zur Genüge diesen Aehnlich-
keitsscblufs.
Welche Veränderung die feinste Verzweigung der - Nerven,
die weder das anatomische Messer, noch das Vergröfserungsglas
in der Substanz der Organe verfolgen kann, bei Alien erleidet,,
mag der Himmel wiaeen. Dafs die Nerven einer sehr grofsen
Verzweigbark ei t föhig sind, lehret uns der Anblick der Netzhaut
des Atiges, und dafs eine, wo nicht gleiche, doch ihnliche, der ana-
tomischen Kunst aber unenideckbare Nerven Verzweigung in allen
Organen vorhanden sein müsse, ist eine Vermathung , die anch der
grSfsle Zweifler schwerlich in das Reich der Phaotasie verweisen
mSchte. Voraasgeseut , die feinen, in den Organen 'verbreiteten
NervenfHden sind die Leiter, durch welche fiufsere Reize zu un-
serem Bewnfsisein gelangen, ao saüssen diese N'ervenfSden im
hohen Alter eine wDodeTüche VerBnderung nnleigcheo kSnnen, wo-
— 1099 —
v«o ich dem Lesw «ia«n eben so mu-kwfirdigen, als belehrenden
Fall eraShIe» werde.
Ein neunzigjähriger Mann, der, seiner Profession nach, Gol-
tesgelehrter war, aber äufser den himmliacben Kenntnissen, noch
eine Menge irdischer, besonders bisloriscber , geographischer und
philologischer in seinem Kopfe barg, der sein Geschfift einen
Verwandten Obertragen , und als Freiherr lebte , hatte , aufser ei-
nem gewissen Grade von Steifheit der Glieder, wodoreh sein Gang
etwas langsam und vorsichtig wurde, und anfser einer Harthörig-
keit, die aber so gering war, dnfs sie die Zweisprache kaum er-
schwert«, gar keine bemerkbare Gebrechen des Allers. Er halte
noch ein recht gutes Gedäcbinifs, ein richtiges Urlheil , nod weit
entfernt, langweilig wie manche Greise in sein, war sein Ge-
spräch für mich sehr unterhaltend und belebreod.
Um sieb im Winter bei schlechtem Wetter k&rperlicbe Be-
wegung SU machen, pflegte er etwas Holz tut den Ofen zu xer-
sägen. Einst föllt er bei dieser gymnastischen Uebqng nnd bricht
den Hals des Schenkelbeines. Ein binzugerufener benachbar|,er
Wundarzt erkennet den Bruch, und legt mancherlei -Binden ao,
welche dem alten Manne sehr hinderlich sind. Seine Tochter und
sein Enkel, die, ohne etwas von der Heilkunst zu verstehen,
diesen Knochenbruch bei dem hohen Alter des Kranken für tildt-
lich hallen, und nicht begreifen, warum man ihm seine knrze
Lebensfrisl noch durch allerlei chirurgische Künsteleien verküm-
mern solle, begehren mein« Ueberkunft, nm sich mit mir dar-
Ober zu besprechen.
leb fand den Unter- und Oberschenkel 5demai3* geschwollen,
übrigens den Mann frei von Schmerz und heiter. Es war gerade
zu der Zeit, da wir die erste Natshiieht von der ^rolsen Nieder-
lage der Franzosen erbalten hatten; seine Abneigung gegen alles
Fraozosenihnm liefs ihn den gebrochetten Knochen so ganz ver-
gessen, dafs seine ersten Worte, die er an mich richieie, nicht
den Knochenbruch, sondern Napoleons Mifsgeschick betrafen.
Wer nun je Menschen raft gebrochenem Halse des Schenkei-
beines gesehen, der wird bemerkt haben, wie scbmerzhafi die-
sen jede Bewegung ist. Ja ohne es gesehen zu haben, mufs schon
jeder begreifen, dafs der gebrochene Knochen , durch die atarkcD
Seheokelmuskeln anfwftrls gezogen, mit seinen scharfen Bruch-
kanteo heftige Schmerzen bei jeder BewegiMg im Fleische vernr-
sachet. *)
*) la den uviueB Fiilles wird bei eiae* laieleB Breche wel die Mamhramm tmf-
iMfmrtt f»mTi» lerrifSM Mis , deu die fekel Ja 5b«r des Hals des Schea-
— IIÜO -
Bei anicrem Krabken war das aber gar Diobt der Fall, er
fühlte keinen Schmers bei der Bewegung; ja seio« Hauagaootaen
■eUien ihn, wenn das Bett gemacht wurde, auf einen Stuhl, wie
jeden anderen Menschen, er fühlte nicht den mindesten Schmerx
dabei. Dieiies war doch wol ein Bewuis, dafs die Nerven, die
das Fleisch versehea, die, wie wir glauben, die leiieaden Werk-
zeuge sind, durch welche aolche Heise, als Schmers zum Be-
wufsisein gebracht werden, dieser Leitung durch das Aller muf«-
len nafäbig geworden lein.
Ich war neagierig, ob auch die Haut gefühllos sei, über-
zeugte mich aber bald vom Gegeoiheil. \ach Erwfigung aller
Umstünde, stimmte ich der Meinung seincp Hausgenossen bei,
dafs man ihn nicht mit xweckloaen Bioden plagen, sondern ihn
seinen eigenen Tod sterben lassen müsse, welcher dcnii i^ncb bald
darauf gaox »cbmefziM erfolgte.
Dieser Fall scheint mir sehr bemerkenswerth ; zum wenigRien
habe ich noch keinen Greis getroffen, der, über 90 Jahre alt,
bO nnverietzte Geisieskräfle gehabt hätie als dieser Mann. Dafs
aber gerade ein solcher durch ttuTserliche. Gewalt eine Verletzung
bekam , durch welche ich mich von der UnHifaigkeit der Muskel-
nervsn, feindliche Beixe als Schmerz zum Bewufsisein zu brin-
gen, überzeugen konnte, ist wahrlich ein Solches Zusammentref-
fen zweier Seltenheiten, dafs gar viele Aerzte lange die Kunst
üben nnd absterben können , ohne so etwas erlebt zu haben. WSre
der Mann von Alter schwachsinnig gewesen, so würde ich diese
Beobachtung nicht haben machen können, denn ein schwachsin-
niger Greis ist wie ein Irrer zu betrachten, der von solchen Kri-
sen, welche anderen Menschen Schmerz Ternraacben, keine be-
merkbar aoangenebm* Gefühle hat.
Eine von Aller schwachsinnige Frau brach einst den Arm über
dem Handgelenke; so oft sie der Wundarzt kunstrecht verbinden
Lalbalsea bcrssterg in lelLaiareB Fillas loll sieh dar Bni«h ■bar iDDerfaait
der Gelankkaptal niachiD, Eiiea Fall der letilea Art sah icb vnr ellicb»
Jabrea la kiMiB«in Orta. Hitr war, wenn du Glied bewe|;t ward«, der
Sebnen vial ntader , aoeb dia VerkürraDg atiiagtr , «)■ icb ea TiHber bei
■•deren gaaebei. Sebon der UrnjUad , dir« der Kraahe , der ia RGLd dnreb
eiMB Fall aa( iesi SteinflaatBr des Brticb bdcanaiaa, aieb, vorai^tig !■
«isea Wagni verpaekf, biaihia bitte (bbres lai«en, bewiea ea, iatw die
Mtmbr. eaptitt. fem. niebt koDDls zerriaaeii sein , dean wbra lie u Keweaea,
ao wSrdfl er, aach aaf dat rorsicbrlftte verpaekt, das Fabreo aiebt babea
i'ubalteD koDPeo. Der Wnndant bat den Brneb recht <gai sebeiltj ubne «b
weal|r Hiakaa itt der HSan zwar alabl davon gekoflaea , jeaMk tat 4ie Ver-
kariBBi de* Fnfaea aur aabedeatead.
— 1101 —
Mochic, li« ichlankerte dte Knochen Jedcsmahl wieder anseinan-
der. Einem aehwaehsitinigcn Gr«ise wollten leine HBOBgeDOHen
einst ein relneg Hemd anziehen, nod gewahrten bei dieser Gele-
genheil, dlifs ihm dai linke. Schlnuelbein gebrochen war. 0er
hinxugernfene Wundant erkannie aber, ana den Rchon ganz ab-
gegläiteien Bruchenden, ein solches Alter des Bruches, dafs an
ein Zusammenheilen des Knochens nicht mehr zu deuken war.
DIeae zwei Fälle, die ich viel früher erlebte, hatten für mich
nichts Belehrendes, denn bei jedem Irren hStte ich etwas Aeha-
liebes beobachten kSnnen; der enlen:9hlte Fall wird blofs dadurch
merkwürdig, dafs des Mnnnes Geisteskräfte unverleist waren, und
dufs man also lieiiilich sicher, von der Schnierzlosigkeit, auf eine
Unfähigkeit der Muskelnerven , einen feindlichen Reixalt Schmers
KutB Bewufstsein xa bringen , schtiefaen konnte.
Wenn ich das Wenige, was ich von der VerSndemng kenne,
die das Aller im Urgewebe bewirkt, aach noch ao genaa erwäge
und e> lail der in Krankbeitea beobacbleten HmlwirknDg dea Ei-
sens und Knpfers vergleiche, so sehe ich doch nicht ein, wie
selbige Metalle jener Verftnderung vorbeugen kSnnlen; glaube al-
so , dafs sich unser achtbarer Landsmann v. Bohenhtim in diesem
Punkte geirret habe. Solch einea Imhnmes wegen, möchte ieb
ihn aber gerade nieht für einen Narren hallen; denn wenn niaa
jeden, der sich einmahl In der Medisin verrechnet, für einen
i\arren halten wollte, so würden wol wenige nnier nna sein, wer-
ihe Freunde! die sich nicht zu allererst selbst diesen etwas ver-
dicbligen Titel beilegen müfalen.
Ob eine m&fsige Lebensweise ein langes Leben hefSrden,
weifs ich nicht. Ich sah Dnmttfsige alt werden und Mftfsige früh
sterben. Verbürgte eine eigene Lebenaordnnng ein hohes Alter,
ao müfaie man doch wol eine ungefähre Ueberetnstinimiing io der
Lebeosordnung solcher Leute finden, die wirklich zu einem Alter
von 60 bis 100 Jahren gelangt sind. Vor langer Zeit (ea mafa
wol, aas anderen Umständen zu scbliefsen, zwischen den Jahren
1810 und 14 gewesen sein) habe ich etwas dahin Einschlagendes
IQ einer damahls neueii französischen Zeitschrift, die den Titel
Bibliolhique britlaniqtte halte, gelesen. Ich erinnere mich aus
derselben Folgendes. In Englitnd bildeie sich eine Gesellachaft,
die (ich weifs nicht mehr, ob blofs in Allengland, oder in allen
drei Königreichen) Nnchriefat über die Lebensweise aller alten
Menschen sammelte. Da gab es verschiedene Fragen zu beant-
worten, die, wie die Leser leicht denken können, solche Ge-
nüsse betrafen, welche früher oder später von heilkundigen Män-
nern t&t schädlich gehalten sind. — Was war nno das Ergebnifs
dieser Untersuchung I
£in entaHDlich «infsches: die Wilkbegierigfln waren am Ende
der UolersDchung gerade ao klag ■)» For dtntelben. *)
*) AniKbrlieh ist tetoidan Hamlimt Fiefmut in ■•üea Bn;ha tfe Iripliet viUi
{Llb. II Cap. X/) aber die Dül , die «ogehlich u «inem Uagai L^n
rdhreo lall ; leine Vortebrinen sind abar atwti »altMB. So sagt er >. B.
den GeUbrtsD , lia ■ollen Jeden Morgea , bevor die Sonne anfgebe, das Bell
verlsHBa , ilcli aber vorber im Bette mit der Bacben Haod den ganieu Leib
reiben , dann ein paar Standan mediliren , darauf von ibr«D gelefarteo Hedi-
tationea clwa* abiteban, and wU «Ibmb eirenbeineraen Hanaifl aieb TierzigH«bl
über dea Kopf vea dar Stirn bia lon Naekea «Ireichea. Daa Siabü^ihrigM
gibt er folgenden VtrjÖDgnogtrtlb .■- Saepe pett dtcimum itatIm et iiaiuiaa-
fuam potl namum ttpleaarium arbur liuinaiia , arefaclo paulali» humure,
tabeteit. Tuae primttm hnwutn« juvtniUgiit iiqutr» irrigania ett haee arbtr
hamana, q*o revlretcat. EligB$ trgo pHellam tanam, f»Tm*tamt, MIartm,
Itmptralam tt faieiieam , lae ejni »Hgilo errKent* luiui ttatimque etmr-
dil» marairi dmicit aiadieam pulttrem taethare rite cmifecttim. Waram dai
junge Weib gerade «Ehiia und loilig eein aiafi , lat mir iiiebt recht kUr.
Hirt wnnderr ei nnr, dafb er den loch Aelteren, den eigeatliebea Greiiea
nicbl den Halb gibt, eine Puellam fiirm»*am nnd Aiianm iai Bett la aeh-
mea and «ieh von ibr, wie der künigliche Prophet Davfä voa der Abitag,
erwämeB za liieen ; docb , vidleicbt int ibm dieiee Brwiramngiaiitel etwai
>a propbeüieb gewesen , dsrnn ritb er lieber dea Greisen , Kntbeoblal u
trinken and einea Mit Scbweineblat getränklen Scbwamn anf den Uagea rat
legen a. «. w.
Wabrhadlg! waai ieb , nn sn einen bnnderlj ihrigen Alter xn gtlaegaa,
Mir jedea Hergaa nit der Baad den gaasea Leib rmbe* , mir tiglieb vienig-
aiabl nil elaen elfenbaiaeroeD Kanu über den Kopf itreiebei , wie ein Sing*
lieg an der Brut einer jnsgCB Frao nntichen , gemckertea Feaehel e*i«a,
KnabeoblDt triaken and mir Schweineblnt aaf des Hagea legen lallU , ich
wollte weit lieber dreifiig Jahre Trüber iterban.
itv Google
VAnftes Kapitel.
V«M der BlaftMlihel«, van 4er Feindlichkeit nnd Ten
der Vnfblndllckkelt der Armenelmlttel.
Ueber diue Gegeoslinde Iftlitt uch sehr viel Mgan; ich
werde aber aehr wenig darüber aages , und nur daa , was unaift-
gfinglich nSthig ist, am in den folgendea Kapitela dem Leier
TenHÜndlich lu bleiben. Wfire ich ein gelettrler Arzt, so müfMe
ich hier xuerat vod dem kSrperlich Einfacben sprechen, den Be-
griff desselben feststellen, Ader die Unmöglichkeit einer solchen
BegriSsbesliramang darihun. Ich denke aber, woitbe Leser! wir
würden wol am Ende einer solchen Besprechung so klug sein als
am Anfange,- rmifae also, dafs wir uns einfältig an den gemeinen
praktischen Begriff des Einfachen halten, eine einfache Arseoei
eine solche nennen , welche aas einem einxigen NatürkSrper be-
stehet, ond eine zusammeogeselxte die, welche aus mehren be-
•tebet. Dafs man bei dieser gemeinen Bestimmung hier oder dort
eiamabl anf Widerhaken stdfat, weifs ich recht gut; wo stSfst
nao aber, wenn mau über irgend einen Gegeadstand unswer Kunst
nachdenket, nicht auf solchel — Nun zur Sache!
Es gibt eine Aneneizasammknaettong, welche ich nicht nifs-
billigen kann, das ist die Verbindung einer wirksamen Arxenei-
aubstanz mit einem schleimigen Stoffe. Der Darmkanal ist zuwei-
len in Kraakherten , besonder« in akuten Fiebern , so sehr reiz-
bar, dufs das Einhüllen des wirksamen Heilmillela in einen sehlek-
nigea Stoff dringend nöthig wird, wenn wir nfimlich den Kran-
ken bald heilen wollen. In anderen Fällen, wo diese Noib-
weedigkeit auch nicht gerade streng nachzuweisen sein raöohlej
i#t die Zu sawmen Setzung so unschuldig, dati nur ein wahrer
MSckeoseiger den Arzt deshalb ladein k&nntia. Ich habe schon
im dritten Kapitel gesagt, dafs ich mich seit undenklicher Zeit
des Traganths, oder des Arabischen Gummi bediene, des er-
sten aber weit öfiatef als das letzten. Abgesehen daroa, dafs
— UM —
diese Schleime dec zu pISulichea Einwirkany dei Heilniiitele anf
den reixbaren Darmbanal vorbeugen, and eine mBhlige, eanfie
desselben bef<lrdern, haben sie auch noch das Gute an sich, dafs
sie, besser als irgend eine andere Substana, den untusligea Ge-
acbinnck mancher Arxeneien verstecken.
Von dem Gebrauche vieler Aerite, alle fliisMige Arxeneien
milSyrup zu vermischen, habe ich schon früher gesprochen, und
will das, .was ich einmahl gesagt, hier nicht 'wiederholen. Da-
mahb ist mir aber der Hauptscbriftsteller nicht beigefallen , der
■ich gegen die unweise Versyropung der Arxeneien ausspricht.
Jetzt, da «ein Name in meinem Gedächmiaae wieder aufiancfai,
nenne idi den Lesern einen sehr achtbaren, nSmIich den Ge&rg
Baglivi. Dieser sagt (Präs. med. Lib. I pag. i4ij Duleia male
alent in febribut y cave igUur quanlum patet a taccharilü in i/ia-
rum curatioHt, nam per ea exacerbanlur ; praetertim li iypociom-
driacity ky*terici$ et ptierit praetcribantur. Da nun Baglivi die-
ses vur Jünger als handert Jabren geschrieben, ich aber noch bis
diesen Aogenblick sehe, dafs idbBl. dar jüngeren Aerzte Anenei-
irSnke meist mir Syrnp veraübt siad, so ist effenbar, dafa Bag~
livi seine Warnung in den Wind gesprocbea. Er hSita eben so
klug gethan, gar nichifl über diesen Gegenstand an aagrn; die
praktischen Aerzte laxsen sieh ihren Syrupum nicht nehmen.
Die zusammen gesetzten Laxirntittel kann ich eben nicht ta-
deln, denn offenbar wirkt eine Mischung von SenneablBiiern, oder
Jalappe, oder Hhabarhei mit eineM Laxirsalze gescbivinder und
gemflcbliober , als ein einziges jener Pflimzealaxinnittel ohne Salz.
Jedoch rMchl man in vielen Fallen anch mit einem einzigen Mit
tel aoa, und jene beltebte Verbindung, noch mit anderen Miiiela
versetit und versüfii, wird hRufiger ans blofser flTZtlii^en Gewt^n*
heit als ans N'otb wendigkeit verschrieben, woran denn ancfa we-
nig gelegen ist. Anders oriheile ich über die Verbiodnng einee
Pßanzanlaxiriniiiels mit dem Salmiak. Bei Lenten, die ohne
krank zu sein Mangel an LcibeaSffnnng faabeB, bewirke ick dnrcb
eine Mischung von gleiehen Theilen Senaesbläiier md Salmiak
aakhe breiige, wohlifaStigs OcSnwig, welebe tob dareh ein »•-
deres Laxirmittei Bbel bewiricen kann. Es ist nur Schade, dafa
diese Mischang einigen Mensehen etwas Banebkneipen macht, soaat
wUaie iah wirlclicfa an dem erw&hnten Zwecke keine pafslicbei«
Arzenei.
Die Verbindaag eines tlniversalrnktela mit einem Organheil-
Miitiel in in aolchea Fällen noibwendtg, wo sieh «in gemiaehler
Krankheitszuetand vorfindet. So habe ich durch eine Miacbnng
des Stramomtum mit der essigsauren Eisenlinktur eptderoische Ge-
bimfieber, nicht behandell, soodern geheilt., die ieh doreh keine
einzelne der beiden Aizeneieabstanien heilen komia. Ueber aol-
— lies —
ehe ZuuminetiaelKungea nnd nber die lVoihweniiigk«it denelben
lüfsl sich im AIIge>n«taen nidiis angen, was einem Ante nuuea
köante. Es können Jahre hingetien, dafi man solche epidemiicha
vermucbie Krankheiten nicht su bebandelo bekummt, ali« u\eb
der vermiachten Arzenei nicht bedarf. Wer aber zeha Jahr« sie
nicht nSthig hatte, der kann dieses Beditrfnifs im eilften sehr leb-
haft fübleo. Darnm ratbe ich jedem , sich anf dergleichen Krank*
heiten gefafet cn hallen, and nicht, aus blinder Vorliebe für die
Eiafacbheit, die Zntammeasetmng eines Universal- und Organbeil-
mittels zu verwerfen.
Di« Verbindong'Xweier OrganhcUmillel, «der das gleichzeitig«
Geben derselben , von denen wir das eine als wirkliches Heilmittel
des nrerkrankteD Organs reichen , und durch das zweite vorbauen,
dafs nicht ein anderes, consensuel) ergriffenes Organ auf die Dauer
arerkranke, ist aueh nicbt so verweifen. Im Allgeiueinen läfst
aiob über die Noihwendigkeit dieser Verbindung nichts sagen.
Ich habe epidemische Organkrankbeiten erlebt, bei denen kein
consensuell ergriffenes Organ je urerkrankie, wo man also, kannte
man das Haupiheilniiitel auf das urerkrankie Organ, von dem die
ganze Symptomengrappe oder nosologische Form abhing, ohne
viel Aufpassen heilen konnte. Bei anderen herrschenden Organ-
krankheiten hingegen, war das Urwerden consensueller Leiden
gar nichts Seltenes, und merkte man darauf nicht, ao konnte man
eine Krankheit zur laiigen werden lassen, die man durch Aufmer-
ken in der Kürze hatte beseitigen kennen. Ich rathe jedem, die
herrschenden Krankheiten genau zu beobachten , das heifst in mei-
nem Sinne, alle Organe im Auge zu behalten. AVer das thnt,
der wird schqo von selbst gewahr werden, wo eine NebenhGlfe
nftthig ist. Da, wo sie nicht nöihig ist, mufs man sie auch nicbt
anwenden; an das blofs Consensnelle mufs man sich nicht kehrtn,
sondern das nrerkrankie Organ mit dem wahren, einfachen Or-
ganheilmiitel heilen, so weicht das Fieber mit allen übrigen coo-
sensuellen Zufällen.
Endlich mufs ich noch der Verbindung eines Lebermitfels mit
Natron, oder .Magnesia , oder Ammonium erwähnen. Bei manchen
Erkrankungen des Galle absondernden Orgnns kann man durch
diese Mischung nicht blofs das erste Sfadiitm acutum des gemei-
nen gastrischen Fiebers in drei oder vier Tagen heben, sondern zu-
gleich das zweite Stadium abschneiden. Aber auch unter diesen
gemeinen gasirisehen Fiebern findet sich der Unterschied, dafs man
bei einiges blofs und einzig du^cbneutrulisirende Mittel den besagten
Zweck vollständig erreichen kann, bei andern hingegen da zn jener
Mischung bedarf. Ich denke jedoch, in solchen Ffillen, wo der
Zusatz eines Lebermtiiels zn dem neutralisirenden auch gerade nicht
Dftthig, also riberflüssig ist, wird er doch nicht schaden. |,n|c
7Ö ^ <S
— 1106 —
Allfts, was ich bier gesagt, und TMIeidil inanchM andere
hierhin Gehörige, welches mir den Augftsblick nicht einföllr,
sind Dinge, die sich dem Arste, der den Organericran kungln,
diesem wichiigen, aber leider von vielen aehr vernachlfifiigien
^iegengtande eine vorzügliche Aufmerkiamkeit achenkl, von selbst
bei Uebung der Kunst aufdringen werden. In solchen Znsammen-
seiiungen, welche blufi einige kleine Vortbeil* bei dem Heiige-
ichttfie gewähren, steckt keine besondere Heimlichkeit.
Ks fragt sich aber jeixt: gibt es xuaanmengesetste Organ*
heilmiltel, von denen mau behaupten kann, kein einzelner Be-
slandiheil der Ziisaiumenselznng leisie als Heilmiitel das, was
die Zusammenseixung leistet? Bis jetKt bin ich überseugt, dab
es Zusnmmenseizungen gibi , in denen wirklich eine solche wahr-
hafte lleilheiiulichkeit steckt, bescbeide mich jedoch gern, dafs
meine Ueberseogung auch einzig von meiner Unkenntnifs der \»-
uir abhangen kann.
Ich habe von den Zusammenaetznngen , auf deren Heimlich-
keiten mich mehr der Zufall tils mein Nachdenken gebracht, schon
in den vorigen Kapiteln geredet; es sind nur vier, n&iulich: Die
Verbindung der Brechnufs mil dem stinkenden Asant. — Die des
Salmiak mit der Catechn. — Die des Schell krau Isaf les mit de»
salzsauren Kalke. — Die des destillirieti Talwkwassers mit dem
essigsauren Natron.
Von allen vieren habe ich schon früher gesprochen und wer-
de das, was i<A davon gesagt, hier nicht wiederholen. Nur von
der letzten Zusammenseizang, der des Tabakwassers mit dem es-
sigsauren Natron, inufs ich noch etwas nachtragen, und zwar dee-
halb, weil ich, von dem gewfihnlichen Ziele des Menschenlebens
nicht mehr fem, vielleicht selbst keine Gelegenheit, oder keine
Zeit mehr haben werde, den gansen Werih dieser Zusnromen-
setciing zu erproben, es also für meine Pflicht als Arzt und Menseh
halte , sie meinen Amtsgenossen zur gründlicheren Prüfung ange-
legentlich zu empfehlen. Meine Leser wissen schon, dufii ich
sie in etlichen Fällen censensneller von einem Urgehiinleiden at»-
hangender Darmleiden mit ausgezeichnet glücklichem Erfolge an-
gewendet, und da ich im Jahre 1834 abermahls drei Falle der
Art beobachtet, so werde ich diese kürzlich erzählen.
Lnier dem Mancherlei, was ich in der letzten Zeit fiber dl«
ChoUra gelesen, war auch das: eine kalie Zunge sei das Tor-
ziiglichste Zeichen, die Asiatische von der Em-opäisehen Cholera
za unterscheiden. Aufrichtig gesprochen, ich achtete wenig, auf
dieses Vorgeben, wie mir überhaupt alle kleinlkhe FormenlM»-
Btinmierei fast Ificherlicfa hedünkt.
Im Jahr 1S33 besuchte mich einst eine Böhmische Baroninn,
deren Arzt ich früher, da sie noch FrAulein war, gewesen. Sie
— 1107 —
war j«tn begeisterte HomÖopiithtiui und die ong13ckIi<^e Cholera
ibr Sl«clc*Dpferd. Auf ihrer B&huiUchen Herrschaft halle sie einen
homöopaihischeii Arzt, der verstand di« Cholera ao gnt xu heilen,
dnifl von 25 Kranken kein einziger gealorben war. Sie hatte ge-
hört, ich habe hier einen ihrer früheren Bekannten auch an dieser
Krankbeit behandelt und bald geheilt; sie fragte mich also gleich, ob
4er aach eioe kalte Zunge gehabt Ich gestand ihr ehrKchg dab
ich ihm die Zunge so wenig als manchen anderen Tbeil' seines
Leibes befühlt, k&nne auch unmöglich glauben, dnfs dieses Zei-
chen eine besondere Natur der Krankheit anilenie. Uebrigens
werde Sie, die mein Leben und Treiben von früher Zeit kenne,
mir wol zairauea, dafs ich, der ich die, der Cholera, binsicbt-
licb der Form, nHchstveriraDdie Krankheit, die Ruhr, häufiger
behandelt als vielleicfal irgend ein Arüt in Deutschland, die Cho-
lera richtiger von einer Brechruhr unterscheiden werde, als man-
cher andere Arxt, der die formverwandte Krankheit wenig, oder
vielteicht gar nicht gesehen. Sie gab das mit voller üeberzeugung
zu, allein sie blieb auf ihrem Text: sei die Zunge des Herren
nicht kalt gewesen, bO habe er wol an der Europäischen, aber
nicht an der Asiatischen Cholera gelitten. Ich liefs das gnt sein,
denn ich spiele nicht gern den Rechthaber, am wenigsten gern
bei Damen; ich dachte auch weiter nicht an diese Sache, da ich
damahls schon einen solchen Abscheu vor allen ChoteragesprEeheo
und vor aller Choleraliteralur batie, dafs fch diesen Kuknckt-
einsaog gar nicht mehr hören mochte.
Im SpätHOinnier dos Jahres 1834 wurde ich aber zd einem hie- ^
sigen sechiigjKhrigen Handwerker gemfen , der an dar Cholera liil.
Am Morgen haue die Krankheit begonnen , gieicb nach Mitlag sab
ich ihn. Er klagte Ober Eingenommenheit des Kopfes, die er mit
dem \amtn Dnsseligkeit bezei^neie, über ein unangenehmes Ge-
fühl im Bauche, vorBÜgUch im Epigastri«, erbrach wtisaerige, un-
gullige Stoffe ohne Anüirengnng, hatte wSsaerige, gnos unkothige,
unschleimigo und UDbluiige reichliche Slublenileerung, und gab,
von allen Zueilen, sehnierzhafie Krämpfe der Waden als das
Symptom an , welches ihm am hinderlichsten sei. Sein Pnls war
klein und etwas hescblenniget , Jedoch nicht unregeliwfifsig, die
Haut, wo ich sie befühlen mochte, kalt, zwar nicht eiskalt, aber
doch auch nicht in so geringem Grade, dafi ich sie bütte kühl
nennen können. Uebrigens halte sie noch ihre Federkraft , denn
wenn ich mit den Fingern eine I^lie darin kniff, blieb diese nicht
sieben. Der Zustand seines. Geistes schien mir mit dem grofse
Aebniicbkeit zu haben, den laan nicht selten im Anfange der Ge-
hirnfieber beobachtet, weno diese nümlicb nicht grade mit hefti-
gem Kopfschiiierz beginnen. Man kann ihn wol nicht eigentlich
Gleichgültigkeit, oder Ergebflng, oder Traumleben nennen, es
— 1106 -
IM aber doch so ein Miiieldiag roo allen diesen. Nncfadein ich
nun allea genau untersucht, fiel mir auf eininahl meine Bshiui-
Bcfae tiaroninn, ihr hoiiiöopaihiacher Am und die kalte Zunge
ein. Ich hiefs den Krankeo flugd die Zunge auastecken , und wahr-
haftig! sie war eben so kalt als seine übrige Haut. Da ich aber,
wie geiagt, wenig VVerth afif eio solches Zeichen lege, go ver-
schrieb ich ihm gleich die bewuAite Mischung: ^ Nairi aceliei
5ii Qummi ambici ^j) Sähe in aqiiae |vii adde aquae Nicotianae
3i DS. Stündlich einen LdQel.
Gegen Abend bcaiicbie ich ihn nuch eininahl. Da« Brechen
hatte aurgehört, der erste LSlTet Arsenei war schon im Magen
geblieben. Die Krämpfe der unteren ExireiaiiSien haijea bedeu-
leod nachgelassen, es war noch ein paamiahl wfisserige, koihlose
Sltthleotleerung erfolgt, übrigens die EingeooinnMnheil des Ko-
pfes noch unverändert. Den Harn konnte ich nicht sehen, denn
angeblich war nur ein wenig, gleichseitig- mit der Stuhlentjee-
ruug abgegangen. Die K&lle der Haut und der Zunge war ver-
Bchwunden und halte einer mäCnigen VVäriue PldiZ gemacht, di«
mir von der normalen nicht verschieden xu sein schien.
AiH folgenden Morgen fand ich den Zustand sehr suiu Guten
verändert. Die \acht hatte sich reichliche, koihige Siuhlenilee>
ruag etngeatellei , und das widrige Gefühl im EpigaiiHo war da-
nach versfshwuuden. Die KrSiitpfe der Füfse seigten sich nicht
mehr. Der Harn, den ich jeist sab, wa> goldfarbig und klar,
also eine Schaltung dunkler als der normale. Die Eingenommen-
heit des Kopfes war swar sehr vermiudert, aber noch nicht gani
gehoben. Da der Kranke stündlich eingenommen, konnte ich
nicht wiasea , ab er, hätte man ihn nicht stündlich gestSrt , würde
geschlafen haben. Er selbst behauptete, in den stündlicheo Zwi-
scbenzeiien sich in einem seh weimel igen Zustande befunden xu
haben, der ihm die Zeit verkürzt. Das heifst wol, er hatte sich
in einem träumerischen Hatbschlafe befunden. Mit der Arsenei
liefs ich slüsdlich fortfahren, und erlaubte Mittags aiwas dünne
Rindssupp« lait Weifsbrot.
Abends, da ich den ganzen Krankheitssusiand , bis auf einen
Keat von Taumel, gehoben fand, bestimmie ich, deiu Kranken
die folgende Nacht nur dann Arzenet einzugehen, wenn er vun
aelhsi erwache, und ihn i'ibrigens schlafen zu lassen.
Am folgenden Morgen, also am dritten Kranbheitstage, fand
ich den Mann wieder hergestellt; er halte die Nacht ruhig und
erquicklich geschlafen, und der Rest der Eingenommenheit des
Kopfes war durch den Schlaf nicht vermehrt, sondern gefaehen.
Dieses war eio Zeichen, und zwar das sicherste der vollkommnen
Heilung. Da, wo die Eingenommenheit des Kopfes sich nach
einem ruhigen Schlafe Termehrl, ist der scheinbaren Genesung
— 1109 -
oidit recht zu Iniven; das habe ich znm weoigstsn b«i 'allen akii-
t«ii Gehirnkrankheiien, welcherlei Nninen man ihnen auch gebmi
mag, bestSligel gefunden. Uebrigens war der Mann , wahrschei»-
lich weit er schon ah, von dem kuraen Siranfse lienitich ange-
griffen, so, dafa er noch drei Tage das Zimmer hüiele.
Kurse Zeil nach diesem Falle, kam eines Tages itm Miliag,
da ich gerade mit mehren auswärtigen Kranken beachilfliget war,
ein Bolbe zu mir, und. ersuchte mich, nnincns unbekannier, bitt-
fahrender \iederlunder, einer Frau, welche sie krank in dem,
anderibalb Wegstundeo von hier enifernlen Grvntwafd zaritck*
gelassen, su besuchen, und im Falle ich den Zustand derselben
bedenklich finde, ihnen durch einen Boihen darüber Nachricht
nach dem Wallfahrtsort Kevelaer zukommen «u lassen. Da der
Boibe von der Frauen Krankheil gar nichts wufste, ich aus dem
Umstände, dafs ihre Freunde die Bhifahrl nach Kevelaer fortge-
setzt, und sie in der Herberge allein zurückgelassen , neihwendig
Bcbliefsen mufste , ihr sei UoJJi eine leichte OnpRfslichkeit znge-
stofsen , wie dieses wol mehrmahls hei den Biufahrten zu gesche-
hen pflegt , so SRgte ich dem Boiben : er sehe wol , dafs ich jetzt
mit anderen Kranken beschäfiiget sei; ich kSnne erst gleich nach
Mitlag herüber kommen. Da ich nun aber binkam, sagte mir
gleich am Zellbause der Enipfiiager: die NiederUnderinn, zu der
man mich gerufen, sei schon vor der Rückkunft des Boihen ge-
storben; wenn ich' keine besondere Lust habe, die ledte Frau su
sehen, n»5ge ich nur einen Augenblick hei ihm eintreten, ich
kSnne von ihm alles diesen Todesfall Betreffende eben so gut
hören als in jener Kneipe, wo ich weder Freunde noch Ver-
wandte der Veralorbencn finden werde. Er erzfthlie mir nnn : die
Verstorbene sei aus der Umgegend von Rotterdam, wo die Cho-
lera herrschen solle. Sie sei vor Mittag sehr krank in einem
Wagen angekommen, habe sich beständig erbrechen müssen und
gleich nach Mittag den Geist aufgegeben; alle diese Angaben
sprechen dafür, dafs sie wol wirklich an der Cholera gestorben sei.
' Am folgenden Vemiiliage kamen die Freunde der Verstorbe-
nen von ihrer Bittfahrt durch unser Städtchen und besuchten nricb.
Auf meine Aeufserur^, dafs ihre Freundin» wo) an der Cholera
werde gestorben sei«, antworteten sie ganz treuherzig: gewifs,
es kann kein Zweifel darüber sein, sie ist an der Krankheit
gestorben. Mir gefiel es attsnebniend, dafs die ehrlichen i\iAler-
lünder die verrufene Cholera, dieses Ungeibüiu, schon als eine
alte, traute Bekannte, vorzugsweise die Krankheit (de Zietie}
benannten, üeber den Verlauf hörte ich Folgendes von ihnen.
Aia Abend hatte die Frau in dem ersten PreufaiHchen GrenasiSdl-
cbeo CraneHhurg angefangen, sich unwohl zu fühlen. Dieses
Unwohlsein, welches sich durch in.lfaiges F.rbrechen offenbaret,
— 1110 —
wai wlibreiiil der Nacht Tennshret. Morgens hatte die Frau sieb
noch atBi-k genug gegUabt, dl« Wallfahrt nach dem faot Weg-
aluaden enlferoten Kevelaer in vollenden. Auf dem xwciat^ndi-
gen Wege nach Grunewald war sie aber qo eleod gewordeo , dnfs
man sie in lelsiem Orte den \^'lrihsleiiteii zur Pflege übei^vhen,
wo sie dann gleich nach Mitiag das Zeitliche gesegnet.
lob iah es wirklich al« ein grpfsea Glück an, dafs der er-
sähhe Fall sich nicht etliche Jahre früher augetr^eo. DamahU
würde ich einen ausfiibrlichen Bericht darüber an die Behörd« ha-
ben inacbeo müsaen, daa Sterbebaus würde man gewaschen, ge-
weifst, aaagcräuchert , und die Bevohner eine Zeit lang darin
riingesperret haben. Jetzt geschah von aUeo dem gar nichts ; kein
Mensch sprach' von der Sache , die Frau wurde begraben , und
damit war es getban. So können die Ansichten der Menschen in
kuner Zeit sieh verttodern. *)
Einige Zeit nach diesem lödilichen ChoWafall , der wol Asia-
tisch wird gewesen'sein, weil die Frau gestorben ist, wurde ioh xu
einem 60jährigeo Geachäfismanne gernfen. Die Nachricht , d^fs «r
beständig erbreche, wunderlich angegriffen, kalt am gansen Leibe
sei, und schmersbafle Krämpfe in Armen ond Beinen, mehr aber
in letzten als in ersten habe, liefs mich bald errathen, welcher
Feind hier zu bekftmpfen sei. Ich verschrieb die bewufste j^rseoei
and liefs dem Manne wissen: ich werde ihn nach Kwei Sluodeo
Beb«o, dann könne ich über die Wirkung der ArEenei uriheUeni
jetzt sei mein Besuch swecklos und verspäte nur die Hülfe. Kasn
waren die twei Stunden verflossen, so kam der zweite Boihe und
brachte mir die Nachricht, die Arzenei ibue dem Kraaken siobtbu
gut, der erste Löffel sei schon im Magen gehliebwi und seitdem du
Ülrbrechen nicht wiedergekehrt; er wünsche aber doch, mich haU
zu sprechen , weil er mir noch etwas Besonderes zu eröffnen habe.
Wie ich zu ihm kam, fragte er mich: ob ich ans dem Berichts
seine Krankheit erkannt habe * ob ich auch wisse , dafs er voD der
Cholera ergriffen sei* E^ habe Über diese Krankheit so viel in deut-
schen und niederlündiachen Zeiiachrifien gelesen, defs er sich in
dem Punkte nicht täuschen könne; alle Zueile derselben werde ich
an ihm Anden, Er halte Recht, alle Zußlle der Cholera waren d«.
Erbrechen ( welches jetzt aber schon aufgehört ) , reicblicbe , wäs-
serige, unkotbige, mischleimige Stahlenileerung- ( das Aiisgebro-
'i Ein Jihr frähar »l«rb *ach sino tiiltTilircBde Ntcderlünderini in «inar mei'
ueM HtOH yeiaBÖbir liegeodan Berherge. Nactuniltasa aaf eiaem Wag«!
Iii«r Mecl^nEt , >>*t sie sich , nacb AuMage dir Wirtbaletil« , «ehr mall ge-
rüblt, liob oft erbrockiD. H*D hat ibr gereicht, was üe vertanst, Bod aie
int Bett gebracht, sie aber am folgeoden Horgen ladt gcranden. Aach diese
■oll aiifeblich «d«. eiaer vod der Cbolora heimgeaiichtBs GegBod gakoBiMB
— Uli —
cbeoe WBi, nadi Anatage,' auch n-ätscrig, fade, ungallig gewe-
sen). Kühe dec Haut, aber nicht der Zuoge (ob letsle friiber
ancb kalt gewesen, konnte ich jelsi nicht wiuea), Mhmeribafie
Krämpfe in den Exlreniitäten, besonders in den Füfaen, ein mU-
Bames beängstigend es Gefühl in der Magengegend, eine sehment-
lose Eingeoomueobeit des Kopfes und ein kteioei b*<chleoaigteE
Pul:!. Das Unwohlsein hatte Vorniiltaga leise angefangen , war
aber gleich nach Mittag schon ao gesteigert, dafs er sich genS-
thigi gesehen. Hülfe ta suchen. Da ich der Meinung des Man-
nes, dafi ei die Cholera habe, nicht geradezu widersprechen
konnte, so aagie ich ihm einfach: ich bekünimere micb nicht um
den Namen der Krankheit, sondern um ihre Natur und wie sie
zu beben sei. Die gute Wirkung, die er sehoo von den zwei
LSffeln Arxenei spüre, rerbürge ihm wol, dafa er gada dadurch
genesen werde. Er sei jetxt su angegriS'im, als dafs ich viel mit
ihm reden därfe; in den nächsten Tagen sei ich aber so aller
Erklärung bereit. Er solle nur stünillich die ganze Nacht durch
einnehmen, sich, w'enn er Enileeruog bekomme, im Bette des
Beckens bedienen , gegen den Durst Wasser mit Milch lauwarm
trinken, übrigens darauf achten, ab und wann er wieder koibl-
gen Abgang bekomme, und wenn es maglich sei, mir seinen
Harn aufbewahren.
Am folgenden Morgen war diu Befinden mächtig verändert.
Das Brechen war nicht wiedergekehrt, die HauiLä)te langsam
vergangen, so dafa er, nach Aussage der Hausleute, ungeföhr
anderthalb Stunden nach meinem geairigen Besuche wieder warm
gewesen. Nach Mitternacht war koihige Baudienileerung erfolgt,
mit grofser Erleicbierung und mit fast gänslichem Verschwinden
des beängstigenden Gefühls in den Prftkordieo. Von den Fnfs-
krämpfen zeigte sich nur noch selten eine kleine, leiae Spur.
Dia Eingenommenheit des Kopfes war aber noch merklich. Aus'
der gelben Faibe dea Harnes koimie ich eckeoaen, dafa das Gal-
lenorgaa consensuell angegriffen gewesen, oder noch sei. Ich
Uefa mit dam Einnehmen fortfahren und erlauhie zu Mittag etwas
dnone Rinds-, oder Hübnenuppe.
Abends war die Krankhoit, bis auf ein wenig Eingenommen-
heit des Kopfes, ganz gehoben. Ich bestimmte also , ihm bis
lU Uhr Btündlich einsugeben, dann ihn aber schlafen zu lassen,
und nur einzugehen, wenn er von selbst erwache.
Am folgenden Morgen war der Rest von. Taumel, tmcfa einer
guten Nacht, ganz verachwunden , der Harn aber noch ein wenig
gelber als er sein mufste; ich hiefs ihn sur Vorsicht heute noch
das Bett bewahren and Arzenel gebranchen.
Am nächsten Morgen siand er auf und krnmie wieder in sei-
nen Papieren. Nun hatte ich einiuahl Lust, mit ihm zu sprechen,
— — '"8'^
— tliS —
und er noch' gröfsere, mir alle« aaizalflgen. Ith gesteh« aber,
dafd seine Aualegung sehr hölzern war, denn ■eine Rede lief zu-
lelst auf seltsame Gefühle hinaus, die «ich doch nur durch un-
voilkomma« Vergleichangen andeuten lassen. HSilen ihn nicht
die KrSnipfe von Zeit za Zeil geplagf, behauptete er, so ntlr-
de er sieb in einem ziemlich ertrSglichen und gleichgüliigea Zo-
Stande befunden haben. Das Erbrechen habe ihm Iceine An-
strengung gekostet. Furcht vor dem Tode habe ihn nicht geäng-
stiget, er habe vielmehr gar nicht an das Sterben gedacht.*)
Nun, ich denke, dieser Zustand von Gleichgültigkeit, Sorglosi^
keit, oder wie man ihn nennen will, findet sich nicht seilen auch
im Anfange akuter Fieber, senderlich solcher, die von einer
fjrerkrankang des Gehirns abhängen.
Der dritte Fall des Jahres ltrJ4, den ich in die Kategorie
der Cholera, oder der Hirnruhr setien möchte, ist folgender.
Ein zwischen 30 und 40 Jahreif alter Mann , der vor langer
Zeit die Ruhr gehabt, also mit den Zufällen und GefSblen, wel-
che diese Krankheitsform verursacht, belcannt war, litfs mich
eines Nachmiltaga bitten, ihn zu besuchen; er war in den Vor-
mitttigastunden krank geworden und faüteie das Belt. Sein Puls
war beschleunigt und mSfsig voll, seine Haut warm, ohne heifs
KU sein. Er klagte über ein eigenes, unangenehmes Gefühl im
Epigasirio, dem er keinen bezeichnenden Namen geben konnte;
auf meine Frage, mochte er es weder beHugsiigend, noch breit-
nend nennen. Er hatte hesiSndige Uebelkett^ zum wirklichen
Erbrechen war es aber noch nicht gekummeu, Durchfall mit reich-
licher Entleerung blofa weifser, wässeriger, ganz kothloser Stoffe,
ohne Stnblzwang. In seinem Kopfe föhlie er einen schmerzIoseB
Taumel , nnd in den Füfgen , besonders in den Waden , schmerz-
hafte Krämpfe. Ungefragt sagte er mir: er habe, da die Krank-
heit mit Durchlauf angefangen, wegen des gleichzeitig sich einstel-
lenden Gefühls von Unwohlsein vermuthel, die Ruhr sei bei ihm in
Anzüge. Weiter sei er aber, der reichlicheD, ganz unkotbigen,
unechleimigen, unblutigen und uns tu hlz wangige o Entleerungen we-
gen , in seiner Meinung irre geworden , nnd spftiet haben ihm die
Krämpfe der Füise und die seltsame Eingenommenheit des Kopfes
den Glauben aufgedrungen, er leide wol nicht an der Ruhr, son-
dern an einer anderen Krankheit. Von der Cholera sagte fer kein
Wort, nnd ich begreiflich auch nicht. Ich sah die Krankheit, ohne
ihr einen Namen zu geben, für ein, von einem Urgehirnleiden con-
') Daria «pruh ar wal wahr -, fcna da er bei neioeaL «ntta Bctaelia mir an-
fcüüdigte, er habe üb Cholera, verrleth er nicht die mindaite Furcht, im
Ges«Btheil, hülle er, lUU von leiaer eiccaen Kraekbell, roD der leiBCa
Naebban geiprocheo, er hille aieht nnbetkagrDer leio kifaaen.
- Itl3 —
santuell «bhangendea Darm- and N«rvenleiileD an, und verschrieb
die in Rede stehende Miicfaung.
Am andern Morgen war das sellsame Gefühl im Epigastrio und
die Uebelkeit verschwunden. Stuhlen ileerung halle er gar nicht
mehr gehabt. Das Gefühl des allgemeinen Unwohlseins war viel
minder, und der Puls weniger beschleuniget. Die Krämpfe in den
Füfsen hauen ganz nachgelassen, die Eingenommenheit des Kopfes
war 2war weniger, aber doch noch so, dafs sie den Kranken be-
stimmte, im Bett zu bleiben. Der Harn, den man mir jeizt seigie,
war kaum vom normalen uniecschieden, woraus ich schlofs, das
gallenabsondernde Oi>gan sei nicht cunsensuell ergriffen. Ich hie&
ihn mit der Arzenei fortfahren.
, Am nächsten Morgen hörte ich, er habe am vorigen Tage wie*
der koihige , breiige Oeffnung gehabt , die letzte \achi gnl geschla-
fen, die Eingenommeaheit des Köpfet sei Tersohwnndca, und er
f&hle oichls Krankhaftes mehr.
Das sind nun die einzigen Falle, welche ich im Herbst 1834
beobachtet.. Ob man die Krankheit graue Ruhr, Gebirnruhr, oder
Cholera nennet, ist ganz gleichbedeuiend. Mit der gewöhnlichen
Ruhr hat' sie, hinsichtlich der Zufälle, das gemein, dafs, bei
flüssigen, mehr oder minder häufigen Stühlen, eine allen Darm-
koth zurückhaltende Zusammenicbniirung im Darmkanal Statt fin-
det; sie unterscheidet sich aber wieder von der gemeinen Ruhr
dadurch, dafs bei ihr der Ort der'Zusainmenscbnürung weil, weit
böher im Darmkanale ist, ala bei jener. Das ist aber doch nur
blufse Formensache, und im Grunde nichlsbedeuiend für die Er-
kennttiifa und Heilung. Die Haupixache ist und bleibt, dafs mau,
vorausgeseizl , die Krankheit sei nicht eine in dein Darmkanal
vorwallende Affekiion des Geaammtorganisrous , (was die, welche
ich behandelt, bestimmt nicht war) das urergriBene Organ auf-
sucht und dieses heilet. Bei der besprochenen Krankheit ist das
urergriffene Organ aber nicht im Bauche, sondern iui Gehirn.
In welchem Gehirnorgane f — Das mag Gott wissen, ich weifs .
es nicht.
Den Lesern könnte es aber auß'allend sein, dafs ich der ge-
nannten Zusammensetzung eine so schnelle, fast ans Fabelhafte
grenzende Wirkung beilege, sie könnten io Versuchung gerat hen,
mich für einen Mährcfaenerzfihler zu halten ; ich bin also , nicht
Bowol mir selbst, als vielmehr der Menschheit folgende Erklfirnng
schuldig.
So lange ich die Kunst übe , habe ich noch kein Mittel ken-
nen gelernt, welches eine solch schnelle, wohlihfiiige, fast tau-
herische Wirkung hatte , als die besagte Mischung. Ursprünglich
gHb ich, bei <leii) erat«D Cholerafall , *) ilca tiiioiiii{{eu Stoll' de^
Tabaki als tiebirnheiliiiiiiet, weil icb die heftige Aurregvng den
Uarmkanals , mehr aber noch die ungeheuer evhmerzhnflen Kräm-
pfe dfr Filfse, die den atfirken, harten Mann /.uni iinaiifhörlichen
jaiiien Hiilfeniren nöibiglen, aniiiSgÜch für ein Urleiden der DSr-
nie ansehen konnie, sondern notbvvendig für consenaitelle Ziinille
des iirerkrankien Gehirns halten mufste. Das essigRaure \airon
selzle ich blofi zu, nin den heftig aufgeregten Magen vorläufig »n
beruhigen; denn wie sollte der flüchiige Siolt' des Tabaks, wenn
er augenblicklich wieder ausgebrochen würde, seine Ileilnirkung
auf tiehirn, oder Kückennrark ftufsern knnnen'f Ich gesiehe aber,
dafs ich, ubgleich eine erwünschte Wirkung von dieser Mischung
vermuihend, weil entfernt war, eine solch wahrhaft zanberische
davon zu etwarian.
Ich kenne kein allgemein liebere« Mittel anf irgend eine Krank-
heitsform , also auch nicht auf die Cholera, Wir wollen die Mei-
nung aber einmabi als wahr annehmen, da& die Bauch-, Ner-
ven- und Muskelleiden, welche die Form der Cholera bilden,
cunsensueli von einer ürgebirnerkranknng abhängen; folgt denn
aus dieser Annahme , dafs die Urgehirnerk rankung für , und für,
jetzt sowol, als über drei, oder vier, oder zehn Jahre, durch
den flüchtigen Stoff des Tabaks "heilbar sein wird? — Da» folgt
gar nicht aus jener Annahme. Habe ich doch Gehirnfieber be-
handelt, die ich durch Siechapfeliinktur, und andere, die icb
durch Silber heilen miifsle; wer verbürgt es mir denn, dafa frü-
her oder S|>Ster die GehimafTektion, von der die Chol eraform ab-
hängt, nicht aiiclt einmahl so geartet sein wirdi Ja, wer ver-
bürgt es mir, dafs sie nicht solcher Art sein wird, auf welche
ich gar kein [feilmillel Weifsl — Man kimn, ohne Prahler zu
iteln, sagen: so habe ich gebeilt; man kann auch sagen: so
will icb künftig heilen, denn der Wille, so, oder, anders an
heilen, ist frei; wenn man aber sagt : so werde ich heilen,
dann spricht man wie ein Crrplogaleniker , der in seiner irren
Verinessenheit sich einbildet, die Natur künftiger Krankheiten
ergründet xn haben. Vor solchem prahlertschen Irrsinne wolle ans
Goit sSmmtlich in Gnaden, bewahren!
Das sind nun die vier einzigen nritzlichen ZusammenseUun-
gen, welche ich in einer vierzigjährigen Pfaxis gefunden. Dar-
aus können meine jüngeren Leser abnehmen, dafs Zusammensex-
zungen, in denen eine wirkliche Heilheimlicbkeit steckt, etwas
seilen sein müssen. Uebrigens bemerke ich noch, dafs, wenn
gleich mehr der Zufall als mein Nachdenken mich auf diese Zu-
Bauimenaeizungen geleitel, ich doch früher jeden Bestandlbeil der
*) leli hsb< üieies aatKlirlieb In Harclsiuliiohea ioanti bwcbricIeD.
ZittamnieDseUung and seine Heilwirknog grnaa durch eigene Er-
fahrung kannie, aUo bestimiDt wissen konnte, jeder einzelne Be<
siandlheil jeiale das niehi, was die ZutunmenseisuDg.
Wer l^itlel insamnienietKt , deren Wirknng er durch den E t n-
xelgebrauch früher nie erprobt, wie kann der über den Werth
der Ziisaniinenaeiinng richtig urlbeilen I
Scboo altere Aertte beban|ttelen , man könne durch Schauen,
oder Helfen der Araeneiea aur Erkenninifs der Katnr einer Krank-
heit gelangen. Der Gedanke ist an sich gut, ««hr gut, wir wi-r-
den seinen W^rili in dem folgenden Kapitel richtigpr su scfafitsen
versuchen als es bis jeUt geschehen; wie it>t es aber inöglicb.
Tun der Wirkung eines Arsenei misch inaEcbes die Erkenninifs der
^Btur einer Krankheit su erkunden} Kann man denn Hisaen,
welche Einzelheit in dem bunlsebeckigen Allerlei geholfen oder
geschadet* So viel ieli die Saahe begreife, lä&t «ich bei dem
Gebrauche rielfach vermischter Arseneien die ganxe Erkenntnifi
durch die A'»ee»lia und Juvaulüt darauf zurückführen, dafs man
siebet, ob durch Brechen , Laxiren, Aderlässen, Botorimtim Jf^a^
oder volatilia die Krankheit schlimmer, oder besser, wiid. U3cb-
stens kann man also durch diese wirren Erkennungsmittel eine
Ahnung von dem Zustande des Geaammtorganismus haben.
Im Allgemeinen aber die Sache betrachtet, stehet die Mei-
nung, dafs man die Natnr der Krankheit durch dre Wirkung der
gegebenen Arseneien erkennen könne, mit der verwickelten Re-
xeptschreiberei in so grellem Widerspruche, dafs «s sehr schwer
zu erklären sein machte, wie dieser Gebrauch und jene Meinung
10 lange neben einander haben besiehan können.
Kluge Männer, diesen Widerspruch fühlend, haben freilieh
von Zeil zu Zeit auf Einfachheit der Verordnungen gedrungen;
was hat es aber im Allgemeinen geholfen! Lese ich noch jeiit
manche Krantkengeschichte in unseren heutigen Zeitschriften, so
finde ich zwar nicht so ungeheuer lange Rezepte als in der ganx
alten Welt, zahle ich aber die guten Ding« »usammen , die dem
Kranken gleichzeitig, wenn gleich nicht immer zu Einem Rezepte
verbunden, in den Magen geschickt werden, so wird ihre Zahl,
der Zahl der Bestandthetle eines alteribüuilichen Rezeptes wot we-
nig na^älehen.
Was ist das nnn für eine wunderliche Zucht, meine werthen
coinponirenden Amtsbtüder! dafs Ihr das Gute und Wahre, was
kluge und erfahrene Männer gesagt und mehrmahls gesagt haben,
als einen Possen in den Wind schlaget, und unbekümmert Euer
medizinisches Würfelspiel fortsetzt? — Ihr sagt: wir hdben meh-
ren Indikationen zn genügen , darum verbinden wir mehre Mittel
mit einander. Das labt sich hären, ich mag es nicht ganz ver-
werfen i aber Ihr acheint mir doch über Euren vielfuchea und fast
— 1116 —
täglich ahgeündeneii Indikaiionen die Hnitpiindikaiion faui zu ver-
gedien, nämlich die, den Kranken gesund >u machen. Dieser leli-
len und wahren Indikaiion genügt Ihr, giaubl eii luir, weit besser
durch eine einzige A rzeneisubsians als durch ein QehrSu ¥9n ei-
nem HalbdntT.end. Die nieisien Eurer Indikationen sind ja blofs
Erzeugnisse Eurer achulrecht zngetiutxien Phantasie, nicht wirk-
liche ErfoderniMe des Krankheitszuniandes; ohne E^ich Unrecht
zn ifaun, wilrde man Euch sagen können, was einst Puracehu*
den Galenikel-n sagte! Ihr seid Poeten und po^iiMch ar-
seneiet Ihr.
Ihr kSnntel aber in Eurem Herzen denken,' es auch wol münd-
lich lagen: ich sei ein alter Narr; dafs ich t. lt. behaupte, durch
den nlchiünutzigen, van den Aeralen lilngst verworfenen Fraiien-
disleliMmen das Hüftweh, durch einige Trnpfen des gescbnincklo-
sen orecfanufswBSBers gastrische Fieber, durch etwas gescbinack'
loses Qu assia Wasser Leberwassersucht, durah etwas Eichelwasser
Milz Wassersucht, durch etwas Schell krautKB fr Oatlricam nervotaM
geheilt zu haben u. s. w. , sei blofi eine Einbildung. Solche Kiru-
ken würden wol durch die bloise Hülfe der Natur von ifareo Lei-
den genesen sein, und ich diese Heilungen gnigUubig meinen al-
bernen Mitteln zugeschrieben hnben.
Gegen lalche Gedanken, werihe Aintsbrüdir ! weif-i ich oicbis
einzuwenden; erlaubt mir aber einmahl, dafs ich nach Art der
Morgenländer Euren Verstand durch ein Rftihsef auf die Probe
stelle. So gut als Ihr, bin ich- doch ein schulrecht gebildeter Arzt,
und habe, wie Ihr wol glauben werdet, die Schulzucfat nicht b'io-
bald da ich in die Praxis kam, wie ein wildes Pferd den Reiipr
abgeworfen, sondern ich bin ihr gefolgt, und wenn irb gleich be-
kenne, selbst in der Jugend keine sonderliche Neigung zur ver-
wickeltes Rezeptschrei beirei gehabt su haben, so haha ich doch
meine scfaulrechien ladikationen gemacht so gut als Ihr, Non sagt
mir einmahl, wenn icb'denn Jetzt so sehr einbildisch bin, n-arom
habe ich mir nicht auch früher die direkte unfeindliche Heilwir-
kung der Arzenei eingebildet? Hütte ich sie mir früher eingebil-
det,, so würde ich doch wol nicht die breite, gemächliche mediii-
nische HeerstrAfse verlassen und anf einem blinden, seit zweihun-
dert Jahren unl>etre(enea , ja durch den Bannfluch aller Schulen
für unheimlich erklärten Steige mir Bahn gehrochen haben. LÖsec
mir nun dieses Rälhsel, oder wenn Ihr ^s auf eine ehrliche Wei-
se ntcht lösen könnt, so glaabt es mir nur iiaiuer auf gute Treu,
dafs die höchste Einfachheit der Arzenei am ersten zum sichtba-
ren direkten Heilen fuhrt, sonderlich bei den Organ erkrankungen
nnd bei den von diesen abhängenden akuten Fiebern, die doch am
hlinfigsien in der Praxis vorkommen. Einzig durch die Einfach-
heit kdnnen wir diese Ueberzeu'gnng von der Heilwirkung der Aize-
— UI7 —
Dsleti erhallen und uns wahrhafte ErfahroDg erwerben, ja durch
diese Einfachheil wird ei uns erat deutlich, wie man durch Hel-
fen uder NlchlbelfeD der Arxeneimiilel die Torborgene, auf keine
andere Weise erkennbare Natur maneber Krankheilen ergründen
kann.
Jetzt luufa ich noch von einer «ehr wichtigen, aber sehr hfi-
keligen Sache reden. Lieber wollte ich sie übergeben; das Iftfil
«ich aber nicht gut thun, weil ich in dem folgenden und nächst-
folgenden Kapiiel mich darauf beziehen werde. Man spricht in
der Medi)iin von Mitteln, welche feindlich auf den Menschenleib
wirken, und vun solchen, welche ganz unfeindlicb den kranken
gesund machen. In jedem ärztlichen Verstände erzeugt sich un-
freiwillig, durch die (Jehung der Kunst selbst, ein dunkler Begriff
des feindlich und unfetndlich Einwirkenden. Sollte es m8glich sein«
diesen dunklen Begriff zur Klarheit zu bringen 1 —
Wer nie fiber diesen Gegenstand nachgedacht, der wird, wenn
er meine Frage liesel, glauben, es sei nichts leichter in der Welt ;
wer aber je darüber nachgedachr, der wird so gut eingesehen ha-
ben als ich, dafa es sehr schwierig, wo nicht, gar unmüglicb ist.
Ob auf ernea gesunden Menschen ein Arzenei mittel feindlich ein-
wirkt, das kann man, wenn man es selbst bei guter Gesundheit
nimmt, leicht gewahr werden. Entweder spüret man nach dem
Einnehmen, früher oder spSter, ein Gefühl des allgemeinen Un-
wohlseins, oder man gewahrt, nebst diesem, noch eine Störung
der Verrichtung des einen oder des anderen Organs , oder man
gewahrt, ohne Gefühl des allgemeinen Krankseins, kleine UnregeU
luäfsigkeiiea in den Verrichtungen des einen oder des anderen
Organs. Begreiflich macht man solche Versuche mit der Mit-
telgnbe der Arzeneien, wie sie die Aerxte den Kränken zum Heil-
zweck reichen; denn da ein üeberroafs gesunder Nahrungsniiiiel uns
ein Gefühl des Unwohlseins bewirkt, so wird auch ein IJebermnfs
sehr nnschuldiger Arzenei uns ein solches Gefühl bewirken kSnnen.
Wenn wir unn nun überzeugt haben, dafs ein Mittel keine
der angeführten Wirkungen in unserem Leibe hervorgebracht, kön-
nen wir denn daraus falgera , dafs es auch den Kranken nirbt
feindlich angreifen werdet — Das ISf«! sich nicht daraus fol-
gern.
Wenn ein Mitlel fetndlicb auf unsem gesunden KSrper ge-
wirkt, läfst sich damuB folgern, dafs es auch feindlich auf den
kranken wirken werdet — Nein, das läfsi sieb nicht daraus fol-
gern.
Wenn ein Mittel, in der Taggabe von z. B. einer Unze, in
unserm gesunden Leibe gar keine bemerkbare Verltnderung her-
vorbringt, können wir daraus folgern, dafs es in Krankheit als
HeJImiiiel, entweder in der aSalioben, oder auch fa der.halbea,
— ms —
«dar Yicrielgnl» gebraachi, unnerinam Min MDuef ■~ Neio, da«
kana man auch nicht daraus folgern.
WAs bezweck« ich nun mit Her Zaaammeasicttnng dieier nack-
ten GrCahrangasäize \ Nichig mehr und nichta weniger, alt diejenigen
unter Euch, die noch nicht darauf gemerkt, aufmerkaam su ma-
chen, dafä inan von den Versuchen, die man fainBichilich der feind-
lichen, oder unfeindlichen Wirkung der Arzenaieu bei Geauoden
macht, wenig lernen kann, was einem bei Kranken za i^Ken
kSramt. Darob Krankheit tritt ja der Mcnaoh in ein gana neue«
Verhillnifs stir Aubanwelt, weicfaea man nicht durch künailiche
Experimente an erkennen braucht ,_ welches vielmehr deiu naauf-
merksamaten Beobachter von seibat in die Augen füllt. (So wirkt
I. B. sichtbar anders die Temperatur der Luft aaf den Krauken
als auf den Gesunden; bei einem Grade, wo diesen friert, wird
jener schwitzen, oder auch wol niugekehrt. Speisen, die dem Ge-
annden gut acbmeckeo, ekeln den Kranken an. Getränke, die d«-m
Gesunden ein wafarea Labsal waren, siad deiu Kranken ein GrAael,
- und awingt er sie aicb ein, so bekommen aie ihm schlecht. Ja nicht
blofa die Temperatur der Luft, nicht blofaSpeiae und Traak, soodem
auch paych lache Kindrücke wirken andera aufdan Kranken als auf den
Geauoden; solche z. B., welche den Gesanden kaum berührten, kSn-
nen den Kranken in Zorn versetzen, and umgekehrt, ktinn der Kran-
ke bei aolchen ganz gleichgültig bleibeo, dia ihn, weil er gesund
war, zur Freude, zum Zorn, zur Trauer wurden gestimmt haben.
Bemerkenswerib ist dieses i-erBnderte Verhaltnifa besonders bei
solchen, die dem Tode nahe sind, das heifst, hei solchen Scbei*
denden , welche ihres Verstandes noch luftchtig sind , denn von
Irren and Bewnfailosen kann nicht die Elede aein. Kinder, Gatte
oder Galtinn, Freunde nnd Hauagenosaen aind von tiefer Trauer
•rgriBen und- können ihre Thr&nen nicht zuruckhallen ; der Sle■^
bende selbst hingegen ist gleicbgiiltig und vergiefit keine ThrSne,
zum wenigsten habe ich diese« noch nicht gesehen auch nicht da-
von gehört. Dieses iat gewifs ein achlagcndar Beweis für das
veränderte Verbältnifa zwischen Körper und Aufaenwelt; denn fän-
de dieaes varändeite Verhälinifs nicht Statt , so würde der Schei-
dende, wftre er auch vollkommeo zum Sterben bereit, ja aftBe er
selbst wie StepAan«» den Himmel offen, immer Men>ch bleiben,
und die Klagen und Thrfinen geliebter Weaen müfsten ihn rühren.
Wir Aerzte bezeichnen das Verhüllnifa, das zwischen KSrper
nnd Aufaenwelt Statt hat , vorzugsweise an den KSrper denkend,
mit dem Ausdrucke: Reixbarkeit, oder Erregbarkeit. Der Aus-
druck, vermehrte, oder verniinderie Erregbarkeit, be-
zeichnet also verschiedene Verhältnisse dea Körpers xnr Anlävn*
well.
Einen N'ornialpunkt, von den wir bei Beztinmnn^ 4er Ver-
— 1119 —
mehran; oder Vennindenn^ der Erregbarkeit ansgehen kSnnteo,
haben wir nicht, dena nicht eintnahl bei allen Gesunden ist das
Verhällnifs xwiichen Körper und Aüfsenwett gleich^ in einem und
demselben Gesunden bleibt es sich nicht jeder Zeit gleich, und
eben so wenig in einem nnd demselben Kranken.
Wenn wir nnn ia» Gesagte alle bedenken, so ergibt sich dar-
aus leicht die Unmöglichkeit, einen bestimmten, klaren BegriflT
des feindlich und unfeindltch Einwirkenden fesixustellen.
Die Lrser konnten mich nun aber fragen, ob denn aus den
vergleichenden Beobachlunged des Verhältnisses des KSrpers zur
Aiifsenwclt swischen Gesunden und Kranken sich mir gar kein
Ergebaifs herausgestellt, welches von einigem Xutcen für die Pra-
xis sein kÖnitel Dieses Ergebnifs will icb nicht in Abrede stel-
len, es ist nur kein solchen, welches, auf klaren Begriffen bera-
hend, echt versiandhaft kann mitgeiheilt werden; blofs folgendes
Unklare und Ungefähre kann ich dem Leser initfheilen.
1} Es gibt Miliel, die zwar nicht, in der iMitlelgabe gereicht,
den Gesunden flugs, oder in etlichen Tagen krank machen, die
dieses aber, auf die Dauer gebraucht, früher oder spSier bestirninl
thun. Diese Mittel wirken eben so wol auf den Kranken als. auf
den Gesunden feindlich, weshalb ich sie auch als bestimmt feind-
liche ansehe. Von den gebrauch liehen setze ich unter diese Ka-
tegorie: das OvecksilbeT, das Blei, die Digitalis, das Opium. Dafs
man durch diese Mittel feindlich den kranken Körper angreifen
nnd durch dieses feindliche Angreifen ihn heilen könne, hl mir
sehr bekannt ; dieses g^bet uns aber hier nicht an, sondern gehört
in das folgende Kapitel.
2) Breehmiuel, sonderlich Antimonialbrecbmiiiel machen den
gesunden Menschen unwohl, zwar nicht auf lange Zeil, aber doch
auf kurze. Wer dus nie selbst versucht hat, dem ^'aihe ich, ein
solchem Itrechuiiitel zu nehmen, und ich denke, er wird sich wol
einen halben, und hat er keine starke Natur, auch einen ganzen
Tag flau darauf fühlen. Aehnliche Wirkung, und oft weit anhal-
tendere, haben diese Mittel auch in kranken Körpern.
3) Drastische Purgirniltiel wirken feindlich auf den Gesunden
nnd Kranken, Die Araber, welclTe sie häu6ger gebrauchten als
wir, kannten auch ihre feindliche Wirkung recht gut. J/env«
(HamecAt Sohn) lehrt uns, wie wir die üblen iVachwirkungen der-
selben beseitigen können.*) Ja selbst die milderen, heut zu Tage
*) Mtiat eam trpatiUMU AfmiiHa^ waper eamour» umHertahl etc. iMgdmil
ISI9. Hier fiidet ■sd fil, 37. «ad weder *encbieili;aa Kapitel nit felfes-
dea Aurichririel : Cmp I. D» febribm qua* atciäumt pott pHrgeUomri.
Cap. II. Dt dalora eepiUi, qui aetiält pnt purgalionet. Vap III. I>t rer-
ligiHt fKme anriim pn$ pnrgmUomM. Cap. 11'. Dt drUHl»!» ritM pMt pjir-
- IISO —
gebrUucUicfasB PflanieDlaxinaitlBl , Rhabarber ani S»4inB, kann
ich von dem Geiagien nicht autscfaliefsen. Erste macht, wfihreod
und karz .nach ihrer laxirenden Wirkung, ein eigenes Gefühl des
allgemeineo Unwohlseini (denen zum wenigsten, die nicht an die-
sen-Reiz gewohiu sind),*) und die Nachwirkung der leieten ist
auch wol so unschuldig nicht, als manche Aer/ie sich einbil-
den. ")
4) Bluleniziehung. — Diese bewirkt, je nachdem sie reich-
lich und je nachdem der Körper geartet ist, ein Gefühl von Mat-
tigkeit, auch wol wirkliche Ohnmacht bei Gesunden. In Krank-
heiten wird man ihre feindliche Einwirkung ebenfalls nur zu oft
gewahr. .
Das nun festgestellt, fahre ich fort, das Ergebnifs meiner Be-
obachtungen mitzutheÜMt.
Im Allgemeinen ist das Verhiltnifs der kranken K3rper zur Au-
fsenwek also geartet, dafs das äufsere Einwirkende si&rker auf sie
wirkt als auf die gesunden, dafs also Arzeneigaben , die ein Gesun-
der ohne UebelheGnden davon zu spüren auf seinen Körper kann
einwirken lassen, den Kranken mehr oder minder feindlich angreifen.
Dieser äatz ist nur unter grof^er BeschrSnkung wahr, denn
wer nur etwas Erfahrung sich erworben, der wird wissen, dafs
anch ein dem angeHihrten ganz eolgegengeseizies Verhällnifs zwi-
schen den kranken Korpern und der Aufsenwelt Siyt haben kann,
nicht blofs in einzelnen chronischen Fällen, nicht hlofs in spora-
dischen akuien, sondern auch, zu Zeiten, in der Mehrzahl der
geliantk. Cap. V. De debilHalt ttomachi palt p»rgaUonei. Nnn, mbrlaf-
tig-I weoa die Parftaieii Fieber, KuprietamBn, Sohwindel , Augea- aai Hl-
geatelia^iile bcwirklea , lo wira ei doch wo) •m klägitsD gswaiM , lie dia
LeDtea gir oicbt in dis Darm« zo ichicken.
*) Die aiseDtlirbeo RbabirbrrrrcMcr , dsreo ei beat in Toge weni;;« mebrfibl,
(ilie meist«B lallen nocb in deu Niederlanden lein) die.iicb einbilden, inrA
den tiglieben fiebrtacb dieser Wanet licb , wo i^cbl ror allen , dach ver
den Beiaten Kraskbeilen acbntzCn zu künoen, werden wol dorch die Z«K
Ihren KKrper an dm Reiz der*etben gewühnt baben , and diaaen wird nie,
aveb all elfenllicbea Laxana gebroscht, wahraetaeiolicfa keine nnuK*nekae
Gefühle velir vernnaehen.
**) Spdeaham iprichl roa einer Anfregang des Kärperi , die al> Nacbwirknag
der Laxirniillel torüek bleiben toll, und die nan dnreb Laadtaam wieder be-
täanigea siliaae. Dt nir'dieae* la ineiaer Jagend anveralkadllch war, ao
nacble leb, un san Ventiodaif« zn gelaegan, vor angerilir 30 Jabres blfan-
dea Veranch. «b oabu cinei Nacbmillag* (weil leb vormitlafa keine Harae daia
bat(e) die Abkochong einer balben Unie SenneablÜtler nad eine Uoie Glan-
bertalz In gelbellten Gab«B , *a , daf* die laiirendo Wirknng «Hiebe Sinadea
vor dem Schlafengeben beendiget war. Slati dara nun mein ScbUr die Naebt
rahig , wie gewübolich «ein tollte, war er aarnbig, (rünnteritob , wie er i*
■ein pflegt , wean mto einnatal ein leicblaa fieberbaiXea Unimbliein la dea
GUadara bat. Nan war mir Sfi^mhamt Hada erat vcratSudÜch.
— 4121, —
hsrcMbenden aknten. Jeder Xwmt aber, der einen nngefähr^ U^
liencblag über die Geiuuiimlzahl der Kranken ^acht, welche er "
in ein^m Zeitranme- ron 20 oder 30 Jahren bahandell hat, der
wird wol, denke icb, zugeben, dafs mein aiifg est eliter Satz sieb
bei der Mehrcahl bestiftigei habe.
In diesem Satie liegt denn eucb der Anfang aller lalroaopbie.
Die praktiacben Folgerungen, die ich ans deoiaelben siebe, lan-
teo also.
1) Da jeder kranke Körper, durch die Krankheil .selbst, ifl
ein eigenes, neues VerhSllnifs zu der Araenei gesteltei ist, wel-
ches ich richtig ta scfaStzen augenblicklich nicht befähiget bin,
so handle ich hftchst anwaise, wenn ich den kranken Kfirper
durch solche Arzeneien gesund xn machen versucbe, welche einen
gesunden krank machen. Wer yashäigbeB mir denn, dafa die im
gesunden KSrper sich Bafiernde feindliche Wirkung der Arsenei
zieh nicht zebn-, ja swanzigraabl feindlicher in dem kranken Su-
iseren kSnne, und ich statt Heilmeister zu sein Giftspender
Werdet —
2) Da ich, zum Heilea eines Kranken anfgefodert, unmSg-
lich wulnnds wissen kann , wie das Verhftitnifs seines K&rpers
zur Aufienwelt (zu den Arzeneien) verfindert sei, so band!« ich
anvorsichlig, wenn ich ihm die Arzenei in solchen Gaben reiche,
wie sie ein Gesunder, ohne feindlich davon berührt zu werden,
allenfalls vertragen mSchte. Macht sie auch in diesen Gaben den
Leichikcsuken nicht gerade zum Tudtkranken, so wird sie doch
die Heilung, die sie in geringeren Gaben hfitte bewirlieo kSnnen,
weit eher hindern als befSrdern.
3) Da das verftoderte Verhftitnifs des kranken Körpers zur
Anfsenwelt blofs als Erscheinung bcobaobibar, nicht aber in sei-
nem Wesen verstandhaft erkennbar ist, z« offenbaret die Meinung
mancher Aerzte, als ob' Arzeneien, welche in dem ge-
sunden Körper keine bemerkbare Ver^ndernng her-
vorbringen (selbst nicht in grofsen Gaben), als
Heilmittel unwirksam. seien, einen grofsen Unverstand und
grobe Unkennlnifs des erkrankten Menschenleibes. Dieser Mei-
nung haben wir zum Theil das sogenannte Obsolelwerden edler,
ja nnerselzlicher Heilmittel zuzuschreiben, und wenn die unver-
kennbare Neigung unserer heutigen Praktiker, solche Mittel wie-
der ans der hlten Rüstkammer hervorzuziehen und ihren Werlh
richtiger zu schätzen, eine lobensweribe Anniherung zur Wahr-
heit beweiset, so beweiset sie doch anch gleichzeitig den Irrgang
der alleren tbeoretisirenden , vermpiniticb gelehrten Aerzte, und
verdftchiiget für und für jedem schlicht verständigen Manne alles
theoretische Geschwätz über die Wirkung der Arzeneien.
Jetzt «eile ich zum Scblosze noch folgende Frage auf: ist es
— 1!2« —
•
für di« Knnit ersprierslich dem Zwech« denelben, dem Ileilen
fSrderlicb, dafs, weil ein besiinimter, klarer Begriff des feindlich
und Dtifeindlich Einwirkenden nnmSglich, man den aui der Beob>
achtung licb ergebenden unklHren, blofa annBhernden Begriff nn-
beachtet ISfsl, feindlicbe nnd unfeindlicbe Mittel, wo nicht w3n-
lich, doch tbfillich in Eine Kategorie wirft I — Ich kann dies«
Frag« nit gutem Gewissen nicht bejahen; mir scheint vielmehr,
da, wo nao die Wahrheil nicht gerade beim Schopf greifen kann,
bleibt eadoch immer besser, sieh derselben mehr oder minder «i
nShem , als sie ganz aus dem Auge lu verlieren.
tv Google
— 1123 —
Seehstes KapIteL
Tma «er KnHBtihellH«« «■« vm ««r Br«««vliellMH«.
-■^s isl Mhr gnt, dafs jeder praktUctie Ant sieb denilich den-
ke, auf wie maocherlei Weise durch die Kunst geheilt werden
kann. Abgesehen ron anderen wicbligen Vortheilen, die diese
Erkenntnirs gewähret, schülil sie ans am besten vor allem lieb-
losen Srsllicheo Splitierrichten. Ich habe, ehrlich sei es gestan-
den, nie eine Anwandlung von Spott unterdruclcen können, so oft
ich las, dab Männer, die uns einen angeblich besseren Weg znr
Heilaog zeigen wollten, diesen nenen oder altnenen Weg nicht
blofa als den vorzüglicheren, das heifst, als den kümeslen nnd ai-
cherstan, sondern als den einzig wahren anpriesen, nnd allen Aers-
len weis machen wollten , jeder andere Weg führe nicht zum
Heilen, sondern aum Verderben des Kranken; ja, wo Heilung
anf jede andere Weise erfolgt, sei sie entweder blofs durch
die nnkünstige Natnr, oder auch wol dadurch bewirkt, dafs der
Arzt zonillig nnd bewiifstlos den nen angezeigten Heilweg einge-
schlagen. Ich dachte mir früher nicht gans deutlich, warum mich
bei aolchen Aeofserongen ein Spoflkitzel anwandelte; seit ich aber
grofsj&hrig geworden, denke ich es mir recht denilich. Jener Kiz-
sel wurde nSmIich durch den grellen Widerspruch aufgeregt, wel-
eher zwischen dem kühnen Willen der Reformatnren nnd ihrer
geistigen Benhigung zum Reformiren Statt fand.
Wenn ein Kunslgürtner Irgend eine kanstgtlrtnenscha Anlage
Machen will, so besohanet er doch zuerst den Grund, den er ver-
achSoern soll ; er stellet sich zu dem Ende nicht in eine Grube,
sondern anf ein« H5he, von der er den ganzen Plan genau nber-
sehen kann.. Eben so machen es auch die Mefskundigen , wenn
ne eine neue Kuntlatrafse anlegen wollen. Sie nehmen eine genaue
K«rte tnr Hand, sie steigen auf Tbürme, sie stecken Stangen anf
hohe Bftnme, und machen sich so einen anschaulichen Begriff von
der Gegend, dnreh welche sie die Slrafse führen wollen.
— 1124 —
Nun, sollt« denn der Arzt, der einen neuen Weg snra Hei-
)en bahnen will, sich nicht auch suent mit dem Roden genau be-
kannt machen müueo, auf welchem er ihn anzulegen gedenkt!
Der erkrankte Menschenleib iat dieser Boden, nicht wie die Phan-
tasie sich ihn vorstellet, sondern wie er durch mehrjährige, sorg-
fähige, voruriheilfreie, vergleichende Beobachtungen sich uns zeigt.
Wer ihn auf die Weise kennen gelernt bat, dem ist es auch deut-
lich geworden, dafs das Heilen auf verschiedene Weise geschehen
könne, und dafs jeder, der dieses Igugne, als ein des Budena ganz
Unkundiger, suin Wegweisen oder Wegmachen gana nobeAhi-
get sei.
Wenn ich behaupte, die Lehre der alten Gebeim&rsle sage
meinem Verstände besser zo all die Lehitai aller andarea Schu-
len , aie habe sich mir bei Uebung der Kunst besser bewähret,
nicht als redselige Erklftrerinn des Gebeilten, . sondern als treoe
Leiierinn bei dem, was noch geheilt werden soll; so behaupte
ich dadurch nicht, jede auf eine andere Lehre basirie Heilart sei
yerderblicb, lödilich, verdammlich. Wollte ich eine solch ibSricb-
le Hede iubren, so würde ich dadurch beweisen, dafs ich den er-
krankten Menschenleib nie durch vergleichende Beobachtung ken-
nen gelernt; ich würde die Lehre, die ich für die bessere halle,
selbst verdftchtigen , sie als eine solch« darstellen , die , um sie
annehmlich zu machen, einer lügenhaften Aufmntxung bedürfe.
Sie bedarf derselben wahrlich nicht, darum will ich auch ge-
trost meinen jüngeren Lesern die verschiedenen Heilnrien dar-
stellen, die Voriheile und Nachiheile Jeder einzelnen, so weit
meine tlrfabrung reicht, zeigen, und so nnparieiisch dabei verfuh-
ren, als es einem ehrlichen Manne bei dem besten ' Willen nur
möglich ist. LVbrigens können die Leser nur Uofse AndeMtnngen
erwarten, denn wollte ich den Gegenstand ausführlich abhandeln,
so mnfsle ich wol ein ganzes Buch daiüber schreiben: Nun snr
Sache !
A* H. «.M ■Clsellnac.
I. Indirekte,
1) Sj'mptomiitische
a) Heilendes Einwirken auf ein Organ , in welchem eine ASek-
tion des GesammtorganismuB vorwallet.
Xacb theoretischer Ansicht sollte man denken, solch eine
sjni|iioaiatiHche Behnndliing könne nie zum Heilen führen; in
der Wirklichkeit überzeugt man sich aber davon. Die Ruhr,
welche eine in den Därmen vorwaltende Affektion desGesammi-
orgHuisnius isi , heilt luan fieilich am sichersten nnd geschwin-
desten durch Einwirken auf den Gesauimlorganisnius; wer
— UM -
wollte abv IttfignsD, daj^ sie.^nch dtu^b Eit^wirftiini; auf tkn
DarmkaDul könse gebeiU wentfl^f Freilich h«ilt man durch
letzte Behandlung langsafner als durch erite; mitfiin müssen
alle und schwackc KSrper» die die Krankheit nicht lange er-
tragen kSnneo, ihr unterliegen, Angina totuiHarü wird, wenn
sie nicht sehr heftig ist, durch xeriheileade Umschlüge oder
Salben geheili. Sicher ist diese Heitart freilich nicht, denn
die Entiündiiog kaan eben sowol in Eiterung übergeheo als
sich zeriheilen. Auch leichtere Bruatenizrindungen werden oft
von den Landleulen blofs durch einen erweichenden Breiunt-
schlag auf die Bchmershafte Stelle geheilt. Meine Gedanken
über solche Heilung sind folgende. Bei jeder in einem Or-
gane vorwaltenden Affektion des Gesammtorganismiis ist doch
die Verrichtung dieses Organa mehr oder minder gestSrt, nnd
diese Si5mng mufa, wie jeder Reiz, consensuell auf die gan-
ze Körpermaschine znrnekWirkead, die Aufregung, welche die
Uraffaktioa des GeiiammiorganisMsus bewirkt, TerstSrken. Darcfa
Bescfa wicht ignng dieser Organaidrung greifen wir jedenfalls
WohlihBttg in den Krank beilsprozefs ein nnd vermindern die
Gefebr «oes t&dilioben Aasganges, in so fern nämlich die
StSrm^, die das Vorwalten der Affektion des Gesammlorga-
Disraua in einem Organe bewirkt, nicht wenig znr GefShrlicb-
keit der Krankheil beitrügt. Unvullkommen sind solche Hei-
lungen darin, dafs die ABeklion des GesnmnUorganismBS sich
■elbst überlasse» bleibt, mithin schwache Menschen leicht ster-
ben, die maa durch eine gründlichere Heilung bftlle erbaliea
kdanea.
b) iBei Organkrankheilen.) Das, Einwirken anf ein conseBsuell-
•rgrifienea Oi^^n, ohne das urergriffeaa zu be rück xi cht igen.
Auch diese Heilang sollte man, pb^rBachlieb die Sache be-
Irncbiet, Enraomöglicb halten,; sie ist ^bw nicht blob mSglicb,
sondern sie wird fafiufig, wissend und nt)wiH«nd, von den Aerz-
len geäbt. .So habe ich z. B, mehrmaUs in meinem Leben Cq-
licam. ie/Mticam, oder nephritieam durch bivises befiihigendes
Einwirken auf die DSrme gebeilt, und später wurde mir es
ent deutlich, mit welchem Feinde ich eigentlich m ibun ge-
habt. Solche Heilungen sind nnsicber. Wer seine OrgHnmit-
tel genau kennet, dar wird auch gewöhnlich gennhr werden,
da£i sie in solchen Fällen nicht die volle Wirkung, son-
dern kaum die halbe Bufsern. Die Heilung der Cholera,
wie sie in unseren Tage» von den meisten Aerzien versucht
ist, gefa&rt auch in die Kategorie der symptomatischen; wie
nnsicber sie ist , beweiset die grofse Sterblichkeit «iir Ge-
nüge.
.— 1126 —
3) Nachbarliehei, anf«ind[ieb«t Heilen.
Bei Organ erkranknngeo liann mao auf ein benaehbanee,
nicht conBensuellerkraaktes Organ, iinreinillich einwirken und
das iirerkrankte dadurch heilen. So habe ich daa Urleiden
Mei DarnikanaU, weichet sich durch befiigea Erbrechen und
Kolik ftufserte, durch Bedecken dei ganxeD Batichei mit ei-
nem Kitsen von Krauseinünte, nicht einbildiach, sondern sicht-
bar geheilt. Bei epidemischer Ciehirnaffektion habe ich Kin-
dern durch Bedecken des gansen kahl geschorenen Kopfes mit
Zink- oder Galmeisalbe das kranke Gehirn gesund gemacht.
Diese Heilart ist auch unsicher, aber doch unschfidlicb und
in manchen FSllen ganx unentbehrlich.
3) Gegnerisches Heilen.
NB. So viel ich den Mensebenleib beohaiJitet , findet ein Ant-
agonismus Statt, sowol awiscben dem Gesanmtorganismus und
den eloxelnen O^aaen , als auch nwischen den Organen ge-
genseitig. Anf diesen Doppelanlagonismus griioden sich iwei
gegnerische Heilarleu, die aber in manchen FSiien lO ineinan-
der flieisen , dafs es suweilen schwierig su beatiMncB sein
raöchl* , wie in dem Einseifalle sich die Heilung gemaekt.
A, Feindlicket Angreife» de* GetaMmtarganitmu:
». Qneeksilherknr.
Dieses Metall macht eine Erkrankung des Gesamulorganis-
mns, welche , wie ich schon früher gesagt, unter der Heilge-
wall des Kupfers stehet. Dafs man dadurch ein nrerkranktes
Organ xom Normalstande snruckfiihren könne, stelle ich gar
nicht in Abrede, denn ich habe früher anch mit diesem Beile
gehauen und weifa recht gut .dafs es scharf ist. Vom Kopfe
bis in den FQfaen ist vielleicht kein Organ, welches man da-
mit nidit heilen kSnnte. Das Bedenkliche bei seiner Anwen-
dung ist Folgendes.
Es ist unsicher als Heilmittel. Es kann all« nrerkmokte
Organe heilen, aber es heilt sie darum nicht immer.
Bei Anschoppung der Bancheiageweide , bei Lungenknoien,
kann es eben so gut den Uebergang in Eiterung als die Zer-
tbeilnag bewirken, also eben so gut todten als heilen. Kein
Arst in der Welt Ist im Stande, den sinnlich eritaonbaren
Punkt anzugeben , jenseits welches der Quecinilbergebniueh
gefahrroll ist. Das, was wir Yerstopfong, Aneohoppnng neu*
nen, ist snweileo gar nicht mit H&nden tastbar, wird aber su-
weilen, durch den Qaecksilbergebraucb gesteigert, tastbar, wo
denn die spHte Entdeckung dem Kranken auch eben nicht xum
Heile gereichen möchte. Ei ist also das Quecksilber, wir-
— 1147 —
«»gen M Dua i» der Abwcbl gebeo^ vcnHopfte Organ«, ver-
hürtflte Driiaeo aufzulösen, oder et in nndsnr Abiicht lol.
cbwi Kranken reichen, w«lcb« geheime, unerkannte Ahnormi-
iSieo in ibraoi Körper bergen, ein lehr gefUbrlicbei Miltel.
Wer da glaubt, m»a könne dergleichen verborgene Disg«, sn
dem Kranken gernfeo, aoalund« durch Anafragen und Befüh-
len erkennen, der mufg seine Kunst mehr in den Bachern ak
in der Natur etudirt haben, und mit solchen papierischen Gei-
stern ist freilich üb^l sn sprechen.
Das Quecksilber ist nur mit Sicherheit ia Organkrankbei-
ttQ bei dem Indifferensslaode des Gesammtorganismus anxn-
wendeo, mit Vorbehalt jedoch dessen, was ich eban gesagt.
Ca ist mit Sicherheil anwendbar bei der Salpeteraffektion
des Geaanvutorganismns ; jedoch , wenn diese als Entxündung
stark in einem O^ane rorwaltel, nur nach einem rekhlMhen
Aderlaft.
Bei Eisen - und Knpferaffektien du Gesamutorganismas
schadet es, und schadet unberechenbar, weil seine Wirknitg,
nicht wie die, mancher anderer Mittel, bald vorübergehend,
sondern lang anhaltend ist. Eisen- und Kupferaffektion sind
aber, wie ich früher geeagt, in manchen Fttllen durch Zeichen
nicht EU erkennen, sondern, können nur durch Probe mittel er-
kannt werden. Das Quecksilber ist nun freilich auch ein Pro-
bemiltel, allein es dringt dem Arsle die Erkennioils so auf,
dafs der Kranke grofson Nachtheil davon bat, ja dafs nii^l
selten sein Laben dadurch gefährdet wird. Bei akulen Krank-
baiien Subert sich suweilen in solchen Füllen auf den Ge-
brauch dieser PanaKee ein pldizlicher Verfall der Kraft«, Ja
das Sterben selbe* tritt ein. Sind wir denn auch im Stande»
diese feindliche Wirkung so schnell wieder aufzuheben als es
die Erhaltung des Kranken erfodert? Es könnte möglich seia,
dafs der Tod schneller seine Gewalt äufaerte rTi des Qneek-
silberarzles Antidolum, gesetzt, er kennet« auch ein raseher
wirkendes als ich, was jedoch noch problematisch sein möchte,
b. Aderlässen.
Ohne anf das Wie der Wirkung des Aderlassens einzuge-
hen, steile ich folgende, blofs durch Beobachtung ansgemittel-
le Sätze auf. Bei einem Gesunden wirkt das Aderlassen zwar
fühlbar feindlich; ist es aber nicht reichlich and wird es nicht
mehrmnhls wiederholt, so verschwindet das dadarcb bervorge-
bra^te Gefühl von Angegriffsnseio früher oder spXler von
seihst wieder. Die durch gar zu reichlichen Blutverlust ver-
ursachte Hinfölligkeil, die nicht bald von selbst verschwindet,
ist eine Eisen -, oder Kupferaffekiion des Gesammtorganismus,
häufiger aber erste als letzte. Sie kann , je nachdem sie ge-
— 113S — .
arlAt Ut, ianM dhf elitd* o4er Art miAmw MiH«l bM«4i{g«t
Werden. Ein ^ns oHgemMMBti' BluinriMt kann' ab«r nur
ddnA die Zi*It Mit wlnan Pcitg«n gtnw bnaiiigat werdea;
«cliQeller vielleicht durtb die IVtm^/iitio», ioh habe aber dar-
über keine ErtArtog.
Bei allen UrorganeriErankangtn und in dm' daTwi abbaog en-
den Fiebern , b«i d«neo der C^ammlorgMiMinn' aieh in den
IhdifTerenMlande be6iidet, bat daf Aderlanen, wenn •■ nicht
gar an reichlieh and wiwlerl»It angewendet wird , lo wenig
all bei Gemnden eine bleibende hindliohe Wirkong. Da nnn
Organe rltranknngcn aebr hSnfig Tortiemmen, mo folgt daraHi,
dnffl das Aderlaeien in gar vielea Krapikbekifonnen aha« aaf-
falleaden Nachtheil kann angewendet werden.. Aber deshalb,
well ei ohne ■{chibareD Nacbihell kann angeweRdet werden,
ifll ei nicht in allen diaien Fallen Heilaiiltcl. Caai aaver>
kennbar wird der Begriff dei Heilenden nnd der dee {JnwhSd-
lichen TM manch«» Anvten Terweebaek. Varhirite sich daa
nicht m, wie wGrde m deno' möglidi eeinr data Bagtüii (Prm-
xü JUed. LA. I. pKg. i4t,J aagen kdantt: Ommea mcuttu
fehrt* per aamguinit miniomem tmrMre iitaipio, ita wnii dictim-
t9 experivmHa; et Hiqtitime aiatnavit ptitt Momgvimi» rnttii»-
nem nqtervtni—e ndortm cum levmmime ^timttia. (Ueber
daa Levame» juttiemti» werde ich weiter nnten mehr mgen.)
Nun wHI ich anseigen, waa man mit de» AderiaaMa in
Krankbeilen aaarii^ien kann.
SalpeteraffektiOD, welche ala akafea Fieber tich «ffenbaret,
ond ala Encfindiing in einem Organ vorwaltet, kämm darch
wiederholtea Aderiaateo geheilt werden.*)
'. *) Mir war e* icbon ia ■«iaer Jnsand fiaflallend , dah , ireaB M der Raireii«
wShraDd oder glilcb aiebdcn Aderluien iti Bradliidin bedasteod BiBdar-
te, Dach e\ntm kalben T*f', inweilen noek balder, altei wiedar bgln-Altea
war. leb ichlnfi darana, die BlDlentleernng tEnD« «1i EalleerBBn nnwlc-
Heb die grorie Brleicblenm; bewirkt bnben, dena da da* beraaigelaHeie Bist
doeb oiflbl ae bärtig enelit aal, *<■ nlfaU die fote Wirfaaitf, weaa ria Matk
raa der EntleeroeK abbiage , decb bleibender ftia. lek kiB daahak aaf 4ea
Gedankaa, nicbt die EatlaeniDg aelbct, (andern die durch die EBtlearasi be-
wirkte feindllcbe Eiewirkaog auf die ganui KSrpermuchipe KBiaa bier dai
Agem aeia , ond to lag mir itr Gedanke ganz nahe, die dnrcb wiederkalte
nnd reicbllcbe Bleien Itiebang bewirkte nad aaterbatleae Tefadlicbe Biawtrkaaf
aaf dea ganiea RIrper, darch Qaeekattber an enetien. DaHaUi (an Bade
det Torigea Jabiteadarte) warde die«« Hrilarl ia Dealiohlaad aoeb maig g«-
Sbt; ile geSsl mir aber beiaer ala die alle, beaooder* bei Laadlettea, wo daa
bDere Wiederboten dea AderlasaeDi ancb aeiaen Haken bat. Jelil , da icb
den If eoiekenleib elwai genaaer kennea gelernt , kann icb mich lach aickt
von dem Gedanken loa maehen, dal^ die wtederbolte Blnteolleenng bloh doreb
feiadliehei Angreifen dei ganaea RVrpera aatagsaiitiaeb da« aBhaanbafta Var-
walien der Salr«laraffekliaa bab«.
— wt» —
SehmanbsftM Vonnilt«i «Id«* Kapf«r-, odar Biaemiffebtioii
d*s finamimorgsniaiiiuB kann <lnrch AderlasKn noch schnel-
lar gebobfln wardea «]g dai ■cbmenhafia Vorwaliaa maer S*l-
petemlfelilioD.
Ol« Urerknnknng jedai Orgau und daa T«n denelbau' ab-
hängend« eonsentuelle Fieber kann durch AdarlaMen (wo nicht
gerade dnrch ein einaigaa, duch darofa mehre] beeeiiiget
werden.
Da Dan, wenbe Leterl unter dioae drei Kategorien lich der
gröfate Tfaeil der Krankhettan reihen labt, so werdet Ihr mich
«■hriurftig niebt besduildigaa,. dafa ieh in den Augen Unofah-
raker die Macht der Blulendeerang zu rerkleineren auobe.
Jelat mnfe ich aber «aoh, am unpaNeilsch lu sein, den
Nacbifaell nad die IJosieherhelt der Biuienileerii.ng bemerken.
Wenn in einem Organa die lohinerxbafte Vorwaliimg einer
Eilen-, oder KopfetaStikiion de> GeiannMbrgaoiamua durch
. Aderiauea weit eaaoher gefaetwn wird ala das Vorwalten einer
SolpeteraSektioa, so ist dach dndurcfa dieElsea-, otlerKnprer-
affektien des GennHMorgwiiaiBiia selbst mdu gehoben, son-
dern vielmebr veraofatinuieft. Damni' siehei man i. B. bei
Eieen-, oder Kupferplentesien das Seitenstechen nicht aeltea
naeh einem eioaigen mft&igeo Aderlab verschwinden, den
Kranken aber sehr schwaeb werden, Ja wol in Irrsinn fallen.
Cr bat dann vam Gliick« aoi^ xn iBgen, wenn er mit dem Le-
ben davon komwi. Ua ee nnn sehr achwiefTg, ja in manchen '
Pfllteo »mBglich ist, im Anfange akuter Krankheiten den
Znsland des Gesammtorgsniamae ans den ZuAllen richtig zn
beonhailen, besoodera wenn aalebe Fieber als Undgftngige an-
erat aolweten; so ist du Aderlaaaao in dteaen Fällen ein Mah-
re« Wörfelapiel.
Hinaiebtlich der Urerkranknng .dar Organa ist m bemerken,
dalä daa Aderlässen zwar solche Erkrankungen heilen kann,
aie aber bei weitem nicht immer heiEt. In manchen Fälipn
iat aneb die Wirkung dea wiederholten Aderlasaena tödilich,
welchea freilieb nicht iunMr geBiftchlich au erklären sein möch-
te. Eine solch tödtliebe Wirknag des wiederholten Aderlas-
aens siebet man am ersten bei* der als Pleuritis behandeltenL
schmerzhafien Urlebererkrankung. In vielen Füllen ist auch
die durch Aderlässen bewirkte Heilung der Organe nicht eine
wirkliche Heilong, «ondern blofs eine Beschwichtigung eines
gewissen Qradea rott Steigerung des Orgaaleidenfl. Die Er-
krankung dea Organs bleibt, und ist nur zum chronischen
Uebel umgewandelt, welchea hinlennacb durch das geeignete
Organmittel weit achwieriger zu beben iat, als wenn man ea
gleich anfänglich damit aitgegriffen h&tle. Solche dorcb Ader-
— 1130 —
InMn vermvioilieh gvtieilt« Orgaii*rkrankitBt{«u kaiumen mir
slljährlich so oft vor, dafs ich laicb to iltessiM Punkte unmüg-
lich tftuacbcn kann.
Wenn ich nun bmlenk«, wi» sehr tänachesd in vielen f'i(-
len di« gut« Wiiküng dea AdcrlaiHUa iat, wi« die A«r»p,
Wati an die enlsfi n da ngs widrige Kraft deuelben denkend, seht
geneigt lind , ans der heilenden und aui der l>eac k wichtigen-
den Wirlcung deiielben auf eine enizündliche Natur der ge-
heilten oder beach wicht igten Krankheiten in schlieCieo, wenn
ich femer bedenke, in wie vielen Fttllen ee, oboe zu heilen,
blofi nicht licfaibar schadet, wo dann die Einbildung des An-
te» Tolleads freien Spielraum hat, von allerlei heinlieheB und
herrlichen Wirkungen daseelben su fabeln: so kann ich mich
nicht melw wandern, dafa, bei der Menge von Abbandluagen
über das Aderlasaen, welche die Literatur uns darbietet,*)
man in prakliseber Hinsicbt am Ende ao klug ist als im An-
fange. Entweder gründen sich in denaelhen die Anseichen zum
Aderlasaen auf einen gedankenhildliohen Krankbeitsaostand,
VOM dem zehn und zwaniig Leser sieh nach zehn nnd zwait-
lig verschiedene Vorstellungen machen kennen, oder ea sind
darin solche das Aderlassen anrathende Zeichen aufgcaiellet,
welche in der Wiriciichkeit sich so wenig sicher bewähren,
als die Aderlafatafel des hinkenden Bothen. Die praktische
Quinieasena alles dessen , was ieh über das Aderlassen gele-
sen, lautet, entkleidet von aller gelehrten gedankenbildlichen
Verpoppiing, ungeftihr wie der Haih dea Victtr Ftne»tütm*
beim Pestfieher : In febre ptitÜentiali st ittns apparnerint tigtui
■«Ngviaif ttimdatitii , cave a pAiebotomia ticut m diaiolo.- n
vere apparuerint cmm robvre virium et aetat« commeda , »i tu
man phlebotomabi* , saxgw» jiutui *uptr t« et ßtiot. '*) Das
Schlimmste iat nur, dafs die »igna lunguiiti» ahvndantU sehr
nosicher sind; ein voller starker Pala bat wahrlich »chon man-
*) Dia baswiiligite t*d •lim, die ick j« (alMai, fit dt« dei BetHnt. Mtioem
jäo)«r«u Lei«rii, weicke diatea Setiriftitallar , ttr bektanilich litrasiatbeM-
liker lain loll , riellelcht ssr dasi Nimcr Mch kennen , will ieh ainBahl tar
Erfstinng lin« kltiaa Probe Minar grindlichea Scbreibiii mittbeilen. In der
AbbtndlaDg Dt tanguinit mi$titiit (pag. 109.) beifit ei : Per mit§i»item na-
faiitit KijHi faamlitaUm ^v$ , ntmo etl qnt dubittt , ml d»bUore ptnil;
mqHe aiiAa mftiio langatiiii <if aliud, ftam dtrtvglia ejnt extr* cTjml,
qmi fitri Jt«M pattll ahtjua to, qnad umitenm fuamUlaM («sfiilaft .fimi
tmul» mlHar, fuamia «t frtta tjua, fHa« teritmtmr *rtrm c»rpH*.
Soll!« B«n nicht danken , dar gelahrte Mus haha fir Esel sad Sehvaiaa,
■lebt für verstandige Ueaichen getchriabenl — Wenn tu atoe nalh««ntl-
Bche Schreibart iai , dann bewahre oni Gott vor aller Hathenalik.
**} Ich habe di« Dirriicbe Stelle in th-. Hertt Warken gefondea, LH. Vit. hia-
ler der S3. Baehaehling in efnaa Briefe dm /. W*t^m»i Rar««.
— IUI -
ohein Kranken d«n Hali g«koil«l, and daa Boimr virUim lio-
b«t man, sclbit aetate commoda, ni«bl gar Bellen nach £!•
Dem Aderlals ao wnnJeriMr venebwindan, dafa einen der
Glaabe aufgadmngen wird, man habe iwar dem Krenken
aetate cemmwi» , aber tempore perimcomModo dai Blul abge-
upft.
Solcbe Aente, die bleh ant dai scbanen, was da« Ader-
laaaen heilt, aber nimmer auf dat, waa es verdirbt, die es
nicht blofs da anwenden, wo ei nöibig hl, eoatlern attcb
da, wo c> unnSibig, ja Rcbadlicfa itt, knra, aolche Aerzle>
denen daa Biutentziebon gleich den Egeln inr anderen Nainr
geworden, geben den fiblea, ja (Bdilichen Folgen deaselbeo,
die aie doch , wenn lie nicht blind liad , so gut aehen nüa-
sen ak wir, luweilen eioe aolch nSrriaohe Uentang, dala
man darüber lachen niufa , aie aebreiben aclbige lieber den
allernnwabracbeinlichsten Ursachen ala ihrem Allbeil so. Das
Tollste in dieser Hinsicht findet man bei GkH. Ba/lomüu
(Epid. et epAem. Lib. I p«g. 20J, Obaervatvm^ alifuand» im-
dulta $9m*o pott Phiebotomia» atidam ültutri Domino uon
multa pott mortem abrepiüte; in lomnum repentinae tantme
calamitatü ceuta relatu nt. Auf die alberne Aualegniig des
Verfassers, dafs bloft der Schlaf nach dem Aderlässen, nicht
aber das Aderlauen selbst, den Herren geiSdtet habe, wer-
den meine Leaer wo! nicht neugierig sein.
B. Enisiehung der Luft bis xum Ersticken.
Dieae Heilart wirkt ohne Zweifel feindllcb auf den gansea
Organisnins. Dafa man durch selbige die Urerkrankung aller
Organe wird heilen kSnnen, -daran sweifle ich nicht, habe
es aber noch nie selbst veraocfat. V. Helmont (Opera pag,
271 $. 49) encahlt ans folgenden Fall. Ein Wahnsinniger,
den man ein Jabr lang durch Exorriamns Tergebens in hei-
len versucht, wird, als unheilbar, von der geislliehen Bo-
sch wörungsan st alt nach seiner Heimalb, Antwerpen, ge-
feeadt auf einem Wagen surückgebracht. Auf dem Wege
entledigt er sieh baimlicb seiner Feaaeln, springt vom Wa-
gen und atüm aich in ein benachbartea tiefea Waaaer. Ehe
man ibn heraoaxiehen kann ist er ertrunken, man wirft also
den Leichnam, ohne sieh weiter am denselben za beküm-
mern , aaf den Wagen und ßihrt weiter. SpSter belebt sich
der Terraeintlich Ertrunkene von selbst wieder, nnd siehe!
er ist von dem Wahnsinne so gründlieh gehellt, dafa er noch
zehn Jahre nachher als ein verst&odiger Mensch gelebt hat.
Helmont sagt : Id aliquotie» deincep* teiitavi, nee me fyfel-
lit eventnty ni$i quotiea formidine praecociter demente» ex
aqun extraherem. Bei dem niaalieben Sefariftslellet findet
— Il3f —
loaa MHh d«n Fall, diil« si« fin der. UuBdawutb Kranker
dorch UntftrtaucheD in Waeaar, bU. mm Eraiicksn, gaheilt
ML Einan fihnÜobcn. Falt habe, ivk m n«iier Z«it in dem Re-
perlorio das Herrn C. F. Khinert geleMO, an welebea ich
nur, weil er den nimicn. meiner Leser, belunnt Bein wird,
beiläufig erinnere. Der Hjdrophobische aoll nach aller Mode
•raiiokt werden , und hmd klemml ihn ii) dem Ende ao lange
xwiochen cwei Mairaizen , bit er knin ^ichna de« Lebens
nehr von aieh gibL Himennaoh, da diit Ehf^rao des Un-
gI6cklichea noch einmabl naob der Leiche eeheo wi)!«. findet
■ie Aaa vermeinilioh Eralickien wieder belebli gani in Schweife
gebadet and von der Hundawulb geheilet.. Nua kenoe i^
xwar die Naior der Hiin4>wiiih. aichi; wenn leh aber die
Eraobeinnngen , die ich vor langet' Zeit an swei.iödtlichen
Füllen beobachiel, mit daoen vergleiobe, die iob spftier ala
Begleiter mancher gaalriacben Kraakbeitw aah, ao luub ich
faat TerMntheo, ^mU daa Wuifagirt niehl nrafrtinglicb daa
Gehirn, aondern eins, der Organe des Epigasirioau krank
mache,
d. Enlajebnng der Speiae.
Diea«. wirkt wunderbar feindlich auf den gMXV» KAcper,
und ich xweifle, nicht « dafi*, wollte man sie weit trei-
ben) man jedes nrerkrankte Organ damit heilen könnte. Be-
kanniltch hat Nicotaut Ma»*a auerai dadurch die, venerische
Krankheit geheilt. Er gab tüglich 4 Uasen Brat und drei
(Jnsen Kalb-', oder Lammfleisch. Diese im 17ten Jahrhnn-
dert unter dem Namen Diaeta gtiajaci»a bakaiwiie Ent-
siehungsmethode erlitt auch wol einige Abliodening; so
gaben andere, wie Petr$ti Vorattma berichiet (L^ 33 de
r«giM, Imi* ve».)^ blo£i vier Unien Zwieback und eine
Unae Roain«ik Ob At» venerische K^aqkheii eiiie Krankheil
dea Gesammlorgaatsmns sei, daran ist mit Recht au awei-
feln; sie ist wahrscheiitlicher eine Organkrankheit. Lcoat-
cenm and einiger anderen Meinung, data sie eine Krankheit
dea Haatorgans sei, ist, meines Eracbieas., nicht an verwer-
fen, vorauaffeaetit , dafs m»n mit dem Ausdrucke, Haut-
krankheit, nicht einen gar au groben, beschränkten Be-
gtiff verbinde. Von der Entiiehungsmeibode gilt das JVSm-
li«he, was von allen feindlichen Heijartea gilt, sie ist unsicber.
So habe icb he! Gr. f erat gelesen, dafs «reinen vaneriacben
Menschen durch den m&fsigen uad vorsichtigen Gebrauch des
Qaecksilbers geheilt habe, der früher auf den Rath des Carl
Pi»o die Gu^ak- und Hungerkur 50 Tage lang ganx vergebens
gebsaacfat, also noch aehn Tage länger ala Matta es vor-
schreibt. Ich xtveifle auch nicht , dnfs gelebf«« und bücberrei-
— 11Ä3 —
cbe MBnnor, bei deo Seh rifiPBl «Harn des f^tMi MfarhuDdcrla
mehre lolche mifBluiigeDe Heilrenache findea werden. Doch,
da man in unseren Tugeo die Entlieh nngsmetbede wieder an-
gewendet , hat man nicht einmahl sKihig;, ehe BBoher %a durcb-
stöbern, man wird icbon durch eigene Erfohrang aiefa iiber-
leiigl haben, dafs sie nicht in allen Füllen heilend iat. Wie
aollte X. B. der verständige und erfahrene Herr Bm$t Hunger-
nnd Quecksilbencfamierkur Miaaniraen verbinden, wenu'er die
ertfe achon allein aU aicher erkannit Data aber durch die Ent-
■iebungameibode nicht blofs die veneriiehe Kraokfaeiti aondeni
■obon Unge vor dem Erieheinen dieaer Krankheit, die eiternde
KrAixe geheilt aei , daa kann man bei Anuildu» de «itia novm
leteO) der hekaanilioh im t3tan Jahrhunderte wirkte. Er aagt
{pag. i»OSJ Dixitmihi Damintu Theodorümi dt Beüi»^ ^ed
om»ü leabie» immida curatnrhac mode : mom eommedat fatiem»
niti $tmti tm die modieum panii, ac. ad i vei 6 Urne, et umhm
Mcjfaikum vimi mlbi lympiaii biimt, W ioejiaeiat mtque ud die»
9eto^ et cmrabitiu:
•. -Daratbnr.
Dafa man «Heae gegaa die Wauenucht angewMidet, davon
habe ich achon im vorletxien Kapitel gespmeheo. Uebrigena
werden jene Kuren decb »ol nioht eigenilicbe Duraikwen im
^atrengen Siane dea Wortea gewesen sein,, di« Kranken wer-
den blofa des Trinkens sich enibalten, aber übrigcna nicht
gerade aich vun trocknen Speisen genllbrel haben. Eine Durat-
kur itu atrengeo Sinne das Woriet, bei der der Kranke blola
von Zwieback, allhackenein Brote, oder von anderen wirk-
lieb trockenen Nahrnngamiiteln lebte, wSrde er wol nicht
lange aushalten; sum wenigaien aind, wie ich in Reisebe-
' Schreibungen geleaen, Menschen, denen in nnwirthliohan Wn-
aten dos Wasaer anagegangen, durch. ginaKchen Mutgel des-
selben in einen sehr elenden Zuainnd gemihen. Man kann
wol nicht daran sweifeln, dafs diese Entziehung noch feind-
licher auf den ganzen Körper einwirkt als die Eniaiebung der
'Speise, und däfa dnreh dieselbe, wird sie «df einen gewia-
sen Omd getrieben, kranke Organe cum NormalsiaBde kön-
nen lu rückgebracht werden.
f. Paycbisehe Einwirkung.
Von dieaen Einwirkungen meine ich, dnis sie aammtlich,
nan mag ihnen \amen geben, welche man wolle, fwndlich
anf das ganze Körpergelriebe, seinen Regelgang stOrend, ein-
wirken. Es iat wirklich seltsam, dnTi man dieses nicht blo&
bei unangenehmen geiaiigen Berührungen, ala bei Fnrcht,
Schreck, Zorn, nicht blofs bei grellen UebergXngen von an-
genebnen «n anangenehmen, »Midem auch bei mtUea» an-
— 1134 —
geaabrnMi BarühroBgeii beuiei^t^ Eimot meiosr Bakaontea,
<l«r viel von Kraakbeiten in Beinem HauM heimgeMcht ge-
wesen ub4 deahnlb oft Mtnea Troit bei mir geaucht, kam
eines Tagea aa mir uai aagle, er habe mir «o oft unange-
»ehuie Naehrichi aua seinem Hanae gebracht, jetxt wolle er
mir eher auch einmahl eine gute bringen. Diese Nachricht
boMand nun darin, dafs er 10000 Tbaler in der Berliner Lot-
terie gewonnen. Ich bemerkte ihm darauf; ob ich gleich
herzlichen Anibeil an diesem Eteignib nehme, ao müsse ich
ibm doeb vorhersagea , die erste Fracht desselben werde eine
tebr unruhige, woL gar eine schlaflose \aeht sein. Er machte
grofse Augen, und behauptete, die gute \aehricht werde ihn
gar trefflich achlafen lassen. Am anderen Tage sagte er mir
aber gans ungefragt: ich müsse wol die Gabe der Weisst*
guag betitten, er habe wirklich eine sehr anruhige, fast
aehinflese Nacht gehabt. Jetxt verlangte ar von mir eine Er-
klfirnng darüber. Mit der konnte ich ihm nber aicbl dienen.
WBre er ein armer Mann gewesen, so ksile icb sagen k5n-
aen , der schnelle Uebergang von einem sorgenvollen in einen
■orgeafreien Zustand habe seinan Geist heftig aufgeregt, und
dndurch sei der Regelgang seines Körpergel ri^>ca bis snr
Seblaflosigkeit gestöret. Er lebte aber als Rentner sehr g«-
Düglicb, und die Bedürfnisse, die er hatte, konnte er be-
friedigen. Ware er ein junger Hasenfufs gewesen, so hBite
ich denken kdnnen, die lebhafte Vorstellung der kösttichea
Genüsse, welche er sich von den Zinsen der sehniauieud
Thaler verschaffen wolle, habe seine Phantasie entflammt,
nnd dadurch sei die schlaflose \acht verursacht. Er war aber
•in gesetzter Mann, 4len die Verniehrnng seiner jtthrlichca
Einnahme wahrlich nicht bestimmen konnte, seine geregelte
Lebensweise auch nur im mindesten absuAndern. Also ist
es dodi wol unaweifelhafl , dafs die \achricht des zehnlau-
aeadthalerigen Gnwinusles seinen Geist awar angeoehm, aber
doch nar mild berühren konnte; und doch bewirkte diese
freundliche, milde Betübrnng schon eine solche Störung in
dem Regelgange aeines Körpergetriebes, dafs der Schlaf da-
durch versebeucht wurde.
Man mnfs also, wenn von psychischer Einwirknng
die Bed« ist, nicht gerade an hefiiga denken, als könnte
diese blofs Organerkrankungen heilen ; nein , nuob eine
milde, utibedentend scheinende kann die nämlichen wohl-
ihKtigen Folgen haben. So kann der blofse Glaube an ein
wun Jenbftliges Bild , an den Segen eines Priesters , an die
Künstigkeit einer Araies, an eine besondere Knrart Organ-
Brkrankangen bellen, oder sie lindern, pderuaaiuefbfeobea.
Data heftige Anfregnng der Pejtihe lehr feindUeh auf den
gBOKen Körper einwirke nod dadardi nicbl lelien Organer-
krankangen geheilt werden » ist tu bekaoat , als dafi e« nd-
thig wBre, dieeei mit eigenen, oder fremden Beobadrinngea
in belegen.. Blola der Seltsamkeit wegen , will ich meinen
Jüngeren Leiiem an* Pkilipp Salmti/k Beobachtungen (Oiierv.
48 Cent. I) eine pe^chiaeke Heilong der Gicht ersHblen. Obvoi-
vvHtiir euidam artAriticv mm»tu et pedtt emtmpimmtite exrapi»^
ttmiia et lade parato ; repemihtr in lella ät eoneiavi inferio-
re ; aietmt domealid digreui im kortum ttedAut eontiguwm.
Smt autem quoedam , forÜnu im» eiamaia , medf imgreditur,
hinc Aypoeatutum , et olfkeieiu pm/tem Ülam , aegnrai aggre-
ditwr , eonatmr pultem vorare , et eum pnttemit tum telim itt
pavimentum. BiCy eum ■« a tue d^eudere ueqmitf diumui-
tumque domettieo» inciamat, qui tamdem reeurrumt et nem ofr-
igunt: eo vero die dolore» imminwtntur, deineepi pamiatim,
domee prarmt eenarent negue ungmam redü-ent.
Seilleo meine Lenr aoch wol glauben, dafi naa den Vor-
fall der Gebäriaotler, oder der Seheide, piyehiiek heile«
könne f — Hören aie einmahl , was darBker Boderieua a Ca-
(fr^ngt (De mori. mutier. Lii, 2 Cup. 16^.* Cau/erfUm aetu-
ale ignitum atamr oitendetur, ge timmtet medieut vel oMetrix,
velle partem längere j ita euiM nuturu relraki/ur, et eum em
uteru» ip»ey autpart aliqua alia quae extra prominest. Vel,
li mulier timidiunula tit, vivi muree ßlo ligati crmriiu» re-
pente luhmittanlur. (Das wir« alio eine psyokische MSuse-
kur.) Retulit mihi Ckirurgu» juidam exereilalittimu» , vul-
nut quendam in venire aectpitte , per quod intestina egredie-
hantur. Quae ut reducerenlur in mam aedem, nullum aliud
medicamenlum prufuirte, quam candem ferramentum magnum,
quod coram patiente manu geitant , «K/fi«ri appHcaturum ßn-
xtt, cujuM rei tubito terrore e veitigia intettina in locum »uum
redueta fuere, Dafi Boerkave , durch die nHmliche Scbreck-
kur, in einem Findelhauae viele epileptische Kinder auf ein
Mahl geheilt, ist jedem bekannt.
Hinsichtlich aHer psychischen Heilversuche bemerke ich Fol-
gendes. Sie sind, wie alle aniagonistische Kuren, unsicher.
Zuweilen heilen sie wirklich gröodlicb Jfe Urorgaaerkrankun-
gen, XU weilen lindern sie dieselben blofs, und zuweilen Ut das
vermeintliche Heilen der Krankheit blofs ein Unlerbrecben der-
selben. So werden i. B. in unserer Zeit die religiösen Heilver-
suche des Fürsten von Hohenhhe in manchen FHllen wot wirk-
lich Orgaoerkrankungen gehoben bähen , aber in vielen sind
sie unwirksam geblieben , und in anderen haben sie hlob die
Erkrankung auf knixe Zeit gemindert, oder nnierbrocheiL
- IIU -
Dar kMM TImMhIm lalweiba ich «k MnjB^idi n, ^fi
Leute, di« MifüBglkfa '«la 'iol«bM Tnani|»hgMeli»i'«riiobeD
all ut unser Heiiand wieder auf Krden enctienea, bald dar*
auf liemlieh kUiDliul «ad aodJüb gau Btunini wurden. Dafa
•iae leiae. Einwirkung auf den Geiat die berroraiaehenden Zu-
ffille der Erkraaknag eiDei Organa, telbit bei einer iSdili-
ehen Krankheit, ja aabe ver dem Tade, auf karae Zeit be-
■seitigao kteae, .heobacfaiete,i«h eiaatvor dreifaig Jabreo, nad
die Ejaiblung dea FalUa wird de« Leser wol eiaige Ualer-
haliaag gewfikren. Fritnleia IX. v. M,, die näehaie Verwandte
aMiaer Frau, war eiaiga Woclien bei mir aaai-Betuch. la
der Zeit bat ne mioh eftf aie docb aianahl sa beaucben.
Da ibra Aaltem Haatiser aiaaa ühanbaiaiuhan Biiiergutet
'Wareo, welabea eiae traffliebe, baaondan an grelaea Hacbien
raicbp .FiubaMi baue, ao aagia ich ibr acbariweiae,, iob
werde aar unter der Badingnng komiaMi, ,daft jie Mieb dort
mit einem reebt ^retten Heohteaae. .Diasar Fiacbsehetx wie-
derbaka sieb nun mehrmals, dann so:oft afe \oa dam Besu-
cbe aptacb, ipracd) icb ran den Hechle*
Mehre Moaale aaebbar OUt es siir aiamabl eiii, mein Ver-
.s|Hteebeii su erfTiUeii, iob saiae mich also ^eich au Pferde
and sieh« den Rbeiae sa. Jenseiu Er^ge ich. auf der Land-
Blrafse einen mir iMgc^fiteiulen Maau, welchen Weg ich nach
dem Gute B" eioscblagen müsse. Der zeigt mir swar den
Weg an, setat aber bedenklich binsu; wenn keia.sehr drin-
gendes Geschäft meine .Gegenwan dort nOtt^ig' mache, raibe
er mir, nicht hinatiigeben, dann -alle Bewoboar des Scbloi-
.ses seien an einem. aniieckenden Fieber krank und die llte-
.ste Tochter ,U^ge am Tode. Das war gewifa fiir.mieb, dw
icb einmabi wir Eiheiterung diesen kleinen Ausflug machte,
eine sehr widrige Nachricbt. Da ich aber dem Gute sefaon
nahe war, ging ich doch bin, und fand, awar nicht alle,
aber doch einen Tbeil dar Bewohner am 8charlaebfieber krank,
'Oder in der Genesung begriffen, und die liliesle Tochter, die
nSmliche, welche mich früher besacbt, dem Tode imhe. Sie
war.sebon «eit zwet Tagen irre, und so bewufBtloi, dala sie
kaiaen MeBscban mehr erkannte, nnd, was das Schlimmste,
die Menstruation, war eingetreten; dieses bielien wir dasaabis,
durch Erfahrung belehret , bei dem Scharlachfieber für ein
bäses, ja fSr «in fast unbedingt tddlllcbas Ereignifs.
Icb ging nun au ihr, und des Standes der Bettal,ella wegen
anniete icb mich so stellen , -dajs das Licht . mir gerade auf
daa Gesicht fiel. Indem.. icb sie oun, ohneiiie ansaipraefaen,
betrachte, ftngt ibr trunkener, irrer Blick an, auf meinem
Gastehte aa haften. £r w)rd.;uicb und «ach natürlicher, be-
— 1137 —
lebier, er driickt Entmiien hds. Plötelich raicht sie mir ihre
Hand, liehet mich xa nck and tagt mir mit schwacher Stim-
me: Gott! Vetter, Sie kommen au einer iioglüoklichen Zeit.
Sie fragt mich ns«h dem Befioden meiner Fraa, Dach dem
Befinden anderer Menachen, deren Bekaantichaft sie bei mir
gemacht, »ad nachdem ich ihre Fragen kurz beauwortei,
aiehet aie mich noch einmahl la sich , und dei früheren Fiacb-
»cherzea lich erinnernd , sagt aie : einen Fisch werden Sie
aber beute nicht hekVimmen , ich kann mein Wort nicht hal-
tea, aber einen leckeren Hasen m&gen Sie vielleicbl finden.
Die AnwMeaden waren von tlrsiaunen 'ergrifien, dafs das
Mädchen , welcfaea seit awei Tagen in seinem Irrsinne keinen
Menschen mehr erkannt, blofs durch meinen Anblick znr ße-
ainnnng gekommen war ; aie glaubten fast darin einen schwa-
chen Schein von Hoffnung zu- sehen. — Idi wurde Jetzt zu
Tisch gerafen , and da- ich gleich nach Tische Ansialt mach-
te, das Haus des Unglücks za verlasaen, in welchem ich,
weil darin ein veralSodiger and treuer Arzt waltaie, gans
überflÜBsig war, nnd nun seheidend noch meine arme Nichte
segnen wollte, war die psychische Einwirkung, die anßing-
lich meine noerwarteie Ersoheinnng auf sie gemacht , so ganz
verwisehl, dafs weder mein Anblick noch meine Rede sie
xitr Besinoang bringen konnte. — Um Mitlernacht ist sie
gesiorben.
Zum Scblune erinnere ich noch meine jüngeren Leser an
die bekannte Wahrbeil, dafs heftige Gemiiihsbewegungen,
alfl Zorn, Furcht, Sehreck, eben so wol eine nachlheiiige , ja
Ittdilich«, als eine heilende Einwirkung haben können. Nie-
maad ist ini Stande, den Erfolg solcher Heilversnche vorher
an bestimmen, darum bleiben selbige immer ein Glücksspiel,
und ich habe nie eine ^'eignng bei mir geapüret» aie anzu-
wenden.
ß. Feindliche» Angrtifen einet geaunden OrgaHt,
um ei» AraaAea xu keilen.
a. Brechkur.
Diese ist so mächtig, dafs man durch ste alle kranke Or-
gane zum Normalslande zurückführen kann, nicht bloCi die
inneren, sondern auch die Sufseren; denn man kann ja durch
ein mehrmahls gereichtes Brechmittel chronische Gliederschmer-
zen und selbst den Wasserbruch heilen. Alles, was die Lob-
preiser der Brechmittel Gutes von ihnen sagen, gebe ich nicht
blofs zu, sondern ich bin so freisinnig, meinen Amtsbrüdern
noch mehr zuzugestehen als sie verlangen. Jetzt wollen wir
aber anch einmahl ernsthaft, ohne jedoch die gemeinen Con-
72
— 1138 —
irainrfikaiioiien d«r Bracbkar in berlhrvn, den nSfllelicR
Nachiheil und die Unaieheriiek denelbm -erwXgen.
Zaenl bemerke ieh von dieser anlegwiitiiBoben Heilart. Sie
kann iwar alle erkrankte Organe keilen, es wBrdc aber un-
wahr sein, wenn man behaupten wnllie, dafa aie auch jeder-
xeil wirklich heile. Oft genug' wird sie angewendet ohna den
Wünschen des Arsrea so entipreehen ; also ist sie, wie alle
anlagonisiiacbe Hcllaneo, nnsicber.
Bei Eisen-, oder Kupferaffektienen des Ciesamintorganis-
mns, die ala akuie Fieber anftreteo, ist ein Brechmittel oft
so nnwidersprechlieh aehBdIich, dafs der Punkt seiner Breeb-
wirknng auch der Punkt ist, wo die sidMbare Verscblimme-
nlng der Krankheit beginnt. Die Sehwackkeil, die jeder Ge-
sunde iracb dem Brechen fühlt, bei diesem aber von selbst
wieder verschwinde!, bill in solchen Fiebern an, and ver-
mehrtairh, auch ohne Wlederholna'g des Biechminds; achoel-
ler und sichtbarer freilich durch Wiedmkolnng.
Da nun, wie geengt, der Znaland des Gesammtorgaaismas
im Anfange akuter Fieber dorck Zeichen nicht iniiuer erkenn-
bar ist, so bleibt die Breebknr eine sehr mi/sliehe Kur. Frei-
' (ich wird das Brecbmitiel in eotchea Fällen Erkennungaiaittel
werden, ntleiit die ErkenDlaifs wird saweilen aneh viel deal-
lidier, als es dein Ansie und dem Kranken lieb ist.
Hin:iichilicb der Organerkranknngen nod der von ^esen
abhängenden akuten Fieber, bemerke ich Folgendes.
Da ich schon geangt habe , d&fa man dnrch Brechmiite) alle
Orgnnerkrankangen heilen kSnne, so verstehet es sich wol
von selbst, dafs man in Fftllen, wo man sie beih, aneh sn-
gleich dadurch die ven denselben abhängenden aknten flehw
heilt. Wenn dso die Lobpreiaer der Brechtnittel sich lüh-
men, die akuten Fieber gleich im Anfange durch ein eiasi-
ges Brechmiiiel zuweilen geheilt zu haben, so sprechen aie
wahr; ich habe das Nfimlicbe achon in meiner Jugend geae-
hen. Wollten aber meine werthen Anitsbrüder gans ohne
Vomrtheil die Zahl der akuten ilebernille , in denen sie so
ausnehmend glücklich gewesen, mit der Zahl derer ve^lei-
ehen, in denen sie keine Beasening, viel weniger Beilang,
nnd die Zahl derer, in denen sie früher oder spSler nach dem
Brechmittel Verschlimmerung des Krankheitszu Standes sahen,
so würde sie, so gut als mich, hinaichtiicb der panazeiscben
Kraft der Brechmittel eine grofge Zweifelung anwandeln,
tind sie würilen sieh bei verschlinimeriein Zustande nach dem
Itrecbniittel wol die Frage vorlegen, ob auch diese Verschiim'
merung gar dem Brechmittel selbst zniuschreiben seif Ieh
habe mir langst diese Frage mit Ja beantwortet, und mit
•- 1139 —
4iMBr nwiacr Aniteht nimmea viele Krankeagesebicbten , die
ich lieut n Tage leM, gar Irettliob nberein; wiewol ich in-
laue, dafa meine enflhienden Koli«geD diese Lieberei naiiin-
nuog weder beabatchiiget , qocti viel weniger bcrvorgeboben
haben. Ich baba dea kein Hehl, dafa mir manche Kiankea-
geachicbie ein LSchel« enllockl; da wird dem Fieberkranken
gleich ein Breehmiuel gereieht, uod dann heifat ea gewöha-
licb: daa ihat ihm «ehr gnt. Aber, Amubrfider! wenn
«a ihm daDB so sehr gat that, wie kommt es denn, data ich
lese, Ebct Kranker sei hernach von Tage sa Tage achlinmar
geworden, und nach vielem Elende, nach viel veracbluckter
Araanei, erat apät and kümmerlich aar Geauodheit gelangt!
Zoleut wird, denke ich, die vermainilicb wobttbSlige Wir-
knog de« Breohmiitels uol darauf binaDsIanfen , iah der Kran-
ke, dem Ihr dnrcb Ener Bcechmitiel ein beHngsiigeodea Ge-
f^l verursacht, sich, nachdem er daa ßrechmitlel durch Ue-
bergeben -loa geworden, wieder lurtiger fflhlt. Nun, den
Spafs kSnnt Ihr Euch bei jedem Gesunden muchea.
Ich baba schon früher in diesem Bache gesagt, dafa An-
Bchoppungen dar Bau eheinge weide durch die KrMhfltterung dea
Fabrens und Bcirens gereiit und gesteigert, seltener gleich,
9fter dan xweiien, oder dritten Tag naabhfer erst recht bosa
werden. Durch die ärachiitiening des freiwillige» Erbrechens
sab ich Hu verborgene, unföblbara Anschoppung der Leber
offenbar mit als VerhBrtnng laatbnr werden. Wie kBnnet
Ihr nua, wertbe Amtsgenosaen 1 wenn Ihr xu einem Fieber-
kranken gerufen werdet, aieher sein, dafa derselbe oicbt sol-
ch* Bitere Fehler in seinem Bauche berget und wenn Ihr dea
nicht lieber leia kttflnl, wie kSnnt Ihr es denn wissen, ob
Ihr mit Enorm Brcehmiitel nicht grofsen Schaden thao , ob
Ihr dl« ruhenden Fehler durch die Anstrengung des Erbra-
cheaa nicht In Aufruhr bringen werdet, so, dafs Eure Kunst
XU ohnmächtig ist, daa USse, was Ihr aflgesiifiei, wieder
gut an machen t Ja , köanl Ihr nicht auch solche Fieberkrank«
Kn heilen bekommen, dt« Gallensteitie bei sieh haben, und
könnt Ihr nicht die Steine durch Eure Brecfaknr aufrübriach
macheD, wol gar einen derselben in den Galtengang einkei-
len, und ao den Kranken, der sich Euch um geheilt an wer-
den golgläiibig anvertrauet hat , verrfitheriach In Lebensgefahr
stünenf — Ich sehe Euch, werthe Amtsbrüder! fGr gar an
vemiändig an, als dafs ich die Einwendung von Euch erwarten
dürfte, rubesde Steine und verborgene Anschoppungen seien
durch die Auafragnng anatunds sa erkennen; denn wenn Ihr
nicht gar an Jung und nnetfahren seid, so werdet Ibr so gut
wiiaeo ala ich , dafs solche varborgen« Abnormiifitea , Mlbst
— 1140 — •
in d«n Fallen , wo sie nar ebroniiiohe 'LaMen Tsrnnachcn,
suweiIeD durch die Erfrn^ing icbwieri|f, zuweilen gar nichi,
sondern nnr einsig durch ProbemiUel xa erkennen sind.
Nun wollen wir weiter geben und insbesondere vom Brecb-
Mttiel beim giisiriachen Fieber sprechen. Ea gibt ein Lieber-
fieber, welches eensensuell von einer Urerkmnknng des Gxl-
teBorgnni akbäogt. Hier hat eine rermehrte Gallen« bsonde--
rung SiBll, und die in tjebeminfs nbgesonderle Galle ist so
scharf aauer, dafa dureh den Kais derselben auf den Darm-
kanal der ganze Organhinns heftig aufgeregt nad das ernte,
oicht aalten atiilrtuiiche Stadium solcher Fieber erxengt wird.
Vorauageselzt das, was ich so eben von den BreebmitlelD ge-
sagt, ist nicht lu läugncn, daft flie gnte Heilmittel dieser Fie-
ber sind, denn sie enifernea nicht blofs den materiellen chemi-
schen Reii und heben dadurch das erste Sladiiim solcher Fieber,
sondern, antageniüisch auf die GalleDgünge wirkend niindero
sie, oder heilen gans die vermehrte absondernde Bewegung der
GnlleDgänge. Sulcfae Fieber hat früher Slo/i xu behandeln
gehabt und sie vorsdglreh durch Brechen nnd Laxiren geheilt.
Abgesehen davon, dafs man die Entfernung der scharfen
Galle eben so gut durch Neulralisiren darielben als durch
Entleeren bewirken kann , ist es aber doch aebr soaderbar
und mir gana unerklärlich, dafs man. gerade dieaei, an leich-
testen au heilende Fieber als das Mu'Sierbild alter gastrischen
Fieber ntifatellt. Ich habe dasselbe, so lange ich ^rat bin,
nur zweimahl epidemisch gesehen; alle übrige Leberfieber,
die mir vorgekommeo, (und ich habe gar vielartige behan-
delt) waren ganz anderer Art. Bei ihnen war eiaa abnorme
Galleaabsoaderung nur etwas Zußlliges, selten Eracheinen-
dea nnd leicht au Hebendes. Heilen, die Krankboit von dem
ersten Siadio sur Genesung bringen, konnte man nur, wenn
man die Leber dnrch das geeignete Organmittel gesund nach-
te. Ich stelle nicht in Abrede, dafs man auch bei diesen
Fiebern die Leber durch ein Brechmittel in eiozelnen, selte-
nen Fällen getund machen konnte , aber in den allerraeiaten
wurde dadurch geschadet; entweder wnrde das akute Stadium
schlimmer, oder die Kranken fielen in einen quinendea Zu-
stand , der denn auch ohne das geeignete Organmiltel sehr
übel zu beseitigen war. Im Jahre 1834, da im hiesigen Lande
Lebettiebar herrschten, welche man durch eine Mischung des
salisanren Kalkes mit Scbellkrauiiinklur nicht blofs behan-
deln, sondern heilen konnte, halte ich daa Vergnügen, in
einem niederländischen Städtchen mich mit einem jungen Amia-
genossen an unterhalten, der nicht blofs gute Uuivergiifits-
kenotnifs, sondern aacfa, was die Banpitsacbe ist, guten Ver-
— 1141 _
•laad besals. Der g«gtand wir nun ganz «hrlieb: «r habe
xwar etlicti« , jadooh wenige Fieberkranke darch Ein Brech-
millel Knall und Fall gekeilet, die bei weitem meislen aeien
aber nach deiti Brcchiuitiei in einen achleicbenden Krank-
heiluuBiand verfallen, und mehren seien «elbai die FOfse öde-
uiaiöa geachwullen. Er fragte mich jetzt: wie es doch käm-
me, dafs das, was man ihm auf der Uochschul« von den
Biechmilleln gesagt, sich Jeiai «o übel bewtllngel warum doch
seine nniversitäUHchen Meister den Brechmitteln Heilwirkung
mchrieben, die dieselben offenbar nicht hätten! — Wbü
banale ich nun dem versiündigen jungen Manne aniworteoi
— . Ich bemerkte ihu blofs: d»fs die Breohheil versnebe bei
deiu herrschenden gaatrisehttn Fieber nichts inehr und nichts
weaiger, als ein blindes Wagspie) aeien. Warum seine nni-
varsititiecbcn Heialer ikin die Brechmittel erfahrungswidrig
SB onbedingt aaeiöpfohlen, könne ich ihm nicht erklären,
sondern nnr blofs in Allgemeinen darüber Folgendes sagen.
Wie man id onäerer wunderliche« Welt Spieler finde, die ihr
Hab und Gnt verspielen , ohne je lur Erkenntnifs ihrer Thor-
beil an gelangen, indem der Gedanke an die Mögliehkeit eines
gfoüien Gewinnaies eiaaig nnd ansschliefslich ihren Kopf be-
schliflige; gerade so finde nen auch nniar den Aerzien Brech-
wagspielcr, die, einzig und ausKcfaliefslich an die Mißliche
Heilwirkung des Brechmitlels denkend, ro ganz blind für die
naehibetllgen Fdgen desselben seien, dafs sie seihige lieber
den allerunwahrsobeinlichsle» Ursachen als ihrer feindlichen
Brecbbehaodinng anschrieben. -. —
HinHicbilicb der ZufUlle, die uns angeblich lehren sollen,
wo Brechmiliel mit Vor(heiI zu gebraiiciien seien, siebet es
auch, sehr luftig aus. Von dem bitleren Gpschmncke, als Zei-
chen der im Magen vorhandenen krankhaften Galle, habeich
■eben in Her ersten Abtheilung des Sien Kapitels ein Wort
gesprochen- Dafs es ein ein aehr trngl ich es Zeichen sei, be-
weiset man am besten durch die Thaisaehe, dafs bei Gelb-
süchten, wo denn doch kein Gran Galle in Magen und Darm-
kanal kommt, die Menschen hfiufig über ganz unerirüglich
billeien Geschmack klagen.
&n Gefühl von Gespanntheit, Vollheit des Magern*, Wel-
ches in verschiedenen Graden, bis lur Beängstigung, sieb
bei Leberfiebern zeigt, Ist in weit mehr Füllen Zeichen einer
sehr gesteigerten Lebererkrnnkung als einer Gallenansamm-
lung im Magen. Nur wenn es von letzter Ursache herrührt,
kann es durch ein Brechmittel gehoben werden. Sobald es
aber von einer höheren Steigerung des Leberleidens abhängt,
schaden Brechuillel unbedingt. Man uiufs ja in solchen Ftil-
- 11« —
Im, wtll Man nicht b>hnnd«ln, noadwii «itUMi heilen, imm
geei^ele unfeiodlicbe OrgaamiHel nur ia der halben, in der
wierifllt Ja in der achtel Gabe reichen, je nachdem nHnilich
der Grad der Sleifening der Lebererkraakung ist; in der
vollen Gabe darf man ea aber hei dem beipronhenen Znfalle
nie reichen.
Waa die belegte, gelbachmnlaige Zimge bciriBt als angeb-
lichea Zeichen der Magen- nnd DarniunreinigkeHen, to iif
mir die Sache wafarbafiig n einfllliig, als dab ich, ohne
mich aelbet zn langweilen, viel Wone darfibcr venehweoden
könnte. Ich denke auch, diejenigen meiner Leser, die •»-
gflßhr TOn meinem Alter sind, nnd die rieh noch ans ihrer
Jiigend erinneren, welehen Werth man damahls anf dieses
Zeichen legte, werden, so gut als ich, durch elgeae, vor-
■rtbeilfreie lleohachiuDgen , rieh von der Nichtigkeit desad-
ben hinlftnglich vbeneugt habe«. Gerada in den FKlIen, wo,
nicht eine eingebildete, sondern eine wirkliche, bedeutende
Ansammlung scharfer Galle im Magen and Darmkanal steckt,
finde ich die Zunge nie gelb, schniuliig, diekpelsig belegt,
sondern vielmehr roienartig antxünilet, ja der gnnse S^lnnd
ist in solchen Fällen, wol lutammt der SpeiserShre, rosen-
anig ealsündei. Wo ich eine sehr schnintsige Zunge sehe,
da kann ich auch wissen , dafs die Krankheit acbon Fort-
schritte gemacht bat, entweder wegen Hnngel an Hülfe, oder
wegen angehöriger Hülfe. *) Wenn wShreod meiner Heilrer-
snche die Zunge des Kranken, die, wie gew&hnlich im An-
fange akuter Krankheiten, einen weifsen Anflog balle, gmo,
braun , gelb , uad pelsig wird , so begreife ich , dafs ich auf
einem Irrwege bin; dean wenn ich das richtige Heilmittel
anwende, so wird die Zunge nicht schmntsig, sondern rie
wird , je nachdem das nrerkrankte Organ , oder der nre^
kränkle Gesammtorganismus aum Normalatande autlick kehret,
je lünger Je reiner und gesnodheitRgefliBfser. [Hess altgemeine
Beobachtung läfst mich vermnifaen , diifs die Aerste der Stol-
liseheo Schule, durch die unsinnige Anwendung ihrer Brech-
nnd Lsxirmittel die scbmutaige Zunge selbst gemacht haben,
und das Schweigen des Fritd. Baffmann, dieses umsichtigen
Arales, dieses genauen Krankenbeubachten , hiosicfatlicfa je-
nes, von den Stollianem stark hervorgehobenen Zeichens
■) Vis dem (iCMgtcD machiD difjeaiKeii fiB)iarba(leD KrankheitfB <i(i* Auaab-
m* , welch« die Orgtae dar HandhGhls («Ibit ■ngnifcD. Bai dicHia Laaa
na« , an sweltea Taga ta den Rrtiik«D sertiran , lehnn dia Zeafs labr ackme-
tclp Sadaa. Auch glU ii ciaielae , J«docb went^a Heatehea , die bei jedes
ffariiBoD Uawoblaala el«iel> Biaa Baratige Zasge habea. Dai klagt ras eiaer
aaerUarlichei ElgaatkÜMÜcbkeit lalebar KSrper ab.
— 1143 —
im GMtriiiamraj gibt tuiur VitiAuihakg dU gritiU Wahr-
■cbeialidikeit.
Ca war« bisr noch die Frage iii beantworten, waram der
HlfsWauoh iter Breohmitiel, obgleich voa Zeil xu Zeit Ter*
Mhidig« Männer ihn »li&billiget heben, immer von oeoem
luilig wieder aufiaNcht. Meines Erachlena kenn man 4avon
einen dreifaahen Gmnd angeben. Ereleod den , daft die Hocb-
Bchuilehrer des, was die Brechmiitel Gnies wirken k3nnen,
Bu grell nnd eineeilig hervorheben and so die Köpfe ihrer
8cfaAl«r flchon in der ersten Mecite verschmähen. Zweitens
den, dsfs manche Aenie sich nie die Mühe geben, die Vor-
theile imd mSglicken iXacblheile der Brechkaren selbst gegen
einander absuulgen. Drittens den, dab es weit leichter,
weit gemächlicher ist, dem Fieberkranken erst sn speien ge-
ben, dann xm laxiren, nad wenn er .darauf schlimmer gewoiv
den, an ibin fliehen (sieb 'einbildend, das müsse so sein,
das sei sehulrechi), als die Krankheil durcb das geeignete
Heilmittel vom. ersten Sladio gleich in das der Besserung su
bringen. Das Wilde, das Uageschlacfaie wird jederzeit mehr
Anhänger find«i als das Sinnige, das Umsichtige; denn jenes
wird mübeloa genbt, dieses nur mühevoll.
Bei allen Fortschritten, deren sieb unser Zeitalter rühmt,
kommt es mir so vor, als stehen wir noch hinsichtlich der
richtigen Anwendung der Brechmittel ungefähr auf dem uSm-
licben Punkte der Erkesniaifs, woraef die Aerzie vor awei-
bnndert Jahren sianden. JoA. ßioloM sagt (Enckir. mnaU
pag. i2ij: Imperile fttdunt , »e dicam impie , qui pott mulla
Ttmedia adminülraia, i» wutrititn^üj ae pene Jam ex^utit
viribmt vemitorii* uttmtur, tanquam exiremit remedii», guae
qtiod ixperMt tilat tuffocoMtet mortem oeyut acceferant. Das
•chrieb RMa» 7m I7lea Jahrhundert; nun, ioh denke, das
Kunslatiick, welches dem Menne so übel geftillt, wird auch
noch wol im 19teo Jahrhundert geübt. Aber freilich, wir
machen darCber jeist eine andere Anslegnng. Das furchibar-
ale Brechiuiltel , von dem ieh je gehört oder gelesen, gab
im 17len Jahrbandert der englische Arat Georg Bäte (Leib-
arst Carl de» 2teit) in der Fallsucht, und es ist mir wahr-
acheinlich, dafs er in manchen Fflllen einsig dadurch die
Krankheil wird geheben haben. Man findet die Vorschrift in
der Reseprsammlung, welche snier dem Namen Parmacopoeu
Baieana bekannt und mehrmals aufgelegt ist. Mein Exen-
plar ist von der 4ien Auflage (Amsterdam 1709), hier stehet
es Seile 33 nnd laatet atiio i ^^ Folior. recent. Digitali* i\\
Vvar. eorütlk. mund. ^ü Cantutit adde Cereviiiae non btpula-
tae ßü Cofae ad dimid^f. expreatio forli»$ima, D. pro vomi-
— 1144 ~
/«r^ t» epilepaim. leb dmike, w«r dM Trank ganaMimen«
der wird wol bis zani 4(en , oder 5ten Tag* rib Breehen ge-
blieben aeio; mam weRigsIeD habe ich «a ao eimnahl bei einer
jnngän Frau beobachtet, der durch ein Digitalisbreohmiiiel
das Weehselfieber vertrieben wurde, nnd «war von einer \on-
ne, die angeblich daa Kunttstück von einem alten Mönch ge-
lernt hatte. Die Kranke halte einen halben EfalöfTel voll ler-
riebener trockaer Digiialisbiftlier auf ein Mahl genommen und
war innerhalb einer halben Stunde ani Brechen gekommen;
dieses Brechen war aber mit Scblucfazen , mit- ganz ungere-
geltem Heraichlage und mit einem Gefühle des Todikrank-
aeins begleitet. Das Fieber ist anigebliebsn und bat keinen
• Bückfall g^acht.
b. Purgir- oder Laxirkur>
Durch diese, ja nachdeM »an feindlich den Darmkanal
nnpeift, kann man viele, initglicfa alle UrorganerkrankMigen
heilen. Man heilt damit Manie, Ophthalmie, Angina, Hu-
sten, Asibma, Seitenstechen, Leber- and iMilHuschoppung,
Kolik, Ruhr, Rbeuiusiiamen , Giebi, Gelbsucht, Wassersucht,
nnd Goit weifs, welche Suchten noch oiehi. Dieses nun sd-
gegeben, luÜHsen wir aueh die ■itglichen Nacfatheile der Per-
girknr erwfigen.
Zuerst ist xu bemerken, dab sie unsicher ist; sie kann
helfen, aber sie hilft nicht immer. Wann sie eia Urorgan-
leiden, hei dem der Gesanuntorganisinus sich noch in den
Indiffcrenzsiand befand, nicht heilet, so bewirkt sie leicht,
dafs der Gesamm (Organismus urerkrankt, und diese IJrerkran-
kung ist uro häufigsten Eisen-, seltener Kupfererkranknng.
Bei Kupfer- und Eisenerkrankung des Gesamniiorgauismas
schadet sie bestimmt, und wer das Vorwallen dieser ErknU'
knogen in einem Organe , auf guten Glauben für ein Urlei-
den dieses Ofgans nshmoBd , durch Purgirmittel heilen will,
der fiberlege erst wohl, oh seine .Kunst auch mKcfalig genug
ist, den Schaden^ den er anstiften kann, wieder gut zn ma-
machen. (Jrleiden der Bauchorgane werden, wenn die Pur-
girkur nicht heilend wirkt, sehr leicht durch selbige gestei-
gert, und es bleibt dann ohroniaeher Darcbfall zurück, der
übel za heben ist. Oft twbe ich dieses bei der von Urleber-,
«der tlrmilserkrankung abhängenden Wassersucht beohach-
tet. *) Nicht die durch den chronischen Durchfall verursachte
*) leb halle daia Triiber oft Gelc^abeit , weil der (eria^ Menn , wena er wai-
»•oMichjtg wsrde , laent, bevor er die Biitre Bei ArU«i aBcht«, du Speei-
fieum eiaei (ewiMea KlMterg (ebranebla, welckea ■•■ Jalurp^pB'*»' ■»'
BruQlweia b«itaad.
— 1143 -
Eolleerang gab dem Kranken i)«n Rest, sondern die imch
die Purganz bewirkte Sietgerung des Urorganteidena, von der
aneb der ebroniscbe Onrcbfall seibat abbing.
Was ich von den Brecbmillela gesagt, sage ich anch jetzt
von den Pargirmilleln. Man hat blofa an das gedacht, was
sie heilen können, aber wenig an das, was sie nichi heilen
nnd was sie verderbea. So ist es denn gekommen,, dafs in
früherer Zeit die Ausdrücke ärztlich bebandien undpnr-
giren gleichbedeatend waren. Aus dieser ftrztlichen Begriffa-
vermischung, oder Vertäu sc b tin g , haben ja die Lasupieldicb-
(er und Satiriker um die Aerzte sd plagen einen Possen ge-
macht. Motiere, der in dem Intermezzo eines seiner Last-
spiele ein Doklorexainen vorslellel, lälst den Kandidaien auf
alle Fragen seiner Examinatoren, in Betreff der Heilung ver-
schiedener Krankheiten, frischweg antworten: langutnärey
clg$lerare, purgare. Und der nnbekannle Verfasse^ der sehr
bekannten saliriscben Briefe unberühmier Männer (dun einige
fiir Ulrich vou Hittttn halten) isbt die Aerzie, selbst dem
kranke« Elephanten des Papstes eine ungeheuer thenre Pur-
ganz verordnen. ")
c. Antagonistische Heilung durch die Einwirkung
anderer scharfen Mittel anf den Dnrmkanal.
Dafs man durch solche Mittel die Erkrankung mancher Or-
gane heilen könne, ist nicht zu läugnen; jedoch wird man
sie nie so allgemein anwenden als Brach- und Laxirmittel.
Ob viel oder wenig an der Auswahl dieser Mittel gelegen sei,
kann ich nicht sagen, weil ich wenig eigene Erfahrung dar-
über habe. Nicot. Chemeau sagt (oiterv. 30. pag. 141.^.*
Chirurgtu, quidam atthmate lahorani, quotie* Symptoma urge-
hat, piperü nigrt puiverali^ß vel 3i pane euchariUico invotti-
tarn cum vino lumebat, a quo maicimum levamen accepUte mihi
ajflrmavit. Dafs man durch Einspritzung scharfer Mittel in
den Mastdarm ehemahls das Hüftweh geheilt habe, ist be-
kannt; es mufs anch diese Heilart sehr gemein gewesen sein,
denn Barlolom. Monlagnana, der als ein berühiuler Professor
des 15ten Jahrhunderts die Sache wol gekannt wird haben,
sagt: fCoasil. 251.^ Dolore* Uli tapientum omnium concordia
clytteribii» acuti» tanaiitttr.
•) Et guanda fuit it{firm»in Eltfhet, tuHC Ptpa^it in mvg*H trittiti», «I
esrnDif mtdicBt plnret tl dixil eit ; ti pottibile ett, tanate miAi ElepAat.
TuHc feetrHnt magnam dUigenliam , et viderunt ei urinam , et dtdtrmnl ei
mnmm furgaliomem , gaae eemtat guiiiqu^ eeitlum anrege! eed lamen »«a
^M^erullt Etepkat fmeere meriare, et tia atartuum eil. — Bpitt, otteur.
vir. ad Dm. M. Orluimuut Gratiam.
"■■■ - ^-'-~-^-
— 1140 —
i, IIantreii«nda Mittel.
Da haben wir siiartt die Schwitimtllel, weldie h«at m Ta-
ge weniger in Gcbraneli sind aU früher. I)af> man aneh mit
itieaen manche Ureriiranknng der Organe heilen k&ane, daraa
IM nicht xn iweifeln, jedoch aind aie iai Ailgenieinea weni-
ger mächtig als Bredi- and Laxirniiilel. Dea CmJet Je VnMX
Wauerkar ist eine wahre Sehuiia-^.nnd llaniknr, nnd wer
M rerauchen will, der wird lich wol fiberieugen, dafa durch
Jieselli« nicht bloft die Gicht, eondem noch wancke tlrkran-
knngen anderer Organe in heilen sind.
Weiler bnben wir die liifarrllchen Miliel, als Spanische
Fliegen, Senf, Meerreltig, Brechweiasieinaalbe, fiiacades Am-
moaiaM, Croionftl, das Glüheisea, das Brennen mit Nesseln,
die Geifgelnng, Fontanellen, Ilaaraeile u. s. w. Man kann
darch dies* Bufserlicheo Hantreiye viele kranke Organe aum
Normaluande lurflekfDbren. Bei den Erkrankungen der Mos-
kein, GclenkbHnder, \erveasilMuie , wenn es wirklich Urlri-
den dieser Organe sind, kommt man durch diese llauireiae
nicht tehen am sehaellsien snm Zweck. Sind es aber con-
sensuelle Leiden, abhängend ven der Urerkrankung eines in-
neren Organs, oder sind ei Vorwalmagen einer Erkrankung
des Guaniwiorgantsniufi, so enisprechen liexiiweilen nur halb,
Sfier gar nicht der Erwartung, nnd ich sehe sie in solchen
Füllen als eine blofs swecklose Schinderei an.
Bei Urerkrankung innerer Organe kann man die flufseren
Hautreise auch snweilen nicht enibehren. Bei dem IJrleiden
der Dftrme, das sich als Kolik offenbaret, ist man, wenn we-
gen der Znaaninienziebiing des Mastdarmes die Anneodung
der Klystire, und wegen des unaufhörlichen Erbrechens die
Anwendung innerlicher Mittel unmöglich iel, ja eioxig auf
liirMrlicbe beachrttnkt ; und was leisiel nicht in solchen Fäl-
len ein halb^lündiges Einreiben des mit Seifenauflösimg rer-
bundenen knnsilschen Aninioniums iiuf die Bnnchhaui!
In der Erkrankung anderer innerer Organe habe ich aber
selten so auffallende ichnelle Wirkung gesehen; vielmahls
liefaen mich die Bnfaerlicfaen Mittel gans in Stich, und, was
noch weit icbliinnier ist, in manchi^n Fallen täuschten sie
mich, sie schafften durch ihren antagonistischen Reis den
Schmerz weg, liefsen «her die Krankheit dea Organs wie sie
gewesen. Ich habe mich früher der feindlichen, bantreiaen-
den Mittel weil häufiger bedient als später; je nachdem ich
nämlich durch vergleichende Beobachlnng den erkrankten Men*
achenleib nach und nach besser kennen lerue, sdiränkla ich
auch den Gebrauch derselben nach und nach »in, und ich sah,
dals ich so den Zweck meines intlichen Mfibans, das Heilen,
— 1147 —
bMnr and lieberer erreichte aU früher. Gniix kaira ich frei-
lich auch Jelst nicht dte feindlichen Hauireixe meiden, tdi
wende sie aber nar da eni wo ich nichi nndert fcmiD, oder
wo ich «iemlich gewifs bin, die Krankheit am liilrsesiea nnd
sicfaerBien dadurch ko heilen.
Endlich maBüen wir hier nach noch von den kall«n Um-
■eblHgen, oder Begiefinn^n ein Wert sprechen. Bekaantlicb
' kann man damit l>ei cbroniichen GliederseliHienen viel aui-
riehien, betondera wenn man die Hwit erat durch warme lliu-
achlSge oder Bflder niSglichat empfindlich für den plöialichen
Eindruelc der Kfilie macht. Sicher i«l diese Heilari nicht, dai
werden die am besten wiiaen, die nn Orten wohnen, wo
Ruuisebe Dampfbiider sind. Ein hiesiger WundanH hat mir
enShh, er habe einen chronisoben Mnskelsehmers Eines Fii-
fses ^babt, der ihn swar nicht uafSbig su seinen Ciesohifien
gemacht, al»er ihn doch sehr hinderlich gewesen. Dn er nnn
genöibiget geworden, sich in Berlin als Geborlsbelfer von der
MedizinalbehSrde prüfen zn iassen, habe man ihm dort die
Itnssischen Dampfbfidcr angerailien. Durch diese, oder vi I-
mehr darch die kalte Begiefsung nach denBidem, sei er gar
bald ron dem Leide befreiet worden. Kaum aber sei er von
Beriin anrückgekommen, da habe sein alter Sebmerssich wie-
der eingeileHei. Nnn habe er die Brecbkur angewendet, nm
den anderen Tag ein Ifichiiges Rreehmillel von Brech Weinstein
genommen and sei dadurch bald und swar gründlich. geheilet
worden. Gründlich ist er gewifs gehsilei, denn es sind jetzt
schon mehre Jahre verflossen, ohne dnfs er die mindeste An-
mahnung tou dem alten Uebel gespilrel liat.
Bei einem (Jrleiden des Gehirns, es mag unter ohronischer,
•der aknterForm als Irrsinn nnftreten, leisten kalte ÜmachU-
ge Bof den Kopf in seltenen Flllen recht gute Dienste; weit
Sfier helfen sie aber gar nicht. Bei dem als Irrsinn sich of-
fenbarenden Vorwalten einer EleenatTektion habe ith knlie
.Umschläge fr&her oft versucht and zwar in akuten Fiebern.
Ich erinnere mich, eine vorübergehende Wirkung, eine Unter-
brechung des Irreredeoä oft, eine anhallende aber noch nie
davon beobachtet zu haben. Was sie Gutes leisten können,
leisten sie bald; was sie aieht bald leisten, leisten sie auch
nicht beim fortgesetzten Gebraache. Der Gmod von dieser
Erscheinung liegt darin, dalk die Kopfhant sich bald an den,
anfSnglioh angewöhnten Reiz der Kllie gewöhnt. Sobald das
einmahl geschehen ist , kann der kalie Umschlag nicht mehr
als aniaganistiscber Reiz wirken, und die Eiseoaffektion des
Gesammiorganismns, die im Gehirn vorwaltet« kann er be>
gteifliefa nuch nieht heben, la dem »weilen Abschnitte des
— 11« -
vorI«lB(«n Kapii«)> hake ich eraKhIt: ein daroh nitluilicnden
MibbraiMh des Braomwcint erkrankter, an «in«! aU Irrsinn
im Gekim vorwaliendea Etsenaffeklion des Getaiuiuiorganig-
mus leidender Mann ui Atiroh eiskalte Umschläge auf den
Kopf so weit wieder luf Besinnung gebracht, tUfs er dam
Priester habe beiahien LönoeD. Bald darauf sei d«r Irrsion
wiedergekehrt, und ich habe den in guient Venntuen wieder
zu den kalten Umachlftgeo greifenden Hansleiiien zwBf.den
Varsiieb nicht abgeralken« aber doch vorhergpsagt , dafs sie
jetxi keine beruhigende Wirkung mehr davon sehen würden,
.welches sieh auch gar bald beaittiigci. Meine Vorhersagung
gründete sich eioaig aiif meine friheren Beobachiungea, dafa
die kalien Umschläge blofs durch die Ungewohoheit der Kal-
te als feindlicher Reis wirken, dafs aber die Haut, bald an
diesen Bela gewöhnt, nicht mehr feindlich davon berührt
wird. •)
//. Direkte Kunt tkeiiuHg.
Htraclitm der Epbesier soU den Krieg den Vater aller
Dinge genannt haben; der Mann hat Kechi, denn ans entcheint
das liehen der Natur als ein wirres In- und Gegenainander-
wirken , und dieses ist für uns die eintige Offenbamng des
Leben». Was wir von dem Riesenkanipfe erkennen können,
sind nur unrollkommne , armselige Einselbeiien ; das Ganze
desselben vernug der irdische Mensch ninawer xii erkennen,
oimmsr su erschauen, dann er ist selbst in diesem Kam|(fe
begriffen, ja seine Wesenheit ist ein E^eagnife dieses Kam-
pfes. ,
Dab gewisse Einflüsse, die wir aber grüfsteotbeils nicht ein-
maht kennen, sondern nur ihr Dasein vertuatben, den gan-
zen Leib, oder einzelne 'Organa krank machen, glauben wir;
dafs andere Einflülse, welche wir aber auch wenig kejinen,
die durch jene krankmachenden bewirkte VerHnderung wie-
der anfheben, glauben wir auch, und wir müssen es wol glau-
ben , denn wir sehen kranke Menschen von selbst genesen,
und wir denken, dafs diese Heilungen Ergebnisse den grofaen,
uoerkenn huren Naturkampfea sind. Durch untere nnvollkom-
menen Beobaehtungen dieses Natnrkainpfes, and dnrch ein
Zusainmenireffsn aufserer, nnseren Verstand zu jenen Beobach-
tungen nölhigenden Umstftnde (welches wir Zufall zu nennen
pflegen) sind uns gewisse Elnflüsaa oßenbkr worden, die,
') leb bille die LsMr, dsi, w«i icb voa den ksllen limichliieeD and BigieriDn-
%»ti fet»%x, aiehl auf die kaltsn Biidar sb belieben. Leute habeo, anhalteBd
gebnacht, eine den EUeii nabe verwandte Wirinas. Heiae ErfabrnaB in
aber ao seriog in diwem Paskle, al« dab ick <sr«ber etwas asfan dorH«.
— 1141» —
wenn wir tie abaicbilich asf dea Men«h«n1eib elDwirkMi las-
srn , dai Erkrankte wieder normal nwchen. Dm W I e der
Wirkling dieser, dem Herakliiiachen Vaier aller Dinge abge-
lKDicbleB>EinseIke)ten, liegt meist anfaer dea Grencen unse-
rer Erkennlair«; böchitena kSnnen wir fiber die aniagoniinsch
wirkenden Mittel und über Ans W i e ihrer Wirknng eine iiiebr
•der minder Mcharfif innige Erklärung wagen. Aber das Wie
der Wirkung der direkt heilendem ist ganx in Dunkelheit ge-
hilflet. Unser Verstand kaifn hier Tiber die naekte Tbatsacbe
nicht biaaiisdringen ; wir bringen die Arzeneimkiel Hiit dem
kranken Menschenleib in BeriMirung und sehen, dafs der er-
krankte gesund wird ; das ist alles , was wir davon ugen
bftnnen.
Der Gedanke , der su unserer Zeit in der gelehrten Welt
ausgesprochen ist, alle Arsenei bewirke eine klinsiliehe Krank-
heit nnd heile dadurch, scheint mir itbel auf die dirukten Hei-
lungen KU passAi; bei denselben kann ich snm wenigsten mit
meinen Sinnen nnd der Kranke durch sein Gefühl kein« neue
kfiniiKclie Krankheit erkennen.
B. HistHrliellmBif.
Wie die .\alur beriet, kann der kicinatftdtische Arst besser
beobnehieB als der ^rofsslüdiische, flberhnupi besser der Land-
als der Starftarst. Aerzle, welche in grofaen Sllidtan blofs
vornehmen und reichen Lenlen dienen, wissen wenig von den
Naiurheilungen , denn sie haben es mit einer Men schenklasse
zu tbnn, die sich jeder kleinen Unpttfslicbkeit wegen an den
Arzt wendet nnd einzig von der Kansi Heil erwanel. Selbst
in kleinen SfKdit'n, wo gute Armeumiitel sind, wo also (wie
in meinem Wohnorte) nicht hiofs der eigentliche Bettler, son-
dern aticb der unverm3gende, sich, so lange er gesund ist, -
selbst eroSbrende Handwerker und Taglöhner Arzt und Arse-
nei umsonst hat, läfst sich die Nalnrbeiiung Qbet beobachten.
Das platte Land hingegen ist der wahr« Boden, worauf mau
solche Beobachtungen' machen kann. In den Landgemeinden
wird nur den eigenilicb Armen unentgeltlich Arzenel zuge-
standen. Alle übrige Unvermögende, als Oiensibolhen, Tiig-
Idhner, der grSfsie Theil der Handwerker, Hftusler und an-
dere, die nur sehr geringen, oder gar keinen Gnindbesitz oder
Pachtung haben, müsüen , werden sie krank, Arzt und Apo-
theker selbst bezahlen. Den Arst fürchten sie nun wol aiu
wenigsten; denn wenn gleich der Staat uns eine gesetzliche
Anweisung auf die mageren Beutel dieser Mühseligen gibt,
•o worden doch hoffentlich die meisten nnler nns ti.fSr ei-
— UM -
ntn Prevd balUB, Gebnoeh tob rfiMOr Aswatmag n m-
chen : 4er Ap«(hck«r wird absr «dir tob ihnen gsMifavuel, oirht
weil «r ue fibenfaeuert, londoni weil iKglicb ein paar Gro-
s<4ient ftir ihre der Noihdurfl keum yenfigeada« FioanioB
whon eine fnet unenwlogliehe Aufgab« «iod. So aberlenec
■ie eich denn faüu&g der Natur, und nur w«na diese navoll-
kommeo geheili hRt, oder wran sie nicht lu hellen vermag,
wird Ton ihnen die KiinU aageiprocben. Man hat auf di«M
Weise bftu6g Gelegenheit, die Nmurbeilangen so beobaobien.
Die aweiie An, die Naiarheiloagea kanBeo au lernea, ist
folgende. Jeder Mensch hat eine Neigung, aetne oder der
Seinigen übersiaadenen Krankhaiten^ heaoaders wean sie •rnil-
haft waren, anderen zo erxGblen, Menschen ans der geringe-
ren Klasse besilscn diese Neigung ia TOnüglidiem Grade,
nad der Arst, slSfit er sie aiebt durch ein onfreuodliches,
bodirabreades Wesen inriek, ist gerade deiJMtige, den sie
am liebaian mit der ErsBblung solcher Begebeahaitan uater>
haltea.*)
Aus diesen nngeschtainkten EraHbliingea kann nwa mehr
von den Naiurbeilungen erfahren als ans den gedruckten Bü-
ehem. Ich habe, so tauge ich Arzt hin, gern mit dieser Men«
- aehenklasse ein GesprSch angeknüpft , und ich versichere dem
*) Aach Tflrsahae lai nHeh« Las!« bab«! i\ma Tfaifasit ; wir kfci— Aer an
ihres EnUlavfcs aictli lenea, wall diew fclob tm RoMlMlBiwea haiMi.
ÜDUrl, «hr Bsuri iit ei , wesa lie dm tSdtllche Fälle anUles ■■4 wm»ar»
HeiBDBg d*räber vereehnaa wollea. Bio lobbei Aaiiaaea kaaa aar Jeaaa
natar dia Aentea willkonaea lela , wslche ick Todleakeiler aaaae. Bit
Todteaant IrribI mid Ceachifl ttt Mgeuit Art. ErxEhH ikH der Toraehaa
Haan dal Abileitea Mlaaa acBMlKiiMgaB finAvatan sad wie dar Artf
deaHlbaa kebaadalt, •• Udalt «r diät* Behaarflaai «ahr, sad aoiKt, irie dar
(Ble GrabTBlar bSite aauea bebaadell werdca, an la MclbaMlaaa Akar ta
^ela^ea. Iit dct ntraebaea HisaM Riail tob SUtler aar di> Strabe ga-
ftirxl sad bat Ära Bsla ^brochea , lo Jegt er der Län^ aach bdi , wia ai
bitte aBMoa (ebeill werden , aad wie du berrtiche Itlad nit den pbeillea
Gaaicka bSlte kSaaaa lebea aad gedeibei aar gnhea ITread* leiaer v^rebrllchea
AHtera. *. SmiUm, der ab lUiierlleber Leibsnt dh Weiaa dar VaraabMea
doEb wal wird (ekasafbibea, aagl : Maguatti »M»fvmm ert^mmtitr ftrtn mf-
hU, atd Imalmm mnlicTum trroriiat. Da* CrtduHtmr febet siebt aar
die Haue de« Volkei, deaa du well* mtn recbt got, dah die VDraebaaB e«
wal den Toda anlerworrea find alt die CarlsKcn , aoBdera ei gebet ear dia
VMMbaea wlbit, dia glaabea m etwa« aalar »ick; nad dab lie es |)a^u,
rtbrt aiailf voa daa Tadtaabcilers her, deres KaaU as adal tat, dalb sie
dieaaiba aiBnar sd ganeiaa Biirgar vergeadas, taadars, glrieb dea sltaa
Goldnaebera, lie bloff daa Reiebea nad VornahaieB aafiparea. Naa, werlha
Leter I icb denke, ea nSMea docb eiimhi la dietar waaderilobea Walt al-
lerlei Gelder tela , aUo dBrrea aaeb die Tedlcnheiler sieht Teblea ; aaa wa-
aigalea wirde, abaa dieselbas, dai asaalbige intUeba OaedUfcat ■STallatik-
dif blalbss.
— 1151 -
Lewr, wXre Ich ein itelfer K«BBlgIftnbtg;er gvweMDi die ehr>
liehen Leute wArdes mich mara Zweifler gemacfat haben. Aim
meiaeo Beobacblnngeo habe ieb mir nti« folgenden Abing gt*
/. Die Naiur ieHet indirekt.
AntKgoniatisch.
a. Dwefa Kranlcmaehen eine* Organ«, heilt de ein anderM frB-
her erLranlctea.
Dieae Heilung geichiehet in den nieislen FXlIea m, dab
ein eoniensiiell ergrilfenes Organ nach und nach nrcrkrankt,
wo denn daa anRnglicb urerkrankte gennd wkd. OimeHei-
' lung iit in maachen FuHen aorollkonimen ; das nenerkrankte
Organ will nicht von selbst besser werden, milhta iM die aehein-
bnre Heilung mehr eine Verlanscbnng der Krankbeitsfom al«
eine wirkliche, gründliche Heilui^. la aadere« FXlIeD wird
aber das neaeriirankie Orgaa nach and nach von adbat ge>
annd, nnd die Heilung ist dann YoUslfindig, Jedoeb, wie ich
bemerkt, nicht sehen sehr laagweilig.
Ferner geachiebet diese aniagoDislEseba Heilang na^ so, dafs
ein ni^l consensnel) ergriftenes, ein gana gesandet Organ ei^
krankt, und dadurch das anfiinglieh erkrankte geneaet In
diese Kategorie gebaren wahrscheinlich die kriiische« Aba-
sesse, auch vielleicht dl» ungeheuer heftigen Fnfssehnienen
bei dein Besserwerden der Gehirnfieher. Ueberhaupt habe ich
aber diese Art der auiagonisiichen Heilung, verh&hlich an der
vorigen, sehr selten beobachtet. In der zweiten Abtbeilung
des vorleisien Kapitels spraeb ich von einem 16 Jahr altem
Hüftweh, welches die Natur geheilet. Wie geschah nun diese
Heilungt Durch eia WechselGeber , wenhe Amisbrilder! und
xwar durch ein so heftiges, dafs ich, am das Leben der
alten Frau besorgt, schon den dritten Anfall aalerdrilGkea
mofdie. Der aweiie faane die sechaelMJKhrige Erkrankung des
Iläfinerven so schnell, so sauberiich vertrieben, dafs die Prao,
gleich nach beseitigtem Fieber, ihre Krücke wegwarf and so
gut nnd sehmerafrei ging als jeder andere Gesunde. Man
mag sich nun von dem Wesen des Wechaalfieben jede be-
liebige Vontellnng machen, so mnfs man doch bei einem
«olcb befligen, will man seinen eigenen Sinnen traaen, wol
glauben, dafs das Hautorgan auf eigene, heftige nnd feind-
liebe .Weise angegriffen ist. Durch dieses feiadtche E^grif-
fniaeio des Haatorgans wurde nun die alle, allen Arzeneien
troiaeade Krankheit des Hüfin«-ven gehoben. Solobe tiewalt-
beilungen können wir dar Natur nicht g«t nacbaadt««.
— il51 —
b. Die Natur bstit »ia kranket Orgao itorch Ersch5pfnng dei
• ganssn Körpen. Wer je auf diese antagODiniaehe Naiurhei-
Inng geactiiet, der wird bemerkt haben, daTs die ErschSprong
einen Etemlich hohen Grad erreicht haben mufi , bevor ein
urerkranklei Oi^an, wenn eri hart erkrankt int, mm \ornial-
■tande xurnckkebret. Ich bin fiberzengt, und achoo Inngst dea
Glaubens gewesen , dafa das achulrechie Beliandeln dea soge-
nannien Typhus (unier welcher vieldeutigen Kategorie häufig
manoherlei Gehirn- and Bauehfieber begriffen »ad) niebls,
gar nichts zur Heilung beiträgt. Ist der sogenannle Typbns
ein cameosnellea , ron einem nrerkranklen Gehirn-, oder
Banchorgana abhangendea Fieber, so bringt die Natnr durch
ErsohSpfung des ganzen Leibe« das erkrankte Organ zun
Normatstande zarüek. Wir sehen hier etae, zwar von dem
Arne nicht beabaiehtigte , aber doch wahrhafte Hungerkur.
Die Bcbulreclll rerardneten Miliel, weil sie auf das urerkraokte
Organ niebt geriehlet aind, können böchatena durch Bescblen-
pigong der Erat^Apfnag «a wenig znr Heilung beitragen;
was dana freilieh ein geringer Vortfaeil ibt.
Die Natur heilt znweilea dnreh Erschöpfang dea ganzen
Leibea eina solche Erkrankung eines Organa, welclie der
Kunat zu heilen unnöglich ist, wenn gleich der Arxi das er-
kränkle Oigan kennet nnd ea ihm auch nicht an biSfugea
Organheil raiit ein fehlet. So habe Ich mehrtnahls, jedodt nnr
in einitelnen seltneren Fällen beobechiet, dafa eine akute epi-
demische Leberkrankheit eine schon lange chronisch erkrankte
Leber ergriff; das gab einen bösen Kampf, bei dem meine
Kunst wenig vermochte. Wenn die N'atar hier faeilte, so heilte
sie nicht blofs das neue nknte, sondern auch gleichzeitig, xum
gröfaten Theil , das chronische Hebel durch E^chöpfung des
ganzen Laibes. Wie viel, oder wie wenig ein gleichzeitig
gagebenes gutes Lebermiltel zur Hellung beigetragen , mag
der Himmel wissen; ich selbst bin nie geneigt geweseo, aei-
oen Aniheil hoch aasasehlagen.
Den merkwürdigatan Fall einea blofa durch gfinzliehe Er-
sehdpfang geheilten nrerkranklen Organs habe ich vor unge-
tS.ht 36 Jahren beabachtei. Ein Mann von mittlem Alter war-
' de wahnsinnig. Arsenei weigerte er zn nehmeti. Da er Spei-
ae nnd Trank an sich nahm, so liefs ich einst Jalappenpal-
ver uater die Speise mischen, in der guten Meinung, durch
einen tüchtigen antagonistischen Reit auf den Dannkanal ihm
aein krankes Gehirn su heilen. Er war aber anderer Mei-
nung, merkte bei. dem ersten Happ ichon Uarath, spie ihn
aus, und weigerte sich von dem Augenblioke an, Speiie und
Trank m sahiaaD. Sein iuigaMüiMi> gaOybrlioha« Wesen
— 1153 -
nStbigie seine Söhn«, ibn in eine Kammer zu sperren, wel-
che man dick mit Stroh belegt halle. Er tobte und scbrie
Diin iinuiifhörlioh Tag und \acht durch. So oft man ihm
Speise und Trank anbot, weigerte er nicht blurs, sie zn
nehmen, iondern wurde noch viel wiilhender durch dieses
Anbieten. Anrangtich glaitbien seine Freunde und ich, er
werde wdl in ein paar Tflgen , durch Hunger und Durst ge-
mahnet, essen und trinken. Uaa ging aber ganz anders als
wir glaubten; bis lum eilfit-n Tage setzte er barlnäckig die
Hunger - und Durstkur fort. Die Leser können leicht den-
ken, dafs er dadurch und durch das gleiehzeiiige unaufhör-
liche Toben und durch den Mangel des Schlafes nach und
nach flau weiden mufsle. Zuerst wurde er, wahrscheinlich
des beslAndigen Schreiens wegen, heiser, darauf nach und
nach so matt, dais er beim Geben wankte, weiter wechselte
er mit Gehen und Liegen ab, endlich mufste er best&ndig lie-
gen, weil er nicht mehr gehen konnte. Da ich nun ohne Ge-
fahr mich ihm saheo dturfte, welches früher bedenklich ge-
wesen sein würde, (der wirklich wiiibend Wahnsinnige besafs
nfiinlich, wie mir seine Söhne versicherten, von \aiur eine aus-
nehmende Muskelkraft) so f&blte icb ihm jetzt tien Puls, und
fand diesen /war schwacher als ganz im Anfnnge , wo ich
ihn gefaiblt halte, aber doch müfsig voll und schnell. Ob die
Schnelle desselben blofs vom Hungerlieber, oder von der be-
ständigen Anstrengung herrührte, war nicht Ku bestimmen,
wehrscbeinlioh hatte beides dazu beigeiragen. (Jebrigens war
er, wie ich aus seinen Reden abnehmen konnte, noch eben so
irrsinnig als Trüber; es fehlte ihm blofs die Kraft, seinen Irr-
sinn so laut zu Sufsern Die ihtu angebotenen Nahrungsmit-
tel weigerte er auch jetzt noch zu nehtnen. Endlich am eilf*
ten Tage, da die Erschöfifung so hoch gestiegen war, dafs
er den Kopf kaum mehr aufbeben konnte, kehrte sein Ver-
atand wieder. Diese Wiederkehr hal sich, wie seiiie Söhne
beobachtet, innerhalb eines halben Tages gemacht, ich hiefs
sie jeut den Genesenen ins Bett tragen , ihn, wie ein junges
' Kind, mit mäfsigen Gaben Milch erquicken, und spfiler, nach-
dem er anfing, sich von dtrm iiheraiandenen Straufse sichtbar
zn erholen, ihm andere leichte Kost reichen. Er ist viele
Jidire nachher, ohne je wieder eine Spur voa Wahnsinn tu
zeigen, in einem ziemlich hoben Alter gestorben.
//. Direkte Naturheilung.
(feber dieee Ittfsl sich, so wenig als über die direkte Kunst-
heilung, eine Auslegung machen, wir müssen uns an die
Thatsacfae hdten, und diese lehrt uns
73 "~"'^"'
— 1154 —
1; Die Naiur heilt die Affektionen des Gesnnimlorganismni ; je-
doch ist sie in Heilung der Snlpeteraffekiion glücklicher ali
in der, der Eisen • und Kupferaffeklion. Wallet aber die Sal-
peieraffekiion in einem Theile als starke Entzündung vor, lo
entstehet hei den Naturheilungen leicht Eiterung in dem eni-
zündeten Theile. Wo die Salpeieraffekiion in einem Organe,
ohne EntKfindung, die Verrichtang dieies Organs stark ti5-
read, vorwaltet, kann man auch eben nicht behaupten, dafi
die Natur ausnehmend glücklich in ihren Heilungen wire ; an
der Ruhr a. B. können ohne Kuntihülfe viel Menschen sterben.
2) Die Natur heilet urerkrnnkte Organe und die von diesen ab-
. hangenden consensuelten Fieber direkt. Der sogenannle K&-
larrhalhnsten ist in den meisten Fallen ein Urleiden des Broo-
ebialtheiles der Lnnge, suneilaa blofa des Lufiröhrenkopfei;
der Schnupfen ist in den meisten Fallen ein Urleiden der
Schleimbaut der Nase. Nun weifs aber auch der Einföliigsie,
dafs diese Organerkrankungen weit, weit öfter direkt dnrcb
die Natur, als durch die Knnst geheilt werden, ja dafs die
wenigalen Menschen die HOlfe des Arttes deshalb in Anspruch
nehmen. Wie diese Erkrankungen der genaonlFO Organe von
der Natur direkt geheilt werden, werden auch von ihr die
Erkrankungen aller anderen Organe direkt geheilt, so dafs man
hei diesen Heilungen kein feindliches Beginnen genahren kann.
Ilinsichilicfa der Zeil, welche sie su solchen Heilungen bedarf,
lafsl Kich im Allgemeinen nitshts beaiimmen; zuweilen heilt
sie langsam, luweÜen geschwind. Aerxte jedoch, die die von
den Ürganei'k rankungen abhängenden akuten Fieber, nachdem
sie ihnen einen eigeneneo lateinischen oder griechischen Na-
men gegeben, nach phaniaslisch tlieoreli sehen Ansichten hei-
len wollen, ohne das urerkrankte Organ lu heilen, ja ohne
sich um dasselbe zu bekntnmern, kommen nicht seilen noch
^Iter ZUM Zweck als die Naiur. Einst führte mich mein
Weg über das Gehöfte eines Bauers, deii man hier an den
Ueberklugen zahlt. Man bat mieh, eiaxutreten und mich des
Hauswirlhes anzunehmen, der seit zwei Tagen am hitzigen
Fieber krank im Bette liege. Ich sah gleich, dafs er an einem
damahla herrschandea Leberfieher litt, welches durch Franen-
distelsamea bald konnte geheilt werden, weil nfimlich dieser
Same damahls die kranke Leber heilte, also auch das von
dieser Orgaaerkrankung abhängende Fieber heben mufsie. Da
mir nun der Bauer sagte, zwei seiner Knechte seien früher
an dem nämlichen Fieber erkrankt, aber ohne Arsenei von
xelbüt besser geworden, so fragte ich ihn> warum er sich denn
nicht auch der Natnr überlassen wulle, warum er ^rsenei von
mir begehre! Darauf versetzie er; seine Knechte haben lao-
— 1155 —
gt bei den Ihrigen krank gelegen , Her eine sei nvar gene-
MB, eher noch xa achwacb, nin leioen Dienst wieder aazu-
iNlen, der andere sei zwar snrückgekebrt, aber so ilan , dafa
er TCoI vorlänfig wenig ausrichten werde. Glaubte er nichr,
durch meine Arxenei viel balder geholfen sii werden, so wür-
de er allerdings «in grofser Narr sein, wenn er ganz zweck-
los Arzeoei Tanchlucken wollte. Er hoffe und glaube aber,
ich werde ihn geschwinder auf die Beine bringen; und des-
halb spreche er meine Hülfe an. — Sein Glanbe täuschte ihn
auch wirklich nicht, denn, wie gesagt, ich kannte die Krank-
heit, und konnte sie bald heilen. Was glauben nnn meine
Leser, war der Gedanke des Bauen ein verständiger, oder
eia nnTersiiindiger f Wozu nnixt eigentlich der Arzi, wenn
er solche Krankheilen nicht balder heilt als die Natur, oder
wenn er sie gar so phantastisch behandelt, dafs (wie einst
C W. Hiifeland und lange vor ihm Petru» Poteriu**) sagte)
die Natur geoöthiget ist, gleichzeitig Arst und Krankheit zu
bekfimpfeo! —
Nachdem ich jetzt von den indirekten und von den direkten
Naturh eil engen gesprochen, so mnfs ich noch die wicbiigaie Frage
beantworten, nämlich die: wie ist das Zahl verhüll nifa zwischen
den indirekten und direkten Naturheitungen 1 Wollte ich sagen,
die Natur heilt in 30 Fällen 29 mahl direkt, nnfeindlich, und nur'
Einmahl indirekt, aniagonislisch , eo würde ich wol nicht lügen.
Da ich aber über das, was ich in dieser Hinsicht beobachtet und
was zu meiner Kunde gekommen nie Buch geführt habe, so mag
ich auch jenes Verhälinifs in bestimmten Zahlen nicht ausdrük-
kan. Kühn darf ich aber im Allgemeinen behaupten, dafs die Na-
tur weit) weil in den meisten Fällen direkt, unfeidlich heilet, nnd
Bor in den wenigsten antagonistisch, so dafs also Letztes nur Aus-
nahme von dein Gewöhnlichen ist.
Kluge Meister haben gesagt, der Arzt müsse Schüler der Na-
tur sein, sonst kSnne er nie ein guter Diener derselben werden.
Will ich aber Schüler der Natur sein, so mufs ich ihr auch fol-
gen nnd, wie sie, in den meisten Fällen direkt, unfeindlich heilen.
Auf dieses anfeindliche direkte Heilen mufs ich alle meine Gedan-
ken richten, ämsig streben, mich je länger je mehr in demselben
zu vervollkommnen, damit ich je iKnger je weniger des feindlichen
Heilens bedarf. Wollte ich das Gegeniheil thun, alles antagoni-
stisch zu heilen versuchen, dem Kranken das Blut abzapfen, ihn
'} Pttri Palirii Optra •Msia fag. 001. Wer da* Bach b»t, der vertünit« siebt
die Stella n Iimb; «la iit natt Dttd lanBif , aber u linr, an «te absn-
«ebrsib«D.
-73' 0--
— 1136 —
brccheo lautn, ihn pargiran, ihn brenaen, älzen, schnslilen, durch
Quecksilber und andere feindliche Mlliel die Zlthlgkeii seine« Le-
bens loUkühn anf die Probe Bleuen, so würde ich aia ein fauler,
unaufmerksaiuer Schiller der Natur handien, als ein der Lehr« >a
früh entlaufener mir in eiaseiiiger Selbatgenngsamkett ein« Mei-
sterschaft anlügen, die nur die Einfall, oder die dareh freches
Auftreten verdutzte BeBcheidenhelt, oder ein seltsamer, wandelba-
rer Zeitgeist erkennen kflnnte.
,Bis jetzt iai noch kein Arzt so weit gekommen, dafs «r das
anlagontslische Heilen gani entbehren kann; auch ich will mich
einer solchen Künsiigkeii nicht rühmen; «ollen wir aber dieser
Unvollkommenbeii wegen, die Tielleicht durch die vereinte Be-
miihung vieler gnlerAerzIe mit der Zeit su Terbeasern sein m Seh-
te, die ganze Kunst zu einem wahrfaafien Glücksapiele herabwür-
digen? Nein, da sei Goit vor! wir wollen lieber demülhig der
Natur folgen, ihre Spur wird doch die Kunst mit der Zeil wol am
sichersten zu dem Ziele mSglicber Volleudung fuhren.
Nun wollen wir noch am Schlüsse dieses Kapitels folgende Fra-
ge erörtern. Da es unwidersprecblich ist, dafa wir durch unsere ani-
agonisiiscben Heüversüche, von denen doch niemand behaupten
kann, dafs sie unfehlbar sind, in allen den Fällen, wo das Heilen
nicht dadurch bewirkt wird, dem Kranken neue und nutzlose Leiden
bereiten; da es eben so unwidersprecblich ist, daf^ durch dieselben
sein Leben nicht seilen auf die Schanze gesetzt wird, so mufs man
mit Itecht frngpn: ist es mit der SiliÜchkeit verirSglich, dafs wir
Menschen, Hie auf guien Glauben ihr Wolil, ihr Leben uns anrerirauen,
so bchandelen, als seien wir befähiget, dieses Leben (das doch au-
faerhalb der Grenzen unserer Erkenninifs Hegt, dessen Aeufserung
wir nur sinnlich wahrnehmen können) nach Mafs, nach Gewicht,
nach Zahlen zu berechnen ? — Wenn wir die gegnerischen Heii-
versuche, ganz abgesehen von der intellektuellen nnd sittlichen
Bildung derer, welche sie anwenden, btofs in abalracto betrachten,
so können wir dreist behaupten, dafs sie mit der Sittlichkeit gans
nnveriraglicb sind, ja dafs sie mit der ärztlichen, in unseren Tagen
ihKilich offenbarten zarten Sittlichkeit in dem allergrellsten Wider-
spruche stehen. Man legt Ja LeichenhUiiser an, utn den mSglicben
Funken des Lebens, der noch in einer Leiche sein könnte, vor dem
gewaltsamen Ersticken zu sichern, und wer ist unter uns, der dieses
nicht löblich finden sollfef Aber, Freunde! verdient denn in dem
Kranken das feindlich ergriffene Leben weniger zarte Schonung,
als der blofse mögliche Funke des sichtbar erloschenen im Leich-
name? —
Betrachten wir aber die feindlichen Heilversoch« in concreto,
als von verstendigen, siiilichen Menschen angewendete Heilversn-
cbe, so müssen wir ganz anders darüber urlfaeilen. Keiner, der
r _ 1157 -
dai direkis unfsindliche Heil«n ktoDst und «s durch eig«B* Er-
fahrung lu würdigen gelsrnt bat, ksin^r, der das Unliebere, ja
in vielen Fällen das Ueräbriicbe des feindlichen indirekten Hei-
len» sich miJglicbat demlich denkt, wird, dem unfeindlicben das
feladliche vorziehend, leutes als eine gewSboliche Waffe laglich
nothlos gebrauchen. Thäte ein solcher es dennoch, so köoDte
man sagen, er mache sich einer Unsiiilichkeit schuldig. Wo sind
aber solche Menschen, die mit deutlichem Bewiifatsein absichtlich
unsililich bandeln f — ' Vielleicht nirgends. Wer nnaitllich ban-
delt, der thut es ans Unwissenheit, oder um seine Leidenscbafian
so berriedigen^ nicht um nosiiilich zu handeln. Man kano also
kühn behaupten, dafs Aerzie, die die feindlichen HeiUrten iflglicb
ganz unbesorgt anwenden, blofs deshalb so bandeln, weil sie das
direkte unfeindliche Heilen nicht durch eigene Erfitbrnng kennen,
also auch keinen Glauben daran haben (denn nur die Crkcnotnifs
gibt dea Glauben) weil sie sich nie das Gewagte und Unsichere
der feindlichen Heitarten mdglichst deutlich gedacht haben. Sol-
che Aerzte bandeln also keineswegea uasiitlich, denn sie handeln
nach ihrer besten Ueberseugnng , ja sie sind gezwungen, also zu
handeln, in so fern das direkte anfeindlicke Heilen für ihren Ver-
.stand nicht vorbanden ist, sie also wahHos m dem feindlichen
greifen müssen. Ueberdiea, apricbl oicfat nncb das fUr sie, dafa
viele Schrifisieller, die sich vermessen, die Unkundigen belehreD
zu wollen, das feindliche und unfeindliche Heilen xn einem wut»-
derlichen, fast unsoDderbaren Mengehnufs zuBammengebraut ha-
ben! ferner spricht nicht das für sie, dafs ein bestimmter klarer
Begriff des feindlich Einwirkenden unmöglich istf und endlich
nichl das, dafs die Unmöglichkeit dieser Begriffsbestimmung in der
Unmöglichkeit, den groraen Lebenskampf des Weltalls au fibei>
schauen, biigriindel ittf
itv Google
siebente« Kapitel.
VW eon wir von der Erlcennlnifs der • Krankheit sprechen,
•o mfisun wir ans xnerat mSglichst deatlich denken, was wir ei-
gentlich erkennen wollen, denn daa Wort Krankheit hat eine
mehrfache Bedeutung. Häu6g wird darunier blofi Krankheiisfora
Terclanden, dai heifst im ichnlrechlen Sinne, eine Gruppe tob Zd-
iällen, der, während eiaeg gewissen Zeitabschnittes, die MehraabI
der Aerzte einen beiondereo griechischen oder lateinischen JVa-
inea gegeben. Die Erkenninifs dieser nosologist^en Form, rfie,
weil sie keinen Nutzen für die Praxis hat, von mir in diesesi
praktischen Buche nicht kann beachtet werden, ist, wean nan
falofa einen einzigen Originalscfarifisieller darüber gelesen und - die-
sen als den wahren Formen best! mm er anaiefaei, Kioderleicbt. Hat
man aber mehre Originalschriftsteller gelesen, das heifst, eolche,
welche die Krankheiten nicht nach Büchern beschreiben, sondern
so, wie sie ihnen selbst in der Naiur vorgekommen, dann wird
einem die Erkenninifs der Form nicht seilen sehr schwer, ja wol
gar unmdglich, weil nimlidi die Schrifisieller in ihren Beichrei>
bungen nicht übereinstimmen.
Da ich auf der Hochschille zu Jena die Medizin erlernt hal-
te, Too der Fakallit esaminirt war, nun nach alter Mode Doktor
werden soliie, mithin eine Inaaguraldisgeriaiion schreiben raoCtle,
kam es mir doch gar zu närrisch vor, dafs ich, der jung and
dumm, nicht die geringste ärztliche Erfahrung hatte, Bber einen
Gegenstand des Erfahrnngswissens auch nur ein paar Bogen schrei-
ben sollte; ich halle ja alles ans anderen Schrifistellern har ab-
schreiben-müssen. Ich verfafste also eine semiologisch- kritische
Dissertation über den vermeintlichen Unienchied des Rheumatii-
mns und der Gicht. Die Angaben der Zufälle beider Krankheits-
forraeo, die ich in verschiedenen Schriftstellern gefunden, halten
mich nSmIich auf den Gedanken gebracht, dafs bei der Verglei-
— 1159 —
cfaang msbrar guten SchriftUclUr viell«icbt k»ia «inxiger Znfvil
übarblciben tuöchte, ita man all u aie »che iH enden naaehen koDD«.
Da nun C fV. Httfcland (dainahls Profeuor in Jena und mein
praktischer Meigier) mir mehre gute Bücher zu diesem Zwecke
borgte, ao aah ich buld, dafs ich mich in meiner Veriimlhang nicht
gctAuscht halte; es blieb wirklich kein einziger Zarall fiber, den
man all einen unlerscheidendea halle aufsiellen können. Spüier
habe ich nun in Zeilichrifteo ähnliche semiologisch- kritische Ab-
bandlangen tiber andere Krankfaeitaformen gefunden, und sie dien-
ten mir jedesiuahl kii einer wahrhafieo Ergeiziing;. Die Sage ge-
het nSmIich, jeder Mensch milase Einmahl in seinem Leben, der
eine früher, der andere später, in \arrheit nad Aberwiis Terslrickt
■ein: so oh ich'also-eine solche Abkandlung las, freute »cb mich
hertlich, dafs ich schon in meiner Jugend aU Doktomndua diese
Verstandeskrankheit. überetanden halte. Verstandeakrank, oder
zum mindesten veritaadesschwacfa niufa man wahrhaftig sein, wenn
man sich mit einer solchen Kritik hefafnt, nicht begreifend, dafs
man Mob eio nichtiges Scbalienbild mustert, welches, in unbe-
tiimmten, rerflosaeoen Umrissen aus dem Gehirn des rielköpfigen
UngethSma Literatur geboren, doch uonidglich, gleich der aus
dem Gehirn des einkSpfigen Zev* geborenen Puila*, der Wahr-
heit und Weisheit Offenbarung sein kann.
Auf die Frage, die mir meine Leier rorlegen könnten, ob
ich denn wirklich alle Formenerkenntnifs rU nutsloa für die Pra-
xis verwerfet nntworte ich bestimmt: nein, ao anweise bin icfa
eben nicht. Ich verwerfe blofs die aogenannlen nosologischen
Formen als solche, welche, aus der nr-, ja vorgeschichtlichen Zeil
der Medizin hemlammend , von ruher Empirie zeugen, in der sti
jener dunklen Zeit einzig die Heilkunst beaiand und nnr lieslehen
konnte. Dadurch, dafs man spfiter, Sngstlicb an dem Alten lian-
gend, sich grofse Mühe gegeben, die nosologischen Formen ge-
naoer zu bestimmen, hat man die rohe Empirie verewiget, die
Fortschritte der wahren Heilkunst weil eher verzögert als be-
sehleuoiget.
Ganz anders verhxli ea sieb aber mit den Krankheitsformen,
die ich reioenip irische, zom Unterschied von den eben be-
■ prochenen rohempirischen, nenne. Die Erkenninifa, ob ein
Organ und welches Organ uterkrankt aei, ob der GeGaniniiorga-
niamna urerkrankt aei, ob dieser allein, odrt gfbichzeijig niii ei-
nem urerkranklen Organe urerkranki sei, ist zwar auch eine blo-
fse Fornenerkenomirs, aber aie ist dem Praktiker ganz uneiHbehr-
lieh. Ohne dieselbe ist die Heilkunst, welche ich den alten Ge-
heimlrsten abgelernt und meinen Lesern in diesem Werke aus-
lege, nicht SU üben. Dafs es aber eine blofse Formenerkenntnifs
aei, erhellet daraus, dab, wenn wir auch wissen, der Geaaiiiniior-i
— 1160 —
ganisiuiu, oder diuea oder Jona« Organ lei nreriu-ulcl, wir dadnnfa
noch' nicht die Erkennioilii dtm Weaens, oder, wie andere M^a,
der Naliir der Krankheit erlangt haben. Wir müssen also novfa
eine zweite KrLenntniCi , nümlicb die ien Wesens der Krankheit
suchen, weil wir ohne dieselbe nicht heilen können. Jeist ist es
nöihig, uns detiilicb zu denken, was wir denn eigentlich von dem
Wesen der Krankheit, von der Krankheit, in so fern' sie von der
Form unterscbiedeo ist, erkennen kSnnen. Dieses deutliche Den-
ken wird uns vor der Unweisheit bewahren, etwa* so suchen, was
nicht KU finden ist; es hält uns tnnerhn'b drr Grenzen der mensch-
lichen Crkenninifs, und das ist wahrlich schon viel werib; denn
iiberschretien wir eininaM diese Marken, so flattern wir in der
Pbanlasie uDgeraessenen Häiunen.
Das, was man Krankheit nennet, wird es nicht blofs durch die
Natur, oder durch Beibiilfe der Kunst beseitiget, löscht früher oder
■piilar das eigenthiimHohe Leben des erkrankten Kftrpers aus. Wir
werden gewahr, dafs~ der Menscbenleib, den wir für todt bellen,
scheinbar unter der {Gewali anderer Nalurkrttfie stehet, al4 früher,
da er noch lehie. Wollten wir sagen, er sei den KrKften der lodten
Natur verfallen (wie dieses schon inehrmahls vnnAerzien gesagt ist),
so würden wir eine höchst nnweise, eine Contmdictio tn adjeclo
enthaltende Rede führen. Wenn wir mit Augen sehen, dafs in daui
lodien Körper sieb eine neue lustige Thierwell erieugt, so dringt
sich uns doch wol der Uiaube auf, blofs das eigenthümlicbe Le-
ben, duixh welches der jeist todte Mensch A, früher der lebendi-
ge IVIenach A gewesen, sei erloschen. Dafs es vernichtet sei, kön-
nen wir nicht hehanpien, denn wir wissen ja nicht, was es ist,
bedienen uns also klüglich, um die Veränderung, die mit ihm vor-
gegangen, SU beseicfanen, eines bildlichen, von der Flamme her-
genommenen Ausdruckes , und sagen , es ist erloschen. Da nun
Krankheit, wenn sie nicht beseitiget wird, das eigenlbümliche lie-
ben des ergriffenen Leibes auslöscht, ihn lödtet, wir aber das
Tödten, nach nnserer irdischen Ansicht, als etwas Feindliches be-
trachten, so kSnnen wir auch, ohne uns in das Reich des Gedan-
kenbildlichea zu verlieren, dreist behaupten, Krankheit sei ein
feittdiiehea Ergriffenaeio des Lebens. Das Wie dieses feindlichen
Ergriffenseins können wir deshalb unmöglich erkennen, weil wir
das Leben selbst nicht kennen.
Da oun aber^ie'Aorzle von dem Wesen der Krankheit spre-
chen, und behaupten, die Erkennlnils desselben führe allein zum
sicheren Heilen, so müssen sie doch etwas von demselben erkeo-
,Qen kennen; weichet ist denn dieses Etwasf Um diese Frage nu
beantworten, müssen wir vorher eine andere beantworten, nBni-
lich die: was kann man von dem Wesen der einfachen Natnrkör-
per erkennen, dos beifst, derer, welche den Seheidekfinailent als
— 1161 —
■olcbe gelten , weit lie bis jetzt «ine Zusanimenaetiung derselben
nicht nHchwei«en können! So viel ich «He Sache begreife, Lön-
nen lie von dein Weien derselben nichlt, gar nichu eiienoen,
nla ihr Verhältnifi su anderen Naiurkarpem. Da wir nno aber
von dem Wesen jener sieht- und tastbaren Körper nicbts anderes
erkennen, so würde es doch einen wahrhaft lücberlichen Hochinath
verrathen, wenn wir von dem Wesen der Krankheit, von diesem
nnaiehlbaren feindlichen Ergriffensein des nnsichibaren unerkenn-
baren Lebens mehr erkennen wollten. Wir können nichts, gar
nichts von dem Wesen der Krnnkheit erkennen, als, auf dem We-
ge der Beobachlnng, sein Verhftlinifs snr Anfaenwell. Wir kön-
nen nfimlich beobachlen, in wiefarn zitfitllig, oder absicbilicb mtl
dem Organisnias in Berührung gebrachte Kufsere EinSüsse bessernd,
oder Bchlironiemd aof die Krankheit wirken. Das Bessern orfer
ISch lim Maren erkennen wir mit Wahrscheinlichkeit, aus der sich
sinnlich uns offenbarenden abnehmenden, oder zunehmenden Regel-
widrigkeit der mannichfachen Verrichtungen des Organismus und
ans der eigenen GefühURtifsening des Kranken. Zuweilen sind
aber die Kranken gar nicht, snweilen nur unrollkomnien b'efiihi-
get, uns ihre GeRihle tn beschreiben.
Da es die Natur unseres Geschäftes so mit sich bringt, dafg
wir Heiler, nicht aber Verschlinimerer der Krankheiten sein sol-
len} so gehen uns auch, wo nicht auschliefülich , doch vorzüglich
die heilenden Einfliisae an. Die Erkenntnifs, mit welcher Arzenei
die Krankheil in einem direkten sicheren Heilverhältnifs stehet,
ist ako die einzige Erkenninifs, welche wir von ihrem Wesen ha-
ben können. Von Krankbeilen, welche unserer Kunst nnbetlbar
sind, haben wir keine Wesen-, höchstens eine Formenerkenntnifs ;
abei lelile mangelt nns auch zuweilen.
Wollte mnn mir einwenden : kranke Menschen werden auch
dadurch geheilt, dafs man den erkrankten Theil nbschneide, oder
ausrotte; so bemerke ich darauf, dafs zwischen Heilen und Erhal-
ten dea Lebens ein merklicher Unierscbied ist. Wenn Ihr einen
fast Enrunkmen aus dem AVasser ziehet, so sagt man wol, Ihr
hnbet ihm das Leben geieiiel, aber nicht, Ihr habet ihn geheilt.
Eben so wenig kann man sagen, dafs Ihr einen Kranken geheilt
habt, dem Ihr durch Ausrollen einer krebsichien Drüse, durch Ab-
schneiden eines zerschmBlierien Gliedes das Leben erhallen. Ihr
habt ja nicht geheilt das Organ, was urerkrankt war, sondern Ihr
habt es abgeschnitten, und gerade deshalb, weil Ihr es nicht hei-
len konntet, habt Ihr es ebgeachniiien.
Nachdem wir jetzt bestimmt, was wir eigentlich erkennen wol-
len uad erkennen in&ssen, wenn wit direkt zu heilen bcabsichti-
— 1162 -
gen,*) M wende ich.mieb xa 4co vier Wegen, dvrcb welche nao,
nach der Meinung der Schule, zur Erkeantnifii der KranLbeii ge-
langen kano. Diese sind bekannilich ; die Erfontchung der Krank-
heiisunache, die Beobachtung der KrankbeitatnfBlIe, die Beobach-
tung der epideiuischen KonmiLuiioni und die Beobuchinog des Uel-
fen« und Schadens der Arteneien. Ich wilf^te wirklich keinen fünf-
ten Weg cu ersinneo, glaube also, dafs die Schule, hei aller Waa-
delbarkeit ihrer iheoreiischen Ansichten, in diesem Punkte- seit
dein 17iea Jahrhundert alles geleistet hat, was man billigerweise
von ihr verlangen kann. Da ich also nichts Neues upd Bessere»
vorzubringen weifs, habe ich Raum, das Alle unparteiisch zu scbSz-
seo. Alles ist uns Praktikern an der richtigen Erkenninifa der
Krankheit gelegen, die Leter kSnneo also Leicht denken, dafs icb,
als schlichter, ungplehner Praktiker, Jen Werih der angegebenen
Erkenn nngswege weder gehässig verkleinern, noch prahlhaiuig ver-
gröfsern, sondern iireog hei der Wahrheit bleiben werde. Da*
geheimnifsvolle Dunkel, worin sich manche praktische Schrißstel-
ler hüllen, wenn sie auf diesen Punkt tta sprechen kommen, schrei-
be ich weder einer Eitelkeit, oocb einer Böswilligkeit, sondern
blofs einer GeistestrSgheil sn; sie lagen nftmlich, in das düstere
Irrgewinde der Diagnostik zu dringen. Ohne es sich deutlich zu
denken, denken sie es sich doch undcuilich, sie fühlen es, wenn
sie Jenes Lnbyrinih mit der Fackel des gesunden Verstandes be-
leuchten wolltep, würden scharfe Klippen, verdSchiige Abgriinde
und so viel andere unheijnlicbe Hindernisse erscheinen, dnfs je-
den jungen Mann, der sich der Heilktinst gewidiqet, ein wahrhaf-
tes Grauen anwandeln mSfste. Wirklich dringt sich einem hei
dem Lesen manches Schriftstellers die Vermuthang auf, es müsse
ihm wol bei der Krankheitserkenninifs ein Spirihu J^amiliari»
an die Hand gegangen sein, da das, was er von der Krankheits-
erkeantnifs zu lehren sich vermifst, keinem sierhlicben Menschen
Uaterrichlung geben kann.
tch tadle es gar nicht, dafs der Verstand vor solchen dunke-
len, wenig Trövlliches versprechenden Uniersuchungeo zurück-
schreckt, denn er hat Ja, gerade, wie onser Kftrper, eine Neigung
zur Ruhe. Wie wir bei aiürmiscbem, wüstem Wetter und dunkler
Nacht, ohne dazu gezwungen zu sein, nicht leicht einen garstigen,
grundlosen, unbekannten Weg wandeln, sondern lieber ruhig in
unserer genüglicben Wohnung bleiben, ao hat auch unser Ver-
stand wenig Neigung, in dunkle Irrgänge der Sophistik zu dringen,
*) Wer da) Indirekt«, feindliehe Helian «li du kSobtte Helitenliek der KnsM
■niiehat, der bedarf eiaer so genSBan Erkeantairi der Krankball nicht. Br
kann heilen, ohoe hintenoach an wigiea , wa« tr (oheilt hat. luh beiieha
Mloh hier auf dl« swel vori|;ea Enpitsl.
— 1163 —
sondern er bleibt licbar in leinern gemttchlichen , warmen Neste,
in dem Ideenkreiie dei Bekanaten oder des vermeintlich Be-
kannten.
Ein gelehrter, blofa lehrender nnd bfiebermachender Arxt kann
sich immerhin dieser Vertiandearahe überlassen , er kann das Her-
kSmmliche, das Alterthümliche ohne weitere Unlersuchung als an-
gezweifelte, ehrwürdige Wahrheit aasrafen; dadurch schadet er
weder sich selbst, noch direkt den Kranken, von denen er sieb
fern hält. Der Praktiker hingegen mufs sich mntbig dieser natür-
lichen G eistest rftgheit eaireifaen, er mufs dem AlterthUmlicheo,
Dunklen, Unheimlichen keck entgegentreten, damit es ihm deut-
lich werde, Was wahr nnd was unwahr, was sicher nnd was un-
sicher bei Uebung der Kunst ist; denn der deutliche Gedanke lei-
tet ihn bei seinem Heilgesebarie weit xnvertSssiger als der dnnkl«,
die Ahnung, das prakliacbe Gefühl: Ich bin Dberhanpt aweifcl-
hafi über die Natnr des praktiscbeo Geflihls der Aerate. Da man
jedoch die Geister nur ans ihrem Wirken erkennen kann , ich oft
genug beobachtet habe, dafsdieser Spiritut /amitiarü seineSckBtz-
linge Terzweifelt aufs Glatteis und nicht selten zn groben Mifs-
griffen führte, so bin ich weit mehr geneigt, ihn Tür einen lenf-
lischen, als für einen göttlichen Geist zu hallen. Nun zur Sache!
Zuerst treffen wir auf ein sehr hSkliche» Ding , nämlich auf
die Ursache der Krankheit; aus dieser, beif«t es, kSnne man
die Form, vorzüglich aber das Wesen der Krankheit erkennen.
Wir werden uns zuTSrderst wol nach dem klaren Begriffe umse-
hen mSssen, den wir mit dem Worte Ursache zu verbinden ha-
ben. Die Philosophen haben viele Unterabtheil ongen der Ursache,
and die Pathologen sind in diesem Punkte auch nicht zurückge-
blieben. Ich gestehe aber ehrlich, dafs mir schon auf der Hoch-
achnle die Begriffsbeslimmongeo dieser Uoterahiheilungen undeut-
lich waren. Warum sie mir undeutlich waren, wnfste ich jedoch
nicht; ich achrieb es demülhig auf meine Dummheit, hoffte, mit
der Zeit würde ich wol klüger werden und dann das Unbegriffene
besser begreifen. Ach! dieser Zeitpunkt hat leider nicht erschei-
nen wollen, und erat da ich ärztlich grofsjährig wurde, fing ich
an einzusehen, dafs er nimmer erscheinen kSnue. Müfste man
nicht zuerst einen klaren allgemeinen Begriff der Ursache haben,
bevor man zu einer Begriffa.ipaltnng schritte f und wo findet man
diese allgemeine Begriffsbestimmung 1 — Ich kenne ein« solche
nicht blofs nicht, sondern sie scheint mir selbst nnmüglich. WoIllB
man sagen: Ursache sei das, Worin das Sein eines anderen Din-
ges begründet sei, so würde das ja blofs eine Wortnmacfareibang,
aber keine Begriffsbestimmung sein; denn bat mir jemand diese,
oder eine ähnliche Redensart auch mit der überklugsten Miene
vorgebetet, so bin ich ja eben so wenig dadurch belebtat, als
— 1164 —
hftU« er mif das nackte Wort Ursache ia die Ohren geruf«D.
Im Vorigen haben wir achoo davon gesprochen , daf« das Lebeo
der Natur sich un« onr durch einea Kampf, das heiCii, durch
«in gegenaeiliget Anf-, In* uod Gegeoeinander wirken offenbar«.
Wie könnt Ihr nun, wertbe Leaer! von einem einxeloen, in die-
sem grofsen Naiurkaiiipfe begriffenen und durch denaelben eneng-
ten Dinge , oder von einer Veränderang io diesem Dinge behaup-
ten, dieaes Ding A, oder die Verttoderuag Z in dem Dinge A
aei durch die Einwirkung des Dinges X bedingil — Man sollte
Euch ja, wolltet Ihr dieaes bebauplen, weil eher für arme Er-
blindeta als für Toratändige Menschen bähen, denn in Eurem Vor-
geben läge ja offenbar die Behauptung, dafa Ihr den grofaen Le-
benskampf der Natur io seinen Einaclheiien übersehen köoniet;
uod wlirde diese Aumafsung wol eine geringere sein alt die jenes
Tollfaauslera , der sich für Gott den Vater ausgab 1 — Ihr könn-
tet mich aber fragen: da ich, als gemeiner, itnpbiloaophiHcher
Praktiker, ionerhalb der Grenzen der Beobachtung des leiblichen
und geistigen Menschen mich haltend, zum wenigsten diese Alar-
ken nicht gern überachreitend , nothwendig mich seibat zuerst müsse
beobachtet haben > so werde bei dieser Selbstbeobachtung mir doch
wol klar geworden sein , dafs keine Verstandeaverriohtnng in mei-
nem Kopfe vorgeben könne, bei der mein Veratand nicht unwill-
kürlich nach drr Uraache der Erscbeionngen der Dinge, der Ver-
änderung in den Dingen forsche. — Ihr habt vollkommen Bechl,
Kollegen! daau ist mein Verstand geawuogeo, und der Eure ist
dasu geswungen und der Versland alier Menseben ist daau gezwun-
gen. Darana folgt aber wahrlich nicht , dafs wir zu einem klaren
allgemeinen Begriffe der Ursache gelangen können; vielmehr folgt
gerade das Gegentheil daraus. Kant aagt, ao viel ich mich
noch jaist aua meiner Jugend der Sache erinnere, Raum und l)!«it
seien Formen der sinnlichen Vorstellung. Das heifst doch wol,
wenn wir diese philosophische Sprechweise in gemeines, verständ-
liches Deutsch übersetzen: wir sind genothigei, nnaftllaaim Bau-
me und in der Zeit vorzustellen, wir können nicht anders, wir
müssen so ihun. Wollten wir nun über die endlichen Marken der
Zeit und des Raumes grübeln, so wüideo wir ja über eimn ganz
Unmögliches nachdenken.
Nun , eben so , wie unser ainnliobes Voratellungaverraögeo
sich alias im Baum und in der Zeil vorstellen mafs, ao ist auch
nuer Verstand bei seinen Verrichtungen gezwungen, an etwas
Ursächliches au denken; ^er gerade weil er an dieses Üraach-
denken gebunden ist, weil er sieb nnr innerhalb de* Ursaefalicb-
keitaacfarankenB bewegen und diesen nimmer übersehreiten kann,
mufs er bei dem Foracben nach Ursachen ins Unendliche fortlan-
laufen and kann nie einen Riihepunktfiailen. Alle Begrittsbcatin)-
— iir>5 —
mangen haben doch den Zweck, dafi der Ventand dm in Be-
flrimmend« von ähnlichen oder verwandten Dingen, mit denen er
9t mSglich Tcrweehteln könnte, nnieracheide. Nehmen wir ein-
roahl an, ea sei möglich, einen nllgemeiftea Begriff der Ursache
reatEuatellen , no milfiie doch diese BegrifFsbesiiminnng das ent-
bähen, was die Ursache von der Nichtorsache anierscheidet. Ute-
MS würde aber schon unmöglich -sein; denn da unser Veratand
nur innerhalb des Ursachlicbkeitsschrankens ihäiig ist, so kann er
■ich nichts denken, ohne zugleich an etwas Ursächliches m den-
ken. Wir kSnnen wol von dem Nichilichte, van der Nicht-
wftrnie einen verneinenden Begriff haben, aber mit den Ans-
drücken Nichlranm, Nichtzeii und Nichtursache kBnnSn
wir nicht einmal einen verneinenden Begriff verbiodeD; sie sind
für uns blofs bedentnngsloae Klfinge.
Kin berühmter Philosoph ( ich weifs nicht genau , welcher,
verniDthe ab», dafs es Hmme ist) nennet die Begriffsbestimmung
der Ursache das Krens der Meiaphysiker. Er hat wahrlich Kecbl;
CS ist-gewifs ein grofses Kreui, etwas xu sncben, was nicht %a
finden ist, bei dessen Aufsuchen man- in das Unendliche forilaufcn
iriufs nnd wie der ewige Jude niiumer zur Kühe geinngi. Wosu,
werden einige Le«er fragen, diese Subiiliitttenf werden sie auch
bei Uebnng der Kunst su etwas dienen? -— Ich glaube, sie sind
gerade uns Praktikern sehr naisllcb: denn wenn wir nns einmahl
vnn der Unmöglichkeil, einen allgemeinen, deutlichen Begriff der
Ursache fesizusiellen, uherseugt haben, so begreifen wir auch
ohne Mühe, daft olle subtile Spaltungen des Nichibegriffea (man
entschuldige diesen Ausdruck) auf einen blofsen Worikram hin-
auslaufen , der uns bei Uebnng der Kunst zu nichts, zu gar niebls
dienet.
Man kBunte aber einwenden : lehret es nicht die Baobnchlung,
dafs gewisse Einwirkungen den Menschen krank machen, dafs wir
diese Einwirkungen in vielen Fällen sinnlich erkennen, und dafs
ans dieser Erkenntnifs die Erkenntnifi der Form und des Wesens
der Krankheit unmittelbar hervorgehet? — Meines Erachteng ist
dieses nicht t» Ifiugnen ; denn legt man jemand einen Strick um den
Hals nnd hftngt ihn daran auf, taucht man ihn so lange unter Waa-
ser, bis er kein Zeichen des Lehens mehr von sich gibt, läfst man
ihn eine gute Portion Arsenik, Wasserschierling, Blausäure ver-
schlucken , schlägt man ihm mit einer Keule den Kopf ein, oder übt
andere Gewaliihalen an ihm , so bewirkt man dadurch gr«fs* and
lebensgefährliche Slürung des Kegelganges der Körpermaschine,
oder ein gänzliches Stillslehen derselben, den Tod. Pas sind aber
grobe, handgreifliche Einselheiten. des grofsen unerforschlichen Le-
benskampfes der Natur, und ich möchte nielBugnen, dafs wir sol-
che Einzelheiten beobachtea, und von einer groCun Anzahl dieser
— 1166 -
Beobftchlasgni ErfahrnngufllB« abEishen IcSnnM. Die aliea Patfao-
Ivgen haben, eich dieses dunkel deakend, eolche aichibare, Iwuid-
greifliche, unzweifelhafte KinflSsie nach deshalb von anderen ge-
schieden und sie Catua» C9mtinenle» genannt; wabncfaeinlich weil
sie keiner anderweitigen Uriacben cur Erklärung der Krankheit oder
des Todes so bedürfen glaubten , sondern an diesen genug hatten.
Aber, obgleich solche handgreifliche feindliche Einflüsse in den
meisten Fällen Krankheit oder Tod bewirken , ao ibnn sie os doch
nicht in allen. Einzelne Erhängte, einzelne Ertrunkene sind wieder
belebt worden , einzelne, diasufällig, oder absichtlich Gift genotn-
■nea, sind nicht dadurch gestorben, sondern haben es ansgebro-
chen. Da nun aber die meisten, auf welche solche Schädlich-
keiten wirken , durch selbige umkommen , so müssen bei denen,
die nicht dadurch umkommen, andere Ursachen jenen Scbidlicb-
keileo ganz, oder «um Tbeil ihre feindliche Einwirkung auf den
Körper henthmen. Wer lehrt uns nuo diese Ursachen kennen ! —
Wollte man sagen: bei denen, die t. Bt nidit durch ein genom-
nenes Gift amgekommeo , sondern es ansgebroohen , sei der Ma-
gen reisbarer geweeen, als hei ande^el^) welche dadurch gelödlet
worden, so würde dieses ein blofser, leerer Wortklang sein;
dann wenn wir einmabi Ursachen erforschen wollea , so mStsen
wir doch fragen, welche Ursache, oder Ursachen bewirkten in
dem Menschen A die von den Menschen B, C, D, E u. s. w.
verschiedene Reizbarkeit Avn Magens,, durch welche dem Körper
A das Gift untSdilicb, den Kfirpern B, C, D, £ aber tSdilich
wurde. Hier gerathen wir schon in eine Untersuchung, bei der
einem eia Grauen anwandeln sollie, weil sie sich in das dunkle
Labyrinth des ungeheuren, unüberaebbatea Lebenskampfes der
Natur verliert.
Was ist aber Erhängeo^, Enrlikken , Vergiften gegen den Sinn
von einer bedeutenden H5bef Grofae Verlelsongen , oder angen-
hlioklicher Tod sind die gewöhnlichen Folgen desselben. Aber
auch hier findet man seltene Ausnahmen von der Kegel. Selten
sind sie allerdings, verbiltlich zu den unglücklichen, lödtlicben
Fällen, aber übrigens sind sie !m Allgemeinen so wenig selten,
dafs sich während meiner Lebseit eine solche glücklich ahgelaa-
fene Luftfahrt selbst in dem Bereiche meiner Bekanntschaft luga-
tragen bat. Wo sind nun die Ursachen , die des Sturxes verderb-
liche oder tSdllicbe Wirkung aufhobent In einigen Fällen mag
des Menschen Wilz wol dergleicbwi scheiabare , die verderbliche
Wirknng des Sinms neniralisirebde Ursachen entdecken, aber in
allen doch nicht. So erinnere ich mich, dsfs'vor ongenihr 36
Jahren zwei Arbeiter von dem Dache des sogenannten Hwrenhaa-
ses einer adlichen Fisuenabtei siürstsn, und nicht allein nicht
durch diesen Stori getödtet wardea, sondern mit eis paar nah»-
— 1167 —
^euleDden Quelsehnsgen dsvon kamen. Da ue ab^r beim Hiniin-
lerstüfMD anf die Zweige eines vor dem Haoae sieheaden Räumet
gefallen waren, go machte toan fliigi die ErklSrung, die Gewalt
de« Sturaea lei durch dieses aagenblickliche Hindernifs gebrochen.
Im Grunde war es aber eine alberne Erklärung des Unerklürli-
chen, denn der Banm lelbst war so hoch, dafs ein Siurz von
deniaelben auf den gepflasterten Grund mehr aU binreicble, einen
Menschen an zerschellen. Aber vor allen HAnsern, ans deren Fen-
stern, oder von deren Dächern solch gluckliche Luftfahrten ge-
macht lind, hüben nicht immer Bftume gestanden. Ich halte ea
jedüch. für uDscbicklich, dergleichen Erzfthlnngen, welche jeder
meiner Leser, der die Bekanntschaft vieler Menschen ans ver-
B^iedenen Gegenden gemacht hat, so gnl als ich, aus glaubwür-
digem Mnnde wird gehört haben, nachzuerifihleq ; znmahl, da
unsere I^iteratur ja ancfa ähnliche aufauweiaen hat.
Weni solche Thatsachen die Hrst liehe Ursacbsocherei nicht
als einen wahren Aberwitz anschaulich machen, der ranfs wahr*
lieh ganz vernagelt im Kopfe Min. *)
*) Sdltha TbalMcben (ia4 aber lach ia einer iBdersn Hindeht hetehrand. Be-
kionLlieli ilod frSfapr die PbilotoptieD aicbt eioie gsweien , ob d» Uriacb-
licbLaitiurlheil ein das Henichea augeboraaet , odar dnreb Erfaüraog er-
worbene» iri. Wie ei jalit nm dleaea fhilotDpbiaebea Zwiespalt aniMhen
nag, wair« ich atckl, deaa ich hab« leit Hager a[a iiraaitB Jabraa kein phi-
loMpbiaehei Bach ■■ dea, BÜsdaa fababl. leb fiaab«, dafi dbb bei eiaar
■olcbcB HeiaDDfivcriebiedaabeit am klUgrieo handelt, den Wrg der Beobacb-
■■Dg «ioiuBcbligeD, ai^r dielen fcomat man dar Wabrheit gewäbalieh aa
nacbilen. Ob andere Henicbeo dieie Wahrbeil ■nerkeuBen, daran id mir
wenig gelEgen, denn ich Labe all mata Leben weit jaehr daa BedErfaifj ge-
Khll, Bicb «elbit, ala andera eb belehraa. Wenn icb- bqb daa anibtaee
Fall, «der ainen hbBlicbea erwift, and dabei nnf den Vorgaas ia veiMM
Kaph achte , «• werde icb gewahr , dar* icb gana nnwillkürlicb an ein El-
wai, die Caräbrticbkeil ond TSdtliebkeit dei Slnraea anfbebenilei deakea mufi,
obgleich icb vir gleicbzeltig beilioiMt aago , difi in dem TlintilJL-blicheo eis
lolehea Etwa« gar nicht la entdecken aei. Daraas acbiiar«« iob : meia Ver-
Blaad ndata nalbweadig la den Zaaberkrene der Uraaebliebkeit to gebBpBet
aaia , dafa er ihn niBimar äberichrritaB kÜBBe. Datnr aprieht aneh di« Mal-
aasf fravtaer fcenla (di« ich jedoob hfter ia n ei aar Jagend all apätar ge-
bürt), dafa nümlieb ein Scbatze^al die Henicheo bei einem aolcbea gelibr-
lichcB Sturze var deoi Verderben bewahral hiba. Die rranunen La ata , da *ie
ia den Thaliicbiicben nicbla fanden , was die Verderb liebkeil de* Stanaa
bitla «urhcbcB kbuneo , und doch , in dem Zanberkreiia der UraaehlichkeEl
gabannet , an ein« die Verde rbl ich ke'it anfhebande UnaelM aa daakea geawaa-
gen warea , aprangen in da« GaUtarreieb hinSber, uad glanbtca, bi«r daa
■Bbekaaala aanlraliiireode Etwaa au Badea. Ja, dar liraacblicbkei labin n war
ao nichtig, dafa er aie da» Etar«BrührigB , wna Tiir das Heer der Scbntzengel
in ihrer Anoahaie ileckte , ganz überaeben Uefa ; dann da dach wot dia mei-
ataa Henachaa darcb den Stnrz von einer bcdcnlenden Hübe schwer verielzt
«der getBdtel wafdea , an nafttea ja aneb die nniaten SebnlHagel sehr aa-
aofwarkaaae Biiar ihrar nBfanffohlaaaa aala.
- Ufiß —
Aiit den Cau*i$ conli»emtÜKt köimen wir in nllcn FaÜMi
nicht einmabl auf die Form der Krankhftic ichlwfs«!!. Freilich,
wenn juHiBndea der Ilirnichädel ein^achla^en , öden, ein Knochen
gebrochen ill, da können wir die Form mit Händen lasten oder
mit Augen when. Allein, wenn nun ein von einer Höhe Ge-
Btjirsier ohne fühlbare Knochehbrüch« besinniingslas daliegl, kön-
nen wir denn da ancb aus dem Sturze nnf das verlelite Organ
■chliefsen. leb Kollfe denken, dalii in den meisten Fällen ein
■olcber Beainnungsloser für ans alle ein grofaes Rnthsel sein wird,
Aut der Art einea Terschluckten Giftes können wir auch nicht je-
deraeit auf die Form der Krankheit scblief«en. Ich wurde einat
cn vier Kindern gerufen, die von. der Wureel dea Wasserschier'
lings gegeaaen. Alle hallen starke' ConTuleionen. Bei dreien war
aber schon von aelbsl Erbrechen eingelreien, nnd durch ein klei-
nes Hrstliches Nachhelfen der Enilcerung dea Giftes durch Mund
and After genaaen die drei Kinder, die da« Gift gleich nach Mit-
tag gegeaaen, noch vor Abend. Das vierte halle aber, aufser den
allgemeinen unnufbSrlJcbeA Zuckungen, eine solche, keinen An-
genblick nachlassende Ziisammenscbniirung des Schlundes, dafa das
Eingehen eines Rrechmiitels ganz unmöglich war. Gegen Abend
erfolgte endlich freiwilliges Erbrechen; ich half nun der Natur et-
was nach, so, d»fa ich der Entleerung der giftigen Wurzel wol
sicher sein konnte. Die Nacht schlief das Kind ruhig; am anderen
Tage konnte ich , aafser einem mftfsigen Grad Ton SchwSche, nichts
Krankhafies mehr an ihm erkennen. Die Aellern ahneien nichis
Böses mehr, und« ehrlich sei es gestanden, auch ich glaubte, alle
Gefahr sei beseitiget. Aber siehe! am zweiten Tage früh Morgens
ruft man mich sam Kinde, ich finde es in einem so heftigen Fieber,
dafa ich bestimmt nie ein heftigeres in meinem Leben gesehen ; die
Mittel, die ich anwendete, waren ganz fruchtlos, gegen Abend
schon starb' es. — Hier wufste ich nun- best iiunii, dafa das Kind
die Würzet des Wasserschierlings gegessen, aber dieses Wisaen
verhalf mir nicht einiuahl zur Erkenainifa der Form der Krankheit,
welche das Kind tödtete, geschweige denn, dafa es lOich auf das
Wesen derselben sollte geleitet haben, Blofa nach allgememer Er-
fahrung konnte ich aus dem spSlen Erscheinen des heftigen Fiebers
vermuthen, dafs durch die sehr starken Convulsionen , welche sich
nicht nur in den Gliedern, nicht nur im Schlünde und der Kinn-
lade, sondern auch sieht- nnd fühlbar in der Obcrbaacbgegend ge-
ftufaerl, ent wichtiges Organ schwer verletzt sei; denn bekannt-
lich erscheint das Fieber bei Organ verletx an gen aelten oder nie
unmittelbar nach der Verletzung, sondern ea bricht gewöhnlich
erst den aweiteo, auch wol erat den dritten Tag mit voller Hef-
tigkeit aas. Diese allgemeine Vermalhuog konnte mich jedoch
unmöglieh heiebren , welches Oi^an •igenilich verlalat sei , mit-
— 1160 -
biD dicDie mir die besiimmte, uDiweifolhafte ErkenntniCi der
Kranlibeiigumcfae nicht «inniahl sur Erkenatnifi der Krankbeiii-
form.
Allel wohl erwogen, beMehel das praktisch \ilixlicbe, waa
aoa der Erkenninifs sotcher Craacheo bervorgehet , die ibeils aicbt-
und laatbar, iheila> unzwwifetbaft und der An sind, dafa aie fQr
■ich und ohne Znaammensiofi anderer Ursachen den Menicben
krank machen, haupuächlich darin, dar« wir in Fällen, wo sie
aichi hiofs auf den Kürper gewirkt haben, sondern fon^thren,
auf denaelbeo za wirken, aie entfernen, und durch dieses Ent-
fernen eniweder geradezu die Krankheit beben, oder derselben
zuvorkommen, oder die Möglichkeit der Heilung bewirken. So
ziehen wir einen Grlniokenen aus dem Wasser, um ihn zu bele-
ben. wir nehmen den Erhängten vom Stricke, wir bewirken bei
dem Vergifteten Erbrechen, oder ist die Vergiftung durch Einim-
pfey geschehen, so zerstören wir, wenn es ihunlich ist, die ganze
Stelle der Impfwunde und kommen so der Einwirkung des Giftes
auf den ganzen Organismus zuvor. Lafst uns aber einmahl, wer-
the Leser! ganz aufrichtig roo dieser Sache sprechen. Glaubt
Ihr nicht so gut als ich, dafs vor mehren tausend Jahren die Leute
in diesem Punkte schon eben so gescheit gewesen sind als wirl
Höchstens m5gen sie in den Ffillen etwas dümmer gewesen sein,
wo es darauf ankam , mineralische Gifie im Darmkanal za nen-
tralisiren.' Aber die Entfernung der «nf den Kdrper einwirkenden
Schädlichkeiten haben sie gewifs geilbi, weil dazn kein scbul-
rechtes Studium der Heilkunsl gehSrt, sondern weil der schlichte,
gesunde Verstand jeden Menschen dazu treibt. Vor etlichen Jah-
ren las ich in der Zeiinng: zu Paris sei der Eigenthümer einer
Fremd ihierbnde von einer Klapperscblang« in den Einger gebis-
sen, und er sei gestorben, bevor die angenblicklieh gesuchte
ärztliche Hülfe eingetroffen. Einige Zeit darauf habe der durch
das Unglück des Meisters nicht gewitzigte Knecht der Witwe eben-
falls unbehutsnni eine Klapperschlange angepackt, nnd sei von
derselben auch am Finger verwundet worden. Die Witwe habe
jetzt nicht nach 8 rst lieb er Hülfe geschickt, sondern ohne viel Um-
ilSnde den v erwnnd et en Finger mit einem Tiachniesser abgeschnit-
ten nnd dadurch dem Knechte das Leben erhalten«- Wenn Ihrj
meine werlhen Amtsbräderl das Abwenden nnil Heilen der Krank-
heiten durch Entfernen erkennbarer natepielter Ursachen dnrchans
als einen Theil unserer edlen Kunst ansehen wollt, so mnfs ich
auch diese entschlossene Parisisehe Sohlangeomutter folgerecht f&r
meine rationell -empirische Amtssehwester hallen.
Jetzt müssen wir weiter gehen und von den secha nlchton-
tfirlichen Dingen reden, untersnehend, in wiefem wiT) «nt der
Einwirkung denelben, auf Form und Wesen der Krankheit sehUe-
■74- -o"
— 1170 —
tmn kSaasB. Wafoncbsialicb wirä moiiM Bolub»fen I^racr jfin
•in Schauder ergreife*, «e werden denken, ich wolle ■■sfibr-
licb alle senha Dinge abbandeln, und das, wne ich aber dit
CmuM» c9»ti»enteM geiagi, am blob die langweilige £«aleiiuiig
u einer grundlicben Langweilnng, — Nein, nein, so böse meiui
Iflh M dioht mit dea Leeern; iia (jegenihe*!, ich werde iui«b gaai
bora fassen, ibnen eiafällig die Scblnüifttrinet angeben, BaF wd-
«be «icb alle irxiliche Meinungen und Erönerungm-, b«1rc&Bd
jene aechi Dinge, xürückfübren laaaeD. Die Formel laMct alae:
Die ScbadliebkeU A Mncht die Krankbeit M.
Der kranke Menaeb X bat aicb 4er Einwirkang dar Sebid-
iichkeii A — agcaei*
Ako leidet dw Kraake X an dcc Kiankbeii M.
Beweil dea Ob e.raatEea: ■
Der Kranke X leidet an der Krankheit M.
Der Kranke X hat sich der Einwirkung der Schädlichkeit
A auageaein.
Alao macht die ScbXdIichkeit A die Krankheit M.
Beweis des Obersatzes:
Die Sohädliehkeit A tuaefat 4ie Kraakbeit H.
D«r Kranke X hat aiob der Einwirbu^ der ScbAdlicbLeii
A «n^eeMst.
Alan leidet der Kraake X an der Krankheit M.
Jeder siebet ohne Mühe ein, daf« das ein Circuhu sa rfeaMa-
ttttmäo ist. Um den Oberaata sa beweisen, macht man des
Schlufasafs am» Oherinia, and dann luaiä der frühere Obersati
ScblufHsals werden, loh überlasse es den Leser, aUe firvilicb«
Veralandeaverrichtaagea, in Betreff der »ex rorum lao» nmtmruliim,
anf diese Schlufarorme] surücksnfiihren, dadurch werden ihm ht
nngebeorea Widersprüche erklärlich werden, deren sich die Scbfik-
ateller acbaldig machen. Es wäre au wünschen , ein aller mt-
riiirter, bücberreicber Gelehrter machte einniabl auf seinen l.ovW-
ren ruhend ein Buch, ia welchem er die -aus vielen aodereo Bä-
ofaem tusamiaengeaucbtMi Angaben der Aerate, in Betreff der
Krankheiisorsacben , zuRammenaieUie. Das mü^e eia beirlichsi
Werk, ein. nützliches Werk werden. Aber freilieb, weder eis
-Pedant, necb ein wiisiger 'Posseareifser laugt zu dieser Arbeit;
«or der etgenilidie Humorist kdnAIe etwas au Tage fordern, wai
vielen Aersten zu einer weblihfiiigeo Arzenei, und den der Ai-
senei Unbedürftigen zur gemüiblichen (Jnlerhaltung dienen würde.
Ich Kelle jeiai folgende Frage auf: Welches ist der Haupi-
grund der gröbsten praktischen Verirrungen, deren sich die Heil-
kaast seit dem Ver&lle der Galeniacben Schule schuldig gemacbi!
Meines Erachiens ist es die Meinaog dar Ae»*«: oboe Erforscbsai
- 1171 —
<ter Uruch« der Krankheit wi ksine wahrhaft grüo4iiahe Heiiaag
mSglich. Ad* der veriiieintlicli«n Ursache wollieo lie das Weseo
der Krankheit erkennen ; si« erklärien darani , oft seltaam gemig,
die Erzeugung der Krankheit, und aiiT dieses LufigebÜd gründeten
sie die rationelte Heilari. Es liegt aufier nieinein Plane, diese Be-
hMHptuag mit bücherlichen Angaben sii belegen, denn jeder Arxt,
der fli«h niil den Hauptiiieistem der Kundt heknnnl genecht, und in
dessen Kopfe sieh durch dieae Bekannlaebaft eine Geschichte der
Mediiin gebildet bat, miifsie ein sehr unglückliches GedSchinifs ha-
ben, wenn ihm, anch ohne Naohschlagen seiner Büolier, nicht sol-
che Thalsachen erinnerlidi sein sollten, auf w^che ich ziele. Ein-
xig meinen jüngeren Lasern au geniigen, -will ich aat an swei Merk-
»firdigkeiteo erinnern.
Die ersfe ist die verkehrle Behandlung der Pocken, welche
zwar nicht meh^ während meiner Lebzeit, aber doch so kurz vor
derselben von den Aerzten angewendet wurde , dafs ich noch fil-
tere Leuie gekannt habe, welche sie selbst fn ihrer Jugend er-
fahren. Diese heifüe Behandlung gründeie sich' doch einzig auf
eine ursächliche Erkennlnifs der Krankheit. Das Pockengift war
hier die Ursache; sichtbar wollte dieses die Natur durch die Haut
ans dem KSrper treiben, und da der Arzt Diener der Xniur ist,
inuliiie er ihr in diexem Bestreben zu Hülfe kommen. Nichts war
also folgerechter, als den Kranken vor aller frischen Luft bewah-
ren, ihn in Federbellen begraben, ihn hinter den Ofen legen,
durch warme Geirfinke die Hauikriisis befordern; denn nur so konnlf
die Giftursache entfernt und die Krankheit glücklich gehohen wer-
den. Das Schlimntste bei der Sache war, dafs die von den Aerz-
ten ausgeheckte ursächliche Behandlung von dem Volke nachgeahmt
wnrde, und dafs das Volk, mich nachdem die Aerzte endlich
eines Besseren belehret wurden, noch eine geraume Zeit bei dem
allen Tränt blieb. iMen konme es ihm auch nicht übel nehmen,
denn es war otTenbar xweifelhafl geworden, oh die allen, oder
die jungen Aerzte das Wahre geiroifen; beide hallen sich selbst
für kluge, unterrichtete Münner ausgegeben, und beide waren
als solche vom Stnaie anerkannt.
Einer meiiker Alleren Freunde , der als junger Mann die Pok-
ken gehabt, und ron meinem hiesigen itczilichen Vorvorg&nger naoh
der alten warmen Methode behtindelt war, hat mir eine sehr an-
nethige Btfvchreibang von dem raiionell-empiriaehen Fegefeuer
gemacht, worin er gesteckt. Wahrhaftig! hätten die Aerxta gar
an keine Krankheitsursache gedacht, sondern, ihrer Nase nach-
gehend , dem naoh frisoher Ltifi nnd Kühle «ich sebsenden Kran-
ken BDf den Willen ^han, aie würden sieh der Wahrheit weh
früher g«alkbert ^beii. Wie viel Menacheo aibd nun durch die
— 1172 —
uraaehliche griindlicha Behandlung gMchftnd«!, erblindet, vcfkrif-
pell, guhiariert, gctädietl
Die Bwetie Merkwürdigkeit, wonn icb erinnere, ist die Er-
regung iiheorie ; diese, die wirklich viele AnbSager fand, griit-
dete die Erkenntnifa de« VVeKens der Krankheil elnxt^ auf die £r
kenninif* der Ursachen; dafi lie dieiielben in Inziianient vermeb-
rende und vennindernde Potensan iheilie, ihnt nichts mur Sachf,
es blieben doch immer Krankbeilaimachen. Wie viel Heil o4m
Unheil diese Theorie gestiftet, werden die wol aiu besten wii-
aen, die als ihre ehemahligen Bekeuner noch im Lande der Le-
bendigen weilen. Viel Giiiea kann durch sie aber uoniöjglicb gr-
wirkt sein, sonst würden ja ihre Anhänger sie nicht verlasw*
haben: gerade die prakliache Ueberzeugiing derselben, dafs air
als Leiierinn hei Uebung der Kunst nichts lange, hat ihr da
Todesslofs gegeben, nicht daa Scharniüiieln der Gegner. Cehri-
gens basirle die Etregungsiheoria sich ja gerade wie die rationeilt
Empirie auf eine vermeintliche Kenninifs des belebten Mensirhen-
leibes, miifain war sie jedenfalls nichts mehr, als eine scbledi-
(ere, unbi-aitchharere Abart der scbulrechten Lehre.
ich würde jetzt schliefaen, wenn mir nicht gerade benir,
beim Kramen in allen Papieren ein merkwürdiges, den besfro-
ebenen Gegenstand betreffendes Akiensiück in die HKnde ^fallen
wSre; es ist dieses eine Anweisung des Preufsischt^n Ohtr~Co//e
gii meitici, wie sich der Landrnann nicht blofs vor der Ruhr pTÜ-
•erviren, sondern auch gliicklich und mit wenig Kosten selbst
Icuriren könne. Berlin 1769. Hier wird als Ursache der Ruht
die Sommeihiize nngegeben und die darauf folgende Ilerbatkünlf-
Die durch die Iliize scharf gewordenen Süfte können durch die
TOn der üerbslkälte zusai engezogenen Schweifs) Scher der Haar
ihre scharfen Sioffe nicht ausscheiden. Die scharfen Stoffe müs-
sen also npthwendig zn den Drüsen des DarmkanaU sich bege-
ben, und machen dann hier den Spuk, den man Ruhr nennet.
Wena ich die ganze Anweisung nicht abschreiben will, so ist r*
mir unmöglich, die von der Lufiursacbe hergeleitete Krankheili-
erzeugung so enrauthig zn erzählen, als sie sich don findet.
Wahrhaftig! sähe ich, wie der verrückte Junker Doh Quij-vte
oo» der Mancka, allenihalben verzauberte Wesen, so würde ich
mir fest einbilden, der Verfasser jenes Schrificheos habe, in eis
lofusionslhierchen verzaubert, mit mikroskopischen Augen begabt,
die unsichibaren, verborgensien Gänge des mcnschlHihen Lieibei
durchkrochen, und erzähle uns quo treuherzig seine Reiseabee-
leuer.
Zwei Stellen sind aber ganz besonders merkwürdig. Aaf der
fänfien Seite heibi es: Wenn das Blot bei verniehner Sonner-
wärme verdicket, und durch die SonnenbilM «cblrfef, bezon-
- 1173 —
der* aber die Gälte beifienil und sur Fftalnils disponirt wird u. i.
w. Auf der siebenien Seite aber beif^t es: „Weil das Geblüt
durcb aahaltende Somraerhiixe mehr unil mehr aufgeldset isl,
und die sonst mildea Thetle desMlben- schärfer und beifsender ge-
worden u. s. w."
Uafs Aerzte, die viele Bücher geschrieben, lich hinsichilicb
der krankmachenden Wirkung der sechs nicht natürlichen Dinge
widersprechen, Ufst sich noch allenralls entschuldigen; denn man
kana ja sagen, sie seien zu der Zeit, da sie ihre spätere Schrift
verfafsten, zu einer besseren Erkenninifs gelangt. Dafs aber auf
dem Räume dreier, weiiläufiig gedruckten KleinachteUeiten be-
hauptet wird: die äommerwArme verdicke das Blut, nnd die
SointnerwSrnte löse das Blut auf, das ist denn doch gar zu
arg> Es beweise! ganz baiMigretflich , dafs die Aersie die Wir-
. kungen der Schädlichkeiten ganz willkürlich so hesiimmten, wie
All in dem Augenblicke, wo sie eine Behanpiung aurstellien, ih-
nen gerade in ihrem Kram diente. Mir koitinit dieses nichts we-
niger als licherlich TOr; dann da ich mir deutlich denke, dafe,
binsictstlieb der Wirkungsbesiiniinung der Schädlichkeiten, alle
ftrilliclie Verstandesoperationen auf einen CircHlttm t'a demoTutrmm~
da hinauslaufen, mein Kopf aber unmdglich anders gesehafl'en
sein. kann als die Kttpfe meiner todten nnd lebendigen Kollegen,
ao bin ich der Meinung: alle Aer/le, welche sieb diesen Circu^
ium in demoiutranda nicht deutlich denken, müssen doch als Ver-
■landesmenscben sich ihn dunkel denken, sie iHussen {wie man
EU sagen pflegt) ein Gefühl, eine Ahnung davon habMi; und ge-
rade dieses Gefühl, diese Ahming des Sophistischen macht es,
dafs sie ao junkerhaft mit den »ex rebu» mm naturalibu» untsprin-
gen, sich wenig darum bekümmern, ob das, was sie jetzt davon
behaupten, ihren früheren Behauptungen widerspricht.
Nun will ich beim Schlüsse dieses Anikas, sur Ergelrang
ergeizbarer Leser, noch eioei» flüehiigen Blick auf die ftitere Li-
teratur werfen, und swei Männer vorführen, deren Kamen nicht,
wie NebeUterne, blofs von der papiernen Gescbichte der Medisin
vor dem Erlöschen bewahrt werden, seiKlern swei Männer, deren
Namen jedem , auch dem jüngsten und nnbeleseiuten Arzte bekannl
sind, nämlich Fernelitu und Lameiti.
Erster sagt (Tkerap. univtr», Lib. 1 Ciip, \) Felgendes: fJiwM
igitur amnivat quae mundut habet mediciaa pertpeetat vire» teneat,
intemotcatque talutaria a pettiferU; haec quidem fange praevidet
et decfinat, illa coH*ectatvr et inguirit, et ila tempettive adhibet,
%t tut* virätw exitiale» ttliaqni morbot leitiat faciatque aafmlaret,
quo* »etu natura nunquam evtcerit. — leb sehe voraus , dals die
jungen Hitzköpfe unter meinen Lesern hier ohne viele Umslända
sagen werden: der Franzose isttmts seiner BerShulbeit ein Narr,
i\Brr,
- 1174 —
•in Tollhttrtiler, iteim na^ •■■ TolIhSttalw lunm bchaiipiin, ü
der Arzt dte wohlihthi^ nnd feinrflicba Wirlrang: «IIm dmen, ■>
in der Well ist, kenn«, «id dafs die» KeBninilii ihn l>rrälH^
Krankheiten abinwenden und lödiliche in heilsame umxnwandFln. -
Ich bilte Euch aber, werlhe Freunde! iirtlieiU nicfal so liebloi ü^
naiern lodten frantöeMebeo Kollegen. Ich gebe es in , dafi »if
ungeinessene Prahlerei etWM lft|>pi«:h iit; aber deshalb ialcr, glaui«
e> mir, noch kein Tt»)lbfius1er , er iit UMa ein Maulwnrr, der, il'
frofaer Pbiloioph, ao lange und «u fimsig in dtm JUikr*koimt p-
wühlt hat , dafs er darüber den JHaAroiotmum ganx rergesMn.
i\an IQ Lanciii. Bei ihm findet man ^Ton. t pog- V ^''
■chingendiien Beweia dec Wahrheit dessen , was ich eben ftap.
der iVlann niaetit die Srsdicha Uraaehaucherei , ohne ea iia pi^f
aten xn beabtitthligen, durch ein briaflichea Guiachten lo Ucb»'
lieh, dafa selbat der airengaia Widersa^er der achulrechiei KuM
ihr nicht gehisaiger xa Leibe gehen kAonie.
Antoniiu Dmimreilui erxfthlt folgenden Fall. Ein kräoliKf^
23jtthriger Bauer in beaohSfiiget, eine ad« h^le Kiche aDini"'
ten. Während der Arbeit siebet er eine grofse Schlange aof i«
Höhle dea Bauntea achlüpfen, höret sie dreimnU aiubeai^^
bewufMioa mr Erde. . O« er wieder «u sieb kommt on^ *>'"
hülfreicben Freunde ihn nach Heuae gebracht, bekomBt « ^t'
sehnierx, SchlMfrigheit, Erbrechen, Kali» der fiufaefa» "^^
fllllt nberniahia in Ohnmnoht und stirbt ungefiibr nüch aici ^■'
den. Donartll «u der Leiche gerufen, bemerkt, dafadi««^
lieh oder bleirarbig ist (fividum eadavar tbaervavi). A*' "''
langt er von Laitcüi tu wissen : ob der Bauer blefa <!"'''' "'
Sehrecken gestorben sei, welchen ihm der Anblick der Sclil««C
Ternraaoht, oder durdi die gifiige Ausdönsiung deraelbe», »''*
durch Augen und Ohren in seinen Körper gcdrangeo, o^'
Tielletchi der, der Schlange beim Zischen enlfahrene löAl'<'"
Hauch Ihn durah Nase und Mund vergiriet habe.
Der Papstliche Leibar« behandelt den Gegenaiaud, "'*
leicht denken kann, aehr gelehrt und aehr emalhaft; '^ f"
(ich ganx unumwunden ftir die Vetgifiung aus. Beg"'*'*'' "T
er nun, ala gelehrter Mann, sei« Galacblen durch AdIüIk«" "'
rer ScbrirtaielJcr be'vrafiigen, die Giftigkeit der Schlangen»»*'^
ainng beKtäirgeo. Cnler den angeführten besifilig«^*" ^^ '
lungen i« die dea Getner am merkwürdigsten; der »"" '
lieh in aeineni Schlangenbuche (welches ich nicht gel«*"' ^
genden Fall erxHhlt haben. Ein Mtnsch badet ein« '" "."'*^
Wasser und stirbt unmittelbar darauf. Was war nun di» ^^
dea Todes! — Nicht* als pures Schlangengift, und ■"•'■*'" j,,^
wundervoll durchdringendes, tlafa das Gift der Kinpf'"" "", . ^
benschlange und anderer gerürchleten Beatien nur Kit^"*f'*
— ii7i —
gvgCB »t. Om H«Is, akailMb, weldMa heim. BrwImiM Am fti-
dewauara *U( Fcufliung gcdiaiM, wa> m »hiMft Waldv«ri»«rgnifii
gebauvi), worin »nh SchlwigflD s«riri«It«ti, hatt« bIio dem Bad«-
wmser du lödilictw Snblangengift mitgcibeilt. — Dtes* Erxfth-
luDg, die Ulla allen wol «iwaa nAr»Kh vprk««>nen wird, mufu*
Laacüi doch für glaubwürdig halt«o, santt wQrde er sie aicfat
sur. Bultliigung MÜmr Aniioht angeführt habe» iedenfalla iit
■ie merkwürdig genug; denn weaa atan in manche* anderen Kraa-
kengegchi^hicn Mübfl bat, den ZiMarMinenbaog zwisoben der Kraak-
heil und der angegebenen Krankbeiüiiraacbe s« kegieifen, so liegt
in dieser jedea einselne Glied dar Keile, durch weloba der Ted
mit der Todesuraacbe Busanaanbäogi , «o kJsr «or unseren Au-
gen, dafs wi( es mit üanden greifen konuen. Hi«B vergiftet die
IScblangeaaasdünfltiiiig das HeU* das Hola vesgiftel das Feaert
das Feuer den WaMerkewei, der Kessel das BaJewatser, und
das Wouer endlich den luiglückieligca Menseben. Dafs Goit er-
barm! es gehört ein starker Glaube dssn, den niemand haben
kann , als nur ein Leibarzt des Vaters aller Gläubigen.
Nun nia»en wir un» su den Zufällen der Krankheit wenden
und uMersuckoi, ob wir aua-diesen Forn» and Wesen der Kraak-
bttit erkennen können, leb werde inoh biet kurx fasten, weil ich
inft iiilten und vierten Kapkel auf die Nichtigkeit und Unauläng-
liobkeit der Zufälle al« Ci kennungawitlel der Fosm nnd des We-
sens iat Krankheit besonders aufnieirkiwa» gemacht. Ueber diesen
Gagciuiand läfst sich bas»er im Cinaelnen aUii« Allgemeinen spre-
ebeo, und will laan iai Ailgeiucinen darüber sprechen und deui>iflb
bleiben, so mufs man von den Orga^kkrankbeiien mkI von denUni-
versalkrankbeilen besonders bandeln. Zuerst wolUo wir also von
daa Orgaokraokh«iun radui.
Scbna die Anatomie, di« uns aoackaulleb de« isnigen Zubmi-
ineokang de* Gehirn- «i»d QawglisDaj'Msmw lahr«, lüht um nei-
mulhoa, dafs wir wir Erkenjuaifs des ureFgriffane« Organs sehr
ulvel durch die Krankbeks^rdlU geUngan werdan [ eme sofgföi-
Uge nnd langjährig« Beobachtung des gegeoaeiligsn Mitgefühls
aller Organe unter «tvander erhebt diese VermothuDg s«r Wabr-
wboinliehkeit. und die am KfanJUtthelie Mwwbeoa Erfahrung
briagl die WahrscbeiDÜcbkeit dam aubnerksaiaea Aryle leidet früh
gfiiMif zur Gewilitbeit.
Nicht sahen iu dag nrerkrankte Organ gerade am weaigalca
i« «einen Verrichiungen gestört ; seine Ursrkraakung bawirkl aber
niiiUidücbe Erkrankuogeo anderer Organe, und diese fallen ge-
wöhnlich am m«swn ins Auge. Dah« können wir, leget) wir
den Zufällen ala Erkenniingswiilieln gar au bobeo Werth bei, «B-
glauhlieh in die Irre geraiben. Iliwcb die L'rcrkiankung eine« und
des nämlichen Organs kann in «eracbiedeoen Kör(iern eine mit-
-.üj^lc
I«idtich« GrkrahltUBg ufar TinehiBdeiiM OrgMe bewirkt wcrdcs.
In diBsem fi>fEÜiruagwain atnkt in fast an UnniSgl ich keil gren-
zende Scbwierigkeii , richtige Beicbreibnngen der Urorganerkran-
knngen lu machen. Will man alle iniileidlicbe Zufälle deraelben
wigebea, ao muh uhm ron jeder ein ganxes Heer ZufSlle anfxfiblen,
deren viele in einaelnen Körpern bald vorbanden , bald Dicht TOr-
bandeo sein kdnnea. Ein solebea Heer Zueile flieht aber mit den
Znfalliheeren anderer Urorganerkran klingen so zusammen, aiebet
ibucn lo Sbalicb, daf«, wollie man auf die Weise eine genane Be-
»cb reib» ng aller UrorganerkrankuDgen m Papier bringen ^ man sieb
beraach beim Dnrcblesen dieeei Machwerkes überxeDgeD wiirde , ca
aei gani aufslos für die Praxis , weit mehr verwirrend ah belehrend.
Wir können die kleinliehen und angatlicben Beacbreibungen epora-
diecber und epidemiscfaer Urorganerkrankongen bis in das Unend-
Itcbe aufbäufen , ohne uniero ärailicben Nachkommen einen anderen
Vortheil dadurch aa verschaffen, als den, der in der händgreif-
liebeo Ueberseugung liegen wird, wir haben teerei Stroh gedro-
■cbeo.
Ein Organ kann siebt- und tastbar erkrankt, nnd doch kaaa
dieae sieht- und lastbara Erkrankung blofs mitleidlicber An aeia.
ich beobachiele sieht- nnd tastbare Lebererkmnknng (die Aafirei-
bung der Leber konnte ich fühlen, die Gelbsucht sehen), ond docb
war eine Urerkraakung der reeblen Niere die Veranlassung dieses
Leberleidens, und die Verrichtung des bam ab« andern den Otgan*
war SU wenig gestSret , dafs man diese gertoge StBmng mit wmt
mehr Wabracheinlicbkeit von der erkrankten Leber als von 4*r er-
krankten Niere herleiten konnte.
Von der Urerkrankong der linken Niere, ohne die mindeaieB
Harn besch werden beobachtete ich eine sieht- ond tasiimre Anftrei-
bnitg des linken H^pochondrium , so dafs man hSiie schwSren sei*
len , man habe es mit einer bedeotenden Milaanscboppong na tban.
Irrsinn sah ich von der nrerkrankten Leber entstehen , nnd dock
waren keine Zeichen einer StbroDg des Galtenorgans , noch Zeichen
einer Anschoppung ed gewahren. Von des nämlichen Organs I3rer-
krankung, ohne erkennbare Störung seiner Verrichtungen (soweit
ans diese bekannt sind), beobachtete ich heftiges, als Kolik sich
offenbarendes Darmleiden. Was soll ich viel Worte von der Sache
machen? Jedes Organ kann «eine ürerkrankung ei na ig darcb
conaeDsnelle Leiden anderer Organe offenbaren. Das WSnchen
eiotig entschlüpft auch nicht unbedacht meiner Feder, aendera
ich wähle es mit gutem Vorbedacht. -Wer solche Offienbarang
denen der CuiuHischen Sibylle gleich steifen will , dem mag ich
gerade nicht widersprechen.
Denkt man aber vollends "an die angeborenen ond an die weit
hlußgern erworbenen Bildungsfehler der Organe, so verliert mas
— 1177 —
gans iw Mnlfa. Mbq fSlilt ja «twailen Verbirtiingm in totcben
Gegenden des Bancfane, wohin das nrerkrankte Oraaa in seiner
normRien Lage nimmer reicht.
Ich. habe jaUt aber blofs von der Erkenninifs des nrerkrank-
len Organs, also blofs von der Formenerlcennlnifs gesprochen;
wollen wir von der Wesenerkeantnirs baadeln, so liehet es wahr-
lich noch viel mifsliober au*. Wann wir x. B. wissen» die Le-
ber, oder die Mili, oder das Gehirn u. s. w. sei urerkrankt, ••
wissen wir ja dadurch noch nicht, mit weichem Araeneimiiiel das
kranke Oi^an in sicherem HeilverhSlinisie siebet, und dieses Ist
doch das Einiige, was wir von dem Wesen der Krankheit er-
kennen kSnoen. Wie sollten iini die KrankheilssufSlie an dieser
Erkenotnifs leiien können, sie, dia ans bei der Formen erkenni-
nifs schon im Stiche lassen!
Hinsichtlich der Krankheitszußlle , die die Unirersalkrank-
heilen hexBichnen, stehet es an«h sehr niederschlagend ans; sie
können uns nur bischst unvollkommen auf 'die erste Spar der Er-
kenninifs leiien. Da die Urerkrankung des Gesammtorganismiw
in jedem Organ, jain mehren Organen vorwalten kann, so lehrt
schon der gasende Versland , dafs die von den gestörten Verrieb-
Inngen der Orgaae hergenommenen Zeichen unmöglich su einer
wirkliehen Erkenninifs des Wesens der Universal krankheilen fTth-
ren können. Das Vermuihliche , das nns aiif die Spur der Er-
kenninifs Leitende, welches dürftig genug ist, habe ich im vier-
ten Kapitel so genan angegeben , als meine Erfahrung mich dam
beftthigie.
Der karte Inhalt alles dessen, was ieb Bber die Krankheila-
xnfSlle als Zeichen gesagt und noch weiter sagen kSnole, weiia
ich die Geduld dee Lesers mifsbrauchen wollte, ist Folgendes.
Die KrankhehamAlle dienen uns nicht direkt aar Erkenninifs, aber
nie leiten uns saweilcn aaf eine dnokle Spar, die, wenn wir sie
mit Umsicht verfolgen, zitr Erkenninifs führt. Davon werde ich
weiter unien mehr sagen. Zuweilen leiten sie nns. nber auch auf
eine äpar, die, wollten wir sie gntglttubtg verfolgen, uns weit
eher von dem Ziele entfernen als uns ihm nSfaern würde.
Was ist Dan von dem angeblichen Notxen der Anamnese an
halten t
Nach meiner Erfahrung mafs ich glauben, dafa viel Wahres
liaran ist. Abgesehen von manchen Begebenheilen , die früher
anf den Kranken feindljob eingewirkt, und sur Erxeugnng der
gegenwärtigen Krankheit können beigetragen haben, sind awei
Punkte vonüglicb bei ebronisohea Krankheiten an erfonehea
wichtig.
Erstens der Zeitpunkt, wo die Krankbeil begonnen. Manche
chronische Organcrkranknngen (gewifs mehre} als die heatige Mei-
. - 1178 -
niHig der Aenie sageaiaban Möchte ) scbiaibM sich v«a cfidMW-
■cben OrganbcrilhrilwitBB her, <ti« lu ihrer Zeit kaia Fieber, keine
nelilägerigkeii bewirkt haben, üieee sind saeb ued eneh ueier
der Larve mann ich fncher coniensnelUr iHuscbender ZtiKlle «ii whk-
liohen Organ k ran kheiiee auigebildei , nnd die «wnaeauMlIea Zu>
fülle wallen noch der;gMiali ver, dafa kein Menech Mie den ror-
handenen Zeichen auch nur eine Ahnung dea nrerkraakien Organa
haben kann.
Die Erinnerung der Anfangsieit nnd der damahligen epideuii-
■ehen Organ krankh«ien gibt nna niclii selten einen Wink, dar
aicherer lar Eürkenainifs dee uferkrankieD Organa führt aU die
(Ansehenden KrankbeitaKuftlle.
' Ferner iai sunt Erkennen verborgener Organ erkr anklingen dien-
lich, dafa man sich genan erkundiget, eb to der faniilie des
Kranken irgend eine Organerkrankung erblicfa aei, denn nicht
btofa (iäinorrboiden nnd Lungenauehi, nndern alle Organccl&ran-
koDgen erben gern fori; daa heifat, nioht die fcLrkrankung erbt
fort, Boodera die Anlage dea Organa anr Eikrankang. Worin
dieae Anlage beaiebe, lat aair ein grefaes Geheiinniis, «eil iob
Bichi gnt etliche zuanmaaengewürfette Wänee fiii Begriff« hinMehi
nien kaan. Wenn man noch jung iat, hat man wol tob Erblichkeit
gewiaaer Krankheiten gehört -Hnd gelesen, aber man glaebi ee nu
halb ; iat man aber ao alt geworden , dafa man acbon ein- tieachlecbt
anflsierfaen und dae sweiie alt werden cab, hat man heohachtet, nie
büufig dieaea sweiie an den nttiiilicban OrgaiMrkranknngen leidet,
woran die Aetiern gelitten und gestorben, dann glaubt nan «fU
recht an die Erblichkeit aeleh» Krnakheilen nnd aiehei in diesem
Punkte die Wichtigkeit dee AnnTnaese ein.
Dia Zeit, in der ein erblidh snr Erkmokuag geneigtes Orgiw
wirklich erkrankt , bt nnbeatiiHBbnr, j« det erste leis« Anfang dar
Erkrankung dem Erkrankte» aelhat «nmerkbar. £ins iai aber nleai-
lieh sicher ansunehmen, dafa bei ererbter Anl^e die Organerkriin-
k<ing in weil jüngeren Jahren eracbeini ala bei erworbener. Es iat
wiehltg daranf au achten. Ich habe bemerkt, dafa, wetut die Erb-
achaft blob von Einer Seile der Aeltern konuM, mehre Kinder, reas
auageseiEt, dafri mehre da aind, verschont bleihen können. Kommt
aber die Erbschnft von beider Aeltern Seite, so siebet es'übel uaa
die Kinilpr aus. Ich kenne eine Familie, in der von fünf erwachse-
iien Kindern nur eins gesund iati beide Aeltern waren bauchkranki
Damit ich mir aber nicht das Anae^n gehe, ak habe ioh im
Monde meine Kunst geübt, so gestehe ich Mufricfajig, dafs B«f die-
aem wunderlichen Erdbälle daa Forschen nach Erinnerangaaetchen
«eil öfter gana nutzlos, als nützlich iat. Die meiaten MeBrnheit
erinnern sieb dessen, was frdher geschehen, entweder gar nichi,
oder mir hiVchet unvollkemnien. Von den Krankheiten der Aeliern
- 1170 —
■nd Grolaäl(«rn wiasea die «Milien eiwu su enSlilcn, and was
nie daroo ausaagen, iat nnlzloa, und id onvolIkomMien , dafa «a»
weil et meist auf blofge KrankhettsMunen hinauatSnft, des Ant
leicht in die Irre fuhren kann.
Zuweilen bat auch in friihei Zeit eine m settaaine Begeben-
heit den ernten Keim sur Krankbeitgelegi, dafa, woll.le inan bei
allen vorkommenden Kranken nach solchen möglicheb )ielt«amk«U
(«n forschen, man letebt in den Verdacht der Schwach- oder Irr-
ainnigkeit geraihen k&nme Weon Ihr, mein» Leser! 2. B. einen
an Liingeneilerung nnd Schwindsucht Leidenden fragen wolliei,
ob ihm früher auch wol ein Stückchen von einet» llindiiknochea
durch die Lnfträhre in die Lnnge geraihen sei; so bin ich sicbef,
der Kranke und seine Freunde würden denken, Ihr habal einen
Sparren im Kopfe. Und doch erlebte i«h sohon eiaen solchen fall,
den icb Jem Leser, blofs seiner Settsaiakeit wegen, laittheilen
will.
Im Winter des Jahres 1 $33 wurde iebsu einet» schwindsiichl Igen,
jungen, mannbaren Mädchen gerufen. Ich fand sie bedtfigerig, ab-
gemagert, Mark fiebernil, und mit einer ofl'enen LungeneiteFbeula
behaftet. LMXtes scblofs ich daraus., weil sie bald dicklichen,
gerncb- uod gesobmaok losen Schleim auswarf, bald aiiakenden El*
ter, der, nach ihrer Aussage, aüfalich suhiiteokle. Uie letsie Art
des Auswurfes halte sich erst vor Kutaem gezeigt, and seit ae^
nem Ersoheisen war 4ie Kranke sichtbar schw8eher oad elend«r
geworden. Si« halte eine ins Gelbe spielends Gesichisfarbe uod
der Harn eine Goldfarbe. Die Etfocscbung des Vorhergegangenen
ergab Folgeodas. Ein Jahr früher hatte sie, zugleich uiit der Mut-
ter, an einem akuen. Fieber krank gelegen; die Mutier w«r g^
Btorben, sie selbat geneaen, aber seiide» in einem quiAendeo Zu-
stand geblieben, und hatt« immer gehustet. Der Ant sollte hei
dein B^haitdeln des akuten Fiebers geüuiitert habea, ihre Lebet
aei angegriäen ; auch hatte sie angeblich Schmerzen der recbien
Seile, gehabt. Ich erinnerte «ich deutlich, dafa zu jener Zeit Ur-
leberkrankheiten, häufig luil akutem ooaseasuellen Fieber gepaa-
ret, landgängig gewesen, niiibia war es mir sehr wahrscheinlich,
dnf« des Mädchens Hunten uraprüngHch ein eonseosueller, von
dem (Jrlebctieiden abbai^nder gewesen sei. Den quinende« Zu-
stand, nerin sie sich seit de 1» Fieber befunden, schrieb ich auf
die llalbheliuDg der Urleberkrankhelt, und war der Meinung,
das conseaauelle Lungenleiden sei durch die Länge der Zeit zun
Urleiden diesee Organs geworden-, woraus dünn chronische Ent-
zfioduag und Einrang herstamme. Uergluicben Ffllle sind mir in
meinem Leben so viel« vorgekommen , dafa ich das Bedenkliche
derselben niir zu gut keniw. Man hat es mit zwei urerkranklen
Organrn zu ihun, nnd das ist böse, sehr hose; es läfsl sich nicht
— U80 -
viel Tröitltehn v«nprech«D. Wm war nuo bei d«r Sache ra
(hiin * Die gelbe GesiehtsfMrbe und der getbe Hnrn machien *m
Kwar nicht gewib, aber wabrscheJnlicb , dafs das Urieberleiden
noch besiehe und noch coDsemuell auf die iRngst iirerkrankie Lim-
g9 wirke. Die Vomica konnte ich nicht heilen, die konnte blofe
die Natur heilen , und wenn blinde Gftnge und NebeDhbhIen dis
Heiinng unmöglich machten, koonle ich auch nicht nachhelfen.
Das Einzige, was ich aUo als Verstandeinienich thun konnte,
war, die Beaeiiigung des wahrscheinlich noch bntehenden Leber-
leidens SU versuchen, denn dadurch beseiiigie ich 4as wichiigite
Hiodernifs der NaturhoiluDg. Ein acfaitSgiger Gebrauch kleiner
Guben Schellkrau ttinkinr brachte meine Vermiiihung, hinsichtlich
des noch faestebendoo (Jrleberleidens , wir Gewifiibeii; denn die
GoMfarb« des Harns wurde xur normalen, xur blassen, strohgel-
ben, und die gelbliche Gesichtsfarli« Terftndene sich in eine blas-
■e. Zu gleicher Zeit wurde aber auch das Geluhl des Kranksein«
minder. Bei dem forlgesetsten Gebrauche der Schellkrauiiinktur
liefs der Eiter- und Schleimauswurf alliuXhlig nnoh, die Vnmiea
heilte von selbst, und das MSdchen, das angeblich von swei Aera-
len sum Tode vernnheilt war, gewann wieder Fleisch und die
Farbe der Gesundheit. Aber — , ein Husten, der sich von Zeit
zu Zeil bald verstärkte, bald minderte, blieb nach diesem Straufse
surück. Bis zum Ende des Jahres 1834 kam sie suweilen, jedodi
sehr selten, zu mir, dAinit ich den Versuch OMchen müchte, aiicb
diesen Husieu wegzuschaffen. ' Ich mufste denselben w»l einigen
Tuberkeln zuschreiben, weil er den mir bekannten und oft erprob-
ten Lungenmitteln nicht ^veichen wollte. Ob er durch feindliches
Angreifet) des Gesamm (Organismus zu heilen sein würde, mochte
ich nicht versuchen; denn im Falle meine VennUihnng hinsicht-
lich der Tuberkeln gegi-flndet gewesen wSre, hfttte Ich diese, mit
denen sie zu einem hohen Alter gelangen konnte, durch einen ilH
direkten, antagonistischen Heilversnch in Eiterung setzen können.
Ich sagte ihr, da sie ein verstitndiges MSdchan war, unverhohlen,
dafs ich es für eine Gewissenasache halle, ihre jetsi gute G»-
sundheit blofs des Huslens wegen, durch einen feindlichen Heilve^
such muihwillig auf die Schanze zu stellen.
Den lü. November 1834 kam sie, nachdem ich sie lange nicht
gesehen, zu mir, um noch einmahl über den Husten zu spre-
chen. Sie war jeist wtiklich eine nette, appeiiiliehe Maid gewor-
den, die keine Spur von Kränklichkeit mehr an sich hatte. Krftf-
tig mufsle sie auch wol sein, denn sie war, von einer Freundinn
begleitet, zu Fufs^ hierhin gekommen, ging auch wieder zurück,
machio also den Tag reichlich sieben Wegstunden. Nachdem ick
ihr iJber ihren Husten alles gesagt, was ich als ehrlicher Ma5a
sagen konnte, ihr ein Rezept veracbrieben, und sie nun im Begriff
— JI8I —
HlHnd, aursubrechen, hob gis anf cinmabi an: (l«r Tausend! da
hSiie ich beinah rergcuan , Ihnen etwas Selisiiin«t xa ersShleo,
HDlches mir beule auf dem Wpge begegnet ist. Ich hiefs sie
gleich, sich iHsen und ihre ErcShJiiDg beginnen ; die als» lautete.
Fast ein Jahr vor dem Fieber, an welchem sie und die Mutier
kraflk gelegen, habe sie eines SonniE\ges Riiidssiippe gegessen;
da die 4äuppe nicht sehr hcifs gewesen , sie also schnell gegessen
und wShreiHl des Essens geplaaderf, sei ihr etwas ScharTes in die
Lufirtthre gekommen, welches beim Durchgehen sie brav ge-
scbmeni und ihr einen erstickenden Hiisien venirsachet hebe.
Aersilicher Katb sei gegen diesen Hnsien, der sie seitdem immer
geplagt, nicht gesucht, er sei auch durch die Zeit minder,, und sie
daran gewöhnt worden. Da ich sie imerst besucht, habe weder
sie selbst, noch ihr Vater' daran gedacht, mir diese Kleinigkeit se
erzählen; überhaupt sei dieselbe durch das spttter erfolgte Fieber
und dui^h die nachherige Krankheit ganx in Vergessenheit gen^
then, beute sei sie ihr aber auf' eine nberraschende Weise wieder
ins Gedticbinifa gebracht. Ungefähr eine Wegstunde von hiar^, ha-
be sie nSmIich starken Reiz zum Hiisien gespuret, und es sei ihr
beim Auswerfen etwas Scharfea aus der Luftröhre gekommen, weU
ehes sie alsobald im Munde als einen harten Körper gefühlt, es
also nicht ausgespien, sonderh mit den Fingern aus dem Munde
genommen und untersucht habe. Nuti sei ihr das, was früher blofa
Vermulhnng geblieben , dafs ihr beim iSuppenessen ein Knecbeo-
spliiier in die IjuftrShre gekommen, zur Gewifsheit geworden. Sie
gab mir den Knochensplitter, nnd ich habe ihn der Seltsamkeit
wegen aufgehoben. Er ist plall, seine Gestalt ist die des langen
geschobenen Viereckes. Eine der langen Winkel bat eine go
scharfe Spitze wie eine Nadel , der enigegengesetsts Winkel ist
minder scharf, di« beiden Seilenwinkel sind ganz stampf. Die
. LSnge deir Ganzeo betrflgt reichlich einen halben, und die Breite
(über den zwei stumpfen Seitenwinkeln gemessen) einen Viertel-
zoll. Ob die Jungfrau, nach Aussonderung iet Knochens, den
Rest des Hustens ganz verloren, geh 5rteigen( lieh nicht hierhin, leb
weifs es auch nicht einmahl zu sagen; wol weifs ich aber, Ath
wenn sie ihn wirklioh verliert, sie nicht sieben Wegstunde» weit
laofen wird, nm es mir bekannt sn machen.*)
Iq dem erzMblten Falle handelte es sich von einer Begeben-
heit, über welche die Kranke früher keine bestimmte Anskonft
*) Im Jshre 1830 ward« *i« von fisMa bamebaadas alDiao Fiebar si^riErB:
ieh aisbia web B«rjebt »rords^ii and ■ie {anai bald, eanciei bainoble
an mich , an so fragen , ob ieb aie Hir rollkanmeD (ebeill balta , odar «b
ala aacb inr Vonicbt alwaa aacbscbrnnchaD loUe, — Bei der Caiegeabcil
Urt« Ich naa, dab in Jabra lB3i aaeh den aaaEeworreeea RaMbcaipMlter
I.
— IW« -
bitte fvbsn köonen, wraa siu aneb gmvolll; aber jeiii nerde icb
#ine Gnchichie «rxKUen, die «tt« Leser, sweifeln sie nn iiieipeM
Wnhrheiiasinae, noili nentiig Tür eine Fabel hallen. Sie ist hin-
■ichllich der ziiweiligen Nictitigkeir der ABaiiinese merkwürdig.
Im Anfange des Jahres 1835 wurde ioh xn einer 70j5hrigen
Frau ans der mittlen VolksklnMe geniTen. Sie wir unwohl, ohne
betilageriff an sein, und f^ab «n , sie erbreche -steh tfiglieb, habe
einen alinkenden Geachmank im Munde, und fShle »ich matt. Auf
ntthera Befragung erg»b es sich, A»U sie nur Riniiiahl laga sieb
brnefc und dieses sehon ein paar Tage geihan. Uebrigens war sie,
von Nainr hartleibig, in ein paar Tagen oiobt zu Siuhle gewesen,
über frei v«Q Fieber und ßniMbsohiueraen. Meine Ileihersuche
waren mehre Tage fruehilos; das Erbrechen blieb, und erschien
ikgltcb ein, böt^stena «wehnnhl ; nngebricb wurde über die ausge-
'bmchene Manric stinkender, und sie behai»[>iele, immer einen. Ge-
-siank im Munde *n haben. Obgleich ich die Frau 36 Jabie ge-
hnnat, ai« oft behasdeli. Ja ihr nocb «in paar Wocben voilier ein
FufsgceebwUr geheiiet, und nie von einem Bruche gehört; ol^leieb
auch jetit keine Zeichen des eingeklemnilcn .Itruabes verbanden
waren, so fragte ich doch lum Ucberflaf»: aie faabe doch nol kei-
nen Bnicbf Sie warf das weit weg, mgend, sie habe nie derglei-
oben gehabt. Am andern -Uorgen ''jedoch, da icb sie noch im Bet-
te traf, sagte sie mir:, ieh habe gestern Vom Brache gesprochen,
-sie glaube jelst, nachdem sie sich befühlt, se etwaa in der Schen-
helbiegnng %a entdecken. Ich unlersuchlfr die Sache, und fand
«Mer dem Faloppiachea Bande eine GescbwnUt von -4er Gt^
■fsa eines Hübnereies, die, beim Betasten nicht «cbmersend, sich
weder wie. eine Bufgeirieb«ae Drüse, noch wie «in Darm-, noeh
wie ein Neisbruch anfühlt«. Ich liefs den Wandarzt das rfiifasel- -
hafte Ding untersuchen, der wu^a aber autdi nicht, was er doraiu
machen sollte und war meiner Meinung, es müsse ein alter Scha-
den sein. Was sie jetzt ausbrach, hatte die gelbe Farbe des Darm-
kotbes. Ich will dem Leser nicbt mit Aufsäliliing unserer verge-
J>enen [leilversucba lAslig fallen, denn icb erzähle ja den Fall
U«fs als Beleg der Unsicherheit der Anamnese. Sie starb an-
gflüabr den 12ten Tag ihres Ünwoblaeias; ieh aage, ongefabr,
denn da sie^ auch bei guter Gesundheit nicht selten xwei, drei
Tage verstopft war, sn war, bei der Abwesenheit der Zufälle ei-
ner BancbeinkleramuBg, der Aafang des Unwofalseiiw nitibt'geiMU
bexeichnet, mithin auch die ganze Dauer desselben nicht genau
zu bestimmen. Bis am Ende ihres Lebens hnt die alle Frau be-
hauptet, die Geschwulst in der linken tfchenkelbiegung sei eine
neue Erscheinung, welche sie erst während ihres letzten Unwohl-
seins enidecki. Ich war neug&erig, durch die Leichenöffnung die-
ses RAibsel gelöset «n sehen, denn 4aa Koihbiedinn , hei Abwe-
— 1183 —
■eoheit «Her ■nderen Zekhen der BauchuinklenmaBg, bawi«« nichli
luebr, ala ein Hia^eraifi im Dsnukaoale, darcb welches iliii Her-
iintprsieigen des Koihet iinmögiich geworden. Selbst unwohl und
das Haus bütbend , bat ich den ebea so neugierigen Wtmdarzi,
den Witwer znr LviebenÜffnung w überreden. Er konnle aber
nichis mehr von diesem erlangen, als die ErUubnifs zur Unier-
suchung der ^ufseren raihBelhaften Geschwulst. Nach weggenom-
mener Haut,' trennet er dieselbe vom (iebenkd, «obneidet si« hart
vor dem Faloppischea Bande ab^ und btingi sie mir. Was fanden
wir nnnf — Etwas, das mit der Auasage der Frau, sie habe nia
früber di«se Geschwulst gehabt, in dem allergrellslen Widerspru-
che Bland. Die ganse bübnereigrolse Mass« bestand in einem so
festen Zellgewebe, dafs'ein Liebhaber von Uebenreibungcn es fast
«ehnicbt bScie nennen können. Oben, wo die Masse an dem Fa-
loppkchen Bande geseiwen, fanden wir eine kleine, von -der Wan-
dung eines Darmes gebildete Tasche, die gerade ao grofs war,
-dafs das erste Glied meines Mitlellingers darin Pla(z haue. Von
einem Bmcbsacke war nicbis xn erkennen, da« Bauchfell, w^Lcbea
ihn früher gebildet, niufsie also wot mit der Darmlasche zusam-
nengewachaen sein; die Wandung derselben war dick und fühlte
sich so fleisobicbt an, wie wal ia Leichnamen die erkrankte Harn-
blase. Uebrigens war die kleine Tasche fest mit dem Zellgew«-
beklamp verwachsen. Alles wohl erwogen, werden die Leser mil
mir einversimiden aein, dafs dieser kleine Bruch ein alter, viet-
leiebt awanzigjAbriger Schaden sein mtifsie; uod doch behauptete
die Fraii, ihn nie frBher gehabt zn haben, ja hfiiie ich nicht vom
Brncbe ge^oeben, lo nfirde aie auch nie auf den Einfall gekom-
men sein, sieh in befühlen. Uebrigens war sie nicht irrsinnig,
sie war vielmehr gerade so, wie ich sie immer gekannt, etwas
verslandesBchwach, wie es hundert andere Frauen sind.
Uie erzühlten zwei FAlle sind wirklich die seltsamsten, wel-
che mir je vorgekommen sind; ich habe sie deshalb angeführt, um
die Kdpfe meiner jüngeren Leser von aller Poesie zu säubern.
Sie können auf der Uocbschnle das Exaininiren der Kranken ler-
-oen; wo ist aber die Hochecbule , auf der diä I£r«oken das Ant-
worten lernenl — Zum Antworten gehört eine bestimmte Erinne-
rung des Vergangenen, und die fvhlt gar vialen Meoschen. Fer-
ner gehört dazu, dafa der Kranke auf seinen Körper geachtet bat;
dieae Aufmerksamkeit fehlt aber auch vielen Menschen, nicht blofs
denen aus der niederen Volksklasse , sondern auch uol anderen,
die, mit vielen Geschäften überhäuft, eh eintrug! icher finden, an
diese, als an ihren KSrper zu denken. Endlich gehört aneh zum
Antworten ein guter, Ecblichter, nicht durch Einbildung gefcsBelier
Verstand; was kann auf unsere Fragen der Dumme antworten,
und wozu nutzen uns die Antworten des Eiabildlioge«? Wer sieb
— 11«4 — .
die Menscben ud«« Tontallt, ali sie im kürgerlichen Lftbeo wirk-
lich sind, der ist ein Dichlcr, der Isbi ja in einar erdicbmeo
Menschenwelt: das laugt aber nicht für den praktisches Anl, es
fahrt SU groben Tttnsehiingen, nod diese gewöhnlich zu einem nil»-
muihigen Verwerfen aller Ananmese, welches ancb nicht taug).
Nun wollen wir yoit der epidemiscben Coasiimiian reden. Die
gemeine, auf die papierne Geachicble der Medisin «ich itützeade
^einong Ist, dafs Sgäenham im 17ien Jahrhunden dieaa auf blofie
Beobachtung gegrRndeie Lehre zuerst auf die Bahn gebracht. Die
Leser wissen aber schon aus dem ersten Kapitel dieses Buches,
dafs sie, eine Heiiiilicbkeii und zwar nicht die scblechieate der
alten lalrochemiker-, schon von BoAenitiM unter dem Namen Astro-
nomie vorgetragen ist. Nur der durch die Galeniache Heillehre
bewirkien ibeilichten VeniandeaTerkrüppeJung ist es snzuschrei-
ben, dafs die Aerxie nicht schon viele JahifaunderM früher das ge-
sehen, was spilter SgdeHhoM sab.
Die lehrenden Aerzle raihen uns, von dem Charakter der epi-
demischen Consiitiition, in dem tinzelfalle, amf die Natur der zu
bellenden Krankheit zu achliefseo. Das ist sehr wahr nnd sehr
gut; allein zu diesem Scbliefseii- gehört doch, dafs wir sehen «ne
Anzahl Krankheiisflille zu der Zeit 'behandelt und als gleicbnaturct
erkannt haben. Die Zahl der also erkannten. FltUe srehel mit der
Wahrscheinlichkeit, dafs der kranke Mensch A. an der nSmlichen
Krankheit leide, i in geraden Verhfilinik; diese Wahrscheinlichkeit
ist um so gröfser, je gröfier die Zahl d^r schon beObachteien und alt
gleichnaturig erkannten Fftlle war. Ist die Zahl dieser Fslle sehr
grofs, so grenzt die Wahrscheintichkeir, dafs der zu heilende Kran-
ke A an der nämlichen Krankheit leide, fast an Gewifsheil: ich
sage fast; die gröfsle Wahrscheinlichkeit ist immer noch nicht
Gewifsheit.*)
Ans dem Gesagten gehet hervor, dafs die gelehrten und leh-
renden Aerzle, wenn sie sagen, wir sollen von dem Charakter der
epidemischen Consiiintion auf die Nator des zu erkennenden, aue
den Zuflinen nicht selten -unerkenbaren einzelnen Krankheilsfalles
schliefsen, sich einer Peiitio principü schuldig machen. Sie sez-
zen etwas Allgemeineres, als ein Bekanqies schweigend vorana,
welches aber noch nnbekannt ist, dessen Bekaontschafi -zu errin-
*) Dl leb nieh mebr inf die Iilroiopliia iti inr dia PhiFoiofbie felcgt , •■ bsba
Ich iDCb iD meiaeiB Leb'n oiehti Fbilotophitcbc* ibsr die WahncheiDlichkeit
(«Ines sU Dir Utawei MerndthoAm» Abbsüdlaog, die nan im erdas nella
uiaer pbilow>pbitcb«B Scbrilaa Badrl. Haa bat «ir K«Mit, ia aeMr Zait
■li viel Hirkwürdigei Sber dieiaa 6ef ea«tapd {teiobriebea ; leb k'*o^ es
gcra, werde ei aber nicht laieo. Die alierg:rli(^le Wabnebaialicbkelt , dalk
tob bald ilarbea innfi , maebt vicb alms vardroiwo , iber asdera Wahr-
BcbeiolieblicitaB in ErUela.
_ 1185 —
gm, gerade die Bobwierigate Aufgab* für den Pralfiliker iM. Wenn
ich jedoch behaupte, dal« «ch gar manche Aerzte dieser Petitio
prineipü aehuMig gemaefat, eo weifa ich doch auch recht gut,
dafs andere am lehren, daa IViacipium Busxnniiueln and feitKn-
Hellen, das heifat, den allgemeinen Charakter der herrschenden
Kr4nkhelt xu efforschen. Da diese Aersie aber nur drei £iken-
Bungsweg« haben, den der Ursachen, den der Krankheitszu^Ue
und den des Helfena oder Schadens der Arzeuei , so mufs es am
die Belehrung aach sehr mangelhaft aussehen. Boer&ave (Aphor.
d«cogmoac. et curand, morö. f. 1412.) gibt sechs Wege an, durch '
welche wir zur Erkenntnifs der verborgenen Natur einer epi-
demischen Krankheit gelangen kSnaen. Es ist mir zu langweilig,
diesen im Grunde nichisaagendea Paragraphen abzuschreiben. Der
«echste darin angegebene Erkennungsweg ist noch der verständig-
■te: Abttinentia ai omniauxilio^ quod dubium, valde movem, «ih
tatu, tectum morbi geniH» obicurana. Es ist dieses aber offenbar
mehr eine Warnung, sich nicht selbst durch feindliches Eingrei-
fen die Erkenntnifs unmSglicb zu machen, als ein wirklicher Weg
cur Erkenntnifs zu gelangen.*)
Hier könnten die Leser mir vorwerfen, ich geraihe mit mit
selbst in Widerspruch, Der ganze speziell praktische Theil mei-
nes finches beweise, dafs ich die Lehre von der epidemischen
Constitution sehr hochhalte, dafs ich ihr eine weitere Aasdehnung ~
gebe, als je ein Arzt seit Sydeaham Zeit ea gethan. Jetzt aber,
wo ich im Allgemeinen von der Erkenntnifs der Krankheit spre-
che, gewinne es das Ansehen, als wolle ich jene E^hre verdäch-
tigen, ja sie als Mittel, in dem Einzelfalle zur Erkenntnifs zu ge-
langen, verwerfen. Ich bitte aber meine Leser freundlich, ihrUr-
tfaeil forläu&g «in wenig aufzuschieben; der scheinbare Widsr-
*] Wir lieh die Hüha ^ebeo will, dtn ■ngerübrten Aphariimn» B«cbziueheD,
der wird ohos lieFe* Naehdenkea Folgende! Jlnden. Nr. 1 tiebel mit g. (404
fo (artdBB Widenprnche. Nr. t anthilt eine Verdeckte Putilia prineifU.
Hp. 3 lit biafj dcM Aril« branshbar, der die Hrtnkheit behandeln, aber eicbt
dem, der lie faeilsD will. Nr. 4 aatzl blub den Ante , der keiae todare
Mittet kanni als entleerende. Wean aber ein solcber Anl aiebat, dari von
aelbft eajtandeae Enlleerangen die Krankheit ichlinmer, ja tödtlich macbea,
M wird er aaeb ohoe Betrhavemt Ralb icbon die künitlichen Bulle erongea mel-
des. Nr. S Cempmraii» ptiirlam eoitm tmnfort detuMbaniiiim limwl, iit
•ia gnlar, da vorlrellieber Ratb ; aar Schade , dar« man ihp niobt jedenrit
•Dweadas klaa. Weoo et wahr iil, daf* nea nertrateade epidemUclie Rrank-
beitea lawetlen Oogi viele HeoictaeD tngtcicb ersreiFen , »o Jit ei eben •»
wahr, data sie oft genng to lanpam and zandernd hemnaFfaleichen , dafa ein
beachifti^er Arat (nicht ein heachinigter FilrBlensrzt, londcm ein beicbifti^
ter VoOuaiTt) gleich ADbsgB ei nnr mit Einem, oder mit ein paar Kranken
in senas Art zu thao hat. Wie liehet e« denn da n» die Comparali» p^».
75-- ~--'<i
— 1186 —
sprach wird sieh in J«r Folg« schon ansgleicheti. Ich wU) inont
du, was ich selbst über die epidemische Constitution beobachtet
habe, ohne anf St/denkam oder einen andereo Schriftsteller Rück-
sicht sa nehmen, kürslich kii s am men fassen, damit wir ans hinten-
nach um so besser einander rersieheo.
Der wichtigste, aber auch der am wenigsten durch Beobacfa-
tang ans}!ebi)deie Punkt dieser Lehre ist der Metbu» itaiionariu»,
dafs nämlich eine herrschende Krankheit sich mehre Jahre gleich
bleiben kSnne. Von dem Marbo atationario lautet meine Beob-
acbtnng, die aber (wohl su merken) nur eine zwansigjährige ist,
also.-)
Seilen mag wol in unserem Himmelsstriche die siationBre Krank-
heit in einer reinen Affektion des Gesammiorganiamus bestehen,
und wenn sie so geartet ist, wird sie nicin leicht Jahre lang, son-
dern nur Monate lang so hleihen. GewJthnlich sind die stationS-
ren Krankheiten Urorganaffektiönen. Herrscht eine solche Krank-
heit zwei, drei, vier Jahre, so kann sie in diesem Zeiträume meh-
re Monate lang sich mit einer Uraffeklion des Gesammiorganisnius
verbinden, und also eine gemischte Krankheil sein, bernach aber
wieder zur einfachen Organkrankbeil werden. Sie kann aach meh-
re Jahre ganz ohne Vermischung ala einfache Organk rankheit be-
stehen, so dafa, mit seltenen Ausnahmen, der Gesammlorganitrans
sich in dem Indifferenzstande befindet. Die seltenen Ausnahmen
sind dann wahrscheinlich blofs in der Eigenthuiul ich keil der an-
dersartig ergriffenen K9rper hegründet.
Wenn wir nun aber erkannt haben, die siationSre Krankheil
sei Urleber-, oder Lirgehirn-, oder (Jrlungenkrankheit, so haben
wir doch nur eine Formenerkennini fs. Ein und dasselbe Organ
kano in seiner Kigenthümlichkeit auf mancherlei Weise erkranken,
and während der mehrjährigen Dauer der aiationSren Krankheit,
kann die Krankheit, hinsichtlich der Form gleich bleibend, in ihrem
Wesen mehrmabis verändern. Diese Veränderung geschiebet ge-
wöhnlich im Frühjahre, oder Herhat; sie bindet sich aber nicht
immer an diese Zeit. Ein Beispiel mag das Gesagte deutlich ma-
chen. Wir wollen annehmen, es habe ein ganzes Jahr eine durch
Schellkraut heilbare Leberkrankheit geherrscht, so kann nach ei-
nem Jahre diese Schellkrautleberkrankheii in eine Brechnufsleber-
krankheit sich umwandeln , und diese nach einem halben , oder
ganzen Jahre in eine Quassia-, oder Frauendislelleberkrankheit
n. B. w. Ich weifs nicht zu sagen, oh diese verschieden artigen
Erkrankungen eines nnd desselben Organa von dein Ergriffensein
anlerachiedeaer Tbeile dieses Organs abhangen, oder ob sie blofs
*} leb ipracbe h]«r blolk ran des Istttan SO Jabranj was feil Mbr bcohcblet
k»be, Usint nickt io ADBsrfcsiS. GoüqIc
— 1187 —
eiae Vcrfindcrnng des Wesens d«r Krankheit beknndea. Letzt«
mafs ich blofi deshalb annehpiien, weil erstes eu bestimmen, au-
fsefbalb der Grenien der Sratlichen Beobacklung liegt, ich zum
wenigsten lilofs dunkle Vermuihiingen darOber anfstelten kann, wel-
che für das Heilgesohäft nicht den tnindesieo Naizen bähen.
Oie BeobachtuKg des Morhi ttatiouarU, ans dem angegeb»-
Den Gesicblspunkie betrnchiel, bat grofsen Nntsen für die Praxis.
Sobald wir nftaiHch Form und Wesen der Krankheit erkannt ha-
ben, so kennen wir auch das eigentliche Heilmittel, durch welches
wir sie aus dtm ersten Zeiträume in den der Genesung bringea
können. Wir haben dann ein halbes oder ganzes Jahr lang eio*
geraüchliche, eine angenehme Praxis, wir branchen uns nicht mehr
den Kopf an lerbrcchen. Einiig müssen wir nur auf die Eigen-
tbumiichkeit der Körper, und auf seltene, wabrseheinlicb in die-
ser Eigentfaümlichkeit begründete Ausnahmen von der Regel achten.
Die Veränderung des Wesens einer solchen herrschenden
Krankheil ist zuweilen durch keine aulfallende Veränderung der
Zufälle, sendern nur blofs durch das Nichibeilwirken des Mittels,
welches bis dabin geholfen, su erkennen, Z. B. wenn eine Le-
bererkrankung als Morbu* ttalionarin» ein Jahr lang durch Brech-
nufswasser in allen vorkommenden FAlIen sicher zu heiles war,
«o siebet man, verfinderl das Wesen dieser Krankheit, auch bei
nnverSnderten ZuHlllen derselben keine Heilwirkung mehr von d^n
Brecbnufswasser. (Sollte vielleicht ein einfaildischer Arst die Heil-
wirkung dennoch zu sehen wBbnen , so würde schon der Kranke
oder dessen Freunde ihn bald von seiner Einbildung befreien.)
Nun mufs man aufmerken und untersuchen, ob die Üreehnufsleber-
krankhett vielleicht in eine Schellkranl-, Qnassia-, oder FraueiH
disielleberkrankheit verHnderl sei. Findet man das wahre Heil-
mittel, so ist man abermahls ein halbes, oder ganzes Jahr Herr
der Krankheit und wahrhafter Heilmeisier. So lange man es aber
noch suchen nmfs, ist man eine arme, unglückliche Creaiur. Be-
greiflich wendet man dann Mühe nnd Fleifs an, sich sobald wie
möglich der unheimlichen Stellung zu entziehen.
Da ich in einem praktischen Buche der Wahrheit Tollkommen
Iren bleiben ninfs, so darf ich den Lesern, besonders den jünge-
ren, nichts verhehlen, was sie in der Folge einmabi auf eine et-
was unangenehme Weise überraschen könnte. Hat man das We-
sen einer herrschenden Krankheit richtig erkannt, heilt man sie
also im eigentlichen Sinne, so ist es, wenn die Natur dieser Krank-
heit verändert, man also anfänglich das wahre 'Heilmittel nicht
kennet, sondern es erst suchen mufs, dem Volke gleich sichtbar,
dafs man die gewohnte Sicherheit verloren. Der Laie, der den
Arzt in dem Zeiträume seiner Sicherheit handien sah, und siebet
ihn hernacb ia dem Zeitraum« seiner Unsicherheit handeln, der
75'
— 1188 —
aöfii« wirklieb gst» ventandlot mio, ffvnn ihm der üntenchM
aiobt iD die Aagen falleo ■ollie.
Wai mich betrifft, ao mnch« ich mir gac nichti daraas, daft
die Lanu w etwai merkan, vielmehr iiabe ich des nie Hehl ge-
habt, dafi ich bei veränderter \atur einer herrschendea Kraoktieit
leiM auftreten nnd sie erst lieDnea lerneii mufa, bevor ich mit Si-
cherheit nnd Beatimmiheit bandeln kann; ich habe des nie Hehl
gehabt, dafs Krankheiten, deren Natur ick erat erforschen miib,
während meiner Unterauchnng Fortschritte Eur VerachliiumeruDg
' machen können , ja ich habe jedeneit in solchea Füllen , nach
«ndlioh besititigiet Krankheit , das gemeine Iiob , das die Leaie
dem Arile als Lebensretter spenden, unter der Bemerknng abge-
lehnt, dais ich Leb nur dann verdient haben würde, wenn ich be-
föbiget gewesen, der Krankheit von Anfang an Stillsland an ge-
bieten, und die vermeintlich« Lebeosreitang gaoi unnSthig ca
macbea.
Ein Arst, der sich nimmer als nasicher in der Erkennlnifi den
Augen der Menschen bblsateUen will, der tbul am beaien , kein«
«inxige Krankheil za heilen , sondam sie alle nur so- bebandlen.
' Er mufa täglich neue Arzeaei verordnen, auch mitunter, wenn er
sich recht emsig aeigen will, zweiraahl täglich, dabei mit held-
seligen Reden dem Kranken, oder ist dieser achwerfaörig, den
Freunden die Zeit vertreiben; so iunn er Jahr aus Jahr ein sieb
gleich bleiben, nnd kein Mensch wird je sagen, dafs er jetzt min-
der mit dar Natur dar tu heilenden Krankheit bekannt sei als er
ea früher gewesen.
Bis hierbin habe ich nnr von dor Verändernag des Wesens
der Krankheit eines und desselben Organs gesprochen. Kommt
aber die Zeit, dafs der Morbu» Hationariu» in der Form verän-
dert, dafs er auf ein andere« Organ übergehet, dann gilt es wahr-
lich noch mehr aufpassen. Eine solche Veränderung der Form
offenbart sich oft durch keinen einzigen ausgezeichneten , in die
Augen fallenden Zufall, sondern leider einzig durch da« Nichtheil-
wirken des bis dabin heilenden Organmiitels. Nun aiebet man da
und schauet das Diog ganz verblüfft an. Man merkt wol, dab
man mit etwas Nettem zu ihun hat; ob aber das Neue in einer
WesenreräDderang der bis dabin herrschenden Organk rankheit be-
stehe, oder in der Erkrankung eines ganz anderen Organs, da«
ist das grofse Räihsel, welches einem zu lösen aufgegebea ist.
Sollten vielleicht manche Leser denken, man müsse doch wot ana
den Zufällen erkennen können, ob Leber, oder Milz, oder Pan-
kreas, oder Gehirn u. a. w. erkrankt sei, so bitte ich sie, sich an
das zi] erinneren, was ich oben von der üasicberheit der Erkennt-
Qifs der Krankheitsfoiu durch die Zufälle gesagt habe. Auf ein«
Kleinigkeit mnfs ich jedoch anbnerksam maeben, (ü«.a!ir niwet-
— 1189 —
Isn beiiD Erralhen du neu erkraDklen Oi^ans gute Dientte ^-
leiuet. Dm kleinliche xxad Sngitlicbe AafzHhUn aller Zaßlllc ai-
Der berracfaenden Organkrankheit iit gans nutzlos; denn die Zo-
Alle siod gewöhnlich lo wandelbar, ao vielarlig in verschiedenen
Körpern; dafa, wallie mao auch, wie Sylviiu, aie bei der Krank-
heit sbeacbreibung in gewisse Klassen ordnen, um das Ueberseben
vnd Behalten derselben zu erleiehiem, man dadurch do<^ in der
Folge, wenn wieder einmahl dieselbe Krankheit erscheinen soll-
ta, den Aeratea die Erkenntnifs nicht erleichtern, sendern weit
«her erschweren würde; denn diese Krankheit könnte alsdanb an-
dere Zufälle zeigen als frülnr, nnd doch von dem n&mlichen nr-
erkrankten Organ abhängen als d»e frühere, nnd eben so nainret
sein als die frühere, das beifst, dureh das nimliche Mittel beilbar.
Man beohachiet aber, iwar nicht bei allen, nber doch bei man-
ches epidemiacben Organ berührt heilen, eineir hervorstechenden Zu-
fall, der sich hei vielen Ergriffenen zeigt. Diesen mulä man im
Gedächtnifa behalten , er kann einem , wenn einmal knofiig die
nSmlicbe Krankheit unter der Larve ganx anderer ZufUlle erscheint,
die Erkenntniis der Form and des Wesens der Krankheit sehr er-
leichtern. Ich möchre, als ehrlicher praktischer Schriftsteller, den
Vonheil, den ans die ErinitMung eines solchen Zufalles gewBbret,
nicht gern zu hoch anschlagen, glaube also der Wahrheit am näch-
Bien zu bleiben, wenn ich na^e: jene Erinnensog leigt nns ein»
an Wahrscheinlichkeit sireifeade Möglichkeil, dafs die neue Krank-
heit, hei der wir einen so^ehea Zufall entdecken, ein« Krankheit
des nämlichen Organs nnd eben so naiuret sei als die ffübere,
bei der wir denselben beobachtet hatten. Ein Beispiri wird die-
ses ganz deutlich macben.
Im dritten Kapitel habe ich ein berrachendea Fieber beschrie-
ben, welches von einem Urerkranken der Baucbspeicheldrüsa ab-
faiag nnd dttrch das Jod geheilt wnrde. Bei diesem Fieber war
nntw allen wandelbaren Zufällen ein morastiger Harn dergemeln-
Ble, BO, dafs das Nichtvorhandensein desselben ah Aosnahme von
der Regel angesehen werden kannte. Im Jahre 1834 herrschte
ein Lebflrfieber, welches dnr«h eine Mischnng des sabstnran Kal-
kes nnd der Scfadlkraattinktnr geheilt wurde. Im Dezember war
so gesnnde Zeit, dafs ich mich nicht erinnerte, seil vielen Jahren
«ine solche erlebt zn haben. Am Ende des Jahrs erkrankten aber
etliche Menschen an akuten Fiebarn, die von einer nnbeimlichen,
neuen Art waren, obgleich sie sich, hinsichtlich der ZufKlIe, von
dem bis dahin bestandenen Morbo ataliimmrio nicht unterschieden.
Bei der neuen sowal als bei der alten Krankheit klagten di«
meisten Menschen über ein eigenes Gefühl in der Gegend des Ma-
gens, welches einige bestimmt Schmers, andere Druck, andere ei-
ne Leere nannten. Die alte Knuikbeit war bis dahin bestimmt
— UM —
der Miscbong du talmiren KalkM mit dw 8clwlIkraaiiinktDr ge-
wichen; die oeue kehrte lich aber nicht an dies« Medizin, vor-
aus ich denn erkannte, dafs es wirklich eine nene sein müsse.
Das Neue konnte aber eben so wol in einer Wesen peränderung
der allen Leberkrankheit bestehen als von der Erkrankung einns
auderea Organs abhängen. Um snr ErkeHntnifs zu kommen, ver-
suchte ich andere Leberfnittel , aber gans ohne Erfolg. Im J»-
naar 1835 kauen mehre Kranke, iheils fiebernde, theiis fieber-
lose. Das eigene Geftihl in der Magengegend war ganz gemein,
aber auch sehr iweidentig. Merkwürdiger war mir der eben so
allgemeuie morasiige Harn. Sollte das auch wol, dachte ich, wie
früher ein Zeichen des urerkraaklen Pankreas sein f — Die M9g»
Ucbkeit war nicht zu liugnen, allein es war an sich auch nur ei-
De nackte MöglicbkeiL Das beobachtete Nichiheilwiriten der Le-
bennitteL erhob dies« MAglichkeil zwar noch nicht sur Wahr-
scheinlichkeit, sie gab ihr aber doch eine Schaltung der Wahr-
scheinlichkeit, die mich zwar nie bestimmt haben würde, feiitd-
liche Mittel zu versuchen, die mich aber wol bestimmte, das no-
feindliche Jod zu versuchen. Ich gab die Tinktur, wie ich si«
früher bei chronischen and akuten Pankreaserkraaknngen gegeben,
zu 30 Troftfen tags in getheitien Gal>en, und siehe! das Heilmit-
tel war gefunden. Freilich unterschied sich die Jetzige Pankrcas-
krankheit von der früher beobachteten in einigen Nebenamstin-
den ; jetst wurde z. B. Leber, oder Meren, weit leichter consensuell
ergriffen, besonders inr Zeit der Besserung des urerkrankien Or-
gana, auch war bei einigen das akute Fieber eine Salpeteruraffek-
tion des GesaramtorganismuB, mitbin die Krankheit eins vermisch-
te: das sind aber doch nur Kleinigkeiten, in welche man sieh
bald findet, wenn man nur das urerkraokte Organ nnd die Natur
seiner Erkrankung kennet.
Zuweilen trifft es sich auch, dals bei einem Morbo itati*tua^
dessen Form nnd Wesen wir gut kennen, in einem einzelnen Kör-
per das Wesen dieser Krankheit itoders geartet ist; bei solchen
Ausnahmen von der Regel ist wahrlich guter Rath theuer, die
Boerimücie Cow^aratiQ plurium eodem ttwiport deambenHnm »*■
mul f&llt dann ganz weg. Hier bat mir auch zuweilen die Erin-
nerung eines ansgezaicbneien , bei einer früheren epidemiechen
Krankheit beobachteten Zufalles einen Wink gegeben, der dem
Kranken snni Heile diente. Einst herrschte als MarAitt lialioma-
riuM eine Leberkrankhait, die in dem Jahre, wo der zu erzählen-
de Fall sich SDtrag, durch Brechnufiwasset zu hellen und bald zu
heilen war. Bei einem jungen Manne wollte sie aber dieser Pa-
nazee nicht gehorchen, sondern machte Fortschritte zur Verachlini-
merung. Es entstand consensueller Durchfall, und weder die Ver-
minderung der Gabe des Brechnnfswassers , nooh «Ua Varbindong
— U91 —
daweUwB nit OeI«>Dldon konals rfiesmi Zufall bMobwiohligwi,
dia Kraolcheil in ihfea ForUcfarilleD zur VerteUimnieniiig ben-
lueo. Eines Morgvu kam mir die Chafrau weiaeod io dec Haaa-
ihtir eolgegea und sagte, ihr Mana ward« slerbao, der Darmkoib
laufe von ihiu ias Bett, ohoa dafs er- Gefühl davon habe. Ich
faad ihn bei guleia VeraUnde, und er lagtt jelat selbst, dals er
von dem Abgebelt des Süssigea Kothei nicht das geringste Ge-
fühl im After habe, loodern nur biatennach die Nfisse an den
Schenkeln flihle. Ich eriaaerte mich gleich, vor mehren Jahren
bei einer beFrgchaaden Leber krank h ei t den näwlicheji seltaainen
Zufall beobaeblel zu hnben. Da jene Krankheit damahls durch
Scbellkranl beilbar war, so veraachte ich jetzt, durch den Dämli-
chen Zufall gemahnet, auch das nänliche Mittel. Ich gab kleine
Gaben der iScbellkrauttinktur, and schon am folgenden Tage stand
der Durchfall, und die Besserung machte nua iKglich so skbtbare
Fortschritte, dafs die Genesung weit balder erfolgte als ich et ver-
inulben konnte; ja dem fortgesetzten Gebrauche des nlimlichen
Mittels wich nun auch allmählig eine langa vor dem Fieber ba-
■landene ebroniacbe Lebererkrankung, die sich durch Mifsfarbe
des Gesichts und kurzen Hustaq offanbarei halte.
Es ist Schade, dals nicht alle herrschende Organkrankb eilen
einen 'allgemeinen, oder einen anffallenden Zufall haben, der oi»*
bei ihrem kinfitgea epidemischen oder aporadischen Erscheinen,
wo nicht gerade als Erkenn nogaaatchen, doch als mabneoder Wink
dienao könnte. Alle haben aber beziimnt nicht ein solches Zei-
chen. Ich würde jatzt die Geduld der Leser mil'sbraacbea, wenn ich
mehr von diesem geringfügigen Gegenstaade sagen wollte. Frei-
lich, wir Praktiker mSasen listig sein wie die Schlangen, wir dOr-
fea das Unbedeutendste, das uns dep Weg zur Erkenoinirs auch
nur dunkel andeutet, nicht Teracbten; aber von solchen Kleinig-
keiten viel zu Bchwauen mid viti darauf zu pocbeo, halte ich für
■aanaiindig.
Nua will ich das Ergebnifs neiner Beobachtnng Über dia
Morbat MlerenfTente» dem Leser miitbeilen.
Dafs bei den Bestehen einea Morhi ttmtiomta-ii andere Krank-
heiten bald häufig, bald minder biufig erscheiaen, eine längere
oder kürzere Zeil herrschen und dann wieder verschwinden, wel-
che mit dem Moria itulionari» keine Geiaeinachafi haben, abga-
sehen von ihrer .Form, ganz anderer Natur sind als jener, dies«
Wahrheit wird gewifs kein Arzt, der nur zehn Jahre die Knast'
geübt, in Abrede stellen. Oie Morbi inttrcurrent«» können, an-
1er verschiedener Form auftretend, bald Universal-, bald Orgao-,
bald Misch krankheilen sein. Die gewühnliohMen, die in meinem
WirkuDgskreise vorkommen, sind (mit nosulogischen Namen be-
seiebnet) falgende: Ruhr, fieborisober Durchfall, Soharlacfafiebar,
— ii9i —
lUieanatiflnai , fi«b«Uche nnd anfisberitoh« Hniteo, Angina, ge-
■ehwollene Haltdrüsan (be«ond«ra b«i Kindwn), Maseni, Varisel-
lan, Wechselfieber n. a. la der Folge wird man, decke ich, auch
wol die Cholera dasa rechaea müsBen.
Der Mwbua italiouariua verbreilet sich Wahncheinlich fibei
eioea groheu Strich Landes; wie weitt das kann ich nicht eia-
mahl muthmafgen , weil ei gans aufser den Bereiche meiner Be-
obachtong liegt. Der Morbut intercurretu faeschrSnkt eich g»>
wohnlich auf einzelne Gegenden, auf einKelne Städte, Ddrfer, ja,
was wahrhaft seltsam ist, zuweilen ^uf eine einzige Bauerscfaaft.
Er kann mehre Orte gleichzeitig, oder auch aachzeitig besuchen,
und im latztea Falle, die nKcfattgelegeaea verschonead, sich in
enifernieran zeigen. In jüngeren Jahren habe ich mir wol iiher
solche Wunderlich keilen den Kopf zerbrochen , ich thue es aber
schon längst nicht ssefar , denn ich habe schon Ifingst begriffen,
dab des Menschen Witz nicht ansreicbt, diese Heimlichkeiten der
Natur zu ergrändea, man also am klägsiea tbut, sich einfältig an
die Beobacblnng zu halten.
Die Schwierigkeil, die Natnr der zwischealanfeaden Kraak-
heitea zu erkennen, ist fär den kleiast&dtiscban Ant grofs, aeht
grofs, (über das Geaohäft grofsstfidiiscber Aerxte kann ich in die-
ser Hinsicht nicht artbeilen, ich kenne es nicht). Erscheinen die-
le Krankheiten zuerst in meinem Wohnorte, ao wird mir die Et-
kenntnifs zum wenigsten dadurch erleichtert, dafs ich die ergriffe-
nen Menschen so oft sehen kann als ei mir gefüllt, mich also bh(
keine anvollkommne Berichte zu t erlassen brauche. Habe ich
dann hier die Natnr einer solchen Krankheit erkaaet, so kann idi
apäier, wenn sie an anderen Orten meines Wirknngakretses er-
icheint, all Heilmeister aaftreten, Toraosgesotzt, dafs sie dort eben
•o geartet sei als hier. Wenn sie aber nicht zuerst ia meineai
Wohnorte sich äafsert, sondeni zwei, drei Wegataoden tod hier,
nnd ich soll Etath gebea , wie siebet es da ans *. Es mnfs gehen
wie es kann ; unser Geschftft ist ein seltsames Geschäft, man macht
Fodernngen an uns, za deren Befriedigung ein wahrhaft göiilidier,
prophetischer Geist nns leiten mniile, dessen Begangen ich pro-
saischer yeratandesmenseh aber leider in mir Termisse. Eins ^kommt
mir besonders la gute, welches vielleicbt manohem anderen kleia-
si&dtischen Arzte abgeben wird. Mein Wohnort ist der ungeann-
deste, der vielleicht in einem Umkreise von 50: Meilen zu finden
sein mag, daher möien auch wol die zwiachenlaufenden Krank-
heiten sich durch die Bank hier früher äufsern als \m anderen Or-
ten meines Wirkungskreises; mit Ansschlnfs jedoch der anstecken-
den, denn die machen ihr» besonderen Reisen.
Zn bemerken ist auch, dafs eine an mehren Orten sich Sn-
fsemde xwischenlaafeude Krankheit zwar gewöhnlioh an dien die>
— 1193 —
MD OrlBD TOn glaicbw Natar ist, man iinw aber IniacBWegn
für atne fett« Re^I halt«!! darf. Ea gibt wirklich Ananbhmen,
und die aiad, wie man leicht denken kann, sefar angemttchlich föi
den kleinaifidtisdien Praktiker.
Verbindet sich die feststehende Krankheil mit den awischen-
laufendent — Nach meiner Beobaeblung ihnt sie et gewöhnlich
Dicht; es gibt aber Ausnahmen von der Regel nnd man mag wol
auf diese achten. Wenn Leberkrankheit feststefaende Krankheit
ist, so vermischen sieb t. B. die Weebtelfieber gerä mit dersel-
ben; swar beobachtet man das nicht in allen Kürpern, aber doch
in manchen, auch in dein einen Jahre mahr als in dem andern.
Endlich ist noch Folgenöea sa bemerken : wenn eine twischenlan-
fende Krankheit «o viele Menschen an einem Orte in einem ge-
wissen Seitraane ergreift , daft die nichtfirxtlichen Menseben die-
se hfiufige Erkrankung eine Epidemie nennen, so sdieint ge»5hn-
licb für die Zeit der Morhtu ttalionaritu verschwunden zn sein.
Er ist et aber nicht, wovon man sich leicht überzeagen kann, wenn
man in nahgelegenen Orten, die von der sogenannten Epidemta
nicht berührt sind, GescfaAfia hat. Dafs er aber verschwunden nt
aein scheint, Mdchte nbel in erklären »ein, man mnfa sich nnr
an die Bcebaobtnng harllen; die ist oft genug gemacht, t. B. in
Dauer Zeit bei der Cholera nnd in frälier Zeit bei der Peel.
Endliob mafi ich auch noch der VoUaiftndigkeit wegen an et-
was erinnern, wovon ich schon früher, vielleicht mehr als Einmahl,
in diesem Buche gesprochen, dafs aämlieb die unbekannten EinflOt-
ao, wellte die epidamiscbeo Organberahnbeiten machen, bei wei-
tem nicht alle berBhrte Menschen ins Bett werfen. In einem gre^
ften Theile ist das Organ nur so mäfsig, so leise ergriffen, daft
die Vorn ch Ion gen desaelben wenig dadurch gesiSrt sind, das Ge-
rn ndheitsgefohl kaum merkbar getrübt ist. In manchen Fffllen
gleicht die beilands Nntur diene kleinen Abweichungen mit der
Zeit wieder aus; jn manchen anderen tbnt sie es abernirht, son-
dern die kleinen Abweichungen von dem .Normalen verschlimme-
ren allmSblig und werden endlich nach langer Zeit su chronischen,
tchwerheilbaren, »der nnheilbaren Organkrankheilen. In solchen
früher leiten, nnbeachteten epidemiaohen Organberüfanbeiten liegt
der Keim des Todes vieler Menschen, ja ich glaube selbst, dafs
TOrxOglicb in ihnen der Grund der voneitigen Sterblichkeit des
Mensoheogeichlechtes an soeben ist.
Das isi nun alles , was ich als das Ergebnifs meiner Beob-
achtung über die epidemische Cnnatilatio« aufstellen kann; weiter
unten mnfs ich diesen Geg^stand noch einmabi wieder aufneh-
men, nm den Werth janer Beobachtungen als Erkenniingt mittel
richtig zu schätzen; jetzt l^t sich dieses noch nicht ihan, weil
ich mich dabei auf Vorantaatzangen beziehen mnftte, über welche
— 119« —
ich mich mit dem Lamf noob nicht besprochen. Vorlän&g sei ei
mir erlaubt, meine Gedenken über Sydemiam und die necfaajden^
bamiacbe Zeit, einsuschaiiea.
SifdeKham ist, so viel ich weife, derjenij^ gewesen, der »•
ent darauf Bufmerkiem gemacht* dafs nicht l^lofe in eigenilichen
Ort-, oder Lsndseuchen dte Natnr der Krankheit fast bei all«n sn
der Zeit ergriffenen Menschen gleich sei, sondern dafi diese Gleich-
heit der Kratikheitsaatur auch in. gemeinen Zeiil^fen Statt findet,
wo die Zahl der Erkrankten gar nicht das gewöhnliche Mab über-
steigt, also in der Laieuwelt keine Rede voo der Epidemie ist.
Er nannte dieses C»tutituti» epidemica , uod unteraehied gans rieh-
tig die Marb»* ttatiomarioi von den intereurreulAm». Die Rich-
tigkeit seiner Beobachtung wird dadurch wahrseh einl ich, dafs, ab-
gesehen von den Widersprüchen einiger früheren Gegner, der gröfa-
te Theil nachfolgander Aerste eeine Ueobacbtungen bestKiiget ha-
ben; deoB dals spiiere S^steroatiker sie einav so genannten Sj-
Btem za Liebe verwarfen, kaiia wol nicht in Betracht koinnien,
4a das Sjttem dieser Verwerfer I&ngst «■ Grande gegangen ist.
Ich gehöre wahrlich nidit m den Aersien, die bei allen Be<
«bachtungen, bei allen anatomischen und phyiiologisehen Unter-
iocbnngen fragen; woxa toll nns das dienen; di» alles als eine
Tborheit verwerfm, von dem man nicht angeo blicklieh den piak-
tischen Nuuen nachweisen kann; wAt aehe vielawfar ein solches
Verwerfen als Zeicheo einer groben GeistesbrcchrSnktheit an,
oder doch zum mindesten als einen Beweis, dafs die Verwerfet
auf einer etwas niedrigco Stufe Teraiandhafter nnd praktischer
Bildung stehen. Wenn aber schon' nreibundart Jahre verfloasen
eiod, seitdem eine Beobachtung, genacfal ist, die, vnt^MSydenkmmi-
tchct der Praxis ausscblielslicfa aningebören soheiot nnd die scboa
von so vielen Aersten beslitiget ist, so darf man doch wol, ohne
den Vorwurf dar Geistesrohheit auf sich na laden , die fVage anf-
werfen: welchen \ulsen bat denn eigeDiIicfa die %tfetU(nMcA« Beeb-
achlnng für das Heilgea^häft gehabt! Uafs sie wenig Nntses für die
Praxis des Sgdaiiam selbst gehabt , ist von TerstAadigeo Mftnnern
längst anerkannt; der ganze Vortheil bestand darin, dafs er sich
bewogen fand, bei der einen Krankheit etwas weniger Blut zu las-
sen, etwas weniger «n laziren, als bei der anderen. In der Folge
bat man ihm »ia Heilmeisler einen gar zu grofseo Wertfa beige-
legt, welcher Mifsgriff beut zo Tage schon Ungst erkannt ist.
Aber selbst in späteren Zeilen, da man seine Heilarten als.ann-
iKnglich Tcrworfen, haben die pmkiisdien Aerzte noch immer eio«
besondere Vorliebe für ihn behalten, die freilich in dergegenwir-
tigen Zeit bei den jüngeren rein verflogen zu sein scheint. Sy^m-
ham hatte in meiner Jugend fSr mich viel Anziehendes, aod *a-
gleich hatte ich dod> einen Absohev, «eiae Heilartea sn versnoheo :
— 1195 —
anderen Aereten ist ei eben so ergangen; wai iM doch der Grand
dieter gleichzeitigen Zo- und Abneignngl Meines Eraobtens fol-
gender. St/demiam hat einen icfalichten, geraden VerMand, das
ist schon eiwas, was die meieren Praktiker aasprichu Er ver-
wirft die hemchendfl Theorie als onsulinglich xnr Erkenntnifs des
Wesens der Krankheiten, er spricht darüber gani uanntwunden
seine Meinung aas; er ist kein Heuchler, kein Larvenmann, son-
dern er ist ein wahrhaftiger Mann. Alle Aerzte, die die Uosu-
lünglichkeit ihrer eigenen Schullheorie sich anoh nnr dunkel dach-
ten, sie fühlten, mnfsien also zu ihm, als xu einem nahen Qei>
Btesverwatidleo bingesogen werden , wenn gleich seine wunderlt-
eben HeilarteB sie eisig lu rückst! efsea. Höchst wahrsohe in lieh hat
auch eine dunkle Verstandes veirichtang in den Kftpfen der Aerxi«,
eine Ahnung des grofsen Vonfaeils, der aus St/detiAamt Natur-
beobacbtiing künftig einmahl der Heilkunst erwachsen köaoe, dem-
selben eine ausgezeichnete Hochaehiung erhalten, von der die
Hochachtenden sich selbst, gerade weil sie die Frucht «Der dunk-
len Versiandeaverrichiung war, keine Rechenschaft au gehen itt'
mochten.
Wie kam es denn aber, dab Sj/äenhami Naturbeobachlnng
auf seine eigene Praxis so wenig Einfluf» hattet Meine Meinung
darüber ist folgende. Sydenka» trug die Fesseln, die ihm in
seiner Jugend die Sehule angenietet, bis an sein Ende; er hat
freilich tüchtig daran geschüttelt, sich bafs bemühet, ihrer Im
SU werden, nimmer hat er aber die Nietnfigel enideekt, dureh
welche sie unlöslich an ihm hafteten. — Das ist eine Bilderspra-
che, werden die Leser sagen. — Ganz recht, das ist auch eine
Bilderspfache; sie heieichnet aber treSTend den Zustand des Sj~
denbamischea Geistes. Er suchte das Irrige, das Unsulängliohe
der damahU gängigen Theorie in dieser Theoria selbst, und sah
nicht ein , dals er es einaig in der Gmadfeste derselben hS«e su-
chen müssen, in dem Endpunkte, von dem sie ausging. Sie,
wie alle frühere und spätere Theorien, ging von einer vermeint-
lichen Kenntnifs des belebten Menscbenleibes aus. Da die Aerzte
aber von dem belebten Menschenleibe sehr wenig kenaeo und sehr
viel davon phamasiren, so war es Ja gani zwecklos, dafs er,
die Basis der gängigen Theorie nicht beachtend , gegen die The^
rie selbst eiferte, denn er kämpfte ja dadurch nur gegen ein ba-
res Sehaltenbild.
Durch das Verwerfen der Theorie verlor er alle Haltung: za
goseheit und zn «rfabrea, auf die blofsen Krankheitsznfölle eine
Ueillehre an gründen und so den rohen Empirismus zu predigen,
versuchte er es, deh eine eigene Heillefare aus etwas Ehmiliti»
ifuneran, etwas Ataxia itervorum und anderem Klingklang zo-
sannen zu di^en , und damit seinen g^easelteo, aber in den
— 1196 —
Fmiela T«nw«iMt sperrigen Ventand xn bevchwidiligeB. Von
dieser Si/de»iamücien Heillehre kaon maa wol sagen wie Ton
■Iten Cbads: iintakiHt telltu^ ttmaÜlit unda; vat Wundert dafs
bei diesen wirren Ansichten seine Naiurbeobachiui^eB so geringen
Einflufs auf sein Heilgeschäft hatten. Ich bin 6Werzengt, häne
er nicht so eingeklemmt in den Fesseln seiner Zeil gesessen, bStia
er Dicht die schulrcchte Lehre selbst, sondern die Grundfesie der-
selben angegriffen, hStte er sich mit dem todten Paracehnt be-
freundet, nnd dieser ihm den Gedanken in die Seele geworfen,
dafseine versiandhafle Heiüehre sich weil besser und folgerechter
auf ein« wirkliche, erkeDabare Basis, aof die Heilwirkang der Ar-
aeneien , alt anf eine grBfsienlheils nur in der EinbiMung rorfaan-
dene Kenniaifs des belebten Leibes gründen lasse, er norde den
Gedanken festgehalten, ihn verfolgt, ihn weiter ansgebildet haben,
nnd dann das praktische Ergebnifs leinet Nalurheobachtnogen
ganz anders ausgefallen sein als jetzt.
Die nSmIiche Fessel, die Sifdeniam* Verstand gebundeit, bat
aneh in der Folge den Verstand seiner Verehrer gebunden; dar-
nin darf es nns nicht auffallen , dafs diese eben so schlechte,
werthlose Frfichle von ihren Natnrbeobachiangen geerntet als ihr
Heister, Wie oft habe i^ bei Schrifisiellern der oachfiydenha-
nisehen Zeit den Ausdruck gefunden: die Cotutiluti» epidemica
»ei nerv5s, oder gastrisch, oder entsütidJich , oder rheumaiisch
gewesen. Um des Himmels willen! welchen bedeutenden Einflufs
kann .dieses armselige Wissen auf die Erkenninifs nnd Heilung
der Krankheiten habeal Freilieh, wenn ich *. B. weifa, eine
herrschende Krankheit sei gastrisch, de stecke im Banehe, ao ist
das allerdings besser, als wenn ioh nicht eiamnbl weifs, ob sie im
Kopfe, oder in der Brust, oder im Bauche sleekt. Im Grunde ist
es aber doch nur ein armseliges Wissen , denn das Reich des Ban-
cbes ist grob, der Organa sind viele, nnd die Erkranknngen dersel-
ben so mannicbfacb , dafs dasWissen, die Krankheit stecke
i ni. Ba u c h e , vor dem was wir nicht wissen , ond wes doch notb-
wendige Bedingung des eigenflicfaen Erkenaens und Heilens ist, xa
•inar wahrhaften Winzigkeit einschrumpft
Nur wenn man begreift , dafs die Behauptung der schulrechten
AarMe, ihre Lehre gründe sich auf eine genaneKennt-
nifs des menschlichen Organismas, eine Coniradictio im
a^ecto enibBlt, also um kein Haar klüger ist, als die Behauptung:
ich wetse mein Messer auf einem hSlaernen Schleif-
stein, oder faaae meine Fensterseheiben in hSisar»
nes Blei; nur wenn man begreift, dafs eine anf diese Nicbibasis
gegründete Heillehre blofs ein anbaltbares Phaoiasiegebilde sein
müsse; nur wenn man begreift, dals die Heilwirkang der Araeneien
die einaige erkennbare Basis sei, aufweiche nan e
— 1IS7 —
bareHeilUbragrfiDdankÖBn«: nnr dann ist mn beRhig:«t, denpraktt»
«chenWsrth d«r Sjrdaubuuf cAc» Beobachtangfen richtig zu wardigra.
Nun mätaen wir endlich den viertes Weg xur ErkenniDtfe
der KrankhMt *u gelangen , dai Helfen und Schadea der gegebe*
Den Mille) , betrachten.
Im fünrien Kapitel habe ich >Gh«n anf den grellen Widet-
•praoh Bufmerkiam gemacht, der zwischen einer xnsainniengeMtx-
ten, bniitic heckigen Reiieptscfareiberei und der Behauptung SmH
hat, niaa kSnrie durch Helfe» und Schaden der Aneneien die Na-
tur einer Krankheit «rkennen; ick branche also jet:El dieseH G.e>
genatand triebt weiter nn beräfarea, sondern kann ohne Um- uimI
Abicbweif auf das Pimclum »alient lotaiauern.
Wir kfinnen von dem Weten oder von der Natar einer Krank*
heit, das keifst, voa der Krankheit, in so fern sie von der Form
verschieden ist, nichts erkentieo, als onr ihr VerhKltnifs su der
Heilwirkung der Anenei. Daraus folgt , dafs wir das Wesen der
Krankheit nnr dnrch Auffinden ihres Heilmittels erkennen können,
nnd dafs all* Krankheiten für unseren Verstand so lange nnei^
kannte Krankheiten sind, bis wir das wahre Heilmittel gefunden.
Eine Kmnklieit, dereo Natar mir unerkennbar -ist, woil ich kein
Heilmittel «of dieselbe wnfs, kann einem anderen Arzte erkenn»
bnr sein, weil er ihr Heilmittel weifs. Darum mufs man mit der
Erkiftmng der Unbeilbarkeit etwas sparsam nmgcbea; ja, wer
■ich auch einbildet, ein gelehrter and sehr belesener Mann an
■ein, dar mag doch wohl bedenken, dafs in der medizinisch-
praktischen Welt manches mit Voriheil geQbt wird, von dem die
Bächer schweigen. Dafs man über die Natur einer Krankheit
Verraatbnngen' haben könne, l9ngne ich nicht; allein stützen sich
diese Vermnfhnngen auch auf die wahrscbeinlicbsien GrGnde, so
ySnnen sie dennoch ifioschen: darum l&nft das Erkennen der N*>
tnr einer Krankheit xuleizt immer auf das Anwenden der Probe-
mittel hinaus. Der Scheideküastler kann aas den sinnlichan Ei-
genschaften eines NaturkSrpers wol mit mehr oder minder Wahr-
scheinlichkeit dessen Zusammensetzung verranihen, aber nur da-
durch, dafs er die Probemittel (Beageniia) mit ihm in Berührung
bringt, erlangt er eine sichere Erkennlnifs der Natur desselben.
Nun, haben wir Aerxte denn einen anderen Wog zur wahren Er-
kenntnifs der Natur einer Krankheit m gelungen I —
Wenn der SeheidekSustler dnreb die siaaliehen EigensebnAen
des zn nniersn eben den KSrpers Vermulhung über dessen Natur bat,
•o setzt er, durch diese Vermuthnng bestimmt, lieber gleich an-
fftnglich ein solches Reageiu zu dem Körper, weichet ihm beja-
hende, als ein solches, welches ihm verneinende Ergebnisse liefert.
Gerade so müssen wir Aerxte es auch mft den Krankheiten
nacheD. Haben wie nlae anf Wabtieheinliobkoit. gegrBnlenTn;
— 1198 —
Muthang über die Nalnr einw Krankheit, bo bringen nir lieber,
derch diese Vermnlheng geleitet, doajenige Arxeneinittel mit dem
Organiamiia in Beriihrungj welehea nnserB Vermuihung besiftligel,
rIb dai, welche! sie nicht beatftiiget, oder, mit anderen Woriea,
lieber das, was heilt, als das, was nicht heilt. Alle Seballebre,
über die Wege lur Erkenrnnifa tu gelangen, kann ans nie znr
wahren Erkenotnifs der Nnior «iner Krankheit führen ; höchsteot
kann sie ona in dem Einzelfalle bestimmen, das Probemittel A
früber, mit dem Organiamas in Bernbrang su bringen, als die
Probemiitel X Y Z, indem wir eine an Wabrseheinliclikeit strei-
fende Vermatbiing gewonnen, A werde sich viellGichi eher als
Heilmittel ausweisen, als X Y Z: der ganze alierihnmliche Un-
terricht betrifft also nicht einmahl die eigeniliehe Erkeeninifs der
Krankheit, sondern nur die Abkiirznn^ ries Probeprozesses , durch
welchen einzig die ErkenDtnifs des Wesens der Krankheit mög-
lich ist.
Nun sehe ich vorans« die echt SchulglSobigen unter meinen
Lesern werden mir ob dieser Aeuf^enmg sümen, mich rielleicht
gar als einen rohen Empiriker verachten. Ich bitte Euch aber
freundlich, werlhe AmtsbrUder! schSph nnr einmahl etwas Ge-
mengsei ans dem raiionell-empirisohen Danaidenfässe ftrailicber
Beobachtungen, breitet es vor Euch ans und bescbanet Eu^ das
Ding mit Anfinerksamkeit; was findet Ihr nunt — Ihr werdet wiil
■o gilt als ich finden , dafn die Observationenscbreiber bei eiaer und
derselben Krankheit heule diese, morgen jene Indikation machem
heute dieses, morgen jenes Mittel reichen, und dafs es so im nn-
aufhaltsameQ Wechsel fartgebet , bis d^r Kranke entweder geneset,
oder stirbt. Wollt Ihr mich vielleicht glauben machen, dieses täg-
liche Abändern der Indikationen, dieses Wechseln der Areeneien
beruhe auf einem cnsammenhängenden, tief durchdachten * aqf
eine grSndlicbe Kenntnifs des Organismus sich stützenden HMlpta-
ne, so sage ich Euch ganz ehrlich: Ihr könnt das wol den durch
euch selbst rerscbrobencn Köpfen vornehmer, allzeit araeneiender
GrofssiBdier welsmachen', aber gewifs nicht dem schlichten Ver-
■lande kl einslädt is eher Bürger, und am wenigsten mir, der lange
genug auf dem Fechtboden gewesen, um alle Trugstöfse zu kennen.
Der kleine Unterschied, der zwischen Euch und mir bestehet, ist
folgender. Ihr bringt die Krankheit nnter eine krankheitsl ehrige
Kategorie, macht nach dieser Eure Indikationen, nnd sucht dann
in der Materia meiiica ein Mittel aus einer solchen heilmiliellebri-
gen Kategorie , welche auf die krankheilslehrige Kalegori« pafsl,
unter welche Ihr die Krankbeil gereihet. — Ist Eure Rechnung ridi-
tig, so mufs Eure Arzenei nothwendig helfen: aber siehe! die Ar-
Renei versagt die fest erwartete Hülfe , ja die Krankheit wird wol
gar scfatiramer darauf. — Irren ist menschlich; Ihr babtet^ot» ver-
— l!99 —
nchnel ; — I>fgt nar ^daltfig; di» Recbnnn^ nocb einniahl roa
VorD an. Neue Indtkaironen werden gemacht, aadcre Mittel aai
dem Arzeneischatsa gewfihlt. Aber, o Jammer! das Ding will
noch nicht nilichen; — ihr müfsi wol wieder die Rechnaitg ohne
dbn Wirtb gemacht haben. — Nur friechen Math t und noch etnmahl
die Rechnnug gemusieitl vielleicht wird es dann besser gehen.
So bleibt Ihr am Grübeln und am SpShen, am Wshien und am
Verwarfen, bia Ihr entweder das wahre Heilmittel trefft, oder bia
der Krank« ron seibat gcneiet, oder bia er atirbt. — Könnt Ihr
es nun längnen, dafs Ihr in beständigen TSuachongen lebt, nnd
nnanfhöriieh gescheiterte PlHne lu beklagen habt? — Mir scheint
aber , werifae Herren und Freunde ! ein Leben , das nnier bestfin-
digen Tiuachangea hingehet, ist ein schlecbtea, ein wahrhaft er.
bärmliehea Leben.
Waa nna mich selbst beirifii , so erfahre ich nie eine Tftn-
■ohang, nie scheitern meine Heilplane. Ueberzeugt, dafs die
Natur det Krankheiten auf keine andere Weise als nur durch
Probemittei sa erkennen ist, mache ich keine gelehrte Heilplane;
ich denke nie, das gegebene Arzeneiinitiel wird od^r mnfa hel-
fen, sondern ich denke, es kann helfen, es kann auch vielleicht
nicht helfen. Mein Verstand befindet sich also su den Krankhei»
len gerade in der nümlicben Stellang, als der Verstand des Schü-
dekünsilers «i den Natarkörpern , welche er untersuchen- will.
Da wir nun, wenbe Freunde! allesammt Prober sind, so frSgt
es sieh Jetst: wer wird (alles Ucbrige gleich) am ersten and mit
den wenigeieo Proben rar Erkenninifs der Krankbeil gelangen,
der rationelle Empiriker, der Krankheiten nnd Arzenei mittel unter
j^dankeobitdliehe Kategorien reihet, oder der reine Empiriker,
der nut Wirklicbkeilskaiegorien anerkennt! ■'— ich sollte denken,
der geiunde Mensehenversiand gibt et schon, dafs der Letzte den
Ersten äberflfigcln müsse.
Bis bterbin habe ich blofa von der Erkenntnifs der Natur oder
des Wesens der Krankheit durch Probearzeneien geiprochen ; jetzt
mufs ich aber auch noch ein Wort von der Erkenninifs der Form
sagen. In manchen Fällen kann man allerdings aus den Krank-
heitszufallen mit mehr oder minder Wahrscheinlichkeit auf die
Form aehliefaen; man kann errathen, ob der Geea mm torgan Ismus,
oder ein Organ, nnd welches Organ nrerkrankt iei. Dafa dieses
Errathen durch die Zeichen aber in vielen Füllen hdchst unsicher
und in vielen anderen bar nomdglich sei, habe ich tm Vorigen
hoffentlich schon zur Genüge gezeigt. Wir zind also auch hier
in vielen Fillen einzig auf die Probemittei beschränkt. (Jeher dio
Reihenfolge, in welcher wir die Probemittei geben müssen, iäfst
■ich oichta Allgemeines aagea , welches belehren kSnnte. Folgen-
der Krankfaeilslall wird es, donke ich, den Jüngeren Lesen ganz
— 1100 -
aBscbanlieh maeben, wi« durch iafiere UmtBade (3b«c welch«
•ich doch offenbar Diobu Allgeneinee sagen Iftfat) der Ant la
de« Vor-, oder Nachgeben de« einen and du anderen Probenk-
teli beslimmt wird.
Im Jahre 1833 verlangte man meine Hülfa bei einem irnio-
aigen Landmsnne. Bei diesem war nidit eiemahi ein Schalten
TOD Wabncheiniichkeit zu erspfiben, der mich hHtte errathen lassen,
ob sein Gehirn mitleidlich, oder urerhrankt sei. Für die letate An-
sicht sprach die Aassage seiner Frennde, die lautete nämlich; er
habe das Gut, weichet er bante, Ton seinen Geschwiateni xu thener
fibernommen, diesen Miüigriff später enit recht eingesehen, darüber
gebrütet , und darch dieses Brüten sei er schwngsam nnd dann irr-
sinnig geworden.
Zeichen eines Banchleideas waren von den Hansleaten nicht mi
Mfrtgen, und von dem Irren begreifliefa am wenigsten. Sein Harn
war rine kleine Scbaitnng donlcler als ein ToUlcomaien geaander, er
bMte eine Goldfarbe, Diese gelbe Färbung war aber ein au viel-
deatiger Zofall , om von demsellien aaf ein Urleberleiden an scfalie-
Ilen; er hätte eben so gut, als Zeichen conseasaeller Nieren-, oder
Leberherühnheit , von. einer Urgebimerkranlcung abbangen kön-
nen. Bei der Unm&glichkeit, ober die Furm und über die Nainr
dieser Krankheit , eine , auch nur auf die dunkelste Vermnlho^
gegründete Meinung au haben, blieb mir also nichts anders über,
•)s die Erbeantnifs einsig durch Probemittel m suchen. Nun la-
gen iwei Wege vor mir, nnter welchen ich sn wählen hatte;
ich konnte nämlich znerat Baochprabemittel , oder aoerst Gehim-
proberaittel geben. Für die Urgehirnerkranhuag sprach die Ana-
mnese; die Aussage der Freunde; dafs der Mann da« Gut xa
thener übernommen und sich dieses aa Herzen gezogen , tvar wiik-
lich wahr. — Für eine Urlebererkrankuag sprach die Form des
Marhi ttationarii (damahls bestand dieser in einer Lebererkrati-
knng) und ein klein weeig der goldfarbene Harn. Die Gründe,
die mich hätten bestimmen können, bei meinem Proben, Bauch*,
oder Gebirnmitiel zuerst mit dem Organismus in Berührong aa
bringen, hielten sich also die Wage; ja genau betrachtet, gab
die auf Urgehirnleiden deutende Anamnese noch wol scheinbar
einen kleinen Anaschlag. — Ich hielt aber doch für das Klügste,
mit einem Bauchraittel meine Proben zu beginnen, nnd zwar aus
folgendem Grunde. Angeblich war, nach Aussaga der Freund«,
der Irrsinn durch psychische Einwirkung entstanden. Das Tba^
sächliche in dieser Angabe raufste ich als wahr annehmen, aber
den feindlichen, krankmachenden Cioflufa der Thatsaehe auf di*
Psyche, durfte ich doch nicht mit der Thatsaehe selbst gleich-
stellen. Die Thatsaehe, dafs der Banar.das Gut zn tbeaer über-
nommen nnd darüber gegrübelt, war etwas GeaehiobllielMS ^ dpreh
* 1SM —
glaubwürdige Z«ag«D BestSUgtci; aber dafi er durch dieses 6t8-
bela irre geworden, war blofs etwas Vermathetes. Geacfaichilich
konnte ja nichts nachgewieiefi werden, als dafs das GrQbeln über
den unYortbeilhafien Ankauf des Gates dem Iminaa vorbergegan-
gen. Alles, was aber einer Kraakbeit Torhergehat, siebet mit
dieser bei weitem nicht immer io ursaeblichem Zusainmenbange.
~ Geseui aber , der Bauer wSre wirklich dnrcb diese psychische
Einwirkung irre geworden, so bestand doch das faiiwilich Einwir-
kende immer noch, ioh konnte es nicht entferneo, denn ich konnte
ja den an vorlhcil haften Vertrag, den er mit seinen Geschwistern
geschlossen, nicht aufheben. Ich würde also, hätte ich dem
Kranken luerst Gehirnmittel reichen wollen, wahrschetoliob auf
etwas Llnm^Iicbes hingearbeitet haben. Da das aber ein sehr
undankbares Geschäft ist, so hielt ich es fär weit kluger, vor-
läufig auf eine , freilich auch nur blofs mögliebe Lebererkrankung
Probemittel zu reichen. loh wShlte m ätm Ende die Schellkiaul-
safitinktur, täglich zu 30 Tropfen io getheÜten Gaben, so, dals
6 Tropfen auf jede Gabe kamen. — Der Morbui itationaritu war
freilich durch BrechnufswassOT damahls am sicberslea zu heilen;
aber in dem vorli^enden Falle bestimmte mich doch eine allge-
meinere Erfahrung snr Wahl des Schellkranles. Ich habe näm-
lich darch die Zeit gemerkt, dafs awar die Urerkrankong aller
Bauchorgane, conaensnel! das Gebim ergreifend, Irrsinn vemr-
■achen kann; dafs aber von den verschied enanigeo Lebeterkran-
kungen, welche ich beobachtet, keine leichter dieses thut als die
Schellkrauileberkreukheii, sie meg cbroniicb oder akut auftreten.
Auf den Gebrauch der Schell kr au iiinklnr sah ich innerhalb
acht Tage den goldgelben Harn strohfarbig, also normal werden.
Das gab mir schon Wahrscheinlichkeit, dafs ioh vielleicht den
richtigen Hetlweg eingeschlagen, nimahl da der Kranke, fast
gleichseitig mit dieser Veränderung des Harnes, das eigene, bb-
släte Wesen verlor, das solchen Menschen gewQbniich anhingt.
Bei dem forigesetsten Gebraacbe der Tinktur wurde der Irrsinn
immer minder und minder, und venchwand dann ganz, so, dals
der Bauer nach drei Wochen wieder eben so verständig war als
er vorher gewesen. .
Die Leser werden hier sagen: in dem erzählten Fidle sei ja
durch das Prohemiitel nicht blofs die Form der Krankheit, sob-
dern auch das Wesen erkannt und Heilung bewirkt. Ganz rächt!
In den Fällen, wo man als untersuchender Arzt bei dem ersten
Griffe den \agel auf den Kopf trifft, ist Form-, Wesenerkennt-
nifs nnd Heilung Eins. Ganz anders verhält es sich aber, wen«
man TOD den Probemilieln , statt positive, negativa Wirkung gft>
wahret ; da kann man durch dii negative Wirkung wol die Form
der Krankheit «rkcnnM qnd dbcb voa der WeseoerkenDtnÜa no^^
76
— »aw -
hm Min. Wir wvNeii «iiinuihl «Baehmen , in Jan ersBliIfek Falle
wfire dai <>^irn)etd»a nichl «ia oodk«iu«11«i , Madem mb wirk-
liohea UrleidMi ■(••■«« Orgvaa gewesea, aad ich hau« meiaa IJa-
terwcboBg dureli Prabamkid bei ima Ümutikorgnava anfangea wo)-
len , lo wiirdeD ja all« £aacJMuili«l keine Hflilwirkoag gezeigt
haben. Durch diasei Nlcfaifaeil wirken «ler Bauchmiitel würde nir
die Erkeanlnifa gewardeo beia , daf« dal Gehirn lich in eiacai
Zntlande der UreHcraakung ^«finil«. Da« würde dann ab«r eiu
blofie Formenerkanntnifs geweiea sein, und ich hatte wieder aafi
nene dardi Probemiltel die Katur dieMr Urgehirjikraiikheit erftw-
•eben müneit.
Mir tcheinl es jetat, iob babe genug über die ErlwoautÜi
der Krnnkheit gesprochen. HStte ich es blofa mit Leaern xb tbua,
tlie, all B>eina nahea Geiatasv«r wandt en * den von mir belreieaea
' Weg weiter verfelgen wollten, ao würde iob dieaeo xn Liebt
nodi niebr von 4ar Edienniufa, beaonden von der aebwierigf«
vermisohier Kraakbekea ugea: daioh aber Toraaasehe, dab eii
grofser TiuH der Aente, die dieaea Badt laaea, ea aar, na
Vomribeilea eiagcooHnea , ala eiua blofsa Poue aus N'eagierd«
durehlawfen werdea; ea aber h5cbit onaorMändig tod -mir aeii
würde, dieie achtbairea Aaitabrüdar darcb eine gar sa genaaeBe-
lennhuMg dei Labyrinths dier Diagnoatik aain 4^bnea bd brimg^m,
so Sberiaue ich es nieiaeD eigeatlichen GeiMeaverwaadiM, ae/itf
Aber diesen Gegenaland weitier nachzudenken , auniahl da ja aeia
ganae« Bach nicht eowol >ebuluieiiteriacbe Belehrungen , ala vieV-
taebr blof* reichen Stoff au« emüen Nacbden^en enthält.
Nun müaaaa wir nocb zum Schlüsse dieses Kapitels eiaigr
Folgernngen aas dem (üesagten liehen , and vorlftufig unaen Bli^
carück, auf die epidemisohe Conatitation werEea. F.s würde wahi^
faaft ISppiscfa sein, wenn ich das, was ich aber Krankheitser-
kanniMfi durch Probaarzcneiea vorgetragen, besoodera aaf tt
Erkeantnifa neu auftretender epideinischer Krankheiten anwendn
walke. Die Anwendung föllt von a^bst in die Augen^ denn wa
siebet aicfat, dafs auch solcher neuen Krankheiten Nainr osr aia-
aig durch Probemittel aa erkennen aeil Wer aber daran swet-
feit, dafa in vielen Fillen auch die FormeaericaBninifs anlcber
Krankhaitea anr aaf die aimlicbe Weite su erlwtgen aei, der
habe oar Geduld , beabadite fleifug and geaaa dw Krankbaitea,
«o wird er je Iftager je weniger Last spüre« , arir an widerapra-
chen. Diesen Punkt alao als erlediget betraohtend, wollen wir über
folgende wiebtige Gegeniiftnde iwcbdeakea.
Woaa wir, hei ein«', neu auftretenden epidetaiaebeD Krank-
heit, ia eiaer gewjaien Aaaahl Körper die Krankheit faiaaicbilich
ihrer Form aad ibiei W»«eBs als gleicluriig darcb Probearxcneiot
«rkannt babea, •• mafs «naar nur inuriuUt dsa üwfiUiohkeit»-
- 1203 —
ichranLeDB sich bewegender Veniatid anf eiae g^leiche Ursaofae
gleicher Krankheil aehliefsen , obgleich er dieie Ursache nicht leib-
lieb nachzuweisen vermag. Dieser Ursächlichkeit aschliifs bestimmt
nna, in den Tolgenda ergriffenen Körpern auch eine den früheren
gleiche Erkrankung ansitnehineo, und der WahrscheinÜchkeitsgrad
der Richtigkeit der Erkenntnifs stehet mit der Zahl der früheren
all gleichartig sich anigewiesenea Fälle in geradem Verh<niiSfl.
Dieser Wahrach ei ntichkeitaichlufa kann uns aber doch nim-
mer zu einer eigentlichen Erkenninifa der Form und des Wesens
der Krankheit rühren, sondern er ist nichts mehr als eine Hülfe,
den diago ostischen Probe prozefa abziikiirsen. Nehmet einmahl
an, ich hätte hei eitter herrschenden Krankheit schon hundert
davon ergriffene Körper behandelt, utid in allen Jiuodert sie
gleichartig erkannt, erkannt, daf> sie k. B. Brechnufsleberkrank-
heit sei; so w8re es allerdings sehr wahrscheinlich, dafa nun der
erste Kranke des eweften Hunderts anch an derselben Krankheit
leide. Diese Wahrscheinlichkeit ivürde mich bestimmen, die '
Brechnufs inerst als Probemiitel zu reichen, xtai sie wfirde sich
auch wol als Heilmittel ausweisen. Sicherheit der Erkenninifa
gew&hrttt dieser Wahrseheinlichkeittischlufs aber doch nicht, dena
die Leberkrankheit dieses ersten Kranken des zweiten Hnnderls
konnte ja eine Scbellkranl-, Quassia-, oder Frauendislelleher-
krankheit sein; in den Fftllen würde die als Probemittel gegebene
Brechnufs sich nicht als Heilmittel ausweisen, und ich genSthi-
get sein, nitdere Proben anzustellen, nm zur Erkenninifa zn ge-
langen. Da es aber nur immer Ausnahmen von der Regel sind,
wenn hei einer herrschenden Krankbeil die Natur derselben in
einzelnen ergriffenen Kitrptrn von der erkannten Norm abweicht,
so liegt gerade in der Kfd enhami sehen Lehre von der epidemi-
schen Conslituiion, oder vielmehr in der praktischen Anwendung
derselben, wie ich diese vortrage, (nicht wie sie S^denham vor-
trügl ) die gröfsie , dem raiioRitilen Empiriker kaum glaubliche Ab-
kürzung des diagnostischen Probeprozesses.
Es ist doch wahrlich ein grofser Cnterschied , oh ich in 50
ergriffenen Körpern die Krankheit bei jedem einzelnen durch mehre
Bach einaodAT gereiohta Proheniuel erkennen mufs, oder ob bei
49] das erste Probemiltel sich «cbon nls Heilmittel ausweiset, ich
also nur bei einem einzigen genöthiget bin, mehre Probemiltel
zu reichen.
Nun wende ich mich zn der zweiten praktischen Fol-
gerung. Da die wahre Erkenntnifs der Krankheit nur durch
Prohearzeneien kann erlangt werden, so ist es ganz offenbar,
dals wir höchst anJdug handeln, iinsern besten heilmeisterischcn
Vortheil schwaobköpfig ans den Händen geben, ^wenn i^ir. s9l<;i]Q
70' ^
— 1204 —
Arzeneien »owenden, wdche, feindlich den Organismns angrei-
fend, eine neue küDKtliche Krankheit erregen. Die nicht seilen
lang anhaltende feindliche Wirkung solcher Arzeneien nmfs ja weit
eher die Erkenntnifs d«r Krankheit erschweren, ja nnrnftglich ma-
chen, als befördern. Die Sache scheint mir wirklich so sehr ein-
fach , eo in die Angen fallend , dafa ich einen rechten Schtiimeisier-
sinn verratben würde, wenn ich sie weitlSufig auslegen wollte.
Freilich befinde ich mich mit dem Geiste anserer Zeit in Ohsiand ;
das hat aber nichts zu bedeuten. Der Zeitgeist ist ein wandelbarer,
sperriger Geist, der, wie wir alle aus der Geschichte wissen, oft
genug dem gesunden Verstände und der unzweifelhafien Erfahrung
widersprochen hat.
Dritte praktische Folgerung. — Da wir nur durch
einen Probeprozefs die Natur der Krankheit, zuweilen auch die
Form nur durch ihn erkennen können ; die von dem äufseren Ein-
wirkenden and von den Krankbeiiszuf^len entnommenen Gründe
der Wahrscheinlichkeit, die dazu dienen sollten, den Probepro-
Kefs abzukürzen, zuweilen gerade zum Gegenlheile, sur Verlän-
gerung desselben führen, denn das Wahrschoinlicbste ist ja mit-
unter unwahr und das Unwahrscheinlichste wahr: so i&t es ganz
offenbar, dafs, in einzelnen Fällen, Krankheilen, deren Natur
wir probend erforschen, deren Heilmittel wir also noch nicht
kennen, sich selbst überlassen verschlimmeren müssen, und da
eine Krankheit, welche verschlimmert, auch in das Allerschlimm-
Stfl, in den Tod übergeben kann, so ist eben so unläugbar, dafs
zuweilen in dem mit eintfm langweiligen Probeprozesse verbunde-
nen Zeitverluste der Grund des Todes Hegt, so dafs wir uns hin-
tenoacb gestehen müssen, hKlIe di» erste, oder zweite als Pro-
bemittel gereichte Arzenei sich als Heilmittel ausgewiesen, der
Kranke würde bSchstwahrscheinlich nicht gestorben sein. Be-
kanntlich hat SydatAam sich diese Wahrheit, zwar nicht deut-
lidi, aber doch dunkel gedacht (sie als Praktiker gefühlt) and
ist ehrlich genug gewesen, sie in seinen Schriften nnamwonden
auszusprechen. ") Wenn man sich nun die Schwierigkeit, ja in
') Hae »allem pr» Mi^rrlv Aateo ex antUpHei ■ acCKrmtütfMwrmm «AMTraM*-
Kum yUe, prmetKelal mtrterum tpteitw, pratlerlim febret caMiMim* tta
(Bio, fiorf a}«nt, eotia iifftTTe, »I qua met/isdo tKrreale nana megralot
libiraverii, eadem ipta aniia jam vtrtente fortilan e .media tollet: gttod-
gae , tiil temel in genaiitmiB ntdenii ratinHem, quam ha*e , vtl illa fi-
brit tfeeiei Mihi vindicat, aaipicml» ineideriM, ai tuniewt teapnm colti--
ir 'III (JkvMuU, ut fit, opUtne KumiHtJ metam quati temper atlingmm,
■.litela ad temperamemltun , aetatem et reliqma ejmmedi aiqu» quaqua km-
j; donec extineta illa Ipeeii aocaque gliicente male, aucept rurtum
liBereo , qua mihi Ha intielendnnt ■( afgrii tubreHiam, ae preinde nitt in-
femtm adAiÜta eaatela lKteitli$qtie emmibia aufm' 0en4li^P(Jr^in.9a rix
— la» —
wmchen FSlIsn die bare Unmöglichkeit einer zeitigen ErkennlnÜii
deutlich denkt, so denkt man rieh anch zugleich dadurch dent-
lich, daJs die Unmöglichkeit einer zeitigen Erkenntnib mit der
Unmöglichkeit den Tod abzuhalten Eins i«; mithin kann anch
daa zarteste Gewiaien in solchen Fällen noi Iteinen Vorwurf
machen.
Ganz anders verhält es sich ^>er mit dmn Arzte, der, die
Schwierigkeit und die Unmöglichkeit der ErkenDlnifs nicht deut-
lich denkend, gut schaigläubig mit feindlichen Mitteln tollkühn
hineiDfährt. Wenn der auf den Gebranch solcher MiUel offen-
bare Verschlimmerung eintreten und diese in den Tod übergeben
siebet, so mufs er doch wol, wenn sein durch Buch- und Schul-
fessel gestrammier Verstand auch nur von Zeit zu Zeil in dunkler
Ahnung der Wahrheit aufzuckt, an die Möglichkeit denken, dafs
der Kranke , wäre er nicht so feindlich angegriffen , vielleicht
dem Tode entgangen sein würde. Wo findet nun der Beruhigung
bei solchem ZweifeM
Ich bin der Meinung, ein praktischer Arzt mufa die mögli-
chen Grenzen des ärztlichen Wissens sich entweder deutlich den-
ken, oder blind- und dummgläubig bis an das Ende seiner Tage
fortdusseln. In beiden Stellungen kann er glücklieb leben; aber
nur unglücklieb in der Mitte beider. Hier ist das \ebelreich der
Zweifelung, wo eine dunkle Ahnung des Wahren den in den nn-
gpTiiessenen Räumen des Ideellen schweifenden , in den RundsprSa-
gen der Sophisiik kreiselnden Versland leise mahnend, aber ver-
gebeus zu den Marken des Erkennbaren zurückruft.
I^iich, meinen jungen Amtsbrüdern, die Ihr bereits in Zwei-
felung gefallen seid, oder die Ihr, gleich mir, schon als Zweif-
ler die Hörsäle Eurer Meister verliefst, die Ihr das Störende, ja
das auf Euer sittliches Gefühl feindlich Einwirkende dieses schwan-
kenden Zostandes durcfa eigene Erfahrung kennet, also meine
Rede leider nur zu gut werdet verstanden haben. Euch gebe ich
folgenden Rath. Entreifst Ench muihig der Geislesträgheit, in
welche der menschliche Versland durch unaufhörliches Aufnehmen
und Bebrüten fremder Gedanken versinken mufs. Tretet allem
Versiandhafien der Schullehrtf, in dem Ihr etwas Unheimliches,
Trngsch lässiges ahnet, dreist entgegen; entkleidet es von aller
dentschen, lateinischen, griechisohen V^rpuppnng, fuhrt es auf
die nackten Scblufsformen zurück, so werdet Ihr bald gewahr
werden, dafs Eures natürlichen Verstandes dunkle Verrichtungen,
die man Ahnung, Gefühl zu nennen pflegt. Euch nicht getäuscht
haben; denn so bald Ihr das dunkel Gedachte, das Geahnete,
gniäe» pomui ^eere , n« wm aM aller torum, fal H fi-imi mame e«.
rat tOHimitrriitt vtta ftrielittlur ete. Opme. unittrta inff., * J , *j*Ci O Ü 0 I C
— i«w —
du GefBKhe inr miubeilbarro Klarheit gebracht, werdet Ihr w<A
anf adobe Herrlichkeiten itolseil, die bei des Dialektikern Cir-
cmltt» in dtMonttranJo , petiti» prineipii, contradielia in adject»
faeifaen. Vcraweifdte Oioger! die nackt keinen Bierblichen Mbd-
■chen tauchen, aber in den altertbiimliclien, ebrwSrdigen Ge-
lahrlenmaniel gebüllet, auch wol einen verständigen Maan ver-
lollen können. Bmcon von Vtrttlam eagi : Oporttt di»eentem cre-
dere, verum jum edoctwm Judicio «ve w/t, quia diicipuli dehettt
magitirii mi* temp»rariam to/nmmod» ßdtm judiciigue »tuptnaio-
Mem, donec penilu* tM&neriRf arte», no» tiutem pteiutm liAtrtu-
tif ^mrmtienem perpetummqug ^en^i tervitutam.
itv Google
— «07 -
Achtes Mapitel.
TermlMht« CieAtttMeii «di« hrtaic« WWK an- «tew
LeMr. •)
Begegnung einiger Einwendungen, die mmn gegen
meine Kritik der tckufreckten Lehre und gegen
die geheimärttliehe Lehre machen hSnnte.
-l^«Gkd«ni ich j«tEl di« paktiich« Uaienacbang d^r geheim-
ärzllicboD Lehre iM«b meiDaBi. besun Wisseji miigeiheilt, so mnfi
ich nach, den ■pwrigen Ventaiul «lieber Leier in bembigen,
zweien EinwcDdungen , die man mir machen könnte, begegnen.
Man könni4 erMens der Behauptung^ dala alle schaliechte Lehr«
von einer aamafalicben Kenntnilii dea belebtes Mbnacbenleibei an»-
gehe, in wideraprecben vcnuchen. leb will denen, die diesen
Venach au machen gesonnen sein mächten , nicht die verfBng-
liohe Bitie vorlegen, mir mit wenigen, einfachen und denilichen
Worlea den Punkt >u bestimmen., von dem denn eigeoilich die
Gedanken folge, die sie raiionellenipirische Heillehre nennen, aus-
gebe. Da ich nicht als scbriftslelleriacher Klopffechter gegen die
Bchulrechten Aerzte zu Felde siehe, soadeni als Fraund mit ih-
nen plaudere , lo wird es meiner SieünDg wol weit angemesseoer
•ein, dafs ich, statt den Zweiter« rerAagliehe Bitten oder Fra-
gen vorsulegeit, sie freandschaftUefa auf Folgende« aufmerksam
mache.
Wena icfa behaupte, alle achnlrecfate Lehr« gründe sich auf
*) In diiHiai Kapital worda icli ibar aageha GefSMÜti'a , tbd denan In Vori-
§ea 4ie Heda faweieB , MLanUtrikbar ■«!■« Aniichlea Btltbaitsi , all ditiea
rrnhar, ohoa dao 6>ng der pr*kt!«cb«B UaterMcbmK (ir u «abr la itlhvD,
Mitta fBMb«keD kJjDDen. Dh iwiscbgo dieiM Gadankaa keia nathwendiger
ZMuntasbasg Statt Godal , m nag ieh mir «icb keia« Müba gEb«a , %it ia
aias Mkaiahara Ordkooi ■■ swingaa , aoadara werde vielnakr dnrek Ab^
wachMluq dm Leaar h lelcrhelleB Meb«e. Dülc
— 1808 —
eine angemafste Keantnifs dei beleblen MenBehenletbes , ao be-
haupte ich doch dadarch nicht, dab alle Erfinder nad Verbreiter
scbalrechler Theorien dieiea AaBganppnnkl ibrer heiilebrigeD
Gedankenfolge mit deutlicheo Worteo bestimmt aa^zeigt bBiten.
leb weifa recht gut, dafi «ie das nicbigelhan; aber, darin steckt
gerade das Tnigiehlüsiige , dafs lie schweigend von dem
Punkte ansgehen. Ich raibe jedem, die verschiedenen Theorien,
von der Galeniscben bis auf die nenste, aus diesem Gesicbta-
pnnkte eu betrachten , so wird er sich von dem Gesagten so gut
fiberzeugen aU icb mich davon überxeagt habe. ')
Dafs anaere VeratandesverrjkhtiingeD tob einem Pankte ans-
gehen können, den wir verschweigen, ja den wir ans selbst
nicht eiomahl deutlich denken, beweisen am besten die mancher-
lei Vers landes verrieb tun g en , denen der Ursacblichkeitssaix mm
Grunde liegt, ohne dafs dieser bestimmt als Basis der Verricb-
tnng angegeben wird. Ja oben habe ich gezeigt, dafs das das
vielhevprockene Problem über die ZurecbnHngsf%higkcit der Ein-
irren einem höheren Problem untergeordnet nnd in ihm enthalten
sei , welches zn lösen , dem reeascblichen Verstände unrnSglicfa
sein wird. Man ist bei diesen Besprechungen also schweigend
von dem Satze ausgegangen , dafs das höhere Problem lösbar sei.
Wäre man nicht schwelgend von diesem Salze ansgegangen, so
hatte man sich tinmoglich 3ber die Lösbarkeit des untergeordne-
ten Problems ernsthaft besprechen können.
Wenn Ich aber sage, dafs in solchen Besprechungen, oder
Theorien, oder Heiitehren, etwas TnigschMssiges liege, so bin
icb weit entfernt, dadurch zu behanplen , dafs diejenigen, die
dergleichen Gegenstände der Beiiprechang auf die Babn bringen,
es mit deuilicfaem Bewufstsein des darin liegenden Sophistischen
nnd in der Absicht thnn, die Köpfe der Aerzte zn verwirren, ich
bin vielmehr überzeugt, dafs sie sich selbst tauschen. Gerade
solche Behauptongen, in denen etwas verdeckt Trogschlüssiget
steckt, sind die Gegenstfinde, worüber man sich am neisten ia
der Medizin besprochen hat. Begreiflieh kennte man, wurde
nicht das Sophistische klar aufgedeckt, bis In all« Ewigkeit fSr
nnd wider zanken , ohne je anfs Rein« zn kommen. Danim sind
auch die Gefechte der Aerzte nicht durch die Niederlage des einen
oder des anderen Theites beendiget, sondern die Parteien sind
*) in neiBvr hgtti h*t ktioer ■«iscr SDinrtiiMMk«* Hriilsr nir den klares
Begriff der icbalreeht rationaUBiDpiriichen Hcill«bre bntinmt; ich nahm den
Hkr nnklnrea mit naah HasM : tia isi aina Lebi-a , ii dar viel kraai nnd
qier riUonairt werde. Wu diejenige Bapirir , der ■■■ dai Beihgawnt
raltenell akkt gab, nnd Welobe man ili Gagantati dar ratlenellaa be-
tracbtita, eigeillicb sei, da«** but« kh aaeh keinen klares degriff.
— IWB —
4m FechteH mnia fewoH«ii , oder die Leser Bipd det LeMSs
OMid» gewMdMi, und so ist der GegtaMand reraltet und abge-
«orben.
Ein« aad«re Einwcadiwg, die mae mir nSgliob nucben könn.
te, itt folgende.
Maa könnte sagen: aach ich mafse mir eine Kenotnifs des
belebten Menschenleibes an. leb acble genau auf das Miigefiihl
der Organe nnier einander, ich unterscheide selbstsländige Organ-
krankheiten von mitleidücben. , Ich achte auf den Antagonismus,
der iwitchen den einzelaen Organen, und auf den, der zwischen
dem tfanaen des Leibes und jedem EinseWgane Statt habe. Das
«ei nicht blofs eins Kenntnifs des Organismus, die kb als Prnnk-
atjick sur Schau aushänge, sondern ohne diese Kenntnifs sei die
Labre, die ich bekenne, swar oiclu ga» unanHeodhar , werde
aber doch nur hAcbat nuTollkommDe praktische Ergebnime liefer».
Auf diese Einwendung erwiedere ich Folgendes. Dafs die
allen Gebelmärat« diejenige Kenntnifs des beiebleo Meaechentei-
bes, welche wir durch Tergleicheode Beobachtungen . su erwerben
befSbiget sind, nicht vwtraifen, hnbe ich schon im ersten Ka-
pitel durch eiae Stelle aus Hoiemitim» J^ohriflen bewiesen; ja
iob bin srilut iil»ecseugt, dais gerade die gebeiuiRr st liebe Lehre
den Arst weit, weit besser, als die schiilrechie, sum eigentl^
eben Naturbeobqchier bildet. Man mi^ aber hier die reine Be-
obachtung von der unreineiL nnlersoheiden. Sobald die Beobac^
tvag mit etwas vermischt ist, was elcb nicht sinnlich wahrne^
raen lifst, so kann dieser fremdartige Zosais anr etwas Wage-
saiurtigee, auf einer angemafsien Kennlnifs des inneren Vorgaa-
ges in dem Organismas Beruhcadea sein , -und diesen fremdartigen
Zasalx verwirft die gebeim&ratliche Lehre. Ein Beispiel wird die-
Ms deutlich machen.
Durch die hlofs vargleieheade Beobaohloag kfinnen wir den Anla-
gonisnuis, der iwiscben den Gänsen des Organismus und jede«
einselnen Organ Statt bat, wabmebmen ; denn wir sehen, nicht sel-
lao, sondern in vielen Füllen, dafs ein feindliches Aagreireo des
ganxea Organiamo«, geschehe es durch Quecksilber, oder dnreh
wiederholte Aderlässe, »der durch Hunger, oder durch manohei^
lei giftige Substanaen, ein erkranktes Organ sum Nornaaktande
inrückführt. Was wir hier beobachten, sind «innlicfa wahrnehm-
bare Thatsachen, denn sowohl das feindliche A ngegtiffensein des
puuen Organismus ist sinnlich wahrnehmbar, als auch das Ge-
inndwerden des kranken Organs. Wollten wir nun aber eine£r-
kUrung darüber wagen, wie das feindliche Angreifen des gansen
Körpers ein erkranktes Organ gesund mache, und diese ErhlA-
niug mit der Beobachtung mischen, so wurde die Beobachtung
dadurch anrein werden; denit noaere £rklfirnii|r fiber das Wie
— ftlO -
Am GeanndmaBheiM linfi doch lulMit >nf «iMm -hlofii HjpotbetW
•cbe« hillaas. Diu« V«raitchatig dm Hjj^ihetiBehcB mit 4cr
BeobachiuDg, daren sich vod jeher die «cbulreehten AersM aebnl-
$ig gemneht, hat im F«ttMhnil«a d«r KoaM suf mtglivlMQ Ans-
bildung mächtig gehviunil.
Der Arzt alt Beobachter.
Mmi faM Ton jeher behaupiet, der Am müMe Beabaohnr
«ein; je, wmid iubd »hieo ArsI preieaa woHte, naiinte man ibo
eitieD HipfolsMiiohen Beobachter. Ich habe isir ia rneiner Ja-
gend schon den K«f f lefbrvchen , welohvii B^iff men dooli wit
den Intliofaea Be»bm>hMo verbiade. Meines EiachuBB köaBea
wir nur folg«ade drei Dinge beobachteii :
1) Die Zoftllfl und den Verlaof derKfMkhdt, ihren g^öck-
Heben, oder Dnglnf4cliehMi Aoegang.
S) Die Heilwirknng der Organnittel mf Aw Oi^ane, vmA
die der Uni versa! mittel auf des gmzea Orgenisiaus.
3 ) Den Orga»iimos selbst io aeioeni Kampf« gegea die Knwk-
helt.
Die erste. Art 4er Beohaebtiing ist die HippokraÜBcfae^ Sn
het, so viel ich die Sache durch Krfabmng erkaadcS, UtA eiaea
NDtergeerdBeien WerUi, den man jedoch nicht gar an gtneg aa-
ecMagen darf. Qen hMiptaftchlicfaelen Nutsen gewährt sie «olWi
harrachenden Krankfaeitea. Jede dieser Krankheiieo hat, hiastcb»-
Ircb ihrer ZiiAlle, grMere, oder feiaervEigfeaihäiiUichkeilen; wet
au faal ist, sich durch genaue BesbackiaDg isit diesen bekaant
zu machen , wer durch allerlei Künste sich die Masse dea Vallns
vom Leibe hält und aas Geis blofe dem aride derRetchea imch*
liuft, der urtbeilt suweilcn über eiae sol«ln'KrBtikheit wie 4er
Blinde von den Farben. Was aber auch' der fleifoig«ie Beohaab
ler iD dieser Hinsicht erforscht, and weichen Nutzen es fnr Ika,
so lange die Krankheit herrscht, haben mag, der Vonheil ist
doch iamier nur ein zeitlicher, der ihn» vielleicht nie wieder aa
Suiten kommt; denn die Kranktieiteo rerftndera darcb die Zeit,
darum findet der Praktiker aVch Die der Beobachtung Ende.
Die aneita Art der Beobaebtong hat den Zweck, die HmI-
wirkni^ der Arseneimiitel ia erforschen, and diese gewiiwt dsH
Praktiker bleibenden Nntaen. Hiosichtlidi der Orgaakeiinmiel
kann die Kunst kranke Menschen gesund an machen noch sehr
vetvollkonininet werden. Das mögliche Ziel dieser Vervollkomta-
nung wage ich aber nicht zu beitimRieo. Wer das, was ich ia
den leuten zwanzig Jahren in diesem Pnakle geleiatet, als das
— Uli —
HSchale nmeb«« woUte, «m auf d*a W»g« der Bmbachlaag n
•vrin^D tm, der w6rda wahilieh uhr anbillig nrtbeileD. loh
habe ja ia dicaer Zeit die ^bahulinilicbe Lehre lernen, sie iibca^
■ad nioh uabeobei van meiner Venia DJeiverkiäp pal nag faeilea
nriistan: aUo nafa daa von mir Erwaibeae, tnii deai, waa aoofa
erworben werden kaan Tergiickeo, gering seia.
Die drille Art der Beobachtung hat den Zweck, gewiaae att-
gemeine , für die Praiia brauchbare Sftize , in Betreff der gefaeini-
DiBsvollea Verrichtungen dea kranken Organitmos, entweder be-
aiätiget XU leben wean sie bekannt sind , oder aonoch unbekannte
ansantnittelo » oder halfabekaanta ndglichst zu verTolUtändigen.
Wollten wir nni aber beigehen lassen, solche allgemeine Abzüge
onserer Beobwhtmge» fit wirkliobe Naturgaeaise anzuariiaa, die
unsere Weishalt «rgviiodet, ae würdaa wir dadumb «oe gro&e
ScfawacfakSpfigkeit Tavrathett. AKerdiaga mfiaaaa sieh solche all-
gemeine Abzüge unserer BeobacbtuageB auf aowandelbare Naluib
gesetze gründen; die Geaetze seibat liegen aber doeb jeaseits der
Grenzen unserer Erkenntnifs. Die Abzüge unserer BeobacfatungeD
betreffen bloTs die Möglichkeit gewiawr Verinderangea Im kran-
ken KKrper; aprScben ats wirkliche Natavgeselze «aa, so würden
wir durch dieselben befkhiget sein, die Noihweadigkeit jener Vet-
Sndernngen einaosehea and sie Terhar u bestimmen; in walchem
Ponkre es aber niA aiHer aller Meiaieraohaft wol etwas windig
ansseben m9ebte.
Ein Beispiel mag dieaea dentlich machen. Wir wiism dateh
Tei^Ieichende Beobachtangea, weleh« Oi^n« nritleidUch durch
die UrerkrankuDg eines Organs hSiwan ergriffen werden. Wir
wissen , dafs jbde milleidliehe Erkrankung eines Organa aa« Ur-
leiden desselben sich umgeaiahan kaan. Wir wisaen, dafs die
Urerkraidtnng eines Organs sidi mit eiaer Urerkradkong des Ga-
aammtorganismus mischen kann. Wir wissen , dafs die Urerkraii-
kmg eines Organa siob eioaig 4nrcb raitleidliBh» &kraiikung an-
derer Organe offenbaren kann. Salclie und Shnliofas Abzüge un-
aerer Beobacbtuagen enthatten aber niehta als ein blofsas Kön-
nen, nicht ein MSssaih Sprächen sie Natorgeselno ans, ao
wfirden wir befKbigat sei», m bastimlneD: In den Kikpern A. B.
C>, deren Leber nrerkrankt' ist, mufs in A die Lunge, in B dar
Darrokanal, in C das Gehirn mitleidlich erkranken. In dem Zeit-
punkte X wird bei A nnd B das Coneensuelle noch conseasaell
sein , bei C aber wird- in diesem Zeitponkt daa Consenaaetl« sich
«am Urleiden «mwandaln.
Obgleich aber die Abzüge unserer Beobachtungen nicht Na-
turgesetze aussprechen, so sind sie doch für den praktischen Arzt
von anberechenbarem Nutzen. Denkt sich ein Schachspieler bei
dem Vataebieben einer Fignr nicht jettesnaU aUe mögliche Züc^
— Ult -
die der Gegner gegen ihn machen kann , ao iM er ein s«Uecfa(ef
Spieler. Wir Aertte Rpielen aaeb Sohneh mit der Naiar; wolle«
wir erlriglich giit spielen, so rnüiten wir bei all«in, wa* wir
thnn, vas denllicb die mdgltchen Zöge denken, die unaere Ge-
genapielerinn machea kann. Nur die Abauaktioaea aoser^ Be-
obachtnagen dea erkrankten Orga>itmm befilbigeo naa xu dieoen
deutKdien Deakea.
Welche Vortkeilt für die Anthitdung der X^rntt
liegen in der geheimSratlicheH Lehret
1) Sie bildet dea Antt anm Beobaobter; üe mahot iha nicht
Mail, di« Natur au beobacbten, aendem sie awiogt ibn dKan.
2) Sie bewahret seinen Kopf vor allen A hieb weif ungea in
da* nnermeuliefae Reich im IdeellsD.
3) Sie Im die vollkommeaate GegeaffifaleriDO der rohea Eia-
pirifl.
4) Olme gerade daa gegneriagbe Heileo ganx sa verwerfea,
mahaet sie des Arat, der Katar in ihren direkten, nafeindlicheo
Ueilungeo nacbmahinen. .
5) Weil sie keine PhnntaaiekaiegoiiPB , aoodem Dar Wirk-
lichkeitikategorieo aaerkenni, befähiget aie den Arst weit bester,
die Natur chronischer Hebel xu erkennen, all irgend eioe JKiiaJ-
lehre.
6). Oa der grSfate Tbeil der akniea Fieber, oicbt tod Icm
Urergritfenaein dea tieawamtOfganieiauB , aonderB tod dem Ürer-
griÜeneein eines einsolnen Organa mitleidtieh abhängt, die ge-
beiuiärziliche Lehre den Arat awisgt, daa urerkrnakie Organ auf-
aosuefaen: a» liegt in dieser Lehre die wirkliebe Ueilaog der aku-
ten Fieber.
7) Da sie von den Einzfelbdien der Erfahning nicht (wis.alle
Sehnllehren) ganz, oder halbideelle, sondern nnr reale Ahctrak*
liooen nacfal, ao muJa die erworbene Erfahrung ihrer Bekenner
voUkemmen mittheilbar, und nach tausend Jahren noch eben so
verstSodlicb und belehrend sein, als au der Zeit, da sie milge-
geiheilt wurde« "i
•) Kant m» i»* aach ron dar Seh ■Hehr« bchaiplaD* Ich Mge, Naia. Haiaa
Bakaeptaa« atötzt iich aloht aaf eia Wühaea aad Heiaea , laadara asf fal-
lendau IhaUäcblichSD Wacliaeltclilafi. Bi haban, *anuglicb leil dan Var-
falle der GaliDiicbia Labre , («r viala raratlbdiBB praktiicba Aenta ver-
aaeht, ddi durch Mitlheilao; ihrer Errahrani; ca beJebrea. Wäre ibre Br-
rafarong mitlrlit der Lebre, die lie bebannt , wirklieb niltbeilbar geweica,
■0 mar«te entweder die Medizin' icben vor inier aller Gebart, die wir jelit
lebea aad ina Aerit« BMaas, an Uebtea PaakM bCiII«*«- Vallnrfaaf «c-
— IÄ13 —
Wird die gektiuärztliche Lehrt in einem kSnftif
gen Punkte der Zeit van der Mehrzahl der Aerxte
all ver»tnnde»rechl und /Sr die U.eiung der Kun»t
al» vorzüglich irauchbar anerkannt teerdenf
DarÜb«r Urat sieb für nnd wider sprechen. Hat man blori
den menschlichen Verstand im Ange, so mufs man die Frage
unbedenklich bejahen;, denn was dunkül in dem Verstände der
Menseben liegt, das wird beslimmf , frOher oder spHter, von dem
einen oder dfm andern znf miitheitbaren Klarheit gebrx^i, An-
klang in maochen Köpfen finden. Ob aber- nach hnodert oder
anderibalbhundert Jahren die geheimüratliGhe Lehre tod der Mehr-
zahl der Aerxte als eine verstandesrechte nnd für die Uebnng
der Kunst Torzdglich brauchbare wird anerkannt werden, das
Ififst sich nicht vorhersagen. Um zu diesem Vorhersagen beflihi-
get zu sein, miifste mao wissen, wie in dieser künftigen Zeit
die Sietlting der Aerzte zu der Masse der SiantsbSrger und zn
der Staatsgewalt sich wßrde verändert haben. Sie ist früher an-
ders gewesen als jetzt, und wird auch künftig anders sein als
jetzt, denn alle menschliche Einrichtungen sind veränderlich! nur
wenn sie hesser sein wird als jetzt, werden dia Aerzte im All-
gemeinen mehr Belang dabei finden als jetzt, die Medizin zu ei-
nem echten, auf Erfabmng basirten Veraundeageschfifte za er-
heben. ')
Uagt MÜ ; ader wir ails amUien fiole Büacbe und raehlMB GiBiell«a leia,
di« ei varuhmiiksl, 4ie Erfefarua| suerer Vor|iLB|er nni iiunBi^aami odar
et mafi «o sich naBSsIich «cU , TarniUtlit der SchalJsbre intUchB Brfeb-
riBf lim BiUatheilea , data die BetWilteo befShisal warden , dai Hilselhellte
■an Htile ihrer Hranken richliir eb letratacn : da ich non DiuBÖ(lich insebea
kaaa, dafi diB Aenta natcrar Zeit ti^e Getellen aied, and ehe« lo wtüf
ni(abea kaaa , dalit die Kaait kraalLe ÜBuclieB fetaui ts maehca lieh ge-
geair8rti| auf den hGciitaa Paakli mSglicher Vollkomaeaheit befiada ( d!«
MaBge WD Büchern and JoaraalaarBÜlKa , welche aoB, van Id- bdiI Aat-
Usde , die Cegeawart ligKeh bietel , and die doch iSomllicb daza dicnea
aoUta, die Hediiia in vervallilHiniien , 8f riebt ja whtigaad daftgea): an
■ur* ich dea latctea Stti far wahr hailea , BÜnlich , dal* da« MiUbcileii der
■riUieben ErfalirBng durch die Scballabre, dai lieirtt, durch ciae auf «nge-
Bafita Kanatiiifi dei balablea UeDichealaibEi bajirle Lehra BDuSglich ist,
■an weaicitea aar bBchit anvollkeninao geicbaben iaan.
■) fir. CAr. B. FiieÄer In der SehlatkaamarkanK «eiaer Aaimge einei prakli.
aehea Werkea *ea B. Travfrt {HmfHumdi Blhliatbek lUQ , HalbeR Seile
943) Hgt: „De( Haaptgroad der loaet to aaavhürtaa Aafklüraag (Ver-
,,da akalaa e), Bcreicberang {Vararmaag) oad VeraahGaerDBg (Bat-
,,*lel iuBf ) der beilkaadigeB WineaacbaTt bleibt aber iaioier die jeliiga bb-
„■äbige VemehranB der Aerate , wuher die jangea iBsabl, Bit aBfallendaB
„uad aDBTbSrtcD Batdackasgen , Hathedea Bad VciaBaullBagea annretaa aad
„Ani'MkBB naabea , die Aliea aber lan Ttatil sieht ■BräekhMhaii n dHrTea
— «14 —
Aerzte und Publikum bilden tick g^genieifig.
ParacefttH sagt von <)co Aerzten »tner Zeil: Alio haben
■ ie die Leute genarrel, ialu diese ganz in dem Glau-
ben lind, freundlich liebkos leben, Federklaoben,
Zntnieln, viel grammansen sei die Kanat und die
Arzenei. Diese Stelle wird gewiA mancher gelesen haben, oho*
ibren tiefes Sinn zn erfassen. Die Aerzte bilden sich ihr Pnbli-
kam; das bei&t, sie lehren es gewisse medizinische Worte nach-
aprechea, mit deaen es keine deulliche Begriffe verbindet, sin
gewöhnen es ao gewisse Kuraneo, an gewiss» diätetische Regeln
u. d. g. Tritt nun cinmnhl unter diesen ärztlich abgerichieien
Leuiw) ein Mann auf, der mehr Verstand bat als seine Kellegen,
«ad der Anders spricht und kurirt als sie, so siehet man ihn ent-
weder für eioea Unwissenden, oder für einen Pbaniasien an,
«nd will er nicht verhungern, so mufs er sich schon bald beque-
men, wi« das Sprichwart sagt, mit den Wolfen zu healen. In
dieser gegenseitigen Bildung liegt der Grand, dafs manche Aerzte,
denen die Natur ansgezeichnete Geisteagaben rerliehep, wenn sie
lange noibgedrungen mit den WSlfen geheult, sieb gar bald tto
an das Wolfshenlen gewöhnen, dafa sie das verständige Denken,
Sprechen und Schreiben gans verlernea.
,,|l»b«a bIm««, wesB ile sieht von idbtt H 4i«i«B Gtlianel SM ■■■-
„■igfaehea iDtrawe, «ach itr ElUlknltf Lut htbea."
Dal Herren Fi$thtr ahap eicht cckvelchalhene Einecbeltansei bei des
Würtere AnHiiSriiDK , Bereicberne^ , VenebSnerDes Kbeleen air soiadaaleB,
Mt er mit nnaerer Jetii{en Literitsr nicht sonderiieb lafriedea iit. Ich
(liDbe ■ber , AtU du Getbmniel ( wie Herr F. du titcrlirisete Weirreaaea
■aeh Wehrbeit ncDiiet) nie lu ilart Werden keae , deno Je illrber ee wird,
an lo beider raor> ei eich benibigei. Unverkeanbsr beledet ilch Jelil die
Heditlp In eineai Ueberfinpinilende, est welcbea der (nlllebe Ventanj
frSber oder ipiter gelMutert bervorgeheB , «Bd begreireB wird , dib kelBB
TOB einen anerkannbareii PoBkle austbesde ' b«ll«bri|te GedaakeBfal^ prak-
tltches WerLh heben kann. Uebrigen« ilelle iob alebt ia Abrede, dafi die
jelEign BBSiliniKo VernebrnBg der Aerate Bach dai Ihrige ist Varnehraaf des
6elimmBl( bettrigt; mir lit dai aber, wall ieh ia dar tomaligeB Zeit die
BBrgiebart elaer betfereo, TeralladigereB tehe, daraitDt Bioht aaetGfiig,
■ondera vielmebr erfrealieh. — Da* AIlBrlbatn (agte, die Naefal vor der
Criait lei narahig; wir befladeo "dbi Jetil «aeb in aiaer aolcb anrvbigea
Haulit: aber leider werdea die AageB BHer derer, die aalwader lelbit ia
den GelUDBel beiehlAtget lind , oder derer, die, sieht darin beicbifti^t.
Mit italieai, «dbdg sralligem , oder nil TerAeUaadwi , oder nlt hGhaiMbeB,
■atiriKbaa Blicke Ia dBe GetÜBBel lefcsaBB , laage be**r der noea Ti( graDet
Ten Todeeoktafe geiaUoM«! eeia. Wir, die wir saaer Zeitaltar wader nb«r-
•ebittea noch geriagtohÜtieB , wbIIbb bdi mit Moses trauen , der Tierxig
Jabra , dorch nnwirlbbare Wägt«« wanderad , das f ehible Lasd enehte and
doob sieht bineiakaai, lOBdera ee aar vob einem bobea Berge io der Ferne
sah eod dasi bagrabea ward«. _ , , . _
O
Veher dit Binderniite, die die VervollhommnuHg
der Kuutt verzSgern,
E« üt eia uDgebetver Gedankfl, all« dies« Üindernisw , ja
■Dr 4i« vornchmaieD grändlich aufsudecken. Wer Ut ilnsu befä-
hig«! I — Ich baitimmt nicht, and diejeaigen «ben so wenig, ja
wot noch weniger, die mit der Livree der Zeit pmoken. Ich
habe mancha« über dies«* Gegentiaad an« aller und neuer Zeit
gelesen, oho» leaderliebe £rbaanag daran in finden. Einst fiel
nur aber e'we Abhandlnng der Art in die HSnde, die mir, weil
sie ifl eiaigoB PiinkteD mit Lanae geschrieben war, (.Interbahnng
gewährte, «bschoa icb in Allgeaieinea die fießlhigang dec Ver-
fuiers, aber dieaes Gegvnstsnd gründlich au schreibea, ntoÜt
anerkeanen konnte. Er aaefat «aier andern (wabrBchein)ich well
er Grofastftdker ist) eine der Ursachen, die die Foriscbritie der
Kunst vers&ffflia, darin, dafa die Unsahl kleinsiidiischer Aerzle
in ihrem Wirknagskreiae aecfa niofal die mindeste Aurmnaterung
uir Sei bsiner voll koniBinung finden. Da nSmlich, tneioel er, nie-
mand die Vervollkomunung der Kiinat fördern kfinne, der nicht
luerzt das Vervollkommnen bei sich selbst anfange, so maasa
die Uuahl der kleinstSdtiscbon AerMe, weil ihnen alle Anfmun-
teraog sur SeUistvervoIlkommnnog fehle, Nallen für dio Kunst
bleiben.
Uh will jetst riamahl dieaes Vorgeben näher beleachten.
Dem Verfasaer nnd allen denen, die mit ihm gleich gesinnat
sind, inu£i ich beipfiiehten, dafs kleinstädtische Aerzte diirofaaoa
Itetoe Aussiobt haben , Titel oad reiche Gehfilier za erhallen.
loh gehe zu, dafs mancher reichbegabte junge Arzt, des bÜr-
gerlichen Lebeaa and d«s>«n Verhälinisae unkundig, sich in einer
kleinen Stadt niedergelasaen haben mag, deren Bewohner, aller
geistigen- Bildung bar, unßhig sind, sekien intellektuellen und
sittlichen Werlh zu beuriheileo, ihn also nothwendig in Eise
Heihe mit den Krztlicheo Krämern und tJausirern setzen müsKen,
wodurch er denn in geistiger Hinnicht zam wahrhaften Einmed-
ier wird.
Ja icb will noch n»f einen wichtigen Punkt aufmerksam ma-
«ben, dessen bis jetzt kein Dichter einer Krfihwinkeliade gedadit
hat. Der Geist, der in kleioea SiHdien vorwaltet, gehet doch nnr
immer vea wenigen Brirgera aus. Durch den Tod und durch die
OrtsverSnderung dieser wenigen kann also, in dem Zciiraam« «■-
•es einzigen Menachceleheag , ein recht anmnthiges Städtchen so
zum Bösen verändera, dafs alle Lasier und Untugenden, die sich
in groiaen Sifidten zwar finde*, aber hier durch die höhere Gei-
ateibildung nnd durch die edlen Gesinnungen vieler anderen Be-
wohner öbuwogw Hod Ttidaakelt weiAoa, als^^ft «niL:. Nf»di
— 1216 —
Lüge, hentlgreifiicher Betrog, empörende Undankbarkeit« an EMeb-
HiAhl grenzende HHbauchi, ■chmuuiger Geiz, hoch verrfith erbebe
Gesinnungen, Fanalisinui und tiefe Geist esrohheit, — la dem klei-
nen Ort« BO nnvermiicht, so nackt, lo gaos schamlos hervortr»-
tsn, dti£g ein recfaiUcher Mann, den das SchioksHi in ein tolchei
Nest verschlagen, sich, hat er eine etwas dichierlsobeNatnr, leichc
•iobildea Itanois, durch einen bötien Znnber in das Reich der Teu-
fel verselst an sein, lat einmabl ein StSdtchen sa aiaer gewisses
HSfae der Entartung gelangt, so aiehea sich alle rechtlichea Leute
(deren gibt es doch an allen Orten) gleich den Schneckea iȟire
Gehfiose xurfick-. Fremde, sind sie nieht selbst entartate Wesea,
lassen sich dort nicht nieder, und halten sie es ans IJnkunde ge-
ibao, so enifiiehen sie doch gar bald der nnhtiligen SUitte. Der
lechtliche und gebildete Ant, der eiae solche Verachlecbternng
■einer Mitbürger erlebt, mufB entweder mit ihnen ein Teufel wer-
den, oder, hat er Anlage xam Heiligen, so mnfs gerade das Scheufs-
liche, das Zurückstofiende, das Ekelhafte der geschändeten Meo-
Bchennaiur, ihn, wo nicht »um rollendeien, doch iura halben Hai-
ligen machen; aber freilich-, nicht sum trinmphirenden, sondern
xum bürdenden.
Endlich gebe ich sn, dafa die angebliche Wohlhabenheit oder
gar Heichheii kietaer Siädte meist nur Schein ist, sich tuweitea
blofs von der Windbeulelei eilicher wohlhabenden Einwohner ber-
■ohreibt, indefs wirklich die Mehrsahl der Bürger in an beschrSnk-
Hn Vermögensumstttndan lebt, dnis kanm ein Uiittri, oder Vier-
tel die BeMiühimgen des Arsies nur gans.mfifsig zn besahlen ver-
mag. Ist nun die Umgegend eine« solchen Städtchens auch nicht
wohlhabend, so mufa der Arzt, hat er nicht eigenes Vermdgen,
sich sehr einschiänken, wenn er als ehrlicher Msnn bestehen will;
ja hat ihn das Schicksal mit einer aabiretehen Familie ge«egnel,
so werden ihn die Nabrungssorgen , wie böse- Geistsr, auf seiner
nOhseligen Pilgerfahrt verfolgen.
Die Leser sehen, da£i ich die anheimliche Stellung klein-
städtischer Aersta keiaesweges verheble; allein jetu stelle ich
auch die Frage auf; wie können solche nnheimliche Sufsere lim-
stände die Ausbildung des Arstes behindern! wie können sie ibm
die Befähigung rauben, der Kanst in ihren Fortschritten eben at»
gut zu dienen als die grotistfidtischea Aerzte! leb sehe das wahr-
lich nicht ein. In allen Fächern des menschliebea Wisiens (niefat
blofs in der Mediiin) sind doch nnr immer wenige, sehr wenige
Gebier erkoren^ die Fortschritte d6s Wissens im eigentlichen Sia-
ne zu Tördern, und diese können es nicht thun, oder sie müssen
ihrem Zeitalter vorgeeilt sein. Ehre, Rohm und Geld kOnaen uo>-
Diaglich die mächtigen Hebel sein, die sie ihre« Zeitalter ent-
ificken, denn soast müfsia ja die Mediiin, in 4« di«ta H«^! oft
— 1217 —
gewirkt oad nooh immer wirb«n, aich iMgit apf dem bSduie«
Pdnkt« möglioher VolleBduog beflndeo: ea üt vielinetvr eine ge-
faei m Ol fi volle Gewalt ( maa neuie dieae KuovUiefae, Forschbegief-
de, oder wie uaD w«lU), die aie treibt, rubeloa einem veracbleier-
ten Moaterbilde nachsurenaeii , nnd keine Hiaderniue aind anäch-
ti^ genug, ihren Lauf au bentaea. Wie der harte Siabl aas dem
Kieaiiag daa Feaer acblägt, mo aoblagen gerade un freund liebe, har-
te, raube Umgebungaa ana aolobea Geialern den Funkea der Wahr-
heit. UKite das Schtdcaal sie frGh durch ffeundlicHa Gaben ver-
■ftrtdt, ao würden ue Tielleiobt für immer Sohtnarataenpflaosen
geblieben aain. Wer vermag nun die Geister ap schauen, wer
die SohicksalseniiehMig an bestinimen, die ihrer Kigeotbiimlich*
keüt frOBsnett — JVienaad. Danun iU es auch uuweise, au be;-
banpien, dafa kleine Uldliaebe Aenta, ans Mangel an Aufmunterung
sat Selbitbildimg, Nallea fBr die Fördaruag der Jfupat bleiben
müfsien.
Veh*r die NcihzUekUgumg dti ärztlichen Ver-
■ tlaudt:
Das Wahre iri gewSbnlieh etnfaob; wer aa aich deutlich denkt,
kann es auch einfach aad denllieh mitiheilent Jeder gesuiide Ver*
stand, der das deutlieh Vorgetri^ene begreift, ist gezwungen, es
ala Wahrheit uxnerkeane». Dieser Veraiandeaawang ist «(was
Nothwendigea , in dem Verstand« jedes Meaaohea Gegründetes,
ihm Angeboreaea. Wer alae nieht scheinbare i sondern wirkliche
Wafailieitea vortrSgt, der iwiagt nicht Leser «der Zuhwer, «einer
Meinung zu aein, sendem et selbst, losamnit seinen Lesern oder
Hörern, stehen unter einen nnd densetbea Zwanget nämlich, un-
ter dem der Wahrhab. Gani anders verhilt ea sieh mit Unwabr-
huten, oder nrit Halbwabrbetten, die «in Sobrifislellef »der Leb-.
rer seinen Leeern eder ScMlern anfaebwataen will. ,liier bet ei»,
ne wirkliche Verslandesnotlizücbiigang Stall; denn der gesuMdc
Verstand, wenn er gleich nicht be^iget ist, daa brige in dem
Vorgetragenen sich xar Stunde deutlioh ale solohea *a denken,
sperret sich doch, daa Hathwabra für eiwai Ganawahraa, und bare
Unwahrheit fir Wahrheit hinsonehmen.
Die Verstandesnoibxüchiigung geaebiebet aaf xweierlei Weiae,
dnnA Künste der Sophistik und darch Verblüffen; beide Arten fin-
det man aber bfinfig miteinander vermal, nnd diesem doppelten'
Noibawange erliegen gar manche Geister.
lieber die flntlicbe Kophiatä darf ich nicht aprecben ; theils
ist aa eine Aufgab^ dereii LSwng neiiie KrlA» übpraieigH dieits
77
— iai8 —
nt dta Lftamtg'Moh n weitlKufiiy; 4eiui ww ibar dicasa Cegai
Muid ifrüBdlich flcbrciban will, mmSk all« anfgeataUie Babanptu-
gtm mit aauirecbi baren Baispiataa moM dea Schrifiea bekaaaHi
Aerxle Megen. Em wBr« ^er wol za waascbaa, dafs Hifft» hl cü
wahrhaft phildiophiMber Arxt eia« Kritik der nedialDtattbett L«-
gik achrieba. Er braoefaie ja nicht gerade Bdoye aas dea Schrif-
ten Ubeodar Aenre anmfüfaraa (da* würde ansiMMg- nad gdiän^
■eia); die Scbrifteo der Tcratorbaaen wfirdaa iha acho« allet,
denen er bedfirfiig aein aftchie, ■■ reiehaM, ja in äberreicbeH
Mafia liefern. Ich meim, ein aalcbea Buofa mSiae die Fortadwidc
der wahren Medikin aebr fftrdem; dran ea wfirde, darch gräad-
liehe Belebrang der leaenden Aeraie, die achreibaadmi xant am-
fliebtigeren Schreiben awingea : aahald eanhalieh keinelaaea^Acn-
te mehr gfibe, die verwarrenaa, aalagiaebaa Zeng fSr tiala Foi^
achnng and Offenbaiqng einer gr&ndllchea Gelebnankeit
würden BoJcbe Schreibereien bald anfb&ren nüaaen.
Was die Venila ndesnotbaüchiigung durch Verblüffen
■• lat dieae leit der älieaten Zeil in Gebraocb gewesen. Scboe
in der eraten Mache wird der Veraland der Schfiier dorch manche
Hochichullehrer verblifft; denn weil der Schüler in Sachen, die
er erat lernen loll, noch kein eigenea Unheil haben kann, so
nimmt er in demötbiger Ergebung Worte fGr Begriffe bin. frei-
lieb iperfet lieh Bein geaander Verstand mitaaier gegea tolduM
Hinnehmen begrlfRuaer Worte ; da aber aaiae Lehrer aahr heröhat-
le Mftnner sind, ao achreibt er die Sperrigkeli aainaa Vcratani««
aaf Bechnang seiner' Unwissenheit und' trftaiet sieh mit dw Haff-
anng, ea werde ihm in der Folge alles klar werden. Nun stopft
er dnrcfa die %eit immer mehr begrifflose deulaehe, griechia^
und IsKinische Wftrter in aeinen Kopf; ' von - seibat wollea sid
die klaren Begriffe za denaelben nicht einfinden, bat «r nie ab«
lange genug nachgesprochen , so bildet er sich zntetst ein, «r ver-
binde Begriffe damit, and nnr wenn er, xar ftrstliehen Grofsjllirig-
keit gelangt, sieb adbal präfel, macht er die nnangenehme Eai-
deelmng, dafs sein ganxea Wissen mm gröfaten Theil ein wahi^
hafles Wortwineo aai.
Ferner fiufsMt aach die hdie bürgerliche Slrilong manches
seh rlf f stell erndan Anttas einen notbswttngeadea Einflsfa auf vidi
Geister, btfaonders auf solche, welche von Nainr keine Aalage
zur SelbstsiBndigkeit haben. Dann kommt noch, dafs einem sohrsi-
benden, hGrgerliiA -hocfagesleltten Araia viel Sokmeicheleiea ge>
sagt werden, nnd zwkr miiantar von Leuten, die ihn blofs feiara,
um von ihm, oder durch ihn, den einen- oder den anderen büi^
gerlichrn Vorlhcii au erhaachea, oder viellaichi blofs, damit ifares
nnbrrUhiutan Namens der bcaBhmi« Mann galogeotlieh in einer
Dracksebrifk gedenke. DioMr. Scbwara von Sfihniacn macht
— 12« —
■Ol maDobem iiocb^eitellteo Ante, der an aich ein rechtlicher and
TerailliKliger Mann »t, and nach nlchta irenij^r', als nach einer
Diklalar in der Mediiin liirebt, ein wahres Orake). Sie erheben
alles, was er sagt, and wtre es auch lange vor ibm eben so ^t
und deatlich gesagt, als eine nlegeh^te Weisheit. Das '¥ersiaiid-
liafte, was ans seiner Feder komnil, ist bei ibflen so verständig,
dafs bis znni Ende der Welt kein Mensehenkopf je etwas so Ver-
ständiges wird vorbringen kSanen. Das Eifahrengsknndiga, wenn
eaanch an sich gnt, uad einer praktischen Untenncbnng wol
warth ist, wild von ihnen za einem anbedingien praktischen Ca-
non erhoben. Ilel aber der berühmte Mann ein neues, oder alt-
neues Mitlei empfohlen, dann weh« der Antwell! Sie erheben
es durch ihre Lügen snin Allbeil.
Darch solcher Narren nnd Schelme GepiHrr wird viel Unfag
in der Medizin angerichlet uad der gute Verstand manober be-
scheidenen Aer/.ie jämmerlich verUnfin. Andere<, die si^ nicht
so leicht Tcrblfißen lassen, hassen es doch, des bochgesiellien und
gefeierten Mannes Meinung einer rersiandhafien und erfahranga-
kundigen Kritik zu .nnierwerfen; -denn sie würden, wo nicht von
ihm selbst, doch besiimmt von dem Schwärme seiner wahren und
falschen Anhftnger übel auf der schrifistelleriscben Turnbahn em-
pfangen werden, zum raittdeslen würde man sie als Neider des be-
rühmten Mannes auiscbreien. Wer aber frei von solcher niederen
Leidenschaft ihI, der wird nie gern den Schein derselben auf sich
laden ; darum schweigt er, und Ififst die Lufter jcheinnng ruhig vor-
überziehen.
Was ich hier gesagt, dessen Bestätigung jeder in der Geschich-
te der Medizin, ja die Aelteren unter ans in der tieiicbicbie ihrer
Zeit finden werden, hemmet nnglaublicb die Fortschritte der Kunst.
Es ist aber eine Unbill, der nie kann vorgebeugt werden; sie wird
sich immer erneuern bis lum Ende aller Dinge. Die Geschichte
der Medizin, die uns allesaramt belehren sollte, wird fiir einen
grofien Theil Aeraie ein hlofses Prunkstück ihres Gedächtnisses
bleiben, nie Ihre Lehrerinn werden,
K. Sprengel, der von dem Kaiser!. Leibärzte v. Sitieten nnd
seiner SubliniatauflSsung handelt, sagt im fünften Bande seiner
Geschichte Seite 583 Folgendes: „Es ist wol ans der demahligen
„Stellung StBietetu zu erklären , warum knechtische Seelen , de-
„nen für die Gunst des Beförderers die Wahiheit feil war, viele
„Tansende Kranken mit dem Sublimat gründlich geheilt zu haben
„versicherten."
Ich glaube aber, dafs sich unter der Unzahl knechtischer Se^
len auch gar viel dumme Seelen müssen befunden haben. Aerzfe
in h(Aer bürgerlicher Stellung hSren so viel Schmeicheleien, dafs
sie derselben bald gewohnt werden mQueti, und nnr das beionde-
77*
— 1580 —
re VvtbBlinU«, ia wvUhcm si« reit dui «iaea oder dem undsreo
ihrar Scbweicbler Btebui, l»an ue bexiiumsn, ihnu bofSidsnidu
Kiafloii m offenbaren. Da diewi bewadere Verbftitnifs nao aieht
offenkuMllf ni Tage It^, *o tchrciben eia^lüge KSpfe, die den
Laef der Welt ai^ keaDea, die Befitrderung eiaiig der reiclifich
(e^MDdelea SebHeichelei aa, und atrea^D alle ihre KrSGie an,
auch eine Gliekegabe tob den gefeiertea Manne bo enebraeichela-
Weit in den meiaten FSlien verfeUeo sie aber ihr Ziel, and wer-
den dem £m1 in der Fabel glekh, d«, um Lieblingsesel ecinea
Herren in werden, die Schmeicheleien dee Liebliogafaunde« nach-
ahmie, dem Herrn leine achronlai^en Fäfae auf die Schultern lef^-
t9y und mit gro&em Geiobrei ihm sirtlicb das Geticiit beleckte.
Freilich, den llrztlichen Schmeichlern gebet ei nicht bo aobliram
wie dem armen £ael; dieser werde mit KnOtteln aus dem Hauie
getrieben, jene werden blnfs spiter von einem Geachichtachreiber
luwobliaoh« Seelen geacbolten.
Uehtr da* Selba /ditpentiren der Aerzte und über
die Apotheker.')
Diesen Gegenitand haben die Anhänger HaAnematuu in un-
tern Tagen zur Sprache gebracht. Weil ich nun glaube, ei sei
Zeit, dafs er besprochen werde, bo will ich auch einmahl meine
Meinung darüber sagen , die jedoch nicht belehTend , sondern nur
SDtn Nachdenken einladend sein soll.
Zuerst mufs ich mich vor allem Vorwurfe des Eigennaties
achützen} damit ich. niemand als Betheiliglen ansehe. Folgende
zwei Gründe werden au diesem Zwecke bei verständigen Lesern
wol hinreichen.
1) Ich bin 69 Jahre alt, habe also nach dem gewöhnlichen
Laufe der Natur nor noch kurze Zeit zu leben, und da ich bis zum
Ende meiner Tage, nach menschlicher Voranssicht, wol keinen
Mangel leiden werde, ao glauben mir die Leser gewifs ohne Be-
theuerung, dafs, wenn der Staat, dessen Bürger ich bin, das Selbsl-
dispensiren den Aerzien erlaubte, ich keinen Gebrauch von dieser
Erlaubnifs mehr machen würde; zum wenigsten k5nnle nar eine
') Ich holfe, nelae Letor «^rd du, wii iob aber diMsa GegoMtiad c« Hrea
hak«, nicht lor den Gedtateo bringen, alt tti ich ni nee jener Ph«etut«a,
dte in ihrer nerriscken VensMieohbit dei (jltnbena lind, der Himnel hahe
■Iteia lie herabiget, menachlicbe Einrichtengen xn einer gtittliehan VollkoB-
meeheit cn bringen. leb leb« vahtlieb recht ftat efa , dtlh la^ bmtBndrae
Geietu, londerlicb Micha, - durch weldba dia natHrfiehea Aecbt« 4tr Hoe-
■ehM henlairSabüfet (cweHi, «M, thr Sbel uCuaba^i find. - ..^
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gflnlidi« ÜMmertBttigfceit d«r ApMhkkeb mich zwiogan, nlr m-
n« «olcbe Last Mifzubflrtlen.
2) Da leb der Grsoza naha wohne (der nflcbste Pnnfcl hl hü^h*
«teni eiab hnlbe Mnil«), so werden die Leter wol begreifen, daf*
ich «tnen Theil meiner Kranken jenaelra der Grenke hnke, und
ifBmer gehabt habe. Wer köniiie mir es nun webren, diesen die
Arxenei selbst ta verabreichen 1 Niemnnd. Die Preufaiscben H«-
diainalgesetxe sind doch für da> Prenfsiscbe Land |[eg;ehen; nitiht
fQr Belgien, nicht für die NiedeHande. Wer im Auilande Ge-
scfalfte macht, der intifs eich nach den dort faeat^henden Geeetsm
richten; dieie sprechen afber weder in Betgi^, noch in den Nie-
derlanden gegen das Selhatdispensireti der AerMe : wollte ich abio
meinen ansiändisehen Kranken die Arzeneien aelbst verabreichen,
so wßrde ich dadnrch' weder gegen die Pretifaischeo , noch gegen
die Belgischen, noch gegen di» NiederlSndlachen €teBelze tSndigen.
Ich habe aber nie Gebrauch tod dieser Freiheit gemticht, wie wol ich
recht gut einaehe, dafs ich mir dadnrch tneifie jNhrKehe Einnahm»
weit gemichlicher rermehren kftnnte, als dorch LaaTen and Re-
zeplsehreiben. Wenn alto irgend ein Arzt, «tine den Vorwarf ei-
gennütziger Parteilichkeit zn Vei^ienen, 6ber diesen GegMstaitd
sprechen kann, so bin ich 6s, nnd jeder, welcher mit mir io glei-
chem VerhRiiniase stehet. — Nun xor Sache.
Der Zweck der Apotheken ISfat steh geschichtlich nicht gern»
nachweisen. Noch im fünfzehnten 5abrhandert beMsen die Apo-
theker <4rffflia/anV, auf Deutsch, Gewrirtkrftmer. Ursprünglich wer-
den sie wol mit einfacheii Arzeneien Handel getrieben , später abor
auch gebräiicbliche Qaieniteht Zusiiiiiensetznngen feilgeboten ha-
ben. Da aber jeder Apotheker diese Zusammensetanngen auf Bei-
ne Weise veründerte, verbesaerte, oder verfälschte, so traten im
ISten Jahrhundert zwei Männer auf, die einige Ordnung in diese
WirreA zu bringeti snehten, Nicalaut Ton Alexandrien nnd Sal»-
din von Aaenlo. Beider Aerzte ApotbekerbiTcker haben aber we-
nig Aebnilchicelt mit nnseren henttgtm, nnd die Apotheker werden
sieb wol Wenig an diese Sehreibereien gekehrt haben.*)
Im leten Jahrhundert Schrieben 6. Rondelet nnd Valero*
Cordui ordentliche Dispensatorien, die ansern heutigen gleichen;
aie emhallen sowol die einfachen, als die tosammengesetzten Mit-
lei, nnd Ton letzten die Angabe ihrer richtigen Berehnng.
*) Weit rrfiker batl« siin ichoa dai AinUatmriaKt Aat Steine, ireUtM hrrb
mehr« seiehrte HJaiirr erklirt ud srglnit iit. Auch dai Antidatmrtmm Kf-
tQlai bei Bebra Brkliror ivrasdiB, ■•■«ntlieb den Hsgixtfr FlaUmriut, Hd
Johmtutt» d» lameu amamia. Dm Diir«eMlari«v dei Salaiim librt 4*a
Titel : Damint SaUdi^ äe JabmU StrtniiaU frimeifii Tmremtt pAftiei ftin-
«ifoUi Cimpendium arowtataritnm. Ze das altes Apalbakerbüehan febift
( ti9* I
— IS» —
Au dar GMcbkht« U&t sieb iodeft d*r «igandüU Zweck d«
Apoihekeo nichi gerade aDsmiiteln, er Iftfst «ich B«s deraelbeo blob
mit bober Wahracbtialichkeit vermiuhen> Wenn man nftnilicfa d«
Zustand dar M«di«n umcr der Galeni*chen Scbnle erwftgt, dit
McDge der Mittel, deren die Aeriie bedurften, die langea lU-
xepte, mit denen sie die Krankbeiian bekfiwpfien , so mnfi uu
»uh begreifen, dafs grolitstAdiiacbe Aenie, die reicfaea QDd vor-
Behraeo Leoieo dienten und von diearo freigebig bezahlt ward»,
weder Lnat haben konnten, die Arxeneien eigenhSnitig so htm-
un, noeh in ihren HSuaero durch Gebülfen bereiten n Iwm-
Ueberdjes, wM konnten die Galeniker bei ihrer verwickeltes Ife-
lepiiehreiberei tod der IJeilwirkuag einfacher nnfeindlicber Mii-
te) durch Beobachtung keitnen lernend Michts, gar nichu. tVu
ein Arzt 80 Jahre alt geworden, so mufste er in jliesei Hiniickl
noch eben so unwissend sein ai< im ersten Jabre seiaer Piuii-
Biofs über die Wirkung feindlicher Mittel konnte er sieb eliip
ungeseUnchle Erfabrang erwerben. Er hatte aUo sehr %a\t^*i
Belang dabei, dafs die .^rseneien, die er seinen Kraakea w-
aebrieb, rein und gut waren; um so grSfferen Belang sbeTi du
Reicbeo viele Besuche sn machen und sich dafür beiden n b^
aen. Damm sagt »nt!U Eahenkeim von den Aersten, sie butm'-
len eich mehr, den Leuten mit Schmeichelei en die hagta n f""
blenden, als die Heilwirkung der Arzeneiuiuel kennen nJ^to^-
Durch der grofMiäd tischen PruokKisle Faulbeil osJCbvli-
tanerie ist also ursprüngliob die Bereitung . der Arzenein il'^^
lig in die Ilaade der Apotheker gekuiumen, und derZ«'«'*''
Apotheken war also kein anderer «U der, .der Faulheil deiAtnU
SU dienen.
Seil dem Ende des.l6ten Jabrhuoderia ist das Apc>lhekerw^
Ben nach und nach mehr ausgebildet; Die achukecbtea AeiWi
ob sie gleich die iatrocbeniiscben Ketzer achinipflen hikI vcnolr
len, Tericbroäbien es doob beknnnüich nicht) mehre cheauiw
Bereitungen derselben in ihren Arseneischatz aufsunehmeo. ^
sie diese aber nicht selbst su bereiten verstanden, wsrea »^ (
notbigl, sich an die Apotheker xu wenden, obachou es in >
nnd ISten /ahrhundert nm die chamiache Kenntnifa der AfoÜ>>'
sehr windig aussah.
Wann sich eigentlich die MaleriaÜsien (Arzeaeihfindlcr) "'
xengt, läfsl sich wo) nicht genau nachweisen. Dafisie aber
sehr früh müssen bestanden haben, ist unwidersprechlicb;
die Apotheker konnten doch unmögliub die Unsabl von G<«'^^
stünden, die sie in ihrem Laden nÖihig halten uad die ■■»i'
dem Anstände angehörten, ans der ersten Quelle beiieheS)
hin niufsten sich fast gleichzeitig mit den Apoihelte'» eocb
neih&ndler als Miitelsrafinner finden; denn wo Geld lo i'^
— M2J —
üt, hat-« bIb BS E<Nteft gtiMtt Ü» LMt bktlM, m wi vck-
Di« gwpfam (Jokooda der Apatheker ifi BweLtung cheioHcher
Anenuen nwaaf li* noi, aicb auok id 4ieMi HwHicht m die
Malerialisun aa wendso. Di« MaMriaÜatV) biedea sich also cbe-
miaobe AnaiAibereitCf , die aie Laiiaraoien aamiMOi und dieaa
bertiteien dkW blob cbtgiiaoke Arihneien, . aondefa aach £x-
Indcte , TkikluKB , Pulver , PfiUater , knie , alles, deasen ein
Apotheker ia aeia^ Bude bedurfte ,i ■« iaU die A poihekcrkunu
ia Weiler «icbta bestand, ait ioi der.Ferljgkett, die reo den Aerx-
ten vorgesehriebaoeo buniecbMdrigeii MfascbnBgen DRteir einander
■0 rähna, PitUn, TrSnke, Latwat^n u. d. g. zu aiRcben> Der
'ganze Zweek der Apotbeken fübri sieb also wieder awf die Faul-
heit, Lied erlieb keil and SaiihMt der Acrtie zurilck>
Seil den Verfalle der Galeniscbao Sebiile, welcher Zeilfuakt
CO ganz spiu Biofat su bestiniincii ist, bis zum ISien Jahrhnndert,
haben .klug« Aerai» das ünsinoige, was dariq liegt, dalii aie ib-
ren praktischen Ruf, die Mdgliefakeil, richtige Erfahrung zu er-
werben end das Heil ihrer Kranken guigliubig in die Hand sol-
cher M&aaer lege« sollten, die nicht den iuindesien Belang dabei
habet!, daTs der Rtif dea Ante« geaiebert bleibe, da£i er rich-
tige £ifabraagen Mache aad dafs die Krankes bald genesen , sehr
gut cingesebeB; uad w<fil sie keine hmt bnilea^ ihren Ruf und
das Heil ihrer Kranken auf sslche Schanze ku seiaen, haben sie
sieb eigene Apotheken gehaltea md dea Kranken selbst die Arze-
n*MD verabreicht. Uucr den ia der Lileraiur bekannten Aenten
nenne ich nu> ^. HoffetamM; ja aus lOBDCben Aeuberungen E.
Stakh matt ich scbliefseBf daisaucb diecer, w» nicht alle, doch
manche ihm eigrntbiitaitofae Mittel den Kranken selbst verabreicht
habe. In dea Deuazig«r-Jahren,''da ich in Jena siudirte, sab ich
ia dem Zinaier des Hofraib £. Nicolai (Senior der medisi aiseben
Fakuhttt) eine Apetbake. tn seinea Univeraitatsjafareti war et
F. Hoffmantm Amanaessia geweeea und halte wahrscheinlich von
diesem das SelbsidispAitsiren angenoinuien ; da ifaa aber die Kran-
ken wol nie stark überiaufen batien, so war seine Apotheke sehr
best&abt: *) lo maacben Ländern niQsaen die McdizInalbehSrdeD
des l&eo Jahrbaoderta das Wideraionige , was in dem Verbote
des SelbstdispeiiiireiM liegt, gut eingesehen haben; denn ohne
') Aas itm Frifucsi vei C, W. Hafltaitit biiierUnencr SelbilMa|tnp4)ia
(PIcaei JoorDal der fnkt. ArzeDcikands van B. Otann t. SÜcb , SeÜa IA.)
■raebs ieb , difi Hafilandt Valcr , der Leibarzt dea ReiroK* foD Wainar
war, dia AneneicD lelbtt *erabrcicbt bat, Bod dari dicm damatila fut alt-
icneio bcmcbspder Gebriaeb geweico. HB. Hufeianä tyricbt van itm Uts-
tM Vlarial daa tS. Mtrimsdarto.
nrifeh fera<« m 41a MaJiriMlgtwm mitkmt Limbr iMkAainert
lu haben, waifs icb dodi rcelit gat, dafa ia ibnan lelbaidiapsa*
airend* Aerale wohtiteB, Ob ■)• noeh darin wobaen, aelt die
LSndef ander« Htnnraa bekvnnwn, iat arir nabakamt. In d«i
NIederianden ab«r tat m bis 4i«ien Aagesblittk aUen IcUlnuKdti*
aohen aad Dorfllmeo arinubl , den KranktM die Amnei aelbat
so varabreichen. Ja, obgleicfa d«N gporaaddtiacheii daa SalbM-
dispeiuiren unteraagt iM, so iweifle ieb dach aebf, «b ^die Ma-
diainalhebSrde einen denetbeo beatmfan wfirde, der aolehe Ana-
nelen, die nicht in Diapanaatorio itabcn, deren beaandar« Heii-
krRfte er aber kanaete, den Kranken aelbrt geben weUia. Meiaa
Vermnihang grfindal lich dannf, dtfi bei den Niederläadera der
gesunde VerMand immer Torwallc«.
In unseren Land« ist mit dnr Bildnag dar HadiiioalbehArde
das Verbot dea SelbitdifpwntretM euktaBden. Seine Entatehnng
bat es wabracbelnlich aweien Ursachen an verdaBkaa. Einmabl
der Meinung aller OrofaiHldtcr : daa , was sie treiben, tban, Kna-
ben, meinen, inBaae noihwendig daa Beste, das VeratSadigsi»,
daa Weisesie sein; nnd awntena den Kr^plogalenianns, in deaaen
Banden die früheren Aente acAHinebteien , nnd deren st« aicb leider
nicht sehfimten , sondern mit dirnen aie bafs siolxlen. J«doeh , da
die alten kr]>|i(ogBlent sehen BehArdan ca sieh als Ventaadesmen-
Bchen , wenn gleich nidit deadich , doch aun mindeste« dunkel
denken miifsten, dafs aie dnrcb daa Verbot dea SelbaidttpenrnreaB
die Aerzte der Wohlihat des Gnsadg«aetaeB allea bürgerliohen Ver-
eines , dea Eigenthumareehtas, b«raah*«a, mitbin so Bfiakllngen dea
Staates erklSriea, and ai« das Empöread«, was darin lag, ehrliche
nnd anbeschollene Bärg^ in eine offenbar faindlicbe Stellang mi
Staatigewolt zu bringen wol fohlen nochten; to gaben si« anOiag'
lieh noch an, dafs Aeraie, dia dureh «Igeae Erfahroi^ die «ha-
kannte Heilwirkung des eioan adar des anderen Mittels erforscht,
dieses den Kranken selbst T«mbreicbea kA^rten. Dareh die Zeit
ist diese Einscbfinkang in Veiyaaenheit garaihen, «der aufgeho-
ben, nnd die Aente, nicht Uofs nnaaseaJUandea, aondorn wahr>
acheinlich aller denisoben Liader, sind, w» nicht wdrtlich , doch
ihfitlich xn Aoswflrilingen das Siaal«« «miadrigt. So iat nna jaiat
die Stellung der Aerste, nnd man mafa lait Recht die Frage aufwer-
fen : welchen versländigan Zwack kann in unserer Zeit daa Apotbe-
kerwesen haben 1
Man kann nicht wie früher sagen, d!e Apotheker seien die Be-
reiter der chemischen Mittel , und sie , einsig mit diesem Fache be-
schsfiiget , können sie dem Arzte reiner liefern , als er aie selbst an
bereiten Zeit und Kenntnifs haben werde, denn ep bestehn ja jetst
chemische Fabriken , die gute Mittel bereiten and deren Ruf eioiig
von der Reinheit ihrer Waat« abhängt. Vor EnlitaluiBg ^iasor Fa-
— 1245 ^
brik«B gab M nnfar« A^Aeker, üb aUe ebsmlBcbe Mllt«! selbtt
bereitMflD, «■• aneh wol RH ungesckiebtsra Amtsgenonca, deren
firib« eine UaMihi war, abaeuten. ' leb babe Gber zwanzig Jahre
»it eiDem colcben laborlrendea Apotheker gebausei und mich , weil
er Dicht blofa ein g«Khiekier, aoadern auch eio ehrlicher Mano war,
gut bei ihm befanden. Seit aber die Fabriken entatanden , beaieheo
TOR diesen die Apotheker ihre chemiacben Präparate. Man kann
■ie ancii deabalb nicht tadeln. Manche wollen zwar noch jetzt dem
Arzte weiamacfaen, als ob aie alles selbst bereiten; man nuiii aber
loletaem Vorgeben keinen Glauben beirHeaseo. Der Apotheker
lafifM« allen kaafmXnnlschen Veraimd rerloren haben, der Mittel
mit Mühe aelbat bereiten wollte, die in den Fabriken nicht bli^
rein, sondern aaeh wohlfeiler zu beben sind.
Waa die einfachen Pflansemtofle betrifft, so kann der Apo-
theker'diejenigen selbst elnaammlen lassen, welche in aeinem Be-
reiebe wachsen; aber die, Welche nicht darin wachsen, and die
aaslSn (fischen mafs er doch von den MaleriaHsten beziehen. Ist
•r nicht ein recht gnter HrSiTterkenner , so kann «r sich in den
trocknen Kräutern leicht ffiaschen; die Materialiaten sind eben
Dicht sehr bedenklich, Kräuter, die Geataliahnlichkeit haben, mit
einander zu Terwecbseln. Ja selbst KrRuler, die in dem Berei-
che des Apothekers wachsen, kann er nlcbi einmabl immer in
hinreichender Menge selbst einsammlen lassen, denn weder er,
noch der Arzt kSnnan varher wissen, welche Krankheiten in dem
Jahre Torkomnien nnd welcher Mittel sie bedürftig sein werden.
In dem einen Jahre kann der Apotheker von einem Miliel fünf,
sechs Pfund verbrauchen, in einem nAderen zWei-, dreihundert
Pfand. Beiebt -sein Vorrath nicht aus, so mufs er sich an den
Materialisten wenden. Da nun ein Arzt eben so wol reine und
gnte Arzeneien ans den nSmIichen Quellen bbziehen kann als der
Apotheker, so fSllt bent zn Tage der frühere Zweck einer Mit-
telspersoTi, des Apothekers, ganz weg. Welchen Terstindigen
Zweck kann also jetzt das Apothekerwesen haben! — Ich weifs
e« wahrhaftig nicht.
So oft ich die Bekanntschaft junger Aerzie mache , die doch
txt unserer Zeit !n allen wisaenswiirdigen Dingen unterrichtet sind,
brioge ieh das Gespräch auf diesen Punkt; sie sind aber so un-
wissend als Ich selbst bin. Sie brOmmelo blofs etwas in den
Bart von einer Conlrolle , die der Staat Sber das Treiben; des
Arztes haben müsse. Frage ich nach dem bestimmten Begriff, den
sie mit dem Worte Conlrolle verbinden, so atocken aie, und will
Ich nicht unhSflich sein, so mufa ich den Gegenstand fallen
lassen.
Der Staat soll vermiltelst der Apotheken befihtget sein , das
praktisdie Handeln dea Arstes zu beaufsicbiigeD , in streitigen» 4^et-
— 1M6 -.
verdttchligen FallaD darfibei n fentvcbcUtn.; 4m ist w«! dar UmgiiS,
dea mao mit dan franio<ücUeB Wofte CvulrUe verbUdea niu(i4
Dura die die Staaugewalt verg«gMwarUgfl»dc MadkiMibehdrd«
das prakliache Treiben dea Arsiea vcrmiUBUt der Apoikflken io Im-
släodiger Aufnicbt bshi^ie, wird kein kluger Mann bebanptek: also
kann in dem ApotbekerwcKD blofs eine MSglicbk«il, Aa uageaetx-
licban Uandlungen dea ArMca n nnteraucbffD, and den atricher
UandluDgen Verdäcbtigca «der Bescfaaldigten aar V«nuHw«rWKg s»
lieben, begründet aein.
Ueber welche geMtawidrige , dnreb die ApotbekM m enötr
lelnde Handlungen könnte hm der Arat in Anapnich gnomntm
wecdeal
.1) Cr könnte die Rolle dea eigentlicbeOt alMiciiilinbao Vergib
lari spielen; verinögc aeiner Kenninib der feindlichen WiHnng
ninacher vegetabilischen nod mineralisebea Substanien wire er
allerdings weit beasef dam befiibiget alt die gemeinen Giftwiacber,
die nichu anderes kennen als Araenik.
Die Fllle aber, WO der Ant direkten, eiganthünilicfaeo Belang
dabei haben könnte , einen Hemcben an vergiften , sind so selten,
dafs es sich niobl der M3be lohnt, darüber ein Wort an sagen. Je-
doch hu sieb vor etliohen Jahren ein solcher in Paris »igetnigen.
Leiobter könnte ein gewissenlosor, habsüchtiger Ar«t ah Mittels-
peiaon von mörderischen Leuten gebraucht werden , einen kranke«
Verwandten am Tesiameounacben oder Tesumeni verändern durch
den Tod zu behindern. In solchen und Kfanlicben F&Ilen würde
aber dooh der giftspendende Arxt so dumm nicht sein , das Gift in
der Apotheke zu verschreiben. Giftige Pflansan niub der Apothe-
ker iwar sorgfältig in beionderem Veracbluls bewahren ; die Nwor
laist sie aber , frei wachaen , sie sind in jedes Meoscben Bereich.
0er gewissenloie Arat brauebte also nur den mörderischen Uansge-
nossen ein solches Pfianaengift xninHteckeD , die würden sehen in
Speise und Trank dem Kranken das Todesraahl innehlen. Ja auf
die Art könnten sie eben so gut einen Gesunden als einen Kranken
vergiften , und noch obendrein , wenn das Gift anfinge aeine feind-
liche Wirkung zu fiufsem, den giftspendenden Arzl zu Hülfe rqfea.
In jedem Falle würde die Medixinalbehörde , kftme die Sache zw
Untersuchung , sehr unschuldige Resepte in der Apotheke finden.
2) Der Arxt könnte in Verdacht gerathen, feindliche Arzanct-
uiittfl in zu starker Gabe verordnet und dem Kranken geschadet,
oder ihn wol gar getödtet zu haben.
In diesen F&Iien möchte aber der Beweis schwer n f&bren sein;
d enn wenn die uniersuchenden Aledizinalheamien auch wirklich ein
verdtlchiiges Rezept in der Apotheke Anden, so würden sie, als io
der Literatur gut bewanderte Mttnner, sieb, der sehr grofsen Ver-
schiedenheit der Gaben beroiaaber Mittel, die man bei venehiedenea
— m? —
prakiisoAsn SohriftMalUn 6*dat, «Usbald ■rimwo mud.nitlUflbi
Bedeoken trage«, ja eioer so bäkliobeo Sache gu eouebeideu.
3) Cid Arat köiut« beicbtüdigt wudflB, die Anwendung dien-
licher Mittel bei einem Kranken unterUuen und Um dadurch gf
schadet zu haben, — Mir scheint] In »inem solchen Falle wü^.
den die untersuchenden Mediiiinalbeamten aus den in dar Apotheke
gefundenen Kezeptea auch wenig Aufklärung schöpfen. Ihre Be-
lesenheit würde ihnen ja gleich die yersohicdeiwrligen Ansicbtaa
gater praktischer ScbcifliteUer über die Bebandtuag «inar ^t^A der
näiolichen Krankheit ins Gedächiaifs rafen, und wftren aie, wie
wo) KD vennuthen» reobtliohe und unsiobii^a M&oner,. so könnte
der Zeitgeist gar keinen Einflufs auf ihre Begutachiiing haben;
denn gerade ihre Belesenbeil- wBrda. ihnen die LafligUeit und Wao-
delbarkeit dieses Geistes zur Genüge offenbaren.
Nun könnte man sagen: die Möglichkeit, ducofa die in der
Apotheke vorliegenden Bezeple die Behandbing des Arztes zu be-
ariheilen, sei niebt blofs gegen, sondern atiefa für dett Arat. Man
sehe ja stiwsilan Menseben, die sieh nur ein wenig unwohl ge-
fühlt, eines pl&tzlieben Todes aierbeo. Httiien diese nun yoiher
auch nur die unschuldigste Arzenei genemmen, so könnten böse Men-
sches dieser Arzenei den Tod zuschreiben und. den Arzt als Mör-
der aussehrtian.. Hier würde nun die,, durch das in dar Apoiheka
vorliegende Rezept zum Unheilen bef&bigie Me.dixinalhehÖrd« dei»
Arst von aller böswilligen Beicfauidigung seiser .Vcrleomder rei-
nigen. —
Ich .gebe zu, dafs das sehr annehmlich lautet. Hat man aber
Menschenkennlnib , watfs man, wie hartnäckig die meüiten Leute
an ihren bftsen Meinungen und Vorurtheilen bongen, wie nicht
der deutlichste Beweis vom GegentheU sie überzeugen kann, so
ziehet laan leicht ein, dafs auch der bestiniiuleste Aasspruch der
Behörde zn Gunsten des beiofanldigten , od«r. verleumdeten Arz-
tes, diesen in den Asgea böswilliger Menschen, nicht reinigeD
Word«. Aerat« könnten do«h nur diese Untentichnng macben und
ihr Gutachten abslai(en; da würde dann das .Volk das alte Sprich-
wort in Anwendung briogen: eine Krfihe backe der andern
die Augen nicht nus, und ein solches Stadt-, oder Oorfge-
sprach, welches vielleicht ohne amUiohe Untersuchung in acht
oder vierzehn Tagen abgestorben wSie, würde durch die amtliche
Untersuchung zn einem wahren Laadgespräcbe werden.
üa nun das Apotbekerwesen . unmöglich den Zweck haben
kann, die die Staatsgewalt vergegenwärtigende Medizinal L eh öide
zur Beanfnicbtigiing des praktischen Handelns der Aerzie zu be-
fühigen, so mfissen wir weiter über seinen möglichen Zweck nach-
denken.
Cr köiutle vUlleiebl darin bestehen, dafii dia Aant« dnrcfa
— 13» —
du Verbot 4m SdbMäitpmnfraiH bvhiadert werdm wHIcbd, ao-
billige Fodeniiig«!! fit ■elbttdlspensirtB Amnflieo an die Kranken
«u machea. Dies» Venorge Mlehte ich genide nicht udeln; al-
lein wSre «ie wirklich der Zwesk dee Verliotes des Kmlichen
Selbatdispeniirens, so wfirde ja die MedixinalbehSnle, die von
einer anderen Seite dem Ante eile Freiheit gibt, Beinen Kran*
ken den Seckel »a- leeren , mit sich selbit in Widenprncb fallen.
Wir wellen; nm dteies recht zu begreifen, einmahl erwKgen,
wie weil eteb in onieren Tagen die SrziUehe Freiheit erstreckt.
1) Der Artt bnt velle Freiheit, dem Kranken viele und thenre
Arxeneien nnnöihiger weise xn verschreiben, Ob er nna aaf di«
Art den Kranken nrns Geld bringt, oder selbsidispeosirend sich
wohlfeile Mittel iheuer betahlen IlTat, liatl doch auf eine hin-
ans; im leisten Falle wandert des Kranken Geld In die Tasche
des Arztes, im anderen Falle in die Taecbe des Apotkekers, der
Kranke ist dessen aber ^oitt.
2) So viel ich weifs, haben 'die Mediiinälbebftrden mehrer
Deutschen LSnder schon la^e'die Aertie^ Terpfliebiet , Daoh etaer
gesetilichen Taxe ihre Besnche, Beseple und andere BeiuühaD-
gen r,n berechnen. In dieeer VurpfHctitiing liegt jn fär die Hab-
sQchtigen eine weit grSbere Fraiheit, unsEiilieh, je grausam tu
baDdelo, ata sie je vor ElnfDbmng aller Medisinaltrrdnnog bandehi
konnten. Medixinaltaxen hat man von jeher lo allen LSodern
gehabt; allein es waren berkSmmliebe, nicht gesetaliche , wie
sie noch jetzt in den Niederlanden, in Frankreich und wabradieia-
lieh in manchen anderen Lindem blofs herkdmmMeh sind. Zwi-
schen einer gesetslichen nnd einer herkSmmlicben Taxe ist aber
ein grofser Unterschied. Lettie kann in sireirigin FSIImi, wo
dfe Habsucht des Arsies den Unbemittelten aebinden will, die
Gerichte nicht zwingen, den Verklagten tnr rollen ZaMflng der
Arzlreefattui^ sn verdammen, oder wolgar auf Verkauf seiner
geringen Habe an erkennen; soudern al» kftniibn dnrch kristlicke
Schiedsminner die Federung des Arstes nach der Bllli^eit ermfi-
fsigen lassen. Wean aber efne gesetalicbe Taxe bestehet, kön-
nen sie nur auf den niedrigsten Satz dieser Taxe erkennen, nnd
der mftchte in manchen Fällen noch Tiel lu hoch sein. Wie viel
Freiheit haben nnn die Aerzte, }n den Stftdien dnrch nnnStfaige
Besnche die Leate ums Geld «n bringen, nnd wie will die Me-
disinalbehörde diese Freiheit beschrünkea f ' Ja, wie kSnnen hab-
sfichiige Aercte «nrserBtBdiische entfernt wohnend«, oder in an-
dern Stadien wohnende Kranke, durch wiederholte unverlangte
Besuche auf Kosten treiben !
Alles wohl erwogen, bleibt mir also das Apothekerwesen ein
unlösliches KSthsel.
Die Sache liegt nun ehtt «imaabi ao^^den A^Mteo JM im
S*lbitdiipeaiirsn Terbotan, DiM«ft V«fcot n»s «mb T«ntitii4i7
gen Zw«ok haben, od«r Dicht, ao manes wir doob wol i|» b^*
des {Ullen die Frags MifwwfMi: walob« GawBhr teilt««
der Staat den AersteD für die riobtige Bereitung ib^
rer Varordnnngen in den Apothekenl
In neaer Zeit habe ich über diesen Geganatand die Gedan-
ken einea gegen die Homftopalbea fecbtenden Arzte» gelesen. Sein
Name thnt nichta >ur Secbe ; denn ich will ja nicht gegen Per-
Renen aireilen, überbanpt nicht itreiten, sondern nnr als Uab«-
theiligier meine Meinung sagen. In der besagten Ahhwndlur^ lief,
Mush AbwPgnng aller Gründe für snd wider, aoletst di« Gewflhr,
die der Staat dem Arste bietet, anf den Eid hinaus, welchen die
Apotheker dem Staate geleistet. Wir müssen oho uns wierst naall
dem klaren Begriffe uraaeben, den wir mit dem Worte Apotk«-
kereid in Terbinden haben.
Dieser Eid ist doch wol nichts anders, als das, tob dei«
Apotheker bei gutem VersUnde und nach vorhergegangeaer £r-
wftgnng, einem die Stauagewalt Tergcgeowtniganden Beamten,
oder Kotlfgio von Beamten , geUislele Versprechen , sich in der
Uebung des GeecbSfies, so der er vom Staate ecmiebtiget wird«
nach ieu Geselsea sn richten.
Welcher Zwang liegt nun aber in diesem Venprefben, «t
in haltenl — £■ könnte ein ■welfnohnr sein: ein büigerlieher
nnd ein sitiMcher.
Der bürgerlich« Zwang ist blofs ein indirekter. Der durch
den Eid VerftSiebtet« weifs, dals, wenn er seiner 'VerpAiobtnag
nicht naebkommt, er dem Strafgesette verfallea wird. £s kann
also nur Forebt vor der Sirafe sein, die ihn zwingt, sein Vu-
aprech<kB zu halten. Der bürgerlidie Zwang ist deshalb ein blofs
indirekter, weil er durch die Möglichkeit, dem eidljct) Verpflich-
teten die Uebertminng der Geteise xu beweisen , bedingt ist. Iq
einen) civilisirten Staate werden wir Gesetzübertretungen besinnt,
die reehugültlg erwieeen sind. Wir müssea also jetzt entersn-
cben, ob es leicht, oder schwer, mBglicb, oder unmöglich M«it
dem Apotheker die UebeMretuAg der Gesetze leobtsgültig za he-
Die Gesetze, dio der Apotheker m befolgen bat, lauen sich
in zirei Arten theilen ; einige beziehen sich «nf seine bn^rtichs
Bielking anm Arzte nnd «n den Kranken, andere auf sein eigent-
liches Geschäft, n&mlich, ih>is er gute, richtig bereitete Arzo>
■eien in der Quantität verabraicben zsnfs, -wio das Rezept an«
gibt.
Was die ersten Gesetze betriffi, s. B. dafa der Apothe-
ker sieh nicht in die Getchflifte des Arztes mischen, nicht die
Krattken darah aUeriei -Umtriebe den tinu «bweadig machen i^t^i.
dem Eiad«i«n nwelMn toll. Bt« TorM^irlfi, dafi er, «eder die
Bna den Reiepicn T^rmuthst« Krankheit der Leute, noch iib«r-
baapt die Rnepie An Arites aaspItndAni darf, liad im Gnrad«
nur Nebeoitaehefl. Jedoch in diesen Nebensaeben ni8chle achon
der Beweis der GsMiaabertreinn^ achwer an führen «ein. Nur
dnrch Zmigen iri so etwai xa beweisen; der kfageode Arzt würde
nber denen, die er anr gerichtlichen AuMage auffodern wollte,
dadurch einen schlechten Dienst erweisen , und sich überhaupt,
durch sin ^ricbilichw Gefecht mit der NiedertrHchtlgiieil, in den
Augen veratHndiger Menschen hernnierset/.en. Der ApotheLer kann
aich alao solchen Ungaseixlicbkeiien mit allerGeisiesruhe überlassen.
D!« Uebertretong der Gesetae durch Verabreichung schlech-
tar, vsrAlsohter Mitlei, oder durch Betmg in dem Gewichte, kann
BOT in höchst seltenen Pillen d*rch unverwerftiehe Zeugen bewie-
sen werden, also ist der Beweis blefs durch die Arsenei seihst
an Hrhren; in derselben nffenbart sich ja auch einzig die Gesela-
öberrrecong.
Um den Beweis durch die Antnei n führen, ist aber nSthlg,
dafs das Corpmt delicti, die Arsenei, nicht blofs von allem Ver-
dachte, sondern- von aller Möglicbkeit einer Verftnderung , oder
Verfälschung durch fremde HSnde frei sei. Diese VetKnderunf,
oder VeffAtschung könnie AanM den Kranken, oder durch dessen
Hausgenossen, oder durohden Arzt geschehen.
Der Kranke und seine Hausgenossen (selbst Knecht oder
Magd) brauofalen, wollten siie dem Apotheker einen boshaften
Streich spielen, nnr die Hsifie einer flüssigen Arzenei wegsugie-
faen und die Flasche mit Wasser anzufüllen, ao würde, wenn
der klagende Arsi auf amtliche (Jnierstiehung der Arzenei an-
trüge , die MediiinalbehSrde nur die Hfilfte der verordneten Mit-
tel in der Flasche -finden. Ja, wollte ein boshafter Arxi den Apo-
theker in die Diote bringen , so brauchte er nnr in den Kranken-
«immem, fn welchen oft genng die Fenster verhiingi sind, die
Arseoetflasehe zu Mhen, sie angeblich durch Geschmnck und Go-
mob untersutAen , nnd ohne Taschenspieler zu sein kSnnte er ja
leicht etwas kohlensaures Biet, oder Quecksilberoxjd, oder Breeh-
weinstein hineinwerfen, die Arzenei für unrichtig bereitet erklä-
ren, sie der Medizinalb'ehSrde insenden, nnd diese wfirde ohne
Mflhe die faiseben mineralischen Beslandtheile darin entdecken.
Leser, die also von dem Gange der Rechtspflege auch aicht
daa Mindeste kennen, müssen aus dem Gesagten begreifen, dafs
auf die obrigkeirtiche Uniersuchang einer Arzenei , welche sieh
schon in den Hfinden des Kranken, oder des klagenden Arztes
befunden, kein Apotheker rechtsgültig kann Terunheilt werden.
Dem Arzte bliebe also nichts anders Ober, als die Arzenei eines
Apothekers, der sieb ihm verdkcbtig gemaoht, nif den Bcseptir-
— 1«31 -
thcb« von der Obri^rait id BeMMag Behnieii , lie Tw>i*g»hi nail
<ter MeiliiiBKlbekSrd« Eniebiekm xa Immd. Wie MÜte tAmr «in
Antt so uBgeheaer dämm ■«in, eiaeAnanvi, die er nicht voi^er
•elbst «ntersneht ond al» feltoli beftisdeir, ven der Obrigkeit in
Betohlag nehmen xn Ueient — 0er A}MMheLer, der ihn hnndert-
mahl betrogen, ktnate ja die in BeiehUg genommene Anenei
richtig bereitet lieben , vnd der Kläger als Efareniehlnder erioheinea.
Sollte aber ein Artt so gemein aein, sieh mit dem Gehülfen
dei Apotheiceri in ein Bundnifa gegen dessen Meister einiulassen,
und auf einen Wiak des untreuen Geholfen eine bereitete ArteneL
auf dem Reseptirtisehe von der Obrigkml in Beschlag nehmen )a»>
aen, so würde er auch etwas nniernehmMi, welches fBr ihn selbst
eehr onangen^me Folgen haben kjtnnte. Wer versiebeit ihn der
Treue eines Gebülfe«, der seinem Meister untrea istt — Nie-
inan<d. Er köaMe ihm ja- bei einer gaOx richtig heretteien Ars»-
Bti den Terabredeten Wiirk geben, um ihn in Verlegenheit xu
Hfinea. Wiese aich aber euch die Arsenei bei der Uniersnchnng
als unrichtig bereitet aus, und der Gebülfe selbst hätte sie auf
Befehl des A|«othekera falsch bereitet, so bliebe dem tetcten im-
mer die Ausrede, der Gefafilfe habe sie aus Bosheit falsirh berei-
tet. Ja er kSnnte die Wahrteheinlicfakeit in die Wage der Ge-
ireebiigkeit legen, dais der Arzt mit (fem Gehülfen sich Terbnh-.
den bähe, ibn, den Meister, ta vecderben;' diese Wahrschein-
lioblieit würde durch die Unwabrschelnlicbkeit, dafs ein Arct die
ron ihm nicht ontersuchte, noch auf dem Rezeptirtische stehende
Araenei für falsch bereitet ausgeben kSnne, wenn er nicht dieses
vorher mit ^m Gehülfen verabredet, sehr grofses Gewieht be-
kommen.
Also Diir in dem Ftille, dafs der Apotheker die Anenei eigen-
hlndig bereitet bStle, könnte der Verraih eines Gehülfen ihn in Un-
gelegenheit bringen. Apotheker aber, welche Einen, oder welche
mehre Gehülfen ballen, befassen sich nur dann mit der Resepiur,
wenn ein ungewühnlich grofser Znflafs von Rezepten dieses nSlbig
macht. Zu einer solchen Zeit hat der Gehfilfe keine Mufse, deta
Mehter auf die Fiager au sehen; Ja wollle er sich durch gar zu
grofse Aufmerksamkeit auf deesen Than Terdlchtig machen, se wür-
de er b^d den Abschied bekeftimsn.
Alles reiflich erwogen, haben also die Apotheker die unbe-
dingteste Freiheit, Aerzie «ad Kranke zu betrügen.
Die Apotheker wissen das aech recht gnt; denn wer je sich
mit verslHadigen uad rechtlichen iber dieeen Gegenstand bespro.
obenfaat, der wird, so wenig ale ich, gegründeten Widerspruch
bei ihnen gafuadea haben. Höebriiens wenden sie ein, defn ein
Apotheker obae Mitwissen seiner GehMfen nicht beirügen künne,
und d^s diese aar lo lange aehwelgea würden j ab aie f o sein^
- U3t —
Dianil« «ObJcd; bStfw üa dtMMi w>1w»bj «o kanne nicht» ^»
hiadvro* die ongMeulitlMi £Undbiig;ea das {rüharsn SAtkatatm
■mmpUadcrii.
Dieaer Einwarf sagt aWr nichu. BIgfs Yerstflodige sod ebr-
licke Gehülfen köonteB so etwa« aiufdanderB ; diese sind aber m»
kiag, dafs sie m nur einem veriraaua Ante oder jVpufaeker un-
ter Tier Augan sBf[an. Wollteo sie es zer öffttotlicbea Kunde bcia-
gtn , BO kdnnle der baseboldigie Apotheker sie als Verleumdet
verklagao, und da dieser ihnen doch wol nie einen lehrifilichen
BafeU xn« Betrügen wird eingehüodiget JbabeD, so müfiian sia
ans Mangel eines spteben schriftlicben Beweises noibwendig den
Prosefs Teriieren. GehäUen aber , die selbst eine aebelmiscbe und
betrügerische Natnr haben, werden die Gesetzwidrigkeiten ihrer
fiQhereo Meistsr nie aoaplaudem. $ie sehen oämlieb den Betrug
als einen Tbeil der Apothekerkaoat aa, den sie mit groftem Flei-
be arlenieo m3ssen, damit, weiui sie künftig seibat Besitzer einer
Apotheke sein werden, sie ihn mit Umsicht und VortbeU üben
k&onen.
Nun mufa ich noch von den ApotbekergehüIfeD ein Wort sa-
gen< Es heifst, der Apotheker aolle venuitwonlicb für die JtUfs-
grlffe seiner Gebijlfen sein, leb sehe aber die MedizinalbehSrden
deutscher Lande für gar in verslftndig an, .als dafs ich gleobea
könnte, sie würden je den Apetheker alle Milsgriffe seiner Ge-
hülfen entgelten lassen. Nur da ist der Apvibeker straffillig, wo
er eigener Fahrlässigkeit kann bezücbtiget werden. Z. B. wenn
ein Gehilfe im Laboratorio etwas bearheiiet, so ist es die Pflicht
des Apothekers, anfsupassen, dafs es gut geschehe, und das
Präparat, sei es, welches es wolle, vorher genau zu unteraucben,
bevor er es ziui Gebraaeb in Am Apotheke stellt. Uaterläfst er
dieses, so ist es sehr billig, dafs er für den Mifigtiff aeioea Ge-
hülfen gestraft werde, denn er ist befähiget zu solcher Aufsicht.
— Wie ist er aber im Stande, seine Gehülfea bei der Bezeptnr
lu beaufsicbtigea ^ Das ist Ja unmöglich. Wer es bebanplet, der
kennt du Geschäft nioht. Wenn in einer Apoibeke, die ordent-
liche, mftbige Geschäfte macht, der- Herr inueer hinter dem G»-
bülfen stehen sollte, nm zu heebaebten« ob dieser ven jeden *er>
geschriebenen Mittel das gehörige Gewicht, oder die gehSngn
ZaU Tropfen nähme, so köante er ja weit gemächlicher im Be-
zept selbst bereiten. Ist es aber einmahl von dem Geholfen be-
reitet, so wird et aach in den wewgsten Fällen tagen kannen,
ob es genan nach der Vorschrift bereitet sei, oder sieht* Die
eigentliche Heilwirkung der Arzeneien hängt in vielen FftUea ge-
rade von der Geringigkeit der Gabe ab. Wie kenn nun der Apo-
theker durch Gesehmack aad Geruch erkennen, ob z. B. mit acht
Unzen Flfiaugkut «eefaa, oder lechmkn Tropfen SebeUksnnltiBktnr,
- w» —
tum Knpal, oder «in DmdiDW BrMhtmlliffanw gemniefat «eit —
Mb* Im Euweilen gsnötfaip, die ^ling» Taggsbe maneber Mit-
tal ia Mnen Tiaok la btingsaj weil man den angesohlBchtea
UmgvlHiDgeD dn Kranken das Trftpfehi ni<^ anverfrauen darf.
Im mm der Apmhekergebiilfe «in flberklnger Haaenfnfs, so denkt
•r, der Arit ni ein Alberner, ein Narr, dafs er ko geringe Ga-
ben Terscbreibe, giefit, weil daaDing an eich keinen Wenh bal^
naob Belieben in den Trank, nnd der unglQckliohe Arzt kann
rieb hernach den Kopf xerbreeben , waram er von seiner Verord-
BODg die gewobnte Wirkung niebl eiabet.
Das GeachBft dea Apothekers ist ein gatet, eioträglicbet Ga-
■ehftfl; das einxige L&stige dessalbea sind die Geholfen. Dias«
Mentchenklasse hat sich aait ich die Knnst iibe so rersoblechtert,
dafs es kaum sn sagen ist. Abgesehen davon, da£i ein grofaea,
garstiges Laster unter ihnen «ingariaaen ist, welches ans Aersle
nidits angehet, haben Leiehtaian, Kleidarpracbt , Varsobwendung
•ad AuascbweifungeD aller Art so ftberhand geaosumen, dafs ich
•cbon auf den Gedanken gekossmen bin, sie m&chtea wol di«
."n-tuuMiiatiattüitio mttaä^Tum «nldedit baban, nad salbig« als
ein eigentbumlicbes Geheinnrifs ihres Standes bewahren.
früher hielt mein alter Freund , der gewesene Apotheker,
Jets^e Rentnet Harr B. hiesaihst, nie Gefaülfen, sonders iwei
Leluliage. Einer derselben war immer so weit, dais er als Ge-
hälfe dienen konnte. Da Herr B. nun dafür sorgte, raohtlicber
Lente Kinder in die Lehre xa nehmen, so befand er sieb gut bei
dieser Einrichtung, nnd krin Anttoder Wundarzt bat je über seine
Apotheke ib klagen gehabt. Seit aber die Praufsiache Mediainal-
bahSrde verordnete, dals kein Apotheker einen Lehrling halten
dürfe, der nicht einen Gehülfen habe, so war Herr B. gezwun-
gen, TOD seiner Ordnnng abzugebn nnd einen Gehülfen nebst Eli-
nem Labrlioge au halten. SejU dieser Gabülfeaaeit sind Uoord-
nötigen in der Beaeptnr vorgefollen, die ich früher in dieser Apo-
tbake nie erlabL Ja durch die Gehülfen. ist diesem Manne das
Geschäft so verleidet, dala er die Apotheke verkauft hat. Ich .
erinnre midi imter andent, dafs ainit ein Gehälfe, der übrigens
wol geschickt war, auf Ein Mahl so toll verliebt wurde, dais
man sieb gar nicht mehr auf ihn verlassen konnte. Oh ich nun
gleich mit einem Verliebten grofsea Mitleiden habe und dem Kopf-
kronken gern Mifsgriffe in seinen Geachäflen veraeihe, so war
ich doch im Gründe benlich froh, als der Mann abzog. Der
Apotheker kam aber vom Regen in die Traufe, denn dem Ver-
liebten folgte leider ein grofsstHdtisober Trunkenbold, "^ifagriffe
in der Rezeptur hat dieser in der kurzen Zeit seines Hierseins
nicht gemacht, dean der Apotheker, der seine Schwachheit bald
merken muht«, wird ihm wol gnt auf die Finger gepafirt baben.^
1 78
— ISM -
Abcf dietn Aufpaum ntiis ihn wahnefaeinlicfa gewurmt haben,
desD einea Nachuiitiagea wiid er , de der Menter aidu ein wenig
vor dem Tbore erg^beti auf einwehl, oboe die geringete Veran-
losaung, so wüthend wie ein retbaades Thiei , tobt ae4 raset so
im Hauie hemm, dali die üatiioD dei Apoibekere und eine bei
ihm eiawobnende FreuDdion fürcbien, er wolle. ihoBa n Leibe
gehen, aus dem Ilause entfliehen und bei einem Nnehbar Scbntz
Sachen. — Der Nachfolger des Uerm B, bat in dea wenifen
Jaliren, die er biet wohnt, aaeh schon allerlei tuerkwfirdige
Sifäufie mit den Gebiilfen erlebt. leb eriaaere mich eines f3r
die Reseplur fast unbrauchbaren, einea anderen ffir den Handrer-
liBuf unbrauchbaren (weil er achwerbftrig war}, eines au sgezeicb-
neiea Tmokenboldes and eioes KacfatsehwKrmera. Das seltsrnnate
Abenteuer hat aber wol in aeeer Zeit. Herr JH. bestanden. Ein
ihm von Materifdisleo empfohlener Bitlicher GehüJfe ww iwar
nicht nogeschickt, hatte aber ein xurüokMoiaendea Gesicht, und
in der fteihe seiner Zeugniase fanden sich Lacken, über welche
er, geaügeude Auskvaft u gehen, wenäg geneigt acbiea. Dieses
und andere kleine Umatinde machten es , dafs etwas (Jnheimliehes
auf dem Mann« haftete. UngefShr einen Monat aach seiner An-
kunft findet einst die Magd ein beschriebenes Papier auf dem
Hauaplatze. Neagierig, wie alle Mfidchen, lieset sie es, kann
nicht klug daraus werden, es kommt ihr verdächtig vor etfd aia
hsingt es also ihrem Herrn. Dieser gerBih in keine geringe Ver-
legenheit. Das Blatt war ein von dem Bruder, oder angebUehen
Bruder des Gebülfen, geachriebener Brief. Er besUnd aus blofa
geheiinnifavollen , sehr verdächtigen Säisen. Nur swei SSts« w«^
ren deutlich, in dem einen verlangte der Schreiber Geld, und in
dem aadern erkundigte er sich, wie weit dieses St&dtchen tob
der Grenze entfernt sei. Diese deutlichen Sätae machten aber
gerade die danklen und verdächtigen noch verdiehiiger. Herr M.
vermoihete aus diesem seltsamen Schreiben , dafs er in der Per-
son seines Gebülfen das Glied einer Bäoberbande herberge; und,
aoTricbiig sei es gesagt, ich konnte aeiner Vermaihuag nicht wi-
dersprscben. Er bftlta freilich , am sich aus dieser peiniiefaen
Lage xn reifsen, den verdächtigen Gehülfen mit halbjährigem
Lohne und balbjähf igen Verpflegongskosien gleich wegschicken kön-
nen; ^8 gewissenhafter Mann hielt er es aber für Unrecht, auf blo-
fae Verniuihoog einen Menachen an beleidigen , der vielleicht nn-
schuldig, vieileicht noch obendrein arm nnd' ungi Sek lieh sein kdnae.
Er beschränkte sich also dnrauf, die Thür seines Schlafaimmers all-
nächtlich zu verschliefsen und tüchijg zu verriegeln, damit er zum
wenigsten vor dem ersten Anlaufe gesichert sein möchte. Ich rieth
ihm, durch Handelsfreunda nach der Familie and den friUieren Ver-
hältnissen des Gehulfen forschen zu lassen; ^eErk^iidigQMfKhrle
— 12S5 —
aber sa alcbu, Esdlich nach Dog«f&ht xwei HoDstea warde'er
aaf cinmtihl aller Besorgoirs entbunden.
Die Magd faad abermahU einen Brief anf denr HanaplRtu.
Dieier war iwar auch io dunklen Salzen geachrieben, jedocb
bei neiiem nichr bo geltet nmifsvoll als der erue. Man konnte
Eum weoigBlen aus demeelben erkennen , dafe der BraHer ein ar-
mer chemischer GIScksntier sein müsse (also nicht ein 8piubube),
denn er baue bald chenischen Fabriken, bald Malerialisten , bald
Apoihekera seine Dienste angeboten, bald chemi^be Präparate
feil gehabt, bald die Kunstfreunde nni aiilde Gaben aAgeaprocheii.
Ib welchem Veibältniss« er, aufaer dem brüderlichen, mit dem
Gehtilfen stand, blieb freilich noch dunkel-, iodefs der Apothe-
ker war doch so weit beruhiget , dafs er ohne Sorge den Gehdl-
fen bU lar gewÖfaDliehan Abaugsieit behalten konnte. —
Du Scblilumste' f3r jedeo Apotheker, Att nioht hlofs ans
BMjoemlicbkeit, soadern wirklich seiner Geschäfte wegen Gehiil-
fbn' bSlt, ist, dafs, wenn er das Unglück bat, einen ichlechten
an treffen , er diesen nicht gleich wegschicken kann, denn gute,
' oder aageblicfa gute Gehfilfeti sind aufser der Zeit übel xa bekom-
nieu. Er mnfs alse bis aar gew5knltchen Absugsseit mit einem
solchen Nichtsnnts hausen und noch obendrein sein Leid schwei-
gend trageil ; denn liefsb er dia Laster des Gebfilfen gar zu rncht-
bar werden, so würde er dadnrch bei besorgten und vorsicbtigea
Leuten .seine Apotheke in Verruf bringen.
Von dieser kleinen Abschweifung, in das Unangenehme nnd
wirklich Lästige das Apotbekergeachfifies, kehre ioh wieder %»
der Hauptsache zurück. Alles wohl erwogen, ist die Gewähr,
'die der Staat dea Aerilen für die richtige Ausführung ihrer Vor-
■ohrifton bietet, sehr gering, nnd der bürgerliche Zwang, der
für' den Apotheker in dem eialichea Versprechen es zu halten
liegt, ist gar nicht in Anschlag sa bringen. '
Da aber die Apotheker, selbst in schriftstelleriscbeo Gefech-
ten, keck auf ihren Eid pochen, so müssen sie notbwendig bei
diesem Pochen eioiig.an den moralischen Zwang denken, der in
dem Eide li^t. Es ist Zeit, dafs dieser Gegenstand etwas hel-
ler beleacbtet werde als es bis jetst geschehen ; dazu wird es am
dienlichsten sein, dala ich mich, nach Art des Plato, der Ge>
sprächsform bediene , ohne jedoch gerade des Griechen etwas lang-
weilige Gülllichkeit nachzuahmen.
Zwei Aersie, Doktor Gutglaule und Doktor Kleinglanbe,
sollen sich einmabl über den Apotheker Z. besprechen.
Dr. K. Mir kommt, lieber Kollege! der Apotheker Z. seit
einiger Zeit sehr verdächtig vor. Ich habe nicht blofs die stärk-
ste Vermuthung, sondern selbst handgreifliche Beweise, d als mich
der Schelm an betrügen sucht. Du weifst, wie schwierig, ja ^a~
7%'
— 1238 —
■omSgllch M in den rasiaten FftUcn ist, einna Apotkek« mIm
Schelmerei recfaisgiiltig %a beweisen; donini thnt mui wo) u
besien, bat nen ihn mehrmabls vergebeas ermAfant and gewinn
SU icbwelgen, and Sorge lu tragen, dafa man so wenig wie b^
lieb mit ihm in GeflcbäfiHkerfihrnog komme. Ei iit aber iai
•mpörend , dafa der Arxt geaetilich an eiaen Mann gekellet in
toll, dem er mifairaaen mafa.
Dr. Cr. Du biat, mein Heater! n hart in deinem DrtlieLl''
Ein Apotheker kann Mifsgriffe machen , wie wir sie aacb matia
kftnaen ; aber darana folgt noch nicht , dafa er ein Schein »i
Bnen Schelm w3rde ich blora den nennen, der Rbncfailidi n'
mit überlegter Liat Ant nnd Kranke I>etr5ge. So etwas iber m
einem Manne, bftite er anch einmahl aaa Fabrlinigfc^ ei""
Fehler begangen, ni behanpten, iat bScfaat ankriitlicb. Dtrif»-
theker Z. hat doHi dem Staate das eidlii^e Veraprecben pl«i>'<
die auf aein Gea^aft bezGglichea MediataiRlgeeelse Iren n hw-
gen. Du erklSreit ihn alao für einen Meineidigen, Do itia«-
digcst ihn dea grSbiten Verhreehena, das ein Meoidi ^"'' ,
kann. Ein Meineidiger iat tn jeder Unibat fähig, eadwitkual
Da einen vom Staate beatatfgten Mann solcher GrSalicUal ***
*""' . I
Dr. K. Wenn solche gemeine Tiraden ans dem Uf^"^
einea Schurken gehen, der sie in der Absiebt anaapeidi ^m'*'''
deoe Lenle, die an seiner Rechtlidikeil zweifeln wi^i i*^
bluffen , so laaie ich das allenfalls gelten ; kommea w "**
dem Wahrmnnde eines ehrlichen nnd verslindigea Hu»*'
verursachen sie mir einea unbeachreiblichen Ekel. D*""" ~^.
ich Dich, Aller! verschone mich mit diesen GemeinW""'
haben achon früher darüber gesprochen , dafa in dem "'^
Versprechen dea Apothekers kein bürgerlicher Zwang « " _
len liege , und Du haat als Verstandeamensch meine Gfü»*'*
wn gellen lassen. Jetst kannst Dn alao nnr von ^"^ '"
Eide liegenden moraliacben Zwange, ihn su halten, iprK''^''\
Dr. G. Ganz recht! nnd ich meine, dieaer ^"'"^ "'^ '
starker als der b^gerliche. Wenn den Apotheker Z- a"^ "^ '
Furcht vor Strafe znr Beobachtung seiner Pflichien «*"*'>
nnfs ihn doch dasu die Sittlichkeit zwingen. .^,
Dr. K, Dn bist ein Sophist, Do machst einen SjWogi^ |
verschweigst aber den Oberaats desselben und 'P"**''."^z;
Unter- nnd Sohlufsiau ana, denn deine Rede: der ^P"' T^«
hat dem Staate das eidliche Versprechen geleistet, •'■<>
ea auch halten, ist offenbar blofa der Unter- und Schlaf»"*
Sjrllagiamus; sei also ao freundlich , mir den verschwiej^"^" |
saM ansugeben. . j^
Dr. G. Gott weif«, au welcher alten Schww*« Di_"
— 107 —
Bsri-ngsid iit L«gik gelanrt bait. Soviel hab« idi aber aneb
Boch To* den Dioge beMMo , dab man beim Diipotiren sehr
Toriichiig ia Beaatwortang dar Fragen dat Gagaen sein mnfB,
dana diese babeo gawSbnlich des Zweck , ainen featzmetaen. Ich
bebe keine Lust, mich von Dir aufs Glatleie rübrea la laaieii,
bitte Dich vielmehr frenadlicb, neane mir den Oberaati meinee
Sjrllogiamiis ; ist es der rechte * te werde ich ihn als solchen gel-
ten lauen. ÜBbrigene weifst Do , dtfa »an , lowol im taglieben
Umgänge , als beim Büchermacben , oft genug den Obersais eines
Syllogismus verschweigt, ohne da(a ia dieaem VerM^weigea ge-
rade eia Bophistiaoher Kniff liegt.
Dr. K. leb weifs das recht gnt, Ja ich gestehe selbst, dafs
es sehr langweilig üiid pedaniiscb sein würde, wenn man von
jedem Sy llogiimun , den man beim Sprechen und Schreiben macht,
den Oberaatz bestimmt ansdrüdcen wt^lle. Solches Verscb'neigea
des Ofoersatzea kann aber billigerweise nur da gedaldet werden,,
W0 Sber die Art desselben kein Zweifel obwaltet. Sage ich x.B.:
der Doktor Gutglaube ist als Menseb dem Tode anterworfen, sa
kann niemand über den Obersatz des ScblDSses in Zweifel sieben;
ja ich könnte seibat die Worte, als Menseb, die den Untersatz
bezeichnen , anslaaaen , ohne dafs mich Jemand eines sopbialiscben
Kniffes zeibeo wnrde. Ganz anders verhält ^ch aber die Sache,
wenn über di» Art des Obersatzea Zweifel obwalten können, ob er
z. B. ein allgemeiner, oder besonderer, bejahender, oder vernei-
nender sei. Wer ihn in solchen Fftllen nicht bestimmt Biisdrfickt, der
beweiset dadurch , dafs er entweder ein Wirrkopf, oder ein Sophist
sei, oder dafs er einen etwas irSgen Verstand habe. Ich rechne
Dich wahrlich nicht zn den WirrkSpfen , noch xa den Sophisten,
nur etwas trSg bist Da. Die Natnr bat EKr einen guten Verstand
verliehen , aber Dn gebrauchst ihn nicht. Der Obersats deines
Syllogiemuz kann nur folgender sein: FBr alle, zn der Uebnng
eines GescbSfies von dem Staate BestSligle, liegt in dem eidlichen
Versprechen, das Geschäft aach Vorschrift des Staates zn üben,
der moralische Zwang, dieses Versprechen zn halten. — Der Apo-
theker Z. hat dieses eidliche Versprechen dem Staate geleistet:
Also ist er moralisch geawongen, es zn halten.
Glanbat Du nnn, dals ich den verachwi^enen Obersatz itä-
nes Schlusses richtig ansgedruckt habet
Dr. G. leb wüfate wirklich nicht, wie er anders lauten k3an-
le; allein iA sehe auch ein, dafs er ein Gemisch von Wahrheit
und Unwahrheit enihäll. Unter denen, welche dem Staate ein
«idiicbes Versprechen geleistet, gibt es, wie die Erfalunng lehrt,
immer solche, die das Versprechen nicht lialten; für diese liegt
all« in dem eidlichen Versprei^en keinesweges ein moraliscber
— 1238 -
Z*Rng M zu bahm. D«r Sunt lelbtt eAeamt lieu BrMiraagfl-
wabrheit an, denn er iäiit ja den TcroMoten Einaehmcro aft di«
Kuu aachiShlsD nad wird trotz dieser Voriiefat no^ aoweifcn
betrogen. Ja dea Apothekern läfit er auch tob Zeil zu Zeit ihre
Aneneibade, ihren Krftuterboden , ibr Laboratorium, ihre Maie-
cialkammer durcbmnBtera , vertrauet alt« aelbst nicht ihrem Eide.
Dr. K, Das Sophisiiiche deines verschwiegeBen ObersatKea
steckt darin > dafs Du einen besonderen bejaheoden an einem alt-
gemein bejahenden machst. Wenn wir deinen allgemeinen Sats
zum besODderen umwandeln , so inufi ich den faeaondervn bejahen-
den als wahr anorkennen , denn er lautet also: Von deoen m
einem Geschäfte von dem Staate eidlich verpflicbteien Bürgern,
liegt für die siltticb guten io den eidlichen Versprechen der
noraliscbe Zwang es in halten.
Wollten wie nuo an diesen wahren Obersatz deinen ansge-
aprocbeoen Unter- und Scfalofssaiz reihen, und sagen: Der Apo-
theker Z. hat dem Staate das eidliche Versprechen geleistet, alto
liegt für ihn Ja dem Versprechen der moralische Zwang es zu hal-
ten, so siebest Du leicht ein, dafs das ein in forma falscher
Sj'üogisrans sein würde, denn ihm fehlt ja der Mittelbegriff ^er-
sitstfi mediiu). Soll der Syllogismus acht sein , so müssen Unter-
und Schlnfssatx also lauten: Da nun der vom Staate eidlich rer-
pfiichtete Apotheker Z, ein sittlich guter Mensch ist«. Io liegt für
ihn in dem eidhcben Versprechen der moralische Zwang es zu
halten. — Hier ist nun aber der Untersalz ein unbewiesener, mit-
hin ist der ganze Syllogismus auch nichts werih.
Du siehegt also, meii) Bester I dals das ganze Gelritsch über
den Eid, und das Berafen auf den Eid, albernes, auf uorichiige
Schlüsse sich gründendes Geschwäla ist. Ist der Apotheker ein
sittlich gnier Mann, so wird er, hätte er dem Staate auch kei-
nen Eid geschworen, die Pflichten seines Berufs gewissenhaft er-
füllen. Ist er aber ein Sobelin, so liegt für ihn kein moralischer
Zwang in dem Eide; da nun, wie gesagt, der bürgerliche Zwang
gar, ein nichtiges ScbaUenbild ist, so folgt, dafs der Staat dem
nnslttlichen Apotheker die vollkommenste Freiheit sagestandeo
bat, Aerzte und Kranke zu betragen..
Dr. G. Nach deiner Ansicht würde ja der Eidscbwur eine
ganz überflüssige Zeremonie in der bürgerlichen Gesellschaft sein;
warum läfst denn aber der Staat Beamte , Soldaten , Apotheker
den Eid schwören*
Dr. K. Ich kann mir keinen andern Zweck dabei denken,
als den: dafs, im Falle tob überwiesener Gesetsübertreiung, dem
Uebertreler alle nichtige Entschnldignngen abgesehaitten sein sol-
len tind er uniyidemiflich der Strafe verfalle. — So weit das Ge-
spräch.
— 1239 — -
Jatil mnfa iob Doch di«. IVaga »irglellen ; welche GewSbr hst
der Ant, fBr die rictuige Beraitaag uioer Verordonngen , in d^r
T«a Zeit zu Zeil geübren aiatliofaen Durch niDsiening der Apoihe-
kenf Ich werde diese Frage durch eine kleine Enähtungam
dcDiliflhsien beButwariun. Am Abend des Tagea, da zum ersten
Mahle von der Preufsiscben Medizinaibehttrile die hiesigen Apothe-
ken durch einen Hegieningsniedixinalraih untersucht wurden, er-
gehe ich mich eis wenig vor dem Thore, und treffe hier auf
sineo Kanfmaau, der einen Laden von Kafi'e, Thee, Zucker u.
d. g. hat. Ein Bedürfnifs halte iha gerade ia die Apotheke ge-
fObrt, in der mau mit der amilichen Uarcbmiisteruiig beschäftiget
war, und auf eeiae Weite darüber Betrachinngen anstellend , sagt
er zu wir : Wis^ten Sie denn nicht eben sowohl als der Uegierungs-
ruh, ob die Arzeneien, die der Apotheker auf Ihre Verordnung uns
gibt, von guter, oder von scblaehter Beichaä'enheit sind ! mtifs denn
ein Hegierungsrarh Sie in diesem Punkte bevormundend — Da ich
wol merkte, dals diese Siachelrede auf die . Regierang , nicbi anf
mich gerichtet war, so gab ich ihm eine gleichgültige, aasweicbeo-
de Antwort Er liefs sich aber so leicht nicht abfertigen, sondern
fahr foigendermafsen fort: Wenn nun der Begierungaraih alle Waa-
rea der Apotheker nniadelhaft findet, so felgt daraus nicht, dafs
nas die Apotheker auch gute Waaren verkaufen niüesen. Unter-
suchte die Regierung alljährlich meinen Laden, fbnde meine Wan*
ren von ausnehmend guter Beschaffenheit uad stellte mir darüber •in
sehr belobendes Zeugnift aus, so könnie ich doch meinen Kunden,
Irots dieser Untersuchung, schlechte Waaren verkaufen so viel mir
beliebte, oder so viel sie für gut annehmen wollten, ich könnte gnle
mit schlechten mischen, ja ich künnte int (üewicht belriigen, denn
wer wird, wenn er die Waure im Laden vor seinen Augen hat wSgeo
■eben, sie zu Hause noch naehtvAgen \ — Der Apotheker hat aber
hundert-, ja lansendmahl bessere Gelegenheit, in seinem Kleinhan-
del alteriei Finten au äben , als ich und Jeder andere Kaufmann ;
sagen Sie mir also, wozu dient die amtliche fjnierauchung der Apo-
theken? — Ich weifa et nicht, erwiedene ich, um das Gespräch
abzubrechen , anf diese verfängliche Frage. — Meinen Lesern kann
ich auch nichts Klügeres sagen; denn mir ist es tmtner so vorge-
kommen, als sei unsere beutige Apotheken Visitation nichts mehr
nod nichts minder, als eine Uf^nkclinn der alten Theriakschan.
Ich habe schon in meiner Jngend die Sage gehört: ein guter
Arzt mache einen guten Apotheker, Da« ist in der Art wahr,
dafs ein guter, anfnierksamer Arzt, dem es doch unmöglich gleich-
gültig sein kann, was seinen Kranken in den Magen geschickt
wird, den Werth des kundigen und gewisieohaften Apotheken
gebnhread anerkeonet, nnd ihn als ein wahrhaft unentbehrliches
Kleinod faoobhftit. Begreiflich wird der Apotheker dorch diese
— 1«40 —
AiM(fc«inang ■»!■•■ WwAm ermMBrt, ein racfatlidMr MatiD n
blaibea. Gani uid«n TCrhilt es mA abvr, wenn tim recfaUiclMi'
Apotheker mit aiaem faoohin3thigen , albernea md tMmmSmmadmm
Axxte lu thiio ku, der ibn Über leiae antadelidMD AEseneien
allerlei uagegründele , drillende BenerkuD^es madtt. Ein ■olcbei
Arzt kann auf die Dauer daa bwion ApaÜMker anaa ScJm!«
Ea heifat, der Arst thue wohl, aicb tmi dar Guts rfoc Ars»-
naien, die ar rerordaM, aelbat an öberzet^o. Timm iat wakr.
Der rechlticbe Apotbeker bat Gefallen an diasar Aofmerkaamkrä
das Antes, nod der unrcdliobe wisd darcfa dieaelbe «■ weaig
kopfscheu. leb wiiaacbte aber, dafs ein ISabeideküDatler nicfa eia
sicheres uad eiafachas Verfabreo lehrte, den flüobligeD Arzsasi-
^hall der nngeiiiigea, oder schwacbgeistigaa desiillirtea Waaser
lu arkanneD. Ich weib diese Konst niobt; mir bleiben xiir ScbSi-
sung blois meine Sinne, Gerach und Gesehmack. Dies« sind aber
aeblecble Arseaaigebalimesaar , anm weni jjMen oieht aolehe , dwib
welebe ich eioem Tiuaaber aeiaa Tftuscberei beweiieo bmaM.
Wolke mir jemand sageta, wie man daa den HoidOflban
getagt bat : sei persönlich dabei , wenn dar Apotbeker daina al-
bernen Wässer deslillirt, dann kannst da ja aaban, ob daa Vcs^
bälmifi swisoben der Quantität der Aneaeiaubslans and des De-
■lillats das richlfge ist: so würde dieser antihonteopatbiscfce Aub
auf den vorliegenden Fall sehr achlecbt pasaea. Iat der Apetba-
ker ein ebrliober, ja nur ein kluger Mann, so brancha idk daa
Deslillirea nicht au beaufsichtigaa , denn er wird ei ichoa gal
machen. Ist er aber ein Unredlicher, und noch daan ein DamM-
ban niti einem Sparren , so wird mir das Bewachen seiner Werk-
atalt an gar nichts dienen; denn wie die stUdtisoban MilcfaT«rida-
fer die Milch mit Wasser anlangen, so kaoa ja der Apotbak«
daa Dttsüllat hiniennach nach mit Waager TerdGnaea.
Hinsichtlich der Dekokie sind wir ancb ziemlich der Willltir
der Apotbeker hingegeben, wiewol ich xalasae, dafs aaa hier,
aufser dem Geachmacka und Genche , auch noch das Gesicht z«
Schfitanng dienen kann. Vor mehr dann 30 Jahren ericbte ich,
in Balreff dieaes Gegenstandes , einen merkwürdigen Auftritt, b
einer andern iskadt ärztlich heaebäftiget , haue ich bei einem Apa-
theker in tban, der wirklich ein seht unterrichteter Hamm war.
Indem wir nun mit einander plauderten, trat ein aller, sehr ge-
■uchier Arzt ins Zimmer, setzte etwas barsch «ina fast toIIo Ar-
zeneiBaache auf den Tisch, und sagte, das Dekokt sei acblacbt,
nicht nach Vorschrift bereitet. Der Apotbeker, der sich dnrc^
den Ruf seiner Kenntnisse, selbst bei gebildeten Leuten, in Acb-
(■"'S gesetzt, also den Kopf etwas hoch trug, behauptete kühn,
daa Dakokt sei ttotadelhaft. Da es nna alier onmSglicli iat, dab
~ 1241 —
xwei Mesiehen durch eina lolefae BMpncbniq; iie Wahriiöt mas-
niltflln kttansD, lo tagte ich in maiDein alten KoUegea: es ui
wol daa Beuay dafs ei aicb von dar Güte dei PAaBianstsff«« , von
dam daa Dakokt gemacht aei , in der Apotheke selbit überaenge,
ootar aetDea Ai^:en die vorgeacbriebeoa Menge abwSgen , vor-
sohrifisMHfiiig abkocliao, dorcbwifaea nnd abkühlen laue; daaa
werde man doch wol, durah Vergleicfaaag dea anter leinan Au-
gen berelietea Oekokta mit dem vermeiotlich veidftchiigen , darch
Geticbi, Geachmaek und Geruch den Streitpunkt einigermafaen rich-
tig heartheilea kdanea. Mich ging die Sache gar nichta an, ich
machte blof« dieaen Vorachlag, um den Apotheker, gegen deaaen
Redlichkeit i<^, ohne dafa er aa selbst abnete, mehr ala Verdacht
batie, anf die Probe za atellea. Dieser, statt den Vorschlag mit
Freuden an ergreifen and dam Arzte die Scfaanae an bieten, pUn-
deria darüber weg, wurde aber unverkennbar kleinlant. Der alte
lictige Arst, der daa so gnt merken mufsle ala ich, und der wol
die Abaicht hatte, ihn blofs ein wenig an witaigen, nicht ihn mi
Stranden an machen, giag achwaigend aus dem Zimmer. Kaum
war er weg, ao wollt« dar Apotheker aicb bei mir dadurch rei-
nigen, dafa er den Arat herunteraeuie} ich liefa aber das Qe-
apittch fallen, denn ich begriff, dafa, wenn er aicb wirklich rein
fUUn, er des von mir vorgaschlagenan Versnob, dar seinem
Veraiande doch eben so nahe leg alt dem meinen, nicht blola
aelbat bStIa TOrsoblagen, sondern erasilich darauf beateheo müa-
soB, daft er gemacht wurde.
Ich habe in dieaen Kapitel und noch an einem anderen Ott«
diaaea Bochea goaagt, dafs die Aersta, durch den Zwang ihr«
Beseple ia die Apotheke an tchicken, der Wohlthat dea Eligen-
thomsrecfates berauht , mithin an Btiaklingan des Staates erklArt
sind. Manche Lacer kSanten denken , Verschwiegenheit sei Pflidit
daa Apotheken; ich wolle also auch ia diesem Punkte einea
Theil der Apotheker n pfliobtret^etsenen Menschen nachea, —
leb erwiedere darauf Folgendea: Um meine Behauptung, dafa der
Arat der Wohlthat det Grundgesetaas allea bürgerlichen Vereinea
beraubt aei, m erhfirtcn, habe ich gar nicht ndlhig, anf die hohe
Unwahrtchein liebkeit aa rerweisea , dalä alle Apotheker verachtvie-
gen aein sollten, nnd anf die hohe Wahrscbainliehkoit , dafa sie
Dor ao lange vertcbwiegan sein werden , als daa allgemeine Apo-
theken ntereaae ea ihnen räih , nnd onverschwiegen , aohald eia
niiberea, keaanderea Iniretse jenes allgemeioe überwiegt, ich
laaa« vielmehr jetzt den Satz als anbedingt wahr gelten , dafa alle
Apotheker, zusammt ihren Gebülfan nnd Lehrlingen streng ver-
achwiegene Leute sind, und behaupte dennoch, dafa, wo nicht
in allen, doch in vielen FKlIeni AerzM, ja Nichtärzte sich wi-
■erer Rezepte bemeiatera and dorch dieselben jm9 l<IIU?t9 Jl>8^~
— «4t —
thQinliebfln Erfabrnnffln über £c HeilwlrkiiDg naa«faer Arsenrien
dinkloi rmubm kennen.
Ich war achoa über 60 Jahre dt, d« ein janger, «ben erat
approbirrer ArzI micb dteiei Kuaitatüek lehrte, gettaod, es »cbo«
■a mir >«lbit geübt an haben, aai iwer in einer Zeil, da er
Kocb nieht approbirt geweaea, also geiweifett habe, ob ich ifaai,
dem (Siiehtapprobirten, meioe ergenthömliche Erfahnag' über ein
damahli hemchendes Fieber gniwilHg niilbeileD würrfeu leb will
dieeea Kunalatflck lum allgemetDen Bealen laitiheilaD.
Ihr werdet mir zngeben, achtbare und erfahrene Leaer! da&
die Natur herrscbendei akater Krankheiten oft aehr aebwer xu er-
grQaden ist, nnd dafa dat, was wir darüber In den BSchem fin*
den, laweileo Dicbis ist, als (mit Paraeaitm an reden) ein blo-
fsei (Spiegelbild, ein Schatten an der Waad, der niemaad voll-
kommene Unterriobtung geben kann. Ihr werdet mir feraer mge-
Blehen, dati deijenige Arsi, der sich keine Mibe verdriefoen lAiiii,
die Nainr einer goiehen Krankkeil an ergründen, unter gleichen
IJmailtnden weit wahrscheinlicher ein gntas Heilmittel daraaf fia-
dan wird, ala ein anderer, der aich oiehi die geringate Mähe
gib..
Geseui, es herrschte nan in einer Gegend eine böse Krank-
heit (nennet sie mpineiwegen wie Ihr wollt); einer von £kA
haue durch Mühe und Fleifi einHeiimitiel daraufgefunden,- Kimak»
aus meinem Wirkangskraise wendeten sieb an ihn, undieh hörte,
dafa diese durch des Mannes Mitlel bald and gut geheilt «ürdeD.
Ich selbst wttre ein welikingar Gankelartt, hSite mir nicht di«
mindeste Mühe gegeben, die Natur der Krankheit an ergründen,
aondern sie blofs behandelt, nnd den Kranken viel gate Dingv
rorgeschwaiat ; bei meiner Behandlung aber nnd bei meinem hoU-
aeligen Geschwäls wären die Kranken icblimmer geworden nnd
mehre sdion in das hissmiische Reich gi^ngen. Die Leate fin-
gen an, etwas schwierig an werden, und ich finge an einanse-
hen, es sei fQr meinen prakiiscben Ruf doch wol dienlich, ein
gntea Heilmittel an kennen. Wo könnte ich dieses nun besser
ftoden, ala bei meinem AmMgenoasen , der es bereits gefundea*
Glaubt Ihr aber, ich würde ib« mfindlicb oder schriftlich bitten,
mir seine Erfahrungen milantbeilen ? — G«tl behfite ! dadurch wüi-
de ich mieh ja hernnierselzen. Nein, nein! ich lehre onr einen
treuen und gascbeiien Menschen aus der geringeren VolkaklasM
die Znfillle der herrschenden Krankheit benagen, nnd beifse iba,
angeblich für seine Frau, oder seinen Bruder, oder seinen Sohn
En jenem Arxte geben \ er wird mir schon das Resept bringen.
Ja wenn eine einzige Schickang mich nieht genog belehn, ver-
anstalte ich eine xweite nnd drifte; jedeafalla nula ich doch
die Erfahrung meines Amtsgenosaan erbeuten, ohne ihm drn
— 1143 —
gwiogilsn Dank tu v«nclrald«D. Fnrflieb, swbab Kopf lebieht
er mir nicht tnil dem Rezept; er selbst weif« viellelchi mit der
Waffe, die ich ihm raube, kd einer anderen Zeit etwas rqszu-
licbtea, was icb nicht damit ausriohieD warde; aber eK ist genng,
dafs sie mir znr jeiri^en Zeil dient und micli aas der jetzigen
Verlegenheit reifat. loh habe den Leuten so lange, so oft ond
so deutlich gesagt, ich sei der gelehrteste, verständigste und er-
fabreoBie Arzt, dafs sie dieses, weil sie es so lange und lo oft
gehört, festiglioh glauben; und jetzt sollie ein Narr, der die
alberne Grille bat, dnreh Heilen der Kranken und durch fabel-
hafte Menschenliebe seinen praktischen Ruf zu sichern , mich über-
flügeln f — Wabrli^ ich habe die goldene and silberne lairoso-
pbie viel sa gründlich sindiri nnd viel zu lange geübt, als dal's ich
nicht jetzt in dem Zauberkreise meines Wirkens den aufgehenden
Stern seines Rufes in Mn verdunkeln sollie.
Wer ist nun unter meinen Lesern, der da behaupten möchte,
die Verscb wieg enh eil der Apotheker, ihrer Gehiilfen und Lehr-
linge aichere das Eigenihnm de« Arziesl — Kein verständiger
Mensch kann* das betraupten: also wird anch jeder angeben mBs-
sen, dafs wir durch das Verbot des Selbaidispenairena, in wel-
chem das Abgeben der Rezepte an die Kranken liegt, der Wohl-
tfaat des Eigen [hu msrechles beraubt, mithin zu B&nkliagen des Staa-
tes erklärt sind.
Moralisohe Tiniden über die Pflicht des Arztes, nützliche Er*
fahmngeo möglichst gemrin so machen, kftnnen bei dem bespro-
chenen Gegenstände nicht in Anmerkung kommen; denn wenn man
als Verstand aameoBcb über bürgerliche Einrichtungen spricht, spricht
man nicht als Moralist. Ja, wfire man wirrköpfig genug, bürger-
liche Einricfatnngea mit der Moral za vermischen, so würde doch
sulelzt das moralische GeschwäU auf die Frage binaoalanfen : ob ea
der Staatsgewalt zustehe, die Bö^r dordi Gesetze za siiüichea
Handlungen zu zwingen; diese Frage möchten aber Staatsrecht skun-
dtge Männer zu bejahen woV grofsea Bedenken tragen.
Nun mafs ich noch einen groläen und durch keine Verordnung
einer Medizinalbehörde abza ander nden , in dem Apotheker wese«
begründeten Unfug erwähnen, der mit den Rezepten der Aerzte kann
getrieben werden und nur zu oft gelriehen wird.
Mit einer ganzen Rezeptenreihe, wie sie uns ralbfragende
Kranke, welche vergebens die Kunst mehrer Aerzte in Anspruch
genoininen, nicht seilen zum Durcbleseo überreichen, wird be-
stimmt nie Unfug getrieben. Gan» andern verhält es sich aber mit
einzelnen Resepten, die Kranken in hervorstechenden, oder sehr
schmersbafien Krankheila formen gut und bald geholfen. Zu die-
sen KrankheiisfornieD gehören; chronischer Husten, Gelbsucht,
Waasersacbt, Kolik« chroniacber Durchfall, Fallsucht d. i. g.
Ob der Apolbekw, iwch naMren GeiMM«, die OriginalrMepte
i»M AntM inrückgabco darf, waifi icli nickt; icb habe ron den
MedisimlbeainteD darüber gau eni^gengeMUte Meimmgea ge-
hört. JedeafalU kano der Apotheker dem Kraakeo die AiMchrift
dea Rezeptee Dicht weigere, deen d« fremde kann ja vorgebea,
•r walle es isiium heimathlichan Ante zeigea, damit dieser, wmn
die Krankheit wiedereracheine , ea naeh aeiaer Eiaaicht gebraa-
cben kStme. Oder er kann Torwendeo, er aei oft den ZuRÜ-
lea, die da« Resept beaeitigel, anlerworfea, und er wolle es
deshelb für ein künftiges Bedürfaifa aafhebea. Welche Quacksal-
berei kaaa ana mit Bolchea Rezepten getrieben, wie nngebörig
kSDneo sie angewendet werden! ich könnte davon belehrende
Dinge enfthlen , wenn ich Lust hfttte, den Leier nnd mich seibat
!■ langweileD, Die Abenteuer, die ich erlebt, von dcven ein
paar wirklich ins Grofse gingen und den Leser kaum glaublich
aoheinen würden, haben mir nie Verdmfs, aber wol Spafa ge-
macht, und mir Veranlassung gegeben, über den grölen Wider-
spruch nachzudenken, in welchem die die Aftermedizio verbie-
tenden Medixinalfssetse mit dem Apothekerweseo stbfaen.
Nun zum Sohluue noch Eins. Ich sehe, dafs in der Liteca-
Inr die Apotheker mit des Aerzten über den beaproebenMi G^en-
genitand etwas gehftsaig zanken; und die Aerste, die sieh ihrer
GrofsjShrigkeil zu nähern acheiDen, werden den G^ensiand wol
nicht so leicht fallen lassen. Da ich nnn bemerkt habe, dafs die
Besprechungen den alten, leider in der Medizin gebrlhidiiidwn
WirrgBBg nehmen , der nie zu eivem endlichen , ventBndigen Et-
gebnifs fuhren kann; ao glaube ich etwas recht Verdienstliehes
zu tfann , wean ich die Pnnkte beoiimmt angebe , auf welche ea
bei dieser Besprechung ankommt. Es sind folgende :
1) Man kann «icb über den Zwedc dea das Irzilicbe Sellmt-
dispensiren vetbieteadsn Gesetzes besprechen; ob er ein T«st&B>
diger und etreicfafaarer Zweck sei, oder nicht.
2) Ueber den Stand der Apotheker kann mun sich nicht be-
sprechen. Wer ihn im Allgemeinen verunglimpft, handelt ebrn
■o th9ri<^t, als der, welcher ihn für das verwirklichte Mimter*
bild menschlicher Sittlichkeit ausgibt. Daa Wort Stand ist ein
Sammelwort, es bezeichnet die Gesammtzabl der Apotheker, durvh
welche der Stand vergegenwärtiget wird. Hier mula man den all-
gemeiaea Erfahrungssalz gelten lassen, dals, wie in allen Stfin-
den sich gnle und schlechte Glieder finden, anch der Apothekni-
stand aus einem Gemisch von redlichen URnnera and Schelmen
bestehe. Ueber diesen allgemMnea Erfahningssatz zn alreiten,
würde mehr als kindische Albernheit bekandeo.
3) Da man nun ganöthiget ist, diesen aligemeineo Erfahrnnga-
aau gellen zu lassen , ao bann nuur aich nur über fönende Punkte
— 1345 —
hetprecben: !■( der Arzt bef&hE^t, di« Fabriaiaigkeit und Cn-
redlicbkeit des Apotheken in der Araenei telbst lu erkennenl
I« diese Erkennlnifs , die doch nicht aaf «in Glauben nnd Mei-
nen, sondern auf eine Untersucbnng sieh gründen ranft, leicht,
oder schwer? Ist die Uaterauctinng fßr einen mit praktischen Ge-
schürten nbefhäaften Arsi thanlich, und ist sie, die docb in vie-
len Fallen Zeit erfodert, bei dem dringendea Verlangen der Kran-
ken nach Arienei mSgli^l Ja bat nnn der Arzt, dnrcb die Ar-
zenei, die Erfcenntflifs der FabrlBisigkeit , oder des Betruges er-
langt, beffihigt ihn dann diese Erkenntnis, dem Apotheker die
Pahrlttiaigkeit , oiw den Betrug rechtsgültig zn beweisen! —
Aerzfen, die Lnst haben mScbien , sich in den Apoiheker-
krieg zn mischen, ratbe ich, sich streng an Nr. 3 zu halten, denn
diese Nummer enihsh das PunctKnt lalien». Wird die Frage Ter-
neiorad erlediget, so tangt das Apotbekerweten nicht, und dann
braucht man sich auch nicht fiber den Zweck deiaelben zu bespre-
chen , denn das F.ine fSllt ja mit dem Andern. Uebrfgens müssen
sie vor allen Dingen niebt den Winkelsilgen der Gegner folgen,
sondern einfach, mit rabigem Geiste das Unlogische in den Er-
widerungen der Gegner klar aufdecken. So viel ich begreife,
verfechten diese eine faule Sache; mithin sind sie genStbigt, zn
Kfintien der Sophistik zu greifen und dürfen selbst die Waffen
des Hohnes, des Spottes nnd der Suchelrede nicht verschmBbeB.
Ärxeneitaxe.
Es liegt TOT Angen, dafs, abgesehen tob den den Apothe>
kern zugebilliglen Prozenten, diese Prozente auf den Einkanfs*
preis der Waaren gleichmfirsig kSnneo geschlagen werden, oder
ungleiehmäfaig, so, dafs die wohlfeilsten Waaren die böchstea
Procenie, die thenersten die geringsten tragen. Erste Art der
Betaxung ist eine billige, von jedem erkennbare, letzte eine blin-
de, die' blofa den Apothekern zum anberechenbiven Vortheil ge-
reicht; denn da die meiaten Rezepte verstHndiger Aerzte tnlSndi»
sehe nnd wohlfeile Miliel enthalten , so ist kein Mensch im Stan-
de, auch nur annKherend den Vortheil der Apotheker su scbfiz-
zen. Wie übel sich dabei die Dürftigen befinden, denen nicht
BUS SfTentlichen Mitteln die Arzenei bezahlt wird, mufs jeder Arzt,
der diese Menacbenklasse niebt dnrcb aUetlei bekannte Knnstgrifie
TOn sich znrOdcac brockt ( Ungzt in nnserem Preufsischen Lande,
wo seit neoer Zeit eine solche Taxe besiehet, erkannt babea.
Uebrigens ist der Gedanke, der anserer Prenfstschen Taxe i«m
Grande liegt, nicht nett; ich hidw ibo sdioa in der Augsbnrger
Taxe TOD 1846 gefunden; hier aber die Verwirklichung dessel'*
— 1846 —
Imb ( vergliohen nit iw PrrafaiicbsD ) ner In Mhr Terjiugtei
Malutab«. Oie Au^bargcr rechffertigen auch die aDgleicbt Fn-
zeatT«rtl|eilang anf die Dämliche WeiM wie die BsHincr. Ds
aeogierigeo Leger wegen, denen die Augsburgei Taxe vom Jik
1646 aicbt aar IJend aein inöcbte, will ieli einmalil dai Beinf-
feade bier hintelxen. £s findet aicb auf einen AnbaDgiblaii« Uh
tcr der Taxe ;
MirabitHr autem fortaue quiipiam, pretiotiora »auuük,
mtpQte Specie» Diamirae , Dituitotchi, Cordialet temperatai, Ui'
tißcante* G«/«j»', et Am itmilia coaipoiita medicameKlM AuiriM
et Motekum reeipieHÜa^' minori hie pretio aettimala tat, fM
ml ea P&armacoptev» line prapriee »ariit düpendio purart fW.
Id autem ttudio pvudenterqMe factum eate imtelliget, ntään
mlia puulo auijori preti« oendi permitta eiae cogMoverä; —
alium »ane ot cau*auj quam ut minua divüidui, piiin ra»
gutta dornt pretioiorum aiioguin medicameatorvm nui a^ i*!^
dicity aut omniBO Hegat, kae in parte catuuleretur , nrtfo-
periore» a jam dictorum Fkarmacorum fruitiaiu extMtrf^^
aed et ipaU guogue eerumdem eopt'a ßeret etc.
Nun will ich nocii einige die Preufaiiiche Aneoeiliu li^
fende BemerliungeD eilicber Scjirifuieller auf die Wege dNiiUi«^
len Verstandes legen, ohne jedoch die Schriftsteller tof^
aoBuführen, dean ntit ibren Personen habe ich ja Dickn"*''
sondern nur mit ihren Aeufaerungen.
Ich las eiaal eine acbriftstellerische AbhandluDg tm *'***
Mediiinalbeamten , worin dieser darznihnn ancbt, dsridKÜ"'^
cenl, dieder Siaat angeblich den Apothekern znbilliget («■'^
ieb aber mtcb nie eine ordentliche Berecfannng gewbffi ""
keiDe sn maehen ist), «in viel n geriDger Vonbeil Hi> l"*"
deutlich , dals der ehrliche Mann ait Jahrproaenla dad)i«i '"
wahrlich ein arger Mifagriff. Freilich ist ein gelehrter ubrillXH'
lender Arzt nfeht KieinhüDdler, und in dieser Hinticbl niili'''
ihm «inen sotcheo Miragriff zu gute betten. Wenn aber «> "''
dizinalheantter iD einer aolcben krKmeriachen Sache aiiScnnh'
■leller auftritt, MüDUfl er sich doch zuvor bei mehren glaubvüi'
digen Kleiobfinrflern , die regelrnKfaig ihre Jährliche Bi lau "'
eben, nach dem Verhälinifs erkundigen, welches zwiicben ih''*
wirklichen, in den Waaren steckenden Kapitale, nodde'^'"''
Statt hat, die sie jährlich umschlagen. Durch diese E>knnili{iiC
würde er zum wenigsten von dem aehr grofsen Uetericfaie«'*)
zwischen Jahrprezenien und Uiusehlagprozanten ist, ei»»''
liehen Begriff bekommen.
lo der nämlichen Abhandlung wird als Grund derBebsDpI^
dafs die Prenfaiscbe Taxe necli zu niedrig sei, der *''"'
Ankaufapreia der Apothekea als der wiohtigat« berro^*'^
— «47 —
Dft idi fielen Grand nan »uch io aadwen Scbrift«n ({efundwi,
bald demlich, bald undeitllieh «iwgsdriiokt, so halte ich für düie- s
liofa, iba eininahl etwas ball lu belciiohtan.
Der Ankäufer einer ApDiheke kauft:
1) Den in der Apotheke vorhandenen Waarenvorraih.
2) üie in der Apatheke nnd dem Luboraloiio vorbandensB
Gefäbe und Gerätfae.
3) Das Haus worin er sein Geschäft treiben nill. Eotwedor
das, worin es der Verkäufer getrieben, oder ein anderes; der
Uniersehied ihut nichu «ur Sache.
Was uuD den Waarcnvorrath betrifft, so würde es ja barer
(Jnsino leio, den Werth dotielben sum Ankaufskapiial zu schla-
gen, da er durch die Taxe «elbsl schon verproscntet igt.
Was die Gefäfse und die Geräiho beiriSl, so gebe iefa alleiir
falls za, dals der Wertb derselben als Ankaufskapiial kann ber
trachtet nnd hillige Zinsen davon auf die Waareo können vertheilt
werden.. Jedoch nach dieses nur nach einer rechtlichen, blols da*
NJSthige und Brauchbare barücksichtigeaden VefaDschlaguag.. Al-
les Glänzende, Luxusartige, oder blofs zani Gemach und sunt
Vortheil des Apothekers Dienettde , dürfte bei einer solchen Ver-
anschlagung nicht beröcksiehtiget werdet^, denn das bezweckt doch
blofs, Käufer anznxieheo, oder (int Laboratorio) Eraparung der
Feuerung and Müh«.
Hinsicbtli^ des Haaaes kommt ea-mir gar närrisch vor, dafa
man dea VVerih desselben sollte in Anschlag bringen. Jeder
Manich, der ein börgerlichea Geschäft treiben will, mufs doch
wohnen, mnfa einen Ort im llaaae haben, wo er das Geacbäft
treibr. Welcher Kaufmann wird, ja kann die Zinaen des Hau»-
wertbes auf die Waaren schlagen! — Keiner. Ich seb« also gar
nicht ein, warum der Staat dem Apotheker freie Wohnung Ter-i
■chatten aollle.
Was bleibt nun von dem Ankaufakapiiale einer Apotheke
aber, dessen Zinsen der. Staat bei Abfasaung der Taxe berück-
sichtigen mtifatef — Doch weiter uichis, als der Wertb der Ge-
ffifa« und Geräthe. Der ist aber, berücksichtiget man hloüs das
Nöihige, so gering, dafa die Zinsen desselben, auf die Waaren
vertheilt, diese wahrlich nicht veitbeuern werden.
\uu könnten aber etliche Leser denken, ich sei des Gegen-
■tandea, über welchen ich schreibe, ganz unkundig. In allen
Ländern, wo die Staatsgewalt die Apotheken aof eine gewisse
Zahl beschränke, bezahle ja der Ankäufer einer ApotheLe nicht
blors den wirklichen, sBcbficfaen Werrh, sondern auch die durch
den Ankauf einer bestehenden Apotheke erworbene Freiheit, das
Apoihekergeschäft zu treiben, und diese Freiheit sei gerade das
Tbeuerst*. — Ganz recht t ich kenne das, und Jbabe sdbsl^^B-
— ttiS —
ben, wie hoch Arne Fnibeit besAlt wird. Vor «didieii Jahres
ist Iq dsm SrtdtefaMit worin ick wohos, du 3S00 EiswobiMr
iShtt, und nichts weniger all wohlhabend i>t,*) deneo Vmg»-
buogen auch nicht g-ISoteod sind, das von drei Seiten in einer
Enlfernung von 1 bis 1j Meilen nit anderen Apotheken onisiellt
ist, und von der vierten Seite in einer EUufernnag von einer hal-
ben bis gaosen Mdile die Grenze, jenseits der Grense aber bis
nf Maas eine nnwinhbare unbewohnte Heide bat, in dem öber-
diei Doeb «ne aweite Apotheke arbeitet, — eine Apotheke (wohl
an merken, ohne Haus) für nenn Tausend Thal er Prenlsiach
Geld verkauft worden. Die Geftfae waren »m Gebranch swar
gut, aber doch ntchti weniger als prankead, denn der Vorgfiagei
des Verkänfers hatte aii tchoa alt gekaofL Dia Ger&the im La-
horatorto waren anoh anm Gebrauch gut, deoa der Verkäufer
hatte ja bis anm EaiUehea der chemischen Fabriken die C&emi-
talitt seihet berettet; nbrigeos waren sie doch weder oeamodiich,
noch kostbar. Der WaarenTorraih kann auch nicht grofs gewesen
sein, denn da der VerkSnfer schon seit ethcben Jahren mit dem
Gedanken umging, die Apotheke an verkanfsn, nnd klug genug
war, n hegreifen, dafs bei einem solchen Handd der grdfaere
oder geringere Waarenvprrath kanm berficksiohliget wird, so ist
leicht einsnaehen , dafs er wibrend dieser Zeit onr die siun lau-
fenden Gebrauche anireichenden Waaren angescliBfift hatte. Der
Aokftufer sebttste selbst den wirklichen Werth des Gänsen . nur
auf 1500 Thaler; erkaufte also die Freiheit, A-potheker inG* an
sein, für die Summe von 7ä00 llialer. Wollten die Medisiaallio-
börden, bei Abfassung einer Arseneitaxe, solche Aukanfspreise
auch nur im mindesten berücksichtigeD , ao würden sie höchst un-
billig gegen das Publikum handeln; denn eriit jahsndgreifiich, dafs
die Ankaufspreise d«r Apotheken mit der Aneneitaxe im geraden
Verhälioisse stehn ; Je b5her di« Taxe je hober der Werth dn- Apo-
theken. Man mufs nie denken, dab der, welcher eine Apotheke
so Sbermifiig hoch erziehet, als ein Narr sein Geld wegwirft, es
ist vielmehr ein xiemlich verständiger Handel, Das EinkauEsbuch
des Verkäufers weiset ja die Quanthät Waaren nach, welche die
*} Di« WDfaltibuh«it einet Ortei lÜfat «ich blofs ids dem VerhElUiCk itr Bei-
ehsm and fenSglicb Lebcndin, la dcD Hübieligaa vod Armea beorttnle«.
DiUM VerbRIiail^ kiao mia im einficbatea and «icbentea b«i deo Sebal-
labrvra ari^aadeD. War oiebt ^db DovanntlfeDd tat, wird gawib die Frei-
beit der 8«lia)B sieht aaohiDcbeD. Ana dar Zafal danr, dia oieble bsb«a,
kana man die Zahl derer erkaaaea, die etwai tabes, laixta aber itech niebt
tlle rdr wohthabeade Lenle balten. In dem Sttdcbea, worin icb wobne, be-
■ablen kanm xwei Fönriei der Kinder dia Svbnlirld. Irb mrine alin, eis Ort
kenne annGgtieb wokUiabeiid aeia , von deiten Bnwohiern drei FSnRBl arme
Ideale alnri.
— 19« —
Apotheke jtbrli^ abgoeetst, md dEeae , naeb der Tnce beiWinM,
ntnb die jHbrIiobe Einnablne, awnr itieht bei Heller und Pfennig,
aber doeti in BaoHeb und Bogen riobtig auiweiien. Det AnkXufer
kasii also aoereohnen , in wie viel Jabren er die über den wirk-
liobea Werth bezahlte Summe wird erworben haben.
VoD allen Narrheiten, die ich je über die Arzeneitaxe gele-
sen, ilt die wot die gTSfete, dafe die Unkosten, die den Apo.
ihakern die Gebdlfen Terersflcben, bei Bestimmung einer Taxe
anoh an Uerflckcicbtigen aeien. loh wfir« wirklich nengierig zq
wieien, ob Je efo Meneeh eine gröfsere gedt-uckte Narrheit gele-
sen. Wenn die Me4ialnalbehdrde zu den Apoibekern lagen woll-
te: damit wir Cuoh, ihr Herren! die Kosten, die Euch die Ge-
hHfen vemraaehen, eraparen, wollen wir du'ch Vermehriing der
Zahl der Apotheken' Enoh Euer GeaofaSft so verringern, dafs Ihr
es hinfort mit Eoero eigenen leibKchen HKndeA vemchten könnt;
— was würden wol die Apotheker darmf «rwiedernf — Sie wür-
den ohne Zweifel ei vorziehen, ihr Geschäft nnverringert so %u
behalten wie ea ist, und die Unkosten der GebülfWo ver-
triinierzen.
Spriebt man mit reehtticben nnd ventftndigen Apoibekern über
die hohe Taxe, Eber das Drückende, was in ihr tat die unbe-
mittelte Volksklasse liegt, so sncben sie dieselbe dadurch tu recht-
fertigen, dafs sie einem bemerken: sie können selchen Kranken,
deren ZahlangsfBhi^eh zweifelhaft sei, die Arzenei nicht wol
weigern, dieses würde gegen die Mensefaealiebe streiten; es sei
also sehr begreiflich, dafs sie mitunter Yerlnsia erleiden. Nur
die hohen Procente, die ihnen der Staat bewillige, beMtige sie,
antdi sweifelbafien Zahlern xn borgen.
Das ist noch scheinbar der beste, die koke Taxe rechtferti-
gende Grand, Abgesehen aber davon, dafs manche brave Apo-
theker wirklieh ans Mitleiden solchen Dürftigen die Aneaei bor-
gen, bei denen es am die künfiige Bezahlung sweifelbaft ausse-
ben mag, geschiehst doch im Allgemeinen das Borgen bei den
Apothekefo, wie bei allen Kleinbändlern, ans kaufmännischer
WeltklugheiL Die meisten zweifelhaften Zahler zahlen endlich doch,
wenn gleich spfit, die wenigsten bleiben ganz aus; so bekoimmt
der leicht creditirende Apotheker einen guten Ruf, den Ruf eines
Menschenfreundes, aoA dieser vericbafTt ihm Kunden , über deren
Zahliinggfähigkeit er nicht>in Zweifel stehen kann. Der geizige
Apotheker hingegen, der jeden möglichen kleinen Verlust vermei-
• den will, thut sich grofsen Schaden, Zweifelhafte Zahler stehen
nicht selten mit vielen und guten Zahlern in Freundschafis - oder
VerwandtscbaftsverhSlinissen; weigert er jenen den Credit, so
werden ihm diese leicht abwendig gemachL leb habe immer be^
merkt, dab gern crediticende Apotheker die besten Gesohift«
79
^ I9M -
mMb«] »M maigUNi ■tahsi 4«r VerioM, Am tA» 4«r«h du
Cr«diti»D in «Inen ZiitiAano r«« 20 J«kr«B evIflUen, inkfliBen
Verhilt&ili Ku dem grafe«ii VonheiU, 4mi •» dadurch baban.
Frcilitiii, io grofwa, bMondem ab» in RwidBmttftdun, gaatd-
tet lieh di« Sachs aadsn; da kaaa ein Apoibeker, der apana-
gtrten Ffiniea viel bOrgt, durch des Tod eiines eiaaigaa ealchen
K«nden eioflB bedaataudeii Verlatt erleiden.
Mela Gcofantar miiuwticber Sek« H. Chr. Btandtj wirk-p
lieber ApMheker d«s Köaig* v«n Eaglaad, varior in Jahre 1751
dureh den Tod de* Pnazea von Wallis 14»] PEund Sierl. 18 S«b.
6 P>. I den Betrag «iner fünficbaUtjäbrigaft Apoihekeireefanang. *)
Ich habe die Rechnnng nooh; daa Geld wBre lair abaf lieber,
wiewol es mich aoah nickt sam veichanMaDne' aiaeben würde.
ITebrigeni müstien in dar «Hien HaLfi* dea 18(«b Jahrhooderti
die Apothelier in England bei weitem nioht ao rial Gald vardieot
haben all jetzt dt« daiilacheh vardlaiien. * Mais Grafaraiar kana
mir freiKch niokt abi Mafaatab dienen, denn der iat jung geiMr-
ben; aber leio Groftobeim, daiK er all Apotheker das KSnfgi
adjungirt war, der ihm dai ganze Geschäft übergeben and ihn
flberlebt hat, iit über SO Jahre alt gawordab. £r war nie Tei^
heirMbet, und seine iheuerste Liebhaberei wird wol die gewesen
«ein , daft er meiitca Groiavaler, der- bei ihm die Apoihekerkonit
erlernt, aaf tnahrenaosliBdiaGhen Universiiiie« die HailliBMt hat
atndiren laswn. Da nun seine Apoth^e'is London mit 5 GahöW
fen ood Kw«l Lebrlingwi arbeitet«, nnd er das Gascl^t ^er
40 Jahre geirielMn, so hfillie er, naoh dem JetKigoa Mabstab,
ein MillionSr leto inSsien. Mnner Grofimatlw, seiner Hanpter-
binn, ist allerdings, nach Aoasafalang mancher Legate an fromme
Stiftungen, «ia »etleB VerraSgen geblieben; aber ei war doch
nicht IO, dafs man ea beaiigea Tages in «ner mK&dg reichen
Stadt Haloblbnm nemea würda. Vialleiqfat bakan die Apothakef
*} Der Apotheker de« KSoigs war tod den Hofapotheker Ter*ehied«o. Bnlar
tieferle fSr eb JShriigltH, relcbllebM Jatcgald die Araenii Llof* fHr dea KI-
nig, dia KSniridB and M« kSalfHchai Rhide«. Warea die kSaigUakaa Kia-
der grol^iüiiiff, to «liBd.ar %% ikaaa ia d«ja aÜHfieheii Vcrfailtaib , wie aa
alles anderea BürKere^ woUteo lie ArMiiai raa ihm habea, lo mDrtlea li«
dieielbc bazahEen. Dah«r der Verlnit , dea Baia Grorsvfler dorch den Tod
dM Priaiei gehabt. Uerkwürdig iil die f rorie Henge BrUlolwBMer , dia
diete Prinzlicbe BorbaltBag jEkrlich gttrDBkea, Aaf tw ftaebDanf ift ale al-
Ff.St. Sohl. Fib
In Jakr I74T fdr — ISI 19 —
. . ITM . — 301 II B
■ . 1749 - — S13 10 6
. - 1750 2U I «
- . 17JI . _ 31 « _
Dirzsdtv Google
ia L/oDdnn JaniHhli keins geietEliohe Tbx« gthabt, nadATD die
Arsmaiad Dar nanh der kriatlichtn Lieb* nxiit.
Aer^tliche Praxi* unter den Ünhtaitlelien.
leh xprechs hier nicht tob den eigenilieheD Armen, die aue den
GemeindekBssen uaienlutzt werdend Für dieie lind hentin Tage
Id allen fiiSdien und Dörfern Aertle angeatelit und werden bei^lt,
wlewel meist kttrglicb, imd wenn die VerMeber der GemeindeD ea
omsdnit haben k8nn«n, tsi ea ibnen noch lieber.
Ganl ändert verhält steh die Sneha mit der Klaau von Bürgern,
die nicht eo der Keiegoric der eigeniliohen Armen geltBren , die von
den Gemeinden keine Uniersitiixung baicommeD, auch nicht verlan^
gen, die, so lange ale geiund lind, kaum ihr Aaikeaimen haben,
aber nicbia anrOcklegea kKnnen für die Zeit der Noih. Diese Men-
atifaeniildSM ist ungeheuer zahlreich. Zu ihr geboren; die Tageldh»
ner, der gröfale Theil der Handwerker in kleinen Stidten, denn dia
kdnnen auch nicht viel mehr ah Taglohn verdienen, die Kölher oder
Häualer auf dem Lande, die Unzahl von Dienaibothen , die Greas-
aufeeher Wenn sie aiark« Familie haben, die in kleinen ^tiädien sla-
tlonirteR Gendarmen, knrg besoldete iSckullehrer, alie gering be<
■oldele Unterbeami« wann sie Frau und Kinder haben, viele Acker-
bau treibende Bdrger kleiner Städte , die, obae Grundbetils, dea
Stadt nah gelegene Lflndereien zu ungeheuren Preisen gepachtet
haben, kinderreiche karg Penaienine, kinderreiche Witwen, dis
durch den Tod ttirea Mannes ihr Einkommen verloren , and endlich
Leute aus höheren Stünden, deren Verfnögea bis auf dal (Jneni-
bebrMche geachmoUen. So lange diele Leute gesand bleiben, ge-
het alles aeinen Gang; sie enen waa aia haben aad kleiden lieh wie
aie können. Werden lie aber ernithaft krank, oder koranen vol-.
lemti BuMeokende SeocheH in ihre Familien, soist die Noth giof«,
a)e gerathen für viele Jahre, dder fiif iminer in Schulden. Dieae
anglanblich grofse Menichenklaaae, die im Allgemeinen die geaüg-
lieh lebende weit übersteigt, liegt allein dem Arzt s«ir Last. Der
Rechlsgelehrie hat nichts mit solchen Leuten zn ihun , denn aie kön-
■en nicht über Eigentbom alreiien , dessen sie bar sind. Dar Geist-
liche hat aneh keine Verrichtung bei ibnen , alt dafa er ihnen aia«
allgemeine Anweisung auf die himmlisehen Franden gibt und sie zur
Gednid und Eiwaagui^ ermahnt, wozu ai« leMer die \oihwendig-
keit auch ohne prleaterliche i>niahnnng zwingt. Uns Aerxien gibt
der Staat, liehevoll für uns sorgend, eine gesetzliche Anweiauog
auf die mageren oder leeren Seckel dieser Mühseligen; da sie aber,
anch bei unseren iparsannten Verordnni^en> kaum den Preis der
bocbhetaxten Atzeueien herfa»itchaffe« k&noeo, so würden wir,
79*
— 1252 —
vollten wir Gebraacb vom dimer gmeulicbMi AnmiMDg Bncbn^
gerade wi« Küste nbe wo hB*r bandeln , die , unter dem VornuJ)
de> Strandrechles, artnea Schiffbräcbigen ihre leiile, kaarngH«-
tele Habe rauben. Die Last iat für den Amt naa noch tnrif
lieb, 80 lange er nur einen «fidtisi^en Ruf bat, odar to Ii^i
sein guter Ruf auf die \achbargch»ft Heines Wohaorieg beiebräib
bleibt. Bekamint er aber einen Proviiuialraf , so wird die Lm
ao driicLend, dafa grofse Festigkeit des Geistes daxu gehäit,ia
GriiadsHtaen der Menschlicfakett, die uns das Plüadeia de> DitC'
tigen verbieten, trea lu bleiben. IJebd, sehr übel iu Mt ^
gerade von diesen Unbemitteliea viele , aanieiitlich die dti 11»
rea 8lSnde, verzweiMt fix auf den Beinen siqd. Sie lucki
■ich wenig daraus, drei, rier, fünf Wegsluadea weit u tiHs
Arsle la laufen, der von ihnen nichts begehrt, rie Bufksiuf*'
Ise Kosten in der Apatheke ueibt, nicht auf sich wsiien ^
baulieb mit ihnen sprioht, und- von dem sie glaubea, er Herdi
■ie besser heilen als nähere Aerxte, die Geld von ihies IkP*"
ren und theure Arzeneiea verschreiben. Was gilt ihneo die Heiu
des Wegesf Nichts. Sie eraparea ja durch den Matich u«l>r >li
EioBH Tagelohn.
Wenn es aber wahr ist, dafs die Praxis untar des Mt^
teltea dem Ante sehr lästig werden kann, so ist wiK^'"'
so wahr, dafs er durch dieselbe einen doppelten VoriW «'■"J^
einen ttrstlich künstlerischen und einen bürgerlichen.
Der künstlerisch praktische ist lu offenbar, ■liili'**'^
ihig wSre, ihn weitläuftlg ausznlegen, denn wer Tielürtu"
handelt, der erfährt auch viel Merkwürdiges, welcbH ei H^
nicht erfahren wurde, nad mit der Natur herrsehendu KtuU"'
ten wiH er , befthiget viele Falle mit einander so wfglti»*
weit früher im Reinen sein, als andere Meister, die b»»
Gelde nachlaufen. Wie er aber durch dl* Praxis vom L«""''
die ihn , ohne dafs es sie drücken würde, nicht su besable»
mögen, einen bürgerlichen Vortbeil erlangen könne, i"^" .
eben jungen Lesern anhagreifiicb aeio ; .darum ist nöthig, <""
«asgelegt werde. .
Da, wie gesagt, die Klasse der Unbetnlltelien sehr Krol<
ein Arzt, der sich ihrer freundlich und uneigenoütsig >■""
also stark kann überlaafeB werden ; die meisten M'necn'"
sonderlich die gewarbtretbendeii in kleinen und ninl^B ^
eine solch krämerische Natur haben , dafs es in ihrti» ^"^
Unmöglichkeit grenzt, ein Arzt tollte UnbeniiileliM > *'"
or auch nur ein paar Groschen erpressen könnte, umsoaH
so folgt darani, dafs sie den, der von Kranken rJel "'*''
wird, als einen Mann ansehen, der viel Geld verdieot, >"> <
er kein Verschwender, als eiaea Maa«, dar vi^ '^^ ^'"^
- liw —
babad mumm. ü«bl ir aber in' im Slidt, anicf Ihrsn Angan die
Uneigennützigkeit, und sie kSnnen seibige gar nicht beiweifeln,
M> wird «r zum wabrhab nichan Manne, abar auch gleichzeitig
tum Narren getiempeli; denn in ihren KSpfen mufs der ein
Sberreiebar, dea Celdas ganx nnliadnrfiigflr Narr sein, der ea
Tcraobmihet , die UnvermögMtden zu rupfen nnd mit ihren letzten
Heilam aaiiM Habe za ladirea. — Ihr begwlft aUo, meine
Freunde I dah der Arzt biob dadurch, dab er die Memchcn-
lieba übt, zun reichen Hanm wer4ea kann, und ht daa niefat
rin grofaer bargerliohar Vonheil 1
Sehet Euch um in grofsen, mirtlen and kleiaea Stadien; wie
viel Menicben gewahret Ihr, die mit grof«en, fast nnerswingli-
ehan Aufopferungen naoh diesem Votzage streben. Da sehet ihr
Leute in gtteKendeB Wagen fchren, die weil klüger tbKten, an
Fafae zu geha, Jhr zehet Lenie an öffentlichen Orten Cbampag-
■er nnd andere edle Weine schlürfen, für deren Farailiaa es weil
Tonbeilfaafier sein würde, wenn sie D9Mibier tranken. Aber-
asahl« sehet Ihr gescbinnekia Frauen, die ihrer mfihaeligea Ehe-
Banner halbes Jahreinkommen in seidenen Kleidern, in feinen
Spitzen, in goldenen Kelten nnd Spangen am Leibe Irageo. —
Waram tboo alte diese Lerne daai Blols um reieh zu aohsinen.
Schaaet, ineine Freunde! diesen Zweek' nrreieht der Am
blofs darch Uebnng der Menschenliebe. Er braucht kein üppiges
Leben dabat zu führen; er lebe ganz einfach, befolge aar die
Varichrift der heiligen Sehpf): seid niemand etwas schul-
dig als dafs ihr euch nnler einander liehet, so wird
ihm die Würde des reichen Maanes gerade am siebcrstea zo
Thei].
Ihr kSnniet mir aber einwenden: es sei ein zehr schlechter
Vortbeil, dafz der, welcher blets sein geni'tglickes Auskomme«
habe, von seinen Mitbürgern fnr reieh angesehen werde. Leute,
die diesen Ruf ängsllicfa socbien, hatten gewohnlich eins beson-
dere, aber selten eine lobenawenhe Absicht dabei; den Arzt kön-
•e aber der Reichheitsruf zu nichts führen,' als nur dazu, data
ar, bei Verlheilang Sffentlicher Lasten, von seinen Milbürgera
)i8bar varanschlagi werde, alz es ohne diesen Ruf wurde geache-
beii sein ; ja im Kriege bei einem feindlichen Einfalle , wo der
Ruf der Retchheit dem wirklich Reichen schon bescbwerlicb falle,
mdase er dem nicht wirklich reichen, sondern nur genüglich leben-
den Manne nach weit herbere Früchte tragen.
Es ist wahr, werihe Leser! sehr wahr, dieses Bedenken;
ich weifs ihm nichts Gegründetes entgegenzusetzen, als nur den
alldeutachen , gereimten Spmeh: Würden haben Bürden.
Erwirbt sich alzo ein Arzt durch Uebnng der Menschenliebe des
Haiefalhaasarafca Wfird«, ao trage er auch nur geduldig dieses
— IJ« —
RnfM Bfif^c; ircmt wiMi dagegM, *• latht mm Um in di«
Zahn».
Nan will icii eis Wort von der Dukbail^it dar Unbaniuritea
M|;eii.
C. W. Bufkiand TerglMidil an •iacm Ort« «rioer Schri&ea die
Dankbarkeit dar UnbemiitelttQ mit der Dankbarkeit der VMudiinaB
nnd Reicbea. Dar lokak aeiDer Red« >U: die dankbare GeuMROff
d«f ÜDbenilleltea lokm nicht lelien den lacktliefaen Arctgenügco-
der, all daa Geld der VorBahmea nadHeii^n, die, aach Aaanb*
lang des edlen Metalls, jeder edlen Ovainnang gegen ibran Helfar
.äberbobea h aaia glaube«.
Die Sache an sieb ist wahr, ich kann irad mag es oiebi lä«g-
BCo; allein als billiger Mam bälie er «»tweder ganx da'ron sehwei*
gen , oder di« Vornehmen zugleich entschuldigen müsM*.
Bestimmt haben die Vonwhmen keine gemein« kramerische
Getinnuagen; das, wm man für die 4euJaerang einer aolc^ea Natar
halten könnt«, ist vielmefar etaiigdi« Folge einer theiliobiea, ikann
eiageleifaten« und angcboMneo Vertiaodesimiug , nnd awar eiaar
solchen , welch« die gelehrten Aerate BmtlMcinatia neaaeD. Es ist
aber nicht so lu reretahen, als sähen und b&rlao sie nicbtTorhaitdcae
Dinge,, als hielten sie den Hund für «ine KaUe und den Eeal fBr
ein Pferd; neis, ihraSinneaiäuschung beiiehet sieb blofs avf ibr
eigeaes Geld, und äufsert sich dadurch, d«lB sie deraselbe* «'oea
weit böherea Werih beilegeD als je ein Münawardein darin entdek«
ken wird. Wer an dar Wahrheit ueiaer Rede x« sweifeln Inst
haben raöcble , der achte deeh nar auf den UnterstAied dar Fod»-
mngen, welche die Vornehnien, nnd auf die, welche schlicht ehe-
liche Bürger und Bauern fGr ein und das nSmliche Geld an den Ant
machen. Er wird uch bald übenengen, dala meine Behaaptnng
■icht ant der Luft gegriffen s«i, sondero sich auf T«rgleiflhende
Baobachiungan gründe. Wenn also vornehme' und reiofaa Lmhb
den Arzt, den sie mit ihrem untchfitabaren .Gelde, weoa gkiob
kl^lieh bezahlt haben, fiir fürulich, selbst für überTirBllich be-
lohnt halten , ja wenn sie fesiigtich glauben , er vnrschuld« Ihnen
■och grofsen Dank dafür, dab ihr« Milde ihm vor jener Z«aber>
münxe ein wenig habe anfliafsen lasaen , s« kann idt sie gar nicht
tadeln, sondera mafs vielmehr anerkennen) dafs sie streng folge-
rest in ihrer Halluzinnlion siad.
Von der Dankbarkeit der Unbetniltelien , welche C, W. Bmfif-
land auf Kosten der Vontehmen erhehett will, lafst sich in Al(g«-
tneinen nicht gut sprecheji, denn Su dieser Klasse gehären Hesachen
TOR gar zu verschiedenen Ständen. Mit denen ans dem aaterea
Stande, als mit Dienstb«(hei , Tagelöhnern ^ geringen Handwer-
kern, und mitsolcbsot Volke, v*a dem nian. nicht recht weib, ob
es zu den Schelmen oder zu den ehrlichen Lsnien gehört, triffi m«R,
— law —
aaÜMt 4mi KnoInMbeitB, In bai^rllofaea L«b«o fMt gkt alcht «n-
■■■Wiea ; also kitnit iMm iiHch nicht über dt« Sesinncn^wB derselben
«rihMlen. Jadoch bateioM «in luftiger Gaseil , dai als Maurei^e-
bälfe mehnaahla in meineni Haoaa gearbeitet, dem ich oft als Arat
m laiaar Faanilia mit eben der Treue aneDtgältlioli gedient, wie ich
fir gute Bezahltlag den Reiehea nur haue dieoea können , mir seine
0aBkbark«it dadureh bewieaen , dafa er Räubern, die sieb bei ibm
anfhialten, iiieia Hans ala den Ort beaeieknet hat, wo aia gtiie Ge-
aabifie aiaehea warJes. Da er aber nicht oft genug in dem Hauae
^waaa» war, nm deHen Gafegenheit genau zn kennen, ft« hatte er
die Schelme gläeklieberweise ins Wobnaimtner geiohicbt, wo nicht
viel XU erhaschen war^ Ich kam ala d mit dem serbrochenao Fenster
uad nlit einem kleinen Vetlnste von uagi^br 50 Tbalem weg,
Naa f»lgaa die M^naelMn« die entweder van dem Ertrage einea
kleinen Geachäfiee> oder,, al» AngeMellte, tob einem kleinen Ge-
batle, an lange sie geauod und unverbeiratbet sind, erträglich gut
lebe« kSonan, die man aber, mit einer aiarken Familie gesegnet
■nd Toa eroMbaften Krankheiten baimgeaucbt, fftr Srmer als wirk-
liche Bettler haitea inufs. Was vAn der Dankbarkeit dieser Leute
la hallen sei , weifs tob nicht, ihre Worte aabte leb Kr gar niebfs,
dann ihr eigeiter Xmxan eifadert es, dafi sie deO Ant, der keine
BezaUuag von ibneo verlangt und dessen wohlfeile Hülfe sie künf-
tig einmabl wieder nälhig haben käanien , nicht vor den Kopf ato-
fsen. Ob sie aber durch ihre llandliiageo ein dankbares, oder un-
dankbares Gemiiih gelegeallich olfenbaren tviirden, läfsl sich lUl-
mSglich besiimmen, weil man auch mit ihnen , aufaer der Kranken-
kammer, nie, oder änfserst selten in Berührung kommt. Eine die-
ser seltenen biirgerlicheu Berührungen hat mir aber eininahl das sehr
dankbare Gemüih eines Mannes auf eine wirklieh überraschende
Weise offenban.
Ein alter Französischer Brigadier der Gendarmerie, der, ob-
gleioh T»m iStaate gni bezahlt, Mühe hatte, seine zahlreiche Familie
zu emfthren, der, weil er lange hier gewohnt, fast als eingebiir-
gert betracbiei wurde, Wfir oft von Krankheiten heimgesudit wor-
den , ja er selbst und mehre der Seinigen waren einst von dem an-
Bteekenden Genngnift^eber ergriffen gewesen. Ich hatte ihm jeder-
zeit, nicht blofs nnenigeltifeh , sondern wiik:lich mit Trene nnd
Liebe gedient. Er aeigie sieh bnigageit immer sehr hSflicb nod
zuvorkommend gegen mich. Seine Dankbarkeit tbällicb au be-
weisen, dazu fehlte es ibm ganz an Gelegenheil, bis zu dens
Zeitpunkte, da das Kriegesglöok der Franzosen zn wanken be-
gann. Damahls besaehe ich eines Morgens unseren krSnkelnden
Friedensrichter i**. , trete, weil er noch im Bette liegt, in seine
Schreibstube, und finde hier einen Herrn meiner Bekanntschaft,
nie dem loh mich untaib^lta. Glnch darauf bringt der Briefuftger
— 1236 —
J.« Mo.il,.,, ^A,,^ ,^ „f a« jr^ i, j„^,
J'". D. ,ch ... di. «.i,„„g .„ Hmd nd»., biiw»id,»,
B.ka.n»,, im FJI. ich ,(„,„ ,i^dg.n, .uf d.. a»i«ta
Rn.g b«ügIich.D Anili.l dsriii £.d«. midiu, din.» Ji.i .
le».», den. „ .Jb.. «erd. d« lil.t> ütkt ,o, Ab™d b.1»
Ben. leb la. j,„, d.« ,..(iibrli,J,„ .milich.» B,rtd» üb« i,
unglucldiche FJuchi d.r Ft«.««» ... Hu£iUiid .k. .b«^
•l.b.1 di. g.riDgii. A«.rk..j .. „i»,b... Oi.i Tnj. i^
«Wl« mit der Hicbl.r: dar .Im Brigadier h.b« midi niier uü
um BebSrd., dem OiB».,, d. ein.. ..rd«ciuij.. Htwl.
•ngeuigt. D. .1 .b.r du La., «u Aniliel. ..■ . iiea öf»
Iicb.n Blwie, w,leb„ b.k.«.iUeh d.. OrgMi de. Kuien ..,
nicht ra, ein Verhr.ehen b.b. ...g.h.n Icänn«, ..b.b.«»i«
poliluche V«rd»cbliglieil d.i..f g.griind«, d.& bei» V.te
dien., fir jeden r.cbllich.n Borge, hö.hu Imirigei BcHdai«
»it die Freude ..f d.m G.eicht. g.leKliIM. D.r Oüri«, 4.
lie Phj.ionomilt d« B,ig.di.m etwM ™rifdhrfi g..«i, U>
den d.h.i<l<benden M.ir. gebegt: ob ieli mich .«b ir ••'«•
Dingen ..rdachljg m.cba; und a.f d.mn V«.ich.m|, 'il«
mich .iniig m.ine Ku.« beschaAige, d.f. ich ncbl «.»U*
fenllicbe Ort. bwuch. u«l mich gnr niobl um die P.hlik U«r
mere, bah. er die An.eige del.Brigmlier. .nbaubl« I<hii"
Gani richtig kimerlile mir dar wohlmeinende Eni««: ■'»
der OHliier ein unv.relSndig.r, üherep.nnl .mi.eiMg«.«"!^
weeen , k> sMi. ich ,cboo i„ Gefüngnifs. Er ermabc» "A •
der unheimlichen Zeit meine Yorsicht lu verdoppeln, und "»"
den Brig.di.r, nnf d.n er lonn viel gehalten, eine mdmib"
Bestie.
Nun wollen wir .nfsteigen, und die Menschen brtrMliW
deren Einkommen n dem St.nde, den aie in der bÄprW"
Geaell.ch.ft behaupten rouueo , oder beh.upteo « BÜwa |ho-
bau, in itorkem Mif.rerhalloü atehet, obgleich ei «i »■* "I
hinreichen mSchle, eine Familie, die beicheidcnere F«ie»i|ai
•n da. Leben machte, g.uüglich au .rnihren. B<«teiW f*
ren an diuer Kategorie Menacben von gaos rei«b'ied<D>a S*
den, und da .ie binaichtlich ihrer intellektuellen, liclUil»" "'
■athetiscben Bildung himaulweit von einander ebilibea, aaeb*"
Stände ulbst, denen sie angeboren, ihnen achon gewilM ^'*"
unbcile und Untugenden eingeleibt haben, lo mufc derAiB. *"
mit ihnen öfter in bürgerliche Berührung komme, kaaa, •«*
ganz verschiedene Beobachtungen machen, deren JIgeaaio" ^
gebnila nicht gut mit Worten auszudrüclien sein möolila. D«*^
g«us nuenigeltliche Dienstleistung würde er cinea Tbail ''"*
Art Leute krfinken; er kuin Umm also nur dadurch to Ü*
— IMT —
beweiaen, itih et ihm Krim, In dar mit Sfur Ebbe als Plnt
Ut, «ine zart« Scbonang Bngvdeiben IHfst.
Mbü Btöfat wirklich nntcr diaaen L«iileD ant sehr rvehtliehe,
ÜB aieh betlrebm, Meh dsn Foderangen der Sitilicblceit xu han-
Md, and* niedaren Leädemcluiftaii > dia den Meaicbea Tcruaeh-
ren , keine Gewalt fiber aich laaaen. Ihr xariar ttifibciiacher Sinn
•rlaobt ihnan nicfat, dam, ihre batehrRnkta Kane sofaenenden
Anta «it gaaieiaan Sobmeichelaien , oder ekelhaften Danfctiradea
m Leib» in geben, denn in sieb lelbsi ßltlen üe deo Iriltlichen
Zwang, dam, der ihnen uneigennfiuig and treu in ibreo Nöifaea
geholfen, ioIIm «r je ihrer bedQrfan, nach VermSgen eben as
tren sa «ein; nnd sie wiaaen ea, data verwiadte Geioter aieh ei&-
uider «neb obo« Wort« Teratehi).
Leider aind aolcba Menacben aber aaliene Eraebeinnngen ; die
■eiatan iafiern am blofaem Eigennuise dankbare Gesinnungen ge-
gen deti'Arat, nnd awar ao langet bit ciDniabl ein andere«, nfr--
berei iDiareaae dieaem EigMimiiie die Wage bllt, oder ihn gaf
überwiagt. Im letalen Falle werden sie «ich kein Gewissen dar«
Mis machen, dem Anta, der Ihnen lang« und trea gedient, hin-
lerliatige Streiche xu spielen; ja sie aoHteo ihm w«l sein ganzes
fieachaft verderben , wenn sie die Macht dasn hSiien ; weil sie
diese aber oiobi haben , nnd keiner sie bat , ao bleibt «s freilich
hei der »hiiiBXchtigen Aeiifäereag dea bösen Willens.
Hinsichtlicb der Leute aus bsheren SiKnden, die awar aiehi
•igeniliiih in Armuth, aber doch verbslilich zn ihrem Stande, io
Unverniftgeobeit geraibeo sind , bemerke ich noch , dafs dies*
aelteo mit dem Vermögen auch den Stola verlierea. Hat der Ant
Geduld mit ihrer Sehwachtteit, aetat er ihren ungemessenen, nn-
urten Fodemngen, nicht ebea so onzarte, kräfi^e Foderungeo
an. ihre magere« Seckel entgegen , a« werden sie dieses nicht ala
eine uMDsehenfreondliehe Sebonang, aondarn Tielmehr als ein»
tSlfielhafte MUsBchiianng seiner eigenen Dienste ansehen. Frei-
lich gibt es auch seltene, erfreuliche Aosnahnien, ja ich bin
•elbst eiamahl anf Eine gesiofsen, die ich fast eine rührende neo-
B«o möchte: im AtlgemeineD bleibt aber Don Runmdo de Coli'
bradai immer der Alte; wie er vor dreihnndert Jahren geweseD,
ist er noch, ond wird ober dreihundert Jahren aach noch so sein;
blofa Form nnd Farben seiner GewBndar waohaelt er naofa dem
Gebrauche der Zeit.
Ueberfaaupt haben mir die Klagen der Aerzte über Undank-
iMTkeit, auf die man hier nnd dort in filteren nnd neueren Bü-
obern stöfst, nie aonderlich gefallen; aie beweisen, dafa die KU-
ger nicht wahrhafte Aerste, das heifst, nicht sorglttliige Beob-
Hcbter dea geistigen wie des leiblichen Menschen gewesen. Hfit-
teo de nKnlidi des geistigen Meosehen anch nnr oberfiScUich
— ISftS —
beakacblM, lo wikdea mm sitk ImU Cbcnra^ baUn, iikin
Termeinilicb« üntuKend, Dbnr welsbe ns kJagso, ■« der ubh-
M«n WoMokcit anmm Geistea b«iTorg*faet, aad dofi n oIim Jie-
■alb» daa usglGcklicJiste ticsetiöpf nniar i» Saam mid wir4t,
Folgflods Bairacbiang wird nwinar BeiMiiptniig «Um Sabfia i»
PHradokie banehmea.
Jcdu leibliche, odar geniig» Leides gretfl LeiV, oder &«ia
«if •■■» «igenlhGuliche , nicht u baflobnibcnde Wai^e mi i«
«■ verewigen, lo venebwindet Ae l^esdigc VorateUang duEii-
druokM , d«a •« aaf muerD Leib oder Geist genechii Ancb '<<
leiibafiesU Pha»u>i* kenn s. B. dai Gefübl cinei fiberaUMtM«
b«rügea ZabmchnieraM nicht wi»d«r mrückrttfea. Ww ««f ^
See einen tficbiigen SSinfm erlebte, der Iwao aoe «ol di« i^
wenden Wellm, du Ki-achea dea Schiffe», die Verderim ^o-
beade Branduag; recbt natürlich beaehreitwa, aber eeia« «g**»
baageo GeRible, die er bei dteMu fiirchtbarea Kam^ d« Ele-
mente gehabt, Teriuag er nisht wieder hervorsurufM; tm»^
ianeriMg ist blos ein« gewbicbtliebe.
Solltet Ihr bd dieser Wahrheit iweifela, awim Lwrl ••
beobaohiet n«r den Sabinen, dea in einem Uaaae ift'^oii'*'*
geliebten Glied« berrorbrtngu Anninglidi ict diesH St^M"
g|reUi faat aa VenweiSong gceasend; bald hüllet er lidi "^
Schaliea einer milden Wehmuib; nach und nacb uhk^«''^
Duakel; and eebet Ifar die venweifelndeo MenaclMa mA «M
Jahre wieder, eo iat die gmchiehiliohe Erianemag allHi v**^**
dem ecbmerxliehen iiirBufiB in ifaned balieL Hier kaadtk ti ■<('
um einen bleibeoden Verluat, und daeb weiiet ea aich ■», '■»*'
herbeate Schueri, der ewig wibieii in wollen scbiea, licfa ■»■**'
aiumpft, uad wie allea Irdische vargAaglioh iat. Wie«>ll<****
daa lebhafte Gefühl einer Kraakheit ia dam Geneecnea, aad^^
fubl des sorgenden Bangeoa, des peiolichen Sehwebeoi fwi«**'
Furcht und Holfen in der Familie dea Geneaeaea ewig wShru- f*
verschwindet, aad blols die gesehicbiliche ErinneruDg bleibt-
es nun wol su vermulheo, dafa, da dem Menschen oerdieW^
geschiehiliche Erinnerung seiner Leidea bleibt, dal weUib*"**
Gefühl , welches die heriliche Thetlnahne eines Fresadas, •!>"
Helfers, bei dein Drange des Uoglückes in ihaa snisfindaiet ff*^
den Feuer der Veala ewig fortledera sollte! Ach! je nacbden •*
LeidenMgerühl dnrch die Zeit achwicber und acbwBchsr virdi f**
rinnet auch das lebendige, waime, danlibare Gießhl für s^b
denstrdater; über beide breitet die Zeil daa wohlibMige DDnk"
Vergesaens, und durch dieses Dunkel glühet nur in ishr "'"^
Gemüthern mit wildem Lichte der Dankbarkeit LenchiiKi»' '
selten bebrütet der eisige, bereidinende Verstand ^'* ?"*'*!'■„
Leideoserinneruog, und wi« aus der Lede UngUeksci die Min*"
- un -
KljUBBMtra berrorgiii;, w gebM uat jvnv Bnit «ia Uagetbiu
berror, dnt, bttlu es dei Builiskui tö^taitdei Auga, gar nwuiclMm
UeuffD Arzte verderblicb «ein wörde. Weia. dient M abw, über
■olcbs gemeine EraohaiDmgen m klagen! — Wir klagen j« nicbt
darüber^ dafi dje Meoicbdii iweiftugig iind, nad verlangen, dafe
■ie wie di« Spinnen acbtiagig sein sulieD; wenn wir dann mit dem
leibllcbea Meniehao xaftiedea aind, wanua aiad wir e» niiiht auch
mit dem gmtiigen ^ warum. aallaicb dieser naob umccer finbildang
gestalte« f W«r kaa» die Doppelbek in dem Meaacben rerkennen,
das sittlich Geistige «ad das eianlicfa Leibliehef Beide A'awren
sind io einem beslllDdigen Kampfe begriffen, ja das sittÜefa geistige
Leben äulsert sieb nur durch diesen Kempf. J« laUtetcluvr dia
Mensohen sisb «lebtan , Je stdriiM kreuxen sieb die InteresBen der
Einaelnun, trefien auf einaader, slofsen sich ab, oderaielien sieh
an, und bildoi so das wirre Treiben das bürgeriiehea Lebens, deat
MO Hanpisweck sevSrderat ErbiJlang das phjrslfldiea Seins, nad
weller die AnnebiBÜcbkeit dSs pbysiaehen Keins ist. Da nun das
Treibea des bürgetlicbea Lebens aich. einsig um etwas LeibliobeS
drehet, wie kann man. sich waadem^ dafc das Sinalicbe allenthal-
bep rortriSt und das Sittliche aitriicktriitl . Mir scheint vielmehr da«
Giegenibeil eine Unmöglichkeit. Oaram nasaet auch Sciiii^r, \m
seiaeoi G I ecken 1 ied e , das bürgerliche Leben qost Hecht «a feiad*
Ucbei. Der Arat, der als Praktiker, als Gswerbtreibetider, in-die«
aem feindlichen Lal>en einen Platz behaupten will, mofa alaa mil
dem Gedanken sich vertragt amch««, -defs er eben so, wie jedac
aadere Gswerbtreibende^ in der Mitte seiner Feinde stehet.
Cs kKnnien mir aber einig« jüngere Leser , in deren Gemaihern
aocfa der Dichtung Fsaer glioint, den Vorwurf machen , ich wolle
die AenUa mit Menschenhafs erfüllen, aus welchem d««b auUHH
nisbts anderes als Lieblosigkeit, krSneriscber Sinn and Vargaake-
lung der edlea HeiUuiust entap rielsen mfime.
Ich bin aber wirklich der gaas entgsgengeseizlen Meinung.
Gerade die poetische, ideelle Auffassung der Menscfaenwelt fuhrt
den Ant , der in dieser Weh seinen Plan behaupten «oll , zs dea
gtöjfaten und bliiiersieB Tfisscbungen , und gerade diese Tänsehim-
gett' erzeagen leicht kalten Hoho und Menscbeabafs , woraus denn
krfimeriKher Sint und Vernnedlung der Kunst hervorgehen. Maobi
sieb hingegen der Arzt mit dem prosaischen Gedanken vertraut, dsfs
er in der Mille seiner Feinde lebe, so schulst ihn dieser Gedanke
kräftig vor allen silllicben Verirrungen , und heßlfaigt ihn, der Heil-
kunai bei den Menschen die Achtung wiederzuverschaS'en , die sie,
nach der Meinung einiger beutigen Schrifititener, fast verloren haL
DerAr/.t, der auf keinen Oauli rechnet, nird gewifi den Mea-
schea treuer und uaeigenniiiziger in ihren Aöthen dienen, als der,
u'ficher darauf reduui. Weanlbr, meiae Fr^nDde t üuiiger- oiler
DaiM ßüätf MO «Met mai trinlcM Dir doch blais, weil dieiM Gv
fiiU Eatk ina treibt, sieht, om oIb iBcbtige Euer oder Triaker
g^bt KU v/ttdtm; hob, ebea lo übet Ibr «Is Aerzt« Trena and
Memobeoliebe , blofi weil Euer sittÜcbM Gefubl dieiee von Euek
heiscbt, nicht, damit mmn Euck lobe ood finok danke. Ist Lob ond
Dank der Zweck Eurer Handltingen, eo rovfs eiseig der Hoch-
Mulb, aißhi die SUtlickkeU, diu Tnebfeder dertelbe« Min, and
diese Triabfedw wird wahrlinb in annren Tagen gar bald ihre
Spannkraft verlWen. ParmtxUiu ugi: Sehet an einen bof-
ffthrttgen Arzt! Dankeet da Gott n« HSIfe, nod nicht
ihni') «rifirnet er, denn er Üfat aioh am Dank« der
Kanat nicht begnügen.
Ich ateUe aber aiobt in Abrede, dafa der ^daake , in der
Mitte aeiaer Feinde xa itehea, anfiiityKcb atwaa Unheimliches,
ja GraaenvoDea aa sich hat, noaere jngeadliebe P«esie aperret
sich gegen die halte Prosa des Lebens; aie nufs aber das Feld
rlkomen, sobald wir nns einmahl recht innig mit dem anheimlidien
Gednnken vcrfrant gemacht. Ana dieser innigen Vertraatbeit eni-
aprlefat dann der wahre Goueiftiede , der ans das feindselige Trei-
ben der Wcrit ohne Bitterkeit, mit mhtgem, immer boiMrem Sinne
beschauen läfst. Wenn Menseben, denen wir lange mit Treae
and Liebe gedient, nns apXier B&sea thua, ja wenn sie, wie
Judas den Heiland, nns nnter der Freundschaft Larve dem Ver-
derben weihen wellen, ao stSret das nitht im mäideatea die Ifaiha
nnserea Gemutba, veranlaiat ans nicht an Klagen 9ber Undank-
barkeit, .macht nns nicht aa Menscheofelndon ; denn wir haben
ja nitdita Besseres erwartet , und begreifen , dafs Elrziebnng ond
biargerliebe Verhältnisse in diesen lauten das Heilige Terdnnkeli
haben, twd daft sie, mit der Sinnlicbkeit Fesseln gebunden, nicht
wiaaaa, was aie thna. Die Befolgung der «TangeliatJhen Vor-
Schrift: Tbnt Gutca ohne müde an werden, wird dbs
dadurch eher erleichtert itls.Terleidel; Haketiheimt Rede, dafa
Helfen daa Amt des Herzana sei, dafs im Herzen der
Arat wachse and dafs er ans Gott gebe, wird- nns ver-
slindllob; ja in nnsbelefat sich der erbebende Gladbe, dafs wir
Kinder sind des Vaters im Himmel, der seine Sorine
aafgehea lifal 6ber Böse und Gate und IXfat regnen
iih.er Gerechte nnd Uagerechte.
Vaa der in unterer Zeit angeblich vertchlechierten
Stellung der Aerxte zu ihre» Kunden.
Ueber diesen Gegenstand habe i<^ manches gelesen; das Lotste,
WU mit tm hosten, im GedtchlnUa lüftet» ww «in ansjShriiofaer
— 1261 —
AofsaU im WeatpfaBliicfaen Anieiger: in nngeiuniTte Verfiuer
mufs «BiWMler ulbst ArM , oder lum wealgilsn geaan mit einem
»Itea Arzte bekannt sein. Angeblich Boil fVüfier der Arst wirk-
licher freund dar Familien gewesen sein, denen ^r diente, ein
gewisser frommer Sinn, den der Verfasser PietSt nennet, sali sie
innig aneinander gebunden haben ; jetzt aber dieses freundaebaf^
liehe Verhfilinifs nicht mehr besieben, sondern in ein kaltes, krfi-
meriaches umgewandelt sein.
Im Allgemeinen glanbe ich, dafs die Sage von einem inst*
gen ffeundschafiiidien VerhSitnifs iwischen den Aertten der frü-
heren Zeit und ihren Kunden, bei Lichte besehen, anf die Sa^e
von der goldenen Salurniüehen Zeil hinanstSnfl. Innige Freondaebaft
kann, wie heidnische und kristliehe Pb!loBO|ihen behnupien, aar
das Erzengnifs strenger Sitilichkeil sein; und wenn wir beokacfa-
len, wie die scheinbare Freundschaft uniiiilleber Menschen von
kuner Daaer ist, nicht selten sich in Hafs und Fsindschnft ve»-
wandelt, so wird uns der Glaube aufgedningen, dafs die Phil»*
■ophen wo] recht haben missen. Dieses nun voraDtgeseizt, würde
BUS der Annahme, dals der Arzt in fräherer Zeit mit dein gri^fsten
Theile seiner Knndea io einem wirklivh- freundschaftlieheo Ver-
h&Itnifs gestanden, folgen, dafs frfiher die Aertle und der gröfsie
Tbeil ihrer Kunden, viel rechtlichere Menscheo gewesen als jetsi.
Das Ist aber eine sehr ehrenrührige Folgerung für die heutigen
Aerzte und ihre Kranken; ich kann sie uomöglioh gellen lassen.
Die Gesehichte lehrt ans ja zur Genüge, dafs alle Lasier und
Untugenden in allen Jahrhunderten unter dem Menicbenges cht echt
geherrscht, und daft Jedes Jahrhundert eine frühere Zeit als eine
solche betrachtet, wo Freundschaft, Treue ond srenge Reehilicb-
keit die Menschen beglückt nnd veredelt. Um dss freundschaft-
liche VerhShnifs der Aerzte stt ihren Kunden wird es als« wol
TOD jeher etwas verdächtig ausgesehen haben.
Uebrigeus mag ich es nicht läugnen, dafs frOtnr die Aersie
in einem angenehmeren VerbHltoih gelebt als jelst; der Griind
davon ist leicht einsusehen.
Ihrer waren nicht mehr als von der Praxis leben konnten,
sie konnten bestehen, ohne den Wohlhabenden so tief in die
B5rse SU greifen und ohne den Unbemittelten ihren letzten Hdler
ahzndringen; dadurch liekamBo sie das Ansehen meeachen freund-
licher Helfer. la unserer Zeit bat sieh mit der sunehmendeo Be-
völkerung die Zahl alter Gewerbtreibenden , also auch der Aerzte
vermehrt, und da man kühn annehmen kann, dafs w«it mehr
Aeaie vorbanden sind als van der Praxis bestehen können, so
ist leicht zu begreifen, dafs sie, ven der Woblihat des Figen-
ihumsrechies gesetzlich ausgeschlossen, noch dringender als alla
andere Geweibireibende geoöihiget und,' nene Künste aofznnichen,
— 130t —
■M am 6*M SB ItMUMK, welch« nea« KOoiu, wi« man Uicfal
imlcea ha»»}» mehr in in GewRtfdtheil bnteben, den Kraekea
auf «n* ehrbare Weite da« Geld ans dam Beutel sd holen , all
' in der Betähigang* ihnen bald uad aicfaer xa helfen. Dadarch
lind eie aaa 4ar Klaue dar gelebrien Kuneüer ia die der Krämer
mdJ Hmtirer geaunkea. •
Weil Obenlies mit der lehr ramebrleo Zahl der GeweHxrei-
bendeo der Wohlstand des Lande« nioht gleichen Schritt gehaU
ta«) b«i allen also dl« Naih wendigkeit eingeirelen ist, auf nenn
LtWen sa aiDaaDi Ihr* Waara an den Mann au bringen; ao ist
im Allgemainen die Klane der Gewerbtreiben den weil, wvitlitti*
ger geworden, all ■)« es vor 4tt oder fiO Jabrao war. Sobald
«bar die Menitdien eiauahl liaiig aiad, fangea sie an, ober G«-
gcnaAnde nacbxudenkea , die nicht gerade xu ihrem GeBchfift ge-
hören ; aa iit mithin gar nicfat au verwundern , daf« sie auch über
die Heilkunsi nachdenken and dafa diaies Nachdenken denellten
alwn nicht sum Vorthell erechiefat. Sie sehen Dämlich, dalj
Schalter, Schneider, Tiichler und andere Handwerker, (mehr anch
di« Kttoitler) nachdem lue ihr Handwerk, oder ihreKanit bei einam
Meister erlernt, ent mehr« iahr« bei andern goiMi Matstem als Ge-
holfen dienen m&s««*, um ««Uiit gute Meister tu werden. Acrxt-
liche Meister hingegen «eben eie in einer Zeit von vier Jahrea wie
diePilae aiifschiefdea, jaanweilen solche vom Stante bestiiigel, die
ihnen in ihren ungelebrten, aber littigen KSpfen etwas dümmlich
au sein scheinen. Üie acUiefsen also, wol nicht ganx annehtig,
dieMediaia müsse ein viel leichler su erlernendesHandweik sein als
jades andere, nnd diese an «ich irrige Meinung wird ifaneo noch
darah die stereoiypiscfae Krankenbebaodlung dar Mefarsahl nnserer
heaiigea Aetzt« scheinbar gar trefflieb baatMlig«t. Alles reifticfa er-
wogen, bereift inaa ohne Scharfsinn, dafi die Lenteoascrer Zeit
die Medlain als ein Handwerk ansahen müssen, dessen Haaptzweck
ist, den Handwerker so «rnSbrea, und dafs der Gedanke ganz
nat&rlich daraus hervorgehet, d«* brotHaGb4>i)de Handwerker «tch«
writ niedriger, als alle die, welche die GflßtUigkait haben, ihn
da« Brot verdienen zn lassen.
Heut au Tage sagt man: der Stand der Aerzle Jiabe «eine
Achtung beim Volke verloren. — Ohne es gerade selbst wfahren
xa haben, mafa ich doch dem Vorgeben Glauben acbenken, weil
iefa es .mehNbafaU in gedruckien Büchern gelesen.
WeIckeA Grund dieser seliiaraen Ersohtuiung' man aiicb an»-
klügeln i»ag, so «pricht dorfi die nackte TbaHacb« dafSr, dab
daa Mediainalwesen durch all* Gesetzkünaieleien, welche man
■eil ein paar hundert Jabraa an dasselbe verachweitdet , ««br we-
nig gewonnen hai.
E« würde dbei nnw«hr sein^ weaa uum behauptea wollte.
— 1263 —
in unHrea Tagen iai Au früher« freundliche VerbMtnifa »wiftcfafo
dem Ania nnd leineD Kunden geaa auffehoben, lA aelbst nin
wenigareo finde auch noeb jetzt eine Spur ^ton, und zwar eine
&H eben so deatlicb«, als sti der Zeit, da iob in die Praxis
tfU. iob denke, einige Fnmiliea, deren Ani icbveeit dreifaig
Jahren geweMO, müssen noch wol aus der ülien, gilMi, Sninr«
niscbea Seil heratasiiuen ond sich unvemiischl erhallen haben.
Stände ein Ant, anob niobt ntit alUa, nur nii dar Hchrsafal
seiner Kunden in eineni so frenndlichco VerbfillMÜi, so wbde
^in. besehwerlichee Gesch&ft dadarch eine gewiue Annebmlieb*
k«it erballen, die «ieb nicht gut- mit Worten auslegen lifat. Im
Grunde sind dait aber nur Leuchtkäfer in einer dunluiUn Nacbl)
und die werden sieb mit dier Zeit anoh wol verfliegen.
Dat Veriältni/t zititcAen den geneaenett and ge-
storbenen Kranken einet Ar:stef itt ein ganz fal-
»ehet Maft de» Werthet seiner Knnit.
Leser, welche nie über diesen Gegenstand nachgesland, wer-
den mich ohne UmsiSnde der Paradoxi» beschuldigen. Ich bitte
sie aber um ein wenig Geduld und um das Zutrauen, dafs ich
meine paradox scfaeinende Behauptung nicht ^ufeioe Meioong,
SDudern auf eine Thatsache gründen werde.
Da ich längst geglaubt, in einem sehr ungesunden Orte zu
wobnen, so wurde ich eiust neugierig, XD wissen, wieviel bett-
lägerige Kranke ich wol in Einem Jahre innerhalb der Mauern
dieses StBdtcheaB m behandeln haben möchte, schrieb aluo die
Namen derselben , so wie sie sich tneldeien , auf; und weil ich
DUO begriff, dafs ich» mit der nämlichen Mühe sehen könne, wie-
viel von deoselben gestorben, so machte ich hinter dem Namen
jedes Gestorbenen ein Kreuz, ohne Rücksiebt, ob bei meiner
Ankunft der Tod schon nahe, oder die Anwendung der Hülfe
unmöglich gewesen. Am Ende des Jahres fand ieh, dafs die Zahl
der Kroakea sieh auf fünfhundert und in die «wnszig betief, 4od
die- der Geeterbenen anf zwei und zwanvig. Da nttn die Zahl der
Einwohner 3800 ist, so wies die runde Zahl 520 schon aas, dafs
der siebente Theil der Bevölkerung krank gewesen. Das Jahr
war kein aasgezeichnet ungesundes, sondern ein Mittelschlag;
mithin war meine VeriBotbopg hinsichtlich der Uageaundheit die-
■•s Stldicbens gegründet und durch Zahlen erwiesen.
Nun fiel mein Blick aber auch auf die Todienkreuze, und
mir schien das Verhältoifs der Behandelten zu den Gesiorbenea
ein günstiges. Die Leser denken vielleicht, ich habe jetzt die-
ses Yerhslioifi mit dem , welches die Hospitalinte in Jhiui ^e-
righien RngebeD, oder mit d«nt, welchm Ti«IIeicht ^iIllllahl ein
grofaMAdtiBclMr Ant t«b ■einer Praxis in einem Joamnl, mr
Langweilung der Leaer, bekannt gemsobl, verglichen. Nein!
nein! M narriRch bin ich nun eben nicht; ich (hat etwas weit
Nülzlieherei, ich Hefa mir die Sterberegiater der BargemeiMerei
seigen, und verglich rfle Znhl der darin Eingeachriebenen mit mel-
aen Todienlcreuzea. Di« Zahl halte ich leider vergeasen , dai
thm aber niohis cur Sache; die Leier werden auch ohne Angabe
•Iner beailmmteo Zahl wol glanben, dafa in einem Orte von 3800
Einwohnern mehr als 22 jShrlich sterben, wir wollen also di*
Durch sehn iitsEahl ,Sß festaiellen. Dirne Zahl, mit den xwei and
iwansig Gestorbenen meines Krankenregiatert verglichen, veran-
lafate folgendes Bedenken in meinem Kopfe.
Es stehen S8 Todie mehr in dem slädiischen Sterbe-, als in
meinem Krank an register. Von diesen 5S wird doch höchatwabr-
scbeinTIch der gröfate Tbeil vorher krank gewesen aein. Dal«
sie meine Kunat nicht io Anspruch genommen, ist doch blofs Zu-
fall; sie hätten es eben ao gut thnn können als sie es nicht ge-
than. *) Hätten sie es gethan , so wBrde doch das Verhfilinifa
zwischen meinen genesenen nnd gestorbenen Kranken sehr no-
gKnalig nnsgefatlen sein. Wollte ich dieses nicht zugt;atehen, so
wflrde ich mich ja als einen Irrsinnigen bekonden , der in tfeni
Wahne lebt, durch seine Kunst die Ordnung der Sterblichkeit in
einem Orte bedeutend abändern zu können.
Es wäre meines Erachteni sehr nützlich, dafs die Aersie
fleifsig dieser Stäche nachdächten; dadurch würden sie vor allem
heil künstlerischen Hochmuthe bewahret bleiben und dieses für ihre
künstlerische Ausbildung sehr voriheilhaft sein. Hohenheim sagt
sehr wahr: Hoffafart hat keinen Gelehrten, keine Kunst
*) Gerinj;« Bärger, die zd «hrgeiiiE *ind, die frnheil der Arieaal ■tehion-
eken , aad'ie «nn , die Aneaet lelfait id beuhlen , ineheo Mlleo die BGlfe
der Rnnit , ireen lie g1ele% Icb Ant amaonst beben bünneB,
Bei eigeainUigen Kisdern, deien Bbel Areaeel belzabrlsKSB Ist, bd k^
ligteo LeuteB, die ihree grBÜijihrigea Rindern Ilitif eind, bei FaHilieagti*.
dem, deren Uetafeiden etareid aar d» BeMweiea wirbea, i. B. bei filu-
Tern, ZSekern n. d. f. wird lelteo die Hetlbonit Io Anaprneb geoaiiiBen,
Büdlich inobea neüche, wenm lie gleieb Anl nnd Arieoei nnKoert ba-
bee kSenen, blef* deibelb io ifarer lelilea Rrtnkbelt lielBe Wa\lt , weil ele
ein« VwabsBBE ibre* Ted» beben. Die*« Bebataptoeg kan« ich twir Bicbt
beweiwa, balte lie aber Tdr wehr, weil leb Wi«i% erldt, dafi Leale, de-
nen Ich olt In Rraokbeiten geboiren , »icb i* ibrer letilca licbl nn Bilfa
•neprachen. Wardea diese dorcb Ihre Frcande oder HRnifeeoaien lam Ar-
zeneien überredet, ao Bede icb aie gewiibnlicb In einer CeistetiUnBanK , die
wir direb das dentacbe Wart, ErKebnof, and dtrcb daa aosHodlaebe,
Heilgaation, beieiebiiea. „, , ,_ _.,_
— 11» —
u. d. g. ni* gegeben, allemahl dieselben rerstickt,
dafa sie erloscbeo sind.
Inda» GeJ'ühl für die Spraehmuaik uns angeboren, in
dem ailgemeinmentch/iche» Gehörorgan begründet,
oder tat et, un» blofs durch G ewohnheit von Kind-
heit an eingeleibt, nur etwas Volkttkilmlichet? ')
Die Physiologen, denen das Erforschen der Verrichiung der
Sinoeswerkzeuge obliegt , neiden ohne Zweifel über dielen Ge-
gensiand nacbgedacht haben; ich bekenne jedoch, dafa das Er-
gebnifg ihres Nachdenkens noch nicht zu meiner Knnde gekom-
men ist, denn ea fehtt mir die Zeit, alles, wus über die Hülfs^
Wissenschaften der Heilkanst geschrieben wird, zn lesen. Da aber
der Gegenstand ein solcher ist, der nicht durch küusttiche Ver-
suche, nicht durch Vergröfsernngsgläser , nicht dtircb Thierquäle-
rei , gondern btofs dnrcb Beobachtung kann berichtiget werden,
so habe ich das Zulranen zu der Verständigkeit der gelehrten
Physiologen, sie werden meine kleine l^iniuisehung in ihr Ge-
schäft nicht übel vermerken. Bei meinet) echipraktiacheo Amts-
genossen mich deshalb zn entschuldigen, würde ich für unanstSn-
dig, ja selbst für beleidigend halten; denn wir, vorzagaweise anf
die Beobachtung des belebten Menschenleibea angewiesen, mufs-
len ja eine wahrhaft viehische Natur haben, wenn wir das RSlh-
selhafle in dem belebten Leibe, was auch gerade nicht zum Re-
zeptschreiben nnd Geldverdienen Tührt, als der Beobachtung nn-
werth übersehen wollten. — Nun zur Sache.
Es gibt eine zweifache Sprachmtisilr, nümlich, die Poesie-
und die Prosamusjk, von jener wollen wir zuerst handeln. Wäre
das Geliihl für dieselbe in dem allgemeinmenschlichen Ohre be-
gründet, so müfsten wir Deutsche firr die Poesiemusik erlernter,
unverwandter Sprachen, z. B. der lateinischen, oder der franzd-
aischen, ein eben so richtiges Gefühl haben, als fiir die unserer
Muttersprache; das haben wir aber bestimmt nicht.
Hinsichtlich der lateinischen Sprnche forschte ich hei vielen
Männern, die derselben sehr gut kandig, üb ihr Ohr ein richti-
*) In drltlBD Abtelinilte dn driltM Kapildi , an dfr Stella , wo ich voo dem
GabGrorgaa haadl», habe kb venpracben , in dem Mmcd Knpitel JitMt Ba-
tbn iDf tipcD Irrtbam aarmerkMai za aucbea , in irelchCD die Dichtor aoic-
r«a Voltes , elDii; darcb vernBchlSasigle Be«biclilang iet GcbBrorgaai , ft-
falten. Inden ieb jetzt mein Verfpreehea erfUlla , bitte icb diejenigen Leier,
denen der Touaioo oder du Gerübl für die Harmonie febll , attef, wu ieh
über dieaen tjcgeutud ugea ward«, ginK ta Sbenehlesan. " O"
— IM» —
ges Gefühl fiir <t>e rttmische Metrik habe; ea gfn^ -ihncD aber
gerade wie mir, ihr Ohr hatte dafür kein GefBbl. Was sie Too
,der Metrik wiifsien, waren erlernte Regdn, an welchen ihr Ohr
keinen Theil nahm. Früher tiiüssen andere Völker eben ao nn-
ftefühlig für die rdiniache Metrik geweaen sein , sonst hauen sie
aicher nicht die Leonischen Ver^e geinacbl. Für die Musik die-
ser Lieder hat unser Ohr das richtigaie Gefühl, denn da sii nidit
blofs den Reim haben, sondern auch die nach unserer Anaspra-
che betonten Silben die langen sind, so hSrt jeder, ohne die Vers-
glieder an den Fingern absuzählen, alsobald, ob ein Glied zn
viel oder zu wenig in einem Verae , oder ob eine andere Uorich-
tigkeil darin ist. Die echiroinischen Verse hingegen passen so
wenig für unser Ohr, dafs mancher Hexameter, nach onsereio
deutschen Gehür scandirt, nicht mehr Sechsrüfsler bleibt,') ja
manciief gaf nidit zu scandiren ist. '*) Wahrscheinlich haben die
Leonischen Verse ein weit höheres Alter, als man ihnen gewöhn-
lich zuschreibt, denn fremde, unter römischer Botroä&igkeit leben-
de Völkw, werden, wenn sie lateinische. Verse gemacht, diese
wol so gemacht haben, dafs sie ihren ansländischen Ohren als
Musik geklungen.
Solche Geistesersengnisse sind aber wahrscheinlich, wie viel
andere gute Dinge, durch die SterstÖrungssacht der Barbaren-
schwärme vernichtet, und sollte auch jetzt noch etwas davon in
den Stnubwinkeln alter Italischer Büchereien stecken, se ist es
doch nicht in dem Bereiche geeigneter ForscAilust.
Die fransösische Sprache ist anok eine der dentschen nover-
wandie. Bekanntlich nehmen die Franzosen beim Versmacfaen
keine Rüoksicht auf die Geltang der Silben, sondern z&hlen sie
blafs ab. Ihren Ohren wird das ohne Zweifel lieblich klingen;
unseren deutschen Obren klingt es aber, trots dem Reime, nicht
so gar lieblich. Freilich ist es unverkennbar, dafs die besseren
Dichter dieses Volkes bei dem Silbenzählen ihr Ohr ein wenig
zu Ralke gezogen; aber auch in ihres besten Erzeugnissen glaube
ich deutscher Mensch bald jambische, bald (rachäische, bald dak-
t^liselw Musik zu hören, bald lauft auf einmahl ein Hops dazwi-
schen, dafs es mir ist, aU bekäme ich einen Klapp auf die
Obren.
*] Z. B. der bckinnta Hexameter in Vlrgila Aeoeii, der, rGmiich teaadirt,
weil er , nil AnHcblafs des letileo FsTsei , am bitttsto Diktylss beatebet,
den Tod des Prerdegalops nacbbildet, iat, nenn naa ibn nacb nnMPtm
deolaeban Obm icandirl , eia tiebeafiifiiger Vera, *fuadntj.t\ daitte [^■irani |
Minitu \ qttatit \ ungula \ eamfinm \. Bier verachnindet die berübnle Oooma*
tnpöie ginilicb, denn dieaea Geloo übneU oicht einmabl dem Lsafe eines
Scbweinea, geachuelge dein eiaes Pferdea.
"J Z. B. der er.W Vera von Virgili «raler Eclo;;«. -_-..,.-.
- 1267 —
Aas dein Gflsagten werden die Leier schon abnehmen^ dafa
ich des Glaubens bin , das Gefühl für die PoesiemuHik sei kei-
nesweges dem Menschen angeboren, sondern ihm von Kiodfaüt
an dmch Uebang und Gewohnheit eingeleibt, mithin etwas blofs
VolksthSmliches.
Dieses nnn als wahr rorausgesetzt , stelle icK die Frage anf:
wie vielerlei Poeaiemasik gibt es fSr das deutsche Ohrt — Ich
denke, es gibt nur eine dreifache, nämlich, die irachSische, jam-
bische nod daktylische, and olle drei müssen den Reim haben,
denn ohne Reim gibt es keine Poesiemusik für das dentscbe Ohr.
— Nun kannten mich meine Leser fragen , ob ich denn in dem
deutschen Hexameter und anderen verwandten Versarten, denen
doch säramtlich der Reim fehle, keine Masik h6ren könne« —
Die höre ich allerdings recht gat darin, behaupte aber dennoch,
dafs es ohne Reim keine deatsche Poesiemusik gibt. Um diese
paradox, scheinende Bebanptnng za rechtfertigen, mnfs ich von
der Prosamnsik reden.
Niemand wird in Abrede stellen, dafs man in einigen deut-
schen Schriften eine harmonische Prosa 6ndel, das faeifsi, eine
solche Prosa , die als liebliche Musik das Ohr bernbrt ; in andern
hingegen eine sehr nnharraonische, die ab holperiges und rappe-
liges GetSn dem Obre weh thut. Wenn ich aber hier von har-
monischer Prosa spreche , nicht vom freien Rbythmns oder von der
rbythmisehen Prosa, sa thue ich <tas absichtlich, weil mttn unter
den beiden letzten Benennungen (die ich fibrigens nicht verwer-
fen mag) gewöhnlich eine Prosa verstehet, in der die Harmonie
durch ungelenke Worti^gungen , deren sich mitunter die Dichter
bedienen, dorch müfsige FlickwSrter, oder durch andere Künste-
leien erzielt ist; ich hingegen unter dem Ausdrucke« harmoni-
sche Prosa, eine solche Prosa vflnMbe, die, dergleichen
Dichterfreiheiten verschmSheod , blols dareh dia einfachsten Wort-
fügungen and durch die Wahl der Wörter unser deutsches Ohr
als wunderliebliche Masik anspricht, hlofs gedehnte RedesStze,
Einschaltungen and anderes der Harmonie ungiinsiiget Schlepp-
werk vermeidet.
Man Eühlte mich schon zn den Alten, da ich anf den Ein-
fall kam, das mir Unbekannte, was Harmonie in die Prosa
bringt, an&uBuchen. Zu dem E^d« zergliederte ich die schön'
ste» Schriftalellen der Art, welche ich den Werken verschiede-
ner Verfasser entnommen; das Ergebnifs meiner Zergliederung
war folgendet.
Die Basis, worauf alle Harmonie dentscher Prosa bernhet,
ist ein Gemisch von TrochBen nad Daktylen. Ereilich laufen
anch hin und wieder andere VersgHeder mit unter , diese bezwek-
ken aber nur» wie es mir scbeifil, Abwechselung in die Hatmo-
80'
- 1268 -
nie zu bringen, die Hauptaacfae bleibt iriinier jeve» trochäisch-
daktylische Gemisch. Die Art der Mischung scbeint aber nicht
gleichgültig zu sein, denn obgleich meine Zergliedertiog mich
nicht befähiget hat, beitimmie Beteln der Harmonie festzustellen,
■o sind mir doch ohne besonderes Aufmerken etliche Vonfaeile
und Nachtheile der Harmonie in die Augen gefiilleD; z. B. eine
Reihenfolge ron fünf oder sechs Trochäen, von fünf oder lecbs
Daktylen geben beide eine geblechte Mudk, erüie eine schlep-
pende, letzte eine hüpfende oder schnappende. Fftngi ein Rede-
■aiB mit einem Ainphibracb^s, oder mit dem aus einem Jambus
und Pjrrhichiua gebildeten Päon an, su lautet das recht gut. En-
diget ein Satz mit dem hexametrischen Schlufsfall, so gefällt das
dem deutschen Ohre, auch der peniame irische Schlufsfall ist nicht
zu verwerfen. Den grdfaten Theil meiner damshligen .Bemerkun-
gen habe ich aber vergessen, und das Papier, worauf ich sie
niedergeschrieben, längst zerrissen, denn ich machte die Unter-
suchung nicht, nu selbst harmonisch schreiben zu lernen (das
würde mir eben so nuizioa sein als das Seiltanzen ) , sondern blofs
nni meine Neugierde xo befriedigen, um die Räihüet des Gehör-
organs, auf deren Losung ich freilich verzicbleie, etwas genauer
XU beobachten, als ich es bis dahin gethan. Wie unvollkommen
das mir Erinnerliche und eben Gesagte aber auch sein mag, so
ist es doch hinreichend, das verständlich zu machen, was ich
nun sagen werde.
' Die gute Aufnahme , welche seit der Mitte, des vorigen Jahr-
hunderis die Hexameter, Peniameier und verwandte Versarten
gefunden, hat wahrscheinlich die Dichter überredet, als haben sie
unseren deutschen Köpfen griechische oder römische Ohren angebil-
del. Geben sie sich wirklich dieser Einbildung guigläubig hin,
was ich fast denken muls, so kann ich nur ihren Irrtbum beklagen.
Die besagten Versarien (die doch nur immer unvollkommae
Xachbildungen dec griechischen und römischen bleiben werden
denn in unserer an echten ISpondeen armen Sprache müssen wir
ja die Trochäen für Spondeen gelten lassen) wirken keioesweges
alt Poesiemusik auf das deutsche Gehörorgan, das keifst, sie wir-
ken auf dasselbe, nicht in so fern sie aus einer bestimmten Rei-
henfolge von Versgliedern bestehen, sondern sie wirken auf das-
selbe, in so fern sie die Basis der deuischen bannonischen Pro*
sa, ein Gemisch von Trochäen und Daktylen enlbalien, als blo-
Jse Prosamusik.
Wer an der Wahrheit meiner Ansicht zweifelt, der kann sich
durch folgenden Versuch üeberzeugung versebaffen. Er lese ge-
biiUcien Deuischen, die von der alten iMetrik nichts kennen, de-
nen aber der ToRüinn nicht fehlen darf, iinriuhiige Hci^ameicr
vor, solche z. B. wo in dem einen oder deuii, Biederen Verse ein
— 1269 —
Glied zu viel oder zu wenig, das ersle Glied nidii ein S|>ondoiiK
oder Daktylus, sondern ein Amphibrachvs oder Päon, der Schlufs-
fall nicht der hexametrische, sondern der pentametrische ist, so
werden die guten Leute, wenn anders die Basis dentscher ProsH-
iniisik, das Gemisch von Trochäen und Daktylen in den Vecsen
vorwaliel, keinen ünralh mertcen : nnn lese er aber einmahl den
nümlichen Leuten gereimte jamhische, oder trochäische, oder
daklvÜsdie Verse vor, in denen bin und wieder «in Fufs zu viel
oder zu wenig, eine betonte Silbe zur kurzen, eine nnhetonia
znr langen gemacht ist, so tverden sie au'genblicklivli die Unrich-
tigkeit hijren und sie anzeigen. Doch, was brauche ich jemand
auf diesen Versuch hinzuweisen? Es h;iben ja im vorigen Jahr^-
hundert Dichter gelebt und zwar gute, die, wahrscheinlich der
ulten Metrik unkundig, rxlsche Hexameter gemacht. Diese Verse
gefielen den deutschen Ohren rocht gut, eben so gut als die rich-
tig abgemessenen; das ist doch wol der bündigste Beweis, dafs
die lyiusik in denselben nicht von dem Versbau abgehangen.
Kleists Frühling hat vielleicht keinen einzigen richtigen He\anie-
(er, z. B. der erste Fufs des ersten Hexameters ist ein Aniphi-
brachys, der ersie des zweiten ein ans einem Jambus nnd Pyr-
rhichius gebildeter Paon, der erste des drillen eben ein solcher
u. 8. w. ; wer aber dieser Unrichtigkeil wegen behaupten wollte,
das Gedicht wirke nicht als Musik anf das deutsche Ohr, der
mfifsle wirklich sehr schwerhiSrig sein.
Es wffre zu wünschen , jeder deutsche Dichter oder Schön-
ichreiber, der doch auf d!« Phaniiisie, auf das geistige Gefühl
lind zugleich anf das Ohr seiner Landsleute wirken will, beob-
achtete mit gröfserem Fletfs, als bisher, das volksihümlicb ge-
bildete deiilsche Geböroignn; diese Beobachtung würde ihm die
IJeberzengtinfr nnfdrini^en, er bedürfe, um dns deutsche Ohr freund-
lich zu berühren, keinesweges der Versmafse fremder Völker, son-
dern in FSlIen, wo er nicht in gereimten Versen schreiben wolle,
könne er in die einfache Prosa einen dem dentschen Ohre sehr
anmuthigen Wohllaut, selbst einen den hexametrischen weit über-
treffenden bringen.
Ferner würde ihn die Beobachtung lehren, dafs das deutsch-
(bünilich gebildete Gehörorgan ein sehr larles Organ ist, dessen
Gefühl für die Sprachtnusik gar leicht geirret wird. Schwerfälli-
ge, ungelenke WortHignngen , sie m5gen in gereimten Versen
oder in der harmonischen Prosa Torkommen , zwingen den Ver-
sfand des Lesers oder Hörers, anf den Sinn der Rede zu achten;
durch dieses Ktäten der Aufmerksamkoil auf den Sinn der Rede
wird der Eindruck der Sprachmnsik auf das Ohr inScbiig ge-
schwüchi, just wie der Eindruck, den eine Vokal- oder Inxtru-
nienlalmmik auf uns machen muffte, nur unvollkumnien unser
— 1270 —
Obr berühren wfirde , wenn wir beim Zuhören zugleich die Zei-
tung lesen wollten. Gerade die einfachsien WonfügaBgen, die
den kaum anigeaprocbeDsn Gedanken schon ganz erfassen lasseDi
befähigen aiu beslen das Ohr, die Uarruonie der Rede gans un-
getrübt zu vernehmen.
Vor Kurzem wurde ich mit einem Doktor der Philosophie
bekannt, der oichl blofs Daktor, sondern auch ein Tersiindiger
Mann war; dieser erzählte Folgeiules. Beim evangelisch«! Got-
tesdienste Bu Y* habe ein jnnger fremder Prediger zwar viel gale
and erbauliche Gedanken, diese aber iii einer so sritsamen Spra-
che vorgetragen, dafs die Gebildelen unter den Hörern sich ein-
ander befremdet und verwundernd angeschaut. Er, der £r«&hler,
widrig von dieser Sprache berührt, sei anfangs auch stnizig ge-
worden, später aber durch genaueres Aufmerken sn der Ueber-
zeugung gelangt, dafs der Mann in ungereimlen Jamben predige.
In den nächsten Tagen habe er uich mit mehren gebildeten fl5-
rem über diese ungewöhnliche Erscheinung besprochen, nnd noa
bei dieser Besprechung gefunden, dafs die Jambenpredigt auf das
Ohr derselben nicht als liebliche Musik , sondern vielmehr als ein
fremdartiges, widriges Getön gewirkt.
Diese Erzählung, die blofs als lustige TageBneuiglceil in einer
Gesellflchaft zom Besten gegeben wurde, war die Veranlassung,
dafa ich mich mit dem Doktor der Philosophie über die in der
deutschen Sprache liegenden Schwierigkeiten, unsere Gedanken
in harmonischer, onverküustelter Prosa auszudrücken, ein wenig
besprach. Wir waien bald darüber einverstanden, dafs man weit
gemächlicher zwei Bogen voll angereimier Jamben schreiben kön-
ne, als einen Viertelbogen, harnioniscber noverkünstelter Prosa.
Ferner waren wir einverslandeo , dafs da, wo gereimte Versaiten
nicht sonderlich paaaen möchten, z. B. beim WechselgesprScb in
dramatischen Dichtungen, die harmonische Prosa dem deutschen
Ohre weit lieblicher klingen würde, als die ungereimten Jamben,
in denen doch der Deutsche keine Musik boren könne, die man
also in doppelter Hinsicht für ungereimte müsse gelten lassen.
Der Vermnthung des Doktors aber, als haben unsere drama-
tischen Dichter ihre Meisterwerke blofs ans Gemächlichkeit in
ungereimte Jamben gefafst, kann ich unmöglich beistimmen; glau<
be vielmehr, dafs einzig die uns Deutseben zwar nicht angebe*
rene, aber doch von Jugend auf eingeleibte Nachabmungsaacht
und Miisschilzung der Deutschheit sie zu der Wahl des jambi-
schen Gewandes bestimmt haben.
Seit ich grofsjabrig geworden, kann ich mich nimmer des
Gedankens erwehren, unsere ausgezeichneten Dichter würden durch
genaue Beobachtung des deutschen Gehörorgans, durch sorgsames
Pflegen und Veredeln seiner Volkstbümlichkeit uns in ästhetischer
Hinsicht einen weit besseren Dienst geleistet haben, ala duruli
das Aufdringen fremdländischer, allerlbüuilicher Veratnafse.
ffaruM ge/ulleu den der Ma&lerAuntt Unkundigen
die »ogenannten Nachtatäcke vorzug»wei»ef Int
dieiea in dem menicklicAen Sehorgan begrHndetf
An der Wahrheit der Thatsache kann keiner zweifeln, denn
die Meisterwerke dieser Art erhallen onier den Nichikennern einen
wahrhaften Landruf. So waren früher, da die Bildergatlerie sich
DOcb in Dusseldorf befand , die kingen und ihörichten Jungfrauen
mit ihren Lampen, und das Mädchen, das mit vorgehaltener Hand
die brennende Kerze schützt, damit der näckiscbe Junge sie nicht
ausblase, im ganzen Lande bekannt. In meinem fünfzehnten Jahre
machten diese Stücke, nnd einige ähnliche, auch anf meine Ein-
falt einen so überraschend angenehmen Eindruck, dafa mir dagt-
^n das jüngste Gericht und andere gepriesene Herrlich keilen kaum
der Beachtung werth schienen.
Ich glaube, dafs das Anziehende solcher Mahlereien einzig
in unserem natürlichen, das heifm, unverkünstelien Sehorgane
bt^riindet ist. Das Ange siehet ein Ganzes; nicht blofs die ihei-
lichte Beleuchtung der Geaiatien und die von dieser iheilichten
Beleuchtung abhängenden Schalten, sondern es siebet gleichzeitig
das Licht selbst, von dem Beleuchtung und Schatten herkommen.
Also ist das Aug«>, und «Hein das Ange, Itichier iiber das Na-
torgemäfae der Mahlerei; der Verstand und die Einbildung haben
keine Stimme dabei. Das Nämliche gilt von Rolchen Stücken,
wo ein Strom Tageslicht, durch eine enge OelFnung in einen
dunklen Ort fallend, eine Geslaliengrnppe ihejiicht beleuchtet.
Alles von der Tageshelle Beleuchtete macht für das Auge
kein Ganzes. Das natürliche, unkünstlerische Ange siehet Schat-
ten, es siehet Beleuchtung, aber nicht das Licht, von dem beide
abhängen. Die Schatten können ihm nur als schwarze Flecken
erscheinen. Der Verstand urtbeilt ans den Schalten , von welchem
One her das Licht auf den Gegenstand gefallen, und wie stark
es auf denselben gewirkt; die Phantasie versetzt dann den Ge-
genstand in das von dem Verstände angegebene VerhäliDifs zum
Lichte. Das blofse Auge kann also über das Naiurgemäfse sol-
cher Mahlereien nicht Richter sein, sondern Verstand und Einbil-
dung haben mitzusprechen , ja ihre Stimme ist in manchen Fällen
wichtiger als die des Auges.
Einst gebe ich in das Hans eines Bekannten, um das Bild-
nifs seiner Galiinn zu sehen, welches ein ivleinlich jleif^iger Mabler
— 1272 —
vor Ktirxem gemach), finde aber weder den Hauiherra, noch die
Frau, sondern blofa eine fililiche, bei ihnen einwohnende Freno-
dioQ. Diese führt mich in daa Zimmer, wo das Bild an der
Wand hängt.
Nachdem ich ea anrmerksam betrachtet , schauet das Fräulein
mich ntit einer etwas spottenden Miene an, und fragt, wie es
mir gefalle. — Ich sage: die Aehnlichkeit , die ich darin gewahre,
sei eben nicht grofs, auch sei Fran £. nicht geschmeichelt, öbti-
gena das ßUd sehr sorgfältig ausgemahlet. — Wie? versetzt sie,
das Bild sollte sorgf^tttg geiuahll seinf Sehen Sie denn nicht
den gararigen schwarzen Flecken auf der linken Wange! Hat
denn Frau B. einen solchen Fleckeof — Ich merkte aus dieser
Rede, .dafs das Fräulein noch etwas weniger Versland von der
Mablerkonst habe als ich , nahm also gleich eine belehrende Mie-
ne an, und bemerkte ihr, der schwarze Flecken sei ein Schlag-
schauen. — Kaum war dieses Won aus meinem Munde gegan-
gen, so fuhr sie auf, und sagte: der Mahler ist ein Narr; das
wissen Sie so gut als ich , Sie wollen aber dem Narren die Hand
halten: wer hat Frau B. je geschlagen? — Mein Fröulein, er-
widerte ich beschwichtigend, wir haben ja beide Frau B. noch
als Kind gekannt, nicht einmahl als Kind hat sie je einen Schlag
auf den Hinlern bekommen; wer sollte sich denn jetzt erkühnen,
sie ins Angesiebt zu schlagen! — Sie haben Recht, der .Vlabler
ist ein Narr.
Später dachte Ich unserm , ehen nicht kunstgerechten Gesprfi-
che nach , und je länger ich darüber nachdachte je weniger un-
billig schien mir der Tadel des Fräuleins. Dafs der Flecken auf
der linken Wange der Schalten der Nase sei, war offenbar; al-
lein ich mufsie doch zugeben, dafa mein Verstand dieses erkenne,
nicht mein Aoge. Letztes sah blufs einen schwarzen Flecken,
der eben so gnt daa Mahl eines Schlages oder Stofses, als der
Schatten der Nase sein konnte. Hätte der Mahler, da er die
Fraa mit der rechten Seite gegen das Fenster setzte, unten das
Fenster verhängt, so, dafs daa Licht von oben auf die rechte
Seile dea Gesichtes gefallen wäre, so würde der Schalten der
Nase als ein schmaler Streifen über den linken Mundwinkel ge-
fallen sein. Hätte er die Frau zwischen zwei entgegengesetzte
Fensler geatellei, ao würde er den Scliaiten der Nase gar nicht
gesehen und ihn nicht nachgebildet haben.
Solche Schatten sind also etwas Zußlliges, blofs von der
Stellung Abhängiges, in der der Mahler den abzubildenden Ge-
genstand sah. Befindet sich die Nachbildung des Gegenstandes
epSter in einer anderen Stellung znni Lichte, so kennen doch
die geinahliea Schalten ' dem Auge nur als Flecken erseheioen.
Die Einbildungskraft, die uns das Gemfihlde in eine eigene « den
— 1273 —
Schatten eDlsprccbende Stellung zum Ltchle versetzt, flberredet
uns blofs, rfift Fleckeo seien Schalten und notbwendige Erfoder-
nisse eines goien Bildes. Wir verwechseln also unseren Verstand
und unsere PhanisBie mit unserem Sehorgan; ja wer das lange
und oft thut, der kann sein Auge so verktinsteln, ditfs dieses
Schönheiten in einem Üemählde entdeckt, »eiche jedem gesun-
den, unverkünsielten Auge Wideraaiiirlichkeiten , also H^fslich-
keiten 2u sein tcheinen.
Nachtr&glicht Bemerkungen über Paracelsut und
äesten Heillehre.
Es kSnnt« jemand behaupten , die geheim ärztliche Lehre wie
ich sie in diesem Werke vorgetragen, sei keinesweges in Ho&en-
keim* Schriften, oder in den Schriften eines anderen latrochemi-
kers nachzuweisen, aUo weiter nichts, als die Ausgeburt meines
eigenen Gehirns. Dieser möglichen Behauptung enigegene ich
Folgendes, Hohenkeim hat mir die reine, direkte Heilwirkung
der Arzeneimitiel (rein. In sa fern die schulrechlen, das Wie
des Ileiltns andeutenden Kategorien nicht dabei in Anmerkung
kommen) als den Punkt angegeben, von dem sein einfaches Wis-
sen, kranke Menschen gesund zu machen, ausgehe. Die reine
direkte Heilwirkung der Arzeneien liegt in der Natur selbst, üt
also, wie die ganze grofse .\atur, etwas Göttliches und Unwan-
delbares, nicht wie die beilmittellehrigen Kategorien der Schule,
MeoBchendichtang; sie ist aber auch auf dem Wege der Beobach-
tung erkennbar, denn wäre sie unerkennbar, so würde die Me-
dizin (wie ich das schon im zweiten Kapitel gesagt) ein wahres
Unding sein, ja man würde in Versuchung geraihen, sie, wie
Paraceltui, bevor er zu einer besseren Erkenninifs gekommen,
für eine Spiegelfechterei des Teufels zu halten. Jeden verständi-
gen Arzt, der mit mir dieses Göttliche, Unwandelbare und Er-
kennbare als brauchbare Basis einer Heillehre, als das, die Mög-
lichkeit einer heiilehrigen Gedankenfolge Bedingende, oder als
den Punkt, von dem eine heillehrige Gcdankenfnlge ausgehen
könne ansiehet, den federe ich kühn auf, an diesen Pnnkt eine
andere heillehrige Gedankenfolge zu reihen , als ich daran gereihet.
Ich denke, er wird sich bald von der UnmSgliubkeit, dieses aiiszu-
ßhren überzeugen; in dieser Ueherzeugung wird dann auch zugleich
die Ueberzeugung liegen , dafs die Lehre der Geheimärzte , wie ich
sie vorgetragen, nicht eine Ausgeburt meines eigenen Gehirnes sei,
•ofidern aus dem mir von Hohenheim gegebenen, und von mir im
enlCD Kapitel diews Werke« geschi^tlich nachgewiesenen basi-
— 1274 —
sehen Punkt« ■<> logisch DOlbweD<tig folge, al> ans dem Salze
zweimahl Zwei macht Vier da« ganxe Einm^bleio« folgt.
Ick habe in einigen Stellen diese* Werke« beiläufig auf die
IJnwahrscheinlichkeit aufmerksam gemacht, dafs HoAenkeim» an
den Tag gelegtes Crfahruogs wissen ein durchgehemds selbst erwor-
benes sei , nnd «af die Wahracheinlicbkeit , dafs die nicbuchrei-
benden Geheimlirzte, bei denen er auf seinem ersten Ausfluge
Belehrung gesucht, ibrn manches Praklischnuizliche mQsien offen-
baret haben, besondert solche Wahrheiten, die nur rielj&hrige
aufmerksame Natnrbeobachiang den Atzt lehren kann. Dafs er
diese Mittheilungon in seinen Schriften nicht anieigf, keinea sei-
ner Belehrer nennet, warf in meinen Aagen anfangs einen Schat-
ten auf seinen Charakter, ich hatte grofse Neigung, ihn für einen
Grofssprecher , ja für einen undankbaren Gesellen an hatten. Da
es nun manchen Aerzten, die selbst keine freibeoierische \atnr
haben, sondern vielmehr das> was sie von andern erhalte«, frei-
sinnig als ein Gegebenes anerkennen , leicht eben so geben könotc
wie mir; so will ich versuchen , sie durch folgendes Bedenken
mit Hohenieim» Chuakler auszosShnen.
Wenn wir erw8gen, daü in und vor dem sechtehnren Jahr-
hundert die geheimfirziliche Lehre als etwas allgemein Verstand-
baftes in den Köpfen mancher guten Aerzte Anklang gefunden
haben mufs, und wir denken dann an die Unduldsamkeit, an die
Verfolgungssucbt der Galemker nnd an die damahlige Aatorität
der Universitäten , so wird es , schwiege auch die Geachicbte ganz
vMi dahin einschlagenden Unbilden, mehr als wahrscheinlich, dafs
achtbare Aerzte, die der gehetmärttlichen Lehre angehangen, ihr
bei Behandlung der Kranken gefolgt sind, blofs um nicht in die
Dngeschlachteo Hände der galenischen Verkelserer zu fallen, die
achulrecht« Maske werden zur Schau getragen haben. HoieMietm,
der als unabhängiger Diogen dreist in das galenische Wespennest
störte, würde seinen heimlichen Belphrern durch dankbare Nen-
nung ihrer Namen wahrlich einen schlechten Dienst erzeigt ha-
ben: die alten Lateioschreiber nannten das zwar eine Mentio ko-
norabili*; in Hohenkeim» Schriften würde aber die ehrenhafte
Erwähnung znr eigentlichen Aechluog geworden sein; darum bat
er als rechtlicher Mann geschwiegen und sich gans allein den
Giftpfeilen der Gegner blofsgestellt.
Meine jüngeren Leser, die aus dem «rsten Kapitel dieses
Werkes Hohenkei» als einen Terstäodigen Mann haben kernten
— 1275 —
gelernt , könntea dadurch verleitet werden , in leinen Sdiriftea
eine treue Angabe des richtigen Gebrauches der Arzeneimiitel zu
Bachen. Ich baite es für meine Pflicht, sie in diesem Punkte zu
enttäuschen, indem ich ihnen erkläre, die bestimmte, deniliche,
ehrliche Angabe der Gebrauchesart keines einzigen Mittels bei ihm
gefanden zu haben. Selbst die drei Uni versa! mittel mufs man durch
den eigenen Gebranch erst kennen lernen, wenn man seine ge- -
heimnil'a vollen Andentungen verstehen will. .
Im Jahre 1840 las ich des Herrn Leniag Buch über Parif
celtut, dessen Leben and Denken (Berlin bei Cr. Reimer 1839)
und traf in diesem Buche auf folgende Stelle (Seite läl ): „NBcbst-
„dem sind Paracehu» Hauptmiiiel Eisen, Kupfer and kubischer
„Salpeter. Da« Kupfer gehörte schon in früher Zeit zu den Uni-
„versalmiiteln. (Raym. tAtUiu» de mettic. secretüiimi* und Dia-
„hgm de ligno vitae.J Den kubischen Salpeter hat Paracehus zu-
„erst selbst angegeben" (Archidosoa). Da ich nun in gegenwiir-
tigem Werke, welches wol ein paar Jahre nach des Herrn £«■-
tingi Buch erscheinen wird, das, was Herr L. sagt, als das
Ergebnifa meiner eigenen Forschung behandelt habe, so könnten
Aerxte, die Herrn tjettiagt Buch gelesen, mich für einen Pla-
giator halten, ja die, tvelche mich für eiqen Plagiqfor kielten,
tnülslen mich auch folgerecht für einen Lügner halten, weil ich
nSmlieh in dem ersten Abschnitt des 4. Kapitels behauptet btibe,
ich sei im Jahre 1815 zufällig auf die wundervolle Heilwirkung
des kubischen Salpeters gestofsen, dieser Zufall habe in mir die
VermuthoDg geweckt, der kubische Salpeter könne vielleicht eins
der berüchtigten und für fabelhaft gehaltenen UDiversalmillel der
geheimnifsvollen iatrocbemischen Sekte sein, und diese Vermuthung
habe sich mir bei weiterer Forschung als wahr bestätiget.
Mir würde es aber nicht sonderlich genehm sein , von recht-
lichen MlRDern für einen Plünderer und unwahren Menschen ge-
halten zu werden, darum ist noih, dafs ich mich rechtfertige.
Zu dem Ende verweise ich einfach jeden Zweifler auf das zweite
Stück des IV. Bandes der von Herrn Harleft herausgegebenen
rheinischen Jahrbücher, hier wird er vom Jahre 1821 einen Auf-
salz von mir finden unter der Ueberschrifi : Ceber die Heil-
kräfte des Kupfers. Sodann über und für das Vor-
handensein von Universalmiileln und über ihre Be-
ziehung zu Uni versalhrankhei ten. Ans diesem Aufsalze
kann sich jeder überzeugen , dafs die Angabe der drei iatroche-
ralsohen Univeraalmittel und die literarische Hinweisung auf Par«-
eelnu hinsichtlich des kubischen Salpeters, and auf Raymundut
Luliiu* hinsichtlich das Kupfers das Ergebnifs meinet eigenen
— mc —
Forschung; »Dd. Uebrigens bescherde ich mich gern, daf« nicht
blofs Herr Lening und ich, sondern viel andere Aerzle mit uns,
durch eigene Forschung zu eia und dem nämlichen Ergebntfs gelaa-
gen k5nnen , denn der Weg zur Wahrheit ibI ja keinem Teraperrt.
Lehrbücher der Pathologie und TAerapeulik.
Wenn die Terfastter bei der Herausgabe dieser Bücher die
Absiuht haben, ihre Erfahrungen über solche Krunkheilsfonnen,
welche sie selbst beohachret, den Aerzien miiziiiheÜen , und sie
sprechen diesen Zweck unumwunden aus, so lobe ich sie. Ist aber
ihre Absiebt (deutlich ansgesprochen, oder durch das Buvh selbst
erkennbar), theiU die Natur als die Erzeugerinn gewisser siereol}'-
pischen Krankheii^roniien darzustellen, theila die einzig wahre
Hehandlung die-ier Krankheiisrormen zu lehren, so bedatire ich sie
als Erblindete. Sie kommen mir gerade vor, wie ein Mahler, der
mehre hundert, ja tausend Menschengesicbler abbildete, hinge diese
Ahbildun^en in eine Rüde, und machte dann bekannt, jeder könne
in dieser Bude sein Ebenbild kaufen. MSglich wSre es allerdings,
dafs der Eine oder decAndere ein Bild darin fände, das einige Aehn.
lichkeil mit seinem Gesichte hatte; im Allgemeinen würde aber der
Mahler sehr wenig Absatz haben, and die verständigeren Leute wür-
den ihn weit eher für einen grofisen Narren als für einen grofsen
Künstler ballen. Wer im Rinfteh oder sechsten Jahre der Praxis
nicht schon anfängt zu hegreifen, dafs alle pathologische und thera-
peutische Lehrbücher nur ungeschlachte Schattenrisse der unergründ-
lichen, nnbeachreibbaren , proteischen Krankheitsbildnerei der \h-
lur enthalten, der kann ein sehr gelehrter Doktor oder Protessor
der Medizin werden, aber zum Heilmeister taugt er nicht, denn
ihm fehlen gesunde Augen und schlichter Verstand.
Vor vielen Jahren hatte ich einen alten Freund, der ein guter
Rechenmeister war. Einst befindet er sich auf einer kleinen Kir-
chenorgel, und ihm kommt der Gedanke, auszurechnen, wieviel
Veränderungen des Tones durch das verschiedenartige Aasziehen
der Register y» bewirken seien. Es ergab sich , dafs die möglichen
Veränderungen sieb auf mehre lausend beliefen. Da er mir nun
das Ergfbnifs seiner Rechnung zeigte^ und ich, als ein gemeiner
Praktiker, alles auf mein Geschäft beziehe, so sagte ich zu ihm :
Alter Freund! Ihre Orgel ist nur klein, der Register sind nnr we-
nige, und doch kann man auf diesem hölzernen und bleiernen In-
strumente eine so grofse Menge Tonverändernngen machen ; wie viel
Register sind aber im menschlichen Leibe (wir kennen sie kaum
alle) und wieviel tausend Veründernngen kann die Natnr auf diesem
irdischen und geistigen Instrumente hervorbringen! Wo Ist der
— 1277 —
Rechenmeister, der uns ilieZabl demelbeii berechutt —
er nicfal gekar«ii und wird auch niinmei geboren werden.
Wer iit ein guter Arzlf
Wir Bind sehr freigebig mit dem Beilegeworte gut, ich halle
das aber für grofsen Lulohtaino. Ein wirklich guter ArzI miifste
doch alles Heilbare heilen können, und das könnte er nur, wenn et
aller natürlichen Dinge Heilkräfte kenoele , wenn ihn jedes Men-
schen leibliche und geistige Besonderheit, dessen Krankheilaanlage,
dessen verborgene Fehler , dessen Leben, and das Verhältnlfs die-
ses Lebens zu dem grofsen .Xalurleben im Wissen wäre.
Wer sich aber eines solchen Wissens rühmen wollte , der müfste
■ich für die Gottheit selbst ansehen. Freilich, Hippgiratea sagt in
dem Buche vom Anstand e: ein philosophischer Arit sei der Gott-
heit ähnlich, ja es sei zwischen beiden kein grofsei Unterschied.
Nehmen wir nun an , das Bach sei echt, so ist doch höchst wahr-
scheinlich, dafs er bei dieser köhnmüthigen Rede an den Gott
Apoll, den VorsteherderAerzte, gedacht. .Nun, das läfst sich allen-
falls noch hören, dafs ein philosophischer Arzt diesem Goiie ähnlich
oder gleich sein könne. Ich finde das nicht einmabl sehr ehrenvoll,
denn wir wissen allesammt, dafs Apoll ein Musikant, ein Neidhart
und «in Schinder war ( er hat ^ dem Marsias das Fell abgezogfln ) ;
ich begehre ihm nicht einuiahl ähnlich, viel weniger gleich zu sein.
Wer aber, nach unserer jeixigen Ansicht, sich der Gottheit ähnlich
oder gleich zu sein wähnen wollte, der würde wol tut das Irren-
haus reif sein. Darum müssen wir mit dem Beilegeworle gu l sehr
sparsam umgehen. Ich kann wol behaupten, mit grofsem Fleifao
und grofser Mühe mich unablässig bestrebt zu haben , mir die zum
Ileilgescbäfte nöibigen Kenninisse zu erwerben, und habe ich mei-
nen Fleifs und meine Mühe nicht in ideellen Spekulationen vergeu-
det, die (wie Sydenhan sagt) mit der Heitkunsl so wenig zu thun
haben als die Musik mit der Baukunst, so werde ich das Heilge-
Bchäft wahrscheinlich besser üben, als andere, die sich weit mehr
bestrebt (wie Paracelius sagt) ihrem Seckel als den Kranken zu hel-
fen. Aber darum bin ich doch noch lange kein guter Arzt; viel-
mehr wird all mein Fleifs, alle meine Mühe mir es gerade deutlich
gemacht haben, dafs mein Wissen nur Stückwerk sei, und dafs
Desjenigen, was ich nicht weiis und nicht wissen kann, was mir
aber, um ein guter Arzt zu sein, noth wäre, weit mehr ist als Des-
sen, was ich weifs, oder was ich in meiner menschlirhen Be-
scbrunklheit allenralls zu vissen lerübi^n sein kunnle.-
Allen Arrzien, welche von dem Geiste des Hoi^hninihes beses-
sen sind, will ich einen tieSlich heilenden Bannspruch empfehlen-
— t»8 —
KriBtiis, von jemand mit den Warten, Guter Meister angespro-
chen, fätlt ibm gleieb ia die Bede and sagt: Was aennat da
mich gut! Niemand iat gut, denn der einige Gott.
D a I Leben.
Wir wissen nicht, was das Leben sei, das heilsi, unser
Verstand kann «ich von dessen Wesenheit keinen Begriff machen.
Waa wir durch Beobachtang von demselben erkanden, ist nur
Stockwerk, and dienet mehr daiu, ans an verwirren als ans za
belehren. Aus manchen Beobachtnngen sollte man scblierseo, je*
dem Körper sei ein gröfserer oder geringerer Antheil des grofsen
Naturlebens geworden, und tobald dieser Antheil venehrt sei,
müsse der Mensch sterben, wie eine Lampe verldaehl, aobald
ihr Oel verzehrt ist. Für diese Ansicht spricht mm wenigsten
eine gewiss« Ordnung in dem Sterben des Menschengeschlechtes,
auf Welche man Witwenkassen, Lebensversicherungen und der-
gleichen Unternehmen gründet. Man siebet , dafa einige Menschen
die schwersten Krankheiten , nicht blofs akute bei unverleiiten
Organen, sondern auch chronische, bei denen ein grofser Theil
der Leber, oder der Milz, oder der Lunge durch Eiterung zer-
stört wird, glücklich überstehen, indefs andere, von scheinbar
leichten Krankheiten ergriffen, eines navermaiheten Todea ster-
bea. Dasselbe gewahrt man bei Verwundungen; die grSfslichsten
Verwnndnagen t&dten zuweilen nicht, indefs leicht«, gefahrlos
scheinende tödten.
Achtet man nun auf den Verfall des Organl«mna, der sich
ohne sichtbare Krankheit macht, so siebet man hier nicht minder
eine grofse Verschiedenheit. Einige Körper zeigen dia Spar des
Verfalles schon zwischen dem sechzigsten und siebzigsten iabre.
Ihr GedSchtnifs wird ihnen untreu, ihr Verstand verliert seine
Itebendigkeit , ihr Leib scbnnnpft zusammen. Andere hingegen
behalten die Fülle ihres Leibes und die Kraft ibrea Geistes , ohne
dftfa jedoch diese scheinbare Unver&nderlichkeit ihnen «in iKngeres
Leben verbürgt als jenen. Bei einigen , jedoch wenigen , ver-
schleifsen Körper und Geist sichtbar, bandgrriflich; und doch
will das Leben nicht aas der gani abgenntztea Maschine weichen.
Aas den angeführten Beobachtungen könnte man nun Folgen-
des schliefse«. Da, bei dem sichtbaren Verfalle des Leibes und
Geistes, das Leben noch in dem abgenutzten Körpergeiriebe haf-
ten , nnd wieder in anderen Fällen bei einer unwandelbaren Rü-
stigkeit des Leibes und Geistes entweichen könne, so müsse es
etwas von dem sinnlich Erkennbaren des Organismus Verschiede-
nes sein. ^. .- — — ..^
— 1279 -
lUebiea wir nua aber unsere AafmerkBamkeii auf die Wirkung
der Arz«nei, so icbeint diese Wirknng uns auf ein Ergebnifs xa
fähren, welches dem eben genannten geradesu widerspnchl.
Wir sehen, dafs, wenn in Krankheiten der Organismus sicht-
bar XU nnlefUegen und das Leben fast eilöschen zu wollen schei-
net, die Arxenei nicht selten wundervoll und überraschend die StS-
ruDgen des Körpergetriebes beseitiget and das scheinbar erlöschende
Leben wieder zur bellen Flamme anfacht. Da wir onn nicht anneh-
men könoeo, dafs die Arsenei das Leben quantitativ vermehre, ao
•ind wir unwillkfirlicb geneigt, das Leben nicht blofs als das nnbe-
kannte Bedingende des körperlichen Seins, sondern auch ta^eioh
als das Crzeugnifs des kör|ierlichen Seins anznaeben. Deutlich den<
ken wir uns dieses freilich nicht und können es uns nicht deutlich
denken,*) aber wir denken es uns dankel; und anf dieses dnnkel
Gedachte gründet sich einsig der vermessene Gianbe, als seien wir
befBhiget, darch die Arzenei den Menschen das Leben zu erhallen.
Je jünger wir sind, um so stärker ist dieser Glaube ; werden wir
alter, haben viele und verschiedenartige Fälle mit einander vergli-
eben, so wird er allmählig schwächer; endlich erlöscht er ganz,
und unser Hochmutb geht in Demoth über.
Manche Aerzte werden aber Greise, ohne dais dieser kühns
Glaube wankt. Wober ihnen die Zibglüobigkeit komme, ist
schwer zu erklären ; folgende Betrachtung mag abei wol das Dankle
in etwas belenchieo.
Dafo die Abnidime des Lebens Störungen in dem Körperge-
triebe hervorbringt, zum wenigsten mit solchen Störnngen beglei-
tet ist, sehen wir bei Lenten, deren hohes Alter, nach allgemeiner
Erfahrung, aof eine Abnahme des Lebens mit dergröfsteo Wahr-
scheinlichkeit schliefseu lifsl. Solche Störnngen in dem KÖrperge-
Iriebe stellen eine Zofallsgruppe dar, der die Aerzte einen nosolo-
gischen Mainen geben. Diese Zufallsgruppe findet sich aber auch
bei Leuten, deren Leben nicht im Abnehmen begriffen isi, und weil
wir beßhiget sind, bei diesen die Störungen der Körpermaschine
durch Arzenei zur Norm zurückzuführen , so fallen wir leicht in den
Irrtfaum, die Zufölle des abnehmenden Lebens mit Krankheil zu
verwechseln. Der Klügste ist nicht klag genug, diesen Irrihum in
dem Einzelfalle zu vermeiden. Da , wo die sehr hohen Jafare des
Kranken uns eine Vermuthnng über die Natur derat^eiobaren Krank-
heit erlanben, sind wir zuweilen wol befähiget, ein der Wahrheit
nahe kemnendes Unheil zn fällen. Betrachten wir aber die Ord-
*) Sobald wir ei nna rimltr.b dentÜFti dScblao, würden wir gleich den Irrtham
sioiehen , der darin steckt, Beabiehtan^i^n , di* wir bei den Sicht' ndd
Tajibaren dat Orfaaitaas EFiuacbt, tat da* UDiicbtbare nnerLaiiDt« Leben
lu beiiebea. ^,, , . ,., ..^
- 1280 —
nting in der Sierblicbkeit des Mea«:h«ngetchlecbi«s , so niüwen
wir doch annehmen , dafs viele gchoa io jüngeren Jabren am Ziele
ihres Lebens lieh befinden; und wie in den Allen, bringt aach
in diesen Jungen das ablaufende Leben Slörungen in der Körper-
maachine, eine Zufallggruppe hervor, der man einen noioio^i-
■cben Namen gibt. Wer vermag nun zu beittmmen, ob in die-
sen K&rpern die Irrungen des Getriebes Offenbarung der Lebens-
abnahnie, oder Offenbarung eines blofs feindlichen, durch Arze-
nei beilbaren Ergriffenüeins des Lebens islj — Ja,' können nicht
ftufsere, Krankheit beHirkende Schädlichkeiten auf solche, dem
unsichtbaren Ziel« des Lebens nahe Menschen eben sowol einwir-
ken und sie krank machen, als auf andere, die noch weit von
dienern Ziele entfernt sind? — Da heifsl es dann: sie sind an
dieser , oder jener Krankheit gestorben. Dafs Gott erbarm.! Sie
Bind gestorben, weil sie ihr Lebensziel erreicht hatten; die Krank-
heit bat sie nor ein klein wenig rascher zu demselben gefördert.
Echt gläubige Aerzte, wenn sie sehen, dafs bei einer herr-
schenden Krankheit, auf welche sie ein gutes Heilmittel kennen,
die Mehrzahl der Kranken bald und sicher geheilt wird, einige
wenige aber sterben, und sie dann nicht einmahl gewahren, dafs
diese Wenigen heftiger von der Krankheit anfänglich ergriffen
gewesen als die grofse Zahl der Geheilten; so sind sie weit ent-
fernt, die Lösung dieses Rälhsels in einem ewigen, unwandelba-
ren Naturgesetze, dem alles Leben unterthan, zu suchen, son-
dern sie machen sich selbst einen blauen Ountt vor, suchen
Schädllchkeilen auf, denen sich die der Krankheit Unterliegen-
den sollen ausgesetzt hitben, und überreden sieh, hätten sich die-
selben diesen Schädlichkeiten nicht ausgeselzt, würden sie auch
nicht gestorben, sondern durch die Macht der Arzenei genesen
sein. So können sie freilich bis in^ hohe Alter den Glauben be-
halten, sie seien die wahrhaften Lebenserhall er.
Es fragt sich: gibt es gewisse Zufälle, aus welchen man den
bevorstehenden Abzug des Lebens mit hoher Wahrscheinlichkeit
erkennen kann! Auf diese Frage läfst sich im Allgemeinen gar
nicht antworten ; man mufs voa den allen abgängigen , und von den
jüngeren, scheinbar rüstigem Körpern besonders handeln. Zuerst
also von den allen.
Die Zahl der durchlebten Jahre gibt wol eine allgemeine Ver-
muthung über den baldigen Abzug des Lebens , aber in dem Ein-
zelfalle kanm eine wahrscbeinliGhe; denn wer ist befähiget zu
behaupten, dafs ein siebzigjähriger Mensch sein Leben nicht bis
auf hundert bringen könne! Es werden also vorziiglich die Stö-
rungen in dem Körpergetriebe uns wahrscheinliche Gründe über
den baldigen Abzug des Lebens an die ffand geben. Ich rathe
aber jedem jungen Amtsbruder, vorsichtig in seinem Urtheile zu
— 128t —
Mio; dcDD die Irtimg in den VerrichtuageD einielner Organ* Ist
Kwnr eia Zeichen des verfiauenden , aber nicht dei bald edöschea-
den Lebens.
SchwerhQrigkeit iet ein gemeinee Gebreeben det Alten; aie
kann eobon früh nach den Siebxigen eintreten, und ipricht höch-
itent für den beginnenden Verfali dee Organisrana.
Abaahine des SebTermögens , welche nicht von Fehlern der
Homimut, der Linae oder des Glaskörpers abbängt^ ist schoo
Tsrdäcbtiger.
Gestörte Verricblung des Herzens kann mebre Jahre vor dem
Erlöschen des Lebens sich zeigen, ond wenn wir die direkte«
gewöbnlicbe Folge dieser Störung, die fifustwasser^ncht , duroh
nnfeindliebe Mittel beiieitigen , können die Allen noch mehre Jahre
erträglich gnt dabei leben.
Abnahme des Gedächtnisses spuren manche schon vor den
Siebzigen und können doch über 80 Jahre alt werden. Auch die
Schwachsinn igkeit spricht nicht für ein sehr nahes Absterben.
Slömngen der Uarnorgane (bangen aie nicht von Nieren-,
oder Blaseasteinen , oder von Hämorrhoiden ab) sind sehr ver-
dächtig. Bei der nächtUeheo Unaufbaltbarkeit des Harns sah ich
vor Kursem einen nennsigjährigen Mann noch drei Jahre leben.
Wenn aber den Alten über Tag der Uain unwillkürlich wegläuft,
so ist es bald mit ihnen gethan. *)
Störung der Verriobteog des Schlundes ist bei ali^i Leuten
ein sehr böser Zufall, sie maoben es dabei nicht lange.
WMin ein Speicfaelflub alte Leute ergreift, ist er immer be-
denklich, denn er wird gewöhnlich von eiagewürzeltes Beuchlei-
den genraacht, die an sich, auch ohne jenen consensneUen Zu-
fall, t5dten würden. Begreiflich ist es aber, dafs eine solche
Ausleerung den Verfall des Organismus beschleunigen mufs. In
nener Zeit sah ich , hei einem .an einer verhärteten und vereng-
ten Cardia leidenden Sietaigjähcigen » starken und anhaltenden
Spei^elflnfs eintreten.
Sohleimfiufs der Lange als Begleiter des Altert bedeutet nicht
eio nahes Ende. Wenn aberAlie, die nicht an chronischem Hu-
sten und Scbleimsucht der Lunge leiden, ohne vorwaltende schmerx-
bafte Bmatleiden aoCangeB, fro sc hl eich artigen j hellrotb gefärbten
Schleim in grober Menge ansEUwerfen, ao bedeutet das etwas
sebr Böses. Ich habe mehrmahls den Tod kald folgen sehen , ob-
gleich in diesen Fällen andere Zeichen nicht eben deutlich für
*) Die)« UDaanikltbBrkcil ht, als Vtoht Fotgs «Iner bartoIckigeD HirnTerbal-
taaf, nlDder bedaBklieb ; ia Hicku KIIm kui 4i« Varrlcbtaat dM B1uu>
■«bl'MlimatkBU ■••h kiinwrar «4« Virnfs*'** Ztit «»«der ■«« FiNmalMteit sa>
rikkkikrM. - -.-. -^^.^
81
einen schoo weil gediehenea Verfall dei Organi
■cbienei.
Uebrigeni kann die StSning der Verrichtang »vcb aller ande-
ren Organe Offenbarung de« im Verfalle begrifienan Oiganismaa
■ein; ich habe nur die gemeinsiea berührt. Das Ergebnib aller
meiner Beobachtangen spricht daCir, dafs wir wol mit einiger
WahricheinJichkeit, aber nar in den weoig«en Fftllen mit Sicher-
heit das Lebensende der Allen bestimmen können^ Selbst der von
selbst entstandene kalte Brand , der bei Siebzigjfibrigen , und Ael-
teren, gewifs im Allgemeinen ein bdser, das im Verlöschen be-
griffene Lebeo beteichnender Zufall ist, kann Bicfat unbedingt als
ein dea nahen Tod verkündendes Zeichen gelten. Ich habe Ei-
nen, aber auch nur Einen Fall beobachtet, da£i ein den Acbtsi-
gen naber Mann, durch eioen solchen Brand eine bedeuieode Zer-
aiSrung der Weichtheile des Unterschenkels erlitt, daroo glück-
lich genas, and noch ellicfae Jahre auf seine Weise recht ver-
gnügt lebte.
Bei ^enschen , die dem Ziele des Lebens wirklich sehr nahe
sind, habe ich beobachiet, dafs, wenn man auf die TermeimUehe
Krankheit Heilmitlei gibt, diese Mittel eben so wohltfaiiige Wir-
kung Kaisern können als bei einer wirklichen, heilbaren Krank-
heit; die wohlibätige Wirkung hat bei Jener nur keinen Bestand.
Zuweilen glückt es selbst, die nosologische Form gans zu besei-
tigen; allein wir können aus diesem erwünschten Erfolge amerei
Bemühungen noch nicht einmabl schlicfsen , dafs wir es mit Nuer
wirklichen , heilbaren Krankheit tu thun haben. Die nialiche
nosologische Form kehrt entweder bald wieder, oder eine andere
nimmt ihren Platz ein, nnd das Ende der scheinbar glücklichen
Kur ist der Tod.
Jedenfalls ist es unsere Pflicht, bei Bebantnung der Allen
immer daran au denken, dafs wir nicht wissen, was das Lebaa
sei, und dafs unsere Vermuthung, als sei es iss Erlöschen be-
griffen , keinen andern Einflufs auf unsere Behandlnag haben dürfe,
als «Dzig dea, dafs wir uns bei derselben aller feindlichen Mit-
tel enthalten. Dieser Gedanke wird uns bestimmen, die Allen
eben so sorgfältig xn behandeln, als seien sie noch nicht dea
Tode verfallen; und wir werden miionter auch auf erfreuliche
Ffitl« stofsen, in denen unsere Bemühung nicht blols scheinbare,
aondern wirkliche Heilung bewirkt-
Vor drei Jahren beobaehtela ich einen solchen Fall , von dem
freilich nicfau Merkwürdiges lu berichten iM, als nur, dab die
kranke Frau fünf und neunsig Jahre alt war. Von einer epide-
mischen Leberark/ankuDg ergriffen, befand sie sich, ohne ^rade
beitlSgerig an sein , schon eine uobestimmie Zeit ia einem schlep-
penden Zuilands; Efslnst und Schlaf fehlten, die Keifte rerliefsen
— 1183 —
■i« BichtlHir, aai ihr beidilBUiii^et Palm denteta auf KhleichsndM
Fieber. Tochter and Enkel glaubten bestimnil, sie sei am Abge-
hen, nad geitanden mir, dafi mehr ein Gefühl der Pflicht, aie die
Hoffnung, oder Erwarlang, ich werde der abgängigen Frau helfen,
■ie betiimmt habe, meine Kaust in Anspruch ku nehmen. Ich sagte
diesen guten Leuten , was ich nach dem Leser gesagt , dafs ich eben
sowenig wisse als sie, ob der allen G rofsmnit er Lebensuhr abge-
' lanfen sei, Sie haben es als Kinder fiir ihre Pflicht gehalten , mich
zum Heilversucb anfzufodern, and ich balle es fSr meine Pflicht, die
alte Frau .so aufmerksam zu behandlen, als wisse ich gewifs, dafs
sie Doeh eines zwanzig r oder dreifsigjBbrigen Lebens fSfaig sei. Oa
ich nun ans dem braun geförbten Harn der Alten vermuthete , ihr«
Leber sei, wie damahts bei vielen Hensoben, erkrankt, so gab ich
ihr, wie damabls andern, die Schellkranttinktur > aodzwarin m&-
fsigen Gaben , 6 mahl tags 4 Tropfen. Schon am zweiten Tage sah
ich in der verminderten Brünne des Harns die erste Spar der Besse-
rung, und diese schritt, ohne die mindeste Unterbrechung, sora-
gelmäfsig voran, dafs man sie in einem jungen Körper nicht dent-
licher und regelmälsiger Terlangen könnt«. fiAcb zefao Tagen war
das Uebel , welches man für Mariumut taiilü gehalten , gehoben ;
und da die Frau nach diesem Straufse nun schon drei Jahre unver-
ändert in ihrem Wesen geblieben , so kann doch die erzählte Irrung
in dem Kegelgang« tfares Korpergetriebes unmöglich Offenbarung
des abgehenden Lebens , sondern mufs wirkliche, heil bare Kranit
beit gewesen sein. Nach menschlicher Voraussicht wird die Frau
aber hundert Jahre alt werden.
Da es sich nun bei alten Leuten in den wenigsten Fallen ridt-
tig benrtheilen lafst, ob ihr Leben dem Ende nahe s«i , so mnfs «s
am die Beantwoitong der Frage, ob man dieses bei jangen richti-
ger beuriheilen könne, sehr mifslich aussehen; zum wenigsten wird
der sehlicbte Verstand dieselbe unbedingt verneiaeod beantworten.
Des Lebens Rüstigkeit änfsert sich nicht sowol durch Bewahren
des sichtbaren Leiblichen und des erkennbaren Geistigen in eeinem
gewohnten Wesen, sondern weit besser durch das Bestehen in dem
Kampfe mit feindlichen Einwirkungen. Der gemeine Mann hat den
Gtaoben , wer. im viertigsien , fünfzigsten , sechzigsisn Jahre er-
kranke, ohne je früher eine enislhafte Krankheit Bberslanden ed
haben , der laufe weit grSfsere Gefahr zu sterben , als jeder andere,
der früher schon einmahl krank gewesen. Dafs aber Kränklichkeit
keinesweges eine Flauheit des Lebens bezeichne und auf ein früh-
zeitiges Absterben schliefsen lasse, drückt er durch das Sprichwort:
krachende Wagen laufen am längsten, sehr treffendaus.
Dieser Glaube ist unter dem Volke nicht durch eine Theorie gebil-
det, sondern ans der Beobachtung hervorgegangen und von Aller
xn Alter vererbt. £r gründet sich auf die unUngbare Wahrheit»
— 1284 —
d^ di« Rfitiigkeit od«r Flaaheit den Lebeat deh an betun aoa dem
Kampfe mit der Kraakbeit erkeiiB«D lafte. — Bei jungen, oderia
den besten Jahren sich befindenden Kdrpern, welebe nie im Kampfe
mit Krankheiten erprobt aind, kSnnen wir im Anfange einer Krankheit
gar niebt über den glücklichen, oder unglücklicfaen Auigang der
Krankheil aribeilea, wenn wir gleich die Krankheit genau keenen,
ein gnlee Heilmiirel darauf wiisen, nnd dieselbe aicfa nna •chonia
vielen andern Körpern als gefahrlos geaeigt hat. let das Leben
eines scheinbar noch rüstigen Menschen fast abgelaufen, so bedarf
es, nm ihn zu lödien, weder der Pest, der Cholera, noch des gel-
ben Fiebers; eine geringe Krankheit kann sn der allerernsthaftestea
werden, DÜmlich, sn einer solchen, die dem Leben ein Ende macht.
Merkwürdig ist es, dafs Aerzte, dia sich vermessen, den Kran-
ken das Leben erhalten xu können, in Fällen, wo ihre Kanst schei-
tert , es den Leuten iibel nehnieo , dafs sie das Sterben der Kranken
der äfulieh unmeistertiohen Behandlung zaeebreiben. Voraosge-
aetat die Beßihigaog dea Antcs das Leben an erhalten, finde ich
jenes Unheil gar nicht .unbillig, sondern halte es vielmehr für ein
streng folgerechtes. Wenn Da, mein guter, kühnmnihiger Amts-
bnider! vorgibst, den Kranken das Leben erbalten zu können,
und es sterben dennoch einzelne bei deiner Behandlang, denen
man nicht nachsagen kann, deinen gelehrten Vorschrifien unfolg-
sam gewesen su sein; so mnsit Du diese entweder aas Leicht-
sinn, oder absichtlich nnrecht behandelt baben, oder deto Vor-
geben mnfa ein unwahres, prahlerbafies .sein , welches von dei-
nem Unverstände nnd von deiner grossen Unkunde der Natur
sengt.
Merkwürdig ist es, dafs Laadleote nnd schlicht veraifiBdige
Böiger, die gar keinen Anspruch auf besondere Geistesbildung
machen, in diesem Punkte ein weit richtigeres Urlheil haben lia
die Vornehmen, nnd überhaupt, als Herren- nnd Damennrtige
Lette. Jene verlangen blofs von dem Arzte , er solle ein galer
Kraakbeiuheiler , aber nicht, er solle ein Lebenserhalter, ein
wahrhafter Todesbaoner sein : letztae verlangen nur die Voraeb-
men nnd Reichen; worauf vom Stoiteutt früher sriioa von mir
angeführte Worte zielen: Magnaten nan^iraai credtMtiir ptrvv
«wrifti, led ta»titm medicom» aroribua, — Sollte wol in der
tolJslea Fieherphantaue jemand ein Geschäft anssinaen können,
an dessen Beireiber man solch naweise, den ewigen Naioigeaan-
snD widerstreitende Federungen zu machen wagtet —
' Wenn man von einen guten Mahler .verlangen vrollle, er
aalle MensehenbUder mahlen , welche plauderten , hasteten , nies'-
len, und von dem Bildhaner, er solle Menschenbilder anfertigen,
welche von ihren Fofsgestellen berabatic^en , nnd sich von Zeit
an Zeil ein wenig ergingen, so würde wol kein veMtlndiger
— 1285 —
Mensch mehr Mahler oder BUdhancr sein wollen. An die Aerzt»
werden aber von einer gewissen Men sehen kl asse Federungen ge-
loacht, welche jene unsinnigen noch weit hinter sich xurücklai-
sen; und doch drüngea sich alljShrliefa immer mehr junge Mftn>
ner zu dem Heilgaachäft , als sei es eine unerschöpfliche Fond*
grübe der edelsten Lebensgenüsse.
Der Arzt kann woi Krankheiten heilen und sie gnt ^heilen,
aber er kann nicht den Tod abwenden; dafa das mein Glaube
sei, des habe ich kein Hehl. ErwHge idi aber die beaiimmie
Ordnung} nach der die Natur das Sterben des Menschengettchlech-
tes regelt, und vergleiche damit die wundervolle Heilwirkung der
Arsenei, die ich doch mit Augen sehe, und glauben mufs; s«
habe ich eben so wenig Hehl, dafs ich hier in ein grofses Ge-
beimnifs, wie in ein tiefes Dnnkel schaue.
Dals mau eia flaaes Lebaa durch feindlirfaei nneneiisches
Angreifen etwas Toneiiig auslöscben könne, mnfs ich eben so
gut Booebmen nls dnfs man das rüstigste Lehen durdi einen tfich-
tigen Kenlensehlag plötzlich auslöschen kann. Ob aber ein flaoen,
dem Tode verfSlliges Leben, in Allen oder in Jungen, durch eine
nilde, nnfeindliche Heilart kdoae erhalten nud verlängert wer-
den, wage ich nicht zu eatseheiden: meine Beobachinng dringt
mir fast den Glauben auf, dafs eine solche LebensverlSngeruag
in den meisten Fällen wol nur eine kurzzeitige sein ndchte.
P r o g n o t
Die Prognose drehet sich sowol um gewisse Verindcmngen,
die in dem Verlaufe der Krankheit »inirei«« werden, als auch
um das Ende der Krankheit, um Tod und Leben. Was den er-
■(CB Punkt betrifft, so dienet das VtMhenagen in vielen FäUea
aur Beruhigung des Kranken und seiBet Freunde; ich übe esfiel-
fsig, und bin noi gezwungen es za üben, weil der gröfsle Theil
tneioet Kranken entfernt von mir wohttl, mioh alaa nicht bei eio-
tretenden Veränderungen, wie die Städter, zu jeder Stunde b*-
reichen und befragen kann.
Es hilft wenig zur Prognose ^ dafs wir mb Lehrbuch dar
.Zeichenlefare uns zu eigen machen; Iköcbsiens könnte uns diesaa
hinsicfaliich ehroniscfaer Krankheiten einige Unierrichtung geb«n.
Ich sage, einige; denn wer im zehnten Jahra der Praxis aicbt
begreift, dafs diese Uoterricbtnng bftchst mangelhaft sei und auch
nicht vollkommner setfi könne, der niufii mit Blindheit geschla-
gen sein. Hinsichtlich herrschender Krankheiten (seien es aknto
oder schleppende) int aber dieser ganne Sohulkram gar nichts
werih. Nur dadurch, dafs wir jede henrscbende Krankheit, ihre
— 1286 —
Zaßlle Dod ihren Verianf, ganaa baobacfaten, kSnoeD wir mm
ricbligea VorherMgeo befHhigat werden. Aber leider hat nosere
mähsam erworbene Gabe der Vorhenegnng keinen beatündigcn.
Modern aar einen seitliehaa Wenb. In der wandelnden Zeil ver-
fiDdem die Krankheilen j und die i*rogno>e, welche in diesem
Jahre sich ah richtig bewBhrt , kann sich in den folgenden , oder
nKchitf olgenden , als falsch auswcisra : dämm findet der nnglück-
lich« Kopf des Arates nimmer Rnhe, als nur im Grabe, oder in
einer baneidanawerthen Schwachsinn igke it.
Uebrigena sehe ich diese Art der Prognose keineaweges als
eine marktschreierische Gankeiei an. Wir können den doppeltea
Zweck derselben, onaer «igeaei Geinaob nnd die Beruhigung des
Kranken, recht gut erreichen, ohne im mindesten die Ralle des
prophetischen Gauklers lu spielen; denn wir sagen ja nur vor-
her, was möglich, höchstens was wahrseheinlicb eintreten könne,
nicht das, was gewifs und nothwendig eintreten müsse. Letxtes
sind wir nur in den wenigsten Füllen vorheriusagen benhiget;
denn alle«, was ans auch die reiefasie Erfahrung gelehrt, hat int-
ner seine Ausnahmen.
Wal aber die Vorfaerbestinmnng des Todes betrifft, lo ist
dies« noch miMicber, insbesondere die Bestimmung der Todes-
Hit. Ueher den unglöekliohen Ausgang chronischer Krankbeilen
in urtbaileo, sind wir bei soloben Krankheiten noch am besten
beflUget, die von der erkennbaren ZerBlömng eines Oigaas ab-
bangen; aber auch hier mfissen wir mit grofaer Umsicht xu Werke
gehen , nnd mehr den gansen Verlauf der Krankheit als einxelne
Zeichen beachten; leiste sind unsicher und nnier denselben der
Puls am nnsi obersten.
Wir atofien xuweileu auf Falle, dafs der Familie des Kran-
ken viel, sehr Tiel daran gdegan ist, unter« wahre Meinung Sber
den Ausgang der Krankheit sa hören, weil sie nSmlich Anord-
nungen xn machen hat, von deren Beaebickung ihr künftiges bSr-
gerHches Sein ahhingt. Es iat nnaitllich, solche Leute zo tSa-
■ebon ; ohne gemd« die undankbare Rolle des Todeaverkündigers
m spielen , können wir ihnen ja ehrlich unsere Ansicht der Suche
nidlieilen, ja ich mfcine, dieaes sei unsere Pflicht. Wsbrend
meines praktischen Wirkens habe ich Aerste getroffen, und zwar
nicht unrerstSndige nnd unerfahrene, die in Fällen, wo ein Kind
gewahren konnte, dafa dag Leben dea Kranken auf die Neige
gehe, sich frech vermafsen, ihn erhalten zu wollen. — Warum
thnten sie daa* — Wer es nicht weifa, der achSme ai^ nur nicht
seiner Dummheit ; in manchen Dingen iM das Nichtwiasen weit
rühmlicher alt daa Wissen.
Digizedtv Google
Befördert viele* Leien die praktitche Autbildung
det Arztetf
BagHvi iat der Meinaog, die wahr« praktische BUdnng da«
Arnes werd« w«it besur dorcb da« Lesen dec Werke weniger
bewabrteo praktischen Scbriftsieller als durch das heifsbangeriga
Vericblingen alles «rreicbbaren Gedruckten enielt. Wer das,
was er darüber im siebenten Kapitel seiner ^axit medica ngl,
nicht gelesen hat, der lese m nur; es ist nett und mit I^une
geschrieben , besonders da , wo er Beispiele von gelehrten , das
heilst, von unblnitig belesenen Aersten anführt, die, wenn sie
Kranke heilen wollten, diese so nnweiM behandelten, dafs «i»
entweder starb«! , oder in ohrooisches Siechihnm ver&eleo. Er
glaabt, vieles Lesen befördere durch das beständige Aufnehaien
fremder Ideea eine solche Geislesträgbeit, dafi tfer Belesene ni*
laut die Benhigvttg Terliere, eigene Gedanken %a erzeugen; ja
si« verblende seine Angen so, dafs er selbst zum Beobachten nn-
taaglich werde. — Es ist wirklich wahr, was der Tersländig«
Mann sagt, man braucht best Kt ige nds Betspiele in unserer Li lara-
tnr wahiiich nicht weit au Sachen.
Der Arzt mnfs Beebacbter der Natur sein ; die \atur ist aber
nnerschSpflich in ihren KrankbeiiBerzeirgnissen. Was di« Schrift-
steller beobachtet liaben, kämen wir bei weitem nicht iumer
nacbbeobachien , weil ans 4iA Natar unablftssig neue Erseiifpiis«
vorlegt, die wir entrHthsela müssen, wenn wir anders wahrhaft»
Heilineister sein wollen: darnm sind uns angetrabte Sinne nod
ein gesunder Vnsland hschn'dthig, n»d wir dflrfen beide niobi
durch eine ungehörige Leserei verderben.
Wer da glaubt, er «ei ein ganver Meister, wenn er, tinK-
big, die Natur der vorkommenden Krankheiten selbst so unter-,
sncben nnd za ergrSnden, sieh einzig darauf beschränkt, die Be-
obachtungen der Schriftsteller und die Heilarten derselben doa
KrankheilMi anzuzwilngen , der ist eia Schwachkopf, wiewol i^
angebe, dafs er ein grofaer Gelehrter sein könne. Paraeelem»
sagt: „In der Arzenei ein jeglieber ibnt, soviel er erkennet in
,,der Natur. Der nichts erkennet, thut ' auch niebls. Wu er
,.lhat, das mablel er ab, wie eiir Mahler ein Bild abkonterfeiet;
„in dem ist nun kein Leben, also in demselben Arsie auch
„nicht." ■)
Niemand kann Krankheiten beobariiten, oder er denket fiber
das Beobachtete nach, er versucht die beobachteten Erscheinun-
gen und ihre Verhältnisse gegen einander za erklirea, er ver-
gleicht seine Beobachtungen ' mit denen bewihncr praktischer
*) Uiigrtnthni m*Me»ram Cmp. 0.
,,,, Google
— 1Z86 -
Scbrif lataller , kan, to uinetn Kopfe gehen mancfaerlei Venun-
desverrichtaugeD vor, aicht noth, alle hier antznlegen. Die Be-
•bachtuag ui sich, ist dai Geicbäft des SinnenmeDscbBa , lie
betrifft TerinHltB Einielkutwi , die «Is lolche keinen «rfahreneD
Arit laBcbvD ; mir iler über di« beobachleteo Einzelfaeiieo waltende
Venund imeht ihn.
El iet aber mr Bildnog eines wahren Praktikers bocbnötbi^,
iatt er die VervUndesverrichtaagen > nach denen er am Kranken-
bette handelt, in seinem Kopfe sur KlaTbeit bringe. Ich läi^gn«
«war nieht , dafs viele Aerste von gutem Rufe noch dunkeln Ver-
■undesverricblnngen bandeln; die meiaten meiner Leser werden
aber wol mit nit einverstanden sein, daS» der Arxt, der, nach
dunkeln Verstandesverriehtnogea bändelnd, ein gewölinllcber g:uier
Praktiker ist , nach klaren handelnd , «in noch weit besaeier sein
würde.
D» Ann unwidenprecblieh der Verstand der Haofttbildner dee
praktischen Arstes ist, so ist dringend nötbig, dab dieser Ver-
atand inerst selbst gebildet werde , damit er seine eigenthümlicheo
VerricbuDgan von denen seiner etwas luftigen Schwester, Phan-
tasie, uoterscbeiden lerne. Wie gelangen wir su dieser doppel-
tSB Bildung f Lasaea sich beide gleichseitig bewirken!
Meiuen jüngeren Lesern wüfste ich für dieses doppelte, gleich-
seitige Bilden keinen geschickteren Lehrmeister su empfehlen, aJs
das schriftliche Selbsterieugea. Wann Ihr, werthe Freaode! über
das, was Ihr am Krankenbette beobachiett nachdenkt, und gtanbt,
recbt verständige and kluge Gedankea erxengt au haben, ao lafst
Eacb die Mühe nicht verdriefaen , bringt Eure Verständigkeit zu
Papier. Schon während des Schreibsna könnt Ihr gewahr werden,
«b Eure Verstandesverrichtungen klar , oder dunkel sind : die kla-
ren werdet Ihr ohne Mühe und in der Kürze aebriftUch anadrük-
ken , die dunkeln wollen gar übel aus dem Kopfe auf das Papier
kämmen; es gehet ihnen wie den sweiköpfigenMifsgeburlen, die
Bnr mit grofaer Mühe der geburuhälflichea Kunst zu Tage gefor-
dert werden.
Habt Dir aan «ndliob dunkle Verstandesoperationen scbrifilicb
«asgedrückt, so sind si« doch dadurch um kein Haar denilicber
geworden; also ist «■ nöthig, dafa Ihr sie jetzt einer scharfen
Kritik nnterwerft.
Gewöhnlich ist eine solche sehriftlicbe Darlegung des dunkel
Gedachten weiilänftig, denn wir haben ■llesamnit eine Keignog,
durch grofsen Aufwand von Worten die fehlend« Klarheit der Be-
griffe KU ersetzen oder zu verstecken; aocb tat die Ordnung in
der Schreiberei gewöhnÜcb nicht die beste. Sncht also zuerst
eine verstandesrechte Ordnung bineinsubringen , das heifst, eine
Bolehe, bei der sich immer das Folgandt anf das Voihe^alieBda
— «89 —
beiiahet , *) and atniobt allao -SbwflSsdgw Woitaofi^aiMl ■ weg.
Nun <ergli«derl jeden HauptgudankeD , ood fragt bei jedem« den
Oedatken bildeadeo Worte, w*lcheB klare« Begriff Ihr daüit
verbindet; besoBdara gilt dieaes von den sogeDannten KnastwSr-,
tero, die mir zuweilen wie SobaumünzeD Torkanrnien , um deren
wahren Werth aich oiemand recht bekümnert. Wen« Ihr ao ver-
fahrt, werdet Ihr bald gewahr werden, ob Eure VerMandesver-
ricbtungen von blofa ideellen phantaaliachen Annahmen, odei Ton
unrerweräiohen Erfahningaaäiien aaigegaogen aind. Sind sie von
idealien Aoaahmen aaag^gangan, a« ist Cure vermetDtlioh aehr
TeratSndige Gedaakanfolg« für die Praxis keinen Heller werth.
Ihr werdetidaa anch selbat gar bald einsehen. Euch nach and
nach alles änilichea My atMisniai enittuiaern , und begreifen , dafa
nur der, welcher das Heilgeachäft zu eiaem echten, auf Beob-
achtung gegründelen VerstaodesgeicfaKft macfat, baffthiget sei, Er-
fahrung zu erweisen uad fortzuschreiten in der Erfahrenheit.
Nun könnten aber etliche alte darchtriobeua Fiicbse unter mei-
Den achtbaren Leaem über den Rath , den ich meinen jüngecui
Aintshrüdero hiiiaiehllich ihrer praktischen Aaahlldong gegaben,
Ucbelo, und in ihrem Herzen denken , ich habe durch diese
UathspenduDg mir salbst dia Marke der vollkumnensten Unnröa-
digkeil auf die Stirn gedrückt. — Ea ist alao iMHh, dafs ich,
Dacbdem ich bis jetzt als Veratandesroenacfa itier meinen Gegea-
ztaod gesprochen, nun auch als WelitHenach ein Wort darüber
sage. Am acfaickliohaien fange ich taeina Rede w^ mit einer
kleinen Erzählang an.
*) El kBüBlB mir JnMad rorwarrBB, loh laiht «ri der ScbreibonlaaBe, die Ich
■adam aopraiia , . in ngiDem ägemaa Bncha nlabt a^n gobliobei ; d«m witra
iob da« , $a biilta ieb ja dM enta Kapital ia da« iweite eiateluclitela uöi-
lan. Daraat antwoita iob Folgeads« : Ware UohenAeimt Heillebre, in lo fsra
lie lieb aoa gDiweideutigeD Stellca «eiaer Sehrirtea aoakgeo laPil, gescbicbt-
Ucb bekaant, lo hKtts ich sie dem iweitea Kipilsl «inverUibeu mDiseD : sie
tat abar aicbt geiebiebtltcb bekanat, also war icb gcnotbicet, dia vemieiot-
Itch Geaebielitlicha aicLer Eritik za unterwerfiR, ja den rerruhaea Maap raa
•olebiD BaaebaidliaagaD >■ riiaigas, welcb« vorstiadigaa Aeralea bi* jelit
alle Luat bcDOOiinea btben möaaen , laiae eigantlicEie BciUcbre in ergriiaden.
Das Geieliicbtlichkriiiictaa aad dai HeillnbrigveritiDdharie sind iwei DiDfe,
daran jedes eine besoodere Aarmerkiamkeil errudert, dorum hake icb taub
jedes {d einen besonderea Kapitel ibgebiiDdelt. Sollten anch HoAenhrfmt
Aenberaagaa , aui denaa leb im «ralea Kapitel daaaea He'illebre dargeitelll,
■MDcbao Lesera aahag* «twat daakal sebliebaa aeia, m aiad sie ihnaa docb
ehaa Zweirel , aachden da das iweita Kapitel saleaea , rallkummeD daDlIiih
fiewordeD. Das Vamiicben dei Geschieb tlichkritiiehea de« eritea Kapilela
mit dem Hei II eh rigvarstand haften dfs Ewiiiten würde nicht blof* dea Ge-
lehmaekulnn gar vieler Leser sehr naangaoehm berührt, loadera aarh dl«
AalWapkaamkait dereelbea larabwat, also dea Baapttwaek aller achriRatalleri-
«ataa Ordaeog, dIa DtaUiaUwit, kcla«aw«f«e caflrdait habea.
— ittw —
Vor nflhna JalwKi nnterbiek ich mieh einm Tagei Sber
GegMitläade der Erfahrungis««lMilniDde mit eiacm lehr Terstän-
digan , Tielteitig gMldtua Rachtagolftbrtfta. Dieser «rxfiklle mir :
er bnbe bei Gelegenheit eioei Recbubandele du Gatacblen eines
alten Aratet geleien. Dieee« Gataebten habe einen sienilicb star-
ken Aaatricb von Albernheit gehabt and sei dem ekelhafieB Ge-
plauder einer alten Metroae iahr ibniieb gewesen. Er verlangle
oan von mir zn boren, wie ea mSglicb aei, dafs ein Mann, dem
man doch den Veretand nicbt abipreoben kSnne, der einen sehr
gnien prakiiseben Raf habe, nnd unwidenprechlicb mit dem Mond«
fix genng aei, scfariftlieb eeinea Verstand so wenig bekunde, dafe
man, allein anf sei« Gaucfaten gebend, ifan weit eker für einea
albernen als fBr einen veraiKadigen Mann hallen müfite! — Mein«
Antwort auf diau Frage war folgende:
Die iteebtsgelehrlea sind geoöihiget, ihr« Gedanken tmb
Papier in bringen; dadurch laben sie, tmo Anfange ihres prak-
tiieben Wirkens an, beeiSndig nnter den Zwange, sieb das Für
asd Wider in den Recbishändelo dentlicb sn denken. Die Theo-
logen, wenn sie nicht, rom heiligen Geiete getcieben, ihre Vor-
träge ans dem Stegereife hallen, sind ebenfalls gendtlügct, ihre
Gedanken sn Papier so bringen; leben also ancb nnler dem Zwan-
ge, sich aMes deutlich ra denken, iq so fem nSnlich die Ge-
geDSlKnds , worüber sie sprechen , deallieh denkbar sind. — Aar
einsig wir Aerate geniefaen einer vellkommnen GaiMe^reihett.
Wir examiniien die Kranken, schreiben. Rezepte, Isafen tob
einem Hanse in das andere; bekattchen oder bereiten die Land-
Blrafse bei Regen nnd Sonnenschein, bei Frost und Hitze. Das
Pablikum fragt wenig danach, ob es Mittemsofat, oder Mittag in
ansem K&pfen ist; wenn wir oor fix su Beinen und nicbt aufs
Maul gefallen sind, erwerben wir uAa schon den Namen guter
Heilmeister. Ja da es, hinsichtlich der Heilkunst, begreiflich in
den KSpfen der Nicbi&rzie sehr dunkel ist, das alte Sprichwort,
dals Gleiches sich am liebsien au Gleisbeni geselle, aber ewig
wahr bleiben wird, so ist leicht eiasosehen, dafs äralliche Nacht-
kftpfe weit besser zn dorn Publike passen als LichlkSpfe. Wenn
wir nun bedenken, dafs das bürgerliche Geschäft des praktischen
Arztes ihn nicht allein nicht zwinget, sondern ihn nicht einmahl
mahnet, an seiner Verstandesbildung zu arbeiten, so kSnnen wir
uns ancb nicbt wundern, dafs es Aersle genug gibt, die sich
in geistiger Hineicht ganz vernachlSaalgen. Enra nandern ist gar
nicht nSihtg, dafa der Verstand das, was der Mund spricht, snr
Klarheit gebracht habe; im Gegeniheil, wer über das, was dun-
kel, unentwirrbar in seinem Kopfe liegt, mit selbsigenugsamer
Miene faselt, dessen unrersiändlicbe Rede wird Ten einem gro-
fsen Tbeile Menschen guigfttnbig f&r tiefe Weisbeil bingeiMnumen.
— K91 —
M«io reehMgelehrter Freand wm- mit meiner Beintwortang
seiner Frage xafrieden, machte mir aber noch folgend« nachträg-
liche Bemerknng. Wenn der Arit durch leio Geschäft auch ge-
rade nicht geswdngeD sei, seioe VerMandeiverrichtongen xnr Klar-
heit in efheben, and darch Schteibübnngen seinen Ventand nach
and nach an das klar« Denken zo gewohnen, so sollte man doch
Termnihen, er werde das schon seiner selbst wegen tbnn; denn
der Gedanke, ein so ernstes Geschäft, als die Heilkuost, nach
dunkeln Verslandesrerricbtangeo zu üben, müsse doch für jeden,
ancb nur halb Gebildeten, etwas Unheimliches und Niederschla-
gendes haben.
Ich kann aber wirklich in diesem Paukte meines Frenndea
Meianng nicht theilan. Freilich, wenn der Rnf, einen gebilde-
ten Verstand zn haben, dem Rafe, ein guter praktischer Ant xa
sein, keinen Abbruch thSte, dann könnte ich gegen dieselba
nichts Gegründetes einwenden; aber es ist unlängbar, dafs beide
Rufe sich nicht zusammen Terlragen. Die Mehrzahl der Menschen
ist offenbar der Meinung, die Bildung des Verstandes habe mit
dem Heilgeschftfte nichts zu thun , sie schade ihm vielmehr. Wenn
also ein Arzt , auoh ans besonderer Liebhaberei , an ^r Ansbil-
duag seines Ventandes fleifsig gearbeitet und es dahin gebracht
hatte, dafs er sich alle, ihn am Krankenbette leitende VeiMan-
desoperationen klar dächte, so wirde er doch, wollte er nicht
•einen praktischen Ruf aaf die Schanze setzen, genSlhiget sein»
seine Geistesbildung sorgfsltig zn verbergen. Er dürfte nicht , wie
das Evangeliam rätb, sein Licht lenchten lassen vor den Leuten,
sondern er müfste ans seinem Kopfe eine Diebeslaterne machen,
und die Rolle spielen, als scheine nur etwas faules Holz in sei-
nem Sehidel.
Nun ist es aber eine eigene Sache um das Rnllenspielen ;
wäre es nicht schwer, uimI gefaürte nicht dazu eine besondere
Natnrgabe, so würden gewifs die Sdianspieler nicht so reichlich
für ihre Vorstellung beaahlt werden. Es ist also offenbar weit
einfacher, dafs dsr Arat, statt zuerst seinen Geist mähsani zu
bilden und hernach die schwere Rolle des Faselh'anses zn spielen,
lieber ganz seine Geisteahildnng vernachlässiget nud ein wahrer
Faselhans wird; dann ttrauobt er sich nicht zn versiellen, son-
dern kann als ehrlicher Mann sich den Leuten geben wie er ist.
Meine Leser könnten aber denken , ich gefalle mir in (Jeher-
Ireibungen. Die Behauptung, als sei der gröfste Theil des Pu-
blikums der Meinung, der Verstand habe mit dem HeitgescbäGt
nichts zu tbun , schade demselben vielmehr, sei unwahr. Es wird
also nöihig sein, meine Behauptung zu beweisen. WoUie ich nun,
als beweisende Tbatsache, solche Aerste aufstellen, von denen
es Bchww zn sagen sein niöcbie, ob dsr Staat ihre Verständigkeit
— vm -
ofer nireCnveraläiicIigkeit approbutf nnd die democh aich einen
■ebr guten prakiischen Ruf erworben; so konnte man mir man-
cherlei Einwendungen dagegen machen, van denen die obeoan
■leben würde: icb werfe mich unm Richtet über meine Anilage-
nosseo auf und hnlie mich für klüger als die Medisinaibehörde.
Wahrlich! ao unTorsichiig bin ich nichl, mich aolcben gemeinea
AuBstelluogen blofezugeben. Der Beweia meiBer Behaaptung ist
■o zu fahren, dafs selbst der unertrtfgliebate Zänker nichts dage-
gen einwenden kann.
Ich erinnere nur einfacb meine Leier an die anUagbare Thnt-
■acbe, dafs von Zeit zu Zeit Menschen aufstehen, welche ni^t
blofi nicht Ton Siaate als Aerzie bestätiget sind , sondern in deren
KSpfen auch nicht einmahl der Leichtgläubigste einen Schatten
medizinischer Kenntnisse verrauihen kann, und die dennoch eiseii
solchen ausgebreitelcQ heilmeiateri sehen Ruf erlangen, dafs der
Huf des berühmtesten Arztes dagegen znr Null wird. Es ist zwar
wahr, solche Begebenheilen tragen sieh nicht iSglich zu; die Sel-
tenheit derselben kauQ aber doeb keinesweges ihre Beweiskraft
acbwfichen.
Ich selbst erlebte, während ich Arzt war, zwei ansgezeicb-
net merkwürdige Eracbeinungeo der Art; die eine, die sich ganz
beim Anfange roeioes praktischen Wirkens, im Gelderischen zu-
trug, habe ich vor 32 Jahren in einem Büchelcbcn über die Af-
lermediiin der Wahrheit gemflfs ersSblt; die zweite, noch weit
merkwürdigere, hat sieb, w&brttsd ich gegenwärtiges Werk ge-
schrieben , auf NiedarUndiscfaem Gebiete , nahe unserer Grenze,
ereignet.
Ich hSrte danahls wol, dafs ein Schäfer, den seiner Faul-
heit wegen niemand in Dienst haben wollte, sich mit d«m magi-
echen Heilen beschäftige, achtete i^er auf dieses Gerücht nichl
und vergafs es bald ganz. Einige Zeit darauf wurde mir das
wahrhaft Merkwürdige dieser Encbeinung auf eine übernucheade
Weise unler die Augen gerückt. Ich wohne an einer der Sira-
fsen, d!s das Preufsi&che Gebiet init den Niederlanden verbinden.
Anderthalb Meilen von hier ist der, durch sein wundenhäiiges
Muitergoiiesbild berühmte Wallfahrtsort Kevelaer. Der gröfate
Theil der Niederländischen Prozessionen koiuml also meinem
Hause vorüber; acht Tage nach jedem Marienlage wird der Weg,
auch airfser den förmlichen Prusessionen, von bin- nnd wieder-
gebenden kleinen oder grösseren Gesellsebaften WallfehMr belebt«
von welcher Belebtheit sich der, weicher nie etwas Aehnlicbea
gesehen, kaum eine Vorstellung machen kann. Nun ward ich
einst SU einer ungewöhnlichen Zeit durch ein solches Hin- and
Wiedergehen fremder Menschen, wie in den aogenatMten Okt«:-
v«n Statt bat, aufmerksam geinacbt, dachte aber nichts anderes
' — 1203 —
dabei, all, «i raÜHe wol zu Kevelaer ein Bufuiordendichm
Motiergotteafeat gefeiert werdsa. £ia paar Tag« darauf iah ich
raeineS kristkalholiacheD Nachbar vor seiner Thür ileiieii und fragie
ihn, welch nngewohaliches Fest denn doch zu Kevelaer gefeiert
werdet Er aalworieM: ihtn iel nichts von einem aolchen Fett«
bewufsL — Warum, erwiederte reh, lauft denn *o viel fremdet
Volk nach Kevelaer hin und zurück? Wie in den Oktaven
stehet ja der Weg nicht stille. — Mein Nachbar versetzte lächelnd :
diese Leute gehen nicht zur Matter Gottes, um za beten, son-
dern zum Schäfer, um sich heilen zu lasten. — Jeisi erinnerte
ich mich des früher vernommenen, aber fast vergoltenen .Gerüch-
tes, und da ich ihm mein Erstaunen bezeigte, sagte~ er mir: Sie
werden noch weil mehr erstaunen, wenn ich Ihoen die Art, wie
der Schäfer heilt, beschreibe. Er bekümmert sich gar nicht nm
die Krankheit, et fragt den KraokeD nicht aus, iMscbanet ihm
nicht das Wasser, verordnet ihm keine Arzenei (bei dem grofaen
Zulaufe würde das auch unmSglich sein). Uer Kranke selbst,
oder ein Bothe desselben , bringt nur einen Lappen Leinwand,
der Schäfer bückt sich über den Lappen, bewegt gleichsam be-
tend die Lippen, gibt den Lappen aurück» empfängt sein Geld,
und der Kranke legt die besprochene Leinwand dahin, wo er
glaubt, dafs die Krankheit sitze. Wenn Sie nun, fuhr roeia
Nachbar fort, bedenken, daüi bei dieser gemKchllcheo Heilart
der Kranke nicht selbst bei dem Schäfer zu erscbeioen, sondern
ihm nur einen Lappen Leinwand zn schicken braucht, viele die-
ser Wanderer > deren Zahl schon Ihr Erstaunen erregt, von meh-
ren Kranken Lappen hei sich führen, einer vicdleichi von fünf,
von zehn, von zwanzig, der Schäfer auch nicht jeden einzelnen
Lappen betonderB, sondern viele sngleich bespricht, und wenn
Sie endlich bedenken, dafs das Volk, welches schon durch seine
Menge Ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen, nur einen Theil
der HülfeBuchcoden ausmacht; denn weder die, die aus dem Bel-
gischen-, noch die, die aus den Niederlanden zu ihm strümen
sehen wir hier, nnd eben so wenig alle die, die von dem jen-
zeitigen Rheinufer kommen: so weiden Sie bekennen müssen,
dala seit MenBchengedenken kein Arzt einen xolob ausgehrsiteieo
Ruf gehabL
Später habe ich nun einige gesprochen, welche selbst hinge-
wesen; der Bericht derselben stimmte vollkommen mit der Er üh-
lung meines Nachbars überein.
Mit machte diese Erscheinung in zweierlei Hinsicht groftes
Vergnügen. -Eiumabl beütäligie sie schlagend meine Meinung
dafs ein grofser Theil Menseben den Glauben habe, Vetstnndes-
bildung und ScballuBUniHe seien bei dem Heilgeechfifte^^tW
— 12M —
nberflnufgfl , ja unnätze Ding«. *) Zdiii andern bewanderte ich
die List des SchSfen; sie war wirklich ergetsend. Wer koani«
ihm etwas aahabeo i — Niemand ; weder Polisei noch Medixinal-
behörde. Man konnte ihn nioht beschuldigen, dals er den Be-
schwörer spiele, dafs et abergläabiscbe , goiteslästeriscfae Possen
treibe, denn niemand wufsle, ob er die Lappen segnete, oder
verfluchte; er bewegte blofa, über dieselben gebückt, die Lip~
pen, and das verbietet keines Landes Gesetz den Bürgern. Man
konnte ihai nicht nachsagen, dafs er den Kranken Anenei ver-
abreiche, ja nicht einmahl dafs er sich nm die Art ihrer Krank-
heit bekümmere, aoeh viel weniger, dafs er gedruckte pomphafte
Bflkanntmachuagen verbreite: als« war es auch anssSgltcfa, ihm,
als einem Afterarste, die Uebung seines eintrftglichea Geschäftea
n antersagen.
Wahrhaftigl rine solche Erscheinung ist ein trefifliches nie-
derschlagendes Mittel für den praktischen Sioli mandier Aerzte.
Sie dringt uns die Ueberseugung auf, dafs die grobe Zahl der
bei ans Hülfe Suchenden unmSglicb ein Beweis ansefer hoben
Verstandesbildung und unserer ausgezeichneten heilmeisieriscbea
Künsligkeit sein könne, sondern nur xn oft von äufserlichen, er-
kennbaren and nnerkennharen, nicht in unserer Gewalt siebenden
Verbältnissen abhänge.
Nachdem ich bbu als Verstandes- nnd als WebmeDsch von
der Bildung des praktischen Arztes gesprochen, komme ich noch
einmahl wieder anf BagHvi snrück. Er sagt, wie ich schon oben
angefiihrt, der Artt müsse wenige, aber biwfihrte Schriftsteller
lesen. Das ist nun wol recht gnt gesagt, allein man findet doch
auch bei minder bewahrten oder berfihmtea, ja wol bei ganz an-
berühmten, manches Wahre nnd für die Praxis Bmnchbar«, wel-
ches man vergebens bei berühmten sucht, nnd das verhalt sich nidit
blofs jetst so, sondern mufii schon so im 17len Jahrhundert ge-
wesen sein« denn F. Syhiv», der selbst ein berühmter tAaaa
war, spricht diese Ueberzengung an*. Ich meine also, es lasss
sich den praktischen Aerzlen keine allgemeine Vorschrift hinsicht-
lich dea Lesens geben ; jeder mufs thnn , was ihm der Geist ein-
gibt. Einige treibt die Wifsbegierde , sich mit den Hanptmeislera
aller Zeitalter bekannt zn machen. Tbun sie das nicht, aach
Art der Gelehrten, blofs in der Absicht, mit ihrer Belesenheit
gelegentlich zu prunken, sondern sich als Praktiker zu belehren,
so kann ich diese Wifsbegierd« nicht tadeln. Sie gibt unwider-
*) Die L«»cr kSanea iBicht daakco , dafi die HeDga der HSlTe Suchudee atckt
blofj gemeinei Volk geweien. Wer lich einbildet, Dniniiiheit nid Leiebt-
gtSiibigkeit «ei blofi der nnteren Stisde Gigenlhain , dgiten BeksDDUcb*It uit
der HeBicheowelt bbCi mkrUch eine lekr eberflliaUieh« leis. <,—
— 1195 -
tprccblidi eine Tielaeltige praktiMhe Bildong, «lleia sie führt
auch Bar Zweifelung; und da wenige die Kraft und An>dan«r
haben, durch die Nacht der Zweifel lam Lichte xn dringen, so ist
leicht EU begreifen, dab die meiaien Aerzte dieaer Bildung nn-
stät in der Uebung ihrer Kunst sein müssen, ^ndere lachen eii»-
zig die Belehrung bei den berühmien Meixtern ihrer Zeit> Weil
- nun jedeg Zeiialier gewisse eigen ibumlicb« AnNchiea nod Mei-
Dungea hat, eo gibt diese Leserei eine einseitige Bildung. Sol-
che Aerzte kommen mir vor, wie hofmeislerlich gebildete jnng«
Herren, sie wissen viel, aber ihr Wissen ist ein nngelenke«,
eigensinniges Wissen. Sie hoben jedoch den Vorzug vor jeaea
Universalisten , dafs sie nicht mstät in der Bebandinng der Kran-
ken sind. Sie lassen brechen , laxiren , sapfen das Blut ab , rei-
chen Wein , Branntwein , Aether , oder erquicken den Kranken
mit Quecksilber, Digitalis und andern herssiärkenden Dingen,
alles, wie es der Gebrauch der Zeit mit sich bringt; ja sie sind
so unerschütterlich fest in ihrer Kunst, dafs seihst die ungünstig-
ste Wirkung der Arzenei nicht einmahl den leisesten Zweifel übet
die Zweck mäfsigkeit derselben in ihren Köpfen auftanchen läfst.
Boglivii Worte, dafs der praktische Arzt zu seiner Ausbil-
dung sich mit wenigen, aber den bewShriesten Schriftstellern ver-
traut machen niQsse, bringt mich auf den Einfall, von der Be-
rühmtheit der Schriftsteller, zum Schlüsse disses Artikels, noch
•in Wort zu sagen. Ich glaube wahrhaftig, dafs diese von Zu-
ffiUigkeilen abhSngt; welche nie ein sterUi eher Mensch gründlich
nachweisen wird.
Das wirklieh Verslandesrechts mnfs doch immer verttandes-
recht bleiben, das Erfabrungskundige mnfs doch auch seinen
Werlh behaiien; wie kommt es denn, dafs Schriften , ^ia in mei-
ner Jugend für unbändig lehrreich gehalten wurden, jetzt ganz
vergessen sind , so dafs das heulige jüngere Geschlecht kaum den
Namen ihrer berühmten Verfasser kennet J — Will man das auf
die Menge der seitdem berühmt gewordenen Scfariflsieller schrei-
ben, vorgebend, diese haben ihre Vorgänger ferdunkelt; so ma-
che ich folgende Einwendung. Wir haben seit dem letzten Viw-
tel des ISien Jahrhunderts bis jetzt, ausgezeichnet guie Dichter
berüfaiut werden sehen ; man findet abar doch in jetziger Zeit sehr
wenig gebildete Menschen , die nicht auch die Dichtungen 6el-
lerhy Gleimt, Utx, Qeßnera, Kleitti und anderer Meisler mit
Vergnügen gelesen hätten. Ja salbst weit älter« sind nicht ver-
gessen; so äufserte mir «tnat ein hochgebildeter Mann die Mei-
nung: keiner unserer heutigen hochgefeierten lyrischen Dichter
habe je den inaigen frommen Glauben an die väterliche Vorse-
hung Gottes so herzlich, to tröadieb, so erhebend ausgesprochen,
als der ehrli4;he Am/ Gerhard in seinem Lied«: Befiehl da
— 1396 —
dein« W«ge: mi, aufriobtig ad Hgmaaden, ich mnfste don
Manne Bei&ll geh*«. Paml Qeriard hat ab«r in dem ersten Vier-
tel des f7ien Jahrhandcrts gelebt. Dneh nicht blofe dichterische
Croengniue, sondern auch andeie geistreiche Schriften bleiben
in Andenken der ^eneoben. Wer iat, der nicht MmehiaveU Für-
Men, Voltaire» Candide, seine PrinEefs von Babilon , sein phi-
losophisches WArterbncfa oad andere seiner Schriften gelesen!
Ja es giebt geisireiebe Bfidier, deren Verfasser sich nicht ein-
mabl genannt, und. die doch so ia Andenken geblieben sind, dala
jeder, der nur etwas neugierig ist, die Oeistesgebunen früherer
Zeit kennen sn lernen, sie. gelesen bat. Von diesen BSehem
neaae ich nur dia EpitMtu obtcmromm virorum ') und den Coss-
pire Mttttkitu.
Wena ieh nua sehe, dafs dichterische und andere geistreiche
Eneagnisse lange im Aodenlien der Menschen bleiben nnd mit
Vergnügen gelesen werden; alle zu ihrvr Zeil berühmte medisi-
niache Werke aber in dem Zeitraoiae Ejnes Mensch enl ebene so
in Vergessenheit gerathen , dafs sie nor höchstens von einem Pro-
fessor der Medisin, oder von einsni Geachichtscfareiber flüchtig
durchsldbert werden: so mufs das doch entweder an den prakii-
sdien Aersten li^en, sn deren Belehmng jene Bücher geschrie-
ben sind, oder an den Büchern selbst.
Dafs es an dea praiuischen Aenten Hegen sollt«, ist mir
ntt^t glanblicfa; denn die meisten suchen gern Belehrnng, ja man-
che aiiid im MfameD Jahre der Praxis, dvrch Vergleicbnng ihrer
eigenen Beobachtungen mit ihTer Legerei , so wirre im Kopfe
geworden, dafi sie einen. Sehriftsleller, der ihnen reinen Wein
einschenken und TefstaadeBreobt in ihren Kftpfen aufrfiamen kSnnte,
sehr hocbbalten nnd sieh gewifs auf "das innigste laii ihm vertraat
machen würden, er möchte nnn handert, oder iw ei hundert Jahre
ror ihnen gesdirieben haben.
' leb glaube also , dafs das Vergeesenwerden der medixinischea
Schriften in diesen Sehriften selbst zu soeben ist. Ist das wahr,
so ninfs man dea Gmnd daTon, entweder in dem Verstandhaften,
oder in dem Exfabrnngakundigen derselben naohweisen kSnnen.
Das Verslandhafte kaan allgemein verstand es recht, «der zei-
tig ▼erstandesivoht seia. Das allgemein Verstandesrecfaie , das jeut
gesehrieben wird, mnfs nach tausend Jahren noch eben so Teiv
') ManelieiD , d«r dieies Biet ^eleics , wird e« wol (cg*B|ea teia , wie Silr
in raaiDem 18I>b Jabre, Dimablt k*B ea mir vur, •!• babg der VerfsMer
die Ferbeo vivl in grell BDrgclregeiii tett icb aber liogs in anderea Unga-
bangen fewoüat, iit rair diE Uebineugaag geworden, dah er keioeimKei
äbeririebea , ■ODdam nat du Iraart* GeaeMde dar eeiMaaHMaaf laiiwr Zeit
— 1297 —
•UndeirMht sein alt sweimahl Zwei meh tauend Jahreo noeh
Vier lein mnesen. Das zeitig VentBndeirechto|ist aber kein wirk-
lich Verstaadesrechles , sondern wird nur, in einem gewissen
Zeiträume, von einer gröfseren oder kleineren Zahl Menschen lur
Terstan desrecht gehalten. Entweder ist es etwas TrugBchlSssiges,
oder ein Mischmasch von Verslandhafiem und Eingebildetem.
In anserer Medisio ist seit der Siteslen Zeit das Verstandhafie
mit dem Eingebildeten wnnderbar verauogt worden. Man will den
inneren Vorgang in dem belebten Leibe erkennen , da dieser aber
Euni grSfsten Tfaeil nnerkennbar ist, so kann das Versiandfaafia
doch nnr ein Mischmasch von Eingebildetem nnd Verstandhaftem
sein. Das Trngsehtiissige steckt darin , dafs man eine aogemafste
Kenntnifs des belebten Leibes nicht besjimmt als den Pankt an-
gibt, von welchem die den laedisini sehen Büchern in Grunde lie-
gend« heil lehrige Gedankenfolge amsgehet.
Die verschiedenartigen sogenannten Theorien sind also blojs
Variationen auf ein and daiseibe nnlogisebe Thema. Jede dieser
Variatiooeh hat ihre Zeit» in der man sich einbildet, sie m ve^
stehen, in der sie also ibro Qaltnng hat. Ist diese Zeit verlau*
fen , und jemeAd spielet dann anf das alte unlogische Thema ein
neues Stückchen, das seines neuen Klanges wegen Beifall findet, ■
•o wird das vorige gar bald vergessen; in Kurzem hält man es
fQr eine abgasohmaekte Dudelei, nnd kaum ist ein Menschenleben
vergangen, so verstehet es niemand mehr. Es ist also gar nicht
zu wandern, dafs Büoher, die fast als nneireiobbare Musterwerke
an ihrer Zeit erhoben worden, jetzt so in Vergessenheit gesno-
ken sind, dafs, bitte dl« pApierne Gesdiichte der Medizin nicht
die Namen der Verfasser aufgeseichnel, kein Praktiker mehr wie-
sen würde , dafs dieselben Je in der Medizin gelebt und ihre glän-
zende Ruhmzeit gehabt.
Es könnten mir aber die Leser einwenden: ich spreche Mef»
von der Theorie, diese sei allerdings sehr vrandelhar; man finde
aber in praktischen Büchern mehr als Theorie, man finde ancb
Erfahrungen darin verzeichnet, und diese seien doeh nicht so wan-
delbar als die Theorie. Bechl! Aber habt Ihr, meine Franndel
wol je darauf geacbiet, welchen Einflufs die Theorie auf die Pra-
xis hati Dieser ist weit bedeetender, als mancher unter Euch
denken machte. Der Verstand hilft nns doch zur Erfahmng, er
ist es, der über unsere Beobachtungen waltet, sie ordnet, sie
vergleicht, nnd aus ihnen Regeln für das HeilgescbSft abziehet,
welche ans befähigen, den Kranken gut in ihren NSlhen zu hel-
fen. Ist nun der Verstand iheilicbi verkrüppelt , vermiscbt er das
Versiandbafte mit dem Eingebildelen nnd siehet diese seltsame
Vermischung als etwas echt Verstau desrechtes an, wie kann er
uns da xnr wahren Erfahrung fDhrenl Mir ist das unbegreiflich.
«2
— «98 —
Nicht eioRiBbl zum richii^a Beobschten sind wir bei eioeni thoi-
licht verkrüppeliSD Vusiande b«ßihiget; denn wir b«obachiea nicht
■elteo blofi diejeDigen Eracheiaang^aD , die Dach unsersr nnlogi-
lebeu Lehre wichti|^ lein itmfsien, und übergehen diejenigeD, wel-
che wirklich wichtig gind. Wäre das nicht ao, dann würde ja
dai Obsolet werden der wichtigMen Ileilmitlet ganz unerklfiriicb
leia. Von diesen erwartete mao, nach einer anweisen Theorie,
gewisse Wirkangen-, und da sie dieaelben ihrer Natur nach nicht
kufsem konnten,' war nan so erblindet, ihre wahr«, uneraeixbare
Beilwirkang zu übersehen.
Zu unserer Zeit sind ißhon manche solcher fast vei^essenen
Mittel ans der alten 'Rüsikaminer wieder berTorgcsogen. Gelan-
gen die Aentfl aber nicht au der Einsieht, auf weiche Weise die-
selben in Veraeht gekoniiaen, so werden sie durch die Bekaoot-
niachung ihrer Beobacbtungea die Fortaohrilte der Kunst auch
nicht sonderlich fördern. Andere werden anfsteheo und aetzen
den beslAiigenden Beobachinngcn verneinende entgegen. Ist noa
die bürgerliche Stellung und besonders der Sch;irisieliernif der
verneinendM Beobachter grADier ata der der bejahenden, so sin-
ken die guten Mittel gar bald wieder in das Dunkel der Vergea-
. seoheit surüek.
Alles wofal artrogen, ist es ako ganz unmöglich, daü die
medizinisebea Werke ihren nit Baoht oder Unrecht erworbenen
Ruf lange behMipten können; nur dann würden sie es können,
wenn in ihnen (wie Paracebu» sagt) Tbeorika aus der Praktika
hervorginge. Wenn nan also , wie Bagliviy einen jungen Arzt
emahnen wollte, er solle sich nnr mit den bewährtesten Sebrift-
slellern vertraut machen , und dieser fragte dann , welche die he-
wfibrtesten uien, so würde man dureb diese Frage übel in die
Klemme kommen. Sie sind alle zu ihrer Ztdt berühmt und be~
währt geweseA, ihre Schriften sind häufig und gierig gelesaa
wordent später hat man sie Tergessen nnd ihre Bücher nicht mehr
beachtet Welches Geschlecht ist nua spnichfähiger Richter in
dieser Saohe, das, welches die Sefariften hochgehalten und sie
fleifsig gelesen, oder das, weichet sie gering geschätzt und aia
nicht gelesen t — Man mag das Eine, oder das Andere anodt-
man» so lassen sich aus beiden Annahmen gehässige Folgeroa-
gen ziehen, w^ehe ich, mit Worten auszudrucken, mich gerade
nicht berufen fühle.
itvGüogie
- «99 —
/•* meine Behauptung, da/* d-urch die Schullehre
(welcherlei Farbe lie habe) der Verttand der Aerxte
theilichi verkrüppelt »ei, eine Beleidigung
für die Aerztef
Dies« Frag« werde ich blofs für die Schwacbe.B bcaatworlen,
denn die Starken bediirren der Beantwortung picht. — Dafs keine
bcisliche , hämische Absicht meiner Behanpiung zum Grunde liege,
gehet daraus hervor, daf* ich gestebe, zwanzig Jahre an der
Dämlicben Verslandesverkrüppeliiiij^, worauf ich die Leser aiif-
inerksBm mache, gelitten za haben. Wahrscheinlich würde ich
bii xnm Ende meines Lebens nicht zur Heilung gelangt lein, wenn
luich nicht ein Zusammenstofs von UmslSnden bestimmt bälte, die
Werke des Ptiraeeltui mit Aufmerksamkeit zu lesen, und wenn
dieser mir nicht ein Licht angesteckt, welches icb vergebens bei
andern Aerzleo gesncht. Dafs ich dein Lichte gefolgt bin, ist
«ben kein grofses Verdienst. Viele meiner Amtsgenassen, in de-
ren Köpfen, so gut als in dem meinen, eine dunkle Verslandes-
mabnnng gedSmmert, dafs zwischen der rohempiriscben und der
rationell -empifischen noch eine dritte verstandhafie Erfahrungsheil-
lehre liegen müsse, würden, halle sie, wie mich, ein Zusam-
menstofs von Sufseren Umstünden zum ernsten Studium der Para-
celsischen Sehrifien getrieben , den nHmlichen Weg betreten ha-
ben, de« nämlichen Li«b)e gefolgt sein. Ich denke also, dafs
meine Befaanptuog von einem ehrlichen Gemüihe, and wnt eher
von einem demöihigea als von einem hochmüthigen Sinne zengt.
Wäre ich ein Schelm und «in hoehmüthiger Karr, der Each, mein«
Freund«! plagen wollte, so würde icb ja ganz von ParaceUm»
geschwiegen und raicb geslnllat bi^eo, als aü alles, was ich Ench
gesagl, mein Eigentham.
leb begreife übrigens so gut als einer von Euch , dafs nicht«
mifslicber ist, als «bor theilicbte V erstand es verkrGppelnng zu spre-
chen. Wi« ich zn Euch sag«: Euer Verstand ist durch die Schul«
theilicht verkrüppelt; eben so gnt k5not Ifar mir sagen, ich sei
ia den ersten zwaosig Jahren, der Sbhnllehre folgoad, ein T«r*
ständiger Mann gewesen, in den letzten zwandg Jahre« in«in«r
Praxis aber, durch Paraceltu» toU gemacht, ein Nan geworden.
— Wer soll nun entscheiden! — Bekanntlich haltBO die Beranscb^
ten sich bSufig für sehr Dücbtern, die Verrückten für sehr ver-
ständig. Möglich bin ich verrückt oder berauscht, ohne es selbst
ZI) wissen; aber eben so möglich kSnnt Ihr, meine Freunde! es
sein. Da wir nun über diesen kitxlicben Gegenstaad bis in alle •
Ewigkeit zanken könnten, ohne aufs Heine za kommen, so halte
ich es für das Beste, Euch daran su erinnern, dafs die anderen
drei FakullilaD, die Philotopbiscbe, Theologische nndJatbtische,^^
82" ^^
— 1300 —
Zeiten gehabt haben, in deoeo sie an theilicfaler Verilandesver-
krüppeluDg gelitten.
Von den Philosophen lafat Encb das selbst anslegen; sie wer-
den keinen Anstand nehmen, Euch m willfahren. Ich kaan and
mag nicht darüber reden, denn ich bitbe nicht einmahl eioeD
klaren Begriff von dem, was man heut zn Tage Philosophie
nennet.
Die VerstandesverkrGppelang der Theologen ist i*eit ernst-
hafter für das Wohl der Menschheit gewesen. Sie haben geglaubt,
der kristlicben Lehre sn folgen, dos Reich Gottes au förderoj
wenn ne Lenie, die in einigen Dogmen von ihnen abwichen, ver-
folgten, marterieo, tSdieteo. Da nnn dieser Glanbe nicht aas der
Lehre Krisii hervorgehet, so konnte er doch nur die Frucht einer
Veistandesverkrüppelung sein. Und wie lange hat diese Verstao-
deSTorkrüppeluag mit Ketten der Finsternifs die Theologen gebnn-
den ! Ist nicht erst in unserer Zeit das Glanhen^ericht in Spa-
nien anfgehoben? Ja wir haben nicht einmahl ein richeres Wahr-
zeichen, ob in jetziger Zeit die KSpfe der Theologen gründlich
von dieser Yerkrüppelung geheilt sind ; wir wissen blofi , dafs die
weltliche Macht die handgreifliche Offenbarung jener Verstandes-
verkrüppelong nicht mehr duldet.
Der schlagendste Beweis der Kopfkrankheit der Theologe«
ist jedooh ihre Behauptung: der Stifter ooswer Religion set Gott;
seine Lehre aber (die w doch iaPalftstioa dem eiofSlligen Juden*
volke vorgetragen) ssi so nnbegreiflich , dafs man h versdiied^
nen Zeilen alle Theologen ans der gansen kristlicben Welt habe
snsamni anrufen müssen, um sie su erklären. Sie sehen uns alao,
die wir doch auch elaige Aosprüdi« auf geistige Bildsng machen,
für viehisch dumme, tief unter dem alten Jadenvolke stebende
Meoscbeh an; ja sie begreifen nicht einmahl, dafs ihre Bebanp-
tnng: ein Gott habe den Willen gehabt, das Volk bu belabrea,
die Gabe der deutlichen Mitihailung aber in so geringem Grade
besessen, dafs man seit achtzehn hundert Jabren ans seiner Lehr«
nicht klug werden könne, eine ongchenre, ganz offenksodige
Contradictio in adjecto enthalt.
Nun wollen wir uns zn den Rechtagelefarten wenden. Hier
«rionere ich snerst an die Folter. Bekanntlich worden nicht hlofs
die gemartert, die eines Verbrechens bnichaldigt waren, sondern
in manchen Fällen selbst die Zengen , wenn sie den unteren Volks-
klaasen angehirten. Der Verstand der Rechtsgelehrten mufste
doch nothwendig durch die Schullehre theilicht verhriifpelt sein,
dafs sie aolchen Unsinn für etwas sehr Verttfindi^es , bei ihrem
Geschäft Unentbehrliches ansehen konnten. Bekanndieh fast Frie-
drich der Bweite , König von Prenfsen , znerst diese empSrende
~ 19»! —
Jnrittitclie Graaganikeit abgeschafft: aber wi« längs ist sie noch
in anderen LfiBdern geäbl worden!
Ferner erinnere ich au die Hexenprox«tra. Freilich haben
die Theologen auch ihre Hand mit darin gehabt, and dem ar-
men Volke, das sie belehren sollten, ihre eigene Veratandei-
verkrüppelung ganisseuhaft mitgetbeili. Aber die Re oh tigel ehrten
hätten sich doch als sindine Lenle von dieser Geisteskrankheit
hellen müssen. Sie haben es nicht getban, sondern sich viel-
mehr gegen die Heilung gFstrftnbt. Seit unser achtbarer Amtgge-
Dosse Wieru» sich als Schriftsteller der armen Hexen angenom-
men! sind noch Bücher über die Hexenprosesie geschrieben, ans
denen in nnseren Tagen verständige MSnner der lesenden Welt
merkwürdige Falle znr Unlerbaltung mitgeiheilt haben. Die Vet-
standesverkrüppelung der Rechtsgel ebnen ging selbst so weit, dafs
■ie, wenn die armen gemarterten Menseben durch die unsririig-
liebslcn Qnalen ohnmächtig und ganz besinnungslos wurden, der
festen Meinung waren, der Teufel mache dieselben durch seine
faöllinchen Künste unempfindlich für den Schmerz,
Nun, Ihr Herren Amtsbrüder! die ihr Lnst haben mBchtet,
mich, weil ich Euch einer ibeilichlen Veratandesverkruppelnng
bezncktige, für einen ungeschliffenen Gesellen za ballen, sagt
mir einmahl: woher habt Ihr doch das Privilegium, von solcher
Verkrüppelung frei zu bleiben f Warum sollte das Menschliche,
was den Philosophen , Theologen und Jurisien widerfahren , nicht
noch den Aersisn widerfahren sein? Wäre es diesen nicht wi-
derfahren, so mSfste» sie nicht Menschen, sondern wahrhafte
Engel «ein. Betrachte ich aber die Geschichte der Medizin, so
kann ich nichts Engelhaftes an ihnen entdecken, aber wol viel
grob Menschliches, Sia- haben ja nicht blofs die ihnen von der
Urzeit eingeleible irztlidie Verstandes verkrüppelung treu bewahrt
and gepflegt, sondern sich auch die der Theologen und Philoso>
pfaen sorgfältig angeeigenet, selbst mit letzter so geprunkt, dab
man manches, was in gewissen Zeiträumen von ihnen geschrie-
ben ist, kaum »bne Hitleiden und Ekel lesen kann.
Von Zeit zu Zeit haben kluge schulrechte Aente fiber die
langsamen Forischriiie der Heilknnst geklagt, und sich bemühet,
den Grund dieser Zögerung auszulegen. Unter diesen Aerzian
ist, meines Erachiens, .B^&irif dfenrf der aufrichtigste, oder der
dreisteste, oder der gröbste; denn er äufsert dieVermuthung, as
sei physisch unmöglich, dafs die Aerzie auf dem von ihnen ein-
geschlagenen Wege je das Ziel möglieber Konstvollendung errei-
chen können. Seine Worte, welche in der Vorrede zn der Schrift
De imperio to/i's et lunae iM eorporm kttmana ele. stehen , lauten
also: Coi^'tchin» aäiuc tcatet meditsÜMy et via; dum identiae na-.
Uten mereiitr. Id mM artit iptin indvli deieatmr, quae i^erta
— I3W —
primaria rttpual; an p^tüu medid» vHi» verieMibim m7, qmi obli-
quHM tramilem üuialenfet, labon» taedio in reciam vmhh redire
uolueriut; alia* /'oitatna dabUur ditpitandi occtuie. *) Manche
mS^en wol dieie Stelle gelesen haben, ohftr auf den gvtficbtigeti
Sian denclIieD zu achten. Er vermuihei, die Aerzre haben eioen
schrägen Pfad zu dem Ziele der niög'lichea Konsivolleoduoir
eingeschl^en , imd au« Faulheit wollea sie nicht in den gera-
d«B Weg kehren. Der Begriff des SchrBgen ist «ber ein rela-
tiver, er wird uns nnr durch Vergleichnng mit dem Geraden.
Wenn wir zwei Punkte ans denken , einen der mediziniBchen Rub-
bei^, den wir A, und einen zweiten, der möglichaiea VoUcn-
dang, den wir X nennen wollen, und ziehen eine gerade Linie
von \ nach X , so kann ja eine andere' aus A laufende scbrSiie
Linie, nnd machte sie mit der geraden Linie auch den spitzesten
Winkel, nie zu X gelangen^ im Gegeniheil , je mehr wir aie
verläagern, nm so mehr mnfs sie sich von dem Punkte X ent-
fernen. Mead» Verinutbnng iBnft also darauf hiaaDs: der Gedanke
der Aerzie, als scbritien sie auf dem Wege, den sie wandeln,
rüstig dem Ziele möglicher Kunstvollendnng nii, enthalte in sich
selbst einen Widerspruch, mithin eine UnmSglicbkeit.
Da nun, so viel ich die Literatur kenne, den Aersiea Mead*
Yermutbung aie anstöfBig gewesen, so kSnnen anoh die min-
dar Freisinnigen nnier iiMinea Lesern an meinen einfachen
und Tersiändlichen Beweisen, dafs des Engl&nders VeTmiiihang
wirkliche Wahrheit anihalie, unniSglich einao Anstofo nehmen;
sie werden vielmehr als hillige Mfioner sicli des alten dautachen
%iricbwortM erinnern: Was dem Einen Recht ist, kann
dem Andern nicht Unrecht sein. Eine, darch deniliche,
allgemein rerstBadliche Beweise gestützte Bebauptnag, kann nia
den wahren Verstandesmenschen beleidigen; deitn er bagrrifi ja,
dals der SchriftsteUer seine Behauptung den Ltssern nnr unter dex
BedingoDg als Wahrheit bietet, dafs ihr Versland die Vollgültig-
keit seiner Beweise anerkenn«. Aber in verstandhnfien Dingen,
wie Mead, den Lesern hlofse Vermnihungen in den Bart werfen,
das balle ich nicht blofs für unschicklich, sondern auch für be-
Isidigend.
Hippokratt:
Die Kritik hat in uaner Zeit die Schriften des Manna sehr
bescboilten. Während ich g^geuw&rtigea Werk geschrieben , habe
*) Ob er in tlner ■öderen Sebrill anträbrlicher Sber d!eien GerMiUod getpr*-
cten, weift Job siebt; ieb hibs iBfier ^rm benitlkn BSchelobeD ntebts ree
Uli» geleeea , «If *elna Momlim tt frateeptM mtJiea »d leiae Mtttkamtat
»xfMiUt vtmtmnm ttcj !■ beidea Sebrinon enribst «r der Sashe aicbU
— 1303 -
ich noch die AnkQnJiping «in«r neuen Kritik eioei Üippokraii-
scbeD B«cbe» (ich weifs nicht mehr, welches) geleaen. Wenn
es so fortgehe!, wird man vielleicht nach hnndert Jahren keine
echte Hippokraliiche Schriften mehr heben. Dieser Schrifiitelier
hat wirklich merkwürdige Schicksale gehabt; bald hat man ihn
hinter die Bank geworfen , bald ihn sn einem fast göitlicben Wei-
sen erhohen , in deaaen Schriften man alles , was einem noih sei,
finden kilnne. Von der Scheidekunst z. B. bat er gewifs niebla
mehr verstanden, ah heat zu Tage ein SlÖfser in einer A polheke,
und doch machte 1668 Otto Tacheniti$, in seinem Sippoerate
chymico, ihn zum trefflichen Chemiker. Selbil <lai Wort Alqfiy-
mie leitet er aus dem Griechischen her, nämlich von aA; und x*")
dafs es also eine Salsschmelzerei hedeitten mäfsle. *) Solche alle
Schriften, die durch die Hände vieler Abschreiber gegangen und
so manchen vermeinlÜchen Verhesserer und Ergänzet gefunden»
können, nach meiner Ansicht, nnmöglich einen grofsen prakti-
schen Werlh haben. Die Merkmahle, vermittelst welcher man
die echten Hippokralischen Schriften von den unechten onterschei-
den soll, aind bekanntlich ziemlich nnaicher. Eins der Haupl-
kennseichen der Echtheit soll die gedrSngte, oft an Dnnkelheit
grenzende Kürze des Ansdruckes sein; mir will das aher auch
nicht recht einleuchten. Man stöfst ja aufstellen, die nicht blofs
an Dunkelheit grenzen, sondern ganz nnvemändlich aind; so
«direiht aber kein kluger Mann.
Die Aphorismen werden von den Kritikern für echt gehalten ;
znm wenigsten hat Gate/t, der dem Hippokraiei nm 17 Jahrhun-
derle nfiher stand als wir, an der Echtheit derselben nicht ge-
zweifelt, denn er hat ja eine Auslegung derselben geschrieben.
Abgesehen von dem Gezwungenen, worauf man hin ond wieder
io seinen Commentarien siSfut, bleiben, trotz seiner Auslegung«
manche Aphorismen noch unverständlich, oder der angeblichen
Erfahrenheit des grofsen Meisters widersprechend. In des gelehr-
ten Ouiliel, Planta Uebersetzung der Galenischen Commenlare
findet sich ein Anhang unter der Aufschrift: Guilielmi Plantü
annotationet in obicuriore» aliquot Hippokraiit aphoritmoi. Dar<
IQ sucht der Verfasser, als ein echler Anhünger des Hippokra-
te»t 19 dunkle, und trotz Gttlem Auslegung dunkel gebliebene
Aphorismen, mit der Verständigkeit und Erfahrenheit des an-
geblichen Verfassers in Einklang zu bringen- Er ist aber offen-
bar ein sehr linkischer Anwalt, denn durch seine Vertfaeidigung
*)BekuaiUGh war On* TMAniAn euw tm dcnes , welcba die CwlMi«!b-Sfl-
viMke a«aiauie aüt dsa BlppokrMisMs su üom vemdiee. .:,CiOOqIc
— 1304 —
■mIIm «r in Erfohraagavidrig« der b«spro«beiMD Sit» «ist nAt
lu ein grellM Lichl. 'J ^
KStm Dnd GedrSnglheit d« AnadruckM atebst dach mit nn-
nauea Wiederhol iingen in geradem Widenpruche ; wef hat aber
•in to schwaches GedächiDifs , dBfs er nicht beim Darchltseo der
ApborUaeD auf Wiederbolaogen siofseo solltet V«rgleicfat man
die AphorwBseo mit dem PragKott, , den C«ao»i praeitot. ond den
PtorrheticUy -ao hrancbt niaa eben keine mnckeaseigarUche Nalnr
an haben, um Witfderholuagea m gewahren. **) Die angeblich
gedrängte Kiirae scheint mir also ein sehr swcifelhaftas Herkawfa'
der Ecblhek der Hippokratischen Sclkriften.
Ich hatie eint lange oicbts ttber Hippokrate* giin»ay da
Idm mir in neuer Zeit ein Joonwiaufsali anter die AugA, dee-
aen Verfasser behaaptet, er lese iSglich in Mippohmtt» Sebriften,
nnd kdnne siob nicht satt dario leeeq , and finde je ISnger er lese
je mehr Weisbeil darin. Maa kann freilich nicht iber daaeigen-
ihümlicbe Bedürfoifs eines Geistes nrtbeilea; mit scheint aber,
wer so rie) praktische Weisheit bai Hipp9kraUt fände, der miilsie
ans krisilicher Liehe sie ans miitheilen, dann könnten wir über
dieselbe nnd augleich über die Weisheit des Mittheilers ortheileD.
Wäre wirklich so viel prakiiseh Nüuliches in Hippkrmte* Schrif-
ten, so würden die aufrichtigen Verehrer des MaoOes, deren doch
viele gewesen, sich dieses Nutzliche aogeeigeaet nnd die Medizin
unglaublich vervollkommnet haben. Ich kann aber diese Vecroll-
kommnung nicht in ihren Schrifiea entdecken; ins Gegentbeil,
inanche derselben scheinen mir lienilich bescfarSnkte Köpfe za
sein, deren praktische! Wissen ich, wftre es käuflich, nicht an
zehn Groschen erstehen mächte. Unsere besseren praktischen
Schriftsteller sind keipesweges, Hippokratiker; sie haben dem fli/r-
fithratet, dem tÜtestea Schriüsieller , dem für seine Zeit Terstäa-
digeo Manne blofs dadurch ihre Achtung bezeigt» d«& sie g:ele-
gentlich einige Stellen aus seinen Schriften angeführt. Xun, mit
aolcbeo Stellen künnte ich auch mein Buch, obgleich es fast Toll-
endet, noch sehr gemjäcblicb verhrSmen; da ich aber dem t^len
Hippokratet keinen Gefallen damit tbun würde, und eben so we-
nig meinen lebenden Lesern, so werde ich es bleiben lassen.
^ amiHt G^tmt Im AfAuitmat tÜfpoeraH* ecmmtnlaTim tx imttrfrttmUtmt
MrUn» T«a iMgdmmt 1613.
'*) Bj fibt tmtk Aaigsbeo , in dtats nnler j«d«H Apkorinuu di« Psrtllslrtel-
len aa* allen Werkan daa Hippolralet benerkt liod. Ich lab« twai loleber
Autabee: die eine i«t ran Tieoi. Janasia Lugdatti Bat. lflS5; la diwar
iadet nas Diebt bl«b FarallelatBllaa soi daa Fippokraliaebea , aaadara aaeb
•BS- i»m Sehrtnen aadaMT alt«* Amte. IM« wrfere Aaagaha iat vm tmemt
r«rAaM( £««<. «a<w. «TB. -.-.....
— 1305 —
Der Hippokratiiche Eid muis wol ein falicher Eid ■ein , dem'.
bei K, Sprtngtl finde ich ilin nicht in den Canon der Hippokra-
tinehea Schriften. Meine Meisler in Jena, die doch grondgelehrte
Leute waren, bieken ihn' ohne Zweifel für echt, denn in dem
Doktoreide, deaich ichwören luufsle, und in dem von viel gqtea
Dingen die Rede war, Iura auch am Ende die Formel vor, dafa
ich allem naebkommen wolle, waa in dem Hippokratiachen Eide
atahe. Leider hatte ich aber damahia dieien Eid noch nicht ge^
leaen , kannte also nicht den ganaen Umfang aaeiaea Gelöbniates,
Spttter, wie ich mi«h nach imd nach' mit den alleren Schriftstel-
lern, je 'Bachdem ich aie kanfen oder leiben kennte, bebannt
machte, bam nun aach Bifftkrat«» an die Reihe. Da ich einst •
den Eid laa, überlief mich ein Sebauder, denn ich fand, dafa
darin der Ans» verspricht, seinen Meisi«- su ernfthren, und ifam
alles lu reichen, deaaen er bedürftig sein könne, aach die Kin-
der des Meisfen wie seine eigene» in hallen und sie nnanigelt-
lidi die Kumt an lehren.
O Himmel! ich hatte nicfil Einen, ich halte mehre Meister
gehabt. Waren sie nicht an meinem groTsen Glücke wohlhabende
Leute gewesen , ich btttie verdammt in die Dinie kommen können.
i''ranx S y l p i u ».
Dieser berShmte Arat iit nächst Paraeetia» der, mit dem die
Geschieht seh reib er am übelsten nmspringen. Es ist freilich eine
schwierige Aitf^abe für den Gesch ichtich reiber , die Lettre he-
rnhmter Aenste deutlich und wahr in der Kiirse darzustellen , denn
er ist genöihiget, diese Lehre ans den Aeufsernngen, die in ihren,
nicht selten an gans verschiedenen Zeilen verfafiien Schriften vor-
kommen, Busammenxuflickea; ja manche haben ihre eigene Lehre
sich selbst nicht einmahl klar gedacht. 'In Erwitgang dieser
Schwierigkeiten, mnfs man also dem mit so vielen Gegenständen
beschäftigten Geschichtacbreiber einen kleinen Mifsgriff in der
Darstellung xo gute halten. Wenn Atx ein so berühmter Mann,
wie SyhiUB, als ein halber Narr dai^estellt wird (das würde er
sein, wenn er seine Heillehre anf blofs chemische Grundsätze
hasirt hütie ) , so mufs es doch dem sinnigen Leser sehr unglaoh-
lii^ vorkommen , dafs die grofte Menge Aersie, die dem berühm-
ten Manne angehangen, auch allesamml halbe \arren gewesen
sein sollten, and die Vermuthnng mnfs sieh ihm aufdringen, der
Geist der Lehre des Meisters sei von den Geicbichtschreibern un-
richtig Bufgefarai.
So verhfill es sich denn auch wirklich mit Sylviut Haillehra.
£■ ist wahr, sie gründet sieb scheinbar auf chemische Sötze, nnd
83
— 1306 —
M Ut eb«a ao wahr, daf^ die Kategori« das Saaren die wich-
ligste Rolle darin apiall. AUaia, iat diese verspotuie Kaiegorie
eioe wirklich rein ehemiadial — Wer dai behaaptei, der mnfa
S]//vitu Schriften nur sehr fliicblif iarohtanÜMi haheo. Diese Ka-
tegorie iBt offenbar etile Miachkaleg«rie , xiiiii Theil eine virklieh
chemiNch*, aum Theil blofs eine gedaokcnbildlich clientaoke.
Dafi er durch (ha Ammonium und andre tüarewidrige Htltiel
Krankheiten geheilt habe, darui wird wol keiaer xweifeln, d«c
auf die cbemiaehe VerttnderuDg der kUifie in Kranichaiian geach-
tet hat. Da aber Sglviu» Erkrankungen, die er von SSure ber-
leiiel, niobi aalten mit Rolchen Mitteln behandcli, welche keine
Näiire neatralisirea nnd eben ao wenig fiie ausleeren könaen, ao
im ja aeina Kategorie dea Sauren unwideraprecUich auch eine
blofs gedankeobildlicb «hemiache, mithin eine Mischkategorie.
Er aeljbst hat lieh nie die Soheid«liaie awischen dem wirklich
Chemitchea und dem gedankenbildliGh Chemischen in seiner Lehre
deutlich gedacht: also kenn auch jetii kein anderer aidi dieselbe
klar denken und rersiXndlich ausixen ; man kanti bl<^ deutlich
denken, dafa er sie aicb Dicht denilich gedacht.
Ich sehe darin ober gar nichts AnfserordentJichea, oder XSr-
rischei, dafs ein Arxt Krankheilen unter gedenken bildliche Kate-
gorien reihet; das ist ja etwas gans AlltBgliches in der scbul-
rechten Medizin. Jedem, der dieses thut, bleibt ja die Frei heil,
auch die Araenei unter jede beliebige heilmittellebrige Kategorie
zu bringen; mithin kann, ao seltsam seine Lehre auf den ersten
Blick scheinen mag, zwischen seinen pathologischen und (hera-
peutifichen Gedanken eine überraschende Folgerichiigkeit Statt
haben. Man mufs es also nicht als Prahlerei ansehen, Kenn
Sfflvim dreinl behauptet , die Praitis bestätige seine Theorie. Je-
der, der eine neue auf eine aogemafste KenntDifs dea belebten
Menscheoleibes basitte Theorie aufbringt, und w&re sie auch die
unsinnigste, kann, ohne im mindesten ruhmredig au sein, das
NSmliche behaupten. Meinen jüngeren Le&ern will ich diene«
durch ein kleines handgreifliches Beispiel deutlich machen.
Gesetzt, ich wollte eine Theorie der Gelbsucht aufstellen,
und sagte: Eine abnorm saun Galle reise die GallengSnge aum
Zusammenkrämpfen , dadurch werde der Etgufs der Galle in das
Duodenum behindert, di« Galle eingesogen, nnd weiter auf dl«
Haut und andere Organe abgelagert: so stände es mir ja frei,
dem Schpllkraule, mit welchem man bekanntlich manche Gelb-
sucht heilen kann, eine säurewidrige Kraft beizulegen , ond hätte
ich einen Kranken dadurch geheilt, so kBAnW ich auf die Rich-
tigkeit meiner Theorie pochen nnd jeden auffodern, sich ron der
Bestätigung derselben sinnlich zu Oberaengen.
Abermahls k&nnle es mir elnfalleo, eine andere Pathologie
— 1307 —
der GellMacht zn ichniieden. Ich kSnoie tagen, wie eheuahl«
ßegnm- in seioeR Buche vod der Rabr, die Gall* babe eine ar-
«•nikaliscfaa ScfaSrfe aagenommen uad dieie Schärfe die Ziisaiu-
neokrämpfusg: der GallengSnge bewirkt u. s. w. Legte ich nan
dem Scheflkraule antiarBenikaliache KrKfie bei und heilte mit dem-
selben die Gelbaocht, m würde meine Rat7.eokrauilbeorie auch
hMtdgraifltch dnrcb die Praxis twalliiigat lein.
AbermafaU kdnote ich auf den Gedanken geraihan, der alte*
reu Venutpfnagglehre folgend, sn sagen: dfe GalleDgänge seien
verslopff, daram könne die Galle sich oicfat in den Darmkenal
ei^ieÜMn n. i. w. Heik« teb nqa die Gelhsucfat darofa Seh eil kraut,
HO breuchle ich diesem nar eine aofl&sende Kraft beiiolegen, nnd
meine Theorie wurde in der Heilong die aug«nffiflige Beiiäiignng
6aden.
In di««em kleinen, einfäliigsn Beispiele, mein«Leaer! sietdil
dt« stereoiypiicbe Formel aller schillrechten Theorien. Daniro ist
es höcbsl unweiie von den Geschichtschreibern, dats sie noa £1«/-
vi^*, seiner vermeintlich chemischen Theorie wegen, als einen
kalben Narren darsteileo. Auf solche Kritiker pafsl gar tnffflicfa
das alte franadsische Sprichwort: La pelle te moqtte du /aurgvn.
lu die Heillehre der alten tcheidekUnitigen Sekte,
deren einziger Vergegenwärtiger Paraceltut itt,
unserm Zeitalter verttandetnea?
Das Ganxe dieser Lehre ist, meines Eraehtens, nnserm Zeit-
alier ventandeaneu ; das beifst, bis jetzt itt diese Lehre als folge-
rechtes Ganze noiJi nicht vorgetmgeo. Wäre das je geschehen , so
milfste es ja die Geschieht« der Medisin ausweisen; diese verwirret
ais aber in dem Punkte mehr, als dair sie uns belehren soltie.
Uebrigens bin ich überzeugt, dafs die Lehre von jeher dunkel io
dem Verstände aller gutan Praktiker gelegen hat, dafs diese meh^
oder ntiader nach derselben am Krankenbette gehandeil. Weil ihr
Verstand dirse Lehre aber mit der Schullehre nicht einen konnte,
die Scbullehre als ein Heiligtham betrachtet wurde, welches keio
auf den iVamen eines gelehrten oder nur varstSndigen Arztes An-
sprach Machender dürfe fahren lassen, so war es auch unmöglich,
daCi sie das dunkel in ihnen Liegende, sie am Krankenbette Lei-
tende, mit der Scbullehre Unvereinbare, zur mitiheilbaren Klarheit
biinj^en konnten; sie nannten es also das praktische Gefühl. Nach
meiner Ansicht ist mithin die Lehre der allen GebeiinSrzte nichts
anders, als das znr verstandhaften Deutlichkeit gebrachte ärzilieb-
praktische Getühl.
Wal aber die eiuelnen Punkte der Lehre bolrißt, so kann laah
— 1308 —
gvwifii nicht behanpien, dafs;sie im itreng«n Sinn« du Wortes
neu aaien. Jeden ist bakaiint, dcfs di« Aenn« Mit der Sireitsn
Z«it auf den erkrankten GeaBiiiratorfaniimat heilend ainiDwirken
venucht haben; wBhrcnd in«iner Lebisil hat ja noch die Erre-
gungstbeorie einzig darin das Heil nnd die ArElweisheit gerocfat.
Dafa man- aber leit der Sliesten Zeit Organ er krankongen an-
erkannt nnd Organ heilmittet gehabt, daran ist an^ nichlm iwei-
felo; man braucht nur Qale» darüber naebxuiehen, oder den
Dioikoridet , oder , wer et lich ganx gefflHchlieh machen wilJ,
nur den Juttm Molltnu. ')
Wollte man mir einwenden, der Begriff der Organarkran*
kung «et bei den meisten Aeraten noch bis dieaea Aageobliek roh,
fast ungeschlacht Galeninefa geblieben, so mBfsie ich das im AU-
gemeinen xwar angeben: allein, nach dem Geiamniteindnick , der
mir Ton meiner geringen Leserai geblJehea, snaprecben, kommt
et mir doch vor, dafs auch manche gute schnireehte Aeme «in»
Ahnung von der Wichligkeil der Urorganerkrankangen gehabt, und
begriffen bähen, dafs Organe urerkrankeo kSnnea» ohne daft
diese Erkrankung gerade mit Händen an greifen sei, und dafs
von diesen geheimen, blofi durch consensuelle Leiden eich offen-
barenden Erkrankungen die seltsamsten Krankfaeitsformen, ja die
geföhrlicfaslen akuten Fieber nicht selten abhangen. Ich gestehe
aber, dafs ich mir dergleichen einzelne beiläufige Aenfserungen,
die wie Lichifunken dem praktischen Geiste mancher Schriftstel-
ler enispriihen, nie schriftlich bemerkt habe, nnd sie jetzt wie-
der aufzusuchen, würde nicht blofs ein beschwerliches, sondern
nach ein langweiliges Gesehüft sein. Eine Ermahnung jedoch des
Laxarut Rivenui ist mir im Gedlithtnifs geblieben, and swar
dethalb, weil ich sie, selisara genug, am Ende des zweiten Ka-
pitels Dafebrätui putridi» contimiit unter der Aufschrift Appen-
dix gefunden. Sie lautet also: Jn fybrium aeutUaimaru» et
pemicioiarum euratiome, hoc düigenter adcertendum, rarinime
ea» ßeri »ine interna et pecuUari vi»cerit a(funiam affectione^
et plerumqne inflammattone, Quare nwnquam omtttenda cura Inf-
poekondrioriim , eapiti», tkoracis, nieri, renum et vetkiae: ut
owmi ratione invettigemut , qua» iamm partium imigniler laha-
ret, et eiy quoad ßeri patett, tubveniatur. *') Diese Crmab-
Dung des la Biviere int offenbar ein blofses Wetierlenchten sei-
nes praktischen' Geffihls, das sein schnirecht Tersintzter Verstand
nicht mit der Schullehre zu einen wofirte, darum macht er eine*
Appendix daraus.
*} Fateleula» rtttdiarum *r Dinevridt et MatAioh a»mibnt Aumami tt^p»Ht
^ff'eetlbul mtlhotliet aeeomadmUrum. Ptr Jultiin Mellemm. Batiliaa ISIS.
") Praxi» w*dtoa Tm. II. pay. 399. -.-.— ^^.^
— 1309 —
Uebcrhaupt glaub« ich, wären itie einzelnen Punkte der ge-
heiinSntlicheo Lehre vollkommen neu , lo wurde die ganze Lehre
wqI aus lauier Unwahrheiten xosammengeflickt sein; denn wie
lifit es sich denken, dafs das durch Beobachtung Erkennbare,
nicht TOD dem einen oder dein andern achiilrecbien Arzte sollte
erkannt sein, und wie ISfst es sich denken, dafi das, was in
dem Verslande aller Menschen liegt, nicht von Zeit zu Zeil in
dem einen oder dem anderen scfanlrechien Arztkopfe sollte aufge-
lanchl seinl Warum sie aber dem Lieble, da« ihr praktischer
Sinn ihnen angez&ndei, nicht gefolgt sind, warum es hei ihnen,
wie hei ia RivierCf bloia ein Appendix gebliehen, das mag ich
nicht untersnchen.
Letxtei W»rt an de» Leier.
Mein alter Meislar Hitfeland sagte mir, da ich noch fast
jung nod er noch nicht alt war: ich solle alles prüfen und das
Beste wählen. Das ist wol eine sehr TertiSndige Rede; allein
man kann doch unmöglich alles prüfen, wenn man sich nicht
vorher deutlich denkt, worin das zu prüfende All bestehe. Da
nun mein Verstand nur drei Grundresien einer Heillehre denken
kann , nnd ich in diesem Werke die Aerzte auf die verkannte oder
übersehene dritte Grundfeste aufmerkaam gemacht, so glaube ich,
dadurch das zu prüfende All vervollständiget, nnd wo nicht etwas
Dankenswerthes, doch etwas NCttsliches geihan zu haben.
Welche Wahl Ihr, meine'Amtsgenossen, nun nach reiflicher
Prüfung des vervollstlndigten Alles treffen werdet, ist Eure,
nicht meine Sache. Eins weifs ich wohl: meine Stellung in der
bürgerlichen Gesellsehaft ist nicht der Art, dafs sie bei dieser
Prüfung Euern Verstand bestechen oder verdutzen kannte. Frei-
lich bin ich ein so freier Mann, als irgend einer in ganz OeniBch-
land sein mag. denn not der Sittlichkeit nnd den Landesgeselzen
nnlenhan, nÖtbigeo mich keine bürgerlichen VerhäliDisse, de«
Gaukler als Arzt oder als Schriftsteller zu spielen; aber übrigens
bin ich doch weder Gelehrter noeh Philosoph, weder Leibarzt
noch Hochschnllehrer, weder Fürstlicher Raih noch Ordensritier,
s«ndem blofs schlichter kleinsttidliecher Heiloseister , der Bürgern
und Bauern in ihren NSthen hilft; da mir nun überdies alle An-
lage zum Sophisten fehlt, und ieb mich Euch in diesem Bnche
ganz ungeschminkt gegeben habe , wie mich die Natur gemacht ;
so behält Euer Venttand ( voransgetetst , dafs ihn nicht die Fes-
seln der Zeit zu sehr drücken] die vollkomraeDsie Freiheit, alles
sa prüfen nnd das Beste zu wfthlen.
^^^^ UNIV. OF MICHIOANf
JUL 241912
TerselchiÜM der zu berlehtlgendea CeUer
Im Text.
Sdte t Zeil« 8 vgi ak«i Leich Ret Seieb
„ e „ 10 „ desgl. 1. desgl.
„ B ■■ 3 TOI utea *«niiglicker 1. Toraügliebcr
„ S „ S voB obea veraiucuetit I. VorauKMatU
8 „ Ift „ ibrer I. ibre
21 „ 4 VMBOtea dem I. 4«b
„ XI „ 15 „ detfl. I. de>|4.
31 „ 10 voD oben keung l. kennt
34 „ U „ «nidekan I. ealleekea
1.
IT ToBobei mittifier 1. m^tlffitr
31 „ eiBgeleibl I. üeht aiBgoleibt
13 „ VeriUndiuBi I. VenüiDdniMe*
3 TOD DDleo bitr 1. bar
3 TOB oben VertlKodiiiei l. Venliodaiiiu
5 „ hUber I. litUabor
7 Tonnntea Smang 1. SaliaDg
f ,, den I. daa
M T«i obeo da^L I. dM|t.
39 ,, Diagap 1. Dio^e
li „ welche 1. welcbCD
4 TeaanteD jede Graadfeite I. jede aadar« GTWidIMa
10 „ Art 1. Arat
12 von eben der 1. dei
3 Tanaatea PTta^vrlaobe I. PftbasoriMke
10 „ de« t. den
IS ,, Beweifi I. Beweii
9 von oben beitimmte 1. bestianten
31 „ Uiiarganleideai. 1. Urorsial"'«!»*
13 von nar«B oäer ebe yirlleicbl I. oder vielUicbt
10 von oben Ende in Zia[ I. Bad* nad Ziel
IV „ «aeb 2i Stunden 1. n*ob den 34 Standen
18 von aalen Beiebriebeaen 1. beicbriebenen
18 von oboB Dnvollbomnan I- aDvallkeiiinen
25 „ gworrea 1. geworfen
31 „ Adiod 1. Abiod
IT voaantH Eeigten 1. aalgts
13 voD oben Suu 1. itaU
13 vüB nnten beeinträcbtiget l. heeinlraehtlfet babe«
0 von oben veicbieden I. vencbieden
33 „ nieht bei lolchea 1. nicht anr W lolcle«
17 voDaDlea Eicbelaiitlal l. Bicbeaniatet
10 TOB oben ihi t. ibm
14 veaaolen ■ehrere 1. Behr«
24 von oben einwirken 1. eiswirkt
10 von nnteD aiejgM»4en !• aiMDaad
1 „ (ondemliek I. iooderUeh
I von ob«n Bieh m iO I. Biab te
1 „ atat pttdiiM» 1. i><>* fitttiM
30 „ jtnaadeB I. jeaiand
10 von anun auipeichl I. aoMpriebt
6 eDlgesoBCMCtalan 1. eBts«g*acBtelita
widentroitaBdea «iderttreileade
8 „ BlobiMoDK i. EiabUdlinK
17 „ diaaer 1. dietas
dir I. die ,^ ,
" " "' »LiüügIC
Il«280 Zsilt 5 vonoatCB mtht war, aber lias mehr, war aber
"0 „ 1 „ M-ar r. war
2 ,, 3 vna obe« »eia l. leien
2 „ I» MD Daten deo I. dem
fi „ 5 „ KraDkenaranche I. Krankbeitanrtaob«
I „ S roa obeD Brajlbcinmasketa 1. firMtbeiomiiikBl
) „ 13 „ lelzler Feder 1. Jetier Feder
i ,, 13 voo oPten an dea Mann I. an drio Mann
) „ 10 vou obeu mafae mieb ■■ 1. marie mir an
) „ 9 „ einem 1. eiaea
1 „ ä „ Ihr NB. wegiulaisBB.
J „ IT „ babea I. habe
J „ 16 „ Verwandte, NB. Ut als eralea Wort In 4ie vorige
Zeile in rückee.
i „ 16 ,, ödes I. oder
) 1, 1U ,, Dogleublich t. apglaublicb
t „ 28 „ Pbilalogea 1. Pbilgsopbea
S ,, 4 von outen indem I. ia dem
i „ 9 „ die I. der
5 ,, 10 voD oben elwn (kapficbea 1. etwu kopfaabeu
J „ 35 „ Salper 1. Salpeter
i II 19 .,, ohne die I. ohDC in die
^ ti 23 ,, berüchligeu I, berbchtigtea
T73 „
13
nnlen SKihlgans 1. Slnhliwanc
717 ,
24
870 ,
5
nuten dieien Dicbt, weil 1. dieien, nickt W^l
882 ,
23
oben Wahrheit 1. W«bra«b«ialiobk<it
B6S ,
4
„ Gelehrter 1. gelehrter
949 ,
10
„ war 1. ward
975 ,
16
„ wnnder 1. runder
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2
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l von oben wideraipoisea I. widereinnigeF
i voaauteo disten nicht, weil i, dieien, nicbt weU
] von oben Wahrbeit 1. Wabraebeinliekkeit
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S von nnten IVun 1. Nna
in.Sv. oben Wirkens I. Wtfker«
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