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durch
die Vereinigten Staaten von
Nord - Amerika
in den Jahren 1818 und 1819.
Nebſt
einer kurzen Weberficht der neueften Ereigniffe auf dem
Kriegs» Schauplaß
in Sid Amerifa und Weſt⸗Indien. |
Von
®
u. Dal Sede,
Königl. Preuß. Lieufenant dom — 13ten ſchleſiſchen Landwehr⸗
Infanterie-Regiment.
Erkner Dan d.
Mit einem Kupfer.
Eee bin,
in Commiffion bei 9. Ph. Petri.
1820, sr
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Se.
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Subferibenten: Berzeichnif,
Majeftät der König.
Königliche Hoheit der Kronprinz.
Königl. Hoheit der Prinz Wilhelm, Sohn Er.
Maj. des Königs.
Königl. Hoheit der Prinz Karl, Sohn Sr. Maj.
des Könige.
Königl. Hoheit der Prinz Albredt, Sohn Sr.
Maj. des Könige,
Könige. Hoheit der Prinz Wilhelm, Bruder Gr.
Mai. des Könige.
Könige. Hoheit der Prinz Auguft von Preußen.
Königl. Hoheit der Pring Friedrich von Preußen,
Neffe Sr, Maj. des Könige.
Hoheit der Herzog Karl von Medlenburg-Streliß,
General: Lieutenant.
Ihro Königl. Hoheit die Fran Peingeffin Wilhelm
von Preußen.
Ihro Könige. Hoheit die Frau Prinzeffin Lo uiſe von
Dreußen, Fürftin Radzivil.
288044
‚Berlin
Here Freiherr v. Altenftein, Gtaatsminifter, Ercellenz.
SEA
Behr, Kaufmann.
Benede, DBanguier.
v. Bentivegni, Prem. Bieut. im Grenad. R. Kaif. Franz.
v. Bernftorff, Pieut. im Grenad. Reg. Kaif. Franz.
Bierdemann, Geh, Ob. 5. Rath,
BIefl, Hofrath.
Graf v. Blumenthal, Lieut. im Gr. Rgmt. Kaif. Stanz.
Boethke, Kapit. im Kriegs: Nlinifterio.
Borſche, wirkl. Geh. Ob. Fin. Rath.
v. Brauchitſch, General: Lieutenant, Ercellenz.
v. Brauditfch, Lieut. im Gren. Rgmt. Kaifer Stanz.
v. Braufe, General:NMajor.
v. Brefe, Nlojor im Kriegs» Minifterio.
v. Eberftein, Lieutenant im Gr. Rgmt. Kaifer Sranz.
v. Egloffftein, Lieut. im Garde Schütz. Bat.
Eichmann, Geh. Kriegs: Rath.
Graf zu Eulenburg, Ritem. im Garde Huf. Regmt.
Ewald J., Banguier.
Ewald U., Banquier.
v. Falkenſtein, Lieut. im Grenad. Rgmt. Kaiſer Franz.
Seiler, Kriegs-Rath.
v. Foller, Kapit. im Gren. Rgmt. Kaiſer Alexander.
v. Foller, Lieut. im Gren. Rgmt. Kaifer Sranz.
Friccius, Geh. Rath.
v. Öeufau, Pr. Lieut, im Gren. Rgmt. Kaifer *
Graf v. Gneiſenau, General der Infanterie, Excellenz.
Gieſecke, Ordens- und Stadt-Rath.
Grübs, Buchhalter.
v. Hake, Gen. Lieut. und Kriegs-Miniſter, —
v. Halle, Kaufmann.
Dr. Hanſtein, wirkl. Ob. Conſiſt. Rath.
Ge. Durchl. der Staatskanzler Fürſt v. Hardenberg,
Ihro Durchl. die Frau Fürſtin v. Hardenberg.
Herr Graf v. Heſſen ſtein, Rittm. in Garde Huf. Rgmt,
————
v. Holſtein, Lieut. im Grenad. Rgmt. Kaiſer Franz.
Graf v. Hompeſch J., Lieut. im Gr. Rgme. Kaiſ. Franz.
Graf v. Hompeſch I,, Lieut. im Gr. Ngmt. Kaiſ. Franz.
Dr. Hufeland, Staats: Rath,
Jacob Geh. Kriegs: Rath.
"vd. Jagow, Ob. Gtallmeifter Errellenz.
v. Katte, Rittm. im Garde Huf. Rgmt.
Klaatſch, Geh. Ob. Fin, Rath.
— V — *
Herr Klaatſch, Lieut. im Grenad. Rgmt. Kaifer Franz.
Die
Krätſchel, Buchhalter.
Kraut, Lieut, im Kriegs» Minifterio.
Kroͤber, Lieut. im Grenad. Rgmt. Kaifer Alerander.
v. Ladenberg, wirkl. Geh. Ob. Sin. Rath u. Direktor.
v.Ledebour, Lieut, im Örenad, Rgmt. mu Alexrander.
Liebert, Kaufmann.
Grafv. 2Lottum, Gen. Lieut. und Staats: :Minifter, Ereil,
Magnus, Kaufmann. 5;
Mapyerh, Hof-Rath.
Mendelfohn, Kaufmann
vd. Molzer, Gtiftsfanzler.
v. Müller, Lieut. im Grenad. Ngmet. Kaifer eh
Müller, Reg. Rath.
Nikolaiſche Buchhandlung.
Herr Nifolovius, wirkl. Geh. Ob. Reg. Rath.
v. Norrmann, Lieut. im Gren, Rgmt. Kaiſer Frang.
— v. Oertzen, Lieut. ⸗ ⸗ —
BB SER FIR,
v. Othögrapven, Lieut. * ⸗ ⸗
Degold, Stadt-Rath. |
v. Prigelwig, Prem. Lieut. im Ngmt. ——
v. Pritzelwitz, Obriſt im Kriegs-Miniſterio. |
v. Rapin, Prem. Lieut. im Rgmt. Garde: ha
Rehfeld, Gyndicus.
Richter, wirkl. Geh. Kriegs-Rath.
v. Roller, Nlajor im Kriegs: Minifterio. —
Rother, wirkl. Geh. Ob. Fin. Rath.
v. Rummel, Gen. Maj. im Kriegs: Minifterio.
v. Shadtmeyer, Obr. u. C. d. Gr. Rg. Kaif, —
Sccheel, Lieut. im Garde-Huſ. Rgmt.
Graf v. Schlieffen J., Lieut. im Gr. Rgmt. Kaiſ. Franz.
Graf v. Schlieffen J Biene, „ho. nr x .
Schmidt, Affeffor Geh. erped. Sekr.
v. Schöler, Gen, Maj. im Kriegs: Minifterio.
Geifert, Affeffor.
Skalley, Geh. O5, Zin. Rath u, Direktor,
Sprickmann, Profeffor.
Gteinbed, Geh. Ob. Fin. Rath.
v. Steinwehr, Gen. Major.
Baron v. Stodhorn, Großh. Bad. Gen, Le. u. Geſandter.
v.Sudrom, Lieut. im Grenad. Reg. Kaif. Franz.
Güvern, wirkf. Gef. Ob. R. Rath.
Uhden, Geh. Ob. R Rath.
v. Bogel, Dbrift im Kriegs: Minifterio,
; |
— Vom
Herr v. Widede, Bienti im Grenad. Rgmt. Raif. ‚Franz.
— Dr. Wiebel, Geh. Staats-Rath.
- Ge. Durchl. der Fürft v. Wittgenſtein, Staats: Miniſt
Herr Wittig, Kapit. im Kriegs-Miniſterio.
— v. Woldeck, Lieut. im Örenad. Rgmt. Kaif. Franz.
— Wolf, Banquier.
— Wolf, Kaufmann. Sa
— Daron v. Wplzogen, Lieut. im Gard. Huf. Rgme.
Frankfurth.
Herr Fröbing, Adjudant.
— Jakobi, Burgemeiſter zu Görtig.
— SKleinberg, Poftjefretär.
— Föhn o. Jaski, Niajor,
Königl. Poftamt.
Herr v. Wißmann, Reg. Ehef- Präfident.
Rönigsberg in Preußen.
Herr v.d. Schleuſe, Capit. im ıften Infant. Rgme.
— v.Lepel, Kopit. ⸗ ⸗
— v. Krensky, Kopie = =
— v. d. Delsnig, Pr. Lieut.
— v. Woisky, Pr. Lieut. P . ’
— 0. Babain, Pr. Lieut. z PR a
— v. Wildemann, Lieut, . P „
— Kappe, Lieutenant x in R
— 9. Montowt, Lieut. : . .
— DBree$, Lieutenant * ß .
Magdeburg.
Herr ©. H. Aſcherſon, Kaufmann.
— Joh. Heinr. Böttiher, Kaufmann,
Herten Gebr. Buhlers, x
Herr Cuny Sohn u. Comp. -
— Garl Eoftenoble, ⸗
Joh. Coqui, J—
Peter Coqui,
. M. Dewes, ⸗
Franke, Ob. Bürgermeiſter.
C. A. Feska, Kaufmann.
Aug. Fiſcher, Particulier.
Glaeſer, Kaufmann.
Dr, Hundeiker, Prof. vr Dir. der WERTEN.
Heyſe, Schul: Director.
Helle, Kaufmann. .
E. Juhn, Apotheker. .
v.Klevenomw, Db.2. G. Chef: Präſident.
——
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Herr Marter, Kaufmann.
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2.D. Maquet, Kaufmann,
Morgenftern, Kaufmann.
Matthias, Eonfift. u. Schul: Rath).
Madeprang, Ob. L. ©. Rath,
Oppermann, Rathmann.
— Dppermann, Db.2. ©. Rath),
Rathhaus- «Bibliothek.
Herr
ARM GRID. ARRSERSRRN 108
Ruſche, Kaufmann.
v. Roeder, Ob. L. G. Präfident,
Rudolph, Adermeifter,
Rademadher, Kaufmann.
Reinhardt, ⸗
‚Graf v. d. Schulenburg, Reg. Chef: Präfident..
Dr. Solbrig, Profeffor am Klofter Unf. Lieben Frauen.
St. Schmitz u, Comp., Kaufmann.
Sr. W. Chartom, P
Schneider, ⸗
Valet, Prorektor am Kloſt. U. Lieb. Frauen.
Voigtel, Reg. Direktor.
Dr. Voigtel, Reg. u. Medizinal» Rath,
Bangerom, Kriegs: Rath.
Dr. Weinſchenk, Med. Rath.
Warneyer u. Örunomw, Kaufmann.,
J. C. Weiße u Comp, x
Walftab, Kaufmann,
Warnede, =
Zuckſchwerdt u. Beudel, Kaufmann..
Neuß a. Rhein
vd. Bolſchwing, Landrath.
Breuer, Pfarrer zu Grefrath,
Matth. Eloeren, Gemeinde: Gebretär.
Efferg, in Bufcherhoff.
Hambad, Pfarrer.
Hamm, Gemeinde: Gekretär,
Hütten, Gtadt-Rath..
Husgen, Gemeinde: Gefretär.
Sr. Kamper, Kaufmann in Eppinghaufen,
Lachenwitz, Kreis: Sekretär.
Mehl, Bürgermeifter.
Mid. Saffen, Bürgermeifter in Glimlinghaufen.
Sinſteden, Ackermann in Vanikum.
Stadly, Bürgermeiſter in Bons,
Thelen, Ackersmann in Rommerskirchen,
— WEIL —
Potsdam.
Erftes Garde Infant. Regiment, |
Herr v. Brauchitſch, Obrift u. Comm. des Rgt. Garde du Korps.
v. Ötegemann, Ritem. im Rgmt, Garde du Corps.
— v. Trotha, Naj. u. Comm, im Rgmt. Garde-fandw. Cap,
— v. Ötülpnagel, Rittmeif, + =» a . .
— v. Lupinsky, Rittmeiſt. =
— Oro Merveldt, Rittm. a P ‚ > 5
— Gr. v. Weftarp, Rittm, — — —
— v. Lützow, Pr. Lieut. ⸗ —
— dv. Derenthal, Pr. Liu. =» = RAN
— 9. Neumann, Maj. u. Comm, im Garde: ger: -Bataill,
— v. Klaß, Major im Garde-Jäger— «Bataillon.
— v. Stodhaufen, Kapif. im Garde: *Jiger- -Bataillon.
— 2. Schuckmann, Kapit. = ——
— v. Böhn, Kopit. ⸗ ⸗
— dv. Knoblauch, Kapit. = —
— v. Knobelsdorf, Lieuf, = « >
— v.d. Landen, Lieut. —— —
— Reinhard, Lieut. a A Sa
Gtfetfin.
Herr Ho yoll, Ob. 2. ©. erpedir. Sekr.
v. d. Oſten, Ob. £. Ger. Chef: Präfident,
Neiße in Schleſien.
Herr Böniſch, Pfarrer in Oppersdorf.
— v.Rottenburg, Landrath in Neiffe
trier
» Herr Bei, Bürgermeifter zu Hermeskeil.
— v. Cohaufen, Landrath u Saathurg.
— Emmerich, Kreisfefretär. — — —
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— Perg er, Landrath. I a J 54
Herr Blumen au, Bürgermeifter. 72. 19930
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Girvendcrib, 1% Rhein. — —
— IR. v. Ameln, Baumeifters - De. -
Püs, Bürgermeifter. , 3 — er:
— Chr. Ulborn, Kuufmann, ERBE — Fra
— Billifen, Pfarrer u: Guperint, Br ——— en”
— J.F Lehnhoff, Apotheker. — 0}
— Dr Durfelen,, Kreise Secret. 5% —
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; Vorbericht.
Veranlaſſung zur Reiſe, Schilderung der Seefahrt, Nachrichten
über die Armee von Deneguela . } - ‘ — —
Erſtes Capitel.
Eiutheilung der Gtanten; allgemeine Bemerkungen über diefelben.
Zweites Capitel.
Reichthum, Handel, Fabrikweſen und Gewerbe in Amerika,
Drittes Capitel,
Weftern : Country oder die weflliben Srnaten am Dbio» Fluß.
Diertes Capitel.
Charakter, Gitten und Gebräude der Amerifaner. — » ,
Süunftes Capitel,
Otantsverfaffung und Freiheit des Volks. % Me rs N
Sechſtes Capitel.
Zuſtand der Wiſſenſchaften, Künſte und Erziehungs Anſtalten.
Siebentes Capitel.
Philadelphia, Keligionsfekten und ihr Eultus.
Geite
15
20
30
39
46
Erler Abfhnitt. Bauart der Stadt, die Einwohner und
"ihre Sitten. a ha URAN ae.
Zweiter Abſchnitt. Religionsfelten und ihr Cultus.
Dritter Abſchnitt. Polizei» DBerfafung. h N }
Dierter Abſchnitt. Die im Jahre 1819 ausgewanderten
deutſchen Bauern in Amerika. Berkauf derfelben für
die Fragt. z h
— Abſchnitt. Die Selm aller — in
Amerika. — Die Dffigiere und Männer von wiſſenſchaft ·
licher Bildung. . . x
Sechſter Abſchnitt. Erkurfionen in — —
der Vereinigten Staaten: Penfplpanien, Neu-Jerſey,
Delavare, Maryland und Virginien; ſpezielle Bemer⸗
kungen über das Sand, die Miufhen und insbefon«
dere über den Aderbau, über das FE und die
Vegetabilien. BRENNER ec a
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79
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Achtes Eapitel.
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Erkurfion nach den füdliben Staaten der Union: Delavare,
Maryland und Dirginien. Cingezogene Nachrichten über
die Garolinas, Georgien und Neu Drleans, Seldbau,
Menfchen, Gflaverei, Klima, Handel und Verkehr. r
Erfter Abſchnitt. Verbinden oder berjerven. Zufland der
/ Sklaverei. Rechtloſer Zuftand der Neger überhaupt,
Zweiter Abſchnitt. Delavare-Staat. . $ N
Dritder Abſchnitt. —— des Staates von BER
land,
Yierter Abſchnitt. —— Sat en —— von
ginien.
Fünfter Abſchnitt. Die Staaten: Carolinas, Georgien
und £Couifiana. “ ” “ = - .
Sechſter Abſchnitt. Eingegogene —9 über Neu⸗
Orleans. . x . P .
Neuntes ee
Bankwefen in den Dereinigfen Staaten.. P r —
Zehntes Capitel.
Klima, Standpunkt der Hiße, gelbes Fieber. . . . }
Eilftes Eapitel.
Die Erpedition auf dem Miſſoury-⸗Strom. . . . —
Zwölftes Capitel.
Geſchäfts · Wegweiſer für junge deutſche Kaufleute in Amerika.
Dreizehntes Capitel.
Ueberſicht der revolutionären Ereigniſſe in der Provinz Teras.
Vorfchläge für Preußen zu Kolonial ⸗Beſitzungen daſelbſt.
Vierzehntes Capitel.
Blide auf das Kriegs» Theater in Güd-Amerila. - . .
Sunfzehntes Capitel.
Militäriſcher und politiſcher Zuſtand der Vereinigten Staaten
Sechzehntes Capitel.
Gutachtliche Meinung zur Beherzigung für Auswanderer. .
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Borberihtuon cn
Enthaltend die Keranlaffüug” zur Reife, und die
rl der ee über die er *
Bei dem Ausbruch de6 allgemeinen —— —
kampfes im Jahre 1818 ſtellte auch ich mich" in die
Reihe der Vaterlandsvertheidiger und machte im 13ten
Schleſiſchen Landwehr⸗ Infanterie⸗Regiment als Lieute:
nant, den Feldzug 1843 im Iſten Armee: Corps mit,
In Paris erhielt ich von des Königs Majeſtaͤt unde
- fimmten Urlaub, und’ wendefe nun, da das: Schwert
in die Scheide gefteckt war, die Zeit zu —
chen Beſchaͤftigungen und Reiſen an. J
Zwei Monate lang lebte ich in Paris —
derte dort die Kunſtwerke des Alterthums und der neue⸗
ven; Zeitz. und dann »bereifte ich Lothringen, "Elfoß,
die ganze Schweiz, bis an die a von Tyrol] j ‚und
die Rheingegenden.
Ich war jeßt durch ben Genuf ſo vieler æin—
und Natur-Schönheiten gefätliget, und kehrte nunmehr
in, meine; baterländifche ‚Provinz, mit einer gemwilfen
Sehnfucht nach Ruhe, wieder. zuruͤck. Fuͤrs militairiſche
Bad) war ich nicht gebildet, fondern für das juriſtiſche;
und, ſo Lieb ich. auch, den Wehrftand gewonnen hatte,
fo trat ich Doch: aus: demfelben aus, weil ich im Civil
fache eine :beffere Carriere zu machen glaubte,
1
—ñN 2 pr.
In ſo “manchen Schlachten und Gefechten; hatte
ich, für die FSreyheit meines Vaterlandes, mitgefoch-
ten. Die befhwerlichen Märfche und das Ungemach,
daß die Armee mitunter in der Champagne -ausftand,
hatte oft die ſtaͤrkſte Natur erfchüttert, und mehrere
Monate nach dem Frieden, ftrecfte mich das Nervenfier
ber im fremden Lande aufs -Kranfenlager, wo ich an
einem foftfpieligen Orte aus «eigenen. Mitteln Arzenei
und Lebensunterhalt bezahlen mußte. Ich konnte die
Ausgaben, die mir der Feldzug verurfacht. hatte, 9 wohl
auf tauſend Thaler anfchlagen;, und wahrlich! Niemand
‘wird e8 mir verargen, wenn ich im Eivilverhältniß eine
vorzügliche Beruͤckſichtzzung vor ‚denen forderte, die mit
mir von gleichem Alter und gleichen Familien: VBerhält
niffen waren und gar. nichts fürs: Vaterland tharen ; auch
weder in Hinficht des moralifchen Charakters und der Qua⸗
lification ein Uebergewicht über ‘mich. hatten, Mein em,
pfindliches Temperament konnte eine Zurückfegung nicht
ertragen; und dadurch verurſachte ich mir Row Feind:
daft, als Bortheile,
Ein gewiffer — Jemand Budienge aebenrlich dar⸗
auf, mich ſo recht methodice mit Gift und Galle zu
tränfen. Leider erfordern: 28 die Umftände, einftweilen
den ganzen Vorfall mit einem Gedanfenflrich zu über:
gehen, und es mir vorzubehalten, zu einer andern
Zeit hiervon ein Mehrere zu erwähnen. — Ich
wurde dieſe Plackereien und Chikanen am Ende uͤber—
drüßig, packte meinen Reiſekoffer, und alle Verſiche⸗
rungen. meined Chefs, des nunmehr verftorbenen Praͤſi⸗
denten Grafen von D.,. ‚mich als‘ Juſtiz Commiſſa⸗
rius bei dem Ober— Landes Gericht zu Be anzuſtellen,
konnten mich in dem Moment‘ des Unmuths nicht ab:
halten, meine Reife nach Hamburg anzutreten.
Hier fand ich Officiere aus allen Nationen; alle
nn 3 eine
wollten fuͤr die Sache - der Freiheit in Suͤd⸗Amerika
fechten; doch, nur ‚diermwenigften ‚hatten die Mittel dazu;
die, Reife zu unternehmen. Nur felten find in Hanız
burg Schiffe, die nach Weſt⸗Indien fegelm, und nod) ſel—
tener , oder gar inicht, find. Gelegenheiten nad) "Süd:
Amerika, zu treffen. Ich rathe daher. jedem, der. eine
Reife nach Suͤd⸗Amerika zu unternehmen gefonnen: ift;
fi) von London aus, dorthin einzuſchiffen. Fuͤr 30
Piaſter kann einer nach Nord: Amerika, und für 40
Piafter oder Dollar, nad) Suͤd⸗Amerika fommen, wenn
er fich die Provifion felbft anfchafft, die ihm der Schiffe:
foch für ein: Srinfgeld kocht. Auch gehen. dort täglich
Schiffe nad) allen Gegenden der Welt, und der Reiſende
wird nicht in die. Nothwendigkeit verfegt, Monate lang,
wie in deutfchen ‚Seeftädten, auf Gelegenheit zu warten,
Befonders billig macht er die Reife) wenn: er fich die
Pebensmittel und die Weine aus Hamburg, oder ande
ven deutſchen Seefiädten mitbringt; indem alle fpirituöfe
Getränfe, wegen der hohen Abgaben in England viel
theurer find, als in Preußen. Wer mit, dem Capirän
in der Kajüte fich in die Koſt verdingt, kann unter 24
bis 30 Guineen die Reife gar ‚nicht machen. : Nieman:
dem rathe ich indeß, fich in die Schiffsfoft zu verdin:
gen. - Nur einem daran gewöhnten Matrofen- Magen
ift deren Verdauung möglich. Das Pöfels oder Salg
fleifch , das dieſen vorgefeßt wird, ift oft mehrere Jahre
alt, und für den Ungewohnten faft gar nicht zu ges
nießen.
Meinem Plane gemäß, wollte ich von Hamburg
unverzüglich nad) London abgehen, und mich an Lord
Eochranes Erpedition anfchließen, and meinen Bruder),
einen Schüler vom Gymnaſium, entweder in einem
Handelshaufe unterbringen, oder ihn die englifche Bier-
brauerei erlernen laſſen. Hätte ich den einmal gefaßten
1 *
— 4 —
Plan ausgeführtz: fo waͤre ich zu meinem Zweck gekom⸗
men, und hätte nicht unnoͤthiger Weiſe mein Geld ver⸗
reiſetz fo aber Tief ich mich in Hamburg von meinem
Vorſatze abhalten, und ſchloß mic) dafelbft an einige
gohlnifche und heffifche Dfficiere an,’ die fich alle nach)
Philadelphia einfchifften, um dort an der großen Erpe
dition, die die politifchen Blätter’ Joſeph Bonaparte
gegen Mexico ausrüften Tießen, Theil zu nehmen.
Wir fegelten am Aften Juli 1818 auf der ameri⸗
kaniſchen Brigg Suſanne von Hamburg ab, und waren
31 Paſſagiere, mit Einſchluß von 13 Kindern von 11
Sabren bis 3: Monaten, die dreien auswandern des Witt⸗
genſteiner Bauerfamilien gehoͤrten. | |
Das Wetter war ung einige’ Tage lang‘ siemitich
günftig; dennoch aber wagte «8 der‘ Schiffsfapitän
nicht, durch den Canal zu paffiren, fondern feuerte die
Nord-⸗See entlang, längs der fchottifchen Küfte, auf
die fchottifchen Inſeln zu, um von dort, um die Küfte
von Irland, ins atlantifche Meer zu fonmen. Nach
‚einer Seefahrt von 8 Tagen, trat eine ganzliche Wind:
ftille ein, und die Nord-See glich einer Spiegelfcheibe.
Gegen Sonnenuntergang begannen die Ungeheuer. der
See ſich auf der Oberfläche des Waſſers zu ergögen.
Bald zeigte fi) der Seehund, bald eine’ Heerde von
Meerſchweinen; dann wälste fich auch der Wanfifch her:
auf, und fprudelte durch fein Naſenloch, oberhalb deg
Kopfes, eine Fontaine empor. Endlich bewegte ſich et⸗
was auf der Dberfläche der See; e8 wurde immer
laͤnger und dänger, und nahm wohl, der Länge nach,
eine Diftanz von wenigftens 200 Schritten ein. Deut:
lich konnten wir es unterfcheiden, daß eg ein lebendiges
Welen war, das die Spiegelfluth aufwuͤhlte; auch
nannte uns der Kapitän den Namen diefeg Geeunge:
heuers im englifcher Sprache, der, wie mir deucht,
Den 5 —
Seeraxpe war, Nie habe ich in Naturalien-Kabinetten
ein Ungethuͤm von folcher Länge gefehen, und daher
wage ich es nicht zu behaupten, ob es nur eins, oder
‚mehrere der Seebewohner geweſen, die fich in einer ge⸗
fchloffenen Linie, dichE unter der Oberfläche, waͤlzten.
Männer, die in der Naturkunde und: Ichthiologie mehr
bewandert find, als ich, werden. es wiſſen, wodurch
die Bewegung des Waſſers hervorgebracht worden ift,
und ob es wirklich ein, Seeungeheuer von ſolcher Länge
giebt? Der Kapitän gab vor, daß fie oft eine engliſche
Meile lang wären. Wahrſcheinlich hat uns der. alte
Seemann einen Bären aufgebunden. Nach einer fols
chen Windftille ‘pflege: gewöhnlich ein Sturm. einzutre⸗
ten, der auch wirklich fchon in: der Nacht erfolgter: und
wohl an 3 Tage lang mwährte, Ey
Saft alle unterlagen jeßt der Seefranfheit, die N
der Conſtitution der Nerven, und je nachdem einer auf
dem Verdeck der frifchen Luft: mehr oder ‚weniger ge⸗
noß,. ihre, größere oder mindere Wirkung : äußerte.
Uebelkeit, Magenfchwäche, Mangel an Apetit und Ver⸗
dauung und : Efel vor den Speifen, hatten fich bei
Alten eingeſtellt. Schon hier fingen die Ehemeiber der
Auswanderer an ihre Männer zu verwuͤnſchen, die ein,
aus dem Ohio⸗Staat zurückgekehrter Geiſtlicher, durch
eine Predigt zum Ausmandern verleitet hatte; manche
Kitten ſchrecklich an der. Geekranfheit, die nur die
des Schaufelns der Wiege noch nicht: ganz earaiht
ten Kinder verfchonte, '
In der Iten Nacht endlich hieß der Sturm nach,
und beim Anbruch der Morgendämmerung erblickte der
‚Steuermann die Küfte von Norwegen. . Eine Kette von
Gebirgen, die in Nordweſtlicher Richtung fortläuft, und
die fein. Daum, Fein, Gefträuch, fondern nur, eine nackte
Selfenmaner det, "an deren Abhange hin und wieder
- seine Fifcherhüttey oder ein armſeliges Doͤrfchen, oder‘
"Städtchen: liegt, war salleß, was wir von. diefem Lande
ſehen fonnten. Drei Tage lang kreuzten wir längs der
Norwegiſchen Küfte, in einer Entfernung von 2 bi 3
‚engl. Meilen, ftenerten wieder in die offenbare See, und
erreichten die ſchottiſchen Inſeln und den iriſchen Canal,
durch den wir endlich ins atlantiſche Meer gelangten.
WVater Aeolus ſchien fich gegen ung verfchworen zu
Haben; und flatt nach Amerika, trieb er ung nach Is—
land und Grönland zu. Wir waren unter dem Häffen
Grade noͤrdlicher, alſo mit Kamtſchatka unter gleicher
Breite Die Kälte war empfindlich, und kaum war es
ohne Mantel auf dem Verdeck auszuhalten, wo es des
Nachts oft Eis und Hagel gab; es war in.den Hunds:
tagen. — Die Nächte währten Feine 3 Stunden.
Was wir in der Nord: See erfahren, war nur das
Vorſpiel zu dem Kampfe der Elemente auf dem: 'atlan-
tischen "Meere. Wenn Legionen von Meerfchweinen,
oft zu 100 beifammen; und die Walfifche, 10 big 15
an der Zahl; unfer Schiff‘ belagerten und uns, gleichfam
zum Kampfe herausforderten, ‘wenn: die Sturmvoͤgel
mie ihrem gellenden Klagetkon die Luft durchheulten;
dann ftellte fich auch bald der'Sturm ein. Das barfche
und’ brülfende: Commando des alten Kapitäng trieb die
Matroſen auf den Maſtbaum, die, an die Stricke und
Segelbaͤume geklammert, von der: Spring⸗Jard *) und
dem Tap⸗Maſt die Segel einzogen. Ein: gefaͤhrli⸗
ches und hartes Brod iſt das eines Matrofen.. Auf
der Außerften Spitze des Maftbaums faßen fie oft im
größten Sturm anf den Duerhölzern der Segel. Stuͤrzt
einer in die See,"fo iſt er in der Regel verloren, dein
unmöglich ift e8; dag Boot bei ſolchem Sturm auszu⸗
ED Spring-Zard if der Mittelfegel, und Sup Dal die
aͤußerſte Spige des Segelbaumes %
—* 7 —
ſetzen. Das Meer geraͤth ‚nach. und nad in Aufrußr,
und feine Dberfläche gleicht, "unendlichen Ketten. von Ge⸗
birgen. Oft war unſere Brigg von dieſen rollenden
Waſſerbergen fo, umthuͤrmt, daß wir nicht 15 Schritte
weit sehen, fonnten;, zuweilen uͤberſchwemmten fie dag
ganze Verdeck; ‚manchmal reißen fie. felbit: Matroſen in
die See ‚fort, wenn. Diefe, nicht. irgend einen, Gegenftand
su faffen. kriegen. Bald ſchwebte unſere Brigg auf ihr
ren Gipfeln, bald. wurde fie wieder in die Tiefen bins.
unter gefchleudert, und flieg. immer wieder empor..
Furchtbar und. erhaben. ift der: Kampf, der Natur!
— meine Reiſegefaͤhrten die. 8. Fahre. lang, unter Bos
naparte. gedient, meinten: er. ſey furchtbarer, als eine:
Schlacht. Das Angſtgeſchrei. unſerer guten Wittgenſtei⸗
ner, beſonders der Srauenzimmer , machte, Die, Scene
noch graufender,, und am Ende waren wir, doch alle
recht ‚herzlich. froh, wenn. dag Element feine Wuth be⸗
zaͤhmte. Die Oberflaͤche der See, von der irlaͤndiſchen
Kuͤſte bis Neufundland, war mit tauſenden von. See-
vögeln „ale Tauern, ‚See Enten. und: Meer. Schwals
ben, vom denen. manche fo. groß wie Gänfe waren, bewohnt.
Bei der Bank von Neufundland, dem. einzigen Ort
im atlantiſchen Meere, wo Grund zu. finden. iſt, und
Die, wegen des aus dem. merifanifchen. Meerbufen. her:
fommenden Golfſtroms, ſehr vorfichkig, paſſirt werden
muß, und. ſchon manches Schiff, verfchlungen hat, fan
den wir ein franzöfifches. Fiſcherſchiff, welches: in Zeit
von. 5. oder. 6 Wochen bereits. 20,000. Stüd Stock⸗
oder. Scottfifche gefangen. hatte. Wir taufchten. hier eis
nige davon, die. von. „der Größe. eines. Kalbes waren,
ein. und: hatten nunmehr ‚frische ‚Lebensmittel, woran
ſich unſere MWittgenfteiner und. wir alle ſehr labten.
Bemerken muß ic). hier, daß die Engländer Ver:
ſuche gemacht haben; ‚die ‚Tiefe des Atlantiſchen Dee:
- 8 —
res zu etgrunden Ein Schiff wurde mit nichts ale
Tauen ausgeruͤſtet/ an die man zentnerſchwere ‚Senf:
bleie hing. 500 Klaftern; aber nicht tiefer, ſantk das
Blei, und in dieſer Tiefe war det Gegendrud des Waſ⸗
MR fo ſtark, daß jenes in den Fluthen (wann.
Wir trafen hier auch ein amerikaniſches Schiff,
welches mit Eifen beladen und am Boden leck war.
Es zog fo ſtark Waſſer, daß die Schiffsmannſchaft Tag
und Nacht pumpen mußte, um nur das Sinken zu
verhindern. Es hatte nur noch eine Pumpe, die im
Stande war; wir verſahen es mit einer andern Pumpe,
und ſegelten drei Tage in feiner Nähe; um die Mann-
fchaft zu retten, falle es ſaͤnke. Um das Eindringen
des Waͤſſers einigermaßen zu vermindern, ließ der Ka—
pitän des lecken Schiffs einen Segel auf beiden Seifen
mit Theer beſtreichen, dann wurde ed an Stricke be
feitiger, und ein M atrofe talichte mit‘ der einen Seite
des Segels unfer, ‚ging "unter dem Kiel des Schiffe
durch, ‚ und brachte an der andern Geite das Geil wie:
der herauf; und auf diefe Are wurde der Leck für ei:
nige "Zeit doch wenigſtens etwas geſtopft / indem man
von innen, wegen der ſtarken Eifenladung, nicht zukom⸗
men konnte. Endlich trafen wir noch zwei bis drei an:
dere Schiffe, an deren Obhut wir jegt den vebränyfen
verwieſen, und uns empfahlen.
wWir nahmen jetzt unſern Curs laͤngs der Kuͤſte
von Canada und Neu: England, ſuͤdlich, und nach ei—
ner Seefahrt von 57 Tagen erblickten wir’ endlich die
mit Wildniß bedeckten Kuͤſten des gelobten Landes. —
Unfere guten Wittgenſteiner waren entzuͤckt, und ver⸗
gaßen bald die ausgeſtandenen Drangfale. Wir befan-
den ung jegt an der "Mündung de8 Delavare: Stroms,
bekamen den Lootfen” an Bord, und nun hörfe das
Commando unfers Kapitaͤns und" Sreuermanns auf.
ca
en 9 — ⸗
Links des Eunomes liegt der Staat Delabare und
rechts/ der von Neu⸗Jerſey. Die ſchoͤn uͤbertuͤnchten
Landhäufer, das lebendige Grün des Mais, die vielen
Heufchober, die ſchattigen Gebüfche; alles dieſes wirkte
‘auf unfere Phantaſie ſo ſehr, daß wir glaubten?’ ſchon
hier fliege Milch und Honig. Doch eines gang andern
bin ich einige Monate fpäter belehrt worden, als’ ich
das Innere des Landes’ befuchte, und ftatt dem herrli-
hen Eden,’ die dürren Sandwüften der Mark Branden;
burg und der Laufig miederfand. Zwei ppramidalfoͤr⸗
mig erbaute Schrotgießereien und ein Kirchthurm, find
die einzigen Küppeln, die uͤber die Stadt Philadelphia
prangen,; wobon unten eine nähere Befchreibung erfol-
gen fol. Mitten im Fluß liegt, parallel mir der Stadt,
eine Inſel, die den Fluß in 2 Aerme theilt, wovon
der auf der Iinfen Seite den Hafen bildet. Die Zahl
‚der darin hiegenden Schiffe kommt der in Hamburg ' bei
weitem nicht gleich; auch werden hier weder fo bedeu-
tende Handelsgefchäfte gemacht, als dort, noch ift der
MWohlftand hier fo groß und allgemein. - Hamburg,
(die unregelmäßige Bauart bei Seite geſetzt), iſt ein
Dre, desgleichen man in gang Amerika nicht finder.
Die Freiheit ift fo groß, wie in der Republik, die Les
bensart ift fehr wohlfeil, und die Menfchen find fehr bieder.
Kaum war das Schiff vor Anfer gelegt, ſo be
ſtuͤrmte ung auch die Menge Neugieriger, aus allen Ge:
genden Deutfchlande, mit Fragen über dies und jenes
von Europa. Wir fuchten ung vor allem andern Dar:
tier. Meine Reifegefährten begaben fich zu verfchie;
denen Franzöfifchen Staab8:Dfficieren, doch Niemand
wußte hier etwas von "einer Expedition, die Joſeph
Bonaparte gegen Merico ausrüften wolle, und die dag
politifche Journal mit fü ee —— Be
DIGE BAM T Eu a
gr rer
Die, Gefellfchaft zerfireuete fich jetzt; einige gingen
hier, die andern dorthin... Die beiden Pohlen wollten
mich mit aller Gewalt nach der Provinz Texas mitnehmen,
woſelbſt wir, nad) Vandammes Verficherung ; tie, Die
‚Götter leben würden. Mir war aber ‚die Projeftmaches
ref: der Franzoſen, Die bald. die Havannah infurgiren;
bald Megico erobern wollten,.fhon zum Abfcheu gewor⸗
den, und ich beſchloß, mich, ein⸗ fuͤr allemal, von: ih⸗
nen loszuſagen. ch) ließ die Pohlen ruhig nach ihrer
Provinz: Texas durch den..Dhio: Staat und Neu⸗Or⸗
leans, eine Strecke von beinahe 3000 englifchen Meilen,
sieben, und blieb in Philadelphia zuruͤck. ‚Anführen
muß ich noch zur Warnung ‚anderer Pohlen: daß jene,
als. fie ſich bei dem Ex» König Joſeph Bonaparte, der
bier unter; dem Namen eines Grafen paffirt-sammelden
ließen, wohl viermal abgewiefen, und erft. das fuͤnfte⸗
mal auf vielfaches Bitten vorgelaſſen, und jeder mit
30 Dollars und, einem Gluͤckwunſch auf dem Weg,
entlaffen wurden, ‚Sie, hatten.beide Bleſſuren in Spa:
nien für Don Joſephs Thron erhalten. |
‚Mein Bruder hafte in Reading, einer Land: Stadt
in: Penfilvanien, ein Unterfommen gefunden, und nun
traf ich. Anftalten zu meiner, Reiſe nach Sud: Amerifa.
Don Kino de Elementy von Caracas, der Ge:
fandte von „Venezuela, bei den - vereinigten Staaten,
nahm mid). zwar. gut. auf, ‚gab mir Empfehlungsfchrei-
ben: an. dag Gouvernement,;von Anguftura mit und
die Verficherungt daß ich bei der ‚Cavallerie in. meinem
ehemaligen Grade, als Pr, Lieutenant, angeftellt wer;
den ſollte. ‚Aber von einer Unterfiügung, oder von Be⸗
zahlung der Reifekoften, war ‚nicht. die. Rede.
2 3 Dee Hert RR als Nepräfentant der Repu⸗
but ‚wohnte in einer entlegenen, Straße und in.
einer a: — —— wie der geringſte Buͤr⸗
— 11 —
gerdmann. ı Aus feines ‚ganzen‘ Haushaltung blickte bit:
tere: Armuth hervor ,. und nach der fpäter mir befannt
getwordenen Verfiherung eines Franzoſen, ſoll er feinen
Lebensunterhalt bloß aus dem Verkauf der Brillianten
feinet Frau beftritten haben.» Diefer Herr war General
in der Marine, und der Schwager von oliver, und
oft fol er mit feiner Familie Mangel am. nothdürftigen
Lebensunterhalt gelitten haben. Schon aus feiner Lage
machte ich. mir eben feine brilliante Vorſtellung vonder
der Armee; indeß was blieb mir hier übrig? Ich ſuchte
ein Schiff nach Weftindien auf, und. fand auch bald
einen Amerifaner, der inreinigen Engen nad). St. Bar:
tholomai fegeln follte.
Eines Tages ging ich ing — um einige
Briefe nach Europa abzuſenden. Dort traf, ich einen
englifchen Eavallerie-Dfficier, den: Lieutenant Jaekel.
Sch machte fogleich Befanntfchaft mit ihm, und glaubte
einen Reiſegefaͤhrten an ihm zu finden, hörte aber zu
meiner nicht geringen Verwunderung, daß er mit noch
mehreren Andern aus Süd - Amerika 'zurücgefommen
fey. In feiner Wohnung fand ich noch mehrere, und
unter ihnen auch einen Preußen, Namens. Albrecht, der
nach feiner Angabe zum 2ten oſtpreuß. Infanterie⸗Regi—
‚ment von den Garde-Detachements-Jaͤgern als Lieute—
none verfegt worden) fey und dann feine Entlaffung
genommen habe. Schon im Jahre "1817. hatten: fie
Can 30 Dfficiere) fi) nach der Terra firma. einge:
ſchifft, und alle waren wieder: zurückgefehrt, big auf 7,
die das Reiſegeld nicht hatten. Albrecht) machte mir
folgende Schilderung von der Patrioten- Armee, die
ich wörtlich hier anfuͤhre. |
Die: Officiere gehen »barfuß; die Gemeinen haben
eine wollene Dede, durch die in der: Mitterein Loch
gefehnitten ift, wodurch fie den Kopf. ſtecken und
daniel: ‚dien Bloͤße ihres Koͤrpers bedecken
übrigen "find fie voͤllig nackend. An einen —
ſey gar nicht zu denken, und eben fo traurig ſehe es
mir den Lebensmitteln aus. Rindfleiſch ſey das eins
zige Nahrungsmittel, dag geliefert werde ‚und dieſes
ſey oft ſtinkend, und muͤſſe ohne Salz und Brod ge⸗
offen werden; indem beides in jenem Lande nicht zu
haben ſey, und die dafigen Einwohner daran gewoͤhnt
waͤren, das Fleifch ohne Salz zu. genießen. Unter
den Crüppen ſelbſt ſey keine Disciplin, haͤufig
fehle es auch an Munition, und oft muͤßten mit
Blut errungene Poſitivnen wegen dieſes Mangels
wieder verlaſſen werden. Auch fehle es gar nicht an
Officieren ſondern an Gemeinen, und. häufig) träfe
es ſich, daß Fremde Dfficiere, wenn ſie ihr Geld ver-
reißt haͤtten, zur Muskete greifen muͤßten. Die
Hitze ſey für den Europaͤer faſt unerträglich, und
mehrere von: ihren Reiſegefaͤhrten, worunter auch der
Graf Donop ausn dem Heſſiſchen, waͤren am gelben
Fieber umgekommen. An Lazareth-Anſtalten man⸗
gelte es gaͤnzlich, und Kranke und Bleſſirte muͤßten
auf die elendeſte Art verkuͤmmern; mehrere engliſche
Officiere waͤren geradezu vor Hunger geſtorben.“
Wenn ſie ihres Lebens ſatt und uͤberdruͤßig ſind,“
ſagte Albrecht, „ſo geben fie hin; fie koͤnnen darauf
rechten, durch das Klima und das. Elend, das Ziel
ihrer: Wünfthe zu erreichen: Stehen ihnen aber noch
222
andere Mierel und Wege zwihrem Fortkommen öffen,
fo laſſen fie ſich als Camerad und Landsmann rathen.“
Ein ehrlicher, Schweizer, der in Mexico, Weſt⸗In⸗
dien und Suͤd-Amerika als Kaufmann war, machte mir
ebenfalls eine ſolche Schilderung von dieſem Lande, von
dem brennenden und ungeſunden Klima * den Euro⸗
paͤer die nur abſchreckend war 11%
„Meine fehönen und /alängenden Ideen von Suͤd⸗
Amerifatvären mie einemmale über den Haufen’ gewor⸗
fen. Anfänglich wollte ich dieſen Gerüchten gar nicht
Gfauben ıBeimeffen und die Verbreirer Fir Memmen
halten Doc) der Gedanke: daß fie in Armeen gedient,
die den: Ruf der Dapferkeit fuͤr ſich haben, daß nicht
einer oder zwei, ſondern oft 30 zurückkeht ten⸗ und
Männer darunter ſeyen, die das Soldatehleben in Spas
nien und Portugall wohl kennen gelernt haben, brachte
mic) am Ende doch zu der Ueberzeugung, daß es dort
nicht anders, als klaͤglich ausſehen ir Ich blieb
—R in Philadelphia zuruͤck. nen
Der vorermähnte Schweizer, wammens pwolin
* mir noch folgendes:
Weſt⸗Indien und die ſpaniſchen Moayne (die Kuͤ⸗
ſtenlaͤnder der Terra firma) find feine Laͤnder, mo
der Europäer die Befchwerniffe des Krieges ertragen,
oder ſchwere Arbeiten verrichten Fann. Die Hige iſt
zu groß, die Nächte find dagegen wieder fühl, und
der Fremde, der fich der Nachtlufe ausſetzt, wird
bald einen Anfall des gelben Fiebers bekommen.“
Die Vegetation dagegen ift über alle’ Befchreißung
fruchtbar, und man erſtaunt über die große Ausfuhr
von Kolonial:Broduften von der Inſel Cuba, an Zucker,
Kaffe, Syrup, Rum, Indigo 2c., die. in die vereinige
ten Staaten und alle Seefiädte Europa’8 gemacht wird.
Die Sklaverei der Neger ıft auf allen den Euros
päern gehörigen weftindifchen Inſeln, und felbft bei den
Engländern, noch beibehalten, weil nur diefe Menfchen-
Flaffe dort Feld- und andere fehwere Arbeiten zu verrich,
ten im Stande if. Die Engländer führen zwar feine
Sklaven von der afrıkanifchen Küfte mehr ein, aber
defto mehr thun e8 die Spanier und Amerifaner.
Die hier eingezogenen Nachrichten hatten mir ganz
- ei =
andere Anſichten über die fropifchen Laͤnder beigebracht.
Lange war ic) unfchlüffig, was ich thun ſollte. Nach
Europa wieder zurückzufehren, waͤre zwar dag kluͤgſte ges
weſen; dieß hielt ich indeß nicht für vathfam, und, vor
allem andern bemühte ich. mich, ‚mich mit der englifchen
Sprache noch. mehr bekannt zu machen. Alle Nachrich:
fen: aus den öffentlichen Blättern, und auch die Aus;
fagen reiſender ‚Kaufleute: überzeugten mich: nur... zu
deutlich, daß. Lieutenant Albrecht und die englifchen
Dfficiere mir in ‚vielen Stücden die. Wahrheit geſagt
hatten, "und daß in fpanifch Guyana, ein fehlechtes
Glück zu machen fey; und darum befchloß ich, Die. Zeit
zu einer Neife ins Innere des Landes zu verwenden.
Wohl an 1500 Meilen weit habe- ich die. vereinig-
ten Staaten bereifet, die fruchtbarſten und wolf
reichften Provinzen befucht, und bin mit Menfchen aug
allen Ständen zuſammen gefommen; daher darf ich
es wohl wagen, ein Urtheil über diefes Fand und feine
Bewohner zu fällen. Das Reſultat meiner Beobach-⸗
tungen und Erfahrungen habe ich, der Drönung wegen,
in vwerfchiedene Capitel abgetheilt, und gebe nunmehr
su dem erften Über. | ⸗
*
‚Erfes Capitel,
aitzemmetne Bemerkungen über die wordamerifani-
* Staaten | .
Das. Gebiet der — Staaten: wird⸗ unter
folgende Rubriken eingetheilt.
In die noͤrdlichen Staaten, dazu geßbren Neu⸗
England, als: often; Maſſachuſetts, Vermont, und
Rohde⸗Eiland 0
Die öftlichen find: Sr York, *—
Neu-Jerſey und Delavare.
Die füdlihen: Maryland, Bitginien, die Caro⸗
linas, Georgien und Floridas.
Die weftlichen: Kentucky; Ohio, Teneffee, In⸗
diana, Illinois, Louiſiana und das Gebiet am RI»
Strom.
Nur in folgenden füd- und ſadweſtlichen Stanten;
als: den Earolinag, Georgien, Florida, Louiſiana und
Teneffee werden tropiſche Gemwächfe, ale: Baummolle,
Heiß, Indigo und fehr wenig Zucker erzeugt; in allen
übrigen wird Getraide und Tabak angebaut. ‚Weizen
ift das Hauptprodufe des Landes, und nach diefem wird
fehr viel Mais, auch Buchweizen und Hafer erzeugt.
Die beiden erften Sorten find bei den Ackerbauern dag,
was die Hälfenfrüchte in Europa.
Gurken und rothe Rüben, die hier ganz vorfreff-
lich) gedeihen, Kartoffeln und ſehr wenig Kraut, find
die einzigen Gemüfe, die im Innern des Landes ange
baut werden, Letzteres wird auch nur von den Deut
ſchen gepflanzt. Gemüfe ift in: den Geeftädten Beinab
in gleichem Preife mie dem Fleiſche.
Der Boden ift im Innern des Landes faft durch
die gangen vereinigten Staaten mehr oder minder
bergigt, mitunter auch ſehr fteinigt, und der Aderbau
keinesweges leicht. In den Gebirgslandern iſt dag
Klima ziemlich geſund. Am Geſtade des. atlantifchen
Meeres aber ift der. Boden -größtentheils flach, fandig
mitunter auch moraftig; und dieß mag auch mwohl
dies Urſache ſeyn, daß diefe Gegenden fo ungeſund find.
£ängs der Küfte, vom Delavar⸗Fluß an, bis ins Im
nere von Virginien, ſahen oft die Menfchen wie leben:
Dige ‚Leichen aus, In den. nördlichen : und oͤſtlichen
Staaten waren die Plantagen der Bauern. gewöhnlich
200 Acker oder Morgen. ſtark. Jeder ‘hat feine Be:
ſitzung iſolirt, und alle feine Felder mit Planken einge
zaͤunt, die bloß aus Riegelhoͤlzern beftehen „die im
Zickzack übereinander gelege find, und fehr viel Holk
verwüften, welches in dem Geeftädten ſchon 5 bis 6
Piaſter per Klafter gilt. «Die, Viehzucht ift im Staate
Neu:Dorf, in den Seegegenden , wo es gute Triften
giebt, fehr: gut, und alles Schlachtvieh wird von dort
her in die. Seeſtaͤdte gebracht. Das Fleiſch ſieht fehr
ſchoͤn und fett aus, iſt aber nicht ſo ſchmackhaft als in
Europa; und eben ſo ſind die Gemuͤſe und Gartens
fruͤchte. Die ploͤtzliche und ſtarke Hitze, die ein viel
ſchnelleres Reifen befördert, mag hiervon: wohl die Urs
ſache ſeyn. Im Innern giebt es fonft wenig Wieſen,
und alles Viehfutter muß durch Kleebau erzielt werden,
der unter den Anglo⸗-Amerikanern fehr. vernachläffige
wird. Die Schafzucht bringe hier faft „gar. “feinen
Nutzen, und groͤßtentheils ſahe ich die Schafe ungefcho:
ren den Schlaͤchtern verkaufen. Wollenmaͤrkte giebt es
nirgends im Sande; und eben fo find die Wollen-Ma—⸗
nufakturen faſt alle eingegangen. - Die Bauern laffen
fich von der Wolke eine — oder Teppiche wirken.
Doͤr⸗
Dörfer giebt es hier nirgends, und bie Villages
oder Flecken — * PS enge HER |
uw Stramladen don v5:
Die Seuche des — ik — Pr
& dem Küftenländern und: insbefondere im’ Stäate von
Neu⸗Vyerſey habe ich Gegenden gefunden, wo den: Bo—
den nicht mehr aldı3 oder MKorn,und manchmal“den
Saamen nicht wiedergab. In den: fruchtbarſten Gegeü—
den bei Lankaſter ſoll der beſte Boden 35 bis Ahfaͤltig
die Ausſaat an Weizen wiedergeben; 15,20 und 25
Korn iſt im Staate von Penfilvanien:gemwöhnficher; und!
10fÄltig geringer Ertrag / wenn deu. Ausfagenuder An
rikaner beindenen das Aufſchneiden ein Nationalfehler
zu ſeyn ſcheint, ſonſt Glauben beizumeſſen isch für;
meinen Theil, habe weder die Aehren größer) noch die
Weizenfelder fetter gefunden als sin den guten Gegen⸗
den N 2 den hoͤchſte ER an; ae auf
— 2*— iſtn0 4
Im en von Benffvanien. deben: an 9 ig
| Einwohner deutſcher Abkunft, die faſt alle noch!
die deutſche Sprache ſprechen, außer: in den Staͤdten,
wo ſchon die erſte Generation die Sprache ihrer Eltern
und noch mehr, ihre einfachen: Sitten und ee og
* — hat.
Die Deutſchen ſind entſchieden die Reißigften Land.
* und darum iſt Penſilvanien auch der wohlha⸗
bendſte und an weißer Bevoͤlkerung der volkreichſte
Staat. Er enthaͤlt gegen eine Million Seelen, *
—* 250 engliſche Meilen breit und 325 lang.
Iſt man aus den deutſchen Kolonien Bang, fo
En man den Ackerbau und ‘die Landwirthfchaft «fo
ſchlecht, daß man Pohlen oft für, ein — —
Amerika hält.
RR „son den ————— veſcheleene —————
2
a
keit in den weftlichen Staaten, Ohio, Indiana und
Illinois/ grenzt ans Fabelhafte. Neues Land kann das
erſte und zweite Jahr, wegen zu großer Ueppigkeit des
Bodens, nicht mit Weizen, ſondern nur ‚mit Buchwei⸗
zen oder Waͤlſchkorn bebauet werden. Der Ertrag am
Weizen fol: 60 bis 8ofaͤltig ſeyn. Dagegen iſt das
Geld wieder ſo rar daß oft oder Piaſter, im
Wirthshauſe oder Kramladen, nicht gewechſelt werden
kann, fondern der Wirth oder Krämer ſchneidet mit ei⸗
nem dazu verfertigten Schneidemeſſer, nach einem bei
ſtimmten Maße, ſoviel ab, als ihm von den erwähnten
Stuͤcken zukoͤmmt. Ich ſelbſt habe ſehr viel dergleichen
durchſchnittene Muͤnzſorten geſehen, die in den *
* Staaten überall curſiren.
| Die Kleidertracht iſt in Amerika bel Din Landvolt
nicht; fo unterſchieden von der des Städterg, wie in
Deutfchland; und in den wohlhabenden Gegenden dies:
feirs der blauen Gebirge, fah ich unter dem deutfchen
Bauer, "die Kuhmagde ſehr Häufig: im Negligée a la
Fanchon und“ mit dem Federhut auf dem Kopf, aus
dem Kuhſtall kommen Nach eben diefem Verhaͤltniß
war der Luxus der Knechte, und mancher wollte ſchon
eine ſilberne Uhr nicht. mehr einftecken, ragen denlange⸗
eine goldene.
Der Lohn der Knechte geht von 75 bis 150 in,
fter; der Lohn der Mägde und ſtarken Buben iſt
50 Piafter jährlich, Ein Piafter ift uhngefähr 1 Reh:
10 Sr. preuß. Courant. Der Tageloͤhner erhält in der
Erndtezeit 41, und nach’ diefer & Piafter und Koft.
(Piafter, Dollar, und Brei rn find — N
ſich gleich.)
Der Boden im Gtaate ‚von Peſ lvanien von *
beſten Qualitaͤt galt 100 Piaſter per Acker, und bei
den Städten, beſonders bei Lankaſter, oft 2 bis 300
ren 'I 9 —
Piaſter, in Parzellen. Die Frucht iſt aber ſeit meiner
Ankunft bis zur Abreiſe um die Hälfte gefallen; und
folglich ifi 8 mit dem Boden der nämliche Fall.
In den blauen Gebirgen und in der Gegend von
Lankaſter und Reading wird einiger Bergbau in Eifen
und 'Steinfohlen getrieben. : In den weſtlichen Staaten
verfauft da8 Gouvernement dag noch nicht vergebene
and für zwei Piaſter den Acker; jedoch nicht in gerins
gerer Quantitaͤt, ald 80 Acer: "Das Kaufgeld mug
in fünfjähriger Frift abgeführt feyn, und hat der De
bent bis zu diefer Zeit nicht bezahlt, fo verliert er das
Land und das darauf gezahlte Kaufgeld.
"Das Gouvernement Teiftet den- eingewanderten 2,
loniften nicht die geringfte Unterffüßung, und -das Loos
eines neuen Anfiedlers in den Wildniffen der weftlichen
Staaten, ift’wahrlich nicht zu beneiden. Erft ihre Kir
der genießen "Die Früchte ihres Fleißes. Der Gutsbe—
ſitzer, oder gebildete europäifche Landwirth wiirde fich
in denen Staaten Amerikas, wo feine Sflaverei iſt,
fchwerlich gefallen. Der Landbefiger muß bier mit feis
nen Kindern felbft arbeiten, wenn er einen Ertrag fei-
ner Plantage für fich behalten will, weil Menfchenhände
bier zu theuer find.
Viele Deutfche aus dem Würtembergifchen, dem
Badifchen und der Schweiz, habe ich in der größten
Armuth und im Elend gefunden, die meiften von ihnen
hatten Bauergüter in ihrem Vaterlande. Sie verfaufs
ten fie, und in der Hoffnung, in Amerifa reich zu wer
den, hatten fie ihre Geld verreifer, oder waren von den
bolländifchen oder amerikanifchen Kapitäng um die
Fracht betrogen, und einige in Norwegen, andere wies
der auf portugiefifchen Inſeln ausgefegt worden.
Das Elend, welches die Unglücklichen Auswande:
rer im Sabre 1817 auf mehreren Schiffen ausgeftanden,
2 *
u. ⏑ü
ift fchauderhaft, "Manche Schiffe hatten bis 1100 Pak
ſagiere es brachen. epidemifche Krankheiten‘ aus, und
faum der dritte Theil J die Kuͤſten des urn gan:
des betreten. |
Wer niecht noeh hoch 5 big 600 Piaſter bei
ſeiner Ankunft hat, kann gar nicht daran denken ſich
gleich als Koloniſt niederzulaſſen.
Kleidungsſtuͤcke und Getraͤnke, wenn — ſich
nicht blos auf Kornbranntwein beſchraͤnken, find unge⸗
heuer koſtſpielig. Stiefeln koſten in den Seeſtaͤdten bis
14 Piaſtex. Arbeitslohn für seinen Rock muß ſelbſt der
aͤrmſte Neger mit 10 Daten bezahten. © Daß. Quart
Bier koſtet opgeräbr; 4 Br. und das. ae Glas
Rum 2 Gr. ‚Bi
Der Lohn der ———— iſt in allen —4
der Welt nur den lokalen Beduͤrfniſſen angemeſſen; und
fo iſt es auch in Amerika; inzwiſchen bin ich doch der.
Meinung, daß es fuͤr arme Tageloͤhner und auch —
bothen hier beſſer iſt, als in kg
l
ee 3weites Capitel.
Reichthum, Handel, Fabrikweſen und Gewerbe in
Amerika.
Als die Furie des Krieges in den letzten 25 Jah⸗
ren faft in ganz Europa müthete, und dem Acerbau
die nothwendigen Hände entzog, das Blofadefpftem
alle Verbindung mit dem Dean abfchnitt, und den
Engländern den Handelsverfehr mit dem Kontinent
fperrte, blühte Amerifas glücklichfte Periode. - Diefer
Staat allein genoß einen mehr als IOjährigen Frieden,
und nur feine Schiffe durften in europäifche Häfen ein
laufen. Das Geld frömte, fo su fagen, in feine Se
ftädte, und fein‘ Augen Handel —— (nel den
Kaufmann.
Stephan Birard, ein Sranzofe, iſt jetzt ohngefäht
‚ in den 60ger Jahren; er kam vor etwas ‚mehr als 30
Fahren als Krämer nach Vhiladelphia, und foll, als er
feine Gefchäfte anfing, feine 300, Piafter eigenes Ver—
mögen gehabt haben; jeßt ift er der reichfte Mann in
den Vereinigten Staaten, und befigt ein Vermögen von
zehn Millionen Piaſter.
Abraham Kolemann, ein an ber, „arbeitete. in
einer Eiſenhuͤtte als Tageloͤhner, empfahl ſich feinem
Prinzipal durch feine gute Handfchrift, die jener aus
einer von Kolemann für feine Mitarbeiter gefchriebeuen
Quittung kennen lernte, und wurde. nunmehr zum
Schreiber befördert. Er iſt nah Stephen Girard der
veichfte Mann in Penfilvanien, und auch fein, Bermös
gen, dag mehr in Eifenwerfen beſteht, ſoll ſich weit
über 5 Millionen Piafter belaufen. Außer Birgrd find
noch 7 bis 8 Individuen in Philadelphia, die zu. den
Millionairs gehören. Menfchen aus der niedrigften
Klaffe wurden Kapitaliften. Ein alter Schlächter aug
dem Wittgenfteinifchen erzählte mir, daß er vor 30
Jahren in Philadelphia die Straßen gefegt, und gegenz
wärtig 30,000 Piafter baares Vermögen habe.
Ein alter Elfaffer, der. mir North feinen. Namen
fohreiben Eonnte, verdiente in einem Jahre au gefalzes
nen Fifchen 10,000 Piafter.
Kaum war aber der Friede in Europa eingetreten,
fo fing es auch an, mit Anierifa’s Reichtum bergab
zugehen, und jegt ift der Geldmangel fo groß wie
vielleicht in keinem Stuate Europas. |
— 22 u
In den Seeſtaͤdten iſt die Zahl der Armen ungleich
groͤßer, als vielleicht in irgend einer deutſchen Stadt.
Sn Neu⸗-NYork find bei einer Bevoͤlkerung von
90,000 Seelen, 15,000 Menfchen die vom Armenfond
oder —— leben. In Philadelphia find
deren 20,000. In Baltimore 12,000. Der Bauer iſt
zwar reich an Landeigenthum, aber nicht an Geld, und
ich felbft habe in Maryland Pflanzer gefunden, die
Palais zu Häufern, 15 bis 20 Sklaven, 300 Acker
£and, und nicht einen Piafter baares Geld im Haufe
hatten. In derfelben Lage befanden fich faft ale Land:
eigenthümer, in einer Entfernung von 150 bis 200
Meilen von den Geeftädten. Die Urfache davon ift
Hauprfächlich die: daß alle Fabrifatur vernachläffigt
worden ift, und die Zunahme der ftädtifchen Bevölfe:
rung im Innern mit der, der ackerbauenden Klaffe,
nicht gleichen Schritt gehalten hat; es mangelt daher
an Confumenten.
Der Transport der Produfte bis in die Seeftädte
ift Foftfpielig, dag Geld für fremde Erzeugniffe geht für
immer außer Landes, und darum ift Geldnoth und Ar-
muth. Oft hörte ich die Handwerker, und fogar We:
ber Flagen, daß fie in den fruchtbaren Thälern der
Alegheny- Gebirge, felbft von den größten Bauern,
ihren Arbeitslohn nicht erhalten koͤnnten. Im Ohio:
Staat werden Tagelöhner und Dienftborhen mit Frucht
bezahlt.
Haͤuſer, die in Philadelphia ehedem mit 99 ‚000
Dollars bezahle wurden, find jetzt für 4000 verkauft
worden. Plantagen, die vor zwei Jahren in Kentucky
10,000. Piafter. gebracht hätten, wurden: jest für 1200
verkauft. Dies ift doch ee ein: ER von einer
großen Verarmung. —
Die Staatsfchulden. — fi $ opngefäßr: auf
— Di
120 Milionen Piaſter; das Gouvernement hat aber
weder im Auslande, noch im Inlande Eredif, und fo
fehr ‚auch Preußen verarmt ift, und obgleich die Ver:
waltungs+ Behörde des Staats und. die Unterhaltung
der Armee 5mal: mehr koſten, als die der Vereinigten
Staaten; und das Land, für die, Franzofen eine Zeche
von 900 Millionen Thaler, bezahle hat, ſo iſt es doch
unbeftreitbar:, daß jenes dennoch viel wohlhabender. ift,
als dieſe. Wo man nur, das. Auge hinwendet, ſo ver
offenbart fich -financielle Armfeligkeit in den leßtern;z
nur „unter den. Handelsleuten trifft man. Wohlftand
an. : Ein feiner Luxus, als z. B. Kunftfammlungen,
fhöne Palais ꝛc. findet man in Amerika nirgends und
ſelbſt Equipagen: find in Philadelphia. ziemlich felten,
Wenig reellen Genuß hat bier der Nabob von feinem
Mammon, und zu. den höchften Freuden gehört guf
Eſſen und Trinken. u
Die, glängenden und mit romanhaften und poetis
(hen Floskeln ausgeſchmuͤckten Schilderungen der tro⸗
piſchen Laͤnder, die wir in den meiſten Reifebefchreibund
gen finden, haben faft in ganz Europa folche über;
fpannte Anfichten über die transatlantifche Hemifphäre
hervorgebracht, daß die alte Welt nur ftrogenden Reich»
thum und Glanz von der neuen erwartet. Wenn man
aber. den Zuftand der leßteren mit dem trockenen pro>
faifchen Auge betrachtet; fo verſchwindet dieſer Glanz,
wie der Nebel beym Sonnenfchein.
"Nicht zu beftreiten iſt es, daß die Vegetation un
gleich üppiger ift als in Europa, und Die Bergwerfe
viel edle Metalle enthalten. Deſſenungeachtet aber
dürften‘, felbft das goldreiche Peru, das. mit Silberge
ſchwaͤngerte Mexico, das fruchtbare und mit. einer
glücklichen und weiſen Verfaffung begabte Nord: Ame;
rika, vielleicht ungleich armfeliger feyn, als das Falte
und unfreundliche Land der Pohlen und die duͤrre und
ſandige Mark Brandenburg und die Lauſitz. A!
"Die fehr einfeuthtende Urſache liegt theil an der
ungleich minderen Thaͤtigkeit der Einwohner, an der
Unvollkommenheit ihrer Ackerwirthſchaft/ und dem gaͤnz⸗
lichen Mangel an Kunſtfleiß und Fabrikations⸗Induſtrie.
Ueber den financiellen Zuſtand von Suͤd⸗Amebika habe
ich nur durch glaubwuͤrdige Handelsberichte und andere
Augenzeugen einige Nachricht eingezogen, die ich in den
ſpaͤteren Enpiteln zur Kenntniß des Leſers bringen will!
Hier in dieſem will ich meine Anficht nur auf den ge
genwodreigeit, durch eigene Erfaprung mir bekannt ge:
wordenen Zuſtand der Vereinigten Staaten von Nord⸗
Amerika befchränfen, und- nunmehr ihr ————
— E—— naͤher beleuchten.
Die Ausfuhr ang den Veleinigten Saalen, und
zwar aus Deren. nördlichen und weftlichen Gegenden,
iſt: Bauholz , Gerberfoh, . etwas Theer und Pofafche,
gefalgene. Butter und Käfer Porter und Del aus Phi.
Iadelphia, die denen in Eondon beinah gleich fommen, |
und. beſonders Weizenmehl. Alle diefe ‚Produkte, fo
weit fie Confumtibilien find, beſchraͤnken ſich jetzt, da
der Friede Europa begluͤckt, und die Erndten ſeit eini⸗
gen Jahren ſo ungemein geſegnet ausgefallen ſi find, le⸗
diglich auf den Archipelagus der Antillen, die Küften
des fpanifchen Suͤd Amerika (fpanifche WuRE ferner
auf die, von Gujana und Braſilien. Sa ar
wird auch Bauholz verführt,
Die Ausfuhr aus den — ‚Staaten, en
he Maryland und Birginien, woſelbſt noch Getraide⸗
bau ſtatt findet, meiſtens in tropiſchen Gewaͤchſen, als:
Taback, Baumwolle, Reiß, etwas Indigo Zucker und,
Rum aus Louiſiana. Die Baumwolle aus Louiſigna
—*X 25 PR
iſt die beſte, und hat auch ftets "den: Höchften mn
Alle dieſe Produkte gehen nach Europa.
Nach der letzten ſtatiſtiſchen Berechnung Setief fi wi;
der Geſammtbetrag aller Ausfuhr aus ven Vere Ki
—* auf 75 Millionen Dollars.
Hiervon haben die Engländer fuͤr Fabrikate im ei⸗
ia Jahre verhalten ı 40,495,553 , und Frank
reich für Wein, Branntwein, Seidenmwaaren, Flitterftaat
und Gyps 10,666,784Dolars. Rechnet man hiezu-
die Einfuhr: Objecte aus Chyna, als: Thee, der hier in
großer: Menge confumirt wird, Porzellan und Kanton⸗
Krap, welche alle mie. baarem Gelde bezahle werden
müffen, die Seidenfabrifate aus Italien, den Gin
(Wachholder - Branntwein)raus Holland, den Neftar der
Amerikaner; Tuch, Leinwand und Glaswaaren aus
Deutfchland,; "Hanf und Seegeltuch aus Rußland; ſo
wird man ed. fehr natürlich finden, daß die Amerifaner
von dem obigen Exportations⸗Betrage nicht nur kein
Plus uͤbrig behalten, ſondern, wie ſie ſelbſt eingeſtehen,
ſeit drei Jahren für 120 Millionen Dollars mehr ein,
als außgeführt haben, wodurch faſt alles baare Geld
verſchwunden und ſtatt dem, ſchlechtes Papiergeld einge:
treten iſt/ woruͤber weiter unten ein ee seragt
werden: wird. | |
Ganz Amerifa ift mit englifchen Waaren über:
ſchwemmt; alle ihre Fabrifen, die in den nördlichen
Staaten ſchon emporzuwachſen begannen, ſtehen ſtill,
und die — ſind alle an * Bettelſtab ge⸗
rathen. |
Mannichfaltige Discuffin onen unit man im Congreß
zu Waſhington über die Hemmung! der Einfuhr frem⸗
der Fabrifate, und dag Wiederaufleben der "Landes: ns
duſtrie ſchon geführt; allein immer iſt man noch zu kei⸗
nem beſtimmten Reſultate gekommen. Der weife Jef⸗—
nm 26 —
ferſon, der Nestor transatlanticus, war dafuͤr, daß
Amerika ſich nur auf den Ackerbau beſchraͤnken muͤſſe,
weil die Volkszahl noch zu gering, der Arbeitslohn zu
hoch ift, und. amerifanifche Fabrifate mit denen aus der
alten Welt Feine Concurrenz aushalten würden Er
war. dafür, daß, mit.einem Worte, alles zum Pfluge
und zur Are ‚greifen folle, was weht dem REN
Mercur huldiget.
Er. hat aber nicht REN daß es befonderg in
den Städten eine Menge Menfchen giebt, denen: ed an
natürlicher Kraft zum Ackerbau fehltz und da nun in
den Ießteren feine Fabriken folchen Menfchen Beſchaͤfti⸗
gung geben; fo ift die unvermeidliche Folge davon;
fie im ‚Elend. verfehmachten müffen,
Ein: vorzäglicher Grund, aus dem bie Einfuhr
feemder Waaren nicht verboten wird, ift der, weil fie
ſechs Millionen an Jmpoft-Gefälen: einträgt,: wovon. ein
großer. Theil. der Staatsausgaben beftritten wird.
Durch) das Verbot der: Einführung ı fremder Waaren
müßten. auch zugleich höhere Auflagen verordnet wer—
den, welche ungemein viel Schwierigkeiten finden dürf:
ten. Der. Eongreß befindet fich bei der Berathung
über, die Abhelfung dieſes Uebels, in nicht geringer
DVerlegenheit; und dennoch fieht er fich gezwungen, ein
anderes. Spftem zu ergreifen, wenn das Land vom
gänglichen Ruin gerettet werden fol. Welchen Eche-
que der Handel in den letzten Sjahren erlitten hat, ift
aus der Menge von Banquerotten erfichtlich, Die fich
feit zwei Jahren in den Vereinigten Staaten ereignet
haben. Faft «feine Woche verging, wo nicht der eine
oder. der anderes in: Philadelphia banquerott "machte:
In Baltimore, fielen: im Winter 1819 in 14 Tagen 55
Handelshaͤuſer. In Neu⸗-York ſind in einem einzigen
Jahre 6000 Banquerotte entſtanden. Wenn auch die:
— 27 —
punifche Treulofigkeit des: Handelsperfonale und die
Nachficht: der Juſtiz diefe Banquerotte fehr vermehren;
ſo ſind fie doch immer ein Beweis von VBerarmung,
und diefe traurigen: Folgen zeigen es zu deutlich: daß
Amerika feinen gegründeten, fondern nur einen vorüber:
gehenden Wohlftand gehabt hat, der hauptfächlic von
der, an fragifchen Ereigniffen fo reichen Hatagrorhe der
alten Welt, abgehangen hat.
Was die Banquerotte ſelbſt betrifft, fo werden fi ie
nur zu oft mit: vollen Tafchen gemacht. Kann oder
will der Schuldner nicht bezahlen; fo geht er ing Ge
fängniß, läßt ſich vor dem Gericht als banquerott an
melden, legt vor einer verfammelten Jury die Finger
auf das Evangelienbuch, und ſchwoͤrt, daß er nicht 5
Pfund oder 14 Dollars werth iftz und hiemit hat das
ganze ‚Eoncurs- Verfahren ein Ende. Weder eine Res
vifion der Bücher, noch ein Liquidationg: und Diſtri—
butions» Verfahren, iſt biebei nothwendig. Der Eherif
verkauft dasjenige, was dem Schuldner gehört und ber
friediget die: Gläubiger, welche fich gemeldet haben;
und wer nicht da iſt, dem wird der. Kopf nicht gewa—
ſchen! heißt: e8 hier. Nach wier oder höchfteng ſechs
Wochen erhält der Schuldner feine Freiheit wieder; er
fol zwar nach dem Gefeg unter feinem Namen feine Ge-
fchäfte mehr. betreiben, und erft nach fieben Jahren darf
ihn der: Gläubiger wieder im Anfpruch nehmen. Kann
oder will er abermals nicht bezahlen, fo wiederholt er
das erfie Manöver, wuchert neuerdings‘ mit fremden
Gelde, und erft wenn er ein Vermögen erworben hat
befriediget er feine Gläubiger, wenn ev ehrlich. ift; im
Gegentheil findet er auch Mittel und Wege, diefem aus⸗
zuweichen. Es giebt Männer in den Seeſtaͤdten, die;
nachdem fie 3⸗ bis 4mal Banquerott gemacht haben:
endlich ON zu Vermögen gefommen find. *
— 8 —
In Philadelphia waren zu meiner Zeit an 500
Handlungs: Commis und Komtoiriften geſchaͤftlos und
nicht zu rathen ift es dem deutfchen Handlungsdiener,
fi) dort Condition zu füchen. Diejenigen, welche in
diefer Hoffnung hingefommen find, mußten entweder
ein Handwerk erlernen, oder im Innern des Landes
Schulmeifter werden, "oder: bei den Bauern fürs Tage
lohn arbeiten, oder wenn fie noch einiges Geld und
Credit hätten, den Haufierhandel im Innern des. Lan-
des reiben, um ſich dadurd —* —— *
bensunterhalt zu erwerben.
Der Hauſierhandel im Großen; befindet fich größe
tentheils in den Händen: der liſtigen und fchlauen Sans
kys. Diefe kaufen in den Seeſtaͤdten auf den Auktio—
ten Waaren ein, und ſetzen ſie im Innern wieder an
die Stoor Keepers (Rränter) ab. Dieſe Art ambuliren;
der Handelsleute ift in Deurfchland noch nicht fo allge:
mein, und ich zweifle Feinesweges, daß, wenn junge
Handeldleute diefes Syftem der Jaͤnkys einfchlügen, fie
damit nicht unvortheilhafte Geſchaͤfte machen dürften.
Der Name Jaͤnky wird allen Bewohnern der nördlichen
Staaten, ald: von Vermont, Rhode⸗Eiland, Lonnecti⸗
ent, Maffachuferts und Bofton beigelegt. Sinzmwifchen
hören die Anglo-Americaner den Namen Jaͤnky fehr gern,
und in diefem Sinne ift er in Amerika dag, was John
Bull in England, URMIOR das ganze een
Voͤlk.
Die Jaͤnkys gehoͤren zu den —* Anſi er in
Nord» Amerika, fie befigen ungleich mehr Mutterwitz,
haben viel beffere Erziehungs» Anftalten und liefern
mehr -litterarifche Produkte, als die‘ —— * >
—— in Der Union
Die nördlichen "Staaten: befigen Hehön: seinige recht
gefiichte Kupferftecher "und da ſie am beften bevölkert
find, fo ift auch das Bere Mi .. am eis
teften gedichen. Yan 2 9 Eh
Der hohe Arbeitslohn, bei Handwerker und
Sabrifenarbeiter in Amerika chedem erhielten, bat in
den legten Jahren eine Menge Menfchen dahin gelockt.
Wie ſehr finden” —* — — oh jetzt dahin ae
men, getaͤuſcht. 19
Waͤhrend — ‚mir Eneland im — * der
europaͤiſche Continent von der See gänzlich auggefchloß
fen. war, gab es dert seine gute Periode fuͤr den ae
werten Ganz anders iſt es jetzt. |
Alles, was man anſieht, vom Prachtſchmuck bis zur
Stednadel, wird aus Franfreich und England eingeführt;
ſelbſt Schneider und Schuhmacher, die fich fonft von allen
Handwerkern. am beſten fanden, können jetzt kaum ih⸗
ren Lebensunterhalt mehr verdienen, und in Philadel⸗
phia allein, waren an 2000 Schueidergeſellen arbeits⸗
los. Jedes ſtaͤdtiſche Gewerbe iſt ſo ſehr uͤberſetzt, daß
in Vielen gar kein Unterkommen mehr zu finden iſt,
und nur tief im Innern duͤrften Handwerker für die
unentbehrlichſten Beduͤrfniſſe, auf Fortkommen rechnen.
Die häufigen: Auswanderungen aus England, Irland
und Deutfshland, und vor allem andern die unbefchränkte
Gewerbefreiheit, haben in jedem Gefchäft die größte
Concurrenz herbeigeführt: : In Neu:Porf zahle man
bereit8 4000 Bier: und Branntwein: Schenfen, Die
Licens (Gemerbfcheine) haben, ohne diejenigen, welche
dieſes Gefchaft ohne Licens in den Kellern betreiben.
Der Betrag der Schenfhäufer überfteigt alfo den: in
London, welches eine eilfmal größere Bevölkerung hat,
und dient zum Beweife, daß Nüchternheit eben nicht
die. größte Tugend des amerikanifchen Volkes ift.
Be 30 —
Drittes Capiteh- kan at E
Befern Country oder die weßliden Staaten am
Ä Sbio⸗ Fluß. *
— ine Gluůͤcksritter die Gefahren da
Ei glücklich deftanden, einen Theil feines Vermoͤ⸗
gens in den deutfchen oder niederländifchen Seeſtaͤdten
verzehrt, und den andern für die Neberfahrtsfeacht Hin:
gegeben; hat er ‚endlich nach einer zwei⸗ bie dreimonaf:
lichen Fahrt die Küften des gelobten Landes betreten,
fo ehrt er entweder im Wirthshaus zum großen Friedrich
König von Preußen, oder in der deutfchen Harmonie
bei Gundeloch ein, und verzehrt dort, unbefümmert
für die Zukunft, den legten Reſt. Fraͤgt er endlich "ir:
gend Jemanden: Freund! wirds hier nicht bald Milch
und: Honig regnen? Werden die gebratenen Tauben
nicht bald ins Maul Fliegen? Wie koͤmmt's, daß die
en nicht mie ‚Silber gepflaftert find? |
Mein befter Freund! ermwiedert ihm —
füchtige Jaͤnky, bier bift du ganz unrecht; in der
Weftern Country, am Ohio: Zlinois- und Wabafch-
Fluß, da findeft du alles diefeg, dort ift Columbiens
Paradies. Verliehre ja Feine Zeif, fchnüre dein Bün:
del und eile, dort wartet deiner Gluͤck und Reichthum.
. Kobbet, der: Freund des armen Volks in *
fügt vom Illinois⸗Staat folgendes:
nder ausgewanderte und an Bebensbequemlichfeiten
gewoͤhnte Engländer, nachdem er den dritten Theil
feines Vermögens verreifer, hat ſich in den Wildnif
ſen des Fllinsis- Staates nichts als Leiden erhohlt.
Hier hauſet er unter Bären, Wölfen und Panthern,
fein Wohnhaus ift fchlechter als fein Kuhſtall in Ews
ropa war, fein Tifch if ein alter Baumftumpen, feine
— 31 —
RKoſt ranziger Speck, ſein Labetrunk Whiski und
ſchlammiges Waſſer; bis: in die naͤchſte Muͤhle hat
er 50, bis in die Apotheke 200 Meilen (es ſind
Ssenglifche Meilen, viere auf eine deutſche gerechnet,
darunter zu verſtehen) einen Arzt findet er nirgends,
eine Schule und Gotteshaus eben ſo wenig. RR
ein Land ift nicht fir den Engländer... {
ch ſage: und eben ſo wenig: für den an Gefefig-
* gewoͤhnten ER: —* RE: ift am Dun
weh geftorben.
Wenn die Deutſchen Her vatenländifche Abasen
nicht mehr ernährt, wenn! fie die: Noch zur Auswande⸗
rung zwingt — denn nur in diefem Fall iſt ſie zu billigen —
fo mögen fie ja truppweiſe auswandern: und. bei-ihrer
Auswanderung beifammen bleiben, auch darauf. ſehen,
daß wo möglich alle Handwerker: für die nothwendigſten
häuslichen Bedürfniffe in der Kolonie ſind. Ferner har
ben fie auch Säntereren von allen: europaͤiſchen Gemik
fen mitzunehmen, von denen die «Amerikaner ſchon die
meiften gar nicht einmal dem Namen nach, mehr ken—
nen. Die tägliche Koft des amerifanifchen Bauern, ift
Speck in der Pfanne: gebraten, rothe Rüben, faure
Surfen und Aepfelmus, auch ein Gries von Mais;
ftatt der Suppe wird jedesmal Kaffe aufgetragen.
Nichte minder werden auswandernde KColoniften
auch Obſtbaum⸗ und Weinreben: Saamen mitzunehmen
haben; denn gerade der Mangel an europäifchen Ges
tranfen ift dem Europäer am fühlbarften. Bier ift un
bedingt nirgends im Lande, und die erfte Sorge des
Eoloniften ift die: einen Hbftgarten anzulegen, um Zi⸗
der oder Nepfelwein daraus zu gewinnen. Auf den An-
bau des Weins haben fich die Amerikaner noch nirgende
gelegt, weil er, ihrer Angabe nach, wegen der Strenge
des Winters nicht forttäme, An der Kuͤſte des atlan⸗
En
eifchen Meeres ſah ich indeß die Weintraube fehr häufig
wild. wachfen "und ziehe den Schluß daraus; daß die
Weinrebe hier wohl fortfommen würde, wenn man: fie
gehörig behandelte "indem. ich den Winter keinesweges
firenger fand, als in der Nheingegend; und faſte den
Hansen Winter bei ! ſagt af meinen kann ohne
—— war· F
Die "wilde Traube iſt — ER he,
ale die" veredelte; ſie verhält : ſich zur. —— die
—— zu der veredelten Kirſche. iſen doer
Der Schlüuͤſſel zur Weſtern Coanch üben ‚sim *
genannten Paradies, ift Pittsburgn eine Stadt von ohn⸗
geführt 8000: Einwohnern, ſie liegt 300 Meilen von
Philadelphia und Baltimore am Fluß Ohio, der in den
Apalachen im Staat von Virginien entſpringt und hier
ſchiffbar wird; im Sommer aber oft ſo ſeichtes Waſſer
Hat; daß alle Schifffahrt gehemmt iſt. Nach einem
Lauf von 1200 Meilen ergießt er ſich in. den Miſſiſippi⸗
und von ſeiner nr iſt “ — * eben fo weit bis
Neu⸗Orleans. weg neiftyen
Alle * der Staaten Sieh — Illi⸗
nois und Indiana/ werden auf flachen Boͤten nach Meu⸗
Orleans zum Marke verfuͤhrt, und alle verarbeiteten
Waaren und Luxus⸗Artikel von dort wieder. hergehol.
Unmoͤglich kann der Preis der Naͤturalien daher an Ort
und Stelle ſehr hoch ſeyn, und augenſcheinlich muͤſſen
alle Fabrikate wieder ungleich hoͤhere Preiſe haben als |
in und um die. Seeftädter Während meinem Aufene |
halt’ in der meftlichen Hemifphäre, galten Hafer und
Mais der Scheffel 2, Roggen: kaum Ziund Weizen 3
Dollar. Ein Blockhaus ohne Fenfter ift das Palais,
Götterbrodt iſt Speck und Nektar der Whisky. Ich
paſſe! Und verlange nicht mit Vater Abraham, Iſaat
und Jacob zu Mittag zu ſpeiſen.
Un⸗
Unfäglich iſt die Mühe, welche dazu gehörf, die
ungehenren Stämme zu fällen und den Buſch im ein
Weizenfeld umzuſchaffen. An den farfen Bäumen wird
bloß die Rinde ringsum durchgehauen, damit der Stamm
abftirbe,, das Geſtraͤuch wird meggefchafft, unter den
duͤrren Stänmen wird der "Erdboden aufgeriffen. und
Weizen gefäet, und erfi dann, wenn der. Stamm gaͤnz—
lich vertrocknet ift,. wird er durchs Feuer verzehrt.) Ehe
die Stoͤcke verfaulen, die bier, nirgends ausgerodet
werden, vergehen 15 bis 20: Jahre / und nun erſt ”
der Colonift klares Ackerland.
Bermögen durch den Landbau zu ——— —
iſt gar nicht zu denken. Alle Vortheile beſtehen darin,
daß die Kinder des Coloniſten, die hier, da ſie ohne
alle Bildung aufwachſen, ganz BeaDH OL, l * ein
Stuͤck Land befommen.
Der gebildete Europaͤer wird im —— ſi —
ſchlecht gefallen, und eine noch ſchlechtere Rolle dort
ſpielen. Nur der ftarfe, handfeſte Ackerbauer, wenn: er
bei feiner Ankunft noch 100 Karolinen im Vermoͤgen,
ein ſtarkes und gefundes Weib und flarfe arbeitsfähige
Kinder: hat, wird, wenn er ſich 15 oder 20. Jahre ges
müht und geplagt, endlich eine Planiage. zw Stande
bringen, und erſt jeßt feine Rechnung finden.
Wer nicht im Stande ift, fih Eigenthum anzukau⸗
fen, wird wohl thun, ſich eine Plantage zu pachten.
In Penfilvanien liefert der Pächter die Hälfte des er⸗
zielten Getraides, in den weftlichen Staaten aber nur:
3. davon an den: Eigenthümer als Pachtkanon ab; je
doch muß ſich Erfterer alles Vieh felbft anfchaffen, und
deshalb. gehört auch zur Entrirung einer Pacht: einiges‘
Kapital. Zuweilen finder fich auch irgend ein. arbeite;
[heuer »Anglo- Amerikaner, oder ein Mann, der neben
der Ackerwirthſchaft auch ein buͤrgerliches Gewerbe
3
ee ER none
treibt, welcher einem arbeitfamen Deutfchen die Beftel-
lung feiner Wirthfchaft gegen den dritten u aller
Erzeugniſſe überläßt. |
Der Staat Hhio ift 3 big 400, der von Miana
6 bie: 800 und der von Illinois 1000 bis 1200 Mei⸗
len von den Seeftädten entfernt. Die Reife dahin ift
für einen Mann mit Familie ‚oft ‚eben fo langmwierig
und foftipielig als die über die See. Jeder Familien:
vater, wenn er nicht fchon ein mohlhabender Mann if,
kann alſo gewiß darauf rechnen, bei feiner Ankunft in
dem Sllinois- Staat verarmt zu feyn. |
Bei Wiliamsport an der Susquehanna fand ich
einen Schweizer, der mit feiner. Frau und: zehn Kin
dern 1000. franzöfifche Kronenthaler zur Reife verwen:
der hatte. Im Städtchen Wiliamsport felbft , erzählte
mir ein alter deutfcher Schulmeifter, der früher wahr;
fcheinlic) ein Handeldmann im Naffauifchen gewefen,
daß ihm und: feiner Familie die Reife an 1300 Thaler
gekoſtet habe. . Für eine erwachfene Perfon beträgt die
Sracht 75 Dollar, (ein Dollar ift gleich 1 Thaler 10
Gr. Preuß.) für Kinder unter 12 Jahren halb ſoviel,
für 2jährige den vierten Theil, und nur: —53—
paſſiren frei.
Der Weg, den unſere Deutſchen bei bier Auswan⸗
derung einſchlagen, iſt gewoͤhnlich mit dem Ruin ihres
Vermoͤgens verbunden. Die Englaͤnder und Irlaͤnder
reiſen für 20 Dollar von Liverpool nach Amerika, und
verpflegen ſich ſelbſt. Viel beſſer thaͤten die Deutſchen
Emigranten, ſich zu vereinigen, eine gewiſſe Summe
zuſammen zu ſchießen, dafuͤr ein Schiff zu miethen,
und das Geſchaͤft mit dem Schiffseigenthuͤmer abzu-
fließen, als fi von den wucheriſchen Kapitäng fo
prellen zu laffen. Gewöhnlich. müffen ſolche durch die
Reife verarmte Leute ihre Earriere beim Taͤgeloͤhner wie:
der anfangen, und wahrlich, faufend Kronenthaler wer⸗
den dort vom ZQagelöhner eben fo wenig leicht und
Schnell verdient, ald in Europa. ‘Schon am Juniata⸗
und Sugsquehanna : Fluß fand ich in den Thaͤlern
Kiſhikokilis, Buffalo, Broffe ꝛc. eine ungemein ! große
Geldarmuth, obgleich dieſe Gegenden noch um 100
Meilen den. Seeftädten näher find, als der Ohio Staat.
Hier hören die Negligees a la Fanchon und der Luxus
auf. Die Buſch⸗Ladis (Bauerdirnen) "hatten des
Sonntags in der Kirche ein armſeliges Kattunkleidchen
‚an, ihr Kopfpug war ein grober Mannshut, ihre‘ Fuß
'befleidung die der Apoſtel; mit zwei oder drei Thalern
hätte man ihre ganze Garderobe ausgekauft. Fuͤnfmal
mehr werth war der Anzug der jungen Schweizerdirnen
aus den’ Kantonen Bern und Solothurn, die voriges
Jahr ins gelobte Land eingeivandert * rum dort or
Gluͤck zu machen.
Wer daheim 20 oder 15 Morgen Landes hat, der
. bleibe nur ja dort wo er ift. Gluͤcklicher lebt er bei
feinen 15 Morgen, als im gelobten Lande mit hunder⸗
ten, und derjenige, welcher taufend Kronenthaler übrig
hat, iſt offenbar ein Thor, wenn er fie auf der See
verreifet, um dort einige Seehunde, Walfifche und
Meerfchweine zu fehen. In Schlefien und Bohlen kann
er ſich dafür fchon eine artige Beſitzung Faufen, und
dort ein wohlhabender Mann feyn, che er in Amerika
erſt ſoviel wieder verdient, um nur daran denken: zu
fönnen , ſich als Coloniſt niederzulaffen.
Wenn die Regierung der Vereinigten air
Schiffe im die deutfchen und niederländifchen Seehäfen
fchiekte, und den deutfchen Coloniſten mwenigfteng freie
Ueberfahre gabe, wenn fie ihnen das Land umfonft er;
theilte, wie e8 ehemals üblich war, wenn ſie ihnen
auch nur vorfchußweife einige Huͤlfe leiſtete; ſo wuͤrde
3*
ih gern’ zurufen: ziehet hin! Hier iſt das ſchwaͤbiſche
Himmelreicht Immer kreiſchen der Beefſteack, Die: Wurſt
und der Speck in der Pfanne! Immer iſt der Kuchen
und die Whisky⸗Bottel (Branntwein⸗Pulle) auf dem
Tiſch! An Lebensmitteln fehlt es in Amerika nirgends, und
im Innern des Landes wird niemand vor Hunger ſterben.
Suͤd Deutſchland iſt ſchon uͤbervoͤlkert, dort müß
fen die: Menſchen auswandern. ‚Zu groß iſt ihre Vor⸗
Jiebe fuͤr das gelobte Land und zu glängend find ihre
Begriffe vom dafigen Reichthum und der Gluͤckſeeligkeit,
als daß meine Schrift irgend einen Eindruck auf ſie
machen koͤnnte. Moͤgen ſie ſich daher wenigſtens rathen
Yaffen ;” bei. ihrer Auswanderung planmäßig zu Werke
su gehen, und Diejenigen: Grundfäge: bei ihrer Anſiede⸗
Jung befolgen, welche Herr Doftor Baller aus Stutt⸗
‚gard in feiner Kolonie, beobachtet. ; Diefe liegt: am Fuß
der Alleghäny- Gebirge ohnfern Williamsport, und nur
zwei Stunden vom Gusquehanna- Fluß, auf welchem
‚alles: Getraide mittelft lachen Bote in die 300: Meilen
davon entfernt liegende Seeſtadt Baltimore | geführt
wird. Die Frauenzimmer fpinnen Flachs und. Wolle
und mweben Leinwand und Tuch. Die jungen Burfche
betreiben alle. häuslichen Gewerbe, indem: fie. Zimmer;
Jeute, Maurer, Schmiede, Gerber, Schuhmacher und
Schneider find. Alle Bedürfniß- Artifel werden in der
Colonie erzeugt und verfertiget; und da fie den: für, die
Amerikaner fo verderblichen Lurus gänzlich verbannt bat,
fo braucht fie durchaus nichts von den Krämern und
Handwerkern, und behält daher alles Geld. .an fich.
Mancher Hausvater hat 20, mancher ſchon bis. 50
Acker Land geklärt, den fie mit 5. Thaler pro Acker be:
zahlt haben. Die Wohnbäufer find nach deurfcher Art
erbaut, und. die Colonie ift in Dörfer eingetheilt. Ein
wahrer. Genuß war es für mich, mitten im Jaͤuky—
— 37 —
Lande die Felder mit allen deutſchen Gemuͤſen: Erbſen,
Bohnen, Hirſe, gelben und weißen Rüben, Mohn, Sallat,
Kraut und Kartoffeln bepflanzt zu ſehen. Herr aller
iſt Prediger, Arzt und Jugendlehrer in der Gemeine,
die ſich insgeſammt zur Sekte der Separatiſten bekennt,
und trug einen langen ſchneeweißen Bart; jeden Abend
verſammelte ſich in feinem Haufe, eine Anzahl Gemeindes
glieder, denen er Vorlefungen über religiöfe, Gegenftände
biele. Der Anzug der Männer. beftand aus einem
Jaͤckchen und Pantalon von. Leinwand und einem,
Strohhut, und von gleichem Stoff. war, der. Anzug dev
Srauenzimmer, Schon die erſte Generation diefer Eos
loniſten wird zum Wohlftand ‘gelangen.
In den nicht gar fehr weit davon entfernt —
den Thaͤlern: Kiſhikokilis, Buffalos, Broſh, Zuder;
Nitney und Pens⸗Walley iſt Land im Ueberfluß vorhan⸗
den, und fuͤr 4 bis 6 Dollar der Acker zu kaufen.
Der Boden iſt ſo fruchtbar, wie bei Lankaſter, der Ab⸗
ſatz auf dem Susquehanna-Fluß nad), Baltimore leich⸗
ter als auf dem Ohio nach Orleans, indem erſterer
Ort nicht weiter als 300 bis 350 Meilen von hier ent⸗
fernt liegt. Einen kraͤftigen deutſchen Amerikaner, der
bei Lankaſter ſeine Plantage verkauft, und ſich hier vor
etwas laͤnger als 20 Jahren niedergelaſſen hat, ſchaͤtzte
man auf hunderttauſend Thaler an Grund und baarem
Vermoͤgen werth.
Das iriſche Volk war — aͤrmer, als die
geringſten Bauern in Schleſien. Die Urſache iſt: weni⸗
ger Induſtrie und ſein Wohlleben.
Daß Amerika von Gluͤcksrittern bevölkert worden
ik, zeigen, dig Nachkommen der dritten und vierten Ges
neration nach. ſehr deutlich. . Derfelbe Hang zum Aus«
wandern, ‚und, in entfernten Landen ihr Gluͤck zu ſuchen,
belebt auch dieſe noch. Millionen Acker Landes liegen
u
in den: Staaten Net: York, Penfilvanien und Birginien
noch wuͤſt und unbebaut, welches theilweiſe für & oder
3 Thaler pro Acker zu verfaufen if: und dennoch
firöme Alles in die Wildniſſe der mweftlichen Staaten,
aus denen ich manche im größten Elend wieder zurück
fommen ſah. Andere wanderten fogar aus dem Tem
pel der‘ Freiheit in das Gebiet der Sklaverei, nämlich
nach Canada aus. Des Nord: Deurfchen Liebe und
Anhänglichkeif am vaterländifchen Boden findet man
dort nicht. Auch ermangeln die Landwucherer (Land⸗
Jobbers) nicht, die Herrfichkeiten der Weſtern⸗Coun—⸗
trys mit den glaͤnzendſten Farben und in den pomp⸗
hafteſten Phraſen heraugzuftreichen, um ihre vom Gouver⸗
nement auf Spekulation erfauften Ländereien wieder an
den Mann zu Bringen. Ein \großer Theil dieſer Land⸗
Jobbers hatte durch den Wechſel der Zeit, durch dag
Fallen des Brundeigenthums im Preiſe, ihren ſchnell
erworbenen Reichthum, eben ſo ſchnell wieder verlohren.
Nicht beſſer iſt es allen denen ergangen, welche ohne
hinlaͤngliches Vermögen in ſolchen Zeiten Laͤnderelen ge⸗
kauft wo dieſe den hoͤchſten Preis erreicht hatten; und
vielleicht in ganz Deutſchland dürften im Bahernftande |
nicht foviel Banquerotte zu finden ſeyn/ wie in amerita
ſeit 3 Jahren ſich ereignet haben. ER ER
Die von den Ametikanern ſelbſt Mertinn⸗ —*
urſache der Geldarmuth im Innern, iſt darin zu fir
chen: daß alles Fabrikenweſen vernachlaͤſſiget worden,
und die ſtaͤdtiſche Beboͤlklerung mit der Ackerbautreiben⸗
den nicht gleichen Schritt gehalten hat; es fehlt daher
‚an hinlänglichen Confumenten; und gleichſam erſticken
— der Bauer in feinem — ———— —
— — ——— one br — er ‚
Land. Der Bauer erzeugte und der Städter verzehrt,
und unter folhen Umftänden können beide beſtehen
Viertes Rapitel,
Charakter, Sitten und Gebraude der Amerikaner,
Unter die fchwierigften Aufgaben gehört wohl uns
fireitig die: über den Volkscharafter in Amerika ein bei
ſtimmtes Urtheil zu fällen. | Sch fage ausdrücklich
„Volkscharakter.“ Denn der gebildete Menſch iſt uͤberall
gleich, und bildet nicht den Volkscharatter.
Weit entfernt bin ich, mich: zum Nichter über den
Charakter einer Nation aufmwerfen zu wollen, die eine
fo liberale und von allen Voͤlkern beneidete Verfaſ—
fung hat, Dazu gehört ein anderer Mann als ich.
Selbſt Aavarer dürfte hierin ein Labyrinth von Schwie-
rigfeiren gerathen, aus dem er fich fo leicht nicht her⸗
ausfinden wuͤrde. Eine Nation, die aus Emigranten
von allen Völkern der Welt zufammengefegt iſt muß
bei der Beleuchtung ihres Charafterg, felbft dem Auge
des größten Menſchenkenners fo buntſcheckig erfcheinen,
wie die mit allen National: Farben gezeichnete Land:
harte von Europa, und erft in fpäteren Jahrhunder—
ten, wenn ſich Alles gehörig amalgamirt hat, Fann
man einen beftimmten Rational: Charalter von den
Amerikanern erwarten.
Hier iſt ein Strich Landes; der vor anderthalb
* das heutige Botany⸗Bay mar, und mit
Eapitalverbrechern und Freudenmädchen von der niedrig⸗
fen Klaffe bevoͤlkert worden iſt. Dort wieder ein an—
derer, den ein arbeitfames, nüchterneg, in feinen Sit:
ten ce und: religiöfes Volk — hat. Hier
iſt der trunkene ; prablerifche und zu Schlechtheiten nur
zu fehr aufgelegte Iriſchman, dort wieder der. gutmuͤ⸗
thige Bergſchotte. Der ſpekulirende Engländer, der ge:
winnfüchtige Franzmann und Holländer durchkreuzen
fih in den Städten und auf dem Eande, Im Hinter
grunde ſteht das deutſche Laſtpferd, ſtets gewaffnet mit
Axt, Spaden und Dreſchflegel. Sein Motto iſt: a
free country! a fin country! (Ein freies Land! Ein
ſchoͤnes Land). . Auf feiner Tafel ift taͤglich Kirchfeft und
Gevatterfchmaug; fein. Speicher ſtrotzt von. Weizen,
ſeine Milchkuͤhe find fett, und. Fräftig feine Roſſe.
Zwar find feine Sitten eben nicht in der Parifer Schule
gebildet, auch iſt fein: Geift nicht der. feinfte, und we⸗
nig fümmern ihn Franklins Raub der, Donnerfeule des
almachtigen Jupiter und die. Debatten des Congreffeg
zu Wafbington; aber: ehrlich iſt fein ‚Charakter...
| Seine jeßige Klage war täglich: „der Speck und
der Flauer (Weizenmehl) find ſpottwohlfeil! Der Whisky
lohnt nicht mehr der Mühe, daß man ihn brennt.“
Die Klage des: Srifchen: „o my dear Sir! black
people had a very low priz.” „Mein beſter Herr!
Die Schwarzen Menſchen gelten: ein wahres GSpottgeld;
wir: müffen alle ‘zu. Grunde gehen... Wollte Gott! daß
Bonaparte Doch ‚bald wieder in Freiheit wäre, damit
in Europa wieder der Krieg ausbräche. in
Nur der ruhige Dudfer, der fromme Mennonift
Dunker und Anabaptift ertragen den Wechfel der Zeit
mit religiöfer Ergebung und fagen: mir, wollen lieber
arm feyn, als auf Koſten des unfchuldigen Menfchen:
blut8 von Europa, Reichthlimer erwerben... !
Schon jest hat der Leſer einiges. Licht über die
Denfungsart „der trangatlantifchen Völker, und Fann
das Urtheil über fie. beinah ſelbſt fällen.
Im Staat von Penfilvanien, wo die deutſche Ber
— 41 —
voͤlkerung und die Quaͤker ‚die größte Zahl der Einwoh:
ner bilden, kann das Urtheil über den Volkscharafter
nicht anders, als guͤnſtig ſeyn. Daſſelbe fann auch
vom Staat. Neu: Serfey, und allen übrigen. nördlichen
Staaten gelten, wo. die ruhigen Dudfer ſich niederge:
laffen haben, und die. Einwohner ihren Boden mit ei
gener Hand beſtellen. In den Gflaven: Staaten iſt
Muͤſſiggang der Hauptzug des weißen Volks, und nur
zu ſehr bewaͤhrt ſich hier das alte deutſche Sprichwort:
„Muͤſſiggang iſt aller Laſter Anfang! Indolenz, Trunk,
Wolluſt ſind ſeine leiblichen, Rachſucht und Bosheit
ſeine Enkelkinder. Auf ihren Tabaks⸗, Reis⸗, Baummolle-
und Indigo⸗Feldern klebt die Thräne-und der Fluch
des. Unglückg, denn grade die Sflavenhalter fühlen den
Wechfel der: Zeiten am meiften, auch find fie jeße uns
ftreitig die ärmften.
Sn. den Seeftäbten find Mena —— rechtſchaffe
nen und hoͤflichen Leuten, Gluͤcksritter und auch Geſin⸗
del ſoviel, als irgendwo. Alle Laſter und Ausſchwei—⸗
fungen der alten Welt haben hier ſchon ihren Sig auf:
gefchlagen. Unter der niedern Klaſſe leuchter die Roh⸗
heit. des irifchen und englifchen Poͤbels auch hier überall
hervor. Gewinnfucht ift der Stempel des Gluͤcksritters,
dem fein Mittel zu ſchlecht dünfe, fie zu ‚befriedigen.
Dolofe Banqueroutteurs, Falſchmuͤnzer, Gauner
und jetzt auch Diebe und Straßenraͤuber findet man in
dem Lande der Freiheit und Gleichheit, des Gluͤcks
und des Reichthums ſoviel, wo nicht mehr, als in dem
verdorbenſten Orte Europas.
Gewaltfamer und Meuchelmord oft von der ſchau—
derhaftefien Art, ‚theild aus Nachfucht und. Bosheit,
theils aus Naubgier, wurden. hier unbedingt haufiger
verübt, als ‚in Deutfchland, faſt koͤnnte ich fagen in
Europa; denn «8 verging beinahe Feine Woche, wo ich
— 42 —
nicht eine oder mehrere Mordthaten in den Beitungen
angebkuͤndiget fand. |
In Neu⸗Jerſey hatte ein unnatuͤrlicher Sohn ſei⸗
nem Vater im Wortwechſel mit der Axt die Hirnſchale
zerſchmettert. In Penſilvanien hatte ein fanatiſcher
Vater den Sohn im Schlafe ermordet, weil er von
der ‚Sekte der Methodiften nicht zurücktreten wollte.
In NeusVork hatte ein Trunfenbold feine Frau und
ſechs leibliche Kinder, die fchrwarge Magd und ihre Toch⸗
ter mit der Art in Stücken zerhauen, und die zerfleiſch⸗
ten Reichname auf dem Feuerheerd verbrannt. In
Virginien hatte ein beftialifcher Vater feine Teibliche
Tochter gefchändet. Meuchelmord im Duell auf Buͤch—⸗
fen, welcher, obgleich diefe blos mit Pulver geladen
waren, dennoch) für den einen tödtlich wurde, weil fein
feiger und verrätherifcher Gegner heimlich eine Kugel
in dem Lauf gefchoben hatte, Vergiftungen aus Eifer
fucht und verſchmaͤhter Liebe, Ermordung eines Schwar⸗
zen oft aus Muthwillen oder Bosheit ſind hier nicht
ungewoͤhnliche Verbrechen.
Die Gelindigkeit der Juſtiz, die Nachſi cht der El:
fern gegen die Ereeffe der Kinder in der früheften Ju
gend (oft fah ich Kinder im Streit mit alten Leuten
Steine aufheben, die fie dem fie firafen wollenden
Greis an den Kopf zu ſchleudern drohten), die fehlech-
ten Schulanftalten im Junern des Landes, der bren—
nende tropifche Himmel und die abfolute Schlechtbeit
der gemeinen irifchen Volksklaſſe, find die fehr erflär;
baren Urfachen, "daß die Amerikaner, tretz ihres Ge:
muͤthsphlegmas, fich von Peidenfchaften fo fehr beherr-
ſchen und hinreißen Taffen. Egoismus und Prahlerei
fiehen unter den Schwachheiten oven an, wovon felbft
die Deutichen fchon nicht ** * und ſehr *
hoͤrt man ſie ſagen:
FE a —— E
hr Europaͤer ſeyd ja alle nur Sklaven u —
„Und wenn fich ale Völker Europas gegen Amerika
pereinigen, fo richten fie doch nichts aus." — „Die
Amerikaner’ find dag tapfetfte und aufgetlarteſte Volk
der Welt“
In wiefern dieſe Anmaßungen Hetunbet find,
wird ſich aus den fpäteren Kapiteln beurtheilen laffen.
Ein auffallendes Phlegma des Amerifaners, wel:
ches zumeilen in orientalifche Apathie ausartet, iſt eine
Eigenfchaft, welche von Feinem Neifenden unbemerkt
geblieben if. Das Klima, der übermäßige Genuß
hitziger Getränfe und dag ekelhafte Tabakkauen, da
beim Sackträger und Karrenfchieber, wie beim geiftvols
len Dichter und vornehmen Staatsmann gebräuchlich
ift, mögen die wahrfcheinlichften Urſachen hiervon ſeyn.
Auch fehr viel Tabak und Eigarren werden gerauchk‘,
und fehr oft fah ich den 5jährigen Buben mit dem
brennenden Zigarro im Munde auf der Straße einher:
fchreiten, oder fich mit Vertraulichkeit beim vornehm⸗
ſten Gentlemen (Heren) Feuer ausbitten. "Die ehrbare
Duäfer- Matrone und die junge Lady pafften aus ih:
ven Pfeifenftummeln. Das weibliche Gefchlecht der
vornehmeren Klaffe habe ich indeß nicht rauchen gefehen.
Der Fauftfampf oder das Boxen iſt unter der nie
deren Klaffe auch hier noch gebräuchlich, und mancher
verliehrt dadurdy feine Gefundheit oder dag Leben, In
Virginien und Kentucky wird diefer Kampf mit beftias
lifcher Grauſamkeit geführt, wie ich von Augenzeugen
gehört habe, indem einer dem andern ein, zuiveilen auch
beide Augen auszudrücken, oder die Hoden abzureißen
trachtet. Das erftere wird auf folgende Art vollfuͤhrt:
der Kämpfer umwickelt die Finger mit den Hearen des
Gegners, und drücke mie den Daumen ihm ein oder
beide Augen aus. Zumeilen beißt der Sieger dem Bes
= Wr
fiegten dag Ohr oder: die Naſe ab, und tritt ihm mit
beiden Füßen auf bie Bruſt, wenn er on niederge>
bort bat. |
Fröhliche Volksgeſaͤnge bei Feldarbeiten babe ich
nirgendg gehört, und vergeblich fucht man hier Die
Sröplichfeit und Heiterkeit des deutfchen oder franzoͤſi⸗
fchen Landvolks.
So bigot auch die Amerikaner find, fo. werden: die
Hauprfefte: Weihnachten, Dftern und Pfingften, theils
gar..nicht, ‚theild nicht mit der bei ung gewöhnlichen
Seierlichkeit begangen ‚indem ich fie am erfien Weihs
nachtsfeiertage, der grade auf. einen. Werftag fiel, alle
groben häuslichen und Feldarbeiten verrichten fah. Der
Syivefier» Abend wird dagegen durch das ganze Land
unter Laͤrmen und Schießen gefeiert, und mit noch
größerem Pomp wird das Unabhängigfeitsfeft begangen.
Alles ift in Bewegung, und abwechfelnd verkünden Ge:
wehrſalven und der Donner des Gefchüges den erften
Tag der, Freiheit. ı Nur der ernſthafte Dudfer, der ans
dächtige Anabaptift und Dunfer verfchmähen dag eitle
Gepraͤnge.
Selbſt unter der ſchon polirten Klaſſe findet man
Unanſtaͤndigkeiten, die wir in Deutſchland beim Eſels⸗
und Schwarzvieh⸗Treiber vergeblich ſuchen, und nur zu
haͤufig hoͤrte ich, wenn der Magen mit Speck, Beefſteack
und Poͤkelheringen ꝛc. uͤberladen war, oft Ruͤlpſe, gleich
einem Piſtolenſchuß, herausknallen. Die Lieblings-Be⸗
quemlichkeit mit welcher der Amerikaner gewoͤhnlich ſitzt,
iſt: die Beine auf den Stuhl, auf den Tiſch, oder auf
den Ofen und zuweilen auch zum Fenſter hinaus dem
Kopf parallel geſtreckt.
Deutſche findet man faſt niemals oder hoͤchſt ſelten
in krimineller Unterſuchung, (nur Landleute ſind hier⸗
unter zu rechnen). Deutſche Amerikaner und ——*—
auf dem Lande nicht minder.)
Ein. fchöner Zug des Amerifanerg, worin er ſtets
vor dem Europäer glängen wird, iſt feine ausgezeichnete
Gaftfreiheit: "Unter der gebildeten Klaffe habe ich auch ganz
vorzügliche Menfchen gefunden. Ihre Artigfeie koͤmmt
beinah der des Frangofen gleich. Das weibliche Ge
fchlecht genieße: hier ſoviel Achrung, daß es felbft unter
der niedriaften Klaffe etwas unerhörtes ift; wenn ein
Ehemann: feine Lebensgefährtin. thärlich behandelt. Zu
ehelichen Verbindungen mit Deurfchen der niederen Klaffe
fühlen ſelbſt Die Germano- Amerifanerinnen feine große
Neigung, weil fie den Herrfcherton des deurfchen Mans
nes fcheuen. Die Englifhen nehmen wieder dieg zum
Vorwande, daß die Deutfchen und Franzoſen ihre Weir
ber ſo ſchwere Arbeiten verrichten laſſen.
Unter den Anglo- und Sekkiatto
felbft herifcht wieder gegenfeitige Abneigung, und felten
gehen fie miteinander "Ehen ein. Der deutſche Bube
(junge Burſche) weis, daß er an der irifchen Lady
feine gute Haushälterin findet, und dag junge deurfche
Frauenzimmer (hier Weibsmenſch) oder ihr Vater neh⸗
men zum Vorwand, daß der Jaͤnky den Whisfy liebt,
und nicht: fleißig. genug ſchafft, (arbeiter). "Dem Sri
fehen ift daS deutfche Mädchen wieder nicht fein genug.
Der junge Deutfchländer oder Deurfchländerin find ges
wöhnlih arm, und müffen für die Ueberfahresfracht
ferven (fich auf gewiffe Jahre verfaufen laffen). Nur
zu auffallend müffen fie den Bauernſtolz der, jungen
Amerikaner und Amerifanerinnen empfinden, deren El:
tern oder Großeltern 50 Jahre früher gleich jenen als
arme GServen verfauft wurden, und darum rathe ich
jedem jungen auswandernden —— ſein Liebchen
ſich mitzunehmen. —
— 6 ee
Wie das gemeine Volk iriſcher Abkunft gegen die
Deutſchen geſinnt iſt, beweiſt folgende Aeußerung eines
jungen Amerikaners, die er voriges Jahr im Hafen bei
der Ankunft eines deutſchen Schiffes that:
Was wollen diefe armſeligen Menfchen: bier in
unferem Land? Sie fommen: her, ung das Brod weg:
zunehmen, indem fie mohlfeiler: arbeiten werden, als
wir. Waͤre es nicht beffer, wenn ‚fie -alle in: der See
umgefommen wären?!
Häufig hörte ich Dentfhumerifaner fagem:: Die
Deutfchländer, taugen alle nichts mehr, fie find nicht
mehr. fo arbeitſam, wie die -Alten eg waren.“ |
Am heftigſten eiferten die deutſchamerikaniſchen
Weiber gegen die Deutſchen: „die Zeiten ſind darum
ſo ſchlecht, weil ſchon zuviel Menſchen in Amerika ſind;
es kommen zuviel Deutſchlaͤnder und yanen ing
Land, hieß es fehr oft.
Solche Redensarten 'beweifen die Dummheit diefer
Bölker recht handgreiflich; denn das Gebiet der Verei⸗
nigten Staaten ift von foldyem Umfang, >daß, wenn die
Bevölkerung von Boſton zum Maßſtabe angenonmen
würde, 180 Millionen ; und nach der: von‘ Italien, 500
Millionen Menfchen dort leben koͤnnten; und gegen—⸗
wärtig. find faum 10 Millionen Einwohner vorhanden.
Fuͤnftes Capitel.
Sactctatfute und Steipeit des Bois,
Die nordamerifahifche Nepublik beſteht aus A
verſchiedenen Staaten, die bereits im erſten Kapitel
namhaft gemacht ſind. Ihre weiſe Verfaſſung in allge:
meiner Hinſicht, iſt nichts weiter als die engliſche
Magna Charta, mit Weglaffung des Oberhauſes. Der
Congkeß zu Waſhington iſt das natuͤrliche Haus. der
Gemeinen in England, und beſteht aus einer Verſamm⸗
lung der Deputirten jedes einzelnen Staates, die vom
Volke durch die Election (Wahl) gewaͤhlt worden find.
Waͤhlfaͤhig find ale Freeholders (anfäfjige Bürger)
und ihre Söhne, wenn fie das Aſte Jahr zuruͤckgelegt
haben; ferner alle ‚diejenigen, welche Tagen (Abgaben)
bezahlen, und dag: Bürgerrecht entweder durch Naturas
Iifation (ein 5jähriger Aufeuthalt mie „öffentlicher Bes
treibung eines bürgerlichen: Gefchäfts) oder durch Ger
burt erlangt haben. Alle fchwarzen und farbigen freien
Leute find nicht fimmfähig: ». Der Congreß berathet
und befchließet alle die allgemeine Wohlfahrt des Lan⸗
des betreffenden Maßregeln, als Kriegserklaͤrung,
Friedensſchluͤſſe/ Vermehrung der Armee und Marine,
Alliance» und Handelstraftaten, Beftimmung der Zollge⸗
fälle von fremden Waaren, (denn nur folche find dem
Zoll unterworfen) MEN oder Beibehaltung det
Sklaverei.
Nur in politifcher Hinfiche bilder Umerifa ein Gans
zes, fo wie der heilige deutfche Bund. Der Eongreß
befümmert fich alfo durchaus nicht um die innere Vers
waltung der einzelnen Staaten, die wieder in 21 ver
fchiedene, von einander ganz unabhängige Staaten zer
fallen, wovon ein jeder feine eigene Verfaſſung, fein
Abgaben: Syftem, fein Militär und fein eigenes 'gefeß?
gebendes Corps hat, welches letztere wieder unter der
Leitung de8 Gouverneurs’ das Staatsruder Führt.
So wie der Prafident und die Mitglieder des Congreſ—
ſes, fo werden auch der Gouperneur und die Mitglier
der des gefeßgebenden Körpers auf drei Jahre für ihre
Functionen gewählte: Ihre Verwaltungsperiode be:
ſchraͤnkt ſich nur auf drei Jahre; inzwiſchen koͤnnen ſie
doch dreimal hintereinander "gewählt, und nach einer
Hjährigen Function erſt nach Verlauf einer; jährigen
Periode, wieder zur Wahl’ gebracht werden.
Der ı Gouverneur‘ vergiebt alle Richterſtellen auf
Lebenszeit, und auch “alle Subalternen » Functionen,
welche leßtere einen — — * EI
Gründe, entzogen werden.‘ |
Seder Staat iſt in ER — ni biefe
wieder in Townships (Diftrifte) abgetheilt. In jedem
County befindet ſich eine Common Court (Unterge⸗
richt), die aus einem Richter und zwei’ Beifigern bes
fteht ; leßtere "brauchen: nicht Rechtsgelehrte zu feyn.
Die Abgaben der Grundbefiger werden nach den
Countys Ausgaben repartirt, wovon die Beſoldung der
Deamten : des Countys und die Communal:Laften, alg
Brücken» und Chauffee- Ban, und die Beiträge zur De:
foldung: der DOfficianten des Staates beftritten werden;
fie belaufen: fich in den volkreichſten Staaten: von: einer
fultivirten Grundfläche von circa 2. bis 400 Ackern, auf
50 Dollars jährlich. Vom unfultivirten Land, deſſen
mancher Jobber bis Hunderttaufend Acker und * be⸗
ſitzt wird nichts entrichtet.
Auch die ſtaͤdtiſchen Abgaben — “ dem Ber
trage der Kommunal: Ausgaben repattirty und mancher
Hausbefiger zahlt bis. 100; Dollar und mehr alljährlich.
Jeder : Gemerbetreibende »enfrichtet für, feinen! Licens
(Gemwerbefchein) auch eine, Abgabe, die. unſerer Gewerb⸗
fieuer beinah nicht viel nachgiebt, wo nicht gar uͤberſteigt.
Das: Costom House: (Packhof) zieht die Zölle
von allen eingehenden fremden Waaren ein, welche fich)
von 6 bi8 30 Procent belaufen, je nachdem das eingez,
führte Objefe mehr oder minder ein Luxus-Artikel ift.
Die Land» Office erhebt und verrechnet alle Kauf
gelder für die verfauften Staats »Ländereien. Diefe,
die
die Zölle und die Poftgefälle, fließen zur Staatskaſſe
der Union. Staatseigenthum iſt alles an Privatleute
noch nicht verfaufte Land.
Das Poſtweſen wird zwar für Nechnung des
Staates verwaltet, aber nicht die geringfte Vertretung
leiſtet das Gouvernement, wenn auch Milionen von
Privateigenthum auf der Poſt verloren gehen, oder ges
raubt werden. Ä |
Vom Forftwefen wiffen die Amerikaner nicht dag
geringfte; eben fo wenig von Forftbeamten, und nicht
wenig fehienen fie verwundert, wenn ich ihnen fagte,
daß in Deutfchland Forſten gepflanzt würden.
Die Befoldung der Beamten ift folgende:
Der Bräfident bat 25000 Dollars.
Der Staatsfecretär 6000 Dollars.
Der Gouverneur 6000 Dollars.
Die Richter 1800 bis 2500 Dollars. '
Der active General 3000 Dollars;
Die Zeitungsfchreiber fchimpfen auf die öffentlichen
Beamten, die nicht in der Gunft des Volkes fichen,
fchelten fie Aemterjäger, zumeilen auch gar Betrüger,
wie 3. DB. den jeßigen Gouverneur von Penfilvanien,
Herrn Sindlsi, dem fie öffentlich vorwarfen, daß er:
mit Staatsgeldern gemwuchert; Flagen manche an, daß
fie Nemter verfaufen, oder aus Begünftigung vergeben;
affein felten richten fie etwas: damit aus. Ihr Ge
fehrei verhallee wie der Ton im Gewölbe und der Ange⸗
griffene halt es nicht einmal der Mühe werth, darauf
etwas zu ermwiedern. '
Das Volk prahlt damit, daß es König und Geſetz⸗
geber fey, erfcheint vor Gericht mit bedecktem Haupf
und glimmendem Zigarro im Mund, lege fich der Länge
nad) auf die Banf und ſtreckt die Füße über die Lehne
der andern Banf hinaus; allein das Gefeßgeben und
4
u
Regieren verrichten diejenigen) die es verſtehen und da—
zu berufen ſind; ſie thun was ihnen gut und zweck⸗
mäßig dünft, und kehren ſich wenig an. das Geſchrei
der Zeitungsfchreiber und des Pöbels, und wenn man
die. ganze» Wirthfchaft dort ein wenig näher beleuchtet,
muß man am Ende doc ausrufen: — (est tout
comme. chez nous! — :
Die Kechtsverfaffung if der Form nad) rein eng-
lifch. Alle Verhandlungen gefchehen- öffentlich, und die
Jury-Maͤnner find, ſowohl in Civil: als Kriminalfäl-
len, die Richter über „Guilty or not Guilty!”
Schuldig oder Nichtfchuldig! - Lestere find zwölf an.
fäffige Männer von unbefcholtenem und rechtlichen
Charafter, die mit Feiner Parthei in irgend einem rücd-
fichtlichen Verhaͤltniß fliehen; fie werden vom Cherif
oder Erecutor gewählt und vor dem Anfang der Nechts-
verhandlungen vereidet: ihr Gutachten nach wahrer Le:
berzeugung den Gefegen gemäß abzugeben. Bom Anfang
bis zum Ende wohnen fie den Verhandlungen bei, die
alle mündlich geführt werden. Die Partheien müffen
ſich fiets durch Mandatarien vertreten laffen. Auch das
Zeugenverhör gefchieht mündlich; wohl aber werden die
erheblichften Punkte vom Clark (Gerichtsfchreiber) und
den beiderfeitigen Mandatarien aufgezeichnet. - Auch. find
legtere. .berechtiget, an den „Zeugen felbft Fragen zu
thun, und ihn. auf diefen ‚oder. jenen Umftand aufmerk:
fam zu. machen. '
Nach gefchloffenem : Zeugenverhör erfolgen die
mündlichen Deductionen und nach diefen wendet fich
der „Richter . an die Yury: Männer, hält: eine kurze
mündliche Relation, . macht jene auf die erheblichſten
Punkte aufmerkſam, und nun. verfügen ſich die Ge:
ſchwornen in ein Nebenzimmer zum Ausſpruch des
„Schuldig oder Nicht.“ Iſt dieſer gefchehen, fo recht⸗
— 51 —
fertiget der Richter die Entſcheidung durch die darauf
paſſenden Geſetzſtellen, und fertiget das Erkenntniß aus.
Die Jury-Maͤnner muͤſſen alle einerlei Meinung
ſeyn, und wenn dieß nicht zu bewirken iſt; ſo muß eine
neue Jury zuſammenberufen werden. Die Function
der Jury geſchieht unentgeldlich. Wenn auch durch
dieſes einfache Verfahren die Proceſſe mit weit
mehr Schnelligkeit zur Endſchaft gebracht werden, und
die Gerichtskoſten ſehr unbedeutend ſind; ſo iſt das
Proceßfuͤhren deſſenungeachtet eine ſehr koſtſpielige Sache,
indem die Advocaten an keine Taxe gebunden ſind,
weshalb manche von den beruͤhmteſten bis 20,000 Dol⸗
lars jaͤhrliche Einnahme beſitzen. Die Zahl der Advo⸗
caten iſt ſehr bedeutend, und wo man nur das Auge
in den Seeſtaͤdten hinwendet, ſieht man ein Advocaten⸗
Schild mit der Inſchrift: „Attorney at Law” (Ge
richts⸗ Anwald.
Nur in Civilproceſſen findet eine Appellation an
die Soupreme Court (Obergericht) ſtatt; in Criminal⸗
faͤllen iſt nur eine Inſtanz. Auch befaſſen ſich die Ge⸗
richte nur mit Rechtsſtreitigkeiten und Unterſuchungen.
fuͤr alle nichtſtreitige Angelegenheiten ſed beſondere
Bureaus.
Der Friedensrichter (Justice). kann in allen firei-
tigen Fällen bis zu 100 Dollars erfennen; auch. er hat
eine Eleine Jury von drei Mann für ſich; er wird vom
Gouverneur beſtellt, und iſt ungefähr dag, was ‚der
Maire in Frankreich. lien
*4
Sonnen: Kapiten.
Sufand der s Biffenfanften, Kuͤnſte und Ersiehung®
a anſtalten.
Wenn * in fruͤheren Jahren, wo nichts als Ver⸗
in Europa wuͤthete, und den Verfall aller Wiſ⸗
ſenſchaften und Kuͤnſte drohte, die Berichte der Praͤſi⸗—
denten Maddiſon und Jefferſon uͤber den bluͤhenden
Zuſtand der Wiſſenſchaften und Künfte, der Fabriken,
des Handels, über den zunehmenden Reichtum, die
Cultur des Bolfes, die Eivilifirung der Indianer ıc.
las; dann rief ich oft aus: Was ift London und Eng:
land gegen Columbien. Hier ift Athen, Nom, Eorinth
und Syracus. Alle Schäße Libiens und des Epirug
find hier aufgehäuft. Birmingham und Manchefter find
Kraͤhwinkel gegen Philadelphia und Ranfafter. Gobeling:
Tapeten, Flöten » Uhren und alle Artikel des Luxus
werden hier gefertigt. — Wie ganz anders habe ich
das an Ort und Stelle gefunden! Selbft ihr. Lieblings:
inſtrument — das Brummeifen — wird aus Nürnberg
eingeführt. Mit der Kunft-Fabrifation ficht es ein: für
allemal fchlecht aus.
Vielleicht haben jene Völker zu diefer Branche feine
Neigung und Fein Talent? — Ein republifanifcheg
Land! mo fich der menfchliche Geift bis an den Olymp
emporſchwingen kann; wo die Maufefalle der Zenfur
nicht freimüthige Gedanken des Kraftgenies auffaͤngt;
da müflen bald Homere, Birgiliuffe und Horatiuffe,
Socraten und Platonen am Titterarifchen Firmamente
glänzen.
Die Zeitungen find im der alten Welt gewöhnlich
die Trompete, womit Fama die Lorbeerkränge der Prie—
fter der Pallas und des Apoll auspofaunt. Vielleicht
wirft du dort die Ankündigung und Kritik der neueften
litterarifchen Produkte, finden? Ich verfüge mich ind
Atheneum und in die Börfenhalle, nehme die politifchen
Blätter von Hften und Welten, von Norden und Suͤ⸗
den der Union zur Hand, und fuche a —
Endlich einen Artikel:
Allgemeine Landes: Eultur ! — Y
John Dudley im Staat von Virginien bat dem
erfien Preis erhalten, weil er den, fetteften Ochſen in
County aufgemäfter hat; er wog 7000 Pfund.
Peter Blake hat eine Sau von zweitaufend Pfund
Gewicht gefchlachte. — MU. Paterfon bat dem
Stoorkeeper N. N. 11 Schock Eyer, den; Beftand von
einer Woche verkauft, und fich anheifchig gemacht,
durch die Legezeit ihm allmöchentlich. denfelben Betrag
zu liefern. |
Fruchtbar find Columbiens Gefilde! Fett fein
Schlachtvieh. Aber fteril iſt das Feld der Litteratur,
und mager fein Leipziger Meßfatalog. Ich darf. zu Bes
weiſen nicht erſt fchreiten, meil wir noch Nichts in uns
ferer Mutterfprache von den Amerikanern. überfeßt ha⸗
ben, was nur einer befondern Aufmerkfamfeit werth
wäre.
Es „werden zwar Buͤcher dort — wie
überall in der Welt. Allein Abhandlungen. über mate⸗
viele. Gegenftände, Sammlungen von. Thatfachen und
Compilationen. find noch lange Feine Geifted-Produfte.
Solche blühende Gewaͤchſe, wie Wieland, Schiller,
Rlopfiof, Götbe,. gerder und Körner, Karamſin und
ſelbſt der Perſer, deffen Name mir nicht gleich beifaͤllt,
bie der desposifche oder ſtlaviſche Boden, der alten
Welt fo herrlich erzeugt. hat, ſucht Ihr. vergeblich auf
dem: Gefilde ‚der Freiheit; und wer weiß: ob ‚oder wann
ſie einſt aufkeimen werden? J
— *
Selbſt in der Aſtronomie, die doch eigentlich die
Mutter der Nautik iſt, haben fie noch nicht dag Ge-
ringfte geleiftet, und nicht einmal eine Sternwarte be:
findee fich in Philadelphia. Voriges Jahr war ein Cor
met fichtbar; man gaffte ihn an, wie die Indianer den
Mond, wenn ihn der große Hund zu verfchlingen
droht, und prophezeiete Krieg! — Fern fey e8 von
mir, den Amerikanern Geiftesgaben abfprechen zu wollen.
Die Urfache der Iitterarifchen Gterilität liegt theils
darin, weil das Genie und die Wiffenfchaften von der
Regierung gar Feine Unterftüßung und Aufmunterung
finden theils in der Gteichgültigfeit des Volks gegen
foiffenfchaftlihe Eultur; das erfte Beftreben der euro:
päifchen Emigranten ift — Geld erwerben. — Für
nichts anderes haben fie Gefühl und Sinn, und biefer
Geift pflanzt fich big auf die dritte und vierte Generas
tion fort.
Auch find die höhern Silbühgsänfatten; und feldft
die Lebensbedürfniffe, viel zu Foftfpielig, als daß der
Knabe oder YJüngling ohne Vermögen nur daran den:
fen koͤnnte, fich den Wiffenfchaften zu widmen.
Univerfitäten mit allen vier Fakultaͤten, wie die in
Deutſchland, ſind hier nicht vorhanden. Die hieſigen
Univerſitaͤten find weiter nichts als unſere Liceen. Hat
der Schüler die Humaniora abſolvirt; fo geht derjenige,
welcher fich dem’ Nechtsftudium widmet, zu einem Ad:
vofaten und Ternt dort in drei Jahren, gegen ein Lehr:
geld von tauſend Thalern, Theorie und Prarig, und
nach abgelegtem Examen ift er befugt zu praftifiren.
Der Theologe beſucht oft nicht einmal das Gymnaſium,
ſondern macht feinen Scholar⸗ und academiſchen Eur:
fuß beim erften beften Landpfarrer, laͤßt fih vom Con»
ſiſtorio prüfen, wobei man es, da noch ſoviel Prediger:
fielen, wohl gegen 400 an der Zahl, vafant find,
vn 700,7
nicht fo genau nimmt; und: nun fann er eine Prediger:
fielle annehmen, two er fie befümmt. Manche Prediger
verfiehen nicht ein Wort: Latein. vielweniger Griechifch
oder Hebräifch. Ehemalige Handlungsdiener, Hfficiere,
Rechtsgelehrte und Defonomen aus Deutfchland habe
ich als Prediger gefunden, die hier einen. großen. Ruf
und auch, mehrere theologifche Zöglinge bei ſich hatten.
Seldft der ehemalige General: Policey- Direftor- Schulz
aus Magdeburg ift jetzt, nach namenlos ausgeftandenem
Ungemach, Prediger in Ebensburg, dicht am Hhio-Staat,
und fein Sohn der Nitfmeifter , einfiweilen Schulmei-
ſter, und nebenbei Doftor, fo wie ein großer Theil fei-
ner Amtsfollegen.
Die medicinifchen gehranftalten ſchanen mir noch
die beſten hier zu ſeyn. Auch ſind in den See⸗ und
groͤßern Landſtaͤdten uͤberall wiſſenſchaftlich gebildete
Aerzte, im Innern aber wimmelt es noch von Quack—
ſalbern. Gewoͤhnlich haben die Aerzte im Innern auch
ihre eigenen Apotheken. Auf die deutſchen Aerzte ſetzen
die deutſchen Penſylvanier mehr Vertrauen, als auf
die amerikaniſchen, und diejenigen, welche ich getroffen,
fanden doch meiſtens ihre Rechnung.
Nur die Katholiken, Presbyterianer und Reformirte,
Lutheraner, Herrnhuter und theilweiſe auch die Metho—
diſten haben ſtudierte und wiſſenſchaftlich gebildete Pre—
diger; keinesweges aber die übrigen Sekten, bei wel;
chen Krämer, Handmwerfer und Bauern das Amt der
Seelforge verrichten.
Vier⸗ bis fehshundert Dollars ift im Lande die ge:
wöhnliche Befoldung des gelehrten Predigers, der außer
feinem Gehalt auch noch Gefhenke für Trauungen und
Leichenreden erhält. In den Geeftädten. hat er 1500
bis 2000 Dollars.
So wie die Wiffenfchaften hier um Sahrhunderter
€
>
— 56 —
gegen die in Europa zurückitehen, eben fo ift dich auch
bei den Künften der Fall. Das Schaufpiel iſt für den
Europäer faum auszuhalten. Opern werden in Phila-
delphia niemals aufgeführt, indem man nicht einmal
im Stande wäre, das Orchefter aufzubringen. Mahlerei
merft man faum. Bon der Bildhauerei habe ich außer
Sranklins Statue über dem Portal der Bibliothek nichts
weiter geſehen. Die Tonfunft fol bier noch gebohren
werben; auch werden die Amerikaner wohl: fchwerlich
jemals etwas darin leiſten. Ein Klavier oder Forte
piano findet man zwar in. jeder anftändigen Familie,
doch feine der. Ladys leiftee etwas darauf. Sie haben
weder Geduld noch. Sinn dafür, und eben ſo fehwer
würde es halten, felbft aus den vornehmften Häufern
ein halbes Dugend junger Damen in Philadelphia auf:
zufinden, die nur die franzöfifche Sprache verftehen.
Unfere herrlichen Meifterwerfe der Tonkunſt find hier
eben fo unbefannt, wie bei den Ehineien und- apa:
nern. —
Politifche Zungendrefcherei iR dag Element, worin
Alles lebt und ſchwebt; achthundert Zeitungen erfcheis
nen in den Freiftaaten, wovon ich wenigſtens diejenigen,
die in den Hauptftädten der verfchiedenen Staaten ver;
legt werden, in den Händen gehabt habe. Alle diefe
800 wiegen aber an gelehrtem Werth nicht eine. unferer
deutfchen Zeitfchriften auf, die Wieland, Kotzebue und
mehrere andere zu Tage gefördert haben. Niemals fin
det man eine gelehrte Abhandlung darin. Sind daher
auch die deutfchen Blätter jetzt eben nicht. fehr gehalt:
reich, fo find es die über dem Meer gewiß noch weit
weniger.
Sehr oft begeugte ich meine Verwunderung über
die geringen Fortſchritte der amerifanifchen Litteratur,
und ſtets wurde dieß zur Entfchuldigung angeführt:
E
das Land ift noch zu jung! Die Menfchen müffen zu⸗
erfi für die nothwendigſten Bedürfniffe forgen, ehe fie
auf Nahrung des Geiftes denken fünnen. Erſt wenn
der Reichthum mehr allgemein feyn wird, werde man
ſich mehr auf die Wiffenfchaften legen. Dieſe Ent:
fhuldigungsgründe find allerdings fehr erheblich; denn
da in Amerika ein jeder für fich felbft forgen muß; fo
geräth dort der Menfch ohne Vermögen, wenn er nur
einen Tag müßig bleibt, fchon in Verlegenheit.
Landbau und Handel find dag Fundament der. da;
figen Staatswirthfchaft und nur diefe beiden Gewer—
be haben alle Staatsmänner Amerifag, als zur Natio—
nal: Wohlfarth nothwendig, ins Auge gefaßt, und
darum - findet man dort das Volk auch nur in zwei
Claffen eingetheile: in Handelsleute und Ackerbauer;
fehr richtig. beurtheilen daher diejenigen die Amerikaner,
welche aus ihnen. einft Sarthaginenfer prophezeien. —
Griechen und Nömer dürften fie fchwerlic werden.
Bei den englifchen Ackerbauern fand ich fehr haͤu—
fig wiffenfchaftliche Bücher über Erdbefchreibung und
Gefchichte 2c. Dei den Deutfchen. die. Bibel, den Eus
lenfpiegel, Räubergefchichten und ‚andere Hiſtorien; auch
faft bei jedem die Zeitungen. . In jeder County Stadt
werden zwei, drei bis vier. Zeitungen, in englifcher
und auch in deutfcher Sprache verlegt. Faſt jeder
Buchdrucfer ift auch zugleicd) ‚Redakteur einer Zeitung.
Im Innern des Landes erfcheint gewoͤhnlich wöchentlich
nur ein Exemplar davon und der ganze Jahrgang der
deutfchen Zeitung Foftet einen, der der englifchen zwei
Dollar. Ins ERINNERN
In den County» oder Kreid: Städten find in den
bebölferten , Gegenden überall County » Bibliothefen,
welche durch deu Beitrag der Bauern und übrigen
Mitglieder angefchafft worden find. Jedes Mitglied if,
— 8 —
gegen einem gewiſſen jaͤhrlichen Beitrag, berechtiget, die
Bibliothek zu benutzen. Dieſe lobenswerthe Anſtalt, die
ich meinen deutſchen Landsleuten ſehr zur Nachahmung
empfehle, das allgemeine Leſen der Zeitungen, der Eins
fluß auf die öffentlichen Angelegenheiten, die Theilnahme
an der Nechtspflege, machen den amerifanifchen Bauer
mit der DVerfaffung feines Landes. und der, gefammten
inneren Verwaltung aufs genaufte befannt, bilden fei:
nen DVerftand aus, und geben ihm einen folchen Ueber:
blif, daß er, troß der fchlechten Schulverfaffung in
Amerifa, doch in vieler Hinficht dag Uebergemicht über
den deutfchen Bauer gewinnt; ich nehme die wohlha—
benden Gegenden Deuffchlands aus.
Die Landfchulmeifter werden überall von den Baur
ern angeſetzt; fie erhalten Fein beftimmtes Gehalt, fon:
dern nur ihr Schulgeld 13 big 25 Dollar vierteljäh:
rig für ein Rind, je nachdem der Unterricht blos ele
mentar oder wiffenfchaftlich if. Neben diefem erhalten
fie. auch Koft, entweder der Neihe nach, oder dafür
eine Entfhädigung durch Geld. Im Sommer werden
die Schulen felten befucht, und nun hört auch das
Schulgeld des Bufch-Padagogen auf, und wenn er
nicht nebenbei mit Doftor:Stoff handelt, oder ein Hand»
werf verftceht, fo muß er mit der Art und der ‚Senfe
fein Brod erwerben.
Die zeit des Unterrichts Sefehtänfe fich nicht blog
bi8 aufs 12te oder 14te jahr der Zöglinge, wie in
Deutfchland, fondern da die Amerifaner die Schule fo
unregelmäßig befuchen, ſowohl bei Mädchen als jungen
Burfchen gewöhnlich bi8 zum 20ften Jahre. Oft ſa⸗
gen Kinder von 7 Jahren und verheirathete Männer
an einer Tafel; ihr Lehrer war ein deuffeher Handlungs-
diener von 18 oder 20 Sahren, mit dem die Elevin
juweilen dag Bere theilte, wenn er zu den Eltern ine
—
Br
Duartier fam. Diefe unmoralifche Sitte habe ich bei
den Deutfchen viel häufiger gefunden, als bei den
Englifchen. Auch iſt das Amt eines. Jugendlehrers
hier nicht® Weniger als fehr geachtet, und wird von
den Amerikanern gewoͤhnlich unter den niedrigften Er:
werbzweigen gerechnet, den nur felten Amerifaner, fon,
dern meiftens ausgemwanderte Europäer ergreifen, Deut:
fche oder Srländer, die oft die Noth zu Schulmeiftern
gemacht hat. Unmoͤglich kann man daher vom Unter;
richt in der Moralität und Sittenverfeinerung fehr viel
erwarten, und in der That muß man oft über die
Nopheit der Menfhen erftaunen, und fich darüber wuns
dern, daß fie bei aller ihrer Wohlhabenheit, doch fo we:
nig auf ihre Erziehung verwenden.
Mufiflehrer und Organiſten find beinah nirgends.
im Lande, und darum müffen die Orgeln in den Kir—
chen oft ftill ftchen, meil fie niemand fpielen kann.
Sch zweifle keinesweges, daß deutfche Muftklehrer im
Innern des Landes ein Fortkommen finden und manche
auch vielleicht fehr willfommen feyn würden, indem die
wohlhabenden Bauern bei Lanfafter, Harisburg, Little;
VYork, Earleil, Reading, von denen manche bis hundert:
taufend Thaler im Wermögen haben, ihren Kindern ge:
wiß eine beffere Erziehung geben würden, wenn fie nur
die Gelegenheit dazu hätten. Der ganze mufifalifche Un:
terricht in Amerifa befchränfe fich auf den Kirchen:
Choral. Alle Sonnabende oder Sonntage verfammeln
fi) die jungen Leute in irgend einem Haufe zum Un—
terricht im Singen, den ein Srländifcher Schulmonard)
ertheilt.
| Die Scale ift nach englifcher Art, und wenn ich
mich. nicht irre, heißen die 5 Linien
re, mi, fa, sol, la.
Da nun in diefen Singfchulen die Kirchengefänge
— 60 —
mit vielem Fleiß und mufikalifcher Präcifion einftudirt
werden, fo find fie in dem englifchen Proteftantismug
ungleich melodifcher, als in dem deutfchen. |
Nach der Beleuchtung des Zuftandes der Wiffen-
fchaften und Fünfte und des Erziehungsmwefen, gehe ich
nunmehr zu der mechanifchen Gefchicklichfeit der Ame-
tifaner über. | |
In der Mechanik find die Amerifaner ungleich
weiter vorgefchritten, als in den Künften und Wiffen-
fchaften; auch haben: ihre Waffermühlen unftreitig den
Vorzug vor den unfrigen, indem fie ungleich weniger
Menfchenhände zum, Mahlwerk gebrauchen, als wir.
Auch Haben fie die Dampffraft zuerfi zur Schifffahrt
angewendet, und die Zahl der Dampfböte ift in Ame-
tifa größer, als felbft in England. Ihre Pfahl: Rams
men find fo bequem und zweckmäßig eingerichtet, daß
fie zum Einrammen felten mehr, als 5 Mann braus
chen, wohingegen bei uns 25 Menfchen erforderlich
find. Der Ambos wird mittelft eines Nades 18 big
20 Fuß hoch hinaufgewunden, und fallt dann, durch
Hülfe der Mafchinerie, mit aller Kraft auf den Pfahl.
Nicht minder haben fie eine Büchfe erfunden, aus wel-
cher durch eine einzige Ladung und mit einem Abdruck
14 Kugeln hintereinander abgefchoffen werden, von de
nen auf eine Diſtanz von 200 Schritten, nicht eine bie
Scheibe gefehlt. hat. In GSeegefechten find fie mit fehr
gutem Erfolg gebraucht worden. Auch dürften dieſe
Mordinfirumente bei Landarmeen, befonders gegen Ko:
Ionnen und Kavallerie fehr zweckmäßig, anggmendet.n wer⸗
den koͤnnen.
" 61 *
Siebentes Capitel.
Philadelphia. Religionsſekten und ihr Cultus.
Erſter Abſchnitt.
Bauart der Stadt, die Einwohner und ihre Sitten.
Philadelphia iſt die Hauptſtadt in den Vereinigten
Staaten; fie iſt vor etwas laͤnger, als hundert Jah⸗
ren, von den unter william Pen ausgewanderten
Duäfern gegründet worden und zählt jetzt bereits gegen
130 bis 140,000 Einwohner aus allen Nationen Euros
pas, unter denen aber doc) die Engländer und die
Deutfchen oder ihre Abkoͤmmlinge die zahlreichften find.
Deutfhe Sprache und Sitten find ſchon bei der erften
Generation der Abfömmlinge der deutfchen Emigranten
erlofchen, und felbft diefe, da fie größtentheild aus der
ordindren Volksklaſſe abſtammen, wenn fie mehrere
Jahre hier gewefen, ſind oft fo charafterlog, daß fie
ſich fchämen ihre Mutterfprache zu reden. Mangel an
Nationalftolz wirft man dem Deutfchen überall im Aug:
lande gang mit Recht vor. Der Engländer und Frans
zoſe bleiben ihren Sitten, Gebräuchen und National;
charakter bei weitem mehr treu.
Was die Bauart der Stadt betrifft, fo bilder fie
ein regelmaͤßiges Quadrat, welches durch die breiten
Straßen, die an beiden Seiten mit Trottoirs von Zies
gelſteinen gepflaftere , verfehen find, in grader Linie und
in der fhönften Symmetrie ducchfcehnitten wird.
Von den Gebäuden verdienen nur das Theater und
die Banf von Stephan Birard, wegen des geſchmack⸗
vollen Styls, in dem fie erbauet find, die Aufmerkſam⸗
— 62 me
keit des Fremden; alle übrigen Haͤuſer, die durchgaͤn-⸗
gig nicht mit Kalk abgeputzt ſind, ſind zwar neu, aber
durchaus ohne alles Gepraͤge der Kunſt, ja ſogar ohne
Geſchmack, mit einer Menge von hohen Feuereſſen und
Schindeldaͤchern, erbaut. Das Innere der Haͤuſer
kann man eigentlich nicht Zimmer, ſondern eher Kloſter⸗
zellen nennen, weil fie ſehr eng: find; eben fo unver:
haͤltniß maͤßig klein ſind die Fenſter.
In der Stadt ſelbſt ſind zwar einige mit Baͤumen
bepflanzte und mit Eiſengittern oder Umſchrot verſehene
Plaͤtze; allein um die Stadt iſt eben ſo wenig, als im
ganzen Lande eine Allee zu finden. Auch ſieht man
keine andere, als Gemuͤſe oder Grasgaͤrten, und die
wenigen, welche etwa vorhanden ſind, beſucht niemand.
Nur die Straßen ſind hier die eliſeiſchen Felder,
auf denen die Schönen ihre pariſer Coſtums ſehen laſ—⸗
ſen. Nur hier findet man zu jeder Stunde des Tages
bis in die ſpaͤte Nacht Geſellſchaft, und niemand findet
es anſtoͤßig, wenn eine junge ehrbare Dame, auch erſt
um eilf Uhr des Nachts, ihre Promenade ganz allein
beginnt. Straßen-Promenaden und Patrouillen in die
pariſer Putzladen und Hrambutiken find, außer etwani⸗
gen Viſiten, der einzige Zeitvertreib des ſchoͤnen Ge
ſchlechts, das hier nur zum Lebensgenuß, wenn man
Nichtsthun ſo nennen kann, von der Natur begluͤckt zu
ſeyn ſcheint; indem der gute Ehemann mit dem Korbe
am Arm ſogar allen Kuͤchenvorrath auf dem Markt ein⸗
kauſt. Dieſes abſolut weibliche Onus iſt hier auch
auf die Männer übergegangen, und nichts ungewoͤhnli⸗
ches iſt es, dem zehnfachen Millionär Stepban Girard
mit einem .gerupften Kapaun, den Dr. ‚Juris mit einem
Gebund Fifche, und. den Dr. Medicinae mit der But
terbüchfe oder einem Gericht Spargel oder Salat in
der. Hand, vom Marft zurückkehren, zw feben. . Das
u
republifanifche Alfesgleih und die ausgezeichnete irie
fche Artigfeit der Männer gegen das zweite Geſchlecht
haben wohl auch diefer, dem Deutfchen ſo neuen Ge⸗
wohnheit, ihr Entſtehen gegeben-
Bei dieſem Capitel muß ich den Leſer doch auch
mit der vornehmeren Claſſe des weiblichen Geſchlechts
in Amerika ein wenig naͤher bekannt machen. Dieſes
iſt in der Regel ſchlank und gut gewachſen. Der Koͤr⸗
per iſt ungemein zart, die Bruſt flach und ſehr duͤrftig;
die Geſichtszuͤge ſind zart und regelmaͤßig und die Au⸗
gen feurig, und fo lange die Mädchen jung und un
verheirathet find, kann man fie mit allem Recht ſchoͤn
nennen.
Ihrem zarten und blaſſen Teint geben fie e durch par
rifer Schminfe oder auch durch eine chinefifche Wurzel,
welche dieſe Eigenfchaft beſitzt, daß der Schweiß dag
angenehme Roth nicht zerftört, den Anftrich der Leben:
digfeit, und felbft die jungen fittfamen und allen Mo:
deflitter verbannenden: Duäfer- sahen ſieht man mit
fünftlicy rothen Wangen,
Werden die Mädchen aber erfi Frauen, haben fie ie
ein oder zwei Kinder geboren; verſchwunden find dann
auch alle Reise, und Todtenbläffe. deckt ihr Antlitz.
Sey es nun die drückende Sommerhige, oder dag Unge—
funde der Atmofphäre oder die Lebensart; Furz nirgends
in Amerika fieht man die firogende und blühende Fülle
der Gefundheit des Europaͤers. Auch altert der Ameris
Faner ungleich früher, als der Europäer.
Auch das. Zarte. und Sanftmüthige unferer deut:
ſchen Weiber findet man hier nicht bei dem weiblichen
Gefchlecht.. Wird e8 durch irgend etwas gereizt, fo
fprühen gleich, die Augen Flammen und. die fehönen Ge⸗
fichtszüge gehen in faft Fonvulfivifche Verzerrungen über.
Oft ſah ich junge Mädchen felbft gegen ihre. Eltern in
*
einem folchen Zuftande. Den Putz Tieben fie Teiden
fchaftlih, auch ift das Phlegma der Männer nicht auf
fie übergegangen; deffenungeachtet aber haben fie nichte
von dem unfchuldigen Muthwillen ꝛc. an fich, der das
fchöne Gefchlecht in Europa oft fo Tiebenswürdig macht,
und wirklich intereffant für den Europäer ift ein ame
rifanifcheg tete à tete, in dem oft nicht zehn Worte
in der Stunde gemwechfelt werden. In den Händen eis
ner vornehmen Amerifanerin fah ich nie einen Strumpf,
nie hörte ich einen Laut auf dem Fortepiano, auf der
Harfe oder Öuitarre, nie hörte ich nur einen Tieblichen
Teiller ihrer Philomelen: Stimme, fo oft ich auch in
den fchönen Sommerabenden auf den Straßen, to die
vornehmfte Elaffe wohnt, auf und nieder ging; fogar
ein Buch fah ich fie höchft felten in der Hand halten,
und manche faßen gleich egpptifchen Mumien kunden:
lang am Fenfter.
Die jungen Duäferinnen, in ihrem einfachen Ge
wand von Levantin, zeichneten fich meifteng durch eine
größere Fülle der Gefundheit und einen Fräftigeren
Körperbau vor den übrigen aus; und cben fo war dieß
bei den Männern der Fall. Die mäßige Lebensart, die
Enthaltfamfeit vom Genuß fpirituöfer Getränfe und
ihre wärmere Kleidung, die bei dem fo häufigen Wech-
fel der Witterung nothwendig ift, Fonferviren ihre Ge:
fundheit beffer, als bei den übrigen Amerifanern, die
diefe VBorfiche nicht gebrauchen; denn auch die deutfchen
GSeften, die faft ganz nach der Gewohnheit der Duäfer
leben, zeichnen fich ſchon vor den übrigen Religionsver-
wandten eben fo, wie bie Duäfer, aus. In Philadel-
phia hat die Quaͤkerſitte noch immer viel Decenz erhal⸗
. ten, und darum ſieht man dort auch ſehr wenig rau⸗
ſchende Vergnuͤgen. —
Die vorzuͤglichſten Etabliſſements und Merkwuͤr⸗
dig⸗
in Gb "m
digfeiten find: eine öffentliche vom Dr. Seat geſtif⸗
tete Bibliothek, ein Naturalien⸗Kabinet, worin einige
ausgeſtopfte Thiere und eine ziemlich bedeutende Anzahl
ausgeſtopfter Voͤgel, worunter faſt alle amerikaniſche
Gattungen, einige Inſekten und andere, beſonders india⸗
nifche, Merfwürdigfeiten find. Gegen dasjenige, mag
wir in Europa gewöhnlich als Naturalien-Kabinet zu
betrachten gewohnt find, verdient e8 kaum einer Ers
wähnung. Ferner find in Philadelphia: ein Theater,
welches jest mwahrfcheinlich von einem fhwärmerifchen
Sektenbekenner angezündet worden, ein Gerichtshof, ein
Stadthaus, (Mayors Office) worin der Alderman
(Dberbürgermeifter) in Polizei und Bagatell:- Sachen
entfcheidet, ein Eyceum, eine Bildungsanftalt für Aerzte,
ein Gefängniß und ein Arbeitshaus, drei Hospitaler
fuͤr Kranke und eine Waſſerleitung.
Unter den Einwohnern befinden ſich auch eine An⸗
zahl fchwarzer und farbiger Leute,- (wohl an 15,000
Seelen), die entweder als Tagelöhner, oder Domeftifen
und einige wenige aud) als Handwerker ihren fümmerlichen
Lebensunterhalt verdienen. Einen wohlhabenden Neger
zu finden, gehört unter die größten Geltenheiten. Sn
ihrer Haushaltung ift weder Drönung, noch Eintheilung,
auch find fie von der Sucht nad) Neichthum bei weitem
nicht fo fehr durchdrungen, wie der Weiße, Ihre Les
bensart iſt die des gemeinen Volks in Amerika: die
Männer lieben den Trunf und die Weiber find aus;
ſchweifend. Zu einer rechtmäßigen Ehe wollen fich im
mer fehr viel Schwarze noch nicht bequemen, und die
meiften leben in einem Concubinat, welchen fie zu je-
der beliebigen Zeit wieder aufheben; auch iſt Eiferfuche
eben nicht die größte Leidenfchaft des Afrifanerd. Ue⸗
ber den moralifchen Zuftand der in den. Städten woh⸗
nenden Neger, kann man in der That nicht das befte
5
Urtheil fällen; jedoch, muß man eine Entfchuldigung
darin für fie fuchen, daß die Regierung des Landes
nicht die. geringfte Aufmerkſamkeit auf fie verwender,
‚obgleich fie. einer vormundfchaftlichen Leitung noch ſehr
bedürftig find. Ueberalluwerden fie. mit Verachtung be-
handelt und als eine verworfene Nace zurückgeftoßen;
daß fie in einigen Provinzen. ihre Freiheit erlangt,
Schulen und auch fihon fiudirte Prediger haben, ver-
danfen fie einzig und alein den rechtfchaffnen Quaͤkern.
Sogar in Philadelphia darf fein Schwarzer auf feinen
Namen ein Haus oder Grundftück befigen, und gewoͤhn⸗
lich wohnen fie in einem befonderen Viertel der Stadt.
Der füdliche Theil, von Philadelphia iſt das Duartier
der. Neger und armen Klaffe, und koͤmmt man dorthin,
fo fieht man das amerikfanifche Elend in einer fo gräß-
lichen Blöße, wie man es nirgends in Europa (die La-
zaronis in Italien ausgenommen) antreffen wird. Hier
hauſen auch alle verworfenen Geſchoͤpfe, die ſchaaren⸗
weis um die Matrofen-Tavernen von Whisky berauſcht,
herumtaumeln. Ueber nichts wundern fich die Deutfchen
mehr, als ſoviel Trunfenbolde unter dem weiblichen
Gefchlechte zu fehen.
Zweiter Abſchnitt.
Religionsfekten und ihr Cultus.
In Philadelphia haben nachfiehend benannte Reli⸗
gions⸗ und Sektenverwandte ihre Kirchen.
1) Die Presbpterianer 8 Gotteshäufer.
(bier Meeting-House genannt):
Die Episcopalianer 4 —
3) Die Methodiften I
4) Die Katholiken 4 —
"IDEE Baer:
|
343413
— 067 —
7) Die Fighting» Duäfer 1 Gotteshaus,
(Diefe ziehen zu Zelte).
17) Die ſchwarzen Baptiften 1
18) Die ſchwarzen Episcopalianr 1 —
19) Die ſchwarzen Methodifien 2° —
20) Die Deiften 1. —
(Diefe leugnen die Gottheit
Chriſti). |
Im Innern des Landes find 20 nachftehende
deutfche Sekten
1) Mennoniften.
2) Dunfer.
3) Amifh-Manner (Anababriften).
4) Schwengfelder.
5) Separatiften.
6) Harmoniften.
In Neu: England follen fich noch zwei RAR
dige Sekten, die Hicfer-Duäfer und Adamiten befinden.
Alle bier angeführte Sekten find Bekenner eineg
wahren und alleinigen Gottes, und gründen ihre Relis
gions⸗Dogmen auf die heilige Schrift.
Die Derfchiedenheit ihres Kultus rührt von der
Berfchiedenheit der Auslegung. patadoper ‚Stellen in. der
Bibel ber. Manche haben, weder Taufe, noch) Abendmahl,
wie die Duäfer und Schwengfelder, andere taufen erſt,
5 *
8) Lutheraner er. Gotteshäufer,
9) Die Kalviner (Reformire)3 — —
10) Die Juden Ä vu = —
11) Die Universaliften Mn.
12) Die fchwedifhen Lutheranre 1 — —
13) Die Herrenhuter Te zen
14) Die Congrelato:Cafualiien 1 — —
15) Die Unitarir Be re
16) Die ECononunter 1 — eh
— 8 —
wenn der Menſch erwachſen iſt: wie bie — —
Dunker und Amiſchmaͤnner. Die Taufe geſchieht zwar
nicht im Fluß Jordan, die ſie zum Vorbild genommen,
aber doch in den Fluͤſſen Ohio, Susquehanna und
Lecha und unterſcheidet ſich wieder darin: daß einige
nur bis an die Knie, andere aber bis uͤber die Ohren
den, zur Eingehung in das Himmelreich, nothwendigen
Actus bekommen, als: die Dunker und Amifch- Männer,
welche völlig untergefaucht werden. Bei den letzteren
trägt jeder Mann, bei den erfteren aber fragen nur die
Prediger einen Bart. Unter jenen ift felbft in der Kleis
dung mieder ein Interfchied, indem die eine Sekte
Knöpfe, die andere nur Häkchen an den Kleidern trägt.
Ihre Namen find alle aus dem alten Teftament ent:
lehnt, als: Abraham, Iſaak, Jakob, Rachel, Sahra.
Unter den übrigen Sekten verdienen vorzüglich näher
angemerft zu werden:
| 1) die Duäfer, fie ſtammen ans England, und
find durch William Pen, den Sohn eines englifchen
Gouverneurs, nach Amerifa geführt worden. Sie find
ein biederes, fleißiges, fparfames und fehr ruhiges
Volk; fie trinken Feine fpirieuöfen Getränfe, felbft nicht
einmal Wein, gehen zu Feinen Luftbarfeiten, fröhnen
der Mode nicht, bekleiden Feine Aemter und Ehrenftel:
Ien, fluchen und fchwören niemals, vergießen Fein Men-
ſchenblut, und reden jedermann mit „Du an. Sin
ihrem Gotteshauſe ſieht man weiter nichts, als die vier
Wände und die Bänfe. Ihr Goftesdienft beftehf darin:
fie verfammeln fich zu einer beftimmten Stunde im
Gotteshaufe, figen in fiummer Betrachtung und mit
bedecktem Haupte ohngefaͤhr eine Stunde; dann erhebt
ſich derjenige, der ſich ſtark genug dazu fühlt, und
haͤlt eine ſehr erbauliche Rede. Iſt dieſe geendet,
— 69 —
fo halten fie noch eine kurze ſtumme Betrachtung,
und nach diefer verläße Alles das Gotteshaus.
Man fagt: zumeilen fühlten auch Frauenzimmer,
ſelbſt junge Mädchen den Beruf ı fih gegen die Suͤn⸗
den der Menfchheit zu ereifern. Nie habe ich dies ge:
ſehen; vielmehr fchien der Prediger, ein, Mann von ge:
feßten Jahren, der mit noch 5 oder 6 ‚anderen Män-
nern in einer befondern Bauk faß, fich auf fein Thema
wohl vorbereitet.gu haben. Auf der andern Geite der
Sront (der gewöhnliche Sig der Prediger) faßen eben
foviel bejahrte Frauen, und nur daraus ſchließe ich:
daß auch ſie das Kanzelfach zuweilen betreiben. |
So einfach nun der Goftesdienft. ber Duäfer auch
ift; fo laͤrmend und tobend iſt
2) der, der Methodiften, einer Sefte, die eben
falls aus England abſtammt. | |
Er beginnt mit einem fehr melodifchen Gefang, nach
welchem der Prediger auf die Kanzel tritt. Die
Predige währt lange, doch unferfcheidet fie ſich an-
fängli) wenig von unferen gewöhnlichen Kanzel:
Reden. Erfi gegen das Ende geräth der Prediger
immer mehr und mehr in. Begeifterung, die fo auf
feine Zuhörer wirft, daß fie laut flöhnen, mit den
Fügen fcharren, und mit den Händen um fich fchla-
sen, um dadurch den Teufel abzuwehren, ben fie
immer in der Nähe glauben. Hin und wieder er
folgt ein lauter Schrei bei dem einen oder dem ats
dern der Zuhörer. Endlich geräth der Prediger
gleihfam in Wuth, fchreie Ach und Weh! Heulk,
wirft fich nieder» oder ſpringt in die Höhe, klatſcht
mit den Handen und ruft aus: Geht! Seht! den
Teufel. Jetzt erfolgt ein Zefergefchrei von allen Gei-
ten, welches, befonders das der Frauenzimmer, ei:
nem duch Mark und Beine fahre. Endlich muß
— 70 —
er —— boshafte Teufel, der durchaus ihr Gebet
nicht zu Gott gelangen laſſen will, Reißaus, nehmen.
" Senfter hinaus ı da fißt. er noch auf dem Baum.
2 nfobet: Gott mit Hand und Fuß, mit Mund
und, Herz, ibe frommen Chriften! Der Heis
land ift ung gewogen; rufet Glory! Glory!
Glory! erfchallet, eg von ber Kanzel.
Alles was noch einen Stein auf dem Herzen hat,
oder den der Geiſt eines Verſtorbenen plagt, oder
der noch einige Dutzend Teufel im Leibe fuͤhlt,
klatſcht in die Haͤnde, ſpringt, tobet, raſet, bruͤllet
und faͤhrt auf einem Platz dicht an der Kanzel und
dem Altar unter ſchauderhaften Gebehrden und Ge
fichtsverzerrungen ‚ in feinem müthenden Tanz fo
lange fort, bis ‚er unter Frampfhaften Zucfungen,
Heulen und Winmern, gleich den beuchlerifchen Der:
wifchen. in Wielands Oberon, zu Boden ſtuͤrzt.
&o habe: ih den Gottesdienft der fehwarzen Mes
thodiffen jedesmal, wenn ich. ihre Kirche befuchte, ges
funden, und wenn der, der meißen für gewöhnlich auch)
nicht fo grell war, fo iſt er doch bei gewiffen Feierlich⸗
feiten und befonderg bei dem Camp Meeting ($eld«
Gortesdienfi) eben fo und zumeilen noch fchauderhafter.
Hat der nunmehr ganz erfchöpfte Prediger diefer wuͤ⸗
thenden Wort» Gottes; Verfündigung endlich ein Ende
gemacht, fo erfolgt noch ein melodifches Lied, während
welchem mancher alte Sünder oder Suͤnderinn in
ihrer Bank trippeln und ihre Bocksſpruͤnge in kuͤrze⸗
ren Tempos machen; und hiemit ſchließt der Got:
tesdienſt. der
Camp⸗Meeting werden im Frühjahr und Herbft im
freien Selbe, geröhnlich in Büfchen und Wäldern ges
halten. Drei Tage und Nächte lang waͤhrt dieſe Feier
Be
lichkeit, wo alle die bereits geſchilderten Auftritte und
Zügellofigfeiten und unvermeidlich‘ aud) Augfchweifuns
gen vorkommen. Mehrere deutfche Amerikaner erzähle
ten mir: ein Sohn habe einmal,» durch die Dunkelheit
der Nacht getaͤuſcht, mit der ‚Teiblichen Mutter ein
frommes Schaͤferſtuͤndchen gefeiert. Zuweilen legen die
Methodiſten im Gotteshauſe vor der ganzen verſammel⸗
ten Gemeine laut und oͤffentlich ihr Suͤndenbekenntniß
ab, und gar poſſirlich ſind oft die reumuͤthigen Beich⸗
ten alter, zur Bekehrung ſchreitender Trunkenbolde und
die, den Schwächen des Sleifches: untertworfener
junger Mädchen; welche oft ftotternd und mit+Flopfens
dem Herzen bekennen: daß der wuͤſte (garſtige) Teu⸗
fel, in der Geſtalt des Großfnechtd oder des jungen |
Schulmeifters, fie ums Kraͤnzchen geprellt. |
Eine glaubwürdige deutſche Müllersfran in der
Broſch⸗Walley, erzählte mir: fie habe im Gotteshaufe
ber Methodiften eine liederliche deutſche Weibsperfon,
die eben erſt zu der Sekte übergetreten war; »gefeben,
welche auch fo lange gefprungen ſey, Bis: fie, unter
krampfhaften Zuckungen, (die niemals fehlen dürfen)
zu Boden geftürze wäre. Der Nock habe ſich überfchla:
gen und vor Angft fen der bekehrten Sünderinn dag
Maffer eutgangen. Der dicht! neben ihr ſtehende Pre;
diger habe jeße frohlockend ausgerufen: Seht! ‚Seht!
Nun fährt der Teufel aus ihr! Nun ift fie rein. —
Jedermann wird. hieraus erfehen, daß der Teufel
der aͤrgſte Feind der Merthodiften iſt, und daß fie
feine Furcht vor Gott, fondern nur vor dem Teufel
haben; denn immer dag dritte Wort in ihren religiöfen
Gefprächen oder Gebeten ift der) Durch er if der Ur:
heber alles Uebels. — |
In ihrem Häuslichen Leben find fie ſehr veligide,
und verrichten deg Morgens und Abends unter Gefang
und Gebet ihre Andacht; wobei einer. ders Manngperfos
nen föhnend und jammernd den Vorbeter macht. In
allen ihren Gebeten herrſcht Schwaͤrmerei und uͤber⸗
ſpannte Metaphyſik oder Miſticismus, wie folgender
Auszug eines Gebetes, welches ich bei einem ——
— gehoͤrt, zeiget: |
ey Du: Emwiger!erleuchte mit dem: Lichte deiner
Weisheit das ungläubige: Menfchengefchlecht;
daß ed endlid zur wahren Erkenntniß komme,
and der unfrigen foviel werden, als —
am Himmel und Sand im Meere.“
Bü Sekte ift die zahlreichfte an Anhängern in
* Vereinigten Staaten, zu der auch ſchon mehrere
Deutſche uͤbergetreten ſind. Sie findet unter der Hefe
des Volks den meiſten Anhang; auch bekennen ſich die
meiſten farbigen und ſchwarzen Leute zu ihr.
3) Die Presbyterianer find von unſern Reformir⸗
ten wenig unterſchieden; die uͤbrigen Sekten bekennen
ſich, wenn auch unter verſchiedenen Mor tcuativnen⸗
doch alle zum Proteſtantismus.
4) Die Schwengfelder ſtammen aus Schleſien,
und ſind vor ungefaͤhr 80 Jahren aus dem ſchleſiſchen Ge⸗
birge unfern der ſaͤchſiſchen Graͤnze, ausgewandert. Sie
wohnen, wie alle deutſche Sekten, auf dem Lande; fie
find Leinmweber und Ackerbauer, und allgemein als
biedere, fleißige und techtfchaffne Leute befannt.
Ihre Kolonie ift in Penfilvanien in einer) fehr
fruchtbaren Gegend im County von Montgomery, nicht
weit von Reading. ı Auf meiner Reife nach den Alleg:
henys befuchte ich fie und erfuhr von einer Frau: daß
ihre Großmutter aus der Gegend von Greifenberg aus;
gewandert fey, die ihre oftmal erzählt habe: fie hätte
in ihrem Vaterlande die Fröfche hüten müffen, damit
fie den Pfarrer nicht im Schlafe föhrten.
5), Der Herrenhuter veligiöfer und feierlicher Got:
tesdienſt iſt in Deutſchland Hinlänglich bekannt; fie find
nicht nur die »biederften, fondern auch die gebilderfien
und aufgeflärteftien Menfchen in ganz Amerika, und ha;
ben noch den Vorzug vor den Duäfern, denen man Geiz,
Bisarrerie , ı Geringfcehäßung gegen Andersdenfende, und
wenig Liebe, zu den Wiffenfchaften, vielleicht nicht gang
ohne. Grund vorwirft.
Die- Herrenhuter wohnen in Bethlehem; . Nazareth
Luͤditz und Emaus. Erſtere beide. -Derter ‚liegen am
Lecha⸗Fluß, in einer ſehr romantifchen Gegend, ohnge⸗
faͤhr 60 Meilen von Philadelphia. Auch jenſeits des
atlantiſchen Oceans machen ſie ſich um die Erziehung
der Jugend ſehr verdient, und haben auf allen ihren
Kolonien, wo ſich ein Schweſternhaus befindet, In⸗
ſtitute.
Sie beſitzen anſehnliche Ländereien, die gemein
fchaftliches Gut find, und darum findet man unter ih—
‚nen, wie unter den Dudfern und den deutfchen Sekten,
Die fi) insgeſammt gegenſeitig unterftüßen und aufhelfen,
durchaus Feine dürftigen Menfchen. Deutſche Sprache,
Sitten. und- Lebensart haben fich außerhalb der See:
ſtaͤdte unter ihnen noch ganz rein erhalten.
0 »6), Die: Separatiften find bereitS aus der Befchrei-
bung der Dr. Ballerſchen Kolonie befannt.
7) Die Harmonie beftehbt aus einer Gefellfchaft
Wuͤrtemberger, welche fich unter der Leitung eines ger
wiſſen Rapp im. Staat Slinois am Wabafh: Fluß nie
dergelafien hat. , Die Mitglieder find deutfche Emigran-
‘ten, an die fich jeßt auch fchon mehrere junge Ametis
kaner anfchließen. Jeder eintretende muß fein ganzes
Hab und Gut an den Vorſteher abliefern, fich aller
ihm angeiwiefenen Arbeiten unterwerfen, und wird von
der. Kolonie mit, Unterhalt und. Kleidung ꝛc. verforgt.
Diefe Geſellſchaft "bildet eine oͤkonomiſche Compagnie,
die ihre eigenen bürgerlichen und Religions⸗Geſetze hat)
und macht gleichſam einen befonderen Staat us
Ein Mitglied kann erſt nach 'einer zehnjaͤhrigen
Srift augfcheiden, und erhält feinen Antheil am gemein-
ſchaftlichen Gewinn, nebft dem eingezahlten Kapital;
wer früher austritt verliehrt dag Eingezahlte. Herr
Rapp ift, als Chef der Gefellfchafty‘ geſetzgebende und
ausuͤbende Gewalt / jedoch ſind die Mitglieder in pein⸗
lichen Faͤllen, die ſich indeß hier noch nicht ereignet
haben, den Geſetzen des Illinois⸗Staates unterworfen.
Er haͤlt die Mitglieder zur groͤßten Thaͤtigkeit an, und
ſchon im Jahre 1818 hatte dieſe im Jahre 1816 erſt
gebildete Geſellſchaft, 6000 Bufchel Weisen eingeernd-
tet. Herr RAppÜerläße zuweilen Interdicte an die
Ehemaͤnner: bei ihren Frauen nicht zu ſchlafen. Letz⸗
tere wollen den Amerikanern am’ wenigften behagen,
und fehon haͤufig diente ihnen die bei den Herren⸗
hutern noch übliche deutfche Sitte unter Eheleuteny' in
zwei verfchiedenen Betten zu fehlafen, zur Scheibe des
Spottes und der Wißeleiz denn der Grundfag: Mann
und Weib nur ein Leib !"ifE fo tief unter ihnen einge:
wurzelt, daß felbſt die efelhafteften Krankheiten: Fein
Hinderungsmotib find; und im Maryland- Staate fah
ich felbft einen Pflanger, dem der Krebs bereits die
ganze Dberlippe, auch einem Theil der Nafe vergehre
hatte, und dennoch theilte er (von Alter ein Funfsiger)
mit feiner jungen und hübfchen Ehefonfortin zu meinem
größten Erftaunen das Nachtlager. Er hatte mit ihr
zwei Kinder erzeugt, auch befand ſich dieſe abermals.
in den Umftänden, ihn mit einem dritten zu befchenfen,
er füßte die Kleinen, und‘ die game Familie trocknete
ſich in ein Handtuch ab.
8) Die Hicker⸗Quaͤker. Dieſe Sene ‚a in Neu⸗
England eriftiren; ich habe fie indeß nicht ſelbſt geſehen,
fondern nur von den Amerifanern die kraßeſten Schil⸗
derungen von ihr gehoͤrt. Die Bekenner dieſer Sekte
folfen zumeilen nächtliche Verfammlungen halten, mo
die Weiber Communio bonorum universalis (allgemeine
Gütergemeinfchaft ) find, und jede Mannsperſon einen
Griff in den Gfücfstopf der Communion thun darf.
Bei der Neigung der Amerikaner zum Auffchneis
den, würde ich diefeg Gerücht nicht einmal der Erwaͤh—
nung wuͤrdigen, wenn ich es nicht ziemlich allgemein
gehört, und felbft eine offizielle Bekanntmachung der
Behörden von Neu-England in den öffentlichen Blät-
tern gelefen häfte: daß einer Sefte, welche bei ihren
religtöfen Berfanimlungen in der Moderracht des Va—
ters Adam und der Mutter Eva erfihienen wäre, das
Handwerk gelegt worden ſey. |
Die hier fpeziel angeführten Seften find bei wei—
tem noch nicht alle; es giebt deren noch mehrere; auch
bilden fich noch immer neue. Fällt e8 irgend einem
Schwärmer ein, eine neue Sekte zü ſtiften, ſo bringt
er die unſinnige Ausgeburt feiner ſchwaͤrmeriſchen Phau⸗
taſie ans Tageslicht, und gleich hat er Anhang beim
gemeinen Volke. Waͤhrend meinem Aufenthalt in den
Vereinigten Staaten hat ein Schuhmacher aus dem
Wittgenſteiniſchen, dem die amerikaniſche Conſtitution
und die Bibel den Kopf ſchon halb verdreht hatten,
ſich auch zum Propheten aufgeworfen, und eine neue
Sekte (deutfche Presbyterianer) gefliftet / von der er
felbft Prediger war.
| Dritter Abſchnitt.
- Sn poligeilicher Hinfiche finden Hier anch noch bie
englifchen Gefege ſtatt. Muſik iſt des Sonntags, ſelbſt
im Privat Haufe, bei nachdruͤcklicher Geldfttafe verbo;
— 76 —
ten; dagegen aber ſtehen die Hallen des Eh und
der Venus , außer, den Stunden des Gottesdienftes, zu
jeder Zeit offen, worin ſich die jungen Leute für das
ihnen unterfagte Tanzvergnuͤgen auch reichlich, ſchadlos
zu Halten fuchenz nicht minder glaube ich bei den
fchwärmerifchen Seften, worunter ich auch die deuffchen
Altteftamentarier rechne, ſehr viel. Hang zur. finnlichen
Liebe, als der einzigen ihnen noch erlaubten Lebens⸗
Würze, bemerkt zu haben. —
Wie die Local: Polizei in Philadelphia beſchaffen
iſt, ergiebt ſich daraus: daß zuweilen fünfmal des Ta⸗
ges Feuerlaͤrm gemacht wird. Gluͤcklicherweiſe ſind die
Loͤſchanſtalten ziemlich gut, und die Spritzen ſo haͤndig,
daß ſie von einem Trupp Knaben fortgezogen werden
fönnen. Aller Unrath aus den Küchen und Stuben
wird auf die Straßen geworfen, und bleibt. oft fo lange
liegen, bis ihn ein Regenguß wegfpült. Der Abfall
von den Victualien geht in Fäulnig über, und verbrei-
tet den durch das heiße Klima im Sommer ohnehin
Schon ausgeheckten Kranfheitsftoff, noch mehr, fo, dag
Philadelphia in der heißen Periode, obgleich das gelbe
Fieber dieß Jahr dort nicht graßirte, dennoch einem
Kirchhofe glich, indem wöchentlich mehr als hundert
Menfchen beerdigt wurden. Die Leichen werden dort,
fhon einige Stunden nach) ihrer Entfiehung, zur Erde
beftattet.
Täglich forderte in Baltimore dag gelbe Fieber
feine Opfer, das auch in Neu⸗-Vork eingeriffen war,
und dennoch beftand eine immerwährende Communica-
tion mit diefen Pläßen.
- Vier taufend Hunde Tiefen herrenloß "auf den
‚Straßen von Philadelphia umher; das Gonvernement
ließ, da bei der ſtarken Hige mehrere toll geworden
waren, jeden auf der Straße herunlaufenden Hund
todtfchlagen. Schon darüber erhob dag amerifanifche
Volk einen Lärm, und alaubte, durch die Keulen der
Hundemörder , die Pfeiler feines Freiheit » Tempels er-
ſchuͤttert. Eher mill e8 die nachtheiligften Mißbräuche
ertragen, eher im Schmuß erflicken und in der Peft
umfommen, als ſich in feinen Sreiheitg- Privilegien bes.
fchränfen laffen. Außer den Hunden liefen auch noch
viel fette Sauen und Milchfühe, bei Tage und bei
der Nacht, auf den Straßen umher.
Vierter Abſchnitt.
Die im Sahr 1819 ausgemanderten deutfchen Bauern in Amer
rika. Verkauf derfelben für die Fracht.
Die amerifanifchen Schiffs: Kapitans mohlwiffend,
wie ſchwierig es jeßt iſt, Paſſagiere, die die Fracht
nicht bezahle haben, an den Mann zu bringen, und
ihre Srachtgeld dafür zu löfen, laſſen fich mie diefem
Gefhäft gar nicht mehr ein. Es waren 2 preußifche
und 1 hollaͤndiſches Schiff in Bhiladelphia, die weiße
Serven in Amfterdam geladen hatten. Mädchen von
empfehlendem Heußern und Kinder gingen faft meiftens
ab, und zum Erftaunen war es: wie die guten Kleinen
der armen Schwaben, fi) um jeden Kaufluftigen, der
aufs Schiff Fam, drängten, und fich auspußten, um
nur bald einen Käufer zu finden. Manche mußten 6,
manche 9 Fahre für ihre Fracht (35 Piafter) dienen,
und erhielten Schulunterricht, Koft und Kleidung.
Nicht eines fah ich eine Thräne vergießen, wenn es
fi) von den Eltern trennte, die auf dem Schiff zu
ruͤckbleiben mußten, bis ihr Auslöfer erfchien. Oft fas
men Eltern und Kinder bis Hundert Meilen weit aus
einander, manchmal ziehen jene in die Wildniffe des
Ohio, laſſen die Kinder als Serven in den Seeſtaͤdten
— —
zuruͤck, und ſehen ſich zuweilen Zeitlebens nicht wieder.
Schrecklich iſt doch das Loos der armen Deutſchen!
Kann das Land ſeine Bewohner nicht mehr naͤhren, ſo
ſollte doch die Regierung fuͤr ihre anderweitige Unter⸗
bringung ſorgen. England wuͤrde ihnen gewiß freie
Ueberfahrt in feine Kolonien geben, wenn die Regie
rung ſich für die Unglücklichen verwendete, die hier wie
das Vieh verfauft werden. Die Männer wollte nie
mand mehr frei machen. Endlich fanden ſich Agenten,
die die Erbauung der Feſtungen im neuen Alabama⸗
Staate in Entrepriſe uͤbernommen hatten, und dieſe
loͤſeten ſie zu Hunderten aus, ließen ſie gleich auf ein
anderes Schiff bringen, und nach dem Mobile- und
Alabama: Gebiet in Wert: Florida fransportiren, wo fie
unter militärifcher Bededfung in Gemeinfchaft mit den
zu gleichem Behuf erfauften Negerfflaven an den Feſtungs⸗
werfen arbeiten müffen. : Sie dürfen nur zwei Sabre
ferven, und erhalten nach diefer Zeit noch 50 Piafter.
Das Klima ift im Sommer dort fo brennend, wie in
Weft- Indien, der Boden voller peftilenzialifcher Sümpfe,
und faft ale Jahre ftelle ſich das gelbe Fieber ein,
welches diefen Sommer (1819) den dritten Theil der
Einwohner mwegraffte. Es wurde den Unglücklichen vors
gefpiegelt, daß fie zum Ackerbau gebraucht werden follten.
Einem preußifchen Kapitän find die Paffagiere
durchgegangen, und er verlor an 10,000 Franken
Srachtlohn. Nicht beffer erging es einigen Spefulan-
ten, die für mehrere ausgewanderte Deutfche in der
Adficht die. Fracht bezahlt haben, daß fie ihnen dafür
Seldarbeiten auf ihren einzufaufenden Ländereien ver:
richten follten.. Aufgeredet durch dag Gefindel in den
Seeftädten, daß die ‚biefigen Gefeße fein auswaͤrtiges
Abkommen ſchuͤtzten, ſind ihnen die meiſten durchgegan⸗
gen, und am Ende mußten fie den Keft ſelbſt gehen
— 79 —
I)
laſſen, indem die Reife nach den meftlichen Staaten, zu Lanz
de ‚beinah eben fo viel geloſtet haben wuͤrde, als die Ue-
berfahre über die See; und was koſtet die Unterhaltung
fo vieler Menſchen nicht? bis die. noͤthigen Lebensmittel
dem. Boden abgewonnen werden. Solche Spefulatio-
nen find Luftſchloͤſſer, wodurch die Unternehmer ( Leute
aus dem Heffifchen) ihr in Europa erfpartes Vermoͤ⸗
gen von mehreren tauſend Thalern gänzlich verlohren
haben. Dem Kapitän Steiger aus der Schweij erging
es nicht beſſer.
Fuͤnfter Abſchnitt.
Die ungluͤcklichſten aller Europaͤer in Amerika. — Die Dffisiere
und Männer von wiffenfchaftlicher Bildung.
Wie fraurig es manchen europäifchen: Offizieren,
fowohl aus Franfreih, als aus Deutfchland ergeht,
und wie weit die Verzweiflung den Menfchen doc) oft
verleiten kann, wird diefer Abfchniet zeigen.
Ein Oberſt von der franzöfifchen Kaifergarde hielt
einen Zucerbäder-Schop in Philadelphia.
Ein frangöfifcher Subaltern- Offizier handelte auf
offener Straße und in Wirchshäufern mit Kakes
Gwieback).
Ein franzoͤſiſcher Diviſions⸗ «General hielt in Phi⸗
ladelphia ein Bording- und Lodging-Haus (Gaſt⸗
und Speiſe-Haus). Die Frau Generalin verſah die
Kuͤche, und der General ſchenkte Porter ein.
Drei andere franzoͤſiſche Militaͤrs, worunter zwei
Dffiziere und. ein. Regiments- Chirurgug, trieb, die Noch
und Verzweiflung bis zu einem — Rencontre mit der
Poſt. Sie wurden aber alle ‚drei eingefangen , und
nur ihre elende Lage, und ‚die Vorliebe, der ‚Amerikaner
9 die Framoſen retteten ſie vom Strange. Das
— 9— —
Urtheil fiel auf zehnjaͤhriges Gefaͤngniß aus, aus wel⸗
chem ſie zu entkommen verſuchten, aber wieder einge:
fangen wurden.
Berfchiedenen deuffchen Offizieren ging es ebenfalls
höchft traurig. Einen Kapitän von vornehmer Herkunft
fand ich in einem Wirthshauſe ald Barkeeper, (Mar⸗
queur) und feine fehöne junge Frau als Stubenmädchen,
jedoch mit 20 Piafter monatlichem Gehalt und freier
Station angeſtellt. Ein eigenes Gefühl bemächtigte
fi) meiner, als er mir meine Neife-Tafche abnahm,
und ein Glas Rum einfchenfte, welches er auch jedem
Bauer thun mußte. Ein unglücklicher Fönigl. baierfch.
Premier: Lieutenant Hatte ein noch fraurigere8 Loos;
anfänglich arbeitete er bei einem Bauer als Knecht,
dann bei einem Goldarbeiter als Blechfchläger und in
der Solge lernte er die Huthmacher-Profeffion in Pitts⸗
burg. Auch er war ein fehr gebilderer und rechtfchaff-
ner Menfh. Bei den Bauerarbeiten fam ihm oft dag
Blut aus dem Halfe gefchoffen, weil er zu ſchwaͤchlich
und derfelben ungewohnt war.
Ein Schweiger, ehemals Kapitän in der Bonapar-
fifchen Armee, verdiente mit einem Guckkaſten, womit
er bei den Pflanzgern im Lande umherzog, fein Brod.
Ein Referendarius aug einer nun preußifchen Pros
ding, ſchaͤtzte ſich glücklich einen Schulmeifter-Poften zu
erhalten. Im größten Elend traf ich diefen Menfchen
auf meiner erften Wanderung nach dem blauen Gebirge
auf der Landſtraße. Der Leichtfinn fah ihm aus den
Augen, und von der Moral dürften feine Zöglinge
wahrlich nicht viel profitiren. Ein gutmüthiger deutfch-
amerifanifcher Bauer, der mich für ein Eleines Ge
ſchenk, ohngefähr 3° Piafter werth, big Bethlehem 55
Meilen von Ypiladelpfia, mitnahm, übte auch an ihm
eine gleiche PER hielt ihm mit der Zehrung frei,
/ nahm
— 81 —
nahm ihn in ſeiner Wohnung auf, indem kein Schulmeiſter⸗
Dienſt in der daſigen Gegend gerade vacant war, und
verſah ihn 2 Monate lang mit allen Beduͤrfniſſen, wo⸗
für jener ihm die Kinder unterrichten follte. "Nach, dies
fer Zeit veruneinigte fich der Schulmann mit der Frau,
und es Fam zur Trennung. Dieſer Undankbare ver
flagte nunmehr feinen Wohlthäter, der ihn als einen
Bettler von der Landftraße aufgenommen hatte, beim
Sriebengrichter, und erpreßfe von ihm, der nichts we⸗
niger als wohlhabend und Vater von acht unerzogenen
Kindern war, 12 Piafter. Seiner Angabe nach, war er
ein. naher Berwandter von demjenigen, welcher der
bauptfächliche Urheber meines Ruins und meiner Aus:
mwanderung gewefen ift. Ein folches Betragen iſt der
fauberen Sippfchaft würdig. Möge der Ehr⸗ und
Dflichtvergeffene fich immerhin hinter dem Deckmantel
der Form. verbergen! Der Unterfuchung und dem Ur:
theil des ewigen Richters wird er nicht entgehen. Und
wehe ihm! wenn ich einft Nechenfchaft von ihm fors
dern darf. — ir
Siebentes Capitel.
Ereurfionen in verfehiedenen Gegenden der Verei—
nigten Staaten: Penſylvanien, Neu-York, Neu:
Jerſey, Delavare, Maryland und Virginien; ſpezielle
Bemerkungen über das Land, die Menſchen und ins
befondere über den Ackerbau, über das Thierreih
and die Vegetabilien,
Eine Erzählung der Fata und Aventuren, wie
\ man fie oft in Reifebefchreibüungen, befonders in denen
der Englaͤnder findet, die eher einem Nomane gleichen,
| worin der Herr Neifende die NoNe des erfien Romanen
6
— 82 —
Helden Tpielt, eine Erzählung der Liebes, Intriguen, die
in. fremden: Ländern angefnupft worden, und wo der
Beefſteake und der Boudin am beften gefchmeckt haben,
beabſichtigte ich Feinesweges in mein Werk über Ame⸗
rifa aufzunehmen. Es fol, wie der Lefer ſchon aus
dem erften Eapitel wird erfehen Haben, bloß eine Schil⸗
derung des gegenwärtigen Zuſtandes des transatlantis
ſchen Continents, eine Notiz für den Gefchäftsmann,
ein Wegmweifer für den Auswanderer, und eine Warnung
für den jungen unerfahrnen Menfchen und den Gluͤcks—
gierigen ſeyn, wicht ohne Noch in einen fremden Welt
theil auszumandern, wo er fich in feinen Erwartungen
oft gänzlich getaufcht, und dort von allen Angehörigen
verlaffen, dem Elend preis gegeben flieht.
Auch habe ich dieſe Schrift nicht für den Gelehr⸗
ten verfafferz; denn dazu hatte ich mich zu wenig vor
bereitet, und daher habe ich mich auch fehr wenig dar;
am befümmert: wie viel Gattungen von Fröfchen, Mol.
Fendieben, Fledermaͤuſen, Raupen und Pilzen e8 dort
giebt.
Raupen, die feit mehreren Jahren in Europa fo
große Verheerungen gemacht, indem fie ganze Wälder
unferer taufendjährigen Eichen bis aufs Gerippe aufge:
freffien haben, find mir dort wenig oder gar nicht vor:
gekommen, und eben fo wenig Pilze Habe ich daſelbſt
gefunden, welche leßtere mich auch um fo weniger in
tereffirt Haben; da ich durchaus fein Freund davon bin.
Die Urfachen der Seltenheit diefer gefräßigen Inſekten
und ſchwammigen Wegetabilien werden vielleicht im
Linneifhen Syſtem aufjufinden, oder den Naturfor;
fern beſſer bekannt ſeyn. ch, als ein Laie in der
Naturfunde, bin der fchlichten Meinung: daß: der Bo;
muͤſſen.
den und die Proline * * ganz Ber * |
‚Bon den Conchilien Haben a) die fchönen, großen
und fetten Auftern mich am meiften intereffirt, die das
ganze Fahr hindurch in großem Ueberfluß zu haben find.
Es giebt deren zwei Sorten; frifche Auftern (fresh oisters)
und See: Auftern (salt oisters), Erftere werden im
Zluß: und Ießtere im GSee-Waffer mittelft eiferner
Nechen von dem Grunde des Waſſers aufgefangen. |
b) Die Scildfröten haben nicht minder meine
Aufmerkfamfeit an fich gezogen, die von folcher Größe
find, daß manche 15 bis 20 Pfund wogen, auch wur⸗
den fie nach dem Pfunde verfauft, und galten den
Preis des Nindfleifches,
Im Gebiet der Mineralien un Foffilien giebt es
feine Brillanten und Diamanten, aud) fein Gold und
Silber in den Vereinigten Staaten; und Diejenigen
Steine, welche feinen Werth haben, fcheinen den Herren
Amerikanern auch wenig zu intereffiren. Meiner Mei:
nung und Beobachtung nach, dürften die blauen und
Aleaheny- Gebirge und befonders die Gebirge in den
füdlihen Staaten an werthuollen Objecten des Mine
ral⸗Reichs fehr reichhaltig feyn, und-in der That muß
man fich darüber wundern, daß diefes gemwinnfüchtige.
Voͤlkchen, auch felbft in dem oft fehr belohnenden
Zweige der Wiffenfchaften, noch Feine bemerfbare Fort:
fchritee gemacht hat, und fi ch auch nicht darauf zu
legen ſcheint. |
c) Unter den Inſekten verdienen die feinen Jo⸗
hannis⸗-Kaͤfer bier angemerkt zu werden, welche dort
in fehr großer Menge und fo glanzvoll find, daß fie
mir bei dunkler Nacht aufımeinen Wanderungen, wenn
ich bei den irifchen Zänfis Fein Nachtquartier erhalten |
Kg: ‚ oft den Weg erleuchteten.
d) Bon den Amphibien will ich "bloß über nad)
ſtehem benannte eine kurze Notiz mittheilen.
6 * Ä
= 8 —_
91). Der Alligator (oder das amerifanifche Kroko⸗
dill) haͤlt ſich ſchon in den Suͤmpfen von Maryland,
Virginien, den Carolinas, Georgien, den beiden Flori—
das und der Louiſiana auf, faͤllt auch Menſchen, be;
ſonders beim Baden an, iſt aber: ſo feig, daß er au:
genblicklich die Flucht ergreift, wenn man ihm nur mit
dem Daumen einen Stoß ins Auge verſetzt. In Suͤd⸗
Amerika wurde sein junges Mädchen von einem Kroko—⸗
dill beim Baden uͤberfallen, und rettete dadurch ihr
Leben, daß es ihm mit beiden: Daumen in die Augen
fuhr... Das Krokodill ergriff zwar die Flucht, aber die
herzhafte Süd: Amerifanerinn hatte doch die eine Hand
in dieſem Rampfe-verlohren..
: 2) "Der heulende oder „brülfende Froſch. Sein
Geheul gleicht dem eines Tänbers, ift aber. ungleich
ſtaͤrker. |
3) Die Klapperfchlange ———— Snak), * in
den blauen und Allegheny⸗Gebirgen, und in den weft
lichen Staaten zu finden iſt. Am Ontario» See giebt
es deren. for niel, daß es dort für die Schiffer zu lan⸗
den gefährlich if. Am blauen ‚Gebirge werden fie im
Winter in ihrer Verſtarrung aus der Erde ausgegraben,
Kopf und Schwanz ‚werden ihnen fogleich abgeftochen,
das Fett wird aus dem Rumpfe ausgeweidet, und in
die Apothefen verkauft. ch habe Feinelebende, fondern
nur die Haut der Klapperfchlange gefehen, kann aber
nach ‚den. über dieſelbe eingezogenen Erfundigungen fol-
gende Befchreibung darüber mittheilen. ar;
„Sie iſt eine gute Elle bis $ lang, hat eine grün
und gelb; geftreifte Hornhaut, | Wh SKlappern unter. dem
Bauche, womit fie bei jeder Bewegung ein Geräufch
verurfacht. Der Schwanz iſt etwas fpigig und mit
einem «Stachel: verſehen, womit ſie fogar ins Holz Loͤ⸗
cher fticht. Ihr Gift hat fie in einem Zahn und vers
1
|
wundet durch den Biß, ſucht fich aber" auch. mit dem
Schwanzſtachel zu wehren. Ein Bauer in den Alleg-
henys erzählte mir: daß die Arbeitsleute beim Heudoͤr⸗
ten eine Klapperfchlange auf der Wiefe gefunden und
fie mit dem Rechen an den: Boden feftgebrückt hätten‘
worauf fich dieſelbe zu wehren gefuchey "und wohl an
eilf kleine Löcher mit dem Schwanzftachel in den Re
chenſtiel 'geftochen härter: Ihr Biß iſt gewoͤhnlich toͤdt⸗
Tich, und erſt vorigen Sommer wurde ein junges Baus
ermaͤbchen ans Ebensburg im weſtlichen Penſylvanien,
beim Hafertechen von einer Klapperſchlange zwiſchen 8
und 9 Uhr des’ Morgens/ in den’ Fuß gebiſſen Nſie eilte
gleich nach Hauſe, "und konnte Cſey es Angzſt oder
Wirkung des Gifts) das vaͤterliche Haus kaum mehr
finden. Die Entzuͤndung griff fo ſchnell um ſich, daß
der um 2Uhr Nachmittags erſt herbeigekommene Arzt
keine Rettung mehr bewirken Fonnte. Das Mädchen
klagte uͤber ein ſolches Brennen im ganzen Koͤrper, als
wenn ſie in einem Feuerbett laͤge, und gab, unter
krampfhaften Verzuckungen und auf die ſchmerzvollſte
Her) Nachmittags um 5 Uhr den. Seiftraufgabarıı
Die Indianer’ föllen ein Mittel befigen welches
den Biß unſchaͤdlich macht. Auch dringt das. Schlan;
gengift nicht durch Wollen-Zeug, und gewoͤhnlich tragen
die Feldmeſſer, welche im den: Wildniſſen beſchaͤftiget
find, Strümpfe ‚von Fries über die GStiefeln. Das
Schwein iſt das einzige: Tebende Weſen, dem. fein
Schlangendiß fchader, und‘ mit dem größten Heißhun-
ger verzehret es alle Schlangen, die es antrifft. Die:
fer Umftand "dürfte zu Her Unterfuchung Anlaß geben:
ob Schweinefert nicht "gegen den Bag der
fam fey?
IM Die Kupperfchlange ( Köopep- Snak) Gr eine
ſehr ſchoͤne ſchwarze fammetartige Haut, mit, rothen
= Eu
und gelben: Flecken untermengt, und ift mächft der
Klapperſchlange die ‚giftigfte. Auf den Alleghenys ſah
ich eine Kupperſchlange, fie war 3 big 4 Ellen lang,
und blieb unbeweglich liegen, obgleich ich bis auf
8 Schritte an ſie heranritt.
Außer den hier angefuͤhrten beiden, giebt es Ach
eine Menge Schlangenarten in Nord» Amerika, deren
Erwähnung: mich hier zu lange aufhalten würde, ı Ber
kanntlich legt ‚die Schlange Eier. in den Sand und läßt
fie durch die Sonnenftrahlen ausbrüten; geräth, fie aber
mit ihrem Jungen in Gefahr, fo öffnet fie den Schlund
und laͤßt jene in den Numpf ſchluͤpfen. Im Thale
Kiſhikokilis hoͤrte ich, daß die Leute beim Heudörren
eine ungemein dicke Schlange mit der Heugabel durch⸗
ſtochen haͤtten, und 102 junge Schlangen ziſchend aus
der Oeffnung des Rumpfes herausgekrochen ‚wären.
Auch dieſes mir als gewiß verſicherte Factum lege ich
den Naturforſchern zur Pruͤfung vor: welche Meinung
die richtige ſey? Naͤmlich ob diejenige, „daß die jun⸗
gen Schlangen: wirklich in den Rumpf gekrochen/ oder
die, „daß fie bereits ihrer Geburt nahe waren, als. ‚die
alte! durchfiochen wurde." , Denn bekanntlich giebt e8
eine: Artı unfchädlicher Schlangen, die or Jungen, ge⸗
bährt. J |
5) Die ‚Seefihlanger) ein a f weiches im
Fruͤhjahr 1819 bei Boſton unfern der Kuͤſte geſehen
wurde, Sie ſoll ſich in den nördlichen Gewaͤſſern der |
See aufhalten , und zumeilen-im Fruͤhjahr und Herb,
bi8 an die nördlichen Küftenländer der , Vereinigten
Staaten verivren. Ein oͤffentlicher Beamter, welcher
fie eines Morgens mit feiner ganzen! Familie gefehen
hatte, theilte nachfiehende Befchreibung davon, mit:
fie ſoll 150 Fuß lang, ihr Kopf fo dick wie eine
Tonne, und ihe mit einer ſehwarzen und glatten Haut
x -
EL ———— zZ
RE Rumpf von dem Umfange a
gewefen feyn.
6 ) Quadrupeden wilder Urt, find boreg; Büffel oder
wilde Ochſen, Elendthiere, Hirfche, Panther, Bären,
Woͤlfe, wilde Pe ARNO röiket: Resuse⸗ und
Haſcc ss
Das Reh —J die —— —— Der
Haſe war kaum ſo groß als das Kaninchen. Der Buͤf⸗
fel hat ſich in Die aͤußerſten Wildniſſe jenſeits des Miſ⸗
ſiſippi zuruͤckgezogen, wohin die mit Feuergeſchoß be⸗
waffnete weiße Bevölkerung noch nicht vorgedrungen
iſt. In Betreff des Wildes findet das Naturrecht ſtatt,
nach welchem jenes nicht ein Gegenſtand des Eigen
thums iſt, ſondern außer, der ‚Schon: Zeit. von Seder:
mann, wo es nur. immer angetroffen wird, erlegt wer⸗
den kann. Aus diefem ‚Grunde if, big auf eine Diſtanz
von. 200 Meilen von der Küfte, beinah: gar fein. Hoch⸗
wild mehr anzutreffen. |
Sn den: Wildniffen „des Innern And wilde Thiere
jeder Art noch fo zahlveich, daß bei einer im Winter
1819, im Staate von Neu: Dorf in den See-Gegen-
den (Läls- Country), gehaltenen Jagd, zu der ſich 1500
Schügen verfammelten, und die 14 Tage: gewährt hat,
nicht weniger als 500 Hirfche, 300 Bären, 250. Wölfe,
40 Panther und 25 Elendthiere geſchoſſen wurden.
Don der jegigen Erifteng des amerikanifchen; Elephanten,
(Mammouth) hat man immer noch keine Spur entdeckt;
inzwiſchen iſt man doch allgemein. der: Meinung, daß
erwähntes Thier bier exiſtirt Haben muͤſſe, indem man
erſt nenerdings im Staat Ohio an einem Gewaͤſſer ein
Gerippe gefunden hat, welches * ‚größer, af das ei⸗
nes Elephanten, war
Die reißenden Thiere: Panther, Bären Wolfe
dergrfachen oft an den Viehheerden der Koloniften , zu⸗
weilen auch den Menſchen ſelbſt Schaden. Im Ohio⸗
Staat, unfern der Stadt Canton, hatte ein" Bauer
14 : Schweine‘ durch! Waldmaſt fett gemacht, die mit
einemmale nicht, wie gewöhnlich, nach Haufe Famen.
Der Bauer nahm. feine’geladene Flinte und begab fich
in den Bufch, die Schweine aufzufuchen. Hier fand’ er
bald nich einige Reſte von. Knochen! und Haut, und
nicht weit von diefen, einen: fetten Bär, den er augen⸗
blicklich erlegte: Der Unhold hatte die gefammte Heerde
umgebracht, und fich fo lange in der Nähe der fetten
Cadaver aufgehalten, bis er fie alle verzehrt hatte.
Vor zwei Jahren Batte eine Panther am Fuße der nörd-
lichen Alleghenys in Penſylvanien eine Frau zerfleifche.
) Gegenſtaͤnde der Ornithologie, die ich felbft ge
fehen; ſind der wilde Auerhahn und der Faſan, die
in Menge, fowohl auf den Gebirgen, als auch in den
weſtlichen Staaten | anzutreffen find; naͤchſt ihnen giebt
es auf dem Rande ungemein viel Schnepfen und Krams—⸗
oder. -Großdögel Die Art’ und Weife, wie letztere in
Europa gefangen werden, iſt hier noch gar nicht befannt ;
auch hat der’ Amerifaner ‘für ſolche Lecferbiffen feinen
Sinn, und darum denkt auch niemand daran, fie zu
fangen. "Die Vögel haben meiftens ein ſchoͤnes bunteg
ee
ee) Bon den —— und Hausthieren ſind alle eu⸗
ropaſhe Arten: bereits eingefuͤhrt. Die Pferde in Pen-
fyloanien ſind fchwerfälig und ſtark, die in Virginien
find sleicht und gute Nenner, und gleichen: er der
polnifchen Race. ee
‚Hierdurch endiget fich der. ing naturbiftonifehe Fach
geſchehene Einblick, und jetzt kehre ich zu dem eigentli—
chen Zweck — der Schilderung des Landes — zurück,
Umftändliche Bemerkungen in geographiſcher und flatiftir
fcher Hinficht, halte ich für überfläßig, da wir. über je;
— 9 —
den Staat, two Cultur und geſetzmaͤßige Verfaſſung
herrſcht, geographifche und featiftifche Notizen in Hand:
büchern finden.
Meine Reife: —— in chronologiſcher Ord⸗
nung anzufuͤhren, wuͤrde das Werk langweilig machen,
indem der Leſer Bald hier, bald da, die etwanigen
ihn intereffivenden Nachrichten zufammen fuchen müßte.
Aus dieſem Grunde habe ich es nicht für rathſam ge⸗
halten, das Reifejournal, fo wie ich e8 von dent
Tage an,’ wo ich Amerifas Boden’ betreten, geführt
habe, abörucken zu Iaffen, fondern das Reſultat meiner
Beobachtungen ſyſtematiſch geordnet, und kehre nunmehr
zur Baſis des transatlantiſchen erregt ve
Diefer ift: |
) Der Ackerbau, welcher auf Bei Strich Landes
zwiſchen Philadelphia und Lankaſter die erſte Stufe der
Vollkommenheit in Amerika erreiche hat. Die Acer:
bauern '(farmers) find meiftens Quaͤker, in deren
Adern das englifche Blut noch gang rein wallet. Ihr
Abfchen gegen den Trunf ift die 'Urfache, daß Feiner eine
Branntweinbrennerei auf feiner Beſitzung dulder, und
darum ift ihre Wirthſchaft bloß auf den Feldbau be
fchränft, welcher hier dem in England, fo wie ich ihn
längs der Themſe zwifchen Gravefand und London ges
funden habe, völlig gleicht; auch ift der daſige Boden;
feiner Lage nach, dem letzteren fehr ähnlich, indem er,
wie diefer, aus Anhöhen und Thälern befteht. Die les
teren find in ganz Amerifa der alleinige angebauete
Theil und die Anhöhen faſt überall noch Bufchland.
Da die Duäfer die Altefien Einwohner von Penſylva⸗
nien, auch fehr fleißige und fparfame Menfchen find,
fo befindet fich unter ihnen auch der meifte Wohlftand,
und es ift nichts ungewöhnliches, Bauern von hundert
bis zweimalhunderttauſend Thalern Vermögen zu finden.
x
— 92 —
Die Gegend zwiſchen Philadelphia und Lankaſter kann
man mit Recht ein halbes Paradies nennen. Die Haͤu⸗
fer und Wirthfchafts: Gebäude find fchöm und maſſiv,
und. alled um fie. herum verkuͤndet Wohlſtand. Die
weſtliche und noͤrdliche Seite von Philadelphia iſt bei⸗
nah ſo bevoͤlkert, wie die beſten Gegenden von Frank
reich, Sjtalien. und den Nheingegendenz denn man trifft
laͤngs der. fchönen Chauſſee faft Baus. en Kane *
mehrere kleine Städte am. |
Lankaſter iſt von Philadelphia 60 Meilen Asien
und nimmt unters den Landftädten ‚einen der erfien
Pläge ein. Die, Stadt iſt ſchoͤn gebauet, hat breite
und regelmäßige Straßen, bildet, wie Philadelphia, ein
Duadrat, und enthält 6 bi8 7000 Einwohner, worun⸗
ter viele Deutfche find. Gie liegt: an feinem Fluß,
weshalb aller Handel und Berfehr unmittelbar nach
der Hauptftadt getrieben twird, und aus dieſem Grunde
dürfte diefer- Ort; in welchem ich übrigens Feine Ars
muth erblickt habe, doch. nie zu einem großen Reich;
tbum gelangen. Sn früheren Zeiten ‚lieferten die, Deuts
ſchen Bierbrauer fehr viel Bier, nach Philadelphia, weil
man dort fein gutes Bier aufbringen Efonnte, wovon
man. die Schuld dem Waffer beimeffen wollte; jetzt ift
diefes Hinderniß befeitiget, wie bereit aus dem zweiten
Eapitel,. über Handel und Ausfuhr: Produfte, **
zu erſehen if.
Hier in Lankaſter 4 dirt auch Croͤfus * IL.,
der Irlaͤnder Abraham Kolemann. Eröfuß der L
ft Girard). Da es in Amerika in der. That: unter. die
großen Geltenheiten gehört, einen -ausgewwanderten Sr:
länder mohlhabend oder gar reich zu ſehen, ſo muß ich
bei. dieſem iriſchen —— ein, Me länger ver⸗
weilen.
Mſir. Kolemann — wie ee feiner Lande:
rt
leute, aus Irland nach Amerika aus (To make a for-
tune!) um fein Glück zu machen! fing feine, Carriere
in einem Eiſenwerk bei Lanfafter. als Tagelöhner und
Holsfpalter ann empfahl fich feinem Prinzipal durch
feine gute Handfhrift, wurde nunmehr zum Schreiber
befördert, entrirte als folcher einen Liebeshandel, mie
de8 Prinzipald Tochter, wurde ihre Mann, und übers
nahm nad) des. Schwiegervaters. Tode einen Theil des
Eifenwerfs, wußte die Antheile feiner, Herrn Schwaͤ⸗
ger, welche ſchlechte Wirthe waren, nach und nach ‚an
fi) zu bringen, und befißt gegenwärtig ein fo ungeheus
res Terrain, von Eifenminen und Grundftücken, daß ei,
nach) der Ausfage feiner Mitbürger, gar nicht einmal
zu fchägen iftz indem ihn manche-für noch reicher alg
Birard halten wollen. Seine liebe Ehehälfte fol das
bei aber fo geisig feyn, daß fie die Bitte der Armen
— um einen Kupferpfennig — oft zuruͤckweiſet. —
Zur Chavafteriftif der Duäfer muß ich noch eine
Unterredung mit einem derfelben, Namens Gopes, in
Erwähnung ‚bringen, Hei welchem ich einſt übernachtere,
In feiner Haushaltung berrfchte, ‚obgleichher im Witt,
werftande lebte, Drönung und Neinlichkeit, das Mes
blement war anftändig, die Adend- Mahlzeit gut, und
unterfchied fich auffallend von dem Durcheinauder der
Iriſchen und Deutſchen.
Du biſt Soldat geweſen?“ fragte er mich Ru
iſt ein böfes Handwerk, dem Menfchen das größte Gut,
das Leben, zu rauben, Nicht für Milionen, nicht für
die ganze Welt, wollte ich einem: Rent das Leben
nehmen!
Ich. „Wenn du a er in Gefahr kameſt, dein ei⸗
genes Leben durch einen andern zu verliehren, wirſt du
ihm nicht das ſeinige nehmen / um dein eigenes zu
retten ?
— 92 —
Quaͤker. „Nein! Eher will ich das meinige
verlieren.“ | a
Mſtr. Sopes ſchien übrigens Fein" guter Republi—⸗
kaner zu feyn, und beſchwerte ſich daß die Abgaben
jest Höher mären, als zur Zeit der englifchen Regierung;
er befaß ungefähr 800 Morgen Landes und besählte
Faum 100 Dollars jährliche Steuern. Ich fand “an
ihm und feiner‘ Familie, die aus zwei erwachſenen
Söhnen und einer Tochter beftand ſehr biedere und
für ihren Stand hinlaͤnglich gebildete" Menſchen "welche
keinesweges die NRohheit ih ‚Sitten An ſich Hatten wie
ich fie bei den deutſchen und iriſchen Amerikanern "gefe:
ben Habe.’ Zur Schlafftärte wurde mir eine ſehr am
ſtaͤndig meublirte ‚Stube mit einem reinen Bett ange
wieſen, welche ſi ch von denjenigen/ die ich oft bei
Deutſchen fand, gar ſehr unterſchied. Den naͤchſten
Morgen empfahl ich mich, und als ich von den in
der Scheuer befchäftigten "Söhnen Abſchied nahm,
fragte‘ mich "der ltefte: 0b ich mich nicht bald zum
Eheftand entfehliegen würde? 8 ſey Doch “auch Zeit mit
mir; worauf ich ihm erwiederte? es ſey allerdings Zeit,
allein meine gegenwaͤrtige Lage ſey Biel zu traurig als
Haß ich jetzt daran denken koͤnnte / und hierauf entfernte
ich mich, mit der“ —— ſie bald wileden zu
sa u re
Wenn ich in’ der Lage Yetoefe re mir -eine Le⸗
— in Amerika auszufüchen, fo waͤre es ge
wiß keine andere, als eine Quaͤkerin geweſen hr
ange: Beträgen‘ und ihre Grundfäge' waren von der
Art; daß ein Mann, der für haͤusliches Glück ' nicht ge
faͤhllos ife, mie einer Duäferin nicht anders als glück:
Sich Teben, und gewiß verſichert ſeyn kann an ihr eine
treue und zaͤrtliche Ehegattin zu finden. Ich Habe auch
Deutfche gefunden, welche mit Audferinnen verheirathet
waren; doc) hatten fie auch ‚deren Neligionggefeße an:
genommen, weil eine Quaͤkerin einen Mann von einer
andern Sefte oder Religion nicht heirathen darf. Daf-
felbe Gefeß.befteht auch bei den Dunfern und. Amifch-
daͤnnern, und „ein. Frauenzimmer von der Sekte der
letzteren, die einen andern Glaubensgenoſſen heirathet,
wird aus ihrer Kirchengemeinſchaft ausgeſtoßen; eben
dag. fteht auch dem Manne bevor, der. fich betrinkt oder
feine. Ehegattin mißhandelt. Die Srauenzimmer von
allen diefen Sekten tragen durchaus, nichts ;von Gold
an fich, und der: Anzug der Dunfer und Amifh- Mäns
ner, fowohl beim männlichen als weiblichen Gefchlecht,
iſt noch. eben ſo, wie, der. ihrer Großältern. in: der
Schweiz; und den übrigen Rheingegenden war.
Sebte dag. ganze Menfchengefchlecht. nach dem Mu
ſter der Quaͤker, ſo gaͤbe es auf der. Erde gewiß keine
Soldaten und keine Advokaten, keine blutige Kriege
und keine ruinirte Menſchen. Selbſt der größte Reli⸗
‚gionshaffern Voltaire, ſagt von den. Religionsgeſetzen
der Quaͤker: dieſe ſind von allen die vernünftigften.!,
Zum allgemeinen Lobe muß ich dies den ‚englifchen
und auc) irifchen Amerikanern nachfagen, daß. fie: mich
immer. eher. und mehr. zu würdigen wußten, als die
Deurfchen. Sehr häufig thaten fie, die Frage an mich:
ob. ich mich nicht verheirathen wollte? und wenn ich zu
weilen einen z mit ihnen trieb, wurde er mit Ars
tigfeit erwiedert. Den deutſchen Ladys kann ich dieſes
Compliment mi nicht machen, und ich glaube auf allen
meinen Wanderungen: unter, ‚den. Deatſchen vielleicht
nicht drei gefunden-zushaben, die mich für etwas an-
dere als einen ſchwaͤbiſchen Bauer ‚hielten. Mangel
ildung, Banernfiolz, Geringfchägung und Hoch—
th gegen die deutfchen Auswanderer, beſonders bei
wohlhabende: Klaſſe , und mitunter auch Unver-
u ———
ſchaͤmtheit und Wolluſt ſind mir haͤufig als Hauptzuͤge
zur Charakteriſtik der jungen —— —— Ladys
vorgekommen.
Unweit Lankaſter auf der Straße * —
hielt ich bei einem alten Mennoniſten Nachtquartier.
Auch er machte mir allerlei Vorfchläge, mich als Bauer
niederzulaffen. Nach einer Weile kam der Herr Schul:
meifter zum Beſuch. Man ſprach fehr religiös: was
für Lieder David zu feinem Harfenklange gefungen
babe, und als endlich der Memmonift einen Vorſchlag
zum Anftimmen eines Pfalmen Davids machte, zog der
fromme Schulmann mit der Tochter ab. Die Alten
und ihre Pflegefinder begannen den Hymnus: „Du
liebes Kindlein Jeſu Ehrifi! — zu Bethlehem gebo-
ven bi! Alleluja! Alleluja!“ x und der Schul:
meifter ſchien jetzt das Capitel, David und Baͤthſeba,
mit der jungen Mennoniftin abzuhandeln.
Bei einem Kriedensrichter -entblödete fich deffen
17 jährige Coufine nicht, mit ihrem Galan das Bert zu
£heilen, obgleich die ganze Familie des Oncle und ich
in derfelben Stube fchliefen.
Der Charakter der Deutfchen ift auch ſchon ſehr
verſchieden, je nachdem ſchweizeriſch, elſaſſer, ſchwaͤbiſch,
pfaͤlziſch oder hollaͤndiſches Blut in ihren Adern fließt.
Ihr Mangel an Bildung iſt außer der ſchlechten
Schul⸗ und Kirchen-Verfaſſung, auch dem Iſolirtwoh—
nen der Landleute zuzuſchreiben.
Um ſie in ihrem ganzen Weſen recht ſinnbildlich
darzuſtellen, muß ich einige Auszuͤge aus Geſpraͤchen
mittheilen, die ich mit ihnen gefuͤhrt habe.
ifter Amerik. „Du Deutſchlaͤnder! iſch wahr?
daß der Mannskerl im Deutſchlande erſt heirathen *
wenn er 24 Jahr alt iſt.““
Ich. So iſt es in manchen ndern aletdings /
ern 95 vum
Amerik. „Ei das iſch ja a dummes Land! hier
kann einer heirathen, ſobald er a Weibsmenſch hat./
Man findet hier auch wirklich ſo unreife Eheleute,
daß, obgleich der Mann nicht mehr als 17 und die
Srau 15: bis 16 Jahre zählten, fie dennoch fehon
Familie im Haufe hatten. Solche Leute kommen ge-
mwöhnlich nie auf den grünen Zweig, wenn fie als Te
gelöhner ihren Unterhalt verdienen muͤſſen. Unter den
legteren fand ich fehr oft die bitterſte Armuth, und in
der Negel hatten fie eine viel ſchlechtere Wohnung, al
das Schwarzvieh der Bauern in Deutfchland. Haͤu⸗
fig zahlten Zagelöhner für eine — —— Wohnung
50 Dollars jaͤhrlich.
Iter Amerik. „Ei, du haf a gute Rernung!
Du koͤnnteſt ja Schulmeifter werden.
Ich. Sc verftehe Latein, und koͤnnte wohl .
Prediger werden.
Amerik. „Da darfſt du aber nie Aluche, mit
Karte fpiele und nie zu die Weibsmenfcher laufe. —
Das ift wahr ihr Deutfchländer Habt alle a gute gern
nung; viel beffer als die Amerikaner.
3ter Amerif. Wie gleicheft du diefes Land?
Sch. „Recht gut! es iſt ein — ſchoͤnes
und freies Land!“
Amerik. „Ja, es iſt a feine Landſchaft! Wir
haben hier keine Koͤnige und keine Edelleute. Der
Bauer kann hier treiben, was er will.“
Dies hat ſeine vollkommene Richtigkeit; der Bauer
kann Branntwein brennen, backen, ſchlachten, Mühlen
anlegen, ſeine rohen und verarbeiteten Erzeugniſſe zu
Markte führen, wohin er nur immer will, ohne nur
die geringfte Abgabe davon zu entrichten. Die Brannt⸗
weinbrennereien find fehr zahlreich, aber nirgends iſt
eine Bierbranerei auf dem Lande gu finden. |
3 „How do you liket. this country?” oder ?? ‚tie
gleichft du dies Land ?!! war ſtets die erſte Srage aller
Amerikaner, und wenn ich es nicht: jedesmal bis an
den Himmel erhob, ‚fo hieß e8: nun, warum bift du
nicht draußen geblieben, wenn's dir hier nicht gefällt ?
4fte amerif. Sram. „Ei, du ſchwatzſt ja. fo
plenzdeutfch! Aus was for a Land biſt denn?!
| Ich. „Ich bin ein Preuße.“
Amerik. Frau. „Ja die Preuße Gwahe das
beſte deutſch; die Preuße und die Amerikaner. Die
Schwabe: und viele von die Deutſchlaͤnder ſchwatze fo
wüfcht Cwüft), daß mer fe gar nit verftehe koͤnne.“
| Eine dicke amerik. Müllerfrau, mit ziemlich
gutem rheinländifchen "Dialekt: „Nun haben wir doch
einmal wieder einen Elugen Deutfchländer gefehnz die
meiften, die wir bis jetzt faben, waren doch fo entfeß-
lih dumm, daß fie Faum wußten, woher fie waren,
und mie es in.ihrem. Lande zugeht."
Die: meiften ſchienen ſich über die Schwaben Iuftig
zu machen, von denen ihnen ein liſtiger Schneider aus
dem Badiſchen oder der Pfalz allerlei poſſirliche Anek⸗
doten erzaͤhlt hatte.
Inzwiſchen habe ich doch bei den ſchwaͤbiſchen
Yuswanderern bemerkt, daß der 9 oder 10 jährige Bube
des Tageloͤhners, ‚der für. die. Fracht verkauft wurde,
eine. befiere Erziehung. und bei meiten ‚mehr Schul⸗
fenntniffe hatte, als der ungehobelte Republifaner, von
20 Jahren, obgleich fein Vater ein Vermögen von 40
bis 50,000 Dollar beſitzt.
Eitelfeie ſcheint eine Nationalfranfpeit der Ymeris
faner zu feyn, fo. wie das gelbe. Fieber. . Saeron, ein
Engländer , erzählt: in feinen Skizzesı of America: die
Mitglieder des Congreſſes zu Wafhington häften noch),
zu General Wafhingtons: Zeiten einſt drei Tage darüber
= In.
geſtritten, ob die Amerikaner nicht das aufgeflärtefte Volk
der Welt wären, und endlich nach vielen Debatten
diefe Frage mit einer fehr unbedeutenden: ‚Spimmen-
mehrheit allirmative entſchieden.
3te amerikaniſche Frau. „Habt * in Deutfch
land auch. Weizen?. Habt: ihr. auch Waͤlſchtorn? Habt
ihr auch Indiſchens (Fndianer )? — Eind in. Deutfch,
land auch Schwarze? — Ban in Deutfchland nieht
der ‚Kaffee 74 |
Ich. nDder Kaffee. mich, —J in Amerika. u
Amerik, Frau. „Wir glauben, weil ihr. Deutſch⸗
laͤnder uns alle ſchoͤne Sachen ins Land bringt, daß
auch ‚der , Kaffee bei euch waͤchſt. „Wie ift «8 möglich,
daß die Sachen dort ‚fo wohlfeil gemacht werden
koͤnnen?
Unter den: Deutſchen wurde haͤufig ganz —
für, Deutſchland gehalten,
-Die- deutfche Sprache wird in. den deusfchen Kolo»
nien noch überall ‚sefprochen, und gewöhnlich. laffen die
deutſchen Koloniſten ihren Kindern erſt deutſchen und
dann engliſchen Unterricht ertheilen. In manchen Ge⸗
genden, beſonders in denen außerhalb Penſilvanien,
mangelt es an, deutſchen Lehrern. Wenn auch die
Amerikaner deutſchen Urſprungs fuͤr die Sprache ihrer
Voreltern noch immer viel Vorliebe haben / und; die
englifch "verfiehen, fo haben fie doch die deutſchen Sit—⸗
ten. und Lebensart fchon völlig abgelegt und -in die
Sprache, welche, getwöhnlich im Pfälzer oder auch, im
Eilfaffer ‚Dialekt "gefprochen wird, fehr. viel englifche
Wörter eingemifcht, wie folgende Nedensart einer jun⸗
gen Lady, zu ihrem Vater zeiget.
adp —* Gaul über die dens getſchum—
het.“ —
1 82
= we
(Vater! Unfer Pferd iſt uͤber dem Zaun geſpun
gem Di: as
Ne amerif. La dhr Deutſchlaͤnder! wenn du nite
ein paar güldene — —— ſo TOR du bei
mir fchlafe.u —
Alſo ein paar guͤldene Ohrringe ſprengen die PR
nen Pforten deines Schlafgemäche. "Wunderlich! fagte
ich zu’ meinem Sreund, dem Kaufmann Herrn · Andreas
Stoffel aus Graubuͤndten: dieſe modernen Lacedaͤmo—⸗
nierinnen leben in dem Lande, wo Milch und Honig
fleußt/ und Whisky regnet; und dennoch ſcheint Da⸗
naens Gold⸗Regen auch auf ſie Eindruck zu mächen,
obgleich fie ihn noch mie finnbildlich gefehen haben.
Wie ſehr verſchieden ſind meine jetzigen Anſi ichten uͤber
dieſen zarten Punkt von dem Urtheil, welches ich ſechs
Monate früher; nämlich in dein erſten vier Wochen nach
meiner Anfunft in Columbien, über das fchöne Ge:
ſchlecht gefällt; welches ich der Seltenheit wegen woͤrt⸗
lic) ans meinem Reife: Journal ausgezogen habe.
Keufchheit und ſtrenge Sittſamkeit find ein Haupt
zug des weiblichen Geſchlechts, und wohl bemerkt
man in jeder Familie; daß franzöfifche Etiquette,
franzöfifches Sitrenverderbniß und franzöfifche Heere
hier ihren Wohnfig noch nicht aufgefchlagen haben.
Kurz, meine Feder ift nicht im Stande die herrlichen
Eigenfchaften der Abfümmlinge unferer deutſchen Aus⸗
Wanderer in Amerika zu ſchildern.
Gaſtfrei habe ich den Amerikaner überall Gefunden
und je tiefer ich ins Land kam, deſto größer war die
Gaftfreiheit der Menfchen ; befonders füchten manche
bon der weniger wohlhabenden-Klaffe zuweilen alle ihre
Delifatefjen von eingemachtem Obſt hervor, um damit
gleichſam zu glänzen, um mir ihre Gluͤckſeeligkeit und
die Herrlichkeiten des Landes au zeigen. Gewoͤhmich
|
— 7—7—
erwiederte ich ihre Gefaͤlligkeit durch &in kleines Geſchent
von leichten franzoſiſchen Flitter Waaten, die ich auf
Anrathen eines Schweijzers, der ſchon mehrere Jahre i in
diefem Rande war, in den Seeftädfen für einen ſehr
billigen Preis ‚gekauft hatte, und wodurch ich oft viel
Sreude machte: , Wohl muß ich den Deutfchen in Ame⸗
rika das Zeugniß ertheilen, daß ſie fleißige und biedere
Menſchen ſind, indeſſen giebt es auch ſchon genug
ſchlechte und gewiſſenloſe Subjekte unter ihnen, und
wenn ich hiemit anfuͤhre, daß ausgewanderte Deutſche
von der niedrigſten Klaſſe, ja ſogar ein ehemaliger Sol⸗
dat von den würtembergifchen ſchwarzen Jägern, bie
fich ehedem in Schlefien durch ein feines‘ Betragen
grade auch nicht ſehr empfohlen haben, über die Groß
heit der Amerikaner beflagten, fo wird fi ch daraus er⸗
geben, daß Feinheit der Sitten wenigſtens nicht ihre
beſte Eigenfchaft iſt.
Das weibliche Geſchlecht zeigte auch durch feine
Fruchtbarkeit, daß es von den Rheinländern und bes
fonders von den Schwaben abftamme; denn auch dort
ift es nichts ungewöhnliches, Ehefrauen zu finden, die
bereits 17 Kinder geboren haben. Ich glaube, daß
ſich ſehr viele der jungen Amerikaner ſcheuen, zu geſte⸗
hen, daß ihre Eltern aus Schwaben herſtammen, in⸗
dem faſt alle diejenigen, welche ich um das Vaterland
ihrer Eltern oder Großeltern frug, mir die Pfalz als
ſolches angaben.
| Durch die Erzäpfung diefer Schmänfe, bin ich
| ganz von der Hauptfache, dem Ackerbau, abgefonmen.
I Die Landwirthfihaft ift in Amerifa noch nirgends auf
dem Standpuhft, wie in Europa; fie bildet dort noch)
feinen Zweig‘ der Wiffenfchaften, obgleich in Neu— Hork
ein Journal uber Landwirthfchaft geſchrieben wird.
Der Landwirth hat in der Regel zu wenig Bildung,
7 *
\
em BO —
und darum Hör men. ſich unter ‚der daſigen Landwirth⸗
ſchaft unter den Deutſchen eine deutſche und unter den
iriſchen eine polniſche Ackerbauerwirthſchaft vorfiellen,
in ber die Schaafzucht gar feinen, und Die Biehzucht
nur um die Seeftädte einigen Augen gewährt, Es iſt
daher der Boden nur die einzige Nutzungsrubrik.
Die Plantagen oder Bauereien ſind, dem Flaͤchen⸗
maße nach, ſich ziemlich gleich und enthalten gewoͤhn⸗
lich 160 bis 200 Acker Landes. Eine ſolche Beſitzung
gewährt einen Nutzungs⸗Ertrag von. ungefähr „700
Dollars, und eine der größeren, von 400 bis 600 Acer,
1450 Dollar. Auf einer folchen Plantage kann der
Befißer an 200 Tonnen Weizen: Mehl, a 200 Pfund,
gewinnen. Ehedem galt Die Tonne. 12, jetzt nur
6 Dollar. Neben dem Weisen hatte mancher bis 1000
Bufchel Wälfchkorn erzielt, wovon der Buſchel fonft
mit 1, jest aber kaum mit einem. halben‘ Dollar bes
zahle wurde. Gerſte wird ‚nirgends und Hafer nur
fehr wenig gebaut; Waͤlſchkorn vertritt gewöhnlich die
Stelle des letzteren. |
Winrthſchaftsrechnungen führt niemand, und felbft
in denen Gegenden, two der. Grundbefiger bis 500
Sklaven hält, war die Wirthſchaft von der Ark der
alten polnifchen Starofien. Schlacht: Viehzucht gewaͤhrt
nur in den ſumpfigen und moraſtigen Gegenden, als:
in der. Laks-Country_ (Seegegend) im Staate Neu
Horf, und in den von DVirginien, Nußen, indem es in
den übrigen. £andfchaften an natürlicher Gräferei fehr
mangelt, und die Viehfuͤtterung durch Kleebau erzeugt
werden muß. Vergeblich ſieht man ſich hier nach den
fetten Alpentriften oder nad) blumigen Wieſen und
Auen um. Die große Hitze dörret im Sommer. dag
Gras aus, und in den Buͤſchen und auf den Bergen
und Hügeln iſt nicht ein grüner Halm zu ſehen.—
— 101 —
"Der eingewanderte Kolonift kann alfo nicht darauf
eeäieh mit Vieh⸗ und Schaafsucht in den Wild niſſen
der: weftlichen Staaten auf großen Gewinn zu ſpecali⸗
ven, wie es ſelbſt meine Abſicht war, indem es an
Fuͤtterung/ hauptſaͤchlich aber an Haͤnden zum Scheren
der Wolle mangelt; fogar iin denen Staaten, wo Skla—
verei herrſcht, kaufte ich ſelbſt fuͤr eine goldene Repe⸗
tir⸗ Uhr eine’ ganze Heerde von —— die: in füeren
man die Mühe ſcheuete.
Es wird alfo jetzt ſehr eieieinb Sf gan}
* in einiger Entfernung von den Seeftädten, 'wenn
fie” auch 2 bis 400 Morgen Land befaßen, dennoch oft
ae einen“ Thaler: baares Geld im Vermögen hatten,‘
gInzwiſchen giebt-es im Staat von Penſylvanien
Siesfeits" der blauen und Allegheny⸗Gebirge, auch ver)
ſchiedene deutſche Ackerbauern, die zum Wohlſtande ge⸗
langt, und‘ folglich ‚Eröfuffe im —* risk
su nennen find,
Abraͤham Menfeb ; in der: Bögen) von Vethlehem
hatte: bei ſeiner Verheirathung 50 Pfund (150 Dollars)
im Vermoͤgen, trieb die Profeſſion eines Grobſchmidts,
und als ich ſeine Befanntfchaft machte, war er in den
60 ger Sahrei, und: hatte bereit 9 Kinder ausgeſtattet,
von denen ſaͤmmtliche ihre eignen Plantagen. hatten,
ausgenommen einen Sohn, welcher ein Prediger warz |
er ſelbſt Hatte noch eine Bauerer von 13,000 —
im — und hielt nebenbei eine Taverne.
Bei Libanon fand ich einen alten Börtembergen]
der in feiner Jugend auch als ein armer Knabe nach
Amerifa gefommen war, und deffen Sohn, ein Mann
von ungefähr 45 Jahren, die vom Vater erkaufte Plan⸗
tage mit 800 Acker Land beſaß. Bei Harisburg er⸗
zaͤhlte mir ein Friedensrichter daß fein Vater, ein ches
maligeer Badener, für die) Ueberfahrtsfracht verkauft
wurde und bei ſeinem — 1200; Acker Land a 100
Dollars, alfo 120,000: Dollars ‚bloß..am Grundoermds
gen, hinterlaſſen habe. Exwaͤget man dieſes wieder, ſo
muß man am Ende ſelbſt geſtehen daß Amerika doch
das Land fuͤr den fleißigen Armen iſt; beſonders kann
es dem jungen Burſchen, gleichviel, ob er frei oder
nicht frei hinfommt „nich fehlen »seinft ein wohlhaben⸗
ber ‚Bayer «zu werden) Dieß kann aber„dem, fleißigen
Deutfchen eben fo wenig in Ungarn, „Rußland und
Polen aid in allen. denen Enten entgehen, wo; noch
viel unbebauetes Sand iſt. Pad an are
Nachdem ich nun vo Befer ‚eine Ueberfiche von
dem, Ackerbau mitgetheilt fo kehre ich zu den Bemer⸗
kungen, die Iche auf meinen Wanderungen geſammelt
habe, zuruͤck. Im Monat September 1818 machte ich
den erſten Ausflug nach Reading, einer Landſtadt, die
50 Meilen von Philadelphia am Fluſſe Scool Kyll
(Schulkill) liegt, und ungefähr 4000 Einwohner, größ:
tentheils Deutfche. zählt, «die den Sitten ihrer Voraͤltern,
von, allen. — *— Seaotern vo am. weiſten treu
a find, toi 1. dainai.ie CT
Der —— Flus Berg a ——
fiege bis Philadelphia und ergießt ſich hinter der Stade
in den Delaware⸗ Stroms Dieſe Waſſerverbindung, iſt
dem. Handel ſehr guͤnſtig/ und wahrſcheinlich wird Rea—
ding einſt ein reicher Ort werden. Der Schulkill ſoll
mit dem Sesquehanna⸗Fluß durch einen Kanal in Ver⸗
bindung: geſetzt werden, um dadurch den Handel des
nördlichen und: weſtlichen Penſylvanien, welcher zeither
mit Baltimore gefuͤhrt wurde, nach Philadelphia zu lei⸗
tem Zur Ausfuͤhrung dieſes Projekts hatte man eine
Subſcription veranlaßt, die mit vielem Eifer betrieben,
und zu welcher auch anſehnliche Summen fubferibirt
wurden, und aus allen! darüber gehörten Meinungen,
— 103 —
konnte ich deutlich entnehmen, daß die verſchiedenen
Staaten, im Punkte des Iutereſſe, doch ſehr eiferfüche
fig saufi einander ſind.
In Regding war. grade J——— ( Wahl). eineg,
neuen Mitgliedes zum, Kongreß. , Der. General »iefter,
welcher ; der reichte Bauer im. County. und ein fehr
rechtfchaffener » Mann: ft; wurde ‚einftimmig Dazu ‚ers
wählen. Er ift ein Deutfcher. im ‚echten, Sinne des
Wortes, der in ſeinen jüngeren Jahren den Pflug und
Dreſchflegel keloſ gefuͤhrt hat, wie es die Penſylvanier
gern leiden moͤgen; und wer nicht von dieſem Schlage
iſt, darf bei ihnen eben une auf Bafkrhgungen zur
Bolfsrepräfenfation rechnen..
General; Yiefter war in Fon Ießten — —
Wahl in Penſylvanien nahe daran, dieſen Poſten zu be⸗
kleiden; allein die engliſchen und iriſchen Penſylvanier,
mit denen es auch mehrere Deutſche hielten, behaupte⸗
ten die Oberhand, und befoͤrderten Herrn Fendlai,
welcher: als ſtudirter Advokat, zwar mehr wiſſenſchaft⸗
liche Bildung, aber ungleich weniger Biederkeit und
Popularitaͤt, als Herr Siefter beſitzt, und ſtets ein
Aemterjaͤger geweſen iſt, der nichts fuͤrs Vaterland
gethan, wohingegen Herr Bieſter im Revolutionskriege
ſich ſehr verdient gemacht hat. Dieſer Tag war zus
gleich ein Feſttag, wo im allen Tavernen an der Table
Ahòôte geſchmauſet wurde; auch darüber win ich einige
Nachricht mittheilen.
Alle Anweſenden aßen mit ſehr a Hafigfeitz
faſt feiner fprach auch nur ein Work, der» eine fieng
beim Braten, der: andere beine Mittelgeriche an, und
hörte beim Nindfleifch auf; beim Effen wurde entweder
gar nicht, ‚oder ein wenig Rum mit Waffer vermifcht,
getrunfen, indem der Zider noch nicht abgegohren war.
Nach geendigter Mahlzeit zog ein jeder. fein Tafchene
a:
tuch heraus Mae w den —* * 0 *
vom Tiſche weg na a 10
Die Schilderung Biefes Saftmabte pafferauf ſedee
andere nn den "Vereinigten Staaten’ und jedem Euros
päer, er möge entweder bei Croͤſus dem J. oder denn:
fpeifen, ’ wird" es neu und ungewohnt erfcheinen : Rind⸗
fleifch mit "Senffauce, gefottene Stockfifche und Makrel⸗
len Picklinge, Fricaſſee Puterbraten, Sallat, Gurken
und eingemachtes Obſt von’ einem Teller eſſen und ſtatt
Der Serviette fein Tafcheneuch gebrauchen zu muͤſſen.
Nur “zur Mehlſpeiſe, die man gewoͤhnlich zuletzt
— "werden reine? Teller gereicht. "de ww
Nach dem Mittags mahl war in! aſchadenen Ta⸗
vernen Tanz Viele junge Leute vom Lande und aus
der Stadt hatten ſich zu dieſem Feſt eingefunden, und
ſehr geſpannt waͤr meine Neugier, den erſten amerifa-
niſchen Tanz zu ſehen. Ich verfuͤgte mich daher in
eine Tanz: ‚Taverne; fand dort eine Menge - Menfchen
in "einer engen Stube, wie die Heringe zufamnten ges
drängt, und in der Mitte derfelben 5 oder 6 Paar,
die ein’ Geiger, hier Fiedler genannt, zu einem trippeln⸗
den’ Matelot electriſirte. Neu war diefe Scene. für
mich, und kaum Fonnte ich mich" des: Lacheng "enthalten,
wen die Fräftigen und vamaffirgen penfylvanifchen Las
dys - Descendenten "der "pigomenfen Schwaben und
Pfälzer, mit ihren Füßen ’fo auf den Dielen’ herumklaps
perten. Was einem Volke nicht von’ Natur eigenthuͤm⸗
lich und: gleichfam nationell iſt kleidet es nie; und fo
iſt dieß auch bei dem von einer fremden Nation entlehn⸗
ten. Tanze der Fall. Mit Ungeduld wartete ich auf eis
nen deutſchen Walger oder Hopfer; allein es Fam: fei-
ner zum Vorfchein, : und von Mhr des Nachmittags
an, wurde nur mit wenigen Veränderungen faft ein und
derfelbe Tanz, entweder nach bem beliebten amerikani⸗
ſchen Nationatidb:,Janky dodel, Janky dodel, do-
del,’ dodel, dodelj!;dey, -sder "Tchaperöp etc: ge⸗
tanzt Nach geendigeem Tanz ließen» ſich zwei Deutſch⸗
laͤnder als Troubadours mit deutſchen Volksliedern hoͤ⸗
ren, die allgemeinen Beifall fanden. Melodiſche deutſche
Lieder‘ ſcheinen auf das Ohr des Amerikaners doch Ein⸗
druck zu machen; auch hoͤrte ich bei einer andern Ges
legenheit mehrere penſylvaniſche Bauern mit Entzuͤcken
von den harmoniſchen Toͤnen eines Leierkaſtens ſprechen/
mit welchem ein Deutſcher im Lande umherzog. Dieß
gewaͤhrt den Beweis; daß Liebe zur Muſik ſchon im
Blute des Deutſchen liegt; und ich zweifle keinesweges,
daß: Muſilkanten, Comoͤdianten, Taſchenſpieler und Tau⸗
ſendkuͤnſtler, ehedem;>alg die Zeiten noch beſſer waren;
in Amerika ihre Rechnung er or und! m
leicht noch) finden würden, J
Nicht minder waͤre fuͤr Scheetenifehleifer J—
noch ein wenig Brot; da es ſchwer ſeyn wuͤrde, in
ganz Amerika einen Scheerenſchleifer und einen Schloß
fer zu finden. Andere Künftler: Goldſchmiede, Uhrmas
cher sc. find dort in- —* — ** wie —
und Handelsleute.
Am Ende dieſes Feſtes enifand — ein lleiner
eher; weil ein junger Trunfenbold einen alten Trink
liebhaber zu mißhandeln drohete. Das: Berragen des
Erfteren brachte: die gefammte Geſellſchaft fo auf, daß
fih Alles auf die Seite des Letzteren ſchlug, und" bald
hätte ſich mir eine "Gelegenheit dargeboten, einen Fauſt⸗
zweikampf zu ſehen.
Gerathen zwei Individuen in einen — ſo
laͤßt man fie, falls fie am Jahren und Kräften ſich
gleich find, durch den erlaubten Fauſtkampf ihre: Hän:
del unter fich felbft beilegen, wobei alle Anweſenden
als Zuſchauer unthaͤtig bleiben. Einen ſolchen Zwei—
Kampf beſtrafen die wohl aber wird der⸗
jenige Wwelcher bei; einem Streit zuerſt Schlägen hart be⸗
ſtraft / und hat dadurch jedes Recht auf Genugthuung
oder Entſchaͤdigung verlohren, wenn ſein Gegner ver⸗
theidigungsweiſe ihn auch halb todt ſchlaͤgt; Selb ein:
Todtſchlag wird in einem ſolchen Falle nur ſehr mäßig
beſtraft. Die Amerikaner achten „die, Regeln des Fauſt⸗
kampfs fo fehr daß, wenn der 5 oder 6Gfaͤhrige Sohn
des Kaufmanns mit dem des: Tageloͤhners oder Negers
auf der Straße ins Handgemenge gerieth, der Vaten des
Erſteren ſo lange muͤſſiger Zuſchquer blieb⸗ big’ der
Kampf ſich zu des einen oder andern Vortheil entſchie⸗
den hatte; und nun erſt legte er ſich ins Mittel: und
—* die kleinen Kaͤmpfer aus einander.
Unter den jungen Bürgern: und Handwerkern in
— habe ich auch keinesweges die Rohheit
und) Gemeinheit geſehen, wie. man ſie ſo haͤufig unter
den Handwerksgeſellen, felbfis in» deutſchen Reſidenz⸗
Staͤdten noch antrifft, und in Reading ſprach ich mit
jungen: Handwerkern, denen Schillers und Goͤthes
Werke nicht unbekannt waren, die ſie in der County⸗
Bibliothek geleſen hatten. Wenn man daher auch ge⸗
rade keine Feine Hoflavaliere und weniger groſie Ge:
lehrte oder; wiſſenſchaftlich gebildete Menſchen im In⸗
nern des Landes antrifft, fo. findet man doch nicht fo
viehiſche Dummheit, wie unter unſern Beuern *
tiſcher und, wendiſcher Abkunft. |
Reading iſt eine Gebirgsſtadt, und auf. den: Gebirs
gen find verfchiedene Eifenbämmer, Kalkbrennereien und
Brüche: von weißen Steinen die zu Grabmählern ge-
braucht werden, deren man. faft aufijedem Grabe eines
findet. Die Kirchhöfe befinden fih in allen Städten
Amerifas innerhalb der Stadt, und auch diefer Umftand
mag zur Ungefundheit fehr viel beitragen.
— 20 =
Die Umgebungen ‚von Reading. koͤnnen wegen des
bergigten Bodens nicht: for ſehr fruchtbar ſeyn wie die
Plaͤnen des Landes, und darum iſt auch * Woehlſand
der —D nicht ſonderlich großsc
Es war grade in der ſchoͤnſten —— ——
in Pi Monaten) September und, Oktober, (hier den
Indianer⸗ Sommer, genannt ) als ich die, Reife: nach
dem blauen Gebirge unternahm. Ueberall prangten die
Maisfelder, auf denen die Halme unter der Laſt der
Kolben; die oft; eine halbe Elle lang and: wie ein Manz
nes + Arm dick waren, fafti unterlagen 5.40 Bufchel wur⸗
den als der geringſte Ertrag und an manchen Stelten
wohl: 60 Buſchel non. einem Acker eingeerndter, «Mais
wurde, hier zum Viehfutter und Branntweinbreunen ge
braucht; auch war uͤberall hartes Obſt im Ueberfluß
vorhanden,i welches; mittelſt eines eiſernen Cylinders
zermalmt, entweder durch die Preſſe zu Cider ıgekeltert,
oder zum Brennen des Appelwhisky ———
in Faͤſſer eingemaͤtſcht wurde.
Von Reading aus nahm 4 meine Tour durch ui
Bern⸗Townſhip, welchen vermuthlich von ausgewan⸗
derten Schweizern feinen Namen erhalten hat, nach
Hamburg oder Kirchſtaͤdtel, einem armſeligen Staͤdt⸗
chen, und von hier saus: beſtieg ich die erſte Kette der
blauen Berges: Sobald ich das Plateau erreicht hatte,
ſuchte ich) mir einen Platz aus, auf dem ic) dag ganze
gelobte Land gleichſam mit einem Blick überfehen
wollte. , Nur nach Oſten und Suͤden zu war ein
ziemlich extendirter Proſpekt; doch ſuchte ich vergeblich
das ſchoͤne Panorama, in beſtaͤndiger Abwechslung von
Städten, Dörfern und Weilern, Fluren und Auen) wie
man es auf jedem europäifchen Gebirge ſieht. Die
Landſchaft der Natur beſteht aus einer mit Wildniſſen,
Huͤgeln und Bergen. durchſchnittenen Flaͤche, auf der
— 1 —
hin und wieder eine Plantage mit ihren Maisfeldern und
Obſtgaͤrten hervorleuchtet. Das immerwaͤhrende Einer;
lei⸗ ermuͤdet das Auge des Wanderers/ der ſobald er
eine Gegend in Nordamerika” geſehen hat, die Übrigen
alle Fenne. An Natur» Schönheiten iſt dieſes Land kei⸗
nes weges fo reich, als es fein: füdlicher Nachbar, der
Befthreibung nach, iſt und fchwerlich würde der Land»
ſcha ftsmahler hier fo viel intereſſanten Stoff fuͤr ſeinen
Pin ſel finden, als auf den“ Gebirgen der alten Welt
Im Hintergrunde Ofieht: man noch zwei Ketten der
blauren Berge, die: in nordweſtlicher Richtung "einen rech⸗
ten Winkel bilden, und erſt hinter dieſen prangen die
rauhen und ungleich höheren Alleghenys, welche, in: eis
ner Entfernung won 300: Meilen von den Küften des
atkantifchen Meeres, die Vereinigten Staaten queer durchs
fehneiden, und die Scheidewand ziwifchen den öftlichen
und: weftlichen Staaten bilden. Von Canada: auß lau:
fen ſie in füdlicher Richtung durch "NeusYorf zu Penfyke
vanien, DBirginien, woſelbſt fie den’; Namen Apalachen
annehmen ‚izwifchen: den Carolines und Teneſſech bis in
die: Flloridas fort. Eine andere Kette zieht ſich in ſuͤd⸗
weſtlicher Richtung nach der Louiſiana und ſetzt ſich in
der, Provinz Texas mit dem grünen: Gebirge: in Verbin⸗
dung, Welches wieder seine Flache «von 41000 Meilen
durchſehneidet, und ſich mit den Eordilleras in Mexico
vereiniget: Letztere hängt wieder durch die Erdenge von
Darien oder Panama mit den Andes von’ Suͤd⸗Ame⸗
rika zuſammen, fo, daß von Patagonien aus, bis ar
die äufterfie noͤrdliche Grenze des brittiſchen Amerika,
eine zuſammenhaͤngende Kette. von Gebirgen den Con⸗
tinent der mefilichen Hemiſphaͤre durchſchneidet, die für
die Metallurgie, Mineralogie und Botanik noch reich⸗
haltige und bis jetzt noch unentdeckte Schaͤtze enthalten
moͤgen. Keiner dieſer Berge erhebt kuͤhn ſein Haupt
= 19 —
bis unter die Wolfen, wie die Schneekoppe in, Schles
fien, »dev Brocken auf dem Harz der St. Gotthard,
die. Gemmy, die. Jungfrau und der Mont» Blanc in
der Schweis, indem ſelbſt einer der höchften amsi
höher al8 2500: Fuß. feyn dürfte... =:
Auf dem Plateau der Gebirge waren zwar ale
Kufopäifche Holzarten ‚zu ‚fehen; ‚jedoch. war, die Eiche
und auch Feiner, der übrigen Bäume, weder auf den. Ge-
birgen, und noch; weniger auf ‚den, Plänen fo ſtaͤmmicht,
wie unfere deutſchen Baͤume, und noch weniger fcheint ihre
Exiſtenz ſo lange zu waͤhren, als die der legteren,
woran ‚das Klima und die übermäßige, Hige wohl auch
tieder ihren mwefentlichen Theil haben mögen. .,. Außer:
der Eiche waren ‚der, Hicker- und Wallnuß- und Kaſtani⸗
enbaum die gewöhnlichften, Holzarten auf den. Plänen.
Nachdem ich der ſchoͤnen Ausfiche vom Gebirge
herab eine Weile genoflen, trat ich meine Wanderung
indie Thaler an, die Außerft wenig bevölfert waren.
Hier und da traf ich eine elende Hütte, und zuweilen
auch ein armſeliges Staͤdtchen von 10 oder 12 Haͤu⸗
ſern an. Cataweſſy, Mifflinsburg und Berwick waren;
arme Gebirgs- Städchen, worin die, Einwohner ‚neben:
ihren von Holz erbauten Häufern ein Stück Land beſaßen
und darauf ihr Brod erzielten. Auch hielten ſie ge—
woͤhnlich einige Schweine, die fie durch Buſchmaſt fett
machten. Bei ihnen darf der Landmann nicht auf Abe
faß feiner Natural: « Ergeugniffe rechnen. Die Wohnung
mancher Koloniften beftand aus einer von Baumſtaͤm⸗
men zufammengefalzten Hütte, die oben mit Bretter
ı oder Schindeln bedeckt war, in der fi ich. eine aus Feld⸗
ſteinen zuſammengeſetzte Feuereſſe befand. Nachdem ich
an 40 bis 50 Meilen weit, unbekuͤmmert um die bier.
haufenden Bären, Wölfe und Panther, zurückgelegt.
gelangte ich endlich. an die. Nord; Branche. (nördlicher,
Arm) des Susquehanna-Fluffes, und fand hiefelbfl
— —
die Wohn⸗ und Wiethſchafts⸗Gebaͤude der Landleute
War in einem etwas beſſeren Zuſtande F— doch in keinem
ein Fenfter ganz, und überall fuͤllten alte Lumpen und
alte Huͤte die zerbrochenen Scheiben aus. Anfaͤnglich
dachte ich: vielleicht mangelt es an einem Glaſer, hörte
aber bald, daß diefer Handwerker Hier gar nicht bes
fannt fey, und der Schreiner oder Zimmermann feine
Stelle dertrere. "Bereits feit 50 Jahren und länger ift
diefe Gegend! angebaut, und dennoch herrfcht Hier ſolche
Geldnoth, daß ſelbſt die ſparſamen Deutſchen oft nicht
einen halben Dollar im Haufe zu haben verficherten.
Wie mag es erſt in denen feit 5 oder 10 Jahren an:
gebauten Wildniffen der weſtlichen Staaten ausſehen?
Sdyoͤrichte und verblendete Menſchen! rief ich oft
aus: ihr verkauft eure wohl eingerichteten vaͤterlichen
Beſitzungen, die euch in dem ſchoͤnen Europa naͤhren,
trotzet Sturm und Wetter und der tobenden Wuth des
Meeres, verſchleudert euer Geld auf der weiten Reiſe,
um euch hier nichts als Ungemach und Elend zu holen,
* euch hier gleich dem Vieh verkaufen zu laſſen. —
Auch in Pohlen ift unbebautes Land im Ueberfluß,
auch dort gedeihen die Kartoffeln und fetten Sauen,
auch dort wird der koͤſtliche Whisky gebrannt. Warum
ſucht ihr im der weiten Welt das, was ihr mie un⸗
gleich weniger Koſten und Gefahren in der nahen has
ben koͤnnt? Unter dieſen Betrachtungen wanderte ich
fange der Susquehanna nach dem atlaͤntiſchen Meere
zu, und fand gegen Abend bei einem alten ſchwediſchen
Abkoͤmmling eine ſehr gute Aufnahme. unerfchöpflich
war der Alte in Stagen: was macht der General Bluͤt⸗
cher Gluͤcher) Wie geht es dem Bonaparte? Wie⸗
viel ſchlugt ihr “french Folks' (Franzoſen) bei Leipzig/
wieviel bei Toͤplitz "und wieviel bei Paris todt? Den
ganen Aue. und“ 3: Mal J——— Morgen
‚ur: 9
müßte ich dem ehrlichen Alten won nichts als Schlacht⸗
getuͤmmel und der Niederlage der Franzoſen in Rußland,
Deutſchland und Frankreich erzählen ," welches mir: bey
meiner damals" noch ſehr beſchraͤnkten —— der
* Sprache ʒiemlich fchwer wurde. > mon
Nachdem ich meinen’ biederen Alten S ‚Schweden ver⸗
laſſen Hatte, kehrte ich bei Berwick aberbie Nord⸗Branche
zuriick aufs Gebirge und trat die Ruͤckreiſe an. Der
Weg führte mich faſt 60° Meilen lang‘ dutch" nichts als
die dickſten Wildniſſe; uͤberall hoͤrte ich die Axt des
neuen Koloniſten in den Waͤldern erſchallen, die manch⸗
mal die angebauten Maͤtze wieder verlaſſen und ſich
beſſere und fruchtbarere Stellen ausfuchen, oder in die
toeftlichen Staaten ziehen. Des Nacht® gewährten bie
in Flammen ftehenden "Wälder ein‘ imponirendeß
Schaufpiel, und fchon manche Mantage ift durch dag
Anzuͤnden derſelben eim Raub der Flammen geworden,
die oft fo Lange lodern, bis fie ein ffarfer Regenguß
loͤſcht. Nach einer abermaligen dreitägigen Wande⸗
rung gelangte ich an den Lecha⸗Fluß, den man, durch
Wegſchaffung der Steine aus feinem Waſſerbett, fuͤr
Boote fahrbar machte, um bie im blauen Gebirge ges
flögten Steinfohlen wach Eaſtown in den Delaware
Strom und von dort nach Philadelphia herunter zu
ſchaffen.
Die Weſt⸗Branche des Susquehanna entſpringt im
Ohio⸗Staat, vereiniget ſi ch bei Harisburg mit der
Nord; Branche, und hier erft bilden beide, in Gemeits
ſchaft mit dem ebenfalls im Ohio⸗Staat entſpringenden
und durch die Gebirge ſich durchſchlaͤngelnden Juniata⸗
Strom, den miajeftärifchen Susquehanna⸗ Fluß, der
ſich bei Baltimore in die Cheſapeak ergießt und hier
bei Harisburg eine, und bei Columbia, 36° Meilen
eier nach der Mündung zu, wenigſtens 15 Meile
— 2 —
breit / aber. fo feicht ift, „daß man überall- den Grund
fehen, und im Sommer. mit leichter Müpe. durchreiten
Kann, An. beiden erwähnten Stellen find bedeckte Bruͤk⸗
fen angebracht , die, ſo wie überall in Amerika, bloß
von Holz erbaut. find. . Die Umgebungen des, Fluſſes
find eine. auf beiden Geiten fortlaufende Reihe von Ans
hoͤhen, bie. einen.fo pittoresfen Anblick gewähren, daß
man die. Gegend bei Harisburg, und Columbia. fehr,.1os
mantifch und , eine der fchönften in Penſylvanien, viel⸗
leicht auch ‚in. den Vereinigten, Staaten nennen ‚fönnte.
Sehr viel Aehnlichkeit glaubte. ich bier. mit den Umges
bungen des Main bei Frankfurth und des. Neckar, bei
Heidelberg zu. entdecken. Die Ufer des Sus quehanna
ſind an manchen Stellen, beſonders bei Harisburg und
Columbia, ſehr gut angebaut und bevoͤlkert, und faſt
uͤberall zeigten ſich maſſi ive Wohngebäude der. Bauern,
die groͤßtentheils Deurfche ſind. Vor 50. Jahren hats
ten die Indianer noch. ihre Städtchen und ‚Tempel bier
und der Boden war fo wohlfeil, wie in den weſtlichen
Staaten; jeßt aber war der, Acker gutes geflärtes Land
nicht unter ‚hundert Dollars. zu faufen.
Die Stadt Harisburg enthielt vor 45 rer ‚bloß
einige elende Hütten, gegenwärtig aber zählt. fie bereite
3500 Einwohner, hat einen.lebhaften Handel und, ſchoͤne
gemauerte Haͤuſer, unter denen der Saal für dag ges
ſetzgebende Corps, welches, unter, der. Leitung, des Gou—
verneurs von Penſylvanien hier ſeinen Sitz bat, den
erften Nang behauptet. Bis hierher wird alles Ge⸗
traide aus den Gebirgen auf flachen Boten herunter ger
ſchafft, hier in andere Fahrzeuge eingeladen und nach
Baltimore verführt; die Bau⸗ Materialien der Bee
aber werden ‚verfauft.
Andi, Hier, dicht bei Harisburg, fand ich, Be ein en 1 Ras
mens · Vester,. deſſen Eltern aus der PR von Dar
nau
nau herſtammten, der, obgleich man ihn am Grunds
vermögen auf 50,000 Dollars fchägen konnte, dennoch),
troß dem geringfien feiner Sinechte, die fehwerften Ars
beiten verrichtete, und in feinem ganzen Haus: und
Samiliene Wefen ſich durchaus nicht im mindeften von
einem gewöhnlichen deutfchen Bauer unterfchied.
Ausgewanderte Deutfche habe ich nur Außerft we⸗
nige in Penfplvanien als anfäffige Bauern gefunden,
und auch diefe wenigen waren gewöhnlich ſehr alte
Leute, die ſchon in ihrer Jugend eingewandert find.
Die meiften im’ neueren Zeiten Auggewanderten halfen
fich als Tageloͤhner fümmerlich durch, wohnten in elen-
den Baracfen zur Mierhe, hatten ihre Kinder verkauft,
und gar manche bereuten ihre große Sehnfucht nach
dem Lande der Freiheit.
Da mein Augenmerk haupffächlich darauf gerichten
tar, auch den inneren Wohlftand der Eandleute zu er
forfchen, fo machte ich nur zu oft die Erfahrung, daß
die gemauerten Wohnhäufer, womit bier auch Luxus
getrieben wird, nicht gerade immer die Evidenz des
MWohlftandes oder Reichthums find, und nur zu häufig
hörte ich alle häuslichen Handwerker: Gerber, Niemer,
Schmiede, Schuhmacher, Schneider und Weber bie
bitterften Klagen führen, daß fie von den Bauern ihre
Befriedigung nicht erlangen, und manche der Erfteren
ſogar ihre Dienftboten, : Tagelöhner und felbft den
Schulmeifter nicht regelmäßig bezahlen fünnten. Nicht
minder erfah ich aus den Zeitungen, daß auch die Mes
dafteurs derſelben ihren Dollar, zumeilen mit Unwillen
und unter Androhung gerichtlicher "Klage einforderten.
Die Scheuern und Stallungen, die nur ein Gebäude
bildeten, indem letztere unter‘ den erſteren angebracht
waren, waren zwar in den beſten Gegenden auch mafs
ſiv inzwiſchen zeigten auch dieſe ihren Umfange nach,
| 8
DR
feinen groͤßeren Wohlftand, als, der der gewöhnlichen:
Banern in den guten — — und im
— if aan it 80
oo Meiner Abficht gemäß Hatte ih im Monat Mai
ine ‚Reife unternommen, um den Niagara: Fall zu ſe⸗
ben, von: welchem ihr da ich die Alleghenys bereits
erſtiegen und die "Laks-Gountrys (See: Länder) er:
reicht: hatte, nicht mehr fo fehr weit entfernt war; allein:
unfer den engliſchen Leuten: ift die, Theurung aller Le.
bensmittel beinah immer um 100) Procent größer, und
die Gaſtfreiheit ebenfoviel weniger als unter den deut⸗
ſchen Landsleuten, und‘ darum wollte ich in meiner das
maligen Lage. der Euriofirtat um fo weniger: ein ſolches
Dpfer bringen, als ich, der Wafferfälle bereits genug-in.
der Schweiz gefehen hatte. Die. mit: den: Indianern
am Dntario- See handeltreibenden Jaͤnkys theilten mir
folgende : Schilderung © uͤber Skat: —— —
ſpiel mit:
Der Waſſerſchlund, welcher den; — mit
dem Erie⸗See verbindek, heißt der Niagara Strom;
der, in der Mitte dieſes Zwifchenraums: fich von
einem 175 Buß hohen Felſen mit. ſo furchtbarem
Getoͤſe in den Abgrund ſtuͤrzt, daß man es ſchon in
einer ‚Entfernung von 30 engliſchen Meilen. hören kam.
Der Felſen biegt ſich unten am Fuß an manchen Stel—
len ſo weit ruͤckwaͤrts, daß man unter, dem Falle ſte⸗
hend, ihn betrachten, und den: prachtvollen Glanz des
von den Sonnenſtrahlen gebildeten Regenbogens bewun⸗
dern kann. Dicht vor dem Falle iſt eine ſchoͤne gruͤne
Inſel, die noch kein menſchlicher Fuß betreten: hat, in-
dem von hier aus big auf eine Diſtanz von 10 bis 12:
Meilen der Strom ſo reißend iſt, daß er jedes: Fahr⸗
zeug, welches ſich auf weiten als dieſe Diſtanz dem
Falle nähert, mit der Wuth eines Wirbels ergreift, und⸗
3
in Stüden zertruͤmmert, in den Abgrund fchlenderey
wo Tod und Verderben das unvermeibliche Loos des
unachtſamen Fiſchers oder Faͤhrmanns iſt.“Dieſer
Schilderung fügte: der Jaͤnky noch folgende Erzählung:
von dem ungluͤcklichen Schickſal des Indianers Tomy bei.
„Tomy hatte auf dem Strom‘ gefiſcht und nach
beendigtem Geſchaͤft ſeinen Kanot an eine vor Anferi
liegende Schaluppe angebunden; unde ſich im erſteren
ſchlafen gelegt. Waͤhrend feine: ſchoͤne junge Frau auf
der Schaluppe fuͤr den Geliebten das Mahl bereitete,
machte ihr. ein Matroſe Liebes⸗Antraͤge, und als dieſe
mit Verachtung’ zuruͤckgewieſen wurden, ſchnitt der)
elende Boͤſewicht das Seil entzwei , womit Tomys Ka⸗
not an die Schaluppe befefliges war. "Unter augft und:
verzweiflungsvollen Weheklagen der: Indianerind trieb:
der. reißende "Strom den Kanot fort, und als das
furchtbare Bruͤllen des Cataracts den Schlafenden;
aufweckte, erſchoͤpfte er vergeblich alle Kraͤfte, um den
Kanot ans Ufer zu lenken. Den ſchrecklichſten Tod un⸗
vermeidlich vor den Augen ſehend, empfahl Tomp ſeine
Seele dem großen Geiſt, und leerte, nach verrichtetem
Geber, feine mit Rum gefüllte Kuͤrbis⸗Flaſche in ei—
nem Zuge aus. Seinem Schickſale ſich überläffend,
legte er fich der Länge nad) in'den Kahn, wel
durch den Strom ‚fo 'glücklich hinunter geführt wurde,
daß Tomy dag Leben rettete. a
‚Die Schandthat des Matrofen hat allerdings feine
Richtigkeit; allein Tomps Rettung‘ Fann ich niche mie!
Gewißheit verbürgen, indem’ fie ha pi PR
andere wieder bezweifelten.
Hier in den Wildniffen der Aleghenys Fa ie Be
mehrere mit ihren Weibern herumziehende Indianertrupps
getroffen? die aus dem Ohio⸗Staat lamen und ſich in;
die Seeſtaͤdte ai A um daſelbſt durch ARE Künfker:
8 *
— or
welche im Schießen mit dem Bogen im Kriegstanze und
allerlei Sefängen beftanden, fich etwas zu verdienen. Leber:
die Lebensart, Sitten und Kultur diefer Völker wird weiter:
unten ein Mehreres gefagt: werden, und. nur mod) eine)
arithmetifche Aufgabe, welche ich von einem Canadai⸗
fehen Indianer, der fehr fertig ı englifch sprach, ge
lernt; verdient: der. Seltenheit wegen ‚hier einer Erwaͤh⸗
nung; fien beftand‘ darin: einer von den jungen Ameri⸗
fanern; die reifende "Kaufleute waren, mußte die Zah⸗
len 1 bis incluſive 10 hinfchreiben, und wenn mit eis
ner: davon. alle ‘übrigen. multipliziert würden, ſo müßte:
das Produkt aus Lauter: Achten beftehens. Keiner von
uns konnte das Raͤthſel loͤſen; endlich -löfchte der Inn
dianer. die. 1 und 10: weg, weil 1 und O befanntlich:
nicht‘ dividiren und nicht multipliziren, ließ ung die 9
unter die 2: und nach gefchehener Multiplizirung das
Facit untereinander feßen, und die unterfie Zahl zum:
nächftfolgenden Produkt jedesmal addiren, und nun er
gab: fich: die völlige Nichtigkeit der —“ wie das
ende wipet zeigt.
| 2.345.678
en
88:8 8.8.88
TE ESHT,.
Sch regalirte den Wilden für feine Geſchicklich⸗
keit mit einem Glas. Gin, und erfuhr von ihm, daß
er- mehrere Zeit auf einem englifchen Schiff als Ma
troſe gedient, und in Of: Indien und ı Süd: sa
geweſen fey. ä Bar.
- Ueber: die nördlichen Staaten * Canada zog
hier folgende Nachrichten ein: daß mehrere neue Kolo—⸗
niften in Albany am Nord-River (Nord⸗Fluß) ſich
niederließen, weil. auch ‚dort das Land ſehr wohlfeil,
und die, Communication: mit der Seeſtadt Neu-NYork
viel leichter ſey, als die auf dem Ohio mit Neu⸗Or⸗
leans indem die Frucht hier nur 4 bis 500, im Ohio⸗
Staat * 2400 Meilen zum — rn werden
müßte. N
Auch, ‚hatte, fi ih * Serie de: Ba. 0
fepb Bonaparte 200,000 Acker Landes in erwähnter
Gegend gekauft und. felbiges den- eingewanderten, Euros
paͤern, beſonders den Sranzofen, „unten vortheilhaften Be⸗
dingungen uͤberlaſſen wolle. Es waͤre unter ſolchen
Umftänden den eingewanderten europaͤiſchen Ackerbauern
dann allerdings anzurathen, eine Anſiedelung am, Nord⸗
Fluß, der in den weſtlichen Staaten vorzuziehen, indem
‚der: groͤßere oder mindere Wohlſtand des Landwirths
lediglich von dem mehr oder minder koſtſpieligen Abſatz
der Erzeugniſſe abhaͤngt; auch koͤnnte ein jeder ſchon
von Neu⸗Nork aus; zu Sciſten an den * ſeinen Be⸗
ſtimmung gelangen.
Auch nach Canada waren — ‚meinem, Aufen⸗
halt in Amerika wohl an 4000 engliſche Unterthanen
eingewandert, die. von der Regierung freie, Ueberfahrt,
Lebensunterhalt auf ein halbes Jahr, die nothwendig⸗
ſten Ackergeraͤthſchaften und Land dumſonſt erhielten.
Dieſe Vortheile ſind ſchon viel werth, und wenn ſelbige
das engliſche Gouvernement auch den deutſchen Kolo⸗
niſten zugeſteht; dann moͤgen Auswanderungsluſtige
doch jeden Falls das Land des Despotismus dem der
Freiheit vorziehen. Nach der Angabe des Englaͤnders
Birkbeck iſt das Klima maͤßig und geſund, und kommt
dem in Deutſchland am naͤchſten. Der Boden iſt dort
eben fo fruchtbar, wie in den Sreiftaaten, und der: von
der beften Dualitäe fol die-Ausfaat am Wagen 35 faͤl⸗
tig zurückgewähren. Auch; iſt der Arbeitslohn der naͤm⸗
liche/ wie in den Bereinigren Staaten, und der Lohn
eines Knechts feige don 80 bis 160 Pinfterr jährlich.
Nicht minder‘ dürften‘ diejenigen 7 welche ſich für: die
ueberfahrtbftacht verkaufen laſſen muͤſſen in Quebeck
und Monereal viel cher und unter beſſeren Bedingun⸗
gen ausgeloͤſt werden, als in Neu⸗York, Philadelphia
und Baltimore two die Maͤnner beinah keine Ausloͤſer
mehr finden. Verſchiedene Erzeugniſſe "des Landes,
naͤmlich? Hafer, Gerſte/ und aller Hopfen, auch But⸗
fer und Kaͤſe, fo Wie Bauholz, werden ſelbſt indie
Vereinigten /Staaten, beſonders aber in deren füdliche
Gegenden, und vorzuͤglich nach Weſt⸗Indien, "eingeführt.
Uebrigens will ich Auch) zut Auswanderung dahin nie⸗
manden ammiren, indem die engliſchen Parlaments⸗
Mitglieder es ſelbſt eingeſtehen/ daß die Auswanderer
in Canada im Elend’ ſchmachten. Daſſelbe Schickſal
ſteht ihnen "überall bevory wenn fie von der Retierung
Hiche'’fo‘ lanhe unterſtuͤtzt werden, bis ſte die Wälder
in Waizenfelder umgeſchaffen haben, Hiermit ſchließe
ich nun meine, auf den werſchiedenen Ausflügen in die
noͤrdlichen Staaten, geſammelten Erfahrungen und gehe
nunmehr zu den Ereurfionensnady den ſuͤdlichen Staa⸗
ten uͤberzu hierbeid bemerke ich moch: daß, dar ich die
Keife nach dem Niagara nicht fortgeſetzt, ich mit meis
nen in den Alleghenys gegen Uhren eingetauſchten Pfer⸗
den nach Philadelphia zuruͤckkehrte, und fie dort unter
ſolchen Bedingungen verfaufte, daß ich rn u
ii daran verdiente. 2 0 5
‚Den Staat Neu: Zerfey welcher am eigen ur
des Delavare, zwiſchen Penſylvanien und New: Mork
Viegt habe ich, feiner Laͤnge nach, auch an 100 Mei:
len durchſtreift/ und dort ein fo trauriges und ſandiges
| Land wie in der Neu⸗Mark gefunden? Zudem man⸗
gelte es den Einwohnern, die groͤßtentheils engliſchen
—— 119 lie
Origins waren) noch an hinlaͤnglichem Vieh / und be⸗
ſonders an Schaafen / die ich faſt nirgends geſehen
habe; und’ aus‘ diefem "Grunde fehlte es dem ohnedieß
dürren und "außgefogenen Boden an gaͤnzlicher Duͤn⸗
ging.‘ AUnter ſolchen Untftänden iſt daher "auch kein
Welitand hier zu erwarten / obgleich diefer Staat eine
fo glückliche Lage Hat, daß auf’ dem Strom jedes Korn
nach Philadelphia — OR dott * an Bee
werden kann. aM J
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DeAavare, Marylaud und Virginien. Eingezogene
Rachrichten uber die Carolinas, Georgien und Neu⸗
Drieane. Feldbaͤu, Menfchen, Sflanerei, Kine,
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E75 hiehet gäbe‘ y den" Eifer‘ mit ——
von Ländern und Menſchen unterhalten, wo manꝰ Ame⸗
rika noch immer mit’ Vergnügen betrachtet "und den
Amerikaner als einen edlen und gluͤcklichen Menſchen
preiſet. Auch war ich zum Theil under Meuſchen bei
welchen deutſche Sprache, "dentfche Biederkeit und
deutſcher Fleiß noch überall ſichtbar wären. Dieſen
Theil von Amerika koͤnnte man allenfulls noch eine RE
publik nennen,weil, bis’ auf wenige Ausnahmen unter
den farbigen Leuten ſich jedermann gleich if, Ira ein
jeder für fein Brod ſelbſt arbeiten muß. ev
Von nun an gehe ich zu ‚denjenigen: Staaten aen
wo der groͤßte Theil ſeiner Einwohner unter das‘ Shier-
geſchlecht herabgewuͤrdiget, ein rechtloſer Gegenſtand
des Wuchers, der Willkuͤhr, der Leidenſchaft und Bos—
beit feiner Mitmenfchen wird. . Hier wendet der Men-
fchenfreund mit Unwillen, Verachtung und Abfcheu dem
Amerikaner den. Rücken zu, der ‚fein aus entgegengefeß-
ten Ertremen gebildetes Lieblings. Axiom: Republik oder
Sreiheit. und Gleichheit zum. Spott. und Gelaͤchter der
übrigen. -gebildeten Welt an den Pranger ftelt. Und
wahrlich! fehr, wird der Strahlenfrang des, Verdienftes
von. Wafhington. und: Franklin. in. dem Buche ‚der. Ge-
ſchichte verdunkelt werden, teil fie, als die erſten
Gruͤnder der Republik, den, ſowohl in moraliſcher als
buͤrgerlicher Hinſicht, bejammernswerthen Zuſtand einer
Menſchenklaſſe, die den vierten Theil der Staars- Eins
wohner bilder, und der jeder. Gefühloolle eine Thräne
des M itleids nicht e wich Y gänzlich abend
tet ließen. '
Wenn man ihnen auch nicht gleich die voͤllige Seel
heit zu geben. brauchte, weil dag ‚Klima in den aͤußer⸗
ſten ſuͤdlichen Staaten dem weißen Menſchen ſchwere
Arbeiten ſehr laͤſtig macht, ſo haͤtte man doch mehr fuͤr
ihre. religioͤſe und moraliſche Ausbildung ſorgen und
ſolche Anſtalten treffen koͤnnen, damit, ‚fie von dem ‚un.
ermeßlichen wuͤſten Ackergebiet von. den Pflanzen, ihr
‚ren, Herren, wenigſtens ſoviel erhielten, um durch Fleiß
und Sparſamkeit doch zu der Relikte iu gelaneen⸗
ihre Freiheit zu erwerben.
Nur die Meinung des — Seitalters;. daß
die Neger eine ‚don. der. Borfehung . verworfene. Men
ſchen ⸗ Racer. oder eine veredelte Affen⸗Art wären; fönnte
‚noch zu einiger Entfehuldigung angeführt werden. Allein
jegt ift der Zeug, dieſer Theorie, die ſelbſt mancher
deutſche After⸗Philoſoph aus feinem, Hirnkaͤſtchen aus⸗
kramte, laͤngſt ‚entfchieden,. und. durch die erfahrenſten
Anatomiker iſt es dargethan, daß. der Unterſchied der
Farbe bloß aͤußerlich iſt, ‚und, ſich nur auf die Haute
musfeln. befchränft, den. lediglih das Klima, und die
Lebensart erzeugen. Eine Veränderung des Klimas und
der, Lebensart, würde die Hautfarbe des Negers nad)
und nad bleichen , feine aufgetworfene Lippe herunter
ziehen. und fein wolliges Haar ausdehnen, und eine
nordifche Atmofphäre würde den Neger vielleicht in der
nämlichen Zeit zum Weißen umfchaffen, als das, Klima
am Niger und, Congo. den Portugieſen in einen Neger
umtvandeln würde.
Als die Amerikaner ihre Unabhängigkeit von Eng.
land mit. gewaffneter: Hand. bewirkt und ihre Conſtitu⸗
tion entworfen hatten, dachte niemand an die unglüch
lichen Afrikaner, und fie blieben in allen Staaten der
Union nach, wie, vor Sklaven. Nach mehreren Jahren
endlich trat ein vechtfchaffner Mann aus der Zahl der
Sreunde (Duäker), an denen. fie ſtets Befchüger und
MWohlthäter hatten,. in der Verſammlung der Volksre⸗
präfentanten ‚auf, und vertheidigte mit Eraftvoller Rede
and wahrhaft. chriftlichem Eifer. die Menfchen - Rechte
der Meger, die. er unter andern —* folgende Brink
zu, beweiſen ſuchte:
ihre Körper iſt geſtaltet tie. "ber hufkige: ‚ihr Blue
ihre. Zunge und. ihr ‚Herz find. wie, das unſrige; fie ha⸗
ben die naͤmlichen Sinne und ſind derſelben Gefuͤhle
faͤhig wie wir. Iſt es nicht grauſam und unchriſtlich
von ung, daß wir Gefchöpfe und Ebenbilder Gottes, fo
gut wie wir, gleich dem Vieh, verkaufen und behandeln,
weil ihre Haut dunfler if, als die unſrige.“
Dieſe Worte wirkten ſo auf die erfammelten
Volks⸗ Repraͤſentanten der noͤrdlichen Staaten, daß die
Sklaverei mit der Maßgabe abgefchafft wurbe: nach zu⸗
ruͤckgelegtem 28ſten Jahre ſollte jeder ſchwarze oder
farbige Menſch, er möge als ‚Sklave geboren, / ‚oder
kaͤuflich acquirirt ‚worden ſeyn, feine —* ‚erhalten,
— ——
ind, von bieſem Beet ai, een | dich
Sebun aufhören"? TER
Zwar kann im "den nördlichen Staten jedermann
noch bis jetzt Sklaven kaufen; allein er nuß ihnen
nach dem 2oſten Jaͤhre die Freiheit geben! auch Wird
jeder aus den füßfichen Staaten One Sklave ih
den ‚nördlichen Staaten dem Eigendhiiner ausgeliefert;
und nicht minder iſt die Regiermg in den letzteren be⸗
rechtiget, jeden fremden Neger, der ſeine Freiheit nicht
beweiſen fan, nach dem Grundſutz quilibet niger
praesumitur servus), °Cjeder Schwarze ift der Vebmu⸗
thung nach ein Sklave) innerhalb der“erften‘ fech® Mo;
nate nach feinem Eintritt in ihr‘ ‚Gebiet für das Go
vernement ale Sklaven einziehen" welches indeß ſel⸗
ten oder niemals zu geſchehen pflegt, weil die ndrbli⸗
chen Staaten die Aufhebung der Sklaverei fehr! wůn
fchen, die aber ſchwerlich erfolgen‘ dutfte, indem die
füdlichen unter keinen Umſtaͤnden in die Abſchaffung
willigen werden Nach einem ſe chsmonatlichen Aufent⸗ 4
halt erliſcht der Anſpruch der Regierung, und nik
dann, wenn der Eigenthuͤmer den entlaufenen Sklaven
reklaͤmirt, wird er u ‚jeder Zeit ausgeliefert. Bei der
Verſchiedenheit der’ Staaten in der! union Nentfliehen
die "Neger doch ungleich ſeltener/ als" man glauben
ſollte; denn eines TDheils ſind ſie die einzigen Ind ivi⸗
duen, die zum Neifen eines Paſſes beduͤrfen/ andern
Theils ſetzen die Sklavenhalter gewdhnlich bebentende
Praͤmien auf die Wiederergreifung entlaufener Sklaven,
die der amerikaniſche Poͤbel und die Poligeibeamten auch
ſehr gern: verdienen; zudem weiß der Sklave, daf ihn,
im Falle der Wiedereinbringung, ein ſchreckliches Loos
beborſteht indem 'er,. nach vorheriger grauſamer Zuůch⸗
tigung) ſofort in die Carolinas oder Georgien verkauft
wird, wovor die Neger große ii Da ich
num durch diefe Vorerinnerung auf das Sklaven⸗Sy⸗
‚tem in Amerika, früher als es meine Abſicht war, ge⸗
tkommen bin, ſo will ich dem Leſer den Zuſtand der
— * im — ———— Hera wein Li DUGERF
„Erer iorpnite." ag 2
* — pr verfersen, ‚Bufiand der Sklaverei. Ban
Zuſtand der Neger, überhaupt.
ie Verbinden oder Verſerven der Kinder armer
ein set faft in on, si * je lege
deren —* andre Per gegen 'ein ‚Stud Geld
bis nach zuruͤckgelegtem Aſten Jahre überfaffen. Weber
dieſes Abkommen wird eine Tchriftliche Verhandlung in
der Office‘ aufgenommen, worin fich der Annehmer des
Kindes verbindlich macht , ihm Schulunterricht Koſt
und Kleidung‘ zu geben, und es zu irgendeinem Gr;
werde, es ſey ein Handwerk oder Bauerwirthſchaft zu
‚erziehen. Faſt "alle unvermoͤgende Waifen/ Kinder der
Tageldhner und Neger und der ausgewanderten deut
fchen Landleute werden auf diefe Are’ verbunden; und
da hierdurch die Kinder” den Eitern gang fremd wer—
dein; ihnen’ auch außer dem Leben hicht® weiter su ver;
danken "haben, fo iſt die natuͤrliche Folge hievon: daß
ſolche Kinder nicht die zaͤrtliche Liebe und Dankbarkeit
‚gegen ihre Eltern hegen koͤnnen, wie in jenen ändert
wo Eltern ihre Kinder feldft erziehen.
Was die Sklaverei Betrifft, fo iſt fie zwar, wie
—* geſagt, in den nördlichen Staaten, worunter
Penſylvanien und Neir:Ferfey für gewoͤhnlich auch ge⸗
rechnet werden / abgeſchafft; inzwiſchen find die Neger
und farbigen Leute doch im hoͤchſten Grade berachtet,
ſo daß fiel ſelbſt in Wirthshaͤuſern mit dem gemeinſten
— 124 —
weißen Poͤbel keine Gemeinſchaft Haben; und darum
ſuchen ſehr viele der Erſteren ihren Haß und ihre Ver⸗
achtung gegen die weiße Kaſte an den Tag zu legen,
um dafuͤr gleichſam das Wiedervergeltungs⸗Recht aus⸗
zuuͤben. Deſſenungeachtet aber findet ſich eine ſchwarze
Lady ſehr geſchmeichelt, wenn ſie ein Weißer ſchoͤn
findet, dem fie aber aus ſehr natürlichen Gründen fel-
ten treu bleiben. In Charlestoton hatte ein reicher
Deuticher in feinem Serail eine ſchoͤne Mozambique
Negerin zur Favorit» Sultanin erhoben, welche, da der
reiche , Öebieter ‚nicht. verheirathet war, die, dirigirende
Frau im Haufe, fpielte. Nach einiger Zeit befand fie
ſich in geſegneten Umſtaͤnden und verurſachte dadurch
ihrem Herrn, der keine Kinder hatte, ſehr viel Freude.
Alles für den zu hoffenden Nachkommen ‚von gemiſchtem
Blut. nothiwendige Mobiliare wurde aufs prachtvollſte
angefchafft; ſelbſt die Wiege, wurde aus. Mahagoni:
Holz; gezimmert. ‚Die Entbindungsftunde fchlug, und
ſtatt des fehnlichft erwünfchten Mulatten, fam ein ras
benfchwarzer kleiner Mozambique» Neger zum Vorfchein.
Die Ungetreue wurde dafuͤr nach Lonifiana. in. die Zucker
Plantagen verkauft. |
Das Bürger Recht fönnen ‚die Neger Peg in
Amerika erwerben; nicht minder fönnen fie. in der and»
Armee, aufgenommen werden, weil kein Amerikaner mit
ihnen ‚in Reih und Glied. ſtehen will. Dagegen. aber
können fie als Matrofen und Marine» Soldaten ‚ange:
fiellt werden, auch in eigene Compagnien gebildet, und
von ihren eigenen Dffizieren befeblige, im der Land»
Armee fechten. Ungeachtet diefer perfönlichen «Nach:
theile Fönnen die Neger jedes erlaubte ‚Gewerbe, betrei⸗
ben und. Ländereien, ſoviel als ſie wollen, beſitzen;
allein nur ‚felten iſt dieß der al, indem ; die, ‚freien
Neger. wenig. Neigung. zum. Landleben haben, und, fich
— 125 —
groͤßtentheils in kuͤmmerlicher Duͤrftigkeit in den Staͤd⸗
ten naͤhren. In ganz Penſylvanien habe ich nicht einen
Neger als Bauer gefunden; in Maryland ſah ich de—
ren wenige, worunter manche auch ziemlich wohlhabend
waren. Diejenigen, welche fich durch den: Ackerbau
nähren, find in der: Regel fehr rechtfchaffne und treue
Menſchen; auch an den Sklaven habe ich allgemein die:
Bemerfung gemacht, daß fie ein gutmüthiges und fehr
arbeitfames Volk find; und für fehr grundlos muß ich
daher den Schluß der Amerifaner erklären: daß, weil
die freien Neger von ihrer Freiheit nicht den beften
Gebrauch machten, in ihren Vermögens: Umftänden nie
vorwärts famen, und häufig auch ausfchweifend Tebten,
die gefammte Neger⸗Race zur Freiheit noch nicht reif:
fey: So lange man: den moralifchen: und. intellectuellen
Zuftandi der farbigen Menfchenklaffe nicht zu verbeffern
ſucht/ werden fie freilich dem Weißen immer noch lange
nachſtehen. Indeß ift durch eine gute Erziehung aus:
dem Meger alles: zu machen; auc) "haben die farbigen
Leute: in! Amerifa ungleicy mehr Talent für die Mufif,
als die Weißen, und daß ihr Herz nicht, böfe iſt, bez
weiſet dieß, daß man nur aͤußerſt felten von Morötha-
ten, deren fie ſich fchuldig gemacht, hörk. euch]
Wie rechtloß ihre Lage noch ſelbſt in den Nichts
Sklaven: Staaten. ift, wird fich daraus ergeben, daß
ein Weißer, der vor einigen! Jahren einen Schwarzen
im Zank todtfchlug, nur zu einjähriger Gefängnißftrafe
verurtheilt wurde. Sogar dicht vor Philadelphia wurden‘
freie »Meger bei: ihren : Feldarbeiten von: weißen Ameri⸗
fanern aufgegriffen, in verdeckte Wagen geworfen, nad)
den. Küften geſchleppt, dort auf Schiffe geworfen und
indie füdlichen : Staaten ‚die :Carolinag oder ‚Georgien,
in. Tebenslängliche Sklaverei verkauft. Ihre Freiheit;
konnten fie nicht wieder erlangen; und nun kann man:
— 126 —
ſich eine Vorſtellung machen: wie ſelbſt die obrigkeitli⸗
chen Behoͤrden und die Gerichte gegen deſe ya
Haffe geſinnt ſeyn müffen. 39
Noch mährend meiner Anweſenheit in ——
wurde ein ſpaniſches Sklavenſchiff mit einer Ladung:
von 250 Seelen von einem füdamerifanifchen Inſur⸗
genten⸗Kaper aufgebracht und in den Dafen: von Aus
gufta in Georgien eingeführt, wofelbſt die für Freiheit
und Gleichheit: fireitenden Helden‘ die gekaperte Priſe
verkaufen wollten. Das wachfame Gouvernement vom
Georgien: hievon benachrichtige, confiscirte die einge:
fchmuggelten- Neger auf den Grund des Geſetzes: der
SHavenhandel oder. eigentlich die Sklaveneinfuhr fey: in
den: Vereinigten Staaten abgefchafft. Statt aber den
unglücklichen Afrifanern, welche die Sflavenhändler am)
der Küfte von Afrifa des Nachts: in ihren’ Betten uͤber⸗
fallen und fie mit Gewalt zu Sklaven gemacht hatten,;
die Freiheit zw geben, wie jede‘ andere civififirte Nation:
gethan haben würde, bot fiendie Regierung von Geor⸗
gien durch ein-Prockama zum Verkauf in’Tebenslängliche
Sklaverei aus, und gewiß wären fie ſchon damals ver⸗
kauft worden, wenn wicht einer Gefellfchaft. von Mens
fchenfreunden den Wershndieferi unglücklichen Geſchoͤpfe
durch, Subſcription aufzubringen ſich anheiſchig gemacht,
und dadurch dien: Suspenſion des Verkaufs bewirkt
haͤtte. Wirklich, ruͤhrend war die Beſchreibung ihrer
Empfindungen, die ſie an den Tag gelegt, als ihnen
die Abgeordneten dieſer zum Beſten der Schwarzen: ſich
gebildeten Geſellſchaft die Hoffnung zu ihrer Freiheit
verkuͤndigten, woran fie anfaͤnglich nicht glauben wollten,
indem: fie einmal uͤber das audere ausriefen: „Nein⸗
es iſt nicht moͤglich“ Noch“ keiner iſt von allen deuen
zuruͤckgekehrt, die aus unſerem Lande von den: weißen
Menſchen weggefuͤhrt wurden Wer anders Fönutebei
ſolchen Scenen wohl: —— bleiben als ah ein. ame
* Seelenverkaͤufer⸗-⸗Volk?
Was aus dieſen ſchwarzen Menſchen weiter gewor⸗
Pe ift, habe ich nicht. erfahren, und nur foviel iſt mir
befannt daß die: Sklavenhalter- Staaten das Geſetz
über den Verbot der Sklaveneinfuhr fchlecht ‚befolgen,
indem im Jahre 1817 nicht weniger als 14,000 Neger
von der, Küfte von Afrika eingefchmuggelt wurden.
In der ſo ſchoͤn fich entfaltenden Roſenknospe,
dem Ohio⸗Staat, woſelbſt in Ruͤckſicht der Neger die
naͤmlichen Grundſaͤtze, wie in Penſylvanien ſtatt finden,
werden nach des Englaͤnders Faerons Erzaͤhlung junge
Negerburſche, wenn ſich das Ende ihrer ServesZeik
naht / oder: ihr Herr Geld braucht, ſehr häufig an die
Sklavenhaͤndler oder nach Natihes in Louiſiana in le—
benslaͤngliche Sklaverei verkauft. Hieraus wird der
Leſer erſehen/ daß dem amerikaniſchen Spekulanten Fein
Mittel zu fchlechesift, feinen ſtinkenden Geiz zu befrie⸗
digen. Heute führen ſie den ſuͤdamerikaniſchen Patrio—⸗
ten/ morgen wieder dem Spaniern Munition und Ges
twehresgug das naͤmliche thaten " —ñ dem Regers
Aufftande in, Sanct Domingo. 11 '
Die Unmenfchlichfeiten und "Schändlihfriten. alle
anzufuͤhren, deren ſich die Sflavenhalter gegen die Ne
ger: fchuldig ‚gemacht und noch. täglich. ſchuldig machenz
würde. allein ein Buch ausfüllen; ich will. daher die
Lage diefer unglücklichen Menfchen nur kurz beruͤhren.
Nein Sklave kann eine guͤltige Ehe eingeben, ſon⸗
dern ſobald der Eigenthümer neuen Zuwachs haben
will, und ſich Fein auswaͤrtiger Liebhaber zug, Sklavin
finder / ſo befiehlt er dem erſten beſten ſeiner Knechte,
den er für den tuͤchtigſten haͤlt, das Vermehrungsge⸗
ſchaͤft fur feinen Sklaven⸗Stall zu uͤbernehmen, und
wehe ihm wenn er nicht Luſt und Neigung dazu fuͤhe
— 128 —
fen ſollte. Sind: die jungen Neger einwenig herange-
wachfen, oder hat der Pflanzer in den Staaten Delas
vare, Maryland und Virginien mehr Sklaven als er
braucht, ‚oder iſt Fein Geld im Haufe, fo werden bie
Eltern, oft Vater und Mutter zugleich, verkauft, und
nur die Kinder zur ferneren Zucht beibehalten. Ganze
Trupps wurden bei meiner Anmefenheit in Amerifa von
den Sflavenhändlern aufgefauft, an Händen und Füs
gen zufammengefchloffen und in die Seeftädte getrieben,
von wo fie zu Schiffe nach dem Alabama: Staat ge
bracht wurden, um dort mit den zu gleichem Behuf
erfauften Würtembergifchen Serven an den neuen Fe-
ftungswerfen zu arbeiten. Auch ift es fchon oft der
Fall geweſen, daß, wenn der zu Washington verſam⸗
melte Congreß mit feinen phantaftifchen Phrafen die
Glückfeligkeit des Landes herausftrich, und die Mitglieder
fih darüber im Streit erfchöpften: ob die Amerifaner
nicht das aufgeflärtefte und glücklichfte Volk der Welt
wären, ein betrunfener Sflavenhändler, der mit feiner
gefeffelten Heerde an den Fenftern des Kapitols vorbei-
309, mit der langen Peitfche auf dem Rücken der Er:
matfeten die * Richtigkeit dieſes Lieblings⸗
Themas bewies.
In Delavare, Maryland und Virginien erhielten
die Neger zu ihrem Gries von Waͤlſchkorn, doch hier
und da etwas Speck und Salz, auch wohl Brod; al⸗
lein weiter nach Suͤden zu beſtehen alle ihre Alimente
aus einem halben Buͤſchel Waͤlſchkorn auf die Woche;
dieſen zerſtampfen ſie in einem ausgehoͤhlten Block und
machen ſich einen Gries, den fie, Jahr aus Jahr ein,
ohne Schmalz und Salz; und aud) ohne Brod eſſen
müffen. Der Genuß ungefälzener Speifen fol ihnen
häufig Blindheit verurfachen. Will ihnen aber‘ der
Pflanzer einmal einen Feſtſchmauß ' geben: ſo kauft er
..
in den. Geeftädten eine Tonne flinfend gewordenes oder
verdorbenes Poͤkelfleiſch, und ſetzt es ihnen: als, Lecker:
biffen vor. Mad) der Verficherung mehrerer Deutſchen,
die Jahre Fang. in. den Carolinas und Georgien, gelebt
haben, werden der Hund und das Schwein dort un⸗
gleich beſſer gepflegt undıbehandelty als der ſchwarze
Menſch. Herr Andreas Stoffel aus Graubuͤndten,
der mehrere Zeit in den Carolinas ſich als Handels⸗
mann aufgehalten hat, ſagt: man zweifelt an einer
Gottheit, wenn man die Grauſamkeiten anſieht, deren
ſich die Amerikaner gegen die Neger ſchuldig machen.
Soll ein Negerſklave geſtraft werden, fo ſchlingt man
ihm, einen Strick um die Händen und bindet ihn an
die Aeſte eines Baumes an, und ſo in der Luft ſchwe⸗
bend, wird er. mit einer langen Hetzpeitſche oft fo
‚lange gehauen, bis. ihm die Fetzen vom Leibe hängen.
Ein. Hamburger Matroſe, der auf dem Schiff, mit wel⸗
\ chem ich nach Europa zurückkehrte, sangefielie war) und
‚ früher fich einige Zeit in Neu⸗Orleans aufgehalten hat,
erzählte mir: er ‚habe die Neger, oft mehrere, englifche
Meilen weit; brüflen gehört , wenn „fie gezuͤchtiget wur⸗
den. Eines Tages fey er auf dem Lande geweſen, und
habe gefehen, daß zwei Negerinnen und ein Knecht das
für, meil fie ‚ohne Erlaubuiß des. Nachts in einem
Tanzhauſe gemefen, ‚auf folgende Art gezuͤchtiget wur⸗
| den: dag eine Frauenzimmer, die Anftifterind ſey der
| Länge nach auf ein Brett gelegt, am, Halſe und an
den Füßen angebunden, und «mit 30; Peitfchenhieben
auf. den Blanken beſtraft worden; vor der Erefution
fey fie dem gefühllofen Pflanzers ‚Sohne zu Füßen’ ges
ı fallen, und habe um DVerzeihung,gebeten „allein. diefer
Unmenfch habe, als der... die Execution vollſtreckende
Knecht nicht ftarf genug gehauen, ihm die Peitſche ent-
riſſen , und dieſes Buͤttelgeſchaͤft ſelbſt vollzogen. Nach
9
pe 130 —
der Execution habe die Gezuͤchtigte nicht gerade ſtehen
koͤnnen, und das Blut ſey ihr durch die Roͤcke durch-
gelaufen. Die zweite habe fich ganz ruhig aufs Brett
gelegt, das Anbinden für unnörhig erklärt, fich die
Roͤcke felbft Heraufgenommen, und während der Erecu:
tion. nicht ‚einen Lauf von fich ‚gegeben; fie und der
Knecht wären mit 12Hieben davon gefonmen.
In Delavare, Maryland und Birginien find zwar
bie Neger; da die Kälte im Winter fo fireng, wie in:
Deutfchland iſt, mit den zur Bedecfung der Blöße noth-
wendigen Kleidungsſtuͤcken verfehen, auch befennen fie
fich ale zur chriftlichen Religion, indem die Merhodi-
ften es fich ſehr angelegen feyn Taffen, fie zu ihrer
Kirche zu ziehen; -allein eines Schulunterricht haben fie
fi nur bei wenig Herren zu erfreuen. Dahingegen -
haben die Sklaven in den übrigen füdlichen Staaten
nichts "weiter als «einige Lumpen von Gad:Leinwand
an fich; "und zeitlebens befommen fie feine Schuhe auf
ihre "Füße, obgleich im Winter in den Carolinag zu
weilen Schnee faͤlltz "während dem Sommer ift der
Oberleib bei beiden Gefchlechtern völig bloß. Eines
Schul: oder religiöfen Unterrichts Haben fie fich dort |
nirgends zu erfreuen, indem «8 bei fchwerer Geld;
oder Gefängnißfirafe verboten ift, einen Neger Iefen
oder fehreiben zu Ichren. Go, oft ohne Kenntniß aller
Bande der Blutsverwandefchaft, ohne Begriffe von hor-
ror'naruralis, ja ſelbſt oft ohne Kenntniß ihrer Eltern,
werden fie glei) dem Dich aufgezogen, "gleich dem
Vieh behandelt und verfauft, entweder durch öffentliche
Auktion, oder aus freier Hand, oder auf dem Sfla
venmarkt, wo an manchen Plägen zwei Behälter, einer
für das männliche und der andere für das weibliche
Gefchlecht, angebracht find. Oft werden auch Männer
und. Weiber fingernackend. anf freiem Platz zur Schau
EEE EEE *
— 131 —
ausgeſtellt, nachdem ſie ſich vorher gewaſchen und ihre
Haut mit Cocusnuß⸗Oehl eingerieben haben. Einen
Sklaven zu toͤdten iſt der Herr nicht berechtiget; wohl
aber kann er ihn in verſchiedenen Raten fo lange zuͤch⸗
tigen, bis er den Geift aufgiebt, und erft vor drei Jah—⸗
ven haben drei Sklaven im Maryland: Staat ihren
graufamen Herrn aus Verzweiflung todt gefchlagen,
wofür fie auf den Grund des Verdachts gehangen wur⸗
den. Wer in Georgien feinen Sklaven todtfchlägt, zahlt
100, und wer ihm die Zunge ausſchneidet, 14 Pfund
Strafe; ein Pfund ift ohngefähr 3 Dollars. Mer ei-
nen Sklaven fliehle, wird ungleich härter beftraft. —
Wer von unferen politifchen Schriftſtellern wird
diefe Republik, die folche gottlofe Gefeße und Hande
lungen duldet, noch für die weifefte und glücklichfte
aller Staatsverfaffungen halten? Wer wird noch laͤn⸗
ger der Meinung ſeyn, daß Wiffenfchaften und Künfte,
gleich den fchmäbifchen Bauern in die weftliche Hemis
fphäre aus Europa auswandern? Ed würde jenen
\ nicht beffer ergehen, als diefenz fie würden verſervt
oder verfauft werden, wie es in der That fihon mans
chem Theologen und fehr vielen Pädagogen ergangen
iſt, und noch täglich ergeht. Gefühllofigfeit und Grau
famfeit find immer ein Beweis von thierifcher Rohheit
eines Bolfs; und da, wo dag zarte und fehöne Ge:
fehleche noch beftialifch gefühllos ift, Fann die Kultur
noch) feine große Vrogreffen gemacht haben.
Bonnecaſtle ein englifcher ingenieur: Kapitän ers
zähle in feiner Neifebefchreibung von Süd. Amerika:
er felbft habe es gefehen, wie eine füdamerifanifche
Donna auf einem Fahrzeug das fchreiende Kind ihrer
Negerfklavin abgenommen, es bei den Füßen gefaßt
und fo lange ind Waffer getaucht habe, bis es erftickt
fey. Dadurch Habe fie ihre Worte: ‚gebe mir das
9 *
— 132 —
—
Kind, ich will es gleich beruhigen, ! puͤnktlich in Erfuͤllung
gebrasht. Die unglücliche Murter habe fi aus Ver⸗
zweiflung in. Die Sluthen geſtuͤrzt, ſey aber wieder her
ausgezogen; und dafür derb gezüchtiget worden. „Nicht
minder»unbefannt ift es, daß eine junge und ſchoͤne
franzoͤſiſche Marquife auf Sanct Domingo: ihren fchwar⸗
zen Koch, weil er Dies Pafteten bei Gelegenheic eines
Gaftmahls nicht gut ausgebacken hatte, ohne weiteres
in den flannmenden Backofen ſchieben Tief, und einer
ihrer Anbeter, der aus ‚Euriofität die Scene, mit .anfah,
die fpörtifche Bemerfung machte: „der Kerl bat gewal⸗
tig- gezinnt. u
In den Vereinigten Stanfen Gefinben Ä ch ungefähr
2%. Million ſchwarzer und farbiger Leute, worunter
wenigſtens zwei - Millionen Sklaven, die in den Staa-
ten Delavare, Maryland, Birginien,: Kentucky, Tenneſ⸗
fee, den Carolinas, Georgien, Weft- Florida, Louiſiana
und Miffoury- Territorium: -vertheilt find. Wenn alſo die,
Sreiftaaten, da fich ihre Bevölkerung alle 20 Jahre ver:
doppelt, nach 40 Jahren eine Volkszahl von 80 Mil⸗
lionen Einwohnern haben muͤſſen, womit fie dem. alten.
Continent trogen, und ihn ſogar verſchlingen fönnen;
ſo iſt hierbei nicht außer Acht zu laſſen: daß darunter
auch wenigſtens 20 Millionen ſchwarzer und farbiger
Leute ſeyn werden, denen die Luft, Laſtthiere diefer
Welt» Bedroher zu ſeyn, wohl auch vergehen wird.
Im Staat: Delavare verhält fich die ſchwarze Bevoͤlke⸗
rung zu der weißen, wie 3 zu 1, in Maryland wie
5 zu 1, in Birginien wie 7 zu 1, in.den Carolinag
wie 10 zu 1, in Georgien und £ouifiana wie 14 gu 1.
Schon jetzt fängt das. Gefühl der Menfchenrechte
an in ihnen zu erwachen, indem man erſt voriges Fahr
ein KRomplot der Neger in Savannah entdeckte, in
welchem. die» Unabhängigkeit derfelben mit Mord und
— 13 —
Brand in Berathung gezogen wurde, Darum zittern
die Sflavenhalter in den’ füdlichen Staaten ſchon heute
und möchten gern der freien Neger; die fie am meiften
fürchten, gänzlich 108 feyn. Zu diefem Behuf hat man
eine- Reger⸗Kolonie in Sierra Leone’ errichtet; allein
die Neger haben gar feine Neigung und Luft in das
Daterland ihrer Groß-— und Urgroßeltern zurückzufehren.
Eine zweite Kolonie von. freien Negern wollte man in
die Wildriffe des Ohio» Staates verfegen, wogegen fich
die Einwohner diefes Staates ſtraͤubten, und den Ne
gern den Eintritt verweigerten. Die Beforgnig der
Amerikaner: die Neger werden über kurz oder lang dem
Lande‘ gefährlich oder verderblich fenn, ift allgemein;
und obgleich durch die: Feffeln der Sklaverei jede Ener
gie, jeder Muth - und Unternehmungsgeift ſehr unter
drückt worden, fo habe ich in Maryland und Birgi-
nien doch Neger genug gefunden, welche ihre ungtück
liche Lage gefühlt‘ Haben. In dem legten Kriege was
-: ren ‚die Engländer nur einige Tage in Virginien, und
‚dennoch hatten fie nach dem’ an die Neger 'erlaffenen
Aufruf gegen 2000 Mann unter ihrem Korps, die auch
mie ihnen abgesogen find." Ein Krieg mit England,
der gewiß nicht mehr: fo lange ausbleiben wird, er;
ſchuͤttert Amerika in feiner: Grundfeſte, fobald die Eng-
laͤnder in’ den’ füdlichen ‚Staaten Pofto faffen und dort
‚einen Negeraufſtand organiſiren. —
Wir wollen indeß ſolche ſchreckenvolle Ereigniffe,
wie fie die Franzgofen auf Sanct Domingo erfuhren,
"der guten fransatlantifchen Republik nicht: wünfchen,
obgleich die Urſachen, die fie dort herbeigeführt, auch
hier vorwalten; vielmehr fol es für ung fehr erfreulich
feyn, zu hören: die Debatten des Congreffes zu Was
ſhington über“ die Beibehaltung oder gänzliche Abfchaf-
fung oder. Milderung der Sklaverei haben folche Reful-
tate herbeigeführt, wodurch die Beforgniffe der Ameri-
kaner, die fie im Nückficht der Neger hegen, gänzlich.
verſchwinden, indem eine Republik oder Freiheit und
Gteichheit und druͤckende Sflaverei in ein Ganzes ver:
eint, ſtets als ein Absurdum ridieulum erfcheint.
Zweiter Abſchnitt
Delavare- Staat.
Nachdem das ftürmifche und Falte Wetter etwas
nachgelaffen und ber Schnee, welcher im freien Felde
beinah eine Elle hoch gelegen, fich vermindert, au
der Delavare: Strom, der in den Monaten Januar und.
Februar völig zugefroren mar, ſich des Eiſes wieder
entlediget hatte, fuhr ic) am Yten März 1819 mit dem
Dampfboot nach New⸗-Caſtle, einer Stadt 30 Meilen
unterhalb Philadelphia dicht am Fluße Delavare, in der
feften Abſicht: mich nach Baltimore zu begeben und
dort auf einem der füdamerifanifchen Sufurgenten-Kas
per freie Ueberfahre nach Süd: Amerifa nachzufuchen.
Die Nachrichten über die Süd-Amerifanifchen Infur
reftions: Angelegenheiten waren in den Nord: Amerika;
nifchen Zeitungen ſehr miderfprechend, indem einige
bald vollftändigen Sieg der Patriorfen und Ordnung
und Disziplin in der Armee, andere wieder das Ge
gentheil verfündeten. Aufs Gerathewohl hinzureifen,
wäre unflug gemwefen, indem ich meine Kaffe dadurch
fo fehr erfchöpft hatte, daß mir dann feine Wahl mehr
übrig geblieben wäre; denn die Schiff» Kapitäns forder-
ten mir bloß für die Ueberfahrt bis Weſt⸗Indien 100
Piafter für Fracht und Verpflegung, und ohne die leß-
tere 50 Piaſter ab. Auch in Weſt⸗Indien mußte ich
des Glücks gewaͤrtig feyn, ob und wann fih eine Ge
legenheit nach dem Drinoco darbieten würde, und Leicht
— 135 —
möglich war es, daß. ich dort 2 bis 4 Wochen darauf
hätte warten muͤſſen. Nach allen über die dortige Le⸗
bensart eingezogenen Erfundigungen ift es beinah nicht
möglich. unter zwei Piaſtern ded Tages durchzufommen,
indem. ſelbſt in: der ordinaͤrſten Matrofen- Kneipe woͤ⸗
chentlich, zehn: Piaſter für Quartier und Beköftigung,
worunter Gefränfe und Waͤſche noch: nicht zu. rechnen,
begahle werden müffen.. Solche Ausgaben mwolte id)
vermeiden: und von: Baltimore aus, woſelbſt fehr haus
fig die von Baltimorer Kaufleuten ausgerüfteten In⸗
fürgenten- Kaper einliefen, unmittelbar nah Suͤd⸗
Amerika oder wenigſtens zu Brions Escadre gelangen,
und: darum: unterblieb die Reife...
Die Einrichtung: eines Fe if in Deutſch⸗
land hinlaͤnglich bekannt. Auch dort iſt fie von derſel⸗
ben Art und fuͤr alle Bequemlichkeiten geſorgt. Der
Schiffsraum bildet einen geräumigen und ſehr gut aus⸗—
meublirten Saal, worin an beiden Seiten Baͤnke und
mit Gardinen verſehene Bettſtellen angebracht ſind.
Fuͤr das weibliche Geſchlecht iſt ein beſonderer Raum,
und noch ein anderer iſt hinter der Dampfmaſchine an⸗
gebracht, welcher das Kor Caſtle heißt, worin Tabak
geraucht werden kann. Fuͤr Frühftück und Abendbrof
wird ein halber und für Mittageffen 3: Piafter bezahlt.
Das Zrachtgeld auf dem Dampfboot, auf dem jedoch
feine Kaufmannsgüter verſendet werden ,.ift dem Preife
in der Poſt⸗Kutſche gleich, und nur in Amerifa, mo
der. Kaufmann ‚Speditionsgefchäfte kaum kennt, und
jeder Handeldmann ‚zur Betreibung feiner Mercantil-
‚Angelegenheiten immer felbft reifen’ muß, koͤnnen ſich
diefe Dampfboote noch) erhalten. . In England ift dieß
nicht der Fall.
Neun Meilen unferhalb : der Hauprftadt befindet
fih ein kleines, zum Schuße derfelben angebrachtes
Fort. In der Mitte des Delavare⸗Stroms iſt ein un
bedeutendes Caftell; vermuthlich auf Pfaͤhlen erbaut, in
weichem; den Schieß⸗Scharten nach, hoͤchſtens 16 Ka⸗
nonen und eine halbe Compagnie Soldaten Pak haͤt⸗
ten. Dieſem gegenuͤber iſt auf dem rechten Ufer ein
etwas größeres, mit Baſtionen umgebenes Caſtell; das
Ganze gleicht ungefaͤhr einem Bruͤckenkopf in Europa.
New ⸗Caſtle ift ein umbedeutendes Städtchen mit
einen! Court oder Gerichtshauſe; es iſt der Sitz der
Regierung des Staates, und daher von lauter Off:
cianten bewohnt; der Staat Delavare ift der Fleinfte in
der: Union. Willmington, eine andere dicht am’ Fluß
5 Meilen nach Philadelphia zu belegene und ſchoͤn ge⸗
baute Stadt, mit ungefaͤhr 3500 Einwohnern, hat eini-
gen Handel und Wohlſtand; es wohnen hier mehrere
Sehr wohlhabende: Duäfer, "denen "die großen am
Branttwein: Fluß belegenen Mühlen: gehören. Hier
befinden fich auch die Tuchfabrifen der Gebrüder Die
pont (franzöfifche Emigranten), die “einzigen, die ich
in den Vereinigten Staaten noch erhalten: haben, aber
auch nahe daran find, das Schickſal aller übrigen zu
‚erleiden. Auch ‚eine ziemlich "bedeutende Schießpulver⸗
Sabrik; ebenfalls von einem Franzoſen angelegt, befand
ſich hier. — ** weis nn bei Herrn Du
Br auf.
Wie“ Bing übrigens das Givite in Amerifa Dad
Besärfiig nach fremder Litteratur fühle , beweiſet dieß:
ein Franzofe "der hier mit seiner ſehr artigen Parife-
rin eine Conditorei etablirt hatte, und, da feine Frau
oder Geliebte dieſes Geſchaͤft betrieb, in der franzoͤſi⸗
ſchen Sprache Unterricht ertheilte, fand hier nicht einen
Zoͤgling, ſondern mußte in New⸗Caſtle, wo nicht der
‚ste Theil der Einwohner, die jener Ort zählt, wohl
"aber mehr gebildete Menſchen wohnen? ſein Sprachleh⸗
— 137 —
rer⸗Geſchaͤft betreiben. Dieſelbe Klage fuͤhrten alle
franzoͤſiſche Sprachlehrer in der Hauptſtadt / ve fie ku
ihrem Gewerbe hungern müßten.
Der Staat Delavare ift von den Schtoeden, die
hier vor etwas länger als 200 Jahren ein® Kolonie
angelegt hatten, bewölfere worden. Nach einiger Zeit
bemächtigten fih die Holländer’ diefes Etabliſſements,
und diefe wurden wieder von den Engländern ver
draͤngt. Durch die: vielen Irlaͤnder, die fich hier in
‘der Folge niederliegen, haben irifche Sitten und Cha
rakter die: Oberhand‘ behalten, ſo daß die Abkoͤmmlinge
von allen andern Völkern, die deutfchen nicht ausge:
nommen, die Sprache ihrer Voreltern gänzlich vergeffen
Haben. In einer Entfernung von 12 Meilen von Bhis
ladelphia befteht fchon Sklaverei; daher Teuchten Trunf
und Trägheit fchon in diefem Staat als Haupt: Cha;
rakterzuͤge der Einwohner hervor. Den ganzen Tag
fah ih Männer und Weiber in ihren Cabriolets (bier
Gigs’ genannt); herumkutſchieren und die Zeit mit Bi:
ſiten vertroͤdeln, und nur die in Lumpen gehüllten
Ellaven find die arbeitende Klaffe; ihre Kinder liefen
hin und wieder barfuß herum, obgleich der Schnee
‚ seine halbe Ele hoch lag. ihre Behälter, elende Bret—
ter⸗Baracken, waren gewöhnlich im Hofraum, unweit
des Wohngebäudes des Herrn, und ihr Aufenthalt des
Abends und während der Eſſens⸗Zeit in der Küche def
felben, wo ſtets ganze Gruppen von halbnacenden Ne⸗
gerfindern! um das) Kamin: Feuer gelagert waren.
Länge dem Delavare⸗Strom waren die Gebäude in
"ziemlich gutem Stande, auch veroffenbarte ſich an den
Landbefigern mehr Wohlftand, als im Innern des
Staates, weil die Niederungen am Fluſſe im Sommer
"fette Triften enthalten, und ſich daher einige BViehzuche
hier befindet, die unter den englifchen Leuten gänzlich
vernachläffiget wird, indem die Frauenzimmer die Kühe
halb verhungern laffen, die den ganzen Winter hindurch
ihre Nahrung an den auf dem Felde ftehenden Wälfch-
forn- Stauden entweder felbft fuchen: müffen ‚oder ei⸗
nige dapon vorgelegt: befonmen.- Stroh mangelt in
ganz Amerika, aus dem Grunde, weil alles. Gerraide
gewöhnlich mit der Sichel faum im der Mitte des
Halms gefchnitten wird. Ueberall fand ich; die Stop⸗
pel oft länger als eine Elle, und darum ift auch ‚der
Dünger in Amerifa fehr £oftbar, fo daß man: in. der
Kegel zum Gips Zuflucht nehmen: muß, der für den
Bauer immer ein fehr Foftfpieliges Düngungs Material
bleibt. Auch Scheuern waren bier, wie in allen. übri-
gen Sflaven»Staaten nirgends zu fehen, fondern das
Getraide wurde auf einer im Garten auf dem Erdbge
den. auggeftochenen Platte, die nicht einmal gedielt war,
der Waizen mit‘ Pferden ausgefreten und der Roggen.
mit: dem Flegel ausgedrofchen, die Waͤlſchkornkolben
entweder auf einer Mafchine abgehagpelt, oder ebenfalls
mit Pferden ausgetreten. Diefe Dreſch⸗Art ift in ganz
Ymerifa gebraͤuchlich, und nur. felten habe ich mehr
als einen Flegel in der Scheuer Flappern gehört; dag
Höchfte waren derem zwei. Drefchen und Slachs- Ars
beit ift nirgends das. Gefchäft der Frauenzimmer, und
eben fo wenig das. Reinhalten des Kuhftals. Unord⸗
nung im Hauswefen und in der MWirchfchaft war im
Delavare»Staat überall, fichtbar, und wo ich nur dag
Auge binwendete, erblickte. ich an: den: Plantagen die
fchlechteften podolifchen Edelhöfe wieder, Dieſes Ge
mälde paßt beinahb auf alle englifchen: oder irifchen
Sklavenhalter in den Getraidebau treibenden Gtaaten.
Jeder deutfche Landwirth finder hier gleich die Urfache
des Mangels am Wohlſtand unter, der; Aeferbauenden
Klaſſe auf. Große Plantagen babe ich hier nirgends
⸗ —ú— ⸗
— 130 —
geſehen, und ſelten hatten die wohlhabendſten Bauern
mehr als 2 oder 3 Sklavenknechte und eben ſoviel
Srauenzimmer, mit einer Menge jungen Zuwachs, in
dem die Neger das Begattungsaefchäft ziemlich fruͤhzei⸗—
tig beginnen. |
Ein Farmer (Bauer) von frangöfifcher Abkunft,
führte mic) in eine Plantage ein, wo der Nachlaß ei-
nes verftorbenen Pflanzers verauftionirt wurde. Der
Whisky⸗Bottel wurde fo wacker zugefeßt, daß am Ende
der Auftion nur noch wenige nüchtern waren.
Den folgenden Morgen verließ ich den armfeligen
Delavare:-Staat und wanderte zu Fuß nach Frenchtomn.
Heine Yagd-Tafche war mit filbernen und vergoldeten
Kryfofall-Uhren gefüllt, die ih in Virginien, wofelbft
alle Waaren im hohen Preife fiehen, abfegen und da-
durch meinen Lebensunterhalt verdienen wollte. — Es
war grade um bie Zeit der Aequinoctien; die Atmo⸗
fphäre war ſchwuͤl und fo heiß, daß ich nicht einen
trockenen Faden auf dem Leibe hatte, nachdem ich ei-
nige Meilen marfchirt war. Ploͤtzlich erfolgte ein furcht-
bares PDonnerwetter von einem Platzregen begleitet.
Bald glich der ohnedieß fehlüpfrige Weg einem Sumpf,
den ich oft big an die Knie durchwaten mußte. Die
fehnelle Veränderung der Atmofphäre machte einen fehr
empfindlichen Eindruck auf meinen Körper. Sch war
mitten im Walde, nirgends Fonnte ich eine Negerhütte
erblicfen, um darin Zuflucht gegen das ftürmifche Wer:
fer zu fuchen. Unter dem Brüllen des Donners und
dem Flammen der DBlige, die in jenen Ländern noch
immer graufender find, al8 in Europa, fonnte ich mich
nicht enthalten, Fluch und Verwünfchung gegen den
Elenden auszuſtoßen, der mich in dieſe unglückfelige
Lage verſetzt hat.
„Ungluͤcklicher!“ fagte ich zu mir ſelbſt, „du
= 0 —
willſt unter einem brennenden und peſtilenzialiſchen
Himmelsftrich für eine haldwilde Menfchen-Race fech-
fen! Welchen Beruf haft du, dich in fremde Händel
zu mifchen? Welche Bortheile fönnen dir bei‘ diefen
Völkern zu Theil werden? Mit unerfchätterlicher Treue
und Nechtlichfeit haft du deinem König und Baterlande
gedient; dein glückliches Verhaͤltniß fahft du mit dem
Nücen an, und ergriffeft die Waffen ale der Kampf
für Thron und Freiheit begann. Daft du nicht in den
Schlachten an der Katzbach, bei Wartenburg, bei Leip-
zig, bei Montmirail, bei’ Laon und am Montmartre
für deine civilifirten Mitbürger" gegen einen Feind ges
ſtritten, der die Tochter vor den Augen des Vaters, die
‚Gattin vor den Augen des Mannes gefchändet, den
vom Alter’ niedergebeugten Greis gemißhandelt, Naub,
Mord und alle Greuel in deinem Lande verübt hat. —
Und was war dein Lohn dafuͤr? Da man feine Lücke
in deinem Gefchäfts- Zirkel, Feinen Makel’ in deinem
Charakter auffinden fonnte; wurde da nicht zu Unwahr⸗
heiten, Verdrehungen der Sachverhältniffe, Anwendung
unpaffender Gefeße und unrichtig ausgedehnter Interpre⸗
tation derfelben, Zuflucht‘ genommen; und als alles
diefes noch nicht hinreichen "wollte, ſogar dein Abſcheu
‚gegen boghafte Ungerechtigkeit und Liebe zur Rechtlichkeit
dir zum Capitalverbrechen angerechnet, um dich in! den
Abgrund des: Verderbeng, im Mangel: und "Elend zu
flärzen, un deiner‘ vor Alter" und Gram gebeugten
Mutter und ihrer zahlreichen" Familie ihre einzige Stüge
zu rauben. Schimpf, Kraͤnkung/ uͤbermuͤthige Drohung,
Haß und Verfolgung? das war die Belohnung für |
deine Aufopferung, fuͤr alles Ungemach und Entbeh⸗ |
rung — ; Und warum? Weil dir die Narur hundiſche
SKriecherei und Heuchler- Talent gaͤnzlich verſagt hat.
Weil dir das Unweſen eines Thoren!und fein laͤcheracher
— 141 —
Muthwille einige unbedeutende Worte des Nergers aus;
gepreßt haben. — Dieß gefchah in deinem Vaterlande,
einem Lande wo das Licht der Eultur: allgemein ver;
breitet und eine weiſe Gefesgebung organiſirt iſt. Was
kann dir für ein Gluͤck dort bluͤhen, woman? dem
Menſchen, oft ohne ihn nur anzuhbren, den Strang
um den Hals ſchlingt, und ihn au den erſten beften
Baum knuͤpft. Laß deine uͤberſpannten Ideen und
Traͤumereien fahren, und ergreife irgend ein Geſchaͤft,
wodurch du dir drod und einen Nothpfennig aufs Als
ter erwirbſt. Eine glaͤnzende Carriere iſt dort nicht zu
machen, und eine lohnende noch weniger.“
Der innere Aufruhr legte ſich am: Ende wieder,
und meinen Lippen entgingen die beruhigenden Worter
„es giebt ein ewiges, untrügliches und allwaltendes
Weſen, vor dem keine Schandthat ungeſtraft bleibt!“
Endlich erreichte ich im Felde eine Negerhuͤtte, trock-
nete dort meine durchnaͤßten Kleider am Kaminfeuer,
und glimmte im Zirkel einer aus dem Mulatten halb
ins Negergeſchlecht wieder uͤbergegangenen Frau und
ihrer kleinen Familie meinen Cigarro, und da ich auch
ihr einige davon geſchenkt hatte, leiſtete ſie mir im
Dampfen wacker Geſellſchaft. Nachdem ich meine Klei—⸗
der getrocknet hatte, brach ich auf, und langte ſchon bei
finſterer Nacht und im hoͤchſten Grade ermattet, in
Frenchtown auf dem Dampfboot an. Gegen eilf Uhr
des Nachts brachen wir auf, und des Morgens bei
Tages Anbruch hatten wir ‚beinahe SO Meilen zuruͤckge⸗
legt und Baltimore im Geſicht. Ungefaͤhr zwei Meilen
vor der. Stade war zum Schuß derfelben ein: Eleineg
Fort angelegt. Hier ‚hatten die Engländer im Sabre
1813 mit der Miliz von Baltimore ein Eleines Gefecht,
in welchem, nebft 40 Mann Getödteten und Bleffirten;
auch der: fommandirende General, Namens Roß, blieb.
— 142 —
Letzterer wurde an der Spitze ſeiner Truppen von einem
amerikaniſchen Büchfen: Schügen (Riflemen) getoͤdtet,
und verurſachte durch feinen Fall den Ruͤckzug der Ar-
mee. Der Heldenmüthige Riflemen war ein junger
Burfche von 15 bis 16 Fahren, der, nachdem er den
feindlichen Befehlshaber erlegt hatte, zum zweitenmale
Ind und nun, von mehreren feindlichen Kugeln durch⸗
bohrt, felbft fiel: Nur er allein ftand, da alle Uebri⸗
gen bereits die Fluche ergriffen hatten, und rettete Bal-
timore; wohl verdiente er, daß feine Mitbürger ihn
durch ein’ Denfmal ehrten.
Dritter Abſchnitt.
Schilderung des Staates von Maryland,
Es war bereits im Anfang des Monats April, als
ich in Baltimore anfam, und dennoch war die Luft fo
fehneidend Ealt, daß es kaum auf dem Verdeck auszu⸗
halten war. Ein mehreres über den Winter und bie
Witterung fol in einem andern Capitel geſagt werden.
Hier in diefem Abfchnite will ich meine Bemerfungen
nur über die Stadt Baltimore und den Staat von
Maryland vortragen. Erſtere ift die City oder Haupt⸗
ftade des: Ießteren. City heißt eine Stadt nur dann,
wenn fie 25,000 Einwohner hat; alle übrigen Städte
die diefe Volkszahl nicht enthalten heißen Towns. Die
Eity von Maryland Hat -ihren Namen Baltimore von
den Einwohnern erhalten, um dadurch das Andenfen
an den Lord Baltimore, eines fehr verdienſtvollen
Gouverneurs: diefer Provinz, zu ehren, welcher die ers
ſten Koloniften hierher geführt und überhaupt die erfte _
— 8
Niederlaſſung gegruͤndet hat. Die rapide Bevölkerung
dieſer Stadt erregt faſt unſer Erſtaunen; denn im
- Aa
Sabre 1752 ftanden an ihrer Stelle nur elende Fiſcher⸗
huͤtten, und jegt zähle fie bereit an 70 bis 75,000
Einwohner und ift fonach die dritte Seeftadt in der
Union. Die Urfachen diefer fchnellen Bevölferung find
hauptfächlich in ihrer für den Handel fo günftigen Lage
zu fuchen; denn fie Liege dicht an der Meerbuche (die
Chefapeat:Bay), die wie ein Fleines Meer ausſieht und
die größten Linienfchiffe trägt.
Auf dem Fluß Susquehanna werden aus dem
Norden und Weiten von Penfplvanien, beinah auf 400
Meilen weit Her, faft alle Produkte nach Baltimore zum
Verkauf verfender. Auf dem Porhomaof, einem Fluß,
der zwar nicht fo breit als die Susquehanna, aber une
gleich waflerreicher ift, und in den Alleghenys unfern
des Ohio: Staateß entfpringe und fich ebenfalls in die
Chefapeaf ergießt, werden die Produfte des Tüdlichen
Penfplvanien, von Maryland und des nördlichen Dir:
ginien zugeführt. Der Wohlftand und Handel von
Baltimore wird immer mehr twachfen, je mehr Bevoͤl—
ferung im nördlichen und weſtlichen Penfplvanien und
Virginien fich erheben werden. Denn hoffentlich) wer:
den fowohl die Amerifaner, als die eingewanderten Eu:
ropäer, endlich zur Vernunft und zur Ueberseugung
fommen, daß in der Weftern- Country auch fein Gold
und Silber waͤchſt, und der Boden überall angebauet
| werden muß, wenn er Erzeugniffe bringen fol. Darum
werden fie auch die unermeßlichen Wildniſſe in der Nähe
der Seeſtaͤdte eher, als die davon entfernten anbauen,
— wodurq Baltimore am meiſten gewinnen wird.
Was die Bauart der Stadt betrifft, ſo iſt ſie bei⸗
the nach demfelben Plan und in dem nämlichen Styl
ia; und find die Umgebungen
Bde und todt, fo find fie es dort noch weit mehr.
—— und Sunpfeler denei nicht ein Baum
—
ER — 144 —
zu ſehen iſt, bilden die Environs der Stadt. Nirgends
iſt ein Garten oder eine Anlage von Baͤumen zu fehen,
und daraus ziehe ich. abermals den Schluß, Daß der
Amerikaner für Natur - Schönheit durchaus feinen Sinn
hat. An gutem. Zrinfwaffer mangelt e8 auch hier, und
gutes Bier iſt in ganz Baltimore nicht zu finden ,. 109:
felbft nicht mehr. als 5 DBierbrauer find. _ Porter und
Ael werden aus Philadelphia eingeführt und ſtehen da:
ber. bier. in. ungleich höherem Preiſe ale dort; auch ift
die Lebensart hier ungleich theurer. Der Hit felbft iſt
noch ungefunder als Philadelphia, und wenn ein, heißer
Sonmer eintritt, ſtellt fi) auch das gelbe Sieber ein.
Das Land an der Chefapeaf, und der ganzen Küfte des
atlantiſchen Meeres iſt eine hoͤchſt traurige, duͤrre und
wenig bevoͤlkerte Sandwuͤſte, auf der die blaßgelben
Menſchen, gleich lebendigen Leichen, umherwandeln,
woran die vielen Suͤmpfe und der Mangel an gutem
Getränke wohl hauptfächlih Schuld ſeyn mögen. Ueber
die Verwuͤſtungen, die das gelbe Fieber im legten
Sommer bier angerichtet bat, wird ‚weiter unten Mer
erwähnt werden. 4
Auch Hier find die Einwohner ein Gemifh von
allen Nationen. DBerfchiedene Deutfche haben feit der
Unabhängigkeit Amerikas auch bier ein bedeutendes Ver⸗
moͤgen erworben, allein jetzt iſt der Handel ſehr geſun⸗
ken, und einen Beweis der Geldnoth gewaͤhrt dieß: daß
in der City innerhalb 8 Tagen zwei Banken ihre, Zah⸗
lungen eingeſtellt haben, wobei der Expraͤſident Jeffer⸗
fon einen Verluſt von 30,000 Dollars an. Bank⸗Stoks
erlitten bat. Dieß zeiget, daß au. bie amerifanifchen
Erkönige Papiergefchäftchen machen. j |
Unter den Einwohnern. waren auch viele Neger,
die fich durch einen fchöneren. Wuchs, eine dunklere
Haut Wi — — Geſchteiuge ‚vor denen in
Bi 4
|
|
|
|
|
|
et 145 ba.
—
Philadelphia auszeichneten. Auch hier, ſo wie in Phi⸗
ladelphia, waren mehrere Neger und Negerinnen aus
Sanct Domingo, beſonders aus der Republik eingewan⸗
dert, die ſehr uͤber die ſchlechten Zeiten und das Ver⸗
ſchwinden des Wohlſt andes auf der, Inſel klagten, und
ſoviel ich aus ihren Reden ſchließen ‚fonnte, mögen
viele von den freien Negern ſich die alten Zeiten der
franzoͤſi iſchen Herrſchaft wieder zuruͤckwuͤnſchen. a
Sehr „viel Intereſſe fuͤr die Europaͤer hat das
mannichfaltige Sarbenfpiel der colorirten Kaſte. Ein
Weißer und eine Schwarze erzeugen -einen Mulatten.
Seine Haut iſt dunkelbraun, die Geſi ichtszüge regelmaͤ⸗
fig und ſich fehr dem europdifchen Profil nähernd, fein
Haar iſt nicht mehr wollig, aber dennoch kraus, ſein
Koͤrperbau iſt mittel und kraͤftig, und nie ſah ich einen
Mulatten mit einer widrigen Geſi ichtsbildung. Die
Männgr. beſitzen mehr. Unternehmungsgeift und beſſere
Verſtandeskrafte als die Neger, und, da in ihren Adern
gemiſchtes Blut wallet, nicht ſoviel Gutmuͤthigkeit als
letztere. Aus der Vermiſchung eines Mulatten mit ei⸗
ner weißen Perſon entſteht ein Quarteron. Dieſe ha⸗
ben ſehr blaſſe, aber doch angenehme Gefichtszůge / leb⸗
#2: 77 3%
| hafte Augen und. fehon ‚ganz ausgedehntes Haar. Nach
Doktor Franklins Syſtem iſt ein Quarteron ein Mu⸗
latte hon 96 Theilen weißen und 32 Theilen ſchwarzen
bis zu 71 Theilen weißen und 56 Theilen ſchwarzen
Blutes. In den Freiſtaaten findet man nicht, ſonder⸗
lich viel Quarterons indem farbige Leute gewoͤhnlich
mit Individuen von ihrer Kaſte Ehen eingehen. Ein "Mus
latte wuͤrde es fuͤr ſchimpflich halten mie ſchwarzem
Gebluͤt ſich zu verehlichen; indeß geſchieht es doch zu⸗
| weilen,, und, dann kehrt das gemiſchte Blut na und
nach wieder zur ſchwarzen Kaſte zuruck. Die, ermi⸗
KR der, kupferfarbigen Kaſte — 5 mit der
= 6 =
chwatzen giebt, ein ſehr dem’ Oſtindiſch⸗ Malaiſchen Co⸗
Torie ſich näherndeg Produkt, r
“Mebrigens warf man auch hier "dem "colorirten
Volkchen eine ſehr große Neigung zu den Freuden des
Baus und der Venus vor; auch hatte fich während
meinem Hierſeyn ein ſehr tragiſcher Fall ereignet: ein
portugleſiſcher Matroſe hatte zuerſt ſeinem ſchwarzen
Liebchen/ und dann fin ſelbſt den Hals abgeſchnitten;
Aus welchen Utfachen mußte man nod) nicht. a6
So wie zu Philadelphia im König von Preußen
und in der deuffchen Harmonie, fo war hier im rothen
Oöhfen bei Herrn Oppermann (einem Sachſen) det
Verſammlungs Ort der Deutſchen, wo Bier geftunfen,
Karten gefpielt hd’ Tabak geraucht würde. Diefe drei
Etgenſchaften und Fiebe zur Geſelligkelt zeichnen den
Deuefchen in Amerika gleich von der iriſchen Kaſte aus.
Ä Lehtete ſitzt in der Taverne gewöhnlich mie überfchläge-
nen Sähenteln, deh Whisky⸗ Humpen und die Waffers
Fahne vor ſich den Mind nie Taback bollgeſtopft / aus
dem die Sache zuwellen aus den Winkeln uͤber das
ginn ihten Abflug Mint, und ſich ſtreitende ob die
yfs "oder Torrys fdderaliſtiſche oder demokratiſche
pe atthei) die Oberhand behalten tete; ihr Anzug if
"serlumpe: und fchmnunig wie ich das Coſtum von
Be en Bürgern ih der Trag ddie Coriolan, auf
dem Thrate er in —— gefehen habe. —
Außet were) et a. in Baltimore anfäffigen Bär
Wh en fanden fich ch mehrere erſt kurzlich ausgewan !
| * — manche über ihre: traurige e
ip ü "Berftpeiftung geriethen, indie
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Ä 55 ein. Yo, er Mechanttus eich,
MR, aus. *
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heinſe en Landweht; "der
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In ih auch wei pre
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entfallen: Sie trieben Faufmännifche Gefchäfte in Com⸗
pagnie und hatten fich acht Monate lang im Cap Henry,
der Hauptftadt des Königreichs Haity aufgehalten, und
theiis dort; theils in. Charleftown und in Baltimore
ihre Waaren abgeſetzt, in Haity Kaffe. eingetaufcht,
diefen wieder in Baltimore verfauft, und dafür Baum:
wolle eingefauft, womit fie in ihr Vaterland (ing Ber;
gifche) zurückkehren wollten. Mit ihren! Gefchäften was
ren fie eben nicht fehr zufrieden, und über das Reich
der Schwarzen theilten ſie mir fo volftändige Auskunft
mit, als wenn ich felbft da gemwefen wäre. Da ich'fels
bige unter dem Kapitel: Zuftand von Sanct Domingo,
zur Kenntniß des Leſers bringen werde, ſo will id)
meine Erzählung bier nur auf die Beobachtungen in.
Maryland befchränfen, und noch einen Augenblick bei
Baltimore ſtehen ‚bleiben, worin * — we eine
Woche’ zugebracht babe.
"Hier im Öppermanns Taverne RR mir: ein
ehemaliger preußifcher Regierungs⸗Secretaͤr aus den
Rhein» Provinzen, daß wenige Wochen vor ‚meiner An⸗
funfe auch zwei deutfche Barons, einer Namens
Reitzenſtein aus Baiern, und ein anderer Namens
Jungbluth aus Hannover hier logirt, und ſich auf ei⸗
nem Inſurgenten⸗ Kaper eingeſchifft haͤtten, um in ſuͤd⸗
amerikaniſchen Dienſten ihr Gluͤck zu verſuchen. In
Savannah habe ſie der Kapitaͤn ausgeſetzt, weil er an
die europaͤiſche Kuͤſte auf Kaperei ausgehen wollen,
und ſie zu dieſem Geſchaͤft Feine Luft fühlten. Reitzen⸗
ſtein ging eines Tages auf die Jagd, und ſein Reiſe⸗
vefaͤhrte blieb zurück, Als erſterer zurückkehrte, fand er
"feinem * geringen Leidweſen/ daß fein infamer
Reif führte, Den er gänglich unterhalten feinen Koffet
Ä ſammtlichen ‚Kleider und Leibwaͤſche und
Thaler Geld waren; geſtohlen und fichTent:
” m |
— 148 —
weder nach Sanct Domingo oder Neu⸗Orleans einge⸗
ſchifft hatte. Der ungluͤckliche Feitzenſtein gerieth ins
groͤßte Elend und konnte aus Mangel an allen Mitteln
dem Diebe nicht einmal nachſetzen. Dieſer angebliche
Baron von Jungbluth hatte rothes Haar und will, ſei⸗
ner Ausſage nach, bei einem preußiſchen Jaͤger⸗Batail⸗
lon die letzten Campagnen mitgemacht haben (2). Er
war ein großer Poltron und Haͤndelmacher, der ſich,
wie man mir ſagte, bald mit dem, bald mit jenem habe
herumſchießen wollen, womit er in Ymerifa, nicht wenig
— worden iſt. |
Im Hafen zu: Baltimore fand ich wirklich 3
‚fübemerifanifche Kaper vor, die, aber beide von Balti-
morer Kaufleuten ausgeräftet waren. Ihre Namen wa:
ren Independenz und Puiredon. Auf der erfieren er-
kundigte ich mich: ob ich freie Ueberfahrt nach. Süd»
Amerifa oder eine Anftellung beim Geſchuͤtz erhalten
koͤnne/ indem: ich, wenn ich auch nicht Artillerift: gewes
sfen , dennoch durch Studium einige Kenntniffe vom Ar;
tillerie⸗ Fach mir verfchafft hätte, und daher wohl im
Stande wäre, eine» Kanone, und auch eine Haubige zu
bedienen. +: In der That: hatte ich auch Scharnhorfts
militaͤriſches Tafchenbuch zum Gebrauch, im Felde ſo
einſtudirt, daß ich vielleicht in meinem Vaterlande ein
Faͤhndrichs⸗ Examen bei der Artillerie Dirt beſtehen
koͤnnen. 4 J
Dieſer Kaper mar nichts weiter als ein alte
liches altes Kauffarthei-Schiff, das. mit 12. Kanonen
und 72, Mann ‚bemannt: war. » Die Kanonen - waren
ſehr kurz und beinah von dem Kaliber unferer Haubiß-
Mortierez ſie lagen auf dem Verdeck, bloß mit Keilen
‚fefigeflammert, „und hatten weder ein Vifie an der
Mündung des Rohres, noch war ein Nichtungs- Anfaß
vorhanden, ;; Zur Bedienung, dieſes Geſchuͤtzes gehörte
ö— — — αν
— EEE TEE TEE
— 149 —
« weiter, als Pulver und eine Kugel in die Min
dung. zu werfen, und‘ die, Lunte über das Zuͤndloch
zu halten. Schon aus dem, ganzen. Artilerie- Park
konnte ich entnehmen, daß ich mit meinem Scharnhorſt⸗
fchen Handbuche einen General der Artillerie hier vorſtellen
könne. Der Commodore war ‚ein, gewöhnlicher Kauf,
farthei- Schiffer, fein Schiffs-Arzt Namens Brown, |
ſchien zugleich den erften, und ein Indianer, der vermuth⸗
lich aus Boſton oder Canada war, den zweiten Lieute⸗
nant vorzuſtellen. Der letztere war ein brutaler und
roher Kerl, der das Wort Kameradſchaft gar nicht zu
kennen ſchien. Die Mannſchaft Mar ein zuſammenge⸗
laufenes Gefi ndel von’ Mattoſen aus allen Nationen.
Schon wie ich diefe ſaubere Kameradſchaft ſah, Hatte
| ich genug. Mebrigeng erfuhr ich vom Doftor Brown:
der Kapitän brauche feinen Dfficier und werde nicht
nach Sid; Amerika, fondern an die ſpaniſche Küfte auf
den Kreuz⸗-Zug fegeln. Mehrere Monate nachher las
ich in den Zeitungen: das Schiff Independenz fey an der
ſpaniſchen Küfte geſtrandet, die Mannſchaft habe fich
auf dem Boot nach Afrika zu retten geſucht, ſey aber
von den Spaniern eingeholt und außer dem Kapitaͤn
und Lieutenant, welche ſich eine Kugel durch den Kopf
geſchoſſen, ſaͤmmtlich zw. Gefangenen gemacht worden.
In Baltimore fand ich auch wieder, die ‚Zeitungen
aus verfchiedenen Gegenden der Freiſtaaten vor, aug
denen ich der Merkwürdigfeit wegen — Annoncen
extrahirt habe.
4) Fo be sold. Zw verkaufen. En gefundes
ſchlankes und ſtarkes Negermaͤdchen von der Mozambi⸗
que⸗Race, 18 Jahr alt, von gutem und. moralifchen
Charakter und in allen weiblichen Arbeiten unterrichtet,
iſt zu verkaufen bei —— Blee am Wharf Ir 2.
in Dalinsıe,
ee
9) ’Vendue —— Im Flower Townſhip
Ste; Court, im Staate von Nord: Carolina ſoll auf
den 20fen' May Nachmittags um MUhr das Mobiliar
und Grundvermoͤgen des Pflanzers Adams im Wege
der Execution fo wie auch eine: Quantitaͤt Vieh: Pferde,
Kuͤhe Schaafe, Sauen und eine Anzahl Neger-⸗Skla⸗
very worunter Männer, Weiber und Kinder, gegen
gleich baare Bezahlung an den Meiftbietenden verkauft
werden. ' Beßtere Re zu na ‚Zeit in Angenfepein
rede erden.
Peter Bastel 1 Cheriff.
Pr 3). * awai: if meggelaufen. Am ————
Sonntag iſt mein Lehrbube ein fauler, nichtsnutziger
und zu allen Schurkereien aufgelegter Burſche von
17 Jahren, weggelaufen. „Wer mir ihn wiederbringt, 1
kriegt 6 Pfennige —2 aber keine - Koften er⸗
ſtattet. | |
4) Take’ Notice, ——— hierdurch ——
und gewarnt dor dem Schwindler Jeſſe Dougherty;
er heirathete mich am Orten November und entdeckte mir
einige Wochen nach der Hochzeit, daß er noch ein an
deres Eheweib am Leben habe, und ehe ich mich ver
fah, hatte mich der Niedertraͤchtige auch verlaſſen, und
eins meiner "beften "Pferde mitgenommen. | Einer von
meinen Nachbarsleuten feste ihm nach, nahm ihm das
Pferd ab, und brachte es mir zuruͤck. Erwähnter
Dougberty ift 40. Jahr alt, 5 Fuß 10 Zoll groß und
breitſchulterig, hatte dicke Lippen, dunkles Ausfehen,
braune Haare und graue Augen; er iſt auffallend haͤß⸗
lich und von fchlechtem Ausſehen, den hißigen Geträns
fen fehr ergeben und von Profeffion — ein Lügner —
Ich warne hiermit alle Witten, fich vor 'diefem
Schteindler zu hüten, indem er bloß nach ihrem Ber:
b
!
—J
———
J
Eu
J
— 11 —
moͤgen trachtet, und wenn er es hat, men ſithiaen
— zum Teufel ‚sehen: aunyYR9 ———
Auch wird jedermann gewarnt, ſich mit dem
Pen Sefchäfte,einzulaffem und im; voraus Hera;
füchert, daß sich Feine Zahlung leiſte weil ich die Ehe;
als null und geſetzwidrig betrachte. — Hoͤrt nicht auf
feine. Luͤgen! Was er auch immer von feinem Eigen⸗
thum in dieſem Diſtrikt ſagen mag. Beſagter Dougberty
hat eine Menge Weiber vielleicht 8 big: 10, ich kenne
deren Zahl nicht genau; auch wird er ohne Zweifel
noch 8 oder 10 dazu nehmen, wenn er es im Stande;
ic glaube, or er auf dieſem Wie; kin: Bi
| we ru aA — ——
ER "la. Dovo per
—* aan ‚im, Staate von N |
Diefes, —— welches wirklich in der Zeitung
von Lexington geſtanden, habe ich darum hier angefuͤhrt,
weil es einen nicht unbedeutenden Theil der Ehemaͤn⸗
ner unter dem gemeinen Volke, und das Loos vieler
Ehefrauen und Wittwen dem Leſer darſtellt
2, Ehefcheidungen find in der That etwas ſeltenes in
Amerika, und unter der gemeinen Klaſſe um ſo mehr,
als dieſe die Koſten dazu nicht aufzubringen vermag:
Aus dieſem Grunde iſt in England das Verkaufen durch
die Geſetze gebilliget, um dadurch die Separirung ber
armen Volksklaſſe moͤglich zu machen, weil keine Ko—
ſtenfreiheit dem Advokaten zugemuthet werden kann.
Wollen ein Paar arme Eheleute auf die leichteſte Art
geſchieden ſeyn, ſo fuͤhrt der Mann ſeine Frau am
Strick auf den Markt und ruft aus: ‚Wer kauft mir
mein Weib ab?“ Gewöhnlich tritt dann ihr Liebhaber,
der davon ſchon unterrichtet iſt, oder einer ihrer näch-
ſten Verwandten hervor und nun ſchließen diefe den
Handel ab. Der gewöhnliche Preis für eine dergleichen
x’
h f
= in —
Lebenshaͤlfte iſt ein Schilling (7 Gr.) edet Venen 9
— auch nur 6 Penns (34 Gr.
ae: Amerika exiſtirt dieſes loͤbliche — —*— und
Re? ſchieben die Männer gewöhnlich” ab, wenn fie
ihrer Ehegenoſſinnen uͤberdruͤßig find.’ In Maryland)
und Birsinien- hörte ich mehrmalg, daß. verfchiedene
Männer ſchon bis 4 Frauen, manche mit 4 bis 5 Kin:
dern verlaſſen haben." Unter andern etzaͤhlte mir
eine Deutſchamerikanerin/ daß fie ihr Ehemann mit
5 Kindern verlaſſen/ und mit feiner aͤlteſten Tochter
in blutſchaͤnderiſchem Umgange gelebt habe, welche letz⸗
tere durch irgend einen Zufall ums Leben gekommen iſt.
Gewöhnlich find dies Leute weiche nichts zu verlieren
haben, und jeder etwanigen Strafe dadurch entgehen,
daß fie ſich in einem andern Staate auf einige Zeit
nie derlaſſen/ Dh die". — * in ——— —*
men‘ N,
Guͤr Wittwen Säle es hier getsößntich: — wie⸗
PR unter. die Haube zu fommen; undeben fo für
Mädchen von geſetzten Jahren, indem die’ Amerikaner
und Amerifanerinnen, im Punkte des Herzens, wirklich
mehr Delikateffe beſitzen und mehr nach Bee
ie. a heirathen als die Europäer... > °
Durch dieſe Bemerkungen bin ich von FE Schil⸗
— von Baltimore ganz abgekommen. Dieſe
Städt hat wegen ihrer Jugendlichteit nichts von Be—
deutung aufzuweiſen, ja nicht einmal ein permanentes 7
Teaser befindet ſich hier, ſondern die” Truppe von
Philadelphia befucht. nur. im Sommier auf einige Mos
nate Diefen Ort. Auch dag gefellige Vergnügen ift hier
fehr: befchränft und ohne Intereſſe, weil’ das weibliche
Geflecht an öffentlichen Converſations⸗Zirkeln (einige
wenige Bälle ausgenommen) nicht Theil nimmt. Ver⸗
— ſieht der Fremde ſi ſich des —— nach San
= 15 —
tengeſellſchaft oder Landparthien um Wil er an die⸗
ſem Tage Menſchen ſehen, ſo Farin! er dieß nur in der
Kirche. Spiel Parthien ſind den Amerikanern etwas
ganz unbekanntes, indem ſogar dag‘ Oli unter ‘die
— Spiele gehoͤrt. * n
Waͤhrend meines Hierſeyns when. an der neuen
Balken Boͤrſe gebauet; auch ſah man überall am
Werft Maurer und Zimmerleute thaͤtig, neue Speicher
und Waaren» Behälter zu erbauen." Iſt man aber’ von
der Hauptftraße abgefommen; ſo biefen ſich dem Auge
überall wuͤſte Pläge, -und neben’ den fchönen —**
** die elendeſten Holzbaracken dar.
ch merfe es dem Lefer fchon an, daß er: bald in
/ uUnwillen über mich ausbrechen wird, weil ich ihn fo
NEE RE ER AE
lange mit Erzählungen von Thatſachen unterhalte, die
ihm nicht "intereffant 'genug find, indem fie zu wenig
Ungewöhnliches in fich faffen. Warum; wird er fagen,
ſchildert der Verfaſſer ung nicht den Glanz und die
Herrlichkeiten eines reichen Pflanzers?' Wie er ſich auf
der Hangematte fchaufelnd, von ſchoͤnen Sklavinnen
mit Fächern von Palmblättern Kühlung zufächeln laßt;
warum nicht von feinem Görtermahle von Ananas, Bas
nanag, Aprifofen; Muskateller und Palmwein, von: den
muntern Neöigen feiner Sklaven, die er, um fih zu ers
Beitern ‚und die Zeit zu vertreiben, dann und wann
aufführen: läßt. Nur ein wenig’Geduld, ich bin eben
daran, auch darüber eine Schilderung ans Tageslicht
zu fördern. Länger als drei Monate habe ich in den
Sklavenſtaaten zugebracht und fie fo nahe am atlanti⸗
ſchen Meere durchftreift, daß ich beim. Sturm das Tos
ben der See gehört; nicht minder habe ich fie auch am
ige der Alleghenys und Apalachen: durchreifet. Was
mer kenswerth ſ ſchien, faßte ich auf und theile es
hier mit; Aue: muß ic) auch im Nückfiche der ı
Sflapenhalter bemerken daß ich ihren Zuſtand nicht. fo;
gefunden, wie sich, ſonſt mir ihn gedacht, ‚ober, ihn auf
Kupferftichen abgebildet, oder in: Romanen und Comör
dien und auch. in smanchen Weiehefiheiöunnen depuen
— geſehen habe. Rn
Statt Ananas und Bananas ein Baar in
der Luft getrocknete und. gebrastene und oft wie die, Peſt
ſtinkende Heringe, ein Stüd Speck und. einige Eſſig⸗
gurken (Pikels) nebſt Brod oder. Heinen Kuchen von,
Indian: Korn (Mais) die Tafel, ſtatt Malvaſier oder
Palm» Wein fand eine, Bottel des göttlichen Whisky,
darauf, um mit Wafler gemiſcht, den Gaumen des,
über Leben und Tod der ſchwarzen Populace gebieten-
ben Nabobs zu Figeln, und feine Sinne in ein. ange⸗
nehmes Näufchchen zu verſetzen. In der in Geſtalt «is
nes Autichambre erbaueten Küche waren drei oder vier
zerlumpte ſchwarze Frauenzimmer geſchaͤftig, allein alle
vier leiſteten den ganzen Tag hindurch nicht dag, was
ein deutſches Dienſtmaͤdchen in einem Vormittage thut.
Um die vier Schreckensgeſtalten herum mar. eine Gruppe
von Negerbuben und Negermaͤdchen; erſtere hatten zu
ihrem Gewande ein Hemde von Sackleinwand, von
Schmutz ſo ſchwarz wie die Erde; vorn war es faſt bis
an den Nabel aufgeriſſen und hinten hatte es wieder
einen Riß bis ans Kreuz, fo daß es beim Buͤcken des
8 bis 9 jährigen Rigritier ſich jedesmal, gleich einem
Bett⸗Pavillon, entfaltete, und den in der gewoͤhnlich
offenſtehenden Stube. ausgeputzt daſitzenden jungen La⸗
dys des Pflanzers eben feine ſehr romantiſche Bellevue
gewaͤhrte. Im Hofe oder auf dem Felde waren unge⸗
faͤhr ein halbes Dutzend Negermaͤnner und Buben be⸗
ſchaͤftigt, denen ihre ungluͤckliche Lage und der hoͤchſte
Mißmuth auf der Stirn geſchrieben ſtand. Zwei kraͤf⸗
tige Europäer —— zu auch. — * * vw Arbeit
übertreffen. | N8 ads
So habe ich die ar —* — und
nur die des Esquir (Squeier‘)' Karell; 150Meilen von
Baltimore faßten 500 ſchwarze Sklaven auf ihrer Flaͤche,
die ſich auf 4 Meilen ind Quadrat erſtreckte. Maͤnner
und Weiber: waren auf den verſchiedenen Beſitzungen
vertheilt, und erftere mit Feldarbeit und letztere in ei⸗
nem Magazin mit Wolleſpinnen und Weben beſchaͤftigt.
Sie erhielten auf die Woche einen halben Buͤſchel
Waͤlſchtorn und 4 Pfund Fleiſch fuͤr den Mann.
NAuf meiner Wanderung: von Baltimore nach Fries
brichhenibit 50 Meilen weſtlich vom erfteren Ort), fand
ich die Gegend fchlecht bevölkert, und oft mehrere Mei⸗
ben weit! Feine Plantage; der Boden war: röthlich , ſehr
uneben amd bergig, "und an manchen Stellen, beſon⸗
ders auf den Anhoͤhen, ſo ausgeſogen/ daß er oft 6 big
9 Jahre brach liegen muß; ehe er wieder benutzt wer⸗
den kann. An der Chauſſee traf ich —* en. zu
Sabrifen die aber gänzlich ſtill ftanden. ’
Sriedrichstoron 'ift eine ziemlich gut * Stadt
mit ©4080 Einwohnern, fie ift eine County» Stadt und
folglich der Sig von mehreren Civilbehörden. Der Ort
iſt ungleich aͤrmer als die Landftädte in Penfyldanien.
Hier bei Friedrichstown iſt ein ſehr fchönes Thal (die
MWalley von Friedrichstown ). welches 'größtentheils von
Deutſchen bewohnt ift,:die aber, obgleich fie alle ſelbſt
‚ arbeiten, dennoch auch Sflavenhalter find, jedoch dies
felben viel befjer behandeln als die Iriſchen die Ihrigen;
fie geben ihnen beſſere Kleidung und die Koft von ihr
rem Tifche, indeß durfte fich doch kein Schwarzer mit
ihnen zugleich an den Tiſch fegen, wenn fie auch engl
Arbeiten 2 haften.
— .156 — ⸗
Viele verkaufen die Negerkinder nur bis zum Aſten
oder 28ften Jahre. Der Unterſchied im ganzen Haus:
und Wirthfchaftswefen warnaugenblicklich zu bemerken;
und was mich am meiften überrafchte, war: die Nigri⸗
tier und Aethiopier hier die Mutterfprache der **
nier und Markomannen reden zu hoͤren.
In Friedrichstown hielt ich Oſterfeſt/ und —
die lutheriſche Kirche, worin der Prediger, ein Mann
von 30 Jahren, eine ſehr vernuͤnftige Rede vortrug,
und mehrere Pflanzerskinder, Burſchen von 18 bis 20
Jahren und Mädchen ohngefaͤhr von demſelben Alter,
zum. erſtmaligen Genuß des heiligen Abendmahls vor;
bereitete. Seine Fragen, welche er abwechſelnd in
deutſcher und engliſcher Sprache an dieſelben richtete,
wuͤrde jeder deutſche Schulknabe von 10 oder 11 Jah⸗
ren beantwortet haben; allein von dieſen mannbaren
Zoͤglingen wurden ſie haͤufig aus dem unter der Bank
verſteckten Buche beantwortet. | |
Mein: Duartier hatte ic dei: einem — Ta⸗
vernier aufgeſchlagen, und auch hier hatte ich nur zu
viel Gelegenheit, die Liederlichkeit der gemeinen ameri⸗
kaniſchen Volksklaſſe recht aus dem Grunde kennen zu
lernen. Vom Morgen an bis in die Nacht wurde
Branntwein gezecht, wobei der Wirth mit dem beſten
Beiſpiel vorging. Junge freie Negerburſche, obgleich
fie viel beſſer geklleidet und erzogen waren, als die weis
ßen Trunfenbolde, mußten ihr Flaͤſchchen auf dem
Hofraum austrinken. Hier hatte ich auch hinlaͤngliche
Gelegenheit, mich zu überzeugen, daß auch die Deut
ſchen, ſowohl in den Städten, als auf dem Lande, fich
dem Zrunfe fchon ergeben hatten, und den Penfyloa
niern nicht, mehr glichen, dagegen waren manche wie:
der ungleich mehr gebildet,
Dei Hägerstoton, 18 Meilen hinter Friedrichstown,
.
— 157 —
iſt wieder ein ſehr fruchtbares und faſt ganz von Deut⸗
ſchen bewohntes Thal. Nahe wor: der, Stadt wohnte
ein deutſcher Pflanzer, an dem ich einen fehr refpef-
fablen und gebildeten Mann gefunden, dem aber. die
böfe Welt nachſagte, daß er zur ‚Vermehrung: feiner
Sklaven felbft fehr wefentlich beigetragen. habe. Sin der
That ı fand. ‚ich bei ihm ‚eine recht huͤbſche Mulattin von
28. bi8 30. Jahren, und diefe hatte fchon eine Quarte⸗
-rone von, 14 bi8 15 Jahren. zur Tochter; beide fahen
dem Herrn. Pflanger ähnlich wie ein Ey dem andern,
und ‚ich hätte darauf wetten wollen: er. iſt ber Vater
von ‚beiden. Die Mulattin war die Tochter von einer
alten Negerin; auch mar noch eine ‚zweite 14 bis
15 jaͤhrige Duarterone, die zwar nicht, von einer Mutter
abzuftammen, aber ‚doch. zu demfelben Stammregifter
zu gehören fchien, und. während ich mich mit den beis
den Quarteronen Mary und life, wovon letztere
meine, ihrer gaͤnzlichen Aufloͤſung nahe, Leibwaͤſche
wieder in Stand ſetzte, unterhielt, ſchien der Herr
Pflanzer im Schlafgemach der Mutter der ſchoͤnen
Mary nicht minder die Zeit angenehm zu vertreiben.
Herr w. war übrigens ein ſehr charmanter Mann, von
den mir die alte Negerin, wahrfcheinlich feine erfte Fa⸗
vorite,. fehr viel Gutes erzählte, der, obgleich ihm bes
reits 8 bis 900 Dollars für feine in der That recht
liebenswürdige Duarterone gebothen worden, fie den⸗
noch nicht verkaufen, wollte, fondern nad) feinem Tode
gewiß allen feinen Sklaven, ſowohl ſchwarzen ale fars
bigeny die Freiheit fchenfen werde; es waren deren 16
an der Zahl. Die, farbigen Sflavinnen, welche nur
häusliche ‚Arbeiten zu verrichten hatten, waren alle ane
ftändig gekleidet, und wurden von der Tafel des Herrn
verpflegt; die Männer hingegen befamen jeder. ein, Stüc
and, welches fie für fich ‚anbauen und. den Ertrag dar
— Some
von verkaufen konnten. Ale hegten Liebe und Ehrers
bietung für ihren ‚Gebieter; und aus der ganzen Wirth:
ſchaft war zu 'erfehen; daß fie auch durch Sei die
Guͤte ihres Hertin-belöhnten. -
FR Hagerstown, einem Städtchen von anefahe
200 Einwohnern beſuchte ich auch die deutſche Buch—⸗
druckerei, wie ich faſt in jeder Stadt, wo ſich eine
ſolche befand, gethan, um von der Litteratur der deut:
fehen Amerikaner doch einige Ueberficht zu erlangen.
Eine Zeitung, veligiöfe und Schulbücher, ' waren der
ganze Verlag. Daſelbſt fand ich auch eine Zeitung vom
Sten April 1819 vor, in der nA ‚über Suͤd⸗ Amerika
folgenden Artikel las:
1, Die Escadre des Admiral —8 — —** beige,
vidence geſcheitert,/ iſt faſt gaͤnzlich vernichtet. Von den
engliſchen Offizieren, welche in Dienſten der’ Patrioten
von Vetezʒuela geftanden iſt ein großer Theil wegen
Ungefundheir des Klimas am 'gelben Sieber geftorben.
Seit 18 Monaten haben bie: Truppen, die von’ aller
Kleidung" entbloͤßt find, Feinen Sold und feie 5Tagen
Feine Nationen mehr erhalten. Ein fehr verdienſtvoller
Marine: Militär," Namens Nelſon, der über diefe
fchlechte Behandlung feine Unzufriedenheit laut geäußert,
ſey folgenden Tages ohne Verhoͤr und Urtheil aufgehan⸗
gen ‚worden. Die engliſchen Offiziere haben die Dienſte
der Patrioten mit der groͤßten Unzufriedenheit verlaſſen.
Die Befehlshaber in der Patrioten⸗Armee find im hoͤch⸗
fien Grade despotifche: und: biutdürftige Menſchen.“
0: Dieſe Nachrichten konnten mich eben nicht ſehr ge⸗
neigt machen, die Dienſte der ſuͤdamerikaniſchen Ne:
publikaner aufzuſuchen Daher ſetzte ich meine Reiſe
in das nordamerikaniſche El⸗Dorado / die hochgeprieſene
Virginie fort, und langte endlich". nad) einem, wegen
des dielen Regenwetters, ſehr beſchwerlichen Marſche in
— 159 inte
Williamsport an der Pothomak der Grenze von Virgi⸗
men An. Ich kehrte aufs Gerathewohl, denn es war
bereits dunkle Nacht, in’ der Taverne zum golbenen
Schwan ein, fand dort deutſche Wirthsleute, eine ſehr
huͤbſche und artige Wirthin, gutes Bier, welches 18
Meilen weit hergeholt wurde, und eine gute Mahlzeit,
bei der ich mich für die fchlechte Koſt/ mit der ich im
dſtlichen Maryland bewirthet wurde,’ da bei den engli⸗
ſchen Leuten oft nicht einmal Brod gebacken, ſondern
art deffen fleine Kuchen von Wälfchforn oder Waijen
geroͤſtet werden, ſchadlos zu halten fuchte. R EN
Nach einem Aufenthalt von zwei Tagen, nahm ich
von meiner ſchoͤnen Wirthin, die mit ihrem Ehegefaͤhr⸗
ten fehr unzufrieden mar, weil der Himmel ihre‘ ei
Jährige Ehe nur im erften Fahre und feirdem nicht wie⸗
der mit einem Sohne geſegnet hatte,’ Abſchied r und
Alte auf den Pothomak un
Auch die Ufer dieſes Fluſſes hs mit Anhoͤhen
umfehloffen und wirffich recht fchön, obgleich nicht fo
romantiſch / wie die des Susquehanna. Von einer At
höhe Fonnte ich feinen Lauf zwifchen Selfen und His
gem, To tie auch das nördliche Virginien auf eine
Heine Strecke überfehen. "Ganze Wäldchen von Pfitfich-
baͤumen prangren in ihrer Blüthe, und verflindeten den
Eintritt des Frühlings. Ueberall erfönten die Kehlen
der gefiederten Buſchbewohner, die zwar an buntem
Farbenſpiel, aber nicht an Lieblichkeit des Geſanges die
unſrigen uͤbertrafen. Vergeblich lauſchte ich hier auf
den lieblichen Triller der Nachtigall, fie bat auf dem
transarlantifchen Kontinent niemals mit ihrem Geſange
die Menſchen erfreut, und ſoviel Mühe man ſich auch
ſchon gegeben hat, diefen Vogel dort einheimiſch zů
machen, indem man ihn in Käfigen aus Europa hin⸗
übergebrächt, fo iſt er doch, wenn er auch die Fatk
— ——
guen der Seereiſe lickümh uͤberſtanden, im Freien nie⸗
mals fortgekommen. Vielleicht erging es ihm, fo, wie
‚manchem . Schtweizer + und Schleſier im Auslande, er
ſtarb am Heimweh · Wie oft habe ich ſonſt gelacht,
wenn man mir von diefer Krankheit, fagte, und. nie
habe, ich geglaubt,. daß fie. in der ‚That exiſtire. Nur
zu fehr. habe ich mich an dem Pothomat überzeugt, wie
falſch ich fruͤher geurtheilt. Als die ſchoͤnen Umgebun⸗
gen des Fluſſes mir die mahleriſchen und romantiſchen
Gefilde von Trebnitz vergegenwaͤrtigten, da fuͤhlte ich
die Trennung vom Vaterlande ſchmerzlich, und laut
ſprachen ſi ſich meine Gefuͤhle durch die Worte aus:
„O gluͤckliche Zeit! wo du auf dem anmuthigen
Huͤgel an der Statue des heiligen Donatus die Fluren
der Heimath und. die einfache Ländliche, Wohnung. dei⸗
ner Jugendjahre noch ſaheſt. Das waren beſſere Tage!
Das war ein glückliches Sand! ‚Dort. wurden die Men⸗
ſchen nicht wie das Vieh verkauft!!! ..
Immer ſchien mir der Genius der Voterlandeliebe
die Worte ing Ohr zu fluͤſtern: Kehre heim! Fuͤr dich
ſind Columbias Gold«, und, Gilberminen nicht geſchaf⸗
fen.“ Es iſt wahrlich nicht fo- leicht , fein Baterland
zu verlaſſen, wie mancher glaubt. Erſt wenn er im
fremden Lande if, wird er dieß fuͤhlen, und am aller⸗
wenigſten wird derjenige ſi ich in fremden Laͤndern gefal⸗
den, der. ſchon ‚ein; gewiſſes Alter erreicht hat; es ſey
denn: er befindet ſich in einer gluͤcklicheren Lage als ſeine
frühere, war. Bei mir, fand aber gerade der, ‚entgegenges
fetzte Fall ſtatt und darum fuͤhlte ich mein "Unglüc fo
ſchmerzlich, daß es mich oft tieffinnig , machte. Die
Grundfäge ‚der Religion und. Moral,. die innere Ueber⸗
zeugung, immer, nach meinen Pflichten, ‚gehandelt zu ha⸗
ben, und daß. ‚taufend andere rechtliche Menſchen hier im
gleichen Unglüd feufzen, ‚dienten mir oft zur vinhan
— 161 —
Nach diefen Betrachtungen beſtieg ich den Kanot
und ließ mich uͤber den Pothomak fuͤhren. Sobald ich
den Fuß ans Land ſetzte, befand ich mich in Virginien,
woruͤber ich das Weitere im — ie mit
theilen wi.
Vierter Abſchnitt. —2
— durch den Staat von Birginien, |
Wildniß, unüberfehbare Birdnif, wohin. ich nur
die Augen wandte, als ich ungefaͤhr eine engliſche
Meile vom Pothomak ab ins Innere eingedrungen war.
Hin und wieder erblickte ich einige elende Blockhaͤuſer,
welche neuen, aus. dem Staate. von Penfplvanien emi⸗
grirten Coloniften, gewoͤhnlich Deutſchen, gehoͤrten, die
ſich hier niedergelaſſen hatten, weil das Land. ſehr wohl⸗
feil und dennoch eben „fo fruchtbar iſt, wie. irgendwo.
Der Acker wildes Land galt ungefaͤhr 12 Dollars, wird
aber jetzt bei dem ‚Mangel an Gelde und den ſinken⸗
den Preiſen aller laͤndlichen Produkte noch wohlfei⸗
ler ſeyn.
Wegen der. Rahe der Alegheny: ‚Gebirge iſt der
Boden uneben,. das Klima aber. viel ‚gefunder, als in
dem am Meeresufer gelegenen Theile von Virginieny
wo wegen der vielen Suͤmpfe das gelbe und andere
bösartige Fieber fich, faft , alle Jahre einftellen, beſon⸗
ders iſt Norfolk ein: ſehr ungefunder Dre.
2 Der Abſatz der Landes⸗ Erzeugniſſe iſt hier ungleich
leichter, als in. den Weftern: Countrys, indem ‚fie, wie
geſagt, auf dem Pothomal nach ‚Baltimore. verſchifft
werden Eönnen,, auch wird, jetzt eine neue Chauſfee in
Virginien, wo ich die ſchlechteſten Wege in den Verei
nigten Staaten ‚gefunden, „angelegt, um die, Kommunie
=. 168.
Fation der weſtlichen Diſtrikte inte — 2 Seeſtaͤdten Nor⸗
folk, Richmond und auch mit Waſhington zu erleich⸗
tern, bis wohin 100 bis 450 Meilen ige Pe -
weit iſt es auch bis Baltimore. |
Viel beffer würden die deutſchen Auswanderer
hun, fich hier niederzulaffen, als in die viel weiteren
weſtlichen Wildniffe zu -ziehen,. wo fie wegen der zu
großen Entfernung von den Marktplägen ganz den
Prellereien der Krämer und Handelsleute ausgeſetzt
find, und diefen den Erfolg per ——— Schweißes
überlaffen muͤſſen.
Der Boden iſt Hier für den Waizenbau ſehr gut,
aber nach dem Meere zw nicht beſſer, als der in Ma—
ryland, und darum Herrfcht auch dort große Armuth
unter den Einwohnern. Nach, einer Wanderung von
20 bis 25 Meilen Fam ich in ein ſchoͤnes und fruche-
Bares Thal, welches am Fuße der Apalachen (Fort:
fegung der Alleghenys) durch das ganze weſtliche Vir⸗
ginien bis an die Grenze von Nord⸗Carolina an 400
Meilen weit fortlaͤuft, und von den wohlhabendſten
Pflanzern Virginiens bewohnt iſt. Dieſer Staat und
Maryland waren ſonſt das, was Botany⸗Bay in Neus
Holland ift, und jest wohnen die gebildetſten Ackerbauer
der Freiſtaaten bier; auch hat Virginien Amerikas groͤßte
Staatsmaͤnner, worunter auch der große Wafpingeon,
erzeugt.
Sch Fehrte hier bie einem Deutfchen, einem Manne
bon 52 Jahren ein, und fand eine’ gute Aufnahme.
In feinem fehönen maffiven Haufe herrfchte die größte
Reinlichkeit und alles verkuͤndigte Wohlſtand. Da ich
in ſeiner Kuͤche nur ein ſchwarzes Frauenzimmer und
vier Negerkinder ſah, erkundigte ich mich, ob er feine
Sklaven halte; worauf er erwiederte: er habe früher
deren gehalten, zuletzt nur noch einen — und eine
— 165 —
Frau gehabt, wovon er erfteren verkauft, und nun die
Kinder behalten: habe.
Seine ſtarke und dicke Frau von 35 Jahren hörte
e8 nicht ‚ungern, wenn man ſie noch huͤbſch fand, obs
gleich, fie bereits. eine heirathbare Tochter - hatte, fehien
fie e8 dennoch ein wenig zu bedauern). daß fie und ”
Ehemann an Jahren fo ungleich waren. '.
Am folgenden Morgen wanderte id) nach Martind
burg, einer Stadt von ungefähr 3000 Einwohnern, zu.
Nicht weit davon liege Freberifeburg in demſelben
Thale mit 4000 Einwohnern. Der Staat von Virgi⸗
nien iſt einer der größten und volfreichfien: in den Vers
einigten Staaten; denn er ift von DOften nach Weſten
über 100 deutfche Meilen lang, und) eben ſo breit,
grenze nördlich mit Maryland, weſtlich mir Kentucky
und Tenneffee, und füblich mit Nord-Carolina zufammen,
und enthält, mit Inbegriff der Negerfflaven, eine Million
Einwohner. Seinem Umfange nach Fonnten wohl
10mal mehr Menfchen dort reichlich ihre Subſiſtenz
finden, und dennoch habe ich blutarme Menfchen genug
. dort gefehen. Deutſche fand ich fowohl auf dem Lande
ils in den Städten, jedoch merkt man fie bier weniger,
weil fie niche auf einem: Difteift zufammengedrängt
wohnen, wie in den übrigen Staaten Von dem gros
Gen Reichthum der Pflanzer habe ich auch hier nicht
fonderlihe Spuren: erblickt, und faft bin ich geneigt zu
glauben, daß Aycurgs Syftem in diefer neuen Republik
allgemein in fo weit eingeführte ift, daß die Landleute
ſaͤmmtlich Mangel an baarem Gelde leiden. Dem
Yeußern nad herrfchte zwar mehr Luxus unter den
Landleuten, indem die: Pflangers Töchter ‘ganz im paris
fer Eoftum gekleidet erſchienen; allein ich zweifle fehr,
daß fie an Wohlftande die fchlichten Penſylvanier über:
treffen. "Auch war unter den Schönen der Abftand von
11 *
— 16 —
den minder gebildeten penſylvaniſchen Ladys ſehr auf
fallend. Ihre ganze Haltung und ihr Betragen war
von der Art, daß fie der gebildeten Klaffe der Landeins
mwohner in Europa nichts nachgeben würden. » Befon;
ders iſt es, daß die englifchen Ladys eine weit blaffere
Gefichtsfarbe hatten als die deutfchenz; die Urfache das
von mag wohl darin’ liegen, daß die englifchen Bewoh⸗
ner in diefem Lande viel Tänger einheimifch find als die
deuefchen, und außerdem von einem Volke abftammen,
welches ſchon im Mutterlande nicht fo gefunder und
kraͤftiger Natur ift, wie jenes. Zu bewundern ift, dag
Pirginien, als der am längften mit Europäern bevoͤl⸗
ferte Staat in Nord-Amerifa, durchaus feine großen
Städte in ſich faßt. Richmond und Norfolk find zwar
Seeftädte, indeß werden fie erft ihren Rang hinter
Bofton, welches 15,000 : Einwohner zählt, einnehmen,
und in Hinſicht der merfantilifchen Gefchäfte ftehen fie
noch hinter Savannah. Auch Wafhington, melches
nicht minder eine Geeftadt iſt, will zu feinem bluͤhen⸗
den Handel emporfommen, und eben fo wenig feine
Bevölkerung; die ſich höchftens auf 10,000 Einwohner
beläuft.
In dem vorerwähnten Thal gedeiht der Waizen
aufs befte, auch Klee und Gras zeigen fich in einen
fehr Tebendigen Grün, und außer den fetten Maftochs
fen, die bier aufgezogen werden, verdient die ‚gute
‚Race der Pferde noch einer Erwähnung.
Die Sklaven find hier beffer gekleidet und genaͤhrt
als in Maryland und Delavare, doch ift ihr Loos im⸗
‚mer bedauernswerth. Den Taback lieben fie Leidens
fchaftlich, und überall wurde ich von ihnen um Taback
zum Kauen angefprochen, allein ich konnte ihre Bitte
nicht erfüllen, weil ich diefes Bedürfniß, dem Himmel
ſey Danf! mie nicht angemöhnt habe. Auch münfchten
— 165 —
die Männer wohl dann und wann ein Gläschen Whisky
zu trinfen, an dem fich ihre: Gebieter fo übermäßig la⸗
ben. Die fo fehr pußfüchtigen Negermäbchen möchten
gern eine Schnur Glasperlen: oder ein. Paar. Ohrringe,-
oder ſonſt etwas hübfches kaufen, allein nie. find fie
Eigenthuͤmer eines Pfennigs. Ganz unglücklich find fie
erft dann, wenn fie nach den Carolinag ar Serainn
verkauft werden.
Auch über. diefe re: Sionten 4 ———
in denen ich zwar nicht ſelbſt war, aber doch genaue
Erkundigungen daruͤber eingezogen habe, will * dem
Leſer eine kurze be, nn
168 2
Ä Sünfter. bfänie |
Die —* der Carolinas, Sermien und Beuifum.
Voraus ſchicken muß ic, daß —— mein aan,
Herr Andreas Stoffele aus: der Schweiz, dem ‚ich faſt
meine ganze Eriftenz in. Amerika; zu: verdanken habe,
und. der ‚länger als ein Jahr in den Carolinas und
auch in Charlestown fich aufgehalten hat, als auch
mehrere andere deutſche Buͤrger und Handelsleute, die
theils in Charlestown, theils in Georgien mehrere Jahre
lang gelebt haben, mir die nachſtehend angefuͤhrten
Nachrichten mitgetheilt haben, in die ich auch Nachrich⸗
ten aus oͤffentlichen Blaͤttern eingemiſcht habe.
Nord⸗ und, Suͤd⸗Carolina bilden zwar zwei ver
ſchiedene Staaten, jedoch iſt Charlestown in kommer⸗
zieller Hinſicht die Hauptſtadt, woſelbſt alle Produkte
des Landes ins Ausland verſendet, und mit einem
Worte, alle Handelsgeſchaͤfte abgemacht werden. Beide
Staaten zuſammengenommen werden etwas uͤber
800,000 Seelen mit Inbegriff der Sklaven enthalten.
== 160 =
Das Klima ift,’fo wie in allen Küffenländern der
Freiſtaaten im Sommer brennende weſtindiſche Niße,
und nur zwei Monate Winter, der ſich mit der Mitte
des Decembers einſtellt und bis zur Mitte des Februars
währe, aber doch ſo mild, wie im füdlichen Italien
oder Frankreich iſt. Der Sommer ift gewoͤhnlich alle
Jahre vom gelben Fieber begleitet, und aus diefem
Grunde verlaffen gewöhnlich die wohlhabenden Leute
dent Sommer über‘ die Stadt, und ziehen: fich in die
nördlichen “Gegenden oder in die Gebirge zuruͤck. Auch
in "Philadelphia, Neu⸗Pork und Baltimore pflegt dieß
bei den reichen Familien’ zu gefchehen, die ſich gewoͤhn⸗
lich in ein dicht an der See liegendeg kleines Städtchen,
oder auf ein Landhaus begeben, um dort durch die
Seewinde, die ſich regelmaͤßig alle Tage zweimal, des
Morgens um9 und des Nachmittags: zwiſchen 2 und
3 Uhr einſtellen, Kuͤhlung zu erhalten. Dieſe Seewinde
mildern, auch auf: den 'weftindifchen Inſeln die brennende
Hitze Rſehr/ und machen das Klima’ ‘erträglich.
Mehrere Menfchen; welche Jahre lang in Weſt⸗Indien
gelebt, und andere, welche daſelbſt gebohren waren,
haben "mir: verſichert/ daß die Hitze in Weſt⸗Indien
nicht größer ſey, als ſte im Sommer 1819 in Phila⸗
delphia war." In den nördlichen Staaten beſchraͤnkt
ſich das gelbe Fieber nur auf die Seeſtaͤdte, und als
es in den Jahren 1883 20 bis 305000 Menſchen in
Philadelphia wegraffte, if in den fumpfigen Gegenden
von Delavare und NeusSerfey nicht ein’ Menfch davon
ergriffen worden, ‘obgleich diefe mehr als 50 Meilen
weiter nach der Küfte gu liegen. Es iſt daher augen-
ſcheinlich daß es niche durch die Atmoſphaͤre entſteht,
fondern daß das Zufammenmwohnen der Menfchen, die
unreine Luft, und Bauprfächlich auch die Unreinlichkeit
der Straßen unter der Mitwirkung der Hitze ed, wo
— 167 —
nicht gaͤnzlich erzeugen, doc, wenigſtens den aus Wefts
Indien eingebrachten Stoff in feiner- Ausbreitung befoͤr⸗
dern. Bei Charlestown beſchraͤnkt ſich daffelbe nicht auf
die Stadt, ſondern greift. ‚auch, tief ‚ing Innere big zu
den Gebirgen um fich; zuweilen ereignet es ſich, daß
ganze Familien in Plantagen eneſerten beſonders trifft
dieſes Loos Europaͤer.
Die Ehefrau eines Schweisers,. Namens Baefely,
8 15 Jahre lang, in. Charlestown als Schneidermeis
ſter gelebt, , voriges. Jahr. aber nach Philadelphia Fam,
erzählte. folgendes: ihre ‚Eitern. waren . Deutfche und
Hasten nicht fehr weit won Charlestown eine Plantage,
die fie. als unpermögende Anfänger felbft bearbeitet ha⸗
‚sen. Ploͤtzlich wurde die, ganze Familie. vom ‚gelben
Sieber befallen, und Eltern ſowohl als ſaͤmmtliche Ge⸗
ſchwiſter ſtarben in wenig Tagen. Sie ſelbſt ſey zwar
damals noch ein unverſtaͤndiges Maͤdchen geweſen, je⸗
doch erinnerte fie ſich, daß,’ als fie an den Ihrigen
fein Zeichen von Leben: mehr, erblickt, fie das Haus
verlaffen habe und von einem Unbefannten auf der
Landftraße aufgenommen; nach ‚Charlestown ‚gebracht
und dort von ‚fremden. Menfchen ‚erzogen worden ſey.
Was aus der Plantage ihrer Eltern geworden, habe ſi ſie
nie erfahren. Gewoͤhnlich ſey in ſolchen Faͤllen derje⸗
nige Univerfal- Erbe, welcher die Leichen wegſchafft.
An manchen Stellen iſt dort auf 50 und an am
dern wohl 100 Meilen und noch weiter keine Plantage
zu ſehen, und deßhalb find Reiſende genoͤthigt des
Nachts unter freiem Himmel zu bleiben.
Die Bewohner dieſer Gegenden, beſonders bie
Srauenzimmer, find leichenblaß, ‚und feine von den le»
tern, ſelbſt nicht die geringſte Handiwerfersfrau, vers
richtee irgend eine häusliche Arbeit. Alles wird durch
Negermäbchen gethan; die Bequemlichkeit oder Traͤgheit
der weißen Ladys geht fo weit, daß die Sklavinnen
ihnen fogar die Strümpfe anziehen muͤſſen fel6 das
ihnen entfallene Schnupftuch aufzuheben daͤucht ihnen
ſchon zu muͤhſam, und darum wird eine ——
gerufen.
In Georgien 5— iefeiben Si, wie in
den Carolinae. Die Haupt: und Seeſtadt in erfterem
ift Savannah, mit etwa 6 bis 8000 Einwohnern. Reis,
Baumwolle, Indigo und Waͤlſchkorn find die Landes;
eizegniffe: Grobe’ ungebleichte Leinwand, welche 'theilg
zum Emballiren der'Baummolle, theils zur Bekleidung
der Sklaven gebraucht wird, fand ziemlich guten Ab⸗
gang. Auch bier Tag nach öffentlichen Blättern der
Handel total darnieder / und — * uͤber
große Geldnorh geffagt.
a — — |
" Eingegogene Nachrichten über Neus Orleans.
Der Staat von Louifiana bat ehedem den Spa
niern gehöre, wurde von diefen für 7 Millionen Piafter
an Frankreich verfauft und noch zur Zeit, ald Bona
parte Ober⸗ Konſul war, für eine gewiſſe Summe an
die Vereinigten Staaten abgetreten. Schon jetzt iſt
Neu⸗Orleans in kommerzieller Hinſicht der wichtigſte
Ort in den Vereinigten Staaten, und im Jahre 1817
find allein 17,000 Tonnen Mehl, in’ Philadelphia aber
nicht mehr als 7000 Tonnen ausgeführte worden. In
Nen- York wurden 11,000 Tonnen, und in Baltimore
Wi als in Philadelphia verfendee. ı ",
Die rapide Bevölferung der - weftlihen Staaten
hat Neu⸗Orleans zu ſeinem gegenwaͤrtigen Glanze er⸗
hoben, indem es der Concentral⸗Punkt und der Markt-
— 169 —
plaß aller Erzeugniffe der fruchtbarften Staaten der
Union, nämlich "der von Lonifiana, Tenneffee, Ken⸗
tucky, Illinois, Indiana, Ohio und des Miſſoury⸗
Territoriums geworden if. Nicht minder werden alle
fremde‘ Beduͤrfniſſe und Luxus⸗Artikel vom Auslande
von dort wieder: in die ebenerwaͤhnten Staaten verſen⸗
det, und zuverlaͤſſig uͤberſteigt der dortige Geldumlauf,
den von jeder andern’ Seeſtadt in der Union.
Wie ſchnell die Bevölkerung in den weftlichen
— heranwaͤchſt, geht daraus hervor: im Staate
von Ohio, in welchem vor 24 Jahren noch feine weiße
Bevölkerung war, find gegenwaͤrtig fchon mehr als
400,000 Einwohner; in dem: von Kentucky, welcher \erft
ſeit der Unabhängigkeit angebauet worden, 600,000. :
Dieſes raſche "Aufblühen des: Handels in Neu:
Orleans hat manchen ‚Individuen einen fchnelen Wohl⸗
fand verfchafft: . Verfchiedene junge Handlungsdiener
aus Hamburg find dort in Furzer Zeit Engroiften ges
worden. Auch in der Gewerbsklaſſe haben mehrere,
befonders aber Bäcker und Schlädhter, die fich erft feit
der Vereinigung der Lonifiana mit der Union dort nie
'dergelaffen haben, Vermögen erworben. Ein hollaͤndi⸗
ſcher Jude, welcher mit zwei Schinfen eine Garfüche
anfing, hatte nach vier Jahren’ bereits 16,000 Piaſter
baares Vermoͤgen, und feinen: Gafthof vollſtaͤndig
meublirt. Die Zahl der Einwohner beläuft fih in
Neu: Drleans auf 40,000 Seelen; worunter aber nicht
mehr als 10,000 Weiße find. Alle übrigen gehören
entweder zur ſchwarzen oder. - farbigen Kafte, die das
‚Klima ungleich beffer ertragen, als jene.
Ein deutfcher Schneider, den ich in Virginien ge
fprochen,, erzählte mir,’ daß er als Gefelle in einer
Woche big; 23 Piaſter verdiene, aber wenigſtens
10 Piafter zu feinem Lebensunterhalt gebraucht habe,
— 170 —
In feinem-gegenwärtigen Wohnort; Williamsport, Fonnte
er mit Noth feinen Lebensunterhalt, erwerben; fo fehr
haben fich die: Zeiten jetzt verſchlimmert. Der niedrigfte
Tagelohn ift 2 Piafter, und der bereits erwähnte Ham⸗
burger Matrofe: hat durch Straßenfegen 3 Piafter des
Tages verdient, «und durch eigene ‚Menage nicht mehr
als 5 Piafter woͤchentlich zum Unterhalt gebraucht.
Zwei Deutjche hatten im Staat von Ohio 3000 Stuͤck
Hübner, das Stuͤck zu eilf Penus (F Piafter) einges
fauff, und in Neu⸗Orleans zu & Piafter, alfo mie
500 Prozent Profit in Zeit von zwei Tagen wieder ver
fauft. Den 'glaubwürdigen Nachrichten vieler Kauf:
leute zufolge wird dort ein jedes Gefchäft mit dem be;
fiew Erfolg getrieben, es ift demnach nicht zu verwun⸗
dern, daß eine Menge Spekulanten aus den Vereinig⸗
ten Staaten dahin gezogen find, von denen aber. frhon
mancher feine Gewinnſucht mit dem Leben gebüßt hat.
Denn bei allen feinen Herrlichkeiten iſt Neu- Drleang,
wegen der die Stadt umgebenden peftilenzialifchen
Sümpfe, der ungefundefte Ort in den Steiffaaten,
vielleicht auch in. gang Amerifa, und wenn nur drei
Fuß tief im die Erde gegraben wird, kommt an mans
hen Stellen ſchon fumpfiges Waffer zum Vorſchein.
Aus diefem Grunde werden die meiften Leichen durch
ungelöfchten Kalk in dazu beftimmten Gruben der
ſchnellen Verwefung übergeben. An gutem Trinfwafler
mangelt es fehr, und da auch Fein Wein dort erzeugt
wird, fo wird: dag erftere fietd mie Rum oder Whisky
vermiſcht genoffen. Die Hige ift im Sommer fo brennend,
' wie in Weft-Indien und wird. den Einwohnern um foläfti-
ger/ da fie durch Seewinde nicht gemindert wird, Darum
iſt das Klima nicht nur für den Europäer, fondern
auch felbft für. den nördlichen Amerikaner fo ſehr ge
fährlih. Das gelbe Fieber fordert vegelmäßig alle
Sabre feine Opfer, und durch die Verheerungen deffel-
ben wurden im vorigen Sommer, wo die Hiße unge»
wöhnlich ſtark war, faft einen Tag um den andern
100 Leichen in die Erde gefenft. "Auch unter den abs
gehärteten und faft an’ jedes Klima gewöhnten Seelen:
ten, war die Sterblichkeit fo groß, daß auf manchen
Schiffen beim Auslaufen in die See auf dem Miffifippy
von Neu⸗Orleans big in den merikanifchen Golf, einer
Strecke von ungefähr 145 Meilen, die ———
ſchaft gaͤnzlich ausſtarb.
Ein Matroſe, der in dieſer Schreckensjeit grade
geweſen iſt, ſagte mir: von fuͤnf jungen Hand⸗
werkern, die ſich in die noͤrdlichen Staaten haben fluͤch⸗
ten wollen, und auf dem Schiffe, auf welchem er ge
dient, ſich als Paffagiere befunden, fey auf der Reife
auch nicht einer mit dem Leben davon gefommen, in⸗
dem ſie fchon alle den Krankheits⸗Stoff eingefogen hats
ten. Eben fo ift e8 auch noch vielen andern ergangen,
die, wenn fie ſich auch aufs Land geflüchtet, dennoch
imeggerafft wurden. Auf ein langes ‚Leben darf Nies
mand in Neu: Drleans-irechnen, und noch weniger auf
ein angenehmes. Auch hier erftreckte fih das gelbe
Sieber bis tief ing Innere , und war in der 400 Meis
len von Neu: Drleans entlegenen ‚Stadt Natches faſt
eben fo verheerend.
Die brennende Atmofphäre erzeugt auch viele its
feften "und anderes ſcheußliches Ungeziefer, worunter
die Musfitos die Jäftigften find. Oft Famen nad) ei
nem ftarfen Negen armdicke und mehrere Ellen lange
Schlangen die NRinnfteine entlang geſchwommen.
Die weißen Einwohner in Neu⸗Orleans und der
Eouifiana find meiftens franzöfifcher und fpanifcher Ab⸗
Funft, von welchen Ießtern, befonders die Klaſſe der
Landbauer, bettelarm iſt. Sn einer nicht viel beffern
on 172 —
Lage ſollen ſich die franzoͤſiſchen Abkoͤmmlinge in Illi⸗
nois oder Kaskaſia befinden, wie mir der Sohn meines
Wirths, welcher ſich dort als Landmeſſer niedergelaſſen,
in Philadelphia geſagt hat. An Sparen oder ein Ver⸗
moͤgen erwerben ſey bei dieſen Voͤlkern gar nicht zu
denken, und nie ſorgen ſie fuͤr mehr, als fuͤr ihren
kuͤmmerlichen Lebensunterhalt erforderlich iſt. Ein aus⸗
gehoͤhlter Block, in dem ſie ihren Mais ſtampfen, iſt
ihre Muͤhle. Und wenn ich von der Schilderung der
ſpaniſchen Race am Miffifippy einen: Schluß auf ihre
füdamerifanifchen : Conforten machen fol, fo kann er
auc nicht der vortheilbaftefte feyn, und gern glaube
ich den englifchen Dffizieren, daß fie an den Einwoh:
nern am Drinofo ein wahres Bettler-Volk gefunden
haben, und mehrere von eek DREI ——
verhungert find.
Daſſelbe wuͤrde einer Armee ohne Magazine: an
‚gar manchen Stellen fchon in Nord: Amerifa begegnen.
Uebrigens werden auch diefe Thatfachen als Beläge, zu
meinten im Capitel über den: Neichthbum Amerikas auf:
geftellten Betrachtungen, dienen...
Den Ausfagen- verfchiedener Nord⸗ HAmerifaner zu⸗
folge, ſind dieſe in Neu⸗Orleans nichts weniger als
beliebt, fondern im Gegentheil im hoͤchſten Grade ge⸗
haft. Sitten, Sprache, Charafter und Religion bilden
fie zu ganz heterogenen Völkern, und nur im Punfte
der Trägheit dürften fie fich vieleicht am nächften: feyn.
Die Amerikaner Flagten fehr über die dafige fchlechte
Polizei, und führten an, daß fie e8 niemals mwagten,
ohne Dolch und Piftolen auszugehen. Am allermeiften
befchwerten fie fich darüber, daß an Sonntagen die
Fiedel gefpielt und in den Tavernen fogar ſchon Vor⸗
mittags getanzt wuͤrde.
Die Sklavenhalter von den Carolinas und Geor⸗
— 173 —
gien droheten ſchon in der letzten Verſammlung des
Congreſſes mit Trennung von der Union, falls die Ab⸗
ſchaffung der Sklaverei vom Kongreß dekretirt wuͤrde.
Solch ein Confluxus von entgegengeſetzten Voͤlkern und
Grundſaͤtzen duͤrfte wohl eben nicht ſehr lange unter
einem Ganzen vereint bleiben, und vielleicht eher, als
wir es denken, tritt das politiſche Schisma in den
Freiſtaaten ein. Die Sklavenhalter ſuchten uͤbrigens
durch ſehr jaͤmmerliche Gruͤnde die Aufrechthaltung der
Sklaverei zu vertheidigen. „Wollen Sie, daß unſere
Toͤchter ſich ihre Hemden ſelbſt waſchen, und unſere
Soͤhne ſich ihre Stiefeln ſelbſt putzen und ihre Kleider
ausbuͤrſten ſollen?“ Dieß wuͤrde eure ungehobelten
Trunkenbolde von: Soͤhnchen und eure traͤgen Buſch⸗
gänschen von Toͤchterchen gerade am wenigſten entehren!
Noch muß ich hier anfuͤhren, weil es vielleicht
manchen Auswanderungsluſtigen intereffiren dürfte, daß,
auf den von Neu-Orleans in die mweftlichen Staaten
gehenden Fahrzeugen, fehr häufig Leute zum Nudern an
geftent werden, und außer Beköftigung nod) einen Pia
fter Tagelohn erhalten. Auch hierher find vor einigen
SSahren eine Menge Würtemberger eingewwandert, welche
für ihre Fracht kaum halb fo lange haben dienen müß
fen, wie in. den nördlichen Staaten. Am fchlechteften
aber murden die deutfchen Serven von den Pflanzern
in Kentucky behandelt und ganz den ſchwarzen Sflaven
gleichgeftellt. In Louifiana verhäle fih die. ſchwarze
und farbige Bevölferung zu der weißen, wie 15 zu 1.
Die Sklaven müffen zwar hart arbeiten, inzwifchen wer⸗
den fie doch ungleich beffer genährt und gekleidet, als
unter: den iriſchen Voͤlkern. Sn Neu: Drleang follen
die Sflaven- Mädchen brillant gekleidet gehen. Auch
beftehen dort noch die nämlichen Gewohnheiten, wie
ehemals in Sanct Domingo. Diejenigen Sflaven,
- ui —
welche nicht im Haufe des Heren beſchaͤftiget werden,
müffen fich außerhalb Arbeit fuchen, und die Männer
6, die Mädchen aber nur 3 Piafter durch die Woche
ihrem Herrn nad) Haufe bringen. Was fie mehr er:
erben, fönnen fie für fich behalten. An Arbeit mans
gelt e8 nie in Neu⸗Orleans, und da der Seehandel
dort fo fehr bedeutend ift, und beftändig eine Menge
Schiffe im Hafen liegen, fo finden auch: die Mädchen,
im fchlimmften Sale, dort Gelegenheit ihr wöchentli
ches Eonto aufzubringen. —
: Neuntes Eapitel,
Bankweſen in den Vereinigten Staaten.
Der weiſe Lycurg von Sparta ließ Geld von Eis
fen prägen, damit wegen feiner Schwere die Menfchen
nicht fo fehr danad) geizen follten. Ganz entgegenges
feßt ift dag Prinzip der modernen Eyeurge und Golone
in der tramsatlantifchen Nepublif. Gold und Gil -
ber war den dafigen Bürgern noch zu fchmwer, und dar
um wurde aus Papier Geld geprägt, damit Einer Mil-
lionen in feiner Schreibtafel forttragen fünne. Anfäng-
lich hatten nur in den Seeftädten folche Papier: Geld»
Münzen ihre Entftehung auf folgende Art gewonnen:
eine Geſellſchaft von Kaufleuten, Handwerfern und
Bürgern, Unternehmer von Fabrifen, mit einem Worte, +
faft jede Commune war zufammengefreten, hatte einen
beftimmten Fond nachgemwiefen und vom Gouvernement
das Privilegium (Charter) erhalten, eben fo viel Pa
pier- Geld zu prägen und in Umlauf zu feßen.
Diefe Einrichtung, welche auch in DId- England
beſteht, fand man hier anfänglich ganz vortrefflich und
— 75 —
befonders für den Neifenden, fehr bequem. Daher fand
das Beifpiel der Geeftädte, womit fich gute Gefchäfte
erwarten ließen, im Innern des Landes bald Nachah—
nung. Faſt in jeder County: Stadt traten die Bauern
sufammen und errichteten eine Farmers-Bank, (Bank
der Bauern), die Stadt- Einwohner eine City: Bank,
die Entrepreneurs eines Chauffees und Brückenbaues
eine Tornpif» und Bridge: Compagnie: Bank. |
Die Sachen gingen anfänglid) ganz vortrefflich;
der Bauer und Bürger erhielten für ihr Papier ſchoͤnes
flingendes Silber, wenn fie zur Kaffe Famen, und es
dermann lobte und pries die weife Erfindung. _ Aber
nur zu bald folgten die hinkenden Boten binterdrein.
Bald wurden die zur Erleichterung des Handels und
Verkehrs errichteten Banfen Schlupfwinfel des gemein
ſten Wuchers, denn manche von ihnen ließen mehr ale
hoch einmal, manche auch mehr als zweimal foviel No—
ten prägen, als fie Fond nachgetwiefen haften, und gas
ben fie den Grundbefigern als Darlehn in die Hände,
oder brachten fie auf andern Wegen zur Eirfulation uns
ter das Publifum. Bald kamen auch große Quantitaͤ⸗
ten nachgemachter Banknoten aus England, welche die
als Krämer herumgiehenden Jaͤnkys in Eirfulation brach»
ten und fo das Publifum damit betrogen. Bald harten
fich in Englifch- Amerika fürmliche Banknoten Fabriken
efablirt; auch in den Vereinigten Staaten felbft Bildes
ten fich ganze Banden von Falſchmuͤnzern, die faft auf
ale Banfen der Union Noten nachfchmiedeten. Dadurch
famen Millionen von falfchen Noten in Cirfulation,
ehe man fie noch recht erfannte, womit jetzt einer
den andern zu betruͤgen ſucht.
Schon der Krieg mit England hatte die Ren
Amerikas erſchuͤttert. Die jet eingetretene allgemeine
Kriſis offenbart fich in den Ackerbau treibenden Ländern
“
*
— 176 —
am fuͤhlbarſten, und am erſten wurden die in. den
neuen Colonien und in denen von den Seeſtaͤdten
entfernteren Plaͤtzen errichteten Banken geſtuͤrzt, fo daß
die meiſten davon außer Stande find, ihre cirkuliren⸗
den Noten zu realifiren, und darum verlieren felbige
an manchen Stellen 25, an manchen 50 und an am
dern fogar 75. Prozent. Die Banknoten. aller weftlis
chen Länder haben außerhalb. ihres Gebietes gar. feis
nen Werth, innerhalb deffelben aber werben für: 100
Dollars Silber .200 Dollars Papier gegeben.
Faſt jeder. County hat feine. eigene: Banf, die oft
in fo fchlechtem Kredit ficht, daß. die Einwohner zumeis
len ihr eignes Geld nicht nehmen wollen. In der Ne
gel. aber eirfuliren die Banknoten, aus Mangel. an: je
dem andern Gelde, in ihrem fompetenten County. So»
viel Zeitungen in den: Vereinigten. Staaten verlegt wer⸗
den, eben foviel Banfen find dort auch zu finden, in⸗
dem. faft in jeder County ein oder zwei und in dem
Geeftädten oft acht big zehn anzutreffen find. |
Ein jeder kann ſich daher. die Verwirrung ſelbſt
denfen, die im Finanzweſen flatt finden muß, - wenn in
einem Lande 800 verfchiedene Papier: Geldforten exiſti⸗
ren. Zumeilen bekoͤmmt : man für feine Thaler Note
nicht ein Glas Bier oder Branntwein. - In der That if
die Papier-Noth im Lande des Reichthums fo groß,
daß man nicht weiß, wie man fi aus dieſem Laby-
rinth von finanzieller Unordnung herauswinden ſoll.
Das Gouvernement hat zwar die Verordnung erlaſſen,
daß die Bank⸗Stoks⸗ Jobbers, wenn ſie nicht binnen
einem von demſelben feſtgeſetzten Termin fuͤr ihre No⸗
sen Zahlung leiſten, den Charter verlieren ‚und exefutiz
viſche Mittel gegen. fie ſtatt finden follen. Allein der
Termin ift verſtrichen, und weder das eine, noch das
andere erfolgt. Die Noth der Banken in den weſtli⸗
chen
— 177- —
chen Staaten, worunter auch das ganze weſtliche Pen⸗
ſylvanien gehoͤrt, hat ſich ſchon bis in die Seeſtaͤdte
erſtreckt, und auch dort m ie — — in⸗
ſolvent geworden. J sun
Hieraus wird ein jeder ‚fein ORG wie: —* init:
Amerikas Reichthum ſteht, und wie wenig meinesfrühes
ven Bemerkungen an Uebertreibung grenzen, und gang
feine Richtigkeit hat ed; daß: in denen am Dhio belegen
nen Staaten Kentucky, hie, Indiana die: ae
gen geviertheilt werden. ai ande:
. Es iſt niche zu verfennen, daß — Bankal⸗
Inſtitute in mancherlei Hinſicht ihr Gutes haben, allein
dann muͤſſen ſie auch durch ſolche Geſetze, wie in Eng⸗
land aufrecht erhalten werden. Jeder, der falſche No
ten ſchmiedet, oder ſie wiſſentlich ins Publikum bringt,
wird mit dem Strange hingerichtet. Auch muß die
Bank unbedingt fuͤr ihre Papiere ſtehen, ſonſt privile⸗
girt der Staat eine Menge von Betruͤgern, die *
Mitbürger öffentlich beſtehlen.
So lange der Zanfy in Neu: England, gegen kpl
der deutfche Handelsjude nur ein Stuͤmper iſt, dem:
Bauer einem Ziegenbock für 3 Thaler abfauft, ihn in eine)
Merinos Haut einnaͤht und für 100 Thaler dem naͤm⸗
lichen Bauer wieder verkauft, wie mir al8 allgemein
befannter Thatfache in Amerifa erzähle wurde; ſo lange)
er einige Silberbarren in die Berge am Ohio einſcharrt,
feine filberfüchtigen Landsleute zufammenruft, und fie:
nun überredet: Seht! auf meinem Grund wädhft Sil⸗
ber! um durch dieſe Lift Stoks in die Hände zu bes
fommenz ſo lange flachen wir über feiner Schlauheit
und Liſt, und: über die Alberuheit feiner Landsleute,
Wenn er aber Taufende von Noten nachfchmieder, oder
ſie für eine Bagatelle kauft, und ſeine Mitbürger damit:
FERN k Na A ie
beträgt, dann verdient er ein: hanfenes Bull um den
Nacken. fs
Viele diefer Noten ih fo genau — F
nur der geuͤbteſte Kenner ſie unterſcheiden kann. Auch
mich ſelbſt hat ein ſolcher Jaͤnky mit einer 5 Thaler
Note einmal betrogen, und wenn ich von allen dieſen
herumziehenden Handelsleuten/ nach allem, was ich
uͤber ſie gehoͤrt, und deſſen ſie ſich ſchuldig gemacht,
auf: den moraliſchen Zuſtand ihrer Landsleute, der Bes
wohner von Neu-England, fihließen ſollte; ſo koͤnnte
das Urtheil über die kultivirteſten und: gefchiefteften Ein»
mohner der Freiftaaten eben nicht das glaͤnzendſte ſeyn.
Ach fchliege hiemit das erſte Heft meines Werkes
über Amerifa, und bemerfe des Zuſammenhanges meis
ner Reife» Route wegen, daß, als ich die Ankunft des
General Mac Gregor, an den ich ſchon von Deutfch»
land aus nach. England gefchrieben, aber Feine Antwort
erhalten‘ hatte, in Aux Cayes auf der. Inſel Sanct
Domingo mit einem bedeutend flark angegebenen Korps,
aus den Zeitungen erfah, ich Birginien unverzüglich
verließ, und durch den Eolumbia»Diftrift, worin Wa-
fhington die Hauptftadt, nad) ‚Baltimore und: von dort
mit dem Dampfichiff nach Philadelphia zurückkehrte.
In Birginien: waren damals die Bäume ſchon in der.
fchönften Blüthe und bei Philadelphia war noch die
empfindlichfte Kälte, obgleich der Monat April fich fei-
nem Ende näherte. Mein fefter Entfchluß war jetzt,
zu dem Korps des fchortifchen Helden zu floßen, tel.
ches nach den amerifanifchen Blättern, beſonders ber
demofratifchgefinnten, Aurora von Philadelphia, alle
Gold « und Silber: Minen von Neu» Granada mit:
Duito, das fübamerifanifche Paradieg, mit einem Schlage
erobern ſollte. Wäre ein Schiff gleich dahin fegelfertig
gewefen, und bäfte ich nicht noch mit Herrn Andreas
Stoffel Rechnung zu halten gehabt / ſo würde ich heute
nicht bier ſeyn, und meine Neifebefchreibung etwas fpäten,
vielleicht auch gar nicht zum Drud. — —
koͤnnen. Ir
Alle .nachtheilige Schilderungen der. fübamerikank
fehen Angelegenheiten, achtete ich nicht mehr einer Aufs
merffanfeit werth; ich war einmal: mit dem Vorſatz
dahin gegangen, mein Heil: wieder in der - Militär: Car
viere zu verfuchen und nichts ſollte mich davon abbriu⸗
gen, jeßt um.fo wenigen, da eine Communication zwi⸗
fchen Weft « Indien und der-fpanifchen Maine.offen war. ı
Waͤhrend ich fo mein; Bündel ſchnuͤrte, die Schul
den alle bezahlt hatte, und. täglich. bei Maſtr Gautier,
einem amerikaniſchen Schiffs Kapitän, s Erfundigung
eingogr ob er nicht bald fegeln würde, liefen von Portd
Bello über das Schickſal der Sir» Bregorifchen Expe⸗
dition folche Nachrichten: ein, daß ich Gott danken
fonnte, an meiner. Abreife ‚verhindert morden ‘zur ſeyn.
Das umſtaͤndliche Detail hierüber werde ich im
zweiten Heft zur Kenntniß des Leſers bringen.
4 . Y N Ai
ms S3IHRT7 Hi
Zehntes Capitel.—
Klima, Standpunkt der Hiße, seines Sieber. 4
Der Staat von —*—— liegt unter dem Zoſten
und 40ſten Grade noͤrdlicher Breite; und‘ woher bat
Philadelphia : mit Liſſabon ungefaͤhr dien namliche
geographifche: Lage; aber ſehr verfchieden — das Klima
des erſteren Orts von dem des letzteren. Daß währe
rend des Winters dort Schnee faͤllt, und Fluͤſſe zu⸗
frieren / war mir nicht: unbekannt, aber nie haͤtte ich
mir vorgeſtellt, daß die Hitze im Sommer ſo heftig
13°
— 180 —
und für den Europäer, ſelbſt dem Italiener, faſt uner⸗
traͤglich und das Klima dort ſo ſehr ungeſund iſt. Ehe
ich zur Schilderung des Sommers uͤbergehe, will ich
zuvoͤrderſt eine Beſchreibung Ds zu. und er og
vorausſchicken.
Nach dem 8ten ie laßt die gie nad)
und die Temperatur ‘der Witterung ift beinahe diefelbe
wie in Nord⸗ Deutſchland am Ende des Fruͤhlings oder
Anfang des Sommers, ſie waͤhrt faſt bis zum 15ten
November. Der Himmel iſt ſtets heiter und klar, auch
regnet es wenigDeſſenungeachtet aber wird der Erd»
boden durch den ſtarken während der Nacht fallenden
Thau befeuchtet. Nach dieſer Zeit treten Nachtfröfte
ein; gegen das Ende des November fängt ed an zu
frieren „und ſchon um dieſe Zeit ſah ich die Amerika⸗
ner klappern und einmal uͤber das andere ausrufen:
Ach! mie kalt! wie kalt! Die Bäume verlieren jetzt
ihre Blaͤtter, jedoch iſt der Erdboden im December
immer noch gruͤn und das Vieh auf der Weide. Um
die Mitte dieſes Monats ſtellt ſi ch der Winter mit Froſt
und Schnee ein, und die Kaͤlte wird mit einem Male
ſo heftig, daß ſchiffbare Fluͤſſe ploͤtzlich zufrieren, die
erſt mit Ablauf des Monat Januar oder Anfang Fe⸗
bruar ſich eben ſo ſchnell wieder des Eiſes entledigen.
Die Witterung iſt im Winter ſehr unbeſtaͤndig,
und Stoff, Regen, Sonnenſchein und Schnee begleiten
ſie abwechſelnd. Schon dieſe Unbeſtaͤndigkeit wirkt ſehr
nachtheilig auf den menſchlichen Koͤrper, und darum
gehören: auch rheumatiſche Uebel, von denen ſelbſt die
juͤngſten Leute heimgeſucht werden, zu den allgemeinen
Plagen der Einwohner; man findet daher auch bei allen
Landkraͤmern ein aus Terpentinoͤhl zubereitetes Medika⸗
ment für die Gicht zum Verkauf. Nicht: weniger, unbe
ſtaͤndig iſt das Wetter im Monat März und April, im
erfien war in der equinoctial Periode Hitze und
Gewitter und um den 20ften April: noch empfindlicher
Srofl. Wenn man aud) ben Winter nicht kalt nennen
kann, ſo habe ich doch häufig eine fehr fchneidende und.
die Nerven erfchütternde Luft gefunden. an Ä
zu Anfang des May tritt dag Frůhlingswetter
ein, welches aber nicht lange waͤhrt, denn ſchon in der
Mitte dieſes Monats ſtand das Fahrenheitſche Thermo;
meter auf 75 und einmal über 80°. Die Skala diefes
Ihermometers verhält fich zu der des Reaumur ohngefähr.
wie 3 zu 41. Im Anfang des Juni war die Hiße fo groß,
wie ich fie in Deutfchland niemals empfunden habe, daß
Sahrenheitfche Thermometer ftand fchon Vormittags im
Schatten hoch auf 80, Nachmittags auf 93, und im
Sonnenfchein über 100 Grad. Ich war damals grade
auf. meiner Reiſe nach dem Allegheny » Gebirge und
wollte unter der Laft meiner mit Schweizer⸗Uhren ge
füllten Sagdtafche faft verfcehmachten, denn diefe brens.
nende Hige wirkte fo auf mich, daß ich zumeilen Faum
eine Stunde, manchmal nicht eine halbe Stunde meit
gehen Fonnte, ohne ausruhen zu müffen, und unbe
greiflich ift e8 mir felbft, daß ich mir nicht die Schwind>
fucht oder augenblicklichen Tod zugezogen habe, indem
ich. an manchem Tage wohl 4 Gallonen (16 Quart)
faltes Brunnenwaſſer, gewoͤhnlich von Schweiß triefend,
austranf. Den Monat Juni und den Anfang des Juli
brachte ich größtentheils in den Allegheny »Gebirgen zu,
und fand dort das Klima um fo erträglicher, als ich
mir gegen eine Nepetir- Uhr ein Pferd eingetaufche hatte
und meine, Neife nicht mehr zu Fuß machen durfte.
Auch ſoll es, der Erfundigung nach, in diefer Zeit ‘auf
dem „platten Lande nicht fo übermäßig heiß geweſen
feyn: Um die Mitte Juli und den ganzen Monat Aus
guſt hindurch ſtand das Thermometer zwiſchen 95 und
104° im ‚Schatten, und im Sonnenfchein 124°, alfo
ungefähr 42° Reaumur; in der erfien Hälfte des Sepr
tembers abwechſelnd zwiſchen 85 und 95° und erft
sach dem 15ten des erwähnten Monats begann e8 zu
ſinken. Regen und Gewitter waren aͤußerſt felten, das
Gras dorrete auf dem Halme ab, und allgemein wurde
diefer Sommer fehr trocken und heiß genannt. Inzwi⸗
ſchen iſt, eingegogenen Erfundigungen nach, der ge
mwöhnliche Standpunft des Thermometer während der
Sommerhige immer nahe an 100° gemwefen, und auch
im Sahre 1818 fand ich es bei meiner Ankunft in
Nord» Amerika im Monat September noch fehr heiß.
Bon 12: Uhr des Mittags bis 3 Uhr ift die, Hiße
am. flärkften und um diefe Zeit wird nirgends im Freien
gearbeitet, Todtenſtille herrfcht auf den Strafen in
Philadelphia; und alle Fenfter find mie Laden oder
Jalouſien verfchloffen. Der menfchliche Körper ift ſchon
von 7 Uhr des Morgens an in beftändiger Transpira:
tion und in den heißeſten Stunden in einer gänzlichen
Erfchlaffung, und faum vermochte ich mich um diefe
Zeit vor Mattigfeie aufrechte zu erhalten. Auch des
Nachts Eühle fi) die Atmosphäre nicht ab und-ift fo
heiß, daß man nicht fchlafen fan. Am Mittag bat
man feinen Appetit zum Effen und wird von brennen
dem Durft geplagt, den der Genuß des Porter oder
Ael, wenn fie nicht mit Waffer verdünnt werden, nicht
löfcht. Zider oder Branntwein mit — * vermiſcht
find die kuͤhlendſten Getraͤnke.
An manchen Tagen ſtuͤrzten 5 bis 6 Menſchen,
welche ihren Durſt bei einem: Brunnen zu ſtillen ſuch⸗
ten, oft augenblicklich todt zu Boden, ober ſtarben we⸗
nige Stunden nachher, und Philadelphia glich in dev
heißen Zeit einem ’ Kirchhofe, indem gewöhnlich hun⸗
— 193 —
dert Leichen und darüber, wenige Stunden nach ihrem
Entfchlafen, allwöchentlicy zur Erde beftattet wurden.
Die transatlantifche Peft, das gelbe Fieber, brach
im Monat Zuli von Bofton big Neu⸗Orleans faft in
allen Seeſtaͤdten aus, und raffte in Baltimore oft. 30
bis 40 Menfchen und darüber in einem Tage weg, zus
weilen wurden 60 Perſonen in einem Tage krank. Nur
die Wenigſten uͤberſtehen dieſe furchtbare, das ganze
Nervenſyſtem zerrüttende Kranfheit, und diefe Wenigen
follen nie wieder zu ihrer vorigen Gefundheit gelangen.
Der Anfteefungsftoff wird fchon durch die Luft verbrei;
tet, indem Menfchen, die von den inficirten P lägen,
oft durch. mehrere Straßen getrennt, wohnten, dadurd),
daß fie die Fenfter geoͤffnet, angefteckt wurden ;
Nichts vermag dieſem Uebel eher Einhalt zu thun,
als die Atmofphäre, wenn fie durch den Spätherbft
oder Winter fühler wird, Es war bereits im Novem⸗
ber, als ich Amerifa verließ, und noch war die Kran
heit in Baltimore nicht ganz gedämpft. In Neu: Dr,
leans war, nach der Verficherung der Aerzte, nicht vor
Meihnachten an ihr Aufhören zu denken.
Auch auf allen weftindifchen Inſeln verbreitete. daß
gelbe Fieber Verheerung und Schrecken, und in Ha
vonnah hatte es in dem Zeitraum vom Aften Mai bie
zum 15ten Juni 600 Fremde weggerafft. Im Innern
des Landes der nördlichen Freiſtaaten graffirte ein Heet
von andern bösartigen. Fiebern aller Art und aud) bie
Ruhr, die nach den. Zeitungsberichten im Ohio⸗Staat
und am Ontario» Gee eine Menge Menfchen wegraffs
ten. Kurz, im ganzen Lande hörte man vom nichts ald
Trauer ‚welche die große Hitze veranlaßt hatte.
Yuch der Sonnenftich verurfacht bei Manchem eine
folche Wirkung auf das Auge, daß, wenn nicht augen:
blicklich eine Blende angelegt wird, er Gefahr Täufts
— 14 —
‚fein Auge zu berlieren. Mein linkes Auge war fchon
ganz in Entzündung und fo ſchwach, daß ich zum er⸗
fien Male in meinem Leben eine grüne Brille gebraus
‚chen. mußte. Als ich alle diefe Unannehmlichfeiten des
gelobten Landes Fennen gelernt hatte, fo erflärte ich rund
heraus: „Und wenn ich Erdfus der Zte werden Fünnte,
fo. wollte. ich hier nicht länger ‚bleiben. Marfch ! zurück.
nad) Deutfchland! Denn da wo. der Thaler geprägt iſt,
gilt er am meiften!!
Nach dem, was ich in Ymerifa ſelbſt und
—— andere Augenzeugen erfahren babe, ziehe: ich
den Schluß: daß unter feinem. brennenden Himmels:
ſtrich ſchwerlich geiftreiche » Köpfe und Fraftvolle Helden
aus europaͤiſchem Blut entfprießen dürften. Schon die
erſte Generation der. Europäer erbt in Nordamerifa
nicht mehr: die geiſtvollen und thätigen Eigenfchaften
ihrer Voreltern. In Weſt-Indien fol das männliche
Geſchlecht kindiſch, laͤppiſch und mit weibischer Weich-
lichkeit begabt ſeyn, wie mir Herr Pedolin, ein ſehr
biederer und einſichtsvoller Schweizer, der mehrere
Jahre in Spanien, Mexiko und Weſt⸗Indien gelebt
hat, verſicherte. Nur der Neger iſt hier in ſeinem
heimathlichen Element. Und nach allen Erkundigungen,
die ich von ſehr erfahrenen engliſchen Seeleuten uͤber
Oſt⸗Indien eingezogen habe, iſt es dort mit den Ab⸗
koͤmmlingen der Europaͤer der naͤmliche Fall, fie ſollen
geiſt⸗ und kraftloſe Weſen ſeyn. Schlechte Adſpekte fuͤr
die aus der alten Welt auswandernden Kuͤnſte und
Wiſſenſchaften. Uebrigens denkt man in den heißen
Laͤndern noch gar nicht, und in den kaͤltern wenig oder
gar nicht an ſolche uͤberfluͤſſige Artikel; denn ſowohl
für ihre materiellen als etwanigen geiſtigen Beduͤrfniſſe
ſorgen ja die armen europaͤiſchen Sklaven und beſon⸗
ders die Englaͤnder, von welchen ganze Schiffsladungen
— 15 —
bereit eingebundener Bücher in die Vereinigten Staaten
gefendet‘, und dort eben ſo wohlfeil, wie der Kattun
und Kalifo verauftionirr werden. Oft mußte ich recht
fehr darüber lachen, wenn ich zuerft des unfterblichen
Krewton’s, Shakespeare’s und Pope’s Werfe, und
gleich Hinter diefen mieder eine Duantität fchlechter
Schweizer-Uhren und eine Kifte mit Nürnberger Bas
pier - Hanswurften und Brummeifen wie fauer Bier aus;
bieten, und für ein Spottgeld zufchlagen fah. Zumeis
len fam auch ein einheimifches Pflänzchen von einer
fhwärmerifchen Merhodiftens Lady, ungefähr mit ſotzen
dem Titel: |
Miteel und Wege, mit einem —— ins Him⸗
melreich zu fommen;
zum Vorſchein. |
| Das fchöne Gefchlecht tritt hauptſaͤchlich in diefer
Branche der Literatur als Schriftſteller auf.
Eilftes Eapitel,
Die Erpedition auf dem Miſſoury⸗Strom—
Die Regierung der Vereinigten Staaten bat dem
Lbriſten Atkinſon eine Expedition nach dem Yellow
Stone (Gelben Stein), einem Fluß an der Grenze von
Neu: Merifo, übertragen, um dafelbft ein Fort gu ers
bauen, eine Colonie zu gründen, um den Pelzwerkhans
del mit den Indianern mehr in die "Hände der Ameris
faner zu leiten, der ſich jetzt größtentheild in denen der
Engländer und. insbefondere der Nordweft: Compagnie*)
in Canada befinder.
N Die Nordweft- Compagnie ift eine Gefellfchaft: von
Kaufleuten in Canada, die fih zur Betreibung des Handels mit
— 186 —
Zu dieſem Behuf hat Herr Atkinſon zwei Bas
taillone Truppen erhalten, welche abwechſelnd theils zu
Fuß, theils auf Dampfbooten die Reiſe nach dem Orte
ihrer Beſtimmung, an 4000 Meilen weit vom Miſſiſippy,
den Miffoury » Strom aufwärts machen ſollten. Aus
fer den erforderlichen Acker» und. Handiverfsgeräthen
nahmen fie auch alle Sorten von GetreidesSämereien
mit. - Nichte minder waren aud) Gelehrte von verfchier
denen Fächern im Gefolge, um mannigfaltige Beiträge
zur Mineralogie, Botanik und Zoologie und intereffante
Nachrichten uͤber die verſchiedenen Voͤlkerſtaͤmme der
Wilden zu liefern, befonders aber bie reichhaltigen Silk
berminen im den daſigen Gebirgen zu entdecken. Die
Roͤhren der Dampfboote waren im gefrümmter Form
einer Schlange erbaut, die aus ihrem Nachen den
Dualm der. Dampffraft: ausfpieen, um dadurd), gleich
Columbus, Cortes und Pizarro, den ' unbefangenen
Kindern der Sonne, als übernatürliche Wefen zu ers
foheinen, und um fie, gleich Orpheus, durch die Zaus
berkraft der Mufik zu zähmen, war auch ein Ehor Mu-
fifanten im Gefolge.) Der Hauptziverf diefer Expedition,
auf welche die Aufmerkfamfeit von ganz Nord» Amerifa
gerichtet war, und die die Zeitungsfchreiber mit den
glänzendften Floskeln al8 ein Unternehmen fchilderte
aus dem Reichthum an edlen Metallen und Edelſtei⸗
*
den Indianern in Nords und Nordweſt-Amerika vereinigt, und
eine Menge Handelsagenten unter die letztern zu dieſem Behufe
ausgeſchickt hat. Ein dergleichen Commis muß ſich verbindlich
machen gegen ein Jahrgehalt von) 460 Piaſtern 7 Jahre lang
dieſes Geſchaͤft zu betreiben, nach dieſer Zeit wird er ein Mitglied
der Compagnie, und nimmt an allem Gewinn Theil, welcher
durch dieſen Handel mit den. Wilden in der That ſehr bedeu⸗
tend ſeyn und ſich auf 300 Procent belaufen ſoll.
_ Ju
nen für das Land —— * iſt mathnahlch
= Diefer :
an den Kuͤſten der Suͤdſee * Zn a Eelonien
anzulegen, um von dem Handel mit China mehr
Nugen zu ziehen, bis wohin fie von jenen Ufern ei⸗
nen mehr als die Hälfte näheren Weg haben, als
wenn fie jest, um dorthin zu "gelangen, erſt das
Arlanzifche Meer und den indifchen Dyean Pafiiven
muͤſſen.
Das unermeßliche Gebiet des — ——— —————
Continents iſt bis zur Suͤdſee noch gar nicht erforſcht,
indem die letzte Expedition unter dem Kapitaͤn Lewis
und dem Gouverneur Elarke in den Jahren 1804 big
1807 nicht weiter al8 3000 englifhe Meilen am Mif
foury- Strome aufwärts in das Innere vorgedrungen
ift. Der geographifchen Berechnung nach find die Küs
fien der Südfee wenigftend noch 5000 Meilen von. dem
Miffifippy entfernt; an den. Letztern rechnet man von
den Küften des atlantifchen Meeres an 16 bi8 1700
Meilen und da diefer 2600 Meilen: von Norden nach
Süden durdy das amerifanifche Gebiet fließt, fo kann
man ſich einen ungefähren Begriff von dem Umfange
dieſes Landes machen. |
Wohl follte daher diefe nach Macht und Neichthum
geizende Republik die fleißigen Deutſchen mit Sreuden
aufnehmen und mehr unterftüßen, als fie wirklich thut.
Allein fchon aus der Antwort, die der Staats: Gefres
taͤr Adams dem Baron v. Särftenwerder auf deſſen
Antrag: „die deutſchen Eingewanderten mehr zu unter⸗
ſtuͤtzen, Rertheilte:
Die Europaͤer ſollten erſt ihre europaiſche Haut abs
werfen. Die Deurfchen Fämen nicht des Vortheils des
Landes, fondern ihres eigenen J—— und —
"wegen: nach Amerika;
TE
geht der Haß und die Abneigung der gefammfen iri-
ſchen Kafte, aus denen größtentheild die Staatsbeamten
beficehen, gegen die Deutſchen nur zu deutlich. hervor.
Kurzfichtiger und einfältiger Fann wohl Fein Staats;
mann fprechen, als Mäfter Adams that, der wunder
was Kluges gefagt zu haben glaubte. Die Deutfchen
verlaffen ihr ſchoͤnes und kultivirtes Vaterland, weil fie
der vaterländifche Boden nicht mehr ernährt; fie ver;
laffen biedere und gute Menfchen, und laſſen ſich in
Wildniffen unter euren irifchen Trunfenbolden nieder,
trocknen eure Peſt verbreitenden Sümpfe aus und ſchaf—⸗
fen die Wildniffe in Weigenfelder um, gelangen nach
unendlichen Mühfeligkeiten doc zum Wohlftande, und
fie und ihre Kindes; Kinder bleiben im Lande und find
ächte Republikaner, indem fie, mit wenigen Ausnah⸗
men, feine Sflavenhalter find und auch Feine unter fich
dulden, von denen Mäfter Adams als ein Georgier
einer der’ vorgüglichften ift. Sind fie dann nicht eine
dauerhafte Stüße und auch ein Nugen des Landes,
deffen Population und GStaatseinfünfte fie vermehren?
Zwoͤlftes Capitel.
Geſchaͤfts⸗⸗vWegweiſer fuͤr junge deutſche Kaufleute
in Amerika.
Aus allem, was ich bisher uͤber Amerika angefuͤhrt,
wird jedermann erſehen, daß der Kaufmann dort der
erſte Stand, und dieſes Land nur das Element des
Kaufmanns iſt; die Advokaten ſpielen zwar nicht min⸗
der eine bedeutende Rolle, indem ſie als der gebildeteſte
Theil der Einwohner: in der. Regel auch die erſten Staats⸗
Aemter bekleiden; allein der groͤßte Reichthum ſteckt un⸗
ter dem Handelsftande. Für den Ausländer vom 9%
bildeten Stande, der nicht als Bauer oder Handwerker
fein Fortkommen fuchen kann, bleibt beinahe fein ans
derer Erwerbszweig übrig, als fh 2. — in
widmen.
Da nun fo viel junge Leute vom. mertamiliſchen
Fache oft ohne Plan, ohne Fond und ohne Credit, bloß
aufs Gerathewohl und mit einigen ihnen zu nichts die⸗
nenden Empfehlungsſchreiben, um ihr Gluͤck zu machen,
dahinſtroͤmen, und manche ſelbſt, wenn ſie noch einiges
Geld mit ſich bringen, oft nicht wiſſen, welchen Handels⸗
oder Geſchaͤftszweig fie ergreifen ſollen, fo will ich auch
darüber zur Notiz dem jungen Glück fuchenden Hans
delsmann eine kurze Anmweifung an die Hand geben, wo
und auf welche Art er fein Gefchäft beginnen fol, um
fi) wenigftens "in die Handelsgefchäfte einzuarbeiten,
und fich mie feinem geringen Fond zu erhalten, bis. ex
Vertrauen und Credit im Lande gewinnt, oder foviel
erworben hat, um feine Gefchäfte in einem größeren
Umfange zu betreiben.
Deutfche Fabrifate koͤnnen felbft in Deutſchland
mit den engliſchen keine Konkurrenz aushalten; um ſo
weniger werden ſie es im Auslande thun. Inzwiſchen
find Tuch und auch wohl Leinen-Waaren die einzigen
Artikel, womit der Handeldmann in Amerifa nicht nur
nichts verlieren, ſondern auch felbft in den Seeftädten
jedoch nur wenig, daran verdienen wird. In den letz⸗
feren aber muß der junge Kaufmann, der vielleicht mit
einer nicht gar großen Duantität Waaren hinkoͤmmt, fie
nicht abfegen, fondern in das innere des Landes’ sie
hen; und fie an die Stoor-Keepers (Bufch- und Land»
Krämer), nach dem Beifpiel der Jaͤnkys verfaufen. Auf
diefen Fall muß er auch nicht etwa feine Luxus⸗Waa—
‚ ven; fondern die für die nothwendigſten Bedürfniffe, als
— 19 —
*
Kleidungsſtoffe ꝛc. lmitbringen, indem wegen der allge⸗
meinen Geldarmuth des Innern kein großer Luxus zu
erwarten, in den Seeſtaͤdten aber seine solche Koncurreng
von auswaͤrtigen Luxus⸗Waaren aus ‚England, Frank⸗
reich, Italien, Oſtindien und China vorhanden iſt, daß
ſie haͤufig billiger verkauft werden, als in Europa ſelbſt.
Sind dieſe Waaren abgeſetzt, ſo muß der Verkaͤufer,
wenn er baar bezahlt worden iſt, wieder ſolche Artikel
im Innern einkaufen, die er in den Geeftädten fofort zu
Gelde machen kann. Die ficherften dergleichen find Lebens:
mittel und Schlachtvieh, aber keinesweges Pferde. Auch
beim Taufch, den oft der Land⸗Stoor⸗Keeper, wegen
Mangel an baarem Gelde, vorfchlägt, muß jener vor;
züglich darauf fehen, daß die hier vorgefchlagenen Ob⸗
jefte al8 Aequivalent für die abgefegten Waaren gege⸗
ben werden, indem er bei der Wiederveräußerung der
felben oft einen fehr bedeutenden Gewinn, zuweilen von
100 Procent und mehr machen wird. Wer in den weft
lichen Staaten: feine. Gefchäfte betreibt, und die einge:
taufchten Confumtibilien nach Neu⸗Orleans auf dem
Ohio hinunter: fchaffen will, wird nachftehende Artikel
im Ohio⸗Staat zu fehr niedrigen Preiſen erhalten, und
in erwähnter Seeſtadt ‚oder in Weſt-Indien mit vielem
Vortheil abfegen koͤnnen: Mehl, (rannte Salsfleifch,
Butter, Eier und Federvieh.
Wer Vieh eintaufcht, muß: es nach Philadelphia,
Neun:Dorf oder Baltimore treiben Laffen.
Ein Handels⸗-Jaͤnky, den ich in den Alleghenys
mit einem Transport Ochſen traf, erzaͤhlte mir: daß er
am Ontario⸗See fuͤr eine metallene Schweizeruhr, die
in ben Seeſtaͤdten für 25 oder 3 Piaſter verkauft wurde,
einen Ochfen eingetaufcht, ae in 5* 40 bis —
Piaſter galt.
Das Futterlohn * Rindvieh — in den Wirths⸗
häufern 'gemwöhlich 25 Piafter oder 4 Kupferpennis, fuͤr
ein Schaaf 1 Penni auf die Nacht. ı Kleine, Damen⸗
Uhren ſind jetzt ſehr modern. Wer in den weftlichen
Staaten feine: Geſchaͤfte betreiben will, wird wohl thun,
von Europa aus ſich nach Neu⸗Orleans einzuſchiffen,
von dort kann er auf den in den Miſſiſippy ſich ergie⸗
enden. Sluffen, Sabina an der: Provinz Texas, Ned.
River, Miffoury und auf dem Miſſiſippy, ſelbſt uͤberall
mit den Indianern feine: Dandelsgejchäfte anknüpfen,
und von ihnen gegen wollene Decken, Flinten, Pulver
und Blei, Taback und Branntwein, buntes Baumwollen⸗
zeug, Ölasperlen, goldene und: Eupferne Ohrringe‘ und.
andern. Flitterfiaat für die Srauenjimmer, ferner fuͤr
Heine Dandbeile, Handfägen und Meſſer, Büffel: Hirſch⸗
und Tiegerhaͤute, Biberfelle und anderes Pelzwerk ein
taufchen, welches die Rauchhandler und Hutmacher brau⸗
chen. Diefer Handel foll der ergiebigfte ſeyn⸗ — er
oft 300 Procent eintraͤgt. |
- Branntwein und Taback find diejenigen Artikel, 4
welchen die Indianer am meiſten trachten, und darum
ſuchten die amerikaniſchen Handelsleute von der Neigung
der Indianer zum Trunke ſo viel als moͤglich Vortheile
zu ziehen, und ſie vor dem Handel gewoͤhnlich durch
hitzige Getraͤnke zu berauſchen. Da aber mancher ſeine
Gewinnſucht mit dem Leben buͤßen mußte, indem der
Indianer im Zuſtande der Trunkenheit ſehr wild und
blutduͤrſtig iſt, ſo ſind die erſteren jetzt vorſichtiger ge⸗
worden und ſchließen den Handel gewoͤhnlich mit dem
Könige. ab, und wenn fie ihre eingetauſchten Objekte
empfangen; und ben Branntwein dafür geliefert haben,
fuchen fie fofort das Weite zu gewinnen. |
Jungen Leuten, welche in europäifchen Handelshäus
fern Feinen Eredit haben, und auch nicht bedeutende
Duantitäten von Waaren mitnehmen Fünnen, aber ‚den
' — 192 —
noch ihr etwaniges Capital zu Geſchaͤftsſpekulationen
verwenden wollen, rathe ich, vorzüglich konſumtible Ars
tikel einzukaufen, und dieſelben in Weſtindien, beſonders
in Havannah, abzuſetzen, als: Weſtphaͤliſche Schinken,
wovon das Pfund: haͤufig einen Piaſter koſtet, Braun:
ſchweiger Wurſt, Pommerſche Gaͤnſebruͤſte, Schweizer⸗
Kaͤſe und: Butter, die, ſtark geſalzen werden muß, Hol⸗
laͤndiſcher Kaͤſe und holſteiner Butter, Saffran, den die
ſpaniſchen Amerikaner in allen ihren Speiſen genießen,
und der im Jahre 1817 einmal mit 64 Piaſter fuͤr dag
Pfund bezahlt wurde. Auch gute Aepfel, die dort we⸗
gen der zu großen Hitze nicht erzeugt werden, und Rhein⸗
wein werden gute Preiſe finden. Wer mit ſolchen Waa⸗
ren nach Weſtindien kommt, wo die Theurung aller Le⸗
bensmittel enorm iſt, kann verſichert ſeyn/ fe *
und ſehr vortheilhaft abzuſetzen. |
Wer auf den erwähnten: Inſeln, wo in den Win⸗
termonaten kein Anfall des gelben Fiebers zu beſorgen
iſt, nicht bleiben will, wird wohlthun, dortige Landes;
produfter Kaffee, Zucer,: Rum und Havannah » Tas
back ‚einzukaufen, Die .er in den Vereinigten: Staaten
überall wieder ‚mit Vortheil abfegen Fann. |
» Geftattet die neue Eonftitution in Spanien fremden
Völkern den Eingang in die fpanifch» amerifanifchen Ko:
lonien, fo find Merifo, Neu: Granada und Peru die
Länder für den europäifchen Spefulanten.. Feine Tücher,
ganz feine Leinwand, feinen Damaft, feine Brabanter
und franzöfifche Kanten, geſchmackvolle Fingerringe und
Perlen, goldene Damen: und englifche Patent: Levers⸗
Uhren oder Schweizer Nachahmung: derfelben, werden
fiets im Innern ihre - Käufer: finden. ° Als Chili: von
den Spaniern gefäubert wurde, ‚galten bie englifchen
goldenen Patent: Levers-Uhren, welche in England. mit
60 oder 70 Maler bezahle wurden, 400 Piafter; der
Tall
Fall dürfte vielleicht noch in Mexiko ſtatt finden. » Auch
Dapier hat, nach des Schweizer Pedolin Ausfage, in
fpanifch Amerika uͤberall einen: guten Preis, weil: daffelbe
zum Rauchen, der Zigarren. in großer: Quantität vers
braucht wird, und in Südamerika wenig oder: gar feine
Papiermühlen exiſtiren. Auch andere etwanige Fabriken
giebt es wenig oder gar nicht, ‚und. da: der, Detailhaͤnd⸗
ler in Amerika ‚gewöhnlich mie: 400 oder doch nie unter
50. Procent Profit verkauft ſo kann fich ‚Hieraus jeder⸗
mann von felbft:vorfielen, welchen: enormen: Preis eu⸗
**— Waaren im Innern des Landes haben.
Wer in Nordamerika, wo alles mit Stoor⸗Keepers
= Handelsleuten ſo fehr überhäuft iſt, nicht einen
Tauſchhandel treibt, kann jetzt beinahe nichts. verkaufen:
Dieſes Syſtem haben faſt alle. Stoor⸗Keepers in den
weſtlichen Staaten eingeſchlagen, und verſehen den Bauer
mit, allen Kleidungs⸗ und Luxus-Artikeln das ganze
Jahr hindurch, worauf dieſer mit ſeinen Produkten Ab⸗
rechnung haͤlt, die erſterer nach Neu⸗Orleans zum Vers
kauf ſchickt, und, wie ſich von * — —*
Gewinn daran macht. »ou
Odbgleich in Suͤdamerika die —— Grandes
auch Handel treiben, ſo iſt doch im Allgemeinen der Charak⸗
ter der Spanier nicht ſo ſehr dazu geneigt, wie der der
Nordameritaner, wo ſogar Generale und Gouverneure
mit dem Praͤdikate Excellenz in: ihren Laden: Pfennig⸗
band und Janky-Kaͤſe oder: gepöfelten: Stockfifch vers:
kaufen, und darum würde der junge‘ europäifche Han
delsmann in Südamerika) immer eher; feine Rechnung
finden, als in den Freiſtaaten. Wer auf diefem Wege
ſeine Geſchaͤfte betreibt» ſein etwaniges Betriebs⸗ Kapi⸗
tal verſchiedentlich umſetzt „Fann. nach einigen Jahren
ſchon ein kleines Vermoͤgen erworben haben. Wenn er
nun diefes in daſige Waaren verwendet, und damit nach
13
wo 794 —
Europa zuruͤckgeht, um hier wieder feinen Einkauf zu
machen; wird jetzt Feines: fremden Rathes mehr bedür-
fen, fondern fchon ein ſolides Haus bilden, und ſowohl
in. der alten als in der neuen Welt Credit Haben und
Vertrauen genießen. Nur anf diefem mühfamen Wege
ife es dem jungen euröpäifchen Handelsmann möglich,
fich ‚mie feinem: Heinen Betriebs: Kapital in Amerika zu
erhalten; und etwas vor fich zu bringen; noch beſſer
aber werden die Geſchaͤfte von ſtatten Yehen, wenn zwei
in Compagmiei treten Wer in Geeftädten ohne hinlaͤng⸗
lihen Fond Handelsgeſchaͤfte entrirt, iſt in kurzer Zeit
geliefert, und wer ganz ohne Fond nach Amerika geht,
um dort im Handelsfache fein! Glück‘ er zen wird
wohl thun, daheim zu bleiben.
Das Teßtere zu finden, wird ihm dort Pr weni⸗
ger. gelingen, als in Europa. Auf dem hier angefuͤhr⸗
ten Wege treiben die fchlauen Jaͤnkys "und verfchiedene
Deurfche, befonders israelitifhe Hundelsleute, "ihre
Gefchäfte in den Freiſtaaten, und deffen ungeachtet will
gar manchem das Gluͤckmachen nicht gelingen. Meines
Dafürhaltend nach würde der Handelsmann, "wenn er
fein Geſchaͤft ſich in’ Europa fe ſauer werden ließe wie
in Amerika, wenn er bis in die Wilduiſſe von Rußland
und der Moldau mit Waaren zoͤge ſie dort gegen
Schlachtvieh und Pferde umtauſchte/ und dieſe bis nach
Deutfchland: brächtey vielleicht eher ein Vemdgen er⸗
werben? als in der neuen Welht..
Sehr viele erfahrene europäifche Kaufleute hoͤrte ia
fonft über die unguͤnſtigen Zeiten im merkantiliſchen
Fache Hagen; inzwiſchen iſt es in Amerika niche Geffer.
Herr Sperry, der Koͤniglich Preußiſche Konſul, "ein
Mann von ausgedehnten Fäufmännifehen Gefchäftsfreife,
fügte mir kurz vor meirier Abreiſe, 'man mbge jetzt, was
immer fuͤr ein Geſchaͤft unternehmen 7 fo ſeh doch nichts
— 195 —
dabei zu verdienen. Die vielen — —
DER; BD oe ea ; A ih
kin
is 44 233% HF TER ;
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—— ⏑—— rl
Dreisehntes Capitel,
Heberficht der revolutionären Ereigniffe in Wer
Provini Texas. Vorſchlaͤge fuͤr — * — su er
nial: —— ERBEN
Die Provinz Texas liegt — dem Grade
noͤrdlicher Breite, zwiſchen Louiſiana und: Mexico, zu
welchem letzteren fie eigentlich gehoͤrt. Sie grenzt noͤrd⸗
lich mit Louiſiana und ſuͤdlich mit der an edlen Me—
tallen ſo reichen Intendancia San Louis de Potoſh,
oͤſtlich mit dem mexicaniſchen Meerbuſen; ihr weſtliches,
ſich bis an die Suͤd⸗See hinaus erſtreckendes Gebiet, iſt
noch gar nicht erforſcht. Die Breite deſſelben rechnet
man von Sabina⸗Fluß bis an die Grenze von Potofy
auf 500° Leguas oder 1000 englifche Meilen. Dieſe
enorme Fläche iſt nur an den Grenzen von Potofy "mit
ungefähr 5000 Einwohnern bevölkert; jedoch haben ſich
auch an der nördlichen Grenze längs" dem’ Sabina-Fluß
Nord-Amerifaner von der Sekte der Methodiſten in
der Abficht niedergelaffen, um’ die Indianer, welche zu
Tauſenden, in verfchiedene Voͤlkerſtaͤmme getheilt und
noch in ihrem rohen Naturguftande lebend, das Innere
des Landes durchftreifen, aut Annahme” de er
thums zu bewegen.
Nach den neueſten Nachrichten dieſer Meuten ie
der Boden außerordentlich fruchtbar an Waizen, Mais,
Baumwolle und Indigo; dag Klima ift im Innern,
wegen der vielen’ Gebirge, mäßig und geſund, und
nur an den Küffen des Golfs find einige Suͤmpfe und
13 *
— ii —
beſonders mehren Meerbuchten?. worumter dien Galbe⸗
ſtons⸗Bay die größte if. -unwssgnelt ine guuı®d mad
Diefer. fchöne Strich Landes gehört den Spaniern;
indeg wollen auch die" Vereinigten Staaten ihre Aus
fprüche durch. die „Ertverbung von Louifiana darauf
gründen; ebdırer ſelbige aber weser beweifen, noch gels
tend machen; Auch in. Diefer, Provinz hat, Die, Bepoͤlle⸗
umge ſo unbedeutend fie auch iſt, dennoch der revolu⸗
tionaͤre Geiſt auch ergriffen indem Fernandos, ein
Eingebohrner, die Fahne der Inſurrektion aufpflanzte
und den Gouverneur, nebſt einigen andern Staatsbeam⸗
ten ermorden ließen Zu ihm geſellten ſich einige hun⸗
dert Nord⸗Amerikaner, welche: die, Sucht, ſich in Mexi⸗
kos Silber⸗Minen zu bereichern, dazu hewogen hatte.
Als aher der durch nden Geiſtlichen Bidalgo in Mexico
erregte Aufſtand wieder unterdruͤckt ward, machte ein
von Potoſy aus detachirter Kaballerie⸗Trupp dieſem
Aufruhr mit einem Schlage ein Ende. Die, Einge⸗
bohrnen unterwarfen ſieh, Fernandos fand wahrſchein⸗
lich ſeinen Tod, und die wenigen Amerikanern welche
nicht durch das ‚Schwert der Spanier oder durch. Hun—
ger umgekommen find, warfenihre Waffen weg und
flogen » in größter: Beſtuͤrzung nach Louiſiana zurück,
ni Imaahre 41817 ließ fich der franzoͤſiſche ‚General
Allmand der Erſte «mit ungefähr: 160 Offizieren von
der Bonapartiſchen Armee an der Galveſton⸗Bay auf
einem Plage, Trinité nieder, erließ eine Proclamation,
in welcher er ſein Gebiet fuͤr unabhaͤngig erklaͤrte, das
man im Falle eines Angriffs, mit den Waffen in der
Hand werde zu vertheidigen wiſſen, und legte dieſer
meuen Kolonie den. Ramen Champ d'Aſile bei. Da
nun faſt alle Koloniſten aus. Offizieren beſtanden, ſo
kann man ſich leicht vorſtellen, welche Fortſchritte der
Aclerbau gemacht haben mag. Nur der General hatte
ein Häuschen, alle uͤbrigen wohnten in Baradken,: fchoß-
fen’ ſich das Wildprett felbft, > oder tauſchten es von
der Indianern 'eing: Fifher fingen ſie auch ſelbſt uud
Mehl ließ man von Neu⸗Orleans kommen. In bed
Kolonie befanden ſich nur: zwei Frauen, die eines Gen
nerals, und die eines ehemaligen Regiments Arztes:
Von den Offizieren wurden einige auf der Jagd: vor
einem "fremden Indianer⸗Stamm ermordet, verſchiedene
andere: aber fanden, nals ſie mit einenSchaluppeiuach _
Neu⸗Orleans fahren wollten, in den Wellen ihren
Todund unter dieſen war auch der pohlniſche Obriſt
Schulz der Mefkrzag ſich im October 1818, als ein
Kavallerie⸗Trupp von 500 Mann von⸗ den Spauiern
zu ihren Vertreibung abgeſchickt wurde, eiligſt nach
Neu⸗Orleans zuruͤck wo diejenigen welcheudas gelbe
Fieber nicht wegraffte, eben. Fein glaͤnzendes Leben fuͤhr⸗
ten. So endete dieſe Kolonie, von det die amerikani⸗
ſchen Blätter ſoviel fabelten, indem ſie ſelbe bald, eine.
Srpeditionsgegen Mexiko, um diefes mit einem Schlage
gu erobern ausruͤſten, bald wieder eine Escadre gun
Befreiung Bonapartes bemannen ließene Mit: großen
Plaͤnen geſchwaͤngert ſind die franzoͤſiſchen Militaͤrs un⸗
leugbarrnach· Amerikas gegangen, allein Nals ſie nur zu
bald ausfanden,/ daß die Amerikaner keine Griechen
unser Agamemnon und Themiſtocles, keine Carthager
unter Hannibal und auch keine "Römer unter Stipio
und Pompejus ſind, ‚nicht minder auch bei den Mexi⸗
kanern keine Spur von dem Geiſte mehr anzutreffen
iſt, der fie unter Montezuma und Telasko beſeelte,
dachten ſie wohl nicht weiter san ihre Plaͤne, ſondern
mehrere davon: Echreen nach dem Amneſtie⸗Geſetz nach
Frankreich zuruͤckk. ———————
ms Anfang des Fahres 1810 ergriff ein amerika⸗
niſcher Kraͤnter Namens Kong aus Ratches, den bie
— 198 FRE
en‘ und"; ‚die Wage a fortune ein) Gluͤck) verſagt
hatten/ das blanke Schwert, raffte ungefaͤhr 70 Ba
gabunden zuſammen und machte mit diefen einen Eins
fall in die Provinz Terag; proklamirte die Unabhaͤngigkeit,
erhob: fich ſelbſt zum Ober⸗Direktor (Supreme Director)
derſelben und fommandirenden General feiner aus 70
Mann beftehenden Armee, und forderte unter großen
Berfprechungen‘ amerifanifche und fremde Offiziere auf,
ſich für die Sache der Freiheit mit ihm zu: vereinigen.
General Mina ward wieder ins Leben zuruͤckgerufen,
und im weſtlichen Mexiko mit seinem Armee⸗Korps in
Thaͤtigkeit geſetztz nicht minder machten die! amerikani⸗
ſchen Blaͤtterd die glaͤnzendſte Schilderung von Kongs
Erpedition,: ließen ſie gegen 2000 Mann ſtark ſeyn,
und ſich mit: 5000 Indianern vereinigen und Mexiko
damit bedrohen. Allein ſchon im Oktober Tiefen. die
Berichte ein, daß ein Trupp ſpaniſcher Kavallerie die
Longſche Bande, welche ſich am Sabina⸗Fluß herum⸗
getrieben verjagt, und auch die Plantagen der auf
ſpaniſchem Gebiet ſich niedergelaſſenen frommen Mer
thodiſten — und ſegar dieſe —
hatten. sid Ann Sronc h
Wenn man * le ‚Berichten: Me en
fehen Zeitungsſchreiber über sdiefe, "Expedition mit dem
jetzigen Refultate ‚derfelben vergleicht, dann wird ıman
es ſogleich ausfinden: warum die) Nachrichten: Über: die
füdamerifänifchen Angelegenheiten, ‚Die wir größtentheilg
aus amerikanischen — ale ER for: Ren
BR fihdaläul;?. 4 use Tore SU. 79°
"Strenge Auchenticitäe 2 man bei keiner Zeitung
docnusfgen am wenigſten aber bei denen: der Ameri⸗
kaner, weil ihre Redakteurs Feine Cotreſpondenten im
Auslande haben, und gewoͤhnlich nur die engliſchen
und franzoͤſiſchen Blätter: als Hauptquellen benutzen,
⸗ 199 —
daher iſt es ſehr haͤufig der Fall, daß ſie Nachrichten
über» Suͤd-Amerika erſt aus den engliſchen Zeitungen
entlehnen. Hiermit erledige ich meine politiſche Anſicht
uͤber die Probinz Texas und gehe wi * * in
—— Hinſicht uͤber. J
n fach. irgend ein Stuͤck Bandes. —7— J
re ke Kontinenta zu einer Kolonial:- Befigung
für Preußen eignet, fo iſt es die Provinz Texas deren
Erwerbung durch Kauf von Spanien, fuͤr welches fie
weder Nutzen, noch politiſchen Werth: hat, ſehr Leicht zu
bewerkſtelligen ſeyn duͤrfte. Gewiß ſehr wichtig wären
die Vortheile in agronomiſcher, politiſcher und merkan⸗
tiliſcher Hinſicht, die aus dem Beſitz eines Strich Lan⸗
des hervorgehen würden; der groͤßer als Deutſchland iſt,
und wenn gegenwaͤrtig auch wenig oder gar keine civi⸗
liſirte Bevoͤlkerung darauf iſt, fo dürfte es doch in kur⸗
zem eine bluͤhende Kolonie werden, wenn Preußen die
Auswanderungen aus Deutſchlaud benutzte, und‘ die
ungluͤcklichen Auswanderer, welche, nachdem fie durch
die Reiſe zu Bettlern geworden, ‚im den Vereinigten
Staaten im. Elend ſchmachten, auf preußiſchen Schiffen
frei hinüberfchiffte , ihnen: das Land: umfonft gäbe oder
fonft einige Unterftägung, wenn auc nur vorfchußweife,
gewährte, ſo würden fie fehon nad) 5 oder höchfteng
10 Sahren 50 Morgen tragbares Land angebaut haben,
Nechnet man nur veinen mäßigen Ertrag des dafigen
Bodens: zu 30 Korn, fo kann der Kolonif , nad) Vor:
behalt des; dritten Theils feines: Grundes zum Anbau
für Viehfuͤtterung und Gemäfe, auf den übrigen 32
Morgen’ fchon 960 Scheffel Waizen, zu tz. Thaler
pro Scheffel veranfchlagt, Folglich eine reine Revenue
4440 Thaler jährlich getoinnen, und alle efwanigen ihm
geleifteten Vorſchuͤſſe mit reichlichen Zinfen zurückzahlen:
Die Gebirge im Innern des Landes find noch feir
nesweges — und dan ſie mit den an Silber
Minen: fo reichhaltigen‘ Bergen von Potoſh in Verbin⸗
dung ſtehen, fo dürfte vielleicht auch in metallurgiſcher
Hinſicht ergiebige Ausbeute zu erwarten ſeyn. Zur Be⸗
arbeitung der Bergwerke muͤßte man alle incorrigible,
und minder ſchwere Verbrecher zum Ackerbau dahin
ſchaffen und von nun an alle Diebe. und Nana zur
Transportation verurtheilen. dueii
Auf dieſe Art wuͤrden die Zuchthäufer
geleert, und dieſe für die bürgerliche Gefellichaft ganz
abgeftorbenen Wefen , fobald: fie ihre. Strafzeit aufge:
fanden, durch die’ Bearbeitung eines fo fruchtbaren Bo⸗
dens zum Wohlſtande gelangen, und‘ gewiß aud) in
‚moralifcher Hinſicht beſſere Menfchen: werden, fo wie
dieß in Botany- Bay fehr oft der Fall ift.
Die Vortheile im: merkantilifcher Hinſicht wären
nicht minder wichtig für dag Murterland , indem
a) aller ‚Handel! mit dem Indianern bis an die Ufer
der: Süd: See in die Hände — auf
leute fäme,
b) für: die preußifchen Fabrifate an der Galvefion»
Bay ein fehr gelegener GStapelplaß feyn würde,
um von dort aus auf dem Rio del Norte nach
Merico, und aufıdem Miffifippi, Miffoury, Ohio,
‚Sabina und Ned Kiver in die. Vereinigten
Staaten eingeführt werden zu fünnen.
. Durch, folche Handels: Kanäle bekaͤme Preußen bie
tropiſchen Gewaͤchſe aus der erſten Hand, oder fünnte
fie, al8: Baumwolle, Indigo und Zucker: auch: felbft er
zeugen, und fehr wefentlich »wortheilhaft würde dieſer
Umftand auf das Fabrikations-Wefen wirken. Die
Summe, für welche diefe Acquifition zu erlangen, dürfte
eben wohl nicht fo fehr beträchtlich feyn, und falls fie
bie Regierung. nicht aufzubringen oder zu entbehren
— 201 —
vermoͤchte, ſo ſollte der Handelsſtand, der durch dieſe
Colonial Erwerbung die meiſten Vortheile ziehen würde,
fie) unbedenklich" dem » Staate vorſchußweiſe hergeben,
oder, ‚fobald «Spanien zur Abtretung fich" bereit erklaͤrt
bat, eine Handelsgeſellſchaft gleich" der oftindifkhen
Compagnie bilden, die alle” Ausgaben beftreiten, ' aber
auch alle Bortheile allein beziehen‘ follte; und nur die
zum Schutze der Kolonie — gi u
der Staathergeben.
‚Preußens Handel würde durch eine — Sei wuns
eine ganz audere Ausdehnung und Leben und Geiſt ins
nerhalb zehn! Jahren erhalten und vielleicht fchon nach
dieſer Zeit dürfte die Kolonie, falls ihr, wie ſich von
ſelbſt verſteht, eine zweckmaͤßige Verfaffung zugeftanden
wiürde,eine Bevölkerung von einer Million Seelen zählen,
und gar nicht zu berechnen find die Vortheile, die für
Preußen einſt aus: dem Beſitz dieſes Strich Landes er⸗
wachſen würden.
Wie ergiebig der Handel mit den — Sei
aller ihrer Armſeligkeit doch ſeyn muß, geht daraus
hervorn daß die: Englaͤnder und Anterikaner ſo fehr
danach buhlen, und auch die Ruſſen an den Kuͤſten
der » Sübdfeen am! Columbia⸗Fluß und "in er en |
Handets⸗ «Kolonien angelegt haben.
Um dieſer Kolonie ſchnelles Emporkommen a zu⸗
sieh Schuß’ zu verfchaffen, müßten‘ 10,000 Mann
Halbinvaliden' dahin gefendet werden, denen ein Gna⸗
denbror von’ hundert Morgem Land: eine viel willkomm⸗
nere Berforgung ſeyn wurde, - ald eine Ausficht auf
eine Chauffeearbeiter» Stelle Dieſe Anzahlt alter Krie⸗
ser und die Koloniften, in eine Miliz 'gebilder, dürften
ſchon hinreichen, die Kolonie ‚gegen * etwanige In⸗
vaſion zu ſchuͤtzen. Be
Uebrigens würde auch Meunßens Marine: die se
— 202 —
genwaͤrtig erſt aus zwei Fregatten und einer Schälnppe
beſteht, ſich bald heben, und durch geſchickte Matroſen,
welche auf auslaͤndiſchen Schiffen ihr Brod ſuchen, hin
laͤnglich bemannt werden koͤnnen. Nur durch Schiffahrt
und Seehandel kann eine induſtrioͤſe Nation Reichthum
erwerben; nur dadurch wird England ſtets uͤber alle
Maͤchte der Welt glaͤnzen, und Frankreich ein uner⸗
ſchoͤpfliches Land bleiben; nur durch ſeine Marine iſt
das koloſſale Rußland in der Gewerbsinduſtrie, im
Reichthum und in der Geifteökultur fo fehr vorgeſchrit⸗
ten, daß es die Bewunderung: und das "Staunen des
Zeitalters erregt. Was alſo auch: der politifche Kris
tifaften ngegen ‚meine aus »reinem patriotifchen : Gefühle
gemachten Vorfchläge immer einwenden möge, fo ſpre⸗
chen dies angeführten Beifpiele fo. fehr für meine Ans
ſichten über diefen Gegenftand, daß derjenige blind feyn
müßte, welcher die dem Baterlandieinft aus diefer Kos
Ionials Befigung entfpringenden Vortheile nicht einfehen
wollte, von denen ich mich durch Local» Erfahrung hin:
länglidy überzeugt habe; dennsnicht „nur den »Archipela-
gus der Antillen, fondern auch ale nördlichen und. öft
lichen Kuͤſten des füdamerikanifchen Kontinents, mit Ein⸗
ſchluß Brafilierg, würde. diefe «Kolonie, mit Getraide,
Butter, Salzfleifh und andern »Erzeugniffen : verfehen
fünnen:, indem; wie: bekannt, alle diefe Länder ſich nur
mit Erzeugniß von Kolonial⸗Produkten befchäftigen,
Möchterich es daher noch erleben, meine heißeſten
Wuͤnſche erfüllt, und Preußens Volk maͤchtig und: reich
auf dem Schauplatz der Welt: zu ſehen, und gern will
ic das. namenlofe Elend ı vergeffen, welches einige
Schlechte. mir. feit 4 Jahren bereitet haben.
Indeß vertraue ich auf wie Gercchtigfeit in mei⸗
nem DBaterlande, den Stolz der preußifchen Nation
und hoffe, Daß "diejenigen dies das Recht unter die
Süße. gefreten, einer armen Gemeine ſchweres Unrecht
zugefügt, ‚ihre, wohlverdiente Strafe noch bekommen, ö
und ich endlich; den. Erfaß für ig * Un⸗
an ——— MR
a: 14,3
“Ara
we
omg
u u 1110 198. 14 7 I 33 A ; ?
5 Vierzehntes Capitel.
tie auf das Krieges Theater in Sid, Amerifn,
Die —— Greigniffe in Spanien dringen diels
Teiche einem jeden die Frage auf:
wie wird: fi fih Suͤd⸗Amerika dabei —
Bevor ich hierüber meine Anſicht mittheile, will ich zu⸗
voͤrderſt eine kurze FRE ‚der — * ver⸗
—— OH —
Bidalgo, ein aa in Meriko, —
burch eine Predigt das Volk zum Aufſtande, ſtellte ſich
an: deſſen Spitze und marſchierte mit. einer: Armee von
100,000 Mann auf die Hauptftadt Mexiko log. Nur
noch fünf Stunden war er. davon entfernt, als er fich
aus unbekannten Urfachen wieder zuruͤckzog. Der Vice⸗
König; Venegas ließ ihn durch den General Ealleja vere
folgen ,naind dieſer brachte die Sinfurgenten» Armee in
gaͤnzliche Deroute, nahm ihr alles Geſchuͤtz ab, beſte⸗
hend in W Kanonen, und toͤdtete 10,000 Mann
Bidalgo ſelbſt wurde auf feinem Ruͤckzuge nach Loui⸗
ſiana von einigen ſeiner Offiziere verraͤtheriſcher Weiſe
den Spaniern ausgeliefert und mit feinem ganzen Staab,
beſtehend aus 60 Offizieren, im Jahre 1811 hingerich⸗
tet. Seine Generale, Rayon ein Advofat und Moͤre⸗
los ein Landpfarrer, feßten zwar den Krieg fort, wur
den aber im Jahre 1814 an gerhlagen angen
und hingerichtet. |
Im Monat Mai 1816 fegelte der General Mina der
jüngere mit‘ 7000 Getwehren und Ausruͤſtung für 2000
Mann Infanterie und 500 Mann Kavallerie" und einigen
Dffisieren von Liverpool nach den Vereinigten Staaten
ab. Dort fehloffen ſich noch mehrere amerifanifche Hffi-
ziere ihm an, auch verfchaffte er fich dafelbft noch mehr
Gewehre, und landete mit diefer ‚Erpedition,, unterſtuͤtzt
vom Admiral Aury, bei Matagorda in Merifo, Schnell
brach ber. unter ‚der, Aſche glimmende Revolutions⸗
Geiſt wieder aus, und ganze Regimenter gingen von
den Truppen zu Mina uͤber. In verſchiedenen Gefech⸗
ten hatte er die Koͤniglichen zuruͤckgedraͤngt und die un⸗
ter ſeinem Befehle ſtehende An bis = ——
Mann gebracht. Art
' Eines Tages ritt er in — ſeines Staabes
aus, den Feind zu rekognosciren, und entfernte ſich
beinahe zehn’ Stunden von feiner Armee. Wahrſchein⸗
lich waren: die’ Königlichen auch davon durch Spione
benachrichtiget worden denn fie Fchnitten Ihm von ſei⸗
nem Armee: Korps ab, "umsingelten ihn und nahmen
ihn gefangen. Auch er wurde von dem —* —
Koͤnig Apodaca hingerichtet. u 8un
Sein Tod verbreitere Muthloſigkeit in Pe Resohi
tions Armee, die nunmehr angegriffen, gefchlagen und
zerſtreut wurde. Von den fremden. Offizieren’ wurden
verſchiedene, beſonders die von hoͤherem Range, nach
dem Gefecht als Gefangene erſchoſſen, und von den
60 -amerifanifchen Offizieren, die ſich dev Erpedition
angefchloffen hatten, ' geriethen ohngefaͤhr 360 in die Ge:
fangenfchaft. Sie wurden. in unterirdiſche Kerker ge⸗
worfen und find dort, bis auf fünfe, umgefommen
Einer davon fand Gelegenheit zu entfliehen und brachte
diefe Nachricht in fein Vaterland. Der Vice⸗Koͤnig
Apodaca nahm ein anderes Syſtem an, als feine Vor
fahren, indem. \er, außer den Haupt« Anführern allen
übrigen »-Theilnehmerm an der: Revolution, nicht nur
Amneſtie gewährte, fondern: auch mehrere. derfelben in
der Armee anſtellte. Dadurch ift es ihm gelungen, ‚die
Ruhe in ganz Mexico wieder herzuſtellen und: die Sm
—— zu beſaͤnftigen.
Gegenwärtig. ſoll er eine Armee von 60,000 Man
7— den Beinen „haben: (7), und nicht nur dieſe, ſon⸗
dern auch Die cibiliſirten Indianer ſuchen die Ruhe ge⸗
gen die hin und wieder herumſtreifenden Guerillas,
welche einen bloßen Pluͤnderungs⸗Krieg fuͤr signe Weir
nung ı ‚führen, aufvecht;zu erhalten: 1%
Im Monat März 1819 ‚Iandete Mac —— ein
General in: Dienſten der Republik Venezuela, mit einem
in Irland geworbenen Korps in, Aux Cayes, im ſuͤdli⸗
hen Theil der Inſel Sanct Domingo. Mit dieſem
Korps, hoͤchſtens 600 Mann ſtark, machte er einen An⸗
griff auf Porto bello, eine Seeſtadt an der. Kuͤſte von
Terra firma, und vertrieb die Spanier, die wenigſtens
noch einmal ſo zahlreich waren, als die Expedition.
Letztere zogen ſich nach Panama zuruͤck, verſtaͤrkten ſich
dort und nahmen die ganze Expedition durch einen Le:
berfall gefangen: Mac Gregor-und 4; Offiziere feines
— retteten ſich durch die Flucht.
Die Reſerve dev Mac Gregorſchen Erpedition
im Monat Juni ebenfalls in Aux Cayes, um
ſich von, dort aus mit den erſten Truppen zu vereini⸗
gen. Sie war gegen 1200 Mann ſtark, hatte ‚ein außs
geſuchtes Korps von engliſchen, franzoͤſiſchen und. deut⸗
ſchen Offizieren, worunter auch mehrere Preußen, wa⸗
ven... In England wurde ihnen vorgeſpiegelt, daß Ma:
gazine und. Agenten der Republik, von Venezuela ſich in
Aux Cayes befänden, und, -für die, Beduͤrfniſſe der
Truppen in jeder Art geſorgt ſey. Wie ſehr fanden f ich
(ED
dieſe unglücklichen bei. ihrer Ankunft getaͤuſcht Weder
Agenten, noch Magazine und noch weniger Geld, das
ihnen fo ſehr mangelte waren hier vorhanden, und zu
ihrem noch’ größeren Unglück erfuhren ſie hier die Nies
derlage der Avantgarde, "Die Shiffsprosifion war auf—
gezehrt, die Hungersnoth riß ein, und Gemeine wie
Offiziere, nachdem letztere alles , was ſie 'entbehren
konnten, verfauft hatten, ſahen fich genöthigt, das Mit⸗
leid der Schwarzen und Mularten anzuflehen. . Bei der
ungeheuern Theuerung der Lebensmittel und der Ar
muth der Neger, laͤßt fich nicht erwarten, daß diefe
fehr freigebig feyn fonnten Die Hiße war jegt auch
bereits eingetreten, und zu allem diefen Elend geſellte fich
noch dag gelbe Fieber, welches, in Verbindung mit’ dem
Mangel an’ Lebensmitteln und ärztlicher Hülfe, folche
Verheerungen unter den Truppen anrichtete, da nach
den Zeitungen von Port: au: Prince 75 Offiziere und
700 Gemeine in Zeit von vier Wochen über Bord ge
mworfen wurden Ein irländifcher Seemann von dieſer
Erpedition erzählte mir: daß von einem Schiffe, wel:
ches 200 Mann am Bord harte, nicht mehr als neun
am Leben geblieben find. "Der General Mac Gregor,
der nach fpanifchen Berichten, fich bloß durch einen
fühnen Sprung durch das Fenſter gerettet haben fol,
kam jetzt nach Aux Cayes. Mehrere Offiziere, unter
denen auch der Obriſt Engliſh, betrachteten ihre Vers
bältniffe zu ihm als aufgelöft und fchifften- fih nach
Margaritta ein. Ungefähr noch 200 Mann, Offiziere
und Gemeine, blieben ihm treu, und mit diefen unter
nahm er eine Erpedirion auf dem’ Rio de la Hacha
nad Neu⸗Granada; dort vertrieben fie zwar anfänglich
die fpanifche Beſatzung, wurden aber bald durch die
Uebermacht gefangen , außer dem Herrn General, wel
herauf dem Schiffe dem Gefecht zufah, und als es
= u
zum Nachtheil der Seinigen ausfiel,‘ fogleich in die
Sie fach. Nach den Nachrichten; welche; ein englifcher
Schiffs⸗Kapitaͤn nach England uͤberbracht, ſollen die
Spanier die ganze Expedition haben hinrichten laſſen,
woruͤber indeß noch die officielle Beſtaͤtigung fehlt.
ESo hat ein Mann, der in der fruͤhern füdamerifas
niſchen Rebolutions?Epoche fich einen Namen gemacht;
jeßt als ein Avanturier geendet, und beinahe 2000 Mann
enropdifcher "Kerntruppen; die in der Armee am Dris
noeo die wefentlichften Dienſte hätten leiſten koͤnnen,
theils durch das Klima, theils durch feinen gaͤnzlichen
Mangel?’ an Feldherrn⸗Talent, geopfert. Die Zeiten,
einen Cortes oder a a en .. — in
Ameritau und „ar h ai
Detzt langte auch ein’ &hsit der vom Generat
aber in Srland geworbenen Legion an." Diefer
und‘ der Trupp des General Englifb, ferner die vom
Hbrift Uzler aus Deutfehland überbrachten 120 Mann,
unternahmen in Gemeinfchaft mit Admiral Brions Ges
ſchwader einen Angriff auf Barcelona, nahmen diefen
Hrt den Spaniern ab, gingen dann auf Cumana 108,
und dort wurde ihr Angriff abgefchlagen. Schon in
Weſt⸗Indien Fehrten an 30 englifche Dffiziere von der
Devereurfchen Erpedition nach ihrem Baterlande zu—
rück, und nach ihrer Ausfage, fol das fchmache Corps,
welches unter Engliſh und Brion einen Angriff auf
Cumana gemacht bat, total gefchlagen worden, und
nur wenige davon nach Margarita zurücfgefommen
feyn. "Sogar an den Soldaten Weibern Tießen die
Royaliften ihre thierifche Wuth aus, und ſchickten meh⸗
rere mit abgeſchnittenen Ohren nach Margaritta zukuͤck
Wenn bie Inſurgenten auch wirklich mehrere ge⸗
fangene Spanier hinrichten fießen, fo thaten fie dleß
* ale‘ Nepreffalie. Schauderhaft find die Grauſam⸗
Feiten, welche, die: Spanier. an, den Suͤd⸗Amerikanern
veruͤbten. Faſt alle: gefangenen, Nepublifaner, ſelbſt die,
welche. bleſſirt auf dem Schlachtfelde lagen ‚liegen fie
nie dermetzeln. Dieß ift beſtialiſcher Blutdurſt! Denn
die im unabhaͤngigen Gebiet wohnenden Einwohner ſind
durch die Regierung gezwungen, die Waffen zu fuͤhren,
und in dieſer Hinſicht — mehr als Nenelien
zu betrachten. 3
+ Nach den Berichten; alle ug Irtileries
Kapuans Namens Brown; wurden: die Weiber „der
Inſurgenten⸗Chefs wenn. fie, den Spaniern in: die
Hande fielen, der thieriſchen Wuth der Soldaten: Preis
gegeben „oͤffentlich geſchaͤndet, an den + Prangersgeficht
und ausgepeitfcht. Sjedermann weiß es, daß ein Maͤd⸗
hen, von vornehmer Herkunft, die, ich, nur zu Gunften
der. Republifaner, geäußern hatte, in. Caracas auf allen
vier, Ecken der Stadt, vor „den Fenſtern ihrer nächften
Blutsverwandsen ‚mit. 200% — zu ARD ge⸗
* wurde. ae Yerdanmyır
Auch dieß ſind oufae, Die zur eigen Schande
Sefehichte, — finds, Dei Ren; Süß» ———
nern war weniger der Freiheits⸗ Schwindel, als der
Wunfch,. Spaniens druͤckendes Joch abzuwerfen, das
Motiv der Juſurteltion Jeder andern Nation wollten
ſie unterthaͤnig feyn, nur nicht den Spanietn. Wohl.
ſollten ſich die hohen Machte Europas ins ‚Mittel, legen,
und, dieſem bereits sehujährigen, Morden ‚ein, Ende ma:
hen. „Die Erbitterung ‚der, Süd, ‚Amerikaner, ‚gegen ‚bie
Spapigr., iſt zu groß, als daß eine aufrichtige Verſdh⸗
nung erfolgen koͤnnte led? hohen Maͤchte Euros,
pas chaten im Jahre 1843 ein ‚Gleiches bei dem, ‚Kriege,
zwiſchen England und den Bereinigten, Staaten. Kriegen,
welche ‚mit Rachſucht ‚und barbariſcher Grauſamtei it ge⸗
fuͤhrt
führe werden, folten in der cioififie fen gi han ge⸗
duldet werden.
Nach der Ausſage ——— nach England zurück
gefehrter Offiziere herrfchte auf der Inſel Margaritta
der größte Mangel an Lebensmitteln, und nur gefalgene
Sifche waren die Nahrung der Soldaten, die zu Be
den am gelben Sieber ftarben,.
Am Drinoco, im fpanifchen Guiana, füpre Bolis
var den Dberbefehl über die republifanifchen Truppen.
Dort ift auch in der Stade Angoflura der Gib deg
Congreffes. Die Berfaffung ift ganz nach dem Mufter
der. nordamerifanifchen entworfen‘, und auch dort bes
ftimme der Betrag des Vermögens, die Fähigkeit eineg
» Bürgers, eine Stelle im Congreß zu befleiden.
Bolivar hat zwar verfchiedene Gefechte mit den
Noyalifien gehabt, aber Feines hat etwas mefentliches
entfchieden. Nach den Berichten der Nepublif fchrieb
fi ihre Armee jedesmal den Sieg zu, und nach den
Zeitungen: aus Havannah behaupteten die Noyaliften
ihre "Gegner immer total gefchlagen zu haben. Letztere
geftanden indeß ſelbſt zu, daß Morillo ein gefchickter
Feldherr fey, und es ihnen unbegreiflich feheine, wie er
ſich mit feiner a ie * en doch noch immer
erhalte? ı
. Santa fe de —*9 die Hauptſtadt des Vice⸗
Koͤnigreichs Neu: Granada, iſt zwar von Bolivar eins
genommen worden, und die Inſurrektion auch dort
ausgebrochen; indeß iſt bis jetzt noch nichts zuverlaͤſſt⸗
* befannt geworden.“
- Die "Spanier find außer Margarifta noch immer
—* von allen ihren weſtindiſchen Inſeln, als: von
der Inſel Cuba mit 700,000 Einwohnern, von Porto
Nico," Trinidad; la Guira und ihrem Antheil von
Sanct Domingo,’ Die Zahl der Einwohner kann man
14
wenigftend auf 4 Million rechnen. Sie find ferner
Herren von ganz Merico mit 9 Milionen Einwohnern,
desgleichen von Kalifornien, Bon der Landenge von
Panama bis zur Grenze, von Chili hat die Inſurgen⸗
tens Armee noch mit feinem Fuß dieß unermeßliche Ges
biet betreten. Neu⸗Granada hat 4 Millionen und
Peru 15 Million Einwohner.
An der noͤrdlichen Kuͤſte der Terra firma, ( ge⸗
woͤhnlich die fpanifche Maine genannt) haben die Spa-
nier noch alle Seeftädte und feften Pläge inne, ald: Eu:
mana, Carracas, Carthagena und Porto Bello. Nimmt
man das höchfte der Seelenzahl an, die fi) in dem von
den. Republifanern eroberten Gebiet von Venezuela,
Guyana und Neu⸗Granada in der Unabhängigfeit bes,
finden £önnen, fo kann fie fich nicht über eine Million be;
Laufen, und auch diefer Betrag fteht noch zu bezweifeln ,
da die Armee der Republif nicht über 15000 Mann
ſtark iſt.
Buenos Ayres mit Einſchluß der Banda Driental,
die ‚gegen ‚die Kepublif und gegen die Spanier und
Portugiefen agirt, hat mit 1,300,000 Seelen das Joch
der Spanier abgeworfen; desgleichen Chili mit 800,000
Einwohnern. Die Zahl der republifanifchen Einwohner
beläuft fich fonach höchftens auf 3 Milionen, und. die
unter fpanifcher Bothmäßigfeit ſtehende, auf 16 Milios
nen Seelen. Es ift augenfcheinlich, daß Morillo und
die Vice-Könige von Nen-Granada und Peru -ihre
Armee aus den noch untermworfenen Provinzen verftärs
fen, und ſchwer, wo nicht unmöglich, ‚wird es den Re⸗
publifanern werden, den ‘ganzen fübamerifanifchen Con:
tinent und Mexiko den Spaniern zw entreißen, und, da
es ihnen an allen Huͤlfsquellen zum Kriegführen fehlt,
die Einwohner von Venezuela aud) des langwierigen
Krieges wirklich müde find, fo iſt es wahrſcheinlich,
— — 2 14 —
daß die wichtigen Ereigniſſe in Spanien den Mordſce⸗
nen endlich ein Ende: machen werden. Ein im Monat
December aus Buenos Ayres zuruͤckgekehrter franzöfie
fcher ingenieur » Offizier theilte mir in London folgende
Nachricht uͤber jenes Land mit: die Armee der: Repu⸗
blik ſey nur 15,000: Mann ſtark; die "Truppen ſeyen
brav, und. beſonders ſehr gute Reiter. Auch dort fey
der Geldmangel ſo groß, daß kein Individuum von der
Armee ſchon ſeit laͤngerer Zeit Sold erhalten habe.
Die amerikaniſchen Schiffsnachrichten beſtaͤtigten alle den
großen Geldmangel in Buenos Ayres. Ueber das Land
ſelbſt faͤllte der erwaͤhnte franzoͤſiſche Offizier ein ſehr
glänzendes Urtheil. Der Boden ſey außerordentlich
fruchtbar und Waizen gebe ‚die Ausſaat hundertfaͤltig
zuruͤck. An Waldungen fehle es dort zwar, indeß werde
Holz angepflanzt, und‘ dieſes treibe fo fchnell, daß es
ſchon in. zwei Jahren als Reiſig oder Gebundholz zur
Feuerung benutzt werden fünnte. Alle Obſtgattungen
gedeihen vortrefflich, und ſchon nach zwei Jahren tra.
gen die jungen Staͤmme Fruͤchte. Wein werde eben⸗
falls in Menge angebaut, und in der Stadt Buenos
Ayres koſte ein Viertel ‚von einem — * nur einen
vo. 4 1.098
Alles dieſes —8* mir „ir ein —
mann geſagt; nur ſey auf den ungepflafterten Straßen
oft ein peftilenzialifcher SGeftanf, und die Hitze im Som⸗
mer, wie in allen tropiſchen Laͤndern, ſehr groß, und
fuͤr den Nordlaͤnder faſt unertraͤglich, die aber nur zwei
oder drei Monate währt. Außer der Sommerzeit, die
hier gerade eintritt, wenn wir Winter haben, iſt das
Klima ſehr mäßig und geſund, und niemals: hoͤrt man
dort etwas vom gelben Fieber. 1. Der Boden ft ſehr
eben und zum Ackerbau geeignet. Nach der daruͤber ein
gezogenen Erkundigung iſt kein Land fuͤr den deutſchen
14 *
— DIR —
Koloniſten vortheilhafter als Buenos Ayres. Ehe er
in Nord⸗Amerika zehn Morgen von: den Baͤumen ge⸗
ſaͤubert hat, koͤnnte er in jenem Lande ſchon mehr als
hundert mit Getreide angebaut haben; ein Ochſe iſt fuͤr
zwei und ein Pferd fuͤr vier Piaſter zu kaufen. Die
Einwohner ſind dort uͤbrigens noch viel traͤger, als in
Nordamerika, und erſt wenn deutſche Koloniſten dag
fruchtbare Gefilde von Suͤdamerika anbauen werden,
wird das Land zu einem Wohlſtande gelangen. Gegen-
waͤrtig herrſcht die aͤußerſte Armuth unter den Bewoh⸗
nern, wie die amerikaniſchen Marine⸗Offiziere, welche
voriges Jahr unter Commodore Perry die Ufer des
Orinoco unterſucht haben, berichten. Ich erſtaunte in
Nordamerika uͤber die Traͤgheit und Armuth der Sti-
ſchen, und haͤtte einen laͤngern Aufenthalt in dieſem
Lande; wegen der Verſchiedenheit der Sitten, des Cha-
rakters und der Lebensart: der Einwohner von der der
unfrigen für das traurigſte Epil gehalten; und das
nämliche fagten die Nordamerifaner von den Einwoh:
nern des Drinoco. Wie fehr werden diejenigen fid) ge⸗
täufcht finden, die dort ef der ge * er
fuchen!.. _ |
Nach den von has: Off izieren einer —
ſchen Fregatte eingegangenen Berichten, war die Armee
von Chili auch nicht ſtaͤrker, als 15,000 Mann. Die
Provinz Chili iſt, wie bekannt, ſchon im Jahre 1817
von den Spaniern geſaͤubert, und durch die fuͤr die Re⸗
publikaner ſiegreich ausgefallene Schlacht von Maipu,
deren Unabhaͤngigkeit begruͤndet worden. Seit dieſer
Zeit hat die Landarmee an der Grenze von Peru ſich
in Unthaͤtigkeit befunden. Lord Cochrane, der Vice⸗
admiral von Chili, hatte eine, Escadre von: vierzehn Ge
geln, womit er den Hafen: von Callao in Peru blocirte;
indefien find auch feine Bemühungen, den Hafen und
— 213 —
die, darin Tiegende ‚fpanifche, Escadre zu nehmen, frucht⸗
los geweſen, und alle ſeine I abgeſchlagen
Bun.
+ Inden Jahren 1812, 1813 und: 1814 Hatte fi
bie evolution faſt über ganz Südamerika. und, Mexiko
ausgebreitet, die Spanier waren. in einige, fefte Pläge
zuruͤckgedraͤngt, die Communifationspläge mit der See
waren, faft überall in den Handen der Inſurgenten, und
als Morillo im Jahre 1814 mit 20,000: Mann auf
Terra firma landete, wurde in wenig Monaten die
Inſurreltion unferdrüdft, und ein Gebiet mit 6 Millio⸗
nem Seelen wiedererxobert. Die Independenten, anſtatt
eine disciplinirte Armee zu organiſiren, waren unter eins
ander ſelbſt uneinig, veranſtalteten Feſte und Triumph⸗
aufzuͤge, hielten Congreſſe und entwarfen Conſtitutionen,
und waren nicht geruͤſtet, als Morillo mit ſeiner Armee
ankam und ſie zerſtreuete.
Mit Recht geraͤth man in Verwunderung, daß bie
fpanifch » amerifanifchen Provinzen mit einer Bevoͤlkerung
von 20. Millionen, Seelen ſich von dem mie Feinden
uͤberſchwemmten und durch die Verheerungen des Krie⸗
ges gaͤnzlich erſchoͤpften Mutrerkande nicht los ureißen
vermochten, wenn man beſonders erwaͤgt, wie ſchwierig
es iſt, ſtarke Armeen. uͤber's Atlantiſche Meer zu ſchif⸗
fen, und unter dieſen Umſtaͤnden wird man geneigt zu
glauben: daß die Energie des Charakters und der Un
ternehmungsgeift der Spanier. bei ihren HFORSREIADAMEN
Abkömmlingen nicht vorhanden ift.
In Buenos ficht fogar die Infanterie “ Pferde
Die Kavallerie hat auch eine Art Schleuder oder Schlinge
zur Waffe. Die erſte beſtehet darin: am Sattelknopf
iſt ein Strick oder Riemen von 6 bis 10 Ellen Laͤnge
befeſtigt, woran ſich eine mit einem Henkel verſehene
Kugel befindet; die Reuter ſprengen im Kampfe auf
— 214 —
einander los und werfen ſich mit der * das Ge:
hirn ein, oder ſuchen einander die Schlinge um den
Leib zu werfen, um ſo einander fortzuſchleifen. J
Kaufmaͤnniſchen Nachrichten zufolge herrſchte auch
in Chili große Geldnoth und Lord Cochranes Ma⸗
rine Truppen haften einft, weilöfte fchon mehrere Mo
nate hindurch feinen Sold bekannen , eine Meuterei an
geſponnen und wollten zu den Spaniern- übergehen.
Nach den" Zeitungsnachrichten. Hat" Lord Cochrane im⸗
mer nicht die Flotte der Spanier zerſtöͤhrt / und Peru
erobert, und niemand wird es ihm ſtreitig machen daß
er einer der groͤßten Seehelden feiner Zeit iſt. Allein
um etwas Großes im Kriege auszufuͤhren, bedarf man
Ber Mittel und geuͤbter Soldaten und Seeleute Letz⸗
tere ſind geich — —— ieh, nur bie rk vor;
handen find.
Funfzehntes Capitel— y
Mititnisitöen und politifcher Zuftand bei Verei⸗
nigten Staaten.
‚2 pöfhee * Antitaner beſteht: Ba
Aus 8 bie 10,000 Mann fiehender Cabpen
—* ſich, da fie durch Werbung aufgebracht
twerden, eben nicht der Kern und die Blüthe der Nation
befinden; fie werden gewöhnlich zur Befegung der Forts
und zu Grenz: Cordons gegen die Indianer gebraucht.
Diefe, fo wie die Marinetruppen, werden durch" barbas
rifche Schläge im Zaume gehalten, und von ihren Of⸗
figieren: oft mit despotifcher Willführ behandelt. So
4. D. ließ der Obrift King in Florida Deferteurs ohne
Verhoͤr und Erkenntniß niederfchiegen. Ein Lieutenant
— 215 —
ließ einen Soldaten, der ſich betrunken hatte, an einen
Strict Binden, und fo lange ind Waſſer tauchen) Bis er
erfticht war. Ihre Strafe dafür war Suspenfton. We,
"2, Aus der Miliz, unter’ welcher man fich- einen
Haufen von deutſchem Landſturm ohne Disziplin, ohne
Dreſſur und ohne alle Subordination vorſtellen muß,
die fich ihre Offiziere ſelbſt wähle und auch wieder abs’
feßt, und wenig Achtung vor ihnen’hat. Letztere betrei⸗
ben’ ihre bürgerlichen Gewerbe, und ſonach iſt es gar
nichts ungewöhnliches, daß der Kapitän, wenn er den
Ererzierplaß verlaffen bat; dem Tambour oder dent Ges
meinen in feiner Behanfung ein Glas Whiskh einſchenkt
oder Feier zum Anbrennen des Zigaro zufrägt; und der
General für die Volontairs feiner Brigade’ Röcke und
Hoſen verfertigt. Die Miliz wird auf dem Papiere
zwar auf 800,000 Mann angegeben; allein im letzten
Kriege mit England hatten die Amerikaner kaum den
zehnten Theil der Streitkraͤfte aufgeftellt, die Preußen
bei * ungleich ſchwaͤcheren Bevoͤllerung im Yahre
1853 gegen Frankreich ins Feld gefuͤhrt bat, indem eg
hend auf einem Punkte ein Corps von 15,000 Mann
- auf die Beine bringen Fonnte Auch machte die Milig
Schtwierigkeiten, außer den Grenzen ihres’ Staates’ zw
fechten , und ergriff bei fehr vielen Gelegenheiten‘ eine
fchimpfliche Flucht ; befonders haben fich die als ſo furcht⸗
bar verfchrienen Kentuckyer im Teßten Kriege gerade‘
auf die entgegengefegte Art am ‚meiften ausgezeichnet.
Bei den Mandeuvres rauchte "einer beim Aufmar⸗
ſchiren ein Cigarro, ein anderer trat aus Reihe und
Glied, und ließ ſich ein Glas Whisky einſchenkenz⸗ ein
Dritter ſagte dem Kapitän vor der’ Front: er folle ja
nicht glauben), daß er hier mehr Recht habe, als ein
anderer Bürger. " Deffen ungeachtet aber drohen fie
ſtets die Eüropeeans (die Enropdifchen) zu verſchlingen,
— 216. —
falls: ſie den amerikaniſchen ‚Hoden beträten, wenn «8
auch. nur die Schlacfwürfte und. | der bonbelte FIRE
Wachholder) ſeyn ſollte. EIER
3. Aus ‚ben Riflemans, ‚ Büchfenfehägen),. einem
Trupp von, Bürgern mit einem, furgen und. mit allerlei
bunten Schnirfeln. beſetzten Rocke von; grünem ‚Zeuge
bekleidet, der bis aufs Haar, den deutſchen Schügenbrüs
dern gleicht, wenn ſie am Pfingſtfeſt zum Koͤnigsſchießen
binausziehen, und, eher einer Faſtnachts⸗Maskerade als
ao einer; militaͤriſchen Cohorte aͤhnlich ſieht.
Au Aus den Freiwilligen (jungen Bürgerföhnen);
85 freiwilligen Jaͤgern gleich kommen, „am bes
ſten exerziert, gut gekleidet, und der Kern ‚der amerika—
niſchen Armee ſi nr: von Ren im Felde auch) des Dale
zu. erwarten iſt.
Sien bilden .i in —J——— * —— ————
ten, und nach ihnen kommt die erſte Klaſſe der, Miliz.
Auch die Artillerie iſt gleich der Miliz organiſirt, des
ven ganze Dreſſur nicht minder, durch zweimalige Ue⸗
bung im Jahre jedesmal in einigen Tagen abgemacht iſt.
Dieſelbe Bewandniß hat es mit der Cavallerie, die
wegen des coupirten Terrains dort auch nicht einmal
anwendbar eiſt · Das Land Hat gluͤcklicherweiſe keinen
innern Feind zu befuͤrchten, und bedarf daher auch kei⸗
ner ſonderlich großen Landarmee, auf welche die Ame⸗
rikaner uͤberhaupt nichts verwenden, indem. ſie ein ſte⸗
hendes Heer als das Grab der republikaniſchen Freiheit
betrachten. „Daher, weiß man ‚dafelbft auch nichts von
Kriegsſchuten vom Ingenie urfach und Generalſtaab.
Ihr: Hauptaugenmerk iſt auf die Marine; gerichtet,
und. ‚nur fir dieſe beſtehen Bildungsinftitute, für. Offi⸗
ziere; inzwiſchen iſt auch ſie noch keinesweges in einem
ſolchen Zuſtande, daß fie, worauf man. in Europa fo,
ſehr hofft, innerhalb der erſten tauſend Jahre Englands
furchtbare : Armada vou 4000 Segeln den Untergang;
bereiten oder nun, Gefahr drohen ‚und, John Bull dem,
Gnadenſtoß verfegen. koͤnnte. Um ‚England zu ſtuͤrzem
bedarf man mehr: als ‚einiger, Schiffes ES gehoͤren auch
die Mittel dazu. und dieſe fönnen, nur durch. die Indus
firie verfchafft werden; 5 in welchem. Zuftande aber; leßtere,
in: Amerika, fich befindet, habe ich in den bohhe n Er
ve hinlaͤnglich dargethan. BL —— tmueisl
Eben fo: wenig ift. die Marine in. einem folcyen 3 Zu
A wie, Europa glaubt, indem fie) aus: nicht: mehr:
als 10 Linienſchiffen und. höchftens 20 Fregatten ben -
ſteht. Dieſe und. die. Fleineven Kriegsfahrzeuge, ſo wie
die Kauffattheiſchiffe, waren, als der Handel der Ame⸗
rikaner in ſeinem hoͤchſten Flor war, alle zuſammen mit
60,000: Matrofen bemannt, worunter ſich wenigſtens &
Auslaͤnder befanden, die ihre treuen Dienſte ſo lange
leiſten, als ſie gut bezahle werden.
Nach dem Bericht des. Herrn King, Mitglied *
Kongreſſes vom Staat zu Maſſachuſets, waren ſchon
im Jahre 1817 zu Boſton mehr als die Haͤlfte alter
Schiffe abgetakelt und verfaulten im Hafen. In Neu⸗
York, Philadelphia und Baltimore ſah es nicht viel beſe
ſer aus. Die Matroſen ſuchen im Auslande Brot, und
ſogar amerikaniſche Schiffszimmerleute wandern nach
Canada aus, weil fie in ihrem Vaterlande keine Beſchaͤf⸗
tigung finden koͤnnen, und bauen ‚dort ‚dies Schiffe, "die
gegen leßteres einſt ftreiten follen, indem England meh⸗
tere Fregasten nach einem ganz neuen Plan bauen laͤßt,
die noch, fchneller fegeln, als die, der Amerifaner, welche
bis jetzt wegen. ihrer fauatagnhen: nen die, —
Segler waren.
‚Der effektive Beſtand ing —J — ber
läuft ſich auf 150,000 Matrofen z. die auf den Kriegs:
ſchiffen, und 15,000, die beim. Transport der Marine»
29 -
geraͤthſchaften angeftent find. Die Kauffarthei⸗ und Fie
ſcherfahrzeuge beſchaͤftigen gegenwärtig‘ noch 200,000
Matrofen; und sn fann man einen! Schluß auf den
Umfang des englifchen Handels machen. Rechnet mar
im Durchfchnite nur acht Mann auf ein Fahrzeug; beir
nahe die höchfte Bemannung einge Kauffartheiſchiffes,
fo find gegenwärtig noch 25,000 Sabrzeuge im Er
delsverkehr beſchaͤftigt.
Die Amerikaner ſind zwar ein Handelsbolk beffen
ungeachter aber bezeigen fie fehr wenig Neigung sum:
Seedienft, und noch weniger zum Soldatenleben. Dar
um ſind die Adfpeften, die ung der Herr Erzbifchof von
Mecheln, de Pradt, macht; noch gan fehr weit im Selbe:
„die Amerikaner dürften vielleicht über kurz oder lang
mit dem Schwerdte in der einen und dem Coder der
Menfchenrechte in der anderen Hand nad) Europa fom-
men, um das Dergeltungrrecht zu üben, die Könige-
throne umzuſtuͤrzen und die Völfer zu emanzipiren.“
Der Himmel wird vor diefem Gluͤck Europa wohl be
wahren; denn eben nicht fehr erfprießlich koͤnnte die
Freiheit ſeyn, die ein Sflavenhaltervolf brachte; auch
wuͤrde Europa wirklich aus dem Negen in die Traufe
fommen, falls Amerifa die Secherrfchaft an fich riffe,
indem der Charafter der Amerikaner in der That mehr
defpotifch und hochmüthig, und ihre Handelsgeift noch
groͤßer iſt, als der der Engländer.
Wenn man auch ald richtig einraumen muß, daß
in dem leßten Kriege mit England die Amerifaner in
Herfchiedenen Seegefechten den Gieg davon getragen,
fo waren es doch nur einzelne, nichts entſcheidende Ges
fechte, deren Ausgang oftmals von den zufälligen Uns
fränden, von der Mehrzahl der Bemannung, vom Winde
und dem Kaliber des Gefhüges abhing; auch war
in bem Gefecht auf dem Erie-See , welches man beis
— 219 —
nahe eine kleine Seeſchlacht nennen koͤnnte die Ueber⸗
macht auf der Seite der Ameritäner; die weſentlich zu
dem vom Commodore "Perry erfochtenen Siege beige⸗
fragen hat. Entſcheidende Schlachten, wie die bei Abu⸗
fir und Trafalgar, koͤnnen die Amerikaner bei dem der⸗
maligen Zuſtande ihrer Marine noch nicht wagen. Auch.
find ſolche Begebenheiten, wie diejenigen waren, welche
den Grund zu Englands Seemacht legten*) bei der
jetzigen Vollkommenheit der Nautik, die ſich noch im⸗
mer mehr ausbildet,“ fo daß man auf der See beinahe
eben ſo ſicher reiſen wird, wie zu Lande, nicht ſo leicht
zu erwarten. Zu dem Haben die Freiſtaaten, durch eine
falfche Politik geleitet, die fchöne, vielleicht nie oder we⸗
nigſtens nicht ſo bald ſich wieder darbietende Gelegen⸗
heit, gegen England eine drohende Stellung: anzuneh⸗
mei; ungenuͤtzt vorbeigehen laſſen, indem fie ihre Lands⸗
feute, die Suͤdauerikaner, der Wuth der Spanier auf—⸗
geopfert und all ihr Flehen um Huͤlfe und era
gefühllos zurückgewiefen haben. '
| Ein Leichtes waͤre es in den Jahren 1810, 11; 12
und 13 den Freiſtaaten geweſen, Mexiko und den gand
jen füdamerifanifchen Continent der Herrſchaft der Eu⸗
ropaͤer zu enfreißen, und mehr als 40 Millionen Mens
ſchen mit unerfcehöpflichen Hülfsquellen im Innern des
Landes ſtaͤnden heut durch gemeinfchaftliche Bande vers
einige, auf dem großen Welttheater gegen Europa als
eine imponitende Macht’ da, ' Jetzt würde England als
fein nur dazu Tächeln, » wenn die Amerifaner auf den
Einfall gerathen follten, eine — ca Stellung gegen
—** anzunehmen.
Statt daß die Amerilaner dielen — Ei
9— Der Untergang der ——— Armada von 1000 Ger
seln an den Küften son England unter Philipp dem Ilten.
punkt: hätten benutzen ſollen, begannen ſie vielmehr ohne,
alte Kriegserklaͤrung einen Invaſionskrieg gegen Canada,
aus dem ſie von einer Hand voll kanadiſcher Miliz und
einigen Depot⸗Bataillons regulairer Truppen nicht nur
ſchimpflich hinausgetrieben wurden, ſondern der groͤßte
Theil ihrer; Invaſions⸗Armee mußte auch, in ein Fort,
eingeſchloſſen, das Gewehr ſtrecken, und nun ſetzten die
Englaͤnder in dem Gebiet der Freiſtaaten den Krieg
fort, welcher aber, da die engliſche Armee, in Spanien
ſo ſehr beſchaͤftigt war, nur in Scharmuͤtzeln beſtand.
Deſſen ungeachtet landeten die Englaͤnder in Maryland
und Virginien und an verſchiedenen anderen Plaͤtzen
der Vereinigten Staaten faſt mit einer Handvoll Men⸗
ſchen oft: nicht 3 bis 4000 Mann ſtark, brannten, als
Repreſſalie, einige kleine Staͤdte und das Capitol von
Waſhington nieder, proklamirten den Neger⸗Aufſtand,
zogen ſich aber. bald wieder zuruͤck, da ſie ſich wegen
ihrer Schwaͤche nicht halten konnten. |
In der Schlacht von Neu - Orleans — die
Amerikaner der von Leipzig ſo gern zur Seite ſtellen,
hatten die Englaͤnder nach ihrer Angabe 300 Todte und
1200 Bleſſirte und die: Amerikaner an Todten und Bleſ—
ſirten 250 Mann. Die Schlacht war nichts weiter,
als; ein. abgeſchlagener Sturm auf ein verſchanztes La⸗
ger, in welchem 8 Gefangene gemacht, und einige .huns
dert Gewehre, als die einzigen GSiegestrophäen der Ame⸗
tifäner, erbeutet wurden, und die lehte ‚blutige , Szewe
dieſes Krieges; indem England auf Verwenden der hos
hen; Dächte Europas im Anfange des Jahres 1815
den Frieden mit Amerifa in der Art abſchloß: daß. je»
der Theil im Beſttze ſeines ‚Gebietes; blieb, und den
‚ Amerifanern die Fifcherei auf der Bank von Neu: Found
land, die fie als Hauptmotiv diefes Krieges betrachteten,
dennoch nicht sugeftanden wurde,
— 221 3
ons » Eripäger man, daß die’ Freiſtaaten eine dreimal
‚größere Bevölkerung haben, ald Canada, und fie den
noch nicht im’ Stande waren, es zu erobern, obgleich
es an ihre’ volfreichften Provinzen grenzt, fo muß man
"einen guten Erfolg einer Erpedition gegen die Spanier
in Suͤd⸗Amerika auch fehr in Zweifel ziehen und dats
Aus den Schluß folgern, daß auch die Kriegskunſt —
Amerikaner noch in der Wiege if.
Da verfchiedene ‚der mannichfaltigen Hefigiones
Seften die Führung der Waffen ihren NReligionggefegen
zuwiderlaufend halten, die Sflaven ebenfalls zum Mis
Tieardienft nicht gebraucht werden, fo wird vielleicht
faum die’ Hälfte der Bevölkerung zur Bildung der
Combattanten beitragen. |
Die Miliz wird dort auch nur im Kriege befolder und
nur jeder Bleſſirte erhält fein halbes Gehalt als lebens⸗
längliche Penfion. ‚Man darf fich daher auch darüber nicht
wundern, wenn alte nichebleffirte Nevolutiongfrieger,
deren Penfionswefen erft jegt regulirt wird, wie z.B.
ein General Schneider in Philadelphia, der in der Res
volution fogar Opfer gebracht hat, jeßt eine Bier:
und Branntwein Taverne hält, und nad) der Verſiche⸗
rung mehrerer deutfchen Bürger im vorigen — **—
als Ziegelſtreicher ſein Brod verdient hat.
Der Englaͤnder Faeron hoͤrte in einer Wolleaſaber
verſchiedene Arbeiter, welche Wolle kaͤmmeten oder ſpan⸗
nen, mit Kapitän, Major und Obrift 'anreden. Hand»
arbeiten find dort zwar nicht immer das Zeichen der
Armuth, denn auch die Söhne Sr. Ercelleng des’ che
maligen Gouverneurs von Penfplvanien des Herrn Ge⸗
neral Schneider (ein anderer als der bereits erwähnte)
mäheten, pflügten und drafchen auf der Mantage ihres
Vaters; letzterer war in ganz Penfplvanien ein fehr ge⸗
achteter und mohlhabender Mann, und auch feine gran
und. Tochter waren ſehr gebildete Damen. Hand: und
‚Beld- Arbeiten. und ehrliche Gewerbe ſetzen Niemand in
ſeiner Achtung zuruͤck, und was Liberalitaͤt der Ideen
betrifft, ſo ſind die YAnyerifaner ‚ung Europäern wenige
ſtens 15 bis 30 Jahre vorgeſchritten. Wenn daher die
bereite, erwähnte, sim, Congreß, ‚drei. Zage lang debattirte
Srage, ob die Amerikaner, das aufgetlaͤrteſte Volk feyen,
in diefem Sinne gemeint, war, fo haͤtte ich ſelbſt für
die Affirmative geſtimmt. Weit entfernt. bin ich übris
gens davon, mich. ‚über. dieſe loͤbliche Sitte Iuftig zu
‚machen, ſondern ich. „erkenne: fie vielmehr. für seine Tu⸗
“gend. des Amerifaners in: den nördlichen Staaten, die
‚gewiß. jeder Bernünftige an ihm achten wird.
"Begyennten Eapiten
Sutaartice Meinung zur — fuͤr Aus⸗
wanderer.
Aus — ich in Amerika ſelbſt geſehen
und geleſen oder durch andere ‚erfahren habe ; halte.ich
es für Pflicht, zur Beherzigung ‚für alle Auswanderer
nachftehendes - gutachtliche Nefultat zur Beh des
Leſers in aller Kuͤrze aufzuſtellen: |
1) Daß Samilienväter, welche im —28 eine
eingerichtete Landwirthfchaft , befigen, auf der fie ihren
Lebensunterhalt gewinnen, nicht auswandern folten,
weil fie dort, nachdem ſie ihr. halbeg, oft. auc) ‚ihr gans
zes Bermögen zur, Hinreife aufgeopfert , in eine Menge
Muͤhſeligkeiten gerathen, aus denen. fie ‚oft zeitlebend
ſich nicht herauswinden ** die Fruͤchte DAR er nicht
erleben koͤnnen. Ve Eee — — — — aa NED
— 23 —
VDaß man ſolchen uͤberſpannten Freiheits⸗Apo⸗
ſteln, welche dann und wann aus Amerika heruͤberkom⸗
men, die außerordentlichen Gluͤckſeeligkeiten und Vors
zuͤge des Landes herausſtreichen und ſich mit Reichthum
bruͤſten, den ſie wenigſtens nicht beſitzen, und durch
ihre Prahlereien die Menſchen zum Auswandern verleis
ten; den wohlverdienten Platz hinter verriegelten Thuͤren
anweiſen ſollte.
3) Daß junge oder ganz arme Menſchen, bie nichts
zu verlieren und zu verlaffen haben, mit ihrem Schick
fal in Amerifa eher zufrieden feyn und dort eher ihre
Kechnung finden werden, ald der Familienvater. --
4) Daß alle Fabrifanten und Zabrifen-Arbeiter, ſo
* nicht Amerika in Ruͤckſicht der Waaren⸗Einfuhr
ein anderes Syſtem annimmt, in ihrem Gewerbe gar
nicht fortkommen koͤnnen.
5) Daß von Herzen zu wuͤnſchen waͤre, wenn die
hohen europaͤiſchen Mächte den Punkt wegen der
uͤberhand nehmenden Auswanderung in Berathung zoͤ⸗
gen, und Maaßregeln dagegen traͤfen, damit die armen
Deutſchen, welche auszuwandern gezwungen ſind, von
andern europaͤiſchen Maͤchten, die noch unkultivirtes
Land in Ueberfluß beſitzen, aufgenommen wuͤrden, da⸗
mit fie von den geizigen Schiff -Kapitäns nicht um. den
letzten Reſt ihres Hab und Guts geprellt und in Ame⸗
rifa ‚nicht länger ‚gleich dem Vieh verkauft werden,
Dft werden fie -fünf Monate und wohl noch laͤnger
auf den Schiffen gefangen gehalten, bevor fi Je
mand findet der fie auslöfet, und auch dann find fie
noch ein ‚Gegenftand des Wuchers , indem fie für ihre
Fracht von 75 Dollar 3 Jahre lang dienen müffen,
obgleich, der geringfte Knechtslohn aufs Zahr nicht un⸗
ter. dieſem Betrage ift.
” Daß die auswandernden Rheinländer, die Vor⸗
oe) die ihnen die Kaifer von Rußland und Oeſter⸗
Teich anbieten, wohl "beherzigen und eine " Niederlaffung
in Ihren Staaten vor der in Amerifa unbedingt den
Vorzug geben follten. "Europa hat eine Bevölkerung
vor 160, und’ Amerika nur von 10 Millionen Seelen;
es iſt augenſcheinlich, "daß" der Landbauer da die vers
zehrende Klaſſe hier größer ift, daher auch So dran
ſeyn muß, als jenſeits des Meeres. *
7 Daß alle junge Gluͤcksritter, die ſchnell e ein
Vermoͤgen in Amerika ſuchen, nur wohl beherzigen moͤ⸗
gen, daß Frau Fottuna dort eine eben ſo kaprizieuſe
Dame iſt, als in Europa, und dag Mühe, Sparſam⸗
keit und ein wenig Glück überall dazu erforderlich find,
um etwas vor fi Y — gen sah ‚oder ein —* zu
erwerben.‘ u
8) Daß junge ante Eh ihre Phantaſie
durch reiche Theater⸗Vetter aus Indien und uͤberſpannte
Nomanenflosfeln, ſowohl in Reiſebeſchreibungen, als
Flugſchriften, nicht moͤgen erhitzen und ſich zur Auswan⸗
derung hinreißen laſſen. Amerika iſt nicht nur ein Land
wie jedes andere, ſondern auch ein junges und ur⸗
ſpruͤnglich mit armen Menſchen bevoͤlkertes Land, wo
ungleich rigen ren m a —* —* wi =
alten ei Preiid )
"Hätte Amerika ſolche verheerende Rüiege au *
nem Boden geſehen, wie Deutſchland/ wer weiß, —*
sr weiße Menfchen dort exiſtirten! —
Zwar ſind dort fuͤr die —*— des
ſtandes eine Menge von Geſchaͤftszweigen noch offen,
denn fo z.B. giebt: es dort wenig oder gar keine Kaf⸗
feehaͤuſer, keine Reſtaurationen, keine Tanzſaͤle, wohl
aber mannichfaltige Tanzkneipen, die nur von liederli⸗
hen Dirnen beſucht werden, feine Weinhaͤuſer, ſondern
der Wein wird in ie Wirthshauſe gewöhnlich fo
ſtark
— 225 —
ſtark mit Rum vermifcht, ausgefchenfe, dag man ihn
ohne Zufag von Waffer Faum trinken kann, wenig
Brauereien in den Land- und manchen See⸗Staͤdten,
und gar feine auf dem Lande und allen Eleinern Städ;
ten, worunter manche von 2 bis 3000 Einwohnern
gehören; mir einem Worte, noch mannichfaltige andere
Gewerbe, womit in Deutfchland Taufende von Men:
fihen ihr Brod verdienen, find dort nur wenig oder gar
nicht befeßt. Indeß muß man auch wieder dieß berück
fichtigen, daß das Klima, die Menfchen und ihre Be-
dürfniffe, Gewohnheiten, Neigungen und ihr ganzer
Charakter von dem der Deurfchen verfchieden find.
Ale dergleichen feinere öffentliche Gefelligfeitd Anftals
ten, die von den Franzofen angelegt worden find, has
ben fich nicht lange erhalten.
Die Taufende von Tavernen, die man in allen
GSeeftädten mit Schildern, morauf alle ihre Generale
und die vorzüglichfien Männer gewöhnlich) abgebildet
find, antriffe, find der TZummelplag der Amerikaner.
Die menagirliche Lebensart von Deutfchland findet
man dort auch nicht, denn nirgends giebt es Speife-
häufer, wo man nach der Karte effen koͤnnte, außer
den Kohlenpfannen der Megerweiber, die: Brammürfte,
Bohnenfuppe und Beeffteafs auf offuen Straßen oder
unter den Schlächterhallen verfaufen. Das Bier und den
Rum habe ich in den Wirthshaͤuſern von Philadelphia mit
100 Prozent theuerer bezahlt, als in Berlin; Gemüfe
foftete, dem Gewichte nach, beinahe eben ſoviel als
das Fleifch, und auch letzteres war faft fo theuer, wie
in England; daher ift es fehr einleuchtend, daß man
mit der Hälfte des Geldes, welches man in Amerifa
braucht, in den meiften Gegenden Deutſchlands aus;
fommen und nn er nen: a le:
ben kann. |
15
Möge ſich daher jeder Auswanderungsluſtige aus
der Schilderung des gegenwärtigen Zuftandes von
Amerika, jeßt felbft prüfen, ob und in wiefern er auf
dem transatlantifchen Kontinent fein Glück zu finden
meine. R an
Nicht zu leugnen ift e8, daß der Boden in den
gropifchen Ländern außerordentlich fruchtbar ift, indem
in der Havannah der Morgen gutes angebautes Land
ſich bis auf 3 bis 4000 Piaſter verintereffirt, und daß
auch Deutfche, fobald fie einmal an das Klima ge
woͤhnt find, dort Seldarbeiten verrichten fönnen, indem
felbft in Sanct Domingo vor der Revolution eine Kos
lonie von Deurfehen, die fehr wohlhabend gemwefen feyn
and ihre Seldarbeiten feldft verrichtet haben fol, bes
ftanden hat. Bei einer folchen: Meppigfeit des Bodens
kann e8 dem fleißigen Ackerbauer gar nicht fehlen, et
was vor fich zu bringen.
Aus diefem Grunde würden die deutſchen Aus,
wanderer, die nun einmal doch nur in der. Abficht: ihr
Baterland verlaffen, um im Auslande eher zum Wohl
ftande zu gelangen, im fpanifchen Suͤd⸗Amerika oder
in Mexico gewiß eher zu ihrem Siele gelangen, als in
den Vereinigten Staaten, weil dort die Vegetation noch
uͤppiger iſt, und die dafigen Natural: Erzeugniffe auf
dem europäifchen Marfte gangbarer find, als die von
Nordamerifa. Auch das Klima ift in den. bergigten
Gegenden von: Sid» Amerika. fehr. gefund, fo dag man
dort niemals vom gelben Sieber. Anfaͤlle zu beforgen
hat. In der Gegend von Duito in Neu- Granada iſt
das Klima ſo maͤßig, daß ein ewiger Fruͤhling herrſcht,
und der Boden fo fruchtbar, daß der Waizen die Aus—
faat hundertfaͤltig zuruͤckgewaͤhrt; nicht minder werben
dort alle Früchte des füdlichen Europa, folglich auch
Wein erzeugt, wodurch der Kolonift doch wenigſtens ein
gefundes Getränk gewinnt, auf das er in Nord-Ames
tifa gänzlich Verzicht Teiften muß. In welchem Zu
ftande ſich übrigens der Ackerbau und die Thaͤtigkeit
der Menfchen dort befinden, ift ſchon daraus abzuneh-
men, daß in Merico, obgleich es eines der fruchtbar;
fien Länder der Welt ift, in manchen Fahren, wenn
Mißwachs eintrat, die Hungersnorh oft Taufende von
Menfchen weggerafft hat.
Sehr mahrfcheinlich wird die neue Conſtitution von
Spanien auch den deutſchen Auswanderern den Zutritt
in die ſpaniſchen Kolonien öffnen. Auch die neue Re⸗
publif von Benezuela will, nach der DVerficherung ihrer
in den Vereinigten Staaten befindlich gemwefenen Ge
fandten, Eino de Elementy und de Torres, Deutfche mit
aller Bereitwiligfeit aufnehmen, und ihnen foviel Land,
als fie zu bearbeiten im Stande find, unentgeldlich
überlaffen. Daher wuͤnſche ich einem jeden, der in
der neuen Welt fein Glück verfuchen will, von Herzen
den beften Erfolg, Sch, der ich für das wiffenfchaft.
liche Sach erzogen worden bin, a nicht8 Kluͤgeres
thun, als ins Vaterland wieder zurückkehren, und fos
bald es meine Umftände erlauben, will ich auch meinen
Bruder, dem es dort eben fo wenig, wie allen jungen
Deutfchen gefällt, da8 Geld zur Nückreife überfenden.
Der Arme,.an deffen Erziehung ich nichts gefpart, der
diefe8 Fahr die Univerfität beziehen und einft mein
Stolz werden follte, muß dort gleich einem Negerfflas
ven in einer DBrannfmeinbrennerei arbeiten! Und fo
muß auch er den Gemiffenlofen verfluchen, der durch
feine teuflifche Gemuͤthsſtimmung mich in dieſes Laby-
rinth von Unglück und Elend geſtuͤrzt hat.
Hiermit fchließe ich den erften Band meines Werfeg,
mit dem Bemerfen, daß ic) in dem zweiten noch man:
herlei ſpezielle Nachrichten über Amerifa mittheilen will.
EEE»
Auch. behalte ich mir die Schilderung der Indianer
and der Nevolutions«Helden von Sanct Domingo, fers
ner die Befchreibung meiner Nückreife über England,
für den zweiten und letzten Band, vor.
Ende des erfien Bandes.
Gruft bei U. MW. Schad *— alte Gruͤnſtraße Nr. 18.
Rei f e
| durch |
die Vereinigten Staaten von
Nord⸗Amerika
und
Nüdfreife
durch
Engkanı
Nebſt
einer Schilderung der Revolutions-Helden, und des
ehemaligen und gegenwärtigen Zuſtandes
von St. Domingo.
Bon
3.:Deii serie
Könige. Preuß. Lieutenant vom ehemaligen ızten fchlefifchen Landwehr⸗
Infanterie: Regiment.
Zweiter und leßter Band,
| Dertin,
| in Commiffion bei 9 Bh. Petri.
ı82 1.
—
—
— 2—
ER.
\
*
RN
X
ne
Nachtrag zu dem Subſcribenten— Bein
Se. Maieſtaͤt der Konig, 12 Etemplare, ater Band.
Se. KRönigl. Hoheit der Frinz Wilpelm, Bruder
Er. Maieſtaͤt des Königs. 10 Exemplare.
En
Bei dem Königl. — — GE
Herr Sonnenberg.
— Rothe.
Richter. II.
Schmidt. L *
Kerske. I.
— Gene. J.
— Bock. M.
— - Schmidt. II.
— Richter. IL k ar
— Trebert. 2 rn | us arte
— Knoͤpfler. und Aeigal Bste
— Schulze. 98 J
— Wagener. EN, I A
— Kurzhals. 9
— Bauermeiſter. J
— Lieutn. Weſtphal, 2 — S ee
Secehaublung
—* Blell, sch. Hofrath. ee
Cubelius, Buchhalter. er ——
Schako, Caleulator. or A BO
Jacubowsky, desgl. ö
Looſe, desgl.
Blumenthal, desgl.
re
Herr Schulze, Ealulatr.
— Lieutn. Dreßlet, desgl.
— — — Hebland, desgl.
— — — Genede, Cale.
Triebe, Banquier.
Louis, Band.
Praͤtorius, Kaufmann.
Wobring.
Wolfgram, Caſſirer.
Boicke, Buchhaͤndler.
Lieutn. Harpe, geh. Regiſtrator im Schatz⸗ Miniſterio.
Gottſchalk, geh. Reg. daſelbſt.
Tmim, geh. Hof⸗-Caͤmmerer.
v. Tilly, Major und Command.des Garde-Schuͤtzen-Bat.
] ⸗ 4 | |
Siebente Divifion in Magdeburg.
Herr General-Lieutn. v. Horn Exec.
— : General: Major v. Lobenthal.
sche Infanterie⸗Regiment.
grite Sinfanterie- Regiment.
ote Fäger: Bataillon.
„te Euiraffier-Regiment.
"10 Hufaren-Regiment.
zte Artilierie- Brigade.
Grenadier-Landwehr-Bataillon.
tes Magdeburgifches Landmwehr- Bataillon.
otes Magdeb. Landwehr- Bataillon.
Here Maior v. Rozynski.
— Hauptm. v. Reinperg.
— — — 19 Reiboldt, ate.
— — - 9 Chevallerie.
— — — 1 Schlegel.
Lieutn. Wegener,
_ ——
— — — v. Hahn.
— — v. Sellenthin.
Lieutn. u. Adjut. Köhler.
v. Bockelmann, Major im 2ten Aiger- Bataillon,
v. Koſchitzky, Lienen. in demjelben. j
Benecken dorf, Lieutn. im aoten Hufaren= Regiment,
\
—
Zehnte Divifion in Bofen.
Stanb des ıgten Infanterie- Regimente.
Staab des 2ten Bataillons deſſelben Regiments.
Staab des 7ten Huſaren⸗Regiments.
Herr Capit. v. Schachtmeier.
— Lieutn. Guder.
— — — Naumann.
— — — v. Plontzky.
— — — v. Walther.
Zehnte Landwehr-Brigade daſelbſt.
Herr Capitain v. Knorr.
— — — — Richter.
— Lieutn. Schmidt.
— Capit. v. Garczinsky.
— — — Fichtner.
— Lieutn. v. Menzlewsky.
— — — — Melzer.
Sechstes Infanterie— Regiment
Herr Capit. Blumenthal. I.
— Br. Lientn. Blumenthal. I.
— Ger. Lieutn. v. Bannewik.
— — — — Stock.
— — — — Zimmermann.
— — — — Werdermann.
— Major v. Einigk.
— Gay. Bar. v. Boenigk.
Nachtrag zu Poſen.
Herr General Major v. Hiller.
— Hauptm. Koch.
| SS tt ehr Fi
Herr Med. Kath Roſtkowius.
— Rendant Bumke.
— Ob. 8. G. Ser. Puſt.
Frankfurth an der Oder.
Herr v. Oertzen. |
— Hauptm. v. Buand.
— Rittm. v. Waldom.
— Major v. Strant.
— Hauptm. 9. Waldom.
*
- I =
Herr Bürgerm Tannenbring.
— Bürgerm. Morichell.
— Gämmerer Steinhaufer.
— Reffourcen- Gefellfchaft.
Striegauer Kreis in Schleſien.
Her Scholz, Schullehrer.
— Mende, Deconom.
Walther, Amts-Actuar.
MatthainGutspäcter. | N
Buergel, desgl. Ä
Pohl, Adiuvant.
Barthel, Erbfcholß.
Kutſche, Schullehrer.
Rolfe, desgl.
Pucher, Kreis: Seesretair.
Hilſcher, deigl.
Reichenbacher Kreis
Herr dv. Prittwitz Gaffron. Landrath.
— — Tihirner, Rietergutss Befiker.
— Hnehnel, Gerichtsſcholz. N
— Scholz, Schullehrer. | | -
— Floß, desgl. ;
— Heinrich, desgl.
— Schaeber, desgl.
Stadt Worbis, Regierungs-Bezirk Erfurtb.
Here Schroeter, Pr. Lieut. und Bauinſpector.
— Hartleb, Lieut.
— Guariſch, Rendant.
— Kleemann, Creis-Actuar.
Grevenbroiſch am Rhein.
Herr Oepen, Gutsbeſiher.
Nachtrag gu chen
Herr Corneck er, Banyuier.
— Grafv. Bruͤhl, General⸗ Intendant der aim Schauſpiele.
ö f
' l
A mıD als,
Siebzehntes Eapitel.
- Stite
MWerfchiedene fpecielle Bemerkungen über Amerika und feine Bewohner. ı
Erſter Abfchnier, Amerikanifcher Frolick. a ip Vai Bee 7
Zweiter Abfchnitt. Das große Concert in der Baur Halle zu
Philadelphia. — 6 — — — 9
Deister Abſchnitt. Das Theater — die Lefebibliothe. . . ar
Vierter Abfchnitt. Dee Jänky im Luft⸗Ballon. u ——
Fünfter Abſchnitt. Die Kaufmannsbörſe. J EEE
Sechſter Abſchnitt. Das ——
Siebenter Abſchnitt. Das Athenäum ea RD
Achter Abſchnitt. Meligiofität der Amerikaner. - . . .. 21
Neunter Abſchnitt. Neugier und Kleinſtädterei der Amerikaner. 24
Ri Een Beides: le ei, ie ee > 26
Zehnter Adfchnitt. Noch einige Worte über Litteratur und
Suufifinn ia Bmesile; 2 .0. Hua tn 26
Eilfter Abſchnitt. Politiſche Partheiee. 0000 3
Zwolfter Abſchnitt. Freimaurer, . ee a
Dreisehnter Abfchnitt. Tavernen. rn 36
Vierzehnter Abſchnitt. Gemöhnliche Krankheiten. . 8
Achtzehntes Kapitel.
Ichthyologiſche und Nantifche Bemerkungen. 9
Neunzehntes Capitel.
Erſter Abſchnitt. Blicke auf dem Amerikanischen Continent
und ſeine Urbewohner. Schilderung ihrer Lebensart, Sit⸗
ten, religiöſen Gebräuche; ihre Kriege, Zuſtand ihrer Cultur 49
Zweiter Abſchnitt. Maunigfaltigkeit der Völkerſchaften und
Verſchiedenheit ihrer Spracheen. 2 2. 54
Dritter Abſchnitt. Vermuthliche Volkszahl. 66
— VII —
ae * BR U FE aan a rn age Seite
Bierter Abſchnitt. Reflgions+ Begeife der Seöntänder ‚und
Ebquimoꝰ % » . . B s x . . . 60
Fünfter Abschnitt. Schilderung der ſechs Nationen in den
Bereinigten 63
Sechſter Abſchnitt. Religiondbegeife der Stoffen. , Er
Siebenter Abſchnitt. Tracht der Indianer und ihre Bewaff⸗
nung . “ » ie .
68
Achter Abſchnitt. Civitifation dee Indian. 2 2 2 20.0068
Neunter Ab fhnitt. Banart und Stadte der Indianer. . 70
Zehnter Abſchnitt. Schlüpfrige Feſte der Miſſoury⸗India⸗
ner und Unkeuſchheit des weiblichen Geſchlechts; Ehen der x
Sndianer. a a D } a . “ . . .o. 72
Silfter Abfchnitt. Graufame Gebräuche der Indianer. . . 78
Zwölfter Abſchnitt. Eigenſchaften des Characters und Muth
der Indianer; ihre kriegeriſchen —* — und Ehren⸗
— 4 * « «
. titel der Krieger. J — er 82
Dreisehnter Abfchnitt. Gefräßigkeis der Indfaner und- ihre
’ Einfalt. — 1 — — . . “
Funfzehter Abfchnite. Mercantilifche Bedürfniffe der Indianer
Sechszehnter Abfchnitt. Urfprung der — ai.
Sltebzehnter Abſchnitt. Anſicht des Landes zwiſchen dem Mifi⸗
ſippy und dem ſtillen Ocean, und des Thierreichs; aus
Lewis und Elarfes und Major Peikes Reiſen ent
lehnt; Befchreibung des ——— — —
84
Vierzehntet Abfchnitr, — SER ER 86
88
89
8
Bwansigfes Gapitel.
Schilderung der Lakes s Country oder der Ländereien an den Seen, jur
Nachricht für answandernde Eotoniften; und Beſchreibung des
Stagtes pon Neus Dorf. ee et ee 97
Ein und zwanzigſtes Capitel.
Noch einige Worte Über die Penſilvanier; Beſchreibung der Herrenhu⸗
ter⸗Tolonien, Bethlehem, Nasarerh und Lüditz. ER
zwei und swanzigfies Capitel.
Zufag zu den Bemerkungen über den Ohios Staat. ee: Ni
Drei und zwanzigſtes Enpitel.
Kentudp; Staat. BT a a a a
BEA
Geite
Vier und zwanzigſtes Eapitel.
Great.yon Indiana: 0 u om nn sn en 208
Fünf und zwanzigfies Capitel.
Staat von Zuineid. : * a. sta 805 rar 188
Sechs und zwanzigſtes Kapitel.
Staat Teneſſee. > ” . . « J— 133
Sieben und swansigfes Sapitel.
Der * von win
Acht und ern rl Capitel.
Gemälde von Neu⸗Orleans. a ER
Neun und swanzigfies Capitel
General Jackſon— a ee Et
Drveifigfies Capitel. |
Bann wird Amerika der alten Welt Gefege vorſchreiben . 2168
Ein und dreifigfies Capitel.
Fortfegung der Schiderung der Provinz Texas, und der Borfehläge
‚sm einer deutfchen Eotonifation dafell. «= 2.200 2.17%
Zwei und dreißigfies Eapitel.
Acherfipe von MWellindien. .„ “N au m a: ea. 7
Drei und breißigftes Capitel.
Ehemaliger uud gegenwärtiger Zuftand von Sanct: Domingo, nebft
einer tleberficht der Revolutions-Geſchichte; Schilderung der Revo—
lutions⸗Helden; Anfichten zweier ehemaligen Preußischen Dfftciere
BEE DM : » Ar a RT. a
Bier und dreißigfies Capitel.
Kurzer Rückblick auf die Maturgefchichte Amerika'ſs. = 0 246
Fuͤnf und dreißigſtes —
Mannigfaltige Bemerkungen über Amerika. —
e Schoenſteinfeger. N one
Erſter Abſchnitt. Di
Zweiter Abſchnitt.
— x —
DER N ee le
Dritter Abfchnitt. Noch einige Worre Über Sitten und Soras
oe che der Amerika
nei “ REN
Vierter Abfchnitt. Ein Pröbchen von DEREN ——— und
Buchhandel in Amerika 2. Ss ru x R
Fünfter Abſchnitt.
Sech ſter Abfhnier. Entſchluß zur Rückreiſe nach Suropa.
Politiſche und religiöſe Toleranz.
- ’ .
Siebenter Abſchnitt. Rekapitulation der Beobachtungen In
Wa u Ne a, asien \
Achter Abſchnitt. Nückkeife nach Euntopa. a N
i Schs und dreißigſtes Capitel—
Erfter Abfchnite E
Zweiter Abjchnitt,
Dritter Abſchuitt. Die Do; und ein Blick auf die Themfe.
— 5 are,
Br a
Vierter Abfehnitt. Die Carrikaturen. .
Fünfter Abfchnitt. Covents Gardens und Drurylane⸗-Theater.
Sechſter Abſchnitt.
Siebenter Abſchnitt.
Das Parlament. .
*
Ergiebigkeit der Staatsämter; drückende
Abgaben; — und — Chargen⸗Handel in
England.
J * >
Achter Adfchnitt. Geiminats@erichtö-Berfafüng in Englaud, .
Einige Worte über die brittiſche Narion
Neunter Abſchnitt.
und ihre us kn PB ed er
Abreife von London nach Hamburg; gefams
meite Eygäbtangen der Schiffmannfchafe über den Sklaven⸗
handel, über China und Brafilien; Helgoland, Cuxhaven
uud das Hauoverſche Land. . . .
Zehnter Abſchnitt.
Eitfter Abſchnitt. Hamburag.. — —7 —
Zwölfter Abſchnitt.
Reiſe von Hamburg nach Berlin.
*
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824
Das Bücher Dediciren an große Herren ſcheint
jetzt ganz aus der Mode gekommen zu ſeyn; wahr⸗
ſcheinlich, weil es nichts mehr einbringt. Ich aber
wollte die alte Mode doch noch einmal mitmachen,
und faßte daher den Entſchluß: dieſes Buch den
achtungswuͤrdigſten Maͤnnern des Vaterlandes zu
widmen. Wer anders koͤnnten diefe „wohl feyn,
als die Acderbauern und Fabrikanten, die beiden
älteften und nüßlichfien Stände der Welt, und die
fefteften Grundpfeiler des großen Staatsgebäudes. |
Mögen Sie fich beide die Hand reichen, und Arm
in Arm gegen. die verderblichen Grundſaͤtze äußern,
die unferem Fabriken⸗Weſen „und folglich auch. dem
National» Wohlftande, den Untergang drohen! — .
| Nehmen Sie bie RN dieſes Werkes
als einen Beweis meiner innigſten Hochachtung an,
die ich fur Ihren beiderſeitigen Stand hege.
Berlin im Februar 1821.
Der Berfaffen
Ber EA
Der eiferne Zepter. bee Noth zwang mich die Feder
der Ochrifeftellerei zu ergreifen, und ein unterneh⸗
men zu wagen, welches ich mir vor einigen Jah⸗
ren nie haͤtte traͤumen laſſen. Das Urtheil der
litterariſchen Richter uͤber den erſten Band meiner
Reiſebeſchreibung iſt fuͤr mich doch nicht ſo ganz
abſchreckend, und in der That guͤnſtiger, als ich es
erwartet haͤtte. Den zweiten Theil habe ich mit
mehr Muße und auch unter etwas, obgleich nur
ſehr wenig, guͤnſtigeren Umſtaͤnden bearbeite. Da:
her ich mich mit der Hoffnung zu vertroͤſten wage,
daß der kuͤnftige Richter wenigſtens meinem Fleiße
Gerechtigkeit widerfahren laſſen, und fo weit es
fein Redlichfeits-Hefühl geftatter, auch zur Leſewelt
ein Wort für mich fprechen wird; denn bei der
ganz hohen Lefewelt bin ich hin und wieder verun⸗
gluͤckt; — und nur mein gnaͤdigſter Landesherr
ST
iſt hierin nachfichtig- und Hufdreich“ gewefen, und hat
auch auf-den zweiten Band wieder fubferibire ! Sauer,
herzlich fauer ift es mir geworden, ein Buch auf
Subfeription herauszugeben, dies muß ich hiermie
offen befennen; allein ſehr gern wird mich jeder
Gelehrte entfchuldigen, wenn er in der Folge der
Zeit das Gewebe von boshafter Cabale, der
man mich opferte, leſen wird. Ein Amt von
1600 Rehle,sjährlicher Einkuͤnfte iſt das wenigſte,
das ich dadurch verlohren habe, auch ein anderes
Gluͤck, dem ich ſo nahe war, ift vernichter worden ter
wei Und warum verlohr ich das Amt? Weil ein
Menſch, dem ich wor: dem Feldzuge 1843 Hunderte
feiner Arbeiten reetificiren mußte, nach diefem Felde
zuge, als er Primus geworden war, behauptete⸗
„ich koͤnne nicht deutſch fihreiben; und jetzt meine
Arbeiten nach Johann Ballhorns neuer verbeſ⸗
ſerter Auflage corrigirte, und. ich ihm darauf erwi⸗
derte „Herr, Sie behandeln mich wie einen Schul:
jungen!“ Die Sache gehoͤrt eigentlich nicht hierher,
und wird eine vollſtaͤndige juriſtiſche und mit Docu⸗
menten verſehene Abhandlung daruͤber naͤchſtens ge⸗
druckt erſcheinen, und wahrſcheinlich nicht ganz ohne
Intereſſe geleſen werden; indeß halte ich es doch
—
- Br Ä
für Pflicht, hierüber einftweilen "etwas: anzuzeigen,
damit die edlen Männer, bie: mich bei der Heraus:
gabe diefes Werkes fo fehr unserftüßren, doch mer
nigftens erfahren, daß fie es für Feinen Unwuͤrdi⸗
gen gethan haben. — | a ah:
In der Subfeeiptions-Lifte hatte ich das Erz
fheinen einer litterariſchen Flugſchrift angekuͤndiget;
allein ich uͤberzeugte mich nur zu bald, daß dabei
kein Segen herauskommt, und: beſchloß, dafuͤr eine
Zeitung herauszugeben. Ein ſo ergiebiges Gewerbe
geſtattet man aber nicht ſo leicht, und obgleich ich
ſchon ein halbes Jahr lang um die erforderliche
Erlaubniß ſupplicire, ſo habe ich ſelbige bis jetzt
doch nicht erlangen koͤnnen, ſondern werde von
Pontius zu Pilatus mit meinem Geſuche ver⸗
wieſen; wahrſcheinlich werde ich daher wohl die ju- |
eiftifche Carriere wieder ergreifen müflen; denn:
Der Eenfor ift ein harter Chriſt! |
Noch Fein Gelehrter reich geftorben iſt.
Billig follee ich mich, wegen einiger Stellen
des erſten Bandes entſchuldigen; allein der Leſer
wird ſich wohl ſelbſt beſcheiden, daß ich bei der
Abfaſſung dieſes Buches auch auf den Verkauf
denken mußte; und wo dieſer Fall erſt eintritt, da
J
u XVI —
fälle der Author nur gar zu oft durch! Dieſe
Bemerfung hat der wuͤrdige Wieland ſchon —*
macht. Gar manches wuͤrde ich vielleicht geſtrichen
haben, wenn ich das Manufeript nicht Bogen⸗
weiſe zur Druckerei gegeben haͤtte; und was dort
einmal feſtſteht, läßt ſich nicht mehr ändern; ich
bitte alfo um Nachfihe und Beruͤckſichtigung, daß
es mein erfies litterariſches Product iſt, und kein
Meiſter vom Himmel faͤllt. |
—
—Der Verfaſſer
Sie b⸗
Siebzehntes Kapitel
Berfhiedene fyecielle Bemerkungen über dmerite
| und feine Bewohner. .
Man Abſicht war es eigentlich nicht, heographiſche,
ſtatiſtiſche und topographiſche Skizzen von Amerika
zu liefern, weil dergleichen Beſchreibungen, beſonders
über die Vereinigten Staaten, wirklich ſchon in Menge
vorhanden find. Mehr lag ed in meinem Plane, Die
Sitten, Gebräuche, Lebensart und den. Zufland der
Cultur, mit einem Worte: mehr die Menfchen ald dag
Land mit dem Lefer in Befanntfchaft zu bringen. Da
ich jedoch, wie fchon gefagt, hauptfächlich. beabfichtige,
auch dem auswandernden Coloniſten ein nügliches
Handbuch zu liefern, fo habeich über diejenigen Diftrifte,
welche ich nicht felbft bereifen Fonnte, weil mir die
Mittel dazu fehlten, und die befonders für den euros
päifchen Auswanderer Intereſſe gewinnen koͤnnen,
theild aus eingezogenen Nachrichten von glaubwuͤrdi⸗
gen Menſchen, theils aus den beſten und neueſten
Reiſebeſchreibungen der Amerikaner, umſtaͤndliche No—
tizen geſchoͤpft, die ich bier in möglicher Kürze vor⸗
tragen will. Um nun der fpftematifchen Ordnung ges
treu zu bleiben, werde ich die den Glück, fuchenden
Auswanderer am meiften intereffirenden neueren, d. i,
die wefilichen, nord= und füdmwefllichen Staaten ins-
gefammt näher fehildern, und von jedem. einzelnen
eine kurze Beſchreibung vorausſchicken. Bevor ich
II, 1
aber hinzuſchreite, will ich noch Emiges über das
eißalleghanifche Fand von Nordamerika nachträglich
anführen. =
Ueber Künfte und Wiflenfchaften werde ich frei-
lich nicht viel fprechen Fönnen, denn Amerika hat bis
jest noch Feinen Maler, feinem Bildhauer, feinen
Tonfünjtler, Feinen Dichter, Feinen Philofophen auf:
jumeifen, der mit den Genies der alten Welt in die
‚Schranfen treten koͤnnte. Doctor Sranklin war, ans
erfannt, ein ausgezeichneter Gelehrter, der fich durch
‚die Erfindung der Bligableiter den Namen der Un—
fterblichkeit erivorben hat; er war aber nur in Ame
rifa geboren; feine Eltern waren Engländer; feine
Erziehung hat er in der alten Welt, in England und
Sranfreich genoflen, wohin die Kinder der vornehmen
Amerikaner noch bis auf den heutigen Tag, der Er:
ziehung wegen, gefendet werden. In der That muß
68 unfere Verwunderung erregen, und ein Gegenftand
des Nachdenfens für den Pſychologen bleiben: daß
ein Land mit einem fo fruchtbaren Boden, unter ei—
nem fchönen und größtentheild mäßigen Himmels:
firiche gelegen, mit Reichtum und einer Verfaffung
begabt, die für den Weißen nichts mehr zu wünfchen
übrig läßt, und von einer Nation bevölkert, welche
unter die aufgeflärteften und am längfien Eultivirten
der alten Welt gehört, bis jest noch fo wenig glän-
zende Genies geliefert hat; und je weiter man nach
der Mittagslinie hingeht, je arnfeliger fieht es mit
den Wiffenfchaften und Künften aus. Auf den ſaͤmmt⸗
lichen Weftindifchen Eiländern haben wir außer dem
ehemaligen Negerfflaven, Baron de Vaftey in
Hayty, vielleicht auch nicht Einem, vder doch fehr
wenige, die in der feientififchen Veit ſich nur einen
Namen gemacht hätten. Weber Südamerifa dürfen
— 5 ——
wir uns keinesweges wundern, da ſeine Verfaſſung
nicht von der Art war, daß ſie den Wiſſenſchaften
guͤnſtig ſein konnte. Reichthum und Ueberfluß brach-
ten in der alten Welt faſt in jedem Zeitalter und bei
jedem Volke die herrliche Blüte der Geiſteskultur her—
vor. Sn Amerika fcheint dieß gerade der umgefehrte
Fall zu fein. Der Neichthum erzeuget hier Indolenz;
und je reicher und fruchtbarer ein Landftrich ift, je
weniger gedeiht die wiffenfchaftlihe Cultur. Haft
fcheint e8 Feinent Zweifel mehr zu unterliegen, daß
auch das Klima einen großen Theil der Schuld auf
fich tragen mas; denn fo wie die gefammte, vegeti-
rende Natur fchnell auffeimt, bervorfchießt und zur
Blüte übergeht, aber auch frühzeitig zur Neife ge—
deiht, verwelft und abftirbt; eben fo iſt dieß auch mit
der animalifchen der Sal. Ein feharffinniger Euro—
päer fagte über Amerikas Bewohner: ‚„„man fieht
bier feine Kinder und Greife. Die Verftandesfräfte
der Kinder in Amerifa entwickeln fich frühzeitig und
ſchnell; allein ſchon nach 30 Jahren, das befte Alter
der alten Welt, fängt dort die menfchliche Natur an,
abzunehmen. Die Kinder habe ich ungemein lebhaft
und munter gefunden, fo wie man fie in Franfreich
oder Deutfchland nur immer finden kann; je mehr fie
fih aber dem Mannsalter nähern, je größer wird
das Gemüthsphlesma.
Daß die vorerwähnte Bemerkung eined Furo-
päers über Ameriia auch in Hinficht der Greife feine
Nichtigkeit hat, muß ich felbft befunden, und in der
That ift mir noch Fein Land vorgefonmen, wo ich fo
wenig Greife gefunden hätte, als in Amerifa. Die
6oger Jahre find das höchfte Ziel des Menfchenalters,
und nur Europäer oder ihre erfle Generation errei—
"hen hier und da ein höheres Alter. Die Urfachen
J
—r m k 4 .
hiervon. Eönnte nur der Sachverfiändige, nämlich der
Arzt, ergründen. Meiner Anficht nad, ſcheint nächft
dem Klima, auch die Lebensart fehr viel dazu Beisus
- tragen; denn nach allen DBefchreibungen und Nach:
richten über das ungleich mehr füdlich Tiegende Me—
xico, erreichen die Menfchen dort nicht nur ein hohes
Alter, fondern fie find auch nicht fo vertrocknet, wie
die Nordamerifaner; befonders veroffenbart fich beim .
weiblichen Gefchlechte ein gefunder und voller Körper:
bau, wovon mweiter unten ein Mehreres gefagt. wer-
den wird; ihre mäßige und müchterne Lebensart if
hauptſaͤchlich die Urſache hievon.
In meinem erſten Bande habe ich hin und wie—
der die Herren Amerifaner ein wenig mitgenommen;
in diefem Bande wollte ich aber auch das Gute der-
felben mit ſoviel als möglich glänzenden Farben wie-
der fehildern, und die Vortheile alte herzählen, wo—
durch fie über den Europäer glänzen. Indeß fo fehön
ihre Verfaſſung fh auch auf dem Papiere. Lieft, ſo
wenig ift es dem partheilofen Beobachter möglich, zu
Gunften vderfelben viel Lobeserhebungen zu. machen.
Eine Negierung, die in ihren Staaten Menſchenhan—
del und GSeelenwucher dulder, die es gleichgültig mit
anfieht, wie graufame und geizige Pflanzer die Men
ſchenrechte täglich ungeftraft unter die. Füße treten,
und ihre Heerden von Sklaven mit viel mehr Un—
menfchlichkeit behandeln, als die Bewohner der Bar⸗
barei und des Dsmannifchen Reiches, was fie auch
immer Gutes haben mag, kann ſchon dieferwegen ‚mit
Feiner Regierung der alten Welt, fo ſehr letztere auch
mit Mängeln und Gebrechen belatet ſind, eine Probe
aushalten.
Wenn ich ſonſt alle dieſe herrlichen Kelasionen
über jenes Land lag, in denen aber die Sklaverei ge»
=. —-
woͤhnlich mit Stillſchweigen Äbergangen war, und fie
mit allen den Plackereien der Unterthänigfeit, Leibei-
genfchaft und des Frohnzwanges verglich, der zur.
Schmach der europaͤiſchen Geſetzgeber, laͤnger als ein
Jahrtauſend ihre Voͤlker entwuͤrdiget hat; da dachte
ich, oft bei mir ſelbſt: „Gott fhuf ja die Menfchen
alfe frei; die Erde bildete er für das ganze Menfchen- ;
gefchlecht! Als unfere deutfchen Voreltern mit ihren
Streitägten die Schädel der Roͤmer yertrümmerten;
da waren fie alfe waffenbürtig; jeder führte Streitaxt
and Schild; und jetzt befieht die menfchliche Gefelf-
ſchaft aus einer Menge von Abftufungen, die bis in’8
Laͤcherliche uͤbergehen. Dat! jenſeits des Meeres; iſt
ein glückliches und herrliches‘ Land.’ Dort werden die
Menfchen ganz nach dent Worte Gottes, nach dem
Grundfägen der Neligion und Moral regiert!” Wie
Hanz anders habe ich es an Ort und Stelle gefun-
den. Und wie wenig meine Schilderung hierüber an
Mebertreißung grenzt, wird folgende Aeußerung des
Amerifaners, Evans, aus Neu-Dampfhire zeugen; er
fagt in feiner Fußreife von 4000 Meilen: u
„Ein Sklave bleibt immer ein Sklave! Ein un—⸗
gluͤcklicher Öegenftand der Habſucht, der Gefühlfofigs
feit und des Hochmuthes der Menfchen. Gewalt er:
zeugt ſtets Tyrannei, und vor dem Tyrannen iſt Fein
Menſch ficher. — Sklaverei ſteht der Ariftofratie ge-
genüber, und wo diefe Wurzeln faffer, da muß der
Freiheitsbaum Bald verwelfen. — Die Leiden der
Sklaven werden das Land einft in's Verderben ſtuͤr—
zen. — Ein Rückblick daranf follte uns vor Schaam
unſinnig machen. Neberzeuget euch von der Angft der
Mutter vor und nach ihrer Entbindung. Fraget diefe
Kinderider ewigen Plage: was es heißt, aus Mangel
an Ruhe oder unter den Streichen der Peitſche zu
— 6
fierben; nur) zu oft werden fie von ihren Peinigern
um's Leben gebracht; und niemand bekuͤmmert ſich
darum, oder zieht: den Tyhrannen zur Verantwortung.
Dies ſind die eigenen Worte eines Amertkaners,
eines Jaͤnky, welche letztere die Sklaverei zuerſt ab⸗
geſchafft haben, und —2 ihre groͤßten Wider ſacher
ſi nd. *
Was ich uͤbrigens auch zum Lobe der Denfiva-
nier, der Jaͤnky's von Neuengland und der übrigen
Staaten, wo die Sklaverei nicht. eriftirt, gefagt ‚habe,
daß, Arbeit Niemand: berabfegt; ſo tft es in den ſuͤd⸗
lichen und alten übrigen Sklavenhalter-Staaten doch
nicht ſo. Dort fcheint Feld- uud Handarbeit für den
Bauer (ich nehme den Deutfchen aus) fehimpflich zu
feyn. Leider iſt es auch in» unferem- freien Deutfchs
land der Fall; leider fhämen ſich auch bier unfere
Ackerbauer, wenn auch nur die, welche man gewoͤhn⸗
lich Guts- oder Nittergutsbefiger titulirt, ihres Ges
werbes; und doch iſt es das edelfte und vedlichfte im
der Welt, und die feftefle Grundlage und Stuͤtze Des
großen Staatsgebaͤudes. Welch’ ein. thörichtes Vor⸗
urtheil! Der Advokat, der Arzt, der Soldat, der
Kuͤnſtler u. ſ. w. betreiben ja ihren Erwerbszweig
alle ſelbſt, und verlieren dadurch nichts an ihrer
Achtung. Gewiß würde der Landwirth, wenn er auch
nur zumweilen mit Hand anlegte, feinen Arbeitern ein
gutes DBeifpiel geben. Der, Kaifer von China, ob:
gleich im übrigen ein orientalifcher. Despot, ‚eröffner
im Fruͤhjahr den Feldbau immer zwerft, indem -er mit
eigener Hand den Pflug führt, um dadurch das Volk
zum Landbau zu ermuntern, der dort in der That
auch mit einem folchen Fleiße betrieben wird, wie
nirgends in der Welt. Darum erzeugt auch das Land
. .
— A in
— y A PER
Alles, was es bedarf, felbft, und, braucht faſt nichts
vom Auslande. Brod giebt der Pflug! .
——— Bi HE
Amerikanischer BR u 3 ;
ya
| ‚Ein Frouck in Amerika heißt eine e Verſammlung
der Landleute zum Tanz. Alle jungen Burſchen und
mitunter auch noch lebeluſtigen Ehemänner. finden fi fi ch
des Abends in einem dazu beſtimmten Haufe, (in der
Regel ein. öffentliches) gewöhnlich am Sonnabend ein,
und. ergößen ; fich dort, mit Tanzen, Trinken, und
Spielen. Honette Bauerstoͤchter nehmen ſchon feinen
Theil daran, fondern hoͤchſtens liederliche oder nicht
im beſten Rufe ſtehende Dirnen. Eine Bouerstoch⸗
ter, die auf den Frolick geht, verliert ſchon an ihrem
guten Rufe, und darum findet man bei einem der⸗
gleichen Feſte in der Regel ſehr wenig Frauenzimmer.
Ich traf zufaͤllig auf meiner Reiſe einmal einen der⸗
gleichen Jubel an, und obgleich mehr als 60 junge
Maͤnner und Buben, ſo heißt man hier die jungen
Burſchen, verſammelt waren, ſo befanden ſich doch
nicht mehr als 3 oder 4 Frauenzimmer darunter ‚ de
nen, gleich anzufehen war, daß. fie nicht viel taugten,
' Zwei Siedler bildeten Das Orcheſter, und belebten den
Mattelot, den die Burſche zuweilen auch ganz ohne
Srauenzimmer, tanzten. „Der Amerikaner ift in dies
fem Punfte nicht fo wie der Europäer; und wenn
ihn die Tanzluſt anwandelt und die Fiedel in der
Stube iſt, ſo weiß er jene auch ohne das Frauenzim⸗
mer zu befriedigen. Ein junger deutſcher Handlungs⸗
diener,. den ich im Little York traf, und der ſchon
mehrere Jahre im Lande war, und hier die Riemer
Profeſſton erlernt hatte, echaͤhlten mir, ) dag die jungen
Leute fih auch noch im andern Fällen ohne die
Frauenzimmer behelfen koͤnnten. — Relata refero!
Soviel Temperament und Neigung zum ſchoͤnen Ge⸗
ſchlecht habe ich am Amerikaner feinesweges bemerft,
als bei dem Europäer; er fey von welcher Nation er
immer tolle, Sehr viel halten fi fich die Angloameri-
Caner (fo nennen fie fich in alten ihren Schriften ges
wöhnlich) darauf zu gute, daß unter ihrem weiblichen
Geſchlechte ſoviel Decenz herrſcht, und nicht wenig
ziehen alle ihre Reifenden auf die Lubrizitaͤt der ‚Siüd-
amerifanerinnen fo8. Alfein Triebe der Natur blei—
ben unter jedem Himmelgftriche der Welt Triebe der
Natur, die das materielle Wefen von dem Geiftigen
Uunterfchteden; und wenn das Hoden beim Feuer
heerde (fo nennen die deutfchen Lady's das nächtliche
Rendez-vous, oder foviel als beim Kaminfener fi}
zen) bei den Srifchen auch vieleicht nicht fo fehr it
der Mode ift, als bei den Deutfchen; fo glaube ich
auf meinen Reiſen doch mehrmals wahrgenommen zu
haben, daß der erwähnte Handlungsdiener aus Ha=
au vielleicht nicht fo ganz Unrecht hatte.
Das zu häufige Müßigfigen der ———
fand ich am meiſten tadelnswuͤrdig. In meiner
vaterlaͤndiſchen Provinz fieht man ein A Frauen⸗
zimmer, von der Comteſſe bis zum Dienſtmaͤdchen
herab, faſt niemals unthaͤtig dafigen, ja ſelbſt in Ge⸗
ſellſchaften haben fie ihr Strickkoͤrbchen bei ſich; um
fo mehr war mir dies in Amerifa auffällig; und fehr
erklaͤrbar iſt es jeßt, daß die Europaͤiſchen Gluͤcksrit⸗
ter in Weſtindien und im Süden der Vereinigten
Staaten e8 vorziehen, mit einer Negreffe, Mulattin
oder Quarteronne in wilder’ Ehe zu Ieben, ats fich
mit einer Ereofin, wenn fie nicht fehwer wiegt, zu
= 9 —
verheitathen. Eine weiße Ehehaͤlfte ift eine koſtſpie—
lige Sache, und nügt im Hausweſen nicht viel; und
in Diefer Hinſicht ift der Ansfänder mit einer Farbi⸗
gen ungleich beſſer berathen .·
Kartenſptel habe ich im Innern des Landes nie⸗
mals bei den Engliſchen, ſondern nur Sei De deut⸗
ſchen Amerikanern geſehen.
Nie iſt mir eine Pharobank oder anderes Hazard⸗
ſpiel vorgekommen; nie fahe ich eine L'hombre⸗ oder
Whiſtparthie In Georgien und den Earolinas iſt
die Spielwuth groͤßer, und häufig fieht man auf dem
Pikbuben ein junges Negermaͤdchen, und auf der
Coeurdame einen ſchlauken Mulatten fiehen.
Baͤlle werden nicht nur in den Städten, fondern
Kinds auf dem Lande gegeben; und hier zu eeſcheinen,
träge Feine e bone * ein Bedenken.
wetter asrantie —J
Das, große Concert im der. Baug- Halle zu Ditadelohin J
Faſt war ich ein Jahr in Amerika, und niemals
Hatte ich ein Concert oder eine andere Muſik als das
bachantiſche Janitſcharencorps bei Militair⸗ Aufzůgen
gehoͤrt, welches ſo unmelodiſche Toͤne ſeinen Blaſein⸗
ſtrumenten entlockte, daß ich mir jedesmal die Ohren
zuſtopfte, oder davon ranute. Endlich fand ich in
‚den Zeitungen ein großes Inftrumental> und Vocals
Concert in der Vaux-Halle angefündiger, und ich
ſchicke mich an, Apollo's Tonmufen meinen. Tribur zu
zollen. ch mache mich auf den Weg, und. finde
glücklich die Daur- Dale am änßerften Ende der
Stadt, nicht weit vom Schulkillfluß, nachdem ich
verſchiedene Miſthaufen und leere Plaͤtze paſſirt hatte.
ER. RR
Eine hohe Gartenmauer umfchloß den niedlichen Park,
der einzige, Öffentliche, und, von Menſchen beſuchte
Garten. In der Mitte deſſelben iſt ein im Rondeel
erbauter Gartenſaal ‚ der wie eine Sommerwohnung
ausſah. Die Hauptalleen und auch das Aeußere des
Saales waren mit Lampen illuminirt. In den Alleen
ſtolzirten die jungen Soͤhne des Mars (die Freiwilli⸗
gen) mit Uniform und dicken, ellenlangen Federbů⸗
ſchen, auf und ab. Offtziere und Gemeine in der
groͤßten Vertraulichkeit Arm in Arm; auch boxte der
Gemeine den Oberlieutenant ſcherzweiſe zuweilen mit
Kippenftößen, Damen befanden fi ich. auch da, umd
obgleich manche Davon recht ſchoͤn und brillant geflei-
det waren, fo fagte man mir in der Folge doch, daß
fie nicht im beften Nufe fländen, und die meiften von
ihnen Hetären feyen.. Seh höre die Inftrumente ftim-
men, und trete in den Saal, um die Symfonie nicht
zu verfäumen. Das Orchefter beftand: aus zwei Vio—
Iinen, einer Pratfche, einem Clarinett⸗ und refpective
Fistenbläfer, die er abwechfelnd in einer Perſon re⸗
preſentirte, einem oder zwei Horniſten, und einem
‚Violoncello, the Big lidel oder große Geige, Nach—
die Mozartfche Spmfonie, ‚die man auf jeder ſchleſi⸗
ſchen Bauernhochzeit beſſer hoͤrt, voruͤber war, trat
ein Saͤnger auf, der eine Arie zum Beſten gab, und
auf dem Flügel dazu accompagnirte. Außer ihm tar
ven noch zwei andere Sänger, „Die abwechfelnd bald
Solos bald Duerts fangen, und fich entiveder durch
das Drchefter dazu begleiten ließen, oder es mittelſt
des Flügels thaten. Der Tenorift war von ver Nas
tur mit einer recht guten Stimme, begabt; allein die
Regeln und DBortheile der Kunſt vermißte ich bei IIL-
len. Nachdem fie verfchiedene Liederchen abgefungen,
und häufigen Beifall durch Pochen mit dem Stock oder
den Füßenerhalten hatten „folgte die Schluß-Symfonie,
und hiermit hatte das große Concertein Ende. Das Entree
war Dollar, Das gewöhnliche Entree bei reifenden
Birtuofen it 2. Dollar. Deutſche Tonkünftler haben.
es noch nie gewagt, in Amerika ihr Glück zu verſu⸗
chen; dagegen kommen aus England zuweilen Kuͤnſt⸗
ler heruͤber, und ein engliſcher Sänger. hat: gegen
12,000. Piafier aus den Vereinigten Staaten mit nach
England genommen. Ich zmeifle keinesweges, daß
gute deutſche Tonfünftler in Amerifa nicht. mit Bei—
fall aufgenommen werden ſollten. Beſonders dürften
Sänger und Sängerinnen bier Glück machen, nur
müßten fie nicht mit Öefängen. in deutſcher Sprache
den Verſuch wagen, weil man gegen diefe zu ſehr
eingenommen if. Im. fpanifchen Amerika und: befon-
ders in Merico wird die. Tonkunft- Teidenfchaftlich ges
liebt; und gewiß würde ein ausgezeichneten deutfcher
Künftler es nicht bereuen, der jenfeitd des. Meeres
fein Gluͤck verfuchen wollte. - Ein hoher Genuß ‚der
Tonkunſt iſt, wegen der zu großen Befchränftheit der
Künftler in Amerika, noch etwas gar zu ſeltenes;
und was Tonkunſt betrifft, darf ſich wohl kein Eng⸗
laͤnder mit dem Deurſchen in die Sarnen ‚Kehen,
Dritter Usfduiee,
Das Theater. — ae beſebibliothek.
Alle Zeitungen von, Bhiladelphia warer von
Lobeserhebungen uͤber den. aus Alt⸗ - England angez
Fommenen Künftler, Deren Wallace, der Durch feinen
Cothurn die Bühne verherrlichte. Coriolan, eine auch
in Deutfchland ruͤhmlichſt befannte Tragödie, wird anz
gekündigt, und ich kann der. Sehnfucht nicht. mehr
länger widerftehen, Thaliens Tempel zu beſuchen.
"Er
Statt den Eraftsolfen Helden, ‚der mit eiltem ſchoͤnen
Organ alle Vortheile einer ernpfehlenden Figur verei⸗
nigen, und in Manieren und Spiel ein zweiter Gar⸗
rick feyn fol, finde ih ein ſchmaͤchtiges, junges
Männchen mit einer helltoͤnenden Maͤdchenſtimme, das
einen ziemlich guten Cinthio in unſerer Zauberin Sie
donia dargeſtellt haben wuͤrde; fein Spiel war wohl
mittelmäßig zu nennen. "Wenn man ihn aber dem
langen, hageren, phlegmatifchen und Ereifchenden Ju⸗
Hurtha und dem Übrigen männlichen Perſonale gegen
über ſtellte; da ragte er freilich, wie ein Talma, üben
alle Nebrigen hervor. Die Eraftvolle Nede der patrio⸗
tifchen Mutter, wodurch ſie Nom rettete, und die ich
in Secunda fo oft wit zierlichen Floskeln uͤberſetzt
habe, iſt alfein drei Viertel Dokar werth, dachte ich
bei mir ſelbſt. Allein Mamachen trug ſie mit ſolchem
Pathos vor, wie ein deutſches Hausmütterchen, weni
68 dem unartigen Srigchen die Leviten Tiefe, weil er
dem Herrn Eonrector die Fenfter eingeworfen hat.
Die Garderobe der römischen Bürger war ſchmutzig
und zerfumpt; die Decoration ſchlecht und erbärmlich,
und das Orcheſter ungefähr um die Hälfte ſtaͤrker,
als dasjenige, welches ich im Baur - Hallen Concert
gefchildert Habe. In manchen Stenen war Coriolan
ziemlich gluͤcklich; dem König Jugurtha fegt er derb
zu, und al& diefer ihn einen Poltron ſchilt, ballt er
die Kauft zufammen, um der nnartigen Majeftät Ei⸗
nes auszuwiſchen, und wird endlich von dem ge
der Letzteren ruͤcklings durchbohrt.
Die Bruſt der Zuſchauer iſt vom Trauer bes
klemmt, und dad Auge ſchwimmt noch in Thraͤnen.
Endlich aber geht der Vorhang herauf, und nun folgt
der „Scheintodte“ etwas fürs Zwergfell. Ein pe⸗
dantiſcher, und in ſeine ſchoͤne Muͤndel verliebter, aber
ſehr 'eiferfüchtiger Doftor, die fchöne und reiche Muͤn⸗
del und ihr liſtiges Kammermädchen, ein junger Derr
und ein verſchmitzter Domeftife, find. die Hauptper⸗
fonen des Stuͤckes. Letzterer kommt in deutſcher
Bauerntracht, mit, der Tabackspfeife im Munde, ei—
nige deutſche Worte ſtammelnd unter der Maske des
Patienten in. des Doktors Haus, um mit der Schö-
nen ein Rendez-vous zu unterhandeln. Der Doktor
tracftirt ihn mit einem Ölafe Whisky, und das ger
‚famte Hohe Publicum ift in Gefahr vor Lachen zu
berften über die Einfälle de deutſchen Toͤlpels, - der
ertemporifirt zufeyn fcheint, weil das Stüef aus Enge.
Sand iherüber gefommen ift, wofelbft man von. den
Deutfchen eine befiere Meinung hat, als in Amerika.
Der angebliche Patient wird zur Thuͤre hinaus ges
worfen, fehleicht fich aber wieder zurück, und verbirgt
fih, in der Abfücht, von dem koͤſtlichen Whisky noch
einmal-zu trinken, hinter den Schirm. Der Doktor
geht aus, und der. durflige Deutfche Eriecht hervor,
ergreift. aber flatt der Whiskybottel eine Flaſche mit
Schlaftrank. Er leert fie aus, wird übel, fpürt Er-
loͤſchung der Lebensgeifter, erhebt ein fürchterlicheg
Gefchrei, worüber man fich halb todt lacht, and giebt
‚den Geift, auf. Man wirft ihn in. eine. Kifte, um
ihn ‚heimlich, fortzuſchaffen; während dieſes vor fich
geht, erwacht. er, wird von den Uebrigen für ein Ges
fpenft ‚gehalten, ‚fpielt diefe Role unter großem Ge
laͤchter der Zufchauer fort, verbreitetiunter der Famis
die des Doktors Angft und Schrecken, und wird end-
lich von. Letzterem derb durchgeprügelt und zum Men:
ſchen umgewandelt. Die Farce endet nun damit, daß
der junge, Gentlemann den Doktor, um die fchöne
Mündel preilt, und der Scheintodte die Kammerzofe
heirathet. Außer dem Scheindentfchen trat auch noch
J
i we
— & -_—
ein anderer Deutfcher, in der Geſtalt eines Schwa⸗
ben, der Hausknecht des: Doktors, auf, der —
gen Mangel an Kenntniß der Landesſprache keinen
Laut von ſich giebt, ſondern Alles durch Pantomimen
andeutet; auch dieſe ganz ſtumme Rolle erregte zu—
weilen lauten Beifall. Dieſes Stuͤck wurde an jenem
Abend zum erſtenmal aufgefuͤhrt, und auf der An—
nonce mit dem Beiſatz empfohlen, daß es in London
mit großem Beifall gegeben worden ſey. Ich kann
das Letztere mir kaum als moͤglich denken; denn es
war zu plump, zu ſehr von allem feinen Witz ent—
bloͤßt, als daß ich dem gebildeten Geſchmack der Britz
ten fo etwas zutrauen Fünnte Der Schilfingsgalfes '
sie möchte es allenfalls Beifall abgewonnen haben.
Indeß wird der Lefer doch hieraus erfehen, welche
Meinung ungefähr das egoiftifche, transatlantifche
Voͤlkchen von den Deutfchen hat. Verſchiedene Zei-
tungsfihreiber, und unter andern auch der Nedactenr
der Aurora in Philadelphia, Tuchen nunmehr ihren,
über Deutfchlands Kultur, fo fehr unmiffenden Lands—
fenten eine beffere Meinung über unfer Vaterland
beizubringen, und mit nicht geringem Erflaunen laſen
fie in jenem Blatt, daß in der vorjührigen Leipziger
Oſternmeſſe 5000 nene Bücher gedruckt erfchienen find.
Nicht weniger erregte die große Menge deutfcher
Leihbibliotheken, fo wie auch der reiche Inhalt unfe-
rer National Bibliotheken ihre Verwunderung, umd
brachte fie am Ende doch wohl zu der Veberzeugung:
daß fie von den arimfeligen Ereaturen aus Schwaben
und den übrigen Nheingegenden, die dort alljährlich
‚gleich einer Heerde Vieh verfanft werden, einen fehr
unrichtigen Schluß auf Deutfihland machen. Was
uͤbrigens die Leihbibliotheken betrifft, fo find fie in
der That fehr arm daran: denn, obgleich ich faft alfe
Straßen von einiger Bedentung in Philadelphia
durchpaffire bin, fo habe ich doch nie ein Anfchlages
ſchild von einer Peihbibliorhef gefunden; und nur ein
einzigesmal ift mir ungefähr fo etwas wie eine Ans
tiquarboutique vorgefommen, wo man Bücher verleihet.
Die Franklin-Bibliothek fieht zwar zur Benutzung
für Federmann offen; auch kann man die Bücher ge-
gen Einlegung eines Pfandes, falls man nicht bes
kannt ift, oder Buͤrgſchaft ſtellet, mit nach Haufe
nehmen; nur muß man ein gewiſſes Lefegeld dafür
entrichten. Allen der Inhalt einer folchen Bibliothek
befchränfe fich in der Negel doch nur auf höhere wif-
fenfchaftliche Werke; und bei fo bewandten Umftän-
den kann man wohl daraus fo ziemlich entnehmen:
wie wenig das fchöne Gefchlecht und der Mittelſtand
noch das Bedürfniß der Lecture fühlen, wenn in der
Hauptftadt mit 140,000 Einwohnern noch nicht ein-
mal eine ordentliche Leihbibliothek eriftirt.
Buchhandlungen giebt ed aber mehrere, wovon
die Eine, von zwei FSranzofen etablirte, unter die be—
deutendften gehört. Aus dem Mangel an Leihbiblio-
thefen ziehe ich den Schluß, daß man diefe bequeme
und billige Art und Weife, feinen Verftand auszubil-
den, hier entweder noch gar nicht Fennt, was mir bei
dem Spefulationggeifte der Amerifaner und auswär-
tigen Gluͤcksritter doch auch nicht wahrſcheinlich iſt,
oder im Allgemeinen für das Bücherfefen feinen rech—
ten Sinn hat. Diejenigen welche Neigung zum Le—
fen haben, müffen fich daher die Bücher auch ge-
wöhnlich Faufen. Daß der Amerikaner nicht Neigung
zum Leſen haben follte, will und Fönnte ich auch nicht
mit Wahrheit behaupten. Die Zeitungen Tieft Alles,
was nur fefen kann. Die Tochter des Millionairg
und die Neger⸗Lady, der Aldermann und der Lehr:
bube. In der. geringſten Tawerne — in Staͤd⸗
ten als auf dem Lande, findet man eine oder mehrere
Zeitungen vor, woruͤber ich weiter unten ein Mehre⸗
res ſagen werde.
In Hinſicht der Schaußähne muß ih. nur eo
dieß bemerken, daß der Deutfche es für eine groͤbliche
und abfurde Störung der Illuſion betrachten würde,
wenn der abgefchlagene Kopf der unglücklichen Könis
gin Maria ‚Stusrt und. der des Admirald Sir
Welther Raleygh in einer Diertelftunde nachher
gleich wieder angewachfen wären, oder mittelft der
Geelenwanderung, erſtere in der Geftalt einer Kamz
merzofe, und Seßterer in der. des Tawernenkiepers zur
goldnen Bottel, ihr. Deil auf der Welt. von neuem
verfuchen ſollten. Schon diefe Metamorphofe gäbe
bei uns eine Dviginalpofie, wodurch jeder Eindruck
des vorbergegangenen Kunſtwerkes verloren gehen
würde, und, fihwerlich dürfte diefe8 Pele, mele von
Tragoͤdie und Comoͤdie auf der deutſchen Bühne
Glück: machen.
Bierter Abſchnitt,
Der Jaͤnky im Luftbalom.
Ein Sranzöfifcher Aeronaut ſteigt in Neu= York
voriges Jahr mit feinem Ballon und. der Gondel in
die höheren Negionen empor. Ein ganz ungewöhnli-
ches Schaufpiel hier; denn noch nie iſt ein Aeronaut
vom jenſeitigen Meeresufer heruͤbergekommen. Be⸗
wunderung und Beifall, und auch wohl eine gute
Einnahme? find der Lohn des Fühnen Wolfenfeeglers.
In einer Entfernung von mehreren, Meilen fenkt er
ſich dicht am Hudſonsfluſſe wieder zur Erde herunter.
Nie⸗
Niemand eilt ihm zu Hülfe, und der Luftfchiffer muß
mittelſt des Fallſchirms ſich hinablaffen. Der Ballon
aber tanzt auf den Wellen des Hudſons herum Angſt
und Grauſen ergreift die umliegende Bevölkerung
über das Seeungeheuer, welches die Salzfluthen ge⸗
gen das füße Flußwaſſer umgeranfeht hat, und Mens
fchen und Dich Verderben und Untergang droht
Endfih wagt ein kuͤhner Seemann fich doch’ heran,
leiftet dem vom Ungeheuer ausgefpienen —7— OR
und rettet auch den Ballon.
"Täglich erwartete 'man num auch im der ZEN
ffadt den kuͤhnen Aeronauten; allein er kam nicht
an; ſey es, daß er entweder noch eine andere Fahrt
vornehmen wollte, oder feine: Rechnung gar gerne
den hatte; kurz er blieb aus. Ei j
Wie aus den Wolken gefallen kommt der Sant
an, der bei der Fuͤllung des Ballons mit thätig ges
wefen, und das ganze Geheimniß mir einem Finger:
griff gelernt hat, und Fündiger in alfen öffentlichen
Blättern an, daß er den und den in Camden, geraz
deüber von Philadelphia, auf dem entgegengefeßten
Ufer des Delavare, zum Himmel emporfleigen werde,
God dam! a —* a clever and bold fellow.
Gott verdamme! Die Jaͤnky's find doch gefcheidte
und verwogene Kerls! heißt e8 allgemein.
Am beftimmten Tage ftrömt Alles mach Cantden;
und eine reichliche Einnahme haben die Fährmänner,
weil feine Brücke über den Fluß fuͤhrt. An 50,000
Menfchen, worunter auch mancher fromme Quäfer,
haben fich verfammelt, um den zweiten Elias hier zu
bewundern. E8 dampfen die Keffel und Röhren, und
fperen den’ Vitrioldampf in den Numpf des Ballons
lies Balluhn) aus; Alles wartet mit Ungeduld und
doch der Ballon will nicht Reigen, obgleich
N Q
Ä
der Abend fhon herammaht. Jetzt iſt es zu ſpaͤt! Auf
der Wolkenſtraße giebt es keine M deilenzeiger, und der
gute Jaͤnky koͤnnte ſich bei Nacht leicht verirren. Er
entſchuldiget ſich bei dem verſammelten Publikum, und
verſpricht, fuͤr die reichliche Einnahme, ein andermal
die Fahrt zu beginnen. Sie wird abermals, und zwar
im Vaux⸗Hallen⸗ Garten, angekuͤndiget. Auch dieß-
mal will dem Jaͤnky die Kunſt, das luftige Element
zu durchſchneiden, nicht gelingen. Die Zuſchauer
werden ungeduldig, weil ſie ihr Geld zweimal fuͤr
Noting (Nichts): gegeben. Der außerhalb der Bar—
riere verfammelte Poͤbel wird ungeſtuͤm; die Gentles
menn animiren ihn; und zertruͤmmert wird der Dals
luhn und alles Geräthe; alle Buffets werden geplünz
dert. Im Saale wird Alles demolirt, und da der
durchtriebene Jaͤnky ſchon früher gefehen, wo der
Zimmermann das Loch gelaſſen, wird auch der fchöne
Saal in Brand gefteckt, und der hieran ganz unſchul⸗
dige Wirth auf einmal am den Bettelſtab gebracht.
Die verfammelten Conſtables, nicht mehr vermoͤgend,
der Wuth des Poͤbels Einhalt zu thun, notiren bloß
alle Raͤdelsfuͤhrer, und zwar hauptſaͤchlich die Ver—
moͤgendſten; und ſchon morgen wird der Eine, ein
Dberft von der Miliz, abgeholt, um für-Diefen Frevel
in's ordinärfte Gefängniß abgeführt zu werden, und. da
der Papa, ein reicher Kaufmann, diefem Schimpfe aus—
weichen will, muß er 20,000 Dollars Caution felfen,
Ein Anderer 10,000 Dollars, u. f. w., und wer nicht
Sicherheit ſtellen Fonnte, wurde fofort in Verwahrung
gebracht. «Sp endete. die Luftfahrt des Jaͤnky, der
dießmal einen ſehr verderblichen „Irid der Stadt
Philadelphia mitgefpielt hätte, wenn glücklicher Weife
nicht Windſtille geherrſcht, und den Flammen, die
— — 19 —
nur den Gartenſaal und‘ Nebengebäude bis auf die
Soolen niederbrannten, Einhalt gethan worden wäre.
———
ER LEERE, &
Bunter AbfHnien,
SEN, aRS Die Kaufmannsbörfe. |
Das ; Portal oder die. Vorderfront bilder eine
Colonade, zu der einige Stufen führen, Hat mar
den Eingang paſſirt, fo. befindet man ſich in einem
unbedeutenden, engen Saale, der in der Mitte einen
Pfeiler hat. Im Hintergrunde ſteht eine Neftanra:
tion. An der linken Seite befinden ſich einige kleine
Gemaͤcher, und nach Hinten zu wieder zwei andere,
in denen man die meiſten Zeitungen der Vereinigten
Staaten, aber keine auswaͤrtigen Blaͤtter findet. Auf
dent einen Tifche befindet fich die Lifte aller angekom⸗
menen, und auf dem andern die der ſeegelfertigen
Schiffe. Kaufmaͤnniſche Geſchaͤfte werden hier ganz
und gar nicht abgemacht, und nur wenige Indivi—
duen trifft man um die Mittagszeit hier, die entmes
der Briefe abgeben, welche hier abgenommen und
den abgehenden Schiffsfapitains, befonders nach Eu:
ropa oder andere Amerifanifche Geeftädte übergebeit
werden ‚+ oder ber Schiffsgelegenheiten hier Erkundi⸗
gung einziehen. Einen ganz anderen Verkehr habe ich
auf der Boͤrſe in London und Hamburg gefunden.
Dort find um die, Börfenzeit, zwifchen & und 5 Une
des Nachinittages, Tauſende von. Menfchen verfam:
melt. In Amerika werden alle mercantiliſche Ge⸗
ſchaͤfte auf den Auctionsbureaus abgemacht. Dort
kauft ein jeder Detailhaͤndler ein, was er fuͤr ſeinen
Laden bedarf, und wenn er zwei ſichere Buͤrgen zu
ſtellen vermag, fo erhaͤlt er auf zwei Monat Kredir.
* 2
”
en
..
“;
—X Sewsren worowen
| Das City Auktionsbuream — —
Das City⸗, oder viel paſſender, das Gauner⸗ Auk⸗
tionsbureau, in der Frontſtraße unweit des Hafens,
verfauft am Tage Schnittwaaren, und des Nachts,
von 7 bis 10 Uhr, allerlei fehöne Sachen, als: Eiſen⸗
und fehlechte Stahlivaaren, fchlechte Juwelerien und
noch fehlechtere Uhren. Legtere konnte man dort zu jedem
Preiſe erhalten, von 2 Dollars bis 50 hinauf, ever
Kaufmann, der etwas frhlechtes oder verlegened Gut
in feinem Magazin hat, giebt es in die Eity- Auf:
tion; Dort geht Alles, natürlich auch zu ſehr niedris
gen Preifen weg. Herr Paßmar und Sparhawf
find die: braven Entrepreneurs. Der Leßtere, ein Ins
fliger Jaͤnky, zum Auktioneur gleichfam geboren. Er
hat erſt 4 oder 5 mal banquerot gemacht, und fich
dadurch ‚bereitd ein Suͤmmchen von mehr ald 100,000
Dohars erbanguerotirt. Wer weiß, wie vielmal er
noch brechen Cbangquerotiren) wird, um das Suͤmm⸗
chen zu vergrößern? Dieß en der “es zum Glücf in |
a
Siebenter Abſchnitt.
| Das Atheneum.
Ein Lefezirkel, woran Kaufleute, Gelehrte und
alle gebildete Menſchen gegen einen jährlichen Beis
trag von 8 Dollars Theil nehmen Finnen. Man finz
det dort ‚nicht nur die vorzuͤglichſten einheimifchen,
fondern auswärtige Blätter, aus England, Franf-
reich, aus Weftindien und Spanien, ja fogar die Zeis
tungen aus Dftindien und auch den Hamburger Cor⸗
reſpondenten habe ieh da gelefen. Die vorzuͤglichſten
Journale und Flugfehriften des Aus⸗— und Inlandes
werden nicht minder gehalten.‘ Es iſt ein ſehr ſchaͤtz⸗
bares Lefeinftitut, jedoch nur für Männer, und gleicht
fehr der Hamburger Börfenhalle, nur mit dem Unter
ſchiede, daß dort ausfchließlich den Muſen gehuldiget
wird, hier Aber auch in dem Nebenfaale mercantilifche
Gefchäfte abgemacht werden. Feder Fremde, wenn
er durch ein Mitglied. eingeführt wird, hat 14 Tage
kang freies Entree; inzwifchen hat man mit mir es
auch in Hinficht der Zeit nicht fo genau genommen,
und wohlsmuß ich den ‚Amerikanern es zum Ruhme
nachſagen, daß fie in diefem Punkte viel gefälliger
waren, als "manche unſerer vaterländifchen Doktor
hüte, die da gewaltige Schwierigkeiten versefachen,
die neueften, befonders auswärtige literariſche Sa—
chen, einen nicht zur Zunft Gehörigen, benutzen zu
laſſen. Man darf fich darüber nicht wundern. Hier
hat Alles einen Amtsnagel; folglich werden ja wohl
auch die Gelehrten nicht eine Ausnahme davon mas
chen. Ich wüßte ein fehr wirkſames Speciheum da—
für, und will dem Leſer es als Näthfel zur Mebung
feines Scharfſinnes hinterlaſſen. Diefe Herren wuͤr—
den dann auch einmal ſchmecken, wie es Einem zu
Muthe iſt, wenn er Bücher auf Subfeription heraus⸗
geben muß, um ſeinen kaͤrglichen Lebensunterhalt zu
erwerben. |
Achter Abſchnitt.
Religidſitaͤt der Ameri kaner.
In den Wochentagen find gerfehiebentliche Ders
— der jungen Leute beiderlei Geſchlechts in
—
den Kirchen, wo religioͤſe Gefänge für den: ‚Sonntag
einftudirt werden. Dort werden Bekanntſchaften an—
gefnüpft, Rendez -vous gegeben !und oft die u
minarien zu Heirathen abgefchloffen. re
DBorzüglich melodiſch find die Kirchengefänge ver
Univerfaliften; fie find beinahe fo fchön und feierlich,
wie Die der Herrenhuter. Indeß behält doch der Kirchen⸗
gefang der Kathofifen, mit Muſikbegleitung von ag
lienern erecutirt, den Vorzug vor Allen. 3. 3%
Sonnabends Abends Glockenfpiel auf dem Thurme
der Presbyterianerkirche, Verſammlung in verſchiede⸗
nen Kirchen und Gefang, zuweilen auch eine une
Predigt,
Sonntags Früh: Glocfenfpiel’und Gefänt, von
5. Uhr des Morgens an Gortesdienft bis um 12. Uhr
des Mittags; bei den: Kirchen find während dem
Hauptgottesdienſt die Straßen mit Ketten gefperrt.
Nachmittags von 2 Uhr Goͤttesdienſt bis 10. Uhr.
Der letzte ift der der ſchwarzen Mechodiften. |
Deutſcher Lutherifcher Prediger: ,, Chrifius der
Herr hatte bei feiner Gefangennehmung von den ver—
fiockten Juden 70,000 Engel, die ihm zu Gebote ſtan—
den; eim jeder diefer Engel hatte wieder 700,000 Un⸗
terengel, die unter feinen Befehlen fanden; "folglich
hätte e& nur eines Wortes bedurfte, um fich der Ges
fangennehmung zu entledigen; allein er wollte für die
Sünden der Menfchheit fterben.” Ein junger’ deut:
ſcher Candidat oder Prediger meinte einmal auf der
Kanzel; vermuthlich mochte es auch ihm in Amerifa
nicht behagen. Mach der Predigt redete ein Venfyl-
vanifcher Bauer ihn, mit folgenden; Worten an: „Parre!
Du heulſcht (heulſt) ja auf der Kanzel. Was biſcht
Du fuͤr a Parre, wenn Du in der Kirchen heule
wilfeht! Du muſcht nit heule!“ In einer andern
- — 23 —
Fandfirche wurde es einigen der Zuhörer zu heiß; fie
gingen heraus, glimmten fich einen Cigarro an, und
hörten dabei dem Worte Gottes durch's Fenſter zu.
So etwas muß ſich der Parre ſchon gefallen laſſen,
denn dafür wird er gut bezahle Der Letztere hatte
5 verfehiedene Narren , wovon ihm eine jede an 600
Dollars einbrachte, und dabei beffeidete er noch den
Poſten als Protonotarius, ber ihm gegen 1100 Dol:
fars eintrug.
Ein anderer RL der noch dazu in Halle
findiere hatte, pflügte, mäÄhte, drofch, brannte Whis—
ky, und führte ihn felbft nach Baltimore zu Marfte;
und des Sonntags predigte er über das Lafter des
Trunfes. Der Schulmeifter war auch ein Deutfcher,
‚amd der Sohn eines Oberſten; er hatte nebenbei ei⸗
nen Doftorfehop, nnd fand fich auch nicht fchlecht.
An der lieben Familie des Herrn Pfarrers merfte
man nicht das Mindefte, daß der Herr Vater ein Ge-
lehrter, und noch dazu Fein ungefchickter Mann war.
Wahr ift es, die Menfchen, befonders in den Städ:
ten, geben 5 mal mehr in die Kirche, als die ſtaͤdti⸗
ſchen Bewohner Deutſchlands; inzwiſchen habe ich
auch hier wieder die Erfahrung gemacht, daß das
Kirchengehen, Beten und Singen auch noch nicht die
ſicherſten Merkmale der Moralitaͤt und wahren Reli—
gioſitaͤt find. Indolenz des amerikaniſchen Staͤdters
iſt der Hauptzug feines Charakters. Welche Muͤhe
gab ich mir nicht, einen von den ſechs deutſchen
Brauern in Philadelphia dahin zu bewegen, meinen
Bruder in der engliſchen Bierbrauerei zu unterrich-
ten; ich fagte ihnen: daß ich durch ſchlechte und ge:
wiſſenloſe Menfchen un Alles gekommen, daß ich jegt
unglüdlih und total verarmt, mein Bruder. aber
eine hüfflofe Waife fen, mit dem ich, im DBertrauen,
— —
Er
hier. gute und. ‚edle Menfchen zu finden, ‚die ihn die⸗
ſes Fach lehren würden, hierher ‚gekommen fe. Doch
Alles war bei dieſen gefuͤhlloſen Menfchen, Die entwe⸗
der ſelbſt, oder deren Vaͤter als Bertlerhuben hierher
gekommen find, wie die Brauer Gaul und Pfefier,
und jegt eine halbe Million in Vermoͤgen haben, vers
geblich. Für Tauſend Dollars Lehrgeld mürden fie
es allenfalls. gethan haben. Wir, verfuchten. unfer
Glück bei den Englifhen, doch mit feinem befferen
Erfolge. Schwerlich würde ein deutſcher Mann un
ter ähnlichen Umſtaͤnden ſich fo grenzenlos gefuͤhllos
benommen haben, wie diefe Kerls. Mögen daher auch
manche ultra = republifanifch geſinnte deutfche, Nei-
fende „oder, Ausgewanderte in, den glaͤnzendſten
Bhrafen ihre £obeserhebungen über Amerifa ausſchuͤt—
ten; ‚bei einem längeren Aufenthalte werden: fie noch
gar ‚Manches. anffinden, was dieſe Lobpreiſungen vers
dunkelt. So wie Herr Ernſt aus Bremen in ſeinem
Werkchen uͤber Amerika ſpricht, ſprach auch ich in
den erſten zwei Monaten; er hat es aber ſchon em—
pfunden, wie gewiſſenlos ihn ein: Storkieper mit
ſchlechten Noten angehaucht hat. Eben ſo gluͤhend
ſprach ein ausgewanderter Englaͤnder in den erſten
vier Wochen. Als ihn aber ein Amerikaner mit ei—
nem Pferde betrogen, ein Zweiter ihn um eine Summe
bevortheilt, und ein Dritter ihn beim Landkauf hin—
tergangen, und der Englaͤnder ſich um einige tauſend
Thaler Witz gekauft hatte, da klang das Liedchen
ganz anders.
Neunter Abſchnitt.
Neugier und Kleinſtaͤdterei der Amerikaner.
In Hinſicht der Charakteriſtik der Amerikaner hat
.- u. -
ihr ‚eigener Landsmann, ‚der, berühmte Doktor Frank⸗
lin, ſchon die, Bemerkung gemacht, daß fie fehr neu⸗
gierig wären; und wenn er auf, einer Reiſe in die
Tawerne kam, fing er 2 mit folgenden Wor⸗
gen anı
„Kinder, ich bin der Doktor Sranklin — bin
verheirathet, habe Familie, lebe von meinem Ver⸗
— moͤgen, reife in dringenden Gefchäften,. und. werde
wieder zurückkehren, fobald. ich fie zu. meiner, Zu-
friedenheit abgemacht habe; nun. habt. Mitleid
mit mir und meinen Pferden, und gebt und ei-
nige Nahrungsmittel.‘
Auch ich mußte meine Biographie wohl hundert:
fältig herrecitiren: Aus welcher Landfchaft ih komme?
was für ein Handwerf ich habe? ob ich verheirathet
fey und Familie habe? was ich hier treibe? was ich
in Europa getrieben habe? mie es mir hier gefalle?
ob der Speck und der Flauer nicht bald wieder im
Preiſe ſteigen werden?
Penſilvaniſcher Bauer: Deutſchlaͤnder, laß Dein
Gaul abfattle; Du Fannft bei mir fchaffe; ich will
Dir a halbe Thaler taͤglich und Koſt gebe. Du Fannft
Doch pluge? Nein! Kannft Du mähen? Nein! —
Nun fo Eannft Du doch wenigfteng Niegelpölzer mas
chen? — Ich. Auch nicht! A. Ei, fo bit Du ja
zu gar nichts Nutz in der Welt! Was willft Du in
Amerika machen? Wovon haft Du Dich denn drau—⸗
Ben ernährt? —
Nicht minder auffallend und laͤſtig war ihre Flein-
ſtaͤdtiſche Derwunderung über irgend ein bei ihnen
ungewöhnliches Kleidungsftüc. Ein paar rothe Strei—
fen an den Beinfleidern, eine preußifche Fouragirmüge,
die mein Bruder trug, „zwei polnifche Schnurbärte und
militärifhe Orden der beiden erwähnten Dfficiere, er—
— 6 —
regten jedesmal, wenn wir ausgingen, einen Auflauf
"auf den Straßen.‘ Sogar die andaͤchtigen Dnäfer-
Matronen Fonnten fich des Laͤchelns über die großen
Knebelbaͤrte nicht enthalten, und einige glanbten, die
Inhaber derfelben feyen Türken; andere aber ſtanden
in der Meihung, daß- fie hier eine neue Neligions-
fefte ſtiften wolften; wozu mahrfcheinlich die Kreuze
am Knopfloch die Veranlaffung gaben. Um den tägs
fichen Scandal zu vermeiden, mußten fich die Pohlen
vom Knebelbart und dem Kreuze trennen,
Militait- Ehrenzeichen in Amerila.
. Die Amerifaner erhalten für Auszeichnung im
Kriege feine Drden, Sondern ein Geſchenk an Geld
oder Fand, und einen Ehrenfäbel oder Flinte. Jeder
Soldat, der feine Capitulation Cein Sjähriger Zeit
raum) ausgedient hat, erhält 200 Acker Land; da dies
fe8 aber gewöhnlich in entlegenen Gegenden liegt, fo
verfaufen es die. meiſten, oft für 50 .gder 60 Dollars.
Der Sold des Gemeinen iſt 8 Dollars; der Lieutenant
erhält 30 und der Capitain 40 Dollars monatlich und
Nationen. Die Marine bat einen böhern Etat. In
bürgerlicher Hinſicht ſteht jede Militairperfon unter
den Civilautoritäten, wie in England.
£
Zehnter Abſchnitt.
Noch einige Worte über Litteratur, Kunſt und Kunſtſinn in
Amerika.
Eine Reiſebeſchreibung uͤber ein noch ſo junges,
in der Cultur der Wiſſenſchaften und Kuͤnſte noch we⸗
— 27 —
nig oder gar nicht bemerktes Land, gewaͤhrt dem ge:
bildeten Theile der Leſer oft: nicht hinlaͤngliches In—
tereffe, weil ihn der Zuſtand des: Ackerbaues, des
Handels und der Gewerbsinduftrie weniger, als den
Gefchäftsmann intereffiren. Zwar bietet ſich in jedem
Lande der Welt dem Neifenden Stoff für feine Feder
dar; inzwifchen kann er in Amerika unmöglich fo
reichhaltig fein, als in der alten Welt, und befon-
ders im SDrient oder unter dem Tüdlichen: Himmel
Europa’s. Hier ift ein Platz oder Schlachtfeld, wo
unfterbliche Helden Wunder der Tapferkeit gethan,
und die, von den Barden durch die fehönften Meifter:
werke der Nachwelt überliefert worden find. Dort
find die Rudera der Kunftwerfe eines: Phidias und
Apelles, die. durch. den Meißel dem Marmorbiock
Schönheit und Leben zu geben wußten. Hier find
die Trümmer einer Stadt, die ehemals durch Willen:
fchaft, Kunft und Reichthum glänzte, und durch die
Hand des Barbarismus mit Flamme und Schwerdt
vertilgt wurde. Die Beobachtungen und Neflerionen
darüber führen den. Neferenten in die Falten der Ge
-fehichte zuruͤck, die ſtets einer der imterefianteften
Zweige der Wiffenfchaften bleiben wird..: Daher wer-
den die Neifebefchreibungen des Orients und des Si:
dens von Europa immer "die der. weftlichen Hemi⸗
fphäre verdunkeln. Dieſer Continent iſt erfi etwas
uͤber dreihundert Jahre bekannt; feine Bewohner wa—
ven ein rohes Naturvolk, dem auch nicht eine der
Künfte eigen war, welche die Bewohner der alten
Welt entiveder durch Zufall oder Beduͤrfniß fehon im
graueſten Alterthume erfunden hatten; ja nicht ein:
mal die Kunft, fih aus Talg, Wachs oder Del, Erz
leuchtung zu verſchaffen, welche doch eine der aͤlteſten
iſt, kannten die Urbewohner Amerika's. Alterthum
F -—— 28 SER
bleibt nicht minder ein intereffanter ‚Gegenftand für
die mienfchliche Wißbegierde; in Amerika aber kann
man hierüber eben fo wenig etwas Gewiſſes erfahren,
als in dem Innern von Afrifa, indem die Voͤlker
fein ficheres Mittel Fannten, e8 der Emwigfeit zu übers
liefern. In Mexico, welches die gebildeteften Bewoh⸗
ner der neuen Welt hatte, fand man gemauerte
Städte und auch eine Hieroglyphenſchrift; allein alte
Nachrichten über diefe DBölker gehen nur bis in den
Anfang des ı4ten Jahrhunderts, folgfich hoͤchſtens
auf 2oo Fahre vor der Ensdeckung zurüc Ob dies
fer Welttheil von jeher in diefem Zuftande war; mie
zur Zeit der Entdeckung, oder ob: ehemals dort grös
Bere Eultur gewefen, wie man wegen der Nähe von
Ehina, eines der am früheften Fultivirten Länder der
befannten Welt, wofelbft man Bücher haben will, die
‚12 und gar 24,000 Jahre alt ſeyn follen, doch ver—
muthen follte, und ob diefe Eultur durch’ Kriege,
Pölkferwanderungen und Naturrevolutionen verloren -
gegangen, find Fragen, die zw michts als leeren
Muthmaßungen führen Finnen. Was aber die Hand
der Kunft und der Griffel. der Gefchichte dem Lande
verfagt haben, bat die Natur wieder reichlich erfeßt.
Allein in das Gebier der Naturphilofophie einzudrins
gen, darf ich nicht wagen. Um bierin mit Erfolg
aufzutreten, gehört ein vieljähriges Studium, ein
fängerer Aufenthalt im Lande, und hinreichende Mit⸗
tel, folche Neifen durchzufegen.
Die Gefchichte Amerika's fängt eigentlich erft mit
feiner Entderfung an, und wenn von der Gefrhichte
des dafigen Zwittergefchlechtd, der Weißen, die Rede
ift, fo kann man wohl fagen: die Gefchichte Ameris
ka's wird einft eine der zuverläßigfien werden. Allein
die Weißen, obgleich fie auf den Titel ‚, Amerikaner *
}
ganz .erpicht find, find. Sprößlinge der europäifchen
Ubentheurer, und daher eben fo wenig die wahren
Amerifaner, als der Gukguk der Sohn der Bach⸗
ſtelze ift. | u
Da ſich nun diefe Gukguksſoͤhne Amerika’s für
die Voͤlker der neuen Welt betrachten, und die Ur:
bewohner, ſtatt fie zu civilifiren, immer mehr nach
Weften hin verdrängen, fie als Deftien verachten, und
mit der Zeit vielleicht gänzlich vertilgen werden, fo
wollen wir nun fehon die Weißen als die Herren der
neuen Welt anerkennen, und ihnen ihren Lieblingss
namen ‚‚Amerikaner‘‘ Eeinesweges flreitig machen,
und fobald von Cultur die Nede if, muß nur die
der Weißen darunter verfianden werden. Es giebt
zwar hin und wieder auch ſchon gebildete Uramerika—
ner, die ald Handwerker, Künftler und felbft als Of:
ficiere in der Marine angeſtellt find; allein deren
giebt e8 in Nordamerifa gewiß nur wenige, und auch
diefe haben fih von ihren rohen Landsleuten gänzs
lich getrennt, und fich der weißen Kafte incorporirt.
Ein Land, welches Boden im Ueberfluß hat, der die
Mühe des Bebauers mit 50, ja wohl zoofältigen
Zinfen belohnt, wo fih die Sauen gleichfam ſelbſt
aufziehen und mäften, hat nicht nothwendig mit einer
Gänfefhwinge, mit dem Griffel, dem Pinfel oder
dem Webeſtuhl einen Färglichen und mühfamen Un—
terhalt zu fischen. Diejenigen, welche ein Vergnuͤgen
an der Gelehrſamkeit finden, bekommen fie in: der
Schweinshaut aus England gefchieft; denn dort wird
Alles fabrifenmäßig betrieben, und: fo auch die Druk—
Ferpreffe. Nachdruck ift erlaubt; und leicht erflärbar
ift e8 mir jegt, daß die Bücher in Amerika fo wohl
feil verkauft werden; inzwiſchen will ich: doch zur
Sache fohreiten, und die neueren Elaffifchen Werke der
— —
Amerikaner ab Kenntniß des keſers Dieſe
ſind: | RR;
eine fehr ſhaͤtbare ———— ‚oder, —
die ich in der Franklin-Bibliothek gefehen habe;
alle bekannten Gattungen des amerikaniſchen ale
ders waren in. ilfuminirten Kupfer darin;
in eine: amerikanifche Geographie, von Jedidiah
Morſe, einem Jaͤnky. Das ſehr ſchaͤtzbare Werk iſt
geographiſchen, ſtatiſtiſchen, naturhiſtoriſchen und hi—
ſtoriſchen Inhalts ‚ aber ig weiter als reine: Com⸗
pilation. ur
Eine fehr vollftändige Gefchichte RER
Ein philofophifcher Verſuch von einem Jaͤnky,
und ein epifches Gedicht, die Columbiade, von Ber
low, ebenfalls ein Jaͤnky.
Das legtere wurde von den Engländern fehr ans
barınherzig, mitgenommen, jedoch zugegeben, daß
Schöne Gedanken und mitunter auch zierliche Sprache
darin feyen, obgleich die Sprache und der Versbau
voller Fehler wären. Diefes Werfchen, ungefähr 250
Seiten Hein Oktav ſtark, ift bis jegt die transatlan—⸗
tifche Odyſſee oder Iliade; ich habe fie nur ein einzis
gesmal im Atheneum in den Händen gehabt. Viel—
leicht ift fie fihon von einem deutſchen Dichter übers
fest, oder wird es nächftens werden, und darum will
ich den Lefer darauf verweifen, weil ich ein veiner
Proſaiker bin, und mich in das Feld der Poefie nicht
wagen will. "Noch Fein dramatifcher Schmunck, Fein
Gecropifcher Cothurn auf Columbiens ſchoͤnen Gefil-
den erzeugt, hat in der alten Welt die Brettterraffe
verherrlichet. Bon Pamphlets firogen die amerifanis
ſchen Tageblätter; auch eine Sammlung Iyrifcher Säs
ehelichen habe ich dort gefehen. An Stoff fönnte es
den Mufen gar nicht gebrechen, wenn fie ihre Blicke,
nur auf die, amerifanifchen aan täten eispten woll⸗
ten ——
Wiſſenſchaften ſind die Frachte der — Genies
die Gaben des Zufalls. Nordamerika iſt kaum ſeit
200 Jahren bevoͤlkert; und von wem? von der armſe⸗
ligſten und ungebilderfien Menfchenklaffe der alten
Welt; und deſſen ungeachtet findet man in der legtes
ren mehr Vöbel, und. ſchlechteren Wöbel ‚als dort.
Im Gebiete der Kunft flieht e8 freilich noch ganz
Eäglichnin Amerika aus, ‚Kein eitler und prachtlies
bender Despot Fonnte ‚dort aus dem: Schweiße feiner
Voͤlker durch herrliche Palais, Tempel, Triumphbos
gen, Bildfänlen, fich ein: Denkmal der Unſterblichkeit
ſetzen, und: die Kräfte des Staates zu todten und
nuslofen Maffen vergeuden, flatt Maſchinen, Fabriz
fen und andere nügliche Dinge zu «bauen. ı Wer Luft
zu bauen hat, muß e8 aus feinen Mitteln thun, und
darum findet man auch fo wenig TRIEB der Ar:
chitektur.
In der Bildhauerei, wenn auch nur in einem
ſehr entfernten Zweige derſelben, ſieht man faſt auf
jedem Grabe des Kirchhofes ein 3, 4 und 5 Fuß ho:
bes, aus Gandftein gehauenes Monument. Selbſt
einen Kopf des Plato uud Brutus, aus Gips oder
Ton geformt, zu ſehen, iſt hier eine Seltenheit. In
der Malerei: ſo lange die amerikaniſche Lady einen
ſchoͤnen Fingerring, ein geſchmackvolles Halsbaͤndchen
oder eine ſchoͤne Bandſchleife auf dem Strohhut noch
ihrem ſchoͤnen Conterfey vorzieht, iſt auch der Kunſt—
ſinn noch nicht erwacht. In deutſchen Staͤdten fine
det man ſchon die Wand des Karrenſchiebers mit
Kupferſtichen behangen. Im Amerika ſieht man im
Paradezimmer des Millionaͤrs ſich oft vergeblich nach
einem alten Familienportrait oder Landſchaft um.
Bunte, engliſche, papierne Tapeten, mit allerlei
Schnörfeln, zieren das Zimmer der reichſten ‚Leute,
Gemaͤlde und Kupferſtiche find nicht Mode, von der
der Amerikaner, beſonders der junge, ein fehr unter—
wuͤrfiger Sklave iſt; folglich iſt auch Fein Gefühl und
Sinn dafür, Vielleicht wagt es Promerhens bald,
zum zweitenmale feine Leber dem gierigen Geier zum
Fraße Preis: zu geben, und trägt das himmliſche
Feuer auf Columbiens Gefilde. Gegenwärtig iſt der
Handel mit Rapbaelfhen Madonnen und Titian—
ſchen Berufen die fchlechtefte Speculation, die einer
nach Amerika nur machen koͤnnte; ich habe mich bei
jungen Kunſthaͤndlern aus der Italieniſchen Schweiz
ſelbſt überzeugt, um nur etwas von ihrem Vorrath
108 zu werden, fpielten fie die. Sachen durch: Lotterie
word eh an .. .. fiepe. |
ae Astaniee ———
Politiſche Partheien. en
Gegenwärtig find die politifchen ante in
Amerika in zwei Partheien getheilt, wovon die eine
die füderaliftifche, und die andere die demofratifche
heißt... Erftere will das Wohl des Staates nur durch
den gebildeten Theil des Volkes berarhen willen; letz⸗
tere aber find- für das unumſchraͤnkte Volfsregiment,
und daher Mltrarepublifaner im ächten Sinne des
Wortes. Ihre Parthei ifi bei weitem die größte, da
fi) das Volk im weiteften Sinne des Wortes dazu
bekennt. Zu jener gehören die Kaufleute und! Gelehr—
ten und reichen Partikuliers. Die meiften Zeitungs
fehreiber find auf der Seite der Demokraten, fo wie
auch diejenigen, welche gern ein Aemtchen, entweder
' aus
—
aus Jutereſſe oder der Ehre wegen, erhaſchen woll⸗
ten. Daher ſchmeicheln ſie dem Volke auf jede Art,
fo wie wir es hier zuweilen im umgekehrten Falle ſe⸗
hen; dort die Zeitungsſchreiber, damit ſie deſto mehr
Leſer finden; hier damit ſie das Privilegium nicht
verlieren. Die Aemterjaͤger find Raubthiere in Schaafs⸗
Heidern, dort fo wie hier, und meinen es mit Feinenr
ehrlich. Dft mußte ich fo im Stillen recht herzlich
lachen über den gegenfeitigen Eifer, womit fie fich be—
Eriegeten, und die Invectiven, womit fie ſich einer
den andern überhänften; .denn ihr Kampf iſt nur ein
Streit um des Kaifersı Bart. In der Hauptſache
find fie Alle einig, fo wie ehemals die, Patrizier und
Plebejer in Nom. hr allerfeitiges Motto ift: Keim
Königthum! Keine Unterwerfung in die europäifche
Sklaverei. 3914 J
In Anſehung des letzteren Punktes ſtoͤßt ihnen oft
ſo eine kleine Beſorgniß auf, und manchmal deucht
ihnen, als wenn ſie ſich noch nicht ſo recht ſicher
fuͤhlten; beſonders trauen ſie den Ruſſen gar nicht,
und halten den Kaiſer Alexander fuͤr einen Feind al—
ler Republiken. „Haͤttet ihr eine wahre Republik
triebt ihr nicht Seelenhandel und Menſchenwucher,
das infamſte Geſchaͤft, gegen welches die Krone der
Infamie in der alten Welt, Verkuppelung der Un—
ſchuld, noch Tugend genannt zu werden verdient,
muͤßtet ihr nicht ſelbſt uͤber euer elendes Gewerbe er⸗
roͤthen, und euch heimlich Vorwuͤrfe machen; ihr wuͤr⸗
det den edlen Alerander nicht fürchten! Diefer rechts
lihe Monarch ift erhaben über jedes Vorurtheil,
und feiner Derfaffung iſt er feind, ſobald Rechtlich—
keit und Moralitaͤt ihre Grundlagen find; und wenn
feine ruffifchen Bauern nicht ſchon jegt folche freie‘
Gentelmänner feyen, wie ihr, fo liegt die Urfache
11, 3
— 54 —
gewiß weniger an — als an: dem. Umftänden. und
der Derfaffung des Landes, an die er gebunden if,
fo gut wie euer Praͤſident an die eurige. Weich ein
himmelweiter Unterfchied iſt aber nicht zwiſchen dem
ruffiichen Leibelgenen und euren unglücklichen Neger-
ſtlaven? Und wir wollen ſehen: in welchem Lande
uͤbrigens die Spuren des — zuerſt werden
gs ſeyn? —
Vor den Englaͤndern allein SR ‚fie aber nicht
die mindefte Furcht, und haften fich ihnen für völlig
gewachfen. Auch ift eine Eroberung des Landes bei
feiner dermaltgen Bevölkerung eben Fein fehr leichtes,
faum ein mögliches Unternehmen. ‚Das Land sift zu
fehr extendirt, voller Berge und Wildniffe. Jedes
Hans fteht ifokirt da, und die dazugehörigen Buͤſche
und umzäunten Felder bilden jede Plantage gleichfam
zu einer kleinen Feſtung, die mit Blut erobert wer-
den müßte, Die amerifanifhe Miliz, mit den Regeln
der Taktik wenig oder gar micht befannt, wenn fie. es
auch nicht wagen könnte, auf: der Pläne gegen eine
gut disciplinirte enropäifche Armee aufzutreten, wuͤrde
im Verſteck und coupirten Terrain ihr doch vielen
Schaden verurſachen, ihr ſogar verderblich werden
koͤnnen, indem wegen des allgemeinen Jagdrechts, be⸗
fonders in den Mittelftanten, wo noch viel Wild if,
die amerifanifehe: Jugend in der ftegel eine richtige,
Viele auch eine ſebr gute Büchfe zu führen verſtehen.
Marine, Dieſe beſteht im Ganzen aus 70 Se:
geln, worunter ungefähr 6 Linienſchiffe von 74 Ka=
nonen find, Zehen dürften kaum herauskommen,
wenn man diejenigen mit dazu rechnen wollte, die
noch nicht von Stapel gelaſſen worden ſind, und de—
ren Bau jetzt ſehr langſam von Statten geht, bei
manchen auch voͤllig ſtockt.
Sm Testen Kriege verloren die Amerifaner zwei
Finienfchiffe, den Präfident und die Wespe, und zwei
Srebatten an Die: TERN und eben ſo viel m
auch legtere verloren.
Einer befondern —— verdient die englifche
Fregatte Java. : Sie gerieth auf ihrer Fahrt nach
Dftindien mit den Amerikanern in's Handgemenge,
und fanf bald, nachdem: fie die Segel geſtrichen hatte,
und mit ihr drei Millionen Thaler, die zum Solde
der Truppen beſtimmt waren: Det RER
Geentert haben die Amerifaner eim ehgfifihed
Schiff. : Als es «aber: der amerifänifche Steuermann
beftieg,' fand er nicht mehr als den Capifain, und
außer ihm noch 3 oder 4 Mann auf dem Verdeck;
alle uͤbrigen waren entweder todt oder bleſſirt.
BR Usrhnier
Sreimauretel
In Amerifa giebt es zweierlei Logen; die eine
iſt fuͤr die weißen, und die andere fuͤr die ſchwarzen
Bruͤder. Ueber den Urſprung der letzteren zirkulirten
allerlei Gerüchte unter den Layen es ſey nämlich ein
hafsftarriger, weißer Bruder. gewefen, der von der
Loge zu irgend einem Gefchäft einen Vorſchuß ver:
fangte, und als man ihm dieſen verweigerte, fen er
entweder ausgetretem oder ausgeftoßen worden. Dar
über aufgebracht, habe er fih dann an die Schwai-
gen gewendet, und fich erboten, unter ihnen eine Frei—
maurerföge zu ſtiften. Diefe, darüber hoͤchſt entzückt,
ſchoſſen augenblicklich die verlangte Summe zufam-
Men, und gaben fie dem abtrünnigen weißen Bruder;
dafür .. er fie mit den Myſterien der Maurerei
* 3 n
ade N. Per
befannt benagt, und * hr: — Graßmeifer 9%
—
Die ee PRO ehe: —5 in Anterifa;
En fehr delicat ſcheint man eben nicht in der Wahl
der Brüder’ zu’ fenn. Matrofen und Kavrenfchieber;
Alles ift dort Maurer, Ehedem wurden die weißen
Brüder mach ihrem Todermit der größten Feierlichkeit
begraben. Ein Corps Hautboiſten ging vor der
Leiche, und hinter ihr folgten’ die Brüvder in ihrem
völligen Ornat, worunter auch manche: zu Pferde
fwaren. Da’ aber die . fehwarzen Brüder, die doch
größtentheils zur. Klaffe der Tagelöhner, als: Holz:
ſpalter, Schiffsarbeiter, Schornfteinfeger ꝛc. gehörten,
dieß bald nachahmten, haben die weißen Brüder feit
einigen Yahren diefes Gepränge bei: — —“
ſen gaͤnzlich abgeſchafft.
Die Loge der Weißen haͤlt ſich fuͤr vorzuͤglicher
als die Europaͤiſchen, und ſo wie ich gehoͤrt, ſoll ein
europaͤiſcher Bruder keinen Eintritt in die daſige Loge
haben, wenn er nicht in diefelbe et einmal aufge:
nommen worden iſt.
Dreisenneer Vsfonier
Tawernen.
Br —* Sande der. Welt giebt 8 — ſo
viele Wirthshaͤuſer, als in Amerika. An den Land-
fraßen, nach den Seeftädten zu, und befonders in
Peuſylvanien, iſt faſt jeve halbe, oder hoͤchſtens jede
ganze engliſche Meile eine Tawerne; zuweilen ſind
zwei bis drei beiſammen. Die Villages (Willaͤtſches)
oder Flecken beſtehen gewöhnlich aus einigen Tawer⸗
nen, einem ‚oder zwei Kramladen, und einer Schmie—
1
u
de⸗ oder Stelfmacherwerkftätte; Kirchen und Schulz
haͤuſer ftehen ifofirt im Buſch. Ä
Jede Mahlzeit: Effen hatte ihren Sseftiriieen
Preis, fie fey Fruͤhſtuͤcf, Mittags oder Abendbrod.
Der gewöhnliche Preis war 3 Elfpenns, oder 13 Gr:
preuß. Courant; 3 Dollar oder 9 Gra koſtete "eine
Mahlzeit in der fchlechteften Dorffneipe.
Bei aller diefer Theurung ift die Bedienung, au⸗
fer bei der Mahlzeit, herzlich ſchlecht. Will man ſich
des Morgens waſchen, ſo muß man entweder zum
Brunnen oder auf den Hausflur gehen; dort findet
man einen Krug mit Waſſer gefuͤllt, und ein Waſch⸗
becken vor, aus dem ſich nun Alles insgeſammt,
Gentleman und Pferdeknecht, waſchen, und rien
auch in ein Handtuch abtrocfnen muß.
Selten erhält ein Neifender ein — allein,
zuweilen muß er auch noch das Bett mit einem An⸗
deren theilen, welches in der Regel zweiſpaͤnnig iſt.
Die deutſchen Gaſtwirthe haben die Iriſchen aft
Grobheit bei weitem uͤbertroffen. Etwas plump und
eben nicht fein ſind die deutſchen Amerikaner in der
Regel; und darum haben die iriſchen Voͤlker auch
keine ſonderlich gute Meinung von den Deutſchen
Fanden ſie einen gebildeten Deutſchen, ſo hielten ſie
ihn, beſonders die Lady's, fuͤr einen Sranfchmann
(Franzos) oder doc wenigfieng für Einen aus
deutfch Frankreich. Mit einem Worte, ihre Averſion
gegen Deutſchland iſt ſo groß, daß ſie ſich gar nicht
vorſtellen konnten, es koͤnne ein gebildeter Menſch
aus Deutſchland kommen. Auch mich hielten fie ge⸗
woͤhnlich fuͤr einen Franzoſen, welchen Wahn ich ih—
nen auch um ſo weniger benahm, weil ich damit eine
ungleich beſſere Aufnahme fand, als wenn ich mich
damit bruͤſtete: ich ſey ein freier Deutſcher!
x 1 —
I
In «meinem Lexicon giebt, es dermalen weder
Deuſce noch Franzoſen „weder Pollacken noch Ruß—
miaken, ſondern nur Menſchen. Wollte Gott! wir
hießen alle nur Menfchen, oder wenigfiend nur Euros
paͤer; dann hätte der gegenfeitige Nationalhaß und
die blutigen Fehden doch einmal ein Ende.
Vierzehnter Abſchnitt.
Oral: Krankpeiten.
Außer den — erwaͤhnten verſchiedenen 688-
artigen Siebern und der Nuhr, find Kolif, bei den
Frauen das Mutterwehe, Schwindfuchten, Salzflüffe,
Krebsfcehäden, die Plagen der Menfchen.. Während
der. großen Sommerhige ift der, Körper über und über,
wenigfiens auf den Armen: und dem Oberleibe, mit
einem kraͤtzartigem Ausſchlage wie beſchuͤttet, der ſich
aber wieder verliert, ſobald die Hitze nachlaͤßt. Bei
den Amerikanern iſt dieſer Ausſchlag noch ſtaͤrker, als
bei den Europaͤern; ich hatte ihn nur auf den Ar⸗
men, Auch juft er ein wenig. Einem jungen Srläns
der, der erſt ins Land. gefommen ‚war, incommodirte
er, dergeſtalt, daß dieſer den Körper. fich mit Weineffig
einvieb, um das empfindliche Jucken zu mindern; und
nach wenigen Stunden fpürte er, Feine Incommoditä-
ten mehr „„denn er ‚farb, an Diefer Weineffig- Dperas
tion, Dieſer Ausfchlag heißt in Amerifa Pricle heat.
Außer den erwähnten Nachtheilen find: ſchlechte
Zähne und. ein übelriechender Athem die Attribute Der
Amerikaner: -Fhre unmäßige Lebensart, und befons
ders das viele Fleiſcheſſen und, der häufige Genuß ide
rer .Leeferbiffen, »Spe und geſalzene Fifche, find
wohl die Haupturfachen dieſer Uebel. Die Mexikaner
— 89 —
haben, nach ſicheren Nachrichten, viel beſſere Zaͤhne,
als die Einwohner der Vereinigten Staaten. Die
wenige Sorgfalt, die letztere auf die Zaͤhne verwen⸗
den, indem ſie ſich niemals den Mund ausſpuͤlen,
mag auch an dieſem Uebelſtande viel Schuld haben
Ed
Achtzehntes Kapitel.
Ichthyologiſche und nautiſche Bemerfungen.
N
Die See: man denke fich das: atlantifche Meer
als eine unendliche Maffe von Waffer, von dem man
nicht weiß, von wo es herfommt, und wohin 8
fließt; und nur wenn der Wind weht oder der Sturm
-tobt, rollen die Wellen vor dem Winde ber. Durch
chemifche Zergliederung des Seewaflers hat man eine
unendliche Mannigfaltigfeit feiner Beftandtheile ent—
deckt, wovon Salz, Salpeter, Schwefel, Phosphorus
die hauptfächlichften find. - Der letztere leuchtet bei
Nachtzeit fo ftarf, daß man Millionen von Lichtflaͤmm—
chen in den Fluthen zu fehen glaubt. Der Genuß
des Seewaſſers ift das Non plus ultra von Wider-
lihem: und wenn man an der Geefranfheit leidet,
und die Natur fich nicht übergeben will, darf man
nur etwas davon verfchlucfen, wodurch fich das Er—
brechen bald einftellen wird. Das Legtere fuche man
ja nicht zu unterdrücken, melches bei einer flarfen
Natur durch häufige Bewegung auf dem Verdeck ges
fchehen Fann, fondern es fo viel als möglich zu be-
fördern; man wird dann um fo eher. genefen, und
bald wird fih der Appetit zum Eſſen auch wieder
einftelfen. Im erfieren Falle leidet man fehr lange
en
an Magenfchwäche und Webelfeit, und befindet fich
mehrere Wochen lang unpäßlich. Bei meiner erften
Seereife Titt ich und mein Bruder fehr am Tegteren -
liedel. Einer von den Daflagieren befam auch einen
ſehr ſtarken Speichelfluß, Aufſchwellung des Zahnflei-
ſches, Halsſchmerzen, kurz alle Symptome, wie man
ſie gewoͤhnlich bei der beruͤhmten Hungerkur ſchildert,
ſtellten ſich bei ihm ein; und fo wie wir erfuhren,
hatte er eine. flarfe Dofis Mercurialien. im Körper,
die wahrfcheinlich ihre heftige Wirkung jest verurfach-
ten, welche. fich aber erſt nach mehreren Wochen der
Fahrt äußerten; wir brachten-ihn noch glücklich über
die See, er mußte aber in's Hospital gehen, und
wurde in der Folge völlig gefund. Hoffmanns-Trop—
fen, Wein und Genever rathe ich denen, . welche die
erfte Seereife machen, und Kinder bei fich führen,
auch nicht zu vergeflen; denn das Trinkwaſſer wird
nach einiger Zeit fchlecht, und genießt fich, mit etwas
Mein oder Genever vermifeht, viel beffer. Zucker und
Thee, Käfe, gute holändifche Heringe mit Effig und
Zwiebeln werden dem GSeereifenden ganz vortreffliche
- Dienfte leiften; denn der Magen iſt bis nach der voͤl—
ligen Genefung 3 bid 4 Wochen fo, als wenn Einer
geftern vecht wacker gezecht hätte.
Das Wafler der Nordfee hat eine dunfelgrüne
Farbe: im Kanal zwifchen Frankreich und England
iſt es fahl, und im atlantifchen Meere an den Küften
dunfelgrün, aber weiter vom Lande ab, iſt es voͤllig
blau. Je näher am Lande, defto- ungeftümer iſt bei
einem Sturm die See; und defto gefährlicher ift we—
gen der vielen Klippen und Sandbänfe die Fahrt;
auch ereignen die meiſten Sarerüße n ch —
an den Küften.:
— 41 —
Eine der gefaͤhrlichſten Stellen am dieſſeitigen
Ufer iſt der Kanal zwiſchen England und Frankreich.
Es befinden ſich ſehr viele Sandbaͤnke darin, die von
den Lootſen ſondirt, und mit Merkmalen verſehen
ſind, welche die Form eines nach unten zu ſpitzigen,
und überall verſpuͤndeten Faſſes haben, und mittelſt
Kette und Anker auf der feichten Stelle feftgehaften
‚werden. Dieſe Merkmale find mit Nummern bezeichs
tet, und heißen in der Schifferfprache Buoys (Wahr⸗
tonnen). Ä
Der Kanal hat fchon manches Schiff verfihluns
ger, und wenig Jahre vergehen, wo dem rauhen
Meeresgott hier nicht Opfer gezolft werden. Geräth
das Schiff während dem Sturm auf eine Sandbank,
dann ift es in wenig Minuten, zuweilen mit drei
oder vier Rucken, von den Wellen in Stücken zer-
trümmert, und wenn das Boot nicht mehr ansgefegt
werden kann, findet die gefammte Schiffsmannfchaft
ihren Untergang.
Hm HYahre 1812 feheiterte eine englifche Fregatte,
welche einen Leuchtturm überfehen hatte, an der
franzöfifchen Küfte, und von der gefammten, aus
700 Mann befiehenden Schiffsmannfchaft, wurde nur
Einer dadurch gerettet, daß ihn die Wellen auf einen
Selfen fchleuderten.
Noch gefährlicher find die Küften des weſtlichen
Afrika's, wegen der vielen Felfenklippen. Auch find
die Einwohner fo treulos, daß fie oft falfche Signale
aufftellen, um dadurch das Scheitern der Schiffe zu
verurfachen, fie fodann zu plündern, und die Mann:
fchaft in die Sflaverei zu verkaufen. Dem amerifa-
nifchen Kapitain Reyl erging es vor einigen Fahren
fo, und nur dem Edelmuthe des englifchen Konſuls
hatte er e8 zu verdanken, daß er mit dem größten
| a
Theile ſeiner Mannſchaft,/ sehe ein Muſelmann von
den Barbaren losfaufte, wieder ausgeloͤſet wurde.
Einige davon, die der Tuͤrke, wegen Mangel an
Gelde, nicht ausloͤſen konnte, mußten in der Gefan⸗
genſchaft zuruͤckbleiben. Wie ſchlecht haben fie an
Ambriſter und — dieſen Edelmuth ver
golten! —
Nicht minder gefaͤhrlich iſt der mexicaniſche Golf,
beſonders im Archipelagus der Antillen, oder an den
Kuͤſten der weſtindiſchen Inſeln, wo ſich Jahr fuͤr
Jahr eine Menge Schiffbruͤche ereignen, wegen der
Naͤhe des Landes aber die Menſchen meiſtens gerettet
werden.
Waͤhrend meiner Anweſenheit in Amerika wurde
eine amerifanifche Brigg (amaftiged Schiff) um und um
geftürgt; deſſen ungeachtet hatten fich aber der Kapitain
und feine 4 Matrofen dadurch gerettet, daß fie aus
den Flutheu auf den Schiffäfiel Fletterten, anf wel:
chem fie, da fich glücklicher Weife der Sturm bald
feste, 48 Stunden lang ritten, bevor fie von einem
andern Schiffe aufgenommen wurden,
Auf ganz Fleinen Fahrzeugen ift die Fahrt immer
gefährlicher, al8 auf großen, Zmaftigen Schiffen; auch
ſchwanken jene mehr, und darum ift man auch der
Seekrankheit häufiger ausgefest, ald auf diefen.
Merfwärdig ift noch die Ebbe und Fluth der
See, welche regelmäßig alfe 24 Stunden fich zweimal
ereignen. Die alten Philoſophen hegten verfchiedene
Meinungen über diefes Phänomen; allein jegt ift es
durch den berühmten Iſaac Newton erwiefen, daß
ed durch das Gravitationsfyfiem entfiehe, und der
Mond und die Sonne mehr oder minder dad Waſſer
an fich ziehen, je nachdem fie bei ihrer fcheinbaren
oder wirflishen Bewegung um die Erde in verticaler
— —
oder horizontaler Richtung auf einem Platze ſtehen.
Sn der Erſteren iſt die anziehende Kraft der erwaͤhn⸗
ten Himmelseörper am größten, und darum hat die -
See auf jener Stelle im Zenith und Nadir zu gleis
cher Zeit Fluth, während in den entfernteren Gegen—
den bis zum 90 Grade der Breite, von wo ſich das
Waſſer nach dem Attractionspunkte draͤngt, die Ebbe
vorhanden ſeyn wird. Die Ebbe und Fluth erſtrecken
ſich bis auf eine gewiſſe Diſtanz von etwas mehr als
hundert engliſchen Meilen in die mit der See in
Verbindung ſtehenden Fluͤſſe.
Das Seewaſſer iſt auf ſeichten Stellen —
kaͤlter, als auf ſeinen unergruͤndlichen Tiefen. Die
Atmosphaͤre iſt rein, geſund und zehrend, u; fehr
ſtaͤrkend.
Gewoͤhnlich glaubt man, daß das ke we⸗
gen ſeiner geognoſtiſchen Beſtandtheile nicht zufriere;
allein nach dem Nordpol zu zeigt die Erfahrung, daß
der Macht der Kälte faſt fein Fluidum, ſelbſt Queck—
filber nicht, mehr widerfieht. Bei Grönland bilden
fich die Eisfcholfen zu folchen Maflen, daß fie die
Geftalt und Höhe der Berge haben, und oft. 200 El—
len hoch über die Oberfläche der See heroorragen.
Nichts kann einen erhabeneren und zugleich ſchreck⸗
lichen Anblick gewaͤhren, als dieſe ungeheuren Eis—
maſſen, welche die ganze Kuͤſte von Grönland umge—
ben. Die Sonnenftrahlen bilden bei heiterem Wetter
auf ihnen einen folchen Glanz, daß fich das Auge
höchft romantifher Szenen erfreut. Manche diefer
Eisberge haben die Geftalt einer Kirche, vder einer
Burg mit breiten oder fpigigen Thuͤrmen; andere ha=
ben die Form eines Schiffes. unter vollen Segeln,
und haben feibft die Lootfen oft getäufcht,. die unter
Mühe und Gefahr auf fie zugeftenert find, um das
—
er
vermeintliche Schiff in den Hafen zu geleiten. Wie
der andere gleichen großen Inſeln, mit Ebenen, TIhä-
lern und Hügeln, und ftehen in Meerbuchten, weiche
500 Klaftern tief find, oft mehrere Fahre lang unbe-
weglich fefl. Zwei dergleichen Eisberge zeichneten fich
befonvers aus, und wurden der eine die Stadt Hats
lem, der andere Amfterdam genannt. Wenn aber die
Winde toben, und die Wogen des Oceans fich auf⸗
thärmen: dann fürzen dieſe Rieſenſchollen mit Unger
füm an einander, und ihr Krachen und Getöfe
erfüllet die Seele des Zuſchauers mit Sraufen. Ein
Mehreres über Grönland wird weiter unten gefagt
werden.
Die Schiffahre anf der See kann nur durch
Hülfe der Winde bemerfftelliget werden. Iſt die
Sahrt nach Weften gerichtet, fo bringt jeder Wind,
nur nicht. Weſtwind, es dem Ziele näher, indem die
Segel nach alfen Seiten hin gerichtet werden Finnen.
Am deutlichſten laͤßt fich ihre Stellung durch die mi-
fitärifchen Wendungen, halb rechts und halb links,
begreiflich machen, die gewöhnlich für die ——
winde gebraucht werden.
Die Seefahrenden Kauffahrteifchiffe beftehen aus
Dreimaftern und Briggs; Schaluppen mit einem Maft
in der Mitte ded Schiffes, gehen nicht, in die offen
bare See, fondern- bleiben nur an den Küften. Er:
fiere haben gegen 30, und die Briggs etwa 20 Ge:
gel, die bei einem heftigen Sturm alfe eingezogen
werden, bis auf ein Unterfegel, weil der Wind fonft
alfe Maften zerbrechen, und das Schiff wohl auch
gar umſtuͤrzen würde. Zumeilen wird es durch Die
Kraft der Wogen fo fehr auf die Seite gefchlendert,
daß das Geländer des Verdeckes ganz auf der Ober—
fläche des Waffers liegt, und fo viel davon einfchöpft,
daß man anf dem Verdeck bis an die Knie im Walz
fer ſteht. Alte Schiffsbehaͤltniſſe ind mit Schiebern
gefchloffen, um das Eindringen des Waſſers zu vers
meiden, und nur Fleine Deffnungen für den Eingang
der Luft werden gelaſſen.
Hinten am Steuerruder ſteht beſtaͤndig ein Ma⸗
troſe, welcher den Kompaß vor ſich hat, und
Schiffe ſeine Richtung giebt.
Der ſchnellſte Lauf eines Schiffes iſt 4 deutſche
Meilen in einer Stunde. Die Ausmittelung der
Strecke, welche ein Schiff in Zeit von einer Stunde
zuruͤcklegt, geſchieht folgendergeſtalt: Man nimmt eine
Schnur, an welcher ein kleines Brett in triangulaͤrer
Form befeſtiget iſt, wirft dies Brettchen, ungefaͤhr
zwei Handflaͤchen breit, in die See, und rollt die in
Faden oder Klaftern abgetheilte, und mit Knoten bes
zeichnete Schnur waͤhrend dem Segeln von der
Winde ab, und ſoviel Knoten in einer Sekunde ab—
gerollt worden ſind, eben ſo viel Meilen legt das
Schiff in einer Stunde zuruͤck. Zur genauen Abwaͤ—
gung der Zeit braucht man eine Sanduhr, die in ei⸗
ner Sefunde abgelaufen ift. Die Operation wird des
Tages mehrere Mal wiederholt, um. dadurch mittelft
des. Zeitmeffers den Grad der Länge auszumitteln,
unter. welchem fih das Schiff jeden Tag befindet,
Sowohl die Länge als die Breite werden gewöhnlich
um die, Mittagszeit mittelſt des Quadranten oder
Sextanten, täglich aufgenommen, indem der Schiffer
nur Dadurch erfährt, welche Strecke er bereits zuruͤck⸗
gelegt, und wie weit er noch von dem Drte feiner
Beſtimmung entfernt iſt. Die Sonne ift gewöhnlich
der Himmelsförper, an welchem die Grade der Länge
und Breite gefucht werden; indeß Können fie auch
durch den Mond und die Sterne gefunden werden.
——
Hat der Schiffer jeden Tag die richtige Länge und
Breite, fo kann er durch Hülfe der Seekarten genau
wiſſen, wo er fich befindet. Die Entfernung von dem
Drte feiner Beſtimmung erfährt er dadurch, wenn er
die Zahl der Grade zwifchen feinem Standpunfte bis
zu feinem Beftimmungsorte mit 15 oder 60 multipli⸗
eirt, je nachdem er mach deutfchen oder englifchen
Meilen rechnen will; das Product wird die Zahl der
Meilen genau angeben. 3. DB. die Entfernung von
Driftol in England bis Boſton in Amerifa beträgt
45 Grade der Fänge; folglich 675 deutfche, oder 2700
englifche Meilen. |
Animalifche Schöpfung der See. Von diefer will
ich nur einige im aller Kürze anführen: den Haifiſch;
er ift der Tiger oder die Hyaͤne der See, und‘ oft 15
bis 20 Fuß lang; feine Körperform iſt der des Hechts
beinahe ähnlich, und mit einer ſchwarzen Haut be—
deckt. Sein Rachen iſt groß, und mit den fchärfften
Zähnen verfehen. Ein Matroſe hing einmal feine
Füße in die See, um fie zu baden, und beide Beine
wurden ihm vom Haififch mweggebiffen, wie mir ein
- Augenzeuge, ein englifcher Matrofe, erzaͤhlte.
In Oftindien hatten die Engländer verfchiedene
Malayen auf dem Schiff, die wie die Fliegen weg—⸗
farben. Als die Leichen in die See geworfen wur⸗
den, verfehlangen die Haififche einen Menfchenförper
in einem Augenblic. Der Hai geht in Fein ſuͤßes
Waffer; in der See aber iſt er, mie der Hecht im
füßen Waffer, ein Raubfiſch, und fällt über’ jeden an—
dern Fiſch, dem er mächtig ift, her. Sein fteter Ber
gleiter ift der Pilotfifch, ein unbedentendes und einige
Zoll langes Gefchöpf; gleich dem Jakal, welcher ſtets
den Löwen verfolgt, um mit ihm die Beute zu thei-
len, thus er das Nämliche bei dem Hai.
— —
Der Saugefiſch wird auch ſehr haͤufig am Hai
gefunden; auch er iſt unbedeutend, und hat am Kopfe
Stacheln, und unter denſelben Sauger, mittelſt wel⸗
chen er ſich an jeden groͤßern Fiſch feſtſauget.
Der fliegende Fiſch iſt blau, und von der Groͤße
eines Herings. An den. Seiten des Vorderkoͤrpers
hat er zwei Schwingen, beinahe wie die Flügel einer
Fledermaus, mittelft weicher er auf der Oberfläche
des Waffers, oft 50 Schritte und noch weiter, flie⸗
gen, und ſich vor feinem grimmigften Feinde, dem
Delphin, retten kann. Bei Nachtzeit blendet fie oft
das Licht im Schiffe, und dann fliegen fie Häufig auf
das Verde; ‚mit ihrem Sleifche fingen wir einmal 5
Delphins. Diefe find 2 bi 3 Fuß lang, und die
fchönften Fiſche, die ich je fahe. Sm Waſſer ift auf
ihrer Haut das fchönfte Farbenſpiel, das man fich
nur immer vorftellen Fann. Das fchönfte Blau,
Grün, Noth, Goldfehimmer und noch mannigfaltige
andere Farben bilden das herrlichfte Koforit. Auch
außer dem Wafler fieht man noch ihn mir Vergnügen
an, obgleich er bei weitem wicht mehr: fo glänzend if,
wie im Waſſer.
Die Seeleute behaupten, daß manche ' Spezies
der Delphins giftig ſeyn follen; weshalb einige uns
ferer Vaflagiere von ihrem aͤußerſt TEN an
ſche nichts genießen wollten,
Der Wallfiſch ift ein zu fehr befanntes- Gefihäpf,
als daß ich ‚feiner hier noch erwähnen follte. Dieje⸗
nigen, welche ich fahe, waren eben nicht fo groß, wie
man fie befchreibt. Als merkwürdig muß ich anfuͤh—
‚ven, daß fie fih in zwei Jahren nur einmal begatten,
und dieſes Gefchäft beinahe auf menfchlihe Weife
verrichten follen. Das Weibchen geht 9 bis 10 Mo:
hate mit feiner Brut, und wirft gewöhnlich nur Ei:
Bien,
Ä - 3
nes, doch nie mehr als zwei. Am Untertheife feines
Rumpfes hat e8 Saugerheile, und beim Stillen der
Jungen wirft e8 fich auf der Oberfläche bed Bmaer®
auf die Geite.
Noch muß ich hier des Golfftroms als eines fehr
merfwürdigen Naturereigniffes erwähnen ; er entſteht
in den weftindifchen Gewaͤſſern, unfern der Caraibi-
ſchen Infeln, dem Vermuthen nach durch die daſelbſt
wehenden Baffatwinde, ergießt fich zwifchen der Inſel
Cuba und dem Vorgebirge von Yukatan in den Mer
gikanifchen Meerbufen, und erfchwert fehr die Fahre
von Cuba nah Mexiko. Durch. den Merifanifchen:
Meerbufen, welcher an 400 englifhe Meilen breit.
ift, ſtroͤmt er in einem Halbzirkfel nach Oſtflo—
rida zu, und fest feinen Lauf zwifchen dieſer Küfte
und den Dahamifchen Inſeln fort, wendet fich_fodann
nordwärts und fließt längs der Küfte von Nordame—
rifa biß zur DBanf von Neufundland. Von dort
nimmt er feinen Lauf Öftlich queer durch dem atlantis
fehen Dcean nach den Azorifchen Infeln zu, woſelbſt
fich feine Sluten nach und nach mit den Wellen des
Oceans vermifchen. Die nächfte Entfernung des. Golf:
firoms von den nordamerikanifchen Küften iſt 75 Mei:
fen, und feine Breite etwa 40 Meilen. Sein Waf-
fer ift dunfel und fo reißend, daß es felbft in feiner
außerſten oͤſtlichen Nichtung die tropifehe Hitze noch
in einem bedeutenden Grade beibehält; er ift fehr
tief und den Schiffen hinderlich.
Neun
— —ỹ—
Neunjenmtts Kapitel,
ereer aoronten a
Blide auf den Ameritaviſchen Continent und Feine: urdewoh⸗
ner, Schilderung ihrer Lebensart, Sitten, ‚religtöfen Gesrducen
ihre Kriege, Zuſtand ihrer Kultur Kr
ber den anterifanifchen Continent haben mehr
rere unferer vorzüglichften Gelehrten fo’ umſt andliche
Abhandlungen geſchrieben, daß man beinahe BUY
Neues niehr darüber zu fagen vermag. *
In der Regel ſchreibt man dem Genueſer Co⸗
lumhus die Entdeckung der neuen Welt zu. Das
erfte Land, welches er auf feiner im Japre 1499 uns
ternommenen Entdeckungsreife fand, war die Snfel
St. Salvador, eine der Bahamifchen Inſeln in Bet
indien. Auf feinen ferneren Keifen, derem er’ ine
Ganzen Vier unternommen, entdeckte er das ganze
heutige’ Weftindien, die Muͤndung des Orinoco, die
Tpanifche Mayne oder die Nordfüfte der Terra Firma
und den Golf’ von Darien, woſelbſt er vergeblich ei⸗
nen Weg nach Oſtindien fuchte. Eine Kommunika—
tion zwifchen dem atlantifchen und ſtillen Meere wäre
aber mit eben nicht ſehr beträchtlichen Koften und
fonderfich großer Mühe unter dem ı2ten Grade noͤrd⸗
licher Breite zu bewerfftelligen, wenn der Nicaragua—
See mit eihem Eleinen Strome in Darien, welcher
ſich in das Suͤd⸗ oder Stile Meer ergießt, mittelſt
eines Kanals vereiniget "würde. Die hieraus ent-
fpringenden Vortheile für den Handel wären uner⸗
meßlich, der’ Weg nach China und Oftindien würde
um mehr als die Hälfte abgekuͤrzt, und ſtatt daß
1. 4
man jegt heinahe 9 Monate zur Neife dahin braucht,
koͤnnte fie Höchftens in DVieren gemacht werden.
Wenn es übrigens. auch. ‚nicht, zunbeftreiten iiſt,
daß man die gänzlihe Entdeckung des amertfanifchen
Eontinentd dem Columbus verdankt, fo ift er, hiſto—
rifch betrachtet, doch nicht der Erfie, welcher diefen
Welttheil aufgefunden hat, ſondern ein junger Nor⸗
weger, Erick Randa, welcher bereits im Fahre 582
mit einem Trapp Islaͤnder durch‘ den Sturm an die
meftliche Küfte, Groͤnlands verfchlagen wurde, und fü
durch den Zufall Grönland entdeckte. Hinlaͤnglich er⸗
wieſen iſt es jest, daß dieſe Dalbinfel mit dem ame⸗
rikaniſchen Continente uͤber die Hudſonsbai hinaus
zuſammenhaͤngt, und darum iſt Randa der erſte
Entdecker Amerifa's. Bei ſeiner RrRuͤckkehr ſchilderte
er das entdeckte Land fo vortheilhaft, daß ihm ver-
ſchiedene Familien von Island und Norwegen dahin
folgten, unn daſelbſt eine Kolonie anlegten. Das
neue Land nannten fie Groͤn- oder ne, —*—
feiner ſchoͤnen grünen Oberflaͤche.
Der aus der Geſchichte ruͤhmlichſt — ‚Olaf,
der. erſte chriſtliche Monarch von Norwegen, ſendete
einen Miſſionaͤr nach der neuen Kolonie, welcher die
Koloniſten zur chriſtlichen Religion bekehrte.
Die Kolonie gedieh vortrefflich, und Staͤdte,
Doͤrfer und Kirchen, ja ſogar Kloͤſter und Bisthuͤmer
hatten bereits ihr Entſtehen erlangt; ein bedeutender
Handel wurde zwiſchen ihr und dem Mutterlande be—
trieben, und bis zum Jahre 1406 eine regelmäßige
Kommunikation, mit. dem. Legteren unterhalten DBon
diefer Zeit. an iſt jede Kunde uͤber Groͤnland verloren
gegangen, indem. eine Menge von Spitzbergen oder
Df- Grönland dahin getriebenes Eis allen ansans:
der Schiffe abfchnitt.
Die weſtliche „Kolonie beſtand bereits aus 4
Kirchſprengeln und 100 Doͤrfern, und die oͤſtliche aus
24 Kirchfprengelm und 190 Dörfern. Auch waren
zwei nicht unbeträchtliche Städte vorhanden; und uns
ter. dieſen Umſtaͤnden muß: die. Bevölkerung doch mwe-
nigftend aus 20 bis 30,000 Geelen beſtanden haben.
Unmöglich, oder Doch wenigſtens nicht wahrſcheinlich
iſt es, daß eine ſolche Maſſe von ziviliſirten Völkern
durch ein wildes und rohes Naturvolk, wie einige
behaupten, durch die Urbewohner von Groͤnland, die
Schrellings, die ein kriegeriſches und tapferes Volk
ſollen geweſen ſeyn, ihren Untergang gefunden bat."
Durch Klima fönnen fie auch nicht umgefommen
ſeyn, denn dem Menfch trogt jedem Himmelsftrich,
Zwar wollen verſchiedene Seefahrer und Keifende
Trümmer vonu Wohnungen entdeckt haben; indeß ſo
ſehr laſſen ſich Städte und Kirchen, befonders wie fie
in den aͤltern Zeit erbaut: wurden, vom. Erdboden
nicht vertilgen, daß man gar Feine Deutliche —* in
50 Fahren mehr entdecken follte.
Nach der Befrhreibung, welche die — über
Dt Land lieferten, hatte; es ein fihönes und. frucht:
bares. Erdreich, wo fogar Wein wuchs; daher nann⸗
ten fie ed auch Weinland. Fest fieht mar dort, wo
dem Vermuthen nach die) Kolonien geſtanden haben
ſollen, nichts als traurige Einöden und Eisgefilbe.
sun Was aus diefer Kolonie geworden iſt, ob. die Bez
wohner alle: zu Grunde gegangen, oder fich nach einer
anderen Gegend tief in's Innere hingezogen, und ob
der Pas, worauf fie befanden, überhaupt fchon ‚gez
funden worden; iſt bis jetzt noch nicht ermittelt; und
vielleicht wird die baldige Zukunft, wenn, wie zu
vermuthen ſteht, die Durchfahrt aus dev Baffins-Bay
in’$ Kite Meer entdeckt wird, Aber das Innere des
"4
—
bis jetzt noch fo © wenig — u ein
Mehreres enthülfen. rer
Ueber die Urvölfer Gromands wi am ce
andern Orte noch ein Mehreres gefagt werden.
Als Amerika entdeckt wurde, ſtaunte man freilich
darüber, wie diefe von aller Kultur entbloͤßte Bevöl-
ferung dahin gefommen fey? Nach den fpäteren Ent
decfungen, die befonders durch dem englifchen Kapi—
tain Cook gemacht wurden, iſt es jegt fat feinem
Zweifel mehr unterworfen, daß Amerifa mit der af
ten Welt, und zwar nicht‘ nur mit Aſien, fondern
auch mit Europa und. Afrifa zufammen gehangen habe.
Die Behringsftraße, welche Amerifa von Aſien
trennt, iſt an manchen Steffen nicht viel breiter, als
der. Kanal zwifchen England und Frankreich; auch
friert diefer Kanal fo fell zu, daß man zu Fuß die
Keife von einem Welttheilt zu dem andern unterneh-
men kann. Hier iſt alſo der wazerſcheiuuche erſte
Zuſammenhangspunkt gemwefen.
Zwifchen Brafilien and dem: weftlichen Afrifa der
zweite. Denn fowohl die Inſel St. Helena ald- Ads
cenfion, und verfihiedene in der See entdeckte Klip—⸗
pen und Sandbänfe, tragen die Spuren des —
Pen an fich. |
Mit Europa endlich hat die Verbindung pure
— und Island beſtanden, die beide eben nicht
ſehr weit von einander entfernt find. Dieſe Meinung
gewinnt um fo mehr Glauben, als der neue Conti-
nent Gegenfiände des Ihierreichd: aus allen drei Welt—
theilen, und wieder: verfchiedene Spezies enthält, —*
in der: alten Welt nicht aufzufinden find.‘ |
Menſchen und thierifche Gefchöpfe find daher iur
dem ihrem erträglichen Klima. angemeffenen Wege
anch Amerifa übergegangen: In Anſehung der Er-
fteren iſt noch zu bemerken, daß die Grönländer und
Esquimo's in Labrador, ein an Sitten und. Neli-
giongbegriffem, Körpergeftalt und Farbe, von den
übrigen amerikaniſchen Völferffämmen ganz verfchie-
denes Volk find,’ und unverfennbare Spuren der Ab-
kunft von den: Bewohnern des 'nordwefllichen Euro
pa's, der Lappen, Samojeden und Dftiafen, an fich
tragen. Die Esquimo's an der) Hudſonsbay find nach
Rirkland wahre: Zwerggeftaften; "weiterhin nach der
Grenze von Canada hin, find‘ ‚fie von gg
Körperbau.
Alle Urbewohner Amerifas haben eine in's Roͤth⸗
liche uͤbergehende, oder Kupferfarbene Haut, und nur
die der erwaͤhnten noͤrdlichen Voͤlker iſt lichter und
faſt grau. Im Allgemeinen haben ſie faſt alle einige
Begriffe von einem hoͤchſten Weſen und Worte zur
Bezeichnung deſſelben; ſie glauben an eine Anfterblich-
feit der: Seele, und befigen wenn auch gleich. fehr
mangelhafte und dunkle Ideen von einer Fünftigen
Belohnung und Beftrafung. Nur einige wenige find
Menfchenfreffer, nämlich einige Völkerfiämme am Mas
ronon, im Innern von Suͤdamerika. Das Urtheil
über diefe Völker ife fehr verfchieden,, indem Einige
fie als fchlecht, graufam und unbeftändig, Andere als
ſtolz, Fiftig und diebifch, Andere wieder ald menfchen-
freundlich, geiftnolk und gaftfrei 'gefchildere haben.
Gegen Fremde find fie in der Negel gutmüthig, zu—
vorfommend und gaftfrei, und felten beginnen fie die
etwanigen Streitigkeiten zuerſt.
Ihre Eivilifarion hat auf dem nordamerifanifchen
Eontinent bis jest nur wenige Progreſſen gemacht,
und die meiften find den Sitten, der Lebensart und
den Neligionsgebräuchen ihrer Voreltern noch: treu
geblieben, vbgleich der Umgang mit den weißen Men:
— 5 — —
ſchen ihnen mehr Bequemlichkeit des Lebens darbie⸗
tet. In Suͤdamerika iſt es nicht fo. Dort hat die
chriſtliche Religion durch die Jeſuiten unter den In:
dianern erſtaunende Fortſchritte gemacht, und wenn
dieſer Orden durch das Mistrauen der daſigen Regie⸗
rung nicht vertrieben worden waͤre, fo würden viel—
leicht - jetzt Civiliſation und Chriſtenthum unter. allen
Indianervoͤlkern des ſuͤdlichen Continents verbreitet
ſein. Solcher gluͤcklichen Fortſchritte koͤnnen ſich die
Miffionarien von andern Religionspartheien und Sek⸗
ten nicht rühmen; und wenn auch in manchen Gegen-
den am St.» Lanrenzfluß in früheren Zeiten fchon
ganze Völferflämme von taufend Geelen die chrift:
liche Religion: angenommen: hatten ſo find dieſe jeßt
Doch voͤllig ausgeſtorben, und ihre —— an
I Beifpiele gefolgt. |
Herr Seidel, der erſte Prediger in der Brüder:
BER der Herrnhuther zu Bethlehem, der früher
inoDberfchlefien Prediger war, ſagte mir," daß nach
den Berichten der -Miffionarien: das Bekehrungsge:
fchäft unter den Indianern fchlechte Fortfchritte mache,
und man fchon anfange, alte Hoffnung ee
fie * kein ag zu Beier jr
Zweiter ne
Dantiofalsigteit, der Volterſchaften und Verſchiedendeit ihrer
Bi... Sprachen, R
Auf dem nordamerikaniſchen Continent, umd zivar
auf der Fläche vom 26% bis zum 67° nördlicher
Breite, (denn nur bis dahin Fenne man die Bewoh:
ner dieſes Welttheils, weiter hinaus hat man! noch
keine Menfchensgefunden) dürften: vielleicht mehr als
hundert verfchiedene Voͤlkerſchaften anzutreffen feyn;
und auch hier find die Sprachen fchon fo verſchieden,
daß ſelbſt diejenigen vVoͤlker, welche zwiſchen dem
Miſſiſippi und dem ſtillen Ocean wohnen, ſich oft
nicht mehr verfichen Fönnen. In Südamerika iſt die
Mannigfaltigkeit der Sprachen noch größer, Die
Vortugtefen zählten im Anfange des igten Jahrhun⸗
derts unter den Voͤlkern am Maranon wohl 50 ver
ſchiedene Sprachen; in Merico Fennt man deren 35,
amd in der Intendancia Mexico find alfein 5 ver:
ſchiedene Voͤlkerſchaften, deren Wrfprachen, die fie
noch Bis auf den heutigen Tag beibehalten haben, ſo
verſchieden ſind, wie das Hebraͤiſche und Deutſche
Auch hat man bei allen diefen Volkerſchaften bis jetzt
noch nicht die entfernteſte Spur von einer Aehnlich⸗
keit in Sitten und Gebraͤuchen mit irgend einem
Volke der alten Welt entdeckt; jedoch hatten die Me-
xicaner einige dunfle Nachrichten von der Erfchaf-
fing der Welt und von der allgemeinen Suͤndfluth,
welche fie von ihren Voreltern durch Tradition erhal-
ten, worin unter’ andern geſagt wird, daß ihre Vaͤter
nach der allgemeinen Ueberſchwemmung ſich von den
übrigen Geretteten getrennt hätten, und and Nord:
weften hergefommen wären; daher zu vermuten fieht,
daß ſie aus Aſien GerRannge
ap ea Asfanier
Vermuthliche Volksahl. |
"Gewöhnlich Haben‘ die Holitifchen Deiehuetiker bei
der Berfheilung der Population der befannten Welt,
160 Miffionen auf Amerika gerechner; Manche nur
100 Millionen. Herr de Pau ift der Meinung, daf
die. geſammte Borksaht a dem ; ameritanifhen. ‚Eon:
tinent (vom Cap Horn bis zum Nordpol 2500 deut⸗
ſche Meilen in der Laͤnge, und vom Cap Deniopen
und Cap Map, bei der. Delavare= Bay, bis zum ſtil⸗
len Ocean, mehr als 1500, deutfche Meilen in- ‚der
Breite) ‚nicht. mehr. als 30 bis 40 Millionen betragen
haben. Zum Maaßſtabe dieſer Zaͤhlung nimmt Herr
de Pau ein beſtimmtes Flaͤchenmaaß an, deſſen Bes
voͤlkerung ermittelt worden iſt. Bei Voͤlkern, die noch
keine Kultur kannten, Peru und, ‚Merifo, ausgenoms
men, noch. feinen. Ackerbau trieben, ein unſtaͤtes Jaͤ⸗
gerleben fuͤhrten, in ewigen Fehden unter einander
lebten, und ſich wechſelſeitig vertilgten, iſt dieſes Ber=
haͤltniß eben ſo richtig, als unter Voͤlkern, die ſich
einer gleichen Kultur und Fruchtbarkeit des Bodens
erfreuen. Herrn de Pau's Meinung ſcheint die; rich⸗
tigſte zu ſeyn, und noch bis auf den heutigen Tag
dürfte die Zahl ſaͤmmtlicher Indianervoͤlker, die civi—
liſirten abgerechnet, Feine 20 bis Zo Millionen See⸗
len betragen.
Die civiliſirte nr Kante ‚man 1» ungefäße
nach folgendem Betrage ſchaͤtzen:
..ı. Grönland + ⸗ ⸗ 20,000 Serien
2. Brittiſch Amerika, = ⸗4000,000 —
3. Vereinigten Staaten 13, 000,000 —
4. Weſtindien e 2. 2 ..2,500,000 —
5. Mexico nach den neueften
Nachrichten =? «25 ; 9,000,000 —
6. Venezuela u. fpan. Önjana 2,000,000 —
7. Neu Granada e #2 4,000,000 —
BE Et PER? 1,300,000 . —
9. Chili Er u ne Are OO —
20. Lerato u. Buenos Ayred 3,000,000 —
Latus 39,820,000 Serien
TER ir Transport 59,820,000 Geelen
11. Brafilien 12.0.2172 120445005000, —ı..
11, Holändifch und Franzöftfeh !
‚Öujana =) ur ces 1,200,000° —
13. Californien. 2; zu .020. unbekannt:
zuſammen 45,520,000: Seelen
weichen unter dem Schutze bürgerlicher. Bee leben,
Ackerbau und andere Gewerbe treiben. —
Unter dieſem ungefaͤhren Betrage — weiße,
ſchwarze und farbige Leute und eiviliſirte Urbewohner
begriffen. Der größte Theil des amerifanifchen Con:
tinentsrift- inde® noch von Urvölfern bewohnt: Die
meiſten von ihnen führen ein unſtaͤtes Jaͤgerleben,
naͤhren ſich von Wild, von der Fiſcherei und wildem
Obſt, und nur die wenigſten betreiben durch ihre
Weiber einigen Ackerbau. Hunger und Fatiguen, und
am meiſten ihre ewigen biutigen Fehden, wobei in der
Kegel den. Männern ‚niemals, und, nur. felten den
Weibern und Kindern Quartier gegeben twird, (denn
leider! befteht Das: Gefeß der Blutrache noch eben fo
feft bei ihnen, als zur Zeit der Entdeckung) find die
Vebel, die fo unendlich nachtheilig auf bie Popula⸗
tion wirken.
Ihre Berfaffuitg ift faft durchgängig ofigarchifeh:
und ihr Oberhaupt oder Chef trägt Alles, was auf
das Gemeinwohl Bezug) hat, den verfammelten ers
wachfenen Männern (Krieger genannt) vor, und holt
unter Ertheilung feines Rathes, den allgemeinen Be—
ſchluß ein; jedoch wird fich niemals ein einzelnes In—
dividuum feinen Anordnungen tiderfegen. Gewiſſe
Berbrechen, 3. B. Mordthaten unter einander, werden
ſogar mit dem Tode 'beftraft, und obgleich fie Feine
Gefängniffe haben, fo achten: fie die Gefeße der Ges
wohnheitiund Erziehung doch fo heilig, daß fich nie
ein dergleichen Berbreipei — die Flucht zu retten
ſucht, ſondern geduldig fein Schickſal erwartet
Tempel, religioͤſen Kultus und Prieſter kennen
die Indiauer nicht, und nur bei einigen Staͤmmen,
dieſſeits des Miſſiſippifluſſes, nämlich bei den Semi⸗
nolen und: Creeks⸗Indianern giebt es Zauberer oder
Propheten, die gewoͤhnlich auch ihre Aerzte’ find: BE
Gögendiener finder man in Nordamerifa auch
nicht, ſondern faft Alte verehren den großen Geift als
ihre Gottheit. In ihren Begriffen über das Fünftige
Leben aber find fie zum‘ Theil von einander ‚fehr ab⸗
weichend, Um dem Lefer einige Weberficht davon mit-
zutheilen, will ich bei den — — den
Anfang a EHRE 2 a J
a, reer Ab fhnire
Netigionsbegrife der Seönländer und Esnuimos
Als Die erften Miſſionarien von der —“
meine (Herrnh.) nach Groͤnland kamen, waren fie
zweifelhaft, ob die Groͤnlaͤnder einige Begriffe von
einem hoͤchſten Weſen hatten, oder nicht. Auf ihre
Frage: Wer hat den Himmel, die Erde und alle ſicht⸗
baren Gegenſtaͤnde erſchaffen? gaben fie zur Antwort:
das wiſſen wir nicht; oder, mir kennen ihn nicht; es
muß irgend eine mächtige Perfon geweſen fenn; oder
die Dinge waren von jeher fo, und werden ewig fo
feyn. Als jene aber ihre Sprache genauer Fannten,
bemierften fie bald, "daß diefe einige unbeftimmte und
matte Begriffe von einem höchftenWefen hatten ; fie glaub:
ten an eine Wanderung der Seele, und daß diefe ein
geiftiges, vom Körper verfchiedenes Wefen, und Fei-
ner Förperlichen Nahrung ıbedürftig fey, daß fie den
Körper überleben, und ſich einſt in einem befferen Zu⸗
ſtande befinden werde, der nie enden wird ; "über dies
fen’ Zuſtand ſelbſt aber haben fie von einander fehr
abweichende Begriffe, Viele fegen ihr Elifium in den
Abgrund des Oceans, und in das Innere der Erde,
und halten die tiefen Felfenhölen für Die Zugänge zu
demifelben. Dort wohnt Torngarfac, ihr guter’ Geift
und feine Mutter; dore herrſcht ein ewiger entzücken-
‚der Sommer, wo die Sonne nie durch die Nacht
verdunfelt'werden wird. „In Grönland iſt es bes
Fanntlih 6 Monate des Zahres Nacht, und eben fo
lange wieder Tag. Dort ift ein Flarer Bach; und
Geflügel; Fifche, Nennthiere und ihre Lieblingsfpeife,
der Seehund, befinden ſich da im Weberfluß, und koͤn⸗
nen ohne ‚alles Geräthe, und ohne Mühe gefangen
werden; ja fie werden fogar in großen Keffein Teben:
dig fiedend gefunden werden. Zu dieſem herrkichen
Aufenthalte Haben aber nur Diejenigen Zutritt, welche
in 'ihren Arbeiten geſchickt und fleißig waren (denn
dieß iſt der Degriff von ihrer geößten Tugend). Die:
jenigen, welche fich durch große Thaten ausgezeichnet,
viele Watififhe und Geehunde erlegt haben, große
Gefahren und Drangfale beſtanden, in der See er:
trunfen oder im Kindbett geflorben find. "Die geiftige
Seele geht aber nicht tanzend in's Elifium ein, "fon:
dern braucht fünf ganzer Tage, und wohl noch mehr
dazu, um durch die fchroffe Selfenhöhle hinunter zu
gleiten, welche über und über mit geronnenem Blut
beklebt iſt· Diejenigen Seelen, welche: die gefahrvolle
Reiſe bei kaltem Wetter oder ſchlechter Witterung
machen muͤſſen, ſind vorzuͤglich ein Gegenſtand ihres
Mitleids, weil ſie leicht zu Grunde gehen koͤnnen;
und dieſen Untergang nennen ſie den zweiten Tod,
und halten ihn fuͤr eine gaͤnzliche Vernichtung, welche
in ‚ihrem Augen das ſchrecklichſte Loos iſt. Daher
muͤſſen die naͤchſten Verwandten des Verſtorbenen
fünf Tage und länger nach" deſſen Ableben fich gewif-
fer Speifen und aller geraͤuſchvollen Arbeiten enthal-
ten, außer dem nothwendigen Fifchen, damit die
Seele auf ihrer gefahrvollen Wanderung nicht geftört
und dem Untergange Preis’gegeben werde. Sie glauz
ben auch, daß gute Handlungen werden belohnt, und
böfe beftraft werden; und der Gedanke an eine gaͤnz⸗
liche Vernichtung erfüllt fie mit Schaudern.
Andere halten die Himmelskörper für ihr Para-
dies, und den Zugang zu demfelben «für ſo leicht und
ſchnell, daß die Seele noch. an dem nämlichen Abend
nach ihrer Abfcheidung in dem Aufenthalt des Mon:
des, welcher ein Grönländer war, anfömmt, und dort
tanzen und mit den übrigen Geelen: Ball - fpielen
wird.
‚Sn dieſem Paradiefe befinden ſich die Seelen in
Zelten, rings um einen großen mit Fiſchen und Ge-
flügel ‚angefüllten See, nnd wenn diefer überläuft,
fo regnet e8 auf der Erde; wenn aber fein Damm
einft durchbrechen, follte, fo würde eine Zn...
Veberfchwemmung. entftehen.
Die vernünftigeren Grönländer, welche die Seele
für ein geiftiges Wefen halten, lachen darüber, und
fagen: wenn es fo ein finnliches und ausſchweifendes
Paradies geben follte, wo fich die Seelen mit Jagen
und Fiſchen befchäftigen, fo Fünne ed nur eine. Zeit-
lang währen; nachher aber werden fie zu einem ruhis
gern Aufenthalte übergehen; allein fie wiſſen nicht,
worin ihre Nahrung und ihre Beſchaͤftigung beſtehen
werden.
Ihre Hoͤlle verſetzen ſie in unterirdiſche Regio—
nen, wo weder Licht noch Waͤrme iſt, und ewiges
— 61 —
Schrecken und Angft herrſchen. Diefe letzteren Voͤl⸗
ker fuͤhren ein ſehr ordentliches Leben, und enthalten
ſich aller DR” die - Begriffen boͤſe
find. — — —2
Dem — Eoede, einem norwegi⸗
ſchen Miſſtonair, und den Feine Gefahr und Muͤhſe—
ligfeiten ſcheuenden Herrnhuthern gebührt der Ruhm,
daß die meiften Grönländer, welche mit den Euros
päern in Verbindung leben, und die von den Blat⸗
tern verſchont geblieben find, ſich —* zum Chriſten⸗
thum bekehren.
Das Klima von Groͤnland iſt vehl faſt jedem
gebildeten Leſer bekannt, als daß ich daruͤber noch et—
was erwaͤhnen ſollte; indeß muß ich doch in aller
Kurze noch einige Bemerkungen darüber mittheilen.
In jenen Gegenden, wo die Einwohner im den
Wintertagen die Sonne wenigſtens eine oder zwei
Stunden lang’ erblicken, ift die Kälte noch erträglich,
obgleich außerhalb der Stube die ſtaͤrkſten Liqueure
gefrieren. Aber dort, wo die Sonne gänzlich außer
dem’ Horizont bleidt, gegen’ den 66° hin, friert wäh-
rend. dem Iheetrinfen die leere Taffe an den Tiſch.
Das Eis und der Reif erftrecken ſich durch die Feuer:
effe biß an die Deffnung des Ofens, und das in die—
fen befindliche Feuer vermag nicht, dieſe Eismaffen
zu fchmelzen. Weber der Feuereſſe ift ein Eisbogen,
durch welchen fich der Rauch aus Fleinen Deffnungen
hervordraͤngt. Die TIhüren und Wände find mit Eis
völlig überfeufter, und die Betten frierem öfters an
die Bettſtelle feſt. Die Kopffiffen find durch den’ ge
frornen Brodem oft mit einem Zoll dicken Eis uͤber⸗
zogen. Die größte Kälte beginne im Januar, und iſt
im Februar fo fehneidend, daß oft Steine zerfpringen,
und die See gleich einem’ Dfen dampft. Diefer
2 =
Dampf. friert: im Fleine Eisſplitter, welche durch die
Winde auf das feſte Land getrieben werden, und die
Kaͤlte noch heftiger machen, fo. daß man kaum das
Zimmer verlaſſen kann, gue ſi un der “Sein Kal
fegen, zu erfrteren. ann
Der : Sommer an im; I Se May ‚ and
währt bis Ende September; - Das Erdreich thauet
erſt im Juny, und auch daun nur auf der Oberflaͤche
auf, und bis dahin ſchneet es noch Häufig, Im Au⸗
guſt faͤllt zuweilen auch ſchon wieder Schnee; allein
der dauernde ſtellt ſich erſt im Oktober ein. Indem
langen Sommertagen iſt es ſo heiß, daß die Einwoh⸗
ner alle warme Kleidung ablegen muͤſſen, und auf
der See iſt die Hitze ſo brennend, daß der Biber oft
an den. Schiffen ſchmelzet.
Unter dem 66° N. Br: geht: Die ‚Sonne: in den 6
Sommermonaten niemals unter; unter dem 64° aber
geht fie. 10 Minuten nach zo Uhr unter, und 60 Mi:
nuten nach ı Uhr wieder auf. | |
Als wir gegen. Ende: July ‚oder Anfeng Auguſt
Island vorbeipaſſirten, den famoͤſen Hekla, bekannt⸗
lich ein Vulkan, der beſtaͤndig ſiedendes Waſſer, zus
weilen auch Flamme ausſpeiet, wegen nebligter Witz
terung aber nicht ſehen konnten, obgleich wir nach
der Verſicherung des Kapitains keine 40 Lieus von
ihm entfernt waren, und durch widrige Winde bis
unter den 650 N. B. verſchlagen wurden, auch täge
lich gewaͤrtigten, an die Kuͤſten von Grönland zu ge—
rathen, waͤhrte der Tag bis ır. Uhr, und ſelbſt zwi⸗
ſchen a2 und 22. Uhr konnte man auf dem Verdeck
noch leſen. Um 1 Uhr Ham: — fing der Tag
ſchon wieder at.
Die, Esquimo's, weich ſich von ven Geönfän-
dern nur durch ihrem Dialekt. unterſcheiden, ungefähr
wie das Platt- vom Hochdeutſchen, find an der Hud⸗
ſons⸗Bay fihon im :xıten Jahrhundert von den Daͤ⸗
nen entdecft worden... Ihre unverföhnlichften Feinde
waren ſonſt die Canadifchen Indianer, die, wenn fie
ihrer habhaft wurden, Altes ohne Unterfchied des Ges
ſchlechts und Alters: niedermachten, weil ſie felbige
der Zauberei beſchuldigten· Jetzt werden: die Grau⸗
ſamkeiten der Indianer durch den Einfluß) der Weiz
gen immer »feltener, und foweit als dien Amerikaner
und. Engkänder ihre Poſten ausgeſtellt Haben, duldet
man ihnen nicht mehr, ſich gegenfeitig zu bekriegen.
ie Ara 22nlächa6s. Tu a: y%
Sinfter Abfdnitk..
Saibenirg der fechs Nationen in den Vereinigten Staaten, E
„Fr den Wildniſſen des nordweſtlichen ———
J im Staate Neu-York, am Niagarafluß und
zum: Theil in DbereCanada wohnen die: Indianer,
gewoͤhnlich die ſechs Nationen genannt; ſie ſind ſo
ſehr zuſammen geſchmolzen, daß mancher Stamm
ſchon ſeinem gaͤnzlichen Erloͤſchen nahe iſt. Dieſe
ſechs Nationen beſtehen aus folgenden Staͤmmen:
ı. den Oneidas. VERRETRETIT NEED
‚2. den Tuscaroras, ‘welche nach vielen Hlütigen
Kriegen, die. fie mit den Weißen’ geführt, aus Nord⸗
Carslina ausgewandert‘, und von den Oneidas adop—
tirt worden. find; fie ſind ſo ſehr gegen‘ die chriftliche
Neligion, daß, obgleich fie Miffionaire unter fich dul⸗
den, fie dennoch alle diejenigen ihres Stammes auf
die grauſamſte Art ums Leben bringen, welche die
ehriftliche Religion annehmen.
3. Die Senecad haben an der Freuch Creck
Strom) im Penſylvanien ⸗Staͤdtchen von 60 bis
*
*
70 Einwohnern, zwei andere am Allegheny fluß Als
ich jene Gegenden bereiſte, waren ſie auf die Jagd,
weiter nach Weſten hin, ausgezogen. Dergleichen
Sagdparthien machen fie oft 50 bis 100 deutſche Mei:
fen weit, und kehren gewöhnlich erft gegen den Win:
ter mit ihrem: Vorrath zurück. Diefer befteht in ge—
räuchertem und an der Sonne getrocknetem Fleifche,
in: Bärenfett und Pellterien. Eingefalzenes und Fat
der Sonne getrocknetes Hirſchfleiſch ift aͤußerſt ſchmack⸗
haft; auch Rindfleiſch bereiten die weißen Amerikaner
auf aͤhnliche Art zu; es wird in kleine dünne Stuͤck—⸗
chen geſchnitten, und gewoͤhnlich als Vorkoſt gegeſſen.
Eine Hirſchhaut koſtete auf den blauen und Alleghe—
ny-Gebirgen deinen halben Dollar. |
‚4. Den. Mohhawks; dieſe find Die Häupter der
Confoͤderation, ,‚ und find größtentheilg mit dem engl-
fchen General Sir william Johnſon ap Canada
ausgewandert.
5.0 Den: Onondagas die am See steigen Ra-
mens wohnen.
6, Den: Delavares, —8 ehemals am ——“
refluß wohnten, jetzt aber groͤßtentheils zuſammen ge—
ſchmolzen find. Auch gehoͤren die — * mit
zur Confoͤderation.
Gewoͤhnlich nennt man dieſe ſechs Stämme auch
Irokoͤſen. In den Kriegen zwiſchen England und den.
Sreiftanten waren fie ſtets auf der Seite der: Erfteren,
und thaten: den Grenzbewohnern Der Vereinigten
Staaten vielen — ———
— re a
Reliaionsbegriffe der Zroldſen. |
Die Gottheit ver ſechs Nationen iſt die for: Ale
In:
m. u
Indianer, der große Geift, den fie Eskanane nennen.
Zu den glückfeligen Gefilden, im welchen er refidirt,
führt ein dunkler, geundlofer Golf, über welchen alle
guten und. rechtfchaffenen Geifter unter der Leitung
eines, zu dieſem Behufe beſtimmten Führers, ficher
geleitet werden. Wenn aber ein GSelbftmörder, oder
ein dem Rath des Chefs Ungehorfamer, oder Einer,
der fein Weib tin der Schwangerfchaft verfioßen hat,
welches bei ihnen das größte Verbrechen: ift, fi fich dem
See nähert, fo verfagt ihn der Geleitsmann, der ein
ſehr durchdringendes Auge beſitzt, und die Gebrechen
des wandernden Geiſtes gleich erkennt, ſeine Huͤlfe.
Die Boͤſen ſtehen nun verlaſſen da, und verſuchen
durch Huͤlfe eines Pfahls uͤber den See zu kommen;
allein wenn ſie deſſen Mitte erreichen, faͤngt der
Pfahl an zu wanken, und ſi ch dergeſtalt zu erſchuͤt⸗
tern, daß die boͤſen Seelen unter ſchrecklichem Angſt⸗
geſchrei in den Abgrund fallen.
In dieſem finſteren und grauſenden Golf befin—
det ſich ein großer Hund, nach der Meinung Anderer
ein großer Drache, welcher mit der Kraͤtze behaftet,
und in beſtaͤndiger Unruhe und. Wuth iſt. Die Schul:
digen diefes unglückfeligen Aufenthalts find alfe von
der Krankheit des Hundes angefteckt, und tappen und
rennen unter. ewigen Qualen von einer Geite zur
andern. Zumeilen fommen fie den glücklichen Gefil-
den Esfanane’d fo nahe, daß fie den Geſanug und
Tanz ihrer. früheren Gefährten hören Fönnen; allein
dadurch wird ihre Qual nur vermehrt, indem fie fein
Licht und auch Feinen Zugang zum Elifium erblicken,
Die Zroföfen glauben, daß auch Gefpenfter und
Hunde in diefen Golf kommen, dort aber einen bef;
feren und lichteren Aufenthalt Haben, als die Seelen
der Boͤſen. | 2
II, | —— N
— “6 —
RN; &ohdaintsandeiß unterfcheiden ſich von den
| übrigen Indianern der ſechs Stämme dadurch: fie be-
ten die Sonne an, und begraben ihre Todten des
Morgens, damit fie noch vor Anbruch der Nacht bei
ihren Verwandten in der andern Welt ankommen
fönnen. In das Grab legen fie die Kleidungsſtuͤcke,
die Tabadöpfeife, Speife und dem Löffel des Verſtor—
benen, in der Meinung, daß er derfelben in feinem
Fünftigen Zuflande noch bedürfen fverde; auch erheben
‚feine nächften OERISGRDER am RR: ein ſchreckliches
Geheul. REN
Diefer Stamm hält Lügen und Stepten für die
größten Verbrechen, und die, welche fich deren ſchul⸗
dig gemacht, werden nie zu ihren Verwandten in der
beffern Welt'gelangen, wo, ei milderes Klima und
Wild in Ueberfluß iſt, Tondern fie werden von einem
Drte zum andern wandern, und ihre Freunde vergeb-
lich fuchen; welches in ihren. Augen die größte
Strafe if. |
Die Tondanmwandeis find wegen Zanbereien fehr
in Beſorgniß, und noch kuͤrzlich hatten fie, nach
Evans, eines ihrer Weiber wegen Verdacht der He-
gerei verbrannt. Daher muß die Gewohnheit, Hexen
zu verbrennen, fehr alt feyn, weil die Indianer in
ihre Sitten und Gebräuche nichts von den Euro⸗
paͤern einmifchen. Mit böfen Geiftern haben fie be:
fändig etwas zu fchaffen; zuweilen opfern fie ihnen
auch zwei weiße Hunde, verbrennen dieſe und firenen
ihre Aſche in die Luft, um die böfen Genien zu be-
fänftigen, die. fie auch verehren, jedoch) bloß darum,
um von ihnen nichts Böfes zu erleiden. |
Legt erwähnte Voͤlker dulden auch Feine ſpirituoͤ—
fen Getränke unter fih. Ihre Sprache befteht, mie
die aller Indianer, aus vielen Gurgels und Nafen-
— —
lauten; daher iſt ſie im Geſpraͤch und Geſange gleich
unangenehm. An Ausdruͤcken ſind die Indianer, wie
alle unciviliſirten Voͤlker, ſehr arm, und muͤſſen ſehr
haͤufig zu Umſchreibungen und Vergleichungen Zu—
flucht nehmen, um ihre Ideen auszudruͤcken. |
Dem guten Beifpiele der Tondanwandeis in Rück
ficht der Nüchternheit, folgen auch die Nicaras am
Miffoury; die meiften übrigen Stämme aber find der
Unmäßigfeit im Trunfe fehr ergeben, und wenn fie
ihre Zechgelage veranftalten, find ftetS einige von der
Geſellſchaft dazu beſtimmt, welche nicht einen Tropfen
Brandiwein genießen, fondern die Wächter der uͤbri—
gen abgeben, und fobald fie Einen oder‘ den Andern
betrunken ſehen, fallen fie uͤber ihn her, und binden
ihn an Haͤnden und Fuͤßen. Gewoͤhnlich liegt am
Ende des Gelages die geſammte hohe Geſellſchaft ge—
bunden auf der Erde. Dieſe Vorſicht gebrauchen ſie
darum, weil ſie im Zuſtande der Trunkenheit ſich
ſelbſt ſchrecklich unter einander morden wuͤrden.
Auch dieſes unſelige Laſter der Indianer iſt ein
Erbſtuͤck von den civiliſirten Weißen, und ungleich
beſſere Fortſchritte haben ſie darin gemacht, als in
der chriſtlichen Religion und Kultur; denn nur in
mechaniſchen Geſchicklichkeiten kann man ſie einiger—
maßen fuͤr civiliſirt erachten; ſie verfertigen recht gute
Körbe, Beſen, Binſenmatten, weben Fiſchnetze, fehnei-
den aus einer leichten rothen Steinmaſſe ihre Pfei—
fenkoͤpfe; ſowohl dieſe, als auch die Roͤhre, welche
beinahe die Form der Tuͤrkiſchen haben, find mit al
lerlei Verzierungen verfehen,
9,1
— ——
Ne
Stebenter bifgnire
Tracht der Indianer und ihre —
Diejenigen Indianer, welche mit den weißen Voͤl⸗
kern in Handelsverbindung ſtehen, haben eine Art
Hemden, die bis uͤber die Knie herabhaͤngen, und von
grobem Wollenſtoff verfertiget ſind; dieſe find in der
Mitte des Leibes mit einem Guͤrtel von Buͤffelshaut
zuſammen gezogen. Ueber dieſem Hemde oder Kittel
haͤngt eine andere Wollendecke in Form eines Man—
tels Die Fuͤße waren mit Sandalen und Kamaſchen
von gegerbter‘ Büffelshaut bekleidet Eben fo war
der Anzug’der Franenzimmer. Auf dem Kopf hatten
Die Männer runde, andere auch gefinste Hüte, deren
Form eine Art Stürmer war, wie fie vor ı2 bis 15
Sahren in Europa Mode waren. Auf den Wangen
waren fie mit rother Farbe bemalt. Der bemalte
Theil hatte die Form eines Achrgrofchenftäcks. Im
Köcher ſteckten verfchiedene Pfeife, mit denen fie auf
dem Bogen nach einem, ihnen von den Weißen ge—
fteckten Ziele, gewöhnlich ein Stück Kupfergeld, fchof-
fen, und auf eine Diffanz vor 10, 12 und 15 Schritte
es oft auf den. erſten Schuß trafen; in dieſem 2.
behielten fie das Stuͤck Gel.
Die Haut des Körpers iſt kupferfarbig; die Aus
gen find Flein und ſchwarz; die Nafe ift regelmäßig;
die Lippen find etwas aufgeworfen, und laſſen zwei
Reihen fehöner, weißer Zähne hervorblicken; die Baf-
fenfnochen find etwas hervorftehend. Der Körperbau
iſt fchmächtig, und cher Elein als mittel zu nennen.
Am richtigſten laſſen fie fih mit den Kalmuden ver-
gleichen, nur mit dem lnterfchiede, daß die Hauts
farbe röthlicher iſt; alein auch bei ihnen deuten die
Geſichtszuͤge gleichfam die Abflommung Alter von eis
nem Ursater an. Das Haar war rings um den
Kopf. — und aur —* dem Wirbel Kan) ein
Büfchel
Siege * — die — entweder
von den Agenten der Nordweſt⸗ und Hudſonsbay—
Kompagnie, oder von den Amerikanern, die fie gegen
Felle eintaufchen,. und nur diejenigen, welche meit
über den Miffifippi hinaus, tief im Inneren wohnen,
ſind mie Schießgewehren nicht verſehen; auch beſteht
deren Kleidung aus gegerbten Hirſch⸗ oder" Büffels-
leder, welches die Weiber fehr gut zuzubereiten ver⸗
fliehen, die auch alfe Kleidungsftücke verfertigen. Das
Geſchaͤft des Mannes iſt nur die Jagd, die Fifcherek
und der Krieg; jedes andere‘ Gefchäft Tiegt dem
Weise ob; auch den Ackerbau muß dieſes betreiben,
der fih in der Negel nur auf Waͤlſchkorn beſchraͤnkt.
Den Gebrauch des Pfluges kennen fie auch noch Nicht.
Toren Ustonien
Civififation der Indianer.
Die Megierung der Vereinigten — —
mert ſich nicht im geringſten um die Erziehung ihrer
weißen Kinder, viel weniger um die der rothen. Von
den geizigen Handelsagenten der Nordweſt-Kompa⸗
gnie iſt in dieſer Hinſicht auch nicht Viel zu erwar—⸗
ten, und darum kann der Menſchenfreund es nur be—
dauern, daß die Jeſuiten aus Amerika vertrieben
ſind. Moͤchte dieſer thaͤtige und wiſſenſchaftlich ge—
bildete Orden, dem man in der alten Welt faſt über-
af ein Aſyl verfagt, ſich Doch bald vereinigen, feinen
Wirkungskreis nach dem nördlichen trausatlantiſchen
Continente verlegen, und dort das wohlthätige Licht
J
1
7
der Kultur unter den dafigen Kindern der Natur vers
breiten. Die Regierung der Vereinigten Staaten,
die jede Religionsmeinung duldet, wird ſeine Mit—
glieder gewiß mit aller Bereitwilligkeit aufnehmen,
und ihre edlen Bemuͤhungen foͤrdern. Auch finden
fie in Penſylvanien, bei Hannover und verſchiedenen
anderen Gegenden, Congregationen von ihren Orden,
die anſehnliche Beſitzungen haben, und ſich mit dem
Gottesdienfi der, Fatholifchen Chriſten und der Erzie-
hung ihrer Jugend beſchaͤftigen. An dem: Miffifippiz,
am. Miſſouri⸗, am: Kanzas⸗ und Platta-Fluß bis an
die Ufer des ſtillen Oceans iſt ein ſchoͤnes und frucht⸗
bares Land. Dort wbhnen noch Millionen guter
Menſchen, die ſich gegenſeitig pluͤndern, morden und
vertilgen, weil ihnen die richtigen Begriffe von der
wahren Gottheit fehlen. Hunger, Fatiguen und Elend
kuͤrzen die Tage ihres Lebens, weil ſie den Ackerbau
und die nothwendigſten Gewerbe nicht kennen. Den
Jeſuiten iſt es vorbehalten, und nur ihnen wird es
gelingen, dieſen beklagenswerthen Geſchoͤpfen ein beſ—
ſeres Loos zu bereiten, und fie in ein Volk zu verei⸗
nigen, fo wie fie es ehedem in Südamerika thaten.
Wie wein diefe Menfchen noch: in Allem, und beſon⸗
ders in der Gittlichfeit, zurückftehen, mird fih aus
den Träteen — ic ergeben.
N
— — J—
Bauart und Städte det Indianer, |
Die Häunfer der Indianer fi find eben nicht für
Sahrhunderte gebaut; auch empfehlen fie fich nicht
durch fonderfichen Glanz. Nach der Befchreibung der
beiden amerikanifchen Kapitains, Lewis und Llarfe,
— zn —
ſind die Haͤuſer der Ricaras, eines ſehr gutmuͤthigen
und Ackerbau treibenden Volkes am Miſſouriſtrom, in
achteckigter Zirkelform erbaut, und haben ungefaͤhr
30 bis 40 Fuß im Umfange. An den Wänden ‚find
gabelfoͤrmige Pfaͤhle aufgeſtellt, welche durch Stangen
mit einander verbunden ſind; dieſe werden wieder
durch andere gabelfoͤrmige Stangen geſtuͤtzt. In der
Mitte der Huͤtte ſind wieder 4 andere gabelfoͤrmige
Stangen aufgeſtellt, die 15 bis 16 Fuß. hoch find,
und als Oeffnungen zum Ausgange des Rauches die-
nen. Die Wände und Dächer find mit Baumzwei⸗
gen und Gras bedeckt; über diefe iſt mieder eine
Schicht von, Sand, oder Lehm geſchuͤttet, wodurch die
Bedeckung compakt, und die Huͤtte ſehr warm wird.
Die Thuͤre iſt 4Fuß breit und eben ſo hoch, und vor
derſelben befindet ſich eine Art Vorhaus.
Das vorzuͤglichſte Gebaͤude der Indianer iſt ihr
Rathhaus. Dieſes iſt, nach Evans, welcher eins bei
den ſechs Nationen geſehen, eine Baracke von Bret-
tern, ungefähr 80 Fuß lang und 40 Zuß breit, an
‚den Seiten mit: Bänfen. verfehen, und ohne alle
Gögenbilder. In der Mitte war ein großed Feuer
(das Berathungsfener).. Im Saale verrichteten die
Indianer einige religiöfe Feierlichkeiten, . um den bi:
fen Geift, der ſich in's Städtchen eingefchlichen hatte,
auszutreiben. Zwei Partheien tanzten den Krieges-
tanz; unter. den Taͤnzern waren einige ganz-nacend,
andere mit verfihiedenen Zierrathen behangen, in den
Dhren und in der Naſe trugen fie Ninge, und um
die Knöchel verfchiedenes - Slitterwerf, welches beim
Tanzen einen Klang verurfachte. Die Mufif begann
mit einer Keffeltrommel, und endete zuleßt durch ein
taftmäßiges Schlagen auf eine Banf, Beim Krie-
gestanze wurden alle ihre Operationen während der
Schlacht, als: der Angriff, der Ruͤckzug und das Vers
folgen bes Feindes dargeftelft, um die jungen Krieger
‚mit den Vortheilen ihrer Taktik befannt zu machen,
“und in ihnen die Liebe zum Ruhm zu erregen. Am
Ende eines jeden Tanzes wendete fich der Chef zu der
Geſellſchaft, und reichte jedem Krieger ein wenig Ta—
back, als Zeichen irgend einer Bedeutung.
"Die Staͤdtchen der Fndianer beftehen zuweilen
‘ans 100 Häufern; über dem Miffifippi findet man fie
Häufig noch größer, |
3ehnter isranien
Schlänfrige Sefte der Miffoury - Indianer und unkeuſchheit des
weiblichen Geſchlechts; Ehen der Indianer.
Lewis (lied Louis) und Clarke wohnten bei
ihrer Neife nach dem ſtillen Meere einer Tanzluftig-
keit der Tetons, eined Miffoury- Stammes bei, Sa
ſchilderten fie folgendergeftalt.
Das Orchefter befand aus einigen Tamburins;
diefe find Neifen mit Büffelhant überzogen. Mit eis
nem Stock, auf welchem verfehiedene Hirfch- und
Ziegenhufe hingen, verurfachten fie ein klirrendes Ge-
raͤuſch. Das dritte Inſtrument war ein lederner Deus
tel, in welchem fich Kies oder Schrotförner befanden.
Fünf bis ſechs junge Burſche bildeten die Vocal⸗
Narthie. |
Die tanzende Gefelifchaft beftand aus jungen
Srauenzimmern; diefe erfchienen im völligen Ornate;
einige trugen Pfähle, an welchen die Sfalpe (Kopf:
haͤute) ihrer Feinde hingen; andere hatten Flinten,
Speere und verfchiedene Trophäen, die ihre Ehemänz
ner, Brüder oder Bekannte erbeutet hatten. Sie bil—
deten zwei Kolonnen, an jeder Seite des Feuers eine;
und als die Muſik begann, tanzten fie gegen einan⸗
“der, bis fie das Centrum erreicht hatten; worauf fie,
als die Klappern gefehüttelt wurden, alle jauchzten,
und anf ihren Platz zurückkehrten.
Während den Zwifchenpaufen des Tanzes traten
einige Männer der Gefelfehaft hervor, und erzählten
in einem tiefen Gurgeltone Eleine Gefchichten, oder
irgend eine Begebenheit, entiweder Friegerifchen, oder
Scherzhaften, oder unzüchtigen Inhalts; diefe wurden
vom DOrchefter aufgenommen, und von den Tänzerüt-
nen’ in einem höhern Tone während dem Tanzen wie:
‚perholt. Zuweilen fangen das Orcheſter und die
Zanzparthie abwechfelnd, und fobald die Weiber ihre
‚Stimmen erhoben, war der Öefang nicht unangenehm.
"Ein ungleich üppigeres Feſt aber ift der Buͤffels⸗
tanz, den Die mehr erwähnten Neifenden * den
Mandans geſehen.
Sobald die Buͤffel ſeltener re sh ein
Mann aus dem Dorfe eine Anrede an die verfam-
melte Gefelfchaft; er trägt vor: die Büffel Härten
fich entfernt; man muͤſſe daher ein Feft veranftalten;
‘damit fie wieder zurückkehren; und wenn fich die Ge-
ſellſchaft dazu geneigt findet, werden Zeit und Drt
zu dieſer Feier beſtimmt. Zur ‚verabredeten Stunde
erfcheint ein alter Mann, ſetzt fih um das Feuer auf
eine: Haut nieder, und ſtellt eine mit weiblicher Klei-
dung gezierte Puppe vor fih bin. Die jungen Leute
bringen jeder eine Schüffel mit Lebensmitteln, eine
Tabackspfeife und ihre Weiber mit fich, deren Klei-
dung an diefem Tage bloß aus einem Hemde, oder
Iofe um den ‘Leib hängenden Mantel befteht (diefe
Kleidungsftücde find von gegerbter Buͤffelshaut). Bei
diefer Zuſammenkunft wählt jeder junge Dann den
-Ü4—-
Greis, für welchen er beſondere Vorliebe Hat, und
fiellt den Vorrath von Lebensmitteln vor ihm hin,
giebt ihm, dann eine Pfeife, und raucht mit ihm.
Die beiden Neifenden haben die nähere Schilde:
rung diefes Fefted nur in lateinifcher Sprache 'gelie-
fert. Daher füge ich ihre eigenen Worte darüber bei.
Mox vir simulacrum parvae puellae ostensit.
Tunc egrediens coetu, jecit efſigiem solo et super-
incumbens, senili ardore veneris complexit. Hoc
est signum, »Denique uxor e turba ‚recessit et jactu
corporis fovet amplexus viri solo, recubante. —
Maritus appropingauns senex vir dejecto vultu et
honorem et dignitatem ejus conservare amplexu
uxoris illum oravit. Forsitan imprimis ille refellit;
‚dehinc, maritus multis precibus , multis lacrimis et
‚multis donis vehementer intercessit, Tunc senex
amator perculsus misericordia, tot precibus, tot
lacrimis et tot donis conjugali amplexu submisit.
Multum ille jactatus est, sed debilis et effectus se-
nectute frustra jactatus est. Maritus interdum stans
juxta gaudit multum honore ‚et ejus dignitate sic
conservata, — Unus nöstrum sodalium multum
alacrior et protentior juventuti hac nocte honorem
quatuor maritorum custodivit,
Heilige Kultur! Du allein biſt die Zierde des
Menfchen. Ohne dich ift das Gefchöpf, welches wir
ein Ebenbild Gottes mißbrauchsweiſe nennen, nichts
weiter als ein elendes ſchamloſes Thier!
Der Inhalt diefer Schilderung ift mit wenigen
Worten folgender:
Nachdem der Eingangs erwähnte Greis mit der
Puppe allerlei Unzüchtigfeit verübt, tritt eine von
den Feichtgeffeideten Frauen aus der Geſellſchaft hers
vor, und gefiatter dem Greife das ihrem Ehemanne
’
nur vorbehaltene Recht. Ihr Ehemann ‚tritt mit abs
gewendeten Geficht hinzu, und fleht den Greis unter
vielen Thränen und dem, Verſprechen veichlicher Ges
fchenfe an, ihm dieſe befondere Ehre und Auszeich—
nung zu erweiſen. Durch Mitleid, Bitten, Thraͤnen,
und das Anerbieten reichlicher Geſchenke bewogen,
verſucht der Greis ſein Heil; doch das entkraͤftete
Alter bemuͤht ſich vergeblich den vollkommenen Zweck
zu erreichen; inzwiſchen iſt der dabei ſtehende Mann
ganz entzuͤckt, uͤber die ihm zu Theil gewordene hohe
Ehre und Auszeichnung. — Die Herrn ‚Amerikaner
waren behender als der Greis, und Mancher von ih>
nen hat bis 4 Männer .diefer feltenen Ehre theilhaf-
Fig gemacht. — Wie relatif Kap doch die Begriffe
über .die' had
Der Geifter- oder — ——— Das, was
der Buͤffelstanz für die Weiber, iſt der Geiſter- oder
Zanberei- Tanz für die Mädchen. Dieſes Feft wird
von einem einzelnen Individuum ‚irgend einem Geifte
zu Ehren. angeftellt. Der Feftgeber beſtimmt einen
Tag dazu, am welchem er feine Pferde oder anderes
Eigenthum opfern will, und ladet: alle jungen Frauen
zimmer dazu ein, ihm bei dem, feinem. Geifte darzu⸗
bringenden Geluͤbde behuͤlflich zu ſeyn. An dieſem
Feſte, welches bei Tage auf freiem Platze gefeiert
wird, koͤnnen alle Einwohner des Dorfes Theil neh—
men; es beginnet auf folgende Art: der Feſtgeber op—
fert alles Eigenthum dem Geiſte, und verſinnlichet
dieß durch den Kopf irgend eines Thieres, oder durch
den Zauberei⸗Beutel (in dieſem befinden ſich gewoͤhn—
lich ſolche Sachen, die entweder auf eine ausgezeich—
nete That des Beſitzers hindeuten, als: Finger oder
Skalpe erlegter Feinde, oder andere ihm theuere Ge—
— Wann
genftände, woruuter auch — aus Seh gefsnige |
Bilderchen). | NY: |
Die jungen Mädchen — an —
ohne alle Kleidungsſtuͤcke, und beginnen den Tanz.
Während den Pauſen legen ſich alle vor der verſam⸗
melten Geſellſchaft hin, und fordern entweder den
Muth junger Mannsperfonen auf, oder belohnen Dies
jenigen, welche entweder natürliches Gefühl, oder die
Sucht, diefed Abentheuer zu beftehen, dazu verleitet.
Noch verdient ein merkwürdige Feft der Keres
angeführt zu werden. Die Keres wohnen in Neu⸗
Mexiko, und find zwar ſchon zur chriſtlichen Religion
übergetreten, haben aber immer noch ihre aberglaͤubi⸗
fchen und fehläpfrigen Fefte beibehalten. Des Jahres
einmal ift ein großes Feft, das drei Tage währt, wo—
bei gegeffen, getrunken und getanzt wird. Dicht bei
dieſem Vergnuͤgungsorte ift eine dunkle Höhle, in die
auch nicht ein Lichtftrahl eindringen Fann, und in
welcher verfchiedene Nuhepläge angebracht find. Yu
diefe dunkle Grotte begeben fi) nun während der
Nacht Perſonen beiderlet Gefchlechtd, wenn fie das
Alter der Neife erreicht haben, und überlaffen fich da⸗
felbft den Freuden der Liebe, ein jeder mit dem Ges
genftande, den ihm der Zufall und gutes Gluͤck unter
die Hände führt. |
Diefe Luftbarfeiten haben viel Aehnlichkeit mit
den ehemaligen myſtiſchen > der Nömer und
Griechen.
Unter ſaͤmmtlichen Indianern beſteht zwar Die
Polygamie, indeß haben gewoͤhnlich nur die Chefs
mehrere Weiber; die uͤbrigen begnuͤgen ſich in der
Regel nur mit einer. Die Weiber ſi nd zu den ſchwer⸗
fien Arbeiten verdammt, und werden mehr ald Stla-
ven, denn als Lehensgefährten behandelt. Son in
un 9 — Ze
zarteſter Jugend werden fie von den Eltern für ges
wiſſe Geſchenke dem Bräutigam verfauft, aber erft
im Alter der Reife, welches das ı3te oder ı4te Jahr
ift, ihm wirffich überlaffen. Zuweilen kaufen auch die
Eltern ihrem Sohne eite Frau. Die Geſchenke,
welche Eltern fuͤr die Tochter erhalten, werden in der
regel’ bei der Verheirathung ihr wieder als Ausſtat—
tung mitgegeben. Bei manchen Männern werden fie
gemißhandelt, bei andern aber, befonders den Ge
birgsvoͤlkern, wird ihnen mit vieler Achtung begeg-
net; inzwifchen ift das weibliche Gefchlecht doch bei
alten Indianern: ein Gegenfland des Handels, und
ohne Bedenken wird. der Mann die Frau, der Vater.
die Tochter und der Bruder die Schweſter, oft fuͤr
einen Angelhaken, den Fremdling oder irgend einem
Anderen zum Genuß überlaffen. Keufchheit fcheint
in ihren Augen nicht den mindeften Werth zu haben,
und ohne Bedenfen gaben fich die Frauenzimmer den
Soldaten der Erpedition von Kewis und Llarfe
bin.
Weiter im Innern aber wurde eine Liebfofung
der Frau, ohne Bewilligung des Mannes, für eben
fo unanftändig gehalten, als dieß bei civilifirten Voͤl⸗
fern ohne dergleichen Conſens der Fall zu feyn pflegt.
Wenn aber der Mann feinem Gafte die Frau anbie—
tet, und diefer fie ausſchlaͤgt, ſo wird es fuͤr eine
Beleidigung erachtet.
Bei den gutmuͤthigen Ricaras machte unter an—
dern der ſchwarze Koch des Kapitain Clarke bei den
Weibern das meiſte Gluͤck; er war nicht nur der Ge—
genſtand der allgemeinen Verwunderung, ſondern ſeine
Hautfarbe gewaͤhrte ihm auch weſentliche Vortheile
über feine Kameraden, indem die Frauenzimmer alle
fehnlichſt wuͤnſchten, ein lebendiges Andenken an die⸗
fen feltenen und wundervollen Fremdling: zu behalten,
Ein Ricaras nahm ihn mit in fein Haus, ſtellte ihn
feiner Frau vor, und entfernte fi aus dem Gemach,
hielt aber vor der Thuͤre Schildwacht, und als einer
von der Gefellfchaft ven Neger belaufchen wollte, ver:
wehrte er ihm den Eingang, und ging nicht eher in’s
Haus, ald nach einer gewiſſen Zeit; auch er bezeugte
das fehnlichfte Verlangen, ein Andenken an diefen
feltenen Gaft in feiner Familie zu befisen.
Als die Indianer über: diefen Neger Verwunde—
tung und Staunen -bezeigten, und. die Riuber vor
ihm mit Entfegen: flohen, überredete, er ſie: er. fey
früher ein wildes Thier geweſen, das fein. Herr ges
fangen und gezähmt habe; er machte dabei die fürch-
terlichfien Grimaffen, um ihnen anzuzeigen, wie wuͤ—
thend er zumeilen feyn Eönne.
Die nördlichen: Grenzindianer Fennen die Neger
beffer, und verachten fie im höchften Grade, - weil fie
ſich ald Sklaven brauchen laſſen.
Eilfter Abfdnitr.
Grauſame Gebräuche der Indianer.
Unter den Indianern jenfeits des Miffifippi. und
am Miſſoury zeichnen ſich außer den. Sivux vorzüg-
lich im Minetarees (lied Minetarys) aus; fie find ein
fiofzes, tapferes und Friegerifches, aber auch graufas
mes Volk; fie find an der Zahl die ftärkfien, und
ſaͤmmtlich mit Feuergewehr bewaffnet; daher find fie
auch das Schrecken aller übrigen Indianerſtaͤmme,
und werden von ihnen gewöhnlich als vachfüchtig und
blutduͤrſtig gefchildere. Mehrere der letzteren, und
unter andern auch die Schofihunys, haben fich ihrer-
wegen im die Gebirge zurückgezogen, um ber gänzli:
chen Vernichtung zu entgehen. - Beide Stämme find
ein Fägervolf, das wenig oder Feinen Ackerbau treibt,
und faft bei allen Jaͤgervoͤlkern herrſcht die unnatuͤr⸗
liche und grauſame Sitte, das Alter zu verſtoßen.
Sobald der Menſch, ſelbſt der mit Narben im
Kampfe erhaltener Wunden bedeckte Krieger, ans Als
terfchwäche verhindert wird, ihnen auf Jagden und
Streifzügen zu folgen, fagen ihm ſelbſt feine leiblichen
Kinder und nächften Dlutsverwandte: er habe lange
genug gelebt; es fey nunmehr Zeit, zu feinen Freun—
den in die andere Welt hinüber zu gehen, die beffer
für ihn forgen Eönnen. Sie legen ihm dann ein
Stuͤck Fleifh und einigen Vorrat) von Waffer Hin,
und überlaffen ihn unbekuͤmmert und gefühllos ſei—
nem ‚ferneren Schickſal; und gewöhnlich wird der
Unglücliche die Beute des Hungertodes oder wilder
Thiere.
Weiter im Innern, wo die Völker fefte Wohnfige
haben, auch Mais, Kürbiffe, Waflermelonen ꝛc. an—
bauen, findet das fehwache After im Dorfe feinen
Unterhaft, und gewöhnlich verrichten Greife Gemein-
debeftellungen, rufen die Krieger zu Rathsverſamm—
lungen zufammen, und find dem Stamme durch ihren
Rath nüglich. Im Kriege werden Gefangene, die Weißen
nicht ausgenommen, immer noch zuweilen Iebendig
ffalpirt, d. 5. die Wirbelhaut des Kopfes wird ihnen
abgezogen und als GSiegestrophäe aufbewahrt. -Zu-
weilen wird dem Öefangenen nur wie ein. Dandteller
breit die Wirbelhaut abgelöfer, und in den weſtlichen
Staaten, befonders Kentucky, finden fich noch meh-
vere alte Krieger, die von den Indianern fkalpirt
worden find. Mitunter findet man doch auch fo eine
2 1
— ‚80 —
Art Voͤlkerrecht und — anter den In⸗
dianern, wie folgender Vorfall zeigt. vr
KRolter und Hunter zwei amerifanifche Jaͤger
im Miſſoury⸗Gebiet, befanden ſich auf der Bieber-
jagd und fuhren auf einem Kanot den Strom ent-
lang. Auf einmal hörten fie in der Ferne ein Ge-
raͤuſch und Bolter vierh zur Flucht; allein Hunter
ſchalt ihn feig, und gebor ihm, ſich ruhig zu halten,
indem das Geraͤuſch von einem Trupp Büffel verur-
facht werde, von denen fie einige bier erlegen Fünn-
ten. WIöglich aber erfehien an dem Ufer des Fluſſes
ein Trupp Indianer, der fie aufforderte, ang Land zu
fommen. An Flucht war jet nicht mehr zu denken,
und den beiden Jaͤgern blieb nichts weiter übrig, als
zu gehorchen. Kaum hatten fie den Fuß and Land
gefegt, fo ergriff der eine. Indianer die Flinte des
Hunter und entriß fie ihm. Diefer wollte fein Ge-
wehr nicht miffen und nahm es dem Indianer wieder
ab; worauf leßterer ihn mit feinem Pfeil in die Len—
de ſchoß. Heftig, wie alle Jäger, ſchlug Hunter fein
Gewehr an, und ſchoß den Indianer auf der Stelle
nieder, mußte aber. auch gleich feine unbefonnene Hi—
ge mit dem Leben bezahlen, indem er von mehr als
20 Pfeilen der Indianer durchbohrt, tod zu Boden
fiel. Kolter wurde jet als Gefangener gebunden
und ins Dorf gebracht; dort berathfchlagte man, wel—
chen Tod er fierben follte. Einige wollten ihn an eis
sen Daum binden und mit Vfeilen erfchießen, an—
dere aber mit der Tomahawk (ein kurzes Kriegsbeil,
das jeder Indianer gewöhnlich im Gürtel ſtecken hat)
erfchlagen. Doch dies wollte der. Chef nicht zugeben.
Diefer frug Roltern, der bis auf die Haut ausge—
plündert war; kannſt du fpringen?. Letzterer erwies
derte; er fey nie ein guter Springer geivefer. Dier-
Ä ; auf
auf Tief ihn der König. eine Strecke vorwärts: führen
‚and fagte ihm: er ſolle laufen und ſich durch die
Flucht retten. Bolter ließ fich dies nicht zweimal
fagen und rannte; “aber hinter ihm auch die mit
Speeren, bewaffneten jungen indianifchen Krieger.
Das Wertrennen galt Leben und Sterben, und dar
um behielt Rolter immer den Vorfprung. Doch end⸗
lich waren auch feine legten Kräfte erfchöpft, und: da
er einen breiten Fluß vor fich ſahe, blieb er an ſei—
nem Ufer fiehen, um einen Augenblick Luft zu fchöp-
fen. Ein Indianer, der nicht minder als Bolter er-
mattet zu feyn fihien, ‚hatte ihn erreicht und wollte.
ihn eben mit feinem Speer durchbohren. | Kolter
parirte den Stoß durch einen Seitenfprung aus, ents
riß dem Indianer den Speer und fließ ihn auf der
Stelle nieder, flürzte. fih dann in den Fluß und
Schwamm bis zu einer in der Mitte deffelben aus
Strauchwerf und Schilf fich gebildeten Inſel und
verbarg fih dort. Als die Übrigen Indianer ber-
anfamen und ihren. Gefährten todt zu Boden geftreckt
fanden, erhoben fie ein. fürchterliches Gefchrei, und
da fie feine Spur von dem fie unter dem Schilfe
verborgenen Flüchtling entdecken Fonnten, nahmen fie
die Leiche mit und begaben fich zuruͤckf.
Erft mie Einbruch der Nacht wagte es —
ſeinen Schlupfwinkel zu verlaſſen, ſchwamm an das
entgegengeſetzte Ufer und nach mehrtaͤgigem Herum⸗
irren langte er, von den Musquitos dichtig zerſto—
chen, im Fort Louis bei ſeinen Laudsleuten an, denen
er das ſeltene Abentheuer erzaͤhlte.
An den Grenzen der vereinigten Staaten veruͤben
die Indianer doch zuweilen Mordthaten, und waͤh⸗
rend meinem Aufenthalt daſelbſt wurden 2 Amerika⸗
ner im Staate Ohio ſchlafend, von drei Indianern, er⸗
6
*
mordet. Der eine war nur ein 11jähriger Bube und
auch diefer mußte auf Geheiß: der übrigen beiden dem
einen Weißen mit der Tomahawk den erfien Schlag
verfegen. Alle drei wurden aber auf Neguifition der
Behörden von ihrem Stamm amsgeliefert, aber nur
die. zwei Erwachfenen gehangen. Vor der Hinrich.
tung bedanerte der Eine, daß er nicht länger leben
könne, um noch mehrere Weiße zu ermorden; auch
wollte er lieber erfchoflen oder mit der Tomahawk ers
fchlagen, als gefangen werden; umd nicht wenig wer—
de der große Geift darüber lachen, wenn er mit dert
Stricfe um den Hals vor ihn treten werde, fagte er
zu den Umſtehenden
zwölfter Abtfhniee.
Eigenſchaften des Charakters und Muth der Indianer; ihre
kriegeriſchen Operationen und Ehrentitel der Krieger.
Schon fruͤher habe ich uͤber den Charakter der
Indianer Einiges geſagt: er iſt ein Gemiſch von gu—
ten und boͤſen Eigenſchaften, von Schwaͤche und
Stärfe, mit einen Worte Fein fefter Charakter. Oft
zeigen fie einen Much und eine Verachtung des Le—
bend, die den civilifirten Menfchen Staunen und Ehr-
furcht gegen fie abnöthigen; manchmal aber find fie
wieder Eleinmüthig, feig und meuchelmörderifch in ih⸗
ren Kriegesoperationen. Weiter im Innern ging ein
Trupp Indianer einmal über den zugefrormen Mif-
foury= Strom, und als fie in der Mitte deſſelben auf
eine offene Stelle ſtießen, hielten die Krieger es für
ſchimpflich, derſelben auszuweichen, die Avantgarde
ſetzte dreiſt durch und fand in den Wellen den Tod.
Der übrige Trupp wollte ihnen folgen und wuͤrde
ie 55 u.
wahrſcheinlich daſſelbe Schickſal erlitten Haben, wenn
‚fie die Uelteren davon nicht zurückgehalten hätten.’ -
Meiner unmaßgeblichen Beobachtung nach habe
ich auch unter der weißen Menfchen , eine Unzuver⸗
läßigfeit des Charafterd und ein Gemifch von guten’
und minderguten Eigenfchaften wahrgenommen; daher‘
bin ich geneigt zu glauben, daß eine Unbeſtaͤndigkeit
des Klimas, wie e8 in Nordamerifa, befonders im
Winter in der That ift, auch auf die" Befchaffenheit
des Charafterd der Bewohner Einfluß haben mag.
Ihre Angriffe beginnen die Indianer, ' wenn fie
auch manchmal durch Boten die Feindfeligkeiten an—
fündigen Taffen, doch felten im offenen Felde, ſondern
gewöhnlich Durch nächtliche Ueberfaͤlle. Selbſt bei: den
civilifirten Amerikanern wurden auf diefe Art ganz
Corps vernichtet. Ihre Kriege find eigentlich nichts’
weiter als Naubzüge, und gewöhnlich werden dieſe
nächtlichen Weberfälfe durch ein’ furchtbares Geſchrei
begleitet, womit fie bei der amerifanifchen Miliz ih:
ren Zweck auch nicht verfehlten und fie, felbft unter
dem Commando des tapferm Jakſons, dergeſtalt in
Schrecken verfesten, —* ſie aus lauter N ine
Feuern vergaß. I“
Seder Bölferffamm hat eilig) N Ehe und
unter diefem find wieder einige Unter-Chef3; auch ha-
ben diejenigen, welche fich durch irgend eine große
That oder im Kampfe berühmt gemacht haben, ge
wiffe Ehrentitel entweder felbft angenommen, oder fie
find ihnen von dem Stamme beigelegt worden. So
3. B. heißt der eine Chef: Karfupaha oder der Kuh
kopf; ein anderer Neswaunja oder der’große Stier;
Nenafava (der ſchwarze Kater); Sananona oder Eis
fern Auge; Wushaſchako oder der Brave Mann;
Stageaunja, der Große Blauange; Großer Büffel,
6 *
Kleiner Dieb, Großer Teufel, find ſanmtuch Ehren
Titel.
Möge fich dahero der Critikaſter in Zukunft alfer
Sticheleien über die großen. Titel in der alten, Welt
enthalten und aufhören, fie als ‚eine Frucht ded Des⸗
potismus zu betrachten. Auch bei diefen im: reinften
Naturzuftande lebenden Kindern: der Sonne, die kei⸗
nen Zwang unter ſich dulden, keine Gewalt des Ein
zelnen anerkennen; herrſcht eine Titelfucht; und wenn
auch. diefe in ihren Augen. ‚große -Titel von ‚den
unfrigen etwas verſchieden find, fo find es doch im-
mer Titel, auf die fie fich viel zu Gute halten.
Große Titel: find das Gefühl großer Verdienfte. —
Die Armeen der Indianer find auch Feinesweges
ſo zahlreich, als bei uns. Die, welche 150, 200 bis
300 Krieger haben, find fchon nicht unbedeutende Nas
tionen; manche haben nur 50, manche auch gar nur.
5 oder 10, und dieſe find gewöhnlich mit anderen
märhtigeren - Voͤlkern in Bündniß. 700 Krieger find
nur bei den Menetarees und Sioux anzutreffen, zu
denen wieder verfchiedene Eleinere Nationen gehören.
Die zahlreichften: find die Schlangenindianer am
filen Ozean, wo ein Stamm oft aus 15,000 See⸗
len befteht.
Dreizehnter Abſchnitt.
Gefräßtgkeit der Indianer; und ihre Einfalt.
Schon am Fuße der Rocky Mountains. oder flei-
nigten Gebirge, und zum Theil auf den. Gebirgen
felbft, trafen Lewis und Clarke einen Indianer⸗
Stamm, die Chopunniſch an, die wegen Mangel at.
Wild und befonders der Büffel, hoͤchſt armſelig und
‘fo fehr abgehungert waren, daß fie über die Einge⸗
weide von einem Hirfch, den einer von der Partie
erlegt und ausgemweidet hatte, wie gierige Naben her⸗
fielen und fie verzehrten. "Die Gedärme nahmen fie
in den Mund, drückten mit der Hand, deren Inhalt
aus, und verzehrten fie mit dem größten Appetit.
Don drei erlegten Hirfchen wurden ihnen zwei zum
Beſten gegeben, und auch dieſe — ſie * bis
auf die Knochen.
Die Indianer koͤnnen — Tage Fe gun»
gern; wenn fie aber etwas. zu effen bekommen, dann
nehmen fie. auch eine gute Portion zu fich. Ihr Mar
gen verbaut faf alles, was nur der Verdauung für
‚big iſt.
Alle die im Inneren oorgefündenen Stämme wa⸗
ren ungleich mehr gutmuͤthige und biedere Menſchen,
als die, welche an den. Grenzen der weißen Bevoͤlke—
‚rung wohnen; unter andern benahmen fich die Cho—
‚punnifch, welche auf dem anderen Abhange der. Ge—
birge wohnten und noch feine weiße Menſchen geſe—
ben hatten, faft noch eben fo. unbefangen und harım-
los, wie die Völfer auf St. Salvador, ald Chriftoph
Columbus dort das erftemal landete.
Capitain Kewis fihoß eine Ente und einen Kra⸗
nich aus der Luft herunter, und als die in einiger
Entfernung ſtehenden Indianer den Knall hoͤrten,
flohen fie in größter Beſtuͤrzung in ihre Hütten, und
als Kewis ihnen dahin folgte, Tagen: fie wehklagend
‚auf der Erde und fireckten ihre Häupter hin, damit
er fie ihnen ohne Mühe und ohne ihnen große Schmerzen
zu verurſachen, abfchlagen koͤnne. Diefe Gewohnheit
herrſcht bei den meiften im Innern wohnenden India—
ner» Stämmen; und wenn fie von den Feinden über-
fallen. werden, und Widerftand und Flucht ihnen nicht
mehr möglich fi ind, — Er RER NEN auf die
Erde hin, damit der Feind ſie ihnen ohne ohne Muͤ⸗
he abfehlagen koͤnne; auch die Srauenzimmer ıthaten
dies, und fonach- ſcheint es, ald wenn das Pardonge-
ben bei dieſen Vetan Sl —* im Ge⸗
brauch wäre. 5
Lewis ſuchte ſie zu — und an—
daß er keine Gottheit, wofuͤr ſie ihn hielten, ſondern
ein —— ſey, ſo gut wie fie. |
"Hi er aber nach einiger Zeit fein Brennglas
und die Windbuͤchſe herausnahm und feine Tabacks—
Pfeife mit erſterem anglimmte, geriethen fi fie abermals
in die größte Rerwunderung, daß er Feuer vom Him-
mel herunterziehen fönne, und hielten die Reiſenden
fir höhere Wefen; dabei fagte eine Frau: fie Fönne
es nicht glauben, daß fie Menſchen waͤren; denn ſie
habe ſi ſie unter Blitz und Donner aus den Wolken
herunter kommen ſehen. Wahrſcheinlich mögen die
beiden Shäfe nach dem Kranich und der Ente, der
Knall und Dampf und das Herunterfallen der ge—
tödteten Thiere f e zu dieſet — veranlaßt
haben.
Vierzehnter Abſchnitt.
Krankheiten der Indianer. |
Da die Arzneifunde unter den Indianern in fehr
fchlechten Umftänden ift, fo wären fie übel daran,
wenn folche Heere von Krankheiten unter ihnen wuͤ⸗
theten/ wie unter der civilifirten Bevoͤlkerung. Alle
ihre etwanigen UnbehaglichFfeiten kuriren fie gleich den
nordifchen Völkern durch Dampfbäder; fie haben naͤm⸗
lich bei irgend einer Quelle einen Waflerbehälter an-
gebracht, und machen das Waffer durch gluͤhende
Steine heiß, fegen fih hinein, bedecken den Behälter
und überlaflen fi der LSranspiration, und nachdem
fie eine Zeitlang geſchwitzt Haben, fürzen fie fich wies
der in’8 kalte Flußwaſſer.
Die Weiber brauchen bei ihren Ent binbinigen auch
feine‘ Hebammen, und wie leicht bei ihnen diefes Ge-
ſchaͤft von flatten geht, wird fih aus ſolgen der Er⸗
zaͤhlung ergeben.
Die Schoſchunys dienten der Expedition als
MWegweifer und begleiteten fie im einem ganzen Trupp
eine weite Strece. Eine Frau, welche ein Packpferd
ritt, blieb auf einmal zurück, und als die Befehls⸗
haber nach der Urfache frugen, fagte ihnen der Chef:
fie follen außer Sorgen ſeyn; die Frau wolle nur im
alter Gefchwindigfeit ihr Wochenbett halten. und wer-
de bald die Gefellfehaft wieder einholen; und in der
That Fam fie in Zeit von einer Stunde wieder zur
Geſellſchaft geritten, und hatte ein neugebornes Kind
bei fich.
Die ſchrecklichſie Krankheit der — ſind
die Blattern, welche oft ganze Voͤlkerſtaͤmme aufrei-
ben. Die Mahas, ein Miffoury- Stamm, find faft
größtentheild durch die Blattern aufgerieben wor—
den. Als fie dieſe fchreckliche Plage ſolche Verhee⸗
rungen unter ihnen anrichten fahen, geriethen mans
che in Wurh und Verzweiflung, brannten ihre Huͤt—
ten nieder und fchlugen ihre Weiber und Kinder todt,
um fie von diefen Leiden zu befreien und fie in ein
befferes Land zu fördern, wo fie die Schmerzen einer
fo furchtbaren Krankheit nicht anszuftehen hätten.
Diefes verheerende Uebel erbten die Amerikaner
von den Europäern und gaben ihnen zur Wiederver-
geltung ein anderes nicht minder fehreckliches zurück,
— 88 —
welches ihnen den Genuß der ſinnlichen Freuden ſo
oft verbittert; denn keinem Zweifel unterliegt es jetzt
mehr, daß dieſe Krankheit von den Amerikanern her—
ſtammt, da ſie Lewis und Clarke tief im Inneren
des Landes, bei den Schoſchunys und Chopunniſch an-
trafen, obgleich. diefe Völker mit den Weißen’ noch nie
einen Umgang hatten.) Da nun diefe Völker. Feine’
Mittel kennen, dieſe Krankheit zw heilen, fo ſchleppen
fie fich in der Regel fo lange damit, bis fie nach und:
nach den Körper gänzlich zerrüttet und dem Leben ein
Ende macht. Die mäßige Lebensart und wohl and.
das Eigenthümliche der Krankheit ſelbſt, machen es,
daß ſie nicht mit folcher Verheerung um füch greift,’
wie in Europa, und bei manchen damit‘ Behafteten
vergehen mehrere Jahre, ehe fie ein Opfer: diefer
Seuche werden.
SZunfzehnter Abſchnitt.
Merkantilifche Bedürfniffe der Indianer.
Die Heifenden befchenften die Ober- und Inter:
Chefs der mannigfaltigen Indianerſtaͤmme, die fie auf
ihrer Tour antrafen, gewöhnlich mit Kleidungsftücken,
die militairifchen Schnitt8 waren, und verurfachten
ihnen dadurch große Freude. In der Negel aber wa⸗
ven Glasforallen, befonders die von blauer Farbe,
dasjenige Dbject, welches in ihren Augen den meiften
Werth hatte. Kein Preis war ihnen zu hoch dafür,
und den fehönften und Foftbarften Otterbalg gaben fie
für eine Schnure folchen Tands. Auch baten fie die
Erpedition flehentlich, dem Großvater, fo nennen die
Indianer gewöhnlich den Präfidenten, dahin zu ver-
mögen, daß er ihnen bald Spiengenehre ſchicke, theils
um ſich gegen die Feinde zu mehren, theils fie gegen
die Büffel und das übrige Wild zur Jagd zu gebrau⸗
chen. Ueber die gewöhnlichen Gegenftände des Hans
dels, welche die Nordweft- Compagnie den Indianern
zuführt, wird mweiter unten ein Mehreres gefagt mer:
den, und fonach will ich hiemit die Schilderung der
Menfchen fehließen und zu der des Landes übergehen
und in aller Kürze auch das Ihierreich berühren, vor:
her aber «noch eime merkwuͤrdige Tradition über den
Urfprung der Oflage- Indianer anführen.
\
Sechszehnter Abſchnitt.
urſprung der lage,
Nach dem ———— Dafurhalten war der
Stammpvater dieſer Nation eine Schnecke, die an den
Ufern des Oſſage-Fluſſes ein ruhiges Leben führte,
dis fie die Fluth an den Miffoury ſchwemmte, und
fie an deffen Ufern ausfegte. Mit der Zeit brütete
die Sonnenhige aus ihr einen Menfchen aus, der,
troß der Verwandelung feiner Natur, feinen ehemali—
gen Aufenthalt nicht vergeflen hatte; aber Hunger und
Fatiguen hatten ihn bald. übermannt, als ihm der
große Geift erfchien, ihm Bogen und Pfeile-gab, ihn
den Dirfch erlegen und zubereiten und mit feinem Selle
fih bedecken lehrte. Er wanderte dann feiner urſpruͤng⸗
lichen Wohnung zu, und als er fich dem Fluſſe nä>
herte, begegnete er einem Biber, welcher ihn hochmüz
thig frag: wer er fei, und wer ihn dazu ermächtiget,
ihn in feiner Befisung zu flören? Der Dffage erwi—
derte: ihm gehöre der Fluß, und ſchon früher habe
er an feinen Ufern gewohnt. Während fie fich fo
fritten, Fam die Tochter des Bibers dazu und ver:
2
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ſoͤhnte durch ihre ae den Vater mit dem
jungen Fremdling. Man Fam endlich dahin überein,
daß Oſſage die junge Biberin heirathen und mit ih:
rer Familie gemeinfchaftlich den Fluß benugen folite.
Mage nahm dieß bereitwillig an, und von dieſer glück-
lichen Verbindung haben das Dorf und die Nation
der Wasbaſchas vder Oſſages ihren Urfprung; Tegtere
hegten daher fletd eine fromme Berehrung gegen ihre
Boreitern und nie haben fie Jagd auf fie gemacht,
weil, wenn fie felbige toͤdteten, fie ftetS einem Bruder
des Dffage das Leben nähmen! Als aber in neueren
Zeiten der Handel mit den Weißen die Biberfelle Foft-
barer machte, hat fich auch die Heiligkeit diefer müt-
terlichen Verwandtſchaft fehr vermindert, und die ars
men Thiere haben jeßt alle ihre Vorrechte der Bluts-
freundfchaft verloren.
Siebzehnter Abfdnitt.
Anficht des Landes zwifchen dem Miffifippy und dem ſtillen
Ocean, und des Thierreichs; aus Lewis und Clarkes und des
Major Pikes Reifen entlehnt; Beſchreibung des Miſſoury⸗
Falls.
Jenſeits des Miffifippy hat ſich am Miſſoury⸗
Stufe, welcher fich unter dem ZI N. B. in dem Mif-
fifippn ergießt, auch ſchon ‚weiße Bevölkerung nieder-
gelaffen, die fich täglich mehret.. Jener Diftrift heißt
das Miffoury > Territorium, und wird vielleicht naͤch⸗
ſtens ald ein neuer Staat in die Union aufgenommen
werden, wenn er nemlich die dazu erforderliche Ein-
wohnerzahl haben wird. Leider ift auch dort die Skla-
verei der Neger eingeführt, und fo wird diefer Schand-
Aleck der Republik von Tag zu Tag größer, ſtatt fich
durch Die Ideen des Zeitgeiftes zu vermindern.
Das; Land. ift vanferordentlich ‚fruchtbar. und die
ewöhnlichen Erzeugniſſe find; Weizen, — * —
Bd und Indigo.
Die Hauptftadt des Territoriums rr St gonis;
fie liegt 35 Meilen von. der Mündung des Miſſoury
in einen, ſehr fchönen und romantifchen Gegend; fie
enthält bereitd über 300 Hänfer und täglich mehret
fih die Vopufation, weil fie der Centralpunkt des
weſtlichen Pelzhandels iſt.
70 Meilen weiter im Inneren liegt St. ‚Geneviene,
ein anderes Städtchen; beide find von dem Franzofen
angelegt, und daher find die Einwohner auch größten:
theils franzöfifchen Urfprunges. Der Boden am Mif-
foury Strom bis an. den Fuß der Felfengebirge, eine
Strecke von. beinahe 3000 englifchen "Meilen vom
Miffifippi, iſt hin und wieder mit Fleinen Anhoͤhen
and Hügeln durchfehnitten, hat wenig Holz und nur
an den Flüffen- ift: Teßteres „anzutreffen. Der Boden
fcheint ‚außerordentlich fruchtbar zu feyn, und bietet
oft, ſo weit das Ange nur reicht, Die fchönften: Plaͤ—
nen und prächtigfien Wiefen Dar, auf denen ganze
Heerden von Büffel oft 10,000 Stürf Me
weiden.
Sir. der angegebenen BERN läuft eine Kette
von Gebirgen, die Selfengebirge genannt, von Nord:
weten nach Südweften hinz fie find von ungeheurer
Höhe, ſehr rauh und felſigt und ihre Gipfel mit
ewigem Schnee bedeckt. Zn Neu-Mexico vereinigen
fie fih mit. den Cordilleras; und fo wie die Alle
ghenys im öftlichen gegen das: atlantifche, fo bilden
Jene im weſtlichen gegen das file Meer den unbe-
zwingbaren Damm, und verfprechen den Amerifanern
einft. veichliche Ausbente an edlen Metallen. '
Am dieffeitigen Fuße der Felfen- Gebirge ift der
%
eben fo erhabene als prachtvolle Miſſouryfall, der den
Niagara Cataract an grauſender SOME bei
weitem übertrifft.
Die Gegend ift hier ungleich mehr von Anbößen
durchſchnitten auf denen zahlloſe Heerden von Buͤf—
feln weiden. Der Anblick dieſer romantiſchen Gefilde
iſt bezaubernd, und da fie nach jeder Richtung hin bes
lebt find, ſo glaubt fich der Wanderer eher in der
Nähe einer großen Meierei, als in völlig unbewohn⸗
ten Einöden, zu befinden. Suͤdweſtlich ragen über die
Fläche zwei Berge von einer ganz befonderen Geffalt
hervor, und fcheinen eher das Anfehen Einftlicher Wälte
einer hohen Feftung, als das Gepräge der Natur an
fich zu tragen. Diefe Berge beftehen aus gelbem Kies,
find zweihundert Fuß hoch und bilden ein an den Geiz,
ten perpendiculaired Quadrat; ihre Gipfel beftehen aus
den ebenfien Plänen. Zwei Meilen hinter diefen hört
man bereit$ das ‚tobende Braufen des Waſſerfalls,
ver fich nach. einer Wanderung von 7 Meilen ganz in
feiner Pracht dem Auge des Wänderers darftellt.
linmittelbar vor demfelben iſt der Fluß 300 Yard
(engle Elfen a ız Berl. Eile) breit; am Tinfen Ufer
raget ein 100 Fuß hoher Felfen hervor und preße in
fenfrechter Richtung und fich eine Meile firomanfwärts
erftrecfend, das Waſſerbett zufammen. Rechts ift eine
zweite Felſenkluft, welche ebenfalls oberhalb des Falls
500 Yard weit in perpendicnlairer Richtung fortläuft.
Dom Tinten Felfen Ufer an fällt das Wafler bis auf
eine Diftanz von 90 bis 100 Yard in ruhigen und
geraden Maffen in eine go Fuß tiefe Kluft; der übrige
Theil des Waflerbetts aber ftürzt in einer reißenden
Strömung in den Abgrund; dort wird ed von unres
gelmäfig zerfirenten Felfen aufgefangen und Iöft fich
völlig in Schaum auf, aus dem fi taufendfältige
Wolken bilden, die fich fänlenförmig bis zu einer
Höhe von 15 bis 20 Fuß erheben, und an denen die
Sonnenftrahlen den: glanzvollſten Regenbogen bilden.
Sobald die, Wellen von ihrem Falle ſich wieder erhe—
ben, fehlagen fi fie wüthend an eine 150 Yard weiter
entfernte, den Fluß quer durchfchneidende Selfenfchicht.
Vom rechten Ufer her raget Diefe 120 Yard weit nur
einige Fuß hoch über. die Oberfläche hervor, und bei
hohem Waffer findet der Fluß. über diefelben. einen
40 Yard breiten Canal; über: dieſe Diftanz. hinaus
aber erhebt fich der Felfendamm zo Fuß über das Bett
und bricht in einer Entfernung von, 80 bis 90 Yard
vom linfen Ufer. mit einemmale ab. In diefer Deff-
nung drängt fih die ganze Maffe des Wafferd mit
veißender Schnelligkeit durch. Dicht an dieſem Felfen-
Ufer mwachfen einige Kleine Cedern und dienen gleich-
fam als Schugwehr einer mit Baumwollenholz be=
fohatteten Pläne von einigen Ackern; auch. befinden
fih hier am Ende des Falles einige Indianer-Huͤtten.
Oberhalb des Falles find 3 Meilen weit eine
Menge Fleinerer Waflerfälle und Abſchuͤſſe; fünf Mei:
fen weiter. if der zweite Sal. Der Fluß iſt hier
400 Yard breit, und flürzt fich in. einer Breite von
500 Yard fo unregelmäßig 19 Fuß tief hinab, daß
ihm. der. Name, der gebrochene Fall, beigelegt wurde.
Etwas weiter ‚hinauf wird der Fluß durch einen,
wie durch Kunſt geformten, graden und in der regel-
mäßigften Nichtung von einem Ufer des Fluſſes big
zum anderen, fich hinaus erftrecfenden Felfendamm
aufgehalten, ftürzt fich über diefen mit ebener und un-
unterbrochener Fluth 50 Fuß tief hinab und läßt,
unten wider den Felfengrund kaͤmpfend, eine Dampf⸗
wolke von weißem Schaum hinter ſich. Dieſe Scene
iſt wirklich ganz vorzuͤglich ſchoͤn, indem ſie, ohne eine
—
dieſer unregelmaͤßigen Erhabenheiten des erſten Falls
an ſich zu haben, vielmehr alle die ſymmetriſchen Schoͤn⸗
heiten in ſich vereiniget, welche die Einbildungskraft
des Malers waͤhlen wuͤrde, um einen ſchoͤnen Waſſer⸗
fat abzubilden.
In einer Entfernung von oz Meile befinder fich
noch ein 26 Fuß hoher Sal, und dicht unter diefem
ift im der Mitte des Fluffes eine Fleine Infel, auf der
auf einem Baumwollenbaum ein Adler fein Reſt er-
bauer hat. Hier folgt noch eine ſchoͤne Plaͤne und
gleich hinter diefer erheben fich die majeftätifchen Selz
fenberge mit ihren beeifeten Häuptern.
Möchte doch bald die Hand eines gefchieften
Künftlers diefes erhabene Schaufpiel der Narur nebft
der fo romantifchen Gegend uns fi anbildlicher dar⸗
ſtellen!
Am jenſeitigen Abhange der Felſenberge bewun—
derten die Reiſenden einen nicht minder ſchoͤnen Waſ—
ſerfall auf dem Columbia-Fluß, fanden auch dort ein
hoͤchſt merkwuͤrdiges Naturwerk von einer Felſen-Co—
lonade, unter denen ſich 100 Fuß hohe, wie von der
Hand der Kunſt geformte Saͤulen befanden. Aders—
bach in Böhmen hat alfo im einer Ferne von 2500
deutſchen Meilen einen. Nebenbupfer.
Zur Berichtigung einer Unrichtigfeit im erften
Bande muß ich hier anführen, daß Lewis und Llarfe
ihre Reiſe wirklich bi8 an die Mündung des Colum-
bia-Fluſſes am ftillen Ocean volführt, dort aber Die
Elatfops und Schlangenindianer keinesweges mehr fo
gutmuͤthig gefunden haben, wie die Voͤlker des In⸗
neren und der Gebirge. Sie waren durchtriebene
Handelsiente und forderten für ihre Pelterien oft das
Dreifache, manchmal auch das ande des wahren
Preiſes.
ee,
Der Miffonry- Strom ift einer der Tängften in
dem Vereinigten Staaten. Gegen 3000 Meilen weit
find die Neifenden, 35 an der Zahl, in Booten auf
demfelben heranfgefchifft, und noch hatten fie feinen
Urfprung, den er in den Felfengebirgem entlehnt, nicht
aufgefunden. Er nimmt anf feinen beiden Ufern meh:
vere hunderte von Bächen, Strömen und Flüffen auf,
und auf feinen Umgebungen koͤnnten Millionen und
Millionen Menfchen ihre reichliche Subfiftenz finden.
Ihr politifchen Klügler! mie eurer unfinnigen Staats⸗
klugheit, die ihr alfe Viertel Saͤcula einen Krieg zur
Steurung der übergroßen Bevslferung für nothwen—
dig erachtet; werft einen Blick auf die Eharte des
weftiichen Amerifas und entglühet vor Schaam über
eure wahnwitzigen und gottlofen Grundfäge.! Iſt vie
Bevölkerung Europas fo groß, daß die Menfchen auf
feiner Fläche nicht alfe mehr leben koͤnnen, müffen
wir darum, gleich wilden Beftien, einander anfallen
und würgen und morden? Wer wollte die Europät-
fhen Voͤlker hindern, in jenen fruchtbaren Gefil⸗
den, die fie entdeckt und civififirt haben, Colonien ans
zulegen, fobald fie es für zwecfmäßig und nothwendig
erachten? Doch wahrlich nicht diefe Seelenwucheriſche
Republik;! wer gab dieſer das Recht, den ſchwachen
und harmloſen Indianern das Land zu entreißen,
welches ſie doch nicht anbauen? Wahrlich! wenn die
Europaͤiſchen Fuͤrſten Colonien im transattlantifchen
Continente anzulegen wuͤnſchten; ſo duͤrfen ſie es nur
wollen, und Niemand wuͤrde und koͤnnte ſie daran
hindern. Rußland, das ſein Intereſſe ſo richtig be—
rechnende Rußland, macht in feinem Colonial⸗Syſtem
im weſtlichen und nordweſtlichen Amerika die herrlich—
ſten Fortſchritte, die ſich verzehnfachen werden, ſobald
mit China Handelstraktaten und freundſchaftliche Wer:
haͤltniſſe zu Stande, kommen. Und von dort aus koͤn⸗
nen dieſe Colonien einſt reichlichen Zuwachs erhalten,
weil die Menſchen bereits ſo zahlreich ſind, daß die
Eltern mit Befugniß der Geſetze ihre neugebornen
Kinder mit eben ſo wenig Ceremonie aus der Welt
ſchaffen, wie es bei uns mit den jungen Hunden und
Katzen der Fall zu ſeyn pflegt. Wer ſchaudert nicht
uͤber dieſe barbariſche Gewohnheit, und wer moͤchte
nicht wuͤnſchen, daß Mittel, und Wege gefunden wuͤr⸗
den, ihr baldigſt ein Ende zu machen!
Trrotz der Schilderung der beiden Amerikaner iſt
das unermeßliche Gebiet an dem Miſſoury hin und
wieder ein wahres Feen-Land. Die Weinrebe und die
Obſtbaͤume gedeihen wild. Unuͤberſehbare Wieſen ſind
mit Blumen, wilden Roſenbuͤſchen und dem ſchoͤnſten
Graſe bedeckt.
Wilde Auerhuͤhner, Kraniche, Pelikane, Schwaͤne,
Stoͤrche, wilde Gaͤnſe, Enten, Faſanen, Feldhuͤhner
und Turteltauben belebten Fluren und Gewaͤſſer; und
mannigfaltige Species von Voͤgeln mit dem ſchoͤnſten
Gefieder entzuͤckten das Ohr mit ihrem Geſange.
Unter der Quadruſpeden-Gattung ſtreiften auf
den Auen. und in dem Gebüfchen umher: Millionen
von Düffeln, ganze Heerden wilder ‚Ziegen, wilde
Schaafe,, Elendthiere, Einhorne, Antilopen (Art
Gemfe), Hirfche von verfchiedener Farbe, graue und
weiße Daafen, rothe und filbergraue Füchfe. Seeot—
tern und Biber an den Gemwäflern; Nacouns, Mar:
der, Iltiſſe, Wiefel, Eichhörnchen, Stachelichweine,
graue, braune und weiße Bären; von ‚den leßteren
wurden die Neifenden öfters attafirt; graue und weiße
Wölfe, Feine Panther und noch mannigfaches anderes
Wild bieten bier dem Jäger und Dandelömann ein
unerſchoͤpfliches Teld dar. Ä
Schlan⸗
Schlangen waren in mancher Gegend ‚gar nicht,
und in mancher wieder in großer Menge, zu ſehen,
als: die braune, gruͤne und ſchwarze Klapperſchlange;
die zweikoͤpfige und die bruͤllende Schlange; bie Horn⸗
und Waſſerſchlange und verſchiedene andere gefaͤhrliche
Gattungen. In den Felſengebirgen hoͤrten die Rei⸗
ſenden ein Krachen/ gleich dem Kanonendonner. Nach
der Meinung des Gefolges der Herren Lewis und
Clarke ruͤhre dieß Getoͤſe von der Ueberſchwaͤngerung
der Berge mit Silber her. Die Mexicaniſchen Sil⸗
berminen ſtechen die guten Jaͤnkys gar zu ſehr in die
Augen. Gelingt es der jetzigen Expedition auf dem
Yellow Stone Silber >, ‚oder ‚gar. Goldminen zu ent⸗
decken, ſo iſt in Zeit von 20 Jahren. gewiß nur noch
deutſche Bevoͤlkerung an den Ufern. des atlantifchen
Meeres in Amerika. anzutreffen. —
PN,
Zwanzigſtes Kapitel.
Schilderung der Laͤks Country oder der Ländereien
au den Seen, zur Nachricht für auswandernde Co—
lon iſten— und Beſchretbung des Staates
New⸗-York.
Wenn ich diejenigen Gegenden/ welche ich bereits
beſchrieben habe, und die, welche ich nunmehr noch
beſchreiben werde, auch nicht ſelllſt bereifet. und gefes
hen habe, fo wird dieß doch bei der Sache nicht viel
verſchlagen. Ich habe von vernuͤnftigen Maͤnnern
hinlaͤngliche Erkundigung daruͤber eingezogen, ſie mit
den beſten Beſchreibungen amerikaniſcher Reiſenden
verglichen, Berichte aus Öffentlichen Blättern in Amer
I; | 7
— | 95 —
rita ſelbſt gefammeit, und kann daher mein —
auf richtige Thatſachen gründen.
In der Negel befindet fich der ausgewahderte
Dentfche, fobald er den Boden der neuen Welt betre—
ten und noch etwas im Vermögen hat, im der Un—
ſchluͤſſigkeit: weichen Iheil Amerifa’s oder des gelob-
ten Landes er zu feinem Paradieſe oder "feiner Gold-
grube erwählen fol. Der eine fchlägt ihm die We—
fern Country: Ohio, Indiana, Illinois, oder gar das
Miffonry- Gebiet vor, und fehildert ihm das Fand und
die Fruchtbarkeit des Bodens, die er freilich nur aus
den Zeitungsberichten Fennt, mit den glänzendften
Zarben; der Andere empfiehlt ihm wieder das noͤrd⸗
liche Land; und der unkundige Fremdling weiß am
Ende nicht, was er thun oder Taffen und wohin er
fih wenden ſoll? DBoller Eigenliebe, wie Die Ameris
kaner in der Negel find, fprechen fie dem Deutfchen
und alfen Europäern jede Fähigfeit zur Betreibung
der amerifanifchen Landwirthfchaft und der dafigen
Gewerbsinduftrie ad, und muthen ibm zu, fich erfi
einige Zeit als Tagelöhner oder Lehrling zu verdingen.
Der Ackerbauer ‚hat, dort aber Feine Zeit. zu verlieren,
‚wenn er feine Befisung noch bei feiner Lebenszeit zu
Stande bringen will; und darum muß er, was er
heute thun kann, nicht auf Morgen, viel weniger auf
Sabre verfchieben. Es muß ihm daher nicht unwill-
fommen feyn, eine Ueberſicht und fpezielle Befchrei-
bung derjenigen Gegenden vor fich zu haben, die fich
am beften zu einem Etabliſſement für ihn eigenen.
Ans diefem Grunde füge ich eine Furze Schilderung
faft alfer neuen Staaten bei, im denen ſich die ein-
wandernden Coloniften gewöhnlich niederlaffen.
Wenn auch nicht zu beftreiten if, daß der Boden
in den weftlichen Staaten fruchtbarer iſt, als in den
Öftlichen und nördlichen, fo habe ich die den Coloni—
fien dort unvermeidlich. erwartenden Nachtheile auch
ſchon hinlänglich angeführt. Zu dieſen gehoͤrt auch
noch der Mebelftand, daß die mweftlichen ‚Staaten in
der Hegel Feine Grasländer find, : und wenn: diefem
auch durch Kleebau abzuhelfen, ſo gehört doch von
Bäumen: gefänbertes Land dazu, Bay Zeit ——
lich iſt.
Ferner haben die neuen und beſonders die weftli
chen Länder auch noch diefen Nachtheil, daß unter
den neu angefiedelten Eoloniften im Durchſchnitt drei
Individuen ans einer Familie ein Opfer des Clima's
werden. Die Urfache diefer Sterblichkeit liegt darin,
weil: fie ſich fogleich auf dem neuen: Erabliffement
wohnhaft niederlaffen. Nach der Meinung von Sach—
verftändigen müßten fie die Bäume im Frühjahre toͤd—
ten, und im Herbſt fie wegbrennen, den Platz reinigen
‚und erft nach zwei Jahren, wenn: die Sonne alfe
Seuchtigfeit ausgezogen bat, das Wohngebäude dar—
auf auffchlagen.
Im Fahre 1819 war auch in den EEE am
Dntariv rc. die Sterblichfeit bedeutend; inzwifchen iff
wegen dem ungleich fälteren Elima dort immer noch
gefundere Atmofphäre zu erwarten, als in den füds
licheren Gegenden, 3E
Neu York, einer der größten Re ‚der Union,
der gleichfam allein eine Republik bilder, zieht jege
die Aufmerkfamfeit der neuen Anſiedler ganz beſonders
an fih; eines Theils weil fruchtbares, ebenes und
unangebautes Sand dort noch in Menge vorhanden,
und anderen Theils der Abfas der Erzeugniſſe auf den
mannigfaftigen daſigen Gewaͤſſern ungleich leichter ift,
«
als in jedem anderen Staate. Dürd den Hudſons⸗
Sing, welcher ſich bei der City Neu-⸗VYork in die See
*7
— 10 —
ergießt, und den Mehant Fluß iſt eine Communica⸗
tion zu Lande mit dem Ontario⸗See, folglich auch
mit Montreal, Quebeck und Detroit hergeſtellt, und
in der That werden in Neu-York auch die Höfen
mercantiliſchen Geſchaͤfte gemacht.
An den Seen Ontario, Erie und am Miagdras
Strom, der Fortfegung des St. Laurenz-Fluſſes, iſt
fo viel fehönes und fruchtbared Land im Ueberfluſſe,
daß Jahrhunderte vergehen werden⸗ ehe —* Aues
angebauet ſeyn wird.
Ale Feldfruͤchte der BEN Belt — dort
aufs beſte, und die mannigfaltigen fetten Triften und
Wieſen find befonders der Viehzucht fehr günftig, die
dort auch den DBorzug vor der von guen aͤbrigen
Staaten hat.
Der Strich Landes zwiſchen dem —— bis an
das aͤußerſte weſtliche Ende des Erie-Sees enthaͤlt
4 Millionen Acker Landes, worauf gegenwaͤrtig ſich
hin und wieder "einige elende Hütten befinden; und
noch weiter weflich gegen den Ohio-Staat hinaus ift
nichts vals Wildniß, in welcher einige Indianer:
Stämme von der ſechs Nationen’ haufen.
Der: Erie- See ift 500 engl. Meilen lang und has
760 im Umfange. : Der Ontario iſt 170 Meilen fang
und. 60 breit. Links von dem Letzteren nach der
Grenze von Venfilvanien zu, find’ eine Menge Fleine-
ver Seen, die fehr fifchreich find, und mit jenem durch
Slüffe in. Verbindung fliehen. "Schon aus diefen Seen:
kann der neue Eolonift und auch durch Wildprett fuͤr
das erſte Fahr feine Nahrung beziehen.
Das befte Land if, nach Evans und theils Bu
meiner eigenem Ueberzeugung, an den Flüffen: Moh⸗
hawk, Vermillion, Geneffie, Cajahuga und an der
Duffalos Erif, welche alle zu Schneide- und Mahl⸗
—— 101 —
muͤhlen, wegen ihrem fallenden Flußbett, denn ſie ent⸗
ſoringen ſaͤmmtlich in den Alegheny— Sen, fehr
geeignet find. ji
Auch hier, find ganz ebene Wieſen und Piauen,
die, ſo wie im Illinois-⸗Staate, ale mit dem Pfluge
bearbeitet werden koͤnnen. |
Oberhalb des Erie⸗Sees iſt die ‚Stadt nike
das Depot des weflichen Pelzhandeld: Von hier aus
- werden auch alle Handelsartikel auf. dem. Auron und
Superior-See in die, Faftoreien. der Nordweft- Comz
pagnie verfendet, um fie dort an die Indianer gegen
Selle zu vertauſchen. Dieſe Handeld -Dbiecte beftehen:
in Bulver, Blei, ſchlechten Gewehren und mollenen
Deden ꝛc., an denen die Agenten gewöhnlich einen
reinen Profit von 500 pro Cent RE Aecht ame⸗
rifanifche Zinfen! —
Zur. Betreibung diefes Handels hat die Nordweſt⸗
Compagnie 1500 Commis, und außer ihnen noch vers
ſchiedene Indianer im Solde. Zur Beſtimmung des
Preiſes dienen die Biberfelle als Maaßſtab; zwei der—
ſelben find gleich einem Otterfell, und zehen der letz⸗—
teren ſind der gewoͤhnliche Preis fuͤr eine Flinte. Die
ſolchergeſtalt eingetauſchten Otterfelle wurden in der
Regel nach China zum Verkauf verſendet; dort brachte
das Stuͤck im Durchſchnitt 40 Piaſter in den Jahren
1785 und 86, folglich gewährte eine Flinte den, enor—
men Preis von 400 Dollars, wder 600 Thaler Preuß.
Diefe Faftoreien, deren es befonderd am Supe—
rior= See und an den. Quellen des Miſſiſippi bis weit
ing Innere mehrere giebt, befiehen aus Blockhäufern,
Die Nahrung der Agenten find Fiſche und Wildprett,
als: Biber-, Hirſch- und Baͤrenfleiſch.
Mehl, Salz, geraͤuchertes und geſalzenes Schwei⸗
nefleiſch find nur dem Oberagenten vorbehaltene Lecker⸗
— 102 —
Biffen; indem dag Mehl 4, Salz 1 Sci Schweine:
fleifch 8 Cent (23.6r.), Coffee 43 Dollar und Ahorn⸗
zucker 3 Dollar pr. Pfund dort koſten. Ra
Gewoͤhnlich leben diefe Commis mit den India⸗
niſchen Weibern in wilder Ehe, und manche ſind ſo
ſehr an ſie attachirt, daß ſie den Aufenthalt in dieſen
Wildniſſen dem Umgange in der ziviliſirten Welt vor-
ziehen; daher beſteht die Bevoͤlkerung in dergleichen
Faktoreien größtentheild aus gemifchtem Blute.
Diefe Nordiweft- Compagnie hat ihre Agenten
ſchon bis an die Suͤdſee hinausgeſchickt und folche
ungeheure Fortſchritte in ihren Gefchäften gemacht,
daß fie, naͤchſt der offindifchen Compagnie, eine der
größten mercartilifchen Coalitionen ift,
Auch in Detroit ift, fo wie in Canada Überhaupt,
fehr viel frangöfifche Bevölkerung; allein der Ackerbau
ift in den Fläglichffen Umftänden und noch viel fehlech-
ter als der der Jaͤnkys; aber auch unter Diefen giebt
es viele, die den Boden nur einmal pflügen, und
dann auch noch fehlecht genug; Dünger geben fie ihm
gar nicht; das Gras laffen fie auf den Wiefen ver:
faulen; und wenn der Frühling herankoͤmmt, iſt das
Vieh, wo nicht ganz, doch wenigftens halb verhungert;
an Stroh mangelt es gewöhnlich in ganz Amerika,
und mirkfich dauerte mich bei den Srifchen oft daß
arme Vieh, welches feine Nahrung im Schnee an den
Maisftanden fuchen mußte.
Alles Federvieh hat Winter und Sommer feinen
Aufenthalt während der Nacht auf Bäumen; Schweine
hatten feinen Stall, fondern ihre Behaͤltniß beitand
blos aus einigen über eihandergelegte Pfählen; das
Rindvieh war fo abgehungert, daß es kaum auf deit
Süßen fiehen Eonnte. Wenn alfo nach Evans Anficht
die Ackerwirthſchaft und Haushaltung der Franzofen
a ar
in: Detroit. noch fchlechter ift, als die der Jriſchen,
fo muß es traurig dort ausfeher.
Am Erie⸗See haben die Bauern and den Staa⸗
ten Neu⸗York, Penſylvanien und Ohio ein Getreide
Magazin angelegt, um das Getreide in die Geeftädte
von dort zu Wafler zu befördern; da nun in dem
nördlichen Theile der Staaten Dhio, Indiana und
Illinois der Abfag der Erzeugniſſe mittelft der mans
nigfaltigen Seen, an welche erwähnte Staaten grens
zen, viel Teichter ift, fo wird fich die Bevoͤlkerung auch
mehr dahin ziehen, und Detroit mit der Zeit einft ein
wichtiger Handelsort werden.
„Das Land am Michigan See hat den. Vorzug
vor jedem andern Drte’in den vereinigten Staaten;
der Boden iſt allgemein fruchtbar, und ein bedeuten:
der Theil defielden auch ausgezeichnet. Das Clima
ift vortrefflich und hat weder das Nauhe de Nor⸗
dens, noch die druͤckende Hige des Südens an fich,
fondern bildet den Mittelweg zwifchen beiden. Der
Auftand des Ackerbaues ift hier Feinesweges blühend,
und in der ‚unmittelbaren Nähe von Detroit fogar
höchft jämmerlich, indem die Franzoſen keinen Ehrgeiz
befigen, fich in diefem ehrenvollen und ergiebigen Ge:
werbe auszuzeichnen. Landesprodufte finden daher in
Detroit fietS einen guten Preis, und bedeutende Sum:
men werden dort in die Staaten Neu-York, Pens
ſylvanien und Ohio bezahlt. Alle Manufaktur -Wans
ven werden von Neu-York hierher gefendet und mit
großem Profit verfauft.
Schreiner, Zimmerleute, Ziegelftreicher, Maurer
und auch Tagelöhner werden dort augenblickliche Be⸗
ſchaͤftigung und auch einen guten Lohn finden. Auf
meiner ganzen Neife von 4000 Meilen hat Fein Land
einen fo guͤnſtigen Eindruck auf mich gemacht, wie
4. Ir
das Michigan Territorium ;“ * Ans: Herrn Evans
* Worte. — —
Ehe ich zur Sıhilderahg des — hie, Aber:
RES muß ich noch Einiges über den von Neu: Mt
beifügen.
Neu⸗VYork ift die City oder Hanptfladt des ——
tes; fie liegt am Zuſammenfluß des Oſt⸗ und: Hude
ſonsfluſſes und des Sundes von Long Island; von
der Meeres Seite her iſt es von der Bucht von
Staaten⸗Island, und ſonach von allen Seiten her
mit Waſſer umgeben, und fuͤr die Schiffe zu Ines
Zeit des Jahres zugänglich.
Neu⸗York verfieht nicht nur das fruchtbare, In—
nere ſeines eigenen Staates, ſondern auch einen Theil
von Neu-Jerſey und einen großen Theil von: Neu:
England, des volfreichften und 'beinahe den Zten Theil
der Bevölkerung der Freiftaaten ausmachenden Gebie-
tes, mit fremden Waaren; daher werden dort ungleich
größere Gefchäfte gemacht, ald in jeder anderen See-
ſtadt Der vereinigten Staaten. |
Auch in gefelliger Hinſicht prädominiee Neu⸗
York; und die daſige ſchoͤne Welt zeichnet fich durch
Feinheit der Sitten, durch Eleganz im Aeußeren und
Sinn für Kunf und Wiffenfchaft vor allen übrigen
Geeftädten Amerikas ruͤhmlichſt aus, hat auch vor
Charleston noch den Vorzug, welches die Amerifaner
gewöhnlich das Centrum der Beau-Monde nennen.
Verfaſſung des Staates. Die gefeßgebende Ge⸗
walt befieht aus zwei Abtheilungen, einem Senat
und einer Affembiy. Die Mitglieder: des Erfieren
werden von den Freeholders oder folchen Individuen
gewählt, welche ein ſchuldenfreies Eigenthum von
wenigſtens hundert Pfund im Werthe: befigen. Zu
diefem Behuf ift der Staat in vier Haupt = Diftrikte
eingetheilt, welche zufammen 24 Mitglieder wählen;
diefe find wieder durch das Loos in vier Klaffen abs
getheilt. ‚Die Function der erſten Klaſſe erliſcht nach
Derlauf eines Jahres; die der zweiten ein Jahr ſpaͤ⸗
ter, uf. wis ihre: Stellen werden. aber fogleich mit
nenerwählten, Individuen befegt; daher erfolgt: jedes
Jahr eine Eleine DBeränderung im Genate, und die
neuen Mitglieder werden mit dem Gefchäftsgange und
den früheren Befchlüffen durch bie älteren in Be-
kanntſchaft geſetzt.
Die Aſſembly beſteht aus den Repraͤſentanten ei⸗
nes jeden Countys oder Kreiſes, welche alljaͤhrlich im
Monat May erwählt werden. Zur Nepräfehtantenz
Wahl in der Affembly find alle männlichen Einwoh-
ner, exrluſive der Neger, welche fih 6 Monate lang
im Staate. aufhalten, ein fehuldenfreies Eigenthum
von zwanzig Pfund befigen oder Taren bezahlen, be⸗
rechtiget.
Mit der hoͤchſten executiven Gewalt iſt der Gou—
verneur bekleidet; ſein Stellvertreter iſt der Lieute—
nant Gouverneur, der zugleich Praͤſident des Senats
iſt, und nur bei Stimmengleichheit das entſcheidende
Votum, bei jeder anderen ERS ‚aber keine
Stimme hat.
Der Reviſtonshof beſteht aus dem Camler, den
Richtern der Supreme Court und dem Gouverneur,
und iſt ermaͤchtiget, jede in den beiden Haͤuſern
durchgegangene Bill zu revidiren, und nach Befund
mit Anzeigung der Hinderungsgruͤnde zur nochmali—
gen Berathung zuruͤckzuſenden. Wird die Bill aber
binnen 10 Tagen vom Nevifionshofe nicht zuruͤckge⸗
fendet, fo erlanget fie Gefegesfraft.
Ungefähr in diefem Geifte find faft ale Conſti-⸗
tufionen der 22 verſchiedenen Staaten der Union ab>
gefaßt RN
Relionsſekten. Diefe And bier eben fo annige
faltig, wie in allen übrigen Staaten. Weber nachftes
hende muß ich dem Lefer theild noch eine erläuternde
Auskunft ertheilen; theils ihn mit ganz neuen Sec
ten befannt machen.
ı) Die Quäfer; nach genauer Erfundung und
Durchlefung mehrerer Quaͤkerſchriften, muß ich
als richtig anführen, daß ein Feder, ohne Unter:
ſchied des Alters und Gefchlechts, Predigten halz
ten fann, wenn es ihm der Geift eingiebt.
Die Waſſertaufe halten fie zur Seligkeit dar-
um nicht für nothwendig, weil fie in der heili—
gen Schrift nicht als nothwendig verordnet iſt.
Deren fol der Menſch nur. dann, wenn fein
Herz fih von allem Srdifchen Iosgeriffen, und
Gott e8 ihm eingegeben hat. Trauungen finden
auch nicht flatt, fondern die fich Eheligenden er-
Hären ihren Willen vor der verfammelten Ge-
meine und erhalten bei der nächften Berfammlung
ein Document darüber,
2) Die Dunker: Dieſe haben ihre — von
dem deutſchen Worte Tunken, oder Untertauchen;
bei ihrer Taufe, welche im Fluß geſchieht, wer-
den fie gänzlich untergetaucht. Die erſten Be—
fenner diefer Sekte find im Jahre 1719 nad
Penſylvanien gekommen. Die Dunfer fluchen
nie, ziehen nicht in den Krieg, gehen vor Fein
Gericht, und nehmen Feine Zinfen vom Darle—
hen. Das Abendmahl nehmen fie nach altem
Gebrauch mit Brodbrechen, Fußwafhung, Bru-
berfuß und Handfchlag ein, und falben ihre Kranz
fen mit Oehl.
Sie find ungefähr das, was die englifchen
Baptiften; haben die nemliche Kirchenverfaflung,
glauben an eine allgemeine Erlöfung und Pets
tung; jedem ift erlaubt, im Gotteshanfe eine Pre-
digt zu halten; ihre Klöfter aber, deren fie in
Euphrata oder Dunferftädtel zwei, eines für die
Diaconen und eines für die Diaconiffen, gewoͤhn⸗
fich alte verwitwete Leute, hatten, find gänzlich
eingegangen; ihre Kirche, worin fie Gottesdienft
halten, heißt Zion.
Die Dunker find aͤußerſt biedere Menfchen,
und fo wie die Menoniften meinen fie e8 zu den
ausgewanderten Deutfchen noch am redlichften; im
Amerifa wurden fie gewöhnlich die harmloſen
Dunker genannt.
3) Die Univerſaliſten; ſie glauben eine allgemeine
Gluͤckſeeligkeit; folglich auch an eine allgemeine
Erloͤſung, und die ganze Strafe der Schuldigen
wird darin beſtehen, daß ſie noch in jenem Leben
ihre Geſinnungen aͤndern und zur Tugend zu—
ruͤckkehren werden.
Chriſtus, der allgemeine Erloͤſer, wird nicht
eher den vom Vater erhaltenen Auftrag in def-
fen Hände zurückliefern, ald biß er die Menfchen
alfe in das Dimmelreich eingeführt hat; und dann
wird Gott Alles in Allem feyn.
Der Eultus der zweiten Klaffe der Univerfa-
fiften ift mit eben folchen Schwärmereien ver-
fnüpft, wie der der Methodiften.
4) Die Unitarier; fie verwerfen die Gottheit Chrifti
und glauben bloß an Gott Vater und den heili-
gen Geift, der in dem Erſteren vereiniget fl.
5) Die Schäfer; die Bekenner dieſer Serte find
1774 von England nach Amerika ausgewandert,
und Teben hanptfächlih im Staate Neu - York.
Die GStifterin war ein Franenzimmer, Anne
Leeſe (lied Lies) oder die anserwählte Jung⸗
frau. Ihre Anhänger behaupteten, daß fie das
Weib fen, von welcher im ı2ten Kapitel der Of—
‚fenbarung geſprochen wird, und daß ſie 72) vers
fchiedene Sprachen redete, die aber nicht, den Le—
bendigen, fondern den Todten verftändlich wären,
mit denen fie zuweilen Unterredungen hielte.
Dieſe Prophetin behauptete auch ſelbſt: daß ſie
die Mutter aller Auserwaͤhlten ſey, und nur durch
ſie Seegen vom Himmel erfleht werden koͤnne;
ſie habe die Macht, Kranke zu heilen, Todte zu
erwecken und Teufel auszutreiben, lebe auch ſtets
in Verbindung mit Engeln und Geiſtern der Hei—
ligen: oder. ihrer verfiorbenen Freunde, mit denen
ſie bei ihren öffentlichen Verfammlungen in ver-
— Sprachen rede.
Auch Singen und Tanzen ſey in der Kirche
erlaubt, ſobald es nur zur Ehre Gottes geſchehe.
Ihre Neligiond-Dogmen find mit einem Worte
ein Schwulft von Schwärmerei und Unſinn, und
ihr Gottesdienst ift noch viel tobender und vafen-
der, als der der Methopdiften,
Weiber zu nehmen fey auch, nicht nothwendig,
indem einige von ihren Leuten aus der Zahl der _
‚244 Tauſenden wären, die von. der. Erde. erlöfer
worden find, ohne daß fie mit Weibern belaͤſtiget
geweſen.
Das Wort Ewig, in Bezug auf Beflrafung
der gafterhaften, bezeichne nur eine gewiffe Pe-
riode, ausgenommen bei denjenigen, welche von
ihren Kirche abgefallen find; für dieſe ſey wer
der in dieſer noch in hauen Welt Vergebung zu
hoffen.
Es fen. — zu A zu. (vielen. und
Complimente zu machen. — Waffertanfe und das
Nachtmahl wären überflüßig.. Adamsfünde wer-
de der Nachkommenſchaft nicht angerechnet, und
die Lehre von. den Auserwählten - und Verdamm⸗
ten ſey zu verwerfen. |
Dei Ablegung der Beichte wir jedes Geheim-
niß vom Uelteften bis zum Süngften oͤffentlich und
laut im Verſammlungshauſe entdeckt.
Ihr frommer Tanz beſteht in fortwaͤhren⸗
dem Springen, wenigſtens vier Zoll hoch uͤber
den Boden, wozu ſie einzeln oder auch gemein—
ſchaftlich ſehr melodiſch ſingen; dabei gerathen
ſie in ſolche ſchauderhafte Verzerrungen und Zit—
tern, als wenn ſie von der fallenden Sucht oder
Fieberhitze ergriffen waͤren; ſie klatſchen mit den
Haͤnden und ſpringen ſo hoch, daß ſie die Quer-
balken der Stubendecde erreichen. In dieſer re⸗
ligioͤſen Wuth werfen fie oft alle Kleidungsſtuůͤcke
vom Leibe und erſchoͤpfen alle ihre Kräfte. Zu—
weiten fordern ihre Dauptredner Aufmerffamfeit.
Altes ſteht dann auf einmal ſtille und hört jenen
zu; und dann beginnet der Tanz von neuem, wel:
cher das Zeichen der Freude und der Glücdkfeligs
keit. ded neuen Serufalems und den Triumph
über. die Sünde bedeutet. Zuweilen fallen fie
Alle anf. die Knie und verurfachen ein Geheul,
gleich dem Braufen mehrerer vaufchenden Gewaͤſ⸗
fer, fiöhnen und fchreien zu Gott für die laſter⸗
hafte Welt, die fie verfolge, fo daß das ganze
Rervenſyſtem des ruhigen Zuſchauers N a
wird.
Wahrſcheinlich Haben die Amerikaner, welche
mir ‚die putride Anekdote von den Hicker—
Quaͤkern erzaͤhlten, dieſe mit jener arg ver⸗
wechſelt.
Die auserwaͤhlte — miß Anna
iſt aber, trotz ihrer behaupteten Unſterblichkeit,
im Jahre 1784 aus dem Zeitlichen in dad Foie
hinüber gegangeit.
Sn Adams Schrift über die Religionen iſt
der Cultus aller Sekten umſtaͤndlich beſchrieben.
Ein und zwanzigſtes Kapitel.
Noch einige Worte uͤber Penſylpanien.
Erfer Abſchuitt
Beſchreibung der Herrenhuter⸗Colonien, Bethlehem, Nazareth
und Luͤditz.
Ein Kunftiveg oder Chauffee von Philadelphia
bis über die blauen Gebirge angelegt, führe den Neiz
fenden nach Bethlehem und Iſtown. Sechs Meilen
von der City ift Germantown, eine ziemlich beden-
tende Landſtadt von 4 bis 5 Taufend Einwohnern;
fie ift urfprünglich von Deutfchen angelegt und heißt
daher auch Deutfche Stadt. Unter den Einwohnern
find immer noch viele Deutſche anzutreffen, obgleich
die deutfche Sprache fehr zu erlöfhen anfängt. Die
Gegend ift vorzüglich gut angebaut, und von allen
Seiten fielen fich fchöne gemauerte Landhäufer dem
Wanderer dar. Die Plantagen haben hier nicht mehr fo
große Strecken Pandes, ald weiter im Innern, und
darum ift der Boden auch ungleich beifer cultivirt,
und 60 Acker bringen hier mehr ald 2 bis 400 im
Inneren. Das Landhaus eines Engländers, nach eu:
ropäifcher Art erbaut und mit Kalk ausgepugt, zeich—
met fich durch Eleganz und Geſchmack vor alfen Lande
häufern ans, die ich in Penſylvanien und überhaupt
in Amerifa fah:
Dreißig Meilen von Philadelphia ift Doilstown,
die County- Stadt vom Bufs: County; ſowohl in der
Stadt al3 auf dem Lande find fehr viele Quaͤker, die
fich im Wohfftande befinden. Unweit Doilstown iſt
ein Quäfertown oder psp yo ‚ ein unbedeu⸗
tendes Dertihen.
Jetzt fängt die Gegend an mit lauter —
Bauern bewohnt zu werden. Schöne gemauerte Wohn⸗
haͤuſer, große Scheuern und Staffungen, fruchtbare Wei:
zen- und Maisfelder verkünden überall Wohlſtand, je-
doch ift die Gaftfreiheit und Herzlichkeit unter den
Bewohnern nicht mehr anzutreffen, die man — im
Innern findet.
Hellerſtaͤdtchen iſt ein unbedeutender —
groͤßtentheils von Deutſchen bewohnt. Hier traf ich
einen jungen Arzt, aus dem Aargau, der etwa zwei
Jahre in Tübingen findirt hat, 1817 nach Amerika
ausgewandert tft, und ohne Doctor = Diplom, und
ohne Eramen fich hier niedergelaffen und eine bedens
tende Praris hatte. Die Apotheke führte er ſelbſt;
denn diefe ift eigentlich der Pflug und die Egge des
Landarztes in Amerika, weil man nur die Medica—
mente, nicht aber die Recepte bezahlt. Dieſer junge
Menſch ſagte mir, daß er hier in einem Monate
mehr Geld verdiene, als in Deutſchlund ein wirklich
approbirter Arzt in einem Jahre. Im Jahre 1839
— 112 wa
verheiratete er Fe mit. einer Bauerstochter, die ihm
noch 6000 Piafter Mitgift zubrachte. An guten. Aerz⸗
ten, beſonders an Accoucheurs und Dperateurs, fcheint
es in Amerifa doch zu mangeln. —
Die Quackſalberei hat ſich vom Mutterlande *
hierher verpflanzt. In Lankaͤſter machte Iſac Ouin⸗
cey, ein berůhmter Wurmdoctor, einen Wunderthee
bekannt, der die Kraft befige, alfe Würme aus. dem
Leibe zu vertreiben. Die Kraft deſſelben bethaͤtigte
er durch die, vor. dem Friedensrichter au Protocol ge⸗
gebenen Ausſagen der Patienten, als:
Dem Kuecht John find. 200 Warmer Wemmiehen
worden.
Der Bauerstochter Marie 150 u. f. w.
In Philadelphia machte. der berühmte, Indianer⸗
Doctor, der 20 Jahre unter den, Indianern gelebt
und. von. ihnen allerlei Geheimniſſe gelernt babe,
alfe Krankheiten durch ‚fimpathetifhe Mittel zu kuri⸗
ven, durch große Anfchlagezettel, worauf. ſich wilde
Menſchen abgebildet befanden, befannt, daß er bei
den Indianern Aesculaps Kunſt aus dem Grunde ge⸗
lernt habe, und die Peſt, das gelbe Fieber, Schwind⸗
ſucht, Gicht und ſchwere Noth mit der Wurzel zu
vertreiben verſtehe. |
Aus Liebe zu der bedraͤngten Menſchheit habe, e er
fih veranlaßt gefunden, biecher. zu fommen, um mit
feinem Steine der Weifen die Menſchen umfonft von
ihren Qualen zu heilen.
Sn Little -Vork hatte ein verfoffener Deuſſchlan⸗
der, ein Schulmeiſter, ſeine Doctorbude aufgeſchlagen,
unb lehrte nichtsnutzige und faule Bauerjungen das
Doctern; und in Zeit von einem Jahre waren auch
dieſe gemachte Aesculaps-Soͤhne, die Patienten, aus
ihrem Todesſchlafe wieder erwecken konnten. Kurz,
die
die Quackſalberei ift befonders unter den guten Pens
folvanien ganz zu Daufe Indeß traf ich in Carleil
doch auch wieder junge ftudirte deutſche Aerzte, die
mir ihre liebe bittere Noth Elagten, und der Meinung
waren: daß hier für den gelehrten Arzt nichts zu mas
chen fey. So ift es num einmal in der Welt mit ven
lieben Gluͤck; nicht jedem lächelt es hold entgegen.
Inzwiſchen gehöre in Amerika nicht viel dazu, um
als Aesculap feine Noffe zu fpielen. Niemand bes
kuͤmmert fi) um feine Mpfterien. Keine Polizei con⸗
troffive die Wein- und Rumbrauer, und darum koͤnn⸗
te man den Dafigen Landrum eher ein Gift, als ein
Getränf nennen. Keine Polizei und Gendarmen
befümmern ſi ch um Vagabonden und Geſindel; und
ſogar in den Straßen der Hauptſtadt wurden in dem
Abenddaͤmmerung Menfihen beraubt. Schlechte Men:
fchen find immer die Folge von fchlechten Zeiten, und
wahrfeheintich wird man die Freiheitsprivilegien nun
mehr wohl ein wenig einfchränfen muͤſſen; denn es
hat fich ſchon zu viel füderliches und fchlechtes Volk
aus der alten Welt eingefchlichen. Sonſt fol, im Ins
nerven mwenigftens, ein Diebſtahl etwas feltenes und
unerhörtes geweſen feyn. rel
Ich Fehre nunmehr zu meiner Kg nach Beth:
lehem ꝛc. zurück. Bon Hellerfiädtel bis nah jenem
Orte ift nichts fonderliches zu bemerken.
Bethlehem ift ein ganz nach deurfcher Art erbau—
te8 Städtchen von ungefähr 1500 — 2000 Einwohs
nern. Gleich beim Eintritt in daffelbe ſteht dag
Schweſternhaus; esift ein recht zierliches, in Flöfterfichene
Styl errichtetes Gebäude, worin die Schweflern und
die Venfionärinnen, ungefähr 150 an ber Baht,
wohnen,
I. | | 8
.
— 114 —
Das Staͤdtchen hat eine ſchoͤne Kirche mit einem
Spur; auf dieſen führte mich ein Buͤrger, und in
der That war der Profpert mahlerifch und wild ro-
mantifch zu nennen. In einer Entfernung von 18
bis 20 englifchen Meiten bildeten die blauen Gebirge
ein ſchoͤnes Panoram; und da fie in der Ferne einen
dunklen und bläufichen Anblick gewähren, mie jedes
andere Gebirge, fo hat man ihnen vermuthlich den
Namen blaue Berge beigelegt. Am Fuße des Staͤdt—
chens fchlängelt fi) der Lecha, ein unbedentender Ge:
birgsfluß, der in den blauen Bergen entfpringt, nach
Dften hin fließt, und fich bei Zstown in den Delaware
ergießt. Sch habe dem Urfprung und das Ende diefes
Siuffes gefehen, der eine Strecfe von mehr als hun
dert englifchen Meilen zurücleget, und faſt überall
von Ulmen, Kaftanien und Eichenwäldern befchattet
wird, in denen Millionen von Grosvoͤgeln herumflat⸗
terten. Ein gefchiefter Vogelfänger Fönnte: fie mittelft
Schlingen zu Hunderten in einem Tage fangen, und
fie in die GSeeftädte verfaufen; allein uiemand befaßt
fich hier mit folchen Gefchäften, fondern — mit
der Jagd.
Die Bewohner Bethlehems waren fimmelic
Dentfche, die fich zur Brüdergemeine befennen, und
fehr induſtrieuſe Leute, die irgend ein bürgerliches
Gewerbe betrieben. Die Brüdergemeine hat bedeuten-
de -Ländereien, die verpachtet find. Der Pachtzind
wird in Naturalien abgeführt, und bei ordentlicher
fufiematifcher deutſcher Wirthſchaft Fönnte der Ertrag
diefer Plantagen verdoppelt werden. Es war gerade
eine Plantage nicht weit von Nazareth zu verpachten,
und nicht üble Luft hatte ich, mich als Pächter zu
melden, wenn meine Fonds nur ein wenig ftärfer ges
wefen wären. Die Gegend um Nazareth hat, als
‚Ackerland betrachtet, mich. am meiſten augeſprochen.
Der Boden war eben, .; und uͤberall erblickte man
die ſchoͤnſten Wiefen, die etwas Seltenes in Amerika
find, ‚Auch fand ich. in jener Gegend unter den Deut⸗
ſchen ganz vorzüglich gute Menfchen; ich koͤnnte bei⸗
nahe fagen, die beften unter den Denfylvaniern. Je
tiefer ins Land hinein, je. größer war die Rohheit.
Ruͤlpſen, Knetſchen mit den Zähnen, um die darin
haͤngenben Neberrefte von Speifen heraus zu bekom—
men, iſt faſt allen Amerikanern eigen; manche trieben
aber ihre Unſauberkeit ſo weit, daß mich oft die Nei—
gung zum Erbrechen anwandelte, und oft dachte ich
bei mir felbft: dieſe muͤſſen Abkoͤmmlinge der ungluͤckli⸗
chen Gefaͤhrten Ulyſſes ſeyn, die Circe in Sau en me⸗
tamorphoſirte. Zi
Nazareth iſt ein kleines Städtchen von circa
1000 Einwohnern. Hier iſt ein Kuaben- ⸗Inſtitut, dag
aber nicht ſo ſtark frequentirt ift, als das für die
Mädchen. Ich befuchte einen jungen deutfchen Leh—
rer des Gymnaſiums, der auch noch nicht fehr lange,
von Sachfen aus, hierher gefihicft worden war, und \
fand auch ihn mit feiner, Lage in, der neuen Welt kei—
nesweges fehr zufrieden. Diefe Krankheit dürfte je-
den gebildeten Europäer hier wohl befallen; das Fand
ift eigentlich nur. für den Bauer, den Handwerker
und den Kaufmann mit Fond; der Gelehrte fpielt
eine ſchlechte Rolle, wenn er fich wicht aufs Predigen
oder Doctern verftebt.
Don Bethlehem durch Ellentown, Autstotn, Rich⸗
mond bis Reading fand ich uͤberall ſchoͤne von Deut-
ſchen bewohnte Bauerhoͤfe, die Wohlſtand verkuͤnde—
ten. Richmond iſt von franzoͤſiſchen Bauern bevoͤl—
fert worden, die noch waͤhrend der Religionsver—
folgung ausgewandert find, aber ihre eigene Mutterz
Des
— 116 —
ſprache on voͤllig vergeſſen und die deutſche dafuͤr
angenommen haben. Sie ließen es aber nicht allein
bei der Sprache bewenden, ſondern nahmen auch den
Fleiß und die Sparſamkeit der Deutſchen an, und
gehoͤren unter die wohlhabendſten Bauern der Ge⸗
gend. 4
Auch irländifhe Abkömmlinge, wenn fie fh
mit deutfchen Weibern verheirathet hatten, waren
völlig verdeutfcht und in der Negel auch er
Leute.
Unter andern fand ich bei Bethlehem ‚einen ge⸗
wiffen Stusrt, von irifcher Abkunft, der mit der
irifchen Artigfeit auch die deutfche Biederkeit ver—
band, aber die Deutfchen gar fehr an Bildung über-
traf, worin fie den Srifchen in der Regel nachftehen;
ich hielt bei ihm Sonntag= Quartier, zog fehr fchäg-
bare Nachrichten über das Fand und die Berfaffung
von Penſylvanien von ihm ein, und ald ich das Ge-
fpräch auf das Haus der Stuerts lenkte, fagte er mir:
daß feine Dorfahren irifche Lords gemwefen wären.
Dbgleich nur ein fimpler Bauer, fo hatte er dennoch
in feinem Benehmen fo eine Gentlemand Manier,
die ihn gleich von der Menge auszeichnete.
Land war hier gar nicht zu erfaufen; denn Go,
80 bi8 100 Dollars war der gewöhnliche Preis für
den Acker, es waren aber verfchiedene Plantagen zu
verpachten, und ich würde e8 in jedem Faffe vathen,
fich in der Nähe der GSeeftädte eine mwohleingerichtete
Plantage eher zu pachten, als aufs Gerathewohl ins
Innere des Landes hineinzurennen.
In allen Richtungen von Penſylvanien fand ich
dieſſeits der Gebirge die Plantagen der Bauern in
der befien Ordnung. Bei Earleil Fehrte ich bei ei—
nem Schweizer ein, Namens Zeller aus Baſel; er
wanderte als junger Burſche von 20 Jahren nach
Amerika aus und hatte bei feiner Ankunft nicht mehr
als 4 Thaler im Vermögen; jest, nach einem Zeit-
raum von 30 fahren, hatte er eine fchuldenfreie
N lantage, die etwa 16 bis 18,000 Dollars werth fen
Fonnte; er tried dabei die Stefmacher: Brofeffion und
hatte feine Wirthfehaft in der beften Dröonung. Dies
fer war alfo der Einzige von dem Ausgewanderten,
den ich im einer guten Gegend angefiedelt und wohl—
habend gefunden habe. Gein und feiner Kinder Be—
tragen und Charakter hatte das Gepräge eines biedes
ren und gaftfreien Dafelers an fih, und unterſchied
fid gar wefentlich von dem der Einheimifchen Ames
rifaner. Lestere haben durchaus nichts mehr an
fih, ‚was auf landsmännifhe Anhänglichkeit Bezug
hätte.
Auf der Toner nach Pittsbourg traf ich dagegen
wieder. einen anderen Schweizer an, der vor
länger als 30 Jahren bereits eingewandert war, und
die Müller» Profeflion betrieb. Unerträglich war der
Shmug in feiner Behanfung, und Armfeligfeit war
überall erfichtlich; die Fran Ehehaͤlfte war ein Nom
plus ultra vom Grobheit, und ließ mich für ein Glas
Tchlechte Milch und ein armfeliges Butterbrod tüchtig
zahlen; der gute alte Alte und die Kinder waren fehr
redfelige Menfchen; aber überall war Unordnung in
ver Haushaltung und fehlechte Wirthfchaft erfichtlich.
Wenn daher irgend ein Gefeßgeber des mweifen Ki:
curgs Syſtem wiederhofen und Gleichheit der Güter
einführen wollte, fo würde es doch in Eurzer Zeit bald
wieder. Bertler und veiche Leute geben; die Urfache
hievon bedarf Feiner Erläuterung. — Nach dem Ur⸗
. fprunge des Delaware Fluffes zu fand ich am Linken
Ufer lauter Deutfche, und an dem rechten im Staate
— 118 —
Neu⸗ Jerſey wieder nur Friſche. Der unterſchied in
der Hauswirthſchaft iſt auffallend; und wahrlich, dag
hochweiſe, erhabene republikaniſche Gouvernement ſollte
fich gratuliren, wenn alle Fahre 100,000 Deutſche ein⸗
wanderten; es ſollte, wenn es das Intereſſe ſeines
Landes befoͤrdern wollte, hundert Schiffe alle Jahre
in die niederlaͤndiſchen und deutſchen Seeſtaͤdte ſchicken
und die, deutſchen Auswanderer aufnehmen, denn fie
find wirklich die ſicherſten Aetien oder Stocks der
transatlantiſchen Republik
Fleiß, Sparſamkeit, Nuͤchternheit, — uns
moralifche Kraft und Wohlſtand, als die Frucht diefer
guten Eigenfchaften, giebt ihnen überall, wo fie ſich
anfiedeln, das Uebergewicht über die irifchen Sklaven:
halter. Allein viefe ſchoͤnen Tugenden verurfachen dort
gerade die entgegengefegten Wirkungen. Das irifche
und reſpektive fflavenhälterifche Gouvernement beforgt,
Daß die Deutfihen, die von dem Pothomak bis an den
Sanct Laurenz dieffeitd der Alleghenys in manchen
Gegenden, befonders in Penſilvanien, die irifche Nace
größtentheils verdrängt Haben, indem dieſe ihmen die
Befigungen, auf denen ſie nicht mehr fortfommen
fonnten, für einen guten Preis überfießen, und fich
in die hinteren oder Mittelftaaten zuruͤckzogen, dem
Gouvertiement gefährlich werden und aus einer un
ſinnigen eine wahre und vernünftige Republik machen
Fönnten;' und hun ift es erklärbar: warum es die
Einwanderung der Deutſchen fo wenig beguͤnſtiget.
Wahrlich! ſtolz koͤnnen die Nheinfänder und Schwei-
zer auf ihr transatlantifhes "Blut ſeyn; — und
wirklich lernt man den? Werth - des deutſchen
Volkes erſt im Auslande fchägen. Möchten daher
diejenigen, welche das Glück haben, über deutſche
Dölter den Zepter zu fihwingen, doch auch feinen
Werth erfennen, und es mit ihnen fo machen, daß
fie doch wenigftend am lieben Sonntag ein Hühnchen
im Topfe gücken koͤnnten. Möchten fie doch auch noch
mehr thun — und fie einer Wohlthat theilhaftig werz
den laffen, die alle wälfchen Voͤlker bereits genießen;
fie verdienen e8 vor alfen andern; und wirklich gras
tuliven koͤnnen fie fih, folche Perlen in ihren
Schmuckkaͤſtchen zu haben! Beet:
Zwei und Manftoges Eapi.
Zu ſatz zu den Biemehrönken über den Dhis-@runt
nah Evans.
Am jenfeitigen Abhange der Alleghenys ib
die Gegend fehlecht bevölkert, and die Einwohner an
finanziellen Kräften arm; Viehzucht ift noch ihr vor⸗
zuͤglichſtes Regale. Nicht beffer fahe es in Pirginien
aus; jedoch ift das Clima bier, wie in allen Gebirgs⸗
gegenden Amerika's, ſehr geſund.
Pittsburg liegt noch auf Penſilvaniſchem Gebiet,
am Zufammenfluß des Allegheny und Monongahela—⸗
Flußes; es hatten fich dort’ verfchiedene Fabriken er:
hoben und nach der Meinung der Amerikaner ſollte
es einft das zweite Birmingham werden; allein ein
‚großer Theil diefer Fabriken fanden im fahre 1819
entweder ganz ſtill oder machten nur unbedeutende _
‚Gefchäfte. Die ausgewanderten Irlaͤnder Eonnten in
den Fabriken Feine Befhäftigung finden und waren
Höchft unzufrieden und mißmuͤthig.
Manche hatten fo eine Art Eleiner Hänberbände-
chen etablirt; man nannte die Mitglieder derfelben
Turnpeiker, weil fie fich in den Gebuͤſchen an der
Turnpeik oder Chauſſee lagerten, Reiſende Gentlemang
anhielten und ihnen einen kleinen Tribut abforderten,
‚weil fie die ſchoͤne Turnpeik angebauet und gegenwaͤr⸗
tig wegen Mangel an Arbeit nichts zu leben haͤtten.
Da fie es wicht zu arg machten, ſondern ſich gewoͤhn⸗
lich mit einigen Thalern begnuͤgten, ſo wurde die
Sache mehr als ein Scherz betrachtet:. Der
Nächft dem Fabrifenwefen iſt der. Schiffbau hier
ein fehr beträchtliches Gewerbe; jedoch werden nur
noch Boote und andere Eleine Fahrzeuge erbauet, in-
dem größere oder Seeſchiffe mit, zu vielen Schwierig⸗
feiten nach Orleans den Fluß hinunter zu ſchaffen
waren. Gewoͤhnlich bedienen ſich die Auswanderer der
kleinen Boote, um den Fluß hinunter in ihre neuen
Niederlaſſungen zu fahren.
Auswanderer Fönnen „auch hier. Schon. unentgeld=
liche Fahrt und Bekoͤſtigung erhalten, wenn ſie auf
den Transport⸗ Fahrzeugen arbeiten helfen...
Die Speditionsgeſchaͤfte mit Landesprodukten find
F ‚bedeutend ‚und der Frachtlohn hoch.
In den Ohio ergießen ſich von Seiden, ‚Seiten
‚her eine. Menge Slüffe, mit. denen ich, den Leſer ge⸗
nauer bekannt machen muß. Der erſte Hauptfluß iſt
der Muskinghum; er vereiniget ſich 170 Meilen hinter
Pittsburg mit dem Ohio, iſt von ſeiner Muͤndung an
100 Meilen weit ſchiffbar für: größere Fahrzeuge; für
kleinere aber bis zu ſeinem Urſprunge, welcher von
den Cayahuga nur 7 Meilen weit entfernt iſt. Die⸗
fer ergießt fich in den Erie-Gee, und wahrſcheinlich
wird man im der Folge hier einen. Canal anlegen. —
An den Ufern des Muskinghum find. Salzquellen und
bedeutende Kohlenminen. |
An der Mündung deſſelben iſt die einen ſehr duͤ⸗
ſtern Anblick gewaͤhrende Stadt Marietta.
m —
©, Der Fluß Hockhoking liegt 25 Meilen unter⸗
halb des Muskinghum und iſt kleiner als dieſer. At
feinen Ufern find Quaderſteine, Eiſen-⸗, Blei⸗- und Koh—⸗
lenminen; und an dieſem wie auch an oa ift mit⸗
unter gutes Land. ;
Die Stadt. Athens liegt 40 Meilen von der
Muͤndung des Hockhoking entferne und iſt der: Siß
einer 2er tät.
. Der Scioto iff 200 Meilen weit a, und
Hänge durch die Sanduskybay mit dem Erie-See zu—
ſammen. 100 Meilen von feiner — am Ohio
liegt die Stadt Chylicothe.
» Die Stade Cincennaty liegt Öftlich von dem gro⸗
ßen Miamy unfern- feines Einfluffes-in den Ohio; fie
hat eine: angenehme: Lage, macht bedeutende Handels:
gefehäfte, hat Manufacturen und Wohlftand,
Der große Miamy ift die Grenz-Linie zwifchen
dem Dhiv= und Indiana-Staat; auch dieſer hängt
mit-dem Erie-GSee zufammen, und nur auf einer In⸗
tervalfe von: 4 Meiten muß der N zur
Achſe geſchehen.
Von den Fruchtbaͤumen — N irfichen- und
Aepfelbaͤume im Ohio⸗Staat; für letztere iſt aber das
Clima ſchon heiß. Aepfel, Birnen und Pfirſichen ſind
die einzigen Obſtgattungen, auf die man ſich in Ame—⸗
rika verlegt. Letztere ſi nd * wie eine er groß
und fehr ſchmackhaft.
Das Elima iſt von der Art, ei Die. —
Fruͤchte von Frankreich und Italien dort gedeihen
‚würden. Allein die Amerikaner. haben gar feinen Sinn
für Gärtnerei, auch nicht die mindefte Kenntniß da—
von, und darum wiffen fie die Fruchtbaͤume auch gar
nicht zu veredeln. Pflaumen fahe ich faft gar nicht,
Kirſchen nur wenige, und diefe ließ man auf den
u
Baͤumen verfaulen und achtete we nicht * es: des
Pfluͤckens werth. |
Die gansesprobüfte des Hpie- — welche
auf dem großen Markt nach Orleans verſendet wer⸗
den, find: Mehl, Waͤlſchkorn, gepoͤkeltes Rind- und
Schweinefleifh, Schinken, Wildprett, Flachs, Whysky
der. göttliche, Bauholz und Vieh, befonders Pferde.
Der Tank) Evans — uͤber * ———— Staa⸗
ten:
Der Blick in die N Be die Seele: des
Politikers mit Staunen erfüllen. Altes. vereiniz
get fih bier, die’ vereinigten Staaten volfreicher
zu machen, als Europa tft. Nach Verlauf eini-
iger Sahrhunderte wird Alles, was groß und
prachtvoll ift, uns charakfterifiren. Die Künfte
Griechenlands, Noms Waffenthaten, Englands
wm Stolz werden die unfrigen ſeyn; ??? Unfere
* Grenzen werden gegen Norden der Nordpol,
gegen Weſten das ſtille Meer, gegen Suͤden die
Erdenge von Darien ſeyn, und gegen Oſten wird
Amerika gar keinen Nebenbuhler mehr kennen;
folglich Herr des atlantiſchen Meeres feyn. Dart
une möge das Uebrige abwenden! —
Der Boden des Ohiv- Staates ift keinesweges
hen ‚, ‚aber auch nicht eben zu nennen; fondern er
iſt mie Anhöhen durchſchnitten, wie das oͤſtliche Ge
biet; mitunter findet man auch Blänen und Wiefen,
wovon manche bis 50 Meilen im Umfange haben.
Ein gutes’ Getreide: Land ſind die weftlichen Staaten
durchgängig. Der Boden halbgeflärtes Land gilt 4,
6 bi8 8 Dollars; um die Städte aber wird geffärtes
Sand bereitd mit 80 und 100° Oollars bezahlt, zuwei⸗
* auch noch theurer.
' Merkwürdigkeiten im Ohio⸗ Siaate find: das un⸗
gehenre Gerinpe des Mammonth; diefes Thier foll fei-
nem Gerippe nach fechömal größer geweſen feyn, als
der Elephant; man hat es bei den Salzquellen in
Menge vorgefunden und daraus gefchloffen: daß diefe
Thiere fich entweder unter einander ſelbſt getoͤdtet
oder durch den übermäßigen Genuß des Salzwaſſers
den Tod zugezogen hätten. Auch hat man aus dem
Bau der Kinnlade und der Geftalt der Zähne ent-
nommen, daß es Feine Gras-, fondern Steifchfreffende
There gewefen ſeyn mäffen. Bei den Indiauern hat
man über ihre Eriftenz zwar Erfundigung eingezogen;
alfein ihre Traditionen darüber find ganz myſtiſchen
Inhalts, die ich der Merkwuͤrdigkeit wegen hier an⸗
führen will. „Zufolge dieſer Traditionen habe ſich
eine Gattung großer Thiere in ihrem Lande befunden,
welche dem übrigen Wilde fehr verderblich waren und
es auffraßen. Da diefed nun an manchen Gtelfen
gänzlich vertilgt gewefen und Hungersnoth entſtanden
fey, habe der große Geift ihr Stehen erhöre, fey auf
einen hohen Berg herabgefoinmen ‚ und habe mit fei-
nen. Bligen dieſe ungehenren und gefräßigen Beftien
getoͤdtet, bis auf einen großen Bullen und eine Ruf,
weiche bloß in den Fuß verwundet worden und ent-
fprungen feyen; diefe haben fich hierauf nach Weiten
zuruͤckgezogen, woſelbſt fie bis jetzt noch leben ſollen;
allein CLewis und Clarke haben anf ihrer Reiſe nach-
der Südfee auch nicht die geringfte Spur von den
Sndianern darüber erlangen, viel weniger fich von
en Er meN Ber überzeugen koͤnnen.
— 124 u
; Drei und zwanzigſtes —
gGentucky⸗Staat.
Dem Staate Ohio gegenuͤber — am u
Ufer der Staat von Kentucky; er grenzt Öftlich mit
Pirginien, füdlich mit Teneflee, nördlich mit dem Ohio,
und weſtlich erſtreckt er ſich bis an den Miſſiſippi. In
dieſem Staate findet man wenig oder gar keine Wie⸗
ſen und niedrigen Boden; und da, wo er eben, iſt er
eher mager als fett zu nennen- ‚Der Boden ift falfig
und. trocken, und in der heißen. Jahreszeit verſiegen
Quellen, und Waſſermangel tritt ein; fuͤr Waſſermuͤh⸗
len iſt daher hier die ſchlechteſte Gelegenheit.
An Produkten liefert Kentucky alle Artikel des
Ohio, neben dieſen aber auch Hanf und Toback in
großer Menge: Mehrere Millionen. Pfund Ahorn=
Zucker werden. hier, erzeugt. Seh beforge aber, daß.
derfelde nur zu bald, wenn. es nicht ſchon der Fall
ift, das Schiekfal unſeres Runkelruͤben-Zuckers erlei⸗
den duͤrfte, da Braſilien und Oſtindien dieſen Stoff
jetzt in ſo großen Quantitaͤten liefern In den For—⸗
ſten maͤſten ſich unzaͤhlbare Heerden von Schweinen;
und in den Rohrbuͤſchen ſind ganze — von
Hirſchen.
Außer anderen Holzarten — dort auch der
Kaffeebaum, dieſer iſt aber keinesweges der weſtindi⸗
ſche Kaffeebaum, ſondern ein Waldgewaͤchs, hier fo
benannt; ferner der Mohn⸗, Gurken⸗ und Seidenbau;
desgleichen der Honig⸗, Heuſchrecken⸗, Maulbeer⸗ und
Buchsbaum. Die Schilderung der Ueppigkeit des
Bodens graͤnzt ans Fabelhafte; inzwiſchen traͤgt er
doch uͤberall die Merkmale des Ueberfluſſes an ſich.
Das Klima iſt, da wenig oder gar keine Suͤmpfe
in dieſem Staate ſind, geſund und angenehm. Der
inter beginnt erft zu Weihnachten, und währt hoͤch⸗
ſtens 3, gewöhnfich nur 2 Monate; jedoch kann das
Vieh das ganze Fahr hindurch * dem > Treten Felde
ſeine Nahrung ſinden.
Die vorzuͤglichſten Staͤdte nd , ; ———
Liestown, Lexington und Louisville; letztere beiden lie⸗
gen am linken Ufer des Ohio, und zaͤhlen bereits
zwifchen 8 und 10,000 Einwohner. Handwerker fin⸗
dein hier Arbeit, und einen guten Tagelohn; denn fo
überhänft auch die GSeeflädte mit Handwerkern find,
fo ift e8 doch weiter im Innern Feinesmeges der Fall.
Der große Ueberfluß des Fandes ift die Urfache hie—
von, indem die Kinder der Mckerbauern fich nur Aus
ßerſt felten einem Handwerke widmen. er gangbar-
fien Handwerfe find:
Gerber, Schuhmacher, Maue, ———
brenner, Tiſchler, Schreiner (Zimmerleute), Leiz
nen⸗ und Tuchweber, Kieper, Grobſchmiede und
Stellmacher. Der gewoͤhnliche Tagelohn des
Geſellen iſt: 12 bis 15 Dollars monatlich, nebſt
freier Station, (Koſt und Waͤſche.) |
Schumadher, welche in Penſilvanien bei
Bauern arbeiteten, verdienten bei freier Koſt
monatlich gewöhnlich 20 bis 24 Dollars.
Drandweinbrenner, welche gewöhnlich nach der
Duantität des abgezogenen Liqueurs bezahle
werden, und von der Gallone 4 bis 5 Cent
erhalten, verdienten an manchen Stellen zo
bis 40 Dollard monatlich.
Die Einwohner in Kentucky find ein Zuſammen—
Muß von Individuen aus alfen Gegenden der Verei—
nigten Staaten, worunter auch Emigranten aus Eng-
land, Irland und Frankreich fich befinden, Der Haupt-
theil derfelben aber beficht aus Emigranten von Vir—
— 426
ginien, welche ihre Sklaven mit anher gebracht haben.
Der. ganze Staat wimmelt von ‚Sklaven, ‚und. die
Kentucker. find als ‚indolente Sklavenhalter be⸗
kannt, und ſtehen, fo wie die Bewohner aller wefkti-
en Staaten, in moralifcher und. intellectueiler Hinz
ſicht den. Öftlichen weit nach; welches der ſchlechten
Schuls und Kirchenverfaflung Hauptfächlich zuzufchrei-
ben ift. ‚
Die Denkungsart beh Omerikauen in: den Gfla-
venftaaten fiellt die Bemerfung eines Herrn Burk,
Kepräfentanten eines der füdlichen Staaten, fo recht
in ihrer ganzen Abfcheulichkeit dar.
Die Bflanzer, indem fie den großen Unterfihied
zwifchen ihnen und ihren. Sklaven fehen, er:
höhen dadurch den Geift und die. Liebe. für
Freiheit! —
Aehnliche Nichtswuͤrdigkeiten habe ich in den Ver—
theidigungsreden der Sflavenhalter- Kepräfentanten in
Öffentlichen Blättern mehrmals. gelefen, die ‚oft von
der Art waren, daß man dergleichen Nedner im Con⸗
greß entiweder für reif zum Tollhauſe, oder für die
elendeften Spötter und Derächter der Nechte der
Menfchheit zu halten fich geneigt fühlt. Die Geor-
Hier zeichnen fich hierin vorzüglich aus. Und wer find
dieſe Georgier 2? Ein Haufen Lumpengefindel und
DBertlervolf, das in England Straßen gefegt und
Cloaken gereiniget hat, und da 28 dem: Lande zur
Laft fiel, zufammengerafft und im Jahre 1752 auf
Koften des Gouvernements frei nach Georgien her—
uͤbergefuͤhrt, dort unterſtuͤtzt und ihnen ausdrücklich
zur Pflicht gemacht wurde, Feine Sklaverei einzufuͤh⸗
ren. Und jegt find fie nicht nur, die .eifrigfien Gfla-
venhalter, fondern fühlen fich fogar entehrt, wenn
ihre Söhne fich die Stiefeln ſelbſt putzen müßten; fie!
die ſonſt am London Dock *) für einen Rupfer- Penny
jedem Matrofen in —* er die zur |
bürfteren! — Ä |
Was man auch immer fügen na vom A
fiolz, Gelehrtenſtolz, Kaufmanns⸗ und Geldſtolz;
geht doch keiner uͤber den des Lumpen, wenn =
ihm ein Herr geworden iſt. —
Obgleich der Krieg zwiſchen — und Eug⸗
land im Jahr 1755 ſich für letzteren Staat fo vor⸗
theilhaft endete, ihm faſt den ganzen nordamerikani—
ſchen Continent bis auf Louiſiana ſicherte, fo blieb
ihm doch das ganze ſuͤdweſtliche Gebiet, vom weſtli—
chen Florida bis zum Ohio-Fluß, und von dem jen—
ſeitigen Allegheny-Gebirge bis zum Miſſtſippi voͤllig
unbekannt. Endlich wurde es um das Jahr 1760 von
Jaͤgern entdeckt, und von Virginien aus die erſte Be—
voͤlkerung nach Kentucky verpflanzt, ſelbige aber durch
die Indianer mehreremal gaͤnzlich ausgerottet.
Dies gab den Englaͤndern Veranlaſſung zum
Kriege gegen die Wilden, die durch den Lord Dun—
more im Jahre 1774 gedemuͤthiget wurden,
Die Fortfchritte der Eolonifation won Kentucky
fallen aber erfi in das Jahr 1781, feit welcher Zeit
fie fo erfiaunend zugenommen haben, daß man die
Volkszahl gegenwärtig auf 600,000 Seelen mit In—
begriff der Sklaven rechnet, die freilich einen großen
Theil der DBevölferung ausmachen, und an mans
chen Stellen über die Weißen, nicht nur in der Zahl,
fondern auch in der Moralitaͤt, das Uebergewicht
haben. |
*) Die Candle, in welchen die Frachtſchiffe Fiegen.
Der — ik von Suͤdoſten und Si-
den her mit mehreren Slüffen durchſchnitten, "die: fich
ale in den Ohio ergießen. Wegen der mannigfalti-
gen Wafferfälfe und dem fleinigten Boden —
iſt die Schiffahrt beſchwerlich.
Lexington iſt die Hauptſtadt des ———— und
Lonisville, dicht am Ohio=fall, der beruͤhmteſte Han⸗
delsplatz in den weſtlichen Staaten. In der Nach—
barſchaft dieſes Orts ſind einige ſehr ſchoͤne Planta⸗
gen. Man findet dort Pflanzer, die mehrere hundert
Sklaven halten, 500 Acker Landes mit Weitzen be—
ſaͤen, 20 Pfluͤge im Gange haben und 60 Pferde be—
ſitzen. Sie haben große Brennereien und laſſen durch
die Sklaven Boͤttchergeſchaͤfte und andere Handwerke
betreiben. Neu-Land trägt an Weitzen oft 60, und
an Wälfchkorn 100 Korn, ‚Der gewöhnliche Ertrag
an Weisen und Noggen ift 50 Korn. Gerfie, Hafer,
Hanf, Flach, Baumwolle und Feld- und PanteIefeR date;
Weinbau gedeihen aufs befte.
Deffenungeachtet aber iſt die Geldnoth hier aufs
hoͤchſte geſtiegen, und faſt keine Bank dieſes Staates
leiſtet Zahlung.
Vier und zwanzigſtes Kapitel.
Staat von Indiana >
Auch diefer Staat liegt am Ohio und erfireckt
fih von dem großen Miami big an den Wabafch-
Fluß. Seine Grenzen find öftlich der Ohio, weftlich
der a. — und nordweſtlich der Michigan⸗
IE
Eee... Derjelde bildet. ein Oblongum und it ungefähr
270 Meilen lang und 130 breit.
Boden, Elima, Geſtalt und Produete des ganz
des find die nemlichen, wie im Ohio Staat. Salz⸗
quellen, Steinkohlen, Kalk, Quader⸗ und manninfal⸗
tige andere koſtbare Steine ſind hier im Ueberfluß;
auch ſoll ſich am Wabaſch eine Silbermine befinden.
Die Pilkao-Wieſe iſt eine hohe ebene Grundfläche
von 7 Meilen lang und 3 Meilen breit. Ihr Boden
ift außerordentlich üppig; doch iſt noch nie ein Baum
darauf gewachſen.
Vincennes, die Haupiſtadt von FE lege
am Wabafch, woſelbſt fih der Handel von. Indiana
oncentrirt. Waaren aus Canada kommen auf dem
Illinois-Fluß, die von Neu-Drleang auf dem Miffi-
ſippi, Ohio und Wabaſch, nnd die aus den öftlichen
Staaten auf den lesteren beiden hieher, müffen aber
His Pittsburg zur Axe transportirt werden.
In diefen Staate hatte fich, Dicht am Ohio-Fluß,
eine. Schweiger = Kolonie niedergelaffen, welche den
Weinbau betrieb. Die Amerifanifchen Zeitungen
machten darüber fo viel Geſchrei, als wenn die ge—
fammten vereinigten Staaten von bier aus mit Wein
würden verfehen werden. Allein die Colonie hat ihr
Etabliffement, Neu-Vevaix, voriges Fahr gänzlich ver-
laffen, und fih in den Flinvis- Staat hinunter gezo—
gen, um dafelbft dem Getreidebau obzufiegen. Auch
beftand diefelbe nur aus einigen elenden Hütten, ins
dem die meiften von den im Jahr 1816 ausgewan—
derten Schweizern ſich im Lande zerftreut, und Die
wenigften die Mittel dazu hatten, die Meife in die
weftlichen Staaten zu unternehmen. Auch war der
gewählte Platz keinesweges zum Weinbau fehr geeig-
net; und diejenigen Emigranten, welche ſich in Amer
11, 9
rifa auf den Weinbau verlegen wollten, pi
Kentucky eher ihre Rechnung finden. "Das Kin
dort ungfeich wärmer als in Indiana, und dem Bo⸗
den nach zu artheilen, welcher mit dem in der Cham⸗
pagne viel Aehnlichkeit hat, müßte die eg
Rebe dort gedeihen. °
Bisher hatten Weizen und — Gewaͤchſe in
Amerika immer einen hohen Preis, und darum haben
Gewinnſucht und Geiz den Weinbau uud feinere Gar⸗
tenkunſt nicht aufkommen Taffen. Weinbau wuͤrde
jetzt, beſonders im Innern, wo der Wein einen ho—
hen Preis hat, eine fehr richtige öfonomifche Specu—
lation feyn.
In Indiana wachten Bäume, die in den dftli>
chen Staaten nirgends anzutreffen find, als: der
Dornbuſch, deffen Dorne 3 Zoll lang find, und flait
Nägel gebraucht werden Fünnen.
Die Magnolia, welche eine fehr ſchoͤne und too! zu
riechende Bluͤthe hat. Der Kaffeeba um; gleicht der
ſchwarzen Eiche, trägt eine Schalenfrucht, worin ein
Keen ift, welcher, wenn er gefocht wird, ein dem Kafı
fee fehr ähnliches Getraͤnk giebt.
Da ich einmal auf die Forfiparthie gefommen
bin, fo will ich ein Eurzes DVerzeichniß der sorsüglich-
ften Forfibäume Nord-Imerifas beifügen. Eine Spe—
cififation aller Baum-Arten, nebſt einer Befchreibung
davon zu liefern, würde ein ganzes Werk allein aus:
machen, fo mannigfaltig if Dort das Forſtgebiet.
Die vorzüglichften Forſt-Gewaͤchſe find: die Lime
(Ulmus americanus); fie begreift unter fi ch: die wei:
Be, die rothe und die füge Ulme; ‚Die Ninde der
fegteren iſt im medicinifcher Hinſicht ſehr geſchaͤtzt.
Der wilde Kirſchbaum; er enthält mannigfaltige Spe—
cies, nnd ift von. den Schreinern ſehr gefchägt. Der
— ñ— 15L° — —
Locuſt⸗ oder Heuſchrecken ⸗Baum (Robinia pseudo-
acacia); waͤchſt ſchnell, er gutes Brennholz,
und iſt zu Grundphälen und Schiffsbedeckung ſehr
geeignet. Die Birke mit ihren Species, als: 1) die‘
Weiße (Bétula alba), o) die Schwarze ‚(Betula nigra),
3) die Nothe oder Gelbe (Betula lenta). Die Eiche:
nimmt verfchiedene Species: 1) die Schwarze ( (Quer
cus nigra), ©) die Rothe (rubra), worunter wieder
drei Abtheilungen; 3) VIE Weiße (alba), 4) die '
Ztwerg- oder Grundeiche (pumila), 5 die Nußeiche
(primus), 6) die Lebenseiche (Sempervirns der O.
Virginiana); die ſchwarze Pockeicheè (Qi aquatir a.
bie Beiden letzteren find. im Südlichen einheimiſch
Der Nußbaum (Fagus eastanea)), wird meiſtens zu
Zaͤunen gebraucht. "Die Buche (Fagus sylvatica) mit
drei Abtheilungen. Die Fichte mit 7 Abtheilungen:
MNdie weiße iſt die Fuͤrſtin der amerikaniſchen Waͤl⸗
der, an Umfang, Alter und majeſtaͤtiſcher Geſtalt
Auf den blauen Gebirgen habe ich ſie in ihrer ſchoͤn—
ſten Glorie geſehen, wo fie an Umfang und Höhe un⸗
bedingt den Vorzug vor ihrer Mitfchwefter im Deutſch⸗
land hat; fie ift auch im großer Menge an der nord
amerifanifchen Maine, in Neu⸗Hampfhire und Ber:
mont anzutreffen und gewährte für Maſtbaͤume und
anderes Schiffs = Geräthe ein vorzůgliches Material.
2) Die Gelbe, die Schwarze, deren Körner voll von |
Terpentinöl find. 4) Der Lerchenbaum. Außer dies“
fem find die Fewerfichte (Pin. balsamea), die Spruce
(Pin. canädensis: oder Pin. abies),' Arbor' vitae.
(Thuya 'occidentalis) ‘oder weiße Ceder (Juniper)
oder tothe Ceder (Juniperus virginica). ‘Die weiße‘
Ceder der füdlichen Staaten (Cupressus Thyoides ).
Cypreſſe (Cupressus disticha) in füdlichen Gegenden,
und wird zu Schindeln und anderm Geraͤthe ges
n
i
\ — 1352 —
brauche. Die weiße Weide (Salix alba); Rinde von
den Wurzeln derfelben ift ein vorzügliches Surrogat
der Deruanifchen Rinde. Die Aefche zwei Species:
die Schwarze ‚oder Sumpf-⸗Aeſche und die Weiße.
Ahorn 3 Species: 1) der Weife (Acer negundo),
zu Tifchlerarbeit fehr gut; 2) der Rothe (Acer ru-
brum); 3) der Schwarze oder Zucker-Ahorn (Accer
sacharinum), von deffen Saft befanntlich Zucker raf-
finirt and Rum diftilfirt wird.
Die vorzüglichften Fluͤſſe in Indiana ſind: der
Wabaſch; ſeine Umgebungen ſind ſehr hoch, fruchtbar
und romantiſch. In gewiſſen Jahreszeiten iſt er 600
Meilen weit ſchiffbar. Seine tributaͤren Stroͤme
find: der weiße Theahihi, und Calumet⸗-Fluß. Der
Sippecanve ift ein Arm des Wabafch, welcher mit
den tributären Fluͤſſen des Erie - Seed zufammen
hängt; am erfieren hatten die Amerifaner mit den
Indianern im Jahre 1811 ein blutiges Treffen, in
welcher Erftiere vor Tages Anbruch unter einem fürch-
terlichen Gefchrei der Wilden überfallen und total ge-
fhlagen wurden. Don den Amerikanern wurden
mehrere in den Zelten erfchlagen oder fkaipirt.
Sm Thierreich von Indiana iſt befonders merf-
würdig: das Opoſſum oder Beutelthier. Diefes *
Geſchoͤpf hat unter feinem Bauche eine mit fanftem
Nauchwerf bewachfene Haut, weiche die Saͤugtheile
defielben bedeckt. In diefem Beutel liegen die Jun:
gen. deffelben. Bei drohender Gefahr zieht es die
"Haut zufammen, wodurch die Jungen an den Säug-
theilen völlig eingefchloffen hängen; und in »diefer
ſucht fie die Alte der Gefahr zu entziehen. Das juns-
ge Opoſſum iſt bei feiner Geburt nicht größer als
eine Bohne. Unter den Schenfeln hat das alte Thier
zwei länglichte Hautfalten, in welcken die Jungen
ſehr bequem und fo lange getragen werben, bis fie
binlängliche Stärfe erlangt haben, ſich ſelbſt fortzus
helfen. Nach der Ausfage der Indiana Pflanzer find
die Jungen ded Oppoſſum in dem erwähnten Beutel
oft nicht größer, als ein Gerftienforn gefunden wors
‚den, und daher iſt man zweifelhaft, auf welche Art
fich diefes Thier fortpflanzt. Befondere Eigenfchäften
des Opoſſums find: Furcht vor dem Waſſer und
Gleichgültigfeit gegen das Feuer. Man fagt, daß
feldiges, wenn es auch nur. leicht gefchlagen wird,
ſich fogleich todt fielfet, und in diefem Zuftande: bes
harret; felbft, wenn ihm die Pfoten mweggebrannt
werden. ' Sobald man es: aber ins Wafler wirft,
wird es fogleich unruhig, und ſucht fich zw retten.
. Nach der Bemerfung der Raturforfcher lebet es von
Bögeln.
Fünf und zwanzigſtes Kapitel.
BAR von Illinobis.
Em — iſt der Boden eben, hat aber
doch mehr Abwechſelung als der von Indiana; ſein
Gebiet iſt von unermeßlichem Umfange. Er grenzt
oͤſtlich mit dem Michigan-See und dem Indiana—
Staat, ſuͤdlich mit dem Ohio⸗Fluß, ſuͤdweſtlich und
weſtlich mit dem Miſſiſippi, noͤrdlich mit dem Supe⸗
rior⸗See, nordweſtlich mit dem Lak of Wood, (Wald⸗
See) und weſt-ſuͤdweſtlich, mit den aͤußerſten nördlichen
Duellen des Miſſtſippi. Lesterer entlehnt feinen Ur-
un aus verfchiedenen Fleinen, weſtlich von Supe⸗
rior belegenen Seen.
. 7 I ar
Die aͤußerſte ‚Länge, dieſes Staates, won Süden
— Norden zu, betraͤgt zwiſchen 1800 bis 2000 | eng⸗
liſche Meilen, die. groͤßte Breite deſſelben 1500 Mei⸗
len, und der geſammte Flaͤcheninhalt 200,000 engli⸗
ſche oder 22500: deutſche Quadrat - Meilen, worunter
aber Umfangider ‚Seen: Huron/ Michigan und Supe⸗
rior noch nicht begriffen ſind. Da nun das Land
nirgends mit hohen Gebirgen durchſchnitten, ſondern
uͤberall des Anbaues faͤhig iſt, ſo koͤnuten wenn die
Bevoͤlkerung der Rheingegenden oder des ſfuͤdlichen
Sranfreich, 4000 Seelen auf die deutſche Quadrat⸗
Meile, zum Maaßſtabe gendmmen wuͤrde, 50 Mil⸗
lionen Menſchen allein in dem Staate von Jilinois
leben; und gegenwaͤrtig duͤrfte die Geſammtzahl der
Einwohner ſich ungefaͤhr auf 40 bis 50,060. Feet:
ner belaufen. Hlanätt
Die Wiefen am linois- Fluſſe ſind von —
Umfange, und dieſer Fluß ſelbſt iſt ſehr ausgedehnt
und ſchoͤn. Er entſpringt unfern des Michigan, und
ergießt ſich in ſuͤdweſllicher Richtung uͤber dem. 37ſten
Grade nördlicher Breite, bberhab der Maͤndung des
Miſſoury in den Miſſtſtippi. —
Wenn irgend eine "Gegend in ben vereinigten
Staaten der Coloniſation guͤnſtig iſt, ſo iſt es die am
Zuſammenfluſſe des Illinois und Miffifispi und des
Miſſoury mit den letzteren Alle drei durchſtreifen
die fruchtbarſten Gegenden «den, Union, und letztere
beiden find: «mehrere: taufend Meilen: weit ſchiffbar.
Auch mehrer fich die Bevölkerung‘ des: Illinois⸗Staa⸗
tes täglich, indem die meiſten europäifchen Auswan⸗
derer und auch ſehr viele Amerikaner) ſich dahin zie⸗—
ben. Die Vortheile ders neuen Coloniſten vor 'denen
in den nördlichen und oͤſtlichen Staaten: beſtehen hier
wefentlich darin: der Boden hat fchöne Flächen und
iſt nicht fo. Sehr, is Wiidsiffen. bedeckt, wie in den
leßteren; » daher kann Derfelbe ſchon Das. erſte Jahr
den Ping in den Erdboden ftecfen, ‚wohingegen er
in-den ‚übrigen Staaten, oft mehrere. Jahre darauf
verwenden muß, das anzubane de Land von den Bäuz‘
men zu ſaͤubern. Holz ift- deffen ungeachtet im Nez:
berfluß vorhanden, » und da, wo die Natur ſelbiges
dem Boden nicht zugetheilt hat, ſind ſehr ergiebige
Steinkohlen-Minen, ſo daß es nie an er beabg 1 i
rialien mangeln wird.
Diejenigen europäifchen Boll — ſich
im. Illinois-Staat niederlaſſen wollen, wuͤrden, mei⸗
nes Dafuͤrhaltens nach, offenbar beſſer thun, ſich nach
Neu-Orleans einzuſchiffen, von wo aus fie auf dem
Miſſiſippi zu Waſſer bis an den Ort ihrer, Beſtim—
mung kommen koͤnnten. Zwar ift die Schiffahrs auf
legtgedachtem Fluſſe ſehr fehwierig und an: manchen
Steffen fo gar gefährlich; .indeg Fann man in 6 bis 8
Wochen doch immer von Neu: Drleans nach dem Il—
Iinoif gelangen. Von den üftlichen Staaten aus
nimmt. die. befchwerliche -Landreife uͤber die. Gebirge
bis nach Pittsburg mit Frachtwagen allein. 3 bis 4
Wochen weg, und non letzterem Drte bis an die:
Grenzen, des Illinois oder. die Mündung „des Ohio
find über 1100 Meilen. „Bon der Mündung des Ohio
bis an den Illinois-Fluß, wofeldft, wie gefagt, fich
die beften Gegenden des Staates befinden, find. noch.
über 400. Meilen. Daher ift «8 fein Wunder, daß
der Auswanderer durch folche weite und Eoftfpielige
. Reifen ‚bei-feiner Ankunft ‚gänzlich verarmt iſt.
Auf dem Miſſiſippi iſt zwiſchen Neu + Orfeans
und auch dem Miſſoury-Territorium eine beſtaͤndige
Communication; folglich wird der Reiſende nie lange
aufs Schiffsgelegenheit warten Dürfen; auch werden
— 136 —
Maͤnner, welche auf den Fahtzeugen arbeiten helfen,
nicht nur freie Paſſage, ſondern auch noch? Koſt und
wenigſtens einen Dollar Tagelohn erhalten, und man—⸗
che auch noch ihre Familien entweder frei oder doch
fuͤr einen geringen Frachtlohn mitnehmen koͤnnen.
Der Boden im Illinois und dem ihm gegenuͤber fie
—
genden Miſſoury⸗Territorium iſt einer der fruchtbar⸗
ſten in den vereinigten Staaten. Der Transport der
Producte auf dem Miffifispi herunter - iſt ungleich
leichter und minder koſtſpielig, als ſelbſt der in man⸗
chen Gegenden von Penſylvanien nah Philadelphia.
Alle diefe Vortheile fängt man jegt fchon an, einzu⸗
fehen, und nicht nur neue Ankömmlinge, fondern Ko:
Ioniften aus dem Ohio⸗ und — Staate Se
fich weiter hinunter.
Die Gelegenheit zum Abſah der Produkte und
das Wachsthum der Bevoͤlkerung erhöhen in Amerika
fetd den Werth des Grundeigenthums; und deshalb
ſteht zu erwarten, daß das cultivirte Land, welches
man jeßt mit © Dollars bezahlt, nach 20, 30 wder.
4° Jahren einen Preis von 50 his 80 Dollars pro
Heer haben wird. In Penſylvanien war un „der i
nemliche Fall.
An den Ufern der Susyiehäm wurde vor 40
Jahren der Acker des beiten Landes mit 4 bis 6 Dot
lars verfauft, welcher jet durchgängig mit 80 big
100 Dollars bezahlt worden ift.
Gerade das Steigen des en bilder
den Neichthum des Bauern in Amerika.
Die vorzüglichften Flüffe im Jlinois , Staat au:
Ber dem bereits genannten Hauptflüffen find der Quin⸗
confin und der Fuchs-River, welcher letztere fich im
den Winnebago- See ergießt. Dieſer iſt der nächfte
Communications = Play zwiſchen dem St. Laurenj-
Stufe und dem Mericanifchen eh mittelft
des Michigan Sees und des. Miffifippi,, An ven
Ufern des Illinois-Fluſſes find Steinkohlen - Minen
und Salzquelfen, und in den 'anderen Gegenden auch
reichhaltige, wiewohl voͤllig unbenugte Blei > und
Kupfer = Minen. Zwiſchen dem Kaskaskia und Illi⸗
nois-Fluſſe iſt eine ungeheure Strecke fehr fruchtba⸗
ren, nordwaͤrts an ein hohes Gebirge anſtoßenden
Landes, in deſſen Thaͤlern ſich eine Anzahl kleiner
franzoͤſiſcher Doͤrfer befindet, uͤber die ich im erſten
Bande bereits ein Mehreres geſagt habe.
Die vorzüglichten Städte von Illinois find:
Kaskaſi a, Coshokia und Goſchen. Schawne, Staͤdt⸗
chen am Ohio⸗ Fluß iſt ein unbedeutender, aus eini⸗
gen Tawernen, einem Backhauſe und einigen elenden
Hütten beſtehender Platz.
Ehemals lebten in Illinois an 20 verſchiedene
Indianer⸗ -Stämme. Gegenwärtig find. nur noch die
Winnebagoes am Forriver, und die, am oberen Theile
des Quinconfin in, denfelben ; alte, übrigen haben fi ſich
uͤber den Miſſiſippi zuruͤckgezogen.
Die Conſtitution von Illinois iſt rein— ——
tiſch, und der von Penſylvanien ſehr aͤhnlich Denn
auch hier, ſo wie in Indiana und bio, wird feine
RABEN geduldet. |
en
u Fir
*
*. 33 * — nn ’ . »
s i
eu und 5 strangifee Kapitel.“
Staat Teneifee
a,
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RER
Der —— Staat grent Zſilich mit einen
Theil von Pirginien und Nord = Carolina, nördlich
mit Kentucky, füdlich mit Zlorida, und weſtlich mit.
dem Miſſiſippi⸗ Fluß und Louiſi iana. Er iſt wenig⸗
je 400 Meilen lang, und. erſtreckt ſich von dem
umberland⸗ Gebirge, Fortfeßung der Aeghanys, die
auch dad Stein, ‚Gelbe, Eifen- und Waldgebirge ge-
nannt werden, bis an den Miffſtſtppi. N
Erwähnte Gebirge find ſehr hoch, erſtrecken ſich
vom großen Kenhava bis an den Teneſſee⸗Fluß, be⸗
ſtehen theilweiſe aus einer Maſſe von Felſenklippen,
welche an verſchiedenen Stellen ſelbſt fuͤr den Fuß
des Indianers unzugaͤnglich feyh, und von allen Ge—
birgen in den weſtlichen Staaten erregen fie am mei—
fie das Staunen des Neifenden, An einer Stelfe
ift auf dem Bergrücken eine ‚Selfenwand, wenigſtens
50 Meilen lang und 200 Fuß dDief, und von fo per:
pendiculairer Geftalt, als wenn’ fie gleichfam. ein
Eünftliched Bollwerk der Fortififation wäre. Durch
diefes Wunderwerk der Natur drängt ſich der Teneſ—⸗
ſee-Fluß hindurch, durchfchneidet den Staat gleichen
Namens von Dften nach Welten bin und ergießt fich
nach einen Laufe von 1000 Meilen, 10 Meilen unter:
halb des Cumberlanb- Fußes, in den Ohio. Derfelbe
ift bi an die Muscle Schoals, Leine Art Fleiner
Waſſerfall) für die größten Schiffe, oberhalb deſſel—
ben aber nur für Eleinere Boote bis an feinen Ars
fprung ſchiffbar. Die Muscle Schoals find ungefähr
2o Meilen lang. Funfzig Meilen oberhalb denfelben
u /
n®
— 49 =
fo, einem entworfenen Plane gemaͤß, zwiſchen dieſem
Fluſſe und dem Tombbicky, ein. Kanal angelegt, und
durch. denſelben die Communication des Ohio mit
dem Mobile, und Alabama-Fluͤſſen in Weltflorida, her⸗
geſtellt werden. Auf dieſem ‚Wege, koͤnnten dann dle
Produete der weſtlichen Staaten, Ohio, Indiana, Ken⸗
tucky und Teneſſee in, grader Linie nach den Sees
Fäden. : Penſacola und Mobile, am, Mericanifchen
Meerbuſen befördert: werden, ſtatt daß ſie jetzt in
rechtwinklicher Kruͤmmung nach Neu⸗ Orleans auf
einer eben ſo koſtſpieligen als muͤhſamen Tour paſſi⸗
ren muͤſſen. Ans, dieſem Grunde ſtreben die vereinig⸗
ten Staaten fo. ſehr nach den Beſitz der Floridas,
und wenn fie Durch. Unterhandfungen- ihn nicht errin⸗
gen koͤnnen, werden ſie es wahrſcheinlich durch Ges
walt thun, und wuͤrden es vielleicht ſchon gethan ha⸗
ben, wenn ſie England nicht fuͤrchten muͤßten, das
dieſe Acquiſition ihnen darum ſtreitig macht, weil
von Penſacola aus, woſelbſt eine der beſten Buch—
ten, in ganz Amerika iſt, die weſtindiſch⸗ engliſchen
Beſitzungen, und ihre Schiffahrt, ‚m, Mericanifchen
Golf, im Falle eines Re eſaerdet MER
koͤnnten. RER se Mn.
Reneffee dat ehedem zu gr ehr dehöre
und wurde im Jahre 1789 von diefen Staate den
Generat⸗ Gouvernement abgetreten· Zi
Laden: ar . Ai
m Sabre; 1765 waren. nicht. mehr. als 10 achte
lien in demſelben; 1788 belief ſich die, Zahl der Ein⸗
wohner auf 40,000, unter denen die ſchwarzen Skla⸗
ven zu der Weißen Population ſich wie 10 zu ĩ ver⸗
hielten, Gegenwaͤrtig betraͤgt die Zahl der Einwoh—
ner 400,000 Seelen; ſie ſind groͤßtentheils aus Pen⸗
ſylvanien und Virginien eingewandert, und beſtehen
aus Schottifcher und Jriſcher Race, mit einer Menge
von Deutſchen und Engkändern untermiſcht.
Der Boden wird in 3 Klaffen eingetheilt: "der
erfter Qualität ift für den Weizenbau zu fett und
träge nur Hanf und Wälfhforn; der oten Kiaffe er-
zeugt erft dann Weizen mit Northeil, wenn er zwei
oder drei Erndten von Waͤlſchkorn, Hanf, Tabak,
oder Baummolle getragen, und der dritter Klaſſe er-
zeugt jede Art von Frucht, die in dem öftlichen vers
einigren Staaten gedeihet, nemlich: Weizen, Gerfte,
Hafer, Noggen, Buchweizen, Wälfchforn, Erbfen,
Bohnen, Kartoffeln, fowohl die füRe als die gewoͤhn⸗
liche. Die erftere Art ift länglich, oft 3 Elle lang,
röthlic und fo füß, daß fie dem nicht daran gewoͤhn⸗
ten enropäifihen Magen zumider ift; ferner Flachg,
Hanf, Indigo, Neis und Baumwolle. Der gewoͤhn—⸗
Tide Ertrag des — Products iſt 800 Pfund
vom Acer.
Wer ſollte es wohl —* daß bei un⸗
geheuren Fruchtbarkeit des Bodens doch Armuth un⸗
ter den Einwohnern herrſcht; denn auch in Teneſſee
hatten alle Banknoten im bürgerlichen Verkehr faſt
gar keinen Werth.
Das Klima iſt nach der Sprache hör Amerikaner
gefund und mäßig, wenn man hundert Grad Sonnen:
hige nach Fahrenheit fo nennen will. Von Kranfheis
ten berrfchen hier nur Rheumatismus und Koliken
und einige Fieber, jedoch nicht das gelbe. Die Eins
wohner waren fo gefund, daß vom Anbeginnen der
Bevölkerung diefed Gebiets, nemlich von 1765 bis
1788 an, noch Fein Arzt im ganzen Lande zu finden
war, worüber ein Einwohner folgende Bemerkung an
feinen Freund fchrieb: „Unſere Aerzte find ein ſchoͤ—
nes und gefundes Klima, Fräftige Mütter und Vaͤ⸗
— 141 —*
ter, einfach und voller Diaͤt, indem es an Bewegung
nicht fehlt.“ Haͤtten ſie dieſe Grundſaͤtze nur beibe—
halten und die Sklaverei nicht eingefuͤhrt, ſo wuͤrde
jetzt ihre Bewegung nicht lediglich in Viſiten, im
Taumeln von einer Tawerne zur andern oder in
Jagdparthien beſtehen, wozu ihnen die wildreichen
Waͤlder Stoff genug liefern. Inzwiſcheu hat auch
hier das Wild ſehr abgenommen, wie an ſehr vielen
Stellen der weſtlichen Staaten.
Die Buͤffel ſind faſt gänzlich ———— und an
manchen Orten ſind ſelbſt Hirſche nicht mehr zu fin⸗
den. Die Urſache liegt darin, weil viele Menſchen,
beſonders in den Sklaven-Staaten, von der Jagd
ein foͤrmliches Gewerbe machen.
Die vorzuͤglichſten Fluͤſſe von Erin. find: den
Miffifippi,. Teneffee, Cumberland, Holfton und Elinch.
Die Oberfläche de Bodens ift uneben und gewährt
einen gefälligen und abwechfelnden Profpect: und ob—
gleich feine Anhöhen fruchtbar und feine Ebenen fehr
fett find, fo giebt es doch auch manche Sandplänen,
fo wie in den Carolinad und Georgien.
Indigo wird auf fettem,. niedrigem, trocknem und
gut durchgearbeitetem Boden erzeugt, und im Monat
April gefäet. Die Staude wird dreimal des Jahres
abgefihnitten und jedesmal 48 Stunden lang einge:
waͤſſert; der darin enthaltene Saft wird abgezogen
und mit Kalfwaffer verfegt, um den Indigo von der
waͤſſerigen Seuchtigfeit abzufondern. Die Fluͤſſigkeit
wird dann nochmals abgezogen und der Indigo zum
Trocknen ausgeftellt; dann wird er in Käftchen gelegt,
und während er noch weich ift, in Stücken gefchnitten
und endlich fo lange in die Sonne ‚geftellt, bis er
hart wird, woranf er eingeparft und ann Markt ver:
fendet wird,
— —
"Fiir den merkantiliſchen Sefärtänann iſt der
Sit von Seneffee eines der ergiebigſten Felder der
Speculation. er von allen Seeſtaͤdten entfernt
und muß alle auswaͤrtigen Waaren entweder von
Philadelphia, ‚, Baltimore’ und Richmond in Virginien
oder von Neu? Orleans beziehen Daher laͤßt ſich er⸗
warten, daß der Preis ſehr hoch ſeyn muß.
Bei meiner Anweſenheit in Virginen zogen ganze
Caravanen von Handels⸗ Jaͤnkyꝰs aus Neuengland
mit allerlei Waaren uͤber die Gebirge nach Teneſſee,
worin ſie faſt alle Artikel fuͤr die haͤuslichen Beduͤrf⸗
niſſe hatten, um j e dort an die —5 wieder ab⸗
zuſetzen.
Vom Mexicaniſchen Meerbuſen durch Weſtflorida
ber kann man auf den Fluͤſſen Mobile und Tombi—
ondi, und von Venfacola auf dem Alabama und Coo⸗
fee nach Teneffee gelangen. Bon Neu-Orleans auß:
Auf denen unmittelbar in den Miſſiſippi ſich ergießen⸗
den Fluͤſſen: Obian, Forked und Wolfs River; vom
Ohio, auf dem Cumberland⸗ und Teneſſee⸗Fluß, welche
fämmtlich in den Monaten Februar und März am
wafferreichften find. Durch den Umtauſch der Waaren
gegen Baumwolle, Toback und andere Producte ges
winnt der Handeldmann fehon 100 pro Cent, und
wenn er fie nach Europa — * wird der Gewinn
noch hoͤher ſeyn.
Ich gehe nunmehr an den Ohio⸗ Fluß zuruͤck,
um dem Lefer auch daton eine kurze Beſchreibung
mitzutheilen. Er fließt von Pittsburg in fchlangenför-
miger Krümmung nad) dem Miffifippi; ſein Waſſer—
bett wächft oft plößlich, und verurfacht, fo wie die
meiften weftlichen Flüffe, durch Ueberſchwemmung am
den Ufern Schäden; beſonders ift die Stadt Louisville
an der Kentueiy- Seite diefen Unfällen häufig ausge⸗
—⸗ 1435 —
fetzt Unterhalb des Falles fangen die Impebungen
des Ohio am, anf mehrere hundert Meilen weit eine
einfame Wildnif zu werden, indem fie aus faft une
durchdringlichen Gebüfchen beftehen, die ihre Gipfel
und Zweige bis über das Waſſerbett neigen und dem
Stufe ein melancholifthes Anfehen geben. Ueberall
ſteht man Grabhuͤgel mit praͤnkloſen hoͤlzernen Denk⸗
maͤlern, welche die Schefer Mon hier abgeſchiedenen
Gefaͤhrten errichtet haben. Denn obgleich manche der
beladenen Fahrzeuge bis 70 Perſonen zum Rudern an
Bord haben, ſo ſterben ſie auf der Tour von Neu—
Orleans bis in den Ohio zuweilen alle weg; ſo un—
geſund iſt die, durch die Ausduͤnſtungen der Fluͤſſe,
Suͤmpfe und des Erdreichs, verpeſtete Atmosphaͤre.
Schon hier und noch mehr aber am Miſſiſtopi big an
den Miffoury hinauf find die Renſchen blaß, abge⸗
zehrt und kraͤnklich. |
Manche Stellen des BEE von der Min-
dung des Ohio bis Natches, find wahre Peſtgruben.
Die niedeigen Ufer werden von dem Fluß oft fo über
ſchwemmt, daß wenn die hervorragenden Büfche und
Sträuhe nicht ‚an feſtes Land erinnerten, mat die
Gegend auf mehrere hundert Meilen weit für einen
See halten würde, und da die Plänen an den Ufern
noch niedriger find als diefe, fo bleibt daß ausgetre⸗
tene Waffer anf jenen gewöhnfich fiehen und bilder
Sümpfe, welche durch die heftige Hige in Faͤulniß
übergehen und die Luft verpeſten. Kalte, ſchleichende
und Nervenſiteber find hier die gewoͤhnlichſten Krank
heiten, die wegen dem Mangel an guten Aerzten noch
mehr verderblich werden, als es ſonſt der Fall ſeyn
wuͤrde.
Von der Muͤndung des Ohio bis 9 — ‚ über
800 englifche Meilen weit, ift die Natur eine völlige
— 144 —
Wildniß, in der fein menfchliches Wefen anzutreffen
iſt, und nur hin und wieder wird der durch die Ein⸗
famfeit in Nachdenken serfunfene Wanderer durch das
gellende Jagdgeſchrei herumſchweifender Indianer⸗
Staͤmme zu andern Gegenſtaͤnden der Betrachtung
hingefuͤhrt. Der Fluß wird von wildem Gefluͤgel,
als: Gaͤnſen, Enten und Schwänen durchkreuzt, die
oft ganze Schwaͤrme junger Brut bei ſich fuͤhren.
Die Gebuͤſche wimmeln von Papagayen, die mit
ihrem rauhen und unaufhoͤrlichen Gekraͤchze die Luͤfte
erfuͤllen; und das ewige Geſumme der Myriaden von
Muskitos und anderer Inſekten macht die brennenden
Sonnenſtrahlen doppelt laͤſtig. Die Papagayen ſind
hier kleiner, aber ſchoͤner, als die gewoͤhnliche Gattung
in Weſtindien, und ſind einer der Apoplexie ſehr aͤhn⸗
lichen Krankheit unterworfen.
Mitunter hoͤrt man auch die Sauber- Töne eines.
Dudelſacks, einer. Violine oder Schalmei am Bord
der Transport Boote. Auf erflerem Inſtrumente find
befonders die Bergfchotten große Meifter- Zuweilen
unterbricht die duͤſtere Stilfe der Natur das Geröfe
des von dem Ufer in den Strom herabfallenden Erd—
reichs, welches oft in folcher Maffe herunterſtuͤrzt, daß
die Daran gelagerten Fahrzeuge in einem Moment ver⸗
ſchuͤttet und verſenkt wurden.
Bon der Mündung des Ohio an bis Neu⸗Orleans
find auf dem Miffifippi wenigftend 130 Inſeln. Viele
bilden fich durch Baumſtaͤmme, welche die Fluch an
das Ufer getrieben; dort haben fie ſich ans Erdreich
befeftiget und gleichfam ein Floß gebildet. Die häu-
figen Ueberſchwemmungen führen Erdreich vom Lande
herbei, bedecken diefe Stämme damit and verwandeln
fie nach. und nach in eine Inſel mit der üppigften
RNetatu Fiſche find Hier in Ueberfluß und für dem
Genug
PR 145 ——
Genuß faſt zu fett. Man findet hier und in den
übrigen weſtlichen Gewaͤſſern Kottfiſche, welche 50 bis
00. Pfund ſchwer find. Auch Alligators ſind hier
anzutreffen fo wie im Nil, mit welchem der Miſſi—
fippi überhaupt fehr viel Aehntichkeit hat. Die haͤu—⸗
figen Ueberſchwemmungen deſſelben werden theils uns
terirdifchen Quellen, theils Revolutionen der Natur,
als Erdbeben und dergleichen, zugeſchrieben.
Ehe ich in der Schilderung des Miſſiſtppi bis zu
feiner Mündung meiter fortgehe, will ich noch Einis
ges über» die weftlichen Staaten nachholen. Daß
Vetter in den leßteren ift zwar milder ald an der
atlantifchen Küfte, dagegen aber auch -veränderlicher, :
und aus diefem Grunde find Nhenmatismus, Kolik,
Schwindfuht, Fieber mancherlei Art, die Herrfchenven:
Landplagen. Kreböfchaden ſieht man, aber nicht fo.
häufig „im Weften, als im Oſten Amerifa’s. Das
Klima dürfte vielleicht. in ‚der Folge, wenn die Bez
völferung größer feyn wird, wenn die Suͤmpfe durch.
Kanäle abgeleitet und ausgetrocknet, die. Flüffe durch
Erhöhung der Ufer in ihr urfprüngliches, Bert einge-
ziwänget und die Umgebungen vor Ueberſchwemmungen
gefichert worden, gefünder werden, ald es gegenwäre
tig ift. Wenn der Miffifiopi anſchwellt und das Waſ⸗
ſer mehrere Stunden weit das feſte Land in einen;
See verwandelt, reißen die Fluthen Bäume, um und
treiben fie. in die Mitte des Stromes; dort:fegen fie
fih. auf dem Grunde feſt und machen die Schiffahrt:
ſehr gefährlich. Hunderte von Booten mit Fofibaren
Ladungen gehen alljaͤhrlich durch Schiffbruch unter.
Die Anſchwellungen erfolgen oft unter Blitz und
Donner ſehr ploͤtzlich; und dann muͤſſen die Fahrzeuge
ſo ſchnell als PN das Ufer zu ‚erreichen ſuchen.
II, 10
— 240 _.
Selbſt der Ohio wächft oft fo: olbblich⸗ J er fuͤr
kleine Fahrzeuge gefährlich wird,
Die gefaͤhrlichſten Feinde der Schiffahrt * dem
Miſſiſippi find: die Sawyers (Brettſchneider), Plan⸗
ters (Pflanzer) und Snaͤgs (Schnecken). Die erſteren
ſind Baumſtaͤmme, deren Gipfel auf dem Grunde, ge⸗
woͤhnlich nahe an einer ſtarken Brandung, feſtſitzen.
Durch die Wellen erhebt fih der Stamm und finft
eben fo ſchnell wieder unter, fo daß Diefe Bewegung
der einer Säge in der Schneidemühle gleicht. Zuwei⸗
len bleiben dieſe Saͤger wohl 20 Minuten lang unter
dem Waſſer und kommen oft dicht vor dem Fahrzeuge
zum Vorſchein. In dieſem Falle iſt Kunde und Thaͤ⸗
tigkeit erforderlich, um der Zertruͤmmerung des Boo⸗—
tes anszumweichen. Manche diefer Saͤger erfrheinen
gar nicht auf der Oberfläche des Waflers, und diefe
werden als die gefährlichften betrachtet. Die Pflanzer
find ebenfalls auf dem Grunde des Bettes feſtſitzende
Bäume. Diefe find aber unbeweglich, ftehen in horis
zontaler Nichtung, umd oft ift das fpigige Ende der-
ſelben dicht unter der Dberfläche des Waffers. Schnek-
fen find Bäume, deren Stämme auf einer Sandbanf
feftfiegen und deren Aeſte fich Bis in den Strom er:
firecken. Nächft diefem find auch fehr gefahrvolle Päffe
auf dem Miffifippi, mworunter der Tenfelsracengrund
und die Piquet⸗Inſeln die ausgezeichneteften find.
Im Jahre 1818 find zwei Dampfboote und meh—
vere andere Fahrzeuge durch Pflanzer zw Grunde ges
gangen. Oft fieht man "Mehlfäfler in den Fluthen
ſchwimmen; und Hunderte don Waizenfäffern und
Packeten mit Toback liegen an den Ufern:
Die Gewitter auf dem Miffifippi find ſehr heftig.
Die bei: dem: Erdbeben im: Jahre 1811 verfunfenen
Inſeln find. wirklich intereſſant. Zumeilen ſieht der
— 147: —
Reiſende auch vom Ufer Erdmaſſen, die einen Acker
im Umfange einnehmen, mit den darauf ſtehenden
Baͤumen, in den Fluß herabfallen, die ein Getoͤſe,
wie entfernter Donner verurſachen, und die am Ufer
befindlichen Fahrzeuge in Stuͤcken zertruͤmmern. Der.
Anblick dieſer Scene, die gleichſam das Grab der
Natur wird, iſt grauſend. Die Nebel ung oft fo ſtark,
daß man nicht 50 Fuß weit ſehen fann.
> Funfzig Meilen unterhalb der Ohio: Mändung iſt
auf dem rechten Ufer des Miſſiſtppi das Staͤdtchen
Neu⸗Madrid, das wegen der haͤufigen Ueberſchwem⸗
mungen nicht auffommen kann. Und von hier an big
Natfches Fänge auf beiden Seiten des Fluſſes die
Wildniß an. Der Boden iſt zwar eben und außeror⸗
dentlich fett, allein niemand wagt es, ihn, aus Furcht
vor den häufigen Ueberſchwemmungen, anzubauen.
Die grünen Rohrbuͤſche in ihrem üppigen Wuchfe
und die hohen Weiden gewähren am Fluſſe Schatten’
und geben ihm ein düfteres Anfehen.
Schiffe, Fahrzeuge und Boote gehen beftändig,
ſo wie auf dem Ohio, auf und ad. Die gewoͤhnliche
Paſſage von Neu-Orleans bis an den Cumberland—
Fluß im Ohio dauert 3, zumeilen auch, 6 Monate,
Der Lohn eines Schiffemannes ift für die Tour 50 big
go Dollars und Koſt. Der Zentner Fracht koſtet ſtrom⸗
aufwärts 5 Dollars, und abwaͤrts 50 pCt. weniger,
Die vorzuͤglichſten Baumgattungen in dem weſt⸗
lichen und ſuͤdweſtlichen Nordamerika find: der Baumes
wollenbaum, Kaffeebaum, Flachs, Gummi, Mohn;
Eiſenholz, Terpentin, Zucker, Zuckerahorn, Cederholz,
Aspen, Holzapfel, die rothe und Eiche und
der Gewuͤrzrindenbaum.
Weiter im Innern von Teneſſee End -serfhlebene
halbeivilifirte Zndianerz Stämme, Die einigen Acker⸗
* J
dan treiben. In ihrem Charakter unterfcheiden fie fich
von den nördfichen durch ein mehr flüchtiges und
leichtfertiges Betragen, und wären, im Bergleich mit
Europäifchen Völkern, ungefähr den Italienern und
ſuͤdlichen Franzofen ähnlich; wohingegen die nördlichen
das ernfihafte und bedächtige Wefen der Deutfchen an
fih haben. Wahrfcheinlich mögen fie wohl aus. dem
Umgange mit den Sranzofen und Spaniern in -Lonis
fiana Bieled angenommen haben, indem der Charafs
ter, der Indianer allgemein, ernſthaft, phlegmatifch
und zur Melancholie geneigt if. Auch wird unter
ihnen eine Art. Criminal= Gerichtsbarkeit beachtet... - :
Im Jahre 12818 hatte ein Mann von dem Stans
me der Chifafaws einen Anderen im Streite getödter;
man führte ihn auf, den Richtplatz, woſelbſt er fein
Derbrechen bereuete, Diejenigen, welche zur Execu—
tion beſtimmt waren, umarmte, und dann aa
wurde.
Sieben und zwanzigſtes Kapitel.
Der Staat von Miffifippi |
Diefer grenzt weftlich mit dem Fluſſe gleichen
Namens, nördlich mit Teneffee, oͤſtlich mit Georgien,
und füdlich mit den Florida.
Seine vorzüglichften Fluͤſſe find der: Yazoo
Pearl, Big Bla, Tombeckbee und Alabama⸗ Fluß.
In dieſem Staate erreicht auch die große Kette der
Alleghenys ihre Endſchaft.
Der Boden iſt hier im Aulgemeinen eben und
ſehr fruchtbar, und nur hin und wieder ſind ſandige
und unfruchtbare Stellen.
— 149 ———
Die Haupt-Produkte des Landes find: Taback,
Baumwolle, Indigo, Neis und Wälfchkorn. Von der
lesteren beiden Sorten Ffünnen jährlich zwei. Erndten
gemacht, und der Indigo 5 bis 4 mal ——
werden.
Geſchichte und Einwohner des Staates.
Der Miſſiſippi⸗-Fluß, an welchem das Fonifianas
Gebiet Belegen ift, wurde von Ferdinand de Goto,
einem Spanier, im: Jahre 1541 entdeckt, aber erft im
Sjahre 1682 vom Herrn de la Salle, einen Franzo>
fen, erforfcht. Dieſer gelangte von Canada aus,
wahrfcheinlich auf dem See Superior, an den Mifft-
fippi, und fuhr auf demfelben bis an die Mündung
hinab. Er hatte das Land genau beobachter, und
kehrte dann nach Canada wieder zurück.
Seine glänzende Schilderung von diefem Lande,
und die wefentlichen VBortheile, die aus einer Colonis
fation dafelbft für das Mutterland entfpringen würs
den, veranlaßten Ludewig den ı4ten, König von
Sranfreich, zu diefem Zwecke eine Compagnie zu er>
zichten. Diefen zufolge fegelte eine Erpedition von
4 Schiffen mit Menfchen und Vrovifion reichlich ver-
fehen, von Frankreich ab, um unter der Leitung des
Heren de fa Sale an der Mündung des Miffifippt
eine Colonie zu gründen.
Doch ganz dem Plane zuwider, fegelte er hun—
dert Stunden mehr mweftwärts vom Miſſiſippi, und
verſuchte daſelbſt die Colonie anzulegen. Durch die
Ungeſundheit des Landes kam der groͤßte Theil ſeiner
Leute um, und er ſelbſt wurde von zwei Individuen
ſeines Gefolges ſchaͤndlich ermordet. Herr Ibberville
folgte ihm in ſeinem ruͤhmlichen Unternehmen, und
nach zwei gluͤcklichen Reiſen ftarb auch er, während
er ſich zur dritten anſchickte. Ihm folgte Crozat,
dem der König 1712 ganz Louiſiana uͤberließ. Aber
nach Ludewigs Tode wurde dieſes Gebiet 1763 an
Spanien abgetreten. Letztere Macht gab es in der
Folge an Frankreich wieder zurück, und dieſes über-
ließ es im neueren Zeiten, ſchon im agten Jahrhun⸗
dert an die vereinigten Staaten. |
Die Schilderungen und Anfichten diefes Landes,
die Herr de la Salle machte, find, 158 Jahre fpäter,
volffommen in Erfüllung gegangen, und Neu⸗Orleans
ift jest einer der —— Stapel⸗Plaͤtze von RER
Amerika,
Die Einwohner von. Conifiana fi nd ein Gemifch
von Franzofen und Spaniern, und Fleiß iſt Feines
weges ihre größte Tugend. Inzwiſchen haben fie doch
große Heerden von Vieh und Geflügel: Wein bauen
fie nirgends an, woraus hervorgeht, daß dad Klima
in Nordamerika: — Weinbau * * gänfig
feyn kann.
Sm Miffifippi- + Serritopiait leben auch verfchies
dene Sndianers Stämme, als: die Creefs, Chirofofen,
Choctaws und Chifefaws. Die Natfehes wurden im
Sahre 1750 größtentheils von Franzofen ausgerottet.
Die Creeks beftehen aus 20 verſchiedenen Stämmen,
die fich alle zur Ausrottung der Choctaws yerbunden
haben. Sie haben von dem tapfern General Jakſon,
eine große Niederlage erlitten, ihm aber auch vorher
total gefchlagen. Weber diefen Krieg, fo wie über dem:
tapfern General felbft, wird unter dem Kapitel Ala—
bama Territorium ein Mehreres gefagt werden.
Sämmtliche hier erwähnte Indianer » Stimme
treiben Ackerbau, auch einige Manufacturen⸗Induſtrie,
und find daher fchon für halb civiliſirte Voͤlker zu er⸗
achten. Dom Miffonry- Territorium her ergießen fich
die Slüffe St. Ban und Arkanfaw in den Mifft-
fippi.
100 Meilen REN Patches fängt das Land
an, mehr bewohnt zu werden; allein erft hundert
Meilen vor Neu-Orleans zeigt fih ein Wohlftand
und eine Pracht auf den Plantagen, deren gleichen
man in dem Dereinigten vergeblich fuchen würde.
Zwanzig Meilen vor Neu-Orleans aber ift eine para=
diefifche Gegend. Geſchmack und Eleganz veroffenbas
ren fich nicht nur an den Wohngebänden, Garten und
Speichern und verfünden den Neichthum ihrer Befiger;
felöft die Sklavenwohnungen find in gutem Zuftande
und gewöhnlich für zehen Perfonen eingerichtet. Jede
einzelne Plantage fieht daher wie ein Fleines Städt:
chen aus, und — * enthalten bis ei Neger⸗
fElaven,
Der jäßetiche Ertrag von dergleichen Plantagen
beläuft fich oft auf 20 bis 30,000 Dollars. Alle Pros
dufte werden nach! Neu-Orleans auf den Marft ges
fendet, wo fie gute Preife und prompte Zahlung fin
den; denn Gold und Silber ift, fowohl in Natches
ald Neu-Orleans, im Weberfluffe zu finden.
Die gewöhnlichen Erzeugniffe find Zucker, Baum⸗
wolle, Indigo, Taback und Mais. |
Die Baumwolle wird durch Driffmafchinen fehr
dick gefäet, und fobald der Saamen aufgegangen,
werden die Pflanzen fo verdünnet, daß fie 18 Zoll
ans einander fiehen. Dann wird alles Unkraut aus:
gegätet und der Erdboden von den Oberwurzeln weg—
gefcharret; einige Wochen nachher werden die Wurz
zen wieder bedeckt und der Erdboden wird an dem
Stauden aufgehänft, wie es bei uns mit den Kar-
toffeln zu gefchehen pflegt; hieranf erfolgt ein aber⸗
maliges Behacken, und nun PER fih die Seurseln
fo. aus, daß fie fich mit einander vereinigen.
Die Baumwolle wächft in einer Schar‘) die,
wenn fie ihre Neife erlangt hat, fich von ſelbſt öffnet;
fie wird dann von der Gtaude, . die. beinahe unfern
Bohnen gleicht, abgelöft und durch, Hülfe einer Ma-
ſchine von der Schale. getrennt. Dieſe Procedur geht
fo ſchnell vor fih, daf.in einem Tage 1000 Pfunde
von der Hülfe gereiniget werden koͤnnen. Auch hier
trägt der Acker Land, wenigftens Bon. Dfunb Baum⸗
Wolle,
Zuckerrohr wird durch Ableger nn welche
ein Staudengewächs, beinahe dem Wälfchforn ähnlich,
bilden. Im erſten Jahre werden diefe Nohrftauden,
ungefähr 8 Zoll über der Oberfläche des Erdbodens,
abgefihnitten; der darin enthaltene Saft wird in den
Zuckermuͤhlen mittelfit Eylindern ausgepreßt und in
Keſſeln fo lange gefieder, Bis er. eine dicke Syrop⸗
Maſſe bilder; dieſe wird fodann in. ein ordentliches
Gefäß gefchütter, und wenn fie. fich ‚abgefühlt hat,
bildet fie ein compactes, dem Salze nicht unähnliches
Material; diefes wird in Faͤſſer eingepackt und ver:
fendet., Die Zubereitung des raffinirten oder Brod—
zuckers ift den Meiften aus ARCHE Naffinerien bin
länglich befannt.
Syrop wird aus dem beim Sieden des Zuckers abge=
ſchoͤpften Moſt verfertiget, und die ausgepreßten Rohr⸗
ſtaͤbe werden eingemaͤtſcht, in Gaͤhrung geſetzt, auf
die Blaſe gefüllt und deſtillirt; der dadurch gewonnes
ne Spiritus ift der Num. Zucker, Syrop und Baum:
wolle von Lonifiana find fehr vorzüglich. |
Bon Baton Rouge bis Nen = Orleans find die
beiderfeitigen. Ufer des. Miſſiſippi ein wahres, Feen-
land. Prachtvolle und im geſchmackvollſten europäiz
ſchen Sty! erbaute Palais, ſchoͤne regelmäßig und kunſt⸗
vol angelegte Gärten mit Drangen und Feigenbäumen,
ganze Wäldchen von Drangen- und Pommeranzenbaͤu⸗
men, große Waaren- Speicher, Zuckermühlen, Rums
brennereien, Baumwollen-Preſſen, Eleine niedliche Mes
gerhäuschen, oft 50 bis 100 beifammen, die höchfte
Cultur der Felder, zahlreiche Heerden von Vieh, oft
1000 Stuͤck beifammen, zeigen ed, daß der Franzofe
das Eolonifiren durch die Neger aus dem ‚Grunde
verfteht. — Welcher Abſtand gegen die irifche Schmu=
delei in Virginien und Maryland. Wünfchen möchte
der Menfchenfreund nur, daß die Inhaber aller diefer
Herrlichfeiten auch diejenigen wenigſtens wie Mens
fihen behandelten, deren Induſtrie ihnen das Entftes
ben gab. |
Nur die Sflavenhalter Fönnen in den tropifchen
Ländern durch den Ackerbau große Reichthuͤmer erivers
ben, und dazu iſt doch auch nicht ein jeder geeignet.
Da, wo Feine Sflaverei ift, zehrt der hohe Arbeits
Iohn auch wieder einen großen Theil ded Ertrages
auf, und mit dem Fond, der zur Anfchaffung einer
eingerichteten Plantage erforderlich ift, Fönnte man,
meines Dafürhaltens nah, in Europa mehr vor ſich
bringen, als in Amerika. |
Was für ein nügliches Gefchöpf der Sflave dem
trägen Nepublifaner ift, fehen die meiften wohl ein,
und darum firäuben fie fich auch fehr gegen die Ab⸗
Thaffung der Sklaverei. Führte mich der Zufall des
Gefprächs auf diefe barbarifche und abfcheuliche "Ges
wohnheit; dann zeigte fich der Amerikaner recht in
feiner Erbärmlichfeit und ald ein elender, dummer
Heuchler. „Die Neger,“ fagten einige, „ſind die
nachkoͤmmliche Nace von Cain, welche die Farbe ihres
von Gott für den Brudermord gebrandmarften Stamm:
vaters an fich trägt.’ — Andere behaupteten wieder:
„Die Neger wären von Ham entfproffen, welcher we—
gen dem auf ihm haftenden Fluche feines Vaters
fchwarz geworden fey. Wenn man nun auch der
Bibel zufolge nachgeben muß, daß Ham Afrika bes
völfert hat, ſo ift e8 doch genugfam befannt, daß
anch ein großer Theil von Afrifa’s Bewohnern Feis
neöweges fohwarz if, und in dem Theile von Affen,
welcher von Seth, dem Fiehlingsfohne Noahs, beväl-
fert worden, nemlich Arabien, die Menfchen eben fo
ſchwarz find wie die Neger.
Sehr viele, ja die Meiften von dem gewöhnlichen
Haufen halten die Neger für boshaft, falfh und tüfs
kiſch. Wahr iſt es: fie beſitzen, wie alle Völker uns
ter dem brennenden Himmelsftriche, heftige Leidens
fehaften. Allein unter den Regeln der Eultur und
und der Moral zeigen fie eine Kraft der Gefühle, der
PBerfinndeskräfte und eine Größe des Charakters, die
oft unfere Bewunderung erregen. Auch bat es die
Erfahrung beftätiget, daß fie zu Philoſophen, Gottes:
gelehrten, Aerzten, Gefesgebern und tapfern Kriegern
eben fo gut gefchaffen find, wie die Weißen. — Zwi—
ſchen Baton-Rouge und Neu-Orleans ergießt fich
der Ned Niver in den Miſſiſippi. Dieſer Fluß ent:
fpringt in Neu-Mexico, unweit Sta. Fee, durchfließt
die ganze Provinz Teras und iſt bis zw einer bedeu⸗
tenden Diftanz fehiffdar. Ungefähr ı50 Meilen von
feiner Mündung liegt das Städtchen Natchitoches.
Hinter der Mündung des Ned Niver wird der
Miſſiſippi fehr breit; feine Ufer find mit dem fchönz.
fien weißen Klee bedeckt, auf denen zahllofe Heerden
von Nindvieh meiden Mancher Pflanzer erzielt in
einem Jahre bis tauſend Kälber, die fich felbft erzies
hen, indem fie dad ganze Fahr auf der Weide zubrins
— 15. —
gen. Die Kühe werfen gewöhnlich nur alle 2 Jahre
ein Kalb, geben wenig Milch und feldft das Fleiſch
ift Feinesweges fo ſchmackhaft, wie in den nördlichen
Gegenden. Die Urfache fol in der zu großen Weppig-
feit der Begeration liegen, die nicht fo Eräftige Bes
fiandtheile enthält, als dort, wo das Vachsthum nur
nach und nach gedeihet.
Auch wird das Vieh von den Musquitos ſchreck⸗
lich gemartert, und häufig iſt ein Pferd angebunden,
und neben demſelben befindet ſich ein Feuer sum Ders
fcheuchen der Musquitos angemacht.
Hier und in Mexico wären die Landſchaften, wo
der iunge Mercantiliſt, wenn er fehöne gute und ges
ſchmackvolle Waaren, von welcher Gattung fie auch
immer fein mögen, fein Glück fuchen müßte,
Acht und zwanzigſtes Kapitel,
Gemälde von Reu-Drleans,
Huſſa, Juchheiſa, Fideldumbdeis!
Iſt das ein Sabbat? God blelse my eyes! 9—
Da ſchwirret die Fidel, da klinget die Zitter;
Das Roulette ſchnarret, wie fernes Gewitter.
Waͤhrend dem Gottesdienſt und der Predig,
Wird kein Spiel, Tanz und Saufhaus ledig.
Negreſſen und Creolen, Mulatten und Quadronen;
Indianer, Mestizzen und Sambonen!
Alles durcheinander, die Kreuz und die Quer,
Dreht ſich im wirbelnden Ringen umher.
*) Gott ſegne meine Augen, ſoviel als: Gott bewahre mich.
|
— 156 —
Drurikor and swearer, Fluchen und — en:
Alles pele mele tout ensemble.
Heißt das die holy gospel, (heil. Bibel) bonoriren?
Drum thut auch das gelbe Fieber ſtets grafliren.
Alles verfunfen in Lafer und Sünden! |
Das kommt daher, weil die Bibel niemand thut vers
/ finden.
Statt ihrer hört man der Nonnen: Chorgefang,
In der Kirche Pauken und Trompetenklang.
Ah! der Melsdeien Ton und Goldes Zauberglanz,
Berwelkten ſchon gar manchen Kranz. — |
Ermahnung bier, ift Predigt tauben Ohren;
Die, find alle zum Höllenpfuhl erkohren.
Spaniole, Franſchmann und Portugies,
Sind fiets gewaffnet mit Dolch und Krötenfpies.
Caracho, a bacho und Sacre non Dieu!
Den machen fie Ealt; O weh, o weh!
Gar häufig geſchieht Todfchlag und Mord;
Das ift der Brauch, fo an diefem Drt.
Da, nehmt euch dem Jaͤnky zur Regel!
Der geht au jedem Bier und Branntweinkegel,
Bei Sonn und Feiertag vorbei;
Der Predigten hört er zweierlei.
Wird Bibel lefen, fingen und beten, |
And morgen euch mit falihen Noten treten.
Stielt Menichen und verfauft fie in Sflaverel;
Ind fein Land nur allein iſt frei.
Ja frei, daß fih Gott erbarme!
Das weiß am beften, der Neger, der Arme!
Auch die Mamfellen find Schön und haben Tournure;
Lieben gar fehr die finnlichen Pleſſure.
Alles lebt in Sauß und Braug!
Immer das dritte iſt ein Freudenhaus.
Kein Wunder! Daß bei folhem Sündenleben,
Die Erde oft thut zittern und beben,
— ——
Ungefähr in dieſem Tone hebt der andaͤchtige
Jaͤnky aus Neu = Hampfhire feine Schilderung an;
daher möge es mir der Leſer verzeihen, wenn ich fie.
wegen der Nehnlichfeit mit der "bewußten Nredigt des.
Capızinerd in Wallenfteins Lager, — ein⸗
Fleidete,
uebrigens ſtimmen alle Reiſeberichte darin übers.
ein, daß in Neu⸗Orleans, ganz a la Paris, ein mun⸗
teres und. luſtiges Leben geführt wird. Geld ift dort;
im Weberfluß, und da ed der Menfch leicht verdient,
das Leben in der Pegel dort auch nicht fehr lange
währt, fo ift es natürlich, daß er es fich foviel als
möglich angenehm macht. | 2:00
Charakter und Gitten der Einwohner find rein
franzoͤſiſch und mit denen der Jaͤnkys im völligen
Gegenſatze. DBibellefen, religiöfe Schwärmerei und
Sekten Unſinn ift freilich nicht die .-Sache der Frans
zoſen. Indeß habe ich von den Bürgern, beſonders
von den Deutfchen in Neu-Drleans, wieder manches:
Nühmliche gehört, indem fie vor einigen Jahren, als
die Zeiten: noch fo briffant waren, mehrere deutfche
Paſſagiere von den Schiffen loskauften, und fie frei
hingehen ließen, wohin fie wollten, und ihr Gluͤck zu,
fuchen. Handwerker uud Dienftboten werden bier; im—
mer noch eher Leute finden, die fie ausloͤſen, als in
den nördlichen Seeftädten; auch dürfen fie dort kaum
halb fo lange für ihre Fracht dienen, als in Tegteren,,
Arbeit ift zu jederzeit hier zu finden, und der Lohn,
wirklich fehr hoch.
In Philadelphia erhält ein. Dienfimädhen a
Die Woche ı Dollar Lohn und Kofl. In Neun - Drs
leans iſt Dienft und Tagelohn noch einmal fo hoch,
und wer ſich dort haͤuslich einrichtet, kann woͤchentlich
mit 3 bis 4 Dollars auskommen.
en
Die Cith Neu-⸗Orlebns Tiegt an dem oͤſtlichen
oder linken Ufer des Miffifippi, und ift dem Länge
nach an demfelben erbaut: Die Ufer des Fluſſes find
durch Fünftliche Damme erböhet und die Stadt if
vor Ueberfchwemmung dadurch gefichert.. Diefe Daͤm—
me find 15 Fuß breit und 4 Fuß hoch; fie fangen be—
reits bei dem Fort Plaquermine, 40 Meilen unterhalb
Orleans an und erfirecken fih 120 Meilen oberhalb
des Orts; fie dienen der City zugleich zum Markt:
platz und allgemeinen Promenade; daher find die
Straßen an dem Walle fters mit Tanfenden vor
Frauenzimmern angefült, die Gemüfe und alle Sor⸗
ten von Früchten und Waaren verkaufen.
Das weibliche Gefchlecht zeichnet fich durch Schön:
heit, regelmäßigen Körperbau, Anfand und feine
Sitten aus. Doch das find Lockungen, die den tus
gendhaften Mann nur auf die Irrwege der Immora—
litaͤt hinführen, fagt der gute Jaͤnky. „Ach über die
armen tugendhaften Männer! Sie werden in Neu-
Hampshire wohl nicht um ein Haar beffer feyn, wie
ih Drleans und überall in der Welt.’ Und beſſer Fleiz
den Anſtand und feine Sitten das junge Frauenzim-
- mer doch immer, als zu rülpfen, wie ein Spannfer⸗
kel, wie ich es auch gar oft bei dem Jaͤnky Laedys
gehört habe. Stundenlang mit überfchlagenen Schen—
feln zu fißen und zu ſchaukeln, oder gar die Füße
anf Stühle, Tifhe und Baͤnke zu legen, wie ich auch
häufig bei den Franenzimmern fahe, verdient doch
auch nicht als mufterhafte Nachahmung empfohlen zu
werden. Wenn ich nun diefe feltenen Sitten auch
nicht gerade bei der vornehmften Kaffe gefehen habe,
10 waren fie doch nur gar zu gewöhnlich bei der
Mictelklaffe, und fo eine Gruppe zu fehen, lohnt faft
— 159 —
allein der Mühe, über das atlantifche Meer zu rei⸗
fen. —
Die City ift auf der Inſel Orleans erbauet; dieſ⸗
wird durch den Miſſiſippi, den Ponchartrain und
Maurepas-See und den Fluß Ibberville, — ein
Arm des Miſſiſtppi iſt, gebildet.
Der Ponchartrain⸗See iſt 30 Meilen lang und
eben fo breit. Der Maurepas iſt 10 Meilen lang
und 7 biß 8 breit. Ber folch einem Ueberfluß von
Waffer koͤnnte durch Kanäle ſchon für die Neinlichkeit
der Stadt geforgt: werden.
Die Häufer der Eity find an den Waten große,
gemauerte und mit Schiefer bedeckte Gebaͤude; im
im Hintergrunde ſtehen kleine, hoͤlzerne und zerſtreute
Baracken. Die Straßen ſind eng und kreuzen ſich
in rechten Winkeln, und werden auch nicht ſonderlich
rein gehalten. Auch hier ſind die Kirchhoͤfe mit—
ten in der Stadt und mit Menſchenknochen wie über?
fäet. Brunnen giebt e8 nirgends, und alles Trink
waffer liefert der fchlammigte Miffifippi, und erft nach-
dem jenes filtrirt worden, kann es genofien werden,
His jegt iſt Neu⸗Orleans keinesweges ein gefunder
Aufenthalt, dürfte aber vielleicht im der Folge für
den: Nordländer weniger gefährlich werden, wenn die
Suͤmpfe mehr ausgetrocknet und befiere Local = Bolis:
zey, in Hinſicht der Reinlichkeit, wird gehandhabt
werden.
Die —5 Geſchaͤfte ſind hier PR
dentlich bedeutend, und ſtets findet man: bis 600
Schiffe im Hafen. Kauffahrthei-Schiffe kommen häufig:
mit 500,000 bi$ ı Miltion Piafter baaren Geldes an,
um hieſige Produkte einzukaufen. |
Die: Theurung iſt troß der großen Geuchtharkeie
ſehr bedeutend. Das Pfund Fleiſch koſtet 20 Cent
— ——
6 Gr.) Auerhůͤhner gelten 46186 Dolar, und das
Pfund Butter 5 Dollar.
Für Koft und Wohnung zahle man im guten
Bordinghänfern go, und in mittleren 40 Dollar; indeß
kann man jeuͤt auch noch wohlfeiler und für 5 bis 20
Dollars monatlich borden. mund |
In der City-find zwei Theater, ein Ss und
ein Nonnenflofter. Unter den Einwohnern ift der
dritte Theil Negerfklaven. |
Die Gerichtöverhandlungen werden in englifiher
und franzöfifcher Sprache geführt 5 die Juris beſtehen
aus Individuen von beiden Nationen. : In Civilfaͤllen
ift der Code Napoleon daß herrfchende Geſetzbuch; in
Criminal » Fällen gilt das Gemeine: Necht: "Die Ad⸗
vocaten in Neu⸗Orleans erwerben unermeßliche Reich—
thümer. Eben fo ergiebig ift das. Fach der Werste
und Wundärzte, und in der That gehört fehon ein:
Bermögen dazu, fich hier eines Advocaten oder aͤrztli⸗
cher Huͤlfe zu bedienen.
Grundeigenthum hat um Neu- Orleans einen fo
hohen Werth, daß ein Capital von mehreren Hundert:
taufend Ihalern dazu gehört, um fich den Beſitz-Titel
von einer Plantage zu verfihaffen.
Nach Evans ift fein Ort in der civilifirten Welt,
wo.der Einfluß der heiligen Bibel weniger beachtet
würde, als hier. Zwar flimmert auch hier das wohls
thätige Licht der Offenbarung; allein die Menſchen
wandern in 'moralifcher Finfterniß umher, und nur der
Donner des göttlichen Zorns allein vermag fie aus
ihrem (tiefen Schlafe zu wecken. "Sie find in Laſtern
und Sünden für alles Moralifche gänzlich abgeftorben.
Die Liebe zu den Dollars geht auch bier, mie
in den gefaminten ‘weftlichen St. und vielleicht in der
ganzen Welt, jeder andern vor, amd ihre fegenveichen
Fol⸗
mn ‚161 —
Folgen erwecken angemein den Geiz. In der That
iſt es empoͤrend, ſich ſtets nach das oder Memo Ne? Ä
Vermögen zu erkundigen.
Das Gebiet von Louiſiana, welches. die vereinig⸗
ten Staaten im Jahre 1805 von Frankreich gekauft
haben, iſt von unermeßlichem Umfange, und noch ſind
die Grenzen deſſelben nicht beſtimmt ausgemittelt.
Das Gouvernement rechnet alles Land vom 30 bis
zum 49° N. B., und alles Land zwiſchen den Miſſi⸗
ſippi und dem ſtillen Ocean, zu Louiſiana.
Fuͤnf Meilen unterhalb Orleans iſt das fameuſe
Schlachtfeld, wo der General Jaͤkſon die engliſche Ar⸗
mee unter Pakingham zuruͤckgeſchlagen und letzterer
ſein Leben verlohren hat. Achtzehn Meilen von der
Cyti iſt das eugliſche Kehrum Engliſh Turn), eine
‚Krümmung. des Fluſſes ‚an welcher die Schiffe der
Englaͤnder umzukehren genoͤthiget wurden, weil der
Fluß zu ſeicht war. 25 Meilen Hinter dem Turn if
das. Fort Plaquemine, dadurch berühmt, daß General
Säkfon (oder der moderne Hannibal von.den Eng:
Ländern benannt) den Indianer Chef Hematlemico
und den Propheten Francis. anf einem Vorpoſten Schoo⸗
ner an den Maftbaum aufhängen ließ; beide waren
von dem Stamme der Creeks— ⸗Indianer, welche mit
den Amerikanern noch 1843 Krieg hatten, geriethen
in Gefangenfihaft, und als fie auf verfchiedene ver:
fängliche Tragen, „die Jakſon an fie that, um fie in
diefe Falle zu locken, nicht antworteten, ließ er. fie
hie weiteres aufhängen . Eben fo graufam verfuhr
’ mi den beiden Engländern Ampbrifter und Arbuth⸗
Erſterer lebte als Kaufmann unter dem Semi:
ns Indianern und verfaufte ihnen etwas Pulver,
Dlei und Gewehre zur Jagd, wie er fagte, Letzterer
ſoll auch allen feinen Einfiuß aufgeboten ‚haben, u
h Im, 11
#
— 162 —
die Indianer von ihrer Granfamfeit gegen die Ger
fangenen abzuhalten. Als aber jene bald darauf in
ihren Städtchen überfalfen wurden, geriethen auch die
beiden Engländer in Gefangenfchaft, wurden vor ein
Kriegesgericht geftellt, und obgleich die Mitglieder
deffelben Creaturen von Jakſon waren, murde der
Kaufmann in dem ten Urtheil zu 50 Stockſchlaͤgen!
— ein fanberes Urtel für einen Kaufmann, noch das
zu von einem republifanifchen Gericht ausgefprochen,
und Arbuthnot, weil er die Stelfe eines Anführers
befteidet haben fol, zum Strange verurtheilt; Gene—
ral Jakſon Faflirte das 2te Urtel und ließ beide hans
gen, wozu fie das erfie Urtel verurtheilt hatte. Durch
diefen Act Fannibalfcher Grauſamkeit und defpotifcher
Willkuͤhr hatte er die Conftitution feines Landes ver-
legt, gemäß welcher jedes Todesurtheil vom Praͤſiden⸗
ten beftätiget werden muß, und follte vor ein Ge-
richt geftelt und feines Commandos entfegt werden;
indeß fuchte man fein Verfahren durch allerlei Gruͤn—
de zu befchwichtigen und jede gerichtliche Unterfuchung
gegen ihn zu elidiren. England wollte das unglüc-
liche Schickfal zweier Indianer feiner Nation auch
nicht zur Nationale Sache machen; und fo ift diefe
eines Genghis Kan würdige That wieder in DVergef-
fenheit gerathen. Inzwiſchen wurde fie doch von
mehrern Mitgliedern des Congreffes, befonders von
den Jaͤnkys, fehr gemißbilligt, und Jaͤkſon häufig für
einen Tyrannen erklärt. |
Die Schugredner Jaͤkſons fuchten fein Verfah—
ven gegen den Indianet-Chef und den Bropheten, fo
wie dad gegen die beiden Engländer, als eine ge—
vechte Repreſſalie für die Ermordung mehrerer gefan-
genen Amerikaner darzufieifen; und wenn es ‚auch
feine Nichtigkeit hat, daß mehrere Gefangene fcalpirt
— 15 —
und ermordet worden find, weil ihre Gewohnheits—
rechte es fo mit fich bringen, fo ‘haben ſie doch auch
wieder Züge von Großmuth aufgeftellt.
Ein amerifanifcher Capitain Fohnfon gerieth in
die Gefangenfchaft der Ereef3 - Indianer, und auch er
foßte zur Wiedervergeltung für die Ermordung des
Chefs Hemathlemicos und des Propheten Francis den
Tod erleiden. Schon hatte man ihn an einem Baum
gebunden ; fehon begonnen die Krieger ihren Krieges>
tanz, und eben wollte man ihm mit der Tomahawk
den Dirnfchädel zerichmettern, als die fchöne Lily,
eine jnnge Creeks-Indianerin, aus der verfammelten
Menge hervortrat und ihr Tuch über den Gefangenen
ausbreitete. Dies war das Zeichen, daß fie den zum
Tode beftimmten in ihrer Schug nähme. Augenblick
lich fanden die Krieger von ihrem bintdürfiigen Bor:
haben ab, und behandelten Fohnfon nunmehr als
ihren Freund. Der Feindfeligfeiten hatten nunmehr,
da die. Indianer eine allgemeine Niederlage erlittem
hatten, ihre Endſchaft erreicht, indem der Friede zu
Stande Fan.
Sohnfon Fehrte nunmehr gegen Ende des Jahres
18:8 mit feiner großmürhigen Freundin nach Wafhing-
ton zurück, wofeldft er fie aus Dankbarkeit heirathete.
Das edle Betragen der. fehönen Indianerin war das
aligemeine Gefpräch in den vereinigten Staaten, und
ald man fie dieferhalb mit Lobpreifungen überhäufte,
erwiederte fie mit aller Unbefangenheit eines Natur:
mädchens, daß fie auch für jeden anderen Weißen
das Nehmliche getan haben würde.
Die Seminole und Creeks Fndianer wohnen in
den Sloridas, in dem wefllichen Georgien und ſuͤdli—
chen Teneffee, erzeugen Taback, Reis, Baumwolle und
Waͤlſchkorn. Mir ihnen hatten fi auch die Neger
* 31
_ 14 —
in den Floridas vereiniget, worunter viele aus Ge>
orgien uud Teneſſee entlaufene Sklaven waren, die
unter ihrem Anführer Nicholz den Amerikanern ih den
Gebirgen und Wildniffen manches blutige Treffen ge⸗
liefert haben. |
Dei diefer Gelegenheit fehe ich mich veranlaßt,
auch das Schickſal einer in die Gefangenſchaft der
Indianer gerathenen Amerifanerin und ihrer Familie
zu erzaͤhlen, welches minder sünflig * als das
des Capitains Johnſon.
Im Miſſoury Territorium — ein amerikani⸗
ſcher Pflanzer, deſſen Wohnung, wie es in Amerika
gewoͤhnlich iſt, iſolirt da ſtand. In einer Nacht hoͤrte
er ein Pochen an dem Thore ſeines Hofes, und nichts
Boͤſes ahndend, ſteht er auf und geht heraus; er öff-
net fogleich das Thor und wird augenblicklich von
den Indianern mit Speeren durchbohrt. Diefe Bars
baren gehen nunmehr in feine Wohnung, plündern
die beiten Haabſeligkeiten, ſchleppen die Fran des
Pflanzers nebſt drei Kindern, wovon das erſte 11,
das zweite 5 und das dritte 2 Jahre alt waren, in
die Gefangenfihaft: fort, und ſtecken die Plantage in
Brand. Weder der "Ermorderte, noch Eines feiner
Samilie Hatten ihnen jemals etwas zu Leide gethan,
und mwahrfcheinlich haben fie, nach ihrer grauſamen
Sitte, die von einem Dritten 'erlittenen Unbilde rä>
chen wollen.
Schon der Anblick des ermordeten Gatten hatte
die unglücklihe Wittwe mit Schaudern erfüllt, und
nun fahe fie auch al? ihr Eigenthum in Rauch und
Flamme aufgehen. Ihr jüngfies Kind auf dem Arme
tragend, wanderte fie mit demnälteren beiden, von den
bewaffneten Wilden umgeben, zu Fuß die ganze Nacht,
hindurch fort; und weit ins Innere des Miſſo ury
— 105 —
Gebiets gieng der "Zug. Mach einen: langen Reiſe
durch ihnen voͤllig unbekannte Wildniſſe erreichten ſie
endlich das Dorf der Indianer.
Dort wurde die Famikie unter die Barbaren als
Sklaven vertheilt, und die Mutter von den Kinderit
getrennt, indem jedes einen anderen Deren befam. Den
älteften Sohn nahm ein Chef an fih. Die Gefanz
genfchaft währte Sahre lang, und da der junge Ames
rifaner nunmehr zum Füngling berangewachfen war,
wurde er vom Chef in feine Familie adoptirt, unter
die Zahl der Krieger aufgenommen, und hatte die
Freiheit auszugehen, wann und wohin er wollte.
‚Eines Tages erfchien er im feiner indianiſchen Kfei-
dung und mit den Waffen des Kriegers vor feiner
Mutter, die ihm. nicht mehr wieder erkannte. Der
Sohn gab firh endlich heimlich zu erkennen, um jeden
Verdacht bei den Barbaren zu vermeiden. ‚Groß war
die Freude der Mutter, als ihr derſelbe den Plan
zur Flucht entdeckte. Sene hatte alle Greuel des
Barbarismus ertragen, auch mußte. ſie als ‚Sklavin
die niedrigften Dienfte int Haufe verrichten; wie fehr
wilffommen war ihr daher die Ausſicht, ihren elenden
Lage bald eine Endſchaft zu machen! Die beiden juͤn⸗
geren Kinder waren. in anderen, Dörfern, und nicht
geftattet wurde der Mutter, fie zu fehen... Eine Flucht
mit diefen war nicht möglich, und fo ward. der lieb—
loſe Befchluß gefaßt, dieſe zuruͤckzulaſſen. ‚Das Vor⸗
haben ward gluͤcklich ausgefuͤhrt; die Mutter und der
aͤlteſte Sohn find entkommen und bei ihren Landsleu—
ten angelangt; aber die juͤngſten Kinder blieben in der
Sklaverei zuruͤck. Wenn auch das ungluͤckliche Schief-
fal.diefer Amerikanerin: das Mittleid eines jeden Le⸗
ſers erwecken wird; ihr unnatuͤrliches Mutterherʒ wird
ſeinen Beifall nie gewinnen.
— 166 |
Neun und zwanzigſtes Kapitel.
General Jakſon.
General Jakſon ift der Sohn eines ausgewan—
derten Srländers; er war früher Nechtögelehrter und
befleivete eine Nichterftelle in Georgien. Hier hatte
‘ er einmal einen Criminal» Verbrecher in der Unterfir-
hung, und‘ da dieſer entfprang, verfolgten ihn Die
Eonftables, hohlten ihn auch ein; allein da derſelbe
inmittelft ein Gewehr zur Hand befommen, flüchtere
‚er fih in einen Schlupfwinfel und drohte denjeni—
gen, der Hand an ihn legen würde, augenblicklich
nieder zu fihießen. Keiner der Conftables traute fich
on ihn; Jakſon aber ritt an den Verbrecher heran
und ſchoß ihn mir einem Piſtol auf der Stelfe nie:
der. Nicht minder hat er fich durch feine Duelle eis
‚nen Nämen gemacht und einem feiner Geaner dag
Gehirn zerfehmettert. AS Nichter bekleidete er zu—⸗
gleich eine Offizier = Stelle in der Miliz und fieng
feine militärifihe Laufbahn in dem Kriege gegen Die
Ereefs Indianer an, die aber michtöweniger, als
glänzend war, indem fein Armeeforps von jenen aufs
Haupt gefchlagen wurde.
Dieſer Krieg trift mit dem gegen England faft
in die nehmliche Periode In letzterem aber trug
Jakſon mehr Ruhm davon, und rettete durch feine
fingen Difpofitionen Neu Orleans; vielleicht auch
ganz Ponifiana, 2
Jakſon hatte, feinem eigenen Armee Verichte
nach, nicht mehr als 5500 Mann von der Miliz aus
Zeneffee, Kentuckyſche Schügen und einige Pinien-
truppen bei fich, welche die ungleich ftärfere englifche
Armee auf der Pläne im Nu zerfioben hätte. Allein
hier Fam den Amerikanern das Terrain fehr zu Hilfe,
— 167 —
Bereits gefagt, find vom Fort Pluquemine big
120 Meilen hinter Neu Oleans die Ufer des Miffts
ſippy durch Dämme eingezwängt. Auf diefen bezog die
Armee der Amerikaner, 5 Meilen unterhalb der Stadt,
ein verfehanztes Lager, und da die Zeit ihnen nicht
mehr. geftattete, regelmäßige Schanzen aufzumerfen,
wurden baummollne Säcke genommen und mittelft
diefer Rawelins gefertiget: Jakſon war mit feinem
Corps auf dem linfen Ufer, und ein anderes Amerifa-
nifches Corps war in gleicher Richtung mit Jakſon auf
dem rechten. Erſteres war rechts durch den Miffifippy,
und linfs dur Sümpfe und die Seen Ponchartrain
gederft, fo daß es der englifchen Armee nicht möglich
war, die Pofition der Amerifaner zu umgehen. Pa⸗
fingham flürmte in Colonnen Jakſons verfehanztes
Lager und wollte es mit gefälltem Bajonett erobern.
Die Amerikaner aber gaben aus ihren Verſchanzungen
mörderifche Salven, und obgleich der Sturm dreimal
erneuet ward, fo wurde er Doch jedesmal abgefchla-
gen. Pakingham felbft fiel durch eine feindliche Flin—
tenfugel, und nun erfolgte der Rückzug: der Armee,
die durch den ungeſtuͤmen Muth ihres Anführers etz
nen beträchtlichen Verluſt erlitten hatte. * Auf dem
rechten Ufer giengen die Operationen der Engländer
beffer von Statten, und die Amerifaner wurden auß
ihrer Poſition vertrieben. Das englifche Corps würde
nunmehr über den Fluß gefeßt, und General Jakſon
feine Bofition von ſelbſt verlaffen haben, oder wäre
im Ruͤcken angegriffen, und vielleicht gänzlich abge—
fchnitten worden. Allein der rechte Flügel der Eng—
‚Sänder war zu fehr gefchwächt worden, als daß man |
an die Ausführung des entworfenen Operationsplanes
noch ferner hätte denfen koͤnnen; es erfolgte ein all-
gemeiner Ruͤckzug der englifchen Armee, welche die
= 68 —
Ymerifaner auf, 10, 000 Mann angegeben, und Yakfon
ward als der Retter feines Vaterlandes gep iefen,
weit, wenn die Engländer reuffirt hätten, Neu⸗ Sr⸗
teans, der Schäfer zu den weftfichen Staaten, wahr⸗
ſcheinlich auf immer fuͤr die Union waͤre verloren ge⸗
ivefen. | Gleich nach dieſer Schlacht erſolgte der
Sriede. |
Noch muß: ich hier ——— daß währen Dei
Sommer, gewöhnlich um die Zeit, wo fich: das gelbe
Sieber einftellt, im Monat Juli, die höhere Kaffe
von Neu-Orleans die City verläßt, und fich in das
Innere des Landes, nach den Gebirgen zu, begiebt.
Wenig Gefchäfte werden daher um diefe Zeit gemacht.
Das Nehmliche finder auch in allen den Seeſtaͤdten
ffatt, wo. das gelbe Fieber graffirt, indem alle Com—⸗
munication mit ihnen abgebrochen: und unterfagt wird.
Unterhalb der City nach dem Golf, find in dem Mifs
fifippy und in den ihn umgebenden Suͤmpfen, Alliga-
tors, giftige Schlangen, Kroͤten und Eidechfen im
Heberfluß; auch gedeiht Die Baumwolle BER wegen.
der gropen Hitze nicht mehr.
Dreißigftes Kapitel.
Wann wird Amerika der alten Welt Geſetze vor—
ſchreiben?
Viel iſt uͤber dieſes Thema von unſeren ultra
republikaniſch geſi anten politiſchen Schriftſtellern ſchon
geſchrieben, und noch mehr von den Kannegießern
geſprochen worden. Ohne mir etwa beigehen zu laſ—
ſen, den Schleier der Zukunft zu enthuͤllen, ſage ich
doch: Amerika wird Europa ſo wenig Gefege vor-
fhreiben, als es Afien thut, obgleich in diefem Welts
theile ‚mehr. als, die. Hälfte. der. Bevoͤlkerung Der bes
Fannten Welt wohnt. ‚Schon die, ste und Zte Gene-
ration der enropäifchen Anſiedler in Amerika ſteht den
Europäern an phyſiſcher Kraft nach, und in der in—
telfeftwelfen dürften fie, wenn mir einen Blick auf
das heiße Elima werfen, diefe auch ſchwerlich ein ho⸗
len, und noch weniger uͤbertreffen.
Wird nun aber einſt die Bevoͤlkerung Amerikas
groͤßer, und endlich ſo groß, daß nach Jahrhunderten
Millionen von Voͤlkern den neuen Continent bewoh⸗
nen, ſo zeigen es ihre jetzige Denkungsart und die
Verſchiedenheit ihres Charakters und ihrer Sitten ſchon
deutlich genug, daß ſich dort, ſo wie in der alten
Welt, auch verſchiedene Nationen mit der geit bilden
werden. —
Die Neger find daſelbſt der Zunder am Vulvers
faß; und gewiß nicht lange mehr wird es währen,
wo die Erplofion erfolgen wird. Weflindien wird zu—
verläßig das Neich der Schwarzen werden, and wahr-
fcheinlich dürfte Havanna zuerft, und nach diefem Fa
maica dem Beifpiele Sanet Domingos folgen; und
unvermeidlich wird der Breunſtoff fich auch den füd-
lichen Staaten von Nordamerika mittheilen. Denn
auch die Neger haben Ohren um zu hören, und Au-
gen um zu fehen; und zuverläffig werden die Ereig-
niffe in Suͤdamerika in ihnen mancherlei Gedanfen
zur Reife bringen. Raum find 18 Monate verfloffen,
als eine Verſchwoͤrung verfchiedener Neger in Sa⸗
vanna entdeckt wurde, in welcher das Motto: ‚Mord
und Brand den weißen Tirannen,“ das Loſungswort
war. Die Raͤdelsfuͤhrer — mußten es mit dem
Leben bezahlen. |
EN
Ein und dreißigftes Kapitel |
Fortfekung der Schilderung der Provinz Tefas uud
ver Borfchläge zu einer deutfchen Coloniſation
er da ſelbſt.
Die Provinz Teſas erſtreckt fi) vom 27°, 50° bis
35° nördlicher Breite, und 98° bis zum 104° weftlis
cher Fänge, nach dem Meridian von Paris. Nördlich
grenzt fie mit Loufiana, Öftlich mit, dem Gebiet von
Ten» Drleand, weſtlich mit Cogquilla und Neu-
Mexico und füdfich mit Neu Sancet Under. Den gev-
graphifchen Berichten des Amerifaners Bike nach, ift
die größte Länge derfelben von Norden nah Süden
nur, 500, and die. Breite von Dfien nad Weften nur
350 Meilen. Soviel ift aber .entfchieden, daß, wenn -
man von Neu: Drleans aus nach Neu-Mexico zu
Lande reifet, man einen Weg -von 600 Stunden durch
eine unbevoͤlkerte Wildniß zu machen bat. Don der
Galveſton Bay bis über die Felfenberge hinaus, ‚an
die Güdfee, find wenigſtens 4ooo Meilen.
Tach: Pikes Reiſebericht it das Klima mäßig
und eines der fohönften in der Welt; und. weiter ing
Innere nach den ſchwarzen Gebdirgen (grüne Gebirge
ift unrichtig) fand Die amerikaniſche Expedition unter
Pike es fo Falt, daß ſich Mehrere die Füße erfroren.
An der — Bay iſt die Gegend bis auf 100
Meilen ins Innere ſehr holzreich, und dieſem Um⸗
ſtande duͤrfte es zuzuſchreiben ſein, daß die neuen
Coloniſten auch hier und aus denſelben Urſachen, wie
in den weſtlichen Staaten, gewoͤhnlich kraͤnklich ſind.
Weiter im Inneren aber ſind unuͤberſehbare Plaͤnen,
und ſo wie an dem Miſſoury, iſt auch hier wenig
Holz, außer an den Ufern der Fluͤſſe.
Die gewöhnlichen Krankheiten find: Wechfel-
Nerven, und andere bösartige Fieber. Daß. diefe Un
gefundheit aber nur temporell ift, zeugen die weftli-
chen. Staaten, woſelbſt die neuen Etabliſſements,
welche anfänglich ungefund waren, nad 10 oder ı5
Fahren die gefundeften Bläse* geworden find.
Die Küften an der Galvefton Bay find von Eei-
ner wüften Bevölkerung betwohnt, und nur an dem
Ned: Niver und Sabine- Fluß, an der Nord- Grenze
von Lonifiana, fo wie an der von Neu⸗Mexico, be:
finden fih Niederlaffungen. An jener find Amerifa-
ner, und an diefer Bölfer von den Cauariſchen In—
fein, die fich hauptſaͤchlich mit der Viehzucht. beſchaͤf⸗
tigen, Getreide und Wein anbauen.
Minen. Bis jetzt wird nur eine Bley- Mine in
der Provinz Tefas bearbeitet, die reichliche Ausbente
gewährt. Was die Felfen und Schwarzengebirge für
Schäse und Koftdarfeiten entfalten, hat bis jegt noch
niemand erplorirt. Verſchiedene Amerifanifche Jäger
und Weberlänfer, die Bike in Neu Mericv traf, fag-
ten ans, daß fie in den Gebirgen Gold und Silber
gefunden hätten.
Stäffe. Eine Stunde don Sanct Antonio, der
Hauptftadt der Provinz Tefad, entfpringt der Fluß
St. Antonio, welcher für Kähne bis zu feinem Ur:
ſprunge ſchiffbar if. Die Stadt hat in demfelben
ergiebige Fifsherei, gute Gelegenheit zu Mühlenanla-
gen und kann in jeden Winfel der Stadt daraus
Waſſer herleiten. Mit dem Gt. Antonio vereinigen
fich der Mariano und Guadaloupe. Letzterer bilder
nunmehr den Fluß, und ergießt ſich in die Sant
Dernhards- Bay, an welcher die fehönfte Gelegenheit
zur Anlage einer Vorſtadt wäre Sie ift von fol-
chem Umfange, daß fie die größten Schiffe aufnehmen
| — ER —
koͤnnte. Außer den’ bererts erwähnten ergießen ſich
die Fluͤſſe Rio Colorado und Braſſos di Dios in dies
ſelbe. Erfierer entfpeingt in der Provinz Cogquilla
unterm 345 N. B., fließt durch Die ganze Provinz
Texas und zahlt, erſt nach einem Laufe von 700 Mei:
fen, unter dem 08° nördlicher Breite, der genannten
Bucht ihren Tribut. Er iſt einer der erößten Fluͤſſe
in der Provinz, und unfern der Seekuͤſte an 500 El⸗
Ion: breit, auch für große Kielboote ſchiffbar. Gein
Waſſerbett hat viel Fall; feine Ufer find ſehr holzreich
und der Boden an denfelben iſt von ausgezeichneter
Dnalität Das nemliche gilt von. dem Rio Colora⸗
do, welcher: in derfelben Nichtung, ı jedoch mehr füd-
lich als jener, in die Bernhardts-Bucht fließt; er iff
600 Meilen lang und für Fahrzeuge von 4 Tonnen
ſchiffbar· Alle Vortheile, welche NeusVorf und Bal⸗
timore in ſo kurzer Zeit zu bedeutenden Seeſtaͤdten
erhoben, vertiniget die St. Bernhardts-Bucht in ſich;
nur mit dem wefentlichen lnterfchiede, daß der Bo:
den bier viel beffer ift, als dort.
Der Trinity iſt 5300 Meilen lang, ER ſchiff⸗
bar und ergießt ſich in die Galveſton Bay, eine noch
viel größere und ſchoͤnere Bucht, als die St. Bern⸗
hardt Bay. An diefem "Stufe hatte der franzöfifche
General Allemand der Erfie feine — Champ
d'Aſyle, gegruͤndet.
Der Sabine-Fluß entſpringt unter dem. 35° Pe
B. und ergießt fi unter dem 29°. 50% in den Meri-
canifchen Golf.
Weiter gegen Weften hin durchkreuzen Der Ned
Niver (Nothe Fluß) und der Arkanſaw die Teras.
Legterer ift über 2000 Meilen lang; er entfpringt in
den Gebirgen an Californien und ift am beſten dazu
‚geeignet, eine Communication zwifchen der Güdfee zu
— — 173 —
bewirken, und ließe ſich mit dem, nach der entgegen⸗
geſetzten Richtung, durch Californien, ſtroͤmenden Rio
Colorado, der ſich in die Suͤdſee eraießt, vereinigen.
Heide Fluͤſſe ergießen fich oberhalb Neu⸗Orleans
in den Miſſiſi ippi und ſind bis zu ihrem ueſpraage
fiat.
Nach Pike iſt diefes Sand eines der ſchonen,
fruchtbarſten und waſſerreichſten in ganz Nordamerika.
Unter den Haͤnden fleißiger Coloniſten und bei einer
weiſen Verfaſſung koͤnnte daſſelbe für diejenige euro
paͤiſche Macht, weiche es an ſich braͤchte, einſt das
werden, was Sanct Domingo für Franfreich war und
Oſtindien für England iſt: die Goldgrube des Mut—
terlandes. So ſehr ich auch den Beſitz dieſer Pro⸗
vinz meinem Vaterlande wuͤnſche, weil es unermeßli—
che Vortheile in jeder Art daraus beziehen wuͤrde, ſo
ſcheint nach dem beigefuͤgten Reſcripte des hohen
Handels-Miniſterii die Regierung eines Landes kei—
nesweges die Abſicht zu haben, nach einer ſolchen
Beſitzung zu trachten. Moͤge daher Hamburg, in
Vereinigung mit den übrigen Hanfeeftädten, dieſe
Winke einer Aufmerkfamfeie würdigen. Spanien dürfte
bei feiner dermaligen Geldverlegenheit vieleicht nicht
fehr abgeneigt ſeyn, fih in ein Verkaufsgeſchaͤft ein-
zulaffen, und gerade die Hanfeeftädte Fönnten aus
einer folchen Befigung die größten Vortheile ziehen.
Auch iſt den deutfihen Auswanderern, die ſich nach
Nordamerika begeben, die Provinz; Texas mehr, wie
jeder andere Strich Landes zu empfehlen, weil fie mit
den wenigfien Koften dahin Fommen und am leichte:
fen ihre Produkte zum Marfte befördern. koͤnnen.
Zu wünfchen wäre ed, wenn die Negierung desjeni—
gen Landes, welches überflüffige Bevoͤlkerung hat,
oder wo ſich Geſellſchaften zur Unterſtuͤtzung der Aus—
——
— Ad Se |
wanderung gebildet haben, ihre Aufmerkfaufeit dahin
richtete, und dieſerhalb mit Spanien. Unterhandlun-
gen anfnüpfte. Tauſende von Menfchen aus der
Schweiz, aus dem Würtembergifchen und anderen
heingegenden, mürden dem. Schickſale entgehen,
durch ihre Auswanderung nach den Freiffaaten Betts-
fer zu werden. Halbwilde Pferde, Ochfen, Kühe und
Ziegen laufen im Innern in zahlloſen Heerden ums
her. Nicht minder iſt ein unerfchöpflicher Ueberfluß
an Büffeln, Hirſchen, Elendthieren und wilden Schwei-
nen, daß der Colonift das erfie Jahr, wo er noch
wenig oder gar nichts erzeugen kann, wenigſtens durch
die Jagd feinen Unterhalt erlangen koͤnnte.
Pferde befonders Fommen in folchen Deerden zus
weilen zum DVorfchein, daß die fpanifchen Kavallerie—
Zrupps zuweilen Avantgarden gegen fie abfchicken
müffen, um fie zu verfiheuchen, damit fie ihnen die
zahmen Pferde nicht fihen machen oder gar weglok— |
fen, welches auch häufig zu gefchehen ‚pflegt. Bei
einer Gelegenheit haben die wilden Pferde. einmal
700 zahme am fich gezogen, und nicht eines davon
wurde wieder eingefangen; denn auch dieſe verwildern
nach und nach und Fehren mie wieder in ihre Deis
math zurüd.
Das Einfangen der wilden Pferde vollführen die
Spanier folgendergeftalt:
Sie umzäunen einen großen Plas, laffen eine Deff:
nung darin, die in eine andere Eleinere Umzaͤu—
nung führt, errichten dann Falltiefen vor dem
Eingange, die mit Nauffen umgeben und mit
Reiſern bedeckt find, und treiben dann, fo viel
als fie zu fangen wünfıhen, in. diefe Fallen. Die
Zahl der auf diefe Art Einzufangenden darf nicht
zu groß feyn, indem die Erfieren ums Leben
—— —
kommen und die Anderen über die Todten hin—
wegfpringen würden. Der Geſtank von den Ca—
davern würde dann die Gegend nicht nur unbe—
wohnbar machen, fondern e8 würden feine an—
dern Dferde in die Berfchläge mehr gehen. Die
gewöhnliche Zahl, die auf diefe Art eingefangen
wird, beläuft fi) auf 2 big Z00 Stuͤck. Durch
Hunger und Fatiguen werden fie nach und nad
fo gezähmt, daß fie fih Sattel und Zaum anle-
gen und auch zu Arbeiten abrichten laſſen. Die
neuen Coloniften hätten bier weiter nichts als
Muͤhe anzuwenden, um das zum Ackerbau noth—
wendige Vieh zu befommen; auch von den In—
Dianern, weichen die Vortheile des Einfangens
befier befannt find, Fönnten fie ſelbiges für eine
Bagatelle erhalten.
Auf den verfchiedenen Flüffen, welche das Land
durchfchneiden, koͤnnen alle Producte mit leichter Mü-
he nach den GSeepläßen befördert werden.
Der Boden erzeugt nicht nur tropiſche, fondern
auch alle europäifchen Gewächfe, und bei Saucta
Roſa, an der Grenze von Terag, iſt ein fo ergiebiges
Weinland, daß dort der beſte Wein von ganz Mexico
gewonnen wird. Orangen und Feigen gedeihen auch
aufs trefflichfte. Weiter im Innern aber find uner-
fhöpflihe Kohlenminen, die zum Brennmaͤterial die—
nen koͤnnten, obgleich olz noch fuͤr Jahrhunderte
vorhanden iſt.
Der Ueberfluß an Wild bietet auch in mercanti—
liſcher Hinſicht glaͤnzende Ausſichten für den Pelterien—
Handel dar, und wenn ſich eine mercantiliſche Coali—
tion nach dem Muſter der Nordweſt- und Hudſonsbay⸗
Compagnie bildete, ſo koͤnnte dieſe bis an die Suͤd—
fee allen Indianerhandel an ſich ziehen.
sn.
Erwaͤhnt man endlich die üppige, Fruchtbarkeit
des Bodens, der auf den Morgen 800 Pfund aum⸗
wolle Ertrag gewaͤhrt, die ſchon in den vereinigten
Staaten mit 8 Gr. pro Pfund bezahlt wurdey fo
wuͤrde die, jährliche Revenue von einem Acker fih auf
0663 Rthlr., und der Capitaldwerth zu 5 pro Cent,
fih auf 5520 Thaler mit Einfchluß der Koften belau⸗
fen. Mit einem Worte: die Provinz Texas verein
get alle Vortheile einer ſchnell aufblühenden und fee-
- genreichen Colonie in fih. _ |
Die Fahrt über die See währt bei autem Win-
de 6, bei minder günfiigem 8 bis 9 Wochen. Von
der Galveſton Day bis zu den Weftindifchen Inſeln
kann man in 8 bis 10 Tagen gelangen; letztere find
die perpetuirlichen Kunden der Nordamerikaniſchen Ge—
treidelaͤnder.
Der Ackerbau der Spanier, ſowohl in Texas als
Neu⸗Mexico, iſt im elendeſten Zuſtande, und erſt jetzt
faͤngt er an, durch die Amerikaner, welche ſich daſelbſt
niedergelaſſen haben, ſich einigermaßen zu beſſern.
Die weißen Einwohner haben ganz nach der Sitte
der Indianer ſich auf das Jaͤgerleben verlegt und
find den Buͤffeln nachgezogen, oder haben mit Pfer⸗
den nach Neu⸗Orleans gehandelt. Erſt durch den Ge-
neral⸗Capitain Cordero, welcher die Büffeljagd zu ges
wiſſen Jahreszeiten verbot, und jeden Familienvater
mit Strenge dazu anhielt, eine gewiffe Anzahl von
Aeckern Landes zu Eultiviren, iſt feit kurzem dieſem
Jaͤgerleben Einhalt gefchehen, und der Ackerbau durch
fein eigenes DBeifpiel mehr befördert worden. We»
Nach Peike galt in Nen-Merico und Texas die
englifche Elle (Yard) feines Tuch zo und. Extrafeines
24 Diafier; die Yard Leinwand 4 Viafler; alle aus
— laͤndi⸗
ländifchen Waaren fanden nur 200 Pfund höher im Ä
Preife, als in den Seeftädten der Verein. Staaten.
Städte und Bevölkerung der Texas.
Die Hauptſtadt der. Provinz, GSanet Äutents,
enthaͤlt ungefähr 2000 Einwohner, wovon die mei—
ſten in den elendeſten Lehmhuͤtten wohnen, die mit
Strohdaͤchern verſehen ſind. Drei bis vier Meilen
von der Stadt find einige Miſſionen, die ſich im bez
fen Zuftande befinden, und zur Befehrung der In—
dianer beftimmt find. Allein legtere haben ſich größe:
tentheild in die Wildniffe des Innern zurücgezogen,
und hegen einen unverföhnlichen Haß gegen die Spas
nier. Manche Kr Wilden, ſobald ſie der ſpani⸗
ſchen Sprache maͤchtig ſind, ſchleichen ſich in dag:
fpanifche Gebiet ein, verüben Mordthaten und rauben
junge Mädchen, die fie.in ihre Wildniffe mitnehmen.
Nacagdoches ift nicht weiter ald ein militairiz
ſcher Grenzpoften von ungefähr 500 Seelen; er liegt
am Tojacfluffe. Hiermit erledigen ſich die Städte
der Provinz Texas, welche Alles in Allem etwa 10
bis 12,000 Einwohner haben mag, die größtentheilg
aus fpanifchen Creolen, Franzofen und Amerikanern
und einigen civilifirten Indianern. und Meſtizzen von
gemiſchtem Blute beſtehen.
Mercantiliſcher Verkehr.
Europaͤiſche Waaren werden von Mexico aus
über Montelrey und Montelowez und von Neu-Or—
leans aus über Natchitoches dahin geſchickt. Da letz⸗
tere aber als Contreband betrachtet werden, fo iff die.
Spedition dahin großem Nififo unterworfen. Dafür
geben die Einwohner Silbergeld, Pferde und Maul—⸗
thiere. RL
kl, 12
Militairifcher Zuftand. h x
In der Provinz Teras find —— 1000 Mann
groͤßtentheils Kavallerie in eee Stationen
vertheilt.
Allgemeiner Charakter uud Sitten der Einwohner
in Neu⸗Spanien.
An Gaſtfreiheit, Großmuth, —— und
Nuͤchternheit uͤhertreffen die Einwohner, nach Pikes
Bemerkung, vielleicht jedes "andere Volk der Welt.
An Nationalenergie, Daterfandsliebe, Feftigfeit des
Charafterd und Freiheit des Geiſtes ſtehen ſie ſehr
zuruͤck.
Die Frauenzimmer ſind in der Regel bruͤnett, haben
ſchoͤne, ſchwarze Augen, ſchwarzes Haar und ſchoͤne Zaͤh⸗—
ne. Der Körper iſt voll und zum Embonpoint geneigt;
fie haben Talent und Gefühl für Muſik, fpielen For—
tepiano und Guitarre, und fingen franzöfifche, fpanis
ſche und italienifche Lieder dazu. Auch zum Gpiel
und Tanz haben fie viel Neigung. Der Fandango
ift der Nationaltanz, der gewöhnlich von zwei Frauen⸗
zimmern und einer Mannsperfon getanzt wird, wobei
oft undelifate Stellungen vorfommen. Die Mufif
dazu wird auf der. Violine und Önitarre gemacht, die
auch mitunter von fehr re Liedern — ***
wird.
Die Männer find der Spielfucht ſehr ergeben
und ungeheure Summen werden gewonnen und ver-
Iohren. Karten, Billiard, Wettrennen zu Pferde und
Hahnen = Gefechte find die gewöhnlichen Spiele,
Das Elima iſt in Neu» Megico fehr gefund ‚ aber
dennoch im Sommer fehr heiß; im Winter frieren
die Fluͤſſe zu.
Die Königl. Münze hatte fonft alljährlich. 50
Millionen Piafier in Silber und ı2 Milionen in Gold
Ei io
ausgeprägt, wovon das Gouvernement den fünften
Theil bezieht. An: Impoftgefällen und aus dem Vers
kauf der Monopolien bezog daffelbe 4 Millionen; Sum-
ma der Staats-Revenuͤen ..:,16,500,009
‚Die -Eivilfifte beträgt nur . . 580,000
und die Mikitairlifie . . . 7,189,200 Piaffer
bleiben noch 9,050,800 Diafter
Ueberfhufß.
Der Elerus Eoflet der Hegterung gar nichts;
denn er wird vom Volke voͤllig unterhaften. Daffelbe
finder auch in Anſehung der Civil⸗Officianten ſtatt,
die fich der drückenditen Erpreffungen gegen das Volk
fchuldig machen. Daher iſt im Allgemeinen unter der
Volksklaſſe die bitterſte Armuth; und wenn in der
Hauptſtadt unter 200,000 Einwohnern 60,000 Bett⸗
fer find, wie viel werden deren niche im ganzen Lan:
de fenn?
Die Armee in Mexico beſteht aus folgenden Trup⸗
penabtheilungen:
J disciplinirte europaͤiſche ——
a) Cavallerie 2. 2 2. % 2 12000 Mann
b) Artülterie 228. Sn WR
ce) Infanterie... 24000 —
zufammen 6000 —
II. Eingebohrne Finientruppen.
1) Eavallerie 2 4000208575088 Mann
2) Infanterie 2 a 202 100 —
—— 6288 —
UI. Miliz mit beſoldeten Offizieren.
a) Cavallerie 57000 Mann
betilleriee ie RO
eInfanteriie
ai afanamen 11,009 —
*ıa
IV. Undiseiplinivte Miliz "80,800 Mann
V. Miliz von Pfeil Bogen dio | Br -
Sanzenmännern beftehend aus
Ereolen und -civilifirten Ins _
OBERE; 2. TE ERS 109,000 —
Soral- ⸗ Summe 162,788 Mann
Die legterm fiehen noch auf derfelben Stufe, wie
‚die Armee, welche Cortes bei der Eroberung von
Mexico befämpfte.
Wenn der Cavallerifi in den Dienft des Königs
tritt, fo erhält er 5 Dferde und 2 Maulthiere, die er
jederzeit aus feiner Tafıhe in gutem Stande erhalten
muß; beim Ausſcheiden nach fünf oder zehnjähriger
Dienftzeit werden Pferde und Maulthiere fein Eigen
thum.
Der Beſoldungs-Etat des Militairs iſt folgender:
Der General hat . 5000 Piaſter.
Der Dbeilt . , ...AB0p° um
Der Oberfilientenant 4000 —
Der Maier . . . 3000 ı —
Der Capitait » 2500 —
Der ıfle Lieutenant 1500. —
Der ote Lieutenant 1000 —
Der Faͤhndrich 800
Der Sersent . . 3550 —
Der Eorporal . „ Z00 —
Der Gemeine . . 280.—
jährlich.
Davon muß fich ein Feder Equipirung, Lebens
mittel, Fourage und Waffen. felbft anfchaffen. Die
erfte Equipirung wird vom Gouvernement geliefert.
Köperliche Züchtigung finder nicht flatt, fondern nur
— 91 —
Gefängnif, Ba in den Stock und Lodes⸗
Sttafe tt | Ä
Sifberminen wirven in Neu» Mexico wegen —
geringen Ausbeute nicht bearbeitet, wohl aber iſt am
Rio del Norte eine Kupfermine, welche fo viel Aus—⸗
heute gewährt, daß alle Manufafturen Mericos im
diefem Artikel damit verfehen werden Finnen. Daher
iſt der Landbau der vorzüglichfte Erwerbszweig in
Neun Merico: Manche Gutsbefißer haben bis 20,000
Schaafe und 1060 Stuͤck Kühe. So fehr auch)
Spanien das Reich der Kaziken unter dem Drucde
hielt, «und allen Geift der Aufklärung und Unab—
hängigkeitsfuchts : zu entfernen fuchte, To find feit
der Unterjochung des Landes Doch bereits drei ver—
fehiedene Inſurektionen geweſen. Im Sabre 1624
war die erfte, 1692 die zweite, und 1792 die dritte;
diefe war auch die bedentendfle. Der damalige Vice⸗
König, Graf Galvez, wurde zum König ausgerufen;
er 309 aber Nechtlichkeit dem Ehrgeize vor, zerfireute
durch feine Garden den Haufen der, Menterer, droht
Seden, der fich nicht angenblicktich mac) Haufe bege-
ben würde, mit eigener Hand niederzuhanen, ließ
auch in der Ihat einige Nädelsführer von einem
Haufen, der ihn bereits zum Könige proclamirt hatte,
hinrichten, und rette feinem König die fchönfte feiner
Colonien. Bald nachher farb er, und wie man fagt fol
er auf Anftiften der Negierung vergifter worden feyn?
Daß Merico eined der fchönften und» reichften
Ländern der Welt ift, wird jedem gebildeten Lefer aus
Zumboldts Werke fchon befannt feyn. Die Spas
nier find fo eiferfüchtig auf dieſes Land, daß fie durch-
aus feinem Sremdlinge den. Zutritt dahin verfiatten,
und alfe meine Hemühungen, von der fpanifchen Ge:
Sandtfchaft in den vereinigten Staaten einen Paß zu
EN In Amerika höre man
von diefen Lande eben fo wenig, als in Europa von
dem Chinefifchen Neiche. Nach Faufmännifchen Be-
richten war auch in Vera a ein Stocken der Bam
delsgeſchaͤfte //
So wie Afrika das Reich der — iſt Shan
dad der Voͤgel, indem man) dort micht weniger als
200 verſchiedene Gattungen zählt, wovon einige ſich
durch ihr ſchmackhaftes Fleifch, andere durch ihr ſchoͤ—⸗
nes Gefteder, und wieder andere durch ihren liebli—
chen Geſang auszeichnen. Merwuͤrdig iſt der Pe⸗
likan dadurch, daß er den Kranken oder Berwunder
ten vom feiner Spezies. beiftehte- Daher benutzen ihn
die Mexicaner häufig zum Fifchefangen, indem fie
ihm die Schwingen brechen, ihn san einem Baum an⸗
binden, und fich in feiner Nähe: verbergen. Gewoͤhn⸗
lich kommen dann die anderen Pelifane und ‚bringen
ihm Fiſche aus den Gewäflern zugetragen, die ih
die Menfchen fogleich wieder abnehmen.
Ueber die Merifaner fällt Pike folgendes aͤcht
amerifanifches Urtheil. In der Gefelffchaft der Mäts
vier ift das gewöhnliche Gefpräch: uͤber Geld, "Spiel,
Pferde und Frauenzimmer . Die letzteren "behandeln
ſie heinahe wie die Pferde, und dadurch haben ſie in
ihnen jedes Gefuͤhl fuͤr Tugend und den Trieb unter:
drückt, ihre Anlagen auszubilden, die fie. zu liebens⸗
würdigen Lebensgefaͤhrtinnen, klugen Müttern und
achtungswuͤrdigen Gliedern der Geſellſchaft machen
würden, Ihr Sinn iſt, mit wenigen Ausnahmen, wie
bei den Tuͤrkinnen, nur für Mufif, Putz und! die et-
wanigen Reize ber finnlichen Lüfte; und da die März
wer von ihnen nur diefe Vollkommenheiten verlangen,
fo ift jedes Gefühl für vernünftige und geiftige Un-
terhaltung abgeftorben, welches unter zwei gebildeten
— 183 —
und tugendhaften Seelen die Geſelligkeit verſuͤßet und
zur gegenſeitigen Aufmerkſamkeit udd Bewunderung
hinreißet. |
Sch fuͤr meinen Theil ae die Amerikaner
ſind ſich uͤberall ſo ziemlich gleich. Auch in den ver⸗
einigten Staaten hoͤrt man von nichts als vom Gel⸗
de ſprechen. Auch dort iſt Putz das hoͤchſte Vergnuͤ⸗
gen. des Frauenzimmers, und wenn man, ſtatt der
Karten der ‚Megicaner, die Whisky⸗Bottel der Ne
publifaner anf den Tifch Felle, fo haben wir das tref-
fendfie Paroli zu obiger Schilderung. Wenn man fo
eine vor dreihundert Jahren gefertigte Neifebefchreibung
über Europa mit einer jegigen über Amerifa zuſammen⸗
ſtellen Eönnte, fo dürfte man in Hinficht der Sitten
der Voͤlker fehr viel Uebereinſtimmung finden. ,
“A 7
Zwei und dreißigftes Kapitel,
. Meberfiht von Wefindien.
Die Gruppe von Inſeln, welche von Oſtſflorida
bis zur Mündung des Orinoco in Halbzirkelform
liegen, heißen Weftindien oder bie Antillen; ſie ſind
Re“
Jamaica, Barbadoes, St. Chriftopher, Antigua,
Grenada, Dominica, St. Vincent, Nevis, Monts
ferrat, Barbuda, Anguilla, Bermudas, Baha-
ma, Cuba, St. Domingo, Porto⸗-Rico, Trinidad,
Margaritta, Martinico, Guadaloupe, St. Lucia,
St. Bartholomai, Defenda, Maria Galante,
Tobago, St. Euftatia, Curacao, Saba, St. Croix,
St. Thomas und St. Johns. |
Das Clima iſt fih auf alfen diefen Snfeln beinahe
—ñNi 184 —
gleich; und da ſie zwiſchen den Wendekreiſen liegen,
ſo haben ſie die Sonne beſtaͤndig in ſcheitelrechter
Linie uͤber ſich ſtehen. Aus dieſem Grunde wuͤrde die
Hitze unertraͤglich ſeyn, wenn nicht die Paſſatwinde,
welche ſich, ſobald die Sonnenſtrahlen am heftigſten
wirken, erheben und die Atmoſphaͤre abkuͤhlten, ſo daß
man ſelbſt zur Mittagszeit ſeine Geſchaͤfte betreiben
kann. Gegen Abend erhebt ſich wieder ein Landwind,
der um ſo ſtaͤrker wehet, je heißer die Jahreszeit
wird. Er entſteht in der Mitte des Landes und we—
het nach allen Richtungen des Compaſſes hin. Durch
dieſelbe wohlthaͤtige Einrichtung der Vorſehung, zieht
die Sonne, ſobald fie ſich dem Krebswendekreiſe naͤ—
hert und in verticaler Linie. ſteht, eine Menge Wol-
fen an fich, welche die Strahlen auffangen, fich in
einen Negen auflöfen, die Luft abkühlen und das Erd:
reich erfriſchen; dies währt gewöhnlih vom Monat
Januar bis Ende May.
Der Degen in Weftindien ſtuͤrzt gleich einer Waſ—
ſerfluth vom Himmel herab, die Fluͤſſe ſchwellen ploͤtz⸗
lich an; es entſtehen neue Fluͤſſe und Seen, und in
kurzer Zeit iſt alles niedrige Land unter Waſſer ge—
fest, ı Nur der Degen macht bier. den Wechfel ver
Sahregzeit. Die Bäume. find das ‚ganze: Jahr hin⸗
durch grün, und nur aͤußerſt felten fällt Hagel, der
aber fehr groß und ſchwer und. von den tobendften
Drcanen: begleitet. ifi.
Sn der Megenzeit oder dem sn Winter, -
welcher in die Monate Zuly, Auguſt und Geptember
fällt, entfiehen die Sturmwinde, die fehrecflichften Pla—
gen, welche die Einwohner der Antillen, fo wie die
von Dftindien heimfuchen. Diefe furchtbaren Orcane
zerflören oft in wenig Secunden die Mühe von vie-
len Jahren, und vernichten die glänzendfien Hoffnun—
gen der Pflanzer. Sie brechen: plöglich, und mit als
ler Surie 108 und find vom Negen, Blis, Donner
und Erdbeben begleitet. Die Gee fängt an, fih in
ungeheure Wogen aufzutbürmen, und die Elemente
bieten Alles dar, was ſchrecklich und verheerend ift.
Als Vorſpiel diefes granfenden Naturkampfes treibt
der Wirbel das Zuckerrohr von ganzen Feldern in die
£uft und zerfireuet es auf der Oberfläche des Landes.
Die flärfften Bäume werden mit den Wurzeln 'ausge-
viffen und gleich Stoppel umher geſchleudert. Die
Windmühlen werden oft in einem Augenblicke umges
worfen, ihre Intenfilien und. Gerüfte, fo wie die
ſchwerſten Kupferfeffel der Zuekerfiedereien. und die
Deftilfir- Apparate von mehreren hundert Pfund Ges
wichten werden von ihrem Standpunkt weggefchleus
dert und in Stücken gertrümmert. Die Hänfer 'ges
währen keinen Schuß mehr. Die Dächer werden durch
einen Windftoß herunter gefchlendert, und der Negen
dringt dann in folchen Maſſen in die Hänfer, daß
das Waffer in Zeit von einer Stundeoft 5 Fuß bed
den Boden uͤberſchwemmt.
Im Monat Juny 1692. wurde Vort Royal, die
Hauptſtadt von Jamaica, durch. ein Erdbeben derge-
fialt zerftöhrt, daß an manchen Stellen auch nicht die
geringften Leberrefte von Trümmern mehr zw fehen
waren. Die Erde Sffnete fich und verfchlang Binnen
zwei Minuten „5 der. Häufer, nebft 2000 Menfchen.
Aus den Sadlten der Erde drang das Wafler hervor
und ertränfte diejenigen, welche die Erde nicht vers
ſchlungen hatte; einige aber waren fo glücklich, fich
an den Balken und Trümmern der Hänfer feftzuhal-
ten, und wurden nachher durch Boote gerettet. Meh—
vere Schiffe wurden ans der Bucht fortgeriffen, die
Sregatte, der Schwan, welche im Hafen befeſtiget
lag, wurde bis anf die Gipfel der verſunkenen Häus
fer fortgetrieden und gewährte) mehreren. Hundert
Menfchen eine Nertungszufluchte. Ein Offizier, der
fich zu diefer Schreckengzeit gerade in der Stadt bes
fand, fagte ans: die. Erde öffnete fih und ſchloß fich
an manchen Stellen bald wieder zu. Mehrere Mens
fehen wurden bis in die Mitte des Körpers, andere
aber fo weit verfenft, daß nur der Kopf über der
Erde zu fehen war, umd im diefem Zuftande wurden
fie durch die Trümmer der Gebäude erfchlagen. In
Savannah, ein Drt auf gedachter Inſel, verfanfen
ungefähr 1000 Acker Land, mit allen daranf befindlichen
Häufern und Menfchen; der Plag glich eine Zeitlang
einem See; diefer trodfniete zwar in der Folge aus;
aber feine Hänfer waren mehr zu fehen. An man-
hen Stellen berfteten die Berge, und auf einem Orte
wurde eine Wlantage eine englifche Meile weit forts
getrieben. Die Stadt wurde zwar wieder erbaut, je
ben Jahre nachher aber durch eine Feuersbrunſt gänz-
lich vernichtet.
Die beaueme Page an der Bucht veranlaßte die
Einwohner, fie zum dritfenmale an den alten Platz
wieder aufzubauen; allein im Fahre 1782 wurde fie
‚abermals durch einen der ſchrecklichſten Orcane, deffen
man fich je erinnerte, zertrümmert. Da nun diefe wie-
derholten Drangfale den Ort zu einer Ungluͤcksſtaͤtte
beftimmt zu haben fehienen, baueten fich die Einwoh—
ner am der entgegengefegten Seite der Bucht an und
gründeten Kingston, die jegige Hauptſtadt der Inſel.
Lestere ift außerordentlich fruchtbar an tropifchen Ge⸗
wächfen; und der Jamaica⸗Zucker und Rum behaup⸗
ten im Handel ſtets die Höchften Preiſe Außerdem
gewährt der Handel mit Merico und der fpanifchen
Terra Firma den Einwohnern noch fehr mwefentliche
_ 2887 —
Vortheile. Aus dem. erſteren ‚beziehen die Engländer
in der Gegend der FR das Ambbpnie Cam:
peche⸗ Malz |
Chemals, hatten die —— eine Holzſchlaͤger⸗
Colonie daſelbſt, wovon mancher Tageloͤhner ſich ein
Vermoͤgen von 30,000 Waſtern eh aan ers
worben- hatte, Ä
Masche. der Yntitken-Infeln- ind nur — Fel⸗
— ‚andere erzeugen wieder tropiſche Gewaͤch⸗
fe, aldı Reis, Baumwolle, Indigo, Zuckerrohr und
dergl. Die meiften find etwa 20 bis 30 Meilen lang
und 12. bis 15 Meilen breit. Der Handel, befonders
der Schleich= und Contrebandierhandel mit Suͤdameri⸗
ka, iſt dort ſtets das wichtigſte nnd vergiebigfte Re—
gale- Die Sklaverei der. Neger beſteht auf allen
dieſen Eilanden; und wenn auch die Englaͤnder den
Negerhandel mit den africaniſchen Kuͤſtenlaͤndern ver⸗
boten haben, ſo betreiben ihn doch alle uͤbrigen Na—
tionen, weil er eines der gewinnreichſten Geſchaͤfte iſt.
Weſtindien iſt Daher der Stapelplatz fuͤr die ſchwar—⸗
zen Menſchen; von dort aus werden ſie nach allen
Gegenden Nord- und Sauͤdamerika's hin, entweder
directe eingeführt, oder eingeſchmuggelt
Weſtindien in mercantil. Ruͤckſicht fuͤr Deutſchland.
Die Weſtindiſchen Eilande beziehen all ihr Wei—
zenmehl aus den vereinigten Staaten. Da nun
dieſes den Vorzug vor dem Europaͤiſchen hat, ſo
glaube ich nicht, daß in dieſer Branche etwas zu mas
chen: waͤre. Die Tonne Weizenmehl galt in der Ha-
vannah gesen 16 Piafter.ı Zu einer Tonne Mehl
find: 5 Bufchel erforderlich, 5 Buſchel find ==2 Ber:
liner Scheffel. Nach Abzug der Impoſt a Gertälle, 6
Piaſter pro Tonne, hätte vor ungefähr. 16 Monaten
der Berliner, Scheffel inchrfive, der ‚Kofler 4 Rthlr.
Preuß. Münzfuß gebracht: Alten Vermuthen nach,
werden die Preiſe wohl auch jetzt gefallen feyn. Dent⸗
ſche Schiffe, weiche mit Ballaſt nach Weſtindien ſe⸗
geln, um daſige Produkte zu holen, wuͤrden nicht
ſchlechte Geſchaͤfte machen mit folgenden Objecten,
als: ausgearbeitetem Bauholz, Schindeln, Dach⸗ und
Mauerziegeln, Schiffahrts⸗ Geraͤthe; ferner mir Meu⸗
bein, welche in Friedenszeiten von Havanna nach
Mexico mit guten Preiſen verſandt werden. Eiſen⸗
waaren, als: Seuſen, Spaden, Aexte, Saͤgen.
Schleif- und Wetzſteine finden auch ſelbſt iu Nord⸗
amerifa gute Prelſe. Böhmifche feine Glaswaaren
und ertra feine Leinewand behaupten in den füdlichen
Ländern ſtets ihre Preife.
Das Elima ift für den Europäer in Weftindien
ein läftiger und gefährlicher Umftand, und am fehlim-
ften ift e8 in den Monaten May und Juny. Eine
- mäßige und nüchterne Lebensart ift daher jedem Nord»
fänder anzuempfehlen, und vorzüglich hat fich derfele
be von dem Genuß der dafigen Früchte fehr zu huͤ—⸗
ten. Wer diefe genießt und Rum darnach trinft,
der kann gewiß darauf rechnen, fich das Raven
Erbrechen oder gelbe Fieber zuzuziehen-
Der Tagelohn für fcehwerarbeitende ——
nemlich: Maurer, Steinhauer, Zimmerleute und Grob⸗
ſchmiede, ift ungeheuer hoch, indem ein im dieſen Fä-
chern arbeitender Gefel 5 bis 6 Viafter täglich ver-
dient.
Der Weftindifche Handel wurde in dem beinahe
zehenjährigen Freiheitsfampfe fehr unficher gemarht.
Eine Menge Freibenter kreuzten dort unter füdameri=
kaniſcher Flagge, und plünderten am Ende jedes Schiff,
wenn fie ihm überlegen waren und deſſelben fie hab⸗
haft. werden konmen; auch find mitunter fchauderhafte
— ſ 189 —
Szenen verübt worden. Ein Spanier, der mit feis
ner fchönen, jungen Frau nach Havanna reifete,
wurde von den Matrofen eines fidamerifanifchen Ka—
pers, unter dem Commando des Capitain Jean Du:
puis beraubt und aufs granfamfe gemifhandelt.
Während er in feinem Blute auf dem Verdeck Tag,
wurde feine Fran vor feinen Augen von den Barba—
ren gefchänder. Diefe Elenden ließen e8 auch hiebei
noch nicht bewenden, fondern flürzten hierauf dem
Ehemann über Bord in die See, und führten die
Wittwe dem ihrer würdigen Capitain zu; und auch
diefer Unmenfch war verworfen genug, die durch diefe
fchaudervolle Szene vor Entfegen noch ganz erftarrte
Frau zur Befriedigung feiner thierifchen Lüfte zu ges
brauchen. Der Gouverneur von Jamaica ließ ihn
einfangen, und der Strang war fein verdienter Lohn,
Unter diefen See » Näubergefindel war übrigens
nicht die mindefte Subordination. Hatten fie. irgend
ein Schiff beraubt, fo ermordeten fie zumeilen. alfe
ihre Offiziere, um den Naub für fih allein zu behal-
ten. Diefe zahllofen Exceſſe und Graufamfeiten mach-
ten am Ende die wärmften Anhänger der füdameri-
fanifchen Indepedenten ihrer Sache abgeneigt. Die
Kaufleute in Baltimore, Neu-Orleans, und auch auf
verfchiedenen weftindifchen Inſeln, ja feldft die Schwar-
zen und Mulatten in Sanet Domingo, rüfleten der—
gleichen Kaper aus.
— 190 ——
N 3
we und Dreiifte Kapitel, *
Ehemaliger umd Degen mästhner Zutandi von Gt.
Domingo, nebfi einer Ueberſicht der Revolutions—
Geihichte, Schilderung der. Revolutions-Helden;
Anfichten zweier ehemaligen Preußiſchen Offiziere
ae Haity.
Die Inſel Sanet Domingo, liegt — dem
17 und 31° N. DB. und 67 und 240 weſtlicher Laͤnge,
zwiſchen Cuba und Porto Rico; ſie iſt 450 engliſche
Meilen lang und 150 breit, gehoͤrte ehemals ganz
den Spaniern, wurde aber in der Folge groͤßtentheils
von dem Franzoſen an ſich gezogen. Sie führte an—
fänglich den Namen Hispaniola, und als fie von
Columbus entdeckt wurde, rechnete man die Zahl ihe
rer Einwohner wenigftens auf eine Million. Allein
durch die Graufamfeiten und Bedrückungen der Spa
nier, welche fie insgeſammt zu Sklaven machten, wa—
ren fie fchon im einem Zeitraum von 15 Jahren bis
auf 60,000 Seelen zufammengefchmolzen: Gegenwaͤr⸗
tig befinder fich nicht ein Fupferfarbiger Menfch mehr
auf diefer Juſel.
Die Oberfläche des Pandes Bietet eine reizende
Abwechſelung von Bergen, Hügeln, Thaͤlern, Gebü-
fchen und Flüffen dar, und ift ausgezeichnet fruchtbar
an Zuder, Baumwolle, Indigo, Tabak, Mais und
Caflava- Wurzeln. Ehemals waren dort auch Silber—⸗
und Goldminen, die aber jest nicht mehr bearbeitet
werden.
Der nordweſtliche Theil der Infel befand fi & in
den Händen der Franzofen; er befteht aus fchönen
Plänen, und ift vielleicht eines der — Laͤn⸗
der der Weit.
Sm Jahre 1788 waren die Bevölkerung, die Co-
fonial = Producte und. der Handel in folgenden Zu⸗
ſtande:
1) Weiße... Su —
2) Freie farbige... 24800 —
3) Sflaven -» 666
Zucferplantagen 792, dito in Indio und —
wolle 105, in Caffee 2810, in Cacao 69 und 173 Rum⸗
deſtillerien.
—— - Ausfuhr:
a. an weißen Zucer .. 70,227,709 Pfund.
b. an Brod = Zucfer .: 93,177,518 Pfund.
nach Frankreich verfendet. }
© dito Brod » Zudfer . 52,000,000, welche
an amerifanifche, englifche und hollaͤndiſche
Schmuggler verfauft wurden.
d. am Fndigo 2 2. 0 930,016: Pfund.
e, an Baumwolle... 6,286,126 Pfund.
f. dito an die Schmuggler
verfauft 2. 45,000,000 Pfund.
8. Kaffe » . 20 268,000,000 Pfund.
h, an die Schmuggler dito 12,000,000. Pfund.
i, gegerbte Häuie 2.» 12,000 Stuͤck.
Der nah Nordamerifa ausgeführte Syrop be—
trug allein am Werthe eine Million Dollars, Koft:
bares Holz nach Frankreich verfendet 200,000 Dol—⸗
lars; 580 große Schiffe waren in beftändiger Bez
wegung und führten jährlich auf die Inſel für
..12,000,000 Piaſter Werth ein. Darunter waren
8,000,000 für franzöfifche Fabrikate und 4 Millionen
für Produkte aus Frankreich.
Was koͤnnte alfo diejenige, Europaͤiſche Nation,
die eine Colonie in der Texas gründete, Nicht. erſt
— we —
abſetzen, wenn daſelbſt eine Million freier Wenſchen
anfäßig wären? Und was koͤnnte nicht in Die vers
einigten Staaten, nah Neu-Mexico, Weſtindien und
Suͤdamerika verkauft werden?
Welche Vortheile wuͤrden aus der Einführung
der dafigen Produfte dem Mutterlande nicht erwach-
fen? Gemwiß! jeder Daterlandsfreund wird mit mir
dahin einverflanden feyn, daß eine dergleichen Cor
Ionialbefigung zum Wiederaufleben des preußifchen
Handels und der Manufaktural-Fndufirie febr wefent-
lich nothwendig waͤre⸗
J
Neuerer geſchichtlicher Zuſtand der Iuſel Sanct Domingo, aus
dem Engliſchen uͤberſetzt.
Erſt im ſpaͤteren Zeitalter wird man es einſehen,
daß die Abſchaffung der Neger-Sklaverei und die Ci—
viliſation dieſer fo lange unterdruͤckten Menfchen-
Race durch die franzoͤſiſche Revolution veranlaßt,
und in der Mitte alles dieſes Ungluͤcks und Elends,
das durch den Ausbruch des Vulkans in der morali—
fchen Welt herbeigeführt. wurde, ver erfte Keim zur
Emanzipation der Neger auf der Inſel Sanct Do:
mingo gelegt wurden, ohne daß man es wollte, und
nur zu mwahrfcheinlich wird er vielleicht bald durch
den ganzen Archipelagus der Antillen und auf allen
Sinfeln der weſtlichen Haͤmiſphaͤre ſeine Wurzeln wei⸗
ter verbreiten. Nicht zu verhindern iſt fein Wachs:
thum, fobald die Haitier auf eigenen Schiffen den
Handel über’s atlantifche Meer führen, und mit dem
Daterlande der Neger in Communication treten.
Ohne den bei der Abfchaffung des Menfchene
Handeld gehabten gutem Abfichten zu nahe zu tres
ten;
gen; fo mag e8 und — ae feyn, Zweifel auf-
zuſtellen IE ii
ob Afrika wefentliche — von den in dieſer
Hinſicht ergriffenen Maaßregeln geſpuͤhrt hat?
Die Abfchaffung des Sflaven = Handels unferer
Seits, während andere Voͤlker ihn beibehielten, war
in jeder Ruͤckſicht ein pofitiver Beweggrund, die
‘ Leiden der Neger zu mindern. Die mweifen und
menfchlichen Verordnungen im Englifshen Hans
del haben die Hebel nur in der Ueberfahrt gemil-
dert; alfein ohne gänzliche Abfchaffung, oder we-
ſentliche Verringerung des quantitativen Beſtan⸗
des der Sklaverei wird dadurch ihr Elend nur
über die Maaßen vermehrt.
Als der Sflavenhandel erlaubt war, farb bei der
leberfahrt vieleicht einer von Zehnen. Nachdem,
was nach der Abfchaffung vorfältt, bleibt von Zehnen
oft nicht Einer am Leben. Die Nohheit der geizigen
und gefuͤhlloſen Sklavenhaͤndler machen die Menſch—
heit ſchaudern. Nach der Ausſage des Herrn George
Collier, Befehlshabers einer Escadre an der Kuͤſte
von Afrika, bordete er einen ſpaniſchen nach Has
vannah beftimmten Schoner, welcher nur 90 Tonnen
groß war, und dennoch 250 Sklaven am Bord hatte.
Diefe unglücklichen Gefchöpfe, von denen die maͤnn—
lichen gefeffelt waren, befanden fih in einem kaum
32 Zoll hohen Schiffsraum zufammengedrängt; die
Hige war fo groß, und die Ausdünftung fo ſchreck—
lich, daß der Englifche Offizier, der ihren Zuſtand unz
terfuchen wollte, e8 nicht eine Minute darin aushals
ten Eonnte, ohne fich der Gefahr des Erflickens aus—
zufegen. Dies war noch nicht alles, Reis und Brod
hatte man nur noch auf zwei Tage am Bord; auch
befam der Mann nur ein Peint (halbes Quart) Waf-
li, 13
> SS
fer auf den Tag, wovon fe des Morgens. die eine,
und des Abends die andere Hälfte genoffen. Bas
aus den armen Gefchöpfen würde geworden: ſeyn, war
gar nicht vorauszuſehen; und wenn ſie auch von der
Inſel Amatou nicht weit entfernt waren, ſo hatte
dies armſelige Eiland doch nicht das Mindeſte fuͤr
‚ihre Subſiſtenz.
Auch Hat die Menſchlichkeit durchaus nichts ges
wonnen, daß der, Sklavenhandel von der nördlichen
nach der füdlichen Breite-ift übertragen worden.EDiefe
Uebertragung iſt in der That nur nominell; indem e8 .
notorifch ift, daß die Franzofen, Spanier und Por
tugiefen, und vor alfen Andern die Amerifaner ihn
unter der Mündung der Kanonen unferer Forts fort-
fegen; und wenn das auch nicht fo wäre, fo würde
die Veränderung des Dandeld vom Innern Afrikas
zu irgend einem Drte der weftlichen Küfte, er möge ent—
weder im Norden oder Sid an der Linie feyn, den ein—
gebornen Sflavenhändiern wenig Hinderniffe in. den
Weg legen. Der Berluft zon einigen. Tagen oder
Wochen an Zeit, oder einigen Menſchen-Leben Durch
Krankheit oder Fatiguen ift für den Sklavenhändler
von Feiner großen Bedeutung, und nur zu bald wuͤr—
den fie in denjenigen Kanälen, wo der Sflavenhans
del geführt werden darf, ihre Vortheile fuchen. Auch
ift e8 wohl bekannt, wie fehr fie die Neger Chefs
in Befeitigung aller Schwierigkeiten unterſtuͤtzen, die
durch Einwirkung der Engländer ihnen entgegenges
fegt find. |
Dergeblih Hoffen wir auf Zortfchritte der Eipiki-
fation in Afrika, fo lange der Sklavenhandel irgend
einer Nation auf der nördlichen oder füdlichen Geite
ber Linie erlaubt if.
Eben fo zweifelhaft ift es, ob eine gänzliche Ab⸗
— kam
ifchafung des Sflavenhandels für die Verbeſſerung
der Lage der Negervölker einen guͤnſtigen Erfolg: ha—
ben würde Es iſt nur zu wahrſcheinlich, daß der |
Sklaye ein Gegenftand des Aberglaubens werden wird,
ſobald er aufhört ein Objects des Handels zu feyn, und
die thierifchen und unmenfchlichen Gebräuche des Landes
‘eine eben fo große Zahl von Schlachtopfern an Mens
ſchen⸗Leben fordern würden,’ als es der Handel der,
Freiheit gethan. Um die Afrikaner zu civilifiven, ift
‘ed nothwendig, fie eben fo gut von ihrem Aberglau⸗
‘ben, als von ihrer Sklaverei zu befreien; und dies
kann nur einzig und allein. durch Huͤlfe ihrer eman—⸗
‚eipirten Brüder von Gt. Domingo, und durch "Ein
führung der Chrifflichen Neligion gefchehen. Nur
durch Miffionarien von ihrer 'eigenen’Kafte ift ein
‚Erfolg zu hoffen, die auch wahrfcheinlich von diefer
Sufel hingefendet werden dürften; und wenn fie auch
zu folchen Unternehmungen nicht veif ift, fo gewährt
Doch der gegenwärtige Inftand der Neger und farbis
gen Voͤlker dieſer herrlichen Gegend, im DBergfeich
mit dem, was er war, einen der iniereffanteften und
fehrreichften. Gegenflände der Betrachtung für Se-
dermann.
Durch ein zufälliges Zufammentreffen der Um—
ftände har ein Negervolk von einer halben Million
Seelen das Glüc der Freiheit und Unabhängigfeit
erhalten, und fein Betragen in diefer neuen Lage
durch eine fchöne Erfahrung das fo lange flreitig ge—
wefene Problem über feine Inferioritaͤt geloͤſet.
Der Er Bifhof Gregotre hat durch feinen
Verſuch über die Fitteratnr der Neger eine Menge
Deifpiele zum Vorſchein gebracht, die es darthun,
daß die Verftandes » Kräfte des Neger Geſchlechts
keinesweges denen der Weiffen untergeordnet find,
x 13
Einige indivuelle Faͤlle — vielleicht Ausnahmen
von der Regel ſeyn. Wir haben jetzt unbeſtrittene
Veweiſe, daß es dem Neger gar nicht an hoͤheren
Geiſtesgaben mangelt, und bei denſelben Vortheilen
der Freiheit, Unabhaͤngigkeit und Erziehung der Weis
Gen, es feinem Herzen nicht an Heldenmuth fehlt,
und feih Arm wohl fähig ift, das Siegesſchwerdt zu
fhwingen, und das Zepter zu führen.
Diefe Erfahrungen hat die Gefhichte von St. Dos
mingo in den legten Zo Jahren völlig bewährt; und
wahrfich! blind müßten diejenigen feyn, welche die
wichtigen Nefultate, die, in Folge der Zeit, bei der
erften beſten Gelegenheit von dort her auf die übrige
Welt ausgehen werden, nicht vorausfehen follten. |
Dem Anfcheine nach find wir fehr geneigt, uns
fere Augen auf dasjenige zu richten, was auf ber
Inſel vorgeht, die ihren urfprünglichen Namen Hai:
tn angenommen hat. Wir hören von einem Neger:
König, der fich felbft Heinrich der Erfie nennt; von
einem Neger Adel mit Titeln und Namen, obgleich
nicht im beften Gefchmad, dennoch von Diftriften -
des Landes entlehnt, ald: Limonade, Marmelade,
Serrierage, morüber wir zu lächeln geneigt find,
Kon Neger : Generälen und Neger-Elerus, die unſe⸗
rem entfernten Blicke gleich dramatiſchen Perſonen
‚ einer traveftirten Tragödie erfiheinen. Kine nähere
Betrachtung wird uns überzeugen, daß fie in alleır
diefen Dingen bloß uns nachahmen, und ein leiden—
fchaftsiofer Blief auf dag, was in Sanct Domingo
vorfiel, und jeßt noch vorgeht, wird unſere Be
von Verachtung in Uchtung umwandeln.
Beim Ausbruch der Revolution in Frankreich
hatte deſſen Kolonie auf Sanct Domingo den Gipfel
des Wohlfiandes erreicht; jeder Rang und Stand,
— 197 —
und jede Farbe lebten im Ueberfluß, außer den ar-
beitenden Negern, deren Zuftand unverändert blieb;
aber von dem Augenblicke an, als die Tollheit des
Darifer NationalsConvents bis in die. Hauptſtadt
des Caps eindrang, herrfchte Beflürzung auf der
Stirn des wohlhabenden TIheild der Koloniften. m
der Mitte eines Sklaven = Volks, welches die übrige
Population mit 7 zu ı überftieg, pflanzten fie dem
Freiheitsbaum auf, warfen die gefeßlichen Behörden
über den Haufen, und ſtellten ihre verderblichen
Grundfäge von Gleichheit und Menfchenreht anf.
Sie fleeften ihnen die Nationals-Rofarde an, und ver-
einigten fie in eine Art von Militair- Gouvernement,
wie die National-Garde in Frankreich war. „Es war
nicht Sänger hinreichend,” fagte der Baron de La⸗
croix, „bloß ein Offizier, Oberſt oder. General zu
feyn; jeder Commandant einer National Garde in
der Stadt erwartete, wenigſtens den Titel ald Genes
ral en Chef zu erhalten, oder nahm ihn in der That
an.’ Sin der-Mitte diefer Militair- Wuth feste eine,
falſche Nachricht, daß fich dreitaufend. Neger auf den
die Stadt umgebenden Anhöhen verfammelt hätten,
in der Abſicht zu plündern, ein Detafchement von der
National = Garde in Bewegung, welches nach ermuͤ⸗
denden Märfchen mit einem verwundeten Volentair
zurückkehrte, der aber Feineöweges durch venoltirte
Neger, denn diefe eriflirten gar nicht, fondern durch
feine eigene Kameraden war verwundet worden. Das
Ungereimte diefer Expedition ergab ſich erft dann, als
man im Augenblicke der wirklichen Inſurektion alfe
diejenigen, welche bei diefer ‚Gelegenheit als Führer
dienten, ald Hauptanführer ı und Theilnehmer des
Aufſtandes erblickte. — Die Tolfheit der Weißen er:
vegte bei den Negern wenig oder gar Feine Senfa-
x *
A - -
— 198 FR ne
0
tion: aber die farbigen. Leute, welche bereits frei und
der Zahl nach, der weißen Bevölkerung gleich wären, '
fetten ihre Forderungen auf. Gleichheit der Rechte
für ihre ganze Klaffe auf. Ein Mulatte, Namens!
S.acombe überreichte den obrigkeitfichen Behörden eine!
Netition, und verlangte darin im Namen des Vaters,
des Sohnes und des -heiligen Geifted alle Nechte und‘
Privilegien eines Menfchen. Die Patrioten ‚der Ko⸗
fonie beftanden hauptſaͤchlich aus der unterften Klaſſe
der Weißen, als: den Plantagen Auffehern, Kraͤmern
und Handwerkern, welche die farbigen Lente haften;
fie erflärten daher dieſe Netition für einen mordbren-
nerifchen Attentat, und der Mulatte wurde zum Gal⸗
gen verurtheilt.
Zu Petit⸗Goave wurde ein aͤngeloheuer Pflanzer
in Stuͤcken geriſſen, weil er zu Gunſten der farbigen
Leute eine Vorſtellung eingereicht hatte, und alle dies
jenigen, welche fie unterſchrieben — * wurden von
—
der Kolonie verbannt.
Dieſen gewaltſamen Maßregeln gegen eine wohl⸗
habende und im allgemeinen reſpektable Klaffe von
Einwohnern folgte eine Erklaͤrung der ſich ſelbſt kon⸗
ſtituirten General⸗Verſammlung der Weißen: „daß
ſie eher ſterben, als ihre politiſchen Rechte mit einem
baſtardiſchen und entarteten Geſchlechte theilen woll⸗
ten. Dieſes Geſchlecht Hatte vielleicht ſehr mächtige
Vertheidiger von ihrer eigenen Kaſte in Frankreich,
weiche durch Huͤlfe Briſſots, Fayettes und Robes—
pierre, als praͤſidirende Mitglieder der Geſellſchaft,
unter dem Namen Freunde der Schwarzen,“ endlich
das Decret vom ı5ten May 1791 durchbrachten, ver=
möge welchem alle „farbigen Leute," die -in den fran-
zoͤſiſchen Kolonien anſaͤßig und von freien Eltern ges -
boven waren, alle Rechte und Privilegien der franzoͤ⸗
* ——
ſiſchen Buͤrger genießen follten. Bei dieſer Gelegen⸗
heit ſtieß Robespierre folgende merkwuͤrdige Worte
aus: „eher fol die Kolonie zu Grunde sehen, ehe
wir ein Fota von unfern ‚Grundfägen aufopfern,
wodurch die Hoffnungen und Intriguen ‚der Nefidens
ten der Kolonidl- Pflanzer, in Paris auf einmal ver⸗
nichtet zu Fit: fchienen. Ein Jahr zuvor befand ſich
ein junger, farbiger Mann in Paris, Namens Din
cent Age, deſſen Mutter, eine Vittwe, eine Kaffee⸗
Plantage in St. Domingo hatte. Diefer. Juͤngling
faßte den Borfag, das Bürgerrecht, für feine Kafte
durch die Gewalt der Waffen geltend zu machen.
Heimlich landete er auf dem Cap, kam in das
Haus ſeiner Mutter, und vereinigte fi ſich mit angefaͤhr
200 Mann von feiner Farbe.
Bald wurden fie durch die ueberma cht Jzerſtreut,
oder geriethen in Gefangenſchaft. Ags, nebſt dem
zweiten Anführer, Namens Chavanne, und noch
wenige Andere retteten fih mit vielen Schwierigfeis
ten ins fpanifche. Gebierh der Inſel; dort war matt
fhändlich genug, fie ihren Feinden auszuliefern, von
denen fie wegen beabfichtigter Sufurreftion heimlich.
gerichtet und zum Tode verurtheilt wurden. Das Urs
tel lautete folgendermaßen:
Das Gericht verurtheilt den beſagten Vincent
Age, einem freien Quatteron von Dandon, und
Johann Baptift Chavanne, einem freien Quarz.
teron vom La Grande⸗Fluß,
daß fi fie durch den öffentlichen Executor vor dad.
große Thor der Stadt» Pfarrkirche vom Cap. zu
bringen, und daſelbſt mit entbloͤßtem Haupte und
im bloßen Hemde, mit einem Stricke um. den
Hals, Fniend, und eine. brennende Wachskerze
von zivei Pfund Gewicht in ihrer Hand haltend,
ihr Verbrechen betennen, und laut und vernehm⸗
lich erklaͤren follen, _
| ſich gottloſer, J————— und übefbkra-
thener Weile des übermiefenen Verbrechens
ſchuldig gemacht zu haben; und daß ſie Gott,
den Koͤnig und die Gerechtigkeit um Verzei⸗
hung bitten; hiernaͤchſt find fie auf den Place
d’Armes zu bringen, und ihnen auf der ent⸗
gegengefegten Seite des für die Weißen bez
ſtimmten Richtplatzes, noch lebend, die Arme,
Beine, Schenkel und Rippen mit dem Rade
zu zerbrechen, ſie ſodann auf einer Karre mit
gegen Himmel gerichteten Geſicht und- auf.
einem vom Püttel hiezu erbauten Gerüfte, zur
Schau auszuftellen, ‚und. in dieſem Zuftande.
fo lauge zu verbleiben, als e8 Gott gefallen,
möge, fie am Leben zu erhalten; nach Diefem
find ihre Hänpter vom Numpfe zu trennen,
und auf Stangen auszuſtecken; ihr DBermögen
aber zu confisciren. ———
Zwei Tage nachher theilte Jakob, der Bruder
von Age, mit einem feiner Gefährten daffelbe Schick.
fal. Ein und zwanzig wurden gehangen, und dreizehn:
lebenslaͤnglich zu den Eifen verurtheilt. Diefe gerichts
lichen Marterqualen erregten. den. hoͤchſten Abſcheu
der farbigen Leute, wandelten die Schuldigen in Mär-
tyrer um, und trennten auf immer die Klaffe der
Mulatten von der der Kreofen, |
. Ihe gemeinfchaftliches Ötereffe als Eigenthämer
gab Veranlaſſung, daß Haß und Rachſucht nur im⸗
mer tiefer einwurzelten; und felbft die Bande der
Samilien- Verbindung wurden ‚von diefem Augenblicke
an aufgelöfee. Die Nachricht. von dieſem Vorfall
trug in Paris hauptſaͤchlich zu DIR waͤhntem De⸗
eret, fo wie zum Umſturz des Colonials Committe der
Pflanzer, bey.
Wenn indeß die rechtmäßigen Behörden und die
Hi diefer Inſel nicht „das Benfpiel des Mutter:
landes befolgt hätten, indem. fie die Zwietracht unter
einander verbreiteten, granfame and bintige Streitig-
keiten erregten,. die Koͤnigl. Truppen von ihrer
Irene, abwendig machten, und. fich allen Arten ‚von
Zügellofigfeiten überließen, fo würden Die farbigen
Leute vielleicht ganz ruhig geblieben ſeyn; denn, als
diefe fahen, daß unter Jenen die Furie des Volks
gegen die geſetzmaͤßigen Behörden würhete, die doch
zu ihrem Schuß beſtimmt waren; als fie fahen, daß
Soldaten ihre Offiziere mordeten, und. die von Franf-
reich gefendeten Huͤlfstruppen ſich mit. der Parthey
des Volks vereinigten, während das Gouvernement
die Macht an ſich zu reifen fuchte, um die Decrete
zu feinem Vortheil durchzuſetzen, geriethben fie faſt
außer ſich. Die Creolen glaubten, daß, nachdem
fie jene fo, gedemüthiget hatten, mit der Zerfireuung
nnd Unterwerfung aller Derjenigen, welche in Folge
der barbarifchen Strafe von Age die Waffen ergriffen
hatten, alle Gefahr vorüber fey. Allein nach Miras
beau's Ausdruck; „„Ichliefen fie am Rande. des Veſuvs,
und die erfien Ausbruͤche des Vulkans waren nicht
hinreichend, fie aufzuwecken.“ Aus alter Gewohnheit
hielten fie die Neger ihrer Aufmerkſamkeit unwerth;
dieſe aber waren, der Testen Vorfälle in der Kolonie:
noch fehr wohl eingedenf; „auch ‚verfehlten fie nicht,
Die. Arfachen der ‚ungewohnten, um fie herum fi *
exeignenden Begebenheiten zu erforſchen.
Ihr erſtes Unternehmen geſchah in der Mitte
Auguſt 1791, als ein Feuer in einer Plantage aus-
brach, und zu der. nehmlichen Zeit ein Sklave auf
—
das Leben - feines ‚Sokfepers einen arnfänr machte.
Jeder zu diefer Plantage gehörige Neger, der nur
ergriffen werden konnte, fiel ohne alle Unterfuchung
durch Die Creolen, als ein Opfer der. Gerechtigkeit.
‚Aber bald entdeckte man, daß jene in Uebereinſtim⸗
mung handelten, der ganze nördliche Theil der Inſel
in Slammen fand, und alle Weißen,“ die in ihre
Hände fielen, ohne Ruͤckſt cht auf Alter und Geſchlecht
ermordet wurden. Die, welche entkamen, fluͤchteten
ſich in die Stadt, und allgemeine Beſtuͤrzung herrſchte.
Die ſchwarzen Domeſtiken uͤberſah man, und ein
allgemeines Geſchrey erhob ſich jetzt gegen die Mulat—
ten als die muthmaßlichen Anſtifter der Revolution,
und eine Menge von Unfchuldigen aus dieſer Klaſſe
wurde zum Tode verureheilt. Das Volk griff zu den
Waffen, und alle Hände waren in Ihätigkeit, um
die Stadt zu befeſtigen, der ſich die Neger in einzel-
nen Abtheilungen näherten, und über das zunächft
fiegende Land Flamme, Raub und Mord verbreiteten,
fo daß es nach vier Tagen nichts ald Afchenhanfen
parboth. Lacroix fagt: „Das Feuer, welches fie in
alten Zueerplantagen,. Wohn- und Wirthfchaftöges
bäuden und Speichern anlegten, deckte bey Tage das
Antlitz des Himmels mit -Dampfwolfen, und bey
Nacht Hlänzte der Horizont, wie bey der Erſchei⸗
nung‘ der Aurora Borcalis, und in größerer Ent⸗
fernung hatte es den Anfchein von einer Menge
Buftanen, die jeden Gegenſtand, dem fie ſich mit⸗
theilten, mit’ Blute färbten. r
Das weiße Volk hielt es für wecnmbig das!
Betragen der Neger mit Gleichem zu vergelten f und
ließ Jeden, der in ihre Hände fiel, unter’ Martern
unis Leben bringen: Lacroix fagt: fehr häufig
wurde der treue Sklave, der fich feldft mit Ver⸗
traten einfielfte, von der’ Hand feines‘ erbittertem
Herrn, deffen Schuß’ er fuchte, ums Leben. gebradt.
Auch ift es wirklich noch troͤſtlich, zu hören, daß
mitten unter den ſchrecklichen Grauſamkeiten, welche
eine ſtlaviſche und rohe Race veruͤbte, ſchon bey der
erfien Zertruͤmmerung ihrer Ketten, fie doch bald ihre
Feinde unterfihied und Mitleiden an den huͤlfloſen
Kindern’ und Weibern der Pflanzer, Die in ıhre Häns
de fielen, bewies. Auch fehlt es nicht an Beifpielen
von Aufopferang und Dankbarkeit für ihre ehemali-
gen Herren. Als der Obriſt de Mauduit von feinen
eigenen Truppen fchändlich ermonder wurde, fammelte
ein treuer, fchwarzer Diener, die zerftrenten Glieder
des Leichnams, netzte fie mit feinen Thraͤnen, gab.
ihnen die Beerdigung, welche. ihnen die Soldaten
verweigerten, und feste auf das Grab einen von
ibm felbft verferfigten Leichenftein. Brian Edwards
erzäpit eine Gefchichte von außerordenllicher Treue
und Anhänglichfeit eines Negerfklaven, der, obgleich.
er fich mit den. Infurgenten vereiniget hatte, den—
noch feftientfchloffen war, das Leben feines Herrn
und feiner Familie zu retten Er führte ihn während
der Nacht auf einen ficheren Platz, und bey Tage
kehrte er zu den Rebellen zuruͤck; dieß feßte er durch
ı9 Nächte fort, und nur durch Huͤlfe diefes treuen
Negers wurden die Unglücklichen erhalten.
Die Koloniften verfuchten jetzt verfühnende Maaf-
regeln. "Der Gouverneur Dr. v. Blanchlain erließ:
eine Proclamation an die Neger, und ſuchte ſie aufs
kraͤftigſte zu bewegen, die Waffen niederzulegen und?
zu ihrer Schuldigkeit zuruͤckzukehren; allein es war
zu ſpaͤt; ſie waren bereits unter zwey Hauptanfuͤh⸗
rern gut organiſirt, naͤmlich: Jean François und
Beaſſou Erſterer Hatte den Titel eines Groß⸗ Admi⸗
— 204 —
rals von Frankreich, und Letzterer, ſein Unterbefehls⸗
haber, den eines Generaliſſimus der eroberten Diſtricte
anugenommen. Auf die Proclamation des Gouver:
neurs erwiederten ſie in einem Schreiben mit folgen⸗
der Unterſchrift:
Alle Generaͤle und Ober-Officiere, aus denen
unſere Armee beſteht. —
Es wird feſtgeſetzt:
„daß wir alle Achtung für den Stellvertreter
der VPerſon des Königs hegen; daß aber dieje—
nigen, die naͤchſt Gott haͤtten unſere Vaͤter
ſeyn ſollen, Thrannen und Ungeheuer find,
die ſich der Fruͤchte unſerer Arbeit unwuͤrdig
machten; und wollen Sie, braver General!
daß wir den Schaafen gleich, uns ſelbſt in
den Rachen des Wolfes ſtuͤrzen ſollen? Nein,
Des iſt zu ſpaͤt! Gott, der für die Unſchuldigen
ſtreitet, iſt unſer Beſchuͤtzer; er wird, uns nies
mals verlaſſen! Unſere — iſt: Sieg oder
Top!’
Die Verfchanzungen waren jegt fertig, und von
Seiten der Neger wurde von den Flanfenforps ein
ſchwacher Angriff daranf gemacht, und bald wurde
das darin poftirte Detafchement in die Stadt zurück
getrieben. Konnten die Weißen ihnen ftärfere Streit:
fräfte entgegenftellen, ald die ihrigen waren, ſo
beftand ihr -Manenver darin: den Mag nicht länger
zu behaupten, als bis fie die Salve gegeben . oder
empfangen, hatten; und fobald eine Parthey zerfireut
oder abgefchnitten war, erfchien eine andere wieder;
und fo bey ihrer größeren Anzahl gelaug es-ihnen,
die Weißen zu ermüden, und Bervagun⸗ in jeden
Winkel zu verbreiten.
In dieſem Fchrecflichen —J“J iſt Menſchenblut
J
— 205 —
in Strömen gefloffen. Man rechnet, daß innerhalb
zwey Monathen nach dem Anfange der Revolution
ohngefähr 2000 weiße Perfonen von jedem Stande
und Alter umgebracht worden find; daß 180 Zucker⸗
NW antagen, und ungefähr 900 Kaffeer, Saumwolle—
und Indigo- Anlagen verwüftet, und die Gebäude
davon durch die Flamme verzehrt worden find; ı200
weiße Familien wurden vom Wohlſtande in ein fol-
ches Elend geftürzt, daß fie, ſowohl in Hinfiche ihrer
Kleidung als Nahrung, von öffentlichem oder Brivat-
Mitleiden abhiengen. Von den Inſurgenten ſchaͤtzte
man die, welche durch das Schwerdt oder Hunger
umgefommen find, auf 2000; und einige hundert fan—
den durch die Hand des Bitte ihren Top. Geſch.
pag. 148.
Fuͤr die —— Leute ſchien jetzt der Zeitpunkt
da zu ſeyn, das Maͤrtyrthum von Vincent Ags zu
rächen; fie erhoben im Weften einen allgemeinen Anf-
fand, ſteckten, in Gemeinfchaft der Negerfklaven, die
Kaffee- Plantagen in Brand, und fuhren fort, in
einem Umfange von 50 Meilen um Porterau:Prince,
alles niederzubrennen, und das Land zu verwäften,
Endlich fanden fich die Anführer diefer Kafte zu einem
Trastat mit den Weißen geneigt, und einſtimmig fam
derfeibe nunmehr zu Stande und wurde das Concor—
dat genannt.
Die Bedingungen deſſelben waren: Amneſtie fuͤr
das Vergangene und Verpflichtung der Weißen, das
Rational-Decret vom aisten May in volle Kraft zu
fegen. *) |
*) Beym Abſchluß diefes Concordats ereignete fich ein
Vorfall höchtt unglücdlicher Art. Ohngefähr 200 Neger hatten
ſich an die Mulatten-Truppen angefchloffen. Diefe zu den Plan—
— 206 —
Den Mulatten wurden nunmehr die Rechte der
Buͤrger bewilliget, und auch die Formirung einiger
Freywilligen⸗-Compagnien erlaubt, die durch Dfficiere
aus ihrer Klaffe befehligt werden follten. Doch diefe
Begünftigung fam zu fpät, und die Flamme, welche
bloß gedämpft war, brach bald mit doppelter Wuth
aus. Der Widerruf des Decrets vom ı5ten May
ward von dem National⸗Convent faft in dem Augen—
blicke, ald von den Koloniften anerkannt wurde,
bereit iieder votirt; und als die Nachricht hievon
nah Sanct-Domingo Fam, ‚glaubten fich die Mulat—
ten von den Weißen hintergangen, flohen augenblick⸗
lich zu den Waffen, und verübten die blutigſten Greuel.
Don Frankreich wurden drey Commiffairs mit gewaff-
neter Macht abgefendet, um die Angelegenheiten der
Kolonie zu regulivren; und darauf zu fehen, daß die
Decrete des Nationale Convents in Würfung gefeßt
würden. Ihre Ankunft verurfachte die größte Beſtuͤr⸗
zung und die Vermuthung, daß man eine allgemeine
Emanzipafion der Neger beabfichtige. Jene verfuh—
ven fehr wilführlich, fegten nicht weniger ald 20 Gou⸗
verneurs ab, und geriethen am — in Zaͤnkereyen
mit ihnen.
tagen zuruͤckſchicken, war ein nachtheiliger Schritt. Ihre Her-
ren wurden daher aus dem oͤffentlichen Fond entſchaͤdiget, und
ein Schiff ward gedungen, welches die Männer zur Belohnung
ihrer Dienfie an die Mosquitg-Küfle bringen, und fie dort in
einer wäüften Gegend mir dreymonatlicher Provifion , ihren Waf-
fen und einigem Hausgeraͤthe ausſehen follte. Der Gapitain
aber, der fie dahin bringen follte, Iandete fie heimlich in Famaifa.
Commodor Gffler Tief fie nach Sancet- Domingo zurüd-
bringen; worauf fie.die Colonial-Aſſemblee in Eifen legte, und
fie auf einem Boot in den Hafen MoleSammt-Nieslas ſchickte.
In dieſem Zuſtande wurden ohngefaͤhr 60 in einer Nacht abges
ſchlachtet, und die übrigen lieh man im Elend verſchmachten.
Me ;
Verwirruug und Aufruhr war allgemein. Gal—⸗
baud, der legte Gonverneur, wurde ‚arretirt und an
den Bord eines Schiffes geſchickt; allein fein Bru-
der, ein Dann voller Much und Unternehmungsgeift,
gewann die Milig, landete mit 1200 Geeleuten, ver⸗
einigte fich mit einer bedeutenden Anzahl Freywilli—
ger und griff das Gouvernements-Haus an, in wel-
chem die Commiffarien unter dem Schutze des regu⸗ e
fairen Militairs und der farbigen Leute verfammelt
waren. . Der Kampf war heftig und blutig, wobey
Galbauds Bruder in Gefangenſchaft, und der Sohn des
Kommiffär Pouverel in die Händeder Parthey des Gou⸗
verneurs gerietben. Letzterer ſendete eiuen Parlamen-⸗
tair zu dem Commiſſair, und ſchlug eine Auswechſe—
lung des Bruders gegen den Sohn vor; allein dieſer
eifrige Jacobiner verwarf alle Vorſchlaͤge, und erklaͤrte:
„daß ſein Sohn ſeine Pflicht kenne, und bereit ſey,
in dem Dienſte der Republik zu ſterben.
Durch dieſe Vorfaͤlle geſchreckt, die nur das
Vorſpiel zu viel ſchrecklicheren zu ſeyn ſchienen, ſchiff⸗
ten ſich Tauſende von Menſchen aus allen Staͤnden
mit den Truͤmmern ihres Vermoͤgens auf denen im
Hafen befindlichen Schiffen ein, und nahmen ihren
Weg in die vereinigten Staaten. Mehrere der Pflan—
zer begaben ſich nad ‚England, und in Folge ihrer
Vorſtellungen und Berhandlungen wurde eine Expe—
dition unter dem Obriſten Whitelocke von Jamaica
abgefendet, um fich derjenigen Gegeuden von Saint—
Domingo zu bemächtigen, welche bereit feyn ſollten,
fich- unter brittifchen Schuß zu begeben. Am ı9 Sep—
tember 1795 nahm er Befiß von der Stadt und dem.
Hafen Jeremie, und einige Tage nachher von dem
Fort und dem Hafen Saint-Ricolas:; allein die Stadt
wollte fih nicht unterwerfen, und vereinigte ſich mit
— 200 —
der von ben drey Jacobiner⸗Commiſſairen aufgeſtell⸗
ten Nepublifaner-Armee- Dieſe beſtand aus dem von
Sranfreich hergefendeten Truppen, ber National⸗Garde
und der Militz, die zuſammen ein Corps von 14 bis
15,000 Mann formirten, zu denen ein Haufen von
Sklaven, die ihrem Herren entlaufen waren, und
Neger aus den Gefängniffen fließen, fo, daß fie im
Ganzen eine effective Macht von 25000 Mann Bildes
ten. AS diefe Armee nicht für: hinlaͤnglich erachtee
wurde, den Angriff der Engländer zuruͤckzuſchlagen,
nahmen die Commiffaire zu den verzweiflungsvoffften
Schritten ihre Zuflucht, und proclamirten die ganze
liche Abfehaffung der Negerfilaverey; wovon die Folge
war, daß ohngefähr an Hundert taufend Schwarze
in die Gebirge zogen, und fich in den Defig der von der
Natur gebildeten Heften des Innern fegten. Ein ver
zweifelter Haufe von 50 bis 40,000 Mann bewaffnes
ter Neger, überfihwenmte die gefamten Nord-Diftrikte,
mehr in der Abficht, zu plündern, als die Ungriffe
der . Engländer abzufchlagen, die, nach verfchiedenen
Gefechten, Herren von der weſtlichen zit der Inſel
wurden.
Als die Englaͤnder — eingenom⸗
men hatten, zogen ſich die republikaniſchen Commiſ⸗—
faire mit ohngefähr 2000 Mann und einem beträchtz
lichen Raube in die Gebirge zurück, Als fie aber
dort die farbigen Leute und die Neger unter der
Anführung eines Mulatten- Generald, Rigaud, und
eines Negerd, Namens Touffeint:-KLouverture, im
Defig der Anhöhen fanden, ergriffen fie die erfie
Gelegenheit “zur Flucht von einer Kolonie, deren
Untergang ihr Betragen vollendet hatte. General.
Cacroix beliebt zu fagen: daß das Cabinet zu St.
James, welches an Frankreich verrätherifch handelte,
die
die Wagſchale der Feifheit fehr richtig abzumägen tunfßte,
indem es den Mulatten- Chef, General Rigaud, drey
Millionen Livres, und dem Gouverneur der Colonie, Gras
fen de laVeaux, nicht mehr als Hundert und funfzig tanz
fend anbot, weil dieſer ein Weißer war, und die Weißen
fich Einer dem Andern die Kehle abſchnitten. Obriſt Whi⸗
telock bot dem franzoͤſiſchen General fünftaufend Pfund,
wenn er Port⸗de⸗Paix übergeben wollte, welches diefer
aber mir dem größten Unwillen verwarf.
Zum Lobe diefed unbefiechlichen Befehlhabers muß
dieß noch angeführt werdet, daß er der erfle war,
der. die bewunderungsmwäürdigen Geiftesgaben und den
ungewöhnlichen Character von Touffaint: Kouverz
türe zu würdigen tönfte, der, nachdem er beynah
50 Jahre Sklave geweſen, Gouverneur und Ober:
General der ganzen Kolonie wurde, die durch feine
vortreflichen Maaßregeln zu folch einem Wohlſtande
gelangte, welcher dem vor der Nevolution wenig
nachfland. Da es mehr die Abficht iff, den Eharak-
ter der Neger einzeltt darzuftellen, als in die Falten
der Gefihichte von Saint Domingo einzudringen, ſo
ift es nothwendig, bey dem von Touſſaint— CLouver⸗
tuͤre ein wenig länger zu verweilen.
Er ward im Jahre 1745 auf der Plantage des
Grafen Noe als Sklave gebohren Sein früheres
geben bezeichnete ine Gemuͤthsruhe und Geduld, die
nichts föhren und and dem Gieife bringen konnte,
auch verband er damit eine beſondere Herzensguͤte zu
den Kindern und thierifchen Gefchöpfen. In feinen
osften Fahre verheyrathete er fich mit einer Negerfran,
mit der er verfchiedene Kinder zeugte, und die er
mit der größten Zärtlichkeit und Achtung behandelte,
Durch die Begünftigung des Plantagen: Auffehers,
Heren Bayon de Kibertas, oder wie einige behaup⸗
II, 14
ten, durch feine eigene, unermüdere Anfivengung lernte
er lefen und fchreiben, und machte mioehe
fehritte in der. Arithmethik.
| Als Herr Bayou dieſe Eigenſchaft —
nahm er ihn von der Feldarbeit weg, und machte
ihn zu feinem Leibkutſcher. Touſſaint war für deeſe
Gunſt nicht undankbar; denn, als der Negeraufſtand
im Jahre 1791 ausbrach, verweigerte er eine Zeitlang.
feinen Beytritt zur Nebellion. Die Plantage: folte
durch die erbitterten Neger zerftöhrt werden; und fo>
gleich dachte Touſſaint auf Mittel, feinen. Heren
von dem ihm drohenden Untergange zu retten. Er
verfchaffte ihm. Gelegenheit, fih nach Nordamerika
einzufchiffen, und verfah ihn mit einer Quantität
Zucker, damit.er in feiner Verbannung etwas zu feis
nem linterhalt haben möchte, und dann erſt begab: er
fih zu feinen bewaffneten. Landsleuten. Er beſaß
einige Kenntniß von Dausmitteln, und beffeidete bey
den Königl. Truppen unter Jean François die
Stelle eines Arztes, wurde. hierauf Aide-de⸗Camp,
dann Obriſt und hiernächft- Brigade-General,
zu dieſer Würde hatte ihn der General Laveaux
für feine Dienfte ‘erhoben, die ‚er bey Gelegenheit
geleiftet, als: die Schwarzen zum Gehorfam. gebracht
wurden; ferner weil er. die nördlichen Provinzen der
Inſel von den Spaniern wieder erobert, und der
brittifhen Armee den Fräftigften. RR geleifter
hatte.
Bey der von dem Mulatten Dilate angeſponne⸗
nen Inſurrection wurde Laveaux ergriffen und in's
Gefaͤngniß geſetzt. Als Touſſaint dieß hoͤrte, erſchien
er ſogleich an der Spitze von zehntauſend Schwarzen,
und befreite ihn aus ſeiner gefahrvollen Lage. Dafuͤr
machte ihn, Laveaur zu ſeinem Lieutenant Gouver⸗
u: 3 5 A
neur, und erflärten in der Zufunft nur feinen Nach
zu befolgen. Diefer Schwarze, fagte er: dieſer Spar—
taius iſt einft dazu beſtimmt, wie Raynal es vor=
ausſagte, ſein ganzes Geſchlecht fuͤr die erlittenen
dißhandlungen zu raͤchen. Von dieſem Augenblick
an, aͤnderte ſich der Zuſtand und das Betragen der
Schwarzen in die beſte und vollkommenſte Ordnung
um, und allgemein wurde Disziplin wieder unter
ihnen hergeftellt; und de Lacroix, der eben fein
befonderer Freund: der Schwarzen iſt, geſteht ſelbſt
ein, daß wenn Sancet Domingo die National-Farbe
Son Frankreich beybehielt, man dieß lediglich einem
alten Neger zu verdanken hatte, ber: 'gleichfam vom
Himmel dazu berufen zu ſeyn fehten, die. aufgelöften
Glieder der Colonie wieder zu vereinigen.
Sortwährend fenderen die Franzofen Eommiffeiie
nach. der Kolonie; aber Touſſaint leitete alle ihre
Unternehmungen, und als der General Kaveaur
nach Franfreich zurückkehrte, fand: ſich der Commif-
faire Santhonax bewogen, ihn. zum Oberbefehlsha—
ber zu ernennen, : General Rochambeau war zwar
in diefer Qualität heirgefendet worden; da er fich aber
als eine bloße Nulle fahe, beflagte er ſich dariiber.
Touffeint verwies. ihn hierauf an den Bord einer
Corvette, und fendete ihn nach Haufe; und faſt um
die nehmliche Zeit befreite er fich von Santhonax,
indem er ihm Depefchen an das Directorium -überz
trug. DBeforgt, daß die Berichte diefer' beiden: Perſo—
nen vielleicht eine ungünflige Meinung vom ihm: ver:
urfachen fönnten, fendete er feine beiden Sehne zur
Erziehung nach Frankreich, um dadurch fein Ver—
trauen zu dem Directorinm zu beweifen, daß er feine
Kinder zu einer Zeit in feine Gewalt ſtellte, wo gegen
ihn erhobene Klagen, wenn fie auch grundlos wä=
J
— 212 —
ren, dennoch ſeine Aufrichtigkeit zweifelhaft machen
koͤnnten. TE,
Das Directorium konnte die ſchnelle Kariere dies
fe8 ungewöhnlichen Mannes nur mit Eiferfucht
betrachten; und darum fendete ed den General Hedou⸗
ville ab, fein Betragen zu beobachten, und feinem
Ehrgeige Grenzen zu ſetzen. Touſſaint ſchien bey
der erſten Unterredung fich uͤber bie Laft des Ober⸗
befehls zu beflagen; worauf der Schiffskapitain, im
der Abficht ihm etwas verbindliches zu fagen, erwi⸗
derte; wie fehmeichelhaft es für-ihn feyn würde, wen
er, nachdem er ven General Hedouville anhergebracht,
mit dem General Touſſaint Kouvertüre wieder
zuruͤckſeegeln Fönnte. Schnell erwiderte diefer: Ihr
Schiff, mein Herr, ift für einen Mann wie ich, nicht
groß genug! Eine Anfpielung des Generald Hedou⸗
ville gab ihm zu verfiehen: daß er fih nach Frank—⸗
reich zuruͤckziehen, und dort dem Reſt feines Lebons in
Ruhe zubringen möchte. Dieß, erwiderte er, iſt es,
was ich beabſichtige, ſobald ich mit dieſem Inſtru⸗—⸗
mente Chier zeigte er anf eine kleine Schraube) im
Stande bin, mir ein Schiff zu bauen, welches mich '
dahin bringen fol. Nur zubald bemerkte auch dieſer
General, daß Jener Alles und er Nichts war; und
Darum trachtete er, feiner gänzlich Iodzumwerden. Noch
eriftirten zwey Männer auf der Jufel, deren man fich
bemächtigen müßte, um ſich der alfgemeinen Ruhe zu
- verfichern; und dieſe waren die Mulatten-Generaͤle,
Rigaud und Pethion. Eiferfüchtig anf Touſſaint
und auf die anwachfende Macht der Schwarzen ſtan—
den fie an der Spitze einer Inſurrektion unter den
farbigen Leuten und führten eine Zeitlang einen Bür-
gerkrieg gegen; feine Authorität Als aber Bona⸗
parte erfier Conſul ward, und. Tonfisint: Konver-
won 213 —
tuͤre als Oberbefehlshaber beftätigte, bertießh bie
Anhänger der Mulatten= Chefs ihre Sache, und die
beyden Anführer fchifften fich nach Frankreich ein.
Seine gefaͤhrlichſten und laͤſtigſten Widerfacher
waren die Engländer, derem Abzug er durch feine ties
fen dipfomatifchen Einfichten zu befchleunigen wußte.
General Meitland fah bald ein, daß ver auf eine
Unterwerfung der Inſel nicht Hoffen durfte, indem
feine Berflärfungs-Mannfchaft durch Fatiguen, Krank⸗
heiten und Gefechte nach und nach zu Grunde gien-
gen; daher machte er von der goldnen Brücde Ges
branch, die ihm Touffeint für fein ſchwaches Armees
Corps baute, und unterzeichnete einen Traftat, gemäß
welchem er alfe von ihm befegten Pläge räumte. Der
Neger⸗Chef ſtattete ihm hierauf einen Befuch ab, und
wurde mit allen militärifchen Ehrenbezeugungen em⸗
pfangen; und nachdem’ er einem großen‘ Gaftmahl
beygewohnt hatte, wurde er von dem General Mait—
land, im Namen feines Königs mit einem Foftbaren
Silderfervice befchenft, und in den Beſitz des vom
den Britten erbauten und — — SGouverne⸗
mentshauſes geſetzt.
Als General Maitland ſeine Truppen eingeſchifft
Hatte, erwiderte er den Beſuch in Touſſaints Lager,
und feste ein fo hohes Vertrauen anf die Rechtliche
feit feines Charafters, daß er durch einen bedeuten
den Strich Landes und mitten durch die Neger Armee,
bloß von drey Perſonen begleitet, zu ihm gieng. Der
feanzöfifche Commiffatr Roume fendete ihm bey dies
fer Gelegenheit ein Schreiben und rieth ihm, fich
feines Gaftes, aus Pflicht gegen die Republik, zu
bemächtigen. General Maitland wurde ‚auf dem
Wege dahin vor Roume's DVerrätherei heimlich ges
warnt; Doch im vollen Vertrauen auf’ Toyfieints
Ehrlichkeit ſetzte er feinen Weg fort. Bey „feiner
Ankunft im Danptquartier ward er erfucht zu warten.
Nach einiger: Zeit kam Tonfjsint mit zwey offenen
Briefen in's Zimmer. Da: General, Iefen Sie diefe,
bevor wir uns. fprechen! Einer diefer Briefe: iſt von:
dem franzöfifchen ‚Commiffair,- and. der „andere iſt
meine Antwortz ich konnte Sie nicht „eher ſehen,
bevor ich meine Antwort nicht fertig hatte, damit
Sie ſich überzeugen moͤgen; wie ſicher Sie bey mir.
ſeyn, und: wie, wenig ich seiner. Wiener eich tigkeit
fähig bin. x
— 2 —* (eis. das Zeugnik, daß.
durch den Einfluß und das Beyfpiel dieſes ausgezeich—⸗
neten Mannes Drdnung und Regelmaͤßigkeit unter.
allen Ständen auf der Inſel herrſchte. Die Pflichten
der Moral und Religion wurden auf's ſtrengſte befolgt,
und die Regeln eines civiliſirten Lebenswandels auf's
eifrigſte beachtet. J
In ſeinen oͤffentlichen Zutein 2— groͤßte
Anſtand, und feine Privat-Beſuche konnten mit den
beſten Geſellſchaften von Paris wetteifern. Umgeben von
den Offizieren ſeiner Garde, die alle aufs praͤchtigſte
gekleidet waren, und im groͤßten Aufwande lebten,
beobachtete er ſelbſt die ſtrengſte Maͤßigkeit; und etwas
Zwieback, Bananen oder Kartoffeln und ein Glas
Waſſer war ſeine gewoͤhnliche Koſt. Ganz vorzuͤglich
war er auf Mittel bedacht, die freien und ausgearte⸗
ten Sitten des weiblichen Geſchlechts umzuaͤndern,
und wollte den weißen Damen den Zutritt zur Cour
mit bloßem Halſe nicht geſtatten. Einmal deckte er
ſein Schnupftuch uͤber die bloße Bruſt eines jungen
Maͤdchens, und ſagte in einem ganz verdrießlichen
Zone zu ihr: „Scham ſollte die eh ihres
Geſchlechts ſeyn.“ A.
» Sein Grundfaß war: ,, Das weibliche Gefchlecht
follte jeder Zeit. Öffentlich fo erfcheinen, ald wenn es
in. die Kirche gienge.“ CLacroix Sagt: Nie war eine
europäifche Armee ‚einer ffrengeren Digciplin unters
worfen als Touſſaint's Heer. Jeder Offizier vom
Nange Fommandirte mit dem Piſtol in der Hand,
und hatte uͤber ſeine Untergebenen das Recht uͤber
Leben und Tod. Den ehemaligen Zuſtand der oͤffent⸗
lichen Finanzen ftellte er mit bewunderungswuͤrdiger
‚Gefchieklichkeit wieder her. Die ehemaligen Landeigen-
thuͤmer waren. faft gänzlich verſchwunden; und ſehr
Häufig war auch Feine Spur von den naͤchſten Erben
oder Geitenverwandten mehr zu finden. Sn folcen
Faͤllen errichtete er eine Art Gütergemeinfchaft, von
weicher Diejenigen, welche das Feld beſtellten einen
gewiſſen Autheil des Ertrags erhielten, und der Reſt
zur Staatskaſſe floß. Unter folchen Maafregeln waren
die Neger gezwungen zu ihren Feldarbeiten eiligft
wieder zuruͤckzukehren, und den Befehlen ſchwar—⸗
zer Anffeher zu gehorchen, Die, nach Kacroip, meit
fivenger waren, als ihre ehemaligen Herren. Bey
diefem Syſtem Fehrte der vorige Glanz der Kolonie,
gleichfam wie durch. eine Zanber-Macht, wieder zurück.
Der Anbau wurde mit folcher Schnelligkeit erweitert,
daß man jeden Tag. fichtbare Fortfchritte bemerfte,
Alle ſchienen gluͤcklich zu ſeyn, "und betrachteten
Touſſaint als ihren Schutzengel. Wo er auf der
Inſel nur fich fehen Tief, wurde er von den Negern
mit allgemeinem Jubel empfangen. Auch war er
nicht weniger der Günftling der Weißen, deren Ders
traten er zu gewinnen fuchte, und die ſtets in feine
N rivar = Zirkel eingeladen wurden. Der allgemeine
Enthufiasmus, den er erregte, "hätte felbft den größs
ten Charakter zur Eitelfeit hinreißen Fünnen; und
darum verdient ‚er auch. — —— wenn
er ſelbſt ſagte: u et EN ORTEN
daß er der Bonaparte von Soanct Domingo
ſey, und die Kolonie Ir * nicht bettehen
koͤnne.“ |
Man fast, daß ihn auch nicht, einer unzufrieden
verließ, feldft wenn feinem Geſuche nicht gewilifahrtet
wurde. Einmal verlangte ein Neger oder ein farbi⸗
ger Mann eine Magiftrats = oder Richter = Stelle.
„Ihr follt fie haben , weil ich vorausſetze, daß Ihr
Latein verſteht, war der Veſcheid. Nein, General!
erwiderte Jener.
Touſſaint ſagte —— wie er wohl Jemand
wänfchen, eine Magifiratsperfon zu werden, ohne Las
tein zu verftehen;. ‚und dann. ſtieß er. einen foichen
Schwall von fateinifchen Brocken aus, die er aus fei-
nem Pſalter auswendig gelernt hatte, daß der ſchwar⸗
ze Canpdidat ſich mit der Beruhigung und in dem
Wahne zurůckzog er wuͤrde feinen Wunſch wohl er-
reicht haben, wenn er nur. Latein, verfianden hätte,
worin er den General für einen. vollkommenen Schuͤ⸗
ler hielt. * ER
Dieſem Manne ——— die onfef ihr Wieder:
aufleben, weiches indeß unglücklicherweife von Feiner
langen Dauer wer. Denn kaum war der Friede von
Amiens abgeſchloſſen, ald Bonaparte, der: feinen felbft
durch das atlantifche Meer von ihm abgeſonderten Riva⸗
len leiden wollte, von: den vertriebenen Pflanzernseiner,
und den Dandelsfperulanten anderer Seits, dringend
angegangen, und durch feinen "eigenen, Ehrgeiß: noch
mehr zu dem Entſchluß veranlaßt wurde, die ehema⸗
ligen Landeigenthuͤmer wieder herzuſtellen, und die
emanzipirten Stlaven zu unterjochen.
Als die franzöfifche Flotte mit 25,000 Mann, dein
Kerne der franzöfifchen Armee, unter dem Commando
des General Ke Llerc, Schwager von Bonaͤparte,
in der Sumana-Bay anfam; begab fih Touffsint
eiligſt auf den Platz, um ihre Bewegungen zu recog⸗
noſciren; und da er vorher niemals eine fo bedeuten⸗
de Flotte geſehen hatte, fagte er zu feinen Offizieren:
wir müffen affe „u Grunde gehen; ganz Fraukreich
ift nach St." Domingo gefommen. Rochambeaus
Divifion war bei dem Fort Dauphin bereitö gelanz
det, und machte eine Charge mit dem Bajonett auf
die Neger » Trupps, die diefes neue Schaufpiel fehen
wollten, und eine Anzahl blieb todt auf dem Page.
Als aber der Haupttheil der Flotte und der Armee
beim Cap Francois zu landen verſuchte, erhielt er
eine Ordre vom General Chriſtoph, worin jede Fans
dung der Truppen ohne Genehmung des Oberbefehls⸗
habers der Inſel unterfagt wurde. |
Le Clerc erließ ein mit Verföbnungs = Vorfchläs
gen und Drohungen begleiteted Schreiben; worauf jes
ner mit eben fo großer Standhaftigkeit, ala Maͤßi—
gung eriiederte: daß er für fein Betragen bloß dem
Gouverneur und Oberbefehlshaber der Inſel verant-
wortlich fen, "und als commandirender General Wi:
derſtand zu Teiften wiffen werde, falls Jener es ver-
fuchen folte, ihre Hälfe dem Schwerdte zu überlies
fern; er feiner Seits fehe diefe Truppen nur für
Kartenblätter an, die der geringfte Windfioß zerträm-
mern würde. Le Clerc hatte eine Menge gedruckter
Eopien einer von Bonaparte erlaffenen VBroflamation
ans Land gefchiekt, in denen ein verfängliches Gemifch
von Schmeichelei und Dro hungen enthalten war, die
Neger entweder zu beſaͤnftigen, oder furchtſam zu
machen. Einwohner von Sanct Domingo)‘ faͤngt er
an, „vom welcher Abkunft und Farbe ihr auch im:
mer ſeyn moͤget, ſo ſeyd ihr doch Alle Franzoſen;
Ihr ſeyd frei, und gleich. vor Gott und der Republik.
Verſammelt Euch um den kommandirenden General;
er bringt Euch Frieden und Wohlſtand! Wer es nur
immer wagen ſollte, ſich von ihm loszuſagen, wird
als ein Verraͤther ſeines Vaterlandes betrachtet wer⸗
den, und der Unwille der Republik wird ihn vernich⸗
ten, wie das Feuer Euer duͤrres Zuckerrohr!
Diefe Drohung, unterſtuͤtzt durch eine. ſo bedeu⸗
tende Macht, machte die Anhaͤnglichkeit der Weißen
an Touſſaint wankend, und als Chriſtoph dies be-
merkte, ſteckte er die Stadt an verſchiedenen Stellen
in Brand, und zog ſich in guter Ordnung zuruͤck;
auch nahm er 2000 Weiße als Geißeln mit, denen
aber, in den bald darauf erfolgenden Verwirrungen
und Maſſakren Nichts zu Leide geſchah. Dieſe kraͤf—
tigen Maßregeln und thaͤtigen Anſtalten, welche.
Touſſaint im Innern traf, bewogen dem General
Ze Clerc ein Mittel anzuwenden, welches den beſten
Erfolg gehabt haͤtte, wenn es vor Anfang der Feind—
ſeligkeiten waͤre gebraucht worden. Er hatte beide
Söhne von Touſſaint mitgebracht, und geſtattete ih—
nen den Dater zu befuchen,. in der. Hoffnung, daß
diefer Dadurch würde bewogen werden, fih in Die
Wuͤnſche des erfien Confuls zu fügen, Von den dam—⸗
pfenden Nuinen vom, Cap Francais *) ward. Lois:
non,.ihr Erzieher, mit feinen Eleven nach Touf:
feints Landgute abgefhict. Die Zufammenfunft
H Jetzt Cap Henn, die Hauptſtadt des Königreichs Haity.
Sie ficht noch mit allen ihren Ruinen da, und bat böchftens
6000 Einwohner. Ganze Strafen enthalten mitunter nichts als
Brandfiekien, nach der Berficherung des preuß. Lieut. Buͤſchitz.
= MR =
war rührend, und der. gefchickte Pädagoge verfuchte
feine, ganze Beredſamkeit, , Touffeint zu bewegen,
Das Ober⸗Commando niederzulegen, und der Generals
Lieutenant von Ke Llerce zu werden; allein es war
zu fpät
Touffaint hatte Bereitä feine Anftalten getroffen,
fich. der franzöfifchen Armee entgegen. zu ſtellen, und
nach, einer- zweiſtuͤndigen Unterredung ließ ‚er feinen
beiden, Söhnen die Wahl zwifihen ihrem Vater und
ihrem angenommenen DBaterlande, Sn der Gefchichte
wird behauptet, daß die Söhne zu dem. General Ke
Clerc zurüchgefehrt wären, und man nichts weiter
von ihnen gehört habe; Aa Croix dagegen fagt: daß
es der Mutter gelungen fey, fie davon „abzuhalten,
und daß der Aeltere in der Folge ein Commando uͤber
ein Corps Inſurgenten erhielt. |
Als Ke Llerc, Toufi aint zu Nichts —2
konnte, erließ er eine. Proflamation, worin er die
Generäle Touſſaint und Chriftopb außer dem
Schuße der Gefege erklärte, „und jedem. Einwohner
befahl, ;fie als Rebellen gegen die franzöfifche Repu—
blik zu verfolgen und zu behandeln. Der Krieg. wuͤ—
thete mit alfen Schrecken, und jeden Kunfigriff wen—
dete Ke Llerc an, um den ſchwarzen Truppen eine
Niederlage beizubrigen, worin er nur zu erfolgreich
war. Die ſchwarzen Generäle, La Plume und
Maurepas, singen mitsihren Truppen zu den Frans
zoſen über; und was war ihr Lohn? Ka Croir. be
fiätiget e3 in seinem Briefe, was König Geinrich in
feinem fchönen Manifeſt vom. September. 1814 non
führt hat:
„Maurepas, ein Mann von fanftem. und gutem
Charakter, und wegen, feiner Rechtlichkeit von
feinen Mitbuͤrgern geehrt, war einer. der Exflen,
— 220 —
der fich mit den Franzofen vereinigte, and ihnen
weſentliche Dienſte leiſtete; auf einmal ward er
nach Port de Paix gebracht, dort an Bord eines
im Hafen vor Anker liegenden Admiral - Schiffs
gefchleppt, und an den Hauptmaſt angebunden.
Zum Spott wurden ihm fodann zwei Generals:
Epouletts mir Schiffsnägeln an feine Schultern
angenagelt, und ihm ein alter Generals Huth
aufgefegt; und an diefer feiner jammervollen La>
— ge kuͤhlten die Kannibalen ihren wilden Muth,
— und fürzten ihn dann mit Weib und ‚Kindern in
die See.’ Dies wär das Loos eines tugendhafz
ten und unglücklichen Soldaten!
Touffeint hatte indeß unter feinen unmittelbaren
Befehlen eine gut disciplinirte Armee, und Defjali-
nes, einer der muthvollſten, unternehmendften und
gefchickteften der Neger⸗Generaͤle, hielt die flärffte von
den Engländern erbaute Feftung, Erete Pierrot, be:
feßt. Die franzöfifche Armee befagerte diefen Pas,
weichen Deffalines nah einer, muthigen Vertheidi⸗
gung räumte, jeden Gegenftand von Werth mitnahm,
und nur ein ſchwaches Detafchement zurückließ, das
ihm am nächften Morgen folgte. Durch den günftis
gen Ausgang der Belagerung beraufcht, begingen die
Sranzofen alle Arten von Graufamfeiten an den
unglücklichen Negern, die in ihre Hände fielen;
und Ze Llerc handelte eben fo unüberlegt al
fchlecht, daß er den Landeigenthümern die ehemalige
Gewalt wieder einräumte. Die Folgen hiervon was
ven voranszufehen, indem alle Schwarzen, welche fich
mit den Sranzofen vereiniget hatten, fie jetzt verlies
Ben, und abermals die Waffen gegen fie ergriffen.
Le Elevc, der feinen Fehler einfah, nahm wieder zur
Lift feine Zuflucht, und proffamirte für alfe Einwoh-
— 221 —
ner von Sanct Domingo, ohne Ruͤckſicht auf: die
Sarbe, Freiheit und Gleichheit unter Vorbehalt der
Genehmigung von Seiten des franzöfifchen Gouver—
nements. Die Neger, des Krieges müde, ließen abers
mals ihre Anführer im Stihe, und General Chri—
ſtoph negocirte zu feinem, feines Kameraden Deſſa⸗
lines und des Dber = Generals Touſſaints Vortheil,
eine allgemeine Amneſtie für, alle ſchwarze Truppen;
und die Beibehaltung des refpeftiven Ranges aller
Schwarzen Dffiziere. Le Clere war ı zu ſehr im
Glück, um diefe Bedingungen einzugehen; indeß wur—
de doch einftimmig ein Frieden abgefchloffen, gemäß.
welchem alle eingefegten Behörden Frankreichs Sou⸗
verainität über die Inſel Sanct — — aner⸗
kannten.
Tonſſaint behielt die Freiheit und Eelansniß,,.
fih auf eines feiner Landgüter zurückzuziehen, Er er
wählte das nach feinem Namen Louverrure benann—⸗
te, bei Gonaives belegene; und dort genoß er im:
Zirfel feiner Familie der fo lange beraubt gemwefenen
Ruhe. Die geheimen Snftruftionen Bonapartes
wurden jest indeß befolgt; und Le Clere verlohr
keine Zeit, eine That zu veruͤben, die ſeinen Ruf mit
Schande brandmarkte. Mitten in der Nacht gingen
ein Linienfchiff und eine Fregatte bei Gonained vor
Anker, und landeten ein Corps. Truppen, welche
Toufieints Haus umzingelten. Der Brigade - Genes
ral Brunet drang mit einem Trupp Grenadiere- in
fein Schlafzimmer, forverte ihn auf, fih ohne Wider—
ftand zu ergeben, und ließ ihn ſodann mit feiner,
ganzen Familie an Bord des Hero, eines Linien—
ſchiffs von 74 Kanonen bringen, welches unmittelbar
mit ihm. mach Frankreich fegelte. Die benachbarten
Neger » Chers machten einen Verſuch zu feiner Ber
—
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freiung, wurden aber ergriffen, und auf LeCleres
Befehl erſchoſſen. Dieſer ließ hierauf hundert der ver-
trauteſten Freunde von Touſſaint arretiren, und auf
verſchiedene Schiffe der Escadre bringen; von keinem
hat man in der Folge mehr gehoͤrt, und an
find fie über Bord geworfen worden.
Auf der Meberfahrt wurde Touffseint im enger
Berwahrung gehalten, von feiner Gattin: und Fa—
mifie getrennt, und bei der Ankunft des Schiffes
in Dreft ihm bloß erlaubt, fie noch einmal zu fehen,
um auf immer von ihr Abfchied zu nehmen. Er
wurde mit einem einzigen Neger zu feiner Aufwar⸗
tung-in das Kaftell zu Four, in der Normandie, ges
bracht, und feine Gattin und Kinder wurden nad
Bajonne abgeführt, von denen man «uch nie. wieder
etwas gehört hat. Bei der Annäherung des Winters
wurde Touffeint nah Beſancon gebracht, und in einen
Falten, dDumpfigen, finfteren Kerfer eingemanert, der, wie
man ohne Zweifel beabfichtigte, fein Grab geworden ift;
denn der Boden war bereits mit Waffer uͤberſchwemmt.
So ift diefer große und rechtſchaffne Mann, durch
- die ſchaͤndlichen Kunſtgriffe eines gewiſſenloſen und
blutduͤrſtigen Thrannen umgekommen, welcher, fiatt
ſeine zahlloſen Grauſamkeiten in einem aͤhnlichen
Grabe abzubuͤßen, wie er es dem ungluͤcklichen Neger⸗
Chef bereitet hat, jeßf unter den Weheklagen der Op⸗
pofition feine erpreßten Schäge auf den gefunden und
vomantifchen Anhöhen von St. Helena verpraßt. Nach
CLa Croig würde es feheinen, als wenn die Fabel
von Touffaints’vergrabenen Schägen fich auch nach
Frankreich verbreitet hätte; indem er uns fagt, daß
Bonaparte verfchiedenemal den! General Cafarelli
abgefchieft Habe, um von den Gefangenen, hoͤchſt
wahrſcheinlich durch die Tortur, zu erfahren: wohin
— 123 —
er feine Schäße verborgen habe? Aber: die eihzige
Antwort, die er von ihm erlangen Ffonnte, war: „die
Schaͤtze, diesich verlohren habe, find ſehr verfchieden
von. denjenigen, die Ihr ſucht!“ Lacroix läßt
Toufjeints Charakter, als General und Politiker,
Gerechtigkeit: widerfahren, beſchuldiget ihn aber im
Punkte der Religion und: Moral, der Heuchelei! Er
kann vielleicht Necht haben; allein er ſtellt Feine Bez
weife auf; und ſoviel ift gewiß, daß Touſſaint wer
der die Eine, noch. die Andere öffentlich beſchimpft
hat. Wir find daher geneigt, feine: Behauptung zu
beftreiten, und müffen vielmehr, ſowohl in dein Schick⸗
fale der -Erften unter den Schwarzen ald in dem von
andern mächtigen Männern, die. feitdem gefallen
find, den, Fingerzeig. der Vorſehung erkennen, der es
zumeilen gefällt, die überfpannten Träume eines ftols
zen Gemüthes zu. vereiteln. Dieſe fchrecfliche Bes
fhimpfung der Perſon ihres Lieblings = Chefs „öffnete.
den Schwarzen über die eigentlichen. Abfichten. des
franzöfifchen Gouvernements die Augen. Als Deſſa—
lines, Chriſtoph, Clerveaux und andere Neger: Ges.
neräle fich. hintergangen und betrogen fanden, flohen.
fie zu den Waffen mit dem feften Entſchluſſe: die
eingefallenen Feinde entweder zu vertreiben, oder in
dem , Unternehmen zu Grunde zu gehen. Charles
Belsir, ein Chef von der Congo Race, und fein bel:
denmüthiges Weib verbreiteten Tod und Verheerung
unter den Franzofen, die durch die unerträgliche
Sommerhige im Jahre 1802 verhindert wurden, fich
mit einigem Erfolge zu widerfegen- Ke Clere und-
die Meiften feiner Offiziere litten an. der. Kranfheit
des Landes, und alle von Frankreich hergefendete Ver—
färfungs- Mannfchaft wurde bald von dieſer Peftitenz
angefleeft: Die Sranzufen fuhren fort, die ſchrecklich⸗
ſten Barbareien an den unglücklichen Negeris zu ver-
üben. Mehrere Taufende' von ihnen wurden an den
Bord der Schiffe gefchleppt, aneinander gebunden,
und im die See geflürzt, damit ihre faulenden Leiche
name nicht die Luft verpefien ſollten. Einige die—
fer Granfamfeiten worden ſo nahe am der Kuͤſte
verübt, daß die Leichname in Menge von der Fluth
ans Land ausgefpült wurden *), Eine Kuppel Blut⸗
Hunde wurden von der Infel Euba herüber gehohlt,
womit man die Schwarzen mit unerſaͤttlicher Wuth
niederhetzte; zuweilen wurden ſie auf offenem Platze
ihnen lebendig zum Fraß vorgeworfen.
In der Mitte dieſer Schreckens⸗Szenen ſtarb der
General Ke Clerc, und das Ober-Commando fiel an
den General Rochambeau, der den Schwarzen ver-
fchiedene Schlachten mit abwechfeindem Erfolge lies
ferte; allein der in diefen Gefechten erlittene Verluſt
und die durch die Krankheit angerichteten Verheerun⸗
gen, verſetzten die franzoͤſiſchen Armeen in die Noth—
wendigkeit, fefte Vofitionen zu beziehen. Man fchägte
den Verluſt der Franzofen am Ende des Jahres 1802
auf nicht weniger als, 40,000 Mann, und diefe Zahl
ift Eeinesweges übertrieben, indem nach Lacrodix nach
und nach au 20,000 Dann Huͤlfs⸗ Truppen angefom-
men find.
Deſſalines, der damalige Ober⸗Beſehlshaber der
Neger-Armee, ruͤckte bis auf die Ebene des Cap vor,
| in
*) Huch nach der Ausfage eines jungen Mulatten in Phi—
Indelohia, welcher Augenzeuge dieſer Vorfälle war, haben die
franzöfifchen Soldaten von den ausgeipühlten Leichnamen Stuͤ⸗
cken abgeſchnitten, fie an die Angelhaken gehängt, und damit
Fiſche gefangen.
== 8b —
‚in der. Abficht, das Hanptz Quartier der franzöfifchen
Armee zu belagern. Rochambeau beſchloß ihm eine
Schlacht zu Kiefern zes: fand. ein ſchreckliches Zuſam⸗
mentreffen ſtatt, in welchem keine Parthei den Sieg
davon trug. Eine Menge blieb auf den Platze, und
von beiden Seiten wurden viel Gefangene gemacht,
Die Franzofen follen die ihrigen gemartert, und 500
davon ums Leben gebracht haben. Sobald Deffali-
nes dies hörte, ließ er 500 Galgen errichten ‚: fuchte
alte franzsfifchen Dffiziere aus, und. als dieſe noch
nicht hinreichten, ließ er die Zahl mit Gemeinen vol
machen, und fie bei Anbruch des Tages im; Angeficht
der: franzöfifchen Armee aufhängen. » Der, Ausbruch
des Krieges zwiſchen Großbrittanien und Frankreich,
im May. 1803, die: Ankunft, der engliſchen Escadre
vor dem. Cap. Francais, und die Blokade der Stadt
durch Deffalines, machten das Elend. der Trümmer
der franzöfifchen Armee vollſtaͤndig. —
Bochambeau ſagt in feiner: Schilderung ihres
elenden Zuſtandes: die Soldaten ‚find geradezu vor
Hunger umgefommen, und nm. feine. verzweiflungs—⸗
vollen Mahnungen zu befriedigen verzehrten ſie ihre
Pferde, Maulthiere, Eſel und ſelbſt Hunde, — die
nemlichen Hunde, welche ſie hatten kommen laſſen,
um die Neger damit niederzuhetzen und zerreiſſen zu
laſſen.
Zu Ende des Jahres capitulirte Rochambeau;
da er aber eine Verraͤtherei im Schilde fuͤhrte, drohte
Deſſalines die geſammte Escadre im Hafen mit al
len am Bord befindlichen Truppen zu verfenfen, und
würde auch feine Drohung ganz gewiß ausgeführt
haben, wenn der engliſche Befehlshaber, in deſſen
Hände die Schiffe gefallen waren, mit der. größten
Schwierigfeit es nicht verhindert hätte,
II. 15
Er 220 ==
Deſſalines erflärte Sanet Domingo ſofort für
unabhängig, und verfprach Sicherheit, und Schug als
Ien Einwohnern, von welcher Farbe fie auch fein
mochten; zugleich geftattete er allen Denen, welche
nicht im Sande bleiben wollten, der franzöfifchen Ars
mee zu folgen. Eine allgemeine Proflamation, von
ihm, Chriftopb und Elerveaur unterzeichnet, lautet
alfo: -»
„Im Namen des fchwarzen und farbigen Volkes
wird hiermit die Unabhängigkeit von Sanct Dos
mingo befannt gemacht. Zuruͤckgekehrt zu unfe-
rer urfprünglichen Würde, haben mir: unfere
Kechte vertheidiget; wir fchwören! fie Feiner
Macht auf Erden je wieder abzutreten! Zerriffen
ift der ſchreckliche Schleier der Vorurtheile; er
bleibe e8 auf immer! Und wehe dem, der es was
gen folfte, feine blutigen Lumven wieder —
men zu fuͤgen!“
Zugleich forderten ſie alle Eigenthuͤmer, welche die
Inſel in den Zeiten der Unruhe verließen, und keinen
Antheil an dem Kampfe gegen ihre Brüder genom—⸗
men hatten, auf, wieder zurüczufehren; ‚diejenigen
aber, welche den thörigten Hochmuth in ihrem Herzen
nähren, daß fie vom Himmel dazu berufen wären,
unfere Herren und Tiratinen zu feyn, mögen ja ent-
fernt von St. Domingo bleiben; und wenn fie e8
wagen follten, hierher zu kommen, ſo warten ihrer nur
Ketten und Deportation.“
Alle Generäle und Befehlshaber der Armee un—
terzeichneten am aſten Januar 1804 eine fürmliche
Unabhängigfeits = Erklärung des Volkes auf Sant
Domingo, und verpflichteten fich durch einen feier
lihen Bund, Frankreich Auf immer zu entfagen. Zu
gleicher Zeit tonrde Johann Jacob Defialines le⸗
benslänglich zum General- Gouverneur der Infel er
nannt, mit der Gewalt: Gefege zu geben, Krieg und
Frieden zu beſchließen, und feinen Nachfolger zu er-
nennen. |
Deflslines begann feine Regierung EL ae -
Neger und farbigen Menfchen, welche mit ihren Her:
ven in die vereinigten Staaten ausgewandert find,
zurüchjurufen, und bot den Kaufleuten von Jamaica,
an, feine Hafen für die Sflaven = Schiffe zu öffnen.
Hierdurch beabfichtigte 'er feine durch den langen und
heftigen Kampf gefchwächte Armee zu verffärfen. Er
führte ferner an, daß in den unermeßlichen von ven
Sranzofen verübten Greueln, mehr als 60,000 feiner
Hrüder erfänft, erftickt, erfchoffen, gehangen und auf
andere Art ums Leben gebracht worden find.
Um die Neger zur Rache an denen zu reizen,
die fih nach feinem Ausdrucke in dem Blute der un:
fchuldigen Kinder von Haity gebadet hätten, hielt er
eine wuͤthende Nede, in welcher er nur zu fehr bes
wies: welchen Rutzen er von den eingefogenen blutis _
gen Lehren davon getragen habe. Gie verfehlte ihre
Abſicht nicht, und veranlaßte am oBften April eis
ne ſchreckliche Ermordung aller Weißen. Diefer
folgte bald eine andere frevelhafte Treulofigfeit und
Graufamfeit. Er erließ eine Proflamation, daß der
‘Gerechtigkeit, wegen der von den Franzoſen verübten
Verbrechen, Genüge geleiftet worden, und forderte alle
diejenigen, welche der Ermordung entgangen waren,
auf, ihre Schlupfwinfel zu verlaffen und fich auf der
Parade eine Sicherheits = Karte bei ihm zu hohlen.
Mehrere hundert erfchienen daſelbſt, und wurden au—
genblicklich auf den Exekutions-Platz geführt und er-
ſchoſſen.
Als Deſſalines ſich aller derjenigen entlediget
* 15
— BRD —
hatte, die er fuͤr ſeine Feinde hielt, ließ er ſich am
gten Oktober 1804 durch einen Kapuziner-Miſſionair
unter dem Namen, Jacob der Erſte, zum Kaiſer
kroͤnen. Der erſte Aft von Shakespears Mackbeth
ward alſo an den Ufern der Seine und. in dem Urs
shipelagus der Antillen faft zw gleicher, Zeit in Nae
tura oder richtiger, Traveſtie aufgeführt, und auch
daraus geht hervor, daß die ſchwarzen Voͤlkchen die
Weißen in allen Dingen nachaͤffen. Jetzt hat die
Farce in beiden Demifpheren + endlich einmal ein
Ende, und wird vielleicht in der Zufunft Manchem
zur Warnigung wider den Hochmuth dienen. — Nach
feiner Krönung erklärte Jacob das Neich von Haith
für einen freien, fouverainen und unabhängigen
Staat. Ferner decretirte er die Abſchaffung der
Sklaverei, Gleichheit der Stände, gleiche Wirfung
der Gefege, Unverletzbarkeit des Eigenthums, : allges
meine Annahme der Benennung, Schwarze, für alfe
Haitifche Unterthanen, wie immer auch ihre Farbe
feyn mag. Auch erklärte er, daß derjenige des Nas
mens, Haityer, unmürdig feyu follte, welcher nicht
‚ein guter Hansvater, ein guter Sohn, ein guter Ehes
mann und ein guter Soldat feyn würde. Die Macht
des Kaiſers war fehr ausgedehnt, jedoch aber durch
ein Gefegbuch befchränft, angemeffen einem. Volke,
weiches den Zuftand der Sklaverei umd des Barba—
rismus verlaffen hatte. Jede Religion ward gedul⸗
det, die Ehe für einen bürgerlichen ‚Contraft erklärt, '
und das Haus eines Bürgers für unverlegbar ge⸗
halten. ‚*
Alles den Franzofen gehörige Vermögen wurde
als Staatseigenthum confiscirt, jedoch wurden Dieje=
gen Mulatten, welche ihre Verwandtſchaft zu weißen
Eigenthümern beweifen Eonnten, als ihre Erben aner⸗
Fannt. Die Sklaven erhielten den vierten Theil vor
dem Ertrage des Grundeigenthums, welches fie bears
beiteten, und für. erivanige Vergehen wurde Gefäng-
nißſtrafe zuerkannt. Unter folchen Anordnungen erhob
ſich ſchnell der Wohlftand der Inſel. Deffalines hat-
te, ungeachtet aller feiner after, doch auch viel gute
Eigenfchaften; er unterffügte die Neligiong > Diener
und hielt das Volk zur Beachtung des Gottesdiene
ſtes an. Er errichtete Schulen in den. meiften Diftrik-
ten, und als die Neger das Uebergewicht der Wohl:
erzogenen fahen, hielten fie ihre Kinder fehr eifrig
zum Unterricht an, fo daß im der Negel faft alle jun⸗
gen Haitier leſen und fihreidben Fonnten. — Diefe
Aufmunterung war um fo verdienftvoller, als Deſſa⸗
lines feines von beiden verftand. Beim Ansbruche
der Juſurektion 1791 war er der Sklave eines. Ne
gers, welcher feiner Brofeffion ein Ziegelftreicher war,
und fügte feinem Namen Jean Jaque, den feines
Herren bei. Letzterer erlebte es, feinen ehemaligen
Sklaven als feinen Souverain zu fehen. Defialines
hatte befondere Vorliebe für ihn, und ftellte ihn, feiz
nem Wunfche gemäß, als Oberſchenke an, obgleich er
ſelbſt nichts als Waffer tranf. A
Diefer erſte Souverain befaß viel Thätigfeit und
einen unbegrenzten Muth. mn feinen militairifchen
Talenten war er weit über Touffeint, in jeder an—
deren Nückficht aber Hinter ihm. Seine perfönliche
Eitelfeit verleitete ihn zu einem Lächerlichen Aufwan—
de in der Kleidung, auch wollte er fuͤr einen guten
Taͤnzer gelten. Seine Ehegattin war eine der ſchoͤn⸗
ſten und gebildetſten Negerfrauen in Weſtindien, und
iſt auf Koſten eines reichen Pflanzers erzogen worden,
deſſen Favorit-Geliebte fie war. Ihr Charakter war
ſehr Tiebenswärdig; auch that fie bei jeder Gelegen-
heit ihr Mögliches, um die natürliche iddheit ihres
Ehemannes zu mildern, obgleich ungluͤcklicherweiſe
nicht immer mit dem beſten Erfolge... Zu Sebi.
Dieſer eransarlantifche Robespiere erhielt RE
in feiner blutigen Carriere bis zum ı7ten October
1806, wo er. durch Pethions Mulatten-Soldaten, die
Ä ihm bei Hort an Prince einen Hinterhalt gelegt hat-
ten, ums Leben fam- Chriſtoph ward jetzt an die
Spitze der Regierung berufen, um eine Conſtitution
einzuführen, die Sicherheit der Verfon und des Eigen-
thums begründen follte. Eine Proclamation machte
zu gleicher Zeit alle Verbrechen befannt, deren Deſſa⸗
lines ſi ich ſchuldig gemacht, und beſchuldigte ihn, das
Staatsverindgen dadurch beraußt zu haben, daß er
einer jeden. feiner zwanzig Maitreffen 20,000 Piaſter
jährlich auszahlen ließ, Chriſtoph bemitleidete Deſſa⸗
lines Schickſal, und machte den farbigen Leuten den
Vorwurf, daß fie. ihn ohne Unterfuchung feines Ber
tragens ermordet haͤtten. Die Schwarzen, ſtets eifer⸗
fuͤchtig auf die farbigen Leute, feuerten auf Pethion,
weicher nur durch Die Hand der Vorſehung mit ſeinen
Leuten in den weſtlichen und fuͤdlichen Diſtrikt entkom⸗
men iſt, woſelbſt eine nee Conſtition ausgearbeitet,
und er.felbft am arften Detober, „806 zum Praͤſtden⸗
ten ‚der, Republik Haity ausgerufen wurde,
‚Der: Bürgerkrieg, brach hierauf stoifchen heiden:
* aus, und wurde endlich nach verſchiedenen
Gefechten mit abwechſelndem Erfolge durch das ges;
genſeitige Beduͤrfniß der Ruhe und durch eine ſtill—
ſchweigende Genehmigang beigelegt, und in der Folge
ward durch eine Convention feſtgeſetzt, daß die Grenz⸗
linie, in einer Breite von 10 Lieus, von keinem Theile
angebaut werden ſollte, die nunmehr auch in eine faſt
undurchdringliche Wildniß übergegangen: ift. Pethion
behielt der Süden und Weſten, und Chriſtoph den
Norden der Inſel, woſelbſt er ſich durch den erwaͤhn⸗
ten Capuciner⸗ Mönch. Brell:am.aten Juny 1811 die
Koͤnigs⸗Krone aufſetzen ließ, und den Namen Hein⸗
rich der J. Koͤnig von Haity, annahm. ,
petbion war ein Mulatte, in St« Domingo ge⸗
bohren, und in der Militair— Akademie zu Paris erzo⸗
gen, woſelbſt er ſich als Menſch von. vorzuͤglichen Ta⸗
lenten, aber ſchuͤchtern und zuruͤckhaltend in ſeinem
Betragen auszeichnete. Sein Chakakter war gutmuͤ⸗
thig und friedfertig, und das Vertrauen ſeiner Kaſte
auf ſeine Geſchicklichkeit und Rechtlichkeit ſo groß,
daß er mit ‚feinen 10,000 Mulatten nicht unr feine,
Republik aufrecht, ſondern auch 250,000. ſchwarze Be⸗
voͤlkerung im Zuͤgel der Ordnung erhielt, mehr durch
den Reiz der beiden Zauberworte, Freiheit und Gleich:
heit, als durch den wirklichen Genuß derſelben.
Pethions Tod im Jahre 1818 war der Gegen⸗
ſtand der allgemeinen Trauer in der Republik; ſeinem
Leichenbegaͤngniß wohnten alle Einwohner, von Port
au. Prince bei, Alle beklagten den Verluſt eines Va⸗
terd an ihm; und als fein Nachfolger, der. General‘
Boyer, die Leichenrede hielt, war jedes Auge in
TIhränen. Ein englifcher Kaufmann,. der in. Port
an Prince wohnt, fagt: ich fand vier Fahre hindurch
mit Pethion in Verbindung, und nie ſahe ich einen
liebenswürdigeren und. tugendhafteren Mann als er
war. Er war der Abgott des Volkes, und defien
Vertrauen zu ihm war ‚ohne Grenzen. Man hatte
ihn in dem Verdacht, daß er franzöfifch ‚gefinnt wäre.
Aber der Zeitpunft, wo Ludwig der Achtzehnte feine
Emiffairs nach jener Inſel fchiefte, bewies feine Auf-
richtigkeit. In dem Angenblicfe, als er von der Mif-
,
— 252 a
fion hoͤrte, gab er Vefehl, Alles zum Abbrennen der
Haͤuſer an den Kuſten in Bereitſchaft zu hafteh, und
Lunten in 'die Arſenaͤle zu legen, damit ſie im Noth⸗ 2
falle angezuͤndet werden koͤnnten; und fobald- bei dem
Gonvernements - Haufe wegen Verhaltungsregeln an⸗
gefragt werden ſollte, ſo — die —— fo: ae
det auf Moskau!
Pethion, unzufrieden mit der 2 sel war in al?
abſolute Apathie verfallen, und beſaß nicht mehr die
fuͤr einen Gruͤnder und Dirigenten eines politiſchen
Syſtems nothwendige Kraft des Geiſtes, und als er
den Zweck ſeiner philantropiſchen Grundfaͤtze nicht
realiſtren konnte, war ihm das Gefuͤhl unertraͤglich,
ſich auf einem Punkte der Welt zu fehen, mo Die
ihn umgebende" Maffe gegen feine Abſichten fo gefuͤhl⸗
los ſey; er ſchwebte in Platos imaginairer Welt,
und in dieſer Zerrůttung ‚feines Geifes ſtarb er den
Samrich ward als Stade: “auf der Inſel Sanct
— 72 geboren, von welcher er den Namen führt,
und mar bei dem Ausbruche ber Nevokution 1792
noch Sklave. Als früher Freund und Anhänger von
Eouffaint hatte er mit ihm viel Mehnlichfeit des
—
Eharakters. Er beſaß achtungswuͤrdige, militairiſche
Talente und einen unerſchuͤtterlichen Muth; in feinem
Betragen war er befcheiden und gutmuͤthig In haͤus⸗
lichen Tugenden zeichnete er fih glänzend aus; er
war ein guter Ehemann, ein guter Vater, ein zuver⸗
läßiger Freund, und firenge in der Beobachtung aller
religiöfen und moralifchen Pflichten. Ganz der Ger
wohnheit feiner Landsleute zuwider, "verband er fich
ſchon im frühen Leben" mit einen Weide, die er auch
niemals verließ; und diefe Frau war als Königin von
jedem Stande geliebt. Heinrich befaß eine Eigenheit
und eine Würde in feinem Betragen, wie fie einent
Menfchen ohne Erziehung felten eigen iſt. Don der
Natur mit guten Anlagen begabt, erlangte er Bald
in der englifchen und Franzöfiichen Sprache eine Ge⸗
laͤufigkeit im Ausdrucke und in der Schrift.
Seine Proclamationen, die er gewöhnlich ſelbſt
dictirte, find von ſolchein Inhalte, daß fih Fein Ka⸗
binet des civilifieten Europas ihrer fihämen dürfte.
Seine Farbe war ſchwarz und feine Körperbil-
dung regelmäßig, feine Unterhaltung verftändig, an⸗
genehm und ausdrucksvoll. Zu allen ſeinen nuͤtzlichen
Einrichtungen bediente er ſich der Englaͤnder und ver⸗
abſcheuete alles Franz oͤſi ſche. ,
Fünf englifche Lehrer waren zur Deganifrung i der
Lanfafterfhen Schulen angeſtellt, Doctor Stuardt
hatte die Aufſicht über das Militair- -Hofpital; dieſes
beſuchte Heinrich toͤglich, ging alle Krankenſaͤle durch,
ſprach mit jedem Patienten, wovon er die meiſten
beim Namen und Charakter kannte; einigen ertheilte
er guten Kath ‚ Mit anderen sanfte er, wieder mit
anderen lachte er, und Alle waren froh ihn zu ſehen
Seine gute Laune bewies ſich deutlich bei der Anzahl
son Waifenkindern von verftorbenen Offizieren, die
er in feinem Palais hielt, und denen er geftattete,
um ihn herum zu fpringen und ihm die Taſchen aus-
ſuchen, ob er Bonbons darin habe, deren er beſtaͤn—
dig zu diefem Behuf bei fih führte. Er fahe es
gern, wenn fih weiße und befonders dentfche Kolo—
niſten auf der Inſel niederließen, und war fo herab-'
laffend, daß er nach Verficherung der Preuß. Lieute⸗
nants Buͤſchitz und Enfe an den Faden eines daſelbſt
etablirten Bremer⸗Kaufmanns heranritt, und ihn feng:
wie e8 ihm gehe? wie es ihm dort gefalfe umd wie
feine Gefchäfte von flatten gehen? Der Kaufmann
4
— ——
unterhielt ſich mit ihm, und lud ihn ein, in feinen
Laden zu fommen, und ihm etwas abzukaufen. Fuͤr
die preußiſche Nation hatte er viel Achtung und fuͤr
den Fuͤrſten Bluͤcher große Verehrung. Sp war der
Charakter des Tyrannen, des. Ungeheuers, das alle |
Weißen erwürgen laſſen wollte, beſchaffen. Ohne
mich etwa zum Richter des Betragens der Neger. ges
gen ihn aufwerfen zu wollen, glaube ich doch, daß fie
fich eines ſchwarzen Undanfs gegen ihn fchuldig ge—
macht haben; und befonderd Diejenigen, welche feinen
Falk verurfachten, nemlich die Großen; denn gerade
dies dürfte an feiner Regierung zu tadeln fenn, daß er
diefen traveftirten Derzogen und Prinzen, die zu
Herrn Büfhig in den Laden famen, und mit ihm
wie Höferweiber handelten, die Privilegien der Ari—
fiocratie einräumte, und dadurch das Volk drückte. |
Chriſtoph war firenge aber auch gerecht, und
ließ jede Untreue oder Heftechlichfeit eines. Staats⸗
dieners mit dem Tode beftrafen. Sm. Gerichts Hofe
wohnte er häufig den Verfammlungen der Nichter
bei; auch wurde in einer amerifanifchen Zeitung, der
Aurora, folgende Anekdote von ihm erzählt: Ein Eng⸗
länder beflagte.fich bei Heinrich über ein von dem
Gerichtshofe erlittenes Unrecht. - Diefer ließ ſich die
Sache erläutern und. begab fich feldft in den Gerichts⸗
Saal, ließ die an dem Unrechte des Englaͤnders ſchul⸗
digen Richter vortreten, und ſagte: die ‚Herren. ‚find
ſehr hitzig geweſen, als fie das Urtheil in dieſer Sa;
che faͤlleten; hierauf ließ er fie unter die zur Befeuch⸗
tung und Kuͤhlung des Saales an der Decke ange—
brachte Springroͤhre treten, und nachdem ſie uͤber
und über durchnaͤßt waren, ſaͤgte er: nun iſt ihr Blut
abgekühlt! Nun prüfen Sie die Sache noch einmal!
Sie wurde zum zweitenmale geprüft, und der Englän-
der. gewann den. Prozeß. Die Herren Buͤſchitz und
Enke faͤllten uͤber die Neger im Cap Henry eben
fein günftiges Urtheil, ſchilderten ſie als traͤge und
im hoͤchſten Grade armſelig. Heinrich hielt ſie daher
auch mit aller Strenge zur Thaͤtigkeit und auch zum
ehelichen Leben an. Ju der Adminiſtration der nomi⸗
nellen Republik und der des Koͤnigreichs herrſchte ein
ganz verſchiedenes Syſtem.
Pethion hatte die Verfaſſung Frankreichs im
Geſicht; „alles ward, durch Tribunäfe oder. Departes
ments abgemacht, und er felbfi war in der That der.
Bonsparte von Haiti. Das Land in der Republik
war unter die Militaird und Civil = Beamten nad
einem, beſtimmten Maafe vertheilt, und die Neger
Eonnten dann entweder fuͤr's Tagelohn arbeiten, oder
pachten, oder auch muͤßig gehen, wie es ihnen
beliebte.
„Heinrich nahm alles Berrehfpfe Sand in Befchlag,
und. vertheilte es unter feine Offiziere und Gtaats-
diener nach feinem. Gutduͤnken; es beſtand daher eine
Art. Seudal- Spftem in feinen, Staaten, und Jeder
dieſer vornehmen Landeigner hat. eine Anzahl Vaſal—
len 4 die ſein Grundſtuͤck gegen den vierten Theil des
Ertrages bearbeiten; Letztere waren gewöhnlich Solda—
ten. non, Profeffion, „In der Republik werden „die
Kegierungsgefchäfte durch den Dräfidenten, drei Staatg-
GSeeretaird, 30 Hepräfentanten der Gemeinden und
24 Senatoren geleitet. Diefe ließen e8 fich angelegen
ſeyn, Heinrichs Verfahren bei jeder» Gelegenheit
lächerlich zu machen, und einmal (a8 ich in der. Zei⸗
tung von, Port au Prince folgende. Perſiſlage: ‚feine
Hände find: weniger Dazu geeignet, den Zepter, alg
die Bratpfanne in der Taverne des Cap zu Dirigiren,
rei: er früger Sklave, war. ‚Sein Erbadel beftand
— : 236 —
and 2 “einen von Gebfäre : acht Herzogen, 18 Gra⸗
fen, 32 Barons und acht Rittern. Sechs Groß⸗
Marſch au⸗ vor Haiti, acht General- Lieutnants, IE
geldmarfch aͤlle, ſechs ©eneral- Majors und hundert
Feld⸗ Offtziere bildeten den Stab der Armee. Der
Militair -Nerdienftorden des heiligen Heinrichs ge-
währte dem Inhaber den perſoͤnlichen Adel; im Jahre
1818 waren ſechs Groß⸗ Kreuze, 16 Commandeurs und
165 Ritter. RE
Das Spitem der Republik beruhte auf feſteren
Er ndlagen als das des Königreiche. Das Grunds
eigenthum war dort mehr getheilt, und folglich der
Wohlſtand mehr allgemein als Hier. Zwiſchen der
Gewalt und dem Gehorfam waren mehr Berührungss
punkte, und der Abſtand ver bürgerlichen Klaffen nicht
fd groß; und eben viefer Umftand war e8, welcher
die legte Revolution herbeigeführt hat. Der ‚König
und der Praͤſi dent hatten in Ruͤckſicht der Vertheidi⸗
gungsmaßregeln gegen den gemeinſchaftlichen Feind
nur ein Syſtem, das von Roſtopſchin! — und die
Gewalt der Waffen gegen den Angriff von außen ber.
Touffsint fagte flets: wenn ihr eure Freiheit erhal
ten wolfet, fo bewahret eure Waffen! Pethion war
von demſelben Geiſte beſeelt, und der Baron de
Daftey wiederhalfet nicht minder das Echo davon
durch folgende energiſche Stelle, die zugleich einen
Beweis der Eloquenz und der Feder eines durch ſich
ſelbſt gebildeten Negerfflaven gewährt.
Ö terre de mon pays! en est-il un sur !e
| globe ou les malheureux habitans ayent &prouve'
N plus‘ d’infortunes? Par-tout dü je porte mes pas,
"ou je fixe mes regards, je vois des 'debris, des‘
"Yases, des utensiles, des figures gui portent dans’
“Teurs formes Pempreihte et les traces de Tenfance"
— I —
257
de Yart; plus, loin, dans les lieux ecartes et
solitaires , dans les cavernes des montagnes inac-
cessibles, je, .decouyre en freinissant des squelet-
tes, encore tout entiers, des ossemens humaıns,
epars , et blanchis par le teıns; en arı etant mes
„.pensees sur ces tristes restes, sub ces debris,
qui attestent l’existence d’un peuple qui. n’est
plus, mon coeur s’emeut, je repands des larmes
de compassion. et d’attendrissement sur le mal-
heureux sort des premiers habitans de cette ile!
Mille souvenirs dechirants. viennent ‚alfliger mon
coeur, une foule de reflexions. ‚absorbent. mes
pensees, et se suceedent rapidement. Il exislait
donc ici avant nous des hommes! ils ne sont
plus! Voila leurs deplorables restes! Ils ont dte
detruits! Qu’ayaient-ils fait pour eprouver um
aussi funeste sort? — Ges malheureux n’ayaient
point d’armes, ils ne pouyaient se deiendre; à
cette pensee, je saisis les miennes.... O armes
precieuses! sans vous, que seraient devenus
mon pays, mes compatriotes, mes parens, mes
amis? Fils de la montagne, habitans ‚des forets,
cherissez vos armes, ces clefs precieuses, conser-
vatrices de vos droits; ne les abandonnez j jamais,
transmettez-les a vos enfans ayec l’amour de la
liberte et de V’independance — comme le Pie
bel heritage que, vous puissiez leur léguer! —
Sisteme de Colonisation , par. de Vastey, p- ‚553;
Die Armee des Königreichs Haiti. befiand aus
25000 Einientruppen, worunter 4600 Mann Koͤnigl.
Garden und 4000 Koͤnigliche Dahonys gehoͤrten,
welche letztere von der Kuͤſte von Africa heruͤber
gehohlt, und in beſondere Compagnien gebildet wur—
ben. Sie ſtanden unter Ofſicieren, die dem Könige
bvorgůglich ergeben „waren, und itdeten m v Kar
die Nationalgarden, denen die allgemeine Pandespo-
Tizei Übertragen war; ohne die fehriftliche Erlaubniß
des commandirenden Offieiers der Dahonys durfte
kein Bauer ſeine Beſitzung verlaſſen. Die Armee der
Republik beſtand aus 25,000 Mann, worunter 3600
Mann Praͤſidental-Garde. Dieſe waren nicht fo gut
gekleidet, als die Königl. Truppen, die an Kleidung,
Waffen, Drefar und Disciplin Feiner europäifchen
Armee nachfiehen, wie mehrere brittiſche Officiere
befundeten. Die Truppen lagen bei den Bflanzern in
Cantonirung. Die Polizei in.den Städten der Repu—
blik iſt nicht fo firenge ald in der Monarchie; die
- farbigen Leute, welche. hauptſaͤchlich im Beſitze der
Macht ſind, ſind nicht ſo leicht unter die Subordi⸗
nation zu bringen als die Schwaͤrzen. Die Bande
der Moralitaͤt ſind bei ihnen loſer, beſonders bei den
Frauenzimmern, welche in der Regel alle buͤrgerlichen
Geſchaͤfte betreiben. Ein regelmaͤßiges Eheſtandsver⸗
haͤltniß exiſtirt kaum in der Republik. Heinrich
hielt feine Soldaten mit Strenge.an, fi) zu verhei-
rathen, und wehe dem, der Die ehetichen Bande ver-
legte! Jedermann mußte vor ihm anſtaͤndig gekleidet
erſcheinen; ehedem giengen die Neger beiderlei Ge⸗
ſchlechts groͤßtentheils nackend. Die natuͤrliche Eitel⸗
keit der Schwarzen hat ſie indeß auch in der Repu⸗
blik bewogen, mehr auf ihren Anzug zu verwenden
als ehedem. Nach der Ausgſae des Herren x. Bü:
ſchitz befand der Anzug der ſchwarzen Landleute aus
einem Hemde und Beinkleidern won grober Sacklein⸗
ward; in dieſem Gewande brachten fie, eh; pi
einem Efel reitend, ihre pero DEE in die Stadt
Verkauf.
Pethion verwendete fuͤr ſeine Perſon zwar wenig
Aufmerkſamkeit auf den Anzug, aber feine erften
Beamten waren mit eben fo vielem Glanze umgeben,
als die von Yeinrich, und die prächtig geſtickten
Sammer: Kleider der Senatoren des mächtigften Rei—
ches find auch bald die Gallakleider der Senatoren in
der Eleinen Republik geworden. Lacroix fagt: diefer
Umftand, fo unbedeutend er an fich feibft ift, gewährt _
einen abermaligen Beweis von der Nichtigkeit and
Unbeftändigkeit menfchlicher Größe!
Die Bevölkerung, der beiden Staaten befteht nach
Cacroix aus 480,000 Schwarzen, 20,000 Farbigen
und 1000 Weißen, die größtentheils Deutſche find,
zufammen aus 501000 Seelen. Nach de Pradt be:
laͤuft fih die Volkszahl von Domingo fchon auf
800,000 Seelen, wovon 520,000 zur‘ Republik, ‚und
320,000 zum Königreiche gehörten; darunter waren
nur 50,000 Farbige und Weiße; alle übrigen aber find
Schwarze. Diefe Volkszahl befteht aus drei Efaffen.
Zu der erften Claſſe gehören die Civil- und Militair-
Heamten, welche einen großen Theil der Ländereien
des Eilandes befißen; die zweite befteht aus den
Künftlern und Handwerfern in den Städten und den
Spldaten, umd die dritte aus den Ackerbauern, wel-
che meiſtens Schwarze find. Die fegteren Haben fich
von ihrem ehemaligen Zuftande nur wenig entfernt,
und hängen völlig von der Willführ und dem Eigen
duͤnkel der Civil= und Militairbeamten ab.
Der Zuftand der Finanzen fol blühend fenn, und
nach Abzug aller Staatsausgaben, noch ein Surplus
von mwenigftend 15 Millionen Livres verbleiben. Nach
der Ausſage der Herren Buͤſchitz und Enke herrfchte
auf dem Cap großer Mangel’ an baarem Gelde. Die
Cap: Stadt mochte ungefähr '6 bis 7000 Einwohner
enthalten, von denen ſich ein großer Theil davon
8
ernährte, daß er, unter. den herrenloſen Kaffeebaͤumen,
wovon ganze Waͤlderchen dort anzutreffen ſind, die
Bohnen auflas, und ſie in die Stadt verkaufte.
Ganze Straßen der Capſtadt beſtanden noch aus
Brandſtellen und Ruinen, und nicht zu denken war
an einen Wohlſtand der Einwohner. Kaufmaͤnniſche
Geſchaͤfte giengen ſchlecht, jedoch hatte ein mit, fehle
ſiſcher Platillias (Leinwand) beladenes Schiff ſeinen
Vorrath reißend verkauſft. Eben ſo guten Abſatz
hatte. ein » Öfterreichifches, mit. Gewehren beladenes
Schiff gefunden. Den darauf angeſtellt gewwefenen
beiden Büchfenfchmieden Tieß Heinrich ſehr vorthell⸗
hafte Anerbietungen machen, in feine Dienſte zu tre—⸗
ten; allein die beiden Oeſterreicher waren um keinen
Preis zu bewegen, ſelbſt wenn er ſie zu Herzogen
gemacht haͤtte; ſo ſehr ſcheueten ſie die Hitze.
Kein Fremder durfte ſich weiter als hoͤchſtens eine
halbe Stunde Weges von der Stadt entfernen. Im
Inneren des Landes ſind verſchiedene Feſtungen und
Forts auf Bergen angelegt, und dabei ſolche Anſtal⸗
ten getroffen, daß die, Befasung im Halle einer Bela
gerung ihren Unterhalt fich feldft erzeugen Fann. Das
Sort und. Caftel in: Sansſoucie fiehen Feinem in
Europa nach, und find mit 3 bis 400 Metall Kanos
nen verfehen. - Für Frankreich ift dieſes ſchoͤne Eiland
wohl auf immer verlohren, und wenn es Keclercs
Schickfal in Erwägung zieht, fo wird es gewiß An—
ftand nehmen, ‚eine zweite Erpedition dahin zu fen
den; fo ſagt der brittiſche Author. Herr Buͤſchitz
aber ſetzte eben kein großes Vertrauen auf die daſige
Armee. Frankreich hat unter der Buͤrgerklaſſe noch
immer eine Parthei; und wenn eine Invaſions⸗Armee
fih gegen das Clima präferviren koͤnnte, dürfte es,
nach der Anficht der DR NER OHNE eben Feine fo. ſchwie—
rige
— ME —
rige Sache fein, die Anfel bis am die Gebirge wieder
zu erobern. Beide waren der Meinung: es wäre ein
Verluſt für die merfantilifche Welt, und in der That
zu bedauren, daß ein fo unendlich fruchtbares Land
in den. Händen fo träger und indolenter Menfchen
fey. Freilich ift das Clima der abſchreckendſte Uebel—
fand für eine Eppedition: und verhältnifmäßig if
der Berluft unb das Elend, welches die Leclercſche
Erpedition ertragen, noch größer als das: in Ruß⸗
land. „Von den 35,151 Manı,. welche fich mit
Leclere einfchifften, find 25,000 noch vor feinem Tode
umgefommen; und als er felbft farb, waren nur noch
2200 Mann dienftfähig; und ungefähr 7500 Rranfe
fülften die Hospitäler. Diefe Trümmer und 20000
Mann Huͤlfstruppen, welche kaum ven Fuß an's Land
geſetzt hatten, find bald nach Leclere ihm in's Grab
gefolgt. "Von den letzteren Schlachtopfern iſt auch
nicht! Einer zum Gefechte gekommen. Ueberhaupt
beträgt der gefamte Verluſt an Franzofen, Creolen
und Negern' von der frangöfifchen Seite 62,481 See—
fen. Hierunter find 1500 Dfficiere, 750: Aerzte und
an Getoͤdteten in Gefechten nicht mehr als 5 big
6000 Mann. Ein Franzofe, welcher 20 Jahre in‘
Sanct:Domingo gelebt hat, und jest in Philadelphia
ſich kuͤmmerlich nährte, verficherte mich: daß von 100
Europäern in St. Domingo in der Regel immer 80
ein Dpfer des Clima's werden. Von den im Sabre
1816 dahin ausgewanderten Hamburger Bürgern find
1818 nur noch fehr wenige am Leben geweſen. Here
Buͤſchitz war der Meinung, daß ein fleißiger Deuts
fcher durch das Anflefen der Kaffeebohnen unter den
vielen; herrenlofen Bäumen in 5. Fahren ein Vermoͤ⸗
gen erwerben koͤnnte. Daran denfen aber die guten
Neger gar nicht, fondern wenn ſie eine Quantität
ll, 16
geleſen haben, bleiben fie fo lange unthaͤtig, biß dev
daraus gelöfte Betrag verzehrt if. Daß aber die
Unabhängigkeit der Neger dennoch unendliche gute
Fruͤchte getragen hat, wird folgende Aeußerung des
ehemaligen Barons, jetzigen Citohen de Vaſtey, hin⸗
laͤnglich darthun.
„Vor ungefaͤhr 25 — ſagt dieſer —
tete Schwarze, waren wir in die tiefſte Unwiſſenheit
verſunken; wir hatten Feine Kenntniß von menfch-
licher Gefelffchaft, Feine Ide von Glückfeeligfeit, Fein
mächtiges Gefühl: unfere phufifchen und moralifchen
Kräfte waren durch die Laft der Sklaverei fo fehr
erfchlafft, daß ich ſelbſt, der ich dieß bier nieder.
fchreibe, glaubte: Der Welt Ende fey dort, wohin
mein Auge reichte. Der Kreid meiner Ideen war fo
befchränft, daß ich die einfachfien Dinge nicht begreis
fen fonnte; und meine Landsleute waren eben fo und
Hielleicht noch mehr unmwiffend als ich felbft, wenn
dieß überhaupt noch ſeyn Eönnte. Sch Fannte mehrere
von Uns, die ohne die Hülfe eines Lehrers Iefen und
fchreiben lernten. Ich ſahe Mehrere mit den Büchern
in den Händen, wie fie den oder jenen der Vorüber-
gehenden anfprachen und ihn baten, ihm die Buchz
fiaben oder Worte zu erflären, und fo lernten diefe
oft fehon bejahrte Menfchen ohne die Wohlthat der
Erziehung lefen und fchreiben, und wurden in. der
Kolge MNMotarien, Advocaten, Michter und Verwal—⸗
tungsbeamten, und haben die Welt durch den Scharf:
finn ihrer Urtheilskraft in Erflaunen geſetzt; Andere
find durch ihre eigenen Anftrengungen Mahler und
Bildhauer geworden, und haben durch ihre Arbeiten
die Berwunderung der Fremden erregt; ivieder andere
haben fich zu Architeften, Mechanifern und Webern
gebildet; und im kurzer Zeit haben Manche Schwefel:
minen bearbeitet, Salpeter fabrizirt, und vortreffliches
Schießpulver in Mühlen und Anfialten verfertiger,
die denen im Enropagleich find, ohne dazu eine andere
Anweifung als Bücher über Chemie. und Mineralogie
gehabt zw haben. Und deunoch behaupten die Haitier
fein Manufacturen und Handel betreibendes Volk zu
feyn, fondern fagen; gleich den Nömern gehen wir
von den Waffen zum Pfluge und vom _Pfluge zu den
Waffen. Aber Herr Vaftey erwähner der Zeit, wenn
die Haitier einft zu den mechanifhen Künften und
ihren Natur, Gehülfen, der Luft, dem Feuer und dem
Wafler übergehen, und fie in Anwendung bringen
werden, die das Land einft zw einem der fchönften,
volfreichften und bluͤhendſten, und feine ehemals fo
unglückfeeligen Bewohner zu dem glücklichften Volke
der Welt machen würden. Wenn wir folche Gefin-
nungen die ehemaligen Negerfflaven äußern hören,
wollen wir germ über Altes, was im und nach der
Revolution vorgefallen ift, den Schleier der Bergef-
fenheit ziehen. Erwägen wir ferner: Wie diefe um
glücklichen Gefchöpfe Jahrhunderte lang find behan—
delt worden, fo. wird fich unfer Herz um fo mehr zur
Verzeihung geneigt fühlen. Was ift den Franzofen
nicht in Egypten, Spanien und Nußland für ein
2008 zu Theil geworden? Ein Tirann vegte die Erbit:
terung und den Haß aller Voͤlker gegen fie auf.
Tirannen hegen Völker gegen einander und verur:
fachen eine Abneigung und Haß unter ihnen, bie
Generationen überleben. Leichtſinnig, muthwillig und
‚boshafterweife verfprigen fie das Menſchenblut,
gleichſam als wären die Menfchen nur Thiere, für
ſie gefchaffen! Drum bewahre uns der liebe Gott
vor Tirannen! — Das Erziehungsmwefen in St. Dos
mingo iſt im gutem Zuſtande; im allen Städten find
| * 16
— 2 44 — EN
Elementar- Schulen, Yeinrich Hat eine Univerfirät.
‚errichtet, und den ausgezeichneten Studenten Preife
ertheilt. Nicht minder hat er auch einer Academie
für Mufif und Mahlerei das Entftehen gegeben und
ein Theater erbaut. Alle diefe Anftalten befinden fich
in Sansſouci, und ftehen feiner europäifchen nach:
Auch verfchiedene Manufacturen, und unter ander
eine für den Wagenbau, befinden fih daſelbſt.
‚Die Eatholifche Neligion ift Staats-Keligion, und
die Hierarchie ift ganz nach der im Europa eingeführt.
Die Schulen in Portsaus Prince find nach dem franz
zöfifchen Syſtem angelegt, und fiehen auch unter Der
Leitung franzöfifcher Eehrer; auch eine Bildungsanftalt
für Aerzte ift mit Lehrern: von dieſer Res
befegt.
Die Marine der Haitier fängt ebenfalld an ſich
zu erheben. Heinrich ließ in Nordamerika ein Linenz
fchiff bauen; und ſowohl er ald auch die Republik
hatten bereits mehrere bewaffnete Fahrzeuge; nicht zu
gedenken der Menge von Kauffahrteifchiffen, —*
die Wellen des Oceans durchſchneiden.
Wahrlich! ein ſtarkes Nervenſyſtem muͤßte beriea
nige haben, der dieß mit trocenen Augen lieſet.
Wenn Nevointionen ſolche fchöne Früchte tragen;
dann muß. man jeder Revolution gegen Sklaverei
Gluͤck und Segen wünfhen! Was wäre diefe Mens
ſchenklaſſe heut, wenn fie noch im der Sklaverei
ſchmachtete? Und, was ift fie heut? Und was wird fie
einft werden? O Schande und Verderben den Elen⸗
den, die Eultur und Aufflärung den Voͤlkern für vers
derblich halten! Was der Menfch ohne Eultur iſt,
das fehen wir an. dem wilden Indianer. Dieſes
himmlische Licht. allein iſt die Zierde des Menſchen,
und nur fie legt der Wuth feiner Leidenfchaften Zaum
x
— 245 —
und Zuͤgel an, und haͤlt ihn feſt, wenn er in Gefahr
iſt, in thieriſchen Barbarismus zu verfallen.
Das ans Haity einſt noch hervorgehen wird, iſt
heute noch gar nicht zu uͤberſehen. Von dieſer ins
fel fiehe man die ‚blauen Berge von Jamaica, der
Schlupfivinfel der Maron-Neger. Havannah ift eine
Zagereife davon entfernt. Damocles Schwerdt ſchwebt
über den Haͤuptern Diefer geigigen nnd indolenten
Pflanzer auf alfen den herrlichen Eilanden, und mit
aller feiner Marine wird das furchtbare Britannien
den Ausbruch des Vulcans nicht hindern Fönnen.
Werfen wir einen Blick auf die letzten Ereigniffe in
Haity; fo geben fie wieder Stoff zu Neflerionen, und
beurfunden es, in welchem kritiſchen und wichtigen
Zeitalter wir leben.
Keine umwaͤlzende Demagogen und aufräßrerifche
Schriften haben diefe im Allgemeinen noch tief in
der Unmiffenheit verfunfenen Völker aufgereizt, und
dennoch haben fie fich: gegen ihren rechtfchaffenen und
weifen Monarchen aufgelehnt. Kurz, wir eben in
einer Epoche, wo alfe veralteten Dogmen eines Mas
chiavelt nicht mehr binreichen,. und nur die richtige
Heurtheilung der Zeitumftände und der Volksbeduͤrf⸗
niffe find einzig und allein zur Dans der politiſchen
Regeln aufzuſtellen.
t
en
| Bier und dreitigſtes Kapitel.
Kurzer güdılid auf die Raturgeſchicht⸗ ——
Dieſer Welttheil iſt im Thierriche ſo reichhaltig,
daß die Naturhiſtoriker die Hälfte aller in der bee
kannten Welt Iebenden Thiere auf das gefammte Ame—
rika, und dem vierten Theil auf die vereinigten Staa⸗
ten rechnen,
Außer dem Mammouth iſt auch der Hippopota=
mus gänzlich verfehwunden; daß er aber dort eriftirt
hat, fehließt man daraus, weil man am Champlains
See, unmeit des Laurenzfluffes, die Zähne und Kinn
fade deffelben gefunden hat. Unter den Quadrupeden
find außer den bereit angeführten Gattungen noch
folgende hier beſonders zu bemerken:
1) Das Moosthier; es iſt von grauer und ſchwar⸗
zer Farbe, gleicht dem Koͤrperbau nach ſehr dem
Pferde, hat ein Geweihe mit Sproſſen, welches
30 bis 40 Pfund wiegt, lebt in den weſtlichen
und noͤrdlichen Staaten, und iſt ungefaͤhr das
Elendthier des nordweſtlichen Europa. |
2) Der Karibau; ift ein gehörntes Thier, und **
dem Rennthiere ſehr gleich,
3) Der Karkajau oder Biberfreſſer, iſt eine Unit
fpecies vom Bärengefchlecht, fchleicht den Biber-
jägern häufig nach, und frißt ihnen die Biber aus
den Schlingen weg,
4) Berfchiedene Gattungen von Wölfen, welche aber
feinesweges fo wild find, als die europäifchen,
indem fie die Indianer in früheren Zeiten zähm-
ten und fich derfelben zur Jagd bedienten. In
der Folge aber brauchten fie die Mongrells zu
dieſem Zweck; Tegtere find Abkömmlinge von eis
— — 247 =
nem Hunde und dem Wolfe, und viel gelehriger
als diefer. Die Hunde in den neu angebauten
Gegenden tragen fehr häufig die Spuren der Ver;
wandfchaft mit vem Wolfe an fich.
5) Im Kagengefihlecht find zu bemerfen: die Par⸗
delfage oder der Panther. Diefer wird von dem
Jaͤgern am meiften gefürchtet; er ift 6 Fuß lang,
3 bis 4 Fuß hoch und oz Fuß Breit. Seine Far⸗
be am Hinterleibe ift beinahe ſchwarz, an den
Seiten aber röthlich=braun; beim Laufen rennt
er nicht, fondern huͤpft mit erfiaunender Schnels
ligfeit; feine Lieblingsnahrung ift Blut, welches
er dem Rindvieh und den HDirfchen ausſauget;
den Rumpf läßt er Tiegen, und nur Fleinere
Thiere verzehrt er ganz. Er fürchtet weder Thiere
noch Menfchen, und fehleppt auch zumeilen Kin—
der mit fich fort. Feuer verfcheucher ihn auch
nicht, fordern Tockt ihn eher an; er wird in dem
nördlichen und Mittelftaaten gefunden.
6) Der Caguar oder die Bergfage, ift eine Fleinere
Species vom Panther. Catus Cervarins oder
der Wiefenwolf-
Schlangen find mwenigften 40 verfchiedene Spe⸗
cies, worunter allein 4 Gattungen Klapperfchlangen:
ı) Die gewöhnliche fchwarze, die gelbe, die Kleine
und Baftardflapperfchlange, gehören.
2) die Mofaflinfchlange ift fo dick wie ein Manns
Bein; fie Hält fich in den Carolinas und den übri-
gen füdlichen Staaten auf.
5) Die Fichten: oder Bulfenfchlange, auch die Horn⸗
Schlange genannt, bat einen Horn: Stachel im
Schwanze
&. = {
— BB m
4) Die Waffer Viper hat einen ähnlichen Stachel.
5) Die Glasſchlange zerfpringt ‚wie Ölas, wenn man
mit einem Stock auf fie fehlägt.- |
6) Die zweiföpfige Schlange hat zwei Köpfe und
auch zwei Hälfe, die einen Spiswinfel bilden. _
7) Die brüffende Schlange ift am Miffoury zu
—Hauſe, und giebt Gurgellaute von fich; fie if
die einzige Schlange, welche Töne hervorbringt.
Die größte der: bis jegt in Nordamerika befannten
Schlangen ift die Klapperfchlange; fie ift 4 bis 6 Fuß
lang, und hat 4 bid 6 Zoll im Umfange; ihre Klaps
pern beftehen aus verfchiedenen abgetheilten ſchuppig⸗
ten Deuteln, die ihr Hintertheil bilden, mit denen fie,
wenn fie fich beweget, ein Elapperndes Geräufch ver:
urſacht, um dadurch von ihrer Ankunft daS warnens
de Zeichen zu geben. Auch verwundet fie nur dann,
wenn fie gereizt wird. Gefchieht Lesteres, fo erhebt
fie ihre Klappern und giebt in verfchiedenen Inter—
vallen das warnende Zeichen. Wird fie verfolgt und
eingeholt, fo wirft fie ſich augenblicklich in einen
Knauel zufammen; ihr ganzer Körper ſchwellt vor
Wuth auf, und erhebt fich und fällt wieder zufams
men, gleich einem Blafebalg; ihre prächtige, glänzens
de Haut wird fprenflicht und rauch; ihr Kopf und
Hals find flach; die Kehle ift aufgefchwollen, und die
vor Wuth zufammengebiffenen Lippen verbergen ihre
verderblichen Waffen. Die rothen Augen fprühen
wie eine glühende Kohle, und die rothe gabelförmige
Zunge glänzt wie die heißefle Flamme und droht
fürdterlichen Tod. Sie beißt. oder fticht nie, es fey
denn: fie ift des Treffens gewiß. Auch fol fie in eis
nem hohen Grade anzaubernde Kraft befißen, und
Voͤgel, Eichhörnchen und Wiefel dergeftalt bezaubern,
daß fie alle Kraft zum Widerfiande verlieren, und fo
— . 249 —
lange um fie herumflattern oder fich langſam gegen
ihren Rachen hinbewegen, bis fie entweder felbft hin
einfriechen, oder fih ruhig hinlegen, und fich ohne
Widerſtand verfchlingen laffen. In der That muß ich
felbft geſtehen, daß man fih an dem prachtvollen
Glanze ihrer Haut gar nicht ſatt fehen fann, und
hiebei bemerfen, daß die von mir in den Allghany-
Gebirgen gefehene Schlange nicht die Kupper-, fondern
die wirkliche ſchwarze Klapperſchlange war, wie ich
mich durch fpätere Befchreidung erft überzeugt habe.
Unglücklicherweife hatte ıch nichts weiter als ein Elei-
nes Taſchenterzerol bei mir,
Fünf und dreißigftes Kapitel.
Mannigfaltige Bemerkungen über Amerifa.
Erfter Usrhnite
Die Schornfeinfeger.
Nichts gewährt einen poflierlicheren Anblick, als die
Legionen von Negerbuben vom frühen Morgen an auf.
den Straßen von Philadelphia herumziehen zu fehen,
und ihre melancholifchen Töne von fich geben zu hoͤ—
ren, wodurch fie der emfigen Köchin oder Hausmwirs
thin anfünden, daß das Saͤubern der Schornfteine
ihr Gefchäft fen. Zumweilen gehen zwei, zuweilen auch
drei Buben in Lumpen gehülft. vor ihrem Meifter ein
her, die mit ihren gellenden und beiltönenden Stim⸗
men ihr Duo oder Trio ertönen laſſen. Das Schorn-
feinfeger = ; Gefchäft war ſonſt ein ansfchließlicher Er-
werböjweig‘ der De ‚weil Fein Meier fih zu fo
einem erniedrigenden Gewerbe hergegeben hätte. Jetzt
aber hat ein banquerotter Kraͤmer eine Maſchine er⸗
funden, oder giebt ſich wenigſtens für den Erfinder
aus, und läßt durch gedungene Lente damit Die
Schornfteine fegen. Die Mafchine befteht aus. einem
ſtarken Kehrwifch von Schweinsborften, der an einer
Stange befeftiget ift, die auseinander gefchoben und
mittelft der Schieber erhöhet und verfürzt werden
fann. Der Erfinder bat fich ein Patent auf 10 Fahre
ertheilen laffen, und thut den Negern dadurch bedeu—
tenden Abbruch. Die jegigen harten Zeiten haben
den republifanifchen Stolz überhaupt ſchon fehr mür-
be gemacht; denn fogar zum Todtfchlagen der Hunde
haben fie fich hergegeben, wozu fich Fein Schwarzer
entfchloffen haͤtte. | | :
Zweiter Abſchnitt.
Der Hafen.
Auch dort iſt wieder der Tummelplatz der he:
indem das Aus- und Einladen der Schiffs: Fracht ihr
ausſchließliches Gefchäft zu feyn ſcheint. Wenn die
großen Zucker- Rum⸗ oder Sprop= Fäffer durch Wins
den beraufgezogen werden, fo 0er auch dies unter
Gefang vor fich,
Gewoͤhnlich macht einer den Vorfänger, und nach
den von ihm etwas ftärfer ausgeftoßenen Taft-Tönen
thun die Vebrigen einen Nuck am Seil, und wieder:
hohlen den Refrain, der nicht ganz unmelodiſch iſt.
Die bei den Schiffen befchäftigten Neger find Äußerft
tuͤchtige und thärige Arbeiter. Nächft dem Hafen iſt
der Holzplatz ihr Gefchäfts-Feld, wo fie fich beſtaͤn⸗
dig tu ‚um als Holzhacker ihre Dienfte anzu⸗
bieten.
Dritter Abſchnitt.
Aen eifiige Forte tiber die Sitten und Sprache der
Amerifatter.
In ſeinen Sitten iſt der Amerikaner ſehr einfach,
und von vielen Complimenten kein Freund. Den Hut
nimmt er nur in Privat-Haͤuſern ab, und ein aͤcht⸗
deutſcher Handſchlag empfaͤngt oder begleitet den
Freund. Recht kraͤftig deutſch und herzlich habe ich
ihn bei den Quaͤker-Laͤdys gefunden, wobei die Hand
gewöhnlich ein oder zweimal gefchüttelt wird. Fuͤhrte
mich der Zufall oder irgend ein Gefchäft zu einem
Duäfer ins Haus, fo machte die Herzlichfeit des Ab⸗
ſchiedes ſtets einen rührenden Eindruck auf mid.
Selbſt in folchen Familien, die ich zum erfienmale
-fahe, ward das Fare well (lebe wohl oder Adien )
ſtets mit einem aufrichtigen Dandfchlag begleitet, da=
bei aber feine Verbeugung gemacht, weil Komplimente
bei ihnen gänzlich verbannt find. Das Fare well
ward auch zumeilen feldft von verheiratheten Frauen
von einem ſchwachen Seufzer begleitet. Bei den Me-
thodiften artete diefer oft in ein lautes Stoͤhnen aus,
und ift bei beiden Sekten ein veligiöfer Gebrauch der
zweierlei Bedeutung hat. Die eine davon ift dieſe:
veligiöfer Gebrauch zu feyn. Der Menfch fühle fi
im Kampfe mit der Sünde, nach den Grundfägen
der Daäfer; oder mit dem Teufel, nach denen der
Methodiften. Diefer Seufzer ift entweder: das Zeis
chen der Reue, daß ein fündhafter Gedanfe in
Sinn gefommen, oder eine Anrufung zu Gott, daf
er Kraft zum Widerſtande verleihen möge, oder ein
= u =
‚Zeichen des — daß man die Sünde und re
fpective den boshaften Teufel glücktich überwunden
habe; oder ein innerlicher Wunſch:
daß Gott dem Unglücklichen beiftehen, daß es
ihm wohl gehen, und er erleuchtet werden möge,
die wahren Gebote des Herrn, (de Lord) zu erfül-
len; oder nach den der Methopiften: den wahren
Glauben zu erfennen.
Diefe Auslegung bat mir ein fehr biederer Deutſcher,
noch dazu ein ſchleſiſcher Quaͤker mitgetheilt. — Ue—
berhaupt habe ich unter den Quaͤkern fo viel Bieder—
feit und Herzlichfeit gefunden, daß ich mich ſtets mit
Nührung an Amerifa zurückerinnern werde!!!
Die englifche Sprache wird unter der Volksklaſſe
viel reiner gefprochen als in England felbft; und ob
gleich der größte Theil der Einwohner hauptfächlich
von den Irlaͤndern abftammet, hört man dach Außerft
felten den platten Dialeft des Irlaͤnders, oder den
lallenden des Schotten; felbfi in Alt - England hat
der gemeine Mann einen fohlechteren Accent, ajs in
Amerika,
Bierter Abfhniee
Ein Pröbchen von deutfcher Literatur, und einige Worte über
den deutichen Buchhandel in Amerika.
Die Litteratur in der englifchen Sprache ift dort
fhon arm genug; die der Deutfchen ift nun völlig _
bettelfarm. In den GSeeftädten erfcheint außer Neus
York auch nicht ein einziges deutſches Blatt, und
auch diefes bat ur voriged Fahr fein amneben ers
halten.
Die dafigen — Staͤdter ſind eben nicht
ſehr leſeluſtig, und wenn ſie ja etwas mehr als die
> 5 —-
Zeitungen lefen, fo geſchieht es in engliſcher Sprache,*
um ſich darin zu uͤben.
In der deutſchen Stadt Reading hat ſich auch
ein deutſch-amerikaniſches Kraftgenie auf den muthi—
gen Pegaſus geſchwungen, und folgendes Geiſtes⸗Pro—
dukt geliefert:
Siegesgeſchichte und Heldenthaten
des
Großen Napoleon Bonaparte,
ehemaligen Kaiſers der Franzoſen.
Reading 1818.
Melodie: Bon Gottesgnaden Friederich.
Ah! Bonapart Napoleon,
Du großer Siegesheld;
Wo ift dein Macht, wo iſt dein Kron?
Wo ift dein Kriegsgezelt?
AU Könige auf ihrem Thron,
Die zittern für Napoleon. —
Ad Bonaparti, du großer Held,
Wo ift dein Kriegsgezeit?
Als Tyrann haft du regiert,
Ja fat die ganze Welt.
Als Tyrann haft du triumphirt;
Faſt Alles vor dir fälle.
Sie zitterten für deiner Macht,
Das hat dich aud fo ſtolz gemacht.
Ah Bonapart gedenf daran, |
Der Himmel klagt did an,
—
2 Den deutfchen Kaifer haſt gerät
Verheert fein ganzes Land,
Durch deine große Siegesmacht,
Mit Morden, Schwerdt und Brand.
Zu Gott dem hoͤchſten in der Noth,
Schreit mancher Arme um fein Brod.
Ach Bonapart gedenk daran,
Der Himmel Elagt dich an.
Den Preuß den haſt du kahl geropſt,
Wie eine blotte Maus;
Er hatte faſt kein Haar am Kopf/
Ganz graͤulich ſah er aus.
Das ganze Land ſchreit Ach und Weh,
Zu Gott dem hoͤchſten in der Noth!
Schreit mancher Arme um ſein Brod.
Ach Bonapart gedenk daran,
Der Himmel klagt dich an.
Mit Allem warft du hicht vergnuͤgt,
Wollſt Herrfcher Aller fein.
Es traͤumt dir immer nur. von Sieg
Und lauter Sonnenfdein.
Wie wunderlich ift doch der Mann,
Der die Tyrannen fürzen kann!
Ah Bonapart glaub fiherlih;..
Die Reih kommt auch an.dich.
Mit einer unerhoͤrten Macht
Zogſt du in Moskau ein;
Du traͤumteſt auch bis Chriſtag Nas,
In Petersburg zu ſeyn;
Zu fpeifen in des Kaifers Saal,
Und Halten da dein Triumphsmal.
—
— -
Wie wunderlih wird manche Naht
Mir Träumen zugebracht.
BR
Der Ruſſiſch Kaifer nur zum Schein
Macht dir in Mosfau Platz;
Du jchlupfteft in fein Mausloch ein;
Er fing dich wie eine Kaß.
Da ſchrieſt du dann, au Web, au Weh,
Die Ruffiih Katz bat fcharfe Zähn;
Sie beißet mich durch Mark und Bein
Und macht mir große Dein.
€
Wie ſchmeckt dir dann die Rufifh Koft?
Du großer Siegesheld!
Iſt fie gebraten und geroft, |
Dir worden aufgeftellt?
| ꝛe. ic
Der Lefer wird aus diefen Stanzen fich einen
Begriff machen. Fönnen, auf welcher Stufe die deut—
ſche Dichtkunft dort feht, und welche Fülle der Eles
ganz die deutfche Sprache in der Litteratur befigt;
und dennoch muß ich bemerfen, daß der Styl in dies
fem Gedicht gegen den in den Zeitungen noch Flaffifch
genannt zu werden verdient; in dem leßteren wird ge-
wöhnlich der amerifanifche Bauern- Dialekt mit allen
den eingemifchten englifchen Brocken, wovon ich bez
reitd im erſten Bande ein. Pröbchen geliefert habe,
gebraucht, weil die Lefewelt das reine Hochdeutſch
nicht verfiehen würde In den Predigten und Kits
chen = Gefangbüchern findet aber das reine Deutfch
flat. Ä
Ein Gegenftück zu vorftehendem Inrifchen Produkt
fand ich in einem der beliebteſten englifchen Tageblaͤt⸗
— 956 —
ter von Philadelphia; es war eine Barevie auf Goͤ⸗
thes Meiſterlied:
Kennſt du das Land, wo die Citronen wachſen?
und fing in folgendem Tone an:,
Kennft du das Land, wo ber Whisky in —
ſtießt?
Wo die Sin ‚ wie Neu Horker Ochſen ſo fett, -
Die Strafen mit Sauerkraut und Schinken ger
pflafkert,
Und die Würfte fo dick, wie ein Cobbet I nd?
—
Dem Letzteren, nemlich Herrn Cobber se wie
bekannt, in Amerika ein Aſyl geſucht, hatten alle Ge⸗
lehrten und Genies die Fehde, faſt möchte ich ſagen,
Untergang und Verderben geſchworen; und wirklich
war es fuͤr ihn die hoͤchſte Zeit, das Land zu verlaſ⸗
fen, um Inſulten oder wohl gar Mehrerem zu entge⸗
hen. Er hatte in einem ſeiner Werke — Jahresreſidenz
in Amerika — dem eitlen Voͤlkchen hin und wieder ein
wenig die Wahrheit geſagt, und nun ſpien alle Fe—
dern gegen ihn Gift und Galle aus. Taͤglich waren
die Blaͤtter mit Pamphlets gegen ihn angefuͤllt, und
manche trugen oͤffentlich darauf an, ihn des Landes
zu verweiſen.
Daher packte er die Gebeine des beruͤhmten Athei⸗
ſten, Thomas Paine, auf, und fegelte damit nach
England. Noch ehe er in London anlangte, ward feir
ne Ankunft bereitö durch eine Carrikatur verherrlichet.
„Herr Cobbet ritt auf einem ungeheuren Drachen
uͤber die See; hinter ihm ſaß das Gerippe von Tho—
mas Paine mit einer rothen Jacobiner⸗Muͤtze auf
dem Schädel.’ Hätte er länger in Amerika verweis
tet, fo würde auch ihm vielleicht Kotzebues unglüc-
liches Schickſal dort zu Theil geworden 'fepn. . Ueber
Ä das
das Letztere waren auch in der transatlantiſchen Welt
die Meinungen ehr‘ gerheitt.- Boa den Meiſten aber
wurde die derruchte That verubſcheuet⸗ =
Als Schlußbemerkung über den Zuſtand der dei
fehen Literatur muß ic) noch einige Worte über dent
daſigen deutfchen Buchhandel anführen, weil auch. die:
fer von Europa ang Mader ein SBegenſtand der Spe
—— geworden iſt IR BET
Set deutfche Buch hpdidten, Hennigs und Zin
—— kamen mit einem Aſſortiment deutſcher Li⸗
teratur voriges Jahr in Philadelphia A Ich zweifle
fehr, daß fie damir etwas machen koͤnnen, denn’ fe
hatten nicht die dem Geſchmack und der Kultur der
deutſchen Amerikaner angemeſſenen Werke, nemlich⸗
Bibeln, Gefangbücher’’Fienn, den Eulen ſpiegel und
den baierſchen Hieſel u ſ. w. in ihrem Magazin.
Ein deutfeh=amerifanifcher Buchbinder, Namens Meng
in Philadelphia, treibt neben feinem Gewerbe einen
ähnlichen Handel, und machte gute Gefchäfte. . —
"Here Huͤſter in Eaſtown hatte in ſeinem Buͤ—
cher⸗Magazin auch Nuͤrnberger Fideln und Maut
Trommeln, und verlegte in feiner Druckerei eine dene
fche Zeitung. Kleine Werfe über die Landwirthfchaft
dürften vieleicht nicht‘ minder Abgang finden.
Fuͤ fter Abſchnitt.
Politiſche und religidſe Toleranz.
So frei die amerikaniſche Regierung auch immer
iſt, ſo intolerant ſind die Amerikaner in politiſcher
Hinſicht gegen Anders⸗Denkende; und auch dort geht
das Mistrauen der Regierung, beſonders in einem
Kriege mit England, gegen die ansgemanderten In—
II. 17
dividuen von dieſer Nation ſo weit, daß waͤhrend dem
fegten Kriege faſt alle Briefe der Engländer in der
Poſt⸗ Office aufgebrochen wurden! — Der Natio⸗
nal = Daß gegen ihr ehemaliges Mutterland iſt gren-
zenlos.
Gegen Deutſchland ud. ‚die im All⸗
gemeinen. ſehr abfprechend, jedod aber haben fie für
die Breußen immer noch Vorliebe und Achtung, und
noch erinnern ſie ſich mit Freuden an den Großen
Friedrich, der, wie befannt, nächft Frankreich, Ameri⸗
kas unabhaͤngigkeit zuerſt anerkannte, und dem gro⸗—
ßen Waſhington ein ſo glaͤnzendes Kompliment mach⸗
te, indem er ihm einen koſtbaren Desen mit folgen⸗
der Aufſchrift uͤberſendete:
Der aͤlteſte General an dem größten General!
Solche Worte, ‚bleiben in dem Herzen des Almerifar
| ners mit unverwiſchlichen Zuͤgen eingegraben; und im
Allgemeinen kann man über fein De fein ‚ungünfliz
ges Urtheil fällen.
In religioͤſer Hinficht iſt der ———— beſon⸗
ders der anglomanniſche, ſehr tolerant; der Deutſche
nicht ganz ſo, und haͤufig hoͤrte ich ſie gegen das
Coelibat der katholiſchen Prieſter ſticheln, und die
übrigen Sekten lächerlich machen. Die Jfraeliten ger
nießen alle echte der amerifanifchen Bürger, und da
ihrem Handelsverfehr in Feiner Hinficht Grenzen ge-
fteckt find, fo find die Meiften Dadurch mwohlhabend
geworden. Häufig findet man auch fraeliten mit
ehriftlichen Frauenzimmern verheirathet, und fo auch
umgefehrt. Die Spannung der Alt und Neugläubi-
gen ift dort Feinesweges, fo wie in der civilifirten,
alten Welt. Im Inneren des Landes traf ich meh—
rere jüdische Handelsleute an, die mit anglo- amerika⸗
nifchen Laͤdys eine glückliche Ehe führten, und in Err
mangelung einer Synagoge auch die chriftlichen Kir-
chen befuchten. Bon Staatsämtern aber find fie auch
dort ausgeſchloſſen; und noch während meinen da-
figen Aufenthalt ereignete fich der Fall, daß dem ame-
rifanifchen Gefandten oder Conful-in Tunis von dem-
Präfiventen Monroe augenblicklich feine Commiſſion
entzogen wurde, ald man erfuhr, daß derfelbe fich zu
dem alten Teſtamente befenne, obgleich er ein gebor-
‚ner Amerikaner, auch ein fehr gefchiekter Diplomati-
‘fer war, und während feiner mehrjährigen diplomati-
fhen Function in Tunis wichtige Dienfte feinem Va⸗
terlande geleiſtet hatte.
Jetzt fangen die ausgewanderten deutſchen Iſrae⸗
liſchen Gluͤcksritter an, dem guten Rufe ihrer einge⸗
bornen und Glaubensgenoſſen nachtheilig zu werden,
und hin und wieder hörte ich: daß fie für kupferne
Gold-Watches (Uhren) 200 Dollars forderten, und
fie dann für 6 oder 8 zufchlugen. Solche Trips hätt
der Amerikaner für verächtlicher, als der Europäer.
Sehfer Abfdhn —
Entſchluß zur Ruͤckreiſe nah Europa.
Muͤhſam habe ich in Amerifa allerdings meinen Le:
bensunterhalt erwerben müffen, und went ich ang
Vaterland zurücd, und auf die Zukunft in Amerika
dachte, da umwölfte gar oft Kummer und Sorgen
meine Stirn. Indeß dachte ich ſtets an. Bürdes be-
ruhigende and Selbſtgefuͤhl einflößende Trojtworte:
„Der weife ſtrebt fich felber zu gebieten;
Er fühle fih frei, and wenn Tyrannen wüthen,
Ihm gilt, wenn er das Obdach auch entbehrt,
Das eigne Herz mehr als der eigne Heerd.
* 17
— 260 —
. Das‘ Aeußre kann fein Inn'res nie veraͤndern.
Die Heimath findet. er in fremden Laͤndern.
Wohin des Schikjals Sturm ihn auch verſchlaͤgt
Was fehlet dem, der Alles mit fi trägt:
Wohlan! jet gilts, mit Sleichmuth und Vertrauen,
Rings um ſich her und uͤber ſich zu ſchauen.
Geruͤckt aus ‚ihren Sugen iſt die Zeit! —
Wohl iſ De Reit aus ihren Fugen auch jetzt
leer gerückt; doch iſt es immer noch die alte. Zeit,
‚ein ZIriebrad, das im ewigen Kreife bald langſam
bald geſchwind ſich fortbewegt! Die Zeiten wurden in
Amerika von Tage zu Tage ſchlechter, und ſo wie ich
aus Briefen, vom 5ten Auguſt des vorigen Jahres
erfehen, find fie. jegt noch um 20 pro Cent fehlechter
geworden. So demüthigend mir auch anfänglich. der
Entſchluß zur Rückreife vorkam, fo. behielt endlich die
‚Klugheit über jede andere Nücficht die Oberhand,
und. ich, ‚that, was hundert. Andere. gethan haben.
Ehe ich indeß zur Nückweife übergehe, will ich noch
eine Necapitulation der — über Amerika
vorausſchicken.
1
Siebenter Abfänten
Recapitulation der Beobachtungen in und über Amerifa.
1. Alle Pändereien längs der Küfte des attlanti-
Then Ozeans find, wie gefagt, mehr oder minder
‚ Tandig; ‚daher Fönnte man den Boden, leichten Korii-
boden nennen, welcher aber bei gehöriger Kultur und
guter Düngung doch einen guten, mit unter auch
veichlichen Ertrag abwerfen würde. An manchen
— 361 —-
Stellen iſt Tchöner, ſchwarzer und fetter Weizenboden;
um die Flüffe find Häufig Suͤmpfe und gutes Wiefen>
land; auch vortreflicher Torfgrund und Mergel ift im
Neu-Jerſey⸗, Delaware und Maryland-Staat zu
fehen, deſſen Werth man aber in jenem Welttheile
noch gar nicht Fennt. Der Preis des Landes ift hier
fehr verfchieden, und ſteigt von ı2 bis 100, 150 und-
200 Dollars per Ucre. Hin und wieder ift er von
unbedeutenden Anhöhen durchfchnitten, in der Negel
aber flach und eben, und in den fandigen Gegenben
gewöhnlich mit Nadels, in den fetteren aber mit Laub:
holz; bewachfen, welches "in den GSeeftädten feine gu⸗
ten Preife Bringt. Der "gewöhnliche Ertrag ift 8,
10, ı5, 20 bi$ 25 Korn, beim Rocken und Weizen;
Mais giebt einen ungleich höheren Ertrag. Die Nä-
he der Seeftädte und die Leichtigkeit des Abfases follte
bedeutenden Wohlftand der Einwohner vermuthen lafs
fen; deffen ungeachtet aber ift nichts weniger als dieß
der Sal. Die Einwohner, obgleich mit Ausſchluß der
von Neu= England, durchgehende Sklavenhalter, find,
wenn auch nicht gerade arm, doch aber ohne Wohl:
fand; auch find die Küftenländer in der Regel fehlecht
bevoͤlkert, und in denfelben wenig alte Menfchen zu
ſehen. Die Atmofphäre iſt faft durchgängig unges
fund, und wenn auch nicht das gelbe, fo fiellen fich
mit Ablauf des Sommers und Anfang des Herbftes
doch eine Menge anderer bösartiger Fieber ein.
Die Viehzucht ift nur an den Flüffen in gutem
Zuftande, wo e8 natürliche Gräfer giebt; weiter im
Innern ift dieß nicht der Fall, und obgleich Klee,
Luzerne, Wicken, Hafer, Rüben, Kartoffeln und an⸗
deres Futter auf's treflichfte gedeihen würde, fo ſieht
man von allen diefen Futtergewächfen faft nirgends
etwas, und nur bin und wieder einigen Klee ange:
— 262 —
baut Mais iſt die Haupt⸗Vegetabilie zur Nahrung
für Vieh und Menſchen. Er giebt dem von der Ar-
beit ermüdeten Neger feinen Gries, dem Pferde fein
Futter, dem Federvieh und der Sau die Maft, dem
Blanzer und feiner Familie zum Fruͤhſtuͤck und Abend⸗
brod den Cafes oder Kuchen, welcher auf der Dfen-
platte oder in der Pfanne gebasfen wird. Die Deut:
ſchen machen ähnliche Kuchen von Buchweizenmehl,
welche auf gleiche Art gebacken werden, und ſehr
ſchmackhaft find.
Die Sklavenhalter, welche uͤberfluͤßige Sklaven
haben, vermiethen ſie an andere Grundbeſitzer und
erhalten 50 bis 60 Dollars jaͤhrlichen Miethzins.
Kleidung und Koſt muß der Miether dem gemietheten
Sklaven geben. In den Staaten Delaware, Mary—
land, Virginien galt ein ſtarker maͤnnlicher Sklave
4, 5 bis 600 Dollars; ein weiblicher 2 bis 350 Dol⸗
lars; in den füdlichen Staaten waren fie beinah ein
Drittel theurer. Da jest aber Grundeigenthum,
Produkte und Vieh im Preife fehr gefallen find, fo
wird dieß auch mit den Sklaven der Fall ſeyn, indem
fie als Zubehör zum Wirthſchafts⸗Inventarium betrach-
get werden, Das Holz; fängt in den Sflavenflaaten
längs der GSeefüfte an, fehr zu mangeln; die Urfache
hievon ift diefe, weil die Sklaven Feine Betten befom=
men, und im Winter gewöhnlich um das Kaminfeuer
in der Küche ihre Schlafftätte auffchlagen, wodurch
bei der immerwährenden Feurung fehr viel Holz ver-
wüftet wird. Da nun die Amerifaner Feine Anpflan-
jungen zu machen verfiehen, fo ift der Holzmangel
die natürliche Folge hiervon, )
Eben fo unwiſſend find fie in ‘der Behandlung
der Dienenzucht, und faft überall fahe ich bei den
— 265 —
‚Srifchen die Bienen, denenvfie den Honig abnehmen
wollten, vorher erft durch Dampf erfticken.
Senfeitd der Seeftädte nach den Gebirgen zu, ift
faft durchgehende guter Weizenboden, und in den
meiften Gegenden wird nicht ein Korn Rocken ange:
bauet. Um und auf den Gebirgen befteht ver Boden
aus vröthlichem, zumeilen ſandigem oder Kieserdreich,.
welches aber deffen ungeachtet fo fruchtbar ift, daß
zehn Korn der geringfte, 15 und 20 Korn aber der
gewöhnliche Ertrag find. Oft fand ich Stellen, wo
wegen der vielen Steine Fein Erdreich zu fehen war,
und deffen ungeachtet wuchs der fehönfte Weizen dra—
auf ‚ weil es Kalffteine waren.
Das blaue Gebirge durchfchneider den Staat
von Penſilvanien vom nordöftliher mach füdmweftlicher
Richtung und ift von Philadelphia ungefähr Ao bis
100 englifche Meilen entfernt: Es ift nur aͤußerſt
wenig angebauet und bevölkert, und auf der Straße
von Bethlehem her habe ich vom Wind Cap bis Ber:
wick, ungefähr 60 englifche Meilen, nur alle Poft-
Stationen (10 englifche Meilen) ein Wirthhaus an⸗
getroffen. In den Thaͤlern iſt der ſchoͤuſte Boden fuͤr
Rocken, Weizen, Gerſte und Hafer; nicht minder
ließen ſich auch Fünftliche und natürliche Wiefen
mit der Zeit anlegen, wenn die Bäume weggefchafft
find. In der Mitte des Gebirges habe ich die ſchoͤn—
ften Plänen, oft 10 englifche Meilen breit, mit Kie—
fern, Tannen und Fichten befegt gefunden, und noch
niemand hat fih darauf angebauet. Alles firdmt in
die weftlichen Staaten, und das frhöne fruchtbare
Gebirgsland bleibt unbenugt liegen, wo die Nähe
der Seeftädte einen fihern und guten Abfag von jedem
Erzeugniſſe fichern. Die Einwohner, gaben vor: das
Getreide friere im Winter aus. Der Lecha-Fluß,
en ..
welcher © in deit Gebirgen entſpringt, und ſich bei
Eaſttown in. den Delaware ergießt, iſt faſt von ſei⸗
em. Urſprunge bis zur Muͤndung für: Holzfloͤße
fahrbar gemacht: Die Bewohner am dieſſeitigen Ab⸗
hange führen ihre. Produecte entweder nach Reading
oder nach Eaſttown, vom wo aus fie bei hohem Waf-
fer zu Schiffe nach Philadelphia herunter gefchafft
‘werden. Die Bauern am jenſeitigen Abhange der
Gebirge ſchaffen ihre Producte nach Berwick, von wo
ſie fuͤr jetzt, da der Canal, welcher die Susquehanna
mit dem Delaware verbinden ſoll, noch nicht fertig
iſt, nach Baltimore auf flachen Booten gefoͤrdert wer⸗
den. Die reichliche Buſchmaſt in den Waͤldern koͤnnte
unzaͤhlige Heerden von Schweinen aufmaͤſten; nicht
minder iſt auch hinlaͤngliches Gras in den Thaͤlern
fuͤr die Viehzucht. Holz iſt in Jahrhunderten, ja in
Jahrtauſenden nicht zu verwäften. Das ſchoͤnſte
Schiffbauholz, das in den vereinigten Staaten nur
zu finden iſt, waͤchſt auf dem blauen Gebirge. Mil⸗
fionen Klaftern »verfanien. dort: Holz bat hier faſt
gar feinen und der Boden einen änßerft: geringen
“Werth, indem der Acker für ı, 2,4 und 6 Dollars
38 faufen iſt. Die Bergftröme haben alle fehr: viel
Ball, fo daß uͤberall Mahler und 'Schneidemühlen
angelegt ‚werden. Fönnten, Das Klima ift fehr gefund,
wie Dies frifchei und lebendige Gefichtsfarbe der weni⸗
gen Einwohner, Die ich hier antraf, zeigte. Kurz
die Natur hat alles hier gefpendet, was den genügfamen
Deutſchen gluͤcklich machen, amd ihn ungleich. eher
‚zum Wohlftande bringen-fönnte, als in den Wildnifz
‚fen des Ohio⸗, Indiana⸗ und Illinois⸗Staates. Der
Emigrant hat auch nicht den letzten Reſt ſeines Ver⸗
moͤgens auf weite und koſtſpielige Reiſen zu verbrin⸗
gen; indem en ſowohl von NeuzYorf als Philadelphia
u 6
in 4 bi8 6 Tagen anf den blauen Gebirgen anfangen
fann, die über 100 englifehe Meilen lang und 60
breit find; über diefelben find an den Haupt⸗Commu⸗
nicationspuncten, 3. B. nach Berwick, ziemlich "gute
Chauffeen angelegt. Der Koloniſt hat hier alfo
nicht nothwendig, fich die Wege erft anlegen zu müf?
fen, wie dieß im den *— Staaten ſehr oft *
Fall iſt.
Jenſeits der blauen Berge an der Nordbraͤnſch
der Susquehanna, ſind ſchoͤne und fruchtbare Flaͤchen,
auch ſehr anſtaͤndige Wohnhaͤuſer und bei den Deut—
ſchen und Quaͤkern auch in der Regel Wohlſtand zu
erblicken; hier iſt aber auch das Land ſchon wieder
ziemlich theuer, und der Acker unter 30, 40, 50 und
60 Thaler nicht zu erfaufen. "Wildes Land galt der
Acker ı2 Dollars. Der jegige ungeheure Geldmangel
wird aber die. Preife wohl bedeutend heruntergefege
haben. Wer jest mit baarem Gelde nach Amerika
kommt, kann felbft in Penſilvanien, oft um den drit
ten Theil des ehemaligen Eriverbspreifes, wohl ein-
gerichtete Plantagen Fanfen, womit nicht einmal die
Wohn: und Wirthfchaftsgebäude bezahlt find. Dort
ift fein General und Special⸗Moratorium; wer ſchul—
dig iſt, und nicht bezahlen kann, hat, fobald die
Jury den eifernen Spruch -Schuldig⸗ gethan, ohne
Weiteres den Sherif im Haufe," welcher ſofort die
Mantage, oft um jeden Preis, zufchlägt- Diefe Eres
eutoren waren fo befchäftiget, daß’ mancher drei bis
vier Gehälfen hatte, Fuͤr diejenigen Emigranten,
welche in Philadelphia landen, fehlage ich das blaue
Gebirge zur Niederlaffung vor, woſelbſt fich auch
jegt fehr viele penfilvanifche Tagelöhner und minder
beguͤterte Leute anfieveln. Diejenigen, welche in Neu⸗
York Ianden, Eönnen auf dem Huſonfluſſe oder zu
%
x .
— 266 —
Wagen in 8 bis 10 Tagen am Ontario-See anlangen,
und dort reichliche Erdflächen für ihren Fleiß finden.
Don Boſton find wenigſtens 500 Meilen bis cn den
Dntario-See, welche zu Lande gemacht werden müflen.
Am bequemſten und wohlfeilften reifen diejenigen,
welche ſich nach Duebef und Montreal einfchiffen,
indem fie dort täglich auf dem Laurenzfluffe fo weit,
als fie nur wollen, hinauf fahren, und links in den
vereinigten Staaten, rechts aber in Canada, oder dent
englifchen Amerika unbebautes Land im Ueberfluffe zur
Auswahl finden werden. Den lesteren Weg würde
ich jedem europäifchen Emigranten aus den bereits
angeführten Gründen als den vorzuͤglichſten anem—
pfehlen. Wer in Baltimore landet, wird am kuͤrzeſten
zum Ziele kommen, wenn er über Friderihstoon und
Haͤgerstown ſich nach Williamsport am Potomak bes
giebt; dort findet er im einer Entfernung von 100 Meis
fen von der See-Stadt im nördlichen und weftlichen
Birginien dieffeits des Alteghäny-Gebirges den re
ſten Weizenboden für billige Preife.
Der in Neu-Drleans anlangt, wird in der Pros
vinz Teras, am Sabine- und rothen Fluß, wie auch
am Arkanfau bis zur Ueppigkeit fruchtbares Land fins
den. Emigranten mit einem bedeutenden Fond, die
fich einige zuverläfige Knechte und Mägde aus Europa
mitbrächten, Fönuten mit ungefähr 10,000 Thalern eine
Defisung von 500 bis 1000 Morgen Land in wenig
Jahren im Stande haben, und in 10 Jahren ein
Vermögen erwerben, befonders wenn fie nebenbei noch
Neger zur Betreibung des Baumwolle-, Tabad- und
Indigo-Baues hielten. Da die Auswanderungsfucht
auch den deutfchen Adel bereits ergriffen hat, und ich
feldft mehrere durch den Krieg herunter gefommene
ſaͤchſiſche Nittergursbefiger in Amerifa getroffen habe,
— 267 —
ſo glaube ich auch Emigranten dieſer Art einen Dienſt
zu erweiſen, wenn ich ihnen meine Anſichten uͤber
ihre etwanige Niederlaſſung mittheile. Für ſolche
Leute, die den Pflug und den Dreſchflegel nicht ſelbſt
zu führen gewoͤhnt find, if eine Anfiedelung in denen
Staaten, wo die Sklaverey abgefchafft ift, nicht zweck—
mäßig, meil der zu hohe Arbeitslohn den größten
Theil des Ertraged wegnimmt. Diejenigen, welche
fich nicht in Texas oder in Louiſiana, weftlich von
Neu-Drleans, aus Beforgniß vor dem Klima, nieder:
lafien wollen, finden am Miſſoury-Fluß bei St.-Louis
im Mifoury- Territorium das vortreflichfte Land, ſo—
wohl für Weizen als tropifche Gewächfe- Das Klima
ift dort gefund, der Winter mäßig und die Sonnen-
hige ungefähr a Monate lang zwifchen 80 und 90°
Fahrenheit, wie fich von ſelbſt verfieht, mit Abwech—
felung der Witterung.
Auf einen gebildeten Umgang muß aber der Kolo-
nift im Innern des Landes, befonders in den neuen
Etabliffements, völlig Verzicht leiſten. In der Regel
findet man in den länger angebaueten Gegenden eine
Mittelklaffe von Menfchen, fowohl in Hinſicht der
Geiftesbildung, als der Vermögensumftände; in den
Sklavenſtaaten dürften vielleicht Ausnahmen anzutref«
fen feyn, indem mir dafelbft Gutsbefiger vorgefsme
men find, die nicht ungebildet waren; felbft unter den
deutſchen Bauern war fchon mehr Bildung als in
Denfilvanien,
Eden diefes Verhäftniß findet auch bei den Grund-
eigenthümern in Hinficht der Vermögensumftände
fiatt. Die Befigungen in den Nicht-Sflaven-Staas
ten find dem Umfange nach, bis auf unbedeutende
Ausnahmen, fich einander ‚gleich. _ Feder Landbefiger
trachtet in der Negel nur fo viel Grundeigenthum zu
76
ei a De
erwerbeh, als er mit feiner Familie und einigem
Geſinde zu bearbeiten im Stande if. Feudal⸗Syſtem
und Frohnen-Zwang waren die verderblichen Hinde-
rungsgrände der Allgemeinheit des Wohlſtandes unter
der Ncerbau treibenden Claſſe in der alten Welt.
Die jetzige Abfchaffung derfeiden wird, wenn auch
nicht ganz Die nemlichen Nefultate wie in Amerika,
Doch gewiß günftigere für die Volksklaſſe hervor bringen,
als die gegenwärtigen find; und die großen Gutsbe—
figer werden ihre Grundftüce in jedem Falle dismem⸗
briren muͤſſen, es ſey nun auf dem Wege des Ver⸗
kaufes oder der Verpachtung.
Der gegenwärtige Zuftand der mweftlichen Staaten
ift ungefähr dem von Penſilvanien gleich, wie er vor
60 und 80 Fahren war; es ift Fein Abſatz der Pro:
ducte. Nimmt aber die ftädtifche Bevölkerung fo
su, wie zeither, wo in der Stadt Lincinnamy,
im Ohio⸗Staate, 600 Hänfer in einem Jahre
erbanet worden find; erfolgt eine Sperrung der Eins
fuhr fremder Fabrifate; dann werden fi ch die weftli-
chen Staaten gewiß bald im Wohlftande erheben. Da
aber die Gemwinnfucht den Amerifaner immer mehr
nach Werten treiben wird, fo wird Die, irifche Racçe
auch dort bald durch die deutſche abgeloͤſet werden.
Auf jene paßt die Anekdote buchſtaͤblich, die ſie
mir fo oft von den Schwaben erzählten: es ſey naͤm⸗
fich ein ſchwaͤbiſches Weib mit ihrer Tochter, als fie
das Schiff, mit welchem fie eben angefommen waren, |
verlaſſen hatten, auf den Straßen in Philadelphia
herumgegangen, um edle Metalla zn fuchen; letztere
habe einen Ihafer gefunden, und ihre Mutter dazu
‚gerufen. Diefe habe den Thaler mit dem Fuße ver-
ächtlich weggefchippt, und zur Tochter gefagt: Fomm,
faß den Bettel liegen; es ift nur Silber, wir muͤſſen
di) A :
Gold fuchen! Sie giengen Straße auf Straße ab,
und fanden Fein Gold. Jetzt eilten fie zuräc, um
den Thaler aufzuheben; allein auch dieſer war nun⸗
mehr verſchwunden. — So iſt ed. gar fehr viel Aus⸗
wanderern in Amerika fehon ergangen. =
Ein Wittgenfteinifcher Bauer, der mit: mir —
einem und demſelben Schiffe emigrirte, hatte ſein
Bauergut fuͤr 7000 Gulden verkauft, einen Theil des
Kaufgeldes zur Reiſe verwendet, denn er hatte eine
Frau nnd ſechs Kinder, den anderen Theil aber ver-
fohiedenen Einwohnern des Dorfes, wofeldft er anſaͤßig
war, vorgefchoffen, damit fie ihre Fracht: bezahlen
konnten. Alle verſprachen ihm feierlich, die vorge⸗
ſchoſſene Fracht abarbeiten zu helfen; und dieſer gute
Duͤmmling glaubte dadurch in kurzer Zeit ein großer
Gutsbeſitzer zu werden. Doch wie ſchrecklich fand er
ſich getaͤuſcht, als er in Amerika anlangte! Alle die—
jenigen, fuͤr welche er bezahlt hatte, verließen ihn,
und nur ſeine Dienſtmagd, der er die halbe Fracht
vorgeſchoſſen, erſtattete ihm feine Auslage. ‚Ein nichts—
wuͤrdiger Schneider, den er nebſt Frau und vier Kin—
dern mitnahm, verließ ihn nicht nur in Phtladelphia,
ſondern wollte, durch einen noch ſchlechteren Siegel—
lackmacher, aus dem Hannoͤverſchen, aufgehetzt, ihn
ſogar noch beim Gerichte verklagen, daß er ‚ihn in's
gelobte Land gebracht und auf Schadloshaltung und
Ernährung feiner Familie antragen. Dieſer Iropf
konnte vermuthlich nicht Honig und Milch vertragen;
und darum war er oft auf. dem Punkte, in Kinfings
‚ton, der Vorſtadt von Philadelphia, vor Hunger, zu
fterben. Der betrogene Wittgenfteine lebte im Ohio—
Staat ald Miethsmann, und genoß von. feinem daſi—
gen Bruder und andern etwanigen Verwandten eine
Unterflügung an Lebensmitteln, ſchoß ſich auch dann
und wann einen Hirſch; denn er war ein Liebhaber
von der Jagd, die wahrfcheinlich das Hauptmotif
der Auswanderung gewefen ſeyn mochte. Dort wird
er erft arbeiten fernen; und wahrlich! noch gar man—⸗
ches Jahr wird vergehen, ehe er eine Plantage von
7000 Gulden im Werthe wieder erworben haben wird !
Aehnliche Beifpiele von Verarmung der Emigrans
ten Eönnte ich noch unzählige anführen. Mögen fie
noch manchem mit ähnlichen Projerten Auswandern⸗
den zur Warnung und Belehrung dienen, wie behut-
fam man mit foichen gedungenen Arbeitern zu Werke
‚gehen mäfle. Dieffeits des Meeres verfprechen die
Menfchen Alles; find fie aber erfi an Ort und Stelle;
dann vergißt ſich nichts leichter ald genoſſene Wohl⸗
that. Wenn man ähnliche Vorfälle mehrere gehört
hat, muß man wirklich den deutfchen Amerikanern
‚in ihren ungünftigen Urtheil über die Deutfchen gar
oft beiftimmen. Mehrere von diefen Elenden, die
fih wie das DVieh für die Fracht verfaufen laffen
mußten, waren frhlecht genug, in kurzer Zeit, nach-
dem ihr Herr nicht nur die Fracht bezahlt, fondern .
fie auch noch gut beffeidet hatte, davon zu gehen.
Dieß hat jest fo eine üble Meinung von den Deut-
fehen in Amerika zu Wege gebracht, daß die meiften
feine Auslöfer mehr finden.
| Sehr genußfüchtig find übrigens die Amerikaner
in Hinſicht ihrer Körperpflege, und ich felbft fahe oft
junge Leute bei deutfchen Banern auf Weizenbrod
Butter, Saanfäfe, Apfelmuß und Honig fehmieren,
zuweilen auch Speck dazu eflen.
In dem Wirthshaufe, wo ich Togirte, beftand
das Frühftück, befonders wenn viel Landleute ange:
kommen waren, aus folgenden Victwalien ; aus gefal
senen Makrellen, oder frifchen Sfottfiihen, einer
Schuͤſſel voll harter Eier; dito mit gefottenen Hänern;
dito mit Bratwärften; dito mit DBiefftef, dito mit
Carbonade; dito mit Sricaffee; dito mit Schinfen;
und dazu wurde fchlechter Kaffee aus Taflen, welche
ein bald Berliner Quart maßen, getrunfen. Für
Eſſen und Wohnung zn ich woͤchentlich drey ein
halb Dollar.
Wenn nun der Magen ein ſolches Dejeuner à la
fourchette, vorher auch ein Giel Wacholder mit Bits
teres wider. die böfen Lüfte zu fih genommen hat;
dann kann man wohl fagen: |
plenus venter,
non dichter und philofophirt Tibenter!
Was alfo der Amerikaner in gefelliger Hinfi Pr ent-
behrt, Das fucht er feinem Bauche wieder zu Gute
zu thun. Folgendes Gefpräc, welches ich mit der
Frau eines Bartmannes oder Amiſchmannes in den
Alleghanys geführt, giebt einen Beweis ‚von ihrer
höchften Glückfeligkeit. Was willſt du über, Amerika
forechen, daß es nicht ein gutes Land für alle. Men-
fchen ift? fagte fie; draußen habt. ihr nur alle Son-
tage einmal Fleiſch; und wir effen bier. 3 mal des
Tages Saufleifch und trinken. unferen Kaffee dazu;
ihr ſeyd draußen nur Slaves, die fuͤr die Koaia⸗
ſchaffen muͤſſen. — (132
Dei einer anderen Gelegenheit fan ich mit meh⸗
reren Amerifanern auf das europäifche Steuerſyſtem
zu fprechen; und als ich beim Kopf der ſchoͤnen Doris
anfing, von diefem aufs Ihierreich hinüber ging und
beim Heinen Kluckhinchen aufhoͤrte, das geſammte
Deich der Cerealien mit einfihloß; da ſchlugen die
Amerikaner die Hände über: dem Kopfe zufammen,
und riefen aus: Ach Gore! iſt es möglich? Ach Die
— 272 er
armen —— — — je denn ws alte
* Amerika? RER
Als ſie aber — daß: ein Bauer in Schtefien,
— einmal nach einer Kraͤhe geſchoſſen, welche ihm
den Weizen abgefreſſen, ſie aber nicht getroffen, und
dafuͤr dennoch 30 Thaler Strafe habe zahlen und das
Gewehr verlieren muͤſſen, ſo konnten ſie dieß kaum
faſſen, und meinten en dieß use — ——
de Suͤnde!“
Dieſe Se safe ic um — geſtellt
ſeyn ‚ und behaupte, daß wenn Das Steuerſyſtem in
der- alten Welt einfacher wäre, man in Diefer, und
nicht im der neuen Daß Paradies oder gelobte Land
ſuchen koͤnnte. Wer weiß aber, ob die Menſchen dann
auch fo arbeitſam und gefund feyn würden? und da
nun jedes Ding in der Welt einmal zu Etwas gut
ift, ſelbſt die ſchreckliche Klapperfihlange, fo muß iq
wohl auch die Hundes, Katzen⸗ und Menfchen- Kopf:
ſteuer zu etwas gut ſeyn; ſonſt haͤtte ſie ja der liebe
Goͤtt nicht gefihaffen! — Schöne romantifche und
pitoreske Gegenden babe ich in Amerika wenigftens
feine von der Art gefehen, wie in Europa. Das
ganze Panorama von den Gebirgen herab befteht nur
in einem milden Baumſchlag. Darum ſeyd mir ge⸗
gruͤßt, ſeyd mir dreimal gegruͤßt, ihr heimaͤthlichen
Fluren Sileſiens! Sey mir gegruͤßt du majeſtaͤtiſche
Koppe des Rieſengebirges! Hat der Wanderer deinen
Gipfel erflonnuen; welche Fuͤlle der Schönheit belohnt
ihm. da micht die mühfame Tour! Dreißig Städte
mit ihren Thurmkuppeln fieht er auf der reizenden
Släche prangen.. Links raget die granfenvolle Durg,
Kynaſt, aus ihren Trümmern hervor, wo die ſtolze
Prinzeß Kunigunde den um fie Buhfenden Nittern
bie verderbenvolle Bedingung machte, dreimahl die
ſteile
—" 275 ——
ſteile Burgmauer auf dem Noſſe zu umfreifeh, “und
wer glücklich das Wagniß beſtaͤnde ſoll der Erwaͤhlte
ſeyn. Viele junge Ritter verlohren ihr ſchones Leber,‘
indem ſie gewöhntich in den Abgrund fürjten.” Dh
endlich beſtand ein Franfe dag Abentheuer⸗ und wies
die Grauſame mit Verachtung zuruck. Dann folgt
Higeens heilſamer Quell in Warmbrunn. Dann das
reizende Stohnsdorf mit feinem Felfenberge. Nechts
im’ Thale liegt das freumdfiche Städtchen Schmiede⸗
berg mit feinen noch freundlicheren Bewohnern. Nach
Bohemiens Seite zu liegt die furchtbare Kluft, wo
fonft der muthwillige Berggeift, Riebenzal, fein ins
wefen trieb; ein. melodifches Trio, von ſchlanken, boͤh⸗
miſchen Hirtenmaͤdchen geſungen, toͤnet dem —*8 *
einſamen Wanderers lieblich entgegen. »
Seyd au ihr ‚gegrüßt, ihr Niefen - Alpen 1%
freien Helvetiens! Du ſtolze Jungfrau, nach deren
Buſen der verwegene Meyer die Hand auszuſtrecken
wagte. Deinen Nacken hat noch Fein Sterblicher um⸗
fchlungen. Wehe dem; der e8 wagte, dir in’s Aut—
litz zu ſchauen! Der Hauch deiner Lippen giebt Erz’
flarrung und Tod! — Auch eurer gedachte ich oft:
ſteiles Schrecfhorn mit deiner gothifchen Geſtalt,
duͤſteres Finſter-Arhorn; grauenvoller Cander⸗Steg
am Abhange der eiſigten Gemmy; und auch eurer,
ihr glaͤnzenden Gletſeher des Gründelmaldes Auch
eures Gleichen habe ich in der Welt jenſeits des
Meeres nicht gefunden, ihr fanftraufchenden Zwil⸗
lingsgeſchwiſter, genannt, der Thuner und Brienzer
See. Wenntich dem Jaͤnky von der wunderbaren
Degetation auf euren Ufern erzaͤhlte, wie unten die
Rebe mit Trauben pranget, während der Ruͤcken der
euch umgebenden Berge mit Eis und Schnee bedeckt
ift, fo überftieg dieß den Horizont feiner Faſſungs—
N, 18
— 274 —
kraft, und frei erklaͤrte er meine Worte fuͤr Fabel.
Mit Entzuͤcken denke ich noch oft der Silberwellen
zu Brienz, und wie ich ſie des Sonntags nach der
Kirchen⸗Andacht mit Dir, du ſehlanke und aufbluͤhende
Eaetely in Deiner zierlichen Oberländer-Tracht, Toch⸗
ter des braven Capitain Michel, deſſen Biederkeit
und Gaftfreiheit von jedem Neifenden gerühmt wird,
und deiner liebreichen Freundin, Bethely vom Bieler⸗
See, auf dem gebrechlichen Nachen durchſchnitt. Noch
tönet die fanfte Melodie eurer Silder-Stimmen vor
meinem Ohr, das. ihr. durch das zur —
hinreißende Lied:
Im Sennethal ſind die zwo ſchoͤnſten Alpen!
und die Triller des Kuhreigens mehr entzuͤcktet, als
eine Mara, Catalany und Milder 3*
Auch dich bezauberndes Gemälde der Natur,
somantifches Hasly⸗Thal, fahe ich noch. nirgends
übertroffen; und auch euch an Schönheit nicht, ihr fchlans
fen, blonden und blauäugigen Dirnen vom Ober⸗
Hasly, Abkömmlinge eined Schwedenftammes Ihr
muthwilligen, Eleinen Sirenen! Wie manchen herumz
irrenden und fchmachtenden Nitter laßt ihr nicht den
Becher mit wälfchen Wein wacker fredenzen, und
ihn dann beim. Kielt, wie das Käschen vom Brei
abziehen, und ſchiebt ihm gickernd das Senfteriy- vor
dem Näfely zu. '
Auch eurer denke ich noch, ide vollen, —“
und kurzroͤckigten Cokiſchbergerinnen, in Sitten und
Tracht originell! Und. auch ihr ſchlanken Eucernerinz
nen mit enren blumenveichen Huͤten feid mir noch
eingedenf, wie ihr. mit Fräftiger. Hand das Ruder
führtet, und mic) über die Fluten des ——— Vier⸗
woldtaorer See's ſchifftet!
— U. —
Seltſames Land! Faſt jedes Thal biethet andere
Schoͤnheiten der Natur, andere Voͤlker ‚ andere Sit—
tem und Trachten-dars Deines Gleichen giebt e8 nir-
gends in der Welt! Du bift ein freier Staat im wah-
ren Einn des Wortes! Auf deinen Gefilden fieht man
nicht Heerden von Menfchen zu Marfte treiben, wie
jenſeit des Meeres! Kuhhirt und Landammann ſind
ſich gleich! Drum ſey Dir das Buͤndniß auf dem
Ruͤtely ſtets heilig, weil es die Schmach der Tyran—
nei von deinen Alpen waͤlzte! Bewahre das freie Herz
in deiner Bruſt, und laſſe deine Alpen und Thaͤler
noch ferner das Aſyl des Ungluͤcklichen und Verfolg:
ten ſeyn!
Auch dich, du graufende Kluft, der des Orkus
gleich, durch die ich, vertieft im Betrachtungen über
die furchtbaren Nevolutionen der Natur, nach der
mit ewigem Schnee und Eis bedeckten Grimfel und
dem ſtets erflarrten Todten-See wandelte, habe ich
jenſeits nicht getroffen! Hier find alfe Neize der Natur
abgeftorden,, und nur ihr er ſtellt ſich dem
Wanderer dar.
Ihr wild romantiſchen Thaͤler des Gotthard! Ih
mit reizender Mannigfaltigkeit geſchmuͤckten und in
der Geſchichte denkwuͤrdigen Ufer des Vierwaldſtaͤdter
See's; ihr maleriſchen Geſtade des herrlichen Zuͤrcher
See's, und auch du, Triftenreicher Rigi, deſſen Culm
Alles zeigt, was die Natur Schoͤnes, Reizendes und
Erhabenes hat, werdet mir ewig unvergeßlich bleiben.
5 J
— 276 —
a TR ELLL n
Ruͤckreiſe nah Europe. 7.00 08
... Sp demüthigend mir auch anfänglic) der Ente
ſchluß zur Rückkehr vorfam, ſo ‚behielt, die Kiugheit
im Kampfe mit jeder ‚anderen Ruͤckſicht, doch endlich
die, Oberhand, und ich that, was hundert Andere ge⸗
than hatten; ich ſchiffte mich am aſten November auf
dem dreimaſtigen Schiff Tortine nach London ein.
Die Reiſe⸗-Geſellſchaft beſtand groͤßtentheils aus
engliſchen Individuen, die aus Amerika nach ihrem
Daterlande, aber keinesweses mit ze beiaden,
zurückfehrten.
Ich Eonnte Diesmal feinen Platz in der Cajüte
des Kapitaind nehmen; weil ich. Feine. 130 Piaſter
mehr zur Diſpoſition hatte, und mußte mit der Stee—
radge (Schiffsraum) verlieb nehmen. Dort ging es
aber ein wenig ſchmutzig zu. Das Poͤckelfleiſch für
die Schiffsmannſchaft, in Gemeinfchaft mit dem Ap-
partement, machten den Aufenthalt eben nicht fehr er—
freulich. Unter meiner Bertfiätte fchlief eine alte eng⸗
lifche Lady, ‚die nach einem. mehr ald zojährigen Anz
fentbalt in Amerika, und nachdem fie 20,000: Dollars
bereits erworbenes Vermoͤgen, theils wieder durchge⸗
bracht, theils darum betrogen worden war, jetzt nach
dem Ableben ihres Mannes bettelarm nach. England
zurückkehrte, Diefe. alte Lady war. ein Erz = Trans
kenbold. | NN |
Zwei junge, amerifanifche Ladys mit ihrer Mut-
ter, die einen hollaͤndiſchen Offizier geangelt, batten
ihre Schlafftellen neben mir. Sie hielten regelmäfig
des Tages ihre vier Mahlzeiten, verzehrten oft des
Nachls um 11 Uhr noch ein Stück gefalzenes Schwein⸗
— 297 —
oder Rindfleiſch; und früh Morgens ſtellt fich bei der
mindeften Bewegung des Schiffes das Erbrechen, und
die Seefranfpeit ein. Obgleich der Vater ein gehor-
ner Deutfcher, ein Hamburger, und auch die Mutter
die Tochter eines Deutfchen war, hatte die amerifa-
niſche Taͤgheit ſich ihrer ſchon dermaßen bemeiſtert,
daß ſie waͤhrend der ganzen Reiſe auch nicht das Ge⸗
ringſte thaten, ja nicht einmal das Linnenzeus des
Saͤuglings ihrer Mutter rein hielten.
Gegen über waren zwei englifche Familien 5 wo⸗
von die eine 4 Kinder hatte, welche ſtets aͤußerſt ſau⸗
ber und reinlich gehalten wurden. In der Cajuͤte war
ein amerikaniſcher Iſraelit, der durch feinen bruͤllen⸗
den Pariton oft meinen Ohren mit engliſchen Geſaͤn⸗
gen Gewalt anthat "Anh war a’ Scotſch Laedy, ei
ne junge Gehottländerin. darin, die Schottland
verfaffen und zu ihrem Ehemann, einem Planta⸗
gen ⸗Beſitzer in New Jerfey, gekommen war, aber
darum wieder zurückkehrte, weil der Herr Gemahl ſich
zwei ent —5* * und dieſe en Mn
woltte
Das Wetter war in der erſten Haͤlfte des Mo—⸗
nat November ſehr angenehm; der Wind blies ſtets
aus Welten, und fchon am’ 27 5ften Tage nach dem
Auslaufen aus dem Delavare — wir die er
— KRETA
Unter dem’ Schiffsbolte waren mehrere Matroſen,
welche den fir Europa fd denkwuͤrdigen Feldzug zur
See mitgemacht hatten, und in franzöfifche Gefangen?
ſchaft gerathen waren; andere hatten unter Nelſon
gedient; auch’ ein junger Srländer von Mak Gregors
Expedition war dabei, der eben aus Weſtindien zu⸗
ruckkehrte, und mir von dem Elende, womit” die Expe⸗
dition in Aux Cayes zw kaͤmpfen hatte, eine ſchauder⸗
==. 278 ww
”
hafte. Beſchreibung machte... Im Kanal ward der.
Wind uns unguͤnſtig und faſt taͤglich mußte das Se
lavirt werden, um nur etwas vorwaͤrts zu fommen,.
welches. eine äußerft muͤhſame Arbeit für die. Matro—⸗
fen if.
Links waren, die. Kifen von England, und- ‚rechte,
die von Frankreich. Der Anblick dieſer beiden. Nies.
fen, die ein ‚Viertel Saͤculum um die Herrſchaft der
Welt kaͤmpften, ſtimmte mich zu mancherlei Betrach⸗
tungen um, und der Erfolg dieſes Kampfes zeigte es
abermals, daß ein freies Volk, wenn es einig iſt, die
Creaturen des Despotismus ſtets zu. nichte macht. —
Hätte England mit. dem Tprannen Frieden geſchloſ⸗
ſen; wer. weiß: ob trotz aller in. Norden erlittenen
Widerwaͤrtigkeiten ſeine Sache eine Hche a:
genommen hätte? 3
Als wir. uns aber. der englifchen Rüfe, immer.
mehr näherten, ward. ich nicht wenig: aͤberraſcht, ſtatt
einer duͤrren Sandwuͤſte, wie ich, mir England ge—
woͤhnlich vorſtellte, die ſchoͤn ſten Weizenfelder im hoͤch⸗
fen Zuftande der Kultur zu finden. So weit. das
Auge reichte, ſahe ich kein Holz und keine Waldun⸗
gen. Alles Land war mit Getreide angebaut; und
Brennmateriale wurden aus den Steinkohlen⸗ Minen
von Irland hergehohlt, wozu Tauſende von Schiffen
in beſtaͤndiger Bewegung find. Bauholz, fommt. aus.
Canada. und Norwegen ſoviel, als man, nur. bedarf;
auch enthalten die Gebirge im Inneren noch viel Baus
und Brennholz.
Dei der Betrachtung. über diefe. Umfände, Ban.
ich mich nicht enthalten, eine Vergleichung mit Schle⸗
ſien anzufiellen, and „dachte, bei mir ſelbſt: , Auch
Schleſien, dies. ſchoͤne und fruchtbare Land, desgleichen
ich in Amerika nicht fand, hat Kohlenminen ſo viel,
daß es ſaͤmmtliche Einwohner mit Brennftoff verfehen
fönnte! Unendliche Flächen Buſchland Fönnten noch
in Getreidefelder umgeſchaffen, unzählbare Suͤmpfe
ausgetrocknet werden, und eine Menge armer Mens
ſchen Unterhalt gewähren, die im Eend verkuͤm⸗
mern! —
Sechs und dreißigſtes Kapitel.
Enslant
Erer Ybfhnite
* liefen wir in die majeftätifche Themſe
ein. Sie ift eben Fein fehr breiter Fluß, micht eins.
mal fo breit wie die Elbe bei ihrer Mündung, aber
fo tief, daß die größten Kriegsfchiffe bis London Hinz
auf fegeln koͤnnen. Man fieht hier nur änßerft we
nige Kriegesmänner (Manns of war) fo heißen die
Kriegesfahrzenge im der Kunfifprache; Sie liegen alfe
im weftlichen England.
Schon im Kanal waren die Erften von John
Bulls Volke, auf die wir fließen, eine Parthie
Schmuggler in einem’ ſchnell feegelnden, offenen Boos
te, dienſtwillig und bereit, Contrebande zu Faufen.
Als fie bei ung aber ihre Nechnung nicht fanden, der
Kapitain ihnen anch nicht einmal geftatten wollte,
auf das Verdeck zu Fommen, um allen Verdacht von
fich zu entfernen, begnügten fie ſich bios damit, Paf-
fagiere and Land zu führen, wofür pro Mann eine
halbe Guinee gezahlt werden mußte. Der Fräftige und
farfe Körperbau und das gefunde und volle Ausſe⸗
hen. dieſer Schmu ER bildete einen auffallenden Con⸗
traſt zu ‚Dei blaſſen und, vertrocknueten Weſen der
ansatlautiſchen voͤlker, und erinnerte mich, daß ich
unter Europas geſundem Himmels ſtriche mich, bereite
hefnde. Gegen Abend, kam Die, Geſundheits-Commif—
fon und ein Trupp gieriger und hungriger Douaniens
an Bord, die das Schiff nicht eher verließen, als bis
wir im Hafen angelangt waren; und auch dort hielt
befiändig Einer Wacht, bis alles ansgeladen war.
Diefe Art Megſchen ſind in der alten Welt fich über-
all gleich. Sie find. überall ſchlecht beſoldet, und
gleichſam darauf angeiviefen, den Neifenden zu brand»
ſchatzen. Diefe bilden-wieder den grellſten Contraft
zu den autbeigineizu, and. nachfi hᷣtspollen Zollbeamten
Columbiens, welche nicht einmal ein Gefchenk anneh—
men wuͤrden, weil es gewoͤhnlich anſtaͤndige Leute,
Felbſt Offiziere von der ‚Armee find, ‚welche. dergleichen
Selten, ‚bekleiven, „Die, mit; einen, jaͤhrlichen Remunera⸗
tion von 8 bis 900 Dollars verbunden find. Schon
dieſe zeigen von der milde der Regiexung in den Frei⸗
faaten;. denn nirgends iſt das Einſchmugglen leichter
als dort; Auch von, unſeren Paſſagieren hatte ein
Wittgenſteiner Bauer fuͤt mehrere, hundert, Thaler
Sphnitt = Waaren eingeſchmuggelt, und. fie im Ohio—
Staat; „mit, ‚gutem ‚Profit abgeſetzt. Welchen Gewinnft
würde. ‚derjenige, ‚night erſt damit, machen, ** ——
mitteldar useder Fabrit Brei ame gie |
s ‚33
er
—* mnfte io, ‚alg, ih che "Sußjektreinen
Paß nach London loͤſen, und, mich dieſerhalb auf irz
gend Jemanden berufen. Den folgenden Tag erhielt
ich einen Paß unentgeldlich und reiſete, da der Wind nicht
vůnſtig war, zu Fuß nach London. Ueberall, wo ich
u
nur das Auge ——— ſahe ich die Felder, deren
Grundlage aus Gips und Kreidemaſſe⸗ beſtand, aufs
praͤchtigſte angebauet, und faft nirgends konnte ich
ſchlechtes Land erblicken. „Berge waren abgetragen,
alle Suͤmpfe ausgetrocknet, ſogar auf Schiffen wurde
Erdboden, herbeigefuͤhrt, ums hier und da ein Gewaͤſſer
oder ſumpfige Gegend in tragbares Ackerland umzu⸗
wandeln. Die Landguͤter, (Farms) waren alle wie in
Amerika iſolirt; Doͤrfer waren nirgends, ſondern nur
Flecken/ Städtchen und Staͤdte an der Landſtraße alle
2 oder 3 englifche Meilen in beſtaͤndiger Abwechſelung
zu ſehen, in denen ſtaͤdtiſche Gewerbe um Fabrikenge⸗
ſchaͤfte betrieben wurden. Alles um mich herum zeigte
ein thaͤtiges und ſchon lange kultivirtes Volk an.
Wohnz und Wirthſchafts-⸗Gebaͤude waren in gu⸗
tem Zuſtande, wie in den an wen Seeſtaͤdten Ameri—⸗
kas nahe gelegenen Gegenden, Auch hier waren die
Felder groͤßtentheils, jedoch mit’ lebendigen Hecken,
umzaͤunt. Auf dew STriften weideten fette Hammel,
die noch reichlide Nahrung fanden, — * der De⸗
cember bereits Jeinigetreten war. 5 e
Es ift doch ein bedeutender Unteefehien aba—
dem Klimas in Suͤd-England und dem en Nord⸗
Deutſchland Dieſe wolligten Heerden waren aber
mehr für den Schlaͤchter als dem Manufakturiſten bes
ſtimmt. Die Veredelung der Schafzucht > iſt nicht
die Spekulation des engliſchen Landwirthes; er fins
det mit der Maſtung beſſer ſeine Rechnung. Daher
bezieht der engliſche Fabrikant feine: feine? Wolle aus
denen Ländern, wo mehr Feld und Huͤtung iſt, als in
England; und deſſenungeachtet liefert er das Produkt
wohlfeiler, als der Manufakturiſt desjenigen Landes,
wo das Material erzeugt wird, obgleich die Lebens-
beduͤrfniſſe, folglich auch der Arbeitslohn, um mehr
et
als 100° Prozent theurer find als auf dem Continent
und insbefondere in Deutfchland. Den Grund hievon
fanıt man nur in: dem Wortheilen der ' ———
mittelſt Maſchinerie auffinden.
Die Straßen laͤngſt der Themſe nach BEER und
auch in ganz England find von der) Art, daß fie
nichts mehr zu wünfchen übrig laffen. Einige Meilen
unterhalb Gravefand wär ein großer Gipsbruch; ſonſt
babe ich nichts Merfwürdiges weiter angetroffen, als
das Invalidenhaus für) Seeleute im Greenwich, einer
Heinen Stadt; 5 Meilen von London. Es iſt wir
füch ein prachtvolles Gebäude und fchon von jedem
Heifenden befchrieben worden, als daß ich darüber
noch etwas: fagen koͤnnte. Dieſes Haus, welches in
zwei aneinander gegemüberftehenden‘ Quadraten ers
baut iſt, dient zur Aufnahme aller im Staatsdienſt ers
grauten oder inpalide gewordenen ‚Seeleute; wo fie,
wie fich vor feldft verfteht, an nichts Mangel leiden;
fie. erhalten: ihre a Mahilzeiten des’ Tages und zwei
Quars Bier. VBerheirathete erhalten ihre. Portion nach
Haufe, dürfen aber mit den Weibern — * in der
un wohnen.
Außer den erwähnten — befinden ſich
auch die: Kinder der fürs Vaterland gefallenen
Matrofen. Die Knaben werden ebenfalls für den
Seedienft erzogen; ſchon mancher gefchiefte Marines
Offizier ift in dieſer Anftalt gebilder worden. /
Für die Mädchen iſt ein befonderes Haus, : die
Anweifung in. allen häuslichen: Arbeiten“ und‘ Bee
unterricht: genießen. ER
Auf der Themſe zmwifchen ——— Fund: Lon⸗
don befinden ſich verſchiedene Kriegsſchiffe für ſolche
Verbrecher, welche nur zu 7jaͤhriger Transportation
verurtheilt ſind, die daſelbſt zu mancherlei Arbeiten
= —
gebraucht werden. Bei Wolwich (lies Wulitſch) ſind
auch einige Fregatten, von. 4o bis 75 Kanonen. Wirfz
lich, einen imponirenden Anblick gewährt ein dergleie
chen ſchwimmendes Caſtell. Das groͤßte enthielt drei
Etagen mit Schießſcharten ‚die mittelft Schiebern ges
fchloffen werden, damit beim Sturm die Wellen nicht
hineindringen Fünnen. Die Kanonen find durch Ket⸗
ten auf ihrem Plage befeftiget, und ſtehen auf ganz
Eleinen eifernen Rädern , damit fie beim Laden vor⸗
und ruͤckwaͤrts geſchoben werden koͤnnen. Uebrigens iſt
auf dem Schiff eine fo. regelmäßige Richtung des
Geſchuͤtzes nicht moͤglich, wie beim Feldgeſchuͤtz, indem
es keine Lavetten und auch die uͤbrigen erforderlichen
Apparate nicht hat- Gefeuert wird beim Seetreffen
fhon in Entfernung von einer englifchen Meile; oft
aber fegelt man auch auf Biftolenfchußweite auf ein
ander los, umd: giebt die Salve. Schlagen die Ku⸗
geln durch den Rumpf des Schiffes, ſo ſtehen ſchon
Matroſen mit Keilen, Lumpen und Theer bereit, um
die Oeffnung augenblicklich zu ſtopfen. Meiner Ans
ſicht nach iſt eine Seeſchlacht, nach allen den darüber:
eingezogenen Erkundigungen, niemals ſo moͤrderiſch
als eine Landſchlacht. Der Soldat, ausgenommen
der auf dem oberen Verdeck, dient hier niemals zur
Zielſcheibe des Feindes, ſo wie auf dem Felde. Hier
ſind keine Kartaͤtſchen, kein Kolonnen und Tiralleurfeuer,
und keine Kavallerie⸗Choques zu. beſorgen; es ſpielt
in der Regel nur ſchweres Geſchuͤtz, und dieſes iſt
War dem Krachen aber keinesweges dem Effecte nach,
furchtbarer als die Feldwaffen. Sind die Maften und
Seegel heruntergeſchoſſen, fo muß ſich das Schiff er⸗
geben, weil es ſich nicht mehr bewegen kann. Sinkt
es, ſo rettet die Manuſchaft ſich entweder, in den ei—
- genen Booten oder fireicht die Flagge, und wird von
— 284
Feindesbooten aufgenommen. Abaneirt und retirirt/
wird eben fo wie der Landarmee. — TREE.
. Ag’ ih, bie Sußz Neife nach London ——
von. Landkutſchen mit —* ieren, die von ——
thien zundihfeptfen; auch Fam eine briffiante Kutſche
mit Vieren. ‚Länger als ein Fahr, hatte ich feine
Prlvattuiſche mit Vieren geſehen und ſo wie ich
laube, iſ dies auch in Amerika verboten, und wirf
ich olhdet man außer Poſt⸗ und Laſtwagen dort nie⸗
mals eines. ‚dergleichen Aufzuges anſichtig werden. !
1 we ine wsrousen
2 „ , 5 NER NH% HR
RE London. Be 2 e
24443 1un 6 Wins I
Als ich rin der Stadt anlangte, war: we 5
Beten ſuchte daher in’ der Nähe: der London
Docks, wo man das Schiff abtakeln wollte, Quartier,
fand amchı glücklich) eines. wo ich in der (That wohls
feiler: als ine Berlim im gewöhnlichen RER
lebte, und begab: mich Höchft vermattet zu Betten ·
u
Der’ äte Tag in London. Nachdem ich in einem
veinlichen Bette und einer anftändigen ‚Stube, wofür
ith 6 oder 8 Penns ungefaͤhr 4 bis 5 gGr ‚Preuß.
zapiee, nach beinahe 5 Wochen zum erſtenmale die
matten Glieder wieder durch einen ruhigen Schlaf er⸗
quickt hätte, ließ ich mir eine halbe Bohle Kaffee und
geroͤſtete Semmel geben, "wofür ich etwa 4° Penns
zahlte, und nun verfuͤgte ich mich "in die “eity. —
Krumme, enge Straßen, ſchwarſe verraͤucherte Hänfer,
im antiken Styl erbauet/ nebenbei auch ſchoͤne neue
Gebäude kamen mir vor. Ein dichter Nebel und“ eine
Wolke von Steinfohlendampf verbunkein in den Win⸗
— 886 —
termonaten, hefonderd im December, ‚fat alles Tages⸗
licht; und beinahe möchte, ich wie einft ein Amerikas
ner über London fagen: dort haben die Menfchen feis
nen Tag, Dicht an den Docks auf der. Südfeite der
Stadt iſt der famenfe Tower. Der fhlammigte Walls
graben, der dicht Dabei-befindliche Wall, die: Raben:
fhwarzen Gebäude mit 5 TIhürmen, die hohen Feuers
effen auf den. vielerlei. alten Hänfern, aus. denen: der
Tower befteht, geben dem Orte ſo ein melancholifches
und duͤſteres Anſehen, daß man ald Fremder saugen
blicklich die Beſtimmung dieſes Gemaͤuers erraͤth,
und es für die engliſche Baſtille erkennet. Auch dürfte
der Tower oder Thurm wohl einft, e8 fey nun wenn
es. wolle, das Schickjal der, Erfieren erleiden. —
Auf der Weftfeite der Stadt fließt die Themfe
und theilt jene in. zwei fehr ungleiche Theile, indem
der jenfeitige fehr unbedeutend ift ‚und zugleich: zum
Aufenthalte des Militaird dient. Der offenfiven und
defenfiven Baſis des Daterlandes von John Bull
wird alſo nicht geflattet in der City zu wohnen, wo—⸗
feibft auch nur vor dem Schloß, vor der Münze und
dem Gefängniß einige Mann Wache fich befinden.
Nie fieht man einen Offizier in Uniform, * wenn
er im Dienſt iſt.
Ueber die Themſe führen 7 bis 8 fchöne, —24
Bruͤcken, worunter die Neue- oder Waterlow-Bruͤcke,
die ſchoͤnſte iſt; ſie ruht auf gemauerten Pfeilern, und
iſt ganz von gegoſſenem, maſſivem Eiſen. Sie trotzt
zwar dem Zahne der Zeit; aber an Eleganz, Schöns
heit und geſchmackvoller Simmerrie fteht fie dem Paris
fer Renegaten, dem Gebilde der Eitelfeit, dem Pont
de Jena unfern des Sjardins de Plantes auf der
Seine, bei weitem nach. , Die Themſe iſt hier einen
guten Büchfenfchuß breit; die Drücken haben auf beis
— 286 *
den Seiten Trottoirs für Fußgaͤnger⸗ Zwiſchen die⸗
ſen und dem Fahrraum, bei manchen auch an den
Gelaͤndern, ſind eiſerne, gegen 10 Fuß hohe Saͤulen,
auf denen die mit Gas erleuchteten Laternen bei Nacht
einen ſtrahlenden Glanz von ſich geben, angebracht.
Alle Straßen von London und auch die meiſten kauf—
männifchen Magazine, die Öffentlichen und auch ſehr
viele Privathäufer find auf diefe Art erfeuchter, fo
daß ganz London bei Nachte einem Feenfchloffe gleicht.
Auch dieſe Mwohlthätige und ſchoͤne Erfindung, die
Tochter der Chemie, verdanfen wir den Engländern.
Iſt der Abend eingetreten, und die Beleuchtung
bereits erfolgt, fo nehmen die Hauptſtraßen der City
und. die Taufende von Laden und Waaren-Magazinen
von jeder Art fich wirkfich prachtvoll aus. Alle Neich:
thämer der Kunft und Induftrie von Albion und In—
dien findet man hier aufgehaͤuft. Faſt allgemein ift
der Preis an den Waaren auf Zetteln beigefügt, und
fein Käufer hat zu beforgen von dem Commis des
Magazins übertheuert zu werden; daher wird das
käftige Handeln, das im Deutfchland faſtnothwendig
ift, wenn man nicht betrogen werden will, dort gänz-
lich überflüfig. Die Laden find alle mit fauberen
Glasthüren uud Fenftern verfehen, und mit einem
Blick überfieht man, felbft von der. Straße her, den
ganzen Vorrath des Magazind. Was aber meine
Aufmerkſamkeit noch befonders erregte, war die aus:
gezeichnete Reinlichkeit im allen DBiktualien = Laden.
Welch einen mwiderlichen und desontanten =» Kontraft
bildet dagegen nicht die Schmutzigkeit der Viktualien—
und Schlähter-Schuppe in Deutfchland? |
Auf den Straßen herrſcht bis nach 11 Uhr eine
Lebendigkeit, wie im Tage; erft gen ı2 Uhr fängt e8
an, ein wenig ruhiger zu werden, und nur die Nacht:
— 287 —
voͤgel beleben nach 22 Uhr noch die Trottoirs, die
auch hier dem Fußgänger das Fortfommen fo außer
ordentlich erleichtern. Wie fehr wäre es zu wünfchen,
daß dieſe fchöne Einrichtung auch in deutfchen Staͤd⸗
ten eingeführt würde. Die Ziegen dazu find von
platter Quadrat = Form und fehr gut ausgebrannt.
Daher geht man auf diefen Trottoirs wie auf einer
Diele.
Den aten Tag in London. Bon den —
der Architectur zeichnet ſich die St. Pauls-Kirche vor
allen andern Gebaͤuden aus; fie iſt im aͤcht-roͤmiſchen
Styl und ganz nach dem Modell der St. Peterskirche
zu Rom erbauet. Das platte Dach iſt mit einem
Steingelaͤnder verſehen, auf dem ringsum Statuen
von Marmor angebracht ſind; ſelbſt die Mitte des
Daches durchſchneidet eine Reihe von Statuen. An
den Seitenmauern find alle Saͤulenordnungen des Als
terthbums aus Marmor ansgehauen; die Kuppel des
Thurmes iſt nicht, fpigig, fondern bildet ein ſchoͤnes
Rondel. Kurz, der prächtige, geſchmackvolle, ſymme—
trifhe Bau diefes Kunftwerfed der neueren Ban—
funft 309 jedesmal meine Aufmerffamfeit an ſich, wenn
ich vorbei ging.
Die Weftmünfter - Abtei ift im rein» gothifchen
Style erbauet, und ſoll in. ihrem inneren manz
cherlei Kunftprodufte, die Epithaphien verfchiedes -
ner berühmter Männer, und: die Wappen aller Lords
von England enthalten. Meine befchränfte und faſt
gänzlich erfchöpfte Kaffe erlaubte ed mir nicht, Aus—
gaben auf die Befichtigung der Kunſtwerke zu machen,
und daher habe ich London auch nur im Aeußeren
gefehen. Der Weftmünfter Abtei ‚gegenüber iſt Das
Parlament, wovon in der. Folge ein Mehreres da
. werden wird,
Hier fängt die Stadt auch an, eine nganz andere
Geſtalt zu gewinnen. Schoͤne breite und regelmaͤßig
angelegte Straßen, praͤchtige Palais und ſchoͤne im
neueſten Geſchmack erbaute Haͤuſer kuͤndigen dem
Fremden an, daß hier die reichen Lords, die reichlich
beſoldeten Staatsbeamten, reiche Biſchoͤfe, mit einem
Worte : alle reichen Partikuliers und hoher Adel woh⸗
sen. Ganze Straßen kann man hier durchgehen,.
ohne einen Laden oder Handwerks ⸗Butike zu fehen.
Auf den Straßen herrſcht eine Sauberkeit wie im
Berlin, nur mit dem Unterfchiede, daß dort der peſti⸗—
fentiafifche Stoff: in den. Ninnfteinen : die Geruchs—
Nerven: des Borübergehenden nicht fo afficirt, indem
aller Unrath unterwaͤrts durch Kanäle und eiferhe
Roͤhren in’ dem Fluß abgeleitet wird· Daher iſt Lonz
don, ungeachtet ſeiner großen En ein *
BR u... 4 | |
R
Brite sro
> Die Docks; und ein Blick ur. die Themſe
Die Themſe entſpringt nördlich in den Gebirgen
und fließt füdlich, folglich in der Richtung nach Frank⸗
reich u. Unterhalb der Bruͤcken ſieht man tauſende
von Schiffen, die bereits geladen und sum Auslaufen”
fertig find, fobald der Wind günftig wird, und die’
Ebbe eintritt. Auf ihrem Nücen, von London bis
zum Einfluß in den Kanal, ungefähr 60 bis 70 engli⸗
fche Meilen weit, fieht man zu jeder Stunde des’
Tages Taufende von Schiffen entiveder vor Anker lie⸗
gen, oder aufzund abgehen, je nachdent die Ebbe oder’
Fluth, eingetreten ift. Diefe führen die Produfte des’
englifchen Kunſtfleißes in alle Gegenden der Welt, oder
bringen entfernte Reichthuͤmer dafür heim. St
Di
—
Dicht an ber Stadt iſt rechts ein gemauerter
Kanal angebracht, durch welchen die Handelsſchiffe
nach den Docks gelangen. Dieſe Docks find große
Baſſins, in denen die Schiffe ihre Frachten ein= oder
ausladen; fie find mit Mauern umfohlofen, enthalten!
große Waaren-Magazine, die mit den Produkten eines
jeden Landes angefuͤllt ſind. Dort trifft man faft
täglich Schiffe an, die in salle Gegenden der Welt
ſeegeln. Tauſende von ‚armen Menſchen finden hier
Beſchaͤftigung und Unterhalt.
Als ich dieſes Leben, dieſe Regſamkeit im Dans
del und der Gewerbs-Induſtrie, dieſe aufgehaͤuften
Reichthuͤmer, die zahlloſe Menge von Schiffen fahr,
die nach Europa, Afien, Afrika, Amerifa, und der
Südfee- Eiländern. feegeln; da fing ich‘ an über das
thörigte Project zu lächeln, wodurch der Weltbezwin-
ger, England fürzen: wollte. Lächeln mußte ich über
die politifchen Kannegießer, die da meinen: Englands.
Staatsfchuld werde oder müfle feiner politifchen Eris
fienz ein Ende machen, oder einen National: Banaıes
rott hervorbringen. Wohl ift die Summe an Casi-
tale und Zinfen » Rückftänden, 1100 Millionen Pfund
Sterling oder 6600 Million Thaler, fo groß, dar
dem financiellen Arithmetiker davor ſchwindelt, und
man den ganzen, europätfchen. Continent nicht eim,
fondern mehreremal damit auskaufenk Önnte. Allein tür
England iſt dies Nichts. Man lege der. engiifchen
Nation nur 3 oder höchftend 5 Jahre foiche enorme’
Eontributionen und. Steuern nach Verhältnif ihres
baaren, liegenden und im Handel: circulirenden Ver—
mögens auf, wie fie. Deutſchland feit 309 Jahren. her’
getragen hat, und die Nationalſchuld wird bald ges
tilgt oder Doch wenigfiens fehr vermindere fenn. Man
muß England geſehen haben, um ſich eine Vorſtellung
II, 19
von dem — — ſeines Haudels ma⸗
chen zu koͤnnen · Eine Nation, die das baare Vermoͤ⸗
gen oder den Naturalreichthum von allen Völkern der’
Welt für die Produfte feines Kunfifleißes an ſich
zieht, darf fid) vor ſo einem Suͤmmchen noch nicht
bange ſeyn laſſen. Und wen iſt es denn der Staat
ſchuldig?“ Seinen eigenen. Einwohnern; reichen Par—
ticuliers und Rentiers, die ſelbſt im ſchlimmſten Falle,
daß die Bank keine Zahlung mehr leiſten koͤnnte, auch
noch nicht in Verlegenheit gerathen würden. Könnte
die Regierung oder das Miniſterium, wenn es ihnen
beliebt oder es Geld braucht, fo mit: drei oder vier
Zeilen eine Abgabe oder Steuer ausſchreiben, wie
dies anderwärts gebräuchlich ift, fo würde die Staats—
ſchuld vielleicht garnicht vorhanden, die englifche Na—
tion aber auch um eben fo viel aͤrmer feyn. Solange
übrigens der Schuldner noch feine-Zinfen richtig) ab⸗
führt; fo Tange einzelne Individuen aus der Nation
noch allen Königen und Kaiferm des Eontinents auf
Bänder Leihen, Fann man wohl nrit. Zuverläßigfeit
argumentiren, daß noch Feine Inſolvenz vorhanden
ift. Biel fehrien die brittiſchen Demagogen über die
ſchreckliche Armuth uud: Hungersnoth in London—
Wenn man aber bei keinem engliſchen, ſondern nur
in den entlegenſten Vierteln der Stadt bei deutſchen
Baͤckern, und dann noch ſelten genug, Roggenbrod
findet, ſo kann doch wohl die Armuth nicht gar ſo
groß ſeyn. Arme Menſchen giebt es in allen großen
Staͤdten der Welt. In großen Handelsſtaͤdten aber
werden ſich die Fälle, wo ein geſunder und ſtar⸗
fer Menſch verhungert, wohl immer am wenigſten
ereignen. Arbeit iſt in London wirklich noch "genug,
und der geringſte Tagelohn iſt 5 Schillinge oder 21
— pr. Ware das engliſche Volk ſo nuͤchtern,
maͤßig und haushaͤlteriſch, als das Deutfche, haͤtte
. sed nicht den Fehler an ſich, daß wenn es etwas hat,
ſchmort, bratet und ſiedet und trinkt, bis es weg iſt,
fo wuͤrde es gewiß minder in DVerlegenheit kommen
„und, dem Armen⸗Fond zur Saft falten, Ehen fo ift das
‚amerifanifche, Volk. Auch habe ish in der That we-
„nig, Bettler in London. gefehen, indem das Betteln
verboten, auch wirklich nicht eintraͤglich iſt, weil ein
Jeder feinen. Beitrag zum Armen-Fond giebt. Hin
und wieder ſtand eine armſelige Manns⸗ oder Weißs-
perſon mit dem Beſen in der Hand, und. hielt, irgend
„einen Fußſteig rein. Sie wagten es nicht. einmal, ‚den
Borübergehenden anzufprechen, fondern gaben durch einen
demuthsvollen Blick ihre Huͤlfsbeduͤrftigkeit zu erken⸗
nen; ſie waren unſtreitig die artigſten Bettler, die ich
„ie geſehen habe, und wenn ich. für ‚meine, Berfon ihre
ausden Minen. leſende Bitte oft nicht erfuͤllen konn⸗
te, fo. lag es nur Daran, weil ich wirklich —— in
‚Rech war. Tr.
Abends. um 45 werden, die Docs gefcloffen, "und
alle Arbeiter müffen fie um diefe Zeit. verlaſſen. Beim
Thore ſtehen Portiers, die den Einen oder den AUnde⸗
ren viſitiren. Wie ich mir ſo dieſe duͤrftigen, kuͤm—
merlichen, abgehaͤrmten und friedfettig einhergehenden
Voͤlkchen betrachtete, brach ich in die hoͤchſte Verwun⸗
derung daruͤber aus, daß dieſe unter Meiſter Hunt
und Carleils, dem Pamphlet-Schreiber, auf dem
Spaafield ſo furchtbar werden, und das ganze Haus,
‚das Jacob baute, Parlament) erſchůttern koͤnnen
Es waren aber nicht allein eingeborne Arme, die
ich in London ſahe; auch Fremdlinge traf ich dort im
bitterſten Elend. Unter dieſen feſſelte ein Muſelmann
‚oder Grieche ganz. befonders meine ‚Aufmerkfanfeit.
Er war ein hagerer, langer Mann zwiſchen den 50°
* 19
— 292 —
ger und 6oger Jahren. Sein tuͤrkiſcher Zurban und
orientalifcher Anzug zeigten ferne Herkunft an, und
fein kuͤmmerliches Ausſehen verrieth eben keinen Ue⸗
berfiuß bei ihm⸗ |
Gewöhnlich fand er im einer der Hauptftraßen
und both ganze Nebarbara, wovon er einige Stüden
in einer Schachtel hatte, zum Verkauf aus. Sein
ganzer Vorrath mochte vielleicht Faum einen oder
höchftens © Schilfinge mwerth feyn; wie hoch Fonnte
fich alfo fein Verdienft daran belaufen? Gewiß war
er ein orientalifcher Kaufmann, der durch eine Spe—
eulation verunglückt ift und jest im Elend ſchmach—
tet. Möge ihm bald ein rettender Genius erfcheis
nen; denn nur der, welcher das Elend felbft bis anf
die lebte Meige gefchmedt, hat Gefühl pafür!
Heim Schwelger, dem Praffer, dem Wucherer, ver
fchwelgerifchen Hoffchranze, der abgeſtumpften Advo⸗
FateneSeele und bei Allen, denen es immer wohlge-
gangen if, prallt die Klage des Unglücfd und der
Sammer des Elends ab, wie dag Schrotkorn an der
— — | %
Bierter Abſchnitt.
. Die Karrifaturen.
gIn der bildenden Satyre bleibt bis jest der End.
länder originell und unübertreffbar.
Die Franzofen fangen zwar auch an, in diefem
Genre der Perfiflage aufzutreten; allein das Meifte
ift Nachäfferei, und die Produkte der Deutſchen find
plump und mwißlos. -Um in dieſem Fache etwas zu
leiften, dazu gehört eine fo zuͤgelloſe Preß⸗ und Plat—
‚ten = Freiheit, wie fie England bat. Dort befteht fie
ſchon feit mehreren Jahrhunderten; folglich haben fie
die langjährige Routine anf ihrer Seite. Manche
finden diefe Art Satyre degoutant und plump ıc.
Allein es ift fein Grund abzufehen; warum? Satyre
ift eine Geißel für die Thorheit, die Schwachheit, das
Lafter und die Miederträchtigfeit; gleichviel ob fie
durch die Feder oder den Griffel und Pinfel ange-
bracht wird, wenn fie nur ihren Zweck erreicht. Kei⸗—
ner wird bier gefchont. Die Majeſtaͤt und der
Sacktraͤger; der Minifter und der junge Zierbengel,
(Dandy) die ehrmwürdige Matrone, die corpulente
Prinzeffin und die leichtfertige Kammerzofe; Alles
friegt hier feinen Theil. Am meiften Auffehen mach⸗
ten die Karrifaruren des Pamphlets
That is the house, that Jak built! —
Das ift das Haus das Jakob erbaute.
Das Portrait einer hohen Perfon, wie man mir
fagte, in fcharlachrother Uniform, drei große Neiher-
federn auf dem Hut, über und über mit Orden be—
bangen, und vorn auf dem Hofenfnopf befand fich
der größte von Allen.
Unter der Frage war der Nefrain:
Das ift der Mann barbirt und gefchoren!
Mit Orden behangen — und alles verloren;
Das Pamphlett felbft fchilderte mit den bitterſten
goetifchen Sarcasmen, die Verdorbenheit ded Parlas
ments, das der König Jacob errichtete.
Die meiften diefer Zerrbilder fihienen übrigens
gegen den Hof gerichtet zu feyn. Faft Fein Indiduen
war übrig, das nicht auf diefe oder jene Art abcon⸗
trefeit war.
Das englifche Volk fcheint allgemein einen’ grett-
zenlofen Widerwillen gegen die gefammte Dinaftie zu
haben. Sch habe felbft gebildete Menfchen dieferhalb
gefprochen, und auch diefe fprachen mit der größten
— 29
Geringfehägung von. der gefammten Familie die ſich
ohne Zweifel auch, wohl durch ihr RER kin vr
se des Volkes gibrach Aal SEE ERS
Slate ahtanieh, —
Com: Garden und Drurvlane⸗ * Thenter.
Drurpfane if daB. at Theater in, rn Das;
Locale ift ſchoͤn und geräumig, unter ‚dem Perſonale
find vorzuͤgliche Kuͤnſtler. Gern: haͤtte ich ein Meisı
ſterwerk von Shakespear geſehen; allein an denen
Tagen, wo ich das Theater zu beſuchen Zeit und Ge⸗
legenheit hatte, wurde keines derſelben aufgefuͤhrt.
Im Drurylane ſahe ich die Iron Chiſte (die eiſerne
Kuͤſte) ein Trauerſpiel mit Geſang. Hier hatte ich
Gelegenheit den erſten Meiſter Englands, den beruͤhm⸗
ten Keen (lies Kien) zu bewundern. Sein Spiel iſt
wirklich meiſterhaft; Kraft der Gefuͤhle und tiefes
Studium der Pſychologie und Mimik ſprechen ſich
darin aus; ſeine Rolle war die eines von Gewiſſens⸗
biſſen gefolterten Gattinmoͤrders; der Schmerz toͤdtet
ihn zuletzt. Verbaͤnde er mit ſeinem kunſtvollen Spiel
ein ſo kraftvolles und wohltoͤnendes Sprachorgan
und eine fo athletiſche Figur, wie ſein Namensvetter
in Hamburg, ſo bliebe er ein Vollendeter, nach Tal—
ma, der erſte mimifche Künftler; allein: feine beifere,
fiſtulirende Stimme. artet oft ins Kreufchende aus;
und darum bleibt fein Spiel für das. Auge zwar im⸗
mer fchön, aber für das Ohr oft widerlich, Die
Engländer find daher. auch fo — dem. Aue
länder ‚Talma, den. Vorzug einzuräumen.
‚ Räuber; müffen in englifchen Sragäbien fhon. im⸗
mer auftreten; und ſo war es auch in der eiſernen
- 1
Kuͤſte der Fall. Ein Frauenzimmer machte die Anführerin
der Raͤuberbande. Ein Land, welches die beruͤhmteſten
Raͤuber in Natura aufftellt, wie England, muß na-
türlicherweife auch auf der Bühne in dieſem Fache
etwas vollkommenes leiſten. Das letztere konute man
dem weiblichen Raͤuberhauptmann auch in der That
nicht abſprechen. Seine Declamation, in Verbindung
mit der rauhen und graͤßlichen Mimik, erſchuͤtterten die
Nerven des Zuſchauers. Nie ſahe ich. die Rohheit,
Gefuͤhlloſigkeit und Verworfenheit eines Raͤubers von
einem weiblichen Individuum ſo treffend und natuͤr—
lich darſtellen, als es dieſe kleine, ſchmaͤchtige Enge-
laͤnderin that. Ihr fliegendes Haar, das blaſſe zer—
ſtoͤrte Weſen in ihrem Geſicht, ihr kurzer, gruͤner
Amazonen- Habit, die hoͤlliſche Freunde, einen unglück-
fichen Jüngling zur Bande anzulocen, ihr Triumph
und Frohlocken, der bürgerlichen Geſellſchaft Boͤſes
zu bereiten, zeigten keine gemeine, niedrige Seele in
dieſem Charakter an, ſondern ließen den Zuſchauer
deutlich erkennen: daß ſchweres Unrecht ſie zu dem
Entſchluſſe bewogen, der geſammten Menſchheit Haß
und Verderben zuzuſchwoͤren. Tragoͤdie iſt die Krone
der mimiſchen Kunſt. Dort erſcheint der menſchliche
Charakter nur im hoͤchſten Extrem, entweder in dem
der Tugend oder in dem des Laſters. Darum muß buͤr⸗
gerliche Haͤuslichkeit aus Dem tragiſchen Spiel ver-
bannt ſeyn, und jedes Wort, jeder Ton, mit einem
Worte, Sprache und Action muͤſſen das Große uud
Erhabene der Kunft an fich tragen. Hierin, glaube
ich, übertrifft die englifche und ſelbſt die franzöfifche
Bühne die der Deutfchen. Dagegen aber geftehen die
Engländer im dramatifchen Fache uns unbedingt den
Vorzug zu. | |
— 296 —
In Covent = Garden ſahe ich Operetten, wovon
die eine die Traveſtie irgend eines Vorfalls unter der
Konigin Eliſabeth mit Sir Walter Raleygh war.
Auch bier ward ich fehr überrafeht, die zifchende
Mundart der Engländer in Lieblichen, melodifchen Ges
fang eingefleidert zu hören. - Die Sängerinnen waren
zwar nicht folche Künftlerinnen, wie unfere Milder
und Schulze, aber doch hörten fich ihre fehönen, rei-
nen und prunflofen Stimmen vecht angenehm an.
Für mich war e8 um fo mehr ein hoher Genuß, als
ich in dem melodielofen Amerifa ihn länger als ein
Fahr gänzlich entbehrt hatte. |
Für die große Oper ift eine italienifche Truppe,
die aber um diefe Zeit noch nicht fpielte; daher Fonts
te ich auch nichts davon hören und fehen.
Etwas habe ich in den englifchen Schaufpielhätts
fern gefunden, was degoutant und wider alfe Decenz
ift, nemlich: daß auf den oberfien Seiten = Galferien
den verworfenen Dirnen fo ein Unweſen geftattet
wird. Auf diefer Etage find außerhalb der Logen
Bahud- Und Venus» Hallen angebracht, und häufig
fommen die verlornen Kinder, von Punſch und Eros
que beranfcht, beinahe halbnackend zum Vorſchein, fo
daß das Zartgefühl der Schillings⸗Gallerie, beftehend
größtentheild aus Funftliebenden Matrofen, oft im
Unwillen gegen die Unverfchämtheit ausbrach. —
Schfier Abfhnite
Das Parlament. |
Sn England gewefen zu ſeyn, und eine Sigung
der Parlaments = Verfammlung nicht beizuwohnen,
hieße eben fo viel, als in Nom den PDapft nicht zu
fehen. Das Schiff, mit welchem ich nach Hamburg
reifen wollte, war feegelfertig, und gefchwind mußte
noch eine Nacht zu einem Befuche des Parlaments
und zwar des Unterhaufes gefpendet werden. Es war
gerade nach dem Vorfall in Manchefter, als ich mich
in London befand, und zu diefer Zeit hatte fich auch
das Parlament verfammelt, und die Gährung des
Volkes zu einem der wichtigften Gegenftände der Des
batten gemacht. Ehe ich zu den Debatten felbft über:
gehe, will ich erft eine kurze Schilderung des Parla=
ments vorausfchiefen. Was das DOber- und Unter:
haus in England fey, ift jedem Lefer wohl fchon aus
den Zeitungen befannt. Nur das Legtere habe ich
befucht und auch dort wieder Szenen und Verbands
lungen gefehen, die mir new waren. Das‘ Lofal be:
fand aus einem ein DOblongum bildenden Saale.
Ringsum die Wände waren Bänke terraffenmäßig
angebracht, auf denen fich die wirfichen Parlaments
Mitglieder befanden; denn nur folche hatten Zutritt
in den Saal. In der Mitte des legteren war eine
Art Katheder für den Sprecher und feine zwei Bei—
fiser oder Gecretairen. Oberhalb waren rechts und
links Galferien, die auch nur für die wirffichen Mits
glieder beſtimmt waren. Die Zufchauer hatten alfo
nur zu der hinterffien Gallerie Zutritt: Der Spre—
cher (Praͤſes) hatte eine große, bis über: die Schul-
tern herabhängende Knoten = Perrücde auf und einen
ſchwarzen ir und eben fo ‚waren as die Bei⸗
figer geſchmuͤckt. Dieſer ſonderbare Anzug hatte ein
das ı4te oder ı5fe Sabthunsert zurück, Die Sitzung
faͤngt zwiſchen 7 und 8 Uhr des Abends an, und
währt in der Regel bis um 3 Uhr des: Morgens.
; Bon Nechtöwegen muß man eine Einlaß = Karte
von einem Mitgliedeiaufweifen; alfeim zwei Schilffinge
bahnen auch den, Weg dahin, oder hoͤchſtens eine halz
be Krone (23 Schillinge) ‚Der Einlaß ver Zufchaner
geſchieht nur alle Stunden; die Mitglieder aber
koͤnnen zu jeder Zeit Eintritt nehmen. Auf- der Zus
ſchauer⸗Gallerie find in- der Negel auch die Geſchwind⸗
fehveiber der Zeitungd-Nedakteurg, die mittelſt Zeichen
faft jeded Wort auffchreiben, das im TR
gehatochen: wird.
Der Sprecher ruft seite diejenigen auf;
weiche eine Nede im VBarlamente halten follen ; zumeiz
fen ‚aber bittet fich auch. der Eine oder - Andere die
Erfaubniß aus, über dieſen oder jenen Gegenſtand
feinen Vortrag machen oder irgend Einen widerlegen zu
dürfen. Der Sprecher ruft auch zur Ordnung, ‚went
irgend Jemand zu ausfällig wird, oder ‚die. Zuhörer
zu ungeſtuͤm werden. Leßtere geben ihren: Beifall
oder Mißbilligung über irgend eine Periode der. Ne-
de zu erfennen, entweder mit Jah Ja! oder: Nein!
Rein oder Hört! Hört! Dft auch Durch; ein wildes, ”
lautes » Gelächter, oder durch ein Murren .· Kaum
konnte ich mein Staunen uͤber dieſen ungeheuren Laͤrm
verbergen, der oft den auf einer Oberſchleſiſchen
Bauernhochzeit oder den Klub in einer Matroſen⸗
Taverne übertraf. Unter den Rednern hatten einige
einen guten, andere einen ſchlechten Vortrag. Der
wichtigſte Gegenſtand der Debatten war: die Eins
. u ——
ſchraͤnkung der Preßfreiheit, weil die Demagogen das
durch das Volk verfuͤhrten, und Beſtrafung der Li—
belliſten durch Transportation. Ein ſchlanker, blaſſer
mit einer ſehr ausdrucksvollen und: intereſſanten
Geſichtsbildung begabter Mann: von. 45 Jahren, ſprach
am meiften für Die PRATER der m. m
frage: art | -
Wer iſt der Feind der —* *
Antw. Lord Caſtlereagh, des Koͤnigs Miniſter.
Bald nach dieſem tritt ein kieines unanſehnliches
Maͤnnchen auf. Sein blaßgelbes Geſicht, ſeine hohe
Stirn, ſein ſpaͤrliches Kopfhaar, fein ſchlichter Au⸗
zug und ſeine etwas krummen Beine geben ihm ein
ganz poſſirliches Anſehen. Doch bald zieht. der Wohl⸗
laut feiner Stimme, die Kraft feiner Sprache, die
Fuͤlle feiner, zierlichen Rednerfloskeln, die Natuͤrlich⸗
keit ſeines Vortrages, ſeine beißende und gewoͤhnlich
gluͤcklich gewählte Ironie die, Aufmerkſamkeit Aller
an ſich. Haͤufig richtete er ſich mit Fragen an die
Zuhoͤrer; und faſt immer ſcholl ihm Beifall zu. Sei⸗
ne Rede waͤhrte lange, und haͤufig hoͤrte ich ihn die
Worte ſagen: „Verlieren fie nur die, Geduld, nicht.
Ich bin ein Mann vom Metier, um Worte niemals
verlegen!“
Mit unbarmherziger Schonungslofigkeit a
er deu Vortrag Sr, Excellenz, des Deren Minifters,
zu widerlegen, ja fogar lächerlich zu machen „u weil er
wegen zweien. oder dreien unruhigen Köpfen: ein durch
die Verfaſſung conflituirted Necht der Nation rau—
ben wolle. Kurz jedes feiner Worte verfündete in
ihm den Freund des Dolfes, und den Angehörigen
der Dppofition, Wer ift der tolffühne, verwegene
Mann, der es waget, dem Minifter Gr. Brittifchen
Majeftät fo barſch, fo keck, fo vefpeftiwidrig au wider:
fprechen?
‚Antw. Mastr Brougham, the Lahybnt
Herr Bruhm der Advocat! —
Alſo ein Advocat, ein Juſtiz-Commiſſarius! Wi⸗
gluͤcklich kann ſich der Mann ſchaͤtzen, daß er dieſſeits
des Kanals iſt! Waͤre dieß jenſeits vorgefallen, was
ich hier gehört; ach armer Juſtitz = Commiffarius!!!
Die. fämtlihe hohe Verſammlung von Lords,
Pairs, Miniftern, See-Admirals, und mie fie nur
immer den Namen haben, hatten einen fehwarzen
Leibrock, und fonft auch nicht die geringfte Auszeich-
nung an ſich.
Bei diefer Gelegenheit muß ich den Lefer auch
mit den Stufen des engliſchen Adels naͤher bekannt
machen.
Die a ift: Knight (Kneit,) Ritter oder ſimpler
Edelmann.
Die 2te: Baronet, fo viel als bei ung Baron.
Die Zte: Earl, oder Graf.
Die Ate: ift Lord: — |
Und die Ste: Duke, Herzog. Nur der ältefte Sohn
in der Familie erbt den Adel; die übrigen müffen fich
ihn durch den Staats- oder Militairdienft zu verdies
nen fuchen, wenn fie ihn haben wollen.
Der Prinz Keopold von Coburg wird ———
geliebt und geachtet und für einen klugen und recht—
fchaffenen Mann gehalten, der nah John Bulls
Meinung ein guter König würde geworden ſeyn.
GSiebenter Abſchnitt.
Ergiebigkeit der Staatsaͤmter; druͤckende Abgaben; militairiſcher
und geiſtlicher Chargen Handel in England.
Die Beſoldung der hoͤchſten Staatsbeamten in
England grenzt faſt an Verſchwendung, und darum
iſt es kein Wunder, daß die Abgaben auf Eonfump-
‚tibilien und. mercantilifche Objecte fo enorm find.
Eofonial= Producte, inländifche Fabrifate und ſpiri⸗
tuoſe Getraͤnke haben wegen der hohen Taxen ungleich
hoͤhere Preiſe als in irgend einem Staate Deutſch⸗
lands.
Der erſte Miniſter hat nicht weniger als 60,000
Pfund Sterling jährliche Beſoldung; die Biſchoͤfe
von London und Canterbury eben ſo viel. er
Dffizier- Chargen Eönnen noch immer verfauft wer⸗
den; Pfarrſtellen nicht minder; und hat nun ein dergleiz
chen Geelenhirte ein ziemlich hohes After erreicht, flugs
verfauft er fein, Dirtenämtchen einem jungen Collegen,
und bezieht noch den ganzen Capitalswerth der jaͤhrlihen
Nevenue, oft 6 biß 12,000 Pfund. — Der fuccedirende
Hirte darf es aber nicht felbft kaufen; dieß waͤre
Simonie, ‚ein. Verbrechen wider das Kirchenrecht:
wohl aber Fann es fein Vater oder fonft einer feiner
nächften Verwandten für ihn thun: daher gelangen
arme Teufel fo felten zu fetten Pfruͤnden; daher in
der Negel die wenige Achtung des Volkes ‚gegen ihre
geiſtlichen Dirten. Der Lefer. erfieht hieraus, daß,
trog der meifen ‚Staatöverfaffung, in. England Ger
brechen find, wie wir fie, nirgends in Deutfchland
finden. | na re
— IR —
*
Achter Keinen
Eriminal⸗ Gerichts Verfaſſung in England.
Daß bei den englifchen Eriminalgefegen jeder
Buchſtabe mit Blut gefchrieben, iſt eine zu bekannte
Sache. Es if eiferne Nothwendigkeit, welche theils
in dem von Natur rauheren Charakter als der der
Übrigen Voͤlker Europas, theils in der Uebervoͤlke⸗
rung des Landes und der dadurch unvermeidlich ent⸗
ſtehenden Armuth ihren Grund hat. Wer ein Pferd,
ein Stu Nindvieh, oder ein Schaaf ſtiehlt, wer
Jemanden gewaltfamermweife auf der Landſtraße in
raͤuberiſcher Abſicht anfaͤllt, eine Kiſte oder Thuͤre
erbricht, oder wiſſentlich eine falſche Note ausgiebt,
oder ſich der Sodomiterei und eines anderen unna⸗
tuͤrlichen Laſters ſchuldig macht, wird ohne alle Barm⸗
herzigkeit gehangen. Naͤchſt der Todesſtrafe folgt
lebenslaͤnglicher, 14 und jähriger Transport nach
Botanye Bay! Die Teßtere arte iſt die ri
für den Diebfiahf.
Das Verbrechen muß durch Beweismittel voll⸗
ſtaͤndig erwieſen werden, und nur nach der’ Auf⸗
nahme des Beweiſes wird der Verbrecher noch hier
und da umſtaͤndlicher uͤber den ſtrafbaren Vorfall
ver Aufklaͤrung wegen, vernommen
Die ganze Unterſuchung wird zwiſchen dem Rich⸗
ter und den Zeugen auf der einen, und den Verthei—
digern auf’ der anderen‘ Seite‘ geführt; der Angeklagte
ſelbſt ſteht ſtumm und unthaͤtig im, Hintergrunde,
waͤhrend ſeine Defenſoren ſich um ſein Leben oder
Freiheit mit den Richtern herum ſtreiten. Dat 'end-
lich die aus 12 Gefchwornen beftehende Jury ihr
Schuldig ausgefprochen, fo wird das Urtheil nicht
gleich unmittelbar nach der Unterfuchung dem Ange⸗
ſchuldigten gefällt, fondern das gewöhnlich: mehrere
Angeklagte bei einer Affife gerichtet werden, ‚führt
man ſie, wenn letztere ihr Geſchaͤft vollendet hat, vor
die. Schranken (Bar) des Gerichtſaals. Der Richter
bedeckt fein Daupt mit einem ſchwarzen Aufſatz, wies
derhoft dem DBerbrecher in einen feierlichen und me—
lancholifhen Tone fein Vergehen, beklagt die, Rothe
wendigfeit, in welche fi der Staat verſetzt ſieht,
fich gegen die Wiederhohlung ſolcher Verbrechen zu
fichern, und fpricht endlich das fatale, Todesurtheil
über ihn aus, welches der König im Wege Der Be:
guadigung mildern kann. Die neinliche — *
det auch in Amerika ſtatt.
Wenn alſo die engliſchen Criminal: „Gefege J—
mit Blut geſchrieben ſind, ſo wird der Angeklagte
doch nie in die Lage kommen, ſieh ſelbſt um den Hals
zu reden, wie dieß in Frankreich und —
ſehr oft der —* iſt. — —
Neunter Abſchnitt.
Ginige Worte über die brittiſche Nation und ihre Verfaſſung
Sonſt dachte ich mir unter einem engliſchen Lord
oder einem vornehmen Dritten einen ſtolzen, aufge—
blafenen, einfilbigen Landjunfer, oder einen Sonder: '
fing. Unter dem gemeinen Mann, ein dickes Porters
faß mit einer Schüffel Noaftbeef wor fich. Lesteren
ſahe ich gewöhnlich auf den Earricaturen fo abgebil⸗
der, und über Erfteren hatte ich mancherlei Anecdoten
gelefen, die mir eine ſehr ungünftige Meinung: von
ihm beibrachten. Ich würde erroͤthen, jegt ein folches
Bekenntniß zu hun, wenn ich nicht ſelbſt Bis auf
—
den heutigen Tag wahrgenommen haͤtte, daß Diele
meiner deutfchen Landsleute, feldft von Ber gebildeten
Elaffe, noch diefelde unvortheilhafte Meinung hätten,
wie ich fie gehabt habe, oder überhaupt gegen den
brittifchen Character eingenommen wären.
Hauptfächlich liegt die Schuld wohl darin, daß
die englifche Sprache im Allgemeinen in Deutfchland
noch zu unbekannt if. Die National und character:
loſe Hofetiquerte einer, und die Invaſton der fran-
zöfifchen Deere anderer Seits, haben die franzöfifche
Sprache ziemlich allgemein faft in ganz Europa unter
der gebildeten Klaffe eingeführt; und die leichtſinnige
und fchlüpfrige Litteratur der FSranzmänner, wie
auch das fehlimme Beifpiel von oben herab, mögen
nicht minder das Ihrige dazu beigetragen haben,
daß unter die ſchlichte, deutſche Sitte foviel Galliz
fches gemifcht worden ifl. Der Engländer, "obgleich
er. urfprünglich aus gemifchtem Blute befteht, nem:
lich: aus deutfchem, fränfifchem, und aus dem der
alten Britten und Celten, "hat dennoch von feinen
Stanmvätern, den alten Sachfen, fehr viel Drigina-
lität des Characters beibehalten, vieleicht. mehr als
alfe übrigen deutfchen Bölfer von den ihrigen. Die
Urfache hievon dürfte weniger in der Individualitaͤt
und Pocalität, und der politifchen Ereigniffe, als in
ihrer ‘ganz im Geifte der freien, altſaͤchſiſchen Inſti—
. tutionen entiworfenen, und nach den Zeitumfländen
modifizirten Verſaſſung zu fuchen feyn, worüber ich
weiter unten ein mehreres fprechen werde. Ä
Der gebildete und felbft der vornehme Britte hat
nichts von allen den hochmuͤthigen, aufgeblafenen und
zurüchtoßenden Eigenfchaften an fih, die wir ung
gewöhnlich bei ihm vereiniget denken, fondern er ift
ein befcheidener, humaner, gefälliger und gefuͤhlvoller
Menfch
Menſch, wie ea re einem Individud einer
lange civiliſirten und lohalen Nation wohl erwarten
laßt. Der Britte iſt im Ungluůck nicht kriechend
und im Glüuͤck nicht‘ übermächig, wie wir das fo
häufig” auf dem Continente bei" Anderen“ zefehen ha⸗
ben; und worinn er immer und ewig den“ Vorzug
vor den Continentalen haben wird: er ſteht auf keine
Titel, auf keine Sterne und Kreuze, and auch nicht
einmal anf den No, — "fondern beurtheilt den
Menſchen anfaͤnglich nach feinen Morten, ‘und bei
Tängerer Bekanntfchaft nah feinen Handlungen Der
Engländer, weichem Stande‘ er" auch immer angehoͤ⸗
ven magy ſpricht gern uͤber Politik, und wer ihm
hierin Beſcheid thun Kann, it Ten Mann. Der
gebildete Britte kennt Wieland, Schiller, Goethe
Bögebüe‘ und 'nnfere erften- Genies; der riebtkäher
weiß von ihnen 'eben fo wenig, als der Chineſe und
Baſchkir. Der gelehrte Britte Tiefer und verſteht die
deutfche Sprache, wenn er fie auch nicht” ſpricht; er
lernte fie, um ſich mit den Schägen der deutſchen
Litteratur zu bereichern. Der Amerikaner glaubt:
der Deutſche koͤnne nichts weiter, als Sauerkraut
zubereiten, Bier trinken, Toback rauchen und Karten⸗
fpielen: ein Deutſcher Laut wirkt auf fein Ohr, wie
ihre Militairmufif auf das Meinige, und die —*
run iſt Good for Nothing, zu nichts gut.
John Bull hat eben feinen Wanſt vor —
wie ein deutſcher Bierbrauer oder Schlächter, ſon—
dern iſt ziemlich ſchmaͤchtig/ und blaſfen Gefichts,
Statt dem gebratnen Ochſenviertel tritt ein Heering,
eine Wurft, oder ein halb Pfund Rindfleiſch, ‚weiche
beim Koplenfener auf dem Kamin der Taverne gebra-
ten. werden‘, an die Stelle; und dazu trinke er ein
halb Quart Porter. Die übrigen Pndigidnen der
U. | 20
— Ts
— —
“os
Geſellſchaft bilden ‚eine ziufglförmige- Gruppe um das
Kohlenfeuer des, Kamins, dampfen aus. kleinen Gips⸗
ſtummeln, haben den VPorterkrug vor ſich ſtehen, und
weder den Spadefantel⸗ ‚noch, den Kuppe Du in der
Hand, ſondern ſitzen mit; uͤberſchlagenen Schenkein
entweder in melancholiſcher Stille da, ‚oder deliberi—
ven, ob es beſſer ſey, nach dem Vorgebirge der guten
Hoffnung, oder in das Sand der Freiheit und, Gleich
heit, oder nach Cannada auszuwandernꝰ Andere, ver⸗
wuͤnſchen die Politik der Miniſter, daß fie, ſich in
fremde Haͤndel ohne Noth ‚gemifcht,,.,. ‚und jest die
Nation, unter, der, Saft. Der, Staatsfchuld erdruͤcken;
wieder Andere ſchelten den Lord Eon. ...ein 6
Jñ— der ſchon zu lange auf dem europaͤiſchen
Continente geweſen, und dort die Grundſaͤtze des
Despotismus und der Soldateske eingeſogen habe,
als daß er ſich fuͤr einen brittiſchen Miniſter paſſe.
Der alte Koͤnig ſeh ein braver und rechtſchaffener
Mann, gewefen der mit dem Verwalter ſeines Gutes
Arm in: Arm gegangen; aber der Prinz Ra nd
alle Prinzen und Prinzeſſinnen ſeyen Gen: ‚for
Nothing, die man hinaus. treiben. ſollte.
Die Zeitungen werden auch hier vom —
Waſſermann bis zum Premier Miniſter gelefen, und
nicht fremd iſt ſelbſt der niedrigſte Britte in der
Politik; nicht gleichguͤltig ſi nd ihm die Debatten des
Parlaments, denn auch er wird dort) durch irgend ein
Individuum repraͤſentirt, und hat gleich ſam ſeinen
Antheil an dem Gouvernement. Ja wohl, iſt dieſes
Parlament, und zwar mit Recht⸗ der. Stolz der brit⸗
tiſchen Nation, denn es iſt die Schutzwehr/ welche
das Individuum gegen die unrechtmaͤßige Gewalt der
Krone, durch ein Geſchwornen-Gericht, die Habeas
Corpus Acte und die Freiheit der Preſſe ſichert
= Mm >
Was auch die Miniſter des Königs und, das adeliche
Oberhaus „immer beſchließen; es bat, doch nicht eher
eine Gültigkeit, als bis die Repraͤſentanten der Schu⸗
ſter, Schneider, Bürfienbinder u. ſ· w, dieſe Beſchlůſſe
beſtaͤtigen, welche zuweilen dieſe Profeſſion ſelbſt
betreiben. So z. DB. war ‚der Bierbraner Wbitbread
einer, der talentvollſten Redner im Unterhauſe, und
ein Befchüger und Rathgeber der Koͤnigin. Dieſer
whitbread war einer der reichften Männer in Lon⸗
don; es uͤberfiel ihr. aber eine Melaucholie und er
ſtuͤrzte ſi ich von einem, Thurme herab. TTÜD A
Das Unterhaus iſt alfo der ‚Stellvertreter
geſamten engliſchen ‚Volles, in welchem alle Landbe—
ſttzer und; ſtaͤdtiſchen Einwohner ‚ihre Repraͤſentanten
haben; ſie werden. aus, der. Zahl der. Freeholders oder
folcher Individuen gewählt, die bis zu seinem gewiſ⸗
ſen Betrage ein ſchuldenfreies Eigenthum haben, und
in en Hinfiht unabhängige Menſchen ſind.
Parlamentsmitglied in London zu werden, iſt mit
Pe Koſten verknuͤpft, weil das neue Mitglied an
dem Tage ſeiner Wahl in verſchiedenen Tavernen der
Stadt das Volk traktiren muß. Ein dergleichen Tag
iſt ein Bolköfeft, und Alles, was in die dazu ange⸗
wieſenen Tavernen fommt, kann frei. eſſen und trin⸗
ken, ſo viel es nur immer mag, Wer alſo in Lon⸗
don nicht ſchon eine gut gefpickte Boͤrſe hat ,wird
gar nicht darnach luͤſſtern ſeyn, ſich um eine Stelle
im Parlamente zu bewerben, die allerdings eine ſehr
ehrenvolle Auszeichnung in — Enstend, ir aber
nichts eintraͤgt · di bar
Das Unterhaus iſt alfo. feinem Auede. for dazu
Beftimmus,.dg3 Berfahren der. Krone und ihrer Agen-
ten zu. controlfiven, ‚und die Rechte des Volkes zu
ſciben Dieſes Recht war, vermoͤge der Fundamen⸗
* 90
— 508 —
tal: Beftimmung der Magna Charta, oder der Eon-
ſtitution, eigentlich dem gefamten Volke vorbehalten.
Als man fich aber überzeugte: welche Tumulte, Un:
grönungen und Gefahren aus Verfammlungen in
Maſſe entfiehen würden, fand man es zweckmäßig,
den gefamten Bolköförper in Ziveige abzutheilen, und
jeden einzelnen durch die fähigften und rechtlichften
feiner auszumählenden Mitglieder vertreten zu Taflen.
Diefe find gleichfam das Drgan jener Zweige. Deſ—⸗
- fenungeachtet aber fteht e8 jedem einzelnen Freeholder
frei, dem Throne und dem Parlamente Hittfehriften
oder Gegenvorfiellungen einzureichen; und diefes Necht
wird oft mit grenzlofer Freimüthigfeit ausgeübt.
Während meiner Anwefenheit im Unterhauſe
wurden verfchiedene dergleichen Petitionen vorgetras
gen, unter denen die ded Meifters Zunt fich befon-
derd auszeichneten; fi e waren ungefähr *
Inhalts:
Das Miniſterium ſey nicht einen Schuß Pur
ver werth, das Unterhaus’ nicht‘ mehr zuver⸗
läßig; es müfle eine Radical⸗ oder Reform von
der Wurzel aus flattfinden. (Allgemeines Ge⸗
lächter.) Daher nennt man diefe reformatorifche
Sekte Radifalen oder Wurzel-Neformer.
Die vorfiehend befchriebene Verfaſſung iſt alſo
dasjenige, was man in England die Conſtitution
nennt, und wonach jetzt alle Völker Europa's fo
fehr ringen, und fie zum Theil fchon errungen Haben.
Die Freiheit der Preſſe iſt ohne alle Controlle,
und jeder kann fchreiben und drucken laſſen/ was er
nur will, muß fich aber gefallen laſſen, wenn er
Jemanden grundloſerweiſe perſoͤnlich angreift, als
Pasquillant oder Injuriant belangt zu werden. Das
Avancement des EN) wird durch ein Militair⸗
Departement, beftehend aus den verdienfisolfffen
Staab8-Dffizieren, ſowohl activen , als ausgedienten,
dem Könige, auf den Grund der Berichte der Vor—
gefegten, vorgefchlagen. Begünftigungen und Vor—
liebe find daher auch hier nicht leicht möglich; indeß
- find doch noch alte Misbraͤuche beibehalten worden,
und häufig findet man Staab3 - Dfficiere, die den
Commandofiab von mehr ald einem Regimente in
den Händen haben, und auch das Damit ae
Gehalt beziehen,
Durch eine Webereinfunft muſſen die Geſchwor—
nen in den geſammten Staaten ihre Function unent—
geltlich verrichten; und da auch die Nichter vom
Volke befoldet werden, fo wird, fowohl in Civil⸗ als
Criminal⸗Prozeſſen „die Juſtiz unentgeltlich verwaltet.
Die Gebühren der Advocaten find eine Privat-Sache.
Wie wohlthätig die aus einer folchen Verfaſſung
heroorgehenden Folgen auf das Ganze wirken müffen,
bedarf gar Feiner Worte. Menfchen find Feine über>
Natürliche Wefen, und daher Irrthuͤmern und Schwäs
chen unterworfen, und um dieſe ſoviel ald möglich
zu vermeiden, ift ihre Controlle gleichfam von der
Natur beftimmt. Auch iſt zu erwarten, daß hundert
Paar Augen eine Sache beffer ſehen und beurtheilen
werden, als drei oder vier Paar.
Wo ich in England auch immer das Auge hin—
wendete: auf mechaniſche Geſchicklichkeit und Fabri—
keninduſtrie, Apparate der Phyſik, Aſtronomie und
Nautik, nuͤtzliche Erfindungen der Technik, Kunſt
und wiſſenſchaftliche Producte; uͤberall behaupten die
Britten den erſten Platz. Und wem anders iſt dieß
wohl zuzuſchreiben, als ihrer Verfaſſung und ihrem
Wohlſtande? Man wirft ihnen zwar einen großen
Handelsgeiſt und kaufmaͤnniſchen Geiz vor. Ich will
— si —
es ageben Solch ein Geiſt fuͤhrt aber zum Wohl⸗
ſtand und Relchthum; und dieſe werden doch ſtets
den Wiſſenſchaften und Kuͤnſten holder feyn, als
Bettlerarmuth und Tyrannei. "Man werfe nur einen
Blick in ihre Aljährlich erfcheinenden Bücherfatafoge,
und man wird fehen, wie reichhaltig ſte an nuhzlichen
und intereſſanten Werken uͤber jedes Fach der Wiffen:
fhaften, und wie Hoch ihre Preiſe find. Ein einziges
Werk: Neife nach dem Hintdla- Gebirge in Indien,
mit 20 Kupfern, von James Srafir, einem ‚Hffieter,
koſtet nicht weniger, als 35 Guineen Faſt kein
Winkel der Erde iſt mehr übrig, der nicht fehon von
den Britten erpforirt und" befehrieben worden wäre;
und fehr ruͤhmlich zeichnet fich ihr Militair in diefer
Branche der Litteratur aus. Alles, was wir uͤber
Politik, Erd- und Bölferfunde in unſeren Journa⸗
len leſen, iſt von der brittiſchen Preſſe erborgt; ihre
Litteratur hat ungezweifelt mehr praktiſchen und tech⸗
niſchen Werth, als die in unſerem deutſchen Väter:
lande, und wirklich ſehe ich mich veranlaßt, jedem
wiſſenſchaftlich gebildeten Füngling die Erlernung der
engliſchen Sprache anzuempfehlen. Mit ganz anderen
Augen wird er die Welt dann anſehen.
Wir Deutſchen haben zwar eben nicht Urſache,
uns uͤber Armuth an Litteratur zu beflagen; allein
inter den vielen Buͤchern) , welche alhaͤhrlich erſchei⸗
nen, iſt doch auch eine große Menge, die entweder
aus Compendien von Theorien oder aus ſchwůlſtigen
Romanen befteht, welche noch immer mehr dazu bei⸗
tragen, den kleinſtaͤdteriſchen, fitterarifehen Handwerks
burſchen oft zum Tollhauſe reif zu machen. Geleſen
wird von dem deutſchen Volke genug, vielleicht mehr,
als von dem englifchen; nur nicht immer, das Rechte.
Das Seid der Wiffenfchaften iſt noch groß, heißt
5* 511 weh
(
e8. Noch habt ihr Gelehrten nicht ausgemittelt ob
im Monde auch Pilze Wachfen? ob es ſchiffbare Stäfe
darin giebt? ob die Krater auch Feuer ausfpeien?
Noch wißt ihr nicht genau! ob und wo ‘die himm⸗
liſche Venus Stecken und Mittermale“ anf ihrem
plaſtifchen Koͤrper hat? tie es bei einigen ihrer Ge⸗
fährtinnen der Fall if, und wie wiel Trabanten die
Frau Juno umfchwaͤrmen. Nicht minder bleibt euch
noch genauer zu beftimmen übrig: os Tanben- oder
Huͤnermiſt dem Gedeihen der wohlriechenden Neite, |
der reizenden Aurikel und der ſchoͤnen Eile zutraͤg⸗
licher ift? Hieran ſpitzet euren Scharffi inn, und ua
mert euch nicht um ungelegte Eier! Le 7%
TE
— HER
Aereife von London nach Hamburg; gefammelte Erzählungen
der Schiffmannſchaft uͤber den Sklavenhandel, über China
und Braſilien; Helgoland, Cuxrhaven und das
Hanoverſche Land. |
Nah einem "Beinahe Derwochennihe 5—
halte in England und London ward ich endlich durch
die Huͤlfe des Koͤnigl Preuß BicesConfuls, Herrn
Burckhaͤrdt/ in den Stand geſetzt, meine Ruͤckreiſe
nach Deutſchland anzutreten; denn meine Caſſe war
jetzt völlig erfchöpft. Die Ueberfahrt von London
bis Hamburg kann bei gutem Winde in vier Tagen
bewürft iwerden; die meinige dauerte wegen widrigem
Winde und eingetretenem Froſt beinahe eben ſo lange
als die von Amerika nach England, indem wir allein
auf der Themfe 11 Tage zubrachten. Indeß hatte
ich eben nicht Urſache, mich uͤber lange Weile zu bekla⸗
gen; denn der Lootſen, welcher das Schiff bis Grave⸗
ſand ſteuerte, war ein alter Seemann, der faſt in
— 312 SS
jedem. Theile „der Welt geweſen iſt, auch anf seinem
Sklavenfhifle - als Capitain gedient hat; durch ihn
lernte ich die Abſcheulichkeit dieſes Handels ganz aus
dem Grunde kennen. Die ſchwarren ‚Könige, betreiben
diefen Handel in der. Regel, felbſt, und ‚erhalten ‚für
die Menfchen; ‚Gewehre, Nutoer und Blei, Brand⸗
wein, Putz und Flitter⸗ Schmuck fuͤr die Erlauchten
Gemahlinnen und drinzeſſinn en Toͤchter; erwaͤhnter
Lootſen habe mit einem der Könige an der. Sklaven;
Küfte zu Mittage geſpeiſet, in ſeinem Schloſſe, wel⸗
ches ſi ſich von einer Huͤtte nicht viel unterſchied, ge⸗
ſchlafen, und, war mit, der Bewirthung,. die in gefotz
tenen Huͤhnern und Reis beſtand, ſehr zufrieden Mit⸗
unter wurden auch Sklaven mit barem Gelde bezaßft,
und 40 Piaſter Dr einen — ——— Sklaven
er Si
Din RR RR ‚Schiffes y — ——
hatte 11 Jahre in der Königl. Marine gedient, und
war in China, Oft und. Weft-Indien, Nord- und
Suͤd⸗Amerika, auf dem Cap den guten Hoffnung, in
Braſilien, Italien und Frankreich geweſen. Nach
ſeiner Erzaͤhlung iſt Canton diejenige Seeſtadt der
Chineſen, in welcher, alle mercantilifchen Gefchäfte
mit den chriftlichen. Völkern. ‚abgemacht werden; es
darf aber kein Fremder indie Stadt, ſelbſt fommen,
fondern, ‚ein ‚Jeder, muß. fish, in. den. am Hafen. erbaus
ten Magazinen, aufhalten, die aber auch,.von. vielen
Chineſen bewohnt werden. Dort findet man. nicht
nur große, Waaren-Vorraͤthe des Chinefifchen Kunſt⸗
Heißes, fondern auch. europäifche Kleidungsftüce von
den Chyneſen nach. dem neueſten Parifer und Londner
Geſchmack durch Huͤlfe der Mode-Journale verfertiget,
vor. Ueber die Induſtrie und Geſchicklichkeit der
Chineſen Eonute. Herr Green feinen Verwundarans
nicht ‚genug, ausdruͤcken.
Auch iſt die Bevölkerung. in Ehina wirttich fo
groß, daß. man fehon in Canton fhwimmende Städte
fieht: die aͤrmſte Volksklaſſe hat ſich entweder auf Schif⸗
oder auf großen Flöffen Baracfen errichtet, und woh-
net in den letzteren; manche haben dieſe Floͤße mit
Erdboden belegt, und ſich kleine Gärten angelegt.
Dieſe ſchwimmenden Städtchen, deren. Bewohner ges
wöhnlich Tagelöhner ‚oder Fiſcher find, 5*
einen ſehr intereſſanten c
Bei dem weiblichen Geſchlechte PR noch
immer die Gewohnheit die Fuͤße in der fruͤheſten
Jugend in eiferne Schuhe einzuzwängen, wodurch. fie
ſo Hein erhalten: werden, daß. fie zu dem ‚übrigen
Körper nicht nur in, feiner Proportion ſtehen, fondern
das Frauenzimmer auch im Gehen ‚hindern; daher
leßteres im der, Regel corpulent und zeitlebens ‚ein
fchlechter Fußgänger: ift.
Die. Eiferfucht: der Männer in China gleicht. der
alfer. übrigen orientalifchen Voͤlker, und unfehlbar
würde der, durch einen Ehebruch beleidigte Ehemann
den. Frevel an beiden. Theilen mit-dem ‚Tode ‚befiras
fen; der minder. heftige Malaye- in Dftindien rächt
ihn hoͤchſtens mit, einer Tracht Schläge, wie Herr
Green aus eigener Erfahrung befunden Fonnte.
In der Fabriken-Induſtrie liefern ung die Chi—
nefen einen. elaftifchen Seiden-Stoff, Canton Erap,
den die erfinderifchen Britten bis ‚jest noch nicht
nachzumachen verftehen.
„Meder Brafilien fagt Herr Green. folgendes;
‚Die Hitze ift fehr groß und dem Europäer
läftig; die Städte find. in der Kegel unreinlich,
and viele ihrer Straßen nicht gepflaftert, Daher
= 54 =
man während der Negen-Zeit vor Schmutz kaum
Eee fann. Die Tanzmuff der niederen
Volkstlaſſe beſteht aus einem Tamburin und
einem mit Kerben verfehenen Stuͤck Hofe, auf
f welchen ein taftmäfiges Raſſeln verurfacht wird⸗
wozu man den Fandango tanzt, " ° |
Mach den’ Berichten nordamerikaniſcher Marine:
Dfficiere war die’ Öfterreichifche Prinzeß mit ihrem
Aufenthalte in Rio de Janeiro feinesiveges fehr zus
frieden; der Referent, Befehlshaber einer Fregatte,
ſetzte laconiſch hinzu: die freie amerikaniſche Luft
behage ihr nicht! Wenn er aber geſagt Hätte: Die
ungehoͤbelten Haͤlb⸗ Menſchen⸗Sitten, ſo wuͤrde er
vielleicht die richtigere Urſache augegeben haben.
Dem oͤſterreichiſchen Stubenmaͤdel und "den Kellner
Tadedel aus dem Prater wuͤrde es dort vielleicht
noch weniger gefallen, und nach den Berichten des
Herrn Doctor Ritter kann man wohl deutlich genug
entnehmen, daß Indolenz, Rohheit und Schmutz in
jeder Hinſicht in Amerika fo ziemlich allgemein verbrei⸗—
tete Eigenfchaften find. Auch aus dieſem Berichte leuch⸗
tete unertraͤglicher Egoismus des Jaͤnky wieder her—
dor, und der gedachte Commodore fegte fogar eine
Bravour darın, daß er dem Könige von Brafilien
beit —— den zum ih habe.
Ich Fehre nunmehr zum Beſchluß des Neifebe-
richts zurüc. Unfern der Elbe⸗Muͤndung liegt die
ehemals daͤniſche, jetzt brittiſche Inſel Helgoland; fie
iſt ein ungefähr 30 bis 36 Fuß Hoher aus der Nord-
See hervorragender Seifen, auf welchem die Stadt
gleichen Namens erbauet ift, deren Bewohner fich
hauptfächlich mir der Zifcherei und mie dem Lootfens-
Dienſt befchäftigen. Während dem Blokade⸗-Syſtem
wurde von dort ans ein flarfer Schleichhandel mit
dem feſten Lande getrieben. Die Stadt hat gemanerte
Haͤuſer und auch’ eiiten Kirchehurin und mag wohl
an 1000 biß 1900 Einwohner enthalten. u 3m
Kurhaven ift eine Stadt von 4 * 5000 Ein⸗
wohnern; fie liegt auf dem linken Elb⸗Ufer, hat einen
Leuchtthurm und dient waͤhrend dem Winter, wenn
die Elbe zugefroren iſt, gewoͤhnlich zum Aufenthalte
der ankommenden Schiffe, wodurch der Ort viel Nah⸗
rung gewinnt; auch befindet ſich ein Seebad daſelbſt.
Das Elbwaſſer iſt hier ſchon ſalzig. Der Boden
um Kurhaven iſt ſehr eben, feucht, aber auch frucht⸗
bar, und von der Stadt bis auf 6 bis 8 Meilen
in’8 Hanoverfche ift allgemeiner Wohlftand unter den
Bauern zu erblicfen, fo daß diefe denen in Amerifa
in Nichts nachſtehen; anf diefer Diſtanz aber find
Steppen und Haiden, die aus ſchwarzem Moor und
Sorf- Grunde beftehen; und auf denen, aufer einigen
Wachofderbeer - Sträuchen und’ Farren = Kraut, auch
nicht ein Baum mwächft. Wären dieſe Steppen am
Rhein oder in der Schweiz, man würde: fie längft
in gutes tragbared Noggen-Land umgewandelt haben;
alfein die dafigen Einwohner haben zum Theil Fand
im Weberfluß, anderen Theils feheinen fie mir ein
träger wendifcher Menfehen-Schlag zu feyn.
Endlich langte ich nach einem höchft beſchwer⸗
fichen Marfche in Hamburg an, zwar nicht mit
Schäßen beladen, aber doch herzlich froh und Gott
danfend, daß er mich wieder auf deutſchen Grund
und Boden zurückgeführt hatte, Nach einem Aufent⸗
halte von einigen Tagen traf ich den aus der erfien
Verſchwoͤrung in Portugal befannten General Eben,
ein geborner Schleſier, und in jeder Dinficht achtungs-
’
würdiger Mann, dem auch sein befieres Schickfal zu
gönnen’ wäre, ald das von ihm ermählte ift; er fand
eben im Begriff, ſich mit „mehreren mißvergnügten
preußifchen Dfficieren, worunter einige fehr refpecta-
ble und gebildete Männer waren, nach Sanft Tho—
mas einzufchiffen, um unter Bolivars tapferer Schaar
am Orinoco ihr Glück zu machen. Einige waren
fogar Bekannte, mit denen ich in der Campagne 1813
bei, einem Armee Corps geftanden hatte, und dieſe
fihienen .e8 mir. gar.übel, zu nehmen, daß ich unver .
vichteter Sache wieder zuruͤckgekommen fey. Ich hielt
es fuͤr Pflicht „ihnen zu fagen: was. ich von diefer
Armee gehört, und ‚wie das MilitairsSpften in Ames
rifa überhaupt beſchaffen fey, mwünfchte ihnen dann
allerſeits vom Herzen Gluͤck - zu. ihrer glorreichen
Earriere mit, dem Hinzufügen: daß man in Amerifa
eine Dier- und Brandwein= Taverne etabliren, Pots—
dammer Zopfband und Califos verfaufen, und. pflüs
gen und drefchen Eönne, ohne den Beſitz eines Gene—
ral⸗Patents; fie feldft würden. es wohl zeitig genug
erfahren, was dort für ein Gluͤck zu machen ſey?
Unter dieſen war auch ein junger huͤbſcher und recht
gebildeter Huſaren⸗Ofſicier, der ſich ſehr dringend
darnach erkundigte; ob dort nicht wohl eine anſtaͤn—
dige reiche Partie zu machen ſeyn duͤrfte? Ich erwi—
derte: wie ich keinesweges daran zweifeln wollte, in—
dem die ſuͤdamerikaniſchen Donnas ſehr viel Vorliebe
für das Militair hätten. Um daher manchen jungen
Heuraths = Gandidaten von den glänzenden Partien,
die dort feiner warten dürften, auch einen Vorge—
ſchmack mitzutheilen, will ich hier noch eine. Befchreiz
bung von der prächtigen Villa oder dem Feen- Pallaſt
eines ſuͤdamerikaniſchen Dons an den Ufern des
Orinoco fo mittheilen, wie Herr Alexander v. Zum:
bold, ein fehr zuverläfiiger Gewährsmantt, yag. 404
in feinem berühmten Werfe: Reife in’ die Pa
Gegenden, fie wörtlich liefert: PR
„om der Nähe von Vuelta del Joval kamen wir
zu einem Pflanzer, der ſich nebenbei mit der Tiger⸗
Jagd beſchaͤftigte. Beinahe nackend und ſo braun
wie ein Zambo, hielt Don Ignacio, denn ſo war
ſein Name, ſich doch fuͤr einen Weißen; ſeine Frau
und Tochter, eben ſo nackend wie er felbft, ‚hießen
Donna Ifabelle und Donna Manuela. Dieſer
Mann war folz auf feinen Adel und auf die Farbe
ſeiner Haut, und dennoch hatte er nicht einmal eine
Hütte von Palmzweigen aufgebaut, fordern bieng
feine Hängeniatte während der "Nacht unter zwei
Bäume Die Nacht war ſtuͤrmiſch; Donna Iſabella's
Kage hatte ihren Aufenthalt auf einem Tamarinden⸗
baum aufgefchlagen, und fiel während der Nacht in
die Hängematte eines Mitreifenden; Diefer glaubte
fih von einem wilden Thiere angefallen, und erhob
ein Zetergefchrei, welches die ganze Geſellſchaft in
Alarm brachte. Der Regen fiel in Strömen vom
Himmel, und dennoch fagte Don’ Ignacio den näch-
ſten Morgen zu feinen Gaͤſten, die nicht einentrock
nen Faden auf dem Leibe hatten, und vom Schauer
der Näffe Elapperten: Ihr koͤnnet Som Glück fagen,
daß ihr nicht am Strände die Nacht habt zubringen
muͤſſen, fondern noch fo gut angefommen feyd, entre
gente blähca y de trato ‚ bei er und: —* dazu
Leuten vom Standel —
Don Ignacio —— ſich che wenig anf feine
Tapferfeit: gegen die Indianer und auf die Dienſte,
die er Gott und dem Koͤnige geleiſtet, indem er den
Eltern Kinder weggenommen, uud ſie in die Miſſio—
nen zur Erziehung in der chriſtlichen Religion gebracht
= u ——
habe! Welch ein ſonderbares Schauſpiel, ſagt Herr
v. Humbold, in dieſer unendlichen Wůſtenei einen
Mann zu finden, der ſich fuͤr einen europaͤiſchen
Abkoͤmmling haͤlt, und. Fein anderes Dach als den
Satin eines Baumes fennet, und dennoch mit
—ä
J und den. Gebrechen, ei — ——
begabt, iſt!“ ——
Don if alle, ng: ein. ———
Don Ignacio. — Wenn das ‚Exterieur einer der⸗
gleichen: Donna, von. folcher Befhafe: heit ft, wie
mag nicht erſt die geiſtige und aͤſthetiſche Bildung
ſeyn? An Leſen und Schreiben. iſt gar nicht zu den⸗
ken, viel weniger ans Declamiren, Klavierfpielen. und
Tambyriren, „Schon in „Nordamerika habe ich von
der ‚feinen Bildung, der Land-Ladys einen guten Vor⸗
geſchmack bekommen. „, Armer Huſaren⸗Officier! die
deutſchen Mädchen deiner kleinſtaͤdteriſchen Garniſon
waren Dir, nach deinem Geſtaͤndniß, nicht fein ge⸗
nug. Am Orinoco „da wirſt Du feine Beau Monde
und Nahrung für; Geift und, Herz findenln.,a ran
Der Spanier hat ein, Sprichwort, welches a
Die, Herrlichkeiten dieſes Yqradieſet mit ———
ten ſchildert; Gr — 59 H9G ; Y nd 11%
Din Hi El.qui anda yo Pringpa gun; 36.58 40
er ‚3„Returma jamas or„loco.!. |
"Ben an. ‚dem Orinoco ſucht fein, ‚Stück, ‚ale
Kommt niemals, oder, als ein Narr zurüc!,
Die Ausfage ded Gefandten, der Republik Co—
lumbien, Don de- Torres. bekräftiget dieſes Sprich⸗
wort, indem er ſelbſt der Meinung war, daß von
20: Europaͤern, kaum acht das Clima ertragen wur⸗
den; auch wirkt die brennende Hitze in den Aequi⸗
noctial⸗Gegenden oft fo ſehr auf den Fremdling, daß
sh... 3 Ma
Manche ſelbſt ſchon in: Weftindien. FE den Sonnen;
ſtich, nach, einem ‚längeren, Aufenthalte, an Geiftes-
Zerrättung leiden, ‚Das, Land am Orinoco iſt äußerfi
fruchtbar, ſchoͤn und, eben; deſſen ungeachtet aber
find dag patriarchalifche Hirtenleben und die Viehzucht
dort. Die. Haupt⸗Induſtrie / und im Calabozo, der
oten Stadt der Republik, beſchaͤftigen ſich Die 56
bis 6000 ‚Einwohner, der Stadt groͤßtentheils mit, ‚der
Viehzucht; auch, weiß mancher. der.großen Gutsbeſttzer
nicht einmal, wie viel Stuͤcke Vieh er beſitzt Die
Suͤmpfe und undurchdringlichen Waͤlder wimmeln / von
zahlloſem Ungeziefer und „wilden. Beſtien: als Croco—
dillen, Boas, Waſſer-Schlangen, Tigern, laͤſtigen
Musquitos. Das Reaumurſche Thermometer ſtand
nach Herrn 8. Humbold um „die Mittags-⸗Zeit in
der ‚Sonne nur 600 2’ über Null. Alte wilden Thiere
ziehen ſich dann im das Dickigt der Gebuͤſche zuruck,
um ſich den brennenden Sonnen = Strahlen zu ent⸗
ziehen; die Voͤgel verbergen ſich unter die Blaͤtter
der Bäume, oder in die Helfen Höhlen, und nur
Miriaden von; Infeften ‚erfüllen: die; —
der Luͤfte mit ihrem ewigen Gebrumme
Angoſtura, die Hauptſtadt der Republic, iſt ein
arınfeliges Neft von 10,000 Einwohnern; aus allen
Haut⸗Schattirungen zuſammengeſettzzzzzz
Dieß iſt die geographiſche und fmancielle Be⸗
ſchaffenheit dieſer Republick. Wie es mit der poli⸗
tiſchen ſteht, wiſſen wir wohl ziemlich genau ans den
Zeitungen, und da dieſe Nachrichten aus denen der
Britten entlehnt ſind, wie ich mich ſelbſt aus der
Times uͤberzeugt habe, ſo * wir dei ** er
weges bezweifeln 0. Ir
Bolivar hat in diefem: —24 —* *
1600 Mann mehr zu ſeiner Dispoſition, und bei der
= 520 —
gaͤnzlichen Erſchoͤpfung aller ſine finanziellen Hulfs
quellen, hat er dem General Morillo Friedensvor⸗
ſchlaͤge gemacht, die wahrſcheinlich eine andere —
haben werden, als ſeine früheren. Br
Er Buenos Apres geht e8 ärger zu als bei den
Tuͤrken, und vom erſten Anbeginnen der Revolution
iſt dieſer Staat bis auf den jetzigen Augenblick der
Zümmelplag der Faktionen geweſen, die alle ſeine
Kraͤfte gelaͤhmt und zerruͤttet haben; und eben dieſer
Geiſt der Anarchie beweiſet es, wie wenig jene Voͤl⸗
ker die Wohlthat der Unabhaͤngigkeit zu ſchaͤtzen, und
wie noch weniger ſie den richtigen Gebrauch davon
zu machen verſtehen. General San Martin und
Admiral Cochrane Haben ſich mir 5000 Mann in
Valparaiſo eingeſchifft, und 20,000 Gewehre -mitges -
nommen, um die Inſurrection in Peru ausbrechen zu
laſſen, und Hispaniens Herrſchaft zw ſtuͤrzen. Sie
kommen zu ſpaͤt! der jetzige Stand der Dinge in
Spanien hat die Aerme der Suͤdamerikaner groͤßten⸗
theils entwaffnet; auch find die neumodiſchen Soͤhne
der Sonne eben nicht ſehr fuͤr's rauhe Soldaͤten
Leben geſtimmt. Die jungen Männer ſchminken ſich
ſtehen einem! halben Tag vor dem Spiegel, ſind mit
Ambra und wohlriechenden Waſſern geduͤftet, halten
ſich nicht eine, ſondern eine Menge Maitreſſen; ſolche
Leute find Feine große Helden! Und faſt nicht: viel
beſſer iſt es in Mexico. Hätte dieſe Menſchen-Maſſe
von 16 Millionen Seelen ein Gefuͤhl fuͤr Nationa⸗
litaͤt, einen Sinn fuͤr Unabhaͤngigkeit, ſo haͤtten ſie,
dar fie Alles in: Allem keine 15,000 Mann ſpaniſche
Truppen fich gegen tiber "hatten, in ſoviel Wochen
ihre Unabhängigkeit vom Mutterlande erreichen koͤn⸗
nen, als ſie fchon Jahre dafür freitem Wahrlich!
die Neigung zum Lachen. wandelt mich jedesmal“ an,
wenn
wenn ich mich an die Nodomontaden unferer Politi-
fer zurückerinnere: Amerifa wird die alte Welt ver-
fchlingen! die Amerikaner von den Europäern Se
ſetze Beta
Bon den Engländern haben wir * Gott Lob!
dieſen Unſinn nie auskramen gehoͤrt, weil ſie mit
jenen Voͤlkern ein wenig beſſer bekannt ſind, als die
uͤbrigen Europaͤer. Zu beklagen iſt es nur, daß ſo
viel brave Maͤnner, die fuͤr die gerechte Sache der
Menſchheit in Spanien und Deutſchland gefochten
haben, auf die elendeſte Art dort jenſeits des Mee—
res umgekommen ſind. Wenn man die Leiden der
Mac Sregorſchen Expeditionen lieſet, ſo ſchaudert
die Menſchheit darüber. Bon den 340 Mann, wel-
che nach dem Gefecht in Dortobello in Gefangenfchaft
gerathen, und nach Panama transportirt worden find,
Haben nach 17 Monaten nicht mehr ald 115 das
. Elend und den Mangel überlebt, denen fie in ihrer
Gefangenfchaft ausgeſetzt waren. Das Loos der
Dfficiere war noch viel fchrecflicher ald das der gemel-
nen Soldaten. Ungefähr 40 der Erfteren wurden
nach Cheman und Darien, 40 Leguas von der Küfte
des ſtillen Dceans, transportirt; 14 davon wurden
auf Befehl des Gouvernements, ohne Nücficht auf
die Capitulation, erfchöffen, und von dem Ueberreſte
haben nur acht das Elend der Gefangenfchaft und
das Klima überlebt; die meiften davon waren Capi-
tains und Lientenants auf halbem Solde. Ein nicht
befferes Schieffal hatten diejenigen, welche in Rio de
Sa: Hacha gefangen wurden, und von den 200 Mann
find nicht mehr als 25 nach Jamaika auf einem
brittiſchen Schiffe in der elendften Lage angefommen,
die man fih nur immer vorſtellen kann, und bis anf
H, 21
— 522 —
— —
Kr
weitere Anordnung des Gouverneurs im Soital unter⸗
gebracht: worden. Bon der. gefamten M. Gregorſchen
Expedition, gegen 2000 Mann ſtark, find alſo noch
138 Mann übrig geblieben. Von den: unglücklichen
Schlachtopfern, die nach und nach in Gujana gelane
det wurden, erfährt man. gar nichts; indeß ift es
wohl. zu erwarten, daß. auch. dieſe, wo nicht Alle,
doch der groͤßte Theil, ein Opfer des Clima's und des
Mangels und Elendes, mit dem fie zu Eimpfen batr
ten, geworden fi find.
J +
Eilifter Abſchnitt.
Hamburg
Hamburg ift eine alt und Ächt deutſche freie
Reichs-Stadt mit engen und ziemlich unregelmäßigen
Straßen uud Häufern im antiken Styl; fie enthält
100,000 Einwohner, deren Aeußeres ſchon verkündet,
daß das Ninpdfleifch gut und Eräftig, und der Wein
feiner . Acciſe unterworfen iſt. Die phyſiſche Conſti⸗
tution zeigt einen gefunden Menfchenfchlag an, und
wirflich bildete der Anblick. Iebhafter, voller und mun-
terer Gefichter einem fehr auffallenden Contraft: gegen
die. blaſſen, vertrockneten und mit. melancholifcher
Niedergefchlageuheit bezeichneten der Amerikaner; ſo
viel über vie materielle Befchaffenheit dev Bewohner.
In intellectseller oder geiſtiger Hinficht müßte man
ſich offenbar der. Verlaͤumdung fhuldig machen, wenn
man diefem. Drie nicht das vortheilhaftefie Zeugniß
geben wollte. Das Erziehungs = Wefen iſt fuͤr eine
veine Buͤrger⸗Geſellſchaft ſo gut organiffrt, daß wenig
== i
oder gar nichtd mehr zu wünfchen abeig bleibt, und wirt⸗
lich findet man unter den Eingebornen, befonders unter
jungen Leuten, faft gar feinen Poͤbel mehr, indem ſelbſt
der Sohn des geringſten Matroſen oder Waſſermannes
ſchreiben und gut rechnen, haͤufig auch drei — *—
Engliſch, Franzoͤſiſch und ſeine Mutterſprache verſteht⸗
und da nun dieſe gute alte deutſche Reichs⸗Stadt nur ſehr
wenig Militair⸗Chargen, wie auch Staats und Hof⸗
Bedienungen zu vergeben hat, fo wird dort Die Ju⸗
gend auch groͤßtentheils nur für den ſoliden Bürger?
Stand erzogen; inzwifchen finder man den höheren
Handelftand doch fo gebildet, wie man ihn in Lon—
don, dem Central: Punkte der merkantiliſchen Welt,
nur immer finden Fann. Auf der Börfen-Halle,' von
welcher der Kaufmann Herr v. Hoftrop Entrepre:
neur iſt, werden nicht nur faft alle Zeitungen von
Europa, fondern auch die vorgüglichften Flugſchriften
gehalten, und faſt zu jeder „Stunde des Tages bis
ı0 Uhr des Nachts fand ich das Leſe-Zimmer beſetzt;
dies und die Ausſage verſchiedener Berliner Bud:
händler, daß Hamburg in der Regel einer der vor-
züglichften Marft-Pläge für nene Schriften if, beur—
funden es abermals, was ich über London bereits
gefagt habe. Zwar hat: diefer Ort die Geißel der
franzöfifchen Invaſion von allen Städten: Deutſch—
lands am meiften empfunden ‚auch it der Handel
nicht mehr fo blühend wie ehedem, und wird wahres
fcheinfich auch nie wieder ſo werden; indeß ſteht man
ihm doch noch feine Verarmung an, fondern im Ge
gentheil dürfte dort noch immer mehr Wohlftand au—
zutreffen feyn, als in jeder anderen deutſchen Dan-
deld-Stadt. Damburg iſt zwar immer noch das mer-
cantiliſche Ihor für Norddentfihland; da aber die
Britten ihre Handels-Geſchaͤfte jest unmittelbar mit
* 91
-
— GB —
dem feſten Lande betreiben, ſo hat der Tranſtito⸗ und
Speditions⸗Handel in Hamburg dadurch ſehr gelit—
ten, und nicht minder find der ehedem fo bedeutende:
Getreide: Handel nach England und die Leinwand
Gefhäfte nah Spanien und dem transattlantifchen
Continente zeither fehr. im Stocken geweſen. Zu
wuͤnſchen wäre es, daß dieſe kleine Republick
ſich auf das Colonial-Syſtem verlegte; ſchon ihre
Lage und Verfaſſung des Ortes find der trans—
attlantiſchen Coloniſation vorzüglich guͤnſtig; auch
wuͤrde ſie gerade am wenigſten Veranlaſſung zur
Eiferſucht geben, fie koͤnnte ſehr leicht durch ein zweck⸗
maͤßiges Colonial⸗-Syſtem einſt das werden, mas
Genuag und Venedig im Mittel-Zeitalter waren,
3wSölfter usroniee
Reiſe von Hamburg nach Berlin.
MNach einem zweimonatlichen Aufenthalte in Ham⸗
Surg und nach Wiederherftellung meiner durch die
Defchwerniffe der Seereife etwas zerrütteten Gefund-
heit, fegte ich mich auf die Poſt, und fuhr nach Ber:
lin. Auf diefer Reiſe paffirte ich zum: erftenmale
durch das Mecklenburgifche, denn die Hinreife machte
ich auf der Elbe. Welche fürchterliche Idee hatte ich
mir fonft von diefem Sande entworfen! Immer ſchweb⸗
ten mir die alten Mecklenburgifchen Nitter vor den
Augen, wie fie mit ihren Brand-Fackeln die Dörfer
der Bauern anzündeten, um fie in die Feſſeln der
furchtbarften Leibeigenfchaft zu fihmieden. Hier war,
nach der Geſchichte, die Leibeigenfehaft am drückend-
fien, und wo diefe Schmach der Menfchheit hauſete,
oder noch haufer, da kann es nur armfelige und
fElavifch-friechende Menfchen geben! Kurz, ich dachte
mir unter Mecklenburg nur ein Pohlen. Welchen
rührenden Eindruck. die gänzliche Täufchung meiner
Erwartungen aufımein Herz machte, kann ich kaum
mit Worten befchreiben. Als ich daher die ſchoͤn
gebauten großen Bauerhöfe mit großen Scheunen .
und GStallungen, die Sauberkeit im Innern der Woh-
nungen und die gut angebauten Felder erblickte; da
fragte ich einmal über das andere den alten Schirr-
meifter; wem gehört dieß Land? Alles Mecklenbur:
gifh! war die Antwort. Nun ich Fomme aus einem
fruchtbaren, gefegneten und freien Sande; aber folche
ſchoͤne und große Bauerhoͤfe babe ich dort, in Ame⸗
rifa, wenige gefehen, mie bier. Auch die volfen,
fräftigen und gut gefleideten Menfchen hatten gar
nichts fflavifches an fih, fondern naͤherten ſich mir
mit einer Zuverficht und Freimüthigfeit, wie ich fie
bei dem ſtolzen Nepublifaner nur immer gefunden
babe; und wohl konnte man ihnen anfehen, daß fie
auch außer dem Sonntage ein Stuͤck Schinken im
Topf haben. Von den Kindern fchließt man auf den
Vater, dachte ich bei mir felbft; und gepriefen fey
der Vater, der für feine Kinder forget, und ed ihnen
wohl gehen läßt auf Erden! — Gegen den Fürften
aber, der feine Voͤlker drüct und ſchindet, oder
drücken und ſchinden laͤßt, muͤſſen alle Federn der
Schriftgelehrten oder Schriftſteller zu Felde ziehen,
und der Voͤlker Nechte vertheidigen, und Ärger noch
als eine Dirne, die auf offener Straße ihren Leib
für Lohn feil bietet, muß derjenige verachtet werden,
der für ſchnoͤden Lohn und ſchmutziges Intereſſe
feine Gedanfen gegen die Unterdräckten verfanft oder
in
verfupgelt! — Aber ſolche Fürften, die es ihren
Voͤlkern wohlgehen laffen, müffen von allen Freun—⸗
bein der Gerechtigkeit und Wahrheit öffentlich gerühmt,
und ald Mufter zur Nachahmung aufgeſtellt werden,
und mit fröhficher Bruft rufe ich "aus: „Es lebe
Se. Königl. Hoheit, der Große Herzog von Mecklen⸗
burg der gute Vater re. —— |
EeE nd «
IN, *
Berlin, gedruckt bei G. Hayn..
Litt erariſche Anzeige
V Lilly, die großmuͤthige Indianer⸗Jungfrau; eine
hiſtoriſche Erzählung aus dem letzten Kriege zwi—
ſchen den Vereinigten Staaten und den Britten
und Indianern, von Hecke.
„Mit Unwillen und -Abfchen wird der Befer die
zahlloſen Grauſamkeiten erfehen, deren ſich die
Amerikaner gegen die unglücklichen Indianer
fhuldig machten, die in der nämlichen Periode,
wo Deutſchland fuͤr ſeine Unabhängigkeit focht,
auch für die ihrige mit: wahrhaft ſpartaniſchem
Helden- Muthe fämpften, und daß auch fie Hels
dem aufzumweifen haben, die einem Bluͤcher und
Wellington zur Geite geflellt zu werden ver:
dienen. Diefes kurze Werf befindet fich bereits
unter der Preſſe.
2) Die angekündigte Zeitfehrift wird unter dem
Titel:
Dein re
einlitterarifches, politifches und mercantilifches Journal,
alfmonatlih in einem 5 bis 6 Bogen flar-
fen Hefte noch im Monat Februar erfcheinen; -
der Jahrgang koſtet 6 Rthlr. preuß. Muͤnzfuß,
und wird vierteljaͤhrige Vorausbezahlung mit
Rthlr. bedungen. Die näheren Bedingungen
ſollen in der erſten Lieferung mitgetheilt werden.
MIIER
DATEMIERETTE
von 9 Ph - Petri-in Berlin,
welche durch alle Buchhandlungen Deutfchlande
zu beziehen find,
r
Bülkingslöwen, Johanna, von, Anſichten und Mei-
nungen zur Beforderung glücklicher Ehen in zwei Abthei—
lungen abgefaßt. 8. geh. 10 Gr.
Deren Briefe über weibliche Bildung, gewechſelt zwiſchen
Dante und Nichte. 8. er, an er
Srauftadt, Rudolph von, neungig Krokodilleier und fieben
Mebenblätter. 2 Böchn. ı2. geh. ı Rthlr.
Deffen Mähren und Träume. 8. geh. ı Rthlr. 8 Sr.
Hennig, ©. ©., Heifetafchenbuch durch die Gegendeit um
Dresden und Meißen, durch die Saͤchſiſche Schweiz bie an
die Bohmifche Gränge. Für Lufireifende, beſonders Toͤp—
liger und Garlebader Badegäfte. 8. geb- so Gr.
. Hofmann, L., Geſchichte der Buͤchercenſur. gr.8. 1 Rthle 12 Gr.
Bfeiffer, Johannes, geographifche Wandtafel. Weberficht
des Willenswürdigfien aus der gefammien neueften Geogra—
phie. „Hälften. Fol. Im Barthiepreife ag Gr. einzeln 10 Gr.
Schaden, Ad. von, feindliche Freunde und freundliche Feinde.
Roman. Mit einem Borwort von Julius v. Voß 8.
ı Rthlr. 4 Gr.
Schlachter, ©. J., Fruͤhgebete für Lehrer in Bürgerfchulen.
8. In Barthien. „ Gr. einzeln. 8 Gr.
Voß, Zul. von, die beyden Gutcherten. Luſtſpiel in z Auf-
zügen. Nebfi einer Abhandlung üder Recenfentenunfug im
Berlin und das hier zu‘erwartende zweite Theater. Mit
dem Bildnif des Fräulein Franz beim Königl. Hoftheater
zu Berlin, als Margarethav. Rohrshof. ı2 geh ıFthlr. 8 Sr.
Deffen und Ad. von Schaden, Theaterpoffen nach dem
Leben. ır Bd. Neue verm. Ausgabe. 8. geb. ı Rtolr. 8 Sr.
(Enth. ı. Die Damenbüte im Berliner Theater. 2. Die
Biodfichtigen. 5. Das Kaleidoscon. 4. Der Baft in Ham—
burg. 5. Sarreaudame und der Gypsapoll.) [UN >
‚Deren Theaterpofien nach dem Leben. ar Bd. 8. ı Rtblr. 10 Gt.
(Enth, 1. Des Tages Mißton. 2. Die verunglüudte Maske
rade. 3. Die falfche Prima Donna in Kraͤhwinkel. 4. Tele -
mad) und Mentor.)
— —
THIS BOOK IS DUE oN THE LAST DATE 3
STAMPED BELOW |
—
AN INITIAL FINE OF 25 CENTS
. WILL BE ASSESSED FOR FAILURE To RETURN
‚THIS BOOK ON THE DATE DUE. THE PENALTY
— „WILL INCREASE TO 50 CENTS ON THE FOURTH
—
Mn ! #,5DAY“AND TO $1.00 ON THE SEVENTH DAY
OVERDUE.
—_ ⸗
LD 21-95m-7,’37
— ——
BERKELEY LIBRARIES
—
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H4
UNIVERSITY OF CALIFORNIA LIBRARY
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EN:
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