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Full text of "Reisebericht über Hauran und die Trachonen nebst einem Anhange über die sabaïschen Denkmäler in ..."

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REISEBERICHT 



ÜBER 



HAÜRAN UND DIE TRACHONEN 



NEBST EINEM ANHANGE 



UBBB DDE 



SABllSCHEN DENKMÄLER IN OSTSYMEN. 



VON 



D" JOBAJSfS OOTTFBIED WETZSTEIN, 

K. PREUSS. CONSUL IN I>A&IA8KUS. 



IQT KAETE. INSGEBIFTENTAm TJIO) HOLZSCHNTTTEN. 



BERLIN. 

VERLAG VON DIETRICH REIMER. 

• 1860. 




.V'Vi'J. .». .t.'«;»^ 



Vorwort. 



XJei erste Theil dieser Schrifk erschien zuerst im diesjährigen 
September -Hefte der „Zeitschrift für Allgemeine Erdkunde ** unter 
dem Titel: Reise in den beiden Trachonen und um das 
Haurän-Gebirge im Frühlinge 1858. Bericht an das 
Ministerium der au8wärtijg,e.fi Angelegenheiten. Wäh- 



**■''■« 



rend die Ausgabe des Heftejt;<iÄ^cK"deH;»Stich der Karte verzögert 
wurde, entschlofs ich mich, {3)^|(ftrtoittlerweile gewonnenen Ueberzeu- 






gung von dem gassanidiseik^n Iku^S^unge der ostjordani- 
sehen Bauwerke und derBaitra-Inschriften dadurch Aus- 
druck zu geben, dafs ich dem Reiseberichte einen Anhang folgen 
liefs, in dem diese These zum erstenmale ausgesprochen und einer 
vorläufigen Behandlung unterzogen wurde. So entstand der zweite 
Theil dieser Schrift, welcher in dem nächstfolgenden October- 
Hefte der genannten Zeitschrift abgedruckt wurde. 

Damit diese Mittheilungen auch für weitere Kreise zugäng- 
lich blieben, habe ich mich bemüht, das specifisch Gelehrte darin 
möglichst zu localisiren; ganz umgehen liefs es sich nicht, weil 
das beschriebene Land eben so für die biblische Geographie, wie 
die Sprache seiner Bevölkerung für das biblische Idiom von zu 
grofser Wichtigkeit ist, als dafs nicht hin und wieder eine Pa- 
rallele zwischen Gegenwart und Vergangenheit gezogen werden 

mufste. Die in Parenthese beigegebenen arabischen Worte aber 

1 



IV 

werden dem Orientalisten auch neben der Transscription mitunter 
erwünscht sein^ da die letztere für das Arabische immer mangel- 
haft bleiben wird. 

Es ist mir während meines jetzigen Aufenthaltes in der Hei- 
math nicht gelungen, das Tagebuch dieser Reise nebst Inschriften- 
Sammlung zu veröffentlichen, da die Presse den grSfsten Theil 
des Jahres unter dem Drucke der politischen Verhältnisse litt; 
während der letzten Monate aber konnte ich mich nicht mehr 
einer Arbeit unterziehen, die sich bis zu meiner bevorstehenden 
Rückkehr nach Damaskus nicht beendigen liefs. Vielleicht ist es 
mir im kommenden Frühlinge vergönnt, auf einem zweiten Aus- 
flüge entweder den östlichen Trachon zu umr eisen, oder den Ka- 
stellkranz bis an den Euphrat zu verfolgen, und die beschriebe- 
nen Felsenwände bei Kubesa zwischen Damaskus und Sakläwiie 
zu copiren, um mit neuem geographischen und archäologischen 
Materiale bereichert zur Bearbeitung meiner früheren Aufzeich- 
nungen heimzukehren. 

Berlin, den 29. November 1859. 



Inhalt. 



L Eeisebericht s. 1 — 95. 

Reisegefährten 2 f. Aufbruch von Sekkä 8. Erstes Nachtlager 4. Die öst- 
liche Vulkanregion 5. Das Safä 6 f. Besteigung des Safä 8. Seine Krater 9 f. 
Die Snetaa 11. Die Gele 12. Die Tenije 18. Der Chism 13 f. Die Kk' 14 f. 
Der Wa*r 16 f. Die Diret et Tulül 16 f. Das Lo^f 17 f. Die Harra 18 ff. Hu- 
b^rfje 20. Die vulkanische Bildung Haurän's 21 ff. Ankunft in Tema 21. Der 
Vulkan Teil el Hiss 22. Der Vulkan Umm Usdüch 22. Grenze der vulkanischen 
Bildung 23. Heifse Mineralquellen 23 f. Der Wa'r von Zäkie 24. Die Subbe des 
Pharao 25. Die zwei Lavaströme des Hanrängebirgs 26. Der ostliche Strom 26. 
Die beiden Garira 26. Der Vulkan S'ih&n 26. Die Beduinengräbev 26 f. Abu 
Tumes 28. Der westliche Lavastrom 28. Das Lega' und seine strategische Wichtig- 
keit 29. Die Geographie der Ku^be 80 ff. Ihre vier Flüsse 80. Ihr Localheiliger 81. 
Ihre Bewohner 82. Die Stämme G^jät und S'taje 32 f. Ihre Verbündeten 83. Ihre 
Feinde 34. Der römische Wachposten Nem&ra 85. Die beiden Trachonen des Strabo 
36 ff. Die Tetrarchie Trachonitis 37. Die Höhle Umm Nirän 88. Terrainbeschrei- 
bung der östlichen und südlichen Haurän-Abdachung 39. Die Haurän-Erde und ihre 
Producte 40 f. Die Flufsgebiete des östlichen und südlichen Haurans 42. Seine 
zahlreichen Ruinenorte 42. Ursachen ihrer Verödung 43 f. Troglodytenorte 44 f. 
Unterirdische Orte 45 ff. Die Landschaft Suwet (Suet) 46. Die Zumle 46. Unter- 
suchung der Souterrains von Der l,t 47 f. Hibikke 48. Vier Arten von Cistemen 49 f. 
Hanr&nischer Banstyl 50 ff. Die steinerne Thüre 51. Das steinerne Fenster 52 f. 
Die Gassen 53. Das Innere der Häuser 54. Die beitragenden Steintreppen 54. 
Steinerne Leuchter 55. Der Bogen 55 f. Das steinerne Dach 56. Die Basilika 
in S'akkä 57 f. Ihre Sculpturen 58. Die ];Lauräni8chen Mausoleen 59. Der Sik- 
n&ni 60. Die Ruine am nördlichen Safä 61. Die Weifse Ruine am östlichen Safä 
62 ff., ihr Grundriis 68, ihre Sculpturen 64, ihre Erbauer 65. Das Kastell bei 
Sa'ne 65. Die Inschriften 66 ff. Die nabatäischen Inschriften 66. Die Harra-In- 
Schriften 67 f., ihre Entstehung 68. Die beschriebenen Steine der Koran -Legende 69. 
Die arabischen Inschriften 70 f. Cultur im südöstlichen Haurän während der Kreuz- 
züge 70. Die Citadelle von Bo^rk 71. Der Mebrak in Bofrä 72. Eine Grabschrift 72. 
Lateinische Inschriften 73. Griechische Inschriften 73 ff., aus christlicher Zeit 74. 
Arabische Eigennamen in den griechischen Inschriften 75 f. Griechische Ortsnamen 
76 ff. Die biblischen Namen Edrei und Kenath 77. Die Beinamen der arabischen 
Städte 78 f. Eine Inschrift in Sälä 80 f. Das biblische Basan 82 ff. Argob 82 f. 
Eine Ortschaft Betentje (Batanaea) 88 ff. Dr. Eli Smith 84. Die Landschaft Be- 
tenije 85. Zeugnifs der Drusen darüber 85. Luwa-Canal 85. Das Dörfchen Bu- 
tdne, bei Burckhardt Bezeine genannt 86. Das Musannaf, ein seltenes geographisches 
Werk der Drusen 86. Die Nukra ist wahrscheinlich die Tetrarchie Batanaea 87. 
Die Eichen Basans 87. Die Kinder Ismaels 88. Die Hagriden und ihr Kampf mit 
den Rubeniden 89. Jefür und die Itnräer 90. Der Alsadamns mons des Ptolemäus 90. 
Gddnr ist nicht die Tetrarchie Ituraea 91. Ableitung des Wortes Haurän 92. Duma 
und Tdmä der Schrift 98. Die Karawanen von TSmft 94. Eliphas der Tdmäner 94. 
DtUna und Tdmä im peträischen Arabien 95. 



VI 

n. Anhang S. 96^150. 

Alexander von Htunboldt und Carl Ritter 96. Die lithologischen BestimmuDgen 
des Prof. Gustav Rose 96. Der Geograph Jäküt kennt 28 Harra^s in Arabien 98. 
Die Harra des Rägil 98. Die Feuer-Harra 98. Die Worte Labe und Lebb 99. 
Der See B41ä, und der Match von Br^ 99. Hazar Tichön 100. Die h. Schrift er- 
wähnt wenig ^aurftnische Orte 101. Die Festung Abil 101. Ursache der Verödung 
Hauräns 102. Seine Bauten stammen nicht von den Israeliten her 102 f. Auch 
nicht von den Amoritem 103. Auswanderung der Sabäer aus Jemen 104 f. Das 
Reich der himjaridischen Seli^iden in Ostsyrien 105 f. Der Bezirk Oholän bei Da- 
maskus 106. Der Landpfleger des Königs Aretas und der Apostel Paulus 106 f. 
Konigsnamen der Seli^iden 107. Wichtigkeit von Bosrä 108. Astarot 109. Teil 
'Estere 109. Hieronymus 110. Beästra und Bostra 111. Sein Aufbau unter 
Trajan 111 f. Der Cultus des Dusares in Bostra 112. Das sabäische Idol pü 
S'ar4 113. Bostra -Münzen mit dem Namen des Dusares 113. Die Einwanderung 
der Gefniden in Syrien 114. Das Wasser Gassän 114. Die Gassäniden unterjochen 
die Selihiden 115. Errichten zahlreiche Bauten in Peräa 116. Das Schlofs Sed& 
117. Das Schlofs Gefne 117. Gillik 118. Härib 118. Die Annalen des Hamz'e el 

• • • 

Isfah&ni und ihr Herausgeber 118. Merg Rähi( und Merg es Suffar 119. NAbiga 
der Fanegyriker der Gassäniden 119. Die Stadt Gäbiä als Residenz der Gass&ni- 
den 120. Gölän und die Stiere von Basan 120. Allmähliche Verbreitung der Gas- 
säniden -Bauten in Ostsyrien 121. Erbauung der Stadt Kreje 121. Das Hiobsklo- 
ster 121. Das Christenthum frühzeitig unter den Gassäniden 122. Philippus Araba 
122. Der Vogelsumpf in der Belkä und seine Bauwerke 123. Der pharaonische 
Aquaduct erbaut unter Gebele I. 123 ff. Der Pharaosthurm bei Der &t 124. Das 
Bassin des Siknäni 125. Baal Meon 125. Klosterbauten der Gassäniden 126. Das 
Kloster Negrän 126. Erbauung der Stadt S'af 126, und der Ortschaft Saf4t el'Age- 
lät- 127. Verbrennung von Hira 127. Erbauung des Schlosses in Suwedä 127. 'Ain 
Ubäg 128. Die Städte Siffin, Rusäfe und Tedmor 128. Der Sahrig oder artesische 
Flufs 129. Der Dämonencanal 130. Der Luwa-Canal und seine Dörfer 181. Die 
Ortsnamen der Gassaniden 131. Das Schlofs Burku*^ ostlich von der RuJt^be 132. 
Der Gadir der Steinbrüche 132. Die Fundorte der jüngeren Harra -Inschriften 182. 
Sie rühren von den Bauleuten der Weifsen Ruine her 133 f. und sind gassanidischen 
Ursprungs 135, aus späterer Zeit 136. Eroberung Syriens unter Abu 'Obeida und 
Untergang des GassUnidenreichs 136. Der Engländer Cyril Graham und seine Reise 
187. Ursachen des Nichtbesuchs der Ruinenstadt Umm el GemU 137. Der Ruwala- 
Scheich Nahär el Meshür 138. Der Ruwala- Scheich F4iz ibn Gendal 139. Fesal, 
der Oberscheich der Ruwala 139. Der Markt der Beni Zmer im Wiesenlande und 
die Lasten der dortigen Dörfer 140. Die Stämme der Ruwala und Wuld 'Ali stehen 
sich feindlich gegenüber 141. Der Wudi 142. Das Treffen am Hügel Gdchadär 142. 
Die östlichen Drusen nehmen am Kampfe Theil 143. Das Blutbad von Kr^je 143. 
Zusammensetzung eines Heeres der 'Aneze 144. Studium des Beduinenkrieges 145. 
Die Wuld 'Ali werden geschlagen und verlieren ihr Lager 146. Der Mansef 146. 
'Akil Aga in Tiberias 147. 'Ali Bey in der Bergfeste Tibnin 147. Der Scheich 
Mu'azzi kommt als Schützling zu 'Abbäs el Kal'äni 148. Die Formalitäten des 
Schutzrechts 148 f. Intervention des Kal'äui und Rückzug der Ruwala 149. Ibn 
Sa'üd und die Religion der Wahhabiden 150. 



I. 

Reisebericht. 



L 



angst hatte ich mir eine Reise in die von den Damascener Land- 
seen, dem Lega und Haurän ' ) östlich gelegenen, nicht nur in Europa 
sondern auch in Syrien völlig unbekannten Länder vorgenommen und 
immer machten sich dagegen ernste Bedenken geltend. Reiste ich aus 
öconomischen Gründen unter Verheimlichung meiner Stellung als Con- 
sul, so setzte ich mich denselben Gefahren aus, welche zeither den 
Reisenden von einem Besuche jener Länder abgeschreckt haben und 
künftig abschrecken werden. Reiste ich aber als Chef eines Consulats, 
welches seit acht Jahren in jenen Gegenden so oft sein Ansehen gel- 
tend gemacht hatte, so mufste ich auf andere Ausgaben gefafst sein, als 
die Burckhardts und Seetzens waren, welche mit einem Schaffell 
über der Schulter als arme Teufel im Haurän aufgetreten sind. Als 
Consul mufste ich, um den Vorstellungen der Araber gerecht zu sein, 
einmal mit dem kostspieligen Apparate einer zahlreichen Dienerschaft 
reisen, sodann erforderte es die Landessitte, dafs ich Jeden, von dem 
ich beherbergt, oder beim Vorüberziehen eingeladen wurde, oder der 
mich selbst begleitete oder durch seine Leute begleiten liefs, mit einem 
Feierkleide (Telbise) beschenkte; und da ich leicht berechnen konnte, 
dafs ich während einer 50täg]gen Reise deren mindestens 80 brauchte, 



' ) Bei der Transscription der arabischen Consonanten wurde in diesem Berichte 
die von der „deutsch -morgenländischen Zeitschrift** angenommene Methode befolgt; 

nur ^ wurde durch g und ^ durch ch ausgedrückt. Die Vocale anlangend, so wur- 
den die Diphthonge au und ei dem ostsyrischen Idiome gemäfs durch d und S wieder- 
gegeben und nur in bekannteren Worten, z. B. Haurän, ist die gemeine Schreibart 
beibehalten. Das Fat^ erscheint nach seiner wirklichen Aussprache bald als a bald 
als e und das Pamm bei emphatischen und Kehllauten oft als o ; in der ersten Silbe 
der Diminutivformen mitunter als a oder e der Aussprache gemftfs, z. B. Ra4^ni9* 
Kan6(ra, Genlne. Meistens aber wurde es im letztem Falle gttnzlich unterdrückt, 
wie in Kleb und Kr^je, wo eine Aussprache wie Kuleib, Kureije nach Pedanterie 
schmecken würde. Schon im Alterthum mag es in Diminutivformen oft nicht ge- 
hört worden sein, denn in den griechischen Inschriften heifst das Stttdtchen GureiQ 
im Legft nur r^tvrj und yiyqaivri. 



so überlegte ich mir die Sache von Jahr zu Jahr, bis endlich der Um- 
stand, dafs ich gegenwärtig, wo meine Familie in Berlin lebt, unge- 
hinderter bin, mich bewog, der Wissenschaft einen Dienst zu erweisen, 
den ihr sonst nicht leicht Jemand zu erweisen im Stande ist. Am 
zweiten April erhielt ich von der Eönigl. Gesandtschaft in Constanti- 
nopel den nachgesuchten Urlaub zur Reise, den dritten übergab ich 
die Leitung des Consulats dem grofsbri tannischen Consul und den vierten 
ritt ich von Damaskus nach meinem drei Stunden östlich von der Stadt 
im „Wiesenlande** (el Merg) gelegenen Dorfe Sekka ab, wo mich 
die zu meiner Begleitung bestimmten Beduinen bereits seit einer Woche 
erwarteten. Diese waren der Scheich Gerbu, ein Vetter des Ober- 
Scheichs der Gejat, eines mächtigen Raubstammes im Lande Ruhbe, 
der, wie man sich hier ausdrückt, über tausend Flinten aufbieten kann, 
ferner die Scheiche Chalaf und Humejid, zwei Stammhäupter der 
S'täje, eines mit den Gejät verbündeten Volkes in der Ruhbe. Diesen 
zwei freien Stämmen ist der ganze östliche Theil der Prcfvinz Damas- 
kus tributär. Sie erheben unter dem Namen der Chuwwe ,jGebühr 
der Brüderschaft** alljährlich von den Dorfgemeinden das Doppelte, ja 
Dreifache dessen, was die Regierung an Steuern erhebt. Niemand ver- 
mag etwas gegen sie, und wo eine Gemeinde mit der Zahlung der 
Chuwwe einmal zögert, oder wie sie es nennen „aufständisch** (*a8jän) 
wird, da fuhren sie mit bewaffneter Hand die Heerden des Dorfes weg, 
oder tödten einige Bauern, die sie entweder am Tage beim Pflügen, 
oder des Nachts beim Bewässern der Saatfelder überfallen können, 
oder zünden an einem windigen Tage die reifen Erndten an. Aufser 
diesen drei Beduinen, welche von einigen Leuten ihrer Stämme be- 
gleitet wurden, waren meine Begleiter folgende : Ein vornehmer Damas- 
cener, Muhammed Effendi Kumus, mein Hausfreund und Begleiter 
auf allen meinen Ausflügen. Er hatte sich zur Zeit der ägyptischen 
Herrschaft in Syrien durch seine schlecht verhehlten türkenfreundlichen 
Gesinnungen Ibrahim Pascha's Ungnade zugezogen, seine bedeutenden 
Güter wurden confiscirt, er flüchtete in die Wüste und ging später nach 
Bagdad, wo er von der Pforte ein Jahrgehalt bezog, bis er nach Ibra- 
him's Rückzug aus Syrien in die Heimath zurückkehren und in seine 
früheren Verhältnisse restituirt werden konnte. Der mit dem Leben 
der Beduinen innig vertraute Mann begleitete mich jetzt, um in diesem 
Lande der Förmlichkeit die mir gemachten Besuche zu empfangen und 
zu erwidern, femer des Abends und Morgens im Diwan meine Stelle 
zu vertreten, damit ich ungestört meine Reisezwecke verfolgen konnte, 
und endlich unserm Zuge vorauszueilen, um Quartier zu machen und, 
wo es nöthig war, über die ankommenden Gäste die gehörige Aus- 
kunft zu geben. In ähnlicher Absicht hatte ich den Arzt und öffentli- 
chen Erzähler Derwisch Regeb mitgenommen; als Arzt mufste er das 



Volk von mir abhalten, das in jedem Europäer ein^i Heilkünstler sieht, 
und des Abends mufste er erzählen, wenn ich an meinem Tagebnehe 
arbeiten wollte. Aufserdem begleiteten mich zwei KawwS,se (Gens- 
darmen) des Königl. Gonsulats, der Araber S'&kas nnd der Kurde 
Zemberekgi, und mein Koch. Zwei Maulthiertreiber hatten far den 
Transport der Zelte und des Gepäcks zu sorgen. Aus Sekka nahm 
ich meinen dortigen Jäger, den Hägg'Ali, einen Afghanen und guten 
Schützen, und zwei mit den Beduinen viel verkehrende und bei diesen in 
Ansehen stehende Bauern mit, Jüsef Besma und den alten Abu 
Ghali d, den die türkische Regierung mehrmals zu wichtigen Missionen 
an die Beduinen verwendet hat und den diese wegen seiner Klugheit und 
Üeberredungsgabe die „Zunge des Merglandes^ (Lisan el Merg) nennen. 
Den fünften April folgte ein Platzregen dem andern und ich benutzte 
den Tag, um unter die Colonisten meines neugebauten Dorfes Gassüle 

(»JjjwwjKJt) 25,000 Reben zu vertheilen, die ich zur Anlegung eines 

Gemeinde -Weingartens aus einigen Ortschaften des süfsen Gebirgs ') 
erhalten hatte, und den sechsten brachen wir, nachdem die Beduinen 
ihre Feierkleider — jeder einen Mantel (Gubbe) von scharlachrothem 
Tuche und einen Leibrock (Kumbäz) von rothem Atlas — erhalten 

hatten. Mittags 12 Uhr von Sekkä nach Gedede (aJuJc^l)» einer 
grolsen Domäne des Sultans, auf, wohin ich eine Einladung von dem 
Scheich des Dorfes erhalten hatte. Eine halbe Stunde vor Sonnen- 
untergang verliefsen wir Gedede, erreichten um 7-^ Uhr die Mitte des 
hochgelegenen Isthmus zwischen den Damascener Seen, der hier durch- 
gängig zwei Stunden breit ist, und gelangten um 8^ Uhr des Nachts in 
die Strafse der Raubzüge (Derb el Gazawät), jene berüchtigte nur 
6 Stunden breite Gasse zwischen den Seen einerseits und einem über 
24 Stunden gegen Osten fortlaufenden unwegsamen, mit Vulkanen über- 
säeten Lavaplateau andererseits, eine Passage, welche fast keinen Tag 
frei ist von Raubzügen, die hier vom Norden Syriens nach dem Süden 
und umgekehrt stattfinden. Eine finstere Nacht begünstigte uns. Von 
jetzt ab durfte nicht mehr gesprochen und Mäntel und Turbane von 
weifser Farbe mufsten beseitigt werden. Ein Beduine ritt als Vedette 
voraus, ein anderer führte den Zug, der sich eng zusammenhalten mufste, 
ein dritter folgte, um zu verhindern, dafs Jemand zurückblieb, wieder 
andere stachelten mit ihren Lanzen die Saumthiere, welche das Gepäck 
trugen, und so rasch als möglich zogen wir in südöstlicher Richtung 
vorwärts. Es ging dabei so geräuschlos zu, dafs es mich oft dünkte, 

>) Das „Bttfse Gebirge« (Gebel el Hilu) heifst derjenige Theü dea Gebel Kar 
lamün, welcher östlich von einer Linie liegt, die ohngeföhr von Damaskus nach 
^dnftja, von da nach Ma'lüla und Jebrüd zu ziehen wftre, und er ist wahrschein- 
lich 80 genannt wegen der Menge und Güte seiner Weinberge. 



ich ritt allein. Wir hielten auf dem welligen Terrain vier bis fnnf Mal 
und immer an solchen Stellen, wo wir einem in der Entfernong ron 
hundert Schritten vorfibergehenden Zuge unbemerkt geblieben wfiren. 
Die Beduinen sind Meister in nächtlichen Zügen. Das Commando des 
Führers bestand in einem feinen Pfeifen, dem Zwitschern eines klei- 
nen Singvogels nicht unähnlich und ich hielt es auch längere Zeit da- 
für. Nach 1 Uhr des Nachts zogen wir an dem tiefen Ziehbrunnen 

BirKasam (jW^aS) vorüber, dem einzigen Wasser in der „Raubstrafse", 
und konnten ganz nahe zu unserer Linken die dunkeln Umrisse eines ver- 
fallenen Kastells unterscheiden, dessen Bestimmung es ehemals war, jenen 

Brunnen zu bewachen '). Hier kamen wir endlich in den Wa'r (y^l) 
d. h. in den trachytischen Rayon der Vulkane, und nachdem wir ohn- 
gefähr eine Stunde auf einem schrecklichen Terrain vorwärts gezogen 
waren, erklärten uns die Beduinen aufser Gefahr. Bald war eine Menge 

S'ih (g*^), eine vielästige, holzige Pflanze, das gewöhnliche Brenn- 
material (Hatab) in der Wüste, gesammelt, bald loderte ein helles 
Feuer und Alle suchten sich zu wärmen, denn wir hatten während des 
nächtlichen Rittes sehr gefroren. Da man es vorzog, das Oepäck bei- 
sammen zu lassen und keine Zelte aufzuschlagen, so suchte sich ein 
Jeder in den schwarzen Wänden der Lavafelsen einen Winkel, um 
sich gegen die kalte Luft und die vom gestrigen Regen feuchte Erde 
zu schützen und bald waren wir Alle entschlafen. 

So begann ich eine Reise, die trotz der kurzen Dauer von 44 Ta- 
gen reich ist an interessanten Specialitäten und deren Gesammtergeb- 
nifs ein aufserordentlich günstiges genannt werden mufs. Ich habe 
dasselbe in einem Tagebuche niedergelegt, das in 4 Heften zu je 110 
Octavblättern 880 Seiten zählt, einige dreifsig Beduinengesänge, die ich 
besonders geschrieben habe, ungerechnet. Bedenkt man, dafs ein grofser 
Theil meiner Zeit auf die Untersuchung von fast hundert Ruinenorten 
und die namentlich in weitläufigen Städten zeitraubende Aufsuchung 
von Baudenkmälern und Inschriften verwendet werden mufste, und 
rechnet man die Störungen dazu, welche auf dergleichen Reisen un- 
aufhörlich vorkommen, so wird man die Menge meiner Aufzeichnungen 
kaum für möglich halten; aber ich schrieb während des Reitens und 

') Da die Existenz des Bir Ka^am die Streifzttge der Beduinen sehr erleich- 
tert, so hatte ihn Ibrahim Pascha zur Zeit seiner Herrschaft in Syrien zuwerfen 
lassen. Diese bei den jetzigen politischen Zuständen Syriens heilsame Mafsregel wurde 
jedoch damals nur scheinbar ausgeführt. Der damit beauftragte Delibasch, ein ge- 
wisser Holo Aga, welcher mütterlicherseits von den Mawäli- Beduinen abstammt, 
liefs, um seinem Geschlechte nicht zu schaden, den Brunnen mit den Zweigen der 
7arfab&ume füllen und darüber eine Schicht Steine werfen. Nach dem bald darauf 
erfolgten Aufhören der ägyptischen Dynastie in Syrien öffneten die Beduinen den 
Brunnen wieder. 



des Nachts. Auch trag die glückliche Stimmung, in welche mich die 
fortwährend guten Erfolge versetzten, dazu bei, dafs mein Bleistift 
immer im besten Zuge blieb. Die Ergebnisse dieser Reise umfassen 
mehrere Zweige der Wissenschaft, wie Geognosie, Geographie 
und Archäologie (Baugeschichte und Inschriftenkunde). Meine eth- 
nologischen Nodzen über zeither unbekannte Stämme, oder solche, 
deren Bedürfnifslosigkeit an die Urzustände des Menschengeschlechts 
erinnert, halte ich für werthvoll, und meine Poesien der Wüste bieten 
«in Arabisch, das man in Damaskus nicht versteht und von dem noch 
wenige Proben nach Europa gekommen sein dürften. Ich mufste mir 
die meisten Lieder Vers für Vers commentiren lassen. 

Indem ich in folgenden Blättern über diese Reise zu berichten die 
Ehre habe, beabsichtige ich nicht, eine Darstellung des Gesehenen in 
seiner zeitlichen Aufeinanderfolge zu geben, da ich mein Tagebuch 
selbst für den Druck zu bearbeiten gedenke, und die anliegende Karten- 
skizze, welche später eine berichtigtere Form erhalten soll, von dem 
bereisten Ländergebiete und der von mir verfolgten Route eine genü- 
gende Anschauung geben wird. Nur einige meiner Beobachtungen 
will ich hier ausfuhrlicher beschreiben, und zwar solche, von denen ich 
entweder die stärksten Eindrücke erhalten habe, oder annehmen kann, 
dafs ihre Mittheilung auöh in weiteren Kreisen interessiren werde. 

Ich beginne mit dem geologischen Theile, wobei ich vorauszu- 
schicken habe, dafs ich kein Fachkenner bin, damit man beim Beurthei- 
len meiner Anschauungen den rechten Maafsstab anlegen möge. Von 
besonderer Wichtigkeit für die Erdkunde scheint mir die Entdeckung 
einer zeither nicht geahnten, weit ausgedehnten Vulkanregion zu 
sein, die vielleicht an Extensität, aber schwerlich an Intensität von 
einer ähnlichen Formation auf der Erde übertroffen werden durfte. Ich 
meine nicht den Hauran, bei dem man schon auf Seetzen's, Burck- 
hardt's und Anderer Beobachtungen hin annehmen konnte, dafs er 
durchgängig und ausscbliefslich von vulkanischer Bildung sein müsse, 
obschon er zeither noch nicht einmal zur Hälfte bekannt war. Ich 
spreche von einer Gegend östlich von den Wiesenseen bei Damaskus 
und östlich vom Hauran. Die Mitte derselben dürfte etwas südöstlich 
von dem Punkte liegen, wo sich der 55. Längengrad (Ferro) und 33. 
Breitengrad schneiden. Südlich scheint sie sich beim 32. und nörd- 
lich nahe am 34. Breitengrade zu endigen. Ihre Breite möchte durch- 
schnittlich zwei Drittheile der Länge betragen. Begrenzt wird sie im 
Osten und Süden von dem Hamad, oder der grofsen syrischen Steppe, 
im Westen von Hauran, dem Legä und den Wiesenseen, im Norden 
endlich von den Ausläufern des Antilibanon an der Strafse nach Pal- 
myra. Den nördlichen Theil dieser Vulkanregion charakterisiren grofse 

2 



mehr oder weniger zusftmnienbäDgende Lavaplateaa's, deren jedes in 
seinem Mittelpunkte immer eine oder mehrere Gruppen feuerspeiender 
Berge hat, während der sudHche Theil,. welcher den Namen Harra 
fahrt, mit losen vulkanischen Steinen dicht bedeckt ist, zwischen denen 
sich einzelne Eruptionskegel erheben, die bei näherer UBtersucbnng znm 
Theil von kleineren Lavaplateau's umgeben sein werden. Die Thfidg- 
keit dieser Vulkane hatte wohl schon in vorhistorischer Zeit ihre End- 
schaft erreicht, und fand gewifs gleichzeitig mit den Eruptionen der 
hauranischen Vulkane statt, wenn auch die Schwärze und der Glanz 
der Lava dieser ostlichen Region, verglichen mit der starken Zersetzung 
der hauranischen, far einen spätem Ursprung sprechen sollte. Ich er- 
kläre mir diese Verschiedenheit durch die Annahme einer versdbiede- 
nen Mischung beider Laven. Denn die hauränische erzeugt durchgängig 
einen entschieden braunrothen und die der östlichen Vulkane einen gold- 
gelben Humus. 

Den Mittelpunkt dieser ostlichen Region bildet das Saf& *), ein 
von. den Syrern vielgenanntes und Allen unbekanntes Land. Man denkt 
sich gewöhnlich darunter einen ungeheuren Wall, durch den ein enges 
Thm* zu weiten sichern Räumen fuhrt, welche die stärkste Festung der 
Welt sein würden, wenn sie Wasser hätten. Natürlich konnte auch 
Burckhardt nichts Näheres über das Safä erfahren '). Zwar bat das- 
selbe weder Thor noch Engpafs, aber es ist vielleicht der merkwürdig- 
ste Punkt in Syrien; seine Formation hat etwas Höllisches und sein 
Anblick beengt die Brust und erfallt mit Grauen. Das Safd ist ein 
beinahe sieben Stunden langes und eben so breites Gebirge, d. h. die 
aus den Kratern strömende schwarze Masse häufte sich Welle auf 
Welle, so dafs die Mitte die Höhe eines Gebirges annahm, ohne jene 
sanften Formen gewöhnlicher Gebirge zu bekommen. Das Safä ist 
bei seinen geraden Linien und seinem mattglänzenden Schwarz mit 



') l_ fl/r* jt In einem Bedainengesange lautete das Wort in der Annexion Safät, 
was auch die Schreibart bLäao geben würde. Aber die erstere ist die gewöhnliche. 

') Er sagt in seiner syrischen Reise pag. 170 (Uebersetzung von Gesenins) : 
„Das Safil. ist ein steinigtr Landstrich, wie das Legä, nur sind seine Felsen hoher, 
wiewohl das Ganze ftir ebenen Boden gelten kann. Es hat 2 bis 3 Tagereisen im 
Umfang und ist der Zufluchtsort der Araber, wenn sie vom Pascha von Damaskus 
verfolgt werden. Es hat keine Quellen, sondern nur Cisternen. Der einzige Eingang 
ist ein Engpafs, der Bäb es Safl heifst, eine Schlucht zwischen senkrechten Felsen, 
die nur 2 Ellen breit ist und durch welche niemals ein Feind einzudringen wagt.* 
Pag. 1060 sagt er: „An der östliche Seite des Saf& ist ein ohngeffthr 2 Ellen 
breiter Gang durch senkrechte Felsen. Er ist etwa 1000 Schritte lang und führt 
mitten im Gebirge auf eine Ebene, die keinen anderen Eingang und zwei Tagereisen 
im Umfang hat, u. s. w.'' Doch sind die Namen von drei Dörfern des Safä, die 
Burckhardt erwähnt (Boreisije, 'Odesije und Koneise) richtig; sie existiren dort. 



einem Gebilde ans Gufseisen zu vergleichen und gewährt annähernd den 
auf folgender Skizze dargestellten Anblick. Die Ansicht ist von der 

Westseite. 

1 2 3 4 6* 5»» 6 




Die höchsten. Partien sind ohngeföhr 1800 Fufs über der Ruhbe. 
Sämmtliche Spitzen sind Vulkane. 1) Der Abu Oänim (^t 

jjU). 2) Der W&sit (ia^[^f). 3) Der Mer&ti (j^!pl). 4) Die 
§neta'ä (JUäIZaI»). 5) Die Tulul es Safä (UaJ! v3^*), Hügel 
des l^afä. 6) Der ChnSsir ( jka^Jj-l), d. h. der kleine Finger; er 

'Vird gebildet durch hohe, namentlich von der Ruhbe aas stark sicht- 
bare Steinkränze von Kratern. Man stellt sich das Safd* als eine Hand 
vor. No. 1 ist der Daumen, No. 2 wird wenig gesehen und nicht 
gezählt, Nr. 3 ist der Zeigefinger, No. 4 wird wenig gesehen, No. 5* ist 
der Mittelfinger, 5** Goldfinger, No. 6 der kleine Finger. 

Auf dem Safa kann kein Mensch existiren und die Redensart der 
Damascener: „er hat sich in's Safä geflüchtet^ wird später unter dem 
Artikel Tenije erklärt werden. Das Safä hat keinen Tropfen Wasser 
und keine Vegetation, daher, sein Name: das leere, nackte Gebirg '). 
Nur in den Einsenkungen und den klaffenden Brüchen der Lava bil- 
den sich zur Regenzeit wochenlang Pfützen und sprofst eine spärliche 
Flora. Das Safä ist noch, wie am Tage seiner Entstehung, 
der schwarze mattglänzende Lavagufs voll zahlloser, mit 
dünnen Gewölben üb er brückt er Ströme versteinerter schwar- 
zer, oft auch hellrother Wellen, die sich aus den Kratern 
über das Hochplateau die Abhänge herab wälzen. Am nord- 
östlichen Ende des §afä, circa \ Stunden vom Abu Öänim, desgleichen 
südöstlich vom Chnesir erhebt sich die Lava auf der Fläche des Ge- 
birges wie züngelnde schwarze Flammen, mit einer durchschnittlichen 



') In allen Sprachen, namentlich in der arabischen, giebt es viele Dinge, die 
sich nicht aus dem armen Lexicon, sondern nur aus dem reichen Commentar der 
Vorstelliingen und Ausdrucke des Volkslebens erklären lassen. Man sagt: Safä el 
Kte, der Becher ist leer; l^afliyra, er hat ihn ausgeleert. Daher $afä Zemäni, meine 
Zeit ist leer d. h. von Sorgen, also heiter. Davon MaJI^all es Safi der Ort der Sor- 
genleere d. h. ein frohes Trinkgelage. Saft es Semä der Himmel ist wolkenleer. 
Hierher gehört wohl das Hebräische T^S^ SafÖn (flir Safw&n) der leere Himmels- 
ratna ia Hiob 2^, 7. * * 



Erbebong von 3 Fors, obngefBhr in der Art, wie es diese Zeichnnng 
veranschaalicht: 




leb erkläre mir die Erecbeinung so, Aa(b die Krater gegen Ende 
ibrer Thfitigkeit eine schneeartig leichte Masse auswarfen, die sich 
Flocke auf Flocke ansetzend diese Formation erzeagte. 

Schon seit drei Tagen hatte ich das ^afä und namentlich seine bis 
in's Kleinste regelmfifsigcn und wie mit einem braungelben glanzlosen 
Mörtel übertünchtea Kegel mit immer wachsender Neugierde betrachtet. 
Dafs es die Röhren sein mufsten, aus deuen die vor uns aafgelhürm- 
ten Wogen geflossen, konnte ich mir zwar denken, wiewohl ich noch 
nichts Aehnliches gesehen hatte, aber ich wünschte doch mit eigenen 
Augen In die Schlünde hinein zu schauen. Am dritten Tage Abends 
waren wir als GSste im Zelte unseres Reisegeßihrten HumSjid unmit- 
telbar am Rande (Lohf) des Safä abgestiegen und hier wollte ich den 
Beduinen gegenüber, die eine Besteigung des $afä für unmöglich er- 
klärten, meinen Willen durchsetzen. MumSjid schien mir als Wirth 
zu meiner Begleitung verpflichtet, aber er entschuldigte sich, dafs das 
^afa den ö^Jät gehöre, und ihm nicht das Recht zustehe, daselbst mei- 
nen Führer zu machen. Seine Entschuldigung war gegründet. Jetzt 
wandte ich mich an Gerbfi*, den Ö4jäti. Er weigerte sich mit der Er- 
klärung, dafs nur die Lebensgefahr den Menschen in's ^(i,& treiben 
könne. Da licfs ich ein seidenes Ehrenkleid auspacken und sagte den 
zahlreich anwesenden öejät, dafe es derjenige bekommen würde, der 
mich begleitete. Man betrachtete es mit sehnsüchtigen Blicken, aber 
keiner wollte es verdienen, selbst dann nicht, als ich noch eine engli- 
sche Lire (Souverain) darauf zu legen versprach. Die Sache verwirrte 
mich, und auch meine Damascener Begleiter wufsten sie nicht zu er- 
klären. Ich muTste endlich zu einem Mittel greifen, gegen welches der 
Beduine keine Waffen hat. Ich wendete mich gegen Gerbu und sagte 
mit deni nöthigen Pathos, indem ich meinen Kinnbart in die rechte 
Hand nahm: Willst du nicht mit mir gehen, Gerbu, diesem Bart« zn 
Gefallen (min sin hal lehje)? Da schnellte der Mann empor und rief, 
indem er die Hand auf seinen Kopf legte: „Von Herzen gern ('alä 
räsi)!" Am andern Morien vor Sonnenaufgang brachen wir auf. Es 
waren eigen thümliche Gefühle, die mich bewegten, als ich mit Gerbu, 



der den Wasserschlauch, und mdnem Jäger ^Ali, der die Mefsinstrn- 
mente trug, zu Fufs (denn die Pferde würden hier nicht überall fort- 
kommen) über die klingende Decke der kohlschwarzen Wellen, über 
die weitgespannten Brücken, über die Sprünge ') und Versenkungen 
der Masse hinschritt, um einen der höchsten Vulkane zu besteigen. 
Um 9 Uhr erreichten wir das Hochplateau. Da rief Gerbu : ,Hier ist 
der Anfajig der Gefl^gif. Steigt hinauf I ^ Ich begriff ihn nicht, stieg 
aber rasch einen Wall schwarzer Blöcke hinauf und stand am Rande 
eines ungeheuren Kraters und schaute mit Grauen in das Chaos snues 
Schlundes hinein. Es war der erste Krater, den ich sah, und meine 
Verwunderung war um so gröfser, als ich die fixe Vorstellung mitjre- 
bracht hatte, ein Kxater könne nur in der Spitze eines Berges se^. 
Hier war er auf der Hochebene. Endlich dachte ich über ein Mitt€ 
nach. Umfang und Tiefe zu messen, als mich Gerbu lachend den 
Damm der ausgeschleuderten, oft viele Klaftern dicken Steine hinab- 
zog und sagte: „Bedsch (das türkische Bej), willst du jede Gefgefe 
(Krater, in der Mehrheit Gefagif) in unserm Lande messen, so brauchst 
du Wochen dazu.'' Wie, ist euer Land die Hölle? „£ billah (Ja, 
bei Gott)I Es lebte bei uns ein Dichter, der sagte in einer Kaside: 
Das Safa ist ein Stück von der Hölle und die Ruhbe ein Stück des 
Paradieses (es Safa min en nar wa'r Ruhbe min el genne)''. Nach 
sechs oder acht Minuten stand ich auf dem Steinkranz eines zweiten 
Kraters von eben so grauenhaftem Anblicke; nach einer gleichen Ent- 
fernung an einem dritten, vierten und fünften. Der fünfte unterschied 
sich von den vier ersten dadurch, dafe er die Gkstalt des Gespinnstes 
einer männlichen Seidenraupe hatte, so nämlich: 00 . Augenschein- 
lich hatten sich zwei Krater in einen vereinigt. Ferner hatte derselbe 
in seinem Bette keine über einander geworfenen Blöcke, sondern eine 
schwarze glanzlose Masse, deren versteinerte Oberfläche sich senkte 
und hob und Blasen trieb wie siedendes Pech in einem Kessel, und 
ringsum flössen aus dem weiten Bassin starke Lavaflüsse. In geringer 
Entfernung kam ein sechster, siebenter und achter Krater. Aber der 



' ) Unter solchen Sprüngen, die wohl bei Erstarrung der Lava entstanden sind, 
trafen wir einen, dessen Länge ich auf mehr als 1500 Fufs schätzte. Wo er am 
weitesten klaffte, mochte er 20 Ellen breit sein. Die Wände waren, wie man tief 
hinein deuütch sehen konnte, ohne alle Sprünge und Risse ein massives Ganze vom 
vollkommensten Schwarz, und ohne allen Glanz. Nur hin und wieder funkelten 
darinnen smaragdartig gröfsere Stücke von Olivin. — In einem andern Sprunge süd- 
ostlich von Chnifir sah ich eine merkwürdige Pflanze. Wie tief sie hinab reichte, 
wei£s ich nicht, da die Blätter den Stamm unsichtbar machten; die Krone war ohn- 
gefllhr 4 Fufs unterhalb des Randes, auf dem wir standen. Sie konnte acht bis 
zehn ausgebildete Blätter haben, deren jedes in der Mitte eine Elle breit und eine 
Klafter lang sein mochte. Die prächtige Pflanze ächien mir eine Art Farrenkraut 
zu sein. 



10 

achte übertraf alle vorhergegangenen durch die Menge tiefer und breiter 
Ströme, die aus ihm kamen, aus deren rothen Wellen ich mir an einer 
Stelle, wo die üeberbrückung derselben eingebrochen war, ein Stück 
abschlug und mitnahm. Diese Ueberbrückungen liefern den Beweis, 
dafs hier, wie bei einem gefrorenen Flusse, die Oberfläche verhÄrtete, 
während die Masse darunter noch fliefsend war. Der dem Flusse zu- 
gekehrte innere Theil der Brücken (ich habe deren zu 1| Meter Höhe 
und 6 Meter Spannung gesehen und gemessen) ist mit einem glän- 
zenden violetten, gelblichen oder röthlichen Lacke überzogen. Die 
Dicie dieser Ueberbrückungen ist von | Zoll bis zu | Meter. Von 
der dünnsten Art nahm ich mehrere Stückchen mit. Darauf kamen 
vir an den neunten, zehnten und eilften Krater. Es wäre eine geringe 
Mühe gewesen, solche Krater zu umschreiten, die nur Lava ausström- 
ten und keinen Steinkranz hatten, aber es trieb mich vorwärts, um so 
viel als möglich von den Wundem des Safä zu sehen, und ich hatte 
dazu nur diesen einen Tag. üeber No. 1 1 schleuderte ich einen | Faust 
grofsen Stein; er durchflog nicht den sechsten Theil des Durchmessers, 
und dieser Krater war bei Weitem nicht der gröfseste. Hier betrach- 
tete ich die hinter mir liegenden Krater und die an ihren Steinkränzen 
kenntlichen vor mir und erkannte, dafs sie einen richtigen Halbkreis 
beschrieben. Nur bei No. 5 befand sich einige Minuten abseits ein 
kleinerer Krater innerhalb des Halbkreises. Wir kamen zu No. 12; 
er ist ein circa 15 Ellen tiefer und einen Steinwurf weiter runder Ein- 
sturz der vulkanischen Masse. In seinen steilen Wänden hatten sich 
Tauben eingenistet (Jerem. 48, 28). No. 13 ist ein Krater von sehr 
grofsem Umfange. No. 14 ist wie No. 12 ein Einsturz, aber weit gröfser 
und tiefer als jener. No. 15 und 16 werfen keine Steine aus. Es sind 
zwei ungeheure Kessel, in denen die Masse kochte. Es sondern sich 
aus ihnen viele und breite Lavaströmc? ab. No. 17 und 18 sind zwei 
Einstürze wie No. 12 und 14 und circa einen Pistolenschufs von ein- 
ander entfernt. Am Rande von No. 18 steht die unheimliche l^n^ta'a. 
Sie ist das nackte, mit einer glänzend rothen Masse überzogene Ge- 
rippe eines feuerspeienden Berges. Die eine Seite seines Fusses ist 
von der an seiner Wurzel entstandenen tiefen Versenkung des Bodens 
mit in die Erde hinabgerissen worden, so dafs der innerlich roth glän- 
zende Cylinder des Kraters nicht nur nach oben, sondern auch nach 
unten in die Versenkung hinein sich Öffnet. Von diesem oben und 
unten offenen Bergstrunk wird folgende Skizze, wie ich sie des Nachts 
nach der Rückkehr aus dem Gedächtnisse gezeichnet habe, eine ohn- 
gefähre Anschauung geben. 



Die §BSta'a heifst auch der Galgen des Safä (Masnaket ep 
$B%) uDd man sagt, ein früherer Herrscher im Lande Rahbe habe 
darinnen einen eisernen Ring (Halal:a) anbringen und daran sdne 
Delinquenten hSogen lassen. Ich kletterte den Berg hinan and 
schaute mich in dem ganz glatlen Schlünde nach dem Itinge nm, ohne 
ihn zn finden; da mir aber mehrere Beduinen versieb erten , den Bing 
gesehen zn haben, so Termuthe ich, daljs sie eine ringfihnliche Felsen- 
formation meinen, wobei das „eisern" eine Zutbat der arabischen Ima- 
gination sein würde. Die Idee des Galgens ist von acht arabischer 
Raffinerie, denn ich halte die §ngta'a, von der aus man nichts als die 
kohlschwarze Fläche, das Chaos der Kraler, die Schlote der feuer- 
speienden Berge und die ganzen oder zertrümmerten Brücken der Lava- 
strome sieht, für einen der schau eriichsten Orte auf Erden. Aus der 
Menge der Flufsbetten läTst sich schUefsen, dafs die $ngta'a einst eine 
grofse Thätigkeit entwickelt haben nmfs. Aach von dem Ueberzuge 
der ^nfita'a nahm ich ein Stack mit. Zehn Minuten weiter trafen wir 
wiederum auf eine Bodeiwersenknng und unmittelbar hinter ihr stieg 
ich über einen hohen Kranz ansgeworfener Steine mühsam die mit 
einer tiefen Schicht von gelblich violettem Schutte bedeckten steilen 
Seiten eines Vnlbans hinauf, der zu der Gruppe der Tnlnl es Safä ge- 
hört, und auf dessen mehrfach zerrissenem, also mehrere Spitzen bil- 
dendem Scheitel ich meine Messungen anstellte. Meine Begleiter waren 
Tor Hüdigkdt bald in tiefen Schlaf versunken nnd mir zitterten b^ 
der Arbeit vor Ermattung die Beine. 

Die Volkane des §aEä hatten, hier betrachtet, s&nmtlich ein gleich- 
mli&iges Aussehen; der eine war gröfser als der andere, aber Gestalt 
und Farbe (zwischen hellbraun and violett) war bei allen ganz die- 
selbe. Diese baute Farbe zusammen mit der regelrnJUsigen Form der 
Volkane sticht angenehm gegen die düstere und wüste Umgebung ab. 
Gin Dnrchschnitt derselben giebt ohngefShr folgendes Bild. 



12 




Kranz von ausge- rings um den Fofs 

worfenen Blöcken der Vulkane. 

Die Hochebene ist vielleicht dritthalb Stunden lang and darch- 
scbnittlich halb so breit. Sie ist in der Mitte um ein Weniges einge- 
sunken und fällt stark gegen Norden ab. Zugleich hat sie in ihrer 
ganzen Länge von Süd gegen Nord eine Neigung gegen die Ruhbe 
zu, weshalb man den Wäsit, der doch gegen 200 Fufs hoch zu sein 
scheint, nur in der Ruhbe deutlich sehen kann. 

Nördlich an das Safa grenzt das Oebiet der Gele (xLJtJt). Der 

schmale Zwischenraum zwischen den Ausströmungen dieser beiden Vul- 
kangebiete heifst der Schlüssel der Gele (Miftah el 6ele). Sie hat 
vier Vulkane: zwei sind auf der höchsten Spitze des Gebirges und 

heifsen Tulül el ö^le, und zwei, el Hlewa ( t^JjL^i) und el Mafrade 

(BOyali ), sind an den Seiten des Gebirges. Die Öele ist vielleicht 400 Fufs 

höher als das Safa und ihre schräg abfallenden Seiten erschienen mir im 
Osten gleich dem Safa als ein massiver schwarzer Strom, im Westen da- 

gegen sind sie eigenthümlicher Art und heifsen daselbst Ten! je (Kjyuüi). 

Dieses Wort bedeutet hier ein mit Lava überflutetes Terrain, in dem 
viele gröfsere und kleinere vom Strom unberührt gebliebene und mit 
einer gewöhnlich zwischen 10 und 20 Ellen hohen Wand umschlossene 

freie Plätze vorkommen, welche K^ä' (pfe, in der Mehrheit Ki*än) 

heifsen. Ich habe die Tenije in einer StrAke von circa 5 Stunden 
durchzogen; es war ein beständiger Wechsel zwischen halsbrecheri- 
schem Hinabsteigen in die Ea 's und beschwerlichem Hinaufsteigen 
auf das Plateau. Die Thiere litten schrecklich dabei. Die gewöhn- 
liche Breite der Ka^'s ist zwischen 50 und 100 Schritte. Mitunter 
sind sie fast viereckig, oft rund oder oval, aber in den meisten Fällen 
gassenartig lang und schlangenförmig gCMninden. Wir passirten deren 
einige, die wohl eine Viertelstunde lang waren. Wollte man sich aus 
der Tenije ein Stuck herausnehmen, so würde dieses annähernd fol- 
gendes Bild geben. 




Die schraffirteD Figuren -würdeti die Kä''a Bein uod die weiften 
Stellen dazwischen daa dieselben einßchliefsende Plateau. Ihre Ent 
Btehung erkläre ich mir anf folgende Weise. Eb befinden sich in 
der TenJje Taiisende von hSuserhohen runden vulkanischen Er- 
hebungen, die, bei dem regelmäfBigen Brnche der fiuJseren Stein- 
achicht, gemauerten und oben zerrissenen Kuppeln sehr ähnlich und 
zwischen 50 und 100 Fufs hoch sind. Desgleichen finden sich 
lange, ebenfalls oben aufgerissene Dämme, die gewissen stei- 
nernen Uferbauten an grofeen Flüssen gleichen und meist 30 Schritt 
breit und gegen 100 Schritt lang sind. Doch sah ich deren auch von 
gröfeeren Dimensionen. Beide Arten würden im Ganzen diesen zwei 
Zeichnungen sehr ähnlich sein. 




Diese Hügel qnd Damme sind augenscbemlich Erhebungen ^ner 
früheren Ausströmung und man kann Eich ihren Bildungsprocefs 
also denken Nachdem die erst« LaTaausstromung das Terrain be- 
deckt hatte, wurde sie noch vor ihrer volhgen Erkaltung durch 
das mächtige Agens eines untenrdischen Oaeea an vielen Stel> 



14 

len blasenartig anfgeschwellt Hatten diene Kaeen eine übermfifsige 
Spannung erreicht, so zerrissen sie an ihren obem Theilen, nm die 
Oase ausströmen zu lassen, und erkalteten vollends in diesem Stadium. 
Während der Erkaltung zersprang ihre Aufsenseite in vier- oder fünf- 
eckige Tafeln. Als ich sie zum ersten Mal sah, hielt ich sie für 
kleine feuerspeiende Hügel, aber nachdem ich in einige hineingestiegen 
war, überzeugte ich mich, dafs sie das nicht waren. Oft stehen sie 
frei von allen Seiten und dann kann man leicht sehen, dads sie weder 
Steine ausgeworfen, noch Lava ausgeströmt haben, auch haben ihre 
klaffenden Sprünge keinerlei Aehnlichkeit mit den Kratern der Erup- 
tionskegel. Als nun die neue Ausströmung erfolgte, welche die Te- 
mje bildete, standen diese Hügel der fliefsenden Lava im Wege, so 
dafs diese an vielen Stellen herumflofs, ohne sie zu berühren. Diese 
unberührt gebliebenen Stellen nun wären die Ka' 's. Für diese Erklä- 
rung spricht der Umstand, dafs sich jene Erhebungen meist an den 
Wänden und Ecken der Ka''s befinden. Die Bewohner der Euhbe 

nennen diese vulkanische Formation Chism (^.^£^1), womit man im 

Arabischen ursprünglich jeden Oegenstand bezeichnet, der sich auf eine 
auffallige Weise über eine Fläche erhebt, z. B. eine übermäfsig lange 
Nase. Oestlich von dem Miftah el öele werden diese Erhebungen 
so zahlreich und stehen so eng gedrängt an einander, dafs sie dort 
unter dem Namen Chism el Mä!k[rä(;a') ein besonderes vulkani- 
sches Gebiet bilden (vgl. die beil. Karte). 

In den auf diese Weise gebildeten Ka 's sammelt sich im Winter 
das Wasser oft zu Teichen und dann entsprolst ihnen eine treffliche 
Weide von aromatischen Kräutern ^ weshalb im Monat März vielleicht 
der gröfste Theil der (jrejki und S'taye und der el Hasan von Hauran 
ihre Zelte in ihnen aufgeschlagen haben. Wir übernachteten einmal in 
einem Ka' der Tenije und als des Abends die Schaf- und Ziegenher- 
den und eine Menge junger weifser Kameele die steilen schwarzen 
Wände herab in den ebenen grünen K&' stiegen und sich auf den bekann- 
ten Ruf der Hirten in 4 Theile theilend vor den 4 vorhandenen Zel- 
ten sich lagerten und ich mit meinen Gefährten über dieses liebliche 
Bild ländlichen Friedens sprach, wendete sich unser Wirth, der alte 

'Üde (nC>y^) zu uns und sprach: B^dsch, ich freue mich immer auf 
die Zeit, wo wir in dem Ka* wohnen, wegen der angenehmen Wärme 
im Winter und der reichen Weide, der duftigen Blumen, des Gefühls 



') ^bjUt ^^^>M:fS> d. h. Chism des Scheidewegs, weil sich dort von 
der Strafte in die Rul^be eine andere nach Rigm el Marik und SIs abzweigt. 



15 

der grofsten Sicherheit, und dea Yortheils der volHgen AbgesehloBsen- 
heit, obschon sich Hunderte in unserer nächsten Nähe befinden. Der 
Mann hatte Recht. Die E&''s sind auf dem zackigen, chaotischen 
Plateau der Tenije nur dann zu sehen, wenn man an ihrem Rande 
steht, und verriethen nicht die oben weidenden ') Heerden die Nähe 
eines Ka*, so würde man 50 Schritte entfernt weder ihre Existenz, 
noch die darinnen aufgeschlagenen Zelte ahnen. Sie bilden Ver- 
stecke, in welche Jemanden zu verfolgen Thorheit wäre *). Die Te- 
uije ist die Festung der Gejat und S'taye und aller Stämme des ost- 
lichen Hauranabhangs, wie der el Hasan, S'urafÄt, 'Afamat u. Anderer. 
Die Redensart der syrischen Volks „er floh in den War des §afa** 
wird nun verständlich sein. Man hat sich jedoch nicht gerade dabei 
zu denken, dafs sich der Flüchtling in der Tenije versteckte. Ihre 
ganze Umgebung, die weiten Steinfelder der Harra eingeschlossen, sind 
schützender War. Jesaia 21, 13 bis 17 kündigt der Prophet den Wan- 
derstämmen der Kedar an, dafs auch über sie das Schwerd kommen 
werde: „Das ist der Ausspruch über die Araber: Ihr werdet im Wa'r 
Arabiens Zuflucht suchen**, d. h. die offene Steppe wird euch keinen 
Schutz mehr gewähren, so dafs ihr euch in dem Wa*r verbergen müfst. 
Diese Erklärung der BibelsteUe wird angefochten werden, aber sie wird 
wohl die richtige sein ■). 



*) Das Plateau der Tenije ist nicht eigentliches Weideland, weil hier die Lava 
durchaus noch nicht zersetzt ist. Sie ist aber stark gesprungen, und aus den Ris- 
sen sprofst in den Wintermönaten eine aromatische Weide. 

') Die Radix Kä* scheint die Grundbedeutung des Eingeengten zu haben im 
Gegensatze des Unbeschränkten, Weiten. So nennen die Damascener ihre hohen 
durch zwei und drei Etagen durchgehenden Sommersäle Kaa (iC^lS); auch die 

Färber geben ihren hohen Arbeitshallen diese Benennung. Das Wort kommt hebräi- 
sirt (Koa*) in Ezech. 28, 23 vor, wo es mit S'öa* zusammen wohl sprüchwörtlich 
und nnter Festhaltung jener Grundbedeutung in dem Sinne von „Vornehm und Ge- 
ring" zu nehmen ist Da Ezechiels Diction viel fremde Elemente hat, so fühlt man 
sich versucht, das ganze Sprüchwort für ein rein arabisches zu halten. 

^} Das Wort Wa'r hat im Hebräischen, wo es einem constanten Sprachgesetze 
g^mäfs ja* ar ( n^^ ) lautet, zwei anscheinlich ganz verschiedene Bedeutungen. Ein- 
mal bedeutet es Honigwabe. Vielleicht hat man dieser Bedeutung die Metapher 
der porösen Lava, welche mit ihren erbsengrofsen , dichtgedrängten Löchern grofse 
Aehnlichkeit mit der Wabe hat, zu Grunde zu legen. Als zweite Bedeutung haben 
die Lexica Wald. Hat das Wort in der oben angezogenen Bibelstelle diesen Sinn, so 
würde in ihr den Stämihen der K^dar angedroht, dafs sie sich aus der Steppe in den 
Wald flttditen würden, eine Drohung, die eher eine Verheirsung war. Im Walde 
fand der Beduine Schatten und immer grüne Weide und Brennholz für seinen gast^ 
liehen Herd. Mehr braucht er nicht. Ein schaftiger Baum ist der schönste Traum 
eines Beduinen, denn die Steppe hat keine Bäume und hatte sie niemals gehabt. 
Nur in den Betten tiefliegender Wadis wird an einzelnen feuchten Stellen hin nud 



o ^ 



wieder ein D^- ( ^^v>), Bemt- (y^;^^ ) oder G6i»- (Ij^ä) Baum sich finden. 
Jes. 28, 17 heifst es: »Wohlan, noch eine Weile, und der Libanon wird zlun Sa«t* 



16 

Betrachtet man daa hoch und freigelegene Rigm el Mara als den 
Mittelpunkt dieser weiten Vulkanregion, so gruppiren sich ihre ein- 
zelnen Oebiete also: 1) der Rabe (el Öurab) liegt ca. 10 Standen 
gegen Sfidost; 2) rechts von ihm die Vereinten (el Karin), zwei 
Vulkane, ca. 8 Stunden entfernt; 3) die Ein öhrige (Dmm el Idn), 
ca. 3 Stunden hinter el Karin; 4) das Rufstöpfchen (es $udSj); 
und 5) dieHjfine (ed Dab'), rechts vom Vorigen; beide ca. 14 Stun- 
den gegen Süden. Ihr dem $afä nicht unähnliches scharfgezeichnetes Ge- 
biet verdiente wohl untersucht zu werden. Einige Stunden hinter ihnen 
endigt südlich die Vulkanregion, oder wie man sich hier ausdrückt: 

die Region des schwarzen Steins (.>^'^! ^ »jJ^)- 6) Die Ümm 
Gemberis (^jmo^aJo» J) ca. 4 Stunden entfernt, grenzt westlich an die 
öMe; 7) die Nebenbuhlerinnen (jj\y^\ ed Darair) schliefeen sich 

felde werden, und das Saatfeld wird für ja'ar geachtet werden.^ Wollte man in 
dieser Stelle ja'ar mit Wald wiedergeben, so ginge der Gegensatz zum Saatfelde 
(denn im holzlosen Syrien war der Wald wohl auch im Alterthum werthvoll) und 
die Parallele zum sterilen, steinigen Libanon verloren. Jos. 17, 16 heifst es: „Und 
Josua sprach zum Ephraim und Manasse: Weil du ein grofses Volk bist, so gehe 
hinauf auf das Gebirge, wo der Ja'ar (Wa*r) ist, den räume auf, d. h. dadurch, 
dafs du die das fruchtbare Erdreich bedeckenden Steinfelder zu Haufen zusammen- 
wirfst, wohl auch Bäume ausrodest, und so cultivirbaren Boden gewinnest.** Und 
wie genau haben die späteren Geschlechter wenigstens auf dem Haurangebirge die- 
sen Rath befolgt! Auf der ganzen von'Ormän bis zur Belkä gegen 10 Stunden 
breiten und von der Z§di- Niederung bis *Enäk gegen 15 Stunden langen Strecke 
haben die Geschlechter vergangener Jahrtausende den Wa'r zu Haufen geworfen, 
oder in lange Zeilen geschlichtet und so die herrlichsten Aecker gewonnen. In 
der Ferne hält man noch jetzt das Land fUr den wildesten Wa'r, kommt man aber 
hinein, so findet man ihn aufgeräumt. Er umgiebt die gereinigten Aecker meist 
in einige Klaftern hohen Schichten. Der auf diese Weise gewonnene Acker heifst 
noch jetzt j^akle (vergleiche den Hakel-dama des neuen Testaments). Mit einer 
solchen Fassung des Wortes ja^ar scheinen allerdings andere Stellen in Widerspruch 
zu stehen, wie 5. Mos. 59, 5: „Wenn Jemand mit seinem Nächsten in den ja'ar 
ginge, Holz zu hauen und das Eisen führe vom Stiele u. s. w.** In diesem Verse 
hat man es zwar augenscheinlich mit Bäumen zu thun, aber die Bedeutung von 
Wa*r liefse auch hier sich beibehalten. In Syrien erzeugt nur der Wa*r Brennholz. 
Das Lega ist mindestens zum sechsten Theile seines Flächengehaltes mit Bäumen 
bedeckt. (Wälder im europäischen Sinne können hier zu Lande nur durch Kunst- 
gärtnerei und Bewässerung geschaffen, also nur in der Nähe grofser Städte gefunden 
werden). Desgleichen hat auch der westliche und ein Theil des südlichen Hauran- 
abhangs Waldung, weil diese Gegenden Wa'r sind. Der Ausdruck in den Wa'r 
gehen, kann dort identisch mit „Holz holen** sein. Sage ich: Warum brennst du 
Feuer die ganze Nacht? so antwortet der Beduine: Wohnen wir nicht im Wa'r? 
d. h. ich habe das Brennholz nicht weit zu holen. Analoger Weise wird sich in 
den meisten Bibelstellen, in denen das Wort vorkommt, die Bedeutung des arabi- 
schen Wa'r festhallen lassen. Wird sich aber demungeachtet die recipirte Bedeu- 
tung von Ja*ar nicht aus dem hebräischen Lexicon streichen lassen, so möchte je- 
denfalls die des Wa*r als die ursprüngliche, der Bibel nicht unbekannte, und die 
des Wftldes als die abgeleitete hinzustellen sein. 



17 

redits an die Gkmberb, sie bestehen ans 4 Vulkanen; 8) die 2 Vnl- 

kane der Ruch ^je(&l:^jjt ) treten mit der ümm el Ma'ze («jäII j»!) 
nördlich an die Daräir, in einer Entfernung von 5 Stunden, und die 

Kameelin mit dem Jungen (UmmIhwS>r^t^t f\) in einer Entfer- 

nung von 4 Stunden nordöstlich; 9) die Tulesuwa (H^jw^uJLxS!) ist in 
einer Entfernung von ca. 10 Stunden die letzte gröfsere Vulkangruppe 
gegen Norden ' ). Zwischen Nord und Ost machen sich nur zwei 

grofse Vulkane bemerklich, derMekhül (Schwarzäugige) und S es (jj^^a^), 
der erste ohngefähr 10, der zweite 6 Stunden entfernt. Hinter ihnen 
endigt die Vulkanregion und beginnt der Hamäd. Noch sieht man 
von Rigm el Mara aus WNW. drei hohe Häupter herüber ragen. Es 
sind der 'Ak:ir ( r^lAit „der Sterile** wegen des gänzlichen Mangels 
an Vegetation, auch S ech et Tulül „Fürst der Hügel** wegen seiner 
Grofse genannt), die Dekwa (s^lXJ!) und der Turs (,j^^! der Schild). 
Die beiden letzteren, welche man ganz deutlich von Damaskus aus se- 
hen kann, endigen diese Region im Westen, um alle die genannten 
Berge stehen noch zahlreiche kleinere Erhebungen herum, aber es liefs 
sich nicht unterscheiden, ob es Hügel oder Steinkränze von Kratern 
sind. Von den Wiesenseen aus scheint das westliche Lohf eine fast 
gerade circa 9 Stunden lange Linie von Süd nach Nord zu beschrei- 
ben, und die Menge der Erhebungen über dem Lohf geben dieser Ge- 
gend, von da aus gesehen, ganz die Gestalt eines niedrigen Gebirgs- 
zugs, über den sich die Dekwa, der Turs und 3 bis 4 andere Berge, 
deren Namen die Bauern des Merg nicht wufsten, als höchste Spitzen 
erheben. Hier giebt es noch ein weites Feld für geognostische Studien, 
einen jungfräulichen Boden, den wohl noch Niemand zu wissenschaft- 
lichen Zwecken betreten hat, weder im Alterthum, noch in unserer 
Zeit. Aber es ist keine Spielerei dort zu wandern, wo weder ein le- 
bendes Wesen, noch 9 Monate lang ein Tropfen Wasser zu ünden ist. 
Die Bauern des Merg nennen diesen Vulkandistrikt mitunter Dir et et 
Tulül „das Hügelland**, aber die Beduinen der Ruhbe erklärten, dafs 
er keine allgemeine Bezeichnung habe, nur seine einzelnen Theile hät- 
ten ihre besonderen Namen. 

Lohf (v^,^vj spr. Lohof) nennt man den äufsern erhöhten Rand 
rings um die Lavafiäche eines Vulkangebiets und er ist für den Den- 
ker sehr merkwürdig. Dafs die zweite und dritte Welle nicht weiter 



' ) Da die Gruppe aus drei Bergen besteht, so könnte man glauben, das Wort 
werde, um die Bedeutung des « Dreifachen'' zu haben, mit doppeltem \^ geschrie- 
ben^ was aber nicht der Fall ist. 



IB 

flofs als die erste ^ ist nicht aafflQlig. Was aber gebot der vierten, 
fünften u. s. w. nicht über die zweite und dritte hiaaiiszaflie£Ben? So 
legten sich die schwarzen Wogen eine über die andere and bildeten 
eine Mauer, deren gewohnliche Höhe ca. 8 Ellen ist, die sich aber 
auch über 12 und 15 Ellen erhebt. Nur selten kommt es vor, dafs 
eine besonders starke Welle über das Lohf hinausstürzte und noch 
eine Strecke weiter flofs. So hat das §afä ringg herum ein scharf ge- 
rändertes Lohf, desgleichen die öele und die westlich an sie stofsen- 
den von mir selbst besuchten Gebiete. Vom Lohf des Legä sprachen 
wohl schon andere Reisende. Das höchste Lohf hat die Tenije der 
der Gele. Ich habe es auf einzelnen Punkten über 20 Meter hoch 
gefunden. Auch das hegk hat bei der Stadt SVUra ein ungemein ho- 
hes Lohf. 

Die Harra(b'^t) bekam ich zum ersten Male auf meiner Reise 
nach dem c. 6 Stunden südlich von der Ruhbe gelegenen NemS^ra zu 
sehen. Sie ist eine wellige mit vulkanischen Steinen bedeckte Ebene, 
nimmt ohngefähr den halben Flächenraum des östlichen Yulkangebiets 
ein, und umgiebt seine Lavaplateaus im Süden und Osten. MuOs an- 
genommen werden, dafs die Steindecke der Harra ein Auswurf der 
Vulkane ist, so müssen wir diese näher ins Auge fassen. Aufser dem 
SafH scheinen nur der öurab, der Karin und die Umm el Idn im 
Osten und der Sudej und Dab' im Süden in Betracht zu kommen. 
Die gröfste Thatigkeit scheint der Sudej entwickelt zu haben und es 
mufs für den Naturforscher vom gröfsten Interesse sein, die Schlote 
zu sehen, welche viele hundert Quadrat -Stunden mit Steinen bedeckt 
haben. Im Safä scheint der Chnesir stark auf die Harra gewirkt zu 
haben. Für die Erscheinung, dafs in der Harra Felder von Steinen 
verschiedener Gröfse regelmäfsig abwechseln, desgleichen, dafs ein Feld 
glänzend schwarze, ein anderes glanzlos schwarze, ein drittes braune, 
ein viertes grofsporige, ein fünftes kleinporige, ein sechstes porenlose, 
ein siebentes in, Auflösung begriffene Steine und ein achtes solche 
Steine hat, die durch einen vulkanischen Glasüberzug geschützt sind, 
so dafs an ihnen Jahrtausende spurlos vorübergehen — für diese Er- 
scheinungen werden sich die Geognosten ihre Erklärungsgründe gebil- 
det haben: aber auf meiner Reise von der Tenije der Gele zum Rigm 
el Mara fand ich während einer Strecke von i\ Stunden nicht nur 
die Lagen von Steinen verschiedener Gröfsen wie mit der Mefsschnur 
nach Feldern von beiläufig 40 oder 80 Schritten abgegränzt ■), son- 



*) In den Feldern, wo die Steine am gröfsten waren, hatten diese durdischnitt- 
lich circa 5 Zentner Gewicht, in den Feldern, wo sie am kleinsten waren, mochten 
sie 6 bis 8 Pfand wiegen; sie hatten im Allgemeinen eine rnndliche, oder koniflch 



19 

dern ich bemerkte auch niemals einen Stein über dem andern, ob- 
schon diese dicht neben einander geschlichtet waren. Die Sache kam 
auch meinen Reisegefährten äufserst merkwürdig vor. Ich bin einige Mal 
vom Pferde gestiegen, nm die unter deh Steinen befindliche Erde zu 
untersuchen, weil ich meinte, es müfsten unter ihr noch Steine stecken. 
Aber es war nicht der Fall. Die Steinsaat war nur auf der Oberfläche. 
Hin und wieder (aber seltener) finden sich in der Harra auch stein- 

freie Plätze, die ebenfalls Ka* (cl3) heifsen, aber mit denen der Te- 

nije kaum etwas mehr als den Namen gemein haben. Obschon mit dem 
besten Humus bedeckt, lassen diese Ka' 's, als dem Sonnenstrahle aus- 
gesetzt, dennoch keinen Halm hervorsprossen, und die hochgelbe 
Erde, augenscheinlich eine Zersetzung des vulkanischen Gesteins, bil- 
det eine glänzend glatte, feste Decke, die durchgängig von der Son- 
nenhitze zerrissen, kleine ca. ^ Elle im Durchmesser habende fünf- 
eckige Tafeln bildet, die der zersprungenen Lavadecke (namentlich im 
Lega) vollkommen gleichen, und da diese Sprünge von kleinen schwar- 
zen, erbsengrofsen Steinen (die wohl der Begen dahin geschwemmt 
hat) umsäumt sind, so bilden sie tüllartige Netze, welche die weiten 
Flächen der Ea''s bedeckend, schwarz auf hellgelbem Grunde, einen 
höchst interessanten Anblick gewähren. Sie gleichen folgender Zeich- 
nung: 

f. ..•: 

• •■ •• • 

; V v-\ \ 

: / I \^--.. 
• •; ! .«•v • 

V' ■•/ \ ' 

Die vulkanische Region ist reich an eigenthümlichen Gebilden. 
Die wenigen E!a 's der Harra (wir sind von Nemara naqh Hauran 
vielleicht durch vier gekommen) bilden im Winter meistens flache Teidie, 
deren Wasser zwar lehmfarbig ist und den Bart des Trinkers vergoldet, 
aber in Ermangelung eines bessern von Menschen und Thieren getrunken 
werden kann, und da in derselben Jahreszeit auch zwischen den Steinfel^ 
dern,^o der Boden feucht bleibt, eine ziemliche Menge Futterkräuter wächst, 
so gewährt die Harra von der Zeit der Frühregen bis nach dem letzten 
Spätregen gegen Ende März und Anfang April eine leidliche Weide far 
die Bewohner der Ruhbe und die sogenannten „Beduinen des Gebirgs* 
('Arab el Gebel), nämlich die Hasan, S'uraflt, 'isä u. A. Im Monat 

April vertrocknen die Teiche (Öudran ^JißS) der Ka 's, desglei- 

sagespitzte, oder quadrate Form mit abgestumpften Seiten und Ecken. Flache 
Steine »ah ich niigends. 



20 

eben die Wftdis, welche von Hsarftn and aas dem ^aniAd kom- 
mend durch die Harra strömen, und die Vegetation verbrennt. Im 
Sommer wird daselbst die Glut so stark, dafs nach dem einstimmigen 
Zeugnisse der Anwohner der Harra die schwarzen Steine mit einem 
lauten Knalle in mehrere Stücke zerspringen. Die Harra ist niemals 
cultivirt gewesen und wird es der sengenden Hitze wegen niemals wer- 
den. Aufser der römischen Garnison Nemära, die an der einzigen 
Stelle angebracht ist, wo eine obschon unselige Existenz möglich ist, 
hat die ganze Harra keinerlei Spur irgend einer früheren Wohnung ' ). 
Jeremias 17, 5 u. 6 heifst es: ,, Verflucht sei der Mann, der mit sei- 
nem Herzen vom Herrn weicht I Er wird sein, wie ein Verlassener in 



') Wie ich mir die Oertliehkcit von Hnb^rfje, welches vom Bergschlosse Re- 
zin drei Stunden östlich in der Harra liegt, vorstellen soll, weifs ich nicht. Der 
Scheich Hamü.d vom Stamm der Hasan, neben dessen Zelte wir die unsrigen bei 
der Stadt Säl4 aufgeschlagen hatten und dessen Gäste wir waren, fragte mich, ob 
ich Hub^rije gesehen? Ich verneinte es und erkundigte mich darnach. Da erzählte 
er, es sei eine Ortschaft auf einen Httgel, dessen Abhänge mit Hisä (buntem vulka- 
nischen Schutt) bedeckt seien und die Dächer der Häuser beständen aus einem ein- 
zigen Steine. Der His^ würde beweisen, dafs der HUgel ein Krater ist, aber aus 
einem einzigen Steine bestehende Dächer sind mir auf der ganzen Reise nicht vor- 
gekommen, obschon sie in Thesi möglich wären, wenn es dort einen Lavastrom 
gäbe. Denn auf dem Safa habe ich die Beobachtung gemacht, dafs man dort recht 
gut mit Brechstangen die oberste Welle aufheben und auf solche Weise Steinplatten 
von 4 bis 6 Quadrat-Ellen und darüber erhalten könnte. Die Dicke wäre durch- 
schnittlich etwas weniger als eine Spanne. Aber welches Titanengeschlecht bedeckte 
seine Häuser mit einem einzigen Stein? Etwas Aehnliches sah ich zwfur in den 
sogenannten „Wohnsitzen der Kinder Israel" (dür Ben! Israil), welche den obern 

Rand des Lo^f der Gele auf einer Strecke von ohngefähr 5 Stunden bekränzen, 
aber dort sind die Häuser sehr niedrig und so klein, dafs sie nicht mehr als 6 bis 
6 Personen fassen, und dabei bestand das Dach meistens noch aus 2 bis 3 Steinen 
(Lavarinde). Der Beduine schlofs seine Erzählung mit den Worten: Wer HubSrije 
nicht gesehen, hat in nnserni Lande nichts gesehen. Dort sind allenthalben in die 
schwarzen Steine Menschenknobhen eingewachsen. Ich bezweifelte die Möglichkeit 
dieser Thatsache und die Angaben des Scheichs wurden von allen anwesenden Be- 
duinen bestätigt. Selbst zwei meiner drusischen Begleiter, welche Hub^rije gesehen 
hatten, bezeugten die Angabe. Ich konnte nicht mehr zurückreisen, um den Ort 
zu sehen. Obschon ich überzeugt bin, dafs ein europäisches Auge etwas Anderes, 
als Menschenknochen In Huberije sehen wird, so halte ich doch eine Untersuchung 
des Ortes im Interesse der Geognosie fUr wünschenswerth. Wer die syrischen Bedui- 
nen kennt, weifs, dafs sie nicht lügen, aber ihre Anschauung der Dinge ist von der 
unsrigen verschieden, und wir werden niemals eine Sache selbst so finden, wie wir 
uns dieselbe ihrer vorgängigen Schilderung gemäfs hatten denken müssen. So spielt 
z. B. der Wftdi el Musücha ( das Thal der verwunschenen Gestalten ) an der Mekka- 
pilgeratrafse zwischen Ma*än und *Akabe (19 Stunden nördlich von dem Letzteren) 
in den Berichten der Pilger eine grofse Holle, und ich bin oft versucht gewesen, 
diese Musücha für rohe Statüen zu halten, die ein früheres .götzendienerisches Ge- 
schlecht aufgestellt hätte, bis ich endlich durch einen heftigen Streit, den ich bei 
mir in Damascus unter mehreren in jenem Wädi wiederholt gewesenen Männern ab- 
sichtlich Über die einzelnen Gliedmaafsen der Musücha veranlafst hatte, zu der 
Gewifsheit k&m; dafs es nur sonderbar geformte, aufrecht stehende Blöcke sein 
können. 



21 

der Wüste, der nirgends Heil sieht Er wird wohnen in den Glutge- 
genden (Harerim), in der Wüste, in anfruchtbarem Lande, wo Nie- 
mand wohnen kann." Wenn das Wort Harerim nicht der hebräische 
Eigenname für die Harra ist, scheint doch in ihm, wie in dem ganzen 
Verse auf dieselbe angespielt zu werden. Ich mochte die biblischen 
Exegeten darauf aufmerksam machen. Die Pluralform hat nichts Auf- 
fälliges, da die Harra schon durch ihre iFlufsläufte in mehrere Theile 
zerfällt. 

Niemals war ich vorher in vulkanischen Gegenden gewesen, aber 
der Anblick des Safä, wo das Feuer erst gestern Verlöscht zu sein 
schien, hatte den Schleier urplötzlich von meinen Augen gezogen und 
ich unterschied klar zwischen vulkanischer und nicht vulkanischer Na- 
tur. Aus der Mitte der Harra sah ich 13 Stunden weit das Hauran- 
gebirge vor mir liegen, und ich erkannte sofort, dafs der ganze Ge- 
birgszug von vulkanischer Bildung sei. Ich entschlofs mich, von Ne- 
mara aus in einem Tage hinüberzureiten. .Wir kamen des Abends 

um 9 Uhr in Tema ( Uaj ) an. Mit Freuden begrüfste ich die Lich- 
ter, mit denen uns die Bewohner des Orts, den man seit einigen Mo- 
naten zu colonisiren versucht hat, entgegen kamen. Sie waren durch 
einen vorausgeschickten Beduinen von unserer Ankunft unterrichtet 
worden. Ganz ermattet vor Durst, da ich aus dem lehmfarbigen Was- 
ser des WädielGarz tagsüber nicht getrunken hatte, wollte ich beim 
Eintritt ins Zimmer mit Jesaias 21, 14 rufen: ^Bringet den Dursti- 
gen Wasser entgegen, die ihr wohnet im Lande Temäl" Aber meine 
Lippen verstummten vor Erstaunen : mir wars, als sei ich in die Woh- 
nungen der Rephaim gekommen. Die mächtigen Bogen, dergleichen 
ich noch nie gesehen, und die langen Steinplatten, welche die Decke 
bildeten und noch heute liegen wie vor tausend Jahren, machten einen 
gewaltigen Eindruck auf mich. 

Bei der grofsen Aufmerksamkeit, welche bekanntlich die haurani- 
schen Drusen für alle Bedürfnisse ihrer Gäste haben, verlebte ich in Tema 
einen meiner schönsten Tage. In der reinen, frischen Bergluft vergafs 
ich die Glut der Harra und das Schreckbild des §afä, die zehn Nächte 
auf blofser Erde und das Schlammwasser der Ka' 's, das ich beim Trin- 
ken erst durch ein Tuch hatte seihen müssen, und die unheimlichen 
Gesichter der Gejät und S'taje, die es mit Ingrimm angesehen hatten, 
wie ich tagelang in ihrem Lande mafs und schrieb. Hier entliefs ich 
meine Beduinen mit einem reichen Geschenk und suchte mir aus den 
dreifsig Reitern, mit denen der ritterliche Drusenscheich 'Abbas el 

Kala'ani (^LjdÄit ) &ni frühen Morgen aus der Stadt S'ak]^ (Li;i) gekom- 
men war, um mir seine Dienste anzubieten, zehn kraftige und gut be- 

3 



22 

waffnete Mftnner ans, mit denen ich den Ritt in ein anderes unbekann- 
tes Land, in die ^Städtewüste^ der Ritter'schen Qeographie machen 
wollte. 

Am andern Morgen besnchte ich die Ruinen des auch von andern 
Reisenden beobachteten aber noch nicht besuchten Hügels UmmDnbeb 

( u^wsA>^ j») ). Er ist von Troglodyten längst vergangener Zeiten durch- 
wühlt und sein Gerippe besteht aus einer ziegelfarbenen vulkanischen 
Masse. Hier sah ich 1^ Stunde entfernt einen Hügel, dessen über- 
triebene Regelmäfsigkeit mich an die Vulkane des §af a erinnerte. Auf 
die Frage, wie .er heifse, antwortete man: Teil elHiäs. Ich besuchte 
ihn, stieg die mit einer tiefen Schicht Hiss d. h. vulkanischen Schutts be- 
deckten Abhänge hinauf und stand in seinem zwar stark angefüllten, 
aber durchaus nicht zu verkennenden Krater. Eine halbe Stunde öst- 
licher liegt der Berekat (ol^JJt ) ebenfalls mit Krater. Zwei Standen 
westlich davon imWädi Luwä(t^ (^^'^ ) und nahe an seiner Quelle 



? O f w 



liegt die UmmUsdüch(^^OUwt J), das schönste Musterbild eines voll- 
kommenen hauranischen Vulkans. Der Krater hat 773 Schritte Um- 
fang, reicht bis zur Sohle des Thaies hinab und hat in seiner un- 
tersten Tiefe einen mächtigen , fröhlich grünenden Maulbeerbaum. 
Die Umm Usdüch warf keine Steine, sondern nur Lava aus, deren 
schwarze Masse, namentlich im Flufsbette des Luwa so vollkommen 
ihre Wellenform behalten hat, dafs man sich der Täuschung hingiebt, 
als bewege sie sich noch mit dem Wasser des Wadi vorwärts. Das 
Gerippe des Berges besteht aus einer broncefarbenen Schlackenmasse. 
Ich fasse mich kurz. Das ganze Haurangebirge umreisend befand 
ich mich fortwährend auf ausschliefslich vulkanischem Boden. 
Geologisch merkwürdige Punkte im Osten des Gebirges sind der Ha- 
^^^ (u*^!V^'^) ^^i Rademe, ein grofser Elrater in der Ebene, der eine 
gewaltige Verwüstung angerichtet, ferner der Doppelhügel S'ibikke 

(&Xa-ä) mit einer Troglodytenstadt, der hohe Kegel S'af (s^^hjuä) mit 

einer Troglodytenstadt und der Chitm el Hoje (iLj^l ^|JC£>) mit 

einem grofsen Troglodytendorfe. Bei dem letztgenannten Punkte, 1^ 
Stunde östlich von der lieblichen, quellenreichen Ruinenstadt SMä ("^L«) 
hat das vulkanische Element chaotische Formationen erzeugt. Gewifs 
von wissenschaftlichem Interesse ist der hohe, vereinzelte Kegel Chidr 
Im tan, auf dessen steiler Spitze ein weitläufiger Wallfahrtsort des Chidr 
ist. Das Gerippe des Berges besteht aus einer rothen vulkanischen 
Masse, die nicht wie sonst bei den transhauranischen Kegeln aus einem 



23 

blasigen, sondern einem maösiven Gesteine besteht, welches stark mit 
Oliyin geschwängert und mit anscheinlichen Metallstückchen von einem 

gelblich violetten Glänze gemischt ist. Das Schlofs Salchat (vi>^^\L«) 

ist auf einen Vulkan gebaut , so dafs der Rand des Kraters den Wall- 
graben und der Grund desselben die Schlofscisterne bildet. Die Stadt 
'Enäk ((^öUfi), der letzte Punkt im östHchen Hauran, bis zu dem ich 
vorgedrungen bin, und von dessen Thürmen die scharfen Augen mei- 
ner Beduinen ganz deutlich den Palmenwald bei Ezra^, der letzten 
hauranischen Gränzfeste, erkennen konnten, — die Stadt *Enäk, sage 
ich, ist noch ganz aus schwarzem Stein gebaut, und meine Begleiter 
versicherten mir, dafs dies auch bei Ezrak: der Fall sei, wo aber diese 
Formation auf einmal ende. Am südlichsten Punkte meiner Route, zu 

ümm el Kuten ( ^AÜaäJt j»l d. h. Stadt der Feigenbäume) sah ich ca. 

I Stunde vor mir gegen Süden zwei Hügel: el Ku es Qj^AjüiSt ), die 
noch vulkanisch sein müssen. Aber dicht hinter ihnen endet diese 
Region und beginnt der Hamad. Als westliche Gränze der vulka- 
nischen Formation erkannte ich den nicht mehr vulkanischen Gebirgs- 

zug Znmle (äJUJI). Er endet nordlich von Der ät (olc.^^). Von da 

an zieht sich die westliche Gränze der vulkanischen Region — nach 
den darüber angestellten Erkundigungen, denn ich selbst bin noch nicht 

dahin gekommen — westlich von den Dörfern Tesil ( J^-m^^j) undNawa 

( t^ ) gegen einen hohen, einzeln stehenden Kegel, welcher nach 
einem daneben gelegenen Dorfe Teil el Hara heifst, geht an dem- 

selben links vorüber, bis sie bei Sa'sa' («^m^jüw«) an das Ufer des 

Awagflusses (-jx^t) stöfst, den sie beiKiswe (»^j*J5{) überschrei- 
tet, die langen, schräg aneinander gereihten Hügel von Churgille 

{iflz>jS>) einschliefst und sich gegen den Wallfahrtsort (Mezär) von 

Ablljezid zieht. Von hier läuft sie durch die Weichbilde von Ka- 
rahta, Guzlänije, Crassüle und Kufren an das Ufpr des Sees 
von 'Atebe, den sie eine halbe Stunde südlich von Harran el 
'Awamid („Harrän der Säulen" im Gegenss^tz zu einem anderen 
„Parrän el Legä" genannt) berührt. Das jenseitige Ufer des Sees 
gehört zum Gebiet des östlichen Trachons. 

Die Beobachtung der Geologen, dafs sich in der Regel an den 
Ghrenzen eines gröfseren vulkanischen Gebiets heifse Mineralquellen 
finden, wird auch hier bestätigt werden. Zur Zeit sind freilieh die 
südlichen, östlichen und nördlichen Grenzen noch unbekannt, aber von 

3» 



24 

den vielen heimsen Quellen an der westlichen Chrenze haben wir be- 
reits Eenntnifs. ^e liegen im Flofsbette des S'eri'at el Mandar, 
zehn an der Zahl anf einer Strecke von 2\ Stunde. Eine weniger 

bekannte ist der Schwefelflufs (Naher el Mokebret (o-JCtt «^). 
Er entspringt sechs Standen nordöstlich von Damaskus im Dorfe Ru- 
h^be (x«j^JtV wo er rauchend zu Tage kommt, treibt weiterhin 
einige Mühlen, geht, in südlicher Richtung flieisend, an den Ruinen 
der Stadt Mak:8Üra vorüber und fällt nach einem mehr als dreistün- 
digen Lauf in den See von 'At^be. 

Eine interessante Erscheinung ist zwischen Sasa' und Kiswe der 

Wa'r von ZUkiS ('iUi]ji\ ^^ ), ein gewaltiges Lavaplateau von 3 Stan- 
den Länge und 2f Stunden Breite. Dieser Wa r erschien mir um so 
merkwürdiger, als er sich äufserlich an kein Gebirge unmittelbar an> 
lehnt, dessen Ausströmung er sein könnte. Deshalb vermuthete ich 
anfänglich, dafs er durch niedrige, innerhalb seines Plateaus befindliche 
Krater gebildet worden sei, wobei ich mir den Umstand, dafs ich kei- 
nerlei Erhebungen in ihm wahrnehmen konnte, daraus erklärte, dafs 
ich den "Wa'r noch oberhalb der Kupferburg (Karat en Nuhlus) auf 
dem Mani*- Gebirge, in einer Vogelperspective von ohngeföhr 2000 Fuis 
aufgenommen habe, wo sich natürlich kleinere Hügel auf der kohl- 
schwarzen Ebene nicht bemerken liefsen. Nachträglich aber bin ich 
doch zu der Ueberzeugung gelangt, dafs der WaV von Zäkie nicht aus 
niedrigen, innerhalb seines Plateaus befindlichen Kratern ausgeströmt 
sein kann, sondern eine dem Legä, Safä, der 6ele analoge Bildung 
gehabt haben und als Ausflufs höher gelegener Krater betrachtet wer- 
den mufs. Solche Krater existiren wirklich in seiner nächsten Nähe. 
Zwischen dem Lega und Mani' erhebt sich ein kleines, ganz abgeson- 
dertes Gebirge, das durch einen ^ Stunde breiten Wadi (in welchem 
man vom Legä nach Damascus reist) in zwei Theile getheilt wird. 
Der kleinere Theil ist der östliche, auf dessen Südspitze das Dorf Umm 
el Eiusur (von seinen hohen Gebäuden, Kusür, so benannt) liegt. 
Der westliche Theil dieses Gebirgs hat die auffälligste Formation und 
streckt 3 hohe, fast steile Arme gegen Süden hin, auf deren mittelstem 
und höchstem der imposante Wallfahrtsort Elj esa' (^^CmjJI Elisa) steht, 

von dem aus man eine unvergleichliche Aussicht über die Hermije, 
das Legä, Haurängebirge , Gedur, Golän und die Nuika'a haben mufs. 
Dieses Gebirge heifst Gebel el'Abäje, von einem gleichnamigen auf 
ihm liegenden Dorfe, nicht aber Gebel elChiära, wie ihn Burckhardt 
nach einem zwischen ihm und dem Mänf liegenden Dorfe b^iannt 
hat. (Nebenher mufs ich noch bemerken, dafs Burckhardt auch den 



25 

Gebel el M&m ohne Berechtigang Gebel el Eiswe nennt.) Auf der 
Westseite dieses Gebel el 'Abaje erhebt sich weithin sichtbar die 
auch von Burckhardt beobachtete Subbet Fir'6n (der Getreidehaufen 
des Pharao). Die Subbe ist ein Vulkan und steht dem östlichen Lohf 
des WaVs von Zäkie in der geringen Entfernung von ■} Stunde ge- 
rade gegenüber. Aus ihm und anderen um ihn herumliegenden Eruptions- 
kegeln wird wohl der Wa'r ausgeströmt sein. Werden spätere Reisende 
die Localität genauer untersuchen, so werden sie wohl meine Ansicht 
bestätigt finden. Der Vulkan hat seinen eigenthümlichen Namen von 
seiner einem grofsen Haufen aufgeschütteten Getreides nicht unähnli- 
chen, regelmäfsig ovalen Form, und von dem gelblichen vulkanischen 
Schutte, welcher seine Seiten allenthalben dicht bedeckt. Er gleicht 
vollkommen den Vulkanen des Safa und der doppelten öarara, die 
ihren Namen demselben Bilde verdanken, denn „öarära** ist ein Ge- 
treidehaufen von 80 Mudd (Namen eines Hohlmafses) und die Legende 
erzählt, dafs Pharao für die Bauleute am pharaonischen Aquaducte 
(Eanätir Fir*6n zwischen Dilli und Mukes) Getreide im Hauran ge- 
waltsam genommen und davon die Subbe und die beiden 6arS.ra's habe 
aufschütten lassen. Als er aber eines Tags sein grofses Eameel ge- 
schickt, um diese Haufen holen zu lassen, habe Gott das Eameel so- 
wohl (el Gemel, eine vulkanische Formation zwischen den beiden Ö-a- 
rara's), als die drei Haufen in Stein und Schutt verwandelt. 

Was ich über die Entstehung desWa'r von Zäkie als Vermuthung 
ausspreche, das berichte ich vom Lega als Augenzeuge. Ich drang in 

dasselbe bei Dur (j^cXJI), wo man, da die Nulbxa weit tiefer liegt als die 

Ard el Ghanäfis und die Hermije, über mehrere vulkanische Terrassen 

hinaufsteigt, die je { Stunde von einander entfernt sind. Von Negran 
(^ty^) aus besuchte ich über Harran, el Guren und Luben die 

Stadt Dama, welche, theils weil sie der höchste Punkt im Legä ist, 
theils um sie von einem zweiten Dama zu unterscheiden, Damet el 

Aljä (Lijüt M)s>) oder das hohe Dama heilst. Hier machte ich die 

für die Erdkunde gewifs interessante Beobachtung, dafs die Legä- 
fläche eine Ausströmung der Erater des Haurangebirges 
ist. Es ist dies eine so augenscheinliche Thatsache, dafs ich dem 
Glauben, als könnte ich mich zu einer geognostischen Hypothese ha- 
ben verfahren lassen, mit der ganzen Sicherheit der nüchternsten Ue- 
berzeugung entgegentrete. Auf die Frage, warum Andere vor mir diese 
Beobachtung nicht gemacht, gebe ich die Antwort, dafs sie wahrschein- 
lich keinen so günstigen Standpunkt gehabt haben, als ich. Ich könnte 
hinzufügen, dafs kein anderer Legä- Reisender vorher in des Vulkans 



28 

grofiMT Werküitte, niaKch dem ^4, ge w caea fit. Am ai^stai Ta^ 
hd>e idi aof ffidmer Reife TOD Kmet el Lohf (,^iL5^in &^^) oadiBreke 

(fX*^) nnt Robe imd Moiae jene Beobaehtong bestätigen können. 
Die Lara ergofs rieb ober die Niederung in zwei Strömen, einem öst- 
Heben und einem westlicben. Der östlicbe Strom kam ans drei 
feoer»peienden Bergen, der sodlicben 6arara (mit dem Kamee! — Ge- 
mel — ond mebreren niedem Elratem), der nördlichen Garaza and 

dem rierigen SIMn (^L^?»^)» dessen dem Legi zngdLdirter Kialer 

der grofste ist, den ich auf dieser Reise gesehen. Ich schätze seine 
Peripherie auf 2000 Schritte, wo nicht mehr. Dieser vollkommen ovale 
ond von aUen Seiten sehr dicht mit vulkanischem Schutt bedeckte ond 
keinen granen Halm erzengende Ynlkan ist mindestens 1200 Pols hoch. 
Anf seiner höchsten Spitze steht ein vom Hermon bis zum Saia sicht- 
bares OrabiTial eines Beduinen, der Wcli S'ihän heifst. Von ihm 
soll der Berg den Namen haben. Der umgekehrte Fall ist wahr- 
scheinlicher, denn der Berg wird wohl schon bei Lebzeiten seines Na- 
mensvetters des amoritiscben Königs yitVO seine heutige Benennung 
gehabt haben *). Die beiden öarära's, deren eine (die obere) ich 



') Fttr uns ist es unbegreiflich, wie man sich Über einem Später, auf einem 
sterilen Berge, dessen Besteigen bei seiner Höhe, Steilheit und seinem SchuttUber- 
zug unsägliche Mühe kostet, begraben lassen kann, aber es ist Thatsache, dafs die 
Beduinen die grofste Vorliebe dafür hal>en, sich auf hohen Bergen beerdigen zu las- 
sen. Auf meiner Reise habe ich allenthalben die Gipfel der Berge mit Beduinen, 
gräbem bedeckt gefunden, und als ich nach der Besteigung des Abu Tumes, auf 
dem ich dieselbe Erfahrung gemacht hatte, in Nimre ankam, veranlafste ich ttber 
dieses Thema vor Drusen und Beduinen ein längeres Gespräch. Gestattet es die 
Jahreszeit, so bringt man die Leiche eines angesehenen Beduinen drei bis vier Tage- 
reisen weit aus der Steppe bis zu einem Berge. Auf einem Berge begraben zu 
werden ist oft der einzige letzte Wille eines Scheichs. Es ist vorgekommen, dafs 
ein auf den Tod verwundeter Beduine noch durch Zeichen zu verstehen gab, dafs 
man ihn auf dem Berge begraben möge. Mein alter Reisegefährte Abu Chalid, 
der den gröfsten Theil seines Lebens unter Beduinen zugebracht, hat, wurde vor 
zwölf Jahren, wo er Scheich von Ifijgäne war, von dem in diesen Blättern mehrfach 
erwähnten Mul^ammed Ibn Dü^i requirirt, um seinen Vater Dühi auf dem ho 
hen Bergrücken von Higane zu begraben. Er durfte nur seine zwei Söhne mit sich 
nehmen und die Arbeit mufste über Nacht beendigt werden. Er bekam dafür zum 
Lohn ein Kameel und ein Feierkleid. Ein äufseres Abzeichen erhielt das Grab 
nicht, und da Ab^ Chlklid darüber seine Verwunderung äulserte, erklärte ihm der 
Scheich Mubammed, dafs das Land durch seinen Vater viel gelitten habe und da< 
her leicht Jemand, der durch ihn zu Schaden gekommen, durch ein Grabmal an ihn 
erinnert werden und ihm fluchen möchte. Ob die Beduinen, wie man mir sagte, 
wirklich glauben, sie würden, wenn sie auf einem Berge begraben werden, insofern 
mit ihrem Stamme verbunden bleiben » als sie von der Höhe herab seine Zeltlager 
Überschauen könnten, mufs ich dahin gestellt sein lassen. Poetisch ist die Idee. 
Ka möge mir gestattet sein, aus einem berühmten Gedichte, welches mit den Wor- 



2T 

bestiegen habe, gleichen den Vulkanen des l^af^ in jeder Hinsicht 
wie ein Ei dem andern. Um sie herum giebt es noch eine Anzahl 
niederer Krater. Ob mit diesen dreien noch höher gelegene Vul- 
kane, vielleicht selbst Abu Tnmes und Umm Usdüch, auf das 
Legä eingewirkt haben, ^ mufs eine spätere Untersuchung ermit- 
teln. Dagegen haben die nordöstlich vom S'ihan gelegenen vulkani- 

sehen Berge Tile und Ta'ille (tdxj und äJUj), welche ich auch un- 



tersucht habe, nichts mit dem Lega zu schaffen. Folgende Zeichnung 
wird die Neigung des Östlichen Lavastroms gegen das Lega mehr ver- 
anschaulichen. 



ten beginnt: Matä jsL *orebu 'l^^ji 'ainf teräkumu (wann, o liebe Araber meines 
Stammes, 'wird euch mein Auge sehen?) ein Paar Verse anzuführen: 

Chudü Mzämi 6ua sirtum mult^ammalan, 

Wa in'tedfinühä fidfinühä hidäkumu! 
Wa lä tedfinüni ta^ta kermin juzilluni 

DU *ald. gebelln wa *aini teräkumu 
Wa muiTÜ 'alä kabri wa nädü biismikum 

Tu^^jä 'izämi J^ina tesma*u nidäkumu 
Asümu laknm m& dumtn hejan wa mejitan 

Fi(ri biknm wa Tidu jomu likftkumu. 

Nehmt meine Grebeine und tragt sie mit euch, wohin ihr zieht, 

Und wenn ihr sie begrabt, begrabt sie eurem Zeltlager gegenüber! 
Und begrabt mich nicht unter Weinreben, die mich beschatten würden, 

Sondern auf einem Berge, so dafs mein Auge euch sehen kann! 
Und dann zieht an meinem Grabe vorüber und ruft euren Namen: 

Da werden sich meine Gebeine beleben, wann sie euren Ruf hören. 
Fasten werde ich um euch im Leben und im Tode, 

Und bei euch mein Fasten brechen am Freudenfeste des Wiedersehns. 

d. h. so wie man die dreifsig Tage des Fastenmonats Rama4&n von Sonnenaufgang 
bis Sonnenuntergang keinen Bissen Brod und keinen Tropfen Wasser über die Lip- 
pen bringt, und sich jedes Vergnügen versagt, also werde ich — von euch ge- 
trennt — im Leben der Freude entsagen und auch im Tode, indem ich auf ein 
Grab in schattiger Aue verzichte und auf kahlem Bergrücken begraben sein will, 
wo die Sonne glüht vom Aufgang bis zum Untergang. Mein „*ld el Fi^r** (das 
mehrtägige Freudenfest des Fastenbrechens nach den 30 Tagen des Rama4än) wird 
der Tag sein, an dem ich euch wiedersehe. 

Der merkwürdige Drang des Wüstenbewohners, auf Bergen begraben zu werdoi, 
ist^ sicherlich uralt und erinnert uns an die Bibelstelle 6. Mos. 82, 48 — 60: Und 
der Herr redete zu Mose desselbigen Tages und sprach: Steige auf den Berg 
Nebo, Jericho gegenüber und besiehe das Land, welches ich den Kindern Israel 
zum Eigenthum geben werde und stirb auf dem Berge, wenn du hinaufgekommen 
bist, und versammle dich zu deinem Volke, gleichwie deiU; j^der Aron starb auf 
dem Berge Hör, und sich zu seinem Volke versammelte. 



28 



6 



2 




1. Abu Tomes (^j^ul^'^jI), der höchste Punkt im nordöstlichen Theile 
des Gebirgsrückens; 2. die südliche Garara; 3. das Eameel; 4. die 
nördliche Garära; 5. der S'ihän. Der Gipfel des Abu Tumes mag 
3000 Fufs über dem Niveau des Legä erhaben sein, das seinerseits 2000 
Fufs über dem Meere liegen mag. Die Strecke von A bis B beträgt 
circa 1^^ Stunde. Die Figur 6 giebt einen Durchschnitt des eigen- 
thümlich gebildeten S'ihän -Kraters. 

Der westliche Strom kam vom Kleb *) (dessen Krater sich an 
der Nordwestseite öffnet) und seinen Nebenvulkanen, flofs in einer mit 
dem östlichen Strom parallel laufenden Linie bei der Ortschaft Mebna 
'1 Bet ( c^o^Jt f^^ ) westlich von Rime ins Lega, vereinigte sich hin- 
ter Breke mit der östlichen Ausströmung und endete nördlich bei 

S'a'ara (».ülw) undMismije (&A,(viMJt), wahrend der östliche Strom 

bis Go'ede (»Juä:>), also gegen zwei Stunden weiter flofs, was sich 
vielleicht daraus erklären läfst, dafs er mindestens drei Stunden dem 
Legä näher lag als der westliche Strom, also auch weiter fliefsen 
konnte, bevor er erkaltete. Zwischen dem Hauran- Gebirge und dem 
Lega einerseits und zwischen den beiden Strombrücken andererseits 
bildete sich eine Art niedrigen Kessels, in dessen Mitte sich der Hügel, 
die Dibbe (die Bärin) erhebt Ich möchte den Hügel für eine blofse 
vulkanische Erhebung halten, wie ich deren so viele in der Nähe des 
Safa gesehen habe, obschon der Umstand, dafs man sein Haupt mit 
einer Mauer bekränzt hat, auf die Yermuthung führt, dafs er einen 
Krater habe. Man benutzte die Vulkane gern zu Festungen, indem 
man, wie bei der südlichen Garara, ein Kastell in den Krater baute. 
Den Lauf der beiden Lavaströme findet man auf der diesen Blättern 
beigegebenen Kartenskizze verzeichnet. 

. Am Schlüsse dieser geologischen Bemerkungen nur noch ein paar 
Worte über das 6'eit Ibrahim Pascha berühmt gewordene Legä. Wie 



o» 



') Kleb „das Herz« ist Diminutivform von Kalb ( y^^JL^ ). Der Berg hat die 
Form eines Zuckerhutes oder eines Herzens. Falsch ist die Schreibart Kelb ( v^jj^ ) 
„Hund.« 



29 

kann ein circa 13 Standen langes und circa 8 bis 9 Standen breites, 
mitten in einer Ebene liegendes and seinem Oesammtcharakter nach 
gleichfalls ebenes Lavaplateau nicht zu erobern sein ? Darauf antworte 
ich: 1) hat in ihm die Lava, wie in der Tenije der Gele, viele Ka^'s 
gebildet, die man in der nächsten Nahe nicht sieht. Geht man an 
ihnen vorüber, so hat man den Feind, der darinnen versteckt lag, im 
Rücken. 2) Hat das Zusammenstofsen der Wellen an vielen Orten 
eine zackige, schneidende Oberfläche gebildet, die sich nicht überschrei- 
ten läfst. 3) Hat die Lavadecke viele steile Einbrüche, die umgangen 
werden müssen, wobei man oft wieder auf andere Hindernisse stöfst. 
4) Hatte man in den vergangenen Jahrtausenden, als die Ortschaften 
im Innern noch bewohnt waren, in dem fruchtbaren Humus der Ka 's 
Reben- oder Fniohtbaumpflanznngen. Diese sind verschwunden, aber 
die rohen Mauern, womit sie zum Schutz gegen die Heerden umfrie- 
digt waren, stehen noch zu Tausenden und würden, von Schützen be- 
besetzt, einem vordringenden Feinde starke Hindemisse bieten. 5) Lie- 
gen im Lohf ca. 8 Städte und 25 Dörfer und im Innern 4 Städte und 
ca 14 Dörfer, die alle hohe und aus gewaltigen Quadern aufgeführte 
Mauern haben. Sie würden sich selbst gegen Artillerie vertheidigen 
lassen. 6) Es läfst sich nachweisen, dafs die Ortschaften im Innern 
des Legä bereits in den ersten Zeiten des Islam von ihren Einwohnern 
verlassen worden sind und seit dieser Zeit nur Nomaden im Leg4 
wohnen (seit der Vertreibung der Serdije und Fuheli vor ca. 45 Jah- 
ren ausschliefslich die Sulüt, J^^JUait), deren constante Sitte es ist, 

jede Stelle, wo sie ihre Zelte aufschlagen, mit einer Sira («j-yo), d. h. 
mit einem mannshohen Gehöfte von Steinen zu umfriedigen, damit sich 
die Heerden des Nachts nicht zerstreuen und damit man am Geräusch« 
der einstürzenden obern aus kleineren Steinen bestehenden Schicht wis- 
sen kann, wenn des Nachts ein Wolf, deren es hier viele giebt, in das 
Gehöft einbrechen will. Nimmt man an, dafs der Beduine nur acht 
Mal des Jahres die Weide und die Lagerplätze wechselt, so wür- 
den bei nur 600 Zelten jährlich fast 5000 Gehöfte gebaut werden, 
was für eine Zeit von 800 Jahren, während der die Beduinen hier 
wohnen dürften, 4 Millionen Gehöfte geben würde. Immerhin mag 
dieses Facit falsch sein, da man oft auch eine schon vorhandene Sira 
wieder benutzen wird, dennoch versichere ich, dafs im Lega nirgends 
ein gröfserer Raum gefunden wird, auf dem man nicht eine oder 
mehrere antriflFt, in deren Aufbau, wozu die Rinde der Lava verwen- 
det wird, die Sulüt grofse Fertigkeit besitzen. Diese Gehöfte sind ge- 
wifs von grofser strategischer Wichtigkeit. 7) Die engen Mündungen 
der unterirdischen Wasserreservoire bei den verödeten Ortschaften, 
welche im Winter fürs ganze Jahr gefüllt werden, lassen sich leicht 



30 

mit einem eiDsigen grofsen Stein zudecken and verheimlichen. 8) IHe 
Bewohner des Legd sind durchweg gute Schützen, und haben, da in 
den Rainen viel Salpeter gefunden wird, eine Menge Pulverfabriken. 

Ich gehe nun zum geographischen Theile dieser Schrift über 
und beginne mit einer kurzen Beschreibung der paradiesischen Ruhbe. 

Die Ruhbe (>u^ül, das Wort bedeutet ein weites üppiges Saat- 
feld) ist eine beiläufig 2| Stunde breite und 3| Stunde lange Ebene, 
die westlich vom Lohf des $afa, südlich von der Harra, östlich vom 
Wa r des Karin uud nördlich vom Wa'r des Rigm el Mara begrenzt ist. 

Sie wird bewässert von 4 Flüssen, von denen zwei, der Garz ( \ ^|) 
und S'äm(|»LMJI), von Westen her aus Haurän, die beiden andern 

umar( .UiJ!) und Tes (^j*«-yji) von Osten her aus dem Hamad 

kommen. Der gröfste dieser Flüsse ist der S'4m, der in zwei Armen 
in die Ruhbe ausmündet. In der Sprache dieses Ländchens kennt man 
weder den' Ausdruck Wadi noch den Ausdruck Naher. Der Flofs 
heilst Ami üd(u>^t). Am nordwestlichen Ende der Ruhbe bilden diese 

4 Flüsse zur Winterzeit einen schmalen länglichen See, der im Mai 
und Juni vertrocknet. Die westliche Hälfte der Ruhbe ist niedriger 
als die östliche, also leichter zu bewässern, und darum wird sie in 
ihrer ganzen Ausdehnung mit Weizen und Gerste besäet, während in 
dem östlichen Theile die Heerden geweidet und die Zelte aufgestellt 
werden. Weder in der Ruhbe, noch in den benachbarten Lavapla- 
teaus und Steinfeldern mit Einschlufs der Harra, giebt es einen Baum 
oder Strauch und es hat dergleichen daselbst wohl niemals gegeben. 
Die Ruhbe ist das fruchtbarste Land in Syrien. Der Weizen giebt die 
Aussaat durchschnittlich achtzig- und die Gerste hundertfältig zurück. 
Nach der glaubwürdigen Versicherung der Bewohner soll der Mndd 
Weizen sehr oft selbst eine und eine halbe Gar&ra d.h. 120 Mudd 
gegeben haben. Ich zog, ohne allzulange zu wählen, aus einem 
Weizenfelde eine Pflanze aus, die 26 ährentragende Halme hatte. Der 
Boden hat die hochgelbe Farbe des Humus der KS;''s, aber er ist 
viel lockerer als dieser, dergestalt, dafs die Einwohner nicht auf ihm 
dreschen können; die Körner würden sich mit der Erde mischen. Sie 
bringen daher die Erndten auf die Lavaplatten des §afä, die vortreffliche 
Tennen abgeben. Sie haben keine Ackerwerkzeuge und pflügen den 
Boden auch nicht. Nachdem sie einige Tage nach dem ersten Fruh- 
regen (im December) den Samen ausgestreut haben, ziehen sie mit 

einem vielästigen Sirr ( ^, einer Art Schlehdorn) oder Za'rür ( %^j*;, 

einer Art Weifsdorn) über die besäete Flur, um den Samen zu be- 



31 

decken. Nach wenigen Tagen geht dieser auf und wird dann wohl 
von jenen 4 Flüssen überschwemmt, so dafs er bei anhaltendem Re- 
gen oft Wochen unter Wasser steht, ohne dafs ihm dieses nachtheilig 
wäre. Als ich den lOten April in die Rnhbe kam, standen Weizen 
nnd Gerste bereits in voller Blüthe, während sie um Damaskus noch 
nicht geschofst hatten. Da das einzelne Saatkorn hier sehr viele 
Halme treibt, so säet man Weizen und Gerste wie man in Damaskus 
den Sesam säet, d. h. man mischt ihn mit Erde und streuet diese Mi- 
schung aus. In der Mitte der Saatfelder steht von Fähnchen umflat- 
tert das Grab des Localheiligen Scheich Serä^ ( ••:Lwm), des unsicht- 
baren Handhabers von Recht und Ordnung unter diesen Raubvölkern, 
der Menschen und Thiere ihren^ Glauben nach augenblicklich mit dem 
Tode bestraft, die sich an fremder Saat vergreifen sollten. Man hat 
eine unbeschreibliche Furcht vor ihm und der Zufall wollte mir einen 
Beweis davon liefern. Wie die Araber ritt ich in jener Gegend mein 
Pferd ohne Zaum, damit es, so oft ich anhielt oder abstieg, um 
etwas zu sehen, weiden konnte. Als wir über die Saatfelder zu 
den Zelten der Gejat ritten und die Beduinen in den durch die letzten 
Regengüsse überfüllten Wässerungsgräben nach einer Fürth suchten, 
benutzte mein Pferd den entstandenen Verzug und fing an von der 
Saat zu fressen, ohne dafs ich darauf Acht hatte. Da stürzte eine 
Frau herbei, rifs mein Pferd in die Höhe und schrie mit lauter Stimme: 
„Glaube es nicht, Scheich Seratsch (dortige Aussprache statt Serak), 
ich schwöre dir beim grofsen Gott, das Pferd hat nicht gefressen!* 
Alle Uebrigen stimmten bezeugend bei, belogen den Scheich und ret- 
teten 80 mein Pferd von der Todesstrafe. Auf die Bemerkung meines 
Koches, eines boshaften Bagdader Christen, dafs der Scheich wohl ei- 
nen Unterschied machen würde zwischen ihren Stammpferden und un- 
sern Gastpferden, versicherte man, dafs der Scheich diesen Unterschied 
nicht kenne. Verläfst ein Einwohner auf längere Zeit das Land, so 
bringt er werthvoUe Gegenstände, Waffen, Teppiche, Kleider, selbst 
das baare Geld zum Scheich Seräk: und ist sicher, es unversehrt wie- 
der zu finden. Gegen Ende Mai oder in der ersten Hälfte des Mo- 
nats Juni wird die Ruhbe und ihre Umgebung wegen der grofsen 
Hitze und des Mangels an Wasser und grüner Weide von ihren Be- 
wohnern verlassen, die sich dann mit den Heerden an die östlichen 
Abhänge des Haurangebirgs zu den beständigen Weide- und Lager- 
Plätzen der Mesä'id, 'Ajamät u. A. ziehen. Dann lassen sie ruhig ihre 
Wintervorräthe an Getreide in den Höhlen beim weifsen Schlosse, wohl 
wissend, dafs es Niemand wagen würde, von einem dem Scheich Se- 
rlA; anvertrauten Gute etwas zu stehlen. Die Regierung des Landes 



32 

ist eine patriarchalische. Die (j^jftt bestehen ans mehreren Stämmen, 
deren jeder seinen Scheich hat, welcher unter Zuziehung der Aeltesten, 
die immer seine Verwandten sind, die Angelegenheiten des Stammes, 
der zugleich seine Familie ist, leitet. Nur in Dingen von allgemeiner 
Wichtigkeit sind sie einem Oberscheich der öej&t untergeordnet. Der 
gegenwärtige heifst Sel4me und ist ohngeföhr 50 Jahre alt. Er be- 
sitzt viel äufsere Wurde und soll ein Mann von ungewöhnlicher Klug- 
heit sein. Ich war nur eine Nacht sein Gast, und da er als Wirth 
die Honneurs machen, d. h. schlachten, das Feuer unterhalten, Kaffee 
kochen und herumreichen, auch sich anstandshalber nicht vor uns 
setzen durfte, so hatte ich wenig Gelegenheit, genauer mit ihm be- 
kannt zu werden. Er kam mir entgegen und entschuldigte die Sen- 
dung seines NeflFen Gerbu , wo er selber mich hätte in sein Land brin- 
gen sollen, damit, dafs er in Erwartung meiner Ankunft es habe ver- 
suchen wollen, auf meinen Glücksstern hin eine Gazwe (Raubzug) in 
gröfserem Maafsstab zu unternehmen. Sie sei ihm zwar mifsglückt, 
da der Feind schon die Lagerplätze verändert hatte, aber er tröste sich, 
da ich dafür den Regen mitgebracht hätte, den sie sich längst ge- 
wünscht, da der Frühling (rebf d. h. die grüne Weide) schon zu ver- 
dorren angefangen habe. Er hatte, als wir zu ihm kamen, seine und 
seiner nächsten Verwandten Zelte an einem Arme des Amlüd es S'am 
auf einer grünen Wiese aufgeschlagen. 

Die S'täje (auch S'täj genannt, vom Singular S'tawi ^^IXÄ) ste- 
hen als das kleinere Volk unter einem Scheich. Der jetzige heifst 
Melihän, der Bruder meines Reisegefährten Chalaf. Er ist ohngefahr 
65 Jahre alt, von hoher Gestalt, mit langem weifsen Haupthaar und 
gleichem Barte. Dieser Mann, in dessen Zügen die reinste Milde aus- 
geprägt ist, war die edelste Erscheinung, die mir auf dieser Reise vor- 
gekommen ist, und da ich Chalaf versprochen hatte, sein Gast zu sein, 
so konnte ich mich einen langen Abend mit Melihäa unterhalten, der 
nun durch keine Etiquette verhindert wurde, sich zu uns zu setzen. 
Wir trafen seine und Chalafs Zelte in der Nähe von Rigm el Mara. 
Zunächst hatte ich eine Geschäftssache mit Melihän zu ordnen. Einige 
Wochen vor meiner Reise nämlich hatte Melihän die Heerden des Dor- 



^ o ^^ 



fes Buweda (iui3jj>.Jt) weggetrieben, weil das Dorf, im Vertrauen auf 

die Nähe der Stadt (es liegt nur eine Stunde von Damaskus), den 
herkömmlichen Tribut verweigert hatte. Der §6t d. h. die Sturmsig- 
nale flogen nun von Dorf zu Dorf und zwölf Bauern von Gassüle 
setzten sich zu Pferde und, ahnend wer die Räuber gewesen, jagten 
sie über den Isthmus zwischen den Seen, fanden bald die Spur und 
erreichten die Beduinen bei Sonnenaufgang ohngefahr an der Stelle, 



33 

wo wir auf dieser Reise das erste Nachtli^er gehalten. Melihan liefe 
DUO zwar seine Beate fahren, gab aber dem Scheich der Bauern einige 
Andeutungen, die bei diesem Befürchtungen hervorriefen. Die Sache 
war bald beigelegt. Melihan ist bei den Damascener Bauern ebenso 
beliebt, wie er von den 'Aneze gefürchtet ist. Bei seiner grofeen Frei- 
gebigkeit und Gastfreundschaft ist er fortwährend arm geblieben, ob- 
schon er seinen Stamm durch seine kühnen und glücklichen Unterneh- 
mungen bereichert hat. Aber deshalb gelobt zu werden, ist auch sein 
ganzes Glück, und als unser Gefährte Derwisch Begeh, der immer den 
Beduinen schmeichelte, weil er sich heimlich vor ihnen ängstigte, ein- 
mal Gelegenheit fand zur Anwendung des Sprüchworts : „Lola '1 Me- 
lihSn, mä 'amiret el AutUn" (gäb's nicht das Schwerd, käme das Va- 
terland nicht in Flor), da glänzten die Augen des Alten vor Vergnü- 
gen über das Wortspiel. (Melihan ist ein poetischer Ausdruck für 
Schwerd.) 

Bei grofsen Unternehmungen , welche immer Raubzüge gegen 
andere Beduinen sind, treten die Scheichs der öejat und S'täje zu ei- 
nem gemeinsamen Beschlüsse zusammen. Gröfsere Züge finden zu al- 
len Jahreszeiten durchschnittlich alle sechs Wochen einmal statt, klei- 
nere allwöchentlich. Bei den ersteren ziehen gewöhnlich 50 Pferde- 
reiter und 3 bis 400 Kameelreiter mit Merdüf d. h. Hintermann, im 
Ganzen ohngefahr 800 Mann aus. Kleinere Züge werden von 5, 10, 
20 Personen unternomnien. Gilt es einen starken Feind zu überfallen, 
so rufen sie gewöhnlich ihre beständigen Bundesgenossen, die Zubed 

(lXaj J! v^)' ^^ Hilfe. Diese Raub Völker werden wohl dieselben 

Araber im Nordosten von Paläcitina sein, welche nach 1. Maccab. 12, 31 
von Jonathan geschlagen worden sind. Denn da der Name Zubed am 
Boden haftet, und unabhängig ist vom Wechsel der Stämme (wie 'Arab 
el Gor, Beduinen der Jordanniederung und 'Arab es S'emM, Beduinen 
von Peräa), so geht er sicherlich bis ins fernste Alterthum zurück. 
Ursprünglich mag es wohl der Name eines bestimmten Stammes ge- 
wesen, und von ihm auf das Land übergegangen sein, welches, der 
Stamm lange bewohnte. Zu den Zubed rechnet man alle Stämme des 
östlichen Hauranabhanges, welche jahraus, jahrein dort wohnen 
und nicht wandern, mit EinschluTs der Stämme des Legä. Ziehen die 
Beduinen der Ruhbe mit den Zubed zusammen aus, so haben sie mit 
diesen den gemeinsamen Namen *Arab el Gebel, Beduinen des Gebir- 
ges, nämlich des Haurangebirges, zu denen die Ersteren schon darum 
zu zählen sind, weil sie die sechs Sommermonate, wo sie die Ruhbe 
verlassen müssen, im Hauran weiden. Ziehen sie aber allein aus, so 
heifsen sie die (öejat und S'tSje zusammen) *Arab es Sa'id, Beduinen 



34 

YOD Sa'td, also benannt von ihren wichtigen Weideplfltsen in der And 
es Sa d nordöstlich von der Hermije. Von den 'Aneze werden die bei- 
den StSmme Ahl el Hngr (j^l «3^') ^- ^- Bewohner de« SSoften- 
landes genannt; die Schlupfwinkel des östlichen Trachons heifsen die 
' Aneze Hugr. Ihre bestandigen Feinde sind' die Wuld 'Ali , denen sie 
vom Frühling an, wo sie aus ihren Winterquartieren am Enphrat in 
die Nukra kommen, bis zum Herbst, wo sie Syrien wieder verlassen 
viel Schaden zufügen, indem sie Tag und Nacht ihre Weideplätze um- 
schleichend Gelegenheit finden, Eameelheerden zu rauben. Auch mit 
den Siba, einem starken Zweige des 'Anezestammes der Bisr leben 
sie in Feindschaft, die ihnen aber schon manchmal vom Berge Ses her 
in der Ruhbe einen Besuch abgestattet haben. Desgleichen besteht zwi- 
schen ihnen und den Stammen des Ammoniter- und Moabiterlandes, 
den Sirhan, Serdije, Sachr, Fuheli u. A. ein fortwährender Kriegsza- 

stand (Kom, ^oy»). Fast unangreifbar im eigenen Lande können 

es die Bewohner der Ruhbe wagen, keck und rücksichtslos nach Aufsen 
aufzutreten. Die türkische Regierung hat es niemals versucht, etwas 
gegen die Republik der Ruhbe zu unternehmen, so unbeschreibliches 
Elend diese auch alljährlich über die Damascener Dorfer bringt. Die 
Ruhbe hat zwei schwache Stellen. Die eine ist bei Rigm el Mara, wo 
sich das Land in der Richtung zum Berge Ses gegen den Hamad 
öffnet. Die Wache an dieser gefährlichen Stelle ist den S'taje anver- 
traut. Man hat dort auf dem höchsten Punkte aus Blöcken eine circa 
12 Ellen hohe Warte (Merk;ab, wöwc) aufgerichtet, zu der eine Art 

Treppe fuhrt. Die Warte ist mit einer Brüstung versehen, hinter der 
die Wachen sitzen und unablässig hinab in den Hamäd, den man 
deutHch sehen kann, spähen. Die Warte soll nach der Sage von ei- 
nem einzigen Weibe aufgerichtet, und davon Rigm eLMara (Steinhau- 
fen des Weibes) benannt worden sein * ). Der andere schwache Punkt 
ist bei Nemara, wo man mitten durch die Harra auf ziemlich gutem 
Wege binnen 7 und 8 Stunden östlich zum Hamäd gelangt. Die 
Wache an dieser Stelle liegt den ö-Sjät ob. Ich vermuthe jedoch, dafs 
sie in ihrem Dienste sorgloser sind, als die S'taje, deren Wache ich 
während meines Aufenthalts in der Ruhbe tagtäglich 4 bis 5 Mann 
stark auf Rigm el Mara gesehen habe. 

In der Ruhbe giebt es mehrere jetzt natürlich verödete Ortschaf- 

*) Das Wort Mara ist aber sicher nicht das Arabische y^^ „Weib", son- 

So- * 

dern jc\^ (von der Wurzel ^s]^) »Spähort, Warte." 



35 

ten. Um das „weifse Schlofs'' faerum, von dem ich später sprechen 
'werde, liegen die Ruinen eines weitläufigen Ortes, und auiser einer An- 
zahl Thürme am östlichen Lohf des Safä stehen daselbst die Dör- 

fer 'Ali:a (UIä) und Bresije^iük.MO j). An einem Arm des Amlüd 

es S'äm liegen die schönen Fundamente des Dörfchens Knese (zu 
Deutsch „das Kircblein), von dem noch das Hauptgebäude, eine kleine 
Barche von sehr accurater Structur gut erhalten ist. An der Südseite 

der Ruhbe liegen die rohgebauten Dörfer Odesije (^kAAMj>\c) und 
Garz (3j*il)j das letztere am gleichnamigen Wadi. Merkwür- 
dig aber sind viele Tausende von rohen Wohnungen, welche auf ei- 
ner Strecke von vielleicht 5 Stunden das südliche Lohf der Diret et 
TulÄl bekränzen, und auf eine ungemein starke Bevölkerung jener Ge- 
genden in früherer Zeit schliefsen lassen, und dennoch ist es schwer 
zu begreifen, wie Menschen bleibende Wohnsitze in einem Lande ha- 
ben konnten, in welchem während des Sommers jede Pflanze verdorrt, 
jede Cisteme austrocknet. Günstiger sind zwei andere Orte gelegen: 
Rigm e\ Mara, auf einer Anhöhe gebaut, die fast einen unbegränzten 
Gesichtskreis und immer frischen Luftzug hat, und Nemara. Das letz- 
tere war eine Militärstation und der häufige Wechsel der Soldaten 
mochte den Aufenthalt erträglich machen. Dieser mericwürdige Punkt 
hat augenscheinlich eine doppelte Bestimmung gehabt, einmal die Ruhbe 
gegen die Wüste und sodann auch Syrien gegen die Ruhbe zu schützen. 
Wahrscheinlich mochten sich die Bewohner der Ruhbe schon zur Rö- 
merzeit, durch die Sicherheit ihres Landes verführt, zu Räubereien gegen 
die östlichen Ortschaften Syriens haben verleiten lassen, und daran konn- 
ten sie nur mit bleibendem Erfolge durch eine Garnison im Herzen 
ihres Landes verhindert werden. Auch habe ich zwischen der Ruhbe 

und Nemära die unzweideutigen Spuren eines Rasif (v..äjuö») d. h. ei- 
ner Römerstrafse gefunden. Durch dieselbe Strafse, die mich aus der 
Harra nach dem Hauran führte, stand die Garnison mit S'akJ^ä, einer 
grofsen römischen Oolonie, in Verbindung und ein Marsch von drei- 
zehn Stunden führte von dem einen Orte zum andern. Die in den In- 
schriften genannten Truppen, welche in Nemara zu verschiedenen Zei- 
ten gelegen, waren eine LEG. HI. CVR., ferner LEG. III. Eva, und 
LEG. n. AEP. I. Der antike Name des Ortes scheint nach einer 
Inschrift 20AAAA gewesen zu sein^ was vielleicht mit semitischer 
Etymologie „QueUort** heifst; denn Nemara hat die einzige niemals 
versiegende Quelle in jenen weiten vulkanischen Gegenden. Es wäre 
nicht unmöglich, dafs auch dem jetzigen Namen diese Bedeutung zu 



36 

Grunde läge, gleichwie dies mit dem bibliBchen Nimra der Fall sein 
wird; vergl. „die Wasser von Nimrim^ (Jes. 15, 6). Die Bewohner 
der Rahbe dagegen behaupten, der Hügel habe seinen Namen von ei- 
nem auf ihm begrabenen Beduinen, demWeli Nemära, dessen Grrab 
mit einer steinernen Mauer umgeben und mit zwei freistehenden jBo- 
gen überwölbt ist, von denen zahlreiche S'eräsih (^n^!w^) d. h. rofo- 

schweifähnliche Troddeln aus Garn von braunen und weifsen Elameel- 
haaren herabhängen. Nach der Vorstellung der Beduinen soll sich 
der Verstorbene nicht vereinsamt fühlen, wenn diese Zeichen des No- 
madenlebens über seinem Grabe im Winde spielen. 

Nachdem ich mit dem Gesagten jenem weiten Vulkangebiete und 
der paradiesischen Ruhbe ein Plätzchen in der heutigen Geographie 
Syriens vindicirt zu haben glaube, erlaube ich mir noch zwei Worte 
über die Frage: ob dieses Land schon von den alten Geographen er- 
wähnt werde? Wären die Alten grofee Geognosten gewesen, so wür- 
den sie uns gewifs Manches darüber referirt haben; aber das waren 
sie nicht, und staatliche Wichtigkeit haben weder jene Lavaplateau's 
und die Harra, noch die kleine Ruhbe gehabt. Die letztere wird auch 
im Alterthum, wie noch jetzt in Damaskus, kaum dem Namen nach 
bekannt gewesen sein. Nur im Strabo habe ich das Land erwähnt ge- 
funden, und da die betreffende Stelle zeither nicht verständlich war, 
weil man die Existenz dessen, was sie meinte, nicht kannte, so will 
ich sie hier im Zusammenhange nebst einem kurzen Interlinear -Com- 
mentar wiedergeben. Im 16. Buch, 2. Gap. heifst es: Auf das Feld 
des Marsya« (wohl die Gegend am Meeresufer zwischen TarabuluB 
und Tartüs) folgt das sogenannte königliche Thal (zwischen 
dem Libanon und Antilibanon, jetzt „die herrliche Bik^' — el Bijh»' 
el 'Aziz — genannt) und die Gegend von Damaskus, die be- 
sonders gepriesen wird (nämlich die Stadt selbst mit ihrem meilen- 
weiten, von dem Baradaflufs in vielen Armen durchströmten Garten- 
reviere (el Güta), welches von den fruchtbaren, volkreichen Be- 
zirken des Merg und des WMi el 'Agem oder Perserthaies im Nor- 
den, Osten und Süden begrenzt wird). Damaskus ist auch eine 
sehr bedeutende Stadt (sie hat noch jetzt über j 60,000 Einwoh- 
ner) und die wichtigste in jener Gegend nach Persien hin 
(ihr Export- und Importhandel mag im Alterthume viel zum Glänze 
der mittelsyrischeii Küstenstädte, namentlich Sidon's beigetragen haben, 
welches sein nächster und am leichtesten zu erreichender Hafen gewe- 
sen ist. Wie ehemals gehen noch jetzt regelmäfsige Handelskarawa- 
nen von Damaskus über Bagdad nach Persien und zurück). Hinter 
ihr liegen die zwei sogenannten Trachonen (nämlich das Legä 
als der kleinere westliche Trachon und das §afa mit seinen Depen- 



3T 

denzea als der grofsere ostliche Trachon *). So spricht man noch heu- 
tigen Tages von dem Wa'r des §afä and dem Wa'r des Lega. Wa'r 
aber und Trachon sind gleichbedeutende Worte und bezeichnen hier 
die höchste Potenz einer schwer zu passirenden Felsengegend, nämlich 
ein weites, zackiges und zerrissenes Lavaplateau. Dieses ist die Stelle, 
welche beweist, dafs man im Alterthume von dem in diesen Blättern 
beschriebenen vulkanischen Gebiete östlich von Damaskus Notiz ge- 
nommen hat); dann, gegen die gemischten Theile der Ara- 
ber (im Süden und Südosten von Damaskus, wie die Stämme von 
Zubed im Norden, Osten und Südosten des Haurangebirgs) und der 
Ituräer (der räuberischen Bewohner der Tetrarchie Ituraea, welche 
wohl die höher gelegenen Gegenden Haurans, nämlich das heutige 
Drusengebirge umfafste) schwer zugängliche Gebirge, in denen 
sich auch geräumige Höhlen befinden, deren eine bei den 
Ueberffillen, welche die Damascener erfuhren, viertausend 
Menschen fassen konnte. (Bei Bestimmung dieser schwerzugäng- 
lichen Gebirge mit grofsen Höhlen ist man dem Zusammenhange nach 
zunächst an das Haurängebirge gewiesen, aber dieses ist von der Da- 
mascener Seite her nicht schwer zugänglich, sondern nur im Süden 
zwischen dem Kleb und dem Ostende der Genat, auch habe ich nie- 
mals von grofsen Höhlen daselbst gehört». Fragte man einen Damas- 
cener, welches die schwerzugänglichen Gebirge mit den Höhlen sein 
könnten, so wird er mit gröfster Bestimmtheit sagen: Die beiden "Wa'r, 
das Lega und noch mehr das Safa. Die Höhlen wären dann die Ka''s, 
die allerdings nicht blos Viertausend, sondern die ganze Bevölkerung 
von Damaskus bequem fassen könnten. Zwar unterscheidet Strabo 
deutlich zwischen den Trachonen und dem Höhlengebirge, aber das 
würde nur die unklaren Berichte beweisen, die ihm über jene theils 
von Natur, theils wegen ihrer menschenfeindlichen Bevölkerung unzu- 
gänglichen Gegenden zu Gebote standen. Mir ging es nicht besser. 



') Man hat nicht nöthig anzunehmen, dafs die von den Alten oft erwähnte 
Tetrarchie Trachonitis (vergl. auch £v. Lue. 8, 1) beide Trachonea umfafst habe. 
Das östliche wird wohl in den RegierungsbtLchem gar keinen Namen gehabt haben, 
weil sich von den jährlich nur sechs Monate lang dort sefshaften Raubvölkem wenig 
oder nichts nehmen liefs. Man wird sich also unter Trachonitis ganz eigentlich den 
kleineren westlichen Trachon, das Legä, denken müssen, welches nicht nur wegen 
der stärkeren Zersetzung seiner Lava im Innern viele knlturf&hige Stellen, folglich 
auch Ortschaften und Zeltlager hatte, sondern auch mit einem Gürtel blühender und 
volkreicher Städte und Dorfer umgeben war, welche die weiten fruchtbaren Strecken 
aufserhalb des Lo^f cultivirten, wie dies noch jetzt der Fall ist. Es war von 
politischem Gesichtspunkte aus der wichtigere von beiden, gleichsam der Trachon 
%ax i^o%fiv. Darum nennt auch die grofse, schon von Burckhardt copirte und von 
mir verglichene Tempelinschrift von MismiS im Legft diese Ortschaft geradezu den 
Hauptort des Trachon (^t^t^oxo?^ tov r^ax<o*^0€)t und nicht des westlichen Tra- 
chon, oder beider Trachonen. 

4 



38 

Zehn Jahre lang habe ich nicht nut in ÜamaslciiB, «on^ern auch in 
den Dorfern des Merg und von den Beduinen an den Ufern der Wiesen- 
Seen auf meine Frage nach jenem Lande, dessen vnlkanische Kegel 
den Ostrand der Damascener Kesselebene begrenzen, keine andere 
Antwort erhalten als: Wa'r und Gebirge, in die kein Mensch kommen, 
in denen Niemand existiren kann'). Strabo fährt fort:) Die Araber 
plündern dieKauflente (wie noch heute). Dies geschieht jetzt 
weniger, nachdem die R&uberbanden des Zenodorus durch 
die gute Einrichtung der Romer zerstreut sind und durch 
die in Syrien unterhaltenen Soldaten die Sicherheit gehand- 
habt wird. (Den Hauptanhalt hatte Zenodorus wohl im Leg&, aber 
auch der Östliche Trachon und die Stämme des Haur&ngebirges (Zn- 
bed und Ituraeer) werden es mit ihm gehalten haben. Zu den guten 
Einrichtungen der Römer wird die noch jetzt vorhandene Strafse zu 
zählen sein, die sie von Norden nach Süden mitten durch das Legä 
gebrochen, und die Garnison in Nemära, welche die Stämme der Ruhbe 
in Zaum gehalten hat. So viel über diese Stelle im Strabo, der übri- 
gens die Tracbonen {roitg tQoixwffag) noch einmal erwähnt, wo er sagt, 
dafs der Antilibanon hinter dem Damascenischen in der Nähe der Tra- 
cbonen endige. Das ist auch richtig, denn ohngefähr sechs Stunden 
nördlich von Damaskus macht der Antilibanon eine so starke Biegung 
gegen Osten, dafs er dem grofsen östlichen Trachon bis auf 1 f Stunde 



*) Vielleicht hat man aber bei der Hohle, die einmal 4000 Damascener fafste, 
an eine wirkliche Höhle zu denken und dann könnte nur die Umm Nirin (die Mutter 
der Lichter d. h. die Strahlende) gemeint sein. Dieses merkwürdige Werk der Vor- 
zeit liegt in der Mitte des östlichen Trachon, nach den Berichten der Beduinen ohn- 
gefähr eine Stunde östlich vom Vulkan "Akir. Es ist ein tief unterirdischer Braunen, 
oder eine Cisteme, was ich nicht bestimmen kann, wo das Wasser, zu dem man auf 
bequemen steinernen Treppen hinabsteigt, in grofser Menge das ganze Jahr hindurch 
aashält. In der Mitte der Treppen öfinen sich zu beiden Seiten die ausgedehntesten 
Höhlen. Vor zehn Jahren verirrte sich ein Beduine von den S'taje in diesem Laby 
rinthe, und fand erst am dritten Tage den Ausgang wieder. Er war mit schwarzen 
Haaren hinabgestiegen und kam mit eisgrauem Kopfe zurtlck. Diese Berichte dürfen 
nicht bezweifelt werden, ob aber die Höhlen natürlich oder künstlich sind, kann ich 
nicht bestimmen. Ich wollte selbst die Umm Nirftn besuchen, aber Alle riethen mir 
ab, am Anfange einer längeren Reise die Pferde auf einem Terrain zu ruiniren, wo- 
hin nur die äufserste Noth den Menschen treiben kann. Später war ich mit einigen 
Leuten vom Jägervolke der &l%\> übereingekommen, sie zu ihrem Stamme zu beglei- 
ten, dessen Zelte und Jagdreviere hinter dem G«birge S^s liegen, von dessen Ruinen 
und noch mehr von dessen wie Gold schimmernder Erde mir Muhammed Dü^i, der 
Oberscheich der Wald 'Ali, so viel erzählt hatte. Bei diesem Ausflüge wollte ich 
Umm Nirän mit besuchen. Aber ich bin nicht mehr daeu gekomm^i. Das bald 
darauf stattgefcindene Blutbad in GMda hatte auch den Fanatismus der Damascener 
rege gemacht, so dafs fortwiüirend Ausbrüche Von Gewahäitttigkeit zu fürchten Ova- 
ren, weshalb ich bis zu meinär Abreise in die Hdimath meinen Posten nicht mehr 
auf längere Zeit verlassen konnte. 



sich Alherf. Ih DAma^kiu) selbst bsträcbtet^ flchdndn die beldoi Qe* 
birge sogar yerbanden su Bein, i^as j^öoh nicht der Fall ist. 

Wir kommen naki zu jeüer l^ro inco^fo^ dem Lande, i/ro schon 
Mancher einen Theil des vorisraelitisdien Amoriterreicjies vermuthete, 
dessen König zu Astarot safs, deoi Lande, von welchem es 5. Mos. 3 
heifst: Da gewannen wir zur Zeit. alle Städte des Königs Og zu Ba- 
san, sechzig Städte, die ganze Gegend Argob im Königreiche Basan. 
Alle diese Städte waren fest, mit hoben Mauern, Thoren und Riegeln, 
ohne viele andere Flecken ohne Mauern. Ich meine den östlichen 
und südlichen Abhang des ^aurängebirges, und da es mir wichtig 
scheint, hier zunächst ein übersichtliches Bild vom Ganzen und Grofsen 
zu geben, so möchten die folgenden Nachrichten am PllEttze sein: 

1) Die östliche Abdachung des Gebirgs beträgt vom Berge ä-azil 
(^tJei\\ nördlich von S'a^;]^, bis i^um Betige ^u es ^^jm^ajoÜI), südlich 
von Umm el !^u|;en, ohngefähr 22 Stunden, und die südliche vom 
Schlosse Ezra^ bis an die Zumle nicht viel weniger. 

2) Die östliche Abdachung ist im Norden so schmal, dafs sie vom 

Abu Tumes über Genene (»JUa:>.) bis an die Hermije kaum 5 Stun- 
den betragen wird. Nach Süden hin wird sie immer breiter, so dafs 
sie z. B. bei der Stadt Sal4 gegen die Harra eine Ausdehnung von 
8 Stunden hat. Am breitesten ist sie von der Stadt 'Qün gegen Ez- 
tak, hin. Ich schätze sie hier auf 16 Stunden. Die südliche Abdachung 
wird von den G^&t ^oLw^!) in der Richtung von Umm el K!ut^n 
8 bis 10 Stunden und vom Kl^b über Bofra gegen das südliche Ende 
der Zumle hin eben so viel betragen. 

3) Da die Hermije nach meiner Annahme mehr als 1000 Fub 
höher liegt als die Zedi- Niederung und die NuLxa, so wird die süd- 
westliche Abdachung des Haurän um so viel tiefer sein als die nord- 
östliche. 

4) Aus dem Gesagteh folgt, dafs im Nordosten das Gebirge in 
starken, rasch aufeinander folgenden Abstufungen abfallen mufs, wah- 
rend es sich im Südosten und Süden allmählich in die Ebene des Ha- 
mad hinabzieht. Aber dennoch läfst sich auch im Südosten, Süden 
und Südwesten scharf zwischen dem Hanran und dem Hamad unter- 
scheiden, da man sich, so lange die Abdachung dauert, fortwährend 
auf einem vulkanischen Wellenterrain befindet, über dem 
sieh einzelne Hügel oder niedrige Gebirgszüge von Schlacke oder Ba- 
salt mit sanften Formen erheben, und welches mit Beginn des Ha- 
mad plötzlich aufhört. Auf den Thürmen von Umm el KuJ;en habe ich 
den HamM als eine weite, ununterbrochene Ebene beobachtet. 

5) Die Abdachung hat in ihrer ganzen Aosdehnung den berülua- 



40 

ten roihbrannen Hnmns, Ard hamrft, auch Hanr&nerde, Ar^ Hanrdr» 
nije, genannt. An ihrem östlichen Ende beginnt die hochgelbe Kii.'a- 
erde der Harra und im Süden unterhalb Umm el Kut^n die weifsliche 

Erde des HamM, Ard el Gebbäne (iüLL^I {joM d. h. kasefarbene 
Erde genannt. Westlich endet die rothe Erde bei der Zumle, von 'wo 
ab ihre Grenzen mit den oben für das vulkanische Gebiet überhaupt 
angegebenen zusammenfallen. Im Merg wird sie von einem frucht- 
baren weifslichen Letten und bei Harrän von Alluvialboden begrenzt. 
Die Hauranerde erzeugt im Urzustände viel wilden Roggen, der als 
Culturpflanze nicht in Syrien existirt, desgleichen viel wilde Gerste und 
wilden Hafer. . Diese Getreidearten gleichen den ihnen entsprechen- 
den Culturpflanzen vollkommen in den Blättern, Aehren, Stärke und 
Höhe der Halme, nur sind ihre Körner merklich flacher und mehl- 
ärmer. Unter der reichen Flora sah ich viele Blumen, die eine Zierde 
unserer Gärten sein würden, namentlich eine faustgrofse dunkelviolette 
prachtvolle Lilie (Susan). Auf der weiten Ebene zwischen Imtan und 
'Enak fand ich sie zu Tausenden '). Fast alle Kräuter sind in der 



') Im Leg4 fand ich, während (um den 10. Mai) fast seine ganze Vegetation 
verbrannt war, zwischen Lub^n und Däma weite Strecken mit einer Blume 
bedeckt, die Abu Fern (^^ ^t) »der Pelzträger« hiefs. Es ist eine 9 bis 

5 Zoll hohe Pflanze, die sich in 8 bis 6 Aestchen theilt, deren jedes als Blume eine 
schneeweifse, baumwoUenartige, mit zarten rothen Aederchen durchzogene Kugel von 
der Gröfse einer kleinen Pistolenkugel trug. Die weifsen, weichen, saftlosen Fasern 
standen gedrängt und fest am Kerne der Kugel. Die mit solchen Baumwollenper- 
len bestreute Gegend erinnerte mich an eine voigtländische Waldparthie, die mit 
Preifselbeeren bedeckt ist. Die Blättchen der Pflanze hatten die Form des Klee- 
blattes, die Gröfse einer Erbse und waren roth umsäumt. Massenhaft fanden sich 
Überall das weifse Gänseblümchen Ka^wän (i*%]y^6) ^^^^ verschiedene Arten ro- 

thön Mohns Dal^nün (/•»^^^v>) im westlichen, D6da]^4ne ^JüL^^Jop) »na 
östlichen Trachon genannt. Eine Blume interessirte mich besonders, die Dr^hime 

('f^^oi .s\ »das Silberstückchen« genannt. Die Pflanze ist circa 6 Zoll hoch, ihre 

4 Zoll langen Blätter sind der Länge nach gefaltet und nicht ausgebreitet Die 
Blume ähnelt der Kamille, ist wie die Bosenknospe mit schmalen grünen Blättchen 
umgeben und steckt voll kleiner weifser Kelche, an dessen Stelle später silberfarbige 
fast durchsichtige, mit dunkelvioletten Adern durchzogene Trichter erscheinen, die 
10 bis 15 an der Zahl eine vollkommene Kugel von dem Durchmesser ^nes piea- 
fsischen Achtgroschenstücks bilden. Diese Trichter haben 5 dunkelbraune Staubfä- 
den (ein jeder), sitzen sehr fest und sind vollkommen saftlos. Bei uns gezogen, 
würde diese Blume, die mir viel Aehnlichkeit mit einer Strohblume zu haben scheint, 
vielleicht den ganzen Sommer hindurch dauern. Noch möchte ich die Aufmerksam- 
keit auf zwei Pflanzen lenken, die sich in den beiden Trachonen finden, und in 
Europa acclimatisirt , einmal von grofsem Nutzen werden könnten. Die eine heifst 

Ga^^ f^v^^-j» die andere RubbeJ^alile (iOLÜL^« iu»Y Beide gehören zu einer 
und derselben Gattung. Der starke Stiel ist fast ^ Elle hoch, die Blätter sind 



41 

TOthen Erde äromadscfa, selbst der S'ih. Diese perennirende, bis 
eine Elle höbe and eben so viel im Durcbmesser habende Pflanze 
des nicht caltivirten Bodens ist eine der grSfsten Woklthaten Syriens 
und' der Steppe ^ da sie aufser dem Rinder- und Kameelmis( oft das 
alleinige Brennmaterial der Bauern und Nomaden ist '). Im Goltur- 
zustande erzeugt die. Hauränerde in grofser Fülle den geschätzten glas- 
M*tig durchsichtigen Hauranweizen. Der Boden darf nicht gedüngt 
werden, weil sich sonst die Saat vor Ueppigkeit legen und mehr Stroh 
als Körner tragen würde. Die Hauranerde (augenscheinlich eine zer- 
setzte Lava) ist so locker, dafs selbst im Zustande völliger Dürre der 
Huf des Pferdes fast 3 Zoll einsinkt, und obschon nicht steinig giebt 
sie doch, wenn man über sie hinwegreitet, einen raschelnden Ton, so 
dais man meint, man reite über einen Haufen Gerstenkörner. 

6) IMe ganze östliche und südliche Hauranabdachung war ursprüng- 
lich wie die Harra Wa'r, d. h. ihre Oberfläche war mit einer Stein- 
saat bedeckt. Die Bevölkerungen früherer Jahrtausende haben dieselbe 
von den Spitzen des Oebirgs an bis zur Wüste hin entweder in Hau- 
fen oder in langen Schichten zusammengetragen; diese Wände bilde- 
ten dann zugleich die Raine (Tilm) der so entstandenen Aecker und 
die Flurgrenzen der einzelnen Ortschaften. Je weiter man nach Süd- 



circa 3 Zoll lang, 1 Zoll breit, am Bande gekrttnselt nnd stehen fast bis in die 
Mitte des Stiels herauf, der eine Blume trägt, die an Form und dem Schnitte der 
BlUttchen einer vollen Aster täuschend ähnlich ist. Nur ist die Blume des Ga^ 
gelb und die der Rubbe Halile hell lila mit gelben Staubfäden. Das Merkwürdige 
an diesen beiden Pflanzen ist die Wurzel. Diese habe ich beim Ga^h 2 Zoll dick 
und 6 Zoll lang, bei der Rubbe 1-^ Zoll dick und 5| Zoll lang gesehen, beide hat- 
ten eine braune Farbe und ein rauhes, fast blättriges Ansehen. Zog man die äufsere 
nicht dicke Schale der Wurzel ab, so kam beim Gal^^ ein braungelber Saft von 
schönem Glänze, und bei der Rubbe ein weifser Saft mit rosarothem Schein hervor. 
Wischte man diesen Saffc ab, so hatte man bei beiden eine schneeveifse Rübe, die 
viel leichter zu beifsen war, als unsere Mohrrübe, und im Fleisch einen vortreffli- 
chen Geschmack hatte. Liefsen sie sich zu Culturpflanzen machen, so erhielten wir 
an ihnen eine RUbenart, welche alle bekannten an Feinheit weit übertreffen würde. 
In Murduk horte ich di« letztere der beiden Pflanzen Raba^la nennen. Die ara- 
bischen Wörterbücher bringen dieses Wort (xJL^^.^ in der Bedeutung eines « schlan- 
ken weichen Mädchens <** Es wird daher der Pflanzenname einzutragen sein, damit 
durch ihn jene abgeleitete figürliche Bedeutung ihre Erklärung findet. 

') Sie wird auch in der Bibel öfter erwähnt, z. B. 1 Mos. 21, 15: »Und als 
das Wasser im Schlauche zu Erde war, warf Hagar das Kind unter einen S'i^- 
strauch.'' Desgl. Hieb 80, 4: „Jetzt spotten meiner, die da Gemüse suchen um 
den S'flf, herum **, d.h. die armen Leute, die in der heifsen Jahreszeit, wo alles ver- 
dorrt ist, um den S'i^j, in dessen Schatten sich eine dürftige Vegetation erhält, nach 
essbaren Kräutern suchen. In Bosra, wo die Heuschrecken alles aufgefressen hatten, 
sah ich den S'i^ von Millionen dieser Thiere umlagert, welche die frischen Schöfs- 
linge oder die Reste grüner Pflanzen unter ihm anfeuchten. — Theils wegen der 
Wichtigkeit des S'l^ für den Nomaden und Bauern, theils weil er das vornehmste, 
ja oft Tagereisen weit fast ausschliefsliche Product des nicht cultivirten Bodens ist, 
wird er 1 Mos. 2, 5 gleichsam als pars potior der Steppenflora allein genannt 



49 

Osten mid SvAßu komint, desto kleiner werden die Steiohaafeo, demto 
gröfiser die einxelqen Flurpiarrellen, desto freiiDdlicber oAtfirlich die 
Gegend. Paradiesisch schön ist das Land aswischeo Imtin ond 'Euak 
und stundenweit u^ den mit wilden Mandelbfinmen bedeckten Teil el 
hoz (jjjüt ^') heran, obschon da die Steinhaufen immer noeb be- 
deutend sind. Eine Stunde nordösüicb tor Bosrft verschwinden die 
Steine gleichfalls, und die Abdachung erseheint von da ab gegen Umm 
el Gemal und die Zumle hin als vollkommene, fast nnmerklieh wellige, 
sanft abfallende Ebene. Dieser Theil des Haorftn ist die etgentliche 
Kornkammer Syriens, aber bei dem jetzigen VerwakungssifSteme Sy- 
riens und dem Mangel an aokerbantrmbendcr Bevölkemng ist an eine 
Wiederbelebung der Bodencultor dort nicht zu denken. 

7) Das ganze beschriebene Terrain theilt sich in fSnf Flußgebiete. 
Die beiden ersten sind das des Wadi Gar 2 and Wadi 8&m. Es 
fallt entscfaiedea gegen Osten ab und wird da von der Hennije, dem Kr&' 
(ctjiil) und der Harra begrenzt. Das dritte Ist das Gebiet des Rdg^ii 

(Jk^M' ^^ senkt eich südöstlich gegen cBe Hdrra und den Ham&d; 
in letztern tritt der Wadi bei dem Schlosse Ezrak;, wo er den Namen 
ändert und als Wädi SirhUn (von dem dort hausenden gleichnami- 
gen Nomadenstamme so benannt) nach einem vielleicht SOstündigen 

Lauf in dasG6f ^o^!) taündet Das vierte Gebiet ist das des Wadi 

o f 

Butm (^JauiH; es dacht sich gegen SSden ab und endet im Ha- 

mäd, eine Stunde südlich von Umm el ^u^en. Nach einem langen 
Laufe, auf dem er selbst die Pilgerstrafse überschreitet, mündet dieser 
grofse Wadi in dem noch unbekannten öadir et Ter (Vögelsumpf) •). 
Das fünfte Flufsgebiet ist das des Wadi 'Akib (ww)»USt) und Wadi 

Zedi Q^O^jl\), welch letzterer aneh der Fruchtbarkeit seiner Umge- 
bungen wegen Wädi Deheb oder die Qoldaue helfst. Beide neigen 
sich zuerst südwestlich und faUen später westlich gegen die Zqmle 
hin ab, wo sich die beiden Wadi's v<^:eim'gefi. 

8) Diese östliche land südliche Abdachung des ^aarlin enthilt 
ohngefähr 300 verödete Städte und Dörfer, während es nur 14 be- 
wohnte Orte hat. Sechs derselben wurden schon vor längerer Zeit 
colonisirt, S'a]||J^a, Hit, Hejat und Geniene im NO. des Gebirgs^ Ereje 
im S. und Bosrä im SW., und. sieben wurden v&n dem unternehmen- 
den Kala'äni im Laufe der letzten zwei Jahre bevölkert, nämlich Ra- 



') Der Scheich Fendi, Oberhaupt der ^uwa^i, eines Zweiges der Beni §achr, 
versicherte mir, dafs der VSgelsumpf drei Stunden nördlich von der ^^ala'at el 
Belkft liege. 



48 

^me, Ttoft, Du»is Tftrba, Unim RuwIÜ^ Moseimef und BäBän. Man 
mufe das richtig v^ratehen; in die aundesteius 800 Hliuser zählende 
Stadt Büsan hat er s^ölf Fajaiulien gesetzt, in die Stadt Musennef viel- 
leicht aehtzehn, na^h Tema und Düna|b vielleicht Je sechszehn. — Die 
völlige Verödung jenes Landes regt die Frage an^ welches die Schattenr 
Seiten desselben wohl sein könnten? Diese sind einmal die Heu- 
sehrecken im sQdliehen TheUe desselben. Während ich dort war, frafsen 
sie die Vegetation imierhalb des Dreiecks ab, . welches die Städte Bo^ra, 

Salchat und ümm Rummäu (qU^? |»1) bilden, und in Bosr^ selbst 
wimmelte es so von diesen Thieren, dafs sie immer wie der Regen 
auf uns herabfielen. In Munedire (»jaöaJUJ?), dessen Ruinen ich gegen 
Abend besuchte, bedeckten sie die am Boden liegenden Steine so, dafs 
man die Steine selbst buchstäblich nicht sehen konnte. Denn gegen 
Abend setzten sie sich an die des Tags über von der Sonne erhitzten 
Steine an, um sich gegen die Kühle der Nacht zu schützen. Die Heu- 
schf-ecke nistet zwar nicht im Culturboden, da aber die Belk:a, hier 
so nahe ist, welche aus Wassermangel und schlechtem Boden im- 
mer Steppe war und es bleiben wird, so können die Heuschrecken 
im südlichen ^aurän nicht ausgerottet werden. Sie suchen das Land 
alle drei, vier Jahre einmal heim; mitunter kommen sie auch zwei 
Jahre hinter einander. Eine andere Plage für das Land kann der 
Regenmangel werden. Unter zwölf Erndten soll man drei rechnen 
können, die aus Regenmangel verloren gehen. Er kann doppelter Art 
sein. Entweder mangelt der Frühregen (im November und December) 
und verhindert die Aussaat, oder es mangelt der Spätregen (im März), 
in welchem Falle die Feldfrüchte die Nothreife erhalten, noch bevor 
die Aehre aus der Kapsel hervorbrechen konnte. Die dritte und 
schlimmste Plage des Landes sind die Beduinen. Zwar ist das Land 
im Rücken durch das Gebirge und im Osten durch den Wa'r der Harrä 
geschützt, aber im Norden und Süden ist es offen. Im Norden kom- 
men die Beduinen durch die oben erwähnte Strafse der Raubzüge und 
die Hermije. Wenige Tage vor meiner Ankunft hatten von dort aus 
die *Aneze die Heerden von S'uhbe geraubt. In der Nähe der Damas- 
cener Seen von den Nachbarn der Beraubten, den Einwohnern von 
S'akjb^, eingeholt, liefsen sie ihren Raub erst dann, als ihnen mehrere 
Leute und Pferde getödtet waren. Aber weit häufiger noch, weil viel 
bequemer, mufsten diese Streifereien natürlich von der Belk;a, aus ge- 
schehen, wo der Haurän in seiner ganzen Breite von der Burg Ezrak; 
im Osten bis zur Burg Zerl^ im Westen leicht zugänglich ist. Zwar 
gab es auf dieser Strecke eine Menge Bergschlösser, welche das Land 
in gewöhnlichen Zeiten dort eben so gut schützen mochten, vne im 



44 

Norden die östlich von den Seen des Merg gelegenen, jetzt Diiira (die 
Klöster) genannten drei Kastelle, welche die „Strafse der Raubzuge^ 
vollkommen beherrschten, aber bei grofsen politischen StSrmen haben 
steinerne Bollwerke noch kein Land zu retten vermocht. Bin solcher 
Sturm war für Haurän der Eroberungszug der Higäzener im Jahre 
635 christlicher Aera. Da diese unter dem Banner einer neuen Reli- 
gion kämpften und, in der Absicht nicht zurückzugehen, mit Weibern 
und Kindern und Heerden gekommen waren, so konnte man sich ihrer 
nicht erwehren, und Syrien fiel in ihre Hände. Gleich nach der Ein- 
nahme von Damaskus schickte Ihn 'Obeida ein Heer durch die Her- 
rn ije in den Osten Haurans und damals wird das Land zum gröfsten 
Theil verheert und entvölkert worden sein. Die zahlreichen christlichen 
Städte und Dörfer, welche laut der von mir in ihnen gefundenen In- 
schriften vom dritten Jahrhundert nach Christo an im Osten und Sü- 
den des Haurän blüheten, scheinen den Druck des römischen und by- 
zantinischen Regiments wenig gefühlt zu haben, ja aus der Liebe zu 
Kunstbauten und aus dem sorgsamen Fleifse, mit dem der Wa'r in die 
herrlichsten Aecker umgewandelt wurde, möchte ich schliefsen, dafs 
man sich dort Jahrhunderte lang eines hohen Grades von Autonomie 
erfreut haben müfste: um so erbitterter mufste der Widerstand des 
Volks gegen die Muselmänner sein, die ihnen zugleich mit der Reli- 
gion auch die lange genossene Freiheit nehmen wollten, um so voll- 
ständiger mufste aber auch die Verödung dieses paradiesischen Landes 
werden. Dazu kam, dafs der bei Weitem gröfste Theil der Eroberer 
nicht sefshafte (Hadarije), sondern Zeltaraber (Wabarije) waren. Ihre 
Abneigung in Städten und Dörfern zu wohnen, verbunden mit ihrem 
Verlangen nach den reichen Weideplätzen und unerschöpflichen Cister- 
nen der Ortschaften — diese Momente haben den Osten und Süden 
Haurans zur „Städte wüste" gemacht. 

Betrachten wir uns diese verödeten Ortschaften näher, so unter- 
scheiden wir vier verschiedene Arten. Die eine Art findet sich auf 
einzeln stehenden Hügeln und an Abhängen der Wadi-Ufer , und um- 
fafst nur Troglodyten -Wohnungen (Mugr, Jt^), Diese Ort- 
schaften können aus dem grauesten Alterthume stammen. Ihre Con- 
struction ist folgende: Man grub in eine Felsen wand eine circa 8 Schritte 
breite und 12 bis 16 Schritte lange Höhle, die wenig über 3 Meter 
hoch war. Der Eingang hat circa 1-J- Meter Höhe und 1| Meter Breite. 
Das war die Wohnstube der Familie. Im Innern derselben grub man 
drei andere Höhlen, von denen die eirfe für Unterbringung des Viehes, 
die andere für Aufspeicherung des Tibn (d. h. des durch den Dresch- 
schlitten zu Häckerling zerschnittenen Strohes) und die dritte für Auf- 
bewahrung der Getreidevorräthe und anderer Gegenstände bestimmt 



45 

war. Fenster haben natürlich diese H^len nicht und das Licht fällt 
nur durch die äuisere Thüre hinein. Die drei inneren Höhlen blieben 
daher immer finster. Brauchte man sehr geräumige Hohlen, z. Bw 
Stallungen für eine Menge Vieh, oder Gastzimmer, oder Räume für 
gottesdienstliche Versammlungen, so stützte man die Decke oft durch 
natürliche Pfeiler, indem man b^m Graben der Höhlen den Felsen 
säulenartig stehen liefs, oft durch künstliche, indem man grofse Quader- 
steine ohne Oement über einander stellte, oder audi durch Bogen. Die 
Eingänge in die Höhlen haben niemals Thüren gehabt. Vor der Höhle 
wurde durch einen Vorbau ein kleiner Hof gebildet, aus dem eine stei- 
nerne Thüre in's Freie führte. In den besseren Troglod3rtenstädten 
hatte dieser Vorbau noch zwei bis drei kleinere Zimmer. Die schön- 
ste Troglodyten- Ortschaft liegt auf der höchsten Spitze der *Ag^lä 

(öXfcjjÄjl), eines hohen Gebirges zwischen den Städten Umm Ruwak: 

und Musennef C'i^^^j |»t und vJuAXt). In dem Vorbau seiner Höhlen 

war ungewöhnlich viel Kunst verschwendet, und ich habe mehrere grie» 
chische Inschriften daselbst copirt. Diese Höhlen waren ein bequemer 
Uebergang vom Nomadenzelte zun> festen Wohnsitze. Alle Hügel des 
ÖBtliohen Haurän- Abhangs bestehen aus einer schwammartig von lauter 
feinen Bläschen zusammengesetzten violetten, broncefarbenen oder rothen 
vulkanischen Masse, in welche man mit einem Spitzhammer leicht eine 
Höhle brechen kann, während wiederum dieses Gestein massiv genug 
ist, um im Winter kein Regenwasser durchdringen zu lassen. Man 
versicherte mir, dafs diese Höhlen das ganze Jahr hindurch von der 
andersten Trockenheit seien, und ich selber fand in der Troglodyten- 

Stadt S'ibikke (jdijj:,^ den Beweis dafür in einer Anzahl Kawara's 

M^) 9 <^i^ '^^ voUkommen gut erhalten in einzelnen Höhlen antrafen. 
Die Kawära ist ein grofser irdener Behälter zum Aufbewahren der Ge- 
treidevorräthe. Man macht sie aus einer mit Häckerling vermischten 
Lehm- oder Thonerde und trocknet sie einfach an der Sonne. Das 
ist die eine Art von Ortschaften. Die zweite Art sind diejenigen Ort* 
Schäften, welche in der Bibel gemeint sind, wenn es heilst: und unter 
seiner Regierung wurde die Unsicherheit im Lande grols» so dais das 
Volk anfing, in Hellen zu wohnen, oder (Rieht. 6, 2): Und da der 
Midianiter Hand zu stark ward über Israel, machten die Kinder Israel 
sich Klüfte in den Gebirgen und Höhlen und Vestungen. Man hat 
dabei nicht an die vorher beschriebene Art zu denken. Sie gewährte 
keinen Schutz gegen einen starken Feind, weil dieser jene Höhlenwoh- 
nungen, die immer nur eine Familie fafsten, mit Leichtigkeit nehmen 
konnte. Diese zweite Art von Ortschaften ist so construirt: Mim trieb 



46 

an einem febigen, hocbgelegenen, trockenen Orte einen Sekadit schrftg 
in 4ie Brde und legte in einer Tiefe von beil&afig 25 Klaftern gerade 
ond 6 bis 8 Schritt breite Gaasen an, an deren Seiten die Wobnnngen 
gegraben wurden. An mehreren Stellen erweiterte man diese Gassen 
am das Doppelte oi^d brach dnrch die Decke Luftlöcher, die je nach 
der Qröfse der Ortschaft mehr oder minder zahlreich waren. Diese 
Luftlöcher heilsen gegenwärtig Rosen, im Plur. Rawasin (Fenster). Um 
für Menschen und Thiere Wasser zu haben, grub man darinnen die 
nöthigen Brunnen. Ein s<^cher Ort, der gewöhnlich so angelegt war, 
dafs er in der Mitte einer steilen Felsenwand einen zweiten Ausgang 
hatte, kann in einem Lande, das bestfindigen Ueberfällen von der Wüste 
her ausgesetzt ist, für eine starke Festung gelten. Sobald von der 
nächsten Warte (Marj^), die sich auf einer freien Anhöhe befand, 
der Wächterruf dnen feindlichen Einfall veriLÖndete, oder wie man sich 
hier ausdrückt, „sobald der Nothruf in's Land fiel^ (wak»' es sot fi'l 
biläd), eilte der Pfluger mit seinem Gespann und der Hirt mit seiner 
Heerde unter die Erde und man war in Sicherheit. War der Feind 
nicht ganz mit der Oertlichkeit bekannt, so zog er an solchen Plätzen 
vorüber, ohne ihre Existenz zu ahnen. Eine Belagerung hatte ihre 
Schwierigkeiten, da die Bewohner mit Allem versehen waren, was me 
brauchten. Massenhaft finden sich diese Ortschaften im Lande Erbed, 
wo noch viele heutigen Tags bewohnt werden, z. B. Merw (^»y«), 
dessen Scheich 'Abdeirahman, welcher während der blutigen Fehde 
zwischen den Familien SW^de und BereklLt wiederholt in besondere 
Mission in Damaskus gewesen, mir die ausführlichsten Nachrichten 
über die Einrichtung solcher Plätze gegeben hat, Wilhelm von Tyrus 
spricht in seiner Geschichte der Elreuzzüge oft von ihnen, und na- 
mentlich ist seine Beschreibung der dreiwöchentlichen Belagerung 
und endlichen Eroberung eines solchen in der Provinz „Su^te^ gele* 
genen Platzes im 2). Cap. des 22. Buches sehr interessant. Der am 
westlichen Fufse der Zumle gelegene lange und schmale Landstrich 

l^u^t (v^^jjkoJt d. h. die Gegend des Nothrofs) bat fast lauter solche 
Ortschaften, von denen viele (wie Rumta) noch auf der Znmle 
selbst zu liegen seheinen, deren Formation sich dafür vorzüglich eignet. 
Sie besteht aus abwechselnden Lagen von weifsem Thon und massiven 
Feuerstein- (Jaspis-) Platten '). Die Thonschichten haben die durcfa- 



*) Statt Zumle braucht man auch die CoUectivfonn J^^' Zumal oder 

oIcjv>J^I Ezmul Der* 4t d. h. Höhenzug von Der &t. Es ist ein 7 bis 8 Stun- 
den langes niedriges Gebirge, welches da, wo es am höchsten ist, ohngefähr eine 
8t«id« attiÜioh von Umm el Mej&din, 1000 bis 1800 Fufs hoch sein wird. Die 
0röC9te Breite kaui nicht Über fUnf Stunden betragen. Der weüae Thon, wekhar in 



47 

sebnittliehe Tiefe votti drei bis vier Spaasea und die Platten von dner 
Spanne, und diese letzteren bilden vortreffliche horizontale Decken der 
unterirdischen Wohnungen and Gassen. Auch der von Wilhelm von 
TyruB erwähnte Platz wird nach der Besehreibung anf der Znmle ge« 
sncht werden müssen. Er sagt: ^Die Arbeit der Kreuzfahrer, die, nm 
den Ort zu erobern, den Felsen durchbrechen wollten, ging trefflioh 
von Statten, denn es war ein weicher KreideMi, der nor stellenweiac 
Adern von sehr hartem Kiesel hatte, von dem die eisernen Instru- 
mente beschädigt wurden u. s. w.^ Ich besuchte das alte Edrei, die 
labyrintfaartige unterirdische Residenz des Konig» 'Og an der ost* 
liehen Seite der Zumle. Zwei vierzehn* bis sechzehnjährige Söhne 
des jetzigen Scheichs Fa^l aus dem Hause der^Mahamid (JcyoL^h 
begleiteten mich. Wir nahmen eine Schachtel Zündhölzer und zwei 
Stearinkerzen mit uns. Nachdem, wir eine Strecke in schiefer Rich- 
tung hinabgestiegen waren, kamen wir aH ein Duzend Zimmer, die 
noch gegenwärtig als Ziegenstäile und Häckselspeicher benutat werden. 
Dann verengte sich allmählich der Gang so, dais wir endlieh nur anf 
dem Bauche liegend vorwärts kriechen konnten. Diese änfserst be- 
schwerliche, ja ängstliche Procedur währte ohng^ähr acht Minuten, 
worauf wir eine mehrere Ellen hohe steile Wmid hinabspringen mnia- 
ten. Hier bemerkte ich, dafs uns der jüngere meiner zwei Begleiter 
wohl aus Furcht nicht gefolgt war; gewifs weniger aus Furcht vor dem 
Labyrinthe, als vor dem unbekanntep Europäer. Jetzt befanden wir uns 
in einer breiten Gasse, die zu beiden Seiten Wohnungen hatte, deren 
Höhe und Weite nichts zu wünschen übrig liels. Die Temperatur war 
angenehm , diö Luft geruchlos und ich fohlte keinerlei Beklemmung. 
Weiterhin kreuzten sich mehrere Gassen und mein Führer machte mich 
auf ein Rosen aufinerksam, das gleich drei andern, an die wir sp^er 
kamen, oben verstopft war. Bald darauf kamen wir an einen Markt, 
wo sich eine weite Strecke hin zahlreiche Butiken ganz nach Art der 
Dukk^ne ip den syrischen Städten zu beiden Seiten der ziemfieh brei-» 
ten Strafse in den Wänden befonden. Kacb einer Weile bogen wir 
in eine Seitengasse ein, wo ein gröfserer gaal, dessen Decke von vier 

der Zumle mit dem bunten, meist fleischfarbigen Feuerstein abwechselt, ist sehr hart 

und heifst dort Hatt&n (qLaS»-). Ich fand hin und wieder kleine längliche, ge- 
streifte GoDcbiUea darin. Burofcbardt ervthnt die Zumle einige Iffal uod danMf hin 
hat man in die Karte zu seiner Haur&nreise einen Gebirgszug unter diesem Namen 
eingetragen. Aber er ist zu klein ausgefallen und die späteren Karten bringen ihn 
gar nicht wieder. Das hatte die üble Folge, dafs man nunmehr die ^auränischen 
WÄdi's auf dem kürzesten Wege zum Jordan schickte, was durchaus unrichtig ist. 
Die Zumle gestattet den Wädi^s keinen Durchgang, sondern nöthigt »ie, bis drei 
Viertelstunden nördlich von Der&t zu fliefsen (wo die Zumle endet), bevor sie sich 
wesükh 2tiai Jordan wenden können. 



48 

Pf(nlern getragen wurde, meifie Aufmerksanikeit fessdHie. Ke Dedke 
wurde von einer einzigen grofaen, völlig ebenen Jaspisplatte gebildet, 
in der ich keinen Sprung wahrnehmen konnte. Die meisten Zimmer 
hatten keine Stutzen. Die Thüren waren oft von Quad^n anfgefi&hrt, 
und hin und wieder bemerkte ich niedrige Säulen. Noch waren wir 
nach einigen Kreuz- und Querzugen nicht in die Mitte dieser unter- 
irdischen Stadt gekommen, als meinem Begleiter das Licht verlöschte. 
Indem wir es an dem meinigen wieder anzündeten, dachte ich an die 
Möglichkeit, dafs uns beide Lichter auslöschen könnten, und ich fragte 
den Knaben, ob er die Zündhölzer habe? „Nein, mein Bruder hat 
sie.** Findest du den Weg zurück, wenn uns beide Lichter verlösch* 
ten? „Unmöglich!^ antwortete er. Jetzt fühlte ich eine Anwandlung 
von Furcht in dieser Unterwelt und ich drang auf rasche Umkehr. 
Ohne Schwierigkeit gelangten wir zum Marktplatz zurück, von wo aus 
der Junge gut Bescheid wufste. Nach einem mehr als anderthalbstün- 
digem Aufenthalte in diesem Labyrinthe begrüfste ich wieder das Tages- 
licht. Der zurückgebliebene Knabe bekam von den Alten seine Tracht 
Schl%e und ich mufste meine Kleider wechseln, weil sie von Flöhen 
wimmelten und mich dabei noch tadeln lassen, dafs ich dem Rathe der 
Jungen folgend unnöthiger Weise mit solcher Mühe zu erlangen suchte, 
was ich weit bequemer hätte haben können. Als wir Tags darauf 
Der at verliefsen, machte man uns am Abhänge des W4di Z^di auf ein 
Thor aufmerksam, welches der eigentliche Eingang zu diesen Souter- 
rains ist. Ein späterer Reisender möge aus dieser Notiz Nutzen ziehen. 
Die jetzige Stadt, welche nach ihrer Ringmauer zu schliefsen eine grofse 
Ausdehnung gehabt haben mufs, und auch jetzt wieder stark bevölkert 
ist, liegt grofsentheils unmittelbar über der alten unterirdischen, und 
ich glaube, dafs man sich bei einem verheerenden Kriege noch jetzt 
in die Letztere . zurückziehen würde. So viel über die zweite Art der 
haur&nischen Ortschaften. Von der dritten, welche förmliche ein- 
oder mehrstöckige Häuser auf der Oberfläche der Erde hat, werde ich 
später sprechen. Von der vierten Art habe ich selber nur ein Exem- 
plar zusehen Gelegenheit gehabt. Sie bildet den Uebergang zwischen 
den beiden ersten und der dritten. Auf meinem Wege von der grofsen 

Troglodytenstadt S'a*f (v^ää^) auf dem gleichnamigen Berge zur Stadt 

Melach es §arrar ( .!^t ^J^) kamen wir zu der auf einem viel- 
leicht 8 Meter hohen Felsenplateau gelegenen Ortschaft Hibikke 

(*Xa^Y Sie war ursprünglich festungsartig mit einer Ringmauer um- 

geben und ihre Häuser waren folgendermafeen construirt. Man hatte 
in das Felsenplateau Einschnitte gemacht, welche die Tiefe und Breite 



49 

eines Zimmers hatten, und diese Einschnitte mit einem soliden- steiner- 
nen Gewölbe bedeckt. Die auf diese Weise gebildeten Wohnungen 
hatten vollkommen ein keller- oder tunnelähnliches Aussehen. Einige 
derselben hatten noch einen Ueberbau, aber den meisten fehlte ein 
solcher. Die Entstehung des Ortes mufs einer frühen Vorzeit ange- 
hören, denn ich habe auf dieser ganzen Reise keinen Platz gesehen, 
dessen Baumaterial so verwittert gewesen wäre, wie das von Hibikke 
war. Vergebens sucWte ich nach schriftlichen Denkmälern und meine 
Gefährten konnten wegen der vielen Schlangen nicht bewogen werden, 
in den Gewölben herumzukriechen. Diese Thiere kannten in dieser 
menschenleeren Gegend so wenig die Furcht, dafs sie vor dem An- 
blicke des Menschen nicht flohen, und ich mufste einigemal die Pistole 
auf sie abfeuern, um sie zum Rückzug zu bewegen. 

Folgende Nachrichten gelten ausschliefslich von der dritten der 
genannten Arten von Ortschaften und sind bestimmt, von dem Gesammt- 
Charakter derselben und ihren gemeinsamen Merkmalen ein Bild zu 
geben. In der Ferne betrachtet beschäftigen diese Ortschaften Auge 
und Einbildungskraft aus mehrfachen Gründen. Einmal stechen sie 
durch die schwarze Farbe des Baumaterials auf das Schärfste gegen 
die grüne Umgebung und die helle Atmosphäre ab. Zweitens impo- 
niren sie durch die Höhe ihrer Mauern und den gedrängten Zusammen-* 
bau der Häuser, die immer ein geschlossenes Ganzes bilden. Drittens 
werden sie von starken Thürmen überragt. In gröfseren Städten wie 
Melah, Büsan, Sälä, 'Ormän u. a. geben die Menge dieser Thürme den 
Orten ein majestätisches Ansehen. Ich habe wohl keinen Ort gesehen, 
der nicht seine Thürme hatte. Viertens erscheinen sie in so gutem 
baulichen Zustande, dafs man sich unwillkürlich der Täuschung hin- 
giebt, sie müfsten bewohnt sein und man müfste Leute aus- und ein- 
gehen sehen. Obschon verödet sind ihre weiten Wasserbehälter vor 
den Thoren dennoch gefüllt und erfreuen das Auge durch das Spiel 
ihrer Wellen, denn die Nomaden, die Erben jener Länder, versäumen 
es nicht, sie im Winter zu füllen, um im wasserlosen Sommer ihre 
Heerden daraus zu tränken. Jeder Ort hat deren mehrere, und da es 
nur in den höheren Gebirgspartien Quellen giebt, so werden sie aus 
den Winterströmen gefüllt, deren Wasser, falls sie nicht in unndttel- 
barer Nähe der Orte fliefsen, ihnen durch Canäle zugeführt wird, wie 
dies bei den Städten Bosra, Umm el Kuten, Umm el Gemal und vielen 
anderen der Fall ist. Von diesen Behältern giebt es vier Arten. Der 
Match (j^JLiVi^ ist eine natürliche teichartige Niederung mit felsigem 
Grunde. Die Birke (jsSj^V) ist ein runder oder quadrater, sorgfaltig 
ausgemauerter künstlicher Teich. Die schönsten Exemplare davon hat 
Bosra und ümm el Ernten. Die erstere Stadt hat namentlich zwei 



50 



grobe in Qiladratform, die ich gemessen habe. Die Seite des einen 
Quadrats mifst 233 Schritte; bei dem andern machte mein Pferd (sie) 
160 Schritte. Die mit grofser Kunst aus mächtigen, im Rustikstjl be- 
arbeiteten Quadern aufgeführten Dammmauern sind bei dem ersteren 
Quadrate S^W Meter dick und bei dem zweiten 27V0 Meter >). Eine 

dritte Art ist der Mul:n ^_iuJt^, eine unterirdische, in massiven Fel- 
sen gehauene Cisterne mit enger Oeffnung. ^t der MuJb^n weit, so 
ruht seine Decke auf Pfeilern. Man liebte diese Art Cisternen sehr, 
weil das Wasser darinnen im Sommer frischer blieb. Die vierte Art 
ist ein künstlicher Mu^:n. Man grub eine beiläufig 15 Meter tiefe Birke, 
stellte darein eine oder mehrere Reihen Bogen, auf diese wiederum 
Bogen und deckte über die obersten steinerne Platten. Dergleichen 
finden sich häufig. Das schönste Exemplar davon sah ich in dem 

Kloster MSjas (^Ly^), dem vollendetsten Muster hauranischer Bauart. 

Tritt man der Ortschaft naher » so macht man folgende Bemer- 
kungen. Einmal erscheint die schwarze Farbe der Mauern meistens 
sehr gemildert. Nur die wenigsten Orte sind aus jener weitporigen 
schwarzen vulkanischen Masse gebaut. In der Regel ist das Bauma- 
terial ein grauer, mit schimmernden Olivintheilcben geschwängerter 
Dolerit, den man beim Graben der Birke 5 — 6 Meter unterhalb der 
Oberßäche des Bodens allenthalben in der ebeneren Abdachung des 
Gebirges findet. Nur die Hfigel sind blasige Schlackenmasse. Sodann 
wird das Auge durch die sorgfältige Bearbeitung des Baumaterials an- 
genehm überrasoht. Die Steine verbindet selten Cement, aber die schö- 
nen, meist gro£sen Quader liegen wie gegossen über einander. Bei 
den Thörmen und den höheren Gebäuden sind die Lagen oft durch 
Sehwalbensohwänze in dieser Art verbunden: 



■T^ 



-TTL 



J-L. 



JTl 



-TT- 



In 



Die Orte haben in der Regel keine Ringmauern; der Rücken der 
gesofak)esenen Häuser konnte als solche gelten. Man findet sie nur bei 
einigen gröfseren Städten. In der NuJkxa sind sie häufiger, und die 
von Der&t gewährt dadurch einen eigenthümüchen Anblick, dafs je- 



') Die Birke wird auch in der Bibel mehrfach erwfchnt, z. B. Hohesl. 7, 4: 
{)eine Augen sind wie die ßirk^'s zu Hesbdn beim Thore Batrabbtm, d. h. entweder 
60 schimmernd, wie ihr Wasserspiegel, oder so lieblich anzusehen, denn der Araber 
kennt keine höhere Wollust, als den Anblick des hellen bewegten Wassers. 



st 

der einzelne Stein einen 4 Zoll hohen griechischen Bnchstaben trfigt'). 
Diese Buchetaben sind wahrscheinlich die Marke der einzelnen Stein- 
metsen gewesen, denn sie geben in ihrer Zusammensetzung keinen Sinn, 
wie man aus folgender Probe sieht, die ich in der Reihenfolge copirt 
habe: 









M 1 B 





K 


'h 


Y 


A 


A Z 




A 


X 


B ] X 


B '1 A 1 B 


C- 


ä 


© 


<t> 



Die meisten in die Gassen oder in's Freie fahrenden ThQren der 
HSnser sind so niedrig, dafs man sie nur gebückt paasiren kann. Aber 
die grfifseren Gebäude und die Oasaenaasmündungen haben hohe Thfi- 
ren, die immer sehr sauber gearbeitet und oft mit Sculpturen und grie- 
chischen Inschriften geschmückt sind. Die beliebtesten, ja constan- 
ten Verzierungen des ganzen Landes sind Weinlaub -Gewinde mit 
Traoben in Hautrelief. Dabei machte ich die sichere Bemerkung, 
daEs, je weiter die Orte nach Osten und Süden lagen, desto steifer 
und kunstloser diese Zierrathen wurden. In 'Enäk waren sie plump. 
Diese gröfseren Tbore haben entweder mnfache oder (and meistenthells) 
Doppelthüren. Sie bestehen ans einer Steinplatte von Dolerit und 
beitsen bei den Dmsen Halase ^^^Jl»-), in der Collectivform Halas. 
Ändere Thüren giebt es entschieden nirgends. Sie sind durchweg 
sorgfaltig gearbeitet, aber meistens glatt; doch trifFt man auch nicht 
selten eine Halase mit Scnlptur in folgender Manier: 




') SpiUre Rtiswdf «erdan von der Stadtnunier der »tUn Ruidmi v<m Botan 

r geringe UoberresW vorftnden, weil sie bei stark iBDelmiender Bevaikernog 4« 



52 



c«>. 



Diesem Thore hat ein in der Stadt 'Anz (d»i\) stehendes im We- 
sentlichen als Modell gedient. Die Jahreszahl 32 wird wohl Bosrenser 
Zeitrechnung sein. Die mittleren Felder dieser steinernen Thürflügel 
sind bisweilen mit geschmackvollen Arabesken verziert, da ich aber kein 
fertiger Zeichner bin, so mufste ich leider das Schönste uncopirt lassen. 
Durchschnittlich hatte die Halase 2 Meter Höhe und ■f^\ Meter Dicke. 
Bestand die Thüre aus einem Flügel, so hatte dieser -f^-Q bis ^Vtr Meter 
Breite, bestand sie aus zwei Flügeln, so war gewöhnlich jeder ^V? Meter 
breit. Es wird leicht zu berechnen sein, wie viel sie wogen. Die bei- 
den klammerartigen Zierrathen zu beiden Seiten der Oberschwelle, wel- 
che sich fast an allen besseren Thüren befinden, auch wenn diese sonst 
keine weiteren Sculptnren haben, weifs ich nicht zu deuten. Sie sind 
gleich der übrigen Verzierung immer Hautrelief. Nur die Buchstaben 
sind vertieft eingegraben. Doch fand ich auch Inschriften mit erhabenen 
Buchstaben, z. B. in der Stadt Däma el 'Aljä über einem Portale, das 
bis auf die Unterschwelle herab mit den schönsten Weinlaubguirlanden 
in Hautrelief bedeckt war. Eine andere erhabene Inschrift copirte ich 
in Rimet el Lohf. Die Ferse der Halase hat die Form eines Kugel- 
segments und dreht sich in einer tassenformigen Vertiefung der Unter- 
schwelle. Der obere Zapfen derselben ist cylinderformig, eine gute 
Spanne lang, und dreht sich in einer gleich tiefen kreisrunden Aus- 
höhlung der Oberschwelle. Ein Mann kann dergleichen Thüren nur 
schliefsen und öffnen, wenn er sich mit dem Rücken oder den Fülsen 
gegen die Wand stemmt und dann mit beiden Händen die Thüre vor- 
wärts drückt. Von dem Erdgeschosse der Häuser gingen keine Fenster 
in's Freie, wohl aber aus dem obern Stocke. Jedes Fenster besteht 
aus einer einzigen Steinplatte in der Form eines länglichen Vierecks, 
und ist zur Erfüllung seines Zweckes durchlöchert. Der Gebrauch von 
Glas war natürlich ausgeschlossen. Obschon sämmtlich von fast glei- 
cher Gröfse, herrscht unter ihnen dennoch die gröfste Mannichfaltigkeit. 
In den gewöhnlichen Häusern und an den Thürmen sind sie einfach, 
ohngefähr in folgender Weise: 

Gewöhnlicher Mafsstab für diese Fenster: 

Höhe tVv Meter, 

Breite tVV 

Dicke des Steins tVo 

Durchmesser der runden Oeffhungen für das 
Licht T A 



' — I — I • I — I 



Ortes abgetragen und zum Häuserbau verwendet wird. Den daraus gebauten Häu- 
sern geben die griechischen Buchstaben, womit sie bedeckt sind, ein seltsames Aus- 
sehen. 



58 




In den Hfiusern d^r Reichen, in antiken Tempeln und Basiliken 
findet man viele dieser far uns so wenig praktischen Fenster, auf die 
viel Kunst verschwendet worden ist. Das erste der beiden folgenden 

ist aus der Stadt Samma (x*jIo), das zweite aus der Stadt Krßje. 

Das grofsere Fenster ist ganz durchbro- 
chen und sieht im Originale recht hübsch aus. 
Es besteht wie alles übrige Baumaterial aus 
einem feinkörnigen Dolerit, und mag* um die 
Hälfte gröfser sein, als sonst die haur&nischen 
Fenster. In der Zeichnung ist nur der An- 
schaulichkeit halber der angegebene MaaTsstab 
verlassen worden. Bei manchen Fenstern bil- 
den die Lichtlocher einen Kreis, der dann 
von einem Kranze oder von verschlungenen 
Zweigen umgeben zu sein pflegt. 

Treten wir in eine Ortschaft, so machen 
sich zunächst die engen Strafsen bemerklich 
und liefern den Beweis, dafs auch früher hier 
kein Fuhrwerk in Gebrauch war. Selbst zweirädrige Wagen konnten die 
Städte und Dörfer nicht passiren. Die Gassen sind fast nie über acht 
Schritte breit, von denen fünf auf die Trottoirs zu beiden Seiten und 
drei auf den Mittelweg für Reiter und Lastthiere kamen. Meistens 
aber sind sie noch enger. Nur in Bosr& fand ich breitere^ und die 
einzigen vollkommen breiten, mit schönen Quadern belegten und nach 
Art unseres Kunstpflasters in der Mitte erhabenen Strafsen fand ich in 

der Stadt S'uhbe (xx^^tV Sie mögen nicht viel schmäler und eine 
mag doppelt so lang sein, als die Breite -Strafse in Berlin. Die meist 
zweistöckigen Häuser sind jetzt verschlossen, indem man hinter die zu- 
gemachten steinernen Thüren einige Blöcke gelegt hat. Nach der ara- 
bischen Anschauung liegt hierin ein überaus wehmuthsvoUer Gedanke. 
Man sagt: Sie haben ihm sein Haus geschlossen, d. h. man hat ihn zu 
Grunde gerichtet. „Mein Haus steht seit dreihundert Jahren offen, 
willst du es schliefsen?^ So sagt ein Araber von guter alter Familie 
zu seinem Gegner, der ihm z. B. in einem Processe einen empfindli- 
chen Schaden zufügen wilL Ein offenes Haus aber bezeichnet ein gast- 
freies Haus. Der Besitzer eines solchen ist der angesehene und in den 
Augen des Volkes der glückselige Mann. Das gröfste Lob eines Man- 
nes ist, wenn man von ihm sag|;: Sein Haus steht offen: zehn gehen 
und zwanzig kommen. Als nun die Bewohner aus ihren Wohnsitzen 

5 



54 

wanderten, Dbteti sie noch den Bjmboli Beben Act des Thnrachliersens 
auB, Dm anzuzeigen, dafe sie minirt seien. Wir steigen daher aber die 
Trömmer eines eiiigeHtSrEteii Hauses auf das platte Dach, nm in dos 
Innere zB gelangen. Hier bemerken wir eine Menge Thüren; denn 
jedes Zinimer hatte seine Thüre für sich. Selten findet man (wie noch 
jetzt in Syrien) ein Zimmer, in ivelches man durch ein anderes ge- 
langt. Im Erdgeschosse hatten alle Thüren steinerne Flügel. Eine 
Treppe führte unbedeckt in den obem Stock. Diese Treppen sind er- 
wähoungBwertfa. Sie gleichen völlig einer Art steinerner Treppen, 
welche neuerdiDge in Europa sehr in Aufnahme kommt, deren Stufen 
nämlich mit dem einen Ende in der Mauer sitzen und mit dem andern 
in der Freie schweben. Ihr technischer Name ist, glaube ich, freitra- 
gende Treppen. Ich hielt sie immer für eine enropäische Erfindung, 
aber hier giebt es keine andern. Hin und wieder fand man in den 
Stufen Löcher eingemeifselt, z. 6. im Kloster MSjäs, was auf das frühere 
Vorhandensein eines eisernen Oeländere schliefsen läTst. Holz scheint 
von allen diesen Bauten entschieden ausgeschlossen gewesen zu 
sein. Die Treppe führt zu einem Gange, der äufserlich um den obern 
Stock herumlauft und zu den einzelnen Zimmern führt. Er besteht aus 
langen steinernen Plankeu, die ebeufallB nur mit dem einen Ende in 
der Mauer befestigt sind und sonst frei schweben. Man kann sich einer 
gewissen Aengst liehkeit nicht erwehren, wenn man die ersten Male 
über solche Gänge geht. Die eben beschriebene Partie sieht von oben 
betrachtet ohng( " 




Die Fenster im Innern der Häuser haben die Gröfse imserer Fen- 
ster und sind nur im Erdgeschosse oft mit steinernen Läden vergehen; 
im obern Stock haben sie keine, und scheinen da gleich den Thüren 
immer ofien gewesen zu sein. Die Thüren rings ilm den Hofraum und 
den steinernen Gang im obern Stock sind zugleich die Stnbentbürea, 
wie dies noch jetzt in ganz Syrien der Fall ist. So bemerkt man oft 



55 

Steinerne Wandschränke mit Fächern aus feinen Dolerittafeln , ferner 
Bänke, die an den Wänden hinlaufen und andeuten, dafs die ehemali- 
gen Bewohner dieser Ortschaften eine Lebensweise hatten, die von der 
der heutigen sefshaften Araber in Syrien verschieden war. Denn der 
Gebrauch von Bänken ist jetzt unbekannt. Man zieht es vor, auf der 
Erde zu sitzen. Auf Stühlen zu sitzen, die neuerdings durch Europäer 
und Türken (Osmanli's) stark eingeführt werden, ist ihnen etwas Wider^ 
liches. Diese Bänke bestehen aus langen, 4 Finger dicken Dolerit- 
planken, sind der Länge nach in die Wand eingefügt und stehen, ohne 
sich auf Füfse zu stützen, circa 2^ Spanne frei hervor. Desgleichen 
bemerkt man in den Zimmern schlanke, gewöhnlich einen Meter hohe, 
viereckige steinerne Leuchter, die oben keine Vertiefung haben, woraus 
man auf den Gebrauch von Kerzen schliefsen könnte. Man wird also 
wohl nur die Lampe (Siräg) gekannt haben. In el !KusSb fand ich 
eine solche Lampe noch auf dem Leuchter stehen. Sie ist von gebrann- 
tem Thon, vollkommen oval, mit Arabesken bedeckt, und gleicht beinahe 
ganz jenen antiken Lampen, die häufig auf Cypern ausgegraben wer- 
den. In den Kirchen sind diese steinernen Leuchter gewöhnlich mit 
griechischen Inschriften bedeckt und oben capitalartig ausgeschweift 
oder mit Acanthusblättern geschmückt. Am meisten aber fallen beim 
Eintritte in ein gleichviel oberes oder unteres Zimmer die beiden merk- 
würdigsten Theile der hauränischen Bauart auf, nämlich die Bogen 
und der Plafond. Um die steinerne Decke zu tragen, mufsten die 
Bogen sehr stark seih; da aber die Masse fast immer etwas Plumpes 
hat, so wufste man durch die sauberste Bearbeitung der Steine und 
den meist kühnen Schwung der Bogen eine anscheinende Leichtigkeit 
herzustellen. Tausende der schönsten Bogen sah ich so unversehrt und 
fest unter der Last ihrer gleichfalls unversehrten Decke, wie am Tage 
ihres Aufbaues. Sie werden es noch lange sein. Ohne von den Woh- 
nungen der Armen und dem mächtigen Banmateriale antiker Tempel zu 
sprechen, hatten die Bogenstoine durchschnittlich yW Meter Breite, iV^ 
Meter Höhe und -^^^ Meter Dicke. In der Kaisarije (so heifst in 
den hauränischen Städten das Palais der ehemaligen römischen oder 
byzantinischen Gouverneure) zu Kr^je sah ich zwei Bogenreihen von 
je drei Bogen, deren jeder 7j Meter Spannung hatte. Die Bogensteine 
hatten yVt Meter Breite, j%\ Meter Höhe und jW Meter Dicke. In 
der Stadt Sammet el Berdän sah ich die einzigen Bogen, deren 
Breite von zwei Steinen gebildet wurde. Sie hatten 10 Meter Span*» 
nung, was darum aufserordentlich war, weil sie zu dieser Spannung 
verhältnifsmäfsig sehr niedrig waren. Ihre Arbeit war das Schönste, 
was ich auf der ganzen Reise in dieser Art gesehen habe. Ihre eigen- 
thümliche Construction wird folgende Skizze veranschaulichen. 

5* 



58 

nnng der Seitenbogen 3f , die Hohe des HauptportalB 5, mit Einschlufs 
des Architravs 6^, seine Breite 3, mit Einschlufs der Pfosten Aj^f^ 
Höhe der Nebenportale 2-|, mit Einschlufs der Architrave 3|, ihre 
3reite 1-^^, mit Einschlufs der Pfosten 2? Meter. Die Biegung der 
Bogen vor dem Portale begann in einer Höhe von 4| Meter. 

Die obern Bogengänge der Seitenschiffe scheinen Emporen för die 
Frauen gebildet zu haben. Noch jetzt besteht hier zu Lande die Sitte, 
dafs die Frauen in den Emporen ihre Plätze haben. Diese oberen Hallen 
öffneten sich in das Mittelschiff, da die zwölf mittleren Strebepfeiler 
wieder unter sich der Länge nach durch Bogen verbunden waren, 
welche die Höhe der Bogen der unteren Seitenschiffe hatten. Das In- 
nere des Gotteshauses war ohne allen architektonischen Schmuck, nur 
die Bogenuntersetzer des Mittelschiffes hatten folgende Verzierung, die 
bis auf die darin vorkommenden Blätter, in welchen grofse Mannich- 
faltigkeit herrschte, stets dieselbe war: 




Die verschlungenen Linien in dieser Zeichnung sind eine Lieb- 
lingsarabeske in den transhauränischen Bauten und man findet sie in 
jeder Stadt. In Megdel fand ich sie statt der Blätter abwechselnd mit 
einer Arabeske und einem kleinen Vogel ausgefüllt, der mir ein Rabe 
zu sein schien '). Das Juwel der Basilika in S'akka bildet das Por- 
tal, welches durch seine grofsartige Anlage und seine reiche sorg- 
fältig ausgeführte Sculptur gegen die grofse Einfachheit im Innern 
überrasehend absticht. Gleich den Tempeln, die ich zu Musennef, 
Büslin, Bosrä. und Mismie gesehen, war die Fronte zwischen 
dem Hauptportale und den Seitenportalen mit zwei grofsen schönen 
Nischen geschmückt, deren obere Partie mit Muschelwerk verziert war 
und deren Dach zu beiden Seiten je von zwei Pilastern getragen 
wurde. Am Fufse der Pilaster befanden sich reich mit Aeanthus ge- 
schmückte Statuenuntersetzer. Zwei andere Statuenpostamente befan- 
den sich oben an beiden Seiten des Hauptportals und zwei andere 
rechts und links von den Seitenportalen. Ueber all diesen Schmuck 
breitete sich einem schattigen Baume gleich der 1| Meter hohe Aufsatz 
des Hauptportals aus. Die geschmackvolle Vertheilung des üppigen 



') Der vollständige Name dieser nicht grofsen, ehemals gut gebauten, jetzt aber 

stark verwüsteten Stadt ist Megdel Essor ( . j.xiJ! (JvX::^) «Megdel die Raths- 

stadt", weil nach der Tradition bei wichtigen Vorkommnissen das Land sich zur Be- 
rathung daselbst versammelte. 



&9 

Blätterwerkfi. macht den befnedigendsteu Eindruck. Es war das schönste 
Portal, das ich auf dieser Reise gesehen habe. Obschon ich in S'al^Ll^ 
vielleicht an zwanzig griechische Inschriften gefunden, so spricht doch 
keine von diesem Bau. lieber das weitläufige Theater, welches ab- 
gesondert von der Stadt gegen Osten liegt, läfst sich nicht viel sagen, 
da spätere Umbaue und Schutthaufen seine Anlage unkenntlich machen. 
Es ist kein Amphitheater wie die in S'uhbe und Bosra. 'Die Inschrift 
seines Portals ist fast das Einzige, was ich davon habe. 

Erwähnenswerth sind die vielen Mausoleen, welche man in 
Hauran findet. Ganz in dem eben beschriebenen Style gebaut stanmien 
sie aus derselben Zeit und von derselben Nation, auf welche alle übri- 
gen Bauwerke des Landes zurückzuführen sind. Sie stehen meistens 
etwas getl'ennt, oft auch in ziemlicher Entfernung von den Ortschaften, 
haben die Form niedriger viereckiger Thürme von 35 bis 40 Fufs Höhe 
und 10 bis 14 Schritt Breite und sind immer aus sorgfältig bear- 
beiteten Quadern aufgebaut. Uebrigens weichen sie im Aeufsern sehr 
von einander ab. Einige bieten nur vier schmucklose Wände ohne Thür 
und Fenster, z. B. in S'aJ^J^ä und am Fufse des Abu Tumes; bei 
anderen sind die vier Seiten mit Pilastern geschmückt, wie bei der 
„Dubese** in Suwedä (vgl. Burckhardt p. 153); zu anderen steigt 
man auf Treppen, die zuweilen als pyramidale Basis um das ganze 
Viereck herumlaufen, wie in Dä'il (vgl. C. Ritter's Palästina und Sy- 
rien n, 842); andere haben Thüren, die meist mit Sculpturen verziert 
sind, wie ein kleines schönes Mausoleum an der Nordwestseite von 
Rime; noch andere haben ganz die Fa9ade antiker Tempel, nämlich 
ein Portal mit Aufsatz und rechts und links Nischen mit Seitenpilastern, 
Statuenpostamente u. s. w., wie in'Arär. Im Innern haben diese Ge- 
bäude drei leere Wände, aber die vierte Wand, die, wo eine Thüre 
vorhanden ist, immer dieser gegenüber liegt, ist von unten bis hinauf 
an die Decke mit einem eigenthümlichen Fachwerk versehen, welches 
zur Aufnahme der Sarkophage bestimmt war. Das Mausoleum von 
'Arär, dessen Seiten 9 Meter breit sind, hat drei Reihen mit je sechs, 
also zusammen 18 Fächern, deren jedes 1 Meter hoch, -jYö Meter breit 
und 2-^% Meter tief ist. Gebildet wird dieses Fachwerk durch schöne 
Doleritplatten, von denen die, welche die horizontale Lage haben, die 
stärkeren sin^, weil sie die schweren steinernen Sarkophage trugen; 
sie hatten eine Dicke von | Meter, während die anderen, welche die 
perpendiculäre Lage haben, schwächer (J^V M. dick) sind. Gewöhn- 
lich haben diese Mausoleen Souterrains, die wohl aber nicht zur Auf- 
nahme von Todten bestimmt waren. Die Rebita' s der Dächer wer- 
den durch keinen Bogen geschützt, sie sind lang und reichen von 
der einen Wand zur andern. Der Bau in 'Arar hat zwar gegenwärtig 



60 

einen Bogen, aber dieser ist, wie leicht bemerkbar, nicht ursprünglicb. 
Diese Familienbegräbnisse trugen meistens eine od^r zwei griechische 
Inschriften. Das in S'al^j^a bat der^i drei ziemlich lange in metri- 
scher Form (Distichen). Bei allen, die ich sah, waren die Särge aus 
den Fächern verschwunden. Solche Särge sieht man allenthalben im 
Lande; sie dienen gemeinlich als Wassertröge bei den Brunnen, haben 
oft hübsche Verzierungen, aber selten Inschriften. Doch fand ich einen 
in Ghulchula (XJü^]Lj>) mit einer kurzen griechischen und in Bosrä 
das abgebrochene Vordertbeil eines andern mit einer nabatäischen In- 
schrift;. Der „Siknäni^ in Der'ät ist vielleicht das einzige haurä- 
nische Mausoleum, dessen Inneres noch unentweiht ist *). 

Man erwartet j dafs ich hier einige Worte über antike Tempel 
spreche, aber zweierlei hindert mich daran. Einmal habe ich auf die- 
ser Reise diejenigen Städte, in denen sich die grofsartigsten Bauten 
finden, wie Kanawät, Suw^dä, Hebrän u. A. nicht gesehen, und 
durch das königliche S'uhbe bin ich flüchtig und ohne vom Pferde zu 
steigen geritten. Eine treue Berichterstattung über haurlinische Tempel 
darf aber die Denkmäler der genannnten Städte nicht ignoriren. Viel- 
Idcht ist auch mein gesammeltes Material nicht werthlos, aber ohne 
genügende Kenntnifs der architektonischen Terminologie würde ich die 
nöthige Deutlichkeit nur durch eine Menge Z^chnungen erzielen können. 
Ich verspare mir daher die weitere Behandlung dieses Gegenstandes 
für den Druck meines Tagebuchs. Aufserdem bin ich über diese Bau- 
werke noch nicht mit mir im Ellaren. Zwar sah ich Säulen in griechisdien 
und lateinischen Ordnungen, Simse, Fortale, Nischen im römischen Ge- 
schmack, aber das Ganze ist nicht römisch. Römische Kunst hat hier 
gebaut, aber nicht als Herrin, wie mir scheint, sondern als Dienerin. 
Wir haben einen Baustyl von ausgeprägter Individualität vor uns, aber 
er ist nicht griechisch, nicht römisch, und auch nicht syrisch. Weder 
in Damaskus, noch in den Eüstenstädten, noch im cisjordanischen Pa- 



*) Der Siknäni (^^UXamJ)) steht am Rande einer grofsen „Birke", die 

aus dem Kanä^ir Fir da ^speist wurde. Eine Menge Quader, die man -an der einen 
Seitenwand herausgebrochen, beweisen, dafs man es einmal versucht hat, in das In- 
nere des Baues zu dringen. Wie dieser Versuch vereitelt worden sei, erzählt die 
locale Sage also: Vor Alters seien die'Abbftsije nach Der*ftt gekommen, um die 
Schätze zu holen, die der im Siknänl begrabene König bei sich liegen habe, als 
sie aber angefangen, das Gebäude mit schwerem Geschütz (bi '1 medäfi*) niederzu- 
werfen, sei die faustgrofse „persische Ameise** (en Nimle el Färisije) gekommen 
und habe die Frevler insgesammt getodtet. Nachdem man mir diese Geschichte er- 
zählt hatte, führte man mich zur Turbet el 'Abbäsije, einer von den übrigen 
Begräbnifsplätzen abgesopderten , in der Nähe des Siknäni liegenden Necropolis, 
die einen weiten Flächenraum einnimmt. In dieser Sage scheint sich die dunkle 
Tradition von einem tragischen Ereignisse der Vorzeit fortzupflanzen. 



61 

IfiBtina sah ich dergleichen. Die römischen Zuthaten abgerechnet, hat 
er auch keine Aehnlichkeit mit Ba'lbek. Ich weifs den Styl mit kei- 
nem anderen zu vergleichen, und nenne ihn darum den haur&ni- 
schen. Aber welches Volk sein Träger gewesen, wie er sich hier 
ausgebildet, oder hierher gekommen, diese Fragen sind noch zu beant- 
worten. Ich weifs wohl, dafs es Manchem schwer fallen wird, Barba- 
ren bei den Kunstbauten von 'Amman, Gerasa, Bosrä, Kanawät, 
S'uhbe und vielleicht selbst am Bau des Sonnentempels in Palmyra 
nicht nur participiren, sondern selbst die Hauptrolle spielen zu lassen. 
An eine Untersuchung über diesen Gegenstand knüpfen sich mehrere 
Fragen von historischer Wichtigkeit, weshalb ihr eine sorgfältige Ver- 
gleichung der römischen, byzantinischen und arabischen Geschichts- 
quellen vorangehen mufs. Den Ursprung der haoränischen Tempel 
wird man in die Zeit der römischen Herrschaft in Syrien setzen müs- 
sen. Da dieselbe jedoch von der pompejanischen Occupation an fast 
hundert Jahre lang im Osten des Landes eine fast nur nominelle und 
zu wenig unmittelbare war, als dafs in jener Zeit römische Cultar und 
Kunst dort Eingang gefunden haben könnte, andererseits aber auf 
Grund der Inschriften um das Jahr 250 das Christenthum schon 
so allgemein im Lande war, dafs von da ab nur noch Kirchen 
und Klöster erbaut wurden, so bleibt uns nur der kurze Zeitraum 
von weniger als 200 Jahren übrig, in den die Erbauung der hau- 
ranischen Tempel gesetzt werden mafs. Ein einziger Tempel möchte 
aus seleuddischer Zeit stammen; er liegt am östlichen Lofaf des Lega, 
und wird durch den Wadi Luwa von der Stadt Dekir (««^3) ge- 
trennt. Sein schönes Material ist durch die ganze Stadt versdileppt. 
Desgleichen habe ich anfänglich einen kleinen Bau am nördlichen Lohf 
des $afä für uralt gehalten, da er aber eine Inschrift trägt, die denen 
ähnelt, welche ich später in der Harra gefanden und deren Ursprung 
ich in nachchristliche Zeit zu setzen Ursache habe, so mufs ich auch 
diese Ruine, obschon nicht ohne Widerstreben, in diese spätere Zeit 
setzen. Seine rohe Einfachheit aber nöthigt uns anzunehmen, dafs 
seine Erbauung noch vor dem Eindringen römischer Kunst unter Tra- 
jan stattgefunden habe. Seine gewaltigen kohlschwarzen Quadersteine 
liegen über einander geworfen und sein ans zwei Steinen bestehendes 
Portal trug folgende Sculptur: 




[c6G0(f(? 



Der gröfsere Stein ist circa 3 Ellen lang, 1^^ Elle hoch und | Elle 
dick. Der kleinere stand vielleicht über dem gröfseren. Die mensch- 



62 

liehe Figur ist gleich den Schlangenlinien und der Inschrift einge- 
graben; die Buchstaben sind grofs, f Zoll tief und 1 Zoll breit, und 
so deutlich als wären sie von gestern. Die kleine, circa 8 Ellen in's 
Gevierte habende Ruine liegt vollkommen einsam und dicht hinter ihr 
erhebt sich die heifse Wand der träge über einander geschobenen 
schwarzen Lavawellen. Der Ort ist so schaurig, dafs ein längerer 
Aufenthalt daselbst zum Wahnsinn fahren kann. Als ich hinkam, 
ruhte auf dem an der Erde liegenden Portale eine grofse schöne 
kupferrothe Schlange, die sich langsam in die Quadersteine hinein- 
wand. 

Einmal in das Safa zurückgekehrt, schliefse ich hier einige Nach- 
richten über die „Ruine des Safä^ (Chirbet es Safa) an, die von den 
Stämmen des Wa r auch die „weifse Ruine*' (Chirbet el Bedä) genannt 
wird. Da dieses Schlofs aufser der Kirche in Enese das einzige Ge- 
bäude in der Ruhbe und deren Umgebung ist, dessen Material aus 
einem feinkörnigen, bläulichen vulkanischen Stein besteht, den eine 
tausendjährige Einwirkung von Sonne und Witterung um ein Merk- 
liches gebleicht hat, so erscheint es uns im Gegensatze zur schwarzen 
Lava, auf der es steht und aus der alle übrigen Ortschafken des Länd- 
chens aufgebaut sind, von grauer, und den Beduinen, deren Farben- 
lehre bekanntlich von der unsrigen verschieden ist, von weifser Farbe. 
Daher der Name der „weifsen Ruine". Dieses Schlofs ist eines der 
interessantesten Bauwerke Syriens. Es steht auf dem östlichen Lohf 
des Safa und sein Portal öffnet sich gegen die Ruhbe, die man hier 
in ihrer ganzen Ausdehnung überschauen kann. Obschon es mit Ba- 
stionen umgeben ist, so deutet doch die reiche Arabeskensculptur im 
Innern, wie die reiche Bildhauerarbeit am grofsartigen durch keine 
Bastionen geschützten Portale an, dafs man die Kastellform nur der 
Zierde halber gewählt hat. Auch hat es keinen Wallgraben. Man 
könnte die ungemein saubere Arbeit für römisch halten und das Schlofs 
mit der Garnison von NemUra in Verbindung bringen, um so mehr, 
als ich im Wa'r zwischen Nemära und Ruhbe die Spuren einer Römer- 
strafse beobachtet habe ; aber die schraubenförmigen Pilaster der By- 
zantiner und die unrömischen Arabesken beurkunden einen späteren 
Ursprung und die Abbildungen von vierfüfsigen Thieren und Vögeln, 
die hier als wesentlicher Bestandtheil der Ornamentalsculptur ange- 
troffen werden, bezeugen mindestens die Beimischung eines der römi- 
schen und griechischen Architektur fremden Elementes. Das Schlofs 
steht frei und bildet genau ein Quadrat, dessen Seiten 95 Schritte lang 
sind, nach folgendem Grundrisse: 



63 



QU 




Ob 



Die vier Eckbastionen sind in 
der Mitte hohl, die drei Seitenba* 
stionen dagegen tnit Mauerwerk 
ausgefüllt. Die schöne Mauer des 
Schlosses ist einen Meter dick und 
in der ersten, dritten und fünften 
Steinlage reichen die mit Cement 
verbundenen Quader immer durch 
die ganze Breite der Wand. Im 
Innern stofsen die Zimmer (a) un- 
mittelbar an die äufsere Mauer, 
aber bei der Zerstörung und dem 
späteren rohen Umbau, der auch 
tl grofsentheüswiedereingestürztist, 
wird es einige Mühe kosten, den ursprünglichen, obschon wie ich glaube 
sehr einfachen Bauplan herauszufinden. Die Zerstörung ist eine absicht- 
liche und so totale gewesen, dafs von der äufseren Mauer und den Ba* 
steien kaum über 2\ Klafter Höhe übrig geblieben ist. Eine^ Wand, 
an deren Westseite einige Zimmer standen, theilt den innem Raum des 
Gebäudes in zwei ungleiche Vierecke {b und e) und scheint das gewe- 
sen zu sein, was der heutige Bewohner der Ruhbe an seinem Zelte 
die Säha (K:>L^) nennt, nämlich die Scheidewand zwischen der Familien- 
wohnung (Gynaeceum) und dem Theile des Hauses, wo Besuche empfan- 
gen, Gäste beherbergt und die männlichen Diener untergebracht werden. 
Ein Thurm (rf), welcher an dieser Scheidewand steht, ist aus den 
Trümmern des Schlosses später aufgeführt, denn die Quader sind 
ohne Cement und ohne alle Kunst roh über einander geschlichtet, und 
eine Menge Sculpturen als gemeine Bausteine, oft sogar verkehrt ein- 
gesetzt. Das zum Innern Hofe führende Thor hatte schöne Arabesken. 
Ein im äufsern Hofe befindliches Bassin (c) ist verschüttet. Der 
ursprünglich aus einem einzigen Blocke bestehende, jetzt mehrfach 
zerbrochen am Boden liegende Architrav ist genau A\ Meter lang, 
-j^öV Meter hoch und y^V Meter tief; seine Arabesken, Blumen und 
Traubengewinde fallen sehr angenehm in's Auge und bei allem 
Reichthume seiner Zierrathen ist er doch keineswegs überladen. Seine 
untere, unmittelbar über dem drei Meter weiten Thore stehende Partie 
enthält in zwölf Kreisen Thiergestalten. Ich wollte die Darstellung 
für den Zodiacus halten, da das erste Thier zur linken Hand ein Löwe, 
das darauf folgende ein Stier ist, und das dritte dem Widder ähnelt, 
aber von da ab scheinen die Figuren mit den Bildern des Thierkreises 
wenig Gemeinsames zu haben. Der vierte Kreis enthält eine Gazelle, 
auf deren Rücken ein Vogel mit gespreizten Flügeln steht. Es soll 



64 

wohl der anbiMhe Sperber (Isbir) sein, der noch heotigent^B zor 
Ouell«ijagd abgerichtet wird. Das fünfte Tbier ist schwer zu erken- 
nen, Tielleicbt ist es ein Kameel. Das sechste bat zwei knrze gerade 
HSrner and einen Höcker auf dem Vordertbeile des Rückens; das sie- 
bente ist nicht zu erkennen, da es durch den Bruch des Architravs ge- 
litten bat-, das achte scheint ein Pferd zn sein; das nennte ist wieder 
ein Tbier, worauf ein Jagdfalke mit ausgebreiteten Plügeln sitzt; das 
zehnte iat ein Vogel mit kurzem Schnabel, dickem Leibe nnd kurzen 
Pfilsen; er hat viel Äehnlichkett mit einem KhwerfSlligen Wasservogel. 
Meinem ReisegefShrtcn Muhammed Effendi schien es der Dügän 
za sein, eine plumpe Falkenart, die noch jetzt zur Jagd verwendet wird 
nnd wegen ihrer Schwerfälligkeit, nnd weil sie nach ihrer Abrichtang 
die frühere Freiheit vergifst nnd keinen Hang zur Flucht verspürt, der 
„Esel des Jägers" (Himär es Sejäd) heilst. Das eilfte ist ein Thier 
mit einwärts gebogenen Widderbömem, auf dem eine Gazelle steht. 
Der zwölfte Kreis enthält einen Steinbock. Ueber dem Rücken der 
einzelnen Thiere laufen die -J Meter weiten Kreise in drei bis rier 
breite Blatter aus. Da mir eine genane Zeichnung des Architravs 
nicht gelungen ist, so mögen die gegebenen Notizen genngen. Um je- 
doch die Eigenthümlichkeit , ja auftiSllige Fremdartigkeit der dortigen 
Architektur einigermafsen zu veranschaulichen, gebe ich eine Probe der 
Scnlpturen, mit denen mehrere riesige in der N£he des Architrars lie- 
gende Quader bedeckt sind: 




Diese ohngefahr l Meter hohen Hautreliefs mochten zusammenge- 
stellt 5 Meier lang sein, nnd es wechselten in ihnen ein Vogel, eine 
Blame, darauf ein vierfüfsiges Tbier, eine Blume n. S. w. ab. Sie stan- 
den ohne Zweifel über dem Architrav und vollendeten den architekto- 
nischen Schmuck des Portals, Neben dem Schlosse hat man ans des- 
sen Trümmern und Scnlpturen spater ein kleines Gebfiude roh aufge- 
stellt. Ich bemerkte an ihm auf einem Steine das Bild eines Löwen 
nnd Kameels, welche beiden Thiere in dieser Znsamme nsteilnng bei 
den Arabern das Symbol des Herrschens und Gebcvcbens sind. Die- 
selbe Znsammenstellung haben wir als Stickerei auf dem berühmten 
rothseidenen Kaieermantel in Nürnberg, den die sioilianischen Mubam- 
medaner gegen das Jahr 1150 christlicher Aera ihrem Herrscher, dem 



65 

Nonnannenförsten Roger, zum Zeichen ihrer Unterwürfigkeit geschenkt 
haben. Die sehr gut gezeichneten Thiergestalten haben keine abgemn* 
deten Formen, sondern sind oben flach; dasselbe ist mit den Trauben 
und Blättern der Fall und der Gesammteindruck dieser fast mit heral- 
discher Strenge ausgeführten Ornamente gab mir das Bewufstsein, dafs 
wir es hier mit einer in ihrer Art sehr ausgebildeten, aber uns noch 
unbekannten Kunst zu thun haben. Wer mag das Schlofs erbaut haben? 
Vergebens suchte ich mit meinen Begleitern nach einer Inschrift, die 
uns hätte Auskunft geben können. Mit einigen Hebebäumen würden 
wir die bei dem Thore liegenden grofsen Quader haben umwenden 
und so vielleicht eine Inschrift; entdecken können, aber aufser den 
schwachen Zeltstangen der Beduinen giebt es in der ganzen Ruhbe 
kein Holz. Dennoch lassen sich mit einiger Bestimmtheit folgende An- 
deutungen geben: Ein mächtiger Herrscher erbaute sich das Sehlofe, 
um die Wintermonate daselbst zu residiren und dem Genüsse der in 
dieser Jahreszeit paradiesischen Ruhbe zu leben, einem Genüsse, der 
bei der Unzugänglichkeit des Ländchens durch das Gefühl der Sicher- 
heit erhöht wurde. Die das Schlois umgebende Ortschaft wurde dann 
von seinen Verwandten, Dienern und den Vornehmen des Volks be- 
wohnt Andere bewohnten die übrigen in der Nähe gelegenen Schlösser 
und Ortschaften. Im April oder Anfang Mai verliefs der Fürst mit 
den Seinigen die Ruhbe, um sich in kühlere Gegenden seineß Reiches 
zu begeben, denn, wie bereits bemerkt, kann während des Sommers 
weder Mensch noch Vieh in der Ruhbe und ihren Umgebungen exi- 
stiren. Ich fragte die gegenwärtigen Bewohner der Ruhbe, wo die 
Herren des Schlosses im Sommer gewohnt haben könnten? und man 
antwortete mir: Wo anders als da, wo wir im Sommer wohnen? Das 
wäre am östlichen Hauränabhange. Daraus würde sich folgern lassen, 
dafs das Schlofs des §afä eine Winterresidenz der Könige von Ost- 
Haurän gewesen. Wer waren diese Fürsten? Wann bestand ihr 
Reich? Zehn Tage später wurde ich beim Anblick eines 10 Minuten 
von der osthauränischen Stadt Sa'n.e (mlJ) entfernten Schlosses 
lebhaft an die weifse Ruine und ihre Erbauer erinnert. Es hatte die- 
selbe Qnadratform, dieselben kreisrunden Eckbastionen, dieselbe Manier 
des Baustils; sein dyV« Meter weites Portal befand sich gleichfalls in 
der Mitte der Ostseite des Quadrats. Obschon es mir nicht vergönnt 
war, die Sculpturen des Architravs zu sehen, der herabgestürzt und 
mit einem Berge von Quadersteinen bedeckt ist, so ei^annte ich doch 
sofort, dafs dieser Bau und die weifse Ruine von einem und demselben 
Volke herrühren müssen. Nur hatte das Schlofs von Sa'ne einen an- 
dern Zweck. Es war nicht zur ^Fantasia^, wie der Araber sagen 
würde, sondern zu Schutz und Trutz erbaut worden, und daraus er- 



66 

klären sich Abweichungen in der Anlage. Zu drei Fünftheilen wird 
es von dem tiefen und steilen Wadi Büsin umscblangen, seine Um- 
schliersnngsmauer ist 2yYö Meter dick, die Seite des Quadrats 135 
Schritte lang. und die Zwischenbasteien sind viereckig. Zwischen der 
äufsern Mauer, auf welche rechts vom Portale eine Treppe fuhrt, und 
den innern Bauten ist ein 13 Schritte breiter freier Raum gelassen, 
der jetzt rings um das Schlofs herum voll der schönsten Mandelbäume 
steht. Desgleichen ist der ganze Bau durch eine von Ost nach West 
laufende, 13 Schritt breite Strafse in zwei gleich grofse Quartiere ge- 
theilt, ein nördliches und ein sudliches, die wiederum von Nord nach 
Süd von zwei Gassen durchschnitten werden. Am Westende des süd- 
lichen Quartiers ist ein grofser freier Platz gelassen. Wie bei der 
weifsen Ruine ist auch hier die Cisterne dem durch das Portal Herein- 
kommenden zur linken Hand. Auch dieser Bau ist gewaltsam zerstört 
worden. 

Ich komme nun zu einer Errungenschaft meiner Reise, die ich für 
werthvoU halte. Es ist eine Sammlung von nahe an sechshundert 
Inschriften, von denen ohngefähr zehn unzweifelhaft altsemitische 
Charaktere haben und zu der Klasse gehören, welche man neuerdings 
nabatäische Inschriften zu nennen beliebt ; gegen zweihundertsechzig 
sind in noch unbekannten Schriftzeichen und gegen dreihundert in grie- 
chischer und lateinischer Sprache geschrieben. Von den nabatäischen 
folgen hier zwei Proben, von denen ich No. 1 über einem kleinen Fen- 
ster an der äufsem Wand der Schlofskirche in Salchat gefunden und 
dadurch copirt habe, dafs wir an ein Seil das Joch eines Pfluges ban- 
den, auf das ich mich setzte und die Wand hinaufziehen Uefs ' ). Die- 
ses Kunststück, bei dem wegen der Aufmerksamkeit der Araber nichts 
zu fürchten ist, habe ich an verschiedenen Orten ausgeführt. No. 2 
fand ich im Innern desselben Gebäudes rechts von der Thüre in einem 
dunkeln Winkel. Sie ist als gemeiner Mauerstein nahe am Fufsboden 
verkehrt in die Wand eingesetzt. Die Steine beider Inschriften sind 
gleich grofs (2 Spannen hoch, 3 Spannen breit), und von ein und der- 
selben Steinart (einer schwarzen porösen Masse). Die schattirte Stelle 
in No. 1 bezeichnet einen Schaden im Steine, der mir ursprünglich zu 
sein scheint. Von No. 2 ist ein Stück abgebrochen. 



'") Das Joch fanden wir in Salchat, weil «ich seit vier Monaten eine kleine 
Gesellschaft von muselmännischen und christlichen Colonisten daselbst niedergelassen 
uiid einen Theil der Stadtflnr mit Weizen und Gerste besäet hatte. Da ihnen aber 
die Heuschrecken alle Saaten abgefressen hatten, so schickten sie sich an, die Stadt 
^l^rieder zu verlassen.- 



67 

No. 1. No. 2. 



;;^"^i»j^'iffV*i*^pj»'tiü] I fjbs-^uy^'ta'jistiiS 






Die zweite Art meiner Inschriften fand ich im Lande Ruhbe und, 
so unglaublich es scheinen mag, in der Harra. Doch finden sich auch 
vereinzelte Spuren davon im östlichen Hauran und im Lega. Ihre 
Schreibart ist die bustrophische. In ihrem Alphabete findet man An- 
klänge bald an das griechische, bald an das alte syro - semitische und 
sehr oft an das himjaritische, ihr Inhalt aber ist bis zur Stunde noch 
vollkommen unentziffert und wartet seines Oedipus. Einige Proben mei- 
ner Copien findet der Leser auf einer lithographirten Tafel diesen Blät- 
tern beigefugt. Die sub ^I. Acltere Inschriften" gegebenen haben 
grofse und breite Charaktere und müssen, da sie zum gröfsten Theil 
stark verwittert und oft auch nicht mehr zu lesen sind, aus einer ft^hen 
Zeit herrühren. Auch spricht die Form der Buchstaben für ein höheres 
Alter. Dagegen haben die sub „II. Jüngere Inschriften" gegebenen 
meist dünne, oberflächlich und flüchtig eingegrabene Buchstaben, die 
jedoch durchweg sehr gut erhalten sind, weil sie augenscheinlich aus 
jüngerer Zeit stammen. Zwischen der Entstehung der ersten und zwei- 
ten Art mögen mehrere Jahrhunderte liegen. 

Diese Inschriften sind häufig mit flüchtigen Zeichnungen verbunden, 
wie mit dem Bude eines jagenden Reiters, einer Erauengestalt, die sich 
die Haare ausrauft, oder die von einem Reiter durchbohrt wird, eines 
Mannes, der mit erhobenem Stock ein Kameel treibt, eines gefiederten 
Pfeiles, einer Sonne von Stralilen umgeben, eines Löwen, Steinbocks, 
Käfers u. s. w. 

Alle diese Inschriften stehen auf rohen oft ft'eiliegenden, oft noch 
im Boden haftenden, unbehauenen vulkanischen Blöcken, welche die 
Zeit mit einem braunen Lack überzogen hat, und lassen sich fast im- 
mer mit Leichtigkeit lesen, weil der dunklere Ueberzug des Steines ge- 
gen den helleren Grund der Buchstaben scharf absticht. Da die Stein- 
klumpen selten eine ebene Fläche für die Schrift darboten, so mulste 
diese allen Erhebungen, Vertiefungen und Biegungen des Steins fol- 
gen, oft um zwei oder mehrere Seiten desselben herumlaufen, oft Kreise 
bilden, oft schlangenartig sich winden, oft Schnecken- (spiral-) förmig 
in sich zurücklaufen. Dadurch werden die Copien erschwert, indem 
man oft bei einer einzigen fünf, sechs verschiedene Stellungen einneh- 
men mufs, sie werden unsicher und haben, auf Papier gebracht, die 



sonderbarsten Formen. Rechnet man die bustrophische Schreibart dazu, 
so entstehen in vielen Fällen Zweifel, ob man es mit einer oder meh- 
ren Inschriften zu thun habe. Diese Momente werden bei der Flüch- 
tigkeit der Schrift selbst nach erkanntem Alphabet und Idiom die Er- 
klärung vieler Inschriften nach Copien unmöglich machen. Anders na- 
türlich ist es, wenn dann ein Kenner an Ort und Stelle lesen und co- 
piren wird. Ich habe einen solchen vielleicht 25 Pfund schweren Stein 
mit mir nach Damaskus gebracht, auf dem zwei deutliche Inschriften 
stehen. Sollten die Königl. Museen seinen Besitz wünschen, so werde 
ich ihn nach Berlin einschicken, oder bei meiner nächsten Urlaubsreise 
mitbringen. In der Harra wird man noch viele dieser Inschriften finden, 
aber es gehört ein hoher Grad von Begeisterung für die Wissenschaft 
dazu, in diesem glühenden, wasserlosen Lande tagelang von Stein zu 
Stein zu steigen und des Nachts kein freies Plätzchen zu finden, wo 
man ein Zelt aufstellen könnte. Dabei dürfte es grofse Mühe kosten, 
die Pferde und Saumthiere von einem Nachtlager zum andern zu brin- 
gen, denn inmitten der Harra ist es absolut unmöglich zu i:eiten, da 
das von den Vulkanen ausgeworfene Gestein oft in weiten Strecken so 
eng neben einander geschlichtet erscheint, dafs das Pferd nirgends im 
Stande ist, sicher aufzutreten '). Dennoch sind das Alles Dinge, die 
eine Durchforschung der Harra nicht unmöglich machen. Lust, ver- 
ständige Anordnung und Geld werden auch sie überwinden. Das Vor- 
handensein dieser Inschriften in der Harra ist ein Räthsel, da dieselbe 
niemals bewohnt gewesen ist und es niemals werden wird. Nur in 
den Wintermonaten kann der einsame Hirt aus der Ruhbe in manchen 
Theilen derselben seine Ziegen auf eine dürftige Weide führen^ die zwi- 
schen den Steinen hervorsprofst. Stammen also diese Inschriften von 
Hirten her? Haben dortige Hirten jemals zu schreiben verstanden? 
Was konnten sie an Orte schreiben, von denen sie wufsten, dass au- 
fser ihnen Niemand hinkommen würde? Wohl nur Spielereien: ihre 
eigenen Namen und höchstens Verse, Liebeslieder. Dafür würden die 
Zeichnungen weiblicher Gestalten sprechen, die immer im Naturzut- 
stande sind. Allerdings liegt dem Hirten nichts näher, als seine Ge- 



*) Mit dieser Schildeniiig steht die Ausführung meiner Reise von Kemära 
durch die Harra nach Haur&n in keinem Widerspruche. Dafs die Militairstation 
Nemära eine Communicatjon mit einem Waffenplatze haben mufste, an den sie sich 
anlehnte, versteht sich von selbst. Dieser Platz war S'akkä, das mich die Inschrif- 
ten als Colonia Romana kennen lehrten, und in welcher Stadt noch jetzt der grofs- 
artige Palast der Präfecten (el Kaisarije) steht. Eine solche Communication hat 
man dadurch hergestellt, dafs man auf der Strecke von S'bikke bis an den FoTs des 
Hauränabhanges mehrere Ellen breit die Steine beseitigte, was für einige Tausend 
Hände keine schwere Arbeit war, da diese Steine durchschnittlich nicht grofs sind. 
Gregen Süden hin erscheint aber die ]|tarra undurchdringlich. 



69 

danken auf glatte Steine zu schreiben, aber welches Grabeinstniment 
hatte er dazu? Wahrscheinlich eine Lanzenspitze, einen Dolch, den die 
Beduinen des War noch heutzutage viel tragen; namentlich unter den 
Sulüt im Legä habe ich keinen elrwachsenen Mann gesehen, der auiser 
der Muskete nicht seinen breiten krummen Dolch im Gürtel getragen 
hätte. Aber die Schrift ist in den eisenfesten Dolerit für ein solches In- 
strument immer entschieden zu tief eingegraben und die Zeichnungen 
sind durchgängig für die ungeübte Hand des Hirten zu gut gemacht 
Unter den heutigen Beduinen hat sich auTser der koranischen Legende 
keine Tradition über den Ursprung dieser Schriften erhalten, die uns 
einen rationellen Fingerzeig geben könnte. Der Koran spricht be- 
kanntlich von einem ungläubigen Volke der Vorzeit, welches Gott durch 
einen 'Steinregen von der Erde vertilgt hat. Diese Steine (Sigill) wa^ 
ren in der Glut der Hölle gehärtet und mit den Namen derer beschrie- 
ben, welche sie treffen sollten. Eine solche Darstellung genügt dem 
einfachen Volke, da durch sie das Vorhandensein der Inschriften, die 
fremdartige vulkanische Natur der Steine, und der Umstand erklärt 
wird, dafs sie nicht Felsen bilden, sondern wie vom Himmel geregnet 
in losen Klumpen die wellige * Ebene Tagereisen weit bedecken ') 

Dafs diese Inschriften in einer semitischen Sprache, ja speciell in 
einem arabischen Dialeete geschrieben, steht wohl aufser Zweifel. 
Haurän und die Trachonen waren immer die Heimath der Araber, die 
römischen und griechischen Schriftsteller nennen ihre Einwohner immer 
so und es liegt kein historisches Zeugnifs vor, dafs jene Länder von 
einer nichtarabischen Bevölkerung überflutet worden wären. Selbst die 
Syrer und ihr bekannter Dialect sind, wie man mit Sicherheit behaup- 



') Will man annehmen, dafs der Koranlegende die Thatsache wirklicher Steinfel- 
der mit Inscriptionen zu Grande liegt, so mufs man vermuthen, dafs im Hig&z auf 
ähnlichem vulkanischen Gestein ähnliche Inschriften vorkonmien, wie dergleichen viel- 
leicht auf dem vulkanischen Kayon des todten Meeres zu finden wären. In der 
Geognq»hie des Al>alfeda pag. 129 (Ausgabe von Schier ^ Dresden 1846) heifst es: 
,,In der Nähe des todten Meeres liegt das Land des Volkes, unter dem Lot (Abra- 
hams Brudersohn) lebte. Es heifst das umgestflrzte Land, ist unfähig der Gultar 
nnd erzeugt nichts Grünes. Es ist ein schwarzer Distrikt, der mit Steinen besäet 
ist, die sich unter einander an Grofse gleiehkommen. Man erzählt sich, dafs sie 
die beschriebenen Steine (el Higäre el Musawwame) seien, welche Gott auf Lots 
Landsleute regnen liefs.** Die Harra kann nicht besser definirt werden, nnd ich 
glaube such, dafs Abulfeda nur von ihr spricht. Aber es wäre auch möglich, da(ii 
er ein südlicheres Yulkangebiet beschriebe. Fänden sich aber diese Inschriften auf 
mehreren Punkten der Strafse in den Hig&z, so würden sie uns als die Spuren des 
Weges gelten können, auf dem das Volk, von dem die Inschriften der Hsrra her- 
rühren, aus dem Süden Arabiens nach Syrien gekommen. Dabei müfste man aber 
wohl annehmen, dafs dieses Volk, ehe es unter Wanderung und Niederlassung end- 
lich nach Syrien gekommen, nicht wie die Kinder Israel vierzig Jahre, sondern 
Vielleicht ein Jahrhundert iind mehr gebraucht habe. 

6 



70 

tan kamiy nienals big dahin gedrimgea. Die mUtelsyrisehen Gebirge 
waren ihre Heimat und DanuMkos mit seinen nächsten Umgebungen 
ilur GriUugebiet im Osten und Südosten. 

Ich breebe hier die Untersuchung über die Harrainschriften ab, 
tttt so den arabischen überzugehen. Diese stammen meist aus der 
Zeit 600 der arabischen Aera und finden sich in den wichtigeren Plätaen 
des afidöstiichen und südlichen Hauranabhangs, in S&lä, 'Ormän, Sal- 
chat und Bo§ra> und beweisen, dafs diese PlAtze um jene 2^ (um 
1200 nach Chr. Geb«, also wfihrend der Kreuzzüge) vorübergehend eine 
starke Bev^keruag und wie es scheint auch eine bedeutende Industrie 
gehabt haben« Denn der arabische Geogri^h Jftl^üt ei j^amawi 
beviditet yon dem Städtchen 'Enak (das er (^U^t schreibt), dais in 
ikn zu jener Zeit Teppiche (BnsO ^^^ gute Kleiderstoffe fabricirt 
worden seien. Diese Thatsache. ist £ar die Geschichte nicht ohne 
Wichtigkeit, Während es fox^tisch ist, dafs die Kreuzzüge Europa 
entvölkert haben, mufs sich da nicht unwillkürlich die Frage auf- 
dridDgen: ^und das kleine Syrien konnte diese endlosen Kampfe 
führen, ohne entvölkert ^u werden?^ Darauf giebt uns der noch 
ungedrudUe historische JEUnnan des Dinari über die Kreuzzüge, den 
ich in 26 Bänden vollstaadig besitze, die Auskunft, dafi» in jener, 
daa Abend- und M<M*genland gleich erschütternden Zeit aus Kurdistan, 
Masenderan, Chorasan und dem Turkmannenlande bis über Samarkand 
biaa«£ eine Art Völkerwanderung nach Syrien stattgefunden habe. 
Diese gleich den Kreuzzügen religiöse Bewegung hatte den Zweck, 
das heilige Land gegea die Franken zu vertheidigen. Aber sie hat 
wie die Ejreuzzuge wenige Spuren im Lande zurückgelassen. Bis auf 
einige kleine Turkmannenstämme in Golan und dem weidereichen Ka- 
netra ist diese fremde Colonisation im mittleren und südlichen Syrien 
veröcbwxinden. — In Sälä wurden die Bauten im Jahre 6^ arabischer 
Aera auf Befehl des Sultan 'Izzeddin £bek von dessen Mamluken Kei- 
mar geleitet. In Salchat finden sich eine Menge der schönsten In- 
schriften aus dem Jahre 629. Burckhardts Nachricht, dafs das Mi- 
naret der Hauptmoschee nur 200 Jahre alt sei, ist ein Irrthum. Der 
TIrarm trägt ganz denttich die Jahreszahl 630. Die Moschee selbst 
scheint eine Kirche gewesen und fränkischen Ursprungs zu sein, d^n 
die französischen Lilien finden sich nicht nur in der genannten Mo- 
scluee, sondern auch auf einem grofsen Quadersteine, der am Haupt- 
thore der Stadt liegt. Ein neben der Moschee gelegenes Gebäude hat 
einen geräomigeo Saal, der von Spitzbogen getragen wird. Diese 
Werden son9t nirgends in Haur^ gefunden und können nur von den 
Kreuzrittern herrühren. Üeber die fränkiischen Herren von Salchat 
und die Wiedereroberung dar Stadt durch die Muselmänner lesen wir 



71 

in dem oben erwähnten Buche des Dinliri ein Langes and Breites, 
das 2war im Ganzen Dichtung, aber nicht ohne historische Grundla- 
gen sein wird, wenn man auch in Europa allgemein annimmt, dafs 
Salchat niemals in die Hände der Kreuzfahrer gefallen sei. Die 
herrliche Citadelle von Bosra, in deren Souterrains, einem wahren 
Wunder der Baukunst, ich über zwei Stunden lang herumgewan- 
dert bin, wurde zwischen 550 und 650 vollständig aufgebaut. Fast 
jede Bastei hat ihre chronologische Inschrift. Ich gebe nur einige: 

„Im Namen Gottes! Bs befahl den Bau dieses Burg (*^r3 d. h. 

dieser Bastei) der gerechte König, das Schwert der Welt und des 
Glaubens, der Schild wider die Ungläubigen und Abgötterer, der 
Herr der heiligen Städte (Mekka und Medina), Besitzer von Je- 
rusalem, Syrien, Aegypten, Jemen, Chilaz (^bLi>), Ch6i und Su- 
leimanije, unser Herr Abu Bekr Ihn £jüb Chalil u. s. w. Der Bau 
wurde vollendet im Monat ^afar 610.^ x4.n einer andern Bastei heifst 
es: „Dieser Burg heifst „der begründete Sieg** (en Nasr el ma'mür) 
und er wurde gebaut in den Tagen des Königs Abu Bekr Ihn £jüb und 
seines Sohnes des Königs Isa. Der Grund wurde gelegt im Jahre 599. '^ 
Die Moschee der Citadelle, welche in den Souterrains liegt und sehens- 
werth sein soll, ist laut der Inschrift des Portals im Jahre 620 erbaut. 
Da sie gegenwärtig als Häckerlingmagazin benutzt wird und bis an 
die Decke gefüllt war, so konnte ich mir ihr Inneres nicht besehen. 
Die grofse Stadtmoschee datirt vom Jahre 618. Ihre weifsen Marmor- 
säulen (welche aus einem Stücke bestehen, 1' 75" Meter Umfang und 
— Sockel und Capitäler ungerechnet — 4' 30" Meter Höhe haben), 
sollen nach einer lebendigen Tradition der Bewohner des Orts auf ei- 
gens dazu construirtem Fuhrwerke aus den Ruinen von Geras (Gerasa) 
nach Bosra gebracht worden sein. Wäre diese Tradition wahr (und 
man wird sie kaum bezweifeln können, wenn sich die Angabe bestä- 
tigen sollte, dafs bei jenem Transporte auf dem Wege von Geras nach 
Bofra einige allzugrofse Säulen liegen geblieben seien), so würden 
mehrere griechische Inschriften, welche diese Säulen tragen, nicht auf 
Bosra, sondern auf Geras bezogen werden müssen. Ein Seitenstück 
dazu würde die grofse aus 85 Säulen und 3 Thoren bestehende Ge- 
betshalle (arab. Ruwajb;) in Der at bilden, wekhe laut Inschrift im 
Jahre 650 von Saladin's Statthalter, dem Emir Na^ireddin 'Otman Ihn 
'Ali errichtet worden ist. Nach der Tradition des Volks sollen die 
benachbarten Orte No'^me und 'Arar Säulen dazu geliefert haben, was 
bei der geschmacklosen Verbindung des verschiedenartigsten Materials 
recht gut denkbar ist. In Bosra fand ich die Baulichkeiten des ehe- 
mals so berühmten muselmännischen Wallfahrtsortes „Mebrak en NaJ|p( 

6* 



72 

(der Stelle, wo die Kameeün des Proplieten bei fleiner Beise nach Sy- 
rien Diedergekiiiet sein soll) sehr in Verftll gekommen. Das Heilig- 
thnm des weitlanfigen Grebftodes ist der M ebrak. Er befindet sich in 
einem kleinen Zimmer and besteht aas einer drca 2 BDen langen and 
etwas schmäleren Steinplatte von Dolerit, mit 6 Vertiefangen , deren 
eine vom Halse, vier von den Knien and eine vom Nabel des Thiets 
eingedrfickt worden sein soll. Vor vier Jahren hat Sa*id Pascha von 
Aegjrpten eine eingestürzte Knppel wieder aofbaaen lassen, anter der 
das Kind seines Vorgängers Abbas Paschas begraben liegt, das den 
Rawala- Arabern zar Erziehung abergeben, im Jahre 1854 in der Nahe 
von Bosra gestorben ist. Aof dem hübschen Grabsteine stehen zwei 
sinnreiche arabische Verse: 



gLr^l *e.L^ J-.JJÜ5 ULfS 



Der Tag bat sich geneigt, ich bin als Gast 
Im reichem Hause Gottes angekommen, 
Und Gäste sind ja freandlich überall 
Vom Gastfreund und mit Ehren aufgenommen. 

Kann durch den Eintritt in die Konigsburg 
Ein Fehlender Verzeihung schon erlangen, 
Wie dürfte dann nicht hoffen wer ins Haus 
Des allbarmherz'gen Gottes eingegangen? 

Darunter steht: ^Das ist das Grab Mohammed Paschas, Sohns 
des verstorbenen Abbas Paschas, Regenten von Aegjpten. Starb den 
9. pulhigge 1270^. Das Wort Regent ist mit einer feinen Schmeichelei 
durch 'Aziz Mifr, den constanten Beinamen des pharaonischen Jo- 
sephs, ausgedrückt. Für den Araber liegt die Hauptschonheit der 
beiden Verse in der Idee des Gastrechts, welches im ersten und des 
Asylrecbts, welches im zweiten Verse in Anspruch genommen wird. 
In beiden werden nach arabischer Vorstellung die Erwartungen des 
Ankömmlings niemals getäuscht. Von den Erziehern des Kindes, den 
auf ihr Asylrecbt stolzen Ruwala, und für die Grabstätte im patriar- 
chalisch gastfreien ^aur&n hätte kein passenderes Epitaphium gewählt 
werden können. 



73 

Lateinische Inschriften finden sich häufig auf den Felsblocken 
um Nemära herum, da sie aber nicht tief genug eingegraben waren, 
so sind sie gröfstentheils verwittert, nicht mehr mit Sicherheit zu lesen, 
und lassen uns über die Zeit, wo dieser Militarwachposten besetzt 
war, in Ungewifsheit. Die oberwähnte Inschrift der III. Legion ist 
absichtlich zerstört. Auch scheint es, dais auf diesen einsamen, von 
allen Annehmlichkeiten des Lebens entblolsten Posten selten Romer 
aus guter Familie versetzt worden seien, so wie wohl auch der gröfste 
Theil der hier gelegenen Legionäre aus Arabern bestanden haben wird, 
weil diese dem Klima eher trotzen konnten. Wir lesen zwar Namen 
wie Seleucus, Flavius, Hadrianus, Flavius Maunus, aber in einer grie- 
chischen Inschrift wird auch ein Araber Achü Burd (J4j^tSog BoQdov) 
als Gommandant des Platzes genannt. Lateinische Inschriften sind mir 
sonst auf meiner Reiseroute seltener vorgekommen, da sich die Rö- 
mer in diesen Ländern bekanntlich immer der griechischen Sprache 
bedient haben. Aufser den bereits bekannten in Bosra, die ich ver- 
glichen, fand ich eine in S'aJbJkiä, einer römischen Colonie, eine in der 
Stadt Imtän, eine andere in Rimet el Lohf und hin und wieder Mei- 
lensteine. Die letzteren haben gewöhnlich 1| Meter Höhe, f Meter 
Dicke und sind rund, so dafs man sie leicht für Säulenstücke hält. 
Sie enthalten die Namen des Kaisers, unter dem sie gesetzt wurden, 
mit einem epith. ornans, z. B. victoriosissimus, und darunter die Meilen- 
zahl. Der Rasif oder die Römerstraise ist in jenen Ländern 12 Schritte 
breit und durch vier Reihen aufrechtstehender Steine in drei gleich 
weite Felder getheilt. Die zwei äulseren Reihen werden von einem 
Graben begränzt, welcher, je nach dem Terrain, mehr oder weniger 
tief ist. 

Meine zahlreichsten Inschriften sind die griechischen, und da 
sie meist in Ortschaften copirt worden, in welche vor mir keine Euro- 
päer gekommen sind, so wird ihnen ein archäologischer Werth nicht 
abzusprechen sein. Es sind Ueberschriften von Tempeln, Theatern, 
Kirchen, Erlöstem, Gemeindegasthäusern (navdoxici)^ Rathshäusern (ßtj' 
[Aocioi oixoi), Privathättsem , Wasserreservoirs (lifcyac), selbst Ge- 
meindetaubenhäusern (fieQiareQBcSva) ' }. Es sind Yotivtafelp, obrigkeit- 



') Koch hentigentags hat man deren, und sie sind fUr Ortschaften, die in der 
Ntthe grofser Städte liegen, von grofsem Nutzen. Weifs man sie gegen Schlangen 
und Marder (nims) zu schützen, so giebt oft ein einziges Taubenhaus eine jährliche 
Rente von mehr als 1000 Tfaalem. Es ist ein über 80 Enen hoher, runder oder 
quadrater freistehender Thurm, el Burg ( Tauben^Burg) genannt, von Bruchsteinen 
oder Ziegeln aufgebaut. Oben ist er offen und seine innem Wände sind mit Löchern 
fttr das Nisten und mit Treppen oder Leitern versehen. Unten hat der Thurm eine 
Thttre. Gefüttert werden die Tauben niemals. Die Jxingen werden immer des 
Vormittags ausgenommen, wenn die AHen, um Futter zu suchen, ausgeflogen sind. 



74 



liehe Verordnungen, Anfeehriften von Leuditern (Xt^i'ov^foi), Grab- 
schriften u. 8. w. 

Wenn solche Inschriften auf besonderen Tafeln der Vorderseite ei- 
nes Gebäudes eingesetzt sind, so bestehen diese Tafeln immer aus Do- 
lerit und haben diese Form: 




TABOC CAAMOY 
KAI ANAMOC AAE 
AcDOC OIKOAOMH 
CAN IHN TYPAN 




Aber nicht immer fafst das Viereck die ganze Inschrift und man fin- 
det oft Buchstaben in den Henkeln, wo alsdann die Rosetten gewohn- 
lich fehlen. Oft steht ein Theil der Inschrift aufserhalb der ganzen 
Figur, namentlich das Datum, welches dann auch dem aufmerksamsten 
Copisten oft entgehen kann. 

Alle diese Inschriften stanmien aus zwei Perioden, der heidnischen 
und christlichen. Die erste Art hat einfache, leicht leserliche Charak- 
tere. Die andern tragen häufig das Symbol des Ghristenthums an sich, 
nämlich ein Kreuz von variirender Form, dem mitunter noch der Name 
Jesus oder Christus beigefugt ist, z. B. 



T T © ^ 





OYC 



Diese christlichen Inschriften haben die verschiedensten kalligraphischen 
Manieren, lasöen sich oft schwer, theilweise nur von den geübtesten 
Kennern lesen und sehen nicht selten häfslich aus. Wie die Mönche 
des Mittelalters die einfachen lateinischen Zeichen verzerrt haben, so 
thaten es diese Araber mit den griechischen. Dabei liefs sich die 
Beobachtung machen, dafs die Inschriften an Häfslichkeit zunehmen, 
je weiter man sich vom Haurängebirge nach Sfiden und Südosten bin 
entfernt. Mitunter sind die Buchstaben unter einander geworfen, 



Wo die syrische Feldtaube keine solchen Thttrme findet, nistet sie in Höhlungen 
steiler Felswände, oder in den Wftnden tiefer und weiter Brunnen, die wenig be- 
sucht werden. 



75 

gleich als.liabe man das VerstandniGs absichtlich erschweren wollen. 
In Nimre befindet sich eine Inschrift, in der die Ligaturen so über- 
trieben sindy dafs es vielleicht onihöglich sein wird, sie su entziffern. 
Dagegen besitzt die Stadt Imtän zwei Inschriften in einem Lapidarstyl 
des vierten Jahrhunderts, der sich auf dem Steine selber sehr hübsch 
ausnimmt. Die Buchstaben sind gegen vier Zoll hoch, gleiehen dicken 
senkrecht stehenden Linien, an denen die unterscheidenden Zeichen 
auf ein Minimum reducirt und kaum erkennbar oben, unten und in der 
Mitte angebracht sind. 

Die allgemeine Geschmacklosigkeit dieser spätem Inschriften ver- 
bunden mit der nachlässigsten Orthographie, bei^ der grobe Fehler und 
störende Auslassungen sehr häufig sind (so steht statt ro hqivov ^die 
Obrigkeit** in zwei Inschriften ro hvvov) sprechen für die Ansicht, daüs 
wir es hier mit einem Volke zu thun haben, bei dem die damals in 
Syrien so allgemein verbreitete griechische Sprache noch wenig Wur- 
zel geschlagen und im öffentlichen Leben noch keine Geltung erlangt 
hatte, wenn sie auch als die heilige Sprache der Kirche für Monumen- 
talinschriften im Gebrauche war. Mitunter will es sogar scheinen, als 
hätte man in den Inschriften für manche griechische Charaktere die 
entsprechenden des einheimischeji Alphabets gebraucht, oder sie nach 
ihnen umgemodelt. So finden sich in Mälikije und in der Stadt Me- 
lach ein Paar griechische Inschriften, in denen die sonderbarsten Zei- 
chen vorkommen. 

Dagegen enthalte ich mich alles DrtheUs über Inschriften von der 
Art der beiden folgenden, die ich auf S'bikket en Nemära gefun- 
den habe: 

2)y*TypcfbÄ^rt^Co;<c 
+ a 

Die oben ausgesprochene Ansicht, dafs wir uns die Urheber dieser 
griechischen Inschriften wohl als reine Araber zu denken haben, er- 
hält dadurch eine weitere Bestätigung, dais sie der damaligen Sitte, 
ihre Namen gegen griechiAche zu vertauschen, noch wenig oder gar 
nicht gehuldigt zu haben scheinen, denn die vorkommenden Bigennamen 

sind in der Regel rein arabische, z.B. Ji^i^og ßj^^ 2ix^«o^&mm, OßeiÖog^ 
Vßaidog und Vßeiog Oule, Jißovdog i>^, Jdßißog v^aa^» MaXex^^ 
(.s^U, MaitjfieQog «-«.ajm (noch jetzt gewöhnlich), *09evatog und *Odai- 



76 



b^ > 



va'&og KjQi3! (vergl. Odenathus, Nebenkaiser in Palmjra), Xaovaiavog 
^1^>^J (schwäralich) oder ^>^t (schwarz), Jivwvog q>a^» Zoßeidog 
jLu;, Saov^og ^jmjm^ ZafAaog (jm^^Jm (oder nach der Bedainenaos- 
spräche richtiger (jm^4w)| aach kann es Abkürzung sein for ^jm^m^I Juc, 
wie das vorhergehende q^j^^ statt qjJ^ 'A^, Moyitog yi^^^-ow, /^«v- 

roff \S:^y ein acht himjaritischer Eigenname, OiJisivata ^uU^t Frauen- 

name, ovvetfadfj liXjS^ ^ Deminutiv von jCa:> Hanna; ^oXefjia&rj x^JLm 

Sul^ma; Toßaia&tj^ Deminutiv von iLoi?die Gazelle, Frauenname u. s.w.') 
Dafs mit solchen arabischen auch lateinische und griechische Eigen- 
namen vermisdbt vorkommen, braucht nicht bemerkt zu werden, aber 
ich versichere, dafs man auf der ungeheueren Necropolis in Der ät, wo 
sich leicht hunderte von griechischen Grabschriften finden lassen (ich 
habe deren acht bis zwölf copirt), unter zehn Eigennamen nicht drei 
griechische antreffen dürfte. 

Für unsere Archäologen werden die griechischen Ortsnamen, welche 
ich in den Inschriften wiedergefunden habe, von besonderem Interesse 

sein. Das Stadtchen Gren (^^^J>^) ^^ Legä hat seinen griechischen 
Namen in 4 Inschriften aufbewahrt. Drei derselben beginnen mit den 
Worten ro xqivov JiyQaipijg „die Obrigkeit von Agraena^, und eine 
nennt den Ort rqaivti. Die Einwohner der bedeutenden Ortschaft 
Negran im Lega heifsen in einer Inschrift oi dno q^vXrig Mavi/qfaov, 
Gewifs war das Lega schon zur Römer- und Byzantinerzeit von Stäm- 
men bewohnt, die in den Ortschaften des Lohf Ackerbau und im In- 
nern Viehzucht trieben. Reducirt man den Stamm der Maniener in 
'Arab el MS.nf («jLLi) und weist man einem Theile derselben Wohn- 
oder Weideplätze an dem Gebirge an, welches von el Kiswe ab ge- 
gen den See von el Higane hinläuft, so wäre es möglich, dafs dieses 
Gebirge (Gebel el Mänf ) vom Stamme, oder dieser von ihm benannt 



') Formen wie Odenathus, Solematha, Tobaeatha (woftir wir Oddna, Soldma, 
Tobaea erwarten sollten) sind nicht x>hne sprachliches Interesse, da sie beweisen 
können, dafs das Volk, von dem diese Inschnften herrühren, noch einen antikeren 

Dialect des Arabischen besessen, das Final -ä noch aufser der Annexion angewendiet 

und sich vielleicht selbst der Endvocale bedient habe. — Das T in Toßa^ad^ no- 
thigt uns nicht, ein plattes oder aramäisches 7^^]^ (statt Zabja) zu statuiren, eben- 
sowenig wie uns die Form Tabea in Apostelgesch. 9, 36 dazu nöthigt. Da die 
griechische Sprache den Laut des ? (^) nicht hat, so giebt sie ihn oft durch das 
verwandte t wieder. 



77 

worden. Die obenerwähnte OrtBchoft aof der. Höhe des 'Ag^lat-6e- 
birges, zwischen den Städten el Mosennef und Umm RuwaJ^ heifst in 
den Inschriften »o)^«; 'EyXmv. Ich halte das griechische Wort für den 
Genitiv einer Fluralform 'EyXa, .die sich dem noch jetzt bei den Be- 
dninen des Wa'r gebräuchlichen 'Agela anschliefsen und Dorf des 
'Ag^la- oder 'Agl&- Gebirges bedeuten würde. Die ruinenreiche Ort- 
schaft Dur ^.^oJt) am Lega heifst JoQsa, Von der. Stadt Melah 

(sprich: hbtt) hat eine Inschriit die Genitivform MovXexov, Dagegen 

lautet das Städtchen el Mälikije MaXsj^, was auf eine antike Form 
Mäiika oder MalkH deutet. Und in der That wird der Ort nur von 
den Drusen el Mälildje, von den Beduinen des Wa r dagegen el Malk4 
(im Idiome der Wüste el Maldscha lautend) genannt '). Einige Male 



*) Did Tradition der Beduinen ist anfserordentlich tren. So nennen sie das bi- 
blische Edre i noch jetzt Edre ät ( olc ti^t ) i ^^^ ^^ Ptolemäus und Abulfeda schrei- 
ben, (nur hat Letzterer immer d ^3^ statt d /^\. Aber schon die Beni Sachr 
liefsen das Vorschhig-Elif weg, wobei sich in natürlicher Folge die Yocale verrUk- 

ken und das Wort Derftt (oIc««>^ lautet. In der Stadt selbst, in der Nukra und 

in Damascus verkürzt man den Namen weiter in Derft (Ic««^) was man oft noch 
mit unhörbarem g _ hIc,^ schreibt). Die biblische Form '9^^'7|^ statt der 
man dem Arabischen analog ri^^^^t^ erwarten sollte, hat ihre Schwierig- 

keiten. Bei den Beduinen ist '»J?*!^^!^ ( «^pl) ^® Nisbe und bedeutet den Ein- 
wohner von Edre*ftt. Bei dieser Gelegenheit mufs ich jener Ruinenstadt am west- 
liehen Legft, welche die Damascener Ezra /^ *\^ nennen, gedenken, weil sie noch 
fortwührend (trotz dei^ trefflichen Distinction in der Ritter'sch«i Geographie) mit 
£dre*i verwechselt wird. Der Ort heifst bei den Beduinen Zora* ^ c . « ^ und diese 

Aussprache stimmt mit der in den Inschriften überUeferten Form völlig Überein. 
Wollten also die Geographen auf meinen Vorschlag diesen Ort künftig Zora' und 
den ersteren Edre'ftt (oder Der ftt) schreiben, so würden jene Confusionen nicht 
mehr möglich sein. Nicht weniger instructiv erschien mir die Form, die der Orts- 
name Kanawät bei den Beduinen hat. Mit Recht behaupten die Archäologen, dafs 
diese Stadt dem biblischen ^enftt (4 Mos. 82, 42) entspricht. Die Etymologie allein 
ist bei dieser Annahme nicht bestimmend, denn die Ortschaft Kenäje in der Nukra 
läge fast noch passender. Der Gleichklang der Endungen will auch nichts sagen, 
denn Kanawftt ist eine Pluralform, was Kenät nicht sein kann, man müfste denn 
(abgesehen von sprachlichen Schwierigkeiten) hier einen Arabismus constatiren. Aber 
das biblische Idiom liebt die Sibolets eben nicht, wenn auch ihr Vorkommen zuge- 
geben werden mufs. ^enät ist also für eine mit Hamftt (die Stadt Hamä, 4. Mos. 
13,22) gleiche Form zu halten, contrahirt aus Kenawa (royp) oder Kenawet 

D'^yp) S^u^ ^^ Hamät, dessen volle Schreibart im Aj»bischen {nt<!Q)l) ^^^ 



78 

fanden Bich zerbrochene Inschriften, auf denen nur noch einige Bvch* 
Stäben vom griechischen Ortsnamen erhalten waren, wie in der Stadt 
Ijün'), wo die Schrift hinter TtoXsmg Bo... abgebrochen war. Ebenso 
in Rima am südlichen Ix^f des Legä, wo die Inschrift hinter KafAtj 
teiv Tnoy. . . endete. Uebrigens findet sich von diesem Orte auch noch 
der griechische Name Pifjiea, denn es ist nicht ungewöhnlich, dais haa- 
ranische Städte doppelte Namen haben, den einheimischen und den 
griechischen. Dafs die osthauranische Stadt 'Ormän {rj^j^) nachdem 

Namen ihres Bestitutors, des Kaisers Philippus Arabs, auch Philippo- 
polis heifst, ist bekannt, auch für die Stadt Imtan, die den Beinamen 

der „Ziehbrunnenreichen** (oL^jJt) hat'), habe ich in den Inschriften 



dritten Radical andeutet und dessen Nisbe Hamawi (Einwohner von Ham&t) diesen 
dritten Radical selber bringt. Die jetzigen Beduinen nennen die Stadt nur Ka- 
nawa, niemals Kanawät, erkennen also in ihm keine Pluralform an, die mit 
ihrer arabischien Bedeutung („Wasserleitungen**) bei einer Zusammenstellung des 
Worts mit dem biblischen Kenät („sicheres Besitzthum**) sehr störend war. Dafs 
sich aber aus niDp (noch jetzt im Arabischen „das sichere Besitzthum" bedeutend) 

im Hebräischen fast naturgemäfs f^jjp bildet, weifs jeder biblische Philolog. — Die 

treue Üeberlieferung der Beduinen wird der Arch&ologie im Sprachlichen wie im 
Sachlichen noch manche Dienste leisten. 

') In der Bibel wird einige Mal Ijon als nordpalästinische Stadt erwähnt. 
Sollte bei einer dieser Stellen an unsere Stadt gedacht werden können, so milTste 
man dem Worte, statt ihm eine hebräische Etymologie („Trümmer") zu geben, wohl 
seine arabische Bedeutung („Quellen") lassen. Zahllos quellen die BrUnnlein um die 
ganze Stadt herum und trotz der Tausende von weidenden Kameelen der Sii^an- 
Araber wateten wir bis an die Ejiiee im Grase der den Ort weithin umgebenden 
Wiesen. 

*) Die Brunnen liegen auf einer wadi- artigen Vertiefung des Terrains, durch 
welches die Stadt in zwei Tfaeile getheilt wird* Die Seile der Eimer haben in die 
steinernen Ränder der Brunnen tiefe Rinnen geschnitten, so dafs man sich dem 
Wahne ttberläfst, -als mllTsten die Brunnen noch jetzt im Gebrauche sein, und doch 
ist die Stadt wohl seit 1200 Jahren Ruine. Hierbei mag erwähnt werden, dafs es 
die Araber lieben, ihren Städten glänzende Beinamen zu geben. Die in diesen Blät- 
tern beschriebene Stadt Melah hat den Beinamen e» Sarrär „die Tönende", weil, 
wenn die grofse Halase des Stadtthors früh geöffnet und Abends geschlossen wurde, 
nach der Tradition*der Beduinen die trompetenartigen Töne der steinernen Thüran- 
geln in dem vier Stunden entfernten Bergschlosse Der en Nasräni gehört worden 
sind. War dies der Fall, so mufs mau mir nicht das rechte gezeigt haben, denn 
das, welches ich mit Hilfe zweier meiner Begleiter ohne grofse Anstrengung bewegt 
habe, knarrte zwar in scharfen, beim Oeffhen und Schliefsen verschiedenen Tonen, 
aber man wird diese Töne höchstens bis zur Entfernung einer halben Stunde gehört 
haben. Die Stadt Samma hat den Beinamen el Berdän, nach Anderen el Baradän. 
Die Stadt Megdel hat den Zusatz es S'ör, der schon oben erklärt wurde. 
Wahrscheinlich würde man mir von anderen wichtigeren Plätzen meiner Reiseroute 
soldie Beinamen genannt haben, wenn ich darnach gefragt hätte, denn alle gröfse- 
ren Städte Arabiens haben sie. So heifst Mekka el MuserrSfe „die Geadelte", weil 
das Gotteshaus <die Kabe) daselbst steht; Medina heifst el Munawware „die Licht- 
strahlende", weil in ihr das Grab des Propheten ist; el Kudus (Jerusalem) heifst 



79 

zwdi Benennmigeii gefonden, nSmlich M4^&v und Jiya&üinoXtg. Im er- 
sten finden wir mit einer geringen Veränderung den einheimischen 
wieder, der gleichzeitig mit dem griechischen Namen existirend, gewifs 
auch vor demselben vorhanden war, so wie er ihn auch überlebt hat. 
Es hegi die Yermuthung sehr nahe, dafs Agathopolis nur eine Ueber- 
setzung vonimtan ist. Aber dieses (irTON) bedeutet in allen semitischen 
Dialecten eine starke, feste Stadt, welche Bedeutung jenes nicht hat; 
aya&og müfste denn in dem späteren Idiome auch tüchtig, stark 
bedeutet haben. Einen Beweis übrigens, dafs man gerne einheimische 

Ortsnamen übersetzt hat, liefert die Stadt el Mismie (;\A4w«Ji ) im 

Lega, die gröfste Ortschaft in der ganzen mittelsyrischen Vulkanregion, 
Bosra nicht ausgeschlossen. Schon Burckhardt fand sie in den In- 
schriften xcafi)/ T^v Q^aivriaitov genannt, und ich habe noch ein Paar 
andere dazu gefunden. Die Benennung Phaene scheint mir aber nur 
die üebersetzung von el Mismie zu sein, was die berühmte, einen glän- 
zenden Namen habende Stadt bedeutet. Ein durch seine Vorzüge An- 
dere überragender Mann ist noch jetzt in Damaskus Mismi, und eine 
durch Schönheit berühmte Frau heifst Mismie. 



es S'erif „die Edle**, weil es der Wohnsitz so vieler Propheten war; Misr (die Haupt- 
stadt Aegyptens) hat den Beinamen el Kähira „die Unterjochende** (woraus unser 

Cairo gebildet worden); Bagdad heifst Z6rä ^it^jfj „die Auenreiche**; Hille heifst 

Fö^iÄ fiL^Ain »die Duftende**; M6snl hat den Beinamen Hadbft ( iL^X^H r*^^^ 
Gebogene**, weil sich die Stadt über einen Bergrücken hinzieht; Haleb wird S'ahba 

fiLiA/iJn genannt. Die üebersetzung dieses Wortes hat seine Schwierigkeit. Die Lö- 
win heifst S'ahbä „die Fahle**, der Wein ist S'ahbä, wenn er eine gelbliche Farbe hat, 
und Haleb würde von dem weifsgelben Aussehen seiner Stadt oder seines berühmten 
Castells „Scheich Jebrak** also benannt sein. Nach den Poeten hiefse die St^dt 
„S'ahba'^ von S'uhub; was bei uns prosaische Sternschnuppen, bei den Muselmännern 
aber Flammengeschosse sind, welche die Lichtgeister allnächtlich auf die himmel- 
stürmenden Dämonen schleudern, und die Stadt würde „die Donnerkeilführende** we- 
gen der Tapferkeit ihrer ^Bürger genannt; Hamä heifst el Me^ije „die Gottbe- 
schützte** und ^oms (Emesa) el *Adlje ( xTcX*]!) »die Kühlunghauchende**, insofern 

die Stadt bei ihrer günstigen, gegen Westen hin offenen Lage immer Seeluft hat. 
Der stolze Damascener aber nennt seine Stadt: Kinänet Allah „den Köcher Gottes**, 
d. h. den Ort, aus dem Gott seine Geschosse zum Verderben der Ungläubigen ent- 
sendet. Von hier aus wurden unter Saladin und Bibars die Kreuzfahrer aus Jeru- 
salem und Syrien vertneben, in den hiesigen Schulen wurden fortwährend die Ge- 
lehrten gebildet, welche dureh Wort und Schrift den Unglauben siegreich bekämpft 
haben. In diesem Sinne sagt man auch: es S'äm Knbbet el Islam „Damascus ist 
die Kuppel des Islam**, d. h. Vollendung und Schmuck des geistigen Doms der Re- 
ligion. Wogegen sich das junge Volk, wenn es einmal bei seinen nächtlichen Or- 
gien in den Gärten von der Polizei ertappt wird, damit entschuldigt, dafs Damask 
«der Wohnsitz der Liebe** sei: Dimisk dar el 'X»k. 



82 

Einer Beantwortung der Frage, in wie weit dieseB Land zun Brb* 
theile der Kinder Israel gehört habe, müssen wir einige Bemerinm- 
gen über den Umfang des nordlichen Amoriterreichs (Basan) voran- 
schicken, dessen Eroberung Moses letzte grofse Tfaat war. Es erstreckte 
sich nördlich bis an den Hermon (5. Mos. 3,8.), umfafste Gol«n 
(Cap. 4, 43.), alle Städte der Ebene (Cap. 3, 10.), d. h. der Hau- 
ranebene von der Südgränze Gedür's an bis hinab zur Zev\jk, ferner 
Kenath (Cap. 4, 42.), jetzt Kanaw&t, folglich auch den westlichen 
Abhang des Haurangebirges, und das Land bis gen Salcha (Cap. 
3, 10.), bis zum heutigen Salchat, idso die ganze südliche Abdachung 
des Gebirges, desgleichen die sechzig Flecken Jairs (Jos. 13, 
30; vergl. mit l.Kön. 4, 13.) oder das Land Argob bis an die 
Gränze von Gesüri und Maachati (5. Mos. 3, 14.). Diese meist 
in Verbindung mit dem nördlichen Gilead (Jos. 13, 11; vergl. mit 
1. Chrcwi. 2, 23), dem heutigen 'Aglün, oder der Stadt Abu am S'e- 
ri'at el Mandür (1. Mön. 15, 20.) erwähnten Länder können nur in 
der Nähe der Ostseite des Sees Genezaret gesucht werden. Argob 
wird das Land sein zwischen dem Jordan und der Zumle; Maachati 
das spätere Hippene bis in die Nähe des „Rofshügels^ (Teil el Faras) 
und Gesür das heutige Kanetra mit dem anliegenden Theile Goläns 
bis an den Fufs des Hermon *). Auf die Aehnlichkeit des Wortes Ar- 
gob mit den Ruinen von Rägib im District -el Küra, desgleichen dar- 
auf, dafs Gesür und Kanetra dasselbe („Brücke^) bedeuten könnten, 
lege ich bei dieser Bestimmung wenig oder kein Gewicht. Vielleicht 
bedeutet Gesür nicht sowohl „Brücke", als vielmehr (der arabischen 
CollectivformGsür-^.j.(wu:> — entsprechender) „ Brfickenland", wegen 

der häufigen Ueberbrückungen der dortigen zahlreichen Wildbäche mit 
hohen Ufern, 

Nach Allem, was wir somit von Haurän an Basan überlassen 
mufsten, bleiben uns von diesem nur noch die höch'sten Gebirgs-. 
parthien und der ganze östliche Abhang übrig. Die Trachonen 
kommen hier gewifs nicht in Betracht. Der östliche hat, wie aus die- 
sem Berichte ersichtlich, nichts Anziehendes für ein eroberndes Volk, 



') Bekanntlich hatten die Stämme Raben, 6ad und halb Manasse ihrer gro- 
fsen (Kameel-) Heerden wegen die weidereichen Ostjordanlande zum Wohnuiitze ver- 
langt. Der wasser- und weidereichste Theil aber nicht nur Peraeas, sondern von 
ganz Syrien sind die Provinzen von Kan^t^'^ ^i^^ Golän, weshalb auch dort die 
heutigen Nomaden (von denen die Wanderstänmie allein weit über 300,000 Kamcele 
sechs Monate im Jahre dort weiden, während nach dem Steuerkataster der dama»- 
cenischen Regierung noch andere 42 Beduinenstänome das ganze Jahr daselbst noma- 
disiren) alle ackerbautreibende Bevölkerung seit langen Jahrhunderten vertriebea ha- 
ben. Daher liegen die zwei Hauptstädte Kanefra und QoUkn mit aUflit ihran Ort- 
schaften in Trümmern. 



83 

tiitd tfoses wird ilin, selbst wenn er ein Theil von Basan gewesen, 
gewiJGs unangetastet gelassen haben. Dasselbe scheint auch vom west- 
lieh^Ei Trachon (dem Lega) zu gelten. Für ein heerdenreiches Volk, 
das fippige Weiden braucht, wäre die Eroberung eines wasserlosen, 
im Qanzen wenig fruchtbaren Lavaplateau's, das noch dazu von dem 
Mittelpunkte des neu zu gründenden Staates sehr entfernt war, eine 
wenig erspriefsliche Unternehmung gewesen, die übrigens bei der Ljßich- 
tigkeit, mit der sich das Lega selbst gegen den stärksten Feind ver- 
eidigen läfst, eine grofsere Eraftanstrengung gekostet haben würde, 
als die Eroberung der „Ebene^ von Basan, welche die Israeliten ge- 
wifs beim ersten Andränge überflutet und durbh den Sieg bei Edrei 
dauernd in Besitz genommen haben. Ibrahim Pascha, dessen Heere 
Stambul zittern machten, bestürmte das nur von 5000 Männern ver- 
theidigte Lega im Jahre 1838 neun Monate lang mit seiner ganzen 
Macht, opferte über 20,000 reguläre Truppen und kam nicht in seineu 
Besitz. Dasselbe war im Jahre 1850 der Fall, wo Muhammed Eu- 
prusli Pascha mit dem ganzen Armeecorps von Arabistan vergebens 
da« Legä bestürmte. Die Ansicht derjenigen biblischen Archäologen, 
welche das Lega für das basanitische Arg ob halten, empfiehlt sich 
nach meiner Ansicht aujfeercMrdentlich wenig. Was endlich den öst- 
lichen Hauran betrifft, so giebt uns die Bibel nicht nur keinerlei 
Andeutung, dafs er zugleich mit Basan erobert worden, sie nötbigt 
uns sogar durch die Gränzbestimmung von Salcha (5. Mos. 3, 10. 
Jes. 13, 11) zur Annahme, er habe nicht zu Basan gehört und sei von 
der mosaischen Invasion verschont geblieben. Und dafs sich der jü* 
dische Staat auch später im Nordosten nicht dauernd erweitert habe, 
ist bekannt, wenn auch 1. Chron. 6, 14 die salchater Gränze nicht 
wiederholt erwähnt würde. 

Zwar hat der um die syrische Geographie sehr verdiente Herr 
J. L. Porter, Mitglied der en^ischen Presbyterianermission in Damas- 
eus in einigen Abhandlungen die Behauptung aufgestellt, dafs das 
Land I^tanaea (der aus emer aramäischen, oder vielmehr arabiachen 
Form des Wortes Basan entstandene spätere griechische Name dieses 
Landes) im östlichen Hauranabhange liege, aber ich furchte, dafs 
meinem gelehrten Freunde die Beweisführung nicht gelungen ist, die 
sich hauptsächlich auf folgende zwei Punkte stützt. Erstens werde 
der östliche Hauran noch gegenwärtig von seiner Bevölkerung Bete- 

n!je (>LUaj) genannt; zweitens finde sich noch jetzt daselbst eine 

Ruinenortschaft Betenije. Es läfst sich nicht läugnen, die beiden Be- 
weise scheinen sehr positiver Natur und einladend genug zu sein, dar- 
auf weiter zu bauen. Auch fand die neue These bald Anhänger und 



81 

die Karten von Syrien haben sich beeilt, sie zu adoptiren, ^mewohl 
mancherlei Umstfifide zur Behntsamkeit hfitten mahnen können. Bin- 
mal wufete man noch wenig vom östlichen HaurUn, und ich gestehe, 
es kam mir recht wunderlich vor, als ich zum ersten Male airf den 
Karten den Namen Batanaea mit Unzialschrift in der östlichen Leere 
schwimmen sah. Sodann war die Lage Basans im Westen des Oe- 
birgs niemals zweifelhaft gewesen und wenn auch die spätere Tetrar- 
chie Batanaea nur ein Theil des alten Reicher war, so konnte doch 
'dieser Theil nicht aufserhalb des Ganzen liegen, denn die SaK 
chater Gränzbestimmung deutet an, dafs der östliche Haurän nicht zu 
Basan gehört habe. Aber auch angenommen, er habe dazu gehört, 
so blieb es doch immer gewagt, eine Provinz, in der sich der alte 
Reichsname erhalten hat, in den entlegensten WiilkeP) zu versetzen, 
statt sie weit naturlicher im Mittelpunkte des Reichs zu suchen. End- 
lich hatte Basan seinen Namen nicht von einer Stadt erhalten, denn 
seine beiden in der Bibel oft genannten Hauptstädte waren Astarot 
und Edrei; wenn sich also neuerdings eine Ortschaft Betenije mit 
gleichnamiger Umgegend geftinden hätte, so dürfte man nur annehmen, 
dafs die vielleicht nicht einmal antike Ortschaft ihrer Umgegend den 
Namen gegeben habe, aber man war keineswegs berechtigt, den Ur- 
sprung des Namens Basan auf eine der Bibel unbekannte, oder den 
des Namens Batanaea auf eine den späteren Autoren unbekannte Ort- 
schaft zurückzuführen. 

Nach Carl Ritter (Erdkunde von Palästina und Syrien 11, 940) 
war Eli Smith*) der Erste, welcher von einem Lande Betenije im 
Osten des Gebirges gehört hatte; „nur sei er ungewifs geblieben, ob 
sich dieser Name südlich bis Salchat erstrecke.^ 

Ich war recht begierig, über die Sache ins Reine zu kommen. Die 
Ruinen der neuentdeckten Batanaea machen sich auf den Karten so 
breit, und können wohl Jemanden auf seltsame Gedanken bringen« 
Vielleicht waren sie am Ende gar die Ruinen von Astarot, das bekannt- 
lich verloren gegangen und zeither vergebens im See von Mezenb, unter 
den Schafhürden von Teil Estere und Gott weifs wo sonst noch ge- 
sucht worden ist ^). Das wäre ein Capitalftind gewesen. Noch am 



^) Der Rainenort Betenije steht in den nach Poiters Angabe construirten Kar- 
ten östlich vom Leg&. 

^) Der gelehrte Dr. theol, Eli Smith, Vorstand der nnirten anglo- amerikani- 
schen Mission für Syrien, starb im Jahre 1857 in Beirut. 

^) Unter allen, die Astardt nach Angabe des Eusebins 6 Millien von DerAt 
entfernt suchten, hatte Seetzen wohl den besten Gedanken gehabt. In der Krase'- 
schen Ausgabe seiner Reisen, Bd. I, 884 heifst es: „Og wohnte zu Edrei und Astardt 
(Turra?).** In solcher Form glebt Seetzen hin und wieder interessante Andeuta&geii. 



85 

Abende meiner Ankunft ans d^r Bnhbe in Tömä wandte ich mich an 
eine Anzahl M&nner, die ans zu begröTsen ins Oastzimmer des Scheichs 
gekommen waren, mit der Frage: ,,Eaer Land heifst Betenije?^ Nein, 
antworteten sie, T^mä gehört schon zu Hauran; die Ard el Betenije 
liegt nordlich von uns und S'akk:^, Hit und Hejat gehören zu ihr. 
^Sind die Ruinen der Stadt Betenije grofsartig?^ fragte ich weiter, 
erhielt aber keine Antwort 3 die Leute hatten mich nicht verstanden. 
Da bezeichnete ich ihnen nach den Karten genau die Lage dieser Rui- 
nen und erhielt nur folgende Auskunft: Es liege dort keine Ortschaft 
Betenije, sondern nur die Mezra'a (Bezeichnung für ein kleines Dörf- 

chen) Btene (heutige Aussprache der Form KJuJo Buteine). Ruinen 
gäbe es daselbst nicht. Diese Auskunft stimmte meine Erwartungen 
bedeutend herab. Während ich von Tema aus den östlichen Hauran 
nach dem Süden hin durchzog, erkundigte ich mich sorgfältig bei den 
Einwohnern der Städte Umm Ruwä^, Musennef und Busan, ganz be- 
sonders aber bei den Jahrhunderte lang dort ansäfsigen Gebirgsbedul- 
nen (Ahl el Gebel), die niemals die Gegend verlassen, und erfuhr mit 
gröfster Bestimmtheit, dafs das ganze Land vom Gipfel des Gebirges 
bis zur Harra, und von Tema bis Umm el Ku|;en nur Hauran 
heifse, und der Name Ard (Landstrich) el Betenije sich auf die Um- 
gegend von Btene beschränke. Einige zwanzig Tage später kam ich 
selber nach Ard el Betenije und in der Wohnung meines Freundes 
Abbäs el I^l'ani wurden seine Gränzen vor mindestens 30 Männern 
aus S'aküb^ä und der Umgegend bestimmt, nämlich : Im Osten die Her- 
mije und im Westen der Wädi Luwa, doch wurden die Dörfer des 
Lohf sammt ihren Fluren östlich vom Luwa nicht zu Betenije 
gerechnet *). Seine Länge entspricht der des unterhalb Tafchä begin- 
nenden und südwestlich von Teil el Asfar endenden Luwacanals. Die 
Orte Nimre, Tafcha und S'uhbe wurden schon zu Hauran gerechnet. 
Sonach würde Ard el Betenije ein Landstrich von circa sechs Stunden 



Vor 4 Jahren war der alte F&4I el Maljiämid, Scheich in Derät, längere Zeit in 
Damascns, um die Ortschaft Chirbet el Gazäle wieder zu erlangen, die früher dem 
Hause Ma^ftmfd gehört hatte, aber ihm von der in der Nukra mächtigen Familie 
el ^ariri entriBsen worden war. Zugleich suchte er einen Theilnehmer zum Wieder- 
aufbau von Turra, kam deshalb öfter zu mir, und versicherte immer, dafs Turra 
der wichtigste Punkt in der ganzen Nukra sei. Als ich auf dieser Reise nach 
Derat kam, fand ich es in grofser Bewegung und seine Aeltesten (Ichtiaifje) in 
permanenter Versammlung, weil man eben zwei neue Colonien gegründet hatte, 
Na'eme 1\ Stunde südöstlich und Turra circa 2 Stunden nordwestlich von Der ät 
Ich kam nicht nach Turra, glaube aber, dafs die „Wichtigkeit** des Platzes in sei- 
nem trefflichen Boden und seiner geschützteren Lage bestehe. 

') Der Wädi Luwä hat seinen Namen von lawä „umschlingen**, weil er das 
Legä im Osten und zum Theil auch im Norden umschlingt (jelwi *alä Lo^f el 
Legä). 

7 



80 

Liege and vidldeht svel Stnndeii Bmie (mi Nind«ii weniger) smul 
Daie er seiieiii NaoBaea ven ^ne het^ aekttiat kaum a^eifelk^ bq 
aeiB. Aufth kann spraehlich die G>egend von Btene mcbft anders- 

als Ard el Betende (xaJuujT statt des antike» KaaaJ^) heifsen, wie auch 

dieLUngegendi von Medin» nur Ar^ el Medenye heUsen kann. Das Eine 
ist nnr d^bei störend, dafs der Ort so- kleu ist, der einem g^öfeereu 
Striche den Namen gegeben. Ichi oiacbte dies der Yersammiong in 
S'ßü^ begreiflich, und. eqpcaeh die Yermotbuxig aus, der Ort oaöehte 
eiiist wohl giöfser gewesen sein. Aber die Leate erwiderten treflCend, 
dafs zwei Dinge von der ehemaligen Gröfse einer hanranischen Ort- 
schaft Zeugnifs ablegten: Ruinen und Qsternen (Birke 's). Ruinen 
gäbe es in B|ene nicht und die Cisternen seien nur zwei kunstlose 
elende Locher. Dennoch besuchte ich den Ort selber. Er liegt eine 
halbe Stunde öistlich von Hejät, am nördlichen Fufse zweier Hügel von 
schönen ovalen Formen. Es hat f6 bis 20. unbedeutende steinerne 
Häuser (andere giebt es in Hauran nicht), von denen ungefähr 10 noch 
stehen und 6 bis 10 grofsentheils eingefallen sind. Das Dorf ist eng 
zusammengebaut und. hat zwei Wachthürme von circa 4*5 Fufs Höhe. 
Desgleichen fand ich zwei unvollständige griechische Inschriften (die 
nebenher bemerkt in keiner hanranischen Ortschaft fehlen), von denen 
die besser erhaltene eine Votivtafel ist. Die zwei ärmlichen Birke's 
liegen hart am Dörfchen und sind kunstlos in den Doleritfelsen ge- 
brochen. Schon in Burckhardt's Karte von Hauran ist der Ort mit 
seinen zwei auffallenden Hügeln nur etwas zu nördlich unter dem Na- 
men B e z e in e eingetragen, da Burckhardts deutschem Ohre das t (engl, 
th). wie das französische z gelautet haben mochte. 

Man wird vielleicht an diesem Nachweise die allzugrofse Ausführ- 
lichkeit tadeln, aber es schien mir in der That nicht unwichtig, zu 
zeigen, dafs die Relationen falsch sind, auf welche hin man über 
den ganzen östlichen Hauran zu Gunsten der Tetrarchie B'atanaea ver- 
fugt hat. Die Karten werden also dort diesen Namen zu tilgen und 
dafdr ein kleineres Ard el Betenije längs des Luwacanals im Osten des 
Legi 2iu, setaen haben. 

Bhie* ÜBtersnchnng' über die wirkliehe Lage der genanotefi' Te- 
trarchie würde hier zu weit fuhren. Sie erfordert eine genaue Ter- 
gleichnng der altea Quellen und würde selbst die looale Tradition be- 
rücksichlÄgen müssen*. So* handelt eine in nur wenigen (vielleicht acht 
bis zehn) Elxemplaren in Syrien verbreitete, angeblich sehr alte drusi- 

sehe Geographie, die el Mnsannaf (v^AjUaXt) betitelt ist, ganz ansföhr- 
licb über eine hauranische Gegend Betenije (Batanaea). Die ge- 
schichtlichen und geographischen Ueberlieferungen der Drusen aber 



87 

Sind ffebr bcÄcJlitett«wfertb, da diefte mit denf ihnen refegioftdver^andteÄ 
Noserierri (den ßfaöaQijvoig des Josephus und Änderet) für Üebferrestcr 
der ursprünglichen Bev6Ikerting des Landes gehalten werden müssen, 
sowie iht Cultu* (eJne Art Aphrödifedienst) Seinen QruridÄÜge« nach 
fth"'* eitle Tochter des alten syrischen Heidenthnms gelten mwfS'. Ancfr 
in den Büchern (Dtefätir')' des ehemaligen Damäscener Militlrordeni^ 
Käpikiol, welche gegenwärtig im Besifee eines gewissen *Omar Effendi, 
früheren Kadi'ö voti Ba'Hrek sind, h&t efti Land Betetiije seine Rubrik, 
weil der Orden ans seinen Ortschaften RereniSen bezog. Desgleichen 
haben die Damascener* Getreidehändler fihren batanäischen "W^eiÄen (hinta 
betehije) und werden seine Heimath anzugeben wissen. Der gegen- 
wärtige Drusenscheich von Asrafije bei Sihnäjä,, welcher das Musan- 
naf wiederholt gelesen, sagte mir, dafs Betenije der ganze westlitjhe 
Hauranabhang sei, bis hinauf nach Kanawät, Suwedä und "Ire. Ich 
hoffe das Musannaf sefbst noch zu sehen, aber was hindert uns, jene 
Angabe für werthvoll zu halten ? Das wurdte ohngefähr dieselbe Ge- 
gend sein, welche Carl v^. Raumer nach ernsten Studien für die Te- 
trarchie erklärt hat. Der vorerwähnte J&k:Ät el Hatnawi, weither 
viel Von der Bedeutung des Wortes Betenije spricht, bemerkt nux", eisT 
sei eine Damascener Gegend, in welcher Hiöb gelebt habe, und fügt 
hinzu, dafs es nach Einigen zwischen Damaskus und Edrerät liegen 
soH*. Also wiederum ein Zeugnifs gegen die Annahme, Bafanaek liege 
im Osten des Leg&^s und des Dfusengebirges. Bestimmter noch er- 
klärt sich Idfisi in Seiner Geographie von Syrien (päg. 16' dei* Rosen- 
müllerschen Ausgabe) alsoi „Von Damasktte nach Edreät, was (der 
Hauptort von) Betenije ist, reist man in vier Tagen.® Nach dieser 
durch die d'rusfsche Traditioh vervollständigten Notiz hätten wir die 
Nukra •")' mit dein westlichen Abhänge des Drusengebirgeö zusammen 
für Batanaea zu halten. Für Auranitis bliebe dann immer nochdas- 
weite Land um Bosrä westlich bis zur Zumle, südlich bis Zur B^lkft 
und östlich bis EzräJ^. Bei dieser Annähme Wäre die Tetrarchie gerade' 



') Nu kr» v^y^')' nennt man die Zidi -Niederung, zwischen dem Druaenge- 
birge und des- Zumle. Dafs die Nukra südlich bis zur Wüste und nördlich bis 
zum W&cfi" el' 'Ägeiti r'eiche, iVie Elf Smith (s. Carl' Ritter's Mästinä und Sy- 
rien II, 832) angiebt, ist irrig. Weder G§dür, noch das Land nördlich vom 

S'^ch miskin (^^Jh^-***"* ^^^t auch Esmiskin ^^jn^^-^m-ü) gesprochen), und 
südlich von der Zumle gehört zur l^ukra. Diesen* Namen hat das Landf von seiner 
fiesselfbtim udd niederen Lage zwischen ^n öistücfaen und' wesrtliöheii' Gebirgen und' 
den Terrassen des Legä's erhalten. Seine gegenwärtigen Herren, die Zeltaraber,, 
welche ihm die Benennung gegeben haben, entlehnten dazu das Bild von dem ver- 
tieften Feuerheerde, den sie in der Mitte des Zeltes graben, und der in der ganzen 
Steppe Nükra heirst. Vielleitht liegt darin nebenbei noch die Anspielung auf die* 
gastlich eintadetide l^chtborkeit der ZSdt- Niederung. 

7» 



88 

im Herzen des alten Basan geblieben, dessen Eichen (Jes. 2, 13) am 
westlichen Gebirgsabhange noch heute unvertilgbar fortwnchem. Auf 
meiner Reise von Bosra nach Der ät habe ich mir ihre dunkeln Schatten 
oft angesehen und wäre gern zu ihnen hinaufgestiegen, aber meine 
Feierkleider gingen zu Ende und mit leeren Händen durfte ich nicht 
zu den reichen Scheichs des Oebirges kommen, denen unser Besuch 
die beste Gelegenheit gegeben haben würde, einmal recht mit jener 
Gastfreiheit zu prunken, die dem Haurän eigen ist. Am östlichen 
Abhänge des Gebirgs dagegen ist kein Strauch zu ünden. Es scheint, 
dais ein unbekanntes Naturgesetz in diesem sonst so ergiebigen Lande 
dem Baumwuchse entgegenstände. Nur zwischen 'OrmSn und Chadra 
el Loz wuchert die bittere Mandel und der Weifsdorn (Za'rür). Von 
Eichen dagegen (Sindi^n sowohl als Ballü^) wird vom Teil el Asfar 
bis Teil el Kues keine Spur gefunden. 

Wenn nun auch der östliche Haurän niemals zum Reiche Israel 
selbst gehört hat, so macht es doch die unmittelbare Nachbarschaft 
des Landes höchst wahrscheinlich, dafs in der Bibel seiner Erwähnung 
geschehe. Unverkennbare Anklänge an geographische Namen dieser 
Gegend finden wir in 1. Mos. 25, 13. 14. 15 verglichen mit 1. Chron. 
1, 29. 30. 31, wo die östlich an Palästina angrenzenden Stämme und 
Orte als Kinder Ismaels personificirt werden. Die Stelle heifst: „Und 
das sind die Kinder Ismaels, wovon ihre Geschlechter (d. h. die von 
ihnen abgeleiteten Stämme und Orte) benannt sind. Der erstgeborene 
Sohn Ismaels Nebajot, Kedar, Adbiel, Mibsam, Misma', Duma, Massä, 
Hadar, Tema, Jetur, Naphis und Kedmä.** Finden wir hinter dem 
Hauran Kinder Ismaels, also Blutsverwandte Israels, so verschwindet 
das AufTällige in der Grenzbestimmung von Salcha. Hätte das Land 
dem Könige Og gehört, so hätte es occupirt werden müssen, wenn 
auch nur im Prindp und nominell, wie Hemäth, Zedad und Sipbron '), 
da das kleine Volk die weiten Grenzen nicht besetzen konnte, denn 
das fremde, götzendienerische Volk der Amoriter war dem Ausrottungs- 
kriege (Herem) verfallen. Aber gegen die bluts- und annähernd auch 
religionsverwandten Ismaeliter war ein solcher Krieg nicht zulässig, 
wie er nicht gegen die Edomiter zulässig war, weil sie E^au's Kinder, 
und nicht gegen die Moabiter und Ammoniter, weil sie Lots Kinder 



') Zedad, arabisch Saded ^,>Jlo) existirt bekanntlich noch jetzt. Die Stadt 

liegt im östlichen Theile der Provinz Hasje f y^yj^ ^^ j.. \ , ist ansschlierslich von 

Christen bewohnt und hat gegen 8000 Einwohner. Aber auch von Siphrdn, ara- 
bisch ZifrÄn ^-.,|J:^ sind noch weitläufige Ruinen vorhanden. Der Ort »liegt nach 

meinen Erkundigungen 14 Stunden nordostlich von Damaskus, in der Nähe der Strafse 
von Palmyra. Er ist, glaube ich, noch von Niemandem besucht worden. 



89 

waren. Sehen wir nns die Namen der leimaeliter genauer an. Der 
Erstgeborene heifst Nebaj6t. Man hat bei diesem Worte an die Na- 
batäer gedacht, aber diese werden bestimmt im alten Testamente nicht 
erwähnt. Die Endong 6t entspricht dem arabischen kt nnd ist Plnral- 
bildung, die noch heutigentags bei den Stammnamen sehr hSufig ist^ 
wie '^Akedäty *Atamät, S'urefät. Auch die Nebajot werden ein grofser 
Nomadenstamm gewesen sein. Unter l^edar wird man sich die Wan- 
derstämme von den Orenzen des peträischen Arabiens bis zur Harra 
zu denken haben. Sie scheinen das gewesen zu sein, was die 'Aneze, 
oder wenigstens die Stämme der Rnwala gegenwärtig sind, und wie 
diese werden sie auch wohl ihre Winterquartiere im 66f gehabt ha- 
ben. Näher fuhren uns schon die Namen Jetür und Naphis. Nach 
1. Chron. Gap. 5 führte unter der Regierung Sauls der Stamm Rüben 
in Gemeinschaft mit Gad und Halbmanasse einen blutigen Krieg gisgen 
die Hagriden, mit denen. sich, aufser der sonst unbekannten benach- 
barten Völkerschaft ^Nodab^, die genannten zwei Ismaeliter- Stämme 
verbunden hatten. Die Hagriden hatten nach Vers 10 ihre Wohnsitze 
östlich von Gilead. Die Veranlassung zu diesem Kriege war sicher 
keine andere, als die noch jetzt fast ausschliefsliche bei allen gröfseren 
Kämpfen der Nomadenstämme unter einander, nämlich das BedürfniTs 
nach Vermehrung der Weideplätze und Tränkorte. Wenn sich nach 
Vers 9 die Heerden der israelitischen Stämme Peraea's (die wir uns 
grofstentheils als Nomaden denken müssen) dergestalt vermehrt hatten, 
dafs sie bis in die Gegend des Euphrats hin weideten, was recht gut 
denkbar ist, so mufsten sie sich allerdings durch die ganz in ihrer 
Nähe wohnhaften und gleichfalls ungeheure Heerden (vgl. Vers 21) 
besitzenden Hagriden sehr eingeengt fühlen. Dazu kam, dafs diese 
keine Wanderstämme waren, die etwa, wie gegenwärtig die *Aneze, 
nur einen Theil des Jahres in der BelL^a geweidet hätten, denn nach 
Vers 21 besafsen sie sehr grofse Schaf heerden, welche die Wander- 
stämme nicht haben können; sie waren also, gleich ihren israelitischen 
Nachbarn, im Lande sefs hafte Nomaden, mufsten daher mit diesen 
das ganze Jahr hindurch in Conflikte gerathea. Unter solchen Um- 
ständen mufste es endlich zum Vernichtungskriege zwischen beiden 
Theilen kommen. Dieselben Motive, welche den Krieg herbeiführten, 
veranlafsten die drei genannten Ismaeliter -Stämme, sich mit den Ha- 
griden zu verbinden, nämlich die gerechte Besorgnifs, dafs nach der 
Vertreibung dieser auch an sie die Reihe kommen würde. Denn nach 
der hier aufgestellten Ansicht haben wir uns diese drei Stämme gegen 
Salcha hin (V. 11) als Nachbarn des Stammes Gad und im südlichen 
und südöstlichen Hauran als Nachbarn der Hagriden zu denken. Ueber 
Naphis und Nodab wird sich nicht viel «agen lassen, und durch eine 



BiiJ;m., wt Iifpd*b wird vr^pig g<^oouep. \Jm so bepcj^t^^wertber 
§cbein|; dßi Name Jetur. Ist ^, Yfi» kaum zu h^weifelo., mit ^n 
Itiiraerq der LiUieioer jm4 Grjiechea und der Tetr^rdnie Itur^a^ea ^- 
9ß^:iumpzia8|«Uen» ao ]k:aiw ma^ .über s^^^ Wobnait^se unmittelbar lan 
ßßxi Xjlren^en dea all<e9 3aaa];i ^iaen Angeablick zweifelbaft sein. 
Sitrat>o ftndßt die^ Itvir^er in Byne^i an zw/ei Punkten« auf dem Liba^^on 
^md in 4er Hüiß d^ Tra^onep in ein^em aobwer zugängJkben Gf^birga- 
uod ßöbienla^e. Dieaes kann kaum ein andere^ ala das Drusen* 
gabirge im Centrum dea ]^a9iurdo aein ')• ^^ ^^ ^^ intereasautea 
Zusammen trei9^en, dafa wir auf beiden Punkten heutigentags die Dru- 
aen finden, d^esgleicbeQ dafs Strabo'a Schilderung, na^ welcher die 
Xturäer ew Raubvolk gewesen, das die in der Ebene wohnenden 



*) Wie lange mögen die Drusen dieses isolirte Gebirge schon bewohnen, so 
da(\9 ee selbst seinen ursprijbiglichen Namen verloren hat! Zwar nennt man es nicht 
^\^ 9^vi^ Qsik^l ISanran, weil es y^on diesem l^an^ umgeben ist, aber der aUge^ 
meine Gebrauch unterscheidet das Wort Haurän bestimmt von Gebel ed Drüz, und 
der letztere hat ehemals gewifs seinen Eigennamen gehabt. Die Karten nennen ihn 
nach Ptolemäud ,;Aisadamufi mon«<* ein Wort, an dessen Richtigkeit gezweifelt 
werfl^n miira, Mao wird es n\a ^r ^Vi arabisches halten können, »her es erklärt 
sich auf keine gefällige Weise. Zweimal kommt es in Ptolemäus vor, päg. 365 
und 370 der Wilberg'schen Ausgabe, und zwar mit vier Varianten, unter denen 
awei AaaXfMLVOi uad Akeakufios wohl eine Erklttraiig zuliefsen. Das erstere 
TTj^r^ pi^ in Zalmän ( ..[.^J^^ transacribiren können , w%s mit dem hebriUsduen 

Y')^b!£ i4enti9«h ,ist. Ein Berg Zal^on wird ^8.68, 15 erwähnt: „Und als die 

Kpn^e zerstreut wurdep, ^el ^h^ße auf dem Zalm6n<*, d. h. da kleidete sich d^s 
Gebirge »ur Feier dieses freudigen Ereignisses in ein helles Lichtgewand. Wer in 
Palästina war, weifs, wie herzerquickend der Anblick der fernen mit Schnee bedeck- 
ten Berggipfel ist. Die Schönheit dieser poetischen Figur wird dadurch erhöht, 
d,^8 Zalmö;^ nach seiner Etymologie ein finsteres, düsteres *Gebirge bedeute 
entweder vom Schatten, Wald, oder schwarzen Gestein, Das letztere würde auf 
das Haurängebirge passen. Auch Richter 9, 40 wird ein Berg Zaimön erwähnt, der 
aJber nur bei Sichern gesucht werden kann. Dod) mochten verschiedene Berge den- 
Ae^)en Nam«n haben, pie zweite Variante würde einen Gebel al Saläm vB«rg 
des Heils" oder „Berg des Grufses" geben können. So würde daß Gebirge entweder 
wegen seiner unerschöpflichen Fruchtbarkeit, oder von den Wanderstämmen wegen 
seines Wassere und seiner Weideplätze oder von der in ganz Syrien gefeierten, pa* 
triar«))aliscbjen Gastfreiheit der Hauränier haben benannt werden kiSnnen. Sollten 
die 1, Qhran. 6, 24 erwähnten l^auränischen Patriarchen ihre „Berühmtheit" nicht 
gröfstentheils ihrer Gastfreiheit verdankt haben? Jetzt wenigstens wird ein Haur&n- 
scheich weder -dureh Reiohthum, noch durch Heldenmuth berühmt, wenn «eine Gast- 
irepi^eit nicht .^Öfs^r- ist als jene l^igepschaften- Doch sind dAS alles nur flüchtige 
^ilder, die uns beim Lesen jener Varianten einen Augenblick fesseln können. Je- 
denfalls ist es sehr zu wünschen, dafs alle noch unverglichenen Mss. des Ptolemäus 
(nrnn^ntlich der Vaticanus und Ambrosianus) endlich verglichen werden. Dafa 
aber Ptolemäus mit 0ie99i|i Worte ^^s Haurlipgebirge paeint, qnterliegt keineqn ^Sweifel, 
den^ ^r erwähnt einer O^tschaÖ; ^a^xaia, die untefhalb dieses Gebjrges gegen die 
trachonitischen Araber hin liegen soll. Es ist dies die Stadt S'akkä, der einzige trans- 
^auranifiehA Ort, der in der Geographie des Ptolemäus vorkommt. 



•^, 



m 

Baaem giebvandftcliatzt habe, .ToUkommei^ «indi aof die Draften paust, 
idenen, anfser des Ortecbaüten tarn westlichen LibaiicHiabbange, beson- 
ders das ganze fmradiesische Bikfl'-Thal wörtlich genommeii tribuftüs- 
und Tein grofser Tbeil der cbrisdicfaen und muliainmedanificheii Bevöl- 
kerang Haaräna jQoindesteiis Sroha^Akhtig ~ ist. Man behauptet, die 
Dnisen seien am dem Libanon in Haaram eingevrandert, aber meine 
eingesogenen Erkandignogen bestätigen diese Behauptung nichts Fa- 
milien zie3iea herüber und hinüber, aber Niemand wnfiMw, -ob sie hier 
oder dort Aborigines «eien. Wenn ich .für die Tetrarohie Itnraea di^e 
höcheten Parthien und den östJi€hen Abhang des Druden- 
gebirgs vorschlage, so trete ich allerdings in Widerspruch mit der 
Ansicht ausgezeichneter Archäologen, welche die Landschaft Gedir 

3 0, 

(^jiAjO-) südlich vom Wädi el 'Agem dafür halten, aber einmal ist 
eine Apocope des G und eineTerwandlung des Buchstabens d in t eine 
unzulässige Willkür, und eine Zusammenstellung des Wortes mit dem 
biblischen Jetur ist vollends eine pure Unmöglichkeit ; sodann werden die 
Ituräer von Cicero, Virgil und vielen Anderen ein wildes, rauflustiges 
Gebirgsvolk genannt, auf welche Prädicate die Vorfahren der gegenwär- 
tigen Gewädire (Einwohner vonGedur) gewifs keinerlei Ansprüche machen 
konnten. G^dür liegt in einer flachen Ebene, mochte in seiner 
gröfsten Blüthe 25 bis 30 Dörfer haben, von denen jetzt fast zwei 
Drittheile in Trümmern liegen, weil das Ländcheh den Raubzügen der 
Wüstenbewohner, die von Bosrä heraufkommen, den Plackereien der 
Stänime des War und der Drusen des Haurän, namentlich aber der 
unersättlichen Habgier seiner Damascener Grundherrn schutzlos preis- 
gegeben ist; da es nämlich fast vor den Thoren der Stadt liegt. So sind 
seine Dörfer und Gehöfte gröfstentheils in den Privatbesitz der Damas- 
cener Patrizierfamilien übergegangen, die ihren Zurrä* (p^ jS^)? wie die 
besitzlosen Bauern heifsen, kaum das tägliche Brod übrig lassen» In 
solcher bedrückten Lage mufsten die Gewädire ein knechtisch unter- 
würfiges und feiges Volk werden. Sollte dies im Alterthume anders 
gewesen sein? Auch damals werden sie die armen, demüthigen Zorra' 
ihrer Damascener Herren und kein freies, wildes, kampflustiges Volk 
gewesen sein, was die Ituräer doch entschieden waren. Wer. Syrien 
kennt, weiTs auch, dafs man derartige Völker dort nicht in den Ebe- 
nen, am allerwenigsten in den östlichen Ebenen suchen darf, die 
heute von einer kostspieligen Einquartierung brutaler Landreiter (Bas- 
bozuk) und morgen von einer Gazwe der Beduinen lieimgeMioht wer- 
den. Selbst die Drusen, die weder der Riegierung noch den Beduinen 
Zugeständnisse machen, und den Genufs einer einzigen aus ihren Gär- 
ten abgebrochenen Traube mit einer Flintenkugel würzen , sie selbst 
haben es iiiemals gewagt, sich in den Ebenen anzusiedeln, so frucht- 



92 

bar diese auch sind, sondern bleiben immer nur in den Gebirgen, so 
mahsam und wenig einträglich daselbst auch die Bodencultur ist, weil 
sie Männer bleiben und sich nicht erniedrigen wollen. Als Pompejus 
Coelesyrien eroberte, wird er im Ostjordanlande und namentlich in der 
Nuibra und Golän wohl nur Beduinenhorden gelinden haben, denn 
während der vorhergegangenen endlosen Kriege zwischen den kleinen 
judäischen und syrischen Tyrannen wird dort sicher alle Cultur zu 
Grunde gerichtet worden sein. In welch elendem Zustande mag er 
damals das Duzend damascener Meierhöfe in Gedür angetroffen ha- 
ben! Und diese mit Füfsen getretenen Tagelöhner sollen die Ituräer 
gewesen sein, deren wilde Tapferkeit von jener Zeit an die römischen 
Dichter besing^i? Noch liefse sich anfuhren, dafs nach heutigem und 
gewifs altem orientalischen Regimente unselbststandige Ortschaften der 
Regierung gegenüber weder irgendwie berechtigt noch verpflichtet sind. 
Dies sind nur die Eigenthümer. Standen also die Gehöfte Gedürs 
schon zur Römerzeit in jenem abhängigen Verhältnisse zu den Damas- 
cener Grofsen, so wird man dem Ländchen gewifs keinen besonderen 
Tetrarchen (Statthalter) gegeben, sondern es direct von Damaskus aus 
verwaltet haben. 

Sollte nach dem Gesagten der Gebirgsrücken und der östliche 
Haurän für Ituraea genommen werden können, so möchten die Ituräer 
a^ch das Volk sein, von dem die dortigen, in diesem Berichte beschrie- 
benen zahlreichen Troglodytendörfer herrühren, die (mit Ausnahme 
ihrer steinernen Vorbauten, welche für die Zuthat eines späteren Volks 
gehalten werden müssen) gewifs in ein hohes Alterthum hinaufreichen, 
und denen wahrscheinlich der gegenwärtige Landesname „Haurän" 
(vom hebräischen Hör, die Höhle) seinen Ursprung verdankt *). 



*) So einfach diese Ableitung ist, so f&llt mir ihre Annahme doch schwer, da 
mit Ausnahme des östlichen und südöstlichen Hauräns, wo allerdings die meisten 
vulkanischen Erhebungen, wie oben erwähnt, von den Troglodyten durchwtlhlt sind, 
die Höhlenwohnungen sonst in diesem Lande nicht gewöhnlich sind. Das wahre 
Höhlenland im Osten des Jordans ist Nordgilead, namentlich Erbed und Sudt, 
und gehörten jene Gegenden zu Haurän, so würden entweder jene Höhlen oder die 
weifse Thonformation (arab. Hawära), in welche die Höhlen gebrochen sind, diese 
Benennung erklären. Aber diese Gegenden gehören nicht zu Haurän. Dagegen 
springen in diesem selber allenthalben zwei andere charakteristische Merkmale 
auffallend gejiug in die Augen, als dafs nicht das Land nach ihnen hätte benannt 
werden . können, nämlich der rothe Boden (woher der Ausdruck diret ard el ^amrä) 
und der schwarze Stein (woher diret hagar el aswad). Doch wtlrde die Opera- 
tion , das Wort Haurän aus dem bekannten Arabischen Sprachschätze in dem einen 
oder andern Sinne zu erklären, allzu künstlich ausfallen und zu den schwarzen Au- 
gen der Hüri's wird die Farbe nicht von der Lava, sondern das Modell von den 
Hauränerinnen genommen, laut des galanten Sprüchworts: el ]yürijät min el hauräni- 
jät „ die schwarzäugigen Himmelsjung&auen werden ans den ^auränerinnen genom- 
men". 



93 

So viel ober Jetor. üeber mehrere der in dem angesogenen Bibel«- 
verse vorkommenden Namen von Ismaelitem läfst sieh zur Zeit nichts 
sagen. Sie mögen Nomadenstiunme gewesen sein, nnd wo wir es in 
der Bibel mit solchen zn thnn haben, da helfen nns die heutigen Na- 
men nichts, denn die Stamme verschwinden dnrdi Answandemng, 
Krieg, Y^rsdradebcnng mit anderen Stammen, oder wechseln die Na- 
men, was nicht selten ist. Seit fönizig Jahren wird der groDse Aeneze- 
Stamm der Wald 'AH nach dem Namen seines damaligen Sdieichs Zmer 

{r^\) allenthalben nur Ben! Zmer genannt. Wo uns aber die Bibel 
Ortsnamen giebt, da haben wir Hoffiinng, sie groCsentheils wiederzu- 
finden, wären auch die Orte selbst bis auf die Grundsteine verschwunden, 
denn die Tradition der Araber ist von wunderbarer Treue. In der 
dtirten Bibelstelle finden wir dergleichen. Duma und Tema sind 
noch heutigentags zwei stattliche Ortschaften im östlichen Hauran. 
Wenn Seetzen gehört hatte, dafs Duma (m^SS bis auf ein Haus ver- 
ödet sei (Ritter's vergleich. Erdk. von Palästina und Syrien IE, 922), 
so hat ihn sein Führer belogen, aus Furcht, Seetzen möchte Lust be- 
kommen, den Ort zu sehen, wenn er ihn als gut erhalten schildern 
wurde. Der Ort hat viele wohlerhaltene Häuser und die neuen An- 
siedler, von denen idi oben sprach, zogen in die alten Wohnungen ein, 
ohne Reparaturen nöthig zu haben. Natürlich sind auch hier, wie 
anderwärts, die Ruinen überwiegend. Nicht die Zeit war's, welche 
manche hauränische Orte stark verwüstete, sondern die Hand der Be- 
duinen, welche immer in Besorgnifs sind, die wohlerhaltenen und be- 
quemen Häuser möchten Colomsten anlocken, welche dann die Weide- 
plätze in Aecker verwandeln und den Mitgebrauch der Cistemen ihnen 
wehren würden. Diese Zerstörungswuth hat namentlich in den letzten 
zehn Jahren, seitdem die Drusen angefangen haben, den östlichen 
Hauran zu occupiren, sehr zugenommen. Ich war nur zwei Stunden 
in Duma und diese Spanne Zeit muTste ausreichen, um die vom An- 
stände gebotenen Besuche zu machen, die Ehrenmahlzeit einzu- 
nehmen, den Ort nach Inschriften zu durchsuchen und diese zu co- 
piren. Aber mein Reiseplan, demzufolge ich am Ramadanfeste (den 
20. Mai) wieder in Damaskus sein mulste, gestattete mir nirgends einen 
langen Aufenthalt. Als ich nach Damaskus zurückgekehrt war, erhielt 
ich aus Duma einen Boten, der mir die Nachricht brachte, man habe 
daselbst weitläuftige Souterrains entdeckt, sie in Gegenwart des Jusef 
S'eref, Scheichs in Genene, 'Abbas KaTäni, Scheichs in Sakia, 
und Mezjad Kal'ani, Scheichs in Nimre, untersucht und voll Reihen 
steinerner Särge gefunden. Auf meine Anfrage, mir wissen zu lassen, 
ob die Särge Inschriften enthalten, habe idi zur Zeit noch keine Rück- 
änlsemng. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs audi Duma seine Bin- 



94 

tenzeit gehabt hat, "wie alle transhatiMniscihen Orte. Dreiviertelstunden 
davon liegt Tema (U-o). Für die Annahme, daTs «b das biblische 
Tema ist, scheint Jes. 21, 13 bis 17 «u sprechen, wo den Ismaelkern 
vom Stamme K^dar prophezeit wird, dafs sie sich vor dem Feinde in 
den War (yn^ flüchten würden. Dann föhrt der Prophet fort: ^Brin- 
get den Durstigen Wasser entgegen, die ihr wohnt im Lande T^m&, 
bietet Brod den Flüchtigen I *^ Die Ismaeiiter von TSm4 waren die 
Blutsverwandten der K^ar und von ihnen HeTs sieh erwarten, dafs sie 
diesen die Flucht erleichtern würden. In dem „Wasser" läge vielleicht 
eine Anspielung auf die reichen Quellen, die Tema hat, während die 
östlicheren, der Harra näher gelegenen Ortschaften keine Quellen, son- 
dern nur Cisternen haben. Von Tema aus müssen sich dann die Flüch- 
linge entweder durch die Hermije in den War der öele^ oder auch 
in das nähere Lega gewendet haben. Denn das Wort Lega bedeutet 
ein Asyl und als solches ist das Land in ganz Syrien bekannt, von 
Jerusalem Iäs Haleb. Schwieriger ist die Erklärung einer anderen 
Bibelstelle, wenn das in ihr erwähnte Tema identisch ist mit dem vo- 
rigen, nämlich Hiob 6, 19: „Sie spähen nach den Karawanen von Tema 
und warten auf die Saumthiere von Saba." JDie Karawane von Saba 
ist bekannt; sie vermittelte im Alterthume den Verkehr zwischen Je- 
men und Syrien und wurde erst durch die grofse damascener Mekka- 
pilger - ILBLrawane unnöthig gemacht und von ihr absorbirt. Aber 
die rein locale Weizen -Karawane von Tema, die ganz dieselbe sein 
mufste, welche gegenwärtig die Karawane von S'aJ^Jp. heifst, und nur 
nach Damaskus und 'Akka geht, was konnte der im Lande Uz woh- 
nende Hiob von ihr wissen? Liefs sich keine entsprechendere Paral- 
lele zur E^rawane von Saba ünden? Man mufs also annehmen, Hiob 
habe eine besondere Veranlassung zur Erwähnung der Temäer Kara- 
wane gehabt Eine solche hätten wir wirklich in der Annahme, Hiob 
habe die Worte mit Bezug auf Eliphas den Temanfer (Temäni) gesagt, 
einen seiner anwesenden Freuijde, die im ganzen Capitel ihrer Theil- 
nahmlosigkeit wegen getadelt werden. Zwar bedeutet das Wort Te- 
mäni nach den biblischen Exegeten den Einwohner von Teman, einer 
edomitischen Stadt, die 1. Chron. Cap. 1 von dem ismaelitischen Tema 
streng geschieden wird, und da man sich Hiobs Heimath, das Land 
Uz, auch in Edom gelegen denkt, so hat diese Erklärung sehr viel 
Ansprechendes. Dagegen läfst sich jedoch bemerklich machen, dafs ein 
Einwohner von Tema auch nur Temani heifsen kann (die defective 
Schreibart hat dabei wenig Störendes), und dafs die übrigen Opponen- 
ten Hiobs auch nicht unbedingt Edomiter waren. Der Eine war aus 
S'ua^, also ein Keturäer, der Andere aus Naema^ und dieser Orts- 
Pfoxie (^die Liebliche^) ßniet sich in Palästina und Syrien vielleicht 



95 

ein Duzendmal. Der Dritte war ans Bus, und das Wort Bus haben 
ja schon Andere (vergl. Winer's bibl. Real-Wörterb. unter Bus) in 
Ermangelung eines Besseren mit der 3| Stunde von Tema entfernten 
Stadt Büsan zusammengestellt, selbst noch bevor man wufste, wo die- 
ses Büsän lag, denn Jerem. 25, 23 heifst es: „Denen von Dedan, de- 
nen von Tema, denen von Bus**. Es könnte daher Eliphas wohl aus 
dem transhauranischen Tema sein, und die Temaer Karawane somit 
ihre Erklärung finden. Weit bequemer haben die Erklärung dieser 
Stelle naturlich Diejenigen, welche Hiob, in Uebereinstimmung mit der 
syrischen Tradition, in den Hauran versetzen, indem sie sich bei Be- 
stimmung der geogrAphisohen Lage von Uz nicht an die Genealogie 
von Gen, 36, 28 halten, sondern an Gen. 22, 21, wo üz ein Bruder 
des Bus und Kemuel, ^von dem die Syrer kommen "» genannt wird. 
Hat auch die Angabe des Josephus, der Uz in's Damascenische ver- 
setzt, an sich keinen Wertb, so beweist sie doch das hohe Alter der 
erwähnten syrischen Tradition über die nördlichere Lage von Uz. 

Die Untersuchuug über die Frage, ob transhauranische Oertlich- 
keiten in der Bibel erwähnt werden, ist neu und statt sie mit dem 
Vorbemerkten für geschlossen zu erachten, gebe ich vielmehr die Wahr- 
scheinlichkeit gern zu, dafs eine genauere Erforschung Idumaea's und 
4es peträiscben Arabiens zu ganz entgegengesetzten Ergebnissen füh- 
ren kann, yreniggtens in Bezug auf die Lage des biblischen Duma und 
Tema. Vielleicht kennt auch die Bibel mehrere Orte, die diese Namen 
haben. So liegen zwei gleichnamige Städte an der grofsen nabatäischen 
Hand^lsstrafac zwischen den nördlichen Häfen .des rothen Meeres und 
dem *Irä]^: Duma liegt östlicher, Tema westlicher. Noch heute kennt 
der Araber die Nawien der Schlösser Marid in Duma und el Ablalj: 
in Tema und den ihres ehemaligen Besitzers und heldenmüthigen Ver- 
theidigers, des jüdischen Gassaniden- Fürsten Samuel Ihn ^^eja Ihn 
'Adijß, einer der hervorragendsten . Erscheinungen in der Geschichte 
des arabischen Volks zwischen Christus und Muhammed. 

Ich schüefse hier diesen Bericht, um ihn nicht übermäüsig auszu- 
dehnen, obschon ich ihm gern einen ethnologischen Theil über Leben 
und Sitten der Nomaden beigefügt hätte, die ich auf meiner Reise ken- 
nen gelernt habe; denn fast das ganze Land, welches ich durchzog, 
fand ich in den Naturzustand zurückgekehrt amd mit den schwarzen 
Zelten J^edars bedeckt. 

Damaskus, den 20, Juni 1858. Wetzstein. 



II. 

Anhang. 



Nachdem ich den vorstehenden Bericht durch die Eönigl. Ge- 
sandtschaft in Constantinopel an das Staatsministerium des Auswärtigen 
eingesendet hatte, wurde derselbe auf meine Bitte jenen zwei Männern 
mitgetheilt, die wir in der jüngsten Vergangenheit von dieser Erde 
scheiden sahen, deren Erforschung ihr Dasein geweiht war, zu deren 
Erkenntnifs ihnen Gott die Pilgerfahrt hienieden verlängert hatte, und 
deren Gestaltung und Leben ihnen verständlicher geworden war, als 
wohl je einem Sterblichen vor ihnen. Alexander von Humboldt 
und Carl Ritter hatten mich wiederholt aufgefordert, zur Bestimmung 
der Steppengrenze einen Ausflug in den Osten Mittelsyriens zu machen, 
und ich fand eine Genugthuung darin, dafs ihnen, wie auch immer die 
Ergebnisse der kurzen Reise sein mochten, der Bericht vorgelegt wurde. 
Carl Ritter nahm darauf Veranlassung, sowohl in der Eönigl. Aca- 
demie der Wissenschaften als in der Geographischen Ge- 
sellschaft darüber Mittheilungen zu machen, die zu seiner Zeit in 
den Organen der Academie und Geographischen Gesellschaft abgedruckt 
worden sind, und Alexander von Humboldt forderte mich auf, eine 
auf dieser Reise gemachte Steinsammlung dem Eönigl. mineralogi- 
schen Museum zu übermitteln. Ich i)rachte sie bei meiner letzten 
Ürlaubsreise selber mit nach Berlin, und Herr Prof. Gustav Rose, 
Director des Museums, hatte die Güte, mir eine Beschreibung dieser 
Steine einzuhändigen, die insofern schon interessant ist, als sie die 
Ausschliefslichkeit der vulkanischen Formation nicht nur des ganzen 
Hau r ans bis südlich zur Bell^ä und nördlich zum Merg, sondern 
auch des ganzen östlichen Trachons mit Einschlufs der Harra und 
Hermije über jeden Zweifel erhoben hat. „Die sämmtlichen Steine*, 
sagt Herr Gustav Rose, „sind merkwürdiger Weise nur zweierlei 
Art, obgleich sie an sehr verschiedenen Stellen gebammelt sind. Sie 
bestehen nämlich aus einem kömigen Dolerit und einer bräunlich- 
rothen oder schwärzlichgrünen blasigen und porösen Schlacke, in 
welcher Gemengtheile nicht zu erkennen sind. Die Gemengtheile des 
Polerits sind dagegen in manchen Stücken sehr deutlich erkennbar, wie 



97 

namentlich in den Bausteinen des Weifsen ScbloBSes (No. 13) nnd 
der Stadt Brklf (39), in dem Steine von Nimre (24), in dem mit 
Inschriften versehenen Steine der Harra (44) u. s. w., nnd sie be- 
stehen aus dünnen, tafelartigen EJrystallen von graulichweifsem La- 
brador, auf dessen Spaltungsfiächen die charakteristische Streifung 
sehr gut zu erkennen ist, aus kleinen Eomem und Krystallen von 
Olivin von gelblichgruner, mehr oder weniger dunkler Farbe, die aber 
öfter durch anfangende Zersetzung in eine bräunHchrothe mit metalli- 
schem Demantglanz übergeht, und sehr kleinen, selten etwas gröfsem 
Körnern yon schwarzem Augit Der Labrador ist stets vorherrschend, 
nächstdem kommt der Olivin; der Augit ist in der geringsten Menge 
enthalten. Das Ganze hat eine graulichschwarze Farbe. Durch Dige- 
riren mit Salzsäure kann man die Gemengtheile noch besser erkennen; 
der Labrador wird lichter von Farbe, der Olivin, der eine starke Zer- 
setzung erleidet, schneeweifs, der Augit bleibt unverändert schwarz und 
kann nun deutlich vom Olivin unterschieden werden. Manche Stücke 
sind etwas drusig und enthalten in den kleineren Drusenräumen etwas 
kohlensauem Kalk, so dals sie mit Salzsäure brausen.'' 

,)Der Olivinreichthum zeichnet diesen Dolerit besonders aus; er 
unterscheidet ihn von dem Dolerite der Auvergne, wo der Olivin 
im Dolerite nur sehr selten ist (z. B. bei St. Fleurs), dagegen nähert 
er ihn sehr dem Dolerite von Island, womit der Dolerit vom Hau- 
ran überhaupt die gröfste Aehnlichkeit hat.'' 

„Die schlackigen porösen Massen sind von derselben Art, wie sie 
in allen vulkanischen Gegenden vorkommen, und namentlich auch die 
Masse der meisten vulkanischen Kegel (Fuy's) bei Clermont in der 
Auvergne bilden." 

Alexander von Humboldt hatte diesen Bestimmungen unseres 
ausgezeichneten Mineralogen mit Verlangen entgegengesehen. Als ich 
sie ihm brachte, fand ich Carl Ritter bei ihm, und das Gespräch 
drehte sich um das neu constatirte Yulkangebiet. Carl Ritter, dem 
ich kurz vorher eine kleine Lavawelle vom Plateau des l^afa gezeigt 
hatte, änfserte, dafs sich ihm beim Anblicke der frischen, glänzenden 
Schwärze des Steins, an dem noch keine Spuren von Zersetzung sicht- 
bar gewesen, die Frage aufgedrängt habe, ob nicht die letzten Aus- 
l»^che des l^afä in historischer Zeit stattgefunden haben sollten? 
Es sei ihm dabei die Ansicht eines namhaften Bibelexegeten unserer 
Zeit eingefallen, nach welcher sich selbst in der Schrift (nämlich im 
18. Psabn) das Phänomen einer vulkanischen Eruption angedeutet 
fände, die zu Davids Zeit in oder um Palästina stattgefunden haben 
mufste. So hielt es auch Alexander von Humboldt far sehr wahr- 
scheinlich, dafs der in diesem Berichte erwähnten koranischen Legende 



/^'^'t^JrBJtertfö rfeh der Ge-' 

^^<Vv^/i^**^** ^^'^ Natorwisdefi- 

♦-p>^ ^''^/wu «?^'' ^*® Wünschenswerthe 

- ^.\ ^.^'^"i^'^ der in geologfecher BcÄiehmig' 

• '.^ ^'^^'f^t^^^'^fht^^^ ^'® *^** ^^ einigen Tagen bei 

\^ <-' h^^^^**^i^ts ^eftem- geographischen Lexicon ge- 

•J "'S'^^'Z^ffi» ^ '.^ Artrber zwischen Haurän nnd BÄb el 

^'^mr^j^fii f*^ ff neht und zwanzig getrennten vüHCamy 

'^ ^^ ^Jf'^^'^^f fiabeff J *) Schlief&lich spradMsn die beiden 

' h^D ^^^ Jlkküt in einem begonderan AbsehniMe utiter dem 

X?/c^ ^^^r&'s '0^ X«aade Arabien <<. Zuerst sucht der Verfasser durch eine 

l'eber ''^^ cj,/jriftstelJem die wesentlichen Merkmale einer Harra zusammen- 

^^!hl'Ci^^ ^u^jiBtna'i ist sie ein mit schwarzen Steinen bestreuter 

^'^Lüeß' ^'*Vaiai»*'^ darinnen einzelne gröTsere Blöcke ror, so h»eif*t 

' r.Aftd»^'''^ «Acfera (Hfis\jOj und liegen, wie gewöhnlich, einige Dneenda solcher 

e/n '^' „^uuDea, se bilden sie einen «Rigm*). Lüuft die Harsa »n einer 

^^^** • aine 2ange aus, so heifst eine solch-e „KrÄ*" (ci J ). Nach 

^^^ hn S'e°*^^ erstreckt sich eine Harra gewöhnlich zwei bis drei 
J^*?f^ fj'ßgereisen weit, und es kommen in ihr Steine vor, die (wegen 
f^^^.fygfye i(nd abgerttndelten Fönn) liegenden Kameelen gleichen und aus- 
^^*h'en »1^ ^^ ^^® im Feuer geschwft-rzt wären. Unter den Steinen liegt 
d^ T grobkörnige Humus der Ka*'s, der nicht schwarz ist, obschon 
Alles wegen' der Menge und des engen Beisammenliegens der Steine 
^^ji^arz- ePsch-eintL* Nach Abu 'Omar ist ein« Harra mehr kreisfö^rmig 
rund; läuft sie ab eT einmal in einen länglich schmalen Streifen ans, 
go heifst dieser „Krä* ". Die Worte „Labe" und „Harra" sind gleich- 
bedeutend. Die meisten der vielen Harra's Arabiens liegen um Me- 
dtn» herum bis hinauf nach Syrien n. s. w. Daraufbringt Jftkdt die Namen 
von 28 Harra s und bespricht sie einzeln in alphabetischer Anfeinanderfblge. Dia 
von mir bereiste und in diesem Berichte beschriebene heiist nach ihm Harra des 

B&gil ^J^:>u- ^j^)y so benannt von dem gleichnamigen, in* diesen BÜlttem er- 
wähnten ](^aai4aischen Wädi, an dessen nördlichem Ufer sich- diese ^aiva von Eznü^ 
an in südöstlicher Richtung hinzieht. Seine Nachrichten über sie sind auffällig dürftig. 
Sollte sie ihm etwa trotz ihrer vier- bis fünfhundert Quadratstunden Flächenraum 
andoien gegenüber noch Unbedefatend erschienen sein? Sie liegt, sagt er, zwisciien 

ve 

der Steppe und den östlichen Gegenden Haur&ns Cr^x^^ . ä .Liwo^ ^vwkJi (rY^)i 
und gehörte zu seiner Zeit (um 625 arabischer Aera) zum Lande der Beni Hea 
Ljt^j^ (C^» ^® i®'^' verschollen sind). Unter diesen Harra's erwähnt er eine 
bei der bekannten Pilgerstation Tebük, welche der Prophet Muhammed bei seinem 
Zbge' gegen die Griechen passirt hat. Eine andere nennt er dl^ Fener^H^arra 
(^anfet eik n4r)i, eine Benennung, in der aio^- die Erintierung am volkani^he Aus^ 
brüche erhalten zu haben- scheint. Es finden sich in ihr, sagt er, Natron- 
Gruben und sie liege zwischen Wädi el Kurä und der ( peträischen ) 

j^tadt T^mft im Gebiete der Gafäfän, also in der Nähe der 'Abslden und 



9d 

MiDiver dei^, Wan^eh aaa» d^afir iek dea Beriebt v^cffentlklHfii mS^te^. 
and ich sagte ihnen dies waa^ so bereitwilliger zu,, al8^ bei detfi damals« 
so UDObwölkten politisehen Himmel (es war im Monat April d.. J.) för 
eine Yeröffeatlichiuig des Tagebuches selber wenig Anssrcht Yovhad-' 
den war. 

Der Driusk des Berichts bedijig|:e einige AbUndieraBgen. und Weg- 
la8sung^n^ Zu den ersteren gehören namentlich genaoeve lithologiBehe 
Angaben., die mir d»reh die Defiodtionen des H^nrn P)rof. Rose er- 
möglicht wurden. Weggelassen wurden: 1. drei Skizzen, nämMch der 
Ruhbe mit ihrer ^ Um gßbung, des Vulkans Umm U&dack mit seiner 
Umgebung und des Wa'rs voot Z.akie;. 2. einige NachriGhten über die 
Wiesen^en, namentlich über zwei zum ev^ten Male auf d)er Karte 
erscheinende Becken, die Bahret Balä and den Match B^rak. Un^ 
ge<kuckt blieben diese N.otizen,. weil sie nicht zu deu Ergebnisse! die- 
ser Reise, sondern früherer Ausflüge geh^ärten, weil sie den Ge^n^tand 
nicht genügend behandelten, und weil ich die Absicht habe, mein, über 
das Mergland gesamnieltes Maiterial zix einer Monographie zu verar- 
beiten,, welche diesen mir vollkommen bekannten Landstricit mit seioeUi 
Völkerschaften und. seiner Cuitur ausfühcHch besprechen, soll, 

. ^Die eigenläiahe^ Veranlassung: zu diesem Nachtrage gab mir eine 
d«rch meinen Beriehl! naJie §^legte, in ihm» selbst aBer nnerledijgt ge- 



der Heimath 'Antars. So erklärt sich, warum in dem grofseaEpos über die Tha=- 
ten dieses Helden so häufig die Ka**s (QLxxÄjij erwähnt werden. 

Es wäre zu wünschen, dafs eine Uebersetzung dieses ganzen Abschnitts mit dem 
Commentare eines Sachverständigen in einer geologischen oder geographischen Zeit- 
schrift veröffentlicht würde. 

Das aben vorkommende Wort „Labe" (iCj^H bildet die Plurale lab und 

lub und die Adjective labi und lübi „schwais wie Lava**. Auch lassdn sich die 
Gentilia lüb und lab-e „Libyer, Nubier** in der Bedeutung. „Schwarae" (vergL die 
l&bim. 2i. Chron. 12, 3 o. öfter)' mit dieser Badix zusamm^istellen. Verwandt mit 
ihr ist die B. l^bb „glühen, brannen*'. M«n kennt sie viellei<oht nooh nicht» aber 
ioh habe die/Aaeze und Hourämer. sehs oft sagen hören: lebb' el ^(a.b er zündete 
das H0I2 an, und lebbet en n&r das Feuer brannte. Diese Bedeutung der Wurzel' 
lebb st altsemitiseh und wir finden sie 2.. Mos. 3, 2 bestimmt in La^bba „der 
feurigen Flamme auf Horeb** w^ifider,, ebenso in Lebiba> 2. Sam. 13, 6.. S;. vieUfli<di£< 
selbst Daniel 11, 43 in den sonnenverbrannten Lubbim. In diesem Worte 
scheint eine Vennisclmng beider Stämme sattgefunden zu haben. Gewifs vereinigen 
sich die beiden Bedeutungen des „ Schwarzseina" und des „Glühens* in dem aus Harira, 

(Hj-^t) zusammengezogenen Worte Harra. In dem citirten Artikel des J'äküt 

werden vier Pliiralformen, dieses Wortes gegeben, unter denen Harrün (iMf_5-^» in 

den ca& obl. Hajrrln statt Hiarlrim) als uralte SprachbUdnng: dem in diesem. Be- 
richte verglichenen Harerim des Jeremita so nah^ steht >• dafs, die idiomatischen 
Unterschiede abgerechnet, beide Worte auch formell i4entisch^ sind. 



100 

bliebene Frage, nfimlich: aus welcher Zeit und von welehem Volke 
jene merkwürdigen Bauten in den Trachonen nnd Haarän wohl stam- 
men könnten? Da ich bei Beantwortung dieser Frage von sichern 
historischen Zeugnissen unterstützt werde, die ihrerseits wiederum durch 
mein Tagebuch bestätigt werden, so wollte ich die Yeröffentlichnng 
meines Reiseberichts mit einem Excurse über die Entstehung jener 
Denkmäler begleiten, der mir in seinen Consequenzen zugleich ein 
helles Streiflicht über die Sprache und den Ursprung der räthselhaften 
Harra- Inschriften zu werfen scheint. 

Es kann dem Leser meines Berichts nicht entgangen sein, dafs 
die Ergebnisse eines Versuchs, geographische Namen der Bibel mit 
Bestimmtheit im ostlichen Hauran wiederzufinden, dürftig gewesen 
sind '), Aber auch im südlichen und westlichen Theile dieses 
Landes ist die Ausbeute für biblische Geographie nicht gröfser, eine 
Thatsache, die um so auffälliger erscheint, als wir hier auf unzweifel- 
haft judäischem Boden stehen. Zwar fanden hier Manche aufser den 
bekannten Städten Salcha, Kenat, Edre'i und Golän noch andere 
alttestamentliche Orte; so verglich man die «echs Stunden südwestlich 
von Bosrä im Flufsgebiete des Wadi 'AJ^ib liegende grofse Ruinen- 
stadt Umm Gemal ') mit B^t Gamül in Jeremia 48, 23, desglei- 
chen die Städte Ereje und Bosrä mit den in der angezogenen Bibel- 
stelle (Vers 24) erwähnten Orten Keriot und Bozra; wären diese 
Zusammenstellungen richtig, dann würde es nicht mehr keck sein, die 
'Egla selisija (Vers 34) in den drei höchsten runden Kuppen des 
'AgelÄ- Gebirges, oder in der dortigen Koifit^ ^EyXoSv wiederzufinden. 



') Noch könnte man das am westlichen Trachon liegende Hadar ( yco^» ) 

mit ^azar Tichön vergleichen, welches in HesekieTs (47, 16) Vision von 
einem künftigen idealen Reiche Israels als dessen ostliche Grenze zwischen Damas- 
kus und Haurän (Salcha) genannt ist. Das „mittlere (ttchön)** Hazar würde es 
genannt sein, weil es gerade in der Mitte des östlichen Lo](^fs oder weil es halbwegs 
zwischen Salcha und Damaskus liegt. Der Ort ist von fester Bauart und gut 
erhalten. Viele Häuser hatten an den Ecken der Strafsen maskirte Balkone mit 
Schiefsscharten, In den Gassen und Höfen der Häuser lagen viele Menschenknochen, 
die von einem blutigen Kampfe herrührten, der zur Zeit der Expedition Ibrahim 
Pascha's gegen das Legft in Ha4ar stattgeftinden hatte. 

^) Dieser Name (oL4J>-I ^i^ bedeutet die schöne Stadt; die jetzigen Be- 
duinen dagegen sprechen Umm el Gimäl, die Stadt der*Kameele, und sa- 
gen, sie sei so grofs und blühend gewesen, dafs unter den Kameelen der Einwohner, 
die des Morgens auf die Weide geschickt wurden, die Einäugigen (el 'ür) allein 
sich auf Tausend belaufen hätten. Es giebt zwei Orte dieses Namens. Der klei- 
nere von beiden liegt ein Paar Stunden nördlicher in der Nukra und ich konnte 
ihn auf dem Dache der Moschee in Sahwet el Kam^ sehen und in meine Winkel- 
messungen aufnehmen. Vom gröfseren habe ich in Sahwe und Bofrä nur die ohn- 
gefähre Direction bestimmen können. 



101 

Aber dies Alles ist reiner Irrthum. Der Prophet spricht nur vom 
Lande Moab und die genannten Orte müssen sämmtlich in den öst- 
lichen Umgebungen des todten Meeres gesucht werden. 

Man darf sich in der That darüber wundem, dafs uns die Bibel, 
während sie im cisjordanischen Lande und dem südlichen Peräa hun- 
derte von Ortsnamen kennt, aus Basan und Nord-Gilead kaum acht 
oder zehn überliefert hat. Wohl läfst sich auch zur Erklärung des 
Mangels an topographischen Nachrichten über diese Gegenden Manches 
sagen, z. B. hatte die künstliche Abgrenzung der einzelnen Stammge« 
biete in Josua Cap. 13 bis 19 die Nennung vieler Ortschaften nöthig 
gemacht, so genügte bei Basan, dessen West- und Südgrenze, auf 
die es hier allein ankam, bekannt gewesen, die einfache Bestimmung, 
dafs es ungetheilt dem halben Stanmie Manasse zufalle; dafür aber, 
dafs in der Folgezeit seiner Schicksale wenig gedacht wird, liefse sich 
anführen, dafs es bei der Verschiedenheit seiner Interessen nur schwa- 
che Beziehungen zum Gesammtreiche gehabt haben werde. Aber diese 
Gründe sind nicht genügend. Als Moses das Land eroberte, fand er 
in Argob allein aufser den Dörfern sechzig ummauerte Städte, und dür- 
fen wir von der Blüte dieser Provinz einen Schlufs auf die des ganzen 
Landes machen, so mufs zur Zeit des Culturstaats der Amoriter der 
ganze Hauran mit einer erstaunlich grofsen Menge von Städten und 
Dörfern bedeckt gewesen sein. Und doch hören wir in der Folgezeit 
nichts von ihnen, selbst von den vornehmsten Städten des Landes, wie 
'Astarot, Edre'i, Eenät, Golän und Salcha, weifs die spätere Geschichte 
Israels nichts mehr. Andererseits sehen wir in den Kriegen der Is- 
raeliten mit den Königen von Damaskus und Assyrien, wie der Feind 
immer ohne Widerstand von dieser Seite her in's Land gefallen ist. 
Wo waren damals jene festen Plätze? Es liegt die Vermuthung sehr 
nahe, dafs sich jene sechzig Städte später in die „sechzig Zeltlager 
Jairs** (hawwot Jair) verwandelt haben, dafs die basanitischen Israeli- 
ten in der Nachbarschaft der Beduinen vollkommene Nomaden gewor- 
den oder geblieben sind, dafs sie, um jederzeit zum Schutze ihrer von 
Weideplatz zu Weideplatz ziehenden Heerden bereit zu sein, sich nicht 
an Städte und Dörfer binden konnten, die daher verlassen standen^ 
verfielen und endlich verschwanden. So wird es erklärlich, dafs die 
Wegführung der drei transjordanischen Stämme durch Phul, den König 
von Assur (1. Chron. 5, 26), anscheinlich so leicht gewesen ist. Denn 
während er in Galiläa eine Anzahl fester Plätze zu erobern hatte, 
scheint er in Peräa nach 2. Kön. 15, 29 nur bei Abel (Abil in Er-^ 
bed) Widerstand gefunden zu haben, einem Platze, der wegen seiner 
ungemein starken Lage am südlichen Ufer des Jermük selbst als 

8 



102 

Ruine noch der Zuflachtsort des Landes bei einem feindlichen Einfalle 
werden konnte '). 

Die Cultnr ist in Ostsyrien eine künstliche Schöpfung; sie gleicht 
einem Garten, den man am Meeresufer geschaffen und mit einer star- 
ken Mauer gegen den Wellenschlag geschützt hat. Wird die Mauer 
vernachlässigt, so bricht das Meer durch und verwüstet den Garten. 
So kann jenes Land dem unablässigen Andrängen der Nomaden gegen- 
über nur unter einer starken und immer wachsamen Regierung ein 
Culturland bleiben. Eine solche Regierung hat Syrien (aufser in den 
Tagen Saladins und kurze Zeit nach ihm) seit der ersten muselmänni- 
schen Occupation nicht gehabt, und darum liegen die östlichen Ort- 
schaften seit zwölf hundert Jahren verödet; nur in den scliwerer zugäng- 
lichen Gebirgen der Belka, 'Aglüns und Hau ran s haben kriegeri- 
sche Gemeinden den väterlichen Herd gegen die Beduinen zu schützen 
gewufst. Der Zustand des Landes zur Zeit des israelitischen Reiches 
wird dem heutigen sehr analog gewesen sein, und ich möchte mit Aus- 
nahme einiger Burgen, die unter den Herodiern entstanden sind, von 
keinem einzigen der tausend Ruinenorte, die gegenwärtig Peräa be- 
decken, behaupten, dafs er israelitischen Ursprungs sei; auch finden 
wir, nebenher erwähnt, diesseits des Jordans keine Spur von dem Bau- 
style jenseits des Flusses. 

Als ich auf den Zinnen der Citadelle in Bosra einige dreifsig Ort- 
schaften gemessen hatte und mein Auge sich an dem grofsartigen Pa- 
norama weidete, bemerkte mein Reisegefährte Muhammed Effendi, 
dafs er sich in Mugedil (einem ihm gehörigen Dorfe in der Nui:ra) 
beim Anblicke der vielen sorgfältig und fest gebauten Dörfer oft die 
Frage gestellt habe, wer wohl ihre Erbauer gewesen? Nach seiner 
Ansicht könnten diese nur ein Volk gewesen sein, das es verstanden, 
sich den Wüstenstämmen furchtbar zu machen, und Jahrhunderte lang 
in Wohlstand und Sicherheit das Land besessen habe. Er glaube, die 
Israeliten seien dieses Volk gewesen. Bei dem Glänze, womit die 
muhamroedanische Legende die salomonische Regierung umgeben hat, 
wäre es unmöglich gewesen, dem sonst sehr verstandigen Manne zu 
beweisen, dafs der judäische Staat die Eigenschaften, Peräa blühend 
zu machen, zu keiner Zeit besessen hat. Einer langen und tiefen Ruhe 
hat er sich niemals erfreut, weil ihm die Bedingung dazu, eine dauernd 
starke Regierung fehlte, und diese konnte nicht geschaffen werden, da 



' ) Desgleichen diente das südliche Ufer des Jennük bei Abil im Jahre 635 christ- 
licher Aera dem muselniännischen Heere als Stützpunkt, wo es den Angriff der Grie- 
chen en^'artete, und noch im vorigen Jahre ermöglichte jene Oertlichkeit dem Heere 
der Rnwala eine Aufstellung, welche der nachrückende Feind nicht anzugreifen wagte. 



108 

^ igmaelitiscben Stammanterschiede, die sieb niemals verwischten, 

ve Zwietracht nährten nnd das Ganze schwächten. Desgleichen ge- 

^6 dem Volke der Widerwille gegen allen Zwang und ein starker 

'ur Ungebundenheit, den es gleichfalls mit den stammverwand- 

«filtern gemein hatte, keine absolute Unterordnung unter ein 

'igiment. Dabei scheint, trotz der Idee des gelobten Landes, 

'r Scholle bei ihnen niemals so stark gewesen zu sein, wie 

Volke sein mufs, das in dem Glauben an die Unverlier* 

nathlichen Bodens diesen mit Städten und Dörfern be- 

r des Beduinen scheinen sie aus ihrem Nomadenleben 

^er syrischen Wüste mit nach Palfistina gebracht zu 

\ -^ ganze Geschichte des Volkes bis auf die Gegen- 

. '^ gleichsam als der charakteristische rothe Faden 

le der syrischen Wüste, welches der Oberscheich 

^ 1836 den Drohungen Ibrahim Pascha's gegen- 

^le der Stadt Hamä aussprach: „lä tuheddid men idft 

.«uial — Drohe nicht dem, der, wenn er sein Zelt niederwirft, 

wandert^. 

Andere Gelehrte führen den Ursprung der transhauränischen 
Bauwerke sogar auf die Amoriter zurück. Die steinernen Massen, 
argumentirte man, konnten bei der mosaischen Eroberung nicht zerstört 
werden und blid[>en als eMrige Zeugen der Siege Jehova's in Basan 
für die Nachwelt stehen bis heute. Nur seien neue Bewohner einge- 
zogen, die, wie späterhin die Romer und Byzantiner, zierlichere Kunst- 
werke daneben aufrichten, auch Ornamente und Steintafeln den colos- 
salen Felsbauten hinzufügen konnten, aber die Grundanlage sei ge- 
blieben. Solche Ansichten waren möglich und erklärlich, wo man bei 
seinem Urtheile über jene Bauten nur auf eine entweder zu allgemein 
gehaltene oder zu stark gefärbte Beschreibung derselben angewiesen 
war, aber sie werden durch die Anschauung selbst nicht bestätigt. Im 
Gkgentheile erkennt auch das weniger geübte Auge, dafs an allen die- 
sen Bauten — die übrigens nicht aus gigantischen halbrohen Blöcken, 
sondern aus sorgfältig behauenen, meistens mäfsig groisen und nach 
den Regeln der Kunst gefügten Quadern bestehen — Sculpturen und 
Inschriften ursprünglich und keine spätere Zuthat sind. Und 
da diese Inschriften griechisch sind und nur die Bostrenser Aera ken- 
nen, so mufs die Entstehung der Bauwerke in die Zeit nach Christus 
gesetzt werden. Von den TroglodytendÖrfern kann natürlich hier nicht 
die Rede sein, sie sind gewifs sehr alt; auch von Ortschaften wie 



*) Der 'Aneze- Stamm der IBEseniie (ÄJUwh^^ la^rt in der Diret S'um- 
bul, namentlicb in der "SÜke der Stadt ^om^ 

- 8^ 



104 

Hibikke, von dessen Alter und Constnict&oci in meinem Beridbite die 
Bede ist, mufs abstrahirt werden, sie konnten wOhl in die Amoriter- 
2eit binaafreichen ; desgleichen wird sich viel uraltes Baomaterial in 
Städten wie Bosra und Salchat erhalten haben, denn schon das 
Vorhandensein von nabatMschen Inschriften zeugt dafür: aber die Masse 
der transjordanischen Orte ist wie nach der Schablone in dnem und 
demselben Baustyle aufgeführt und kann nur aus der Zeit stammen, 
welche die griechischen Inschriften dafür angeben. 

Um die Frage nach den Urhebern dieser Bauten zu beantworten, 
müssen wir einen Theil der Weltgeschichte hervorsuchen, von dem die 
meisten Blätter verloren gegangen und die übriggebliebenen verstüm- 
melt und stark verbleicht sind. Deonoch können wir aus ihnen noch 
mit Sicherheit lesen, wann und unter welchem Volke jene hauranische 
Gultur geblüht hat, deren Ueberreste wir noch heute bewundern. 

Ohoigefähr um die Zeit von Christi Geburt erlebte Süd -Arabien 
(Jemen) eine grofse Auswanderung, die wahrscheinlich durch Ueber- 
vÖlkerung des Landes veranlafst wurde. Die arabischen Geschichte 
schrdber berichten, man habe Ursache gehabt, den Durchbruch der 
Dämme von 'Arim zu furchten und wollte durch Auswanderung die- 
sem allgemeinen Landesunglücke entgehen '). Zwei sabäische Völ- 
ker, von denen das eine zum Stämme der Azdiden (Azd), das 
andere zu dem der Himjariden (Himjar) gehörte, verlielsen die 
Heimath und wendeten sich nordöstlich gegen Bahrein hin, wo sie 
mehrere Jahre gemeinschaftlich nomadisirten, bei einer Quelle Hagar 

( -^p) ein Schutz- und Trutzbündnifs schlössen und davon den Na- 



') Die 'Ar im waren seeartige Andämmungen des Wassers von einer Menge 
(nach Einigen von siebenzig) Winterbächen und Quellen, gebildet durch starke zwi- 
schen drei Bergen gezogene und diese verbindende Kunstmauem mit dreifsig Schleu- 
sen. Sie waren in der Nfthe der Stadt Ma'rib, der Hauptstadt des sab&ischen Rei- 
ches, welche vier Tagereisen ( c. 82 Stunden) von San'ft entfernt zwischen dieser 
Stadt und Ha4i'amaut lag. Da die 'Ar im eine Wasserfläche von ohngefahr einer 
Stunde Breite und Länge bildeten, so gestatteten sie eine grofsartige Bewässerung 
und hatten meilenweit Baumgärten, Saatfelder, Dörfer und Meierhöfe in's Leben ge^ 
rufen. Man emdtete dreimal des Jahres, was in dem heifsen Lande recht wohl mög- 
lich ist, wo z. B. die Gerste zwei Monate nach der Aussaat reif wird. Diese ganzp 
künstliche Cultur mufste sich natürlich mit dem Ruine der colossalen Dämme, der 
später wirklich erfolgte, wieder in Wüste verwandeln. Jäküt widmet diesem €re- 
genstande einen längeren Artikel, der beachtenswerth ist. Interessant sind die in 
poetischem Schwunde gehaltenen Prophezeiungen der Seherin (K&hine) Zarffa, 
durch welche die Azdiden veranlafst wurden, ihre Fluren bei Ma'rib zu verkaufen 
und auszuwandern ; desgleichen die Schilderung, wie nach dem Durchbräche der Dämme 
Ma'rib (das Mari ab a des Ptolemäus) und die benachbarten Ortschaften verlassen 
werden mufsten und die paradiesische Gegend unter dem Flugsande der Wüste begra- 
ben wurde. Ueber die erste Untersuchung dieser Ruinen, die einem kühnen Franzosen 
glückte, findet man das Nähere in Carl Bitt&r's Geographie von Sttd^Ajsabien. 



105 

men Tennchiden (Ten ich, Eidsgenossen) erhielten. Da aber die 
Stidaraber (Eaht&niden) nicht wie die Nordaraber (Ismaeliter) 
das Nomadenzelt, sondern das steinerne Haus lieben, so- sahen sie sich 
nach festen Wohnsitzen am, sendeten ihre Kundschafter aus und bra* 
chen nach deren Rückkehr in swei entgegengesetzten Richtungen auf. 
Die- AzLdiden, nach dem Stammzweige ihres Oberhauptes auch Nas- 
riden (Nasr) genannt, setzten sich am Euphrat fest, bauten die verr 
£a]lene Stadt Embär auf und gründeten daselbst das Osttenuchidi- 
sche Reich, dessen Hauptstadt sp&ter Hira wurde. Die Himj ari- 
den, auch Ku^a'iden genannt, weil der himjaridische Stamm Euda'a 
ihre Majorität bildete, wendeten sich gegen Syrien und gründeten in 
Hauran und der Belj^a das Westteiiuchidische Reich, welches 
nach Selih (^^.JL^), dem Stammzweige ihres Oberhauptes, gewöhnlich 
das Reich der Selihiden genannt wird. 

Was die Niederlassung dieser Völker ungemein erleichtern mufste, 
war der Umstand, dafs sie, wie alle sefshaften und ackerbautreibenden 
Völker, nicht jenen unbändigen Freiheitstrieb mitbrachten, der den 
Zeltarabern bis auf den heutigen Tag eigen ist. Wären sie als Er- 
oberer erschienen, so würden sie im Osten, wo die Macht der Arsa- 
ciden noch ungebrochen war, übel empfangen worden sein, und auch 
in Syrien würden ihnen die Römer auf die Länge keinen freien Spiel- 
raum gelassen haben; aber von Haus aus an ein strenges, ja tyranni- 
sches Regiment ihrer Tubba*'s, wie die jemenischen Könige hies- 
sen, gewöhnt, erboten sie sich, Tribut zu zahlen, und darum wurden 
sie sowohl von den Parthern als von den Römern um so williger 
empfangen, als sie die verödeten Länder neu bevölkerten und zugleich 
einen starken Damm gegen die räuberischen Wüstenstämme bildeten, 
die durch sie, wie es scheint, sogar vollständig tributär gemacht wurden. 

Jetzt wird es hell in Ostsyrien; die tausend steinernen Ortschaf- 
ten, vom Kastellkranze an, der sich im weiten Bogen von Damaskus 
gegen den Euphrat hinzieht *), bis hinab an die Grenzen von Ta- 
file, stehen nicht mehr wie zeither als Fragezeichen auf den geogra- 

') Auf diese lange Reihe von Kastelleu, welche uns zeither unbekannt waren, 
bin ich zuerst vom Scheich Muhummed ihn Dü^i aufinerksam gemacht worden. 
Sie ziehen sich von Damaskus gegen Palmyra und von dort an den Euplvi^t und es 
sollen ihrer zweinndvierzig sein. Von Damaskus aus liegt das erste bei der Buinen- 

O ^ O 9 

Stadt M&kfüra und heifst Chirbet Sumbdn (^^wva.mm). Das nächste liegt drei 

Stunden nordöstlich von dem vorigen bei der Ortschaft pumdr (.j<4j!o)f nach der 

es gewöhnlich das Schlofs von pumir benannt wird; doch helfet es auch der «syri- 
sche Chan** (Gh&n es s&mi). Dieses ist das einzige dieser Kastelle, welches unter- 
sucht worden ist; seine griechischen Inschriften sind in das Corpm Intcriptionum 
Graecarum aufjgettommen. Das folgende^ liegt drei Stunden weiter und heifst el 



106 

phischen Karten, man weifs, wer sie gebaut ond vne efl möglich war^ 
Mb tief in die Wüste hinein and oft an Orte zu bauen, wo Sonnen- 
glut, Wassermangel und geringe Bodenproduction kaum die Existens 
Msten liefs. Wer aus dem glühenden Hadramaut und aus der Nach 
barschaft der damonisehen Ahk:af kam, dem konnte wohl die elende- 
ste Gegend Syriens noch gat genug erscheinen. Jetzt erklärt sich 
der fremdartige Styl der hauranischen Bauten, von denen Bucking- 
harn beim Anblick der Ruinen von Da'il (vgl. C. Bitter Palästina 
und Syrien II, 842) urtheilte, dafs sie ihm weder griechisch, noch rö- 
misch , auch nicht saracenisch zu sein schienen , sondern wohl einem 
älteren einheimischen jüdischen oder chaldäischen Style angehörten. 
Die Nachrichten, welche uns durch die Ehigländer von Aden aus ini- 
mer häufiger über die grofsartigen Bauten der Sabäer in Südarabien 
zukommen, werden uns bald in den Stand setzen, die völlige Identität 
der hauranischen Bauart mit der altjemenischen zu erkennen. Schon 
jetzt wissen wir, dafs sich auch in der letztgenannten das steinerne 
Dach und die Anwendung jener schmalen und übermäfsig langen Qua- 
der findet, welche im Haurän allenthalben so auffallen. 

Wie weit sich dieses Volk im östlichen Syrien ausgebreitet hat, 
wird sich nicht mehr bestimmen lassen, das Centrum seiner Besitzun- 
gen wird die mittelsyrische Vulkanregion gewesen sein; der Kudaid 
Gemil besafs Batanäa, die Ruinen von Chol an (r\^_^) ina nörd- 
lichen Merg, nach welchem dieses sonst ,,der Bezirk (küret) Cholän^ 
hiefs, erinnern an den i^^'idischen Bezirk (michlaf) Chölan in Je- 

Mi 

men, sowie die Rainen von Bl^j (^Jb) in der Ard el Fedajön 

an den gleichnamigen Stammzweig der Kudaiden und gestatten die 
Vermuthung, dafs sich das Volk bis an die „Wiesenseen ^ ausge- 
breitet habe; ja nach 2. Corinth. 11, 32. 33 möchte man anneh- 
men, dafs ihnen selbst die Stadt Damaskus überlassen worden 
war. Zwar hält die neutestamentliche Interpretation den arabischen 
König Aretas, dessen Statthalter den Apostel Paulus gefangen 
nehmen wollte, für einen der peträischen Fürsten, mit denen 
früher die jüdischen Könige (die H erodier) mehrfach in Berührung 
gekommen waren; sind aber, wie man annehmen mufs, die Selihiden 
damals, schon im Besitze von Peräa gewesen, so war es unmöglich, 
dafs ein Fürst des peträischen Arabiens in Damaskus herrschen konnte. 
Ebenso wäre es unbegreiflich, wie die Römer einem noch nicht unter- 
worfenen Könige Damaskus hätten unterordnen können, wenn es auch 
denkbar wäre, dafs dieser, frei im eigenen Lande, in Damaskus den 

Hamrft ^Rothenbai'g«; nach ihm folgt Manküra, darauf 'AnSbe, daan Kasr 
elabja4 „Weiftenburg« u. s. w. Die Distanz betrttgt immer drei Stnnden. 



lOT 

fömiscben Yasallen gespielt haben soUte. Denn unabhängiger Besitzer 
oder gar Eroberer -von Damaskus war jener Are tas gewils nicht, naeh- 
dem die Römer noch kurz vorher den üebergriffen des Zenodorus 
gegenüber zur Wahrung ihrer Hoheitsrechte so bedeutende Anstren- 
gungen in den nächsten Umgebungen dieser Stadt gemacht hatten. 

Leider besitzen wir nicht einmal eine vollständige und chronolo- 
gisch geordnete Regententatel der Selihiden. Der das Volk aus der 
alten Heimath führte, hiefs MUlik und sein Sohn 'Amr wird als erster 
König in Syrien genannt. Aber schon von da ab beginnt die Unsicher- 
heit. Die Nachfolger des 'Amr werden sein Sohn Sa*d und sein Enkel 



- o - 



pag'am (j4jt->\>:?), von dem das Gesammtvolk oft die Dag'amiden 

(K^cL>\A22Jt) heifst, gewesen sein. Man findet noch andere Königsnamen, 

unter denen sich Härit ihn Mendele bemerklich macht, aber es ist 
noch unermittelt, ob sie wirklich regiert, oder nur den Titel eines Kö- 
nigs geführt, d. h. in jener späteren Zeit gelebt haben, wo die Herr- 
schaft schon auf ein anderes sabäisches Volk, die Gefniden, überge- 
gangen war. Dieser späteren Zeit scheinen unter andern die Namen 
Diäd ihn Hebüle und sein Vetter Daud el Letik anzugehören. 
Der Letztere hatte bereits das Christenthum angenommen, und von 
ihm wurde das hauränische Kloster Der Daud erbaut. 

Es ist gleichgiltig , in welchem Theile Peräa's zuerst die neue 
Civilisation unter den Sabäern begann, aber wir können mit Sicherheit 
behaupten, dafs eine Cultur Hauran's im grofsartigen Mafsstabe nur 
mit dem Aufbau von Bosrä, also erst vom Jahre 106 nach Christo 
an in's Leben treten konnte. Da noch kein Reisender die hohe Be- 
deutung von Bosrä genügend hervorgehoben bat, so muüs ich dieser 
Stadt einige Blätter dieser Schrift widmen. Bosrä hat unter allen ost- 
syriscben Städten die günstigste Lage und Damaskus, welches seine 
Gröfse der Menge seines Wassers und seiner durch den östlichen Tra- 
chon geschützteren Lage verdankt, wird Bosrä nur unter einer schwa- 
chen Regierung überstrahlen, während Letzteres unter einer starken 
und weisen Regierung sich in wenigen Jahrzehnten zu einer mährchen- 
haften Blüte emporschwingen mufs. Es ist der grofse Markt für die 
syrische Wüste, das arabische Hochgebirge und Peräa, und seine lan- 
gen Reihen steinerner Buden legen noch jetzt in der Verödung von 
einer früheren und der Möglichkeit einer künftigen Gröfse Zeugnifs ab. 
Von hier ging über Salcha und Ezrak auf geradem Wege die Rö- 
merstrafse nach den Häfen am persischen Meerbusen, um die Erzeug- 
nisse des Westens an die Schiffe Indiens und die Karawanen Per- 
siens zu liefern und die Handelsgüter dieser Länder dem Westen zu- 
zuführen. Dafs selbst der Higäz ehedem an Bosrä gewiesen war, 



108 

beweisen die Handelsreisen der Mekkaner zu Muhammeds Zeit. 
Bosra war der Getreidespeicher für das anfruchtbare Arabien . EiS 
liegt in einer Gegend, deren Fruchtbarkeit anerschöpf li<5h ist, und noch 
heutigentags, wo die Nomaden weder Baum noch Strauch um Bosra 
übrig gelassen haben, gleicht das Land, soweit das Auge reicht, einem 
Garten. Endlich ist Bosra die natürliche Hauptstadt Haurans, 
der von hier aus mit dem blofsen Auge nach allen vier Himmelsgegen- 
den überschaut und gleichsam bewacht werden kann, und der Schlüssel 
zum kostbarsten Theile desselben, nämlich der Nu]k:ra, desgleichen 
von Golan, Gedur, ja von Wädi el 'Agem und selbst Damas- 
kus, dessen Sicherheit seit der Verödung von Bosra auf seine Mauern 
beschränkt ist, denn während meines Aufenthalts in Damaskus ist es 
sehr oft vorgekommen, dafs von Bosra herkommende Raubzüge der 
Beduinen unmittelbar vor den Thoren der Stadt Heerden weggenom- 
men, oder Karawanen und Reisende geplündert haben. Die Wichtig- 
keit des Platzes erkannten die Ejubiden -Sultane, als sie die Cita- 
delle bauten, mit der sich keine andere in Syrien, selbst die gröfsere 
damascener nicht vergleichen läfst, desgleichen die Kreuzfahrer, die 
keine geringen Anstrengungen machten, in den Besitz von Bosra zu 
kommen. Als ich auf der Zinne jener Citadelle stand, und Stadt und 
Land überschaute, drängte sieh mir die Ueberzeugung auf, dafs die 
Hauptstadt Haurans, oder, wie das Land vor der mosaischen Occu- 
pation hiefs, Bas ans nirgends anders gesucht werden könne, als hier. 

Die Schrift nennt 'Astarot als die Hauptstadt Basans, Josua 
9, 10. Die Stelle 5. Mos. 1, 4., welche in der lutherischen üeber- 
setzung lautet: „nachdem er den König Og geschlagen hatte, welcher 
zu Astarot und Edrei wohnte** ist dem Urtexte gemäfs richtiger also 
wiederzugeben: „nachdem er den König Og, der zu Astarot wohnte, 
geschlagen hatte bei Edrei**; vergL 4. Mos. 21, 23 und öfter. Nur 
im Buche Josua heifst es zweimal (Cap. 12, 4 und 13, 12) vom König 
Og, er habe zu Astarot und Edrei gewohnt. Zur Erklärung dieser 
Verschiedenheit in der Berichterstattung liegt die Vermuthung sehr 
nahe, dafs die Stelle 5. Mos. 1, 4: „be | Astarot be Edrei** später wirk- 
lich irrthümlich so verstanden worden sei, als ob ein „und** dazwi- 
schen stände, so dafs zur Zeit der Abfassung des Buches Josua die 
Tradition von zwei Residenzen im Volke gäng und gebe gewesen wäre. 
Dem sei nun wie ihm wolle, jedenfalls wird überall, wo die beiden 
Städte in der Schrift zusammen vorkommen, Astarot primo loco ge- 
nannt, wie Josua 13, 31, was beweist, dafs es die vornehmste der bei- 
den Städte war. 

Da es nun in Hauran kein Astarot mehr giebt, so wird man sich 
auf Grund obiger Mittheilungen über Bosra veranlafst sehen, es zunächst 



109 

in Board, zu Sachen, von dem der Syrer noch heutigentags sagt, dafs 
seine Blüte die Blüte Haurans und sein Ruin der Ruin Hauräns sei. 
Josephus, der sichere Führer in Palästina, läfst uns hier rathlos; er 
spricht nicht von Astarot, woraus man, in Uebereinstimmung mit ander- 
weiten historischen Nachrichten, auf eine vollständige Verödung der 
Stadt zu seiner Zeit schliefsen mufs. Aber noch zu Eußebius Zeit 
scheint eine dunide Ueberlieferung von der Identität Bosra's mit dem 
alten Astarot vorhanden gewesen zu sein, denn man hielt damals (vgl. 
Winer's bibl. Reälwörterb. unter Astarot) die zwischen Bosrä und 
dem Kleb auf dem Gebirge liegende, noch jetzt vorhandene Stadt 
'Afine far Earnaim, von dem 1. Mos. 14, 5 Astarot die nähere Be- 
zeichnung „bei Earnaim^ erhalten hatte '). Eusebius selbst aber 
unterscheidet Astarot bestimmt von Bosrä, und da dies auch Hiero- 
nymus thut, so denkt Niemand mehr an Bosrä. Nach Beiden soll 
Astarot sechs Millien (also nicht ganz zwei Stunden) nordwestlich von 
Edrei (Der ät) gelegen haben und deshalb suchte man dort nach seinen 
Ruinen. Wirklich hat man auch i^ Stande davon zwar kein Astarot, 
wohl aber einen Hügel 'Estere gefunden und dieser gilt jetzt fast 
allgemein für Astarot; nur Carl Ritter (Palästina und Syrien II, 
822) äufsert seine Bedenken und will die Frage noch als oiFene be- 
trachtet wissen. 

Während meines Aufenthalts in Der'at sprachen wir des Abends 
im Menzül (Gastzimmer) des Scheichs von der Vergangenheit des 
Ortes und es interessirte die Leute in hohem Grade, dafs ihre Stadt 
die Residenz eines Königs gewesen sein sollte. Neugierig waren sie 
auf den Namen der zweiten Residenz. Ich nannte ihnen 'Asterät, 
Astra, Bet 'astra und andere Variationen des Wortes, aber es wa- 
ren lauter unbekannte Laute. Endlich rief ich aus: Die Stadt liegt 
ganz nahe, beini Teil 'Est er e. Es erhob sich ein seliges Gelächter; 
Alle kannten den unscheinlichen Hügel, wie sie die Höfe ihrer Häuser 
kannten, und versicherten mir, dafs dort nicht einmal ein grofses Dorf 
gestanden haben könne. Dennoch erklärte ich, am nächsten Morgen 
den Hügel besuchen zu wollen; da erhob sich aus der Mitte der zahl- 
reich versammelten Gemeindeältesten ein Mann und sagte: „Glaube 
mir, dafs wir es den Ruinen recht wohl ansehen, ob sie ehemals eine 
grofse Stadt gewesen, oder nicht, aber auf 'Estere stand einst ein Klo- 
ster oder ein Wachthurm, — läkin 'omrhä ma känet kursi melik — 

') Diese Tradition war, insofern sie Karnaipa auf dem Haur&n- Gebirge suchte, 
gewifs falsch; dieser Ort wird nur in den Bergen der Bel^k gesucht werben kön- 
nen. Und dafs ^Astarot bei Karnähn«» in 1. Mos. 14, 6 nichts mit dem basaniti- 
sehen Astarot zu schaßten hat, sagt eben der Zusatz „bei J^larnaim«, wodurehes von 
jenem unterschieden wird, Die samaritanische Version des Pentateuchfl hat bekanntr 
lieh an dieser Bibelstelle gar nicht 'Astarot, sondern 'Afinit. 



110 

aber sein Lebelang war es keine Residenz eines Königs.^ Darauf bin 
ritt ich am nächsten Tage zur ^ Stadt der Thdrme^ (Umm el Meja- 
din) in der Z^di- Niederung und nicht nach Teil 'Estere. 

Hieronymus kennt sogar zwei Astarot genannte Kastelle zwi- 
schen Derat nnd Abil; warum erklärt er sich nicht, welches von beiden 
die Stadt Og's gewesen ist? Aber was konnte denn der Kirchenvater 
von dieser längst verschwundenen Stadt wissen? Oder verdient die 
Eilfertigkeit, womit er auf geringe Lautähnlichkeit hin so oft irrige 
geographische Bestimmungen gemacht hat, so viel Vertrauen, dafs wir 
seine Autorität über die der Bibel stellen dürften? Denn diese selber 
nöthigt uns, Bo^rä für identisch mit Astarot zu halten. Der halbe 
Stamm M anasse erhielt bekanntlich das ganze Bas an, von dem er 
jedoch nach 1. Chron. 7, 71 die zwei Städte Golän und Astarot an 
die Leviten abtreten mufste. Dieser Bestimmung wird auch Josua 
21, 27 gedacht, nur heifsen hier diese beiden Städte Golan und Be- 
'ästera. Dafs die Worte 'Astarot und Be'ästera eine und dieselbe 
Stadt bezeichnen, steht aufser allem Zweifel, denn die Leviten erhielten 
nur zwei Städte in Basan, nicht drei oder mehrere, es fragt sich nur, 
wie die Stadt anscheinlich zwei Namen haben konnte. Die nächstlie- 
gende Erklärung ist die, dafs der eigentliche arabische Name der Stadt 
(und im Haurän wird niemals eine andere als die arabische Sprache 

gesprochen worden sein) Bet astera (äyCjw^^x: c^wo) « Tempel der 

'Astera (Astarte)** war, der sich im Munde des Volks in Be'astera 
contrahirt hat, ebenso wie neuerdings ein ausgezeichneter Archäolog 
(Prof. Dr. Tuch in Leipzig) das Wort Babel als aus Bet bei 
„Tempel des Bei" entstanden erklärt hat. In der syrischen Sprache 
war diese Verstümmelung des Wortes B^t bei Ortsnamen ganz ge- 
wöhnlich, und sie ist es noch jetzt in S3n'ien. Man verkürzt dadurch 
die Namen^ um sie geläufiger zu machen. So heifst die Residenz der 
christlichen Emire vom Libanon Bet rummana, aber man spricht 
und schreibt nur BerummA.na. Einige Stunden Östlich von Damas- 

kus liegt die Ortschaft Bet Sawä (\y^ o^-o)» deren Einwohner Be- 
sawi ((^g^^) lind Beswani heifst. Die Bewohner der Ortschaften 

Bet Sahir (^U o^-o) und Bet Timä im Districte Iklim el Bel- 

lan (auf dem Hermon) heifsen Besabire und Bejätime. So viel 
über die Form Be'ästera. Was nun den andern in der Bibel häu- 
figeren Namen *Astarot anlangt, so liefs man einmal das Wort Bet 
gänzlich weg, ein Verfahren, zu dem sich in der Bibel häufige Ana- 
logien finden (wie Ba'l Me'on statt Bet Ba'l Me*6n, *Azmawet 
Statt Bet 'Azmawet, Rehob statt Bet Rehot u. s. w.), und gab 



111 

dem übrigbleibesden'Astera die Plnrfdform 'Aster&t, welche in der 
wahrscheinlichen Bedeutung ^Statuen der 'Astarte^ sich mehi* zur Ber 
Zeichnung einer Oertlichkeit eignete als die Singularform , welche der 
Name der Göttin selbst war *); Von dieser rein arabischen Plural- 
form 'Asterat giebt uns die Bibel nur das nom. gentile 'Asterati ^ein 
aus 'Astarot Gebürtiger^ (1. Chron. 11, 44), während sie für die Stadt 
selbst nur die hebraisirte Pluralform 'Astarot hat, eine Bildung, die 
nur im Idiome des cisjordanischen Palästina möglich, in Haur4n da- 
gegen, wie im übrigen Arabien unbekannt gewesen sein wird. Dort 
wird die Stadt immer 'Asterat oder Be'astera geheifsen haben. 
Dafs der letztgenannte wenigstens in der Folgezeit der gewöhnlichere 
Name der Stadt war, ist daraus ersichtlich, dafs man dieselbe, als sie 
sich unter Trajans Regierung aus den Ruinen neu erhob, Nova 
Bostra d.h. Neu-Be'astera nannte. Jeder Kenner der semitischen 
Sprachen weifs, dafs die Form Be'astra (nnrWü) gar nicht passen- 
der latinisirt werden konnte, als mit Bostra, worin der o-Laut das 

3» wiederzugeben sucht, üeber die Form Bosra ((^.jwaj), den heuti- 
gen Namen der Stadt, brauchen wir keine Rechenschaft zu geben, da 
sie factisch und unbestritten eine spätere Verstümmelung von Bostra 
ist. Das fremde Volk der Sabäer, welches jene Gegenden neu bevöl- 
kerte, hatte keine Traditionen von 'Astarot und der Astarte, und sie 
verwandelten das ihnen nichts bedeutende Bostra in das formell und 
etymologisch ihnen geläufigere Bosra *). So viel über die Identität 
von Astarot und Bosra. 

Es ist kaum denkbar, dafs die neue sabäische Niederlassung in 
Syrien dem Wiederaufbau von Bostra fern geblieben sein sollte, viel- 
mehr wird sie die. eigentliche Veranlassung dazu gewesen sein und die 
Majorität der Bevölkerung der neuen Stadt geliefert haben. Es ist ge- 
schichtlich erwiesen, dafs unter dem Kaiser Trajan keine römische 
Ck)lonie nach Syrien gekommen ist und Bostra selber die seinige erst 
unter Alexander Severus erhalten hat; die eingeborene acker- 
bautreibende Bevölkerung in jenen Gegenden, dem Eldorado der Wan- 
derstämme, wird aber damals kaum so stark gewesen sein, dafs man 

*) Dieser Nachweis würde freilich vereinfacht werden, wenn wir das Wort 
'Aätaröt für einen dialectischen (phönizischen') Singular nehmen durften; aber das 
Vorkommen einer solchen Singularbildung im Phönizischen ist noch zweifelhaft, auch 
wttrde ihre Anwendung bei einer arabischen Stadt (statt 'Aatera) und in der 
hebriiisehen Bibel (statt 'Astoret) ungemein auffallend sein. 

') Die christliche Kirche Syriens hat eine anscheinlich ältere Form des Namens 
aufbewahrt; auf dem Amtssiegel des Bischofs von Bo^rä (in partibus) steht Me- 

tropolitan von Busrft (|j***^ Q^^iw), welches durch sein 8(55^} dem lateini- 
gchfln Bostra und ftlt^en Be'ltatra nllher steht 



112 

für sie auf einmal einige hubdert Quadratmeilen nenes Äckerland nothig 
gehabt haben sollte*, und doch scheint gerade das Bedürfnifs, einer 
grofsen ackerbautreibenden Colonisation Land und Schutz zu geben, 
die nächste und hauptsächlich mafsgebende Veranlassung zum Aufbau 
Bostra's gewesen zu sein. Als im Jahre 1851 die Räubereien der Be- 
duinen in Gedür unerträglich wurden, richteten die Damascener an 
den damaligen Militair- und Civil -Gouverneur Emin Pascha, einen 
übrigens ganz vortrefflichen Beamten, das Gesuch, er möchte ein Ba- 
taillon Linientruppen mit einer leichten Batterie in Bosra Stationiren, 
weil dadurch nicht nur die Sicherheit des Landes gewährleistet, son- 
dern auch der ganze Hauran für den Ackerbau gewonnen werden 
wurde. Dieser Zusatz verdarb die Sache, denn sie wurden beschieden, 
dafs die Regierung bereit sei, Militair nach Bosra zu schicken, nur 
möchtet! die Bittsteller erst die neue ackerbautreibende Bevölkerung 
herbeischaffen. In Winer's bibl. Realwörterbuche ünden wir unter 
dem Artikel „Bozra* eine Stelle des Damascius angezogen, die über 
das Verhältnifs der Selihiden zu dem neuen Bostra beachtenswerthe 
Andeutungen zu geben scheint; nach ihr habe man beim Aufbau 
dieser Stadt unter Trajan nur ein altes Wachtschlofs (na- 
Xaiov q)Q0VQWv) vorgefunden, in dem der Dionysos verehrt 
wurde; das Land selber habe unter arabischen Königen 
gestanden. Dafs der wichtigste Punkt Haurans bis auf ein altes 
Wachtschlofs verschwunden war, beweist die völlige Verödung des Lan- 
des in jener Zeit, sowie der Dionysos - Dienst in Astarot die An- 
nahme rechtfertigt, dafs das Volk, welches die Astarte, die syrische 
Himmelskönigin {./iatQooQiri) dort verehrt hatte, verschwunden war 
und einem neuen Volke mit fremden Göttern Platz gemacht hatte. 
Dieses neue Volk werden die Sabäer, jenes mit dem Dionysos identi- 
ficirte Idol wird das ihrige und die „arabischen Könige, unter denen 
damals das Land gestanden^, werden ihre, Könige gewesen sein. Wollte 
.man auch zugeben, dafs der Gultus des griechischen Dionysos viel- 
leicht schon zur Zeit der Seleuciden in diesen entlegenen Winkel Sy- 
riens gedrungen sein könnte, so zwingen uns doch Geschichte und Nu- 
mismatik, diesen Dionysos nicht allein für ein rein arabisches, son- 
dern selbst für ein sabäisches Idol zu halten. Nach Hesychius 
und Stephanus Byzantinus war dieser Dionysos eine arabische 
Gottheit und sein eigentlicher Name jJovaaQf}. Auch Andere sprechen 
von diesem Dusares und Tertullian erwähnt die Dusaria als 
Spiele zu Ehren des Dusares, mit dem Zusätze, dafs derselbe das 
Idol der Araber gewesen, wie die Astarte das der Syrer. 
Der einheimische Name dieser Gottheit war Du S'ara ((3j^^*3) und 
die arabischen Schriftsteller erwähnen sie oft, sowie man in jedem 



« 

Originallexikon der arabischen Sprache eine wenn auch meist kurze 
Notiz über sie findet '). Allenthalben, wo der Du S'ara erwähnt wird, 
finden wir die für uns wichtige Angabe, dafs er der Götze der Dan- 



o ^ 



81 den ((j*»3v>) gewesen, eines Stammzweigs der Azdiden, zu dem 

nach dem einstimmigen Zeugnisse der arabischen Historiker die Ge- 
sammtmasse des Volkes geh(')rte, welches das osttenuchidische Reich 
am Euphrat gründete *). So kam sein Cult in die syrische Wüste, 
und er war wohl das vornehmste, wenn nicht einzige Idol der bei- 
den tenuchidischen Reiche, denn der Ausdruck, ^er sei der Götze der 
Dausiden gewesen**, will wohl — ohne den Du S'arä- Dienst bei an- 
dern sabäischen Stämmen und namentlich bei den Selihiden zu negi- 
ren — nur so viel sagen, dafs sich das Heiligthum desselben im frü- 
heren Stammgebiete der Dausiden befunden hat, oder dafs dieser Stamm 
das erbliche Vorrecht des Tempeldienstes und der Tempelwache be- 
safs, wie dasselbe ehrenvolle Vorrecht der Stamm B[oreis beim Tempel 
in Mekka und der Stamm Levi beim Tempel in Jerusalem hatte. 
Aber selbst diese Erklärung würde unnöthig werden, wenn sich die 
Nachricht des Ihn Dureid *) bestätigen sollte, nach welcher die Se- 
lihiden selber eine Kabile (ein starker Stammzweig) der Dausi- 
den gewesen wären. 

In Haurän scheint sich die Verehrung dieses dem Dionysos ähn- 
lichen Du S'arä allgemein verbreitet zu haben, wenn wir anders be- 
rechtigt sind (und ich glaube, dafs wir es sind), den architektonischen 
Schmuck der hauränischen Tempel, nämlich die Trauben- und Wein- 
laubgewinde, mit diesem Cultus in Verbindung zu bringen. Die Menge, 
ja AusschlieGslichkeit dieser, Ornamente ist, wie schon in meinem Be- 
richte erwähnt, sehr auffallend und sie sind auch andern Hauränreisen- 
den keineswegs unbemerkt geblieben. Dazu kommt als wichtiges Mo- 
ment, dafs- die in dem neuen Bostra geschlagenen Münzen grofsentheils 
die unverkennbaren Symbole des Dionysos- oder Dusarencultus an 
sich tragen, bald das Bild des Silenus mit dem Weinschlauche auf 
der Schulter, bald eine Traubenkelter innerhalb einer Mauerkrone, oder 
auf einer Tafel stehend, an die eine Leiter angelegt ist, sogar mit der 
Aufschrift Dusar, oder der häufigeren Legende: Metropolis Bostreno- 
rum Actia Dusaria *). 



') Vergl. Freytag, Lex, Ardb. 11, p. 417. Osiander, über die vorislami- 
Bche Religion der Araber, in der Zeitschrift der deutschen morgenländ. Qesellschaft 
Bd. 7, p. 468 ff. 

^) Vergl. Fleischer 's Äbulfedd anteislcm. p. 120. 

^) J. Jac. Reiske, Historia rtgnorum arabicorwHf ed. F. WUstenfeld, 
1847, p. 25S. 

*} Vergl. Ober die Bostra -BllOnxeii £ckh.el, Doctr, Nvmor. III, 500 ff. ^- 



114 

Es ist, so viel mir bekannt, noch von Niemandem versucht wor- 
den, den bostrenser Dnsaren-Cnltns mit der sabäischen Einwanderung 
in Peräa in Verbindung zu bringen, wenn man dies aber nach obiger 
Darstellung thun mufs, so liegt auch die Annahme sehr nahe, die über- 
wiegende Bevölkerung des neuen Bostra für Sabäer zu halten. Die 
Thatsache, dafs wir seitdem in der neuen Stadt eine römische Be- 
satzung finden, von der dieselbe in der Geographie des Ptolemäus 
Bostra Legio genannt wird, würde nur beweisen, dafs diese Garni- 
son zur Behauptung der römischen Oberhoheit unter einem Volke 
nöthig war, welches in diesem entfernten Theile des Reichs dann und 
wann Unabhängigkeitsgelüste haben mochte. In der Folgezeit waren 
die Römer sogar genöthigt, in zehn transjordanische Festungen starke 
Besatzungen zu legen, um das freiheitsliebende Volk in Zaum zu 
halten *). 

Den Selihiden, unter welchen die neue Cultur in Peräa begon- 
nen hatte, war es nicht vergönnt, diese zu vollenden 5 nach einem viel- 
leicht noch nicht 140 Jahre langen Besitze des Landes traten sie vom 
Schauplatze der Geschichte wieder ab und machten einem andern Volke 

Platz. Es waren dies die Gefniden (iuLÄ5>- J')? ®i^ Zweig des be- 
reits genannten sabäischen Volkes der Azdiden. Sie hatten laut 
Angabe der arabischen Historiker nach dem Durehbruche der Dämme 
von 'Arim ihre Heimath Jemen verlassen und sich durch den Hi- 
gäz nach Syrien gewendet. Die zerstreuten Nachrichten über diese 
Wanderung sind noch nicht gehörig gesammelt und geordnet, doch 
läfst sich mit genügender Sicherheit angeben, dafs ein Theil der Aus- 
wanderer bei den Städten Mekka und letrib (Medina) zurückbHeb^ 
ein anderer sich in Peträa festsetzte, und der Rest nach Syrien zog, 
wo er sich am Wasser Gassan lagerte, von dem das Volk den Na- 
men der Gassaniden erhielt, den es in den Geschichtswerken ge- 
wöhnlich führt. 

Ich war eine Zeitlang der Ansicht, jenes „ Wasser ** (^Lmx ^U) 

bezeichne einen Wädi oder Cisternen bei der Ortschaft Gas sau, welche 
zwei Stunden nördlich von Bosrä liegt und die Gefniden hätten bei 
ihrer Einwanderung in Syrien, die mir gegen Ende des ersten oder 
Anfang des zweiten Jahrhunderts nach Christus stattgefunden zu haben 
schien, daselbst ihr Lager aufgeschlagen und das benachbarte Be'ästra 
aufgebaut, das sie dann ihrem neuen römischen Oberherm •*- bei dem 



Ein kostbarer archäologischer Apparat Über Bostra findet sich in CarlRitter's 

Palästina und Syrien II, 968 ff. 

») Vergl. Notitia DignitaU Or. ed. Bocking, Bonn 1889. Cap. XXX. 



115 

sie wohl auch um diie Erlaubnifs zum Aufbau der Stadt eingekommen 
sein, und bei dessen Beamten in Sjrrien sie vielleicht selbst Unter- 
stützung beim Baue gefunden haben mochten — zu Ehren Nova Tra- 
jana Bostra benannt hätten. Die Bostrenser Zeitrechnung, wel- 
che sich von da ab in den hauranisehen Inschriften findet, wäre dann 
ebensowohl die aera ab urbe condita, als die neue Reichsära der Gef- 
niden gewesen, denn Bostra war bis zum Untergange des öassaniden- 
reichs im Jahre 6 35 nach Christus die Hauptstadt desselben, und mei- 
stens auch wohl die Residenz seiner Könige. Nun gestatten zwar die 
ziemlich confosen Annalen die Annahme einer so frühen, ja noch frü- 
heren Einwanderung der Gefniden, aber ich habe mich schliefslich doch 
dafür entscheiden müssen, dieselbe in das zweite Viertel des zweiten 
Jahrhunderts zu versetzen, wonach der Wiederaufbau von Be'ästra um 
das Jahr 106 nach Christus nicht unter diesem Volke, sondern nur 
unter den Selihiden stattgefunden haben kann. Auch habe ich unter 
den übrigens durchweg vagen Nachrichten über die Lage jenes „öas- 
sän^ keine gefunden, welche seine Identificirung mit dem hauranisehen 
(jrass&n begünstigte. Das geographische Lexicon des Jal^üt bringt 
vier Angaben, von denen er die allgemeinste absichtlich voranstellt. 
Es ist ein Wasser, sagt er, an dem sich die Beni Mazin ihn el 
Azd (d. h. die Gefniden) lagerten und von dem sie den Namen der 
öassaniden erhielten. Nach Andern liegt es auf dem edomitischen Ge- 

birge, dem Gebel Sera (jü^^Ji), und von hier aus hätten die Gef- 
niden mit Selihiden und Römern (Rum) wegen Aufnahme in S3rrien 
Unterhandlungen angeknüpft. Gegen die Verpflichtung Tribut zu zah- 
len, sei ihnen die Aufnahme gewährt worden, worauf sie unter Anfüh- 
rung des Talabe in die syrische Steppe (bädiet es S'äm) d. h. in die 
Belkä gezogen seien. 

Als die Veranlassung zum Kriege, der bald darauf zwischen Se- 
lihiden und Gassaniden ausbrach, nennen die Historiker die Rücksichts- 
losigkeit, womit der Selihide Sebit, ein Enkel des obenerwähnten 
Dag am, beim Eintreiben des Tributs gegen die Gassaniden verfuhr. 
Durch seine ..Drohung, die Familie des Talabe bis zur Bezahlung des 
fälligen Tributs als Pfand zu nehmen, fühlte sich Gida\ der Bruder 
des Talabe, so beleidigt, dafs er ihn auf der Stelle tödtete. Der 
Krieg, zu dem diese That wohl nur die formelle Ursache gewesen, 
endigte nach mehrjähriger Dauer damit, dafs die beiden Völker ihre 
Rollen tauschten. Die Selihiden unterlagen, ihre Machthaber wurden 
getödtet und das Volk dergestalt unterworfen, dafs sein Name ver- 
schwand und der der Sieger an seine Stelle trat. 

Wir können uns für den Zweck dieser Schrift die unfruchtbare 



116 

Untersuchung ersparen, ob die öassaniden ein Yierteljahrbundert 
früher oder später an die Stelle der Selibiden getreten sind, da es uns 
nicht darauf ankommt, zu zeigen, dafs gewisse hauraniscbe Bauten Ton 
dem einen und andere von dem andern Volke herrühren, sondern nur, 
dafs die Masse derselben sabäischen Ursprungs ist; dieses aber sind 
sie, sie mögen von den Selihiden oder (jrassaniden herrühren, da beide 
gewissermaisen ein und dasselbe Volk waren. Auch wird sich aulser 
da, wo Annalen oder Inscriptionen bestimmte Anhaltepunkte bieten, 
schwer ermitteln lassen, was von diesen Bauten den SeHhiden oder 
ihren Nachfolgern angehört, zumal jene von diesen nicht ausgerottet, 
sondern nach dem Zeugnisse der Historiker nur unterworfen worden 
sind. Dennoch läfst sich mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dafs der 
bei Weitem gröfsere Theil dieser Bauten von den (j-assaniden stammen 
müsse, weil diese die lange Zeit von fünfhundert Jahren jene Län- 
der als das herrschende Volk besessen haben. Und in der That ha- 
ben uns die arabischen Geschichtschreiber die Namen einer ungewöhn- 
liehen Menge von Gassauidenbauten im Osten des Jordan aufbewahrt. 
Mehrere derselben wurden auf meiner Reise wiedergefunden, andere 
von früheren Reisenden besucht, wieder andere werden von den ara- 
bischen Geographen erwähnt und bei ihrer soliden Bauart werden sie 
noch sämmtlich vorbanden sein. Diese Denkmäler, unumstöfsliche Ar- 
gumente einer grofsartigen transjordanischen Cultur unter den Gassa- 
niden, wollen wir im Folgenden einer näheren Besprechung unter- 
ziehen. 

Während meiner ganzen Reise war es mir beim Anblicke dieser 
Bauten nicht in den Sinn gekommen, ihren Ursprung auf die öassa- 
niden zurückzufahren. Es ging mir wie andern Haurän- Reisenden, die 
gewifs auch recht wohl wufsten, dafs jenes Volk nirgends anders als 
in diesen Gegenden gehaust haben konnte. Aber es gab Gründe, die 
den Blick trübten. Das Vorurtheil des Einen sah hier die Wohnungen 
der Refaim, die Spuren des Römerthums in Bosrä und an anderen 
Orten .verleiteten den Andern, überall im Lande Römerbauten zu sehen, 
während wiederum die zahllosen griechischen Inschriaen mit den Zei- 
chen des Christenthums aus dem 4ten und 5ten Jahrhunderte die An- 
sicht begünstigten, das Ganze für Monumente einer byzantinischen 
Cultur zu halten. Dazu kommt, dafs die Geschichte der öassaniden 
wenig beachtet, fast gering geschätzt worden war. Die Nachrichten 
sind dürftig, die Könige waren nicht einmal sou verain und als „Statt- 
halter der Cäsaren CUmmäl el Kejäsire) über die Araberstfimme*' konn- 
ten sie selber als halbe Beduinen gelten. Daher nehme ich keinen 
Anstand, zu gestehen, auf welche Weise ich über die Urheber jener 
Bauten zur Erkenntnifs gekommen bin. Auf dem Wege von Karta 



117 

nach No'^me in der Nu^ra atiefsen wir auf einen umflSaglicben, 
schlofsartigen Bau, den man uns Seda (^tjuuo) nannte. Der Name 
fiel nur auf; ich hatte irgendwo von einem hauränischen §Sda geler 
8en und folgendes Hemistich eines YerseSy worin es erwähnt wird, war 
mir noch erinnerlich: 

wa ^afrun bi Sdd&'a, aDati 'inda H&rib 

and ein Schlofs in Sddä, welches bei H&rib liegt 

Ich fragte meinen in der poetischen und historischen Literatur sei- 
nes Volkes sehr belesenen Gefährten Muhammed Effendi, ob er 
den Vers kenne? Er verneinte es, fugte aber hinzu, dafs ihm das im 
Verse erwähnte H&rib bekannt sei; es liege westlich von Mezer ib. 
Indem wir die Ruine nach einer Inschrift durchsuchten, die wir nicht 
fifimden, da das Portal, der gewöhnliche Platz der Inschriften, zu einem 
wüsten Haufen Quadersteine zusammengestürzt war, interesslrte mich 
die im Wesentlichen völlige Gleichheit dieses Baues mit allen übrigen 
haur&nischen Bauten besonders darum, weü ich mir gestehen mufste, 
da& eine Auskunft über den Ursprung dieses Schlosses zugleich eine 
Auskunft über den der übrigen haurdnischen Baudenkmäler sein würde, 
und gerade diese Auskunft glaubte ich da, wo ich jenen Vers gelesen, 
zu finden. Diese Combination schien auch meinen beiden intelligen- 
teren Begleitern, Muhammed Effendi und Derwisch Regeb so 
richtig, dafs wir später bei allen Orten, die wir in der Nu]h:ra, im 
Legä und im Osten desselben berührten, fast unwillkürlich den Mafs- 
stab von $edä anlegten und allenthalben wiederzufinden glaubten. Um 
so mehr verlangte es mich zu wissen, wo ich den Vers gelesen. In 
Damaskus legte ich ihn mehreren meiner gelehrten Freunde, aber ohne 
Erfolg vor und die Sache blieb unerledigt. Erst vor Kurzem fand ich 
den Vers zufällig wieder. Ich war beschäftigt, zur Herstellung der 
Karte meiner Reiseroute die Winkelmessungen aus meinem Tagebuche 
auszuziehen, als mir eine bei der süd^auränischen Ortschaft Karis, 
wo ich einige Punkte des Hochplateau's der Genät gemessen hatte, 
eingetragene Notiz auffiel. Zu einem dieser Punkte nämlich, dem im- 
posanten Schlosse Gefne, hatte mein dortiger Führer Hamed, Sohn 
des Scheichs in £[r^je, bemerkt, dafs es ein denkwürdiger Bau sei, 
weil es die Residenz des Königs Gefne gewesen, der nach der Tra- 
dition sechs hauraniscbe Städte gebaut habe. Eine ähnliche Bemerkung 
habe ich am Teil el Loz eingetragen, wo ich in den Zelten der Sir- 
h an -Beduinen abgestiegen war. Da nun bekanntlich einige (jrassani- 
denkönige Gefne hiefsen, ja der ganzen Dynastie selbst dieser Name 
beigelegt wird^ so veranlafsten mich diese Bemerkungen, in den An- 
nalen des Hamze el Isfahäni die Geschichte der öassaniden nach- 
zuBchlagen, und hier fand ich den gesuchten Vers wieder. Ich hatte 

9 



im Jabre 1844, wo fierr Dr. G'ott^aldt ih Petenbufg (j«tet Pro- 
fessor in ^asan) die Annalen des Hattize in Ldpeig drnclreti liefe, die 
Correctur öbernommeh, und aus jener Zeit war mir die Stelle, wahr- 
scheinii6h wegen der ÄuffMligeh Uebereinstimmung des Wortes l^edä 
mit der gleichnamigen Küstenstadt (dem alten Sidon), etikmerlich ge- 
blieben. Hamze bringt das Hemlstieh unter dem Könige No'män III., 
wo er erwähnt, dafs *Ämr, der Vater desselben, die Königs würde ab- 
gelehut und es Vorgezogen habe, der Armee ntkd dem Kriege zu leben. 
Es gehört zu einem grösseren Gedichte des gefeierten Sängers Na* 
biga, worin dieser Fahegyriket der öassanidenkönige jenen 'Amr be- 
singt. Der Geograph Jäküt bringt unter dem AHikel Harib drei 
Distichen dieses Gedichts, nach denen es scheint, dafis 'Amr in SSda 
begraben worden '). In denselben Versen werden aufs^ Seda und 
HS.tib noch zwei andere Schlösser der Gassanidenkönige genannt, näm- 
lich Gillik uttd el Muhärib. Gillik WOrde nach Hamze vom Ko- 

• • • • 

nige Gefne I. erbaut, der auch dcuselbst begraben zu sein scheint. 
Ich habe auf dieser Reise nicht von dem Orte gehört, wohl nur, weil 
ich nicht darnach gefragt habe. Er scheint im südlichen Haur&n zu 
liegein und ein grofsartiger Bau gewesen zu sein, der noch unter den 
ümawiden- (Omajaden-) Chalifen existirt haben wird, denn nach 
Jik;üt haben diese nach ihrer Vertreibung aus Damaskus in ihrer 
neuen neitnath Spanien eine Stadt nach diesem Orte benannt, wie 
sie auf gleiche Weise der Stadt Sevilla den Namen der syrisdien 
Stadt Ho ms tfnd zijv^ei anderen Städten die Namen Tedmor (Pal- 
myra) und Rusafe gegeben haben. Die beiden anderen Schlösser 
MnhÄrib und H&rib wurdefn nach Hamze vom Könige Gebele IL 
erbaut. Das erstere wird wohl derselbe Ort, w^elcher sonst D&t el 
Muhärib heifst, tmd die Grabstätte des Königs H&rit HI. gewesen 
sein. Dais Scihlofe HÄrib dagegen, weflches, wie bereits bemerkt, in 
G61ä,h, oder (hach Jäk:üt) genauer nahe bei Merg es §uffar 

(-Ä^t«.-«) und innerhalb des (ehemaligen) Gebiets derKudaiden, 
also an den nordwestlichen Grenzen von Batanäa liegt, ist vielleicht 



') Statt „ein Schlofs (kasr) in Sedä** liest Jäküt nach dem Zusammenhange 
richtiger „ein Grab (kabr) in Sßdä". Auch ist Sedä nicht ein Dorf, in welchem 
i3in Schlofs stehen konnte, sondern es ist das einsam stehende Schlof» selber. Da 
wir nodh öfter Gelegenheit haben werden, d«n Text der erwähnten Ausgabe des Harns e 
zu berichtigen, so mufs hier bemerkt werden, dafs diese JFehler nicht auf Rechnung 
des Herausgebers kommen, der eine Menge scharfsinniger und glücklicher Conjecturen 
zur Verbesserung des Textes gemacht hat, aber "bei der Verderb thelt der wenigen Co- 
dices, dib der Ausgabe zu Grunde lagen, keinen correcteren Text herstellen konnte. 
Dafs sich übrigens Herr Gottwaldt durch die Ausgabe dieser ältesten und kost- 
baren Geschichtsquelle ein Verdienst erworben hat, ist bereits vielfach anerkannt 
worden. 



119 

derselbe Palast, ybn dessen Oröfse und herrlicher Aassicht Über den 
See Genezaret nnd Galiläa man selbst in Damaskus noch spricht. Es 
war die beständige Residenz seines Erbauers Gebele II., wurde von 
No*man III. umgebaut und scheint auch der Lieblingsaüfenthalt des 
Königs No'män VI. gewesen zu sein, denn Nabiga ') sagt in sei- 
ner Elegie auf den Tod de& Letzteren: 

Härib in Gr61ftn weint über seines Herrn Verlns't, 
Und Hanr&n ist von Schmerz gebeugt und abgehKrmt. 

Golan seheint überhaupt derjenige Theil ihres Landes gewesen 
zu sein, wo sich die (jfassanidenkönige am liebsten aufhielten, denn 
auch Härit V. lebte nach Hamze beständig dort und zwar in Ga- 
bis (xajL^I), einer Stadt, die zwischen Nawäund Tesil in der Nähe 
des Teil ei Gumü' (p j^t J^') an der Strafse von Damaskus nach 
Kanetra liegt. Burckhardt reiste an Gabie vorüber (Reisen in 
Syrien imd Palästina, übers, von Gesenius, p. 443), ohne es zu be- 
suchen. Jäküt sagt, der Ort liege in der Nähe von Merg es Suf- 
far *) und des nördlichen Hauräns gegen Golän zu. Schaue man 
von Sanam^n gegen Süden, so sähe man GS.biS, desgleichen sei es 
von Nawä aus sichtbar. Dann spricht er von den merkwürdigen Ei- 
genschafken einer nur eine Spanne langen Schlangenart, die sich auf 
dem nahe dabei gelegenen Teil el GäbiS finden soll, worauf er der 
im siebenzehnten Jahre der Higra stattgefondenen historisch denkwür- 

' ) Ist der Name mehrerer Dichter am JSofe der Gassaniden nnd in Hfra ; der bekann- 
teste ist NÄbi^a Dubjäni ^^u^jlXJ! ^<^lj), einer der gröfsten arabischen Dichter 

vor Mu^ammed; er lebte hochgeehrt am Hofe der Tenuchiden- Konige in Hira, bis 
ihn eine Intrigue seiner Feinde um die Gunst des Fürsten (damals No'm&n 'abü 
Ma^rür) brachte. Man verbreitete nnter seinem Namen eine Satyre auf die bürger- 
liche Abstammung des Königs mütterlicherseits. Seine Matter Selma war nämlich 
eine Goldschmiedtochter aus der jüdischen Stadt Fadak. Näbiga floh nach Sy- 
rien zum Gassaniden- Könige Gebele VI., der ihn ehrenvoll aufnahm. Hier dichtete 
er einen Cyclus von Gresängen zmn Lobe der Gassaniden- Könige. 

*) Alfred V, Kremer's „ Damaskus und Mittelsyrien" (Wien 1868), ein Buch, 
dessen erstes Drittel sehr schätzbare Auszüge aus arabischen Hifitorikem über die 
ältere Geschichte von Damaskus enthält, identiflcirt auf pag. 6 Merg es l^uffar 
irrthümlicfa mit Merg Rähif. Letzteres ist gleichbedeutend mit el Merg, einem 
Landstriche östlich vom Damascener Gartenreviere, welcher bekanntlich zwischen el 
]9!gäne und 'A§rä liegt. Dagegen ist Merg es.l^uffar eine Gegend in Gölän, 
die an den nordwestlichen ]p!aurän angränzt. Hiemach ist auch die Stelle p. 17 
zu streichen, wo Hr. v. K. sagt: »Ich weifs nicht, nach Welcher Quelle Weil in 
seiner Geschichte der Chalifen angiebt, die Ebene Merg es Suffar liege süd- 
westlich von Damaskus; nach meinen 'Beobachtungen an Ort und Stelle ist die öst- 
Bch von Damaskus gelegene Ebene allein zum Schlachtfelde fUr ein so bedeutendes 
Heer geeignet, wie das des Abu *Obeida war u. s. w. •* WeiTs Quellen sind die 
richtigeren gewesen. Abu 'Obeida, welcher nach der Schlacht am Jermük neue Yer- 
haltungsbefehle einholte, lagerte sich bis zu deren Eintreffen in dem an den JermQk 
angrenzenden Golän, weil er daselbst für seine Pferde und Kameele die nöthige 
Weide fand. 

9» 



120 

digen Reise des Chalifen 'Omar von MediBa naeh OibiS imid der 
beröhmtea Predigt gedenkt, die der Chalife in dieser Stadt zu halten 
Teranlafst wurde (wahrseheioüeh am die in der dortigen Gegend mfich- 
tigen (jassaniden für die neue Ordnung der Dinge zu gewinnen). End- 
lich erwähnt er noch den sonderbaren Ausspruch des Propheten, „dafo 
die Seelen der Gläubigen zu GÄbie in Syrien und die der Unglänbir 
gen im Brunnen des Thaies Burhut in Ha^amant ihren Aufenthalt 
haben würden.^ Dann folgen mehrere längere Dichterstellen zum Lobe 
von Gabie. Die Umgebung der Stadt scheint sehr fruchtbar und ihre 
Lage eine überaus freundliche zu sein. Früher hatte Damaskus zwei 
Thore, die nach dieser Stadt benannt waren, dn gro&eres und ein 
kleineres Thor von Gäbig; gegenwärtig trägt nur noch eines diesen 
Namen. Jetzt ist Gab ig wie die meisten Ortschaften 0614ns verödet 
und unbewohnt. Neben der Anmuth des wasserreichen Landes wird 
es für den häufigen Aufenthalt der 6assaniden- Könige in Grolan noch 
andere Gründe gegeben haben. Bei dem Ueberflusse, den diese Ge* 
gend Sommer und Winter an grüner Weide hat^ wird, wie zu allen 
Zeiten, so auch damals eine grofsartige Pferde-, Rinder- und Kldnvieh- 
zucht dort getrieben worden sein, an der die Landesfursten ohne Zweifel 
direct betheiligt waren. Um sich die Steppe tributär zu erhalten, mufs- 
ten sie immer eine zahlreiche und vorzügliche Reiterei besitzen, wäh- 
rend der starke Feldbau des eigenen Volkes far reichlichen Zuwachs 
an Zugochsen Sorge tragen liefs. Der gröfste Theil Hauräns nämlich 
kann keine Viehzucht haben, weil es daselbst nur höchstens fünf Mo- 
nate lang grüne Weide giebt und das Vieh den übrigen Theil des 
Jahres auf eine kostspielige oft unerschwingliche Stallfutterung ange- 
wiesen ist. Ich bemerke dies ausdrücklich, damit man die „Stiere und 
Widder Basans^, die hin und wieder in der Bibel erw&hnt werden, 
nicht etwa im Mittelpunkte, nämlich in der Nul^ra, sondern nur in 
der nördlichsten Provinz des alten Bas an, im Lande Golän suche. 
Auch heutzutage wird nicht nur Gedür und Haurän, sondern auch 
die Umgegend von Damaskus, und der gröfste Theil des südlichen 
Antilibanons und Palästina's aus Golän mit Zugstieren ver- 
sorgt. Man leistet einem der dortigen Stämme eine Vorauszahlung von 
einhundert Piastern (oder sechs Thalern preufs. CJour.) und erhält da*« 
für im dritten Jahre einen ausgewachsenen Zugstier. Ein anderer 
Grund, der den Aufenthalt jener Fürsten in Golän wünschenswerth 
machte, mochte die Ueberwachung der Wanderstämme gewesen sein, 
die wie gegenwärtig auch in jener Zeit ihre Eameele für die Sommer- 
monate nach Golän gefahrt haben werden. Der Zusammenflufs zahl- 
loser Heerden und die Erhebung der Hutgebühren mochten nicht selten 
zu Streitigkeiten und Unordnungen Anlafs geben, welche die Anwer 



121 

Benheit oder Nfihe des LandesfSrsten leichter verhindern oder schlichten 
konnte. 

Es Ififet sich aus Hamze's Annalen noch deutlich erkennen, wo 
die gassanidische Cultor begonnen und wie sich allmählich ihr Feld 
erweitert hat. Die ersten Bauten finden wir im südlichen Haur^n und 
in der Bel^; von da, aus verbreiteten sie sich über die NuJ^a und 
Golan, später begegnen wir ihnen am todten Meere einerseits und im 
Osten Haurins andererseits, und zuletzt sogar östlich von der Ruhbe 
und im Palmyrenischen. Diese Verbreitung der Bauwerke von dem 
Punkte der ersten Ansiedelung der (jassaniden aus ging natürlich Hand 
in Hand mit der Ausbreitung des Volks und zunehmenden Erweiterung 
der Herrschaft seiner Konige im östlichen Syrien. 

Der erste König (Gefne I.) baute nach Hamze aufser dem ge- 

nannten Gillil^ noch die südhauränische Stadt Kreje (^üJiitj und 

eine Anzahl Ci Sternen. Zu den letzteren gehören wohl die von Kreje 
selber; man findet ihre Beschreibung in C. Ritter 's Paläst. u. Syr. 
II, 962. Nur die schöne Cisteme i^ifAvtj) mit der achtzehnsäuligen 
Colonnade ist späteren Ursprungs ; sie wurde laut Inschrift um 210 n. 
Chr. erbaut, während die Stadt selbst um 140 schon beendigt oder 
wenigstens in Angriff genommen war, denn eine Inschrift im Innern 
der Kaisarije trägt die Jahrzahl 34 (6T0YC AA) der Bostrenser Aera. 
Setzen wir den Regierungsantritt Gefne's I. und den Anfang der Dy- 
nastie in die Zeit um 135 n. Chr., so kann dieser Ort wohl die erste 
von den Gassaniden erbaute Stadt gewesen sein und diesem Umstände 
ihre Benennung el Kreje, was im Altarabischen „die Stadt^ bedeutet, 
zu verdanken haben. Die Ruinen sind bedeutend, doch wohl nicht 
von gleichem Umfange mit denen von Bosrä, wie Buckingham an- 
nimmt. 

Der zweite König ^Amr I.) baute nach Hamze und Ab$ '1 Fedä 
(hist. anteisL ed. Fleischer p. 128) eine Anzahl Klöster, zu denen D^r 
Ejüb, Der Hä.li und Der Hind gehörten. Das erste ist das Hiobs- 
kloster, es liegt nahe am nördlichen Ufer des S'eri'at el Men&- 
^ire (Jermük), nordöstlich von Abil; hier soll Hiob gelebt und ge- 
litten haben und auch begraben sein ; auf einer dort befindlichen Stein- 
platte soll er während seiner Krankheit gelegen und aus einer daneben 
fliefsenden Quelle getrunken haben. Die Lage der beiden andern Klö- 
ster ist noch unbestimmt. Statt D. Hali (i^L>-) ist vielleicht D. el 

Ghali (vV^) zti lesen, welches nicht weit von D. l^jüb liegen kann, 
da beide zusammen in der Schlacht am Jermük dem griechisch -gas- 
sanidischen Heere als Stützpunkte dienten. Die Lesart D. Chalid ist 
verwerflich, denn dieses Kloster lag ganz nahe bei Damaskus (i Stunde 



122 

vor dem Paradieses -Thore). Ebenso hat man bei D. Hind nicht an 

das gleichnamige im damascener Bezirk BSt el abar, sondern an ein 
im Hau ran gelegenes zu denken. Es mochten mehrere Klöster den 
beliebten Frauennamen Hind tragen, wie die Stadt Hira allein zwei 
Klöster dieses Namens besafs. Der Bau dieser Klöster beweist, da(s 
'Amr I. Christ war; ob dies auch sein Vorgänger, oder schon die letz- 
ten Könige der Selihiden gewesen, von denen behauptet wird, dafs 
sie den Gassaniden nur unter der Bedingung, das Christenthnm anzu* 
nehmen, die Aufnahme in Syrien gewährt hätten, mnfe dahin gestellt 
bleiben. Unmöglich wäre es nicht; nur der Jordan trennte das Ge- 
biet dieser Völker von Galiläa, der engeren Heimath Christi and dem 
Felde seiner unmittelbarsten Thätigkeit, wo sich gewife zuerst die Be- 
völkerung in Masse zu seiner Lehre bekannt hatte. Von hier aus ver- 
breitete sich das Christenthnm um so schneller unter diesen Stammen, 
als es dieselben nicht unvorbereitet traf. Der beispiellose Kampf der 
Juden mit den Römern und der Sturz von Jerusalem wird unter den 
arabischen Stämmen bis in die äufsersten Winkel Jemens hinab einen 
erschütternden Wiederhall gefunden und alle Blicke jenem Volke und 
seiner Religion, die als die letzte Ursache des Kampfes anzusehen war, 
zugewendet haben. Die Flüchtlinge zerstreuten sich darauf über ganz 
Arabien, und mit ihnen zugleich die Sendboten der neuen Religion, 
deren Glaube sich am Tempelbrande zur Begeisterung des Märtyrer- 
thums entflammt hatte. Die (jrassaniden werden als Nation wohl der 
erstgeborene Sohn der Kirche gewesen sein. Dabei darf es nicht auf- 
fallen, dafs wir noch fortwährend auf den Bostra - Münzen den Namen 
des sabäischen Dusar finden. Das Münzrecht wird, als Prärogative 
der Cäsaren, immer unter der Aufsicht der römischen Präfecten in 
Bostra gehandhabt worden sein, und da der Dusar einmal in das rö- 
mische Pantheon aufgenommen war, so konnte sein Cultus nur mit 
der Staatsreligion selber fallen. Doch fehlt der Name auf zwei Bostra- 
Münzen, die ich auf meitier Reise erworben habe. Die eine trägt Na- 
men und Bildnifs des Kaisers Alexander Severus, die andere der 
Julia Mammaea, die beide bekanntlich dem Christenthume wohl- 
wollteti •). 

*) Von der Julia Mammaea, einer Schülerin des KirchenhiBtorikers Ori- 
genes in Palästina, vermuthete man, dafs sie selbst heimlich Christin gewesen. 
Kaum bezweifeln dürfen wir dieselbe Angabe der lateinischen Schriftsteller bei dem 
Kaiser Philippus .Arabs. Wenn das Ohrästenthum um das Jahr 180 schon so 
allgemein unter den Gassaniden war, dafs die Geschichtschreiber von *Amr I. nichts 
aka den Bau von Klöstern' zu berichten hahen, sollte dann der im Jahre 344 zur 
Kaiserwürde gelangte, aus Ormän, einer vier Stünden östlich von Kr eje liegenden 
Stadt, gebürtige, und sicher von gassanidischen oder kuddidischen Eltern abstammende 
Philippus nicht Christ gewesen sein? Wahrscheinlich war er in der Religion, die 
er auf dem Throne verlAugnen mufste, schon geboren. 



123 

Der dritte König (Ta'labe) erbaute 'A]b;^a und $arh am (jra- 
dir. Die Ortschaft *Ah;i:a ist unbekannt. §arh (vielleicht „die Veste") 
am (jradir liegt in der BelkA am „Yogelteiche^ (Gadir et Ter), in 
welchen, wie in meinem Berichte erwähnt, der grofee südhaoranische 
Wadi el Bu|;m ausmündet. Er wird hier, wie noch jetzt im sud- 
lichen Haur&n wegen seiner Grofse der Gadir nat i^oxijv genannt, 
and die 6assaniden scheinen dort mehrere Bauten errichtet zu haben, 
wohl in der Absicht, die Bel^ geg^Q Einfälle von Osten her zu decken 
und die Wüstenstän^me vom Mitgebrauche des grofeen Wasserbeckens 
auszusohliefsen. Wenn es vom Könige Harit U. heifst, er habe sei- 
nen beständigen Aufenthalt in der Bel]b:fl gehabt, so ist wahrscheinlich 
jenes l^arh seine Residenz gewesen« Mundir 11., sagt Hamze, habe 

^ ^ ^ 

aufser Charabä (b,i>-), eiper zwei Stunden nördlich von Bosra ge- 
legenen, vor fünf Jahren durch Herrn liich. Wood, engl. Consul in 
Damaskus, colonisirten Ortschaft, noch Z er ^^ä (^Lj^;) in der Nahe des 

Gadir erbaut. Aber dieses Schlofs liegt an den Quellen des Zer!k:a- 
Flusses (des biblischen Jabok), zu weit vom öadir abgelegen, als 
daXs es durch die Worte „in der Nähe desselben** eine genauere Be- 
stimmung erhielte. Vielleicht ist das Wort Zerka aus dem Namen 
eines dem öadir näheren Ortes verdorben. Von *Amr II. heifst es, 
er habe seinen Aufenthalt in Sadir (^«AjyMJt) genommen. Dieses 

Scblofs lag in der Nähe der Stadt Kufa und hat mit der Geschichte 
der Gassaniden nichts zu schaffen. Da es aber von Hsi^mze oft. in 
der Geschichte der Hirenser Könige erwähnt wird, so war es den Co- 
pisten geläuüg und verdrängte an unserer Stelle das allein richtige 
Gadir («jiAiii). Sonach residirte 'Amr 11. am Gadir et Ter. Noch 
kein europäischer Reisender hat diese bisher unbekannte Deutlichkeit 
gesehen. 

Vom Könige H&rit I. erwähnt Hamze, dafs er nichts gebaut 
habe. Auch diese Bemerkung ist nicht unwichtig , da sie den Schluis 
gestattet, dafs die andern Könige baulustig gewesen seien. Sein Nach- 
folger Gebele I. besafs diese Eigenschaft in hohem Grade, denn unter 
seiner Re^erung, sagt Hamze, wurden die Kanatir, Edruh und 
el Kastal gebaut. Die Kanäf ir sind das Riesenwerk, welches noch 
heutigentags unter dem Namen des pharaonischen Aquaducts (Ka- 
natir Fir'on) die Bewunderung der Reisenden ist, wenn man sich auch 
zeither, so viel mir bekannt, über seinen Urs|^ung keine Rechenschaft 
geben konnte. Diese Wasserleitung beginnt in dem grofsen quellen- 
und schilftreichen , el (jräb genannten Sumpf bei Dilli am westlichen 
Lohf des Lega', geht, nach meinen wiederholten Erkundigungen, zwi- 
schen den Dörfern Di Ui und Ter äja nach Guweme, Rafe, Dnebe 



124 

('xajJOJH und Karfe, zieht sich westlich an N4mir vorüber, durch- 
schneidet die Floren von Kutebe und Chirbet el äazale, n&hert 
sich dem Tempel von 'Arär bis auf 5 Minuten Distanz und geht süd- 
lich von Der'ätindieZumle, in welcher sie mehrere Orte (z.B. 
et TuwSle) berührt. Westlich von diesem Gebirgszuge geht sie quer 
durch die Landschaft §uet und endet bei den Ruinen der Stadt Mu- 
kes '). Auf dieser über 20 Stunden langen Strecke wurden die Ver- 
tiefungen des Terrains durch Ueberbrückungen ausgeglichen; so stieisen 
wir auf unserem Wege von Dä'il nach Chirbet elöazäle auf eine 
solche Ueberbrückung , von der noch sieben, und weiterhin auf eine 
andere, wo noch zehn Bogen standen. Desgleichen muOsten alle west- 
hauranischen Wädi's überbrückt werden. Zwischen 'Ar&r und Hubbe 

• 

lief der Aquaduct über eine lange, prächtig conservirte und meisterhaft 
gearbeitete Flufsbrücke; 40 Minuten westlich von Der'ät schwang er 
sich, auf einem einzigen (jetzt eingestürzten) kühnen Bogen über den 
Zedi, der hier in einem vielleicht 40 Ellen tiefen Felsenbette fliefst. 
Westlich von der Zumle wird der wahrscheinlich vom Hochgebirge 
'Aglüns kommende und in den Jermük mündende WÄdi der Ka- 
tarakte (es S'elläle) nach der Beschreibung meiner Berichterstatter 
durch „^nätir fok i^anatir** (übereinanderstehende Bogen) überbrückt. 
Wie vielen Ortschaften mufste nicht diese schöne Schöpfung dadurch 
die Existenz sichern, dafs sie ihnen während der sieben wasserlosen 
Sommermonate das nöthige Trinkwasser für Menschen und Vieh zu- 
führte! Auch die Stadt Der'at, welche jetzt nur an Ziehbrunnen ge- 
wiesen ist, erhielt auf eine für jene Zeit kunstreiche Weise ihr Trink- 
wasser aus dieser Wasserleitung. Da das Bett des Zedi, welcher die 
Stadt von den Kan4fir trennt, dort aufserordentlich breit und tief ist, 
so wurde das Wasser auf Bogen in einen am oberen Abhänge des 
Wadiufers stehenden, „Pharaosthurm^ (ma'denet Fif 6n) genannten Bau 
geleitet, von wo es in Röhren unter der Erde auf das Niveau der 
Brücke herabfiel, die dort, nach der Messung eines meiner Gefährten, 
300 Schritte lang über den Wädi führt. Innerhalb der 1 ^ Meter dicken 
Brustwehr dieser Brücke liefen nun die gebrannten, ungemein harten 
Thonröhren (arabisch j^satil, mit 1^ Meter Länge und jVö Meter Ka- 

Dieselbe Stadt, welche man nach Burckhardt gewöhnlich Umm Keis 



o- > 



nennt und für das biblische Gadara hält. Der richtige Name ist ^j^^^Xm MukSs, 

was im Lande selbst, wie auch Seetzen immer schreibt, MkSs gesprochen wird, 
und wohl aus B^t MnkSs oder Umm el Makes, was „Zollstätte'' bedeutet, ab- 
gekürzt sein mag. Da der Ort am Jordan, der Grenze des Gassanidenreiches, und 
noch dazu nahe bei der grofsen Brücke (Gisr el megämi') lag, so mochte da- 
selbst eine wichtige Grenzzollstätte sein, die der Stadt den Namen gab. 



125 

über) über den FloTs, xim am andern Ufer wieder innerhalb der Erde 
das Wasser auf das Hochplateau hinaufztdeiten, auf welchem Der'at 
liegt. Hier füllten sie das schöne Becken, das nach dem .in meinem 
Berichte erwähnten Mausoleum Birket es Siknäni benannt ist. So 
viel über die unter der Regierung Gebele's I. erbauten Kanatir. 
Die beiden Orte anlangend, welche unter demselben Könige entstanden 
sind, so liegen sie, Edruh (nicht Edrug) sowohl als el Kasjai 
in der Bel^ä, nahe bei 'Amman. Auch J&]b:nt kennt sie. Der 
Name Ka8|;al, augenscheinlich aus dem lateinischen castellum ent- 
standen, ist in Peräa nicht selten; man findet Orte dieses Namens im 
liCgä, 'Aglün und anderwärts. 

Unter dem folgenden Könige HUrit H: wurde Hafir mit seiner 
Cisteme gebaut. Die Lage dieses Ortes ist nach Hamze zwischen 
dem Schlosse übeir und Da'gS.n (ry^^\ I^er letztere Name ist 
unbekannt, vielleicht ist er aus 'Arg&n (...L>-fi) verdorben, was eine 
Ortschaft in der Bel]^4 ist; dagegen sind Ubeir und Hafir bekannter. 
Sie liegen in der Bell^ä (Hafir an einem gleichnamigen Neben-Wadi 
des Jordans) und gehörten beide zum Gebiete des ((jassaniden-) Ge- 
schlechts Kein ihn Gisr, auf das wir noch einmal zurückkommen 
werden. .Ebenso baute Harit H. die Stadt Me'a^n auf; sie ist das 
alte Ba'l Me'on im Ammoniterlande , das also bis auf die arabische 
Färbung seinen biblischen Namen behielt. Doch ist schon oben unter 
„Astarot^ die Ansicht ausgesprochen worden, dafs wohl alle ähnlichen 
Ortsnamen, z. B. 'Amman, Dibän, Hesbän, Maab, schon im Alter- 
thume in Peraea selbst mit dem hellen arabischen ä, und nur im 
Idiome degt Hebräers mit dem dunkleren 6 -Laute (wie'Ammon, Di- 
bon u. 8. w.) gesprochen worden sind. 

Unter den Bauten des Königs Gebele H. wird aufser den schon 

genannten noch ein Meni a CxxjJ^\ erwähnt, was noch unbekannt 

I 
ist. Der Name wird richtig sein, wenn man auch dabei an eine Um- 
stellung aus No'eme ^x*.xjü^ denken möchte. 

Eihem L erbaute mehrere Klöster, wie D^r el lebwe (h^JLH 
„das Kloster der Löwin**, nicht Dßr en nubuwwe „das Kloster der 
Prophede**) und D^r Dachm. Das erstere liegt in Golan, das zweite 
ist unbekannt. Die (jrassaniden^ haben eine zahllose Menge Klöster ge- 
baut, denn überall findet man mit solchen Gebäuden die Gipfel der 
Berge in einem Lande bedeckt, in welchem das Christenthnm mit die- 
sem Volke begann und das Bauen von Kirchen und Klöstern wenig- 
stens zugleich mit ihm endete, wo man also an einen anderweitigen 
Ursprung der Klöster kaum vdrd denken können. Nach Jäijüt waren 
die Völker, von denen die meisten Klöster gebaut wurdien, die Öas* 



126 

saniden in Syrien und die Familie Man4ir (AI Mundir d. h. die 
Angehörigen des königlichen Hauses in Hira, naobdesi sich dieses 
anter Mundir zum Christenthume bekannt hatte). Sie bauten, sagt er 
unter dem Artikel ^^Der*^, die Klöster immer in Gfirten, Haine, an 
Flüssen, auf schönen Anhöhen, überkleideten ihre Wände oft mit Mo- 
saik und vergoldeten die Plafonds. Das groisardgste Kloster der 6as- 
saniden scheint Der Negrän, eine Stunde südwestlich von Bo$r& 
gelegen, gewesen zu sein. Jetzt heilst es einfach D^r. Nach Jai^ut 
(Mustarik, herausgeg. von F. Wüstenfeld 1846) ist es ein mächtiges 
Kloster, das noch zu seiner Zeit für einen Gnaden- und Wallfahrtsort 
galt. Seinen Namen hatte es wohl von dem grofsen Gotteshause zu 
Negran in Jemen erhalten, welches zuerst vielleicht ein Götzen- 
tempel, später jedoch eine Kirche war und vor Muhammeds Zeit die 
Ka'ba von Jemen hiefs, weil es der religiöse Vereinigungspunkt der 
südarabischen Christen war. Nachdem der Chalife 'Omar den christ- 
lichen Cultus auf der arabischen Halbinsel ausgerottet hatte, schufen 
die verbannten jemenischen Christen eine zweite Copie dieses Heilig- 
thums in einem Der Negrän, das sie zwischen Kufa und Wäsif 
bauten. 

Unter dem Könige Eihem I. erwähnt Hamze zum ersten Male 
die Erbauung eines transhauränischen Ortes. Es ist die Stadt S'a'f 

(«.^ajlam, so statt Sa f v^jum zu lesen), die auf dem Gipfel eines weit- 
hin sichtbaren, von mir bestiegenen Kegels liegt. Ursprünglich gab 
es daselbst nur Troglodytenwohnungen, wie diese in meinem Berichte 
beschrieben sind, und der Neubau der Öassaniden wird wohl darin be- 
standen haben, dafs sie vor der Höhle einige steinerne Zimmer bauten 
und das Ganze mit einer Mauer umgaben, die eine Halase oder Stein- 
thüre hatte. Die Höhlen blieben dabei für Vieh und Vorräthe fort- 
während mit in Gebrauch. 

Ich mnfs hier hervorheben, dafs zahlreiche transhanränische Orte, 
z. B. S'reche, S'ibikke bei Sa'ne, Hoje bei Sälä, Umm Dub^b, 
'Arägi, Teil Ma'z und vielleicht noch zwanzig andere, ganz dieselbe 
Construction haben, wie S'a'f, und von demselben Volke herrühren 
müssen, von welchem S'a'f herrührt, damit man nicht daraus, dafs 
Hamze von ihnen schwdgt, den Schlufs zieht, sie könnten nicht gas- 
sanidischen Ursprungs sein. Es scheint, der Annalist habe darum S'a'f 
allein genannt, weil es die gröfste dieser eigenthümlich construirten 
Ortschaften im Osten des Gebirges ist. Die Entstehung einer andern 
von gleicher Bauart erwähnt er unter Eihems Nachfolger 'Amr H., 
und ist sie diejenige, welche idi gesehen habe, so wird er sie wohl 
danun namhaft gemacht haben, weil sie unter allen diesen, Blaus und 



127 

Höhle vereioigendeii Ortschaften die schönste ist, nicht aber, weil 
'Amr n. aa&er ihf nichts dieser Art gebaut hätte. Hamze nennt sie 
$af&t el 'Agel&t (o^M^t bUao) und läfet sie gleichzeitig mit den 

beiden uns anbekannten Schlössern Kasr el Fadä (IosslX^ and Kasr 

mentlr { X^) entstehen. Die Identität von el 'Agelät mit dem in 

meinem Berichte erwähnten Gebirgszuge hinter ümm Ruwäl:, wel- 
chen die Beduinen der Ru^be el 'AgSlä und die Drusen Hauräns el 
'Agelät nennen, scheint kaum zweifelhaft zu sein. Die Schreibart 
des Hamze wurde die alte richtigere, und die beiden heutigen Formen 
wurden Deminutive davon sein. Auf den ausgebreiteten Gebrauch der 
Deminutive bei den Hauraniern und syrischen Beduinen haben schon 
andere Reisende aufmerksam gemacht. Dafs die Ortschaft ursprunglich 
l^afät geheifsen, ist eben so leicht möglich, als es erklärlich ist, warum 
es jetzt nur ^das Dorf der 'Ag^lät^ heifst, weil nämlich kein anderes 
auf jenen Bergen liegt, von dem es unterschieden werden mufste. Hiefe 
es aber Safät, so war der Zusatz „auf dem 'Agelat- Gebirge^ nöthig, 

weil der östliche Haurän noch ein zweites Safät bei Melah hat. Auf 

. . . 

meiner Karte ist dieses nach drusischer Benennung SafiSt Melah 
(j^JLo Ä^Uo) eingetragen, aber die Stämme der Zubed heifsen es 

$afät Melah (fsL^ \i\sjo\ welches der Orthographie des Hamze 

analog, auch wohl das antikere ist. 

Je weiter sich die 6«ssaniden aasbreiteten, desto häufiger mnfsten 
sie mit den Lachmiden (wie die Hirenser Dynastie unter den Nach- 
folgern des Königs Gezime heifst) in feindliche Berührung kommen. 
Gefne H. überfiel einmal Hira selber und verbrannte die Stadt, eine 
That, die ihn in den Augen des Volkes schändete, denn seine Nach- 
kommen hiefsen davon „das Geschlecht des Brenners^. Es ist er- 
klärlich, dafs Zerstören unter Völkern brandmarken mufste, die am 
Rande der Wüste nur durch die mühsame und langwierige Herstel- 
lung von Canälen und Wasserbehältern einen Platz bewohnbar machen 
konnten und mit bewundernswürdiger Kunst und Sorgfalt ihre Woh- 
nungen aufbauten. Schon die unter diesen Sabäern so vorzugsweise 
häufigen Eigennamen 'Amr, 'Omar, *Amir, 'Ammär, 'Omeir,*Im- 
rän, Mu'ßmir u. A., die alle „Erbauer** bedeuten, beweisen, dafs wir 
es hier mit einem schaffenden und nicht zerstörenden Volke zu thun 
haben. 

No'm&n ni., für den sein Vater zu Felde zog, scheint niclSt aus 
dem Mittelpunkte seines Landes herausgekommen zu sein ; zu seinen 
Bauten gehört das Schlofs in Suw^dä. Ueber die Bedeutung dieser 
auf dem nordwestlichen Abhänge des Haurän gebirges liegenden Stadt 
verweisen wir auf Burckhardt's Reisen (übersetzt von Gesenius 



128 

pag. 152 big 157). Am SchltiBse der Seite 155 scheint vom Schlosse 
No'man's die Rede zu sein. Die Trnmmer der Stadt haben nach 
Borckhardt einen Umfang von wenigstens 4 engl. Mdlen. 

Dagegen sehen wir No'man's Nachfolger Gebele JH. entfernt 
vom Mittelpunkte des Reichs in $iffin residiren, einer grofseren Stadt 
an der Westseite des Enphrats zwischen Ra^]k;a und Balis '). Des- 
Reichen setzte er sich in den Besitz von 'A in Ubag, einer bis dahin 
den Hirensern gehörigen, wahrscheinlich befestigten Oertlichkeit zwi- 
schen Syrien und dem Euphrat, westlich von Embar, bekannt dorch 
eine später zwischen den Gassaniden und Lachmiden daselbst gelieferte 
Schlacht, in welcher Man dir lY. von Hira gefallen ist. Hamze 
verwirrt hier die Thatsachen und lalst Man dir III. von Hira unter 
Gebele UI. fallen, während er doch weit später in der Schlacht bei 
'Adn gegen Härit den Lahmen (V.) fiel. 

üeber diese und andere chronologische Irrthümer wollen wir mit 
dem Annalisten wenigstens in einer Untersuchung nicht rechten, bei 
der uns seine Nachrichten in den Stand setzen, den Ursprung jener 
ohne sie vielleicht niemals erklärlichen Denkmäler am Rande der syri- 
schen Wüste nachzuweisen; aber zu bedauern ist der völlige Mangel 
an Aufschlufs über die Kämpfe, durch welche sich die Gassaniden im 
Palmyrenischen festsetzten, wo aufser Siffin später auch Rusafe und 
selbst Tedmor als ihnen gehörig genannt wird. Einen Theil dieser 
Gegenden werden sie den Hirensern, einen andern einheimischen Häupt- 
lingen entrissen haben, die vielleicht noch Nachkommen jenes alten 

amalekidischen Königsgeschlechts der Ud^niden (KJut3t ji) waren, 

mit denen die ersten Könige von Hira und später die Römer bis nach 
Zenobias Besiegung und Ted mors Zerstörung viel zu thun hatten. 
Von Rusafe berichtet Hamze, dafs No'män Y. seine von einem 
Lachmiden -Könige verwüsteten „Brunnencanäle" vrieder herstellen ließs. 
Nach ja^üts Beschreibung mufs Rusafe und namentlich sein Erlöster 
äufserst prachtvoll gewesen sein. Noch 600 Jahre nach dem Unter- 
gange des (jrassanidenreichs konnte er von diesem Kloster berichten: 
„ich habe es selbst gesehen, und sage, dafs es seiner Schönheit und 
Construction wegen eines von den Wundern der Welt ist.^ Die ge- 
genwärtig verödete Stadt liegt vier Farasangen (3 Stunden) wegtlich 
von Ra]^]^a in der Wüste, und heifst in den geographischen Werken 
der Araber zum Unterschiede von andern gleichnamigen Städten im 



Denkwürdig wurde ^iffin später durch den Streit zwischen 'Ali undMo'ft- 
wi6, der dort ausgefochten wurde. Die heiden Heere standen sich hei dieser Stadt 
110 Tage lang gegentther, während welcher Zeit in 90 Treffen 75,000 Mann auf hei- 
d«n Seiten fielen. 



129 

'Iraljk, in Spanien n. 8* w. gewöhnlich Rus&fet His&m, weil der 
Umawiden-Chalife Hisoham (starb 742 n. Chr.) die Stadt wieder 
bevölkert und wegen ihrer reinen gesunden Luft zu seiner Sommer- 
residenz gemacht hatte. JäJ^üt bestätigt die Angabe des Hamze, 
dafs No'man Y. die Canäle der Stadt wieder hergestellt habe und 

fügt hinzu, dafs der grölste ^Brunnencanal^ (Sahrig ,^j^^ der Stadt 

damals von No'män geschaffen worden sei, denn Rusäf e — bemerkt 
er erläuternd — sei an solche Canäle gewiesen, da es zu entfernt vom 
Euphrat liege, als dafs es sein Wasser zur Bewässerung der Felder 
benutzen könnte. Das Wort fahrig bedarf einer Erklärung. Liegt 
eine Ortschaft, für die man Wasser braucht, so, dafs das Terrain hinter 
ihr in der Richtung gegen ferne Gebirge hin steigt, so schlägt man in 
der ohngefähren Entfernung einer Stunde von der Ortschaft in jenes 
aufsteigende Terrfdn bis zu einer Tiefe ein, wo man reichliches Wasser 
findet, welches dann unter der Erde fortgeleitet wird, bis es in der 
Nähe jener Ortschaft als Bach an die Oberfläche der Erde kommt und 
sich nunmehr zur Bewässerung, zum Treiben der Mühlen u. s. w. ver- 
wenden läfst. Um den Stollen gegen Verschüttung zu sichern, hat man 
längs seines Laufes alle 60 Schritte ein senkrechtes, einige Klaftern 
weites (bei nicht felsigem Boden oben weites und unten enges) Luft- 
loch gegraben, durch das man sich hinablassen und ihn reinigen kann. 
Ein solcher artesischer Flufe heifst Sabrig. Sein eigentliches Vater- 
land ist Jemen, wo er sich, wie alle Berichte übereinstimmend. mel- 
den, in Unzahl finden soll. Von dort haben ihn vielleicht die Sabäer 
nach Syrien gebracht. Schon acht Stunden nordöstlich von Damaskus 
beginnen diese gegrabenen Flüsse, doch sind' die meisten verfallen, weil 
die Orte verödet sind, für die sie angelegt waren. Da die ganze west- 
liche Hälfte des Damascener Kessels bis zu den Wiesenseen hinab 
eine schiefe Ebene ist, also die Anlegung derselben gestattet, so be- 
sitzt das Merg deren vielleicht fünfzig; sie haben, bis auf sehr we- 
nige, alle reichliches Wasser, dessen Quantum sich im Sommer bei 
manchen gar nicht, bei anderen mehr oder weniger vermindert. Nur 

heifsen sie hier nicht l^ahrig sondern Kneje ('^öJi), was den gewöhn- 
lichen, aus einem Flusse abgeleiteten Canal bedeutet, weil sie nicht wie 
der Sahrig unter der Erde fliefsen; denn da man bei dem Wasser- 
reichthume der Gegend nur einige Klaftern tief einzuschlagen brauchte, 
um Wasser zu finden, so liegen diese gegrabenen Bäche schon von 
ihren Quellen ab aufgedeckt, gleichen also ganz den 25 oder 30 Ga- 
nälen, welche zur Bewässerung der Fluren rechts und links aus dem 
Baradä- Flusse abgeleitet sind. 

Um jene sabäische Cultur in Ostsyrien richtig zu würdigen, mufs 



man vor Allem eine Anscliannng von der Wichtigkeit jener zor Be- 
schaffhng des Wassers angelegten Werke haben. Sagt Hamze z.B. 
Ton einer Ortschaft, man habe sie ^nnd ihre Cisterne** (masna* ') ge- 
baut, so kann man mit grofser Sicherheit behaupten, dafs vorher an 
dieser Stelle kein Ort gestanden hatte, weil ein solcher ohne Cisterne 
in einem Lande nicht existiren kann, wo die Flusse zwei Dritthdle 
des Jahres wasserlos, die Quellen selten sind und noch seltener das 
ganze Jahr hindurch aushalten, auch Ziehbrunnen nur an sehr wenigen 
Orten möglich sind. Im Lega' sollen, wahrscheinlich der basaltisdien 
Formation wegen, keine möglich sein, und auf meiner Reise um Hau- 
rän habe ich sie nur in Im tan gefunden. So wird auch der pharao- 
nische Aquaduct die Bestimmung gehabt haben, die Anlegung verschie- 
dener Dörfer l&ngs seines Laufes zu ermöglichen. Von dem soge- 
nannten ^jD&monencanale*^ (Knejet el 'Ifrit) habe ich keine klare i&i- 
sieht gewonnen. Er beginnt bei den reichen Quellen auf den OSnät, 
soll Berge durchschneidend und W&di's überbrückend den östlichen 
^aur&nabhang hinab und durch die Harra nach 'OdSsije in der 
Ruhbe gehen. So ungemein fabelhaft es auch klingen mag, dafe man 
durch die glühende Harra einen Canal legen könnte, und so sehr ich 
dies auch noch bezweifle, so darf man doch an der Ebdstenz des Ca* 
nals selbst nicht zweifeln. Nach der Sage der el Hasan - Beduinen 
und der Drusen in KrSje habe ein Dämon ('Ifrit) um die Tochter 
eines im Schlosse der G^n&t residirenden Königs gefreit und dieser 
von ihm als die Morgengabe der Braut die Herstellung dieses Canals 
verlangt; der Dämon habe die Bedingung erfallt und die Prinzessin 
erhalten. Dieser Canal wird wohl von den (xassaniden herstammen. 
Wer sich überzeugen will, wie zahlreich und grofsartig die derartigen 
Werke dieser Völker waren, der Nachkommen des alten Königs Saba', 
des mythischen Urhebers der Dämme bei Ma'rib, der vei^leidie die 
Nachrichten der arabischen Geographen über die Euphratgegenden, wo 
eine Menge Canäle und „l^natir^ namhaft gemacht werden, die der 
sabäischen Dynastie in Hira ihren Ursprung verdankten. 

Sollte nicht auch der Luwä-Canal gassanidischen Ursprungs 
sein? Eine Untersuchung seiner verödeten, aber gewiCs ganz unver- 
sehrten Dörfer würde die Frage wohl beantworten. War er es aber, 
so xräre dem Streite über das neuentdeckte Batanäa im Osten des 
Lega* auf einmal ein Ende gemacht. Die Herstellung des Canals ge- 



» o • 



') Die masna' (x^Afibo) lun&At xwei Aitcn von CiflteiiKB, den Mnkn and 

die Birke (vergl. hierttber den Bericht), weil beide Knnstbanten sind, ms djs 
Wort ma« na bedeutet. Gegen wftrtig bezeichnet man um Damaskns, wo es deren 
»«bnre auf der Sa^r4 bei Dtm48 gnbt, nnr den Mnkn nit dem Namen Masna*. 



131 

stattete die ürbarmachang eines Landstrichs, welcher an Fruchtbaricrit 
wohl der alten Batanaea (d. b. der Nnk;ra) gleichkommen mochte, 
so dafs man das erstentstandene oder fruchtbarste oder auf eine andere 
Art bevorzugteste Dorfchen ^But^ne^ d.h. Klein-Batanaea heifeen 
konnte, von dem dann das ganze Bereich des Ganais Beten ije ge- 
nannt wurde. Sdne Dörfer, von denen auf unserer Karte vielleicht 
keines fehlt, könnten dann recht gut erst aus dem funflien oder sechs- 
ten Jahrhunderte n. Chr. stammen. Bei zweien wenigstens zeugt der 
Name für den christiichen Ursprung: Duwer el'Ades („Linsenklo- 
ster") und Duwer el Mezri' (^^jü ^Kloster des Meierhofs"), wäh- 
rend der Name eines dritten, Öabib el a'm& ^i:Ufi'it wsju^ ^der 

blinde d. h. der wasserlose W4di^), jemenisch zu sein scheint. In 
ButSne selbst (dessen Flur die Drusengemeinde in HSjat ihrer Frucht- 
barkeit wegen als ich dort war mit Kichererbsen besäet hatte) fand 
ich wohl Kreuze, auch eines mit dem Namen Jesus, aber einscbliefs» 
lieh seiner beiden Inschriften keine Spur aus vorchristlicher Zeit. 

Zu dem' Namen dieses Dörfchens mag bemerkt werden, dafs «s 
die (jl-assaniden geliebt zu haben scheinen, für Orte, die sie neu anleg- 
ten, oder Gegenden , die sie zuerst cultivirten , die Namen von ander- 
weiten bekannten Oertlichkeiten zu entlehnen. Wir erwähnten oben 
ein §edä (Sidon) in der NuJ^a; ein §ür (Tyrus) liegt in Golän, 
ein Berüt (o^-u) in Gedür; Gilli^ soll der Sage nach zur Zeit 

des Heidenthums ein Lustgarten mit schönen öffentlichen Gebäuden bei 
Damaskus gewesen sein, weshalb die Dichter noch heutigentags die 
Worte Gillik: und Damaskus synonym gebrauchen; Bosrä (far 
Bostra substituirt) ist eine Stadt in Jemen, Brli^ (eine Stadt im Lega' 
und eine andere gröfsere im südöstlichen Hauran) ist häufig in Jemen^ 
und die Stadt Negran im südlichen Lega' finden wir in der bekann- 
ten gleichnamigen Stadt Jemens wieder. Selbst das 66r (jjit!t die 

Jordanniederung) könnte nach dem grofsen 60 r von TehUma benannt 
sein. Vielleicht verlangt Jemand, ich solle auch Duma und Tema 
mit auf die Liste setzen. — Warum nicht? Zu dem, was ich in mei- 
nem Berichte über diese beiden Orte gesagt, werden sich schwerlich 
neue Beweise für ihr biblisches Alterthum bringen lassen, und wenn 
wir ihren Ursprung richtiger in die christliche Zeit setzen müfsten, so 
würde diese Berichtigung zugleich ein heilsamer Fingerzeig für alle 
diejenigen werden können, welche geneigt sind, von jedem transjorda- 
nischen Orte anzunehmen, dafs er schon zu Mosis Zeit vorhanden ge- 
wesen. 

Wir eilen zum Schlüsse der Nachrichten Hamze^s über die (jkts- 
sanidenbauten. Eihem II., fährt er fort, der Herr von Tedmor, be- 



132 

safiB auch Kasr birke (?) nnd D&t Anm&r (D&t men&r in der 

südlichen Belki?) und hier folgt eine völlig verdorbene Stelle, 

die Bieh aber aus Abulfed&'s Msi, anieUL (edit. Fleischer p. 130 
1. 2 oben) glücklicherweise also emendiren lüfst: — ^und s^ Statt- 
halter Kein ihn Gisr baute ihm in der Wüste ein grofsartiges Schlols 
mit Cisternen, von dem ich (bemerkt Abnlfedft erklärend zu seinem 
Citate ans Hamze) glaube, oafs es das Schlols Bnr^u' (f^ji) war.^ 

Als Commentar zu dieser Stelle theile ich aus meinem Tagebuche fol- 
gende Notiz mit, die ich von den Bewohnern der Ruhbe erhalten 
habe: „Der gröfsere von den beiden ans der Wüste in die Ruhbe 
Strömenden Flüssen ist der Amlüd (xumÄr; er kommt weit aus Osten 
und bildet in der Nähe der Ruhbe drei grofoe Gadir's. Der nächste 
liegt innerhalb der Harra beim Doppelberge E^arin und breitet sich 
von Wa'r zu Wa'r so weit aus, dafs er dort einen feindlichen Einfall 
in die Ruhbe unmöglich macht. Der zweite ist der äadir el Msl- 
ls.kii. (jthiÄlS); er liegt an der östlichen Orenze der Harra auf nicht 

mehr vulkanischem Terrain, und in den Steinbrüchen, welche bei die- 
sem (jradir liegen, sind die Steine zur Festung von ^alchat gebrochen 
worden ' ). Eine halbe Tagereise weiter gegen Osten und ganz in der 
Wüste liegt der Gadir Burk;u' (fL3^), in dessen Mitte ein Pfeiler 

(wohl ein Wassermesser), und an dessen Ufer ein Mahb^an C^^J^ 

Kunstdamm mit Schleufsen?) und aufser anderen Ruinen das grofse 
Schlofs Bur^u' steht.^ — Also lag jenes Schlofs östlich von der 
Ruhbe in der grofsen Steppe. Diese Lage ist eine so kecke und allen 
Wüstenstämmen Hohn sprechende, dafs Näbiga mit Bezug auf diesen 
Bau sagen konnte: 

In's Weite griffen ihre Pläne, denn in den Reiterhaufen 
Lag ihre Stärke auf Weideplatz und fernem Feldzug. 

So weit gehen Hamze's Berichte. Sein Yerzeichnifs dieser Bau- 
werke würde sich aus den arabischen Geographen und Historikern ge- 
wifs erweitem lassen, wir aber begnügen uns, demselben nur einen 



') Es ist mir nur an einem Portale, das spätere Reisende an zwei Löwen- 
köpfen und seiner vorztlglich schönen griechischen Inschrift wiedererkennen werden, 
aufgefallen, dafs es nicht aus vulkanischen Steinen hestand, da ich aber das Material 
der Citadelle «onst nicht beachtet habe, so mögen noch andere Theile derselben aus 
Kalkstein bestehen, den man, woher er auch sein mochte, immer aus weiter Entfer- 
nung geholt haben mufste. Ist die Tradition der Beduinen richtig (die dann wohl 
mindestens 1300 Jahre alt sein würde!), so werden die Steine wahrscheinlich auf 
der Römerstrafse, die von Salchat durch die ösüiche Steppe führt, und von 
der sich vielleicht östlich von der Harra eine andere StraTse nach Norden abzweigt, 
transportirt worden sein; denn dafs durch die Harra selbst eine Strafse gelegt wor- 
den wäre, halte ich fllr undenkbar. 



133 

Namen beizufSgeii, n&mlich den des Weifsen Schlosses in der 
Rnhbe. ^ Die Untersuchung über den gassanidischen Ursprung dieses 
Baues fuhrt uns auf die Harra- Inschriften zurück und macht es 
nöthig, über dieselben speciellere Mittheihingen zu geben, als sie in 
meinem Berichte möglich waren, der unmittelbar nach der Reise nieder- 
geschrieben wurde, wo neben dem Totaleindrucke des Gesehenen das 
Einzelne noch nicht zu seiner Geltung kommen konnte. Zunächst ist 
zu bemerken, dafs sich die älteren von den jüngeren Inschriften 
nQch dadurch unterscheiden, dafs jene meist auf grofsen und am Boden 
haftenden, diese auch auf kleinen freiliegenden Feldsteinen stehen, dafs 
jene sorgfältiger und diese nachlässiger geschrieben sind, dafs jene nie- 
mals und diese oft von Figuren begleitet werden. Folgende Punkte 
beziehen sich auf die jüngeren Inschriften allein: 

1) Obschon dieselben vereinzelt auf dem ganzen Wege von der 
Ruhbe -nach Nemara und Hauran gefunden werden, so waren doch ihre 
hauptsächlichsten Fundorte vier: ä) einige Rigm um 'Odesije herum, 
b) der Rigm bei Garz, c) der Rigm S'ibikke bei Nemara und d) ein 
Rigm in der Harra, drei Stunden östlich von Malikije. 

2) Die Fundorte a und b sind die Arbeitsstellen, wo man die dort 
zu Tage liegenden klaftergrofsen Doleritblöcke zu Quadern verarbeitete, 
aus denen das Weise Schlofs und Knese erbaut sein müssen, weil sich 
in der Ruhbe keine anderen Gebäude befinden, zu denen dieses Mate- 
rial verwendet worden wäre, denn alle übrigen Ortschaften des Länd- 
chens sind aus behauener Lavarinde aufgebaut. Die Spuren der Stein- 
metzen sind an den beiden Orten a und b auf das Deutlichste zu er- 
kennen; es liegen da fertige und angefangene Quader, nebst vielen 
gewaltsam zerschlagenen und aus dem Boden gehobenen Blöcken. Die 
Fundorte c und d dagegen sind Nachtlager für diejenigen, welche aus 
der Ruhbe nach dem östlichen Hauran reisen und umgekehrt. 

3) Die Buchstaben der Inschriften bestehen häufig nicht aus Li- 
nien und Strichen, sondern auß einzelnen, mit einem spitzigen und 
schweren Instrumente dicht neben einander geschlagenen Punkten in 
dieser Weise -h b A- 

4) Viele Inschriften haben am Anfang und Ende ein Kreuz, da^ 
sich als solches von einem kreuzähnlichen Buchstaben in den Inschriftep 
selbst auf das Unzweideutigste unterscheidet; desgleichen befindet sich 
neben der Arbeitsstelle bei Garz ein Grab mit zwei Kreuzen und einer 
kurzen griechischen Inschrift. 

Diese Umstände zusammen machen es sehr wahrscheinlich, dafs 
die jüngeren Inschriften von den Steinmetzen und Bauleuten des 
Weifsen Schlosses und der „Kirche** (Kn^se) herrühren. Bei 
dieser Annahme erklärt sich nicht nur das Vorhandensein der InschriftCB 

10 



134 

an den Arbeitsstätten, die Entstehung' der Figuren und die Anwendung 
eines geeigneten Werkzeugs zum Eingraben, sondern auch die Erschei- 
nung, dafs die Inschriften häufig aus Punkten bestehen. Es unterliegt 
keinem Zweifel, dafs m«n sich dabei des noch jetzt bei den Damas- 
cener Steinmetzen allgemein gebrauchlichen Spitzhammers, der Deb- 
büra, bedient hat. Dafs jeder Schlag immer an die gehörige Stelle 
fiel, läfst auf die geübte, sichere Hand des Steinmetzen schliefsen. Das 
Flüchtige, Spielende an den Inschriften würde beweisen, dafs sie von 
den Arbeitern mehr zum Zeitvertreibe in den Ruhestunden und an 
Feierabenden gemacht worden sind. Diese Arbeiter konnten nach der 
Arbeit nicht in den Schoofs ihrer Familien eilen, denn sie waren in 
der Ruhbe Fremde und wohl in den hauränischen Städten wohnhaft, 
wo sie auch die Ihrigen zurückgelassen hatten, weil sie in der Ruhbe 
keinerlei Bequemlichkeit, nicht einmal ein Nachtquartier gehabt haben 
werden. Auf der Stelle, wo man Tags über gearbeitet hatte, schlach- 
tete man des Abends ein Lamm oder eine Ziege, sammelte man Ka- 
meelmist, um die Mahlzeit zu kochen, wickelte man sich des Nachts 
in die Mäntel, um im Freien zn schlafen. So ist es noch heute. Nach 
dieser Hypothese würden die Inschriften an den beiden Seiten des 
Weges zwischen d*er Ruhbe und Hauran und an den Fundorten c und 
d entstanden sein, wenn die Steinmetzen während des Baues in die 
Heimath reisten und zum Baue zurückkehrten. Reisten sie früh von 
der Ruhbe weg, so gelangten sie vor Sonnenuntergang zum Rigm rf, 
der zugleich eine kleine Anhöhe bildet, freien Luftzug hat und eine 
weite Aussicht über Hauran und die Harra gewährt. Dicht dabei fliefst 
der Wädi (jarz, der dort einen wasserreichen Gadir bildet und mit 
üppigem Grase bedeckte Ufer hat, also alle Eigenschaften eines gu- 
ten Lagerplatzes besitzt. Der Rigm ist noch nicht hundert Schritte 
vom Gadir entfernt. Am zweiten Tage kamen sie in der Heimath 
an. Reisten sie dagegen vom östlichen Hauran ab, so übernachteten 
öie beim Rigm S'ibikke (c), wo sie denselben Vortheil des fliefsenden 
Wassers und der Weide hatten, denn der Wädi S'äm bildet dort eine 
kleine Insel, welche zugleich mit den beiden ufern des Flusses im 
Winter und Frühlinge reichen Graswuchs hat. Am zweiten Tage ka- 
men sie in der Ruhbe an. 

Bei dieser Ansicht über den Ursprung dieser Inschriften wird man 
sich von ihrem Inhalte nicht allzuviel versprechen dürfen, obschon 
sie darum immer, wie alle monumentalen Üeberreste aus dem Alter- 
thume, ihren Werth behalten. Die Zeit ihrer Entstehung anlan- 
gend, so weisen uns die Zeichen des Kreuzes in die christliche Zeit, 
welche dort im zweiten Jahrhundert begonnen haben kann, und mit 
der muhammedanischen Erobenmg Syriens geendet haben wird; wenig- 



135 

stens würde spfiter bei der strengen Handhabung des Earcbenbauver- 
bots Enese nicht haben entstehen können. Es fiele sonach die Ent- 
stehung der Inschriften in den Zeitraum von 150 bis 635 n. Chr., also 
gerade in die Zeit der 6as8aniden- Herrschaft über Ostsyrien und natür- 
lich auch über die Ruhbe selbst. Schon die Existenz des Schlosses 
Burku*, dessen Erbauung ostlich von der Rubbe ohne den Besitz der- 
selben unmöglich gewesen sein würde '), zeugt dafür, dafs die (jl-assa- 
niden in der Ruhbe gehaust haben. 

Sollte es nach dieser Darstellung schwer halten, die Inschrif- 
ten selbst für gassanidisch zu halten? Mein Bericht giebt be- 
reits die Andeutung, dafs ihre Charaktere dem himjaridischen (sabäi- 
schen) Alphabete sehr ähnlich sind, und mehrere Sachkenner, denen 
die Inschriften vorlagen, haben diese Aehnlichkeit gleichfalls anerkannt. 
Ein paar Entzifferungsversuche, die ich mit Zugrundelegung des äthio- 
pisch -himjaridischen Alphabets gemacht habe, überzeugten wenigstens 
mich selbst, dafs die Inschriften sabäischen Ursprungs sind. Sind es 
aber die Inschriften, so müfsten es nach obiger Darstellung auch das 
Weifse Schlofs und Knese sein, und wird dies zugestanden, so 
können wir durch eine einfache Combination auch für die Zeit, in wel- 
cher die Inschriften entstanden wären, mit grofser Wahrscheinlichkeit 
bestimmtere Data gewinnen. Knese nämlich ist ein Bau, der unge- 
mein weitläuftig angelegt, aber nur zum kleinsten Theile vollendet ist; 
das Vollendete scheint das NebenschifP einer Kirche zu sein. Alles 
üebrige hat sich nicht über die Fundamente erhoben, die aus schön 
bearbeiteten Quadern bestehen. Man braucht nicht Bau verständiger zu 
sein, um zu sehen, dafs diese Fundamente niemals überbaut waren, 
auch liegt zu wenig Baumaterial da, als dafs man glauben könnte, der 
Bau sei vollendet gewesen und später nur zerstört worden. Dieselbe 
Beobachtung macht man beim Weifsen Schlosse. Dafs es selbst 
vollendet gewesen, getraue ich mir weder zu verneinen noch zu be- 
jahen; seine Trümmer sind nicht unbedeutend, aber gewifs nicht hin- 
reichend für die weit ausgedehnten Fundamente, die sich an der Süd- 
seite des Schlosses befinden. Diese projectirten Nebenbauten waren 
gleichfalls unausgeführt geblieben. Dafs das Weifse Schlofs gleichwie 
Burkiu' und gleich den vielen von Hamze aufgezählten Schlössern 
für einen der öassaniden - Könige erbaut worden, ist sehr wahrschein- 
lich , aber warum ist es nebst Knese unvollendet geblieben? Darauf 
läfst sich zwar keine bestimmte Antwort geben, da aber sein Material 

' ) Der Name Bnrku' ( Gesichtsmaske der jemeniscben Weibw) scheint anzti- 
deuten, dafs das Schlofs die Bestimmung hatte, die hinter ihm liegenden Wasser« 
becken und die Ru^be, welche im Winter von den Heerden der Gassaniden angefüllt 
gewesen sein wird, zu decken. 

10» 



136 

und das von Knese ein weit jüngeres Aussehen hat, als alles, was mir 
in Hauran und den Trachonen sonst vorgekommen, und da audi die 
Inschriften bei den Arbeitsstellen der Steinmetzen so frisch und anver- 
wittert aussehen , dafs sie unbedingt um 4 bis 500 Jahre jünger sein 
müssen, als die älteren bei Rigm el Mara, Ka'kül und Nemara, die 
ihrerseits doch auch nicht in die vorchristliche Zeit hinüberreichen kön- 
nen ' ), so fühlt man sich gedrungen, die Entstehung jener beiden Bau- 
werke in die letzte Zeit des 6assaniden - Reiches zu setzen, und wäre 
es dann nicht möglich, dafs sie deshalb unvollendet geblieben, weil 
sich noch während ihrer Erbauung urplötzlich jene Flut aus dem Hi- 
gäz über Syrien ergofs, unter welcher Reich und Volk der Gassaniden 
begraben wurde? — 

Das Gassaniden -Reich ist dem sonstigen Verlaufe der Dinge zu- 
wider in seiner Blüte untergegangen. Ungenügend von den Griechen 
unterstützt, wurde es im dritten Jahre nach Muhammeds Tode und 
bald nach dem Sturze der Hirenser Dynastie von 'Omar's Feldherrn 
Abu 'Obeida zugleich mit dem übrigen Syrien der Herrschaft des 
Chalifats unterworfen. Sein letzter König Gebele VI. nahm zwar den 
Islam an, kehrte aber bald zum Christenthume zurück, weil er für eine 
in Damaskus erlittene Beleidigung nicht die gewünschte Genugthuung 
erhielt, und ging an den griechischen Hof nach Constantinopel, wo er 
starb. 

Das Volk ynrd zum Theil als Christen, zum Theil als Muselmän- 
ner noch eine Weile das Land bewohnt haben, das die Nomaden- 
Herrschaft und die schrecklichen Kämpfe unter den Prätendenten 
des Chalifats sehr bald zur Einöde machen mulsten. Mancher aber, 
welcher bei der muselmännischen Occupation geflohen war, mag der 
früheren Heimath seine Liebe bewahrt und diese auch auf seine Nach- 
kommen vererbt haben, die dann wohl später zu den Sitzen der Väter 
gepilgert sind, denn hin und wieder trifift man mitten unter jenen Harra- 
Inschriften aus den folgenden Jahrhunderten eine kufische Inschrift 
wie: „Gott erbarme sich ihrer!" oder: „es besuchte diesen geweihten 
Ort 'Ali ihn 'Arafat" (hadar fi dalik el mekan et tahir) u. s. w. 

Wer das Land gesehen, wird mit mir darin übereinstimmen, dafs, 
käme es auch wieder einmal in Flor, dennoch sehr viele seiner Ort- 
schaften Ruinen bleiben müfsten, weil das Geheimnifs, die glühenden 



' ) Die älteren Inschriften mögen aus den ersten Jahrhunderten n. Chr. und von 
den Selihiden herrühren; ihre Entstehungsart ist vielleicht derjenigen "der jüngeren 
Inschriften analog gewesen. Die Herstellung der Cisteme von 'Alka, die gegen acht 
Klaftern tief in das Lo^f des SafiL gebrochen ist und deren Wasser am längsten in 
der Rul^bO aushält, fällt gewifs in eine sehr frühe Zeit. 



137 

Gegenden mit Wasser zu versorgen, überhaupt in ihnen zu existiren, 
mit jenen Sabäern wohl für immer untergegangen ist. 



So weit waren diese Mittheilungen über das Ostjordanland und 
seine Denkmäler zum Abschlüsse gekommen, als wir den eben ausge- 
gebenen 28sten Band (Jahrgang 1858) vom Journal of the Royal Geo^ 
graphical Society erhielten, in welchem von pag. 226 bis 263 eine Re- 
lation des Herrn Cyril Graham über seine Reise in der Harra und 
Hauran nebst einer kleinen Skizze seiner Route steht, und da hielten 
wir es für Pflicht, die Freunde der syrischen Geographie auf diesen 
Artikel wenigstens aufmerksam zu machen, wenn uns auch die Gren- 
zen dieser Schrift ein weiteres Eingehen in seinen Inhalt verbieten, 
lieber den speciell geographischen Theil der Graham' sehen Ent- 
deckungen hat bereits Herr Dr. Kiepert, dessen Güte wir die Con- 
struction unserer Karte verdanken, Veranlassung genommen, sich zu 
äufsern '). Doch dürfen wir nicht unterlassen, Herrn Graham zum 
Besuche der Ruinen von ümm el Gemäl, die vor ihm kein Europäer 
gesehen hat. Glück zu wünschen. 

Ich bin nicht nach Umm el Gemäl gekommen. In Damaskus, 
wo man die übertriebensten Vorstellungen von der Gröfse und Schön- 
heit dieser Stadt hat, weil aufser den kurdischen Basbuzuk nicht leicht 
ein Damascener hinkommt, glaubte man es kaum, dafs ich nicht dort 
gewesen, und da nach meiner Ankunft in Berlin auch mehrere Freunde 
der biblischen Geographie ihr Bedauern über diese Unterlassung aus- 
gesprochen haben, so will ich die Ursache angeben, oder, wenn man 
will, mich rechtfertigen, warum ich diese neben Bosrä und Salchat ge- 
wifs merkwürdigste Stadt des südlichen Hauräns nicht besucht habe. 
Der Besuch von Umm el Gemäl war einer der Hauptzwecke meiner 
Reise gewesen und nur um seinetwegen war ich nach Bosrä gekom- 
men, von dem es noch sechs Stunden entfernt ist. Alles war zu dem 
kleinen Abstecher vorbereitet worden ; wir hatten frische Pferde gemie- 
thet, um die unsrigen, welche sehr- angegriffen waren, ausruhen zu las- 
sen, hatten Proviant auf vier Tage mitgenommen, weil ich im west- 
liehen Wädi el Butm und im Wädi el Akib — lauter unbekannte 
Gegenden, in die noch kein Europäer gekommen war -»-- tabula rasa 
machen und keinen Ort unbesucht lassen wollte, und den ersten Mai 
früh brachen wir unter Führung des Scheich Sälim, eines Stamm- 
hauptes der Sirhän- Araber, den wir in Bosrä mit Eintreibung der 
Chuwwe beschäftigt fanden und in Dienst genommen hatten, nach Umm 



') Dr. H. Kiepert, lieber die Constractien der Karte zu Consul Wetzsteines 
Reise, Zeitschr. f. allg. Erdkunde. K. F. Bd. YII, p. 204. 



138 

el Gemal auf. Noch hatten wir Bosra nicht eine halbe Stunde hinter 
uns, als einige Reiter uns entgegenkamen, unter denen ich schon von 
fern den alten Nahär el Meshür, Scheich einer Hamüle ') der S'a'. 
län, erkannte. Er war das Jahr vorher in Begleitung Fesals, des 
Oberherrn der Ruwala, bei mir in Damaskus gewesen, und verwun- 
derte sich nicht wenig, mich auf dem Wege in die Wüste zu sehen. 
„Beg, heg, min en zahart (wo kommst du her)?" lief er aus. Wir 
erzählten ihm von unserer Reise und Muhammed Ef feudi, der seit 
unserem Nachtlager in den Zelten der Ribsan zwischen Imtän und 
'Enäk bei jeder Gelegenheit auf das Thema zurückkam, dafs er seine 
Lebtage keine häfslicheren Meerkatzen (Kurüd) gesehen, als die Wei- 
ber der Ribsan, fragte den Scheich Nahar, wozu man dieses nackte 
bestialische Volk, das Niemanden verstehe und von Niemandem ver- 
standen werde, aus der Wüste gezogen habe? „Zum Kampf! '^ erwie- 
derte der Scheich, „heuer mufs sich entscheiden, ob die Nu^xa den 
Beni Zmer gehören soll oder den S'a'lan ')." Auf unsere Frage, 
ob denn eine Verständigung unmöglich sei, rief der Mann aus, — in- 
dem er die Lanze gegen eine lange Reihe vorüberziehender Kameele 
ausstreckte, auf deren Rücken hunderte jener sonderbaren, nur bei den 
'Aneze gebräuchlichen Frauenzelte (el Katab) wie Kähne auf bewegter 
See hin und her schwankten — : „Beg, siehe jene Kameelheerden, seit 
sechs Tagen ziehen sie von Ost nach West, und nach zehn Tagen 
kannst du sie noch ziehen sehen. Die Ruwala sind wie die Heer- 
schaaren Gottes ^) geworden und das Land fafst nicht mehr die beiden 
Völker. Entweder wir besiegen die Beni Zmer und werfen sie hinaus 
in die Wüste oder sie besiegen uns. Ein Drittes giebt es nicht. Ein 
Abkommen wäre möglich, wenn es noch andere Weideplätze gäbe, 
aber wo sind diese in Syrien ? Die Belka ist angefüllt von den Stäm- 
men des Ahl es S'emäl, der Haurän von den Zubed, im Merg brei- 
ten sich die Nu'em und 'Akedät immer mehr aus und die hohen 
Getreidepreise colonisiren die verödeten Dörfer, und in der Diret es 
S'umbul *) sitzen Stämme, die ihre Weiden mit Musketenfeuer schützen.** 



') ipamüle oder Finde ist ein Stammzweig. 

') Die Beni Zmer (-jyo: ico) sind ein Zweig der Wuld *Ali, und die S'a'lin 



o * 



( . ^l. n.v.- ^ ein Zweig der Ruwala, weil aber aus ihnen die Familien der beiden regie- 
renden Oberscheiche stammen, so stehen sie hier als pars potior pro toto. 

') Die Heerschaaren Gottes, Gunüd AUäh, heifsen bei den Beduinen die Heu- 
schrecken. 

*) Dieser bereits erklärte geographische Begriff bedeutet eigentlich die Gegend, 
wo man das Getreide nicht nach dem Mudd, dem Damaszener Uohlmaafse, sondern 
nach dem S'umbul, einem grofseren HohlmaafRe verkauft. Die Damascener Bauern 



139 

Als er hörte, dafs ich nach Umm el Gemal wollte, sagte er: „Du 
wirst Fesal *) dort finden, und alle S'a'lan mit ihm; er erwartet 
einige nachziehende Stämme, um sich mit Uebermacht auf Muhammed ') 
zu werfen." 

Die Nachricht, dafs Fesal bei den Cisternen von Umm el Gem^l 
lagerte, machte meiner Hoffnung, diese Stadt zu sehen, auf einmal ein 
Ende. Ich schickte das Gepäck zurück, besuchte einige Ruinen in der 
Nachbarschaft und kehrte gegen Mittag nach Bosra zurück. 

Zwar hatte ich schon beim Antritte meiner Reise gehört, dafs es in 
diesem Jahre zu Feindseligkeiten zwischen Fesal und Ibn Dühi kommen 
würde, nur hoffte ich zurück zu sein, bevor die Ruwala aus der Wüste 
kämen. Aber schon bei 'Orman traf ich mit ihnen zusammen. Ich 
stieg dort im Zelte des Faiz ibn Gendal, Oberscheichs der Sawä- 
lime, eines Zweigs der Ruwala, ab, um mir von ihm einige Führer 
nach Imtan und §amma geben zu lassen. Als ich ihm das rothe Ehren- 
kleid umhängen liefs und sah, dafs er es sofort wieder abnahm und 
zusammenlegte, machte ich die Bemerkung, dafs es allerdings nicht gut 
genug für ihn sei; da zog er es wieder an und sagte, indem er mir 
die Hand drückte: Es ist nicht für den alltäglichen Gebrauch, aber ich 
werde es dir zu Ehren tragen in der Schlacht mit Ibn Dühi. Diese 
Bemerkung, verbunden mit dem Anblicke einer Anzahl eiserner Panzer- 
hemden, die vor dem Zelte des Scheichs ausgebreitet lagen, und den 
Mittheilungen der Leute, die wir als Führer mitnahmen, liefsen uns an 
dem Ausbruche des Kriegs nicht mehr zweifeln. 

Hätte ich nun die Zelte Fesals bei Umm el Gemal besucht, so 
würde ich zwar bei diesem eine vorzügliche Aufnahme gefunden haben, 
nicht nur, weil wir uns persönlich kennen, sondern auch weil Fesal 
der gastfreieste und hochherzigste Araber ist, wie er zu den reichsten 
und mächtigsten Fürsten der Steppe zählt: aber ich mufste ihm dage- 
gen auch den Ehrenmantel geben, und diese nach dortiger Anschauung 
bedeutende Auszeichnung konnte unter den damaligen Umständen leicht 
an zwei Orten gemifsdeutet werden. Einmal von Sedten der Damas- 
cener Regierung, denn obschon diese an dem Streite zwischen Muham- 
med und Fesal nicht unschuldig ist, insofern sie dem Letztern die zeit- 



sagen dafUr sehr oft auch Diret el Gebes, d. h. die Gegend, wo man die Wasser- 
melonen nicht Batt^cb sondern Gebes nennt. 



> o« 



') Fesal (d^*^) ibn N4if ibn S'aMan, das gegenwärtige Oberhaupt der 

^ * 5 

Ruwala (äJ^jJ!), 

^) Mul^ammed ibn DÜl^i ibn Zm^r, das gegenwartige Oberhaupt der 
Wuld 'AU. 



140 

lier von Mohammed besorgte einträgliche Spedition der Mekkapilgerfabrt 
zusagte, wenn er diesen aus der Nukxa vertreiben würde, so überwacht 
sie doch alle Handlungen der Damascener Gonsuln zu eifersüchtig, und 
hat sich über deren Eingriffe in ihre vermeintlichen Prärogative schon 
zu oft in Constantinopel beklagt, als dafs^ sie nicht meinem Besuche 
im Lager Fesal's die Absicht, in dieser Fehde meinen Einflufs geltend 
zu machen, untergelegt haben würde. Aber mehr noch mufste ich 
bei einem solchen Schritte furchten, den Scheich Muhammed zu ver- 
letzen. Seit länger als sechs Jahren besteht zwischen mir und ihnoi 
ein inniges Freundschaftsverhältnifs, welches mir — abgesehen von den 
unvergefslich schönen Herbstabenden, wo ich, mit ihm auf der Terrasse 
meines Landhauses in Sekkä sitzend, seinen Erzählungen vom Leben 
in der Steppe, von seinen Siegen und Niederlagen lauschte, — auch 
von grofsem materiellen Nutzen für meinen Grundbesitz im ^Wiesen- 
lande^ gewesen ist, wohin sich alljährlich gegen Ende August Muham- 
med's Stamme mit ihren Kameelheerden ziehen, um die westlichen Ufer 
der Seen abzuhüten. Dann wird fast sechs Wochen lang zwischen 
den oben erwähnten Ortschaften Kufren und Gedede der ^ Markt der Beni 
Zmer** abgehalten, der in einem grofsartigen Tauschgeschäfte zwischen den 
Beduinen und den Damascener Händlern besteht. Während dieser Zeit 
leiden die benachbarten Dörfer furchtbar. Zwar verhindert Muhammed 
offenbare Räubereien seiner Beduinen, aber jedes Dorf hat allabendlich 
wohl fünfzig und mehr Gäste, die für sich und ihre Pferde Essen und 
Fütterung (Gerste) verlangen. Die dadurch verursachten Unkosten belau- 
fen sich alljährlich im Dui-chschnitt bei der Gemeinde von Gedede auf 20,000, 
von Ga'idije auf 15,000, von Der Selmän auf 25,000, von Harran auf 
30,000, von 'Abbäde auf 33,000 Piaster; im Defter (Communalaudga- 
ben-Buch) von Higäne waren diese Avanien mehrere Jahre hindurch 
mit 50 bis 55,000 Piastern (gegen 1000 Dukaten) notirt, bis diese Ort- 
schaft darüber zu Grunde ging und vor fünf Jahren von ihren Ein- 
wohnern verlassen wurde. Zwar liegen die von mir aufgebauten und 
bevölkerten Dörfer Gassüle und Sekkä näher gegen Damaskus, als die 
genannten, aber auch sie würden sich der beschwerlichen Gäste nicht 
erwehren können, wenn diese nicht das Freundschaftsverhältnifs respec- 
tirten, das zwischen mir und ihrem Scheich besteht. Damit also dieses 
für mich so werthvoUe Verhältnifs durch kein Mifsverständnifs gestört 
würde, das war der hauptsächlichste Grund, welcher mich angesichts 
des Kampfes, der zwischen Muhammed und Fesal unvermeidlich aus- 
brechen mufste, verhinderte, des Letzteren Gast zu sein, um die Rui- 
nen von Ümm el Gemäl zu sehen. 

So viel über die Ursachen meines Nichtbesuchs dieser Ruinen. Lei- 
der aber hat die Beantwortung dieser nur Wenige interessirenden Frage 



141 

eine neue angeregt, die von allgemeinerem Interesse ist, und Mancher 
dürfte es nair verargen, wenn sie unbeantwortet bliebe; ich beschliefse 
daher diese Nachrichten mit einer kurzen Beschreibung des später er- 
folgten Ausbruchs der Feindseligkeiten zwischen den genannten beiden 
Wanderstämmen der 'Aneze. Vielleicht möchte auch die Zugabe eines 
frischen Bildes aus der lebendigen Gegenwart neben dem farblosen 
Theile dieses archäologischen Anhangs nicht überflüssig sein. 

Als es in Damaskus bekannt wurde, dafs sich Ihn Dühi in Golan, 
wo seine Heerden weideten, zum Empfange des Gegners rüstete, mit 
einigen hauranischen Drusenfamilien Verträge schlofs und Zuzug aus 
der Belkit erhielt, schickten die Dorfgemeinden aus Gedür Boten über 
Boten an die Damascener Regierung, um Schutz flehend gegen die 
Verwüstungen eines Krieges zwischen zwei barbarischen Völkern, vor 
deren entfesselter Habsucht kein Lumpen sicher war, "deren Pferde und 
Kameele die anstehenden Emdten niedertreten und das vorräthige Ge- 
treide auffressen mufsten. In Damaskus steht das Ordu von Arabistan, 
ein stattliches Armee- Corps, das nach Abzug der Beurlaubten und der 
detachirten Garnisonen von Haleb, Homs, Ba Ibek, Berut, D^r el Ka- 
mar, 'Akka und el Kudus (Jerusalem) immer noch gegen 9000 Mann 
Truppen aller Waffengattungen zählt, und da im Lande selbst die tief- 
ste Ruhe herrschte, so glaubte man allgemein, es würden zum Schutz 
der Dörfer ein paar Bataillone mit einigen Kanonen, vor denen die 
Beduinen gewaltige Scheu haben, nach Gedür commandirt werden. 
Durch eine solche Mafsregel würden die Beduinen genöthigt worden 
sein, entweder ihren Streit in der Wüste auszufechten, oder sich noch 
einmal zu verständigen und in Frieden neben einander zu weiden. 
Leider geschah von Seiten der Regierung Nichts. Ich will weder dem 
Civil- noch dem Militär- Gouverneur deshalb einen Vorwurf machen, 
denn da diese Dignitärc bei dem gegenwärtigen Verwaltungssysteme der 
Türkei fortwährend wechseln, so lernen sie kaum Damaskus kennen, 
und haben keine Zeit, sich mit den Zuständen der weitläuftigen Pro- 
vinz bekannt zu machen. Bei alledem aber war die Regierung doch 
nicht ganz und gar ruhiger Zuschauer geblieben. Einige diplomatische 
Senatoren hatten den Rath gegeben, die gute Gelegenheit mitzunehmen, 
am von beiden Seiten zu profitiren. Man sagte Fesal nicht nur die 
Spedition der Mekkafahrt, sondern selbst die streitigen Weideplätze zu, 
wenn er den Wudi erlegte. Der Wudi ist eine Abgabe in natura, wel- 
che die 'Aneze zur Zeit der ägyptischen Dynastie an Ibrahim Pascha 
zu zahlen hatten. Fesal, dessen Vorgehen gegen Muhammed ihn Dühi 
deshalb den Anschein der Gewaltthätigkeit hatte, weil dieser die Wei- 
den in Golan durch das Recht eines erblich überkommenen und unbe- 
strittenen Niefsbrauchs besafs, war erfreut, seine Ansprüche vpn der 



142 

Landesregiening unterstützt zu sehen und verstand sich zum Wodi. 
Man einigte sich über 400 Eameele und 20 Pferde, die sofort gegeben 
wurden. Muhanuued sais gerade beim Gouverneur von Damaskus, als 
diese Nachricht ankam, und er soll darüber nicht wenig erschrocken 
sein, denn die Erlegung des Wudi war eine Anerkennung der türki- 
schen Oberhoheit. Aber seine Lage war zu kritisch, als dafs er sie 
durch Unfngsamkeit noch verschlimmem durfte und da man es an gu- 
ten Versprechungen nicht fehlen liefe, so unterwarf er sich der Abgabe 
unter denselben Bedingungen, wie Fesal. Hatte der Mann ahnen kön- 
nen, dafe die Regierung beide Theile sich selber überlassen wollte, so 
würde er nicht ein Zugestandnife gemacht haben, wegen dessen er, zu 
seinen Stammen zurückgekehrt, manche Demüthigung erfahren mufste, 
denn obschon Oberscheich der Wuld 'Ali ist es ihm doch niemals ge- 
lungen, die lockeren Bande, welche seine Stanune zusammenhalten, so 
straff anzuziehen, dafe er denselben seinen Willen als Gesetz anfnöthi- 
gen könnte, und nur dem Beistande seines gefurchteten Schwagers, 
des jSälih et fejar, des „Vaters der 'Aneze" (Abu '1 'Aneze), wie ihn 
die Beduinen nennen, verdankte er es, dafs der Wudi zusammenge- 
bracht wurde. Anders ist es mit Fesal, welcher seine Bnwala mit 
eiserner Hand zusammenhält und bei ihnen Herr über Leben und 
Tod ist. 

Als beide Theile sahen, dafe ihnen der Wudi nichts genützt hatte, 
schritten sie zum Kampf, und es gab von Mitte Juni an fast taglich 
kleinere Gefechte, unter denen eines bei der Ortschaft Nawi, wo auf 
beiden Seiten nahe an 200 Leute getödtet wurden, das gröfste war. 
Unterdessen gelang es Fesal, mit schweren Opfern eine Coalition der 
Drusen des südlichen Haurängebirges zu Stande zu bringen und von 
ihnen eine Verstärkung von mehr als tausend Musketenschützen zu er- 
halten, worauf er sich zu einem Hauptschlage anschickte und da Mu- 
hammed nicht ausweichen konnte, so kam es am Feierabende (Jörn el 
Wai:fe) des Opferfestes (den 19. Juli 1858) am Hügel Gochadar 
( .b ^^i>^l J^') in Gedür, zehn Stunden südlich von Damaskus, zur 
Schlacht, die damit begann, dafe 34 Drusen, sämmtlich aus Magdel 
in Galiläa gebürtig, die mit ihrem Scheich 'Abbäs Ferhat zu F^al 
stofsen wollten, von §alih et Tejär, in einer Entfernung von 1-^ Stun- 
den vom Schlachtfelde bei Sonnenaufgang aus dem Hinterhalte über- 
fallen und erschlagen wurden. Bei dieser Affaire fiel der^Sohn des 
$&lih. 

Hierbei mufs ich erwähnen, dafs die Drusen in diesem ganzen 
Streite eine eigenthümliche, in der Geschichte selten vorkommende 
Bolle gespielt haben. Im Allgemeinen haben sie mehr Sympathie für 
Fe^al, der ein edler Charakter und in Syrien {sehr beliebt ist, woge- 



143 

g^n sie Mnhaniined das Blutbad von Ejreje nicht vergessen können '). 
Auch schlössen sie sich jetzt in der Mehrzahl Fesal an. Aber auch 
Muhammed hatte seine drusischen Bundesgenossen. Man würde sich 
irren, wollte man daraus auf eine Spaltung unter den Drusen schlies- 
sen, denn es ist Thatsache, dafs ihre Häupter, wenige Tage bevor sie 
sich zu den beiden Beduinenlagern begaben, zu einer Beirathung in 
Kanaw^t versammelt waren und sich dann aufs Herzlichste unter 
einander verabschiedet hatten. Es giebt nur zwei Möglichkeiten, die 
Sache zu erklaren. Entweder verkauften die Drusen ihren Beistand 
an den Meistbietenden, oder, was der eben so klugen als kühnen Po- 
litik der Chalwe ') mehr entsprechen würde, wollten sie, indem sie 
beiden halfen, beide Theile decimiren, um den Bruch zwischen Fesal 
und Ihn Dühi unheilbar zu machen. Den Drusen sind nämlich die 
Ruwala sowohl als die Wuld 'Ali äufserst unbequem und seit langen 
Jahren sehen sie mit Scheelsucht auf die Contributionen, welche beide 
Stamme in. den Dörfern der Nu^a und Gedür alljährlich erheben, da 
sie selber daselbst brandschatzen möchten, wie ihre Vettern vom Gebel 
es Suf (dem südlichen Libanon) im Litani-Thale. Wie dem auch sei, 
in dem TrejOPen am Hügel Gochadär hatten sich die drusischen Hilfs- 
truppen beider Heere so postirt, dafs sie nicht mit einander handge- 
mein werden und nicht einander beschiefsen konnten. 

Es ist für den Europäer nicht ohne Interesse, die Zusammenstellung 
eines Heeres der 'Aneze zu kennen. Den vornehmsten wenn auch 



V) MuJt^ammed hatte vor zwölf Jahren eine F^de mit Isma'fl Afras, dem da- 
maligen Scheich von Kreje, lockte eines Tages durch verstellte Flucht die Männer 
in die Wüste, überfiel dann die von ihren Vertheidigern entblöfste Stadt aus dem 
Hinterhalte und tödtete 74 Personen, alles Weiber und Kinder. Zwar wufste er sich 
später dadurch Yerzeihnng dieser Gräoclthat zu verschaffen, dafs er eines Morgens 
mit seiner ganzen Familie barfufs und unbewaflhet im Hause des Isma'il erschien, 
und diesem schweigend einen Strick überreichte, den er sich mit dem andern Ende 
um den Hals geschlungen hatte (vergl. 1. Kon. 20, 31. 82), womit er sagen wollte, 
dafs er sich mit seiner Familie zum Strang verurtheilt habe und zur Execution stelle. 
Ein solcher Act kann seine Wirkung auf den Araber niemals verfehlen, am wenig- 
sten auf den Drusen, den Religion und Erziehung lehren, Entsagung, Beherrschung 
der Leidenschaften und das Streben nach glänzenden Tugenden (Fachr) als die 
höchste Stufe menschlicher Vollkommenheit zu betrachten. lema'il Atras verzieh die- 
ser nachdrücklichen Appellation an seine Hochherzigkeit den Tod seiner Verwandten 
und Freunde (er selbst hatte zwei jüngere Brüder verloren) und da er bald darauf 
Kreje seinem Bruder K&sim abtrat und die Stadt *lre colonisirte, schien es, als 
wollte er die Sache auch vergessen. Aber ein Druse vergifst nie. Er war der Erste, 
welcher mit seinen Schützen vom Gebirge ^auran herabstieg, um sich mit Fe§al zu 
vereinigen. 

*) Chalwe Qiy^^) nennt man die gewöhnlich einsam gelegenen Gebäude oder 
Höhlen, in denen sich die Häuptlinge der Drusen und die in die religiösen Myste- 
rien Eingeweihten (erUkkalj zu wichtigen Beschlüssen und religiösen Uebungen ver- 
sammeln. • 



144 

Dicbt den gröfsten TbeH desselben bildet die Kavallerie (Cb^l), aush 
Lanciers (Abi er Rimäh) genannt. Sie sind mit Lanze und Scbwert 
bewaffnet, mitnnter noeb mit einem Karabiner, den sie aber nor in 
der Notb nnd selten öfter als einmal abfeoem. Alle AnfSbrer tragen 
eiserne Helme nnd eiserne Ringelpanzer, die mit grofser Sorgfalt ge- 
arbeitet sind nnd ans Persien kommen. An der Spitze der einzelnen 
Reiterhanfen stehen die Fedäwije oder dem Tode Geweibten; sie 
sind meist schwarze Sklaven vo/i athletischem Körperbau nnd grofser 
Kühnheit. In dem Stamme selbst geboren sind sie stets bereit, sich 
far die Ehre desselben zn opfern. Die Reiterei beginnt immer die 
Schlacht nnd läfst dem übrigen Heere Zeit, seine Stellungen einzuneh- 
men. Dieses besteht aus Kameelreitern (Delläle) und Pufsvolk 
(Zalm). Die ersteren reiten das leichtfufsige Delul je zu Zweien, von 
denen der Vordermann mit einem kurzen Spiefe und der Hintermann 
(Merduf) mit einer Luntenflinte bewaffnet ist. Im Treffen angekom- 
men, springen sie vom Kameel, und während die Schützen sich Brust- 
wehren (Metaris) von Stein oder Erde machen und am Boden kauernd 
ihr Feuer eröffnen, bemühen sich die Vordermänner neben der Beauf- 
sichtigung der Kameele nach antiker Weise die herrenlosen Pferde auf- 
zufangen, Waffen und Beute aller Art zusammenzutragen, die Verwun- 
deten wegzubringen und den gefallenen Feinden den Gnadenstofs zu 
geben. Geht die Schlacht verloren, so springen der Vordermann und 
sein Schutze wieder aufs Thier und entfliehen. Vom Fufsvolk end- 
lich giebt es vier Arten von Combattanten. Die eine Art ist mit dem 
Chust, einem kurzen starken Spiefs, bewaffnet, und die andere mit der 
Kanwe oder steineichenen Keule mit dickem Kopf. Die dritte Art sind 
die Medr üb- Träger. Der Medrub ist dieselbe in den Händen des Ara- 
bers so gefahrliche Waffe, welche in den syrischen Städten und in 
Aegypten Nebbüt heifst. Diese gegen vier Ellen lange, aus einem eisen- 
festen Holze gemachte Stange ist an mehreren Stellen mit eisernen 
Ringen beschlagen, oder über Lederstreifen mit starkem Draht um- 
sponnen, damit sie beim Schlagen nicht zerbricht. Die vierte Art sind 
die Schleuderer. Die Schleuder (Mi]k:la) ist ein starker wollener oder 
härener Strick mit einem Keff, d. h. mit einer der hohlen Hand ähn- 
lichen Einlage von Kameelieder, in welche ein runder Stein von der 
Gröfse eines mittleren Apfels gelegt wird. Sie wissen damit ihr Ziel 
in weiter Entfernung zu treffen. Im Frieden bedient man sich der 
Schleuder zur Gazellenjagd und zum Schutze der Heerden gegen Raub- 
thiere. Aufserdem tragen alle vier Arten von Fufsgängem die *Akfe, 
ein fast zwei Spannen langes krummes Messer, im Gurt, der ihr ein- 
ziges Kleidungsstück, den Leibrock, zusammenhält. Dieser besteht aus 
einem meist schwarz- und weiTsgestreiften ziegenhärenen Zeuge, hat 



145 

kurze Aermel and ist gerade so lang, um nothdürftig die Blöfse zu 
decken. Arme und Beine sind blofs und da sie im Kampfe auch weder 
Fufs- noch Kopfbedeckung tragen, so geschehen ihre Bewegungen mit 
einer grofsen Leichtigkeit und Behendigkeit. Treffen sie mit dem Feinde 
auf steinigem Terrain zusammen, so wird auch der Stein in ihrer Hand 
zu einer gefährlichen Waffe. Geht aber eine Schlacht verloren, so wird 
gewöhnlich unter ihnen ein arges Blutbad angerichtet, da sie dann nur 
auf die Schnelligkeit ihrer Füfse angewiesen sind und weder durch 
ihre Bewaffnung, noch durch die Taktik gegen die sie verfolgende Rei- 
terei geschützt werden. Alle die genannten Arten bilden besondere 
Schlachthaufen, die durch Härat oder Gassen für die hervorbrechende 
oder sich zurückziehende Reiterei von einander geschieden sind, und 
einem alten Herkommen gemäfs stehen sich im Treffen immer die glei- 
chen Waffen gegenüber. In dem Treffen am Hügel Gochadär ereig- 
nete sich die für uns wunderliche Erscheinung, dafs die Reiterei der 
Ribsan von Seiten der Ruwala und der Mesatta von Seiten der 
Wuld 'Ali sich 1-J Stunde lang Seife an S'elfe *) unbeweglich gegenüber- 
stand, beide in der Erwartung, dafs der andere Theil sich eine Blöfse 
geben werde; da dies nicht geschah, schwenkten endlich die Ribsan 
rechts und die Mesatta links ab, ohne sich geschlagen zu haben. Den 
Schlüssel zu solchen Dingen würde uns nur ein Militär geben können, 
der den Beduinenkrieg praktisch studirt hätte '). Im Hintertreffen 
stehen gewöhnlich die Weiber und Mädchen, um durch die hellen Töne 
des Zalägit (Frohlocken bei Hochzeiten) die Männer zur Tapferkeit 
und Todesverachtung anzuspornen, denn Feldmusik haben die Aneze 
nicht. 

Ib n Dühi verlor die Schlacht. Sein Verlust betrug nach seinem eige- 
nen Geständnisse an Getödteten allein gegen 600 Mann, und er würde viel- 



') Die S'elfe ist eine drei Finger breite, über 1^ Spanne lange, flache zwei' 
schneidige Lanzenspitze. Man maclit sie gern aus der Klinge des kurdischen Jata- 
gän und des altsyrischen Changar ( hirschfUngerartige Messer, die man im Gürtel zu 
tragen pflegte). 

*) Ein Studium des Beduinenkrieges, das vielleicht seinen Nutzen, jedenfalls 
sein Interesse haben dürfte, ist nicht schwer zu ermöglichen. Ein Offizier, welcher in 
dieser Absieht zu Fesal käme, würde gewifs auf das Freundlichste empfangen wer- 
den. Er müfste sich Mitte September in das Lager desselben bei Damaskus bege- 
ben, zöge mit ihm während des Herbstes und Winters von Weideplatz zu Weideplatz 
und würde bis Anfang Mai, wo Fesal wieder in Syrien ankommt, zwischen dem W&di 
R&gil und dem S'att el 'Arab Länder und Völker sehen, die noch kein Europäer 
gesehen hat, wobei sein Wunsch, den WUstenkrieg zu studiren, vielleicht mehr als 
ihm bequem in Erfüllung gehen würde. Denn seitdem Ibn Resid, der wahhabidische 

Gouverneur im Lande Häil (l>:*.^'), vor vier Jahren nach einer SOtägigen Kano- 
nade Besitz vom Göf genommen hat, das bis dahin unter Fdsals Herrschaft gestan- 
den, haben die Feindseligkeiten zwischen diesem und den Wahhabiden nicht auf- 
gehört. 



146 

leicht noch gröfser gewesen sein, wenn nicht in dem AugenbKcke, wo 
sich der Sieg auf Fesals Seite neigte, der oben bei Bosra erwähnte Nahär 
el Meshür ans mir nicht bekannten Gründen sich von Fesal getrennt 
und mit seinen Leuten das Schlachtfeld verlassen hätte. Am nächsten 
Tage vereinigte er sich mit Ibn Dühi, der sich in einer bÖsen Lage 
befand, da er mit der Schlacht sein ganzes Lager und über 12,000 
Kameele verloren hatte; die letzteren dadurch, dafs ein Reiterhaufen 
auf sie zurückgeworfen wurde, wodurch sie scheu gemacht nach allen 
Richtungen hin sich zerstreuten. Die meisten wurden noch während 
des Tages von den Gejät und S'täje und ihren Verbündeten, den Zu- 
bed, eingefangen. Diese Räubstämme hatten sich einige hundert Reiter 
stark in der Nähe des Schlachtfeldes gleichsam als die Raben, welche 
das Aas erwarteten, aufgestellt, und als sich Ibn Dühi's Kameele zer- 
streuten, finden sie viele derselben auf. Die Gejät allein hatten gegen 
3000 erbeutet. Den Rest bekam Fesal, der die Wahlstatt behauptete, 
dadurch, dafs er nach Sonnenuntergang viele Feuer anzünden liefs, 
von deren Schein die Thiere angezogen und so eingefangen wurden. 
Hier möge noch eine Anekdote von rein arabischem Colorite Platz fin- 
den. Bei der Plünderung seines Lagers verlor Muhammed auch seinen 
Mansef, eine grofse muldenartige kupferne Schüssel, in welcher die 
Hauptmahlzeit des Tages aufgetragen wird. Als man sie zu Fesal 
brachte, wandte er sich ab und rief: Behüte Gott, dafs wir uns den 
Tisch *) aneignen sollten, der immer der Gastfreiheit und Armuth ge- 
weihet warl Er schenkte darauf einem im Lager anwesenden Bauer 
ein Kameel, auf dem dieser den Mansef seinem Eigenthümer zurück- 
bringen mufste. Dieser Act, durch den Fesal sich und Ibn Dühi gleich 
ehrte, war übrigens nicht das erste Mal, dafs dieser Mansef respectirt 
wurde. Ibn Dühi hatte ihn vor mehreren Jahren bei einem Damas- 
cener Kupferschmied bestellt und, als er fertig war, durch einige seiner 
Leute abholen lassen. Diese wurden zwischen Kiswe und Gab ä gib 
von den Beduinen des War ausgeplündert; aber den Mansef wollten 
die Räuber nicht nehmen. Sie sagten lachend: „nahn mo kaddnh — wir 
können keinen so grofsen gebrauchen^, aber in der That schämten sie 
sich, einen Tisch zu rauben, dessen ungewöhnlicher Umfang auf die 
Gröfse der Gastfreiheit dessen schliefsen liefs, dem er gehörte. 

Nach dem Treffen nahm sich die Damascener Regierung nicht 
ohne politischen Takt entschieden der schwächeren Partei an, indem 
sie Fesal (natürlich nur im diplomatischen Wege der Ermahnung) an 
der Verfolgung seiner Vortheile gegen Muhammed verhinderte, welcher 



' ) Da der Mansef beim Essen anf die blofse Erde gestellt wird, so ist er zu- 
gleich Tisch and Schüssel. 



147 

sieb nnn gegen den See von Tiberias hinzog. Die dmsischen Bandes- 
genossen verliefsen darauf die beiden Heere und gingen nach Hause. 
Sie hatten wenig Verluste gehabt, und von ihren gröfseren Scheichen 
waren nur zwei gefallen, einer aus dem Hause He z im e in Kefr el Lehä, 
der mit Mnhammed, und der andere aus dem Hause Abu Fachr in 
Negrän, der mit Fßsal gewesen war. Der Letztere beschenkte seine 
Drusen fürstlich, und denen unter ihnen, welche Wunden davon ge- 
tragen, setzte er Leibrenten aus. 

Muhammed gab sich jetzt alle Mühe, zur Fortsetzung des Krieges 
neue Bundesgenossen zu bekommen. Zuerst wandte er sich personlich 
an 'Akil, den Machthaber im Lande Galiläa '), mit dessen Beistand er 
ohne Zweifel den Kampf hätte wieder aufnehmen können, denn *Ak:il 
ist ein militärisches Genie, kann frei über das Contingent einer Menge 
Dörfer verfugen und würde gewifs auch seine alten Freunde, die als 
gute Schützen bekannten Stämme des Gör (der Jordanniederung} mit 
sich fortgerissen haben, aber er schlug diesmal seinen Beistand ab. 
Von da begab sich Muhammed in die Bergfeste Tibnin zu 'Ali Bey, 
Mutewäli- Scheich im Lande Besara, einem Nachkommen des berahm- 
ten Tähirel'Omar, welcher im Jahre 1185 arabischer Aera mit Abu 
peheb Damaskus erstürmt hat. Aber auch bei 'Ali Bey erreichte er 
seine Absicht nicht. 

Unterdessen hatten zwei andere Glieder seines Hauees ihr Glück 
versucht, seine Tochter Kerma und sein NeflFe Muazzi. Die erstere, 
deren Mann, der erwähnte Sälih et Tejär, verwundet und deren Sohn 
getödtet worden, begab sich zu Fa'or ( .jxb), dem Fürsten (Emir) 

der Fadl, eines der edelsten Stamme Gölän's, aber sie erlangte nur, 
dafe der Emir einigen seiner Scheichs, die mit Muhammed befreundet 

*) Ist derselbe 'Akfl A^a, welcher den nordamerikanischen Capitain Lynch im 
Jahre 1848 auf seiner wissenschaftlichen Expedition zum Todten Meere begleitet und 
ihm dabei nicht unwesentliche Dienste geleistet hat. Das dem Berichte der Expe- 
dition beigefligte Portrait 'Akil Aga's soll nach dem Zeugnisse derer, die ihn gesehen 
haben, sehr grofse Aehnlichkeit haben. Nach dieser Zeit war 'Akil, wie alle syri- 
schen Delibäsije (Anführer von Landreitem) abwechselnd in Diensten und aufser Dien- 
sten. Im Jahre 1856 war er wieder einmal nach längerem Warten mit 16ü Mann 
activ geworden, als er schon nach wenigen Monaten zu Gunsten des Kurdenhänpt- 
lings Muhammed Sa'id von Neuem abgesetzt wurde; da ihm aber die Anwerbung 
und Equipirung seiner Leute viel Geld gekostet hatte, so erklärte er seinem Nach- 
folger, der mit einigen hundert kurdischen Reitern nach Tiberias gekommen war, dafs 
er nur der Gewalt weichen würde. Muhammed Sa*id nahm den Fehdehandschuh auf 
und nach einigen Tagen kam es zwischen Beiden zum Kampf, in dem 82 Kurden, 
unter ihnen der Bruder des Muhammed Sa*id, erschlagen und fast eben so viel ge- 
fangen wurden. Den Gefangenen gab *Akil zwar die Freiheit, aber er hatte in die- 
sem Straufse aufser einer Menge fUr ihn werthvoUer Waffen 114 Pferd« erbeutet, dii» 
sein Eigenthum blieben. Die Regierung erneuerte darauf das PatJent 'Akife und setsste 
den Muhammed Sa'id wieder ab, welcher sich später alle Mtthe gab, Fl^al gegen Ihn 
Dfl^i zu unterstützen, um sich durch seinen Beistand an *AkÜ A^a rächen zu können. 



148' 

waren, gestattete, mit ihren Leuten zu den Wuld *Ali zu stofsen; er 
selbst zog es vor, sich nicht öffentlich für Muhammed zu erklären und 
mit dem ganzen Stamme am Kriege Theil zu nehmen. Glücklicher 
war Mu'azzi, welcher sich zu dem in diesen Blättern mehrfach genann- 
ten *Abbas el Kal'ani, Scheich von S'akL:a, begab. Da man dort die 
Ursache seines Kommens ahnen konnte, so hatte man vor ihm das 
Haus des Scheichs geschlossen und man brachte ihm Essen und Betten 
auf die Strafse, denn durch seinen Eintritt (Duchül) in das Haus hätte 
er die Rechte eines Schützlings (Dachil) erlangt. 'Abbäs versammelte 
nun seine Verwandten, die Aeltesten der Stadt und die Scheiche der 
Nachbarschaft zu einer Berathung über die Frage, ob man den Wuld 
*Ali helfen könne? Zwei Tage erwog man das pro und contra und 
da es schien, als werde sich die Versammlung für Nichtintervention 
entscheiden, so versuchte der Beduine sein Heil in einer Kriegslist. 
Er sprang in einem unbewachten Augenblicke in's Haus und schlüpfte 
in's Frauengemach. 'Abbäs, der gegen einen solchen Versuch bestan- 
dig auf der Hut gewesen war, stürzte eiligst hinter ihm her, kam aber 
zu spät. Muazzi safs bereits auf den Betten, hielt 'Abbäs die 'O^ da ') 



') Wenn ein Beduine als Dachil in ein Haus oder Zelt kommt, so nimmt er 
sein Kopftuch, die Keffije, ab, macht einen Knoten ('Okda) in dasselbe, streckt die- 
sen dem Hausherrn entgegen und spricht: anä dachilak d. h. ich komme als Schutz- 
suchender in dein Haus. Er bringt dann seine Klage vor, and will der Hansherr 
ihn schützen, so nimmt er mit den Worten „mar^abäbak (sei guter Dinge I)** das Tuch 
und löst den Knoten. Man hält den Ausdruck marljiabäbak gemeiniglich für gleich- 

» 
bedeutend mit der Grufsformel marhabä (LAi:>..^) „willkommen**; dies ist aber un- 
richtig. Es ist in dem modernen Idiome ausschliefslich die Formel, mit welcher man 
einem Bittenden die Erfüllung seiner Bitte zusagt, und bei Gewährung des Asyls bil- 
den das Aussprechen dieses Wortes und das Lösen des Knotens ganz eigentlicli den 
rechtlichen Act, durch den sich Jemand zum Schutz einer Person, Gemeinschaft oder 
Sache mit Gut und Blut so verpflichtet, dafs der andere Theil ein Recht auf diesen 
Schutz erhält. Diesen Act können andere Zusagen eben so wenig ersetzen, als sich 
z. B. bei uns aus den Betheuerungen eines Liebhabers ohne den Act der Trauung 
eine legale Verpflichtung zu lebenslänglicher Treue ableiten läfst. Gelingt es dem 
Dachil, in's Frauengemach zu dringen, und sich in die Betten einzuwickeln, so wird 
sein Anrecht auf Schutz stärker. Bei den ^auränischen Drusen mufs er dann ge- 
schützt werden. Er ruft dabei dem Hausherrn zu: anä dachil 'alä harimak, ich be- 
gebe mich in den Schutz deiner Frauen (Mutter, Frau und Töchter), oder : dachilak ! 
'ordi *ord ^arimak, ich fordere deinen Schutz! Meine Ehre ist die Ehre deiner 
Frauen, d. h. in demselben Maafse, als du deine Frauen schützen würdest, schütze 
michl Kommt in der Wüste der Dachü zu einem Zelte in Abwesenheit des Be- 
sitzers, so bindet er sich mit seiner Keffije an den Zeltstrang, ohne in's Zelt selber 
zu treten, und wartet, bis jener kommt und ihn mit dem Worte „marljLab&bak" los- 
bindet und in's Zelt führt. Alle diese Förmlichkeiten sind aber nur da erforderlich, 
wo man in einer sehr wichtigen Sache, oder auf lange Zeit den Schutz veilangt* 
Den „kleinen Schutz **, der in der ganzen syrischen Wüste 3j Tage dauert, erlangt 
man schon durch den Eintritt in das Zelt eines Beduinen, oder dadurch, dafs man 
bei ihm gegessen hak. Haben daher Beduinen Jemanden in der Wüste geplündert, 
so erkundigen sie sich genau, bei wem er in den letzten drei Tagen gegessen, and 



149 

entgegen und rief: Meine Ehre, Scheich, ist die Ehre deiner Frau: 
schütze siel Mit schwerem Herzen löste 'Abbas die 'Ol^da und sprach 
das inhaltsschwere „marhababak^ aus. Auf diese Weise erlangten die 
Wuld 'Ali darch die Klugheit des Mu azzi den Beistand eines Mannes, 
dem an Energie und Treue wenige Drusen gleich sind. Den versam- 
melten Scheichs blieb nun nichts weiter übrig, als den Modus des Han- 
delns zu bestimmen, und noch an demselben Abende ritten die Boten 
zu den Drusen des südlichen Legats und des Gebirges, die als zu ' Ab- 
bäs' Partei gehörig sich früher am Kriege nicht betheiligt hatten. Am 
zwanzigsten Tage nach dem Treffen von Gochadar zog 'Abbas mit 
z^wanzig Fähnlein (Beiraik:, je zu ÖO Mann) Fufsvolk und 500 Reitern 
von S'akj^ über S'uhbe, Murduk, Rime und Negran nach Zora% wo 
sich Ihn Dühi mit ihm vereinigen sollte, und da sich Fesal bei An- 
nahertmg der Drusen südlicher zog, so konnte diese Vereinigung 
leicht bewerkstelligt werden. Die Gawädire und Hawärine (Bauern 
von Gedür und der Haurän- Ebene), welche zeither dem Kriege fern 
geblieben waren und aus Furcht vor gewaltsamen Requisitionen nur 
Sammlungen an Kleidern, Betten, Teppichen, Geschirren, Zelten und 
Getreide für den geplünderten Muhammed veranstaltet hatten, fanden 
sich jetzt in Betracht seines wieder aufgegangenen Glückssternes ver- 
anlaist, einige hundert Reiter und Schützen zu den Drusen stofsen zu 
lassen, worauf man zur Offensive gegen Fesal überging* 

Die Wuld *Ali, Sirhän und die übrigen verbündeten Beduinen bil- 
deten das erste Treffen, die Drusen mit den Bauern das zweite. Ihr 
Fufsvolk bildete das Centrum und ihre Reiterei die Flügel. Fesal, dem 
jetzt kein Druse zu Hilfe kam, zog sich langsam gegen Süden zurück, 
und Muhammed folgte ihm ebenso in kurzen Tagemärschen nach. Es 
kam bei diesem Zuge zu keinem einzigen Handgemenge. Muhammed 
sah ein, dafs die Drusen nur durch das Asylrecht gezwungen ihm zu 
Hilfe gekommen waren; er wollte von dieser Hilfe keinen unedlen 
Gebrauch machen, und F^sal, dem der Hergang kein Geheimniis war, 
wollte sich *Abbäs durch Widerstand nicht zum wirklichen Feinde 
machen. Als er den Jermuk überschritten und zwischen Abil und 
dem Wädi der Katarakte (es S'elläle) eine feste Position genommen 
hatte, machten seine Verfolger Halt, blieben zwei Tage stehen und 
kehrten dann zurück. Einige transjordanische Stämme theilten nun ihre 
Weiden mit Fesal, bis dieser gegen Ende October in die Steppe zu- 
rückkehren konnte. 



babeu sie Ursache, dessen Rache zu fdrchten, so geben sie sofort das Geraubte zu- 
rück. Diese Frist basirt sich auf die Annahme, dafs die genossene Speise 8| Tage 
im Mägen des Gastes liegen kann. So lange reist dieser also nach dem Gesetze des 
arabischen Gastrechts unter dem Schutze seines Wirthes. 

11 



150 

So endigte im Jahre 1858 der Streit zwischen den beiden Brn- 
derstfimmen, nm sieb wabrscheinlicb bald in gröfserem Maafsstabe zu 
erneaern, da die Rnwala för ihre zahlreichen Kameelheerden die 
streitigen Weidepl&tze haben müssen. Mohammed führte nach FS- 
sals Rückzug seine Stämme an die Ufer der Wiesenseen, während er 
sidi selbst zu den in der Diret S'nmbnl hansenden Sibä' begab, um 
diese mächtigsten aller westlichen *Aneze- Stämme zu einem Bündnisse 
gegen FSsal für das nächste Jahr zu bestimmen. Gelingt ihm dies, so 
dfilfte er wohl Sieger bleiben, gelingt es ihm aber nicht, wie zu ver- 
muthen, «o wird er, um sich Ihn Sa' üd 's Beistand zu versichern, wohl 
in den sauern Apfel beüsen und die wahhabidische Religion wieder an- 
nehmen müssen, zu deren Bekenntnisse schon sein Vater Dühi gezwun- 
gen worden war. Werden aber auf diese Weise die Wahhabiden nach 
Syrien gerufen, so können sich in diesem Lande, aufser grofsen pa^ 
tiellen Verwüstungen, Dinge von politischer Wichtigkeit ereignen. Es 
ist bekannt, dafs die Wahhabiden an Wahrhaftigkeit und Treue kaum 
von einem Volke der Erde übertroffen werden und ihr auf Einfachheit 
unid Reinheit der Sitten basirter puritanischer Islam hat für den den- 
kenden Muselmann um so mehr Verführerisches, je mehr die über- 
schwengliche Verehrung des Propheten und der Heiligen dem heutigen 
Muhammedanismtts beinahe das Gepräge eines polytheistischen Cultus 
aufgedrückt hat. AuCh habe ich unzählige Male von Damascener Ule- 
ma's das TJrtheil gehört, das Bekenntnifs der Wahhabiden sei der wahre 
Islam, und Herr Professor Dr. J. Petermann erzählte mir, dafs er 
dasselbe von den gelehrtesten Scheichs in Bagdad gehört habe. 



Berichtigungen: 
S. 42 Z. 16 lies A<^\ statt AM. 

- 7ß - 18 1 ' *®*''0'' ' xqivov. 

- 82 - 16 - 1. Mos. - 1. Bfön. 



Qedrnckt bei A. W. Schade in Berlin, Grttnstr. 18. 



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