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Full text of "Reise nach den Inseln Teneriffa, Trinidad, St. Thomas, St. Crux und Porto-Rico; auf Befehl der franzsischen Regierung, vom 30. Sept. 1796 bis zum 7. Juni 1789, unter der Leitung des Capitain Baudin unternommen"

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nach den Inſeln 
Teneriffa, Trinidad, St. Thomas, 
St. Crux und Porto: Rico; 


auf Befehl der franzoͤſiſchen Regierung, vom 30. Sept. 
1796 bis zum 7. Juni 1798, unter der Leitung 
des Capitain Baudin unternommen, 


von 


9 Le Dru, 


einem der Naturforſcher der Expedition beſchrieben, und 
von Sonnini mit Anmerkungen verſehen. 


Jam Aus dem Franzöſiſchen. 


Mit Bemerkungen begleitet, nebſt einer allgemeinen Übers 
ſicht des ganzen weſtindiſchen Archipels, vorzuͤglich 
in Ruͤckſicht 
der 


K ene. enz 
von 


E. A. W. v. Zimmermann. 
L BRA A* 
NEW Ka 


Em nd. 


Leipzig 1811, 
bei Heinrich Büſchler in Elberfeld. 


\ 


Vorbericht des Hrn. Le Dru. 


Der Kapitaͤn N. Baudin diente in der franzoͤſi— 


ſchen Marine, als der Frieden von 1783 in ihm 


den entſchiedenen Hang zu ſcientifiſchen Expeditio— 
nen weckte. Neugierig als beobachtender Naturfor— 
ſcher den Ocean zu befahren, den er ſo oft als Mi— 
litaͤr durchkreuzt hatte ), fuͤhrte er vom Jahre 


*) Das Lob, welches Hr. Le Dru dem Kapitaͤn Baudin 
ertheilt, ſticht auffallend gegen die Angaben und die Kla— 
gen mehrerer Gelehrten ab, die ſo wie er unter ſeiner 
Leitung gereiſet ſind. Ohne der Beſchwerden zu erwaͤh— 
nen; wer hat nicht die ſonderbaren Nachrichten des inte— 
reſſanten Reiſenden Hrn. Bory de St. Vincent, des 
Hauptnaturaliſten einer der Expeditionen geleſen, der ihn 
der Unwiſſenheit beſchuldigt “Y? und woruͤber er einige 
glaubwürdige Zeugen anfuͤhrt. Meine Abſicht gehet indeß 
nicht dahin, die noch warme Aſche des Kapitaͤn Baudin 
zu beunruhigen, und ich will lieber das Beiſpiel des ge— 
lehrten Herausgebers der Voyage de Decouvertes dans les 


*) In der Voyage dans les quatres prineipales isles des 


mers d' Afrique etc, 3 vol. Paris. 
ö +r 


IV 5 

1786 bis 1789 auf Koſten des Hauſes Oeſtreich 
ſeine erſte Reiſe nach dem Suͤdmeere aus, von wo 
er viele lebendige Pflanzen zuruͤckbrachte, wel— 
che jetzt den kaiſerlichen Garten zu Schoͤnbrunn 
ſchmuͤcken. 

In derſelben Abſicht unternahm er von 1793 bis 
1795 eine zweite Expedition. Er ging von Trieſte 
auf der Fregatte la Jardinière unter Segel, und bes 
ſuchte China, die Sundinſeln, Hindoſtan, das Cap 
der guten Hoffnung u. ſ. w. Auf dem Ruͤckwege 
hatte er einen heftigen Sturm auszuſtehen, und 
ſah ſich gezwungen, in Amerika bei der ſpaniſchen 
Inſel Trinidad vor Anker zu gehen, um dort die 
aus dem Schiffbruche geretteten Ueberbleibſel einer 


mers australes nachahmen. In dieſer Beſchreibung wird 
des Hauptes der Expedition gar nicht erwaͤhnt, und dieſe 
ganz einzige Uebergehung iſt haͤrter und erniedrigender 
fuͤr ihn, als Seiten von Klagen. 

Hat ſich der Kapitän Baudin Hrn. Le Dru auf ſeiner 
Reiſe nicht unter fo unvortheilhaften Geſichtspunkten als, 
waͤhrend der folgenden Reiſen gezeigt, ſo mag vielleicht 
der ſanfte nachgiebige Charakter des Hrn, Le Dru hiezu 
Veranlaſſung gegeben haben. 

Indeß it Hr. Le Dru durch die günſtige Meinung für 
ihn in einen Irrthum gefallen. Baudin hat naͤmlich nie 
in der koͤniglichen Marine gedient. Es waͤre indeß ſtets 
zu wuͤnſchen, wie dieß auch vor Kurzem d’Entrecaftaur in 
feiner Reife aͤußert, daß dergleichen Expeditionen Flott⸗ 
Offizieren anvertraut werden möchten. S. 


V 


koſtbaren Sammlung von naturhiſtoriſchen Gegen— 
ſtaͤnden, naͤmlich 195 Gattungen lebendiger Plans 
zen, eine große Menge Muſcheln, Madreporen, 
Verſteinerungen, Fiſche, Inſekten, Quadrupeden 
und ausgeſtopfter Voͤgel in Verwahrung zu geben. 
Baudin kam am achten Jun. 1796 wieder nach 
Frankreich; er bot dieſe verſchiedenen Gegenſtaͤnde 
der Regierung als Geſchenk an. Das Direktorium 
nahm es an; hierauf ließ es in Havre das Fluͤt— 
ſchiff die Belle-Angelique von acht hundert Tonnen 
ausruͤſten, und beſchloß, der Kapitaͤn Baudin ſolle 
das Kommando deſſelben uͤbernehmen, um nach den 
Antillen damit zu gehen, und dort ſeine Sammlung 
vollſtaͤndig zu machen. Es wurden ihm vier Natu— 
raliſten beigegeben, um ihn bei dieſer Unterneh— 
mung zu unterſtuͤtzen und ſich mit den darauf Bezug 
habenden Kunſtforſchungen zu beſchaͤftigen. Die 
Profeſſoren des Muſei der Naturgeſchichte erhielten 
vom Marineminiſter den Auftrag, ſeine Gehuͤlfen 
zu waͤhlen. Ich hatte das Vergnuͤgen, als Bota— 
niſt Mitglied der Expedition zu werden. Verſchie— 
dene Umſtaͤnde, die ich anfuͤhren werde, haben der 
Reiſe eine andere Richtung gegeben, als die, wel— 
che die Regierung vorgezeichnet hatte. Durch einen 
Sturm geriethen wir nach den kanariſchen Inſeln. 
Die Englaͤnder, welche zu der Zeit, als wir auf 
Trinidad landeten, in Beſitz der Inſel waren, ge— 


vr 

ftatteten uns, nur acht Tage dort zuzubringen“).— 
Der Kapitaͤn, der indeß von den Antillen nicht 
nach Europa gleichſam mit leeren Haͤnden zuruͤck— 
kehren wollte, ohne das Vertrauen des Direktorii 
gerechtfertigt zu haben, faßte den Entſchluß, nach 
und nach auf den daͤniſchen Inſeln und bei Porto- 
rico zu landen. 

Ueberall ſuchte ich die ſachkundigen Perſonen 
unter der Kaufmannſchaft, den Aerzten, den Gou⸗ 
verneuren u. ſ. w. auf. 

Vorzuglich verdanke ich dem Ritter d' Azara, 
ſpaniſchen Ambaſſadeur in Frankreich, die ſehr 
ſchoͤnen Karten von den kanariſchen Inſeln und 
Portorico von Thomas Lopez, und dem berühmten 
Botaniker Hrn. Cavanilles die Geſchichte der kana— 
riſchen Inſeln von Clavijo, ſo wie die von Porto— 
rico von Soto-Mayor. Hr. Buache, erſter Hydro— 
graph der Marine, hat mir gefällig die von Orho— 
lum in Koppenhagen 1793 herausgegebene Karte 
von St. Crux mitgetheilt. 

Um unnütze Wiederholungen zu vermeiden, er— 
waͤhne ich es hier, daß die in dieſem Werke ange 


*) Ungeachtet die engliſche Admiralitaͤt auf Verwenden des 
Praͤſidenten der koͤnigl. Societaͤt Sir J. Bauks, den die 
Profeſſoren des pariſer Muſeums darum gebeten, die 
Erlaubniß zur Reiſe ertheilt hatte, um die Kollektion von 
Trinidad abzuholen. 


vu 


führten Breite- und Laͤngegrade, vom pariſer Mes 
ridian angerechnet ſind. Die Reiſemaaße werden 
bier in Seemeilen zwanzig auf den Grad gerechnet, 
wovon jede 2850 Toiſen oder 555,475 Metres ent— 
haͤlt. Da die geographiſchen Lagen eine Sache der 
hoͤchſten Wichtigkeit find, fo gründen ſich die von 
mir angefuͤhrten zuſammen auf Autoritaͤten, die 
alle Achtung verdienen. Als Augenzeugen von meh— 
reren Mißbraͤuchen habe ich ſie anfuͤhren muͤſſen, 
ſo wie auch die Veraͤnderungen, welche gewiſſe 

Zweige der oͤffentlichen Verwaltung erheiſchen; 
ohne indeß ſicher den Charakter der Spanier belei— 
digen, oder uͤber die Geiſtlichen und die Ceremonien 
ihres Gottesdienſtes ſpotten zu wollen. 

Ich weiß, die von den Europaͤern gegruͤndeten 
Kolonien ſtehen nicht auf derſelben Stufe der Kul⸗ 
tur, der Induſtrie, haben nicht die naͤmlichen libe— 
ralen Grundſaͤtze. 

Die Urſachen dieſes Unterſchiedes liegen in der 
allgemeinen Geſchichte der Fortſchritte des menſch— 
lichen Geiſtes, und in der Dauer gewiſſer der Ent— 
wicklung der menſchlichen Vernunft vortheilhaften 
oder ſchaͤdlichen Einrichtungen. 

Indeß iſt bei allen civiliſirten Voͤlkern die Majo— 
ritaͤt der Bürger nothwendig tugendhaft “); ver 


) D h. fie beſteht aus ſolchen, die in Bezug auf die So— 
cietaͤt und ſich ſelbſt nuͤtzliche Handlungen vornehmen. 


VIit 


hielte ſich dieß anders, fo waͤre die geſenſcaſtich⸗ 
Verbindung bald aufgeloͤßt. 

Die Bewohner von Teneriffa und Porte ſte⸗ 
ben in Anſehung der Moral keinem andern Volke 
nach, ſondern haben vor mehreren den Vorzug in 
Hinſicht der aufrichtigſten Freundſchaft und edeln 
Hoſpitalitaͤt, wodurch fie charakteriſirt werden. Sie 
haben übrigens mit den Bewohnern des Mutterſtaats 
zwei koſtbare Eigenſchaften gemein, die dieſe in ſo 
hohem Grade auszeichnen, naͤmlich Maͤßigkeit und 
religioͤſe Beobachtung ihres gegebenen Wortes. 

Seit meiner Ruͤckkehr nach Europa iſt Teneriffa 
zum zweitenmal vom Kapitaͤn Baudin beſucht, 
und einer der Gelehrten dieſer neuen Expedition, 
Hr. Bory de St. Vincent, hat ſeine Essais sur les 
Isles fortunees’ herausgegeben. Dieß Werk iſt be— 
ſonders zu empfehlen wegen der Geſchichte der 
Guanchen und der geographiſchen Beſchreibung der 
Inſeln. Indeß habe ich dennoch nicht geglaubt, 
mich durch die Herausgabe deſſen abhalten laſſen zu 
muͤſſen, meine Ideen über denſelben Gegenſtand bez 
kannt zu machen. Die Statiſtik eines wegen ſeines 
Klimas, ſeiner Produkte, der Anmuth ſeiner Bewoh— 
ner intereſſanten Landes bietet ein großes Gemaͤlde 
dar, das wohl den Pinſel von mehr als einem Mas 
ler beſchaͤftigen darf. | 


ı. 


Vorrede 
des Herausgebers der Ueberſetzung. 


| Sind gleich die Reiſenachrichten über Weſtindien 

ſehr zahlreich, ſo haben dennoch nur wenige derſel— 
ben die Naturgeſchichte dieſer fuͤr Europa ſo ſehr 
wichtigen Inſeln ausſchlußweiſe zum Gegenſtande. 
Zwar verdienen Sloane und Brown unter den Eng— 
laͤndern, ſo wie Rochefort und du Tertre ſelbſt noch 
jetzt unſre vorzuͤgliche Achtung; in Anſehung derje-⸗ 
nigen Produkte, welche die ſogenannten Kolonial— 
waaren betreffen, gehoͤrt dem Englaͤnder Bryan 
Edwards unſtreitig der erſte Rang. 


Seit der Zeit jener zuerſt genannten Autoren iſt 
aber die Naturhiſtorie faſt gaͤnzlich umgeſchaffen, 
und Edwards Auseinanderſetzungen, ſo belehrend 


x \ 
fie auch find, mußten der Natur feines Werks zu— 
folge ftets nur beſchraͤnkt bleiben. 


Der Naturgeſchichte war es daher ſehr willkom— 
men, daß ein neuerer ſachkundiger Naturaliſt wie 
Hr. de Dru ſeine Reiſenachrichten über einige der 
Inſeln Weſtindiens bekannt machte ), nur iſt es 
ſehr zu bedauern, daß es ihm ſeine Lage nicht er— 
laubte, mehrere Inſeln dieſes Archipels zu bereiſen, 
und ſeinen Aufenthalt auf der bedeutenden Inſel 
Trinidad ſo beſchraͤnkt zu ſehen. Indeß tragen die 
Laͤnder Weſtindiens ziemlich ein und denſelben 
Stempel, obgleich mehrere der großen ſich eben 
wegen ihres Umfangs und ihrer Bildung nicht un— 
bedeutend auszeichnen. 


Beſonders ſchaͤtzbar find die Nachrichten von 
dem uns bis dahin weit weniger als die uͤbrigen In— 


*) Sein Werk fuͤhrt den Titel: Voyage aux Isles de Te- 


neriffe, la Trinire , St. Thomas, Sainte Croix et Porto- 
Rico, execute par Ordre du gouvernement francois depuis 
le 30. Septemd. 1796 jusqu' au 7. Juin 1798 sous la Diree- 
tion du Capitaine Baudin, pour faire des recherches et des 
collections relatives à l’histoire naturelle, contenant des 
observations sur le elimat, le sol, la population, l’agricul- 
ture, les productions de ces Isles, le caractère, les moeurs 
et le commerce de leurs habitans par A. Pierre Le Dru. 
Ouvrage accompagne de notes de Sonnini. Paris. 2 vol. 8. 


* 


\ * 
A 


ſeln bekannten Portorico. Hier wird nicht bloß dem 

Naturforſcher, ſondern eben ſowohl dem Statiſtiker 
ein neues Feld eroͤffnet, denn man kennt ja leider 
die beiden groͤßten ſpaniſchen Inſeln Weſtindiens, 
Cuba und Portorico, faſt gar nicht. 


Aber auch die Nachrichten, welche uns de Dru 
von den kanariſchen Inſeln mittheilt, verdienen 
ſelbſt, nachdem man den Bory de St. Vincent ge— 
leſen hat, gehoͤrige Achtung, wie dieß dann auch 
jener Reiſende mit einer ehrenvollen Wahrheitsliebe 
in feinem Briefe an Hrn, Le Dru ſelbſt geſteht. 


Endlich hat die Geographie durch die vielen 
Angaben der einzelnen Ortsbeſtimmungen nicht we— 
nig gewonnen. Wahrſcheinlich ruͤhren ſie zum Theil 
wenigſtens von dem Kapit. Baudin her, der die 
ganze Expedition leitete, und der uns hier in einem 
neuen, beſſern Lichte erſcheint, daß man beinahe 
vermuthen ſollte, es ſey nicht derſelbe Nautiker, 
welcher Peron nach Neuholland und um die Welt 
fuͤhrte. 


Da Hr. Sonnini bereits durch mehrere oft faſt 
zu umſtaͤndliche Zuſaͤtze den Text zu erlaͤutern geſucht 
hat, ſo habe ich mir nur einige Zuſaͤtze erlaubt, um 
nicht das Ganze mit Noten zu überſchwemmen. 


II 

Dagegen hoffe ich, daß die hier als Einleitung 
erſcheinenden allgemeinen Blicke auf Weſtindien, und 
beſonders eine neue Anſicht ſeiner wichtigſten Kolo— 
nialwaaren nicht gaͤnzlich ohne Rn werde auf— 
genommen werden. 


Ich habe nicht nur geſucht, die letzte aus einem 
minder gewoͤhnlichen Standpunkte zu betrachten, 
ſondern mich zugleich bemuͤhet, die ſonderbaren 
Schickſale dieſes Archipels in der Kuͤrze anzuzeigen, 
und dabei darzuthun, wie ſelbſt nach allen Kalami— 
taͤten, nach unaufzaͤhlbarem Ungluͤck, das ſowohl 
dieſe Inſeln, als auch einen großen Theil von un- 
ſerm Europa betroffen hat, dennoch bei dem ſtets 
weiter uͤberhandnehmenden Luxus und den daraus 
nothwendig ſich vermehrenden Krankheiten, den— 
noch die Menſchheit dadurch um kein Unbeträchtliz 
ches weiter geruͤckt iſt, und in der Folge noch bedeu— 
tendere Vortheile daraus erzielen wird. 


Nicht unwichtig wird aber, wie ich hoffe, meh— 
reren Leſern dieſer Abhandlung die allgemeine Ueber— 
ſicht der Surrogate ſeyn, wodurch Europa bei vor— 
kommender Nothwendigkeit ſich des ſchweren Ver— 
luſtes entledigen kann, den es durch das theure 
Aufkaufen jener Kolonialwaagren ſeit Jahrhunder— 
ten leidet. 


XIII 


Ich habe nicht nur verſucht, die Kolonialwaa— 
ren je nach ihrer Wichtigkeit zu ordnen, ſondern ich 
habe mit dem Zucker, als dem nothwendigſten Pro— 
dukte der Kolonien, ſo wie zum Theil mit der 
Baumwolle, einen Weg zu eroͤffnen mich bemuͤhet, 
wovon ich wuͤnſchte, daß man ihn auch in Ruͤck— 
ſicht der ubrigen Kolonialwaaren verfolgen möchte, 
Auf dieſe Weiſe gelangte man, glaube ich, zu etwas 
Allgemeinen; man koͤnnte hiernach es ziemlich ab— 
ſehen, was wir nothwendig verbrauchen, und zu— 
gleich was und wie viel unſere Heimath davon oder 
von einem Surrogate ſelbſt zu erzielen faͤhig ſey. 


Nirgend habe ich auf Unkoſten der Wahrheit 
uns Europaͤern überhaupt zu ſchmeicheln geſucht, das 
mit man ſich nie zu große Erwartungen von unſern 

! Anftrengungen machen möge; geht man einmal mit 
Vorurtheilen auf eigene Kraͤfte an ein großes Un— 
ternehmen, ſo verliert man nachmals beim Fehl— 
ſchlagen alles Zutrauen auf ſich ſelbſt, und indem 
man ſeine wirklich vorhandenen Kraͤfte aus uͤber— 
triebenem Mißtrauen aus der Acht laͤßt, findet man 


ſich doppelt beſtraft. 


Es thut mir leid, daß ich bei dieſer Arbeit in 
den Artikel der Einfuhr des Rohrzuckers in die ver⸗ 
einigten Staaten von Amerika nicht das ſtatiſtiſche 


XIV 


Manual, die ſogenannten Economica von 1806 une 
benutzt gelaſſen habe, die Reſultate fuͤr dieſe Staa— 
ten wären wohl etwas verſchieden ausgefallen, da 
die hier vorkommende Angabe nur aus Moſe Geo— 
graphy genommen iſt. Indeß haͤtte dieß die großen 
Reſultate, wozu ich gelangt bin, wohl nie bedeu— 
tend geaͤndert. Dieß iſt ſicher auch dann der Fall, 
wenn ſich hier oder dort aus Mangel an Muſe und 
an Kraͤften (denn ich ſchrieb die Abhandlung zum 
Theil in und gleich nach einer Krankheit) Verſehen 
ſollten eingeſchlichen haben. Die Sache kam haupt— 
ſaͤchlich auf die richtige, weit umfaſſende Ueberſicht 
und Beurtheilung im Ganzen an, und hiefuͤr hoffe 
ich bei manchem Leſer Dank verdient zu haben. 


Br. den 24ten Juni 1811. 


E. A. W. b. 3. 


Namen der Offiziere und Naturforſcher, die auf 
dem Fahrzeuge, die Belle-Angelique eingeſchifft 
0 waren. 


| Geboren 
Nicolas Baudin, Kapit. des Schiffs, 


Chef der Expedition,. auf der Inſel Rhe. | 
Pierre la Roche, Sch. Fir, .. St. Malo. 
J. B. Baussard, desgl. \ . Honfleur, 
B. Gaumond, Ddesal. . > A 
J. B. Augoumard, desgl. e Favre. 
J. V. Le Francois, Commissaire 5 id. 
V. Tuffet, Geſundheitsbe. . . St. Maixeut. 
M. Fortis, Lootſe, ° Le Havre. 
R. Marge, Zoologen, in d. Nähe von Fon- 
tainebleau. 
A. B. Le Dru, Botaniker, . . Chanteuai bei le 
| | Nlart, 
A. Riedlé, Gaͤrtner, . 5 . Xrsee, 
A. Advenier, Mineraloge, . . 
A. Gonzales, Maler, „ Madrid. 
B. Le Villain, Liebhaber der Na— 
turgeſchichte, . nne Ie Havre. 
L. Houard, desgl. 5 Paris. 
L. Le Gros, desgl. u. Ingenieur, . La Rochelle. 
Die ganze Anzahl der Offiziere, Naturforſcher, Ma⸗ 
troſen u. ſ. w. dieſer Expedition belief ſich auf 108 
Perſonen. 


XVI 


— — 


Verwandlung der in dieſem Werke angeführten 
fremden Münzen, Maaße und Gewichte 
in franzoͤſiſche. 


Die metrologiſchen Berechnungen der vorzuͤglichſten 
Schriftſteller bieten nicht jene Gleichfoͤrmigkeit, jene Be— 
ſtimmtheit dar, welche bei Materien nothwendig ſind, in 
Hinſicht deren das ganze Verdienſt auf Genauigkeit be— 
ruhet. Vergebens habe ich geſucht Baudeau a), Peu- 
chet b), Cuthrie c), Catteau d), die Redaktoren des 
Annuaire imperial e) u. ſ. w. mit einander zu vereini— 
gen; ſelten ſtimmen ſie in Anſehung des Werthes der 
fremden Maaße, Münzen und Gewichte, die auf franzoͤ— 
ſiſche k) gebracht ſind, uͤberein. Uebrigens gruͤndet ſich 
die hier beigefuͤgte Tabelle auf Quellen, die mir den Vor— 
zug zu verdienen ſchienen. Zumal habe ich die Metro- 
logie von Biornerod, welche man in dem gten Band der 


a) Dictionaire de Commerce, dans l’Enceyclopedie Methodi- 
que 1783. 4to. 

b) Dictionaire de la Geographie commercante an 7. 5 vol. 
in 4to. 

c) Nouvelle Geographie universelle, traduite par Noel an 7. 

tom. 3. N 

d) Tableau des Etats danois 3 vol. in 8 vo. Paris 1802. 

e) In 16. 1808. ER 

f) Beiſpiel. — Vare von Kaſtilien, 31 franzoͤſiſche Zoll 3 
Linien, nach Peuchet; und; Fuß 5 Zoll 6 Linien; Baus 
deau zufolge. 5 N 


Reiſe nach den Inſeln 


Teneriffa, Trinidad, St. Thomas, 
St. Crux und Porto-Rico. 


Le Dru Reife. 1. Bd. A 


77 


12 
2 
* 


Erſtes Kapitel. 


Abfahrt von Havre — Anblick der Küften Englands — Pracht— 
volles Schauſpiel — Schrecklicher Sturm — Weg nach 
den kanariſchen Inſeln — Wir gehen bei St. Crux auf 
Teneriffa vor Anker. a 


Seit einem Monat beſchleunigte der Kapitain Baudin 
in Havre, die zu unſerer Reife nothwendigen Anſtalten. 
Nachdem er die Bemannung der Belle-Angelique zu 
Stande gebracht, nahm er den Zeitpunkt der Fluth des 
Vollmondes wahr, um Befehl zur Abfahrt zu ertheilen. 
Den 30. September 1796 lichteten wir um zehn Uhr des 
Morgens die Anker. Als wir den Hafen verlaſſen hatten, 
legte der Kapitain bei, um die Namen derjenigen verleſen 
zu laſſen, welche auf der Liſte der Mannfchaft ſtanden. 
Hierauf ſegelten wir gegen N. O. 1 N. 

Den folgenden Tag nahmen wir ungefähr in der Ent- 
fernung einer Meile (Lieue) deutlich die engliſchen Kuͤſten 
wahr; fie ſtelleten ſich uns an den Ufern des Meeres zwi— 
ſchen Plymouth und dem Kap Lezard angenehm dar. 

A 2 


Ein Delphin ), vier bis fünf Metres lang, ſchien 


uns zu folgen, und zeigte ſich häufig dreißig Schritte vom 


Steuerruder. Das Waſſer ſprudelt aus ſeinen Luftroͤhren 
jedesmal wenn er den Kopf über die Wellen hebt; als— 
dann läßt er ein ſehr empfindliches Geraͤuſch hören, wo— 
durch dieſe Art Saͤugthiere dei uns den Namen Blaſer 
(les souffleurs) erhalten hat. Die Sonnenſtrahlen, die 
auf den Koͤrper des Delphins durch die gruͤnliche Welle 
zuruͤckfallen, bringen darauf die glaͤnzendſten goldenen, 
violetten, gruͤnen Farben hervor, und ihr Wiederſchein 
wechſelt bei jeder Bewegung des Fiſches. 

Unſer ſchnelles Segeln (den 14. October) und die 
heitere Luft gewaͤhrten mir den Anblick eines erhabenen 
Schauſpiels, welches man nur auf der hohen See beobach— 
ten kann; naͤmlich das ſcheinbare Hin- und Herſchwanken. 
der Himmel, das durch die Bewegung des Schiffes von 
hinten nach vorn bewirkt wird. Während der durch ſehr 
hohe Wellen gehssene Vordertheil des Fahrzeuges, ſich 
mit ihm erhebt, hat es das Anſehen als ſtuͤrzte ſich ein 
Theil des Himmels in den Abgrund; iſt er bis an die 


Spitze der Wellen gelangt, ſo gleitet der Bug mit Schnel— 


ligkeit auf die entgegengeſetzte Seite; dann glaubt der See⸗ 
fahrer in ein halb offenes Meer zu fallen; der Horizont 
ſcheint aus dem Innern der Wellen hervorzuſchießen und 
ſich mit aͤußerſter Schnelligkeit zu erheben. Dieſe Schwin— 


gung wird deſto majeſtaͤtiſcher, ſobald das Hin- und Her— 


ſchwanken des Schiffes der Laͤnge nach ſich mit dem von 


einer Seite zur andern vereinigt; zumal die Nacht ſcheinen 


*) Delphinus, delphis Linn. der Tummler oder Springer. 
M. ſ. die Noten am Ende dieſes Kapitels. 


— 


I 


die Geſtirne, der Mond, die Wolken um das Schiff eine 
ſchie e Elipfe zu beſchreiben; der ganze Himmel hat das 
Anſehen in Bewegung zu ſeyn. Gerade dann erhebt der 
fuͤr die Schoͤnheiten der Natur gefuͤhlvolle Menſch ſeine 
Seele bis zur Gottheit. Dieſe ſchwebende Bewegung der 
Himmel erinnert ihn an den periodiſchen Umlauf der 
Welten. 


Bis zum achtzehnten Oktober hatte uns gar kein unan⸗ 
genehmes Ereigniß betroffen .. der am Tauwerk erlittene 
Schaden ward bald wieder hergeſtellt. Der ziemlich leichte 
Gang des Fahrzeugs und die Nachbarſchaft des Wende— 
kreiſes verſprachen eine glückliche Fahrt; indeß waren wir 
dem Augenblick nahe, wo wir einen der ſchrecklichſten 
Stürme ausſtehen ſollten. Wir befanden uns zwiſchen 
den azoriſchen Inſeln und Madera *); der nordoͤſtliche 
Wind, der uns ſeit drei Tagen guͤnſtig geweſen war, dre— 
hete ſi ch plöslich, und zwar mit folcher Heftigkeit ganz nach 

Oſten, wie wir ihn noch nicht empfunden hatten. Auf ein⸗ 
mal ſchlug das außerordentlich angeſchwollne Meer gegen 
den Hintertheil und gegen die Seiten des Schiffes. Die 
Bewegung der ſtark angeſpannten Segel und das Toben 
der Wellen brachten ein dem aͤhnliches Pfeiffen hervor, 
welches man beim Nordwinde in unſern Waͤldern hoͤrt. 


Die Sonne ſtand noch unter dem Horizont, und der 
mit Regen und Hagel begleitete Orkan, nahm nach und 
nach fo ſehr zu, daß faſt alles an Maſten, € N und 
das Steuerruder verloren ging. 


„) Unterm 342° N. Br. und 27 w. Länge; wir ſteuerten 
gegen S. W. 1 W. 


6 


Er brachte uns tauſendmal an die Pforten des Todes. 
In dieſer traurigen Lage zeigten alle Officiere einen Muth 
und eine Thaͤtigkeit, die das groͤßte Lob verdienten. 
Nichts glich inveg dem Eifer Baudin's. Mitten unter 
den Gefahren belebte ſein Beiſpiel die Mannſchaft, ſeine 
Kaltbluͤtigkeit floͤßte Vertrauen ein, und die von ihm mit 
groͤßter Genauigkeit erlaſſenen Befehle waren ſtets die, 
welche der kritiſche Augenblick erheiſchte. Obſchon ſchwer 
am Kopfe verwundet, obgleich der Nahrung und des 
Schlafes beraubt, zeigte er ſich gegen ſeine eigenen Be— 
duͤrfniſſe gefuͤhllos, und beſchaͤftigte ſich nur mit den unſri— 
gen. Seine Erfahrung und ſeine Talente haben uns den 
Schre kniſſen des Schiffbruches entriſſen. Endlich um vier 
Uhr des Nachmittags nahm der Wind ſehr ab, drehete 
ſich gegen Norden, und, ob nun zwar das Meer noch in 
großer Bewegung war, ſo benutzten wir dennoch die gluͤck— 
liche Veraͤnderung um einige Ausbeſſerungen vorzunehmen. 

Die Belle - Angelique, ohne Maſten, ohne große Se— 
gel, ohne Steuerruder unfaͤhig, einem neuen Windſtoß zu 
widerſtehen, war außer Stande uns nach Amerika zu fuͤh— 
ren: dieſe Betrachtung brachte den Kapitain zu dem Ent— 
ſchluß, gegen Suͤdoſten nach den kanariſchen Inſeln zu 
ſteuern, um das Schiff dort auszubeſſern. 

Eine allgemeine Beſichtigung des Fahrzeuges tele die 
Gefahren deutlich an den Tag, die uns bedroheten, wenn 
wir nicht in irgend einen Hafen einliefen. 

Das Reſultat dieſer Unterſuchung fiel dahin aus, daß 
wir unvermeidlich umgekommen ſeyn wuͤrden, haͤtte der 
Sturm noch zwoͤlf Stunden angehalten. 

Am 24. Oktober befanden wir uns um Mittag unterm 
28° 50“, Breite und 21 45“ Länge, die des Morgens 


\ 


7 


durch einen Abſtand der Sonne vom Monde beſtimmt 
waren. 2 

Seit zweien Tagen war der Lauf des Schiffes nicht 
mehr ſo ſchnell, durch die Stroͤme im Meere, die man zu 
Zeiten ſuͤdweſtlich von Madera antrifft, und die uns ruͤck— 
waͤrts trieben. Endlich entdeckten wir des Morgens den 
25. Oktober in der Entfernung von zwei Seemeilen die 
Inſel Palma, ſtatt der kanariſchen Inſeln. Die Nebel, 
mit dem ſchoͤnſten Hochroth gefaͤrbt, welche ſie bekraͤnz— 
ten, verſchwanden nach und nach bei den erſten Sonnen— 
ſtrahlen. Bald enthuͤllete ſich uns die Lage des Ganzen. 
Hier ſetzt die, mittelſt eines ſenkrechten Abſchnittes ſich 
endigende Kuͤſte, den Meereswellen eine lange ſchnurgrade 
herunterlaufende Felſenwand entgegen; dort nimmt man 
Huͤgel wahr, die ſich in einer ſanften Abdachung von den 
Spitzen der Berge bis an das Ufer des Oceans hinunter— 
ſchlaͤngeln. Eine breite Zone von ſchneeweiſſen Wolken 
umgab die Inſel und ſchien ſie in zwei Maſſen zu theilen, 
wovon die untere die Waſſerflaͤche zur Grundlage hatte; 
und die andere, welche ſich auf das Gewoͤlk ſtuͤtzte, endigte 
ſich in zweien Bergen von gleicher Hoͤhe. Dies Phaͤnomen 
dauerte bis zum Abend. 

Unmoͤglich vermag ichs, die Freude zu ſchildern, die 
wir beim Anblick der Kanariſchen Inſeln empfanden. Es 
war halb ſechs Uhr des Morgens. Zwei Drittheile der 
durch die Strapazen ganz ermatteten Mannſchaft ſchliefen 
noch. Auf einmal erſcholl der Ruf „Land, Land!“ ſo— 
gleich ſprang jeder von ſeinem Lager, flog auf das Kaſtell, 
und zitterte vor Freude, als er eine Inſel gewahr wurde, 
die ſich uns als das Rettungsmittel nach dem Schiff— 
bruche zeigte. Man ſtelle ſich hundert acht Seeleute vor, 


8 


wovon der größte Theil jung und unerfahren war, fünf 
hundert Meilen weit von ihrem Vaterlande entfernt, 
kaum der Wuth eines ſchrecklichen Sturms entgangen; 
hiezu noch die Gewißheit, daß ihr vom Vorder- bis zum 
Hintertheil zerbrochenes Schiff beim erſten Stoß in den 
Wellen unterſinken wuͤrde; man denke ſich eine ſolche 
Lage recht lebhaft, dann fühlt man leicht das Entzuͤcken, 
welches wir beim Anblick eines in zwei Stunden erreich— 
baren Landes empfinden mußten. 

Ob indeß zwar Palma nicht das Ziel unſerer Reiſe 
war, ſo preßten uns dennoch die Nachbarſchaft dieſer 
Inſel, und die Hoffnung bald auf Teneriffa, der an 
Producten und Handel vorzuͤglichſten unter den kanariſchen 
Inſeln, anzulanden, Freudenthraͤnen aus. 

Den à2bten erkannte man oͤſtlich die Inſel Gomera 
mit vielfachen Einſchnitten, und weſtlich die Inſel Ferro. 

Den 27ten bemerkten wir die Inſel Canaria, deren 
weſtliche von einem ſpitzen Gebirge beherrſchte Kuͤſte, das 
Anſehen einer langen Mauer mit einem Glockenthurm 
hatte. 

Am 2 8ten des Abends konnte ich wegen des heitern 
Himmels nordoͤſtlich den Pie von Teneriffa ſehen, feine 
Spitze mit Schnee bedeckt, der die Sonnenstrahlen Zu: 
ruͤckwarf *). 


*) Man hat die Behauptung der Reiſenden fuͤr eine Ueber— 
treibung gehalten, daß man den Pic von Teneriffa auf 
vierzig und noch mehr Meilen weit ſehen konnte; dieß 
Phaͤnomen gründet ſich indeß auf die Geſetze der Phyſik 
und der Trigonometrie, wonach ein uͤber 3710 Metres 
uͤber dem Horizont erhabener Koͤrper (dieſe Hohe hat naͤm— 
lich der Pie nach der Bordaiſchen Berechnung) ſichtbar 


| 9 

Den agten lavirte man bald rechts bald links in den 
Kanal zwiſchen Gomera und Teneriffa, und die ganze 
Kunſt des Lootſen vermochte es nicht zu hindern, daß das 


iſt, unter einem Winkel von fuͤnf Graden, fuͤr einen 
zwei und zwanzig Meilen weit entfernten Beobachter, oder 
genauer 2270“ eines Erdgrades; und unter einem Win— 
kel von 3z0/, wenn der Beobachter 97/ 52,“ Cungefaͤhr 98 
Meilen) entfernt iſt. Bekanntlich kommt eine Minute eines 
Erdgrades einer und einem Drittheil einer Seemeile gleich. 

„Man kann den Pic nicht mehr wahrnehmen, ſagt 
Borda, in einer Entfernung von 129 Meilen oder 33 
Lieus; allein man nimmt dann das Auge des Beobach— 
ters mit der Meeresflaͤche gleich ſtehend an; befindet ſich 
das Auge zwanzig Toiſen über dieſer Hoͤhe, ſo hoͤrt es 
nur erſt in der Entfernung von 47 Meilen (Lieues) auf, 
den Pie zu ſehen; in einer Entfernung von 482 Meilen; 
wenn es vierzig Toiſen hoͤher ſtehet; von 30 Meilen, 
wenn das Hoͤherſtehen ſechzig Toiſen beträgt, von 31, 
wenn es 80 Toiſen betraͤgt; ſtehet endlich das Auge 100 
Toiſen höher, fo wird der Pic nur in der Entfernung 
von 52 Meilen nicht mehr ſichtbar. (Voyage 1. 1380.) 

Nach der Verſicherung des Geographen Thomas Lo— 
pez iſt er nur in der Entfernung von ungefähr 41 Meilen 
zu entdecken, deren zwanzig auf einen Grad gehen. 

Der Reiſende Le Marchand bezeigt nicht weniger, der 
Pic ſei in einer Entfernung von 42 Meilen von dem Ver— 
deck eines Schiffes zu ſehen, und auf 35, wenn man 
ſich in den Horizont ſtellte. 

Der Pater Feuillse behauptet, er habe ihn aus dem 
Kanal geſehen, der Lancerote von Fortaventura ſcheidet; 
nach Borda's Behauptung iſt dieß aber nicht moͤglich. (ibid.) 

Herr Malte-Brun nimmt in den gelehrten Noten, wo— 
mit er die Ueberſetzung von Barrou's Reiſe nach Cochin⸗ 


10 


von den Strömen fortgeriſſene Schiff nach S. W. ab: 
wich. ) 

Um den Schreckniſſen des Scheiterns zu entgehen, 
ließ der Kapitaͤn den Aten November ein Boot ins Meer. 
Ein Offizier, ein Lootſe nebſt vier Ruderern ſtiegen hinein 
mit dem Befehl, ſich ſo viel moͤglich dem Lande zu naͤ— 
hern, und dann dort die Tiefe des Waſſers zu beſtimmen. 
Er ließ hierauf die dreifarbige Flagge aufziehen, und 
zeigte ſich an durch einen Kanonenſchuß. Wir waren da— 
mals nur noch zwei Meilen vom Hafen Oratave entfernt. 
Die ganze Kuͤſte von Teneriffa von Garachico bis Tegine 
entfaltete ſich unſern Augen, und bot einen maleriſchen 
Anblick von Weinbergen, von Waldungen, von Felſen und 
Dörfern dar. Nachdem unſere Leute drei Stunden abweſend 

geweſen, kamen ſie mit dem Hafenkommandanten von Oro— 
96 zurück, der bei dem Kanonenſchuß abgefahren war, uns 
Hülfe zu leiſten. Als er an Bord trat, benachrichtigte 
er den Kapitaͤn: der Sturm, welcher uns beinahe auch 
verſchlungen, habe den nämlichen Tag die ſchrecklichſten 
Verwuͤſtungen auf der Inſel angerichtet, Haͤuſer umge— 
worfen, Baͤume ausgewurzelt, und mehrere Pflanzungen 
verheert. Er fuhr wieder ab, nachdem er auf der Belle 
Angelique einen Kuͤſten-Lootſen mit dem Auftrag zuruͤck— 
gelaſſen, das Fahrzeug in den Hafen von St. Crux zu 


china bereichert hat, Th. 1. ©. 47) die Meinung an, 
der Pic fei in einer Entfernung von hundert Meilen oder 
von 41 Lieues, wovon 25 auf einen Grad gehen, ſicht— 
bar. 

„) Es gibt zwiſchrn Madera und Teneriffa Strömungen 
deren Richtung befiändig nach Süden geht. (Borda Aca- 
demie des Sciences, ) 


11 


fuͤhren, wo wir dann auch endlich des Morgens den böten 
November vor Anker gingen. 


Beim Anblick der franzoͤſiſchen Flagge ſtattete uns der 
Hafenkapitaͤn einen Beſuch ab. Er bezeigte uns feine 
Theilnahme an den erlittenen Ungluͤcksfaͤllen, und ver— 
ſprach alle von ihm abhaͤngende Huͤlfe. Auf der Rheede 
von St. Crux zaͤhlte ich eilf Kauffahrer, worunter ſich 
vier amerikaniſche, drei ſpaniſche, ein daͤniſches und drei 
engliſche befanden. Letztere waren auf Befehl des Ma— 
driter Hofes ſeit der Kriegserklaͤrung konfiszirt. Um zwei 
Uhr gingen der Kapitaͤn, meine Gefaͤhrten und ich ans 
Land, und beſuchten den Kommiſſaͤr der Handelöverhält- 
niſſe Frankreichs, Clerget. Baudin begab ſich hierauf zu 
dem Generalgouverneur der kanariſchen Inſeln D. An— 
tonio Guttieres, welcher in St. Crux refidirt, dem Platz— 
kommandanten, dem Hafenkapitaͤn, den Gliedern des 
Generalſtabes u. ſ. w., und ward durchgehends mit der 
einem Agenten einer befreundeten und alliirten Nation 
ſchuldigen Achtung aufgenommen. Einige Tage darauf 
miethete er fuͤr ſich und fuͤr die Mitglieder der Expedi— 
tion um 45 Franken monatlich eine bequeme und geraͤu— 
mige Wohnung, wohin wir unſere Sachen bringen ließen. 


Kaum waren wir hier eingerichtet, als die Nachbaren 
uns auf eine edle Weiſe die verſchiedenen Beduͤrfniſſe an— 
boten, die wir noch nicht Zeit zu kaufen gehabt hatten. 
Unter den Bewohnern dieſer Stadt, die uns große Dienſte 
leiſteten, muß ich beſonders die bereits erwaͤhnten Kauf— 
leute Caſalon und Cambrelong anfuͤhren. Es ge— 
währt mir Vergnuͤgen ihnen hier meine gerechte Erkennt⸗ 
lichkeit zu bezeigen. Rust 


ı2 


Die Werke, welche über die kanariſchen Inſeln Aus- 
kunft gewaͤhren, ſind die von Viana, 1604 — von 
Nunez de la Pena, 1676 — von Perez del 
Chriſto, 1779 — von Clavijo, 1772 und die folgen⸗ 
den Jahre — von Raynal, 1780 — ferner von Bon— 
tier und Le Vernier, den Almoſeniers des Eroberers 
Bethencourt, die ihn auf ſeiner Expedition von 1402 
bis 1425 begleiteten (in 8. Paris 1630). Von Cada 
Moſto — Hawkins — Scory — Prats uf. w. 
welche Prevoſt und La Harpe in der allgemeinen Ge— 
ſchichte der Reiſen angefuͤhrt haben — von Le Maire 
und Dancourt, 1695 — Adanſon, 1749 — Glats, 


1764 ) — Fleurieu, 1769 — Borda, 771 — 
Cook, 1776 )) — Kinderley, 177 *N) — La 


Perouſe, 1735 — Van Couver, 1790 — La Bil⸗ 
lardiere, 1792 — Macartney und Barrou, 1793 
— Bory Saint-Vincent, 1801. 

Die beßten Karten von dieſem Archipel ſind die von 
Fleurieu , 177235 von Jefferys, 1775 ; 


) History of the discovery, and conquest of the Canary Is- 
lands. London 1764 in 4. Dieß Werk iſt nicht ins Fran— 
zöſiſche überſetzt. M. ſ. Journal des Savans, Monat Se: 
bruar 1765. 

) Dieſer berühmte Reiſende landete den x. eus 17 
auf Teneriffa, und hielt ſich hier vier Tage auf. 

* * Letters from the Island of Teneriffa &c. 1777. 8. 

*###) Hr. v. Fleurieu reiſete auf Befehl des Königs, um 
mit den See-Uhren von Berthoud auf dem Meere Ver— 
ſuche anzuſtellen. 

#%##%*) The westindian atlas. Seine Karte von den kanari— 
ſchen Inſeln iſt nach den Memoiren von Glaſſ entworfen; 


- 


13 


von Borda, 17765 von Thomas Lopez in vier Blaͤt— 
tern, Madrid 17795 von Bonne, für die Encyclopedie 
Methodique, 1787; die des atlantiſchen Oceans, in der 
Niederlage der Marine, 1792; die von Bory Saint— 
Vincent ). 

Aber die Karten von Mercator, 1623; von Sam- 
fon, 1656 *); von Dapper, 1686; Van Keulen, 
170 ***), und die folgenden Jahre; von Feuillée, 
1724; von La Caille, 1746 ; in Bellin's 
Neptune francois, 1753 und dem petit Atlas mari- 
time, 1764 „it); von Slaff, 1764 rer); von 
d'après de Mannevilette, 1775 *; yon Bonne 
zu dem Atlas von Raynal 1780, ſind nicht genau. 


ſie iſt indeß genauer als die, welche dieſer Reiſende 1764 
davon geliefert hat; auch kann man ihm den Vorwurf 
machen, die nordoͤſtliche Spitze der Inſel Canaria zu ſehr 
verlängert zu haben Die Lage von St. Crux und Laguna 
iſt nicht genau, u. ſ. w. 

*) Essais sur les iles fortunées, in 4. ches Baudouin, an 11. 

) Er ſetzt die Laguna füdlih von St. Crux, und dieſe 
Stadt am Fuß des Pie. 

eit) Atlas, in fol. Amsterdam. No. 8. 

) Die nach der Karte von Feuillee kopirt iſt. Academie 
des Sciences, ibid. 

et) Dieſer Geograph gibt der Laguna eine zu ſuͤdliche Lage 
im Innern des Landes, und dem Pie eine zu ſehr nördliche, 

Von Clavijo kopirt, Tom J. 1772. 

Nach einem zu kleinen Maaßſtab entworfen in ſei— 
nem Neptune Oriental, 1775. No. 4. 


7 


14 


Bemerkungen über den Delphin, von 
Sonnini. 


Die Gattung des Delphins, wovon Hr. Le Dru hier 
redet, iſt der gewoͤhnliche Delphin oder der Tumler, von 
den Griechen Delphis oder Delphin genannt; dieſen Na— 
men haben die gegenwaͤrtigen Bewohner Griechenlands 
ohne große Abaͤnderung in den von Delphinas beibehalten. 
Die meiſten europaͤiſchen Nationen haben die naͤmliche 
Benennung mit mehr oder weniger geringen Abweichun— 
gen angenommen; kurz, es iſt der delphinus delphis 
von Linnaeus und der delphinus corpore oblongo sub- 
tereti, rostro longo cuto des Artedi. 


Man würde über die Formen des Delphins unrichtig 
urtheilen, wenn man denen Glauben beimaͤße, welche die 
Maler dieſer Gattung des Wallfiſches auf ihren Gemaͤl— 
den und in ihren Verzierungen verleihen. Nur die Ein— 
bildung hat dieſe Formen gezeichnet, welche die Natur 
nicht kennt. Der Delphin iſt in Anſehung des Aeußern 
von den meiſten Fiſchen nicht ſehr verſchieden; er weicht 
von den uͤbrigen Wallfiſchen durch ſeine glatte und ſpitzige 
Schnauze, die eine Art langer Schnabel endigt, durch 
ſeine ſcharfen, Cylindern aͤhnlichen Zaͤhne, durch ſeine 
ſehr hohen, nach hinten gebogenen Ruͤckenfloſſen, endlich 
durch die Geſtalt ſeines Koͤrpers, welche ſich einem Oval 
naͤhert, ab. Uebrigens hat dieſes Thier auf der Stirne 
eine halbmondfoͤrmige Oeffnung, worin die beiden Blaſe— 
loͤcher, woraus es das Waſſer ſpritzt, ſich endigen; eine 
eingekerbte Zunge, einen horizontalen Schwanz, mit einer in 


10 


zwei Zweigen getheilten Floßfeder, ) eine glatte dicke Haut. 
Gewoͤhnlich haͤlt er zehn Fuß Laͤnge und zwei in der Dicke 
in der Mitte des Koͤrpers, d. h. da wo er am ſtaͤrkſten iſt. 

Den Delphin trifft man faſt in allen Meeren bald 
allein, bald in zahlreichen Haufen. Durch eine Art von 
wechſelſeitiger Zuneigung nnd Anhaͤnglichkeit vereinigt, ge— 
hen ſie gemeinſchaftlich zu Werke, ſowohl beim Angriffe als 
bei der Vertheidigung, und leiſten ſich in Gefahren und 
Zufaͤllen wechſelſeitig Huͤlfe ). Ob ſie gleich ſehr gefraͤ— 


*) Ovid hat dieſe Form der Floßfedern des Schwanzes des 
Delphins ſehr gut beſchrieben: 
Falcata novissima cauda est. 
und noch weiter: | 
Qualia dimidiae sinuantur cornua lunae, 

) Peron hat uns ein erſtaunliches Beiſpiel hievon angezeigt. 
An der Suͤdſeite von Neuholland gegen 369 1/10, Breite 
und 13797 40/ K. von Paris erblickten naͤmlich die Fran— 
zoſen unweit dem Cap Villars eine ſo ungeheure Reihe 
von Delphinen, daß ſie dieſelben anfaͤnglich für eine un— 
ermeßliche Kette von Korallenriefen anſahen. Sobald ſie 
ihren Irrthum bemerkten, machten ſie Jagd auf dieſe 
Thiere, und mehrere Abtheilungen derſelben machten 
nun um das Schiff Evolutionen, die ſowohl durch ihre 
Schnelligkeit als durch Groͤße ihrer Spruͤnge in Erſtau— 
nen ſetzten. Es war wunderlich, wie ſo viele Tauſende 
dieſer Wallfiſcharten ſo dicht neben einander dergleichen 
Bewegungen machen konnten, ohne ſich einander zu be— 

ſchaͤdigen. Wenn aber Peron es ebenfalls bewundert, 
wie eine ſo erſtaunliche Anzahl großer Seethiere in einem 
Meere, das ſich den Franzoſen ſo arm an Fiſchen zeigte, 
innerhalb eines ſo kleinen Raumes fuͤr ſich hinreichende 
Nahrung habe finden koͤnnen, ſo hat er wohl nur an die 
Kuͤſtenfiſche, und nicht an die unermeßliche Menge See— 
thiere gedacht, welche die Tiefe des Meeres bewohnen, 
zu denen auch die Delphine wenigſtens auf einige Zeit hin— 
abfahren. Anmerkung d. Herausyeb, 


16 


ßig find, fo iſt ihr Charakter doch nicht wild, fie zeigen 
ſelbſt Hang zur Vertraulichkeit, ohne Mißtrauen ſieht 
man ſie ſich den Schiffen naͤhern, ſo wie auch den Men— 
ſchen, die ſich vereinigt haben, um Jagd auf ſte zu machen. 
Von allen den Thieren, woraus die Klaſſe der Wall— 
fiſche beſteht, und vielleicht von allen denen, die in den 
Tiefen des Ozeans wohnen, iſt der Delphin das geſchick— 
teſte; auch hat er, wenn man auf das Verhältniß Ruͤck— 
ſicht nimmt, das groͤßte Gehirn. Die Schriften der Ge— 
ſchichtſchreiber und Naturforſcher des Alterthums ſind voll 
von aͤußerſt merkwuͤrdigen, beinahe wunderbaren dieſem 
Thiere zugeſchriebenen Eigenſchaften; und vielleicht ha— 
ben die neuern Naturkundiger Unrecht, ſie als die Frucht 
einer ungezuͤgelten Einbildungskraft zu verwerfen. Man 
kann den Alten den Beobachtungsgeiſt nicht abſprechen; 
fie beſchaͤftigten ſich mehr damit, Thatſachen zu ſammeln, 
als uͤber theoretiſche Punkte zu ſtreiten; faſt unmoͤglich 
kann man annehmen, daß ſo viele von ſo manchem Phi— 
loſophen und ſo achtbarem Schriftſteller uͤber den Delphin 
angefuͤhrte Anekdoten gaͤnzlich ohne Grund ſeyn, und daß 
noch ſo fabelhaft ſcheinende Erzaͤhlungen nicht oft Wahr— 
heiten enthalten ſollten. Die Neugriechen haben die Sage 
ihrer Vorfahren in Betreff der liebenswuͤrdigen Eigen— 
ſchaften des Delphins erhalten; ſie erzaͤhlen eben ſo außer— 
ordentliche als ruͤhrende Zuͤge davon; und man muß ge— 
ſtehen, daß, wenn dieß auch nur Traͤume waͤren, ſie den— 
noch angenehm und anziehend, und, nach Buffons Aus— 
druck, wohl ſo viel werth ſind, als traurige Wahrheiten. 


17 


Zweites Kapitel. 


Ueber die kanariſchen Inſeln im allgemeinen — wen = 
ae — Regierung. 


Der kanariſchen Inſeln, welche die Alten unter dem Na— 
men der gluͤcklichen Inſeln kannten, giebt es ſieben: naͤmlich 
Palma, Ferro, Gomera, Teneriffa, Canaria, Fortaven— 
tura und Lancerota ). Die Phoͤnicier beſuchten ſie, ſo 
wie auch die Karthaginenſer, welche ſich dort niederließen. 
Als aber die Roͤmer die Macht ihrer Nebenbuhler zer— 
truͤmmerten, hielten fie dadurch die Schifffarth der Weſt— 
kuͤſte von Afrika auf, und die kanariſchen Inſeln blieben 
der uͤbrigen Welt bis 1344 unbekannt, wo La Corda, 
Graf von Clermont, eine Flotte unter dem Schutze von 
Alphons IV, Koͤnig von Arragonien, ausruͤſtete, um dieſe 


) Hierin find fünf kleine Inſeln von geringer Bedeutung 
nicht begriffen, namlich Lobos noͤrdlich von Fortaventura, 
Roquete, Allgranza, Montana Clara und Grazioſa noͤrd— 
lich von Lancerota. 

Le Dru Reife, I. Bd. B 


18 


Inſeln zu erobern und zu bekehren, womit ihn der Pabſt 
Clemens VI. belehnt hatte ). Die Ehre war indeß dem 
berühmten Johann von Bethencourt, einem Edelmann der 
tormandie vorbehalten, welcher von Rochelle den 1. Mai 
1402 auf einer, auf feine Koſten ausgeruͤſteten, Flotte 
abfuhr und ſich drei Monate nachher, der Inſel Lancerota 
bemaͤchtigte. Er unterwarf ſich nach und nach Fortaven— 


) Ob die kanariſchen Inſeln in dieſer ganzen Zwiſchenzeit 
wirklich unbekannt geblieben find, dieß ließe ſich doch 
ſchwerlich mit Beſtimmtheit entſcheiden, denn die Stelle 
des Edrisi (Edrisii Africa edit. Hartmann 1796. p. 319 u. f.) 
woſelbſt einer Geſellſchaft von acht Maͤnnern (Abendtheu— 
rern) erwaͤhnt wird, welche aus Aschbona (Liſſabon) zu 
einer Entdeckungsreiſe in dem Meere der Finſterniß aus- 
liefen, ſcheint hiezu zu unbeſtimmt. Er ſagt, daß nachdem 
ſie beinahe eilf Tage mit gutem Oſtwinde geſegelt, ſie 
in ein felſenreiches, üͤbelriechendes, duͤſteres Meer ges 
fanget ſeyen. Da fie hier Schiffbruch zu leiden fürchteten, 
fo liefen fie nach Süden. Sie ſetzten in dieſer Richtung 
ihre Reiſe fort, und landeten nach 12 Tagen auf der In— 
ſel Ganam, auf welcher fie zwar Schaafe antrafen, von 
welchen fie auch einige ſchlachteten, allein fie fanden das 
Fleiſch vor Bitterkeit uneßbar. | 

Hier wurden fie von Leuten gefangen genommen, die 
wenigſtens durch einen Dollmetſcher arabiſch verſtanden, 
ſodann aber gebunden in einen Kahn gebracht und nun 
dem Weſtwinde überlaffen, der fie auf das feſte Land 
führte. Dem Hafen haben ſie wegen ihrer traurigen Lage 
den Namen Assi Cproh dolor!) gegeben; hier wurden fie 
belehrt, daß fie von ihrem Vaterlande auf einen Abſtand 
von einer zwei monatlichen Reiſe entfernt ſeyen. Da 
ſcheint es freilich nicht unmöglich, daß dieſe Reiſenden auf 
eine der kanariſchen Inſeln koͤnnen geſtoßen ſeyn, allein 


= 19 
tura, Gomera, Ferro, und kehrte 1425 nach Frankreich 
zuruͤck. Canaria, Palma, Teneriffa vertheidigten lange 
ihre Unabhaͤngigkeit, und unterwarfen ſich endlich 1483, 
1492 und 1490. 


Dieſe an Spanien gehoͤrigen Inſeln liegen zwiſchen 
‚27° 39° und 2926“ 30“ der Breite, und in Anſehung 
der Fänge zwiſchen 15° 40° 30“ und 20° 30“ weſtlich. 
Sie bieten eine ungefähr 105 Meilen lange und 64 Mei— 
len breite Oberfläche dar, deren Umfang auf 280 ange— 
ſchlagen werden kann. Zwanzig Meilen von den afrikani— 
ſchen Kuͤſten, und hundert neunzig Meilen von den euro— 
paͤiſchen entfernt, nehmen die kanariſchen Inſeln der 
Fänge nach einen Raum von 4° 49° 30“ und der Breite 
nach von 1 47 30“ ein. 


Man rechnet dort vierzehn Staͤdte und 552 Doͤrfer und 
Weiler ), 72 Pfarrkirchen, 92 Pfruͤnden, 11 Kollegien, 
10 Hoppitaͤler und 36 Feſtungen. 


* 


Ihre reſpectiven Entfernungen und Dimenſtonen in 


nicht gaͤnzlich ohne Grund ließe ſich auf die Capverdiſchen 
Inſeln rathen, obgleich die Diſtanz beſſer für eine der ka— 
nariſchen paffen dürfte, wie Tyohſen dieſe Meynung mit 
Recht paßlicher findet als die des De Guignes, der ſogar 
vermuthet, es ſey von Amerika die Rede, da doch auf dies 
ſer Inſel Ganan das Arabiſche verſtanden wird; fie alſo 
unſtreitig zu den Inſeln der afrikaniſchen Inſeln gehoͤrte. 
v. Z. 


) Naͤmlich 192 auf Teneriffa, 172 auf Canaria, so auf 
Palma, 49 auf Gomera, 38 auf Lancerota, 33 auf Forta— 
ventura und 31 auf Ferro. 


B 2 


20 a 


Seemeilen, nach den Karten von Thomas Lopez und 
Borda berechnet, bieten folgende Reſultate dar: „ 


Dimenſionen. 
Entfernungen. Lange] Breite] Hz 
„ % VVV 147 13 15 
126 | Sortapentura ur a! | 27 | 66 
29 668! Ferro „ ö, 
16155 [ 8 | Gomera 5 | "216 | 20 | 
45 143 | 85 | 7ı | Lancerota E 
20 65 [12 80 Palma. 1284 8 | 
8 ]A1|35| 3 154 | a1 | Teneriffa. | 24 | 35 | 65 


Clavijo gibt den kanariſchen Inſeln 90 Meilen Fänge, 
52 in die Breite, 250 an Cirkumferenz und 697 an Ober— 
flaͤche; er ſetzt ſie zwiſchen den 28. und 29. Breitengrad, 
und den 1. und 5. Grad oͤſtlicher Laͤnge von Ferro. 

Auf den kanariſchen Inſeln iſt die Temperatur der 
Atmosphere häufig verſchieden; ploͤtzlich gehet man dort 
von der ſtaͤrkeſten Hitze zur heftigſten Kalte über. Im 
allgemeinen iſt die Luft auf den etwas hoch gelegenen Or— 
ten angenehm gemaͤßigt; an den Kuͤſten hingegen ſehr heiß. 
Wenn die Oſt- und Suͤdoſt-Winde zu lange anhalten, fo 
haben dieſe Inſeln eine außerordentliche Trockniß. 

Die Hitze war am 26. Julius 1704 ſo groß, daß das 
Harz aus dem zu Thuͤren und Fenſtern gebrauchten Tan— 
nenholze floß, und alle Quellen austrockneten. 


„) Die Lagen find nur mit dem Cirkel beſtimmt; folglich ge— 
waͤhren ſie eine Ueberſicht die keinen Anſpruch auf beſondere 
Genauigkeit macht. 


21 


Die heftigen Winde führen dann fuͤrchterliche Stürme 
herbei. Der vom 25. Oktober veranlaßte die groͤßten Ver— 
wuͤſtungen, ſtuͤrzte Haͤuſer um, riß Baͤume aus der Erde. 
Dieſe Ungluͤcksfälle hatten den 13. Mai 1763 und den 27. 
April 1768 von neuem Statt. Die Nordwinde, welche 
gewoͤhnlich im Anfange des Winters herrſchen, ſind mit 
ſehr feuchten Nebeln begleitet. 


Das gewöhnliche Jahr ſchaͤtzt man die Erndten dieſer 
Inſeln an Getreide, Gerſten und Hafer auf 523,790 
Fanegas, und dasjenige, was dort verbraucht wird, 
auf 519,007; alſo betruͤge der Ueberſchuß 4,183 Fa⸗ 
negas. Der mittlere Preiß des Weitzens iſt dort ge— 
woͤhnlich vierzig Realen de Vellon die Fanega. Steigt er 
hoͤher, ſo leidet der Archipel ein der Vermehrung des 
Preiſes angemeſſenes Deficit; ſinkt er tiefer, fo über- 
treffen die Aerndten das Beduͤrfniß. 


Im Jahre 1678 rechneten die kanariſchen Inſeln 
105,637 Bewohner; 1745 136,192; 1768 nach Ray⸗ 
nal's Berechnung betrug dieſe Bevoͤlkerung 157,342 See— 
len, worunter 508 chriſtliche, 922 Moͤnche und 746 Non⸗ 
nen mitbegriffen waren. 29,800 von dieſen Mitbuͤrgern 
waren in die Nationalmiliz eingeſchrieben, naͤmlich 16000 
in Teneriffa, 4,400 in Canaria, 3,200 in Palma, 2000 
in Fortaventura, 1,900 in Lancerota, 1,600 in Gomera 
und 700 in Ferro, außer den Linientruppen, weiche die 
Regierung dort in Kriegszeiten haͤlt. 


Die Bevoͤlkerung der kanariſchen Inſeln betrug nach 
der von Clavijo im Jahre 1768 angeſtellten Berechnung: 


22 8 
auf Teneriffa ; 1 41,052 Seelen, 


Ferro 4 1 4,022 2 
Fortaventura  . 8,8063 - 
= Gomera N 6,645 ' 
„ Manteref 3% 9,705 >» 
Palma . x 19,195 5 


„Teneriffa 8 . 66,554 s 


— 


Summa 155,866 
Dieß Reſultat mit dem von Raynal verglichen 
(457,342) giebt einen Unterſchied von 1476 weniger. 
Im Jahre 1790 belief ſich ihre Bevoͤlkerung auf 
174,026 Menſchen, naͤmlich 


auf Canaria 0 l 8 50,000 
„Ferro : / : 5,000 
- Fortaventura , ty 9,000 
„Gomera : : k 7,426 
= Lancerota i . : 10,000 
Palma 5 i . 22,600 


Teneriffa N N J, 000 


Summa 174,026 *) 


*) Die fetzige Bevoͤlkerung dieſer Inſeln beträgt 


nach Macartney nach Bory Saint Vincent 
auf Canaria 40000 0 „ 41/082 
„Ferro 8 1,500 R 402 
„ Forraventura » 10,000 . R 8,600 
„Gomera 7,000 1 . 77000 
Lancerota 80 . 9,5700 
Palma 5 30,000 1 20,096 
Teneriffa 100% 00 a 67/399 


— — 


Summa 196,560 157,699 


23 


Dieſe Bevoͤlkerung wurde weit ſchneller zunehmen, 
fuͤhrte nicht die obgleich zu oft getaͤuſchte Hoffnung eines 
glaͤnzenden Gluͤckes jedes Jahr mehrere Bewohner der 
canariſchen Inſeln nach den ſpaniſchen Kolonien der neuen 
Welt, von wo dann die meiſten nicht wieder zurückkommen. 


Die Eingebornen bilden keine neue Menſchenrace, 
nämlich frei von Vermiſchung mit fremden Nationen: 
mauriſches Blut hat oft in ihren Adern gefloſſen. Vor, 
der Eroberung ſtanden dieſe Afrikaner mit den Guanches 
in Freundſchaftsverbindungen; allein ſeit der Zerſtoͤrung 
dieſer friedlichen Inſulaner, die auf eine unmenſchliche 
Weiſe von den Europaͤern *) ermordet worden find, haben 
ſie es oft verſucht, ſich auf den canariſchen Inſeln nieder— 
zulaſſen, in der Ueberzeugung, dieſe Inſeln gehoͤrten 
ihnen eben fo rechtmäßig als den Unterdruͤckern ihrer ehe— 
mahligen Freunde. In den Jahren 1569, 1586, 1618 
und 1749 landeten fie auf Lancersta, 1593 auf Fortaven⸗ 
tura, 1618 auf Gomera und Palma, 1749 auf den weſt— 
lichen Kuͤſten von Teneriffa. Bald Beſiegte, bald Sieger 
ſind manche nach Afrika zuruͤckgekehrt, andere haben ſich 
durch die Bande der Ehe auf den kanariſchen Inſeln nie— 
dergelaſſen. Indeß ſind dieſe vermiſchten Verbindungen 
ſtets vom Vorurtheil gering geſchaͤtzt; und die Bewohner, 
die ihren Ruhm darin ſetzen, aus einer reinen Race abzu— 
ſtammen, wuͤrden ſich mit den uͤbrigen nicht verbinden 
wollen, welche ſie als ausgeartet betrachten. 


Ich ziehe indeſſen meine Berechnung der dieſer Reiſen— 
den vor, da ſie ſich auf die authentiſchen mir von Herrn 
v. Villanueva mitgetheilten Documente gruͤndet. 


) Clavijo, Tom. 2. Seite 270. 


24 

Der Gouverneur dieſer Inſeln führt den Titel eines 
Generalkommandanten. Gewoͤhnlich wohnt er in St. Crux 
auf Teneriffa, und entfcheidet über alle Militaͤrſachen; 
indeß kann man von hier nach Madrid appelliren. Sein 
feſtes Gehalt betraͤgt 9,000 Piaſter. Sein Staab beſteht 
aus einem Auditeur, einem koͤniglichen Lieutenant, einem 
Platzmajor, und einem Kriegskommiſſaͤr. 

In den ein wenig wichtigen Gemeinden wird die 
Gerechtigkeit von einem Alcade verwaltet, der in Cri— 
minalfachen die Inſtruction des Proceſſes anfaͤngt, und 
ſich der Perſon des Angeklagten verſichert; in Civil— 
ſachen fället er das Urtheil in letzter Inſtanz bis 
zur Summe von 350 Franken. Der oberſte Gerichtshof 
iſt auf Kanaria eingerichtet. Man richtet auf dieſen In— 
ſeln nach kaſtiliſchen Geſetzen; als Provinzen gehoͤren ſie 
zu Andaluſien. Canaria, Teneriffa und Palma haͤlt man 
fuͤr koͤnigliche Inſeln; das nutzbare Eigenthum der vier 
andern iſt veraͤußert (aber nicht das Obereigenthum dar— 
über). 


Drittes Kapitel. 


Blicke auf Canaria — Ferro — Fottaventura — Gomera — 
Lancerota — Palma. 


mnaria ) genießet dadurch, daß die Inſel ſo ſehr hoch 
uͤber dem Waſſer liegt, einer herrlichen faſt immer gleichen 
Temperatur. Sie bringt Seide, Wein von mittelmaͤßiger 
Guͤte hervor, wovon ein Theil im Lande ſelbſt getrunken, 
der andere aber in Branntwein verwandelt wird; weiſſe 
Bohnen von einem angenehmen Geſchmack, womit ſie mit 
den übrigen Inſeln und mit Cadix Handel treibt; treff⸗ 
lichen Zucker, den ſie am Ende von zwei Jahren aͤrndtet, 
und der 14 Fabriken beſchaͤftigt; Honig, Wachs, Wolle, 
Baumwolle, Oliven und viel Salz, wovon ein Theil zum 
Einſalzen der Fiſche angewandt wird, die die Canarier auf 
der Weſtkuͤſte von Afrika fangen. \ 


*) Breite der Nordſpitze 289 13. — Breite der Suͤdſpitze 
27° 254. — Länge der oͤſtlichen Spitze 179 43°. — Laͤnge 
der weſtlichen Spitze 18° 117 (Borda, und die General— 
karte des atlantiſchen Oceans, im Depot der Marine, 
1792.) 

Bonne zufolge (Encyclopedie method. Atlas) bettägt 
die oͤſtliche Länge 17° gut; die weſtliche 180 . 


26 
Zufolge der auf Befehl der Obrigkeit im Jahre 703 
angeſtellten Unterſuchung bringt dieſe Inſel ungefaͤhr 
39,680 Fanegas Weizen und 30,973 Gerſte, zuſammen 
alfo 70,653 hervor. Der Verbrauch beträgt 58,959 , 
namlich: 
18,250 an Weizen für die Hauptſtadt, 
24,620 für den übrigen Theil der Inſel, 4 
16,089 Aus ſaat; es bleiben dann alſo noch 
11,694 Fanegas Getreide zum Handel übrig. Indeß 
lebt das Volk im Allgemeinen nur von tuͤrkiſchem Korn, 
deſſen Aerndten die vom Weizen und Korn übertreffen. 
Ganze Doͤrfer kennen unſer Brod nur als einen Luxusartikel. 
Einige durch eine große Fruchtbarkeit beguͤnſtigte Gegenden 
erhalten zwei Aerndten Weizen, die eine im Februar, 
die andere im Junius. Am meiſten wird der trigo-mo- 
risco *) gebauet. 

Die Bevoͤlkerung von Canaria betrug im Jahre 1678, 
20,68 Menſchen; im Jahr 1733, 30,10; 1742, 33,8645; 
im Jahre 1768, 41,082; und 1790, 50,000. Davon rech— 
net man 9,440 in der Hauptſtadt Palmas *), dem Sitze 
des Erzbisthums, eines hohen Gerichtshofes, eines Ober— 
Alcade, und eines Ingquiſitionstribunals. Dieſe Stadt 
hat einen Hafen mit einem ſchoͤnen Ankergrund; durch 
die unter dem Waſſer verborgenen Felſen wird aber die 
Einfahrt gefaͤhrlich. 

Die Inſel iſt von einer faſt runden Geſtalt; man 
ſieht fie als die fruchtbarſte und die am beſten bewäſſertſte 


*) Weizen der Barbarei. Lam., Diet ionaire Botanique, art. 
Froment. No. I. Lett. P. 

a) Die Breite beträgt 17° 464, die Länge 289 6/. (Auf der 
Karte der cangriſchen Inſeln ein Depot der Marine.) 


27 
unter den kanariſchen an. Ihr Boden hat viele vortreff— 
liche Erde, der Thon ſcheint den groͤßten Theil davon 
auszumachen. Sie ernaͤhrt noch mehr Vieh als Tene— 
riffa, ihre Schafe ſind ſtaͤrker, und geben eine beſſere 
Wolle; indeß iſt ſie weder ſo bevoͤlkert noch ſo angebaut, 
als fie es ſeyn koͤnnte ). Im Jahre 1776 machten eine 
Kompagnie Kavallerie, drei Regimenter Infanterie, und 
zwei Kompagnien Artillerie, im Ganzen 4640 Mann die 
Beſatzung derſelben aus; ſie waren in eilf Forts oder Re— 
douten vertheilt. 


Die Inſel Ferro *), die weſtlichſte des alten Conti— 
nents, von beinahe dreieckiger Geſtalt, wird von einem 
maͤßigen und fleißigen Volke bewohnt, dem die einfachen 
Sitten nicht abgegangen ſind, indem es das verderbliche 
Gemaͤlde der reichen Staͤdte nicht vor Augen hat. Ihr 
gebirgiger und volkaniſcher Boden iſt der Fluͤſſe beraubt 
und hat wenig Quellen, die zu Zeiten waͤhrend des Som— 
mers austrocknen. Die Winde ſind dort faſt ſtets noͤrd— 
lich; daher ruͤhren die haͤufigen Uebel „ welche dieſe Inſel 


*) S. Etat de P’agrieulture des Isles Canaries, par Thessies 
(Memoires de Institut, scienees mathemat. et physiq. 
Tom. I. an 6.) 


5) Die Breite der Nordſpitze beträgt 279 5130, — die Breite 
der Suͤdſpitze 270 39. Der oͤſtlichſte Punkt hat 200 17 
Laͤnge. Der weſtlichſte 200 30/. (Borda, und die im 
Depot der Marine befindliche Karte des Oceans.) Das 
Mittel der Inſel liegt unter 20° 21705“ Lange und 270 
ag! 74 2 Breite (Bonne). Nach der Connoissance des 
tems, an 15, liegt die weſtliche Spitze unter 279 45’ dee 
Breite, 


28 f 
bedecken; deshalb nennen ſie die Canarier das ſchwarze 
Land. 7 6 c 

Durch die Natur und durch den Muth ihrer Bewohner 
vertheidigt, hat fie weder regulaire Truppen noch Fortifi— 
kationen. Im Jahr 1678 belief ſich die Bevoͤlkerung von 
Ferro auf 5297 Menſchen; 1745 auf 36875 1768 auf 
4022; und 1790 auf 5000. 

Man erhaͤlt dort wenig Getraide, hingegen viel Or— 
ſeille, und bereitet daſelbſt für mehr als 100,000 Realen 
Branntwein, aus dem Wein und den Feigen. Die Wie— 
fen ernaͤhren eine große Menge Vieh; und die Walder, 
Hirſche und Rehboͤcke. Man findet auch rothe Rebhuͤhner, 
Trappen und Faſanen. Die Hauptſtadt Valverde im In⸗ 
nern des Landes gegen Nordweſten, liegt auf einem erha— 
benen Boden, und iſt mit Abgruͤnden umgeben. Der Ha- 
fen, wo die Schiffe vor Anker gehen, iſt nur ein unbedeu— 
tender Flecken ). 8 
Fortaventura **) hatte im Jahre #744 eine Bevoͤlke— 

rung von 7380 Menſchen; 1768 von 8863, und 1790 von 
9000. Die Hauptftadt Bethencuria iſt arm, und zählte 


*) Nach Borda und der Connoissance des tems, an 15, iſt die 
Breite 270 47/ 20¼. Nach Bonne hingegen 279 47° 34, 
Laͤnge 209 19. 

9) In Norden iſt die Breite 289 46/ — in Suͤdweſten 289 4. 

Die Länge in Oſten 160 12“ 30%. Die Lange in Weſten 

160 51/ 304 (Borda, Carte de l’Ocean im Depot, und 

Connoissance des tems, an 15.) Nach Bonne wie folgt: 

Die Laͤnge in Oſten 160 7/. Die Lange in Weſten 169 494 
st, Laͤnge der noͤrdlichen Spitze 160 104 5/. Zange der 
ſuͤdlichen Spitze 169 37/. Breite in Weſten 280 q/. Breite 
in Norden 280 46/ Breite in Süden 280 3. 


29 
1775 nur hundert Haͤuſer. Auf dieſer Jaſel werden jähre 
lich ungefähr 150, 00 Fanegas Korn “) und Gerſte geaͤrnd— 
tet. 80,000 werden dort verzehrt, und das Uebrige wird 
dem Handel zum Beduͤrfniß der uͤbrigen Inſeln uͤbergeben. 
Die wenige dort erzielte Baumwolle, waͤre einer großen 
Vermehrung faͤhig, wenn die Regierung dieſes einheimiſche 
Produkt beguͤnſtigte. Die Bewohner ſammeln auf ihren 
ſandigten Küften eine große Quantität Sode, woraus 
treffliche Aſche gezogen wird. Im Jahr 1798 kaufte 
Teneriffa allein 49,375 Fanegas davon, die in dem Hafen 
Naos auf Lancerota geladen wurden. 

Sobald Fortaventura hinlänglich durch Regen bewaͤſſert 
iſt, gewaͤhrt ſie ſehr reichliche Aerndten, und fuͤhrt dann den 
Ueberfluß ihrer Lebensmittel aus; ſobald aber ihr Boden, 
dem es an Fluͤſſen mangelt, und der nur eine geringe An- 
zahl Quellen hat, zu ſehr ausgetrocknet iſt, dann wird er 
entſetzlich unfruchtbar; ein Theil der Bewohner, welcher 
vor Hunger umkommt, iſt alsdann in der Nothwendigkeit 
auszuwandern. Dieß ereignete ſich von 1768 bis 1771. 
In dieſer Zeit fiel auf Fortaventura gar kein Regen. Die 
meiſten Einwohner fluͤchteten, um dem Tode zu entgehen, 
nach Canaria, nach Teneriffa, und nach Palma, wo man 
ſich's angelegen ſeyn ließ, ſie mit Gaſtfreundſchaft aufzu— 
nehmen. Don Lapez de Heredia, der Gouverneur, und 
Don Juan Servera, der Biſchoff dieſes Archipels, zeichne— 
ten ſich in dieſer ſchrecklichen Periode durch Wohlthaͤtigkeit 
gegen dieſe Ungluͤcklichen aus. Jener ließ aus Spanien und 


) Es iſt dieß die unter dem Namen Trigo aris negro, oder der 
mit violettem Spreu und Bardt bekannte Weizen. Lam. 
Diet. 2. Eneyclopedie method. 


30 


Marokko eine große Quantitaͤt Korn kommen. Taͤglich 
vertheilte er mehr als 1500 Rationen Lebensmittel unter 
die armen Fluͤchtlinge. Die Inſel Palma ernaͤhrte unge— 
faͤhr 3000 derſelben. Die Stadt Laguna, der Hauptort 
von Teneriffa, nahm eine große Menge gut auf, und 
theilte alle ihre Huͤlfsmittel mit denſelben. 

Es giebt Weinberge auf Fortaventura, aber fie werden 
ſchlecht gebauet; man beſtellet fie jährlich nur einmal. 
Der Wein von nicht vorzuͤglicher Guͤte wird im Lande 
ſelbſt verbraucht. Man rechnet dort , 0 bis 1200 Stuͤ— 
cke Hornvieh, 7 bis 800 Kameele ), 3 bis 400 Eſel, 5 
bis 600 Schaafe, und 8 bis 10,000 Ziegen. Die meiſten 
Schaafe irren durch einander laͤngſt der Kuͤſten, und in den 
unangebauten Laͤndereien. Jeder Partikulier zeichnet die 
ſeinigen an den Ohren. Einmal des Jahrs werden ſie in 
Gegenwart eines Aufſehers, der Vedor heißt, zuſammen— 
gebracht, um die Zeichen wieder zu erkennen. Die Ei— 
genthuͤmer nehmen diejenigen, die ihnen gefaͤllig ſind, da— 
von, um ſie zu toͤdten oder ſie zu verkaufen „ und den uͤbri⸗ 
gen geſtattet man bis zum folgenden Jahre wieder umher— 
zulaufen. 

Auf Fortaventura wird ein wenig Flachs geſponnen, 
den die Teneriffer Kaufleute aus Amſterdam oder Ham— 
burg kommen laſſen; die Wolle der Schaafe des Landes 
braucht man zu Decken und zu groben Zeugen, wovon ſich 
die Landleute kleiden. Die Einwohner brennen aus Man— 
gel an Holz die Stuͤmpel der Euphorbie. (Teſſier.) 


*) Auf Fortaventura und Lancerota werden die Kameele zu 
den Feldarbeiten, und zu den Karren gebraucht. Man 
ſalzt ihr Fleiſch ein, wie das der Schweine. 


3ı 


Gomera *) iſt ſehr gebirgig, und hat viele Waldun— 
gen, deren Zwiſchenraͤume anmuthige Thaͤler einſchließen, 
wo man Lorbeeren-Datteln- und Citronenbaͤume antrifft. 
Sie bringt jährlich ungefähr 2,000 Kilogramme Wolle, 
eben ſo viel Seide und 3,000 Kilolitre Wein her— 
vor. Die Wollenmanufacturen befinden ſich in St. Se⸗ 
baſtian, ihrer Hauptſtadt, einem kleinen auf der oͤſtlichen 
Spitze gelegenen Seeort, der eine angenehme, fruchtbare 
Lage und einen guten Hafen hat **). 

Auf dieſer Inſel werden ungefähr 200 Fanegas Mays, 
300 Faneg. Bohnen, und 13,770 Weizen und Gerſte, alſo 
im Ganzen 14,470 erzielt. Die Ausſaat vermindert dieſe 
Quantitat um 2,031; es bleiben alſo 11839 Fanegas für 
eine Bevoͤlkerung uͤbrig, welche die Unterſuchung 1790 auf 
74206 Menſchen angegeben hat. Jedweder hat folglich, 
einer in den andern gerechnet, nur eine halbe Fanega zu 
verzehren, welches gar nicht hinreicht. Die meiſten Ein- 
wohner ſind arm; ſie naͤhren ſich von der Farrnkrautwur— 
zel **), von Erdaͤpfeln und Gofio. Der Goſio wird zu— 
bereitet, indem man auf einer irdenen Schuͤſſel, entweder 
Weizen, oder Gerſte, Hafer oder Mays leicht roͤſten laͤßt; 
auf einer kleinen Handmuͤhle verwandelt man dieſe auf ſolche 
Weiſe getrockneten Koͤrner in Mehl. Der Canarier genießt 


*) Die Breite der Nordſpitze beträgt 28° 137, Breite der 
Südſpitze 280 17 30%. — Länge in Oſten 199 28/. — Länge 
in Weſten 199 44/. (Carte des Canaries im Depot.) 

n) Breite 289 5/ 40%. Laͤnge 199 28/. (Borda Carte de 
Ocean im Depot, und Connaissance des tems An 15.) 
Breite 288 5/ 74, Laͤnge 199 ü 26“ (Bonne). 


***) Pteris aquilina Lin. 


32 

den Gofio als Mehl, oder nachdem er ihn in Kugeln geknetet 
hat, die mit Waſſer, mit Milch, mit Bouillon oder mit 
Honig angefeuchtet ſind. 


In einigen fruchtbaren und gut bewaͤſſerten Gegenden 
erhalt man eine ziemlich große Menge Nuͤſſe, Birnen, 
Feigen, Citronen, Erdaͤpfel, Maulbeeren, Ignamen, 
Zwiebeln, Leinſaamen, Honig und Wachs. Die Aerndten 
find dort fpäter als auf den übrigen Inſeln; dieß rührt 
von der Hoͤhe der Gebirge und der Tiefe der Thaͤler her. 


Man ſindet auf der Inſel Gaͤnſe, Tauben, Wachteln, 
Rebhuͤhner, Hirſche und Rehe; es gibt dort ungefaͤhr 
600 Eſel, 500 Laſtthiere und 6000 Stuͤck kleines und gro— 
ßes Vieh. Im Jahre 1678 betrug die Bevoͤlkerung von 
Gomera 4375 Menſchen; 1688, 46615 1745, 6251; 
1508, 66455 17%, 7535; 1790 aber nur 7426. 


Bekanntlich landete Chriſtoph Columbus, der 1492 
aus Spanien abſegelte, um die neue Welt zu entdecken, 
auf Gomera, und ließ dort ſeine Schiffe ausbeſſern. 


Lancerota ) hatte 1744 eine Bevoͤlkerung von 7,210 
Menſchen; 1768, von 97055 und 1790 von 10,000, 


) Breite des Nordpunkts 290 25/ 30/. Breite des SuͤdL⸗ 
punkts 289 51/. Laͤnge in Oſten 159 51/. Länge in Weſten 
16° 6/ 30%. Borda's Karte im Depot. Bonne gibt an 
Laͤnge in Oſten 150 4445 in Weſten 16° 10/; in Norden 
150 47/; in Süden 160 4! 5%. Die Breite in Oſten 
290 14°, in Welten 28° 55“, in Norden 29° 150, in Suͤ. 
den 289 515. Die Connaisance des tems vom Jahre 15 ſetzt 
den Oſtpunkt unter 299 14 Breite und 15° 46/ Länge, 


Borda beſtimmt auf folgende Weiſe die Lage der klei— 
nen Inſeln in Norden von Lancerota: 


33 


Die Hauptſtadt Teguiſe *) enthielt 1775 zwei hundert 
Haͤuſer. Die Anzahl der Dörfer und Weiler beläuft ſich 
auf 50. Die Häfen Arecife und Naos **) find die fichers 
ſten auf allen kanariſchen Inſeln; die meiſten Schiffe 
von Orotava und St. Crux bringen dort den Winter zu. 
Dieſe Inſel erzeugt Wein von mittelmaͤßiger Guͤte, der 
faſt zuſammen in Branntwein verwandelt, und nach Ame— 
rika geführt wird; ferner Erdaͤpfel und alle Arten von 
gutem Gemuͤſe, wovon man eine große Quantitaͤt nach 
Teneriffa verkauft. 

Im Jahre 1792 aͤrndtete man 28,440 Fanegas Korn 
und 127,022 Gerſte; im Ganzen 155,461. Für eigenes 
Beduͤrfniß wurden davon 10,000 Fanegas Korn und 
30,000 F. Gerſte verzehrt. Die übrigen 93,461, kamen 
in Handel. Kameele, Maulthiere, Eſel find in Lancerota 
ſehr gewoͤhnlich; auch werden dort Pferde gezogen, und 
die beſten zu 100 bis 150 Piaſter das Stuͤck verkauft. 


| Breite Länge 
0 264 201 0 
Allegranza) die Mitte 29° 25“ 30 150 514 
Glara ) 290 19/, 150 524 
Gracioſa N. O. 29 18 a 15. 49. 
Spitze. S. W. 290 140 15. 52. 304 


Roquette, in Oſten 

Lobos, zwiſchen Forta— 

ventura und Lancerota, 

oͤſtlich, (Mitte der In— 

ſel) | | 280 46/ 
*) Breite 298 4/5 Laͤnge 159 534, Karte der kanariſchen 

Inſeln im Depot. f 8 


) Breite 28° 5’. Laͤnge 159 554, Karte der kanariſchen 
Inſeln im Depot. 5 
Le Dru Reiſe. 1. Bd. C 


290 177. 30/0 


16. 19. 


34 

Sie ſtammen urſpruͤnglich aus der Barbarei her. Das 
platte Land, der Waldungen beraubt die ſonſt deſſen 
Schmuck ausmachten, und das dabei Mangel an Fluͤſſen 
hat, wird zu Zeiten von Trockniſſen gequaͤlt, die es un— 
fruchtbar machen und die dann die Einwohner dem groͤßten 
Elende Preiß geben. 8 

In der Nacht des 1. Septembers 1730 empfand die 
Inſel in der Folge einer Erderſchuͤtterung die Wuth eines 
Volkans, deſſen brennende Lava neun Doͤrfer zerſtoͤrte, 
und das Territorium von dreizehn andern mit Sand be— 
deckte. Der Laͤrm der Ausbruͤche war fo ſtark, daß man 
ihn in einer Entfernung von vier und fuͤnfzig Meilen von 
Teneriffa vernahm. Die meiſten Einwohner fluͤchteten nach 
Fortaventura. „Dieſe Volkane haben einen, an vielen Or— 
ten mit Aſche vermiſchten, vier bis fuͤnf Fuß dicken Sand 
verbreitet. Die Einwohner durchbohren ihn bis ſie Erde 
antreffen, und pflanzen Weinſtoͤcke darin, die bewunde— 
rungswuͤrdig wachſen und ſich verbreiten. Oft hat man 
einen einzigen Stamm ſo viel Trauben tragen ſehen, um 
daraus eine halbe Pipe Wein, d. h. zwei hundert vierzig 
Pariſer Pinten zu erhalten.“ (Teſſier.) 

Palma ) mit einem ſehr bergigen Centrum, iſt nur 
auf den Kuͤſten fruchtbar und bevoͤlkert. Die Inſel bringt 
gute Gemuͤſe, vielen Wein hervor, wovon ein Theil in 
Branntwein verwandelt wird; ferner eine große Menge 


) Breite des Nordpunkts 280 3/. Breite des Suͤdpunkts 
280 294 zoll, Laͤnge des Oſtpunkts 200 44. Länge in We: 
ften 200 22/3044, (Karte der kanariſchen Inſeln im Depot. 
Nach Bonne hat die Mitte der Inſel Breite 280 41 4, 
Laͤnge 200 13/ 544.) 


35 

Mandeln, ungefähr 3000 Aroben Zucker, Honig, Wachs 
und Seide, womit einige Fabriken des Landes im Gange 
erhalten werden. Sie aͤrndtet ebenfalls jaͤhrlich ungefahr 
44,350 Fanegas Weizen, Gerſte und Roggen. Die Aus— 
faat vermindert dieſe Quantität um 6,052: es b’eiben da— 
her für die Beduͤrfniſſe des Landes noch 37,698 Fanegas 
uͤbrig. Die Inſel zahlt eine Bevölkerung von 22.600 
Menſchen, die, drei Fanegas auf den Kopf gerechnet, 
deren 67,800 verzehren koͤnnen; es entſteht alfo ein Deficit 
an Korn von 30,102 Fanegas. Im Jahre 1678 betrug 
ihre Bevoͤlkerung 13,892 Menſchen; 1742, 17,980, und 
1768, 19195. Man findet dort weder Rothwild, noch 
Rebhuͤner, noch Haſen. In den Jahren, wo Mangel ein- 
tritt, naͤhrt ſich das Volk dort ſo wie in Gomera von 
Farnkraut-Wurzeln. 

Die Hauptſtadt St. Crux de la Palmas liegt im Grunde 
einer Bay, oͤſtlich, an den Ufern des Oceans. Der Ha— 
fen Tazacorte *) weſtlich bietet ziemlich ſichern Ankergrund 
dar. Von Bergen durchſchnitten, deren Spitzen mit 
ewigem Schnee bedeckt ſind, iſt Palma zu verſchiedenen 
Zeiten durch Volkane verwuͤſtet worden, wovon ſich die 
Spuren noch finden. Die Bewohner werden nie die Aus— 
bruͤche von 1585 noch die von 1646 und 1677, welche 
mit Erderſchuͤtterungen begleitet waren, vergeſſen. 

Breite 280 38“ — Länge 200 18 nach Borda's Karte des 

Oceans und Connaissanee des tems an 15. — Nach Bonne 

iſt die Lange 209 167, 


TE — 


36 


Viertes Kapitel. 


Beſchreibung von Teneriffa. — Gemälde der Stadt St. Crux. 
— Monumente. — Kirchen. — Moͤnche. — Theater. — 
Fortificationen. — Rheede. 


Tenerife iſt die größte und reichſte unter den kanari- 
ſchen Inſeln. Ihr Hauptproduet, ſagt Cfavijo **), beſteht 
in Malvoifier - und Vidogne-Wein. Sie aͤrndtet eine 


„) Breite in Norden oder des Punkts Ridalgo 289 37° nach 
der Karte der kanariſcheu Inſeln im Depot; nach Lopez 
hingegen 28° 427; nach Bory de St. Vincent 289 367, 
Breite des Suͤdpunkts oder von Playa de las Galletas 
280 17; nach der Karte der kanariſchen Inſeln im Depot; 
nach Lopez 27° 53/. Laͤnge in Oſten oder des Punkts von 
Nago 180 26/ zo nach eben der Karte; nach Lopez 
aber 180 17/ 20%. Ringe in Weſten oder des Punktes 
Teno nach der Karte 199 17/ 30%, nach Lopez 199 18/30 /%. 
Die groͤßte Erſtreckung in der Laͤnge der Inſel von dem 
Punkt d' Anaga in Nordoſten bis Playa de las Galletas 
in Suͤden beträgt ungeführ 24 Meilen; die größte Erſtre— 
ckung in der Breite vom Cap Teno in Weſten bis zum 
Cap Abona in Suͤdoſten beträgt 15 Meilen; der Umkreis 
beträgt 65 Meilen. . 

*) Historia de las Islas de Canarias. 3. 520. 


37 


Menge Weizen, Gerſte, Mays und andere Getreideſorten, 
die indeß zu ihrem Bedarf nicht hinreichen; eben ſo er— 
zielt fie Honig, Wachs, Orſeille, und naͤhrt vieles Vieh. 
Man findet dort viele ausgeſuchte Fruͤchte, das Zucker— 
rohr, Ignamen, Orangen- Zitronenbaͤume, Kaſtanien, 
Mandeln und Datteln. Sie liefert eine Menge Seide, 
wodurch die Landesfabriken im Gange erhalten werden, 
und aͤrndtet auch ein wenig Leinſaamen; den Hanf kennt 
man aber dort gar nicht. Das Fleiſch iſt geſund, und 
das vom Hammel ausgeſucht ſchoͤn. Der am noͤrdlichen 
Theile der Inſel gefangene Fiſch iſt gut. Man trifft auf 
Teneriffa weder Ratten noch giftige kriechende Thiere. 


Die Berge find mit Fichten, mit Cypreſſen, mit Dra- 
chenbaͤumen, mit Cedern, Lorbeerbaͤumen bedeckt, und 
ihre ſehr hohen Spitzen waͤhrend des Winters in Schnee 
gehuͤllt. Der beruͤhmte Pie beherrſcht ſie zuſammen. Mit 
Ausnahme des ſuͤdlichen Theils iſt der Boden durch Quel— 
len und Stroͤme bewaͤſſert, die ſich in das Meer ergießen. 


Teneriffa machte gegen die Mitte des ſechszehnten 
Jahrhunderts großes Aufſehen. Fernandez de Lugo, wel⸗ 
cher die Inſel gegen das Ende des ſechszehnten Jahrhun— 
derts den Guanchen abgenommen hatte, verſtand es, dieſe 
wichtige Eroberung zu benutzen. Er beguͤnſtigte den Acker— 
bau, den Handel, die Schifffahrt. Eine gluͤckliche Wohl— 
habenheit war die Folge ſeiner Sorgfalt. Die Portugie— 
ſen und andere Voͤlker beſuchten die Haͤfen der aufbluͤhen— 
den Kolonie. Man ſah dort bald Manufakturen von Zeu— 
gen aufbluͤhen, die aus der Landeswolle gewebt waren, 
ſo wie auch eine Kanonengießerei und ein Pulverlaborato— 
rium emporkommen. 


38 


Unter den Nachfolgern von Fernandez, der 1525 ſtarb, 
feste man die glücklich begonnenen Arbeiten fort. Die Wege 
wurden gebahnt, die Straſſen gepflaſtert, die Felder be— 
pflanzt, die Waldungen wirthſchaftlich benutzt, das Auf— 
ziehen des Viehes, der Fiſchfang, der Handel mit den 
Indianern, alles wurde mit Thaͤtigkeit betrieben. Bald 
ward das Kirch ſpiel Taganana berühmt wegen feiner Kuͤ— 

hengarten: Garachico wegen ſeines Handels; Tegueſte, 
Rambla und Glod wegen der Weinberge; Tacoronte, 
Chaſna und Arico wegen des Getreides; Matanza, 
Victoria wegen des Ueberfluſſes an Fruͤchten; Dante, 
Buenaviſta und Santiago wegen des Viehes. 


Im Jahre 1678 hatte Teneriffa eine Bevoͤlkerung von 
49,112 Menſchen; 1733 von 58,618; 1745 von 60,218, 
srunier ſich 215 Geiſtliche befanden; 1753 von 64,000; 
1768 von 66,354, und 1790 von 70, 00. Kinderley's 
Berechnung von 96,000 Menſchen iſt uͤbertrieben. 


Man zählt dort vier Staͤdte, 192 Doͤrfer und 
Weiler, 33 Kirchfpiele, 44 Pfarrpfruͤnden, 25 Manns-⸗ 
10 Frauenkloͤſter und 6 Hoſpitaͤler. Diefe Inſel iſt außer 
durch die faſt unzugaͤnglichen ſie umgebenden Felſen mittelſt 
zwanzig Forts, Redouten oder Batterien geſchuͤtzt, wovon 
man eine in Candelaria, eine in Adefa, zwei in Gara— 
chico, drei im Hafen Lorotava, und dreizehn in St. Crux 
antrifft. 

Ich will hier eine kurze phyſifche und oͤkonomiſche 
Schilderung dieſer wichtigen Kolonie beibringen, und die 
Quellen ihrer Wohlhabenheit, ſo wie auch die Verbeſſe— 
rungen angeben, welche ihr Ackerbau, ihr Handel und 
ihre innere Adminiſtration verlangen. 


39 
Gemälde von der Stadt St. Crux.“ 


—— 2eͤ—ẽ— 


St. Crux liegt faſt in einem Zirkelbogen am Rande des 
Meeres auf einer ſandigten Erdzunge, und am Fuß einer 
Kette von Bergen, welche ſich von Nord-Nord-Oſten nach 
Weſt⸗Suͤd⸗Weſten erſtrecken. Dieſe ihrer Reichthuͤmer und 
Bevoͤlkerung wegen wichtigſte Stadt von Teneriffa haͤlt 
ungefähr 1364 Metres in die Lange und 680 in die Breite. 
Vier breite, reinliche und weit auseinander gebaute Haupt— 
fragen laufen von Norden nach Suͤden quer dadurch, 
und werden rechtwinklicht von zehn andern kleinen durch— 
ſchnitten, welche von Oſten nach Weſten gehen. 
Gewoͤhnlich iſt der Himmel dort ſchoͤn, die Luft ſtill 
und trocken; die Hitze indeß im Julius, Auguſt und im 
September ſehr heftig. Der Boden wird vom Dezember 
bis zum April vom Regen bewaͤſſert. Der Reaumur'ſche 
Thermometer iſt in St. Crux ſehr veraͤnderlich, indeß 
ſieht man ihn doch faſt nie unter 15° noch über 27°. Man 
zählt dort 8 bis 900 Käufer, wovon die meiſten von 
Steinen zwei Stockwerke hoch gebaut, und mit Kalch von 
Muſcheln beworfen ſind. Sie haben nur einen Kamin, 
naͤmlich den der Kuͤche. Die Fenſter haben kein Glas, 
man ſchließt fie mit Jalouſteen, welche die Frauenzimmer 
ſehr oft in die Hoͤhe ziehen, wenn Neugierde oder eine 
andere Urſache fie veranlaßt, ſich zu zeigen. Gemeiniglich 
erblickt man auf den Haͤuſern der Reichen einen Myrador 
oder ein Belvedere, von wo das Auge einen vaſten Hori— 
zont hat. Schwere, wie Dachrinnen ausgehoͤhlte Ziegel 
decken diejenigen, welche kein plattes Dach haben. Ueber— 
haupt ſind die Haͤuſer auf Teneriffa gebaut und abgetheilt, 


40 | 


wie die der mitttägigen Provinzen des Mutterlandes: 
Das Pflaſter der Straßen iſt eben nicht bequem; es be— 
ſteht aus kleinen platten Kieſeln von ſchwarzer Lava, die 
auf der ſcharfen Seite ruhen; die von den Fußwegen 
ahmen, durch die Mannigfaltigkeit ihrer kuͤnſtlich einander 
nahe gebrachten Farben, eine Art Moſaik nach. In eini— 
gen entfernt liegenden Straßen geht man auf rohen, 
außerordentlich unebenen Laven, wodurch der-Gebrauch 
der Waͤgen unmoͤglich wird. | 

Die Bevoͤlkerung von St. Crux wird auf 8,390 Mens 
ſchen gefchast, die in drei Klaſſen zu theilen ſind; die 
erſtere beſteht aus den Magiſtratsperſonen, aus den rei— 
chen Eigenthuͤmern und den Kaufleuten; die meiſten hievon 
ſind fremde; die zweite Klaſſe ſchließt diejenigen in ſich, 
welche eines mittelmaͤßigen Vermoͤgens genießen, wie die 
kleineren Kaufleute und die Kuͤnſtler; die dritte Klaſſe ro. 
welche zahlreicher als die beiden übrigen iſt, faßt die Bett— 
ler in ſich, deren Muͤſſiggang und Zudringlichkeit auf gleiche 
Weiſe empoͤren. u 

Die Garniſon und die Geiſtlichkeit find in dieſem Ge: 
maͤlde nicht mit einbegriffen. 

Dieſe Stadt iſt der Sitz des Gouverneurs, von zweien 
Generaladminiſtratoren der oͤffentlichen Einkuͤnfte dieſes 
Archipels, der Mitglieder der Hauptcontadorerie, des 
Handelstribunals von Indien, und eines Unterabgeordne— 
ten der Generalintendanz der Marine. f i 

St. Crux hat zwei huͤbſche Promenaden; die eine 
iſt der Platz des Hafendammes ſelbſt, wovon gleich die 
Rede ſeyn wird; die andere iſt die Almeyda oder Maille— 
bahn mit Fontainen von weiſſem Marmor und ſchoͤnen 
Anpflanzungen geziert. Der große weiter vorn in der 


11 1 
Stadt gelegene Platz iſt mit einer Fontaine von ſchwarzer 
Lava, in Form eines Kelchs, und einem Obelisk von 
weiſſem Marmor geſchmuͤckt, der der heiligen Jungfrau 
von Candelaria geweihet iſt. Der Urſprung dieſes letzten 
Monuments gruͤndet ſich auf eine Volksſage, welche 
ſchwerlich die Unterſuchung einer geſunden Kritik aushalten 
duͤrfte. Die Moͤnche haben die Canarier uͤberredet, daß 
vor ungefaͤhr vier hundert Jahren die Koͤnige Guanches de 
Guimar, welche durch die Hirten von der wunderbaren 
Erſcheinung einer Frau benachrichtigt, deren Glanz und 
Schoͤnheit eine vom Himmel herabgeſtiegene Gottheit an— 
kuͤndigten, ſich an dem angegebenen Orte bei Candelaria, 
einem Teneriffer Dorfe, hinbegaͤben. Um zu ſehen, ob 
dieß eine Sterbliche oder eine Goͤttin waͤre, zog einer die— 
ſer Koͤnige ein ſchneidendes Inſtrument aus der Taſche, 
und ſuchte ihr die Finger abzuſchneiden. Nachdem die 
Operation voruͤber war, erkannte er aber, daß er feine 
eigene Hand verſtuͤmmelt hatte. Als ein Anderer Steine 
aufgenommen, um ſte nach ihr zu werfen, verlor er ſofort 
den Gebrauch ſeines Arms. 
Um das Andenken dieſes Wunders zu erhalten, haben 
die Mönche im Jahre 1778 das Monument, wovon hier 
die Beſchreibung folgt, errichten laſſen. Eine viereckige 
Pyramide, welche das Bild der Jungfrau traͤgt, erhebt 
ſich aus der Mitte eines Socles, deſſen Winkel mit Ge— 
nien, welche die Jahrszeiten vorſtellen, geſchmuͤckt find; 
vier Statuen der Koͤnige Guanches, die Augen gegen Ma— 
rie emporſchlagend, weihen die Aſche ihrer Vorfahren, 
welche durch die Knochen vorgeſtellt werden, die ſie in der 
Hand halten. Das Koſtum der Koͤnige iſt ſonderbar ge— 
nug; nach roͤmiſcher Sitte iſt das Unterzeug, dabei 


42 

ſind ſie mit einem kurzen Mantel bedeckt, haben Haare, 
und ſind mit Lorbeeren gekroͤnt. Auf jeder Seite der Py— 
ramide lieſt man eine lange Inſchrift in kaſtilianiſcher 
Sprache. Dieſes zehn Metres hohe in Genua verfertigte 
Monument iſt von guter Kompoſition, aber von ſchlechtem 
Geſchmack. | 

Die Kirchen von St. Crux find geräumig, mit Gemaͤl— 
den und Vergoldungen verziert. Dieſer Schmuck wuͤrde 
aber huͤbſcher ſeyn, ware er nicht fo verſchwendet. Die 
Pfarrkirche iſt mit goldenen, mit Edelgeſteinen beſetzten 
Gefaͤßen geſchmuͤckt, eben ſo mit einem Altar mit Streifen 
von cifelirtem Silber, und mit zwoͤlf Lampen von dem 
naͤmlichen Metall, welche an der Kuppel aufgehaͤngt ſind: 
die Geiſtlichkeit, die dort zahlreich iſt, legt bei Ausuͤbung 
ihres Amtes koſtbare Kleider an. 

Weshalb behielt man den entſetzlichen Gebrauch bei, 
den der Gottheit geweiheten Tempel in einen Kirchhof zu 
verwandeln? Das Pflaſter iſt hier eine fortlaufende Reihe 
von Graͤbern, wovon einige lediglich mit gebrannten Stei— 
nen, die andern mit ſtolzem Marmor belegt ſind. 
Alle Gemaͤlde dieſer Kirche, mit Ausnahme von zweien, 

find weniger als mittelmaͤßig. Das erſte ſtellt Chriſti 
Geburt vor: es war waͤhrend der Geburt, daß die Hirten 
kamen, um den zur Welt gekommenen Jeſus anzubeten. 
Der Kuͤnſtler hat dieſen Umſtand benutzt, um den Grund 
der Krippe zu erleuchten. Das auf die Engel und die 
Hirten zurücftrahlende Licht bringt die beſte Wirkung her⸗ 
vor. Dieß Gemälde ward im Jahre 1773 von Juan de 
Minanda, einem kanariſchen Maler, verfertigt; das 
zweite hat das Urtheil der Seelen des Fegfeuers zum Ge— 
genſtande. Mehrere Verurtheilte, deren Koͤrper gebra— 


43 
ten, mit Ketten beladen, und von Schlangen zerriſſen 
ſind, heben ihre Haͤnde gen Himmel, der voller Heiligen 
iſt, die uͤber das Schickſal dieſer Ungluͤcklichen berath— 
ſchlagen. Mitten unter den Richtern bemerkt man den 
heiligen Michael, der eine Waage haͤlt, deren jedwede un— 
gleich haͤngende Schale ein aufgerolltes Papier traͤgt. Die 
Richter 5 woraus dieſes ſonderbare Tribunal zuſammenge— 
ſetzt iſt, ſind Biſchoͤfe, Prieſter und Moͤnche; man erblickt 
unter ihnen keine Familienvaͤter, Arbeiter, noch Arme. 
Wie dieſem nun auch ſei, ſo wird dieß Gemaͤlde, dem 
der Name des Verfertigers und die Jahrszahl mangeln, 
wegen des Kolorits des Fleiſches und des Ausdrucks der 
Koͤpfe geſchaͤtzt. 

Die Dominikaner haben 925 nicht das naͤmliche Ueber— 
gewicht als in Spanien; ſie ſind durch ihre Nebenbuhler 
die Franziskaner verdunkelt, die, obgleich nicht ſo reich, 
mehrere Anhänger haben, und ein Kloſter von ſchoͤnerem 
Anſehen beſitzen. Die Kirche von jenen hat nichts Merk— 
würdiges als ein Gemälde von Jeſus Chriſtus von Dio— 
niſio Coraz 17769 gemalt. Man erblickt noch ein an⸗ 
deres in den Schlafzimmern des Gebaͤudes, deſſen Gegen⸗ 
ſtand auffallend iſt. Es ſtellet ungefähr 70 Köpfe von 
Heiligen, Gelehrten, Paͤbſten, Biſchoͤfen, Koͤnigen und 
andern beruͤhmten Perſonen dar, die das Kleid des heili— 
gen Dominikus angezogen haben, oder die Schutzpatronen 
ſeines Ordens geweſen find. Unter dieſen fonderbaren 
Koͤpfen findet man auch den der 1683 verſtorbenen Maria 


Die Statuen dieſer Kirche find mit ſtoffenen Kleidern 
bedeckt, welche uns an das naͤrriſche Koſtum der verſchie— 
denen Jahrhunderte wieder erinnern. 


4 i 
Thereſia, des 1711 verſtorbenen Dauphins Louis, des 
1712 verſtorbenen Herzogs von Burgund, des 1715 ver— 
ſtorbenen Ludwigs des XIV, und das Bildniß des in der 
Bluͤthe ſeines Alters gemalten Ludwigs XV . 

Die aus 4 bis 500 Baͤnden beſtehende Bibliothek der 
Dominikaner enthaͤlt nur 5 uͤber die ſcolaſti— 
ſche Theologie, wie z. B. von Thomas Aquinius, mit 
ſeinen zahlreichen 1 Auslegern, Scot, und andern, 
alten Kanzelrednern u. ſ. w. Die einzigen guten Werke 
find die Kirchengeſchichte des Paters Alexander; die Va- 
riations von Boſſuet, ins ſpaniſche uͤberſetzt; die Werke 
von Benoit XIV; das krittiſche Theater des Paters 


*) Die Thorheit, die Moͤnchskutte aufm Todenbette anzule— 
gen, war im zwolften Jahrhundert ſehr gewoͤhnlich, ſagt 
Millot; daher kommt es, daß die Mönche in ihren Jahr— 
büchern fo viele Fuͤrſten, Herren und berühmte Frauen 
als Glieder ihres Ordensſtandes anführen, (Elemens de 
Phist, de France. I. 260.) 

Der 855 verſtorbene Kaifer Lotharius hatte ſich als Bru— 
der der Geiſtlichen des St. Martinskloſter nahe bei Metz 
einſchreiben laſſen, um Theil an ihren Gebeten, an ihren 

s guten Werken zu nehmen, welches um die Zeit ſehr ge— 
wohnlich war. Sein Vater Ludwig der Fromme und ſein 
Bruder Ludwig der Deutſche hatten ſich eben ſo in dem 
Kloſter von St. Denis einſchreiben laſſen. Goldaſt und 
d'Achery haben dergleichen Verzeichniſſe geliefert, worin 
ſich die Fuͤrſten mit den Moͤnchen als ihren Bruͤdern ein— 
geſchrieben befinden. (Mon. de la Monar, frane. par Mont- 
faucon. Seite 301. Tom. 1.) 

Die Franziskaner haben ebenfalls ein Veczeichnit der 
Beſchuͤtzer ihres Inſtituts. S. de Origine Seraphicae reli- 
gionis Franciscanae. Auto. Francis. de Gonzaque, Romae 
1587. Fol. 


45 


Feyoo; eine lateiniſche Abhandlung des Paters Schottin, 
über die Phyſik, 2 Vol. 8. Rome 1772; endlich eine ſchoͤne 
Ausgabe der Bibel, ſpaniſch, nebſt dem Text der Bul- 
gata und gelehrten Noten von Pater Philipp de St. Mi- 
guel. Valence 1791. 4 Vol. Ato 

Die Stadt hat ein ſehr beſuchtes Schauſpiel, wo 
man zu Zeiten eine intereſſante Geſellſchaft findet. Ich 
ging dort eines Tages mit dem Kapitain Baudin hin. 
Wir waͤhlten unſere Plaͤtze ſo, um die Schauſpieler und 
das Publikum bequem ſehen zu koͤnnen. Die meiſten Mu— 
fifanten konnten nicht leſen, und wußten nur fünf oder 
ſechs Stucke auswendig zu ſpielen. Die Weiberrollen wur— 
den von verkleideten Maͤnnern uͤbernommen. Nichts ſiel 
mehr ins Lachen, als Geſtalten mit Baͤrten, oder grobe 
Baßſtimmen unter dem Koſtum einer verliebten Schau- 
ſpielerin zu erblicken. 

In dieſem Stuͤcke ſaß ich neben zweien maroccaniſchen 
Kaufleuten aus Magador, die nach Teneriffa gekommen 
waren, um beim Gouverneur um die Erlaubniß, ein Hans 2 
delshaus auf den kanariſchen Inſeln anzulegen, nachzuſu— 
chen. Dieſe Afrikaner hatten einen langen Bart, einen 
kupferfarbigen Teint, nackte Beine, und den Kopf mit 
einem Turban umwunden; ein weiter von Wolle und 
Kameelhaaren gewebter Mantel bedeckte ihren Koͤrper, 
und ging bis auf die Ferſen hinunter. 

Ohne daß gerade die Feſtungswerke von St. Crux 
regelmäßig oder zahlreich find, haben fie dennoch eine vor⸗ 
theilhafte Lage, ſind wohl unterhalten, und mit ſchwerer 
Artillerie beſetzt. Vergebens moͤchte ſich ein kuͤhner Feind 
einer derſelben bemaͤchtigen; der Beſitz eines Forts wuͤrde 
ihm den der uͤbrigen nicht zuſichern, indem dieſe ihn leb— 


Atr 

haft necken, und zur Retirade durch das kreuzweiſe Feuer 
ihrer Batterien zu zwingen vermochten; fie bilden naͤm— 
lich eine furchtbare Linie am Rande des Oceans. Gegen 
Norden und Suͤden wird die Stadt von zweien 2,700 
Metres von einander entfernt liegenden Redouten oder 
Schloͤſſern geſchuͤtzt; aber dem Paſſo-Alto gegen Norden, 
welches auf ſehr hohen Felſen erbauet iſt, die an mehre— 
ren Orten hervortreten, koͤnnte durch das Herabfallen die— 
ſer Felſen geſchadet werden, indem die feindlichen Kano— 
nen ſie leicht zum Herabſtuͤrzen bringen duͤrften. Im 
Jahre 1706 bemuͤhete ſich der engliſche Admiral Genings 
vergebens, den Platz mit einer Eskadre von dreizehn Li— 
nienſchiffen zu beſchießen. Er ward von den verdeckten 
Batterien ſelbſt zuſammengeſchoſſen, und gezwungen, ſich 
zuruͤckzuziehen. 

Die im Julius 1797 von Nelſon mit vier Schiffen, 
drei Fregatten und andern Kriegsfahrzeugen unternom— 
mene Expedition, um die Gallione der philippiniſchen Ge— 
ſellſchaft wegzunehmen, die unter dem Schutz der Forts 
vor Anker lag, iſt eben ſo ungluͤcklich fuͤr die engliſche 
Marine abgelaufen. Drei hundert Mann von den Ge— 
landeten ſind nebſt den Schaluppen, welche ſie ans Land 
brachten, untergegangen; und der Admiral verlor den 
rechten Arm dabei. f . 

Die Garniſon beſteht aus einem Linien-Infanterie-— 
Regiment von fuͤnf hundert Mann, und einer Kompagnie 
von 100 Artilleriſten. f 

Die nordoͤſtlich von der Inſel“) gelegene Rhede iſt ge— 


) Dieſen Artikel über die Rheede von St. Crux hat mir der 
Kapitaͤn Baudin mitgetheilt. 


* 

47 
gen die nordnordoͤſtlichen und weſtnordweſtlichen Winde ge— 
ſchuͤtzt; wehen hingegen die Winde aus Norden oder Suͤ— 
den, ſo befinden ſich die Schiffe in Gefahr, und ihre 
Verbindung mit dem feſten Lande hat dann ſehr große 
Schwierigkeiten. 


Da das Meer durchgehends an die ganze Kuͤſte ſchlaͤgt, 
ſo haben die Spanier auf einer Ebene von Granitlava 
einen ziemlich bequemen ») Kay zu Stande gebracht, um 
das Ausſchiffen zu erleichtern, der durch eine Batterie von 
ſechs Kanonen von großem Kaliber geſchuͤtzt wird. 


Gleich nachdem man von der Rheede auf dem Kay an— 
gekommen iſt, muͤſſen die Kaͤhne ins offene Meer zuruͤck— 
geſchickt werden, ſonſt würde das An- und Zuruͤckſchlagen 
der Meereswellen gegen die Stufen, die in dem Winkel 
des Hafendammes angebracht ſind, um zum Ausſchiffen 
dienlich zu ſeyn, ſie bald zerbrochen haben. Die Schiffe, 
welche nach St. Crux kommen, nachdem ſie um die Spitze 
Anagaͤ nordöftlich der Inſel geſegelt find, muͤſſen ſich fo 
viel moͤglich dicht am Lande halten, um das Laviren zu 
vermeiden, und zu dem Ankerplatz zu gelangen, weil die 
Winde gewoͤhnlich von Nordoſten nach Nordweſten wenig— 
ſtens waͤhrend der Winterzeit wehen. Wollte man anders 


) Breite 280 28/ 304, Länge 180 364. (Borda's Karte des 
Oceans im Depot der Marine; Connaissances des tems an. 
15.) Nach Bonne hingegen, Breite 289 a5 51. Länge 
18° 34/. Nach Voyage de la Perouse autour du monde, 
redig€ par Millet-Mureau an 6. tom. 2. S. 20. Br te 280 
274 30%. Laͤnge 189 36/4 30/. Nach Relation du Voyage 
a la recherche de la Perouse, par La Billardière. An 8. 
tom. 1. Breite 289 294 354, Laͤnge 189 364. 


* 
48 
zu Werke gehen, ſo ſetzte man ſich der Gefahr aus, vom 
Winde umhergetrieben zu werden, und erſt nach mehreren 
Tagen anlangen zu koͤnnen *). 5 


An einigen Stellen ift. der Grund felſigt; deßhalb 
dürfen die Schiffe ihren Anker nur dann von Nordweſten 
werfen, wenn ſie um die am meiſten gegen Oſten gelegene 
Feſtung geſegelt ſind, und ſie nordoͤſtlich vom Kompaß in 
einiger Entfernung von einer Viertelmeile bleiben. In 
dieſem Bezirk findet man bei fünf und zwanzig Klafter 
Tiefe einen guten Grund von ſchwarzem ſchlammigen 
Sande, und die Anker wuͤrden darin gut feſt halten, 
waͤre nur der Abhang gegen das hohe Waſſer hin weniger 
bedeutend. Der zweite ſuͤdoͤſtlich ausgeworfene Anker wird 
bei 30 bis 35 Klafter denſelben Boden finden; indeß muß 
man wenigſtens ein ganzes Kabeltau herauslaſſen, damit 
er feſt halten koͤnne, und damit das Schiff feſt liege. 
So bald die Winde ſüͤdoͤſtlich oder ſuͤdlich find, fo ſchwillt 
das Meer ſogleich an, und wird unruhig. Nachdem man 
mittelſt des Ankers feſt liegt, pflegt man ſeine Taue bis 
zu zwei Drittheil ihrer Einzwaͤngungslinien mittelſt eines 
Fahrzeuges zu vifitiren, und Darüber von Diſtanz zu Di— 
ſtanz leere gut verſtopfte Tonnen zu legen, welche dann 
eben ſo viele Ankerbojen bilden, um ſie aufrecht zu erhal— 
ten. Auf dieſe Weiſe befinden ſie ſich nicht auf dem 
Grunde, und laufen keine Gefahr beſchaͤdigt zu werden. 


Vom Oktober bis zum Maͤrz ſind die Winde auf St. Crux 


feh. unbeſtaͤndig, und oft für die auf der Rheede vor Anken 


liegenden Schiffe gefährlich, indem fie, gegen die Kuͤſte 
geworfen zu werden, ausgeſetzt ſind. Der Reiſende Glatz 
fuͤhrt S. 235 ein ſchreckliches Beifpiel hievon an. 


49 

Um drei Uhr an den Tagen des Neu- und Vollmondes 
iſt hohes Meer; es ſteigt zwoͤlf Fuß in den Zeiten der 
Syzigieen, und ſechs in den Vierteln. Fleurieu ) 1. — 
288. — | 

Die großen Schiffe können nur mit Schwierigkeit auf 
St. Crux ausgebeſſert werden, weil es hier kein wohl ver— 
ſehenes Werft gibt, wo ſie Maſten, Segel oder Tauwerk 
vorräthig faͤnden; hingegen koͤnnen fie dort Waſſer, Wein, 
Fruͤchte, Gemuͤſe „Ochſen, Haͤmmel, Schweine, Gefluͤgel, 5 
geſalzene Fiſche, zuſammen gut, antreffen. Die Lebens— 
mittel findet man auf St. Crux ſo trefflich und ſo wohl— 
feil, daß nach dem Rath dreier berühmten Reiſenden 
die eüropaͤiſchen Schiffe, welche lange Reiſen unternehmen, 
eher auf Teneriffa, als auf Madera anlanden ſollten. 


) Abweichung von der Magnetnadel auf der Rheede von 
St. Crux, 14° 41/ 20% weſtlich, und die Neigung der 
noͤrdlichen Spitze der Magnetnadel 619 52/ 30 /. (Cook's 
dritte Reiſe. Paris 1785. 4to tom. 1. S. 28.) 5 

Borda gibt der Abweichung der Buſſole auf der Rbeede 
von St. Crux 159 30/ weſtlich. (Voyage 1. 72.) Staun⸗ 
ton 179 35“ (Voyage de Macartney en Chine, Paris, Ar- 
thur Bertrand, an 7, t. I.) und Van Couber, 16° 38. 

| (Voyage tom. I. 4to pag. 34. 

**) Cook's dritte Reife Th. 1. S. 21. Macartney Reife nach 
China Thl. 1. S. 121. und La Billardiere Voyage à la re- 
cherche de la Perouse. T. I. p. 31. 


” 


Le Dru Reife. I. Bd. D 


50 


Fuͤnftes Kapitel. 


Reiſe nach Laguna — Nachricht uͤber dieſe Hauptſtadt — 
Gottesdienſt — Kloͤſter — Bibliotheken — Berge und 
Schluchten die ſie umgeben. 


Der Weg, welcher von St. Crux nach Laguna, der 
Hauptſtadt der Inſel, fuͤhrt, iſt zwei Meilen lang, voll 
Kruͤmmungen, ſteil und beſchwerlich. An der linken Seite 
dieſes Weges, welcher am meiſten auf Teneriffa beſucht 
wird, erblickt man einige angebauete Laͤndereien, aber die 
meiſten ſind mit Steinen angefuͤllet, wodurch dann die Be— 
ſtellung ſehr ſchwer wird. Rechts hört die Ausſicht ploͤtz— 
lich auf durch Berge, worauf ſich keine Baͤume, ſondern 
Euphorbien befinden; an ihrem Fuße wachſen in Menge 
die Cactus Opuntia, der Ficus-Carica, der Agave- 
America, u. ſ. w.; der Blaͤtter dieſer letzten Pflanze, die 
wie Rinnen außgehölt find, bedient man ſich um die Hütten 
der Armen damit zu decken. Auf dieſem Weg kommt man 
bis unter die Kanonen einer auf Felſen neu angelegten 
Feſtung durch, deren Einnahme ſehr ſchwer halten würde. 


51 


Vergebens ſuchte ich in Laguna ein Wirthshaus um 
auszuruhen; die Stadt bietet keines dar. Hierauf beſuchte 
ich den Marquis de Villanueva, der mir edler Weiſe ſein 
Haus anbot “). 

Im Jahre 1582 ward Lagung ** von der Peſt heim: 
geſucht, wodurch die Haͤlfte ihrer Einwohner umkam. Der 
Kapitän Lazaro-Moreno, welcher aus der Levante dort 


*) Hr. v. Villanueva, Kammerherr des Koͤnigs, aus einer 
berühmten Familie entſproſſen, die ſich ſeit drei hundert 
Jahren auf den kanariſchen Inſeln niedergelaſſen hat und 
mit den ehemaligen Koͤnigen von Leon **) verwandt iſt, iſt 
einer der reichſten und ausgezeichnetſten Landeigenthuͤmer 
dieſes Inſeelmeeres. Durch die Reifen nach Italien, Spa— 
nien, England und Frankreich hat er ſich trefflich ausgs— 
bildet. Er iſt ein guter Gatte und Vater, und ſein Haus 
ſtehet den Ungluͤcklichen offen. — Ohne Pracht, ohne Stolz, 
haͤlt es leicht bei ihm Zutritt zu erhalten, und ſeine Sprache 
iſt aufrichtig. Er beſitzt eine Bibliothek von 2000 Bänden, 
worunter ſich die beſten franzoͤſiſchen Werke befinden, und 
ſpricht korrekt unſere Sprache. Ich bin mit dieſem treffli— 
chen Manne in genaue Verbindung getreten; und die 
Dienſte, welche er mir waͤhrend meines Aufenthalts auf 
Teneriffa geleiſtet, haben es mich empfinden laſſen, wie 
vortheilhaft es für einen Fremden iſt, fern vom Vaterlan— 
de, jene wohlwollende Höſpitalitaͤt zu finden, wodurch die 
Freundſchaft ſo ſehr erhoͤhet wird. | 


*) Memorial de los meritos y servicios de los Marqueses de 
Villa Nueva de Prado, en Canarias. Madrid H. Pacheco 
1789. 16 S. in fol. 8 


***) Lange 189 39/ 30/ nach Feuillée, Breite 280 28/ 304 
E/ nach Thomas Lopez. — Zufolge Bonne iſt die Laͤnge 
180 29/, die Breite 189 374 %. 

D 2 


52 


mit verpeſteten Teppichen anlangte, brachte fie dorthin. 
Im Jahre 1697 verzehrte eine Feuersbrunſt einen Theil 
ihrer Haͤuſer. | 
Die Bevoͤlkerung dieſer Stadt, mit Inbegriff der Laͤn— 
dereien, welche davon abhängen, belief ſich im Jahr 1776 
auf 8796 Menſchen; heut zu Tage beträgt fie aber nicht 
mehr als 8000. Dieſe Verminderung ruͤhrt hauptſaͤchlich 
von der haͤufigen Auswanderung der Stadtbewohner her, 
wovon die meiſten arm und keine Eigen huͤmer find, und 
die eine Stadt verlaſſen, welche keine Induſtrie gewahrt, 
um eine beſſere Exiſtenz in St. Crux oder in Amerika an 
den Kuͤſten von Caracas zu ſuchen. Ihr Handel beſtand 
ehemals in Wein und in Brandtewein. Laguna war zu 
der Zeit bevoͤlkert, reich, bluͤhend; ihre Wohlhabenheit 
dauerte bis 17063 um dieſe Zeit ward der am haͤufigſten 
beſuchte Hafen Garachico durch einen volkaniſchen Ausbruch 
zerſtoͤrt. St. Crux, zu der Zeit nur eine Bucht fuͤr die 
Fiſcher, ward bald ein Ruheplatz fuͤr die Schiffe, welche 
vorher auf der Rheede von Garachico vor Anker gegan— 
gen waren. Laguna konnte die Konkurrenz mit der neuen 
Stadt nicht aushalten, die den Vortheil einer gluͤcklichen 
Lage fuͤr ſich hatte, und ihr Handel zog ſich gaͤnzlich dort— 
hin. Dieſe traurige Hauptſtadt iſt nun die Reſidenz eines 
Theiles des Adels der Inſel, einiger Kaufleute, die ſich 
aus dem Handel zuruͤckgezogen haben, und der hoͤhern Ge— 
richtshoͤfe. Eine andere Urſache trägt auch dazu bei fie zu 
entvoͤlkern; man rechnet dort noch uͤber zwei hundert Or— 
densgeiſtliche und Weltprieſter, welche ſich im Beſitz der 
ſchoͤnſten Laͤndereien der Inſel befinden, und doch nicht 
die Hälfte deſſen daraus ziehen, was ſie thaͤtigern Be— 
nutzern gewaͤhren würden. s 


93 


Die Straßen von Laguna find ziemlich gerade, breiter 
als die von St. Crux, und ihre oͤffentlichen Plaͤtze ſiehet 
man mit Fontainen geſchmuͤckt, woraus klare Gewaͤſſer 
ſpringen, welche von einem hoͤlzernen Aquedukt herbeige— 
fuͤhrt werden. Dieſe auf der Inſel am meiſten uͤber die 
Meeresfläche hervorragende Stadt hat eine ſehr feuchte 
Luft; daher dann die ſehr große Menge von Sedun und 
Farrenkraͤutern, womit die Mauern derſelben ganz uͤber— 
zogen ſind. Vom Dezember bis zum Maͤrz empfindet 
man eine um ſo heftigere Kaͤlte, da die Kamine hier nicht 
üblich find, Es regnet hier oft, aber nicht lange; alsdann 
ſiehet man die Spitze der Berge mit Duͤnſten bedeckt, die 
ſich auf die Ebene hinunterziehen, indem ſie der Richtung 
der Winde folgen; dieſe Duͤnſte zergehen und verſchwinden 
in dem Maaß wie fie fich dem Meere naͤhern. 

Die Stadt Laguna iſt neben einem See erbauet, von 
welchem ſie ihren Namen fuͤhrt. Dieſer See, von ungefaͤhr 
30 Hectars ), iſt nur in der Regenzeit voll. Die Ufer 
ſind Gemeinweiden, worauf ich nur mageres Vieh geſehen, 
weil das emporkeimende Kraut zu fruͤh von den Heerden 
Schaafe abgefreſſen wird, die ihm dann keine Zeit zum 
Wachſen gewaͤhren. Man koͤnnte, indem mit wenigen 
Koſten, Abzüge angelegt würden, dieſe Maſſe Waſſer aus— 
trocknen, und den Boden in Felder oder in fruchtbare Wie— 
ſen verwandeln. 

Lagung hat vier Manns- und zwei Frauenkloͤſter; in 
jenen befanden ſich im Jahre 1776, 180 Mönche, in die— 
ſem im Jahre 1745, ungefähr 170 Nonnen. Uebrigens 
war im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts die Zahl 


* Ein Hectar beträgt ungefähr zwei Morgen. 


54 

dieſer Mönche weit bedeutender; den Fortſchritten der 
Vernunft verdankt man es indeß, daß der Moͤnchsgeiſt 
auf den canariſchen Inſeln eben fo wie in Europa erloͤſcht. 
Unter den Geiſtlichen fuͤhre ich mit Lob die der beiden 
Pfarrkirchen als aufgeklaͤrte, tolerante und rechtliche Maͤn— 
ner an, welche von den Armen, die ſie unterſtuͤtzen, geliebt 
werden, und in großer Achtung ſtehen. 

Die ſchoͤnſte Kirche dieſer Stadt iſt die der Notre 
Dame des Remedes (Liebfrauenkirche). Die 1767 in 
Genua verfertigte Kanzel iſt ein Meiſterſtuͤck von Bild— 
hauerarbeit; es iſt ein mit allegoriſchen Figuren geſchmuͤck— 
ter Korb, der von einem auf einem Sockel aufrecht befind— 
lichen Engel getragen wird. 

Der gefuͤhlvolle Menſch ſeufzt aber in dieſem Tempel 
beim Anblick von dreien entſetzlichen Gemälden. Die 
erſtern beiden zeigen uns ſechszehn Koͤpfe von Ketzern, 
welche von der Inquiſition ) verurtheilt wurden. 


*) ums Jahr 1532 ward die Inquiſition auf Teneriffa einge- 
führt. In den meiſten Kirchen lieſet man das gedruckte 
Verzeichniß ſolcher Bücher, die von dieſem verhaßten Tri— 
bunal verboten, und als ketzeriſch, gotteslaͤſterlich und an— 
ſtoͤßig verdammt wurden. 


An Ort und Stelle habe ich dieſe merkwuͤrdige Liſte 
von Werken abgeſchrieben, wovon einige als Werke der 
Beredſamkeit und des Genies, die wahrhaften Gtundſaͤtze 
der Moral enthalten: f 


Montesquieu — Esprit des loix. 1756. 4to. 

Brissot — Theorie des loix crıminelles. Berlin 1787. 
Picard — Ceremonies-religieuses. 1783. 4 vol. in fol. 
Condillac — Cours d'études. 12 vol. in 8vo. | 
Filaugieri — Science de la legislation. 1782. 6 vol. 


55 


Von dieſen Schlachtopfern kamen vier in den Flam⸗ 
men um, indem man ihnen das Verbrechen, der Zauberei, 
der mahomedaniſchen oder juͤdiſchen Religion anzuhaͤngen, 
zur Laſt legte; ein Guanche von Teneriffa, 1557; ein 
Maure 1576; und zwei Portugieſen, der eine im Jahre 
1526, der andere 1559; die Inſchrift gibt es an, daß 
die Unglücklichen in Palmas, der Hauptſtadt von Canaria, 
verbrannt worden ſind. Das zweite Gemaͤlde empoͤrt eben 
ſo ſehr; ein Ketzer liegt auf den Knieen, und uͤberreicht 
mit dem Ausdruck des lebhafteſten Schmerzens das 
Buch, welches ſeine Irrthuͤmer enthaͤlt, einem Heiligen 
vom Karmelitenorden, der ihn bei den Haaren faßt, und 
ihm einen Dolch ins Herz ſtoͤßt, waͤhrend ein anderer 
Moͤnch mit dem Helm auf dem Kopfe das Zeichen zur 
Execution gibt. Zu ihren Fuͤßen flehet eine Maure dieſe 
Henker um Gnade an. Im Hintergrunde des Gemaͤldes 
erblickt man einen Dreimaſter, worauf ſich mehrere Moͤn— 
che als Zeugen dieſes Blutbades befinden. 


Racine — Abrégé de l’histoire ecelésiastique. 

Marmontel — ontes moraux. 1756. 2 vol. 

Lanjuirais — Le Monarque accompli. 1776. 3 vol. 

smith — Causes de la grandeur et richesses des nations. 
1788. 2 vol. 8vo. 

Paw — Recherches philosophiques sur les Americains. 
Londres. 1771. 3 vol. 

Necker — Importances des opinions religieuses. 8vo. 

Laport — Voyageur francois. 28 vol. 

Burke — Reflexions sur la revolution francoise. 

Voltaire — Oeuvres completes. 

Nouveau voyage en Espague, 1777 — 1778. Londres 1762. 
2 vol. in 8vo. — 


56 


In Frankreich habe ich keinen fo prachtvollen Gottes— 
dienſt, keine ſo reich gezierten Kirchen geſehen, als in 
Laguna. Ich befand mich den Zten December in dieſer 
Stadt; es war dieß ein Feſttag fuͤr die Pfarrkirche der 
Conception; ich was bei der religioſen Ceremonie gegen— 
wertig. Die Mauern waren mit rothem Atlas ausge: 
ſchlagen; die Stufen des Allerheiligſten, die des Altars, 
und das acht Meter hohe Tabernakel mit Streifen von ge— 
triebenem Silber bekleidet, welche das Licht von acht hun⸗ 
dert auf ſilbernen Armleuchtern befindlichen Wachskerzen 
zuruͤckwarfen. Am Eingange des Allerheiligſten befand 
ſich ein mit eben ſo vieler Pracht aufgebauter Altar, wor— 
auf man die Statue der Maria wahrnimmt, zu ihren 
Füßen eine goldene Kugel, und das Haupt iſt mit einer 
Krone von Diamanten geſchmuͤckt, und ſie in dem Coſtum 
der Madonna von Loretto in einer Robe von Goldſtoff, 
die fie. vom Halſe an bis auf die Füße bedeckt; hiezu 
denke man ſich nun noch vergoldete mit Juwelen beſetzte 
ſilberne Vaſen, ſechszig in Gold- und Silberſtoff gefleis 
dete Prieſter, fuͤnf und zwanzig bis dreyßig der erſten Ein⸗ 
wohner in atlaſſenen Maäͤnteln, die auf ſammtnen Baͤnken 
ſaßen, eine ungeheure Menge Menſchen, eine ziemlich 
gute Muſik, welche die Meiſterſtuͤcke von Italien vor— 
trug, und man hat eine Skizze von dem aͤußern Gottes— 
dienſt von Laguna bei großen Feierlichkeiten. Die im An- 
fange des vorigen Jahrhunderts von Hetz, einem fran— 
zöfifchen Kuͤnſtler, verfertigte Kanzel iſt wegen Eleganz 
der Zeichnung und Wee des Schnitzwerks merk— 
wuͤrdig. 

Als ich das Dominikanerkloſter beſuchte, hielt ich mich 
einen Augenblick vor einem ziemlich ſeltſamen in dem 


| 57 
Kreuzgange befindlichen Gemälde auf; dieß ſtellet naͤm— 
lich den heiligen Dominikus dar, zu den Fuͤßen der Ma— 
ria, dem die Milch in den Mund fließt, welche die heilige 
Jungfrau aus ihrer entbloͤßten Bruſt ausſpritzen laͤßt. 
Nachgehends bat ich, die Bibliothek ſehen zu duͤrfen, die 
man mir als die vorzuͤglichſte von Teneriffa geruͤhmt hatte. 
Sie faßt 12,000 Bände, worunter ich kaum 500 rechne, 
die da aufbewahrt zu werden verdienen; dieß ſind die 
Werke von Petau, Ponjot, N. Alexandre, Calmet, 
Vence, Maſſillon, Bourdaloue, Boſſuet, Millot, Marſy; 
einige gute von den Benediktinern veranſtaltete Ausgaben 
der Kirchenvater. Man ſagte mir, es waͤren noch andere 
Buͤcher in dem Haufe verborgen, und auf die Liſte der 
verbotenen geſetzt, unter andern Fleury's Kirchengeſchichte, 
ich durfte ſte aber nicht ſehen. 

Die Bibliothek der Auguſtiner bot mir nichts anderes 
Intereſſantes dar, als die Werke des Virgils, Taeitus, 
Plinius, Sannazad und Calmet; alle uͤbrigen gehen nur 
dahin, die ſcholaſtiſchen Ideen des 13ten Jahrhunderts zu 
verewigen. 

Das eine Viertelmeile von der Stadt gelegene Kloſter 
von St. Diego del Monte, welches die Franziskaner 
inne haben, gewaͤhrt nichts anderes Merkwuͤrdiges als 
einen 1648 in die Kirche geſtellten Sarg von weiſſem Mar— 
mor. Dieß Monument ſtellet Don Juan de Ayala, den 
Gruͤnder des Kloſters vor, wie er auf den Knieen auf einem 
Pult ein offenes Buch haͤlt. Sein runder, an der einen 
Seite in die Hoͤhe geſchlagener Hut, ſein Schnurbart, 
ſein runder krauſer Kragen, ſein kurzer Mantel und ſeine 
Ruͤſtung deuten einen von den tapfern ſpaniſchen Rittern 
des ſiebenzehnten Jahrhunderts an. 


58 


Unter den die Ebene von Laguna umgebenden Bergen 
unterſcheidet man den Tafelberg, der ſeinen Namen 
davon führt, daß er einem ungleichſeitigen Würfel 
ähnlich ſiehet. Er liegt nördlich eine halbe Meile von 
der Stadt auf dem Wege von Tegine. Auf der Spitze 
dieſes Berges, der in Ueberfluß Lavendel hervorbringt, 
hat das Auge einen ſchoͤnen Horizont. Von dieſem Punkt 
aus, wo ich gern hinauf kletterte, erblickte ich ſuͤdweſtlich 
die reichen Felder von Tacaronte und den Pie von Te— 
neriffa, deſſen Spitze bis in die Wolken geht. Zu meinen 
Fuͤßen wurde eine, eine Meile breite und ungefaͤhr zwei 
Meilen lange Ebene ſichtbar, derer fruchtbarer bewaͤſſerter 
Boden alle Kornarten Europens traͤgt; gegen Norden 
ein Wald von Lorbeerbaͤumen; weſtlich das mit Wein— 
bergen und Schaafen bedeckte Thal von Tegueſte; gegen 
Süden das in einem Halbzirkel am Ufer des Sees er— 
baute Laguna. 

Oeſtlich von dieſem Orte dicht bei dem Wege, der nach 
St. Crux fuͤhrt, trifft der Naturforſcher merkwuͤrdige 
Berge und Schluchten. Der Grund von dieſen iſt ſtei— 
nig und ſechs Monate des Jahrs trocken; er faßt indeß 
einige einzelne Plaͤtze in ſich, die mit vegetabiliſcher Erde 
bedeckt ſind, und worauf man Fruchtbaͤume pflanzen 
koͤnnte. Auf den Seiten der Berge wären für ein gewerb⸗ 
fleißigeres Volk mit Nutzen Wein und Luzerne zu bauen; 
ihre Gipfel bieten hinreichende Weiden dar, worauf dann 
die benachbarten Grundeigenthuͤmer täglich ihr Vieh trei— 
ben laſſen. Dieſe Gewohnheit führt mehrere Unbequem⸗ 
lichkeiten herbei; erſtlich freſſen dieſe Thiere, die acht 
bis zehn Stunden Mangel an Waſſer leiden, wenig, und 
verdauen ſchlecht, daher ihre außerordentliche Magerkeit; 


| > 
ferner zertreten fie mehr Kräuter als fie freſſen; drittens 
trocknet ihr Abgang ſchnell auf, und gibt gar keinen Duͤn— 
ger. Mehr Vortheil wuͤrde es gewaͤhren, dieſe Weiden 
in Wieſen zu verwandeln, und ſie ſo wie in Europa zu 
maͤhen; auf die Weiſe wuͤrden die im Stalle gegen das 
Feuer einer brennenden Sonne geſchuͤtzten Pferde und 
Kuͤhe ſtaͤrker und fetter werden, und einen fuͤr die Frucht— 
barmachung des Bodens trefflichen Duͤnger geben. 

Die Schlucht oder der Baronco, welche von Laguna 
bis zum Ocean laͤuft, iſt eine der merkwuͤrdigſten der In— 
ſel. Tief, winklicht, und von einem immerwaͤhrenden 
Strom gefurgt, der hie und da huͤbſche Waſſerfaͤlle bildet, 
laͤuft ſie zwiſchen zweien hohen krummgaͤngigen und unre— 
gelmaͤßig auf einander gehaͤuften Felſenwaͤnden. Gegen 
die Mitte dieſes Baranco findet man die ſchoͤnſten Casca— 
den der Welt. Der Strom, welcher ſie bildet, koͤmmt von 
dem nach St. Crux laufenden Wege. Iſt er an den Rand 
der Schlucht gelangt, ſo ſtuͤrzt er ſich uͤber ſechszig Metres 
tief hinab, bricht ſich an den Felſen, welche den Grund 
davon bedecken, ſprudelt und ſpringt bis zu einer anſehn— 
lichen Entfernung. N 


60 


Sechstes Kapitel. 


Reiſe nach Tegueſte und nach Tegine — Weg von St. Crux 
nach Candelaria und nach Guimar — Religionsfeſte. 


Tegueſte liegt zwei Meilen weſtlich von Laguna am Ufrr 
des Meeres. Wenn man eine Stunde dem Weg, der 
nach Tacaronte führt, gefolgt iſt, verlaßt man ihn um in 
ein Thal rechter Hand hinunter zu ſteigen. Dieſer neue 
Weg iſt ſehr häßlich und bietet zahlreiche, durch Stroͤme 
ausgehoͤhlte Abgruͤnde dar. Tegueſte, das im Jahr 1776 
846 Einwohner zaͤhlte, hat eine angenehme Temperatur. 
Ich nahm eine große Menge zerſtreuet auf den Feldern 
wachſende Drachenbaͤume ) wahr. 

Ehemals gab das aus dem Drachenbaum gezogene 
Harz einen wichtigen Gegenſtand des Handels fuͤr Tene— 
riffa ab; die Bewohner haben es verabfaͤumt durch junge 
Anpflanzungen die alten durch zu häufigen Ausfluß er⸗ 
ſchoͤpften Bäume zu erſetzen, und dieſe Quelle wird daher 
bald verſiegen. Es gibt vielleicht nicht fuͤnfzig Drachen⸗ 
baͤume auf der Inſel. Ä 

Das gegen Norden eine halbe Meile von Tegueſte er— 
bauete Dorf Tegine, wuͤrde von groͤßerer Bedeutung ſeyn, 
waren die Haͤuſer weniger zerſtreuet; im Jahr 1776 zählte 
man dort 911 Einwohner. Die Ländereien deſſelben, ſo 


*) Dracena draco. Linn. 0 


61 


wie die von Tegueſte ſind fruchtbar, und mit Getraide 
und Wein bedeckt. Ich habe dort mehr Fruchtbaͤume 
wahrgenommen als an irgend einer andern Stelle der 
Inſel. 5 i 

Der Weg von Tegine nach Laguna laͤuft an einer tie— 
fen Schlucht her, der ſogar an einigen Stellen furchtbar 
iſt und huͤbſche Waſſerfaͤlle darbietet. Die Seiten find mit 
einer Menge von Vegetabilien beſetzt, welche ſelbſt der 
kuͤhnſte Botaniſt nicht abzubrechen verſuchen wuͤrde. 

Das Dorf Candelaria iſt auf der Inſel wegen eines 
Feſts beruͤhmt, das dort jaͤhrlich am 2. Februar gefeiert 
wird, und eine Menge Andaͤchtige hin ziehet. Aus Neu— 
gierde begab ich mich den Abend vorher dorthin, nebſt 
Herrn Clerget, meinem Collegen und zweien andern Fran— 
zoſen. Wir nahmen zu unſerm Dienſt waͤhrend der Reiſe 
einen Fuͤhrer und ſechs Mauleſel. 

Der Weg von St. Crux nach Candelaria iſt einer der 
beſchwerlichſten, bis man auf den von Laguna ſtoͤßt, der 
jährlich mit bedeutenden Koſten auf Befehl des Corregidor 
dieſer Stadt, welcher der Feyerlichkeit beizuwohnen ver— 
pflichtet iſt, ausgebeſſert wird. Die Felder, die wir paſſir— 
ten, waren außerordentlich trocken; man trifft darauf kei— 
nen Baum, und kaum zwei ſchlechte Huͤtten an. Unge— 
heuere Arbeiten ſind erforderlich geweſen, um einen Theil 
dieſes verbrannten Bodens in Kultur zu ſetzen, und um 
jedes Eigenthum mit einer unfoͤrmlichen ſteinernen Mauer 
ohne Verbindung zu umgeben. Wir begegneten zahlreichen 
Zuͤgen von Canariern, welche zu dem Feſte eilten; ſie kuͤn— 
digten ſich von weitem durch eintoͤnige Geſaͤnge an. Dieſe 
Gruppen von Wallfahrern waren ein wenig von denen in 
Griechenland verſchieden, die ſich ehemals zu den religioͤſen 


62 
Ceremonien von Delpho und Olymp begaben, wovon 
Anacharſis redet *). 

Candelaria ) liegt in dem oͤſtlichen Theile der Inſel, 

am Rande des Meeres, auf einem fandigen Ufer, vier 
Meilen und ſuͤdweſtlich von St. Crux. Ihr Territorium 
faßte im Jahre 1776, 1895 Menſchen in ſich. Die 
Mannsperſonen ſind dort groͤßtentheils Fiſcher. In die— 
ſem Dorfe gibt es kein Wirthshaus. Wir mietheten ein 
mit Moͤbeln verſehenes Zimmer. 
Den Tag darauf ging ich nebſt meinen Reiſegefaͤhrten 
nach Guimar, einem zwei und eine halbe Meile ſuͤdlich 
von Candelaria gelegenem bedeutenden Dorfe ab. Ein 
noch muͤhſeliger Weg als der von St. Crux lauft durch 
ein ſo nacktes als trocknes Feld, das links vom Ocean, 
rechts von einer Kette ſehr hoher, an einigen Stellen mit 
Tannen und Schnee bedeckten Berge, eingefaßt iſt. 

Als wir eine Stunde gegangen waren, kamen wir uͤber 
ein Bett von grauer ſehr harter Lava, welche aus der 
Spitze des Berges hervorkommt, deſſen Seiten genau bes 
zeichnet, und bis ans Meer drei Meilen, zwanzig bis drei— 
ßig Metres breit, fortlaͤuft. Dieſe Lava ward 1705 ***) 
von einem Volkan ausgeworfen, wovon ſich der Crater 
noch auf der Spitze des Berges, der an dieſer Stelle ſehr 
geſunken iſt, befindet. Dieſer entſetzliche Ausbruch ver— 
zehrte das Zuckerrohr, worin der Reichthum von Guimar 
beſtand. Auf die Aſche ſaͤeten die Einwohner ſofort Korn, 


*) Voyage en Grece, tom 2. in 8 vo. p. 442; tom 6, p. 412. 
) Nach Lopez war die Breite des Forts 289 19/54“ — 
280 20/; nach der Carte im Depot und 280 19/ 40% nach 
Bory St. Vincent. 
=) Vom 25. December 1704 bis zum 27. Maͤrz 1705. 


63 


erhielten indeß nur geringe Erndten. Seit vierzig Jahren 
haben ſie ſtatt deſſen Wein gebauet; und der gluͤckliche Er— 
folg hatte ihre Verſuche ſo ſehr gekroͤnt, daß das ſonſt 
arme und wenig bekannte Guimar ſchnell ſeinen Reichthum 
und ſeine Bevölkerung hat verdreifachen ſehen. Dieß 
fuͤnf viertel Meilen vom Meere erbauete Dorf zaͤhlt eine 
große Menge neu erbaueter Haͤuſer, und nimmt taͤglich zu. 
Die Bevoͤlkerung ſeines ganzen Gebietes ſteigt auf wenig— 
ſtens 3600 Seelen. Man trifft dort viele Feigenbaͤume. 

Als ich nach Candelaria zuruͤckkehrte, ſtattete ich noch 
nebſt Herrn Clerget dem Corregidor einen Beſuch ab, der 
uns zu Tiſch behielt. Das Gaſtmahl war koſtbar; es 
waren dort ſechs und vierzig Perſonen. Des Abends gin— 
gen wir in dem Dorfe ſpatzieren. Die ehemalige, dem 
Gottesdienſt der Maria geweihete Kirche war reich ver— 
ziert; ſie brannte vor mehreren Jahren ab. Es iſt den 
Dominikanern geſtattet worden, durchgehends auf den 
canariſchen Inſeln zu ihrer Wiederaufbauung zu ſammeln. 
Die Koſten hiezu mögen ſich uͤbrigens vielleicht auf 300, 00 
Franken für dieſe Inſeln belaufen, welche nur ſchlechte 
Wege, hoͤlzerne Waſſerleitungen haben, und deren reichſte 
Landbauer lediglich zur Haͤlfte die zur Kultur des Landes 
nothwendigen Gebäude befizen. 

Die fpanifche Regierung wendet alle Jahre 500 Piafter 
für die Ceremonie de Candelaria auf. Warum nimmt der 
Carregidor, dem dieſe Summe anvertraut iſt, nicht lieber 
einen Theil dazu, die Felder mit Fruchtbaͤumen zu beſetzen, 
und das zu den Sommerbewaͤſſerungen nothwendige Waſ⸗ 
ſer aufzubewahren? 1 

Indeß man nun auf die Wiedererbauung des neuen 
Tempels wartet, haben die Dominikaner eine Kapelle zu 


64 
Stande bringen laſſen, die zum Theil in den Felſen ges 
hauen iſt. In den Umgebungen trafen wir eine Menge 
Pilgrimme an, die ſich mehr den Vergnuͤgungen als der 
Andacht überliegen; manche tanzten und fangen nach der 
Guitarre, andere tranken in den Wirthshaͤuſern; einige 
Bauern, Die andächtiger als die übrigen waren, rutſchten 
auf den Knieen, eine Wachskerze und einen Roſenkranz in 
der Hand von der aͤuſſeren Thuͤr des Kloſters bis zum 
Altar der Heiligen: hier bemaͤchtigte ſich dann ein Moͤnch 
der Kerze, und empfing das Geld, welches aus Gottes— 
furcht dargeboten wurde auf einer kleinen Schaale. Unter 
dieſen Gottesfuͤrchtigen erblickte ich eine junge Frau von 
einem intereſſanten Geſichte, deren Anzug Wohlhabenheit 
ankuͤndigte, die ebenfalls auf den Knieen fortrutſchte; ſie 
hielt ein vier- bis fuͤnfjaͤhriges Kind an der Hand, das 
an ihrer Seite ging. Ich folgte ihr bis an die Stufen 
des Altars, wo ſie mehrere kleine Wachskerzen anzuͤndete. 
Um ſechs Uhr fuͤhrte uns der franzoͤſiſche Kommiſſair 
zu den Erfriſchungen, die uns der Corregidor vorſetzen 
ließ; ich traf dort eine obwohl zahlreiche aber auserle— 
ſene Geſellſchaft. Die Frauenzimmer befanden ſich im Hin— 
tertheile des Saales, die Mannsperſonen beim Eingange. 
Bald nachher traten die Moͤnche herein, welche ſich 
vom Altar an den Tiſch begaben; als ſie hinaus gegan— 
gen waren, gab der Corregidor das Zeichen zu den Ver— 
gnuͤgungen. Wir ſahen hierauf einige mit eben ſo vieler 
Grazie als Leichtigkeit „ ſpaniſche und e 
Taͤnze. 


Siebentes Kapitel. 


Reiſe nach Orotava — Maleriſches Gemaͤlde dieſer Stadt und 
ihrer Umgebungen — Dracena, ein auſſerordentlicher 
Baum — der Hafen Orotava — der botaniſche Garten — 
Ruͤckkunft nach Laguna — Vergnuͤgen und Feſte des Car— 
nevals. 


Den 12ten Februar 1797 reiſeten wir, Hr. v. Villa— 
nueva, der Graf St. André, deſſen Freund Le Gros und 
ich nebſt ſieben Bedienten nach Orotava ab. Nachdem 
wir zwei Stunden uͤber eine fruchtbare und ſchoͤn mit Wai— 
zen beſaͤete Ebene gegangen waren, kamen wir in den 
Wald del Aguade-Gracias, und folgten bis an die Quelle 
der hoͤlzernen Waſſerleitung, wodurch das Waſſer nach 
dem Dorfe Taraconte kommt. Ich bin mehrere Waldun— 
gen in Frankreich durchſtrichen; aber in keinen habe ich 
einen angenehmern und friſchern Fleck gefunden, als wo— 
rauf wir uns hier zum Mittagseſſen niederließen; es 
war dieß im Grunde einer durch Lorbeerbaͤume und baum— 
artige Heide, deren Stamm und Hoͤhe das Alter dartha— 
ten, beſchatteten Schlucht; an den Staͤmmen floß das 
friſche klare Waſſer eines Baches, bald mit ſanftem Ge— 
murmel, bald indem es ſich von der Spitze der Felſen 
Le Dru Reiſe. I. Bd. E 


4 


66 


herabſtuͤrzte. An dem Ufer ſitzend athmeten wir eine lieb- 
liche Luft ein. Die Lebensmittel, die der Marquis hatte 
hinbringen laſſen, gewaͤhrten ein treffliches Mahl. Lange 
auf dem Boden auseinandergelegte Farrenkrautblätter dien— 
ten uns zum Tiſchtuch, um welches wir uns lagerten, 
um den Malvoiſir in langen Zuͤgen hinunterzuſchluͤrfen, 
deſſen Schoͤnheit der Durſt und das Lokale noch mehr 
erhoͤheten. Spaͤt reiſeten wir ab, und trotz der Schnellig— 
keit unſerer Pferde war es dennoch bereits tief in der 
Nacht, als wir anlangten, fo ſehr iſt der Weg esche 
lich und voll Kruͤmmungen. 

Zwiſchen dem Hafen Orotava und der Stadt gleiches 
Namens beſitzt Herr v. Villanueva ein großes Landhaus, 
welches Duraſno heißt. Hier ſtiegen wir geſtern ab. 
Beim Aufgang der Sonne durchſtrich ich heute die Umge— 
bungen deſſelben, und konnte nicht genug die Schoͤnheit 
der Landſchaft bewundern; was fuͤr ein Himmel! wel— 
ches Klima! eine ſanfte Hitze belebte die Felder; hier 
zeigten in trefflicher Kultur ſtehende Weinberge die In— 
duſtrie und den Reichthum der Bewohner; dort verbreite— 


„ 


ten Jasmin, Roſenſtoͤcke, Granatbaͤume, Mandel- Zitro— 


nen= Orangenbaͤume in der Bluͤthe und mit Fruͤchten 
einen lieblichen Geruch in der Atmosphaͤre. 

Die 318 Metres uͤber der Meeresflaͤche liegende Stadt 
Drotava ) iſt eine Meile vom Hafen und ſechs Meilen 
von Laguna entfernt. Beim erſten Anblick ſcheint dieſer 
Ort verlaſſen, ohne Induſtrie, ohne Handel zu ſeyn; das 


130 541 Lange, 280 23/40,“ Breite — (Feuillée). Thomas 
Lopez gibt Orotava 289 30, Breite — Bonne 189 33 Lange, 
und 289 25/ Breite. 


67 


Gras waͤchſt in den meiſten Straßen. Man trifft dort 
keine andern oͤffentlichen Anſtalten, als zwei Schulen fuͤr 
die Elemente der Grammatik, die aus dem Ertrag der 
Guͤter der ehemaligen Jeſuiten erhalten werden. Sie hat 
zwei Pfarrkirchen und zwei Kloͤſter. Unter ihren Bewoh— 
nern, deren Anzahl ſich 1776 auf 5711 Seelen belief, 
findet man auch einige alte Familien der Inſel, die ihre 
Weine an die Kaufleute des Hafens veraͤußern. Ein jeder 
bleibt zu Hauſe, und beſucht ſeinen Nachbar ſelten; die 
Frauenzimmer gehen faſt nie aus; ſo ſind ungefaͤhr die 
Sitten und der Charakter der Einwohner von Orotava. 
Und doch hat die Natur alles fuͤr ſie gethan; es gibt 
auf der Erde kein ſchoͤneres Klima, keine ſanftere Tem— 
peratur. Alle gleich einem Amphitheater auf einem ſchief 
herunter laufenden Boden erbaueten Haͤuſer haben eine 
herrliche Perſpective, und beherrſchen eine fruchtbare, 
mit Wein, mit Gruͤnwerke und mit Gaͤrten bedeckte Ebe— 
ne; nordweſtlich erblickt man die huͤbſchen Haͤuſer des 
Hafens, dann den Ocean, der unaufhoͤrlich mit ſolchem 
Getoͤſe an das Ufer ſchlaͤgt, daß man es zu Zeiten fuͤr 
das von einer Kanone halten wuͤrde. Gegen Suͤdoſten be— 
ſchraͤnkt eine mit Holz beſetzte Kette hoher Berge den Ho— 
rizont; ſuͤdlich erhebt der kaum vier Meilen weit ent— 
fernte Pie ſeinen mit Schnee bedeckten Gipfel, und bie— 
tet nach und nach verſchiedene Phaͤnomene dar; bald 
glaͤnzt die Spitze von einem Silberlichte, indeß der uͤbrige 
Theil der Ebene mit Wolken überzogen iſt, bald iſt dage⸗ 
gen der Gipfel mit dicken Wolken umhuͤllet, welche in die 
Hoͤhe gehen, ſich herabſenken und ſich kreuzen je nach der 
Richtung der Winde, waͤhrend daß die naͤmliche Ebene 
einer heitern Luft genießt. Ein reines von den Bergen 
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herunterkommendes Waſſer, das in einen ſteinernen Ka— 
nal geleitet wird, bewaͤſſert die Hauptſtraßen von Orotava. 
Dieß Waſſer treibt mehrere Muͤhlen in der Stadt ſelbſt, 
und ergießt ſich nachgehends in eine hoͤlzerne Waſſerlei— 
tung, die nach dem bei Durasno angelegten botaniſchen Gar- 
ten das nothwendige Waſſer fuͤhrt. Ich kenne mehrere fchöne 
Flecke in Frankreich, die mittäglichen Kuͤſten von England, 
ich bin die Ufer des Rheins, Belgien, Holland durchſtri— 
chen; ich habe ein Jahr auf dem von der Natur beguͤn— 
ſtigten Boden der Antillen zugebracht; allein wenn ich 
meinen Geburtsort verlaſſen, und ein zweites Vaterland 
aufſuchen ſollte, ſo wuͤrde ich auf den gluͤcklichen Inſeln, 
in Orotava mein Leben beſchließen *). 

eachmittags beſah ich mit Herrn Joſeph de Bethau— 
court * die vorzuͤglichſten Garten der Stadt; zuerſt den 


*) Unmoͤglich kann man einen angenehmern romantiſcher ge: 
legenen Ort finden. Die Haͤuſer ſind niedrig, aber von 
einer ausgezeichneten Reinlichkeit, und zuſammen von wei— 
ßen Steinen erbauet. In den Straßen fließet auf der 
einen Seite ein Bach fügen bellen Waſſers, das aus einer 
hinreichenden Quelle hevorſprudelt, uͤber einen kieſeligten 
Boden ſanft murmelnd fortlaͤuft. 

Berge auf Bergen gethuͤrmt mit Waldungen bekraͤnzt, 
die mit ihrem trefflichen Laube faſt an einen mit tauſend 
Farben geſchmückten Himmel reichen, und der bewunde— 
rungswuͤrdige Pic, deſſen Gipfel den letzten Theil dieſes 
koſtbaren Gemäldes bildet, bieten dem Auge die ſeltenſte 
und prachtvollſte Scene dar. S. Voyage A Botany-Bay 
par Barrington; Paris an 6, S. 17. 

) Dieſer Spanier, der zu der Familie des berühmten 
Bethaucourt, des Eroberers der kanariſchen Inſeln zu 
geboren behauptet, iſt einer der unterrichtetſten liebens— 


; : 69 
des Herrn Franchy, und darin einen Drachenbaum, den 
ſchoͤnſten auf deu kanariſchen Inſeln und vielleicht auf der 
Erde; die Höhe deſſelbrn betrug zwanzig Metres, er hielt 
dreizehn in der Mitte und vier und zwanzig an der Baſis; 
der ſechs Metres hohe Stamm theilt ſich in zwoͤlf Zweige, 
wozwiſchen man einen Eßtiſch eingerichtet hat, um welche 
ſich bequem zwoͤlf Gaͤſte ſetzen koͤnnen. Dieſer auſſerordent— 
liche Baum war bereits bei der Eroberung von Teneriffa 
vor drei Jahrhunderten dort. Als die Spanier die Wak— 
dungen in dieſem Theile der Inſel niederhieben, um ſich 
Wohnungen zu bauen, fibonten fie dieſes Drachenbaums; 
die alten Stadturkunden fuͤhren ihn als einen feſten Punkt 
an, der einigen Grundſtuͤcken zur Graͤnze diente; er hat 
ein ſchoͤnes Anſehen, ſteht in einem kraftvollen Wachs— 
thum, und kann noch hundert fünfzig bis zwei hundert 
Jahre ſo fortdauern. 

Ich beſah hierauf einen andern Garten, und darin 
einen Kaſtanienbaum, deſſen Stamm Nee Metres im 
Umkreis hielt, deſſen Krone von groͤßerem Umfange und 
buſchiger war als irgend eine von denen, welche ich ge⸗ 
ſehen habe, und der jedes Jahr Fruͤchte im Ueberfluß 
traͤgt. | 

An den Mauern der Villa erblickt man Pfarrenkraͤu— 
ter und Sedun-Pflanzen, welche einen Monat eher blü- 


wuͤrdigſten Leute der Inſel. Als Freund der Kunſte, zu: 
mal der Architektur, iſt er in Frankreich, England, Spa— 
nien gereiſet; er beſitzt eine treffliche Bibliothek, drückt 
ſich in unſerer Sprache ziemlich richtig aus, und iſt Mit— 
glied mehrerer gelehrten Geſellſchaften Europens. Ich 
habe bei ihm eine koſtbare Sammlung von Gemaͤlden von 
Rubens, Wandyk, Espagnolet und Miranda geſehen. 


70 - 

hen als die nämlichen Arten, die man bei Laguna findet. 
Dieſer Unterſchied der Temperatur zwiſchen den beiden be— 
nachbarten Staͤdten ruͤhrt von ihrer ungleichen Hoͤhe uͤber 
der Meeresflaͤche her. 

In dem Hafen von Orotava ) trifft man die Sitten 
und den Ton der guten Geſellſchaften von Europa an. 
Dieſer Ort, worin nach St. Crux der meiſte Handel getrie— 
ben wird, welcher dabei auf der Inſel am beſten gebaut 
und am angenehmſten gelegen iſt, zaͤhlte 1789 eine Be— 
voͤlkerung von 4465 Menſchen; jetzt hat er hingegen 5000. 
Sieben bis acht Kaufleute treiben dort faft allein Handel, 
und bringen ſchnell ein bedeutendes Vermoͤgen zuſammen. 

Es gibt daſelbſt mehrere Kloͤſter, aber kein Kollegium, 
keine Schulanſtalt; nur einige Moͤnche unterrichten um 
ein Geringes im Leſen und Schreiben. 

Der Nordwind herrſcht gemeiniglich im Hafen, und 
gewahrt ihm eine angenehme Temperatur; der aus Nord- 
weſten iſt ihm dagegen ſehr zuwider; ſobald er blaͤſet, 
gehen die Schiffe in die hohe See, um nicht an die Kuͤſten 
geworfen zu werden, die mit Klippen und Felſen einge— 
faßt iſt, gegen welche ſich das Meer mit Gewalt bricht. 
Ob indeß gleich dieſe Rheede ſchlecht iſt, ſo hat dennoch 
kein Schiff bis jetzt darauf Ungluͤck erlitten, weil alle die, 
welche daher kommen, ſo vorſichtig ſind, einen Uferloot— 
ſen zu nehmen, der bis zur Abfahrt am Bord bleibt, und 
ſie aufs hohe Meer fuͤhrt, ſobald er einen Anſchein von 
ſchlechtem Wetter wahrnimmt *). 


*) 280 250 Breite; 189 554 Laͤnge. (Connaissance des tems. 
an. 15) 

) Die Rheede von Orotava iſt ganz offen, und das hohle 
Meer ſchießt mit Fo vieler Gewalt gegen das Ufer, daß 


71 


Die ſpaniſche Regierung, welche die ſchoͤnſten Gegen— 
den des Erdbodens beſitzt, iſt vielleicht die einzige, welche 
unter einer guͤnſtigen Breite die koſtbarſten Vegetabilien 
der Tropen vereinigen koͤnnte, um ſie nach und nach an 
das Klima der gemaͤßigten Zone zu gewoͤhnen. 


Die Inſel Teneriffa bot durch ihre Lage, durch die Ver— 
ſchiedenheit ihres Bodens, und die Temperatur ihres Kli— 
mas, einen fuͤr ſolche Verſetzung paßlichen Fleck dar. Der— 
in Durasno ſeit zehn Jahren angelegte koͤnigliche botani— 
ſche Garten iſt die nuͤtzlichſte Anlage der Inſel. Er nimmt 
einen Raum von ſechs Hectaren ein. Die Ringmauern der 
Gebaͤude, der Baſſins aufzufuͤhren, den Boden in Kultur 
zu ſetzen, die Anpflanzungen und das Uebrige, dieß zuſam— 
men hat. bereits fünf und zwanzig tauſend Piaſter gekoſtet. 
Der Director dieſer herrlichen Anlage, Herr v. Villanueva, 
hat ſelbſt einen Theil dieſer Summe hergegeben, und da— 
mit auf eine edle Art ſeinem Vaterlande ein Geſchenk ge— 
macht. Auf ſeine Einladung habe ich das Verzeichniß der 
dort bluͤhenden Pflanzen aufgenommen, und in Verbin⸗ 
dung mit Herrn Le Gros den Plan der vier und zwanzig 
Klaſſen des Linneiſchen Sexualſyſtems an Ort und Stelle 
angegeben. Wenn die vor kurzen neulich ſtatt gehabten 
Anpflanzungen bedeutend zugenommen haben werden, dann 
wird Durasno den gemaͤßigten Gegenden Europens die koſt— 


es ein Kahn ſelten wagen darf, daran zu landen. In— 
dem ſich die Wogen brechen, bedecken ſie zuweilen das 
Dach der Haͤuſer, die ſich nicht fern vom Ufer des Mee— 
res befinden. Gemeiniglich muß man die Wein-Pipen-Faͤſ— 
fer, die man in dieſen Hafen einſchifft, treiben laſſen. 
(Voyage de Macartney en Chine. Tom. I. p. 149.) a 


72 

baren Vegetabilien zu liefern im Stande ſeyn, welche die 
Natur ausſchließlich den gluͤcklichen Klimaten der Tropen— 
länder zugeſtanden zu haben ſcheint. 


Es wachſen dort bereits der Kokusbaum, der Kohl— 
palmbaum, der Bananenbaum, der Avogadolorbeer, der 
Papayenbaum auf freiem Felde. Außer dieſen Bäumen 
bauet man auch dort hundert andere Arten Pflanzen und 
Stauden, unter welchen ich nur folgende der heißen Zone, 
dem Vorgebuͤrge der guten Hoffnung oder Neuholland ganz 
eigene anfuͤhren will: 


Die ſchoͤnſte Amaryllis — Amaryllis formosissima. L. 

Oſtindiſches Blumenrohr — Canna Indica. L. 

Wahrer Silberbaum — Protea argentea. L. 

Kegeltragender Silberbaum — Protea conifera. L. 

Unbewehrte Volkamerie — Wolkameria inermis. L. 

Peruvianiſcher Nachtſchatten — Solanum peruvia- 
num. L. 

Rieſenfoͤrmige Aeſculapie — Asclepias gigantea. L. 

Curaſſaviſche Aeſculapie — Asclepias Currassavica. L. 

Groͤßter Alpbalſam — Rhododendron maximum. L. 

Beerartige Heide — Eryca baccans. Andr. 

Geranion a fleurs en coeur — Pelargonium corda- 
tum. Ait. 

Geranion tachant — Pelargonium inquinans. Ait. 

Geranion ombiligu& — Pelargonium pettarum. Ait. 

Caciſche Malve — Malva Capensis. L. 

Raudige Sida — Sida frutescens. Cac. 

Rautenblaͤtterichte Sida — Sida rhombifolia. L. 

Mexicaniſcher Eibiſch — Hibiscus malvaviscus. L. 

Veraͤnderlicher Eibiſch — Hibiscus mutabilis. L. 


73 
Netzfoͤrmiger Flaſchenbaum *) — Anona reticulata. L. 
Amerikaniſche Sonnenfrucht — Heliocarpus America- 
na. L. 
Kielfoͤrmige Zaſerblume — Mesembrianthemum calami- 
forme. L. 
Baͤrtige Zaferblume — M..... ‚ barbatum. L. 
Zweifaͤrbige Z. Blume — M...... bicolorum. L. 
Apfeltragender Cujavabaum — Psydium pyriferum. L. 
Gemeine Jambuſen — Eugenia Jambos. L. 
Zeilaniſche Myrten — Myrtus Zeylanica, L. 
Purpurrothe Sinnpflanze — Mymosa purpurea. L. 
Keuſche Sinnpflanze — M...,.. casta. L. 


Schamhafte S. Pll.— pudica. L. 

Fernambuckiſche S. pfl. — MM Fernambuca. L. 
Farneſiſche S. Pfl. — M...... Farnesiana. L. 

Schiefe S. pfl. — Mn obligua. Smith. 


Schoͤnſte Poinciane — Poinciana pulcherrima. L. 
Weſtindiſche Caſſie — Cassia occidentalis. L. 
Flaſchſottige Caſſie — C.... planisiliqua. L. 
Vielglandlichte Caſſie — CG. ... multiglandulosa. Jacq. 
Sumpfpflanzenartige Caſſie — CG. ... mimosoides. L. 
Holzige Faſeln — Dolichos lignosus. L. . 
Einblaͤtterige Kennedie — Kennedia monophilla. Vent. 
Roͤthliche Kennedie — K rubicunda. Vent. 
Nissole ferrugineuse — Nissolia quinata. Aubb. 
Nackender Daviefie — Daviesia denudata. Vent. 
Rohrfoͤrmige Puttenie — Puttenea juncea. Wild. 


) Dieſer urſprünglich aus dem mittaͤglichen Amerika herſtam— 
mende Baum waͤchſt nicht wild auf Teneriffa, wie dieß Hr. 
Bory unter No. 307 feiner Flora anfuͤhrt. 


A 


Spitzblaͤtterichter Celaſter — Celastrus pyraeanthus. L. 

Viereckige Paſſionsblume — Passiflora quadrangula- 
116. L. a 

Wacholcher Cypreſſe — Cupressus juniperoides. L. 

Der Weg von Orotava nach Laguna iſt bis Tacaronte 
ſehr beſchwerlich, und bietet häufig durch Ströme ausge— 
hoͤhlte Schluchten dar; indeß wird der Reiſende ſehr 
durch die angenehmen Ausſichten entſchaͤdigt, welche er 
entdeckt: man kommt dann nach dem Flecken Santa Ur— 
ſula, deſſen Bezirk eine Bevoͤlkerung von ungefaͤhr 
1200 Menſchen hat, und hierauf nach Victoria; dieſer 
Flecken fuͤhrt ſeinen Namen davon, daß die Spanier hier 
einen Sieg über die Guanches im Jahre 1495 davon tru- 
gen; ſeine Bevoͤlkerung mit Inbegriff der dazu gehoͤrigen 
Laͤndereien ſtieg 1776 auf 1576 Menſchen. 

Das Dorf de la Matanza oder des Blutbades, wo— 
hin wir nachgehends kamen, iſt in der Geſchichte von 
Teneriffa wegen der Niederlage der Spanier beruͤhmt; 
dieſe wurden dort von den Guanches 1494 niedergehauen. 
Man ſchaͤtzt deſſen Bevoͤlkerung auf 1200 Seelen. 

Nach einem Weg von fuͤnf Stunden, langten wir in 
Tacaronte an. Dieß iſt das reichſte Dorf der Inſel; 
wuͤnſchen moͤchte man wohl, daß deſſen Haͤuſer dichter neben 
einander laͤgen. Am Ufer des Oceans und am Fuß eines 
Huͤgels erbauet, deſſen Weinberge ſich bis nach Orotava 
hin erſtrecken, haͤlt es wohl ſchwer eine gluͤcklichere Lage 
zu finden. Im Jahre 1776 hielt es 3521 Einwohner. 
Die fruchtbare Ebene, welche von Tacaronte bis nach La— 
guna läuft, deren vegetabiliſcher Boden zehn bis fünfzehn 
Decimeter tief iſt, koͤnnte zugleich treffliche Kornerndten 
und Fruchtbaͤume tragen. Der reiſende Landbauverſtaͤn— 


> 


7> 

dige bedauert es, wenn er durch dieſe ſchoͤne Gegend 
kommt, keine Cyder- oder Aepfelbaͤume darauf anzutreffen. 
| Das Vergnügen führt nur dann zum Gluͤck, wenn die 
Tugend ihm der Wegweiſer iſt. Das nur zu oft mit 
Kummer und Schmerz uͤberhaͤufte Leben waͤre unertraͤglich, 
wenn das Spiel und Lachen einer angenehmen Geſellſchaft 
nicht zu Zeiten unſre Exiſtenz verſuͤßte. 

Der Gott Comus hat ſeine Anhaͤnger in allen Thei— 
len der Erde, ſowohl in der tiefen Kaͤlte des Nordens, 
als unter der brennenden Hitze des Suͤdens; und die 
durch die Gewohnheit dazu geweiheten Augenblicke die 
Klapper der Thorheit in Bewegung zu ſetzen, werden da 
mit allgemeinem Eifer gefeyert. 

Dir, herrliches Geſchlecht, verdankt der Mann ſein 
Gluͤck. Du theilſt mit ihm das Muͤhſelige dieſes Lebens, 
und traͤgſt dazu bei das Suͤße desſelben zu vermehren. 
Grazie und Schoͤnheit ſind dein Schmuck, und das außer— 
ordentlich Gefuͤhlvolle, welches dich charakteriſirt, verbreitet 
eine Wonne uͤber alles was dich umgibt. 

Meine Freunde in Orotava hatten mich eingeladen, bei 
ihnen die Tage des Carnevals hinzubringen. Ich verließ 
den 25. Februar zu Fuß St. Crux, um nach Gefallen 
botaniſiren zu koͤnnen; unterwegs ſprach ich bei dem Pfar— 
rer von Matanga vor, der mich auf eine edle Weiſe 
empfing; den Tag darauf begab ich mich fruͤh nach dem 
Hafen zu Herrn Little, einem engliſchen Kaufmann, der 
mir ſein Haus angeboten hatte. Des Abends fuͤhrte mich 
mein Wirth in eine glaͤnzende Geſellſchaft bei dem irlaͤn— 
diſchen Kaufmann Sir Burry. Um acht Uhr erhielten 
wir einen Beſuch von dreißig jungen reich angezogenen 
Canariern, welche die Ankunft Sancho's auf der Inſel 


76 


Baratraria gaben. Dieſe aus dem Cervantes genommene 
Scene ward mit groͤßter Wahrheit, ſowohl in Hinſicht des 
Coſtuͤms, als in Ruͤckſicht des Tons und der Sprache der 
tapfern Ritter des ſechszehnten Jahrhunderts vorgeſtellet. 
Nach mehreren, mit ſchoͤner Muſik begleiteten Ballets, 
ward das Eſſen aufgetragen. Das Mahl war ſo froͤhlich, 
als es nur in einer Verbindung von fuͤnfzig Perſonen ſeyn 
konnte, die durch ſehr ſchmackhaftes Eſſen, Malvoiſier, 
durch Lachen und Scherz aufgeweckt waren. 

Den Tag darauf verſammelte ſich die Geſellſchaft bei 
dem franzoͤſichen Kaufmann Cologan; und unſere liebens— 
wuͤrdigen Dom Quichotes des Abends vorher, nun in 
Agas, Paſchas und Viſtrs verwandelt, ſtellten uns ganz 
die Pracht dar, welche man am Hofe des Großherrn 
glaͤnzen fiehet. 

Der dritte Akt einer Komoͤdie iſt gewoͤhnlich der luſtig— 
ſte. Am dritten Tage uͤberließ ſich die beim ſonſtigen eng— 
liſchen Conſul Sir Fraveus verſammelte Geſellſchaft allen 
Ausbruͤchen einer liebenswuͤrdigen Thorheit, die noch auf: 
geweckter und laͤrmender durch die Ankunft der Goͤtter 
wurde, welche Theil an unſern Spielen und Vergnuͤgungen 
nehmen wollten. Jeden ſah man mit den Attributen der 
Kunſt geſchmuͤckt, deren Erfinder er war. Der Schlan— 
genſtab des Merkurs bezeichnete den Gott des Handels; 
der mit einem Aehrenkranz umwundene Ceres, eine Si— 
chel in der Hand kuͤndigte die nuͤtzlichſte und ſuͤßeſte Kunſt 
an; an Apollo's Leier erkannte man den Gott des Parnaſ— 
ſus; ein goldener Helm, ein Schild von Stahl, blitzende 
Waffen bezeichneten den ſchrecklichen Gott des Krieges. 
Alle dieſe Gottheiten vergaſſen bald den Olymp bei den 
ſterblichen Schoͤnen, welche das Feſt verſchoͤnerten; und 


„a7 
dieſe gluͤckliche Vereinigung des Himmels und der Erde 
rief das goldene Zeitalter wieder zuruͤck, welches Jupiter 
und Venus von dem Aufenthalt der Unſterblichen herab— 
ſteigen ſah. Man fuͤhlt leicht, was fuͤr Vergnuͤgen dieſe 
erfinderiſche Feerei unter der Geſellſchaft hervorbringen 
mußte. Wir trennten uns tief in der Nacht, nachdem 
wir den Gottesdienſt der Terpſichore gefeiert, und mit 
Enthuſtasmus einige von jenen berühmten Hymnen geſun— 
gen hatten, die ſo oft die Franzoſen zum Sieg gefuͤhrt 
haben. 

Liebenswuͤrdige Gaͤſte von Orotava; in meinem Vater— 
lande erinnere ich mich der hier mit euch genoſſenen Feſte; 
und wann ich im Schooße meiner Familie jedes Jahr den 
Jahreswechſel jener Tage der Freude feiere, ſo verſetzt 
mich die ſuͤße Einbildung mitten unter die Freunde Little, 
Barry, Cologan, Favence und Bethaucourt. 


78 


Achtes Kapitel. 


Blick auf die übrigen Städte und Dörfer von Teneriffa; un— 
ter andern auf Taganana, Realejo, Garrachico, Buena 
Viſta, Adexe, Villaflor. 


Der noͤrdliche Theil von Teneriffa iſt mit Felſen und 
Waͤldern bedeckt, und in allen Richtungen mit taufenden 
von mehr oder minder tiefen Schluchten durchſchnitten. 
Nordoͤſtlich befinden ſich zwei unbedeutende Doͤrfer, le 
Val de Saint André und Taganana. Jenes *) zaͤhlt 
429 Einwohner, welche von eingeſalzenen Fiſchen, von 
Gofio leben und einigen Wein bauen. 

Der Bezirk des letztern von 716 Canariern bewohnt, 
iſt wegen ſeiner Kuͤchengaͤrten beruͤhmt. Die vielfachen 
Krümmungen des Weges, der von Taganana nach Lagu⸗ 
na **), mitten durch Waldungen und um Berge herum 
fuͤhrt, die treppenfoͤrmig ausgeſchnitten ſind, machen ſie 
zu einer der maleriſchſten der Inſel. 


) Zwei Meilen von St. Crux. 
9) Sie liegen vier Meilen von einander, 


79 

Die Nordweſt-Kuͤſte von Teneriffa, von Tegina bis 
Buena-Viſta iſt der reichſte und angenehmſte Theil der 
Inſel. Die Natur ſcheint ein Vergnuͤgen gehabt zu haben, 
dieſe ungefähr zwölf Meilen lange Erdzunge zu beguͤnſtigen. 

Bereits iſt von Tegueſte, Tacaronte und den beiden 
Orotava's die Rede geweſen; jetzt noch einige Worte von 
den übrigen auf dieſer Kuͤſte befindlichen Comuͤnen. 

Unter Realejo ) liegt am Ufer des Meeres auf dem 
Abhang eines Huͤgels. Eine ſchoͤne Temperatur, ein rei— 
ner Himmel, geſundes und uͤberfluͤſſiges Waſſer, reiche 
Weinberge, huͤbſche Landhaͤuſer, alles traͤgt dazu bei, den 
Aufenthalt in dieſer Comuͤne, die 1776, 2151 Einwohner 
hatte, angenehm zu machen. 

Ober Realejo, das nicht weit vom Untern liegt, ge— 
nießt die naͤmlichen Vortheile. Der Bezirk desſelben, wor— 
auf 1776 2441 Menſchen lebten, trägt Gemuͤſe, Fruͤchte 
und Wein in Menge. 

St. Jean de la Rembla, ſieben Viertelmeilen von 
Realejo, iſt wegen feiner Malvoiſirweine beruͤhmt; man 
ſchaͤtzt deſſen Bevoͤlkerung auf 1482 Seelen. 

Die auf einer Anhoͤhe, welche Rembla beherrſcht, er— 
baute Fontaine de la Guanche, hat eine kaͤltere Tempera— 
tur, als man ſie in den umgebenden Ebenen antrifft. 

Veod *) liegt in einem, an Weinbergen reichen und gut 
bewaͤſſerten Thale. Man gewinnt dort etwas Seide, wo— 
durch einige Manufacturen von Struͤmpfen und Handſchu— 
hen, die nach dem ſuͤdlichen Amerika gehen, in Gang er— 


*) Eine Meile vom Hafen Orotava, und fieben von Laguna. 


Eilf Meilen von Laguna und eine halbe Meile vom 
Ocean. 


Pr 


88 R 
Halten werden. Seine auf 4468 Seelen geſchaͤtzte Bevoͤl⸗ 
kerung iſt eine Pflanzſchule fuͤr Seeleute. 

Garachico ) war im ſiebenzehnten Jahrhundert einer 

der reichſten und am meiſten beſuchteſten Häfen der kana— 
riſchen Inſeln. Zahlreiche Bevoͤlkerung nebſt bluͤhendem 
Handel belebten dieſe jetzt faſt ganz oͤde Stadt. 
Den ııten December 1645 erlitt ſie eine außerordent— 
liche Ueberſchwemmung, welche ſechszig Haͤuſer niederriß. 
Vierzig Schiffsladungen gingen unter, und mehrere Ein— 
wohner kamen in den Wellen um; indeß iſt die unmittel— 
bare Urſache des Herabſinkens von Garachico der Ausbruch 
eines Volkans, der im Jahre 1706 deren Felder verwuͤſtete, 
ihre Haͤuſer anzuͤndete, und den Hafen verſchuͤttete. 
Heut zu Tage rechnet man dort kaum 1600 Einwohner. 

Dante und Tanque, dichte bei Garachico, ſind zwei 
elende Doͤrfer, die der Volkan unfruchtbar gemacht hat. 
Die Bevoͤlkerung von jenem beträgt dat Wee und 

die von letzterem 850. a 

Das Dorf Silos bietet einen angenehmen Contraſt 
dar gegen die trockenen Wuͤſten, welche gegen Oſten daran 
ſtoßen. Sein ziemlich gut bewaͤſſerter Boden traͤgt Wein, 
Fruͤchte, etwas Zuckerrohr, enthält Salzquellen, und 
naͤhrt 965 Menſchen. 

Buena Viſta begraͤnzt die nordweſtliche Kuͤſte von Te— 
neriffa, und hat eine prachtvolle Ausſicht auf eine von der 


9 190 / w. L. von Paris; 289 217 n. Br. nach Bory St. 
Vincent; und 289 18/40, nach T. Lopez. 

Der Ingenieur der Miene, Hr. Cordier, führt an, die 
vom Volkan ausgemworfene Lava hätte in ſechszehn Stun— 
den eine Laͤnge von fünf Meilen durchfloſſen. (Journal 
de physique. Messid. an 12.) 


81 


Ceres und dem Bachus verſchoͤnerte Ebene. Im Jahre 
1776 befanden ſich 1376 Einwohner darin. 

Die ſuͤdweſtliche und ſuͤdliche Gegend iſt am meiſten 
volkaniſch, bergig, und am unbevoͤlkertſten. Die von dem 
Pic ausgeworfenen Laven ſcheinen am meiſten gegen dieſen 
Theil der Inſel hingefloſſen zu ſeyn. Von der Spitze Te— 
no noͤrdlich dieſer Gegend bis zu der Las Galetas gegen 
Suͤden, iſt die ganze Kuͤſte mit kaleinirten Bergen beſetzt, 
wovon einige den Anblick einer grauſenvollen Nacktheit 
darbieten. In dieſem Zwiſchenraum trifft man nur drei 
Doͤrfer. Die Lage des erſten gewährt ihm gewoͤhnlich eine 
kalte Temperatur. Auf ſeinem verbrannten Boden leben 
687 Menſchen. Man rechnet deren 975 im zweiten, das 
der Spuren wegen merkwuͤrdig iſt, die noch von ehemali— 
gen Volkanen zu ſehen find, welche deſſen Felder verwuͤ— 
ſtet haben. 

Adefe ) heut zu Tage zwar von weniger, une im 
ſechszehnten Jahrhundert von großer Bedeutung, feiner 
Bevoͤlkerung und Zuckerſiedereien wegen, welche 1000 Ar— 
beiter in Bewegung ſetzten. In unſern Tagen traͤgt ſein 
ziemlich fruchtbarer Boden ungefähr 5000 Fanegas Wei— 
zen, 1200 Arroben Zucker, und ernaͤhrt einige Kameele. 
Seine uͤber der Meeresfläche erhabene Lage gewaͤhrt ihm 
eine ſchoͤne Ausſicht und eine mittlere Temperatur zwi— 
ſchen der von Laguna und Orotava. Im Jahre 1776 
ſchätzte man deſſen Bevoͤlkerung auf 857 Menſchen. Dieſe 
drei Communen unterhalten einige Handelsverbindungen 
mit Gomera. Aus dem nicht weit von dem Dorfe dieſes 


9) 28° 9 noͤrdl. Br.; 199 8/ weſtl. K. Nach der Karte im 
Depot. 


Le Dru Reiſe. I. Bd. F 


82 f 

eamens gelegenen Hafen Adefe, und dem ſuͤdlicher gele— 
genen Los Chriſtianos werden die ee dieſes Theiles 
der Inſel ausgefuͤhrt. 

Chaſna, das auch Villaflor heißt, liegt zwei Meilen 
von Adefe, zwölf von Laguna und drei vom Meere. Dieß 
iſt der am hoͤchſten bewohnte und auch der kaͤlteſte Fleck 
auf Teneriffa. Der hier oft ſtrenge Winter bedeckt dieß 
Dorf mit vielem Schnee; indeß iſt der Boden dennoch 
aͤußerſt fruchtbar, er traͤgt zu Zeiten hundert- bis hundert 
zwanzigfältig. Chafna iſt wegen feiner trefflichen Mine— 
ralwaſſer berühmt. Die Berge, die es umgeben, find mit 
Fichtenwaldungen bedeckt, die ſich bis an den Fuß des 
Pie hinunterziehen. Im Jahre 1776 belief ſich die Be— 
voͤlkerung dieſer Commuͤne auf 2586 Menſchen. 

Granadilla, das an Villaflor graͤnzt, theilt ſeine Frucht— 
barkeit, und genießt einer ſchoͤnen Temperatur, da es 
nicht fo hoch liegt. Man ſchaͤtzt deſſen Bevoͤlkerung auf 
1408 Menſchen; ſein Boden naͤhrt viele Heerden Schaafe. 

Die oͤſtliche Kuͤſte von Teneriffa laͤuft fort, wenn man 
gegen Norden hinaufgeht, bis ungefaͤhr neunzehn Meilen, 
vom rothen Gebirge an bis an die Spitze Anaga. Sie iſt 
nicht ſo reich und nicht ſo bevoͤlkert als die des nordweſt— 
lichen Theiles; man findet dort Arico, Guimar, Cande— 
laria, St Crux, und Val de St. Andre. 


. 


Obgleich der Boden von Arico *) auf feiner Oberflaͤche 


volkaniſch iſt, ſo trifft man ihn dennoch an mehreren Stel— 
len mit Weinbergen bedeckt. Seine Bevoͤlkerung belief 
ſich zwar 1776 nur auf 1859 Menſchen; allein ſeit dieſer 
Zeit hat ſie merklich zugenommen. 

Eine Meile vom Ocean, und neun von Laguna. 


ee . 


83 


Neuntes Kapitel. 


Ackerbau — Produkte — Weinberge — Aauedukte von Te— 
neriffa. 


Zeigten die civiliſirteſten Voͤlker eben ſo viel Eifer, wen— 
deten ſie ſo große Thaͤtigkeit darauf, ihren Boden frucht— 
bar zu machen, ihre Suͤmpfe auszutrocknen, als womit ſie 
ſich zu zerſtoͤren ſuchen, ſo wuͤrde der Ackerbau, dieſer vor⸗ 
zuͤglichſte aller Kuͤnſte, eine fruchtbare Quelle von Wohl— 
habenheit werden. 

Er iſts, der dem Menſchen die geſundeſten Lebensbe— 
duͤrfniſſe, der Medicin die ſicherſten Heilmittel, den Ma— 
nufacturen und Kuͤnſten die meiſten Stoffe, darbietet, 
welche fie verbrauchen; durch ihn ward ehemals Sicilien 
die Kornkammer des roͤmiſchen Volkes. China verdankt 
ihm mehr als 150 Millionen Menſchen, und England eine 
Vermehrung eines Viertels ſeiner Bevoͤlkerung ſeit fuͤnfzig 
Jahren. Kurz, der Ackerbau macht die innere Kraft der 
Staaten aus, und ziehet die Reichthuͤmer des Auslandes 
an ſich. Sein gluͤcklicher Einfluß beſchraͤnkt ſich nicht ledig— 
lich auf inlaͤndiſche Vegetabilien, ſondern alle Gegenden 
des Erdbodens werden ihm zinsbar; der Bewohner des 

J 2 


5 


8.4 


Nordens ſtehet auf ſeinem Felde Pflanzen wachſen, welche 
die Natur in die heiſſe Zone verſetzt hatte; dagegen ge— 
woͤhnen ſich die Baͤume der noͤrdlichen Zone an das Klima 
der Tropenlaͤnder. Die Geſchichte lehrt uns, die Reich— 
thuͤmer des Bodens jedes Landes wuͤrden nicht zahlreich 
ſeyn, wenn fie bloß in den bei ihm einheimiſchen Vegeta— 
bilien beſtänden. Teneriffa wuͤrde ſonſt weder die meiſten 
Gemuͤſe noch die Kuͤchengewaͤchſe häben, die ihm Europa 
geliefert, noch einige Fruͤchte, die es aus Afrika oder aus 
Indien gezogen hat, noch die Erdaͤpfel, die urſpruͤnglich 
aus Amerika herſtammen. Indeß wird dieſe Inſel den— 
noch nie den Grad der Wohlhabenheit, der fie fahig iſt, 
erlangen, fo lange ihre Bewohner nicht ihre ganze Auf— 
merkſamkeit auf den Ackerbau wenden. Man wird hier— 
über durch folgenden Auszug eines bereits angeführten 
Memoirs, des Herrn Teſſier, Mitgliedes des National— 
inſtitutes, uͤber den Ackerbau der kanariſchen Inſeln und 
beſonders uͤber den von Teneriffa und die von mir zu dem 
Text dieſes gelehrten Ackerbauverſtaͤndigen zu urtheilen im 
Stande ſein. ; 

Gegen Ende November hebt auf den kanariſchen In— 
ſeln der Regen an; indeß nur abſatzweiſe, und die reg— 
nigte Jahrszeit geht nicht über den Monat März hinaus?). 


Dieſe Regen veranlaſſen zu Zeiten große Verwuͤſtungen. 
Das ſtromweiſe vom Gipfel der Berge heruntergekom— 
mene Waſſer durchſchneidet die Seiten derſelben, ent— 
wurzelt die Baͤume, ſtuͤrzt in den Grund der Schluchten 
ungeheure Felſen, wovon es Stuͤcke nebſt den Pflanzen 
und der vegetabiliſchen Erde, die ſie ernaͤhrte, in das 
Meer fortreißt. Indeß führen dieſe Ueberſchwemmungen 
Ueberfluß und Fruchtbarkeit herbei. Der von einer bren- 


85 


Dieſe Zeit heißt dort der Winter, ob es gleich nie friert, 
und man nur auf die Berge zumal auf den Pic von Tene— 
riffa Schnee fallen ſteht. Dort erhalt er ſich dann vom 
November bis zum Mai und Junius, und nur kaum vor 
dem Julius oder Auguſt kann man über das Gebirge 
reiſen. | 


Zur Nahrung der Menfchen bauet man dort Weizen, 
ſehr wenig Roggen, viele Gerſte und Mays, Erdapfel, 
Bohnen und Erbſen, Garbanſos genannt. Die bedeutend— 
fie Erndte if die des Mays; man fäet eben fo viel 
Gerſte als Weizen ) fürs Vieh, einige Lupinen, Erbſen, 


nenden und faſt perpendikulaͤr herabfallenden Sonne ver— 
brannte Boden wuͤrde eine entſetzliche Unfruchtbarkeit lei— 
den, wenn ihn nicht fruchtbare Regen, zumal im Februar 
und Maͤrz, bewaͤſſerten. 


„) Unter andern trifft man auf den Felſen den Feigenbaum 
an; auf den zu den Kulturen beſtimmten Ebenen den 
Olivenbaum, den Weinſtock, den Dattelbaum; in den 
Gaͤrten Citronen- Orangen- Pfirſchen-Mispel-Mandel— 
Bananen- Papayen-Aepfel-Birn-Kirſchen-Pflaumen-— 
Quitten-Granat- und Aprikoſenbaͤume. Indeß iſt der 
verſchiedenartige Boden von Teneriffa im Stande, eine 
große Menge anderer Vegetabilien hervorzubringen, wel— 
che die Nahrungsquellen des Volks vermehren würden, 
unter andern den polniſchen Weizen und den Reis. Letztere 
mehlichte Pflanze, welche die wohlwollende Hand der Natur 
in Ueberfluß in mehreren Gegenden des Erdbodens ver— 
theilt hat, dient den meiſten Bewohnern von Indien, 
Perſien, China, der Inſeln im Suͤdmeer, der Nord— 
küſten von Amerika zur Nahrung, und die Kultur der— 
ſelben iſt ſeit langer Zeit in den mittaͤgigen Gegenden Eu— 


86 


Linſen, Sorghoſaamen, Bohnen, und fehr wenig Hafer. 
Im Allgemeinen leben die Thiere von gut erhaltenem 
Weizenſtroh und von Mays- und Kraͤuterblaͤttern, die ſie 
auf dem Felde finden: auch gibt man ihnen Gerſte in 
Koͤrnern. | 

Auf dieſen Inſeln ſiehet man herrliche Baumwollenſtau⸗ 
den, auf welche die Einwohner ſich nicht einmal die Muͤhe 
geben, Sorgfalt zu wenden. Es iſt daher die Möglichkeit 
vorhanden, dieſe ſchoͤne Art von Kultur dort einzufuͤhren. 
Eben dieß kann man auch vom Zuckerrohr ſagen, welches 
man an einigen Stellen gepflanzt hat ). 


ropens, wo ſie einen Zweig des Handels ausmachte, ein— 
heimiſch gemacht. 

Der Reis, welcher ſieben Monate in der Erde ſteht, 
muß vier davon trocken, und drei im Waſſer zubringen. 
Alles laͤßt uns daher glauben, dieſe koſtbare Grasart 

„würde in den Ebenen von Laguna gut fortkommen, wo 

man die zur periodiſchen Bewaͤſſerung der Reisfelder noth— 

wendige Quantitaͤt Waſſer zuſammenbringen kann; nach— 

gehends ließe man dann dieß Waſſer leicht ablaufen, wenn 

das Reifwerden des Reiſſes einen trockenen Boden erfor— 

derte. Die ſpaniſche Regierung kann übrigens aus Ko: 

chinchina einen Reis von gewöhnlicher Qualität aus fuͤhren, 

der auf das leichteſte auch ohne Hülfe der Bewaͤſſerungen 
fortkommt. | 


*) Das Zuckerrohr war nur in Aſien und Afrika vor dem 
zwölften Jahrhundert bekannt. Um dieſe Zeit bereicherte 
man Sieilien damit, von wo aus es in die mittaͤgigen 
Provinzen von Spanien hinüber gebracht wurde. Seit⸗ 
dem wurde es auf Madera und den kanariſchen Inſeln ein— 
heimiſch. Von dieſen Inſeln kam es dann in die neue 
Welt. (Raynal Liv. II.) 


8- 


Von undenklichen Zeiten her werden Weizen und Gerſte 
auf der Inſel gebaut. Man nimmt an, daß ſie dort 
bereits bekannt waren, als die Spanier ſie erober⸗ 
ten. In Anſehung des Rockens, des Mays, der Kicher— 
erbſen und Erdaͤpfel, ſo ſind ſie erſt ſpaͤter und nach und 
nach dort hingebracht. Man glaubt daß die Erdaͤpfel, 
heut zu Tage die Hauptnahrung der Einwohner, ſeit drei— 
ßig bis vierzig Jahren dort eingeführt ſind ). Weizen, 
Gerſte und Roggen ausgenommen, ſo werden die uͤbrigen 
oͤkonomiſchen Pflanzen in den Umgebungen der Wohnungen 
ſelten über zwei eine halbe Meile von den Gtädten 
gezogen. 


Außer den in großer Menge erzielten Pflanzen, bauet 
man in den Gaͤrten noch Kohlaͤpfel, Blumenkohl, Zwie— 


Teneriffa erzielte ehemals in den ſchoͤnen Tagen ſeiner 
Wohlhabenheit eine große Menge Zuckerrohr. Jetzt ſind 
Adefe und Silos die einzigen Commünen der Inſel, wo 
man es noch antrifft. Der Zucker, den ſie gewinnen, 
wird von den Einwohnern verzebrt, die ihn dem von den 
Antillen vorziehen. 


Teneriffa iſt in Betreff der Berpachtung ſeiner Zehenten 
in zwei Diſtricte getheilt, und jeder Diſtrikt in dreißig 
verſchiedene gerichtliche Zuſprechungen. Laguna und Oro— 
tava find davon die Centralpunkte. Der Erdäpfelzehent 
wird gewoͤhnlich zu 80/000 Livres verpachtet; dieß feste 
dann voraus, daß der ganze Ertrag an Erdaͤpfeln 800,000 
Livres betruge; man muß indeß bemerken, daß die Päch- 
ter große Gefahr laufen, und bedeutende Erhebungskoſten 
zu bezahlen haben; daher kann man ſagen, daß dieſer 
Zehent ein wirkliches Produkt von 1,200000 Livres abwerfe. 
Jedes Jahr aͤrndtet man zweimal Erdaͤpfel. 


* 


88 


bein, wovon ein Theil nach Amerika verſchifft wird, Kar— 
toffeln ), vier Arten Calebaſſen und Waſſermelonen ). 


Da ein großer Theil von Teneriffa bergigtes Land oder 
ſteinigter Boden iſt, ſo traͤgt dort eine große Strecke gar 
nichts *). 


*) Die beſte Art iſt aus Malaga dort eingefuͤhrt. Man 
hat zu Zeiten Wurzeln daran, die ſechs bis neun Kilo— 
grammen wiegen. 


*) Unter andern ziehet man in den Gärten Spinat, Kir: 
ſchen, Scorzoneren, Latuke, Zichorien, weiſſe Rüben, 
Steckrüben, die gewohnliche Melone, die Beete Moherite 
ben, Bohnen, Feldſalat, Kreſſe, Pimpinelle, indianiſche 
Kreſſe, Artiſchocken, Portulak, Piment, Tomate (9), 
Wermuth, Peterſilie, Selleri; vergebens fragt man aber 
dort nach Spargel, Paſtinaken, Himbeeren, weiſſen und 
ſchwarzen Johannisbeeren, dem Sporberbaum u. ſ. w. Im 
Ganzen werden die Gärten nicht gut gehalten, und tragen 
nicht die Haͤlfte von den Gemuͤſen, welche ihr Boden ge— 
ben könnte, Gewöhnlich fehlt ihnen ein großes tiefes Baſ— 
fin, um das zur Bewaͤſſerung nöthige Regenwaſſer zu faſ— 
ſen. In Orotava werden die Gaͤrten beſſer beſtellt als in 
den uͤbrigen großen Staͤdten der Kolonie, in denen der 
Herren Franchy, Cologan und Little habe ich einladende 
Alleen angettoffen, die zum Spazierengehen von gehoͤri— 
gem Umfang waren, wie auch ſchöne Lauben und Bou— 
quets. 5 


Ke) Die noͤrdlichen Provinzen von China find ſo wie Tene— 
riffa von tiefen Schluchten und außerordentlich hohen 
Bergen durchſchnitten; indeß hat es die Induſtrie einer 
volkreichen Nation doch dahin gebracht, Herr der Natur 
zu werden, und dem Boden reiche Erndten abzuzwin— 
gen, indem ſie alle einwaͤrts laufenden Winkel der Felſen 


89 


Man glaubt, daß die guten und ſchlechten Jahre gegen 
einander gerechnet, auf der Inſel ſo viel geerndtet wird, 
um davon leben zu koͤnnen, und die Lebensmittel dort 
wohlfeil ) ſeyn würden, wenn die Generalkommandanten 
um zwanzig Sols fuͤr eine Fanega Weizen zu gewinnen 
nicht die Erlaubniß zur Ausfuhr ertheilten. Statt, daß 
dieſe Gewaͤhrung irgend nachtheilig ſeyn wuͤrde, ſobald die 
Kanarier induſtrioͤs wären, fo müßte fie ein Mittel ab— 
geben, um ihre Laͤndereien noch beſſer zu benutzen. Man 
hat bemerkt, daß in dem Augenblick des Mangels die 
Amerikaner und Kaufleute von Mogador und Cadix Ladun— 
gen von Mehl und Weizen dorthin gefuͤhrt haben; nichts 


mit vegetabiliſcher Erde bedeckt, und dem Waſſer von 
den Stroͤmen einen leichten Abfluß verſchafft hat. Die Ka— 
narier müßten dieß Beiſpiel nachahmen. 5 


„) Dieſer Artikel ſcheint mir nicht genau zu ſeyn; Teneriffa 
erndtet nicht die Hälfte des zu ſeinem Bedarf nothwendi— 
gen Getreides. Eine der beſten Weizenerndten von 1777 
brachte nur 89,556 Fanegas ein; die Bedürfniffe der Inſel 
belaufen ſich jährlich auf 225,000, namlich 210,000 für die 
Bewohner, drei Fanegas auf den Kopf gerechnet, und 
15,000 zur Ausſaat. Sie kommt alfo alle Jahre um 135/444 
Fanegas zu kurz. An den Erdaͤpfeln haben die Bewohner 
eine koſtbare Quelle, um die Unzulaͤnglichkeit der Korn— 
erndten zu erſetzen; ebenfalls ziehen fie aus Lancerota 
und Fortaventura das zu ihrem Verbrauch nothwendige 
Getreide und Gemuͤſe; in Kriegszeiten werden ſie aber 
mit Hungersnoth bedrohet. Bekanntlich erduldete Tene— 
riffa in den Jahren 1748 und 49 alle Schreckniſſe des 

Mangels, indem eine engliſche Escadre die Hafen dieſer 
Inſel bloquirte. I 


90 
war auch angemeſſener um den Preis herunterzubringen 
und das Gleichgewicht herzuſtellen. 

Im noͤrdlichen Theile von Teneriffa gibts Gebirge, wo 
man taͤglich Kohlen brennt und Holz zum Heitzen ſchlaͤgt. 
Es ſcheint, daß gar keine Anordnung zur wirthſchaftlichen 
Benutzung der Holzungen getroffen iſt, und daß ſie daher 
ſowohl abnehmen, weil man fie zerftört, ohne fie gehörig 
nachzupflanzen, als auch wegen des häufigen Brandes, 
woran die Kohlenbrenner ſchuld find ). 


*) Man weiß, wie ſehr die Baͤume zur Fruchtbarkeit der Laͤnde— 
reien nothwendig ſind; ihre Wurzeln verhindern das Einſtuͤr— 
zen des Bodens, der die Verge wieder bedeckt. Das allmaͤhli— 
ge Zerfallen ihrer Brätter vermehrt nach und nach die vegeta— 
biliſche Erdſchicht, ihre in die Hoͤhe ragenden Gipfel, rei— 
nigen die Atmosphaͤre, und halten um ſich her die Wolken 
feſt, die, indem ſie ſich in Regen aufloͤſen, auf unſern 
Feldern das Grün hervorbringen, und ſie fruchtbar ma— 
chen. Endlich dient das Holz zu allen unſern Beduͤrfniſſen. 
Die Geſchichte des Ackerbaues zeigt, daß die Voͤlker, wel— 
che ihre Holzungen zerſtoͤrten, die ſchrecklichen Folgen einer 
ſolchen Unbedachtſamkeit wohl empfinden; an dem Flecke, 
wo man bis dahin fette Weiden oder Erndten in reichem 
Maaße erblickte, findet man jetzt nur Mooſe und die 
Flechte auf einem unfruchtbaren Boden kuͤmmerlich fort— 
kommen, der entweder von der Sonne verbrannt, oder 
von Stroͤmen durchſchnitten iſt. Die Bewohner von Te— 
neriffa müſſen ein aͤhnliches Schickſal fuͤrchten, wenn fie . 
ſich nicht anſtrengen, die Felſen der Inſel mit Baͤumen zu 
bekleiden, und das Herunterkommen der Waldungen zu 
verhindern. Warum ſollten die Berge, welche von St. 
Crux nach St. André und nach Guimar laufen, nicht die— 
ſelben Baͤume als die von Taganana hervorbringen, wo— 
von das Geſtein vollig daſſelbe iſt. 


91 
Auf der Seite des Pic, im ſuͤdlichen Theile der Inſel 
bringen die Berge ſehr harzreiche Fichten hervor, welche 
die Einwohner Tea nennen. Man ſchneidet Balken und 
Bretter daraus, man bedient ſich ihrer, um das Feuer 
zu den naͤchtlichen Fiſchereien anzuzuͤnden, um ſich in den 
Haͤuſern zu leuchten, man ziehet Schiffstheer daraus, der 
nach Cadix verſandt wird. Dieſe Bäume nehmen ebenfalls 
gaͤnzlich ab, und es ſtehet zu fuͤrchten, daß die Inſel in 
dreyßig Jahren kein Holz mehr hat. 


Die Laſtthiere werden im Sommer mit Häderling, 
im Winter mit Kräutern gefüttert. In Teneriffa find die 
Mauleſel erträglich, und die Eſel klein, indeß von großer 
Kraft. Die Schaafe ſind dort zuſammen gehoͤrnt; die. 
ſtaͤrkſten wiegen fünfzig Pfund; fie find zwei und einen 
halben Fuß hoch. Die Wolle, welche jaͤhrlich nur einmal 
geſchoren wird, wiegt vier bis vier und ein halbes Pfund, 
wenn ſie noch nicht gewaſchen iſt; nach der Waͤſche und der 
Reinigung betraͤgt ſie nur noch die Haͤlfte. 

Teneriffa fehlt es im Sommer an Waſſer; dieß thut 
dann dem Acker- und Futterbau großen Schaden D. Sollte 


Die Holzungen der Umgebungen von Laguna werden 
taͤglich von einem unwiſſenden Volke verwuͤſtet, welches 
ohne anzupflanzen zerſtoͤrt, und das ſogar die am meiſten 
ausdauernden Pflanzen ausreißt. Es iſt Zeit, daß eine 
weiße Adminiſtration dieſe Mißbraͤuche unterdruͤcke, und 
ſich damit befchäftige, die Baͤume an den Stellen, die 
dazu fähig find, zu vervielfgchen. 


*) Die Ebene von Laguna iſt vielleicht der einzige Theil der 
Inſel, der in eine natürliche Wieſe verwandelt werden 
konnte, ſobald man ihren Boden ausgetrocknet, und den 


02 

man aber nicht mittelſt einer vorſichtigen Einrichtung dort 
fuͤr die Trocknißzeit einen Theil des in der Regenzeit in 
Uebermaaß gefallenen Waſſers aufbewahren konnen, wie 
dieß in Egypten geſchieht, wo man das Austreten des 
Nils dazu nuͤtzt, um ſo viel uͤbrig zu behalten, daß die ſo 
fruchtbaren Bewaͤſſerungen damit angeſtellt werden? 


Der Wein iſt der fruchtbarſte Zweig der Produkte und 
der Wohlhabenheit von Teneriffa. Die Berge dazu liegen 
groͤßtentheils gegen Nordweſten oder gegen Suͤden von 
Tegine bis nach Buenaviſta und in den Umgebungen von 
Adefe und Guimar. 


Die allgemein angenommene Kulturart iſt folgende: 
jedes Jahr nimmt man fuͤnf Arbeiten damit vor; im No⸗ 
vember und December wird der Boden tief umgegraben, 
damit er deſto beſſer den befeuchtenden Regen des Januars 
annimmt, und die Unkräuter ausgehen; das Duͤngen iſt 
Dort nicht bekannt. Hierauf ſchneidet man den Weinſtock 
im Februar um den Saft in den guten Stoͤcken zu fixiren; 
dieſe Arbeit geſchieht im Januar, wenn die Suͤdwinde 


ſtehenden Waſſern den nothwendigen Abfluß verſchafft ha— 
ben wird; in den übrigen Diſtrikten werden Ackerbau und 

Viehzucht zu dem Grad von Hohe, welchen fie erreichen 
können, nur mittelſt kuͤnſtlicher Wieſen emporkommen, die 
durchgehends in allen Landbau treibenden Gegenden Eu: 
ropens angelegt find. 

Die Pflanzen, die man gewoͤhnlich auf ſolchen Wieſen 
findet, Klee, Luzerne, Eſparcette, Wicken, u. ſ. w. wuͤr— 
den ſich um ſo leichter an das Klima von Teneriffa gewoͤh— 
nen, da man auf den dortigen Bergen haufig fünf Arten 
Klee, welche dort natuͤrlich wachſen, antrifft, naͤmlich— 
repens, pratense, strictum, scabrum, frugiferum. Linn. 


93 


vorher geherrſcht haben, weil fie das Aufbrechen der Knos— 
pen befördern ; drittens gleich nach dieſer Operation wird 
der Stock an ein einen und einen halben Meter hohes Ge— 
laͤnder gebunden; man befeſtigt die Reben daran, welche 
Früchte tragen ſollen, damit fie eine feſte Stuͤtze gegen 
den Wind erhalten. Viertens, im Mai wird der Wein- 
berg forgfaltig gegätet, und von allen Schmarotzerpflanzen 
gereinigt, welche einen Theil des Saftes verzehren, und 
dem Stock, eine in Frankreich unter der Benennung 
teigne bekannte Krankheit zuziehen. Die letzte Arbeit 
beſteht endlich darin, die Reihen zu lichten, die fruchtba— 
ren Zweige auseinander zu breiten, und ſie ſo zu legen, 
daß ſie zuſammen die belebende Wirkung der Sonne genie— 
ßen. Die Weinleſe hat gewoͤhnlich in den Monaten Ju— 
lius und Auguſt ſtatt. Die geſammelten Trauben werden 
dann in den, faſt wie in Frankreich eingerichteten, Kelter 
gebracht; dort tritt man ſie aus; und wenn der erſte Saft 
herausgefloſſen iſt, fo umgibt der Winzer die ganze Maſſe 
mit einer Pinſenflechte; er bedeckt fie mit Bohlen, welche 
ſtark durch eine Schraube zuſammengedruͤckt werden, um 
allen in der Traube enthaltenen Saft auszudruͤcken. 

Die Eigenthuͤmer vermiſchen oft ihren Wein mit einer 
Quantitat Branntwein, die hinreichend iſt, um ihn abzu— 
klären, ſeine Staͤrke zu vermehren, und ihn lange zu er— 
halten, zu Zeiten auch mit rothem Wein, um ihn zu faͤr— 
ben. Huf Teneriffa gewinnt man zweierlei Sorten Wein, 
Malvoiſier und Vidogne. Jener, urſpruͤnglich aus Mal— 
vafia, einer kleinen neben der oͤſtlichen Kuͤſte von Mo— 
rea gelegenen Inſel, wird aus einer Traube gezogen, 
die man noch dann auf dem Stocke gelaſſen hat, wenn ſie 
reif geworden iſt, um von der Sonne gebraten und aus— 


94 
getrocknet zu werden. Er iſt zuckerſuͤß, angenehm zu trin— 
ken, und hält ſich lange. Ehemals führten die Engländer _ 
viel davon aus, jetzt bereiten die Beſitzer der Weinberge 
nur zu ihrem eigenen Gebrauch davon. Er wird zu acht 
bis neun hundert Franken das Kilolitre verkauft; dieß 
beträgt für die parifer Pipe fünf bis ſechs hundert Frans 
ken; ſie haͤlt 680 Pinten, jede Pinte kommt daher un— 
gefaͤhr auf 80 Centimen zu ſtehen. Der Vidogne, welchen 
man aus einer dicken Traube ziehet, die einen ſtarken und 
koͤpfenden Saft gibt, wird nach der in Europa uͤblichen 
Manier bereitet. Er wird um die Hälfte des Preißes des 
Malvoiſter verkauft. Die Einwohner uͤberlaſſen ſich dieſe 
Weine einander wohlfeiler, als ſie ſie an Fremde ver— 
kaufen. 

In reichen Jahren traͤgt die Inſel bis auf zwanzig 
tauſend Pipen; in gewoͤhnlichen zwoͤlf bis fuͤnfzehn tau— 
ſend, wovon der dritte Theil in den Handel kommt; das 
Uebrige trinkt man auf Teneriffa, oder es wird in Brannt— 
wein verwandelt. Dieſe Berechnung geht nur auf die auf 
dem Teneriffer Boden ſelbſt gewachſenen Weine. Die In— 
ſel iſt außerdem die allgemeine Niederlage von allen den— 
jenigen, die die kanariſchen Inſeln zum Handel beſtim— 
men. Auf die Weiſe iſt die aus den Inſeln ausgefuͤhrte 
Menge Weine weit bedeutender, und belaͤuft ſich auf | 
10,000 Pipen. Der dem Auslande verkaufte Wein ver— 
‚ ändert oft den Namen, und wird in Amerika Madera 
genannt. 
| Die öffentlichen Brunnen in den Städten erhalten ihr 

Waſſer mittelſt hoͤlzerner grob verfertigter und wenig dau— 
erhafter Waſſerleitungen. Die von St. Crux laͤuft von 
einer Quelle an, die ſich auf dem Gipfel von Bergen be— 


| 95 
findet, welche mit Holz bewachſen ſind, und den Raum 
zwiſchen Laguna und St. André einnehmen. Das Waſ— 
ſer, welches die Quelle liefert, ſtuͤrzt in die Tiefe einer 
Schlucht, woraus es in einen ſteinernen Kanal fließt, 
deſſen Richtung regelmaͤßiger iſt. Bald darauf trifft man 
einen hoͤlzernen Kanal, der das Waſſer von jenem auf— 
nimmt, und es ohne Unterbrechung bis an die Stadt lei— 
tet. Der Bau dieſes zweiten Kanals iſt einfach. Man 
denke ſich eine lange Reihe von tannenen Balken in Form 
von Dachrinnen ausgehoͤhlt, die mit ihren Enden auf einan— 
der ruhen. Sie werden von andern Balken getragen, 
die lothrecht in den Fugen der Felſen befeſtigt ſind, und 
deren Hoͤhe ſich nach der ungleichen Tiefe der Schlucht 
richtet. | 

Aehnliche Waſſerleitungen habe ich an mehreren Thei— 
len der Inſel geſehen. Die von Tacoronte faͤngt in dem 
Walde del-Agua-de-Gracias an; die der beiden Oro— 
tave kommen von dem gruͤnen Berge her am Fuß des Pic. 

Die Ausbeſſerungen dieſer wenig dauerhaften Kanaͤle 
haben ungeheuere Summen gekoſtet, womit ſie von Stein 
haͤtten erbauet werden koͤnnen. Der Aquedukt von Laguna, 
den die Regierung auf ihre Koſten unterhaͤlt, iſt nach 
einem energiſchen Landesſprichworte dem Koͤnige von Spa— 
nien theuerer zu ſtehen gekommen, als wenn er von Sil— 
ber gemacht worden waͤre. Es gibt hier einen unertraͤgli— 
chen Mißbrauch in der Vertheilung dieſes Waſſers; die 
Moͤnche, die Reichen, deren Haͤuſer ſich in der Nachbar— 
ſchaft einer Waſſerleitung befinden, erlauben es ſich, einen 
Theil davon abzuleiten, um ſich deſſelben zu ihren ver— 
ſchiedenen Beduͤrfniſſen zu bedienen. Aus dieſer Verſpil— 
lung folgt dann, daß die oͤffentlichen Brunnen, zumal im 


96 

Sommer oft trocken find. Arme Männer und Weiber ſchoͤ— 
pfen aus den Brunnen, wohin ſich dieſe Waſſerleitungen 
ergießen, fuͤllen kleine hoͤlzerne Gefaͤße mit Waſſer, und 
tragen dieſe auf ihren Koͤpfen in den Straßen zum Ver— 
kauf umher; manche bringen drei oder vier auf einem 
Eſel fort. Da dieß Waſſer ziemlich hart und rauh iſt, 
ſo pflegen es die Einwohner durch einen Stein filtriren zu 
laſſen, der ſich ſehr haͤufig in ihren Steinbruͤchen findet; 
es iſt eine Art Lava von Rußfarbe, der das Mittel der 
Dichtigkeit der grauen Lava und der Poroſitaͤt des Bimm— 
ſteines hält *). 


#) Adanson Voyage au Senegal pag. 12. Paris 1757. 


Zehntes Kapitel. 


Preis der Lebensmittel — Sandwerke und Kuͤnſte — zu 
— Abgaben. 


Der Werth der Lebensmittel wird von dem Gouverneur 
der kanariſchen Inſeln, dem Aleade, vier Commiſſarien, 
und dem Procurator der Gemeinde, welchen das Volk zur 
Aufrechthaltung ſeines Intereſſe waͤhlt, feſtgeſetzt. Dieſe 
vereinigten Magiſtratsperſonen beſtimmen den Preiß ein= 
oder mehreremale jaͤhrlich, je nachdem die Erndten reich 
ausgefallen ſind, oder nach andern Umſtaͤnden. Folgender 


Tarif von Eßwaaren ward im Januar 1794 in St. Crur 


bekannt. Ich habe die ſpaniſchen Gewichte und Muͤnzen 
in franzoͤſiſche verwandelt. 


Ir, Et. 
ien die Pinte a Be 
2. Flanderiſche Talglichte, drei große fuͤr — 457 
3. Kleineres Licht des Landes, eins fuͤr .— 9 
4. Fadennudeln, das Pfund. - a — 75 
5. Reiß : s ; R x — 31 
6. Vidognewein, beſte Sorte, die Pinte — 50 


7. Die OR REDE von geringerer Gattung — 44 


98 


8. Malvoiſter, die Pinte . 15 

9. Branntwein — e 
10. Weineſſig — . 5 g 
11. Kaͤſe aus Flandern, das pfund 0 5 
12. — aus Canaria, — . i $ 
13. — von Teneriffa, — m 5 2 
14. Kichern, ein Zwölftel eines Fanega . 3 


Trockne Erbſen, daſſelbe Maaß . R 
Weiſſe Bohnen € h | . 5 


17. Kleines Gemuͤſe, wie Slafchenfürbife , 

Erdaͤpfel, Kohl, Zwiebeln, das Pfund 8 
18. Schwarze getrocknete Feigen, — 5 
19. ditto weiſſe — — 
20. Roſinen — 5 
21. Butter von der beſten Sorte . 6 ; 
22. Schlechtere Sorte von Canaria ; x 
23. Fremder Schinken, das Pfund zu 28 Unzen, 


4. Geſalzenes Ochſenfleiſch, das Pfund zu 28 


Unzen. ; A 


. Gefalzeneg inländiſches Schweinefteiſch 


das Pfund A 


26. Marinirtes Schweinefleiſch — — 

27. Weißbrod Guy . . 

28. Schwarzbrod — e 

29. Trockner Stockfiſch ee 

30. Die Diefften eingefalzenen Häringe, vier für 

31. Kleine — — das Stuck 

32. Geraͤucherte, vier fuͤn . . A . 

33. Eingeſalzene Sardellen, die groͤßten, d. u 


. Kleine, drei 


| . 
35. Oliven von Majorka, der zehnte Theil ei— 

ner Fanega . 5 e 0 R 1 2 
36. Dieſelben von Canaria 1 25 
37. Saffran, die Unze . ? 2 2 
38. Schwarzer Pfeffer, — ; : — 575 
39. Rother inlaͤndiſcher Piment . 4 0 | 
40. Aepfel, das Pfund. 5 4 . — 


9 
41. Nuͤſſe, acht fuͤr E 5 5 b — 3 
42. Orangen, drei für . : 5 1 . — 3 
43. Tomates (2) das Pfund.. 5 — 6 
44. Steckruͤben „ „%% a 


Jeder, der uͤberfuͤhrt wird, mehr als dieſe feſtgeſetzten 
Preiſe genommen zu haben, ſoll das erſtemal zwei Dufa- 
ten, zum zweitenmal vier Dukaten bezahlen, und acht Tage, 
Gefaͤngnißſtrafe erleiden. 


St. Crux auf Teneriffa d. 8. Jan. 1704 Commiſſaire 
fuͤr die Lebensmittel, welche jedes Jahr im Monat De— 
cember ernannt werden. f 


Der Vergleichung wegen fuͤge ich hier noch die Angabe 
des Preiſes einiger Waaren und Lebensmittel auf der In— 
ſel Teneriffa vom Jahre 1525, die aus Viera, tom. 2 p. 
302 gezogen iſt, hinzu. 


| Fr. Ct. 
Hammelfleiſch, das Pfund 8 Maravedis — 12 
Kalbfleiſch — 8 — ; . 12 
Kuhfleiſch — 7 — „„ 
Schweinefleiſch — 7 — 0 — 11 
Schaaffleiſch — 6 — } .—=-.9 
Ziegenfleiſch — 6 — ; — 9 


100 


5 Fr. Ct. 
Fleiſch einer jungen Ziege | 
von dreißig Tagen 1 Real. — 85 
Milch, zwei Pinten 10 Maravedis — 15 
Friſche Fiſche, das Pfund 4—10ͥ — . — 7-15 
Oel, die Pinte 20 — . — 31 
Tauben, ein Paar 6 — — 22 
Turteltauben | 6 — . — 70 
Ein Dutzend Gaͤnſe 6 — - — 9 
Eine Henne 10 Quartos.— 31 
Ein Kapaun 2 Reales „ 70 
Ein junges Huhn 2 Real . — 42 
Ein Kaninchen 12 Maravedis. — 18 
Verarbeitetes Wachs Real 2 Quart. — 91 
Kaͤſe, die Fanega A3 bis 8Realen 22-6 — 
Kohlen, ein Sack 30 Maravedis — 47 
Dachſteine, das Tauſend 1000 Maravedis 15 80 
Leinwand, ungebleichte, das Vare 8 Maravedis — 12 
Fries, inlaͤndiſches Produkt 2 Real. 4 Mar. 1 76 
Schuhe, das Paar 78 Maravedis — 13 


„Der Preis des Pfundes von 28 Unzen Ochſen- und 
Kuhfleiſch koſtet beim Schlaͤchter 16 bis 20 und 22 Quar⸗ 
tos, oder nach unſerm Gelde 10 bis 13 Sous 9 Deniers, 
oder 7 Sous 4 Deniers bis 9 Sous drei Deniers das 
Pfund von 16 Unzen. Teſſier.“ } 

Nur wenige wohlhabende Leute leben von Korn in der 
Geſtalt von Broden. Im Allgemeinen naͤhrt ſich das 

Volk von Erdaͤpfeln, von Flaſchenkuͤrbiſſen, Zwiebeln, Ge⸗ 
muͤſen, Goſio, und gefalzenen Fiſchen. | 

Dieſer Fiſch kommt von den weſtlichen Küften von 
Afrika, gegen den 29ten Breitengrad hin. Fuͤnf und zwan⸗ 


15 101 

zig bis dreißig Brigantinen, von ungefaͤhr dreißig Tonnen, 
wovon die meiſten von der Inſel Canaria abgeſandt und 
zu dieſem Fang gebraucht werden, wiederholen die Reiſe 
ſieben bis achtmal jaͤhrlich: jedesmal bringen ſie achtzehn 
bis zwanzig tauſend Fiſche zuriick, welche dann zu 6 
Quartos das Pfund von 28 Unzen, oder drei Sous vier 
Deniers das Pfund don 16 Unzen, ungefähr 1000 Piaſter 
courant eintragen. 
Dieſe ungeſunde Eßwaare, die man nur vier Monate 
aufbewahren kann, iſt Die naͤchſte Urſache der in St. Crux 
und Laguna ſo hoͤuſigen Hautkrankheiten. Denen, welche 
daran leiden, wird der Körper mit ſchuppigten Eiterbeulen 
bedeckt, die ein ſolches Anſehen haben, als waͤren ſie von 
den Blattern he rvorgebracht. 

Die Köche bedienen ſich haͤuſig des Korianders, um 
ihre Speiſen zu wuͤrzen, und des Saffrans, damit ſte eine 
gelbe Farbe erhalten. Man macht dort faſt gar keine But— 
ter; die, welche verbraucht wird, kommt aus Irland, 
Holland oder aus den vereinigten Staaten. Außer dem 
Fleiſche, welches das Land hervorbringt, erhaͤlt die Inſel 
es ebenfalls von Lancerota, Ferro, Fortaventura und Ca— 
naria. Von der letzten Inſel und aus Spanien ziehet ſie 
auch ihr Salz; die Schiffe bringen es von dort als Bal— 
laſt mit. Der gewoͤhnliche Lohn fuͤr einen Tag Arbeit be— 
trägt zwei Realen de Plata; ein Aimee oder Mau⸗ 
rer erhaͤlt fuͤnf. 

In Candelaria verfertisen die Frauen eine grobe Toͤ⸗ 
pferwaare aus einem ciſenhaltigen Thon, welchen ihr Bo⸗ 
den darbietet. Dieſe Arbeiterinnen ſind nicht in einer ge— 
meinſchaftlichen Werkſtatt vereinigt, ſondern jede verfertigt 
dergleichen in ihrer Wohnung, und hat zu ihrem Werk— 


10% 


zeuge nur ein einfaches hoͤlzernes Brett, worauf diefer hart 
gewordene Thon eine wenig elegante Form erhaͤlt; die 
Kunſt iſt hier in ihrer Kindheit. Der Gebrauch des Ra— 
des iſt dort nicht bekannt, ſie haben ſelbſt nicht einmal 
die Vorſicht, den Thon zu waſchen, und die ſandigen Theile 
davon zu trennen; durch dieſe Nachlaͤßigkeit entſteht dann 
eine zerbrechliche und oͤfters löcheriche Toͤpferwaare. Oro— 
tava beſitzt einige Seidenmanufakturen; auch wird dort 
Leinwand gewebt, die man nach Cadix ausführt. 


Die Orſeille (Lichen roccella. L.), welche beim Vio— 
letfaͤrben gebraucht, und auf den Felſen geſammelt wird, 
gab ehemals fuͤr Teneriffa einen ziemlich ergiebigen Han— 
delszweig ab, weil man ſie mehr als die der uͤbrigen Inſeln 
ſchatzt. Ein Sammler kauft fie im Namen des Koͤnigs 
von Spanien um acht Franken den Myriagramme, und 
verkauft ſie zu Zeiten zu 75, wenn ſie beſſer verleſen und 
getrocknet iſt. Allein dieſe Waare hat ſehr an Werth ab— 
genommen, ſeitdem die Englaͤnder und Italiener, welche ſie 
ausfuͤhrten, ſie bei ihren Arbeiten durch andere nicht ſo 
theuere Farbematerialien erſetzt haben; im Jahre 1787 
galt die Orſeille kaum 38 bis 40 Franken „). 


*) Man hat mir in Laguna ein 1731 von Don Antonio Por- 
lier, der franzoͤſiſchen Urſprungs und Konſul auf den 
kangriſchen Inſeln war, entworfenes Memoir mitgetheilt, 
welches darthut, daß zu der Zeit die ſpaniſche Regierung 
jaͤhrlich aus dieſem Archipel 2,600 Centner Faͤrberflechte 
ausführte; nämlich sco aus Teneriffa, 400 aus Canaria, 
300 aus Gomera, 60 aus Fortaventura und Lancerota, 
800 aus Ferro. Sie verkaufte den Centner davon für 88 
Livres. 


103 

Die Englaͤnder, die Daͤnen, die Spanier und die Ame— 
rikaner landen am gewoͤhnlichſten auf Orotava und St. 
Crux. Lange it die Balanz zu Gunſten der erſteren aus- 
gefallen, deren Handelsverbindungen der Inſel mehrere 
Vortheile ‚gewährten; fie zog nämlich von jenen reichen 
Schifffahrern die meiſten der Waaren, deren ſie bedurfte, 
und bezahlte ſie gewöhnlich mit Weinen. 


Die Englaͤnder bringen nach Teneriffa dasjenige, was 
fie für die kanariſchen Inſeln beſtimmen. Im Allgemeinen 
beſteht dieß in Tuͤchern, kurzen Waaren, Huͤten, Leder, 
gemalten Leinwanden und Mouſelinen; ſie kommen dort— 
hin von der Zeit der Weinerndte bis zum April. 


Vor dem Jahre 177 konnte man nur in St. Crux die 
Regiſter der Kauffahrer ausruͤſten, welche die Fanarifchen- 
Inſeln ) die Erlaubniß hatten, nach der neuen Welt zu 
ſenden. Nur zu lange war dieſer Zweig der Induſtrie 
durch die Hinderniſſe des Alleinhandels, und die Eifer— 
ſucht von Cadix faſt von gar keiner Bedeutung. Das Mas 
rimum der Ausfuhr hatte man auf 1000 Tonnen an Wein, 
Branntwein, Fruͤchten, und andern Landeserzeugniſſen 
feſtgeſetzt; naͤmlich 200 fuͤr Caracas, 300 fuͤr Campeche, 
eben fo viel für die Havana, 100 für Portorico, So für 
Cumana und 50 für Maracaybo. Allein im Jahre 177 
kuͤndigte der Miniſter Golvez die Freiheit des Handels 
zwiſchen den kanariſchen Inſeln und den Haͤfen des ſpa— 
niſchen Amerika an. Eine gluͤckliche Wohlhabenheit war 
bald die Folge dieſer weiſen Geſetzgebung. Man wird da— 


) Naͤmlich Canaria, Palma und Teneriffa, die unmittel— 
bar dem Gerichtshofe von Madrid unterworfen ſind. 


. 


104 | NEN, - 
rüber durch folgende, aus Peuchet ) und Bourgoing ) 
genommene Schilderungen urtheilen. 

Seit 1778 ſandte Teneriffa nach dem ſpaniſchen Ame— 
rika neun Fahrzeuge, deren Ladung 1,206,625 Realen de 
Vell. werth war. Die Inſel erhielt dagegen von dort her 
wieder ſechs mit Waaren beladene, auf eine Million 726,568 
Realen geſchaͤtzte, Schiffe; der Unterſchied betrug folglich 
519,43. 

Im Jahre 1785 belief fich die Ausfuhr der kanariſchen 
Inſeln nach den beiden Indien auf 2,623,361 an Natio⸗ 
nalprodukten, und auf 314,552 an fremden Waaren; und 
ihre Einfuhr auf 4,023,218 Realen; die Differenz alſo 
1,685,125. 

Im Jahre 1788 ſandten dieſe Inſeln nach dem fpani- 
ſchen Amerika Nationalwaaren, die man auf 2,2 10,7% 
Realen ſchaͤtzte, und fremde Producte, 319,024 Realen 
an Werth; um dieſe Zeit betrugen die Waaren, welche 
wieder zuruͤckgeführt wurden 2,383,437 Realen. Jolglich 
hatte die Freiheit des Handels in einem Zeitraume von 
zehn Jahren die Produkte der Induſtrie mehr als ver⸗ 
doppelt. 5 

Teneriffa ziehet auf dem Wege von Hamburg, aus 
Deutſchland und dem Norden, Leinwand, Eiſen und zum 
Tauwerk gehoͤrige Sachen; aus Holland Flachs; aus 
Neu⸗England Korn, zu dünnen Brettern geſchnittenes Ei⸗ 
chenholz, Wachs, geſalzenes Ochſenfteiſch und Pferde; 
aus dem ſpaniſchen Amerika Kolonialwaaren, unter andern 


*) Dietionaire de la Geographie commercante an 7. Article 
Espagne. 


*) Tableau de Espagne Moderne. „Paris 1803, tom. 2. 
U 


2 205 


Cacao und Zucker; aus Irrland Leinwand, Lichter und 
Seife; aus Genua Papier; aus Frankreich Etamine, 


Linees, Seidenzeuge, gewoͤhnliche Leinwand und Weine; 
aus Schweden Haͤringe, Eiſen, Tran; aus Spanien 


Huͤte, einige Tücher, Oel und rothe Weine, um e die 


des Landes zu faͤrben. 5 

Vor 1789 haben die Franzoſen nie iche als fuͤnf bis 
ſechs hundert Faß Wein jährlich aus den kaͤnariſchen In⸗ 
ſeln ausgeführt. Seit dieſer Zeit iſt ihre Flagge ſelten in 


dieſen Archipel gekommen; indeß ſollte ſie ein hoͤheres 


Intereſſe veranlaſſen, dieſe Handelsverbindungen wieder 
anzuknuͤpfen. Die Canarier lieben unſere Hat Sei⸗ 
denſtoffe, Linnen, Spitzen, Huͤte, unſere Geſchmeide, 
unſere Claincallerie, Waffen ungemein; kurz alle Meublen 
des Luxus, welche unter den Händen unſerer Kuͤnſtler ſo 
einnehmende Formen erhalten, und wovon der Geſchmack 
in beiden Hemisphaͤren ſehr verbreitet iſt. Sie ſuchen 
auch eben ſo die Werke unſerer guten Schriftſteller auf, 
und ziehen fie ſelbſt denen der Engländer und Italiener vor. 
Der Geſchmack der Canarier an der franzöfi iſchen Litte⸗ 
ratur muͤßte unſere Reiſenden und S Seefahrer veranlaſſen, 
nach dieſem Archipel nur ſolche Werke zu fuͤhren, welche 
unſerer Nation zur Ehre gereichen, und von ihren Ladun⸗ 
gen jene Menge dummer und ſchmutziger Romane auszu⸗ 
ſchließen, die man zu oft dort mit Vergnuͤgen hinbringt. 
Der auf den canariſchen Inſeln verbrauchte Tabak 


kommt aus der Havannah. Die Regierung hat ſich den 


ausſchließlichen Verkauf deſſelben um fuͤnfzehn Livres das 
Pfund vorbehalten. Es iſt dieß ein Hauptzweig der Ein— 
nahme des Koͤnigs, der daraus jährlich 350 his 40oooco 
Franken ziehet. Dieſe Einnahme ſtiege vielleicht auf 6 bis 


\ 
106 


-00000 Franken, wenn nicht die Hälfte des auf dieſem 
Archipel verbrauchten Tabaks durch Schleichhandel hineinz 
gebracht wuͤrde. Der Gebrauch, ſich mittelſt dieſes heim— 
lichen Handels zu bereichern, iſt ſo allgemein geworden, 
daß die Agenten des Fiskus ihn nicht zu verhindern ver— 

‚mögen. Man hat ſelbſt einige unter ihnen in Verdacht, 
ihn auf eigene Rechnung zu treiben, und binnen Kurzem 
ein ziemlich bedeutendes Vermögen zu gewinnen. 

Die uͤbrigen Abgaben liegen auf den Gegenſtaͤnden, 
welche der Handel einfuͤhrt; und zwar in folgendem Ver— 
hältniſſe: alle fremde Waaren entrichten ſieben Procent 
an die Zollhaͤuſer, nämlich ſechs für den König und eins 
zur Unterhaltung der Feſtungen; die von Spanien gelie— 
ferten auf fremden Schiffen angekommenen Lebensmittel 
zahlen die naͤmlichen Steuern; langen ſie aber auf Natio— 
nalſchiffen an, ſo wird nur ein halbes Procent davon ent— 
richtet. Die dem Handel uͤberlaſſenen Weine bezahlen 
ſechs vom hundert, wenn ſie auf fremden Schiffen ver— 
ſandt werden: auf ſpaniſchen Schiffen ſind ſie dagegen 

ganzlich Abgaben frei. 
| Alle dieſe Inſeln genießen nicht der naͤmlichen Freihei— 
ten. Das Recht, mit Amerika zu handeln, ſtehet, wie 
wir bereits wiſſen, nur Teneriffa, Palma und Canaria zu. 
Dieſe Hinderniſſe haben bis jetzt die Entwickelung der In— 
duſtrie in den uͤbrigen Kolonien dieſes Archipels gelaͤhmt, 
welche mit eiferſüchtigen Augen auf die Vortheile hinſehen, 


die aus einem, in den Händen einer kleinen Anzahl pris- 


vilegirter Kaufleute, eingeſchraͤnkten Handel floſſen. 

Die Laͤndereien ſind mit einem Zehenten belaſtet, der 
vom Weizen, Mais, von der Gerſte, dem Flachs, den 
Erdaͤpfeln, den Schweinen und der Wolle allem uͤbrigen 


22 j 107 
zuvor erhoben wird. Zwei Neuntel des Erzeugniſſes flie- 
ßen dem Koͤnige zu, die uͤbrigen ſieben werden in drei 
Theile getheilt. Der erſte gehoͤrt dem Biſchof, deſſen Ein— 
fünfte auf 50,000 Piaſter angeſchlagen werden; der zweite 
iſt fuͤr die Canonicos ſeines Doms, und jede Praͤbende 
derſelben trägt 2400 Piaſter; der dritte wird zum Unter— 


halt der Pfarrer ſowohl als zur Erhaltung der Kirchen 
verwandt. 


108 


Eilftes Kapitel. 


Nachricht von den auf den canariſchen Inſeln gebornen Ge— 
lehrten — Oekonomiſche Societaͤt auf Teneriffa. 


Spanien hat berühmte Schriftſteller uͤber die Wiſſen— 
ſchaften, die Kuͤnſte und die Litteratur hervorgehen laſſen. 
Das Jahrhundert von Karl dem Fuͤnften war für dieß Land 
was für Frankreich das von Ludwig dem Vierzehnten ge- 
weſen iſt. Waͤhrend in dieſer glaͤnzenden Periode ſeiner 
Geſchichte das Geld von beiden Indien in ſeinen Schooß 
floß, und ſeine Helden ihm den Waffenruhm in Europa 
ſicherten, zeichneten ſich Vives, Arias-Montanus, Xi- 
menes, Solis, Zamora, Lope de Vega, Garcilaso, 
Morales, Quevedo, Cervantes, Nicolas-Antonio , 
Medina, Delgado, Mariana, Rivaltas, Calderon, 
Villegas und viele andere durch ihre Fortſchritte in den 
Wiſſenſchaften und Kuͤnſten aus. 

Dieſe zu wenig gekannte, zu oft verlaͤumdete Nation 
iſt ihres alten Rufes wuͤrdig, und hat in unſern Tagen 
eine große Menge ausgezeichneter Schriftſteller aufzuwei⸗ 
fen gehabt. Es genügt ſchon Trigneros Ayala, Gus- 


109 
man, Feijoo, Carpio, Capmani, Isla, Sanchez, 
Campomanez, Lampillas Andres, Azara, Castro, 
Masden, Ulloa, Bayer, Mendoza, Juan, Ortega, 
Palau, Ruiz, Pavon, Cavanilles, Piquer u. f. w. ars 
zuführen, um ſich zu überzeugen, wie weit fie in der Dicht— 
kunſt, in der Beredſamkeit, in der Mathematik, in der 
Naturgeſchichte u. ſ. w. gekommen iſt. Dieſer Geſchmack 
der Spanier an Kuͤnſten und Wiſſenſchaften hat ſich bis 
auf ſeine Kolonien ausgedehnt. Mehrere derſelben treiben 
fie mit gluͤcklichem Erfolg ). 

Auf den kanariſchen Inſeln, die durch ein treffliches 
Klima, eine vaͤterliche Regierung und die Nachbarſchaft 
von Europa beguͤnſtigt werden, haben ſich mehrere Schrift— 
ſteller gebildet, die es mit denen des Mutterlandes aufs 
nehmen duͤrften. 

Folgende Notiz von den in dieſem Archipel ar 
Gelehrten iſt zum Theil aus Clavijo entlehnt; ich habe 
die Verfaſſer von nicht herausgegebenen Werken oder die 
über ſcholaſtiſche Theologie nicht hinzugefügt. In den No— 
ten ſind von mir die ſpaniſchen Titel der intereſſanteſten, 
und unſern Bibliographen wenig bekannten, Werke ange— 
führt. Clavijo citirt fünf hundert auf den kanariſchen Is 


) Der Modeiter Hof trifft alle Maaßregeln, um feine außeror— 
dentlich großen koſtbaren Kolonien zu civiliſiren, und aufzu— 
klaͤren, welche die übrigen Mutterſtaaten beſonders anwenden 
ſollten. Auf Teneriffa, auf Portorico, in der Havannah u. ſ. 
w. gibts naͤmlich Sammlungen von guten ſpaniſchen Wer— 
ken, die auf Koften der Regierung gedruckt, und für ihre 
Rechnung verkauft werden; und da halten es dann faſt 
alle Koloniſten für ihre Pflicht, ſich von dieſen anzuſchaffen. 


110 


ſeln geborne Schriftſteller; mir genuͤgt, hievon ſechs und 
zwanzig hier anzugeben. | 

Augustin Betancour, ein Franziskaner⸗Mönch der 
im ſiebenzehnten Jahrhundert auf Canaria geboren wurde, 

hat eine Grammatik und eine Kirchengeſchichte von Me⸗ 
riko ) herausgegeben. Er verſah eine Pfarre in der 
Hauptſtadt. 

Don Juan Ceverio de Vera, urſpruͤnglich aus Cana⸗ 
ria und Kanonikus daſelbſt, ſtarb 1606 in Liſſabon; er 
unternahm Reiſen in Amerika, in Spanien, in Italien, 
in Paleſtina, und in Portugall. Wir beſitzen von ihm eine 
Reiſe nach dem heiligen Lande *), fo wie eine Beſchrei— 
bung von Jeruſalem und des Berges Libanon; ein Itine— 
rarium fuͤr die Pilger u. ſ. w. 

Don Thomas Cano, auf den kanariſchen Inſeln gebo— 
ren; er diente vier und fünfzig Jahre als Offizier auf der 
Flotte, und gab 1611 eine Abhandlung uͤber den ne n 
heraus **). 

Die Inſel Fortavͤntura hat die Ehre, daß hier Don 
Joseph de Viera y Clavijo, Kanonikus von Canaria, 


*) Arte maxicano, ajustado à los rudimentos de Nebrija. Me- 
xico 1673. — Cronica de la Provincia del Santo Evangelio 
de Mexico in fol. 1697. 


**) Viage de la Tierra santa: Descripeion de Jerusalem y del 
santo monte Libano, con relacıon de Cosas marabillosas, 
asi de las provincias del Levante, como de las Indias de 
occidente, con un itinerario; para los peregrinos etc. en 
Madrid, per Luis Sanchez 1797. in gvo. 


*) Arte para fabricar y aparejar naos de Guerra y Mer- 
chantes. Sevilla 1611. 4to. 


111 


Mitglied der Akademie der Geſchichte von Madrid, der 
oͤkonomiſchen Geſellſchaft von Teneriffa u. ſ. w. geboren 
iſt. Dieſer ausgezeichnete Schriftſteller hat ein ſpaniſches 
Gedicht uͤber die Zerlegung der verſchiedenen Luftarten von 
Prieſtley herausgegeben; ein anderes uͤber die Aeroſtaten; 
das Elogium von Philipp V; das von Alphonſe Toſtat, 
beruͤhmten Arzt von Salamaur im fuͤnfzehnten Jahrhun— 
dert; ſein Ruf iſt aber beſonders durch ſeine Geſchichte 
der kanariſchen Inſeln gegruͤndet ). Das Journal de Pa- 
ris vom Jun. 1778 redet ſehr vortheilhaft davon. 

Don Francois Oregon, auf Gomera geboren, Gou— 
verneur von Gibraltar 1658, der Havannah 1662, hierauf 
Feldmarſchall in Flandern, hat eine Abhandlung uͤber mi— 
litaͤriſche Politik und Mechanik publicirt ), die von Kunſt— 
verſtaͤndigen geſchaͤtzt wird. Er ſtarb in Cuba, wo er Gou— 
verneur war. | 
Don Joseph Clavijo y Faxardo, aus Lancerota 1726 
gebürtig, begleitete nach und nach die Stellen als Kriegs— 
Schatzmeiſter in Ceuta, als Secretaͤr des Generalſtabes 


1 


*) Noticias de la historia general de las Islas de Canaria, con- 
tienen la deseripelon geografica de Todas; una idea del 
origen, caracter, usos y costumbres de sus antiguos habi- 
tantes; de los descubrimientes, y conquistas que sobre 
ellas hicieron los Europeos: de su gubierno ecclesiasrico 
politico y militar; dall essa blicimiento, y succession de 
su primera nobleza; de sus varones ilustres por dignidades, 

h empleos, armas, letras, y santitad, de sus fabricas, pro- 
duceiones naturales y commereio, con los principales sus 
esos de los ultimos siglos; 4 vol. in to. Madrid 1772. 1783. 


*) Politica y mecanica militar. Madrid 1669 5 Bruselas 1684. 
in 8vo. 


114 


bei der Armee des Lagers von St. Roch, als Gouverne⸗ 
mentsarchivar und Sekretaͤr des allgemeinen Kabinets der 
Naturgeſchichte in Madrid. Sein Vaterland und die Wif— 
ſenſchaften verdanken ihm den Denker ), ein mit eben fo 
vieler Eleganz als Gruͤndlichkeit abgefaßtes Werk, das mit 
Addiſſon's Spectator zu vergleichen ſteht; die Ueberſetzung 
mehrerer franzoͤſtſchen Komoͤdien, der conferences syno- 
dales von Maſſilon, des Lericond der Ketzereien von Plus 
quet, der Naturgeſchichte von Buffon, die Herausgabe des 
hiſtoriſchen und politiſchen Merkurs von Madrid von 1775 
bis 1783. Eben fo hat er nebſt Davila an der Anferti⸗ 
gung des gedruckten Verzeichniſſes der mineralogiſchen 
Reichthuͤmer Theil, welche das Kabinet des Koͤnigs von 
Spanien in ſich faßt. Palma iſt das Vaterland folgender 
Gelehrten. 

Don Ant. Jos. Avarez de Abreu, Statthalter der 
Provinz Caracas, und der Vorgeſetzte Dogen) des hohen 
Rathes von Indien, 1685 geboren, gab im Jahre 1726 
ein Werk uͤber die Autoritaͤt und die regelmaͤßigen Rechte 
auf die Vacanzen aller Kirchen von Weſtindien heraus ). 
Philipp V. war von dieſem Buche ſo erbauet, das ſeine 
Einnahme um mehr als eine Million Realen vermehrte, 
daß er dem Verfaſſer den Titel eines Maxquis de la 


*) Pensador Matritense. Madrid. Ibarra 7 Vol. 8 vo. La Andro- 
maca de J. Racine. El heredro universal, y el vana glorioso. 


) Discurso juridico-historico politico sobre que las vacantes 
mayores y menores de las iglesias Indias occidentales per- 
tenecem à la Corona de Castilla y Leon, con pleno y ab- 
soluto dominio. Madrid A Marin, 1726 in fol.; ibid. die 
zweite Ausgabe 1769. 0 


113 


- Regale verlieh, und ihn großmuͤthig belohnte. Don Abreu 
hat ebenfalls zwei Denkſchriften uͤber den Handel und die 
Verwaltung der Philippinen herausgegeben. Eiferſuͤchtig 
darauf, die Vorrechte der kaſtiliſchen Krone aufrecht zu erhal— 
ten, publicirte er 1735 eine Abhandlung, um darzuthun, 

daß die Inſel St. Crux, eine der Antillen, Spanien gehoͤre, 
und von Frankreich nicht an Daͤnnemark haͤtte verkauft 
werden konnen. Er ſtarb im Jahre 1756. | 


Don Felix Abreu, des Vorigen Sohn, Ritter des 
Ordens von St. Jakob, Mitglied der Akademie der Wiſ— 
ſenſchaften von Madrid, Ambaſſade-Sekretaͤr in London; 
er ward 1722 geboren, und ſtarb in Madrid 1766. Von 
ihm ruͤhrt eine Abhandlung uͤber die auf der See gemach— 
ten Peiſen, und über die erforderlichen Bedingungen, um 
in Kriegszeiten das Kreuzen zu rechtfertigen, her D. 


Don Abreu Bertodano, Ritter des Ordens von St. 
Jakob, Mitglied der Akademie der Wiſſenſchaften zu Ma— 
drid, Ehrenvorſteher des Raths der Hacienda, Bruder 
des vorhergehenden, ward 1715 geboren, und ſtarb 17755 
er hat ins Spaniſche uͤberſetzt Mably's droit public 
de Europe; art de negocier avec les Souverains 
par Pecquet, Auch hat er eine trefflihe Sammlung von 
Friedens- Handels- und Schifffahrtstraktaten, welche 
zwiſchen Spanien und andern Maͤchten von der Gruͤndung 
der Monarchie an bis zur Regierung Ferdinands VI. ge— 
ſchloſſen wurden, in Madrid von 1740 — 51, 12 Bände, 


*) Tratado juridico-politico sobre presas de mar, y calidades 
que deben concurir para exerccr legitimamente el orso; 
dedicado al E. S. D. Ensenada. Cadex en la imprenta real 
de marina, 1746, in 4to. 


Le Dru Reife. 1. Bd. H 


114 


in Fol., herausgegeben ). Dieß dem Verfaſſer und feiner 
Nation zur Ehre gereichende Werk ſtehet nur mit den 
Actis von Rymer und der Collection des ordonnances 


unſerer Koͤnige zu vergleichen. 
Don Francisco Pimienta, einer der erſten Admirale 


Philipps des Zweiten, zeichneten ſich bei der Schlacht von 
Lepante aus, und vertrieb 1641 die Englaͤnder von der In— 
ſel St. Catharine nach Paraguay. Er hat die Geſchichte 
dieſer Expedition drucken laſſen ). 

Don Joseph Fernandez Romero reiſete im achtzehn— 
ten Jahrhundert im mittaͤglichen Amerika, und erwarb 


) Coleccion de tratados de paz, alianza neutralidad, garan- 
tia, protecion, tregua mediacion, accesion, reglamento, 
comereio, navegacion, etc. hechos par los pueblos reyes y 
principes de Espana, con los pueblos, reyes, principes, 
republicas y demas potencias de Europa y otras partes del 
mundo ete. desde antes del establecimiento de la monarquia 
gotica, hasta el felis del rey don Fernando VI. en laqual se 
comprehenden otros muchos aetos publicos y reales concer- 
nientes al mismo asunto, como declaraciones de guerra ete. 
y asimismo ventas, donaciones, permutas, empenos, trans- 
acciones, investiduras, concordatos, y las bulas y breves 
pontificios que conceden algun derecho, privilegio o pre- 
eminencia A la corona de Espana etc. fielmente sacados de 
los originales, © copias autenticas de la seeretaria de estado, 
librerias reales y particulares ete dis puestos en orden cro- 
nologieca. Lodo de orden y A expensas de S. M. mn A 
Marin 1740. hasta 1751, I2tom. in fol. 

*) Relacion del suceso que tuvo, en la Isla de Santa Catalina, 
el almirante Don Fr. de Pimienta, en que se da cuenta de 
como la tomo à los enemigos, echandolos de ella; y de la 
estimacion de los despojos y numero de prisioneros. Madrid 


1642. in fol. 


1 15 


ſich große Kenntniſſe in der Schifffahrtskunde. Wir befie 
tzen von ihm eine Inſtruktion uͤber den Weg von Kadix 
nach der Mündung des Laplata-Fluſſes *). 5 

Don Christophe Hayo Sorlozano, Marquis de St. 
André, kam 1677 zur Welt. Er durchreiſete ganz Europa, 
und machte ſich durch feine auffallende Originalitaͤt und 
durch ſeine Abentheuer einen Ruf. Er hat ſein Leben be— 
ſchrieben, das nebſt andern kleinen Werken in Madrid in 
zwei Bänden in 4to erſchienen iſt; fein Tod erfolgte 1762. 

Die jetzt folgenden Schriftſteller ſind von Teneriffa 
gebuͤrtig. | ’ 

Joseph Anchieta, in Laguna 1536 geboren; er ſtu— 
dirte, und trat 1551 in den Jeſuitenorden, und ward als 
Miſſionaͤr nach Braſilien geſandt; im Jahr 1597 ſtarb er. 
Wir beſitzen von ihm eine Grammatik und ein Woͤrterbuch 
der braſiliſchen Sprache; mehrere lateiniſche, ſpaniſche, 
portugieſiſche, braſiliſche Reden, und einige Memoirs uͤber 
das Braſtliſche. | 

Louis Anchieta, Verwandter des vorigen, Stifter 
der Jeſuiten auf den kanariſchen Inſeln, ward 1648 in 
Lagung geboren, und ſtarb 1685; er iſt der Verfaſſer 


*) Instruccion exacta y util de las derrotas y navegaciones 
de ida y vuelta, desde la gran vahia de Cadiz hasta la boca 
del gran Rio de la plata. Se hallan tambien las derrotas y 
navegaciones de dicha boca hasta Montevideo, y de este 
a la boca del mencionado- rio, costas, ıslas, baxos fondos, 
variedad de corrientes con las adverteneias y precauciones 
que en sus navegaciones se.deben praticas, y asimismo las 
islas, y baxos peligrosos que hay alnorte y sur de la equi- 
noccial, latitud y longitud de sus situaciones. Cadix G. 
Peralta 1730. ; 


H 2 0 


116 


einer Lobſchrift auf die kanariſchen Inſeln. In dieſem ziems 
lich gut geſchriebenen gelehrten Werke *) behauptet er, 
die kanariſchen ſeyen die glücklichen Inſeln, die elyſaͤiſchen 
Felder, der Garten der Heſperiden, und der Pic von Te— 
neriffa ſey der Atlas der Dichter. (Man kann über dieſe 
Fragen das erſte Buch der Geſchichte der eee In⸗ 
ſeln von Viera zu Rathe ziehen.) ö 

Um die naͤmliche Zeit behauptete der Schwede Rud— 
beck, ſein Vaterland waͤre der Sitz der alten heidniſchen 
Gottheiten, und unſerer Urvater geweſen, daß es Plato's 
wahre Atlantide ſey, und daß die Dänen, Engländer, 
Griechen und Römer ihren Urſprung von dort aus genom⸗ 
men haͤtten. Auf die Weiſe misbraucht man die Gelehr— 
ſamkeit, um die ſeltſamſten Paradoxen zu behaupten. 

Don Antonio Viana, Staabschyrurgus der Flott— 
armee und Arzt des Hoſpitals in Sevilla, ward 1578 in 
Laguna geboren, und verfertigte im vier und zwanzigſten 
Jahre ein Gedicht über die Fanarifchen Inſeln *), das 
wegen der Eleganz der Verſe und der Wahrheit mehrerer 
Charactere empfehlungswerth tft. Lope de Vega und Ni- 
colas Antonio reden von Nieſenz Werke außerordentlich 
vortheilhaft. 

Don Juan Franchy-Alfaro, in der Stadt Orotava 
geboren, ward von ſeinen Mitbuͤrgern nach Madrid ge— 
fandt, um darum anzuhalten, daß Orotava von Laguna 
unabhaͤngig werden moͤchte, ſo wie auch um die Freiheit 


*) Excelencias de las islas de Canaria etc, Xerez, 1679. 


) Antiguedades de las Islas afortunadas de la@ran-Canaria, 
eonquistade Tenerife, y aparecimiento de la imagen de Can- 
delaria en verso suelto, y octaya rima. Sevilla 1604. in gyo. 


117 


des Handels der kanariſchen Inſeln mit Indien, welcher 
durch einen im Jahr 1649 erlaſſenen Befehl unterbrochen 
worden war. Er ließ voll Eifer in Madrid mehrere Mes 
moiren über beide Gegenſtaͤnde drucken, und erlangte es 
auch von der Regierung, daß ſie ſeinen Vorſtellungen nach— 
gab. Sein Tod erfolgte 1651. | 

Nunez de la Pena ift in Lagung im Jahre 1641 ge— 
boren, und wegen ſeiner Geſchichte von den kanariſchen 
Inſeln, beſonders aber wegen der von Teneriffa bekannt). 
Durch dieſes Werk erhielt er eine Penſton und den Titel 
eines Generalarchivars der Koͤnigreiche Kaſtilien und Leon. 
Nunez arbeitete mit ſo großem Eifer an ſeiner Geſchichte, 
daß er darüber das Geſicht einbuͤßte. Dieſer Schriftſteller 
hatte, nach Viera, wenig Geſchmack; indeß gewaͤhren 
ſeine Unterſuchungen treffliche Auskunft uͤber die Antiqui— 
taͤten der kanariſchen Inſeln. Er ſtarb im Jahre 1721. 

Ynterian de Ayala von dem Orden der barmherzigen 
Brüder, Hofprediger des Koͤnigs u. ſ. w., aus Teneriffa 
gebuͤrtig, ſtarb 1730. Er war Redner, Poet, Hiſtoriker, 
und ein geſchaͤtzter Kritiker, und hat eine ſpaniſche Ueber— 
ſetzung des hiſtoriſchen Katechisme von Fleury, lateiniſche 
kleine poetiſche Werke, mehrere Kritiken von Buͤchern, 
hauptſaͤchlich vom zweiten Bande des kritiſchen Theaters 
des Paters Feyjoo herausgegeben. f 

Don Joseph Gonzalez Cabreva Baeno aus Tene— 
riffa- gebürtig, ward als Admiral nach den Philippinen 


) Conquista y antiguedades de las islas de la Gran Cana- 
ria, y su descripeion, con muchas advertencias de sus pri- 
vilegios, conquistadores, pobladores y otras partieularida- 
des en la muy poderosa'isla de Teneriffe, Madrid in 4to 1676. 


118 


gegen das Jahr 1701 gefandt. Durch feine Erfahrung 
und feine langen Dienſte hatte er ſich treffliche Kenntniſſe 
in der Beſchiffung der Meere von Indien erworben. Wir 
beſitzen von ihm ein Werk uͤber die Navigation mit einer 
Beſchreibung einiger den Seeleuten nothwendigen Maſchi— 
nen und einer Tafel der Sonnenabweichungen u. ſ. w. Die— 
ſem Werke ſind logarithmiſche Berechnungen und Kupfer 
angehaͤngt Y. 

Don Laurent de la Torre Barrio, in Laguna gebo— 
ren, ward Vorſteher des Conſeils der Minen von St. 
Jean de Lucene in Peru; es erſchien 1738 ein Werk über 
den Ertrag der peruaniſchen Bergwerke, welches ſehr gut 
aufgenommen wurde; der Pater Feyjoo redet ſehr vortheil— 
haft davon, und es iſt in Madrid 1743 wieder aufgelegt!“ ). 


Von Don Francisco Machado y Fiesco, Ritter des 
St. Karls Ordens, dem Vorſteher und ®eneral- Schak- 
meiſter des Rathes von Indien u. ſ. w., der in Laguna 
geboren war, kam 1758 ein Memoir uͤber die Wichtigkeit 
der kanariſchen Inſeln, und uͤber den Verfall ihres Han— 
dels durch die aus dem Monopol fließenden Hinderniſſe ans 


#) Navegacion especulativa y practica, con la explicacion de 
algunos instrumentos que estan mas en uso entre los nave- 
gantes, con las reglas necessarias para su_verdadero uso: 
tabla de las declinaciones del sol, computados al meridiano 
de san Bernardino: el modo de navegar por la geometria 
por el quadrante de reduceion, por los senos logarıthmicos 
y communes; con las estampas y figuras pertinecientes 4 
lo dicho: y otros tratados curiosos. En Manilla 1734. in fol. 


) Arte, o cartilla del nuevo beneficio della plata etc, en 
Lima 1738. 


119 
icht. Im Jahre 1762 überreichte er dem König ein ſta⸗ 
tiſtiſches Gemälde von viefen Inſeln. 

Don Antonio Porlier wurde 1722 in Laguna gebo— 
ren, fein Vater, ein Franzoſe, war Konful auf den kana— 
riſchen Inſeln; er ward nach und nach Ritter des St. 
Karls Ordens, erſter Fiskal des Rathes von Indien und 
1776 Ehrenmitglied der koͤniglichen Akademie des heiligen 
Ferdinand; es wurden ihm bedeutende Aufträge für Peru 
und die uͤbrigen ſpaniſchen Kolonien ertheilt. Von dieſem 
rechtlichen und geleh rten Mann exiſtiren mehrere Werke von 
eben ſo vielem Geſchmack als großer Gelehrſamkeit, uͤber 
die Geſchichte und Statiſtik der kanariſchen Inſeln. 

Don Juan Yriarte, Bibliothekar des Koͤnigs, Dol— 
metſcher des erſten Staatsſecretariats, Mitglied der Aka⸗ 
demie der Wiſſenſchaften, ward 1702 in Orotava geboren, 
und frühzeitig nach Frankreich geſandt; hier ſtudirte er in 
Paris und Rouen. Er hat lateiniſch einen Catalog von 
griechiſchen Handſchriften, und einen andern von den geo— 
graphiſchen und mathematiſchen Werken, welche ſich in der 
Bibliothek von Madrid befinden, (1736 — 1769. 5 Vol. 
in fol.) angefertigt. 

Auf eine nuͤtzliche Art arbeitete er an dem neuen Woͤr— 
terbuche der ſpaniſchen Sprache ). Seine lateiniſche Gram— 
matik, eine vierzigjährige Arbeit, iſt eins feiner beiten 
Werke. Er ſtarb im Jahre ı771. 

Don Bernardo de Yriarte, Neffe des vorigen, in 
Orotava geboren; er war Mitglied der ſpaniſchen Aka— 


*) Gramatica latina, escrito con nuevo metodo y nuevas ob- 
servaciones, en veeso castillano con sa explicacion en prosa. 
Madrid 1771. in 3vo, ibid. zweite Edition 1782, 


* 


120 


demie, Vorſteher des Rathes von Indien, Ritter des St. 
Karls Ordens, Ambaſſade-Sekretär, und hat ſich in der 
politiſchen Laufbahn ausgezeichnet; von ihm ruͤhrt Vol⸗ 
tair's Tancrede in kaſtiliſche Verſe uͤberſetzt her; auch hat er 
die lateiniſchen Gedichte ſeines Onkels in Proſe übertragen, 
und 1774 die auserwählten Werke des letztern nebſt einer 
Nachricht über fein Leben in 2 vol. in àto herausgegeben. 

Don Thomas Yriarte, Bruder des letzteren, in Oro— 
tava 1750 geboren, iſt einer der jetzigen beruͤhmteſten 
Schriftſteller Spaniens. Nachdem er die fitterarifche Lauf— 
bahn mit lateiniſchen Gedichten eröffnet, überfegte er einige 
unſerer beſten Theaterſtuͤcke; und 1777 die Artem poeti- 
cam des Horaz in ſpaniſche Verſe, wo der lateinifche Text 
hinzugefuͤgt war. Im Jahre 1782 gab er eine Sammlung 
von Fabeln heraus, die ſehr gut aufgenommen wurde. 
Die gelungenſte ſeiner Arbeiten iſt ſein Gedicht uͤber die 
Muſik vom Jahre 1779, welches in Die meiſten europai— 
ſchen Sprachen uͤberſetzt iſt. Durch feine Talente hat er 
den Titel als Staatsſekretaͤr und Generalarchivar des 
Kriegsconſeils erhalten. Jetzt arbeitet er an einer Ueber— 
ſetzung der Aeneide. 

Don Augustin de Betancourt, Lieutenant in dem 
Regiment von Orotava ſeiner Vaterſtadt, Mitglied von 
einigen gelehrten Geſellſchaften. Von ihm ruͤhren mehrere 
in ganz Europa geſchaͤtzte Memoirs uͤber die Phyſik, die 
Chemie und die mathematiſchen Wiſſenſchaften her. 

Don Bernardo Cologan Fallon aus Orotava gebuͤr— 
tig, ungefaͤhr ſechs und dreißig Jahre alt, iſt in Spa— 
nien, in England, in Holland und in Frankreich zur Aus— 
bildung feiner Erziehung gereiſet. Bei feiner Rückkehr 
nach Teneriffa gab er 1795 ein in Lagung gedrucktes 


121 
lateiniſches Gedicht in 212 Verſen heraus, und richtete 
es an Don Antonio de Tavira, Biſchof der kanariſchen 
Inſeln, um dieſen Geiſtlichen, dieſen aufgeklaͤrten Freund 
der Wiſſenſchaften zu vermoͤgen, die von der Regierung 
neulich in dieſem Archipel errichteten oͤffentlichen Schulen 
mit ſeinem ganzen Anſehen zu unterſtuͤtzen. Man trifft 
hierin ) eine große Menge von Verſen, die ein Dichter: 
genie verrathen. Ich bin mit dieſem ſchaͤtzbaren Mann 
in genaue Verbindung gekommen, und verdanke ſeiner 
Freundſchaft wichtige Nachrichten uͤber Teneriffa. 

Teneriffa beſitzt eine im Jahre 1778 unter der Benen— 
nung „Real-Sociedad economica de amigos del pays“ 
geſtiftete litterariſche Geſellſchaft, die aus den wegen ihres 
Eifers und ihrer Einfichten empfehlungswuͤrdigſten Leuten auf 
den kanariſchen Inſeln beſteht. Der Zweck derſelben geht da— 
hin, auf den Unterricht des Volkes hinzuwirken, die Er— 
richtung oͤffentlicher Schulen in den dazu paßlichen Kirch— 
ſpielen zu befoͤrdern, und dem Ackerbau, dem Handel und 
den Wiſſenſchaften einen Schwung zu geben. Jedes Jahr 
gibt ſie einen Band von ihren Aktis heraus, und ſetzt die 
Preiſe feſt, die unter diejenigen vertheilt werden ſollen, von 
welchen die aufgeworfenen Fragen am beſten beantwortet 
worden ſind. 

Folgende in den Programmen von 1708 1 und 1790 ein: 
gerücte Ankündigung der Preiſe wird die Wichtigkeit der 


*) IIIustri. ae dilectis. Don Antonio de Tavira et Almaz an 
Canariensi episeopo .. ... hoc carmen humilissime offert 
Bernardus Cologan Fallow, ut studia litteraria jam regio 
concessa decreto, his in insulis promoyeat, oveatque. La- 

euna Nivariensi, apud Mich. Aug. Bazzant! reg, societ, 
typographum, in 4to. 1795, 


122 


Gegenſtaͤnde, womit ſich dieſe nuͤtzliche gelehrte Societaͤt be: 
ſchaͤftigt, darthun. Eritlich fegt fie eine Medaille von 200 
Realen aus fuͤr den Verfaſſer des beſten Memoirs uͤber 
die Mittel, die Eigenthuͤmer und Arbeiter zu veranlafen, 
die Anpflanzungen auf ihren Laͤndereien zu vervielfachen. 
Zweitens, ſechzig Realen fuͤr die Lehrerin, deren Stunden 
von einer größeren Anzahl Eleven beſucht worden find. 
Drittens, 200 fuͤr denjenigen, der die beſte Methode ange— 
geben haben wird, um den Fiſchfang auf den kanariſchen 
Inſeln aufzumuntern. Viertens, 60 für den, welcher eine 
be eutendere Quantitaͤt Ruͤbſaamenoͤl ausgedruͤckt hat. Fuͤnf— 
tens 75 für den, der im Jahre 1789 zweihundert Baum— 
wollen ſauden in dem Arrondiſſement Taganana gepflanzt 
hat. Sechstens, eine goldene Medaille von vier Unzen fuͤr 
den Verfaſſer des beſten Memoirs uͤber die Ausfuhr der 
Weine aus Teneriffa, und den Handel der kanariſchen In— 
ſeln mit Preußen. 

Dieſe Inſel hat auch eine Druckerei in Laguna; aber 
es fehlt ihr eine Univerfität, wo die jungen Canarier Ge— 
ſchmack an den Wiſſenſchaften gewinnen koͤnnten, ſtatt mit 
bedeutenden Koſten die Principen derſelben auf den euro— 
paͤiſchen hohen Schulen zu erlernen. Die Wuͤnſche aller 
guten Einwohner gehen auf dieſe neue Wohlthat der Re— 
gierung hin, und bezeichnen Laguna als den paßlichen Haupt— 
ort dazu. Es iſt nicht in Vergeſſenheit gekommen, daß 
eine von Benedikt XIV. vom arten März 1744 erlaſſene, 
von Philipp V. den 18ten darauf folgenden Jun. ſanktio— 
nirte Bulle die Errichtung einer Univerſitaͤt in dem Kloſter 
der Auguſtinermoͤnche dieſer Stadt geſtattete. Es ſollten 
hier Grammatik, Logik, Philoſophie, Mathematik, Theo— 
logie, Medicin, das civil- und kanariſche Recht vorgetra— 


123 


gen werden. Allein durch die Intriquen und die Eiferfucht 
der Dominikaner der naͤmlichen Stadt und der Geiſtlich— 
keit von Canaria ward der Wiederruf der Anlage dieſes 
koſtbaren Inſtituts bei Ferdinand VI. im Jahr 1747 aus⸗ 
gewirkt. M. ſ. Clavijo 4. 417. „En el orbe literario, 
druckt ſich dieſer geſcheidte Hiſtoriker aus, un pueblo 
civilizado sin universidad, es como un pueblo reli- 
gioso sin templo. N 


124 


Zwoͤlftes Kapitel. 


Mineralogie. 


Das durch das Feuer der Vulkane umgeſtuͤrzte Teneriffa 
bietet beim erſten Anblick nur eine unregelmaͤßige geborſtene 
Maſſe von Lava, von Schlacken, von durcheinander aufge— 
häuften und gleichſam wie zufaͤllig hingeworfenen Felſen 
dar; auf den angebaueten Feldern ſind dieſe volkaniſchen 
Materien durch die haufigen Beſtellungen und die beſtaͤndige 
Wirkung der Meteore zermalmt; indeß findet man doch 
die meiſten Ebenen duͤrre und wenig vegetabiliſche Erde 
darauf. Im Grunde der Schluchten, welche die Flanken 
der Berge durchfurchen, trifft man Ueberbleibſel von Fel— 
ſen von jeder Dicke. Es ſind dieß im Allgemeinen Laven 
von eiſenhaltigen Thon, mehr oder minder mit ſchwarzem 
Schoͤrl, Kalkſpath u. ſ. w. gemiſcht, aus Feldſpath, 
Guarz, Glinimer u. ſ. w. beſtehender Granit; aus Mu— 
ſcheln und volkaniſchen Materien durch Kalkmoͤrtel u. ſ. w. 
verbunden, gebildete Puddinge u. ſ. w.; Breccien von 
Bimſteinen und eiſenhaltigem Thon. | 

Die Umgebungen von St. Crux beſtehen nur in kahlen 
Bergen, worauf nichts als einige Kräuter zur Nahrung 


125 


der Ziegen und viele Euphorbien wachſen. An den am we— 
nigſten ſteilen Orten findet man ein wenig Erde mit vielen 
Steinen; dieſe traͤgt dann ſehr wenig. 8 

Hoch auf dem Berge um Laguna iſt der Boden beſſer 
und gut angebauet. Er iſt thonicht, und ruhet auf Schich— 
ten von verkalkten Steinen, die man durchgehends in ver— 
ſchiedenen Tiefen antrifft. Das Erdreich der Ebene, welche 
ſich von Laguna an bis Taceronte erſtreckt, beſteht aus einer 
Miſchung von Thon und ſehr fruchtbarem Lande. Von dort 
auf dem Wege nach dem Hafen Orotava findet man guten 
Boden, ſo wie man ſich aber dem Meere naͤhert, nur 
Steine und Felſen. Auch trifft man in einem Barranco 
nahe bei Candelaria Lagen von Kalkerde und Foſſilmuſcheln. 

In den Umgebungen des Pic gibt es der volkaniſchen 
Subſtanzen weit mehr. Dieſer berühmte dreitauſend ſieben— 
hundert und zehn Metres uͤber der Oberflaͤche des Meeres er— 
habene Berg liegt unter dem ıgten Grade der Laͤnge und 28° 
17“ der Breite ). Er wird an der Baſis von mehreren klei— 
neren Bergen eingeſchloſſen, die amphitheatermaßig hinter 
einander liegen, und, indem fie die Form von cencentri= 
ſchen Ringen haben, von einem Zwiſchenraume zum andern 
tauſende von Abgruͤnden und Schluchten in ſich faſſen, die 
ſich in allen Richtungen hin erſtrecken. Die nicht mit Laven 
und kalcinirten Steinen bedeckten Strecken haben eine 
außerordentlich fruchtbare Erde. Wird Getreide ſehr duͤnn 


Nach Borda's Karte im Depot — und der Connaissance 
des tems an 15. M. f. ebenfalls Observaciones de las altu- 
ras del barometro y de los grados del termometro, hechas 
en el viage al pico 1776. Annales de historia nafural. 
Madrid 1779. 


126 i 

darauf geſäet, fo aͤrndtet man achtzig bis hundertfaͤltig; 
man hat ſelbſt ein Korn vierzig Aehren tragen ſehen, und 
dieſe haben dreitauſend fuͤnfhundert Körner gegeben ). 
Die Magnetnadel weicht auf dem Pic 16“ nach Weſten 
ab, und Cordier ) zufolge iſt ihre Neigung gegen den 
Suͤdpol 50° 

Ich werde unſere nach den fuͤr den Naturforſcher wich— 
tigſten Gegenden der Kolonie unternommenen Streifereien 
nicht einzeln beſchreiben. Die Nachricht von einigen der⸗ 
ſelben genuͤgen, um eine Idee von denen zu geben, die 
wir in den Barrackos, in den Waldungen und auf den 
Bergen, welche Guimar, Candelaria, Laguna, Orotava 
und St. Crux einſchließen, unternommen haben. 

Als wir in letzterem Ort anlangten, brannte jedweder 
von uns vor Begierde, die Berge zu durchſtreifen „die ihn 
umgeben. Wir begaben uns den ıöten November Mor— 
gens um 6 Uhr, mit, Lebensmitteln und allem Uebrigen 
verſehen, auf den Weg. Der Kapitaͤn befand ſich an der 
Spitze. So gelangten wir dann, nachdem mehrere Schluch— 
ten und manche kleine Berge paſſirt waren, um 9 Uhr an 
den Fuß eines Gebirges, das bis auf zwei Drittel ſeiner 
Hoͤhe angebaut war. Beim Weggehen ſchien uns die Ent— 


5 Die Theile der Inſel, die man in Kultur hat bringen 
koͤnnen, ſind ganz ungemein fruchtbar; dieß iſt das Ei— 
genthuͤmliche der volkaniſchen Inſeln. Die innere Hitze 
dieſer Art Erden hebt bis zu ihrer Oberflaͤche einen Theil 
des Waſſers, wovon fie durch Regenguͤſſe durchdrungen 
find, und verleihet den Vegetabilien eine ungewöhnliche 
Kraft. Voyage de La Billardière, tom. I. S. 31. 


) Journal de physique, Messidor an 12. 


127 


fernung nur eine halbe Meile zu ſeyn; dennoch brauchten 
wir drei Stunden, um dahin zu kommen. Hier ging nun 
jeder ſeinen beſonderen Unterſuchungen nach. Ich nahm 
den Weg laͤngſt dem bereits erwaͤhnten, das Waſſer nach 
St. Crux führenden Aqueduct. Neben dieſer Waſſerlei— 
tung her lauft ein ſechs bis zehn Decimeter breiter Fuß— 
ſteig. Ich zog ihn den uͤbrigen Wegen vor; er gewaͤhrte 
mir den Vortheil, mehrere Pflanzen zu finden, und nach 
Gefallen die Bildung und ſonderbare Richtung dieſer vol⸗ 
kaniſchen Berge zu unterſuchen. Alle die harten und ſchwaͤrz— 
lichen Laven, woraus ſie beſtehen, liegen ohne Ordnung 
uͤber einander in horizontalen oder ſchiefen Lagen. Die 
naͤmliche Unregelmaͤßigkeit zeigt ſich ebenfalls in den da— 
durch laufenden Ritzen. Von weitem bieten dieſe wenig— 
ſtens zwei hundert Metres über der Dlerfläche des Mee— 
res gelegenen Berge einen Anblick einer traurigen Nackt— 
heit dar; ſiehet man ſie in der Naͤhe, ſo findet der Bo— 
taniker Euphorbien, Farnkraut, Ranunkele, Pflanzen, 
woran einige Kennzeichen der Faͤrberroͤthe angetroffen wer— 
den (rubiacees), Graͤſer u. ſ. w. Wir ſetzten unfere Na— 
turforſchungen bis zum Abend fort, und haͤtte der Mond 
nicht geſchienen, ſo waͤren wir oͤfters auf den hoͤckerigen 
Fußſteigen der Berge gefallen. 

Einige Tage darauf ging ich allein fort, und durchſtrich 
bis am Abend einen Theil der Berge nordweſtlich von 
St. Crux. Nach vierſtuͤndigem Gehen erreichte ich den 
Gipfel eines der hoͤchſten. Hier entdeckte ich einen neuen 
Horizont. Eine Ebene von mehreren Hectaren im Quadrat 
mit Kulturen und Schaafheerden bedeckt, war mir deſto 
auffallender, da ich die ſchroffen Seiten des Berges kaum 
mit einigen Euphorbien bedeckt fand. Aus der Mitte die— 


198 


fer Ebene erhoben fich hier und dort andere Berge, die 
man aus St. Crux wahrnehmen kann. Dieſe Excurſion 
gab mir genauere Begriffe von dem Innern der Inſel, 
und von der Thaͤtigkeit dieſer unermuͤdlichen Anbauer. 

Ziehet man die erſtaunlichen Arbeiten in Erwaͤgung, 
die ſie darauf haben verwenden muͤſſen, um dieſe Berge 
von Lava fruchtbar zu machen, um auf ihre ſieben bis 
acht hundert Metres hohen Gipfel Heerden zu bringen, 
um Wohnungen darauf anzulegen, an den Seiten derſel— 
ben Wege zu Stande zu bringen, den Steinen ein wenig 
vegetabiliſche Erde abzugewinnen — dann fuͤhlt man, 
wie große Hinderniſſe die durch das Beduͤrfniß angeſpornte 
Induſtrie zu uͤberſteigen vermag. 

Oft bin ich nach einem eine Viertelmeile von St. Crux 
entfernten Waſſerfall gegangen. Der Strom, der dieſe 
Caskade bildet, ſtuͤrzt ſich in den Grund einer Schlucht, 
die ihren Weg ins Meer nimmt. Noͤrdlich von Laguna 
dehnt ſich ein großer Wald bis Tagana am Ufer des 
Oceans aus, und bedeckt mehrere Berge, deren Kruͤm— 
mungen er aber genau umfaßt. Bereits mehreremale hatte 
ich dieſe fuͤr einen Naturforſcher fruchtbare Mine beſucht, 
als mehrere meiner Freunde, le Gros, der Abbé Porlier, 
der Doktor Savignon den Wunſch aͤußerten, mich zu be— 
gleiten. Wie Villanueva, in deſſen Hauſe ich ein Zimmer 
hatte, unſern Plan erfuhr, war er ſo zuvorkommend, uns 
einen Fuͤhrer mitzugeben, und mit Huͤhnern, Malvoiſir, 
Gebacknen, Brod u. ſ. w. zu verſehen. Ich nahm die zu 
ſolch einer Tour nothwendigen Meſſer, Ausheber, Loupen 
u. ſ. w. mit. 

Den zweiten December 1796 traten wir unſern Weg 
laͤngſt dem hoͤlzernen Aquedukt an. Von Laguna bis an 


{ 129 
den Fuß des Waldes iſt das Land trefflich mit Korn, Erd— 
aͤpfeln, mit Flachs, mit Lupinen u. ſ. w. angebauet. Hie 
und da bemerkt man auch Weiden, deren Gruͤn den Augen 
ſehr behagt. Als wir den Fuß des Waldes erreicht hat— 
ten, ließen wir uns zu einem Fruͤhſtuͤck nieder, das nicht 
vergnuͤgter ſeyn konnte. Ein Teppich von Grün diente uns 
zum Tiſchtuch, der Raſen zu Stuͤhlen, an unſern Seiten 
gewaͤhrte uns die Waſſerleitung einen friſchen Trank, und 
das Gemurmel des Waſſers, welches unter einer Woͤl— 
bung von zuſammengeſchlungenen Stauden hinfloß, und 
von da die verſchiedenen Cascaden paſſirte, floͤßte unſern 
Herzen das Vergnuͤgen einer füßen Harmonie ein. Wir 
brachten mehrere Geſundheiten auf die unveraͤnderliche 
Freundſchaft von Spanien und Frankreich aus, welche 
ihr gemeinſchaftliches Intereſſe nie von einander trennen 
ſollten; auf den Ruhm unſerer furchtlofen Vertheidiger, 
deren Heldenmuth ſo oft die Lorbeeren des Sieges errun— 
gen. Dieſe Toaſts wurden mit Geſaͤngen beendigt, und 
ich bemerkte mit Vergnuͤgen, daß unſere guten Spanier, 
die ſich zwar mit uns nicht in franzöfifcher Sprache unter— 
halten konnten, unſere beſten Kriegslieder kannten, indem 
ſie ſie richtig ſangen. Nie hatte dieſer Wald von aͤhnlichen 
Toͤnen wiedergehallet. Wir brachten einen herrlichen Tag 
hin, der durch Botaniſiren, Bachus und die Freundſchaft 
verſchöͤnert ward. Des Abends kehrte ich mit einer bedeu— 
tenden Menge Pflanzen zuruͤck. Einige Tage darauf ging 
ich nach dem Wald zuruͤck, allein ſtatt dem gewoͤhnlichen 
Fußſteig am Aquedukt zu folgen, waͤhlte ich einen an Ve— 
getabilien reicheren, der aber auch zugleich maleriſcher 
und gefaͤhrlicher als jener war. Der Abhang der Berge iſt 
fo plötzlich da, und man entdeckt häufig fo tiefe Abgründe, | 

Le Dru Reife, J. Bd. 2 


130 a 
daß man ohne Aufhören das Auge auf die Fuͤße richten 
muß, um nicht hundert fuͤnfzig bis zweihundert Metres 
hinunterzuſtuͤrzen. 


Ich ſchaudere noch, wenn ich daran denke, welcher 
außerordentlichen Gefahr ich bei dieſem Kraͤuterſuchen aus— 
geſetzt geweſen bin. Ein bluͤhendes Staudengewaͤchs ) 
das ſchief in einem Felſen gepflanzt war, ließ ſein rothes 
und gruͤnes Haupt uͤber die Seiten einer Schlucht haͤngen, 
in deren Grunde ich kaum eine Heerde Ziegen wahrnahm. 
Um zu dieſem Staudengewaͤchs zu kommen, mußte ich 
herunterſteigen, und mich auf ſeinen Stamm ſtuͤtzen. Ich 
ſtand nicht an, aber indeß ich mit der Hand nach einem in 
der Bluͤthe ſtehenden Zweige faßte, brach die ſchwache 
Stuͤtze, worauf ich ſtand, unter meinen Fuͤßen; es war 
um mich geſchehen, haͤtte ich nicht in demſelben Augenblick, 
wo ich das Brechen hoͤrte, eine Lorbeerwurzel an meiner 
Seite gefaßt. Die Gefahr machte mich ſchnell, ich ſchwang 
mich auf den Felſen, wo ich wenigſtens drei Minuten vor 
Schrecken verweilte. Als ich wieder zu mir gekommen war, 
ſchnitt ich einen Zweig ab, mittelſt deſſen ich mit Leichtig— 
keit die Parietaria, die nur eine einzige Wurzel an dem 
Felſen in die Hoͤhe hielt, erreichte. 9 


Den ıgten December 1796 unternahmen Baudin von 
Advenier, Gonzales Mauger, Riedlé und Bonnefas, 
Marian-Eleven, die Reiſe nach dem Pic. Ungeachtet der 
Unebenheit der Fußſteige, der Kälte, des Windes und 
des Schmutzes, den fie in der Höhe von zweitauſend Metres 
auszuſtehen hatten, kamen dieſe furchtloſen Reiſenden an 


) Parietaria arborea. L’herit. (Glaskraut. d. H.) 


131 


den Fuß des abgerundeten hervorragenden Geſteins, wel⸗ 
ches dieſen Berg bekraͤnzt; alle ihre Anſtrengungen reich— 
ten aber nicht hin, um den Gipfel zu erklimmen, noch das 
Hinderniß zu befiegen, welches ihnen eine erſtaunliche 
Platte von unuͤberſteiglichem Eiſe in den Weg legte. Sie 
liefen bei dieſer etwas verwegenen Unternehmung die 
groͤßten Gefahren. 8 
Bei unſerer erſten Tour nach Orotava gingen le Gros 
und ich von Durasno den ıdten Februar 1797 um ſieben 
Uhr mit Lebensmitteln auf den ganzen Tag, und nahmen. 
unfern Weg nach dem grünen Gebirge, welches eine lange 
ſehr hohe Kette zwiſchen dem Pie und Orotava bildet. Uns 
ſere Abſicht ging dahin, deſſen Gipfel zu erreichen. Wir waren 
ſo unvorſichtig, die Fußſteige zu waͤhlen, die uns am direkte— 
ſten zum Zweck zu fuͤhren ſchienen, und den gewoͤhnlichern 
und krummen Weg zu verlaſſen. Nachdem wir durch meh- 
rere Weinberge, über beſaͤete Felder, und mit Mühe durch 
eine Menge tiefer Schluchten gekommen waren, verirrten 
wir uns in einem Schlage von Lorbeerbaͤumen und Hei- 
deſtraͤuchern. Einige Hirten, die uns gewahr wurden, er— 
ſtaunten, Fremde in dieſen Wuͤſteneien zu ſehen, und liefen 
auf uns zu, um uns zu benachrichtigen, dieſer Weg ſey 
nicht gangbar, und daß wir uns der Gefahr ausſetzten, die 
Nacht darauf hinzubringen. Als wir endlich an den Fuß 
des Berges kamen, ſuchten wir den Gipfel zu erklimmen; 
allein um drei Uhr hatten wir erſt zwei Drittel der Hoͤhe 
erreicht; der uͤbrige Theil iſt ein ſenkrechter faſt nackter 
Felſen, von welchem rechts und links Abſchuͤſſe von mehr 
als hundert Metres Tiefe herunterlaufen. Da uns die 
Vorſicht nicht geſtattete weiter zu gehen, fo ſtiegen wir wie— 
der hinab, und kamen nach Durasno auf dem gewoͤhnlichen 
J 2 


132 . 
Wege, der nach dem Hafen Orotava führt, quer über anges 
baute Felder. 


Verzeichniß der mineraliſchen Subſtanzen, die ich 
auf Teneriffa, auf den Bergen, in den Schluch- 
ten und am Ufer des Oceans geſammelt habe . 


Thonigte Okerlava, faſt verkalcht und zerſetzt, welche 
Criſtalle von ſchwarzem Schoͤrl enthält. 

Holzartiger Baſalt. — Ein anderer von ſchwarzer Farbe. 
— Eine ſehr ſchwer wiegende Lava von ſchwarzer Farbe 
mit großen, holen, unregelmaͤßigen Cellen. 

Schwarzer Augit mit einer thonichten, rothen, harten 
Lava gemiſcht. 

Grauſchwarze dichte Lava, worin man ſehr kleine graͤu— 
lichgelbe Chriſolitkuͤgelchen wahrnimmt. | 

Gerundeter Sandftein, mit einer weißen durchſichtigen 
vulkaniſchen Glaskruſte bedeckt. 
Schwarzer Trapp. 


) Als wir von den kanariſchen Inſeln abſegelten, uͤbergab 
ich dem Herrn Cambrelang, deſſen bereits erwaͤhnt iſt, 
zwei Kiſten mit den Mineralen, die in dieſem Kapitel 
aufgeführt find. Seit meiner Rückkehr nach Frankreich hat 
fie mir der ſchaͤtzbare Mann auf einem neutralen Schiffe 
überfandt. Mein Kollege Advenier, dem die Mineralogie 
befenders aufgetragen war, hat ebenfalls über die von 
Teneriffa ein Memoir voll ſtrefflicher Bemerkungen entwor— 
fen, welches ſich unter den Papieren der Adminiſtration 
des Muſeums der Naturgeſchichte befindet Haͤtte nicht ein 
fruͤhzeitiger Tod dieſen ſchaͤtzbaren Mann auf St. Domingo 
weggerafft, ſo waͤre ſicher von ihm ſelbſt das Reſultat ſei— 
ner Arbeiten über die Geneglogie von Teneriffa erſchienen. 


rk 133 

Vulkaniſche Breccie, aus Fragmenten von weißlichtem 
Bimſtein, die durch eine erdigte, zerreibliche, graͤuliche 
Lava miteinander verbunden ſind. 

Dichte Lava mit Muſchelkalkſtein uͤberzogen. 

Roͤthliche Granaten in eine dichte ſchwaͤrzliche Lava 
gehuͤllet. 5 | 

Loͤcheriche ſchwaͤrzliche Lava. Das Innere von einigen 
der Cellen enthaͤlt kleine Kuͤgelchen von weißem Spath, 
andere ſind von einem eiſenhaltigen gelben zerreiblichen 
Oker voll. 

Gruͤner glanduloͤſer Trapp, der Cryſtallen von Feld— 
ſpath enthalt. 

Schwarze Schlacke mit einer ſehr duͤnnen Lage einer 
Art glasartigen Lava von braͤunlicher Farbe bedeckt. 

Eine blaͤulicht graue, thonichte, nicht harte, zellige 
Lava, mit freien und dicht neben einander liegenden Po— 
ren, zum Theil mit weißem Spath angefuͤllt. | 

Schwammartige ſchwarze leichte Lava. 

Zellige braͤunliche ſchwere Lava, die Hoͤhlungen mit 
einer gruͤn gelblichen Subſtanz uͤberzogen, die große Aehn— 
lichkeit mit dem erdigten Chlorit hat. 

Bimmſtein. 

Dichte Lava, die Criſtallen von gemeiner Hornblende 
enthaͤlt. a 

Dichte ſchwarze Lava mit gruͤngelblichen Chryſolitköͤr— 
nern und Cryſtallen von gemeiner Hornblende. 

Leichte thonichte Lava. 

ZBellige ſchwaͤrzlich graue und thonigte Lava, die Hoͤh— 
lungen ſind zum Theil mit Zeolite uͤberzogen. 

Eine ahnliche noch feſtere. 


» 
134 


Zellige thonigte Lava, von einem hellen violetichten 
Braun, deren Hoͤhlungen Kuͤgelchen von weiſſem Kalk— 
ſpath enthalten. 

Aus Feldſpath, Quarz, Granaten und gemeiner Horn— 
blende beſtehender Granit. 

Thonigter Felsſtein mit Cryſtallen von Feldſpath und 
gemeiner Hornblende. 

Dichter gelblicher zum Theil pont Baſalt. 

Graulicher porphyriſcher Felsſtein. 

Mit Glimmer geſchichteter Sandſtein. 


135 


Dreizehntes Kapitel. 


Zoologie. 


Teneriffa verdankt der Naͤhe von Europa und den haͤu— 
figen Verbindungen mit dem Mutterſtaat einen Theil ſeiner 
Hausthiere; das Pferd, den Eſel, den Mauleſel, den 
Ochſen, das Schwein, das Schaaf, die Ziege, den Hund, 
die Katze, den Truthahn, den gewoͤhnlichen Hahn, die 
Gans, die Ente, die Taube u. ſ. w.; aber dieſe Thiere 
haben ſich wenig auf einem Boden vermehrt, deſſen Frucht— 
barkeit der Temperatur des Klimas nicht entſpricht. Der 
Eſel, die Ziege und das Schwein find dort am zahlreichſten. 
Die obſchon magern und kleinen Pferde haben indeß den⸗ 
noch Staͤrke ). 


Aus Afrika iſt das Kameel hieher verpflanzt. In An⸗ 
ſehung der wilden Thiere ſo finden ſich unter den 


*) Die Race Pferde, welche man auf den Inſeln antrifft, 

iſt die der Barbarei, naͤmlich die beſte nach den arabiſchen. 

Durch die Vermiſchung dieſer Pferde mit den Efeln, 

die ebenfalls von ſehr ſchoͤner Race auf den Inſeln ſind, 

entſtehen treffliche Mauleſel, von großem Nutzen in einem 
gebirgigen Lande. (s.) 


136 


Saugthieren. | | 
Die Maus, die Nase, das Kaninchen, und zwei Arten 
Fledermauſe, wovon eine ſehr klein iſt ); a 
Kriechenden. 


Die gruͤne Eidechſe, dicker und gelenkiger als die in 
Frankreich; die gruͤne Renette und der Laubfroſch; 
Voͤgeln . 
Der Rothſpecht. Picus medius *). 


*) Man muß zu dieſer Liſte von vierfüßigen Thieren, welche 
die kanariſchen Inſeln ernaͤhren, die wilde Ziege und Katze 
hinzufügen. Hr. Le Dru hat bereits in dieſem Werke des 
Hirſches und des Rehes erwaͤhnt. i 

* Die in dieſer Notiz angeführten Voͤgel hat mein Kollege 
Mauger geſammelt; ſie befinden ſich faſt alle in den Gal— 
lerien des Nationalmuſeums der Naturgeſchichte. Letztere 
habe ich mittelſt eines Kreuzes bezeichnet. Die lateiniſchen 
Namen find aus der von Daudin verfertigten Heberficht 
(in 16. Paris bei Plaſſau im Jahr 10) gezogen. Die Zug: 
voͤgel kommen von der Kuͤſte von Afrika, und kehren dort 
bei ihren periodiſchen Wanderungen wieder zuruͤck. 

dn) Der berühmte engliſche Ornithologe, Latham, verſt— 
chert geradezu, der Rothſpecht mit rothem Kopfe (pieus 

medius) waͤre in früherem Alter der gemeine Rothſpecht 

( picus major). Auch Buffon war der Meinung, dieſe bei: 
den Voͤgel waͤren nur Varietaͤten derſelben Art. Kaum 
darf man nach den Beobachtungen Lathams zweifeln, die— 
ſer große Naturforſcher habe bei dieſer Gelegenheit ſo wie 
bei allen andern nicht richtig geurtheilt. Die Arten ſind 
in der Natur ſelbſt bereits vielfach genug, ohne deren 
Zahl durch nicht gegründete Abſchnitte zu vermehren. In— 
dem Hr. Le Dru den rothköpfigen Rothſpecht ifoliet, iſt 
er der Meinung der meiſten neuern Ornithologen gefolgt; 
ich halte fie aber nicht für gegründet. ©, 


137 
Der Geier. Ourigourap, Vultur ourigourap. Buffon 
gemalte Kupfer 427 ). | | 
Der kleine oder weiße Geier. Vultur leucocephalus, 
Innerer Theil des Kopfes gelb, Schnabel braun, die Ex— 
tremitaͤt der Fluͤgel ſchwarz, fuͤnf Fuß die Weite ſeiner 
ausgebreiteten Fluͤgel **), 


*) Das illuminirte Blatt Nro. 427 der Vögel der Buffon— 
ſchen Naturgeſchichte ſtellet den Geier von Malta dar 
(Vultur fuscus. Lath.). Dieſer Geier iſt der naͤmliche als 
der egiptiſche (Vultur perenopterus), an welchem ich viele 
Aehnlichkeit mit dem Ourigourap finde. Buffon hat aber 
den eigentlichen Ourigourap nicht gekannt; weil man die— 
fen Vogel nicht als eine beſondere Art anſiehet, oder 
weil er nur, wie ich glaube, eine wenig verſchiedene Va— 
rietaͤt des egiptiſchen Geiers zu ſeyn ſcheint. Le Vaillant 
verdankt man die erſte und bis jetzt auch die einzige Be— 
ſchreibung des Ourigourap (S. deſſen Voͤgel von Afrika). 
Der ein wenig barbariſche Name, den dieſer Reiſende dem 
Geier, wovon die Rede iſt, gegeben hat, ruͤhrt von einem 
Voͤlkchen der mittaͤglichen Spitze von Afrika her, das ihn 
fo nennt; und dieß Wort bedeutet in der Sprache der 
Hamaquois Weisrabe. Die Federn find wirklich von einem 
matten Weiß, mit Ausnahme der Schwungfedern der Fluͤ— 
gel; dieſe ſind ſchwarz. Die Exiſtenz dieſes Vogels auf 
den kanariſchen Inſeln beſtaͤrkt mich in der in meiner Aus— 
gabe von Buffons Werken geaͤußerten Meinung über die 
Identitaͤt der Art des Geiers von Malta, des Geiers von 
Egipten, und des Ourigourap. (S.) 

) Eine umherziehende Art, die ſich im Sommer auf den 
Alpen und den Pyrenaͤen zeigt. Auf dieſer letzten Berg— 
kette hat fie Hr. v. Lapeyrouſe beobachtet und beſchrieben. 
Die Bewohner von Ober-Comminges nennen ſie Alimoche. 
Dieſer Geier hat einen noch eckelern Appetit als die übri: 
gen Voͤgel feines Geſchlechts. (S.) 


138 


Der Sperber. Nisus vulgaris. Ein kleiner Raubvo⸗ 
gel mit roͤthlichem Gefieder, der dem Sperber aneh 
ſieht ). 8 | 

Der Buſſaar von einem dunkelſchwärzlichen Braun. 
Buteo vulgaris. x 

Circus aeruginosus. 

Der Hühnergeier, mit einem ſehr langen gabelförmigen 
Schweif. Milvus vulgaris. 

Der Thurmfalk. Falco tinnunculus. 

Die Kircheule. Strix flammea. | | 

Ein kleiner Buntſpecht. Grauer Ruͤcken; weißer Bauch; 
Schnabel, Seite der Augen, Extremitaͤt der Fluͤgel, und 
über dem Schweif ſchwarz ). g 

Die Droſſel. Turdus musicus. 

Die Amſel. Turdus merula. 0 

Der gemeine Stgar. Sturnus vulgaris. 

Der Gruͤnfink. Loxia chloris. 

Ein dickerer, ſtaͤrkerer und ſchoͤnerer Fink als der in 
Frankreich, mit dunklen Farben. Fringilla caelebs. 

Der kanariſche Zeifig. Fringilla canaria. *) 


— 


) Vielleicht der gemeine Sperber, wenn er jung iſt, oder 
eine Art Lercheufalk. (S.) ; 

*) Dieſer kleine Buntſpecht ſcheint nur ſehr wenig von dem 
grauen Buntſpecht (Canuius excubitor) verſchieden zu ſeyn. 

Kar) Nach Blumenbach brachte man im Anfang des ſechszehn— 
ten Jahrhunderts zuerſt den Zeiſig von den kanariſchen In— 
ſeln nach Europa; ſeitdem iſt er aber dort in verſchiedene 
Varietaͤten ausgeartet. Die urſpruͤnglich wilde Race hat 
einen graubraͤunlichen Koͤrper, eine gelbe Bruſt, und 
grünliche Federn auf dem Schweif und den Fluͤgeln. Von 
Weitem würde man ihn für den europaiſchen Haͤnfling 
halten. 


. n 
Der Haͤnfling. Fringilla linota. f 
Der Diſtelfink. Fringilla carduelis. 
Der Gruͤnling. Fringilla Pinus. i 
Emberiza petronia mit gelbem Fleck 
unter dem Halſe. 

Die Goldammer. Emberiza e 

Emberiza miliaria. Buffon illumin. 
Platte No. 233. | 
wei andere nicht beſtimmte Emberizes. 

Der Rabe. Corvus corax. 

Sitta europaea. 

Eine Blaumeiſe. Parus caeruleus. Dunkeler als die 
europaͤiſche; fie hat einen Zirkel von weißen Federn auf 
dem Kopfe, und aͤhnelt der kleinen Kohlmeiſe. 

Die Lerche. Alauda arvensis. 

Die Feigendroſſel. Sylvia ficedula. 

Das Rothkehlchen. Sylvia rubecula. Hat dunklere 
Farben wie das in Frankreich. 

Der Zaunkoͤnig. Sylvia regulus. 

Die Grasmuͤcke. mit ſchwarzem Kopfe. Motacilla atri- 
capilla. Buffon 580. 

Die Grasmuͤcke mit ſchwarzem Kopfe und rothem Rand 
um die Augen. Motacilla leucogastra.. (Mus. Paris.) 

Die Grasmuͤcke mit gelben Fußwurzeln. Motacilla 
sylvia. Ueber den Fluͤgeln fahlroth, über dem Roͤr— 
per grau ). | 


) Zwei Arten Grasmuͤcken find bekannt, mit gelben Fuß— 
wurzeln, 1) die Rohrgrasmuͤcke (motacilla ærundinacea)/ 
2) die Grasmuͤcke mit gelben Füßen (sylvia rubricata)y 
welche aus Neu-Suͤd-Wallis gebracht worden iſt; ihre 


0 
Die weiße Bachſtelze. Motaeilla alba. 
Die graue Bachſtelze. Motacilla cinerea, 
Die gelbe Bachſtelze. Motacilla boarula. 

T Eine Bachſtelze mit dunkelgelbem Bauch und ſchwar— 
zem Halſe. 

1 Eine Bachſtelze mit hellgelbem Bauch und weißlich— 
ter Bruſt. 

T Eine Bachſtelze, deren Bruſt und Bauch weiß find, 
durch eine ſchwarze Linie von einander geſchieden. 

Die Rauchſchwalbe. Hirundo rustica. 

Die Mauerſchwalbe. Hirundo apus. 

Dieſe beiden Arten halten ſich nicht lange auf Teneriffa 
auf, und pflanzen ſich dort ſelten fort. 

Der Wiedehopf. Upupa epops. 

T Eine wilde Taube, der Haustaube in Frankreich aͤhn— 
lich, die aber in die Felſen niſtet. Columba aenas. 

+ Eine Holztaube, nicht fo groß als die europaͤiſche, 
mit rothem Schnabel, oben und unten an der Seite des 
Halſes erzfarbig. i 

+ Eine afrikaniſche Turteltaube. Columba afra. Buf⸗ 
fon illum. Kupf. No. 160. 


Beſchreibung paßt aber nicht auf die Grasmuͤcke mit gelben 
Fuͤßen der kanariſchen Inſeln; nothwendig muß man daher 
die Benennung von dieſer veraͤndern, um die Verwirrung, 
die in der Nomenklatur dieſer und einiger andern ſich ihnen 
naͤhernden Thierarten herrſcht, nicht zu vermehren. Es ge: 
horte ſich ebenfalls, der kanariſchen Grasmuͤcke den ſpeci— 
fiſchen Namen, Motacilla sylvia, nicht zu geben, weil da— 
mit die graue Grasmuͤcke bezeichnet wird, deren Füße 
nicht gelb find. (S.) 8 


141 


+ Ein Sandhaſelhuhn. Tetras-arenarius. Kopf und 
Kropf grau, unten und an der Seite des Halſes fahl⸗ 
roth mit ſchwarzen Flecken zwiſchen dem Kropf und 
dem Bauch ). 

Das rothe Felsrebhuhn. Tetras petrosus. Ueber dem 
Kopfe ein fahles Roth, einen rothen Krink um die Augen, 
Bruſt grau unterwaͤrts, an beiden Seiten aber braun mit 
weiß gemiſcht. | 

Die Wachtel. Perdix coturnix. 

Der Sturmvogel. Procellaria pelagica. 

Der Sturmverkuͤndiger. Procellaria puffinus. 

Die Seeſchwalbe. Sterna hirundo. 

Die kleine Seeſchwalbe. Sterna minuta. 

+ Die Seemöve mit ſchwarzen Ruͤcken und Flägeln. La- 
rus marinus.. Kopf, Hals, Schwanz, und unter dem 
Bauch weiß, der Schnabel lang, krumm und roth unter— 
waͤrts, Ruͤcken und Fluͤgel aſchgrau, lange ſchwarze Federn, 
die ſich mit einem weißen Fleck endigen. 

T Nie Schwanz, Bauch, und unterm Halſe 
weiß, Kopf und Ruͤcken grau, Fluͤgel ſchwarzbraun, langer 
krummgebogener Schnabel, hervorſtehende und laͤnglichte 
Naſelscher. g 

F Langer ſchwarzer Schnabel, nicht ſo 
ſtark gebogen, die Federn gemiſcht grau, dunkeler auf dem 
Ruͤcken als unter dem Bauche. 


) Die Beſchreibung des Haſelhuhns ſtimmt nicht genau mit 
der, welche Pallas von dem Sandhaſelhuhn, das in der 
Nähe des kaſpiſchen Meeres lebt, in dem ıgten Bande 
der Petersburger Commentarien mitgetheilt hat, uͤberein. 
Mir ſcheints, als bildeten dieſe beiden Haſelhuͤhner zwei 
beſondere Arten oder wenigſtens verſchiedene- Racen. 


142 
Die Waldſchnepfe. Scolopax rusticula., 
Die Heerſchnepfe. Scolopax gallinago. 
Die Waſſerſchnepfe mit weißem Sterz. 
+ Ein. Seelerche, die von den afrikaniſchen Kuͤſten 
kommt, und kleiner als die franzoͤſiſche iſt. 
Die Strandſchnepfe. Scolopax totanus. 
Der Geiſtkopf. Scolopax aegocephala ). 


Schleimthieren *). . 
Nackte Schnecken, die naͤmlichen wie in Europa. Die 
gewoͤhnlichen ſind die ſchwarze, die rothe, die aſchgraue, 
und die Landſchnecke. Man findet dieſe nackten Schnecken 
in den Weinbergen, in den Gaͤrten und auf der Ebene von 
Laguna. 
Porcellainſchnecke. Cypraea lurida. L. 


Turbo variegatus Gm. 3608. 


) Um dieſe Ornithologie der kanariſchen Inſeln vollſtaͤndig 
zu machen, muß man zu dieſer ſehr gut von Le Dru ent: 
worfenen Liſte noch zwei andere Arten hinzufuͤgen, deren 
der Verf. bereits in dieſem Werke erwaͤhnt hat, naͤmlich: 

Die Trappe; Le Dru bemerkt nicht, von welcher 
Gattung: 

Den Faſan (phasanus colchicus), der auf Lancerota und 
auf Fortaventura gewoͤhnlich iſt. (S.) a 


) Das folgende Syſtem der Thiere ohne Wirbelbeine iſt 
nach dem Syſtem von La Mark entworfen. Es ſtellet in 
der von dieſem gelehrten Naturforſcher angegebenen metho— 
diſchen Ordnung, die Thiere dar „ welche von dem Kapitaͤn 
Baudin, von Mauger und Le Villain auf Teneriffa be— 
merkt und geſammelt wurden, und die ich dort en 
wieder erkannt habe. 


143 


Adanſon gibt dieſe einſchalige Schnecke auf dem aber 
1000 Metres hohen Gipfel der Gebirge an, und bezeichnet fie 
mit dem Namen pouchet. (Voyage au Senegal. 8. 18 
pl. 1. Gen, 5. fig. 2.) | 
Testacula haliotoides. Fab. — 
Roissy Hist. natur. des Mollusg. S. 253. 

Diefe Gattung lebt unter den Steinen; und verſtopft 
mit ihrer Schaale die Oeffnung, wo ſie hineingegangen iſt. 
Sie kommt bei Nacht heraus, um Nahrung zu ſuchen. 
(Mauger.) ) 5 


*) Hr. Bory de St. Vincent hat auf der Rheede von 
St. Crux folgende Gattungen von Wuͤrmern beobachtet. 
(Essais sur les Isles fortances. S. 370.) 


Der Grünrücken. Nerris viridis, 
actinia rufa, 
actinia crassiocornis, 
seche 
Meduse, 


Pr 


Medusa pelagica, 
(Der Comet Muͤl.) -  asterias rubens, 
FFC 5 
asterias violacea, 
Asterias seposita? Sept. has. XIII.; | 
Der eßbare Meer-Igel, echinus esculentus, 
Die See-Eichel, lepas balanus, 
Lepas balanoides, L. 
Lepas testudinarius, Muller Lud. ulr 467. No. 4. 
madrepora annua. 
Eponge 
Eponge dichotome, spongia dichomata, 
Seerinde, flustra foliacea, 
7 flustra truncata, 


1 4 1 


Schaalthieren 


Pagurus bernardus. 


Pagurus. Pagurus striatus. 
Am Ufer des Oceans in der Nähe von Candelaria. 
Oniscus asellus. L. 
Oniscus psora. L. 
Oniscus psora. L. 
Oniscus spinosus. Fr. 
Letztere beide befinden ſich auf den vom 1 beſpuͤl⸗ 
ten Felſen. N 
Forbicina argenta. Lam. 
Die von Baudin und Mauger aus Teneriffa mitgebrach- 
ten Inſekten ſchmuͤcken jetzt die Galerien des Muſeums. 
Ich habe ſie mit einem Kreuz bezeichnet. Die meiſten hat 
Hr. La Freille beſtimmt. Ich bezeige meine Verbindlich— 
keit dieſem gelehrten Enthomologen, der mir einen Theil 
ſeiner Arbeit hat mittheilen wollen. 


flustra papyracea, 
flustra pilosa, 

Lien 4: 5, 
Tubularia muscoides, 
corallina opuntia, 
cosollani officinalis, 
sertularia pumila, 
sertularia tamarisca, 
sertularia melezina, 
sertularia cupressina, 
sertularia pluma, 
sertularia antennina 5 

Alcyonium, sive. vesicaria 

magna. Etlis. 


145 
Arachniden 


Aranea fasciata. L, 
Aranea sexoculata. L. 
Die Fenſterſpinne. Aranea domestioa.L. 
Folgende Note iſt mir durch einen Teneriffer Arzt 
mitgetheilt: 
4 Acarus scabiei, L. 
Acarus reduvivus. L. (Hundsmilbe.) 
Acarus hispanus L. 
Acarus ricinus. L. (Der Holzbock.) 
Acarus sivo. L. (Die Kaͤſemilbe.) 
Pediculus bovis- L. 
Pediculus sternae. L. | 
Ueberhaupt ernähren die Saugthiere und die Vögel von 
Teneriffa, gleich den europaͤiſchen eine Menge Schmarotzer 
Inſekten. 
Scolopendra morsitans. L. Indianiſcher Scolopender. 
Sein ſechzehn Centimeter langer Körper iſt braungruͤn— 
lich am aͤußerſten Rand der Ringe. 


Inſekten 
1. Hornfluͤgeldeckige. = 
| + Scarabeus silenus. mas. Oliv. 
T Eine Varietaͤt davon 
Copris rubidus. Oliv. 
Copris septem maculatus. Oliv. 
Copris Antenor. Oliv. n 
Copris paniscus. Oliv. 
Copris bison. Oliv. 
Mauger hat dieſe Miſtkaͤfer auf dem am meiſten bes 
ſuchten Wege von St. Crux nach Orotava wahrgenommen. 
Le Dru Reife. 1. Bd. K 


146 
Melolontha vulgaris. Tab. 
Cetonia limbata. Fab. 
Cetonia aeruginosa. L. 
Dermestes pollio. L. 
Sylpha lunata. Fab. 
Es unterſcheidet ſich davon durch leichte Nuanzen: 

Gyrinus natator. In dem Strom, der von Laguna 

nach St. Crux fließt. 
Dysticus uliginosus. Fab. 

7 Neun unbeſtimmte Arten. 

+ Drei Linien lang, fein punktirt, laͤnglicht, ſchmak, 
ein wenig wollig, aſchgraue Augen, das Bruſtſchild faſt wie 
ein abgeſtumpftes Herz, die Fluͤgeldecken punktirt. 

T Elaphre. 

+ Staphelin. , 

T Ptinus sulcatus. 

T Bupreste. Mehrere Arten. 

+ Apalux. 

1 Opatre des Sables. Opatrum axenarium. 

+ Tenebrio. Zwei Arten. 

+ Blaps buprestoides. Blaps buprestoides. Oliv. 

Pimelie muricate. Pimelia muricata. 

Capricorne africain. Cerambix afer. Fab. 

7 Capricorne, drei andere Arten. 

Lamia An Fab., ift gewöhnlich auf der eu- 
phorbia canariens 

+ Callidee. 

+ Septure. 

T Trogosite bleue. Trogassita sen. Oliv. 

1 Chrysomele. Zwei Arten. 

T Charauson. Fünf neue Arten. 


147 
+ Brachycere. Neue Art, braunſchwaͤrzlich, aſchgraue 
Augen, Antennen und Fuͤße braunroͤthlicht, die Fluͤgelde— 
cken ſchwarz geſtreift. 
+ Der gelbe Schildkaͤfer. Cassida flava. Fab. 
+ Der Sonnenfafer, das Fuͤnfpunkt. Coccinella quin- 
que punctata. Fab. 


2, Orthpteren ) 
Forficularia auricularia L. 
Forficularia argentea. Fab. 
2 Forficularia dentata. Fab. 
Blatta americana. L. 
Nicht ſo haͤufig als auf den Antillen, von woher ſie die 
Schiffe mitgebracht haben. 
Gryllus fasciatus. 
Eine mir von einem Teneriffer Arzt mitgetheilte Note. 
Acrydium ast. subulato. 
Acrydium migratorium. Oliv. 
Acrydium luridum. Fab. 
.  Acrydium ferrugineum. 

Der Bewohner von Teneriffa würde dieſe Heuſchrecke 
nicht zu fuͤrchten haben, die ſeinem Boden fremd ſind (die 
drei letztern Arten), wenn die Oſt- und Suͤdoſtwinde ſie 
nicht zu Zeiten auf die kanariſchen Inſeln braͤchten, nachdem 
fie fie über den heißen Sand des aͤgquinoctial-Afrikas ge— 
fuͤhrt haben. Man ſiehet dann unzaͤhlige Schwaͤrme Heu— 
ſchrecken, Grillen auf die Aecker niederfallen, und in 
wenig Tagen die Blaͤtter, die Ranken, die Fruͤchte ſelbſt 


) Nach der Etymologie mit gerade aufſtehenden Flügeln ? 
Hr. Profeſſor Illiger ſcheint dieſe Ordnung mit wahrem 
Recht, Faͤcherfluͤgel, plecoptera, zu nennen. v. 3. 

K 2 


148 
verzehren, und die Ueberbleibſel des Gruͤns vernichten. 
Der Geſchichtſchreiber Viera entwirft ein furchtbares Ge— 
maͤlde von dieſen zerſtoͤrenden Landplagen. Unter andern 
fuͤhrt er die an, welche die kanariſchen Inſeln in den Jah— 
ren 1588 und 1759 verwuͤſtet haben. 
Montis superstitiosa. Fab. 

Auf den Orangen. Einige andere Gattungen derſelben 

Art, wovon ſich eine auf der globulaxia salicifolia findet. 


3. Mit netzfoͤrmigen Fluͤgeln. 
Libellula rubicunda. L. 
Libellula variegata. F. 

Längst dem Kanal von Laguna in der Ebene. 


4. Hautfluͤgelige. 
T Ichneumon. Sechs unbeſtimmte Gattungen. 
T Gelbe Ophion. Ophion lutens. Fab. 
Evania appendigaster. Fab. 
Ziemlich häufig auf den Orangenbaͤumen. 
T Sphex. 
7 Hylaeus. Fab. Zwei Gattungen. 


5. Staubfluͤgelige. 
+ Sphinx, eine neue Gattung, die ſich der des 
Sphinx der Arber naͤhert. 

Sphinx euphorbiae. L. 

Sphinx convolvuli. L. 

Sphinx vitis. Fab. 

Sphinx stellatarum. L. 

Papilio cardui. L. 

Papilio brassicae. 

Papilio argia? Fab. 


249 


Papilio belia. L. 
Papilio rhamni. L. 

Papillon. Eine neue Art, die ſich den Saty— 
ren naͤhert. 
| Hesperia. Drei neue Gattungen. 
Papilio machaon. L. Gewoͤhnlich 
Papilio chrysippus. L. 

Bombix mori. L. 
6, Zweifluͤgelige. 

Musca stercoraria. L. 

Musca cellaris. L. 

Musca meteorica. L. 

Musca serrata. L. 

Musca vomiforia. L. 


Musca caxnaria. L. 


5. Ungeflügelte. 
Baccinium reticulatum. L. 


EEE d 


150 


Zuſatz zur Geſchichte der kanariſchen Inſeln von 
Hrn. Sonini. 

Man darf ſich nicht wundern in einem das ganze Jahr 
hindurch weder von einem Fluß, noch bedeutendem Bach 
bewaͤſſerten Lande, das kein See, kein Teich, noch eine 
Lache befeuchtet, deſſen Boden kaum eine Quelle von har— 
tem, rohen, nicht ſtets fuͤr das Beduͤrfniß der Bewohner 
hinreichendem Waſſer durchlaͤßt ), in der Aufzählung der 
dieſem ausgetrockneten Boden von der Natur zugeſtande— 
nen Thiere, die ſonſt faſt durchgehends an Arten und In— 
dividuen zahlreiche Klaſſe gar nicht zu treffen. Die reiſen— 
den Naturforſcher, welche auf den kanariſchen Inſeln ge— 
weſen ſind, erwaͤhnen der Fiſche in ſuͤßem Waſſer gar 
nicht, und es ſcheint ausgemacht, daß es deren auf dieſen 
Inſeln nicht gibt *)., Indeß führen die ſpaniſchen Auto— 


) Man ſagt, das Laſtvieh ſauge, um den Durſt zu loͤſchen, 
0 die Wurzeln einer Yamona genannten Pflanze aus, die 
mir der Asphodil zu ſeyn ſcheint, oder fie ſoͤffen Meer: 
waſſer. Letztere Art, den Durſt zu ſtillen, iſt nicht ohne 
Beiſpiel auf einigen Inſeln des Suͤdmeeres. (Bory Saint. 
Vincent, essais sur les isles fortunees. S. 220.) 
) Ich habe keine Gelegenheit gehabt, die Fiſche des Landes 
zu ſehen, auch weiß ich nicht, ob es dert dergleichen in 
ſuͤßem Waſſer gibt. Corneille redet nach den Reiſenden 
von Fiſchen der kanariſchen Inſeln; allein aus dem We— 
nigen, was er anfuͤhrt, iſt nichts mit Sicherheit zu beſtim— 
men. Man findet in der Hinſicht eine ſehr ſpaßhafte No— 
tiz in folgender Compilation: Abrege de histoire des 
voyages ou il est dit qu'on estime asses aux canaries une 


. 


sorte d’anguille qui a six ou sept queues longues d'une 
aune, jointes A un corps qui a une tere de méme longeur. 
Bory de Saint- Vincent, Essais sur les isles fartunees. S. 364. 


— 


191 


ren, welche die Geſchichte der Guanches beſchrieben haben, 
dieſe ehemaligen Bewohner der kanariſchen Inſeln fingen 
die Fiſche in ihren Meeren und Fluͤſſen. Wahrſcheinlich 
war der Mangel an Waſſer ehemals nicht ſo groß als jetzt. 
Die zum Theil mit dicken Waldungen bedeckten Berge 
machten den Regen nicht ſo ſelten und reichlicher, waͤhrend 
der Boden dieſer nämlichen Berge, die vielleicht mit einer 
nicht ſo harten und nicht ſo dicken vulkaniſchen Schicht be⸗ 
deckt waren, leicht von den Gewäſſern durchdrungen werden 
konnten, die im Innern der Erde hinlänglich große Waſſer⸗ 
behaͤlter bilden mochten, um ohne Aufenthalt das zum 
Lauf der Fluͤſſe noͤthige Waſſer zu liefern, deren Bett 
jetzt trocken iſt. An den hoͤchſten der Vegetation fähigen 
Orten, in den Räumen, die ſich zwiſchen den Baſaltfelſen 
finden, Baͤume anzupflanzen; dieß iſt, wie Hr. Le Dru 
ſehr richtig bemerkt, das einzige Mittel, um das Anſehen 
der kanariſchen Inſeln zu veraͤndern, und jene Fruchtbar— 
keit, jene Friſche, jenen Ueberfluß wieder herbei zu fuͤhren, 
die ihnen ehemals die glänzende Benennung „der gluͤck— 
lichen Inſeln“ erwarben. 

Das tiefe Meer, welches dieſe Inſeln umſpuͤlt und 
trennt, bietet keine großen Huͤlfsquellen zum Fiſchfang dar. 
Die Bewohner derſelben ſinden ſie ſicherer an den niedrigen 
und fiſchreichen Küken von Afrika, nur im Fruͤhjahr koͤnnen 
ſie mit Vortheil an den Kuͤſten des Vaterlandes Angellei— 
nen auswerfen, und die Netze ausſpannen, wenn die Ma— 
krelen in unzaͤhliger Menge hieher kommen. Ihre gewoͤhn— 
liche Methode, dieſen Fiſchfang mit Gewinn zu treiben, 
beſteht darin, ſich mit Kerzen zu verſehen, ſo bald die 
Nacht uͤber das ruhige Meer ihre Dunkelheit ausgebreitet 
hat, und ſich in den Kaͤhnen in einiger Entfernung von der 


152 


Kuͤſte zu zerſtreuen; von geit zu Zeit bleiben ſie ruhig an 
einer Stelle, halten dann ihre Fackeln über der Oberfläche 
des Waſſers, ſo daß ſie ihnen leuchten, ohne geblendet zu 
werden, und ſobald fie nun die Makrelen um das Feuer 
verſammelt erblicken, werfen fie die Netze nach ihnen aus, 
und führen ihre Kaͤhne bald voll Fiſche zuruck. Uebrigens 


iſt nach Adanſon die Makrele der kanariſchen Inſeln nicht 


von der nämlichen Art als die, welche man an den euro— 


paiſchen Kuͤſten ſieht; fie iſt nicht fo breit und kleiner, 


a 


obgleich ſehr lang; fie hat eine dDunfelmeiße Haut auf dem 
Ruͤcken, eine ſilberfarbige und angenehm gemiſchte hinge— 
gen auf dem Bauch; ihr Fleiſch iſt weiß und feſt, indeß 
ein wenig trocken; ob fie nun zwar den europaͤiſchen nach» 
ſteht, fo iſt ſie dennoch von gutem Geſchmack Y. 

Die Kultur, wodurch man den unter dem Namen des 
Malvoiſir der kanariſchen Inſeln bekannten Wein erzielt, 
iſt beinahe die naͤmliche, wie man ſie an der Cöte Hötie, 
am Ufer der Rhone antrifft. Kleine Mauern von Stei— 


nen, die nicht durch Moͤrtel mit einander verbunden ſind, 


von Diſtanz zu Diſtanz quer uͤber dem Huͤgel errichtet, 
dienen dazu, die Erde, ſo wie auch die koſtbare Feuchtig— 
keit zuſammen zu halten, die ſie durch den Regen in ſich 
ziehet, wahrend ſie zugleich die Hitze durch den Wieder— 


ſchein der Sonnenſtrahlen erhalten und vermehren. Dieſe 


niedrigen Mauern ſind zwar dem Anſchein nach nicht feſt, 
werden nichtsdeſtoweniger ſelten von Regenguͤſſen wegge— 
riſſen, weil das uͤberfluͤſſige Waſſer zwiſchen den ſchlecht 
verbundenen Steinen einen Abzug findet; wirft indeß die 
Heftigkeit der Stuͤrme dieſe Daͤmme, derer Schwaͤche gerade 


*) Adanson, Voyage au Scnégal. S. 7. 


153 


ihre Staͤrke ausmacht, uͤbern Haufen, ſo iſt dem Uebel bald 
wieder geholfen; man kann ihm ſelbſt zuvorkommen, ſagt 
Adanſon, indem man uͤber der hoͤchſten Mauer ein Band 
von dicken ein wenig gebogenen Steinen gehen laͤßt, um 
die Heftigkeit des Waſſers zu brechen, und es abzuleiten ). 

Nach der am allgemeinſten angenommenen Meinung 
wird der Archipel der kanariſchen Inſeln als die Ueber— 
bleibſel eines ungeheuren Zerreiſſens angeſehen, wodurch 

er vom feſten Lande von Afrika getrennt worden iſt, mie 
die Extremitaͤt eines Landes, das durch die Wogen umge⸗ 
ſtuͤrzt, und von den Tiefen des Oceans verſchlungen iſt. 
Phyſiker haben dieſe Meinung widerlegen, und jeden Ge— 
danken einer ahnliche en Kataſtrophe in dieſem Theile der 
Welt verwerfen zu muͤſſen geglaubt. Die Naturforſcher 
der letzten Expedition des Kapitaͤn Baudin haben mit vie⸗ 
lem Scharffinn die Frage der ehemaligen Vereinigung der 
kanariſchen Inſeln und des feſten Landes, oder die Exiſtenz 
der Atlantide der Alten in Betracht gezogen; und das 
Reſultat dieſer Unterſuchung geht dahin, daß eine voͤllige 
und allgemeine Verſchiedenheit zwiſchen der Bildung der 
atlantiſchen Inſeln und der des ben achbarten Continents 
jede Idee von gemeinſchaftlichem Urſprung oder ſelbſt von 
ehemaliger Vereinigung ausſchließen muß: daß die Hypo⸗ 
theſe, nach welcher man die atlantifchen Inſeln als die 
Reſte eines ehemaligen feſten Landes betrachten will, nicht 
zu behaupten iſt; denn, fuͤgen dieſe gelehrten Reiſenden 
hinzu, da alle dieſe Inſeln vulkaniſch find, fo müßte man 
annehmen, daß die Atlantis der Alten ein vollig vulkani— 
ſches feſtes Land war, oder daß allein die vulkaniſchen 


er Voyage au Senegal, S. 10. 


154 


Theile dieſes Continents von der Kataſtrophe, wodurch 
es verſchlungen wurde, verſchont worden ſind. Der einen 
und der andern Annahme geht jede Wahrſcheinlichkeit ab ). 

So gegruͤndet indeß auch dies Raiſonnement ſcheinen 
mag, ſo reicht es, wie mich duͤnkt, doch nicht hin, um die 
Zweifel gaͤnzlich aus zuloͤſchen, welche das Zeugniß des Alter— 
thums im Geiſt zuruͤcklaſſen, ſo wie die Analogie, welche 
zwiſchen dem Archipel der kanariſchen und andern Inſel— 
gruppen exiſtirt, wovon es feſt bekannt iſt, daß ſie ehe— 
mals Theile des feſten Landes gebildet haben; endlich die 
augenſcheinliche Gleichfoͤrmigkeit zwiſchen den Ureinwoh— 
nern der kanariſchen Inſeln und den Voͤlkern von Afrika. 

Unter der Menge dieſer Uebereinſtimmungen muß man 
als eine der ſonderbarſten, den Gebrauch, die Todten ein— 
zubalſamiren, eine Art religioͤſen ruͤhrenden Cultus, be— 
merken, der eben ſo ſehr dem zur Ehre gereicht, der ihn 
erweiſet, als dem, der der Gegenſtand deſſelben iſt. Die 
Kunſt, die Mumien zu praͤpariren, die von den alten Egip— 
tern vervollkommnet wurde, ward von den Guanches, 
dieſem fanften weiſen Volke, ausgeuͤbt, das die kanari— 
ſchen Inſeln bewohnte, und deſſen durch mehrere ſpaniſche 
Schriftſteller auf uns gekommenen Geſchichte mit ſehr vie— 
lem Intereſſe von Hrn. Born de St. Vincent *) gefammelt 
iſt. Auf den kanariſchen Inſeln, ſo wie in den unterirdi— 
ſchen Gewoͤlben Egyptens trifft man mehrere Sammlungs— 
plaͤtze von menſchlichen Mumien. Ein neuerer Reiſender 
hat uns eine Beſchreibung von einer dieſer Mumien gelie— 


*) Voyage de decouvertes aux terres australes etc. von 
Peron. ©. 24. 


**) Essais sur les isles fortunees, 


* 


155 
fert, die der Generalgouverneur Marquis v. Brancheforte 
ihm zur Unterſuchung gegeben hatte. Dieſe Mumie war 
die eines Mannes, und die von Hrn. Golbery daruͤber 
mitgetheilte Nachricht kann großes Licht auf die unter den 
verſchiedenen Voͤlkern des Alterthums uͤblichen Einbalſa— 
mirungsmethoden werfen. 

Von dem aͤußerſten Punkt des Gehirns bis unter die 
Ferſe, ſagt Hr. Golbery, hielt dieſe Mumie ſechs Fuß 
zehn Zoll. Die Geſichtszuͤge waren noch ſichtbar; die 
Haare ſchwarz, ſehr lang und gut erhalten, fie trennten 
ſich indeß leicht vom Haupt. Die Kinnbacken hatten zwei 
und dreißig Zaͤhne, die ſo feſt ſaßen, daß man ſie nur mit— 
telſt eines Inſtruments ausziehen konnte. 

Die uͤber dem ganzen Koͤrper ſehr gut erhaltene Haut 
war trocken, aber fein, von dunkelbrauner Farbe; Ruͤcken 
und Bruſt waren mit Haaren bedeckt; Bauch und Bruſt 
mit Saamenhuͤlſen angefuͤllt; dieſe Huͤlſen waren leicht 
und weiß, und ungefaͤhr von der Groͤße der Reiskoͤrner. 

Dieſe Mumie fand ich wie ein Wickelkind umwunden, 
und in drei Einfaſſungen von drei Zoll und einigen Linien 
breiten Baͤndchen gehuͤllet, die aus gewebter Bock- und 
Ziegenhaut verfertigt waren. 

Nach der im Lande beglaubigten Sage befolgten die 
Prieſter der Guanches bei ihren Einbalſamirungen fol— 
gende Methode: 

Alle Feuchtigkeit des Kopfes und die Eingeweide wur— 
den herausgezogen. Hierauf wuſch man den ganzen Koͤr— 
per in einer Lauge von Fichtenrinde; man beſtrich ihn mit 
ſehr heißer Butter oder mit Fett, die man in ſtarken und 
wohlriechenden Kraͤutern hatte kochen laſſen, z. B. in 
Salbey und Lavendel, oder andern aromatiſchen einhei— 


150 
miſchen Pflanzen, hierauf ließ man den Koͤrper an der 
Sonne trocknen; war er recht trocken, fo wurden die naͤm— 
lichen Operationen wiederholt, und man ließ ihn dann von 
neuem trocknen, bis der Leichnam von dem aromatifchen 
Fett recht durchdrungen war, und nur erſt dann, wenn der 
Koͤrper recht leicht ward, wurde die Operation vollkommen. 


Hierauf huͤllete man ihn in drei Einwickelungen von 
Band, und die Mumie ward mit allen Begraͤbnißceremo— 
nien in die Hoͤhle, wo ſie bleiben ſollte, gebracht, und wo 
man fie aufrecht in ihre Niſche ſtellte D. 


Der naͤmliche Reiſende gibt uns noch andere Vermu— 
thungen uͤber die ehemalige Vereinigung der kanariſchen 
Inſeln mit dem feſten Lande, oder wenn man will, von 
der Exiſtenz von Plato's Atlantide in alten Zeiten; er 
ziehet dieſe Vermuthungen aus der Natur ſelbſt der Theile 
dieſes ehemaligen Continents, welche heut zu Tage noch 
da ſind. Ich will Hrn. Golberry's Bemerkungen beibrin— 
gen; fie laufen zwar denen der letztern Naturforſcher, die. 
mit dem Kapitaͤn Baudin gereiſet ſind, entgegen, indeß 
haben ſie ein bedeutendes Gewicht, da er Ingenieur war, 
und folglich Uebung in Hinſicht ſolcher Arten Bemerkun— 
gen erlangt hatte. Ich geſtehe, daß, ſo viel es moͤglich 
iſt, ein ſicheres Urtheil in Hinſicht ſolcher Thatſachen zu 
faͤllen, die in die Dunkelheit der Zeiten gehuͤllt ſind, ich 
eher geneigt der Meinung waͤre, welche die heftige Tren— 
nung der kanariſchen Inſeln und Afrika's annimmt, als 
die der Phyſiker, welche ſie verwerfen. Auf folgende Weiſe 


) Fragmens d'un voyage en Afrique par M. Golberry. 
Chap. 2. S. 94 u, f, w. f 


157 


erklaͤrt ſich Hr. Golberry uͤber dieſen Punkt der alten Geo— 
graphie, der noch lange einen Zankapfel abgeben wird. 


„Das Eindringen des Oceans in das Baſſin des mitt— 
laͤndiſchen Meeres; die Wuͤſten von weißem beweglichen 
Sande, die zwiſchen Egipten und dem atlantiſchen Ocean und 
zwiſchen dem ıdten und 35 Graden noͤrdlicher Breite eine 
Oberflaͤche von beinahe dreimal hundert tauſend Quadratmei— 
len bedecken; der vulkaniſche Zuſtand von allen den Inſeln, 
welche zu der Atlantide haben gehoͤren koͤnnen; die uͤber— 
einſtimmenden Zeichen der vielfachen Zerreißungen auf allen 
Kuͤſten des weſtlichen Afrika noͤrdlich der Linie; andere 
Umſtaͤnde, wovon es hier zu weitlaͤufig waͤre, ſie aufzu— 
zaͤhlen, beweiſen: daß dieſe Weltgegenden durch ſchreck— 
liche Naturrevolutionen zerſtoͤrt ſind, und eine andere Na— 
tur angenommen haben; daß der Zuſtand, worin ſie ſich 
jetzt befinden, nicht ihr urſpruͤnglicher war, und daß die 
Sage der Atlanten von Afrika und der Atlantide, die ſich 
ſo viele Jahrhunderte hindurch erhalten hat, nicht ganz 
verworfen, oder in die Dunkelheit der allegoriſchen und 
fabelhaften Geſchichte verbannt werden muͤſſe.“ 


Dieſe Gegenſtaͤnde, die ein intereſſantes Studium ge— 
waͤhren, bieten ſich bei jedem Schritt, den man in Afrika 
thut, dar. 


Die Geologie dieſes Landes, die alten Beſchreibungen 
der Umſchiffungen von Afrika, die Anlagen der Phoͤnicier 
auf den weſtlichen Kuͤſten zwiſchen dem Cap Palmes und 
der Meerenge von Gibraltar geben eben ſo viele Veranlaſ— 
ſungen zu merkwuͤrdigen Unterſuchungen ab ). 


*) Fragmens d'un Voyage en Afrique, Chap. 2. S. 97 und 98. 


158 

Auf der Erde gibts nichts Gutes, das nicht auch mit 
einigen Uebeln verbunden waͤre. Ohne von den Nachtheilen 
zu reden, die aus der Natur des Bodens und des Kli— 
mas entſtehen, ſind die jetzigen Bewohner der von den Al— 
ten die gluͤcklichen genannten Inſeln, (die von ihnen auch 
als der Aufenthalt der ſehr Gluͤcklichen angeſehen wurden), 
einer ziemlich großen Menge Krankheiten unterworfen, die 
den Aufenthalt in ihrem Lande gefaͤhrlich machen, zumal 
fuͤr diejenigen, die nicht in Anſehung der Vergnuͤgen, wozu 
das heiße Klima und ſo manche Reize mehr als anderswo 
einladen, zuruͤckhaltend und aͤußerſt vorſichtig ſind. Die 
Krankheiten, welche die Schande und die Verzweiflung der 
Wohlluſt ausmachen, welche die Keime der Exiſtenz ſelbſt 
untergraben, ſind dort allgemein verbreitet. Die Kraͤtze iſt 
Dort zu Haufe, Faul- und auszehrende Fieber, der Scor— 
but, Coliquen und Durchlauf ſind haͤufig, und durch eine 
andere Verbindung mit Egipten verſetzt die ſcheußliche Ele— 
phantiaſts oft genug das Volk der kanariſchen Inſeln 
in Jammer. 


159 
Ueberſicht der kanariſchen Inſeln. 


In einem durch große Fruchtbarkeit beguͤnſtigten Lande 
iſt der Wachsthum der Bevoͤlkerung dem gewoͤhnlichen 
Gange der Natur angemeſſen; wenn ſich aber die Men— 
ſchen auf einem zum Theil durch Unfruchtbarkeit getroffe— 
nen Boden vermehren, auf dem oft mehr verzehrt als ge— 
wonnen wird, ſo kann dieß politiſche Phaͤnomen nur der 
Weisheit der Regierung zugeſchrieben werden, die mit 
allen Kraͤften den Ackerbau, die Induſtrie und den Han— 
del emporhebt. 


Im Jahre 1678 belief ſich die Bevoͤlkerung der kana— 
riſchen Inſeln nur auf 105,637 Menſchen; im Jahre 1790 
betrug fie 174,026. Auf die Weiſe hat fie ſich in einem 
Zeitraum von hundert zwölf Jahren um 68,389 Köpfe ver- 
mehrt. Wenige Staaten des Erdbodens koͤnnten ſich wohl 
eines ſolchen verhaͤltnißmaͤßigen Zuwachſes ruͤhmen. Auf 
den kanariſchen Inſeln iſt dieſe groͤßere Bevoͤlkerung der 
beſtandigen Sorgfalt einer väterlichen Regierung zu ver— 
danken. Die innere Verwaltung dieſes Archipels verbeſſert 
ſich ſichtbar. Die uͤber ihre wahren Vortheile aufgeklaͤrte 
Adminiſtration hat bereits eine große Menge Mißbraͤuche 
abgeſtellt. Indeß ſind dennoch mehrere Zweige der Staats— 
oͤkonomie bis jetzt vernachlaͤßigt, z. B. die wirthſchaftliche 
Behandlung des Holzes in den Waldungen; das Aufbe— 
wahren des Regenwaſſers, um zum Bewaͤſſern zu dienen; 
die Unterhaltung der Wege; die Anpflanzung von Frucht— 
baͤumen; kuͤnſtliche Wieſen an den Orten, die dazu faͤhig 
ſind, anzulegen; weniger Luxus in den Kirchen, dagegen 
mehrere Werkſtaͤtte zu Gunſten von armen Geſunden; 
mehr oͤffentlicher Unterricht u. ſ. w.; dann und nur dann 


160 


erſt werden die kanariſchen Inſeln den Grad von Wohl⸗ 
habenheit erreichen, den ihnen ihr Klima, ihr Boden und 
das Genie ihrer Bewohner verbuͤrgen ). 


55 Ehe wir von den fanarifhen Inſeln Abſchied nehmen, 
ſcheint es deßwegen fie deutſche Leſer nicht unzweckmaͤßig, 
der hier ihnen gegebenen ſchaͤtzbaren Beſchreibung das 
Weſentlichſte hinzuzufuͤgen, was ſachkundige Männer über - 
ihre Entſtehung und heutige Bildung vorgetragen haben, 
befonders weil die in die Geogonie einſchlagenden Ideen 
des Bory de St. Vincent ſich bei der Ueberſetzung ſeines 
Werks *) uͤber dieſe Inſeln nicht finden. 

Ohne hier auf die vielen zum Theil ſehr ſeltſamen Hy: 
potheſen über die Atlantis der Alten und vorzüglich des 
Plato Ruͤckſicht nehmen zu wollen, kann man nicht in Ab— 
rede ſeyn, daß die Idee die Inſeln des weſtlichen Oceans 

von Afrika, nämlich die Azoren, Madera nebſt feinen Ei- 
landen, ferner die kanariſchen und die Inſeln des grüs 
nen Vorgebirgs, zuſammengenommen / am ſchicklichſten 
für die Ruinen jener bei den Alten ſo hoch geprieſenen 
Atlantis zu halten ſeyn duͤrften. Nachdem uns Hr. St. 
Vincent zuvor zu überreden geſucht hat, daß unter Her— 
kules, wie Court de Gebelin annimmt, die Sonne ver— 
ſtanden werde, daß die hesperiſchen Garten hier im atlan— 
tiſchen Meere lagen, daß Teneriffa, eine der Heſperi⸗ 
den, und der Pie von Teneriffa der wahre Atlas der 
Alten ſey, daß die heſperiſchen goldenen Aepfel die dor⸗ 
tigen Orangen ſeyen, und der ſie bewachende Drache nur 
der dort wachſende Drachenblutsbaum, dracaena, ſo be— 
mühet er mit wirklich nicht zu verachtenden Gruͤnden dar— 


*) Fssais sur les isles fortundes et l'antique Atlantide etc, 
par Bory de St. Vincent. Paris an XI. Chap. VI, und be⸗ 
ſonders VII. S. 427 u. f. 


161 


zuthun, Cap. VII. daß die zuvor genannten Inſeln des 
noͤrdlichen atlantiſchen Meeres als Bruchſtuͤcke jener 
volkreichen, verſchlungenen Atlantis uns uͤbrig geblie— 
ben ſind. 


Mag nun gleich manches in den eben angeführten Hp— 
potheſen für grundlos gehalten werden, ſo ſpricht doch 
vieles zu Gunſten der Haupthypotheſe, welche uns hier 
angehet. Die Schoͤnheit des Klimas, die Produkte der 
Azoren, kanariſchen und Cap Verdiſchen Inſeln kommen 
dieſer Idee zu Huͤlfe. Noch mehr aber ihre Lage in We— 
ſten von Afrika und die Lage einzelner Inſeln gegen einan— 
der; ferner ihre heutige Bildung, ihre Vulkane, und 
übrigen hoͤhern Gebirge, ihr primitives Geſtein, der 
Boden. 


Man ſiehet bier, wie beim Veſuv, und beſonders beim 
Aetna, daß offenbar nicht die Vulkane das Ganze gebil— 
det, ſondern nut zertruͤmmert haben. Und ſo hoch die 
Wahrſcheinlichkeit iſt, daß Sieilien vormals mit Italien 
zuſammenhing, ſo ſcheint fie hier nicht minder für das— 
Dafein eines vormaligen großen Landes zu ſprechen, wo— 
von die angegebenen Inſeln als Bruchſtuͤcke der Macht 
des Feuers und des Waſſers Widerſtand leiſteten. 


In wie fern nun die einzelnen Angaben, welche der 
Prieſter Patneis von Sais dem Plato (Plato im Ti— 
maͤus p. 21 u. 22. edit. Serrani.) uͤber die alte verſun— 
kene Atlantis mittheilte, genau mit den hier aufgezaͤhlten 
Inſeln zutreffen, und wie Hr. Vincent dieß alles mit 
vielem Geiſte auszugleichen ſucht, dieß verdient in ſeinem 
ſchaͤtzbaren Werke ſelbſt nachgeleſen zu werden. Dort fin— 
det ſich eine eigene über die Atlantis der Alten nach dieſer 
Hppotheſe entworfene Karte, welche zugleich unfere heu— 
tigen Inſeln, als einzelne Ruinen des ganzen großen Lan— 
des in ſich faßt. Freilich wird man fie ſtets mit der Bil— 
ligkeit beurtheilen, die man einer bloßen aber vernunft⸗ 

Le Dru Reiſe. 1. Bd. 2 


262 5 
vollen Vermuthung zugefteben muß. Merkwuͤrdig genug 
kommt ihr ubrigens die Angabe der Epoche von der gro— 
ßen Erduͤberſchwemmung zu Huͤlfe, welche uns de Lue, 

Dolomieu und Pallas gegeben haben, wie dieß das ſchaͤtz— 
bare Werk des Herrn de la Malle auseinander ſetzt. 
M. ſ. Dureau de la Malle Geographie physique de la 
Mer noire et d l’Interieur.de “Afrique. Paris 1807. Chap. 
nn. 5 5 

| v. 3. 


163 


Vierzehntes Kapitel. 


Ab fahrt von Teneriffa — Taufe unter den Wendezirkeln — 
Angenehme Schifffahrt — Gefecht zwiſchen einem Wallfiſch 
und einem Schwertfiſch — Landung bei der Inſel Trinidad. 


Das Fahrzeug, welches uns von Frankreich nach Tene— 
riffa gebracht hatte, war zum Theil vorn und hinten gebor— 
ſten. Der franzöfifche Kommiſſaͤr und Konſul auf den 
kanariſchen Inſeln, Clerget, erklaͤrte es außer Stand, 
uns nach Trinidad zu fuͤhren, und erſtand daher, an 
deſſen Stelle von einem portugieſiſchen in St. Crux woh— 
nenden Rheeder die amerikaniſche Brick die Fanny von 
zweihundert Tonnen um 12,000 Piaſter ). Dieſer Zufall 
zwang Baudin auf den kanariſchen Inſeln ſieben und fuͤnf— 
zig Leute feiner Mannſchaft, unter den Befehlen der Offi— 
ziere Angoumard und Beauſſard mit dem Auftrag zu laſ— 
fen, fie nach Frankreich zuruͤckzufuͤhren. Er ſchiffte auf 
drei Monate Lebensmittel ein, und wir fegelten den 18ten 
Maͤrz von Teneriffa ab, nachdem wir uns hundert neun 


*) Der franzöfifhe Kaufmann Hr. Caſalon, deſſen bereits 
erwähnt iſt, ſchoß dieſe Summe auf eine edle Art vor. 
L 2 


114 | 
und zwanzig Tage auf dieſer angenehmen Kolonie aufge 
halten hatten. 

Den Loten war ich Zeuge von einer laͤcherlichen, auf 
allen Fahrzeugen gebräuchlichen Ceremonie, die den 23ten 
Grad der Breite erreichen; naͤmlich von der Taufe unter 
den Wendekreiſen. Den Abend vorher hatte ein aus dem 
Maſtkorbe am Fockmaſt herabgeſtiegener Courir dem Kapi— 
tan den von dem über dem großen Ocean praͤſidirenden 
Gotte gefaßten Entſchluß angekuͤndigt, diejenigen unter der 
Mannſchaft, welche ſeiner Herrſchaft dieſen Tribut noch 
nicht gezollet haͤtten, in dem Waſſer einer neuen Taufe zu 
regeneriren. Um zwei Uhr erſchien Neptun, einen Drei— 
zack in der Hand, als Groͤnlaͤnder gekleidet auf dem Vor— 
dertheil des Schiffes; man haͤtte geſagt, er ſtiege aus der 
Tiefe des Meeres empor. Ein zahlreicher laͤcherlicher Hof 
umgab ihn. Dieſe Maskerade, wuͤrdig den Scenen des 
Sancho an die Seite geſetzt zu werden, ließ ſich auf dem 
Kaſtell des Hintertheiles des Schiffes um einen mit Waf⸗ 
ſer angefuͤllten Kuͤbel nieder. Hierauf wurden auf Geheiß 
des Gottes der Stuͤrme die Namen derer aufgerufen, die 
in dem Fiſchteich gewaſchen werden ſollten. Jeder derſel— 
ben ward mit einer geringen Quantitaͤt Waſſer beſpritzt, 
und bezahlte dieſe Abwaſchung mit einigen Realen. Mei: 
nen Kollegen und mir wurde daſſelbe Schickſal zu Theil. 
Die Schiffsjungen nebſt den jungen Matroſen kamen nun 
an die Reihe; fuͤr dieſe ward dieſe Taufe aber ein wirk— 
liches Bad; es entſtand indeß hiedurch unter dieſen und 
den Prieſtern des Neptuns ein Kampf; in einem Augen— 
blick war das Verdeck uͤberſchwemmt, es regnete Ströme 
von Waſſer, wovon ein Theil auf uns kam, dis endlich 
der Kapitaͤn den Abzug anbefahl, und Ordnung herſtellte. 


165 


Was fuͤr ein herrliches Klima unter den Wendekreiſen! 
Weßhalb hat die Natur nicht mitten in die Meere der 
aäquinoctial-Zone die Eislaͤnder des Polarzirkels gelegt, 
wo der Menſch ſtets im Kampf mit Baͤren und den Ele— 
menten bei muͤhſeliger Arbeit kaum ſo viel Nahrung zu— 
ſammenbringt, um ſein ungluͤckliches Leben zu friſten? 
Während dieſer Fahrt habe ich öfters das Schiff mit vie— 
len Meerſchweinen ) umgeben geſehen, die mit der groͤßten 
Geſchwindigkeit ſchwammen, hoch aus dem Waſſer ſpran— 
gen, und ſich ſogleich wieder hinabſtuͤrzten. In einer Linie, 
zwei nebeneinander, ſchienen ſie miteinander in Anſehung der 
Geſchwindigkeit zu wetteifern, und zugleich mit der des 
Schiffes, welches bald vorauskam, bald hinter ihnen blieb. 
Oefters habe ich des Morgens einige Stunden nach Son— 
nenaufgang mehrere fliegende ) Fiſche aus dem Innern 
der Wellen kommen und die Luft waͤhrend einer Minute 
durchſchneiden ſehen, bis die Sonne ihre wie Fluͤgel ge— 
ſtalteten Bruſtfloſſen getrocknet hatte. Furchtſam und flie— 
hend ſchießen fie in die Luft, um den moͤrderiſchen Zähnen 
der Goldkarpfen *) und andern Tyrannen der Meere zu 


*) Delphinus phocaena. L. 


*) Die fliegenden Fiſche gehoͤren zu den Geſchlechtern, 
trigla, exocaetus und gasterosteus, ſo z. B. der fliegende 
Wachtel (exocaetus volitans), der Hochflieger (exocaetus 
evolans), die Meerleuchte (trigta lucerna, die Meerſchwalbe 
(trigla hirundo), der fliegende Fiſch (trigla volitans). 


) Coriphaena hippurus. L. Nichts kommt dem blenden⸗ 
den Glanz der Farben der Goldkarpfen unterm Waſſer 
gleich. Seine Augen ſcheinen in einem goldenen Rand 
gefaßt, fein Rüden und feine Seiten haben eine eklatam 


166 


gehen, die gierig nach ihrem Fleiſche fie öfters in dem Au- 
genblick ſelbſt, wo ſie untertauchen, freſſen. Mehrere ſie— 
len auf das Schiff; dieß war für uns Manna in der Wuͤſte. 
Unter den Voͤgeln, die wir gewahr wurden, will ich die 
Seeſchwalben, die Fregatte, den Geck, den Tropikvogel 
nennen. Bekanntlich entfernen ſich letzte nie aus der Zone der 
Tropen, und ſcheinen nach Buffons Aeußerung an den 
Sonnenwagen befeſtigt zu ſeyn. 
Wenn ein Europaͤer, der nach Amerika hinuͤberfaͤhrt, 

die Schiffsjungen von fuͤnfzehn und alte Matroſen von 
ſechzig Jahren mit gleicher Leichtigkeit bis in die Gipfel 
der Maſten hinauflaufen ſieht, dann waͤre es doch ſchan— 
devoll, es wenigſtens nicht zu Zeiten zu verſuchen, ihr 
Beiſpiel nachzuahmen. Die Naturforſcher und die Paſ— 
ſagiere haben dieſe angenehme Uebung zu Zeiten vorgenom— 
men. Bald verfolgten ſie ſich auf den Maſtkoͤrben, oder 
aufs Tauwerk u. ſ. w., bald ward auch ein Glas Mal— 
voiſter als Belohnung fuͤr denjenigen ausgeſetzt, der die 
Stangen, welche den Flaggenſtock halten, erreichen wuͤrde. 
Dieß Unternehmen iſt aber ſchwierig, denn es verhaͤlt ſich 
mit einem Schiffsmaſt nicht ſo wie mit einem Baum, auf 
den man leicht ſeiner Unbeweglichkeit und ſeiner Zweige 
wegen, welche die Form von Stufen haben, zu klettern 
im Stande iſt. Auf der See hingegen haͤlt das Schwan— 
ken des Schiffes die Maſten in einer beſtaͤndigen Bewe— 
gung, und die hoch in der Luft befindlichen Spitzen der— 


blaue, und ſein Bauch eine matte weiße Farbe, die dem 
Widerſchein des Silbers nachahmt. Alle dieſe Nuanzen 
wechſeln ab, und ſchmelzen in einander bei jeder Bewegung 
des Fiſches, der einer der gewandteſten des Oceans if. 


167 


felben beſchreiben Bögen von einer Groͤße, die in direktem 
Verhaͤltniß ihrer Entfernung vom Centro zunimmt. Folg⸗ 
lich muß der Kuͤhne, der den Gipfel dieſer hin und her 
ſchwankenden Kolonnen zu erreichen trachtet, einen ruhigen 
Kopf, eine ſichere Hand, und den Fuß eines Seemanns 
haben; zwiſchen Himmel und dem Meere ſchwebend, wa- 
gen es ſeine Augen kaum, ſich auf das Fahrzeug zu rich— 
ten, das ihn hin und her ſchwingt, und ihn in feinem: 
ſchnellen Gang fortreißt. \ 

Seit einigen Tagen kuͤndigten mehreren Seeleuten be— 
kannte Anzeigen die Nachbarſchaft von Land an; die Farbe 
des Waſſers war gruͤnlicher und dunkler; zahlreiche Zuͤge 
von Voͤgeln erſchienen haͤufig um die Fanny, und den 
Abend war der Himmel in duͤſtere Wolken gehuͤllt. End— 
lich erblickten wir den zehnten April des Morgens die ſuͤd— 
liche Kuͤſte der fpanifchen Beſitzung Trinidad, gegen die 
Spitze von Corral hin, weſtlich-ſuͤd⸗-weſtlich. Als wir uns 
um 10 Uhr einem Haufen Seefelſen gegenuͤber befanden, 
welche die blanchisseuses heißen, fand der Lootſe vier— 
zehn Klafter tief auf einem muſchelichen Sande Grund, und 
um eilf Uhr kamen wir in den Kanal, der die Inſel vom 
feſten Lande trennt. Hier gaben uns ein Wallfiſch *) oder 
Sinnfifch der Naturforſcher und ein Saͤgeſiſch ) in der 
Naͤhe des Fahrzeuges das Schauſpiel eines ſchrecklichen 
Kampfes. Dieſe beiden außerordentlich großen Thiere ***) 
ſchoſſen mit großer Wuth auf einander los; die ſchleuni— 


*) Balena physalus. I. 
*) Squalus pristis. L. 


) Der Finnfifch erreicht zu Zeiten eine Länge von drei— 
ßig Metres, und der Schwertfiſch die von ſechs bis fieben. 


168 


gen Bewegungen des Wallſiſches, und die außerordent⸗ 
liche Starke ſeines Schwanzes, womit er feinen Feind zu 
treffen ſucht, brachten das Waſſer zum Schäumen. Der 
Saͤgefiſch dagegen, ſchneller und gewandter hob ſich in die 
Luft, um lothrecht auf den Gegner zu fallen, und ihn mit 
den ſchneidenden Zaͤhnen ſeiner elfenbeinenen Schnauze, 
zu zerreiſſen. Wir ſahen das Waſſer fünf bis ſechs Mes 
tres hoch in die Hoͤhe ſprudeln. Als wir an die Spitze 
der Kuͤſte von Icaque gelangten, die wegen einer Menge 
dort befindlicher Stauden *) die eben fo heißen, dieſen 
Namen fuͤhrt, befahl der Kapitän, eine Viertelmeile vom 
Ufer die Anker auszuwerfen; er ließ hierauf einen Kahn 
ausſetzen, ſtieg hinein, lud mich ein, ihn zu begleiten, 
und wir gingen ans Land. 


*) Crisobalanus icaco. E. 


160 
Noten uͤber die Thiere, wovon im vorhergehenden 
Kapitel die Rede iſt, von Hrn. Sonnini. 


Ich habe manche der Leſer dieſes Buches zu verbinden 
geglaubt, wenn ich die von dem ſonſt geſchickten Naturfor— 
ſcher Le Dru angegebenen Thiere der Laͤnder und Meere 
kurz beſchriebe. 


Folgt man der Ordnung der Größe der in dem oben 
beendeten Kapitel angefuͤhrten Thiere von verſchiedenen 
Klaſſen, ſo kommt zuerſt die Gattung von Wallfiſchen, die 
wir mit dem Namen Gibar (Finnfiſch), die Engländer 
mit fin- fish bezeichnen, weil dieß Thier eine gerade drei— 
eckige Finne aufm Ruͤcken hat. Die Floſſen an den Sei— 
ten ſind oval geſtaltet, und die des Schwanzes in zwei 
Theile getheilt. Der Kopf iſt außerordentlich groß, ver— 
glichen mit der Laͤnge des Leibes, denn er nimmt allein 
ein Drittel des Thieres ein, er endet mit einer ſpitzen 
Schnauze und einer erſtaunlichen Kehle, die aber mehr in 
Schrecken ſetzt, als wirklich gefaͤhrlich iſt, indem kein Zahn 
die Kinnladen bewaffnet, woran die obere mit den Barten 
oder hornartigen Streifen verſehen find, die wir unter dem 
Namen der Fiſchbeine kennen. Die kleinen Augen ſind kaum 
auf dem dicken Kopfe des Finnfiſches ſichtbar, und was 
noch ſonderbar iſt, liegen fie bei den Winkeln der Kinnba— 
cken. Auf der Spitze des Kopfes laſſen zwei offene lange 
Roͤhren die Waſſerſtroͤme heraus, welche das Thier mit 
Heftigkeit hiedurch in die Hoͤhe ſpritzt. Der ganze Koͤrper 
glaͤnzt, an der Oberflaͤche iſt er braun, unten ſchoͤn weiß, 
die Barten ſind blau. 

Nicht fo dick als der eigentliche Wallfiſch iſt der auch 
weit gewandtere und zugleich weit ſtaͤrkere Finnſiſch. Man 


* 

. — 
nähert ſich ihm nicht ohne Gefahr, und die Schlaͤge mit 
ſeinem Schwanze ſind den Fiſchern zu Zeiten toͤdtlich. 
Sein oͤligtes und gleich dem Leder zaͤhes Fleiſch, gleich 
dem von allen zum Wallfiſchgeſchlecht gehörigen, iſt in An— 
ſehung des Geſchmacks nicht von dem des Stoͤrs verſchieden. 

Dieſe Gattung iſt faſt in allen Theilen des Oceans von 
Groͤnland und Spitzbergen bis an das indiſche Meer ver— 
breitet. Die Seefahrer treffen ſie haͤufig unter den Wen— 
dezirkeln an; und obgleich dieſer Fiſchfang nicht ſo viel 
abwirft, als der des gewoͤhnlichen Wallfiſches, ſo iſt man 
dennoch dahinteran. Ich habe amerikaniſche Fahrzeuge 
nicht fern von den Bermuden, um Finnfiſche aufzuſuchen, 
kreuzen geſehen, die mehrere Monate auf dem Meere zu— 
brachten, ehe ihre W mit dem Fett dieſer Thiere 
vollſtändig wurden. 

Das Meerſchwein iſt die kleinſte, aber auch die zahl— 
reichſte Gattung unter den Wallfiſchen. Man trifft ſie faſt in 
allen Meeren und unter faſt allen Breiten an. Sie gehen 
in Zuͤgen von zu Zeiten mehrerer Tauſenden; und viel⸗ 
leicht begriff die Mythologie dieſe Haufen nebſt den Rho⸗ 
quen und unter Meerkalbern die Heerden Neptuns, die der 
Aufſicht des Sohns des Oceans und der e an⸗ 
vertrauet waren. 

Der Name Meerſchwein kommt offenbar von einiger 
Aehnlichkeit, die dieſes Thier mit dem Schweine hat. Aus 
den beiden lateiniſchen Worten maris sus hat man mar- 
suinus, und das franzoͤſiſche marsouin gebildet. Dieſe 
Etymologie hat ſich in mehreren Sprachen erhalten. a 

Indeß iſt die Aehnlichkeit des Meerſchweines mit dem 
Schweine nichts weniger als vollkommen, und nur durch 
die Form des Kopfes vorhanden, welcher mit einer grauen 


171 


dicken Haut bedeckt iſt, und deſſen nicht weit von den Win⸗ 
keln der Kinnbacken befindliche Augen ſehr klein ſind, 
eine weiße Iris und einen weißen Stern haben. Eine 
Reihe von weißen, ſpitzen, ſchneidenden Zähnen füllet die 
beiden Kinnladen, und eine gleich einem halben Mond ge— 
ſtaltete Oeffnung bemerkt man auf der Spitze des Kopfes; 
durch dieſe Roͤhren laͤßt das Meerſchwein das Seewaſſer 
ſprudeln, durch dieſelben vernimmt man auch von ihm 
einen Ton, eine Art Grunzen, das dem des Thieres, wo— 
mit es verglichen wird, aͤhnlich iſt. Die übrigen auffals 
lenden Zuͤge der aͤußeren gleichfoͤrmigen Bildung des Meer— 
ſchweins ſind die Dicke und die Kuͤrze des Koͤrpers, die 
Abflachung des Ruͤckens, eine dicke Floſſe, die ſich in einem 
halben Zirkel endigt; Floſſen der Bruſt auf gleiche Weiſe 
dick und gebogen; endlich die des Schweifes horizontal ge— 
legen, und gleich einer Sichel ausgeſchweift; am Bauche 
iſt es weiß, ſonſt aber durchgehends ſchieferfarbig braun. 
Es gibt keinen Seefahrer, der nicht oͤfters auf offener 
See Zügen von Meerſchweinen begegnet wäre, die in dich— 
ter Linie ſchwammen, als wollten ſie einen Kampf beſte— 
hen, die ſpielten, uͤber die Oberflaͤche des Waſſers hin— 
ſchoſſen, den Schiffen folgten, ſie umgaben. Sie ſchwim— 
men mit außerordentlicher Geſchwindigkeit, und faſt ſtets 
gegen den Wind. Die Seeleute halten ihre Erſcheinung 
für ein Zeichen eines Sturms, und meine eigenen Beob— 
achtungen haben mich in dieſer Meinung beſtaͤrkt. Es ereig— 
net ſich zu Zeiten, daß die Meerſchweine, welche ihrer Beute 
nachjagen oder von einem Feinde verfolgt, oder durch den 
Sturm getrieben werden, ſich in das ſuͤße Waſſer der 
Seen und Fluͤſſe, die mit dem Meere in Verbindung ſte⸗ 
hen, verirren. Im November 1804 ließ ſich ein Walls 


92 

fiſch dieſer Gattung mehrere Stunden in Paris in dem 
Baſſin der Seine zwiſchen dem Pont-neuf und dem Pont 
des Arcs ſehen. 

Mehrere Voͤlker des Nordens naͤhren ſich von dem 
Fleiſche des Meerſchweins; fuͤr die Matroſen iſt es ein 
wahrer Leckerbiſſen, und Belon verſichert, zu ſeiner Zeit 
habe man es auf den Pariſer Markt gebracht. Indeß iſt 
es ein ſchlechtes Gericht, welches durch das oͤlichte Fett 
und durch ſeinen ſtarken Geruch widerſteht. 

Von allen Feinden des Meerſchweins iſt die beſondere 
Gattung des Hayfiſches, die der Sägefiſch heißt, die ge— 
faͤhrlichſte und die wuͤthendſte. Durch einen angebornen 
Haß ſchleudert er ſich auf den groͤßten Wallſiſch, und die 
Wellen des Oceans find oͤfters von dem Bkute des letztern 
roth gefaͤrbt. Dieſer ſucht ihn dagegen durch feine Maſſe 
zu erdruͤcken, ihn mit dem Schwanze zu treffen, deſſen 
Schläge heftig und toͤdtlich find; kann er aber den Schwert- 
fiſch nicht erreichen, fo zerreiſſet ihn dieſer, und durchbohrt 
ihn mit der ſchrecklichen ihm von der Natur verliehenen 
Waffe. Dieſe beſteht in einer Verlaͤngerung des Stirn— 
beins, das ſo groß als ein Drittel des Koͤrpers des Thie— 
res, glatt, in der Mitte ein wenig dick, mit einer graͤu— 
lichen Haut bedeckt iſt, kurz in einer doppelten knochigten 
ſehr feſten Säge, an jeder Seite mit langen ſtarken Zaͤh— 
nen verſehen; dieſe Waffe iſt in der That dem Fiſche, 
der ſie hat, zum Angreifen und Zerreiſſen der Beute von 
gar keinem Nutzen; er bedient ſich derſelben nur im Kampf. 

Des Saͤgefiſches Kopf iſt vorne abgeplattet; die Oeff— 
nung des Mundes hat unten die Richtung in die Queere, 
gerade wie die des Wallfiſches; die Kinnbacken ſind mit 
ſehr dicht neben einander ſtehenden Zaͤhnen verſehen, die 


173 
Augen dick, haben den Stern mit einem goldenen Rand, 
den Koͤrper laͤnglicht, die Haut rauh, endlich die beiden 
Stoffen ſehr weit von einander auf dem Rüden, die der 
Bruſt ſehr ausgebreitet, und die des Bauches klein. 

Der Fiſch wird bedeutend dick; er findet ſich in dem 
Nord- und Suͤdmeere, indeß in den zwiſchen Laͤndern ein— 
geſchloſſenen Meeren nicht. Sein Fleiſch iſt nicht beſſer 
als das von Meerſchweinen. | 
Einer der fehönften Fiſche, deſſen Schönheit Hr. Le 
Dru uns ſchildert, iſt auch einer der gewoͤhnlichſten in den 
Meeren, die Europa und Amerika ſcheiden, ſo wie auch 
im mittlaͤndiſchen. Die Griechen nannten ihn ippaxos, 
Pferdeſchwanz. Die Etymologen ſind uͤber den Urſprung 
dieſer Benennung nicht einig. Linns hat ſich des alten 
Namens dieſes Fiſches bedient, um ihn von einigen an— 
dern Gattungen zu unterſcheiden, die man ebenfalls Gold— 
fiſch nennt, und womit er oͤfters verwechſelt wird. Der 
wahre Goldfiſch (coryphaena hippurus), hat einen laͤng— 
lichten mit kleinen Schuppen beſetzten Koͤrper, einen kur— 
zen zuſammengebrungenen Kopf, die Augen dichte beim 
Kopf, dicke Lippen, einen großen Mund, die Kinnbacken 
mit zwei Reihen kleiner vorwärts gebogener Zähne, einen 
gerundeten mit einer ſehr langen Finne verſehenen Ruͤcken, 
gewoͤhnlich ſechszig Strahlen an derſelben, fuͤnf und mans 
zig an der Afterfinne, ſechszehn an denen der Bruſt und 
des Bauches, achtzehn an der des Schwanzes, endlich 
ſieben an der Membrane der Kiefern. 

Das Fleiſch des Goldfiſches iſt angenehm; die alten 
Dichter rechnen es unter die Speiſen bei Hebe's Hochzeit. 
Der Fiſch, welcher durch ſeine große Gefraͤßigket leicht auf 
der hohen See gefangen werden kann, gewaͤhrt den der 


174 
trockenen Speiſen ganz uͤberdruͤßigen Seefahrern einen 
herrlichen Genuß. 

Stets macht er auf die fliegenden Fiſche Jagd, ob ſie 
gleich eigentlich nicht fliegen; ſie heben ſich aus dem Waſ— 
ſer, und erhalten ſich einige Minuten mittelſt duͤnner Mem— 
branen, die fie ausſpannen, und die ihnen keinen Nutzen 
weiter gewaͤhren, ſo bald ſie nicht feucht ſind. 

Das Leben der fliegenden Fiſche iſt voll Gefahren und 

Schrecken. Stets von einem Schwarm Seethiere verfolgt, 
denen fie zur Nahrung dienen, werden fie ohne Mittel zur 
Vertheidigung oder Flucht, ſobald ſie außerhalb des mit 
ihren Feinden angefuͤllten Elements einige Sicherheit zu 
finden hoffen, in der Luft von Raubvoͤgeln ergriffen, welche 
auf der Oberfläche des Waſſers ſchweben, und fie zu ver: 
ſchlingen trachten. Es gibt Weſen, welche die Natur nur 
zum Ungluͤck geſchaffen zu haben ſcheint, und zu gut weiß 
man, daß ſich dieſe nicht lediglich unter den verſchiedenen 
Gattungen der fliegenden Fiſche befinden.“ 
Mehrere erklaͤrte Feinde dieſer Fiſche hat Le Dru be⸗ 
zeichnet. Die zahlreichſten Gattungen gehören zu der gro— 
ßen Familie der Seeſchwalben (sterna), welche keine an⸗ 
dere Aehnlichkeit mit den Landſchwalben als die Laͤnge und 
den Ausſchnitt des Fluͤgels, den gabelfoͤrmigen Schwanz, 
die Schnelligkeit und das lange Fortſetzen des Flugs ha⸗ 
ben. Ihr Schnabel iſt duͤnn, gerade und ſpitzig, ſie haben 
kurze Fuͤße, ihre Zehen ſind halb durch eine Membrane 
miteinander verbunden, und am Untertheil des Beines be— 
finden ſich keine Federn. Ich erwaͤhne der Farben des Ge— 
fieders nicht, denn fie weichen bei den verſchiedenen Gat— 
tungen und ſelbſt bei den Individuen derſelben Gattung 
von einander ab. 


175 


Ein anderer Feind diefer fliegenden Fiſche, der fie von 
der Oberflaͤche des Waſſers wegholt, iſt der Tropiquevo— 
gel, dem Linné den poetiſchen Namen Phaeton ertheilt 
hat. Er hat jenen Namen, weil er ſelten die Graͤnzen 
der heißen Zone uͤberſchreitet. Das auffallendſte Unterſchei— 
dungszeichen an dieſem Vogel, wodurch er ſeine allgemeine 
Benennung erhalten, iſt, ſagt Buffon, eine doppelte lange 
Feder, die nur als ein am Schweif eingepflanztes Stroh⸗ 
halm ausſieht. Dieſe doppelte lange Feder beſteht aus 
zweien duͤnnen Stangen, wovon jede aus einer voͤllig feder— 
loſen Ribbe gebildet, und mit ſehr kurzen Faſern beſetzt iſt; 
es ſind dieß nur Verlaͤngerungen von zwei Federn der 
Mitte des Schwanzes, der uͤbrigens ſehr kurz und faſt gar 
nicht da iſt; dieſe Federn ſind zwei bis vier und zwanzig 
Zoll lang; oͤfters iſt die eine der beiden laͤnger als die 
andere, zu Zeiten iſt nur eine einzige da, denn dieſe Voͤgel 
verlieren fie um dieſe Zeit. Zu dieſem Characteriſtiſchen 
der Bildung des Tropiquevogels muß man noch den ſpitzi⸗ 

gen, wenig gebogenen Schnabel hinzufuͤgen, ſo wie die 
f kurzen nach hinterwaͤrts laufenden Beine, die durch eine. 
Membrane verbundenen Zehen, wodurch er die Kraft hat, 
ſeinen ſtarken ſchnellen Flug zu Zeiten zu unterbrechen, um ſich 
auf den Wellen auszuruhen. Die Groͤße iſt nach den Gattun— 
gen verſchieden, der Grund der Farbe iſt ein ſchoͤnes Weiß, 
mehr oder minder mit ſchwarzen, rothen und falben Flecken. 

Den Namen Gecken haben die Schifffahrer der euro— 
paͤiſchen Nationen einem Vogel ertheilt, der mehr einfaͤl— 
tig und dumm, als thoͤricht iſt. In der That iſt er ſehr 
wohl bewaffnet; er hat einen langen ſich in einen Hacken 
endigenden, ſtarken, gezaͤhnten Schnabel, ſtarke Klauen, 

und die mittlere hat an dem innern Rande Saͤgezaͤhne; 


176 


er kommt unferer Hausgans an Groͤße gleich; feine durchs 
aus mit ſehr großen Schwimmhaͤuten verſehenen Fuͤße ge— 
ſtatten ihm auf dem Waſſer auszuruhen; er kann felbit 
tauchen, und die langen Fluͤgel geben ihm die Kraft, die 
Luft mit eben ſo vieler Geſchwindigkeit als Beſtändigkeit 
zu durchſchneiden. Aller dieſer Vortheile ungeachtet nimmt 
der Geck die Flucht beim Anblick des Menſchen nicht; er 
ſetzt ſich auf die Segelſtangen, und laͤßt ſich mit der Hand 
fangen; man erſchlaͤgt ihn mit dem Stock auf den Felſen, 
worauf er niſtet, und kleinere und ſchwaͤchere, aber kuͤhnere 
Voͤgel als er zwingen ihn, ſeine Beute fahren zu laſſen. 
Gefangene Gecken wollten ſich nicht buͤcken, um das Dars 
gebotene zu freſſen, ſo daß man ihnen das Futter gerade 
nach der Hoͤhe des Koͤrpers reichen mußte, damit ſie es 
nur nahmen. | 


Man kennt mehrere Arten Toͤlpel; die, wovon Le 
Dru redet, iſt die gewoͤhnliche; (pelecanus sulla); fie 
hat ein dunkelaſchgraues Gefieder, den Bauch ausgenom⸗ 
men, der weiß iſt. 


Der krumme Schnabel der Fregatte (pelecanus aqui- 
las), ihre dicken, kurzen, befiederten Beine, ihre fpiki- 
gen Krallen, ihr ſcharfes Geſicht, ihr ſchneller Flug, ihre 
Wuth, ihre Art Gewalt, oder vielmehr Tyrannei, welche 
fie auf den Gewaͤſſern des Oceans ausuͤbt, nähern fie dem 
Adler, und machen ſie auf gleiche Weiſe furchtbar. Iſt 
der Adler der Geſandte Jupiters, ſo kann man ſagen, die 
Fregatte iſt der Bote Neptuns. Ihre laͤnglichte Taille, 
ihr gabelfoͤrmiger Schweif, die außerordentlich großen Fluͤ⸗ 
gel, endlich eine bedeutende Muskelkraft geben ihrem Flug 
eine außerordentliche Schnelligkeit, und geſtatten, daß ſie 


177 
ſich in die hohen Luftſchichten zu heben, und lange darin 
zu erhalten vermag. 

Die Fregatte war der Gegenſtand unſerer Bewunde— 
rung, ſagt La Billardisre. Wir nahmen deren wahr, die 
in einer erſtaunlichen Höhe ſchwebten, ihre Beute aufſuch— 
ten, und warteten, bis ſie auf der Oberflaͤche des Meeres 
ſichtbar wurde. Dieſe Vögel erhielten ſich wahrſcheinlich 
in dieſer großen Hoͤhe, um mit einem Blick einen unge— 
heuren Raum zu umfaſſen; außerordentlich iſt es aber, 
daß fie fo fern die kleinen Vögel, wovon fie am gewoͤhn— 
lichſten leben, wahrnehmen koͤnnen. Ein fo ſcharfes ge— 
naues Geſicht rührt vielleicht mehr von der Dispoſttion der 
Feuchtigkeiten des Auges als von der großen Empfidlich— 
keit der Retina her. . 

Die Fregatte iſt bekanntlich ſehr gierig nach fliegenden 
Fiſchen. Sobald ſie ſte wahrnimmt, kommt ſe aus der 
hohen Atmosphäre ungefähr auf ein Hektometer über der 
Oberflaͤche des Waſſers hinunter; bier hält fie fill, um . 
bereit zu ſeyn, fie zu faſſen, ſobald fie ſich außerhalb des 
Waſſers zeigen. Alle ihre Bewegungen ſind mit bewun— 
derungswuͤrdiger Geſchicklichkeit geleitet. Sie ſtuͤrzt ſich 
nicht mit dem Kopf zum voraus, wie die Voͤgel, die ihr 
Futter unterm Waſſer ſuchen. Pfoten und Hals in glei— 

cher Richtung horizontal geſtellt, ſchlaͤgt fie die obere Luft— 
\ ſäule mit ihren Fluͤgeln, nun hebt fie fie in die Höhe, und 
legt fie aufeinander über ihrem Rücken, damit fie der Luft 
keinen Widerſtand leiſten, ſchießt jetzt auf ihre Beute los, 
und bemaͤchtigt ſich ihrer nicht fern vom Waſſer. Da der 
fliegende Fiſch ſich nicht ſehr viel über das Meer erhebt, 
ſo waͤre die Fregatte in Gefahr, hineinzuſtuͤrzen, wenn fie 
ſich in ihrem Falle nicht aufzuhalten vermochte, indem 

Le Dru Reife. 1. Bd. g M 


178 
fie die Flügel herunterlaͤßt, um ſich ſofort wieder zu heben, 
und eine andere Beute zu verfolgen. 
Die Fregatte jaͤgt auch nach großen Fiſchen. Eines 
Tages ſahen wir einen Goldfiſch, welcher hinter einem flie— 
genden Fiſch her war, und von Zeit zu Zeit aus dem Waſ— 
ſer hervorſchoß, um ihn zu faſſen. Eine Fregatte ſtuͤrzte 
aber jedesmal auf ihn, und riß ihm mit Schnabelſtoͤßen 
Stuͤcke Fleiſch aus, bis daß der vor dieſem fuͤrchterlichen An— 

griff erſchreckte Fiſch in den Grund des Meeres ging ). 
Die Fregatte hat mit Schwimmhaͤuten verſehene Fuͤße, 
eine ſchwarze zwiſchen dem Schnabel und dem Auge nackte 

Haut, große ſchwarze Augen, das ganze Gefieder von 
einem Schwarz mit blaͤulichem Refler. Beim Weibchen 
iſt der Bauch weiß, das Männchen hat, wenn es alt iſt, 
unter der Kehle zwei hellrothe fleiſchige Membranen. 


9 voyage 2 la recherche de Lapeyrouse, 1, 47. 


Fuͤnfzehntes Kapitel. 


Hübſche Landſchaft — Die Engländer bemaͤchtigen ſich der 
Fanny — Sie verweigern Baudin die Erlaubniß zu 
landen — Betrachtungen uͤber dieß Ereigniß. 


Wie vermag ichs, den tiefen Eindruck zu ſchildern, den 
ich beim Anblick von fo vielen Tauſend für mich neuen Ge— 
genſtaͤnden empfand? Ich betrachtete, ich bewunderte das 
außerordentliche Schauſpiel, welches mir dieſes Land der 
neuen Welt darbot. Die Sonnenſtrahlen vergoldeten die 

Gipfel der Waͤlder, die der Hauch des Zephirs ſanft in 
Bewegung ſetzte. Ein Schwarm Voͤgel, deren glaͤnzendes 
und manchfaltiges Gefieder die Regenbogenfarben dar— 
ſtellte, ſchien durch ſeinen Geſang das Erwachen der Na— 
tur zu verkuͤndigen. Baͤume, von menſchlicher Hand nie 
verſtuͤmmelt, die ein ewiger Fruͤhling mit Blumen und 
Fruͤchten bereichert, beſchuͤtzten unterm Schatten ihrer 
Blaͤtter einen Teppich von Pflanzen, welche die Luft mit 
lieblichem Duft erfuͤllten, Tauſende von Schmetterlingen 
und andern Inſekten von Gold und Rubinen ſchimmernd, 
liebkoſeten, indem ſie umherflatterten, die halb eroͤffnete 
Blumenkrone. Hier bildeten Bananenbaͤume, auf zwei 
gleichlaufenden Linien gepflanzt, durch die Verbindung 

f | M 2 


180 f 
ihrer breiten Blätter ein gegen die Sonnenſtrahlen uns 
durchdringliches Gewoͤlbe. Dort verkuͤndeten zahlreiche 
Anpflanzungen von Kokosbaͤumen, Palmkohl, Baumwol— 
lenſtauden, die Fruchtbarkeit des Bodens. Einige auf der 
Ebene zerſtreut liegende Haͤuſer belebten dieſe Landſchaft. 
Beim Anblick des Schiffes liefen eine Menge Creolen und 
Regern beiderlei Geſchlechts ans Ufer. Wir beſahen meh— 
rere ſo eben erbaute Wohnungen, wovon die meiſten mit 
Franzoſen beſetzt waren, die uns freundſchaftlich aufnah— 
men. Nach einer vierſtuͤndigen etwas ermuͤdenden, indeß 
doch angenehmen Promenade in den Ebenen und Waͤldern, 
kehrten wir an das Ufer zuruͤck. Ein Schwarm Pelikane, 
denen eine breite Kehle, ein langer ſpatelfoͤrmiger Schna- 
bel, ein außerordentliches Anſehen verlieh, ſpielte dicht 
beim Ufer auf der Oberflaͤche des Oceans. Ich bewun— 
derte, mit welcher Geſchicklichkeit dieſer Vogel auf ſeine 
Beute losſtuͤrzt, ſich erhebt, und von neuem wieder hinab— 
geht, um ſich des Fiſches, den er im Waſſer gewahr 
wird, zu bemeiſtern. N 

Als Baudin an das Land trat, und vernahm, die In— 
ſel befaͤnde ſich ſeit dem ibten Februar 1797 in den Haͤn⸗ 
den der Englaͤnder, ließ er es ſich angelegen ſeyn, dem 
Gouverneur der Kolonie ſeine Ankunft auf Trinidad gleich 
zu melden. Folgender Vorfall beftätigte bald das Geſcheidte 
dieſer Maaßregel. Während tiefe Stille in der Nacht 
vom ı4ten auf den ıöten die Fanny umgab, und wir uns 
mit Sicherheit dem Schlaf uͤberließen, entſtand ploͤtzlich 
das Geſchrei: „da find die Engländer!” Durch ihre Spio— 
nen benachrichtigt, es befaͤnde ſich ein franzoͤſiſches Fahr⸗ 
zeug in dieſen Gegenden des Meeres, waren ſie herbeige— 
eilt, um ſich deſſelben zu bemächtigen. In einem Augen⸗ 


181 


blick befanden wir uns auf dem Verdeck. Zwei Briks, 
la Victorieuſe von ſechszehn und die Zephire von vierzehn 
Kanonen waren nur vierzehn Metres von uns, und ſtan— 
den bereit, beim erſten Zeichen auf uns zu feuern. Der 
Mond ſchien hell genug, daß wir die Manoͤuvres der feind— 
lichen Schiffe wahrnehmen konnten, und wir hoͤrten deut— 
lich die von den Oberen der Mannſchaft ertheilten Befehle. 
Der Kapitaͤn der Victorieuſe rief uns an Y, und feste fein 
Boot aus. Zehn bewaffnete Leute ſtiegen hinein, naͤherten 
ſich der Fanny, und kletterten an unſer Verdeck hinan, 
gleich Feinden, die entern wollen. Der Offizier, der ſie 
befehligte, ließ unſere Matroſen in das Zwiſchendeck brin- 
gen, ſtellte ſechs Leute mit gezogenen Saͤbeln an verſchie— 
dene Punkte des Schiffes; hierauf unterſuchte er die 
Journale des Kapitaͤns, behielt aber den Paß zur Expe— 
dition, und kehrte auf ſein Schiff zuruͤck, nachdem er einen 
Lootſen mit dem Auftrag, uns nach Port d' Espagne zu 
bringen, hinterlaſſen hatte. Nun entfernten ſich die beiden 
Briks ſchnell, und wandten ſich gegen den Meerbuſen von 
Mexiko, um auf ein den Abend vorher in dieſen Mee— 
ren geſehenes ſpaniſches Fahrzeug Jagd zu machen. 

Auf die Weiſe waren wir alſo jetzt ohne Paß der Gnade 
des erſten Korfaren Preis gegeben, der uns umherirrend in 
dem Meerbuſen von Paria begegnete“), wo wir den Wind 
bald gegen uns, bald voͤllige Windſtille hatten. Dabei mußten 
wir ermuͤdende oft unnuͤtze Schlaͤge unter der Leitung eines 

Matroſen machen, den wir nicht verſtanden, und der da- 


) D. h. er redete mit uns mittelſt des Sprachrohrs. 


) Dieſer Meerbuſen ſcheidet die Inſel vom feſten Lande 
des ſüdlichen Amerikas. 


182 


bei dieſe Gegenden in der See wenig kannte. Endlich 
erreichten wir des Abends den ı7ten April den ſpaniſchen 
Hafen Shagaramus; es kam ſofort ein Marine-Offizier 
an Bord, und ließ die Fanny eine halbe Meile vom Lande 
in einer Tiefe von ſechs Klaftern in ſchwarzem Schlamm 
vor Anker gehen, hinter dem Dictator, einem Linienſchiffe 
von 64 Kanonen. 

Der Kapitaͤn Baudin ging ſofort nach dem Hafen, um 
den General Picton, den Gouverneur der Kolonie, zu be— 
ſuchen, und um ihm den Zweck ſeiner Reiſe nach der Inſel 
Trinidad mitzutheilen. Er kehrte von dort um 9 Uhr zu— 
ruf, und kuͤndigte uns an, daß er den Zweck feiner Sen— 
dung nicht habe erreichen köͤnnen. Man muß, fo wie wir, 
während mehrerer Tage unter der brennenden Sonne der 
heißen Sone, dabei allen Unbequemlichkeiten Preis gege— 
ben, die man auf einem engen Fahrzeuge ausſteht, um— 

hergeirrt ſeyn, um ſich einen Begriff von dem Wunſche zu 
| machen, den wir hegten, an dieſem Lande zu fanden, und 
fo die Abſicht unſerer Reiſe, weßhalb wir den Stuͤrmen 
getrotzt und den Ocean durchkreuzt hatten, zu erreichen. 
Mangel an friſcher Waͤſche und friſchen Nahrungsmitteln 
vermehrte noch unſere gerechten Klagen. Ein ausgeſpann— 
tes Segel vermochte nicht, unſere Koͤpfe gegen die loth— 
rechten Strahlen der Sonne zu ſchuͤtzenz; wir empfanden 
nicht weniger eine erſtickende Hitze, da wir unbeweglich 
auf einem Meere waren, das von keinem Luͤftchen be— 
ruͤhrt wurde. 

Tags darauf um neun Uhr begab ſich Baudin nach dem 
Hafen, um von neuem um Erlaubniß, daß wir uns aus— 
ſchiffen dürften, nachzuſuchen. Um 10 Uhr kam ein eng⸗ 
liſcher Offizier an Bord der Fanny; er unterſuchte die 


183 


Lucken, die in den Raum hinableiteten, die Konſtabelkam— 
mer, die uͤbrigen Kaͤmmerchen, und mit den muͤndlichen 
Verſicherungen unſerer Offiziere, wir haͤtten weder Waa— 
ren noch Kriegsmunition an Bord, zufrieden geſtellt, ent— 
fernte er ſich nach zehn Minuten wieder, ohne einen einzigen 
von unſern Mantelſaͤcken durchfucht zu haben. Um neun 
Uhr Abends kam Baudin mit der Nachricht zuruͤck, die 
Naturforſcher der Expedition ſeyen den folgenden Tag nebſt 
ihm zum Fruͤhſtuͤck beim engliſchen Gouverneur eingeladen. 

Den ıgten gingen wir bei Zeiten ans Land; bei der 
Fahrt auf der Rheede zahlte ich dreißig Schiffe jeder 
Größe, engliſche, amerikaniſche, daͤniſche, und einige fpa= 
niſche Priſen. Der General Picton behandelte uns auf 
eine edle Art, durch feine hoͤflichen Manieren hätte ichs 
vergeſſen, mich am Tiſche eines Feindes der Franzoſen zu 
befinden, wenn er nicht auf feiner erſten Weigerung beftan- 
den wäre. Wir fpeifeten hierauf beim ehemaligen ſpani⸗ 
ſchen Gouverneur der Kolonie Hrn. v. Chacon. Ich brachte 
den uͤbrigen Theil des Tages damit hin, in den Umgebun— 
gen des Hafens zu botanifiren. 

‚Während ſich Baudin den zıten ans Land begab, um 
einen letzten Verſuch beim Gouverneur zu machen, befuchte 
ich nebſt Maugs und Riedls die engliſchen Offiziere auf 
dem Dictator, die uns hoͤflich aufnahmen, und uns ge— 
ſtatteten, alles zu unterſuchen, was unſere Neugierde nur 
erregen konnte; es war luſtig auf die Weiſe die friedfer- 
tigen Naturaliſten, die bis dahin nur hinter Inſekten und 
Voͤgeln gejagt, zwiſchen den Feuerſchluͤnden, den Haufen 
von Kugeln, den Pyramiden von Saͤbeln, Bayonetten und 
allen Mordinſtrumenten, welche das Kriegsgenie nur zu 
erfinden vermochte, zu ſehen. g 


184 


Baudin kam bald zuruck, und kuͤndigte uns an Pr 
den Befehl vom Gounerneur erhalten zu haben, noch 
den Tag abzuſegeln. Auf dieſe niederſchlagende Nachricht 
kehrten wir traurig nach unſerm Schiffe, der Fanny, zu— 
rück. Bei der erſten Zuſammenkunft unſers Kapitäns mit 
dem General Picton hatte er ihm den Geleitsbrief der Lon— 
doner Admiralität vorgelegt, die Diplome, die der fran— 
zoͤſiſche Marine-Miniſter jedem der Naturaliſten ertheilt, 
und die officiellen Inſtruktionen, die er ſelbſt erhalten 
hatte; zuletzt auch noch ſein eigenes Journal der Beobach— 
tungen ſeit unſerer Abfahrt aus Havre, um ihn zu uͤber— 
zeugen, die Expedition habe nicht den mindeſten Bezug 
auf das politiſche oder Handelsintereſſe von Frankreich, 
habe keinen andern Zweck, als den, die Natur zu ſtudiren, 
und die ſchoͤnſten Produkte daraus auf einer von keinem 
Naturforſcher bis dahin unterſuchten Inſel zu ſammeln. 
„Ehe ich mich entſcheide, erwiederte der mißtrauiſche Gou— 
verneur, muß ich den Hauptkommandanten der großbrit— 
taniſchen Truppen, der in Martinique reſidirt, zu Rathe 
ziehen.“ Den Tag darauf waren wir ans Land geſtiegen: 
mehrere im Hafen wohnende Franzoſen hatten uns freund— 
ſchaftlich aufgenommen, erfreut, Landsleute, die vor Kur- 
zem aus dem Vaterlande angelangt waren, zu ſehen. Die 
Spione, welche uns auf dem Fuße folgten, hatten dieß 
dem Gouverneur hinterbracht, und ihm leicht gegen die 
Expedition die traurigſten Vorurtheile eingefloͤßt. Durch 
folgenden Umſtand ging bei ihm gar alles Vertrauen ver— 
foren. Picton hatte die abgeſchmackteſten Nachrichten auf 
der Inſel verbreitet; unter andern ſollte die Rheinarmee 
vernichtet ſeyn; die italieniſche die Waffen niedergelegt 
baben; der General Bonaparte von Wurmſer geſchlagen, 


185 


gefangen ſeyn u. f. w. Mehrere in Irrthum geführte Fran⸗ 
zoſen wiederholten uns dieſe Unwahrheiten mit dem Aus 
druck des Schmerzens, und die Engländer fügten in uns 
ſerer Gegenwart noch unglaublichere und beleidigende Um⸗ 
ſtaͤnde hinzu. Jetzt glaubten wir, nicht die Vorſicht außer 
Augen zu ſetzen, die man mitten unter einer feindlichen 
Garniſon beobachten muß, indem wir dieſe Verlaͤumdun— 
gen in ihr wahres Licht ſetzten; die Ehre des franzoͤſiſchen 
Namen gebot es. Wir kuͤndigten daher laut an, die Ar⸗ 
meen der Republik verfolgten ſtets ihre Siege, ſie haͤtten 
Belgien, die Pfalz, das rechte Rheinufer, Savoyen, 
Mailand, Corſtka, Livorno inne; die 1791 gebildete 
Coalition ſey faſt vernichtet; Mantua, einer der feſteſten 
Plaͤtze Europens habe ſich unſern Truppen übergeben, und 
dieſer Verluſt koſte dem Kaiſer achtzehn tauſend Mann, 
hundert Kanonen, zwei Generale u. f. w.. ... Diefe 
letzte Nachricht, die Baudin in Gegenwart des Gouver— 
neurs wiederholte, reizte ihn vorzuͤglich, „Nein, ſagte 
er, Mantua iſt nicht genommen, waͤren ſie auch dreimal 
ſo ſtark vor der Feſtung geweſen, ſo war es dennoch un⸗ 
möglich, fie zu nehmen.“ — Und ſeit wann, Herr Gene— 
ral, zweifeln ſie an dem Muth der Franzoſen? Sie ſind 
unglaͤubiger als die Londoner Zeitungsſchreiber, die ſich 
nicht gefürchtet haben, dieſe Begebenheit dem ganzen 
Europa anzukuͤndigen ). 

lis der Gouverneur keinen Vorwand, uns abzuweiſen, 
anzugeben wußte, ſagte er zu Baudin, er willige in ſeine 
Ausſchiffung, wenn er ihm zwei im Hafen anſaͤßige Leute 


„) Wir hatten es durch europaͤiſche Zeitungen in Teneriffa 
erfahren, 


186 | 

als Geiſſeln ſtellen koͤnne. Der Kapitän führte ihm zehn 
herbei, und er haͤtte deren dreißig finden koͤnnen. Hierauf 
erwiederte der nun in die Enge getriebene Gouverneur, 
ein ſolcher Auflauf (von zehn Perforen) ſey eine gefaͤhr— 
liche Kabale, und er koͤnne kein Vertrauen weiter in 
ihn ſetzen. 

Baudin iſt dieſen Morgen, wie ich bereits erwaͤhnt, 
ans Land gegangen, um bei dem Gouverneur den letzten 
Verſuch zu machen; er hat ſich auf die Bitte beſchränkt . 
ſich lediglich mit den Naturaliſten ausſchiffen zu dürfen, 
er wolle dann die ganze Mannſchaft nach Quadeloupe ſchi⸗ 
cken, um allen Streit, der durch das Zuſammentreffen von 
engliſchen und franzoͤſiſchen Matroſen in derſelben Stadt 
in Kriegszeiten entſtehen koͤnnte, zu vermeiden. Allein 
Picton's Antwort fiel dahin aus, unſere Staatsgruͤnde ge— 
ſtatteten nicht, daß er ſich laͤnger auf der Inſel aufhalten 
duͤrfe; unſer Paß ſey der brittiſchen Regierung nur durch 
Ueberrumpelung abgenommen, er vermuthe, wir haͤtten 
einen geheimen Zweck.... .. Er befahl ihm daher, ſich 
ſogleich an Bord zu begeben, und noch den Tag abzuſe— 
geln, um unter Escorte eines Kriegsſchiffes nach Marti— 
nique zum Generalkommandanten gefuͤhrt zu werden, der 
unſer Schickſal entſcheiden ſollte. „Sie koͤnnen mir, er— 
wiederte Baudin, das Landen auf Trinidad verweigern, 
obwohl Ihre Regierung mich ausdruͤcklich bevollmaͤchtigt, 
mich hier aufzuhalten; aber ſie haben nicht das Recht, 
mich als Gefangenen zuruck zu halten, und nur die Ge— 
walt hindert mich, an einer andern ſpaniſchen oder neutra— 
len Inſel zu landen, um dort die Abſichten des Directorii 
zu erfuͤllen. Die Wiſſenſchaften befinden ſich im Frieden, 

ſelbſt dann, wenn die Voͤlker im Kriege begriffen ſind, und 


| | * 
unſere beiden Nationen haben ſich ſtets eine Pflicht daraus 
gemacht, die Expeditionen zu beguͤnſtigen, welche die Maſſe 
der Kenntniſſe in der. Naturgeſchichte zu befördern, zum 
Zweck hatten; ich berufe mich auf die dem Kapitaͤn Cook, 
dem Reiſenden Spillard von Frankreich zugeftandenen Ge— 
leitsbriefe, ſo wie auf die, welche England an La Peyrouſe 
und d'Entreiaſteaux gegeben hat. Sie fuͤrchten, meine Lan— 
dung auf einer andern fpanifchen Kolonie ſey dem Intereſſe 
von Großbritannien nachtheilig. ..... Warum waͤre ich 
aber für Sie mehr zu fürchten an einem als an einem an- 
dern Ort, da ich doch nur als Naturforſcher handeln 
RER N Ich werde noch heute unter Segel gehen, 
allein Europa ſoll eines Tages die wenig redliche Art ken— 
nen, womit Sie ſich gegen mich benommen haben.“ 


Es haͤlt ſchwer, den Unwillen zu ſchildern, womit wir 
bei dieſer Nachricht durchdrungen wurden; jedweder brach 
in Murren gegen das willkuͤhrliche Betragen aus, welches 
ſich der Agent einer aufgeklaͤrten Nation gegen friedfertige 
Fremde erlaube. Indeß ließ der Kapitän, der dieß un: 
gaſtfreundſchaftliche Land zu fliehen, ungeduldig war, die 
Anker lichten, und ſteuerte noͤrdlich gegen den Meerbuſen 
der Antillen hin, unter der Begleitung eines von Dixon 
geführten engliſchen Briks. Auf die Weiſe waren alſo 
die Naturforſcher gezwungen, eine Inſel zu verlaſſen, wo 
ſie ſich geſchmeichelt hatten, ein herrliches Jahr damit hin— 
zubringen, die reichſten botanifchen und zoologiſchen Pro— 
dukte zu ſammeln. Baudin ſelbſt konnte die Erlaubniß 
nicht erlangen, die Gegenſtaͤnde der Naturgeſchichte, welche 
er 1795 mehreren auf Trinidad anſäßigen Franzoſen an⸗ 
vertraut hatte, mitzunehmen. Dieſe koſtbare Sammlung, 


188 


der Hauptzweck der Expedition, blieb in den Minden der 
Engländer *). 


Note uͤber den Pelikan von Sonnini. 


Hielte man ſich an der von den meiſten Ornithologen 
angenommenen Nomenklatur, ſo gehoͤrten der Geck, die 
Fregatte und andere Voͤgel zum Pelikan; wenn man aber 
Weſen nicht mit einander vermengt, welche die Natur ge— 
trennt hat, ſo macht der Vogel, der von jeher den Namen 
Pelikan gefuͤhrt hat, eine beſondere Gattung, und ſelbſt 
ein beſonderes Geſchlecht aus, zu dem dann einige andere 
faſt ähnliche Gattungen beigezaͤhlt find. f 

Der gemeine Pelikan, den man faſt in allen ſuͤdlichen 
Gegenden ſieht, iſt einer von den großen Waſſer-Raubvoͤ⸗ 
geln, der leicht an dem großen haͤutigen Kropf ſeiner 
Kehle zu erkennen ſteht. Dieſer einer großen Ausdehnung 
faͤhige Art Sack dient ihm zu einem Magazin fuͤr Lebens— 
mittel, worin er ſeinen Jang einſchließt, um ihn dann 
nach Gefallen zu verzehren. Wenn er den Fiſch heraus— 
treiben will, fo druͤckt er den Kropf gegen feine Bruſt; 
weil er ſich nun eben ſo benimmt, um ſeine Kleinen zu fuͤt— 
tern, ſo haben ſich die Alten gedacht, der Pelikan oͤffne 


*) Einzelne Gegenſtaͤnde derſelben, z. B. die Vögel, die 
Inſekten und die Muſcheln ſind neuerlich durch Baudins 
Vruder nach St. Thomas gebracht, und dort den Haͤn— 
den der Kaufleute Hrn. Eckhard anvertrauet. Der Ka— 
pitän konnte nachgehends nur einen geringen Theil davon 
wieder erlangen. 


189 


den Magen, und naͤhre ſeine Jungen mit ſeinem Blute. 
Es gibt kaum eine Fabel, deren Urſprung nicht einigen 
Grund hat, und die ſonderbare Bildung des Pelikans, 
ſeine nicht minder außerordentliche Art ſich zu naͤhren, 
waren wohl dazu geeignet, zu dem Wunderbaren bei einie 
gen erhitzten Koͤpfen Anlaß zu geben. Der Pelikan ward 
das Sinnbild der zaͤrtlichen Vaͤter, der guten Koͤnige; da 
indeß ſein Aeußeres zu unedel war, um fuͤr ſo glaͤnzende 
Eigenſchaften zu paſſen, fo nahmen ihm die Maler den 
Kropf, und gaben ihm die Phyſtognomie des Adlers. i 

Der Attributen beraubt, welche ihm die Fabel fo reich- 
lich zutheilt, iſt der Pelikan ein ſehr haͤßlicher, aber auch 
zugleich ein aͤußerſt merkwuͤrdiger Vogel. Der Vorder— 
theil des Kopfes iſt nackt und fleiſchfarbig, ſein Kropf 
fahlgelb, fein Schnabel röthlicht an der Kante und gelb— 
licht am uͤbrigen Theil. Dieſer Schnabel iſt lang und ge— 
rade bis an das krumme Ende. Schmutzig weiße zarte 
Federn bedecken kaum den Kopf und den oberſten Theil 
des Halſes; dieſe halbe Nackte iſt deſto zuruͤckſtoßender, 
da man es mit einigen langen ſchmalen Federn verbunden 
findet, welche vom Hinterkopf herabhaͤngen. Das Geſie— 
der iſt matt weiß; Fuͤße, Zehen, ſo wie die Haut, welche 
ſie mit einander verbindet, haben ein bleifarbiges Anſehen. 

Dem Aeußern nach zwar ſchwer hebt ſich indeß der Pe— 
likan auf den großen Fluͤgeln leicht in die Luft, ſchwebt 
ohne Schwierigkeit uͤber dem Waſſer, um ſich ſeiner Beute 
zu bemächtigen, indem er lothrecht auf die Fiſche hinab— 
ſtuͤrzt, die von dem Falle einer ſo ſchweren Maſſe betaͤubt, 
ſelten einem ſo maͤchtigen Feinde entgehen. 


— —G—r-WSð — —-— 


190 


Sechszehntes Kapitel. 


Nachricht von der Inſel Trinidad — Bevölkerung — Kultur 
— Produkte — Naturgeſchichte — Meerbuſen von Paria. 


Trinidad „ welches Columbus 1498 entdeckte, ward erſt 
1535 von den Spaniern in Beſitz genommen. Die Inſel 
liegt zwiſchen Tabago und dem feſten Lande des mittaͤg— 
lichen Amerika, faſt gegen der Mündung, des Orinoco über, 
um, wie ſich Raynal ) ausdruͤckt, die Schnelligkeit Die- 
ſes Fluſſes zu hemmen. 

Das Klima der Inſel iſt im Allgemeinen ſehr geſund. 
Oh es gleich dort haͤufig von der Mitte Mai bis Ende Ok— 
tober regnet, ſo vergeht dennoch waͤhrend dieſer Zeit kein 
Tag, wo ſich die Sonne nicht wolkenfrei zeigte. Man 
zaͤhlt dort mehr als vierzig Bäche und vier Hauptfluͤſſe, 
den Oropuche und den Quatro, die ſich an der Oſtkuͤſte in 
den Ocean ergießen, den Guaracaro und den Caroni, die 
ihre Muͤndung im Meerbuſen von Paria haben. Letzterer 
Fluß iſt der bedeutendſte; man kann darauf mit leichten 
Fahrzeugen bis auf acht Meilen ins Innere der Inſel 


*) Buch 12. 


| 9 51 
fortkommen. Die drei uͤbrigen find ebenfalls ſchiffbar; die 
Mündung des Guatuaro iſt durch einen feichten Grund ver— 
ſtopft, der die Einfahrt erſchwert. 


Die Laͤndereien ſind fruchtbar, obgleich leicht; ihr Boden 
beſteht aus Sand und Thon bis zu einer Tiefe von einem bis 
zu vier Metres. Grauer Schiefer in ziemlich regelmaͤßi— 
gen Schichten, macht den Kern von mehreren Huͤgeln aus. 
Oeſtlich vom fpanifchen Hafen befinden ſich Brüche von 
Steinen, die zum Haͤuſerbau und zum Straßenpflaſter ges 
braucht werden. Im ſuͤdweſtlichen Theile der Inſel an 
den Ufern des Meerbuſens von Paria, nicht fern vom Cap 
Brea hat die Natur ein großes Baſſin voll Erdpech ge— 
ſchaffen, das ſo nuͤtzlich, zum kalfatern der Schiffe gebraucht 
wird. Die Umgebungen dieſes Sees ſind volkaniſch. Man 
trifft dort mehrere Quellen von warmen Waſſer ) an. 

Die beinah viereckig geftaltete Inſel endigt ſich nord— 
oͤſtlich mit der Spitze Galera ); gegen Suͤdoſten mit der 
von Galgota ); gegen Nordweſten mit dem Cap Mo- 
nos ****), und gegen Suͤdweſten mit dem von Coral *****), 

Ihre Dimenfionen koͤnnen folgendermaßen nach der im 
Jahre 13 in Paris geſtochenen Karte berechnet werden; 
die größte Länge von Norden nach Süden vom Cap Chu: 
pura bis zu dem von Eurao 43“ oder 144 Meilen (lieues), 


7) S. am Ende dieſes Kapitels die Beſchreibung des Sees 
von Erdpech. 
**) Breite 109 49% 4“ — Länge 639 44 30%. 
22 * Breite 109 94 20/ — Lange 630 8/ 40.“ 
ö Ke) Breite 109 42 “ — Länge 639 50/ 30%. 


* Breite 100 3% — Länge 649 6/ 30%. 


19 5 
größte Breite von Oſten nach Weſten don der Muͤndung des 
Guatuarofluſſes bis zu der von Cuba 34° — 114 Meilen. 

Die oͤſtliche Kuͤſte, zwiſchen zwei von einander 40° 
30“ entfernten Caps gelegen, hat ungefaͤhr eine Laͤnge von 
134 Meilen. Sie iſt ungemein fruchtbar, gut bewaͤſſert, 
und im Allgemeinen niedrig. Die ein wenig höhere Suͤd— 
füfte (deßhalb zum Anbau von Kaffee und Kakao geeig— 
net), hat 58° = ı93 Meilen Länge. Das Meer, welches 
dieſe Kuͤſte beſpuͤlt, hat auf einer halben Meile Entfer— 
nung nicht mehr als ſieben bis acht Klafter Tiefe, und iſt 
ſehr fiſchreich. Die weſtliche, nach einer von Norden nach 
Suͤden berechneten Linie, die durch Port d' Espagne läuft, 
iſt 39° = 13 Meilen lang, dabei die reichſte und die am 
meiſten angebaute; man rechnet darauf mehr als neunzig 
Wohnungen. Die noͤrdliche Kuͤſte, die zu hoch liegt, und 
zu ſehr zerhackt iſt, um auf eine nuͤtzliche Weiſe zum Acker⸗ 
bau zu dienen, hat ungefähr 47° 22”, oder 16 Meilen an 
Länge. Der Umfang der Inſel iſt auf achtzig Meilen 
zu rechnen ). 

Die Hauptſtadt St. Joſeph d'Oruna liegt nordweſtlich 
drei Meilen im Innern des Landes ), mitten auf einer 


9 Rapnal, der 1780 ſchrieb, gibt der Inſel einen um— 
kreis von 110 Meilen und an Quadratoberflaͤche 318; der 
Nordkuͤſte 22 Meilen Länge; der Oſtkuͤſte 19 und der füde 
lichen 25. i 

Die Herren Mentelle und Malte-Brun ſetzen ſie unter 
100 der Breite, und 639 20/ der Laͤnge, fie geben ihr 30 
Meilen Länge von Oſten nach Weſten, und 19 in die Breite. 

*) Länge 63° 481 7, Br. 100 297 60; Bonne zufolge; 


nach der in Paris geſtochenen Karte betr. die Länge 63% 
240; die Br. 109 40. 


191 
durchgehends angebauten Ebene. Im Jahre 1595 ward 
dieſer kaum aufbluͤhende Flecken von dem beruͤhmten Ad⸗ 
miral Sir Walter Raleigh verbrannt, der den Gouver— 
neur Don Antonio Berreo zum Gefangenen machte. Im 
Jahre 1800 war er nur ein Dorf von drei hundert Huͤt— 
ten mit 1900 oder 2000 Einwohnern, die in Anſehung 
der Gewohnheiten und Sitten den nomadiſchen rg 
ahnlich find. 

Carenage, eine zwiſchen Port dEspagne und Cap 
Monos gelegene Halbinſel bietet die vortheilhafteſte Lage 
dar, um einen Schiffswerft anzulegen. Der Madrider Hof 
hatte den Plan dazu entworfen. Seit langer Zeit haben 
die Englaͤnder angefangen, denſelben auszufuͤhren, wel— 
cher fuͤr ihren Handel und ihre Marine die gluͤcklichſten 
Folgen verſpricht. Sie haben bereits das Fundament zu 
einer befeſtigten Stadt und zu furchtbaren Batterien vor— 
geriſſen, die fie in Carenage und auf den nicht weit vom 
Cap Monos befindlichen Inſeln aufzufuͤhren willens ſind. 
Wahrſcheinlich werden ſie ebenfalls mittelſt eines Kanals 
die nicht weit entfernten Quellen des Caroni und Oropuche 
vereinigen, um die Mittheilung der Lebensmittel ſehr da— 
durch zu befoͤrdern, daß ſie denen im Innern des Landes 
Abſatz verſchaffen. 
| Das wichtigſte Etabliſſement von Trinidad ift die nord— 
weſtlich gebaute ) drei Meilen von St. Joſeph, am Golf 
von Paria in der Nähe der Muͤndung des Caroni gelegene 
Stadt Port d' Espagne; ihre Straßen find breit und regel 


) L. 630 491 29“, — Br. 100 38/ 42/ (Connoissance des 
tems an 1810). Nach der in Paris im J. 13 geſtochenen 
Karte L. 639 got 20%, Br. 100 39, 

Le Dru Reife. 1. Bd. N 


192 

mäßig; fie iſt der Sitz der Civil- und Militaͤrautoritaͤten. 
Als wir dort landeten, beſtand die Garniſon in zwei Re— 
gimentern, einem engliſchen und einem deutſchen; die 
Fortificationen waren nicht zahlreich und in ſchlechtem Ver— 
theidigungsſtande. Die Chaguaramas genannte Rheede 
wird von Winden ſelten in Bewegung geſetzt; dieß macht 
das Waſſer derſelben ſehr ſchmutzig; die Schiffe finden 
dort einen ſicheren und geraͤumigen Ankerplatz. 

Im Jahre 1778 ſchlug der Miniſter Galvez Trinidad 
zur Gerichtsbarkeit der Compagnie von Caracas, und 1780 
raͤumte er die ihrem Handel entgegen ſtehenden Hinderniſſe 
aus dem Wege. Im Jahre 1782 belief ſich die Bevoͤlke⸗ 
rung nur auf 1000 Spanier, 200 Franzoſen und Irlaͤn— 
der, 107 Neger und 1800 civiliſirte Indianer, welche 
Kopfſteuer erlegten: zuſammen alſo 3872 Köpfe. Letzere 
vermietheten ihre Dienſte taͤglich um einen Franken und die 
Koſt; es ſind dieß gute Arbeiter, indeß dem Trunk zu 
ſehr ergeben, und ein wenig traͤge. Die Bevoͤlkerung hat 
ſeit 1789 ſehr zugenommen. Eine große Menge franzoͤſi— 
ſcher Koloniſten, die aus Martinique und St. Lucie um 
die Zeit entflohen, als dieſe Inſeln in die Haͤnde der 
Englaͤnder fielen, haben die Reſte ihres ee hie⸗ 
her gebracht. 

Im Jahr 1797 flieg die Anzahl der eh auf 
16,556, naͤmlich 2081 weiße, 4466 farbige Leute und 
10,009 Sklaven. | 

Im Jahr 1801 waren derer dort 22,768, und darun— 
ter 2368 Weiße, naͤmlich 1574 Franzoſen, 418 Spanier 
und 376 Englaͤnder; 4307 faͤrbige Leute, worunter ſich 
2792 Franzoſen, 1089 Spanier und 526 Engländer be— 
fanden. Die Zahl der Sklaven betrug 16,083, 1171 Eins 


193 


geborne darin begriffen. Das Militär iſt von dieſer Be⸗ 
voͤlkerung ausgeſchloſſen *). 

Im Jahr 1803 zählte dieſe Inſel, Mac-Cullum **) 
zufolge, 28,000 Einwohner, naͤmlich 2261 Weiße, m 
farbige Leute und 20,464 Neger *). 

Die Inſel hatte 1801 563 Pferde, 3671 Maulesel, 
539 Kühe, 758 Ochſen, 809 Schaafe, 531 Ziegen und 
675 Schweine, zuſammen 7546 Hausthiere, 6 Windmuͤh— 
len, 106 für den Kaffee, 250 für die Baumwolle, 162 die 
durch Thiere getrieben wurden, 636 völlig eingerichtete 
Oefen, und 96 Deſtillirblaſen. 

Man fand dort 6,900 Morgen mit Zuckerrohr beſtellt, 
2531 mit Baumwolle, 4886 mit Kaffee, 2976 mit eßbaren 
Pflanzen und 6689 an Weide, zuſammen 23,982. Dieſer 
geringe angebaute Theil macht nicht ein Zötel, des Landes 
aus, indem man dieß auf 878,400 Morgen anſchlaͤgt. Die 
ſpaniſche Regierung hatte ungefähr nur 400 Verleihungen 


*) Aus engliſchen Journalen entlehnt. 


*) Reiſe nach der Inſel Trinidad vom Kapitän Mac-Cul⸗ 
lum im Jahre 1803 unternommen Liverpool 1805, in den 
Annales des Voyages von Malte-Brun tom. 4. No. 12 

- angeführt. 

; — 

7 Mentelle und Malte-Brun ſchaͤtzen ihre Bevölkerung 
im Jahre 1789 auf 60,000 Menſchen ), und Bourgoing **) 
auf die naͤmliche Zahl im Jahre 1796. Dieſe Berechnung 
kommt mir aber übertrieben vor, weil nach den dem Par— 
lament im Jahr 1801 vorgelegten ſtatiſtiſchen Etats die 
Inſel damals nur 22,758 Menſchen zählte. 

*) Geographie mathematique tom. 15. 
% Tableau de l’Kspagne moderne. 1803. 2. 8. 
N 2 


194 

von Laͤndereien, jede von 320 Morgen, zugeſtanden, und 
es blieben noch 2320 fuͤr den Ackerbau uͤbrig; ſeitdem ſich 
dieſe wichtige Kolonie in den Haͤnden der Englaͤnder befin— 
det, hat fie jährlich ungefähr 449,614 Pfund Kaffee, 
280,170 Pfund Kakao, 9,895,644 Pfund Zucker, 128,509 
Gallons Syrop, 317,395 Gallons Rhum, und 300000 
Pfund Baumwolle erzielt. 


Litten die Baummollenftauden nicht oft von den Rau— 
pen, welche große Verheerung darin anrichten, ſo wuͤrde 
hieraus der meiſte Vortheil zu ziehen ſeyn. Zu einem 
Hektar Land mit Tabak bebauet, werden vier Neger erfor— 
dert; dieſer gibt gewoͤhnlich 750 Rollen, von fuͤnf Pfund 
jede; das Stuͤck davon wird zu 9 Franken verkauft. Die— 
ſer Zweig der Kultur iſt wenig verbreitet, und beſchaͤftigt 
faſt lediglich die ſpaniſchen Kreolen. 


Die gewöhnlichen Krankheiten der Eingebornen find 
ſchleichende Fieber und der Tenesmus, der ſehr heftige 
Schmerzen veranlaßt. Die eben angekommenen Europaͤer 
empfinden ebenfalls den Einfluß der Veraͤnderung des Kli— 
ma's. Sie find den hitzigen Fiebern ausgeſetzt, woran fie 
haͤufig am dritten oder vierten Tage ihren Geiſt aufgeben, 
zumal wenn ſie in dieſem Zuſtande nach engliſcher Art be— 
handelt werden, naͤmlich daß man ihnen Brechmittel und 
Madera gibt. Sie muͤſſen ſich der kalten Baͤder, des 
Branntweins, der zu ſehr erfriſchenden Getraͤnke, des 
kalten nicht vermiſchten Waſſers enthalten, zumal aber des 
unmäfigen Genuſſs in der Liebe. Maͤßigkeit in den Ver— 
gnuͤgungen, und im Genuß der Nahrungsmittel, treffliche 
Weine, laue Baͤder — hiedurch erhaͤlt man am beſten 
die Geſundheit. N 


195 


Folgendes Verzeichniß von Thieren und Pflanzen, die 
auf der Inſel Trinidad angetroffen werden, iſt ſehr unvoll— 
ſtaͤndig. Wie konnte ich indeß in acht Tagen ein Gemaͤlde 
entwerfen, das mehrere Jahre und die Feder eines geuͤb— 
ten Zeichners erfordert haben wuͤrde? 


Die Hausquadrupeden der Kolonie ſind das Pferd, 
der Mauleſel, der Hund, die Katze. Der Eſel gibts nicht 
viele; die Schweine ſind trefflich, und von Martinique 
ausgeführt worden. Die Hammel kommen gut fort; die 
Ziegen haben ſich ſehr „ „ und a zu Zeiten 
vier auf einmal. 


Unter die wilden Saͤugethiere zaͤhlt man die Alouatte 9; > 
er erreicht die e und die Hoͤhe des gewoͤhnli— 
chen Hundes. 


Die Tigerkatze oder den Jaguar von Neuſpanien ; 
fie iſt das größte von allen wilden Thieren der Kolonie. 
Die Menſchen werden nie von ihr angegriffen, die Hunde 
aber verſchlungen, ſo wie auch die Katzen, wonach ſie ſehr 
gierig iſt, auch ſtellt ſie große Verwuͤſtung in einem Huͤh⸗ 
nerſtall an, wenn ſie hineinkommen kann. 

Eine Art Hirſchkuh mit kurzen Fuͤßen, die ſich gemei— 
niglich in den Savannenwaͤldern aufhaͤlt; das Fleiſch da— 
von hat einen guten Geſchmack. N 


Die Waldungen naͤhren wilde Ochſen und zahlreiche 
Schwaͤrme von Maron- (wilden) Schweinen, die auf 
einem gelblichen Grund ſchwarz gefleckt ſind. 


#) Sımia seniculus, Gm. 36. Alouatta seniculus. Daud, 


. Von Buffon i im ten Bande, 1777, in Izmo befchrieben. 


196 

Das Ferkelkaninchen, das Agouti a). 

Die Piſamratze oder die Piloris der Antillen b). 

Der Paka c). 

Der Philander oder Jaras d). 

Das Armadill mit neun Guͤrteln e) 

Das Stachelſchwein k). 

Der Neau g). 

Und unter den im Waſſer lebenden Saͤugthieren der 
kleinere Manati h) und die Fiſchotter i). 

Jener erſcheint zu Zeiten in dem Kanal, der Trinidad 
von Tabago trennt; und die andern gegen die Muͤndung 
des Guaracaro. | 

Hausvoͤgel: der Hahn, die europaͤiſche Ente, die Bis 
ſam⸗Ente, die Gans, der Truthahn, die Taube u. ſ. w. 

Waſſervoͤgel: 

Der braune Pelikan k). 


a) Cavia americana Gm., 122. — Agouti Coy anus Daud. — 
Cavia aguti Mus. 
b) Mus pilorides. Gm. 126. 
c) Cavia paca, Mus, 
d) Didelphis philander, Em. 195, 
e) Dasypus novem-cinetus. Gm. 35. Daud. 
f) Histrix cristara. Daud. 
g) Brady pus didactylus. Daud. 
h) Manatus australis. 
1) Mustela lutris, var. brasiliensis, Gm. 92. ) 
k) Pelecanus fuscus. Gm, 570. 
*) Die Fiſchotter ift nichts weniger als ein eigentliches 
Amphibium. Sie kann nicht lange ohne Atbem zu 
ſchoͤpfen unterm Waſſer ausdauern. 


un. 


| 197 
Der Taucher von St. Domingo a). 

Die Ente pon St. Domingo b). 

Das Waſſerhuhn von Cayenne c). 

Die Fregatte d). 

Die Gazelle e). 

Der Grillvogel (Müller) f). 

Der weiße Fiſcher Müller) g). 

An den Ufern des Meeres, in den Umgebungen des 
Hafens ſahen wir auch einen Raubvogel, den kleinen ame— 
rikaniſchen Geier oder den Geier mit nacktem Halſe h). 
Er hat die Geſtalt eines gewoͤhnlichen Bußhart, das Ge— 
fieder durchgehends ſchwarz, und iſt ziemlich gemein. Die 
Einwohner vermeiden es, dieſen Vogel zu toͤdten, der ſich 
von Aas naͤhrt, und den neben den Haͤuſern befindlichen 
Unrath verſchluckt. | 

Waldvoͤgel. Allgemein find fie ſehr manchfaltig und 
verſchieden. Unter denſelben haben wir nur eine kaum 
einen halben Decimeter lange Eule i) bemerkt, die eine 
beſondere Gattung auszumachen ſchien, und woran fol— 
gende Charaktere waren: einen ſchwaͤrzlichen Schnabel, 
ein falbes Gefieder, mit den großen Fluͤgelfedern, die mit 
ſechs weißen Flecken bezeichnet ſind, am Unterleibe iſt er 


2) Colymbus dominieus. Gm. 593. 
b) Anas dominica. G. 521. 

e) Fulica cayennensis Gm. 700. 
d) Pelecanus aquilus. Gm. 572. 

e) Ardea gazetta. Gm. 628. 
f) Charadrias pluvialis. Gm. 688. 
g) Pelecanus sula. Gm. 578. 

h) Falco nudicollis. Mus. Par. 

1) Strix Phalenoides. Mus. Par. 


198 
weiß und roth, der kurze Schwanz iſt von den Flügeln be» 


deckt, befiederte Fußwurzeln, Zehen han, und roͤthlich, 
Naͤgel ſchwaͤrzlich. 


Der kleine rothe Ara 2). 
Der Papagei mit dem Halsbande b). 
Der Papagei von St. Domingo c). 
Der Specht von Bengalen q). 
Der karoliniſche Specht e). 
Der Geierkoͤnig k). 
Der Menſchenfreſſer oder Uru (Muͤller) g), 
Die geflammte Eule h). 
Die kayenniſche Schwalbe i). 
Die Felſenpipra . 


Die meiſten dieſer Voͤgel haben wir nach Frankreich 
gebracht, wo ſie nun die Gallerien des Pariſer Muſeums 
ſchmuͤcken. a 


Dieß ſind nicht die einzigen, welche die Inſel ernährt, 
man findet dort ebenfalls 
den Guarouba D, 


a) Ara aracanga. Daud. 

b) Psittachus Alexandri. Daud. 
e) Psittachus dominicensis. Daud. 
d) Picus bengalensis. Daud. 

e) Picus carolinus. Daud. 

f) Vultur papa. Daud. 

g) Vultur aura. Daud. 

h) Strix flammea. Buffon 440. 
1) Hirundo cayennensis. Buff. 

k) Pipra rupicola. Buff. 

1) Psittschus. Gm. 320 Guaruba. 


100 

den Papagei mit okerfarbigem Kopfe a) 5 

den bunten Amazon (Muͤller) b), 

den Schwarzkopf (Ebendaf.) =), 

den Curucui d), 

den goldgruͤnen Colibri e), 

den Colibri von Tabago 1), 

die oranchenfarbene Droſſel g), 

den Tanagra von Cayenne (Buffon) h), 

den Toucan mit vergoldetem Bauche Y. 

Baudin und Maugs fingen ebenfalls folgende Inſekten, 
wovon ſich einige in den Gallerien des Pariſer Muſeums 
befinden. 

Der Ochs (Schildkaͤfer). Cassida taurus. Fab. 

Eine Varietaͤt des Maienkaͤfers. Melolontha rus- 
tica. Idem. 

Ein Trox. 

Eine Brenta (Brente) ), welche der Longimane von 
Fab. zu ſeyn ſcheint; braunroͤthlicht, ein hoͤckeriches ſta— 
cheliches, kupferiches Bruſtſtuͤck; die Fluͤgeldecken haben 


a) Psittachus ochrocephalus. Gm. 339; var. B. 
b) Psittachus aestivus. Gm. Var. B. 340, 
e) Psittachus melanocephalus. Gm. 346. 
d) Trogon Curucui. Gm. 403. 
e) Trochilus viridissimus. Gm. 496. 
f) Trochilus tobaci. Gm. 399. 
g) Turdus aurantius. Gm. 822. 
h) Tanagra chlororica. Gm. 890. 
1) M. f. hinter dieſem Kapitel die Noten über diefe ver— 
ſchiedenen Gattungen Arten Thiere. 
5) Ich finde dieß Geſchlecht beim Fabricius Sept. 
Orn. nicht. 


200 


fechs Querſtreife, die Schenkel einen Zahn, der Kopf 
iſt cylindriſch, doch nur bis zu der Baſis, woſelbſt ſich die 
Augen befinden. 

Horia maculata. Fab. Die gelecle Horie, 

Apis hemorhoidalis. Fab. 

Apis cordata. L. 

Apis dentata. L. 

Apalus ruficornis. Latreille. 

Ligaeus varicolor. Fab. 

Formica tuberculata. Encyc. 41. 

Vespa americana. Fab. 

Fulgora phosphorea. L. 

Die Schildkroͤten ſind ziemlich gewoͤhnlich auf der noͤrd— 
lichen Kuͤſte; ſie kommen vom April bis zum September 
ans Land. j 

In den Waldungen, deren Anblick etwas impoſantes 
hat, trifft man die meiſten der Bäume, welche die der 
übrigen Antillen, die Ufer des Orinoco und die Küste 
ſchmuͤcken. 

Die Botaniker geben fuͤr 9 5 Inſel folgende Pflan⸗ 
zen an; den 

Cyperus haspan. Vahl. 
Commelina hexandra. Aubl. 
Panax chrysophyllum. Vahl. 
Vitex capitata, Vahl, 

Justicia secunda Wild. 
Solanum hirtum. Vahl. 
Cestrum latifolium, Vahl. 
Allamanda cathartica. L. | 
-Macrocnemum coccineum, Vahl. 


Froelichia paniculata. , Vahl. 


2 
0 
w 


Spatodea corymboss. Vent. 

Robinia rubiginosa. Poiret. 

Lupinus villosus. Wild. 
Glycine picta. Vahl. 

Begonia humilis. Dry. 

Taberna montana ondulata. Vahl. 

Tapo gomea tomentosa. Aubl. 

Tontalea scandens. Aubl. 

Croton gossypifolium. Vahl. 

Tragia corniculata. Vahl. 

An nahrhaften Vegetabilien findet man dort: Reis, 
Latuke, Cichorie, Kohl, die gelbe Ruͤbe, die weiße Ruͤbe, 
die Runkelruͤbe, die Peterſilie, Kerbel, Spargel, Erbſen, 
Bohnen, und im Allgemeinen faſt alle Gartengewaͤchſe Eu— 
ropens ſind an das Klima von Trinidad gewoͤhnt, und 
kommen dort gut fort; davon muß man die Artiſchocken 
ausnehmen. Zu den ernaͤhrenden Produkten der alten Welt 
fuͤgt der Bewohner dieſer Inſel diejenigen, welche das 
Klima der Antillen darbietet, naͤmlich den Bananenbaum, 
den Feigenbaum, den Maniac, den Kohlbaum, die Pa— 
tate, den Igname, die angoliſche Erbſe, die Kohlerbſe, 
die Gojava, die Frucht des Caſchimangbaums oder Ka— 
neelaͤpfel, den Papayenbaum, den Aprikoſenbaum der An— 
tillen, den Kakao, den Kaffee, den Zucker, die Kokos, 
den Palmkohl, mehrere Ananasbaͤume, Orangenbaͤume, 
Citronenbaͤume, Brei-Aepfelbaͤume. 

Das nordoͤſtlich vom ſüdlichen Amerika und füdlich von 
den Antillen gelegene Trinidad iſt feiner Lage wegen eine 
der wichtigſten Kolonien der neuen Welt. Der Meerbuſen 
von Paria, der fie vom feſten Lande ſcheidet, hält dreißig 
Meilen in die Laͤnge und zwanzig in die Breite. Er ſteht 


202 

gegen Norden durch eine bouches du Dragon genannte 
Meerenge mit dem Meere der Inſeln unterm Winde in 
Verbindung, und ſuͤb lich mit dem atlantiſchen Ocean mit⸗ 
telſt des Kanals Soldat. Der Ankerplatz des Golfs iſt 
acht bis fuͤnfzig Klafter tief, und gewaͤhrt den Schiffen zu 
jeder Zeit Sicherheit. | 

Man nimmt hier einen ſehr merklichen Strom in der 
Richtung von Norden nach Suͤden wahr. Zu dieſem ſehr 
fiſchreichen Meerbuſen ergießet ſich der Guarapiche, der 
die fruchtbare Provinz Cumana bewaͤſſert, und den man 
dreißig Meilen mit Fahrzeugen von 150 Tonnen hinauf— 
fahren kann; auch läuft ein Arm des Orinoco hinein, der 
von- Langouſton, dem Hauptort der ſpaniſchen Niederlaſ— 
ſungen an den Ufern dieſes Fluſſes, bis nach St. Tho— 
mas *) ſchiffbar iſt. Im Jahre 1782 wurden die Fahr: 
zeuge hauptſaͤchlich zum Transport von Holz jeder Art, 
von Ochſen, von Mauleſeln, geſalzenem Fiſche und von 
Taſſot *), womit Handel getrieben werden ſollte, beſtimmt. 
Ein Schiffchen, das achtzig Ochſen tragen konnte, ward 
täglich zu 66 Franken vermiethet. Um dieſe Zeit bezahlte 
man den Taſſot, den Centner mit 32 Livres; die Ochſen 
galten an den Ufern des Guarapiche, fünfzig bis ſechszig 
das Stuck. Im Jahre 1805 bezahlte man ſie dagegen nur 
mit 25 bis 30 Livres. 


*) Dieſe ebenfalls St. Thomas de Guyana genannte Stadt 
liegt auf vierzig Meilen über der Muͤndung des Sluffes, 
Länge, nach Humboldt 66° 264; Breite 89 8/ 24/1. 

) D. i. eingefalzenes und an der Sonne getrocknetes 
Ochſenſſeiſch. ö 


203 
Anmerkungen zur Geſchichte, beſonders zu der 
Naturgeſchichte der Inſel Trinidad von 
Sonnini. 

Zu bedauern ſteht es, daß Le Dru das Innere der 
Inſel Trinidad nicht hat bereiſen duͤrfen; unſtreitig wuͤr— 
den wir hiedurch eben ſo genaue und wichtige Nachrichten, 
wie er uͤber die kanariſchen Inſeln mitgetheilt hat, erhal— 
ten haben; ſie haͤtten deſto mehr Werth fuͤr uns haben 
muͤſſen, da wir uͤber Trinidad keine neueren Notizen be— 
ſitzen. Es gibt eine im Jahr 1805 in Liverpool erſchie— 
nene Reiſe nach dieſer Inſel von dem engliſchen Kapitaͤn 
T. M. Cullum; aber dieß Buch iſt nicht ins Franzoͤſiſche 
uͤberſetzt, und nur durch den Auszug, den Hr. Malte: 
Brun in ſeinen Annales des Voyages de la Geographie 
et de l’histoire ) daraus geliefert hat, bekannt. Man 
wird es mir Dank wiſſen, dieſe Nachrichten hier mitzu— 
theilen, da fie zum Theil zu Erläuterungen derer des Hrn. 
Le Dru dienen, die er nicht hat ſammeln koͤnnen. 

5 Hauptſaͤchlich iſt dieſe Schrift gegen den Ge— 
neral Picton gerichtet, und zwar dazu geeignet, den Vor— 
wurf eines empoͤrenden Deſpotismus in feiner Geſchaͤfts⸗ 
fuͤhrung, und der Grauſamkeit bei der Ausuͤbung von Ge— 
rechtigkeit zu begruͤnden, den das Geruͤcht und nachgehends 
die Gerichtshoͤfe dieſem Gouverneur von Trinidad gemacht 
haben. Der Verfaſſer ſelbſt hat durch ein willkuͤhrliches 
Einſperren, und durch ſonſtige üble Behandlung die Wir— 
kung davon empfunden; und vielleicht waͤre ohne dieſen Um— 
ſtand die Beſchreibung ſeiner Reiſe nie ans Licht getreten. 


*) Tom. 4. S. 396 u. f. 


204 


Die Gewaͤſſer des Orinoco, druͤckt ſich Hr. Mac⸗Cullum 
aus, die ſich durch die vier Muͤndungen des Dragon (bocas 
del Drago) verbreiten, machen das Meer zwiſchen Tabago 
und Trinidad ſtets truͤbe, und bringen eine ſo heftige 
Fluth in den Gegenden hervor, welche Trinidad von 
Punta Salina in der Provinz Cumana trennen, daß die 
Schiffe nicht anders als mit einem friſchen guͤnſtigen Winde 
hineinzukommen im Stande find. 

Der Hafen Chaguaran oder Chaguaramus iſt geraͤu⸗ 
mig, ſicher, und bietet einen trefflichen Ankerplatz dar. 
Die Englaͤnder haben dort Schiffswerfte errichtet. 

Puenta de Espanna, der Hauptort der Inſel auf der 
nordoͤſtlichen Kuͤſte des Golfs von Paria hat einen ge— 
mauerten Hafendamm mit einer Batterie wie eine Bar— 
bette, um die weſtliche Seite der Stadt zu ſchuͤtzen; dieſe 
iſt regelmaͤßig, aber an einem ungeſunden Orte angelegt, 
in einer Art von Vertiefung; oͤſtlich und nordoͤſtlich hat 
ſie Berge, und nordweſtlich eine ſumpfige Savanne; die 
Einwohner derſelben gehören faſt zu allen europaͤiſchen Na— 
tionen, beſonders trifft man dort viele Franzoſen. Ueber 
dem Hafen liegt das unnuͤtze Fort Abererombie-tower. 

Die Anhoͤhe, worauf ſich der Ort befindet, iſt ein erlo— 
ſchener Volkan, woran der Krater noch ſichtbar iſt. Im 
Jahre 1803 befanden ſich daſelbſt zwei Regimenter Neger 
in Garniſon, die in den franzöfifchen Kolonien errichtet, 
und von franzoͤſiſchen Offizieren kommandirt wurden. Ich 
hatte Gelegenheit, ihren Character und ihre Einrichtungen 
auf St. Domingo zu kennen, und ſetze kein Vertrauen auf 
ihre Treue; ich wuͤrde den Vorſchlag thun, auf den brit— 
tiſchen Kolonien, die man ihrem Vaterlande ſicher ſtellen 
wollte, Bergſchotten zu vertheilen; dieſe ſind, faſt jedes 


* 

205 

Klima zu ertragen, im Stande, und haben dabei bereits 
großen Hang zum Auswandern. 


Es gibt hier acht Doͤrfer, Arima, Coral, Gayaco, 
Comana, Monteferat, Savana-Grande, Savaneta und 
Siparia, deren Einwohner aus Eingebornen beſtehen. Bei 
der im Jahre 1797 angeſtellten Zahlung rechnete man 
ihrer 1802, naͤmlich 305 Männer, 401 Frauen, 190 Kings 
ben und 186 Maͤdchen. An der Spitze eines jeden Dorfs 
ſteht ein katholiſcher Miſſionarius, der große Gewalt über 
dieſe ſobern, ruhigen und arbeitſamen Indianer ausuͤbt. 


Die Bevoͤlkerung von Trinidad betrug zur Zeit, als 
es die Englaͤnder 1797 eroberten, 16555 Koͤpfe, darunter 
waren 2081 Weiße, 4466 farbige Leute, 10,009 Sklaven. 
Sie hat ſich ſeit der Zeit ſehr vermehrt. Im Februar 
1803 rechnete man 2261 Weiße, nämlich 663 Engländer, 
505 Spanier, 1093 Franzoſen; 1275 farbige Menſchen, 
nämlich 599 Englaͤnder, 1751 Spanier, 2924 Franzoſen 
und 20,464 Neger; das Ganze belief ſich auf 28,000 Köpfe. 


Trinidad iſt ſehr fruchtbar. Herrliche Orangen, Zitro— 
nen, Roſinen obgleich wenig erzielt, und Tamarinden ſind 
die Fruͤchte, welche am beſten fortkommen. Ehemals 
baute man ebenfalls tuͤrkiſchen Weizen in ſo großer Menge, 
um die benachtbarten Inſeln damit zu verſehen; auch gab 
es dort bedeutende Kakao-Anpflanzungen, allein ſeit MAT 
find fie faft gänzlich vernachlaͤßigt. 

Baumwolle wird wenig gebauet, ob fie gleich von vor⸗ 
zuͤglicher Güte iſt; Zucker hingegen mehr; 128,000 Mor— 
gen Land find von der fpanifchen Regierung an Partikuliers 
verpachtet. Der Verfaſſer ſchaͤtzt das ganze in Kultur zu 
ſetzende Land auf 870,400 Morgen. Die Ausfuhr von 


206 
Trinidad für Großbrittanien feit 1799 bis 1802 war 
folgende: a 
Jahre. 
1790 26,728 Centner Zucker. 
1800 : 54,515 5 A 67 Pfund. 
1801 5 69,551 . ki 20 


799 . 104 Gallons Rhum. 
1800 i 3,008 4 6 
1801 5 29, 7 5 
1799 ? 1,898 Centner 43 pfd. Kaffee. 
1800 . 3,018 5 . ; 
1801 . 10,537 ; ; 


1799 13 „403, 290 Pfund N 
1800 e e 
1801 F g i 
Die meiften . von Trinidad ſind Pe Englän- 
dern ſchuldig; es gehet daher der geringſte Theil ihrer 
Produkte direkte nach England; die vereinigten Staaten 
erhalten das meiſte davon; und in dieſer Hinſicht iſt Tri⸗ 
nidad eine eben ſo große Laſt fuͤr das Vaterland als Ka— 
nada, Neuſchottland u. ſ. w. England hat von Kanada 
700,000 Pfd. Sterling Koſten. | 
Nach der Idee des Verfaſſers rührt die große Sterb— 
lichkeit der Europaͤer, wenn ſie nach Trinidad kommen, 
weniger vom Klima als von dem zu haͤufigen Genuß des 
Frauenzimmers und des Getraͤnkes her. Die Neger ſter— 
ben viel an der cachoxia africana, einer in den Werken 
. über die Medicin wenig behandelten Krankheit. Sie faͤngt 
mit einer hohen Melancholie und einem Abſterben der Le— 
bensgeiſter an; eine Folge der Traurigkeit, welche die 
Neger wegen Entfernung aus ihrem Vaterlande, ſo wie 


207 


ber die barbarifche Behandlung empfinden; die ferneren 
Symptomen find ein widernatuͤrlicher Appetit, ein unmaͤ⸗ 
ßiger Hang zu Holz, zu Kalk, zum Schlamm u. ſ. w.; 
eine völlige Abzehrung endigt die Krankheit und die Tage 
dieſer Unglücklichen. 

Vergleicht man den Zuſtand der Sklaven in Hochſchott⸗ 
land und auf den benachtbarten Inſeln mit dem der Skla— 
ven auf dieſer Inſel, ſo findet der Verf. die Lage der letz— 
tern weit ertraͤglicher. Wenn das Gemaͤlde, welches er 
von der Sklaverei in Schottland entwirft, der Wahrheit 
angemeſſen iſt, ſo mag ſeine Behauptung richtig ſeyn. 

Trinidad hat einen Ueberfluß an Subſiſtenzmitteln aus 
dem Thier⸗ und Pflanzenreiche. Zugleich nimmt die Inſel 
an den meiſten uͤbrigen Produkten der beiden Reiche Theil, 
welche die terra firma, der fie gerade gegenüber liegt, 
darbietet. Unter die Quellen des Reichthums muß man 
den auf dem Kap Brea gelegenen See voll Erdpech rech—⸗ 
nen; es iſt dieß ein fuͤnfzig Fuß uͤber dem Meere erha⸗ 
benes Baſſin, von ungefaͤhr drei engliſchen Meilen im 
Umfange, das in einer von volkaniſcher Aſche und Schla— 
cken gebildeten Gegend liegt, und mit Erdpech mehr oder 
weniger tief angefuͤllt iſt. Man trifft auch noch hie und 
dort auf Trinidad Asphalt in fluͤßigem Zuſtande, fo wie 
mehrere warme Quellen in den Umgebungen des Sees. 
Das Erdpech iſt haͤufig mit ein wenig Schwefel gemiſcht, 
und wird mittelſt einer paſſenden Verbindung ſehr gut bei 
Ausbeſſerung der Schiffe gebraucht. 

Die Berge der Inſel, die in drei paralelen Linien von 
Weſten nach Oſten laufen, beſtehen aus thonichtem und 
maͤrgelichtem Schiefer, fie find mit dicken Waldungen be- 
deckt, die zum Schiffbau ſehr paßliches Holz liefern. 

Le Dru Reiſe. I. Bd. O 


208 

Es gibt der ſchiffbaren Fluͤſſe acht auf der Inſel; unter 
dieſen ergießen ſich der Caroni, der Guaracara, der Loura 
und der Siparia in den Golf; der Guataro oder Ottoire, 
der Neg, Lebranche und der Oropuche in den atlantifchen 
Ocean. Der Caroni ſo wie der Quataro ſind auf zwanzig 
engliſche Meilen ſchiffbar, nur die Muͤndung des letztern 
in die Bay Mayaro, uͤbrigens ein guter Ankerplatz, iſt durch 
eine Untiefe verſperrt. In der Zeit, als ſich der Verfaſſer 
dort aufhielt, hatte man das Projekt, den Caroni und 
den Guataro mittelſt eines Kanals zu vereinigen, und 
gegen den Caroni hin Verbindungsgraͤben in der Sa— 
vanne zu eroͤffnen, um die Suͤmpfe derſelben auszutrock— 
nen, damit die Hauptſtadt dadurch geſunder wuͤrde. Zur 
Errichtung neuer Etabliſſements empfiehlt unſer Verf. das 
Thal Rio⸗Grande, und den ſechs engliſche Meilen davon 
gelegenen Fleck Ballaudro. | 

Das Obergericht ift der Cabildo. Es beſteht aus drei— 
zehn Gliedern, die ſich des Montags verſammeln; unter 
dieſen waͤhlt man jaͤhrlich zwei von einander unabhaͤngige 
Richter. Man trifft dort eine Menge Advokaten. (escri- 
vanos, scrives), denen indeß der Verf. keine Lobrede haft. 

Viele Neger befanden ſich zu der Zeit der Zauberei 
wegen angeklagt, im Gefaͤngniß. Man behandelte ſie mit 
großer Grauſamkeit. Dieſen Glauben an Hexerei trifft 
man auf den meiſten ſpaniſchen Kolonien von Amerika und 
ſelbſt auf Cayenne, wenn man Picton's Verſicherung fuͤr 
wahr annehmen darf. Sie ſcheint ſich auf die Gewohnheit 
zu gruͤnden, welche die Neger haben, bei ſich unbedeutende 
Zierrathen, Lumpen, kleine Stuͤckchen Holz, Wurzeln u. 
f. w. zu tragen, die ihnen zum Fetiche, oder zum Gegen— 
ſtand der Anbetung dienen. 


209 


Einige Nachrichten in Betreff des Sees voll Erdpech 
auf der Inſel Trinidad findet man in den transactions de 
la Société lineenne tom. 8. vom Jahre 1789, die fol⸗ 
gendermaßen von den Herausgebern der bibliotheque bri- 
tannique uͤberſetzt find. 


Schreiben an Herrn Tobin. 


St. Vincent den 2. April 1807. f 
Mein Herr! 


Ich habe einen ganzen Tag an den Ufern des Sees 
voll Asphalt (Pitch-lake) von Trinidad zugebracht, um 
ihnen die Proben, die ſie wuͤnſchen, zu verſchaffen. Sie 
find auf dem Schiffe Isle de L'union in zwei Faͤßchen 
eingeſchifft, und ich hoffe, ſie werden in gutem Zuſtande an— 
kommen. In dem einen befindet ſich eine Auswahl von 
Kieſelſteinen, laͤngs dem flachen Ufer aufgenommen, in— 
dem man uͤber den Ankerplatz hinaufgeht; ich habe Stuͤcke 
von den Felſen der Kuͤſte hinzugefuͤgt, die zum Theil tiefer 
als der mittlere Meeresſtand lagen, und zum Theil aber 
auch hoͤher; alles ſcheint indeß von derſelben Natur als 
das Baſſin des Sees zu ſeyn. In dem andern Faͤßchen 
befindet ſich in getrennten Paketen erſtlich eine Art gekohl— 
ten Pechs, das man in großer Menge an den Ufern des 
Sees antrifft; zweitens, hartes aus einem Theil des 
Seeufers gezogenes Pech; drittens, aus dem See ſelbſt 
geſchoͤpftes Pech; viertens, die naͤmliche aus dem Krater 
eines ſehr kleinen Huͤgels gezogene Subſtanz, der ſich un— 
gefaͤhr zwei Fuß uͤber den ihn umgebenden Boden erhebt, 
und ungefaͤhr hundert Ruthen vom See entfernt iſt. Dieſe 

5 O 2 | 


210 


Materie hat ein weit friſcheres Anſehen, und als wäre 
ſie erſt Abends zuvor hervorgequollen; ſie machte unge— 
faͤhr die Haͤlfte der ganzen in dieſem Krater enthaltenen 
Quantitaͤt aus. 

Dieſer See liegt ungefaͤhr eine Meile vom Golf auf 
einer wohl achtzig bis hundert Fuß uͤber der Meeresflaͤche 
erhabenen Anhoͤhe, an allen Seiten iſt er mit ſehr hohen 
Holzungen umgeben, außer da, wo die Baͤume gefaͤllt ſind, 
um dem Zuckerrohr Platz zu machen. An dieſen Stellen 
hat man den Boden aͤußerſt fruchtbar gefunden; das iſt 
der hoͤchſte Theil in dieſer Gegend der Inſel. Der See 
hat ungefaͤhr die Breite einer Meile, er wird von allen 
Seiten von Baͤchen, die ein klares Waſſer haben, worin 
ſich viele kleine Fiſche befinden, durchſchnitten. An vielen 
Stellen und gegen die Mitte des Sees auf einem feſten 
mineraliſchen Pech trifft man mehrere Arten von Inſeln, 
worauf Pflanzen und Stauden von verſchiedenen Gattun— 
gen wachſen, unter andern die wilde Ananas in großem 
Ueberfiuß. Ich habe Herrn Edwards in England mehrere 
Pflanzen davon zugeſandt; er hatte mich namlich darum 
erſucht. Der Rand dieſer Baͤche hat die Geſtalt von halb 
cylindriſchen Wuͤlſten, und am Grunde ſind ſie geſpalten. 
Die Tiefe des Waſſers wechſelt von zwei bis zu zehn Fuß, 
und die Kanäle aͤndern ſich beſtaͤndig; der, welcher heute 
acht bis zehn Fuß Tiefe hatte, wird vielleicht morgen an— 
gefuͤllt ſeyn, und andere oͤffnen ſich dagegen wieder da, 
wo man nur eine feſte Maſſe von Pech wahrnahm. Nach 
dieſen Abwechslungen hat es das Anſehen, als ruhe das 
Pech ſelbſt auf einer Maſſe Waſſer; ich habe indeß kein 
Datum uͤber ſeine Dicke. Es ſcheint mir aber deutlich, 
daß dieſe Materie der Wirkung eines unterirdiſchen Feuers 


211 


ihr Daſeyn verdankt. Man hat mir geſagt, die in Hin: 
ſicht auf den See unterm Winde gelegenen Theile der In— 
ſel, waͤren ſehr reich an Steinkohlen; indeß habe ich nie 
erfahren koͤnnen, bis wohin ſich die Adern von der Seite 
des Sees erſtrecken, auch iſt mir nie eine Probe von dem 
aus dieſem Flecken gezogenen brennbaren Stoffe zu Ge— 
ſicht gekommen. ö 

Dr. Anderſon, Direktor des botaniſchen Gartens von 
St. Vincent, der mich bei dieſer Gelegenheit begleitete, 
hat den See vor ungefaͤhr 20 Jahren beſchrieben, und 
ſeine Schrift iſt in einer periodiſchen Sammlung bekannt 
gemacht. Ich glaube nicht, daß eine andere Beſchreibung 
erſchienen ſey. 

Um dieß mineraliſche Pech gebrauchen zu koͤnnen, muß 
man es nur mit einem Zehentel 8 Gewichts mit Oel 
oder Talg kochen laſſen. 

Ich bin u. ſ. w. 
S. Span. 


Schreiben des Hrn. Tobin an Hrn. Hatchett, 
indem er ihm das Vorgehende ſendet. 


Mein Herr! 


Hieneben habe ich die Ehre, Ihnen den Brief eines 
Freundes zu ſenden, der eine bedeutende Menge Laͤndereien 
auf der Inſel Trinidad kaͤuflich an ſich gebracht hat. Er 
wird Ihnen einen ziemlich genauen Begriff von dem ſon⸗ 
derbaren Fleck geben, den die engliſchen Bewohner dieſer 
großen koſtbaren Inſel, den Asphaltſee genannt haben. 
Ich fuͤge einige Proben von dem in dem Briefe angegebe— 


212 

nen bezeichneten mineraliſchen Harze hinzu. Aus dem 
intereſſanten Memoir, womit Sie den vierten Band der 
Linne'ſchen Transaktionen bereichert, ſehe ich, daß Sie 
ſich beſonders mit Unterſuchungen in dieſem Zweige der 
Mineralogie befchäftist haben, und dieß veranlaßt mich 
in dieſem Falle an Sie zu wenden. 

Ich bin fern davon, uͤber die Frage abſprechen zu wol— 
len, ob alle erdpechartige Subſtanzen ihren Urſprung aus 
organiſchen Koͤrpern ſowohl der Thiere als der Pflanzen 
ziehen; indeß zweifle ich nicht, daß die Entdeckung einer 
ſo bedeutenden Maſſe von erdpechartigem Stoff in einer 
beim Aequator ſo nahe gelegenen Gegend nicht dazu bei— 
trage, einſt einiges Licht uͤber eine Frage zu verbreiten, 
deren Wichtigkeit von allen Naturforſchern anerkannt iſt. 

Die ferneren Nachrichten, die ich uͤber dieſe Gegen— 


ſtaͤnde geſammelt, belehren mich, daß dieſer See (wie man 


ihn nennt) drei bis vier Meilen im Umfang hat; daß das 
Waſſer darin in Geſtalt von kleinen Teichen und Baͤchen 
vertheilt iſt; daß der ganze Boden umher bis zu einer un— 
beſtimmten Entfernung auf einer Lage von derſelben erd— 
pechartigen Subſtanz ruhet, die wieder ein oder zwei 
Fuß hoch mit guter vegetabiliſcher Erde bedeckt iſt, unter 
welcher dieſe Lage dann von dem See bis ans Meer fort— 
laͤuft, naͤmlich an einigen Stellen auf die Entfernung einer 
halben Meile, und daß fie ſich ſelbſt unter dem Wogeſtand 
des Oceans bis auf eine unbekannte Weite erſtreckt; daß 
die Felſen, die längs dieſem Theil des Golfs fortlaufen, 
und an einigen Orten lothrecht fünfzig bis hundert Fuß 
abgeſchnitten find, ganzlich aus dieſem erdpechartigen ſehr 
harten, feſten und mit einer nicht gleich dicken Erdkruſte 
uͤberzogenen Mineral beſtehen; daß, obgleich die im Lande 


— 


213 


allgemein herrſchende Meinung dieſer außerordentlich gro— 
ßen Maſſe Erdpech einen volkaniſchen Urſprung zuſchreibt, 
man dennoch in dem ganzen Umfang des Sees gar keine 
Spur von Hitze gewahr wird, ſelbſt nicht in den kleinen 
Hoͤhlen, die uneigentlich Kraters genannt werden, und 
woraus dieſe Materie neuerlich in die Hoͤhe getrieben zu 
ſeyn ſcheint. Endlich iſt in den Proben, die ich bis jetzt 
erhalten habe, nichts, das Laven oder Schlacken aͤhn— 
lich waͤre. 

Bis indeſſen die Naturforſcher im Stande ſeyn werden, 
dieſes merkwuͤrdige Phaͤnomen genauer zu ünterſuchen, 
habe ich geglaubt, dieſe erſten Nachrichten wuͤrden fuͤr Sie 
einiges Intereſſe haben. 

Ich bin u. ſ. w. 55 

Tobin. 


nenden des Herrn Hatchett uͤber das 
Vorhergehende. 


Aus den eben angefuͤhrten und den uͤber den naͤmlichen 
Gegenſtand bekannt gemachten genauen Nachrichten des 
Dr. Anderſon “) geht hervor, daß der unter dem Namen 
Pitch oder Tar-lake bekannte, von den Franzoſen La 
Bray genannte See voll Erdpech von ziemlichem Umfange 
iſt, und wir die Tiefe deſſelben nicht kennen. Es ſcheint 
ferner, daß die allgemeine Maſſe der Materie, welche die— 
ſen See bildet, bis dahin fuͤr ein minder oder mehr hart 
gewordenes Erdpech angeſehen worden iſt. Indeſſen be— 


*) Philos. transactions. 1789. 


214 


merkt der Dr. Anderſon, daß, ob er zwar auf der Ober- 
fläche der Materie ohne Beil keinen Eindruck habe machen 
koͤnnen, er ſie in der Tiefe eines Fußes weicher fand, und 
daß ſie in den kleinen Oeffnungen eine Art Oel enthielt. 
Dieſe Härte ſcheint wirklich weit groͤßer, als die von den 
reinen und harten Erdpechen, die man gewoͤhnlich antrifft; 
fie fuhrt natürlich zu der Vermuthung, Der größte Theil 
der erdpechartigen Maſſe von Trinidad ſey nicht, ſo wie 
man es angenommen hat, bloß mineraliſches Erdharz 
oder Asphalt. 


5 Bei der Unterſuchung der mir von Hrn. Tobin zuge— 

ſandten Proben habe ich ſie meiſtens ſehr hart, und ſchwer 
zu zerbrechen gefunden. Am Bruch bemerkt man weder 
den Glanz noch das Muſchelfoͤrmige, die an dem der ges 
woͤhnlichen Erdharze wahrzunehmen ſind. Die unter den 
Proben, welche ſich leicht zerbrechen laſſen, haben noch 
weniger den Charakter von reinem Erdharz, denn ſie ſind 
im Bruch erdigt, und haben Aehnlichkeit mit gewiſſen wei— 
chen eiſenhaltigen Thonſteinen. 


Die ſpeciſiſche Schwere dieſer Proben uͤbertrifft auch 
bei Weitem die des nicht vermiſchten Erdpechs. Es wird 
genuͤgen, zwei Beiſpiele davon anzufuͤhren. Die fpecififche 
Schwere des feſten dunkelbraunen Erdpechs von Trinidad 
iſt = 1,744, der Temperatur von b 5“ Fr. (14% R.) und 
die der einen blaßbraunen, der erdigten Proben = 1,336, 
während das ſpecifiſche Gewicht des Asphalts nur 1,023 
bis 1,104 oder 1,165 beträgt. Nimmt man die Zahl 1,104 
als die mittlere Denfität des Asphalts an, fo waͤre der 
Unterſchied zwiſchen dieſer reinen Subſtanz und der erſten 
der beiden Erdharze von Trinidad = 0,640, und zwiſchen 


0 


213 


dieſem naͤmlichen reinen Asphalt und dem zweiten dieſer 
Erdharze = 0,232. 


Aber unter den vermiſchten oder unreinen Erdpechen 
gibts wenige, deren ſpecifiſches Gewicht dem des Erdhar— 
zes von Trinidad gleich kommt; die der dichteſten der von 
Herrn Kirwan angeführten Steinkohle iſt & 1,426. Er 
erwaͤhnt wirklich einer falſchen Steinkohle, deren ſpecifiſches 
Gewicht er zwiſchen 1,500 und 1,600 angibt; auch redet 
er von einem Erdpech, deſſen ſpecifiſche Schwere 2,070 be- 
betraͤgt; letzteres iſt aber nach der Beſchreibung des Ver— 
faſſers offenbar ein mit Erdpech geſchwaͤngerter Kalkſtein; 
denn eine von ihm mit einem Stuͤcke angeſtellte Unterſu— 
chung gab nur vierzehn von von erdharziger Materie, das 
übrige war gemeiner Kalkſtein“) Die außerordentliche Härte, 
ſo wie die meiſten der äußern Charaktere von den an Hrn. 
Tobin geſandten Proben ließen mich glauben, ſie beſtuͤnden 
nicht lediglich aus mineraliſchem Erdpech, nicht als ob 
ich keine aus Trinidad geſehen haͤtte, bei denen man nicht 
alle Abſtufungen vom Bergoͤl bis zum Asphalt vorfand; 
aber die Proben waren verſchieden, und ich glaubte, ſie 
deßhalb einer chemiſchen Unterſuchung unterwerfen zu muͤſſen. 


Als ich zur Deſtillation der feſten dunkelbraunen Va—⸗ 
rietät in einer glühenden Retorte ſchritt, behielten die 
Stuͤcke ihre Figur, und ſelbſt dann noch, wie man ſie in 
einem Schmelztiegel bei offenem Feuer gluͤhend erhielt. 
Mittelſt dieſer Proceduren verlor ein Stuͤck, das gewoͤhnlich 
250 Gran wog, 81 Gran ſeines Gewichts — 32,40 von 
Ss: in faſt reinem Erdharz; ein Stuͤck der erdigten blaß— 


) Elemens de Mineralogie tom. 2. 


216 


braunen Varietaͤt verlor 1 Gran an 250 — 36,40 von 83 
ſo daß das erſte ein Reſiduum zuruͤckließ, welches 169 wog, 
und das zweite eins von 159. Dieß Reſiduum von ſteinig— 
ter Konſiſtenz war ſehr loͤcherig, und zerbrach leicht am 
offenen Feuer, und erhielt ein okerhaftes Anſehen; indeß 
behielt es innerlich eine ſchwarze Farbe in Verhältniß zu 
der Kohle, die bei der Zerſetzung eines Theils des Erd— 
harzes herauskam. Der Stein ſchien in beiden Faͤllen der 
naͤmliche, nur war der, welcher aus der erſten Varietaͤt 
kam, feſter; in hundert Theilen waren enthalten: 


an Kieſel — — 60, 
Allaun — — 19, 
⸗Eiſen⸗Oxide — — 10, 


= Kohle (nach Schaͤtzung) ıı, 
100. 


Ich habe dieſe Zerlegung nicht wiederholt, und bin 
daher außer Stand, zu behaupten, die Verhaͤltniſſe zwi— 
ſchen dem Allaun und dem Eiſen-Oxyde ſeyen genau; in— 
deß koͤmmt es in dieſem Falle auf die Genauigkeit nicht 
fo ſehr an, indem nur im Allgemeinen die Rede davon iſt, 
die Natur dieſer Zuſammenſetzung darzuthun. Bis jetzt 
habe ich nicht die geringſte Spur von Kalk entdecken koͤn— 
nen; ſo daß ſich folglich das mit Kalk geſchwaͤngerte Erd— 
pech voͤllig von den bituminoͤſen Kalkſteinen und andern 
ähnlichen bis jetzt dekannten Subſtanzen unterſcheidet. 


Aber die wahren aͤußeren Charaktere dieſes Steines 
muͤſſen ungewiß bleiben, bis man Proben erhalten hat, 
die entweder von Erdpech frei, oder nur zum Theil damit 
geſchwaͤngert ſind; ich nage indeß die Muthmaſſung, daß 
dieſer Stein von der Naur desjenigen iſt, den man in 


217 


der Auvergne mit Erdpech vereinigt findet, und den Hr. 
v. Born eine graͤuliche feſte Lava genannt hat ). 

Die Analyſe deſſen, was noch von der ſteinigten Maſſe 
uͤbrig bleibt, nachdem das Erdharz davon getrennt iſt, 
ſtimmt mit der Natur des Bodens der Inſel uͤberein. 
Der Doktor Anderſon belehrt uns, das Erdreich in den 
Umgebungen des Sees Bray beſtehe aus verbrannter Erde, 
und man finde dort derbe thonichte Erden; auch fagt er 
am Ende derſelben Seite: er habe nach angeſtellter Unter- 
ſuchung gefunden, die ganze Inſel ſey mit thonichter Erde 
verſehen, ſowohl in ihrem urſpruͤnglichen Zuſtand (worun— 
ter er wahrſcheinlich den gewoͤhnlichen Thon verſteht), als 
auch in ihren verſchiedenen Verwandlungen. Die Baſen 
der Berge beſtehen aus Thonſchiefer oder talemu litho- 
marga des Wallerius. Bekanntlich herrſcht der Kieſel in 
allen Steinen von thonigter Art; der mit Erdpech ge— 
ſchwaͤngerte Stein, wovon hier die Rede iſt, gehoͤrt offen— 
bar zu dieſer Gattung, ſo daß er ſich bis zu einem ge— 
wiſſen Punkt der Natur der erdharzigen Schiefer nähert, 
aber nicht dem Gewebe nach. Es iſt indeſſen zu bemerken, 
daß in den feſteſten Proben dieſer Subſtanz das Erdpech 
ſo voͤllig den Charakter dieſes Steins verhuͤllt, daß man 
ihn leicht fuͤr eine Varietaͤt eines zweideutigen Asphalts 
nehmen kann, wovon es mehrere Beiſpiele gibt. 

Bereits habe ich erwaͤhnt, mehrere aus Trinidad ge— 
kommene Proben geſehen zu haben, woran alle Abſtuffun⸗ 
gen zwiſchen dem Bergoͤl und dem Asphalt wahrzunehmen 
waren: und nach der Beſchreibung des Doktors Anderſon 


) Cataloque de la Collection des Fossiles de Mademoiselle 
de Raab tom. 2. 


218 


trifft man dort an mehreren Orten das fluͤßige Erdpech 
oder Steinoͤl an ); allein dieſe Materie, fo wie der reine 
Asphalt wird wahrſcheinlich nur in gewiſſen Spalten oder 
Höhlen gefunden: denn nach den mir zugekommenen Pro— 
ben darf man annehmen, daß ein großer Theil der Maſſe, 
die man bis jetzt für mineraliſches Erdpech oder reinen As— 
phalt gehalten hat, nur loͤchericher Stein von thonigter 
Art ſtark mit Erdharz geſchwaͤngert iſt. 

Ich habe das Reſultat meiner Unterſuchungen Hrn. To- 
bin mitgetheilt, der mir geantwortet, er glaube vielmehr, 
die unterſuchte Subſtanz ſey kein reines Erdpech, weil er ver— 
nommen, man bediene ſich derſelben zu den Straßen, und 
weil ſie die Sonnenhitze unter den Tropen aushalten koͤn— 
nen, ohne bedeutend davon weich zu werden. 


) Außer in dem See, wo die bituminoͤſe Materie in fo 
feſtem Zuſtande iſt, findet man ſie auch fluͤßig hie und da 
in den Holzungen; ſo wie zwanzig Meilen vom See zwei 
Zoll dick in runden Loͤchern von drei bis 4 Zoll im Durch— 
meſſer, und oft in Riſſen. Dieſe iſt ſtets fluͤßig, und 
der theerartige Geruch iſt ſtaͤrker als der des hart gewor— 

denen Erdpechs. Sie ſetzt ſich an alles feſt an, was ſie 
beruͤhrt, und man kann die Finger nicht anders davon 
losmachen, als wenn man ſie mit Fett reibt. 


219 
Vierfuͤßige Thiere. 


Unter den vierfuͤßigen Thieren, welche auf der Inſel 
Trinidad exiſtiren, nennt Hr. Le Dru die roͤthlichte Alouate, 
oder den heulenden Affen (simia seniculus) zuerſt. Dieß 
Thier iſt eins der außerordentlichſten des füdlichen Amerika, 
weniger wegen ſeiner Formen als des Laͤrmens wegen, 
den es macht. Es iſt dieß nämlich eine Art Geheul, wel— 
ches man auf große Diſtanzen wahrnimmt, das eine 
knochigte Trommel hervorbringt, die von dem Haupttheil 
des Zungenbeins gebildet wird, und ſich zwiſchen den 
Schenkeln der untern Kinnlade befindet. Dieſe Affenart 
lebt truppweiſe mitten in Waldungen, die dann von ihrem 
Geheul wiederhallen. Ihre Zuneigung, ihre Beduͤrfniſſe, 
ihren Zorn, ſelbſt ihre Liebe druͤcken fie durch ein furcht— 
bares Konzert von unharmoniſchen Toͤnen aus, die wirk— 
lich grauſend klingen, wenn man nicht weiß, daß ſie von 
dieſen fruchtfreſſenden und mehr laͤrmenden als gefaͤhrli— 
chen Thieren kommen. Der Reiſende, daran gewoͤhnt, 
die einſamen Gegenden zu durchlaufen, welche Alouates 
mit ihrem Geſchrei anfuͤllen, freuet ſich, ihr entfeglicheg 
Konzert zu hoͤren; er wuͤrde davor ſchaudern, wuͤßte er 
nicht, daß ihm dieß eine leichte Beute ankuͤndigte, die 
eben ſo gut ſeinen Geſchmack als ſeinen Appetit befriedigt. 
Wirklich ſind die Alouates nicht ſehr wild, und ihr Fleiſch 
iſt gut zum Eſſen. Man kennt ſie in dem Franzoͤſiſchen 
Guiana, unter der Benennung der rothen Affen, nichts 
deſto weniger ſind ſie doch eher rothgelb als roth. Ihr 
Kopf iſt pyramidenmaͤßig geformt, ihr Geſicht platt, und 
ihr Schwanz ungemein lang und greifend, d. h. er dient 
ihnen dazu, ſich aufzuhaͤngen und damit zu faſſen, als 


220 


hätten fie eine fünfte Hand; kurz, die Alouate iſt ein eben 
fo ſcheußliches, als auf eine gräßliche Art ſchreiendes Thier. 

Ein zwar nicht ſo laͤrmendes, dagegen aber weit gefaͤhrli— 
cheres Thier, als die Alouate, iſt die Art Tigerkatze, welche 
Buffon unter dem Namen der Jaguar von Neuſpanien, 
und vor Kurzem Hr. d'Azara unter der Benennung Chibig— 
nazou, wie fie in Paraguay heißt, beſchreibt. Dieſe Ti- 
gerkatze, welche von dem Ocelot (felis pardalis. L.) nicht 
verſchieden zu ſeyn ſcheint, naͤhrt ſich gewoͤhnlich von klei— 
nen Quadrupeden, Voͤgeln und kriechenden Thieren. Nicht 
weit von jedem Ohre, in dem Zwiſchenraum, der beide 
von einander trennt, ſieht man einen ſchwarzen Guͤrtel ent— 
ſtehen, der bis an die Augenlinie laͤuft; zwiſchen dieſen 
Streifen und dem des andern Ohrs gibt es ſchwarze Um— 
riſſe; von dem Nacken laufen vier ſchwarze Streifen, die 
ſich bis auf den Hals hin erſtrecken, und auf der Schulter 
erblickt man kleine ſchwarze unregelmaͤßige Flecke. Von 
dort bis an den Schwanz finden ſich an dem Ober⸗ 
theil des Koͤrpers zwei ſchwarze fortlaufende Streifen. 
Uebrigens iſt der Grund des Oberleibes roͤthlich weiß; 
aber an jeder Seite erblickt man eine Reihe von einander 
geſchiedener Flecken, die von der Mitte des Koͤrpers an 
bis gegen den Schwanz hin im Mitteltheil leer ſind, ſo 
daß ſie ſchwarzen Gliedern einer Kette gleichen. Derglei— 
chen Glieder füllen den übrigen Theil der Seiten des Koͤr— 
pers, der eine hellere Farbe zum Grunde hat ). 


*) Voyage dans l’Amerique meridionale par Don Felix de 
Azara; publié d’apres les Manuseripts de P'auteur par 
Walcknaer ete. Paris 1809. ches Dentu. 

Hr. Waldnaer fügt in einer Note hinzu, die Chibig— 


221 


Die Art von Hirſchen mit kurzen Fuͤßen, welche in den 
Savannen von Trinidad lebt, iſt wahrſcheinlich die Ma- 
zame, oder die der Savannen des franzoͤſiſchen Guiana, 
der Gonazouti von Paraguai (cervus mexicanus. L.) Sie 
hat ein braunroͤthlichtes Haar an den Obertheilen, ein 
hellweißes an den untern. | j 

In den füdlichen Klimaten von Amerika, wo man das 
Kaninchen nicht antrifft, ſcheint der Agouti oder Acouti 
(cavia aguti. F.) deren Stelle einzunehmen; er hat einige 
Aehnlichkeit in Anſehung der Bildung und der Gewohnhei— 
ten mit dem europaͤiſchen Kaninchen; aber außer mehreren 
andern Unaͤhnlichkeiten hat ſein Pelzwerk nicht das Sanfte 
von dem des Kaninchen; ſein Haar iſt lang und eben ſo 
hart als Schweinsborſten; ſeine Farbe iſt im Allgemeinen 
braun und rothgelb gemiſcht; der Bauch hellgelb und die 
Fuͤße ſind ſchwarz. Der Agouti hat fuͤnf Zehen an den 
Vorder- und nur drei an den Hinterfuͤßen. Seine Ober— 
lippe iſt geſpalten gerade wie die eines Haſen, und ſeine 
Schneidezaͤhne fo geſtellt, wie die der übrigen nagenden 
Thiere, ſind orangegelb; ſein gewoͤhnliches Geſchrei iſt ein 
ſchwaches Grunzen, allein fein Locken eine Art Pfeifen; die 
Jaͤger verſtehen es nachzuahmen, um das Thierchen an ſich 
zu ziehen. Es iſt das gewoͤhnlichſte Wildpret, und eines der 
beſten der ſuͤdlichen Gegenden der neuen Welt; und da 
es am leichteſten aufzureiben ſteht, ſo hat ſeine Gattung 
auch durchgehends, wo ſich viele Menſchen finden, ſehr 
abgenommen. 


nazou habe, gleich der gewöhnlichen Katze eine laͤnglichte 
Pupille des Auges, und keine runde, wie die Loͤwen, 
die Tiger, die Panther, die Jaguars u. ſ. w. 


222 


Ein dem Agouti ſehr nahe ſtehendes vierfuͤßiges Thier, 
deſſen Le Dru nicht erwähnt, das aber faſt an allen den 
Orten exiſtirt, wo der Agouti lebt, iſt das, welches die 
Eingebornen von Guiana Akouchi nennen. Es kommt bei 
Weitem nicht ſo häufig vor als der Agouti; es iſt etwas 
kleiner, ſein Koͤrper duͤnner, ſein Haar eee ſo 5 
auch ſein Schwanz. 


Man hat den Namen Moſchusratze mehreren nagenden 
Quadrupeden beigelegt, die einen ſtarken Moſchusgeruch 
verbreiten. Die, deren Le Dru erwaͤhnt, iſt der Pilort 
oder die Moſchusratze der Antillen (mus pilorides. Erx- 
leb.). Sie iſt faſt von der Groͤße des Kaninchen, und 
gräbt ſich auch eine Grube in die Erde. Am Körper iſt fie 
ſchwaͤrzlich, unterm Bauch weiß. Der Pilori iſt von der 
Moſchusratze von Afrika und der Inſel Ceylon verſchia⸗ 
den; ich bringe hier dieſe Bemerkung nur deßhalb bei, 
weil ein großer Naturforſcher fie zu verwechſeln ſcheint ). 


Der Pak oder Paka (cavia paca. L.) gehört zu demſel— 
ben Geſchlecht als der Agouti, und er wuͤrde ein eben ſo 
gutes Wild abgeben, wenn ſein ſehr ſchmackhaftes Fleiſch 
nicht zu fett waͤre. Man findet ihn nicht uͤber dem Zoten 
Grade ſuͤdlicher Breite; er lebt in feuchten Waldungen 
und nicht weit vom Waſſer, frißt nur des Nachts, und 
naͤhrt ſich von wilden Fruͤchten. In Anſehung der Größe 
naͤhert er ſich einem kleinen Schweine, ſo wie dieß hat er 
auch das Grunzen und die Gewohnheit, die Erde mit ſei— 
ner breiten Naſe aufzuwuͤhlen. Er iſt mit rauhem Haar 


* 
) Pallas, novae species quadrupedum e glirium ordine. 
P. 91. 5. VI. 


223 


dedeckt, oberwaͤrts ſchwarz, unten weiß, die Seiten des 
Koͤrpers ſind mit weißen Guͤrteln und Flecken bezeichnet. 


Die Arten der Tatous (dasypus) waren nach der Zahl 
der Guͤrtel unterſchieden, woraus ihr Kuͤras zuſammenge— 
ſetzt iſt. Dieſe Abtheilung haben die Naturforſcher durch— 
gaͤngig befolgt; allein ein guter Beobachter belehrt uns, 
daß dieſer bis jetzt als weſentlich und entſcheidend ange— 
ſehene Charakter von gar keiner Wichtigkeit ſey, weil ver— 
ſchiedene Arten Tatous dieſelbe Anzahl von Guͤrteln haben, 
und die Zahl dieſer Guͤrtel ſelbſt in der naͤmlichen Gattung 
verſchieden iſt “). Die von Hrn. Le Dru angeführte Art, 
welcher Buffon den Namen Cachicame beilegt, gewaͤhrt uns 
einen neuen Beweis von der Richtigkeit der Beobachtun— 
gen des Hrn. von Azara. Man trifft wirklich Individuen 
dieſer Art an, die eine knochichte aus neun Guͤrteln be— 
ſtehende Huͤlle haben; andere, woran man ſieben oder nur 
gar ſechs wahrnimmt; auch iſt die ſpecifiſche Benennung 
dieſes Tatou in den Nomenklaturwerken verſchieden, in— 
dem es zu Zeiten durch das Beiwort septem cinctus, 
bald durch das von novem cinctus bezeichnet wird. 


Die Tatous bilden ein beſonderes Geſchlecht von Qua— 
drupeden in der ſuͤdlichen neuen Welt. Die hervorſtechend— 
ſten Charaktere ihrer Bildung ſind, daß ſie keine Hunds— 
zaͤhne und einen knochigen glänzenden Kuͤras haben, der 
den Kopf, den Ruͤcken, die Seiten des Koͤrpers, das 
Kreuz und den Schwanz bedeckt. Vier oder fuͤnf lange 
gebogene Naͤgel enden die Zehen, und die Beine ſind un— 
gemein kurz. 


*) v. Azara's vorher angefuͤhrtes Werk tom. II. 
Le Dru Reiſe. 1. Bd. P 


224 ä 
Hr. von Azara nennt den Cachicame den ſchwarzen Ta— 
tou wegen der Farbe der Schuppen. Das Hauptſchild der 
Schultern, druͤckt ſich dieſer Reiſende aus, beſteht aus 
zweien Arten kleinen Schuppen; die groͤßten ſind faſt oval 
und zwei eine halbe Linie lang, und erheben ſich ein wenig 
über die übrigen. Die Intervallen, welche dieſe großen 
Schuppen trennen, ſo wie der Mitteltheil zwiſchen den 
Reihen, find mit kleinen ausgefuͤllt. Das Hauptſchild des 
Kreuzes gleicht dem erſteren, und beide haben viele Aehn⸗ 
lichkeit mit den Guͤrteln des Rumpfes mittelſt des Ran— 
des, der ihnen zunaͤchſt liegt. Letztere beſtehen aus großen 
dreieckigen Schuppen, deren Baſen einander entgegen ſte— 
hen. Die Bedeckung der Stirne iſt unregelmaͤßig, und 
aus großen Stuͤcken gebildet, die aber nicht von Weitem 
der Feſtigkeit des groͤßten Theils der uͤbrigen Arten glei— 
chen. Er hat einen weit kleineren wie einen Ruͤſſel geforms 
ten Kopf, hoͤhere Ohren, und im Ganzen zwei und drei— 
ßig Backenzaͤhne. Er iſt auch dadurch darin verſchieden ’ 
daß er nur vier Zehen an den Vorderpfoten, und weit 
kleinere Klauen hat; auch find die Hinterpfoten weit hoͤ— 
her; ſein Koͤrper iſt weit abgerundeter; außer den Bruͤ— 
ſten auf den Bruſtmuskeln hat er noch ein anderes Paar 
zwei Zoll von der Gebaͤhrmutter. Das Glied iſt in ſeinem 
unthätigen Zuſtande einen und einen halben Zoll lang, und 
endigt ſich mit zwei Glandeln, die in der Mitte ein kleines 
vier Linien langes Glied haben. Alle dieſe Schuppen ſind 
ſchwarz. Die Zahl der Ruͤckenguͤrtel iſt ſehr verſchieden, 
nämlich von ſechs bis neun einſchließlich “). 


*) Voyage dans l’Amerique meridionale tom. II. S. 346. 


225 


Ich habe die ganze Beſchreibung, welche der fparlifche 
Reiſende vom Cachicame macht, hier beigebracht, denn 
niemand hat uns die Tatous genauer kennen gelehrt. Ue— 
brigens haben dieſe Thiere, welche man als den Uebergang 
der Quadrupeden zu den Schaalthieren anſehen kann, ge— 
ſundes Fleiſch, das eben ſo ſchmackhaft als das der krie— 
chenden iſt. 

Wahrſcheinlich ernaͤhren die Inſel Trinidad, ſo wie die 
uͤbrigen mittaͤglichen Gegenden von Amerika noch an— 
dere Arten Tatous. 

Das europaͤiſche Stachelſchwein, histrix cristata, eriftirt 
aber nicht auf dieſer Inſel; das zu derſelben Familie, aber 
nicht zu dem naͤmlichen Geſchlecht gehoͤrige Thier, der 
Coendu (Bistrix prehensilis. L.), findet ſich dort; es 
hat einen ſehr langen und faſſenden Schwanz; dieſes Cha- 
rakteriſtiſche entfernt ihn vom Stachelſchwein, das einen 
ungemein kurzen und nachgiebigen Schwanz hat. Er iſt 
auch noch durch den Mangel eines Schopfes auf dem 
Kopfe, durch kleinere Proportionen, durch weit kuͤrzere 
Stacheln, und zumal durch entgegen geſetzte Gewohnheiten 
davon verſchieden. Der Coenda frißt kleinere Thiere als 
jenes, klettert auf die Baͤume, um Voͤgel zu fangen, ſchlaͤft 
am Tage, und geht des Nachts auf den Fang aus. 

Die Stacheln, welche den Kopf und den Körper des 
Coendou bedecken, haben drei verſchiedene Farben: auf 
dem erſten Drittel der Länge find fie gelb, ſchwaͤrzlich in 
der Mitte, und weiß an der Spitze. Die Vertheidiger der 
Endurſachen werden ſicher dieſe Art Bewaffnung des 
Coendu der Sorgfalt der Natur zuſchreiben, welche den 
Thieren dieſer Art Schutz gegen jeden Angriff verliehen, 
und ſie ſelbſt in Vertheidigungsſtand geſetzt, indem ſie ihnen 

P 2 


226 
Vertheidigungs— und Angriffswaffen gegeben hat. Was 
fuͤr ein großes Intereſſe kann man indeß bei der Natur 
zur Erhaltung der Coendous annehmen, waͤhrend ſie allen 
Gefahren von Nacktheit und außerordentlicher Schwäche 
eine Menge anderer Thiere bloß ſtellt, deren Exiſtenz und 
Erhaltung ihr wohl eben ſo theuer zu ſeyn ſcheinen? Mir 
kommts vor, es ſey vernuͤnftiger, und den großen Abſich— 
ten der Natur angemeſſener, zu glauben, ſie habe bei der 
ungeheuren Menge ihrer Weſenſchaffungen alle Formen, 
alle nur denkbare Züge erfchöpft, und unſern Augen alle 
Proben ihrer unerſchoͤpflichen Fruchtbarkeit vorgelegt. 

Gibts wohl etwas Seltſameres, als daß diejenigen 
vierfuͤßigen Thiere, deren Gang doch bei weitem lang— 
ſamer als der der Schildkroͤten iſt, ihnen den Namen des 
Faulthieres zuwege gebracht hat? Sie haben matte Au— 
gen, und eine ſtumpfſinnige Phyſiognomie, ein ſehr rauhes 
Pelzwerk, zwei Zehen an den Vorder- und drei an den 
Hinterfuͤßen, zuſammen mit ſtarken langen krummen Naͤ— 
geln bewaffnet, ſechs und vierzig Rippen, Maͤgen von mies 
derkaͤuenden Thieren, endlich eine einzige Oeffnung außer: 
lich fuͤr den Urin und die Exkremente wie die Huͤhner. 
Der Unau (bradypus didactylus. L) iſt eins von dieſen; 
es iſt indeß noch weniger traͤge als der Ai, der in denſel— 
ben Gegenden lebt. Sie ſind ſtumpfſinnig, wenn man 
ihnen ihre Beduͤrfniſſe entzieht, oder ſie ſchlaͤgt, oder ſogar 
quaͤlt, nichts ſetzt ſie in Bewegung, kaum haben ſie die 
Faͤhigkeit, ſich zu bewegen, ſie vegetiren nur ſtatt zu leben, 
und ihr Daſeyn iſt das traurigſte unter allen, naͤmlich das 
einer vollkommenen Gefuͤhlloſigkeit. 

Die Seekuh der Antillen (trichecus manatus austra- 
lis. L.) macht einen Theil eines Geſchlechts von Quadru⸗ 


a 
227 * 


peden, das in die Ordnung der Amphibien mit einbegrif— 
fen iſt. „Die Natur, ſagt ihr beredter Beſchreiber, ſcheint 
die Seekuh geſchaffen zu haben, um zwiſchen den Amphi⸗ 
bien, Quadrupeden und den Wallfiſchen einen Uebergang 
zu bilden; dieſe in der Mitte befindlichen Weſen über 
die Graͤnzen jeder Klaſſe hinausgeſetzt, kommen uns un— 
vollkommen vor, ob fie gleich nur außerordentlich und un— 
gewoͤhnlich geſtaltet ſind; denn bei aufmerkſamer Betrach— 
tung ergibt ſich bald, daß ſie alles dasjenige beſitzen, was 
ihnen nothwendig war, um die Stelle auszufuͤllen, die fie 
in der Klaſſe der Weſen einnehmen folfen “.“ 

Der Koͤrper der Seekuh iſt dick, nur zwei mit fuͤnf 
Naͤgeln verſehene kurze Fuͤße erſcheinen vorn, die hintern 
hingegen ſind verbunden, und ihre Zehen unter einer Haut 
verborgen. Sie hat zwei und dreißig Backenzaͤhne, ohne 
Schneide- oder Hundszaͤhne. Ihre Haut iſt dick, hart 
und ſchieferfarbig. Unter einer dem Anſchein nach ſchwer— 
fälligen und faſt ungeſtalteten Maſſe verbirgt dieß Thier 
den Inſtinkt der Geſellſchaftlichkeit, und um deſto bewun— 
derungswuͤrdigere Eigenſchaften, je weniger man fie in der 
menſchlichen Geſellſchaft antrifft, naͤmlich Sanftmuth des 
Charakters und Liebe zu ſeines Gleichen. Sollte ich die 
Naturgeſchichte dieſer intereſſanten Art Quadrupeden ſchrei— 
ben, es wuͤrde mir Vergnuͤgen gewaͤhren, die Einigkeit, 
die ſanfte Zuneigung zu ſchildern, welche unter den See— 
kuͤhen herrſchen. 

Jetzt zu der Art Otter, welcher Le Dru den ſpeeifiſchen 
Namen Mustela lutris gibt, oder ſie Saricovienne nennt; 


*) Buffon Naturgeſchichte der Seekuh, in der der Qug— 
drupeden. 


228 


letztere Benennung legt Buffon einem Thiere dieſer Gat⸗ 

tung bei, das in den ſuͤßen Waſſern des ſuͤdlichen Amerika 
gewoͤhnlich iſt. Ich vermuthe, die Gattung, welche unſer 
Reiſender bezeichnet, iſt die wahre Saricovienne oder Meer— 
otter, von Linnse mustela marina genannt. Aber dieſer 
kleine Streit uͤber die Nomenklatur iſt von geringem In— 
tereſſe; von welcher Gattung der Otter die Rede auch ſeyn 
mag, ſo iſt doch der Unterſchied zwiſchen ihr und der ge— 
meinen Otter zu geringe, um lange dabei zu verweilen. 


Voͤgel. 


Der braune Pelikan (pelecanus fuscus) unterſcheidet 
ſich von dem bereits erwaͤhnten weißen (pelecanus albus) 
nur durch das aſchfarbige Braun, welches auf feinem Ges 
fieder verbreitet iſt, mit Ausnahme des Kopfes und Hal— 
ſes, welche weiß, und der Schwungfedern der Flügel, 
welche ſchwarz oder ſchwaͤrzlich ſind. 

Man nennt Castagneux Waſſervoͤgel mit Zehen, die 
durch Schwimmhaͤute verbunden ſind, Schwimmer, weil 
ihre nachſchleppenden und nach hinten gerichteten Fuͤße ſie 
nicht auf dem Boden tragen koͤnnen. Sie tauchen aber 
leicht unter, und haben ſie ſich einmal aus dem Waſſer 
erhoben, ſo fliegen ſie lange Zeit. Ihr Koͤrper iſt ſtatt mit 
Federn mit Daunen bedeckt, und zwei Buͤſchel ebenfalls 
von Daunen nehmen die Stelle des Schwanzes ein. Die 
von Hrn. Le Dru angegebene Art iſt der Castagneux de 
St. Dominique, der Arſchfuß von St. Domingo (podi- 
ceps dominicus. Lath.). Die allgemeine Farbe ſeines 


329 


Gefieders iſt mehr oder minder dunkelbraun, der Bauch aber 
faft ſtets weiß. Man findet dieſen Vogel auf den ſuͤßen 
Gewaͤſſern des feſten Landes und der Inſeln des mittaͤg— 
lichen Amerika. 

Ein langer ſpitzer Schwanz unterſcheidet die domingiſche 
Ente (anas dominica), die man auch die roͤthlichte Ente 
mit langem Schwanze nennt. Letztere Benennung vertritt 
die Stelle einer Beſchreibung. 

Das große Waſſerhuhn von St. Domingo (gallicula 
cajennensis. Lath.) hat die Bruſt von lebhafter rother 
Farbe, den Unterleib dunkel olivenfarbig, und den uͤbrigen 
Theil des Gefieders braungrau. 

Die Aigrette d’Amerique (ardea garzetta), der 
weiße Reiher. Sein Gefieder iſt rein weiß, und glänzende 
Buͤſchel von biegſamen ſeidenartigen Federn, die ſich uͤber 
den Ruͤcken ausbreiten, ſind des Vogels natuͤrlicher 
Schmuck „ wovon er ſeinen Namen erhalten hat. Die 
Reiher ſind auf den oͤſtlichen Kuͤſten des ſuͤdlichen Amerika 
ſehr gewöhnlich, fie leben darauf in Heerden, und ſchmuͤ⸗ 
cken ſie mittelſt des blendenden Weißes ihrer Federn. Sie 
haben einen Inſtinkt zur Geſellſchaftlichkeit und einen Hang 
zur Vertraulichkeit. 

Unſer pluvie doré (charadrius pluvialis), (Grillvo— 
gel. Muͤl.), findet ſich in den waͤrmeren Klimaten der 
neuen Welt, indeß mit einigen Modifikationen wieder, 
welche die Wirkung des Unterſchiedes der Temperatur ſeyn 
fönnen. In Amerika iſt dieſes Thier faſt um ein Drittel 
kleinor als in Europa, und fein Gefieder nicht fo regulirt 
und ſo ſchoͤn. So wie in unſern Gegenden veraͤndert er 
feinen Bezirk, und wandert ſelbſt weit. Er kommt auf 
St. Domingo und auf Martinique mit den erſten Regen, 


230 


die im Herbſt fallen, an, fliegt dort in bedeutenden Schaa— 
ren, und wird drei oder vier Monate hindurch fuͤr die Be— 
wohner der Spitze des Salines, wo er ſich am meiſten nie— 
derlaßt, eine wahre Manna. Aller Orten erblickt man dieſe 
amerikaniſchen Grillvoͤgel in Zügen von vierzig, fünfzig, 
ja von drei oder vier Hunderten. Sie halten ſich in den 
Savannen, in den Zuckerrohrfeldern, wo man Feuer ans 
gelegt hat, und auf den alten zerſtoͤrten Plantagen von 
Baum wollenſtauden auf, nur an den von Krautern entbloͤß— 
ten Orten laſſen fie ſich nieder. Es hält ſchwer, ſich ihnen 
zu nahern, beim Fluge draͤngen ſie von einer Zeit zur an— 
dern ihre Reihe, ſie leben eigentlich von Wuͤrmern. Man 
ſucht ſie als ein ſehr gutes Wild auf, allein ihr Fleiſch 
hat nicht den wilden Geruch, worauf die Liebhaber des guten 
Eſſens bei dem Grillvogel unſerer Klimata vorzuͤglich ſehen. 

Wenig Voͤgel ſind ſo ſonderbar verkannt, als der, den 
man in dem Franzoͤſtſchen Gujana, rancanea nennt. Eis 
nige haben ihn unter die Adler, andere unter die Geier, 
manche unter die Sperber, noch andere unter die Falken 
gezaͤhlt. Er hat indeß gar keine Aehnlichkeit mit den Raub— 
voͤgeln; es iſt dieß ein ruhiges harmloſes Thier, das ſich 
nicht von Beute naͤhrt, in Geſellſchaft mit eben fo frieds 
fertigen Vögeln anderer Art lebt, und beſſer in der Reihe 
der Huͤhnerarten als in der der Raubvoͤgel ſtehen wuͤrde. 
Der Beweis, daß dieſer Vogel hier nicht hingehoͤre, liegt 
bereits darin, daß die Naturforſcher, welche ſich ausſchließ— 
lich mit methodiſchen Klaſſifikationen beſchaͤftigen, ſich nicht 
uͤber den Platz haben vereinigen koͤnnen, den er in den 
Schränken einnehmen ſollte, die in den naturhiſtoriſchen 
Kabinetten für die verſchiedenen Gattungen der Raubvoͤgel 
beſtimmt find, da dieß Thier einige Aehnlichkeit mit den 


231 
Raubvoͤgeln und den Huͤhnerarten hat. Die Verwirrung 
in der Synonimik dieſes Vogels iſt nicht minder groß ge— 
weſen, als die Ungewißheit in Hinſicht ſeines Platzes in 
dem Syſtem. Einige Schriftſteller haben ihn auf eine un— 
paſſende Weiſe unter eine ganz andere Gattung als andere 
Naturforſcher geſetzt. 


Wie dem indeß auch ſey; dieſer fuͤr einen Geier, Ad— 
ler, Habicht u. ſ. w. gehaltene Vogel iſt beim erſten An— 
blick wegen der nackten Haut und des Purpurrothes merk— 
wuͤrdig, womit die Kehle, der Vordertheil des Halſes, 
die Seiten des Kopfes und Kreis der Augen bedeckt ſind, 
auch iſt dieß die Farbe der Fuͤße. Sein ganzes Geſieder 
iſt ſchwarz, die Federn des Bauches, der Beine ausge— 
nommen, welche weiß ſind. Er gehoͤrt zu denen, die viel 
Geſchrei machen, und ſeine Stimme iſt rauh. Dieſe Gat— 
tung lebt in großen Zuͤgen in den Waͤldern und faſt ſtets 
in Geſellſchaft mit den braſtlianiſchen Aelſtern. 


Folgende Gattungen Papagaien findet man auf der In— 
ſel Trinidad. 


Erſtens: Den petit ara rouge (psittacus aracunga. L.), 
den kleinen rothen Ara; er iſt nur wenig von dem jedem 
bekannten rothen Ara (psittacus macao. 205 (weſtindiſche 
Rabe. Muͤller.), verſchieden, nur nicht ſo groß. In Hin— 
ſicht der Farben weichen ſte wenig von einander ab. Uebri— 
gens unterſcheiden ſich die rothen Aras unter einander nicht 
nur in der Vertheilung der Farben, ſondern auch in An— 
ſehung der Groͤße; mit Gewißheit laͤßt ſich nicht beſtim— 
men, ob der kleine rothe Ara bloß eine Varietaͤt der Gat— 
tung des rothen Ara iſt, oder eine beſondere Gattung 
ausmacht. 


232 


Zweitens: Wenn der Kragenpapagey (Müller) (Psit- 
tacus Alexandri) ſich auf Trinidad gefunden hat, fo war 
dieß in einem zahmen Zuſtande, denn er iſt ein afrikani— 
ſcher am Senegal ſehr gewoͤhnlicher Vogel. 

Drittens: den (Psittacus dominicensis.), Er iſt we— 
gen des rothen Bandes auf der Stirne, das ihm von 
einem Auge zum andern lauft, merkwuͤrdig. Die Fluͤgel 
ſind blau, und das Uebrige des Gefieders iſt dunkelgruͤn 
und etwas roͤthlich auf der Bruſt. 

Viertens: den gelben angeliſchen Papagey (psittacus 
solstitialis); er iſt faſt gänzlich orangengelb. 

Fuͤnftens: den ſurinamiſchen Papagey (psittacus ama- 
zonicus. Var. Lath.; er hat ein wenig Gelb auf der 
Stirn, ein gelblichgruͤnes Gefieder, einen wenig roͤthlich— 
ten Schnabel, und graue Fuͤße. 

Sechstens: den bunten Amazon (psittacus aestivus); 
er gehört zu denen, welche Amazonen: Bapagenen genannt 
werden, und hat eine blaue Stirn, die obern Theile grün, 
die untern hellgelb, die Spitze des Fluͤgels und die vier 
Seiten-Schwungfedern haben eine friſche rothe Farbe. 

Siebentens: auf Cajenne hat man den Namen Mai— 
pouri einer Art Papageyen gegeben, die ſo ſchneidend pfei— 
fen, als der Tapis, der dort Maipouri heißt. Es iſt dieß 
der ſchwarzkoͤpfige Papagey mehrerer Ornithologen (Psit- 
tacus melanocephalus.). Mit dieſem charakteriſtiſchen 
Zuge vereinigt dieſer Vogel ſchoͤn abwechſelnde Farben, 
ein herrliches Gelb unterm Halſe, ein Orangegelb unter— 
waͤrts, ſo wie unten am Bauch, ein ſehr helles Gelb unter 
dem Koͤrper, und ein ſchoͤnes Gruͤn oberwaͤrts. 

Ich begreife nicht recht, wie ſich der picus bengalen- 
sis (bengaliſche Specht. Muͤl.), ein indiſcher Vogel, eben— 


233 


falls auf der Inſel Trinidad findet. Wie dem nun auch 
fen; er hat eine lange rothe Haube, fein Gefieder iſt ab 
wechſelnd ſchwarz und weiß. 

Eine andere Art, noch mehr im noͤrdlichen als im ſuͤd— 
lichen Amerika verbreitet, iſt der picus carolinus (der 
karoliniſche Specht. M.) Er wechſelt in Anſehung der Far— 
ben, wovon die naͤheren Umſtaͤnde und die Vertheilung 
durch eine lange Beſchreibung doch nicht deutlicher wuͤr— 
den. Es mag daher hier genuͤgen, anzufuͤhren, daß an 
ſeinem Gefieder weiß, ſtrohgelb, roth, grau, ſchwarz, 
braun und rothgelb abwechſeln. 

Faſt alle Voͤlkerſchaften des ſuͤdlichen Amerika kommen 
darin überein, den Namen König einem großen Geier bei— 
zulegen, der alle Voͤgel dieſer Gattung an Große, an 
Staͤrke uͤbertrifft, und am merklichſten von ihnen unter— 
ſchieden iſt. Auf Cayenne heißt er der Koͤnig der Courou— 
mous, in Paraguay der König der Iribus u. ſ. w. nach 
den Benennungen, welche dort den Geiern gegeben werden. 
Linné hat ihn durch das Beiwort papa (vultur papa) 
Geierkoͤnig bezeichnet, (der Kahlhals. Muͤl.). Ueber ſei— 
nem Kopfe befindet ſich ein Kranz von nackter und blut— 
rother Haut, und ein Palatin von Federn, wovon einige die 
Richtung nach vorne, andere nach hinten hin haben, und ſo 
den nackten Hals und den Kopf umgeben. Ein orangenfarbe— 
ner fleiſchiger Kamm geht zwiſchen den Naſeloͤchern in die, 
Hoͤhe. Dieß iſt der Schmuck des Koͤnigthums dieſes Vo— 
gels, der uͤbrigens nicht weniger Widerwillen einfloͤßt, als 
die uͤbrigen Geier, und ſich, ſo wie ſie, von dem übelſtrie— 
chenden todten Vieh naͤhrt. Der nackte Theil ſeines Hal— 
ſes wechſelt mit Roth, Gelb und Violet ab; nach dem 
Tode dieſes Vogels verſchwinden dieſe angenehmen Far— 


234 


ben, an deren Stelle eine dunkle Bleifarbe tritt. Das Ge— 
fieder iſt weiß mit Ausnahme des Schwanzes und der Fluͤ— 
gel, die ſchwarz ſind. 8 

Der Vultur aura (der weſtindiſche Bußagar) iſt ein 
anderer Geier von einem gleichfoͤrmigen Schwarz. 

Die Strix flammea (feurige Nachteule. Muͤl.) von 
Amerika iſt die naͤmliche, wie die in Europa. 

Die (Martinets) Hausſchwalben unterſcheiden ſich von 
den übrigen Schwalben durch befiederte Fuͤße, fo wie durch 
ihre vier nach vorn gerichtete Zehen. | 

Die Hirundo cayennensis mit weißem Kragen (Hir. 
rufa. Gmel.) hat außer ihrem niedlichen Kamm zwei weiße 
Flecken neben den Augen, der Vorderhals und die Seiten 
des Bauches ſind von der naͤmlichen Farbe. Ein ſamtarti— 
ges Schwarz mit violettem Reflex if die Hauptfarbe ihrer 
Federn. An Große kommt ſie den Fenſterſchwalben gleich, 
und niſtet ſo wie dieſe in den Haͤuſern; aber dieß aus der 
Baumwolle der Apocynum gebaute Neſt iſt mit weit mehr 
Kunſt als das der uͤbrigen Schwalben zuſammengeſetzt. 


Der Pipra rupicola, der Steinzeißig, iſt einer der 
ſchoͤnſten Voͤgel von Amerika. Eine aus zwei gebogenen 
Planis, welche ſich auf der Spitze vereinigen, beſtehende 
Haube erhebt ſich auf ſeinem Kopfe in einem Halbzirkel, 
deſſen doppelter Rand braun und gelb iſt. Das ganze Ge— 
fieder hat eine ſehr lebendige Orange- oder Saffranfarbe. 
Der Steinzeißig iſt nicht größer als eine Taube, er wohnt 
in den Hoͤhlen und den Riſſen der Felſen. Obgleich ſehr 
wild im Zuſtande der Freiheit, wird er leicht zahm; ich 
habe in Gujana mehrere dieſer Voͤgel mit den Huͤhnern 
leben und laufen geſehen. 


235 


Es bleibt mir nun noch von ſechs Arten Gaͤnſe zu reden 
übrig, welche die franzoͤſiſchen Naturforſcher auf der In— 
ſel Trinidad bemerkt haben, und die ich ſelbſt oͤfters auf 
meinen Reiſen nach Gujana geſehen. 

Die erſte derſelben nach der von Hrn. Le Dru befolg— g 
ten Ordnung iſt der Eurucu mit weißem Bauche (trogon 
curucui). Der Name dieſer Gattung ſo wie die der uͤbri— 
gen deſſelben Geſchlechts kommen von dem Worte courou- 
couis oder couroucouais her, womit die Braſtlianer fie 
bezeichnen. Die Eingebornen von Gujana nehmen auf 
das c nicht Ruͤckſicht, und ſprechen urucoais. Dieſe in ver⸗ 
ſchiedenen Laͤndern gewöhnlichen Benennungen haben eine 
faſt vollkommene Gleichheit des Lauts, weil ſie nur der 
Ausdruck des Geſchreies der Curucus ſind. Sie haben 
einige natürliche Merkmale mit den Papageyen gemein, 
naͤmlich einen kurzen krummen Schnabel, kurze Fuͤße, und 
zwei der Zehen in der Richtung nach vorn hin und zwei 
nach hinten hin. Sie unterſcheiden ſich aber von den Pa— 
pageyen durch mehrere Charaktere, vorzuͤglich durch die 
Natur ihres Gefieders. Es beſteht dieß vielmehr in lan— 
gen Daunen, einer Art dickes Pelzwerk, womit man die 
Curucus bekleidet findet, als wahre Federn; indeß ſind 
ſie damit ſo beladen, daß ſie weit groͤßer erſcheinen, als 
ſie wirklich ſind; dieſe Bekleidung, die aber das Anſe— 
hen hat, als ware fie aufgeblaſen, iſt fo wenig feſt an der 
Haut, daß ſie theilweiſe beim geringſten Reiben abfaͤllt, 
und es ſehr ſchwer haͤlt, einen ausgeſtopften Vogel iu 
bekommen. 

Die Curucus wohnen in dem Dickigt der Waldungen, 
ſie ſcheinen ſich nicht aufzuſuchen, und man ſieht ſie allein 
und ruhig, ſo daß ſie ihr eintoͤniges Pfeifen vernehmen 


236 


laſſen. In dieſem einfamen Leben nähren fie ſich von den in 
dem ſuͤdlichen Theile der neuen Welt ſo haͤufigen Inſekten 
und Wuͤrmern. Sind ſie indeß von Natur traurig und 
finſter, ſo findet man dagegen die Farben ihrer Federn 
lebendig. An dem Curucu mit rothem Bauch nimmt man 
nicht nur das herrlichſte Roth an dieſem Theil ſeines Koͤr— 
pers wahr, ſondern an der Bruſt, auf den Federn, welche 
den Schwanz darunter bedecken, wodurch er von den Ein— 
wohnern von St. Domingo rothe Unterhoſe genannt wird. 
Ein ſchoͤnes Gruͤn mit blauem Wiederſchein glaͤnzt auf dem 
Kopfe, dem Halſe und dem Koͤrper, und das Schwarze 
der Seiten des Kopfes und der Fluͤgel gibt ihm noch mehr 
Lebhaftigkeit. Ein goldener Zirkel bildet die Iris des 
Auges, und der Schnabel hat eine mattere gelbe Farbe. 
Der Vogel iſt ungefaͤhr ſo groß wie eine Alſter. 0 
Dieſelben Klimata, welche der lothrechte Strahl der 
Sonne erhitzt, ernähren außerdem eine Art Voͤgel, die 
noch mehr Glanz haben, als die Curucus, und ſich wegen 
ihrer außerordentlichen Kleinheit auszeichnen. Jedermann 
kennt dieſe niedlichen Miniaturſtuͤcke, welche es ſogar mit 
den Edelſteinen in Anſehung des Glanzes und des ſtrah- 
lenden Wiederſcheins ihres Gefieders, und mit den flie— 
genden Inſekten in Hinſicht ihres leichten Koͤrpers aufneh— 
men. Eins von dieſen befiederten, von Hrn. Le Dru ange— 
zeigten, Prachtſtuͤcken iſt das, in deſſen Namen bereits die 
Beſchreibung deſſelben liegt. L’or vert (trochilus viridis- 
simus. Latham.), der goldgruͤne Kolibri, deſſen Federn 
von einem glaͤnzenden Grün das leuchtende reine Gold Zus 
ruͤckſtrahlen. Der andere nicht fo reich und minder her— 
vorſtechend, iſt nichts deſto weniger ſehr huͤbſch, naͤmlich 
der trogilus tabagensis. Lath. Der Kolibri von Tabago, 


237 


auch fo genannt, weil der erſte Vogel dieſer Art, der die 
Sammlungen der Naturgeſchichte ſchmuͤckte, von Tabago 
kam. Er iſt faſt auch ganz gruͤn, aber die Reflexe, die 
auf ſein Gefieder ſpielen, ſcheinen, ſtatt von reinem Golde, 
wie beim vorhergehenden, nur von Kupfer zu kommen. Er 
hat uͤbrigens einen braunen Unterleib, und einen weißen 
Streifen auf den Fluͤgeln. 

Mehrere Arten Auen a das fpecififihe Beiwort 
„braun“ erhalten, wie z. B. der Palicour (Turdus for— 
miciverus), die ten, ya Amfel, der Turdus 
abyssinicus, die abyſſiniſche Droſſel, Turdus leucage- 
nus, die weißbaͤckige Amſel u. ſ. w. Die merle brun, 
deren Le Dru erwähnt, Turdus aurantius, waͤre vielleicht 
beſſer die orangenfarbene Amſel benannt, weil das Gefie— 
der faſt gaͤnzlich orangengelb iſt. Die Verwirrung, welche 
unvermeidlich daraus folgt, daß man dieſelben Namen 
Thieren von verſchiedener Gattung beilegt, ſetzt die Na— 
turforſcher in Verlegenheit. | 

Der Tangara cayennensis, Lath., Tangara von 
Cayenne iſt ganz ſchwarz mit einem Orangeflecken auf jeder 
Seite der Bruſt. 

Die Tangaras, Voͤgel, die ſich im mitiäglichen Ame⸗ 
rika ſehr vervielfältigt, haben ungefähr die Größe, die 
Figur und die Gewohnheiten der Sperlinge. Der von 
Cayenne iſt der kleinſte, man nennt ihn dort 55 Tan- 
gera negre. 

Unter allen ie Vögeln gibts keinen ſonder— 
barern, als die, welche die Eingebornen von Braſilien 
Toucantabouracé nennen. Ihr Schnabel iſt in Verhaͤlt— 
niß zu ihrem Körper erſtaunlich groß; auch haben ältere 
Reiſende ſie ganz-Schnabel benannt. Dieſer ſehr große 


2368 


Schnabel iſt hohl, ſehr duͤnn, und an den Raͤnden zahn— 
foͤrmig ausgezackt. Die in dem Schnabel enthaltene Zunge 
iſt noch außerordentlicher, es iſt vielmehr eine Feder als 
eine Zunge. Von den vier Zehen gehen zwei nach vorne 
zu, und zwei hinterwaͤrts hin. 


———— ſ— 


Ich hoffe, man wird es mir Dank wiſſen, aus einem 
neuen Hefte des ſchoͤnen, großen „von dem beruͤhmten 
Reiſenden Hrn. von Humboldt herausgegebenen Werks zu 
den trefflichen Bemerkungen des Hrn. Le Dru uͤber die In— 
ſel Trinidad einige ſehr wichtige des Hrn. Jabbo Olt— 
mans hinzuzufuͤgen. Dieſer hat bei jenem Werke die aſtro— 
nomiſchen Obſervationen durch Rechnung beſtimmt. 

Die Manuſcripte des Hrn. von Humboldt geben fol— 
gende Beobachtung an, fagt- Hr. Oltmanns Y. 

Die Lage des Panta de la Galera, ſo wie die des 
öftlichen Caps von Tabago find drei Gegenſtaͤnde von der 
hoͤchſten Wichtigkeit für den Seefahrer. Alle europaͤiſche 
Schiffe, welche nach den Inſeln unterm Winde, oder nach 
den Haͤfen des feſten Landes des ſuͤdlichen Amerika ſegeln, 
muͤſſen durch den Kanal fahren, der Trinidad von Tabago 
trennt. Dieſe beiden Inſeln ſind das erſte amerikaniſche 
Land, welches der Seefahrer erblickt. Der Lotſe darf ſich 


2) Recucil d' observations astronomiques d' operations trigo- 
nometriques et de mesures barometriques, faites pendant 
le cours d'un voyage aux regions equinoxiales du nouveaa 
continent depuis 1799 jusqu' an 1803, par Alexandre de 
Humboldt; redigées et caleulées d'après les tables les plus 
exactes, par Jabbo Oltmans, première livraison. 


2 | 239 


hiebei nicht taͤuſchen. Hält er Trinidad für Tabago, rich- 
tet er ſeinen Lauf nach Suͤden, um dasjenige zu umſe— 
geln, welches er fuͤr die Spitze der Sandbaͤnke anſieht, 
ſo ſteht er in Gefahr, fuͤr ſeinen Irrthum theuer zu buͤßen. 

Er kommt in die Muͤndungen des Dragon, wo ſich 
der Orinoco mit Ungeſtuͤm in den Ocean ergießt. Die 
Gefahr waͤchſt um ſo mehr, da die meiſten von Europa 
kommenden Schiffe, die ihre Laͤnge nur mittelſt des Logs 
kennen, ungewiß in Hinſicht ihres Ortes ſind. Die Stroͤ— 
me, welche zumal, von dem 42° der Breite an, ſehr fuͤhl— 
bar werden, veranlaſſen ſehr bedeutende Irrthuͤmer. Die 
Laͤnge der Fahrt läßt einen Irrthum bis zu 3 oder 4° ſtei— 
gen, wenn das Schiff nicht bei Teneriffa landet, oder 
wenn es voruͤberfaͤhrt, ohne von weitem den Pie von 
Teyde gewahr zu werden, der waͤhrend eines großen 
Theils des Jahres in Wolken gehuͤllet iſt. Alsdann wird 
man das Land zwei Tage eher gewahr, als man es erwar— 
tet; kaum erblickt man die Kuͤſte, ſo fuͤhrt auch bereits 
der Strom das Schiff dicht an dieſelbe, und man kennet 
ihre Lage nicht. Der entſetzliche Regen, welcher zu Zeiten 
vom Monat Jun. bis zum December faͤllt, verdunkelt 
oͤfters die Sonne waͤhrend drei bis vier Tagen. Je mehr 
man ſich dem ſuͤdlichen Amerika naͤhert, deſto ungewiſſer 
iſt man uͤber die Breite. Daher kommt es dann, daß ſo 
viele Lootſen, welche die Geſtalt der Kuͤſten nicht kennen, 
nicht wiſſen, ob ſie ſich gegen Trinidad, Tabago oder 
Granada uͤber befinden. In dieſer kritiſchen Lage ſollten 
die Charten denjenigen, welche in Anſehung ihres Orts 
entweder durch die vom Mond zur Sonne oder zu den 
Sternen genommenen Diſtanzen, oder mittelſt der Chro— 
nometer gewiß ſind, Auskunft gewaͤhren. Aber gerade 

Le Dru Reife. 1. Bd. Q 


XVIII 


Maravedis, eine kleine Kupfermuͤnze = 1 Cent. 58 
folglich, 2 Maravedis — 3 Cent. 16; 5 Maravedis 7 Cent. 
90. — Und 10 Maravedis 5 Cent. 80 — 3 franz. Sous. 

Quartos, eine ſpaniſche Münze = 3 Cent. 16. folg⸗ 
lich 2 Quartos = 6 Cent. 32; — 5 Quartos — 15 Cent. 
80; — 10 Quartos = 31 Cent. 60, oder in einer runden 
Summe 62 Sous. 

Piastre, ſeit 1772 —= 5 Franken 29 Cent. (Annuaire) 
5 Fr. 27 (Biornerod). 

Real de plata, von 16 Quartos oder 34 Maravedis 
= 0 Fr. 51 Cent. 18 (Biornerod) o, 52 Cent. (Annuaire). 

Real de vellon = 26 Cent. (Annuaire) 27 (Biornerod). 

Rixdaler, zu 6 Mark dänifch, jedes — 5 Franken 55 
Centimen (Annuaire); 5 Fr. 52 Cent. (Biornerod). Die 
Mark gilt 95 Cent. ’ 

Schiling, daͤniſcher & 5 Cent. oder 1 franzöfifcher 
Sous (Catteau). 

Thaler, ein daͤniſcher, — 3 Franken 95 Cent. (Cat⸗ 5 
teau). 3 Franken 26. Cent. (Biornerod). 

Vare = 30 Zoll; Borda berechnet ihn zu 30 Zoll und 
1 Linie, und Peuchet zu 31 Zoll 315 Linien. Nach Bior— 
nerod iſt der Vare von Cadir —= 3735 Linien; der der 
kanariſchen Inſeln = 377,5 Linien, und der von Tene= 
riffa 370 — 314 Zoll. 

Mentelle und Malte-Brun (geograph. mathem, tom. 
15) zufolge ſind die auf den kanariſchen Inſeln üblichen 
Rechnungsmuͤnzen: | 

Peso pon 80 Quartos courant — 4 Fr. 09,47. 
Real de plata von 10 Quartos — 5118. 
Real courant von 8 Quartos — 40 93. 


XIX 


Inhalt des erſten Theiles. 


Vorbericht des Hrn. Le Dru. Seite III. 
Vorrede des deutſchen Herausgebers. S. If 
Namen der eingeſchifften Offiziere und Naturforſcher. S. XV. 
Verwandlung der in dieſem Werke angefuͤhrten fremden Muͤn— 
zen, Maaße und Gewichte in franzöfifche. S. XVII. 
Erſtes Kapitel. Abfahrt von Havre — Wir erblicken die 
engliſchen Kuͤſten — Ein ſchoͤnes Schauſpiel — Entſetzli— 
cher Sturm — Weg nach den kanariſchen Inſeln — Wir 
gehen bei St. Crux vor Anker. S. 3. 
Bemerkungen uͤber den Delphin von Hrn. Sonnini. S. 14. 
Zweites Kapitel. Ueber die kanariſchen Inſeln im Allgemeinen 
— Temperatur — Bevoͤlkerung — Regierung. & 17. 
Drittes Kapitel. Blick auf die Inſeln Kanaria — Ferro — 
Fortaventura — Gomero — Lancerota — Palma. S. 25. 
Viertes Kap. Beſchreibung von Teneriffa — Gemaͤlde von 
der Stadt St. Erur — Monumente — Kirchen — Moͤnche 


— Theater — Feſtungswerke — Rheede. S. 36. 
Fünftes Kap. Reiſe nach Laguna — Ueber dieſe Stadt — 
Inquiſition — Kloͤſter — Bibliotheken — Berge und 
Schluchten, die ſie umgeben. S. 50. 


Sechstes Kap. Reiſe nach Tegueſte und Tegina — Weg von 
St. Crux nach Kandelaria und nach Guimar — Reli— 
gisfe Feſte. S. 60. 
Siebentes Kap. Reiſe nach Orotava — Pitoreskes Gemälde 
dieſer Stadt und ihrer Umgebungen — Drachenbluts— 
baum — der Hafen von Orotava — Botaniſcher Garten — 
Ruͤckkehr nach Laguna — Karnevals-Luſtbarkeiten. S. 65. 
* * 


N- 


Achtes Kap. Blick auf die uͤbrigen Staͤdte und Doͤrfer von 
Teneriffa, unter andern auf Taganana — Realeſo — 
Garrachico — Buena-Viſta — Adera — Villaflor. S. 78. 

Neuntes Kap. Ackerbau — Produkte — Weinberge — Waſ— 


ſerleitungen von Teneriffa. S. 83. 
Zehntes Kap. Preis der Lebensmittel — Handwerke und 
Künfte — Handel — Abgaben. S. 97. 
Eilftes Kap. Nachricht von den auf den kanariſchen Inſeln 
gebornen Gelehrten — Oekonomiſche Societät von Te— 
neriffa. S. 10g. 
Zwoͤlftes Kap. Mineralogie. S. 124. 
Dreizehntes Kap. Zoologie. S. 135. 
Zuſatz zu der Geſchichte der kanariſchen Inſeln von 
Sonnini. S. 150. 
Rückblick auf die kanariſchen Inſeln. S. 159. 


Vierzehntes Kap. Reiſe nach den Inſeln Trinidad — St. 
Thomas und St. Crux — Abfahrt von Teneriffa auf 
einem neuen Schiffe — Taufe unter dem Wendekreiſe — 
Angenehme Fahrt — Gefecht eines Wallſiſches mit einem 
Saͤgefiſch — Wir gehen bei der Inſel Trinidad vor 
Anker. TITEL 

Bemerkungen über die Thiere, wovon in den vorhergehen— 
den Kapiteln die Rede iſt, von Hrn. S. S. 169. 

Fuͤnfzehntes Kap. Huͤbſche Landſchaft — Die Engkaͤnder bes 
maͤchtigen ſich der Fanny — Sie verweigern Baudin die 
Erlaubniß, ſich auszuſchiffen — Betrachtungen über dieſen 
Vorfall. . S. 179. 

Note über den Pelikan von Sonnini. S. 188. 

Sechszehntes Kapitel. Ueber die Inſel Trinidad — Bevoͤl— 
kerung — Pflanzungen — Produkte — Naturgeſchichte — 
Golf von Paria. S. 190. 

Bemerkungen über die Geſchichte, beſonders uͤber die Na— 
turgeſchichte der Inſel Trinidad von Sonnini. S. 203. 


241 


in dem er dem Kanal neun Meilen ſtatt vier dreiviertel 
gibt. Der franzöfifche Geograph hat ſich in der That nicht 
geirrt, denn es iſt jetzt anerkannt, daß der Kanal zehn 
Meilen breit iſt.“ 


Nichts iſt auffallender, als die Geſtalten, welche man 
zu verſchiedenen Zeiten den Inſeln Tabago und Trinidad 
gegeben hat. Da dieſe faſt die Form eines regulaͤren Vier— 
ecks hat, ſo wird es bereits hinreichen, die Breite von vier 
an den aͤußerſten Spitzen befindlichen Caps zu beſtimmen. 
Zwei engliſche Geographen, Arrowſmith und Faden wei— 
chen um 15 bis 16° von einander ab in Anſehung der 
Breite der Spitze von Icaco und der des nordoͤſtlichen 
Caps; indeß iſt die Karte von Arrowſmith ein Jahr nach 
dem Fadenſchen Plan herausgekommen, der ohne Zweifel 
die trefflichen Bemerkungen von Churucca und Fidalgo zum 
Grunde hat. Arrowſmith zufolge laͤuft die noͤrdliche Kuͤſte 
von Trinidad von Nordoſten nach Suͤdweſten. Der Unter— 
ſchied der Breiten zwiſchen den beiden Nordcaps betraͤgt 
147, waͤhrend er doch wirklich nur 97 iſt. Die Karte von 
La Cruz iſt im Allgemeinen genau genug in Hinſicht von 
Trinidad. Man muß davon die ſuͤdoͤſtliche Spitze, das 
Cap Galeota, das falſch Punta de la Galera genannt iſt, 
und das La Cruz um 24 zu ſehr ſuͤdlich liegt, ausnehmen. 
Alle dieſe Zweifel ſind durch die im Jahre 1802 erſchie— 
nene ſchoͤne Karte des hydrographiſchen Depots zu Ma⸗ 
drid gehoben. 8 


242 


Trinidad nach 


La Cruz 


Punta de la Galera 10˙⁰ 50“ 


Nordweſt⸗Cap 
Spitze von Icaco 
Spitze Galeota 
Tabago 
Das Nord⸗Cap 
Das Suͤd⸗Cap 


10° 40° 
10° 5° 


g° 457 


ı1° 30° 


11 4 


Churrucca und 


Faden Arrowsmith Fidalgo 


1802 
10° 51° 
10° 43° 
10° 3 


10 7 


1802 
10417 
10° 27° 


g° 48° 


Ende des erften Bandes. 


1802 
10517 
10427 
1637 


0 97 


10 


New York Botanical Garden Library 


A F1611 I 
Ledru, Andre-Pierre /R 


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| 85 00066 9505 


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