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\
I
I
DIE VOETIER
DES
OESTLICHEN ASIEN
STUDIEN UND REISEN
VON
Dr. ADOLF BASTIAN.
ZWEITER BAND.
LEIPZIG 1866.
VERLAG VON OTTO WIQAND.
LONDON, TRURBNER & CO.
«0 PATERNOSTER ROW.
REISEN IN BIRMA
IN DEN JAHREN
1801 1803,
VON
Dr. ADOLF BASTIAN
LEIPZIG 186G.
VERLAG VON OTTO VVIGANI).
LONDON, TRÜKBNLR & CO.
Oi PATKRNOSTER ROW.
6
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Das Recht der UebcreetzoDf? ist vom Verfasser vorbehalten.
Dir, lieber Vater,
(gehören diese lieisen, und
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ist ihre Beschreibung gewidmet
Tom
Verfasser.
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Inhalt.
m^^^^^S^^^^^^
Seit«
Die Küste 1
Die Bergfahrt auf dem Irawaddi.
Von Rangnn nach Promo.
Vorbereitungen — Miethen des Bootes — Diener — Abreise — Zayats —
Yandoon — Klosterthurm — Uauptstrom — Verdienstliches Geschenk —
Saga-gyi — Nat-IIaus — Klosterpagoden — Schanweber — Dorfschule —
DorTättowirer — Die Gefahren desFischfangö — Ngapie — Gewisscns-
scrnpel — Henzadah — Spazierritt — Eine Prophetin der Karen —
Vorsichtsmassregeln gegen Feuersgefahr — Heilige Fusstapfen — Das
Tättowiren — Leichenzug — Taxen — Der Nachtwächter — In den
Wind gebetet — HautfSrbung — Töpfer — Opfergaben — Mönche und
Laien — Namen — Talisman — Myanoung — Ziegelbauten — Kloster-
bilder — Todtenfeierlichkeit — Rauborbanden — Bennböte — Todten-
klage — Die Teufelsspitze — Inschriften — Tempelfiguren — Ankunft
in Prome 7 — 31
Von Prome nach Thayetmyo.
Schwesandob — Aussicht — Kyoutsa — Dorf der Khyen — Katechu- Ge-
winnung — TeakpflanzuDg — Quartier der Ponah — Magische Bücher
Viil Inhalt.
8«ito
— Tempel des Schutzgottes — Alterthfimer — Raubanfall — Das Wald-
kloster— Der Eisenbanm — Die Ruine von Yathay-myo — Palmsaft —
Karren — Po-u-tann — Höhlen — Dwattabong — Die Paramat — Die
San-Sprache — Ein birmanischer Koch — Abreise von Prome — Shin-
barinpelleth — Die Feuerquelle — Linga — Embryonale Könige — An-
kunft in Thayetmyo — Qastfreundliche Aufnahme — Grenzverhältnisse
— Mendun — Bazaar — Das Zollhaus — Operation — Abreii^e von
Thayetmyo 32 — 8
Von Thayetmyo nach Mandalay.
Meaday — Die Grenze — Regenmittel — Crocodile — Malun — Menhla —
Gewogenes Geld — Besuch beim Gouverneur— Schreibtafeln — Huhner-
cinkauf — Fliegende Hexen — Magweh — Tempeliuschrift — Drohende
Hungersnoth — Petrefacten — Feurige Hexen — Yaynangoun — Almosen-
samraler — Die Petroleumquellen — Tauschhandel -— Sillehmyoh —
Münzen und Geld — Schwesajopaya — Besuch beim Abt — Ausbleiben
des Bootes — Buddhistische Bauten — Dorftheater — Djat-tama —
Pagan — Ruinenfeld — Schwcdzidoog — Die Pagodesclaven — Ananda
— Cromlech — Inschriften — Der reitende Nat — Yandabon — Samei-
kun — Sagain — Passrevisiou — Das alte Ava — Schwekyetka —
Amarapura — Der Hafen Mandalay's 55 — 8
Mandalay.
Aufenthalt inderStadt.
Veränderung der Residenz — Dreifache Theilung der Stadt — Armenier —
Steueramt — Logis — Mandalay -Hügel — Einsiedler — Freigesetzte
Hühner — Menschenopfer — Die Schirm träger — Siegel — Eidesable-
gung — Amortisation — Langohren — Payagyi — Magische Ceremonie —
IndigopflanzuDgen — Baumwolle — Chinesischer Tempel— Glocken —
Palmen — Belehnungen — Palastrevolution — Ohrdurchbohrung — Ma-
rionettentheater — Weisser Elephant — Der Thron — Hexen-Cur —
Eingeladene Priester — Bananen — Anbetung — Predigt — Bedin-Zea —
Wahrsagerbücher — Constellationen — Oeffentliches Verbot — Natfest —
Löwenwächter — Aumpinlae — Die Priesterin am See — Tempelbau —
Todtenverbrennung — Figuren der Ponah-Tempel — Kriegsgefangene
Kathay — Sterbesceue — Shinsasoa — Armenische Gemeinde . 85 — 1 1
lubalt. IX
Seite
Landleben.
Absperrung — Kabain — Aufnahme in die Banemgemeinde — Die Villa —
Der Dorfälteste — Hausbau — Meine Nachbarn — Die Rache der Dä-
monen— Der Abt des Klosters —- Palmzucker — Bestellung der Felder —
Verunglückte Gefälligkeit — Der Bambu — Der Erlaubnissscbein —
Besuch des Myowun — Gerichtsverhandlung — Die Consular-Depesche —
Rückkehr nach Mandalay 120 — 135
Der königliche Palast.
Königliche Audienz — Vorschlag — Das Lustschloss — Einzug in den Palast
— Hofbediente — Besuch des Prinzen — Fusslage — liautamulette —
Der Professor — Studienplau — Der Ahnherr der Dynastie — Vorge-
schichte Mandalay's — Landkarte — Der Leibarzt — Medicin der Dämo-
nen und der Engel — Unadenvolle Prügel — Steinmetzen — Eunuchen —
Buchverehrung — Betelkauen — Unholde — Spruchtexte — Hofsprache —
Etikette — Phra und Phaya — Bäder in den Tropen — Der köuigliche
Prediger — Religiöse Controverse — Huldvolle Gunstbezeigung — Die
Ruhmesgrösse der Majestät — Eine Leibgarde Unsterblicher — Kabba-
listische Figuren — Eleganz — Die Ssoki — Lokanidi — Yansitta —
Stellung des Bettes — Geissein — Witaba — Aperaza — Bekleidung der
Birmanen — Concert — Das Klagelied des Verbannten — Liebeslieder —
Noten — Natschin — Pinnaehpin — Erdbeben — Omen — Der Mäd-
chenbaum — Stummer Handel — Die Palaung — Der bezaubernde
Laffe — Der Bundestag — Ehrgeiz — Die Pona — Gantapatantadzat —
Lugyidzaga — Maler — Schnitzereien — Schatzgräber — DerWeizza —
Thumeda — Abhassara — Bnssgebete — Weihformeln — Klassen äer
Geschöpfe — Byamma- Welten — Die Magga — Die Himmel sinnlicher
Freuden — Die Stufen der Extase — Kloster-Unterricht — Novizen
und Mönche — Ordination — Mönchsverbote — Almosensammeln —
Ubod — Patimauk — Meditation — Das Kamnia — Die buddhistische
Trinität — Das Nirwana der Elemente — Liste der Buddha — Die Mara's
— Die Höllen — Berichte aus dem Jenseits — Nemi — Die Khanda —
Die Beamten — Die Eintheilung in Kreise — Der Adelstand — Der
Gesetzescodex — Sciaven — Frohndienste — Abgaben — Theater —
Dienende Knaben — Die Zahnreliquie — Belletristik — Missions-
schwierigkeiten — Distillery — Ohren -Medicin — Taubheit — Kran-
kenbehandlung — Die Diagnosis — Die fröhliche Jagd — Protestation —
Königliche Ungnade — Spione — Argwohn — Die Dörfer der Karen —
Leichentanz — Opfergaben — Waldteufel — Morley — Epidemieen —
Der Alchymist — Die Wunderheilung — Beschränkte Diät — Eiermord —
\
Inhalt.
Sei
Aufgabe der Praxis — Psychologische Listen — Bootfahrt — Steuer-
zahler — Fest der Pungyi — Dcitton — Krankheitsteufel — VVitzproben
— Weise und Hofnarren — Der junge Prinz — Erzählungen — Hof-
anekdoten — Wilde und gezähmte Barbaren — Zanekka — Wuttu —
Die Wunderharfe — Die nebenbuhlerischen Mönche — Zan^akunima —
Buridath — Fabeln — Einbruch — Wechsel des Kochs — Copisten —
Glückliche Verheissungen — Medicinischer Unterricht — DieAerzte des
Landes — Zeiteintheilung — Maass — Deutungsvolle Sprüche — Vor-
geschlagene Wette — Zauberkraftige Gatha — Gespenstergeschichten —
Das Herabsteigen des Thagyamin — Neujahrsfestlichkeiten — Steigen
des Flusses — Berechnungen des Kalenders — Die Operation des Kopf-
waschens — Künstliche Zöpfe 136 — 25
Das ZwisohenflusB -Gebiet.
Am Fusse der Schanberge.
Einsetzen der Regenzeit — Abschiedsaudienz — Auszug — Ochsenkauf —
Diebstahl — Neue Diener — Packen — Abreise — Amarapura — Myit-
ngay — Taadoo — Pan-Paya — Wüste Strasse — Die Führer — Es-
cor te — Ruinen — Gewitter — Onniiudeh — Ausweichen — Aunga —
Wechsel der Escorte — B eraubtes Kloster — Der Pass — Wasserbauten
— Dämonenspuk — Verdienstliche Werke — Der Schlächter — Payabhui
— Pilgerfost — Die Tempelschlange — Pferdehandel — Knochenpa-
gode— Das Kloster am Wege — Wassermangel — Reservirter Brunnen
— Die Schulstunde — DerThougyi — Teich — Moundoung — Empfeh-
lungsschreiben— Mediciuische Pagode — Nyauugyara — Goschichtbaus-
zug — Ehrengarde — Piobaeh — Besuch im Kloster — Consultationen —
Geschenkte Pferde — Verwaltung der Provinz — Dorfwächter — Münze
und Metall — Yemethen — Dämonentempel der Pagode — Labyrinth —
Die Miethkarren — Tauntajing — Widersetzlichkeit — Tauschhandel —
Packochsen — Zerbrochener Karren — Vorspann — Verweigerte Con-
tribution — Teakbäumc — Ulaydah — Waldwege — Regierungsarbeiten
— Gefahren der Grenze — Böse Gerüchte — Büffel — Ameisen — Te-
jagon — Niengjen — Teakwälder — Rindfleisch — Land - und Fluss-
weg — Zinsaejoah — Das Dorf der Palmen — Engagiren der Passage —
Agio — Feste Medicin — Arzneibücher — Pflanzen und Thiere —
Fabelwesen — Dialecte — Mayho-Karen — Blutbund — Lack-Insect
261—30
Inhalt. XI
Seite
Die Grenzprovinz.
Angebot — Holzhauer-Familie — Schwebende Pagode — Pilgervorschriften
— Die vielzungigen Besessenen — Feinschmecker — Verkauf — Nakan
— Passschwierigkeiten — Bootkauf — Gfinstige und nngunstige Tage —
Vorausfahrt — Zweifelhafte Richtung — Taunia — Nachtwache — Die
Grenzwache — Myolah — Ermordung des Commandantcn — Talein und
Birmanen — lilgermonatc — Bergschmiede — Schau* Caravane — Der
lustige Kapuziner — Schin Mokhala — Wettstreit — Verstockte Ketzer
— Ilinterthüren — Das Memoriren — Indifferenz — Der Capitain —
Hexentempel — Abfahrt — Befrachtung des Kahnes — Der zornige Gott —
Flussufer — Wasserfall — Schweinezucht der Karen — Die Yabain der
Wälder — Seidenzucht — Buffelopfer dcrSingpho — Rächende Tiger —
Wethali — Dämonen-Citirung der Katchin 305 — 329
Thalfahrt auf dem Sittang-FIass.
Tonga.
Das kleine Boot — Fischreusen — Ankunft in Tonga — Bekanntschaften —
Mohamedanische Feste — Die buddhistische Fastenzeit — Wethantara —
Heilige Fische — Der sandige Gott — Bekleidung der Mönche — Ordi-
nation der Novizen — Klosterhofe — Aufzählungen des Paüa-da —
Haar-Reliquien — Pilgerbeschränkungen — Sabupadih-Min — Shin Upa-
gab — Der künftige Buddha — Betende Frauen — Herkunft der Seelen
— Heilige Wnnderkräfte — Seelenthore — Meditations-Stufen — Der
sentimentale Dämon — Heeres - Ein theilung — Märkte in der Vor-
stadt — Feueranbeter — Der verbannte Schan fürst — Das nördliche
Thatung — Practicirende Aerzte — Briefe des Sasanapein — Beichte —
Gebote — Kinderspiele — Brettspiele — Schlangenbe<jchwörer — Mis-
sion unter den Karen — Schnllehrer der Schan — Adi-Paya — Religiöse
Controversen — Schwe-nyan-daa — Doketische Erklärungen — Ketze-
reien — Das Paramatta — Einkleidung ins Kloster — Weihelied —
Schiffer- und andere Lieder — Gebete — Wanderkräftiger Götze —
Betelkauen — Kabawasa — Alte Pagoden — Priesterverehrung — Das
Dhamroa — Leichenbehandlnng — Der poetische Koch — Statistiken
333—380
Schwegyin nnd Sittang-myo.
Bootsweihe — Dämonische Lockspeisen — Thoukgyighat — Umbin — Ge-
rachsempfindlichkeit — Der Riesenmusquito — Modwuin — Verwegene
XII Inhalt.
Seite
Tiger — Jagd^rescliichten — Wilde Büffel — Thierfahel — Wasser-
dämon— Dienendes Crocodil — Schmetterlingsseele — Träume — Ver-
dammte — Masqnito's — Ankunft in Scbwejryin — Tiger — Ilazard-
npiele — Circuit-IIans — Goldwäschereien — Klosterbüchcr — Almosen-
gehen — Copisten — Aerztliche Theorieen — Talfin — Pitakat — Sakya-
System — Metren — Malerfarben — Gespenster — Die Nat — Mondbäuser
— Konigslisten — Sinnesauffassung — Leidenschaften — Nirwana —
Diplome — Excommunication — Karen des Yunsalen — Hospitäler —
Aerztliche Schulen — Feuerzeug — Dorffeste — Wahre und falsche
Magie — Regierungsbeamten — Ansiedelung der Talein — Gerichts-
hofe — Dienerwechsel — Der Schauspieler — Fahrt nach Sittang —
Tiger und Crocodile — Der Eid — Offlcielle Berichte . . . 381—426
Die Niederungen.
Pegn in der Ueberschwemmung.
Verzögerung des Bootes — Krankheit des Dieners — Die Bore — Mündung
des Sittang — Bootsmann — Büffelpagode — Der Lock — Kjeiktoh — Die
Kwin — Talein-Fischer — Dörfer im Wasser — Bekehrungsversuche —
Salzgewinnung — Korriarten — Kaukadoh — Bootfahrt durch den Wald
— Schwe-hlay — Nachtquartier im Sumpf — Beling-Fluss — Waldfahrt —
Thatung — Unwohlsein — Alte Pagoden— Stadt der Lawa — Toungthn
— Der Schutzgott der Stadt — Der Goung — Onkedah — Salwehn —
Martaban 429—441
Molmeinund Amherst.
Ankunft in Molmein — Gastfreundschaft — Aufenthalt — Amherst — See-
bäder — Tonsprachen — Convicts — Rückkehr nach Molmein — Boot-
rennen — Die buddhistischen Pagoden — Bestattung der Talein — Haus-
dämon — KJeik und Paya — Tanzfest — Götter und Dämone — Talein-
bücher — Mula-muli — Oberst Fitch — Vorgeschichte Molraein's —
Buddhistische Weltentsagung — Die religiösen Schriften — Der Bazaar
von Molmein — Die Märkte — Statistisches 442—473
Bis zur siamesiechen Grenze.
Jahreszeiten — Miethen der Diener — Abreise — Gyne-Fluss — Dorfgrün-
dung — Lokain — Kaukarit — Schan-Kloster — Kranker — Bepacken
k
Inhalt. xni
Seite
der Elephanten — Hfigliger Weg — Nachtrast im Walde — Vorsicht
der Elephanten — Der Cornac — Steinhanfen auf Bergspitzen — Ange-
fallene Caravane — Die Stadtmauer des alten Miawnddih — Grenzposten
— Thoung>in-Flus8 — Verwüstetes Kloster — Die Elephanten der Ka-
rendörfer — Aufbruch — Passiren des Flusses — Hütte im Walde —
Schleppen der Teakstamme — Das siamesische Dorf der Grenze 475 — 489
Beilagen 491—521
Die KQste.
Es waren lange, dunkle Nächte, als wir, von Madras kommend,
auf der Bay von Bengalen umhertrieben. In den StUrmen des
Monsun's vorUberfliegend , hatten wir trübe und matt die be-
waldeten Höhen der Cocos - Inseln durch den Wolkenflor tropi-
scher Regengüsse hindurchscbeinen sehen, und wir wussten,
dass die Küste Hinterindiens jetzt nahe sein würde. Das Wasser
nahm bald die lehmig schmutzige Farbe an, dem erfahrenen
Seemann wohl bekannt, aber kein Land zeigte sich den darnach
ausspähenden Augen. Links musste sich das Cap Negrais hinter
gefUrchteten Klippen erheben, rechts drohte die gefilhrliche Mün-
dung des Sittang mit seiner Alles vernichtenden Bore, und nur
durch stetes Werfen des Lothes konnte der Capitain , so gut es
über dieses Meer noch unvollkommene Seekarten erlauben, sei-
nen Weg finden. Drei Tage und Nächte wurde gekreuzt, das
SchiflFalle zwei Stunden beigelegt und geankert, aufs Neue ge-
wendet, und jede Richtung desCompass versucht, bis endlich die
erste Wache den fernen Lichtschein der blauen Feuer bemerkte,
die periodenweise auf dem WachtschiflF abgebrannt wurden. Da-
hin ward der Curs jetzt eingehalten und das Schiff bald in der
Nähe der deutlich erkannten Leuchtwarte zu Anker gebracht.
Nachdem der Lotse am nächsten Morgen an Bord gekommen und
uns der Mündung des Irawaddi entgegengeführt hatte, wuchs
dann allmälig die flache Küste mit Büschen und Bäumen aus
dem Wasser hervor. Nach dem Passiren des Elephantenvorgebirgea
scheidet sich das Festland bestimmter, als Flussufer ab» auf
BMiian, OitMien. II. i
2 Die Kfiste.
denen Über den Maisfeldern niedrige Hütten herroiblicken und mit
Strohdächern bedeckte Landungsplätze zu den nahegelegenen
Dörfern auffuhren.
In Fischerböten an schwimmende Bambus befestigt , sassen
braune Peguer mit hochgespitzten Strohhüten und kreuzten den
Fluss. Mit geschnitztem Schnabel verzierte Canoe, durch Ruder
hinten und vom bewegt, fuhren vorüber, und bald legten, ausser
den Zollhausofficianten, auch Bazaarböte am Schiffe an, um die
nach der Seereise stets erwünschten Früchte und frische Provisionen
zu überbringen. Die Dörfer wurden zahlreicher, das Land zeigte
sorgfältige und ausgedehnte Vegetation , bald schimmerte in der
Sonne die silberne Spitze der Pagode Syriam's aus einem Walde
dunkelbelaubter Baumgruppen emporragend, und dann nach einer
neuen Wendung des Flusses , erhob sich vor uns der colossale
Seh wedagon , die goldene Pagode Bangun's , von der sich die
Reihe der Häuser und Hütten , die die Stadt ausmachen , nach
dem Ufer, und längs desselben, erstrecken. Die Fluth erlaubte
nicht mehr, denselben Abend die letzten Untiefen zu passiren, und
erst am nächsten Morgen konnten wir im Hafen Rangun's die
Anker werfen.
Von meinen Freunden in Rangun , denen die Ankunft des
Schiffes signalisirt war, hatte Einer derselben die Zuvorkommen-
heit, mich in seinem Boote abzuholen, und bald landeten wir an
der Treppe eines Holzgebäudes, von dem noch über einen langen
Plankenweg wegzugehen war, ehe wir den sicheren Boden fester
Erde unter unsern Füssen fühlten. Die Naturnothwendigkeit
der birmanischen Pfahlbauten sprang sogleich in die Augen, denn
ohne diese hohen Gerüste, auf die die Häuser gestellt sind,
würden sie in dem lehmigen Morast versinken.
Rangun wurde nach dem letzten birmanischen Kriege von den
Engländern annectirt und erlangte bald eine Bedeutung in der
Handelswelt durch seine reiche Reisausfuhr, die von Jahr zu Jahr
zunahm. Der Reis wird gewöhnlich aus den umliegenden Pro-
vinzen als Paddy nach der Stadt gebracht, dort mit der Hand-
mühle der Chinesen oder den eigenen der Eaufleute, die jetzt
auch eine Dampfmühle hinzugefügt haben , gereinigt und dann
Die Kfiste. 8
yerscbickt. Auch Teakholz wird exportirt, obwohl fdr dasgelbe
Molmein gelegener ist, und Rangun wird erst dann völUf te
seine riehtige Stellung eintreten, wenn durch die freie Schiflfbtbrt
bis Bamoy der Handel mit Yunan, auf dem nächsten Landweg in
das Innere China's, wieder eingeleitet oder besser, wieder herge-
stellt ist, da er im Mittelalter schon existirte.
Nachdem die Küsten Hinterindiens bereits vielfach durch
europäische Schiffe besucht waren, wurden die officiellen Be-
ziehungen , in welche die englischen Colonien Vorder-Indiens zu
Birma traten , durch die beabsichtigte Factorei-Anlage am Cap
Negrais herbeigeführt, als Fleetwood über die deshalb veran-
lassten Verhandlungen nach Ava geschickt wurde. Andere fried-
liche Missionen folgten , bis sich die ersten Ursachen zu Miss-
stimmung aus den Thronstreitigkeiten in Manipur entwickelten
(1762) und später fast zu Feindseligkeiten führten, als die Eng-
länder durch die Einmischung der Birmanen , um den Raja von
Kachar wieder einzusetzen, ihre Grenze in Sylhet bedroht sahen.
Durch die Eroberung Arakans (1784) waren die Birmanen in
Chittagong ebenfalls Nachbarn der Engländer geworden und
nachdem die fttr die Unabhängigkeit ihres Landes kämpfenden
Kronprätendenten sich auf brittisches Grebiet geflüchtet hatten,
blieben auch dort feindliche Beibungen nicht lange aus. Dieselben
erneuten sich besonders während des Aufstandes des Häuptlings
Khyen-bran im Jahre 1811 , und die Birmanen, die damals und
später bei den in Vorderindien vielfach beschäftigten Gouverneuren
Calcuttas unvermuthete Nachgiebigkeit fanden, wurden immer
ttbermüthiger und anmassender in ihren Forderungen. Als der
König sich nicht länger durch die in Assam ausgebrochenen Un-
ruhen beschäftigt sah , gab er durch die gewaltsame Usurpation
der Insel Shapuri das erste Zeichen zum offienen Kampf und ob-
wohl dieselbe vor dem Anrücken der aus Calcutta gesendeten
Verstärkungen wieder geräumt werden musste, folgte gleich
darauf eine Reihe von Scharmützeln am Bharteka-Pass. Nach
der Kriegserklärung des General - Gouverneurs erzwang der den
Oberbefehl führende General Sir Archibald Campbell im Jahre
1824 die Landung in Rangun und nach dem siegreichen Vordringen
4 Die Kfiste.
der Engländer, die die damals noch ganz neue Erfindung der
Dampfbote zur Auffahrt auf dem Irawaddi benutzten, wurde am
24. Februar 1826 der Friede yon Tandabo abgeschlossen, wodurch
der König von Birma ausser Arakan, Ramri , Cheduba und San-
dowaj , auch die zu Tenasserim gerechnete Ettste südlich vom
Salwehnfluss cedirte, wo Molmein als Centralsitz der englischen
Verwaltung eingerichtet wurde. Der zweite birmanische Krieg
entspiang aus Bedrückungen, die der englische Handel inRangun
zu erleiden hatte und wurde schliesslich herbeigeführt (1852)
durch Zwistigkeiten über die von dem Könige Birmas zu zahlende
Entschädigungssumme. Er dauerte bis zum Jahre 1854 und be-
raubte den König des Restes seiner Seeküste, die jetzt ganz in
den Händen Grossbrittanniens ist, mit Rangun als dem Sitz des
Statthalters.
In die Zeit meines Aufenthaltes in Rangun fielen verschie-
dene Festtage der Birmanen und der dort angesiedelten Chinesen,
deren Beschreibung ich aus dem damals geführten Tagebuche im
Anhange beifüge, da sich dann besser der erste Eindruck bewah-
ren wird, als wenn ich sie nach dem später erworbenen Verständ-
niss mehrerer mir damals noch fremdartiger Scenen und Bezeich-
nungen umlUidem würde.
Bergfithrt auf dem Irawaddi.
Von Rangon nach Prome.
Meine Zeit in Rangun war besonders mit meinen Vorberei-
tungen zu der weiteren Reise und Einziehung der gewünschten Er-
kundigungen in Anspruch genommen. Ausser Oberst Phayre, der
die birmanischen Provinzen nicht nur als Gouverneur verwaltet,
sondern auch als Forscher studirt, konnte ich verschiedene
Armenier befragen , die Etablissements in Mandalay, dem neuen
Ava, besassen und mehrfache Auskunft über die dortigen Verhält-
nisse gaben. Seit den ersten Tagen hatte ich einen Munschi
angenommen, um die birmanische Sprache zu lernen, obwohl ich
wusste, dass ich erst dann Fortschritte im Sprechen machen
würde, wenn ich, von europäischem Umgang entfernt, mit den
Eingebomen allein sein würde. Bei der ersten Einrichtung
einer ins Innere fremder Länder zu unternehmenden Reise darf
man sich nie übereilen. Meine früheren Erfahrungen hatten mir
vielfach gezeigt , dass die Tage , die durch vorsichtige Ueber-
legung am Abgangsort verloren gehen , nachher durch Monate
eingebracht werden , und so Hess ich mehrere Wochen in der
Gesellschaft meiner zu jeder Hülfe bereiten Freunde Rangun's
verstreichen , trotz der täglich steigenden Ungeduld , das neue
Land, das in Erwartung stand, zu betreten.
Für die Reise denirawaddi aufwärts wurde bisMandalaj ein
birmanisches Boot gemiethet, mit vier Ruderern und dem Steuer-
mann. Diese Fahrzeuge sind hinten mit einem Hause versehen,
das, nachdem ich die Planken des Verdeckes hatte herausnehmen
lassen, hoch genug war, um aufrechtes Stehen zu erlauben. Die
g Von Rangnn nach Prome.
Tordere Hälfte wurde so durch Einfügung eines den Tisch ver-
tretenden Holzbrettes in einen Wohn- und Esssalon verwandelt,
während die andere, in ihrem ursprünglichen Zustande belassen,
zum Schlafzimmer diente und Aufsitzen im Bett zuliess, ohne mit
dem Kopf an die Decke zu stossen. Der Steuermann sitzt auf
einem hohen Stuhle, der noch über das Haus der Kajüte her-
vorragt und vor der letztern ist ein Mast angebracht, um bei
gutem Winde ein plumpes Segel aufzuhissen. Mein Dienstpersonal
hatte ich , um den Raum im Schiff nicht zu überfüllen , auf zwei
Individuen beschränkt. Für die Küche war ein Koch aus den in
Rangun gewöhnlich dafür verwandten Bengalesen engagirt, da
die Künstler dieses Volkes mit europäischen Sitten vertrauter sind,
während man bei einem Birmanen Gefahr laufen möchte, eine der
stark, nicht gerade duftig, parfümirten Sauden seines Landes aufge-
tischt zu erhalten. Sein College war gemischter Ra^e , von einer
birmanischen Mutter und einem Karen , als Vater. Er war ein
Original in seiner Art, und für mich ein Factotum, der alle
Rollen zu spielen hatte und willig spielte, von der des Professors
bis zu der des Stiefelfuchs. Des Morgens unterrichtete er mich
im Birmanischen Buchstabiren und später im Lesen ; dann ging
er auf den Markt, Hühner und Gemüse zu kaufen; Nachmittags
studirten wir die alten Geschichten und die Sagen des Landes, und
Abends, wenn er die Teller und Schüsseln wusch, unterhielt er mich
mit Citaten aus den heiligen Pali-Texten, die ihm aus seinem Auf-
enthalt im Kloster im Gedächtniss geblieben waren. Dies nützliche
Chamäleon hatte ich durch freundliehe Unterstützung in der
amerikanischen Missionsschule, wo er einige Zeit zugebracht
hatte, aufgefunden, und da er einige Brocken Englisch plapperte,
war er mir anfangs als Dolmetscher nützlich, obwohl er glück-
licherweise bald mein Birmanisch besser verstand , als ich sein
Englisch, so dass wir uns fortan nur in der Landessprache unter-
hielten.
Nachdem die Contracte gemacht, die Fregatte an die Stadt
gebracht und mit Vorräthen beladen lag, war denn endlich der
ersehnte Tag der Abreise gekommen. Als ich mich zur be-
stimmten Stunde an Bord begab, fand sich freilich Niemand
Abreise. 9
ausser mir selbst an Bord , doch Hess sieh das nicht anders er-
warten. Ein Indier denkt nie daran, an dem verabredeten Tage
abzureisen, denn so lange man ihn auch vorher davon benachrich-
tigt haben mag, es wird immer den letzten Augenblick etwas auf
dem Markte zu thun übrig sein, was ihn bis zum Abend beschäf-
tigt. Indess hatte ich, durch frühere Erfahrungen gewitzigt, meine
Einrichtungen getroffen, und als der anfangs allen Vorwürfen
eine apathische Ruhe entgegensetzende Gapitain mich bereit
sah, in dem ihm gehörigen Fahrzeug mit neugemietheten
Leuten abzureisen , wenn die schon contrahirten sich nicht ein-
stellten , waren die letzteren wunderbar rasch aus den Kneipen
und sonstigen Localen , wo sie umherlagen , zusammengetrieben
und an die Arbeit gesetzt. Am 1. November 1861 um 10 Uhr
Morgens stiess das Boot vom Lande ab und trieb bald mit gün-
stiger Fluthzeit an den Gärten Kemendynes vorbei und den Fluss
hinauf.
Das Wasser, auf dem wir uns befanden , war ein Nebenarm
des in seinem weiten Delta verzweigten Hauptstromes und oft
nur ein schmaler Canal, eingeengt an beiden Seiten durch dichte
Buschvegetation , die bei Steigen der Fluth umhergeschwemmt
wurde* Birmanische Dörfer waren reichlich unter den Reisfel-
dern zerstreut und legten wir Abends in der Nähe eines solchen
an. Ueberall in Birma, an Land- und Wassersti*assen finden sich
zahlreiche Zayat's, d.h. bedeckte Holzschuppen , die als Erho-
lungs - und Ruheplätze für Reisende durch fromme Buddhisten
aufgerichtet sind (während in Wüsten Brunnen für sie gegraben
werden). Neben einem Kyaung oder Kloster findet man stets
ein oder melirere Zayat's, in denen die den Tempel besuchenden
Pilger ihren Aufentlialt nehmen können.
Am Abend des zweiten Tages erreichten wir Yandoon , ein
reger Verkehrs- und Stapelplatz, da man von dort in denirawaddi
eintritt. In der trockenen Jahreszeit müssen grosse Schiffe statt
des Canals Panlang, den China Bukeer genannten wählen. Eine^
weite Strecke fuhren wir, von Verkaufsböten mit Betel, Zeugen und
Früchten umschwärmt, an einer langen Reihe von Schiffen hin,
die dort neben einander am Lande lagen. Auf dem mit Matrosen
10 Von Bangiin nach Prome.
gefällten Bazaar herrschte ein lebendiges Treiben und der ganze
Ort trug das Gepräge des Wohlstandes. Vor den Häusern waren
in Vierecken kleine Gärten eingezäunt, um die für den Curry
(das heisse Ragout Indiens) nöthigen Gemüse und Blumen zu
ziehen y besonders die gelben Blumen , mit denen die Birmanen
gerne ihre durchbohrten Ohren schmücken. Die Mönche des
Klosters, das am Anfang der das Dorf umgebenden Bananengärten
lag, waren dick und fett, und schauten mir wohlwollend, aber
etwas verwundert nach, als ich mir die Mühe machte, die
steilen Treppen eines Holzgerüstes zu ersteigen, das dort wie ein
hoher Wartthurm das Land überschaut. Oben fand ich kleine
Pagoden, Buddhabilder und sonstige Opfergaben. Andere Miniatur-
Pagoden hatte ich im Dorfe neben dem Hause des Myok (Dorf-
ältesten) gesehen , wohin sie zum Besten eines im Hause krank
Damiederliegenden gestellt waren.
Am nächsten Morgen fuhren wir in den Irawaddi ein und
sahen dort den majestätischen Strom in der ganzen Breite seiner
Wasser vor uns, ehe er dieselben in die Mündungen des Delta
zertheilt. Unsere Schiffer profitirten sogleich von den höheren
Uferbänken, um das Boot, das sie bisher, wenn der Wind fehlte,
durch Stangen hatten vorwärtsstossen müssen, an Stricken entlang
zu ziehen. Die Ausdauer der Indier im Bootschleppen hatte ich
schon in früheren Jahren auf dem Ganges zu bewundem Gelegen-
heit gehabt, wo selbst die schwächlichen Bengalen vom Morgen
bis Abend, fast ohne Unterbrechung , in gleichmässigem Schritte
fortgehen, und die Birmanen standen ihnen darin wenig nach.
Während wir, nebst änderen Leidensgenossen, im Schneckengange
längs des Landes hinkrochen, sahen wir die flussabwärts ziehen-
den Schiffe, die sich in der Mitte des Stromes hielten, mit
reissender Schnelligkeit an uns vorbeischiessen. Die rege Schiff-
fahrt, die den Fluss, im Vergleich mit den nur noch schwach
bevölkerten Ufern belebte , zeugte von dem anregenden Einfluss,
den der wachsende Handel Banguns auf sein Hinterland auszu-
üben begann. Zayat's waren neben verschiedenen Anlegeplätzen
erbaut, und in denselben sassen Karen, Bananen, Arecanüsse, oder
Cigarren den Vorüberfahrenden zu verkaufen.
Teafelstempel. 11
Für das Nachtquartier wurde in der Nähe der Städte
Donnabew und Yeikatapaya angelegt Vor dem Abendessen
machte ich einen Spaziergang nach einer Pagoden -Ruine, die im
Felde stand , und trat auf dem Wege in das Haus eines Birma-
nen , wo ich im Vortlbergehen mit bunten Farben bemalte Bilder
aufgehangen gesehen hatte, die Scenen aus Buddha's Leben dar-
stellten. Der Besitzer schien ein besonders frommer Mann zu
sein, denn er hatte auf der andern Seite des Weges aus Bambus-
stäben eine kleine Scheuer errichtet und darin eine Reihe Miniatur-
bilder Buddha's aufgestellt. Ein halb Dutzend junge Hunde
spielten dort umher, und als ich einen derselben an mich lockte,
bot mir der Eigenthümer denselben an und zwang ihn förmlich
auf, ohne Bezahlung dafür annehmen zu wollen , weil er, wie
mein Dolmetscher bemerkte , sich lieber später im Himmel aus-
zahlen lassen wollte. Um ihm sein gutes Geschäft nicht zu ver-
derben, liess ich den jungen Köter von meinem Burschen mit-
nehmen und nachdem er zwei Stunden in heisses Seifenwasser
eingeweicht war , ins Boot setzen. Dass er so durch seine ver-
dienstvoUe Handlung den Tod von Hunderten unschuldiger Flöhe
verschulden wtlrde, hatte der habsüchtige Buddhist wohl vorher
nicht recht überlegt.
Als vrir am nächsten Morgen einen Halt machten , damit die
Bootsleute ihren Reis kochen konnten, rieth mir der Gapitain, ein
nicht weit vom Flusse abgelegenes Dorf, Saga-gyi genannt, zu
besuchen, das nach seiner Beschreibung ein wahres Muster ge-
zierter Reinlichkeit sein musste. Da sonst Reinlichkeit das Letzte
ist, was man in birmanischen Dörfern sucht, so wollte ich mir
die Bekanntschaft dieses holländischen Broek nicht entgehen
lassen. Die ganze Aehnlichkeit fand sich indess darauf be-
schränkt, dass ein gepflasterter Weg hindurchlief, wahrscheinlich
gerade deshalb gebaut , weil sonst durch den Schmutz nicht hin-
durchzukommen gewesen wäre. An dem Wege nach einem
nahegelegenen Kloster standen unter einem Banyanenbaum
Naihäuser oder Teufelstempel, die aus einem Bambusgerüste be-
stehen, in dem ein kleiner Käfig, gleichfalls aus Bambus, mit
den Opfergaben von Reis, Betel, Früchten u. s» Wr aufgehängt ist
12 Von Ranflrno o<tch Prome.
Der in der Nähe hausende Dämon kommt dann gelegentlich, um
davon zu naschen, wenn sie ihm die Vögel nicht vorher gestohlen
haben. Das Kloster, Sapupatipaya genannt, hatte mit den zuge-
hörigen Gärten und Parkanlagen einen ziemlichen Umfang und
schien früher noch ausgedehnter gewesen zu sein, da viele
zerbrochene Figuren umherlagen und an zusammengestürzten
Pagoden kein Mangel war. Darin darf aber kein Zeichen des
Verfalles gesehen werden , so lange die wirklich im Gebrauche
stehenden Tempel und Zellen im guten Stande sind , denn der
Buddhist wird nie, oder nur in besonderen Fällen, eine alte
Pagode restauriren; sondern lieber eine neue daneben bauen.
Im ersteren Falle würde er für fremdes Verdienst arbeiten , im
letzteren aber für sein eigenes.
Unter den Pagoden dieses Eyaungs fand sich eine in der
Kuppelform, die zwischen Dom und Spitze mit mehreren Reihen
bunter Glasstücke verziert war. In einer andern standen die Figuren
auf Marmor ähnlich bemalten Piedestalen. Beide zeigten kleine
Nischen ringsum, mit Buddhafiguren gefUllt und waren durch Löwen
in der den Buddhisten eigenthümlichen Fabelgestalt bewacht. In
der Nähe standen auf einem steinernen Fundament zwei Colossal-
Figuren Gautama's , mit Spuren rother Farbe , und weiterhin ein
Steinsarkophag, auf dem zwei andere Figuren, gleichfalls in
gigantischen Dimensionen, ausgestreckt lagen. Sie waren von
klagenden Schülern und betenden Yahandas umgeben und sollten
Gautama mit seinem jüngeren Bruder oder Vetter Ananda (Nitchi
Ananda) darstellen. Diese Scene habe ich auch sonst häufig in
birmanischen Tempeln wiedergetroffen , aber gewöhnlich findet
sich nur die eine Figur des sterbenden Gautama unter seiner
trauernden Umgebung. Die Seiten des Steinsarges waren mit aller-
lei Schriftzügen bekritzelt, theils in den GeftthlsergtLssen frommer
Pilger und Reisender , besonders aber durch Knabenhände , die
in Birma nicht nur Tische und Wände, sondern auch Tempel be-
schmieren. Als ich anfangs noch die cursive Schrift schwer
lesen konnte , war ich oft sehr enttäuscht, wenn mein eiligst her-
beigerufener Munschi , um eine an besonders heiliger Stelle an-
gebrachte Inschrift zu entziffern, mir eine Spalte aus dem
Dorfschule. 13
birmanischen Thinboungyi (die Abc-Fibel) yorbuchstabirte. Die
Kloster - Pagoden erkennen sich immer durch die auf Stangen
gesteckten Henza - Vögel (Wombai - Henza) , in deren Form auch
die Gewichte gemacht sind. Von den Pungyis (Mönchen) sah
ich nur wenige, da sie nach ihrer Religionsvorschrift um 12 Uhr
Mittags zu essen aufhören müssen und sich deshalb dann für den
Best des Tages zum Schlafe hinlegen. Ihr Klostergebäude war,
wie gewöhnlich, aus Holz gebaut, aber eine hohe Treppe breiter
und polirter Steinstufen führte zu der Eingangsthür, die mit zier-
lichem Schnitzwerk geschmückt war. An der Seite stand, durch
ein Strohdach geschützt, eine breite Steinplatte, einen Abdruck des
heiligen Fusstapfens darstellend und in Fächer für die Mannig-
faltigkeit der yerschiedenen Figuren getheilt. lieber dieselbe
wölbten sich zwei Nagaköpfe (der Drachenschlange). Der Teich
des Klosterhofes enthielt den Priestern geschenkte und deshalb
heilige Fische , die Niemand verletzen durfte.
Auf dem Rückwege berührten wir eine Colonie Shan, die
sich Yon Körbeflechten ernährte, und trafen dann auf dem
offenen Felde vier Pagoden , von denen zwei von rothen Ziegeln
erbaut, zwei mit Stucco belegt waren, in Nachahmung von
Marmor. Durch die offenen Nischen der noch unvollendeten
Ziegelpagoden konnte man in die eine hineinblicken und in der
Höhlung den viereckigen Grundpfeiler sehen , über welchem das
Gebäude errichtet war. lieber der Figur des sitzenden Buddha
erhob sich daa Haupt der behaubten Schlange, wie über der
Vischnu's in Vorderindien. Von den übrigen Figuren war eine mit
einer pagodenartigen Kopftracht geschmückt und Sabubuddha
genannt. Solche gekrönte Buddha's finden sich häutig neben den
kahlköpfigen Repräsentationen und sollen den zur Weihe ausge-
zogenen Königssohn bezeichnen oder auch den Besieger Mara's.
Ausgedörrt von dem heissen Sonnenbrand, der in dem
schutzlosen Feld auf uns niedergeprallt hatte , eilten wir einem
Wäldchen von Cocos- und Arecapalmen zu, das uns schon lange
aus der Feme in seine Schatten gewinkt hatte. In einem etwas
verfallenen Kyaung (Kloster) sass ein alter Mönch , von einem
Dutzend Knaben umgeben , die im Unisono lasen oder buchsta^
14 Von Bangun nach Prome.
birten , und bei unserer Ankunft ihr harmonisches Coneert erst
recht laut ertönen liessen. An der Wand lehnte eine Reihe der
grossen schwarzen Tafeln, auf denen sie ihre ersten kalligraphi-
schen Versuche einüben. Ein schwarzer Kasten in der Schul-
stube war mit Bilderscenen aus Buddha's Leben bemalt : wie er
mit seinem fürstlichen Oefolge fortzieht, wie er dem Alten und
Kranken begegnet, und wie er an unverdaulichem Schweine-
fleisch stirbt. Die Schuljugend stammte aus dem nahegelegenen
Dorfe , wo wir eine weite Wildemiss eingezäunt fanden und zu
unserem Erstaunen hörten , dass das einen Garten vorstelle. In
einer kleinen Separathecke, deren Viereck eher auf einen solchen
Namen Anspruch machen konnte, blühte die rothe Blume,
Bodidharma genannt, die aus dem Blute des Gottes aufgesprosst
sein soll. Durch das Essen ihres Samens wurde die erste Sünde
begangen. Das Dorf zeigte viel Betriebsamkeit, und die Bauern
waren alle mit ihren Kühen und Büffeln oder mit Weben beschäf-
tigt. Das letzte Haus des Dorfes, ein wenig abseits (wie im
Mittelalter das des Schinders) war das Haus des Tattuers , der
zu gleicher Zeit kabbalistische Künste verstehen muss, da er
seine Patienten dagegen zu beschützen hat. Die Birmanen
kennen zwei Arten der Tättowirung, die schwarze und die rothe.
Die schwarze, deren sich Jeder unterziehen muss, ist jetzt ein so
gewöhnlicher Gegenstand geworden, dass sich Niemand mehr
etwas dabei denkt und sie nur als Modesache betrachtet. Die
rothe dagegen ritzt magische Figuren in die Haut der Arme und
der Brust, da die Beine schon schwarz occupirt sind, um Krank-
heiten und andere Anfechtungen abzuwehren. Ein alter Mann, an
dem gerade operirt wurde, erhielt Quadrate, deren Felder durch
verschiedene Charaktere ausgefüllt waren, auf die rechte Brust
gesetzt, um fortan kugelfest zu sein. Diese werthvollen Talismane
sind natürlich schwer im Preis zu schätzen und werden je nach
dem Liebhaber bezahlt. Für die vulgäre schwarze Tättowirung
ist aber eine bestimmte Taxe festgesetzt ; der Künstler sagte mir,
dass er sich zwei Rupien pro Fuss bezahlen liesse , so dass der
ganze Mensch (d. h. in seiner unteren Hälfte) ungefähr auf fünf
Rupien zu stehen komme. Ein anderes Verschönerungsmittel der
Die Delicatesse des Landes. 15
Birmanen ist das Schwarzfärben der Zähne , zu welchem Zweck
sie mit Citronensäure eingerieben und dann mit einer Eohlen-
mischung belegt werden.
Wir kamen erst am Nachmittage zum Boote zurück und fuhren
dann weiter, bis wir durch die Nacht in der Nähe einiger Fischer-
hütten überrascht wurden. Das Fischen ist ein bedenkliches (je-
schäft für den Buddhisten, und ich habe besonders in den Tempel-
gebäuden Siams mit grellen Farben die Strafe abgebildet gesehen,
die des Fischers nach dem Tode harret. Der arme Schlucker bau-
melt mit der Zunge an einem Angelhaken , womit ihn höhnische
Dämonen zum Spiel aus einem Pechpfuhl auffischen und wieder
hineinfallen lassen. Diese erbarmungslose Strafe sieht der be-
dauernswürdige Sünder*) vor sich, und da er doch einmal, um
nicht mit seiner Familie zu verhungern, sein Geschäft forttreiben
vuss, sucht er wo möglich durch eine Hinterthür zu entschlüpfen.
Die Lieblingsspeise der Birmanen ist das Ngapie, dieser entsetz-
liche Schrecken europäischer Nasen, den alle fliehen, dem aber
noch keine entgangen ist. lieber ganz Birma lagert eine verpestete
Atmosphäre und ich bin mitten auf der freien Wasserwildniss des
Irawaddi für Stunden nicht aus ihrem Bereich herausgekommen,
wenn gerade ein mit Ngapie beladenes Schiff im Winde lag.
Diese Delicatesse wird bereitet , indem Fische in die Erde ver-
graben und im haut gout fauliger Verwesung mit ranziger Butter
eingemacht werden. Wie man von dem Käse unserer Fein-
schmecker erzählt, dass er, wenn beim Dessert die Glasglocke
weggenommen wird, auseinanderläuft und gejagt werden muss,
so berichten die Birmanen die Elephantengeschichte , dass einst
ein mit Ngapie beladenes Schiff von den darin erzeugten Wür-
mern fortgeschleppt worden ist, auf Nimmerwiedersehen. Die
Verfertigung des Ngapie nun ist es, wofür die Fischer hauptsäch-
lich massenhaften Absatz ihres Ertrags finden, und da es bei dem
*) Nach den Lehren der Manichäer (bei Tyrbon) gehen die Seelen der
Ackerbauer in Krauter über, in Getreide und Qefnüse, damit sie ihrerseits gemäht
und abgeschnitten werden. Die Brodbäcker werden zu Brod werden und selbst
gegessen werden. Wer ein Huhn tödtet, wird selbst zum Huhn, wer eine Ratte
tödtet, zur Ratte. W^r ein Haus baut, dessen Seele wird zerrissen werden.
16 Von Rangan nach Prome.
Product auf Frische nicht ankömmt, so haben sie ein Auskunfts-
mittel gefunden , um ihre Hände nicht mit unschuldigem Blute
zu beflecken. Die gefangenen Fische werden nicht getöcRet,
sondern nur in die Sonne gelegt , um sie nach der langen Nässe
zu trocknen, und wenn sie tlber diese gute Absicht absterben
sollten , so ist es nur ihre eigne Schuld.
Ich habe oft diese Quälereien mit ansehen müssen , und die
gemarterten Thiere thaten mir in der Seele weh. Ein Buddhist
sucht aber nur dieThatzuyermeiden, da die Absicht keinKamma
erzeugt. Einmal Gestorbenes kann Jeder essen , selbst Ochsen
und Etthe, obgleich ihre Tödtung im alten Birma gleich dem
Menschenmorde mit Enthauptung bestraft wurde. Kein Tisch ist
reichlicher mit Fleischspeisen versehen, als der des Fungyi
und wiewohl die strengem unter ihnen selbst das Kochen von Reis
verdammen, da dadurch lebendes Princip vernichtet wird, so er-
höht das Selbstbewusstsein ihrer Unschuld nur den Appetit, wenn
er ihnen schon gekocht gebracht wird. Auf den Märkten Birma's
werden deshalb für scrupulöse Seelen die Hühner auch schon
getödtet verkauft, indem entweder ein ungläubiger Mohamedaner
oder ein für Geld feiler SUndenbock sie in den gewünschten Zu-
stand versetzt hat. In Dörfern , wo die Fuugyi's grossen Ein-
fluss besassen, zeigten sich die unerwartetsten Schwierigkeiten,
auch nur Eier aufzutreiben, da die Eigenthümer überlegten, dass
der Koch ihr Lebensprincip durch siedendes Wasser zu tödten
beabsichtigte. Gewöhnlich indess sind sie indifferent gegen das,
was geschieht, wenn sie es nicht selbst thun, und die Dorfältesten
haben mir manchmal den Wink gegeben, dass ich das gewünschte
Huhn , das der Eigenthümer zu verkaufen weigerte , erschiessen
sollte und ihm das Geld, nicht als Blutpreis, sondern als Geschenk
geben möge. Am fruchtbarsten in Schleichwegen, ihr Gewissen
zu betrügen , sind die Pungyi's selbst. Nach dem Fatimok ist
es ihnen verboten, nach der Mittagsstunde zu essen, es ist ihnen
aber nicht geboten , genau zu wissen , wann es Mittag ist. Der
Priester sitzt in seiner Zelle mit dem Bücken gegen die Sonne,
so dass er gie nicht sehen kann, und ruft den aufwartenden Kna-
ben, ihn fragend, ob es schon Mittag ist. Der durch gewisse Wort-
Henxadah. J7
Wendungen der stereotypen Paliformel instruirte Schüler ant-
wortet, dass es noch hoch am Vormittag sei, und der Meister
lässt sich dann die verbotenen Speisen bringen. Die Sünde des
Knaben ist nur die der Lüge, und hat bei seinem jugendlichen
Alter nicht viel zu bedeuten, wogegen die Sünde des die Gesetze
des Patimok übertretenden Priestera schwere Büssungen erfor-
dern würde.
Nachdem wir die nächste Nacht in der Nähe einiger Karen-
häuser zugebracht hatten , langten wir am folgenden Morgen in
Henzadah an, eine Stadt, deren Häuser sich für eine weite
Strecke auf dem Flussufer aneinander reihen. An dem Lan-
dungsplatze waren kleine Stöcke, mit rothem Papier umwunden,
in Kreisen aufgesteckt, unter aufgespannten Sonnenschirmen,
und die Bootsleute erklärten mir, dass dies die Opfergabe irgend
eines Kranken sei, dem Nat (Dämon) des Wassers dargebracht.
Freundliche Güte hatte mich mit Empfehlungsbriefen an
Capitain Plant versehen, den Bevollmächtigten Uenzadah's, und ich
fand ihn, nicht zu Hause» aber auf dem Bureau, wo er mir mit
englischer Gastfreiheit seine Wohnung zur Disposition stellte
und mich bat, dort selbst den Wirth zu spielen, bis ihm am
Abend die Beendigung der Gerichtsgeschäfte erlauben würde
mich zu empfangen. Das Haus war birmanisch gebaut, aber
englisch eingerichtet Es stand in einem nach europäischer Weise
hübsch arrangirten Garten, dem eine verfallene Pagode mit
einem Colossalbild Gautama's die pittoresque Characteristik des
Landes beifügte. Als in der Feierstunde Capitain Plant zum
Spazierritt nach Hause kam, zeigte er mir auf dem Wege eine
fünfseitige Pagode (Ngamena-paya) als die Merkwürdigkeit der
Stadt, und in einem andern Viertel eine Glocken-Pagode, die die
Kürbiss - Pagode (Budipaya) oder auch die runde Pagode (alon
paya) genannt wurde und der Form des ursprünglichen dagob am
nächsten kommt. Als wir zurückkehrten, stand das Souper d. h.
das in Indien auf die späten Stunden der Kühle verschobene
Mittagessen, bereit, und ich verbrachte die Stunden in Ge-
sprächen, die mir für meine Reisezwecke ebenso interessant als
förderlich waren. Während meiner Reise durch die englischen
BAitian, OftMien. II. . 2
lg ■ Von Bjudgim nach Prome.
Provinzen Indiens, habe icli mich überall der Graatfreundschaft
dieser Herrn Offiziere, die in den Civildienst getreten sind, zu
erfreuen gehabt, und ich rechne die Tage, die ich bei ihnen ver-
brachte, zu den angenehmsten und lehrreichsten meiner Erin-
nerung. Durch ihr Militärleben an einen raschen Blick und
praktische Auffassung der Dinge gewöhnt, finden sie sich bald
in den Verhältnissen zurecht, deren Ordnung ihnen ihr neuer
Dienst als Administratoren und Richter auferlegt Da das Urtheil
nicht an Yorgefassten Theorien oder an überklugen Sophistereien
kränkelt, wird es ihnen nicht schwer, den Eingeborenen so zu
verstehen, wie er ist, und ihn dem entsprechend zu behandeln.
Mit der Beschäftigung wächst ihr Interesse und man findet viele
unter ihnen , die tiefeingehende Studien über die Sprache , über
Sitten und Gebräuche gemacht haben. Wenn einmal die Neigung
dafür geweckt ist, giebt ihnen ihre Stellung grosse Erleich-
terung, da ihnen, als der höchsten Behörde des jedesmaligen
Districtes, Alles zu Grebote steht. Manchmal wenn im Laufe des
Gesprächs Punkte angeregt wurden, üb^r die sie mir selbst keine
Auskunft geben konnten, so bedurfte es nur eines Winkes und wir
waren im nächsten Augenblicke von allen denjenigen Autoritäten
der Stadt umgeben, die unsere Zweifel , ob über politische odiar
über religiöse Institutionen, lösen konnten. In diesen englischen
Proconsulen erkennt sich die Weltbestimmung der anglosäch-
siachen Kage. In Provinzen, grösser wie ein Königreich , trifft
man einige wenige, vielleicht nur einen Beamten, der eine unter-
worfene Nation fremden Stammes, fremder Sprache, fremder Re-
ligion, durch seinen nattlrlichen Verstand regieren muss (denn
die bestehenden Gesetzbücher verwirren mehr als sie nützen), und
der diese Aufgabe, mittelst seiner geistigen Ueberlegenheit und
mit Hülfe eines gesunden Kopfes mit Leichtigkeit löst.
Am nächsten Morgen machte mich Capitain Plant mit dem
amerikanischen Missionar Herrn Thomas und Frau bekannt, die
medicinischen Rath für ihr Kind wünschten. Dort trafen wir eine
junge Karenfrau, eine grosse Berühmtheit der dortigen Gegend.
Sie war als eine Prophetin unter den Bergstämmen aufgestanden,
die baldige Ankunft des erwarteten Retters Morley verheissend.
Eine Prophetiii. 19
eine HofiFhung, die sie auf ein altes Schifferlied gründete, worin
von einer Pagode , die einst auf hohen Bergen gestanden , als
dem Versammlungsort der Vorfahren gesprochen und eine
Einigung yerheissen wird. Herr Thomas erzählte aus ihrer (be-
schichte folgende Einzelheiten : „Vor ungefähr drei Jahren rief
diese Frau grosse Aufregung in der Morley-Secte, zu der sie ge-
hörte, hervor, indem ihr Offenbarungen gekommen waren, nach
welchen der grosse Nat (Gott oder Dämon), ihr Vater, bald seinen
Fuss auf die Erde setzen und diese dadurch mit Wasser tiber-
schwemmen wttrde, die Sünder zu tödten und Alle zu reinigen.
Seine Anhänger werden dann mit ihren Gegnern kämpfen , die-
selben überwältigen und die Weltherrschaft erlangen, bis sie, am
Ende der Dinge, in goldenem Wagen zum Himmel aufgeführt
werden würden, die Freuden des Paradieses zu geniessen. Von
allen Seiten strömten Fanatiker herbei und sassen für Tage und
Nächte, der Rede dieses Weibes lauschend, indem sie behaupteten'
weder Speise noch Trank zu bedürfen, so lange wie sie ihr zuhören
könnten. Wundergeschichten kamen überall in Schwung über
das Himmelsmädchen. Ihr Haar war lang genug, um sie vom
Kopf bis zum Fuss zu bedecken , ihre Nägel waren seidenweich
und ein Glorienschein umstrahlte sie täglich, wenn sie bei
Sonnenuntergang aus ihrer Wohnung trat. Man brachte ihr
blecherne Kronen und andere Insignien der Königswürde, in
Nachahmungen, wie sie das arme Volk aus irgend welch billigem
Material fertigen konnte, bis zuletzt die englische Regierung alle
diese Dinge confisciren Hess und auf das Anerbieten eines katho-
lischen Priesters, die Kur der Visionärin zu übernehmen, sie
demselben übergab. Dieser Franzose taufte sie und entliess sie
als geheilt, als sie aber bei ihrer Rückkehr wieder neue Unruhen
erregte, wurde sie in die baptistische Mission geschickt, wo sie
jetzt mit andern Karenschülem zusammenlebt. Ihr erster Mann,
von dem sie drei Kinder hatte, neigte sich zum Christenthum und
besuchte oft ein nahegelegenes Dorf christlicher Karen. Sie
scheint von ihm die christlichen Ideen erhalten zu haben, die
sie zusammen mit mahomedanischen in ein System aufg^i^^s^^bt
hat. Sie lebte später mit einem zweiten Manne, der ab^^ seiner
2*
20 ^on Baiigan nach Prome.
Umtriebe wegen von ihr getrennt wurde, da er sich fUr den Vor-
läufer des Vaters ausgab, der bald auf Erden herabsteigen würde,
und Moralgrundsätze predigte, um die Herzen zu reinigen. Noch
vor wenigen Monaten sah man die umliegenden Dürfer Boote auf-
kaufen und Feiertag halten, damit Alles für das grosse Ereigniss
bereit sei. Die Eltern dieser Frau sind todt, nahmen aber eine
angesehene Stellung in ihrem Lande ein. Sie behauptet die erste
himmlische Offenbarung bei Abschluss ihrer Hochzeit erhalten
zu haben, indem die Engel Jierabkamen und ihr Verehrung
zollten.'* Die Frau hatte einen exstatischen Blick im Auge neben
einem etwas schwärmerischen, aber sanften Gesichtsausdruck, doch
bemerkte Herr Thomas, dass ihre ganze Erscheinung sich völlig
ändere, sobald sie von einem ihrer Anfälle ergriffen wird.
Bei Sonnenuntergang wurde die Abendkühle zum Spazierritt
benutzt und Capitain Plant machte mich aufmerksam, wie an jedem
Hause ein langer Hakenstock lehnte, der bis über das Dach her-
vorragte , indem nach gesetzlicher Vorschrift solche beim Eintritt
der trockenen Jahreszeit überall hingestellt werden müssen, um
bei Ausbruch eines Feuers sogleich das ganze Haus zusammen-
reissen zu können. Vor einem colossalen Götzen sassen Betende
mit Lichtern in der Hand. Die Ponahs, die in einer besonderen
Strasse zusammenleben, beten in einem leeren Verschlage. Neben
einem Fusstapfen Buddha's, in einem von Ava gebrachten Speck-
steine ausgearbeitet, hing eine von zwei Holzfiguren getragene
Glocke. Die Beistehenden bemerkten, auf Fragen, dass die
Bilder in dem Fusstapfen (in 44, 36 und 20 Felder arrangirt)
bedeuten sollten , dass alle Dinge unter Gautama's Fusse seien.
Bei einer Sterbescene Gautama's wurde gesagt, dass er bei seinem
Tode den ältesten Rahan inTheohoma zu seinem Nachfolger ein-
gesetzt habe, dass aber, nachdem dessen Geschlecht ausgestorben,
jedes Kloster sich selbst regiere. Beim Ausritt den nächsten
Morgen erzählte mir Capitain Plant, dass die Mönche Henzadah's
in zwei Secten getheilt seien, von denen die jüngere leichtgelbe,
die ältere orange Gewänder trügen. Die Schuljungen dieser
feindlichen Klöster pflegten sich täglich auf der Strasse zu balgen,
um die Superiorität ihrer Lehrer zu verfechten. Beim Heim-
Todtentanz. 21
kommen fanden wir Capitain Planl's Bedienten auf einer Bank
liegen, unter den Händen eines Tattower, der einen dreispitzigen
Stahl, an einem langen Griff befestigt, in Schwarz tunkte und
dann auf der Haut umherprickelte, während der Junge sich sein
Taschentuch fest in den Mund drückte, um nicht vor Schmerz
aufzuheulen. Es war fUr mich sehr interessant, diese Procedur
mit anzusehen , aber nicht so für Capitain Plant , denn sein Be-
dienter blieb für die nächsten drei Tage wegen geschwollener
Beine zum Arbeiten unfähig. Mitunter nehmen die Birmanen
Morgens früh eine Dosis Opium , um dann später die Operation
nicht zu fühlen. Zum schwarzen Tättowiren wird Russ, zum rothen
Vermillion gebraucht. Eine Leichenprocession, die ich durch die
Strassen ziehen sah, setzte den Sarg auf dem nächsten Kreuzweg
nieder, worauf ein Mann, der herabhängende Federn in das
Haar gesteckt hatte, mit grotesken Sprüngen dazu umhertanzte.
Nachdem der Todte wieder in die Höhe genommen war, be-
gannen die Leichenträger, als die Musik aufspielte, unter sich
eine Art Contretanz aufzuführen , den Sarg von einer Seite zur
andern hin- und herreissend *) und dann ein paar Schritte vor-
wärts schreitend, nach dem Takte von vier Vortänzern , die sich
näherten und entfernten.
Der Name Henza-dah (der betrübte Henza) wird von einem
Henza- Vogel hergeleitet, der nach dem Verlust seiner Gefilhrtin,
zum Tode bekümmert auf der Stelle sass , wo später die Stadt
gegründet wurde ♦•). Sie enthält 5600 Häuser und 11000 Ein-
wohner. Nach den statistischen Aufzeichnungen übertrifft die Zahl
der Geburten die der Todesfälle. Umgeben von einem reichen
*) The body of a rieh man is placed on a sort of triumphal car, some re-
siating and other propelling. Oue party eries: ««Wo will bury our dead,** the
other voci ferates : „ You sball not take away my friend. ' ' When placed in the car the
same stmggle is renewed and two or three days are spent in this manner, the
people manifesting all the jollity of a festival (Malcolm).
**) In der Linga Pnrana nimmt Brahma die Form eines Hansa (wie Vischnn
die eines Ebers), um die Form Mahadera's zu erforschen (s. Muir). Ever since
then, men call me Hansa, for Hansa is Viraj. Whoever shall call me „Hansa/*
,,Han8a,'* shaU become a Hansa (unimpassioned saint). Der Name Hongsavadi
wird von demselben Vogel hergeleitet, der alle Klosterpagoden schmückt.
28 Von Rangim nach Promo.
Beisdistricte , besitzt die Stadt einen ausgedehnten Handel und
liefert den verhMltnissmässig bedeutendsten Beitrag zur Revenue
des englischen Binna. Das Volk hatte indess damals noch eine
grosse Abneigung gegen die von der englischen Regierung ge-
wünschten Assessments, da die regellose Regierung unter den
Urmanischen Königen noch zu lebhaft in Erinnerung stand. Die
Dorfältesten werden von der Regierung ernannt und erhalten Pro-
cente aus den eingelieferten Steuern. Die Balanz der Verbrechen
ist günstig, und in den letzten drei Monaten war damals kein
einziger Fall von Diebstahl oder Raub vor den assistirenden
Gommissär gekommen.
Nach einigen angenehm verbrachten Tagen , nahm ich Ab-
schied von Capitain Plant und bestieg wieder mein Boot. Unsere
Gesellschaft hatte sich vermehrt durch einen Birmanen aus Ava,
der mich bat, ihm zu erlauben , dass er für seine Reise auf dem
Boote mitarbeiten dtirfe. Er hatte in Henzadah in der Polizei
gedient, hauptsächlich als Nachtwächter und theilte mir Nacht-
wächterlieder mit, z. B.
In dunkler Nacht die Zeit der Stunde
Des Wftcbters Stimme mfet Uat,
Er macht allein die stille Runde,
Begleiter nur die Windesbraut.
Um Mittemacht mit schweren Bächen
Der Regen strömt zur £rde fort,
Kein Licht die Finstemiss zu brechen,
Im Osten, Westen, Sfid und Nord.
Allein, allein im Finstem wandr* ich,
Ein Mann folgt nur vom Wachthaus mir.
Das Herz ist schwer, die Trauer drückt mich,
Es kehrt der Sinn zurück zu Dir.
Zur Stadt lass denn zurück uns schreiten,
Zum Posten an dem Thore dort.
Sieh, dieser kurze Pfad will leiten
Uns rasch zu Menschenhänsem fort.
Nachdem wir die Abzweigung des Basseinflusses passirt
waren, legten wir für die Nacht im Walde an, da weder Haus noch
Dorf in der Nähe war. Auch die folgende blieben wir im offnen
Felde. Das Yomagebirge war jetzt in Sicht und folgte uns ftlr
AlHgaton. 28
die folgenden Tage. In einem Fischerdorfe fand ich bei den
Verkäuferinnen die bei den Birmanen sehr beliebten Kuchen aus
glutinösem Beis (Kaunyin), die in Blättern oder Stengeln verkauft
werden. Dieser Beis lässt sich auch in derselben Weise wie der
gewöhnliche bereiten, aber die Birmanen meinten, dass sie ihn so
nur ässen am Vorabend einer grossen Unternehmung oder einer
Beise, um Vorrath an Kräften einzulegen.
Am nächsten Abend hielten wir bei dem Dorfe Schweyuen,
wo neben einem Kloster zwei Zwillingspagoden standen, und vor
demselben ein aus Bambu gefertigtes Schiff mit gelbem Zeug be-
deckt. Ein altes Buddha-Bild war unter einen aus Stein gefer-
tigten Schirm gesetzt und von den umhergestellten Stangen
hingen lange Banner herab. So oft der Wind dieselben bewegt,
ebenso oft wird der Geber in künftigen Existenzen als König ge-
boren werden.
In der Nähe unserer Anlegestelle war der Badeplatz des
Dorfes, wie ich die Birmanen fast überall im Irawaddi habe
baden sehen, und täglich selbst gebadet habe, obgleich er wegen
Alligatoren verrufen ist. An einigen Stellen allerdings wurde ich
noch im besondem gewarnt, und begnügte mich dann mitUeber-
giessen. Die Dorfleute wissen oft, dass ein bestimmter Alligator
da und da wohnt, oder bezeichiien die Grenzen seines Jagdre-
viers. In Bangun wurden mir mehrere Unglücksfälle durch
diese gefrässigen Thiere erzählt und im Hafen gingen badende
Matrosen durch Haie verloren. Die Birmanen erfrischen sich
meistens zwei Mal am Tage durch Abspülen und beim Baden
hatte ich gute Gelegenheit, die Nüancirungen der Hautschat-
tirungen zu beobachten, die sehr durcheinander laufen. Ein
Reisender, der, nachdem er nur die Birmanen Rangun's kennen
gelernt, andere von Ava sähe, würde ohne Zweifel die aus den
nördlichen Provinzen hergekommenen für dunkler erklären, aber
dabei vergessen , dass die in Rangun ansässigen Birmanen , die
ohnedies alle eingewandert sind, ihrer handeltreibenden Be-
schäftigung wegen, sich wenig exponiren. Wenn er in die Nieder-
lassungen der wirklichen Eingeborenen Rangun's , die Fischer-
dörfer der Talein ginge , so würde er deren Bauern noch mehr
24 ^OD Rangan nacfa iVome.
dem Schwmrzbraunen angenähert finden. Die Karen, besonders
die Sgau seheinen im Allgemeinen heller, als in dichten Wäl-
dern selten der Sonne ausgesetzt, aber die Bghais zeigen sieh
mter ihnen wieder sehr dunkel, obgleich sie nicht nur von Nor-
den» sondern auch von hohen, aber waldlosen, Bergen kommen.
Die Wirkung des äussern Einflusses tritt am klarsten bei den
Birmaninnen hervor. Solche, die zur arbeitenden Klasse ge-
hören, tragen selten Kleider auf dem Oberkörper und auch bei
Vornehmeren ist der halbe Schenkel entblösst, da das rechte Bein,
wie bei den Spartanerinnen, bei jedem Schritt aus der schmalen
Tamein her\'ortritt. In den Küstenstädten wird dieselbe jetzt
länger und enganliegend getragen, ähnlich dem Gewände der
Feiertagstracht, das im ganzen Lande ein züchtigeres ist, als das
des täglichen Lebens. Beim Baden gehen die Frauen und
Mädchen gewöhnlich mit einem Tuche ins Wasser, das sie beim
Untertauchen abschlüpfen. Man konnte immer deutlich, wie
durch eine Linie markirt, die Grenze sehen, wie weit der Körper
bedeckt getragen zu werden pflegt, indem abstechend gegen den
dunklen Teint des Oberkörpers und der Arme , die Hüften und
Lenden die von Südeuropäem hätten sein können. Dies ist all-
gemein in Indien. Schon der chinesische Gesandte (Xm. Jahrb.)
bemerkte es bei den Kambodiem , die er dunkelschwarz nennt,
mais ponr les dames du palais et meme parmi les femmes de
Nan-pheng il y en a qui ont le teint d'un blanc ^latant comme
du jaspe et cela ^ient de ce qu'elles ne voient ni le ciel ni la lu-
miöre du soleil (nach Remusat). Unter den Bootsleuten war
schon am Morgen Uneinigkeit ausgebrochen , die bis zur Schlä-
gerei geführt hatte, wobei sie sich in ihren langen Haarbttschen
umherzausten, dass es eine Lust anzusehen war. Auch am
Abend brach wieder solcher Lärm aus , dass ich sie alle mitein-
ander aus dem Boot fortschickte , um ihre freundlichen Erörte-
rungen anderswo fortzusetzen.
Als ich am nächsten Morgen neben dem geschleppten Boote
herging, kam ich durch das Töpfer-Dorf Kauna , wo die meisten
der irdenen Krüge Birma's verfertigt werden. Die Erdart wird dort
am Flusse gefunden. Der Töpfer sitzt vor einem in die Erde
Festliche Vorbereitmigeii. 25
gegrabenen Loche und bewegt das Rad mit dem Fuss. Neben
den aufgestapelten Haufen von Chatties, die gebrannt werden soll-
ten, lagen Ballen von Baumwolle zum Trocknen aus» und Korn
wurde durch Ochsen ausgetreten.
Als ich ins Boot zurückgekehrt wieder weiter fuhr, hätte ich
beim Aufschauen glauben können, nach Egypten versetzt zu sein,
denn an dem hohen Ufer, an dem wir hinfuhren, standen zwei
colossale Löwen-Sphinxe über denFluss heraus, und eine Treppe
führte zwischen ihnen aufwärts. Ich folgte einem engen Gange
zwischen hohem Steingerölle, und kam zu einer Pagode, die in
Trümmern lag und der Vergangenheit angehörte. Die Götzen-
haufen in der Nähe enthielten Riesenstatuen von Gautama und
Ananda. Vor denselben stand ein langes Schiff, dessen Rippen
von Bambu und die Planken mit Matten bedeckt waren. In dem
nahegelegenen Dorfe Kaunagyi war Alles geschäftig und für den
bevorstehenden Festtag wurden Schaubühnen aufgeschlagen. In
einem Hause wurden Kuchen gebacken , im Hofe eines andern
Früchte gepflückt, an einem dritten Blumentöpfe arrangirt und
wenn ich fragte, war die Antwort immer : um es zum Kloster zu
bringen. So ging auch ich, um das Kloster anzusehen und fand
die Hauptfigur am Tempel überschrieben mit dem Namen Sota-
bundi, was sagen will, „der Gott, der mit übervollem Maasse
denen giebt, die ihm geben.^' Doch geben diese guten Dörfler
nicht nur den fristen Götzen, die den Mund mit Versprechungen
voll nehmen, sondern unaufgefordert auch armen Reisenden. An
der Heerstrasse fand ich in kleinen Entfernungen Zayats unter
schattigen Bäumen zur kühlen Ruhe einladend, und in jedem
stand ein gefüllter Wasserkrug mit Trinklöffel, sowie auch Vasen
mit frisch gepflückten Blumen daneben.
Jeder Birmane muss einmal im Leben das gelbe Kleid des
Pungyi getragen haben, ob für Tage, Wochen oder Jahre. Ge-
wöhnlich werden die Knaben vom 6 — 13. Jahre in die Schule
(im Kyaung oder Kloster) geschickt, um lesen und schreiben zu
lernen , und während dieser Zeit begleiten sie die Pungyi beim
Almosensammeln nach den Häusern ihrer Verwandten. Später
verweilt der Schüler noch einige Wochen, um Paligebete zu lernen.
26 Von Rangnn nach Prome.
und bleibt dann entweder dauernd im Kloster oder kehrt in*s
bfirgerliche Leben zurück. Verbeirathete, die, obwobl sie nicbt
mehr Pungyi werden können , sich dem Mönchsstande widmen
wollen, tragen statt des gelben ein weisses Gewand, ebenso wie
die Nonnen, meistens alte Frauen oderWittwen ohne Beziehungen
in der Welt. Manche sind zwei oder drei Mal in den Mönchs-
stand ein- und wieder zurückgetreten , bis sie sich zuletzt yer-
heirathet haben. Das birmanische Kind erhält seinen Namen
aus zufälligen Benennungen, die meistens von dem Vater oder
der Mutter (obwohl dieselben nicht immer übereinstimmen) aus-
gehen und später haften bleiben. (Mein Munschi in Rangun hiess
Bawah, wie die Kalah, indem seine Mutter ihn wegen der
schwarzen Farbe einen kleinen Indier zu nennen pflegte.) Um
später zwischen verschiedenen zu unterscheiden, wird der Name
des Vaters beigefügt, oder der der Frau oder die Beschäftigung,
oder der Wohnort beschrieben oder die Gestalt u. s. w.
Der Herr Nachtwächter schien in der Polizei zu Henzadah
keine schweren Tage gehabt zu haben , denn Arbeit wurde ihm
etwas sauer. Er kam zu mir und klagte, dass das Bootziehen ihm
gar nicht recht behagte und er wolle lieber in Mjanoung, wo wir
gerade angekommen waren, bleiben, da vielleicht eine Nachtwäch-
terstelle vacant werden könnte. Er hatte mir ausser seinem Nacht-
wächterliede , auch die Abschrift eines Pali-Amulettes gegeben,
das ihm bei seinem Austritt aus der Klosterschule voYi seinem Lehrer
(Zaya), als unfehlbarer Talisman gegen Krankheiten, mitgegeben
war. Die Formel musste über einem mitWasser gefällten Becken
gesprochen und der Körper dann aus diesem gewaschen werden.
In Myanoung ward ich durch Capitain Hildebrand, den
dortigen Deputy-Commissioner, eingeladen bei ihm zu wohnen,
und machte noch die Bekanntschaft einiger andern Herren
der Station. .Beim Spazierritt sah ich einen Tempel in läng-
licher Form, ganz den Batha in Mahabalipuram ähnlich. In
einer andern Pagode führte eine Spitzthttre zu einem Gewölbe-
gang , wie sich solche vielfach antreffen* Die Birmanen legen
aber die Ziegel in derselben Weise, wie sie sonst beim Brunnen-
bau gelegt werden , wo nur auf seitlichen Druck Rücksicht zu
Myanoung. 27
nehmen ist. Wenn bei Gebäuden angewendet, fallen deshalb
die birmanischen Gewölbe auch immer rasch zusammen. Einige
der Holzdächer ähnelten in ihren ThUrmen dem chinesischen
Styl. Die Gallerien des Klosters waren mit elegantem Schnitz-
werk verziert, dessen Muster sich in den Sculpturen der Stein-
treppen wiederholten. In den Zellen hingen verschiedene Ge-
mälde aus Buddha's Leben und dazwischen auch Carricaturen
von Europäern, deren liebenswürdige Höflichkeit gegen ein schö-
neres Geschlecht den cönobitischen Mönchen ein Aergerniss zu
sein schien. Im Elosterhofe wurde ein gewaltiges Schaffbt er-
richtet, ganz mit Teppichen und Zeugen ttberkleidet, mit Figuren
und Opfergaben besetzt, auf dem der seit einem Jahre verstorbene
Abt des Klosters nächstens in die Luft und zum Himmel hinauf
*
gesprengt werden sollte. Bei grossen Feierlichkeiten wird der
Scheiterhaufen in Birma gewöhnlich durch auf denselben losge-
lassene Raketen in Brand gesteckt. Hohe Herren werden ein
Jahr lang ftlr das Leichenbegängniss, das viele Vorbereitungen er-
fordert, präservirt, und, um sie frisch zu halten, steckt man sie in
Honig, als die sicherste Methode, die ausserdem auch die billigste
ist, da der geschenkte Honig sich nachher wieder verkaufen lässt.
Bei der Rückkehr nach Myanoung besuchte ich Herrn Hyde, den
Polizeisergeanten, der mir einen von Dämonen besessenen Baum in
seinem Hofe zeigte, der in diese Krankheit gefallen ist, weil früher
die Sepoys des dort stationirten Regiments ihre Götzen unter ihm
aufzustellen pflegten. Es langten gerade mehrere Depeschen an, die
Räuberbanden betreffend, die seit einiger Zeit in dem Districte sehr
zugenommen hatten und ganze Dörfer ausplünderten. Sie hatten
überall ihre Spione und Helfershelfer , so dass es schwer war,
ihnen beizukommen, und wenn wirklich in Bedrängniss, blieb
ihnen stets der Ausweg nach den Bergen derKhyen. Auch hatten
sie allen Landleuten einen so grossen Schrecken eingejagt, dass
Niemand gewagt haben würde, sie zu verrathen, im Gegentheil ihre
eigenen Schlachtopfer ihnen auf die geringste Aufforderung Pro-
viant und Kleidung lieferten. In den verschiedenen Strassen Mya-
noung's sind Polizeistationen für die Quartiere, in denen die Stun-
den durch das Schlagen der Gong angezeigt werden. In den Dörfern
28 ^^^ Ran^n nach Pronie.
sieht man zuweilen alte Männer mit Blumenvasen auf dem Rücken
durch die Strassen gehen, beständig einen Gong schlagend , um
dadurch die Leute an Werke der Frömmigkeit zu erinnern. Beim
Hausbauen sah ich zwischen die Pfosten und das Dach Lumpen
gesteekt und hörte, dass das geschehen müsse, um dem Hause
Glück zu bringen nach den Vorschriften des Deitton-Kyam.
Am andern Tage begegneten uns einige der scharfge-
schnittenen langen und schmalen Böte, in denen die Priester sich
Yon ihren Schülern auf ihren Amtsreisen umherrudem lassen.
Zuweilen fanden wir sie in grossen Mengen auf dem Flusse in
der Nähe der Klöster, wo sie sich für den Festtag des Bootrennen
einübten. Ungefähr zwei Dutzend Knaben sassen in Reihen hin-
tereinander an den beiden Seiten des Bootes, jeder mit einer
kleinen Schuppe in den Händen, und stiessen das Boot unter
taktmässigem Geschrei mit grosser Schnelligkeit vorwärts. Der
in grellgelber Farbe gespreizte Priester sitzt hinter einer Schach-
tel, die Arecanüsse, Betelblätter, Kalkbutter, losen Tabak, ge-
rollte Palmcigarren nebst anderen Utensilien des Comforts ent-
hält, und schaut, einer wiederkauenden Kuh ähnlich , mit dem
obligaten Ausdruck nichtssagenden Wohlwollens zu. Als ich,
während das Boot nur langsam gegen den reissenden Strom fort-
rückte, am Ufer neben herging, kam ich bei einer SchiflFswerfte
vorbei , auf der ein halb fertiges Boot stand. Der Zimmermann
sass daneben und hatte ein Buch in den Händen, aus dem er sich
zu seiner eigenen Unterhaltung laut vorlas. Weiterhin hörte ich
einen herzzerreissenden Jammerton die stille Luft durchschneiden,
es war ein langgezogenes, dumpfes Klagen des tiefsten Wehes,
und als ich ihm nachging, fand ich auf einem halb verwüsteten
Reisfeld eine alte Frau mit verhülltem Gesicht an einem noch
frischen Grabe sitzen, das vielleicht ihr einziges Kind, ihre letzte
Stütze, enthalten mochte. Es ist eine stereotype Monotonie in der
birmanischen Todtenklage, die ich schon oft gehört hatte und
später noch oft hörte, aber auch in dieser gleichmässigen
Wiederholung enthält sie Wehetöne , die aus dem tiefsten Ge-
fühl hervorzusteigen scheinen und tief in das Gefühl ein-
schneiden.
Das Vorgebirge der Chinesen. 29
Die Lehmbänke des Ufers hatten einem Strande weissen
Sandes Platz gemacht, an dem das klare Wasser hinfloss, und
wo dasselbe sich in ein weites Bassin erweiterte, umgränzte sich
der Hintergrund mit emporsteigenden Bergen. Beim Näherkom-
men pflanzte sich der dunkle BerghUgel Akan-Taung, vonEhyen
bewohnt, in die Ebene, auf welchem sonst die Karen die Kno-
chen ihrer Verstorbenen in ein gemeinsames Grab zusammen-
trugen. Jetzt blieb das Vorgebirge Tarupnguh zu passiren, und
die Bootsleute trafen ihre Vorbereitungen, da Jeder, der diese
sogenannte Teufelsspitze zum ersten Male umfährt, einen Tanz
aufführen muss, um den Dämon zu versöhnen. Früher war dies
die Grenze zwischen dem birmanischen und peguanischen König-
reich, erhielt aber den jetzigen Namen, weil die chinesische
Armee bis dorthin den nach Bassein geflohenen König Pagan's
verfolgte. Der Felsen fällt schroflf in den Fluss ab, und die Wand
war in eine Menge Nischen ausgearbeitet, von denen jede eine
sitzende Figur Gautama's enthält. Viele derselben hatten Stücke
Zeug um den Kopf gewunden , die Opfergaben vorbeikommender
Pilger, andere prangten mit grellen Farben lustig bemalt, aber
die älteren waren schon so verfallen und durch Moos überwach-
sen , dass man sie kaum vom Stein unterscheiden konnte. Ver-
schiedene der darüber gekritzelten Inschriften Hess ich copiren.
Eine besagte: „Schuesan und seine Frau Mipa erbauten diese Pa-
gode.'^ Eine andere mit Kohle auf Kalk geschrieben: „Payagatha,
der Laienbruder, der Erbauer der Pagode Mounniasan, und Paya-
Ama, die Laienschwester, die Erbauerin der Pagode Shinsau"
u. s. w. Als wir den Fluss gekreuzt und auf der andern Seite
für die Nacht angelegt hatten , erzählten mir die Bootsleute, dass
der Berg voll vonBelu oder Ungeheuern wäre, die Elephanten und
Büffelochsen aufässen, aber wie ein Schatten verschwänden, wenn
man sie packen wollte. Der den Berg hütende Nat heisstTasaun-
Nat oder der Gott, der den Berg wäscht. Mein Bursche kam erst
spät in der Nacht aus dem Dorfe zurück , wo er nur mit Mühe
die Leute hatte bewegen können , ihm ein Huhn zu verkaufen.
Als ich am nächsten Morgen für einen Spaziergang ans Land
ging, sah ich Knaben unter Anleitung eines Mönches beschäftigt,
30 Von Bnigiiii nach Promo.
von Sand Pagoden am Strande aufzurichten. Ich fand viele Pilger
auf der Strasse , die alle zur grossen Festfeier des Schwesandoh
(Groldbaar) nach Prome zogen und in einem Bündel auf dem
Rücken ihren Reiseproviant trugen. Ein kleiner Junge, der
herbeigelaufen war, die Fremden anzustaunen, trug in der Hand
den Lau lay genannten Bogen, von dessen mit Garn umwickelter
Sehne er kleine Lehmklumpen abschoss , um die Vögel von dem
Felde, das er hüten sollte, wegzujagen, und der abgelegten Probe
nach zielte er sehr sicher. Kleine in der regnigten Jahreszeit
gefüllte Strombetten waren mit Bambubrücken überlegt und ich
passirte mehre Dörfer, deren Ein- und Ausgang durch Bambu-
thore verwahrt war. Ueberall sah man rege Vorbereitungen für
das bevorstehende Fest. Vor einem der Dorfklöster stand ein
Riesenboot, aus Papier und Bambu zusammengesetzt und mit hoch
aufgestapelten Haufen von Früchten und Kuchen für die Mönche
gefüllt In dem Dorfe Schuedaunnaiya wurde des Festtages
wegen kein Markt abgehalten und das Gebäude des Bazaars war
geschlossen. Maskirte Tänze wurden auf den Strassen aufge-
führt. Frauen sassen dort mit zierlich ausgelegten Esswaaren in
lackirten Töpfen und luden die Vorbeigehenden ein , ihnen die
Ehre anzuthun und davon zu kosten. Ein paar Mönche wan- .
derten dazwischen umher und schauten lüstern zu, aber ihre
Essenszeit war vorbei. Ich fragte sie, wie sie an bewölkten
Tagen wissen könnten , ob es Mittag sei oder nicht , und erhielt
die Belehrung , dass die birmanischen Hühner vier Mal krähten,
Morgens, Mittags, Abends und um Mittemacht In Mandalay
sah ich ein Instrument*), um die Sonne zu messen, und meistens
verstehen es die Birmanen , nach ihrem eigenen Schatten zu be-
urtheilen, ob der Zenith passiii; ist oder nicht Ich begleitete die
Mönche nach ihrem neben der Pagode stehenden Götzentempel,
der voll von Figuren war, aber als ich nach den Palinamen der
einzelnen fragte , erklärten sie ihre Unfähigkeit dieselben zu be-
halten, da es zu viele gäbe. Gegenüber einem schlafenden Schinbin-
*) In Order to find out the time of daj, at which events happen, the Jjotishas
or astrolofl^rs (in Gormkhpoor) ose a rod of Khari and Jadge the length of ite
shadow (Baohanan).
Ankunft in Prome. 31
thauyan, mit einem Strohdache überdeckt, standen die Schwewetti
(Gold - Standarten) , die mit gelben Zeugen behangen waren.
Nachdem die Fuh-fah-tsong genannten Gesetzerklärungen zur
Zeit des Maming oder Aswaghosha den Sieg in den Disputa-
tionen davongetragen , wurden unter der Bezeichnung Gesetzes-
fahnen (Dharmaketu) Wimpelstangen aufgerichtet.
Als ich an den Fluss zurückkam , war das Boot noch nicht
angelangt, und so trat ich, zum Schutz vor der Sonne, in eine
der Mäklerbuden (Poesa) , die dem Fluss entlang bei den Lan-
dungsplätzen in Dörfern und Städten aufgebaut sind , meist mit
denen der Zollbeamten verbunden. Am Abend kamen wir in
Prome an und meine Bootsleute warfen sich schnell in Putz,
um nach den Theatern zu eilen , deren laute Musik die Nacht
hindurchlärmte. Unsere Nachbarschaft war auch geräuschvoll
durch das Herabflössen des Teakholzes auf einem Bache, der
dort in den Irawaddi mündete und wo die ganze Nacht ge-
arbeitet wurde, damit die Blöcke nicht in den grossen Strom
hinaustrieben.
Von Prome nach Thayetmyo.
Am nächsten Morgen suchte ich Major Brown , den Deput}'-
Commissioner, auf und erhielt von ihm ein leeres Haus neben dem
seinigen fttr mich und meine Leute eingeräumt. Nach einem
durch angenehme Gespräche gewürzten Frühstück mit dem Major
und seiner jungen Frau Gemahlin , wanderte ich umher, um das
altberühmte Prome zu betrachten , das unter dem Namen Tiji-
kittya eine so bedeutungsvolle Solle in der birmanischen Ge-
schichte spielt. Die Stadt liegt äusserst malerisch am Flusse
in einer fruchtbaren Thalfläche, die sich mit der goldschimmern-
den Pagode Schwesandoh an dunkelbewaldete Hügel lehnt.
Nach dem Ersteigen dieser gelangt man auf ein Tafelland , das
vor dem Anschwemmen der alluvialischen Ebene der Sitz alter
Städte gewesen zu sein scheint. Bei Aufgrabungen soll man dort
auf alte Anker gestossen sein und Major Brown bemerkte mir,
dass sich noch deutlich das alte Bette des Flusses erkennen Hesse,
der später seinen Lauf verändert haben müsse*).
Breite Strassen, reinlich mit Kies belegt, führten mich zu
der grossen Pagode, die von Löwen-Sphinxen bewacht, auf einer
hohen Platform steht, zu der man auf Steintreppen und durch
verdeckte Gänge emporsteigt. Der Hof war mit einer Mannig-
faltigkeit von Kiosks, Pavillons und Kapellen gefüllt, alle Arten
*) Auch Phayre sagt : Great changes no donbt have occured in the course
of the Irawaddy river, probably within the historical period, about Prome. The
rocks around Prome coutain large deposits of marine Bhells.
Sehwesandoh. 33
von Statuen einschliessend , die meistens zu Ehren des Festtages
in nagelneue Gewänder eines hellscheinenden Gelbe's gekleidet
waren. Die Opfergaben von Keis waren vor ihnen in mannshohen
Haufen aufgeschüttet und verbesserten natürlich nicht die Atmo-
sphäre , da der unterste, der seit mehreren Tagen dort lag, schon
yermodei-t war, während man oben immer frisch nachschüttete.
Im Hofe und der Gallerie ging man über einen Teppich korbweis
umhergestreuter Blumen , frische und verwelkte. Die kolossalen
Figuren Gautama's sind aus Backsteinen aufgebaut, die später
mit Kalk und Stucco bedeckt werden, um dann auf schwarzem
Firaiss die Blättchen der dünnen Vergoldung aufzukleben. Zu-
weilen sieht man diese Figuren pechschwarz, wenn sie eben für
die Vergoldung vorgerichtet sind, und da dem frommen Erbauer
zuweilen für diese letzte und kostbarste Vollendung das Geld
ausgeht, so mögen sie auch immer so bleiben. Hier hatte ich
Gelegenheit, eine Figur in einem noch frühen Stadium der Arbeit
zu sehen, und fand, dass die erste Anlage in den Backsteinen
nur den Grundtypus der Pagode selbst darstellt, dem erst später
diejenigen Merkmale zugefügt werden , wodurch sie zum gleich-
falls Pagode genannten Gx)tt der Pagode wird. Das Modell eines
heiligen Fusstapfens fehlte auch hier nicht, wie man ein solches
überhaupt fast in jedem Tempel von einigen Prätensionen findet,
gewöhnlich mit einer Glocke daneben , damit der Opferer durch
Anschlagen Nachricht geben kann. An einem der Neben -Ein-
gänge bemerkte ich zwei weibliche Figuren, die Eine sitzend mit
einem Kinde, die Andere tanzend neben einem Zwerge. Die
Figuren Gautama's mit freistehendem Daumen haben oft
einen, Kleinod genannten. Stein zur Stütze zwischen gefügt
Von dem hochgelegenen Hof der Pagode schaut man über
die Stadt hinweg auf den breiten Strom , der am andern Ufer
den Fuss mit Wald bedeckter Gebirge badet. Seitlich blickt man
nieder in ein eng eingezwängtes Thal , das , ganz mit Klöstern
gefüllt, sich hinter dem grossen Tempel umherwindet, und durch
einen Kreis mit Pagoden gekrönter Hügel umkränzt wird. In
der Nähe der Pagode liegen Steine mitantiquirtenPali-Inschriften,
die mein Begleiter Kyoutsa nannte und für unverständlich erklärte.
BMttaa, Ottacion. n. S
34 ^oii Prome nach Thayetmyo.
Major Brown verschaffte mir Ponies und die nöthigen Inter-
preten, um eine Colonie von Khyen zu besuchen , die in einem
Dorfe bei Prome angesiedelt sind und sich dort durch Weben und
Schweinezucht ernähren. Leider trafen wir fast Niemanden, mit
Ausnahme eines Einzigen , da Alle im ^¥alde beschäftigt waren,
doch waren einige Frauen zu Hause geblieben, so dass ich wenig-
stens Gelegenheit hatte, diese berühmten Scheusale zu sehen.
Und allerdings war ihr durch dicke Schwarten nach allen Rich-
tungen hin aufgeschwollenes Gesicht weniger lieblich anzusehen,
als in jenen vergangenen Zeiten , wo ihre Schönheit Könige und
Prinzen verblendet haben soll. Schon als ihre erste Urahnin
Paeluadoh aus dem Bambu hervorwuchs, erschlugen sich in
Pagan die beiden Brüder Niaundo-Naramatimin und Nidogara-
thingamin im Todeskampf um sie.
Die mir gezeigten Muster des Tattu's bestanden nur aus
krummen und geraden Linien, ohne wirkliche Figuren darzu-
stellen , vrie sie die Birmanen auf dem Kihper tragen. Die Ver-
hässlichung der Frauen von Ladak durch schwarzes Bestreichen
des Gesichts mag zum Schutz gegen die Gebirgsluft dienen, wie
man in den peruanischen Andes Masken trägt. Als im Lande der
Khiang das Reich Thoupho gestiftet wurde (630 p. d.), waren
die Bewohner Wilde , die ihr Gesicht mit rother Farbe bemalten,
aber durch die chinesische Prinzessin civilisirt wurden.
Die Häuser der Khyen gleichen den birmanischen, haben
aber die ThUr am Giebelende angebracht. Wie sie mir sagten,
haben die von ihnen verehrten Nats keinen festen Wohnsitz und
werden in Krankheitsfällen bewirthet, um sie gemiithlich zu
machen. Die Khyens , die ich auch später zu sehen Gelegenheit
hatte , gleichen mehr den Karen , als den Birmanen.
Dem Forstverwalter Herrn Leeds zufolge , sind im Prome-
District 6000 Männer von dem Khyen - Stamme mit der Gewin-
nung desKatechus beschäftigt, pro Mann 11 Vis täglich bereitend.
Nachdem die Cutch-Bäume (Acacia catechu) im Alter von etwa
20 Jahren mit dem Dah probirt und tauglich befunden , werden
sie gefallt und von Btiffeln nach der Ansiedlung geschleift. Das
Kernholz vrird in kleine, etwa ly^ Quadratzoll grosse Würfel
PonKJb-Tempel. 35
geschnitten , diese werden in irdenen Gefässen mit Wasser aus-
gekocht, das so erhaltene Fluidum in eisernen Pfannen abge-
dampft, nach Abkühlung in Stücke von acht Zoll Länge und
zwei Zoll Breite geschnitten und in den Handel gebracht.
Auf dem Rückwege kamen wir an einer Pflanzung junger
Teakbäume vorbei, von Dr. Brandis angelegt, der damals das
Forstwesen der Provinzen Pegu's und Birma's leitete und eine
schwere Aufgabe darin zu lösen hatte.
Eine der Vorstädte Prome's fand ich von Ponah's bewohnt,
grösstentheils Seidenweber. Sie sassen mit ihren Arbeiten alle
zusammen in einer öffentlichen Halle oder Scheune, aus der eine
niedrige Thür in d^i hintern Kaum führte und zum Tempel
diente. Auf einem Tische standen vier bekleidete Figuren, ver-
schiedene Formen Yischnu's darstellend, als Barika, Nitiananda
(Kama), Mahaparaund, der Vornehmste unter ihnen, Bigabam
(Krischna) , der die Flöte spielte und eine Pfauenfeder als Haar-
schmuck trug. Ihr heiliges Buch, die Vischnu-Purana , das sie
Bahagebat oder Bhagavat nannten, war im Bengalesischen ge-
schrieben. Auf einem Lehmhaufen, ausserhalb des Tempels, war
neben der Tulasipflanze eine Flagge aufgepflanzt. Der grösste
Theil der Männer und Knaben trug die dreifache Schnur und musste
sich deshalb des Genusses von Fleisch und Fisch enthalten , die
Andern , die noch nicht geweiht waren , konnten solche Dinge
essen. Sie tättowirten und sagten, diese Sitte inAva angenommen
zu haben. Ihr Haar war über die Stirne abrasirt, sonst trugen
sie den birmanischen Kopfknoten, der niedriger ist, als der
spiralig hoch aufgewundene der chinesisch gekleideten Schans.
Ich liess mich nach dem Hause eines der geschicktesten
Tattuer in der Stadt führen , um etwas in seinen Büchern und
sonstigen Schrabscheeren umherzukommen , gerade nicht zu sei-
ner Aufheiterung. Die meisten Aufzeichnungen waren nach der
birmanischen Weise, mit Specksteinstiften auf schwarz gefärbten
Tafelbüchem geschrieben , andere auch mit Bleistift auf Papier.
Den Zeichen waren lange Beschreibungen beigefügt, ihre Kraft und
die Art der Verwendung zu erklären , mit Angabe der Waffen,
gegen welche sie festmachten. Die Figur eines in einem Wagen
8»
56 Von Prome nach Thayetmyo.
fahrenden Nats nannte er mir Thiitjidewi, eine auf einem Belu
(Ungeheuer) reitende Yniadewa, eine auf einem Pfau Menea-
dewa. Als er mich zum Weggehen bereit sah , steckte er mir in
der Freude seines Herzens noch einige Papiere in die Hand, die ich
zu kaufen gewünscht hatte, ohne Bezahlung annehmen zu wollen,
um mich nur baldmöglichst los zu werden.
In einem der Recepte war gesagt : „ Stehle Gold , schön und
rein, beim Feuer mach' es fein, spreche des Pali Worte, im Haus
Sprech sie , am Wege , vor den Sternen guten GlUcks , in der
Pagode Sprech sie ein tausend Mal. Das Wasser weih, den Cirkel
zieh , des fliegenden Drachen Grestalt. In den linken Arm , den
rechten Arm steck hinein. Kein Schaden kann geschehen, sicher
und unverletzlich. " Ueber einem auf einem Pfau reitenden Nat war
geschrieben Mainarathewi (die königliche Gottheit der Fische im
Zodiakus) , über einem durch einen Belu getragenen Nat stand
Inarathathewa, die Gottheit der Naga oder Agyanathi. Ein in
einem Wagen fahrender Nat war Diritthewi genannt, als die
Gottheit der Sonne oder Thuriyah.
Ein anderes Buch, ebenfalls voll mit den Figuren von Belu
(Ungeheuern), wilden Schweinen, magischen Quadraten, enthielt
die folgenden Zauberformeln: 1) Wiederhole Sa ba pa wa wa
ba pa wa (ein sinnloses Wortgeklingel). Mit des Ebers Zahn, mit
des Ebers Ohr, wie du weisst. Mit rothem reinem Gold zieh' den
Kreis. Zeichne hinein eine Gaovun -Figur, dann zeichne seit-
wärts die Figur eines fliegenden Löwen. Umschreibe es mit Om
julu julu thoa ha ya. Zur Pagoda dann trage den Reis, das frische
Wasser, Betelnüsse, Tabak und Theeblätter, häufe sie auf, bringe
sie dar. Dann nachdem du ein tausend Mal die Worte der ringsum
geschriebenen Gatha wiederholt hast, füge es ein unter die Haut.
Aber sei vorsichtig. Gieb es nicht dem ersten besten Kommer.
Seine Kraft ist sehr gross. 2) Und zuerst, nachdem du die vier
Buchstaben auf Eisen und Gold geschrieben hast, schreib sie mit
glühenden Kohlen drei Mal, und zuletzt der bezauberte Character
will erscheinen. Und wenn er erschienen , mische SenfÖl und
Sesamöl und schüttle es mit Wasser. Dann mit der allmächtig-
sten Mantra Om binde Bodan (Buddha) , binde Damman (das
Beschwönings-Formeln. 37
Gesetz) , binde Tangan (die Priesterschaft) , und nachdem du mit
Wasser - Sprenkeln den unteren Platz gewaschen und gereinigt,
lege es dorthin , dann will niemals Lähmung der Glieder ent-
stehen und dich überkommen. 3) Mit reinem Gold , mit rothem
Gold, und der holzigen Substanz der rothen Erde bilde einen Kreis,
zeichne Figuren von Nats (Göttern) und Belus (Ungeheuern)
hinein. Zur linken Hand zeichne eine Erscheinung, die den Ver-
wünsch ungs-Stab erhebt, zur rechten eine Erscheinung mit dem
Schwerte auf der Schulter. Schreibe rings um die stehenden
Figuren: „Ohm, yekko, gumban, erscheine, 0 Lehrer, erschein!"
und schreibe die neun Buchstaben um die neun Buchstaben des
unteren Yekko. Mit dieser Gatha geh zur Pagoda, ßeis und
Wasser tragend und murmele : „Ueisse Liebe flöss' ein." Dann
schneide ab mit einem Meissel von reinem Gold. Willst du die
Stärke probiren , füge es einem Küken ein. Von allen Dingen,
für die es nützlich ist, kann ich nicht sprechen. Von den vielen
Eigenschaften nur wenige können erwähnt werden. Das Haupt-
buch dieser Mo-Zea (magische Doctoren) heisst Naktarapukyam
und soll von SOOOYathay (Eremiten) geschrieben sein. Es wurde
ins Birmanische übersetzt durch den Eremit Mathekka.
Hörend, dass sich in Promo ein berühmtes Nathans berände,
forderte ich meinen Begleiter, einen jungen Bürgerssohn der
Stadt, der mit allen Lokalitäten gut vertraut war, auf, mich dort-
hin zu begleiten. In einer abgelegenen Seitengasse des Bazaars
stiegen wir zu der ersten Etage eines birmanischen Hauses hin-
auf und fanden dort auf einer Erhöhung Piedoschamatt, den
Schutzgott Prome's, mit einer beflügelten Figur neben sich. Als
wir die dazu gehörige Frau riefen, kam sie bleich vor Schrecken
herbei und behauptete, von Nichts zu wissen. Dies wären nur
zwei Puppen, die sie im Nachlasse ihres kürzlich in hohem Alter
verstorbenen Vaters gefunden , und dort hingestellt habe. Die
frischen Opfergaben, die niedergelegt waren, zeigten indess, dass
der Nat noch jetzt eifrig von Kranken besucht wird, aber die
Ausüber dieser zweifelhaften und von den autorisirten Zauber-
priestem als schwarze Magier verschrieenen Künste haben nie
gern mit der Regierung zu thun und der Besuch eines Europäers
38 Voa Prome nach Thayetrayo.
Hess sie vermuthen , dass es auf eine besonders scharfe Unter-
suchung abgesehen sei.
In einer nahegelegenen Pagode fanden wir die Wände mit
bunten Bildern bedeckt, besonders Maina, den Höllengott, und
die durch seine Trabanten in unverantwortlicher Weise malträtirten
Verirrten darstellend. In der von einem Hindu aus Madras gebauten
Pagode in Ava wurden solch religiöse Gemälde an Crawfurd von
den Birmanen als siamesische bezeichnet. Mehrere andere
Pagoden waren ohne Spitze , die sie in einem vorjährigen Erd-
beben verloren hatten.
Ich verbrachte einen Theil des Nachmittags bei dem alten
Sikay (Richter), einem Talein von Abstammung, der mich in die
Vorgeschichte Prome's einzuweihen suchte. Zur Zeit des alten
Yathay-myo habe esKayan-myo (die Stadt der Kanian) geheissen
und der Name Thijikittia rtthre daher, weil König Dwattabong die
eingebomenPyus durch das Kunststtlck einer in Stränge geschnit-
tenen Haut um den ihnen gehörigen Grundbesitz betrogen habe.
Die Pyus seien von derselben RaQC, wie die Schan gewesen.
Von den einen dem aracanischen ähnlichen Dialect sprechenden
Kanian , die an Armen und Beinen kurze Kleider trugen , fänden
sich Reste bei Mendung, und von den Seths, die ein birmanisches
Idiom sprächen, bei Schwesaijan. Das durch Schin-Bodagosa
aus Tiho nach Thatung gebrachte Alphabet sei später mit den
Shin-Arahan nach Prome gekommen, und von dort nachPagan ge-
schickt in Folge einer darum bittenden Gesandtschaft des Königs.
In der Abendgesellschaft des Major Brown hörte ich viel
von den Räuberbanden der Dacoits erzählen, die damals ver-
schiedene Theile des Districtes brandschatzten und durch ihr
Plündern und Morden die Bevölkerung in Schrecken setzten. In
Thayetmyo hatten sie eine Abtheilung der Seapoys abgeschnitten
und waren so frech geworden, vor einigen Nächten das in Prome
selbst gelegene Haus des Gehtilfs- Bevollmächtigten ganz in der
Nähe eines Wachtpostens zu ttberfallen. Er selbst rettete sich
durch eilige Flucht, da es auf sein lieben abgesehen war, aber
seine Frau und Tochter wurden im Bette besucht und um Heraus-
gabe ihrer Schmucksachen angegangen.
Das Waldkloster. 39
Während meines Aufenthaltes in Prome machte ich einen
Ausflug nach der Pagode Thoa-yakyoung oder dem Waldkloster,
das, wie sein Name besagt, in stiller Waldeinsamkeit in einem
frei ausgehauenen und somit sehr ungesunden Platz steht. Es
ist wegen der Gelehrsamkeit seiner Miinche bekannt und deshalb
als Schule berühmt, aber einen grossen Theil der Knaben fanden
wir fieberkrank damiederliegen ; die übrigen lagen auf Ellbogen
und Armen mit ihren Büchern vor sich und studirten eifrig. Eine
am Eingange mit Sculpturen verzierte Höhle , die Thoa you kuh
genannt, soll lange der Aufenthalt eines heiligen Eremiten gewesen
sein, der später nach Aracan ging. Als ich dem Abt des Klosters
meine Aufwartung machte, befand sich in seinem Zimmer ein an-
gesehener Einwohner Prome's , der sich gerade im Kloster auf-
hielt, um auf seine Kosten einige Figuren aufsetzen zu lassen.
Da ich ihn im Laufe des Gesprächs in seiner Art gut unterrichtet
fand, zeichnete ich einige Notizen aus seinen historischen Mit-
theilungen auf: Nach dem Mahayasuen, der in Ceylon (Tiho oder
der Insel) geschriebenen Geschichte Biniia's, kamen die aus
Misimadesa durch Kriege vertriebenen Birmanen nach Tagaung
unter König Abisaya und schickten auf die Bitten der mit den
Kanian lebenden Pyu's Besandi, die Tochter des Kanyasagyi,
mit birmanischer Begleitung, als Königin, dorthin. Nach 60 Jah-
ren wurde Duttaboung in Pyu-myo, hinter der jetzigen Seh wesan-
dau-Pagode, auf der Stelle der Pagoden Yunjandau und Paela-
tingau geboren , und herrschte als der Erste der birmanischen
Könige. Vor 1303 Jahren gründete er die Stadt Yayet-myoo, die
durch die drei Völker der Pyu , Kanian und Sett gemeinsam be-
wohnt wurde. Ihm folgte sein Sohn Tudeyang und nach 25 Kö-
nigen Zena, der letzte des Geschlechts, mit dem Yayet-myoe
zersttirt wurde. Für 11 Jahre sass kein König auf dem Thron, und
die Pyu , Kanian und Setts erschlugen sich einander in ununter
brochenen Kriegen, bis Thamothiet, der König Pagan's, das Land
eroberte. Bis auf Somunit, den Letzten, herrschten 55 Könige
in dem dann durch die Chinesen zerstörten Pagan. Einer dieser
Pagan- Könige, Thayopieh genannt, hatte durch seinen Sohn
Thihet-thau das jetzige Prome erbauen lassen, das nach dem
40 Von Prome nach Thayetmyo.
Rückzuge der Chinesen durch Thaydomimbia, König von Ava,
erobert wurde. Als nach 43 Königen Sanaymin (der Sonnabend-
'König) herrschte, kamen die Talaings vonPegu, unter König Ya-
gadiye, Prome und Ava zu erobern, welche Städte sie besetzt hiel-
ten, bis Aloumimbea's (Alompra's) Siege ihre Herrschaft brachen.
Da uns für den Tag noch viel zu thun blieb, nahmen wir
Abschied von unserem Erzähler , um den sich bald ein Kreis von
Lauschern gebildet hatte , und stiegen wieder zu Pferde. Noch
weiter im Walde hinein lag das Kloster Schemakathia, auf dessen
Pagoden-Platform ein Niaunsbaum stand, der früher und vielleicht
noch jetzt verehrt wurde. Von den vielen Figuren im Götzenhause
konnten die dahin gefolgten Novizen mir keine speciellen Namen
angeben, sondern sagten, sie unterschieden sie nur als Yettamu
(Stehende), Theminyu (Sitzende) undLeaunomu (Liegende). Ein
Mönch, den ich in seiner Zelle besuchte, nannte mir die Namen
von 26 Buddha's, die vor Gautama existirten. Nach ihm wird
Arimatheiya erscheinen und, wenn die Erde zerstört ist, fünf
weitere Buddha's in einer andern Welt.
Im Weiterreiten erzählte mir mein gesprächiger Begleiter
von dem Ingbaum des Waldes , der sich im hohen Alter in Stein
verwandelt und zum Feuerschlagen dient, sowie von den unter
der Haut eingefügten Amuletten seiner Landsleute, zu deren
wirksamer Verfertigung das Gold heimlich aus den Pagoden ge-
stohlen und die Sterne verehrt werden müssten. Der Eisenholz-
baum (Inga xylocarpus) oder Pyenkado ist in den Wäldern Birma's
zu Hause undistwerthvoll, weil er weder von den weissen Ameisen
noch dem Wetter angegriflFen wird. Man verwendet ihn besonders
zum Brückenbau. Da das Holz schwerer als Wasser ist, wird es
beim Hinabflössen mit Bambus verbunden.
Nachdem wir eine Zeitlang auf Waldwegen fortgeritten,
kamen wir an eine Lichtung, auf der Ochsen gras'ten, und
standen vor der in vier Terrassen aufgebauten Kuppelpagode
Phayagyi, eine ungeheure Structur, deren Errichtung auf Dwat-
tabong zurückgeführt wird, denn wir waren jetzt an dem äusseren
Walle des alten Yathay-myo angekommen , an dessen nordwest-
licher Ecke diese Phaya-gyi-Pagode errichtet war. Gegenüber
Die Ruinen von Yathajmjo. 41
stand ein Zayat zum Ausruhen fttr Reisende und auch ein Tzein,
ein solches Gebäude, in welchem die Pungyi sich gegenseitig
beichten. Laien dagegen beichten im Zayat, wo der Pungyi
zu ihnen kommt. Colossale Steinblöcke lagen an dem Fuss des
Paya-gyi umher und auf einem derselben sah ich unter einem
gelben CanopyThonmedaillons mit Buddha- Abdrücken ausgelegt,
die , gleich den in Tagoung gefundenen , solchen gleichen , wie
man sie noch überall in der Mongolei trifft. Auf einem der hier
am Paya-gyi von mir gesehenen wurde der sitzende Buddha von
zwei Ziegenböcken flankirt, die aufrecht auf den Hinterfüssen
standen. Die herbeigekommenen Hirten sagten , dass man beim
Nachgraben oft auf ähnliche stiesse. Sie gaben uns einige
Directionen für die Explorirung des Ruinenfeldes und erzählten,
dass sie vor einigen Tagen von ihren Stücken Vieh durch Tiger
verloren hätten , die zwischen den verfallenen Mauern haus'ten.
Nach dem Aufbrechen sahen wir in der Entfernung den hohen
Thurm Payama's, der Pagode der nordöstlichen Ecke, wie am
südöstlichen die Pagode Bobogyi und am südwestlichen die Mien-
bahu stand. Durch sumpfigen Morast arbeiteten wir uns zu einem
engen Hohlwege hin, der zwischen hohen Wällen, die mit grossen
Backsteinen aufgeführt waren , zum Schwedagah oder dem gol-
denen Thore (der Eingang zur Stadt von Westen) führte. Die
ganze Trümmerstätte war in eine morastige Wilderniss verwan-
delt, wo hier und da Erhebungen die Stelle früherer Gebäude
zeigten, aber einige Plätze waren in Cultivation genommen, und
wir kamen an kleinen Bananengärten oder Reisfeldern vorbei, um
uns dann wieder in einen dichten Knäuel ranker Vegetation, aus
Domen und Schlingpflanzen in einander gewirrt , verstrickt zu
sehen. Auf einem freien Weideplatze , wo Knaben auf Ochsen
hinter ihren Heerden herritten, sahen wir eine breitgefächerte
Palme hoch über den Bäumen des Waldes vor uns emporragen,
und die Hirtenknaben sagten uns, dass sie auf der Höhe des
Ruinenhaufens wüchse , in den Dwattabong's Palast zusammen-
gebrochen sei. Nachdem wir wieder in den dichten Wald einge-
treten waren und die offene Aussicht verloren hatten , schlugen
unsere Versuche , die Stelle zu erreichen , lange fehl , bis ein
42 Von Prorae nach Thayetmyo.
Feldhüter, der ein Blasrohr zum Vogelschiessen trug und gerade
dort uraherstreifte , uns hinführte. Weiter war aber auch Nichts
erreicht, denn für genauere Untersuchung hätte erst ein Regiment
Soldaten herkommandirt werden müssen, um den Jungel umzu-
hauen. In der Nähe sahen wir die Ueberreste eines viereckigen
Teiches (Dabiidjiunga genannt) , der zu den Palastgärten gehört
haben soll. Auch die Platform wird gezeigt, wo der König mit
seinem Hofstaate früher den Bootrennen beiwohnte, zu einer Zeit,
als der Irawaddi vor der Veränderung seines Laufes noch an
Yathaymyo vorbeifloss. Wie Major Brown mir schon mitgetheilt
hatte, soll die geologische Formation der Hügel jenseits des Ira-
waddi mit denen Prome's ganz identisch sein, dagegen sich hinter
den letztern diie deutliche Spur eines alten Flussbettes erkennen
lassen und in der regnigten Jahreszeit auch jetzt noch Wasser-
Communicution bis nach Rangunexistiren. Durch einen niederge-
brochenen Theil der Stadtmauer, den Montmorency als den all-
einigen Ueberrest angiebt, kamen wir wieder aus Yathaymyo
oder Rysi-Myo hervor, und fanden vor derselben in Büschen ver-
steckt die Ruine der thurmartigen Pagode Mundemah-payah (die
Pagode der BUckerin) neben der aus abwechselnden Lagen von
Steinen und Ziegeln aufgebauten Jektauntapayah. Auf dem Rück-
wege nach Promo kamen wir an einer Palmpflanzung vorbei , an
deren Stämmen Leitern herabhingen, um den Toddysammlern
das Hinaufsteigen zu erleichtem. Einer derselben kam gerade
mit gefüllten Töpfen herab , und da wir den ganzen Tag Nichts
genossen hatten, war uns der frische Saft eine grosse Erquickung.
In Kambodia arbeitet sich der Sammler mit Hülfe eines Reifens
hinauf, durch den er seine Füsse andrückt. Der Fruchtstengel
wird erst längere Zeit zwischen Hölzern gepresst und dann immer
weiter zurück angeschnitten , um das freie Ausfliessen zu unter-
halten. Auf die Laudstrasae zurückkommend, fanden wir dieselbe
durch eine lange Reihe der schweren Karren Birma's blokirt, die
den im Jungel aufgekauften Reis nachProme brachten. Ihre Räder
bestehen aus einer massiven Holzscheibe und *die Deichsel steht
in einer hohen Curve und vielfach verziert zwischen zwei Ochsen-
gespannen hervor.
Der Po-nh-thaun. 43
Am nächsten Tage sollten einige Punkte an der andern Seite
des Flusses besucht werden, und mein bisheriger Begleiter, ein
junger Bursche, dei* einige Jahre dieRcgierurigsschule in Rangun
besucht hatte, wollte das Boot zum Ueberfahren besorgen. Das
von ihm gebrachte war aber so schmal , dass es sich nach dem
Einschiffen der Gesellschaft, zu der noch der jüngere Bruder
meines Fuhrers und zwei seiner Freunde gehörten, nur eben Über
dem Wasser hielt. Dafür würde aber auch das Ziehen stromauf-
wärts nachher um so leichter sein , hatten sie sich schlau genug
berechnet, wären aber, als wir uns auf der Mitte des breiten
Stromes befanden , doch lieber in einem grösseren gewesen. An
der Pagode Schwebunda-paya vorbei , deren Ecken mit Drachen,
Blumen und anderen Formen ausgemalt sind, legten wir am Fusse
des zu besteigenden Anaupet-thaun-Berges an und improvisirten
dort ein Frühstück. Da Schwefelhölzer vergessen waren , sollte
Feuer aus zwei harten Bambuhölzern hervorgerieben werden,
aber obwohl Rauch ziemlich bald hervorkam, konnten sie es nicht
zum Feuer bringen, da ihnen die Kraft zur Ausdauer fehlte, und
mussten schliesslich das Boot nach dem nächsten Fischerdorf
dafür ausschicken. Beim Dessert gab uns einer der jungen Fante
seine Liebeslieder zum Besten , in denen er seine Auserwählte in
Navawasi (Prome) als die Schönste der Schönen pries , der die
Schönheit der schönste Schmuck sei und anderen überflüssig
mache. Wir folgten dann einem engen Waldpfade, der sich um
den Berg wand , und zuletzt im steilen Ansteigen auf den frei
stehenden Gipfel führte, wo die Pagode Poudau sich erhebt. Die
Tafelplatte des Pic's fällt in drei Seiten mit schroffen Fels-
wänden ab. Man überschaut eine ungeheure Waldwildniss , die
bis zu dem durch das Yoma- Gebirge umzogenen Horizont fort-
wogt, während auf der anderen Seite der Irawaddi mit seinem
breiten Wasserstreifen den grünen See durchbricht und von jen-
seits, aus Prome, die goldene Pagode Schwesandoh's herüberglänzt.
Auf diesem Berge, an der Stelle der Pagode Tanjin-dau, soll
Gautama auf das damals noch unbewohnte Land niedergeblickt
und die künftige Gründung Prome's prophezeit haben. Auf einem
platten Steine waren zwei Poe's ausgehauen, menschenähnliche
44 ^on Prome nach Thayetmyo.
Geschöpfe mit stumpfer Schnauze, die in anbetender Stellung
hingeworfen sind und um deren Glieder sich Blttthenstengel
wanden. Sie werden als die Ur-Eltern Poe-ina und Poe-ba ge-
nannt und sollen in zwei Höhlen unten am Berge gelebt haben,
aus denen sie zur Verehrung heraufkamen und in Stein verwan-
delt wurden. Der Name wird in Büchern zuweilen durch Bam-
buratze, zuweilen durch Ringwurm übersetzt. Mein Begleiter
sagte einfach, dass diese Geschöpfe ausgestorben seien und er sie
nicht kenne. Vielleicht mögen sie Biber darstellen sollen , ein
Thier, das auch in Kambodia unter dem mit Nath und Naga zu-
sammenlaufenden Namen Neakh eine ähnliche Rolle in der
Schöpfung spielt, wie bei den amerikanischen Indianern. Ein
Büchergelehrter in Prome sagte, dass sie Gautama bei seiner
Ankunft mit Staub verehrt und dass dieser dem männlichen, den
er zuerst getroffen, verkündet habe, dass er König werden würde,
davon käme der Name des Berges apo (männlich), u (zuerst) und
taun (Berg), als Po-u-taun. Die freien Miaotsen auf der Grenze,
Yunnan und Kieutscheou werden von den Chinesen Mulao (Baum-
ratten) genannt. Unter einem Strohdache neben der Pagode stand
eine an beiden Seiten mit Pali-Inschriften in einem omamentalen
Charakter bedeckte Steinplatte , und als ich sie untersuchte , be-
obachteten meine Gefährten jede meiner Bewegungen, um viel-
leicht die Stelle des vergrabenen Schatzes zu erspähen, dessen
Schlüssel sie mich dort ablesend glaubten.
Als wir auf der Rückkehr flussabwärts trieben , riefen die
Birmanen an einer ihnen bekannten Stelle ein lautschallendes
Echo hervor, das in immer erneuten Wiederholungen durch die
Berge widerhallte. Beim Abendessen erzählte mir Capitain Brown
von seiner Stellung in Dalhousie , welche mit grossen Erwartun-
gen angelegte Station durch die Stürme des Monsun's und Ueber-
schwemmungen trotz aller Schutzversuche geradezu zerstört
wurde. Ich sah einige der geschätzten Goldfische mit buschigem
Schwanz, die der König Birma's zuweilen zum Geschenk giebt
und die durch einen von ihm employirten Armenier nach Prome
gekommen waren.
Die Besiedelnng Prome*». 45
Hinter der Malogih-Pagode finden sich in dem weichen Sand-
stein verschiedene Höhlen, yon denen die früher von einer Nonne
bewohnte Mellu-Höhle Spuren von Sculpturen zeigen soll. Ich
fand sie zum Theil aus Ziegeln nachgebaut, um das bröckelnde
Gestein zu unterstützen. Nachdem wir über das HUgelplateau
fortgegangen, auf dem früher eine gepflasterte Heerstrasse be.
standen haben soll, stiegen wir in ein anderes Thal hinab, wo
am Eingange der Kayguh oder Bleihöhle , die früher eine Zeit
lang Räubern zum Versteck diente , die Figuren von Belu oder
Ungeheuern in den Stein geritzt sind. Als eine schon vor Dwat-
tabong*s Zeit gebaute Pagode wird die von Sudaunbieh ge-
nannt. Ein birmanischer Angestellter, der mich mit Herrn
I^uis auf dieser Expedition begleitete, erzählte von Iriga undBe-
liga, zwei Prinzen von den Maldiven und Laccadiven*), die, durch
eine Revolution bei ihres Vaters Tode vertrieben, auf dem da-
mals in seinem I^ufe noch unveränderten Flusse nach der Stelle
des jetzigen Promo segelten und eine kleine Pagode errichteten,
über welcher Dwattabong später die prächtige Structur des
Schwesandoh baute. Bei der Ankunft jener Prinzen war das Land
von den wilden Pyus bewohnt, deren noch jetzt mitunter ange-
troffene Ueberreste eine dem Dialecte der Yabain ähnliche Sprache
sprechen. Yabain ist der allgemeine Name der Seidenzüchter in
Birma, bezeichnet aber im Speciellen den bei Jenbiin angesiedel-
ten Stamm im Tharawaddi-Districte. Ein belesener Birmane, der
viele Jahre im Priesterstande zugebracht, und also den Studien
hätte widmen sollen , stellte es anders dar. Nördlich von Ava
und östlich von Tagoung wurde durch Kaniasagyi die Stadt
Thinduae gegründet, und 100 Jahre später wanderte Tijikittia
mit 500 Birmanen nach der Wildniss von Promo aus, die damals
von einem besondem Volke bewohnt wurde, von welchem Jeder
mit seinem 30. Jahre in den Mönchsstand trat und in einer ab-
gelegenen Einsiedelei sein Leben beschloss , als ein Yathay oder
Eremit. Diese Leute schnitten nicht ihr Haar ab, wie die von
*) Vielleicht das Maccadafla, worunter nacli Kämpfer die Ceylonesen das
GelmrtBland Bndhnm's in Slam verstehen (Malchadwipa).
46 ^on Prome nach Tbayetmyo.
Gautama eingeführten Priester, sondern banden es in einem Kno-
ten auf, und Hessen es als Turban dienen. 500 Jahre später,
während ein anderer König des Namens und Geschlechtes Tiji-
kittia herrschte, kamen Iriga und Beliga, zwei Kaufleute dort-
hin, und begruben mitgebrachte Haare Gautama's an der Stelle,
wo später die Schwesandoh erbaut wurde. Dann kamen aus Ta-
goung die Brttder Sulatambua und Mahatambua, die wegen
Blindheit von ihrem Vater ausgesetzt, aber am Wege durch einen
Belu geheilt waren, und sich am Raka-Bache in der Nähe Pro-
me*s niederliessen. Nachdem sie ihre erkannte Base gehei-
rathet , wurden beide die Väter Dwattabong's (des aus Zwei Zu-
sammengesetzten), der die Stadt Yathay-myo (die Stadt der
Eremiten) gründete. Diese Yathay spielen in den birmanischen
Sagen dieselbe Bolle, als die Rüsi oder Rischi in der siame-
sischen Vorgeschichte.
Von Dwattabong, als dem grossen Volkshelden, ist Alles
in Prome voll und jedes Kind auf der Strasse weiss von ihm
zu erzählen. Neben der grossen Glocke in der Schwesandoh-
Pagode stehen vier Löwen und auf einem derselben sitzt Dwatta-
bong beritten, mit dem berüchtigten Fleck (hme) auf der linken
Backe. Die dort herum wandernden Beter erzählten mir, dass
dieser Fleck früher lebendig gewesen und jeden andern Tag von
einer Backe zur andern übergegangen sei. Die Geschichte setzt
ihn als drittes Auge auf die Stirn, doch hatte auch der Tausend-
äugige seine zweifelhaften Embleme über den ganzen Körper
zerstreut. Auf einer andern Figur Dwattabong's war diese
Harke ganz verwischt durch das stete Küssen und Berühren der
Gläubigen.
Die reformatorische Secte der Paramat's (Parsnawat), die
ihr Beginnen ungefähr im Anfange dieses Jahrhunderts nahmen,
ist besonders zahlreich in Prome, weil sie dort unter englischem
Schutze die Verfolgung des birmanischen Königs nicht zu fürchten
hat. Ihre Grundsätze wurden am frühesten auf dem Sinpyoo-
Khwyun, der weissen Elephanten-Insel, unterhalb Pagan ausge-
sprochen. König Bodo bekannte sich damals öffentlich zum
Glauben der Paramat's, folgte ihren Vorschriften und zwang den
Ein birmanischer Kocb. 47
Thathanabhyne , den Hohenpriester der Buddhisten, sich zu ver-
heirathen. Die Paramat's verwerfen die Anbetung der Pagoden
und Bilder, nur den Nyan-dau (die göttliche Weisheit) verehrend.
Sie glauben an die Existenz eines höchsten Wesens der Ewigkeit,
das, einem goldenen Lichtberge gleich , in den Höhen des Him-
mels wohnt, aber sterblichen Augen unsichtbar ist und keinen
Antheil an irdischen Dingen nimmt. Die amerikanischen Mis-
sionäre meinten, nach Birma ausgestreute Ideen Payne's in diesen
Freidenkern zu finden, voll Verwunderung, ihren alten Feind
auch dort zu treiTen.
Als ich mich wieder zur Abreise rüstete , wurde ich durch
einen jungen Studiosus, der soeben von der hohen Schule ausAva
zurückgekommen, besucht, der nur von den Geheimnissen der
San-Sprache schwärmte , die er dort von deip Professor Umedah
im Kloster Gujitaik gelernt. Er zählte mir 60 verschiedene Arten
auf, das birmanische Alphabet, je nach der Veränderung der
Vocale, zu schreiben. Ein anderer sprach von einer Geheim-
schrift, die nur im Spiegel zu lesen sei, also im Schreiben mit
der linken Hand bestand.
Während der ganzen Zeit meines Aufenthaltes in Promo
hatte Moung Schweb, mein schon erwähntes Factotum aus dem
Karenstamm, krank darnieder gelegen und ich musste ihn bei
der Abreise ins Boot tragen lassen. Auch mein bengalischer
Koch suchte alle möglichen Ausflüchte , um seine Entlassung zu
erhalten , da seine Frau in Promo wohnte und es wahrscheinlich
schon in Kangun seine Absicht gewesen war, nur so weit mitzu-
gehen. Obgleich ich ihn durch den Contract hätte halten können,
war mir nicht viel daran gelegen, da ich im Gegentheil wünschte,
einen birmanischen Koch zu versuchen , um nur Birmanen im
Boot und dadurch noch mehr Gelegenheit zum Hören der Sprache
zu haben. Erst nachdem ich ihm schon die Erlaubniss zum Bleiben
gegeben, wurde mir klar, dass das Engagiren eines Koches nicht
eine so leichie Sache ist, wie ich es mir vorstellte. Verschiedene
Individuen stellten sich ein , da sie von meinem Wunsche gehört
hatten. Mit einem derselben , der mir besonders gefiel , war ich
iehon ziemlich im Reinen , ich hatte sogar beinahe schon , was in
48 ^on Prome nach Thayetmyo.
Birma oft eine Herkulesarbeit ist, alle Onkel und Tanten, Vettern
und Basen, Brüder und Schwestern, nebst Vater und Mutter unter
einen Hut gebracht und die Einwilligung erhalten, dass dieser
ihr geliebter Verwandter von hinnen ziehen dürfe, als sich ganz
unerwartet ein neuer Knoten schürzte. Indem ich ihm seinen
Vorschuss auszahlte, gab ich ihm eine Summe Geldes ausserdem,
um auf dem Markte Hühner zu kaufen , etwa ein halbes Dutzend.
„Hühner, fragte er, wofür denn?" „Wofür, Tolpatsch? nun zum
essen I"" „Ja, aber, Euer Gnaden, die Hühner sind lebendig.*'
„Nun, sagte ich, freilich bleiben sie frischer, wenn man sie leben-
dig mitnimmt und nur jeden Tag eins schlachtet." Bei diesen
Worten fiel er vor Schreck beinahe rücklings über. £r hatte
schon vorher, nach birmanischer Sitte, auf den Knieen gesessen,
aber jetzt wand ersieh wie ein Wurm auf der Erde, höchlichst
betheuemd , dass er kein unschuldiges Huhn ermorden könne,
dass er so viele Hühner kochen wolle, als ich es ihm geböte, sie,
braten oder zum Ragout zerhacken, aber einen Todtschlag könne
er nicht begehen. Da war ein Dilemma. Mein Jack of all trades
konnte sich nicht rühren, und auf die Bootsleute, die schon lange
meine tägliche Verheerung unter dem Hühnervolke mit Grausen
angesehen hatten, war für solche Hülfsleistung nicht zu rechnen.
Es blieb nichts übrig , als den schon gemachten Contract wieder
zu zerreissen , und da ich eines Koches wegen keinen Aufenthalt
haben wollte, reis'te ich ohne solchen ab und fand erst inThayet-
myo einen Madrassy, der gerade seinen Herrn verloren hatte
und der natürlich , wie alle seine Landsleute , weder diese noch
sonstige Scrupel kannte.
Am 23. November brachen wir von Prome auf und hatten bei
der Hinauffahrt noch einen vollen Blick auf den steilen Tempel
des Poutaun. Bald darauf landeten wir auf der anderen Seite
des Flusses, an einer Stelle des Waldes, wo bunte Wimpeln an
dem Beginn eines hindurchfUhrenden Pfades aufgepflanzt waren.
Dieser führte zu einem kühl beschatteten Felsenthale , durch das
ein schäumender Bergstrom rauschte und dann zu einer breiten
Steinplatte , mit dem Abdruck des heiligen Fusses. Noch weiter
aufsteigend, b^Sud ich mich plötzlich unter einem ungeheuren
Die Feuerquelle. . 49
Riesengewölbe, das durch die schräg überliegende Bergwand
gebildet war. Wo die schliessende Hälfte fehlte, lag innerhalb
eines Felsenkranzes ein trüber See am Abhänge , aus dem ein
Bach ausfioss. Schwarzdunkles Laub hing über den Rand des
Felsbogens herüber, und aus den Ritzen des Gesteins fiel ein
Regen sch>vcrer Tropfen nieder auf einen langen Block, aus dem
die Figur des Schinbarinpclleth , ein berühmter Gegenstand
buddhistischer Verehrung, ausgehauen war. Auch zeigten die
dort hingestellten Schirme und aufgehangenen Zeuglappen, frei-
lich alle schon triefend nass, dass erst kürzlich Pilger des Weges
gekommen. Als ich an den Fluss zurückkehrte, war das Boot
aus Missverständniss bereits weiter gegangen und ich holte es
erst gegen Abend wieder ein.
Am nächsten Tage zeigte sich die Sekiatau-Pagode, malerisch
situirt auf pyramidalischen Hügeln und in der Nähe liegt Kama,
wo in der trocknen Jahreszeit die Feuerquelle brennt und um die
Erscheinung des Nat-mih (Feuer -Dämon)*) gebetet wird. Der
*) Vor AUcrs wohnte in dem Dorfe, welches jetzt Nat-niih genannt wird,
ein (jirobschmied , welcher nach seinein Tode ein Nat wnrde , und da ihm der
Hang zu seinem alten Flandwerk geblieben war, gründete er das Geist -Fener
(Nat-mih). So oft ein Dorfbewohner ein I)ha oder eine Axt oder einen Spaten
brauchte , brachte er das Eisen ans Feuer , legte es auf demselben nieder und
sprach: „0 Herr, mach' aus diesem Eisen ein Dhn,** und wenn er den nächsten
Tag zurückkam , fand er den gewünschten Gegenstand. Nachdem einst ein Mann
ans dem Geschlechtc der Khyen seine Bitte vorgebracht und das Eisen nieder-
gelegt hatte , versteckte er sich in der Nahe im Jnngel. Wie er nun , als
es am andern Morgen hell wurde , ausschaute , sah er den Geist in Menschen-
gestalt ; er trug einen rothen Putso und einen rothen Oounboung und arbeitete an
dem gewünschten Dha. Da rief der Khyen aus: „O mein Herr, hast du mein
Dha noch nicht fertig? Schaff es mir eiligst, ich bitte dich!** Aber der Nat,
darüber aufgebracht, sich entdeckt zu sehen, nahm das heisse Dha aus dem
Feaer und warf es dem Khyen an die Wange, welcher ganz entsetzt entfloh, ohne
auch .nur seine Wunde zu untersuchen. Nachdem er 1 Vi Dein gelaufen war,
rastete er ein wenig und rieb sich die Wange , und deshalb heisst das dort be-
findliche Dorf Pa-bweet (Wange-Reiben). Als er ungefähr eine Meile weiter ge-
laufen war und sich dann niedersetzte , befiel ihn plötzlich ein heftiges Zittern
an dem Dorfe Poen (Zittern). Abermals weiter laufend , mosste er still stehen,
weil das Bläschen seiner Wange barst und diese aufschwoll bei dem Dorfe Pouk-
Poe Gu (Bersten der Geschwulst). Seitdem arbeitete der Nat nie wieder für
Bastian, Oatasien. II. ^
j
50 Von Prome nach Thayetmyo.
Bootführer vertrieb sich die Stunden , wo er am Steuer sass , mit
Singen und Hess mich einige der Lieder aufsehreiben. Das be-
liebteste war das des Mandalay-Berges , auf dessen Spitze er für
immer mit seinem Liebchen wohnen möchte. Er hatte auch eine
ziemliche Kenntniss der Linga oder derüichtersprache, worin viele
Wörter des gewöhnlichen Birmanischen eine ganz verschiedene
Bedeutung erhalten oder durch andere Bezeichnungen substituirt
werden. Sein Lieblingsdichter hiessMontabieh. Am Abend hielten
wir in der Nähe einiger Gärten, und Kinder brachten uns Früchte
zum Verkauf. Die Schiffer erzählten sich Räubergeschichten über
die embryonalen Könige, Amintha (Aloung-phaya), die in Birma
oft aufstehen, um das Volk zum Aufstande aufzustacheln. Einer,
den sie 1857 im Bassein-Districte gesehen, wäre durch sein Wort
allmächtig gewesen und Feuer schnaubende Rosse flogen in der
Luft über seinem Haupte hin und her. Die englischen Polizisten, die
ihn einsteckten, scheinen sich darum nicht gekümmert zu haben.
Nach unserer Ankunft in Thayetmyo traf ich Capitain Duff
im Gerichtshausc , und wurde von ihm nach seiner Wohnung ge-
führt, wohin er auch das Gepäck bringen licss. Ich konnte so
die Zeit meines Aufenthaltes zu vielfachen Unterhaltungen mit
diesem intelligenten Offizier benutzen , der es für seine Pflicht
hielt, vorher den Geist des Volkes zu begreifen, das er zu regie-
ren haben würde, und der mit Interesse darin eingedrungen ist.
Durch seinen Posten an der Grenze des eigentlichen Birma hat
er oft Verhandlungen mit den dortigen Gouverneuren und er zeigte
mir die von denselben geschickten Briefe, mit Seifenstein be-
schriebene Tafeln, die in einen hohlen Bambu gesteckt und nach
dem Umwinden mit Zeug durch einen Pfau versiegelt sind In
die Dorfbewohner , aber noch immer brennt sein Feuer in der Nähe seiner alten
Heimath, und ein Mal in jedem Jahre werden alle Feuer imDorfe ausf^elöscht und
wieder an^rezundet an dem Oeist-Fener, denn jeder Dorfbewohner, der dem (weist
des Feuers Ehrerbietung zu zollen unteflässt , dessen Hans und alle seine Flabe
wird , ehe ein Jahr vergeht , unwiderruflich ein Raub der Flammen. (Copirt aus
Capitain Duffs Sammlungen.) Der Schmied in Munster (and other wayland-smiths
in Berkshire) arbeitete in ähnlicher Weise fär seine Kunden, wiePytheas von den
vulkanischen Inseln Stromboli und Lipari erzählt.
Grenze des eigentlicben Birma. 51
den Jahren meiner birmanischen Reise besüind zwischen England
und Birma ein zweifelhaftes Verhältniss. Ein eigentlicher Frieden
war seit dem letzten Kriege noch nicht abgeschlossen , obwohl
der Waffenstillstand von beiden Theilen factisch respectirt wurde.
Der jetzige König wurde während des Vordringens der Engländer
durch eine Palastrevolution, die ihn aus dem Kloster hervorzog,
auf den Thron gehoben und er schickte sogleich Gesandte dem
anrückenden Heere entgegen , um seine Bereitwilligkeit zur güt-
lichen Beilegung der Feindseligkeiten anzuzeigen. Die Eng-
länder nahmen dann den Punkt, bis zu welchem sie fortmarschirt
waren, als die Grenze an und wollten auf der Basis seiner Ces-
sion später den Frieden abschliesscn. Dagegen sträubte sich
der König, und meinte, weil sein Vorgänger, der den Krieg
geführt , bestraft worden wäre , er selbst sich aber gleich zum
Frieden geneigt erklärt hätte, müssten ihm von Rechtswegen alle
die besetzten Provinzen seines Landes wieder eingeräumt werden.
So zerschlugen sich die Verhandlungen. Nachdem mehrere Jahre
darüber hingegangen, unternalim Oberst Phayre von Rangun aus
seinen Vermittlungsversuch, der durch Yule's werthvolle Be-
schreibung bekannt ist. Aber obwohl man sich gegenseitig mit
Höflichkeiten überhäufte, kam die Sache nicht weiter. Oberst
Phayre ging später nochmals nach Mandalay , doch der König
blieb dabei, dass er nicht in den Annalen seiner Geschichte als
derjenige König gebrandmarkt stehen wolle, der eingewilligt
habe, dass ihm gehörige Provinzen seines Landes an Fremde
abgetreten würden. So standen die Sachen , als ich von Riingun
abreiste und konnte ich deshalb von den englischen Behörden
auch keinen Pass erhalten, obwohl Oberst Phayre die Güte hatte,
mir ein von ihm ausgehendes Privatschreiben mitzugeben. Nach-
dem ich Birma schon verlassen hatte, ist es Oberst Phayre, glaube
ich, auf einer neuen Reise gelungen, den Frieden endlich durch-
zusetzen. Bei meiner Anwesenheit inThayetmyo (löGl) standen
deshalb die Verbindungen zwischen Capitain Dufl* und den Be-
amten an der anderen Seite der Grenze noch auf höchst unbe-
stimmtem Fuss. Anfangs, sagte er mir, wurden gar keine Be-
ziehungen unterhalten. Sie leiteten sich aber ein durch das
4*
52 Von Prome nach Thayetmyo.
praktiscbe BcdUrfniss, indem in Folge einer llliuberei die Tliäter
auf englisches Gebiet geflüchtet waren und der Gouverneur von
Menla schrieb, um ihre Ergreifung zu bitten ; und da sich solche
Fälle an dieser von Räubern überlaufenen Grenze häufig wieder-
holten, so wurden die einmal angeknüpften Communicationen
unterhalten. Aber sie waren nur lokal, zwischen den beiden
Gouverneuren der Grenze.
Beim Ausreiten am Abend zeigte mir Capitain Duflf eine «alte
Pagode, die der Sage nach von einem birmanisclien Prinzen er-
baut worden, der von seinem gegen ihn erbitterten Vater auf einem
Floss den Irawaddi hinabgeschickt wurde und nach dem Thale
Mendun floh, wo das Volk ihn zum König erwählte. Als in
späterer Zeit sein Vater selbst durch eine Empörung des Landes
vertrieben wurde, kam der Sohn zu seiner Hülfe mit einer Armee
bis nach Saret-myo oder Thayetmyo, der Stadt der Mangoes, die
dann Athek-myo, die Stadt, die neu belebt, genannt wurde. Das
Thal Mendun, das zu dem Districte Capitain Dufte's gehört, ist
sehr fruchtbar, und war diejenige Provinz, aus der der jetzige
König, als er noch Prinz war, seinen Unterhalt zog. Der jedes-
malige König Birma's pflegt jeden seiner Söhne mit einer Stadt
oder einer Provinz zu belehnen, von der, nach der l)irmani-
schen Ausdrucksweise, dann gesagt wird, dass der Prinz sie isst.
Da er so Mendun stets als sein Eigenthum betrachtet hat, fühlt
der König den V^erlust dieser Provinz auch besonders hart, und
hat schon verschiedene Schritte gethan, um wenigstens sie zurück-
zuerhalten. Die Yabein's, die in der Nähe Prome's Seidenwürmer
ziehen, erhalten dieselben von Mendun, wohin sie durch wan-
dernde Kaufleute aus Assam gebracht werden. Capitain DuflF
fand in seiner Correspondenz mit Birma den Ausdruck, dass er
den Verbrecher auf königliche Weise befragen möchte , was be-
deuten sollte, ihn zu foltern bis er gestände.
Wer nach drei Tagen an eine Stelle kommt, wo ein Donner-
keil gefallen ist, findet dort keilartige Instrumente, mit einem
Handgrifl*, aus weichem Kalkstein, die geschabt das beste Augen-
mittel geben, so berichtete mir ein birmanischer Arzt.
Am nächsten Morgen ritt Capitain Duff mit mir über die
Thayetmyo. 53
verschiedenen Märkte. Ausser dem birmaniscbenwird einBazaar
der Inder und Mogulen abgehalten, sowie in den Cantonnements
neben der Festung ein chinesischer. Nach einem grossen Feuer
würden die Kyaungs alle in einem Platz zusammengebaut. Ihre
Höfe sind reinlich gehalten und die Bequemlichkeitsplätze
werden nacli der Bequemlichkeit auf Rädern umhergerollt. Die
Kochverschläge sind ausserhalb der Uäuser auf der Strasse an-
gebracht. Die meisten Ursachen des Feuers in Birma wird das
Hauchender in Palmblätter eingewickelten Cigarren abgeben, die
der Birmane brennend zwischen die leichten Bambusplitter seines
Hauses steckt, um sie aus der Hand zu legen und vielleicht
darülier einschläft. Die öflFentlichen Mädchen werden in der
Stadt nicht geduldet und wohnen in einer Vorstadt zusammen,
welche das Quartier der Feenmädchen heisst. In einem alten
Baume amFluss hat deröchutzgott der Stadt seinen Sitz. Früher
stand ein Kathaus unter den Zweigen , aber seit dem Brande ist
nur der verkohlte Grundpfeiler davon übrig. Die Buddhisten
haben eine besondere Verehrung für den Ingyin (Schorea ro-
busta), unter dem Gautama geboren wurde, und für den Sug-
Baum, welche beide besonders auf solchem Sandboden wachsen,
in dem sich Petrefacten finden.
Als wir am nächsten Morgen über den Bazaar ritten, sahen wir
einen Astrologen mit seinen offenen Büchern vor sich dasitzen und
lebhaft mit seinen Kunden beschäftigt. Capitain DuflF zeigte mir
zwei aus Knochen geschnittene Amulette , die bei einem Dacoft
gefunden wurden, und ihm, seiner Ansicht nach, jedes Gefäng-
niss öflFnen würden. Die Grenze ist mit einer doppelten Linie von
Polizeistationen bewacht, aber dennoch finden beständige Räu-
bereien auf dem zweifelhaften Gebiete zwischen den beiden Län-
dern statt, und die Thäter flüchten immer von einem Territorium
aufs andere. Thayetmyo gegenüber liegt Meaday, wo früher das
Zollhaus placirt war. Als mit dem Ende des letzten birmani-
schen Krieges den vorrückenden Truppen Halt geboten wurde,
waren die Engländer gerade bis Meaday vorgerückt. Admiral
Seymour wurde ersucht, die Grenze zu ziehen, und er entschied
sie, indem er einen Kanonenschuss oder l'/2 Seemeile auf drei
54 ^on Prome nach Thayetmyo
Meilen zu Land bestimmte, und dies zu Gunsten Meaday's, das
eingeschlossen werden sollte, auf sechs verdoppelte. Die Einnahme
des nach Thayetmyo verlegten Zollhauses belief sich für Reis,
lackirte Fabrikate u. s. w. auf 1000—3000 Rupien per Tag. Im
Jahre 1860 war der ganze Betrag 5000Ö L. St.
Eine wUnsehenswerthe Bekanntschaft war die Dr. Blan-
ford's, der gerade seine geologische Tour durch Birma beendet
hatte und mir manche Winke für meine Reise gab. Dr. Appline,
der Militairarzt, räumte in dem für Eingeborne errichteten Hospi-
üil ein Zimmer für meinen kranken Diener (Moung Schweb) ein,
und führte mich durch die Hospitäler des Cantonncments. In
Thayetmyo war ganz neu ein starkes Fort gebaut, das sehr mar-
tialisch aussah , nur dass das Pulvermagazin sonderbarer Weise
der hervorragendste Punkt war.
Moung Schweb litt schon seit mehreren Wochen an derEnt-
wickelung eines tiefliegenden Abscesses, der durch sein lang-
sames Reifen die Kräfte aufzureiben drohte, und da ich nicht
länger warten konnte, so beschloss ich, ihn zu operiren, lieh mir
von Doctor Appline die nöthigen Instrumente und Hess ihn nach
dem Verband ins Boot zurücktragen.
Von Thayetmyo nach Mandaiay.
Als wir wieder unterwegs waren, passirten wir bald Meaday,
die Stelle, wohin die wunderbare Heilung der blinden Prinzen
verlegt und durch einen Kyaung bezeichnet ist. Es liegt auf dem
Sandsteine , der auch die Hügel Thayetmyo's bildet. Am Ufer
stand unter einem Pipulbaum ein Zayat aufgeschlagen, mit einer
durchlaufenden Rille, unter welcher ein Käfig aufgehangen war,
mit einer schmalen Oeflnung in der Mitte, um kleine Wassertöpfe,
Oellampen und Speisen fUr den Dämon (Nat) hineinzusetzen.
Alles war ringsum dick mit Blättern bestreut. Ein reisender
Mönch kam vorbei, dem Einer seiner Verehrer das Gepäck auf
dem Rücken nachtrug. Als wir am Abend das Boot zubrachten,
netzte ich meine Waffen in Bereitschaft, da ich jetzt nicht mehr
unter englischem Schutze stand und das herrenlose Gebiet betreten
hatte , das sich bis zu der birmanischen Grenze erstreckt. Als
ich die alte Ladung der Revolver und Gewehre abgefeuert hatte,
hörten wir aus der Ferne am Lande ein wildes Durcheinander
von Stimmen , Lärmen und Geschrei. In der Nähe unseres Lan-
dungsplatzes war zwischen den Büschen ein Dorf gelegen , ohne
dass ich es wusste , und durch die Schüsse in der stillen Nacht
aufgeschreckt, umringten die Bauern in hellen Haufen unser
Boot, mit allen Arten VertheidigungswaflFen in den Händen, da
sie glaubten, dass ihnen die Banditen wieder einen Besuch zu-
gedacht hätten. Es dauerte lange, ehe sich ihre Aufregung be-
sänftigen Hess.
56 ^011 Thjiyetmyo nach Mandalay.
Am nächsten Morgen pasnirtenwir das birmanische Zollhaus,
von dem eine Flagge wehte. Mehrere Boote hatten dort ange-
legt, meistens mit Blumentöpfen am Steuerruder geschmückt.
Sonst fuhren sie auch das Bild eines Belu oder Ungeheuers, um
gutes Glück zu geben, und eine beliebte Figur ist die eines
Wissatho oder Wundermannes (wizzard). Wir hatten jetzt mit
starkem Gegenwind und rcissendem Strom zu kämpfen , und die
ermüdeten Bootsleute machten einen Anhalt. Zum Zeitvertreib
Hess ich mich unterrichten, dass, wer Ngapie zu früh aus dem
Feuer nähme und behauptete, dass es gar sei, wer ein vom
Feuer genommenes Bambuscheit nicht wieder in dieselbe Lage
brächte, worin er es gefunden , wer Zwiebeln mit seinem Reis
zur Feldarbeit mitnähme, durch Tiger gefressen würde, die der
erzürnte N€at zu seiner Bestrafung schickte. Als wir wieder auf-
brachen, rannte ein anderes Boot an das unsere, erbot sich aber,
als ich es anhalten Hess , den Schaden zu bezahlen ; doch war
nicht viel geschehen. Bei der Abendrast erzählten die Bootsleute
von Tagoung, einer alten, alten Stadt zwischen himmelhohen
Bergen, in welche ein einziges Thor führe. Wenn die Leute
Regen bedürfen , brauchen sie nur ein Gewehr abzufeuern , und
sogleich fällt er in Strömen.
Am nächsten Tage hielten wir in Zoung-gyi-doung an , wo
in einem grossen Kloster Strassen zwischen mit Strohdächern be-
deckten Mönchszellen hinführten. Die Reiseboote standen am
Lande auf Rädern. Neben dem Sandsteine zeigen sich Muscheln
enthaltende Kalkschichten.
Die Morgen und Nächte waren jetzt bedeutend kälter gewor-.
den, so dass das Wasser sich beim Baden warm anfühlte. Als ich
mich durch längeres Umherschwimmen erquickt und aus dem
Wasser hervorkam, fragte ich nach dem Namen eines nahen
Dorfes , und hörte , dass es Mya-goung-pyai oder das lachende
Crocodil heisse , und freute mich , nicht weiter zur Erheiterung
dieser garstigen Bestie beigetragen zu haben.
Hinter den rothen Klippen Maluns sahen wir eine auf hohem
Hügel errichtete Pagode zum Ehrendenkmal Maha-Bandula's, des
unter den Birmanen hochgefeierten Generals, der allein im ersten
Menhla. 57
Kriege die Engländer im Scli«acli zu halten verstand. Bald darauf
kamen wir in Menhla an, dem Sitz des birmanischen Gouverneurs,
und das Benehmen meiner Bootsleute wurde jetzt gewaltig timid
und ängstlich, da sie, aus der englischen Provinz kommend, sich
in dem Gebiete ihrer unabhängigen Landsleute nicht geheuer
fühlten. Da Moung Seh weh noch immer seine Wunde verband
und nicht gehen konnte, wollte ich einen der Schiffer als
Wegweiser mitnehmen, um, die Pagoden zu besuchen, konnte
aber nur durch Drohungen dieselben dazu bewegen, mir als
Fremdem diese heiligen Gebäude zu zeigen, ohne vorher die Er-
laubniss der Regierung eingeholt zu haben. Die birmanischen
Soldaten, die unter einem grossen Schuppen ihre Gewehre und
Pulverkasten aufgehäuft hatten, drängten sich auch in ziemlich
unverschämter Weise um uns herum, doch ging ich unbelästigt
in den Klostergebäuden umher, die mit bunter Stuccatur über-
klebt waren. Die Thüren liefen meistens auf Kadern, und auch
kleine Häuser standen auf Kadern, sowie Sessel zum Niederlegen.
Mein Koch konnte auf dem Markte noch mit englischen Kupien und
Anna's einkaufen, aber num sah schon vielfach das birmanische
Geld gebraucht, an das ich mich für später auch zu gewöhnen
hatte. Eine Münze besteht nicht in Birma. Der frühere König
liess einige Kupien mit seinem Pfau"^) prägen, aber sie sind ganz
verschwunden. Das Bullion, das den Birmanen im Handel dient,
besteht aus drei oder vier verschiedenen Alloys von Silber mit
Kupfer, das beste, fast reines Silber, hcisst Bau, das nächste Dain
oder in anderen Verhältnissen Youetni und das geringste , aber
am gewöhnlichsten im kleinen Handel gebrauchte Azekiay.
Wenn man auf den Markt geht, hat man sich mit einem Stück
solchen Silbers, mit einem Hammer, einem Meissel, einer Wag-
schaale und entsprechenden Gewichten zu versehen. Was kosten
diese Kochtöpfe? Zeigen Sie mir Ihr Geld, entgegnet der Kauf-
mann, und bestimmt, nach dem Aussehen desselben, den Preis
zu dem oder dem Gewicht. Man lässt sich dann einen kleinen
•) The coins of the peacock typo seem to have formed the recoj?nized silver
currency of the central and eastem provinces of the Gupta dominion. (Thomas.)
58 ^<>n Thayetmyo nach Handalaj.
AmboHS geben und hämmert an dem StUek Silber herum, bis man
glaubt, das richtige Gewicht gefunden zuhaben. Dieses wiegt man
mit der eigenen Wagschaale , da denen des Kaufmanns nicht zu
trauen ist, und fügt zu oder nimmt fort, bis das Gewicht richtig ist.
Natürlich geht durch die abfallenden Splitter Viel verloren , und
es ist immer vorzuziehen, nicht genau die gewünschte Quantität
zu kaufen , sondern das Aequivalent desjenigen Stückes Silber,
das man gerade abgeschlagen hat. Bei grösseren Einkäufen, die
nur mit dem feinsten Silber gemacht werden, ist derProcess noch
umständlicher, indem erst ein Assayer (Poeza) gerufen werden
muss, um das Silber in der Feinheit genau zu bestimmen und
dafür bezahlt zu werden. Zum Schmelzen bedient sich derselbe
zweier Blasebälge aus Bambu, die die Luft in einen in die Erde
gegrabenen Ofen treiben und durch einen erhöht sitzenden Ar-
beiter, der die Stangen hinabpresst, bewegt werden. Im oberen
Birma gebraucht man für die kleinsten P^inkäufe , wie Früchte,
Cigarren u. s. w., ausserdem gröbsten Azekiay, auch Bleiklumpen,
von denen der Verkäufer immer einen grossen Kasten voll neben
sich stehen hat, und die auf einer massiveren Wage, als das
Silber, gewogen werden. Die Eingebornen lassen sich, wenn
sie nicht genau das Gewicht treflfen , mit Schalen voll Reis her-
ausgeben, da dieses das Brod vertretende Nahrungsmittel Jeder
gebraucht und Jeder zu geben hat
In Dörfern, wo keine Aussicht ist, Silber zu wechseln, muss
für kleine Einkäufe der Diener, unter einem Sacke Blei, keuchend
folgen, doch ist es selbst bei den schon bis zum Papiergeld civi-
lisirten Chinesen nicht viel besser. Die Standard ist bei ihnen
Kupfer und nur die auf Stränge gereihten Cash (etwa 2000 für
einen Dollar) sind geprägt. Als ich nach einer langen Seereise
zum ersten Male im himmlischen Reich ans Land stieg und durch
die saftigen Früchte verführt, davon kaufte, erhielt ich für
einen Thaler soviel Hunderte oder Tausende von Kupfermünzen
heraus, dass ich einen Coolie miethen musste, den Rest des
Thalers zu tragen. Die Europäer helfen sich mit Noten und
auch den Chinesen ist in den Städten locales Papiergeld bekannt.
Nach Frederick bestand in Pegu das Gansa oder Ganza genannte
Der Gouverneur. 59
Geld aus Kupfer oder Blei und Menü bestimmt den Geldwerth im
Gewicht. Bei Apollonius' Besuch war das indische Geld vkij
xBxofi^sv/ievi^^ nicht, wie das römische, xexaQayfievt^. Im süd-
lichen Pegu finden sich statt des Blei zuweilen kleine Zinnstücke
mit aufgeprägten Henza als Scheidemünze.
Am Abend kam der bei den Beziehungen mit den englischen
Grenzposten gebrauchte Dolmetscher des Gouverneurs nach dem
Landungsplatze und horchte mich aus, ob ich seiner Excellenz
nicht meine Aufwartung machen würde, was ich indess schon be-
absichtigt hatte, um für meine Weiterreise mit Legitimations-
papieren versehen zu sein , die immer von Nutzen sein konnten.
Am nächsten Morgen begab ich mich zur Vorstellung beim
Gouverneur. Seine Residenz enthielt in einer weiten Umzäunung
ein Convolut verschiedener Gebäude, und in der Mitte des Hofes
gab er Audienz unter einer oflenen Halle, umgeben von seinen
Secretairen und Rechnungsführern, die auf Ellbogen und Knieen
vor ihm lagen und Bericht erstatteten. Er selbst sass mit unter-
geschlagenen Beinen auf einem Teppicli, Hess aber für mich
einen Stulil bringen und setzte sich dann selbst auf einen solchen,
um nicht die birmanische Etikette durch Annahme einer niedri-
geren Stellung zu verletzen. Er war in ein rothes Gewand ge-
kleidet, das bis an die Kniee reichte, mit rothen Strümpfen
darunter, und einem weissen Ueberwurf. Seine Unterhaltung
drehte sich hauptsächlich um meinen Reisezweck, über den er
nicht recht ins Klare kommen konnte und alle möglichen Kreuz-
fragen stellte. Die obligaten Erkundigungen über Namen, Alter,
Familie u. s. w. fehlen in einer birmanischen Unterhaltung nie.
Später kam das Gespräch aufMedicinen. Er war krank, wie jeder
Birmane, wenn er einen Europäer sieht, und nachdem ich ihm
Arznei dafür versprochen, wollte er noch andere Heilmittel haben,
gegen Schlangenbiss, Hydrophobie, Arsenik- V^ergiftung u. s. w.
Er schrieb meinen Pass auf eine der schwarzen Tafeln und Hess
ihn dann durch einen Schreiber copiren.
Bei meiner Rückkunft waren die Bootsleute mit dem Zoll-
hause noch nicht fertig geworden, und so machte ich in der
Zwischenzeit einen Ausflug nach Malun. In der Pagode fand
60 ^01^ Thayetroyo nach Mandalay.
ich verftcliicdeiie Inschriften und wünschte , da ich Papier ver-
gessen, eine der schwarzen Tafeln (Parabeik) mit einem Griffel aus
Speckstein zu kaufen, doch war auf dem Bazaar keine zu haben.
Ein alter Mann bot mir schliesslich eine ilim gehörige an, die
zwar schon vollgeschrieben, aber durch Abreiben mit Kohle und
Erbsenblättern bald wieder in brauchbaren Stand gesetzt war.
Solche oder schwarze Tafeln werden in den Klosterschulen zum
Schreiben gebraucht, mitunter aber auch nur Sandbretter. Ber-
nolinus beschreibt den Abacus als eine Tafel mit blauem Sande
bestreut, die neben dem zumKechenapparat besonders eingerich-
teten Brette nach Jamblichus schon dem Pythagoras bekannt war
((Kantor). Zum Kechnen wie zum Beten dient ausserdem der
Rosenkranz, der in den Kreuzzligen nach Europa kam, ähnlich
der Akshamala, wodurch im brahmauischen Indien Vischnu's
Namen aufgezählt werden. Die Dorfjugend spielte auf der
Strasse mit einem eisernen Kreisel, den sie zwischen KUrbis-
samen, neben einer Zwiebel ausgestreut, herumdrehten. Von den
Kasia bemerkt Yule: the children spin a regulär peg-top and it is
indigenous, not an importation. —
Wir blieben die Nacht in der Nähe eines durch Pallisaden
befestigten Dorfes , wo man in dem Zayat des Klosters beschäf-
tigt war, eine Pagode aus Bambu aufzurichten. Mein Koch kam
betrübt vom Bazaar zurück, denn es war ihm nicht möglich ge-
wesen, weder Hühner noch sonst etwas Lebendes aufzutreiben.
Nur ein paar gekochte Eier hatte er schliesslich durch schweres
Geld von einem sündigen Mann des Waldes erstanden, dem er
auf dem Wege begegnete. Hier wurde mir die beliebte Banane,
uapio schuetza, gebracht. Von Reis zählen die Birmanen 102
Arten auf, aber der beste ist der kleinkörnige Nadamijoun.
Am nächsten Morgen sahen wir die Pagode Myenka-taoung
auf der Stelle erbaut, wo Zulu, König von Pagan, (1057) er-
mordet wurde. Als wir bald darauf in der Stadt Mengun lan-
deten, begleitete ich den Koch nach dem Markte, um selbst zu
sehen, ob die ausgeleerte Speisekammer sich nicht wieder füllen
Hesse. Auf die Fragen nach -Hühnern und Eiern gab es aber
nur einen entrüsteten Blick zur Antwort. Erst als wir uns in die
Hühnerkauf. 61
abgelegenen Gassen der Vorstadt verloren, zeigten sich Einige
weniger unempfindlich gegen den Reiz des Goldes, und waren
geneigt einige der Hühner, die in grossen Mengen unter ihren
Häusern umherliefen, zu yerkaufen. Es kam jetzt nur darauf an,
die Einwilligung der Hühner selbst zu erhalten, denn diese wil-
den Dinger, denen eine solche Zumuthung noch nicht vorgekom-
men war, flogen unter lauten Protestationen wie Vögel auf die
Bliunie hinauf, und nur durch übergeworfene Netze konnten
schliesslich zwei magere Kücken gefangen werden. Eine ein-
fachere Methode habe ich in andern Dörfern gesehen. Der Bir-
mane setzt sich auf den Estrich seines Hauses, dessen Bambustäbe
weit genug von einander liegen, um die Hand durchzustecken,
und hält einen Korb unten hindurch, dann streut er Reis aus, und
wenn die Hühner sich unter dem Hause zum Aufpicken versam-
meln, lässt er den Korb auf sie niederfallen. Beim Jagen ver-
laufen sich die Hühner gewöhnlich in die dichten Büsche, die die
Häuser umgeben, und nur zuweilen gelingt es rasch eins durch
Ueberwerfen eines Tuches zu erhaschen. In dem Dorfe unserer
Abendrast machte ich einen andern Versuch, Provision einzulegen,
aber die Leute antworteten mir, dass sie die Hölle (nayai) fürch-
teten. Auf meine Frage, wozu sie denn überhaupt die vielen
Hühner hielten, hörte ich, dass es nur wegen des Krähens am
Morgen geschähe und für Hahnengefechte, übrigens auch um sie
zu essen, wenn sie aus Altersschwäche sterben. Die Schiffer, die
in andern Reiseböten Gesellschaft gefunden hatten, unterhielten
sich über die Hexen (Tzon) vonBhamo. Bei Tage flögen sie über
den Feldern umher, und wenn sie ein Individuum erspähten, gegen
das sie einen Pik haben, so fallen sie wie brennendes Feuer auf
ihren Feind nieder und veniichtcn ihn. Laufen die Leute dann aber
nach dem Hause der Hexe, so finden sie sie ruhig im Bett liegen und
schlafen. Die Eintaleim genannte Hexe lebt in der Erde, die
Kavai genannte Hexe steigt zum Himmel auf, ihre Beute zu fassen.
Der Doctor kann nach dem im Daumen pulsirenden Blute die Art
der Hexe bestimmen *).
*) Was die sieben Arten Hexen oder Zauberer betrifft, so ist es eine von
Natur, zwei sind es durch Arznei geworden und vier sind es erblich durch den
G2 Von Thayetmyo nach Mandalay.
Am lUlchstcn Tage gelangten wir nach Magweh, berühmt
durch Hcineu Tempel Mya Salwon (das Smaragd -Bett). Die
Hohlauke Pagode in ihrem goldenen Schmucke steigt von einer
blendend weissen Platform emi>or, die mit einem Ziegelbau
brennend rother Farbe auf dem hohen Flussufer steht, und bietet
in dem Glänze der Sonne von dem dunkelblauen Himmel auf das
Gritn ihrer waldigen Umgebung zurückstrahlend, einen höchst
brillanten Anblick in diesem Ensemble reinster Farbenmischung.
Sie ist über Reliquien Gautuma's gebaut und enthält dessen lie-
gende Figur, als Schinbindjetlekdon. Unter einem Steingewölbe
fand ich einen verzierten Stein mit einem Pfau neben einer lan-
gen Inschrift, besagend, dass 231K) Jahre (1208) nachdem Dipan-
kara, Kassaiim und die Übrigen 24 Buddha's zum Himmel gegau-
Kut ihrer Kltom, indem er seine Wohnnng beständig in ihnen nahm. EHe
He-xe Namens lln:ui-w<w oder Kavniy myonk Ist die ^r&föte, die nietete
nbwiUrts ist die hneet^patlat . die folgende jeng-ta-lien o«ler gtynong p^'ant,
die (V4^nde yaiii^ni^nee, die fol^rende atha-trong, die folgende kyay-troog and die
folgende let-touk>tn>n^. Pie atha-tron^. kyay-trong und let-trong ess^en des
N«eht>ji Hlumen und ^»röstetes Korn in der Cnixäunnng um ihre llänser, indem
Feuer aits ihr\Hii Munde kommt. l>ie kyji^* > trong und let • tron$r werden Zaube-
rer« indem zoe ^''wi5<>e Arxnt^^ien nehmen« die ntha>troB$r sind es von Natur. Sie
beaanber« die Mea>ehen nieht. Wenn sie 7 CalMts tief ( 1 C^bit =»1*9 Ftts«)
un» Wäscher |^^«tMfen werden« so können »ie so sinken, da»s sie 1, ä. d Knoten
V«« dem Tan iber dem Wa:<:s$er la^«iea. l>ie Kawav können im \Va:«s*ier nieht sin-
ken « nnd die llneet-fHulat kann « wenn aaeh mit ^nrot<«ser Anstren^nfr . im
\Vai$ä«T nntertanehen : sie kann nnr xwei Knoten sinken . finf lideiben iber
W;jkSi$er: die Jen^-ta4ien and yanj^-aee sind i^lekli. Sie sind Zaaberer dareh
<iea Nat. wehrber tob dea Vorfihiva Terehrt worden k^t« indem er hintereintnder
siMne \V«4uMun^ in ihren Korpiefn aafsvrhia;. Sie Tetaehren die Lebe«»minel«
weMn^ ihnen iakWmea Aaehea Seha^äein aa> Bamba rorn-eworfen werden : sie be^
■ inbi^ri die Jtemwhea in der Wet$e« «ia» ihr Tod herbeiseefihrl winl. and dum
vmehre« sW di«se£l«B: sie pral«a aaeh <fie me»<ehliehen Körper aK^ ihrea
i^rShet« aia> sspI venehrea ^~ 1^ letztem drei koaara eine Persern aieht iher
niofa fttf^ftfemhfm Semm hiawvti^ I^Eaaher«« aad ^^ar ia dem<elWa I^Mfe «4er
I%tr«^«e ^seia^ ibaea 4fe$e%^ aa^te in etaer Gatf^maag^ y<mi 7 llatt«eraL \Ve«a
diwt$e ?irhwtiitiBft:a. i*^ mJbsts^n sw ais» dem IHftrwt ;f^^haaac wev^lea. IW Kaw^ir
fwc^u: ietmt FVrws li«aaafttf«a. «eaA eia Stivm «iazwveWalfie^söt« ami säe
4jJWr il^r (Diehceffif :SttHiaie läacaats^ ^«li— f «etniea H.he«tf« e« im
Magweh. 63
gen, die Pagode durch König Minthaya, den Bruder Thamada-
tha's, erneuert worden und dann wieder unter König Belaundo in
Amarapura. An der andern Seite war zwischen Sternen ein
Hase ausgehauen, um den Mond darzustellen und daneben eine
magische Tafel, die in den neun Feldern eines Vierecks und in
den je neun Feldern zweierKreise verschiedene Zahlen, Buchstaben
oderSylben enthielt. Nach der beigefügten Inschrift hatte 2399 J.
nach Buddha's Niphan, der Edelmann Ming ding mit Ming lagoh die
Pagode mit gelbem Zeug überdecken, sie neu firnissen, vergolden
und roth bemalen lassen. Die Menge der verbrauchten Materialien
war genau angegeben, sowie die den Arbeitern bezahlten Geld-
summen, wie es Herodot auf den Pyramiden gelesen. Die In-
schrift schloss mit dem Gebete, dass des Gebers Familie durch
die Geburt eines Sohnes beglückt werden möchte. Aus einer
verschlossenen Kapelle mit dem Kolossalbild eines Buddha führt
eine Treppe zu einer oberen Etage, wo die Wand mit Sudaun-
piehkiaunlehnpaya beschrieben war. Aussen stand ein durch
eine Schildkröte getragener Almosentopf, neben dem ein Zwerg
(der gcnius loci) sass. Weissgekleidete Nonnen wanderten um-
her, die in den Tempelstrassen unter StrohhUtten lebten.
Dass in einer so frommen Stadt keine Hühner oder Eier zu
finden waren, lässt sich denken. Man sagte mir zur Entschul-
digung, dass durch eine Verordnung der Regierung der Verkauf
verboten sei. Ich versuchte wieder die Quartiere zweifelhaften
Rufes in der Vorstadt und eine junge Frau, die ein theilnehmen-
des Herz haben mochte, schien nicht abgeneigt, mir von ihrem
Vorrath zu überlassen. Ein weissbärtiger Brummbär, der da-
neben wohnte, rief ihr aber zu, dass sie sich auf eine tüchtige
Tracht Prügel von ihm gefasst machen könne, wenn sie die ar-
men Geschöpfe einer solchen Gefahr aussetze, sie sähe doch,
mein cannibalischer Koch beabsichtige nichts anderes, als ihnen
die Kehle abzuschneiden. In deniDorfe, wo wir Abends anlegten,
waren Fischer während der Nacht mit ihrem Fange beschäftigt, als
wir aber am nächsten Morgen früh aufbrachen, waren die Netze
noch nicht aufgezogen, so dass wir ohne grosse Aussicht auf
ein Frühstück weiter reisten.
.>
g4 Von Thayetmyo nach Mandalay.
In der Nähe des Dorfes Wurinanzaiit stand in einer sandigen
Wildniss zwischen dichtem Gestrüpp eine Pagode, zwischen de-
ren Baulichkeiten ich ein isolirtes Portal, nach der Art der in-
dischen Mandrapani, bemerkte. In der Umgegend wurde Palm-
saft gewonnen, und derselbe durch die Rinde des Tityeia-Baumes
frisch gehalten. Heimlich wird auch Arac daraus verfertigt,
sowie in grösseren Plantagen Zucker. Die Schalen der Früchte
werden als Gefässe gebraucht.
Abends hielten wir neben einer verfallenen Pagode, die ich
zum Lesen von Inschriften betrat, aber durch den moschus.artigen
Modergeruch fortgetrieben wurde, der allen diesen alten Ruinen
eigen ist und durch die ammoniakalische Ausdünstung der
Fledermaus - Excremente noch unerträglicher wird. Aus den
Höhlen bei Molmein sah Judson unzählige Fledermäuse, einer
Säule gleich, hervorkommen, die sich für Meilen weit ununter-
brochen forterstreckte. Ein Eingeborner führte mich nach dem
versteinerten Walde eines nahegelegenen Hügels, wo einige
Dutzend dicker Stämme in der Erde steckten und eine Menge
anderer Versteinerungen umherlagen.
Moung Schweb, der sich zu erholen anfing, erzählte mir zur
Abendunterhaltung von den Hexen seiner Karen-Dörfer, und ih-
ren Kämpfen mit den Zauberern, die er birmanisch Dzay dzea
(Aerzte oder Mcdicinmänner) nannte. Die Hexen, die wie Feuer-
funken umherfliegen, suchen sie zu tödten, indem sie Gift in ihre
Getränke schütten, die Zauberer aber vernichten die Hexen durch
das Verbrennen von Papieren, die mit Gatha's oder Paliformeln
beschrieben sind. Sie haben solche aus alten Zeiten her über-
liefert erhalten, von den Yathay, die im Himmel leben.
Am nächsten Morgen gelangten wir nach YajTiangoun (der
Fluss stinkenden Wassers), wo eine unabsehbare Reihe von
Böten den grossen Ausfuhrmarkt des Petroleums bezeichnet,
des Leuchtmaterials für das ganze Reich. Die Hälfte des ge-
wonnenen Products muss nach Ober-Birma gebracht werden,
die andere Hälfte ist einem Armenier verpachtet, der es nach
Rangun ausführt. Da es noch früh am Tage war, fanden wir die
Strassen überfüllt mit Schaaren von Pungyi, deren Weizen in
Die Oelbnmneii. / 65
Birma immer da blüht, wo andere Geschäfte blühen. Siegingen in
langen Reihen von Haus zu Haus, wo einer nach dem andern
durch den Hausherrn oder die Hausfrau einen Löffel Reis in sei-
nen Almosentopf gelegt erhielt. Die Begünstigteren empfingen
noch eine Zugabe von Ragout, Fleisch oder Fischen, die in Blät-
ter gewickelt dem Reise beigefügt wurden, oder auch Früchte.
Die in der Mitte der Stadt belegene Pagode Schwemingwun dient
zur Eidesleistung, indem der Richter die streitenden Parteien für
solche Zwecke dahinschickt. In derselben liegt zwischen zwei
Vögelfiguren des Henza und Piso ein Stein, den der Schwörende,
nachdem Lichter angezündet sind, in der Hand halten muss.
Die Umgegend Yaynankhyaung's sieht sehr verbrannt und
öde aus. Nur eine sparsame Vegetation sprosst auf den Barran-
ken, die sie in hügligen Erhebungen aus schiefrigem und lehmigem
Thon durchsetzen, kalkige Concretionen und Spuren von Kohlen-
formationen einschliesscnd. IndenRavinen, die wir passirten, um
nach dem welligen Tafellande derOelbrunnen zu kommen, trafen
wir lauge Reihen der mit knarrenden Rädern schwerfällig fort-
bewegten Wagen, die das Oel herbeiführten und von oben bis
unten damit beschmiert waren. In der dörrenden Sonnen-
hitze schleppten sich die Ochsen nur langsam im dicken Sande
fort, aber alle mussten auf irgend eine Weise Platz machen, als
ein Bote des Gouverneurs des Weges kam, dem ein mit Palm-
blättern umwundenes Schwert als Zeichen seiner Sendung voran-
getragen w^urde. Das Oel wird mit Krügen aus den Brunnen, die
durch Planken Halt bekommen, herausgewunden. Nöthigenfalls
lassen sich die Arbeiter an Stricken in die Brunnen hinab. Sie
gehören, die königlichen ausgenommen, den umliegenden Dorfbe-
wohnern, und die Brunnen des Vaters vererben sich auf seine Söhne,
die der Mutter auf die Töchter. Der Brunnen der Königin war
durch eine Flagge bezeichnet, damit ihm Niemand nahe komme.
Wenn der Brunnen beinahe erschöpft ist, so mischt sich das Oel
mit Wasser und muss durch Stehen davon getrennt werden. Der
armenische Agent, der mich von Yaynankhyaung begleitet hatte,
zeigte mir die weisse Erdart, die herausgeworfen wird, als das
beste Mittel, um Zeuge von Flecken jeder Art zu reinigen. Wenn
BaatUn, OttMien. II. 5
QQ Von Thayetmyo nach Mandalay.
die Arbeiter auf eine Schicht grün-gräulichen Schiefers kommen,
80 schliessen sie Contracte ab für Jeden Quadratfuss, den sie
tiefer graben. Durch Ausbrechen von Gas kommen oft Todes-
fälle vor. Um einen neuen Brunnen aufzufinden, stellen die Ar-
beiter die Steinfigur eines kleinen Elephanten auf einen glatten
Stein, umgeben ihn im Kreise mit allen Arten von Opfergaben,
und beobachten dann, nach welcher Richtung er von dem Winde
oder durch andere Ursachen gedreht wird. In the district of
Suvainigiri a huge log, one end of which is fashioned into a form
resembling an elephant's head, is placed at right angles and at
an equipoise, upon au upright post, on which it revolves (Frye).
Auf den Strassen der birmanischen Städte findet man stets Leute
umhergehen, um den täglichen Hausbedarf des Oels aus Töpfen
zu verkaufeu. Ausser zum Brennen wird es gebraucht, um
Pfosten oder SchrankfUsse zu bestreichen und so gegen Insekten
und Ameisen zu schützen. Nach Cox*s Erkundigungen lieferte
jeder Brunnen 1825 Pfd. pr. Tag und die Arbeiter erhielten
8Tical monatlich. Er berechnet aus 520 Brunnen den jährlichen
Werth an Ort und Stelle auf 289,737 Rupien oder allgemein fllr
das Land auf 1,362,325 Rupien und das königliche Einkommen
zu 132,232 Rupien. Als ich an das Boot zurückkam, hatte der
Armenier dafür gesorgt, dasselbe so mit Hühnern, Enten, Eiern
zu überladen, dass für die nächsten Tage keine Hungersnoth zu
fürchten war.
Für die Nacht hielten wir in der Nähe eines Dorfes, und als
ich nach der ausserhalb etwas abseits gelegenen Pagode ging, fand
ich Niemand dort, als eineneinzelnen Birmanen, der eifrigmit einem
Besen in den Gängen umherfegte und dann seine Gebete sprach.
In Krankheitsfällen werden Pagoden, Kyaung oder Zayat en
miniature neben das Haus gestellt.
Die Ufer des Irawaddy waren jetzt einsam und menschen-
leer. Dörfer und Felder sah man keine, und nur zuweilen hatten
Verkäufer in der Wüste eine kleine Scheuer aufgeschlagen, um
den vorüberfahrenden Schiflfen zu verkaufen. In einer der-
selben tauschte ich einen Korb voll Reis für einen halben Korb
Sat aus da das englische Geld verweigert wurde. In der Ferne
Die Pagode des Baches. g7
stand der Kegel des Puppataun aus der Sandebene hervor, ein
früherer Vulkan. Mehrfach begegneten uns grosse Flösse, mit
Hütten darauf, die von den an den verschiedenen Stellen postirten
EigenthUmern Aussah wärts gesteuert v«^urden.
Von dem Halteplatz kreuzte ich frUh am nächsten Morgen
die Sandebene nach Sillemyoh, das mit seinem Pagodenkranze
in der Ferne vor uns lag. Von ihnen ist die Pagode Schwetaunuh
(der goldene Berg) in der Form des Sri-Meru gebaut, mit Kreisen
von Steinpfeilern, die Über einander aufsteigend, die glocken-
förmige Dagobe des Centrums umschliessen. Ein freundlicher
Mönch des nahegelegenen Klosters gab mir nicht nur einen der
Schulknaben, um mich nach der achteckigen Pagode Schimnietna
(mit den Namen der Wochentage) zu fuhren, sondern auch eine
Parabeik und Stifte, da unterwegs mein Diener das mitgebrachte
Schreibpapier verloren hatte. Nachher schickte er mir noch
einen seiner kleinen Zöglinge nach, um mir ein blankes Vier-
Annas-StUck aufzunöthigen, da er durch dies Geschenk seineVer-
dienste noch zu vermehren wünschte. Die Birmanen wiegen ihr
Geld und sehen deshalb in Münzen nur eine niedliche Medaille,
die zum Schmucke dienen kann. In einer Gruppe der Sterbe-
scene Gautama's (in Tin-paya) bemerkte ich die Holzfigur einer
liegenden Frau, die ihr Kind säugte, mit dem zuschauenden Vater
daneben stehend. Ein alter Mann war eifrig beschäftigt, kleine
Oellampen, die an der Wand umherstanden, in Stand zu setzen.
Neben einem die Klosterbibliothek enthaltenden Steingebäude
lag ein zerbrochener Stein mit einer Inschrift in Kyauktza.
Um die Pagode Seh wesajopaya oder den Tempel des goldenen
Buches (wo die königlichen Gebeine zusammengebracht wurden)
zu besuchen, kam ich durch ein Dorf, wo grüne Bananen gedampft
wurden, um sie rascher zur Keife zu bringen. Zuweilen sah ich
zu solchem Zweck die grünen Bananen in die Erde graben und
oben darüber ein Feuer machen. Der Weg führte im dicken Sande
zwischen Büschen und Cactus hin, an einem Teiche vorbei, wo
die zusammengetriebenen Rinderheerden getränkt wurden, bis
der hohe Thurm der Pagode über einer fernen Baumgruppe her-
vorblickte, die uns ihre Schatten gegen die brennende Mittags-
5'
gg Von Thayetmyo nach Mandalay.
hitze anbot. Beim Näherkommen sahen wir die ganze Gegend
mit Ruinen verfallener Pagoden bestreut, die grosse des Klosters
war dagegen in gutem Zustande der Restaurirung. Sie enthält
in der hintern Nische ihrer Haupthalle ein stehendes Buddhabild
in riesigen Dimensionen, vor dem eine Lampe brannte. Die
Wände waren mit Scenen aus den Dzat's oder den früheren Exi-
stenzen Buddha's bedeckt, und den Erklärungen hatte der Maler
gewöhnlich seine Hoffnung auf ein seliges Ende beigefügt. In-
schriften an derThUr, von denen eine einem Priester, zwei andere
Edelleuten (Ming-gyi) angehörten, zählten die in Firniss und
gelbem Zeuge bei der Restaurirung der Pagode verbrauchten
Summen auf. Im Hofe sass eine Gruppe lauschender Schüler,
die ein grösseres Bild, mit den Händen in lehrender Stellung,
umgab. In einer abgelegeneu Kapelle sah ich drei zerbrochene
Holzfiguren, von denen die eine in dem Tasagnabo oder ver-
zierten Putzo und dem Kasadaun - Schmuck des Ohres die In-
signien der Königswürde trug. Dies waren die Nat (Götter),
die beim Bau der Pagode mitgeholfen hatten, und dass sie selbst
in dem trübseligen Zustande, in dem sie siieh befanden, noch ihre
Verehrer hatten, zeigten Spuren aufgesteckter Lichter auf der
Holzplanke vor ihnen. In einer andern Kapelle standen drei be-
malte Holztiguren weiblichen Geschlechts, gleichfalls zusammen-
gebrochen, staubig und schmutzig.
Als ich den Abt des Klosters zu besuchen ging, machten
seine Schüler so viele Zeichen und bedenkliche Mienen über
meine Schuhe, dass ich dieselben am Eingange zurückliess, und
nur in Strümpfen die Teppiche, mit denen das Zimmer belegt
war und die zugleich zum Sitzen dienten, betrat. Ich hörte dort,
dass die Pagode vor 554 Jahren gebaut sei durch Manithesu, den
König Pagan's, über ein heiliges Buch, das vom Himmel ge-
fallen und in dem Fundament niedergelegt worden. Die grosse
Menge der kleineren Pagoden ringsumher wären dann von seinen
Frauen, Concubinen, Kindern und Ministem aufgerichtet.
Als ich durch die langen Spaziergänge etwas ausgehungert
nach Sillemyoh zurückkehrte, um mein Frühstück in dem Boote
einzunehmen, war dasselbe nirgends zu finden, weder anderver-
Sillemyoh. 69
abredeten Stelle, noch an den andern Landungsplätzen, an denen
ich für Nachsuchungen umherging, zum grossen Zorn der wuth-
entbrannten Hunde, die sich durch die ganze Stadt das Signal
zum gemeinsamen Angriffe gaben, und zum Entsetzen krei-
schender Kinder, die nach Mutter schrieen. Da vorläufig
nichts zu machen war, besuchte ich einige der in der Stadt be-
legenen Pagoden, erst die Schwesettapaya (des goldenen Fuss-
tapfens) und dann die am meisten verehrte Schwesijopaya (die
Jujuba-Pagode), deren Eingänge durch beflügelte Löwen mit
Menschengesichtern bewacht wurden. Ein langer Gang, ge-
pflastert und be wallt, führte mich nach dem Flusse zurück, wo zwei
löwenartige Riesengreife die aufführende Treppe hüten. Von
den Aggasahvaka nit pa (den zwei LieblingsschUlern) wird Sari-
puttra zur rechten Hand (Lekyaron) und Mauggalan zur linken
(Lekwäron) des Meisters gestellt. Die Tempel enthalten ge-
wöhnlich, wie ein Museum, eine mannigfaltige Auswahl von Fi-
guren jeder Gestalt, Form und Grösse, aber die Hauptfigur der
Centralhalle ist meist von colossalem Umfang, wie auch die an
den Thüren und an den Galerien angebrachten Fabelwesen in
ihren Dimensionen über die natürlichen Proportionen hinaus-
gehen.
Die Buddhisten verharren auf dem Standpunkte der alten
Egypter, wo der Geist, von der Allmacht des mächtigen All's
noch überwältigt, nur das Ungeheure auszudrücken strebt, ohne
schon ein Auge für die classischen Schönheitsgesetze in dem
bunten Kaleidoscop des irdischen Lebens gewonnen zu haben.
Aber während sie in diesem Punkte zusammentreffen, stehen
sich Buddhisten und Egypter in ihrer übrigen Anschauungsweise
diametral entgegen. Der Egypter haftet an dem wirklich Be-
stehenden, an der Existenz des Realen und müht sich ab, in dem
Massiven seiner colossalen Monumente die feindlichen Natur-
gewalten zu besiegen. Er sucht ängstlich die Mumie in den
verborgenen Recessen ungeheurer Steinberge zu bewahren und
hüten, damit nach dem Ablauf der 5000jährigen Periode die zu-
rückkehrende Seele ihr früheres Haus wiederfinde. Für die
Ewigkeit bauend, hofft er der Zerstörung zu trotzen und im Räume
70 Von Thayetmyo nach Mandalay.
die Zeitperioden zu überdauern. Der Buddhist lächelt. ob sol-
ches Vorhabens, da für ihn der anfangs- und endlose Zeitstrom
jede individuelle Existenz nivellirend mit sich fortreisst. In
seinem Ohre gellt nur der schrille Missklang des Vergänglichen
und Flüchtigen. Alles Geborene muss sterben, jedes Entstandene
trägt den Keim des Vergehens in sich selbst. Jene Auferstehung
der Leiber hat für ihn ein gespenstisches Grauen, schliesst ihm
nur die Vorstellungen böser Dämonen-Künste ein, die in ma-
gischen Beschwörungen Phi oder Vetala's herbeirufen, um den
vermodernden Leichnam aufs neue zu beleben. Statt solch un-
heimliche Proccduren herbeizuwünschen, sucht er im Gegentheil
den Leib des Todten bald möglichst auf dem Scheiterhaufen zu
vernichten, oder ihn noch rascher mit Feuerwerken und Raketen
unter gänzlicher Vertilgung jedes Atoms in die Luft zu blasen.
So ist er wenigstens eins seiner vormaligen Häöser losgeworden,
obwohl ihm in dem Fortgange der Seelenwanderungen noch an-
dere drohen mögen. Ist er deshalb endlich an dem ersehnten
Ende seiner Laufbahn angekommen, so stimmt der das Nirwana
Vorausschauende Buddha's Triumphlied an, womit auch die Edda
den letzten Sieg feiert. Er hat ihn endlich erkannt, den Häuser-
bauer (gaha-karaka), der ihn durch unzählige Existenzen in Fes-
seln schmiedete, und jetzt sind seine Balken zerbrochen, dass er
ihm kein neues Haus mehr wird bauen können. So spottet der
Buddhist des Häuserbauers oder Architecten, der aus Thebens
Priester-Ceremonien durch die Gnostiker bis zu uns herabge-
stiegen ist und ehe die Dämmerung dem vollen Tageslichte ge-
wichen, noch gerne zuweilen mit seinem grotesken Zaubcrscepter
selbst in dem Gesichtskreis der Gegenwart umherfuhr.
Sonnenuntergang war schon nahe, als das Boot, das sich auf
einer Sandbank festgefahren hatte, endlich anlangte, und wir
mussten uns zufrieden geben, die Nacht in der Stadt zu ver-
bleiben. In der Dämmerung kam ein Mann von der andern
Seite des Flusses verstohlen herübergefahren und Hess mir sagen,
dass er Hühner liefern wolle, im Austausch für Branntwein. Bei
Nacht hörten wir die Musik eines Poe oder Schauspiels, das ein
Mann des Dorfes für seinen in den Priesterstand getretenen Sohn
Dorftheater. 71
auflFÜhren Hess. Ich begleitete die Bootsleute, die, vielleicht in
Aussicht auf eine Schlägerei, zur Mitnahme von Waffen riethen.
Unter einem Baum brannten Pechfackcln, um welche zwei Mäd-
chen, unter Verdrehung der Gelenke, tanzten. Nach dem Auf-
treten der vier Wungyi oder Minister wurde die Unterhaltung zum
Theil in Pali geführt, zum Theil legten sie sich gegenseitig
Räthselfragen vor, besonders über grammatische Controversen.
Dann erschien, durch den Bogen kenntlich, der Gesandte des
Königs, der sich fünf Mädchen abgestuften Alters, bis auf eine
Kleine von 5—6 Jahren, herbeibringen Hess, um sie zu Ehren-
damen der Prinzessin zu Erziehen und in der Hof- Etikette zu
unterrichten. Er quälte sich lang damit ab, aber sie schienen
Nichts zu verstehen, standen auf, wenn er sie niedersetzen
hiess, und t^assen nieder, statt aufzustehen. Zuletzt die Geduld
verlierend, brach er eine Ruthe vom Baum und gab sie dem die
Aufsicht führenden Wungyi, damit er durch die Application der-
selben seine Schülerinnen gelehriger mache. Der gestrenge Herr
Präceptor schickte sich an die Züchtigung vorzunehmen, Hess
^ich aber durch das jammernde Flehen der zur Bestrafung herbei-
gerufenen Schönen, die sich schmeichelnd unter seinen Händen
sträubten, erweichen und entliess Eine nach der Andern, nach-
dem sie sich durch das Singen eines Liedes befreit hatten. Durch
die verführerischen Verse erotisch gestimmt, fing er an ihnen
Liebeserklärungen zu machen, wurde aber von Jeder der Er-
wachsenen zurückgewiesen, bis er an die Kleinste kam. Mit
dieser unterhielt er sich dann durch Geberden und Gespräche in
einer Weise, wie es nicht unfläthiger und gemeiner sein konnte,
die aber grade dadurch das schallende Gelächter des Publikums
hervorrief, und von dem Kinde trotz seines zarten Alters auf das
Fertigste erwidert wurde. Dass solche Dinge nicht der englischen
Gesandtschaft vorgeführt wurden, ist begreiflich, aber für das Volk
können sie nie pikant genug sein. Während eines Tanzes, der
die Erscheinung des Königs einleiten sollte, ging ich zum Boot
zurück.
Am andern Tage sahen wir au mehreren Stellen hütende
Riesenlöwen über den Fluss schauen, um anzuzeigen, dass weiter
72 Von Tfcayetmyo nach Mandalay.
im Lande eine Klosterpagode lä^e. Die den Fliiss aufwärts ge-
schleppten Boote mUssen an bestimmten Stellen für einen Augen-
blick anlegen, da nach der andern Seite hinUberzukreuzen ist,
und an solche Plätze hatten sich meistens Frauen postirt, die
durch ihren Sirenengesang die Schiffer anzulocken suchten. Am
Abendhörte ich in einemNachbar-Boote laut recitireu, und vernahm,
dass es Djat-tama sei, der Bollen aus den Poe (Urama's) vortrug.
Ein Buch hatte er indess nicht, da, wie er sagte, sein Herz sein
Buch sei. Er sang nachher, wahrscheinlich zu meiner Erbauung,
ein Ruhmeslied im Preise des Königssohnes, des kriegskundigen
Prinzen des Sieges, der die in seine Länder hereingekommenen
Kala*s vertreiben und sie wie leichte Spreu vor dem Winde zer-
streuen würde. Vielleicht meinte er denselben Sekvamin, dessen
Bekanntschaft schon Judson seiner Zeit machte.
Am nächsten Morgen erschienen Pagan's Pagoden schon früh
in der Entfernung. An einem Orte, wo die gegen den reissenden
Strom nur langsam anarbeitenden Schiffer rasteten, erstieg ich
eine Erhöhung und blickte über ein Buschland, aus dem eine un-
zählige Menge von Kuppeln vorstanden: „zahllos, wie die Tempel
Pagan's" nach dem birmanischen Sprichwort. Nicht lange nach-
her hatten wir in Pagan, an der Bodaphya genannten Pagode an-
gelegt und in der Nähe wurde der in Terrassen gebaute Gauda-
palin, der 1160 durch König Narapatitsithuh gegründet wurde,
besucht, dann die mit kleinen Figurennischen gefüllte Bodhi-
pagoda, die Sudaundieh-paya, die Schweguh (goldene Höhle),
die Schimmasu-pagoda (mit Gemälden an den Wänden), die ge-
wölbte Patha-dhamma-pagoda, in deren Hofe ich eine Rinder-
heerde grasen fand, die Schwesandoh, mit der 90 Fuss langen
Figur eines schlafenden Buddha unter niedriger Bedachung, die
Mamue-pagoda, deren TeiTassen durch Treppen verbunden sind,
die massive Thapinyu *) desKönigs Aloungtsichuh(l 100 p.d.), die
*) Die Figuren Hannman's, Vischnu's, Siwa's in dem Thapinyu -Tempel
wurden (nach Phayre) von demWoondook angesehen, as images of Paramathwa,
Nat, worshipped by Brahmins, and that they as well, as some standing figures
round the centre throne, had been introdnced, as subordinate guardian Nats in
Fagau. 73
auf eine hohe Platform gestellte Mimi-laujau-paya, von deren
um die Terrassen laufenden Corridoren man über die Stätte des
alten Pagan's schaut, jetzt von buschigem Gehölz bedeckt, durch
das, soweit der Blick reicht, ein Feld von Pagoden eingesäet ist.
Seitwärts in einem Tempelhofe lag ein ausgestrecktes Riesen-
bild, wie ich solche später in Siam nocb grösser gesehen,
bis zu 150 — 200 Fuss. In der nach dem Modell der Nanda-
tsee-guh durch fünf Rahandas von Ilemawonda unter König
Kyan-zeetha gebauten Ananda-paya leitet die EingangsthUr di-
rect zu demRecess, in dem dasColossalbildAnanda's steht. Die
hohen Gewölbegänge, in denen die Recitative des Abendgottes-
dienstes wunderbar feierlich wiederhallten, kreuzen einander und
die Wände sind überall in Nischen ausgeschnitten, die eine grosse
Mannigfaltigkeit verschiedener Figuren enthalten. In einer Halle
des nahegelegenen Klosters -waren die Holzwände mit bunten
Gemälden bedeckt, die Scenen aus den Dzat's darstellten. Noth-
withstanding that well formed arches of brick are still to be seen
in manyof theancienttemples,yelBirman workmen can no longer
turn them, bemerkt Symes, bei Gelegenheit Pagan's, doch kennen
sie noch jetzt den Bogen, nur einen zu wenig dauerhaften, weil die
Steine nicht auf unsere Weise eingefügt werden.
Die Häuser einiger Dörfer drängen sich hier und da unter den
Ruinen der verfallenenPagoden zusammen, und zwischen denselben
läuftdieaneinzelnenStellendurchbrocheneStadtmauerdes früheren
Pagan hin. Ich hatte das Boot nach derSchwesigoh-Pagode (ein
noch jetzt viel besuchter Wallfahrtsort) bestellt, die am äussersten
Rande des Trümmerfeldes Pagan's liegt und durch ihre goldene
Kuppel" weithin sichtbar ist. Als wir aber, nachdem wir verschiedene
Male den Weg verloren und uns in dem schwach bevölkerten
Lande nur schwer orientirt hatten, Abends spät dort anlangten,
war kein Boot und auch sonst kein Mensch am Flusse zu sehen.
Nur ein Hausirer hockte noch dort, mit einem Kasten dünner
Goldblättchen, für die er während des Tages auf Pilger gewartet
hoDoar of Biiddba's Image which once occupied the central place. Durch Herrn
Mc. Leod in Rangun erhielt ich die Bilder brahminischdr Gottheiten, mit dem
Baddhismus angehörigen Verzierungen.
74 Von Thayetmyo nach Mandalay.
hatte. Er hatte kein Boot ankommen sehen und konnte auch
von den vorUbergefahrenen keine Auskunft geben, die der Be-
schreibung nach auf das unsrige gepasst hätte. Die Klosterhöfe
der Pagode, an deren Fusse wir standen, waren schon ver-
schlossen, und so fanden wir uns ziemlich rathlos an dem Flusse,
der auf unsere Fragen nur durch sein einförmiges Rauschen ant-
wortete, ohne zu wissen, ob wir stromauf oder stromabwärts zu
suchen hätten. Wir folgten dem Hausirer, der nach seinem
Dorfe zurückging, und die steilen Felsen auf Wegen herunter-
stieg, auf denen man den ersten Versuch lieber am hellen Tage
gemacht hätte. Wir kamen an einer flachen Sandbank des Flusses,
die in der trockenen Jahreszeit mit dem Lande zusammenhing,
heraus, und dort lagen verschiedene Boote angebunden, aus deren
einem höchst unerwartet, aber sehr erwünscht, der gesuchte
Gapitain, der unsere Stimmen erkannt hatte, hervorkam. Er wollte
der Instruction gemäss gehandelt haben, was mein Diener zwar
läugnete und er, da er noch njehr durch die Strapazen angegriflFen
wa'r, als ich selbst, gewiss nicht absichtlich gethan hatte, aber
doch vielleicht aus Unkenntniss der Localitäten und richtigen
Benennungen verschuldet haben mochte.
In der Schw'edzidong- Pagode, die ich am nächsten Morgen
besuchte, steht der Tempel des Schinbin - Kaukatan im Süden,
der Kassapa's im Norden , der Gonagon's im Osten und der Gau-
tama's im Westen. Auf den Wänden waren Scenen aus den
Dzat's gemalt mit Beschreibungen darunter. Der Thorweg der
Pagode war mit Bettlern besetzt, und eine Menge Fremdenführer
und Cicerone's drängten sich um uns , da der Merkwürdigkeiten
so viele sind, dass der Pilger sie allein nicht alle finden kann.
In dem Tempel Schwesandoh (Schwesanginpaya) wird die ver-
goldete Figur eines heiligen Fisches bewahrt, die König Noathasa
dorthin gestiftet. Daneben steht in einer Einzäunung das wun-
derbare Ross des Königs Yansitta, auf dem er geflügelt durch die
Lüfte ritt. Mandaundries unter Schirmen ringen das Wasser aus
ihrem feuchten Haar und halten Bücher. Thaumeda hat sich vor
Buddha niedergeworfen, dass er über ihn wegschreite. Ueberall
stehen Tische für Opfergaben, von Belu's getragen, und die
k
Der Pilgerort Soh wedzidong. 7 5
Figuren derManothihas oder geflügelten Mannlöwen in kniender
Stellung. In einem niedrigen Gebäude liegt Schinbiulaunpaya
in der ganzen Länge seines Körpers ausgestreckt. Ein anderes
Gebäude, das Bilduiss Poemingyi's enthaltend, war geschlossen,
und wurde gegen eine Bezahlung von zwei Rupien nur dem ge-
öffnet, der die ganze Pagode ringsum vergolde. Zugänglicher ist
Sehinbinsaundaundiyeh , der Gott der Himmels-Assecuranz. In
einer Kammer stand ein grosser Stein mit einer Inschrift Über die
von König Noathasa beherrschten Länder. Ein anderer mit
Kyouktsa beschriebener Stein stand in einer schon verfallenen
Pagode, die von einem Thathay (reichen Manne) angelegt war.
Die Thüren und Dächer der Götzenhäuser waren durch reiche
Schnitzereien verziert. In einem Vorrathshause wurden die Pa-
lanquine ( Schwe wo ) aufbewahrt , die von . Königen geweiht
waren. An den Ecken des überdeckten Steinsitzes (Teahosinoder
Kanzel) für predigende Pungyi's, der von Löwen getragen wird,
finden sich placirt, als Zuhörer, ein Naga (Schlange), einKalon
(Drache), ein Witya (Weiser oder Zauberer) und König Koyopa-
mingyi. Alle Arten Verkäufer trieben sich umher, sowie Mönche
und Nonnen; die letzteren, die rasirtundweissgekle.det sind (Ma-
thilaschin oderMathaodau genannt), leben in kleinen Strohhütten
ausserhalb des Tempels und haben meistens ihre Eltern bei sich.
Aus einer dieser Hütten sah ich beim Vorübergehen einen alten
Mann, Gebete murmelnd, hervorkommen und eine Schaale mit Reis
vor einer Figur am Thürpfosten hinstellen. In dem nahegelegenen
Dorfe Nyoung-uh wohnt eine Colonie Pagodesklaven, die zu
diesem Tempel gehören. Sie flechten in zierlicher Weise, ausser
Körben, auch Trinkbecher, die kein Wasser durchlassen , und
von den Pilgern viel gekauft werden. Ihre Frauen sassen in
einer bedeckten Strohhalle eines Pagode-Hofes zusammen, flech-
tend und Gebete singend, um sich, wie sie sagten, Verdienst zu
erwerben und so in der nächsten Existenz mit einer lieblichen
Stimme geboren zu werden. Die Männer fand ich im Natzeim oder
Göttertempel , ebenfalls mit Flechten beschäftigt. Sie hatten die
Figuren allpr ihrer Dämone um sich herum. In der Mitte sass
Apaeschwemyosin , ein klotziger, dickbäuchiger Nat mit einem
76 ^on Thayetmyo nach Mandalay.
gezückten Schwert io der Hand und den Kopf mit Blumen um-
wunden. Hinter, aber Über ihm, sitzt sein Sohn Taschwesaga,
beide vergoldet. Sie wohnten früher in der See, und als König
Koathasa sie herbeirief, um die Pagode Schwedzidong zu bauen,
verzögerte sich der Vater um einen Monat« Der König nahm
deshalb die Herrschaft von ihm und übertrug sie auf den Sohn.
Vor ihnen liegt ein spiralig gewundener Stein (tith tankyau), den
Kranke zu heben versuchen, und wenn sie ihn leicht finden, auf
baldige Gesundheit hoffen , im Gegentheil einen schlimmen Aus-
gang prognosticiren. Unter einem Holzbogen stand Minsidonat-
gominjo (der zu Pferde reitende Nat) nebst seinem Bruder
Niminsaedu, und ein Hahn vor ihnen, indem diese beiden für die
Beschützer der Hahnenkämpfe gelten. Dann fand sich ein weib-
licher Nat (Baupadaundonamada) und weiterhin der Nat der
Wälder, Tauminjinat. An einem aufgesteckten Fächer war ein
Pfau auf der einen Seite , als Zeichen der Sonne , und ein Hase
auf der andern, als Zeichen des Mondes, gemalt. Trommeln und
sonstige Musikinstrumente lagen im Tempel umher, mit anderen
Kisten und Kasten , und eine Frau schürte ungenirt ihr Feuer,
um für die Wächter den Reis des Frühstücks zu kochen.
Bei einer zweiten Excursion nach der Ruinenstätte Pagan's kam
ich auch durch das jetzige Dorf der Birmanen und fand einen gut
versehenen Bazaar ; nur Hühner und Eier fehlten ; für Geld waren
keine zu haben. Als indess mein Diener einige seidene und
baumwollene Taschentücher, die den Birmanen als Kopftücher
dienen, ausbreitete, hatte er bald viele Liebhaber um sich, welche
die Qualität des Tuches discutirten und je nachdem sie fette
oder magere Hühner oder Enten brachten , zwei , drei oder vier
Tücher erhielten. Kinder spielten mit Kreiseln umher und Männer
mit Kürbisskernen.
Vor dem Stadtthore des alten Pagan steht ein mit Kyouktsa
beschriebener Meilenstein, von zwei hütenden Nat umgeben und
vor dem rothen Riesenbilde Gaudapalin's sitzen zwei schwarze
Nats. Neben dieser Pagode war im Felde in einem Käfig
der vergoldete Nat Layjoungi aufgehängt, oder der Nat, der
den Süden, Norden, Osten und Westen beherrscht. Von den
Cromlech. 77
Namen unter den Figuren in Gaudapalin copirte ich Myatpaya,
oder der ausgezeichnete Gott und Schwemikupaya, oder der gol-
dene Glas -Gott. Eine kleine Pagode wurde durch gehörnte
Löwen gehütet, vor der Thür einer anderen lagen zerbrochene
Steine mit grUnem Email , wie ich sie in Rangun (yon dem mit
Elephantenreitem , Ebern , Fischschweifen , Affenköpfen und
Pfauen verzierten Amphitheater des alten Hongsavadi gebracht)
gesehen hatte. Der Opfertisch einer Pagode wurde durch vier
Ziegen getragen. In Thilominlupaya stand in einer der Nischen
Gautama, wie er sein Haar mit dem Schwerte abschneidet. Die
Pagode Ananda's ist durch eine Stadt geräumiger und bequemer
Zayat's umgeben. Die Ananda war durch einen vom Himmel
herabgekommenen Architecten erbaut , aber ein Spötter erklärte
es auf andere Weise. Der König engagirte einen Baumeister,
der, nachdem er den Vorschuss erhalten, verschwand, und des-
halb der fliegende Baumeister Pyan-Panja-tama genannt wurde.
The most ancient temple of Buddha in India (at Buddha Gaya in
Magadha) seems to have been somewhat on the plan of Ananda.
In den Darstellungen Maidomaya's bemerkte ich die einer
durch die Nebenfiguren geschmückten Frau mit vollen Brüsten,
dann wie sie, leicht gefesselt, von jenen an den Händen gehalten
wird und ihr Gewand vorn geöffnet hat, dann wie sie niederliegt
u. 8. w. Vielfach kehii; die Darstellung Thaumada's wieder.
In der Nähe der Pagode Schwesandoh findet sich ein Crom-
lech , den Yule abbildet Derselbe beschreibt zahlreiche Monu-
mente ähnlicher Art in den Hügeln der Kasia und erinnert an ihre
Aehnlichkeit mit den am Ostufer des Jordan und in Circassien
gefundenen, wie sie sich auch im Dekkhan und den annamitischen
Bergen, sowie in vielen anderen Gegenden, ausser Europa, an-
treffen. Die Kasia sagten, dass ihre Väter sie aufgerichtet hätten,
um ihre Namen zu bewahren. Von einem wurde erzählt: There
was war betweeu Cherra and Mausmai and when they made peace
and swore to it, they erected a stone as witness. Von den Lurka
Coles, bei denen der jüngste Sohn erbt, bemerkt Dunbar, dass
sie die Knochenasche der verbrannten Leichen mit Reisgaben in
der Nähe der Dörfer begraben, placing perpendicular or horizontal
78 ^OQ Thayetmjo nach Mandalay.
slabs of stone over cach particular grave. Nach Maurice bilden
drei in Form eines Cromlech gestellte Steine das Symbol des
Planeten Mercur.
Die Inschriften unter den Gemälden in Pagan geben meist
die Erklärung derselben, z. B. :
Als König Naibimingyi in Maithila nach den alten BUchern
der zehn Grouvemeure regierte, kamTbagyamin vom Himmel, ihm
zu helfen. — Im Hause Yadaina-schwedain predigte unser Herr
den Patamon-Tagayo und verweilte mehrere Tage. — Der Herr
Thoumada im Lande Thoudattama erlangt« die Gottschaft unter
dem Bodi-Baum. — Im Lande Jasajo, Jahanda bettelte Reis für
sieben Tage. — Phaya -Alaun Theitdatta, der Königssohn, hei-
rathete 4000 Yathaymya. — Auf dem Elephant Nanagiri reitet
unser Herr. ~ In der Schimmasu-paya (in Pagan) fand sich
die Inschrift: Seitad, der reiche Mann, hat das Gesetz predigen
lassen , um Verdienst zu erwerben. — Hierdurch wird bezeugt,
dass Ukkakwyai viel Mühe auf das Gemälde verwendet hat, um
Verdienst zu erlangen.
In der Schwesanjo-paya (in Sillemyo) wai* geschrieben :
Schankyaun Schinbin Paya. Um bereit zu sein und Glück-
seligkeit zu erwerben im Stande der Menschen, Nats und im
Niphan, sind die Keistöpfe geflickt, die Figuren aufgerichtet
und die Gemälde an den Wänden sind gemalt.
Am dritten Tage nachdem wir Pagan verlassen hatten, pas-
sirten wir den breiten Einfluss des Kyendwen. Vier Meilen auf-
wärts in der Nähe dter Stadt Packando soll das Natsing des
Mauminjo oder des Pferdereiters sein, ein Nat, der mit einem
Rosenkranz (Boko) in der Hand Nachts zu Pferde sein Gebiet
durchreitet, das sich bis nach Mandalay erstreckt. Die Leute
bringen , ausser Opfergaben an Geflügel, auch Pferde dahin, die, .
nachdem sie für den Niessbrauch des Dämons dort einige Tage
angebunden gewesen, wieder fortgenommen werden. Abends
hielten wir in der Nähe des Dorfes Miaydoo, ein Convolut von
Hütten in Höfen , mit schmalen Gassen dazwischen. Zum Besten
der Küche wurde wieder ein Jahrmarkt abgehalten, und die
Muster der Kopftücher fanden vielen Beifall.
Yandabon. 79
In Yandabon, berühmt durch seine Töpfereien und den dort
abgeschlossenen Frieden, sah ich die Schnitzereien an der ThUre
eines Götzenhauses mit grellen Farben bemalt, in bunter Ver-
schiedenheit. Nahe beim Dorfe Pato stand ein hohler Pipulbaum,
der zur Stutze mit Backsteinen unterbaut und in eine Kapelle
für ein Buddhabild verwandelt war, zu dem ein bedeckter Gang
führte. Aussen waren Wimpel und Banner aufgesteckt. Das
Bild führte den Namen Pato-manein-ya-ningan oder Versöhnung
und ist dort hingestellt, um den Pipulbaum zu befreunden, der
sonst zwischen den Pagoden aufwächst und sie zerstört.
Abends hielten wir beim Dorfe Sameikun, das von einem
Giessbach in zwei Theile getheilt, durch eine hohe Brücke ver-
bunden wird. In einem Zayat der Pagode lebte ein Wahnsinniger,
den die Dorfbewohner dorthin placirt hatten. Einer derselben
erklärte mir, dass die Pagoden gebaut würden, um zum Himmel
zugehen und die davor gestellten Löwen an Bereuung der Sünden
ermahnen sollten. In einem Pächterhause, wo der Koch Ghee zu
kaufen gedachte, war Niemand daheim als die alte Mutter, die
uns die Ankunft ihres Sohnes zu erwarten bat, der bald darauf
erschien , die 50 Kühe seines Vaters nach dem Stalle treibend,
und unseren Bedürfnissen abhalf. Als ich mit einbrechender
Nacht zum Boote zurückkehrte, sassen die Leute um Feuer in
den Strassen, um sich zu wärmen.
Am folgenden Tage wurde mir das Bad durch vorbeischwim-
mende Alligatoren verleidet. Mehrfach sahen wir die Burzel-
bäume *) der in dem oberen Irawaddi lebenden Delphine oder
Labein, die mehr und mehr verschwinden sollen, obwohl die
Birmanen sie nie tödten. Ein geschmücktes Boot, das vorbei-
fuhr, zeigte durch den Tih (Schirm) am Mast, dass es einem
Gouverneur (Mingyi) gehörte. Die malerischen Hügel Sagain's
erhoben sich mit ihren tempelgekröuten Spitzen , und auch die
Pagode Khoungmudaupaya war sichtbar, in deren Thürpfosten
der erbitterte König Munipur's seine Streitaxt hieb , als er seinen
♦) Chinesische Berichte ühorKamhodia (filT) erwähnen auch dort (1«»8 Kian-
thoDDg und ühDÜcher Fibche, die dich jetzt zurückgezogen haben.
80 Von Thayetmyo nach Mandalay.
Biegeszug gegen Ava durch den geschwollenen Fluss gehindert
sah. In der Nähe liegt das Dorf Kyauksit, wo die Marmorbilder
Gautania's gefertigt werden. Abends hielten wir in Patko, einem
aus drei zusammengesetzten Dorf.
Nachdem am andern Morgen ein Polizeiposten Einsicht in
den Reisepass genommen, sahen wir bald darauf längs des
Flusses hingestreckt die mit dichtem und dunklem Pflanzenwuchs
umhüllten Stadtmauern des einst hochberUhmten Ava, einst
Ratanapura oder Stadt der Kleinodien und Juwelen — jetzt in
einsamer Verödung trauernd. Das Areal der alten Stadt ist in
einen weiten Park verwandelt, mit dem prächtigsten Baumwuchs,
mit volllaubigen Alleen dicker Stämme, die einst der Schmuck
königlicher Gärten waren, aber jetzt nur von einem oder dem
andern jener alten Mönche durchschlichen werden, die die Ruinen
ihres Klosters nicht haben verlassen wollen. Zwischen den Baum-
Alleen und in den verwüsteten Gärten weiden die KUhe eini-
ger Familien, die sich hie und da eine leichte Hütte zwischen
den Trümmern früherer Paläste aufgeschlagen haben und aus
dem durch so manche Menschengenerationen gedüngten Boden
eine fette Ernte für ihre Früchte ziehen. Ich besuchte die zusam-
mengefallenen Pagoden von Ja-aun-mien-paya, Schwedaga-paya,
Thudema-paya und wurde dann durch eine breite, zum Theil
gepflasterte Strasse, die mit schattigen Baumgängen und den
Trümmerhaufen der früheren Häuser besetzt war, zu dem Palaste
(Nandau) geleitet, dessen drei Ziegelwälle jetzt überall durch-
brochen sind und leichten Eingang gewähren. Im zweiten Hofe
steht ein viereckiger Thurm aufrecht, zu dessen Terrassen Treppen
führen. In einem noch von Pungyi's bewohnten Kloster fand sich
auf einer geschmückten Marmortafel der Name Maha aumieh
bohnwin (der kühne grosse Eroberer der Welt) geschrieben. In
einer Kapelle wurde einem auf einem Stuhle sitzenden Bilde durch
einen weissen Elephanten mit abgebrochenen Hauern und einen
Affen, der Blumen in den Händen hielt, gehuldigt.
Die Lage Ava's war eine prächtige. Vom andern Ufer glän-
zen die Pagoden Sagain's zu ihm herüber, Pongsajae auf hoher
Bergspitze, und Schinbingangaidae mit schroS'em Felsabhange
Amarapurä. gl
in den Fluss vorspringend, während daneben die weisse Pagode
Schwesetjade (SchwekotHya) aus den Bäumen hervorscheint, von
einem Kranze geschmückter Tempel umkrönt.
Nachdem ich in's Boot zurückgekehrt war, erstieg i<;h im
Vorbeifahren neben derSchwe-kyet-kya (die Herabkunft des gol-
denen Huhns, d. h. Gautama's als solchen) genannten Pagode,
die breiteu und hohen Treppen der Schwc-kyet-ket, um die
herrliche Aussicht zu geniessen, die sich von ihrer Terrasse
bietet.
Nach einer Windung des Flusses zeigten sich seitabwärts
die breiten Pagoden Amarapura's und in der Ferne zwei keglige
Hügel, die Lage der jetzigen Hauptstadt Mandalay andeutend.
Ich Hess anhalten, um zuerst die frühere zu besuchen, das jetzt,
wie Ava, verlassene Amarapurä.
Auch hier Verfall und Oede. Die Pagoden und Klöster,
später verlassen, als die Ava's, zeigen noch besser erhaltene
Spuren ihrer früheren Pracht, von den Häusern in den Strassen
ist selbst hier und da noch eines bewohnt, aber Alles eilt rasch
dem Untergange entgegen und Niemand würde daran denken, in
dieser der Vernichtung geweihten Stadt etwas neu zu bauen. Nur
das von den Chinesen bewohnte Quartier einer Vorstadt ist in
gutem Zustande der Erhaltung. Sie weigerten sich, dem Gebote
des Königs zu gehorchen und nach dem neuen Mandalay überzu-
siedeln, um nicht ihren, eben erst mit grossen Kosten erbauten
Tempel verlassen zu müssen. Als die Beamten, sie zu zwingen,
Soldaten schickten, verbarricadirten sie sich in den Strassen
und der König wollte es nicht zum Aeussersten kommen lassen.
Jetzt aber hat er befohlen einen Canal graben zu lassen, der
das chinesische Stadtviertel gerade durchschneiden und also
die Bewohner von selbst vertreiben wird. Schon während
meines Daseins hatten verschiedene der Chinesen angefangen,
umzuziehen.
Die Klosterwohnungen in der Pagode Goji-paya waren mas-
sive Steinbauten und reich verzierte Portale führten in den Hof
der Pagode Mahawiseajantih. In Thatodaugyi-paya fand sich in
einem Gitter eine hohe Figur vor einem gemalten Wolkenhinter-
BA^tian, OaUaien. II. a
82 Von Thayetniyo nach Man«lalay.
grund. Ein gigantisches*) Bild sitzt in Saetjadiha in der Nähe
des See's. Dann liess ich mir die Kichtiing nach dem Palast an-
geben. Das Viereck der Aussenmauern umschliesst eine Stadt
für sich, und als die schweren massiven Ilolzthore mit unter-
gesetzten Rädern aufrollten, konnte ich über Schutthaufen,
Steinruinen, den bunten Holzmalereien der Kioske in einer Wild-
niss umherwandeln, die die Gärten, die Schlösser, die Teiche»
die Höfe alle in gleicher Weise verschlungen hat. Wo für viele
Jahre das geräuschvolle Treiben eines Hofes, von dem die Oe-
schicke eines Reiches bestinunt wurden, herrschte, da lagert jetzt
lautloses Schweigen und der Tod.
Das Fährboot setzte mich auf der andern Seite in der Ebene
ab, die ich durchkreuzen musste, um mein Boot wieder zu er-
reichen, und da ich erst nach Dunkelwerden ankam, wurde die
Nacht auf derselben Stelle verbracht. Am nächsten Morgen, am
20.December, wurde das Boot an dem Landungsplatze Mandalay 's
(Midai genannt) befestigt.
•) Dciä berühmte ColossaUiild aus Aracan steht in der Pagode Payajiyi in
der Vorstadt. Als es ankam, konnte das damit beladene Hoot nicht landen und
wurde immer wieder zurüek<?e werfen. Man erzählte deshalb dem Könige , dass
das Bild in Amarnpurn nicht zu bleiben wünsche. Der Konig indess liess es in
Ketten legen und dauji hatte das Landen keine weiteren Schwierigkeiten.
Mandalay.
c
AufeDthalt io der Stadt.
Einer der Gründe, die den König zur Verlegung seiner Resi-
denz bewogen haben, soll gewesen sein, weil er die Engländer in
der Gesandtschaft mit den Dampfschiffen bis an seinen Palast
zu Amarapura kommen sah. Mandalay ist deshalb auch land-
einwärts gelegen, und als wir an seinem Hafen gelandet waren,
blieb uns noch eine brennende Ebene zu passiren, bis wir die in
drei ineinander geschobenen Vierecken (von denen aber nur die
zwei inneren mit Mauern umschlossen sind) gebaute Stadt am
Fusse des Mandalay-Httgels erreichten.
Der König wohnt mit seiner ausgedehnten Familie und den
Falastbedienten im innersten Quadrat, wo er sich ausser durch die
Mauer noch mit hohen Fallisaden umschanzt hat. Das Innere ist
ein Convolut von Höfen, Gärten und Teichen um das Schloss und
die Lusthäuser der Prinzen , nebst den Tribunalen der höheren
Gerichte und den Conferenzsälen der Minister. Das zweite Quadrat
enthält die durch Umzäunungen von einander isolirten Häuser der
Beamten , Offiziere und Soldaten , und bietet in seinen breiten,
im Viereck einander durchkreuzenden Strassen einen reinlichen,
aber todten und langweiligen Anblick. Eine hohe, durch breite
Thürme flankirte Mauer, deren vier massive Thore Abends ge-
schlossen werden , umgiebt auch diese Soldatenstadt, die dem
Quartier derMandschu in Peking entspricht, und wird nach aussen
durch einen tiefen Wassergi-aben umgeben. Dann folgt in weitem
Abstände die äussere Stadt, die man auch die Vorstädte nennen
g6 Aufenthalt in der Stadt.
kann, da sie sich bis jetzt nur an einer Seite angehäuft und noch
nicht den ganzen ungeheuren Kaum des ihr angewiesenen Vier-
ecks, um die andern beiden einzuschliessen, ausgefüllt hat. Sie ist
offen, noch ohne Mauern, aber sie macht doch die eigentliche Stadt
aus, wo die Kaufleute, Arbeiter und Handwerker leben, die Stadt
des Volks, und auf den Hauptstrassen, ihren Märkten und Bazaaren
herrscht reges Leben. Der Eindruck Mandalay's , als ich dort
ankam, war ein noch sehr unbefriedigender. Aus den alten Resi-
denzen Ava und Amarapura fortziehend, hat der König seine neue
Hauptstadt auf das sumpfige Terrain ein^ flachen Ebene hinge-
pflanzt, die früher zum Reisbau diente, und die schattenlos ohne
Bäume in der prallenden Sonnenhitze brennt. Alle raläste,
Mauern und Tempel sehen, trotz des darauf verwendeten
Schmuckes, noch so unfertig und frisch aus, als ob sie einem
wandernden Nomadenvolke angehörten, das heute seine leichten
Zelte aufgeschlagen hat und sie morgen wieder abbrechen kann.
Zu der birmanischen Bevölkerung kömmt ein bedeutendes
Element Kriegsgefangener aus Manipur und Siam, von denen die
ersteren als geschickte Handwerker, die letzteren als Schauspieler
bekannt sind. Die chinesischen Kaufleute sind, wie erwähnt,
meistens noch in Amarapura verblieben. Von den Fremden
machen, ausser den Mohamedanern Indiens, die Armenier einen
bedeutenden Bestandtheil aus, die dem Könige als Hanquiers
dienen und von ihm für seine Verhandlungen mit den Europäern
benutzt werden. Die Armenier, die Juden des Orients, hatten in
früherer Zeit den ganzen Handel Indiens in den Händen und be-
Bassen grossen Einfluss bei den eingeborenen Fürsten, haben aber
nach derEtablirung der englischen Kaufirianushäuser in Calcutta,
Madras und Bombay, nicht länger concurriren können, da sie
nicht dem Beispiele derParsis folgten, sich mit den neuen Wegen
der Speculation vertraut zu machen.
An einen dieser armenischen Kaufleute, Hörrn Ter Minas,
hatte ich durcli Handelshäuser in Rangun Creditive erhalten und
fand an ihm einen gefälligen alten Herrn, der sein ganzes Le))en
in Birma zugebracht und alle die Wechsel der verj^chiedenen
Residenzen mit erlebt hatte. Zu den letzten gehörte der von
Ankunft. g7
Tharawiidi versuchte nucb Kyaukinouiig; in der Nähe von Mot-
schobo(1837). Auch alle die Gräuel der Kriege hatte er mit durch-
machen müssen, und obwohl er früher und auch jetzt wieder
einer der Handelsagenten des Königs und in vielen Sachen sein
Vertrauter war , hatte er doch während des ersten und letzten
Feldzugs der Engländer wie die andern Ausländer in Ketten die
verpestete Luft der Gefängnisse einathnien müssen odei war mit
ihnen tagelang ohne Kopfbedeckung und in Lumpen in der bren-
nenden Sonnenhitze von einem Verbannungsort zum andern umher-
geschleift worden. Er bot mir eine Wohnung in seinem Hause
an, da aber einer seiner Söhne, der in Calcutta erzogen war,
englisch sprach, und ich^ um mich rascher in der Sprache zu
vervollkommnen, vorzog ganz unter Birmanen zu bleibeu, suchte
ich auszuweichen und gab eine halb ablehnende Antwort. Ich
machte mich dann mit meinem Diener auf, um die Strassen
Mandalay's für ein passendes Logis zu durchsuchen, al)er obwohl
Quartiere genug frei standen, so waren darunter doch keine, die
ein Eurüi)äer, auch unter den bescheidensten Ansjirüchen, mög-
licherweise hätte beziehen können. Endlich fanden wir an einem
freien Phitze ein von einem unverheiratheten Mäkler bewohntes
Haus, das, als völlig neu, noch keine Zeit zur Ansammlung von
Schmutz gehabt hatte, und mit klein«*m Austritt in einen Garten-
hof, ganz hübsch und geräumig war. Wir schienen ziemlich gut
Eins zu werden, und da es spät geworden war und uns noch der
lange Kückweg durch die Felder bis zum Landungsplatze des
Bootes blieb, kehrten wir dahin zurück. Ich hatte gedacht, für
ein oder zwei Tage auf demselben zu verbleiben, um die Woh-
nung erst etwas einrichten zu lassen, aber beim Ankommen theilte
mir derCapitain mit, dass er eine gute Rückfracht gefunden hätte,
wenn er schon am nächsten Tage zu hulen anfangen könne. Um
ihm das Geschäft nicht zu verderben, schickte ich meinen Diener
am folgenden Morgen früh in die Stadt zurück, um dem Hausherrn
anzuzeigen, dass ich schon an demselben Tage einziehen würde,
und Hess sogleich nach Karren suchen, um nu^in Gepäck bald-
möglichst nach Mandalay zu transportiren, da noch die Formali-
täten des Zollhauses abzumachen waren. Doch es erhoben sich
gg Anfenthalt in der Stadt.
mehr Schwierigkeiten , als ich vorausgesehen. Wagen konnten
in diesem Lande nicht so auf Commando erhalten werden, wie
man gewünscht hätte , und als endlich die Ochsen ihre schweren
Gerüste heranschleppten, fehlte noch Alles zum Befestigen oder
waren die Räder zerbrochen. Dann kamen die Unterhaltungen
über den Preis, da ein fremder Kala nach Ansicht der Einge-
borenen Alles mit Gold aufwiegen müsse. Die Verhandlungen
in dem mir neuen Dialect des Oberlandes wurden durch Abwesen-
heit meines Factotums um so schwieriger, und als endlich das
Aufladen beginnen sollte, wurde beim Heben ein Leistenbruch,
an dem mein Koch, ohne mein Wissen, litt, eingeklemmt, so
dass ich erst mit der IVansponirung ulesselben andere Zeit ver-
lieren musste.
Die Sonne stieg schon zum Mittag hinauf, als sich unser
schwerfälliger Zug endlich in Bewegung setzte, und durch die
staubige Ebene mach dem fernen Mandalay langsam fortwälzte.
Die unausbleiblichen Accidentien eines birmanischen Karren,
dass die Achse bricht oder die Strände reissen, durften natürlich
auch auf diesem kurzen Wege nicht ausbleiben, verhinderten in-
dess nicht unser schliesslicljes Anlangen am Zollhaus.
Dort wurde icli rascher fertig, da man aufKeisen mit solchen
Beamten umzuirehen lernt, aber jetzt blieb die Frage nach meinem
Diener, da derselbe, dem ich mich im Zollhause zu erwarten
befohlen hatte, immer noch nicht eingetroffen war. Es wurde
schon spät am Nachmittage, die Beamten wollten das Zollhaus,
in dessen Höfen meine Sachen lagen, schliessen, die Karren-
treiber verlangten verabschiedet zu werden, um den weiten Weg
nach dem Landungsplatze noch vor der Naclit zurückzumachen,
und ich sass da am äussersten Ende des Weiclibildes einer wild-
fremden Stadt, mit einem tamulischon Koch, der noch weniger
birmanisch verstand, als ich selbst. Endlich kam der erwartete
Moung Schweb heran, aber seine Nachrichten waren nicht die
erwarteten. Das Haus war zu Wasser geworden. Nach einer den
ganzen Vormittag und noch für einige Stunden nachher fortge-
setzten Familienconferenz hatte schliesslich ein entfernter Gross-
vetter sein Veto eingelegt, und alle Redekünste Moung Schweh's
Das Zollhaus. 89
blieben erfolglos, wie er mir klagte. Dass er es daran nicht hatte
fehlen lassen, war ich überzeugt, denn er begriff sehr wohl die
unangenehme IjStge, in der wir uns befanden. Der Abend war
nahe, und wohin gehen, da es keine Wirthsliäuser gab ; höchstens
wäre einZayat geblieben, aber diese auf offener Landstrasse hin-
länglich bequemen Logis sind weniger inmitten einer volkreichen
Stadt zu empfehlen. Doch einEntschluss musste gefasst werden,
denn die Gesetze erlaubten nicht, das Zollhaus länger offen zu
lassen. Einer der Beamten deutete mir eine nahegelegene Strasse
an, wo vielleicht ein Quartier zu erhalten wäre, und dorthin be-
wegte sich die Schneckenlinie unserer knarrenden Karren. Das
Quartier war Nichts. Wir versuchten noch einige Strassen, indem
wir mit den Wagen voll Gepäck vor besser aussehende Häuser
fuhren und frugen, ob man Kämmcrchen zu vermiethen habe;
aber Alles umsonst. Die Ochsentreiber murrten immer lauter,
doch war von ihrer Seite nicht viel Gefahr zu furchten , da ich
einfach mein Gepäck auf den Wagen Hess, und sie nicht gewagt
haben würden, es heruuterzunehmen. Zuletzt blieb Nichts übrig,
als das Haus des Armeniers aufzusuchen, wenn es aufzufinden
sein würde. Obwohl mir die Topographie Mandalay's noch un-
bekannt war, hatte ich mich doch hinlänglich orientirt, dass
wir gerade in dem entgegengesetzten Stadtviertel des seinigen
uns befanden, und als wir in dem Convolut der Strassen, worin
wir uns bald verirrten, nach seinem Hause fragten, konnte uns
Niemand Auskunft geben, da er, obwohl eine angesehene Per-
sönlichkeit, dem birmanischen Volke unter einem anderen Namen
bekannt war. Indess hielten wir die Direction desjenigen Quar-
tiers ein , wo die meisten Armenier lebten , und dort wurde uns
sein Hof gezeigt, an den wir pochten und beim Oeffnen hin-
einfuhren. Der Hausherr war aus, wurde aber, da die Nacht
schon eingebrochen war, jeden Augenblick erwartet, und dann
kam Alles rasch in Ordnung. Da die Weihnachtsfeierlichkeiten
nahe bevorstanden, war da^ Souper auf eine spätere Stunde an-
gesetzt und stand gerade bereit, um meine lange Fast zu brechen.
Am nächsten Morgen begleitete mich der Sohn meines freund-
lichen Wirthes nach dem Mandalay Hügel, auf dem in einer ver-
90 Aufenthalt in der Stadt
goldeteii Kapelle die Fijjrur des Sclnvesajatta steht, mit dem
ausgestreckten Finger auf den Palast Mandalay'sMiiederwcisend,
al« das göttliche Gebot, dort eine Stadt zu gründen. Nach der
alten Prophezeihung wird der Gott in kurzen Jahresperioden sich
allniälig immer weiter und weiter nach den Öchanbergen zurück-
ziehen, die den Hintergrund der Ebene Mandalay's begrenzen und
diese Residenz nach sich ziehen. An der andern Seite, wo der
Hügel mit einer schrofl'en Felswand abfällt, sitzt ein gigantischer
Buddha, in unbeweglicher Beschaulichkeit nach dem gegenüber-
liegenden Gebirge hinblickend. Dort sind in dem harten Gestein
einige Höhlen, mit Ziegeln aufgebaut und übertüncht, von Ere-
miten bewohnt. Einer derselben begegnete uns auf dem Berge,
einen mit Bingen behängten Eisenstock tragend , um durch das
Klirren derselben die Begegnenden zum Ausweichen zu crmah-
nen, damit seine Meditation nicht unterbrochen w ürde. Als wir
seine leerstehende Behausung besahen, fanden wir Nichts darin,
als eine zum Bett dienende Erhöhung aus Stein.
Von dem Hügel blickt man gerade in die Quadrate Mandalay's
hinein, aus deren Mitte der über den Thronsitz des Königs, als das
Centrum, gestellte Spiralthurm mit sieben Windungen in goldenen
Verzierungen eniporsteigt. • Der König von Birma vergleicht sich
dem GötterkiJnige, der in Thoudathana herrscht auf dem Berge
Meru in seinem Palaste Wevdzavanta. Die umliegende Ebene
fangt schon an sicli mit buntgeschmückten Klöstern und Pagoden
zu bedecken, an denen eifrig f(utgebaut wird. Der ganze Hügel
Mandalav's schwärmt mit Hühnern, die dort, als in einem heiligen
Asyl, freigelassen werden. Der König Hess eine Zeit lang jeden
Tag einhundert zum Sclilachten bestimmt<5 aufkaufen und dort
hinbringen. Fromme Verdienstsucher schleppen täglicli Körbe
voll Ueis und Korn dahin, so dass das (Jeflügel dick und fett ist.
Eier werden in solclier Masse gelegt, dass sich in der Nähe eine
Colonie Hunde angesiedelt hat, um das leberHnssige zu verzeh-
ren. Das weite Herz, das die Buddliisten für alle Wesen haben,
verschiebt das richtige Gleichgewicht, wie aus Guzerat (wo die
Vogel -Hospitäler älter sind als die Hunde- Versorgungshäuser
Londons) bei Purchas bemerkt wird: For men tliey had not
Mandalay-Hügel. 91
an hospitall, that were thua liospitall to fowles. In einer kleinen
Kapelle im Aufgjvng zum Hügel stehen drei schwanzlose Enten
in der Form des Henza, in jeder von welchen eine aus Ceylon
gebrachte Zahnreliquic stecken soll, und vor ihnen liegt ein
halbovaler Stein, mit Charakteren beschrieben; dieser wird zur
Erforschung der Zukunft aufgehoben, und giebt, wenn schwer, '
ein ungünstiges Omen für das zu unternehmende Geschäft.
Beim Rückweg gingen wir durch die innere Stadt und andern
Talaste vorbei. An jedem Eckthurme der viereckigen Mauer
steht ein niedriger Kuppelstein, und dort sowie unter dem
Thron und den Thoren seien beim Bau menschliche Schlacht-
opfer begraben, damit sie in Dämone verwandelt treue Wache
hielten, erzählte mir mein Begleiter in leisem Flüstern. Damals
wurden Leute bestimmter Namen, die unter bestimmten Constel-
lationen und an bestimmten Tagen geboren waren, gebucht, be-
sonders solche, deren Ohren nicht durchbohrt waren, oder junge
Mädchen. Niemand wagte auszugehen und als die Regierung,
um Leute herbeizuziehen, Schauspiele aufführen Hess, war kein
Publikum da. Der König sei gegen diese grausame Ceremonie
gewesen, aber die Minister hätten es durchgesetzt, dass man den
von Alters her heiligen Gebrauch bewahre. Die Armenier wussten
noch mehr solche Grossmuttergeschichten. Von einem Birmanen
hörte ich später, dass unter den Eckthürmen der Mauer Manda-
lay's, sowie aller birmanischen Hauptstädte, mit Ocl gefüllte
Krüge begraben würden, und dass die Brahmanen alle sieben
Jahre nachschauen müssten, ob sie noch gefüllt seien. Ein Ab-
nehmen desOels würde Anlegung einer neuen Residenz gebieten.
Als das Oel sidi in den unter Amarapura eingegrabenen Töpfen
zu vermindern begann, zeigten sich Tiger und Rehe in den \'or-
städten, ein Zeichen zu sein, dass die Gegend wieder zur Wild-
niss werden solle und der König an einem neuen Tlatz seinen
Thjonsitz aufschlagen müsse. Statt dass aber jetzt Leute getödtet
würden, füge man nur Figuren als Thayaiga in die Mauern ein.
Auf dem Platze des jetzigen Mandalay habe Gautama erst als
runder Stein (govun), dann als l^adaitateh, dann als Vathay und
zuletzt als Ngamangang gelebt, wodurch das vorher arme Land
92 Aufenthalt in der Stadt.
Birma's mit Gold und Silber gefüllt wurde. Des ungünstigen
Omens wegen verlegte auch der König Cochinchina's das eroberte
Saigon nach dem andern Flussufer.
In den Strassen Mandalay's ziehen die Edelleute und Beamten
mit ihren prunkenden Sonnenschirmen einher, die von einem hinter
ihnen folgenden Diener über ihrem Kopfe emporgehalten werden.
Ausserdem reiht sich im Gänsemarsch, je nach dem Stande, eine
grössere oder kleinere Zahl Vasallen an, von denen die Nächsten
im Gefolge die unausbleibliche Beteldose, reich verziert und oft
aus Gold, tragen. Ein Anderer hält ein blankes Wassergefäss in
den Händen, ein Anderer Schreibmaterial, ein Anderer Bücher oder
Tafeln, und auch Waffenträger fehlen nicht. Die Leibgarden des
Königs zeichnen sich durch ein goldenes Schwert aus. Vorden höch-
sten Ministern gehen ausserdem zwei grimmige Henkersknechte, mit
langen Hetzpeitschen ausBambu, an den beiden Seiten des Weges,
um so die ganze Breite der Strasse für ihren in der Mitte mit seinem
Schwänze daherschreitenden Herrn freizuhalten. Beim Eintritte
in den Palast müssen aber auch sie ihre Schirme zurücklassen,
und niedriges Volk hat selbst beim Vorbeigehen am Palast die
Schirme zu schliessen, um den Misshandlungen der Wachen zu
entgehen. Die Farbe der Schirme unterscheidet die verschiede-
nen Ränge. Nur der König darf den weissen Schirm entfalten,
die Prinzen, oft Huckepack getragen, stolziren unter goldenen
Schirmen und den Andern bleibt der rothe. Auch der Gross-
Batin der Mantras ist (nach Brodie) beim Auszuge von rothen,
weissen und gelben Schirmen umgeben. Die kaiserliche Farbe
in Tonquin ist goldgelb. Die aus glasirtem Papier bestehenden
Schirme werden theils im Lande gemacht, doch kommen die
meisten aus China. Trinkgefässe sind oft aus Silber, sehr sauber
mit Figuren verziert. Die kostbarsten werden aus Kiinet, einer
schwarzen Legirung des Goldes mit Kupfer, gearbeitet.
Jedem Thore Mandalay's ist eine Thierfigur aus den ver-
schiedenen Siegeln des Königs aufgeklebt und ausserdem sitzt
vor demselben die Figur eines hässlichen Belu oder Ungeheuers
mit einer dicken Keule auf der Schulter, für den Fall, dass die
lebendigen Wachtsoldaten schlafen sollten. Im Zollhaus werden
t)it Pagode des fiidea. 95
Documente für Exportation von Waareo mit einem Scorpion(Kijn)
gesiegelt, weil sie sonst auf dem nächsten Posten (Kijn) gebissen
werden und zurückkehren müssen wie Buchhändler-Krebse.
In der Nähe unseres Hauses sass in einer kleinen einer Pa-
gode angebauten Kapelle eine ernstblickende Bildsäule, vor wel-
cher der Eid unter Ablesung von Flüchen aus dem rothen Eides-
buche geschworen wurde. Auch andere Contracte werden vor
ihr geschlossen. Eines Tages, als ich sie besuchte, sah ich dort
einen Ehescheidungsprocess verhandelt, der indess gütlich beige-
legt wurde. Die beiden Parteien, die von ihren Freunden mit
Musikbegleitung gebracht und abgeholt wurden, assen Theeblätter
zusammen, und damit war ihre Feindschaft zu Ende, wie über-
haupt diese gepickelten Theeblätter, die mit Ingwer, Salz, Knob-
lauch u. s. w. eingemacht sind, für ein besonderes Freundschafts-
zeichen gelten und oft bei Besuchen zum Empfang gereicht
werden. Die nebenstehende Pagode, reich mit Schnitzereien
und Vergoldungen verziert, war durch einen birmanischen Mäkler
gebaut, der besonders von den christlichen Kaufleuten employirt
wird, und durch dessen Hände fast alle bedeutenden Geschäfte
gehen, die in Mandalay abgeschlossen werden. Der Sohn meines
Wirthes kannte ihn deshalb genau, und erzählte mir, dass er trotz
seiner zahlreichen Familie noch junger Kinder, alle seine sehr be-
deutenden Einkünfte auf diese Weise verwende und jeden neuen
Verdienst sogleich durch religiöse Bauten amortisire.
Unter den Pagoden vor der Stadt umhergehend, fand ich
die meisten Figuren der Pungyi's mit lang herunterhängenden
Ohrlappen dargestellt, indem sie von rechts wegen solche haben
mUssten. Die Prinzen sah ich später im Palaste alle möglichen
Versuche machen, ihre Ohren möglichst auszudehnen. Die
Birmanen stecken meistens immer grössere Bambupflöcke in
die durchbohrten Ohrläppchen, um sie zu erweitern, und
zieren sie dann an Festtagen durch eingesteckte Schmuck-
sachen. Das den König kennzeichnende Ornament*) Nasa-
*) Marini sagt too den Laos - Königfen , dass die Qrösse ihrer Ohrläppchen-
offDDDgf qui les distingue d'avec ses spjets et qui est le symbole et le hieroiifique
desapr^^ininence siir les autres, rcduise le.s extrt^mitesdes oreillessurlesepaiiles
t.
94 Aufenthalt in der Stadt.
daun darf ausser ihm nur von Gliedern seiner Familie ge-
tragen werden. Auf der offenen Ebene in der Nähe einer der
neuen Pagoden war eine weite Fläche durch aufgesteckte Pfähle
gekennzeichnet, und mein Begleiter sagte mir, das sei der Platz,
wo der König beim Besuche der Pagode zu sitzen pflege, weshalb
Niemand dort hindurchgehen dürf^, ohne die Schuhe oder San-
dalen auszuziehen. Solche Höflichkeit kennen die Birmanen,
sonst aber könnten sie noch lernen. Denn als ich eine Schaar
junger Klostern(»vi/en, die mit niedergeschlagenen Augen im
Gänsemarsch hintereinander hertrottirten, vorbei passiren lassen
wollte, warf der Erste beim Ausweichen einen schüchternen
Seitenblick, der nach den Kegeln seines Ordens durchaus nicht
gestattet war, und als dieser Unglückliche einen in Europa ganz
annehmbaren Bart sammt einem Korkhut, der in Rangun für elegant
gegolten hätte, vor sich auf die Strasse gepflanzt sah, prallte er drei
Schritte auf seine Hintermänner zurück und hauchte halb ohnmäch-
tig, welch ein Scheusal ! Wahrscheinlich hielt er mich für einen
Belu*). Es kostete manche Trostzusprüche seitens seiner Gefährten,
bis erMuth fasste vorwärts zu gehen. Unterwegs begegneten uns
Männer, die grosse Käfige mit Sperlingen auf dem Kücken nach der
Stadt schleppten, um diese von ihnen auf den Feldern gefangenen
Vögel auf dem Markte an Solche zu verkaufen , die durch Frei-
lassung derselben sich Verdienst zu erwerben wünschen.
Beim Abendessen erzählte mir mein Wirth von dem ver-
schiedenen Wechsel der Kesidenzen und manche Hofauekdoten.
Der heilige Name, den der König für Mandalay ausgewählt hat,
soll Yatanabhumi sein, wie man munkelt. Mandalay mag bedeuten :
das durch die Mantras der Gottheit geweihte Feld. Da Herr Ter
Minas noch sein früheres Haus in Amarapura hatte, von einem
Einhüter bewohnt, bis es von selbst zusammenfallen würde, so
ritt ich andern Tages dorthin, da mein erster Besuch dieser Stadt
•) Der Missionar Malcolm licschrcibt den Sclireckon und die Bestürzung,
die seine Erscheinung nicht nur unter Kindern und Frauen hervorrief. Even the
dogs set up an uuusual barking, but thefiercest of them run, if I stop fora monient.
I have sonietimes put to partial flight a herd of bufTiiloes, towhoni my white face
and my white dress are as terrific as to dogs.
fayagyi. 95
nur ein flüchtiger gewesen. Die' Landstiasse zwischen Mandalay
und Aniarapura ist sehr belebt, und wird, wenn sie sich der letztern
Stadt nähert, von dicken schattigen Bäumen besetzt. Eine Menge
Buden und Verkaufsläden sind an beiden Seiten aufgeschlagen,
um die Vorbeiziehenden zu erquicken. Das Halbweghaus bildet
die Pagode Payagyi, ein viel besuchter Wallfahrtsort, besonders
für Pilger aus den Schaniändern. Einige von dort gekommene
Frauen, die ich sah, trugen dicke Röcke, und zum Theil Hosen,
andere hatten die Beine mit Zeuglnppen umwickelt. Um den
Klosterteich waren unter Schirmen die Figuren eines Ochsen,
BUiTels und Krebses gestellt. In dem nahen Königskloster
(Kyaung-dau) Patokhapayakyaung (das heilige Kloster der Origi-
naltexte oder Patau) waren die Kapellen mit zierlich bemalten
Porzellanf^ldern ausgelegt. In dem Nathause lag vor zwei Fi-
guren, deren Köpfe nach verschiedenen Seiten lehnten (Thama-
dewa-Nat genannt), ein konischer Stein, den die Verehrer aufzu-
heben suchten. Nach derlnschriftvonKamrih hatte der birmanische
König die grosse Statue Aracan's durch denZauber seiner Heiligkeit
herbeigezogen, aber die historischen Bücher sprechen leider von
roher Waffengewalt.
In Amarapura besuchte ich die Pagode Mahasetjathia, vor
deren ein grosses Bronzebild enthaltendem Götzenhause zwei
Holzfiguren, Thangaiyauk genannt, standen. In einem alten
Buche wurde eine Tradition gefunden, dass Mahasetja (Maha-
Sakhja-min), der Grosse und Mächtige, von Süden herbeikommen
würde, um Amarapura zu erobern. Deshalb wurde an dem Platze,
der zur Errichtung seines Thrones bestimmt war, ein Palast auf-
gebaut, und nach dem Niederbrennen desselben die Figur hin-
gesetzt. Ein Birmane erzählte mir einst geheimnissvoll, dass er
gesehen habe, wie die Engländer hinter der grossen Pagode in
Rangun ein Modell der Stadt Mandalay, ganz genau mit allen
Einzelheiten aufgebaut und sie dann durch ihre Soldaten dies
Pseudo-Mandalay erstürmt hätten, um bei dem nächsten Siege,
der Eroberung des wirklichen sicher zu sein. Der erwähnte
Platz iBt derjenige , wo bei regelmässigen Truppenmanöveni ge-
wöhnlich die Evolutionen ausgeführt werden, die dann dem Volke
da AufeQthalt iu der Stadt.
billigen Stoflf zur Unterhaltung geben. Die birmanische Prophe-
zeihung, dass die Hauptstadt fallen würde, wenn ein ohne Ruder
und Segel bewegtes Schiff den Fluss hinauffahren sollte, glaubte
das Volk in den Dampfschiffen des ersten Krieges erfüllt. An
einigen Hausern Amarapura's wurden zur temporaren Stütze, noch
weiche, Backsteine auf das Gebälk angenagelt. In der Nähe der
Myotaunpaya (Pagode der Stadt-Ecke) sind die Ruinen des Yay-
nandau (Wasserpalastes), von dem herab der König mit dem
Hofstaat dem Bootrennen zuschaute.
Mehrere Plätze der früheren Stadt Amarapura sind in Indigo-
pflanzungen umgewandelt, wo der König die einheimischen
Pflanzen, durch den aus Bengalen eingeführten Samen, zu ersetzen
sucht. Der Indigo scheint schon früh nach Europa gekommen zu
sein, da Arrian seiner am Indus erwähnt; besonders häufig aber
wurde er durch die Einfuhren der Venetianer, und dann der
Holländer und Engländer, so dass, um den Waid-Handel nicht
zu ruiniren, den Färbern im XVII. Jahrhundert verboten wurde,
diese „Teufelsfarbe" zu gebrauchen. Doch wurde er später in
den westindischen Colonieen und Nordamerika zu solcher Vollkom-
menheit gebracht, dass er den einheimischen Concurrenten bald
überflügelte. Nach der Abtrennung der Vereinigten Staaten
wurden dann in England viele Bemühungen gemacht, den Bau
des Indigo in seiner eigentlichen lleimath, derselben Verbesserung
in seiner Cultur theilhaftig werden zu lassen, und da die ostin-
dische Compagnie sich durch ihre anfänglichen Verluste in ihren
kostspieligen Versuchen nicht abschrecken licss, gelang es ihr
^^chlicsslich, für den Indigo aus Bengalen die höchsten Preise auf
dem Markte zu erwerben. Ob der König von Birma gleiche
Energie besitzen wird, ihr darin nachzueifern, bleibt etwas frag-
lich, denn die Pflanzungen, die ich zu Gesicht bekommen habe,
sahen sehr wüst und vernachlässigt aus. Auch die fiebrische
Begeisterung für die Baumwolle, womit die hohen Preise während
des letzten Krieges alle Erdtheile durchdrungen haben, war nicht
ohne Einwirkung auf Süd- Asien geblieben. An der Küste Mala-
bar wurden bekanntlich solch' weite Strecken von Reisfeldern in
Baum Wollenpflanzungen verwandelt, dass Hungersnoth gefürchtet
Chinesischer Tempel. 97
und an einigen Orten dieser Ursache wirklich zugeschrieben
wurde. Auch die betriebsamen Chinesen wurden durch den ver-
sprochenen Gewinn verführt, an vielen Orten ihrer Seeprovinzen
den Reis durch Baumwolle zu ersetzen. In Birma, wo seit alter
Zeit eine einheimische Baumwollenproduction existirte, hat der
König die Sache gleichfalls in die Hand genommen, und über
Rangun amerikanischen Samen zur Anpflanzung einführen lassen.
Schon während^des amerikanischen Krieges 1813 und 1814 hatte
die englische Regierung daran gedacht, sich durch die Cultur der
Baumwolle in Indien unabhängig zu macheu. Aus Amerika be-
rufene Pflanzer und die in Neu -Orleans gebrauchten Samen-
Reinigungs- Maschinen wurden dorthin geschickt, aber weder
diese Versuche, noch die im Jahre 1840 gemachten, wo man die
Provinzen Indiens zur Aufsuchung der richtigen Bodenart durch
amerikanische Sachkenner bereisen Hess, hatten besonderen Er-
folg. Doch scheint das Fehlschlagen der Bemühungen damals mehr
durch den Mangel an Communicationswegen und den deshalb
vertheuerten Transport verschuldet zu sein, ein Uebelstand, dem
jetzt durch die in Angriff genommenen Eisenbahnen abgeholfen ist.
Die Chinesen in Amarapura sind stolz auf ihren dortigen
Tempel, und es ist jedenfalls ein Gebäude, auf das viel Arbeit
und Mühe verschwendet ist. In der concaven Front ist die runde
Hauptthüre von verschiedenen kleineren, alle auch in runder Ge-
stalt, umgeben. Der mit breiten Steinen ausgelegte Hof wird sorg-
fältig polirt gehalten, die in den Glasnischen des Hauses stehen-
den Figuren des Confutse und Zascheh werden durch gemalte
Soldaten bewacht, während draussen Figuren von Löwen dieses
Amt übernehmen. Reste einer für Schauspiele aufgeschlagenen
Bühne waren zu sehen. In einem Hofe sitzt in einer weiten Halle
mitGitterthüren die jungfräuliche Prinzessin Kojindaeh, die nach
dem Walde gehend, um Nonne zu werden, vergöttert wurde.
Unter den umgebenden Figuren findet sich die des Gautama.
Auf dem Tische lag die Holzschlange Mui, die beim Läuten der
Glocke zugleich angeschlagen wird. In Seiten-Corridoren fan-
den sich die Figuren vergötterter Minister und die drei Götter
der Elemente (Feuer, Wasser und Erde). Ueberall brannten
98 Aufenthalt in d^r Stadt.
Räucherkerzen und chinesische Bücher lagen auf Gerüsten. Der
in blaue Tunica gekleidete Priester hatte den geschorenen Kopf
unbedeckt. Die Wände des Tempels waren bald durch Gemälde,
bald durch groteske Figuren in Stuccatur geziert oder auch
mit Landkarten behängt. Ein Raum war für Reisende bestimmt,
und daneben, meinten meine birmanischen Begleiter, sei ein ver-
wickeltes Labyrinth, in welches Leute oft hineingelockt und
erschlagen würden. Sie sagten, die Chinesen verehrten einen
bärtigen Buddha, und so ist das Bild des Goraknath im Tempel
IndraChok zu Katmnndu. Am Eingangscorridor sassen Chinesen,
die ihre Pfeifen rauchten und denen der Tempel als Kaffeehaus zu
dienen schien, wie El-Abdery von der Moschee in Bugia sagt,
dass sie den Einwohnern als Versammlungsort dient und gleich
einem belebten Wesen dem Menschen Gesellschaft leiste. Die
Chinesen, mit denen ich sprach, wollten meistens aus Yunan
sein. In Cholera -Zeiten verbrennen sie Popanze im Hofe des
Tempels. Die Birmanen beobachten dann die Saeyamintoukti ge-
nannte Ceremonie, indem sie unmittelbar nach dem Abfeuern
der Abend -Kanone in jedem Hause einen furchtbaren Lärm
durch Stampfen und Trommeln erheben, und damit fUrl — 2 Stun-
den fortfahren, um die bösen Geister fortzuscheuchen.
Die grösste Pagode Birma's auf dem Mandalay gegenüber lie-
genden Ufer ist nicht vollendet, obwohl ein sehr respectabler Anfang
dazu gemacht war Um den Grund für eine hohe Pagode wohl zu be-
festigen, werden erst kleinere gebaut und dann wieder niederge-
rissen. Die Birmanen führen ihre Werke durch massenhafte Verwen-
dung derArbeitshände oder die Mechanik der Naturkräfte benutzend
aus. Als die grosse Glocke bei der Wohnungsveränderung des
Königs über den Fluss zu bringen w ar, wurde ein Canal in der Höhe
des niedrigsten WassersUindes gegraben, und die dort gegossene
Glocke an zwei seitlichen Barken befestigt, worauf sie mit hohem
Wasser, sobald man die sie am Lande haltenden Balken fortgenom-
men, weitertrieb; dann wurde ein anderer Canal für Hochwasser
gegraben, um sie an ihren Ort zu bringen. Die Birmanen haben
von jeher geliebt Glocken von gigantischem Umfang zu giessen.
Noch grösser als die Rangun's soll die Glocke von Mengun sein,
Birmanische Glocken. 99
die auf 88,000 Viss (330,000 Pfd.) berechnet wird. Die hinter-
indischen Glocken haben keine Zunge, sondern hängen niedrig
und werden durch Anschlagen eines daneben liegenden Klöppels
zum Tönen gebracht. Für complicirtere Fabrikeinrichtungen fehlt
noch der Sinn ; was sich von der Art im Lande findet, ist meist
von den Chinesen aufgestellt. In Amarapura haben dieselben
angefangen Zucker darzustellen, während den Birmanen das
Zuckerrohr nur zum Kauen dient, und neben dem wilden Honig,
den die Karen in den Wäldern sammeln, der braune Zucker
(Jaggery) gentigt, der sich ohne grosse Umstände aus dem Pal-
mensaft auskochen lässt. Die Cocos- Palme (Cocos nucifera),
deren Saft sowohl zum Kochen von Zucker, wie zum Destilliren
von Arrac dienen kann, ist im oberen Birma selten, dagegen lie-
fert die Cocos nypa (deren im Malayischen Atap und im Birmani-
schen Dinih genannten Blätter zum Belegen der Dächer dienen)
Zucker und Toddy, sowie die für Schreibeblätter benutzte Palmyra
(borassus), von der die männliche für 3 Monate , die weibliche
für 7—8 Saft giebt (etwa 1—3 Gallonen täglich). Than ist der
birmanische Name für die Borassus tlabelliformis. Mason unter-
scheidet zwei Pae, die Corypha umbraculifera (Talipat oder Fächer-
palme) und die hypothetisch als Taliera angeführte Buehpalme
(book-palm). —
Die birmanischen Prinzen werden nach der Provinz genannt,
mit der sie belehnt sind. Der jetzige König ist meist noch als
der Mendun-min (der Prinz von Mendun) bekannt, abgesehen von
seinen hochtrabenden Titeln. Auch die Minister sind so gestellt.
Der erste Minister heisst der Magweh - Akwin , weil er seine
Einkünfte aus Magweh zieht. Der entthronte König lebt noch
als Staatsgefangener in einem Thurm des Palastes und verwendet
seine Unterhaltungsgelder auf den Bau von Brücken und Klöstern.
Zwischen ihm und seinen Halbbrüdern, dem jetzigen König und
dem Eimschweming (dem Erbprinzen), bestand von jeher eine
Spannung, die noch vermehrt wurde, weil der letztere durch Be-
schützung verurtheilter Verbrecher sich einen starken Anhang
erwarb und überall im Lande ihm treu ergebene Banditen unter-
hielt. Der Mendun-min dagegen brachte den grössten Theil
7*
100 Aufenthalt in der Stadt.
seines Lebens im Kloster zu, und als der jUngere Bruder ihn
auflforderte, einen entscheidenden Schritt zu thun, weil der König
schon Befehl zu ihrer Hinrichtung gegeben habe, so weigerte er
sich und erklärte, jedes Geschick geduldig über sich herankommen
lassen zu wollen und sei es auch der Tod. Als sein heissblütiger
Bruder schwur, dass er, ihn dann lieber selbst tödten wolle, als
es von einem Andern geschehen lassen, so forderte er ihn auf, zu-
zustossen, da so nur sein Wunsch erfüllt werden würde. Der
Prinz, von Bewegung überkommen, schleuderte sein Schwert weg
und stürzte zu den Füssen seines älteren Bruders, dessen Fuss-
sohlen er auf seine Stirn setzte, und dieser, gleichfalls bewegt,
Hess sich von ihm fortziehen. Als sie an das Palastthor kamen,
trat ihnen der wachthabende Posten entgegen, da strenger Be-
fehl gegeben sei. Niemand herauszulassen. „Wohlan"! rief der
Prinz, „solltest du meinem Befehle gehorchen und das Thor öffnen,
so würde der grausame Tyrann nicht nur dich tödten, sondern
auch deine ganze Familie ausrotten. Besser, du stirbst durch
meine Hand." Mit den Worten schwang er sein doppelhändiges
Schwert und hieb ihn in drei Theile, ausrufend: „Dies ist die
Bahn zum Siege ! " Die beiden Brüder eilten dann nach Scho-
bomyoh, wo der Prinz seine Anhänger aus allen Theilen des
Landes um sich berief, und mit diesen Räuberbanden Amarapura
aushungerte, so dass die durch den Feldzug gegen die Engländer
von Soldaten entblösste Stadt sich ergeben musste. Nach der
Absetzung des Königs führte der Prinz selbst, der sich mit dem Titel
des Eimschweming begnügte, seinen älteren Bruder zu dem
Thron und huldigte ihm, als der Erste, schwörend, dass er stets
seine Regierung schützen werde.
Abends gingen wir zu einem Poeh (Schauspiel), das auf
einem freien Platze durch einen Vater gegeben wurde, um das
Ohrdurchbohrungsfest seiner Tochter zu begehen. Diese Operation,
zu der Pungyi's eingeladen werden, wird zwischen dem
6 — 15. Jahre von alten Weibern vorgenommen. Es hatte sich
ein zahlreiches Publikum eingefunden und daneben war eine Gasse
von Verkäufern und Verkäuferinnen gebildet, die ihre auf niedrigen
Tischen ausgelegten Ess- und Trinkwaaren durch Lampen oder
MarioDettentheater. JQl
Fackeln beleuchteten. Die Cigarren-Verkäuferinnen sind immer
von einem Kreis j unger Herren umgeben, die ihnen Süssigkeiten in's
Ohr flüstern, und diese jungen Birmaninnen im Festtagsschmuck,
in ihren reinen weissen Jacken, bunten Tamein's, Perlen um den
Hals und Goldschmuck im Ohre, sehen auch meist sehr nett und
appetitlich aus, wie überhaupt in dem Gang und den Bewegungen
ihres schlanken und biegsamen Körpers etwas Graciöses liegt, so
lange sie ihn nicht durch die Gelenkverdrehungen des Tanzes
verunstalten.
Nachdem das Orchester die Nationalhymne gespielt, wurde
der Marionettentanz durch ein über die Bühne galoppirendes
Pferd eingeleitet, dem ein Feenballet folgte. Ein Eremit erzählt,
wie er Tigern befehlen, Wasser aus Felsen springen lassen.
Kranke durch Berührung curiren könne. Zu dem Könige kommt
eine von seinem Sohne verstossene Prinzessin, um Beschützung
flehend. Auf die von dem König an seine Minister gerichteten
Fragen entgegnen diese, dass im Lande Alles in den glucklichsten
Verhältnissen sei und grosser Wohlstand herrsche, durch die
Macht der königlichen Majestät blühe Alles und die Bäume
trügen silberne und goldene Blätter. Was mache ich mit solchen
Gold- und Silberbäumen? warf der Hofnarr ein, der die komische
Figur spielte. Wenn wir nur durch die Macht der königlichen
Majestät so viele junge Mädchen haben könnten, als wir Lust
verspüren. Dann folgte ein höchst obscönes Gespräch über
die Einzelheiten der Zeugung, dieselbe mit der von Kühen
und anderen Thieren vergleichend, und über die passenden Be-
schäftigungen der verschiedenen Geschlechtsalter von der Jugend
an. Auch versicherten' meine Begleiter, dass, wenn man Geduld
hätte, bis zum Ende desPoeh, gewöhnlich lange nach Mitternacht,
zu bleiben, man solche Dinge nicht nur zu hören, sondern auch
zu sehen bekommen würde.
Während Alle sich unter schallendem Gelächter an den
Schweinereien ergötzten , kam plötzlich eine grosse Verwirrung
ib das Publikum. Ein Prinz, der von einer späten Bacchanalie
zurückkehrte und nach dem Palaste wollte, brach sich zu Pferde
mitten durch das Gedränge hindurch und seine mit schweren
102 Anreotbalt in der Stadt.
Knütteln bewaffneten Begleiter hieben rechts und links umher,
am in dem Menschenknäuel freie Bahn zu halten. Ich hörte be-
merken, dass dieser juDge Herr als besonders rücksichtslos be-
kannt sei, doch Keiner dachte an Murren.
Unter den Poeh werden unterschieden die Jan niasat (Maske-
raden), Jophsoma (Marionetten), Anindema (Ballet -Opera), 8at-
tama (Possen) u. s. w. Bei Nacht muss Jeder nach Gesetzesvor-
Bchrift eine Laterne tragen, oder wenn er dazu zu arm ist, eine
Trommel schlagen, sonst greifen ihn die Wächter auf, in den
Strassen voo Mandalav.
Der streng orthodoxe König erlaubt nicht den Verkauf berau-
schender Getränke und hat auch ihre Verfertigung aus dem Palmsaft
rerboten. Auf dem chinesischen Bazaar sind sie iudess zu erhalten,
ebenso wie Cigirren, die Bain (Hanf) enthalten. Auch frische
Areca-Xüsse wirken betäubend, und in Siam wurde mir eine be-
sondere Art gezeigt, die diese Eigenschaft immer habe.
Nachmittags wurde gewöhnlich neben unserni Hause einer der
weissen Elephanten mit Musikbegleitung in grosser Procession vor-
beigefuhrt, um gebadet zu werden. Die nebenher laufendenSoldiiten
waren in Uniform, d. h. in rothen Jacken, grünem Putzo, breitem
Strohhut, Schuhe minus, und einer rostigen Muskete mit oder ohne
Schloss. Im Palaste hatte ich einen andern weissen Elephanten
unter einer offenen Halle angekettet gesehen, wo man zum Audienz-
zimmer aufging. Ein weisser Elephant muss sich ausser seiner
Farbe noch durch bestimmte Zeichen an anderen Theilen seines
Körpers documentiren. Auch ein ziemlich dunkler mag so ge-
nannt werden, wenn er helle Flecke hinter den Ohren, an der
Stirn und am Rüssel zeigt. Nach Madden soll der Elephant (in
Ganesa) zum Symbol der Weisheit geworden sein, weil er die
Blätter der heiligen Ficus indica frisst, dieNagbundhu (vom Ele-
phanten geliebt) oder Kunjurashun (Nahrung der Elephanten)
heisst; deshalb werden die Fallen für wilde Elephanten in der
Nähe eines solchen Baumes gegraben.
Im äusseren Hofe des Palastes ist die Gerichtshalle. Ueber der
grossen Thronhalle, 'n der der König bei feierlichen Audienzen em-
pfängt, erhebt sich der Spiralthurm desSchlosses. Aus ihr öffnet sich
Exorcisation . 103
•
ein weiter Blick über die die Süidt umgebeüde Ebene bis zu den um-
grenzenden Bergen. Vor dem Herrsebersitz stebt eine Mannigfaltig-
keit verschiedener Figuren, als Elephanten, Löwen, Menschen
u. 8. w., um zu zeigen, dass sie alle unter der Botmässigkeit des
Königs sind. NachAlison waren Elephanten abgerichtet, vor dem
Könige von Ava zu knieen, dem auch unvernünftige Thicre Ver-
ehrung bezeugen. In einem unter Musik langsam einherziehen-
den Ochsenwagen sassen unter einem Baldachin einige Prin-
zessinnen des Hofes, deren Ehrendamen zu Fuss nebenher spa-
zierten, mit geschlossenen oder offenen Schirmen. Der weisse
Schirm des Königs ist eine hochverehrte Gottheit, deren Urtheil
zuweilen in der Sagengeschichte angerufen wird, um den Nach-
folger zu bestimmen.
Ein birmanischer Bekannter der Armenier erzählte von den
Hexen (Dzon), die Nachts mit feuersprühendem Munde umher-
wanderten, und den Leuten etwas in's Essen steckten, wodurch
sie krank würden. In einer Strasse, wo eine Hexe lebe, wirke
ihr Beispiel oft epidemisch. In seinem Quartier käme es
fast jede Woche vor, dass Mädchen oder Frauen in den Strassen
tanzten. Man schicke dann nach einem Mo-Zea (Arzt oder
Medicinniann), der ein Tamein (ein Frauengewand) über ihren
Kopf decken Hesse, und sie mit einem Stock durchbläue. Die
Kranke fühlte aber nichts von den Hieben, sondern nur der
Dämon (Nat) in ihr. Nach Haafner werden in Indien Hexen
durch aufgestreute Senfkörner ausgejngt. Der unter Mitwirkung
des Priesters (Asari) von den weiblichen Dänionen der Aman
besessenePaiadi (unter den Schanars trägt feurige Kohlen auf dem
Haupte oder in den Händen, ohne etwas zu fühlen. Richardson
giebt nachstehende Weise der Exorcisation: The tamee (a string
woven with seven threads, consecrateJ with certains ceremonies
and in which are niade seven knots) is hang round the neck of
theperson andprevents the witchescaping. Thedoctor tlenbeats
the bewitched person and asks the name ot the witch, which Las pos-
sessedherand whatshe wants. The witch alarniedan>wers by the
mouth ofthe patient. The doctor orders her neverto coine again.
When she promises a compliance, the tamee is taken off aud she is al-
104 Aufenthalt in der Stadt.
lo wed to escape. With the Yooray-tan (a sniall stick marked all over
with cabbalistic figiires) the doctor sonietimes uses to beat the
bewitched person, in preference to his fists.
Ein Anderer beschrieb mir die Procedur folgenderniassen :
Wenn der Doctor aus den Pulsationen des Daumens, in dem
das Blut aufzusteigen beginnt, erkennt, dass die Krankheit, für
deren Kur man ihn gerufen hat, durch Behexung verursacht sei,
so wird nach einem Hexenbekämpfer, der meistens selbst ein Hexen-
meister ist, geschickt. Dieser verfertigt einen Zauberstab, in den
er Medicinen und cabbalistische Viereckzeichen (Ing) einfügt.
Diesen Stock hält er der Besessenen vor und droht sie damit zu
schlagen. Die Hexe in ihr wird dann ängstlich und verehrt
ihren Meister mit gefalteten Händen. Sie muss dann Alles haar-
klein und genau erzählen, wie sie heisst, wo sie lebt, wer ihre
Verwandten oder Freunde sind u. s. w. Auf weitere Examina-
tionen gesteht sie meist, aus Hass oder Rache dies Unheil ange-
richtet zu haben. Er könnte nun die Hexe durch seine zanber-
kräftigen Mantras tödten, aber die Familien der Kranken bitten
ihn meistens, es nicht zu thun, da sie die sündenvollen Folgen
fürchten, die sie in die Hölle stürzen könnten. Wenn diesen
Bitten Geschenke beigefügt werden, so lässt sich der Doctor be-
wegen und verabfolgt der Hexe nur zum Angedenken eine ein-
dringliche Züchtigung mit seiner Gerte, so lange sie noch in dem
Körper der Patientin steckt. Dann befiehlt er ihr auszufahren
und nicht wieder zu kommen. Gewöhnlich überredet der Hexen-
meister (aus coUegialischcn Rücksichten) die Verwnndten der
Kranken, die Hexe, die jetzt ihr Theil bekommen habe, nicht
weiter zu belästigen; sollte diese aber meinen, dass ihre Hexe
nicht genug gcpnigeli sei und sich mit ihren Striemen nicht zu-
frieden geben, so wird die Sache vor den Richter gebracht, der
dieVerdächtige an einen Bambti gebunden, nebst dem Ankläger in's
Wasser werfen lässt, wo Untersinken für die Unschuld entscheidet.
In einem Hause, das grosse Vorbereitungen zu Festlichkeiten
zeigte, sollte ein Knabe fur's Kloster eingekleidet werden. Die
Pungyi's, ihre Rosenkränze unter den t'ingern drehend, sassen
um eine Buddhafigur auf einer Balustrade, mit langen Reihen von
Opfergaben. 1 05
Opfergaben vor sich, und die Eingeladenen knieeten mit gefal-
teten Händen zu ihren Füssen, oder warfen sich in die Attitüde
der Beter vor ihnen nieder, die Erde mit der Stirn berührend.
In dem Hause eines Vornehmen, wo ein Leichenbegängniss ge-
feiert wurde, war der Körper unter einem rothen Baldachin
ausgelegt. Die Heirathsceremonieen bestehen darin, dass Braut und
Bräutigam aus einer Schüssel essen. In Siam werden mitunter
auch Priester zugezogen. Ein Verbrecher wurde von den Poli-
zisten durch die Strassen geführt und an den Strassenecken aus-
gepeischt, nachdem vorher, dem durch das Schlagen der Gong
versammelten Volke, das Verbrechen ausgerufen war.
Wenn in ihrer Jahreszeit die Pangati-Früchte reifen, werden
davon nach dem Palaste gebracht, wie in Ashantee die Yam,
damit der König zuerst von ihnen esse, weil vor ihm es jedem
Andern verboten ist. In den Gärten des Königs werden die Ba-
nanen bis zu ihrer völligen und natürlichen Keife am Stocke ge-
lassen, und erlangen dadurch eineu ausnehmend feinen Wohl-
geschmack, der sie unter dem Namen Königs-Bananen auszeich-
net. Sonst unterscheiden die Birmanen unter den Bananen
(Hnet pyau) die kleine Zitno, eine kleine gelbe, als Nonsapu,
eine grosse rothe, als Nih, die gewöhnliche, etwas säuerlich, als
Phih-kyam, eine süsse mit dünner Haut, die von dem Volke für
Fieber erzeugend gehalten wird, als Rakein, eine grüne mit fei-
nem Parfüm, als Simoa u. s. w. Einige wilde oder verwilderte
Bananen-Arten werden ganz voll Samen gefunden.
Um seine Verehrung darzubringen, geht der Birmane mit den
Gaben, Blumen, Speisen, oder auch einfach einem Baumzweig,
nach der Pagode, legt dieselben auf die Erde nieder und kauert
dahinter, indem er sich mit der Stirn zur Erde wirft, den Shiko
darzuhringen, wie der Russe vor seinem Heiligen. Nachdem er
einige Gebete gemurmelt, entweder von den Mönchen gelehrte
Paliformeln oder Bekenntnisse seines Glaubens mit Aufzählung
der zu vermeidenden Sünden, bringt er seine Geschenke in die
Nähe der Figur, steckt sein Bouquet neben ihr auf, stellt die
Schüssel vor sie hin, umhüllt sie vielleicht mit einem Streifen
gelbem Zeug, steckt Kerzen an und schlägt die Glocke, um dem
106 Aafenthalt in der Stadt.
Gott Nacliriclit zu geben. Die zu sprechenden Gebete sind schon
auf Papierstreifen geschrieben , die gewöhnlich in der Vorhalle
des Tempels verkauft werden , und Aufstecken derselben tiber-
hebt der Mühe des Hersagens. Einige tragen solche Streifen
während der ganzen Feierzeit in den Händen und erwerben so
viele Gebetsverdienste, wie sie dieselben umherbewegen, so dass
solche den Uebergang zu den compendiöseren Gebeträdern der
Lamaisten bilden. Bei besonderen Gelegenheiten nehmen die
Kirchengänger ihr Bett mit nach der Pagode , um dort die Nacht
zuzubringen, wie es auch in orientalischen Kathedralen geschieht.
Die Reste der dargebrachten Gaben werden am nächsten Morgen
von LaienbrUdern , die sich zur Pagode halten, ausgefegt, da das
Reinigen derselben ein verdienstliches Werk ist.
In den vier Festtagen der Mondveränderungen sieht man die
Frommen im Festtagsschmucke auf den Zayats sitzen und heilige
BUcheV lesen. Hat sich eine grössere Gesellschaft zusammenge-
funden, so wird ein Pungyi eingeladen, der dann unter ihnen
Platz nimmt, und das Gesicht unter dem agirenden Fächer ver-
bergend, um nicht durch den Anblick weiblicher Wesen gestört
zu werden, eine Predigt hält, oder die Religionsgebote conimen-
tirt, am liebsten das über die Mildthätigkeit. Mitunter lies't er
einen Abschnitt aus den Palitexten, besonders aus den Wuttu
(beim Beginne der Fastenzeit gewöhnlich den Vetsandara's).
Solche, die zur Verschönerung einer Pagode beigetragen haben,
begeben sich nach dem zMgehörigen Kloster, um den Tag bei
den Mönchen, oder im Zimmer des Abtes, zu verbringen. Der
Fesitag des Vollmondes heisst Labieh, der achte Tag Schiiniet,
der Neumond Lai:ua und der achte Tag darauf Lagua Schiiniet.
Für ihre Unternehmungen des täglichen Lebens lassen sich
die Birmanen besonders durch die Entscheidungen derBedin-Zea
(die Doctoren der Vedas) leiten , die ihre magischen Bücher vor
sich aufgeschlagen, an belebten Strassenplätzen, besonders vor
denThoren, sitzen und Anlage von Geldcapital, Freundschaft und
Feindschaft, Ehen und Scheidungen bestimmen. Sie sind mei-
stens Schan's ihrer Nationalität nach.
Einen dieser Bedin-Zea liess ich zu mir rufen, und er kam,
Der Bedin-Zea. 107
einen grossen Pack Bücher und Zinntafeln schleppend. Die Zick-
zack-Bücher waren zum Theil beschrieben, zumTheil mit magi-
schen Figuren oder mit aller Arten Gemälden bedeckt. Auf die
gestellte Frage antwortet der Zeichendeuter, indem fer unter be-
ständigem Gemurmel rasch Ziffern und sonstige Charactere auf
die Tafel schreibt, sie wieder auslöscht und durch neue ersetzt,
als ob er in einer verwickelten Rechnung begriffen wäre, und
dann das Resultat mittheilt. Auf das Ansuchen eines der an-
wesenden Armenier, der ihm das Datum des Tages und Monats
seiner Geburt mittheilte, verkündete er ihm, dass er eine Reise
unternehmen würde , dass seine Tochter einem bevorstehenden
Unglück entgehen, dass innerhalb zwölfMonaten ein vierfüssiges
und ein zweifüssiges Geschöpf aus seinem Hause hervortreten
würde, dass was er begonnen, durch Andere beendet werden, dass
seine Frau binnen sechs Tngen sich mit ihm zanken würde. Der
Armenier hatte früher eine Baumwollenpflanzung angelegt, die
in Verfall gerathen und jetzt von einem Andern mit Erfolg auf-
genommen war, aber er hatte weder Frau noch Tochter. „Thut
nichts, sagte der Prophet, es sind Dienerinnen da, die die Stelle
von einer Frau oder Tochter vertreten." Ein jüngerer Freund
erkundigte sieh nach einem ihm theuren Wesen , ob er nach
weiter Trennung wieder auf Vereinigung hoffen dürfe. Der Bedin-
Zea schüttelte Kauri- Muscheln und Körner in einem Becher
zusammen und wenn sie herausfielen, entschied er nach der
Lage, welches der in dem erotischen Buche enthaltenen Lieder
er zu wählen hatte, von denen jedes eine Antwort enthalten haben
würde. Er sprach stets in der declaraatorischen Monotonie der
Linga und zog sich nach erhaltener Belohnung, trotz seiner faux
pas, ganz vergnügt und selbstgefällig zurück.
Unter den Namen, die ich aus seinen Büchern copirte, war
Oupadanah-piudah , der auf einer Schlange reitend, unter der
Erde lebt, die Arbeiten der Ackerbauer zu schützen; Sadiwayadat,
auf einem Pferde jagend , zeigt Mangel an Erfolg an, der rasch
vom Winde verweht wird; Sacaabadah (ein Affe, auf einer
Ziege reitend), deutet auf leichtfertigen Sinn u. s. w. In einem
Bilde zerbrach eine Krähe mit ihrem Schnabel einen Topf voll
V
108 Aufenthalt in der Stadt.
Geld, neben dem sich Frau und Mann umarmen, das Ganze be-
deutet „Verlust". Ein Bild, auf dem Mann und Frau sich neben
einem Hause gegenüberstehen mit Pferd und Ochs daneben , be-
deutet, „dass das Kind ein Pächter werden wird." Das Bild einer
herabhängenden Figur lehrt dem Consultirenden , dass er nicht
auf Bäume steigen oder auf Pferden reiten dürfe, da bei solcher
Gelegenheit ihm Unglück drohen würde. Das Bild von Mann
und Frau zusammen tanzend verlangt, dass reiche Geschenke an
die Pagode gemacht werden. Das Zeichen eines reichen Mannes
war eine Figur, die unter Elephant und Pferd, auf Ziegen und
Fischen stand. Das Zeichen eines grossen Mannes war eine Figur,
auf einem Büffel reitend, mit dem Sambui-Vogel vor sich. Neben
dem Bilde einer Pagode stand geschrieben: ^Eine jungfräuliche
Tochter, Gold und Silber wird erlangt werden durch Verehrung
der Pagode." Neben dem Bilde eines Mannes, der vor einer Pa-
gode betete, war bemerkt: „Wenn das Loos hier fällt, so werden
reiche Geschenke von den Töchtern grosser Herren erlangt wer-
den. Vermeide aber die heiligen Männer." Neben dem Bilde eines
Hundes, den ein Manu am Schw anze hielt, während ihn ein anderer
auf den Kopf schlug, stand geschrieben: „Wenn das Loos hier
fällt, so sei nicht grosssprecherisch, sondern demüthig, vermeide
Stolz und Anmassung, denn das würde dir nur Feinde machen."
Je nach den Tagen der Woche präsidirt der Nat in einem
verschiedenen Punkte des Compass und der Bedin-Zea kann
daraus berechnen, welche Art des Geschäfts an einem be-
stimmten Wochentage sicher wäre zu prosperiren. Aus Sanger-
mano's Bericht über das Bedin genannte Buch geht hervor,
dass die Birmanen gewisse Mythen über Metamorphosen mit
bestimmten Constellationen verknüpfen und daraus wieder deren
magische Rückwirkung erklären. Die das Schilf genannte Con-
stellation soll den umgekehrten Leichenwagen einer hässlichen
Riesin, die sich in eine reiche Frau verwandelte, darstellen und
deshalb die unter ihr Geborenen hässlich, aber reich machen, von
roher Natur und Speculationsgeist. Die der Hirschkopf ge-
nannte Constellation bedeutet einen jungen Damm, der, auf der
Jagd gefangen, von einem Könige aufgezogen und so geliebt
Vogelfreiheit 109
wurde, dass derselbe bei seinem Tode aus Kummer gleichfalls
starb , weshalb diese Constellation Tod am gebrochenen Herzen
prognosticirt. Die alten Perser, die wie die Chinesen, keine
Woche hatten , benannten jeden der 30 Tage des Monats nach
dem Namen eines der zoroastrischen Schutzgenien. Nach Masudi
wurden unter Brahma, dem ersten Könige der Indier, die astro-
logischen Einflüsse der Sterne auf Menschen und Thiere in dem
Buche Sindhind festgestellt. Der birmanische Zodiakus (Rasih)
begreift zwölf Bilder (Misa, Prisa, Maedhun, Karakat, Sein, Kan,
Tuh, Pri^;ja, Dhanu, Makara, Kun, Mein). Der dunkle Planet
Rahu*) heisst auch Asurein oder Ngaput. Nach der von Bhattatpala
commentirten Vrihatsanhita des Vahära mira zerfallt die Astrologie
in Tantra (tri oder schützen) oder Berechnungen des Planeten-
standes, in Hora (Nativitätsstellung in Horoscop) und (,'äkhä
(Prognostikon).
Die baumlose und staubige Ebene Mandalay's wird nur von
einem schmalen Streifen Grünes durchzogen , der sich längs des
kleinen Baches Schwettazoung hinstreckt, und demselben bis an
seine Mündung in den Irawaddi folgt. Dieser Bach kommt aus
dem fruchtbaren Gartendistrict Madeya's, dessen Früchte auf ihm
nach Mandalay gebracht werden. Bei einem Spaziergange an
seinen Ufern fand ich an der Landstrasse Pfähle errichtet, mit
einer gerichtlichen Verordnung **) , die das Tödten von Vögeln
und das Fangen von Fischen in dem zwei nahegelegenen Dörfern,
die namhaft gemacht wurden, zugehörigen Districte verbietet.
Weiter oben, wo sich der Fluss über den niedrigen Grund teichartig
ausbreitet, steht das Dorf Taungbiong mit der Pagode Taung-
jonde, die ihre Figur in einem dunklen Recess einschliesst. Da-
*) Bei den Beob«ichtiingen der Mondfinsternlss in Louvo fanden die Tala-
poinen nichts Aufifalliges in den genauen Beobachtungen der französischen Astro-
nomen, da diese die Essenszeit des verschlingenden Drachen kennen würden und
wüssten , ob er mehr oder weniger Appetit habe.
♦♦) Im Jahre 1208 (1846) am ersten Tage des September macht der Gouver-
neur von Henzadamyo, Taunmyo, Kyomyo bekannt, dass durch die gnädige Be-
willigung der Königin-Matter, Vögel und Thiere vom Dorfe Seatpiu-joah bis nach
Kazegong-Joah am Ende des Baches Kühe haben und ungestört bleiben sollen.
1 10 Aufenthalt in del- Stadt.*
neben sah ich in dem Hofe eines Bauern einen Nat-Shin (Dämonen-
Tempel), dessen giebligesDaeh durch rothe Pfeiler getragen wurde.
Der Eingang führte zu einer geschmückten Platform , auf welche
der Götze bei dem dreimaligen Jahresfeste im Monat Tabau und
Wagau gestellt wird. Jetzt war sie leer und die Götzen wurden
in einer Rumpelkammer aufbewahrt. Auf mein Verlangen in-
dessen wurden sie producirt Es waren zwei mit Kleidern ange-
zogene Puppen mit spitzer Königsmtitze , die Säbel trugen und
Nido-naundo (der ältere und jüngere Bruder) genannt wurden,
oder im Speciellen Sehwebingyi und Seh webingnay. Die Nakadau
oder Dämonen-Mutter, ein altes Weib mit weissen Haaren, er-
zählte mir, dass sie durch einen Patih (Musulman) gebracht seien.
Ihr Vater sei ein Patih, ihre Mutter eine Ungeheuerin (Belu); sie
könnten das Schweinefleisch nicht leiden und bestraften Solche,
die davon ässen, mit Krankheit. Am Tage ihres Festes kommen
von allen Seiten VerQhrer herbei, Birmanen sowohl wie Musul-
männer, die zusammen tanzen und Hühner zu Ehren des Nat
(nattan oder tanzen) schlachten. Wenn Kranke Heilung
wünschten, so erweise ihr der Dämon die Gnade, in sie
niederzufahren, und beantworte die gestellten Fragen. Als ich sie
bat, es mir zu zeigen, weil ich für Jemand zu consultiren wünsche,
entschuldigte sie sich, dass sie nur an den Feiertagen die Cere-
monie üben dürfe. Die anwesenden Hausbewohner bestätigten
die wunderbaren Kräfte dieses Dämon und einer der Männer
nannte ihn das Oberhaupt und König aller Nats. Man zeigte
mir auch noch eine dritte Figur, den Diener des Brüderpaars, der
Koojaundoga oder der Erbauer der neun Pagoden hiess.
Beim Fortgehen fand ich in einer Strasse des Dorfes unter
einem Baume einen Bambukäfig aufgehangen mit drei kleinen
Nats darin, von denen der Eine die Harfe spielte. Als ich einen
Vorüberpassireuden um den Namen fragte, nannte er ihn Moung
Jingbioh (das Herrchen hübsch und fein). Auf dem Rückwege
kamen wir in der Nähe des Dorfes Tajekkan an dem Lustgarten
des Erbprinzen vorbei und konnten ungehindert durch das Thor
eintreten. Es war ein wohlerhaltener Park mit einigen Land-
häusern zum Aufenthalt. Die Pagode von Jenagaung ist auf Löwen
Die LÖwenwäcbter. 111
gestützt, während Belu's die mittlere und Thagia's (Götter) die
obere Terrasse tragen.
Ueber die vor die Pagoden als Wächter gestellten Löwen
haben die Birmanen verschiedene Erklärungen, von denen sich
eine an die ceylonische anschliesst. In alter Zeit sei der Sohn
eines Königs von Birma durch seine vor Feinden fliehende
Mutter in den Wald getragen und nach deren Tode durch
eine Löwin ernährt worden. Als er zum Jüngling aufgewachsen
war, schämte ersieh seiner Kindheit und entfloh. Sich von seiner
Löwenmutter verfolgt sehend, schwamm er über einen Fluss, und
jene, als sie ihm nachblickte, fühlte ihr Herz brechen und starb.
Er kehrte dann zurück und hieb ihr den Kopf ab. Als er später
König geworden war, bereute er seinen Mord und Hess die Bilder
seiner Mutter an den Pagoden aufstellen, damit er sie verehren
könne, ohne dass das \'olk es merke, indem er scheinbar zu der
Pagode bete. Die Birmanen beten oft nur in der Richtung der
Pagode. In den Strassen Mandalay's habe ich sie knieen ge-
sehen, wo kaum die Spitze einer Pagode über die Häuser sichtbar ,
war. Ein Bekannter erzählte mir von Birmanen, die vor dem ge-
schenkten Bilde der Schwedagon-Pagode Rangun's, als einer be-
sonders heiligen, ihre tägliche Morgenandacht verrichteten. Von
andern wurde mirgesagt, die Mutter jenes Tihabahu genannten Kö-
nigs von Baranathi sei von einem Löwen geschwängert gewesen,
wie die Ahnherrin der ceylonesischen Könige, und habe er die
Bilder zur Sühne des Vatermordes aufgestellt.
Beim Beten in den Pagoden hält der Birmane oft eine Blume oder
einen Stein in der Hand, da solche sich später in Gold verwandeln
werden. Marini führt unter den Vorschriften seines Thic-ca(Xaca),
der durch den Teufel zum Einsiedlerleben im Walde verführt wurde
und dort zwei leibhafte Dämone (Abala und Cabala) traf, auch die
auf, ein gewisses Goldpapier zu verbrennen, das sich in wirkliches
Gold verwandelt und zur Bestechung der Höllenwächter dient.
Der birmanische Name für Pagode ist Chedi, und Chaitya meint
nach Wilson ursprünglich einen heiligen Baum, später auf die
buddhistischen Stupen übertragen.
Ehe die Birmanen in einen Krieg ausmarschiren, gehen sie
112 Aufenthalt in der Stadt.
nach Aumpinlae (das Feld der Cocosnuss-Bäurae) oder dem er-
obernden Meer, weil derjenige, der dort seinen Fuss hingesetzt hat,
siegreich sein wird. Es ist ein weiter See, der mit einem ausge-
dehnten Bewässerungssysteme in Verbindung steht, da er am
Fusse des Gebirges gelegen, leicht die von ihm niedergeneigte
Ebene versorgen kann. Die Linien des Deiches, auf dem wir
entlang gingen, waren vielfacli in Schleussen abgedämmt, und
da, wo dieausdemSchanlande kommende Heerstrasse in ihn aus-
mündet, hatte sich ein Bazaar von Verkäufern angesiedelt, mit
einem Nathause daneben. Zwischen den Pfeilern erhob sich ein
Thron, auf den 12 Figuren in einer Reihe gestellt waren. Ein
grosser Elephant trug Sinauji mit Bodo hinter ihm, dann folgten
Maido (die Mutter), dann Toung-ming-gyi (mit der Hand auf die
Brust gelegt), dann Mingbiaujeen (zu Pferde), dann Toung-jee
(betend), Toungming und fünf Kinder mehr. In alter Zeit befahl
ein König von Birma, seinen Schwager, gegen den er erzürnt war,
mit seiner ganzen Familie zu tödten, und als die Königin,, eine
Prinzessin derSchan, für dieselbe umtruade bat, mitC'ocosnUssen
in der Hand, Hess er auch sie tödten. Alle diese wurden in Dä-
monen (Nats) verwandelt, und da sie die Hütung des See's über-
nommen, so war es erst seitdem möglich, die Dämme, die früher
immer einfielen, sicher zu befestigen. Eine alte Frau, die sich
die Nakadau (Dämonen-Frau) nannte, stand mit diesen Geistern
in Rapport. Als mein junger Begleiter sie nach seinem Bruder
befragte, nahm sie, nach dem Gebete, von einem Gestell ein
blankes Messinggefäss*) und drehte es verschiedene Male um
ihren Kopf, hineinblickend, es zu den Figuren emporhebend, und
aufs Neue hineinblickend. Dann versicherte sie ihn seines
Wohlseins, und sagte ihm vieles, was ihn selbst betraf, dass er
noch nicht selbstständig sei, sondern Anderer Befehle zu folgen
*) Von Ramrih sagt Folcy, dass der Kranke vor einem blanken Messing-
gefäss tanze, in dem er den Gegenstand seiner Verebrnng reflectirt sähe. Zn-
gleich bemerkt derselbe: The conjurers in Schwedong are a set of vagabonds. A
man attired in woman's apparel, connects himself with another of bis profession,
wbom he calls his husband and obtains for bis bnsband a woman as bis second
wife, with wbom botb cobabit.
Nakkadau. 113
haben mUsse. Jenseits des Wassers, auf der andern Seite des
8ee'8 könne man in dem dortigen Nat-Haus noch wunderbarere
Weisheit erfahren, meinte ein Mann, der für eine Vergütung zum
Hinüberfahren bereit gewesen wäre. Die zu dem Wasser nieder-
leitenden Trep|)en sind mit Bildern von Belu*s und Drachen-
schlangen besetzt. Während uns die alte Hexe die Namen ihrer
Teufel nannte, deutete sie auf dieselben immer mit der vollen
Faust, da solche hohe Herrschaften nicht mit dem Zeigefinger
gewiesen werden dürfen. Die in den Teufelstempeln administri-
renden Nakkadau werden ausser bei Krankheiten auch bei noch
vielen andern Gelegenheiten um Rath gefragt und ziehen selbst
mit in den Krieg, wie die heiligen Jungfrauen der alten Germanen.
Auf dem Schlachtfelde bei Simbike fanden die Engländer unter
den Erschlagenen ein männlich gekleidetes Mädchen, das in
solcher Eigenschaft zu der Begeisterung der Truppen hatte bei-
tragen sollen.
Nachdem ich mit meinem Begleiter das Haus des Gefangen-
wärters in dem nahen Dorfe besucht hatte, wo sein Vater nebst
den andern Fremden längere Zeit im Gewahrsam gehalten war,
schickten wir uns zum Rückweg an, der uns über die zwischen der
alten und neuen Hauptstadt gezogene Grenzlinie, an den Ueber-
bleibseln von Amarapura's Stadtmauern vorbei, führte. Ein grosser
Theil des dortigen Landes von besonderer Fruchtbarkeit ist vom
Könige der Pagode Phayagyi geschenkt, und das daraus erlöste
Geld wird von der. reichen Schatzkammer des Klosters bewahrt,
vor dem eine Soldatenwache postirt ist. Alle den See Oung-
binleh umgebenden Felder sind Eigenthum des Königs (Lehdau-
gyi) und die Bebauer erhalten eine bestimmte Zahl von Reis-
körben für ihre Arbeit. Das grosse Bild und die Materialien des
Tempels sind von Aracan gebracht. In den Terrassenhöfen der
Pagode ging es, wie immer dort, lebhaft her. Schaaren von Pil«:
gern trieben sich zwischen den geschmückten Buden auf dem
Jahrmarkt herum, und konnten Alles, was sie für ihr leibliches
und geistiges Wohl bedurften, mit Leichtigkeit erstehen. Die
Verkäufer der Gebetflaggen, Lichter u. s. w. sassen meist inner-
halb der Tempelgalerien selbst. Unter den Pilgern bemerkte ich
BMtUm, OitMien. II. 3
114 Aafenthalt in der Stadt.
einige Tungthu's oder Schan-Karen, deren Frauen ein hinten hinab-
fallendes Kopftuch trugen und bis an die Kniee reichende Röcke,
unter denen sie tlber den Waden schwarze Ringe befestigt hatten
und silberne an den Knöcheln. In einem Theil der tagode ist
eine Sammlung von Steininschriften zusammengestellt. Weiterhin
kamen wir über den Begräbnissiilatz fUrPungyi's und Glieder der
königlichen Familie, wo Zeltpavillons auf Pfählen über den
Stellen aufgeschlagen waren, an denen Leichen verbrannt sind.
Die gesammelten Knochen werden mit der Asche in denFluss ge-
worfen. Bei besonders heiligen Priestern werden sie in Statuetten
verknetet. Ein Elephant mit geschmückter Howdah hatte den
neben ihm stehenden Sarg eines Wunduk gebracht, der von seineii
umstehenden Verwandten auf einem Scheiterhaufen verbrannt
wurde. Auf den Sarkophag werden (wieOvingtonvonAracan be-
merkt) besonders die Figuren edler Thiere, Löwen, Elephanten,
Aften u. 8. w. gemalt, um eine günstige Wanderung der Seele zu
prUdisponiren.
Die Ponas haben sich in demjenigen TheileMandalay's an-
gesiedelt, der dem erwähnten Bache am nächsten ist, und so
zeichnet sich ihr Quartier vor allen andern in Mandalay durch
schattigen Baumwuchs aus. Ihre Häuser sind nicht, wie die der
Birmanen, auf Pfählen, sondern auf der flachen Erde gebaut und
stehen in weit umzäunten Höfen, um ihren Kuhheerden Stallung
zu geben. In der Nähe ihres Friedhofes fand ich einen aus Holz-
planken aufgeschlagenen Tempel, der als Säulenhalle einer alten
Pagode angebaut war, und die dunkle Nische des Hintergrundes
durcH Lampen erhellt. Sie bewiesen eine brahmanische Abnei-
gung gegen mein Betreten des Tempels, a])er der Priester brachte
mir die Figuren heraus, einen tanzenden Krischna mit Pfauenfeder-
helm, und seinen Diener (4opanja, der auf Knieen und Ellbogen
vor ihm lag. In dem Hause seines Oberen wäre noch die Figur
eines Vischnu, könne aber nicht in seiner Abwesenheit vorgeführt
werden. Die beim Gottesdienste gebrauchten Muscheln würden
von Tiho (Ceylon) gebracht. Knaben waren draussen eifrig
beschäftigt, Messinggefässe blank zu putzen und Messingglocken
mit Kalon's auf ihnen, hingen umher. Von dort begab ich mich
l)io Götter ilcr Pona. 115
nach dein sogenannten Pona-Kyaung, wo ihr Oberlehrer, derZay-
SL^yi wohnte. Den einfachen Titel Dzea oderZaya (I)oetor) führt
jeder Pona, da Jeder seines Standes wegen schon Medicin verstehen
muss. In dem Kloster legte man mir ihr heiliges Buch, Doson,
in bengalischer Sprache und mit bengalischen Charakteren ge-
schrieben, vor, entschuldigte sich aber, die Götter nicht zeigen
zu können, da sie schliefen und zugedeckt wären. Sie hätten
Krischna und noch 25 andere. Ich möchte am Nachmittag wieder
kommen. Ein Kathay-Buch, nach dem ich gefragt hatte, sei im
Dorfe Basunjaun zu finden. Als ich zur bestimmten Stunde
meinen Besuch wiederholte, empfing mich der Zayagyi, mit
Vischnu's Mark^ auf der Stirn. Als ich meinen Wunsch aus-
drückte, die Bekanntschaft Seiner Gottheit zu maclien, ging er
hin, um ihn zu waschen und ordentlich anzuziehen. Beim Zurück-
kommen stellte er auf die nach Innen führende Thtirschwelle die in
Muslin gekleidete Figur eines tanzenden Krischna mit Pfauenhelm
oder, wie er ihn nannte, Gopinajoh (der Mann-Jüngling), und vor
denselben placirte er, auf Knieen und Ellbogen liegend, den Go-
panja oder Bal-krischna (als Kind), so dass ich beide von allen
Seiten bequem besehen konnte. Nachher holte er noch einen Gott,
mitBlumen auf dem Kopf, den er Jaindinnoh nannte, und sagte, da
wären jetzt ungefähr 20 Stück mehr, alsHauuman,Kishto,Zeideina,
Modonomuhun u. s. w. Vor die Füsse des Gottes legte er einen
schwarz und weiss gestreiften Salagrammstein mit einigen Blättern
der Tolsipflanze, beide wären aus Tiho gekommen. Früher, erzählte
er, sei der Salagramm verehrt w^orden, aberGopinnasan oder Go-
pinath hätte eine Aenderung eingeführt; und seit der frühere
Zayagyi eine Figur Krischna^s verfertigt, hätten alle Ponas ihre
Verehrung dieser zugewandt. Von zwei dortliegenden Muscheln
diente die kleinere um Wasser vor den Göttern zu sprengen, die
grössere, um damit zu blasen. In einem andern Gemache des Hau-
ses stand ein Thron, um die Gottheit bei Festen würdig zu exhi-
biren. In dem nahegelegenen Kyaung (Kloster oder Schule)
fand ich zwölf Knaben, die bengalisch lesen lernten. Die drei-
fache Schnur wird im 12. Jahre von den Eltern ertheilt und im
15. Jahre fügt der Zayagyi das Halsband hinzu. Einige der
8*
116 AafeDtbalt in der SUdt.
Pona8 verstehen aus den Linien der Hand zu wahrsagen , , aber
der Zayagyi, wie er mir sagte , übte diese Kunst nicht. Kreise
an den Fingerspitzen gelten in der Chiromantie für Glück bringend.
An den Festtagen wäre oft eine so grosse Versammlung des Volkes,
dass der Gott nach der offenen Halle herausgebracht werden müsse.
Auch Kathay's kämen dann zuweilen. Ausser mit ihren Kuh-
heerden beschäftigen sich die Ponas mit Weben.
Die kriegsgefangenen Kathay , die entweder Schmiede oder
Weber sind, leben meistens in derColonieKiaedun, amFusse des
Mandalay-Hügels. Einige derselben sind von den Pona's abgefallen
und haben die birmanische Art der Religionsverehrung angenom-
men. Einer dieser letztern schimpfte auf die Ponas als ein Ge-
sindelpack. Sie wären von Tiho gekommen und würden jetzt
nach den Ländern, wo sie sich niedergelassen, unterschieden als
Kathay-Pona, birmanische Pona u. s. w. Ursprünglich theilten
sich die Ponas in vier Klassen, nämlich Biimanah (»der Prediger,
Kattiah oder Herrscher, Bischadah oder Kaufleute und Tottiah oder
Bettler, jetzt aber behaupteten alle, Biimanah zu sein und nehmen
den Titel, als den ehrenvollsten, für sich in Anspruch.
Die Kathay sagten mir, dass sie nach Mandalay in drei ver-
schiedenen Perioden gekommen seien; einige vor 70 Jahren,
andere vor 40 Jahren , und die letzten erst vor einigen Genem-
tionen. Nach ihren Gebräuchen muss stets die ganze Reihe
Schwestern geheirathet werden, und eine jüngere wird nicht vor
der älteren fortgegeben. Sie zeigten mir von ihren in der Ka-
thaysprache und mit Kathaybuchstaben geschriebenen Büchern,
von denen das eine Haram-schitta. genannt, und als Yama-Yasuen
übersetzt wurde, also die (Charitra) Geschichte Kama's. Den
Titel des anderen, das von Karitha-pasa verfasst sei, nannten sie
Lekko-nunkarum, oder die Schöpfungsgeschichte der Welt. Sein
Beginn war: „Lasst uns preisen Lajintung, den König derNats,
der niemals stirbt, dessen Glorie gleich dem Wasser ist." Ich
kaufte dieses Buch, sowie ein anderes in der Juthia- (siame-
sischen) Sprache, das ein Mann, der nicht wusste , was es sei,
herbeibrachte, vermisse aber leider beide. Ein junger Birmane,
der während unseres Gesprächs lautlos dabei gesessen und uns
Die verführerische Nonne. 117
zugehorcht hatte, kam mir auf der Strasse nachgelaufen, und bat
bei mir bleiben zu dürfen, um, nach dem birmanischen Ausdruck,
Weisheit (panja) zu lernen. Doch hatte ich vorläufig schon Leute
genug um mich. Beim Rückweg gingen wir über den Bazaar der
Siamesen (Juthia), wo einige der Verkäufer sich mit der Instand-
setzung von Theater -Costumen beschäftigten; Sie wurden be-
sonders durch die Könige Zinpyuschin und Badosachen ge-
bracht und verstehen noch etwas Siamesisch. Zuweilen kommen
Priester von Siam , um sie zu besuchen. Einer wäre kürzlich im
Yahainszay - Kyaung gewesen. In Amarapura hatte ich neben
den Häusern der Kathay diePinsing-Pflanze bemerkt, die sie mit
Wasser besprengen und durch angezündete Kerzen verehren.
Eine Colonie der Talein befand sich in Madeyah, und eine an-
dere in Sagain, wo indess die Sprache fast schon ganz durch die
birmanische ersetzt ist.
In der Umgebung Mandalay's steht vom Wege abgelegen
der Gothinnajun, wo die Sterbescene Gautama's durch grosse
Holzfiguren dargestellt ist. Das Sterbelager ist erst von einem
Kreis von Schülern , dann von einem Kreis von Königen, dann
von Belus, Kalongs, Nats, Gabongs, Kakchasas u. s. w. umgeben.
Anderswo sitzt eine Gruppe von Königen, weinend und klagend,
da der vor ihnen stehende Pungyi ihnen den Tod des Lehrers
angezeigt hat. Gautama's Lebensbeschreiber bemerkt, dass als
Kassyapa durch einen von Kusinagara kommenden Reisenden über
seines Meisters Tod benachrichtigt wurde, die nur in die beiden
ersten Wege der Vollkommenheit eingetretenen Rahanklagten und
weinten , während die Andern im Hinblick auf das Gesetz der
Vergänglichkeit ruhig und fest blieben. Eine Nonne bittet in
einer Scene um die Aufnahme in die Priesterschaft, und wird in
der andern geschoren. Niti-Ananda (Ananda's jüngerer Bruder)
sitzt in einer Kapelle mit dem Almosentopfe auf den Knieen.
In einer Bambuscheune sass zwischen andern Figuren (von Men-
schen und Hunden) die berüchtigte Shinsasua mit einem Säugling
auf dem Schoos. Sie war die Tochter eines Jägers, zog sich in
den Wald zurück, um Einsiedlerin zu werden und ging dann als
Nonne in ein Kloster. Aber der Glanz ihrer Schönheit war so
118 Aufenthalt in der Stadt.
blendend, dtiss der Erste aller damals lebenden Pungyi, ihr be-
rühmtestes und gelehrtestes Haupt, in ihre Fesseln fiel, und aus
dem Priesterstande in die Welt zurlicktrat, um sieh verheirathcn
zu können. Eine ähnliehe Saehe ereignete sieh während meines
Aufenthaltes. Hehon inKangun und später auf dem ganzen Wege,
ja in Mandalay selbst, hörte ich von Nichts reden als dem ge-
lehrten Priester eines Kyaung von Kanguu, dem Nachfolger Ba-
reah's, auf den immer gern in zweifelhaften Fällen verwiesen
wurde. Ein paar Wochen, ehe ich von Mandalay abreis'te, langte
dieser Stolz des Landes in Mandalay in Begleitung einer jungen
Dame an, mit der er aus Bangun entlaufen war. Jetzt wird die Welt
untergehen, klagte mir einBirmane, als sich dieseKunde verbreitete.
Nach dem Dhammasat waren Menü undMeno von einem frommen
Eremiten geboren , der im Walde Uimavun eine an seiner Thür
klagende llinnnelsfee eingelassen und in der Naclit der Verfüh-
rung nicht hatte widerstehen können. Dasselbe geschah einem
Einsiedler auf dem Kazl)ek. Die Zeit in Mandalay wird nach
der Wasseruhr des Palastes regulirt. Die durch einen Schlag
angegebene Zeit des Sonnenaufgangs bis zu der durch drei
Schläge angegebenen Zeit des Sonnenuntergangs wird durch
die zwei Schläge des Mittags getheilt und Mitternacht wird durch
4 Schläge bezeichnet als das lautere Ende von 44 vorhergehenden.
Wie die birmanische Construction die entgegengesetzte der unsri-
gen ist, so beginnen sie auch die Kreise von der entgegenge-
setzten Seite und sclireiben unter der Linie statt darüber. Beim
Ausgehen kam ich durch eine festlich mit Teppichen behangene
Strasse und in der Mitte war ein von Zweigen gebildeter Gang
für die Priester mit Tüchern belegt. Auf der Yerandah birmanischer
Häuser sieht man oft Hähne angebunden, um für Wettkämpfe zu
dienen. In der Nähe des Dorfes Phaya-gelay sitzt Kin-Nat-gyi,
um die Strasse zu bewachen, mit gekreuzten Beinen in der Stel-
lung Buddha's, aber mit einem Haarknoten und Ohrringen, ein
Schwert in der Hand haltend.
Die armepische Gemeinde in Mandalay, so klein sie
war, w^ar damals in Spaltungen zerrissen. Ein ehrwürdiger Bi-
schof hatte seine Erscheinung gemacht, mit langem Bart und
Die armenische Gemeinde. 119
weitem Talar, vom Patriarchen von Etsehmiadzin geschickt und
mit Briefen dieses höchsten Papstes versehen. Solche reisende
Priester ziehen seit den ältesten Zeiten, wo sie die Kirche St. Tho-
mas gründeten , vielfach in Indien herum , und besuchen dann
auch mitunter ihre bis nachBirma weiterhin versprengten Brüder.
Die Freude und Begeisterung, einen so heiligen Herrn unter sich
zu sehen, war gross in den Häusern der Armenier. Täglich
nahm er den Ehrenplatz an der Tafel meines Wirthes ein, die von
Allem strotzte, was Küche und Keller Bestes auftreiben konnte,
die Frauen wetteiferten mit einander ihn zu bedienen, alle seine
Wünsche errathend, und schliesslich, mit reichen Geschenken wohl-
beladen, kehrte er nach Kangun zurück, um sich nach Calcutta
einzuschiften. Die Abschiedsthränen waren kaum getrocknet, als
Bischof No. 2 seine Erscheinung machte, noch länger an Bart und
Talar, noch salbungsvoller in Sprache und Geberde. Die Heerde der
frommen Schafe stutzte und um so mehr, als der neueHirte seinen
Vorgänger verketzerte, ihn einen Apostaten und Betrüger nannte,
seine Papiere für gefälscht erklärend. Das Lager theilte sich
jetzt in zwei Parteien, und während sie sich feindlich gegenüber-
standen, kam der frühere Bischof zurück, der sich noch etwas
Taschengeld für die Ueberfahrt von Kangun nach Calcutta holen
wollte, und es Schade gewesen wäre, die schon zusammengepackten
Geschenke wieder anzubrechen. Für einige Tage herrschte pein-
liches Schweigen und Dunkel lagerte auf der Zukunft, dann sah
man plötzlich die beiden frommen Herren Arm in Arm hervor-
treten und sich gegenseitig mit Complimenten und Ehrenbezeu-
gungen überhäufen, da sie gefunden hatten, dass genug für zwei
zu scheeren blieb, und ein Aergerniss einen bösen Präcedenzfall
hätte abgeben können.
/
Landleben.
Ich hatte während dieser Tage in dem , unmittelbar neben
dem meines Wirthes, gelegenen Hause des Herrn Catschik ge-
wohnt, des armenischen Pächters der Petroleum - Quellen , den
ich in Rangun kennen lernte , und der die Güte gehabt hatte , an
seine Freunde in Mandalay zu schreiben . mich sein leer stehen-
des Haus bewohnen zu lassen. Da es fUr eines der besten in der
Stadt galt, wunderten sich dieselben sehr, dass ich es nur provi-
sorisch occupiren wollte und fortfuhr, nach einem anderen Logis
zu suchen. Indess waren es mancherlei Gründe, die mich dazu
bewogen. Mein Besuch Birma's hatte zum vornehmsten Zweck
das Studium des Buddhismus ; aber ich hatte doch aus vielfachen
Gesprächen in Rangun so sehr die hohe Wichtigkeit einer Wieder-
aufnahme des alten Landweges nach China via Bhamo erkannt,
dass ich meinen Aufenthalt im Lande gerne zugleich für einen
kurzen Ausflug durch die angrenzenden Gebiete benutzt hätte.
Solche Unternehmungen waren, wenn beabsichtigt, immer ver-
eitelt worden, weil Ausländern*) von dem Könige, der ihr Freund
nicht ist — und aus sehr natürlichen Gründen — , nicht erlaubt
wurde über Mandalay hinauszugehen und sie nur bis zu dieser Stadt
in sein Keich eingelassen waren. Nur dem Chef der französischen
Mission, Bischof Bigandet, und dem englischen Missionär Kin-
*) No foreigners (sagt Hanuay), excopt the Chinese, are allowed to navigatc
the Irawaddi above the choki of Tsampaynago and no native of the couotry even
is permitted to proceed above that post, excepting under a special license frora
the government.
Reiseverbot. 121
caid war es gelungen, einmal bis Bhamo vorzudringen. Weiter-
hinaus sollten noch die Unruhen in Yunan, zwischen Mohame-
danern und Buddhisten, ein grosses Hindemiss sein, derentwegen
auch die sonst jährlich die birmanische Hauptstadt besuchende
Caravane oftmals ausblieb.
Die Abneigung des Königs kennend (die jetzt durch den
Friedensschluss hoffentlich beseitigt sein wird), hatte ich gedacht,
in Mandalay ruhig fUr einige Zeit zu verweilen, bis ich der
Sprache völlig mächtig wäre , und dann unerkannt, oder wenig-
stens unauffällig, weiter zu reisen. Ein eigentliches Verbot be-
stand nicht, aber der Fragende war sicher abschläglich beschieden
zu werden. In diesen Plan konnte mir meine damalige Wohnung
nicht passen. Nicht nur wurde ich beständig um medicinische
Besuche angegangen und dadurch von meinen sonstigen Beschäf-
tigungen abgezogen, sondern ich wurde auch viel bekannter, als
mir lieb war. Das Haus des Herrn Ter-Minas war schon an
sich der Sammelplatz der Armenier, und viele vornehme Birmanen
kamen auch oft Geschäfte wegen dahin. Vater Abbona, das Haupt
der katholischen Mission, Herr Camaretta, der portugiesische
Minister des Königs, und der sogenannte Kalawun, d. h. ein
Armenier, der von dem Könige als Consul der Fremden bestellt
war, gaben mir beständig Winke , dass es passend sein würde,
beim Könige um Audienz zu bitten , und bei weiterem Drängen
würde ich keine passenden Ausflüchte mehr gefunden haben, ihr
zu entgehen. Und dem Könige bekannt zu werden, war gerade,
was ich zu vermeiden wünschte. Nachdem ich ihn einmal ge-
sehen und von ihm gehört hätte, dass Reisen im Norden ihm nicht
lieb sei, wäre die Ausführung nur schwieriger geworden. Ich
glaubte nun , wenn ich mich in einem abgelegenen Dorfe in der
Umgegend Mandalay's einquartierte und mich dort still verhielte,
dass nach einiger Zeit mein Dasein wieder aus dem Gedächtnisse
verschwinden würde, und ich hatte deshalb schon seit länger
meinem Diener dahin gehende Aufträge gegeben und war selbst
oft mit ihm in der Nachbarschaft umhcTgestrcift, um eine passende
Ix)calität zu finden. Ich fand sie schliesslich auch, aber die Sache
wendete sich in einer sehr verschiedenen Weise.
122 Landleben.
Wenn ich mit den mir bekannten Herren in Rangun über meine
Beise gesprochen, hatte ich natürlich nie Bedenken getragen, meine
An- und Absicht darzulegen und zu erwähnen, dass ich vielleicht
nicht nur nach Mandalay, sondern noch darüber hinaus gehen
wUrde. Diese Bemerkungen, obwohl von mir immer nur unter
hypothetischen Voraussetzungen gemacht, waren bei dem grossen
Interesse, das damals die chinesisch-birmanische Frage besass,
in die Lokal])lätter übergegangen, um vielfach besprochen zu
werden , und mit der in solchen Fällen gewöhnlichen Courtoisie
war mir nicht nur mehr zugeschrieben, als ich gesagt hatte, son-
dern auch gar nicht gezweifelt, dass Alles ausgeführt werden
würde. Aber gerade dieser Eifer hat mir geschadet und die
ganze Sache vereitelt, obwohl ich noch jetzt den Herren gerne
meinen verbindlichen Dank für ihr bezeigtes Interesse sage und es
um so aufrichtiger kann, weil die veränderte Richtung, die meine
Untersuchungen in Birma und Hinterindien dadurch schliesslich
gewannen, mir jetzt vollere Befriedigimg gewährt, als vielleicht
durch Einhaltung des früheren Planes erreicht worden wäre.
Die Blätter Rangun's nämlich posaunten etwas stark über die
Reise nacli dem oberen Irawaddi bis China, und während ich mög-
lichst unerkannt und unbekannt durchj\landalay zu passiren hoffte,
wurden dem Könige im Paläste diese Zeitungen, die er sich schon
seit einiger Zeit regelmässig kommen Hess, übersetzt vorgelesen
und hatte er mich schon auf der Heraufreise mit Argus- Augen verfol-
gen lassen, da er nach dem Gehörten etwas Besonderes vermuthete.
Gerade meine Zurückgezogenheit inMandalay, woEuropäer, damals
noch als seltene Gäste, meist in den ersten Tagen sich dem
Könige vorstellen Hessen, musste um so mehr auffallen. Und als
ich schliesslich , was noch kein Europäer gethan , von Mandalay
weg in ein kleines Dorf zog, da mochte allerdings der König
vielleicht glauben, was, wie ich in Petermann's Mittheilungen las,
in Rangun gesagt sei , dass er es mit einem Spion zu thun habe,
oder gar eine gefährliche Conspiration wittern. Hätte ich ge-
wusst, wie die Sachen standen und dass der König von Allem durch
die Blätter unterrichtet war, so wäre natürlich das Einfachste
gewesen , sogleich um eine Vorstellung nachzusuchen und direct
Mieth-Wohnung. 123
die Erlaubniss von ihm zu erbitten. Auch im Verweigerungsfalle
würde sieh dann vielleicht später ein Mittel gefunden haben.
Unter den bestehenden Umständen war mein Operationsplan der
allerverkehrteste und hätte zu bedenklichen Folgen führen können,
aber der Fehler in der Combination war verursacht durch Ein
Uebersehen in den verwickelten Progressionsverhältnissen, wo-
durch die Civilisation ihre Umgebung beeinflusst, durch das Ueber-
sehen der Möglichkeit, dass im Jahre 1860 der goldfüssige Herr
des weissen Elephanten eine englische Zeitung läse.
Meine Bemühungen, eine passende Wohnung nach meinem
Wunsche zu finden, blieben lange erfolglos. Ich wanderte mehrere
Tage mit Moung Schweb in der Umgebung Mandalay's umher,
aber die von den Birmanen bewohnten Häuser sind nur selten
solcher Art, dass ein Europäer überhaupt daran denken könnte,
sie zu bewohnen, und wenn immer wir ein Gebäude von besserem
Aussehen bemerkten, so erwies es sich stets als ein Kloster, oder
eine sonst mit den religiösen Instituten verknüpfte Structur. Bei
der Rückkehr von einer Excursion am Schwesatta-kyaung (-Bache)
stiess mir indess eines Tages an dem Aussenende des Kabain ge-
nannten Dorfes ein kleines Haus auf, das in einem schattigen
Gartenhofe lag, und das nette Aussehen hatte, wie es den Bambu-
häusern eigen ist, so lange sie funkelnagelneu sind. Und so
war es auch, wie ich von dem Eigenthümer hörte, der es erst
selbst seit einigen Tagen bewohnte. Mein Vorschlag zur Miethe
kam ihm etwas sonderbar vor, doch als er den angebotenen Preis
und von Vorschuss hörte, quälte er sich mit keinen unnöthi-
gen Scrupeln und schlug ein. Auf dem Hofe standen noch drei
kleine Hütten, von eingemietheten Familien bewohnt. Wir kamen
tiberein, dass er die eine für sich selbst nehme , und dass die
übrigen beiden , nachdem wir den Inwohnern ein anderes Logis
verschafft haben würden , niedergerissen werden sollten , um zu
dem etwas beschränkten Hause noch ein zweites anzubauen.
Jetzt glnubte ich mich am Ziele meiner Wünsche. Das Haus
lag in der Nähe eines prinzlichen Lustparks, der nie benutzt wurde
und deshalb Jedem zum Spaziergang oflFen stand. Der Fluss
strömte bei dem Dorfe vorbei , und die Aussicht auf den Luxus
124 Landleben.
eines täglichen Flussbades würde mich allein bestimmt haben
dort zu wohnen. Dann aber stiess das Haus unmittelbar an die
Mauer des Klosters, und da ich von dem gelehrten Abte des
Klosters in Kabain schon mehrfach hatte sprechen hören, konnte
mir keine Nachbarschaft erwünschter sein.
Nachdem wir Alles durchgesprochen hatten , ging ich nach
Mandalay zurück und schickte einige Tage darauf, als meine
Einrichtungen besorgt waren, Moung Schweh nach Kabain, um
meine bevorstehende Ankunft anzuzeigen. Er sagte mir bei
seiner Rückkehr am Abend, dass der Hausherr ihn etwas bedenk-
lich empfangen und bemerkt habe , dass der Thougyi Einsprüche
gemacht hätte. Er sei deshalb selbst mit nach dem Hause des
Thougyi (des Dorf-Aeltesten) hingegangen, habe ihn aber abwesend
und nur seine Frau dort gefunden. Als er dieser sein Anliegen
vorgetragen , hätten die übrigen Bauern , die bei ihr in der Stube
gewesen, darüber berathen, und ihn dann gefragt, ob sein Herr
ein guter Mann sei, ob er nicht zänkisch sei, ob er sich nicht
betrinke, ob er nicht Prügeleien anfange, und nachdem er ihnen
über Alles das befriedigende Auskunft gegeben , hätten sie ge-
sagt: Wenn er brav ist, lasst ihn kommen, er mag bei uns wohnen
und wir wollen ihn schützen.
Dieser Bericht war nicht ganzTiach meinem Sinne, und mir
kam eine Vorahnung, dass nicht Alles in Ordnung sei; indess
ich hatte mir schon die Vortheile des dortigen Aufenthalts zu ver-
führerisch ausgemalt, als dass ich jetzt zurücktreten konnte. Am
nächsten Morgen früh schickte ich den Koch mit ein paar Karren,
die mit dem Gepäck und den nöthigen Sachen der Haushaltung
beladen waren, voran, und folgte im Laufe des Tages mit Moung
Schweh; aber als wir Nachmittags hinkamen, war das Haus noch
leer. Die Wagen hatten sich verirrt oder festgefahren und langten
erst spät Abends an, nachdem ich den heissen Weg nach Mandalay
zweimal hin und zurück hatte machen müssen, um sie zu suchen.
DerHauseigenthümer half beim Einrichten und brachte dann
noch ein paar Naclibarn herbei, mit denen die halbe Nacht hin-
durch Cigarren geraucht, Thee getrunken und geschwatzt wurde.
Einer derselben war bereit am nächsten Morgen nach einem ein
i
Das Landhaus. 125
paar Meilen entfernten Dorfe zu gehen, wo er wusste, mir den
nöthigen Bedarf an Hühnern und Eiern schaffen zu können, die es
in der Nähe Mandalay's schwierig war aufzutreiben. In dem so
nahe bei demKloster gelegenen Dorfe Kabain würde gar keine Hoff-
nung auf Einkauf gewesen sein. Die Anderen erinnerten ihn zwar
daran, dass er am andern Tage nach der Musterrolle an dem durch
öffentliche Arbeit des Königs zu grabenden Canal mit eintreten
müsse, aber er hatte keine Sorgen, und meinte, dass er schon fort-
laufen würde. Der Hauseigenthümer hatte verschiedene alte Bücher
aus seinen Erbstücken zusammengesucht, über die hin- und her-
gesprochen wurde und die Gesellschaft brach erst spät auf. Zur Be-
leuchtung der Häuser dienen Fackeln oder Feuerbecken, doch wer-
den auch irdene Lampen gebraucht, mit Pflanzeumark als Docht.
Am nächsten Morgen kam der Hausherr mit langem Gesicht
und fragte, ob ich einen Erlaubniss- oder Wohnungsschein habe,
der Dorfschulze hätte darum anfragen lassen. Ich sagte ihm, dem
Schulzen zu antworten, dass ich keinen brauchte. Der Thougyi
aber schickte nochmals, zufügend, ich sei von der Seite des
Feindes (nach birmanischer Ausdrucksweise) und müsse mich
legitimiren. So, um diese Quälereien los zu werden, Hess ich
ihm sagen , ich würde das nächste Mal , wenn ich nach der Stadt
ginge, mich bei der betreffenden Behörde nach den gewünschten
Papieren umsehen. Jetzt solle er mich ungeschoren lassen.
Ich sah mir zunächst meine Residenz genauer an. Unter
einem Strohdache im Hofe stand eine Figur Gautama's, und unter
einem Otsa-Baume war ein Palin oder Opfertisch (ein rohes
Brett) hingestellt für den in den Zweigen wohnenden Dämon.
Zum Hause führte eine hohe Treppe und seitlich, wo sich
die Dienerschaft eingerichtet hatte, waren Vorbereitungen zum
Kochen getroffen. Sonst wird dafür ein mit Erde gefüllter
Kasten in eine Zimmerecke gestellt. Die Seiten zwischen den
Pfosten des Hauses werden bei den Aermeren yon Matten ge-
bildet, während bessere Wohnungen aus Plankenwänden be-
stehen. DerFussboden ist aus Rohrstreifen gebildet, mitOeffnun-
gen dazwischen. Dem Eingange gegenüber liegen Teppiche
zum Sitzen und bei Vornehmen ist das Haus in verschiedene Ge-
maeher (aber alle auf derselben Flur) abgretheilt gewöhnlich von
einer bedeckten Verandab ura^ben, zu der die Aus$entreppe
fthrt. Da» billigste Dach wird aus langem Gras gebildet, mit
Battan befestigt. Zur bessern Bedeckung breitet man Atapa-
Blatter anf Planken aas, die äY>ereinander greifen. Der Reis
wird in jedem Hause taglich in der nöthigen Quantität vorbereitet
dnrch einen langen Hebet, der mit dem Kopfe in ein in die Erde
gegrabenes Loch fällt und am andern Ende durch den Fuss eines
darauf stehenden Mädchens bewegt wird.
Ich empfing den ganzen Tag über Besuche und brauchte«
mit dem bei Idiotismen nachhelfenden Moun^r Schweb an der
Seite, nur zuzuhören, und mir Cigarren reichen zu lassen, um
dem besten Erzähler mitzutheilen, der dann mit demuthsvoll ge-
falteten Händen das Geschenk in Empfang nahm.
An den vier Festtagen des Monats kommen dieXats (Götter)
zur Erde nieder und wandern unter den Menschen umher, um nach-
zusehen, ob sie auch ihre Keligiouspfiichten erfüllen, die Zayat
und Kyaung besuchen. An den beiden hauptsächlichsten, dem
Labye und Lagoe, kommt der Thagjia (der Götterkönig) selbst
herab, und deshalb muss man sich an ihnen besonders eifrig
zeigen. Auch sieht man dann die Frommen mit einem Stock
tiber den Schultern, woran auf beiden Seiten die Gaben hängen,
nach den Klöstern ziehen, wo der Erbauer oder Verschönerer des-
selben oder der Pagode besonders geehrt wird. Einmal im Jahre
wird zu seinen Ehren ein Fest abgebalten. Mein Koch erhielt die
ihm nützliche Mittheilung, dass in der Nähe einige Häuser der
Kathay lägen, die im Flusse fischten. In dem Dorfe Bon-o-joa
wohne ein Kathay-Pungyi, in dessen Tempel sich Figuren von
Mahabine und Gopala fänden. Die Kathay stellen Beis und
Wasser auf einen Paling (Opfertisch) vor die Pinseng -Pflanze,-
die die Birmanen in ihrem Curry essen, und enthalten sich des
Genusses derselben. Es sei die Sitte (tonzon) der Kathay, nicht
von einem Teller, sondern von Blättern zu essen.
Da es während des Vormittags regnete, wurde bemerkt, dass
in diesem Monat Kegen bedeute, dass der König in den Krieg
ziehen wUrde. FUrdieKeisernte ist er ungünstig. Die vierNakan
Bie Religion des Sklavensinnd. ' 1^7
oder Ohren des Königs müssen bei den Gerichtsverhandlungen
gegenwärtig sein, um Jenem nachher zu raportiren. Mit grosser
Verehrung wurde von dem JahandaimKyaungyi gesprochen, der im
Tao-kyaung oder Waldkloster lebe und zeitweilig dorthinkomme.
Während diese Landleute dasassen, und auf meine Habselig-
keiten schauten, wo ihnen jeder Gegenstand, schon der Bleistift
und die Scheere, Gelegenheit znm Staunen und Verwundem gab,
hörte ich sie davon sprechen, welche Ansammlung von Verdien-
sten zurProduction aller solcher Schätze nöthig gewesen, welche
Quantitäten von Reis in früheren Existenzen den Pagoden und
Klöstern dargebracht worden sein müssten. Diese Anschauungs-
weise ist es, die die Buddhisten zu Sklaven Völkern macht, über
die ihre Könige im wahren Sinne von Gottes Gnaden regieren
und eingesetzt sind. Man ist reich, mächtig und gross, weil man
früher fromm und gut war, man hat also das Recht zu herrschen
und verächtlich auf das niedrige Gesindel herabzublicken. Der
Arme ist ein Lump und fühlt sich als solcher, in seines ganzen
Nichts durchbohrendem Gefühle. Freilich handelt der Tyrann
nicht tugendhaft, wenn er ihn misshandelt, und vielleicht mag er
in einer späteren Existenz gestraft und zum Sklaven seines dann
in einen König verwandelten Sklaven werden, aber Inder jetzigen
hat er das volle Recht zum Misshandeln und Schinden, wenn es ihm
so beliebt. Er geniesst jetzt die Früchte seiner früheren Tugenden,
und nachdem er sich vielleicht früher manche Existenzen hin-
durch gequält und kasteiet hat, darf er sich nun auch einmal ein
Vergnügen gönnen. Ausserdem da er die Mittel und Reichthümer
besitzt, ist es ihm immer leicht, allen seinen Sünden wieder so
viele gute Werke beizufügen und sie dadurch aufzuwiegen, dass
die Balance schliesslich doch zu seinem Vortheil fällt. Für den
Armen dagegen ist dies sehr schwer. Er hat nur wenig den Mön-
chen und Tempeln zu geben, ja er hat vielleicht, um sein er-
bärmliches Dasein vom Hungertode zu retten, Vögel zu schiessen
oder Fische zu fangen und wird dann vorläufig nach seinem Tode
erst nochmal für einige Millionen Jahre in die Hölle plumpsen, ehe
es ihm ermöglicht ist, sieh wieder aus solcher Tiefe allmälig zu einer
Existenz emporzuarbeiten, wo spärliches Verdienst zusammen-
.- » «.IT
128 Landleben.
gesammelt werden mag. Immer kaDn ulier seine Hoffnung nur
auf die Zukunft gerichtet sein. Aus dem früher gesäeten Samen
ist in der jetzigen Existenz das Unkraut erwachsen und wird in
ihr auch Unkraut bleiben. Der Keim zu höherer Veredlung mag
gelegt werden, aber er wird erst in einer neuen Ernte zur Reife
kommen. Die einzige Rettung bietet sich in der Mönchsweihe
und wer sich stark genug glaubt, die Sinnlichkeit in sich nieder
zu kämpfen, nimmt deshalb gern seine Zuflucht hinter den Kloster-
mauern. Die den Buddhisten, trotz ihres ausgedehnten Gebotes
der Nicht -Verletzung, oft vorgeworfene Gefühllosigkeit gegen
Menschen und Thiere erwächst aus demselben Priucip apathischer
Anerkennung des factisch Bestehenden, in dessen Entwicklung
mitzuwirken das Selbstvertrauen fehlt. Ein Haufe Birmanen mag
lachend am Ufer stehen und einen Mitmenschen mit dem Ertrinken
ringen sehen, ohne dass Jemand die Hand zur Rettung rühren
wird. Er erblickt vor seinen Augen nur den Gang des Fatums,
in das einzugreifen er nicht verpflichtet, und vielleicht nicht ein-
mal berechtigt ist.
Von der nahegelegenen Pagode Sudaunpieh neben dem
Nat-Tempel in Taungbiongmyoh, das ich schon besucht hatte,
wurden lange Geschichten erzählt. Noatasa, der König von
Pagan, Hess grosse Backsteine verfertigen, woran tausend Men-
schen zu schleppen hatten, und bestellte dann an jeder der Seiten
tausend Mann zum Arbeiten. Als Aufseher ernannte erden weisen
Yansitta, den Sohn eines Naga (Drachen), den schnellfUssigen
Ix)nlaepae, der in einer Minute tausend Palmen erklimmen konnte,
den Helden Yanoupieh, der unter jedem Arm* 500 Balken trug,
und den starken Athouaeju, der binnen einer Stunde hundert
Morgen Land mit einem Paar Ochsen zu pflügen vermochte, und
ausserdem die beiden Brüder Schwebingyi und Schwebingnay,
die Söhne des Kala Biatta mit der Ungeheuerin (Belu)Sandamuki.
Diese Luzunggaun der Birmanen erinnern an die altiranischen
Pehlewan, mit deren Namen, wie Mordtmann bemerkt, im Orient
jetzt Ringer und Kunststückraacher bezeichnet werden. Als die
Pagode fertig war, kam der Kiinig, um sie zu' besichtigen, und
sah zwei kleine Steine fehlen, an der Stelle^ die dem Brüderpaar
Dämonen-Verehniog. 129
übertragen war, uod befahl sie zu tödten, aber man versuchte ver-
gebens ihre Körper zwischen grossen Steinen zu zermalmen , da
die Brüder die Kunst des Fliegens verstanden und unverletzt
zwischen den Steinen oder darum herum wegschltipften. Der
König, ärgerlich, verhöhnte sie, dass sie den Tod fürchteten
und versprach ihnen das Leben zu schenken. Sobald er sie aber
in seine Gewalt bekommen hatte, liess er sie dennoch hinrichten.
Die Seelen der Ermordeten gingen in Dämone über, und als der
König zurückkehren wollte, hielten sie sein Boot fest, und er
konnte nicht von der Stelle, bis er zu ihren Ehren einen Nat-
tempel erbaut hatte, für dessen Unterhalt er das Dorf Toungbioh
mit allem umliegenden Territorium an Feldern und Gärten an-
wies. Der jetzige König hat den Götterwagen und die Insignien
der Königswürde fortnehmen lassen, aber obwohl er die Natfeste
verboten hat, werden sie doch noch, wenn auch wenigerglänzend,
gehalten. Der Erzähler dieser schrecklichen Begebenheiten war
erkältet und wurde mehrfach durch Niesen unterbrochen, er hielt
dann inne und murmelte erst einige Gebete, ehe er im Vortrage
fortfuhr. Die Nat unter dem Sakhya-min empfangen dje Ver-
ehrungen eines Heroen -Dienstes, mehr den Dämonen , als Göt-
tern entsprechend. Wie die Tengri der Mongolen zugleich die
Himmel und ihre Bewohner bezeichnen, meint Qura oder Sura
himmlisch (svar der Himmel) und dann die Sonne. Die Helden
werden so genannt (sagt Lassen), weil sie, wenn sie im Kampfe
fielen, den Svarga, den Himmel des Götterkönigs, zum Wohnsitz
erhielten. Auch Chormusda versammelt sie in seiner Walhalla.
Indra wird denen, die in der Schlacht fallen, die Welten ver-
leihen , in denen alle Wünsche erfüllt werden. Den (^^urasena
besonders schreiben die Griechen die Verehrung des Herakles zu.
Am Nachmittage ging ich nach dem nahegelegenen Kloster,
und fand in dem Abte einen wohlunterrichteten Gelehrten, der
mir eine früher erhaltene Liste von den Pali- Namen der sechs-
undzwanzi^ Buddha's in's Birmanische übersetzte. Ein Laie, der
zum Besuche bei ihm war, erzählte, dass man in Rangun Figuren
aus der Knoehenasche der verbrannten l^eichen mit Lehm zu-
sammenknete, um darüber Pagoden zu errichten, aber der Mönch
ÜMtUn, OataaleB. U. 9
130 Laodleben.
tadelte dicÄes Verfahren und sagte, solche dürften nicht Pagoden
genannt werden.
Dieser Abt gehört zu den gelehrten Priestern, die zu be-
stimniten Zeiten in regelmässiger Reihenfolge im Palaste auf-
warten müssen, um dem Könige Nachts vorzulesen. Der Kloster-
garten zeichnete sich durch eine Mannigfaltigkeit verschiedener
Fruehtbäume aus, die zum Theil durch besuchende Mönche aus
den Schanländem dahin gebracht waren. Einer der Zayats war
zu einer Schreibstube eingerichtet, woI*alibücher auf Palmblätter
eopirt wurden.
Am Abend war wieder grosse (Gesellschaft in meinem Hause.
Die Reisfelder gehören den Dorfleuten , die sie unter ihre Söhne
vertheilen. Der Zuckersaft der Palmen, die Eigenthum des Kö-
nigs sind, wird nach dem Kochen auf Flaschen gezogen. Der
Saft würde noch an demselben Tage gäliren, hält sich aber nach
dem Kochen für 2— 3 Tage und als Zucker noch länger. Aus
der männlichen Palme, die nur für 15 Tage zur Zeit Saft liefert,
wird derTabia genannte Zucker verfertigt und aus der weiblichen
der Taniet-Zucker. Ackerland ist in Peh's getheilt und das Ernten
geschieht mit der Sichel. In den überschwemmten Flächen dient
(wenn man sich nicht mit dem Tebertreiben von Ochsen oder
Büffeln begnügt) nur die Hacke und Haue oder Vorbereiten des
Bodens, doch sieht man mitunter auch einen Pflug im Gebrauch,
der aber nur 3- 4 Zoll einschneidet, so wie vielleicht eine Egge.
Statt den Samen auszuwerfen, ziehen die Karen gewöhnlich
vor, ihn bei einer Höhe von etwa sechs Zoll in Beete zu verpflan-
zen. Die Baumwolle wird im Durchziehen zwischen zwei ( ' vlinder,
die sich gegen einander drehen, gereinigt. Das Deckblatt ftir
den losen Tabak der Cigarren wird besonders vom Thinpaung-
oder Thinnet-Baum genommen.
l 'nter den hinteren Reihen der Besucher sah ich meinen dienst-
willigen Freund von gestern , der in einen Putzo gewickelt und
in eine dunkle F2cke gedrückt, etwas trübselig aussah. Das AVeg-
laufen, von dem er am Tage vorher so leicht gesprochen, war ihm
bös bekommen. Die Aufseher am Canalbau hatten ihn erwischt und
ihm so viele Kattanhiebe aufzählen lassen, dass ihm die Lust zu
Der Myowun. 131
weiteren Versuchen verging. Als ich ihm aber von der zurückge-
stellten Einkaufssumnic einen Theil als Schmerzensgeld Uberliess,
fühlte er sich erleichtert, denn nach birmanischer Sitte würde er
eher eine zweite Tracht erwartet haben, Weil er den ihm gegebenen
Auftrag nicht ausgeführt. Dieser Canal , für dessen* OeflFnen das
ganze Aufgebot der königlichen Arbeiter einberufen war, sollte
dem Wassermaugel in Mandalay abhelfen und war schon von
früheren Königen versucht, aber nie geglückt.
Bei allen Arbeiten gebraucht der Birmane als stets ange-
messenes Werkzeug den Dah oder das Waldmesser, mit dem er
Bäume umhaut und zierliche ScThnitzereieu ausführt, Häuser baut
und Zahnstocher schneidet. Was für den Araber die Palme, ist in
IMrma der Wah oder Bambu (Arundo bambus). Es giebt davon
eine Menge von Varietäten und sein Holz dient für alle möglichen
in den Häusern oder auf den Böten gebrauchten Gegenstände.
Auch das Rattan (Kyein) genannte Rohr ((Mamus) ist in viel-
facher Weise zu benutzen. Die Birmanen verstehen dasselbe sehr
fein zu schneiden, und machen daraus niedliche Arbeiten, wie Betel-
und andere Dosen, die sie mit ihrem glänzenden Fi rniss bedecken
und darauf bemalen. Die I^öte sind meistens aus einem Baum-
stamm gehöhlt. Die Karren werden ganz ohne Nägel hergestellt.
Der Thougyi schickte am nächsten Morgen aufs Neue , um
nach den Papieren zu fragen. Ich merkte jetzt, dass etwas An-
deres dahinter stecken müsse, denn aus sich selbst würde ein
einfacher Dorfbeamter es nicht gewagt haben. Auf meine Er-
widerung, dass ich ja vor dem Kommen habe anfragen lassen,
hatte er die Ausflucht, dass seine Frau nichts davon verstehe
und schon ihre Lection erhalten habe. Er selbst sei damals ab-
wesend gewesen. Ich Hess ihn fragen, von welcher Behörde er
die Papiere ausgestellt wünsche , und er nannte mir einen der
Myowun (Süidtgouverneur) Mnndalay's als seinen Oberen, von
dem er eingesetzt sei. Da ich in Mandalay Besorgungen hatte,
sprach ich bei dem Myowun vor, dessen Haus in dieser (Jeschäfts-
stunde mit Menschen gefüllt war. Er selbst sass in seinem Zimmer
auf dem Teppich der Balustrade, wo Schreiber und Polizisten,
Kläger und Angeklagte , Zeugen und Vcrthcidiger auf Händen
9*
132 Landleben.
und Füssen vor ihm umlierkrochen. Nachdem er mich neben
sich liatte Platz nehmen und den kleinen Tisch mit Betel , Thee
und Cigarren hatte hinstellen lassen, trug ich ilim meinAnliegeu
vor. Seine Frau war unterdess auch herzugekommen und lag
an seiner Seite, den Verhandlungen zuhörend. Er gab nach der
den Birmanen geläufigen Art gleichgültiger Verstellung keine
bestimmte Antwort, sondern sagte, dass er doch Kabain besuchen
müsse, um die Canal-Arbeiten zu besichtigen, und dass er dann
selbst sehen würde, wie die Sache läge. Als ich Abends zurück
kam, war der Myowun schon im Hause gewesen. Mein Hausherr
sowohl, als auch der Koch , schienen sich von dem Schrecken,
den ein so hoher Besuch in diesem Lande einzuflössen pflegt,
noch nicht erholt zu haben. Er war noch im Dorfe und kam bald
wieder zurück, mit dem langen Schwanz seines Gefolges und
unter dem Vortrage von Fackeln, da es schon dunkel geworden
war. Der kleine Hof füllte sich bald mit Schirm- und Schwert-
und Standartenträgern , mit Polizisten, mit Reportern und mit
Nichtsthuern, der Myowun selbst aber, nebst den Dienern , die
mit der Beteldose, den Cigarren und den Wasserkannen betraut
waren , stieg zu meinem Zimmer hinauf und nahm dort Platz.
Er wolle sich jetzt in Müsse meine Wundersachen anschauen,
denn solche besitzt in Birma jeder Europäer. Mit viel hatte ich
mich nicht versorgt, aber ein paar mechanische Spielwerke, eine
Musikdose, eine Electrisirmaschine, die Revolver, und selbst
Uhren, Operngläser, Gewehre, Säbel u. s. w. genügten doch zu
seiner liiterhaltung, und dann liebte er auch, wie jeder Birmane,
in der Mediciukiste umherzukramen, mit deren vernachlässigtem
Zustande er als Kenner sehr wenig erbaut gewesen sein würde. Am
liebsten hätte er alle diese Ouriositäten nicht nur angeschaut, son-
dern auch sich angeeignet, und selbst die Arzneien alle mit Freuden
verschluckt, wenn ich sie ihm anempfohlen hätte, doch musste er
sich vorläufig mit Thee und Gebäck begnügen, dessen L'eber-
bleibsel von seinen Leuten eingepackt wurden. Vom Hause meinte
er, dass die Wohnung durchaus nicht passend sei, als Diebstählen
und Räuberanfällen ausgesetzt. Wenigstens müsse ein Wacht-
posten aufgestellt werden und des^sen tägliche Ablösung würde
Consular-Depesche. 133
bei der weiten Entfernung der Stadt auch seine Schwierigkeiten
haben. Als ich ihm die Vortheile derselben rühmte und das
Risico mit meinen WaflFen übernehmen wollte, gab er weiter
keine Antwort, sondern sagte nur, dass er noch am nächsten
Tage weiter sehen wUrde, weil er die Kacht in Kabain zu ver-
bleiben habe. Er war ein fetter, runder, lustiger Herr und wir
unterhielten uns recht gut, nur dass seine Begriffe über Eigen-
thumsrechte in der Ausbildung etwas v.ernachlässigt schienen. '
Am andern Morgen ging ich nach dem Hause des Thougyi,
wo derMyowun Hof hielt und Recht sprach. Er sass unter einem
grossen Gemälde, auf dem ein Verbrecher ausgepeitscht und ein
anderer zur Hinrichtung geführt wurde, und machte mich darauf
aufmerksam als das Emblem, dass er das Gerichtsschwert in seiner
Hand halte. Seine noch jugendliche Eheliälfte, die sich vor ihm
hingelagert hatte, schien eben so viel zu verstehen, als ihr Herr
Gemahl, denn sie sprach oft mit ein und dictirte den Schreibern
die Worte oder verbesserte dieselben. Der Mvowun Hess Früh-
stück bringen, in einer Mannigfaltigkeit kleiner Schaalen, die
auf einen tragbaren IHsch gestellt waren, und lud mich zur Theil-
nahme ein. Das Essen wird gewöhnlich in gefirnissten Schaalen
aufgetragen, von denen die breitere, mit Reis gefüllt, die Mitte ein-
nimmt, während eine Zahl grösserer oder kleinerer, mit Fleisch,
Fisch und Eiersaucen gefüllt, sie umgiebt. Die rechte Hand dient
dazu, aus dem Reis einen Ballen zu machen und ihn in den.Mund zu
stecken. In den dünneren Suppen liegen Löffel aus Holz oder Metall.
Als ich nach Hause zurückkam, fand ich einen Boten des
Kalawun, des schon erw ahnten Armeniers, der mit der Aufsicht über
die Fremden betraut war, und einen an mich adressirten Brief. In
demselben theilte mir der Herr Consul, der als früherer Dolmetscher
der birmanischen Gesandtschaft in Frankreich wahrscheinlich
diplomatisch hatte plappern lernen, in etwas hochtrabenden Aus-
drücken mit, dass die birmanische Regierung mit dem höchsten
Erstaunen die von mir gethanen Schritte bemerkt habe, und dass
ich mich unverzüglich von Kabain nach Mandalay zurückzu-
begeben hätte. Ich wusste Anfangs nicht, was ich aus diesem
albernen Schreiben machen sollte , da aber der Bote um Antwort
134 Landleben.
drängte, schrieb ich zurück, dass ich nicht einsähe, weshalb die
Regierung sich um das Thun und Treiben eines einfachen Rei-
senden kUnmiere und dass in meinem an der Grenze erhaltenen
Passe bemerkt sei, dass ich unbelästigt in den Ortschaften längs
des Flusses verbleiben könne.
Am Nachmittag kam ich bei einem an dem Bache gelegeneu
Zayat vorbei , wo der Myowun mit seinem Gefolge während der
Mittagshitze Platz genommen hatte. Er fragte, wann ich nach
Mandalay umzielien würde, und auf meine Antwort, wo möglich
in Kabain zu verbleiben, erkundigte er sich, ob ich nicht einen
Brief des Kalawun's erlialten habe. Da ich meinte, dass das
nichts zu sagen habe, sah er etwas verwundert aus und gab das
Zeichen zum Aufbruch, um selbst zur Stadt zurückzukehren.
Nächsten Tages langte ein anderes Consularschreiben an, von
vier jener brutalen Henkergesichter begleitet, von denen mau
gewöhnlich in den Höfen der Angestellten zur Ausführung ihrer
Aufträge sieht. In demselben war gesagt , dass mein Pass der
Grenze seit der Ankunft in Mandalay alle Gültigkeit verloren
habe, und dass es der Befehl des Königs sei, dass ich Kabaiu
verlasse und meine Wohnung in Mandalay nähme. Ich antwor-
tete , dem Befehle des Königs allerdings nicht entgegenhandeln
zu dürfen, dass indessen die Wohnung in Kabain viele Vortheile
für mich böte, und dass ich ihn ersuche, dem Könige meine un-
terthänigste Bitte vorzutragen, dort verbleiben zu können, da ich
keinen Grund einsähe, weshalb es nicht gestattet werden sollte.
Im Weigerungsfalle würde ich natürlich dem königlichen Willen
nachkommen und nach Mandalay zurückkehren. Als ich den
Brief übergab, waren die Boten nicht damit zufrieden. Sie wollten
nicht ein Stück Papier, sondern mich selbst, und es kostete einige
Muhe, bis ich sie zur Thür hinausgeschoben und weggeschickt
hatte. Die nächste Depesche, die noch denselben Abend einlief,
Hess dann aber keine Wahl. Der Kalawun versicherte sein Bestes
gethan zu haben, aber der König wolle das Verbleiben in Kabaiu
nicht gestatten und würde mich zu einer Audienz rufen. So Hess
ich für den nächsten Morgen Böte bestellen, um dann einzupacken
und mein Sanssouci zu verlassen.
^
Klosterfreiheit. I35
Ich hatte einen Aug;enl)lick geschwankt, ob ich nicht in das
Kh)8ter gehen , wo ich gute Gelegenheit zum Studium gefunden
hiätte, und bei dem doi-tigen Abt ein Asyl suchen sollte, hörte
aber, dass derselbe ohne Erlaubnis« des Thugyi selbst keine ein-
gebornen Novizen ordiniren dürfe und um so weniger Fremde be-
herbergen könne. Eine wirkliche Freistätte, wohin mitunter
Verbrecher für den ersten Anlauf entfliehen, ist nur der von acht
Pfeilern, den Emblemen der Keligion, umstellte Götzentempel im
Innern der Klosterhöfe , der aber für längeren Aufenthalt nicht
gerade bequem wäre. Reisende mögen in den Zayat's, auch wenn
sie innerhalb der Klostermauern liegen, logiren, erlangen aber
dadurch keine Privilegien.
Zum Tode verurtheilte Verbrecher war es Sitte, beim Begegnen
einesPungj'i auf dessen Verlangen frei zu setzen. Früher, erzählt
Sangermano, pflegten die Mönche schaarenvveisaus ihren Klöstern
sich zu versammeln, um die Gefangenen aus den Händen der Be-
amten zu befreien, indem sie unter ihren Kutten einen tüchtigen
Knot^nstock mit sich führten und denselben ebenso geschickt
nach dem Knüppelgesetz zu schwingen wussten, wie ihre palästi-
nischen Confratres in der Kirchenschlacht am ersten Ostertag.
Jetzt erlaubt die Regierung solche Unordnungen nicht mehr öffent-
lich, doch »sind die Klöster noch immer ein Schlupfwinkel, wo die
Spitzbuben für sich und ihre Beute den sichersten Versteck finden.
Mein armenischer Wirth in Mandalay wurde während meines Dort-
seins um eine beträchtliche Geldsumme bestohlen, und da er den
Eifer der geheimen Polizisten mit liberalen Bezahlungen warm
zu halten wusste, so wurde der Thäter aus einem Kloster Ava's
herausgeholt, nachdem er schon eine halbe Woche dort unge-
stört verweilt hatte.
Der konigiidic Palast.
Der armenische Kaufmann, der mich wieder mit der früheren
Freundlichkeit an seinem Tische als täglichen Gast empfing, war
über Alles, was ich that, ziemlich schweigsam, da man in solcher
Nähe des Hofes lernt seine Gedanken für sich zu behalten. Im
Laufe des Gesprächs indess hörte ich bei einer Abendgesellschaft
die englischen Zeitungen im Palaste erwähnen, und dann fing
mir an ein Licht aufzugehen. Jetzt suchte ich so rasch wie
möglich eine Audienz beim König zu erhalten, um aus meiner
schiefen Stellung herauszukommen, und bat Herrn Camaretta es
zu beschleunigen, worauf mir derselbe auch bald mittheilte, dass
ich am nächsten Sonntag empfangen werden würde.
Ich begleitete ihn zu der festgesetzten Stunde zum Palaste
und nachdem wir einige Zeit in den Säulenhallen der Vorzimmer
uraherspaziert waren (natürlich ohne Schuhe, die selbst dem eng-
lischen Gesandten*) nicht erlaubt wurden), zeigte man uns an,
•) Ucber das Ausziehen d«*r Schuhe ist in Kan{?iiii viel hin- und hergespro-
chen worden, nnd ich hörte oft englische Offiziere «ich unwillig darüber äunsein,
dass es geschehen sei. Doch nuisstc natürlich ein Uesandter, der eine friedliche
Mission zu erfüllen hatte, und sie in friedlicher Weise zu Ende zu führen
wünschte, ho weit es thunlich war, der Ktikettc des Landes nachgeben. Yuln
zeigt in einer interessanten Uebersicht , wie die Birmanen allniählig in ihren An-
st^rüchen bescheidener geworden sind. Fieetwood fiel auf seine Kniee und v('r-
beugte sich dreimal schon zum leeren Thron, Baker that dasselbe, Symes nahm
den Hut ab, Cox that einen KniefaU mit Verbeugung, Crawfurd und Phayre
Das Empfangszimmer. 137
dass der König bald erscheinen würde. Das Gemach, wo wir
eintraten, war, wie die übrigen, von rothgenialten und mit
Vergoldungen verzierten Pfeilern getragen. Die schmalen Thüren
waren an den Seiten, gegenüber aber sprang eine, mit einem
Geländer versehene Balustrade vor, zu der man auf einer in der
Mitte angebrachten Tieppe aufsteigen konnte. Die Höflinge
Sassen auf der Erde, mit dem Gesichte gegen die Balustrade ge-
richtet, und als der König aus einer im Hintergrunde geöffneten
Thür hervortrat und auf einem an der obersten Treppenstufe ge-
stellten Divan Platz nahm, warfen sich alle zur Erde nieder, die
üblichen Prostrationen auszuführen, und blieben dann auf Ellen-
bogen und Knieen liegen. Mich hjitte man neben einem der
Pfeiler, etwas abseits von den Uebrigen, aber dem König ziemlich
vis a vis placirt, und keine weitern Vorschriften über dasNieder-
licssi'U es mit dem Ausziehen der »Schuhe an der Treppe bewenden, und dien wird
sich nach der orientalischen Mode auf den Teppichen zu sitzen kaum ohne Un-
höflichkeit umgehen lassen, wenn man nicht den Ausweg finden könnte, nur die
Ueberschuhe zurückzulassen und mit dünnen Schuhen einzutreten. Zugleich
allerdings verknüpfen die Birmanen mit dem Ausziehen der Schuhe eine ähnliche
Respectsbezeigung , wie wir mit dem Abnehmen des Hutes. In vielen Ländern
des Orients dagegen, wo die Audienzen in offenen Hallen oder auch in freier Luft
gegeben werden , erlaubt die Sitte das Zurückbehalten der Kopfbedeckung.
Wenn nun Gesandte solcher Völker auch an europäischen Höfen ihren Kopf be-
deckt lassen wollen, so legen sie sieh bei der eingeschlossenen Luft geheizter Zim-
mer nur selbst Unbequemlichkeiten auf, opfi-rn sich aber wahrscheinlich, wie sie
glauben, dem Interesse ihres Herrn. Der König von Slam zeichnet sich in seinen
Vorschriften über diesen Punkt, sowie auch in andern Sachen, durch seinen ge-
sunden Sinn vor den benachbarten Monarchen aus. Hei einem Besuche in Bang-
kok wurde mir gesagt, dass er von Europäem verlange, nach den Gebräuchen
ihres Landes bei seinem Eintritte aufzustehen, während nach hinterindischer An-
schauungsweise der Niedersitzende in dem vor ihm Stehenden den höhern Rang
anerkennen würde. Die Siamesen sowohl , wie die Birnianen sind liingiM en
Stehens sehr ungewohnt und verharren meist in der hockenden Stellung. Wenn
hei seinen späteren Besuchen der birninnisehe Piin^ lungere Sachen mit mir zu
besprechen hatte, in den Gärten oder in Stuben, wo sich gera'le kein SMihl
fand, so nahm er mich gewöhnlich bei der Hand, um mich gleichzeitig mit sich
selbst niederzuziehen, und hatten wir dann auch d«Mi Vortheil, die Erwiederungen
der auf der Erde liegeuden Begleiter, wenn sie um Erklärungen befragt wurden,
bess^er verstehen zu können.
138 ^cr königliche Palast.
sitzen gegeben, als dass dieFüssevon dem Könige weggewandt sein
mlissten, wie dieses die übliche Stellung*) in Gegenwart jed^s
birmanischen Vornehmen ist, und auch von diesen unter sich
gegenseitig beobachtet wird. Die Priester verbergen die uat^r-
geschlagenen Füsse unter das lange Gewand. Hinsichtlich der
BegrUssung des Königs war das Uebereinkommen getroffen, dass
ich bei seinem Eintreten eine Kopfverbeugung mache, und als ich
zu nichts weiterem bereit gewesen und über das gewünschte
Zusammenlegen der Hände einige Schwierigkeiten erhob, hatte
man sich nach einigen Einwendungen zufrieden gegeben, ohne
besonders dringend auf Einzelnheiten zu bestehen, wie es mit
dem ganzen Ccremonicll überhaupt viel weniger genaugenommen
wurde, als ich nach den von Andern aus ihren Erfahrungen ge-
machten Besclireibungen erwartet hatte.
Der König, neben dem einige seiner jungem Kinder hejum-.
kletterten, fixirte mich eine Zeitlang, stellte verschiedene Fragen
und wünschte dann meinen Reisezweck in Birma zu wissen. Er
wollte, dass ich direct ohne Dolmetscher ihn anreden sollte, aber
bei dem schlechten Birmanisch, das ich damals noch sprach und das
bei meinem kurzen Aufenthalt auch nicht viel besser geworden ist,
wollte ich sein an elegante Phrasen gewöhntes Ohr nicht zerreis-
sen, zumal mir die eigentliche Hofsprache noch ganz fremd war.
Ich fuhr deshalb fort mich meines Begleiters als Organ zu bedie-
nen und Hess durch ihn Sr. Majestät zur Antwort mittheilen, dass
wir in Europa uns bestrebten fremde Länder und Völker kennen
zu lernen, und dass uns besonders die verschiedenen Religionen der-
selben interessirten. Wir hätten bereits eine ziemlich vollständige
Kenntnissder meisten derselben, aber gerade von dem so weit ver-
breiteten Buddhismus fehle es den Gelehrten noch immer an genü-
genden Untersuchungen, und um einen Beitrag zur Abhülfe dieses
*) Le mot paryaprka cxpriino la position d'un liommp, qui ramone vcs janibes
80U8 8on corpf* en los croissant et s'assied ainsi eii teiiant droit le haut du corps
(Bonrnouf). Von Mliosan Fani wird der Padma-asan (Lotussitz) der indischen
Jojji, als mit dem Farni?*hin (glänzender 8itz) der Sipasier gleichartig be-
schrieben.
Die Audienz. 139
Mangels zu liefern, habe es mir am passendsten erschienen, diese
Lehre in Birma zu studiren, als demjenigen Lande, wo sie sieh
am reinsten erhalten hätte. Dem König klang diese Rede gar
lieblich, trotz der Bruchstücke, in die sie durch meinen Dol-
metscher zerfetzt war, denn er ist selbst ein bigotter Zelut seiner
Kcligion und gilt für den tiefsten Kenner der heiligen Tali-Texte
im ganzen Lande. Sein Lehrer war der Pung\ i Usandinah im
Kloster Mengalasanteik. Er sagte, dass es ein verdienstvolles
Werk sein würde, die 8chi3nheitcn des Buddhismus klarer an's
Licht zu fördern, denn dieselben wären von den Fiemden nie
recht geschätzt und gewürdigt; dann fragte er, wie lange ich im
Lande zu bleiben gedenke. Ich sagte , darüber gerade keinen
festen Plan gemacht zu haben, und da ich ihn in so guter Stim-
mung sah, dachte ich einen glücklichen Coup zumachen, und
fügte hinzu, dass es für meine buddhistischen Studien besonders
förderlich sein würde, auch Tagoung, wo alte Buddhabilder
gefunden, und die nördlichen Provinzen des Reiches zu besuchen, ,
und weil ich alle diese später zu bereisen dächte, sich schon des-
halb meine Zeit nicht genau bestimmen lasse. Das war aber
fehlgeschossen, die liebenswürdige Laune war verschwunden,
und der König entgegnete etwas mürrisch, dass das ein Gerede
mit zwei Zungen sei. Wenn man studiren wolle, könne man
nicht reisen. Erst habe ich vom Erlernen der heiligen Bücher
gesprochen und jetzt wolle ich mich im Lande herumtreiben. Ich
wagte auf die altersgraue Vorzeit des hochberühmten Tagoung,
des Stammsitzes des birmanischen Königsgeschlechts, anzuspielen,
und seine Anziehungskraft für einen Forscher; aber der König cr-
wiederte: Ach was Tsigoungi I Freilich war es einst ein alter
Königssitz, aber was ist es jetzt? Ein Trümmerhaufen in einer
Wilderniss , dort ist nichts zu sehen. Gar nichts. Es folgte ein
Schweigen, da ich nicht mehr viel zu sagen wusste, und gern fort
gewesen wäre. Ich will einen Vorschlag machen, hob der König
wieder au. Für das Studium des Buddhismus giebt es kein
besseres Land als Birma, in Birma keinen besseren Platz als Man-
dalay, in Mandalay keinen besseren als meinen Palast. In meinem
Palaste steht eine Wohnung bereit, dort kann der Buddhismus
140 I>er königliche Palast.
Btudirt werden; ich werde für I^hrer und Bücher sorgen und
alles Nöthige liefern. Ist es so recht oder nicht? Die Umsitzenden
beglückwünschten mich über diese neue Gnadenbezeigung des von
Wohlwollen überströmenden Königs, und der Dolmetscher drängte
zur Antwort: Ja oder Nein? 8c. Majestät ist nicht gewohnt zu
warten. Mir kam die Sache sehr über den Kopf, aber Nein konnte
ich unter keinen Umständen sagen, also: Jal Ich selbst, fuhr
der König mit gewinnender Freundlichkeit fort, werde mich für
diese Studien interessiren und ihren Fortgang beobachten. Er
ertheilte noch einige Directiouen'an meinen Begleiter und über-
gab mich dann der Protection eines seiner Söhne, der mit seinen
Vasallen um sich herum, in der andern Seite des Zimmers auf
der Erde niedergeworfen lag und sich bei Nennung seines Na-
mens mit dem halben Oberkörper emporrichtete. Nachdem sich
der König zurückgezogen, kam er mit seinem Schwärm von Be-
gleitern herbei und erbot sich, uns sogleich nach dem vom Könige
bezeichneten Hause zu führen.
Im Nandau hat jeder der erwachsenen Prinzen sein ihm an-
gewiesenes Quartier, wo sein Haus mit den zugehörigen Gärten
steht, und wo er seine Hausbedienten um sich wohnen hat. Von
dort aus verwaltet er auch die ihm zugehörige Provinz des Lan-
des, aus der er seine Einkünfte zieht, und nach der er benannt
ist. Der meinige hiess derNyoungyan-Mintha oder der Prinz von
Nyoungyan. Das gezeigte Haus, das nicht weit von seinem eige-
nen stand, war eins jener pavillonartigen Lusthäuser, wie sie ge-
legentlich von den Prinzen bewohnt werden und hatte dem Kron-
prinzen früher zum Aufenthalte gedient, dessen weisser Baldachin
noch unter der Decke hing. Es war reinlich und zierlich aus
Bambiistäben aufgebaut, in verschiedene Zimmer getheilt und ent-
hielt hinten bequeme Gelegenheit für Küche und Haushaltung.
Vor ihm lag ein ausgemauertes Wasserbassin mit Gärten an den
Seiten und. jenseits prangte der Königspalast in seiner Fülle
überladener Pracht. Der Prinz ging selbst mit uns im Hause
umher und versicherte, dass es mir an Nichts für meine Be-
quemlichkeit fehlen solle. Für fiUes Nöthige würde ich mich
nur an ihn zu wenden haben, da er mein nächster Nachbar
Einzug in den Palast. 141
sei. Und so wurde ausgemacht , dass ich in einigen Ta^en ein-
ziehen «olle.
Als ich nach Hause zurückgekehrt, meinem Wirth von den
Ergebnissen der Audienz erzählte, nahm das Qesicht des guten
alten Mannes einen höchst bedenklichen und kummervollen Aus-
druck an. Nach dem, was am Hofe schon Über mich verhandelt
war, und das er besser wissen musste, schien ihm mein Vorhaben,
in den Palast einzuziehen, nicht besser, als freiwillig in den
Rachen des Todes zu laufen. Er hatte freilich zu lauge selbst in Birma
gelebt, um mir das mit klaren Worten zu sagen, aber aus seinen
hingeworfenen Winken konnte ich abnehmen, dass er jeden Aus-
weg, selbst heimliche Flucht aus Mandalay, dem Leichtsinn vor-
ziehen würde, mit Selbstüberlegung sich in die Höhle des Löwen
einsperren zu lassen. Indess konnte ich mich zu nichts Anderem
mehr entschliessen. Jeder sonstige Weg, den ich eingeschlagen
hätte, würde mich aus Birma hinausgeführt haben, und das Land
hatte sich mir schon bis dahin zu interessant gezeigt, als dass ich
es bereits verlassen konnte.
Ich beeilte meine Vorbereitungen so rasch wie möglich, und
war schon am zweiten Tage mit meinen Karren vor dem Thore
des Nandau. Da ich mit dem Prinzen nicht speciell Tag und
Stunde besprochen hatte , war den Wächtern keine Ordre zuge-
kommen, und sie zeigten sich nicht wenig verwundert über das Vor-
haben eines Kala, mit Kisten und Kasten in den Palast einzuziehen.
Als ich, die Wagen draussen zurücklassend, nach dei* Wohnung
des Prinzen ging, war er in der Morgenaudienz des Königs und
als ich später meinen Diener nochmals schickte, hatte er sich be-
reits zur Siesta niedergelegt. Erst spät am Nachmittag kamen
die von den verschiedenen Tribunalen ausgefertigten Befehle,
wonach die äussern und Innern Thore für mein Gepäck geöffnet
werden durften. Nach dem Passiren des ersten wurde ein böses
Versehen bemerkt, glücklicherweise von meinem Diener selbst.
Unter einem Koffer waren auch meine Schirme mit aufgepackt,
und also mit den übrigen Sachen in den Palast eingeschleppt
worden. Schirme im Innern des Palastes, welch* ein Hochver-
rath! Keiner darf eintreten, und die Birmanen, auch die höchsten
142 I>er königliche Palast.
Beamten, lassen ihre Schirmträger vor dem äussern Thor. Ehe
Zeugen herbeikamen, hatten wir von den Schirmen ein zusammen-
gewickeltes Paket gemacht, mit Tuch bedeckt, so dass Niemand
sehen konnte, was darin war, und trugen sie zurllckin eine für sie
ungefährlichere Atmosphäre. Am inneren Thore mussten die Karren
halten und standen Soldaten bereit, um mein Gepäck nach dem
Hause zu tragen. Als ich ankam, trieb sich dort einer der jungen
Prinzen mit seinen als Spielgefährten dienenden Vasallenkindern
umher, und da der Diener, um das Abendessen zu kochen, nicht
wusste, wo er Wasser holen sollte, lief der ganze Trupp Knaben
mit ihm, um ihm einen Brunnen zu zeigen. Doch hatten sie sicli
in ihrem Diensteifer versehen. Denn als der Koch, ein Tamüle
aus Madras, für neue Füllung zurückkehrte, wurde ihm zu wissen
gethan, dass solcher Brunnen das Wasser liefere, um des Königs
Füsse TAX waschen, und dass ein schwarzer Kala daraus nicht Wasser
ziehen dürfe. Die Birmanen nennen jeden Fremden überhaupt
Kala oder Barbar, und bezeichnen die Mohamedaner meistens als
Schwarze im Gegensatz zu den Weissen oder Europäern, die sie
für die Herren der Andern halten. Fremde, die neu in's Land kom-
men, heissen wilde Barbaren, und solche, die durch längern Umgang
mit den gesitteten Birmanen Hoftnungszeichen einiger Verfeinerung
durchblicken lassen, werden des Titels gezähmte Barbaren gewür-
digt. Seit der mehrfachen Bekanntschaft mit Engländern istindess
der Ausdruck Angkrit für gebildete Europäer in Aufnahme ge-
langt, und ist durch wiederholte Besuche französischer Missionäre,
Offiziere und Kaufleute auch schon der Name Franzes zugefügt.
Die Portugiesen dfigegen, die sich überall in Indien mehr mit
den Eingeborenen gemischt haben, werden weniger streng von
diesen geschieden. Mit zunehmendem Einblick in die Verhält-
nisse anderer Länder werden sich natürlich diese Begriffe mehr
und mehr aufklären.
Bald nach meiner Ankunft im Hause erschienen mehrere
von den Hausbedienten des Prinzen, von denen sich beson-
ders Einer durch seine manierirten Geberden und gewählten
Phrasen als gewandter Hofmann zu erkennen gab. Er war nach
birmanischer Art ein äusserst eleganter, feiner Dandy und jeden-
Besuch des Prinzen. 143
falls ein grosser, schöner Mann von prächtigem Ebenniass des
Körpers. Sein Name war Moung-gyi, und er war geschickt, um
nach allem Nöthigen zu sehen. Für das Wasser wurde die Ein-
richtung getroffen , da die für allgemeinen Gebrauch geöffneten
Brunnen für meinen Diener zu weit waren, dass täglich einige
grosse Thonkrüge zweimal durch Soldaten gefüllt wurden, und
andere waren für das Holzhacken bestimmt, Haus und Umgebung
rein zu halten und sonstige Dienste zu thun.
Der Prinz stattete mir einen Besuch ab, wozu er auf den
Schultern eines stämmigen Kerls herbeigetragen wurde, und
sobald er ins Zimmer trat, fielen alle Anderen darin platt auf den
Bauch. Das war besonders hinderlich für meinen Diener, der dann
den Theetopf sammt Tassen auf der Erde vor sich herstossen musste
und wenn er damit glücklich an dem hohen Tische, an dem wir
auf Stühlen sassen, angelangt war , noch immer nicht wusste,
wie er hinaufreichen sollte, wenn ich es ihm nicht abgenommen
haben würde. Als sich später diese Besuche des Prinzen häufiger
wiederholten, hielt ich bei meinen Leuten nicht streng darauf, ob
sie die Etikette genau beobachteten , und der Prinz selbst war
vernünftig genug, unter Ausnahmen eine Ausnahme zu statuiren.
Als er durch die Zimmer umherging und an das Bett im Schlaf-
gemach kam , fragte er nach der Kopfseite und fand zu seinem
Entsetzen , dass bei der von mir im Bette angenommenen Lage
dieJ'^Usse gerade nach demjenigen Theil des Palastes gerichtet
sein würden, wo derOoldfüssige selber schläft. Im ganzen Palast
muss aber Jeder so im Bette liegen , dass die Füsse vom Palast
weggewendet sind , was ad notam zu nehmen war.
Der Prinz überliess mich beim Weggehen Moung-gyi, durch
den ich über Alles Auskunft erhalten könnte, und der in derThat
über eine Menge Dinge besser als andere Birmanen unterrichtet war,
und gewöhnlich für ihm vertraute Fragen schon einen Spruchtext
zur Antwort bereit hatte. Er nannte mir eine Menge Palibezeich-
nungenfürdie doppelte Namen führenden Städte und meinte, dass
die Palibticher von Tiho durch Johandas schon früher gebracht
seien, ehe noch Schinbodegosa das Anet zugefügt habe. Den
Namen Mvamma wollte er nicht als viel, sondern als schnell er-
144 ^^^ koDigliche Palast.
klären, weil sie die Ersten gewesen, die im Lande angekommen.
Die vornehmsten der Thiere sind der die Sonne bewohnende
Pfau, der Hase, den Mond bezeichnend, und der Henza, der mit
seinen denTvleinodien gleichen Augen freundlich auf den Fremden
blickt. In ihm, als Haupt der Vögel, hatte sich Gautama ver-
körpert, als er die niederen Welten noch durchwanderte und in
seine Form legt man den zur HegrUssung von Gästen angebotenen
Thee. Von den Amuletten sei das sicherste der in einem Baum
gefundene Stein, Titmadae genannt, der (wie die Goldblättchen)
unter die Haut gebracht wird und den ich dort als harten Klumpen
mehrfach gefühlt habe. Die rothen Talismane, die auf den Arm
tättowirt werden, schützen gegen Krankheit, solche auf der Brust
machen unempfindlich gegen Wunden. Gegen Schlangenbiss wird
das Moay-szay (von schwarzer Farbe) eingeimpft. Die das Fleisch
hart und unverwundbar machende Medicin (dabih-dzay) wird für
drei Monate und länger gegessen.
Am zweiten Abend erschien in der Begleitung eines der
jüngeren Prinzen, der sein Schüler war, ein gelehrter Herr Pro-
fessor in meiner Wohnung, um die Unterrichtsstunden zu begin-
nen. Er hatte früher lange in einem Kloster gelebt^ war aber jetzt
aus dem Mönchsstande ausgetreten und schon seit mehreren Jahren
verheirathet. Er theilte mir den von dem Könige entworfenen
Studienplan mit, der indess, obwohl von so hoher Quelle kom-
mend, meinen Beifall leider nicht gewinnen konnte. Erst sollte
das Birmanische gründlich erlernt, dann mit demPali ein Anfang
gemacht werden und schliesslich würden wir die heiligen Bücher
lesen. Das möchte schon gut gewesen sein, wenn nicht die
Klausel hinzugekommen wäre: nach übliclier Landesweise, denn
eine andere verstand mein Lehrer niclit. Die gründliche Erlernung
des Birmanischen allein hätte aber dann mehrere Jahre in Anspruch
genommen, und derganze Weg vom birmanischen Alphabet an bis
zum Paramatta würde ungefähr ein halbes Menschenleben erfor-
dern. Ich wollte aber gleichmit dem Paramatta anfangen, denn
das allein war es, was mich intercssirte. Das Birmanische war
mir nicht Selbst-Zweck, sondern nur Mittel, um andere Zwecke
in Birma dadurch zu erreichen, und für meine Absicht verstand
stadienplan. 145
ich schon damals genug davon. Die Palischule eines Indo-Chi-
nesen durchzumachen , der Jahre lang unverständliche Floskeln
im gedankenlosen Auswendiglernen herplappern muss, ehe
er ihren Sinn versteht, ist natürlich ein Experiment , das
bei Indo - Germanen fehlzuschlagen pflegt, schon wenn nach
alter Schule die Euclidischen Elemente erlernt werden sollten.
Aus diesen und andern Gründen, die wegen verweigerter Arzneien
hinzukamen, entwickelte sich allmählig im Laufe der Zeit eine
Missstimmung im König, die ich selbst bedauerte, der aber nicht
abzuhelfen war, da seine Wünsche mit meinen Absichten unver-
einbar blieben. Meinen Lehrer hatte ich bald dahin gebracht,
dass er mich nach meiner Art unterrichtete, und an der Stelle des
Buchstabirbuches Coilegien über Metaphysik las, aber der Arme
schwebte stets in Todesängsten, dass sein Abweichen von den
königlichen Vorschriften entdeckt und geahndet werden möchte.
Der König von Birma ist nur gewohnt zu befehlen, und es war
einmal unter den Umständen nicht zu ändern , dass er an mir
Jemand finden musste, der ihm in allen Dingen entgegen war.
Mein Lehrer und häufig auch der Prinz Hessen sich durch meine
Anschauungsweise überzeugen , aber den König zu überzeugen,
war eine andere Sache. Einmal war Niemand da, der ihn zu
überzeugen versucht oder gewagt haben würde , und dann hätte
er auch selbst nicht überzeugt sein wollen. Dass ich ihm mehrfach
widersprochen hatte, konnte sich bei einer an unbedingten Ge-
horsam gewöhnten und so nothwendigerweise empfindlichen Per-
sönlichkeit natürlich nicht verwischen , und seine temporäre Un-
gnade, verbunden mit dem schon früheren Verdachte, der auf mir
ruhte, machte unter den argwöhnischen Birmanen meine Stellung
im Palast zu einer etwas schwierigen, bei der es Takthalten galt,
um nicht den Hals zu brechen.
Als ich am n^'Chsten Tage den Prinzen besuchte, Hess derselbe
gerade eine Pali-Erzählung, von Freundschaft und Treue han-
delnd, vor seinen Hausbedienten ablesen, und gab selbst die
erklärenden Glossen und Illustrationen dazu. Er erzählte mir
dann von seinem grossen Vorfahren Alompra, der die Feinde
Birma's durch himmlische Waffen fünferiei Art besiegte, nämlieh
B»fti»ii, OftMien. II. 10
146 ^^^ königliche Palast.
ein Schwert, das durch die I^ft flog *) und Köpfe abhieb, einen
Schuh, mit dem man Meilen sprang, eine Lanze, die gleich die ganze
Soldatenlinie zusammen aufspiesste, einen Pfeil, der in jede Entfer-
nung geschickt werden konnte und ein Gewehr, das nie sein Ziel
verfehlte. Während Alompra schlief, stieg die Ausdünstung seines
Körpers zum Himmel auf, bis sie die Nase eines Thagya (Gottes)
traf, der dadurch von der Kriegsgefahr benachrichtigt wurde, und
vom Himmel herabkommend, diese Wunderwaifen mitbrachte.
Hähne krähen genau zu vier bestimmten Stunden der Nacht, denn
als die Yathay die Athetmanabedin verbrannten, kamen Hühner
die Asche zu fressen und haben dadurch die astronomischen
Lehren dieses Buches assimilirt.
Auch nach dem Rückzug des Prinzen, der sich nach dem
Palast begeben musste, wurde die Unterhaltung von seinen
Hausbeamten fortgesetzt. Auf dem Platz, wo jetzt Mandalay
steht, lebte eine weibliche Belu, die ihre Brustwarzen abschnitt
und Gautama darbrachte, worauf dieser Ananda prophezeihete,
dass sich dort einst ein Königssitz erheben sollte. Als das
diese Verheissung enthaltende Buch vor einigen Jahren gefun-
den wurde, Hess der König die Hauptstadt von Amarapura dort-
hin verlegen. Kangun ist auf einer Stelle gebaut, wo ein
frommer Büsser seine Finger mit Baumwolle umwand und sie
ansteckte, um dem Gotte Lichter zu weihen. Nach Ava kam ein
weisser Elephant den Fluss herabgeschwommen. Um die leicht
verwischbaren Buchstaben auf den schwarzen Tafeln zu fixiren,
müssen sie erst mit Kohle und dann mit Reisschleim überwischt
werden. Einer der Herren holte zum Vorzeigen die alte Land-
karte**) des Mahaghovinda (Pinya shi gyi), der dem Könige von
*) Meragalange's armd flew by themselves cutting down the neighbouring fo-
rest» aud thcn returning to thc astonished Battacks , cut tlicra in pieces, erzählt
Brodie ans den Traditionen der Mantras.
**) Als die von den mit Mahadhammada beginnenden Konigen beherrschten
Seiche werden aufgezählt: Kosawati, Razagyo, Mithila, Baranasi, Kapila, Hat-
tipnra, Ekadsekkhu, Watsirawutti, Madura, Aritapura, Indapatanaga, Kosambhi,
Kanntgandza, Raudsana, Dsainba, Tekkaso, Kosinayana, Malittira, Kapilawutti,
Koliya, Dewadaha. Nach dem Radjavali (Kaschmir's) wird Djambudwipa in
Bharatavarcha, Kinnaravarcha, Harivarcha, Kuruvarcha, Hiranmayayarcha, Ra-
Der ärztliche College. 147
Benares anrieth, sein die Erde umfassendes Reich so unter seine
verschiedenen Söhne zu vertheilen, dass keiner von dem eigenen
in ein anderes gelangen konnte , ohne vorher durch Benares zu
kommen.
Am folgenden Tage erhielt ich den Besuch eines CoUegen,
des Leibarztes des Prinzen, des Mo-Zea oder Kayatiti. Er hat
in den Schaniändern auch Hexerei (Piutza) gelernt und versteht
die Leute fest zu macheu , also viel mehr Dinge , als ein armer
Doctor Ordinarius. Er kramte aus einer kleinen Schachtel seine
Medicinen her, die meistens aus schmalen Cylindern mit Ver-
goldungen bestanden , gewöhnlich durch Hensa roth gefärbt und
immer stark parfUmirt, so dass sich durch Geruch oder Geschmack
keine weiteren Bestandtheile unterscheiden Hessen. Sie dienten
leichte Geburt zu verschaffen, unverwundbar zu machen, Liebe zu er-
regen u. s. w. Im Allgemeinen kommt es weniger darauf an, welche
Kräuter die Medicinen enthalten, als unter welchen Zeiten der
Mondphasen oder Constellationen sie gesammelt sind. In den
magischen Vierecken werden Charaktere eingeätzt, die die
Schwänze der ähnlichen Thiere repräsentiren. Eine Medioin, die
Natzay (Zauber der Dämone) heisst , wird eingeimpft in der Fi-
gur desjenigen Nat, von dem man wünscht, dass er in den
Patienten fahre, um dann Auskunft auf gestellte Fragen, sei es
über Krankheiten oder über Schatzgraben, geben zu können.
Wenn er seine Mittheilungen gemacht hat und wieder gehen soll,
so wird die Dewadazay (Zauber der Götter)*) genannte Medicin
eingeimpft. Alle die Geheimnisse dieser Wissenschaft waren
ursprünglich in einem goldenen Buche niedergeschrieben, das
8000 Yathay verfasst hätten. Dieses Nakhara pukyam genannte
myakvarcha, Hayritayarcha, Bhadra^vavarcha, Ketumalavarcha getheilt, nnd
Bharatavarcha wieder in Aindra, Kaseru, Taniraparna, Gabhastimata , Naga,
Sanmya, Varuna, Gandharva, Kumarika. Im Prabhasa-tchhanda heissen die von
Ifahadeva dem Bharata gegebenen Theile der Erde: Indra-dwipa, Kayeru,
Tamra-pamaf Gabhastiman, Kumarika, Naga-tchhanda, Saumya,Varuna-tchhanda,
Gandharva-tchhanda, auch mit dem ersten identificirt, indem der Reva-tchhanda
an der letzten Stelle Tschandra-tcbhanda nennt.
*) Us ont de dieax domestiques, dont ils impriment la figure avec unfer chaud
sur leurs bras oa leurs ^paules, bemerkt Turpin von den Aracanesen.
148 I>^ königliche Palast
Buch wurde durch Matekka-Yathav aui» dem Pali in das Birma-
nische tibersetzt. Da dieser Mo-Zea die Siddhivath jfdie Wissen-
8chaft der Vollkommenheit oder Unverwundbarkeit) versteht wird
er Kahiya-Siddhi genannt.
Heute war ein Unglück passirt. Als die Hofleute des Prin-
zen zu mir kamen, erzählten sie, dass derMyowun, der inKabain
so stolz und streng die Themis repräsentirte, selbst geprügelt
worden war. Beim Bau des Canals waren seine Leute mit denen
des ersten Ministers, die an einer andern Stelle arbeiteten, in Streit
gerathen, und dann auch die Herren. Der einflussreiche Minister
hatte sich beim König beklagt, und dieser dem Myowun Stock-
schläge zudictirt, meinen Prinzen beauftragend, die Strafe zu
überwachen. Als ich einige Tage darauf zur Audienz kam, war
er gerade du jour und machte die Honneurs ebenso rund und
munter wie vorher. Erdrückte mir als altem Bekannten die Hand,
erfreut mich von Kabain zurück in Mandalay zu sehen. Ich ge-
nirte mich ihn zu fragen, wie es in der Zwischenzeit gegangen,
weil er mir von den Kattan hätte erzählen müssen. Aber viel-
leicht hätte er sich dann gerühmt, weil Se. Majestät durch deren
höchst eigenen Mund die Gnade gehabt hatten, sie ihm zu verord-
nen. La peine la plus legere, c'est la cangue (sagt Bissach^re von
Tonquin). Une peine reputee encore fort legere, ce sont les coups
de rotins. Les parents de TEmpereur en rec^oivent quelquefois
publiquement et reparaissent le lendemaiu a la cour.
In den Höfen des Palastes spazieren gehend, kam ich zu
einem umzäunten und durch ein Strohdach bedeckten Platz, wo
hunderte von Arbeitern beschäftigt waren und eine Menge Stein-
metzen Blöcke zu Pfeilern behauten, während andere Inschriften
hineinmeisselten. Der König hatte beschlossen, den gesammten
Abhidhamma auf Steinsäulen einschreiben zu lassen , und diese
dann als Meilensteine an den Heerstrassen seines Reiches aufzu-
stellen. Ein Minister, der dort beschäftigt war, hatte eine grosse
Karte des lindes, nach birmanischer Weise gezeichnet, vor sich,
und war unter Hülfe eines jungen Birmanen, der in Kangun oder
Calcutta Mathematik gelernt hatte, mit einem Werke über Forti-
ficationen beschäftigt. In einem besonderen Theil des Palastes
Eunuchen. 149
sind die Wohnungen der Gemahlinnen und Concubinen des Kö-
nigs, die von natürlichen Eunuchen *) (Maima-tso) gehütet werden.
Moung-gyi machte mir beständig Vorwürfe über die uncerimo-
niö8eArt,mitder ich Bücher behandelte, wenn ich bei meinen Stu-
dien zwischen oder gar auf denselben sass. Die Birmanen beweisen
jedem Buche Verehrung, selbst dem Thinbungyi, dem Abc-Buche,
und halten es für eine grosse Sünde, wenn man darüber hinweg-
steigen sollte. Sie verehren auch die Schiefertafel oder Parabeik,
und der Schüler, der die zu buchstabirenden Sylben auf sie ge-
schrieben hat, bückt sicherst mit gefalteten Händen vor ihr nieder,
ehe er sie aufnimmt und die Leetüre abliest. Er schloss diese
Moralpredigt mit einer Vergleichung der verschiedenen Religionen
und Erhebung der seinigen. Andere Religionen haben im Gott-
begriflf geirrt und die Bibel (Kyansa)**) hat keine Wurzel.
*) Universi (quae mira naturae dispositio ent) eunucbi cxstant ab utero, tri-
plici tarnen modo inter se distincti. Primos habent , quibns nbera sunt grandia,
pectus feminarum more elevatum , hos enim et facici dccor, et pinguior corporis
constitntio, et vocis canorae suavitas et serinouis aifabilitas et genii jucunditas
magis commendant. Ferrari extant atque idcirco regi admodnm cari, bemerkt
Koffler von den Eunuchen am Hofe Cochinchina*8. Da am Hofe des Chova
alle hohen Acmter in den Händen Verschnittener sind , lassen oft Ehrgeizige in
Annam diese Operation an sich vornehmen , und schon Dampier bemerkt , dass
F»ie weit weniger gefahrlich wäre, weil der Gebranch, sich durch Opium, vorher zu
betäuben , einen wohlthätigen Einfluss ausübe. Nach dem Codex des Mahabad
(im Dabistanj wurden nur Verbrecher castrirt und die Eunuchen deshalb nie von
den altpersischen Konigen als Vertraute benutzt. Die Operation der Gallen ver-
trat bei den Galli die symbolische Baumbeschneidung.
**) Die Siamesen identificiren den in der Hölle gekreuzigten Devadatta mit
Christus und die Laos (nach Marini) sagen : en blasphemant, que nostre Dien
auoit gouvern^ le monde Tespace de cinq mille ans avant la naissance de Xaca;
que se voyant fort affance en äge, lorsque celuy-cy parut au monde, et dans un
estat de ne se pouuoir plus charger de tant de soins, il pensa serieusement ä menager
ses interests, et regier ses affaires; et que nesepouuantpas dispenser d'obeiret de
se conformer aux ordres de ce nouveau Dien, dont il apprehendoit les violences et
qu'il ne luy reprochait sa mauuaiso conduite, pour en auoir auectrop de douceur
enuers qnelquesnns, et enuersles autres auec trop de rigneur et de seuerit^, il auoit
prisla forme d'une personne fort panvre et fort mdprisable afin d'^mouvoirXaca et
deletoucherde compassion; etqn'en cettepostureilluypresenta une requeste, par
laqnelle il demandoit qu'il luy fut permis de continuer encore un an dans les fonc-
150 I><^r königliche Palast.
Die Birmanen scheuen sich über Bücher zu treten, da es über-
haupt eine Beleidigung ist, über Jemanden hinzutreten, und daraus
schon blutige Feindschaften entstanden sind. Weil die Birmanen
Niemand über ihrem Haupte dulden wollen, sind die Häuser
einstöckig gebaut, und wenn etwas durch die Bambustäbe meiner
auf Pfählen stehenden Wohnung fiel und unten lag, so kostete es
stets Mühe, einen der Diener zum Wiederholen dorthin zu schicken.
In Rangun stieg ein zu einem Kranken gerufener Pungyi von
der Strasse aus auf einer aussen angesetzten Leiter zu dem Fen-
ster des Zimmers hinein, da er, um die Treppe zu erreichen, ei*st
unter einer Gallerte hätte durchpassiren müssen. Auch unter
aufgehängtem Zeug gehen die Birmanen nicht gerne hindurch,
und wenn ein Seil mit solchem in meiner Stube ausgespannt war,
durfte ich nicht auf viele Besuche rechnen. Ein frommer Birmane
Rangun's, der Buddha-Bilder in der Kajüte eines Schiffes fand, bot
hohe Preise für dieselben, um sie von der Schmach zu befreien,
dass die Matrosen auf Deck über sie weggingen. Einige der Be-
sucher wiesen die angebotenen Speisen zurück, indem sie sagten,
dass sie als Leute des Königs von keinem Fremden Nahrung an-
rtthren dürften. Die Meisten indess thaten sich sehr gütlich an Thee,
Zacker und Bisquit. Ihren Betel mussten sie jedoch selbst briq-
gen, denn ohne den kann ein Birmane nicht existiren. Die
tioDS de sa cbar^e^ et que Xaca qni estoit bienfaisant et generenx y souscrinit
0 d'uiHlfl^iMl^tres obligeante, mais auec cette condition, quMls sont steriles et mise-
rables. En Sorte que par ce partage d'Empire et de souverainet^, la jnnsdietion
de l'un et de Tautre se trouva affoibli et diminne : mais que celle de Xaca sur-
passoit l'autre infiniment en beaute et en richesses. Der verbannte Gott habe
dann durch Diebstahle seine ärmliche Lage zu verbessern gesucht, wäre aber
zuletzt ertappt worden; er hätte bestraft werden sollen, als sich sein Sohn, obwohl
selbst unschuldig, an seiner Statt tödten Hess. Und wegen dieser Aufopferung ver-
diene Christus als Gott verehrt zu werden. Die birmanischeGesandtschaft (i788p.d.)
besuchte die Klöster Peking's und saw some with Images of the deity and priests
dressed in yellow in attendance, some with people dressed in dark coloured caps
and trowsers, whom the Chinese call Ho-Shyeng and some with the ship country
Kulas in attendance on the image of Devadat, which they worship (s. Bumey).
Nach dem Dabchurlik Erdeni wird Devadatta verkehrter Weise für einen Wider-
sacher gehalten, da seine Feindseligkeiten nur dazu dienen sollten, die Vorzüge
des Bodhisattwa zu befestigen.
Betel-Kauen. 151
Siamesen schienen mir indess noch inveterirtere Kauer zu sein.
Distances are often estimated by the number of pawns, that will
be consumed on the road, sagt Yule von den Kasia's. Der Mund
und damit das Gesicht wird durch diese beständige Bewegung
der Kinnbacken sehr entstellt, denn wie Lavater sagt: „ die Muskeln
um den Mund herum sind dem Sitze der Seele am nächsten, da
kann sich der Mensch am wenigsten verstellen. Daher das häss-
lichste Gesicht angenehm wird, wenn es noch gute Züge am Munde
übrig behalten hat, und einem wohlorganisirten Menschen nichtsin
der Natur so widrige Empfindungen erregen kann, als ein ver-
zogenes Maul. " Ein alter Herr, der mich bei seiner Visite mit dem
Abhidhamma in derHandtraf, verglich die Weisheit desselben mit
dem unermesslichen Ananda*), der nur in dem Ocean für seinen
Riesenkörper Spielraum findet, ein den Buddhisten mehrfach be-
kanntes Simile. Unter der Constellation des Orion sprang der
Mietmo-Berg hervor, und um ihn schlingt sich der ungeheure
Fisch Ananda im Kreise herum.
Die Könige der sechs Nat-Himrael sind von dem Thagya-
könige eingesetzt, der grösser als die Herrscher der Bhyamma-
Himmel, eigenem Glänze entsprang, und dessen Stellvertreter auf
der Erde jetzt in Mandalay libcr Birma herrscht. Die Birmanen
theilen die Baedin (Vaedau) in drei Blicher (Sama, Yajau und
Ihshyu), sagend, dass die vierte (Ahtappan) verloren gegangen.
Unter den Wesen der niederen Welt sind die Peittan (Pretas) mit
riesigen Gliedern, dicken Augen und kurzen Lidern, mit unge-
heurem Bauch und nur ganz kleinem Munde, wie ein Nadelöhr,
versehen. Sie leben zwischen Erde und Hölle. Die Athurakay
sind eine Art Wesen, die bei Tage Menschen sind und bei Nacht in
die Hölle fallen, oder bei Nacht Menschen werden und bei Tage
in die Hölle fallen. In den Bäumen des Waldes lebt ein Unge-
*) Dans le fond de la terre» appel^e Kasatala, est le monde des serpents, au
milieu dnquel apparait l'dtre mysti^rieux, l'essenee de l'univers, le dieu-serpent k
mille tdtea, dont le si^ge est form^ des cous de serpents, qui sont une partie de sQn
propre corps, ce raaitre, qui a pour symbole un palmier d'or et dont la uiain tient
un soc, ce souverain de la mer nni verseile a pour nom Ananta (rinfini) ou Sdcha
(ce qui reste k Jamals), 11 porte la terre et c'est sur son dos, que repose Yichnu,
le dien conservateur (s. Troyer).
152 I>er königliche Palast.
thttm, Oupakaoder Azehn(der6rUne) genannt, das ungesehen auf
Daruuterb ingehende herabfällt und sie krank macht. Ausserdem
haust in den wUsten Jungein der Puht genannte Tazeit,«der Solche,
die sein Gebiet betreten sollten, in Fieberfrösten schüttelt und
exorcisirt werden muss. Wenn Jemand nach einem Falle auf
die Erde später Unwohlsein verspüren sollte, so werden auf der-
selben Stelle dem Myae-put-beluh Opfer gebracht. Verletzt er
sich schon im Augenblick des Fallens oder stürzt er in einem
apoplektischen Anfall nieder, so ist er von Tazay-Pazoga gepackt,
und die heilkräftige Arznei gegen ihn muss dem Körper eintättowirt
werden. Nach dem kosmologischen System der Buddhisten geht
die Schöpfung aus dem Wirken der Naturgesetze hervor, doch
können die Nat in Folge ihrer angesammelten Verdienste zu-
weilen in übernatürlicher Weise darin eingreifen und in der Erde
Goldminen oder in den Wäldern Blumen schaffen, wie die schatten-
losen Belu's durch furchtbare Erscheinungen von Büffeln, Tigern
u. 8. w. zu schrecken vermögen.
Unter den mir von Moung-gyi gemachten Noten finde ich
die folgende : Des Stolzes sind 14 Arten : Behaglich in des Schattens
Ktthle zu lagern, mit der Götterhimmel Macht zu seinem Befehle
und siegreich über seine Feinde, das ist des Thagya - Königs
Stolz. Frei die Aetherlüfte zu durchkreisen, ohne Hinderniss
oben noch unten, darin liegt der Stolz des Galun. Seine wunder-
baren Werke, glänzend und strahlend, machen den Naga stolz.
Seine Gegner zu überwinden und jeden Widerstand zu vernichten,
das ist des Löwen Stolz. Gehorsame Sklaven zu seinen Diensten
mit Ueberfluss an Gold und Silber zu haben, das ist des Satay *)
*) Satae (Thatae ausgesprochen) meint einen Reichen oder überhaupt die bei
den Buddhisten denVaisya entsprechende mittlere der drei Kasten. In Gautama's
Legenden spielen immer die Satae sa Cdes reichen Mannes Sohn), was sagen will,
ein Mitglied der wohlhabenden Bürgerklasse, die an der Seite der Prinzen und
Priester dann auch den Adel repräsentirt. Als Geldaristokratie entspricht es den
boni homines, ähnlich den Rachimburgi der Franken, den Arimanni der Lombar-
den, den ricos hombres der Spanier und den Orangkaya der Malayen. Dies Sa-
tae oder Sutae correspondirt mit dem siamesischen äresthi (Setthi ausgesprochen),
in der Ableitung vom Pali, aber die birmanischen Etymologisten erklären es als
Sa (Person) tae, welches Wort mit kyae (reichlich) und ?a (satt) identisch sei.
Spruch Wörter. 153
(des Reichen) Stolz. Beim Sehalle der Gong und unter mili-
tärischer Musik einherzuadehen, das macht den Kriegsmann stolz.
Seine Arbeit treulich beendet und erfüllt zu haben, das ist der
Stolz des Landmanns. Die Macht der Wissenschaft und Bücher
giebt dem Kahanda Stolz, lieber die geschlagenen Feinde za
triumphiren und sich mit ihrer Beute zu bereichern, darauf ist
der Fürst stolz. Im angenehmen Unterhaltungston zu reden, ist
der Stolz der Frau. Berühmt und stark durch seinen Arm zu
sein, giebt dem Manne Stolz. Glückliche Kuren seiner Medicinen
machen den Arzt stolz. Auf seine Weisheit und die Kenntniss
der Veda ist der Pona stolz. Das sind die 14 Arten des Stolzes,
doch sei Zorn und Hochmuth vermieden. Dann heisst es im
Nitikyam: Einer Frau Keichthum ist ihre Schönheit, eines Man-
nes seine Gelehrsamkeit, seine Familie und sein guter Name,
einer Schlange ihr Gift, eines Mächtigen seine Stellung, sein Ein-
fluss, sein Stand und die Zahl seiner Diener, eines Priesters seine
Moralität, eines Brahmanen seine Beschwörungen und Voraus-
saguugen.
Von solchen und ähnlichen Spruchtexten, auf alle mög*
liehen Verhältnisse des Lebens bezogen, besitzen die Birmanen
einen Ueberfluss. Meine Besucher brachten mir oft ganze Tafeln
voll damit, oder schrieben sie aus dem Gedächtnisse auf meine
Tafeln nieder. Die meisten waren gemischt aus Pali und Anet
(die birmanische Erklärung dazu), andere nur im Birmanischen
und gewöhnlich in Linga (poetischen Metren). Zuweilen fanden
sich Ausdrücke aus der Hofsprache eingemischt. Die letztere
verlangt fast ein Studium für sich, da sie ganz andereWorte sub-
stituirt. Das Wort für gehen z. B. ist verschieden, je nachdem
man sagen will, dass der König geht, oder ein Prinz geht oder
ein Priester geht, und keins von diesen ist irgendwie mit dem
Gehen des gewöhnlichen Lebens verwandt. Besonders lästig ist
die Hafspraehe dadurch, weil sich viele Sachen in ihr gar nicht
ausdrücken lassen. Zu sagen, dass der König etwas wünscht
oder um etwas bittet, würde, wenn nicht ganz unmöglich, nur
durch die weitesten Umschweife auszudrücken sein. Alles, was
vom König ausgeht, ist ein Befehl, er äussert sich in keiner an*
154 ^^r königliche Palast.
dem Weise, als befehlend. Jede Anrede an ihn ist ein demü-
thiges Flehen um Gnade, selbst eine allgemeine Bemerkung, dass
der König etwas sagte, würde wie ein von Sr. Majestät procla-
mirter Befehl herauskommen: der König spricht nicht, sondern er
hat befohlen, und solche Ser\ilität war ja früher sogar in Europa
nicht unbekannt , wo doch die Sprache nicht dazu zwingt.
Etikettenfehler sind gefährlich, und in den Entscheidungen der
Prinzessin Thoo-Dhamma-Dsari wird den Hofpagen zur Warnung
die abschreckende Geschichte eines bösen Edelmanns erzählt,
dem es bös ergangen. Derselbe hatte sich einiger respectwidriger
Ausdrücke gegen den König bedient und wollte, ganz vergnügt
über seine Bosheit, die er ausgelassen, von dem Palaste heim-
kehren. Als er jedoch durch die Halle passirte, wo der weisse
Schirm aufgestellt ist, vertrat ihm die Fee, die dieses königliche
Emblem hütet*), den Weg, und hielt ihn am Knopfloch fest. Sie
setzte ihm in einer langen Strafpredigt das Unziemliche seines
Benehmens und das schlechte Beispiel, das dadurch gegeben
würde, auseinander. Auf ihren Wink schritten dann die beiden
Riesentiguren vor, die die Thür bewachen, fassten den Edelmann
am Schopf und gaben ihm so lange Stösse in den Nacken, bis er
sich tief genug verbeugt hatte; dann Hessen sie ihn los, in die
Unbeweglichkeit des Steines zurückkehrend, und der Edelmann
konnte nach Haus gehen, sich seine Beulen einzureiben. Der
weisse Chatta personificirt das Königthum, und in einer Erzäh-
lung, die sich sowohl im birmanischen Dhammatath, wie in der
siamesischen Geschichtssammlung der Sibsonglieng findet, wird
er von den'Ministern bei zunehmenden Unordnungen im Lande
als Schiedsrichter angerufen und erwählt durch sein Hinneigen
den permanenten König. Bis dahin hatten die Söhne des ver-
•) In der Erzählung aus Sorprengtschan's (der Mann mit der Fingerschnur)
früherer Existenz verhindert die Schutzgottheit des Palastes der falschen Ver-
wandlung der Schutzgottheit des zerstörten Bildes (die gleich dem Kischi aus
Drangsrong Ulagpa herbeigeflogen kam) den Eintritt bis auf den Gegenbefehl
Rangta's (des Buntfüssigen), der später durch die Kraft seiner Tugenden ein am
Himmel fliegender Rakchasa wurde und als menschen fressender Fürst der Rak-
chasa sich aus 500 Königen eine Festmahlzeit bereiten lassen wollte, (v. Schmidt.)
Schachspiel. 155
ßtorbenen Herrschers abwechselnd mit einander regiert, wie die
neun Nandas und die Prinzen im Sah - Königreiche, mit denen
Thomas noch die Brüderschaften der Bhaiyachara in den nord-
westlichen Provinzen vergleicht, und aus denen vielleicht die
zwei Könige in Siam, sowie das zeitweilige Dreikönigthum in
Kambodia und unter den weissen Laos als letzter Rest Übrig ge-
blieben sein mag.
Am folgenden Tage fand ich mich beim Lever des Prinzen ein,
das derselbe unter der Verandah seines Hauses abhielt. Er be-
merkte im Laufe des Gesprächs, dass die Indier das Wort Phaya
wie Phra aussprächen, also wie die Laos und Siamesen; die
Schreibart im Birmanischen ist Bura, und das R geht bei ihnen
stets in Y Über (wie Rama oder Yama). Bura ist noch bei den
Bhor-Khamti in den Gebirgen der Irawaddiquelle im Gebrauch.
Dieser Laut schliesst auch bei den Brahmanen die Bedeutung des
Göttlichen sowohl, als des Königlichen ein, und klingt in dem
Titel Pharao's wieder, der sich für einen Gott erklärte, als (nach
Sahel Ibn Abdullah) das Geheimniss der Seele zuerst oflFenbar
wurde. Nach Salyani war Pharao des Namens der Gottheit wtlr-
dig, and in him the establishment of divinity gained predo-
minance, aswell as in Moses the establishment of divine mission.
In einem der Zimmer wurde Schach gespielt, und lernte ich das-
selbe in der birmanischen Weise, die eine andere, aber nicht
uninteressante Version des unsrigen ist. Nach dem Ajaib-al-
Mukklukat hat Bazrchember, derVizir Nuschirwan's, das Schach-
spiel von Indien eingeführt.
Am Abend hatte ich ein erfrischendes Bad in dem grossen
und tiefen Wasserbassin vor meinem Hause und dieser Vortheil
würde schon für sich in dem staubigen und wasserlosen Mandalay
des Palastwohnens werth gewesen sein. Der Hochgenuss eines
^hlen Bades in heissen Tropenländem übertrifft jeden andern,
und wenn nach neuseeländischer Ansicht das faulenzende Schwein
der Gentleman Englands sein soll, so möchte ich den Büffel das
glücklichste Geschöpf der Tropen nennen, hvo sie, so lange die
Sonnenhitze dauert, bis zur Nase im Wasser stecken. Die ge-
156 ^^^ königliche Palast.
nügsamen Birmanen halten sich kühl, indem sie das Bild eines
Frosches (das Emblem der Kühle) in die Stube stellen.
Die regelmässigen Stunden meines Professors hatten schon
seit einiger Zeit begonnen , als der Prinz mir mittheilen Hess,
dass ich zur Audienz gewünscht würde. Der König empfing
diesmal in der grossen Thronhalle, wo er auf einem vergoldeten
Canapee ruhte, mit goldenen Vasen neben sich. Während seines
Betelkauens wurden ihm von Zeit zu Zeit von Sklaven Goldbecher
zum Trinken gereicht. Das Thronlager stand etwas höher, als
der Estrich der Halle, die, wohin man blickte, mit zur Erde ge-
worfenen Körpern gefüllt war. Man placirte mich neben dem
Kalawun und vorsorglicherweise an einer Stelle, wo Pakete
aufgehäuft waren, die einer der Vasallenfürsten an dem Tage als
Geschenk gebracht hatte. Ich konnte mich so nach Bequemlich-
keit setzen, ohne durch die Füsse das ästhetische Gefühl des Kö-
nigs zu stören, denn es mochte bei der früheren Audienz beob-
achtet worden sein, dass sie beim Verändern der etwas gezwun-
genen Stellung zu weit vorgebracht worden. Der König richtete
sogleich das Wort an mich, erkuudigte sich über meine Studien
und predigte dann über die buddhistischen ßeligionsschriften
nach ihrer Eintheilung in drei Klassen. Wie es ein äusseres Auge
gäbe, so auch ein inneres, und wie bei Krankheiten des äusseren
Auges Medicinen angewendet würden, so würden solche auch für
das innere Auge verlangt. Die wirksame Arznei für das letztere
aber sei der Abhidhamma, und zwar nicht nur die wirksamste,
sondern auch die einzigste ; andere gäbe es nicht. Damit sie aber
ihre volle Kraft ausüben könne, müsse die Constitution durch
einen Cursus von Vorbereitungen für ihren Empfang fertig sein,
und der erste Schritt zu demselben bestände in der Beobachtung
der fünf Gebote. Er wolle mir dieselben nennen, und er bäte
mich inständigst, denselben nachzuleben. Nach dem Aufzählen
fragte er mich, ob ich nicht geneigt wäre, sie gleichfalls anzuer-
kennen. Ich bemerkte, dass die meisten Religionen diese ein-
fach ersten Moralgesetze vorschrieben, und konnte ausserdem
versichern, dass ich alle beobachte, denn auch das fünfte, die Ver-
meidung berauschender Getränke, wird von mir, wenn ich auf
Der königliche Prediger. 157
Reisen unter den Tropen in Bewegung bin, stets gehalten, noch stren-
ger, als von manchem Buddhisten^ da ich Thee zweckmässiger finde.
Nur über das erste Gebot des Nichttödtens gab es eine
Difterenz. Ich sagte dem Könige, dass wir Europäer an anima-
lische Nahrung gewöhnt wären, und dass wir ohne Fleischgenuss
nicht in voller Gesundheit bleiben würden. Das hat ja nichts da-
mit zu thun, entgegnete der König, Fleisch essen mag Jeder und
es ist auch von mir nicht verschmäht. Man muss nur die Thiere
nicht selbst tödten, sondern es durch Andere*) ausfuhren
lassen. Wenn einmal todt, geht es uns nichts an, wer derThäter
ist. So war diese Controverse beseitigt. Aber, warf ich ein, wie
es sich denn damit verhielte, wenn man sein Leben zu vertheidigen
hätte ? Man würde doch immer berechtigt sein, einem Todtschlag
beabsichtigenden Angreifer darin zuvorzukommen? Der König
war anderer Meinung. Wer noch solch' rohe Ansichten hätte,
möchte gar glauben, das Eecht zu haben, kleine Insecten zu
tödten**) (denn solche, die auf den Körpern krabbeln, giebt es
auch in Birma, und selbst im Hause desGoldfüssigen). Er drang
in mich, dieser Häresie zu entsagen, wenigstens für die Zeit, dass
ich in seinem Palaste lebe, und ich erklärte mich bereit, voraus-
gesetzt, dass ich unter seinem mächtigen Schutze, unter dessen
Throne alle Wesen der Schöpfung huldigend aufgestellt sind, von
Niemandem provocirt würde. Dann um seine Lehren durch ein
*) Ehe sie assen, sagten di(^ Electen der Manichäer zDm Brode: ..Nicht ich
war es, der das Getreide geerntet hat, aas dem da gemacht wardest, nicht ich,
der dich mahlen Hess, der das Mehl stampfte, der es in den Ofen schob. Es war
ein Anderer, der Alles dieses that nnd dich mir brachte, so dass ich dich un-
schuldig esse. ** Haben die Ostjäken einen Bären getodtet, so bitten sie ihn um
Verzeihung und werfen die Schuld auf den Russen, der das mörderische Eisen
geschmiedet habe.
**) Die buddhistische Geschichte kennt, wenigstens in den Legenden, die
Namen mancher Könige, die, um das Blutvergiessen eines Krieges zu vermeiden,
lieber freiwillig ihr Land verliessen, und von einem der früheren Könige 8iam's be-
richten anch die Annalen, dass er seinen Soldaten beim Abmarsch einschärfte, in
der Schlacht möglichst hoch zu feuern, um keinen Menschenmord zu begehen und
die Feinde lieber nur durch den Knall zu verjagen. So geschah es z. B. in dem
durch Cyprian's Kühnheit beendeten Feldzug.
158 I^cr königliche Palast.
praktisches Exempel zu illustriren, gab er ein Zeichen, worauf
ihm einige Goldkäfige mit Papageien gebracht wurden. Sie öff-
nend und den Vögeln die Freiheit schenkend, schaute er trium-
phirend nieder auf den blutdürstigen Heiden, der sich nicht
scheute auf Mttckenmord zu sinnen. Die Papageien sollen indess,
da sie den Weg aus dem Palaste nicht so leicht finden können,
in der nächsten Stube wieder aufgefangen werden, um eine neue
Vorstellung zu erwarten. Der König that dann noch mehrere
Fragen, worunter nach der Behauptung des Über solch unchrist-
liches Gespräch schon längst entsetzten Kalawun auch die ge-
wesen sein soll, ob ich gleich ihm selbst den Thatanabyne, i. e.
den Oberpapst sämmtlicher Burmanen, ^anbeten" wolle. Der mir
mitgetheilte Ausdruck konnte jedoch im Birmanischen auch nur
bedeuten „Ehrerbietung bezeigen'' oder „Aufwartung machen^.
Pa indess mein Dolmetscher weder mit seinem Englischen noch mit
seinem Biroianischen recht in's Klare zu kommen schien, Hess
ich den König bitten, mir solche dubiöse Fragen lieber schriftlich
zukommen zu lassen, worauf ich dann in gleicher Weise ant-
worten könne.
Se. Majestät hatte dann die Gewogenheit, sich nach meinen
häuslichen Einrichtungen zu erkundigen , und fragte , wie hoch
sich meine Ausgaben im Monat beliefen. Da die Ausgaben auf
meinen Reisen in höchst verschiedener Weise wechseln und ich
erst wenige Tage im Palast war, hatte ich nicht die geringste
Idee darüber, und glaubte ohnedem, dass dies eine jener über-
flüssigen Fragen sei, worin sich die Birmanen auszeichnen, und
auf die es sehr gleichgültig bleibt, was man antwortet. Ich
nannte also eine ungefähre Summe , und das Gespräch ging mit
anderen Fragen , ebenso nichtssagend , weiter.
Während desselben sah ich ein Individuum auf mich heran-
kriechen und einen vor sich hergeschobenen Sack neben mich
stellen , von dem ich durch den Kalawun hörte , dass er die vom
Könige für meine Ausgaben geschickte Summe* enthielte. Obwohl
es zu Ihn Batuta's oder Hiouenthsang's Zeit Mode gewesen sein
mag, dass Reisende sich solch königlicher Gunstbezeigungen
rühmten, so war mir doch Nichts daran gelegen, und ich bat den
Bhnndogyi. 169
Kalawun , dem Könige zu sagen , dass ich das Geld weder be-
dürfe , noch wünsche. Dieser Hofherr wUrde sich aber eher die
Zunge abgebissen haben , und da die Zurückweisung eines kö-
niglichen Geschenkes in öffentlicher Audienz immer ein grosser
Etikettenverstoss gewesen sein würde, Hess ich es dabei be-
wenden. Der König deutete dann auf den Beutelträger , nannte
ihn seinen Schatzmeister, und sagte, dass ich ihn am Ende des
Monats um neue Auszahlung angehen und auch für sonstige Be-
dürfnisse mich an ihn wenden solle. Da ich im zweiten Termin
keine Application machte, besuchte er mich selbst mit gefüllter
Börse. Ich protestirte jetzt ihm gegenüber entschiedener und
erklärte, dass ich gerne des Königs Gastfreundschaft angenom-
men habe , aber nicht in seinem Solde stehen wolle. Er ver-
wahrte sich gegen eine solche Auffassung: der König mache Ge-
schenke, um seine Ruhmesgrösse (Bhundogyi) zu erhöhen und
besonders an femhergekommene Fremde. Ich sei sein Gast, und
da er mir keine Speisen aus seiner birmanischen Küche schicken
könne , »ende er an ihrer Statt die nöthigen Ausgaben *) für den
Koch. Geschenk sei ein Geschenk, und ob das Silber geprägt
oder sonst verarbeitet sei , könne keinen Unterschied machen.
Ohnedem, womit immer Alles abgeschnitten war, sei es des
Königs Befehl. Allerdings machen die Birmanen nicht den
Unterschied zwischen Geld und anderen Geschenken , und wür-
den mit derselben Unbefangenheit eine Münze nehmen, als
ein Medaillon, wie sie überhaupt wohl noch nichts verweigert
haben, aber mir war die Sache doch unangenehm. Ich
steckte die zweite Summe zu der ersten in eine besondere
Tasche, und später kam nicht mehr viel hinzu, denn als die
Schreiber in der Rechnungskammer merkten, dass ich mir
nichts daraus mache uud das Geld nicht einmal zähle , zählten
sie es unter sich ab, um mich fernerer Mühe zu überheben. Als
ich später den Palast verliess , fand ich den Werth der von mir
•) Dr. Richardson während seines Aufenthalts in Monay ging es nicht besser.
The Tsoboa sent my five baskets of rice and 48 tickals of coarse silver for ray
ezpences, which I was obliged to accept.
160 I^er kSoigHdie Palast.
erwarteten Geschenke weit die volle Summe übersteigen , auch
wenn ich sie wirklieh erhalten gehabt hätte, und das anfangs
Empfangene konnte in passender Weise verwendet werden, um zum
Theil meinen im Palaste selbst ausgeplünderten Diener wieder
auszustatten, da diejenigen Personen, die ihn für diesen ßaub-
anfall hätten entschädigen sollen , sich von der Verantwortung
loszumachen suchten.
Am Abend nach der Audienz hatte ich einen langen Besuch
vom Prinzen , der in voller Gala kam und von seinem ganzen
Hofstaat umgeben. Er war dabei , sich eine Leibgarde Unsterb-
licher zu bilden, d. h. Unverwundbarer, und producirte mir solche,
mit denen es schon geglückt war. Ausser den in die Haut ein-
geritzten Amuletten, müssen sie für längere Zeit gewisse Medi-
cinen essen , wodurch schliesslich das Fleisch am ganzen Körper
hart wie Eisen wird, und von keinem Schwert durchdrungen
werden kann. Einige, die noch unter den Händen des Operateurs
waren, sassen in etwas kläglichem Zustande da; dem Einen war
sein Aim dick und feurig aufgeschwollen, und zeigte unter einan-
der eine Reihe von vier breiten Verbandstellen , in denen Gold-
blättchen unter der Haut eingefügt, aber noch nicht geheilt waren.
Indess behauptete er , keinen Schmerz zu empfinden und verzog
sein Gesicht zu einem gewaltsamen Lächeln der Bejahung, als
der Prinz ihn fragte , ob er nicht seit den Einschnitten wie neu
belebt sich fühle. Auch mit den magischen Formeln eines Yathay
beschriebenes Silber wird eingefügt, um gegen Kugeln oder
Lanzen zu schützen. Ehe das Tättowiren beginnt, bespricht der
Operateur die Haut , so dass dieselbe unempfindlich wird. Doch
scheinen es die Patienten selbst nicht recht zu glauben. Sollten
indess Skeptische über Schmerz klagen, so wird ihnen versichert,
dass derselbe ohne die Mantras noch viel ärger sein würde.
Der Prinz Hess ein Buch herbeibringen mit kabbalistischen Fi-
guren gegen alle Arten Unglücksfälle. Andere Mittel waren bild-
lich. Durch das Einätzen eines Schwert tragenden Mannes wird man
sicher gegen Schwerter , einer Katze mit Lanze im Maul gegen
Lanzen, einer Katze mit einem Kinde im Maule gegen Ketten, eines
Pfaues am Halse gegen Enthauptung, eines gefesselten Mannes
Die unsterbliche Legion. 161
gegen goldene Ketten, eines Belu gegen Knüppel, eines Sehweines
gegen Kugeln u. s. w. Die unter der Haut eingefügten Talismane,
Zek genannt, behalten ihre Kraft nur für drei Jahre und müssen
dann erneuert werden. Der Prinz versprach oft, mir einen ocularen
Beweis von der Unverwundbarkcit seiner Palauquine zu geben,
führte es aber nie aus. Nur einmal kam Einer derselben athemlos
von dem Hause des Prinzen nach dem meinigen herübergelaufen
und zeigte mir drei rothe Striemen auf seinem Beine. „Sieh,
sagte er, dreimal hat der Prinz mit seinem Schwert nach meinem
Bein gehauen, und nicht tiefer eindringen können, als nur diese
dünnen Streifen zu hinterlassen. Jetzt wird es doch weiter keiner
Ueberzeugung bedürfen." Uebrigens haben die Birmanen immer,
wenn hart gedrängt, die Ausrede, sollte man an der Sicherheit
ihrer unverwundbar machenden Amulette zweifeln, dass ihre
Sünden bis jetzt noch der vollkommenen Wirksamkeit schadeten.
Mein Professor pflegte einige Stunden am Vormittage zu
kommen, um, wenn der Prinz in der Nähe war, mir birmanisch
vorzubuchstabiren, sonst aber buddhistische Psychologie zu er-
klären. Während des Tages hatte ich viele Besuche, und Abends
war meistens eine ausgewählte Gesellschaft versammelt, die
meine Cigarren vortrefflich fanden , und denen ich es an Thee
nicht fehlen Hess ; denn so lange es solchen noch gab , so lange
wurde erzählt. Es sind fünf der Dinge , die der Gentleman be-
obachten muss : die Haare aufgebunden , die Knochen auswärts
gedreht, die Haut glatt, das Fleisch weich und die Lippen
voll. Die birmanischen Damen bestreuen sich mit kosmetischem
Pulver gelber Farbe, um heller zu erscheinen und färben die
Nügel an Händen und Füssen roth. Die Ssoki (Jogi) genannten
Yathay oder Eremiten lebten früher am Firmament. Dort massen
sie die Entfernungen der Sohne, des Mondes, der Sterne, und alle
diese Entdeckungen wurden nebst den Heilkräften der Talismaue
in Bücher niedergeschrieben, die später von den Birmanen auf
Erden gefunden und noch jetzt studirt werden. Das Buch der
Weltweisheit Lokanidi dient auch zugleich zum Complimentir-
buch. Yansitta mit der Unterstützung von Nalolaepe und Na-
tuayju grub den grossen See von Aum-pin-lay aus, und kein
B Mtian, Oitasien. II. 1 1
162 I^er königliche Palast.
Reitersraann kann dort vorbeipassiren, da das Pferd in das Wasser
rennen würde. Leber mein Bett gjib es eine neue Consultation.
Ich hatte glücklich die Füsse von der Seite des Königs wegge-
bracht, aber man darf auch nicht mit den Füssen gegen Osten
schlafen, wo die Sonne aufgeht, ein Buddhist auch nicht gegen
Westen, wo der Bodhi-Baum steht. Nobody ought to put bis feet
upon the shade of a I)iw, of a king, a i)receptor, a saint and a
married wife of another, bemerkt der Dabistan von den Brahmanen
(s. Shea).
Unter den Besuchern befand sich auch ein junger Tsoboa aus
dem Schanlande, der, um Anhänglichkeit an Birma zu gewinnen,
vom Könige mit den anderen jungen Prinzen erzogen wurde, bis
er majorenn geworden^ um selbst sein Land zu verwalten. Oft
werden auch die Söhne der Tsoboa als Geissein am Hofe Manda-
lays zurückbehalten. Während meiner Anwesenheit inMandalay
hörte man von L'nruhen unter den Schau sprechen und einige Male
rückten Truppen dorthin aus. Moung-gyi las aus einem mitge-
brachten Buche die Geschichte der Witaba vor, die im Würfel-
spiel durch König Korapa an einen Belu verloren wurde. Eine
beliebte Leetüre ist auch die Lebensbeschreibung des alten Mini-
sters Aporaza (Aporazabon), der dem Könige die nationalökono-
mischen Grundsätze niedriger Steuern zur Vermehrung des Ein-
kommens lehrte, aber auch den macchiavellistischen , dass beim
Kriege benachbarter Staaten gewartet werden müsse, bis sie sich,
wie zwei Streithäline , erschöpft hätten, um dann Beider Länder
für sich selbst wegzunehmen. AVenn du Feuer ausmachst, lass
keinen glimmenden Funken übrig, wenn du Schulden bezahlst,
lass Nichts zurück, und im Kriege schone keines einzigen Feindes,
denn diese drei Dinge werden sich vermehren und deinen Unter-
gang herbeiführen (nach dem Niti-kyam).
Die Bekleidung des Birnmnen l)esteht in dem Putzo, einem
langen Stücke Tuch , das um die Lenden geschlagen und dort
befestigt wird, und mir wurden von einem der eleganten Stutzer
die verschiedenen Wege erklärt, wie sich dieses Gewand tragen
lässt. Die hauptsächlichsten beschränken sich auf vier: Wenn
geschäftig, im Arbeiten, raschen Gehen oder Laufen rollt der
w
t>ie priDzlicbe Kapelle. Iß^
Birmane deu Putzo dicht um die Lenden zusammen und stopft
ihn dort fest. In kühlen Morgen und Abenden zieht er das eine
Ende über Kopf und Schultern und hüllt sich ganz darin ein.
Wenn er über die Strasse oder nach dem Markte geht, oder
herumspaziert, trägt er das freie Ende über der einen Schulter
und fasst es mit der Hand zusammen. AVenn er einen höflichen
Besuch zu machen hat, befestigt er das^ freie Ende an der Taille
und lässt es als Schürze davor niederfallen. Der obere Theil des
Körpers ist meist unbedeckt, aber bei festlichen Gelegenheiten
bekleiden ihn die besseren Klassen mit einer ( gewöhnlich
weissen) Jacke, und legen dann auch eine weisse Stirnbinde an,
während sonst die bunten Kopftücher vorgezogen werden. Zum
Schlafen dient einfach eine Morgens mit dem Kopfkissen aufge-
rollte Matte , die Abends auf der Erde oder einer Unterlage aus-
gebreitet wird. Den Priestern sind hohe Bettstellen verboten.
Am Abend kam der Prinz von seiner Concertban^e begleitet,
und Hess sie mir aufspielen. Sein Hauptsänger kreischte in der
höchsten Fistel die Töne hervor, auf Knieen und Ellbogen lie-
gend. Ich Hess die zum Liede gehörenden Worte von Moung
Schweb aufschreiben.
Einer der Minister Bodopaya's, ein früherer Myowun, wurde
durch die Ungnade des Königs nach dem öden Maesa- Gebirge
(Maeja), nordöstlich von Ava, verbannt, und schrieb von dort seine
Klagen, in seiner Verbannung die Erinnerungen der Hauptstadt
zurückrufend, wodurch er zuletzt das Herz seines Herrn rührte un
sich, glücklicher als Ovid, Verzeihung erwirkte. Das Gedicht,
unter den Birmanen als Meisterwerk berühmt, ist in Keimen ge-
schrieben, indem drei Verse am Anfang und am Ende zusammen
gehören.
Auf des Macsu's rauhen Bergen
Stiömen kalt die Wasser hin,
lieber mir der klare Himmel
Weekt in seinem Strahlenglanzc
Die Krinn'nuig jenes Glanzes,
Per in Hodo's Schlosse strahlt,
Jener Stadt so reich und prachtig
In der Tempel guldnem Schmuck ;
11*
164
AUer ack iai Herum mar '.
Ytrm . aek ferm i»c Mzr ^it Hrwisk.
Hin' iffk .S^hvTBsra kiftzizd?:^m.
B^ea UMi ver»km ä^.
iWia^B Ba«k ü«»i alu« Brxi<W^
WadK^r B&r^n <!r>ct(»ra «Iat.
lk>^ ancii m^äof^ Bi>'i?a b^c»»«
Mit dn Gabm. «i^ Kk faadcir.
U>u kk hitf «irB Blkk erk«ke.
DvBk«lkeü U^L-in;^! ibkk.
>teil •!*** Ber^»rt *<kp>ff'e Vaaer
Zo dips Himm«^! «tnH>c i^m|^>r
S(mkea4 qsskit ■■ «ick d«r 2CvIk^1
^CKn«B aiL» d<^n Wolkf^a nk^ierr
^L1m< ob Mittag trüb die Sobb«
Ib «i«» GoCte» ^obiniHB Wagea
Mir T.*rbBiJ«sd : — d«*BB aaek er hat airk vcrfcaw««.
[»er Bit «eines fifge« Straklea
Aller Weif G-?!<eköpfe warvt.
\Lr ireraektrc dea VertoBBtc«
Hkr aa i£i»-MiB kaltea ^ytl.
Ib 4(*r ;i:*>IdaeB Stapft aar m^ iek.
Wo 'He koklra Str*>aie qaellea.
Wo der Ktimie diekter Sebattea
LiebÜek ^ek in Bwen «•>ibc.
LK«t Lofttwaatller la eutpCaa^ea,
Wo Biit Saod be^tnrare SrrXfeea
Dorek d«fr i^rtea Heeken ziebB.
Last oad Saaz »li•^ Laft erfallc
la *\»rT ^oltiaea Stadt aar weil* ick. —
Aek ia dea Gedaakea aar.
l'm Btana Elend BM^kr sn fokfea
Uirr aof Maefia*!» H«<k^«Ur;c.
i
Epistolae ex Maesa. 165
Wo in Lehm nnd Schmutz wir waten,
Wo die rauhe Windesbraut
An den wilden Wäldern schüttelt,
Deren schweigend dumpfe Oede
Nie des Menschen Stimme bricht.
Pfade seh' ich vielfach kreuzen,
Die zu fremden Fernen leiten ;
Täglich blick' ich auf die Wälder,
Die unheimlich grausen Wälder,
Doch der Blick wird nicht vertraut.
Wenn der vergangnen Zeit ich denke,
Dann weil* ich in dem Konigsschloss,
Dort möcht' ich folgen, um zu weilen.
Doch weil* ich unverändert hier.
Getrübt ist mir das Augenlicht
Im steten Schauen dieser Berge,
Die selbst nach ihres Namens Klange
Der Königsstadt bekannt nicht sind.
Nichts hier gleicht der aus frühern Tagen
Mir theueren Erinnerung,
Im Sommer nicht, wie ich gewohnt, die Wärme,
Der Winter, meiner Ueimath Winter nicht ;
Die Sonne selbst, in deren Strahlenglanze
Ich stets zu jubeln und zu jauchzen pflegte,
Hier scheint sie kalt und bleich in Nebelhülle,
Doch jenseits dorten strahlet in der Ferne
Die goldne Stadt im Rcgenbogenglanze,
Der sich im prächt'gen Spiel der bunten Farben
Um ihre Tempel und Paläste bricht.
In der Nächte düsterm Dunkel,
Das mich finster hier umfängt.
Strahlt mir stets die Stadt des Goldes
Als ein Stern voll goldncm Glanz.
Niemals könnt' ich sie vergessen,
Niemals ist sie fem von mir:
Ob ich träume, ob ich wache,
In-.mer schwankt vor meinen Augen
Aaf des Jammers Nebelgrunde
Der Erinn'rnng schönes Bild.
Vor mir steht die Stadt, die Strassen,
Heben sich die stolzen Hallen
Glitzernd in der Steine Schmuck,
Wo der ftrommen Beter Schaaren
166 Der königliche Palast.
Sich zum hohen Feste drangen
Und im heil'gen Eifer wetten.
Aber hirr streicht kalt die Windäbraut,
Heult der Sturm in wüsten Wiildern.
Leuchtet mir kein Hoffnungsstern.
Ach, mit Klagen und mit Weinen
Ist mein Herz zum Tode matt.
Jetzt nun wieder ist die Zeit gekommen,
Wo der Fasten fromme Feier
Zu den Klöstern und Pagoden,
Zu der Götter Tempel ruft.
Wie ein Traum vor meinen Augen
Fluthen Bilder fruh'rer Zeiten,
Die mich rufen, die mir winken;
Doch, als ob ein weiter Ocean
Mich von meinem Hause trennte,
Meinem Weibe, meinen Kindern,
Kommt mir keine Botschaft zu
Hier in der Verbannung Oede
Und dann blick' ich in die Zukunft,
Wo noch qualvoll Jahr* auf Jahre
Rollen und vergehen werden,
Bis ich selbst im Tod vergeh*.
Ach schon jetzt bin ich ein Todter,
Todt für meine Kinder, für mein Söhnchen,
Das auf meinem Schoosse lächelnd spielte.
Ach, für ihn auch bin ich todt !
Wenn die Stadt in lautem Jubel schallet.
Buntgeputzte Schaaren auf den Strassen drangen.
Zu den reich geschmückten Tempeln ziehn.
Wo auch ihr, o meine Kinder, früher folgtet, —
Dann wird euch der Arniuth Mangel drücken,
Traurig blickt ihr bei den frohen Scherzen,
Trauernd denkt ihr des verbannten Vaters,
Arme Waisen, ohne Vater nun.
In einem Liebesliede, das einer der jungen Herren bei einer
anderen Gelegenheit sang, meldet er seiner Duleinea, das« er
seine Gefühle durch Schreiben nicht ausdrücken könne, sein Herz
sei zu voll. GriflFel und Tusche würden nicht genügen , die Zeit
wUrde nicht reichen in den Jahren seines Lebens, und das Papier
LiebesHed. ]67
würde nicht langen, sollte er auch genug zusannnennähen , die
Oberfläche der Erde zu bedecken. Die Lobpreisungen seiner
Heissgeliebten wäre es unmöglich, zu Ende zu singen. Fern seien
die Hügel für ihn dorthin zu wandern und er hätte zu warten,
bis die Blüthezeit der liäume gekommen. In einer Novelle, die
mir vorgelesen wurde, schreibt der Schmachtende der Dame
seines Herzens: Wenn er an sie denke, wäre es ihm, als ob er
am Abende einer Tagereise das Taschentuch röche, in dem das
am Mittag verspeiste Hühnerfleisch eingewickelt gewesen. Nur
der liebliche Geruch sei geblieben , aber die Befriedigung fehle,
und so wecke ihr Bild in der Erinnerung nur grössere Sehnsucht
nach körperlichem Zusammensein. Das Küssen der Birmanen,
die dabei den Athem einziehen, gleicht mehr einem Kiechen und
heisst Nam'-^jut-si, oder einen Geruch (nam) einsaugen (^'ut). In
einem sibirischen Märchen fand ich den Kuss der Schwanen-
jungfrau mit dem Essen fetten Fleisches verglichen.
Die aus Punkten bestehenden Noten , um die Modulationen
der Stimme vorzuzeichnen, werden im Saghidzvay gelehrt, eine
nur Gautama's Geschlecht bekannte Wissenschaft.
Einer der Anwesenden gab mir den Riss eines berühmten
Natschin (Tempel) auf dem Schwe-u-daun-Berge (in der Nähe
Mandalay's), der Prii^zessin Mih-schweh-u geweiht, die dort
Panpin-Blumen pflanzte, aber von einem Tiger gefressen, sich
in eine Dämonin verwandelte. Die Stadt Tsaga heisst so nach
den gelben Blumen des Tsaga-Baumes, aus dessen Holze Buddha's
Bilder geschnitzt werden. Um die grösseren Figuren aus Back-
steinen aufzumauem, wird ein Pfahl aus diesem Holz in die Mitte
gesteckt^ damit dieStructur besseren Halt bekömmt. DerCentral-
Pfeiler der Pagoden wird gewöhnlich aus dem Holze des Pin-
naeh-pin oder Dsjaca-Baumes (artocarpus integrifolia) genommen,
und heisst daher Pin-naeh-tein.
Die Birmanen ziehen vielerlei Omen aus Naturereig-
nissen*) und besonders aus Erdbeben. Einer der Hofleute
•) The rata (in Burmah) only make their appearance at long intervals. The
people think, they have a kind of warning of their approach by a heavy detonation,
1 6 S I>er königliche Palast.
brachte mir, auf meinen Wunsch, eines Tages ein Buch, das
dieselben erklärte. Als er indess hörte, dass der England ein-
schliessende Theil Europa's Erdbeben*) nur wenig oder gar
nicht ausgesetzt sei, kam ihm das so bedenklich vor, dass er mich
nicht die bösen Vorhersagungen, die daraus für sein Vaterland
erwüchsen, kennen lernen lassen wollte und das Buch ungelesen
wieder mit sich fortnahm. Bei dem leichten Fachwerk der bir-
manischen Häuser thun Erdbeben keinen Schaden, während sie
in Chili und Manilla durch die zusammenstürzenden Steinkathe-
dralen Tausende erschlagen mögen. Ausser den Linien in der
Handfläche beobachten die Birmanen die Zuckungen und unwill-
kürlichen Bewegungen der Gesichtszüge, das Nicken der Augen-
lider, das Beben der Lippen u. s. w. , um darnach die Zukunft zu
entscheiden. Ein Haus, worin man eine Königskrähe, die zu
sprechen lernt, hält, wird vom Blitze getroffen werden.
In dem Gebirge Miazaehn-taun wachsen sieben Tujaun-
Bäume, von denen einer zur Zeit Frucht trägt und durch
seine Reife einen Weizza herbeilockt, der heranfliegt und die
Frucht spaltet, um sich das schöne Mädchen darin anzueignen.
Wenn verschiedene Arten der Weizza zusammentreffen, giebt
es heisse Kämpfe um dasselbe. Dies scheint einer der in der
Märchenwelt fortlebenden Reste religiöser Mythen zu sein , denn
Marini erzählt als Glaube der Laos, dass auf die im Wasser
untergegangene Erde zuerst der Pon Tabobamisuan genannte
Mandarin aus der höchsten der sechszehn Himmelsterrassen
herabgestiegen sei und mit seinem Degen eine auf dem Wasser
schwimmende Blume spaltend, ein blendend schönes Mädchen
occasioncd by thc breaking up of their fold , which is situatcd in the middle of
thc World.
*) Erdbeben werden gewöhnlich den Bewegungen der vier Ngalun , die die
Oberfläche tragen , zugeschrieben. Im Mallalingara-Wuttu erklärt Buddha dem
Ananda, dass es acht Ursachen gäbe: 1) wenn die Luft, auf der das die Erde tra-
gende Wasser ruhe, sich bewege, 2) als Wirkung eines übernatürlich begabten
Wesens, 3) bei dem Empfnngniss eines künftigen Buddha in seiner letzten Exi-
stenz, 4) bei seiner Geburt, 5) bei seiner Verklärung als Buddha, 6) wenn er
sein Lehramt antritt, 7) bei seiner Erhebung in die Zan, 8) bei seinem Eintritt
ins Nibpan.
Theehandler. 169
darin entfaltet sah. Da sie sich gegen seine Liebesanträge
wehrte und er, ohne Gewalt zu brauchen, doch nicht Einsiedler
bleiben wollte, so: il trouva moyen d'en avoir lign^e sans la
corrompre et sans älterer en aucune fa^on la qualit^ de Vierge,
qu'elle s'est toujours conservee et que pour y r^ussir, en se
niettant devant eile ä une certaine distance et se regardant r^ci-
proquement eile recevait de si fortes impressions de ces oeillades,
qu'elle en concevrait et deviendraitmere, sansperdresaVirginite,
also wie die Maras im Paranirmita Vagavartin. Jajati's Tochter
Madhavi stellte nach jeder Geburt ihre Jungfräulichkeit wieder
her. Nach den Mantras wächst auf dem Felsen Batu Tra die
Chankai-Blume, die nur von Frauen gepflückt werden kann und
ihrer Eigenthümerin von allen Seiten Liebhaber herbeizieht.
Meine abendlichen Besucher brachten gewöhnlich jeder seine
Wachskerzen mit, die dann angesteckt und neben dem Sitzteppich
auf dem Fussboden festgeklebt wurden. Einer derselben, ein
vielgereis'ter Kaufmann , erzählte von den Thee bauenden Pa-
loung's in nur schwierig ersteigbaren Bergen, wo sich drei grosse
Zayat's befänden. In einem derselben blieben die Paloung's, im
andern die birmanischen Kaufleute. Die Letztem bringen dann
ihreWaaren nachdem mittelsten Zayat und kehren zurück, damit
die Paloung's bei Nacht kommen und Thee an die Stelle legen
mögen, ohne gesehen zu sein. Die Paloung's tragen keine Klei-
der, sondern nur ein Brett hinten und eins vorne, um damit die
steilen Berge herabzugleiten. Die der birmanischen Grenze
näheren Paloung's kleiden sich ähnlich wie die Schan's, die
Sprache aber ist verschieden. Einige Paloung's in der Nähe
Mandalay's sind zugänglicher. Als die Kaufleute von den Sesa-
dae das Malobathron raubten, war man selbst noch nicht bis zum
stummen Handel gekommen. Der Same der von den Paloung's
gebauten *) Theepflanze soll vom König Noatasa, als er nach dem
Feldzuge gegen China, zum Haemawun wanderte, in dem Kropf
•) Alniost aU the tca localities occur within veryshort distances of each other
and are very limited in cxtent (in Assain). Als Resultat gemachter Boden-Ana-
lysen giebt Piddington als a striking coincidence, that ,,we should find our tea-
Boils andtbose of China so exactly alike.**
170 Der königliche Palast.
eines Vogels gefunden sein. In der Nachbarschaft von Schuesin
leben die Paay, die eine von dem Karen und dem Birmanischen ver-
schiedeneSprache reden, undstattderKleidungeinenStrick um den
Gürtel tragen. Die Daunu in Tschauktat, die birmanisch sprechen,
kleiden sich theils in Hosen, theils in Putzo. Die Laymyo oder
I^ywa in lllainbiehn werden alsAusgestossene betrachtet, da sie
Hühner schlachten und keine Verehrung darbringen. Ein Dandy
vom prinzlichen Hofe hatte den ganzen Abend sehr gezierte Be-
wegungen gemacht, und mir immer seinen auswärts gekehrten
Arm, mit einem rothen Affen darauf, vor's Gesicht gedreht. Als
Alle fort waren, zeigte er ihn mir noch einmal und sagte, dass er
jetzt sicher wäre stets Glück bei Damen zu machen. Wie die
Frauen, suchen auch die Feineren unter den Männern ihre Gelenke
durch Auswärtsdrehen möglichst zu verrenken.
Der König gab mir eine andere Audienz, erkundigte sich
nach dem Fortschritt der Studien und fragte nach den Staatsver-
hältnissen Europa's, konnte aber nur schwer die des Bundestages
verstehen. Doch machte meine Erwähnung von etwa 30 gekrön-
ten Häuptern sichtlichen Eindruck auf den König der unzähligen
schirmtragenden Häuptlinge des Westens. Der grosse Brahma-
König Pegu's hatte nach Frederick nur twenty-six crowned kings
at bis command. Da ich später meine Mittheilungen besonders
aufPreussen beschränkte, wurden mir mehrfache Fragen über den
dort regierenden König gestellt, worüber ich indess in dem Augen-
blick nur unbestimmte Auskunft geben konnte, da mir über den
während meiner Abwesenheit erfolgten Regierungswechsel erst
wenige Einzelheiten bekannt waren.
Ich hatte Moung Schweb bei mir, der beim Eintritt mit einer
weissen Jacke und weissen Kopfbinde bekleidet sein musste, und
beim Fortgange auf Befehl des Königs mit zwei eleganten Anzügen
beschenkt wurde. Er war der allgemeine Gegenstand des Neides für
die niederen Hausbedienten des Prinzen, in die Gegenwart des Kö-
nigs zugelassen zu sein, da dies für sie die Akme ihres Ehrgeizes ge-
bildet haben würde. Smith erzählt eine charakteristische Anekdote
von dem grossen General MahaBandula, der im Beginn seiner Car-
ri^re, als er noch den Namen Moung Phyew führte, einem seiner
Bilderbücher. 171
jungen Mitpagen eines Tages imVorzimmer des Königs in die Haare
fiel und so lange darin uraherzaus'te, bis sein Jammergeschrei die
anderen Hof bedienten herbeigezogen hatte. Der König, diese
Ungezogenheit hörend, befahl den Schuldigen herbeizubringen,
um zu wissen, wie er sich uritersta,nden habe, die Kühe des Palastes
in solcher Weise zu stören. Auf die Frage nach dem Grund
seiner ungebührlichen Aufführung, erwiederte der Ruhmsüchtige,
dass er keinen andern gehabt habe, als seinen Namen von den
goldenen Lippen der königlichen MajestJit aussprechen zu hören,
wie es jetzt geschehen sei. Diese Schmeichelei verschaffte ihm
die Aufmerksamkeit des Königs, und damit die ersten der Stufen,
auf denen er rasch avancirend bis zu den höchsten Ehrenstellen
des Reiches emporstieg. Bandula ist schon in buddhistischer
Legende der Name eines berühmten Generals, und seine Wittwe
Mallika bedeckt bei dem Leichenzuge Gautama's Körper mit
einem prächtigen Gewände (nach der Mallalingara-Wuttu). Die
Birmanen beziehen auf ihn den Gebrauch, geweihte Blumen in ihren
Häusern aufzustellen, indem er vor dem Auszuge in's Feld seiner
Gemahlin eine Blume darreichte, deren frisches Aussehen seiuWohl-
sein beweisen, wogegen ihr Verwelken seinen Tod anzeigen würde.
Am andern Tage fand ich beim Besuche im Hause des Prin-
zen Pona's (oder Brahmanen), die in der Pona-Sprache sangen,
über den durch Frauen zu verehrenden Gott, wie sie mir sagten.
Auf dem Glockenthurme des Palastes beobachten Pona's die
Wasseruhr. Die Brahmanen gewannen besonders unter dem
ganz von astrologischen Vorurtheilen beherrschten Minderadjih-
Prä am Hofe Einfluss. An einem der Ubo während eines Festes
vertheilte der König, den Gebrauch alter Zeiten aufrecht zu erhalten,
ReisandiePungyi und sprenkelte Wasser; der ganze Palast hallte
von Musik wieder. Beim Nachhausekommen traf ich den Ver-
trauten eines der Prinzen , der für das ihm bevorstehende Tätto-
wiren die schlafmachende Mcdicin (Chloroform) wünschte. Es
wurde mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit davon gespro-
chen, doch hatte ich nichts vorräthig. Er brachte grosse Folianten
und Bilderbücher mit, Scenen aus brahmanischer Mythenge-
scbichte darstellend, wo Buddha, stets durch ein vergoldetes Ge-
172 ^^r königliche Palast.
sieht*) kenntlich, als Phaya Alaun eingeflochten war. Indra stellen
die Uinterindier immer grlin dar. Dem Mahavira wird nach den
Jainas ein Goldteint gegeben, sein Vorgänger Parsvanatha wird
blau gebildet, Padmaprabha roth u. s. w. Die Figuren waren
mit bunten Farben gemalt und reich vergoldet. Unten war ein
kurzer Text für jede Seite beigefügt.
Eine Gantapatantadzat genannte Frzählung wiederholte die
aracanesische von den BalabrUdem. Die heimlich aufgezogenen
Söhne der im einstöckigen Palaste bewachten Prinzessin erschla-
gen, zum Faustkarapf herbeigelockt, den König und erobern,
durch Bemeisterung des Belu, die zu einer Insel in der See fort-
fliegende Stadt. Auf Rath des sich wahnsinnig stellenden und
den Hasen im Monde verlangenden Gantapatanta wird die Vor-
bersagekunst des Yathay durch einen als schwangere Frau ver-
kleideten Knaben auf die Probe gestellt und dadurch der Unter-
gang des Geschlechts herbeigeführt. Die buddhistischen Märchen
begiihien gewöhnlich mit der Pathama oder Pathomma-Kalpa,
dem ersten oder dem I^tus-Zeitalter, was unserem „Es war einmal
in alter Zeit"" entspricht.
Die Birmanen nennen Sprüchwörter Lugyi dzaga (Worte
grosser Männer) und haben deren viele, wie z.B.: Weisheit hütet
das Leben. Dem Geschick kann Niemand entrinnen. Wer schnell
gehen will, muss die alte Strasse gehen. Der mit Weisheit Begabte
wird nicht in Ruhe gelassen. Im Vergleich mit dem Geier ist
jeder Vogel hübsch. Ein Berg wird allmälig erstiegen, Eigen-
thum allmälig erworben, Weisheit allmälig erlernt. Weisheit
kann nicht gestohlen werden. In den buddhistischen Märchen
ziehen die Söhne der Adeligen und Reichen nach der Stadt Tak-
kasinla (Taxila), um dort die Sinlaprasat zu erlernen, die für
sie, da sie die Stufe der Magie noch nicht überschritten haben,
den Inbegriff der Naturwissenschaften bildet. Die Yathay oder
Rüsi (Rishi) sind bewandert darin, wie in Japan die Jamabusi.
•) Nach dem King-te-tchoiin kinglou wurde Shakya's Hauptschuler, Mahakaya,
der Goldfarbige (Kin se) genannt, weil von einer Frau geboren, die zur Zeit des
Buddha- Vipasi ihr letztes Gold zur Verschönerung eines Bildes verwandt hatte,
und deshalb während 91 Kaipen mit einem goldenen Gesicht geboren war.
Malerei. 173
Die birmanischen Maler zeigen viel Geschick in der Behand-
lung des Colorits, und obwohl ihre Perspective europäischen An-
sprüchen nicht genügt, beweisen sie doch ein weit grösseres
Verständniss für dieselbe, als andere Orientalen, denen es unmög-
lich ist, ein SchiflF von einem Pferde zu unterscheiden, oder die das
geschenkte Bild der portugiesischen Königin mit dem Kopfe abwärts
aufliingen, ohne den Irrthum zu bemerken. In der schlanken
Contourenzeiohnung sind die Siamcsen sehr vollendet, wiederholen
aber stets stereotyp gewordene Formverbindungen, und wegen
dieses Schablonen-Arbeitens hatte ich viel Schwierigkeiten in Kani-
bodia, die eingeborenen Künstler zum Wiedergeben des auf den
Tempel - Sculpturen in bestimmter Verschiedenheit markirten
Ra<;en-Typus zu veranlassen. Im Allgemeinen vermeiden sie über-
haupt das Gesicht in die Umrisse hinein zu zeichnen, und ein jedes
Paar Augen kostete mir einen besonderen Befehl, dem nur ungern
gehorcht wurde. Die Chinesen beleben ihre Bilder, indem der
Priester den Augenkern zufügt, und die Mohamedaner vermeiden
Figuren zu zeichnen, da diese am Tage des Gerichts eine Seele
verlangen würden. Der Häuptling der Rothhäute dagegen fürch-
tete, dass Catlin mit dem Portrait auch seine Seele fortführen
möchte.
Schnitzereien führen die Birmanen in geschmackvollen Arabes-
ken aus und verzieren damit die Thüren und Plafonds der Klöster,
oft mit Einschluss jener komischen Scenen, wie man sie den
Sculpturen mittelalterlicher Kathedralen gelegentlich eingefügt
findet. Auch in Verfertigung von Goldstickereien zeigen sie sich
geschickt. In den ersten Tagen meines Aufenthalts in Mandalay
hatte ich eine junge Armenierin auf Bitten ihrer Verwandten
in Behandlung genommen, und der Gemahl dieser Dame war
so überschwänglich in seinen Dankesbezeigungen , dass er mir
stets eine neue Ueberraschung ausdachte. Bei meinem letzten
Besuche vor der Abreise nach Kabain entrollte er vor mir einen
Vorhang aus schwerem Teppichtuch, worauf ein Pfau in fast
Lebensgrösse gearbeitet war, umgeben von Blumen und Blättern,
alles in den lebhaftesten und glänzendsten Farben. Es sei da^
schönst« Kunstwerk seiner Art, das in Mandalay fabrizirt worden.
174 ^^^ köDigliche Palast.
Ich hatte grosse Mühe, dieses Geschenk, das man mir bis auf die
»Strasse nachtragen Hess, zurückzuweisen, wUrde aber gern ein
solches Meisterstück mitgenommen haben, wenn es unter einem
anderen Titel hätte geschehen können.
Der Ngamangang kömmt vom Himmel und geht über die
Erde hin, die Namen der Plätze vor sich hinmurmelnd, in die er
Schätze niederzulegen beabsichtigt. Gelingt es Jemand, ihm un-
gesehen mit einer Schreibtafel zu folgen und alles Abgelauschte
aufzuzeichnen, so können aus diesen Teiksa genannten Charakteren
die Schatzgräber später ihren Plan entwerfen, um den Schatz zu
hebeu, nachdem sie sich den bewachenden Belu (Ungeheuer) durch
Menschenopfer geneigt gemacht haben.
Der Sogih (Zogi) wandert am Himmelsgewölbe umher und
versteht Gold zu machen, mit dem Padateh (hartem Quecksilber),
aber, wenn Menschen solches Gold finden, entschwindet es ihren
Händen und fliegt zurück zum Himmel. Sein Feind ist der
Weizza (wizard oder Zauberer), der in der Luft umherfliegt,
und wenn er einem Sogih begegnet, so stirbt der Letztere. Von
Weizza giebt es wieder verschiedene Arten: der In-Weizza, dessen
Kraft in magischen Quadraten (In) liegt, der Gatha- Weizza, der
sich auf mystische Formeln , und der Zay- Weizza, der sich auf
Kenntniss derMedicinen stützt, aber der Erste ist der mächtigste.
Und sie kämpfen mit einander in dem fernen und unzugänglichen
Hacmawunda- Walde, wo alle sieben Tage der Haum aufsprosst,
auf dem, wie in Sachsen, die schönen Mädchen wachsen.
Als Dipaukara-Paya auf Erden wandelte, cutsagte der reiche
Mann Thumcda der Welt und zog sich in ein von ihm gebautes
Kloster zurück, verliess es aber, sich erinnernd, dass er das
Leben im Walde gewählt, und wohnte unter den Bäumen. Ueber-
legend, dass nach den Geboten des Gesetzes nur solche Dinge,
die als Geschenk gebracht waren, gegessen werden sollten, hörte
er auf, die Früchte des Waldes zu seiner Nahrung zu sammeln, sich
entscheidend, nur dann von ihnen zu essen, wenn sie ihm von selbst
in den Mund fallen sollten. Der Thagyakönig, fürchtend, dass er
umkommen möchte, kam zur Erde nieder und spielte vor ihm eine
Harfe, erst mit schlaffen Saiten und dann eine andere Melodie
Thumeda. 175
mit Überspannten, ihn dadurch lehrend, dass nur in der richtigen
Mitte der Weg zu wählen sei. Als Thumeda wieder Nahrung
genommen, setzte er sieh harten BUssungen aus und blieb so lange
in der Sonne liegen, bis er die Kunst des Fliegens erlangt hatte,
die er benutzte, um Yasejoh-pieh zu besuchen. Dort waren ge-
rade grosse Vorbereitungen im Werke, zum Empfange Dipankara's,
und als am nächsten Morgen noch ein Stück an dem zu erbauen-
den Wege fehlte, legte Thumeda seinen Körper darüber, um als
Brücke zu dienen. Der Buddha weigerte hinüberzuschreiten,
prophezeite aber die einstige Wiedergeburt Thumeda's in Kapi-
lawutti als Gautama. In seinen früheren Existenzen hatGautama
sich unzählige Male zum Besten der Welt geopfert und seinen
Körper für das Wohl anderer Wesen hingegeben. Mit Si)littern
seiner Knochen als Feder, mit dem eigenen Blut als Tinte hat er
das Gesetz auf seine zum Pergament dienende Haut geschrieben.
Bei Purchas findet sich ein Bericht über den Kcuiig von Couhun,
der ein Schaffet bestieg und in presence of all the people cutteth
offhisnose andafterthat bis ears, lippes and other partes which he
casts towards the idoll and at last he cutteth bis throate, making
a butcherly sacrifice of liimself to bis idoll. Nach dem De-
satir lehrt Mani, dass Thiere getödtet werden müssten, damit
ihre reinen Seelen aus dem Gefängniss des unreinen Körpers
entkommen könnten, und verbot die Ehe, damit keine neuqn
Seelen in die irdische Welt herabgezwungen würden.
Die lichtglänzenden Byamma der Abhassara kamen aus dem
bei der letzten Weltzerstörung versclionten Himmel auf die neue
Erde herab, und versanken dort bald in den Schlamm der Lüste, so
dass ihr früher ätherischer Körper die Fähigkeit des Fliegens und
damit die Möglichkeit der Kückkehr verlor. Abhisara ist die
südliche Kegion des von dem Schlangenkönig Nila beschützten
Hochlandes, wohin der Schöpfer der Wesen Kagyapa, als nach
seinem Wohnort (Kavyapamar oder Kaschmir) die Götter Druhina,
llpendra, Kudra sammt Andern herabrief, um nach der Vernich-
tung des im Wasser lebenden Dämon Djalödhabhava, auf dem
(irunde des ausgetrockneten See's ein von Menschen bewohnbares
Land zu bilden , nachdem die Kaljia Vaivasvata's angebrochen
176 ^61* königliche Palast.
-r
war. Troyer hält den KOnig Abisarus, der nach Onesicritos (bei
Strabo) gigantische Schlangen aufwog, fUr den Kajah von Abhi*
sara. Nach Deguignes kennen die Chinesen einen in Kaischmir
geborenen Fo. Abasa ((^'idabasa oderOeistiibglanz) bedeutet den
tamulischen Philosophen (bei Graul) die Hrahma-EinBtrahlung
in die individuelle Seele.
Da jeder Birmane einen ITieil seines Lebens im Kloster zuge-
bracht hat, so wissen sie auch Alle davon zu erzählen, und beson-
ders inMandalay, wo in einem priichtig geschmückten Kloster der
Sasanapein(Thatbanabein) selbst lebt und der König grosse Sum-
men aufdenTempelverschwendet, findet sich viel Hinneigung zum
Mönchsleben. Einer der Hofbedienten des Prinzen, der die Aufsicht
über seine Baum wollpflanzungen führte, pflegte bei seinen Besuchen
eines meiner anatomischen Bücher vor sich zu legen und vor den
Schadein und Gerippen desselben, als einem Memento mori, in das
Stöhnen und die Klagen der birmanischen Bussgebete auszu-
brechen. Gern und häufig werden die 40 Kammatan wiederholt
uiid alle Glieder des Organismus in seine elementaren Theile
analysirt^ um sich das irdische Leben unter möglichst abschrecken-
der Form vorzustellen. In der Budah Mimansa (sagt der Da-
bistan) ist die Welt ein Haus voll Krankheiten und die Menschen
sind die Patienten. Der Körper ist nach den Buddhisten aus
32 Theilen zusammengesetzt, deren jeder wieder in 44 Unterab-
theilungen zerfällt, und \on ihnen wird jede einzelne bei der Be-
trachtung in ihre nichtigen Atome auseinandergelegt. Nach
Gautama's Predigten soll das Tinga oder das Priestergewand die
Haut des Pungyi darstellen, die rothe (orange oder gelbe) Farbe
desselben sein Blut, die zum |\'i\hen gebrauchten Fäden die Sehnen
und Nerven. Die röthlichc oder orange Farbe wird durch die
Blätter des Peihnähbin (Jackfruchtbaum) hervorgerufen, zu denen
man Daukblätter liinzufügt, um die Farbe fest zu machen. Wenn
wegen des hohen Preises, den das Holz des Peihnähbin besitzt,
nur wenig zu einer grossen Menge Daukblätter (des Daujat-
Baumes) hinzugefügt wird, so bleibt die Farbe leichter gelb. Als
Thaetanun, der Aiaunpaya oder Bodhisattva in den Wald zog, da
wieherten die Pferde, da rollte und brüllte die Erde, da sangen
Klassen der Geschöpfe. 177
die Nats oder Sakhya. Der Sakhya-König (Thagya-min) hatte aber
die Ohren der Menschen mit Baumwolle zugestopft, damit sie
nichts hörten, denn sonst wUrden sie versucht haben, durch Bitten
und Flehen seine Entsagung der Welt zu verhindern. In dem
durch Khyansando commentirten Äbhidhamma wird der grosse
Byamma, als der Herr aller Dinge, der ürgrossvater (Bay) der
Menschen und der Grossvater (Ba) der Nats genannt. Durch Ab-
lesung der Payet-gyi genannten Formeln wird das heilige Payet-
Wasser geweiht und umhergesprengt (als die Payetdzay), um zum
»Schutz gegen Belu zu dienen. Auch über Blumen sprechen die
Pungyi den Payet-gyi oder Payetschieh und stallen sie dann auf,
als Wehr und Waffen gegen Ungeheuer. Solche Operationen, die
von geringer Bedeutung sind und ohne Anwendung von heiligen
Formeln geheilt werden können, heissen Dzathi, z. B. wenn der
Biss eines Hundes durch Massiren und Kneten geheilt wird. Wer
einen kostbaren Ring, Öati lekmaun genannt, am Handgelenk trägt,
wird allgemein beliebt und geachtet werden. Für Dakkinataga-
paya stellte König Siridhamma unter den überhängenden Zweigen
eines Bodhi-Baumes eine Statue mit langer Nase auf, die eine
Wasserlilie in der Hand trug und mit neun goldenen Nägeln auf
dem Throne befestigt war. Nach den vier Sayup des Buches
Math uyanta, werden die Geschöpfe, wegen des Kam, Kammasayup
genannt, die mit (Dseit) Seele begabten Dseittayup. Wegen des
Dsoh (Geftthl oder Emotion) heissen sie Uthudsayup (periodischer
Erregbarkeit unterworfen) und in Betreff der Nahrung führen sie
die Bezeichnung Ahayadsayup. Unter diesen vier entbehren die
verschiedenen Arten der Byamma des Hungers, die Athinjthat-
ßvamma des Dseit. In Bäumen, Pflanzen und Steinen fehlt der
Ahayadsayup, aber durch Feuer wird in ihnen Uthudsayup ge-
weckt. Der Körper zerfällt nach den 44 Akan in die 20 aus der
Erde gezogenen Bestandtheile, 12, die dem Wasser, 6, die dem
Feuer und 6, die der Luft entlehnt sind. In Bezug auf die
10 Constituenten der Sinne wird er 60fach eingetheilt. In der
vervollkommnenden Umwandlung der Ideen vom Stein zum
Boddhisattva liegt die Idee der Entwicklungstheorie mit einer
Consequenz ausgebildet, die Lamarck's System weit zurUcklässt.
BMtian, OatMien. II. ] 2
178 I>er königliche Palast
Der Himmel der Athinjthat-Brahmanen bildet die elfte der
16 Brahma- Welten, die die Paramatta-Miezu ohne Namen nennt, die
Asinjsata des siamesischen Pali (A^iüteta). Die Buddha prediglM
alle gleiche Lehren über die Paramatta und Abhidhamma» aber
auf die Vineya wird nur dann besonder Werth gelegt, wenn unter
Verkürzung des Lebensalters, Leidenschaften mächtig werden,
wogegen sie bei langer Dauer des Lebens überflüssig wird. Vor der
Ankunft eines der vierBuddhanach ihrem Erwachen imNathimmel
erscheint der Dzansa-Yathay, aber nur in solchen Zeiten, wenn
das Leben lang genug währt, die Leidenschaften zu unterdrücken.
Die ausfuhrlichste Beschreibung der Byamma- Welten findet sieh
im Wibhin, dem zweiten Buche des Abhidhamma. Durch Erlangung
derDjan geht der Geist sogleich direct in die Byamma- (Byamha-)
Welten über, ohne die Nathimmel vorher zu berühren. Aus den
Byamma- Welten kann eine noch weitere Stufe in'sNibpan führen,
hat sich aber der Geist gleich anfangs gar zu hoch, bis zur
Arupa-Welt verstiegen, so wird er erst wieder au dem Hin-
demiss des Nirodha auf die Erde zurückgeworfen, ehe er sich
zur Annihilation vervollkommnen kann. Der fromme Greis,
der lange auf das Erscheinen des Messias geharrt hatte, der aber
nicht mehr die Transfiguration erleben sollte und sein ihn zu
den Arupa führendes Lebensende voraussieht, beklagt deshalb
auch sein hartes Geschick, das ihn noch im letzten Augenblick
von der nahenden Erlösung abschneidet und auf einen künftigen
Buddha verweist. DieSiamesen sagen, dass in den 16 Terrassen
der Brahmanen, die Gana-Vinyan, Jivaha-Vinyan und Kaya-
Vinyan fehlen, aber, wie sie, ertheilen ihnen die Birmanen Rupa
(Yupa) Dseit (Öit) und Djan (Jhan). Nur der Stand der Asinjsat
musssich, wie eben bemerkt, mit Rupa und Djan allein begnügen,
in Ermangelung des Dseit, so dass die Existenz in träumerischem
Schlafe hindämmert. In den Arupa- Welten findet sich, was schon
der Name sagt, nur Dseit und Djan ohne Rupa. Von den 38 Ar-
ten des Dseit im Menschen sind 34 fähig, Nyan zu erwerben. Der
Sitz der Ideen, als Arupadhamma, liegt in den Sinnen. Jeder der
81 Öit muss, um in Thätigkeit zu treten, von wenigstens 7 Öeda-
tith begleitet sein, aber gewöhnlich sind auch noch andere der
k
Die Pfade zum Nibpan. 179
Kuso oder Akuso Öedatith in Mitbewegung. Im Sinne der No-
minalisten sagt der Buddhismus, dass die bei Betrachtung eines
Gegenstandes durch Witekka hervorgehenden Ideen zum Nama-
Dhamma gehören, dessen Aroma im Herzen liegt. The modifi-
cation of thought called meditation is the noblest of all the mo-
difications, the depository and the understanding itself, which as
being the depository thereoff is fui-ther named thought (chitta),
nobler than the organs, whose modifications are others, than his,
heisst es bei Ballantyne in Kapila's Sankya-Aphorismen. Wie
die andern Organe, hat der Mano sechs Eigenschaften. Die
vier SiMa (lae-pa) oder Grundwahrheiten begreifen die des
Schmerzes, der Erzeugung desselben durch Begierden, der Be-
freiung oder der Unterbrechung und des Wegs dahin, alsDukkha,
Samudaya, Nirodha und Magga. Obwohl der Pfad der Magga
durch die guten Werke des Atthaggamagga (des achtfachen Weges)
betreten werden kann, und die Kardiualtugenden der Paramitas
zum jenseitigen Ufer zu fuhren vermögen, erlangen doch nur
die Ariyas sicher und rasch seine Früchte. Im Gegensatz zum
Puthuja](in (Puthujjana) oder Laien zerfällt der Stand der Ariya
in vier Abtheilungen, deren jede wieder in zwei Klassen getheilt
wird (die Ariya shit pa), als Sotapatti, Sakadagami, Anagami und
Arahatta. Der in den Sotapan Eingetretene muss noch durch 80000
Kalpa's hindurchgehen und 7 Mal im Stande des Menschen
oder Nat wiedergeboren werden, bis er zum Nibpan reift. In
diesem Magga, wie in den andern, wird von dem Pfade noch die
Frucht (Pon) gesondert betrachtet. Die Pratitya samutpada (die
Verschlingung der wechselseitigen Ursachen), dieClough den Ur-
sprung der Belebung nennt, steigt in den Nidanas aus dem
dunklen Urgründe des Avidya hervor. Wenn der Mano durch
seine drei Eigenschaften sich vom Irrthum befreit hat, dann
blühen die 16 Tugend - Eigenschaften der Pola und Magga in
ihm auf.
Die in den sechs Himmeln der Begierden zum Genuss sinn-
licher Freuden Wiedergeborenen müssen nach Erschöpfung des
Verdienstes (da der ununterbrochene Strom der Ergötzlichkeiten
sie abhielt, neues zu erwerben) auf die Erde zurückkehren und
12 *
IgO Der kowgfidM PiUst
das Welken der sohmöekendeii Blumen zeigt ihnen die nahende
Stunde des Abscheiden» an, indem zugleich ein kalter Schweisa
sieh unter den Achseln fählbar macht Die in den Himmel dor
Brahmanen Aufgenommenen sind je nach der Terrasse, xa der
sie empoi^estjegen sind, ober den Umlauf der Kaipen erhaben, da
die Weltzerst^rung zu Terschiedener Hohe reicht, ob sie durch
Feuer, Wasser oder Wind Teranlasst wird. Nach der dem heiligen
Mudgala (im Mahabharata) gegebenen Beschreibung wohnen
über den Himmeln der Sinnlichkeit dieRischi und höher noch die
Rbhus. Allen Zustanden der Existenz kleben UnTollkommen-
heiten an, bis sie völlig in Brahma aufgegangen ist. Above the
abode of Brahma is the pure etemal light, the highest sphere of
Vishnu, who is regarded as the supreme Brahma (s. Muir). In
den Djan suchen die Adepten durch fixirtes Betrachten Ton Wasser,
Feuer, Erde oder verschiedenen Farben sich die gewönschten
Erscheinungen zu verschaffen, ähnlich den siebenfachen Stufen
der Sufi nach Ruku-al-millahwad-din (s. Fleischer). Trumpp
hält den Sufismus für ein speciell buddhistisches Erzeugniss und
bemerkt, dass er in Indien fast ganz mit dem verbreiteten Vedanta-
System zusammenfalle. Nach dem Dabistan sind die Sufiah
(deren Glauben Einige von den Asbrakian oder Platonisten her-
leiteten) unter allen Nationen der Welt zerstreut und heissen bei
den Persem Vezhaderun (innerlich rein) oder Rouchen-dil (er-
leuchteten Geistes) oder Yekana-bin (Seher der Einheit), sowie
bei den Hindu Rakbischer (Rakshasas) oder Tapischer (Tapasi)
oder Gyani (Jnanis) oder Atma-jnanis. In der buddhistischen
Kosmologie stehen die vier Arupa- Welten noch über [den durch
die Djan ersteigbaren Rupa-bhon, aber sie finden sich auf der
Schwelle zur Heterodoxie und bleiben der unmittelbaren Eman-
cipation beraubt, weshalb auch der junge Sakhyamuni sich (nach
der Laiita Vistara) von diesen Subtilitäten transcendentaler Meta-
physik in dem Unterrichte des Brahmanen Rudraka nicht be-
friedigt fühlt. Die nördlichen Buddhisten dagegen führen Sari-
putta (ScharübU) beim Eingeben in das Nirwana durch alle diese
abgespitzten Verfeinerungen hindurch. Nach der birmanischen
Lebensbeschreibung hatte Gautama die ersten vier Djan von dem
Kloster-Unterr ich t. 181
Basi oder Eremiten Alara gelernt, wurde aber von ihm fttr den
fttnften an den Rasi Alaka verwiesen, und als er sich dann, noch
immer unbefriedigt, im Walde Uruwela den Meditationen über
die Kamatan hingab, wurde er von den fünf Rasi, die ihn als
den künftigen Buddha erkannten, bedient und bekehrte sie nach
ihrem zeitweiligen Abfall aufs Neue in der Einsiedelei von Mi-
gadawon. Die fünf Djan*) unterschieden sich, als Witekka, Zara
((i^ara), Viti, Sukha und Aekeggata. Der Buddhismus ist weniger
Religion als Philosophie, die (wie bei Hierocles) zur Läuterung
und Vervollkommnung des menschlichen Wesens führt.
Das erste Buch, das die Knaben in der Klosterschule in die
Hand bekommen, ist das Sinpungyi oder der grosse Korb des
Lernens, ein Buchstabirbuch, in dem zugleich die Bedeutung der
Buchstaben erklärt wird, z. B. Ta-wumbu, als das dickbäuchige
T, Pha-uthup, als das Ph mit der Mütze; oder: Kagyi, als die
Wurzel des Alphabets, das P oder Pa-tzauk als Ponsu oder Pa-
tathi (in der Beziehung zur Erde), das K oder Na-ngay in der
Zusammenstellung mitNibpan u. s. w. Dann lernen die Schüler
im Mengalasut die Gebote der Religion, weiter im Pharitgyi die
Predigten Gautama's imPali, in mechanischem Memoriren, wie es
Pythagoras (nach Jamblichus) den ägyptischen Tempelschulen
entnommen zu haben scheint. Darauf haben sie die Djats (Märchen
und Legenden) zu studiren, in denen die birmanischen Worte mit
Pali - Ausdrücken und Abkürzungen untermischt sind. Später
gehen sie an das Studium der Saddo oder Grammatik und
schliesslich nehmen sie die Yok oder allgemeine Encyclopädie
vor. Für solche, die dauernd in den Mönchsstand eintreten,
bleiben dann noch die Palitexte. Die historischen Bücher wer-
den nebenher gelesen und die Poes oder Schauspiele heimlich.
Gewöhnlich indess bestehen die letztern nur aus kurzen Andeu-
tungen, die der Darsteller improvisirend ausfüllt. Die ersten
Versuche im Schreiben werden auch, statt auf der schwarzen
*) Bei den Aiswarikas zeugte Adibuddha durch die Pradjna oderDhamraa die
Sanga and aas dieser Dreiheit gehen die fünf Dhyana der Buddha hervor, denen
als erster Rangordnung ihre Bodhisattwa, als geistige Söhne, in der zweiten zur
Seite stehen.
1 82 Der königliclie PalaHt.
Tafel, aufeinem nii t Sand bestreuten ßrett angestellt. Die Statistik
Solcher, die lesen und schreiben können, ist in Binna und Siani
eine sehr günstige, eine weit günstigere, als in manchen Ländern
Europas, aber die Bildung bleibt stets auf demselben Niveau, über
das Keiner hinausgeht.
Die im Kloster (Kyaung) lernenden Knaben werden gewöhn-
lich Kyaung-sa (Söhne des Klosters) genannt, und die Novizen
Shin (Rhin), eines jener unbestimmten Worte in der birmanischen
Sprache, das die mannigfaltigsten und selbst entgegengesetzte-
sten Bedeutungen in sich vereinigt, ohne sie nicht einmal durch
verschiedene Betonung zu sondern. Während hier Shin für den
untersten Grad verwendet wird, kann es auch unter Umständen
den auf der höchsten Stufe der geistlichen Hierarchie stehenden
Heiligen meinen; dann wird es in allgemeiner Titulatur, wie Herr
oder Madame, gebraucht; als Shin Phaya (Bura) bezeichnet es
den König und Shin-ma schliesst wieder etwas Verächtliches in
sich, als nur an Untergeordnete gerichtet, wie etwa Mamsell statt
Fräulein. Diese wechselnden Bedeutungen eines und desselben
Ausdrucks kehren auch in der siamesischen Sprache in ähnlich
chamäleonartiger Verwirrung wieder und frappiren den Anfänger,
ehe es gelingt durch längeres Studium in den Sinn einzudringen.
Einmal mit dem Schlüssel versehen, findet man indessen in der
scheinbaren Confusion eine regelmässige Gesetzlichkeit. Die
Höflichkeit des gewöhnlichen Lebens giebt ungehörige Titel
an Nichtberechtigte und verrückt dadurch das richtige Verhält-
niss der Rangsprachen zu einander. Man sieht so das ehrenvolle
Pronom der höchsten Reihe weiter und weiter herabsteigen, bis
es zum niedrigsten geworden sich in der allgemeinen Masse ver-
liert, und durch ein anderes ersetzt werden muss. Da Pronomina
und Titel in den indochinesischen Sprachen beständig in einander
überlaufen, geben die Geschichtsbücher in den Königsnamen ein
Mittel an die Hand, das allmUlige Schicksal solcher Anredeweisen
zu verfolgen, die man jetzt nur in den mosaikartig zusammen-
gewürfelten Bruchstücken ihrer verschiedenen Phasen vor sich hat.
Der Shin hat ausser den fünf Geboten, die alle Menschen
binden, noch fünf andere zu halten, und wenn er nicht in das ge-
Die Hierarchie. 183
wohnliche Leben zurücktritt, sondern im Kloster zu bleiben
wünscht, so wird er nach dem 20. Jahre zum PaöJin geweiht,
indem unter dem Vorsitz desUpa^jauh ein damit betrauter Mönch
das Buch Kammavaöa (Kammavakya) vor ihm liest. Der zu
examinirende Candidat wird ausser nach andern Sachen auch
gefragt, ob er nicht ein versteckter Naga sei, da Buddha einst
einen solchen in einem während des Vortrags eingeschlafenen
Schüler entdeckt haben soll. Der Augenblick des Schlafs gehört
zu den fünf Zuständen, in denen die Nagas die Fähigkeit der
Formveränderung verlieren. Bei Gelegenheit des Dsiwaran (drei-
fachen Gewandes) bemerkt der Commentator, dass Gautama die
Erkundigung darnach angeordnet habe, weil einst ein geweihter
Priester nackend fortgegangen (etwa wie ein Digambarader Jainas).
Ausser den von frommen Privatleuten erbauten Klöstern, giebt es
die königlichen und solche kennt schon Porphyrius von den Sa-
manäem. Ueber jedem Kloster präsidirt ein Abt oder Puggol
(Kyaung-nae-puggol), der, wenn er einige Ansprüche auf Gelehr-
samkeit besitzt, auch Ohara (Zea) genannt wird. Die Klöster
eines DistVicts stehen unter der Gerichtsbarkeit des gewöhnlich
Öhara-dau (königlichen Lehrers) betitelten Bischofs oder Gein-up,
des Vorsitzenden der Versammlung (Gei^ oder Gana), und Geiij-
gyup mag mit Erzbischof übersetzt werden. Als Haupt der ge-
sammten Geistlichkeit residirt in Mandalay der Sasanapein (der
über die Religion Gebietende) oder Sasana-dau-pein. Seitens der
Regierung ist ein weltlicher Beamter (Kyaung-Öhara) mit der
Aufsicht über die Klöster betraut. Auf die Pungyi folgen die
Upazin (examinirten Priester) und dann die Koyingelay (Novizen),
doch wird aus Höflichkeit Jeder, der das gelbe Gewand trägt, ein
Pungyi genannt. Wer 5 Jahre im Kloster ausharrt, erhält den
Titel Then oder Thero, und nach 20 Jahren wird er Mahathero
genannt. Zu den die Sanga constituirenden Ariya (Ehrwürdige)
und den Bikchu (Bettelmönche) kommen die Upasaka als im Glau-
ben befestigte Laienbrüder und dann die noch lernenden Daraka.
Die Pungyi dürfen nur geschenkte Sachen annehmen und es
ist ihnen verboten, direct Etwas zu verlangen. Wenn sie aber
noth wendig gewisser Dinge bedürfen, wie Kleidung, Medicinen
Ig4 I^cr königliche Palast.
u. 8. w., SO mögen sie sich in gewisser Stellung neben Häuser
hinstellen, wo sie vermuthen, dass sie solche erhalten könnten,
und im Falle sie gefragt werden, das Gewünschte nennen. Das
Verbot, kein Gold oder Silber anzurühren, kann umgangen wer-
den, indem sie sich die Hand vorher mit Zeug bedecken. Wenn
der Mönch zu essen wünscht, bedarf es der Akat genannten Cere-
monie, indem er zu dem dienenden Knaben sagt: n'I'hue, was
durch das Gesetz erlaubt ist*", worauf ihm dieser dann die Speise
mit den Worten giebt: „Dies, o Herr, ist gesetzlich." Jetzt sind
sie etwas freier von Beschränkungen, aber zu Gautama's Zeit,
erzählte mir ein birmanischer Gelehrter, war man- uneinig» ob
nicht auch die Bäume Seelen 'hätten und deshalb ebenso wenig
wie die Thiere verletzt werden dürften. Indess entschied Gau-
tama diese Frage negativ und nur eine heterodoxe Secte verblieb
dabei, die Bäume gleichfalls als lebend zu betrachten. Fleisch-
essen ist, wie bemerkt, den Mönchen nicht verboten, nur das
Tödten der Thiere; dennoch enthalten sich einige animalischer
Nahrung, um besser ihr Cölibat ertragen zu können.
Jeden Morgen, so bald es hell genug ist, die Adern auf ihren
Händen zu unterscheiden, durchziehen sie die Stadt, um ihrFrtth-
stück einzusammeln, und in manchen Häusern steht abwechselnd
eine der Frauen schon in der Nacht auf, um mit frühester Dämme-
rung Alles bereit zu haben. Die angeseheneren der Pungyi haben
ihre bestimmten Kunden, denen sie das Verdienst ihrer Beschen-
kung zuwenden. Andere dagegen gehen aufs Gerathewohl und
haben beim Besuche entfernterer Vorstädte oft mehrere Stunden
auf der Wanderung zuzubringen.
Die vorschriftsmässigeErfüllung der religiösenPfiichten heisst
Ubod. DerUbodkam begreift die richtige Kenntniss der Gesetzes-
beobachtung. Das Patin^auk liefert die Vertheidigungsmittel,
um nicht in den vier Höllenregionen wiedergeboren zu [werden,
und die ausführliche Erklärung findet sich im Patimauk kadaetan.
Das Pavajakan ruft zur Busse und Beichte, das Pavajanakan
enthält die Einladungen zum Priesterstande, das Apatthi handelt
über die mit Verbrechen Beladenen, das Anapatthi über die zu
Verbrechen Neigenden. Das Tawathaeta-apatthi handelt von
w
Priesterliche Vorschriften. Ig5
solchen Verbrechen, die durch ihr Begehen böse Folgen nach
sich ziehen, und so zum Verderben leiten. Das Anavathaeta-
apatthi von Verbrechen ohne weitgreifende Folgen. Das Dotunta-
waza-apatthi begreift schwere Verbrechen, das Ädututta- apatthi
minder schwere und das Lahuka-apatthi leichte. Das Payasika
begreift die unverzeihlichen Todsünden, in denen Alles umsonst
ist, ausgenommen die rettende Gnade im Höchsten. Das Tenga-
daeteh umfasst die 15 Arten der grössern Sünden. Kuti spricht
über die Vihara (Klöster) und Kyaung (Mönchszellen) als Auf-
enthaltsoi-t der Priesterschaft (Thinga). DasPariboga handelt von
den durch die Mönche gebrauchten Utensilien. Das Adaetih-
wikappana erklärt die Erfüllung der religiösen Pflichten in Dar-
bringung von Opfergaben. Das Pavajeit handelt von den Ver-
boten. DasTaewitapa zeigt, was zuthun, dasAtaewitapa, was zu
lassen ist. Im Kalika finden sich die günstigen Zeitpunkte be-
handelt. In einigen Capiteln des Tschojay werden Anleitungen
über das Nähen der Gewänder gegeben. Im Kanghin werden
die Controversen zwischen den Pungyi's besprochen. Das Aethana
handelt über Orte, die es unpassend sein würde zu besuchen.
Das Vipattikam handelt von den künftigen Existenzen. Kurz
zusammengefasst begreift das Patimauk die 227 Verbote unter
7 Abtheilungen, als Paradzekas, Thingadaezit, Patzei, Toolladzi,
Duka, Dupaci, Patidekani. Die Vineya-Pitakagiebt 5 Bücher, von
denen das Parajika genannte zeigt, wie bei gewissen Fehltritten
zu verfahren ist, das Pachiti begreift Uebertretungen niederer
Strafbarkeit, das Maha-Wagga und Chula-Wagga erklärt durch
Beispiele und die Pariwana fasst eine Uebersicht über das Ganze
zusammen. Die 37 Baudi pekkara sind in 7 Klassen getheilt.
Die jedem Priester nothwendigen Sachen sind 3 gelbe Ge-
wänder, ein Reistopf, ein kurzgriffiges Messer, eine Nadel, ein
Trinkgefass (oder, nach Andern, ein Wasserflltrum), und ein
Gürtel (sowie ausserdem noch der Awana oder Fächer). Alle
diese wurden Gautama in dem Walde jenseits des Anauma-Flusses
durch einen Brahmanen aus dem Brahmanenlande gegeben. Nach
Andern durch Jndra oder durch den König derByammahimmel. Was
ich hier von buddhistischen Mythen mittheile, ist nach der popu-
I
186
Üren Vei^iun. wie ich sie hier and da empfing, hiafi^ mit eat-
steUten Namen, and i^>U nar daza dienen, am die Tielpei&taltigi^
Vennderon^n im Monde des Volks zn zeigen. Die kritiisclie
Siehton^ and STstematisehe Zasammeostellan^ kann enl bei der
«{tttem Bekandlang de$ Boddhismos folgen. Als der ffnihr
Gantama beim Pflagfeste ron seiner Amme anter einem BauBe
gelaiaeen war. der seinen Sehatten nicht nach der Sonne Terlnderte,
erhob er sich, mit eekreazten Fftssen sitzend, in den Djan-
thamahat In den Ceremonieen der Fastenzeit (Wa) wird den
ÜMnchen der Padesa-Baam i des nördlichen Eilandes / dargebnrhL
Wenn die Pongvi ttber ihr Aneissa. Dokha. Anatta meditirea^ ao
ziehen sie anf der Psarabeik (Schreibtafeh drei Linien, als das
Kateinkwek. am den Blick anf den centralen Pnnkt zn fxiren,
bis die Maja (das magische Spiel der Gottheit nach derVedanta)
in der hont TorUberilathenden Sansara ihrem Ance erlischt. Der
Fan^ dasa pakarana nennt Unwissenheit. Mateiialitit und
Schmerz die dreiäiche Nator der Maja. Nach der Serie der
Sipasier i bemerkt der Dabistan) aothentic rcTclation is onhr
obtained bv the world of ecstasv or similitnde. called Manistan
' s. Shea -. Kashef mani. die innere i^enbarang. wird bei den Snfis
der Kashef snri. der lasieren Offenbarung, entgegengesetzt. iSach
dem Desatir is. Doncani Manistar is the name of the Sonl (or
Spiritr who gnards the highest hcaven. and who is sljled
BewamlKid or ckief of die soals.
Die Jhan sind Terschieden nach do^ mystischen Venenknng in
Feoer. fTasser. Erde oderTerschiedeneFarbenkreisr, wamaf iwie
in den sieben Menelxah oder Staffeln derSufisȣeAigen getiehtet
sintL Dabei bedarf c:f der Samadii des festen Beharra» im Gnlen)
o^r der Sammlang, was die Birmanai dorch Tm bin khin (die
Uare ffinsteUoiLg' tbersetzen. Die Formeln, dass Alles Tergeht
Nichts beständig isc jedes Za^ammengesetzte den Keim des Ver-
&Ues in sich trägt, waren an dem ptettstischen Hole in eines
Jeden Msnde. Der tie&te Weit^chmen. ans den mit iTfr Kriinni
nnzefftrennlich verbondenen Leiden hem>rwachsend. bildet den
6nEn«izag des Bnddhismasw der jedoch dorch die Gewah seiner
Wahrheiten seine Bekenner tbermannt and nor zn der Setigiam der
Das Kaairoa. \^^
Entsagung führt. Da« Wohlwollen der Gläubigen muss sich nach
ihren Geboten auf alle Wesen erstrecken, geht aber im praktischen
Leben nicht über das psissive Wohlwollen der NichtVerletzung
hinaus. Jene active Erregung allumfassender Liebe, die erst in
dem Einklang sympathischer Harmonieen ihre Befriedigung findet,
bleibt der buddhistischen Apathie fremd, und somit jeder Fort-
schritt, denn auch die Candidaten der Buddha-Würde zerstören
durch das Masslose ihrer Selbstopfer die organische Entwicklung.
Das Abhidhamma begreift sieben Bücher: Dhammasingani,
Wibhin, Dhatukata, Puggala paüat, Katha, Wuttu, Yamok-patan.
Die Vilia(Vinayau) zerfällt in Parajikan, Pa6it, Mahava, Öulava und
Parivä, die Suttan in Sut-silekkhan, Sut-Mahävä und Sut-pau
daeyu. Zusammengenommen bilden Abhidhamma, Yiüa und
Suttan den Pitakap Cpitakau) son pon (in drei Abtheilungen).
Das Bewegende im Leben der Buddhisten ist dasThätige des
Kam (Kamma), das durch seine Handlungen unerbittliche Ver-
geltung im Guten oder im Bösen Bewirkende, activ und passiv,
wie (im Atharvan Veda) Käma, gleich dem Eros, dem erstgebor-
nen der Götter bei Parmenides. Die Schuld schlägt in die Fes-
seln stets erneuter Wiedergeburt*), bis sie durch zunehmendes Ver-
dienst getilgt wird. Karmais likethe shadow, that always accom-
panies the body, bemerkt Hardy. Das Kam entspringt je nach der
Betrachtung aus dem Guten (Kuso) oder dem Nicht-Guten (Akuso),
während die aus den sechs Ayatana (Sitzen der Sinne) mit ihren
Aromana hervorgehenden Ideen bis zur Ausübung des Willens in-
different bleiben. Wenn es dem Weisheits-Candidat gelungen
ist, alle seine Gedanken durch die drei Principien von Aneissa,
Dukkha, Anatta zu zerlegen, wenn er in jedem Gegenstand nur
Nichtigkeit, Täuschung und Schmerz sieht, dann hat er sich
fähig vorbereitet, um in die Magga einzutreten und erlöst von den
•) Seinen Gegner widerlegend, bemerkt Gantama in der Nyaya von den
Jainas: The folIowerR of Arhat hold, that desert is a qnälity of the mind (manas)
and of atoms. The earthly atoms in concert by force of desert attached to them
originatc the body, and the mind, iropelled by its own desert, enters the t>ody and
that desert. Just through its own natore, brings abont the joy or suffering of the
(podgala) Sonl.
188 I>er köBiglicbc Pilast.
Banden der irdischen Welt auf dem hohen Pfade zum Nibpan
einzuziehen.
Im All waltet die strengste und unbedingrte Gerechtigkeit^
die die Gesetze des Physischen, wie des Moralischen aufrecht er-
hält Das gegenwärtige Leben ist immer nur das Facit aus den
guten oder schlechten Factoren, die es als das Resultat der frühe-
ren Zustände producirt haben. Jedes UnglUck ist verschuldet
und der Leidende klagt sich selbst für seinen Mangel an Tugend
an, wie Matrigupta im Radjatarangini. Der Glückliche aber
wird von Mahendra's Boten auf Commando bedient, wie
Lalitaditya, dem ein Solcher sagte, dass (in Folge früherer
Mildthätigkeit gegen einen Brahmanen) une centaine d'ordres
irr^fragables furent mis dans le cid ä ta disposition, doch
fügte er bei Ueberbringuug der gewünschten Holzäpfel seine War-
nung hinzu: Un petit nombre seulement de tes ordres restent
encore aujourd'hui non accomplis, car tes paroles, qui doivent
toujours avoir effet, sont jet^sauhazardsausjugement(s.Troyer).
Die Reste einer solchen Anschauung tauchen noch vielfach in
unseren Volksmärchen auf.
Die buddhistische Dreieinigkeit wird gemeinsam als die drei
Ratana oder Kostbarkeiten*) beschrieben, die Ratana ton pa, als
Bhura (Paya oder der Herr), Tara (Dhamma oder das Gesetz)
und Singa (die Priesterschaft). In der streng philosophischen
Schule, wie bei den Svayambhika*s NepauFs, bildet die Dhamma
die erste Person, während in den Aisvarikas die Idee eines Adhi-
Buddha zur Ausbildung gekommen ist. Wong Pub nennt Ju-loi
die Basis des Weltalls, aber in Asoka's Edicten findet sich an der
Stelle der Götterverehrung nur die ehrfurchtsvolle Erwähnung
der Dharma.
Wenn der Gott in das Nibpan einzieht, so bleiben nur seine
Dath (Elemente oder Reliquien) Übrig, die nach dem Verbrennen
*) Im Chinesischen heissen diese Kleinodien Pao, im MongolischoD Erdeni.
Horace de la Penna bemerkt über den tibetischen Gottesbegriff: L'essensa dl
questo lor Dio 6 unita al corpo e questo corpo e d*una pietra pretiosa a gaisa di
cristallo, o sta di splendidissimo diamante, ed admettono questo corpo, perch6,
eomo si h detto, l'anima sola non d capace n^ di godere, n^ di penare.
Die Bnddha-Reihe. 189
9
des Körpers gesammelt und verehrt werden. Nach 5000 Jahren
werden alle die Gautama angehörigen Dath aus den verschiedenen
Welten der Nats, Nagas und Menschen durch die innewohnende
Kraft der Adinun (ursprünglichen Unbeständigkeit) unter dem
Bodhi-Baume versammelt werden und dort verbrennen. Gau-
tama wurde von seiner Mutter stehend unter einem Ingien-Baume
geboren, auf dem Wege von Kapilawut nach ihrer Heimath, im
Lande Dewah.
Die Liste der mit Arimatheya als dem 29. schliessenden
Buddha's beginnt*) mit Thanunkarapaya, Maedzankarapaya und
Saranakarapaya, aber Hber diese drei ersten existirt keine weitere
Nachricht, ausser dem schwachen Nachhall ihrer Namen, da Gau-
tama's Embryo damals noch nicht in die Existenz getreten war
und nur noch in untergeordneten Elementarvcrbindungen gährte.
In dem grauen Nebel der Vorzeit können die Figuren jener älte-
sten Buddha's noch nicht unterschieden werden, und über ihre
Vorgänger ist selbst keine Vibration des Echo bis zu den Men-
schen gedrungen. Der embryonale Gautama erscheint zuerst
unter dem vierten Buddha, Dipankarapaya (der lichtbringende
Gott) genannt, der, nachdem er unter einem Nyaunyatt-Baumie,
im Lande Ramawuthi, in der Buddha-Würde verklärt war, dem
damals als Thumeda-Yathay existirenden Gautama die einstige
Erlangung des Bodhi verhiess. Dieselbe Verkündigung wurde
ihm, als Öekyamin (Weltherrscher) Wisimani existirend, unter dem
folgenden Buddha Kontinyapaya. Unter dem 22. Buddha Vi-
pasipaya inBandumatih (zu einer Zeit, wo das Alter 80,000 Jahre
*) Die chinesischen Listen (nach Remusat) beginnen mit dem Shakja, der der
«Alte" genannt wird, als Ta-kouang-ming. Auf ihn folgen 75000 Bnddha's in
75 Weltperioden, die mit dem ersten Sikhi schliessen, und dann 76000 Buddha^s,
deren letzter Dipankara (Jou-toung) ist. Von der folgenden Reihe der 77000
Buddha's (in 77 Weltperioden) sind die Namen der sieben letzten bekannt (den
sieben menschlichen Buddha's des Nepalesen entsprechend), als Vipasjri, Sikhi
(der Spätere), Viswabhou (in der aufsteigenden) und Krakotschanda, Kanaka-
mouni, Kasyapa, Shakyaniouni, Maitreya (in der absteigenden Hälfte der Kalpa).
Weiter folgt Sse tchcu (8inha) mit 992 andern Buddha-s, dannYalo, dannRoutchi,
als Einkorponing des Avalokiteswara u. s. w. in unendlicher Wiederholung des
Entstehens und Vergehens. Die 1 000 Buddha's (b. Schmidt) schliessen mit Rotschi.
1» I>er
vierte ItiM GaaUrnju ab Xaga-KGiiif. und erliielt die Prophe-
icilfiBf »einer (jeban in Kapilawat. und diew wnide ihm als
KOxif Arendama wiederlk*!! «bei Ifeniehenalter von 70,000 Jah-
ren nnter Soghipara in Aronamittie. Zar Zeit des Baddha
VaesapaTn in Ani*ma-p:eh < al» da» M en^ehenalter tÜtOOO Jahre
vi^ne entsafte Ganlama aU KOnig Thndaiana der Welt, Bahan
1 Ji«handa « za weiden und wuide nach dem T<ide weipen seiner
KenKHiis^ des Pi^aca: in den Bvammahimnjel erhoben. Znr Zeit
deS' B^i^dha Kankosonpava in Kaemawnme «wenn das Alter
4<i.»> Jakie wikrte^ nat Gactama. ak Kr«ni^ Kaema. in den
^und derJk^kanda und erhi-b »ich doit-h die im Kta^ eileniten
Ii^u txm BrarnnkahimnieL Unter Pi*nap.-n{a]ra in TVrimwuttie
w«LL das Aller a>Äi^* * Jakie wähne tzax Gantama . als König
J^i|ttda. in den ^^and der Johaada und eih<-b Äeh dnieh den im
Pitaga: erien;cn Dian xa dem B\^ftn;i&ahimmeL Unter Kassapa-
fkj^ in Bannaihiwanie ^wenn das .Uier fivAV Jahre wahrte)
eA^jairse Gaaiama als der Ponah ^^4ip1ala. der aieh weigerle. an
KasMfa Kacjrapft . den KahlkC-pcp». l& gla^iben. aber dnieh
«itdnen Fie-md Oadikajra ism Besnche »einer Piedigten bewogen
IM bekexrs wiu^. Bei Ganiama's Gei«uf in Kaptlawnttie war
«as Leti«ijakher der Men^bes aKi 1* v Jaii::e i^dneiit. aber wenn
xxr Ltti des Weld»err<cbei^ CekvuiL;:! TaJLk der Baddha Ari-
•
njkiMxm in Södubipäeh £e:K<ex weMen wiiu. bdaaik es sieh
wkioer axf >.;.•>>.• Jakne. In den lü^er^nftU« der Baddhoi er-
^ipedna PriiinNLa-BMdiia's. die dsrv-h einer Hirseh ekaraklcri-
sir: send, sm :ir kieixej^etsFakru-xxdtrUeWnhTtcnbeneaehnen.
Ais <^tf^l»ec rah w,i; oer vc.r cex SakivA rt-rv-fleae Kafila <^der
. I>er IXT Bnddba- Wtrde Ge^axiT^e diLrrb««^^
K« M? >e:x> x»i alle 5e^:i* frtken^x Exisamicn
ÜÄ MÄiLm^Lrcx, Ar^tr eix^ ?fc:«üe Erlnaeran^ . gleieh
Äe* iyasfcc^cks. rr.s s<1h« aif frLiiew-ea
•* ■%
V»
•rt" K?«L-x i^ia3u>r$ Mwv!«««i « seät* der ^x» den
DH&aTl naA A«i.x-e=oei a]2Npfwxi>ie-r^% hÄen ermiM^kt wor-
xral"^ I>ra;itfxjL:x*^. £■;• ix >ie^a»eaL mierv^ehliehen
Die Hölle. 191
wenn das Klingen des herabschwimmenden Bechers ihm von der
Ankunft eines Buddha Kunde giebt.
Um von den fünf Mara oder Tyrannen erlöst zu werden,
d. h. die Khandamara (körperliche Constitution) , die Abisingara-
mara (die veränderliche Unbeständigkeit der vier Ursachen), die
Kilaesamara (die Leidenschaften), die Mizzumamara (das Sterben;
und die Daevaputthamamara (Mara-Nath, als Thevabhut), verfer-
tigen die Birmanen eine Man-Paya (eine Pagode aus Zeug und
Lehm) und verehren sie. Wer sich selbst besiegt, der ist der
Beste unter den Siegern , heisst es im Dhammapadam.
Das Nibpan erlös't von dem Kam , den Dsit , den Uduh und
Ahara, und es giebt drei Arten desselben , das Nibpan der Kilesa
(Leidenschaften) , der Khanda (körperlichen Substrate) und der
Dhatu (Elemente). Durch Unterdrückung der Samkhara giebt
Nirodha das Mittel zum Nirwana zu gelangen. „Wenn Jemand
nicht länger den vier Leiden der Schwere, des Alterns, der Krank-
heiten und des Todes unterworfen ist, dann sagen wir von einem
80 Befreiten, dass er das Nibpan erlangt hat,'' erklärte einst
das Haupt der Geistlichkeit, Zaradaupaya, der aber zugleich
hinzufügte , dass Nichts eine Vorstellung des Nibpan zu geben
vermöchte. Sein Verständniss ergiebt sich nur als der nothwendig
gesetzmässige Abschluss des philosophischen Systems. Das bir-
manische Anet erklärt Nibpan in der Uebersetzung als das Akret-
tara oder das Gesetz des Losgelöstseins.
An Höllen (Ngayai oderNaraka) fehlt es den Birmanen nicht
und sie besitzen darin eine ebenso grosse Auswahl , als an Him-
meln, um dem Geschmacke jedes Einzelnen zu genügen. Die
Ngayai shit pa (die acht Etagen der Hölle) begreifen die Sii^i,
Kalasut, Singhata, Rauruva, Maharauruva, Tapanna, Mahatapanna
undAvihji, von denen jede wieder mit 16 kleineren Höllen (Usad-
darek) umgeben ist. Die mannigfaltige Verschiedenheit der
Qualen ist in den Tempeln mit lebhaften Farben dargestellt,
und habe ich dieselben in ähnlicher Weise in sibirischen und
russischen Bauernhäusern gesehen, wo ein das Weltgebäude ver-
sinnlichendes Bild oben die sieben Himmel mit der Dreieinigkeit
zeigt und unten eine Reihe l^leiner Kammern , in denen nach der
19± Dfr kC«iffi(te Pllüt.
Ui:er«clinft die Su-lien, die Diebnerherimnen • die Oeirigen
^ f. w. pfmAMcrt werden. S«.»n«t i>t l*ei deo Boddhi^ten ^wie
Bfttli de .Sary bei den >afi> * die H«~dlenthe<*rie weni^ aasge-
büdet. da naeb ihies Stifter« es-terisrher Lehre der HrJlengott
n«r im Herxen * i des Sündeis vöhnt . and deshalb der saeh dea
BraLmanen die Untemrelt richtende Vama in baddhi$t»rher My-
tk>l«'^.e eiaea der «eeh< Besierdenhimmel beherraaeht. la den
>ralp«aren de^kaaiVJis^hen Tempel^ da^^n ider^Demiierea
O-rriA.-fe ftr die r.>n den Pilsem a-Jich in den Hr4ilea EHoia's
»re-erccs T-.^teaeenfBi«>nieen bewahrt hatte • ist eine Gallerie mit
•ier Aiasnal^Bf der Hrllensiraien sefdilt. and r.-r desselben leigt
Äeh da^ z:2aatL><he Bild eines «>eh<enreiters in Siein sekaaen.
der jede Art Ti-.n Waffen unti ^^harfiea Instromenten in seiaea Tiel-
fftefcea AnKafoarec träst. Anf dem eini^E^fk£ten Schilde war
<efa Name einÄCie-iNselL in der aati«^Tiirten Sehreibart der Ak^m
DTu. »iie mir keiner der d*»rtisen M<>nehe erklänta koaate. leh
aahm :a>ies^ die iV-p:e and le^ «ie. aüt mehne-rea der aaderea,
Wi a^iaer «{oteren Ankunft in rd**B^ dem celekrtrslea Abte
Kamb>:i«iia> tvf. der d*>rt dem k-'i^nirliehen Kb>aer Torsteht.
AiP^h dieser meinte anfiutfs Nieht» daT^^n la wissen . tie«^ rieh
a>^r d*:<k . da xh iha| ke:ne Eahe jS^^nnte vad immer aafs Neae
>iara.^ nrtekkaie . xdlem za einem eisüefieBderea Siadiam be-
aad sab mir dasn maaehe Aa«k:iaft was ikm im Gmade
«!«fc 6!nwibt!B. 'm. bat Sräi^Awüii^ ^r I^'I»* *f* >
3Hltäue .gswmfH , xüm fcr OifMip man fem
b^wüHüL m iaf N:düibfr4ibAcÄ wr X%ir «wdf^te. ju^ « ^^
Uni »^»r üH An^ü iw <i>i',r^MX-\ :lL»rn*i^Oi^ f»i*.;tnm*in . üi <».*d< >«nekt«<
Jnup« " IVr Smiiic mti -r^nt yt^tisg^ winiif« i;fe|ifr*;j| ^si^sm^ ^rhmi^ >
Berichterstatter aus dem Jenseits. ] 93
nicht schwer sein konnte , da er eine verhältnissniässig zuverläs-
sige Kenntniss des Pali besass und sich, wie ich ausfand, schon
mehrfach mit den alten Inschriften befasst hatte. Er erklärte
verschiedene der Könige, Städte und Sentenzen. Den betreffen-
den Namen des vielbändigen Öchsenreiters las er zu meiner
Ueberraschung „Mithra-Khupta'' und nach dem später mit seiner
Hülfe ausgezogenen Alphabet fand ich es auch so bestätigt.
Ardaiviraf (heisst es im Dabistau) saw Mihr Ized (the angel,
vvhose province it is to number and estimate people in regord to
rewards «ind punishments) , at whose side were standing liash
Rast and Sarush Ized, holdinganbalancc in bis band, with angel,
assembled around them, und Troyer fügt hin^u: Mihr Ized is the
same as Mithra, he is the most active champion against Ahrimau
and the host of evil genii , he has one thousand ears and ten
thousand eyes, a club, abow, arrows and a golden poniard in bis
band. Bei den Buddhisten ist es der heilige Malai, der Himmel
und Hölle besucht, un,d bei seiner llückkchr davon erzählt, wie
Paulus in den Apokryphen. Doch giebt es noch eine ältere Auto-
rität in dem beliebten Jat (Jati) Nemi, der zu den zehn letzten
oder grösseren Existenzen Buddha's gehört und das auch den
Jainas bekannte Wunder Mahomed's wiederholt, als der zwischen-
gestellte Berg Hara den Ungläubigen deu Mond getheilt erschei-
nen Hess. Gautama predigte diese Legende in dem Kloster Meg-
gadewa während seines Aufenthaltes in Mithila, da er sich
erinnerte, einst ein König in diesem Lande gewesen zu sein.
In alten Zeiten herrschte dort der König Minggadewa, ganz den
Vergnügungen und weltlicher Lust ergeben, bis ihm eir.»s Tages
sein Barbier ein graues Haar zeigte, das er auf seinem Kopfe ge-
funden. Der König, von diesem Mementomori getroffen, sah gäh-
nend vor seinen Augen den Abgrund der Vergänglichkeit geöffnet;
Ueberdruss und Ekel fühlend, entsagte er dem bunten Tand irdischer
Grösse und wanderte in die Einsamkeit, sein Leben als Eren it
zu beschliessen. Seine tugendreichen Verdienste erwarben ihm
bei seinem Hinscheiden Erhöhung in eine der Brahma -Welten,
und alle die 82,000 Fürsten, die ihm auf dem Throne Mithihrs
folgten, ahmten das Beispiel ihres Ahnherrn nach und zogen sich
Bastian, OsUiien. 11. 13
in eine Ein*ie«leltfi zurück, wt^nii >it- ihr I^Wn>ende herannahen
fühlteu. Als Miü^^ailewa, «1er von seiueiu himmlischen Sitze
aus cla> >rhirk>al seines Oeschk'rhtfs verfolge, den Wvunilehen-
den Nieder^an^ des^eHnrn liemerkii*. kam er norh einmal auf die
Erde zurück, um sich in den Leih dcrdamalipfnKnni.;|rinMithila*s
einzuk»'>ri>ern. und v«»n ihr aUdcrFriuzNcmi i:ebi»ren zu werden.
Von zartc>ler Kindheit an, wie es dici**»uas bei seinem Hi>n>sk«ip
viirher^esa^, war sein Sinn nur auf dir Von^chriften derReli^on
orerichtet, «ranz «rutcn Werken und fr«»miuen Tebungen er^ben.
Als er einst Zweifel in sich auf^tciiren fühlte, «di die äussere Er-
füllung des Almosengebeus «»der die innere Tuntemplation höhere
Verdienste erwerl»en würde, kam derTha^vamin in eigner Person
zu ihm herab, um ihn zu belehren, dass Mildthätigkeit zwar eine
Wiedergeburt in den Nathiiiinielu >ichere, dass ihm a>>er nur die
geistige Ausbildung ein Aufsteigen zu den seligen Kegionen der
Brahma's ermöglichen würde. DerThagyakönig war so von dem
religiösen Sinn und der Frömmigkeit des jungen Prinzen gefes-
selt worden, dass er mit freudigem Entzücken den Göttern bei
seiner Rückkehr davon erzählte, und alle, durch das Lob seiner
ausgezeichneten Eigenschaften angezogen, baten ihren Beherr-
scher, auch ihnen die Bekanntschaft dieser heiligen Persönlich-
keit zu verschaflen. DerThagvamin befahl deshalb einem jungen
Nat, Matali genannt, auf die Erde hinabzufahren und den Prinzen
Nemi zu einem Besuiii»- in den Himmel einzuladen.
Es war geraile der Tai: des Vollmondes und alle die Einwohner
Mithila's fanden sich auf den Strassen und Tempelplätzen versam-
melt, die Ceremonieen ihres religiösen Feiertages zu beobachten.
Und an jenem Abend geschah ein grosses Wunder. Während
der Mond im Lichte seiner vollen Scheibe am Himmel stand,
siehe da brach schimmernd ein neuer <Uanz durch das Gewölk
im Osten, so tlass alles Volk voll Erstaunen ausrief, zwei Monde
seien zu gleicher Zeit aufgegangen. B;ild aber zeigte sich beim
Näherkommen der strahlentle irötterwagen. und der Engel, der
ihn lenkte, trat zum Fürsten heran, ihn einladend, Platz zu
nehmen und ihn naeh dem Keiche der Göttlichen zu begleiten.
Nemi trat ohne Zaudern ein. uml da er von seinem Führer hörte.
Kemi. 195
dass sich zwei Wege »einer Auswahl böten , von denen der eine
durch die Sehrecken des Tartarus hiudurcli, der andere zwischen
den Gefilden der Seligen hinführe, so wünschte der König beide
kennen zu lernen, und sah erst die Qualen der Verdammten in
den Finsternissen der Hölle, dann aber die reinen Freuden des
lichtgeschmUckten Paradieses. Nachdem er in die Gegenwart
des höchsten Götterkönigs zugelassen war, kehrte er auf die Erde
zurück, um seinen Unterthanen genauen Bericlit abzustatten,
welches Loos ihrer nach dem Tode harre, je nachdem sie dem Pfade
des Lasters oder dem der Tugend folgten. Als Nemi sein Haar
ergrauen sah, trat auch er, seinen Vorfahren folgend, in den
Stiind der Rahanda, und dieselbe Sitte wurde aufrecht erhalten
durch seinen Sohn Ralarazana, den letzten aus der Reihe der Kö-
nige, die beim Grauwerden sich als Mönche weihten, in dieser
Yathaymyoh oderKapilawutti. In den Königsreihen der Brahma-
nen ist Nemi's Name kein begünstigter. Darkshya heisst Arischta-
Nemi und Nemi bedeutet den Zirkel des Sonnenrades. Nach
der Skandapurana wurde König Devadasa von Varanasi, den
wegen seiner die Götter überflüssig machenden Tugenden der mit
Siwa, Brahma, Ganesa und ihren Frauen als Mönche eingekleidete
Vischnu zum Buddhismus verführte, in einem Wagen zum Himmel
geführt, nachdem er einen Lingam dem Siwa geweiht.
Die nur allegorische Auffassung der Höllenstrafen hat den
Missionären besonders Anstoss gegeben und sie in ihrem Xer-
damnmngsurtheil der esoterischen Lehre des Nichts, womit der
grosse Betrüger seineu Tod besiegelt habe, um so erbitterter ge-
macht. Das ganze Gebäude der buddhistischen Kosmologie ist eine
allegorische (ledankenschöpfung, denn auch die Himmel sind von
den Contemplativen schon während des Lebens bewohnt, und
die sich der Ewigkeit nähernde Lebensdauer, die den oberen
gegeben wird, soll nur das Fallen zeitlicher Schranken in der
reinen Geistesthätigkeit versinnlicheu. 'Vie der Rationalismus
die religiösen Dogmen in abgezogene Speculationen verflacht,
so verkörpert umgekehrt der Buddhismus die philosophischen
Deductionen der Sankhya in mythologische Phantasiegebilde.
Die buddhistischen Schulen des Mahajana läugnen mit der
13*
196 ^^^ königliche Palast.
bestimmtesten Eiitscbiedenlieit die Persönlichkeit des Ich, indem
der Mensch als solcher sich nur als Gesammtproduct der ihn con-
stituirenden Effecte ergiebt. Der Mensch ist aus fUnf Khanda zu-
sammengesetzt, d. h. „Bündel" verschiedener Eigenschaften, von
denen sich eines auf das Materielle (Rupa), die vier anderen auf
das Geistige*) (Nama) beziehen. Wenn diese fünf BUndel neben
einander gelegt sind, so entsteht das, was als Mensch bezeichnet
wird, ebenso wie aus der ZusammenfUgung von Achse, Deichsel,
Rädern u. s.w. dasjenige Ding hervorgeht, das den Namen „Wagen**
erhält. In seiner Unterredung mit König Milinda gebraucht Na-
garsena das letzte Gleichniss und bemerkt, dass wie die Achse,
die Deichsel, die Räder u. s. w. nicht einzeln für sich der Wagen
sei, obwohl sie zusammen einen solchen ausmachen, ebensowenig
läge die Wesenheit des Menschen in dem Körper, der Seele, der
Geistesthätigkeit u. s. w. , aber das gleichzeitige Miteinandersein
erzeuge das Mensch genannte Wesen. Das gemeinsame Band,
das diese losen BUndel zusammenhält, ist die organisch aus
Samen zu Früchten fortwachseude Kamma, die in der nach Ver-
dienst lohnenden Vergeltung guter und böser Thaten , nicht nur,
wie in der hellenischen Tragödie in diesem Leben, sondern durch
alle Wechsel der Existenzen hindurch unzertrennlich begleitet,
bis sie erst der in die Vorhalle des Nibpan Eingetretene und da-
durch von den Wiedergeburten Erlöste von sich abstreifen kann.
Der Schitmyoli-wungyi regiert die acht Städte der Grenzen,
der König herrscht über die vier und die acht Theile (zwölf Theile).
Ausser den Wungyi oder Ministern hat der König noch die ge-
heimen Räthe der vier Atweng-wun um sich. Wun-gyi meint
wörtlich einen Lasttragenden, als ob es auch in Birma Sitte ge-
wesen, wie im Inca-Reiche, dass jeder vor den Herrscher Tre-
tende zum Zeichen seiner Demuth sich eine Last aufzuladen
hatte. In dem Ilhit-dau, dem höchsten T;-ibunal des König-
reiches, sitzen vier VV^un-gyi mit ihren assistirenden Wun-duk
(ebenfalls vier). Der Stellvertreter des Myo-Wun (Gouverneurs)
*) In doli tibetischen Syuibuleu bei Geor{,n werden nonien et corpun durch
tiu Schiff mit einem StiMierer tiarin versinnlicht.
Beamtenstand. 197
ist derMyo-thu-gyi und unter diesem steht derMy-ok oder Stadt-
Magistrat. Der Dorfälteste heisst Thu-gyi (die grosse Person).
Die Prinzen (Min-tha oder Köuigssohn) heissenMyoh-Tsa (Städte-
Esser), weil sie aus derjenigen Provinz oder Stadt (Myoh), mit der
sie belehnt sind, ihre Einkünfte zum Unterhalt beziehen.
Die Myoh (Städte) werden wieder in Taik oder Kreise (mit
dem Taik-thugyi oder Taik-ok) getheilt und diese in Yoa mit
dem Yoa-thugyi, der dann verschiedene Gaung (Haupt) unter sich
hat, um für die einzelnen Gruppen der Häuser verantwortlich zu
sein. DerRath desMyowun wird zusammengesetzt aus dem Yay-
wun (Aufseher des Wassers), Akhuin-wun (Steuerbeamte),
Akaok-wun (Zolleinnehmer). Die Richter sitzen täglich mit Aus-
nahme der Feiertage im Rung-dhau. DerMyowun hat das Recht
Über Leben und Tod, doch ist eine Appellation an den höchsten
Gerichtshof (Hlut-dau) zuständig. Ausser der prinzlichen Familie,
die aber allerdings durch die bei Hunderte zählenden Concubinen
des Königs ausgedehnt genug ist, besteht inBirnia kein erblicher
Adel , da der Beamtenstand ganz von dem monarchischen Willen
des Königs abhängt, der den Niedrigsten erhöhen und den Höch-
sten erniedrigen kann. Indess wird solchen Leuten, die durch
Handel oder auf andere Weise ein bedeutendes Vermögen erlangt
haben, zuweilen der Rang eines Suthe oder Sethi (reicher Mann)
ertheilt, und da mit diesem Titel die Verpflichtung periodischer
Geschenke an den Hof und seine Bedienten verknüpft ist, so lässt
man denselben auch gern auf die Söhne und Kindeskinder über-
gehen, so lange solche Geld haben, dafür zu zahlen. Der
fürstliche Rang verliert pich in den späteren Descendenten, indem
die vom Könige bezahlten Pensionen immer kleiner werden und
zuletzt ganz aufhören, so dass die fernsten Abkömmlinge wieder
in die grosse Masse des Volkes zurücktreten. Zuweilen erinnein
sich solche Familien noch ihrer früheren Verwandtschaft mit dem
regierenden Hause und man findet bei ihnen gewöhnlich einen
leichten Anflug höherer Bildung, der sie von ihren Nachbarn
auszeichnet. Der Klasse der Sethi entspricht die der Vaisyas
bei den Jaina's, die die Stelle der vernichteten Kschatryakaste
angenommen haben. Als edles Abzeichen wird die Tsalwen oder
] 98 ^^^ koniglieke Palast.
T^alou genaDote Schnur ^>ei den ächten Birmanen getragen. Le
pliL«^ petit nomhre de chainons, quun sujet puii^se porter dans
ia cbaine en or, e^^t de trois, le plus» con^iderable de douze. Le$
nonibre?» interui^diaires S4»iit six et neuf.
Die Oe^Hrtze de.^Laudejf »ind in dem von Manu geschriebenen
(jtilex de?i I>haniniasat enthalten, von Kichardson übersetzt und auch
vonSangermano*; (bei'I'andy; niitgetheilt worden. Uel>erdieaII-
mähli^e Kntstehung des (VHiex fand ich in einem birmanischen
Buche, dasj^ unter K«tnig Mahadhamniathah der Yathay (Eremit)
*) Man berichtet. <!&•).■> za d*'D Z^itt^n dt*?« Kan^rs Mahasamata ew berühnter
Kin«f«lhT l«-bti*, w*'\rU**r •i-in»; W^bnuDg in eintr der llühk-n de» gross^Mfo DÖrd>
lieh von drr •^ütWu-Ufu ln<>f'l Zaimdib.'i gt-lrgen^'n Hrrgea Kniaunta aofges»chIagfn
hatte und ^ich mit thr Bf*fr;irhtiing <I*t I»inge b«-.'<-hriftigte. wriche dm Men'^:heD
aof da*» Nibpan voH «-roiN-n. Währrnd d»*r Kin:?iedler ^o abge^chit-den tod der
Welt lebte, wnrd»* er von d*T 'J'oebt«T eines Nat in Ver-juehung geführt, wclehe
«ich vor dielhür der Höhb* .stillte und mit Bitten undThnluen um Einlas« tiehte.
Von Mitleid bewegt , j:»>tattf t«' ihr der Eremit endlirh , eine einzige Nacht bei
ihm zu verweilen. Abtr di«- :*rbünheil und die Küii-te drr jungen Nat machten
einen »olehen Eindrnek auf ihn, da.-«?« er i^ieh nicht mfhr in >o hohem Masse !>einen
erha^N'nen Betrachtungen hingab , sie heirathete und von ihr zwei ^^öhne bekam;
von die-ten nannte er den einen 3Ienu , den anderen 3Ieno , und beide zeichneten
»ich »pater durch ihre Heiligkeit und Gelehrsamkeit aus. Sie Tenschmiihten das
Königreich , welches ihnen ihr Vater verhiess , und zogen sich auf den Berg
Emannti zurück . wo >ie durch Aui^übong eines beschaulichen Lebens Zian wur-
den. Hierdurch erlangen gerechte Männer die Eigenschaft , durch die Luft so
fliegen und ."ich an jeden ihnen beliebigen Ort hinzuversetzen. So begaben sie
«ich dann in verschiedene 'l'heile «ler Welt, bis sie endlich zu der grossen Ge-
birgskette ZacchiavHia gelangten und das Gesetzbuch fanden , welches hier in
grOMeo Bachstaben auf den Felsen eingegraben niedergelegt war. Sie nahmen
von diesen Gesetzen eine getreue Abschrift und schenkten sie nach ihrer Kückr
kehr dem grossen KaiAcr Mahn^nmata als ein unschätzbares Gut. Als dieser
hörte, auf welch* wunderbare Weise sie entdeckt worden waren, befahl er, dass
sie von all' seinen Unterthanen befolgt würden. Nachdem die Nachfolger Maha-
samata's diesem Codex einige wenige (iesetze hinzugefügt hatten , wurden sie
späterhin in eine vollendetere Form gebracht und mit verschiedenartigen Vor-
schriften eines der Fürsten des Nat bi.-reichert. Zuletzt wurde endlich dieser
Codex, welcher ursprünglich in der Pali-Sprache geschrieben war und auf der
Insel Ceylon aufliewahrt wurde, von einem gewissen Budelago.sa in das Burmesen-
Reich gebracht und in die Vulgär-Sprache übersetzt. Und dieses ist der Ursprung
des Damasat.
Gesetzbücher. 199
Manuthaya acht Dutzend Bücher von einem fremden Lande brachte,
der Yathay Manothaya sieben Dutzend, der Yathay llauutiko vier
Dutzend und einKahanda zwei Dutzend. Als Paya Kassapa existirte,
brachten Piumingkawumbade, ein Yathay und der Thagyaköuig,
diese drei, zwei Dutzend. Als König Atiy ah inThayaikittia regierte,
brachte ein Yahanda zwei Dutzend. Unter König Weteantakinhis-
sana (Sohn Sali's) brachten acht Gelehrte drei Dutzend. Dem
Könige Yumin inPagan brachten drei, nämlich Kawumbade, ein
Yathay und der Thagyaköuig zwölf Dutzend. Als König Bodozin-
piushin in Yaninjaüberdic 101 Bagen der Menschen regierte, über-
setzte Baudagosa von den alten BüchernachtDutzendaus dem Talein
ins Birmanische und zwölf Lehrer fügten sieben Dutzend hinzu.
Unter König Gnasudaiaka, dem iSohne des Zinpiushin, w urden in
Dwarawuddi undUansawuddi zwölf Dutzend zugefügt, derDama-
wuilatha genannte Lehrer vermehrte sie noch um zw(')lf Dutzend.
Zu Lebzeiten Yasamani-Suladayaka's fügte der Ilofmann Amatji
und der Jurist Sinni zwölf Dutzend bei. Das javanische Gesetz-
buch ist nachKafit'Ics in Nachahmung von Manu's Codex Manu Ma-
nuve genannt, obwohl es nur die einheimischen Institutionen der
Insel behandelt.
Die Sclaven Birma's sind besonders solche, die wegen un-
bezahlter Schulden ihren Gläubigern zur Haft übergeben und nur
durch Bezahlung des Capitals erlöst werden können. Ausserdem
giebt es noch Kriegsgefangene , die entweder vom Könige ge-
schenkt, oder in Auctionen verkauft werden. Derbirmanische
Codex des Dhammasat zählt 7 Arten von Sclaven auf. Eine zur
Concubine erhobene Sclavin wird bei des Hausherrn Tode nebst
ihrer Tochter freigelassen, wenn sie ihm gehörte, nicht aber,
wenn Eigenthum der Frau. Eine beiden gehörige Sclavin wird
bei dem Tode des Mannes freigelassen und ebenso der Sohn, den
sie geboren haben sollte. Ist aber eine Tochter da, so wird nur
diese freigesetzt. Die Pagodesclaven, die Begräber (Subayaza),
die Bettler (Sutaundsa), die Prostituirten (Pyintautsa) und die
Aussätzigen (Svaemadswum) bilden die vier verachteten Klassen
oder die Dsandala lae-dso. Auch die Gefängnisswärter und Hen-
kersknechte oder unheilbare Kranke bleiben von dem geselligen
2(^} l>er köoigliehe PaU«t.
Zuj^amnieiileben au^gochlo!9.seu. In Tonquin dagegen la profes^ion
de ^Mmrreali n'e??t jwint d«^:?honorante (wie Bissach^re bemerkt).
Wenn ein öffentliches Werk zu thun ist, so sehreibt das oberste
Gericht^tribunal eine Plinberufiing durch das Land aus, ohne da-
bei, wie in .Siani, ein regelmässiges System oder die eoehinchine-
i^iM'he Conscription zu befolgen, und in derselben Weise wird im
Falle eines Krieges die Annee recrutirt. Jedermann des Landes
ist Selave des Königs und muss jeden Augenblick zum Frohn-
dien^te bereit stellen. Die Städte an den Flüssen hatten
die Kriegsboote zu stellen, und die (avaleristen wurden haupt-
Hächlich aus den Kathay oder Munipuriem erhoben. Die
Armee sollte vor einigen Jahren europäisch organisirt werden,
durch einen französischen Abenteurer, der sieh pseudonym
le <>)mte d'Drgoni (alias Girodon) nannte, und vom König zum
Generalissimus ernannt wurde. Die indischen Blätter beschäf-
tigten sich so viel mit ihm, dass sie zuletzt selbst anfingen zu
glauben, dass er es verdiene, und w ie der Moniteur de TArmee bom-
bastisch verkündete, die Tage Dupleix und I^iibourdonnais in Indien
erneuern würde. Die Steuern werden in sehr willkürlicher Weise
erhoben , besonders in den Prinzen oder Grossen zu Lehen ge-
gebenen Provinzen , und bei dem vielen Lande, das wüste liegt,
quält man sich nicht viel mit genauen Rechtsbestimmungen, ausser
etwa in der Nähe der Städte. Von Frucbtbäumen wird eine be-
stimmte Taxe erhr>ben, und die Durian wurden früher alle als
Eigenthum'des Königs betrachtet, die sie sich durch Laufposten
aus Pegu bringen Hessen. Die Blüthen wurden gezählt und der
Eigentbttmer für dicKinlieferungder richtigen Menge in Früchten
rerantwortlich gemacht, so das die Meisten den Baum, wenn
möglich, ausgehen Hessen. Während meines Aufenthaltes Hess
der König ein kleines Flussdampfschiff in Rangun mit Durian be-
frachten, aber von den vielen Tausenden der Ladung kamen nur
2 - 3 in Mandalay essbar an. The personal expenscs of the king,
bemerkt Yule, are paid by the custom duties (at Menhla, Bamo,
Kyauktalaung and the capital) and by the profit of merchandize. Ha-
ving the monopoly of the principal articles of foreign traffic (cotton,
cutch, Icad, timber, rubie8)he buysfrom the people at a fixed rate
Abgaben. 201
and theneithersells thern ata profit to merchantsatthe capitalor
sends them to Rangoon, for sale tliere. Die Hauptsteuer ist die Haus-
oder Familien-Taxe, die nach einem unter König Mentaragyi auf-
genommenen Census erhoben wird. Die Abgaben von bebautem
Land und den zum Pflügen dienenden Büffeln werden theils in
Geld, theils in Naturalien bezahlt, und damit Niemand entgehen
kann, werden sie entweder eingetrieben, wenn das Säen ge-
schehen ist, oder wenn die Ernte zum Einbringen fertig steht.
Die Musik des Poe wird mit der Trommel im Tact gehalten
und ändert sich je nach dem Tanze, indem die Melodieen sich
den als Minister, Belu, Königen oder Dienern erscheinenden
Schauspielern anpassen. Ausserdem wird die birmanische Trom-
mel und zugehörige Musik von der siamesischen unterschieden.
Die Siamesen sind besonders beliebt als Tänzer, vor allen natür-
lich in dem Favorit -Drama des Yamadzat, das die P>oberung
Tiho's durch den König mit Hülfe der Affen darstellt und oft meh-
rere Wochen hindurch täglich aufgeführt wird, ohne je zu Ende zu
kommen. Die Spieler tragen Masken, wodurch ihr Charakter
als Könige, Minister, Belu u. s.w. unterschieden wird, und die der
Letztem Bind scheussliche Fratzen , gleich denen, wovon Lucian
sagt, dasB acbon ihr Anblick mit Grauen und Schrecken erfüllt.
Die bei den Schauspielern in Leh vonGodwin Austen beschriebenen
Skelett-Masken sah ich auch auf laraaischen Tempelbildern in
Peking dargestellt, und die Mönche bemerkten, dass selbst das
Material, auf dem sie gezeichnet waren, aus zerriebenen Knochen
präparirt worden. DuiTh das Blasen einer aus Menschenknochen
verfertigten Trompete verjagten die Lama's den Dharma-Rajah,
der sich mit seinem Volke in die Erde verkroch. Der Dabistan
bemerkt von den zum Tempel Barmianek (Bamian) gepilgerten
Lamas der Kera Tabitian, dass sie aus einem Menschenscbädel
essen. They carry joints of human hands tiled together upon a
string , instead of a rosary , and instead of boms tor trumpets,
they keep bones of human forearms, they say : „We are dead and
dead men have nothing to do with the things of the living" (v. Shea).
Auch der Kaygur (nach Schmidt) spricht von Rosenkränzen aus
Knochen gemacht.
202 I^^r königliche Palast
In den Fläusern der Prinzen, die verliältnissmässig spät ver-
heirathet werden, treiben sich einellenge junger Knaben umher,
während der mönchische Anstrich des Hofes weibliche Bedienung
bei ihnen ausschliesst; obwohl sich mitunter Wege tinden lassen.
Besuche zu erhalten oder in der St;idt zu machen. Die Knaben
sind angeblich theils zur Aufwartung, theils zum Aufführen von
Tänzen und Mitwirkung in den (oncerten. Neben der Tättowi-
rung wird durch Balbi und ihm gleichzeitige Reisende ein sonder-
bares Verfahren mit Glöckchen beschrieben, wie ich Aehnliches
in Batavia auf einem Lingam aus den alten Ruinen in ^tein aus-
gehauen sah.
In einem der Höfe des Palastes steht ein hoher viereckiger
Thurm, zu dessen auf halber Höhe befindlicher Thür eine Treppe
aufleitet. In diesem Dzedi wird der Zahn des Herrn bewahrt,
der in früheren Zeiten von Ceylon gekommen ist und dann lang und
dick war; jetzt hat er sich sehr verkürzt. Er ist ein Unterpfand
für den grossen Ruhm (P>hundogyi) des Königs und würde mit
diesem verloren gehen. Vielleicht eine Nachahmung des un-
ächten, den einst der König Pegu's erhielt. Eine Figur des Paya
indeniNandaü wird Maha-Pinnay genannt, und auch als der Zaun-
ding-Nat bezeichnet. Die Stirn ist mit einem Kranz dorniger
Knuppen umgeben, gleich denen, die sich auf der Jaekfrueht oder
Pinnay finden. Die Brahmanen legen vor derselben den Eid ab.
Die aus dem Holze des Pipul- Baumes gefertigte Figur des
Akkhinasaklia-Paya wird in die heisse Sonne gelegt, wenn man
Regen wünscht.
Zu den berühmten Dichtern gehört Shin Tilowinlha, der die
Bhunkyam oder die i)reisende Dichtung (Linga) des Herrn ver-
fasst hat. In Touindwuingui in der Nähe Prome's geboren, ging
er nach Ava, wo er, zusammen mit Öhin Alataya, dem Verfasser
des Paya-mih-kyam, diejenigen Verbesserungen der l)irmanischen
Sprache und Literatur einführte, die unter Alompra volle Geltung
erhielten. Der Letztere der Beiden wird für einen Paya-Alaun
(Embryo-Buddha) gehalten. Ihre aus dem Pali abgeleitete Form
sollen die birmanischen Buchstaben durch Schemakatissa erhalten
haben, den Verfasser der Tada Tinjo, der unter König Noatasa in
Literatur. 203
Pagan lebte. 8hin Yatthaya war im Jahre 830 geboren und hiess
Moung-Bout mit seinem Knabenuamen. Als er 16 Jahre alt war,
sehrieb er den Biiridath-Linga, im 2(). Jahre den Buridath-Zath
und im 56. den Zadutammataja. Unter König Schwenanjoh ver-
fasste er die Listen des Montaih und viele Bücher des Gambitaja
und Lokataja, sowie die Wuttoh-Kyaung-Licder. Er starb im
Alter von 62 Jahren in Prome unter König Minbajindwuay.
Shin Thilav(mtha war im Jahre 815 an einem Freitage geboren.
Er kam von seiner Heimath Thauntliwingyi nach Ava unter Kö-
nig Schwenanjoh, schrieb die Verse über Tandoo, den Gesang
des goldenen Palastes (Mokwun), dieKyouktsa im Dupayon-paya
und Anderes. Das Bitagatkaundzin betitelte Buch enthält viele
Nachweisungen über die Literatur und Lebensbeschreibungen der
Verfasser. Die Linga oder Dichtersprache erfordert ein besonderes
Studium und die Hofsprache enthält so viele dem Pali entnom-
mene Worte, dass man sie bei oberflächlicher Betrachtung ebenso
leicht für einen Dialekt desselben ansehen könnte, wie man vor
Humboldt'sZeit dasKavi für ein verdorbenes Sanscrit erklärt hat.
Die Birmanen wie die meisten Buddhisten besitzen eine ge-
wisse philosophische Vorbildung und sind grosse Dialektiker, wenn
es darauf ankommt. Schon in Vorderindien haben die Missionäre
einen harten Stand, wo nur die regelloseren Phantasieeu der Brah-
manen zu bekämpfen sind, aber noch schwerer wird ihnen der An-
griff auf das strenglogisch zusammenhängende System des Buddhis-
mus. Die mächtige Propaganda der Missionen, die sich über die
ganze Erdoberfläche.jetzt ausbreitet, ist ein höchst bedeutsames Ele-
ment,das eine eingehende Besprechung verlangt, und hier nicht wei-
ter berührt werden kann. Wenn der Missionär der Träger europäi-
scher Bildung ist, so mögen begeisterte und ihrem Berufe ergebene
Männer Grosses und Nützliches wirken; aber gegen die Maxime,
jeden pietistisch Frommen darum schon für die Bekehrung der
Heiden geschickt zu halten und in die Welt zu schicken, muss im
Interesse der europäischen Wissenschaft auf das Energischste pro-
testirt werden. Nur durch unsere geistige Superiorität besitzen
wir ein Uebergewicht über die Eingeborenen fremder Länder,
204 I^er königliche Palast.
und wenn dieses Prästigium zerstört wird, fällt damit auch die
Möglichkeit eines günstigen Einflusses, der sich auf ihre Civilisi-
rung ausüben Hesse. Ich bin oft gefragt worden, wie die
Chinesen, wenn sie alle die Fortschritte unserer hohen Kultur in
Dampfschiffen, Eisenbahnen, Telegraphen vor sich entfaltet
Bähen, doch immer noch in ihrem selbstgefälligen Stolze und der
Verachtung der Barbaren verharren könnten. Die Sache liegt
inde-s sehr einfach. Sie läugnen nicht, dass wir in gewissen
Künsten weit fortgeschritten sind, aber dies sind in ihren Augen
die handwerksmäösigen Künste mechanischer Fertigkeit. Sie
constituircu für sie, da ihnen der Sinn für den naturwissenschaft-
lichen Forschungsgang fehlt, noch nicht eine Ueberlegenheit in
dem, was den denkenden Menschen ziert und auszeichnet. Um ihre
geistigen Erzeugnisse gegen die der fremden Barbaren abzuwägen,
ist ihnen die Vergleichung leicht genug gemacht. Sie nehmen
eines jener in Hunderttausenden über ihr Land geschwemmten und
zu Krämerdüten verbrauchten Traetätchen , das in einem für sie
gräulichen Jargon und oft ebenso gräulicher Logik jedem „be-
nighted native of China *", so gut wie ^of Germany** erklären soll,
was kein Verstand der Verständigen versteht, und stellen diese Pro-
ductiou gutgemeinten aber schlecht verwendeten Eifers neben die
Werke ihres Confucius und anderer grossen Philosophen. Der
Beweis liegt dann schwarz auf weiss vor. Vielleicht mag man
sich trösten, in China vor dem ältesten Culturvolk zurückstehen
zu müssen, mit dem selbst die gelehrten und vielgewandten
Jesuiten schwer zu schaffen hatten; aber haben wir doch die
Schande erlebt, dass ein hochgestellter Würdenträger sich von den
wilden Schwarzen in seinen eigenen Religionsschriften unter-
richten lassen musste. Er hatte sich in Europa gescheut, die ver-
pönten Bücher zu lesen und sah sich jetzt gezwungen, sie in
Afrika aus der Natur zu lernen. Manche der Missionäre sehen
selbst das Verkehrte der vorgeschriebenen Massregeln ein, können
aber allein nicht gegen das System ankämpfen. In meiner Er-
innerung leben die Bilder lieber und werther Bekanntschaften
edler Männer der protestantischen Gesellschaften , die das Gute
nicht nur wollten, sondern auch schufen, und unter den katholischen
Missions-Schwierigkeiten. 205
Missionären muthiger Glaubenskämpfer, die in völlig entsagender
Hingebung ihr Leben der Erreich ung'des vorgesteckten Zieles weih-
ten. Und mit solchen Kräften allerdings liessen sich grosse Resul-
tate gewinnen, lägen nicht die Schwierigkeiten in der Sache selbst.
In Hinterindien wurde ich einst von einer trefflichen
üame, der Frau eines Missionärs und von den besten Absichten
geleitet, durch ihre Schule herumgeführt. Sie examinirte die
Kinder in Geographie, Geschichte, Rechnen u. s. w., w^orin sie
recht gute Antworten gaben, und hatte es veniünftigerweise
unterlassen , wie in einigen Instituten der kaum an Kleider ge-
wöhnten Karen geschieht, einen Unterricht im Klavierspielen und
Sticken hinzuzufügen. Dann sagte jedes Kind sein Sprüchlein,
und auch das war recht hübsch und schön. Die Kleinen waren
zwischen 6 — 11 Jahren, meist frisch aus ihren Wäldern oder
Dörfern, und für ihr Alter, wie in Indien überhaupt, sehr aufge-
weckt. Darauf kam die Bibelstunde. Ich sass neben ihr, und sie
sagte: Nun Kinder, dieser Herr wird auch eure Zweifel
lösen können und uns eine genauere Erklärung geben. Sehen
Sie, lieber Doctor, wandte sie sich an mich, wenn ich anfange
die Bibel zu lesen, so nehmen meine Schüler immer gleich an
den ersten Versen der Genesis Anstoss. Sie fragen , woher das
Licht gekommen, und wie von Tag und Nacht gesprochen werde,
ehe es noch Sonne und Mond gab. Sie nannte mir die verschie-
denen Erklärungen, die sie aus den den Missionären als Hülfs-
büchern gegebenen Bibelcommentaren geschöpft hätte, und von
denen die eine der buddhistischen Idee von den selbstleuchten-
den Körpern der Byamha ziemlich nahe kam, aber die neugie-
rigen Gamin's, die mit ihren lebhaften Augen an unserm Munde
hingen, schienen dadurch nicht befriedigt. Ich rieth ihr, die
Sache möglichst allegorisch zu wenden, um dem Geiste freien
Spielraum zu lassen, doch der das Wissen suchende Zweifel muss
sich zuletzt meist mit dem Glauben abfinden. Der frische Sinn
sträubt sich, das Undenkbare zudenken, aber: derBien der muss.
Auch mein Herr Professor wollte mich auf das Glatteis führen.
Er hielt einen Vortrag über den ewigen Umschwung der Kaipen,
wo nach den unveränderlichen Gesetzen des Werdens aus zer-
206 t)er königlicbe Palast.
störten Welten «ich neue entwickeln , und wollte dann wissen,
wie unsere Religion diese Dinge darstelle, die, wie er gehört, „keine
Wurzel habe*'. Der grosse Nat, der den Menschen aus Lehm
geknetet, möchte wohl der 1'hagyamin oder vielleicht der König
des dritten Brahmahimmels sein, beides bekanntlich sehr unter-
geordnete Dämone, nicht würdig, den Scliuhriemen Buddha's
zu lösen, und ausserdem wUrden sie beim Bau der Erde nicht
selbst Hand anlegen, sondern denselben ihrem gnostischen Archi-
tekten Visvacarma überlassen. Ich erwiederte ihm, dass die unvoll-
kommenen Bruchstücke, die er überdasChristenthum gehört, viel-
leicht Mysterien einschliessen könnten, deren Erklärung ich bei mei-
ner noch unvollständigen Kenntuiss des Birmanischen nicht wagen
würde, undauf später verschieben müsste,dass ich ohnedem nicht zu
den religiösen Pungyi's meines Landes gehöre, wo es, nicht wie in
Birma eine, sondern zwei Klassen gebe, sondern zu den Pungyi
der Wissenscliaft, und dass ich ihm deshalb nur eine der popu-
lären V^ersionen geben könne, wie sie unter den Uneingeweihten
umliefen. Ich sprach ihm dann von dem kosmischen Weltge-
bäude und der Structur des Erdballs, wobei ich die astronomi-
schen Entfernungen und die geologischen Perioden, als nur aus
dem ( jedächtniss citirt, eher zu multipliciren geneigt war, um sie
dem buddhistischen Verständniss*) näher zu bringen, hoffend,
dass Professor Hansen mir deshalb nicht zürnen wird. Ich ex-
temporirte über den l'rnebel Laplace's und die Sonnenwirbel
Descartes', bis ihm selbst der Kopf neblig wirbelte und er mit
Fragen aufhörte, um nur zuzuhören. Hätte er mich noch mehr
gequält, so würde ich ihn von den Kasernen im Monde unterhal-
ten haben, die man weiland von einer südlichen Sternwarte
*) Die Buddhisiteii, die di<» Kwigk<»it aiisziiznlilen suchen, haben Zahlen, von
denen eine einzige, um sie nur niedcrzuselireibiii, einen mehrere Meilen lan$ren
Papierstreif«*n erfordern würde, und sie ül»ertreflFen die Sandreehnung des
Archimedes. An einem liarten Diamantfels, iiundert Meilen im Quadrat, streift
aUe lOOü Jahre leielit die Flüj^elspitze eines vorbeischwebendrn Schmetterlings,
und wenn durch diese zarte JSerührung die ganze Masse schliesslich in unsichtbare
Atome verwandrit sein wird, dann ist ein Tag in einer ihrer untergeordneten
Perioden vorübergegangen.
Medicinische Fragett. 207
aus sehen konnte, oder von derPluralität der Welten, die in ihres
gelehrten Verfassers niedlicher Besehreibung mit den Terrassen
der Bhamvahimmel wetteifern können.
Der König, wissend, dass ich Arzt war, hatte schon mehrfacli
hinsichtlich dieser Profession in der birmanischen Anschauungs-
weise über dieselbe gesprochen. Ein Hindu hatte ihm in seinem
Garten eine Distillery von Rosenwasscr und anderen ätherischen
Oelen angelegt, und er zählte mir in einer Audienz dieselben vor,
zu wissen wünschend, welche wunderbaren Eigenschaften die-
selben besässen. Da die meisten derselben nur als Stomachica,
DiureticaoderEmmenagoga zu verwenden waren, blieb er mit der
erhaltenen Auskunft nicht recht zufrieden, weil er allerlei geheime
Kräfte in diesen Parfümen vermuthete, die so hübsch röchen
und so würzig schmeckten. Ein ander Mal fragte er mich, ob ich
viel Ohren -Medicin habe, d. h. irgend eine kleine Pille oder
Pulverchen, das man einem von Geburt au Tauben oder sonst an
welchem Ohren -Uebel immer Leidenden heute eingiebt, so dass
er morgen wie ein Luchs hört. So ist die Vorstellung der Bir-
manen, wenn sie nach der Medicin irgend einer Krankheit fragen.
Ich erwiederte, dass von Ohren-Krankheiten einige sich heilen
Hessen, andere nicht, dass dieMedicinen je nach der Art derselben
verschieden wären, und dass die meisten Gehörleiden schwer zu
behandeln seien. Der König aber wusste es besser. Ich war
nämlich im Palaste als der grosse Ohrendoctor bekannt, der
Zaubercuren machen konnte. Als ich noch bei dem Armenier
lebte, hatte man mir ein kleines Kind vorgeführt, von dem zu ver-
muthen stand, dass es taubstumm war. Ich hatte gerathen, vor-
läufig die Ohren durch Einspritzen rein zu halten, und in Aussicht
gestellt, einige Versuche mit Electrizität zu machen, wenn es
möglich sein sollte, meine inUnordnung gerathene Maschine wieder
in »Stand zu setzen. Das Letztere gelang in Mandalay nicht, da
sie durch die darüber instruirten Mechaniker nur noch mehr ver-
pfuscht wurde ; aber die Verwandten hatten in Nachahmung der
von mir mit einer Uhr angestellten Versuche bemerkt, dass der
Kranke anfinge das Ticken zu verspüren, und sich überredet, dass
20B ^er k önigliche Palisi
sie Fortschritte der Heilung bemerkten. Die Mutter des Kindes,
die die Damen des Harems zu besuchen pflegte, hatte davon ge-
sprochen, uud wie es unter solchen Leuten zu gehen pflegt, war
eine erfolglos gebliebene Consultation durch das Gerede zu der
völlig gelungenen Cur eines vorher als unheilbar betrachteten
Kranken angewachsen. Von dem hohen Rufe, in dem meine
ärztlichen Kenntnisse standen , wusste ich nichts und hatte auch
die Frage des Königs UberOhrenmedicin schon wieder vergessen,
weil er sich ebenso nach Medicinen aller möglichen sonstigen
Leiden, heilbaren oder unheilbaren, erkundigt hatte. Nach einiger
Zeit kamen mir mehrfach Patienten, die wegen Taubheit befragten,
ohne dass ich weiter Arg daraus hatte. Auch der Prinz brachte
eines Tages Klagen über Schwerhörigkeit, wiederholte dieselben
aber nicht, da ich ihn etwas gegen die Etikette am Ohre gefasst
und hineingesehen hatte. Statt dessen suchte er nach Substituten
und Hess mich einige Tage später rufen, als zwei alte Herren bei
ihm Sassen, die beide ziemlich taub waren. Obwohl ich schon
vielfach erklärt hatte, mich auf ärztliche Behandlungen in keiner
Weise einlassen zu wollen, konnte ich es dem Prinzen doch nicht
versagen, seinen Freunden, die ihn um sein Fürwort gebeten
hätten, einigen Rath zu ertheilen. Ich Hess eine Spritze bringen,
um die Ohren mit Wasser zu reinigen, und verordnete dann
einige Blutegel im Nacken. Der Prinz hatte den Kranken gesagt,
nach einigen Tagen zurückzukommen , und als der Eine zur be-
stimmten Zeit wiedererschien, da war ein neues Wunder ge-
schehen, und ich wurde rasch herbeigerufen, um meinen Triumph
zu feiern. Der mich freudig empfangende Greis pries meine Ge-
schicklichkeit und erhob sie bis in den Himmel. Schon die ein-
gespritzte Medicin (nämlich aqua fontana) habe einen herrlichen
Effect gehabt, aber nach den Blutegeln sei jeder Rest der Krank-
heit verschwunden und er höre jetzt so gut als jemals zuvor.
Als ich ihn untersuchte, waren keine Blutegelstiche zu sehen,
und ich wollte den freundlichen alten Mann, der mich nach Hause
begleitete und mir aus seiner Belesenheit viele interessante Mit-
theilungen machte, auch nicht länger mit diesem Mittel quälen,
vor dem die blutscheuen Birmanen einen grossen Gegenwillen
i
Obrenkranke. 209
haben. Im Uebrigen merkte man aus seinen beständigen Miss-
verstäudnissen, dass keine grosse Veränderung eingetreten war,
aber er batte dem Prinzen, um seinen ferneren Experimenten zu ent-
gehen, seine völlige Heilung versichert. Würde fernerhin nicht mehr
die richtige Ohrenmedicin dispensirt werden, so konnte nur böser
Wille die Schuld sein. Weil ich jedoch von verschiedenen Arten
solcher Medicin gesprochen und nicht immer dieselbe Vcrfahrungs-
weisc angerathen, dachte man noch vorher alle auszuprobiren,
denn im Hintergrunde standen einige vornehme Persönlichkeiten
des Palastes, die geheilt zu werden wünschten, und auf die alle diese
Umwege zurückführen sollten. Auch davon wusste ich natürlich
damals noch nichts, und hatte nach der letzten Cur gehofit,
endlich liuhe zu finden. Aber gerade im Gegentheil; täglich
kamen jetzt Applicanten, meistens Soldaten, die auf höheren Be-
fehl erschienen, und man musste alle Tauben und Schwerhörigen
im ganzen Palast zusammengesucht haben, um mich mit so vielen
zu überlaufen. Ich Hess mich auf Nichts ein und gab Niemanden
Medicin. Um sie los zu werden, sagte ich ihnen, die Ohren rein
zu halten , Fussbäder oder sonst Etwas zu nehmen und schickte
sie. fort. Eines Morgens wieder kam ein heller Haufe Kriegs-
leute angerannt, der einen halbblödsinnigen Tauben zwischen
sicli schleppte und ihn mir vor die Füsse warf mit den Worten :
„da ist wieder Einer, der geheilt werden soll, auf des Königs
Befehl."* Es wurde mir jetzt zu toll und ich dachte ihnen end-
lich Ohrenmedicin genug zu geben. Ich verordnete zwei Blasen-
pflaster im Nacken, zwei auf den Rücken und zwei auf die Füsse,
und damit für eine Woche jeden andern Tag fortzufahren. Die
Soldaten machten kehrt und marschirten mit der Präscription ab,
werden sie jedoch nicht ausgeführt haben, da die Blasenpflaster
in der königlichen Apotheke erschöpft schienen und man wieder-
kam, um von mir zu holen, aber Nichts erhielt. Der Prinz
sprach bald darauf etwas kleinlaut bei mir vor und spielte darauf
an, ob die letzte Art der Ohrenmedicin häufig applicirt würde,,
und sich in besonderen Fällen nicht umgehen Hesse. Indess
schien man sich jetzt überzeugt zu haben, dass mit diesen Probe-
versuchen nicht viel gewonnen sei, und bei der nächsten Audienz
BMtiftn, Osiuien. II. X 4
210 I>er königliche Palast.
kam die Katze auB dem Sacke. Der König sagte, das» zwei seiner
Damen Hchon lange an Schwerhörigkeit litten und dass ich ihnen
etwas von meiner Ohrenmedicin schicken möchte. Ich wieder-
holte ihm, dass ich nicht für ärztliche Praxis, sondern für das Stu-
dium des Buddhismus ins Land gekommen, und dass ich ohnedem
auch gar keine Medicin habe. Er erbot sich dieMedicin kommen
zu lassen , woher es auch sei , von Kangun, Calcutta, von Eng-
land, oder einem andern Theile der Welt. Indess enti^chuldigte ich
mich, dass ich in Kangun den pharmaceutischen Präparaten nicht
traute, und dass dieselben, wenn von England verschrieben, auf der
langen Reise leiden möchten. Der König fuhr fort mit Drängen,
dass, wenn ich auch sonst nicht als Arzt fungire, ich ihm in die-
sem einen Falle zu Willen sein möchte. Ich stellte die Bedin-
gung, wenigsten^ erst genau zu kennen, was man von mir ver-
lange, um zu sehen, ob sich überhaupt etwas machen Hesse. Das
wurde zugestanden, und am nächsten Tage kamen die Damen
in Begleitung eines Eunuchen und sonstiger Dienerinnen nach
dem neben dem meinigen gelegenen Hause des Prinzen, wo ich
sie examiniren konnte. DasUebel bot einige Aussichten auf Bes-
serung, wenn auch nicht auf völlige Heilung, aber allerdings nur
unter einem langen regelmässigen Cursus der Behandlung und vor
Allem selbstverstanden die richtigen Arzneien vorausgesetzt. Im
•
Anfange meiner ersten Reisen war meineMedicinkiste in bester Ord-
nung gewesen, später aber sehr in Verfall gerathen, und bei dieser
zweiten in Hinterindien war sie in höchst mangelhaftem Zustande,
da ich damals mit der festen Absicht fortgegangen war, nicht
ferner als Arzt aufzutreten. Ich theilte den Kranken mit, dass
mir die nöthige Apotheke fehle, und dass ohnedem die Behand-
lung längere Zeit erfordere, als ich wahrscheinlich in Birma
bleibe. Doch waren solche Vorstellungen, leicht voraussichtlich,
in den Wind gesprochen. Nachdem der von diesen Patienten so
lange sehnsuchtsvoll erwartete Augenblick der Wunderheilung,
für dessen Herbeiführung sie seit Monaten so vielerlei Pläne und
Intriguen gesponnen hatten, endlich gekommen war, wollten sie
sich nicht länger abweisen lassen. Sie zeigten sich so trostlos, dass
ich ihnen wenigstens versprechen niusste, sie während der Zeit, dass
k
Die Praxis. 211
ich im Palaste wohne, mitunter zu sehen, und so lange mein be-
schränkter Medicinschatz vorreiche, ihnen daraus mitzutheilen.
Aber auch das wurde bald lästig genug. Fast jeden andern Tag
erhielt ich eine Zusendung von Früchten oder feinen Palm-
cigarren mit der Nachricht, dass die Kranken im Hause des
Prinzen auf mich warteten, wo sie mich immer mit Lobsprlichen
über die guten Erfolge empfingen, abcr^ioch raschere wünschten,
ohne Rücksicht, dass die von vornherein auf Monate und Jahre
berechnete Cur nicht in Tagen und Stunden zu Ende gehen
könne.
Mir waren diese Störungen, die schon einige Wochen fort-
dauei-ten und mich von meinen übrigen Arbeiten abzogen, sehr
zuwider geworden, als der König in einer Audienz mit einem
neuen Anliegen kam. Der Secretär und die rechte Hand eines
Beamten, den er sehr hochschätze, wäre schon seit längerer Zeit
an das Krankenbett gefesselt und zur Ausführung wichtiger Ar-
beiten, die ihm auflägen, untähig ; ich würde ihn sehr verbinden
durch einen Besuch, um die Diagnose zu stellen, da die birma-
nischen Aerzte ganz rathlos seien und nicht wüssten, was ihm
fehle. Auf die gewohnten Einwendungen meinte der König,
dies als einen besonderen Freundschaftsdienst ansehen zu wollen
und daraus keine Präcedenzien zu ziehen. Ich entgegnete, dass
es mein eigener eifrigster Wunsch wäre, dem Könige in allen
Dingen, die in meiner Macht lägen, zu Gefallen und zu Be-
fehl zu stehen, und dass ich deshalb gern den Auftrag ausführen
würde, und die Krankheit bestimmen, dass ich aber die Behand-
lung derselben nicht unternehmen könne. Der Kronprinz, d. h.
der älteste Sohn*) des Königs, erhielt Ordre, mir die nöthigen
Directionen zu ertheilen und umgab mich mit seinem zahlreichen
Gefolge, um mich nach seinem Schlosse zu führen, da er erst die
Gelegenheit zu einer Privatbekanntschaft benutzen wollte. Nach
•) Als der eigentliche Erbprinz gilt der Bruder des Königs, der dem Uparat
oder zweiten Könige Siam's ähnelt , doch besteht bei der Succession gewöhnlich
eine Rivalschaft zwischen diesen beiden Prätendenten. Ursprünglich mag statt
des Hrnders dessen Sohn succcdirt haben, wie bei den Kasia's und anderswo der
Sohn der Schwester.
14*
2 1 j Der kÜBigtir be PaU»t.
längerer rnterhaltuDg über alle niMglicheD Dioge« gab er mir
einen Führer, uui mich nach dem Hau>e de> Kranken zu bringen.
Dersellie w«»hDte ausserhalb des Palastes, in ziemlicher Entfernung,
und litt, wie die Untersuchung erpib, au Gallensteinen, die ihn
peri«>disch mit schmerzhaften Kulikaufallen quälten. Bei der
Zurnckkunft theilte ich das Ergcbniss meiner Visite dem Kron-
prinzen mit, der frajrte, ob ich Mediciu gegeben habe und sich
aber meine vemeineude Antwort verwundert stellte. Er ging
indess in die innem Gemächer des Palastes wo sich der König
an der Tafel befaniL um zu ra|»|>ortireu. IWim Zurückkommen
sagte er, dass der Krinig es mir si-hon als seinen besöndem
Wunsch mitgetheilt habe, diesen Kranken l>ehandelt zu sehen, und
da.*s ich ihm Me^Iiciuen schicken möge. Ich erwiederte, keine
entiipreehende Mediciu zu besitzen, uud dass ein Arzt ohne Me-
diciu el>eas4>wenig etwas ausrichten könne, als ein Tischler ohne
Handwerkszeug. Ohnedem habe ich mich immer und auch dies
Mal gegen die L ebemahme einer Krankenbehandlung verwahrt.
,.Aber der König will es,* sagte er mich zornig anblickend, .der
König* befiehlt.' Ich suchte ihm, soweit es die Ausdrucksweise
der birmanischen Hofspniche erlaubte, begreidich zu machen,
dass auch des Königs Befehle zuweilen an Unmöglichkeit scheitern
können, und brachte ihn wenigstens soweit, dass er mir zuhörte,
und nf»ch einen Versuch beim Könige zu machen versprach.
Er blieb lange fort. Die in der Halle, wo das Gespräch ge-
führt wunle, |)ostirten S.ddaten sprachen mit verdächtigen Seiten-
blicken über den Kala, der meinte, keine Medicinen finden zu
können, obwohl der König ihm verspreche, dieselben zu ver-
schaffen. Die Macht der königlichen Majestät gebietet, und doch
wagt ein I^irbar zu zögern und zu zweifeln ! Diese edeln Vater-
landsvertheidiger waren gewöhnlich mit derjenigen Unterhaltung
beschäftigt, wodurch in Europa die Portugiesen bekannt sind.
Hatten sie aber ein lebendes Wesen aus den Haaren ihres Neben-
manns heniusgekrablielt, si» blieben sie in Verlegenheit, was damit
zu machen, und das Accompagnement desgemüthlichen Knipsens
fehlte. Es war ihnen indess gelungen, ein Auskunftsmittel zu
findeu. Das activ beschäi'tigte Paar sass auf der obersten Trep-
Der Kronprinz. 213
penstufe, so dass.die Tliiercheu bequem auf die Untensitzendeu
beiabfallen konnteu, uni dann naebber diese vorzunebnien. So
transferirte man die Läuse nur von einem Kopf nacb dem andern
und das Vergnügen des Jagens blieb immer neu und immer scbön.
Eudlicb kam der Prinz zurück. „leb babe dem Könige die
Erwiederungen wiederbolt, aber Se. Majestät will durcbaus die
Cur unternommen seben." leb bedauerte nicbt dienen zu können.
Er sebleuderte mir einen Blick spracbb)ser Wutb zu, stampffe
mit dem Fusse auf, und rauscbte unter seinen gohlenen Scbirmen
davon; aber auf ein beim Weggeben gegebenes Zeicben blieben
zwei seiner Begleitung zurück, die mir nacb meinem Hause folg-
ten und dort scbweigend Posto fassten. In meine Dienerscbaft
war ein Todesscbrecken gefabren. Sie erwarteten jeden Augen-
blick die Henker erscbeinen zu seben, oder weniü:stens Ketten
und Cangue. An die Stelle meines indiscben Koches batte ich
einen birmanischen angenommen, der auch seinen Sohn mitge-
bracht hatte, und beide waren ohne Stimme, in jeder Geberde
Entsetzen und Schrecken ausdrückend. Mit Moung Shweh ging
es nicbt besser. Ich lachte ihn aus über seine Furcht, obwohl
ich wusste, dass mit der Erbitterung eines birmanischen Königs
in seinem eigenen Palaste nicht zu spassen war. Die im Hause
aufgepflanzten Leute des Prinzen ignorirte ich völlig und handelte,
als ob sie nicht da w ären. Auch zogen sie sich schon bald wieder
zurück. Furcht ist immer unnütz und in diesem Falle würde sie
selbst gefährlich gewesen sein.
Für acht Tage war mein Haus ein gefeites. Todtenstille
herrschte in seiner Nachbarschaft und Niemand kam ihm nahe.
Die Besuche der prinzlicben Hofbedienten blieben aus, und wenn
ich Moung Schweb dorthin schickte, war das Haus — entweder
verschlossen oder der Prinz schlief, und er wurde kurz und finster
abgefertigt. Er kam dann eine grausige Geschichte zu erzählen
von dem, was er die Leute flüstern gehört und was der König
Alles beabsichtige. Ich fertigte ihn damit immer kurz, als
Albernheiten, ab und bemühte mich mein Leben ganz in der
frühern Weise fortzusetzen, denn ich hatte bemerkt, dass Späher
umherschlichen, um aus der Ferne zu beobachten. Einige der
2U I>er
^wandten Uuflioge dei^ Prinzen hanen früher vielijich in Ge-
sprächen dareh Querfn^ren heraus zu bringen gesucht wie es
eigentlich mit den Papieren stünde, die sie wu^s^sten, dass ich
au.^ Kangun mitgebracht hätte. Auch fil»er meine Nationalität
wünschten sie in's Klare zu kommen. Ich hatte ihnen nie ver-
hehlt, dass ich ein Deutscher sei, obwohl ich den Namen er^t er-
klären musste und ziemliche Mühe hatte, ihnen die Vorzüge nn-
flerer bundestägli'.hen Verfa:fsung klar auseinander zu setzen. Die
Verständigeren indess begriffen die republikanischen Einrichtun-
gen meiner Vaterstadt, worüber sie sich gern unterhielten, und
dadurch zur Erkenntniss ihrer eigenen Sclaverei zu kommen
schienen. In diesen ge<igraphischen Lectionen hatte ich indess
die anglosächsischen*) Beziehungen zwischen Deutschen und
Engländern in solcher Weise zusammeugeknotet dass ihr Kopf
Mühe haben musste sie wieder zu entwirren, und war das schon
durch die Natur der Sache gegeben, da auf si> weiter Per?|>ective
kleinere Unterschiede von selbst verschwinden. Der mit den
Flotten über die Erde getragene Nimbus des englischen Namens
war damals meine einzige Protection (denn die deutsche See-
Expedition Preussens hatte die Küsten Birma*s nicht berührt),
und ohne die Zeilen des Gouverneurs von Kangun hätte ich mich
weniger sicher gefühlt. Dieselben bedeuteten an und für sich
nichts, aber ich hütete mich wohl sie zu zeigen, und spielte nur
bei Gelegenheiten in einer Weise darauf an, dass die birmanische
Phantasie Spielraum hatte zu Vermuthungen. Und das ist für
sie genug, um sich ins Geheimnissvolle zu verlaufen. Weiteres
würde riskant gewesen sein. Auch in den vagsten Ausdrücken
durften nur solche Worte gebraucht werden, von denen ich
nöthigenfalls jedes einzelne vertreten konnte, denn hätten sie bei
ihren stets von einem andern Punkte erneuten Kreuzexamina-
tionen einen Widerspruch ertappt, so wäre ihr Kecht des Stärke-
ren, das sich immer in Schach halten lässt, ein sanctionirtes ge-
*) Auch in Afrika und auf den Süd.<ee- Inseln werden gewohnlich die I>eut-
sehen von den Eingebornen in nähere Beziehung zn den Englindem gesetzt,
während bie wieder Franzosen and Portagiesen neben einander stellen.
Kdniglielie Ungnade. 215
wesen und hätte dann um so weniger ßUcksichten gekannt
Nothlügen sind Lügen, die unnöthige Noth machen und jede
Verletzung der Wahrheit ist eine Dummheit, weil sie sich seihst
bestrafen muss. Im Uebrigen war die Stellung der Fremden in
Mandalay zu der Zeit eine ganz und gar schutzlose. Ein Friede,*
wie oben bemerkt, war selbst mit England nicht abgeschlossen,
und obvyohl Dr. Williams sich schon seit einiger Zeit in Kangun
aufhielt, hatte er doch noch keinen officiellen Charakter. Deshalb
würde seine Unterstützung, wenn ich vielleicht iin äussersten Falle
darauf zurückgekommen wäre, auch nicht weit haben gehen können,
und ausserdem war er gerade damals temporär selbst nicht zum
besten am Hofe angeschrieben. Ausser auf ihn, würde ich mich
aber auf Niemanden in Mandalay haben verlassen können, und
ich wohnte nicht einmal in Mandalay, sondern im Palaste, was
eine Stadt für sich ist. Mit den intriguanten Armeniern hatte
man besser so wenig zu thun, wie möglich, und mein alter Freund,
der allerdings auch kein Mann derTliat gewesen sein würde, war
ohnedem auf einer Geschäftsreise in Rangun abwesend.
Auch mein Lehrer blieb fort. Er war nur anfangs einmal
gekommen, um auszuhorchen, ob ich vielleicht andern Sinnes
geworden. Ich empfing ihn wie gewöhnlich und bat ihn, unsere
Stunden zu beginnen. Aber dafür war es ihm zu eng auf der Brust,
denn auch er litt unter der Ungnade seines Schülers. Da er mich
so entschieden gegen ärztliche Praxis sah, fragte er, ob ich nicht
sonst etwas verstände von den praktischen Dingen, die der König
einzuführen suche, vielleicht die Goldmacherkunst, oder doch
Anlegung einer Glasfabrik oder Porcellan zu verfertigen oder
Aehnliches. Ich sagte ihm, der Beruf, zu dem ich gehöre in
Europa, kenne die theoretischen Regeln dieser technischen Verfah-
rungsweisen, beschäftige sich indess selten mit der praktischen
Ausführung, und abgesehen davon, wie er wisse, sei mein Ziel
ein anderes. Ich wäre nach Birma für Kenntniss der dortigen
Bücher gekommen und Gelderwerb wäre so wenig mein Zweck,
dass mir im Gegentheil die Reisen Geld kosteten. Ausserdem
wäre ich mein eigener Herr und wünsche zu thun und zu lassen,
was mir beliebe. Das kam ihm nun allerdings etwas kraus vor,
216 I>er königliche Palast.
^■»^
denn in solcher Nähe des Thrones hat kein lebendes Wesen
einen freien Willen, sondern kennt nur das Belieben derM.ijestät.
Der König glaubte einen frenidUlndischen Gelehrten gefangen
zu haben, den er jetzt auf jede Weise nutzbar zu machen hoffte.
Schon in den ersten Tagen meines Einzuges in den Palast wurde
mir von einem der Armenier erzählt, dass er sich im Staatsrath
gerühmt habe, jetzt wie andere Könige zu sein und einen wirk-
lichen Leibarzt zu besitzen. Hätte es sich nicht um die Zeit ge-
handelt, so wäre es mir daraufauch nicht angekommen, denn durch
medicinischc Praxis kommt man am Besten mit den Leuten in
Berührung, und hätte ich im Palaste selbst die schönsten Gelegen-
heiten für ethnologische Beobachtungen gehabt. Das ganz brach
liegende Feld der Literatur verlangte indessen neben den reli-
giösen Schriften so sehr meine ungetheilte Thätigkcit, dass sich
Beides nicht würde haben vereinbaren lassen. Ich habe in Indien
tagelang von Sonnenaufgang bis in die Nacht, für Wochen und
Monate ebenso unbeschadet wie in Europa fortarbeiten, und dann
wieder eine gleiche Zeit in ununterbrochener Bewegung sein
können, aber jedes zu seiner Zeit. Nachdem man sich einige
Stunden des Tages der heissen Tropensonne ausgesetzt hat,
würde angestrengte Geistesthätigkeit nachher bedenklich sein.
Auch war ich wegen der Medicinen in Verlegenheit. Vielleicht
hätte ich durch Specialaufträge an einen befreundeten Arzt in
Rangun mir brauchbare verschaffen können, aber es war nur ein
Vielleicht, da sein Vorrath möglicherweise keine Abgsibe er-
laubte. Zweifelhafte Hoffnungen durften bei den Birmanen nicht
geweckt werden, da sie spätere Entschuldigungen nicht verstan-
den haben würden, denn ihre Erwartungen waren schon ohnedem
80 sanguinisch, dass man nicht genug kaltes Wasser darauf schütten
konnte. Ich blieb also einfach bei meinem Charakter des un-
praktischen Buch gelehrten, und obwohl die Birmanen, wie alle
Buddhisten, einem solchen hohe Bewunderung zollen und die
europäische Weisheit*) in meiner Wenigkeit in Prosa und Versen
*) Das Niti-kyain ist voll vom Lobe der W^elsheit : Der Frauen Schönheit
und des Zuckerrohrs Süsse bringen Ueberfüllung, doch die Worte der Weis-
heit sättigen nie. Der Faule wird nie Gelehrsamkeit erwerben. Jemand mag
Argwohn gegen Fremde 217
vielfach gefeiert haben, war ihnen meine Beschäftigung mit dem
Abhidhamma, ohne zugleich in den Mönehsstund zu treten, doch
immer etwas unverständlich, und vermutheten sie im Grunde da-
hinter nur einen der Schliche der verschlagenen Barbaren, gegen
die man sich nicht genugsam durch Vorsichtsmassregeln schützen
könnte. Ich brachte allerdings vielfach die Unterhaltung auf
dieses Thema und obwohl es mir meistens gelang, meine Zuhörer
an meine Anschauungsweise darüber zu gewöhnen, so be-
schränkten sich meine Bekehrungen doch nur auf untergeordnete
Regionen, und die höchste Behörde blieb, wie schon bemerkt, den-
selben unzugänglich.
Wegen dieser argwöhnischen Stimmung hatte ich auch viel-
fache Schwierigkeiten, die wünschenswerthen Bücher, besonders
solche geschichtlichen Inhalts, aufzutreiben, und während ich ge-
hoft't hatte, l)ei meinem Einzug in den Palast zu der eigentlichen
Quelle durchgedrungen zu sein, sah ich mich darin bald ent-
täuscht. Man versprach Alles, aber hielt Nichts. Gleich in den
ersten Tagen meiner Ankunft sprach der Prinz von einer bände-
reichen und wie er beifügte, höchst interessant geschriebenen Ge-
schichte der Talein, die er mir zu meiner unbedingten Benutzung
in's Haus schicken wollte, aber obwohl ich, um mir einen so lecke-
ren Bissen nicht entgehen zu lassen, unhöflich genug war, ihn fast
Reichthtim, Schönheit, Rang und Jugend besitzen, doch ohne Kenntnisse ist er
nur eine hübsche Blume ohne Duft. Die Sonne mag auch im Westen aufgehen,
der Gipfel des Meru mag wie ein Bogen gekrümmt werden, die Höllenfeuer mö-
gen erlöschen und die Lotosblume mag eher auf Bergesspitzen spriensen, aber di&
Worte der Wahrheit und Wei&hcit sind unverändert dieselben. Der Blumen Duft
ist erfrischend, erfrischender ist das Licht des kühlen Mondes, aber die höchste
Erfrischnng bringen die Worte der Weisheit. Beweise dich dankbar gegen die
Kenntnisse, die dir aus Schwierigkeiten geholfen haben. Der Reichthum des
Weisen gleicht einer Quelle, einem nie versiegenden Born, der, ob du auch
htets daraus schöpfest, sich doch stets aufs Neue füllt. Vor den Gelehrten ver-
neigen sich die Unwissenden. Von diesem Niti-kyam (Nidi oder Rhvae-uh)
giebt es drei Arten Sprichwortsammlungen : die Dhsimma-nidi , Lanka-nidi und
Raca-nidi. Buddha's Predigt im Kloster Zedawon beginnt die 38 Belehrungs-
Pnnkte mit der Ermahnung, die Gesellschaft der Thorcn zu meiden und stets
mit den Weisen zu verkehren.
218 Der königliche Palast.
bei jeder Zusammenkunft darum zu treten, so machte er es doch
wirklich möglich, bis zum letzten Tage meiner Abreise beständig
neue EntschuldigungsgrUnde zu finden, weshalb das Buch für
den Augenblick nicht gerade bei der Hand wäre. So ging es bei
den meisten Leihversuchen, und wenn sie mitunter glückten, so
hatte es wenigstens vorher Mühe genug kosten müssen, das um
mich gesponnene Intriguengewebe zu zerreissen, oder es wurde
mir verstohlen zugesteckt, in Folge von Geschenken, mit denen
nicht gespart werden durfte. Doch wird, was mir entging, sich
bald ersetzen lassen, da die englischen Beamten in ihren offi-
cicllen Verhandlungen mit dem Könige, wie frUher, so auch jetzt,
leicht Geschenke aus den Staatsarchiven erhalten können, und
m
unter ihnen sind genug, die sich mit Liebe und Eifer dem Studium
der birmanischen Geschichte gewidmet haben, und die durch
ihren längeren Aufenthalt im Lande die trefflichste Gelegenheit
zu sorgfältiger Behandlung derselben besitzen.
Im Laufe des Gesprächs erzählte mir mein Lehrer noch, wie
beiläufig, eine Geschichte, die vielleicht als Parabel dienen
sollte für meine Verfahrungsweise, deren Billigung er nicht offen
auszusprechen wagte. Vor einigen Jahren sei ein Patih (Moha-
medaner) nachMandalay gekommen, und habe dem Könige Gold
zu machen versprochen. In einem kleinen Experiment habe er
wirklich Gold producirt und sei darauf von dem Könige mit den
grösöten Ehren überhäuft und zu hohen Stellen befördert worden.
Als dann die Versuche in grösserem Massstabe anzustellen ge-
wesen, habe er vorgegeben, die richtigen Metalle im Lande suchen
zu müssen und sei umhergereist, aber ohne Erfolg zurückgekom-
men. Der König habe ihn ein zweites Mal unter Truppenbe-
gleitung ausgeschickt, ihn in sämmtlichen Provinzen umherführen
lassen, und Alles so zu machen befohlen, wie er angeben würde.
Nach vielen Monaten wäre er dann im Palast wieder angelaugt
und habe ein grosses Laboratorium gebaut, wäre dort aber, da
die vorgenommenen Experimente fehlschlugen, streng bewacht
und aufgefordert worden, jetzt endlieh sein Versprechen zu er-
füllen. Zuletzt habe er sich vergiftet und sei von den Wachen todt
unter seinen Tigeln gefunden. Mein birmanischer Koch, der
Leichentanse. 219
herbeigeschlichen war, wusste auch allerlei Raub- und Mordge-
schichten zu erzählen, undMoung Schweb hatte von einem Frem-
den gehört, der, weil er des Königs Befehle nicht erfüllen konnte,
von ihm nach Kangun zurückgeschickt sei, in Begleitung eines
Beamten, der den Auftrag hatte und ausführte, ihn in der dritten
Nachtstation umzubringen.
Eines Abends in der Dämmerung marscliirte mit grossem
Geräusch und Waffengeklirr eine Truppenabtheilung neben mei-
nem Hause auf und zwei Officiere kamen rasch und polternd die
Treppe herauf gestiegen. Ich bewillkommnete sie, bat sie Platz
zu nehmen und begann das Gespräch in der gewohnten Weise,
indem ich sie über eine Phrase des birmanischen Buches, das ich
vor mir hatte, befragte. Sie antworteten mir mit einem etwas
erstaunten Blicke , sahen sich im Zimmer um und zogen nach
einigen Minuten wieder ab, ohne ein Wort zu sprechen. Dasselbe
wiederholte sich mit ähnlichem Verlauf noch zweimal, indem
man im Schloss nicht recht sicher zu sein schien, wie weit man
vorgehen könnte und über die Massregeln schwankte. Für Ex-
treme hatte ich indess meine Vorbereitungen getrofl'en.
W^ährend meiner Einsamkeit unterhielt ich mich mit Moung
Schweb, und Hess mir von seinen Karendörfern erzählen, aber
er wäre viel lieber dort gewesen als im Palaste zu Mandalay, und
es war ihm gar nicht erzählerisch zu Sinne :
Bei einem Todesfalle tanzen die Knaben und Mädchen in
den Dörfern den Knochen-Poe, indem sie singend die Gebeine
erinnern, nicht des Herrn Gesetz zu vergessen. Die im Reigen
umherkreisenden Jünglinge und Jungfrauen werfen sich gegen-
seitig ihr Kopftuch zu, das mit den Füssen fortgestossen wird,
wenn es von einer nicht begünstigten Hand kommt. Ein Kran-
ker legt Opfergaben in dem Dache des Hauses nieder. Ausserden
Teray oder Tazay{Tazeit) genannten Nats, giebt es auch Belu oder
Tabek. Die von den Karen Na' genannten Hexen leben in den
Dörfern und quälen die Leute mit Unpässlichkeiten, geben sich
aber mit üpfergabcn*) leicht zufrieden. Der im Walde lebende
*) Im Königreicji Jaugoina , sagt Turpin, versprechen die Kranken dem
Teufel Opfer und c^löbreut leur convalescence par un grand festin, oü toiis leurs
220 ^<i^ königliche Palast.
Wih dagegen tödtet gewöhulich diejenigen, von denen er Besitz
ergriffen hat. In Krankheitsfallen legt der Priester (Terah) ein
Hühnerei in einen Korb, mit weissem und mit schwarzem Reis be-
deckt. Dann ruft er die Teray und Tazay, um herbeizukommen.
Nachdem er das Ei zerbrochen hat, blickt er hinein und ent-
scheidet. Ist ein Tazav die Ursache der Krankheit, so wird er
aus einem kleinen Korbe gefüttert, den ihan in den Weg stellt;
ist ein Teray die Ursache, so müssen. ihm die Speisen auf das
Dach des Hauses gelegt werden. Sollte nach der Entscheidung
des Priesters der Kranke dieselbe nicht erfüllen, so würde er
mit seiner ganzen Familie in Wahnsinn fallen, bis das geschehen
ist. Der Priester sorgt hier für das Intoiesse seines Gottes, dass
es ihm nicht geht wie bei denNagas; denn diese unterfangen sich,
Kangniba, den blinden Diener des einäugigen Kupiaba (the ma-
lignant deity), der deshalb nur durch Tasten seine Opfergabe beur-
theilen kann, zu täuschen with the sickliest and smallest fowl of
the roost, which is put in a big basket. Ein kleines Nat-Fest,
das im Hause des Kranken abgehalten wird, nennen die Karen
Oteah, ein grosses, zu de/n alle Freunde und Bekannte herbeige-
rufen werden, heisstOteperah. Nur indem sämmtliche Verwandten
des Kranken vom Aeltesten bis zum Jüngsten am Natfeste theil-
nehmen, erhält dasselbe seine Wirksamkeit. Die Wih verursachen
mitunter Besessenheit, wie der Gavay bei den Birmanen.
Die höhere Klasse der Dämonen heisst Hpegah. Der ci-
tirendc Priester ruft die verschiedenen Art<5n der Tazay, als den
durch Schlangenbiss tödtcnden Tazay, den durch Ertrinken im
Wasser tödtcnden Tazay, den durch Alligatorbisse tödtenden
Tazay, den durch Feuerbrennen tödtenden Tazay u. s. w. Der
Nat bestraft durch Krankheiten und mag durch Opfergaben be-
sänftigt werden, wogegen der Tajeray (Teray) mit jähem Tode
schlägt und keine Hülfe zulässt. Der Tazay verursacht kleine Fieber
und Unpässlichkeiten, wenn aber der Nat erzürnt ist, so lässt er
Büffel sterben, lässt das Vermögen verloren gehen, das Haus
paronts et leiirs amis apportcnt de presents de (rxiits, pour^se rendre propice cct
etrc mal-faisant.
Der Alchymist. 221
Diederbrennen uud mag selbst die ganze Familie auf einmal
tödten.
Die Karen stellen täglich Keis hin, als Opfergaben für
Morley, in einem hohen Berge lebend, von dem er einst, mit einem
Putzo aus Gold und Silber bekleidet, herbeifliegen und alle
Uebertreter ausrotten wird, mit einem Schwerte, das selbst die
Lubih oder Luzunggaun tödten kann. Die Binnanen kommen oft
in Streit wegen der Erbschaft, die Karen al.er setzen bestimmte
Theile für jedes Kind zurück, die dieses dann beim Tode erhält.
Bei ansteckenden Krankheiten barricadircn die Karen die nach
ihrem Dorfe führenden Pfade. Die Birmanen stellen in Pest-
zeiten Sammlungen an, um einen Pungyi zu bezahlen, der an
den Strassenecken das auf elfenbeinerne Blätter geschriebene Pali-
buch Kaboah liest. Um einen unverbrüchlichen Freundschaftsbund
zuschliessen, mischen zwei Karen das Blut ihrer Arme zusammen
und rühren es mit einem Messer*) in Branntwein um, zum Trank.
Sollte sich einer später falsch erweisen, so werden seine Ein-
geweide zerschnitten werden. Moung Schweb lebte einige Zeit
als Schüler in einem birmanischen Kyaung in Pegu und war
ein Favorit mit dem alten Mönch, dem er seine durch langes
Sitzen steifen Beine wieder in Gang kneten musste. Die Knaben
im Allgemeinen lieben das Klosterleben hiebt und wünschen
sich zu ihren Eltern zurück. Sein Lehrer verschwand oft für
Tage und Wochen in dem Walde, ohne dass Jemand wusste, wo
er war. Er hatte sich dort an einer abgelegenen Stelle einen
kleinen Ofen gebaut, wo er aus Kupfer und Blei mit Hülfe von
Medicinen Silber zu machen suchte. Viele der Pungyi aus
Pegu sind aus dem Schanlande dahingekommen, und Moung
Schweh's Vater hatte für einen derselben ein Kloster gebaut, da
er ihn, seiner Gelehrsamkeit wegen, gern in seinem Dorfe behalten
wollte. Wenn Moung Schweh's Mönch Nachts zu Sterbenden geru-
fen wurde, so nahm er die ihn begleitenden Schüler unter sein
gelbes Priestergewand, um sie sicher gegen Tazeit's zu bedecken,
♦) Der Konig von Siara lägst seine geweihten Waffen in das von den Grossen
zu trinkende Eitleswasscr tauchen.
222 I>ei' königliche Palast.
denen sie zuweilen begegneten, wie man aus dem rauschenden
.Rasseln der Bäume und dem Sehwanken ihrer Wipfel bemerkte.
Die erste Anknüpfung neuer Beziehungen mit der Aussen weit
geschah durch die ohrenkranken Damen, die wahrscheinlich die
Unterbrechung ihrer Cur nicht länger ertragen konnten und den
König petitionirt hjiben mochten. Mit einer derselben war eine
Art Krisis eingetreten. Als eines Tages die Zofe für Medicin ge-
kommen war, liess ich durch Moung Schweb, der bereits etwas
im Apothekerwesen pfuschte, eine Brausemischung in einer Soda-
flasche zustöpseln. Der galante Moung-gyi begleitete das Frau-
lein beim Weggehen, und sie mochten vielleicht etwas zu lebhaft
gesticulirt haben, denn während das Pärchen hinter einem Busche
stand, geschah ein Knall, der Alles im nahen Hause des Prinzen
aufschreckte. Die Medicinflasche war in Stücke gegangen. Das
wurde jetzt das Tagesgespräch. Eine solch' starke Medicin, die
Flaschen zersprengt, wenn die nicht hilft, was dann? Ich wurde
schleunigst um eine Erneuerung der starken Medicin gebeten. Und
siehe da, sie halfl Nach einigen Tagen kam die Zofe hastig her-
beigelaufen, ausser Athem vor Freude. Der ganze Harem schwimme
in Thränen, ihre Herrin könne hören. Sie habe in ihrem Gemach
ganz deutlich das Schwirren der Spulräder gehört, «an denen im
Vorzimmer die Dienerinnen sassen und webten. Ich schickte ihr
zu Gefallen noch eine Dosis der Donnerarznei, liess aber der
Kranken sagen, dass mein Vorrath in dieser und den anderen
Medicinen ganz erschöpft sei und dass ich bald Nichts mehr zu
geben haben würde.
Das ereignete sich kurz vor der erzählten Katastrophe mit
dem anderen Kranken. Als sie jetzt nach längerer Unterbrechung
aufs Neue schickten, wollte ich die Sache gleich ein für allemal
ganz abschneiden, und liess zurücksagen, dass keine Medicinen
mehr da wären. Als die Zofe doch wenigstens für ein kleines
Wenig der Donnermedicin jammerte, versprach ich zuletzt zu
versuchen , ob ich die nöthigen Substanzen in Mandalay auftrei-
ben könnte , da solch einfache Salze zuweilen in den Häusern
der Armenier zu finden waren. Als ich für diese und andere Be-
sorgungen in die Stadt gehen wollte, hielt mich der Wachtposten
Beschrankte Diät. 223
an, der dicht neben meinem Hause stand, und der, wie ich be-
merkte, bedeutend stärker war, wie früher. Der wachthabende
Officier erklärte, Befehl zu haben, weder mich noch meine Diener
herauszulassen, nur der birmanische Koch könne fUr die nöthigen
Einkäufe einmal des Tages passiren. Auf meine Protestation
verlangte er einen Erlaubuisspass aus dem Hause des Prinzen.
So begab ich mich dorthin. Der Prinz war wie frilher unsichtbar,
aber diesmal Hess ich mich nicht abweisen , denn weiter durfte
die äache nicht kommen. Ich erklärte ihm, dass ich als Gast des
Königs im Palaste lebe, nicht aber als ein Gefangener, und dass
ich meine Freiheit auf qine oder die andere Weise immer und
sicher zu bewahren wissen werde. Der Prinz gebrauchte Aus-
flüchte und entschuldigte sich, dass er diese Ordre nur gegeben
habe, um zu wissen, ob ich zu Hause sei oder nicht. In den
Audienzen könne es leicht vorkommen, dass der König nach mir
frage, um mich rufen zu lassen, und er wünsche dann immer
richtige Auskunft zu geben. Ich willigte ein, ihm bei längerer
Entfernung durch meinen Diener davon Nachricht geben zu las- '
sen, bedang aber aus , dass mir fortan ein ofl'ener Weg bleibe,
um an den Thoren ein- und ausgehen zu können. Später waren
indess meine Diener dort neuen Scherereien ausgesetzt. Der
König war wie gesagt ein rigoroser Buddhist und hielt streng auf
die Beobachtung des Ahinsa. Bei meiner Wohnung im Palaste
würde ich nicht haben daran denken können Hühner zu schlach-
ten, aber diese wurden ohnedem auf demBazaarMandalay's nicht
lebendig verkauft. Schon getödtete Hühner für die Küche zube-
reiten zu lassen, ist in Birma ein unausbleibliches Uebel, das
sich nur in den Häusern der Armenier und Mohamedaner ver-
meiden lässt, wo man ausserdem Ziegen und bei den ersteren
auch Schweine auf dem Tische findet. Das Schlachten eines
Ochsen wurde noch unter dem vorigen Könige dem Menschen-
morde gleichgesetzt und mit dem Tode bestraft. Fische ass ich
selten , da auch diese meist todt auf den Markt gebracht werden,
damit sie sich ohne Gewissensbisse kaufen lassen. Auf Reisen
in Indien ist man indess so gewöhnt, mit Hühnern und Eiern,
unter Zugabe von Keis, das Leben zu fristen, dass man luxuriös
i2i i>er köoigliehe Palast.
za leben glaubt, 80 lange es diese nur giebt. In einer pietisti-
scben Stunde indessen erliess der König einen Befehl, wonach
er die Stadt Mandalay mit umliegendem Gebiet auf einige Meilen
in der Kunde für heiliges Territorium erklärte, innerhalb welches
kein i>ebenslicht ausgeblasen werden durfte. Die Grenzen wurden
durch Pfähle gesteckt. In den Häusern der Christen und Moha-
niedaner wurde eine Liste sämmtlicher lebenden Wesen (Hühner,
Schweine, Ziegen, Enten u. s. w. eingeschlossen) ausgefertigt,
und dem Hausherrn ans Her/ gelegt, d:vss er dafür venintwortlich
sein müsse und kommenden Falles Hechenschaft über jedes Haupt
seiner Theurcn abzulegen haben würde« Jetzt war es auch mit
der fetlen Tafel der Armenier vorbei , und als ich in dieser Zeit
einmal bei ihnen speiste, sah es dort ebenso trübselig aus wie bei
den Birmanen, da die von Kangun geschickten Zinnbüchsen prä-
servirten Fleisches bald alle aufgekauft waren. Mir blieb jetzt
nichts übrig, als getrocknete Fische, im glücklichen Falle auch
getrocknete Tauben, oder Eier, und von den letzteren hatte der
Koch jetzt um so grössere Quantitäten zu bringen , die fehlenden
Huhner zu ersetzen. Der Prinz soll sich schon früher einmal
unter der Hand nach den Ein/.elnheiten meines Küchendeparte-
ments erkundigt haben und erschreckt gewesen sein über die
grosse Menge Eier, die dort aufgingen. Mein binnanischer Koch
ebenfall», obwohl er vomTödtcn der Hühner dispensirt war, hatte
seine Gewissensscrupcl über das täglich fortgesetzte Kochen so
vieler Eier. Dann und wann einmal, beklagte er sich gegen
Moung Schweb, wäre er vielleicht auf Kisico bereit, ein Ei in
kochendes Wasser zu werfen, aber so jeden Tag beinahe ein halbes
Dutzend Eier zu tödten, das häufe sich doch zu sehr im Debet*)
an, und sein Gehalt sei nicht hinlänglich, um diese Schulden-
*) Die Hiiddhiston suchon stets ihre BUnnz in Ordnung: zu halten , nm sieh,
wie es auch die Satapatha-Brahinana rsith, schon in dieser Welt wiegen zu lassen.
Doch ist dies bei den besonders auf gute Werke des AI mosengobens angewiesenen
Birmanen kost<pielig<?r, als in der Mongolei, wo Wind oder Wasser die Schuldcn-
tilgungsmuhlen drehen, und erfordert auch eigene Anstrengung, während man in
Peking; die Ciijbftiiider mit Ochsen umtreibt. Pinto sah in der Pagode Tinagogo,
wie sich die Pilg(*r gegen ihre Sünden an metallnen Stäben abwogen.
k
Patienten. 225
masse mit guten Werken zu nullificiren. Ich musste später oft
Moung Schweb auf den Markt sehiekcu, und wenn es dort keine
Eier gab, nach den umliegenden Dörfern, weil der Koch sich
keine grosse Mühe gegeben haben würde , solche zu finden. Als
während des Ilühnermangels der Kierkorb nodi voluminöser
wurde, zog es zuletzt die Aufmerksamkeit der Wachen auf sich,
und als ihnen klar wurde, in welch grossartiger Ausdehnung dies
Eiermordungsgeschäftin meiner stillen Wohnung betrieben wurde,
glaubten sie sich zu einem Rapport veri)flichtet. Indess gab ich
darin nicht weiter nach, und erklärte dem Prinzen, dass meine Diät
schon beschränkt genug sei und keine weiteren Reductionen er-
tragen könne. AUmählig stellten sich auch wieder Hühner auf
dem Bazaar ein, indem dieselben in den, nicht in dem heiligen
Gebiet begriffenen , Dörfern auf dem anderen Ufer des Irawaddi
geschlachtet und dann am Morgen früh herübergebracht wurden.
Obwohl ich die in der Stadt aufgekaufte Brausemedicin als
die letzte und allerletzte abgeschickt, und auch einem Augen-
kranken aus dem Schanlande, dessen Freunde mich beständig
bestürmten, sowie anderen Patienten das Ende meiner Praxis
anzeigte und sie für weitere und bessere Hülfe an Dr. Williams
verwies, der ein kleines Hospital einzurichten anfing, so blieb
ich (loch nicht verschont. Es war indess die höchste Zeit, fest in
der Ablehnung zu bleiben, denn es kamen bereits J^atienten aus
der Umgegend für Consultationen zugereist, und ich war schon
früher einmal während meiner peruanischen Reisen auf solche
Weise, ehe ich mich selbst recht versah, in eine ärztliche Praxis
verstrickt worden, die, täglich zunehmend, mich über ein halbes
Jahr an meinen Aufenthaltsort gefesselt hatte, und aus der ich
ohne einen glücklichen Zwischenfall, der Uebertragung gestattete,
kaum so bald herausgekommen wäre. Als deshalb die Damen
mich das nächste Mal nacli dem Hause des Prinzen zu sich bitten
Hessen, kam ich mit leeren Händen, und als sie mit Quälen fort-
fuhren, nannte ich als einzigstes Mittel , das, bei Mangel anderer
Medicin, vielleicht noch gebraucht werden könnte, die Blutegel.
Sie waren sogleich auch dazu bereit, aber nach einigen Versuchen
zeigten sich doch so manche Schwierigkeiten in Betreff" der Art
BMÜan, OttMien. II. j 5
226. ^cr königliche Palast.
und Weise, wie über die vollgesogeuen disponirt werden könne, dass
der Prinz über die Benutzung seines Hauses zum Blutvergiessen
und seines Gartens zum Vergraben lebendiger Thiere nicht sehr
erbaut war. Und ich meincstheils Hess die Sache gern einschlafen.
Kaum hatte sich die finstere Wolke von der Stirne des Königs
verzogen und schien sein Lächeln sich mir aufs Neue zuwenden
zu wollen, als Alles bald wieder im schönsten Sonnenscheine
strahlte. Die geputzten Höflinge des Prinzen liefen bei mir ein
und aus. Sie brachten mir Bücher, schrieben Räthsel undSprUch-
wörter auf oder erzählten Märchen. Sie sangen und tanzten , sie
tranken Thee und rauchten meine (Igarren, Alles wie früher.
Der temporären Abwesenheit, w^o sie in weiten Kreisen um mein
Haus herumgeschlichen waren, wurde gar nicht gedacht, und ich
empfing sie in der gewohnten Weise , als ob ihre Besuche nie
unterbrochen gewesen wären. Auch der Professor hatte seine
Stunden wieder begonnen. Die von ihm verfertigten Listen, beson-
ders psychologischen Inhalts, wurden oft von andern Besuchern,
die gleichfalls als w^ohlunterrichtet bekannt waren, durchgesehen
und gerühmt. Manchmal dictirte er mir als Schreibübung seine
poetischen Ergüsse vor, die er dann erst zu improvisiren be-
hauptete, und die von nichts als Blumen und Vögeln und Vögeln
und Blumen zwitscherten.
Der Prinz hatte nach dem Teich ein kleines Boot bringen
lassen, in dem er mich zuweilen einlud Abends mit ihm umher-
zufahren, und auch sonst in dem Palast umherführte, um die
Merkwürdigkeiten desselben, die alten Staatscarossen, die Ställe
der weissen Elephanten , die Wasseruhr u. s. w. zu zeigen. An
die Thüre der Wagen war ein Pfau gemalt und vorne verzierte
dieselben der doppclköpfige Vogel Longyin-hnet. Auch die tem-
porär benutzte Scene des königlichen Theaters besuchten wir und
wurden hinler den ('oulissen zugelassen. Im Hause des Prinzen
hielten sich damals viele der zur Bezahlung der Steuern aus
seiner Provinz herbeigekommenen Vasallen auf. Man suchte so
viel aus ihnen herauszupressen als möglich , und die rückständi-
gen wurden oft iiiit grossem Lärm und Geschrei herbeige-
Königliche Bewirthung. 227
schleppt, um im Hofe gefesselt zu werden und der Sonne ausge-
setzt zu bleiben, mit Androhungen von Prügeln nebenher. Doch
schien es meistens nur auf Einschüchterung abgesehen.
Bei einem vom Könige denPungyi gegebenen Feste wurden
grosse Vorbereitungen in der Strasse vor dem Palast getroffen.
Man hatte aus Bambu eine hohe Platform aufgeschlagen, mit
einem Dache bedeckt und mit Teppichen behangen , auf deren
breiten Treppenstufen die vornehmsten Beamten standen. Von
den vier Richtungen führten Gänge zwischen den an beiden Seiten
hinlaufenden Reihen der Opfergaben hindurch, als mannshohe
Reistöpfe von ungeheuren Dimensionen, ebenso hoch aufgestapelte
Thürme von Bananen und andern Früchten, undGefässe mit ver-
schiedenen Zuthaten für den Reis. Die Mönche, 2000 ander
Zahl, gingen in neuen Gewändern dazwischen hin und erhielten
so reichlich , dass viele Lastträger engagiren mussten , um die
Gaben nach den Klöstern zu bringen. Rauschende Musik spielte
an verschiedenen Plätzen und das Volk drängte sich von allen
Seiten herbei. Durch einen roth bemalten Wagen (Nat-pu-dzay),
der auf niedrigen Rädern steht, werden die Opfergaben des Kö-
nigs nach dem Nat-Temi)el gebraclit, ehe Jemand anders sie dort
niederlegen darf. Bei einem anderen Feste im Palaste ritten die
Prinzen in der Procession auf reichgeschmückten Elephanten.
Eine grosse Feierlichkeit wurde bei der Vcdljährigkeit seiner
Tochter durch den Eimschweming veranstaltet, in dessen Palast
für eine Woche das Drama Rama's aufgeführt wurde. Eine Feier-
lichkeit, die gleichfalls grossen Zulauf herbeizog, wurde auf dem
Mandalfiy-Hügel abgehalten, als der König dort den Grundstein
einer Pagode*) legen liess. Nachmittags zog der König oft unter
Musik in seine Gärten, wo ihm die gebrauchten Goldgefässe mit
Erfrischungen vorgetragen wurden. Von einem hohen Bambu-
thurme dort konnte er Stadt und Umgebung überschauen.
•) Keim Stiften einer Pajirode wird Wasser tropfenweis auf die Erde gegossen
und die Pungyi lesen die Formeln ab, um ausser Mandanndri alle Götter und
Menschen sur Zeugenschaft herbeizurufen. Dasselbe geschieht, um ein Geschenk
rechtskräftig zu übertragen, und im Mallalingarawuttu nimmt Konig iiimbasara
diese Ceremonie vor , als er Gautama das Kloster Weluwun schenkt.
15*
228 ^^^ königliche Palast
Einige der Besucher erklärten mir das Zeichenbuch (Deitton),
das beim Häuserbau gekannt sein muss. Sind nur gleiehdicke
Pfeiler oder männliche verwandt, so wird die Wohnung glück-
bringend sein. Unten dickere heissen weibliche und die in der
Mitte am dicksten sächliche. Je nachdem sich Knoten in ver-
schiedener Höhe der Pfeiler finden, oder nach der Verbindung
derselben mit den Balken, können Vorhersagungen gezogen wer-
den. Von besonders ungünstigem Vorzeichen ist das Affenholz,
d.h. solches, das beim Umhauen des Baumes weit hinweggefallen
ist. Das Deitton unterrichtet auch über die aus Vögeln zu ziehen-
den Auguricn, das Bellen der Hunde, die Bewegungen der Bienen,
das Eierlegen der Hühner u. s. w. Von den SprUchwörterbüchern
(Nidhi oder Schwe-uh) bezieht sich das Dhamma-nidhi auf die
Religion, das Loka-nidhi auf weltliche Verhältnisse und das
Raja-nidhi auf Regierungsangelegenheiten. Nach den Vorschriften
des Yathua wird für gutes Glück der dem Tage des Beginnens
einer Reise oder Geschäfts entsprechende Buchstabe auf dieStirne
geschrieben. Der Amyathae, ein in den Pflanzen gefundener
Stein, wird probirt, ob er grün färbt, und is^t dann für Amulette
passend. Wenn die Birmanen zwei Eidechsen an der Stuben-
wand kämpfen sehen , so decken sie ihr Kopftuch darüber und
werden später mit demselben viel Glück bei Frauen machen. Um
vortheilhaften Verkauf von Waaren zu versichern, wird ein magi-
scher Ring, Kunteiklekpoe, verfertigt und in Wasser gelegt, um
damit die Waaren zu besprengen, die dann reissend abgehen
werden. Der Hminku, ein mit Figuren gefüllter Kreis, ist durch
den Zea an die Stirne Solcher gezeichnet, die sich bei der Re-
gierung in Gunst zu setzen wünschen. Wenn eine auf die Erde
fallende Person später in den Beinen Schmerz empfindet, so wer-
den Opfergaben dein Hmyaephutbelu gebracht, der diese Krank-
heit verursacht hat. Der Gipfel der Bäume wird durch den
Akakadso, der in den höchsten Zweigen residirt, gehütet, der
Stamm durch den Shakkadso und die Wurzeln durch den Bum-
madzo, unter der P>de lebend. Mein Koch, der mir diese letzte
Mittheilung maclite, erzählte mir ausserdem von dem Schutzgott
der Erde, aber er konnte mir auf meine Frage nicht genau den
Witzprobcn. 229
Wohnplatz bestiinnien, ob derselbe auf der Oberfläche oder unter
derselben sei, weil er damals, als er die Lugyi (die grossen Män-
ner) davon sprechen hörte, vergass oder nicht daran dachte, sich
im Besonderen zu erkundigen. Er kannte aber genauer den Hmin,
eine kleine Art von Tazeit, der die im Walde Keisendcn anfasst
und so stark schüttelt, dass ihr Geist verstört wird und sie später im
Irrsinn umherwandeln. Der Pizzun-Nat, aus dem Thawuddeinda
genannten Natpieh (Götterland oder Himmel), schickt Regen aus
Kaukinakatha. Der Tazeit Upaka fliegt in den Wolken herum, um
den Menschen zu erspähen, auf den er als seine Beute niederfallen
will. Die Belu besitzen die Nanabavapinabava genannte Zauber-
kraft, die Erscheinungen von Pferden, Ochsen u. s. w. hervorzu-
rufen. Träume werden auf zweierlei Art eingetheilt: man unter-
scheidet die im Anfange des Schlafs, um Mitternacht und am Morgen
eintretenden, oder die falschen, die gemischten und die wahren.
Die birmanischen Mädchen pflegen ihre Liebhaber erst auf
die Probe zu stellen, um ihren Witz zu versuchen, und lassen sie
oft lange schmachten. Sie legen ihnen Räthsel vor, wie z. B.:
1000 Fusstapfen wie viel Elephanten? worauf derjenige, der zu
dividiren versteht, 250 antwortet. Andere Fragen sind noch ver-
schlagener, obwohl man sich nicht zu den schwierigen Problemen
versteigt, die der grosse Apostel Ceylon's dem Könige stellte und
die im Mahawanso zu lesen sind. In meiner siamesischen Ueber-
setzung werden diese Verstandesaufgaben Ampha-rukkha Panha,
das Argument des Mangoe Baums und die Jati-Araphpha-Panha
(das Argument des königlichen Geschlechts) genannt, und ähn-
lich der mittelalterlichen Vögelaufgabe Fibonacci's sind sie in den
siamesischen Klöstern dem Namen nach bekannt, wo ich mich
oft amlisirte, den Mönchen diese harte Nuss zu knacken zu geben.
Der erhabene Oberpriester, einen Mangoebaum neben sich sehend,
fragte den König: 0 Herrscher, was ist der Name dieses Baumes?
Der König erwiederte dem heiligen Lehrer zur Antwort: Er wird
Mangoe genannt. Dann fragte ihn der erhabene Oberpriester:
Giebt es einen anderen Mangoebaum, ausser diesem ersten, oder
nicht? Der König errieth es und sagte: Es giebt noch deren viele.
Der erhabene Priester fragte : Diese anderen Mangoebäume aus-
jcro?»t»e M«^TLr^. «^riiAr.^^a-^r Li^orer. F»:*? Frajri? Liji: y^':«?a
aa*i<^nL 3laiur.ü^r*im«»Ti m-i a«>b»rn. »iiei^a An-i-^n Baim*?!!. »fie
keiii«^ Xaiu?>rha.Tnir *i»i«i. rie^^c «^^ 'Lui:i !i»:<i Eä.iaii».- ruit «irr
Bä.TBif*^!!. •£•? k«?ia»^ Mauz» •rrü-Lnie '«ia-L «ia zr-efec •?* r^nife 'Ti^fr^^m
er ian an«! *Azte: Wri'*^ br< «ii. .> H-^rr^'h-^r. mir i*. ci*?^r We&^bnt
D*t »irr K'-air Vz-iHc. "»e:*^ in WAhrfi«?::. I»am r-'jr: •!:•*
TUktin'.Kh ii:<*ht in j^nirin Xva«:h za erwarti^a. an«! timre :<k mir
«eilen r*ata rifett.
Pa^^ien baut 'iii«i aci-r»^ pTif?i;rfc'?'itirQ niAcht. AI* Wi*r^i4*r «ilt
bei iiinen in«! »ira EümLiiieQ Maiiv-raiia. v-a dem. «Üe Lf^^zten?'«
ein zanze^ Ba«*h v..il >f.rcrh': h'e>:t2rn. Eiast w-irti.* La d^i
I>>rfe Mi/zixiiii. w.. rr wohaie. eia T.>a »leni SaA-BA^une
«ehoittener ^t»>ek ärezri;rt in«! eLa h'>h.er Prei-* L>eiiijeaisea Titr-
spir-^^tea, der eut^rheiden kvanr. welches Finde tLk^ vbere snd
welelie> «iA.* antere ^ewe>ea. MahvCa^Li tiefe>t:zte den SCi:<k am
einem .Strick, warf ihn in'•\^a.'^^r and l:'et>ba«:h;ete »las hembifift-
kende Ende, da-^ er dann rar «ia.* untenr erklärte, ila je*ier Bas»
unten ^hwerer. aU ♦/r.rn *ei. Viele wei-^e Sprache aber Regere-
nazsk'in.'jt aad MeL'M.-henkenntni'»:* wenien Ton dem alren Minister
Ap»nkiA bewahrt. Ein Th^r ma:r in Anderen einen Fehler, wie
ein -Samenkorn entdecken- d»<hin >ich selbst äoer>iehi er Fehler.
wie eine 0,'«:».'>n x*.* XT*r^^. Der VTei-^e ila^gen besitzt aieht nnr
dlf^ Fihiirkrit- in Anderen Feilrr z'i bemerken, "j-r^ndeni aa^k
seine eigenen z-l kennen, der >«:hiI'ikrT»te gleich, die K>''pf :mA
Glieder einzieht, fim -»ie zu verberzen, heilst es im Xidki Kjrajn.
Ein Fp>jeh ^la.ibte ftlnj*t einem L~wen zn :rleichea. lia er vm
Sitzen dieselbe >tellin^ einnimmt. ;iber.*N ihn eine Krähe packte«
tin2 er v...r Ala< Zi *i *ik-:n an. .>.' :-t e-> mit denen, die Kennt-
nLiee za be:»itzen an^ben. von denen *ie Nichts verstehen. Tre^a
Verachtete Klassen. 231
sie mit Gelehrten zusammen, dann aus Furcht, dass man sie
fragen möchte, sind sie die Höflichkeit selbst und dann wird
Nichts gesagt, aH: Meister, Meister! Die unteren Welten werden
eingetheilt in Ngarae-bhon (Hölle), Tarif jan-bhon (Thierwelt),
Pritta-bhon (Aufenthalt der Gespenster), Asurakay-bhon (Dämo-
nenwelt), dann folgt die Lu-bhon (Menschenwelt) und weiter die
sechsfache Himmelsterrasse des Berges Meru , als zusammen die
Welt der Begierden ausmachend, worüber sich die geistigen Re-
gionen erheben. Im Milinda-Kaja findet sich die Eintheilung in
Manutsa (Menschen), Thiere, Preta's und (als am tiefsten stehend)
die Manutsa Merayeka, die berauschende Getränke trinken. So
kennen die Brahmanen im Dekkhan noch niedrigere Kasten, als
die verachteten Pariah, Einige, die auf sieben Schritte, Andere,
die schon auf dreizehn Schritte verunreinigen, und Andere, die
durch lautes Rufen sich von Weitem zu erkennen geben müssen,
um alle Annäherung zu vermeiden. Aber tief selbst unter ihnen
stehen noch die Ochsenfleisch essenden Fremden.
Unter meinen häufigsten Besuchern war einer der jungem
Prinzen, ein zartgebildeter, hübscher Knabe, aber mit etwas ab-
schreckend Heimtückischem schon in dem jungen Auge. Er war
gerade in dem Alter, wo die Birmanen das Haar wachsen lassen,
ehe sie es in dem Kopfbunde aufknoten , und die frei herabwal- ^
lenden Haare , die ihm lang bis über die Schultern herabhingen,
vermehrten noch das Dämonisch-Wilde seines Anblicks. Sonst
war er voll der jugendlichsten Ausgelassenheit. Auf dem Rücken
eines seiner Sclaven herangaloppirend , sprang er in mein Zim-
mer, und fing dann an in Kisten und Kasten herumzukramen.
Alles von Oben bis unten zu durchstöbern, wenn ich nicht zeitig
Einsprache that. Anfangs schien er etwas verwundert, dass ihm
nicht die gewohnten Huldigungen geleistet wurden, da selbst meine
Diener das platte zur Erde fallen nicht recht verstanden, und wenn
er mich auf einem Stuhl sitzen sah , setzte er sich sogleich auf
einen andern oder auch auf den Tisch, um wenigstens eben so
hoch zu sitzen. Später aber vergass er die Etikette. Seine Neu-
gierde überwog, und um bequem in den Spielsachen umherkramen
zu können , wälzte er sich ungenirt auf der Erde herum , ohne
232 I^er konigliclio Palast
KUcksicht zu nelimen, dass ich über ihm auf dem Stuhle sass und
am Tische arbeitete. Er zerbrach mir geuug, aber dafür erzählte
er mir auch die schönsten Märchen mit einer natürlichen Eleganz
in Stimme und Geberden , die immer fesselte. Bei komischen
Stellen brach er mit seiner hellen Stimme in das reinste Kinder-
lachen aus, das aber zuletzt immer in einem teuflisch-höhnischen
Echo verhallte und den Tyrannen prognosticirte, in den sich der
muntere Junge, wenn zum Mann herangewachsen, leider wohl
verwandeln wMrd.
Von Ilofanekdoten steckte er voll, und auch von den Ge-
schichten , w ie man sie sich im Palast erzählt. Er spottete über
die Kala und ihre Verblendung, zu glauben, dass Kangun und
andereTheileBirma's ihnen gehörten. Es bedarf ja nur eines Finger-
aufliebens seines königlichen Vaters, und die ganze Hände ist im
Nu in's Meer gestürzt. Aber man will erst die gesammte Sipp-
schaft herbeilocken, um sie dann alle en gros zu vernich!en und
endlich Kühe vor ihren Albernheiten zu haben. Vielleicht indess
könne sein Vater sich geneigt fühlen, dieKala-Königin(von deren
Wittwenschaft man gerade damals gehört hatte) zu heirathen (so
dass er also ein Rivale des abyssinischen Kaisers geworden wäre).
A'or einigen Jahren sei der oberste Oberräuberhauptmann derKala
in Kangun nach Mandalay heraufgekommen, aber man habe ihm
schön "initgespielt. Der König hätte für ihn ein grosses Haus
bauen* lassen auf dem Wege zwischen Mandalay und Amarapura,
mitten auf dem Kirchhof, wo die Verbrecher begraben werden,
und dort habe er gelebt in der Gesellschaft aller der bösen
Geister. Er habe zwar hübsch und freundlich gethan und Ge-
schenke mitgebracht, aber man hätte wohl gewusst, dass diesem
hinterlistigen Kala nicht zu trauen sei. Der König habe alle seine
Söhne (von denen er allerdings ein ganzes Regiment besitzt), vom
grössten bis zum kleinsten, an beiden Seiten nel)en sich gesetzt,
in abgestufter Keihe, der älteste hal)e ein zweihändiges Schwert
getragen, der zweite ein etwas weniger grosses, bis herab
zum jüngsten, der nur einen ganz kleinen Dolch halten konnte.
Draussen in den rfeilerreihen verstockt, hätten drei Compag-
nieen Soldaten gestanden, alle mit angelegtem Gewehre, auf die
Zanekka. 233
Truppe der in der Mitte des Saales sitzenden Kala gerichtet, um
sie bei dem kleinsten Zeichen aufrührerischer Gesinnung bis auf
den letzten Mann zusammenzusehiessen. Besseres Schicksal
verdienten die Kala überhaupt nicht, und dann warf er mir einen
spöttisch-höhnischen Seitenblick zu, als ob er sagen wollte: und
dir wird's bald auch nicht besser gehen. Gewöhnlich indess
sprach er mit mir so ungenirt über die Kala, als ob ich gar nicht
dazu gehörte, indem solche Fremde, die nach längerem Verkehr
durch den wohlthätigen Einfluss birmanischer Gesittung einige
hoflfnungsvolle Vorzeichen späterer Civilisation blicken lassen,
als gezähmte Barbaren ( Kala yihn ) betrachtet und von den
rohen Neuankömmlingen, denKalayain (wilden Barbaren), unter-
schieden werden. Seine beliebteste Erzählung, die ich mir oft
wiederholen Hess, war die Romanze Zanekka's, diejenige Erzäh-
lung derWuttu, die am besten seinem feurigen Temperament ent-
sprach, und fast allein in der buddhistischen Literatur Birma's
der Yatnika- Schule anzugehören scheint.
Aithya-Zanekka , der König Meithila's, fällt im Kampfe mit
seinem aufrührerischen Bruder Pola-Zanekka und die schwangere
Königin Sandadewi, die von einem hohen Thurme der Stadt zu-
geschaut, flieht, als sie die Schlacht verloren sieht, in die Wälder,
um ihr Leben zu retten. Auf dem Wege begegnet ihr derThagya-
König (Indra), der menschliche Gestalt angenommen hat, und
führt sie in seinem fliegenden Wagen nach bewohnten Ländern,
wo er sie in einem Zayat an der lleerstrasse absetzt. Ein dort
rastender Pungyi nimmt die Königen mit sich nach der Stadt (im
Lande Zabanago) , sie für seine Schwester ausgebend. Als der
dort geborene Knabe von seinen Spielgefährten geneckt und des
Pungyi Sohn geschimpft wird , läuft er zu seiner Mutter, sie um
seinen Vater fragend, und als sie zögert, schlägt er seine Zähne
in ihren Busen, drohend, ihr di(J Brustwarze abzubeissen, wenn
sie ihm nicht die Wahrheit sage. Von seiner königlichen Abkunft
hörend, rüstet er mit den seiner Mutter gebliebenen Juwelen ein
Schiff aus, um nach seinem Erblande zurückzukehren, und als die
Mutter, ihn zurückzuhalten, sich vor den Stufen derTrepi)e nieder-
wirft, schreitet er über ihren Körper fort und schifft sich ein. Für
234 I>er kdufücke Filast
diese Verietzung derKindespfiicbt geht das Schiff in einem Stnnn
za Grunde, und alle an Bord kommen um. Nur Zanekka saeht
sich durch Schwimmen zu retten und durchschneidet mathig die
Wogen des weiten Meeres. Die Göttin der See schaut ihm Tcr-
wundert aus den Wolken zu und fragt ihn, weshalb er in so nutz-
loser Anstrengung sich abmühe, seine Tage seien erfUlt, er möge
sich geduldig in sein Geschick ergeben, niedersinken und sterben.
Aber Zanekka giebt ihr vertrauensvoll zur Antwort, so lange er
in seinem Arme Kraft fühle, würde er auch für sein Leben käm-
pfen. Er erzählt die Parabel eines kleinen Eichhörnchens, dessen
Junges durch die Meeresfluth weggeschwemmt wurde, und das
am Strande sass, das Meer mit seinem Schwänze trocken zu
stippen, ungestört durch das Gelächter seiner Nachbarn über sein
sinnloses Beginnen. Ein Thag}'a (Himmelskönig), der gerade in
Bekümmemiss auf der Erde wanderte, wurde, das Selbstvertrauen
des kleinen Thieres sehend, selbst ermuthigt, und verhalf ihm
aus Dankbarkeit zu dem gesuchten Kinde. Wie, sagt Zanekka,
wenn ein schwaches Thierchen mir ein solches Beispiel giebt,
sollte ich als Mensch nicht verächtlich sein, wenn ich keine An-
strengungen machen sollte?
«sterblicher, waniin Dich mühen
In dem grauen Wogenschwall?
Wohin denkst Dn in entfliehen?
Wüste nur ist's fiberall.
Mit des Schicksals mächtigem Walten
Kniinst Du nicht den Kampf bestehen;
Wo der Welt Gesetze walten.
Bleibt Dir nur das Untergehen.*
„Schwimmen will ich, Gottin, schwimmen :
Mag anch schwach der Hoffnnngsschein,
Schwach und fem dem Auge glimmen.
Stark doch wallt*s im Herzen mein.
Unverdrossen will ich streben
Nach dem Rettungshafen hin ;
Wenn im Arm mir Kräfte leben.
Lebt noch hoffnangsvoU mein Sinn.*
Die Wutta. 235
Die Göttin , der die stolze Antwort gefallen , hüllte ihn in
ihren Schleier und führte ihn ans Land, wo er beim Erwachen
den Thronwagen Meithila's neben sich stehen sieht, denn die
Grossen hatten dort, nach dem Tode des Königs, das Augurium
des Thron Wagens versucht, und waren dadurch zu dem Schläfer
geführt worden. Die Tochter Pola's erprobt erst noch seine
Stärke an einem Bogen, den keine 1000 Krieger spannen können,
und lässt ihn dann sein Recht zur Königswürde be\Veisen, durch das
Andeuten des Kopfplatzes im Bette, den er ausfindet, beobachtend,
wo die Prinzessin ihren Kopfputz niederlegt. Die Zanekka-
Ponas kamen unter Chandagupta von Meithila nach Palibrotha.
Zur Zeit Maha-Zanekka's verehrten sie Pizzigaboda. Sie werden
von den Birmanen mit vorstehenden Hauern dargestellt, aufweiche
Eigenthümlichkeit auch die Darstellung im Mahawanso anspielt.
In Molmein sah ich späterdas birmanische Original, das mit Za-
nekka's Einsiedlerstand imHimawonta schliesst und auch die Kö-
nigin Siwali der Welt entsagen lässt. Neben denöOOJat sind es
besonders die zehn grossen Wuttu (Thaemi, Zanekka, Suvan-
nashon, Nemi, Maho, Buridath, Dsandakumma, Narada, Widura,
Wesandara), die von den Birmanen am liebsten gelesen werden,
und von ihnen wieder vor allen die letzte des Wesandara, oder
die der Menschwerdung Buddha's als Gautama unmittelbar vor-
hergehenden Avatare, worin er mit Hari^Qandra's Freigebigkeit
seine Familie den Brahmanen hingiebt. Auch Nemi wird hoch-
gefeiert, während ihn Manu zu den durch ihre Laster unterge-
gangenen Königen rechnet. Die Geschichten aller dieser frühern
Existenzen heissen Jat- Wuttu oder die Darstellungen der
Jataka, und ausserdem giebt es Dhammapada-wuttu, Manikun-
tala- wuttu, Milinta- wuttu (von des Königs Erörterung mit Na-
gasena handelnd), Hitopadaesa-wuttu, Ratanagara-wuttu u. s. w.
Religiöse Lieder werden im Pyu, Listen im Mokun und Erzäh-
lungen im Wuttu verfasst.
Eines Abends spät kam der junge Prinz mich zu besuchen,
gefolgt von zahlreicheren Begleitern als gewöhnlich, und alle be-
waflFnet. Ich war allein zu Hause. Moung Schweb war durch
einen der Hofbedienten zu einer Festlichkeit in die Stadt einge-
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'HfViii*^ V \jp*-* -""vii* iiiiiii^*ar;:i3irrr '*"-:i."^. iiir -intiai lüink st-
^\\i-'^*'XX»*.w r«''i'ni* *;j«r".r:atL ^-'.a»- Siaiitt "vir«?a T^iliirö. aiir
*tMi V4i':i. ^iv«=^r Lr^ • ii^^iOjt^"* ir»t:' ir'i^^a jm i;i:r*ta iita AHfOii
»»^iirra .iiir:i .'-^■.•auumtrtvr^a A L-*L-i»'ii i^-^z^tTr -aa.:«!'!!- I#?a "vu?Hit
'Uli* '.t^-*üri«';i .1 --.Irr "Ä'-r'r^ i i: '^Tiife^a i;i ir *aii*^a. iiia» ••d V »r-
'vanil i;irrj^ -trviii» u/ia z.i Ziti^ii laiL *;aiia aiemer icr^iiy-jr
i»\. :i«ii»rn , t«^a !f a at*!>ta ai..' airt^t^trlri^r. E.- ▼ir -tin. LaÄiH'C-
arrij:.^;' \C ia.««*ä 1^1*11 rr'*»'^r*m SirätrräitLii'sKfiiil. ler aiiüii. mir
♦^ i .i*»' j-^ TP . .'♦^ niiA.'*?4tta la. i»^ t? 1- -»t. l^t ' v rr^ . i»?aa iai • ?- rini i»e Lür ä oe
>h .11»/ '^*^: 'ir^r jpiazt^a '*«»»i^a»* ■^'x^atiirä a;«!ä>E»is«}a*ten?SwLi ^cfc
*i\i"M\ *i'X\uKi .if-auiu* ".»r: aiir w:.^t:-r!i» !:'aaniea- L'a»i t» «'O. "v^ür^ml
»i;- -•*• Biiaii':i':a'"maiir^ a\«::.ir^ '^•rih»^ fillj?. -VAT^a ElLiöt?r ia eiatja
aailrm Th«:-. airi:!«^-* Ff:i.i.^^> »^in^-'irr'a'ia laii Vf^s^ai^jn. .las
Ämai«*^ mr'.;it"* rr.'-Li*^r*. jr^jT'ra id.* :»tli ai:r «tem Küi-k-^a j??keart
'•a*»«». <iii'ii* n:av- nr'r. * i:*/..iplin«if:rQ. AI-* »^^^ am n;it*a'<ea M"C-
jTf^n fi^itn^rkr v i/ä*^. Iciaar*^ Wh 3i'«*h airhc -^naiieni. :i-j?iaii ^^n»-
räji-'^'h •.•!#:;• **.n:«t ^ -niänri^»-^ z*rQ''rt zu haben, aber fr^ilk*!i
war ':rK sTAn/ • »hr. «U mein j. innrer Uehlinj: mir :?eine -johOarj-tea
f>^t^<^:ni rühren «^r/ünlv.
A ifz/j^*^! h"h*-n Vj^.rxf.Ki IrSten eia-t:n jrAacr Voraeit^wei Elre«
miff^n ■' Vatha;^ ,. <\\k iia> Ahk^-nimen ;r^rr»'dfcn hattom^ *ieh Li«-hrer
zu /frieren-, iim *'\e\i ;re^n:*eiti;rK rinde von SkremLdbea lm ^ben.
Kine* Na/'hr-* k'mnr- rl^r ^rin^r Eremit kein lirkt auf dem andern
Ber;re bemerken, und er -<hl«;j?i* daraiL?. da** $ein Freond das
Die Wunderharfe. 237
Zeitliche gesegnet und in den Stand der Dämonen-Götter (Nats)
übergegangen sei. Bald darauf erhielt er auch einen Besuch von
dessen Gespenst, und da er sich über die wilden Elephanten
beklagte, die ihn vielfach belästigten, eine Harfe zum Ge-
schenk, durch deren Spiel er, je nach der Melodie, die Elephanten
herbeiziehen oder vertreiben könne. Eines Tages hörte er in der
Wildniss das Gewimmer eines Kindes, und als er darauf zuging,
fand er, trostlos auf einem Baume sitzend, eine Königin mit einem
Säugling im Arm. Sich im Ilofe ihres Palastes sonnend, war sie
durch den herbeischwirrenden lliesenvogel aufgepickt und aus dem
Kreise ihrer jammernden Ehrendamen fortgeführt worden, um ihm
in seinem Neste zur Speise zu dienen. Der Eremit verbarg sie in
seiner Einsiedelei und vermählte sich mit ihr, den königlichen Sohn,
Oudinath, adoptirend und mit der Wunderharfe beschenkend.
Einst im Dunkel der Nacht sah der Eremit einen der glänzendsten
Sterne am Himmel sich plötzlich verdüstern, und erkannte daraus,
dass der grosse König, der Oudinath seinen Ursprung gegeben,
sein Leben geendet habe; und der Sohn, davon hörend, beschliesst,
in sein väterliches Reich zurückzukehren. Auf hohem Elephanten
thronend, begleitet von sämmtlichen Elephanten*) des Waldes
im Gefolge , langt er vor den Thoren der Hauptstadt an, die er
verschlossen findet und das ganze Volk, in Trauer, da dem Lande
ein Herrscher fehlt. Durch die Wahrzeichen eines Ringes und
Gürtels, die steine Mutter ihm mitgegeben, wird er als der Erb-
prinz erkannt und von den Edclleuten auf den Thron erhoben.
Zu jener Zeit füllte die Tochter eines Pona (Brahmanen) mit
dem Ruf ihrer Schönheit die Reiche der Erde, und aus allen
strömten Bewerber um ihre Hand herbei, aber Niemand
fand Gnade vor ihren Augen. Der Vater begegnete einst dem
Myatzoa - Paya , und überkommen von dem göttlichen Glänze
seiner Heiligkeit, dachte er an ihm einen passenden Schwieger-
*) Nach Msrini sollen die Magier der Laos den Ruckon der weiblichen Loek-
GlephaiitiMi mit einer anziehenden SaUx* bestreichen, doch bedarf es dazu keiner
Zauberei, da die Männchen schon von selbst der Ausdünstung in der Brunstzeit
folgen.
238 I>e>' königliche Palast.
söhn zu finden. Er bat ihn, in einem Hause zu warten, da er seine
Tochter herbeibriugen wollte ; aber als er zurückkam, war sein
Gast fortgegangen und hatte nur den Abdruck seines Fusses zu-
rückgelassen. Die in der Kenntniss der Bedin wohlunterrichtete
Tochter erkannte aus den Eiguren , dass es die Fusssohlc des
Gottes sei, und wurde von unbezwinglicher Sehnsucht ergriffen,
sich ihm zu vermählen. Seinen Spuren nachgehend, holte sie
Myatzoa-Paya ein, dieser aber wies ihre Liebe zurück, da er
auf dem Wege nach Baranasi w-,ir, um dort den Thron zu bestei-
gen und Ueberfluss an Frauen ihn schon erwartete. Die ver-
schmähte Schöne traf im Walde mit Oudinath zusammen, und
jetzt weniger wählerisch geworden, erlaubte sie ihm, sie als seine
Königin sich zur Seite zu setzen.
Nun geschah es, dass ein benachbarter König, derOudiuath*8
Zauberinstrument zu besitzen suchte , auf eine List sann, ihn in
seine Gewalt zu bekommen. Er lässt die grosse Figur eines
weissen Elephanten aus Holz verfertigen und mit Soldaten ge-
füllt in den Wald stellen. Als Jäger an Oudinath berichten, ein
Thier höchster Vollkommenheit gesehen zu haben, zieht dieser
aus, dasselbe zu fangen. Aber zum ersten Male versagen die
Töne der Harfe ihren Dienst. Statt zu folgen, entfernt sich der
Elephant, und Oudinath, überrascht und verwundert, verfolgt ihn
so eifrig auf seinem l^ferde, dass er bald von seinem Jagdgefolge
getrennt ist. An einer versteckten Stelle des Waldes springen
die Soldaten aus dem Bauche des Elephanten hervor und führen
Oudinath als Gefangenen zum König. Dieser verlangt die Mit-
theilung seiner magischen Geheimnisse, kann aber die hartnäckige
Verschwiegenheit Oudinath's nicht besiegen, da selbst Todesan-
drohungen fruchtlos bleiben. Zuletzt erbietet er sich, als Bedin-
gung der Freiheit, eine Sclaventochter darin zu unterrichten, der
König aber substituirt seine eigene Tochter, die er hinter einen
Vorhang stellt und ihr sagt, dass sie von einem weisen Manne
unterrichtet werden würde, der aber körperlich ein abschrecken-
des Scheusal und aussätzig sei. Als während des Unterrichts
Oudinath sie ausschilt, weil sie nicht rascher begreife, schmäht
sie auf ihn als einen Aussätzigen zurück; in der Lebhaftigkeit
Oudinath. 239
des Zankes wird der Vorhang bei Seite geschoben, Beide erblicken
sich und verlieben sich sterblich in einander. Sie entwerfen
einen Plan und theilen dem König mit, dass zur Ausführung der
Zauberceremonieen die Blätter eines fremden Baumes benöthigt
wären. Darnach ausgeschickt, entläuft die Prinzessin, die die
Wachendes(Jefangeuen fortgeseudet hat,nnt ihm nach seinem Beich
und wird ihm dort als die erste Königin verniählt. Die dadurch
eifersüchtige Brahmanin benutzt eine Abwesenheit des Königs,
um eine zwischen Blumen versteckte Schlange auf den Thron zu
stellen und die Königin des Verraths zu beschuldigen. Die die
hervorzUngelnde Schlange sehenden Minister (M-keunen sie für
schuldig und die Brahmanin, der sie zur Hut übergeben ist, ver-
brennt sie in einem dicht durcli Teppiche verhängten Hofe des
Palastes. Als der König bei seiner Rückkehr davon hört und
den Zusammenhang der Sache erfährt, geräth er in den grössten
Zorn. Er lässt das ganze Geschlecht der Pona herbeiholen, sie
«auf einem Felde eingraben und dann ihre Köjjfe abpflügen. Für
die Ponatocliter selbst aber wird die grausamste Strafe ausge-
sonnen. In dem obersten Gemach des Palastes eingeschlossen,
wird ihr jeden Tag ein kleines Stück ihres Fleisches abgeschnit-
ten, vor ihren Augen zu Curry verarbeitet und zum Kssen*) ein-
gezwängt. Um die Pein zu verlängern, wird mit den dickeren
Theilen des Körpers begonnen, aber während dieser ganzen Zeit
betet die Ponatochter täglich zu Myatzoa-Paya, den sie durch
ein kleines Loch in dem Dache ihres Gefängnisses über sich am
Firmament umherwandeln sieht. Dass die Ponatochter, obwohl
sie so eifrig Myatzoa-Paya verehrte, diese schmerzliche Strafe er-
dulden musste, war die Folge einer in früherer Existenz began-
genen Sünde. Als sie einst aus dem Bade hervorkam und der
Tag etwas kühl war, machte sie sich Feuer an im Walde.
Durch die zurückgebliebenen Kohlen entstand nach ihrem Fortf-
*) Die8e Marter scheint in Hiuteriiidien nicht nugewohnlieh gewesen zu sein.
Als der siamesische Usurpator Chao Pasathong die Tochter des frühi'ren Königs
foltern lasst. erzählt Tnrpin: Aussitot \e bonrreau re^ut Tordre de couper un mor-
ceau de sa chair et de le lui donner ä manger.
240 ^^r köni((liche t^alast.
gange ein Waldbrand, und ein heiliger Rahanda, der, in Meditation
versunken, im Walde sass, wäre fast verbrannt, wenn er nicht
durch die Fähigkeit zu fliegen in die Höhe gestiegen wäre. Im
Mahawanso wird der Fall des Königs Dhatusena als vergeltende
Strafe erklärt, weil er früher einen in die Saniadhi-Meditation
versunkenen Priester, der nicht zu erwecken war, in den Deich
desKalawapi-Teiches eindämmen liess. Ein Nathans des Oudena-
miu findet sich in Schwesaun. In dem von Phnyre mitgetheilten
Drama versucht Oodeinna, König von Kosambi, umsonst die Gau-
tama verehrende Königin Samawaddi zu tödten, als sie durch
Magandi verläumdet ist.
In Ava lebte einst ein höchst gelehrter Pungyi, ßamaesodah
genannt, und ein reicher Mann der Stadt Übergab ihm seinen
Sohn Dammasedih, damit er ihn erziehe. Dieser besass aus
Tugenden, die in früheren Existenzen erworben waren, einge-
borene Wunderkraft und belebte dadurch ein gebratenes Huhn,
das er seinem Lehrer auf die Tafel brachte. Davon heisst noch
jetzt die Stelle, wo dieses Huhn scharrte, Schwekyetket. Den-
selben Tag gescliah es, dass ein Jäger in dem Kloster vorsprach
und den Pungyi bat, ihn Weisheit zu lehren, wofür er ihm als
Geschenk einen gebratenen Hasen brachte. Als man aber den
Deckel des Korbes öflFnete, sprang derselbe munter und gesund
heraus und lief foi*t. Der durch diese sonderbaren Ereignisse
verwunderte Pungyi nahm die beiden so reich begabten Jüng-
linge zu seinen Schülern an und lehrte sie Alles, was er in
dem Schatze seiner Kenntnisse besass. Beide waren höchst eifrig
in ihren Studien, aber Dammasedih lernte einen Huchsüiben mehr,
als sein Gefährte. Als Avamingyi, der König Sagain's, Siege
über Taleingyasavadith, den König Rangun's, erfocht und seine
Tochter Schinsobu als Gefangene fortführte, beabsichtigte er die
schöne Prinzessin zu seiner Königin zu erheben. Diese aber
machte zur Bedingung, dass es ihr erst erlaubt sein müsse, reli-
giöse Ceremonieen anzustellen, um sich der heiligen Pagode ihrer
Vaterstadt zu erinnern, und der König, der es geilie erlaubte,
berief dafür die beiden geehrtesten Pungyi der Stadt, Dammase-
dih und Dammanatoh. Die verschlagene Prinzessin wusste eine
Die nebenbuhlerischen Mönche. 241
Liebes - Intrigue mit den beiden Mönchen anzuzetteln, so dass
ihr diese zur Flucht nach Rangun behülflich waren, wo sie, wieder
auf den Thron gesetzt, ein goldenes Kloster für ihre Wohnung
bauete. Aus Dankbarkeit wünschte sie einen ihrer beiden Freunde
zu ihrem königlichen Gemahl zu erjieben, und da die Auswahl
schwer war, beschloss sie ihren Witz zuj)rüfen und dem Verstän-
digeren den Vorzug zu geben. Sie empfing sie deshalb in ihrer
Krönungshalle mit zwei Almosentöpfen an ihrer Seite und forderte
die Rivalen auf, sich nach ihrem Belieben an dem einen oder dem
andern zu placiren. Der eine war mit den Insignien derKönigs-
wUrde, der andere mit den ausgesuchtesten Leckereien gefüllt,
und Dammasedih, der sich neben dem ersten stellte, erhielt die
Hand der Königin, nachdem er aus der Geistlichkeit ausgeschieden
war. Dammanatoh, voll Aerger und Eifersucht, schuf zahllose
Armeen, indem er zauberkräftige Mantras (Formeln) über einem
mit Reis gefüllten Korb sprach, in welchem sich jedes Korn in
einen Soldaten verwandelte, aber Dammasedih kannte gleiche
Künste, die durch den von ihm mehr verstandenen Buchstaben
immer die Anstrengungen seines Gegners übertrafen, so dass
dieser sich zuletzt auf allen Punkten übermannt sah und floh, um
sein Leben zu retten. Da er aber sein langes Priestergewand
(Tinga) noch nicht abgelegt hatte, so vertakelte er sich darin und
wurde beim Niederfallen von seinen Verfolgern eingeholt, die ihn
tödteten, an der Stelle, wo jetzt das Dorf Tinga-Nyun steht.
Zandakumma, der älteste Sohn des Königs von Tiho, hatte
sich in die Tochter des Nachbarkönigs verliebt, fürchtete aber
von ihr zurückgewiesen zu werden, da er hässlich und von der
Natur sehr vernachlässigt war. Er bat deshalb seinen Bruder,
ihn in einer verschlossenen Kiste dorthin zubringen, und begann
eine Unterhaltung mit der Prinzessin, die durch seine weisen und
verständigen Gespräche so gefesselt wurde, dass sie ihn dringend
bat, hervorzukommen und bei ihr zu bleiben. Als sie seine ab-
schreckende Gestalt sah, erschrack sie zwar anfangs, vergass die-
selbe aber bald wieder über seine Gelehrsamkeit. Der Prinz
verglich sich mit einer Jackfrucht, die äusserlich rauh und un-
schön sei, aber lieblich und süss im Innern.
Bastian, OttMitn. II. 16
242 ^^^ königliche Palast.
In der Buridath genannten Erzählung berichtet eine Schild-
kröte, die den König Thaniudatha gebissen hat, dem Drachen-
könig im Reiche der Naga von der Schönheit der Tochter des-
selben, und sein Sohn Buridath befreit sie durch listige Streiche,
bei denen seine Verwandten in der Fonn von Fröschen spielen, von
einem bösen Zauberer, der sie einem Gah>ng verrathen und preis-
geben will, um sie selbst zu heirathen. Die Pracht, die auf den
Strassen der Schlangenstndt herrscht, wird ebenso lebhaft be-
schrieben, wie im Harivansa, wo König Yadus während einer
Meerfahrt mit seineu Frauen vom Schlangenkönig Dhumavama
fortgeführt und seinen Töchtern vermählt wird (die schifffahrts-
kundigen Nationen der Bhemas, Kondjaras, Bhodjas, Andhakas,
Yadavas, Dasarhas und Vrichnis zeugend).
Auch Fabeln wurden erzählt: Zu Shin-tai, dem Löwenkönige
der Thiere, kamen alle Bewohner des Waldes, ihre Huldigung zu
beweisen. Auch die kleine Ameise kam herbei, sich vor ihm zu
verneigen, aber die Edelleutc trieben sie verächtlich weg. Als
der Ameisenk()nig davon hörte, gerieth er in Zorn, und schickte
einen Wurm, sich in das Ohr des Löwen einzuschleichen und ihn
zu quälen. - Auf das erschreckende SchmerzgebrUU kamen die
Thiere von allen Seiten herbeigelaufen, boten ihre Dienste an,
und wollten den Feind bekämpfen, wo und wer er auch sei.
Aber keiner konnte Hülfe leisten. Zuletzt nach vielen demUthigeu
Botschaften Hess sich der Ameisenkönig bewegen, einen seiner
l nt<3rthanen zu schicken, der in das Ohr hineinkroch und den
Wurm herausholte. Seit der Zeit haben die Ameisen das Privi-
legium, überall und an jedem Platze zu leben, während den übrigen
Thieren die ihnen zukommenden Aufenthaltsörter bei der Thei-
lung angewiesen wurden. In der Taittiriya Aranyaka werden
die Vischnu's Bogen zernagenden Ameisen von den Göttern mit
der Gabi* beschenkt, überall beim Graben Wasser zu finden.
Mit Märchen und Fabeln, mit Scherzen und Lachen sassen wir
bis zum frühen Morgen zusammen, wo ich mich nach dem liUokzug
meiner Besucher zu Bett legte. Mouug Schweb konnte erst nach
Sonnenaufgang zurückerwartet werden, da während der Nacht
die Palastthore nicht geöffnet werden. Als ich am andern Tage
Einbruch. 243
aufstand, war er schon da und kam mit einem höchst kläglichen
Gesichte herbei. Alle die kostbaren Putzo und Zeuge , die Ge-
schenke des Königs und einiger Prinzen, mit denen er einst in
seinem Dorfe zu glänzen gehofft hatte und die er etwas zu be-
reitwillig vor den Augen bewundernder Bekannten zu entfalten
liebte, waren fort, und ebenso alles das baare Geld, das sich
aus seinem Lohne schon angesammelt hatte. Das Dach des
Hauses war durchbrochen, man konnte sehen, wo die Diebe ein-
gestiegen waren, die die Kasten gewaltsam aufgezwängt und den
Inhalt herausgenommen hatten. Als ich meinem prinzlichen Pro-
tector davon Anzeige machte, schien er sehr erschreckt und war
es auch vielleicht wirklich. Er kam selbst, die Stelle des Ein-
bruchs zu besichtigen, und sprach von baldiger Wiederauftinduug
der gestohlenen Sachen oder sonst vollständigem Ersatz. Jeden-
falls war er sehr ängstlich, dass der König Nichts davon erführe.
Aufgefunden ist übrigens nichts davon, und der Ersatz wurde in
höchst unvollständiger Weise geleistet. Doch wurde mir seit-
dem jeden Abend eine Schutzwache ins Haus geschickt.
Bald darauf Hess mein Koch merken, dass er zu kündigen
wünschte, und da ich ihm nie recht traute, weil er, wenn nicht
von Anfang an, so doch später, mit einer geheimen Mission be-
traut schien, so sah ich mich nach einem andern um. Aus dem
Hause des Prinzen wurden mir genug oft'erirt, Diener aller Art *
und so viele ich wollte. Auch weibliche hätte man gern placirt,
um den Schlüssel zu den letzten Geheimnissen zu erhalten; aber
bei den vielen Späheraugen des Palastes durfte ich nicht noch
mehr zwischen meinen vier Pfählen zulassen. Selbst Moung
Schweh's war ich nicht unbedingt sicher. Ihm war mancherlei
in den Kopf gesetzt, von Anstellungen und Belohnungen, um ihn
in den Dienst des Prinzen zu ziehen, und er hatte mir schon ge-
kündigt, besann sich aber, gewiss zu seinem eigenen Besten,
rechter Zeit noch eines Besseren, da man ihn sonst, nachdem er
seine Pflicht gethan, wohl nicht, als Mohr, fortgeschickt, aber als
Karen statt der vorgespiegelten Beamtenwurde mit dem Sclaveu-
joche belohnt haben würde. Mir kam es darauf an, Leute mög-
liehst ohne Beziehungen in Mandalay zu erhalten, und da ich
16*
244 ^^^ königliche Palast.
mich auf Niemand verlassen konnte, miisste ich es aufsGerathe-
wohl ankommen lassen. Als daher eines Tages ein paar Bur-
schen vom Lande, wie dies häufiger der Fall war, bei mir vor-
sprachen und Weisheit lernen wollten, wurde der eine dieser
Candidaten als Küchenjunge placirt und der andere zum Aus-
laufen geknechtet. Sie stammten aus dem Gebirge am Khyen-
dwen-Flusse, nahe den wilden Khyen*s, aus einer Gegend, wo
Raub und Todtschlag au der Tagesordnung, ihnen also wahr-
scheinlich auch v<m Kindesbeinen an vertraut war. Indess konnte
ich damals nicht wählerisch sein und musste unter den Umstän-
den mich noch zufrieden geben, sie gefunden zu haben. Den
Einen, der in der Küche verwandt wurde, würde ich indess wohl
immer, auf sein Gesicht allein hin, als Diener engagirt haben.
Sein pockennarbiger Gefährte sah weniger zuverlässig aus, doch
wollten sie sich nicht trennen.
Gewöhnlich hatte ich jetzt in meinem Hause auch ein oder zwei
Schreiber sitzen, die birmanische oderPalibUcher auf Palmblätter
copirten. Anfangs war es mir schwer gewesen, deren zu er-
halten, denn in den meisten Klöstern, wo ich anfragte, waren es
nur die jungen Mönche, die Abschriften verfertigten, und die,
wenn sie auch trotz despriesterlichen Verbotes, Geld zu berühren,
zur Annahme von Hezahlungen sich bereit zeigten, doch die Ar-
*beiten wahrscheinlich nicht für besonders eilig gehalten haben
würden. Später aber hörte ich bei meinen Erkundigungen von
einem Kloster am Fusse des Mandalay-Hügels, dessen Abt ich
schon früher besucht hatte. Unter den Hintergebäuden fand ich
drei Zayat ganz mit Topisten gefüllt, von denen ich einige en-
gagirte. Der Schutzpatron der Schreiber ist Mahibotea , Gauta-
ma's Schüler, der mit solcher CJeschwindigkeit Bücher copirte»
dass er jeden Tag einen Keistopf mit dem schmalen Staub füllte,
der von den PalmbUlttern !)eim Einkritzeln abfiel. Solcher
Staub (Likghamuh genannt) besteht aus 8f) Ratharaenuhmuh, ein
Theilchen dieses aus IGThazzarihmuh, v(m diesem aus 36 Anuh-
muh, und ein Partikelchen von diesem aus 36 Parainanuhmuh (ein-
fachsten Atomen). Einer der geschicktesten von Gautama's
Schülern war Shin Maukalah, der sich durch seine hohen Ver-
k
Wahrsager. 245
dienste die sogar seinem eigenen Lehrer verborgene Kunst er-
worben hatte, die im Platzregen fallenden Tropfen zu zählen.
Cui bono wurde nicht gesagt.
Moung Schweb ertrug seinen Verlust ziemlich stoisch, denn
er schien doch unter einem glücklichen Stern geboren. Er kam
eines Tages sehr befriedigt vom Markte zurück, wo er einen
Bedin-Zea consultirt hatte. Derselbe hatte zunächst, um seine
Unfehlbarkeit zu beweisen, herausgerechnet, dass er in Diensten
eines Arztes stände, was bei seiner bekannten Persönlichkeit in
Mandalay für einen dieser Allerweltsmenschen nicht gerade
schwer war. Dann hatte er ihm verkündet, dass er eine Frau
mit feiner weisser Hautfarbe heirathen, Ueberfluss an Geld haben
und bis zu dem hohen Alter von 12 Jahren leben würde. Damit
konnte man schon zufrieden sein. Er hatte schon in früheren
Jahren einmal in Borni einen Bedin-Zea befragt, der aus den
Linien der Hand die Zukunft voraussah, und vergrabene Schätze
angab, war aber bis dato noch nicht so glücklich gewesen, die-
selben zu finden.
In einer Audienz beim Könige hatte mich derselbe ersucht,
einen in der französischen Mission erzogenen Birmanen, der
einige medicinische Kenntnisse hatte und derentwegen in dem Pa-
laste benutzt wurde, etwas weiter auszubilden und ihm die Grund-
sätze europäischer Medicin zu lehren. Hörend, dass derselbe
kein Englisch sprach, und der Unterricht also ganz im Birma-
nischen geführt werden musste, nahm ich den Vorschlag gerne
an, da er mir Gelegenheit zum Sprechen und einen Zuhörer, der
sich nicht entfernen durfte, gab. Mein Schüler kam ziemlich
fleissig, wird aber in der kurzen Zeit wohl kaum viel profitirt
haben, da für die im Birmanischen ganz unbekannten Ausdrücke
beständig neue Worte gebildet werden mussten. Sein Haupt-
augenmerk war darauf gerichtet, gewisse Receptformeln zu er-
haschen, die bei den auf die Geldbörse speculirendenCharlatanen
die beliebtesten sind, und um die man nicht nur in den Ländern
der Polygamie beständig angegangen wird.
Ich bezahlte aber jetzt Se. Majestät mit gleicher Münze,
denn wie man mich mit der elementaren Erlernung des birma-
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v^i ifie'ir. l'r- w-rir ^-t uioii.-ir- i.-irr.-.- t— i itiu .^anfc^ T»ia
im .-•irr-'-'rM*r- -':ir^ ir- "r ' l^i-rumr»-. iin-i u:!i 'liiLa:;«!
Mcdiciniscbe Schulen. 247
Die BiriuaiieD sind sehr ungeduldige Patienten und rufen
gewöhnlich jeden zweiten oder dritten Tag einen andern Heil-
kUnstler, bis die Krankheit auf die eine oder andere Weise ihr
Ende gefunden hat, wo dann im glücklichen Falle der zuletzt ge-
rufene Arzt allen Credit bekommt und nichts zu thun hat, als den
Ruhm eines glücklichen Ausgangs einzustreichen, wie Moliöre's
Don Juan meint. Bei Erfolglosigkeit der Medicinen bleibt der
Ausweg, die Krankheit dämonischem Einfluss oder der Behexung
durch ein in den Körper hineinprakticirtes Apiri (d. h. ein Stück
rohes Fleisch, mit einem Convolut von Knochen und Sehnen in Haut
aufgewickelt) zuzuschreiben, was sich später beim Verbrennen
der Leiche finden wird. Wenn ein Kranker nicht mehr isst, so
ist die Prognosis fatal und die Verwandten suchen auf alle Weise
bis zum letzten Augenblick Nahrung einzunudeln, um Leib und
Seele zusammenzuhalten. Frauen werden nach dem Kindbette,
wie in Siam, dem Feuer ausgesetzt. Die birmanischen Aerzte
theilen sich besonders in zweiSchulen, in die der Dath (Elemente)
unddiederDsay (Medicinen), von denen die ersteren nur die Diät
reguliren, die Letzteren dagegen allopathische Dosen sehr
eomponirter Recepte geben. Beiden bleibt nachher der Recurs
zu magischen Künsten. Wenn der Arzt den eingegangenen Con-
tract nicht erfüllt, wird er verantwortlich gemacht und er schiebt
deshalb gern den Gott*) vor. Im himmlischen Reiche erzählte
indess Le Comte von einem Chinesen, der das Götzenbild ver-
*) Tnrpin bemerkt von den Aracanesen: Les pretres nomin^s Kaulins sont
appeles anpres des malades. lU soufflent sur eux en pronon^ant de mots myst^-
rieux On offre au dieu de qnatre vents un sacrifice. Quand le mal est opiniätn*,
lenr fourberie feconde inapire k la femme ou aux enfants ou k quclqu* un de pa-
rens un rem^de bizarre, dont les Kanlins profitent. On dresse nn autcl, oü Ton
place uue idole dans une cliambre richemcnt meublee, oü les pretres et leä parens
s'assemblent ponr participer a un grand festin. Celni qni preside k la cM^monie
danHe et s'agite jusqu'A ce que les forces liii manqnent. Alors on attache une
corde au plancher, qu'il prend pour se Konteniretpourbondiravec plus de viol^nce,
Juäqu*ü ce qn'il tombe dans une espeee d'nnenntissement. que l'on prend pour uue
ivresse divine. Cbaeun semble envier 8on sort, parce qu on est persuad^, qu'il
8'entretient avec l'idole.
248 I>er königliche Palast.
klagte, weil es, obwohl es seine Geschenke angenommen, seinen
Sohn doch nicht curirt habe, und der seinen Process gewann.
Mit Sonnenuntergang durchhallte der laute Klang der Gong,
vom Glockenthurme herab, den stillen Palast, um das Zeichen des
Thorschlusses zu geben. Dann, wenn nach der glühenden Hitze
des Tages die Schatten des Abends niedersanken, pflegte ich
nach dem kühlen Teiche zu gehen, mich im Bade zu erquicken.
Und dann sass ich oft lange auf den Stufen, die Sterne als alte Be-
kannte begrüssend, die hier in der barbarischen Pracht Mandalay*s
ebenso milde und freundlich auf mich niederschauten, wie sie
mich in den Sturmesnächten des Oceans, oder auf Reisen durch
Berge und Wüsten begleitet hatten.
Die Stunden des Tages werden nach den Monaten ver-
schieden angegeben, so dass die Brahmanen für ihre Wasseruhr
einer etwas verwickelten Rechnung bedürfen.
In dem Monate :
Tagou hat die Nacht 30, der Tag 30 Stunden (Narih).
Tazonla „ , , 28 „ „ 32
Najon „ „ , 26 „ „ 34
Waso „ „ , 24 „ „ 36
Wagoung „ „ „ 26 „ „ 34
Todoling r, n „ 28 „ „ 32
Padinjo „ „ „ 30 „ „ 30
Tasanmo „ , „ 32 „ „ 28
Nado „ „ „ 34 „ „ 26
Piado , „ „ 36 „ „ 24
Tabodoeh „ „ „ 34 „ „ 26
Tabaun „ , „ 32 „ „ 28
Das in drei Jahreszeiten (Utuh) getheilte Jahr beginnt im
April und jedes dritte Jahr wird ein Monat (als der zweite Waso)
eingeschaltet.
Im Monat:
Piado entspricht 11 um 6 Uhr (Sonnenaufgang; (Ke-dwet).
» n ^^ n 1^ •» n
» n 33 „ 18 „ „
44 „ 24 „
Zeitrechnung. 249
Im Monat:
Piado entspricht 11 um 8 Uhr (Sonnenuntergang) (Ne-weng).
n n 22 „ 16 „ „
33 „ 24 „
44 „ 32 „
In den andern Monaten ändert sieh dies entsprechend.
Der Taghjekti (ein Schlag) verkündet 9 Uhr (Morgens und
Abends), der Nitghjekti (2 Schläge) 12 Uhr, der Tonghjekti
(3 Schläge) 3 Uhr und Laeghjekti (4 Schläge) 6 Uhr.
Ein Ret (Tag) besteht aus 60 Narih (36600 Khana) und
15 Ret machen einen Pakkha oder halben Monat (La), indem
jeder nach dem zunehmenden und abnehmenden Mond in zwei
Theile getheilt wird. Der Ret zerfallt wieder in den Nay (vom
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang) und in den (Inyin (vom
Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang), Ret würde so für uns eine
Periode von 24 Stunden begreifen (den Tag und die Nacht ein-
schliessend) und ist als Bezeichnungsweise bequem. Achtzehn
Nimöschas (Augenblicke) sind ein Kaschtha (heisst es bei Manu),
30 von diesen ein Kala, 30 Kala einMuhurta (48 Minuten), 30 von
diesen ein Tag und eine Nacht. Die Jesuiten, als Astronomen,
am Hofe Peking's spielten dieselbe Rolle, wie bei den hinterin-
dischen Königen die Brahmanen, deren Costüm und Lebensweise
sie in Madura adoptirten. Die Birmanen entschuldigen jetzt
das Unvollkommene ihrer Berechnungen, weil die vierte Veda
verloren gegangen sei , und in der Taittiriya - Brahmana erföbrt
Bharadvaja, der die Veda's in drei Leben studirt hat, dass noch
die Erlernung eines vierten, der allgemeinen Kenntniss, für ihn
übrig ist. Jedem der acht Planeten (mitRahu oder dem dunklen
Planeten) entspricht in Birma eine der acht f'atakhwin oder astrolo-
gischen Behausungen. Sonntag heisst Taniftganveh von Neh (Rabi)
oder die Sonne, Montag ist Taninla von La (Chanda) oder der Mond,
Dienstag ist Inga von Inga (Mars), Mittwoch ist Buddhahu von
Buddah (Mercur), Donnerstag ist Krasapata von Prispati (Jupiter),
Freitag ist Soukkra von Soukkra (Venus), Sonnabend ist Öaneh
von Sauri (Saturn). Nach dem Desatir war Saturn von Gilshaw,
250 l^er königliche Palast.
Jupiter vonSiamok, Mars vonHiishang, die Sonne vonTahmuras,
Venus von Jemschid, Mercur von Feridun, der Mond vonMinocheher
bewolint, undTroyer giebt als die muhaniedaniscbe Ansicht dazu
die Reihenfolge von Abraham, Moses, Aaron, Idris, Joseph, Jesus
oder St. John und Adam. In der Planeten-Verehrung der Sipa-
sier wird nach dem Akhtaristan der Kegent Saturn als ein Sieb
und eine Schlange haltend beschrieben, Honnuzd oder Jupiter
mit einem Geierkopf, Bahraui oder Mars mit rother Krone, die
Sonne mit siebenspitzigem Diadem, Nahid oder Venus, Kamm
und Oelflasche haltend, Tir(Temii*am) oder Mercur mit dem Kör-
per eines Fisches und Eberkopf, der Mond oder Mab in grüner
Farbe auf weissem Ochsen.
Für das kleinste Gewicht dient der Same der Abrus preca-
torius (Khyinrhwe), von denen zwei einen Khwe-Kyi ausmachen,
3 dieser machen einen Pae, 4 einen grossen Pae, dann 4 der
letztern einen Mat, 4 dieser einen Kyap und 100 solcher einen
Peissa oderViss. Ausserdem machen 2 grosse Pae einen grossen
Muh, von denen 8 einen Kyap bilden, und 2 kleine Pae machen
einen kleinen Muh, von denen 10 einen Kyap bilden. Die kleinste
Zeittheilung ist ein Kachana, worin die Stunden zerfallen. Die
Lätrgenmasse beginnen mit i.eksit oder einer Fingerbreite,
wovon 8 ein Meik, oder 12 ein Thvae ausmachen. Dann bil-
den 2 der letztern einTaun, 4 dieser ein Lon, 7 ein Ta, und 1000
solcher ein Tein oder G400 ein Y^ouzana.
Die Buddhisten legen grossen Werth auf ominöse Worte, und
lieben, wie in jenem Tempel des alten Egyptens, die von Kin-
dern im Spiele oder sonst ausgesprochenen Worte zu er-
haschen, um daraus Vorhersagungen zu ziehen. In der Tika
des Mahawanso wird Chandagupta durch die beim Pfannkuchen-
essen gefallenen Bemerkungen zum Siege geführt. In einer
siamesischen Uebersetzung, die ich in Bangkok las, war ge-
sagt, dass, als das Kind bei dem, weil frisch von der Pfanne, noch
ganz heissen Kuchen zu hastig in die Mitte hineinbiss, es sich
verbrannte und schrie. Dann giebt ihm die Mutter den Kath, wie
bei Turnour, sich erst am Bande zu halten. In der siamesischen
Uebersetzung einer Geschichte Pegu's sind in weiter Ausführlich-
Deotungsvolle Sprüche. 251
keit alle die Sprüche beschrieben, die Phaya Noi belauschen
lässt, um durch die Thephajuda über seinen Feldzug gegen Pegu
Anleitung zu erhalten. Nachdem er zu dem Gotte gebetet, schickte
er seine Leute aus, um an den afcht Thoren der Stadt zu horchen.
Am ersten bewegte der Gott den Sinn einer Mutter, die ihr Kind
in Schlaf wiegte, dass sie ein Lied sang folgenden Inhalts: „Der
grosse Majom-Baum ist eine Armslänge dick. Dorthin sind nie-
dergelegt und eingeschlossen heilige Reliquien. Gehe dahin und
du wirst König werden." Die- Vertrauten legten dann das zu
Gunsten ihres Herrn aus. An einem anderen Thore hörten sie
als Wiegenlied: „In drei Bächen strömt der Fluss. Wer dorthin
wandert, stark, muthig und stolz, hoch wird er steigen." l'nd
so ähnlich an den andern Ecken.
In Rangun lief längere Zeit unter dem Volke ein ominöser
Spruch um, wie folgt: „Noch klein ist sie, ein kleines Mädchen.
Nun hüte dich , hüte dich. Des Herrgottes Brust klafft offen,
entzwei gespalten. Keinen Eid, nein, wag' es nicht." Der KSinu
sollte sein : dass, wenn ein kleines Kind in Ehe fortgegeben wird,
ein Eid nicht nöthig sein würde, und dass eher des Herrn Brust*)
zerspringen würde, als dass Lügen gesprochen würden. Aber die
eigentliche Bedeutung wurde erst ausgefunden, als die Engländer
die Stadt eroberten und die Brust der Gr>tzenbilder bei der Plün-
derung zerhieben , um nach Kostbarkeiten zu suchen. Solche
Sprüche heissen Taboung, und in Rangun war noch ein anderer
im Munde des Volkes über den der strahlenden Sonnenscheibe
gleichenden König, die Frau auf dem Throne und das den Hals
einschnürende Volk, womit die, Cravatten tragenden, Engländer
gemeint waren.
Ein Karen der Mission theilte mir ein Spottlied mit, das die
Bekehrten sangen, wenn sie den Reis in den Pagoden durch
Krähen fressen sehen :
•) At bis death many pagfida« feil down and a laiyp fissun« , openinsf in the
breaat of the statue of Godouia sent out a ^tream of water, heisst es bei Sanger-
roano über den Tod de» Königs Sciassu.
252 Der königliche Palast
Der goldne Gott, der Qott von Gold,
Den Reis hab' ich gekauft, Hurrah !
Der schwarze Rab\ der Rabe Achwarz,
Gefrensen ist der {leis, oho!
Von den acht Planeten sind in den Tagen der Woche zwei
auf Mittwoch vertheilt, indem Buddha (oder Mercur) von Sonnen-
aufgang bis Mittag, Rahu dagegen von Mittag bis Nacht regiert
Aus dem Verhältniss der Planeten in ihrer jedesmaligen Stellung
zum Alter des Befragenden wird die Antwort berechnet. Wie
andere Völker ziehen die Birmanen Vorhersagungen aus Begeg-
nungen oder Kreuzungen des Weges, und beim englischen Kriege
bemerkt Gouger: The birmese troops marching out in Prome cut
the Portuguese Cabral who was crossing their path, to pieces,
Converting an evil omen in a lueky one.
Ein Mann, der mich besuchte und mit ziemlichen Prätensionen
auftrat, zeigte mir eine in etwas auffälliger Gestalt verwachsene
Pflanzen Wurzel, sagend, dass es ein unfehlbarer Talisman gej^n
Schiessgewehre sei und dass Niemand dieselbe treffen könne.
Er bot sie mir für 100 Rupien zum Verkauf an, oder sonst möchte
ich darauf schiessen und ihm nach dem FehltrefFen 100 Rupien
für die verlorene Wette bezahlen. Ich war es zufrieden und ver-
langte, dass er gleichfalls 100 Rupien deponire, die ich einstrei-
chen würde, wenn der Gewinn auf meiner Seite sein sollte. Ein
solcher Vorschlag erschien ihm indess höchst unbillig und sein
kostbares Amulett wieder einwickelnd, zog er sich beleidigt
zurück.
Die Anwesenden wunderten sich natürlich über meine Un-
gläubigkeit in diesem und anderen Punkten, da die Kraft solcher
Schutzmittel durch Hunderte von Beispielen erprobt sei. Ich ant-
wortete ihnen, ich wolle mir einUrtheil über birmanische Kugeln
oder birmanisches Pulver nicht anmassen, stelle ihnen indess
meine von mir selbst geladenen Gewehre zur Verfügung, um
sich zu überzeugen, dass gegen europäische keine Zaubereien
schützten. Ein gegebener Beweis würde immer nur für ein^n
Ausnahmsfall gegolten und in den herrschenden Ansichten nichts
geändert haben.
Schiitzformeln. 253
Dann wurde über die Wunderkraft der Gatha's (Formeln)
gegen Nats, Tazeits und Hexen weiter gesprochen. Ein Kar-
rentreiber aus Sagain hatte sich eines Abends verspätet, und
konnte nicht mehr in die Stadt hinein. Er legte sich deshalb
mit seinem Sohne ausserhalb des Thores nieder, um dort die
Nacht zu verbringen. Während sie dort schlafen, kommt ein
Belu (Ungeheuer) herbeigeschlichen und zupft den Knaben am
Bein. Dieser fährt erschreckt auf, und erziihlt seinem durch das
Schreien erwachenden Vater, was ihm geschehen. Sie gelieu
von der Stelle fort und legen sich an einer nnderen nieder. Aber
wieder kommt der Belu uud zupft; das Kind überschnappt sich
im Schreien, der Vater ist voller Angst und weiss nicht, was er
tbun soll. Zuletzt fällt ihm eine Gatha ein, auf deren Aussprechen
der Schutzgott der Stadt herbeikam, und den Belu über sein un-
gehöriges Benehmen zur Rede stellte , da derselbe die Absicht
hatte, die beiden Schläfer, nachdem er sie genug geneckt und
geschreckt haben würde, zuletzt lebendig mit Haut und Haar zu
fressen. Nach längeren Unterhandlungen erklärte sich der Belu
zuletzt bereit, sie gehen zu lassen, wenn sie ihm ein bestimmtes
Gericht, dessen Zusainmensetzung er angab, am nächsten Morgen
als Opfergabe hinstellten. Der Genius theilte seinen Schützlingen
den geschlossenen Vertrag mit und legte es dem Vater dringend
ans Herz, ja genau am anderen Tage Alles so auszuführen, wie
er es ihm jetzt beschrieben, damit die Bedingungen richtig erfüllt
würden und er nicht mit seinem wilden Grenznachbar in Unge-
legenheiten komme. Der Karrentreiber that so, und als der König
von der kräftigen Wirksamkeit dieser Gatha hörte , bezahlte er
eine hohe Summe dafür, um sie zu erhalten. Er Hess sie dann
zum Besten seines Volkes veröffentlichen, und auch mir wurde sie
zu Nutz und Frommen aufgeschrieben und kann auf Verlangen
nachgeliefert werden. Wessavanna, König derYakshas, verbietet
durch ein Edict seinen Unterthanen , die die Paritta recitirenden
Anhänger Gautama*s zu belästigen.
Da man einmal beim Gespenstererzählen war, so kam
noch mehr. Ein Popadau, der die Nacht in einem Kyaung
(Kloster) zubrachte , wurde aus dem Schlafe geweckt durch Et-
254 t)er königliche Palast.
was, (las auf seiner Stinie trommelte. Da er beim Erwachen
keine Ursache sehen konnte, so rief er einen der gelehrten In-
sassen des Klosters herbei, einen Zea oder Doctor, mit dem zu-
sammen er genau die Nachbarschaft untersuchte. Zuletzt be-
merkten sie in einem der Holzpfeiler in der Halle eine schwarze
Marke, wie sie die Gegenwart eines Upaka oder bösen Geistes
anzudeuten pflegt, da solche dort gern ihren Wohnsitz aufschlagen.
In der nächsten Nacht beschloss der Popadau aufzupassen. Und
siehe da, kaum hatte er sich niedergelegt und die Augen halb ge-
schlossen, da kroch es heraus, wie ein langer, krummer Elephan-
tenzahn, gab ihm einen Knucks vor die Stirn und husch, war es
verschwunden, in die Säule hinein. Der Popadau, der sich aber
diesmal mit einem Schwerte versehen hatte, schlug um sich, und
der Upaka, dem der Spass wahrscheinlich zu ernsthaft wurde, blieb
weg. Diese birmanischen Geisterlein scheinen ebenso spieleri-
scher Natur zu sein, als die Kobolde in Prevorst, die mit Kitt
vom Ofen heraus warfen.
Bei den feierlichen Audienzen des Königs passirten die ver-
schiedenen Grossen im vollen Staate ihrer Vasallen durch den
Palast, dem Eimschweming folgend, der an der Spitze schritt.
Der König gab täglich wenigstens zwei Audienzen, des Morgens
und am Abend in die Nacht verlängert, während sich der Empfang
zu anderen Zeiten des Tages nach seineu sonstigen Beschäfti-
gungen richtete. Vielfache Feste wurden im Palast am Neujahr
aufgeführt. Um Mitternacht vorher war ein Schuss abgefeuert
worden, um das Niedersteigen des Thagyamin anzuzeigen, und
drei Tage später ein anderer um Mittag, wenn er wieder aufsteigt.
Während der Festtage wurden überall in den Bäumen des Palastes
Schauspiele aufgeführt und in anderen Concerte gegeben. Die
Prinzen waren oft mit ihren Begleitern gegenwärtig und mitunter
auch Damen des Palastes. Man sali viele der Kadau genannten
Vasen mit künstlichen Blumen und Früchten herumtragen, die sich
die Birmanen einander zuschicken, besonders um Ergebung gegen
Glieder der königlichen Familie zu bezeigen. Die Gesandtschaft
nach dem ersten birmanischen Kriege wurde nur an einem Kadau-
Tage empfangen, was die Engländer beg-pardon-day übersetzten.
Neujahrsscherze. 255
In den Strassen der Stadt und Vorstädte herrschte an diesem
ersten Tage des Jahres ein tolles Lehen, indem sich Alles mit Was-
ser begoss, besonders die Damen waren eifrig in ihren Kanonaden,
und als ich an einem Brunnen vorbeiritt, wo eine Gesellschaft
derselben Posto gefasst hatte , wurde weder Reiter noch Pferd
verschont. Eine noch praktischere Darstellung der Taufe wurde
mir im Hause des Prinzen gegeben, indem seine Hausbedienteu
die im Vorzimmer wartenden Leute einen n:\ch dem andern auf-
packten und ohne weiter ein unnöthiges Wort zu verlieren, sie wie
sie waren, mit Zeug und Allem, einige Male in dem grossen
Wasserbassin eintnuehten und dnnn ihrer Wege gehen liessen.
Moung Schweb wurde anfangs verschont, aber ich rieth ihm doch,
sich lieber zu entfernen, da bei solchen Fastnachtsscherzen Aus-
nahmsfälle vielleicht nicht weiter statuirt worden waren.
Am ersten Tage des neuen Jahres beginnt das Wasser des Ira-
waddi, um seine Verehrung darzubringen, zu steigen, ob Regen ge-
fallen ist oder nicht. Im Dorfe Thingesa-tschaun, in der Nähe Man^
dalay's, findet sich ein Pfeiler, gleich dem Nilometer, zum Messen,
damit die den Fluss befahrenden Bootleute nach der Höhe wissen
können, welche Richtungen sie zu verfolgen haben. Nach Mal-
colm steigt der Irawaddi bei Ava durchschnittlich 24 Fuss. Tachard
erzählt, dass der König von Siam früher die Gewohnheit hatte de
couper les eaux, c'est a dire de frapper les eaux au temps de la
plus grande inondation et de Commander aux eaux de se retircr,
dass er aber später diese Zeremonie aufgegdien, weil der Fluss
oft auch nachher fortfuhr zu steigen. ApoUonius (bei Philostra-
tus) vermuthet, dass das bei dem Steigen des Indus von dem
Könige in den Fluss geworfene Gold zur fruchtbaren Ernte
dienen soll.
Der Thagyamin hat verschiedene Reitthiere zu seiner Dis-
position. Bald reitet er auf einer Kuh , bald auf einem Büffel,
bald auf einem Naga (wenn Regen fallen soll), bald auf einem
Galong. Mitunter geht er zu Fuss, beschuht, ein Licht in der
Hand tragend, um die Erde zu erwärmen. Wenn er im Tagou
(dem ersten Monat des birmanischen Jahres) oder im März seine
Erscheinung macht, so stellen die Pona's ihre Berechnungen an,
256 t>er könifirliche Palast.
um ZU wissen, woderBhummadinath sichaufliält und je nachdem
dieser den Reis hütende Nat sich in den Bäumen , den Blumen,
dem Korne oder sonst befindet, können sie das Pi-ognostikon des
Jahres stellen, und darnach werden dann, den im Buche Tinjansa
vorgeschriebenen Regeln entsprechend, die Vorbereitungen des
Calenders getroffen, um den auf einer Kuh reitenden Thagyamin
zu empfangen. An dem Tage, wenn sich das Volk mit Wasser be-
giesst, wird das Haupt des Königs mit grosser Festlichkeit ge-
waschen, mit Wasser, das aus der Mitte des Flusses ("finjandoh-
jaya) genommen ist; früher wurde es von einer Insel bei Molmein
gebracht. Die Väkätaka - Fürsten im Narmadathale Hessen sich
für die Krönung Wasser vom Bhagirathi (Ganges) holen. Der
chinesische Gesandte bemerkt beim Feste der Taufe Buddha's in
Kambodia: On conduit dans toutes les parties du royaume le«
diff^rentes Images de Bouddba pour les laver en meme temps, que
le roi se baigne solennellement (s. R^musat). Die birmanische
Jahresceremonie heisst Phusya-sin-kyan-tau-khau, weil sie zur
Zeit Statt findet, wo die Constellation der Hydra (Phusya) eulmini rt.
Das Kopfwaschen ist bei jedem Birmanen eine besondere
Feierlichkeit, und wenn mein Herr Professor sich seinen Kopf wusch,
was einmal im Monat zu geschehen pflegte, so blieb er gewöhnlich
gleich drei Tage fort, da solche mit den Vorbereitungen und
nachheriger Erholung wohl angewendet werden konnten. Durch
zu häufiges Waschen des Kopfes würde man den darauf wohnen-
den Genius beleidigen oder incommodiren, und mein tiiglich
mehrmals >viederholtes Uebergiessen gab zu vielen Redereien An-
lass. Man sieht die Birmanen mit ihrem schweren Haarwuchs bis
zum Hals im Wasser stehen und sich waschen, ohne jemals daran
zu denken, unterzutauchen, vielmehr absichtlich es vermeidend.
Ist dann freilich der grosse Waschtag gekommen, so geht eine
gehörige Schrupperei los. Meine Diener paarten sich zu zweien
zusammen, um einander ordentlich Genüge zu thun. Da wurden
Wurzeln und Rinden auf dem Markte gekauft, Abkochungen ge-
macht und abgeseiht, Seifenbrühen für den Gebrauch parat ge-
stellt, das Haar durcheinander gewühlt, wieder fein gemacht und
Alles so hübsch umständlich betrieben, dass für den Tag au
Falsches Uaar. 25?
Arbeit nicht viel zu denken war. Sic gebrauchen zuerst die erwei-
chende Frucht des Kinbuin-lJaunies und waschen sich dann mit
einem seifenartigen Decoct, das aus der Kinde des Theo-Baumes
bereitet wird. Auch andere Sapindus- Arten werden verwandt.
Hei dem Wertli, den die l^irmanen auf lanires Haar setzen, hat
sie die Eitelkeit auch zu künstlichen Zripfen gefuhrt, Männer
sow(dil wie Frauen. In einer gerichtlichen Anzeige Über ge-
stohlenes Eigenthum sah icli einst sieben Frauenzöpfe, als zum
luventarium gehörig, aufgeführt. Zu grösserer Eleganz lassen
sich die Damen zuweilen kleine Schönheitspflästerchen in das
(^esicht tättowiren.
Baiklan, OtUaien. II. |7
Das Zwischenfluss -Gebiet.
17'
\
Am Fiisse iWv SrhjiiilM'ri!;o.
Der hcrannalicnde Wechsel der Jjilireszeiten kündete sich
durch einzelne Kegenschjuier an, für die ich eiligst mein in der
heissen Jahreszeit durchgehrauntcs Dach reparircn lassen nuisste.
Sie waren mir iudess auch eine Warnung, nicht länger zu zögern,
wenn ich meine beabsichtigte iieise nach Tongu ausführen wolle,
da in den Tropen die Reisen sich nach den Ueisemonaten der jedes-
maligen Provinz richten müssen. Ich bjit deshalb den Prinzen,
den König um die Abschiedsaudienz zu ersuchen, wurde aber noch
längere Zeit hingehalten, da die Neujahrsfestlichkeiten djizwisehen
kamen, und der König nur selten sichtbar wnr. Herr Camaretta,
der eher zu sprechen wagte, als die timiden Birmanen, war mir
behUlflich, die nöthigen Vorbereitungen zu beschleunigen. Das
gebräuchliche Kadau, in der mit Früchten geschmückten Blumen-
vase, wurde hineingetragen, und ich fügte mein eigenes Geschenk
hinzu, das der König mit einem Rubinring erwiederte. Auch
vom Prinzen nahm ich Abschied und erhielt für meine Geschenke
Briefe in seine Provinz, die ich auf dem Wege zu durchreisen
haben würde. Die Höflinge überl>oten noch ihre früheren Freund-
schaftsbezeigungen, mich an die zusammen verlebten Tage er-
innernd, um desto reichlichere Geschenke zum Andenken in Em-
pfang zu nehmen. Auch mein Professor sah solchen entgegen,
und da er sie am meisten verdient hatte, wurde er natürlich auch
am besten bedacht. Ein Pass wurde mir vom hohen lYibunal
ausgefertigt, auf einem langen Palml)latte, das zusammengerollt
werden konnte, geschrieben und mit dem königlichen Siegel des
Pfau versehen. Die grosse Strasse nach Tongu zweigt bei
262 ^u> Fasse der Schanberge.
Mikoungyay vom Irawaddi ab, würde mich aber wieder einen
Theil meines frühereu Weges zurückgeführt haben , weshalb ich
die direete wählte.
Dr. Williams hatte mir freundlieh sein Haus angeboten für
die letzten Tage, um meine Vorbereitungen zur Reise zu voll-
enden, die sich vom Palast aus nicht leicht besorgen liesscn.
Neben ihm wohnte Herr d'Aveyra, ein französischer Negotiant,
der von dem Könige einige Teakwaldungen der Schanberge ge-
pachtet hatte, und seit kurzem von Kangun mit den ni'ithigen Ar-
beitern angekommen war. Er konnte von verschiedenen Aben-
teuern auf seinen Reisen unter den Schan erzählen und war bei
dem einen kaum mit dem Leben davon gekommen. Auch Dr. Wil-
liams, der sich schon vielfach mit dem Project des Landweges
nach China beschäftigte, hatte verschiedene Excursionen zu
dem Paloung- und Schangebiete unternommen, die seitdem be-
deutender ausgedehnt worden sind. P^in anderer Franzose» Mon-
sieur Channing, der mir meine Waffen für die Reise wieder
in brauchbaren Stand setzen half, hatte eine Gewehrfabrik für
den Eimschweming eingerichtet und sprach mit französischer Leb-
haftigkeit von den Besuchen, die ihm dieser hohe Herr mitunter
abstatte. Den König nannte er nur TEmpereur. Ein paar Sei-
denweber waren für den König aus Italien verschrieben durch
die katholische Mission, deren Italiener jetzt mehr und mehr durch
Franzosen ersetzt werden. Durch die Armenier, die Wachs-
Einkäufe gemacht hatten , hörte ich , dass der Vortrab der chine-
sischen Caravane*) in Madeyuwai angekommen war; der Rest
wurde damals erwartet, ist aber auch in dem Jahre, wie schon
in dem vorigen, ausgeblieben.
Ich machte jetzt mit Moung Schweb tägliche Explorationen,
um ein tüchtiges Paar Ochsen, nebst zugehörigem Wagen für meine
Landreise nachTongu aufzutreiben, und kam nach längerem Ihro-
♦) Die cliinosiscbe Caravane hr'mgt besonders Seide, Sarorot, Aiiripigment,
Honig, Papier, Goldschaam, Goldblatter, Eisenpfannen, Confituren, getrocknete
Früchte, Aepfel u. h. w., nm Banmwolle, Elfenbein, Edelsteine, Betclnüsse, Opimii
ans Heugalen, englische Manufacturen, die aus Tavoy eingeführte biche de iner,
^owie Vogelnester, Uaifiunen u. s, w. zurückzanebmen.
Diebstahl. 283
bircQ zum Ziel. Nach dem birmanischen Deitton müssen Ochsen
und Wagen am Sonnabend*) gekauft werden, um GlUck auf der
Reise zu geben. Als Begleitung hatte einer der armenischen Pächter
der Teakwaldungen , Herr Mackertich , der sich gerade wegen
eines Processes in Mandalay befand, einige seiner Leute auge-
boten, die die Wege gut kannten und zurückzugehen hatten.
Mit diesen und den Karrentreibern würden die drei Diener, die
ich bei mir hatte, genügend gewesen sein. Ausser Moung
Schweb war der Eine der Khyendwen - Leute bei mir geblie-
ben , der Bessere der Beiden aber wegen eines Todesfalles in
seiner Familie nach seinem Dorfe zurückgekehrt. An seine
Stelle als Koch war der Andere getreten , und dann hatte ich
noch einen Freund desselben engagirt, einen Mäkleragent,
oder mehr eine Art Loafcr (im amerikanischen Sinne), der
schon alles Mögliche gewesen war, und der, wie ich hoffte,
durch seine Gewandtheit im Schreiben und Lesen nützlich wer-
den könnte. Aber Moung Schweh's Unbedachtsamkeit machte
einen zweiten Strich durch die Rechnung. Ich hatte ihm die
ungenügende Entschädigungssumme möglichst zu completiren
gesucht, und sein leichter Holzkasten mit birmanischem Schloss
prangte bald wieder mit bunten Putzo's und Hess auch Silber haaren
Geldes durchschimmern. Die Verführung war zu stiirk. Eines
schönen Tages stand Moung Schweb aufs Neue vor leeren Kasten,
der Eine der Khyen-Birmanen war verschwunden , und den An-
dern musste ich des Verdachtes wegen einstecken lassen. Das
war der Vorabend meiner Abreise , die auf den nächsten Morgen
festgesetzt war. Mit dem Morgen kamen die Wagen, die Ochsen,
die Treiber und die sonstigen Begleiter, aber woher nun Diener
nehmen? Im letzten Augenblicke brachte mir ein im Hause be-
kannter Schreiber ein mauvais sujet seiner Familie, einen Thu-
nichtgut, dem es noch nirgends behagt hatte. Er war ein un-
•) Solche, die ihre Studien an einem Donnerstajf beginnen, werden gründlich
lernen , die am Freitag oder Sonntag einen Anfang machen , in Mittelmässigkeit
yerbleiben , die aber am Dienstag oder Sonnabend beginnen , werden rasch ster-
ben, heisst es in dem von Fowle übersetzten Niti-kyam.
264 ^^ Fusse der 8cbaubergc.
ruhiger Giint, selioii lan^e suis seiner lleiinatli au der Grenze der
iSingpho-Gebiete fort und ohne BescliUfti^iin^.
Um nielit zu warten, wurde er geniietliet und ihm bedeutet,
dass er die Küche zu versorgen hätte, was allerdings gar nicht
in seinen Kopf zu wollen schien. Die Sachen wurden aufgepackt,
der Gefangene, aus dem Nichts herauszubringen war, uiusste
entlassen werden, und um Mittag, den 2(). April, brachen die
Karren auf. Ich folgte nach einem herzlichen Abschied von
Dr. WilliaiUH am Nachmittag, fand aber bei meiner Ankunft in
Amarapura in dem Hause des Herrn Ter Minas, wo das Zusani-
mentreflen verabredet war, noch Niemand vor. Das lange Aus-
bleiben war mir etwas ängstlich, weil meine Sachen in den Händen
von lauter neuen und mir noch ganz unbekannten I^euten waren,
doch kamen sie spät am Abend glücklich an. Die gewölinlichen
Accidentien einer birmanischen Karrenreise hatten sie gleich auf
diesem kleinen Wege aufgehalten und verzögert. Wagen und
Ochsen wurden in dem engen Hof zusammengepfercht und mög-
lichst unter Obdach gebracht, da in der Nacht liegen fiel.
Am Morgen brachen wir zeitig auf, um baldigst an die Fähre
desMyit-ngay zu gelangen, wo immer Aufenthalt zu fthchtenwar.
Durch rechtzeitige Drohungen gelang es indess, den Fährmann
aus seiner apathischen Faulheit aufzurütteln, und setzten wir mit
den Karren zwischen zwei schw immenden Flössen befestigt nach
dem alten Ava über. Von da schickte ich Dr. Williams sein
freundlich so weit geliehenes Pferd zurück und miethetc in dem
nahegelegenen Bazaar von Taadoo, zu dem über den Myit-tha
eine lange mit Verkaufsläden besetzte und theilweise niederge-
brochene Plankenbrücke führte, noch einen andern Karren mit
Ochsen, wofür freilich erst viele Umstlindlichkeiten und weit-
läuftige Verhandlungen überwunden werden mussten. Durch die
Strassen wurde ein Pan-Paya (Blumengott) geführt, ein mit
Blumen ül)erdecktes Bohrgerüst, dem eine lange Procession von
Mädchen, die jüngsten voran, folgte, alle mit Blättern bedeckt«
Wasserkrüge tragend.
Wir blieben die Nacht in dem neben der Pagode des Dorfes
gelegenen Zayat und arrangirten das Gepäck aufs Neue, damit
Di« Ochöonkarren. 265
wir uoeh vor Tagesaiibrueli uuflnechcn konnten. Der eine in
Mandalay g:ekaufte Witten, von zwei Ochsen ^ezo^cu, enthielt
unter einem von Matten und Hanibu aufgeschlafj:enen Dache die
Kottcr, Keisesäcke und das Hett, auf dem ich niederließen konnte.
Der andero Wagen, der hinzugemiethet wurde, trug den liest des
Gepäckes, die Kochgeräthschaften und Hess noch Platz für einen
der Dienerschaft. Diese bestiind aus Moung Schwell, der indess
durch das Palastlcbcn etwas ve; wildert war und erst wieder in
Ordnung gebracht werden niusste, dem Koch wider Willen und
zwei Talein , die zu ihrer Arbeit in den Teakwaldungen zurück-
kehrten. Neben dem gemietheten Karren ging der Ochsentreiber
her, der noch ein freies Paar Ochsen zur Aushülfe bei sich hatte,,
die seine ihn begleitende Schwester trieb. Dieser Karren war
nur alsHetourgelcgenheit gemiethet bis nach Maitliila, einer Stadt,
an der unser Weg nahe vorüberführte, etwa auf der halben Ent-
fernung nach Tonga, dem Ziel meiner Keise.
Die wenigen Ainicnier in Mandalay, die diese Strasse aus
zeitweiliger Ijcreisung der Tcakholzuugeu kannten, hatten mir
keine einladende Beschreibung davon gemacht: <IerWeg sei wüste
und öde, den Anfilllen der Kaubthiere in den Wäldern und der
Räuber in der Nähe der Dörfer ausgesetzt. Mangel sei an Allem,
selbst an Wasser, und man dürfe die Heise nur in starker Heglei-
tung unternehmen. Allerdings sind alle diese abgelegenen Oe-
genden Hirma's verrufen, besonders wenn sie, wie die' von mir
zu passirende, ein Grenzgebiet streift. In diesem Falle kam noch
hinzu, dass sie nicht nur von dem herrenlosen Landgürtel zwi-
schen englischem und birnuinischem Territorium durchschnitten
wurde, sondern sich auch an die Schanberge lehnte, die, ein be-
liebter Aufenthalt der Plünderer, ihnen sowohl Zuflucht, wie
passende Plätze zum Hervorbrechen boten. Meine Leute waren,
wie schon bemerkt, sehr zusammengewürfelt. Noch im Augen-
blick der Abreise hatte ich meinen früheren Diener entlassen und
einen annehmen müssen, dem man die Hereitwilligkeit zu jeder
unsinnigen That ansah, aber keine grosse Ueberlegung. Von den
Talcin's war der eine ein höchst roher Geselle, im Walde aufge-
wachsen und nur für ihn geschaffen, der andere vielleicht nicht
266 Am Fusse der Schanherpre.
viel besser. Doch hatte ich eine Art Halt über sie durch den Ar-
menier, in dessen Dienste sie st4uulen. Da sie die Wege kannten,
mussten sie vorausgehen und recognosciren, denn eine oflFene,
breite I^ndstrasse bestand gewöhnlich nicht, sondern nur fahr-
bare Pfade, die zwischen den Wählern von Dorf zu Dorf führten.
Als wir am Vormittage des ersten Tages zum Füttern der
Ochsen in einem Zayat hielten, gingen sie in das nahegelegene
Dorf Sighien, um Escorte zu verlangen, da die Strasse unsicher
wäre. Sie brachten den Thougyi mit sich zurück , und derselbe,
als ihm der Pass vorgewiesen wurde, versprach sogleich die
verlangten Leute zu schicken. In der Zwischenzeit besuchte ich
die Kuine einer auf steilem Hügel gelegenen Pagode, Aummiaeh-
lokade, die mit den Spuren ausgedehnter Festungslinien die Stelle
des alten Panja anzeigte, das längere Zeit zur Residenz gedient
hatte. Beim Aufbruch am Nachmittag hatte die Atmosphäre ein
höclist drohendes Aussehen angenommen und schichtete schwere
Wolkenbänke im Norden an, während aus Süden ein heisser,
dörrender Wind blies. Die Leute glaubten nicht, dass es regnen
würde, und für eine Zeit schien es auch, als ob der Himmel sich
auflielle. Bald aber ward es dunkler wie zuvor. Mitunter sah man
die äussersten Wolken am Horizonte vor dem Winde herfliegen
und die den Wasserhosen ähnlichen Erscheinungen weisser Schlan-
genlinien waren sichtbar, während dann und w^ann das Dunkel
auseinanderklaffte, wenn ein leuchtender Blitzstrahl hindurchfuhr.
Die langsam und allmählig aufsteigende Finsterniss hatte schon
den Zenith erreicht, während das Firmament im Westen und be-
sonders im Süden noch in der schönsten Reine glänzte. Dann
folgte ein kurzer Moment der Stille, der Stille, die dem Sturm vor-
hergeht, und bald brach dieser los, kalt vom Norden hersausend,
und unter dem Echo dröhnender Donnerschläge. Ein paar
Tropfen Regen fielen , und dann war plötzlich die ganze Umge-
bung in die graue Wolke eingehüllt, worauf unter einem furcht-
baren Schauspiel des Donners und Blitzes der Regen in Strömen
herabstürzte. Wir hatten schon vorher auf freiem Felde Halt
machen müssen , da die erschreckten Ochsen stehen geblieben.
Aber die Gewalt des Windes wehte jetzt mit solcher Macht, um
Das Einsetzen der Regenzeit. 267
die Karren, die, wenn seitwärts gefasst, umgeworfen sein würden,
auf das Gespann loszutreiben, so dass diese vorwärts niussten.
Den Donner bezeichnen die Birmanen onomatopoetisch durch das
Geräusch Khron, alsMog-khrou (das Rollen desWolkcnhimmels)
oder auch Mog-Kro. Wenn er in kurzen Schlägen fällt, wird
Thit (holprige Unterbrechung) zugesetzt. Ein Donnerkeil ist der
gehende Donner (Mog-kro-sva) oder der Discus des grollenden
Himmels (Mog-kro-i!;ek. Der Blitz heisst Hlup-^it, wovon Hlup
etwas Dünnes, Rasches, Glitzerndes meint und ('it Kampf oder
Sehlacht ausdrückt.
Nach einigen Stunden mässigte sich das Unwetter und der
^bend klärte sich wieder auf. Die Talein kamen zu mir und be-
klagten sich über dieEscorte, die jetzt gerade, wo wir an die ge-
fährlichen Stellen kämen, sich fürchteten und nicht weiter wollten.
Um ihnen den Willen zu thun, gebrauchte ich meine Autorität,
die tiipfern Schildbürger zum Weitergehen zu bewegen, obwohl
eine Escorte, die sich schon vorher fürchtet, bei wirklicher Ge-
fahr wohl keine grosse Hülfe gewesen sein würde. Nach einer
langsamen Fahrt durch die spärlich mit Büschen und Cactus be-
wachsene Sandebene rasteten wir Abends in einem Zayat an
der Landstrasse und schickten in das nahegelegene Dorf On-
mindeh, um uns Wachen zu besorgen, die während der Nacht für
die Sicherheit des Zugviehes und des Gepäckes patrouilliren
mussten. Ich Hess einen Theil des Zayat durch Teppiche und
Tücher abkleiden und probirte die Productionen meines Koches,
der aber seinen Hass und die Verachtung, die er gegen seinen
neuen Stand hegte, in vollem uud bitterem Masse darin niedergelegt
zu haben schien. Doch wird man auf Reisen ziemlich indiflferent,
und der durch treflFlichen Hunger gewürzte Magen erkundigt
sich nicht so sehr nach dem Wie als nach dem Ob überhaupt.
Jedenfalls hat man den süssesten Schlaf zum Dessert.
Die Escorte begleitete uns am nächsten Morgen bis zum Dorfe
Tingamitte, wo sie erneuert wurde. Ich war mit meinem Karren
Yorausgefahren , als uns auf dem schmalen Sandwege im Walde
eine Reihe anderer Karreu entgegen kam , und Streit entstand,
wer dem andern die Spuren überlassen sollte, da ohne lange
268 Am Fus8<» (Ut Scliaubcrjfc.
reberreduii^ durch iuifinmiterude Staclielsticlic die Ocbscn »ich
iiiclit ^erne zum Ausweichen eutschliessen. Als indc8B meine
Leute herbeikamen, die die Passrolle auf einem Stocke vor sieh
hertrugen, wurden alle Schwierigkeiten schnell beseitigt. Schwere
Karren wurden von vier hintereinander gespannten Ochsen ge-
zogen und durch lange Rambupeitschen getrieben. Wo sich der
Wald lichtete, zeigte sich eine Pagode auf einem isolirt stehenden
Hügel, und in der Ebene gras*ten KUhe in der Nähe des von
grossen Zayat's umgebenen Klosters Schwemiadiude, eines im
November viel besuchten Wallfahrtsortes. Von der Terrasse dessel-
ben blickte man über die sandige Flüche, mit hügligen Erhebungen
hervorragend, so weit der lilick zum Horizonte schweifte, ausser
im Osten, wo er durch die hohen Schan-Oebirgc begrenzt wurde.
In einem Zayat am Wege weiterhin, wo \ erkäuferiunen
Sassen, hielten wir zum Füttern und zum Frühstück Einige
Uewohuer des nahen Dorfes Aunga lungerten dort umher, und
erzählten, dass ihr Dorf aus 20 Häusern bestände und 1500ehsen
besässe, die in soldier Jahreszeit, wo keine Feldarbeit zu thun
sei, für Frachtfahrten ausgemiethet würden. Kinder, die sich
um uns versammelten, spielten mit flachen Samen, die auf ein
Tau gezogen und durch rasches Ausziehen umhergewirbelt
wurden.
Die von dort mitgenommene Escortc wurde in einem Dorfe
gewechselt, das eine ziemliche Entfernung vom Wege ablag, so
dass die neue erst nach einiger Zeit die vorausgefahrenen Wagen
wieder einholte, die ich nach längerem Fortfahren in dem buschi-
g(»n (Jehölze bei einer verfjtllenen Pagode hatte halten lassen.
Das nahegelegene Kloster Schweminwun stand verlassen, da die
es früher bewohnenden Mönche so häutige Besuche von Uslubern
erhalten hatten, die Keis verlangten und mit Prügeln bezahlten,
dass sie es überdrüssig wurden und wegliefen. Im Oetober ver-
sammeln sich indess dort noch Jährlich viele Pilger, und werden
grosse Poelfs aufgeführt. In der Ferne wurde der hohe Berg
Nattheik sichtbar, der höchste Pass, durch den man von dem
Tafellandc derSchan's in die Ebene Birmas hinabsteigt. Bei Be-
sichtigung eines Nat-liauscs hatte ich mich so lange aufgehalten,
Die Escorte. 2G9
dass ich die vorausgefahrenen Karren im Jungle nicht wieder-
finden konnte und einige Zeit herumirrte, bis mich das weithin hör-
bare Kreischen der knarrenden Räder wieder auf die Spur leitete.
Erst nach Sonnenuntergang kamen wir in dem Dorfe Taun-
wingaede an, wo wir in den Hof des Thougyi einfuhren, um dort
die Nacht zu verbringen und auf Vorzeigung des Passes Gras,
Wasser und Feuerholz geliefert erhielten, da für Geld nichts zu
kaufen sein würde. Ohne Befehl nihrt sich der birmanische
Bauer nicht von seinem Platze und würde unbekümmert die
Ochsen des Reisenden verhungern oder ihn selbst verdursten
lassen, wenn er nicht gerade seinen verdienstlichen Rappel hat.
In dem Hause des Thougyi wurden Vorbereitungen zu einem
Theater getroffen, auf dem in den nächsten Tngen gespielt
werden sollte. Er theilte mir mit, dass das Dorf ^^0 Häuser mit
200 KUffelochsen enthielte. Die Bewohner leben von Verfertigung
des Palmzuckers (Taniet), vom Reis- undOelbau. EineOelpresse
stand in seinem Hofe (Nan oder Sesamum indicum). Das Dorf
war, wie die meisten dort, mit einer Pallisade trockener Stöcke
umgeben.
Das Waldgehölz, durch das der Weg am nächsten Tage
hinführte, war durch Stellen bebauten Landes unterbrochen.
Aus dem nächsten Dorfe kam eine formidabel aussehende Escorte
hervor, von denen der Erste einen Spiess, der Zweite eine Mist-
gabel trug, und die beiden Bürgergardisten der Reserve sich mit
Knüppeln bewaffnet hatten. Nachdem wir ein vertrocknetes
Wasser-Reservoir am Wege passirt hatten, öftnete sich das Land
und sahen wir die hohe Gebirgswand der Schan sich vor uns hiner-
strecken. In morastigen Wiesen, durch Deiche abgedämmt, lag
das Dorf Yaywaydih, wo sich der Weg nach dem alten Pinlaeh,
einst der Hauptstiidt Birma's, abzweigte.
Wir rasteten während der Mittagshitze in einem Zayat neben
einer in Stand erhaltenen Pagode, in deren Umgebung die Ruinen
anderer sichtbar waren. In einer Laube sasscn Frauen mit ihren
Rädern, um Baumwolle zu reinigen, und als unsere Caravane
Halt gemacht hatte, kamen ein halbes Dutzend junger Mädchen
aus dem Dorfe herbeigelaufen, jede das Rad auf dem Kopfe tra-
270 Am Fusse der Scbanberge.
gend. Verkäuferiuneu b(»teii Maugoes uud getrocknete Fische
feil. Während der Kein gekocht wurde, liess ich mir von der
weisseu Pagode Schweiuuto erzähleu, die abseits in der Wildnisi
stehen soll, auf der Stelle einer grossen Stadt aus alten Zeiten.
In der Tnigegend spuckt ein Nat-tzo (böser Dümon) und das
Volk fürchtet und verehrt ihn, als einen Nat-gyi (grossen Dämon).
Als Noatasa^) das jetzt nur in der Kegenzeit mit Wasser gefüllte
I^ssin bauen liess, das damals mit den künstlichen Seen Yaykans
( Wasser-Keservoir)communicirte, Hess er, umdie Deiche zu sicbern,
seine Königin (Mih-payah) dort ertränken. Sie ist jetzt zum
Dämon geworden, Menschen und Vieh mit jähem Tode fortraffend.
Ihr Natschin stand unter einem Uaume, aber ohne Dach, das ein-
gefallen war. In der PagcKle fand ich die Figuren mit frischen
Blumen umsteckt. In dem Zayat hatten wir bei unsrer Aukuntt
einen gefüllten Wasserkrug gefunden, der dort für Keiseude hiu-
gestelit war, und ein Mann, <ler nachher aus dem Dorfe kam,
Hühner zum Verkaufe bringend, machte uns darauf aufmerksam,
dass er der wolilthätige üeber sei. Wahrscheinlich dachte er
durch dieses XerdicnstNverk den sündvollen Verkauf aufzuwiegen.
Hühner hatten wir nun zwar, al>er Niemand zum Schlachten, denn
der octroyirte Koch, der zu jeder sein Departement betreffenden
Handlung etwas gewaltsam gedrängt werden musste, wies we-
nigstens den Stand eines (lurgelabschneiders ebenso entschieden
als bestimmt zurück. Auch Moung Schweb hatte einige alberne
Hinwendungen, und wollte V4m mir wissen, was zu nmchen sei.
Ich überliess es aber meiner Gesellschaft zu handeln, wie es
ihnen beliebe: sie möchten die ihnen am meisten couveuirende
Methode wählen, das Huhu vom Leben zum Tode zu bringen.
♦) Yaywaydih lieisst FliissvrrzwiMgungr, und von Noatasa wird erzählt, dass
er bei ih^m DorfcKoJHjnin v<Tsii(*lit habe, die N('bonflÖH.se deHSainan oder SainaoD
(Samoiniet) abziidniiinien, um die ain Kusse des a1t(>n Krater Paoi»ataiin ipelegeue
Stadt Kioukzook oder Tseliautje (Kiaukzauk) zu bowassem. Die alte Stadt der
Pagode Schweuiuto mag Mieuzain l)edeuteu sollen, u o die Armee dor zur Ein-
setzung Kyozua's hiT!)eigezogenon Chiueseu einen (.'aual gm!», den Tliongdoe-
myaung, der mit dem Zo-Flusse communicirt.
Wassermangel . 271
unter allen Umständen aber verlange ich es beim Abendessen auf
meiner Tafel zu seben. Und siehe da, es erschien in ein ßagout
verwandelt, ohne dass ich mich um die Art der Metamorphose
weiter zu kUmmern brauchte. Indess bezweifle ich fast, dass
nur die Aufopferung für ihren Herrn das Gewissen meiner treuen
Diener betäubt hat. Leider mag ihnen die selbstsüchtige Berech-
nung nicht fremd gewesen sein, dass, wenn sie mir keinen Braten
vorsetzten, für sie keine Reste bleiben würden. Wenn der Be-
fleckung mit Blut scheuende Birmane nicht weiss, welclien Weg
er einschlagen soll, so legt er wohl das gebundene Huhn auf die
Erde, und setzt sich ihm aus Verlegenheit auf den Hals, da er
nicht zu wissen braucht, dass die durch die Schwere seines Kör-
pers verursachte Dispnoe zur Erstickung füliren könnte, aber
nachher doch froh ist, wenn es so geschehen. Um im Homa ein
Thier zu opfern, stopfen die Brahmanen alle seine Oeffnungen zu
und warten mit dem Kopfabschlagen, bis es gestorben ist (nach
dem Dabistan).
Wir quälten uns wieder durch den tiefen Sand hin, aus dem
niedrige Büsche in Büscheln hervorstanden , und kamen an der
Pagode Schwedaunde vorbei , von dem Könige auf einem Phitz
gebaut, wo ein Feldarbeiter einen alten Schatz gefunden haben
soll. Die Nacht überraschte uns- auf dem Wege und ich Hess
den Zug dichter zusammenschlicssen, die Ochsen nach Möglich-
keit antreibend. Im Di»rfe Payabhiu nächtigten wir in dem
HauHC des Thougyi, doch zog icli vor, in dem Karren zu schlafen.
Wasser war wenig und schlecht. Es musste aus einer Entfernung
von mehr als einer Meile herbeigeholt werden. Mein Wirth er-
zählte mir, iJass da« Dorf auf einem Platze erbaut ist, wo in alter
Zeit Mihn Alaun den Grund zu einer weissen Pagode legte. Phiuh
faeisst weiss, könnte aber auch eine Beziehung zu den Pyu (Pri
oderMyu), den alten Ureinwohnern des Landes, gehabt haben, wie
die in dem Gebiete derWaldbewohner gegründete Stadt Tongu von
den Brama- oder Byahma- Königen beherrscht wurde. Auch
auf der Sclavenkarte (Hamilton's) werden die Brahmans auf das
rechte Ufer des Sittaiig versetzt, wo noch jetzt in den versteckten
Schluchten Reste der versprengten Pyu sich aufhalten sollen.
272 -^n™ Pusse der Schanberge.
Als wir am nächsten Morp:cn mit der Dämmerung aufbrachen,
begegnete uns eine Reihe von Karren, in denen die Passapiere
und Kutscher im festen Schh\fe lagen, während die Ochsen me-
chanisch den Weg hinzogen. Als wir sie aufweckten, um die
Strasse frei zu machen, hiirten wir, dass sie von einem in der Pjigode
PaV'i^-tzu aufgeführten Poeli (Scliauspiel) kämen. Hald kamen
wir an der Stelle vorbei, wo eine ganze Gruppe von Pagoden zu-
sammenstand. Die Strasse entlang kamen 20 - <-^0 Knaben, mit
Cocosniisseu, Bananen, Zeug u. s. w. wohlbeladen, und hinter
ihnen gingen drei Pungyi, die sich bei derFcstliclikeit alle diese
Dinge zur Freude der Geber hatten schenken lassen. Weiterhin
sahen wir die Zwillingspagode Nyinaunde, die eine roth, die an-
dere weiss, von zwei HrUdern erbaut, und zwischen den Käumcn
hindurch blickten die Häuser des Dorfes Wundwinde, dessen
Frauen um den Brunnen versammelt standen. Zum FrühstUek
wurde Halt gemacht in einem Zayat der Tju-Paya- Pagode
neben einem Kloster. In der inneren Halle fand sich ein grosses
Götterbild hinter einem Tische, auf den zum Gottesgericht zwei
Kerzen gestellt werden. Derjenige, dessen Kerze zuerst nieder-
brennt, wird für schuldig erklärt. Hinter der Statue lebt eine
grosse Schlange, die mit Gold und Silber gefüttert wird. Wenn
Jemand vor die Figur tritt und einen Meineid schwr>rt, so folgt
sie beim Weggehen dem Sünder, packt und verschlingt ihn. In
mondhellen Nächten konmit sie heraus, aus dem Brunnen im
Klosterhofe zu trinken. Als ich dorthin ging, dasselbe zu thuu,
fand ich auf ihm ein paar kleine Knaben aus der Klosterschule sitzen,
die ich über die Schlange befragte. Sie zeigten mir Spuren im
Sande, als die Linie, in der sie nach dem Brunnen gekommen.
Sie wandere auch sonst umher, meinten sie. Einer erzählte, dass
er einst bei Nacht auf dem Felde ein sonderbares Geräusch ge-
hört und geglaubt habe, es sei ein Tazeit (böser Geist). Beim
Hinblicken aber habe er die Umrisse der Schlange erkannt.
Während des Frühstückes kam ein Mann, der ein Pferd zum
Verkauf anbot. Sonst war im Dorfe von Nahrungsmitteln nielitn
zu haben, da der Bazaar erst Abends abgehalten wird, wenn die
Karren zur Nachtrast ankommen. Als wir weiter zogen, sah
Eintheilang der Pagoden. 27g
ich Behwärts im Felde eine weiBBe Pagode Btehen, die ein Ayoh-
Oh oder Ajoh-Dzedi (Knochentempel) genannt wurde, weil über
den Gebeinen eines yerstorbenen Pungyi erbaut. Ich Hess die
Wagen yorausfahren und ging hin , sie zu besichtigen , als mir
auB einem Busche ein Mann, mit gezogenem Säbel in der Hand,
ungestttm entgegentrat und mit rauher Stimme fragte, wohin ich
ginge. Da ich vor der Antwort die Hand an den Griff des
Revolvers gelegt hatte, den er aus dem Gürtel hervorblicken sehen
konnte, wurde er indess höflicher und entschuldigte sich, dass er
mich aufgesucht habe, um über ein Pferd zu sprechen, das meine
Absicht gewesen sein sollte zu kaufen. Die Knochenpagode war
ohne Eingang, aber mit verschiedenen Inschriften bekritzelt. Die
Birmanen unterscheiden durchschnittlich vier Arten von (üetih,
die Öatu-£etih, worin Reliquien eines Buddha oder eines Heiligen
niedergelegt sind, die Dhamma-6etih, zur Aufbewahrung heiliger
Schriften, die Paribhoga-ietib, die eine der acht geweihten Ge-
räthschaften einschliesst, und die Uddhisa-6etih, die Weihgegen-
stände enthält. Den Kern der Pagode bildet der lotusartige
Dagob, als der Behälter des Heiligthums, obwohl derselbe oft
unter der Vervielfachung des bunten Nebenwerkes fast ganz ver-
schwindet.
Als ich die Karren wieder einholte , kamen wir an einem
prächtigen Blumenbeet vielfarbiger Lotus vorbei, die die ganze
Oberfläche eines Klosterteiches bedeckten. Einer der Pungyi
schickte seinen Knaben, mich um die Ehre eines kurzen Besuches
zu bitten. Er empfing mich mit den gewöhnlichen Freundschafts-
bezeigungen und fragte mich, ob ich den birmanischen Gott ver-
ehre. Es folgte dann eines der den Buddhisten geläufigen Ge-
spräche über die wahre Religion, ob nur eine die einzig richtige
wäre, oder ob sie alle aus dereelben Wurzel hervorgewachsen
und nur verschiedene Gestaltungen zeigten, wie die Hautfarbe der
Völker in den verschiedenen Ländern. (Sicut Dens dedit manui
diverses digitos, ita dedit hominibus diversas vias, hörte Ruysbroek
vom Mongolen -Chan.) Er schien nicht abgeneigt, Zuzugeben»
dass Gautama's Verbot, keine Thiere zu tödten, auf kalte LHo^dert
wo Fleischspeisen nothweudig sind, keine Anwendung fiadM
BMÜan, OttMiea. II. 13
274 ^^ Fii86e der Schanberge«
könne. Die Klosterbibliothek, erzählte er mir, enthielte ungefiUir
100 Bände, grösstentheils zum Pitagat gehörig. Einige der Figuren
in seinem Zimmer waren mit einem spiraligen Thurm als hohem
Kopfschmuck verziert. Auf meine Frage nach der Bedeutung er-
klärte er es für ein Zeichen grosser Glorie, und auf die weitere
Frage, warum es bei andern Bildern fehle, meinte er, Alles das
sei Uberein wie bei der Manifestation Buddha's, halb Feuer und
halb Wasser. Das Eine sei so gut als das Andere, es sei doch
immer derselbe Gott. In der buddhistischen Symbolik indessen
bezeichnet die königliche Haupttracht entweder Buddha in seiner
Transfigumtion als Zina *) , der Sieger unter dem Bodhi-Baum,
oder als den unter den Lobpreisungen Keisa Gautama's in
den Wald ziehenden Prinz, nachdem sein Turban durch die
Hand eines Nat in tausend Windungen aufgethUrmt war, die
doch nur wie eine einzige erschienen. Eine protestantische
Richtung der Mönche, zu der mein Freund gehören mochte,
sucht aber Unterschiede möglichst zu verwischen. In einem
andern Kloster wurde] der als König mit dem Nakin ge-
schmückte GautamaTandzadzaun-Paya genannt, aus seiner könig-
lichen Existenz. Buddha's Figur mit gethlirmter Kopftracht
heisst Bhodiri (der Gott mit dem Griff) und die Figur mit der
Kopfbeule: Paundoh-uh (die Bedachung von Altersher). Die durch
die Gedankenkraft hervorgetriebeue Usnischa würde phrenolo-
gische Untersuchung verlangen. Unwissende Mönche , die die
Pali-Namen nicht kennen, unterscheiden die vielen Figuren nur
als stehende , sitzende und liegende. In einem Buche fand ich
die Bemerkung, dass nach dem Gebrauch, der Verfertiger einer
stehenden Figur eine sitzende, und nach dieser eine liegende
machen lassen könnte, aber nicht umgekehrt, weil man nicht zu-
rttckschreiten dürfte.
Als wir beim Weiterfahren durch einen Wald kamen, hatten
die schon den ganzen Tag lärmenden und polternden Hühner,
denen das Rütteln und Stossen der Karren nicht zu gefallen schien,
*) DaB Word Jai, wie (nach dem Dabistan) in der Abadi- oderAzari-Sprache
dn HeUiger genannt wird, erinnert (bemerkt Troyer) an Jina or Jaioa from ji (to
oonqner or excel) in the Jaina sect.
Wasser-Privilegien. 275
sich durch den Korb durchgearbeitet und waren entwischt. Nach
vergeblichen Versuchen sie zu erhaschen, wurden sie geschossen,
um sie nicht zurückzulassen. Erst nach Sonnenuntergang kamen
wir bei dem Dorfe Hansa- Yoa an und fuhren an einem Zayat
vor, der in der Umzäunung eines Klosters ausserhalb stand ; da
indess die Mönche auf unsere Frage nach Wasser nichts zu haben
behaupteten, begaben wir uns nach dem Hause des Thougyi, der
bestätigte, dass das Wasser aus weiter Entfernung herbeigebraeht
würde und deshalb auch nicht reichlich mittheilen konnte. Das
Dorf ist nach einem Tsoboa oder Prinzen der Schan(Han) genannt,
dem es früher gehörte. Bei dem unveränderiichen Sonnenumlauf
der Tropen ist die Tageszeit immer leicht zu berechnen, und der
Birmane, um die Stunde zu bezeichnen, zeigt mit der Hand, wie
hoch die Sonne war, oder sagt vielleicht vergleichungsweise,
einen Palmbaum hoch.
Noch vor Tag brachen wir auf, mussten aber im Jungle
halten, da sich so viele Wege kreuzten, dass wir fürchteten,
den richtigen zu verlieren. In einem Brunnen, wo wir vorbei-
kamen, war das Wasser so spärUch, dass es nur mit flachen Korb-
schüsseln herausgeschöpft werden konnte. Sonst wird Wasser
mit Eimern aufgeholt, die durch das Gewicht an der andern Seite
des Brunnenbalkens sich wieder heben. Weiterhin indess kamen
wir zu einem Teich (Hansada- Yaykan), der zum Baden diente,
während viele Karren sich mit Wasser beluden, um dasselbe nach
den Dörfern zu schaffen. Gegen Mittag rasteten wir in dem
Zayat eines Klosters neben dem Dorfe Yapiledeh. Im Felde
war ein offener Brunnen gegraben , aber mit so wenig Wasser,
dass es mit Löffeln aufgetunkt werden musste, und die Leute
standen da wartend, bis die Keihe an sie kommen würde. Da-
neben war ein anderer Brunnen , ziemlich voll mit Wasser, aber
ein gelbes Tuch, das übergehängt war, reservirte ihn für die
Pungyi, da es für Solche eine grosse Sünde sein würde, aufge-
rührtes Wasser zu trinken, und viele Benutzung diesen Brunnen
ebenso schmutzig machen würde, wie den andern. In Vorder-
indien sind solche Priesterbrunnen häufiger. Ich hatte mich einst
für mehrere Tage in den Tempel - Ruinen Mahabalipuram's ein-
18*
276 Am Fasse der Sclumbeige.
quartiert und erhielt dort sehr sehlechtes Wasser, bis ich auf
einer meiner Excursionen einen andern Brunnen sah und
dem zum Wassertragen engagirten Coulie befahl, von dort £U
holen. Er that es auch, aber am Abend kam eine Deputation der
Brahmanen aus dem nahen Dorfe zu mir heraus, um sich über
meinen Diener zu beklagen, der zu dem Auswurf der Pariab ge-
höre und den Brunnen ihrer heiligen Kaste entweiht habe, sodass
jetzt Niemand das Wasser trinken dürfe. Um weitere Eingriffe
zu vermeiden, engagirte ich einen Brahmanen zum Wasserträger,
der arme Coulie war aber so in Angst gesetzt, dass er mich beim
Weggehen flehentlich um eine Bescheinigung bat, dass er nur in
meinem Auftrage gehandelt, weil ihn sonst die Brahmanen über-
all verfolgen würden.
In dem Kloster dieser Wassermonopolisten fand ich die
Knaben in der Si'.liulstunde. Einige lasen den Mengaladzat, an-
dere den Payatgyi, andere Gebete. Beschriebene Tafeln standen
umher. Die Knaben waren aus verschiedenen Dörfern. Fünf
unter ihnen gehiirten zum Doi-fe Yapiledeh, das 24 Häuser
enthält.
Die Klöster sind mehr Schulen als Kirchen und es ist zu-
niichst als Lehrer, nur ausnahmsweise als Geistlicher, dass die
Mönche in öffentliche Wirksamkeit treten. Dem Buddhismus fehlt
ganz die priesterliche Vermittelung, und somit ein eigentlicher
Gottesdienst, denn obwohl sich die Brüderachaft in regelmässig
dotirten Klöstern täglich früh oderAbends, in andern besonders an
Festtagen, in pleno in dem der Pagode angebauten Tempel versam-
melt und im Unisono Paliformcln herleiert, so geschieht dies doch
nur zu ihrem eigenen Besten ohne Rücksicht auf eine Gemeinde.
Auch der Laie hat beim Besuche der Pagode selbst sein eigenes
Seelenheil zu besorgen, nur mag er sich, statt an die durch die
stumme Figur repräseutirte erste Person, an die lebendige dritte
Person seiner Trinität wenden, d. h. eben an einen der Mönche;
aber obwohl er denselben zu seinem Gewissensrath auswählen
mag, kann er ihn doch nicht, wie der Indier den Brahmanen, mit
Aufträgen an den Himmel betrauen. Der Lamaismus hat in-
dess Umwege gefunden, um auch darin wieder den Wünschen
Der Teich von MeithiU. 277
menschlicher Schwachheit entgegenzukommen. Abgesehen von
dem Ausschmücken der Pagode oder Bilder, dem Darbringen von
Blumen, Zeug u. s. w., sowie der dem Kloster gemachten Ge-
schenke, bleiben magisch bindende Opfer vom Cultus der Bud-
dhisten ausgeschlossen. Das, wie auf Ceylon, auch in Siam be-
kannte Bali ist nur ein gelegentliches Gnadenbrot für das abge-
setzte Göttergeschlecht eines früheren Dämonenglaubens.
Als ich nach dem Zayat zurtlckkam, war weder Stroh noch Holz
angelangt, obwohl ich gleich nach der Ankunft zu dem Thougji
geschickt hatte. Derselbe habe geantwortet, dass sein Vorrath
erschöpft sei. Ich Hess ihn herbeirufen, und als er sah, dass
Ernst gemacht werden müsste, war das Benöthigte bald herbei-
geschafft. Gleichzeitig mit uns waren einige Wagen aus Mei-
thila an dem Zayat vorgefahren, um Mittagsruhe zu halten.
Die Reisenden erzählten mir von dem berühmten Nat-Tempel
dort. Als Bodopaya den grossen Wasserteich grub, Hess er an
jeder der vier Ecken ein Menschenopfer bringen, und die Seelen
hausen dort jetzt als vier Dämone, Liinsin, Mihtaya, Miupiuschin
und Maunjiatu genannt.
Am Nachmittag war der Weg hügelig und brachte uns zu
einem Teich, in den ich mich, ausgedörrt durch die brennende
Sonnenhitze dieser bis dahin so dtlrren Gegend, für eine Viertel-
stunde hineinlegte, bis sich die Poren mit dem kühlen Elemente
wieder vollgesogen hatten, lieber grüne Wiesen kamen wir zu
einem andern Wasserteich neben der Pagode Bogum, und von
einem Tempel auf einer Hügelspitze sah ich an drei SteUen Seen
zwischen den Bäumen hervorblitzen. Von einem noch höheren
Punkte war die Linie der Schanberge sichtbar.
Abends bei der Ankunft im Dorfe Moundoung fuhren wir zum
2^yat neben dem Kloster, wurden aber durch den Thougyi, der
auf die Nachricht unserer Ankunft herbeigeeilt war, ersucht, in's
Dorf hineinzukommen, wo wir sicherer sein würden. Er selbst
lebt jetzt in einem benachbarten Dorfe, führte uns aber zu dem
früher von ihm bewohnten Hause. Da dasselbe an eine Familie
vermiethet und nicht sehr geräumig war, zog ich vor neben den
Karren im Hofe zu bleiben. Als eben die verschiedenen Feuer
278 ^^ Fuue der Sclumberige.
angeschürt waren, kam ein plötzlicher Windstoss, der die bren-
nenden Kohlen zwischen den niedrigen Strohdächern und den
Matten des aufgestapelten Gepäcks umhertrieb, aber zugleich
stürzte ein Platzregen herab, der uns in die Stube hineinjagte,
obwohl wir sie, ausser den menschlichen Eigenthümem, auch mit
Kühen theilen mussten. Wegen dieses Unwetters wurde es dem
Thougyi auch schwer, die Nachtwachen herbeizuschaffen, aber er
war viel besorgter für unsere Sicherheit als wir selbst. Wir hat-
ten jetzt das Gebiet des Prinzen von Nyaungyam betreten, der
schon unsere Ankunft anzeigende Briefe voraufgeschickt und allen
seinen Behörden specielle Befehle für unsem Empfang gegeben
hatte. Ueberhaupt aber macht auch schon derRegierungspass den '
Reisenden zu einer bedenklichen Person in einem birmanischen
Dorfe, weil die Bewohner desselben für alle Dinge aufkommen
mtlssen, die ihm verloren gehen oder um die er bestohlen werden
sollte. Jeder wird ihn deshalb gern so rasch wie möglich
wieder los.
Beim Abendgespräch hörte ich, dass das Dorf 20 Häuser ent-
halte mit 300 Ochsen. Im Kloster lebt ein Pungyi, der zehn
Knaben unterrichtet, zu verschiedenen Dörfern gehörig. Vor dem
Nachbarhause stand eine buntgeschmüekto Lehmpagode*), wegen
eines Krankheitsfalles aufgerichtet.
Der Weg am nächsten Tage war hügelig. Ueber die Bäume
hinausragend, sahen wir das doppelte Dach des Klosters Myadaou,
ein grosses Götterbild enthaltend, bei dessen Anblick Pferde sich
erschrecken und durchgehen. Ueber den Schwedatschaun, einen
Nebenfluss des Paloung, führte eine Brücke. Auf der andern
Seite verloren wir den Weg im Walde, kamen aber nach einigem
Umherirren zu der verfallenen Stadtmauer des alten Nyaungyam,
mit dem Graben des früheren Nandau oder Palastes, wo ein
peguanischer König eine Zeitlang residirte. Der jetzige Flecken
ist an dem einen Ende der früheren Stadt erbaut und besteht aus
niedrigen Häusern, die in Gärten liegen. Das Terrain ist ge-
*) One distiDfraisbing mark of the Pei-aradanai (devil-worship) of the Sha-
nare is the erection of pyramidical heaps of eartb and often coloured in strips.
GeneraUjr there is one or more of ttaese pyramids on every pei-coil (dovil-house).
NyaaDgyam. 279
brochen und gewinnt durch die Betelpflanzungen, in denen die
Winden an hohen Stangen aufranken, einen pittoresken Anblick.
In. der alten Pagode von Schwekuh, die schon der Gründung der
Stadt vorherging, führen drei Spitzbogengänge zu der Aushöhlung,
auf deren Rückwand ein Blumenbaum in Stuccatur ausgearbeitet
ist. Um das grosse Götterbild lagen viele kleinere auf dem Boden
umher, theils aus Stein, theils aus Holz, theils aus Lehm mit Ver-
goldungen. Ein kupfernes zeigte einen sitzenden Buddha an einen
Baum gelehnt, der mit den Zweigen ein wölbendes Dach über
seinem Haupte bildet. DieWände waren al fresco mit Darstellungen
aus den Djat bemalt, aber der Beleg zum Theil heruntergefallen.
Die Pagode Schwezandoh hatte verschiedene Oeffiiungen, jede
mit. einer Figur. Neben dem einen Paya stand das Lehmbild
Utobauk. Von den kleinem in Kupfer, die ohne Ordnung um-
herlagen, occupirte das eine das Centrum einer Kreisscheibe, an
deren Peripherie andere herumgesteckt waren, in anbetender
Stellung. Auch um ein liegendes Kupferbild waren Figuren auf-
gesteckt, die aus ihren Löchern herausgenommen und verschie-
dentlich gruppirt werden konnten. Ich stattete einen Besuch bei
dem Pungyi ab, der mir die Yasuen (Geschichte) Nyaungyam's
auf einer Parabeik (Tafel) geschrieben zeigte, als einen Auszug
aus dem Maha-Yasuen (der allgemeinen Geschichte Birma's). Ein
königlicher Palast wurde in Nyaungyam gebaut, als Miintissa, der
Sohn des peguanischen Königs Minjinaun, dort seinen Aufenthalt
nahm. Weitere Ausdehnung erhielt die Stadt unter den folgen-
den Königen.
;,Als in Besiegung seiner Feinde sich sein Ruhm ttbersämmt-
liche Wesen verbreitet und überallhin bekannt geworden war,
vermählte Dammajit seine Tochter, die Tochter seines Herzens,
unter grossen Festlichkeiten, und jetzt thront sie erhaben in dem
Palaste, als die königliche Schwester, die sechs Laster vermeidend
und von SOOORathgebern umringt, die wohl erfahren in den Vor-
schriften des Gesetzes sind. Nachdem er so alle seine Gegner
niedergeworfen und der Klang seines Namens weithin erschollen,
gab er die umliegenden Städte unter die Gerichtsbarkeit Nyaung-
kyan's, und dort umgeben von seinen Heerführern und Tapfem,
280 ^"™ Fu8»e der Schanberge.
krönte er unter grossen Ehren bei Ankunft derbimianischenlYup-
pen seine Tochter mit dem Titel Laun-Natschin.** So heisst es in
dem Auszuge einer kurzen Copie, die ich während unserer Mittags-
rast in dem Kloster Nyaungj^am's (Nyaungkyan's) machen liess.
Der Flecken enthält jetzt 40 Häuser, und 20 Knaben, die
grösstentheils in Nyaungyam zu Hause gehören, werden in dem
Kyaung von Schwezandoh unterrichtet. Nur drei oder vier
Knaben besuchen die Klosterschule der anderen Pagode, und der
Pungyi des dritten Klosters von Schwekuh ist kürzlich gestorben,
und hat noch keinen Nachfolger. Bei der Rückkehr zu dem
Wagen fand ich Geschenke von Bananen, Mangoe, Geflügel und
Reis, die der Thougyi geschickt hatte.
Als wir am Nachmittag aufbrachen, von einer Ehrengarde mit
Flinten und Säbeln geleitet, fanden wir die Brücke über den Nyaung-
yam-Fluss (der in den Paloung fällt) nur für Fussgängerpassirbar,
so dass die Wagen eine F^irt suchen mussten. Der anfangs hügelige
Weg wurde dann eben. Die zu dem hohen Tafellande der Scban auf-
steigende Gebirgsmauer stand jetzt in voller Ansicht, und von der
Ebene gesehen, wo sich die Karren langsam zwischen dem ver-
krüppelten Baumwuchs der 8andebene hinschleppten, riefen sich die
aus Seereisen wohl bekannten Erinnerungen eines hohen Küsten-
landes hervor, an dessen Fusse die Wellen schäumen, und auf
dem, wie das Schiff näher und näher kommt, erst die angebauten
Stellen durch ihre Färbung dem Auge kenntlich werden, dann
die Behausungen der Dörfer, und schliesslich die sich bewegen-
den Gestalten von Thieren und Menschen. Je nachdem sich der
Weg mehr oder weniger dorthin schlängelte, desto mehr Einzel-
heiten konnten am Abhänge und den zur wellig gehobenen Ebene
fuhrenden Wegen unterschieden werden. Aus dem nächsten
Dorfe kam uns ein Bote des Prinzen entgegen und führte uns zum
Nachtquartier in das Haus desGoung, da es weder einen Thougyi
noch seinen stellvertretenden Kosela dort gab. Noch während
des Abends langte aber der Thougyi des nächsten Dorfes an, der
sich herüberbegeben hatte, um zu sehen, ob Alles in Ordnung sei
und Nichts mangele. Das Dorf hiess Shan-joa oder. Dorf der
Schan, weil früher dort Schan gelebt hatten. Es enthält ein Kloster,
Piobaeh. 281
aber die Knaben werden in die Schule eines andern Dorfes ge-
schickt. Die alte Pagode ist zusammengefallen, eine neue wird
jedoch jetzt gebaut und mein Hauswirth ist derTaka oder Stifter.
Auf dem Wege des nächsten Tages begegneten uns viele
handeltreibende Schan's, mit Körben beladen. Sie bringen Erb-
sen, Saifran u. s. w. zum Verkauf und unter den Sachen, die sie
zurücknehmen, finden sich besonders Betelblätter und Ngapie.
Wir passirten den fast trockenen Taboh-tschaun , der in den
Samo-miet fallt, und ich dachte an dem noch frühen Vormittage
ein Stück über die Stadt Piobaeh hinauszukommen, aber eine De-
putation der Behörden kam mir entgegen, um mich nach dem
Hause des Myothougyi zu führen, wo auf des Prinzen Befehl Alles
zu meinem Empfang bereitet wäre. Die Wohnung war geschmückt
und eine geputzte Gesellschaft versammelt. Es schienen man-
cherlei Reden und Complimentsfragen vorbereitet, doch da die
Zeit meines Aufenthalts nur beschränkt war, so brachte ich das
Gespräch rasch aufs Praktische. Die Stadt, wie ich hörte, ent-
hält 1000 Häuser, 30 Pagoden und 10 Kyaung. Sie ist gegrün-
det durch Miintissa, den Sohn des Szinbiumiashin oderMinjinaun,
Königs von Pegu. In den Kriegen mit dem Könige von Pagan
theilte Szinbiumiashin das eroberte Land und erbauete in Nyaun-
gyam einen Palast für seinen Sohn Moungtissa oder Miintissa, der
sich in ein hübsches Bauermädchen aus dem Dorfe Pauktojoa
verliebt hatte.
Da mir der Pungyi des Klosters Myoungteik als besonders
gelehrt gerühmt wurde, begab ich mich dorthin. Er empfing mich
mit gewohnter Zuvorkommenheit, räumte einen Platz auf seinem
Teppich ein und legte mir einige der Kuchen vor, die ihm zur
Gabe gebracht waren. Er schien in den acht Büchern der Gram-
matik wohl bewandert und machte mir einige Mittheilungen da-
rüber, die ich aufzeichnete. Bei der Rückkehr zum Hause des
Stadtobersten stand das Frühstück für mich bereit und ein anderes
für meine Leute, die der birmanischen Küche alle Ehre anthaten.
Durch die Combination des Aufenthaltes im Palast mit meinem
Charakter als Arzt, war mir unterwegs der Ruf vorhergegangen,
dass der Leibarzt des Königs die Strasse ziehe, und auch bis hier-
282 ^^ Fusse der S chanberge.
her gedrungen. So fehlte es nicht an Bitten um ärztlichen
Rath, aber wäre meine Medicinkiste selbst ganz frisch in der
Apotheke gefüllt gewesen, so würden doch einige der Anfragen
schwer zu befriedigen gewesen sein. Der Stadtschreiber wünschte
eine Medicin, die erMihkankunganmon nannte, womit man jedes
Feuer austreten könne. Nach alten Büchern sollte sie sich in
der Tiefe des Oceans finden. Das möchte sein, erwiederte ich
ihm, aber in Europa sei sie schwerlich. Der Myothougyi wollte
Medicin gegen Flintenkugeln, wo möglich auch gegen Kanonen,
und zuletzt kam ein Stockblinder, der Hexen-Medicin begehrte,
weil man ihm seine Krankheit angesprochen hätte.
Ais ich am Nachmittage zum Aufbruche fertig war, standen
neben meinem Wagen zwei Pferde, von denen das schöner aufge-
zäumte mir vorgeführt wurde, als Geschenk des Prinzen; das an-
dere war für Moung Schweb bestimmt. Ich war im ersten Augen-
blick etwas bedenklich, zwei neue Consumenten unserem Zuge
zuzufügen, da wir schon bisher mit dem Futter zuweilen etwas
kurz gekommen waren; aber der Myothougyi erklärte sogleich,
dass es des Prinzen Befehl sei, und er die Pferde unter keinen
Umständen behalten könne. So wurde aufgestiegen, dem Geber
ein Gruss nach Mandalay zurückgeschickt und der Zug in Be-
wegung gesetzt. In den Dörfern, wo wir vorüber kamen, waren
die hügligen Erhebungen ihrer Umgebung mit Pagoden g^
schmückt. Bei der Pagode von Pcgum führten die breiten Stufen
der Treppe bis zur Landstrasse herunter und an derselben stan-
den die hütenden Löwen. Die Einladung war zu verführerisch,
und das Pferd Moung Schweb zum Halten gebend, stieg ich hin-
auf. Das Hauptbild schien eine liegende Riesenfigur zu sein, von
Anbetern umgeben. Die Pagode stand zwischen Gärten von Ba-
nanen, die im jungen frischen Grün glänzten, und Pflanzungen
von Betelwinden. Die Karren waren bald wieder eingeholt, und ich
Hess mir durch den mitgegebenen Führer aus Piobaeh noch einige
Details mittbeilen über die unter der Jurisdiction des Prinzen
stehende Provinz, die wir jetzt schon wieder verlassen hatten.
Ueber dem Thougyi steht der Dain, dann der My-ok, dann der
Myo-Thougyi, dann der Myo-Wun, dann derMyo-tsa (der jüngere
Die Dorfwächter. 283
Bruder des Prinzen), dann der Nyaung-yam-Ming-tha (der Prinz
von Nyaung-yam). In seinem Distriete finden sich 40 Thougyi's
und jedes Haus zahlt jährlich wenigstens 3 Rupien. Einige
Reichere 15—20 Rupien. Die Revenue kommt zunächst in die
Hände des Königs, der dann davon dem Ming-tha und Myo-tsa
zukommen lässt. Die Beamten werden vom Könige ernannt, der
indess gewöhnlich erst den Prinzen darum befragt und es zu-
weilen ihm ganz überlässt.
Abends kamen wir in die Nähe der im Oktober von
Pilgern besuchten Pagode Sudaundieh nach dem Dorfe Swedon-
gainye, wo weder der Thougyi noch dessen Stellvertreter sich
finden Hessen. Beide waren verreist. Der Bote des Prinzen
hatte keine Autorität mehr, da wir uns jetzt im Distriete
Yemethen befanden, doch übernahm es einer der Haupt-
leute im Dorfe, uns mit Wasser, Holz und Futter zu versorgen.
Auch Wächter für die Nacht wurden versprochen, aber die Nacht
kam ohne die Wächter. Ich schickte nach denselben aus, war-
tete lange, doch Niemand erschien. Alles war im Dorfe wie
todt und kein Mensch zu sehen. Da wir Alle der Ruhe bedurften,
Hess ich meine Leute bewaflFnen, um uns, unter Vortragung der
Passrolle, selbst unser Recht zu schaffen und die Deserteure her-
beizubringen. Als wir indess die nächsten Häuser in Angriff
nehmen wollten, kamen Einige herbeigeschlichen, die wir scharf
examinirten und zuletzt das Haus des Goung herausbrachten.
Diesem wurde Befehl geschickt, augenblicklich zu erscheinen, und
einmal entdeckt, folgte er rasch, bittend ihn mit Knebeln zu ver-
schonen, da er die vollste Zahl der Wachtleute stellen wollte, die
aufzubringen sei, von jedem der 20 Häuser einen. Diese wurden
postirt und konnten wir uns nun ruhig dem Schlaf überlassen.
Mit dem frühesten aufbrechend, verfolgten wir im Walde
einen uneben-hügligen Weg. Aus dem Laub einer schattigen
Banmgruppe schienen bei einem Wasserbassin die Pagoden von
Injingang hervor. Als mein Diener Einkäufe machen wollte,
konnte er nicht mehr das Azekiay, das geringste Alloy, mit dem
in Mandalay der ganze Kleinhandel betrieben wird, loswerden,
sondern man wollte das feinere Silber des Daina. Je abgelegener
4 Am VuB»e der Schanberge.
eine Provinz ist, desto reineres Geld wird verlangt, da die in
sich werthlose Scheidemünze nur in dem raschen Verkehr der
Städte, wo sie jeden Augenblick die Hand wechseln kann, ohne
Bedenken genommen wird. Das reinste Silber, Bau genannt,
enthält nur 3 — 4 Prozent Legirung. Das AUoy des Daina kann
zwischen 9 — 12 Prozent angenommen werden, doch schwankt es
vielfach, indem z. B. gewisse Arten Daina^s schlechter sind, wie
Yowetni, für welches etwa 16 Prozent oder auch 15 Prozent tu
85 Bau, in der Legirung gilt. Für genaue Bestimmungen muss
stets ein Wechselmäkler zur Analysirung herbeigerufen werden und
sind diese immer mit dem Ofen und sonstigen Werkzeugen ver-
sehen. Für die kleinen Ausgaben des gewöhnlichen Lebens wer-
den sehr untergeordnete Arten der Legirung, Azekiay genannt,
gebraucht, die durchschnittlich vielleicht auf 25 Prozent berech-
net werden können, aber sich auch in so verfälschter Form finden,
dass erst 180 mit 100 Yowetni entsprechend sein würden, obwohl
Alles unter 50 Prozent gesetzlich verboten ist. Das muschel"
förmige Kayobat (6-7 Prozent) ist im eigentlichen Birma selten.
Keines Gold gilt 10 Mu und ein Mu macht den zehnten Theil
eines Tickal oderKyat. DerPoeza oder Mäkler erhält für Kleinig-
keiten 1 Prozent, bei verwickelten Operationen aber mehr. Die
Abgaben werden im Yowetni bestimmt, was überhaupt im regel-
mässigen Handel für das Medium gilt, wenn keine besonderen
Stipulationen vorliegen.
Wir reisten jetzt auf dem Abhänge einer geneigten Ebene,
die, mit Hügel und Thal durchbrochen, von dem Fuss des hohen
Schangebirges abfallt; und wo die aus demselben hervorftthrenden
Strassen mündeten und sich kreuzten, lag vor uns zwischen Baum-
gruppen die betriebsame Stadt Yemethen, die indess vor kurzem
durch eine Feuersbrunst zerstört war und in ihren Strassen nur
Schutthaufen und verkohlte Palmstämme zeigte. Ich Hess in
einem Zayat Halt machen und schickte Moung Schweb mit dem
prinzlichen Boten, der von hier zurückzukehren hatte, an den
Sitkay, für specielle Befehle an die ihm untergebenen Behörden,
da wir uns einem sehr verrufenen Districte näherten. In der
Zwischenzeit besuchte ich in der nahen Pagode einen kleinen
\
Yemethen. 285
Tempel, enthaltend zweiNats, von denen der grössere einen Tur-
ban um seine Spitzmtltze gewunden hatte, der kleinere ein Mu-
sikinstrument auf demSchoosse hielt. Der kleinere, MoungPothu
genannt, war nur ein Mann aus dem gemeinen Volk gewesen,
aber der grössere, Schleim-Takin, war königlicher Abstammung
und hatte früher in der Stadt Schleim gewohnt, in der Nähe von
Nyaungyam, ehe er sich beim Tode in einen Nat verwandelte, wie
der Dämon Dalla in der Kolan Nattannawa (in Ceylon). In the
beginning he was bom a prince with various excellencies, but
through the power of Garayah he got a black devil's face (nach
Callaway's Uebersetzung). In einer Steinkapelle des Kyaung
Sadogyi neben der Pagode Nyaungu-paya lag ein gigantischer
Oautama, umgeben von Anbetein, unter denen sich der Thagyamin,
Belu's, Wundervögel und andere Wesen befanden. \Jm an die
ThUr zu gelangen, musste man erst ein labyrinthisches Oewirr
von Steinpfosten durchwandern. Solche Steinlabyrinthe finden
sich mehrfach in birmanischen Klosterhöfen, und Godwin-Austen,
der sieMiskyodpaDkyilkhar oder den Kreis Akshobya's nennt, sah
sie auf tibetischen Tempel wänden abgezeichnet, um die zwischen
den fünf Vorsitzenden vertheilten Plätze der Gottheiten anzudeuten.
In einem andern Holzgebäude sass eine Frau (Sawa)
mit einem Kinde auf dem Schooss (Upaga) und daneben ein
Jäger, vor dem ein getödtetes Reh lag. Seitwärts stand eine
Frau mit vom geöffnetem Putzo, zwei Hunde zu ihren Füssen hin-
gestreckt, als ob verehrend. Ein alter Tempel Wärter, der dort
zusammenfegte, sagte, sie stelle eine Marktfrau vor, die Wildpret
verkauft habe, aber das Ganze wiederholte nur die Geschichte
der Shinsasua, die ich schon in Mandalay gesehen hatte. Das
Gebäude war verschlossen und man konnte nur durch die Luft-
löcher hineinsehen. In einiger Entfernung von Yemethen liegt
der Tempel des Dämon Minbiuschin, der Nachts die auf den
Wiesen grasenden Pferde besteigt und zu Tode jagt.
Als ich an den Zayat zurückkam, waren die Leute alle auf
dem Bazaar und fand ich nur den Koch, der mich etwas ängstlich
auf einen Mann aufmerksam machte, der dort schon lange herum-
geschlichen sei und der sein stark prononcirtes G^lgengesicht
286 Am Fusse der Sch&nberi^.
besser durch eine Maske verborgen hätte. Er tändelte mit einem
blankgesehliffenen Messer in seiner Hand, verschwand aber, als
ich ihm merken liess, dass seine Gegenwart ungewUnscht sei.
Der Miethkarren war nur bis hierher engagirt und hatte ich
gehofft, ihn durch einen andern zu ersetzen, sah aber soviel Weit-
läufigkeiten voraus, dass ich, um keine Zeit zu verlieren, die Sachen
auf einen Wagen zusammenpacken Hess und Nachmittags auf-
brach. Ein Bote des Sitkay begleitete uns mit einem Schreiben
bis zum nächsten Dorfe, um dort selbst nach der nöthigen Es-
corte zu sehen. In der Ferne erhob sich, frei vor dem den Hin-
tergrund bildenden Schangebirge stehend, die von Bodopaya er-
baute Pagode Schwemandade auf einem doppelgipfligen Hügel, an
dem die grosse Ileerstrasse von ßirma nach den Schanländem vor-
beiläuft. Dem Blick auf die durch die Bergwand begrenzte
Ebene entrollte sich die bunte Musterkarte eines mannigfaltig mit
Feldern und Wäldern wechselnden Landes.
Unsere Gesellschaft war kleiner geworden und durch die Ta-
lein-FUhrer oftmals veruneinigt. Sie hatten in der letzten Zeit
angefangen, eine hartnäckige Unwilligkeit zu zeigen und einen
Trotz, der zunahm, je mehr wir uns den verrufenen Grenzgebieten
näherten. Gegen einen von der Escorte eingeschlagenen Weg
protestirten sie heftig und behaupteten, dass deraelbe verkehrt
sei; doch schnitt er kürzer durch den Jungle durch und fährte
uns direct auf unser Nachtquartier, dasDorf Tauntajing, zu,wowir
im Hause des Dorfältesten cin(|uartiert wurden und schon durch
voraus geschickte Boten Vorbereitungen getroffen waren. Dort
brach aufs Neue ein Disput aus, der so heftig wurde, dass ich
mich einmischen niusste, um die Talein zur Ruhe zu verweisen.
Der Eine derselben wurde aber nur um so massloser in seinen
Ausdrücken, so dass es starker Massregeln meinerseits bedurfte,
ihn gehorchen zu machen. Doch fruchtete es nur für einige
Zeit. Als ich mich auf der Verandah des Hauses zum Schlaf
niedergelegt hatte, konnte ich ihn unten im Hofe peroriren hören,
wie er vor den Wächtern des Dorfes auf seinen Herrn schimpfte
und drohte, dass er schon bald mit ihm fertig werden würde.
Der würde nicht der Erste sein, den er kalt gemacht hätte.
V
VerlaBsenes Dorf. 287
Ich Hess noch in der Nacht aufbrechen, und die Escorte trug
Lichter voran, uro den Weg zu zeigen. Der Wald brannte an
verschiedenen Stellen, und die durch die Baumstämme von ferne
durchleuchtende Flamme warf sonderbar gefärbte Streiflichter
über den Weg. Mit Sonnenaufgang kamen wir am nächsten
Dorfe an, und während die Escorte hinein gegangen war, ihre
Ablösung zu rufen, liess ich die Leute zusammentreten und sagte
ihnen mit kurzen, bündigen Worten, dass ich in dem gefährlichen
Lande, das wir jetzt bereisten, den unbedingtesten und unverzüglich-
sten Gehorsam von allen erwarte, und dass ich jeden, der noch
femer Worte der Erwiederung wagen oder irgend eine Unwillig-
keit zeigen sollte, auf der Stelle zusammenschiessen würde: das
sei so unsere Manier und Yolkssitte bei mir daheim der tonzon,
ingaleit. Während dieser Ansprache hatte ich in den Gesticu-
lationen meinen Revolver einige Male in sehr nahe Berührung
mit der Stirn dessen gebracht, auf den es abgesehen war, und
blieb seitdem vor seinem losen Maule sicher.
Das nächste Dorf lag gleichfalls in demselben dichten Walde,
durch den unser Weg führte, etwas abseits. Der kleine Pass des
Sitkay vonYemethen für seine nächsten Untergebenen genügte nicht
mehr und musste der grössere desselben, als für die ganze Pro-
vinz gültig, producirt werden, um Escorte zu erhalten. Hin und
wieder gelangten wir zu einer Lichtung im Walde, umgürtet von
Bäumen eines tiefen grünen Laubes, in der Höhe über welchen die
Gipfel derSchan-Berge an den Himmel stiessen. Ein leer stehen-
des Dorf am Wege war von den Bewohnern verlassen, weil sie
die Bedrückungen der Beamten nicht länger ertragen konnten.
Die Escorte wollte dennoch dort umkehren, wie sie es sonst gewohnt
gewesen, und ich hatte einige Mühe ihr begreiflich zu machen, dass
nicht die Häuser, sondern die Menschen das Dorf bilden. Der
Zweck dieser Escorten ist nicht wirklicher Schutz bei Angriffen,
worauf schwerlich zu rechnen wäre, sondern Verhinderung der-
selben. So lange der durch seinen Pass berechtigte Reisende
die deputirten Leute eines Dorfes um sich hat, so lange ist der
Thougyi desselben für Alles, was ihm geschieht, verantwortlich
und müsste eintretende Verluste decken. Erst wenn seine Leute
288 ^m Fasse der Schanberge.
denReisenden in die Hände des nächsten Thougyi überliefert haben,
ist er von der Verantwortung frei. Da die Räuber vielfach zu den
Dörfern selbst gehören, so sichert man sich durch ihre Mitnahme
als Bewachung, und ausserdem, weil sie wissen, dass sie selbst das
von ihnen (Geplünderte zurücicerstatten müssten. Die Art der ülscorte
ist deshalb ziemlich gleichgültig, und habe ich mitunter meine
Leute Kinder oder Frauen pressen und als Escorte oder Wegweiser
mitschleppen sehen, wenn Niemand anders in einem Dorfe war.
Die Mittagsrast machten wir in einem Zayat des Dorfes
Mikan, neben einem durch einen Bürger Yemetheu's gegrabenen
Teich, in dem ich mich durch ein Bad erfrischte. Der Thougyi
wurde gerufen und um die nöthigen Lieferungen angegangen, als
Holz zum Kochen, Stroh für die Ochsen und Gerste für die Pferde.
Reisende, die gleichfalls im Zayat hielten, kamen von einem
nahegelegenen Markt, wo die Geschäfte nur durch Tauseh abge-
macht wurden. Einige der Mädchen waren mit Glasperlen und
Silbermedaillons an Hals und Handgelenken geschmückt. Grade
als wir zum Aufbruch fertig waren, nachdem ich schon zu Pferde
sass, fiel Regen, und die Escorte, die schon vorher alle möglichen
Entschuldigungen hervorgesucht hatte, fand eine neue, drang
aber damit ebenso wenig durch. Wir passirten das Dorf Pindau
und nach der Pagode Schwedungundch den fast trockenen Bach
Nyatschetdwin , der in den Paloun fällt. Die Pungyi des
Klosters waren herausgekommen und sassen dort, die Reisenden
vorüberziehen zu sehen. Die Gegend war uneben gebrochen,
aber reich und in einer Fülle von Vegetation strotzend. Kleine
Dörfer lagen überall am Wege umher, so dass die Escorte jeden
Augenblick gewechselt wurde. Einmal war es nur ein kleiner
Knabe, der den ihm überbrachten Befehl an denGoung des näch-
sten Dorfes weiterlieferte. Ich fuhr ihn barsch an und fragte,
wie solch ein kleiner Knirps sich unterstehe escortiren zu wollen.
»Ach, gnädiger Herr!" sagte er kläglich, ..in unserm Dorfe sind
nur zwei Häuser, und jetzt eben bin ich allein daheim. ** So Hess
ich diesen Klein-Roland voranmarschiren.
Ein Theil des Waldes war gerade niedergebrannt und ritten
wir nun zwischen verkohlten Stämmen hin. Der erhitzte Boden,
tteparatar. • 289
gerade durch den Regen befeuchtet, dunstete ein erstickend
schwüles Miasma aus, dem ich froh war auf einer Wiese zu ent-
kommen, wo eine Caravane Schan ihr Lager aufgeschlagen hatte
und hübsche Pony umherjagten. Sie reisen mit Pack-Ochsen, die
neben den abgeladenen Gütern standen. Dann gerietheü wir in
eine lehmige Strasse, die schon so durch den gefallenen Regen auf-
geweicht worden, dass der Wagen kaum vorwärts zu bringen war.
Es dauerte auch nicht lange, so brach er und ich hatte Mühe, noch
vor Nacht in dem Flecken Bainihn anzukommen. Dort gab es
zwei Thougyi, und war nun vom Hause des Einen nach dem An-
dern umherzuschicken, da Jeder eine gute Entschuldigung hatte,
die Pflichten auf die Schultern seines Nebenmannes zu schieben.
Zuletzt gelang es, einen Tischler und Schmied herzukriegen, die
die Nacht durcharbeiteten, so dass wir schon früh wieder unter-
wegs sein konnten.
Der Morgen war herrlich. Wiesen in glänzendem Grün
lachten zwischen dunkeln Büschen, der würzige Duft der Blumen
des Pan-Baumes füllte die Luft und lieblich sangen die Vögel in
der erfrischten Natur. In dem Dorfe Bornley wurde ein Markt
abgehalten, gebildet durch die Karren, in denen die Güter ge-
bracht waren, und unter denen sie gegen andere vertauscht wurden.
Eine zweite Verkaufsreihe wurde durch die herbeigetragenen
Körbe gebildet. Meine Ochsen hatten schon am vorigen Tage
solch deutliche Zeichen von Ermüdung gegeben, dass ich sie
in diesem Dorfe durch neue zu ersetzen dachte; aber als ich einen
Markttag dort fand, erlaubte ich keinen Halt, und blieb nur
gelbst zurück, um ein paar der nöthigsten Einkäufe zu machen.
Als ich später den Wagen einholte, steckte er mitten im Walde,
ohne Möglichkeit weiter zu kommen, und nur mit Hülfe einiger
leer von Yemethen zurückkehrenden Karren, die dorthin Gerste
gebracht hatten, kamen wir zuletzt in Niaunglundede an, neben
dem trockenen Wasserbette des Zinlae-Flusses , in dem indess
kleine Brunnen gegraben waren. Dort wurde ausgespannt und
der Thougyi für Futter angegangen. Er Hess eine ausweichende
Antwort zurücksagen und weigerte sich zu kommen, als gerufen.
Selbst als die Passrolle geschickt wurde, zeigte er Widersetzlich-
Batlian, OaUtien. II. 10
^90 ^^ Kusse der Schau berufe.
keit, und die Doifbewoliuer versaiinnelten sich schreiend und lär-
mend um meine Leute, die ihn zum Mit«rehen zwingen wollten,
8() dasB ich es für niUhig fand, mieli selbst dorthin zu begeben.
Der Thougyi wurde nacli dem I^agerplatz gebracht und dort an
einen Baum gebunden, bis^ihn seine Unterthanen durch Herbei-
bringen von Stroh und Holz erhisten. Als wir aufbrechen wollten,
hatte mein auf der Wiese grasendes Pferd die Halfter zerrissen
und konnte erst nach vielem Ihnhertreiben durcli Herbeilocken
mit einem Futterkorbe gefangen werden. Mir tiel mein* prakti-
scher Lhasso in Peru ein, der uns diesen ärgerlichen Zeitverlust
erspart haben wurde.
Ich eilte dann dem längst vorausgegangenen Zuge nach,
verirrte mich aber im Walde, hörte erst von den Begegnenden,
dass ein Wagen in der angegebenen Beschreibung gesehen, dann
von Anderen, dass keiner ]>assirt habe, und kam zuletzt an einen
Kreuzweg, wo die Strasse sich theilte und man noch weniger
Kath wusste. In dem dort auf einer Lichtung aufgeschlagenen
Zavat hielten reisende KauHeute, die Nicht« hatten vorbeiziehen
sehen, aber meinten, dass es noch verschiedene andere Strassen
gäbe, die nieine Begleiter eingeschlagen haben könnten. Und
so war es: sie hatten einen so engen Nebenpfad verfolgt, dass,
als ich den Wagen wiedersah, das ganze Dach durch die über-
hängenden Aestc abgerissen war. Im nächsten Dorfe wurden
Ochsen der Bauern eingespannt, damit die meinigen, die ganz
ermüdet waren, ledig folgen konnten. Der Weg war kiesig und
sahen wir Hügel mit Teakl)äumen, deren helles Grün glänzend
von der dunkeln Himmelsbläue abstand. Wasser war spärlich
und dieKaiTcntreiber theilten begegnenden von dem mitgebrach-
ten Vorrath mit oder nahmen den ihrigen in Anspruch.
Der Bezirk der Kscorte war zu Ende, ehe wir das Dorf Oneida
erreiehten, wo frische Ochsen eingespannt wurden. Da im folgen-
den Dorfe nur gemiethete Ochsen sieb fanden, machte ich die Be-
dingung-einer grösseren Zahl von Begleitern, um über eine Wache
dispouiren zu können, wenn die Ochsen stecken blieben. Mit
vier Musketenträgern und ihrem mit einem Säbel bewaftueten
Führer brachen wir um Sonnenuntergang auf und ritten unter
Königliche Fusspost. 291
dem fallenden Schatten der Nacht zwischen Gallerien von Bambu-
stämmen hin, die sich über die Strasse in hohen Spitzbogen zii-
saninienwölbten. Ein von Mandalay gesandter Bote des Königs
hatte sieh zu uns gefunden, kehrte aber auf die grosse Strasse
zurück, als unsere Escortc einen Nebenweg einschlug, um im
nächsten Dorfe Sallopgyi ihre Ablösung zu rufen, was ziemlich
lange dauerte, weil dort Alles schon schlief und die Thore ver-
schlossen waren. Ich besuchte in der Zwischenzeit den ausser-
halb*) der Umzäunung liegenden Dämonentempel des Yoa-Zaun-
tein-Nat (der wachende Schutzgeist des Dorfes), und langte mit
der neuen Escorte nach Mitternacht in dem Dorfe Hlavdah an,
wo die Bedienten desThougyi herausgetrommelt wurden, um uns
Einlass zu geben. Es wurde jetzt rasch etwas Feuer genmcht,
um den Keis zu kochen, und die Karren wurden im Hofe abge-
laden. In einer Ecke stand ein Natschin von runder Form, mit
rothen Bändern verziert. Das Dorf hat 25 Häuser und ein Klo-
ster, wo ein Pungyi mit vier Upaschin wohnt. Die Zahl der
Schulknaben beläuft sich «auf 20, doch sind darunter einige aus
den benachbarten Dörfern. Das am meisten verehrte Bild findet
sich in der Pagode Schwebundeh.
Als wir nach kurzem Schlaf mit dem frühesten aufbrachen,
erwarteten mich schon einige mcdicinisdie Consultatitmen , doch
Hess ich den Karren voranfahreu un4 holte ihn bald ein. Der
Weg führte durch den Wald, nachdem wir ihn nämlich durch-
gehauen hatten, denn an verschiedenen Stellen war kaum ein
Pfad zum Keiten, aber keiner zum Fahren. An anderen lagen
dicke Stämme quer über den Weg, so dass man weite Umwege
nehmen musste, über Stock und Stein und jedes Halsbrechen ris-
kirend. Wenn an einem Platze, wo kein Ausweichen möglich
wird, die Strasse durch einen Baumstamm gesperrt ist, der
sich zu dick zeigt, um ihn mit Aexten auszuhCdilen , so bleibt
nichts übrig, als ihn durchzubrennen. Zuletzt kamen wir auf
die Heerstrasse (Min-lam oder des Königs Weg) zurück und dann
zum Dorfe Tigaunda, das heisst zu vier Hütten, die diesen Namen
*) Nach Ram Kaz muasen die Tempel Siva's ausserhalb de» Dorfes sein.
19*
292 Am VvLHsc der 8ekanberge.
führten. Als ich au» dem Zavat dorthiü scbiekte, um Futter zu
holeu, war Niemand zu Haus, als eine alte Grossmutter, die
Nichts zu geben hatte. Dennoch wollten sie meine Diener wenig-
stens als Escorte verwenden, und als wir aufbrachen, trippelte
wirklich das wacklige Mütterchen neben uns her, bis es mir zu
lächerlich wurde, und ich sie trotz des Murrens der Leute zurück-
schickte. Neben einem in der Lichtung des Waldes gelegenen
Zayat fanden wir ei.en Brunnen, den ein früherer Gouverneur
Tongu's hatte l)auen lassen. D(»ch war das Wasser stinkend und
nicht zu gebrauchen , so dass ich nach dem Aeltesten des näch-
sten Dorfes Sidojoa schickte, der aber in einem entfernteren
lebte und erst spät anlangte, weil ein hoher Beamter bei ihm
gewesen wäre, um über Begierungsgeschäfte zu verhandeln. Auf
Verlangen nach Kiuspanu, da mein Zugvieh sich noch nicht er-
holt hatte, entschuldigte er sich, dass keine Ochsen im Dorfe
wären, bot aber Bütiel an. Wälireud wir im Zayat zusamraen-
sassen , langte ein Bote des Gouverneurs von Yemethen an und
brachte einen Brief an den Dorfiiltesten , der ihn wegen seiner
schwachen Augen nicht lesen zu können behauptete. Er schickte
in das Dorf, um einen Gelehrten rufen zu lassen. Da derselbe
aber zu lange ausblieb, übernahm Moung Schweb die Entzifferung.
Es war eine Ordre für Bäume zu Baumaterial, die in einer be-
slimmten Zeit geliefert werden sollten. Der Adressat klagte,
dass er schon einen früheren Befehl auszuführen hätte, worin eine
Zahl der hohen Teakstämme verlangt würde, wie sie zu den
Pfeilern der Klöster verwendet werden. Solche, die im Walde
geschlagen worden, steckten dort im lehmigen Grunde fest, und
in dieser menschenleeren (Jegend gäbe es weder Hände zum Ar-
beiten, noch Lastvieh. Das Einzige, was es dort gab, schienen
Banditen zu sein, denn von denen sprach Jeder. Der Zayat, in
dem wir rasteten, war wie eine Festung gebaut, hoch auf mit
einer beweglichen Treppe, die emporgezogen werden konnte, und
ringsum mit substantiellen Stämmen und Tlanken verpallisadirt,
so dass die Keisenden sich dort Nachts w^ohl verrammeln und
nöthigenfalls eine Belagerung aushalten konnten. Zum Kochen
war ein besonderer Verschlag gebaut, um Feuersgefahr zu ver-
Büflfol- Vorspann. 293
hüten. Der nächste Kyaung, nach dem die Kinder der zugehö-
rigen Dörfer geschickt wurden, lag ungefähr eine Meile entfernt;
doch war keine Pagode damit verbunden.
Während ich beim Frühstück sass, kamen Reisende des
Wegs zurück, die nach Tongu gewollt hatten, aber in Folge der
erschreckenden Gerüchte umgekehrt waren. Ein englischer
Fürst (Min) läge auf der Grenze erschlagen, und der Räuber-
könig stürme dort wild umher. Meine Leute sogen natür-
lich jedes Wort dieser Hiobspostcn ein, und ihre Gesichter wurden
immer länger. Auch war die 8ache leider nur zu wahr, wie ich
später erfuhr, obwohl ich im ersten Augenblicke nicht viel daran
glaubte. Der Commandeur der Wachtposten an der Grenze, ein
junger und muthiger Officier der englischen Garnison in Tongu,
war auf seiner Visitationsreise mit einer Räuberbande zusammen-
getrofl'en. Da er nicht zurückgehen wollte, wurde er getödtet
und in grässlicher Weise zu Stücken gehackt. Seine Leute ent-
flohen verwundet, und ehe die Soldaten der verschiedenen Posten
sieh zusammengeschlossen hatten , waren die Räuber natürlich
verschwunden.
Erst spät am Najhmittage waren die versprochenen Büffel
fertig, da diese Thiere während der Hitze des Tages im Wasser
liegen müssen, und nur am frühen Morgen oder in der Kühle des
Abends zum Arbeiten verwendbar sind. Sie warteten auf uns am
Wege, an einer Stelle des Waldes, wo eine Bahn zum Schleppen
der Baumstämme hindurchgebrochen war, und wurden dort vor
die Ochsen gespannt (mit einem durch die Nase gezogenen Strick
gelenkt). Der eine Treiber ritt auf ihnen, der andere ging neben
her, aber beide hatten ihre Lungen genugsam anzustrengen, als
sie die plumpen Karren über ßaumwurzeln und Gestrüpp hinweg
einen Hügel hinauf zu schleppen hatten. Der Wald war voll von
den mannshohen Werken der weissen Ameisen, die in dieser
Wildniss ungestört fortbauen konnten. Ihre Städte zeigen ver-
schiedene Formen, mitunter die eines regelmässigen Castells mit
Tbürmen und Zinnen, doch werden solche in Gegenden, wo
Menschen passiren, natürlich leichter zerstört, als die massiveren
Tumuli. Es schien mir, dass sie meist um einen verfaulten Baum-
294 '^^ Fo**e d*»r SchanbeiK^.
Stamm, als erste Anla;re, umliertiauen. Die Aussenwerke sind
gewnlmlicli von ihnen verlassen, «»tler sie ziehen sieh bei feind-
lieher Annäherunj;: au< ilensell>en ziirüek. Die BUffeltreiber hieben
Bambusten^el um, das daraus austliessende Wasser zu trinken;
doch schmeckte e< bitter. In den östlichen Andes bedient man
sich des Wa'^sers einer liohqiflanze zum Trinken , da auf den
Hügeln der Chinaliäume oft kein anderes zu haben ist. Halsted
fand in einem zwei Fuss langen Glied einer I.iane über eine halbe
Flasche klaren Wassers.
An Ameisen ist ein grösserer Feliertluss in Hinterindien als
den Hausfrauen lieb i^t. und alle Provisions-Sehränke, wenn nicht
frei aufgehangen an einem mit Harz beschmierten Tau, müssen mit
den Füssen in Wasser gestellt werden: oft sogar die Betten, in
denen transportationsunfiihige Kranke auf höchst lästige Weise
durch Ameisen gequält werden krumen. Kine grosse rothe auf den
Bäumen lebende Art der Ameisen versetzt empfindliehe Stiche,
gegen die der durch den Jungle sich durcharbeitende Reisende
ebenso sich vorsehen muss, wie gegen die widerhakigen Domen.
InSiam beolmchtetc ich ein interessante^ Factum an Ameisen, von
dem ich nicht weiss, ob es bekannt ist. lij der Nähe meines Fen-
sters musste ein Ameisen-Xest sein, und fast jeden Morgen, wenn
ich dort schrieb, sah ich einen langen schwarzen Zug sich über
die Fensterbank hinbewegen nach der andern Seite der Jalousieen,
in der geschwinden, rührigen Thätigkeit des regelmässigen Kom-
mens und Gehens, wie es sich immer in den Arbeiten dieser wohl-
organisirten C'olonieeu findet. Etwas seitwärts längs des Zuges
sah man eine weit grössere Art, mit dickem Kopf und hellerer
Farbe, sich in einzelnen Individuen umherbewegen, über deren
Absicht und Bedeutung ich anfangs ebensowenig ins Klare kom-
men konnte , wie Bates über seine Worker Major. Nach einiger
Zeit hatte ich indess Gelegenheit zu beobachten, dass dann und
wann eine Ameise aus dem beschäftigten Trupp herauskam, auf den
Rücken der nächsten grossen Ameise sprang und auf ihr, den Zug
auf und nieder, umherjagte, einem Officiere gleich, der die Ord-
nung seines Regimentes besichtigt. Dann stieg sie ab, in die
allgemeine Masse zurückkehrend, und das Reitpferd, oder im
Ameisen. 295
Verhältniss der Grösse zu den andern, eher der Keit-Elephant,
schleuderte wieder im unbestimmten Suchen umher, wie freige-
lassenes Vieh beim Grasen. Hounet beschreibt Ameisen, die er
auf dem Rücken anderer gesehen habe, aber für kämpfende hielt,
da sie sich in den Nacken festgebissen hatten. Die von mir ge-
sehenen Sassen indess ganz frei auf dem Kücken ihres Trägers,
und machte das Ganze unwillkürlich den Eindruck, als ob man
hier gezähmte Hausthiere vor sich habe, die je nach dem Bedürf-
niss benutzt würden. In der f'lügelzeit füllt sich die Luft mit den
fliegenden Ameisen, die durch die Winde zu ganzen Wolken zu-
sammengetrieben werden. Als wir einst in Rangun beim Abend-
essen sasseu, kam eine solche in das Zimmer hereiugeweht, und
hatte in einem Augenblick die eben aufgetragene Suppe in Schüs-
seln und Tellern gefüllt. Das Schliessen der Fenster genügte
nicht, oder war zu spät, und wir mussten den halb erleuchteten
Tisch, der die Insecten anzog, verlassen und in einer dunkeln
Nebenkammer unser Souper beenden. Nach dem Abfalle der Flügel
werden die Körper von den Eingeborenen als Delicatesse gesam-
melt. Die kleinen Eidechsen, die horizontal an den Wänden
hinauf- und hinabrennen, sowie unter der Decke, thuen gute
Dienste, Ungeziefer in den Zimmern zu vertilgen. Man lässt sie
deshalb auch ungestört, und laufen sie nach ihrer Bequemlich-
keit umher. Eine fand ich einst, die sich zu weit gewagt hatte,
indem sie im raschen Anlauf auf die Mitte eines Spiegelglases
tlber einem Bild gekommen war und von dort nicht zurückkonnte.
Wahrscheinlich hatten ihre Ftisse sich festgesogen, sodass sie
sieh nicht fallen lassen konnte, denn sie sass dort, völlig zu einem
Skelett vertrocknet. Die Eingebornen aratisiren sich zuweilen,
ihnen eine herabhängende Schlinge vorzuhalten, wo es dann
possierlich zu sehen ist, wie die Eidechse alle möglichen Bevye-
gungen mit ihrem Kopfe macht, bis sie denselben zuletzt in die
Schlinge steckt und gefangen ist. Eine grosse Eidechsen -Art
quartiert sich gerne aufden Bäumen in der Nähe der Häuser ein und
lässt dort Nachts ihren monotonen Ruf ertönen , wovon sie Thau-
tbeh oder Gecko genannt ist. Die Birmanen glauben von einigen
Arten, dass ihr Körper einen dicken Schleim absondere, der.
29ß Am Fusse der Scbanberge.
wenn das Thier auf die nackte Haut eines Menschen fiele, dort
so fest klebe, dass man die Eidechse nur stückweise abreissen
könne. Da man in der Abendkühle gewöhnlich bei offenen Fen-
stern sitzt, erhält man auch häufig einen Resuch von das Zimmer
durchschwirrenden Fledermäusen, und wenn man ein weisses
Tuch vor der Lampe ausbreitet, kann man die ganze Insecten weit
um sich versammeln. Einige der Scorpione werden ihres Bisses
wegen gefürchtet und noch unangenehmer sind die Centipeden,
die sich mit ihrem platten Körper in Schuhe oder Kleider ein-
schleichen und beim Anziehen nicht immer beachtet werden.
Auch in den Betten verstecken sie sich leicht, wenn man dasselbe
nicht nach der einfachen Landessitte einrichtet, es nämlich nur
in einer Matte bestehen lässt, die Abends ausgebreitet und am
Morgen wieder aufgerollt wird. Der Hiss des. schwarzen Scorpions
soll zuweilen tödtlich sein , doch scheint das von der jedesma-
ligen Constitution abzuhängen. Auch in Mexico hörte ich, dass
nach Scorpion-Stichen bei Kindern Trismus und Tod erfolgt sei,
wogegen Frauen sich zuweilen absichtlich in den Daumen beissen
Hessen und davon ein Wolilgcfuhl verspüren wollten.
In einer grünen Lichtung machten wir Halt, in der Nähe des
Dorfes Tejagon. Der Aelteste desselben, den wir um Futter für
Ochsen und Pferde angingen , wandte vor, nur gemeinsam mit
seinem Collegen des nächsten Dorfes handeln zu können, und so
wurde auch dieser citirt. Als die beiden würdigen Senatoren
dasassen und ihnen der Pass vorgelegt wurde , schob ihn einer
zum andern, da beide an schwachen Augen zu leiden schieneji..
Zuletzt Hess man aus dem Kloster einen kleinen Knaben holen,
der schon das gelbe Gewand eines Novizen trug, und derselbe
buchstabirte den Befehl auch ganz richtig heraus. Es wurde
etwas darüber hin und her commentirt, aber die verlangten Sachen
geliefert. Für die Nacht Hess ich mir vor dem Karren einen
kleinen Schuppen aufschlagen und schlief in demselben, da Regen
zu drohen schien.
Beim ersten Dämmern wurde aufgebrochen, und mit Büffel-
Ochsen vor die meinigen gespannt, stolperte der Karren über eine
hüglige Waldbahn fort. In unsrer Gesellschaft folgte ein kleines
Teakwalder. 297
Wägelchen, auf dem ein noch ganz junger Pungyi in seinem
gelben Talar sass, mit seiner Schreibtafel und einem Buche
neben sich. Seine Mutter ging dabei her, um ihn ins Kloster
zurückzubringen, da er für einige Zeit in seinem Dorfe krank
gelegen und sie ihn gepflegt hatte. Bei einem mit Wasserjiflanzen
bedeckten Teich , in dem Fischernetze aufgestellt waren , diente
der Zayat einigen Schan-Kaufleuten aus lUaejoa zum Ausruhen,
die von Niengjen nach Yemethen zurückkehrten. Ein welliger
Weg über grüne Wiesen, um welche sich die Schau -Berge im
Bogen umherzogen, führte uns nach der halb zwischen Bü-
schen versteckten Stadt Niengjen , wo ich in dem Hause des in
Mandalay abwesenden Armeniers, Herrn Mackertich , der dort
den Titel Tittowun führt, abstieg. Diese Stadt liegt im Centrum
der Teakwaldungen und liefert den hauptsächlichsten Export
nach Tongu. Die Gehölze waren zum Theil dem genannten Ar-
menier tibergeben , der aber gerade damals mit andern Pächtern
im Processe lag, besonders mit einem durch die Localbeamten
begünstigten Franzosen, der kürzlich dorthin gekommen war.
Processe und Klopffecht^reien scheinen überhaupt in der Bearbei-
tung der Teakgehötze nie abzureissen. Die Grenzlinien der Ter-
ritorien sind bei dem Mangel jedes Forstwesens nicht genau ge-
zogen; die geschkigenen Bäume werden gestohlen; wenn die
Stämme die Flüsse hinabgeschwemmt werden, streitet man über
die Marken, und schliesslich, wenn in dem umständlichen Gerichts-
verfahren kein Ende abzusehen ist, bewaffnen die Aufseher ihre
Holzhauer, um über einander herzufallen und sich selbst durch
das club law Recht zu verschaffen, wie die Indigo-Pflanzer in Ben-
galen. Dieses wüste Treiben war auch der Stadt Niengjen und
ihrem mit Lärmenden und Betrunkenen gefüllten Bazaar deut-
lich anzusehen. Gleich am ersten Abend konnte mein zum
Grasen losgelassenes Pferd nicht gefunden werden und wurde
mir als fehlend rapportirt. Als man indess sah, dass ich mich mit
dem Factum des Fehlens nicht beruhigen würde, erschien es
ebenso unverhofft wieder, als es unerwartet verschwunden war.
Die Stadt ist in zwei Hälften getheilt, Niengjen (nach den
Naun oder Banianen genannt) und Joahkhyaun, zwischen denen
298 '^"* FuHHe der Schanberge.
der Nicng;jen-t8c*haun hinflic88t. Au einer Seite der Stadt breiten
nich grline Wiesen aun, und aus denselben steigen kleine Hügel
auf, an denen die Pagoden und Klöster gebaut sind. Die I^wen
und übrigen Zierrathen sind mit bunter Stuecatur belegt. Als
ich dort einen Tatienten examinirte, der an einer in dein feuchten
Nicngjen nicht ungcwrihnlichen Krankheit litt (bei der der Arm
unter entzündlicher Spannung ungeheuer anschwillt, als ob sich
das ganze Muskcltieisch in condylomatöse Gewächse verwan-
deln wollte), sah ich grosse Stücken liindfleisch in den Kloster-
hof hereintragen und für die Tafel zurichten. Als ich über diese
ver!)otene Nalirung verwundert schien, zeigte man mir unten auf
der Wiese dsisAas einer Kuh, die dort an einer Krankheit gefallen
war, und jetzt von Laienbrüdern zum Besten ihrer verehrten
Mönche in Sicherheit gebracht wurde, ehe die gierig laueniden
Hunde und Kriilien sich darum streiten würden. Nach dem Da-
bistan enti^chiedJemschid, dass Leute niederer Kasten das Fleisch
gefallener Thiere essen krmnten, ohne eine Sünde zubegeben.
Doch fügtFani hinzu, dass diese Sitte abgekommen wäre, weil sie
als ungesund und Krankheiten erzeugend erkannt worden. Nach
Einführung der Gebete zur Sonne verbot Akbar Kühe zu schlach-
ten, weil ihr Fleisch schwer verdaulich wäre, und nach der An-
sicht der Aerzte Krätze, Grind, Aussatz, Elephantiasis und andere
Hautkrankheiten erzeuge.
Am nächsten Morgen ritt ich durch den Wald nach dem
Dorfe Zinsaeli-joa, das am Ausflusse des Baches Zinsaeh-tschaun
in den Paloung oder Sittangfluss liegt, um mich dort für Böte nach
Tongu zu erkundigen. Der Landweg schien in der That so mit
Käubern überlaufen, dass ich mit meinen wenigen Leuten und
ohne Aussicht, zuverlässigere zu erhalten, nicht wohl wagen
durfte, dort die Grenze zu überschreiten. Ein Patih-Kaufmann
(muhamedanischer Indier), der vor einigen Tagen im Ansehluss
einer grossen Caravane von Tongu heraufgekommen war, erzählte
mir, dass sie für zwei Tage und Nächte durch eine organisirte
Räuberbande in einem der festungsartigen Zayat belagert
waren und sich nicht hatten rühren können. Auch erfuhr jch,
dass das schon gehörte Gerücht über die Ermordung des eng-
V
Die Passage. 299
lischen Grenzconimandauten die Wahrheit gesprochen habe. So
entsehloss ich mich den Wasserweg zu wählen, der, obwohl eben-
falls nicht ohne Gefahr, da die Grenze immer zu passiren blieb,
doch unter zwei Uebeln das kleinere schien.
Im Dorf Zinsaeh-joa ritt ich beim Hause des'Aeltesten
vor, und erkundigte mich über die nach Tongu in Ladung
liegenden Schilfe oder über solche, die dorthin gemiethet wer-
den könnten. Seine Frau, die allein zu Hause war, hatte in-
dess nicht viel Auskunft zu geben, und so ging ich mit
Moung Schweb nach dem Ufer, wo wir verschiedene Böte
auf den Werften oder fertig sahen, aber alle nur klein und un-
brauchbar. Der Sittang tritt gerade hier aus den Bergen der
Schau hervor und ist nur noch für eine kleine Strecke weiter auf-
wärts schiffbar. Höher hinauf besitzt er den Charakter eines
Gebirgsstromes, durch Wasserschnellen unterbrochen. Die Nähe
der Teakwaldungen bietet grosse Krlcichterung für den Schiffsbau,
und folgen deshalb auch die meisten Bewohner Zinsaeh-joa's
diesem Erwerbszweig. Nach längerem-Suchen sahen wir einen
ziemlich grossen Kahn, der unterhalb des Dorfes angelegt hatte,
und von dem ich hörte, dass er seine Fracht für Tongu schon
completirt habe. Da ich ausser einem Knaben Niemand an
Bord fand, ging ich zum Aeltesten zurück, der mir ein Frühstück
vorsetzte und die nöthigen Directionen gab. Der Capitän lebe
in dem Dorfe Tanpinjoa (das Dorf der Palmbäume), bei dem
ich auf dem Rückwege nahe vorbeizupassiren hatte, und fand ich
es in einer seitlichen Lichtung des Waldes, von verwüsteten
Bananen-Pflanzungen umgeben. Der Capitiin wohnte bei seinem
Vater, der schon seit drei Monaten auf dem Krankenbette lag, in
Folge von Wunden, die er bei einem räuberischen Einbrüche in
seinem Hause erhielt, als er nicht schnell genug das Geld herbei-
geschafft hatte. Ich engagirte die Cajüte zur Passage für mich
und meine Diener, und glaubte der Kahnführer in zwei bis drei
Tagen fertig zu sein. Beim Zurückreiten fanden wir bei einem
ZavatVerkäuferinnen mit Früchten sitzen, die indessdas Azekiav-
Geld und selbst das reinere Dain-Silber, als noch nicht rein genug,
verschmähten. Sie wollten nur für Betelnüsse verkaufen oder
300 Am FuBse der Sehanbei^.
auHtauschcn. Indess liesscn nie sich nach liiugeren Debatten UW
den Cours von Hetelnüssen und Metallic zum Dain bewegen, als
ich ihnen einen vortheil haften Disconto erlaubte. Einige Frauen,
die des Weges kamen, setzten ihre Körbe nieder, um mit ihrem
wohlgemeinten Hath an den Verhandlungen Theil zu nehmen und
das schon verschiedentlich beleuchtete Thema in neuen Gesichts-
punkten zu variiren. Sie hielten nach Landessitte Strümpfe für
überflüssig, hatten aber zum Besten ihrer Waden unter dem Knie
Bänder angelegt und sie auf ihren nackten Beinen zusammenge-
schnürt. In Niengjcn am Abend ankommend, fand ich den Bach
durch Regen, der im Gebirge gefallen sein musste, so plötzlich
und so hoch angeschwollen, dass wir Mühe hatten hinüber zu
kommen.
ber birmanische Hofmeister des Armeniers, der in seiner Ab-
wesenheit die Geschäfte besorgte, hatte Abends mehrere Bürger
zum Besuch , so dass es an Stotf zur Unterhaltung nicht fehlte.
Im Yoma-Gebirge, westlich von Niengjen, wohnen die Khyen,
auf der andern Seite des Sittang die Karennih (rothen Kareu),
in den nördlichen Bergen die Schan. Die Schan essen wäh-
rend eines Monats drei mal täglich eine mit Pfeffer und andern
heissen Substanzen gemischte Medicin, wodurch ihr Fleisch
fest und gegen Schwerthiebe unverwundbar wird. Die Birmanen
tättowiren diese Medicin und an dem Diener eines derselben war es
versucht worden. Derselbe meinte indess, dass .er sieh noch nicht
ganz sicher fülile. Die Dath -Wissenschaft lehrt, wie man seinen
Feinden llarm anthun kann. Sollte derselbe z. B. einen schönen
Otschit-Baum (Psidium poniiferum oder Schaum-Apfel) besitzen, so
vergräbt man die Frucht eines solchen in die Erde und verbrennt
sie nachher. Man ist dann sicher, dass alle Früchte au jenem
Baume abfallen und nie wieder nachwachsen werden. Um böse
Zauber zu brechen, werden geweihte Mantras*) gesprochen. Ein
*) Die (Jehi'to (inantra) -sollrn mir iiii GiMHto (inana%iA) g^esprochen werden
(man odt^r denken). Wer unerschütterlich im Schmerz ist (beisst es in der Bha-
gavadgita), ohnc^ Wunsch in der Freude, ohne Anhänglichkeit an Etwas, ohne
Furcht, ohne Zorn, der ist ein Menis. Die primäre Wurzelform von man (den-
ken) ittt das auch von den Indiern angeführte muä (s. Benfey).
Medicinische Bücher. 301
birmanischer Arzt, der unter der Gesellschaft war, gab mir die
Titel verschiedener Bücher: Vazzaekyam (zwei Inga in Pali und
Anet), das über die Symptome der Krankheiten handelt, Dvada-
yathikyam (vier Inga in Anet) über die Elemente und die Vorzeichen
des Todes/Dzavakahliaunthonkyam (ein Inga in Anet) über die 96
Krankheiten und ihre Heilmittel, Widso über den Einfluss des
Mondes auf Krauklieitsursachen , Kavaesarakyam über die
durch Hexen verursachten Krai.kheiten und nocli 12 andere über
Diagnosis, Prognosis, Therapie, Diät u. s.w. Die Birmanen ken-
nen nur Tonzon (Gebrauch), aber keine Dzat (Sitte). Die Pona ver-
lieren durch Zusammenleben mit ihnen die Dzat, allein zu essen,
und die Karen die Dzat, die Nat zu füttern. Von Brahmavarta
(frequentedby gods) sagt Manu (bei Jones): the custom preserved
by immemorial tradition among the four classes and among those
which are mixed is called approved usage. Den vier Buddha's
werden oft, wie den Evangelisten, Thiere als Emblem gegeben
und der Ochse des Lucas gehört dann dem Namen (Go oder Kuh)*)
wegen dem Gautama. (Alte Missionäre stellen ihn mitStThomas zu-
sammen, während Tamas oderFinsterniss eher den Gegner des zur
Erleuchtung Aufgewachten ausdrücken würde.) Kaukusanda wird
tibetisch als der Vernichter der Seelen Wanderung, Kassapa mongo-
lisch als der Lichthüter undGonagamuni (KantschanaderJaiuas)
als der goldene Einsiedler übersetzt. Pflanzen, erklärte einer der
Gäste, gehören zu den Avinyana-nak^, als nur mit Leben
(Athet) begabt, aber des Zit entbehrend. Die Thiere, die mit
dem Athet auch Zit verbinden, gehören zu den Savinyana-naka.
Die Taungueh und Taungmyah , die mit den Schau von lUaejoa
untermischt leben, kleiden sich jetzt in ein Putzo wie die Bir-
manen, aber ihre Frauen tragen noch Röcke. Toungwunjinoun,
ein Edelmann von Yakauweanmyo, baute auf der Flucht vor dem
König Pegu's, die Stadt Tongu in dem von Birmanen und Talein
bewohnten Walde. In Loelongmyo, in der Nähe Vemethen's,
♦) India wird in den Vedas als Wiederbringer der gestohlenen Kühe be-
zeichnet, and die 8aniojeden verehren ihren Num (Himmelsgott) besonders als
JUibeambaertJe (Heerdenbesohützer) .
302 Am Fasse der Sehmnberge.
lebt auf den Bergen ein Stamm der Karen unter ihrem Pavenioh,
al8 TsobüJi. Je nach dem Inhalte werden Lieder unternehiedeu,
aU Tanzan, Juthythat, Lojin (sehnsüchtige), Aejin (zufriedene),
Ngojin (weinerliche Klegieen) u. s. w. Als der Kiesenvogel das
Land ilnet-[>iotaun verheerte, kam auf das «lamniern der Jung-
frauen, von denen täglich eine verspeis't wurde, ein tapferer Held
herbei, der den gefrässigen Vogel auf seinem Wege traf und ihm
sich auf sein letztes Stündchen vorzubereiten befahl. Der zitternde
Vogel versprach ihm, wunderbare Dinge zu zeigen, wenn er ihm
das Leben schenken würde, und hackte mit dem Schnabel in die
Krde, dass sieh dort ein See bildete. Da er aber sonst nichts ver-
st^ind, hieb ihm der Held den Kopf ab und riss ihm sieben Federn
aus, die er auf sein Hett streute. Menschen mit Vogelfiissen heissen
Kinnara (denen Kalidasa unter ihrem Könige Kihnareya Pferde-
ko])fe giebt) oder (im Femininum) Kinnari. Solehe oder ähn-
liche' Fabelwesen ( wie die Manusiha oder Mannlöwen) kennt die bir*
manische Myth<dogie viele undzuPurchasZeit tigurirteu sie selbst
noch als Wirklichkeiten in denKeisebüchern UberSiam. luthese
parts are huge woods, harbours of licms, tigers, elephants and
mariches, which have maiden's faces and scorpion*s*) tails. Ben-
fey bemerkt: „die als Begleiter des Kuvera auf den Bergen in
menschlicher (iestalt wohnenden Vakchas sind den Mensehen
W(»hlge.siunt. Kiu Theil der den Menschen feindlichen Bakcha-
sas gehört auch in das (refolge des Kuvera, dessen unterirdische
Scliiit/e sie vor der (Her der Menschen bewachen (rakh) oder be-
schützen. Zu den Dämonen gehören noch die Pi^akas (b<)se Geister),
Bhutas (boshafte Wesen), Kinnaras (was für Menschen), Turanga-
vadanas (Pferdegesichtige) undOvananiukha (Hundsgesichtige)/
Paukamyo wurde zu Noat imin*sZeit Paukkam gen2Uint,zuYansitta*8
Zeit Pukam und unter den Ava-Königen Pkam, weil (setzte der
speculative Kopf meines Erzählers hinzu) die Aussprache kürzer
•) Zu den Morkwfirdiykcitoii der Stadt (Iliinv oder Eincäsa) grehurl ein Bild
liehen der Tliur der Moschee an (h*r Seite der Kirche auf einem weissen Stein.
Ks zei^t oben die Figur eines Menschen, darunter einen Scorpion. Wenn luan
auf dieses Hihi etwas Erde druckt, dieselbe in Wasser auflöst und davon trinkt,
HO erweist es sich gegen Scorpioustich wirksam, erz.'ihlt Jacfit (WiUlenfeld).
Dialecte. 303
und kürzer wird, wie die Lebensalter der Menschen sich verkürzen.
Als über Dialecte*) gesprochen wurde, bemerkte einer der Anwesen-
den, dass in abgelegenen Gebirgstheilen eingeschlossene Dürfer,
die nur wenige Beziehungen mit anderen unterhalten, oft eine so
corrupte Sprache zu reden anfingen, dass sie bei Besuchen von
bewohnten Gegenden kein Mensch verstehen könnte. Unter
Thalaunmintea, König vonSasain, versammelte Kamiudara Ihaya
die Chandalas. Als der König von Pegu den König von Av.a
gefangen nach Pegu führte, bewegte ein für Ngapi zerschnittener
Fisch seinen Schwanz auf dem Markte der Stadt, und als der
Ava-König davon hörte, erklärte er es als ein Zeichen, dass, ob-
•) In sevi'ral ilirections, but niorc especially in the norlli-easf, I nm^ gfivcn to
undeititand th<^ langun^es are so very nunuMoiiH, that soarccly Iwo villjifjrcs aie to
be round in which they an^ perfectly siniilar. 'I his, I appreliend, nrif-e» froiii the
propensity to change inheient in all lanj^uages, and whieli, wlieu It^ft (o (»pcrate
uurestraiuüd by the check which letters iiupose, soon crcatis {»raduallyincreasing
differenccH ofdialect aniongsta people originally speaking the sanie laugiiagr, but
who have become disunited, and between wlioiu little inteicoui^e has afteiwards
Bobsiäted. Aware of this circumstance :is respoct« a country niore fnvouiable to
intercourse than the niountaiiious territory surrdunding Maiiipur, I was not niuch
surprised at fiuding iustances of the same kind in tliiü viciiiity. The lauguage
8poken in Chaniphung is only understood by tlie thirty or forty fan iiies its inhabi-
tant». The uiajority can i>peak niore or le.ss of Manipuri, or the languages of their
more immediate neighbours ; but lain told that thcre are individuals who rcquire
an Interpreter in conversing with persons notof tlieir own very limited Community.
Dialectä so nearly siniilar am are tho.se of tho northern and central Tangkhuls, are
generally intelligible to the adult male popuIation on both sides. Uut the women
(the two tribes in question seldom intermarry) and children , who rarely leave
tbeir home^, find much difticulty in making tliemselves understood. Neither of
the tribes just named understand the langu<ige spoken by the southcrn Tangkhuls,
and that again diflfers &» widely from the languages of the Khoibus and Marings.
The soutbern Tangkhuls teil me that their language is spoken by the inhabitants
of a large village named Kanibi-maring, situated somewhere to the westward of
the northem extremity of tlie Kabo valley. From these tribes, which 1 imagine
to be the aborigines of the country, extending east and south-east from the Brah-
maputra to China, ( derive both the Burmese and the Manipuries. To the »Shyan's
1 assign a diflfereut origin (s. Oordon). Bei der ungeheuren Vielsprachigkeit auf
verhaitDi:M)mässig kleinem Kaum verwirft auch Waitz die Aufzählung Balbi*s als
angenügend.
304 Am Fiua« der Schanberg«.
wohl der Kopf todt neu eiu anderer zur Kacke nachfolgen würde.
I od Aloiii|>ni kam , und das Gestirn des »Siemes stieg auf. Mit
einem Stab in Heiner Hand erschlug er die Feinde, ohne der Waffen
zu bedürfen. Der Sittangfluss koniuit aus einem Kubmaule (in
der Nähe MonayV) h er>'orge flössen , die andern drei Flüsse ent-
springen im Maule eines Elephanten, Naga*s und Pferdes.
Nahe den Grenzen Tongu*s leben die Mayho-Karen, die kein
Zeug, sondern nur ein Holzbrett als Kleidung tnigen. Sie unter-
handeln nur mit solchen Kaufleuten, die vorher durch gemein-
same^M Hluttrinken einen Freundsehaftsbund geschlossen haben.
iJa sie keine irdenen Gefsisse besitzen, so kochen sie ihren Keisio
einem Hambu-Steugel , der grün auf das Feuer gelegt und dann
und wann mit dem Messer geritzt wird, dass das Wasser ausfliessen
kann. In den Wäldern der Karen, auf der andern Seite des Sit-
taiig. finden sich viele der Baumarten, auf denen das Lack-lnsect
((.oecus lacca; lebt, und liefern den grössten Theil des vonBinna
ausgeführten StUcklack. Durch die Einstiche eines andern Insects,
dasMasou alsTriglaena laeviceps bestimmt, fliesst ein schwarzes
Harz, dem Diimmar ähnlich, aus und wird gesammelt.
Die GreDzproviDz.
Da ich mich zur Fliissfahrt entschlossen hatte, Hess ich es
am andern Tage in der Stadt bekannt werden, dass ich meine
Pferde, Ochsen und Wagen verkaufen wolle,- doch ohne viel
Hoffnung auf ein Angebot. Ein Reisender kann stets mit Leich-
tigkeit kaufen, aber nie verkaufen, und da seine Zeit immer zu
kostbar ist, um sie durch Warten zu verlieren, hatten mir frühere
Erfahrungen genugsam bewiesen, dass man sich mit sehr be-
scheidenen Ansprüchen begnügen muss.
In dem Hofe meines Quartiers wohnten die Familien meh-
rerer der Holzhauer und sie gaben mir ihre Lieder, wie man sie im
Walde singt, von dem zwölffach nach Süden gewundenen Strom des
Nila Baches, über welchen das grossmüthige BrüderpaarTayaydam
und Letjapyu Brücken gebaut, so wie von dem Zaddan-See, der
Tränke des weissen Elephanten, wo goldene Lotos blühen, der
Yendwuin-Vogel auf den Wassern segelt, um der Jasmine Nektar
Schmetterlinge flattern und Pfauen an dem Ufer stolziren. Viele
dieser Arbeiter waren Talein und ihren früher inPegu ansässigen
Herren dorthin gefolgt. So wussten sie noch Manches aus ihrer
Heimat. Der um dieTanbuin-PagodebeiThatungumherfliessende
Fluss verehrt sie durch sein Kreisen und durch das tägliche
Steigen seiner Wasser. Die Scheikho-Pagode bei Jeitho (in der
Nähe Pegu's) war ursprünglich von dem Thagyamin (Götterkönig)
gestiftet, der sie frei in der Luft aufliing. Als aber Räuber die
Juwelen daraus stahlen, fiel sie herunter. Jetzt wird ein heiliger
Stein durch Reliquienhaare in der Luft schwebend gehalten.
BmÜui, OstMien. II. 2 0
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xu:^l•:-:il i-:' ör-- M - 'j-'t >i ir > i: t IL :-TiXi>?<ier «üJer pe-
jruva.-' Irr •*- "- i'n' ^ '\ i' '':ri*:-T* . Ji i-er er nhiec In
iijT^r 'Zt.: ia: ••i i-t-i i*^t .ti r .i i:i'i-:rvjN^:ei2-cefiMeiL
v.i«4rzri 1*1 .: xJ :-ii S '■-':i' r^ - *" •* ira -tir!:*-* i. I*/«ri *<-fteiiiei
xl:. .irJi r-rLi.: z. ii" -Ti^ irr-i ir '..'. •<£:*• »rriTii^Ar ^va jeher
»tl-t. > ü*; :-c i.r >:i:I üt > :i. r ^jr*-r:ii'r:t:^»rS'T!uer, wie sie
a.i«:ä rjKi ira^'A:-*.* a1- rlij. ■I-ü: .ir-- J£ii -i^^-^ii. iinW' r»». Hei-
u^^.xz^-i :• n« :-c- j.11 » .'»ra:- •►-- ar-r •:t-*:tl.-:jl> • : K.-^svaj^. This
'^ r.' .-^ > ::.r -MLi-: i> A::v.\i -. M^:- . I*r7 L^abi^tui erwählt
-:.i:t rr:*.j,*?L* •:-* ^: ^ .ik' Vi.^' Tic- in 'icT >iA»i: lk;^;a^ uod
'/^i.-r.'k:. •;••* ii-r iiz; «'frL ::^*:- L .1 is ••icr PiiLzeriniien ihre
Ti-rLir: :•!.-:- L.>--; lill^'i^iur::!. <•■:!■:•: ra mr dea Bn&hma-
Tirri ^■: -:;':.Jr:''L. *:.i •iir ^ nürh- •■;&'?■; zi ^winnen. Im
• r.i:izr::t r'^''' "^" ' ' ^ Vrra v-a Njl:>. L»rr H;iäp;-Nat einer
^■•Mi' -i.: ^i.'i i •• -::l:^.;i »ir:: A^ii*z.^»i «ctcuiaai. d. h. der
»r- -^:. r .rL.- •* . r .V«^ i-Aki-r z ir tW Zr i'jh 0.111 JT v»»a Häapdiog
Passchwierigkeiten. 307
dienend, sonst auch Ukkara, ein bedeutsames Wort, das Castr^n
von dem alten Ukko der Finnen durcli Aga (Vater) der Jakuten
und Aka oder Acba (älterer Bruder oder Herr) der Mongolen ver-
folgt hat. Ok findet sich als früherer Königstitel in Siam und
Kambodia und klingt auch in manchen wichtigen Herrscheruamen.
Zuweilen stellt sich eine Art Nat ein, die noch nicbt ausgewachsen
scheint und mit der Stimme eines Säuglings spricht (Nat-su-ngay).
Solche, die sich der Verehrung der Dämonen besonders hingeben,
heissen im Allgemeinen Nat-thein und ihre Aufmerksamkeit auf
die gegebenen Orakel wird Nat-hnut-na genannt oder das Lau-
schen auf die dämonischen Aussprüche. Der von einem Nat Be-
sessene ist ein Nat-Vin, d. h. ein Solcher, in den ein Dämon ein-
gegangen ist, oder auch ein Nat-Puh, als ein mit dem Dämon Ver-
einter. Durch den Umgang mit Dämonen wird die von Faust ge-
suchte Nat-Vijuja erworben. Das dem Schutzgott des Dorfes ge-
brachte Opfer heisst Pali-nat-ga.
Als ich Miene machte meine Reise-Eflfecten zu verschenken,
kam schliesslich ein Patih, der einen Spottpreis dafür bot und sie
zugeschlagen erhielt. Er stellte mir einen Wechsel auf seinen
Bruder in Tongu-aus, der dort Kaufmann sei. Da er kein Eng-
lisch verstand, und ich mein vor vielen Jahren erlerntes Hin-
dostauih so ziemlich vergessen hatte, unterhielten wir uns im
Birmanischen, das Document aber wurde im Tamulischen aus-
gestellt.
Ich hatte vermieden dem Nakan, der damals als Stadtgouver-
neur fungirte, meine Aufwartung zu machen, da ich aus verschie-
denen Beschreibungen gemerkt hatte, dass er einer jener Beamten
sei, mit dem man je weniger desto besser zu thun hätte. Als ich
fertig stand noch denselben Abend abzureisen, schickte ich Moung
Schweb zu ihm, um einen von ihm ausgestellten Specialbefehl an
die Unterbeamten längs des Weges zu erhalten, aber er verlangte
erst den Hlut-amein (den von Mandalay ausgestellten Pass) zu
sehen. Ich Hess ihm indess zurücksagen, dass ihn derselbe nichts
angehe, weil ich hinlänglich durch die sonst eingeschickten Pa-
piere legitimirt sei, und als er dann seinen Pass verw^eigerte, be-
schloss ich ohne denselben abzureisen, um nicht in eine Bekannt-
20*
308 ^1^ GrenzproTinz.
Schaft verwickelt zu werden, die mir nur Zeit und Geld gekostet
haben würde. Da es indess inzwisclien Abend geworden war
und die Abreise im Dunkeln nicht gut zu bewerkstelligen war,
so erhielt ich während der Nacht noi-h ver»4;hiedene Besuche, die
mir theils unter der Hand und zuletzt als directe Botschaft an-
deuteten, dass der Nakan eine Visite er\*arte und dringend
wünsche. Doch hatte ich für sie nur die Antwort, dass ich mit
dem ersten Tageslicht unterwegs sein würde. Und die aafgehende
Sonne fand mich schon in der Xähe des Dorfes der Palmen, wo
ich dem Verwundeten noch einen Besuch vor meiner Abreise
versprochen hatte.
Als ich von dort wieder abritt, verlor ich die Spur der Karren
im Walde und hatte lange danacH zu suchen, so dass wir später,
als erwartet, in Zindsaejoa ankamen. Wir fanden grosse Mühe
das Gepäck an Bord zu schauen, da der Kahn an einer Stelle
lag, wo kein Wagen nahe kommen konnte, und selbst Lastträger
in dem Lehm versunken wären. Als ich mit Moung Schweb, um
noch einige Einkäufe zu machen, zurückging, sah ich ein kleines
Boot, das es vielleicht bequem sein würde, bei sich zu haben, um
aus dem grossen beliebig landen zu können. Als ich über den
Preis verhandelte, verlangte der Verkäufer erst mein Geld zu
sehen, und verwarf die gezeigte Sorte Daina als unbrauchbar; an
Azekiay wäre gar nicht zu denken gewesen. Nur das feinste
Yowetnih würde ihm genügen. Da ich mit solchem nicht ver-
sehen war, und Rupien anbot, wollte er sie, statt sie zu zählen,
nach dem Gewicht seines, in einem andern Silber-Alloy fixirten,
Preises berechnen. Als ich ihn um das Warum fragte (da die
Kupien auf dem Markte Xyengjen's wegen der Handelsbeziehun-
gen mit Tonga schon ihren festen Preis hatten), antwortete er:
„Ja, wiegen will ich. Wir Bauern hier sind schlau, uns führt
man nicht hinter das Licht. OhI wir sind schlau."" Für kleinere
Einkäufe hatte ich mir früher mitunter geholfen, indem ich Ku-
pien, deren Silbergehalt der einen Art Daina's i>ehr nahe kommt,
in kleine Stücke zerschnitt; aber für grössere Summen hätte es
erst eines Assaver's bedurft, und ein solcher wäre nur in der
Stadt zu finden gewesen. Mit einem andern Schiffsbauer gelang
Der Capitain. 309
es mir besser, einen Kauf zu sehliessen , und bezahlte ich ihn in
Dainas, worin der Preis accordirt gewesen war. Kaum aber war
ich bei dem Kahn angelangt, als er mir nachgerudert kam, und
das Geld, als nicht von der Reinheit des Yow^tnih, zurückbrachte.
Wahrscheinlich hatte die Schlauheit eines der andern Bauern
seine eigene erleuchtet. Ich stellte ihm vor, dass er das Geld ja
vorher in den Händen gehabt und geprüft habe, dass er damit
zufrieden gewesen und dass die Sache jetzt abgeschlossen sei.
Dass er ausserdem überzeugt sein könne, dass das Silber ganz
diejenige Feinheit besitze, die seine Preisbestimmung erfordert
hätte, da ich schon auf der ganzen Reise beständig damit bezahlt
und ihm sogar eine Extravergütung berechnet habe. Auf Alles
dieses hatte er als einzigste Antwort, dass er ein armer dummer
Kerl aus dem Walde sei und nicht besser gewusst habe, so dass
ich ihm zuletzt den Rath gab, nach dem Walde zurückzugehen
und mich zufrieden zu lasseu.
Am Nachmittage kam endlich der laug erwartete Herr Ca-
pitain, der Hlay-thougyi oder Schiffsoberste an Bord, von seiner
Frau begleitet. Aber seine Mittheilungen waren leider nicht die
gewünschten. Er sagte, dass er so eben von einem Zeichendeuter
komme, der den heutigen Tag, Mittwoch, mit dem Zeichen des
Elephanten, als einen sehr ungünstigen zur Abfahrt bezeichnet,
dagegen habe er ihm zu Sonnabend, als mit dem Zeichen des Kö-
nigs, gerathen. Also am Sonnabend würde er abreisen. Daspasste
aber nicht in nteine Calculationen, obwohl jeder Ueberredungs-
versuch in diesem Falle nutzlose Verschwendung gewiesen wäre.
Er betheuerte hoch und heilig, dass er am Sonnabend bestimmt
abfahren w^ürde und tröstete mich, dass es ja nur drei Tage mehr
wären. Wohl wissend, dass darin nichts zu ändern sei, kam mir
der gute Einfall zu statten, das kleine Boot gekauft zuhaben, und
ich erklärte ihm, dass ich darin vorausreisen und ihn an der
Orenze erwarten würde. Der Capitain war darüber verwundert
und suchte es mir auszureden, da das Boot viel zu klein sei, ver-
sprach mir aber zuletzt, als ich fest in meiner Absicht blieb, für
einen des Weges kundigen Bootführer zu sorgen, und ging mit
seiner Frau nach dem Dorfe zurück.
10 I^i^ Grenij-rovinz.
Mir war diese Verzr»^erung: im b«.kh>ten Giade unangenehm.
Abiresehen ron einem immer ärpiTÜchen Zeitrerlnst ist derselbe
?>esi.*nder> bedenkliib in greflibrlii-ht-n Gebenden, wo man besser
mr»glubst ra>ch durchreist, obnewirber dem Gerücbte Zeit zulassen,
auf die l»ev^ir^If Lende Ankunft vorzubereiten. Ausserdem hatte
ich meine dem Nakan i:e^enül»er innegehaltene Verfabrungsweise
nur deshalb untemt-bmcn zu kvnnen ireglaubt. weil ich berech-
net bane. ebous«» rasrh, als etwaiirc Raen seinerseits an der
Grenze anzulangru und den P^^tcu d«*ri zu l»a^siren. da er mir
s-:«nsi m«~i:l:chc-rwc:>f d^rt allerU-i Ilindemis-^e und Schwierig-
ktriien in den We:: hät:e K-iTcn k-'nnen. Die verschobene Ab-
regt- würde den Tlan natürlich über den Haufen geworfen haben,
und ich war eutschb'S^en, nicht über den Tag hinaus dort zu
ble^Kj-n. AN daher bis Alend keiner der versprochenen Boots-
leute sich cezci::: Laue, war die Sache kurz abzubrechen und
tLrilie ich nic::.ru ^rid^u Burschen mit. da>s sie mich würden
fahren müs-^en. da Ni<.UiäLd ard^rs da war. M^'ung rVhweh war
etwas mit dem Stou- ru veriraut, :inJ dem Au-iem, ein toller Ge-
selle wie er war, blieb Alles recht, wenn es ihn nur von der
Kücie l»efre:ie. Während der Nach: wurden die nothwendigsten
Din^rv und meine wiehiiireren P^i'-ere in kleine Packete zusam-
menreVunJen und niit einigen 1 Vi- vi -i. 'neu in dem Boote wegge-
stauL da^ dann v». n dem Kahne :n'> Wasser gelassen wunle, und
s->ba!d der Himiuel im Osten 1 leichte, sr.essen wir ab. Meine
nbriiren S:u-Len liess ich auf dem Kahr.e, zum Schrecken dcrMa-
ir<*>en. die ^eriie A!le< ^Ki^h mi: mir :-.r:,reschiokT kitten, um
nicht dis, füreiztu Rimiancn imn.erSohäue einsehliessende, Ge-
päck eines K;v!.^ in vieL Händen zu Kba!un und dafür aufkommen
zu n.ü>>rn
M. uLg schweb s:i>s hinten im Rv-t. mit einer kleinen
Schäufe!. 'l.vs<el' v ZI r^-Te-^- ^■^" K-vi vome mit der seinigen,
und >•. ^ b >sen wir jvi'>vbut!I d^u ni>S!:::ieiiSn\»m hinab, viel
ras-.brr, ;»!s uu- >:i iKStnr rnk^v.r.tr.iss dts Fahrwassers und
der vifir- Frls>:ei!:v !": * w:\r. Ws>ser^ "rx:! ut:: schwärmten uns
•n uuj^b'. unn Mer^^:::. Sic k.;v.:::::: s ■ wen'g S\*beu. dass man
if: iir >:i»v::i:uieu.:;u :a>: :::i: den HAnieri i:::^?:fen konnte und
Bootfiihrt, 311
ein Jäger die reichste Beute heimgetragen haben würde; doch war
jetzt mein Augenmerk vorwärts zu kommen. Ohnedem würde
ich für Zoologen einen schlechten Reisenden abgegeben haben,
denn ich liebte immer weit mehr, die Vögel in freier Natur um
mich spielen zu sehen, als für ein Museum auszubälgen. Da
glücklicherweise in der Wissenschaft die Theiluug der Arbeit
als richtiges Princip anerkannt ist, braucht man sich nicht zu zer-
splittern und kann Jeder seiner Lieblingsneigung folgen.
Die HUgellinie der rothen Karen erstreckt sich mit welligen
Ausläufern längs des Flusses und am Ufer erschien hier und da,
den Wald unterbrechend, ein ärmliches* Dorf, dessen Kyaung in
Ermangelung anderen Schmuckes mit bunten Tüchern behängt
war. Das Wasser hatte einen solchen Fall, dass man glaubte,
eine schiefe Ebene hinabzugleiten, wenn man vor sich auf den
fortströmenden Fluss blickte. Um Mittag kamen wir zu einer Stelle,
wo sich derselbe in zwei Arme spaltete. Das war nicht voraus-
gesehen. In Zindsaejoa hatte man uns auf Erkundigungen nur
ein Dorf genannt, wo wir ungefähr um Mittag ankommen würden,
sonst aber keine speciellen Directionen gegeben. Der Strom floss
dort durch einen Wald , wo wir schon für die letzten Stunden
weder Häuser, noch sonst Spuren menschlicher Ansiedelungen
gesehen hatten. Boote waren uns, seit der Abfahrt am Morgen
früh, kein einziges begegnet. Also musstenwir selbst entscheiden
und wählten aufs Gerathewohl den uns nächsten Arm. Auch
dort war dieselbe Wilderniss und Oede, wie zuvor, und die Wil-
demiss wurde wilder und öder, je weiter wir auf unserer Nuss-
schale darin fortfuhren. Weder Dorf noch Hütte nirgendwo, nur
Wald und Wald. Eine ängstliche Todtenstille herrschte ringsum,
durch die das einförmige Gestöhn des Brüllaffen um so kläg-
licher wiederhallte. Der Nachmittag verstrich, und wir erkannten
an den langen Schatten, die die Bäume über den Fluss warfen,
dass die Sonne sich dem Untergange zuneigen musste. Das
Wasser hatte seine Geschwindigkeit gänzlich verloren und war
fast stehend, sich mitunter in weite Bassins ausbreitend, so dass
die beiden Jungen sich tüchtig anstrengen mussten, um vorwärts
zu kommen, und durch die ungewohn-te Arbeit bald erschöpft
312 Die fjT*«rpw»i«i-
waiYD. Mitanter ^bien tr^ un«. als «.»b Pfade an» den Walde an
da.« Wa.«^«er fdhiteD : aber wenn wir darauf zn bielten. zeisten sieh
Dar die Fa«etapfeD der wilden Elephanten. die d»nbin zum Trinken
gekommen. Aaeh durch das Erklenem T«»n Bäumen konnte
nieht?^ en^paht werden, d«>eh bemerkten wir «rhlie*>lieh am Tfer
Fi'«ehreu*en. die dort aufsre*teekt waren. Nieht lanse nachher
«ahen wir Rauch au< dem Walde auf^tei^n und erhielten von
den dort arbeitenden Holzhauern die Directi<.*n nach dem Dorfe
Taania. um nn« nicht in die im Walde auslaufenden Canäle, die
fieh auf weite Entfeniun<?en erstrecken und ;selefentlicb zum
Schwemmen derTeak!^täluule dienen, zu verlieren. Gerade beim
Dunkelwerden sahen wir die Häu'ier de< Dorfes am Ufer vor-
bei!fchie<^!Ken, da der Strom jetzt die frühere Geschwindi^eit
seines Laufes wieder erlangt hatte. \\»n hier konnte die Grenze
nur noch eine kurze ^^trecke entfernt :^in. und so Hess ich hinter
einem Vorsprung Halt machen, wo die beiden Huderer sich ihren
wohlverdienten Reis kochen konnten.
Nachdem das Abendessen beendet war. fuhren wir noch eine
Strecke weiter, um nicht an de^^elben Stelle zu schlafen, wo der
Hauch gesehen sein mochte, und befestigten das Boot unter den
tiberhangenden Zweigen eines dicken Baumes, der die ganze Nacht
im monotonen Fall seine schweren Früchte auf uns niederwarf.
Das Dunkel des Waldes war zur Fiustemiss geworden, in der das
Echo des Donners rollte und mitunter ein jäher Blitz kenror-
zuckte. Wir richteten uns. so gut es die Umstände gestatteten«
auf den erwarteten Regen ein, doch klärte es sich gegen Mitter-
nacht wieder auf und der Mond trat hervor. Ich hatte die Nacht-
wachen vertheilt, merkte aber bald, dass mir alle drei zufallen
würden ; denn trotz der Muskitos» über die sie anfangs klagten,
schliefen meine beiden Matrosen, ohne sich zu regen, und da sie
Grund zur Müdigkeit hatten, Hess ich sie ungestört.
Nach der Abfahrt am nächsten Morgen kam bald das Grenz-
dorf Mayho in Sicht, und auf einer hohen KJipi>e stand der Wacht-
posten. Wir wurden angerufen zum Halt; ich Hess indess das
Boot so lenken, dass es erst an einer Stelle ans Land kam, die
schon innerhalb der englischen Grenzlinie fiel. Dann recognoscirte
Der Grenzposten. 813
ich das birmanische Lager und sehend, dass die dort aufgestellte
Armee gerade keine grosse Uebermacht zeigte, nahm ich meine
WaflFcn und ging mit Moung Sehweh, mich nach ihrem Anliegen
zu erkundigen. Den verlangten Hlut-amein verweigerte ich auch
hier, und producirte einen andern Schein, womit sie sich begnügen
könnten. Auch nahmen sie gar nicht viel Anstand, da sie mir
den oflen gehaltenen Rückzug doch nicht mehr abschneiden konn-
ten. Briefe des Nakan ausNyengjen waren indess, wie ich leicht
merkte, schon angekomnien. Als ich nicht unterlassen konnte,
darauf anzuspielen, erwiedertensie, dass in der Nacht ein Eilbote
gekommen sei, mit dem bestimmteste.i Refehl, mich ohne Verzug
und Hinderniss passiren zu lassen. Ich beglückwünschte sie,
dem Uefehl ihres Oberen so trefflich nachgekommen zu sein, und
nachdem ich ihre Complimente mit dem gewünschten Pulver, das
in der Grenzfestung ausgegangen war, bezahlt hatte, betrat ich
wieder das Boot und fand mich noch an demselben Nachmittage
in Myolah, dem Posten der englischen Grenzwache, wo der ein-
geborne Sergeant mir in dem Fort das Haus des englischen Offi-
eiers, der in Tongu abwesend war, zur Verfügung stellte. Dort
hörte ich nun die Einzelheiten über die traurige Ermordung des
Grenzcommandanten (Lieutenant Hallam), dem jetzt ein Nach-
folger bestellt war. Mehrere der Soldaten und Polizisten in der
Stockade waren bei der Expedition gewesen und konnten als
Augenzeugen sprechen.
Der Sergeant oderBo war ein Talein, ein alter gesprächiger
Mann» der mir viel erzählte und mir die ihm zur Verfügung
stehenden Bequemlichkeiten zu verschaffen suchte. Er gab mir,
als eifriger Patriot, einen umständlichen Bericht über die alte
Geschichte Pegu's, die erste Entdeckung durch die fremden See-
fahrer, die Gründung Hongsawaddi's (Don-Hansa) und den ent-
scheidenden Zweikampf. Auch von Thatung wusste er zu er-
zählen, dass es von den Dann erbaut sei, und hatte stets Seiten-
hiebe für die Birmanen, die nichts richtig aussprechen könnten*
In Thomapura, das die Birmanen in Dhammapura entstellen,
herrschte ein dreiäugiger König, der durch sein drittes Stirnauge
Alles sah und deshalb in einem Kriege mit dem König von Don
314 r)Je Grenzprovini.
•
Thatehn, was die Rirnianen entstellen in Thatung, beständig
siegte, bis es der Tochter des letztern gelang, ihm ein Frauentucb
in die Hände zu spielen , mit dem er sieh das von den Nat gege-
bene Auge wegwischte. Man nennt deshalb die Stadt Don-not-
mein-ling oder die Stadt, wo das Auge des Königs zerstört wurde;
aber die Birmanen entstellen das in Monlmien. Er nannte die
Birmanen (im Talein) Kamae, und sagte, dieser Name bedeute
auf Händen und Füssen gehen, weil bei Ankunft Gautama's die
Birmanen vor seinem Glänze so erschracken, dass sie ihm nur
vierfttssig zu nahen wagten wie die Hunde. Nach Purchas dage-
gen bezögen die Peguer ihren Ursprung to a dogge and a ebina-
woman, who escaped shipwracke, und die Ilässlichkeit der Peguer
wird dieser Abstammung zugeschrieben, indem die Männer nach
dem Vater, die hübscheren Frauen nach der Mutter schlügen.
Khvae meint im Peguanischen einen Pagode-Sclaven. Früher
stand in der Nähe Thatung's eine Stadt der Lava's, ein Volk, von
dem Niemand weiss, woher es kam. Min Toudena, der Sohn des
Tsita-kama (Königs von Martaban), erbaute dieThailatah-Pagode
auf dem Thailekah-Berge und Atha-Mintha (unter der Regierung
Wimala's und Thamala's in Pegu) erbaute die Keiketha-Pagode.
Tinsimingyi , Vater des Wilandea , construirte das Labyrinth auf
dem Berge Wingala; die Kjeik Kalunbun in Sittang wurde von
dem peguanischen König Atinkepamin gegründet. Die Tchichatah-
Pagode wird im Tagou-Monat von Pilgern besucht, die Miasun-
ginaun-Pagode im Tabaun-Monat, der Schwemaupaya im Vollniond
des Februar. Der von Nats gebaute Kjeik-Kalukk enthält eine
silberne Figur. Die Prinzessin von Yaiying war einem, Alligator
vermählt. Die am Sittang von den Yun gebaute Stadt Kyoukmo
wurde durch Yasadiit, König der Talein, zerstört. Das alteTongu
war von neun befestigten Städten umgeben. Speere, hörte ich,
und sonst in der Station gebrauchte Eiscnwaa'ren werden von einem
Karen, der seine Schmiede auf den Bergen hat, gefertigt, und bei
•den gelegentlichen Besuchen desselben nach Myolah gebracht.
Auch das Schärfen wird dann von ihm besorgt. Mayho ist selbst in
dieser Fiebergegend noch sprUch wörtlich besonders als ungesund
berüchtigt. Die Straflosigkeit der steten Räubereien an der Grenze
Schan-Kaufleute. 315
wurde hauptsächlich dem MouugTombo, dem Thougyi eines Dorfes
am Jenin-Creek, zur Last gelegt. Er hatte sich wegen ausgefun-
dener Verbrechen über die englische Grenze geflüchtet, wurde
aber durch geheime Briefe eines erlauchten Beschützers in Man-
dalay zurückgerufen und soll sein Diebshehler-Geschäft jetzt in
noch grossartigerer Ausdehnung, wie früher, betreiben.
Am nächsten Morgen nahm ich ein erquickendes Bad , da
auch die Birmanen sich dort wuschen und Wasser holten, obwohl
von einem Alligator gesprochen wurde, der unterhalb, und einem
anderen , der oberhalb Myolah lebe. Doch erstrecke sich sein
Jagdrevier nicht so weit und pflege der Alligator oberhalb Tongu
überhaupt nicht zu beissen. Beim. Aufweichen des Bodens mit
dem Eintritt der Regenzeit wühlen sie sich am Ufer aus dem harten
Lehm heraus, der während der Hitze vertrocknete. Auf der Ebene
vor dem Fort hatte die Caravane eines Schan - Kaufmannes ihr
Lager aufgeschlagen^ die mit 500 Ochsen von Pegu zurückkehrte
und getrocknete Fische, Ngapie u. s. w. geladen hatte, für die
dort verkauften Zeuge und Tabak. Ich besuchte den Eigenthümer,
der sich wegen der Steuer-Kegulation ein paar Tage dort an der
Grenze aufhalten musste, und sich bei dem Sergeanten durch das
Geschenk eines mit Zeug umwundenen Rehhornes, um gegen
Schüsse fest zu machen , in Gunst gesetzt hatte. Er nannte sich
einen Shangyi (Gross-Schan) ausHlayga und hatte das linke Ohr-
läppchen stark extendirt durch einen dicken Propfen, der einge-
fügt war. Weiterhin campirten Schan Thoungthu, die auf 100
Ochsen Betelnüsse aus Molmein brachten.
Den nächsten Tag, da der Kahn immer noch nicht angekommen
war, brachte ich in einem kleinen Kyauug zu, der sich neben dem
Fort aufgepflanzt hatte, und dessen Pungyi mir allerlei Räuber-
geschichten über Gautama und seine Lieblingsschüler erzählte.
Besonders ShinMokhala war sein Mann, der trotz seines plumpen
Mönchkittels wie ein Vogel in der Luft umhergeflogen sein muss,
und unbeschadet seiner Glatze den neckischen Kobold spielte.
Einem seiner Verehrer, der anbetend vor ihm sass, rechnete er aus,
auf wie vielAnna's perTag der Geldwerth*) kommen würde, den
*) liii Kaminawasa heisüt es: ,,KiD vollkommener Mönch muss nie heimlich
316 Die Grenzprovinz.
er, als Glied des Priesterstandes, unter den strengen Vorschriften
des Patimokh noch ungestraft stehlen dürfte, wenn er die zwölf
Stunden des Tages zu fleissiger Wiederholung benutzte. Als ich
unter anderen Gesprächen auf die Byainina -Aussprache des My-
aninia geschriebenen Namens kam, meinte er, dass die Byamma,
als sio sich vermehrt hatten, Myamma (Viele) geworden, und
schien sich selbst zu wundern, woher der (^alembour in seinem
hohlen Kopf gekommen.
Am anderen Tage war ein Confrater bei dem Kapuziner zum
Kneipen angekommen , und es ging lustig her im Kloster. Ein
wandernder Musikant sass in einer P>ke und spielte auf, was
seine Mittel erlaubten. Mit den Armen geigte er die Fiedel, durch
den rechten Fuss schlug er Messingbecken zusammen , und der
linke klapperte mit Bambu's. Er sang von Mandalay, der glän-
zenden Stadt des Königs, der die Welt beherrschte. Und der
Pungyi schien sich nichts daraus zu machen, dass das Musikhören
unter den 10 Dan (kleinen Sünden) bcgriftcnist, da er wohl schon
genug zu thun hatte, um nicht die 10 grösseren (lein) zu ver-
letzen. Auch der Besucher musste seine Weisheit zum Besten
geben. Als Shin Mukhala von der grossen Schlange gesehen
wurde , dachte ihn diese durch einen Beweis ihrer Kraft zu är-
gern und wand sich um den Berg Meru herum, den sie in Stücke
drückte. Shin Mokhala aber ging durch die Nasenlöcher in den
Naga hinein, spazierte in seinem Leibe herum, guckte aus den
Augen heraus, schrie ihm durch die Ohren, während der bewil-
iiohmon , was nicht gegeben ist, selbst nicht das Kleinste, selbst nicht eine Hand
voll (iras oder lianibusplitter. Wer mit diebischer Absicht ein Viertel (eines Ti-
kal, 160 Yowes oder Abnis precatorius wiegend) nimmt oder darüber, der ist kein
Samanaer, kein .Sohn Sakya's. Wie ein vom Hanm gefallenes Blatt nicht wieder
grünen kann, «ebenso wenig der Priester, der stiehlt.** Der W'erth des Tikal ent-
spricht ungcfiilir einer Kupie oder etwas mehr. Der Patimokkhan rechnet den
Diebstahl sowohl in O'ogerley's Ucbcrsetznng aus dem Tali, als in der chinesi-
schen Version der Polotimocha , die Heale damit zusammenstellt , unter die vier
Sünden Parajika , die dauernde Ausstossung aus der Priesterschaft verschnlden,
macht aber dieses Urtheil liesonders von den entehrenden Strafen abhängig , die
folgen würden, wenn das Verbrechen durch die weltlichen (Berichte entdeckt sein
sollte.
Priesterkuuststückc . 317
derte Naga ihn nirgends sehen konnte und zuletzt fragte, wo er
sei. Hörend, dass Gautama Lehrer dieser wunderbaren Kunst ge-
wesen, Hess er sieh willig das Gesetz predigen. Als (wie Paulus
und Simon Magus in Rom) die wahren und falschen Kahan um den
hübsehen Almosentopf stritten, den der Reiche in Rayagaya als
Preis für den am besten im Fliegen Geübten ausgesetzt hatte, erbot
sich Maükalan zu dieser Probe, überliess es aber seinem Gefährten,
der einen einen halben Yozana grossen Felsbloek an seine Fuss-
zehe mit in die Luft nahm. Gautama, davon hörend, verbot kliig-
licherweise seinen Schülern solche Künste, wie sich die Lnma's
mit dem Interdict des Üalai Lama entschuldigen können. Nach
Ratnadharmaraga sendet er Modgaljana, um die Nagnraga's Nanda
und Upanauda zu überwältigen, die sich um den Sumeru wickelnd,
die dort schlafenden Bikchu durch ihren Gifthauch bleich gemacht
hatten. Sariputra kämpft in der Gestalt Garuda's mit dem in
eine Schlange verwandelten Rat^iksha, den die rivthika zum Wett-
streit gegen ihn aufgestachelt hatten. Die tollsten l^ossen spielen
die Schlmnus in den mongolischen Büchern, wo aber (im Ueli-
gerundalai) der Geistliche Upagupta ihre Teufeleien mit gleichem
Blendwerk bekämpft.
Mokhala kam auf seinen Reisen einmal zum Nachtquartier
zu den eintausend Shin's, den Anhängern der drei Eremiten
(Yathay), die ihn in das Kloster nicht einlassen wollten, sondern
in den Kochplatz steckten, wo er mit den Aschenbrödeln schlafen
konnte. Dort ging aber die ganze Nacht ein solch sonderbares
Poltern und Lärmen vor sich , mit allen Arten sciireckbarer Er-
scheinungen, dass die eintausend Shin's vor Angst kein Auge zu-
thun konnten und froh waren, ihn am andern Morgen los zu wer-
den. Später besuchte auch Gautama diese ungastlichen Eremiten.
Sie verhöhnten ihn aber und hatten ihn mit ihren Künsten zum
Besten, indem sie vor seinen Augen ins Wasser tauchten oder ihre
Körper im Feuer rösteten und ihn fragten, ob er das auch könne?
Bei Nacht kamen die eintausend Shin herbei , um neuen Spass
mit ihrem Fremden zu treiben, wagten sich aber nicht heran, als
sie den Drachenkönig über dem Schlafenden gewölbt sahen. In-
dess machte das weiter keinen Eindruck, denn sie meinten nur,
318 Die Grcnzprovin«.
das» Gautauia die Alanpaezca oder Sehlangcubeschwörung ver-
Htände. Nach llvvui Wuh Tai-Sse verbrachte Buddha, die Feuer-
verehrer Keyeshi's (Kasyapa's) besuehend, die Nacht in der
Drachenhalle und ersclireckte den am Abend zurückkehrenden
Drachen so sehr durch seinen Ghmz, dasö er zur Külilung in
seinen Ahnosentopf spranj^, während die Nachts den hellen Schein
sche-nden Ketzer glaubten, dass der Shanium ganz vernichtet sei.
In einer birmanischen Lebensbeschreibung, die von drei Kasyapa
(Uruvela Kasyapa, Nadi Kasyapa und (iaya Kasyapa) spricht,
verschmäht es (rautiima, den Drachen durch andere als seine
eigenen Künste zu besiegen und setzt ihm so durch Rauchwolken
und FeuersprUhen zu , dass er sich widerstandslos in den Alnio-
sentopf legen lassen muss. Im Dabistan berichtet Khushi, das«
er Khiradmand (als er Rustam gegenüberstand) die Form eines
Drachen annehmen und Feuer sprühen sah. Apollonius zeigt sich
zu Kphesus in der Sprache der Schlangen erfahren. Nach den
Chinesen folgt von den 170 Drachenkönigen der den Regen regie-
rende Sokielo ( Sagara ) beständig Buddha zu den Versamm-
lungen.
Am nächsten Morgen war ein kalter Tag und die frieren-
den Shin wollten sich ein Feuer machen; aber siehe da, sie
konnten trotz aller ihrer Anstrengungen kein Holz spalten, es
blieb hart wie Eisen. Shin Gautama bat sie, die Axt zum Ver-
suche zu leihen, und sobald er nur den Arm aufhob, klaffte das
Holz nach allen Richtungen auseinander. Der Kerl wird die
Wissenschaft der Holznatur verstehen , dachten die Yathav und
blieben verstockt. Da Hess Gautama einen gewaltigen Regen
fallen und überschwemmte die ganze Erde, so dass nur die Stelle,
wo er stand, trocken blieb; aber die KHK) Shin's, die sich dort-
hin geflüchtet, schrieben es der Zauberkraft*) von Gatha's zu
und weigerten seine Verehrung, da sie sich dennoch grösser und
heiliger dünkten. Indess waren sie neugierig geworden durch
diese vielfachen Beweise kenntnissreicher Gelehrsamkeit und
♦) An iiicident in thc life of JiudfUia , rcIat(Ml in thc Dulva, would seem to
iinply that evcn ainon«? his own rclation-s Sakya*s snccess was supposed to be
conurcted with the praeticc of uingio (Tiionias).
k
Verstockte Ketaer. 319
fragten Sbin Gautaina über seine Wissenschaft aus. Als Antwort
sprach dieser die Worte Aneisa, Duka, Anatta, und als (lie Ein-
siedler dieselben einige Male bei sich wiederholt hatten, da er-
weichte sich ihr hartes Herz, sie stürzten zu seinen Füssen und
beteten an. Darauf kam Narada aus dem Himmel der Byamma
zu ihnen herunter und predigte das Gesetz. Die birmanische
Lebensbeschreibung erzählt, dasä, alsGautama bei Köuig Piinpa-
thara's (Bimbasara) Empfang im Garten Tandiwanasass, umgeben
von den drei Kasyapa, das Volk nicht wusste, wem Verehrung
darzubringen sei, bis üruwela sich selbst als seineu Schuler an-
erkannte. Nach Ratnadharmaraga (bei Schiefner) war Üruvil-
vakacjapa (der Haarbüschelträger) der Sohn eines reichen Brah-
maneu in Uruvilva.
Ich brachte das Gespräch auf die Paramatta's, und die beiden
fideleu Kumpane geriethen in grossen Eifer. Diese Secte derPa-
ramatt's behauptet, dass alle Menschen gleich seien, und dass die
Pungyi keine Verehrung zu empfangen brauchten. Wer nur recht
thäte , der wäre der Beste. Sie sind verstockte Ketzer und Kra-
kehler, mit denen sieh Nichts nuicheu lässt. Solch ein Mensch
würde behaupten, dass diese Beteldose hier eine Matte ist, und
Niemand würde ihm beweisen kimnen, dass er unrecJit habe.
Wer recht thut, muss geehrt werdeu. Nun ja, das ist der Prie-
ster. Der Priester ist es, der nach Gautama's Befehlen handelt,
indem er sich mit dem gelben Gewände bekleidet. Die Bibliothek
des Klosters reducirte sich auf ein paar Gebetbücher, doch hatte
sie bis dahin allen Anforderungen genügt.
Der Pungyi schien nicht in der grössten Achtung zu stehen,
obwohl man sich mit ihm in Ernu\ngelung eines andern behalf,
und bei den Abendgesprächen wurden mir allerlei Kunstgritie
erzählt, wodurch die Priester ihr Gewissen betrügen mögen. Ein
Pungyi darf nicht Ileis oder andere Kornarten im ungekochten
Zustsmde berühren, aber wenn die Strasse, die er zu passiren hat,
mit Wagen aufgestopft sein sollte, die mit solchen Artikeln beladen
sind, so mag er sich vorstellen, dass er nur eiiuen Erdhaufen vor
sich sähe, und dann ungescheut vorübergehen, sollte auch sein Kör-
per die verbotenen Sachen streifen. Er darf kein Weib berühren,
320 I^ie Grenzprovins.
wenn aber seine Mutter in einen Brunnen fallt, mag er ihr einen
langen Stock reichen und sich vorstellen, dass er einen Holzklotz
herausziehe. Wenn seine Glatze geschoren wird, niuss er sich ein-
bilden, dass auf dem Herg Meru Buschwerk umgehauen wird u. s. w.
Ein Pungyi darf weder rothen Pfeffer, noch Gurken, noch Melonen,
noch andere Saamen essen, die keimfähig sind. Er mag aber,
wenn er seinen Schüler solche Dinge essen sieht, ihn fragen, ob
sie lebend oder todt seien, und wenn dieser, ein Stück abbrechend,
entgegnet: ^das ist todt", so kann er davon essen, ohne getadelt
zu werden. Oder der Schüler ritzt die Frucht mit seinem Nagel
oder öffnet sie, um das Leben darin herauszulassen, und dann
kann der Pungyi essen. Die Bramos in Celon essen nichts, was
heben hat, und rufen sie dicThicre an, deren sie des Morgens am
ersten ansichtig werden, sagt Huyghen (bei de Bry). Die Classe
der Akamanijathan oder Dinge, die es verboten ist zu berühren,
sclieint indess voluminöser in den Büchern, als sie in der Praxis
gilt. Ein Pungyi darf nichts mehr essen, nachdem die Sonne
culminirt hat, er mag aber, zu irgend einer Zeit des Nachmittags,
den Schüler fragen , ob es schon Mittag sei , und wenn dieser es
verneint, sich Speise bringen lassen.
Andere Mönche dagegen machen sich das Leben ziemlich
sauer. Wenn sie die abstruse Metaphysik des Abhidhamma einzu-
studiren haben, müssen sie Tag und Nacht die unverständlichen
Formeln hcrmurmeln. Sie legen iiiren harten Kopf auf eine noch
härtere Cocosnuss, damit beim Eindämmern die Kugel darunter
fortrollt, und so ihr (U>hirn auf dem Boden des Zimmers in heil-
samer Erschütterung niederbumst. Um sich zu den Megga's
aufzuschwingen, nuiss vorher die ganze Welt des Pestehenden
als vergänglich, tüuschender Trug und schmerzbringend erkannt
sein, indem der zersetzende Process auf alle Vorstellungen an-
gewandt ist, d.h. auf die 5 Khanda, die () Sinnesorgane mit ihren
11 Attributen (Yatana, Aroma, Winian, Phasa, Wedana, Snanya,
(■etana, Tanja, Witeka, Widsara, Datu), auf die 10 Kasain (mit
Civa), die 32 Akan, die 12 Yatana (in der Passivität undActivität
der G Sinnesempfindungen), die 18 Datu, die 22 Indrya, die
9 Bon, die 4 Rupa-Jhan, die 4 Apamegga (der oberen Byamraa),
Priesterliche Entsagung. 321
die Arupa Jhan, die 19 Dhamma, die 12 Patan (im Mano). Der
Weise bat vor allem drei Hindernisse zu überkommen, inderSanti
(der falscbcn Vorstellung von einer Lebensdauer, die doch jeden
Augenblick abgeschnitten werden kann), den 4 Iryahpud oder
Iriyapatha (Sva-khyin, Rap-khyin, Thein-khyin, Lyaun-khyin)
und dem Haften an der Realität des Wirklichen, um sirb von den
drei Nimeit (Nimittang) loszumachen und befreit von allen Lei-
denschaften ganz der Contemplation hinzugeben.
Solche, die zu besonderer Heiligkeit aspiriren, pflegen noch
jetzt sich jährlich einige Monate in den Wald zurückzuziehen, wo
das Volk glaubt, dass die wilden Thiere sie unverletzt lassen.
Doch hörte ich von mehreren Fällen, wo sie von den Tigern nicht ,
respcctirt waren. Es ist dem Pungyi verboten, in die Erde zu
graben , da er Würmer tödten könnte. Wenn der Priester, mit
seinem Wissen, Thiere enthaltendes Wasser trinken sollte, so
verfällt er in eine unter die 92 Pachittya Dhamma gerechneten
Sünden , die Beichte erfordern und mit Busse zu sühnen sind, so
dass ihnen also kein Gefallen gethan sein kann, wenn man ihre
Unwissenheit durch das Mikroskop aufhellte, lieber das, was
unter die Rubrik berauschender Getränke zu stellen sei, herrscht
oft ein Zweifel , wie auch die Moslemcn in der Zweideutigkeit
der Koranstellen Ausflüchte zu fluden suchen. Der allgemeine
Name im Birmanischen ist Seh und Seh-mo-zeh (Mo-zae oder
Saame) ist die Hefe. Ausser dem allgemeinen indischen Wort
Sura wird auch noch das an das Griechische erinnernde Merae
gebraucht. Nach ihren Vorschriften müssen die Pungyi gegen
alles der Welt Angehörige die grösste Gleichgültigkeit zeigen,
und bei dem Wunsche mich auszufragen , bemerkte ich bei den
Strenger-Gesinnten oft einen schweren Kampf mit ihrer Neugier,
dem indess die Meisten rasch unterlagen. Sie müssen sich stets
wiederholen, dass sie sich nicht aus Eitelkeit kleiden, sondern
nur, um ihre Nacktheit zu bedecken, dass sie nicht «aus Anmassung
im Kloster leben, sondern um gegen das Wetter geschützt zu
sein. „Ich esse Reis nicht des Wohlgeschmackes wegen, son-
dern nur, um die Bedürfnisse der Natur zu befriedigen." Es ist
auch vorgeschrieben, dass jeder aus dem Reis gebildete Ball nicht
HmÜmi. OatMien. II. 2 1
322 ^^^ QroDzprovinz.
ZU gross sein darf, dass er gelassen in den Mund gesteckt, gleich-
gültig zerkaut und völlig hinuntergeschluckt sein muss, che man
ihm einen zweiten folgen lassen darf. Da die Kleider eigentlich
aus Lumpen gemacht sein müssen, so wird aus den fertigen Ge-
wändern ein kleines Stück herausgeschnitten, an einer Stelle,
wo es nicht sichtbar ist, auf die man sich aber doch vor dem
eigenen Gewissen berufen kann, und da die Lumpen schmutzige
sein müssen, so streut der Priester vor dem Anlegen seines
Kleides ein wenig Staub auf die äusserste Ecke desselben , die
beim Ausgehen doch staubig werden würde.
Ich hatte schon einen Boten gemiethet, um nach dem aus-
bleibenden Kahn zu sehen , als derselbe am nächsten Tage an-
langte, aber noch bis zum andern Morgen durch die Steuerrega-
lirungen aufgehalten wurde, ^]s schien, dass der Capitain mit
den fremden Sachen an Bord sich al)zufahren fürchtete, um keinen
Wasserpiraten in die Hände zu fallen, bis das Drängen des Ael-
testen, der von ihrem Dortsein gehört hatte und sie niclit länger
in seinem Bezirk haben wollte, ihn zum Fortgehen zwang, da er
sonst selbst für Baub verantwortlich gewesen wäre.
Bei dem in der Nähe der Verschanzung gelegenen Dorfe
Myolah , welches früher (dann Myobhia genannt) näher bei der
Grenze lag, steht ein Natschin, für dessen Erbauung jedes Haus
einen Bambust^imm liefern musste. Man hatte eine Nakkadau von
Tongu rufen lassen, um den passenden Platz anzudeuten. Einige
der Nakkadau (Natkatau) geniessen eines grossen Kufes, und die
weiblichen sowohl wie die männlichen Beschwörer, wenn sie
wegen Krankheiten consultirt werden, ojicriren in der Weise der
sibirischen Schamanen (»der der afrikanischen Fetischmänncr, um
dem Fragenden die Antworten des Dämon zu verkünden. „Es
giebt keine Aerzte, sondern die Kranken schicken für eine Hexe
oder Zaubermeister und machen solche mit ihren Leiden bekannt;
dann werden Musikanten gerufen, während jene zu Ehren ihres
Götzen singen und tanzen, ohne aufzuhiiren, bis der Teufel in
Einen von ihnen niederfährt, so dass er un) die Ursache des
Siechthums und der Mittel, demselben abzuhelfen, befragt werden
kann. The demoniac answereth for some offencc to such or such
Böswillige Nat. 323
a god. Thcy pray that god of pardon , owing tliaf when lie ia
whole, hc shall offer him a sacrifice of bis blood, erzählt rurclias
von den Provinzen Caindu , Vocian und Jaci , an der Grenze des
mit Carazan zusammenstossenden Cardandan, wo der Aeltestc in
jedem Hause göttliche Ehren empfing und die riauteinschnitte
mit schwarzer Farbe tiittowirt werden. Die dort von Marco Polo
erwähnte Couvade kann die Feen als webende Parzen de«
Fatums nicht täuschen, wenn sie keine Spindel bei den verklei-
deten Männern sehen. Sollten die gefürchteten Unglücksschläge
dämonischer Böswilligkeit sich vielfach in einer Gegend wieder-
holen, so werden sie entweder an eine bestimmte Lokalität ge-
knüpft und erhalten dort ihre sühnbare l^epräsentation, oder man
bezieht sie auf ein schon vorher aufgestelltes Idol, wie Williams
von dem langohrigen Nat des alten l'agoung erzählt, dass er
wegen der Hartnäckigkeit der von ihm gesandten Krankheiten bis
nach Mandalay bin gefürchtet sei. In solchen Fällen geschieht
CS auch in Indien leicht, dass der Dienst eines aus verfallenen
Tempeln aufgegrabenen Gottes erneuert wird, indem sich das
Volk seiner Vergesslichkeitssünden erinnert und dieselben nun
durch \im so reichlichere Gaben gut zu macheu sucht. Aus dem
Jahre 1203 p.d. erzählt nach Gervasius von Tilbury (bei Hcrbelot)
Ebn Athir, dass als eine epidemische Kehlkopfkrankheit in Mosul
ausbrach, die Leute sie als Strafe erkannten für ihre Vernachläs-
sigung, den Tod des Ancoud, Sohn einer Kiesenfrau, zu bejam-
mern, und dass sie nun ein Klagefest anstellten, die Gm Ancoud
(Mutter des Ancoud) um Verzeihung bittend. Dasselbe geschah
(nach Ben Schonah) in Egypten {nnier dem Kalifat der Fatimi-
den), wo sich die Bewohner auf den Tod des Halcom besannen
und seiner Mutter Opfergaben in den Nil warfen. Liebrecht er-
innert bei diesen (Stationen an den, wie von den Göttern, von
allen Wesen beweinten Baldr. Bei der philoso])hischen Ausbil-
dung des Buddhismus bewahrt sich die sinnliche Nat- Verehrung
leicht ihre Rechte in) Buddhismus, und auch die mongolischen
Shastra unterscheiden (nach Schmidt) die Dotoghadu nomtan
oder die den drei Kleinodien vertrauenden Befolger der innern
Lehre von der äussern Lehre der Ghadaghadu nomtan, die 4in
21 *
324 ^^6 Grenzprovinz.
Maheswara und die Gottheiten des Weltsystems glauben. Die
gigantisch auf Kothurnen schreitende Ate wird in den klein-
lichen Sorgen des Alltagslebens zur spukenden Schuld eines
MuUner'schen Schicksalsdrama.
Am nächsten Morgen schiffte ich mich ein und fuhren wir
mit zwei andern Kähnen in Gesellschaft ab. Unser Schiff war
mit Taniet (braunem Palmenzucker) befrachtet, der zu 9'/* KpB.
die 100 Pfd. in Nyengjcn gekauft war. Dorthin war er auf
Karren von Borley gebracht, 7 Rps. werth, und er wird zuletzt in
Tongu für 20 Rps. verkauft werden. Oel, im Preise von 10 Bps.,
ist von Ougong nach Nyengjen gebracht, dort für 30 Rps. ge-
kauft und wird in Tongu für 50 Rps. verkauft werden. Die
Rückfracht soll in Salz bestehen, das für 80 Rps. in Tongu ge-
kauft werden kann, und sich für 120 Rps. in Zindsaejoa wieder
verkaufen lässt. Von Gerste kauft 1 Rp. 7 Mass in Tongu und
5 Mass in Zindsaejoa.
Zwischen den Dörfern Napiodoh und Tageah wurde Halt
gemacht und indem ersten fand ich die Häuser zwischen Bananen-
pflanzungen,Mangoc,Papaya,Chirimoya und andern FruchtbäumcD,
doch alle in etwas verwildertem Zustand. Wir kauften Bananen
und Hühner, doch konnten die letzten vor Abend nicht gefangen
werden, und mussten zurückbleiben. Bei der Weiterfahrt erzählte
mir der Ilhiythougyi, dass das Nat-Haus in Taennatpiujoa zusam-
mengefallen sei. Im Walde lebe ein Nat, der besonders zwei Plätze
heimsucht, die, weil früher dort ein weisser Elephant sich aufhielt,
Zinbiudaun und Zinbindvin genannt werden. Er lässt jeden durch
Tiger fressen, der bei seiner Residenz vorbeigeht, ohne ihm Re-
spect zu beweisen oder der ihn beleidigt, wenn er auch nur einen
Klumpen Erde darauf wirft oder Wasser dagegen spritzt Die
Nakkadau, die ihrer Mutter in dem Geschäft gefolgt ist, lebt in
Zindsaejoa, und beantwortet Fragen, indem sie unter der Inspi-
ration des Dämon tanzt. Der Nat ist ausnehmend boshaft, und
keine Pagode kann in seinem Gebiet gebaut werden, da er Alles
umwirft. Aber die Leute in Zindsaejoa sind doch hartnäckig und
wollen ihn nicht verehren , weshalb auch noch kein Tempel für
ihn gebaut ist. Udadoutgyi, ein Räuberhauptmann in Taunjgo,
UnUefen. 325
gründete vor längeren Jahren Taenncatpiujoa, und erhielt später
für geleistete Dienste vom König die Erlaubniss zur Erbauung
Nyengjen's, das er mit seinen Anhängern bevölkerte. In Folge von
Zwistigkeiten gründete ein Goung von Taennatpinjoa das Dorf Zin-
dsaejoaan einer Stelle, die nicht zur Jurisdiction Nyengjen's gehört.
Ein Deckpassagier unseres Kahnes war in Yemethen geboren,
wanderte aber von dort, inFolge von Räubereien und Diebstählen
aus, und Hess sich an der Grenze des Schanlandes nieder. Von
dort vertrieben ihn neue Unruhen und er siedelte sich in Zin-
dsaejoa an, wo er jetzt Tabak baut.
Am Ufer sah man die Kinder in hohlen Bambu Wasser holen,
da sie diese nicht, wie Thontöpfe, zerbrechen können. Von man-
chen der Dörfer kamen die Bewohner herangewatet oder in
kleinen Booten herangefahren, um aus der Ladung kleine Quan-
titäten Taniet zu kaufen. Die Matrosen unserer drei SchiflFe
stritten einige Zeit, um sich in Schnelligkeit den Vorrang abzu-
gewinnen , aber der Fluss füllte sich so mit Baumstämmen, die
als unter dem Wasser nicht gesehen werden konnten , dass sie
vorsichtig zu fahren hatten. Oft auch rannten die Schifife auf
Untiefen fest, und dann mussten alle die Schiffer hinaus und
halfen sich gegenseitig ein Schifif nach dem andern wieder flott
zu schieben. Verschiedentlich zeigten sich Crocodile. Jenseits
der Bäume am Ufer waren die Gipfel einer Bergreihe sichtbar.
Beim Einfluss des Baches Vedae lag das Dorf Nyangaun, dessen
Kyaung von dichten Baumgruppen beschattet war. Für die Nacht
blieben wir am Dorfe Zoa liegen. In Zindsaejoa, wurde mir er-
zählt , hat kürzlich ein reicher Bauer einen Kyaung gebaut, und
dafür 9 oder 10 Handwerker von Pakau, einer im Norden gele- \
genen Stadt, kommen lassen. Ausserdem hat er auch ein Man-
daji oder Theater aufrichten lassen, und mitunter kommen die
Schauspieler vonNyengjen dorthin und tanzen. Für den Bau der
Pagode wurden die Baumeister von Nyengjen geholt.
Die waldigen Ufer am nächsten Tage waren häufig durch Dörfer
gelichtet, und schickte ich die Dienerin dem kleinen Boot nach eini-
gen derselben voraus, um Provisionen zu kaufen. Auch kam ein Patih
auf einem mit Hühnerkäfigen gefüllten Boot zu uns, der längs des
326 t)>c Grcnsprovinz.
Flusses Aufkäufe ^euiacht hatte , um deu Markt der Studt uud
die üarüisou iu 'J'oiigu zu versorgen. FUr eine Zeitlang beglei-
teten uns einige junge Karen, die auf einem Floss aus ihrem
Dorfe nach der Missionsschule in Tongu reis'ten. Die Bootsleute
gingen verschiedene Male ans Land, um Mangoe zu pflücken oder
GemUsekräuter zu sammeln. Bei dem an beiden Seiton des Flusses
gelegenen Dorfe Nambaun zog sich ein Kreis waldiger Hügel umher
und für die Nacht hielten wir an einer Sandbank. Der Öittjuig-
oder Paloung-Fluss ist schiffbar bis Kedaun, noch eine Tage-
reise über Zindsaejoa lunaus, und nach 10 weiteren Tagen
kommt man zu seiner Quelle in der Nähe von Mojoung.
Am andern Tage zogen Berge den Hintergrund der Wälder
am Ufer. Bei Kayenyaunde, dem Dorfe Tojaunbin gegenüber, wurde
Halt gemacht. In einer Entfernung von drei Meilen liegen einige
Karen-Häuser an dem Wasserfall Yoajainbintaun, der, nach der
Beschreibung eines Augenzeugen, SOFuss hoch herabfallt, in der
Breite von 20 — 30 Fuss. Das Wasser bildet dann den Kayen-
schaun , der in den Paloung fällt. Daneben stünde ein dicker
Dobiu-Baum, den ein Putzo nicht umspanne. Die Spitze des
Yoajainbintaun sah über die Vorhügel heraus, und die Bootsleute
hatten schon in der vorigen Nacht das Getöse des Wasserfalles
gehört. In der Nähe leben einige Karen, die Schweine-
zucht treiben, und Moung Schweb hätte gern eine Visite abge-
stattet, um sich an einem Braten gütlich zu thun. Die Chinesen
ausgenommen, sind es nur einige der verachteten Bergstämme im
südlichen Asien, die Schwcinclieisch essen, da sie allein Heerden
zur Mast halten. Im Westen verbietet die Beligion deu Ge-
nuss des unsauberen Thieres, bis zu den Grenzen Gurions, wo
die Christen dasselbe aus Hass gegen die Jlohamedaner in mög-
lichsten Quantitäten verschlingen, wie sie aus demselben Grunde
ihren Stolz im Schmutze suchen, da der Islam häufige Waschun-
gen gebietet.
Im Dorfe Madeh besuchte ich den Kyaung, in dem die
meisten Kinder runde Silberstücke (Padi) um den Hals trugen.
Wenn ein Knabe in zu jungen Jahren tättowirt wird, so öffnet
sich beim Auswachsen die Haut auseinander und lässt offene
Der Scidenbaa. 327
Stellen, was als nicht schon betrachtet wird. Ein Papagei wird
auf den Arm tUttowirt, um Gunst bei Prinzen zu gewinnen, ein
Kreis um das Handgelenk (als Anadi), um Gehorsam zu er-
zwingen.
In den schwerer zugänglichen Wäldern des Sittangflusses
haben sich Colonieen der Yabain angesiedelt, die vom Seidenbau
leben. DieCocons werden über einem langsamen Feuer erwärmt
und dann abgewickelt. Die Würmer werden während bestimmter
Zeiten des Tages schlafend gedacht, und dann darf in den Dörfern
der Seidenbauer nicht der geringste Lärm gemacht werden, da
zu häufige Störungen sie tödten. Die ersten Cocons sollen von
einem Minister des Königs Noatasa aus China mitgebracht sein,
während nach Andern die Chinesen den Schans den Seidenbau
lehrten , diese den Karen und die letzteren den Birmanen. In
Assam heisst es, dass die Theesaamen dort von einer durchziehen-
den Caravane der Chinesen verloren seien. Ausser mitMaulbeer-
blättern werden die Würmer dort auch mit derlliciuuspflanze ge-
nährt, aber die Seide ij^t dann gröber. Die Yabain cultiviren den
Maulbeerbaum (Posa-gnet) in kleinen Gärten. Der Pflanze wird
eine Art Verehrung bewiesen und Schösslinge werden beständig
neu in die Erde gesteckt, damit der Vorrath an jungen und zar-
ten Blättern nicht ausgehe. In einem officiellen Bericht über
den Tharawaddy - District, den ich später in Tongu einsah, fand
ich folgende Mittheilungeu über den dortigen Seidenbau. Eine nur
mit Seide beschäftigte Familie auf den Hügeln mag 10 — 20 Visa
rohen Materials verfertigen, was sich ungefähr für 14 Kupien
pr. Viss verkauft. Die fertigen Cocons werden in einer Schale
über einem langsamen Feuer erwärmt, und eine Frau zieht
mit Stäben die Seide ab, die über eine Kolle gewickelt und
dann durch ein Rad zu einer grössern Kolle übergeführt wird, um
die Fäden zu vereinigen. Im Ganzen sind 1217 Familien auf
den Hügeln mit dem Seidenbau beschäftigt und die producirte
Quantität mag auf 12,170 Viss berechnet werden. Das Meiste
wird an Händler aus Promo verkauft.
Mein Koch erzählte mir über die Büflfelopfer der Singpho,
deren Name Lu (Mensch) bedeute, und meinte, dass ihre Sprache
328 ^^^ Grenzpro viuz.
voll der der Ka-tcliiu nicht sehr versc liieden sei. Wenu die K;i-
tcbin dicNat's vereinen, trinken sie berauschende Getränke unter
den heiligen Bäumen, deren Zweige sie zusammengebunden
haben. Uer mit einem Gehege umzäunte Nat-Tempel des Naum-
'/amlon-Komon steht ausserhalb der Stadt Mogoung und erhält
jährlich das Opfer dreier Büffel. Im Innern der Stadt lebt ein
NatzooderDämonenbeschwürer,durchdeßsenMundderNat spricht.
Wenn ihm nicht regelmässig das Jahresfest gefeiert wird, so wür-
den Tiger in die Stadt hereinkommen und die Bewohner fressen.
Jeder muss deshalb nach seinen Mitteln dem Natzo Beiträge
liefern, mit denen derselbe die später von ihm selbst geschlach-
teten Büffel kauft. Wenn man ihn in Krankheitsfällen zu Käthe
zieht, so ruft er den Dämon an, der in ihn niedersteigt, um Ant-
worten zu geben. Dieser Nat ist der Geist eines Fürsten aus deu
Schaniändern, der bei einem Aufenthalte in Mogoung dort starb.
In der Nähe Mogoung's liegt das Dorf Kyu-in, in dessen See ein
Tazeit wohnt, der die Vorüberreisenden durch Anschreien er-
schreckt und Fische frisst. Die von Schan, Birmanen und Chinesen
bewohnte Stadt Mogoung ist die äusserste des birmanischen Ge-
biets an der Grenze derKatchin, durch deren Gebiet der Weg
zu den Tayop (Chinesen) liegt und einen Monat Reise erfordert.
Die Katchin sind als Schmiede berühmt und verfertigen ausge-
zeichnete Schwerter aus dem in ihrem Lande gefundenen Eisen.
Sie schneiden das Haar ihrer Stirn mit einem Säbel ab und ihre
Frauen tragen Ringe an den Beinen; den Reis essen sie gedampft.
ünt^r dem Namen Wethalipyi (das Land Wethali) verstand mein
viel gewanderter Koch, der lieber Erzählungen als Saucen zusam-
menrührte , Assam oder Atham und nannte als seine Bewohner
dieKossali oderKachari, diel'itpahi (tinnat-zaundi), die Zaundan
(Häscher), die Doiin, die mit anderen Leuten weder essen noch
trinken, die Mohaung, die Salz für den König kochen und als
Tribut einliefern. Die Zaundan haben die Pflicht, ausländischen
Gefangenen das Ohr einzuschneiden, und sollte ein Prinz das Ohr
in solcher Weise bezeichnet haben, so würde er vom Throne aus-
geschlossen sein, wenn auch zur königlichen Familie gehörig. Die
verschiedenen Kasten rühren von einem früheren König Atham's
BQffelopfer. 329
(Assam's) her, der in Wethali-rayo (der Stadt Wethali) residirte und
die verschiedenen Geschäfte unter seine Diener vertheilte. Bei den
Katchin werden die Nat als Nak bezeichnet, bei den Schan als
Pyi, in Atham als Deyva (Devas). Wenn die Bewohner Wethali'B
den Dcyvo verehren, so vertheilen sie unter alle Anwesende ein
Hühner -Gericht und gebrannte Wasser. Sie haben keine be-
stimmten Priester, um den Dämon anzurufen, sondern jeder Haus-
eigenthümer besorgt es selbst. In Krankheitsfällen binden die
Katchin zwei Bäume kreuzweise zusammen und befestigen dort
einen BufTel, vor dem der Beschwörer, mit einem Zweig in der
Hand, die den Dämon herbeirufenden Lieder absingt. Nach dem
Opfer wird das Fleisch des geschlachteten Thieres in kleinen
Stücken unter die Anwesenden vertheilt, die berauschende Ge-
tränke mit einander trinken. Der eine Fuss des Büffels wird für
den Festgeber reservirt und ein anderer für den Beschwörer.
k
Thalfahrt
auf dem
Sittang-Piuss.
V
Tongn.
Am andern Morgen Hess ich die beiden Diener das kleine
Boot wieder fertig machen und schiffte mich mit ihnen ein, da unser
unbehUlflicherKahn aufs Neue auf einer Sandbank fest sass. Wir
trieben rasch an der auf ihrem Felsen von dichtem Laube ver-
steckten Pagode Eanih vorbei und kamen dann an die den Fluss
absperrenden Fischreusen , die nur in einer engen Passage für
Durchpassirende geöffnet werden. Die Fischer sehen es nicht
gerne, wenn die in Booten Ueberfahrenden ihre Schuhe anbehalten
und sind besonders unwillig, wenn Frauenzimmer hindurchfahren
und so den Nattödtlich beleidigen, doch wird sich natürlich an alle
diese Idiosynkrasieen Seiner Gottheit von den jetzigen Besitzern
Tongu's nicht viel gekehrt. Bald darauf kamen wir an dieser
Stadt an , die auf hohen Ufern etwas zurück vom Flusse liegt,
noch mit ihren alten Mauern umgeben, während sich die euro-
päischen Residenten, sowie die Missionsgebäude näher am Flusse
angesiedelt haben. Das Cantonnement liegt an der andern Seite der
Stadt. Von den Stadt wällen, noch von den Eckpagoden flankirt,
blickt man über ein mit Wald bekleidetes Land, das Uügel-
reihen durchschneiden. Ich miethete nach meiner Ankunft am
24. Mai ein leer stehendes Haus, um dort einige Tage zu verwei-
len. Als ich indess aus dem am Nachmittage angekommenen
Kahne meine Sachen entlud, wurde ich durch einen I^ndsmann
erkannt, der sich dort im Auftrage eines Kaufmanns-Hauses in
Rangun für den Aufkauf des Teakholzes aufhielt, und wurde von
ihm freundlich als Gast eingeladen. Bald machte ich auch die
334 Tongu.
interess.antc Bekanntschaft des Herrn Mason , bei dem ich viel
lehrreiche Stunden verbrachte, sowie des gleichfalls wohlunter-
richteten und zuvorkommenden Missionära De Cruz. Capitain
Lloyd, bei dem sich in einigen Abendgesellschaften die Elite der
Gesellschaft Tongu's zusammenfand, war mir in vielen Dingen
behiilflich, in seiner officiellcn Stellung als Deputy commissioncr
s<»wohl, als auch durch Privatmittheilungen, und ebenso Capitain
Pollock, der damals an eine Expedition nach den SchanlUndem
dachte. Ausser den Pagoden besuchte ich das Nathans und mehrere
Klöster. Einer der Zayat war um einen Haum gebaut und mit
Bildern aus den Djat, als Wandschirmen, umhangen . Der Platz des
alten Palastes wird durch einen Pfeiler in der Nähe des Sec's
angezeigt. Die verfallenen Pagoden auf dem Hügel Myogyi's wurden
durch neue ersetzt auf dem Vorsprung, von dem das ältere Tauii-
nu die Ecke (iiu) des Berges (Tauft) genannt war. Fn einem der
Tempclhöfe findet sich eine Figur, die in der einen Hand ein
Schwert, wie Mandjusri, und in der andern ein Buch hält, eine
auch in China nicht ungewöhnliche Darstellung Inder indischen
Mythologie führt Xitragupten das Schuldbuch der Unterwelt.
Ungcrähr gleichzeitig mit dem Beginn der buddhistischen
Fastenzeit, während welcher auch die Laien einmal in der
Woche die mönchischen Nachmittngsfiusten beob<achten, feierten
die in Tongu ansässigen Indier ihr Mohurrun, indem sie in mas-
kirten Aufzügen mit Palankinen und Fahnen die Strassen
der Stadt und Vorstiidte durchzogen. Unter den in Birma ange-
siedelten Mohamedanern finden sich sowohl Sunniten als Schiiten,
und der zwischen beiden herrschende Sectenhass bricht leicht in
offene Schlägereien aus, besonders wenn die bei ihrem Jahres-
feste aufgeregten Ali -Verehrer die Verwünschungen der drei
Kalifen allzu laut herschreien. Die wilde Todtenfeier um den
gefallenen Hossain, die Shakespeare mit dem indischen Dourga-
pouja zusammenstellt, führt (nach Liebrecht) durch ihren Namen
Taazia auf das alt -asiatische Klagefest des Tammuz, den nicht
nur die Sternbilder der Ssabier beweinten, s(mdern um den noch
10G3 p. d., als den gestorbenen König der Jins, getrauert wurde.
Les reprcsentations de la tombe d'Huvain ou pour mieux dire, de
V
Die Fastenzeit. 335
la chapelle qui renferme son toinbcau, sont plus oii moins riclic-
meut ornöes. On leur donne le uom metaphorique de deuil ou
siniplcment de eercueil. On les porte en procession dans les
rues le dixiöme jour et elles sont ensuite döposöes en terre ou
jetöes dans une rivii^re ou un öting (Garcin de Tassy).
Der Anfang des drei Monate dauernden Va oder Vasa ist
fixirt, als Va-uh durch den ersten Tag nach dem Vollmonde des
Monats Vajo, der ungefähr dem Juli entspricht. Während dieser
Zeit sind die Mrmche verpflichtet ihre Gebote noch strenger zu
halten als sonst, und manche legen sich auch Entbehrungen oder
Beschränkungen in den erlaubten Speisen auf. Doch bleibt es
Jedes Belieben überlassen, sicli mit den Religionspflichten abzu-
•flnden, wälu-end Karl M. in seinen den Sachsen gegebenen Ge-
setzen Todesstrafe auf Fleischgenuss in der Fastenzeit setzte.
Um sich auf die heilige Periode des Vasa würdig vorzube-
reiten, laden die Angesehenen oder Vermögenden unter den
Bürgern gerne einige der gelehrteren Klostermönclie zu sich ein
und bilden dann mit ihren Verwandten und Freunden einen
Abendzirkel, um sich durch demüthig dargebrachte Geschenke
Verdienst zu erwerben und den Predigten der frommen Männer
zu horchen. Meist knüpfen sie an eine Vorlesung aus den hei-
ligen Schriften an, und wählen bei dieser Gelegenheit immer vor-
zugsweise gerne die Episode derselben, die von Wethantara han-
delt, d. h. der letzten Existenz des Keligionsstifters, ehe er zum
Tuschita,-Hinimel aufstieg, um dann schliesslich als der Sohn der
Maya wiedergeboren zu werden. Diese sehr beliebte Erzählung
ist oft mit seitlichen Illustrationen verbunden, und habe ich sie
auch auf Wandgemälden dargestellt gesehen. Eines derselben,
das ich kaufte und mitbrachte, ist in Vierecke getheilt, von
denen jedes eine der fortlaufenden Scenen der Geschichte
enthält.
In Jayapura herrschte der König Sanja, mitPhusati vermählt,
der die Krone an seinen frommen Sohn Wethantara abtritt. Seine
Regierung ist mit allen Zeichen des Glückes gesegnet, aber aus
Mildthätigkeit überliefert er das Unterpfand desselben, dasGötter-
gcschcnk des weissen Elcphantcn, an bittsuchende Brahmanen, die
336 Tongu.
Hülfe für ihre lleimath Kaiinga erflehten, wo eine lang anhal-
tende Dürre gänzlichen Ruin herbeizuführen drohte. Als die
Fremden das geweihte Thier fortführten, murrte das Volk Über
die unbedachtsame Freigebigkeit des Königs, der seine eigenen
Landeskinder zum Besten Auswärtiger beraube. Sanja sah sich
gezwungen dem allgemeinen Dräugen nachzugeben und verbannte
seinen Sohn in die Bergwildniss Wankagiri. Ehe aber Wethan-
tara den Scepter niederlegte, benutzte er noch am letzten Tage
seine königliche Macht, um alle Schatzkammern des Reiches den
Armen zu öffhen und ihren Inhalt unter denselben zu vertheilcn.
Dann verliess er die Stadt und zog in die Ferne. Seine Gemahlin,
Madri-dewi, hatte sich nicht von ihm trennen wollen, und sie nebst
ihren Kindern, dem Söhnchen Jaliya und dem Mädchen Krischna^
djina fuhren auf einem Wagen, dessen Rosse der vertriebene König
lenkte. Auf der llcerstrasse waren die mitgenommenen Kost-
barkeiten und Schmucksachen bald an Rrahmanen vertheilt, die
des Weges entlang kamen, da keiner leer ausgehen durfte, und
als jetzt ein neuer Trupp ihnen entgegen kam, blieb nichts übrig
als die Pferde wegzugeben. Der Thagya- König, vom Himmel
zuschauend, lässt vier seiner dienstbaren Geister die Gestalt von
Hirschen annehmen und den Wagen weiterziehen, bis zuletzt
auch dieser an Almosen heischende Rrahmanen Übermacht war.
Die Königsfamilie wanderte nun zu Fusse weiter, indem Madri-
dewi den Knaben Jaliya an der einen und Krischnadjina an der
andern Hand leitete, und erreichte so das Land Chetiya, von
Wethantara's Schwiegervater beherrscht. Dieser kam ihnen mit
einem glänzenden Aufgebot von Wagen und Reitern ent«::egen,
bekümmert, seine Angehörigen in diesem trübseligen Zustande zu
sehen, da sie, als des Gehens ungewohnt, sich nur mühsam fort-
schleppten. Nach kurzem Aufenthalt jedoch wies Wethantani
seine längere Gastfreundschaft zurück, und zog weiter nach dem
ihm bestimmten Verbannungsoi'tWankcagiri, wo er sich im Wähle
eine Kinsiedlerkapelle erbaute und in der Nähe eine andere für
seine G.attin einrichtete. Es wird auch darauf hingedeutet, dass
diesell)en schon im Voraus auf des Thngynmin's Geheiss durch
Visvakarma für ihren Empfang vorbereitet waren.
Wethantora. 337
Damals lebte in eiuem Nachbarlande ein alter Kerl, krumm,
bucklig und »ehielend, ein habsüchtiger Geizhals, der Geld auf
wucherische Ziusen lieh. Er hatte seine Forderung an einen ihm
verschuldeten Brahmauen auf eine so hohe Summe zw treiben
gewusst, dass dieser sich gänzlich ausser Stande sah, seine Ver-
pflichtungen abzutragen, und sich zuletzt entschliessen musste,
seinem Gläubiger auf dessen Wunsch seine Tochter Amittartapa
zu veiiuählen. Der schmutzige Geizhals, Jujaka genannt, war
nicht wenig stolz auf so ehrenvolle lleiratli, aber er fand sich
von seiner jungen Frau bald beständig um neue Auslagen ge-
quält, da sie ihrem Stande gemäss leben wollte. So bestand sie
darauf, Sclaven zur Bedienung zu verlangen, und warf ihrem
Ehemann vor, dass, wenn er eine vornehme Brahmanentochter
geheii*athet, er dieselbe auch gebührlich behandeln müsse und
nicht verlangen könne, dass sie selbst zum Brunnen gehe und
Wasser hole. Den Kaufpreis für eine Sclavin zu zahlen, Wollte
dem gierigen Jujaka nicht in den Sinn, aber er erinnerte sich, von
der Freigeliigkeit des Königs Wethantara gehört zu haben und
daclite, dass er leicht von ihm einige Sclaven erlangen könne. So
nuu'hte er sich auf den Weg nach Jayapura, kam aber erst nach
der Abdankung des Königs an und wäre vom Volke fast gesteinigt
worden, da die Leute sich höchlichst erbittert zeigten, dass schon
wieder ein unverschämter Brahmane zum Betteln gekommen, un-
geachtet aller der reichen (ieschenke, die von dem gutmüthigcn
Wethantara schon herausgeprcsst wmden. Jujaka machte sich
eiligst dav(m, aber er hatte doch aufgemerkt, den Namen des Vei-
bannungsortes zu erfahren, und richtete seinen Wanderstab dort-
hin. Das Waldgebirge Wankagiri war indess durch den König
von Chetiya mit Wachen umstellt worden, um Niemandem den
Einlass zu erlauben, da er seinem so vielfach gequälten Schwieger-
sohn endlich Ruhe und Sicherheit gegen die aufdringlichen Bettler
schaffen wollte. Jujaka dachte sich bei den Wachen vorbeizu-
schleichen, wäre jedoch beinahe von einem derselben erscliossen
worden, der ihn durch seine Hunde auf einem Baume entdeckte. Es
gelang ihm, denselben durch eine erfundene (icschichtc zu täuschen,
indem er ihm erzählte, dass er von den königlichen Eltern Wethan-
Battian. OiUsion. IT. 22
338 Tonga.
tara's mit dirccten Auftrügen an den HUsser geschickt sei. Weiterhin
musste er nn der Zelle dcH Einsiedlers Achuta vorbei, dem er vor-
log, frtlhcr der Lehrer Wcthantara s gewesen zu sein und von
dem er den richtigen Waldpfad angedeutet erhielt, um seinen
ehemaligen Schiller zu besuchen. Als er in die Nähe derBUsser-
familie kam, warteteer, bis Madri-dewi zum FrUehtesanimeln
in den Wald gegangen war, um den allein zurückgebliebenen
Wcthantara für Sdavcn zu bitten. Da dem Könige Nichts weiter
zu Gebote stand, beschloss er, seine Kinder hinzugeben, aber diese
waren während des Gesprächs, aus Angst und Schrecken über
das hässliche Aussehen des Rrahmancn, fortgelaufen und hatten
sich in einem Lotosteiche vei'steckt. Auf Wethantara's Ruf kam
indess Jaliya, seines Vaters Stimme erkennend, hervor und deu-
tete auch den Versteckplatz seiner Schwester an. Beide wurden
von dem Brahmanen fortgeführt, entrannen aber seinen Händen,
als er beim llerabklettern eines Hügels stolperte und platt auf
die Nase fiel. Der alte Bettler wackelte eiligst nach der Zelle
des Königs zurück und machte ihn bei seinem Seelenheil dafür
verantwortlich, dass das einem Brahmanen Geschenkte nicht
wieder zurückgenommen werden könnte. So überlieferte der
Vater seine Kinder, die um Schutz flehend seine Knicc umfasst
hatten, aufs Neue dem Brahmanen, der ihnen die Hände zusam-
menl)and und sie mit Uutlienhiebcn vor sich hertrieb. Die chi-
nesischen rilgcr in Vorderindien erwähnen eines Baumes, unter
demdicBralimanen, der Legende nach, einen Brinz und eine Prin-
zessin blutig gepeitscht hätten. Wälirend der Nacht Hess Jujnka
seine Sclaven auf einen Baum steigen, und lagerte sich darunter,
um sie zu bewachen. Die Götter aber kamen in der Gestalt ihrer
Eltern vom Himmel, die armen Kleinen mit himmlischer Speise
zu nähren und zu erquicken. Da dies sich auch beim nächsten
Nachtquartier wiederholte, wagte der ei*schrcckte Jujaka nicht,
so hohe Schützlinge länger bei sich zu behalten, und brachte sie
in das Land ihrer Grosseltem, die ihm freudig das Gewicht an
Gold ihres Enkels und ihrer Enkelin bezahlten. Da währenddem
der weisse Elephant sich wunderbarer Weise von selbst wieder
in Jayapura eingestellt hatte, so zog das Volk in Procession aus,
Die Vor - Existenzen . 339
um Wethantara wieder einzuholen, der in der Zwischenzeit auch
seine eigene Gattin an einen bettelnden Brahmanen weggegeben
hatte, aber glücklicherweise, wie sich später zeigte, nur an den ver-
kleideten Thagyamin, der die Form eines solchen brahmanischen
Bettlers angenommen hatte, um Andern zuvorzukommen, und in-
dem er Madri-dewi an sich geben Hesse, zu verhindern, dass sie
von ihrem Gatten getrennt w^ürde. Das Intermezzo Jujaka's, die
ausgeübten Schliche und seine Unglücksfälle werden im Geschmack
der niedrigen Komik vorgetragen und ebenso belacht. In den
Klagen der von ihren Eltern getrennten Kinder sind treue Natur-
sehilderungen eingeflochten, indem sie von den Bäumen und
Blumen des Waldes Abschied nehmen oder die ihnen lieb gewor-
denen Spielplätze beschreiben.
Die verschiedenen Jat werden in der Literatursammlung
nach den Anfangsbuchstaben bezeichnet, Vesantara (\Yethantara)
als Ve,. Temi als Te, Nemi*) als Ne u. s. w. Gautama erzählt
seine vergangenen Existenzen nach der Erinnerung, die mit der
Erleuchtung in ihm aufwacht, wie sich das ganze Religionsgesetz
der Buddhisten nur als die Enthüllung fester Grundwahrheiten
manifestirt und die Entlehnung aus einer ausserwcltlichen Offen-
barung für ihren Ursprung negirt. Hierauf sind Wieder die An-
grifle ihrer Gegner basirt. The Sacyas (Bauddhas) and Jainas
(Arhatas), asCumarila acknowledges, are considered to beKsha-
triyas. It is not to be concluded, that their recollections werc
founded upon a Vedas, which is now lost. There can be no in-
ference of a foundation in rcvelation, for unautheutic recollections
of persons, who deny its authenticity. Even when they do con-
cur with it, as recommendiug charitable gifts and cnjoining ve-
racity, chastity, innoeence, the books of the Sacyas are of no au-
thenticity for the virtuos which they inculcate (s. Colebrooke).
♦) Nenii or Arishtincmi, son of king Sumudrajaya by Siva, is of black com-
plexion with the conch as his sign, bemerkt Colebrooke von dem 22. Tirthancara
der Jainas. Excepting Munisuvrata and Nenü, who spriing frora the race of
Hari, tlie remaining twenty one Jinjis were bom (according to Uemachandra) in
the lioe of Icshwacu.
22*
340 Tonga.
lu einem Kyaung TonguV lebte ein mittbeilsamer Pungyi,
den ich oft besuchte, und der täglich einige Stunden damit zu-
brachte, auf einem kleinen Floss einen ihm gehörigen Teich zu
befahren, um die Fische gegen Nachsteller zu schützen. Gautama
hatte Imstimmt, dass sein Gesetz für eine Periode von 2500 Jah-
ren auf Erden in Kraft bleiben solle, aber die Bitten des Tha-
gyakönigs bewogen ihn, die Zeit auf 5000 zu verlUngern. In der
ersten Hälfte wird die Zahl seiner Anhänger allmählig abnehmen,
bis zuletzt Niemand übrig bleibt. Dann aber wird der Thagya-
könig einschreiten, das Gesetz herstellen und die Widersacher
vernichten. Gautama starb sin einem Durchfall nach dem Ge-
nüsse von Schweinefleisch, weil er einst in einer früheni Existenz
als Arzt einem Kranken, der ihm sein Honorar nicht bezahlt hatte,
aus Aerger ein so starkes Purgativ gab, dass er daran starb. Als
der dem Verscheiden nahe Gautama, von Durst gequält, Ananda
um Wasser ersuchte, konnte nur schmutziges gefunden werden,
weil Gautama einst in früherer Existenz, als Kalb, das Wasser
aufgerührt hatte, aus dem seine Mutter, die Kuh, trinken wollte.
Er fühlte Schmerz in seiner Seite, weil er einst in früherer
Existenz, als Faustkämpfer, seinen Gegner dorthin geschlagen.
Als Ananda sich erbot, ihn durch Kneten zu erleichtern, sagtx; er
Nein bcin (lass es, Hruder) oder Neiban(Nibpan). Nach Arimateyah
ein anderer Gott wird erscheinen, Piisseka Huddha genannt, der
Verwandte (4autama's, der Mahanath oder Dewadat heisst, und jetzt
in der Hölle die Sünde büsst, Gautama's Weltentsagung Hinder-
nisse in den Weg gelegt zu haben. Nach Einigen wird er als
Uahan in's Nibpan eingehen, wogegen nach Anderen auf ihn
noch Shinubojoh folgt. Im Kyaung schlafend, darf man nicht
die Füsse nach Osten strecken, da von dort der neue Paya kom-
men wird, auch nicht nach Westen, weil dort der Bodhi-Kaum
steht. Die Holzbilder Gautama's werden besonders gerne als
Maha-Pein-Paya, aus dem Holze der Pein-bin (Baumes der Jack-
fruclit), verfertigt, das auch dazu dient, den Mönchsgewändern
ihre röthlich gelbe Farbe zu geben. Nach Buddha's Geburt
wurde seine Mutter unter dem Lobgesange der Götter und Engel
durch herabströmende Duftbäche des Himmels gereinigt, worauf
Das Mönchsgewand. 34 X
Bie unter Äsoka-Bäumen ausruhte. Die Kette der Buddha'» ist
durch die Zwischenperioden der Pratyeka unterbrochen, aber die
früheren Patriarchen gleich den Chutuktu der Lamaisten wieder-
holen die arabische Vorstellung (bei Khalid Jbn Zeid El-Jufy):
As oftcn as an Jmäm disappears, an Imäm takes his stand (s. Sa-
lisbury).
Das Tsiwaran (aus Antaravasaka, Sangliati und Uttarasan-
ghati zusammengesetzt) oder Mönchsgewand besteht zunächst aus
einem Stück Zeug, das mit einem LedergUrtel um die Lenden be-
festigt wird und auf die Füsse herabhängt; dann aus einem läng-
lichen Tuch, das Schulter und Brust bedeckt, bis etwas unter die
Kniee reichend, und zuletzt aus einem ähnlichen Tuch, das über
die linke Schulter geworfen wird und mit seinen Enden hinten
und vorne herabhängt. Der kahlgeschorene Kopf wird unbedeckt
getragen, doch bedienen sich die Priester ihres aus Palmblättern
verfertigten Fächers (Awana) zum Schutze gegen die Sonne. Die
fromme Prinzessin Patawutti hatte in ihrer frühern Existenz be-
ständig Kerzen in der Pagode verbrannt und ihr Körper war des-
halb so glänzend und hell, dass Nachts kein Licht erforderlich
war. Zu der Schutzgöttiu der Erde, Mandaundri oder Maha-
sunderi (Mahatoundevi), wird in den Pagoden gebetet. Muchad-
madat, dessen weise Aussprüche die Birmanen sehr in Ehren hal-
ten, wurde, als Alaunpaya, mit Medicin in seiner Hand geboren.
Bei der Ordination werden dem Novizen die Pflichten des Ordens
auseinandergesetzt, dass er 1) betteln gehen und die tägliche
Nahrung durch seiner Füsse Arbeit erwerben müsse, dass er
2) seine Kleidung eigentlich aus gelben Lumpen zusammennähen
müsse, die auf Strassen und Kirchhöfen aufgesammelt seien, docli
dass solche, die durch ihre Tugenden Wohlthäter herbeigezogen
haben, von diesen angebotene Geschenke fertiger Gewänder an-
nehmen dürfen, dass er 3) in Hütten unter hohen Bäumen zu leben
habe, bis etwa sein frommer Wandel ihm Gehülfen zuführe, die
Klöster zur Behausung bauten, dass er 4) als Medicin Kuhurin
zu gebrauchen habe, worin Citronen und andere saure Früchte
ausgepresst sind. Ausserdem hat er die Auswahl, Alles, was er
auf den Märkten und Strassenecken umhergeworfen findet, wie
342 Tongu.
es ihm beliebt, als Mcdicin zu gebrauchen. Doch darf er auch
Nelken und Muscatntisse für arzneiliche Zwecke annehmen, und
schliesslich können noch einige andere Sachen so verwendet
werden, nämlich Butter, Milch und Honig*), ein sehr bequemer
Zusatz für die Mönche, die genug von Hyi)ochondrie verstehen,
um sich krank zu melden, wenn ihnen ihre lange Nachmittagsfast
lästig wird.
In den Klosterhöfen findet man oft einen abseits stehenden
Thurm, in den sich der Pungyi zu bestimmten Zeiten für geist-
liche Betrachtung und Sammlung zurückzuziehen hat, da sich
selbst zu kennen seine erste Pflicht ist. Schon auf dem Schoosse
seiner Tante Gautami überliess sich der Säugling Buddha der
Contemplation. Die Höfe der Pagoden sind mit Pfählen umst^^Ut,
von denen Wimi)el heral)hängcn und auf die das Bild des
Hansa (Phoeuicopterus ruber) gestellt ist. Die Colossalfiguren, die
besonders in Siam an den Thüren stehen, gleichen den die Tem-
pel Manar's bei den Pallis hütenden Butta.
Das Paiia-6a rechnet zu den 20 Klassen der Lebendigen den
Ariya, Visagha, Paukkharasagi-Punna, Brannhayu-Punna, Sela-
PuOTa, Artrin-Anandha, Arhin-Kasapa, Arhin-Anuruddha, Pavari-
Punna, Arhin-Pakula u. s. w. Von denKhanda**) besteht die erste
aus den körperlichen Substraten, die anderen werden von denÖit
und Öetasit gebildet. Als die 10 Paramih (öhay-pa) oder die
den erhabenen Bura-Sakin-alaun erfüllenden Paramih werden
aufgezählt Dana- paramih, Sila- paramih, Nikkhama- paramih,
•) Nach Cavelly Bona ist den Jainas dor Genuss des Honigs verboten und
würde mit Ausstossung bestraft werden (s. Mackenzie).
••) Nach Umapathi Asariyan lehren die Puttar oder Buddhisten : When thc
flve kantam arc destroyed, that is mutti (liberation or annihilation). Anotber
class of Puttars (the foliowers of Pokasaranan) hold, that niodcham is the drip-
ping of gnänani (understanding) which one continually experiences, like a con-
tinuai streain of water. Another class (the school of Attumikam) hold, that mod-
Cham consists in a regulär course of pure gnanam (intellectual exercise) , with
which neither pleasure nor pain has any eonncxion. Another class (the school of
Veipadikan) hold, thatmodchaui isthe annihilation of the gnanam (understanding),
which is a mere rcsultof the five kantam, just as the lightofthelampceases, whcn
the wick and the ghee are consumed (s. Hoisington).
Die Haar-Reliquien. 343
Pana-paramih, Viriya-paramih, Khanti-paramih, Sißöa-paraniih,
Adliitau-parainih, Mcgga-paraniih, Ubekkha-paranüh. Der Byamlia-
fcariya oder Byamha6oratara (Brahniatcharin) hat vier Tugend-
Übungen zu beobachten, Megga, Karuna, Mudita und Ubekkha. Die
Megga shit-pa oder acht Wege sind Samma-diti, Samma-singappa,
Samma-vafca, Samma-kannnanta, Samnia-ijivau, Saninia-vayamau,
Sanima-sati, Samuia-samadhioderRechtschafifcnheit in Ansichten,
Absichten, Worten, Handlungen, Beschäftigungen, Bemühungen,
Umsicht und Heiterkeit. Anatta (ohne Atta oder Substanz) wird
von den Birmanen als Afit ma rhi khyin (was kein Substrat hat)
übersetzt, AniWa (ohne Dauer oder Nif^*a) als Amrae ma rhi
khyin (was kein Bestehen hat), Dukkha (Schmerz) mit tliin-rae-
khyin (elendiglich arm). Vier Dinge sind gränzenlos (ohne
Nanta oder Ananta), nämlich der Horizont oder der Himmel
(kaun-kift), die Ausdehnung des Rundes (Öakra-vata oder
das Weltsystem), Sattava (Sattau oder die Vernunftwesenheit) und
SappanutüaQ (die Allwissenheit). Die vier Arten des fesselnden
Prinzips (Asava tara lae pa) sind Kama-sava, Bhava-sava, Dita-
sava und Avizza-sava. Wie aus dem dunklen Hades Plato's stei-
gen die Dinge in die Erschcinungswelt der Materie*), die sich
auf dem gnostischen Urgründe des Bythos in der Unwissenheit
basirt. In indischer Philosophie heisst der menschliche Orga-
nismus Bhut-atma, als aus den fünf Elementen (Bhut) und dem
Geist (Atma) zusammengesetzt.
Als Gautama den beiden Brüdern seine Haar-Reliquien ge-
geben, kam der Kaga heimlich unter der Erde herbeigeschlichen,
um eine davon zu rauben und sie dem Thagyakönig zu geben, der
darüber im Himmel ein Dzedi errichtete. Tabinschwedih, der
•) According to tho Sankyathcre are twokinds of 8ubstances, whfch are the
Substrates of all phenomena, nature and soul. Nature (Prakriti) U one and nndi-
•stinct in its original state which is incomprehensible to the senses. As such it
is Mula Prakriti, nature as tho root of all things. It is productive and in its pro-
ductions various. Nature in its state as produetion is Vikriti, chai^ed or derived
nature. The first'production isintellect(I3uddhi) orthe great onc (Mah<'it), which as
a produetion of nature has no consciousness. The soul (^Purusha) is wanifoM
(s. Roer), und Psycho (nach Suidas) dreifach.
844 Tüiigu.
Talein -König Pegu's, der die grosse Heerstrasse des Tabin-
sehwedih-lani von Pegu nach Tongu erbaute, hatte nur ein ein-
ziges Haar auf seinem Kopfe und vergrub dasselbe an der Stelle,
wro die Pagode Schwesandoh in Tongu steht Die vornehmen
Birmanen aber, die früher von Ava als Kegierungsbeamte nach
Tongu geschickt wurden, bezeigten demselben keine Verehrung.
Trotz des Priestergebots, den Kopf geschoren zu haben, ertheilt
Buddha in den Legenden Haare seines Hauptes als Reliquien, aber
dies geschah, vor Einrichtung der Klöster, nach seinem einsiedle-
rischen Waldleben, wo die Haare noch nicht rasirt, sondern nur
geschnitten wurden. Jetzt werden auch die Augenbrauen ge-
schoren, während sich von Arimateya Reliquien von Haaren aus
solchen aufgeführt finden. Die Laiita vistara spricht von Bart-
haaren, die der Naga-König auffischte, als der aus der Einsiedelei
zurückkehrende Buddha sich badete.
Der Kjeik-Tiho oder der Tiho-Paya in der Nähe Tongu's
liängt über einen Felsen herüber, ohne irgend eine Stütze. In
der Nähe ist eine kleine Aushöhlung, deren Wasser sich nie er-
0
schöpft, so viele Pilger auch daraus trinken. Sollte aber Jemand
im Tempel böse Reden führen, so trocknet es im Augenblick auf.
Auch ist dort die Figur eines Kala und ein eingegrabenes Thin-
bougyi. Einst klaffte der Grund von einander, als man aber die
Pagode darüber baute und Stricke *) darum legte, fing die Oeff-
nung wieder an, sich zu schliessen. In der Nähe des Kjeik-Kalo
oder Kalo-Paya nahe bei Sillemyoh findet sich ein Wirbel, der
Feuer, Asche und Stein auswirft. Die Pilger kommen von allen
Seiten dahin, und wer diese heilige Stelle betreten hat, ist sicher
in das Nibpan einzugehen. Die Kraft der in den Palitexten ge-
lehrten Formeln schützt gegen die Angriffe böswilliger Dämone.
Als Sonne und Mond in Gefahr standen, von Rahu verschlungen
zu werden, wandten sie sich Hülfe flehend an Buddha, und auf
dessen Wort floh ihr Widersacher in hastiger Eile, da ihm sonsfr
der Kopf zersprungen sein würde. Nach den Mongolen verfolgte
♦) Auch die ArequipciiBor erzahlcu von Stricken und Ketten, womit ein jünge-
rer Sproüsling ihres gigantischen Vulcan-Kegels zusammengehalten worden sei.
Sabupadih. 345
ihn Indra mit seinem Donnerkeil und schlitzte ihm den Bauch
auf, so dass er, obwohl er die Himmelskörper verschlingen mag,
diesell)^ doch nicht bei sich behalten kann, sondern unten wie-
der herausgleiten lassen muss. Die kalmückischen Priesterärzte
setzen auf den Mund des Kranken die Figur des Otschirbani,
durch den von der Zunge zum After ein grader Canal läuft, um
ihm dadurch Arzneien einzuflössen, probat als Purgativ.
Unter den Statuen Gautama's in der Pagode steht im könig-
lichen Schmuck die Figur des Sabupadih-Min, als die eines Kö-
nigs, der den am Firmamente hinwandelnden Paya verehrte.
Hierüber giebt es folgende Legende: Sabupadih, der zu Gau-
tama's Zeit in Kapilawut herrschte, verehrte die Sonne, und da
ihm keiner der Könige auf Erden zu%widerstehen vermochte, be-
schloss er auch den Mond anzugreifen und benutzte seine Fähig-
keit des Lufttretens, denselben zu verfolgen, bis er im Westen
unterging. Dann, als Alles um ihn dunkel wurde, fing der Kö-
nig an sich zu fürchten, und wollte zurückkehren, lieber das
Königreich Yasaj oh, wo König Peinbadajah herrschte, hinfliegend,
stiess er in der Finstemiss mit seinen Flügelschuhen (tschinin
setjah) an den hohen Thurm des Palastes und blieb daran hän-
gen. Da er sein Knie verwundet fühlte, hieb er sich das Bein
ab und kam glücklich nach seiner Hauptstadt zurück. Dort ver-
sammelte er seine Grossen und um sich zu rächen, schleuderte er
die wie ein Naga gestaltete Wunderwafl'e, die stets ihr Ziel mit tödt-
licher Sicherheit traf, gegen den König Peinbadajah. Als dieser die
Wafl*e herbeifliegen sah, flüchtete er nach dem von ihm gebauten
Kloster Waeluwun und rief den Schutz Gautama's an. Dieser be-
fahl seinen Rahan, die WunderwaflFe des Galon-Setjah zu werfen,
und da der Galon den Naga überkommt, so zog sich der Naga-
Setjah zurück. Sabupadih schleuderte dann den Mih-Setjah oder
die Wunderwaflfe des fliegenden Feuers, aber Gautama vernich-
tete sie durch Wasser im Paiaeh - Topfe. Als Sabupadih den
Hlan-Setjah (fliegenden Speer) warf, hielt ein Befehl Gautama's
denselben an und schickte ihn zurück. Da Gautama wusste,
dass Sabupadih schliesslich ins Nibpan eingehen würde, so sandte
er den Thagyamin (den Götterkönig Indra) ab , um ihn vor sich
346 Tongu.
ZU rufen. Als dieser in menschlicher Form am Hofe erschien,
wurde er von Allen verlacht, dass er es wage einem Könige Be-
fehle ertheilen zu wollen, aber der Thagyamin entfaltete seine
Kraft, indem er die Höflinge, einen nach dem andern, zu Boden
warf, und Pferde wie Elcphanten an den Beinen in der Luft herum-
schwenkte. Sowurde er, gleichThor, alsThagyamin oderMaga-lulin
erkannt. Sabupadih folgte ihm dann zu Gautama, der ihm seine
Anmassung vorwarf, sich mit ihm vergleichen zu wollen. An-
fangs wollte er sich nicht beugen, aber als er alle Uebrigen und
selbst den Thagyamin in Verehrung niederfallen sah, folgte er
dem allgemeinen Beispiel und erkannte seine Niedrigkeit an.
Das Königreich aufgebend, folgte er Gautama und wurde unter
seine Schüler eingereiht. Diese Erzählung bildet den Gegen-
stand eines Djat (Sabupadih-tschakan), der auf den Theatern ge-
spielt wird.
Shin-Upagah lebt in der Tiefe des Oceans in einer messin-
genen Thurmspitze, wo er den Ubo ('Feiertag) hillt. Er wird
über ganz Birma verehrt, von Kangun bis Mandalay, und seine
Bilder stellen ihn auf einem Baumstumpf sitzend dar, mit einem
Almosentopfe in den Armen und daraus essend. Er blickt seit-
wärts zum Himmel hinauf, für eine Stelle aussehend, die von den
Unreinigkcitcn todter Leichname frei wäre und auf der Erde
nicht zu finden ist, da dort Alles, Steine wie Bäume, nur ein
grosser Grabeshof ist. Als Rahan wird er auch Paya genannt,
aber der kleine (Paya ngay). Der Potodoh-Paya unter der Erde
wurde vom Nagakönig gestiftet. Sulamanih-Paya lebt als die
vom Thagyakönig über den Haaren gebaute Pagode am Himmel,
dort mit den Winden umherfliegend. Von den 26 Buddha's fin-
den sich nur Figuren der vier letzten, während die Nepalesen
sieben Manuscha- Buddha's Verehrung zollen, wie türkische
Stämme (nach Caströu) den sieben Kudai's des Himmels. Von
dem Bilde des Arimateya oder Arimateia (der Mi-thero) giebt
es eine Legende, dass ein zum Himmel aufgestiegener Künstler
schon im Voraus sein Portrait genommen, und wird wohl Gautama
dadurch allmählig dasselbe Schicksal leiden, das er selbst seinem
Vorgänger Kasyapa bereitet hat. In Urga wurde mir schon
Der Buddha der Zukunft. 347
gradezu erzählt, dass, wenn Gerechtigkeit gälte, Arimateya als
Gott der Gegenwart herrschen würde, und dass Sakyaniuni ihn
nur durch ein TaschenspielcrkunststUck mit Blumen darum be-
trogen habe. Die um Verdienst buhlenden Frommen sehen
keinen grossen Nutzen ein, sich noch viel um einen Gott zu küm-
mern, der bereits hunderte von Jahren im dunkeln Hintorgrunde
vei*8chwunden ist: sie meinen ihm schon genug für die Wohlthaten
des geschenkten Gesetzes gedankt zu haben, und wenden sich
lieber mit ihren Schmeicheleien der neu aufgehenden Sonne zu.
Die Hauptfigur in den siamesischen Tempeln erhält oft den all-
gemeinen Namen Xina oder Jina (der Sieger), und alte Abbil-
dungen zeigen mitunter eine nackte Darstellung, wie bei den
Jainas. Als Buddha's Zeit zur Incarnation gekommen war, über-
legteer, in welcher der 16Dyna8tiecn Indiens (von Vaisali, Vansara-
ja,Magadha, Kosala, Prajota, Mathura, Hastinapura, Mithila u.s. w.)
er wiedergeboren werden solle, und wählte die der Sakya. Zur
Gottwerdung zog er sich in die Einsamkeit zurück, wie Zamolxis
in seine Höhle. Wilson unterscheidet Budha (theson of Soma and
regentofthe planet Mercury) als he who knows or the intelligent,
von Buddha, alsanydeified mortal or he by whom truth is known.
Der vorgehende Buddha Kasyapa war ein Brahmane, Gautama
(Somanocodom) aber wurde in der Xatriya-Kaste geboren und
nach den Jainas wurde Maha-Vira*) (Vardhamana oderSramana)
durch Indra aus dem Uterus der Brahmanin Devananda in den
der Trisala, Gattin des Königs Siddhartha (aus dem Geschlecht
des Jcshwaku in der Kasyapa-Familie), versetzt.
Die Birmanen setzen den Kauniin (der glutinöse Reis) ohne
Wasser aufs Feuer, bis er bubbclnd aufschäumt. Dann nehmen
sie Kuchen in ihre Hände, und bringen sie, nach bezeigter Ver-
ehrung, zur Pagode. Wenn Frauen beim Gebete niederknieen.
•) Die als Er, Ir, Tir, Vir so weit die Sprachen der indogermanischen Fa-
milie durchziehende Wurzel findet sich auch im südlichen Amerika, wo bei den
Qaichuas der Heroe Vira-cocha noch jetzt das Prototyp eines angesehenen oder
tapferen Mannes bedeutet und seit der Ankunft der Spanier zur Anrede der
weissen Fremden gebraucht wird. Bei den wilden Chunchus an den Quellen des
Maranon hörte ich Vairi als die Bezeichnung des Häuptlings verwandt.
348 Tongu.
lassen sie sich von einer Freundin oder Dienerin die FUsse in
das Ende ilircs Gewandes aufwickeln, da es für sie sehr unan-
ständig sein wUrde, ihre Fusssohle zu zeigen. Den Chinesinneu
ist bei ihren Lilienstengeln diese Verlegenheit erspart. Sollte
eine Frau in künftiger «Seelenwanderung als Mann geboren zu
werden wünschen, so kann sie das nur erlangen, wenn sie ihren
Ehemann behandelt mit Engelsliebe, d. h. mit Zuneigung, Ach-
tung und Aufmerksamkeit. Mönche und Eremiten sind schön,
wenn mager, vierfüssige Thiere, wenn fett, Männer, wenn gelehrt,
Frauen, wenn verheirathet, heisst es im Lokanidi. Frauen sind
ebenso geneigt zu sündigen, wie Flüsse sich zu krümmen und
stecken so voll von Verschlagenheit, wie ein Wald voll Feuer-
holz. Das Begräbniss einer im Kindbette gestorbenen Frau er-
fordert umständliche Ccremonieen. Die Siebenmonatskinder der
in der Schwangerschaft Säuren liebenden Mütter sind von Seelen
aus der Hölle belebt. Die, unter Essen von Lehm nach acht Mo-
naten geborenen besitzen Seelen der Preta's, die nach neun Mo-
naten, unter Neigung Gras oder Blätter zu essen, geborenen sind
durch Thierseelcn belebt, und die nach 10 Monaten von Müttern,
die Fleisch assen, geborenen stammen von menschlicher Her-
kunft. Durch die Öetasit, die mit den verschiedenen Öit*) inThä-
tigkeit treten, werden die Früchte der Kamma disponirt, die im
Guten, wie im Bösen zu Ende zu essen sind.
Auf den höchsten Graden der Heiligkeit werden die sechs
Wunderkräfte des Abhinaii erworben, nämlich Dibpacekkhu
(übernatürliches Gesicht), Dibpasota (übernatürliches Gehör), Jid-
dhividha (Schöpfungsfähigkeit), f'etopariya (Kenntniss der Ge-
danken), Ahsavakkhaya (Freiheit v(m Leidenschaften) undPuppe-
nivasanasiti (Durchschauen der früheren Existenzen). Mit der
Allwissenheit imSabbanut zerfallen die Spiegelbilder derSansara
und kehrt die Beweglichkeit des Werdens zur Kühe des Seins im
Nichtsein zurück. Nach den Nepalesen (s. Hodgson) ist der
*) According to the tattuvci-kattnlei (of the intollectual organic faculties) nianam
(tue understiindiug) apprehcndü, putti (the judgiueiit) decidcb aud proposc8,abaugka-
raro (theiudividuaIity)indi?idualizeB, sittam (the wiü) Ihiukiiclearly (8. iloisiDgtoo).
i
Die fünf Dvara. 349
eigentliche Zustand der in der Materie waltenden Kräfte Ruhe
und Abgelöstsein (als Nirwritti), indem sie aber thätig werden
(im Prawritti), entstehen die Formgestaltungen der Natur. Die
über den Wechsel der Zerstörungen erhabenen Dhyana- Welten
verbleichen (wie Schmidt bemerkt) gleich Regenbogenfarben, wenn
die Offenbarungen des Pradschna sich völlig in das Nirwana zu-
rückziehen. In ihm werden dann die Ursachen aller Dinge
ruhen, wie in der Theosis des Erigena.
DieSeelenthätigkeit der fünf Dvara oder Thore (Öekkhu-, Sota-,
Ghana-, Siva- und Kaya-dvara) mit den identischen Objecten*)
ihrer Subjectivität durchläuft die Grade der Ron, Vijjan, Vinyan,
Sappatizein, Santikarana, Vutau, Kamajau, Tadayon und beim
sechsten, dem des Mano*"^), kommen noch die desRupajo, Arupajo
und Ix)kuttarajo hinzu. In einem Laien bleibt die Entstehung des
Lokuttarajo ausgeschlossen. Auch im Siva-Prakasha-kattali kann
*) Die Nyaya nimmt an (nach Roer), that the special qnalities of snbstances
are effects. for instanee earth is the intimate (or material) cause of smell, soul
of knowledge etc.
**) Der Djina alamkara zahlt 18 Dhatu oder Elemente auf, und Burnouf
eitirt aus der Abhidarma Kö^a vyakhyil folgende Uebersetzuiig : La connnissance
on la notion acqnise par la vne se nomme tschakchur vidjnana dhatu on Telement
de la notion acquise par la vno, et ainsi de suite pour los antres sen^:, jnsqnesoty
compris la notion acquise par le manas ou Tintellect, qui est manu vidjnana dhatu,
Telenient de la notion acquise pai* le manas. Or il faut savojr que ces six no-
tions röunics sont Ic mano dhatu ou Telnnent dit manas (IMntcliect), car Ic manas
n*cst pas autre chose que la connaissancc qui a H6 acquise sans rintcrmcdiairo
par les 6organs des sens. Und weiter: 11 ne peut 6trc question de faire connaitre
les receptacles de 5 Clements dits de la connaissancc , parceque la vue et les
antreii sens ont leur receptacle connu. Mais comme on a dit qu'ii n'y a
pas de receptacle pour T^l^ment du manas , on etablit T^lcment du manas, afin
de faire connaitre son receptacle. Or une foi:*, qu'on a etabli Texistence de 6 re-
ceptacles, on trouve qu*il ya 18 dhatus (Clements ou contenants). Dy a un groupe
de 6 receptacles, dout le premier terme est la vue et le dernjer le manas. II y
a nn socond gronpe de 6 receptacles, dont le premier terme est la connnissance
acquise par la vue et le demier la connaissancc acquise par le manas. II y a
nn groupe de 6 supports (älambana), dont le premier terme est la forme et le der-
nier le dharma (le merite moral ou l'etre). Cependant scion la doctrine des
Ydgätchch^ras il y a nn ölf'^ment du manas (mano dhatu) qni est distinct des
6 connaissances.
350 Tonga.
die Seele nur durch die Hülfe des Geistlichen zur Absträction
gehingen. Im Buddhismus dagegen giebt es keine priesterliche
Vermittlung, sondern nur das Mittel selbst in den Mönebsstand
einzutreten. Der Pana (Weisheit) giebt es >ier Arten, als Öinta-
kavi, Suva-kavi, Attha-kavi und Patibhana-kavi (Takhana-phyiü
hlyin-tzoa-that-so-pana oder die Weisheit rasch im Augenblick
sogleich zu erkennen). Im Pali heisst Kavi ein Weiser, so dass
sich auch hier, wie in Java, jener alte Name erhalten bat, der die
Vorgeschichte Irans und Indiens durchhallt.
Wenn der im Herzen residirende Mauo sich mit dem Nama-
dhamma beschäftigt, durchläuft die Meditation fünf (oder, die
beiden ersten in Vereinigung zusammenfassend, vier) Stufen, als
Viteka oder Aufmerksamkeit, Vicara oder Betrachtung, Piti oder
freudige Gcnugthuung, Suka oder vergnüglicher Genuss mit So-
madi-6it (oder Zufriedenheit) zur Folge und Kkattha oder an-
dauerndes Verbleiben, was l)is zum Zustande völliger Indifferenz,
als Upekkha gesteigert werden kann. Von Upekkha werden (im
Pucjapakinnaka-amchai)hych) zehn Arten (zae pa) aufgezählt.
Jeder, der sich einer dieser geistigen Uebungen hingiebt, ge-
winnt dadurch Anrecht auf die entsprechende Byamma-Welt,
während Almosen und äussere Werke der Mildthätigkeit nie
über die Nat-Himmel hinausfuhren krninen. Wer besondere Fer-
tigkeit in der ersten Stufe erwirbt, wird in einer der unteren
Regionen (aus den 16 Rupa-l)hon) wiedergeboren werden oder
bewohnt*) sie sclion in diesem Acte der Reflexion. Der Adept in
der zweiten oder dritten Stufe gehört, je nach dem' Fortschritt,
einer der drei nächsten, und der in der vierten Stufe einer der
drei folgenden Terrassen an. Derjenige, der bis zum fünften
♦) Worüber ein Jeder meditirt, das wird er (nach dem Bhagavadgita). Nach
der KaivaUanavanita besitzt der materielle Djana gnana die Kraft, die wahre Er-
lösung zu verleihen, weil eines Jeden Meditation zur Geburt wird (s. Graul). „Die
über die körperlichen Gegenstande leidenschaftlich nachdenken , die werden so
diesen Gegenständen. W^enn man aber, um den Geburtskreislauf abzubrechen,
über das höchste Wesen nachsinnt , so wird man zu diesem höchsten Wesea. *
Der Terrassenhimmel. 351
Dzan (Jban) hindurcbgedrungen ist, und sich also in den Zustand
der Contemplation zu versetzen vermag, ohne dass er von Gegen-
ständen der Beobachtung auszugehen braucht, noch ohne durch
die Eindrücke des Vergnügens bewegt zu werden, ein solcher ist
Bürger des zehnten oder elften Rupa-Himmels. Von den übrigen
fünf Kupa-Himmeln, den Suddhawas (nga bhon) oder reinen Be-
hausungen, wird der unterste von den Kalyana-puthujan oder
Tugendhaften bewohnt, und die vier höheren, wie sie übereinander
aufsteigen , von den in die Megga oder Pfade Eingetretenen, und
dadurch mit den Lokutara-Öit Begabten , den Sotapatti , Sakada-
gami, Anagami und Arahatta. Diese fünf Terrassen heissen
Aviha, Athabpa, Sudasa, Sudessi, Akanita (Agginifa). Noch jen-
seits erheben sich dann die vier Arupa-bhon, deren Bewohner in
ihrer transcendentalen Geistesthätigkeit ganz und gar alle ma-
teriellen Beziehungen in den Kathain abgeworfen haben. Auf der
niedrigsten Staffel philosophirt der Metaphysiker, nachdem deröit
der Arupa zum Durchbruch gekommen ist, über den Akasa, ihn
als ananda oder unendlich verstehend, auf der nächsten über die
Wiiiana, auf der folgenden über die Akinzih und auf der letzten
über Newasaiia, indem der von den vier Täuschungen oderThan-
nya Erlöste nur in der Verzückung des Sammapata (Erlangung
der Wahrheit) verbleibt. Nach dem Paiia-^a können zwei
Art^n von Wesen (Puggol) in den Niroda-samapat zum Genuss
eintreten, nämlich die Anagami - phalafan und die Arahatta-
phalatan (Phalatan oder Verdienst -Behälter). Im Sammapat
(shit-pa oder achtfach) sind die vier jhan der llupa- Welten
mitbegriffen, als Patiima-jhan, Dutiya-jhan, Tatiya-jhan und
Öatuttha-jhan, sowie jene vier Arupa, d. h. Ahkahsanancarata-
nakuso, Vinahnaü6aratanakuso, Ahkin^anaratanakuso, Nevasana-
ratanakuso. Die wahren Schüler Buddha's wandeln auf den
höchsten Pfaden und bedürfen keiner mystischen Steigerung, ob-
wohl sie sich dieser Hülfsmittel bedienen können , um zur ent-
sprechenden Zeit direct im Nibpan zu verschwinden. Das Leben
der Byamha in der Newasana (Ncwasaüanasaiiayatan) *) , die die
*) Lenz sagt von der Doctrin des in Radjagriha lehrenden Rudraka, Rftma'd
352 Tonga.
Identität des Seins und Nichtseins in der Nicht-Identität erkennen,
dauert*) 84,000 Mahakalpa's, was zur ^relativen Vergleichung
der Schnelligkeit des Gedankenleb^ns mit der körperlich gemes-
senen Zeit dienen kann , als gleichsam der früheste Versuch zu
einer mathematischen Psychologie.
Bei einem Spaziergang in der Umgegend Tongu's kam ich zu
einem See, der vier Inseln einschliesst, um dessen Ufer die Reste
eines Pflasterweges , noch aus der birmanischen Zeit stammend,
hinlaufen. Neben dem Natgyi-taga (dem Thore des grossen Nat)
steht ein verfallener Holzschuppen und in demselben drei alte
und zerbrochene Holzfiguren. Zwei derselben haben neue Sub-
stituten zugefügt und werden Nido Naundo (der ältere und jüngere
Bruder oder die beiden Gebrüder) genannt. Die grössere , in ein
langes Gewand gekleidet und eine Spitzmütze tragend, zeigt an
zwei Stellen die Ansatzpunkte, jetzt abgebrochener, Arme, da es
früher deren sechs hatte. Dieser, Shiu Taungyi genannte Nat
wurde von den Ruinen des alten Dinjawuddih nach Tongu ge-
bracht, wo ein Schan-Tsoboa eine Kapelle für ihn baute. Da er
indess beständig nach seiner alten Heimath zurückkehrte, wurde
es dem darüber bekümmerten Tsoboa zuletzt im Traume enthüllt,
dass er in Tongu ganz und gar nicht gemüthlich fühle. Wenig-
stens solle man ihn so aufstellen , dass er mit dem Gesicht nach
Westen gerichtet sei, und so nach seinem früheren Aufenthaltsort in
Dinjawuddih blickend, sich der glücklichen Tage erinnern könne,
die er dort verlebte. Die melancholische Leidensgeschichte dieses
sentimentalen Dämon wurde mir in einer seitwärts vom Wege abge-
legenen Hütte gegeben, die ich Mühe hatte zwischen den Büschen
Sohn (Ktoaputra) , dass sie dans l'ori^nal est tr^s obscuröment caract^risee par
le raot Naiva-sandjnanäsandjnäyatana-sainäpattih und gicbt als Erklärung des
Textes: La base de sa doctrine est un stoicisme aflfccte (sanscrita) et force, en
vertu (Inquol on doit arriver k une elövation mystiqnc des pouvoirs de Tfime
(nach der Laiita vistara).
*) Deshauterayes setzt es auf 80,000 Weltrevolutionen an, was er zu 107
Trillionen 520 Millionen Jahren berechnet.
Teuflischer Eigensinn. 353
aufzufinden. Früher hatte dort eine alte Nakkadau gelebt, die
aber seit einiger Zeit verstorben war. Jetzt bewohnt sie eine
andere Hexe, die den Platz ihrer \'orgängerin eingendniiuen hat,
aber keine Bücher in ihrem Nachlass vorgefunden haben wollte.
Uebrigens hörte ich später, dass die gute Frau in der Erzählung
die Aufführung ihres Pensionärs sehr beschönigt und mir das
Schlimmste verschwiegen hatte. Nach Anderen nämlich soll
dieser sechshändige Saüin sich so kindisch-unvernünftig gezeigt
haben in seinen hartnäckig fortgesetzten Versuchen, nach dem
ungesunden und verwüsteten Dinjawuddih zurückzukehren, dass
man sich zuletzt zu der traurigen Nothwendigkeit gezwungen sah,
ihn in Ketten zu legen.
Als ich beim Rückweg auf dem alten Stadtwall fortging, zeigte
man mir hinter den Basteien eine Linie mannstiefer Gruben in
der Erde, wohin sich bei etwaiger Belagerung die tapferen Offi-
ciere der Birmanen früher zurückzogen, um von dort aus ihre
Soldaten anzufeuern. In der Armee bezeichnen die Titel der
Hauptmann über 1000, über 100, über 10. Der Letztere hcisst
auch der Suay-thauk-gyi oder der grosse Bluttrinker, weil er bei
Ablegung seines Diensteides vor dem Könige Blut trinkt. In
den Büchern wird eine Armee in vier Glieder oder Inga (Cii-iuga-
*
lae-pa) getheilt, als die Ordnung der Elephantenreiter (Chin-(M-
su-rae), die Cavalleristen (Mrin-6i-su-rae) , die Wagenkämpfer
(Ratha-iii-surae) und die Infanteristen (Khre-c>i-su-rae). Die
Märkte werden meist in den Vorstädten abgehalten , wo sie sich
ungehinderter ausdehnen können. In den altbirmanischen Haupt-
städten war es durchgehende Sitte, den von Fremden oder Land-
leuten besuchten Bazaar in das äussere Weichbild zu verweisen,
während innerhalb der Mauern der eigentlichen Stadt nur eine
Verkaufsreihe zugelassen wurde, für die täglichen Lebensbe-
dürfnisse der Beamten und llofbedienten oder Soldaten. Der
Grund war vielleicht derselbe, der auch den Kalifen Al-Mansur
bewog, die früher auf den Thorplätzen angelegten Kaufhallen
nach dem neuen Anbau Al-Karch zu verlegen, als ihn (nach
Jacut) der griechische Gesandte darauf aufmerksam machte, dass
er seine Feinde mitten in die Stadt zugelassen habe, nämlich die
Bastian, Oataiiieu. II. o 3
i
354 Tonjra.
Kaufleute. „Die Kundschafter kommen aus allen Gegenden, als
Kaufleute verkleidet, und betreten ungestört die Stadt, oder die
Kaufleute, welche die grossen Städte bereisen, legen »ich aafs
Kundschaften, und wenn sie erfahren haben, was sie wissen
wollten, kehren sie um, ohne dass Jemand etwas davon gemerkt
hat" (s. Wtistenfeld).
In der Nähe des Schwesatto-tagah (goldenen Thores) in
Tongu besuchte ich das Haus eines Kala-Pona aus Bengalen. Er
hatte dort neben einer Muschel eine kleine vergoldete Figur stehen,
in königlicher Kleidung, mit rothen Blumen auf dem Kopf, die
er Rani nannte, während kleine birmanische Paya's, die um ihn
herumstanden , als Krischna, Yama u. s. w. bezeichnet wurden.
In der Mitte des Raumes lag ein brennendes Holzscheit, und vor
demselben eine Opfergabe von Reis auf einem Blatte. Im Hofe
war unter einem Baume die Figur eines buddhistischen Paya auf-
gestellt und hatte Opfergaben vor sich. Dieser Brahmane hielt
Kühe, deren Milch er in der Stadt verkaufte.
Der auf englisches Gebiet geflüchtete Schan-Tsoboa von Tsaga
hatte von der Regierung für sich und seine Leute Land in der Nähe
Tongu's angewiesen erhalten , und obwohl er in Rangun abwe-
send, ritt ich hinaus, seinen Bruder zu besuchen, der mir Mit-
theiluugen über seine Heimath machen konnte. Ich traf dort auch
seinen Leibarzt, der indess viele seiner Formeln aus birmanischen
Büchern entlehnt hatte. Pillen und Pulver wurden in kleinen
Röhren verwahrt, meist in pyramidalischer Fonn , und so stark
aromatisch riechend , dass ausser dem zugesetzten Gewürz nichts
zu erkennen war.
Der Fürst rauchte in einer kleinen runden Pfeife den Tabak
des Landes. Sein Gesicht war nach allen Richtungen in breiten
Schmarren zerhauen , die von den steten Kriegen in seiner Hei-
math zeugten. Einige derselben , sagte er mir, habe er in der
Vertheidigung seines Lebens gegen Meuchelmörder erhalten, die
sein Bruder gegen ihn ausgesandt habe. Der Tsoboa Moung
Kay-Nai war der Erbfürst von Tsaga, und verweigerte deshalb
den Gehorsam, als der Gouverneur von Myo Hlah ihm (1860)
verbieten wollte, Steuern zu erheben. Als sein Gebiet ange-
Ein Fürst ohne Land. 355
griflFen wurde, vertheidigte er es durch Einfälle in die Nachbar-
schaft, wo er Dörfer verbraunte und Felder verwüstete. Da aber
sein zur Entschuldigung nach Mandalay gesandter Bote beim Kö-
nige nicht vorgelassen wurde, ward ihm Angst, und er begab
sich über die Grenze, wo Capitain Lloyd ihm erst Land auf der
Stelle des alten Dinjawuddih, und später, wegen der Ungesundheit
des dortigen Terrains , am Kabauu-Creek gab. Die Zahl der in
seiner Begleitung gefolgten Unterthanen belief sich auf 3500
Seelen. Die Schan müssen sich jetzt vielerlei DemUthigungen
von den hochfahrenden Beamten des Königs von Ava gefallen
lassen, aber dieselben interferiren nur wenig mit ihrer inneren
Verwaltung, und Birmanen sowohl, wie Siamesen sprechen noch
mitunter von ihren Districten, als einem Land, das (nach Curtius)
populi, non regum imperio regebatur.
Ein Toungthu-Kaufmann aus dem nördlichen Thatung im
Schanlande, der eines Tages in unseren Hof kam, um Sachen
zum Verkauf anzubieten, gab mir einige Vocabularien. Er
hatte verschiedene Bücher bei sich, von denen das eine als
Titel führte: „dies ist das Buch des Gesetzes, an den Tod zu er-
innern, dem wir al\e unterworfen sind. Der Ataga Genannte hat
viele verdienstvolle Werke verrichtet und hofft zum Nibpan zu
gelangen."
Die Hausirer können häufig ausser ihren anderen Waaren
auch mit Medicinen aufwarten , wie solche mitunter bei den rei-
senden Pungyi's gleichfalls gefunden werden. Zuweilen hörte
ich von einem Kloster, dessen Mönch durch seine glücklichen
Kuren besonders berühmt war, und der auf zahlreichen Zulauf
von Patienten rechnen konnte. Andere begnügen sich mit Weih-
wasser, das Marini auch im Laoslande dispensiren sah, mais je
ne s^ais comment Tusage en est passe jusqu' a eux, a moins qu'
il ne leur ait est6 communique d'Ethiopie oü Sainct Mathieu l'in-
stitua, ou de TApostre Sainct Thomas, qui a annonc^ TEvangile
dans rinde. Pinto beschreibt ein von Priestern geleitetes Hospi-
tal des Tempels Tinagogo im Reiche des Calaminha (Königs der
Welt). In der Hauptstadt Timplan war der vornehmste Tempel
dem Quiay Pimpocau (Gott der Kranken) geweiht, und das von
23*
356 Tüllgril.
den Gesandten nütgeliraclitc Ghiubensbueh der Singiputons oder
Sigiputons (Vollkommenen) gefiel dem Hrama-Könige so wohl,
das» er es in allen Tempeln seines l^inde» predigen Hess, wo 68
Anhänger fand. Der Herzog von Toscana liess es später über-
setzen. Die Herbeikunft eines Mönches wird oft nur deshalb von
dem Kranken gewünscht, weil man glaubt, dass die Gegenwart
dieses heiligen Mannes einen wohlthätigen Kintluss ausüben möchte,
weil die bösen Dämone sich ungemlithlich fühlen und fortmachen
würden. Nach christlicher Legende liess schon Abgar seine glück-
liche Heilung durch eine Inschrift bewahren, und im Orient wurde
die Arzneikunst vielfach von (Geistlichen geübt. Als der Kalif
Raschid in seiner letzten Krankheit vtai der Behandlung des
Djabril keine Erleichterung fand, liess er einen durch seine glück-
lichen Kuren berühmten IHschof aus Persien (nach Ihn Aby Oswii-
biah) zu sich rufen.
Die Frage, ob der buddhistische Religiöse zugleich die eigent-
liche Medicin ausüben dürfe, ist, wie in Tibet, auch unter den
Birmanen vielfach erörtert, die ihr Pro und Contra gewöhnlich
dem Hriefwechsel zwischen Abhidhamma-Rahan und Vinva-Rahan
entnehmen. Der Erste war ein Pungyi Rai)gun*s, der als Arzt
prakticirte, und als ihm der Letztere, der Secretiiir des Thatnnabein
in Ava, sein Verfahren, als derNinya entgegen, verwies, sich mit
dem Abhidhamma vertheidigte. Der eine dieser Briefe lautet:
l)esThatanal»ein'sSecretair inRatanapura an den ehrwürdi-
gen Thaddhammaguru über das Verbot Medicin zu treiben. Dieser
in Versen (Linga) geschriebene Brief, der auf die Grundsätze der
Vinya basirt, ist dem Schüler Tumada anvertraut durch den erha-
benen Thaddhammaguru ( Lehrer des wahren Gesetzes) im goldenen
Ava, dessen Ruhm als Gesetzerklärer mit seinen Predigten Alles
durchdringt, der als der Zeadohgh vi (der königliche Oberprofessor)
im Klostiir Bunpian lebt. Sobald Ihr in dem Teik-Kloster in der
Stiasse Schwekuh neben der Dagon-Pagode diesen Brief erhaltet,
habt Ihr die medicinischc Praxis aufzugeben und den V^orschriften
der Vinya zu folgen. In den heiligen Textbüchern liegt das Schönste
undllr)chste concentrirt; die Vinya zu lesen und sie dann wieder
bei Seite zu legen , schliesst ein grosses Vergehen ein. Wer si<h
Bischöflicher Brief. 357
um die Vorfiille des täglichen Lebens kUmniert, der treibt be-
ständig zwischen den drei Welten hin und her, wie jeder Ver-
ständige aus Erfahrung weiss. Alles ist unserem Herren bekannt,
und keine Uebertretung entgeht seinen Blicken. Wenn Ihr fort-
fahrt in abtrünniger Weise Arzneien zu dispensiren, wenn Ihr
-nicht demUthig folgt, wenn Ihr des Herren Befehle nicht fürchten
solltet, dann werdet Ihr hinausgeworfen werden in die Wilder-
niss, mit AflFen und Waldmenschen zu leben. Siehe, die Strafe
steht bevor. Stöcke und Prügel werden dich zurechtweisen, und
dann freilich wirst du dich fürchten. Lasst Eure Antwort uns
zukommen. Euer Diener.
Jede Art der Magie ist im Kammavadsa verboten, wie es in
einer Uebersetzung^heisst: ^Kein Priester darf sich dessen an-
raassen, was über die Gesetze der menschlichen Natur hinaus-
geht, und nicht prahlen. Wer mit schlechten Absichten vorgiebt,
übernatürliche Kräfte zu besitzen, sagend, dass er den Üzan,
Nibpan oder die religiöse Beschaulichkeit, oder die ungestörte
Ruhe oder den zur Erlangung der Frucht führenden Pfad erreicht
habe, der ist nicht einSamanäer, ist nicht ein Sohn Sakya's. Wie
eine zerbrochene Palme nicht wieder verbunden, ein abgetrennter
Zweig dem Stamme nicht wieder geeinigt werden kann, so ist
derjenige Geistliche, der lügnerisch das Uebermenschliche ge-
wonnen zu haben behauptet, abgefallen von den Samanäern, ab-
trünnig von den Söhnen Sakya's. So lange das Leben dauert,
muss dies vermieden werden.'' „Mit Beistimmung, o Herr!"
Nach den Vorschriften liegt demPungyi eine genaue Beichte
ob, über Alles, worin er eines der vielfachen Gebote übertreten
haben niag, und zwar unmittelbar auf den Fehltritt. Doch ist es
jetzt gewöhnlich nur zur Formsache geworden, indem der Mönch
vor seinen Oberen niederknieet und sich aller Sünden, die er be-
gangen haben mag, entschuldigt, und dafür Absolution erhält.
Mitunter wird ihm vielleicht die Wiederholung heiliger Formeln
aufgelegt, aber nur wiederholte Uebertretungen würden härtere
Strafen nach sich ziehen, wie z. B. Sandsäcke zu einer bestimmten
Entfernung zu tragen, ohne Kissen zu schlafen, im Klosterhofe
während der Tageshitze umherzugehen und dergl. m. Die Menge
358 Tongü.
der zu beachtenden Gesetze nimmt zu, je höher der Aspirant in
der Heiligkeit aufsteigt, aber für alle Wösen bindend sind wenig-
stens fünf (au Festtagen die acht Aüi-sila), als Pin^a-sila, näm-
lich Panatipataveramani oder Su-asek-go-masek-hnin (Liebendiges
nicht zu tödten), Adinnadanaveramai^i oder Su-uWa-go-ma-kko-
hnin (Eigenthum nicht zu stehlen), KamesuniifjaJ^araveramaQi
oder Su-maya-go-ma-pyit-hnia-hnin (Enthaltung von Ehebruch),
Musavadaveramani oder Musa - tx\ki\ - go - ma - pyau - hnin (keine
LUgenworte zu reden), Suranieriym\ijapamadatanaveramani oder
Se-ri-se-rek-go-ma-sauk-hnin (gegohrene Flüssigkeiten nicht zu
trinken).
Die Kinder auf der Strasse spielen in Birma mit dem Ball
(Dsi-tup) oder mit Marbeln aus hartem Thon (A-lun), die in Löcher
gerollt werden, oder mit den Gun-niin-Samen, die auf eine
Schnur gezogen und umhergewirbelt werden. In Tongu hatte
ich auch Gelegenheit, ausser dem Schach einige «indere Bret-
spiele kennen zu lernen, wie z.B. das Lae-kvet-kya, das (unserm
Wolf und Schaf ähnlich) mit 3 Tigern und 11 Hühnern gespielt
wird. In Madras existirt ebenfalls ein derartiges, Pulicodu ge-
nannt, in welchem 3 Tiger 15 Schafe verfolgen. Ein anderes
Spiel der Birmanen, Mcdidakade genannt, bestimmt die Stellungen
der Steine auf dem Bret durch das Fallen der Würfel oder Tama-
rinden-Samen. In Madras sah ich ein ähnliches Spiel, Dyara
genannt. Auch das Spiel Sadrungu dort ist nicht sehr verschie-
den. Ausser mit Karten wird ein beliebtes Hazard mit Bohnen
gespielt, und oft findet sich in den Dörfern eine Tenne dafür zu-
gerichtet, von der der Aelteste Abgaben bezieht.
Ein birmanischer Schlaugenbeschwörer, der eines Morgens
im Hofe unseres Hauses seine bezauberten Reptilien producirte,
tanzteerst unter Musik um den Korb herum, und als sich dieCobra
mit aufgeblasener Kopfhaut und vorgestreckter Zunge daraus ker-
zengerade hervorhob, setzteer sich auf seine Hacken vor derselben
nieder, und agirte ziemlich in derselben Weise, wie die indischen
Gaukler, indem er dann und wann einen monotonen Ausruf her-
vorstossend, sie seinen Hin- und Herbewegungen folgen Hess.
Gelegentlich hielt er seine Hand über sie, drückte ihren Kopf
Schlangenkünstler. 359
herunter, oder berührte ihre Kinnbacken. Sein GehUlfe, der ihn
ablöste, war weniger behende, und benahm sich sehr vorsichtig.
Das Ende des Schwanzes schien abgebrochen und am Bücken
war eine Hautstelle abgeschabt, vielleicht um sie zur Strafe dort
zu berühren. Wenn eine Klapperschlange von der Seite herbei-
kommt, der Gebissene sie seitwärts angesehen hat und quer über
den Weg ging, sein Kopftuch in der Quere sass oder die Sonne
am abendlichen Himmel schon schief steht, so ist keine Kettung.
Sollte eine Feuerschlange (Pseudoboa fasciata) getödtet werden,
so würden nach den Birmanen drei andere an ihrer Stelle hervor-
kommen. If people eat the amphibious snake heads, which were
men formerly, they will be transformed in lions, hörte Mason von
den Pwo-Karen*) in Tavoy.
Der Missiouair Mason hat mehr wie ein Anderer in Birma
gearbeitet und über Birma geschrieben. Er besitzt noch jetzt
sorgfiiltig angefertigte Auszüge aus den grammatischen und an-
deren Werken der birmanischen Literatur, die ich bei ihm in den
Schränken sah, aber noch lieber durch den Druck allgemein zu-
gänglich finden möchte. In der letzten Zeit hat er seinen aus-
dauernden Fleiss besonders den Karen zugewendet und wird von
diesen als ihr Zeagyi verehrt. Die Karen verdanken viel der
amerikanischen Mission; die ihnen ein Alphabet mit einer Lite-
ratur gab, und sie erwiedern es auch durch lebhafte Anhäng-
lichkeit, die sie leicht bewogen hat, die meisten der Etablisse-
ments aus eigenen Kräften zu unterhalten. Die Stämme in Pegu,
Tavoy und Aracan wurden zuerst dieser Wohlthaten theilhaftig.
Jetzt Eommen aber auch schon die Bgay von den Bergen herab.
•) Anch bemerkt derselbe : According to the Karen» all the poisonous ser-
pents derive their vinilencc frora the Python, which thou^h innocuous now, was
originally the only one , that was venomous. In those days , he was perfectly
white, but faaving sedirced away a inan's wife (aimt Eu) , he made her, while in
his den, weave figures on his skin in the fornis , which are now seen. As the
crowtoldhim, that althonghhe bit in the footsteps, people did not die, the Python
angrily spit up all hisvenoin, which was swallowed byother creeping things. Nach
dem Glauben der Kasia (Kai) bringt die Boa grossen Keichthuiu dem Hause , wo
sie ihren Wohnort nimmt.
360 Tonjru.
und sie, die früher Schriften nur niitMarken unterzeichnen konn-
ten, Hohrciben bald besser und riehtig:er, als die sie Wilde schel-
tenden Birmanen. Das gn^sse Missionsgebäude liegt auf der
andern Seite des Flusses Tongu gegenüber, und enthält » ausser
Schule und Kirche, auch Logis-Raum für die Zöglinge. Daneben
ist eine Art theologisches Seminar gegründet, unter der Leitung
des Missionair Cross, der sehr gut in die Eigenthlimlichkeit des
Volkscharakters eingedrungen ist. Eine birmanische Schule
wurde von Herrn Bixbey eingerichtet, ein Missioriair, der damals
eifrig mit dem Studium der Schansprache beschäftigt war, um
sich für Reisen dahin vorzubereiten. Der Unterricht in dem In-
stitute der Karen wird theils durch Lehrer, theils durch Lehre-
rinnen geleitet, die meistens durdi Madame Mason aus den Ein-
gebornen herangebildet wurden. Diese Dame hat sich mit ganzer
Begeisterung der Mission unter den Gebirgsstämmen gewidmet,
würde aber ihren Ziiglingen noch mehr gut thun, wenn sie etwas
kühler geblieben wäre und nicht glaubte, dass their dresses or
sacks are the true New-Testament of our Bible.
Der katholische Missionair de Cruz hatte ausser seiner Mis-
sion in 'J'ongu noch eine in der Nachbarschaft für Schan gegrün-
det, wohin ich ihn begleitete und Individuen verschiedener Stämme
zu sehen Oelegenheit hatte. Der eingeborne llülfslehrer erzählte
von einer Religionssecte, Tzodi genjinnt, die in verschiedenen
Schan-St4\ateu existirte, besonders in Theinni. Ihre Bekenner
verehren keine Bilder und erkennen die Ansprüche der Pungjn
nicht an. Sie halten einen Tag in der Woche für ihre religiösen
Hebungen apart. Ihr höclister Lehrer lebt in Theinni und wird
mit dem Titel Bukki lielegt. Alle die hausirenden Kaufleute seines
Glaubens müssen ein Mal im Jahre dorthin k(»mmen, um ihre Ehr-
erbietung zu bezeigen. Sie besitzen ihre eigenen Bücher, aber die
meisten derselben wurden vernichtet, in der durch einen früheren
König Birma's gegen sie erlassenen Verfolgung. Der Name Oo-Äi
wurde mir von Öo ((\au) oder Herr abgeleitet, was auch in Tso-
boa oder Csau-Pana (Chau-rhaya) zu Grunde liegen mag. Die
Schau bezeichnen die Gottheit alsAcau oder Arhin-6au. Previous
to having adopted the doctrines of the Brahmans, the family of
Religiöse Controverse. 3G1
Gorkha had received the Zogis or priests of Gorakhnath as their
gpiritual guides (Buchanan). Boterus bezeichnet die sUnden-
reinen Joghi als Abduto. Der Dabistan führt von den Yogi»
practieirte Operationen zur Einhaltung des Athems auf Azar
Huschang znriiek.
Herr de Cruz hatte verschiedene Eingeborene um sich, die
gute Studien gemacht hatten , und er beschäftigte sich selbst viel
mit birmanischer Literatur. Er bemerkte mir, dass er in Ge-
dichten der Lenga mitunter dem Ausdrucke Adi-Paya begegnet
sei, als auf eine erste Gottheit des Anfanges zurückführend, die
Dipinkara (dem Lichtbringer des Feuers) lange vorausgegangen
sei, als der Aza-ih-pvin-so-pu-so-paya (der im Anfange zuerst
entfaltet erscheinende Herr). In einer Schrift philosophischen
Inhalts, die er mir zeigte, war gesagt, dass der Grosse und Ruhm-
volle in der erfüllten Zeit gekommen, aber dass lange vor ihm,
über alles Wissen liinaus, Adi-kad (die erste Kappa) entsprungen
sei. Das leider nur unvollständige Bruchstück einer andern be-
gann mit einer Entwicklung der Schöpfung aus den vier Ele-
menten. Auf die in Java gestellte Frage antwortet der Brahma-
nismus mit dem Laut des mystischen Aum. Mit dem Hervortreten
einer primären Ursächlichkeit in der Gottheit nähert sich das
Nirwana in der Auffassungsweise dem Mokscha, während seine
Erklärung als Vernichtung nur aus den diabetischen Antithesen
des Mahayana zu schöpfen ist. Qui peut croire, que le n^ant
puisse etre le but d'une religion? fragt Mohl, und das nur in rela-
tiven Verhältnissen begreifbare Nichts kann in seiner undenkbaren
Absolutheit wedc^ religiöses Dogma, noch überhaupt Gegenstand
einer Philosophie werden, die ohne Zuziehung der psychologischen
Entwicklungsgesetze nur elementare Rechnungsmethoden anwen-
,dend , bei versuchter Lösung der Probleme höherer Gedanken-
Mathematik nothwendig scheitern und sich selbst vernichten
muss.
Herr de Cruz hatte eine religiöse Controverse mit den buddhi-
stischen Priestern gehabt und dadurch eine Spaltung unter den-
selben hervorgerufen. Er hatte im Anfange des Jahres 1862 dem
Zeadau (Oberlehrer oder Professor) des Ogoung-Klosters einige
3(12 Tongu.
Frn^^en vorgelegt, die dieser zu beantworten zögerte. DerPungyi
v(-iii Takkerjan-KI oster libernalnn dalier die Widerlegung dersel-
ben, wurde aber von seinem Vorgesetzten beschuldigt, sich dabei
der Darlegung ketzerischer Ansichten schuldig gemacht zu haben,
indem er in einigen Punkten mit den Christen Übereinstimmte.
yintt zu widerrufen, predigte der Pungyi seine Theorie des
Scli'^venvandau (der heiligen Goldweisheit), indem er behauptete,
dr\.'> die Gottheit Buddha's nur auf seine geistige Vollendung sich
gründe. Buddha meine, etymologisch richtig, die Weisheit und
G:\ ;tama sei die Personification derselben. Der orthodoxe Zeadau
d:v;egen hielt dem Geiste gegenüber die Khanda aufrecht, indem
aU ) 5 Khanda (diePiinzih-Khanda), und nicht die Vinyan-Khanda
allein, göttlich transfigurirt worden. Wären es nicht die fünf
Khanda, die denPaya ausmachten, so könnte mit dem Fehleu der
A nyjin-Khanda auch keinNyan in ihn eingehen. Die neueSect«
i;cwann viele Anhänger. Ihr Dogma war, dass die Schwe-nan-
(lau (die Weisheit) vor der Welt existirt habe und ewig sei. Ideen
springen allerdings aus dem Einfiuss äusserer Gegenstände her-
vor, aber nachdem sie von dem Zusammenhange mit ihrem kör-
perlichen Substrat befreit sind, haben sie eine unabhängige
Existenz, und wenn entstanden, bestehen. Der Zeadau excom-
municirtc diese Häretiker und untersagte seinen Anhängern jede
Beziehung mit den Gebannten. Sie sollten Nichts mit ihnen zu
thun haben, ihnen nicht erlauben, Wasser aus ihren Jkunnen zu
holen, auf den Märkten weder von ihnen kaufen noch ihnen ver-
kaufen. Dies führte zu mancherlei Unordnungen in der Stadt,
so dass die Sache zuletzt vor den BevoUmäcttigten , Capitain
Lloyd gebracht wurde, der dahin entschied, dass dem Puugyi
allerdings gestattet bleibe, jede ihm gefällige Meinung zu haben
und äussern, dass er aber, wenn *sein Glaube den Grundsätzen
•
seiner Religion widerspreche, das den Priester derselben kenn-
zeichnende Gewand abzulegen habe. Diesem Befehle weigerte
er sich nachzukommen, und die meisten seiner Anhänger kehrten
allmählig wieder in den Schooss der Kirche zurück. In einem
Briefe, den Herr de Cruz für mich copiren Hess, sagt er, dass die
Nyan, die die fünf Khanda zusammenhielte, Gott zu nennen sei»
Sectendifferenzen. 363
und dass man nur insofern eine ungenauere Redeweise erlauben
könne, dass den fUnf Khanda diese Bezeichnung gegeben würde,
als dieselben der Ruheplatz der Nyan seien. Zur Stütze seiner
Ansicht wird eine Stelle des Pali-Textes citirt, besagend : das-
jenige Sein, das durch die vier Zustände der Existenz hin-
durchgedrungen und zu der unbewegten Ruhe der Wissenschaft
gelangt ist, wird Gott genannt.
Ich hatte mehrfach Gelegenheit, Bekenner der einen oder andern
Partei zu sehen, und hörte sie meist erbittert gegen ihre Gegner
sprechen, wenn sie ihre Ansichten erläuterten. Der Khanda-Gott
sollte essen und trinken, aber nach denDoketen*) desSchwenyan
war das nur Schein, die Menschen glaubten es so zu sehen, auch
nachdem Gautama schon Gott geworden war. Allerdings soll er
durch das Essen von Schweinefleisch**) unter den Sala-Bäumen
gestorben sein, aber diese Ansicht gründet sich nur darauf, weil
er Ananda mittheilte, aus solcher Ursache sich eine Diarrhoe zu-
gezogen zu haben, sonst würde es Niemand gewusst haben. Durch
die Tappaniat begreift die Schwenyan alles Wissen.
Auch die orthodoxen Bücher haben allerlei Schwierigkeiten
über das fatale Schweinefleisch, da man damals noch keine Tri-
chinen gekannt zu haben seheint. So heisst es in dem birmani-
schen Evangelium, dass Tsanda, der Schmied, nachdem er Buddha
mit seinen Jüngern eingeladen, ein junges Ferkel schlachtete und
es mit Reiö zubereiten Hess. Die Götter durchdrangen es mit
dem lieblichsten Wohlgeschmack. Als am nächsten Morgen
Alles bereit war, begab sich Tsanda nach dem Kloster, um schul-
digste Mittheilung zu machen, dass das Mahl bereit stünde.
Buddha erhob sich , nahm seinen Almosentopf und begab sich
nach Tsanda's Haus, wo er sich auf dem für ihn vorbereiteten
Sitz niederliess. Er selbst genoss von dem Schweinefleisch und
Reis, während sich seine Begleiter an den übrigen Schüsseln
•) Nach dem Suwania Prabhasa war Sakjarouni schon im Leben Nirwana
nnd gehörte ihm der angenommene Körper nur scheinbar zu (e. Schmidt).
**) Nach Lonbere erklärten die siamesischen Priester diese Todesart daraus,
wenn die Seele des überwundenen Mara in den Körper eines Eberschweines (des
typhonischen Thieres) gefahren sei.
364 - Tongn.
gütlich thaten. Nacbdeni er gegessen, wünschte er, das» Tsanda
die Reste des Schweinefleisches mit Keis in die Krde vergraben
würde, da Niemand in den Sitzen derXat nndlUanima, ihn selbst
ausgenommen , diese Speise zu vertragen vermöge. Kurze Zeit
nachher wurde Buddha von einem heftigen Durchfall ergriffen,
aber er ertrug den schmerzlichen Anfall mit der grössten Geduld
und Fassung. Es war indess nicht in Folge der genossenen
Speise, dass er so litt, denn er würde auch ohne diese in die
gleiche Krankheit gefallen sein. Im Gegentheil, sein leiden
wnirde gerade dadurch etwas erleichtert*), dass die 6r»tter solch
angenehme Würze dem Braten mitgetheilt hatten. Wie Bigandet
bei seiner Uebersetzung bemerkt, Hess Oautama durch Ananda
dem Tsanda noch nnchträglich für sein delicates Gericht danken,
das er in Lieblichkeit des (icschmackes mit dem vor der Erlan-
gung der Buddhawürde genossenen Nogana vergleicht. Die
letzten Worte des dürstenden Buddba wiederholen die am Kreuze
gesprochenen, wie auch in seiner Jugendgeschichte der aus den
Apokryphen bekannte Zug auftritt,, dass er den zur Erlernung
des Alphabets angestellten Lelirer seinerseits darin unterrichtet.
Die frühere Ketzerei der Uttiunajoh unter den Pungyi wurde
durch König Minkaungyi verfolgt, aber auf solche Hülfe war na-
türlich im englischen Gebiete nicht zu rechnen. Als erster
Stifter derPayamafs, die keine Pagoden bauen, wirdShin-Tabaun
genannt.
In derliinga eines, der Ketzerei der Utt^amajoh anhUngenden
Pungyi wird gesagt: Zum Fortpflanzen eines Geschlechts be-
darf es eines Vaters und einer Mutter. Von solchen sindallmählig
Nachkommen hervorgegangen , die Erde zu bevölkern. Da nun
aber der Pitagat nur das männliche Geschlecht vertritt, wie kann
es fruchtlnir werden? in die Existenz zu treten und sie wieder
zu verlassen, dem Gott gleich, ist nicht so schwierig, es fehlt nur
*) To teUthe trutb of the matter, bis eatin^r the porkwas notthe cause of his
illiies», hu would have been ill, if he had not eaten, but because he dkl eat, his
pain was less. On accouiit of tlie exceUent Nat-food, whieh was inixud with it,
his distress waü compuratively lijJ^ht, and he could stiü walk (s. BenD<itt).
Ketzereien. 365
an dem rechten Eifer. Wenn unser Gott gestorben ist, und
wir gestorben und Asche sind, wo ist denn da der Vater? In
der allgemeinen Gleichheit verschwindet Verschiedenes und
Aehnliches.
Die Inschrift Ramrih'sgiebt aus Sakkharat 1132 einen Bericht
Über die 8udhamma-tara genannte Hecte und fährt dann fort: Es
geschah im 100. Jahre der Keligion, dass im Lande Waesali die
von Vijjitein gekommenen Kahan zu derVinya lOIlinzufUgungen
machten und dadurch die Orthodoxie in Gefahr brachten. Unter
der Kegicrung des Mahamangalaschwae-Bunngathap-('-idaraka-
mintara im Jahre 2323 verletzten einige ketzerische Priester das
heilige Gesetz Buddha's, indem sie in derPali-Sprache 10 hetero-
doxe Grundsätze erfanden, aus eigener Afterweisheit, und sie
den Lehren Buddha's substituirten. So unter Anderem verordne-
ten sie, dass ein StUck gelbes Zeug, vier Pillen lang und zwei
Ellen breite als einzigste Kleidung um die Brust gewunden wer-
den sollte, und sie thaten wirklich darnach. Diese Unordnungen
veranlassten den königlichen Herrscher, um seinen Unterthanen,
Fremden und Eingeborenen, keinen Zweifel llber die richtige
Auslegung der Schrift zu lassen, ein Ooncilium der Gelchrtesten
zusammenzurufen, die nach, längeren Erörterungen und genauer
Untersuchung zu der Entscheidung kamen, dass der Gebrauch
eines gelben Gewandes in der vorgeschriebenen Weise eine Ab-
weichungsei, dass die Mönche einen Theil des Gewandes aufrollen
und unter dem Arm hindurchstecken müssten, und dass das Buch
Lekhiyavatha fortan besser studirt werden müsse, um die Vor-
schriften über Kleidung, Almosengehen und allgemeines Benehmen
wohl zu verstehen. Durch viele, mit speciellen Abhandlungen
darüber strotzende Bücher wurden diese Ketzer an allen Punk-
ten widerlegt, deren Reste sich nach dem Flecken Dum zurück-
zogen und dort als abgesonderte Classe lebten. Eine andere
Häresie, die der Öhabhagi, wurde durch die Berufung einer Synode
im Jahre 2326 vom Könige unterdrückt.
Paramatta ist das Ausgezeichnete oder über das Gewöhnliche
Hinausgehende, als das Jenseitige, wie die transcendentale OflFen-
366 Tongn.
barung des Pradschna Paramita*) bei dem Verlangen des in
Svayambhu fUr sich selbst existirenden Adi-Bnddha durch Prad-
schna (bei den Nepalesen) in die Erscheinung tritt. Die Bir-
manen verstehen unter dem Paramatta-sin-pyoh die concentrirte
Essenz der aus dem Abhidhamma gezogenen Metaphysik. Als das
vierfache Gesetz desParamatta (Paramatta-tara lae-pa) führen sie
Cit, C'etiisit, RupundKibpan auf und das Pana-fafUgt folgende Er-
klärung hinzu : Weil die Mrat oder Auszeichnung (die Erhabenheit
durch das erworbene Verdienst) nicht wieder verloren geht, und
das Schwelgen im Genuss der Sabbaüutaiia^a (die Allwissenheit)
das Arhon (Arammana oder Akrauii)oder das Object bildet, so
ergiebt sich daraus das Paramat. Als die 6 Nan-tau (khyauk-pa)
werden im Pana-ca die Asadharai^aüani - tau khyauk-pa auf-
geführt.
Das Universum der Buddhisten beruht auf dem moralischen
Weltgesetz und so findet sich nothwendige Verknüpfung zwischen
ihren Zeitaltern der längeren oder kürzeren Lebensdauer mit den
Zerstörungen und Neuschöpfungen. Wenn in der Verschlechterung»-
Periode (wie im Kaligug der Brahmanen) Laster überhand neh-
men, dann verlieren die Dinge der Existenz ihren stutzenden
Halt; die \'irtus beginnt überall zu mangeln und sie zerfallen.
Die schon in der reinsten Vollkommenheit des Nirwana aufge-
gangenen Wesen derBuddhen können keine weitere Rückwirkung
äussern, wie es die Lamaisten im Abglanz des Amitabha versinn-
lichen wollen, aber es finden sich in den unteren Regionen der
Byamha-bhon einige noch nicht ganz geläuterte Selige, die nur
durch den mächtigen Impuls des drohend herannahenden Unter-
ganges sich noch im letzten Augenblicke zum rettenden Himmel
aufschwangen, und die bei dem nicht völlig ertödteten Keim der
Sünde die Möglichkeit des Falles in sich tragen. So sprühen
aus den Grenzen des Lichtreiches, wie im persischen Dualismus,
die göttlichen Funken, die mit den dunkel gährenden UrstoflFen
*) Scbmidt erklart das in der Mahajana den übrigen Paramita zagrefugte
Pradschna-paramita als das Jenseits der bochsten Weisbeitsoffenbamng. Die im
Jum vorgetragene Lehre der Pradschna-paramita ist im Jum-tschnng (kleinen
Jum) condensirt.
V
Aufhahme im Kloster. 3<17
der Materie gemischt, ein neues Spiel in der Entwiekelung de;
Werdens hervorrufen. Die vier Revolutionen (Kappa oderKalpa)
als Sanvattakap, Sanvattalakap , Vivattakap und Vivattalayikap,
von denen jede in 64 Mittel-Epochen (Antarakap) zerfällt, setzen
den grossen Cyclus oder Mahakap zusammen, in vier Asinkheya-
kap getheilt.
Eines Tages zog mit dem gewöhnlichen Auflauf des Volkes
und vorausgehender Musik eine Procession durch die Strassen,
die, wie die andern Häuser, auch das* unsere besuchte. Der
Sohn eines meinem Wirthe bekannten Kaufmanns sollte sein
Kloster-Noviziat beginnen und ritt nun auf reich geschmücktem
Pferde, und selbst im Festtagsanzug, durch die Stadt, um überall
Geschenke entgegenzunehmen und an diesem letzten Tage seines
weltlichen Lebens noch in allen den Genüssen desselben im
vollsten Masse zu schwelgen. Während dieser Knabe schon in
der angezwungenen Würde seines künftigen Standes auf dem
Stuhle dasass, Hess ich mir von seinen Spielgefährten das Lied
aufschreiben, das sie in der Begleitung gesungen hatten :
„Wie wunderbar ist Alles umher, das Gebirge in Wolken ge-
hüllt. Unverstandenes Wunder und geheimnissvoll, dir beuge
ich mich. Die Finsterniss umzieht der Berge dunkelnde Gipfel,
die Blätter fallen von Baum und Strauch, im Walde treibt sie der
Wind umher, im Walde , wo einst die Vögel so fröhlich sangen
und jauchzten — ae-ih.
AufdesMyataunduh Spitze stehen der Pagoden zwei. Götter
beten dort und Menschen, in der Stadt des Goldes, an dem gold-
nen Myatlin-Baum. Kommt, kommt dorthin. Lasst uns versam-
meln, zum Dienste zusammentreten. Die Götterglocke hallt, sie
ruft zum Ruheplatze, zum Strom, zum klaren Wasserquell, in der
Seligkeit Sehnen."
Lieder hatte ich mehrfach Gelegenheit zu sammeln , unter
andern das folgende :
Wenn der vergang'nen Zeit ich denke.
Wird trüb mein Sinn, mein Herz wird schwer,
Und alle Jugendglut versenke
Ich trauernd in des Grames Meer.
368 Tongu.
Von Eisen sind der Menschen ITerEen,
Für meinen Kummer ohne Sinn.
Allein steh' ieh mit meinen Sehmerzen.
Zum stillen Walde flieh* ich hin.
So wie:
In der Liel)e Netz ge fassen
Irr' ich wirr im Kreis herum.
Soll ich lieben, soll ieh ha.'isen,
Soll ich reden, bleib* ich stumm?
Wie die Wasserlilie schwank* ich,
Die die Welle leis bewegt.
Soll gestehen frei und frank ich,
W.os mein Herz so tief erregt?
Schon früher, von den Schiffern unterwegs, hatte ich das
Nachstehende abgehört :
Früchte zu sammeln, zu pflücken die Beeren,
Hab' ich geschweifet den Tag in dem Wald;
Aber die Ranken die Wege mir wehren,
llatt' mir zerstossen die Stime bald.
Jetzo, mein laeber, musst selber Du gehen.
Zieh* Dir Dein kurzes Oewändchen an,
Essen zu bringen musst sorgsam Du sehen.
Denn im Keistopf klebt Nichts mehr daran.
Nach dem Ausdruck des Originals wird gesagt, dass der
Keistopf schon auf der Kante steht, und Alles herausgeschrapt ist.
Ferner wurde mir aufgeschrieben:
Schwarz und düster an des Tlimmels Bogen
Zieht die regeusehwere Wolke auf,
Durch der Nebelmassen weisse Wogen
Nimmt die Windsbraut ihren kalten Lauf,
Wirft die Blätter von der Bäume Zweigen,
Biegt die Stamme, deren Bild ich bin ;
Gleich wie sie möchte mein Haupt sich neigen,
Gleich wie sie vergeh'n und sterben hin.
Wo des Hügels grüne Höhe lächelt,
Lagst Du kosend einst in meinem Arm,
Von der Blumen süssem Duft umfächelt,
In der Lüfte Wehen sanft und warm.
Gebete. 369
Wenn ich Jene Plätze wiedersehe,
Denk' der Freuden, die vergangen sind,
Bricht in Klagen ans das heisse Wehe,
Klagen, ach, zerstrenet in dem Wind.
Noch die alte Sonne strahlt auf ihrem Throne,
Noch wie früher spielt der Vögel Chor ;
Doch zu Deiner Worte süssem Tone,
Deiner Stimm' — ein Fremdling ist mein Ohr.
Das folgende eines jungen Mädchens erhielt ich auf anderem
Wege:
Schon dreizehn Lenze zähr ich
Von Väterchen,
Von Mütterchen.
Willst Du nicht holen mich?
Warum zögerst Du noch ?
O Du des Himmels Herr,
Helfe mir doch I
Und dann das Abendgebet eines Mädchens, wie es ihr von
ihrem Onkel gelehrt ^var :
Okata , Okata , Okata.
Den Fussüipfen verehre ich des grossen, des glänzenden
Gottes , zu dem die Jäger beten und die Drachen auf der Berge
Gipfel, an den FelsgrUnden der Berge, in dem fernen Lande
'fiho's, dort wo in der Wildniss der Wälder» weitab von mensch-
liehen Wohnungen , Tempel und Pagoden sich erheben, 84,000
an Zahl, in den Höhlen und Schlünden, dort verehreich, dort
bete ich an.
Ein anderer Birmane schrieb mir als sein Gebet das fol-
gende auf:
Zu dir bete und flehe ich, Tapinyu, höchster Herr der drei
Menschen-Geschlechter. Dich wünsch' ich zu verehren mit from-
mem Sinn und Ergebung. Ich bezeige meine Verehrung zu
Buddah, dem Gesetze, der Priesterschaft, die ich immerdar hoch
halte und auf meinem Haupte trage bei Tag und bei Nacht.
Stets die fünf Gebote wiederholend, werde ich sie unverbrüchlich
und ununterbrochen beobachten, zur Beglückung meiner Neben-
nienschen. Mit unbeflecktem Sinn soll ich gute und tugendhafte
B««tian. Ottaiien. II. 2 4
i
370 Tonga.
Thaten Üben, um an dem ersehnten Ruheplatze anzulangen, des
Berges goldneni Gipfel , dem heiligen Nibpan. Möge mein Ge-
bet Gewährung finden.
Der Pava wird in dem Gebete gewöhnlich als Adseintayha
oder der Unbegreifliche angerufen, der Nat oder Gott als Aschin-
gyi (der Grosse oder die hohe Persönlichkeit). Sonst werden
auch die ^Vorte Muni, A^o, Buddha, u. s. w. für Paya gebraucht.
Einer unserer Nachbarn betete täglich zu einem kleinen
Paya, den er in einem Käfig freischwebend in der Stube aufge-
häugt hatte, und stand im Gerüche der Heiligkeit, da er sich be-
sonderer Gunstbezeigungen Seitens seines Gottes zu rühmen
habe. Ich sprach im Vorbeigehen bei ihm vor und hört<3, dass
der baumelnde Gott viermal am Tage seine Richtung verändere
und sich mit dem Gesichte umdrehe, ohne dass ihn Jemand be-
rühre. Einen Versuch auf Probe wollte er nicht erlauben, doch
wäre er auf Treu' und Glauben zum Verschachern bereit gewesen.
Mein befreundeter Pungyi stattete mir im Hause meines Freun-
des einen Gegenbesuch ab und kam ganz in Staat, in gelbes
Seiden-Gewand*) gekleidet und von ein paar Knaben begleitet,
die sogleich vor ihm niederhockten , und die Dinge seiner Be-
quemlichkeit, in Cigarren, Areca, Betel u. s. w. für seinen Ge-
brauch zubereiteten. Aeltere Pungyi, die durch das stete Essen
des scharfen Kalkes ihre Zähne verloren haben, lassen sich die
Nuss erst in einem Handmörser zerstossen, den sie beständig bei
sich führen. Ebenso ist der Spucknapf ein unerlässliches Requi-
sit, da die Birmanen , die auf ihren Teppichen sitzen, sich nicht
wie die Amerikaner fürchten in ein solches Instrument hineinzu-
spucken. Die Cigarren bestehen in der gedrehten Tute eines
Palmblattes, das ausser mit Tabak auch mit leichten Holzspähnen
gefüllt wird, um besser zu brennen. In den schlechten Sorten
•) In dem Patimokkha (oinem kurzen Auszug aus den Büchern Parajika und
Pachiti der Winya Pitaka) wird der Gebrauch der Seide für den Priester unter
die 30 Nisaggiya pachittiyadhamnia gerechnet , oder Fehler, die durch Entzie-
hung des Priestergewandes und Almosentopfes bestraft werden. Doch giebt es
den Ausweg, ein paar Wollenfadcn einweben zu lassen , da mit Wolle gemischte
Seide erlaubt ist.
ExcommunicatioD . 371
ersetzen die letzteren fast den ganzen Inhalt. Schon die kleinen Kin-
der sieht man mit Cigarren beinahe ebenso lang als sie selbst und
Alexander behauptet einst einen Säugling bemerkt zu haben, der
abwechselnd die Brust und dann einen PuflF aus der Cigarre nahm.
Der Pungyi zeigte mir das mit dicken schwarzen Buchstaben auf
Goldgrund geschriebene Buch Kabawa, das wegen der ausserge-
wöhnlichen Form seiner dem Kyouktsa nachgeahmten Charaktere
mit besonderer Verehrung betrachtet wird. Es dient nicht nur
zur Ordination der Priester, sondern zugleich, um in Epidemieen
die Krankheitsteufel aus Städten und Dörfern auszutreiben. Auch
zur Excommunication wird es verwandt. Die Pungyi lesen es
um den in ihre Mitte gestellten Schuldigen, und dann wird keiner
mehr Keis von ihm annehmen. Der Almosentopf (Patta) ist für
ihn zugedeckt. In Zwistigkeitsfällen mit der Regierung ist es
wohl vorgekommen, dass die Pungyi eine ganze Stadt oder ein
ganzes Gebiet excommunicirt haben, indem sie die Reistöpfe um-
stülpen und nicht länger betteln gehen. In religiösen Gesprä-
chen mit Nichtbuddhisten gehen die Mönche besonders auf die
Bekämpfung des Ichs*) aus, das sich nur als substratloses Resul-
tat aus den Eifecten ergebe, und suchen „den erscheinenden
Willen vom Wahn der Individualität zu enttäuschen".
In einigen in der Nähe Tongu's vor Kurzem niedergerissenen
Pagoden waren neben beschriebenen Silberrollen auch viele Re-
liquien und Figuren gefunden, von denen der Hülfsbevollmäch-
tigte, Herr Ireland, die Zuvorkommenheit hatte, mir mehrere
zu überlassen.
Beim Besuche im Kloster wirft sich der Laie dreimal vor
dem Mönch nieder und betet: „Um Vergebung für alle meine
Sünden zu erhalten, die ich in That, Wort oder Gedanken began-
gen haben mag, verbeuge ich mich dreimal in Verehrung der
drei Kleinodien, dem Herrn, dem Gesetz und der Gesellschaft der
•) AccordingtotliH.Siva-GnanJiPotham, Akangrkarani isthodarkcninfror^aii, the
foundation of Solf and prido, Piitti is organ of di^T^inlinati^lll (drfining tho ob-
jecto which come before theinind in accordance with Kamman). Manamistheorgan
of attention, Sittani is tlic orjjan of tboiight (s. Hoinington).
24*
372 Tongu.
Vollkommenen (der Priesterschaft). Gleichzeitig flehe ich in
tiefer Zerknirschung, dass mir Erlösung werde, von den drei
Unglücksfallen , den vier Zuständen der Bestrafung und den fünf
Widersachern." Der Geistliche erwiedert dann : „In Folge des
lohnenden Verdienstes möge er, der sich so verbeugt hat, frei
bleiben von den drei Unglücksfällen, von den vier Zuständen der
Strafe, von den fünf Widersachern und allen Arten von Uebeln.
Möge er den Gegenstand seiner Wünsche erlangen, die daraus
erwachsenen Vortheile gcniesscn und schliesslich zum Nibpan
eingehen." Unter Wiederholung der drei Prostrationen zieht
sich dann der Besucher zurück. Diese Verehrung wird nicht
dem Mönch persönlich dargebracht, sondern nur ihm als Mitglied
der Priesterschaft gezollt, wie der griechisch Katholische im Popen
den geweihten Ornat, als Emblem des Göttlichen verehrt und sich
in der Kirche vor ihm niederwirft, während er vor ihm als Mensch
auf der Strasse verächtlicli ausspucken mag. Die \'ersammlung
der Vollkommenen oder die Priesterschaft bildet das dritte Glied
der buddhistischen Dreieinigkeit, und wird in dem Glaubensbe-
kenntniss mit angerufen : Buddhasaranaügi^jami (Bura-keikökvae-
pahi, dem Herrn beuge ich mich in Verehrung oder ich verbleibe in
der Anbetung des Herrn), Dhammasaranangiijami (Thara-keikok-
vaepahi, dem Gesetze beuge ich mich in Verehrung), SanghaAsara-
nafigi^jami (Sin«^ha-keikokvaepahi, derSangha oder Priesterschaft
beuge ich mich in Verehrung). Indessen ist diese Verehrung des Prie-
sters eines jeden Belieben anheimgcstcllt, ohne politischen Einfluss
zuzulassen, und die nur das weltliche Schwert kennenden Reiche
Hinterindiens sagen nicht, mit dem Sachsenspiegel : deme babste
ist euch gesaczt zu ritene zu bescheidener Zeit üf eime blanken
pferde, und der keiser sal im den stegereif halden, durch daz der
satel nicht en winde.
Im Buddhismus ist noch die Religion die ganze und volle
Wahrheit und von jener lügnerischen Halbheit freigeblieben, die
in Folge der fortschreitenden W^issenschaft die Länder des
Westens zerreisst. Im vollen Sinn religiös gebunden ist nur der
Fetischanbeter, dem sein Götterklotz am Halse baumelt, und der
Buddhist, dem die Götter in Fleisch und Blut vor seinen Augen
Bilderdienst. 373
auf- und niedergehen. Der Islam leidet nothwendig an der völligen
Verwerfung aller fasslicheu Repräsentationen , und der gemeine
Mann, den in der leeren Moschee die Kibla nicht genugsam fes-
selt, fällt in völligen IndiflFerentismus, wenn er nicht zur vorväter-
lichen Verehrung des Himmels mit der Sonne zurückkehrt. Dagegen
liegt aber auch gerade wieder in dieser Unbestimmtheit auf der
andern Seite die Stärke des Islams, indem sie es dem Gebildeten
ermöglicht in dem weitesten Fortgange philosophischer Bildung
innerhalb seines Glaubens zu bleiben , ohne ihm auf dem Wege
durch Aufdrängen antiquirter Puppenfiguren Anstoss und Wider-
spruch zu erregen. So nimmt im Mohamedahismus die Religio-
sität zu, je höher man in den Schichten der Gesellschaft aufsteigt,
und wird dadurch auch von selbst die grosse Volksmasse unver-
rllckt im Bann der Kirche gehalten, da diejenigen Stände, von
denen sonst die Anregung zuReformen ausgeht, hier nur das Bei-
spiel des Beharrens geben, und so lange geben werden, bis die in
Constantinopel schon arg wühlenden Einflüsse europäischerWissen-
schaft auch nach der asiatischen Türkei die Keime^les Zwiespalts in
die theologische Gelehrsamkeit hineintragen müssen. Der Islam
war die natürliche Negation des alten Polytheismus, wo die von
Künstlerhand geformten Götterbilder in marmorne Tempel ge-
stelltwurden, aber das Abhängigkeitsgefühl religiöser Gebunden-
heit in dem anmuthigen Geplauder über die Olymposbewohner
zu gleichgültiger Vertrautheit wurde. Die indischen Götter haben
sich besser vorgesehen , dass ihnen der Wohlgeruch der Opfer nicht
ausgehe, und ihre mit Mund und Hand begabten Diener desBrah-
manenstandes vermögen den Lässigen zu ermahnen , den Wider-
spenstigen durch väterliche Züchtigung zur Ordnung zurückzufüh-
ren. Wie dieBrahmanen sitzen auch die Schüler Sakya's um eine
kolossale Figur in ihrer Mitte, aber es ist nur ein stummer Oelgötze,
ein todter Gott. Seine Darstellung soll nur zur Erinnerung dienen an
jenen Buddhii, der einst auf Erden wandelte, der aber schon längst
im Nirwana verschwand. Was er auf Erden zurückliess, als das
Mittel ihm nachzufolgen, ist das Dhamma, die Erklärung des
grossen Weltgesetzes, und als seine Verkörperung zeigt sich dem
Auge des Laien die die vorgeschriebenen Gebote erfüllende
374 Toogn.
(h'.r^i:\\MUu(t il«r Ariya, die die feindlieben Widenjaeher in sieh
niedergekämpft haben und j^ehou im gelt>en Gewände ^Idglän-
zender Verklärung ^ehimmem. Die den München dargebrachte
Verehrung int ein geistiger Ileroendienst im Sinne von Carlyle's
Ausführung. Der n«»eh in der Sciaverei seiner Lüste und Be-
gierden Befangene blickt bewundernd auf zu jenen Vorbildern,
denen die Hrkenntnis» irdischer Nichtigkeit Stärke genug ge-
geben hat, um jede Iteziehung zur Welt abzuwerfen und nur dem
Jenseits zu leben. Wie dem Fetischaubeter, den aus jedem
Xaturgegenst^inde fratzenhafte Teufel schrecken, ist dem Buddhist
immer und beständig das grosse Oeheimuiss der Weltexistenz
gegenwärtig, und während in dem politischen Leben der Cultur-
völker die Vielfachheit der Tagesfragen die Augen abzieht und
beschäftigt, sind die des Buddhisten ununterbrochen auf die dunk-
len Mysterien gerichtet, die seinen Anfang, seinen Aus^üang, jeden
Augenblick seines Daseins umlagern. Im vollen aufrichtigen
Bewusstsein der Nichtigkeit jedes irdischen Tandes, verschmäht
er, seine flüchtig dahinschwindenden Jahre auf vergängliche
Bauten zu verschwenden, die alle im grossen Zeitenstrom fort-
geschwemmt werden würden. Die Erde ist nur ein Bivouac, in
<lem es nicht der Mühe lohnt, sich häuslich und gemUthlich
cinzuri'chten. Der Uciche trägt sein Gold und Silber, der Anne
sein letztes Keisgericht zum Tempel und legt es dort für
seine künftige lleimath im Himmel auf wucherische Zinsen.
Ohne Klage darbt er mit Frau und Kind im Elend, aber dies
Elend wird vorübergehen, wie alles Sinnen-Erzeugniss, und dann
warten seiner die langen Seligkeiten der Götterfreuden in den ge-
schmückten Nat-llinnueln, oder des geistiger Begabten die Ruhe
der Byamma-VVelten, wo er erlöst von den Sorgen und Leiden
des körperlichen Daseins im ungehinderten Schwünge der Ge-
dankenwelt schwelgt.
Die Leichen von Vornehmen und besonders von Priestern
werden gerne längere Zeit aufbewahrt, damit man hinlänglich
Zeit habe, die ausgedehnten Vorbereitungen zur Verbrennungs-
feierliehkcit beenden zu können. Nachdem die Eingeweide durch
aiueu Einschnitt in den Unterleib herausgenommen und begraben
Leichenpräparation. 375
sind, füllt man die Höhlung mit Asche oder Spcähnen und um-
wickelt den Körper mitTüchern, über die das gelbe Gewand aus-
gebreitet wird. Duiich herunigclegte Stricke wird die Leiche
möglichst zusammengeschnürt und dann auf dem Boden des
Klosters in einem 8arg hingestellt, aus dem ein hohler Bambu zur
Ableitung der Feuchtigkeiten in die Erde führt. Nach etwa
vierzehn Tagen, wenn der Körper hinlänglich getrocknet scheint,
wird er mitunter zur Vergoldung gefirnisst und dann in dem Sarg
aufgeschlossen, um aufbewahrt zu werden, bis der für die Ver-
breiini»ng festgesetzte Termin herangekommen sein wird. Andere
werden in Honig präservirt oder auch in Wachs, wie Libussa, die
nach der Ansicht des Volkes an einer wachsähnlichen Verhärtung
des Zellgewebes starb und so noch jetzt im Wischerad zu Prag sitzt.
Mein widerhaariger Koch war mir doch allmälig so unver-
daulich geworden, dass ich ihm die gewünschte Erlaubniss gab,
sich einen andern Stand wählen zu können, zumal ich während
meines Aufenthaltes in Tonga keinen eigenen Haushalt führte.
Als ich indess an die Weiterreise dadite, musste seine Stelle er-
setzt werden. Moung Schweb hatte mir vor einiger Zeit eine
neue Bekanntschaft zugeführt, ein kleines junges Kerlchcn, der
ein stilles Geschäft jvls Winkeladvocat betrieb und sicli gern durch
Abschreiben noch etwas hinzu verdienen wollte. Ich hatt« ihn
für ein paar Tage beschäftigt, als Moung Schweb, mit dem ich
über den zu wählenden Koch berieth, diesen seinen neuen Freund
für die Stelle vorschlug. Ob er jemals in der Küche gewesen,
konnte er freilich nicht sagen, aber bei meinen wenig complicirlen
Gerichten Hess sich das erlernen, und da der Herr Advocat Wan-
derlust verspürte, so hing er seinen Amtsrock an den Nagel und
zog mit. Er war aufgeweckt und verhältnissmässig wohl unter-
richtet, so dass ich Mancherlei von ihm erfahren konnte. Auch
mit Liedern aller Art steckte er voll, und schrieb mir eine ziem-
liche Zahl auf, wie das folgende:
Thoiires Weib, noch Hchön wie immer
Legten sie Dich in den Saifr;
Noch nmleuchtet Dich der Schimmer,
Der des Lebens HüUe barg.
37«! Tongü.
Ewig werd' ich Dein gedcuken!
Ach, in ferner Erde hier
Müssen wir in*s Grab Dich »enken,
Doch die Lieb* stirbt nicht mit Dii'.
Mit der Spiegel gold'nem Rande,
Mit den Tüchern buntgestickt,
Hatten in dem cig'nen Lande
Wir Dir Deinen Sarg geschmückt :
Dort, mit Seid' und Sammt umwanden
Und mit edelem Gestein,
Hatten wir in weiten Runden
All geleitet Dein Gebein.
Mit der Trommel dumpfem T«»ne
Hatten wir begleitet Dich,
Auf der Elephanten rhrone
Hätten wir geführet Dich !
Hier sind wir in fremder Wilde,
Unsre lleimath ist nicht hier;
Zu der Seligen Gefilde
Möge leicht der Weg sein Dir !
Capitain Lloyd hatte die Freundlichkeit mir einige »einer
Statistics zur Durchsicht zu schicken, woraus ich die folgenden
Aufzeichnungen niittheilen kann:
Während des Jahres 18G0 lagen im Ganzen 801 Criminal-
fölle vor in dem District, 1037 Gefangene wurden eingebracht,
471 freigesprochen und 533 verurtheilt; darunter 3 fUr Mord,
1 für liaubanfall mit Verwundung, 15 für Kaubanfall, 2 für Fluss-
piraterie, 5 für Einbruch, 1 für Strassenräuberei, 26 fürVichdieb-
stahl, 195 für Diebstahl, 2 für Fälschung, 1 für Nothzucht. Von
andern Fällen wurden 538 vor dem Gerichte verhandelt über
809 Personen, von denen 390 freigesprochen, 415 verurtheilt wür-
den; darunter 28 für Spiel aus 128 deshalb Angeklagten. Ein
wegen Betrug angeklagter Artillerist wurde vor das Kriegsgericht
verwiesen.
Die Bevölkerung des Districts belief sich am I.Januar 1861
auf 66,773 Seelen.
Die Aufsicht im Gefängniss besteht aus 2 Yemindars und
28 Pcons (Eingeborne Indiens). Die Polizei liefert eine Wache
Statistiken. 377
von 1 Havildar, 1 Naique und 12 Mann. Die aussen verwandten
Sträflinge (in Banden von 70 - 90) wurden hauptsächlich gebraucht,
um Strassen zu machen und Backsteine tum Bauen herbeizubrin-
gen. Im Ganzen fanden sich 4919 Personen im Gefängniss und
der Contractor erhielt 1 Annas, 1 Pie für Jeden. Von 84 Bir-
manen konnte kein Einziger lesen, ein deutliches Zeichen ihrer
Herkunft aus verworfenen Familien. 391 wurden als Diener
verwandt, 1703 zu Wegebau und Backsteinetragen, 475 als
Schmiede, 968 als Tischler, 737 als Korbmacher, 228 zum Holz-
sägen, 359 als Weber und Schneider. Maurer wurden nach Be-
dürfniss beschäftigt. Die grössere Zahl der Gefangenen war zu
1 — 3 Jahr verurtheilt. Sechs gelang es zu entkommen.
Die Kevenue-Liste des Districtes vonTongu (1860/61) zeigt,
dass an Reisland 26,710 Acker in Cultivation waren; von diesen
zahlten 25,112 an die Regierung, 29,360 Rp. als Abgabe, der Rest
von 1598 Acker war frei von Taxen für längere oder kürzere
Perioden. Die drei hauptsächlichsten Verschiedenheiten sind
der Pago, Kouk yin und Kouk ngay. Der für den Paddy ge-
zahlte Preis war 20 Rupien und nach dem Feuer, das in der
Stadt eine grosse Menge zerstörte, 25 Rp. Die Baumwoll-Cul-
tur war damals in der Abnahme: von 66 Acker (1859) zu
22 Ackern (1860/61 ). Aus 1300 Toungyas wurde ein Einkommen
von 1308 Rp. erhoben, von Paddy, Maulbeerbäumen, Baumwolle
und Gemüse. In ihnen wird jährlich neues Land in Angriff ge-
nommen und das frühere 8 — 10 Jahr brach liegen gelassen. Von
Fruchtbäumen waren nur 3889 mit Taxen belegt, da eine grosse
Menge der Fruchtbäume bei Tongu in das Land eingeschlossen
sind, das für die Taxirung gemessen worden ist, und so unter das
Capitel der Laudtaxen fällt. Die Betelwinden sind unter den
Karen zu hoch besteuert (4 Annas), da man aus Versehen koong
ben statt koongtiben sagte. Die Fischereien der Teiche und Seen
wurden unter der Hand für 6551 Rp. abgelassen. Sie sind st<3ts
dem nächstliegenden Dorf, als Oemeindepacht, überlassen, so
dass Alle, die Theil zu nehmen wünschen, gleich viel beitragen.
Bei den Flussfischereien wurden 368 Rp. für das Recht, die ver-
schiedenen Netze zu gebrauchen, bezahlt. Für die Schildkröten-
378 Tongu.
bäukc wurde dieses Jahr bis zu 600 Rupien geboten. Der neue
ßazuar war ungefähr ein Jahr fertig, als das Feuer ausbrach und
ihn zerstörte. Er kostete luelir als 10,000 Rupien, und bezahlte
sich. Das Recht, die Miethen einzufordern, wurde für 1135 Rp.,
jeden Monat zahlbar, weggegeben. Im Laufe des Jahres wurden
7440 Rp. 14 Ann. als Miethen bezahlt. Ein neuer Razaar ist jetzt
im Bau. Für Fähren wurden 1451 Rp. im ganzen Districte be-
zahlt. Eine Summe von 3450 Rp. wurde für den Verkauf des
seit Juli 18(U) eingeführten Stcmpelpapiers aufgebracht. Als Kopf-
steuer kamen 44,681) Rp. ein, eingeschlossen 11,782 Rp., die in
der Stadt an Land statt als Steuer bezahlt wurden. Im District
war die Steuer um 1442 Rp. gestiegen. Einkommensteuer wurde
(bis 30. April 1861) 11)17 Rp. 14 A. 7 T. bezahlt, hauptsächlich
von Angestellten der Regierung. Die Municipaltaxe brachte 3662
Rp. auf, der Abkarih (für Arrac, Toddy, Gunyah und Opiuni-
Racht) 50,770 Rp. Die Karen -Häuptlinge zahlten als Tribut
3786 Rp., wovon 93 Rp. zurückgegeben wurden an ein durch
Feuersbrunst und Hungcrsnoth verwüstetes Dorf. Die Impfung
mit Lymphe vonRangun gab 13 günstige und 21i ungünstige Fälle.
Die früher der Regierung reservirtcn Teakwälder wurden damals
der Privat-Speculation überlassen.
In einem andern Report desselben Officiers fand ich folgende
Beschreibung : A thief has a very systematic style of going to
work. lle lias a bamboo-tube (about IV2 iuch in diameter) open
at one end, closed at the other with the exception ofahole in the
centre through which he passes a rope made from the cocoanut
fibre. The thief kecps this lighted and conccfiled in his patzoe,
he has also small lights, made from cotton, soaked in Nantsee
(Sesam-Üel) and tipped with sulphur. When he has entered the
house, he intends robbing, he lights this light from his match and
commences Operations. Sometimes the thief applies a ^arcotic to
the man, he is robbing, if he is restless to stupefy him.
Ein Beamter erzählte mir gleichfalls von einem unter den Bir-
manen herrschenden Glauben, dass die Diebe gewisse narcotische
Kräuter besässen, die sie unter den (auf Pfählen stehenden) Häusern
verbrennten und nach dem Einschlafen der Bewohner den Ein-
Forst- Verwaltung. 379
bruch ausführten*). Von den sieben Medicinen, die diesem
Zwecke dienen sollen, wird die Zaythambayaniyet auch von den
Fischern verwendet, um ihre Beute im Wasser zu betäuben, und
dann zu fangen.
Nach der englischen Besitznahme wurden die Teakwaldun-
gen nur für die Regierung reservirt, damit Dr.Brandis erst etwas
Ordnung in die Forstverwaltung bringe. Während meiner Keisen
in Birma waren sie aber schon der öflfentlichen Comi)etition geöffnet
und es wurde ein Circular verbreitet, in welchem die Zahl der
gegUrtelten Bäume in jedem District angegeben und Termine für
Auctionen festgesetzt wurden. Der Käufer bezahlte zwischen 1000
und 3000 Kp., je nach der Art der Waldung und ausserdem 10 Rp.
für jeden gegürteltenBaum, wenn über 3 Ellen im mittleren Gür-
tel, oder 2*2 Rupien, wenn darunter. Bäume unter 10 Fuss, so-
wie krummes Holz. zahlt Nichts. Nur abgestorbene oder gegür-
telte Bäume dürfen geschlagen werden und die Beamten machen
jährlich Inspectionsreisen, um die passenden Bäume gürtein zu
lassen. Der Werth eines Waldes wird hauptsächlich durch seine
Nachbarschaft zu einem Flusse oder von den ihn durchziehenden
Creeks bedingt. Sind solche zu weit entfernt, so müssen erst
Wege gehauen werden, um die Stämme mit Klephanten (zuweilen
auch mit Büfleln) dahin zu schleppen. In manchen Gegenden
rauss die Regenzeit erwartet werden, da sich nur dann die Bäche
hinlänglich füllen, um zum Flössen brauchbar zu sein. Wird der
zugeschlagene Wald, der gewöhnlich für 1—3 Jahre überlassen
wird, nicht nach einigen Monaten in Arbeit genommen, so ver-
fUllt er, und wird durch die Forstverwaltuug neu veräussert.
Nachdem die Bäume niedergehauen sind, werden sie mit der
Firma desEigenthümers markirt, und beim Heraustreiben in dem
grossen Fluss aufgefangen, um in Flössen verbunden und dann
durch Schiflfer, die sich ihre Hütten darauf bauen, weiter hinab-
geschifft zu werden. An bestimmten Localitäten sind Stations-
*) Marini erzahlt von den Sorciers et Magiciens des Langiens, daes: par la
▼ertu de quelques poudres enebantees, qu'ils r^pandent dans les maisons, ils
eDdorment ou ötourdisscnt de teUe sorte ecux, qui y sont, que le inaistre ou qui
que ce soit sc sent forcö secrötement d'aller oavrir luy-meme les chambres.
380 Tongn.
bäuser der Forstverwaltung, wo die Stämme angehalten und
examinirt werden, ob die aufgedrückten Zeicben sich in Richtig-
keit befinden. Die birmanischen Kaufleute lassen entweder ihre
Wälder von Unternehmern bearbeiten, denen sie Vorschuss mit
den nöthigen Elephanten geben, oder sie kaufen das gefällte Holz
für einen bestimmten Preisansatz, worüber früher übereingekom-
men ist. Die englischen Häuser in Kangun und besonders in
Molmein fangen aber an die Wälder unter ihrer eigenen Aufsicht
bearbeiten zu lassen, um weiter keiner Zwischenhändler zu be-
dürfen. Unternehmende Speculanten sind auch wohl in das
Land der wilden Karenni vorgedrungen, um mit den Häuptlingen
Contracte zu machen, und andere begaben sich auf siamesisches
Gebiet zu den Laos in Zimmay. Die ergiebigsten Wälder in der
Nachbarschaft Tongu's am rechten Ufer des Sittang sind der
Kaboung-Wald, der Swah- Wald, der My olah-Wald, und am linken
Ufer die Wälder Bimbay, Swaythay, Kunoung, Kannie, Thouk-
gighat u. a. m. Processe der Holzhändler mit der Regierung und
unter einander sind häufig.
Schwegjin und Sitlang-myo.
Während mein Boot für die Reise in Stand gesetzt wurde,
waren wir öfter auf der SchiflFswerfte, woHerrKlusmann ein Boot
im Bau begriffen hatte Nachdem der Baumeister den grossen
Baumstamm hinlänglich behauen hatte, um ihn durch Feuer spal-
ten zu können, veranstaltete er eine Ceremonie fUr die beiden
Nats, von denen der eine im Vordertheil, der andere im Hinter-
theil des Schiffes wohnt. Sie wurden gut bewirthet und der
Tag mit Faulenzen yerbracht.
Der bengalische Koch meines Wirthes hatte eines Tages
einen apoplektischen Anfall, in dem er besinnungslos zur Erde
fiel. Durch kalte Uebergiessungen, Aderlass und sonst verord-
nete Mittel erholte er sich langsam wieder und war am nächsten
Tage ganz hergestellt. Seine birmanische Ehehälfte aber war
ausser sidh. Ein Tazay (Teufel) habe ihn gepackt und nieder-
geworfen, und mit Recht. Jeden Tag ginge dieser Gottlose auf
den Markt, Ochsenfleisch, Schweinefleisch, Hammelfleisch bei
ganzen Pfunden kaufend, aber so oft sie ihn auch ermahnt hätte,
niemals habe er noch dem Schutzgott (Nat) der Stadt den klein-
sten Bissen gegeben. Obwohl sie so in dem Vorfall nur die ge-
rechte Strafe sah, suchte sie doch als treue Gattin die bösen Fol-
gen nach Kräften abzuwenden. Sie beschrieb deshalb Ringe mit
zauberkräftigen Gatha's, in etwas verwickelter Orthographie be-
sagend: „Oh, reite ihn doch nicht", „Ach, lass ihn gehen", „Pack
ihn nicht so hart", „Reis sollst Du haben", „Ah, wie schön das
schmeckt"! Diese Ringe wurden auf den Finger des Kranken
382 Schwegyin and Sittang-myo.
gesteckt, und neben ibm legte man auf die Erde kleine Häufehen
von Reis, von gelbem, durch Safran gefärbt, von schwarzem mit
Kohle, von rothem und weissem. Bei Nat-Festen wird neben dem
Dämonen-Tempel (Nat-kvin oderNat-öin) eineBUhne (Nat-kana;
errichtet für die Nat-kana-poeh.
Nachdem mein Boot für die Reise fertig, mit einem dichten
Regendachc versehen und bepackt war, nahm ich Abschied von
meinem freundlichen Wirth. Der Dolmetscher steuerte, der Ad-
vocatcu-Koch ruderte vorn und so glitten wir den Fluss hinunter,
am 12. Juli. Noch am Vormittag fiel Regen, und da ich mich
gerade in dem Kloster Wuddi's befand, verweilte ich etwas län-
ger, um erst die heftigsten Güsse vorübergehen zu lassen. Neben
einem Palmbücher copirenden Pungyi lag eine grosse Sammlung
von Kupferbildem in Unordnung umher. Das eine zeigte Gau-
tama unter dem Baume mit Mahanat auf einem Elephanten vor
ihm, während die Erdgöttin zum Zeugniss das Wasser aus
ihren Haaren drückte. Ein anderes stand beweglich auf einer
Rinne, die sieben Schritte Gautama's zu versinnlichen, ein an-
deres zeigte ihn von der Schlange beschützt, ein anderes dem
Tode nahe.
Nachdem wir den Bach Thoukgyigliat, aus dem die alten
Könige Tougu's ihr Trinkwasser zu holen pflegten, passirt waren,
machten wii* Halt am Dorfe Umbin, um dort die Nacht zu ver-
bringen. Als mein Koch sein Debüt mit einem gebratenen
Huhne versuchen wollte, kam eine klägliche Botschaft aus einem
Boote neben uns, doch ja nichts zu braten, da in ihm ein Kran-
ker lebe, der von dem Geruch sterben würde. Die Nase der Bir-
manen scheint in Krankheiten sehr empfindlich (ausgenommen
gegen Ngapie), denn auch Moung Schweb, als er früher krank
war, wurde stets leichenblass, so bald die Bratpfanne prasselte
und ging schnell in einen Theil des Schiffes, wo er ausser dem
Winde war. Ich besuchte denKyaung, wo die Zahl der Kyaung-
tha, wie ich hörte, auf 7, die der Kojin auf 11 sich belief. Die
Knfibeu flochten Körbe, einige, wie sie sagten, um sich von dem
Erlös Kleider zu kaufen, andere, weil sie Schreibgriffel bedurften.
Einer der Kojin las das Payajeit, ein Anderer den Tinjoakauk.
Tiger. 388
Ich kehrte in's Boot zurück, um dort zu schlafen, und alß ich
später in der Nacht, noch lange vor Tagesanbruch, zur Abreise
fertig machen Hess, hörte ich schon wieder die Stimmen der
Knaben aus dem Kloster, wie sie ihre Lection hersangen.
Während eines Gewitters hielten wir im Dorfe Opiah, wo einige
Yabains leben sollten, doch sagte der Aelteste, sie seien nur eine
wilde Art der Birmanen, nicht die richtigen. Die Yabains bauen
ihre Natzin besonders unter Teakbäumen, und da das Gespräch
auf die Yabain kam, hörte ich noch mancherlei erzählen. In der
Nähe der Yabaindörfer von Borni lebt ein Jyat (böser Geist) in
einer stinkenden Grube, um welche viele Fussspuren von Tigern,
Elephanten und Ebern zu sehen sind, daneben in einem Loche, wo
oft ein summendes Geräusch wahrnehmbar ist, hat sich ein gi-
gantischer Musquito einquartiert, und Niemand wagt sieh dahin.
Bei der Anwesenheit meines Berichterstatters war ein Mädchen
von dem Jyat gepackt, und ihr Leib geschwollen. Der Zea
(Doctor) sprach Gathas vor den neun Oeffnungen (die Dvara ko-pa)
ihres Körpers und stopfte sie dann alle mit Talismanen sicher zu,
so dass der Eindringling nicht entkommen konnte. Er wälzte
dann die Besessene auf der Erde umher, und sprang gelegentlich
auf ihrem Bauch herum, dort so lange umhertrampelnd, bis sie
besinnungslos und der Dämon todtgestampft war.
Abends legten wir im Dorfe Modwuin an, wo ich denPungyi
krank fand, und um Medicin ersucht wurde. Ich liess mein Bett
nach der Halle des Klosters bringen und schlief dort ein unter
dem verwirrten Durcheinander der Knabenstimmen, die, mit Lich-
tern vor den Büchern theils Gebete ablasen, theils das Thinbugyi
oder Buchstabirbuch herleierten.
Wie schon am ganzen Wege, wurde auch dort viel über Tiger
geklagt. Vor einigen Nächten war eine Frau durch einen solchen
gepackt worden, der durch die Fensteröffnung hereingesprungen
war. Durch das Aufschreien der Hausbewohner erschreckt, konnte
er sie aber nicht mitschleppen , sondern liess sie im ganzen Ge-
sicht zerfleischt am Wege liegen. An einer andern Station des
Weges wurde mir von einem Dorfe erzählt, von dem die Bewohner
durch Tiger vertrieben worden seien, indem Besuche dieser Raub-
384 Schwegjin und Sittang-myo.
thiere sich so regelmässig wiederholt hätten, dass zuletzt Niemand
mehr bleiben wollte und Alles auswanderte. Ein Sterbenskranker
konnte indess nicht entfernt werden , und sein Freund beschloss
ihn nicht zu verlassen. Der muthige Bauer habe bei der Rück-
kehr des Tigers seinen stärksten Büffel*) bestiegen und ihn
glücklich niedergeschossen, also Menangkabo aufs Neue inScene
gesetzt. In der Nähe der Yerschanzung Papun wurden 27 Men-
schen während eines Monsun von Tigern gefressen. AmYunsalen
hatten sich 40 Waldarbeiter für die Nacht in einem Zayat barri-
kadirt und schliefen dort zusammen, wurden aber durch einen
herbeispringenden Tiger geweckt, der, ehe sie sich zur Wehr
setzen konnten. Einen aus ihrer Mitte fortgeschleppt hatte. Bei
diesem Ueberwiegen der Katzenrepräsentanteu ist es natürlich,
dass das Ilundegeschlecht in Ilinterindien nicht aufkommen kann,
und der in Vorderindien so häufige Schakal dort fehlt.
Am nächsten Tage blickten hohe Berge über die Wälder des
Ufers hervor. Alles dies Land hier ist das Eldorado der Jäger, die
dort nach ihrer Auswahl raubgieriges und scheues Wild finden kön-
nen. Als eine wahre Jagdgeschichte wurde mir erzählt, dass die
Birmanen Nachts mit Laternen Rehe zu jagen gehen und die ge-
blendet hervorkommenden mit einem Waldmesser niederhauen.
Zum Kochen des Frühstücks hatten wir uns unvorsichtiger
W^eise an einer Stelle cingericlitet, die gerade an der Bahn lag,
auf der die Büflel zum Wasser zu kommen pflegten , und gegen
Mittag hörten wir plötzlich die lleerde durch das Dickicht hinter
ims durchbrechen. Der Koch brachte noch zeitig genug seine
Geräthschaften mit seinen bunten**) Tüchern in Sicherheit^ und
ich war ziemlich durch den dicken Baumstamm, an dem ich sass,
geschützt, aber die wilden Bestien, die so viele Gegenstände un-
gewohnter Civilisation auf ihrem Wege fanden, standen lange uns
*) Durga bestieg einen Löwen , um «auf des vertriebenen Indra^s Bitte den
in Hüffelgestalt umherwüthpnden Moisasur oder Maliischasur (Maba-Asnr) zu er-
schlagen.
••) La coulenr rouge alhune leur furenr , ils laissent passer tranqniUement
ceux qnMlH veulent attaqner et viennent ensiiite fondre par de^ri^^e »nr enx avcc
leurs Cornea nieurtrieres.
\
1
Wilde Elophanten 385
anzuglotzen und setzten zuweilen , wie zu einem gemeinsamen
AngriflF, an. Zuletzt waren einige der Leiter vernünftig genug,
sich ein wenig seitwärts zu halten , und auch die Neugierigsten
zogen allmählig ab , um in ihr geliebtes Element einzutauchen.
Die in grossen Trupps zusammenlebenden Elephanten weichen
selten von ihrem gewohnten Pfade ab, und ein in Birma stationirter
Beamter erzählte mir einst von einer Begegnung mit denselben,
wobei die ganze Jagdpartie für ihr Leben zu laufen hatte, wäh-
rend sie rings um sich das Gebüsch des Waldes unter der Wucht
ihrer unsichtbaren Verfolger zusammenbrechen hörte. Unter den
englischen Officieren in Birma findet sich mancher Nimrod,
dessen Flinte grosse Segnungen gebracht und das Land von
seinen Tyrannen befreit hat, aber die Buddhisten sind natürlich
keine grossen Jäger, und wird ihnen das Sträfliche solchen
Vornehraens in P^'abeln und Parabeln genugsam vorgehalten, wie
in der folgenden, die schon von ßigandet mitgetheilt ist : Als der
erhabenste Phra in dem Weluwun-Kloster war, sprach er wie
folgt, indem er auf Dewadat anspielte, welcher ihm Schaden
zuzufügen trachtete. Zu der Zeit, da die Bramana- Fürsten zu
Baranathih herrschten, war Phralaung ein Schakal an der Spitze
von 500 anderen Schakals seines eignen Stammes. Sein
Wohnsitz war auf einem Kirchhof« Eines Tages traf es sich, dass
die Einwohner von Radjagya ein grosses Fest feierten, wo Jeder
ass und trank so viel ihm beliebte. Das Mahl war fast zu Ende,
als einer nach einem letzten Stück Fleisch verlangte, um seinem
Appetit noch ein Genüge zu thun, da er noch nicht völlig
gesättigt war. Man theilte ihm mit, dass nicht der geringste
Bissen mehr übrig sei. Als er diese unwillkommene Nach-
richt vernahm, stand er aut, ergriff eine hölzerne Keule und
ging geradeswegs auf den Kirchhof. Dann streckte er sich auf
dem Boden nieder, als ob er todt sei. Phralaung näherte sich
langsam dem vermeintlichen todten Körper, beschnoperte ihn aus
geziemender Entfernung und entdeckte bald die ihm gestellte
Falle. Er kam unbemerkt dicht an ihn heran , erfasste plötzlich
mit den Zähnen die Keule, mit aller Macht an ihr zerrend. Der
junge Mann Hess jedoch nicht los. Da sprach das Thier, indem
Battiau. OiUtieu. II. 25
38B Schwegyin und Sittaog-myo.
CS immer noch zog, zu dem Jäger: JUngling, ich Bche jetzt,
(lass du nicht todt bist. Der Jäger, von Scham und Aerger ge-
trieben, stand auf und schleuderte mit mehr Kraft als Geschick-,
lichkeit seine Keule nach dem Schakal, fehlte ihn aber. Fort von
hinnen, sprach er, elendes Thier, du kannst dich rUhnien, dass
du dieses Mal entkommen bist. Ja, erwiederte darauf der
Schakal, ich bin errettet worden V(m deiner Keule ; aber Niemand
soll je im Stande sein, dich vor den Strafen in den acht grossen
Höllen zu schützen. Nach diesen Worten verschwand er sofort.
Nachdem der junge Mann in dem Graben den Staub abgewaschen,
welcher ihn ))edeckte, kehrte er ganz niedergeschlagen in die Stadt
zurück. Der Jäger war derjenige, welcher in der Folge Dewadat
geworden ist. Der Schakal aber ist derselbe, welcher später
Buddha wurde.
In seinen 550 Existenzen hat Buddha alle möglichen Thier-
formen durchlaufen, die dadurch den Stofl' zu dem indischen
Fabelschatz liefern, aber auch für den göttlichen Ke])rä8entanten
der verschiedenen Arten eine gewisse Heiligkeit bewahren. Pur-
chas bemerkt von dem mit den Affen verwandten Perimal, für den
hei Goa ein Wagenfest gefeiert wurde, dass er der Haupt -Gott
sei, whom they worship in many colours (Heuruius spricht von
einem schwarzen Gott) and shapes, as of man, oxe, horse, hair,
hogge, duck, cock etc. Ueber die buddhistischen Vor-Existenzen
in den noch den rhieren (Tiri^jan oder Tira^jana) untergeordneten
Reichen bestehen nur unbestimmte Andeutungen, obwohl, wie
Barthelemy St. Hilaire bemerkt, la transmignation embrasse tout
depuis le Bodhisattva et dcpuis Thomme, jusqu' ä la matiöre inerte.
Wenn wir das Boot mit dem Strome treiben lassen konnten,
Hess ich mir erzählen : In dem Dorfe Seschaunbin , in der Nähe
Pegu's, wird Seh webingyi und Schwebingelay, derNat vonTaun-
biong (in der Nähe Mandalay's) verehrt. Solche, die etwas über
Krankheiten, Reisen oder sonstige Geschäfte erfahren wollen,
bringen CocosnUsse und Bananen als Opfergabe, worauf die
Maipan genannte Nakkadau oder Dämonenfrau durch ihren Mund
die Antwort des Nat verkündigt. In Rangun und der ganzen
Nachbarschaft bis nach Pegu hin fürchtet man am meisten Moung
Schädliche und schützende Nat. 387
Ingyi, einen im Wasser lebenden Nat, der jähen Tod verursacht
und im Monat Wazo durch Opfergaben , die in kleinen Bambu-
hUtten niedergelegt werden, Verehrung erhält. Unter den Talein
giebt es eine grosse Menge Nats und sie sind ebenso böswillig,
als die der Karen. Der vorzüglichste Nat der Talein lebt in
dem Natschin in der Nähe des Dorfes Quan-pong amPegu-Flusse,
und wenn der Verelirer um ein Zeichen bittet, so erscheint der
Alligator, der Diener dieses Nat, über dem Wasser. Niemand
in der Nachbarschaft würde etwas geniessen , ohne vorher die
Schüssel mit der Hand in die Höhe gehoben und dem Nat an-
geboten zu haben. Das Natschin (Dämonenhaus) steht unter einem
Leckpan-Baum. Die in dem nahegelegenen Dorfe lebende Nak-
kadau tanzt, wenn der Dämon von ihr Besitz ergreift. In Indien
können die Vetala auch Leichen. der Gestorbenen beleben und aus
ihnen reden oder zum Wahrsagen*) befragt werden. In jedem
Hause lebt der Eim-Zaun-Nat, dem die Opfergaben neben dem Kopf-
kissen des Bettes hingestellt werden. Der Go-Zaun-Nat lebt auf
dem Kopfe**) des Menschen und schützt ihn, wie denEömer sein
•) (poißay iati t6 im riXQtji ij Jaijuoyixip fuayitviad-ctt (Heftychius).
♦*) To man is awarded a giiardian spiritf whose seat is on the hcad or the
back of the neck. Its nanio is the common word for power and it is that which
givcs power to man. So long as it remains on its post, the tigers and wild beasts
stand in awe and sickness dare not approach, but when it Icaps down, some evil
befalls the man and he sickens and dies unless the guardian spirit retnrns , for
seven other spirits attend hini throughout lifo, who ph;dged themselves in the
pre^ience of god, before his birth, to kill him. The firät said : ,,Me shall die by a
mouth of a tiger." The second: „Shouldhe escape death from the tiger, he shaU
die by sickness.** The third: „If he recovers from sickness, heshaUbedrowned.**
The fourth : „If he escapes drowning, he shaU die by the band of man.** The
fifth: „Should he not be slain, he shaU faU down and kiU himself.** The sixth :
,8hould he not die of his fall, he shall die by Coming in contact with something.**
The scventh: „If he dies of nothing eise, he shall die becanse ho bas reached
his allotted period of life.** These sevcn spirits are usunlly troated as one and its
presence is deemed necessary to man's active and healthy existcnce. In slcep it
wanders about and what it sees arc denominated dreams. Often, in its wandcrings,
it is indnced by forcc or sollcitation from other spirits, to stay away from home
and then the person fcels himstdf more or less unwcU and the abscnt spirit is
called back with offeriugs of food : „Come, comel FoUownot an evil thing, follow
25*
388 Schwegyiu and äittang-myo.
Genius. Der Yoay-Zaun-Nat lebt auf Büffeln und wird einmal
im Jahre gefüttert. Der Tsaba-Zaun-Nat lebt auf dem Felde und
ist der weibliche Poungbadih-Kat. Die Operation, die unsaubern
Geister aus einer Person oder einer Stadt auszutreiben , heisst
Toh-thut oder Toh-su-lhut-sih (die Wilden hervorjagen). Ein
von Krämpfen Befallener heisst Nat - teik , der vom Dämon Ge-
schlagene, wie duifxoi'ionXfixiog^ a daemonio percussus.
In der Leip-pya*) (dem Schmetterling) liegt das Leben des
Menschen, der mit dem Verschwinden stirbt. Wenn der Mensch,
einem Tazeit (bösen (ieist) oder Belu (Ungeheuer) begegnend,
zusammenschrickt, so entflieht die Leip-pya (als Leip-pya-lan,
oder die schaudernde Leip-pya) und die von ihr verlassene Person
fällt in Krankheit. Sie muss sterben, wenn es nicht gelingt, die
Leip-pya in der Leip-pya-khau.(das Citiren der Leip-pya) ge-
nannten Ceremonie durch hingestellte Opfergaben zurückzurufen.
Oft aber fällt sie in die Hände eines Tazeit, Belu oder Dzon
(Hexe) und wird gefressen. Um das zu verhindern , wird Reis
als Opfergabe für den Belu hingestellt, und derselbe gebeten,
diesen Reis, anstatt der Leip-pya zu essen und sie frei zu lassen.
Lässt der Belu sich bereden, so tritt Genesung ein, wenn die
Leip-pya sich wieder mit ihrer Person vereinigt (Leip-pya-win
oder das Eintreten der Leip-pya). Die Ursache der Träume ist,
dass die Leip-pya, als die thuay-zit oder die Seele des Blutes, im
Schlafe umherwandert**). Sollte sie auf ihrem Wege einem Belu
not Satau , follow uot the King of Hades , lest thou comest into trouble. Come
when I seek theo, comc when I call thee. Come, come and dwell in the house.
Come, dwell in the family. Come with thy power, come with thy influenco, come
and dwell at homc- This spirit is called „la- and „la** is aNo fate. In Chinese
„le** is fate and also spirit and mind. The Burmese call the guardian spirit „leik-
bya" (butterfly) and say that at doath it escapes frora man in the fonn of a
butteräy. Among the ancieuts, whru a man expired, a butterfly appeared flutter-
ing abüve, as if raising from the mouth (s. Ma»ou).
•) Leip-pya könnte die bläuliche Schildkröte meinen. Den Siamesen sind die
Phi-süa-nam (die schmetterlingsartig bnntgefiirbten Tigergeister des Wassers)
dämonisch-feindliche Erscheinungen.
♦♦) Die im Vindhya-Gebirge lebende Göttin der Bienen, als sie in einer spä-
teren Existenz einem Sterblichen vermählt war , pflegte Nachts ald Bieue fortxu-
Dip Schmottprlincrs-SeelP. 389
begegnen, so entsetzt sie sich, und entflieht entweder, in wel-
chem Falle die Person sterben würde, oder kommt so rasch zu-
rückgelaufen, dass Krankheit folgt. Aus ähnlichem Grunde
wird es vielfach für schädlich gehalten, aus dem Schlum-
mer plötzlich zu wecken. Auch die Tagallen hüten sich,
einen Schlafenden aufzurütteln, da die Hälfte seines Geistes
im Traume umherwandern und dadurch an der Rückkehr ge-
hindert werden könnte. In ihren Wanderungen kann aber die
Leip-pya nur solche Gegenden besuchen, wo der zugehörige
Mensch schon früher war. Die selbständig umherwandemde
Seele sieht auf ihren Irrfahrten dieselben Phantasie - Erschei-
nungen, die ihr bei den Griechen die aus des Hypnos
Palaste hervortretenden Traumgötter, Icelus, Morpheus oder
Phobetor vorgaukelten. Ist der Mensch dem Tode nahe, so
öffnet er den Mund und die Leip-pya kommt hervor, um gleich-
falls zu sterben. Eine besonders schwierige Operation ist das
Trennen zweier im Leben vereinter Leip-pya durch die Leip-pya-
Khvae genannte Ceremonie, wie die eines Säuglings von der
seiner im Kindbette verstorbenen Mutter. Die Belu sind Ogren
oder menschenfressende Ungeheuer mit rothen Augen, deren
Körper keinen Schatten wirft.
Der Ing-Zaun-Nat lebt im See und giebt Fische, wofür ihm
Reis in das am Ufer stehende Natschin hingestellt wird. Ein
summendes Insect heisst Nat-hiiin oder der trompetende Dämon.
Auch zu Paulus Diaconus Zeit verkörperte sich der Teufel in
Fliegengestalt, gleich dem alten Beelzebub. Magari ist ein
Thammadih-Nat (ein gutgesinnter Dämon), der im Hause wohnt
und von allen Dingen, Speisen wie Kleidern, die Erstlinge erhält.
Das Paüa-^a kennt als Asura-nat den Bhumma-iu-nat, den Ruk-
kha-öo-nat und den Vinipati-nat. An einer andern Stelle führt
es aber das Reich der Asuren (die Asura-priü) unter dem Mriö-
mro-ru-taun (Meru) an und nennt VaepaiMtta als den Asureim-
min. Die im Fegefeuer duldenden Pretas haben bei grosser Ge-
fliogen , nachdem sie ein ihr ähnliches Schemen in» Bett gelegt (nach dem B«d-
jatarangini).
i
390 Schwefi^yin und Sittang-myo.
frässigkeit einen Mund nicht grösser als ein Nadelöhr, wiePlinius
unter den Aethiopiern eine Klasse naseloser Geschöpfe beschreibt,
die , mit zugewachsenem Mund, nur durch eine ganz kleine Oeif-
nung athmen und ihre Nahrung durch einen Haferhalm einziehen.
Vielleicht haben die Yankee, wie die spiritualistische Zukunfts-
Religion, auch das Schlürfen des Mint-julep aus der Negerweisheit
Afrika's importirt.
Als wir bei einem verfallenen Zayat anhielten und nach dem
kleinen Kyaung gingen, der nalie dabei lag, fanden wir Niemand
zu Haus, da der Pungyi nach Tongu gegangen und seine Abwe-
senheit durch zwei im Kreuz vor die ThUr gesteckte Stöcke be-
zeichnet hatte. DerFluss strömte hierdurch eine ununterbrochene
Wildniss, und die Nacht überfiel uns zwischen morastigen und
mit hohem Schilf bewachsenen Ufern. Da mit Donnern und Blitzen
ein furchtbares Unwetter losbrach , legten wir uns neben zwei
grosse Kähne, die dort geankert hatten, aber die Muskitos fielen
in solchen Schwärmen über uns her, dass kein Bleiben war.
Diese Blutsauger waren nicht die scheuen, flüchtigen Insecten, die
die leichteste Bewegung verscheucht, sondern sie krochen be-
dächtig und systematisch an den Tüchern, worin man sich einge-
wickelt hatte, herum, bis sie den Eingang fanden und dann in
Bataillonen an dem llalskragen hinein und am Kücken hinunter
marschirten, jeden Schritt mit einem Stich begleitend. Vertil-
gung war nutzlos, da wie bei den Köpfen der Hydra aus jedem
Ermordeten sieben liächer erstiegen. Die Birmanen haben eine
bewundernswürdige Geschicklichkeit, diese Thiere, auf welchem
Theil ihres nackten Körpers sie sich auch finden mögen, durch
einen Klaps mit der Hand sicher zu treffen und zu tödten. Sie
thun das so mechanisch, dass sie sich in andern Beschäftigungen
dadurch in keiner Weise stiJren lassen, und meine Bootsleute
gaben umschichtig sich einen Klatsch und der Schaufel ein paar
Stösse und umgekehrt. Diese Nacht indess wollte Alles nichts
helfen, obwohl sie still lagen und sich mit beiden Händen ver-
theidigen konnten. Im Gegentheil , meine Diener baten mich
flehentlich, ^\e weiter rudern zu lassen, um nur von dieser Mör-
dergrube fortzukommen , und ich gab es zu. Sobald sie aber in
Wirbel. 391
die frische Prise der Strominitte gekommen und weniger gequält
waren, fiel Einer nach dem Andern in Schlaf, so dass ich die
ganze Nacht genug zu thun hatte , sie anzurufen und wach zu
halten, da bei den im Weisser versteckten Baumstämmen die
Schifffahrt auf demSittang keine unbedenkliche ist. Eine andere
Gefahr droht von dem Einstürzen der hohen Bänke, die durch
den Wechsel des Strombettes unterminirt werden, so dass
darunter* hinfahrende Boote verschütten. Auch fürchten die*
Schiffer die plötzlichen Wirbel, die kleine Fahrzeuge hin-
unterreissen können. Am andern Tage ereignete sich noch ein
Accident, indem der an Schiffsarbeit nicht sehr gewöhnte Rechts-
gelehrte in seinem Eifer mit der Schaufel am Wasser vorbei-
stiess, und statt deren, er selbst mit einem Burzelbaum kopfüber
hineinschoss. Doch halfen wir ihm bald sich wieder heraus-
krabbeln.
Um Mittag sahen wir die malerischen Hügel Schwegyin's
vor uns, die ein fruchtbares Kesselthal in ihren bewaldeten Armen
umfingen. Wir glaubten schon angekommen, aber der Fluss
ist dort so gewunden, dass er mit Kecht den Convulsionen einer
sich krümmenden Schlange verglichen ist. Da blieb stets eine neue
Ecke zu umfahren, und als wir schliesslich ankamen , war der
Nachmittag schon ziemlich vorgerückt. Durch falsch gegebene
oder falschverstandene Directionen verlor ich viel Zeit, um Adressen
nachzusuchen, die sich bei schliesslichem Auffinden noch als ab-
gereist erwiesen, und da die Nacht nicht warten wollte, so rich-
tete ich mir durch absperrende Vorhänge ein Zimmer auf dem
schon stark mit Reisenden gefüllten Zayat ein.
Als ich am nächsten Morgen Capitain Watson in den Can-
tonnements aufsuchte, hatte derselbe ein leeres Haus neben dem
seinigen für mich in Bereitschaft und stets einen Platz an seinem
gastfreien Tisch. Der tägliche Umgang mit ihm und seine aus
dem Leben gegriffenen Mittheilungen machten mir den Aufent-
halt in Schwegyin ebenso angenehm , als instructiv. Der Dritte
im Bunde, und ein in jeder Beziehung nur Wünschenswerther
Gesellschafter war Capitain Dickey, der wegen einiger durch
Irrsinn ihres eingebornen Commaudanten unter den Seapoys aus-
302 flchwpgyin nnd Sittang-myo.
gebrochenen Unordnungen aus Tongu herübergekommen war
und bei Capitain Watson wohnte.
Als Besucher kamen, ausser dem Doctor, häufig Capitain
Hill herüber, der Inspector der Polizei, eine herkulische Figur,
die sich einem Tiger gewachsen gezeigt hatte. Vor einigen Mo-
naten ging Capitain Hill auf einer Yisitationsreise seinen Leuten
etwas voraus, nur mit einer Reitgerte in der Hand, als er vor
sich unter einem Busche die leuchtenden Augen eines Tigers sah
und ihn den nächsten Augenblick auf seinen Schultern fühlte.
Er hatte im ersten Moment seinem folgenden Diener für das
Gewehr gerufen, als aber dieser den Hger hervorspringen sah,
nahm er die Flucht und aus der Ferne wagte keiner zu schiessen,
um nicht fehl zu treflFen. Capitain Hill hatte die furchtbare Last
desThieres aufrecht zu tragen und er stand es mit Riesenkräften.
Erst als nach einigen vergeblichen Versuchen , ihn umzuwerfen,
der Tiger absprang, verlor er das Gleichgewicht und kollerte mit
seinem Gegner auf der Erde herum. Unfähig aufzustehen, setzte
er sich doch auf Hände und Füsse, den Tiger anguckend, der
nach Art des Katzengeschlechts seine Beute aufgab und entfloh.
Der Verwundete lag viele Wochen am Tode, und noch, als ich
ihn sah , konnte er den Kopf nicht zur Seite wenden ; er zeigte
am Halse eine breite tiefe Narbe, in die ein Ungläubiger seine
Finger und fast die halbe Hand legen konnte. Die Raubthiere
kommen bis in die nächste Nachbarschaft von Schwegyin, und
Colonel Blake sagte mir, dass er einst einen Leopard hinter dem
von hohem Gras umgebenen Hause hätte vorspringen sehen , in
dem ich wohnte. Zu den wirklichen Gefahren dichteten die Ein-
geborenen neue hinzu. Denn als ich nach dem Bach zum Baden
gehen wollte, warnten mich Hirtenjungen vor der grossen
Schlange, die erst kürzlich einige Büffel verschlungen hätte,
und meine Diener machten noch lange allerlei Gerede über
den dort umherjschleichenden Drachen, wenn sie Wasser holen
sollten, obwohl ich mich täglich zwei- oder dreimal stunden-
lang dort in der kühlen Fluth erfrischte. Capitain Briggs, den
ich in Molmein kennen lernte, wurde einst auf der Jagd mit den
Hauern eines wilden Elephanten durch seine Kleider, ohne den
Spieler. 393
Körper ZU vervvuudeii , auf die Erde gespiesst, aber durch das
Herbeikommen seiner Leute befreit. Capitain Pollock in Tongu
bekam eines Tages die Nachrieht, dass ein llger in der Nähe
sei, gerade, Jils ein Elephant mit einer Tracht geschnittenen
Grases zum Futter zurückkam. JCr bestieg denselben, als der
Tiger aus einem Busche hervorsprang und den Mahout am Fusse
packte. Durch die Unruhe des Elephanten, fing das Gras an zu
rutschen und der Reiter fiel mit ihm zur Erde, aber- der Tiger,
durch diesen plötzlichen und unerwarteten Vorfall oder Abfall er-
schreckt, entfloh. Capitain Watson erzählte mir, dass er einst
beim Auscampiren mit seinen Leuten durch einen Schuss geweckt
wurde, den Einer der Soldaten abgefeuert hatte, da er ein
Röcheln gehört und es ihm vorkam , als ob ein Tiger im Lager
gewesen sei. Die Nacht war so dunkel, dass weiter keine Nach-
forschungen angestellt werden konnten, aber am nächsten Morgen
fand sich in der That, dass ein Mann fehlte. Den Spuren nach-
gehend, fand man die Perlen seines Halsbandes umhergestreut,
da ihn der Tiger wahrscheinlich bei der Gurgel gepackt hatte,
und weiterhin auch Ucberreste der Kleider. Die beste Beschützung
liegt darin, stets eine Menge Hunde, grosse oder kleine, um sich
zu haben, da diese auf allen Seiten das Gebüsch durchstöbern
und sobald sie etwas Feindliches merken sollten, eiligst zurück-
gelaufen kommen. Capitain Hill traf einmal auf einer seiner Inspec-
tionsreisen nordwestlich von Tongu ein förmlich von Tigern ausge-
fressenes Dorf, wo sich die übergebliebenen Bewohner nur dadurch
schützten, dass sie ihre Häuser noch höher wie gewöhnlich
bauten und Nachts die Treppen zu sich hinaufzogen. Der Tiger
erweist sich dort also in der That als derBun-Rajah, der Gebieter
der Wälder, wie ihn die Coles nennen. In der Nähe eines Tiger-
Reviers halten sich stets viele Pfauen auf, die von ihren Excre-
menten aasen und selbst zur Beute dienen. Die Hauptnahrung
der Tiger sind die wilden Schweine.
Die Birmanen sind jeder Art von Hazardspiel leidenschaft-
lich ergeben, und die englischen Gerichte sind stets damit be-
schäftigt, falsche Spieler zu bestrafen. Eins der verbreitetsten
Spiele ist das Anitaun (rothgeflügelt) genannte , das in einem
394 Schwegyin und SitUng-myo.
messingnen Cubus besteht, worin sich ein anderer befindet, um
in dessen Höhlung einen Würfel zu legen, der je nach der Seite,
wohin er beim Wegnehmen der Bedeckung seine rothen oder
schwarzen Seiten richtet, gewinnen oder verlieren macht. Capitain
Watson zeigte mir einen, den ex einem Gauner hatte wegnehmen
lassen, mit doppeltem Boden, wo sich der Würfel nach dem Ein-
legen durch eine versteckte Feder bewegen Hess. Ein anderes
Spiel ist das Kyohzvay genannte , wobei ein Stock in die Win-
dungen eines künstlich gedrehten Strickes gesteckt werden muss
und wenn er die richtige Verflechtung verfehlt, so dass sich der
Knäuel um ihn herum auszieht, verloren macht.
Ein Spaziergang in der Umgegend Schwegyin's führte mich
zu der octogonalen Pagode Phaya-gyi, die auf waldiger Fels-
klippe von hohen Gebirgen umgürtet wird, und auf den
durch die grüne Laubsee sich hindurchwindenden Fluss blickt.
Eine sehr malerische Lage war die des sogenannten Cireuit-
Hauses, ein Gebäude, wie es sich in der Provinz Pcgu in den
meisten Städten oder Flecken findet, um dem englischen Beamten
bei seinen periodischen Inspectionsreisen ein Logis zu bieten.
Dm inSchwegyin war auf einer Kuppe gebaut, über einen Seiten-
arm desSittang überhängend, und von den Baikonen blickte man
in zwei enge Flussthäler hinab, die sich mit ihren Silberstreifen
durch das in dichter Fülle wellige Hügel überdeckende Grün der
üppigen Vegetation hindurchdrängten.
Schwegyin-myo, das bei den Talein Don-Sattit heisst, führt
seinen birmanischen Namen von den Goldwäschereien, die früher
dort betrieben wurden und mitunter noch jetzt (etwa 15 Rupien
pr. Monat gebend). Khvjie-kyin meint Gold (rhvae oder schwe)
auszusichten. In alten Zeiten soll die Umgegend mit Lawas be-
siedelt gewesen sein, die aber jetzt verschwunden wären. Dann
kamen die Karen aus ihren Hügeln nach dem Fluss herunter und
lebten in Fischerdörfern auf der Stelle , wo später die Süidt er-
baut wurde. Die noch die umliegenden Wälder bewohnenden Karen
sind gewöhnlich als Toun^j^-joh Toung-jah bekannt. Sie verferti-
gen wasserdichte Lastkörbe durch Bestreichen mit einem schwar-
zen Firniss (sitzae), der durch Anbohren des Baumes ausfliesst
k
Der Klostt'inbt. 895
An einem der Landungsplätze des Flusses steht der Nat-Tenipel
Schwegyin's mit demSehutzgottder Stadt, der auf einem Elephan-
teu reitet.
In einem der Kyauug schenkte mir der Abt (Kyaung-ne-
puggol) das Paramatta-Miaezu, einen compendiöseu Auszug des
Abhidhamma, der den Parfüm der Wissenschaft gleich der
Miaezu genannten Rose concentrirt. Andere Bücher, die ich ge-
legentlich doli; sah, war das in Lenga geschriebene Buch Paun-
taugyi (das grosse Königsfloss) oder Thinbo-Hlay-Naua, das in
neun Blättern des Anet über die Meggas, Tugenden und Sünden
(Verdienst und Verlust) und den Weg zum Nibpan handelt. Dtvs
Buch Dscit-peiu-thauka ist eine psychologische Abhjvudlung, die
durch Schemakatissa aus dem Abhidhamma ausgezogen wurde.
Einen Auszug aus der Vinya, über die den Pungyi verbotenen
Sachen, verfertigte Setanamiih, der Myothougyi von Taundvin,
unter dem Titel Mula-Thikkha. Der abgekürzte Auszug ihrer
Pflichten im Patimouk enthält 4 Ingas im Anet; das Abhidhan
genannte Lexicon umfasst einen Inbegritf mythologischer Aus-
drücke. Bei den angeseheneren*) Pungyi ist der tägliche Bettel-
gang nur eine blosse Förmlichkeit. Sie besuchen ein paar der
nächstliegenden Häuser, indem ihnen ein Knabe den Almosen-
topf nachträgt, und kehren dann in dfis Kloster zurück, wo sie
von ihnen befreundeten Laien hergesendete Speisen finden, meist
mit allen Delicatessen der Saison, so d.ass der in dem Almosentopf
zusammengeworfene Reis den Hunden hingeschüttet wird. Um
den Eifer warm zu halten , begiebt sich der Pastor zuweilen zu
seinen Gebern und wiederholt ihnen die fünf Gebote oder andere
Theile des Gesetzes.
•) Je heiliger der Empfänger , um so grösser das Verdienst. So lehrt Bhn-
gavant im GnzeUenw.ald von Rshipatana: Wenn man 100 gewöhnlichen Menschen
Nahrung giebt, so ist das nicht so viel, als wenn man sie Einem Treflfliehen giebt,
und fahrt in der Gleichung fort, dass 10()0 Treffliclic Einem Kenner der 5 Lehr-
gebote, 10,000 Solcher einem (^mtapanna, 100,000 dieser Einem Sakrdagamin,
1,000,000 dieser Einem Anagamin, 10,000,000 dieser Einem Arhaut, 100,000,000
solcher P^inem l'ratjekabuddha entsprechen und das Verdienst, 1000,000,000 Pra-
tjekabuddha zu ernähren, durch das aufgewogen würde, Einem Buddha ein Mit-
tagsmahl zu bereiten (s. Schiefner).
39 n Schwejo'in nnd Sittang-myo.
Bei dem Gebote der Möncbe, nur von fremden Almosen zu
leben und jede ihnen dargebotene Speise anzunehmen, ergehen
sieh die Buddhisten gern in Ausmalung der widerlichen und
ekelhaften Sachen, die ihren Heiligen verabfolgt werden und
woran dieselben ihren Hunger gestillt hätten. Sie bilden darin
den geraden Gegensatz zu den Brahmanen, die nur die reine
Frucht der Erde, wie sie von ihren eigenen Händen allein behan-
delt und zubereitet ist, geniessen, und deren Beispiel von dem
Reisenden, der mehr als ihm lieb ist, sich um die Geheimnisse
der Küche zu kümmern hat, oftmals gerne nachgeahmt w^Urde
und auch bei uns an Solchen Vertheidiger finden möchte, die sich
durch genauere Inspection der Bäckereien den Appetit verdorben
haben.
Die Buddhisten kennen die Veda's , aber nicht unter ihren
heiligen Schriften, indem sie dieselben vielmehr als eine Klasse
magischer Bücher aufzählen. Sie dissentiren von den diese als
Offenbarungen anerkennenden Brahmanen nur insofern, als sie
den darin vorgeschriebenen Opfern die Kraft der Erlösung ab-
sprechen. Dieser Gegensatz ist indess kein principieller, da die
philosophischen Systeme der Brahmanen selbst solche Ceremo-
nieen, wie die Buddhisten die Tugenden äusserer AA'erke, auf die
untergeordnete Fähigkeit beschränken, eine Seligkeit sinnlicher
Himmelsfreuden zu verschaffen, während die endliche Befreiung
der Emancipation oder Annihilation in dem Keifen der Geistes-
thätigkeit allein erlangt wird.
Ich machte die Bekanntschaft eines gelehrten Zea, der aus
Ava nach Schwegyin gekommen und dort als das Orakel der Stadt
galt. Er war auch in der That in allen Fächern seines Wissens
wohlbewandert,undvcrschaffte mir verschiedeneBücher, besonders
historischen Inhalts. Bei der Seltenheit von Büchern entschliesst
sich ein Birmane immer nur schwer zum Verkaufe eines Exem-
plares, leiht sie aber mitunter gern gegen eine kleine Vergütung
aus. Ich etablirte deshalb auf der Verandah meines Hauses eine
Copistenstube, und da die Zeit meines Aufenthaltes nur eine be-
schränkte sein konnte, musste auch Moung Schweb und der ge-
lehrte Koch mithelfen , so dass wir Alle genug zu thun hatten.
Krankendiät. 397
Der ganze Pitakat ist selten in einem einzigen Kloster beisammen,
aber in Maudalay , wo er sieh in den königlieben Bibliotheken
findet, würde eine complete Abschrift keine Schwierigkeit haben.
Ich stand auch gegen Ende meines Aufenthaltes im Palaste mit
einigen der Archivare darüber in Verhandlungen und würde es
nur eine Frage der Zeit und des Geldes gewesen sein.
An Besuchen fehlte es nicht. Theils statteten mir die Pun-
gyi's, die ich in ihren Klöstern aufgesucht hatte, Gegenbe-
suche ab, theils kamen Bürger aus der Stadt oder Regierungsbe-
amte der Eingeborenen, um ihre Aufwartung zu machen. Ein
Arzt beschrieb mir die schlimmen Folgen, die Genuss von Hühner-
fleisch in Krankheiten haben kann. Der Patient fällt in Krämpfe
und alle seine Glieder werden hart zusammengezogen. Die
Säuglinge erhalten statt der Mutterbrust mitunter die Su-ngay-za
hnet-pioh (das Klein - Kinder - Essen) genannte Banane. Wenn
ein kranker Birmane einen schlechten Geruch (uyau-mi) verspürt,
dann ist die Prognosis eine fatale. Der Aussatz wird durch einen
Teufel verursacht, der sich Madeja nennt. Gautama Hess die gram-
matischen Bücher abfassen, damit nicht die in die Wälder zurück-
gezogenen Priester durch falsche Aussprache die Kraft der Gebete
vernichteten.
In den letzten vier Welten der Byamma fehlt der Körper,
weil in früherer Existenz mit einem siechen oder verstümmelten
Körper Behaftete den Wunsch gehegt hatten, ihn los zu werden.
In der elften Welt fehlt das Gefühl, weil den Leidenschaften Unter-
worfene um die Befreiung von denselben gebetet hatten. Von
den 84,000 Dhammakhanda sind 21,000 in dem Vina-Pitakap
(Pitakau oder Gefäss), 21,000 in dem Suttan-Pitakap und 42,000
in dem Abhidhamma-Pitakap enthalten. Bura-laun giebt es drei:
Ukkittitaüu, VipaüÜtaüu und Neyia. Nach Schmidt unterschei-
den die MahajanaSutra's in Buddha 3 Naturen : der Verwandlung,
der vollkommenen Herrlichkeit und der verborgenen Eigenthüm-
lichkeit. Erklärung der Vorschriften in der Vinya giebt das
Buch Atava. In den Klöstern wird besonders der Zutava aus
der Vinya gelesen. Die von Gautama den Candidaten des Mönch-
standes gegebenen Regeln finden sich im Uddathika von Aschin-
398 Schwegyin und Sittanfi^-myo.
dhainmathiripaya, der gewöhnlichste Katechismus der Vinya
(Viuya akyaykaun) ist die Gandasayakasi. Die höhere Priester-
schaft war meistens noch birmanischer Nationalität, doch traf ich
später inMohnein und der Nachbarschaft auch eingeborene Talein
als Achte oder Vorsteher von Klöstern.
Im Talcin - Pitakat werden die (Byamma) Bramha der Bir-
manen (aus dem Pali) Bronghma (Proma) genannt und im Anet
heissen sie Brlln (Ata oder Anet-PrUn), was ebenso zur Bezeich-
nung der Byammapieh (der Himmel der Bramha) dient. Deva
bleibt im Talcin unverändert. Die sechs Natpieh oder Götterhim-
mel (Tingplio oder LUngpho) sind im Talein die folgenden:
1 ) Yctaumarat. 2) Tevadehn. 3) Jimmeah. 4) Thouksaketan.
5) Nimeseteik. 6) Paramitah, und im Birnmnischen (die Natpieh
schauk-tat) : 1) Djathumahayat. 2) Thavathingta (DevadUngsa).
3) Yama. 4) Thuththitha (Tu^sita). 5) Neimmanarathi. 6) Para-
nipmiliavasavathi. Im Sanscrit wird Natha unter den Göttern
besonders auf Siva angewendet, mit Nebenbeziehung zu Linga.
Die Natpieh schauk-tat werden als LUngpho Talapun Übersetzt,
die Byammapieh nazei-pon als PrUhn pasapun und die Byammji-
pon tazeischauk-pon als PrUhn tegasapun. Nach der Weltschöpfung
stiegen vier Prühn oder Brllhn auf die Erde nieder. Die Autori-
täten bei Purchas hatten von den Siamesen gehört, dass bei der
letzten Weltzerstörung zwei Eier Übrig geblieben seien, woraus
bei der neuen Schöpfung das Menschenpaar eines Männchens und
Weibchens ausgekrochen.
Die Spitze des {^'akya-Systems bildet die Bhavek oder Bha-
vegga, und als die dreiBhava werden die Kama-bhava (die Welt
der Begierden), die Kupa-bhava (die Welt der Formfarben) und
die Arupa-bhava (die formlose Welt) unterschieden. Die Jaina's
theilen die Höllen-Kegionen nachBhuvanas ein. DieNepaulesen,
die nnchHogdsonAdhibuddha seinen Sitz inAkhanista, der höch-
sten der Uupa-Weltcn, anweisen, schieben zwischen sie und die
Übrigen Byamha- Welten noch die 10 oder 13 Regionen (Bhuwa-
nas oder Bhon) der Bodhisatwa ein. Sie bezeichnen die sechs
unteren Götterhimmel als dem Vischnu unterworfen und für den
i
Der Üötterkönig. 399
Aufenthalt seiner Anhänger bestimmt, wie sich der Buddhismus
überhaupt in seinem mythologisch -historischen Theil an die
Vischnusecte anschliesst, während die ZufUgung der religiösen
Extase zum Theil dem Sivadienst entnommen ist und so (nach
Schmidt) das erste Dhyana die Regionen der drei Isvara*) in
sich begreifen lässt. Die Birmanen haben die Regierungsver-
fassung ihrer Nat-Himmel in mehrfacher Weise umgestaltet. In
den religiösen Büchern wird von dem frommißu Maga gesprochen,
der mit seinen Gefährten in die Götterhalle hinaufsteigt und die be-
trunkenen Insassen sammtdcm alten Indra zum Tempel hinauswirft.
Sanscritisch führt Indra das EpithetMaghavan oder der Mächtige.
Die Historiker verkörpern gern den mitdem Öakya-mifi (Öakra-MiÄ
oderllerr der Sekya-WaflFe) als Weltbeherrschcr identificirten Sak-
yamin (Sakhyamin oder Thagyamin) oder Sakramiii in dem Ur-
ahnen des irdischen Königsgeschlechts, und obwohl er nur in
Trajastrinsa oder günstigen Falles in Tushita regieren sollte, so
steht er doch erhabener**) da, als der in weit höheren Welten
weilende Brahma, und scheint auch, als muthiger Vorkämpfer
der wahren Religion, vonderUnterthanenpflicht gegen den ketze-
rischen Mara***) befreit zu sein, der im kosmologischen Gebäude
noch immer über ihm thronen sollte. Dieser Mara (May' oder
•) Die Dordschc-tschodpa oder Wndschratschtschedaka genannte Mahayana-
Sutra bezeichnet das erste in den siebzehn Göttergebieten der Farbenwelt (der
Welt der Gestalten) als das der Götter vom reinen Geschlechtc Iswara's, nämlich
die Region der Götter des heilt^pendenden Iswara, die Region der Götter des
Alles umfassenden Iswara und die Region der Götter des grossen Iswara.
**) Maheswara or Siva and Hrahma are at present Dcvatas, bat are inferior
in rank and power to Indra who is the ehief of all the happy beings, that reside
in Swarga, bemerkt Buchanan von den Jainas. The Devatas are servants of the
Siddha, who reside in the heaven called Mocsha.
***) Mara wird im Birmanischen wegen des finalen R Man ausgesprochen,
wie man (mana) oder Stolz. Als die Tschaträri purva • pranidhäna - padäni oder
ersten Sehritte zur Welterlösung nennt Lenz (nach dem Laiita vistara) vier Pflich-
ten der Buddhen : celle de delivrer les hommes de Tesclavage de leurs passions,
Celle d*ouvrir leurs yeux k la lumiere de la sagesse (pradjna), cellc de renverser
r^tendard de Tögoisme (mana), celle de leur communiquer la vöritable religion
(Dharma).
400 Schwegyin nnd Sittang-myo.
Marau) kreuzt nicht nur beständig den Weg des lehrenden Bud-
dha, sondern hat sich schon als sein Feind bewiesen, indem er
ihn in der Avatara mit dem selbst den embryonalen Buddha's bis
zum letzten Augenblick völliger Reife, wenn sie bei der Trans-
figuration ihr Anekajati sansaran (keine weltliche Geburt mehr)
rufen kCmueu, immer noch gerährlicheu Sinnen-Körper bekleidete.
Die Mutter derBuddhen und Heiligen, die stets nach der Geburt*)
sterben müssen, werden deshalb auch eigentlich nur mit miss-
trauischen Augen angesehen ; der glaubenskräftige Moggala hat
die grösste Noth, die seinige aus den Klauen der Höllenwächter ♦•)
zu erzwingen und kann ihr durch alle seine Verdienste keine
bessere Wiedergeburt erwirken, als in einem schwarzen Hund
mit rothen Augen. Die Mutter des höchsten Buddha hat man
zwar aus Höflichkeit glimpflicher behandelt, und sie später in einem
Ansatz zur Marialatrie, selbst zur Mayadevi gemacht, aber es
bedarf doch noch immer einer besonderen Himmelfahrt ihres
Sohnes, um ihr Seelenheil zu sichern.
Die verschiedenen Metren der Linga sind Phyo (4 Sylben),
Kabya (4 Sylben), Yadu (6, 4 S.), Yagan ((>, 4 S.), Luta (4 S.),
Aeghyin (4, 5, 6 S.), Hmaugvan (4, 6 S.), Peikzum (4 S.), Sag-
ghyin (4, 5, 6S.), Baeghyin (4, 5, 6), Laekyo (4S.), je nach dem
Gegenstande. Lieder von 3, 4 oder 5 Sylben sind Loinghyin,
Ngoghyin, Pvaeghyin, Kyoghyin, Zanzan, Thaethep. Der Waffen
sind drei Arten, dem Krieger Schwert, Speer, Bogen und Pfeil,
dem Gelehrten seine Bücher, dem Reisenden die Provisionen des
Weges. Von den vier grossen Waffen gehört die Vara£einleknek
•) Sprichst Du : „Er war in dem Leibe eines Weibes, spaltete die Matter
und kam auf Erden**, so erwiedere ich : .,Er hat seine Mutter getödtet*, bemerkt
*(in der tamulischen Widerlegungsschrift) derSiwait dem Buddhisten (s. Graul \.
**) Ihm fehlte die kräftigte Formel des Maui-Padme, mit der Dschäschik die
ganze Hölle ausleerte. Doch füllte sich diese so rasch wieder, dass er an seiner
nutzlosen Danaiden-Arbeit verzweifelte und die Strafe des gebrochenen Gelübdes
duldete, indem sein Kopf in 10 Stücke zersprang. Die mittelalterlichen Missio-
näre geben sein Bild in einer Form, die durch die anfgethurmte Kopfpyramide
an die Figur des wendischen Kugiwit erinnert. In Siam ist diese Darstellungsart
bei Rawnna oder Thossakam gebi-auchlioh.
Malerfarben. 401
demSikranatmiökriydieRhalyapkaaleknekdemVasayarau-natmiü,
dieMytöilekuek'dem Ramamifi, dieKeiyrusaupu^hoIeknekdeni Ala-
vakabilu. Kräftige TaKsmane, Öama genannt, werden durch gewisse
Verbindungen der Buchstaben fe, v, 1 und dh gefertigt. Die Maler
(Panghietamih) bedienen sich der gelben, blauen, rothen, schwar-
zen, weissen, braunen Farbe und niischen das Grün aus der gel-
ben (zaendan) und der blauen (maeneh) zusammen. Der Kama
Yakan wurde zuerst durch Moung Tov oder Ounto in 5 Ingas
gesehrieben und später in Amarapura fortgesetzt und erweitert
durch Moung Poo oder Moung Na. Zuul Hexenmeister, Öun, ge-
hört die Hexe Öun-ma, und eine Frau, die 7 Söhne oder 7 Töch^r
in ungemischter Reihenfolge geboren, ist dazu besonders befähigt,
als ÖhiÄ-kviÄ. Im Siamesischen heisstHexeDeng, dieRothe, wie
dieKobaloi oder Kobolde Browni bei den Schotten. Gefeite Plätze
im Walde sind, wie der Diwiza-gora bei Kasan, von den Nat-
tfaamih bewohnt, die irrenden Rittern eben so gefährlich werden,
wie die Elfen dem König Harald. Als Gespenster treiben sich
die Öaiii^heh oder Tai^i^heh (Ta^^heh) umher, und wenn sie
riesige Formen annehmen, heissen sie Cac^fcheh - üpaka. Im
Gegensatz zu den Salasa-pyih oder Solotnakhon (den zaekhauk
oder l&^Städten) des Mittelreiches (Mi^^jamateik oder Mii'yiima-
dhesa) plSegen die Birmanen die von ihnen bewohnten Länder als
Dsanaput (Janabut) zu bezeichnen , und auf meine Frage nach
der Bedeutung dieses Wortes wurde mir von einem stets Erklä-
rungsfertigen gesagt, dass Dsana Menschen meine und but wenig
iin Anet, so dass das Ganze eine spärlich bevölkerte Gegend be*
zeichnet (Janapada, oder von Menschen betreten, im Gegensatz
zu Buddhapada). Diese wüsten Gebiete werden auch als Piitzin-
dadetha zusammengefasst. Von der Patisanda sind drei Arten,
die Entstehung au^ Eiern, aus Eltern und aus Bäumen. Ausser-
dem giebt es die elternlosen Upapat, die, so oft sie auch in die
Hölle gestossen werden, immer wieder kommen. Die Bhummi-
rek oder Bhummi-i^hattara (Shastra der Erde) lehrt die Grund-
säü:e des Schätzgrabens. Die Tajet besuchen mitunter Birma
als Händler, denn der Gebrauch der Waffen und Krieg ist in
ihrem Lande (gleich in dem der glücklichen Hyperboräer) unbe-
BmUmh, OitMien. II. 2B *
402 Schwecryin und Hitomg-rayo.
kanat. Die Schau dagegen zerstörten da» Land der Myamma.
Nat meint etwas, was sieb genau im höchsten Zustande der Voll-
eudung und Gute befindet, wesball) z.B. wenn der Beis ganz gar
und zum Essen fertig ist, derselbe Natte genannt wird; daraus
wird der Name Mat hergeleitet, als Geister im höchsten Geuuss
bestündiger Freudenseligkeit (Natha oder Herr). Auch im Siume-
siscben Imt Nak die Bedeutung von etwas Vollendetem und Nak-f
pnit meint z.B. den Gelehrten, wie Plato daifukrv von öarjiuoyp her-
leitet, Saiitoi^i^Cj Ol \}€oi^ iujqnovhg ring ovztg^ olov hfi7T€iQ0i
(Hesychius). Nat hat die dreifache Ikdeutung wie (nach Kowa-
Icwsky) Tcngri oder Tcgri im Mongolischen, nämlich: 1) gt^nie
du cid, 2) divinite und 8) esprits terrestres et Celestes bons
ou mauvais. Die Nat füllen alle Theile der Natur, wie die
sich der Agotkonals Medium bedienenden Manutti bai den
Irokesen.
DerZodiaeus heisst Kasi-i^ek (der Kreis der Monats))erioden)
und die meisten Namen entsprechen den indischen, wie Sein (Löwe)
dem Siiiha, Kum (Wassertopf) dem Kumba, Meisa (Ziege) der Mesa
u. s. w. Die Zwillinge der Medhun (mituna) werden durch Paun-
pho-khyicn übersetzt, was geschlechtliche Vereinigung aus-
drückt. Nach den 27MoudbehausungenderNakshatra (Nakkhat)
oder Nakkattan, als Asavayih, Bhara^ih, Kuttika, fiauhanih,
Migasih, Adara, runijLabuhsyuh, Phusya, Asalisa, Mahga, Prup-
pahbharaguimih , Uttarahtaraguiniih , Ilasada, Öitara, Svahdih»
Visakhah, Anurahda, Jedamuhla, Pruppasana, Uttarahsaua, Sara-
vana, Dhauasiddhi, Sattabissya, Pruppaparapeik, Uttarahparapeik
und Kevatih werden die neun Constellationen der Tahrah (ko-
luii) angeordnet, Kaka, Kyihtahrah ; Hansa, UiAsatahrah ; Kak*
kafa, Pu^'vintahrah; Tuhlah, Kyintahrah; Öuhla, Öhankliyintahrab;
KevattA, Tautohtahrah; Uatti, Ohintahrah; AsMah, MriAtahrah;
Bakau, Byeiiltahrah oder die Constellationen des Haben, des
Schwans, dos Krebses, der Wage, des Diadems, des Fisches, des
Elephanten , des Pferdes , des Beihers. Die Wahrsager heissen
Nimeit-(ihek-Chara, als auf dem Nimcit (NimittaA) oder Puppa-
Nimeit ihre Aussagungen begründend. Solche Wahrsager, die
die verwickelten Hiuimelsbcrechuungen nicht verstehen, begutt-
k
Konigdreihen. 4()3
gen Bicb loit den Omen» die in den verschiedenen Naturreichen
der Erde zu beobachten sind, '.lud es findet »ich auch mitunter ein
Tiresias, dem neine Ohren genugsam gereinigt sind, um die
Sprache der Vögel zu versteheni
Der Mahayasuen zählt in 7 Berechnungen :
5000 — 9000 — 10,000 — 10,000 - 21,000 — 30,000 —
40,000, zusammen 125,000 Könige,
und in 2 Berechnungen :
150,000 — 00,000 - 70,000 - - 80,000 — 90,000 -^ 20,000 —
10,000 — 50,000 — 57,000, zusammen 587,000 Könige auf.
Sonst werden im Ganzen ron Mahasamata bis Gautama
334,5ü9 Könige gezählt. £s ist der Stolz der FUrsten-Familien
in den Königreichen Hinter-Indiens, ihre Dynastie an die Reihe
der Mahathammada s (der grosse Gesetzgeber) oder Mahasama-
ta's (der einstimmig Erwählte) anzuknüpfen , und in ihren Ge-
schichten sucht man diese Verbindung oft durch die complicir-
testen Abenteuer zu ermöglichen.
Während bei den Buddhisten nach dem Genuss des Sa-
leh*) der in den späteren Repräsentationen des Asoka wieder
erscheinende Mahathammada**) gleich dem medischen Dejoces
als König erwählt wird, tritt im Dabistan, König Mahabad
*) Uieser in ülntcrindicn mythische Reib liegt in dem Namen dos Salivahana
oder (palivahana. Der Name, den Bud<iha*s Vater fuhrt, wird vielfach crkhirt
als der von reiner Speise GcDÜhrte.
•) The history repre»ents kingMaha-tha-ma-dä as rei^ning for an athen-khye,
being a period represented by a unit and ono hnndred and forty cypherH. He
had twenty-eight snccessors who reigned in tho countries of Malla and Kotha wat-
tee, The nejKt dynasty which numbered tifty-»ix kings reigned in Ayooz-sa-poora.
The ncxt of sixty kingb reigned in Bara-ua-tba or Benares. Thcn eighty-four
thousand kings reigned in Kap-pi-la, the native comitry of Gautama, in distant after
times. Next thirty-six kinga reigned in Hat-ti-poora. Numerous other dynasties
are mentioned which are represented as established in various countries of India,
and as lasting for many roillions of years. The first king after Maha-tha-ma-da
whose history is broaght in as directly connected with subsequent cvents, is
Ank-küi-kareet king of Bara-na thoe or Beuares (nach Phayre).
26*
404 Schwegyin und Sittang-myo.
(von Troyer erklärt als Mababodhi, a great deified teaeber)
mit seiner Frau als das aus der grossen Periode allein
Übrig gebliebene Paar auf, während das schöpferische Princip in
Azad Bahman (the first intelligence) gelegt wird. Bei der Ein-
theiluug in die vier Kasten (liirbed oder Mobed, Chatranian oder
Chatri, Bas und Lud) wird die erste auch die der Binuan oder
Birniun genannt, that is, they resscmble the Bariniau or supreme
beiugs, the cxalted angels. Der dem jetzigen Cyclus vor-
stehende Mahabad heisst bei den Yazdaniern das Feuer derWeis-
heit (Azar Huschang). Firdusi setzt llusehang 3499 a. d. Der
Gründer der späteren Abadier und Azar-Iiushanier-Secte war Azar
Kaivan. Den tellurischen Manwantara in Lu-pieh oder Mann-
heim, dem Ijande der Söhne des Mannus (dem erdgeboreuen
Tuisco entsprossen), entsprechen die kosmischen Gyelusperioden
der Buddhen.
Das in Fragen und Antwort geschriebene Buch Mahosatba
wurde von Shiu llasebyagara verfasst. Die Kabyikyaukza wurde
von den beiden gelehrten Mihichen Bamaetzatausaleiu und Bamieil-
tzatausalein erfunden und kam nach Ava, als Schinsobuh, Tochter
des Taleinkönigs Yasaderit, dorthin geführt wurde. Die alten Bücher
derAVirni^^ayamakasan wurden durch Minlekvaesundaya geschrie-
ben. Das Dat-kyam-za genannte Buch unterrichtet über die Ele-
mente (Dat). Die Grund-Elemente werden als die Mahabuta zu-
sammcngefasst oder als Mahabhut lae pa, nämlich Pathavimaha-
bhut oder Element der Erde (mit der Katamukkhamvre iden-
tisch) , Abaumahabhut oder Wasser (mit der Putimukkhamvre
identisch), Tejaumahabhut oder Feuer (mit der Aggimukkhamvre
oder feuergesichtigen Schlange identisdi) und Vahaumahabhut
oder Luft (mit der Satthamukkhamvre oder siebengesiphtigen
Schlange identisch). Andere zählen fünf, als Piücamahabhut,
Raum oder Aether zufügend. Die verschiedene Schärfe der
Verstandesauffassuug wird in dem Gleichniss eines Geldstücks
zusammengestellt, von dem der Bauer nur die steinartige
Schwere bemerkt , das der Bürger durch die Vinyana als edles
Metall erkennt, während erst der wohlbewanderte Kaufmann,
gleich der Alles erforschenden Panja, genau den Werth der
Leideoschaften. 4Q5
Münze unterscheidet. Zu den fünfThoren der Sinne, wird als
sechstes das Mano-dvara hinzugefügt. Kapila nennt Manas das
Ur-Krzeugniss, als Mahat, aus dessen Verursachung die Buddhi
hervorgeht. Zwischen den äussern und inneru Yatana findet noth-
wendige Verknüpfung statt, ähnliclider Vyapti (Durchdringung)
der Bhasha Parichcheda. Während sich die Vinia oder Tinia nur
mit weltlichen Dingen befasst, bezieht sich die Panya oder Nyan auf
Kenntniss des Nibpan. Panya ist der absolute Gegensatz der Avi-
dya. Als Behausung der ViAüa bezeichnet Ayatana die 6 Sinne oder
AJMttikayatana, nämlich Öekkhuyatana (im Sehen), Sautayatana
(im Hören), Ganayatana (iniKiechen), Jihvayatana (im Schmecken),
Kayayatana (im Fühleil) und Manayatana (im Denken). Als
Akraui'i begreift Ayatana die Vinnah-ih-mvelyaura (die Genuss-
gegenstände der Viiina) oder die Kyeki^aya (der Weideplätze)
in den Baharayatana, als Rupayatana, Saddayatana, Gandhayata-
na, Basayatana, Phautappayatana und Dhammayatana. Nach dem
Karmika muss der Öetasik zur That geworden sein, um Kamma
zu erzeugen, während sonst schon der aufsteigende Gedanke die
Sünde begründet, wie Poiret aus chinesischer Philosophie citirt.
La moindre pensee du coeur humain, qui n'est pas conforme ä la
raison, qui lui a ^t6 donnee par le cicl, est vicieuse. Mit den vier
Dukkhasii^a, den vier SamudijaMc^a und den vier Meggasit^'^a,
bilden die vier Niraudasiö^a die 16 Si<Va und diese Niraudasi^^a
lae pa zerfallen dann in NisaraQatha, Vivaegattha, Asinkhatattha
und Amatattha, d. h. die Natureigenschaft, sich aus den Leiden-
schaften (Kilesa) zu erheben, davon befreit zu werden und nicht
mehr zu sterben.
Der Kilesa (Leidenschaften oder Laster) werden zehn unter-
schieden, als Arten: Loba (Gier), Dosa(Zorn), Moha (Stupidität),
Mana (Stolz;, Difi (Ketzerei), VicMkii^ja (Scepticismus), Thina
(Respectwidrigkeit), Uddhal^^a (Zerstreutheit), Ahirika (Scham-
losigkeit), Anauttappa (Hartherzigkeit). Von Parinibpan giebt
es drei Arten, das Kilesa-parinibpau , Khanda-parinibpan und
Dhatu-parinibpan. Die Agati (lae pa) oder Abfälle werden ver-
ursacht durch Selbstsucht (Andagati), Böswilligkeit (Dosagati),
Dummheit (Mohagati) und Angst (Bayagati). Das Kusalakamma
406 ^crliwef^yin und Kittang-myti.
patha tura («hiK zum guten Gesi'ihick führende Genetz) zerfüllt in
die 10 Tugenden: Dann, Öila, Kavana, Pajayana» Veyiavi«V*a,
Fattidana, I*attanuin(»dana, Dlianuiiabavana, Dhanmiada^ana und
Ditilekaninia.
Uober das in letzter Zeit nielirfaeli be«i)rochene Nirwana
moclite ich noch im Allgemeinen die Bemerkung beifligen, das»
eH ziemlieh nutzlos int, 8ieh über den Sinn abzumühen, den die
Buddhisten nach populHrer AutTassung in dieses Wort legen. Ich
habe in meinen OcsprHchen mit den Aebten birmanischer und
sifiniesischerKlöstcr, mit japanischen Mönchen und mongolischen
Tiama's ebenso viele verschiedene Erklärungen erhalten, wie sich
über die letzten Begritfe in allen Keligionen finden mUssen und
wie sich von der hC^chsten Mukti im Pantheismus bis zu einer in
den Wolken gelegenen 8tadt Nirwana (MyangNibpan) überhaupt
finden können. Wer wollte eine Uebereinfitimmuiig in die Man-
nigfaltigkeit christlicher Beschreibungen vom künftigen Leben
bringen, wo der fleissige Kirchen^lnger die Seligkeit in ein
ewiges Psalmen-Singen setzt, ein Anderer auf das Schauen der
Göttlichkeit iiofft und bescheidenere Ansprüche sich mit dem von
l^etrus geöffneten 'i'hor begnügen? Die Buddhisten haben in ihren
2(> Himmeln eine Auswahl von jeder Art der Seligkeit, die dem
Geschmacke verschiedener (Constitutionen am meisten conveniren
sollten. Sie mr)gen sich gleich den Äsen in Walhalla in Chor-
musda's Palaste des Waffenhandwerks freuen, oder wenigstens
(da bei den südlichen Buddhisten der Himmel der Dreiund-
dreissig etwas mrmclüsch geworden ist) an den Höfen der vier
Malia-Uajas (Ohatu niaharaxika thevada oder Chatur maharadjn
kayikas). Sie finden die mohamedanischen Freuden derHouris
in Tushita oder in noch vollerem Masse in Mara's Paranirmita
Va(;avartin (Paranimita Vasavatti), und obwohl die Ascetiker der
Palitexte, die die Ehen dort geändert haben, für sinnliehe Ge-
nüsse nach Siva's Kailasa verweisen, so beschreiben dagegen
die Sanscritiker das glückliche Westreieh Amitabha's in Suka-
Nirwana. 407
vadi sogar als letztes und höchstes Ziel. Dann für die mannig-
faltigen Arten der Mystik und Extase können allen Bedürfnissen
derDbyanas in den einzelnen der IGBrahnia-IIiinmel genügt wer-
den und eine allzu transccndental fortgesetzte Meditation fttbi-t so-
gar über die richtige Grenze der Speculation hinaus, in die vier Aru-
pa-Welten, von wo eine neue Kückkehr in die Welt der Sansara
nöthig wird, um das gestörte Ebenmass herzustellen. Nun, alle
diese idealistischen Phantasiegebilde der Sinnlichkeit, der ( -on-
templation und der Metaphysik haben in dem (vielmehr den Cha-
rakter der Philosophie, als einer Religion tragenden) Buddhismus
Nichts mit dem zu thun, Wias die Annihilation im Nirwana ge-
nannt ist, als ob sich ein Nichts denken Hesse. Ein Nichts, das
sich denkt, ist das All, denn nach psychologischen Gesetzen kann
ein Nichtsein nur in relativen Verhältnissen verst^mden werden.
Das buddhistische System ist auch viel zu logisch in einander
gearbeitet, um sich mit solch undenkbaren Problemen abzugeben,
und um keine falschen Vorstellungen zu erzeugen, umhüllen
seine Lehrer den letzten Urgrund mit einer möglichsten Tnlie-
stimmtbeit des Ausdruckes. Sie denken, wie Scotus Erigena:
Omnia, quae corporeasensui vel intelligentiae perceptioni succuni-
bunt, posse rationabiliter diciesse, eavero, quae per excellentiam
suae naturae non solum tdr^i' i. e. omnem sensum vel etiam in-
tellectum rationemque fugiunt, jure videri non esse.
Im Gegensatz zur buddhistischen Welt der Maya constituirt das
Nirwana, gleich dem-neuplatonischen Hyperon, eben das wirkliche
Sein, das eigentliche '„ Ding au sich **. Es ist die völlig neue Existenz
des Jenseits, die in keiner Weise mit der vorigen verglichen, in
keiner Weise aus ihr begriften werden kann. Die Brücke des
Zusammenhangs ist abgebrochen, und was ausgeblasen wird, ist
eben die Verknüpfung. Alles, stirbt im Dunkel der Sunya hin,
aber es erscheint nur dunkel und schwarz dem irdischen Auge,
dessen eigenes schwaches Licht vor dem blendenden Weiss jenes
Glanzes in Blindheit erlischt. Sollten wir das hohle Nirwana
mit dem positiven Wissen unserer naturwissenschaftlichen Aus-
drucksweise ausfüllen, so würde es sich in unsere Harmonie des
Kosmos verwandeln. Obwohl die, durch die Schöpfung Adi-
408 öchwojryiii und Sittaiif^-myo.
BucUllia's bei den Aisvarik.V« becinflussten Systeme gern den
Buddlia zur Hauptperson der Trinität machen, anmassende
Priesterherr8chaft »ogar zuweilen die Sangha, so begründet sich
doch die Wesenheit des Buddhismus, als erstes und letztes Prin-
cip, auf die Dliamma oder das allgemeine Gesetz, nicht nur das
Moralgesetz, sondern das auch dieses begreifende Weltgesetz,
oder die im Verständniss der Buddhi harnfonisch zusammenwir-
kenden Gesetze des Alles, wie es sich am bestimmtesten bei den
Svambhavikas ausgesprochen findet, die alles Entstehen auf die
der Natur*) innewohnende Energie zurllckführen und: Dharanät-
maka iti Dliarma. Auch die Buddhisten suchen die in der rast-
losen Thätigkeit der Entwickelung gestörte Ruhe wieder herzu-
stellen, aber sie kehren in apathischer Negation zu der Ruhe des
ersten Anfangs, im Nichtentfaltcten, zurück, und versinken in
den Urgrund des Bytlios, während unsere Naturwissenschaften
sich zu der Ruhe der letzten ErfllUung hindurchzuarbeiten
suchen.
Die Vermeidung jeder begreifliaren Vorstell ungs weise in dem
Ausdrucke Nirwana zeugt nur von dem tief philosophischen Geiste,
der den Buddhismus durchweht. Beim Denken innerhalb der
Grenzen von Raum und Zeit krmnen und müssen festum-
schriebene Begriffe gcl)ildet werden, genau und bestimmt genug
formulirt, um die Probe geometrischer Sätze zu bestehen. Das
Jenseits derselben kann sich aber nur aus dem organischen Ge*
setze der dahin führenden Entwicklung verstehen, und muss wie
in der höheren Mathematik, aus den Formeln der unendlich fort-
schreitenden Reihen berechnet werden. Der Sinn, den derEigen-
thümlichkeit ihrer Philosopheme nach die Buddhisten mit dem
Nirwana verbinden, kann daher nur als Resultat aus der kritischen
Darlegung ihres psychologischen Systems folgen, das als Ganzes
zusammengearbeitet werden muss.
Die buddhistische Psychologie hält sich von einem anderen
*) Auch die Mulnuiuli »ctzt das Gesetz der P^ntwieklnn^jr als das Erste, wo-
zu MaHon bemerkt : The Pali word is Miava, sometiines rendered natui^, but tbe
vernacular translation h like my Kn(rli!$li reiiderin^^ (Inw of progress).
Diplome. 409
Fehler frei, in den verwandte Pliilosophiecn nur zu gewöhnlicb
gefallen sind, indem sie ein dialektisches Rechnen mit den Aus-
drücken der Ewigkeit und Unendlichkeit vermeidet, die, wie in
der Arithmetik die Null, das Grosse wie das Kleine zu demselben
Nichts reducircu. Sie sucht die Ewigkeit zu zählen, die Unend-
lichkeit zu messen, was allerdings für sie ein kindisches Be-
mühen bleibt und nur zu jenen sinn- und bedeutungslosen
Zahlenanhäufungen geführt hat, mit denen die buddhistischen
Bücher strotzen. Das Priucip indess ist ein richtiges und acht
logisch gedachtes ; es bleibt im Buddhismus nur deshalb ein re-
sultatloses, weil das Substratum fehlt, auf das gestützt, unsere
Astronomen und Geologen durch, dem directenVerständniss gleich
unbegreifl)are, Ziffern den Organismus des Kosmos aufklären und
der Forschung neue Bahnen in den Gesetzen der Zahlenstiitistik
öffnen.
Auch nach Schwegyin hatte ein Pungyi aus Molmein die
Ketzerei getragen und war Hader und Zwist in die sonst in un-
gest<)rter Stille das Nibpan vorschmeckende Brüderechaft ge-
fahren, seit der Abt des Klosters Taunbain sich von der Anerken-
nung des Zeadau (Bischofs) losgesagt. Alle hohen Häupter der
Priesterschaft erschienen zu feierlicher Demonstration bei Ca-
pitain Watson, der mich davon benachrichtigt hatte, um das Ver-
gnügen und die Ehre ihres Besuches zu theilen. Wir bemühten
uns nach Kräften ein gelehrtes Gespräch zu unterhalten, und da
auf die Accreditive angespielt wurde, so konnten wir die Diplome
des Monarchen des Zaddan-Elephanten und der Shakya-Wafle
examiniren, durchweiche der ehrwürdige Shin-walinga (sothaner
Herr mit kahlem Kopfe vor uns) erst, nach genügend bestandener
Examination, zum Puggoh (Abt) und dann zum Gein (Bischof)
ernannt worden war, mit der Jurisdiction über sämmtliche Mönche
in den Klöstern der Districtc Schwegyin und Sittang. Dieser
Priesterstreit wurde dem nach Schwegyin kommenden Oberst
Ryan vorgelegt, dessen Gemahlin für ihr Zeichentalcnt ein in-
teressantes Feld inAssam gefimden hatte und mir einige Skizzen
410 Schwogyin und Sittang-inyo.
dortiger Natioualitäten zeigte. Aus einer damals von dem Bischof
mit der Regierung geführten Correnpondenz tibersetzte ich einen
Heiner Briefe, worin er sich über den abtrünnigen Pungyi lutada
beklagt und unter Anderm sagt: „Nach dem Gesetze der Vinya,
die des Herreu Willen ausdrückt, muss Jedermann dem Bischof
und seinen Priestern Ehrfurcht bezeigen : ihnen sind demUthige
Opfergaben darzubringen ; aber einen hinterlistigen Priester,
einen Abgefallenen zu verehren, das ist des Herrn Wille nicht,
das ist dem Gesetze der Vinya entgegen. Wer ihm sich beugt,
thut es in Sünden, Begen wird ihm daraus keiner erwachsen."
Das uuteu beigefügte Datum war 1224 an dem 12. Tage des
wachsenden Mondes im Wagoung. Er hatte schon früher dem
Anstifter der Ketzerei, der sich damals noch nicht losgesagt
hatte, die bei Pungyi's gebräuchliche Strafe zudictirt, auf den
Kirchhöfen zu wachen; aber derselbe war nach einem am meisten
von Tigern iufestirten Thcile des Jungle gezogen und hatte dort
unbelästigt gelebt, indem die Raubthiere ihm nicht schadeten,
und nur herbeikamen, an ihm herumzuschnüfteln. Natürlich witter-
tun nun auch die sanfteren Frommen den Geruch der Heiligkeit.
Marini bemerkt bei einem Talapoin der Laos, dass, als der König
ihm zur Unschuldsprobe, um sich von einer Klage zu reinigen,
einen Aufenthalt in den Wäldern anwies, er durch versteckte
Sclaven die Raubthiere fern halten und verscheuchen Hess.
Nach dem Suttauipatii hatte der unter 8aka-Bäumen lebende Ka-
pila durch dieBhummajala genannte Kunst den Platz ausersehen,
auf welchem die Schweine und die Rehe l^öwen und Tiger
schreckten und in die Flucht schlugen, sowie Mäuse und Frösche
die Schlangen (s. Weber).
Capitain Watson verbrachte die Regenzeit in Schwegyin,
aber in den trockenen Monaten hielt er sich in Papakyi und den
umliegenden Forts auf, um den in der letzten Zeit etwas beun-
ruhigten District zu überwachen. Im Jahre 1857 kam ein be-
kehrter Karen aus der Mission in Bassein nach den Dörfern am
Yunsalen und gewann durch die vorgebliche Kenntniss der Gold-
macherkunst und verschiedene kleine TaschenspielerkunststUcke
einen solchen Eiufiuss unter seinen Laudsleuten, dass sie in ihm
Der Prätendent. 411
ihren verheisHenen Messias sahen, von dem die Eroberung der Welt
vorherverklludet war, und den Steuereinnehmern Zahlung verwei-
gerten. In der trockenen Jahreszeit war es den Truppen leioht, das
Land in Gehorsam zu halten; während der nassen gestattete aber
die Ungesuudheit kein Verbleibeni Der Miug-Loung oder König
der Karen setzte sich zugleich in Verbindung mit den Karennih
und Sehan, die er mit einem beabsichtigten Angriff der Engländer
zu alarmiren suchte. Die dadurch herbeigezogenen Räuberban-
den fielen indess zunächst über die Dörfer ihrer Alliirten her, so
dasB die meisten der Karen sich nach den Engländern zurftck-
sehnten, und da diese zugleich eine systematische Kriegsftihrung
begannen, so sah sich derMin-Loung bald gezwungen, nach dem
andern Ufer desSalvvehn zu entfliehen. Von dort pflegte er noch
mitunter Proi^lamationen hcrübei*zusenden, mit baldigem Angriff
drohend und Unterwerfung verlangend.
Ueber die Karen seines Districtes machte mir Capitain Wat-
son noch die folgenden Mittheilungen:
In jedem Dorfe der Karen (im Yunsnlcn-District), welche
zu den Sgau gehören, ist ein Zokay, in dessen Familie das Amt
eines Vorstehers erblich ist, und so oft es dem unter britischen
Behörden stehenden Volke überlassen wird, ihren eigenen Häupt-
ling zu wählen, ernennen sie ihn aus jenem Stamme. Aus seiner
Wurde erwächst ihm kein anderer Vortheil, als dass er die Feld-
arbeit nicht selbst zu verrichten, sondern sie nur zu leiten braucht.
Die Karen verbrennen die Junglen am Ende jedes Jahres (im
April) an den Abhängen der Berge und pflanzen Paddy, wenn
der erste Regen gefallen ist. Nach der Ernte (im September)
lassen sie den Boden sieben Jahre lang brach liegen, da erst nach
dieser Zeit die neu herauwachsendeu Jungle durch Verbren-
Hcrt genug Dünger geben. In den Ebenen kann der Boden jedes
Jahr für Reis bebaut werden, aber auf den steilen Hügeln, wo
der Regen die fruchtbaren Schichten immer wieder wegspült,
ist der Reisbau ein zu unsicheres Geschäft, während Thee- oder
Kaffeepflanzungen sehr wahrscheinlich Erfolg haben würden.
Wenn die Karen die Jungle zu lange vor dem Regen ver-
brennen, wird die Asche zu trocken und vom Winde wegge-
412 Scbwegsrin «nd HitUuig-Myo.
weht; warten nie aber, bis Kegen gefallen ist, so werden die
Pflanzen feucht und wollen nicht brennen, und in beiden Fällen
niu88 Missernte erfolgen. Im I^aufe dreier Jahre haben die Dorf-
bewohner gewöhnlich das Bebauen des geeigneten Landes um
ihre Wohnungen vollendet, und senden nun ihre alten Männer
aus, um eine neue Gegend zu erforschen. Jeder derselben bringt
eine Handvoll des Bodens mit zurück, welcher ihm zur Auswahl
geeignet scheint, und Jeder legt die mitgebrachte Erde unter
seinen PfUhl, um auf einen günstigen Traum zu warten. Den
nächsten Morgen vergleichen sie ihre Träume, und der gün-
stigste Traum bestimmt die Richtung, nach welcher das Dorf zu
verlegen ist. Lüsst keiner der Träume eine passende Auslegung
zu, so setzen sich die Pioniere nieder, um gemeinschaftlich ein
Huhn zu essen, dessen Knochen sodann zerbrochen -und in einen
Korb gelegt werden, aus welchem Jeder ein StUck herausnimmt.
Derjenige, welcher das längste StUck findet, wird fUr den Mann
gehalten, welcher die Leute zu dem von ihm erforschten Platze
zu fuhren hat. Dann wird das Dorf abgebrochen und all das
Volk zieht zusammen aus, um die Jungle unter der Aufsicht
des Vorstehers zu lichten, welcher die nöthige Anleitung giebt
und Jedem seine Arbeit anweist. Das Ernten geschieht vermit-
telst einer kleinen Sichel, ähnlich derjenigen, deren sich die
Heuschuitter bedienen, und der Reis wird dann auf einer grossen
Matte mit einem Dreschflegel ausgedroschen oder von Ochsen
ausgetreten. Diese Dorfwanderungen finden gewöhnlich strom-
auf oder stromabwärts statt, und das Dorf erhält meistens seineu
Manien von diesem Strome. In glücklichen Zeiten wissen diese
Karen nichts von Verehrung höherer Wesen; kommt dagegen
Unglück über sie, so suchen sie sich zwei Nats dadurch geneigt
zu machen, dass sie ihnen I^bensmittel vorsetzen; es sind: der
Nat der Jungle, für welchen in den Zeiten öffentlicher Be-
drängnisse , wie z. B. Hungersnoth u. s. w. , eine kleine Hütte
im Walde erbaut wird, und der Haus-Nat, dessen Hütte man in
Krankheitsfällen in der Nähe der Wohnung aufstellt Das Fa-
milienhaupt leitet die religiösen Verrichtungen für die Verehrung
Die Karen am Yansalen. 413
der Manen *). Die Leichname werden meist begraben und die
Knochen n<ichher mit Juwelen und anderweitigem Eigenthum
auf dem Gipfel eines der geweihten HUgel niedergelegt. Dies
sind die sogenannten Knochen-Hügel, deren es in dem District
mehrere giebt. Die Kleidung dieser Karen besteht aus einem
langen, bis an die Kniee herabreiehenden Kittel oder Hemd, wel-
ches sie gleich einem Poncho mit Aermeln über den Kopf ziehen.
Sie bauen ihre Baumwolle selbst, um Zeuge daraus zu weben.
Wintervorräthe sind gekochter Reis mit Chilly, mitunter noch
durch Ngapie gewürzt. Bei festlichen Gelegenheiten bereiten sie
einen Liqueur aus Gauniin (der glutinöse Reis). Die Junglen
verschaffen ihnen ausserdem mannigfaltige Vegetabilien. Nach
Brown ist die Sprache der Karen den Dialecten der Nagas und
verschiedener Hügelstämme Assam's verwandt.
Wenn die Karen pflanzen, graben sie mit einem Stocke**)
Löcher und legen in jedes ein paar Samenkörner. Bei den Bir-
manen ist häuflg die Verpflanzung des Reis in Gebrauch aus den
in der Nähe der Wohnung angelegten Mistbeeten , wie auch in
Indien. „Man trägt das Korn vorsichtig nach dem Orte seiner Be-
stimmung und pflanzt dort die jungen Halme in Reihen, indem
ihnen um die Wurzeln herum ein Druck gegeben wird, nach der
Richtung zu, von welcher der Wind vorherrschend bläst" (s. Cap-
per). Der Reis giebt im Norden 15 — 20fältig, in den nassen
*) Die Kaff^rn lassen in ihrer Schlachtlinie einen Platz frei, worin die Ter-
storbenen Ahnen als Heroen eintreten, nm mitzul^ämpfen, und Mason bemerkt :
The Harens beüeve, that the spirits of the dead are ever abroad on earth.
,,ChUdren and grandchildren (said the Kldcrs), the dead arc aniong ns. Kothing
separates ns from them, but a white veil. They are here, but we sce them not**.
Other genera of spiritnal beings are supposed to dweU also on earth and a few
gifted ones, have eyes to see into the spiritnal world and power to hold converse
with particolar spirits.
**) Gross bemerkt, dass ein von Norden eingewanderter Karen den Pflug
Thai genannt habe , während dieses Wort und das Werkzeug selbst den Karen
in Tavoy unbekannt gewesen , bei denen die von ihnen gebrauchte Egge Kräh
heisst. Nach Mason besitzen die Karen eine Tradition , dass sie auf ihrem Wege
nach Süden durch das Gebiet vonZimmay gezogen seien, ehe sich die Schan dort
angesiedelt hatten.
414 Sohwegyiu und Sittaug-myo.
Niederungen des Süden» 50—60. Ausser der nattirlicbeaUeber-
Bchweuimuug werden für den IteUbau auch noeli die aiugi*euzeu-
den Ebenen bewässert, indem die Arbeiter mit tiacbeu und (Hrbt-
geiirnissten Kürben, die an einem Gerüst herabbängen, das
Wasser beim höchsten Staude in ein daneben ausgehöhltes Ke-
servoir werfen und dann nach Kedürfniss weiter leiten.
Einige junge Karen, die aus der aracanisehen Mission durch-
reisten, um Lehrerstellen in den Dörfern des Youral-Distrietes
zu übernehmen , besuchten mich während ihres Aufenthaltes in
Sehwegyin und gaben mir Gelegenheit zu folgenden Notizen;
Die birmanischen Knren in llenzada verehren zwei Nats, Tableh
und Urgah , von denen der erste in schweren Krankheiten , der
letztere in Fällen leichten Unwohlseins angerufen wird. Sie
l auen für dieselben kleine Hüttchen neben dem Kopfende des
Bettes und legen ihre Opfergaben dort hinein. Die indem Jungle
lebenden Tazeits (Gespenster) werden Tatachha geminut, neben
anderen Arten, die sich in den Wildernissen*) umhertreiben.
*) A Karen told my nssistaut (he profes^ed to believe in Christianity, bnt
was not ii ineml>er of the church) , tliat wheu going to Mathali on a cert^in oeca-
sioD, he saw on the way a coinpany of evil spiritd, cncanipcd in booth» (bemerkt
Mation). The ncxt year, wheii he pnnsed the jjniiie way, ho fomul the}' h;ul biiUt
a villajje at their former encaiiipiiH'nt. The}' had a chief over theni and he had
built a houpe, larjrer than the re»t, preeiselyon the model of the teachers without,
but within divided by seven white curtains into as mauy apartments. Ihe whole
village was eneirded by a cheval de frise of dead meu's bonos. -At auother tiiue
he t>aw an evil spirit, tiiat had built a dwcUini; near the chapel at Matah and was
engaged with a Company of depeudents in plantiug pointed rttakes of dead inen's
bones all aroiind it. The man called ont to the spirit: „What do you mean by
setting down so niany stakes here?** The spirit was silent, bnt hc made bis follo-
wers pull up a part of the stakes. Anothor individual had a familiär spirit that he
consulted, bat on becoiuiug converted to Christianity, he held no more couimani-
cation. Deing baptized, he rcmoved to a distuut villagc, whcre he could not
attend the serviees of the »Sabbath and it was soon reported, that he had comroii-
nications again. The man told a native preacher, hc heard the voice which had
conversed with him formerly, but it spoke very differently, its language being-
exceedingly pleasing to hear and prodncing great brokencss X>t beart. It said :
»Lovo each other. Act righteously, act uprightly ! ** with other such exhortatious,
üb he had heaid from the teacherb. An .'labistant being placed near him, the spirit
Dm Knochenloosen. 415
Nach dem Verbrennen der Leicbe werden die Enocbenreste nach
dem Hause gebracht und dort mit Opfergaben überdeckt, damit
sich die Tazeit nach dem Jungle zurückziehen und die Gebeine
atif dem Friedhof beigesetzt werden können. Die Talein-Karen
in Henzada nennen die Natfeste, wodurch sie den Chlein ge-
nannten Dämon bewirthen, Paley-a-chein. In früherer Zeit
pflegten die Karen in Henzada die Todten zu begraben y später
aber fingen sie an , dieselben zu verbrennen , dem birmanischen
Gebrauche folgend , wie sie auch ihre einheimischen Traditionen •
über die Erschaffung der Welt durch die birmanischen Theorieen
der Kambas substituiren. Eine beliebte Art, das Schicksal zu be-
fragen, bei den Karen ist das Loosen durch zwei HUhnerknochen,
von denen sie das eine Miammauarih und das andere Kalanarih
nennen. Findet sich das schmale Löchelchen in dem Miamma-
uarih höher gestellt, als in dem Kalanarih, so entscheidet das fUr
Ausführung des Entschlusses, während das Gegentheil negiren
würde.
Als Joah die Erde schuf, nahm er drei Hände voll Erde
und warf sie um sich, aus der einen die Birmanen, aus der
zweiten die Karen , aus der dritten die Kala hervorrufend. Da
die Karen viel mehr Lärm machten, als alle die andern zusammen,
so glaubte Gott, dass ihrer verhältuissmässig zu Viele wären, und
warf noch eine halbe Hand voll Erde den Birmanen hinzu. Aber
dadurch gewannen diese so sehr das Uebergewicht, dass sie bald
anfingen die Karen zu unterdrücken. Im Ganzen folgen die Karen
der Ansicht der Abiponen, die sich selbst für die Lieblingssöhne
ihres Aharaigichi o4er Groaperikie (Grossvater) halten , obwohl
sie auch den Spaniern erlauben , von ihm geschaffen zu sein. In
left him for ever. While preaching in a (prave near a viUatre of heathen Pwos a
man feU down (in an epileptic fit) , his faniiUar spirit having oome over him tb
forbid all the people to Usten to nie, for I preached falsehood. I hcard him sing
out his denunciations against those that shonld receive the gospel, like one frantic,
while bis wife stood over him with a light, for it was said, hc wouhl die without
one. Tbc man, being snbsequently converted, told me, he could not account for
his former exercises, bat that it certainly appeared to him as If a spirit spoke
and he mnst teil what was commnnicated.
4*16 Schwegjin und Sittanfr-inyo.
Krankheitsfallen stellen die Karen Speise für ihren Dämon Muehhah
hin und laden ihn zum Mahle ein. In Mukoh, dem Götterhimmel
(Nat-pyi oder Land der Nat) lebt Mukohboh , und damit den Ab-
geschiedenen das Thor geöffnet wird, bringen die Karen werth-
volle Gegenstände ihres Eigenthums nach dem Knochenberge
(Ajo-taun) Paloh , wenn sie dort nach dem Verbrennen die Ge-
beine niederlegen. Sollten Knochen verloren gehen, oder wie
die Säkalya's geraubt werden, würde es, wie von den Brah-
mana's, für Unglück oder Strafe angesehen werden. In der Hölle
(Nga-yay im Birmanischen) herrscht Kusaetiiko (Nga-yay-mingyi
oder Höllenkönig), der keinen Kopf und nur ein Auge mitten auf
der Brust hat. Der seine Befehle ausführende Diener heisst
Atscheh-abrha nebst anderen helfenden Geistern. Muchhah lebt
auf den Zweigen des Kaniin-Baumes. Bei den NatfeBten ist es
von der höchsten Wichtigkeit, dass kein Versehen gemacht wird,'
weil sonst alle Theilnehmer sterben würden, und darum müssen
die Ta prha oder (im Birmanischen) die Lugyi (die weisen Greise
oder die Grossen) zu Rathe gezogen werden. Nach Gross sind
von den. Nah oderTah-nah, die alle beliebigen Gestalten von
Kröten, Schlangen, Tigern, Schweinen, Hunden u. s. w. annehmen
können, besonders diejenigen gefährlich, die (unter ihrem Ober-
sten Mukaulih) von früheren Zauberern abstimmen (wie die sibi-
risclien Völker vor Allem die Seelen böser Schamanen fürchten).
Der Regimentsarzt, der mich durch die Hospitäler begleitete,
meinte, dass der in Pegu viel verschrieene Gesundheitszustand
Schwegyin's so arg nicht sei , und ebenso gute Chancen böte ge-
sund zu bleiben, wie die übrigen Gamisonsplätze der Nachbar-
schaft. Die Cantonncments liegen freilich auf Hügeln, aber die
eigentliche Stadt war in der Jahreszeit meiner Anwesenheit über-
schwemmt und stand so tief im Wasser, dass man einen grossen
Theil der Strassen mit Böten befuhr, die neben den Häusern an-
gebunden lagen, und sonst nicht hätte vorwärts kommen können.
Die vorwaltenden Krankheiten sind intermittirende Fieber, Dy-
senterie und Ulcer. Eingeweidewürmer (besonders die runden
Lumbricoiden) sind häufig, und das Leiden nimmt oft ein plötz-
liches Ende, indem mit Verschlingung der Eingeweide Koth-
Medicinische SyBteme. 417
brechen und Tod eintritt. Die Poeken werden unter den Ein-
gebornen immer activ gehalten durch Inoculation und es ist
schwierig, sie zur Vaccination zu überreden. Syphilis soll vor
der Etablirung der Regimenter unbekannt gewesen sein , greift
aber jetzt in verderblicher Weise um sich. Lepra bricht dann
und wann unter den Aermeren aus , und zerstört zuerst die klei-
neren Gelenke. Einige frische Fälle von Kropf wichen einer
Jod-Behandlung. Das Opium-Essen unter den Chinesen, sowie
das Bhang-Rauchen unter den Eingebomen Indiens fordert ge-
legentliche Opfer. Ausser dem Militair-Hospital findet sich noch
ein Krankenhaus in der Stadt für die Eingebornen und ein an-
deres im Gefängniss.
Mein birmanischer Zea (Öhaera) zählte mir die verschiedenen
Klassen der nach ihren Functionen benannten Aerzte unter seinen
Landsleuten auf. Ausser dem eigentlichen Öhae-Sama (dem Me-
dicin-Meister) giebt es den Anguttha-Chaera, der nach dem Aus-
sehen der Körpertheile (ingaoderanga)urtheilt, den Dhat-Öhaera,
der seine Mediciuen nach den Elementen des Körpers eintheilt,
den Jauganih-Öhaera, der die durch Hexen verursachten Krank-
heiten heilt, den Kawae - Chaera , der selbst den Kawae, den
Obersten aller Hexenmeister, vertreiben kann, den Bheindho-
Öhaera, der seine Pillen aus Wurzeln, Kräutern und Hölzern
bereitet. Ein guter Arzt muss nicht nur den aufsteigenden Wind*),
den absteigenden Wind, den umgebenden Wind, den athmenden
Wind, den erweichenden Wind (Mantakaphyautogyin), den sehen-
den Wind (Zekku-andanahmietjimyingyin) wohl kennen, sondern
auch die Eintheilung der 96 Leiden (Wedana) nach den 35 Tem-
peramenten, 45 Zufällen, 16 Gefahren und 4 Elementen. Die
Tuhla. genannte Klasse von Krankheiten (meist rheumatischer
Natur) wird in den mittleren Theilen des Körpers ursächlich ge-
isLvM. Der berühmteste Arzt buddhistischer Legende ist Dze-
*) Auf Prana, den in der Atharva Veda die Of^tter verehren, basirt auch
ein grosser Theil des niedicinischen Systems bei denSiamesen. In den den astro-
logischen Einflüssen der Aditya unterworfenen Menschen gehen die Vasavas, als
Feuer. Erde, Atmosphäre u. s. w. ein , sowie die Hauche oder ßudras, die spater
in der l'ersoniflcation Siva's zum Leb^^n deh^ Atliems werden.
BMtian, Oitasien. II. 2 7
418 SchwegjriD und Sittaog-myo.
waka, der einst ein Leibweh Buddlia*s mit dem Geruch dreier
Blumen heilte , die er mit verschiedenen Pulvern bestreut hatte.
Eine Art medicinischer Katechismus ist das in Frage und Antwort
geschriebene Buch Lau-Kyam.
In einem der Klöster sah ich eine ingeniöse M<anier Feuer
zu erzeugen, indem in eine genau gearbeitete Elfenbeinröhre ein
Stöpsel rasch hinuntergestossen wurde, und so unten eingefügte
Baumwolle entzündete. Der alte Herr Abt, der sich sehr be-
haglich fühlte, dass ihm sein Schülerchen jeden Augenblick
Feuer machen konnte, würde dies Kunstwerk nicht gerne weg-
gegeben haben. Nach längeren Erkundigungen in der Stadt fand
ich zuletzt einen Handwerker, der sie zu machen verstehen sollte,
und bestellte ein solches Instrument, um es nach Molmein nach-
geschickt zu erhalten, habe es aber leider nicht mehr em-
pfangen.
Wenn ein Dorf viel von Krankheiten heimgesucht wird , so
malen die Bauern die Figur eines Belu (Ungeheuers) auf einen
Wassertopf, dieser wird dann niedergeschossen oder mit einem
Messer zusammengeschlagen , und am Abend erheben alle einen
furchtbaren Lärm, um den Tohtu fortzutreiben. Wenn es ihnen
nach dreimaliger Wiederholung dieser Ceremonie nicht gelingt,
einen bessern Gesundheitszustand herbeizuführen, so rufen sie
den Pungyi , um in dem Dorfe den Kammawadsa zu lesen , ein
Buch mit den Predigten des Herrn, wodurch derselbe einst aus
dem durch Epidemieen verheerten Lande Wethali die Teufel aus-
trieb. Wenn auch dieses Mittel nicht zum Zwecke fährt» so er-
greift Alles die Flucht, die Kranken und Sterbenden in den Häu-
sern zurücklassend. Die Gesunden zerstreuen sich im Walde, wo
sich Keiner dem Andern nähert, bis sie erst nach längerer Zeit
zurückkehren , den Pungyi das Gesetz (Thara) zu lesen bitten
und dann in dem verlasseneu Dorfe aufs Neue Reis kochen.
Für die Joa-Sha genannte Ceremonie lässt der Kranke ausser-
halb des Dorfes ein Festmahl *) anrichten aus Reis und Fleisch,
*) Von einem ähnlichen Fest bei den Laos sagt Ifarini : Et ponr rendre U
feilte phis solennclie, eomine a'ils voulaieut arre:«ter un essaim des aMUles, ils
fönt im charivary avec des bassins et des ehaudrons de cuivre, jnsqu' a ce qne le
Dorf -Feste. 419
wofür sowohl Hähne, wie Hennen geeehlachtet werden müssen.
Jeder Bewohner des Dorfes nimmt Theil. In der Versammlung
darf Niemand bei seinem eigentlichen Namen gerufen werden und
würde darauf auch nicht hören. Die Eingeladenen geben sich
für Hexen (Dzon) und Teufel (Tazeit) aus. Einige agiren wie
Hunde , indem sie auf Knieen und Ellbogeu umherkriechen und
bellen, andere wie Schweine, mit dem Munde fressend u. s. w.
Der Kranke schickt dann seine Freunde , um die bösen Geister
zu befragen , ob er genesen würde, und erhält eine bejahende
Antwort. Nachdem da&'Mahl beendet ist, rennen alle wie toll in
den Wald hinaus, um die Leip-pja (die Schmetterlingsfliege oder
Lebensfee) des Kranken zu erhaschen*). Sie kehren nach einiger
Zeit zurück und tragen sie in ihren als Bündel aufgeknoteten
Putzo, die über das Haupt des Kranken ausgeschüttet werden.
Solche Jagd wird verschiedene Male wiederholt. Dieses Fest steht
indess nicht in gutem Ruf, und gewissenhafte Bürger vermeiden,
wo möglich , es abzuhalten oder würden sich dessen schämen.
Auch ist es vorgekommen, dass Solche, die zu oft einer Joa-Sha
beigewohnt haben , zuletzt selbst in Wirklichkeit Hexen wurden.
Aehnliche Operationen sind aus Oregon und Madagascar bekannt.
Böse Pungyi's , Maithila's und Podidoes gehen nach ihrem
Tode als Gespenster**) (Tazeit) um, und ihre Gegenwart winl
malade soit hon de danf^er on qQ'il menre. So auch bei Parchas : In Jamahay
or Jaogoma , wben the people be sicke, they make a vow to offer meat unto the
Divell ; if they escape, and wben tbey be recovered , thcy make a banquct with
many pipes and drnmmes and many other inetrnments and dancing all the night.
Tbeir friends bring then presents, cocog, flgges, arecas and other fruits.
*) In the baddhist legends it is stated , that when man was formed a cater-
pUlar or worm was introduced into the body, which after remaining ten lunar
months, brooght forth the living man and bence thereason, whyabatterfly is sup-
posed to leave the body at death (s. Mason).
**) The last Kaja (at Chayanpnr) was destroyed by the imprecations of
Harshu Pangri, his Purohit and the enraged ghost of this Brahman, who died in
sitting Dhnma on the lU^a, is now the chief object of worship in the vidnity.
The priest of this enraged ghost, a Kanoj-Brahroan is now making a eonsiderable
profit, all those in distress and fear flocking to indnce him to make bamt offerings
(Hom). He has of late beon distnrbed by a pretender, who says that he is des-
27*
420 Schwefiyin und Sittang-myo.
erkannt durch das Schütteln der Baumwipfel. Reisende» die sich
aufden von Bäumen beschatteten Sakan (Rastplätzen) aufgehalten
haben, nehmen durch ihre TUcke von dort oft den Keim der
Krankheit' mit. Der von einem Dämon Befallene heisst Nat-teik
(ein vom Nat Geschlagener). Sollte irgend Jemand die Macht
des Hmaun-Zea, der alle Schöpfungen beherrscht, bezweifeln, so
wirkt er ein Wunder zum Zeichen. Er lässt sich einen Topf
bringen, bedeckt denselben mit einem Tuche und murmelt seine
Zauberformeln (Man oder Mantras). Beim Aufdecken findet sich
Reis und Hühnerfleisch darin, von dem die Anwesenden zur vollen
Genüge essen und sich nach Herzenslust sättigen können. Ja,
wenn sie im rechten Glauben davon geniessen, werden sie später
nie wieder hungrig*) werden. Das ist die wahre Magie und ohne
Falsch, die Samami hmau. Nun ist da aber zuweilen ein Dämon
(Nat), der sich darüber ärgert, und es nachmachen will. Er stiehlt
dann das vorbereitete Fleisch aus dem Zaubertopf und quält sich
ab ein Mirakel hervorzubringen. Das kann er zwar nicht, aber
die Ceremonie ist doch dadurch gestört und muss wiederholt
werden. Indess auch der Zea erlaubt sich zuweilen einen
Scherz. So sehen die Zuschauer eine wunderschöne Melone vor
sich, so saftig und reif, dass ihnen das Wasser zwischen den
Zähnen zusammenläuft. Wenn sie aber ein Stück in den Mund
stecken wollen, heissen sie ihren eigenen Finger, wie weiland
die durch Albertus Magnus geneckten Höflinge im heiligen römi-
schen Reich.
Die meisten Regierungsbeamten, und (da diese nicht nur
aus den Intelligenteren ausgewählt werden , sondern auch mehr
Mittel zur Ausbildung haben) auch die besser unterrichteten waren
hier, sowie im Verfolg meiner Reise, nicht sowohl Birmanen, als
cended of the (rhost and Claims a sbare ^Hamilton). Schamanen lassen ttire Grab-
hügel an den Kreuzwegen anfrichten , um die Vorubersiehenden an Opfergaben
zu zwingen.
*) Nach der Satapatha-Brahmana braucht der Agnihotra nur Moiigens und
Abends zu essen , das Darsa pur ^a mäsa-Opfer ernährt für 14 Tage, das ChAtnr^
lUiUya für 4 Mouatt;, das Pa^ubanühu für 6 Monate, das Borna f&r ein Jahr. J>ie
Vai^e-ihikas unterscheiden die Jjotnana in wahre (vidya) und falsohe ( w'vidya).
Die Talein. 421
Talein, da die Engländer vorzugsweise die schon früher in der Pro-
vinz Molmein angestellten bei derOrganisirungBangun's und der
andern im zweiten Kriege abgetretenen Districte verwandten.
Nach Einem derselben wären die Talein unter 17 Häupt-
lingen von Tet, wo sie den Namen Tali geführt, nach Wageru
(in der Nähe Molmein's) gekommen und hätten dort die Toungthu
vorgefunden. Auf Yogelkähnen (Hnet-hlay) schifften sie den
- FIqss hinab (Kaya-miet). Die Gründer Hongsawaddi's lebten
früher inDsauthu, einer Stadt am Pegu-Flusse, die nebst Thatung
damals die einzigen Häfen im Lande waren , indem die See alles
Uebrige bedeckte, Noch in später Zeit diente die Kheik-thjo-
Pagode zum Leuchtthurm , um die Schiffe auf der See zu leiten.
Die Pagode Eheik-that steht über den Knochen des weiblichen
Büffels erbaut, der den ersten König säugte , die Pagode Kheik-
Eighih zwischen Sittang und Schwegyin strahlt durch die Kraft
ihrer Heiligkeit bei Nacht helles Licht aus. Die von den Yun
(Schan oder Siamesen) erbaute Stadt Kyoukno am Sittangflusse
wurde von dem Talein-KOnige Yasadiih zerstört Bei Noatasa's
, Durchzug wurden die Rasteplätze in der Nachbarschaft Thatung's
durch Yansitta erbaut. Bei der englischen Besitzergreifung der
Provinz zogen sich die Prinzen und die hohen Angestellten , die
unter den birmanischen Königen die verschiedenen Districte ver-
waltet hatten, nach der Stadt Beling hin, und suchten die Toung-
thu Thatung's in ihr Interesse zu ziehen , konnten sich aber bei
der feindlichen Stimmung der Talein nicht lange halten, sobald
die englischen Truppen anrückten.
Die Gerichtshöfe in den Centralplätzen der Verwaltung
werden von dem englischen Bevollmächtigten oder seinem
Assessor abgehalten, und einfachere Fälle zunächst von dem
eingeborenen Richter untersucht. Das Verfahren ist noch ein
ziemlich primitives, und kann es bei einer so jungen Coloniekaum
anders sein; doch sind im Allgemeinen die Provinzen Pegu*s unter
ihren in Civilbeamte verkehrten Offfeieren besser daran, als früher
die Länder Vorder-Indiens mit den aus Hailybury geschickten
Treibhauspflanzen , wenn auch bei den diesen Letztern oft in so
vollem Masse gemachten Vorwürfen den Schwierigkeiten der
422 Schwegyin und BittaDg-inyo.
Sachlage nicht genug Rechnung getragen ist. Bis jetzt hat man
sich in Hinterindien vor zu vielfachem Eingreifen bewahrt , und
übereilte Reformen werden immer bei den verwickelten Verhält-
nissen , wie sie mit der Regierung eines neuen Volkes gegeben
sind , Missgriffe zur Folge haben müssen , die gleich denen der
permanenten Einsetzung der Zemindare in Bengalen oder des
Ryotvari-Systems in Madras nachher schwer wieder zu verbessern
sind. Unter den Königen Birma's konnten die Einwohner jeden
Augenblick zu aussergewöhnlichen Leistungen verpflichtet wer-
den, waren aber sonst sich ganz selbst überlassen, und sie haben
deshalb noch jetzt eine Abneigung gegen fest geordnete Einrich-
tungen, da sie erst lernen müssen, dass in gesetzlicher Beschrän-
kung die beste Garantie zur Freiheit liegt, und ihnen als* Ersatz
den sicheren Schutz gegen willkürliche Bedrückungen giebt,
denen sie früher seitens der aus Ava geschickten Beamten nach
Belieben ausgesetzt waren.
Da Moung Schweb , der unerwartet auf dem Markte Schwe-
gyin's seinen Bruder getroffen hatte, den üapitain eines Fluss-
kahnes, mit demselben nach Rangun zum Besuche zurückzukehren ,
wünschte, so avancirte ich den Koch zum Secretair, was seiner
früheren Stellung als Advocat besser entsprach. Für die erledigte
Stelle meldeten sich verschiedene Aspiranten, doch schien keiner
besonders passend. Einer derselben, ein birmanischer Kaufmann,
der sich dreimal ein grosses Vermögen in den Teakwaldungen
erworben und es jedesmal in Molmein verjubelt und verspielt
hatte, konnte mir bei Gelegenheit seiner vriederholten An-
fragen einige Mittheilungen über Manipur machen , das er auf
seinen Reisen besucht hatte. Doch war der Schatz seiner Beob-
achtungen bald erschöpft.
In der damaligen Jahreszeit blieb mir bis Molmein nur der
Wasserweg. Ich hatte bis zur Stadt Sittang dem gleichnamigen
Fluss zu folgen und dann quer über Felder und Wälder nach
dem Salwehn zu schiffen, weil das ganze Land im Wasser stand.
Da auf dieser weiten Wasserfläche nur ein des Weges wohl Kun-
diger sich zurechtzufinden vermag, hatte ich den Sitkay um einen
erfahrenen Bootführer ersucht, und derselbe schickte auch ein
Per Schauftpfeler. 423
Individuum , das seinem alten und verwitterten Aussehen nach
die Reise schon während eines Menschenalters jedes Jahr unter-
nommen haben mochte. Ich dachte so mir einen im Seewesen
ergrauten Capitain erobert zu haben, und empfahl meinem Secre-
tair» mit dem zusammen er ein Haus bewohnte, ihn wohl zu
pflegen und warm zu halten , damit er später fUr die Reise recht
frisch und gesund sei. Da ich mich stets bei Capitain Watson
aufhielt, sah ich Nichts weiter von ihm, bis zum Tage der Abreise.
Ein Polizei boot hatte Depeschen nach Sittang zu bringen und man
erlaubte mir gerne die Mitfahrt, da ich so rascher an Ort und Stelle
anlangen würde. Mein eigenes Boot sollte dann durch meine
Leute nachgebracht werden. Während wir die Sachen zusam-
menpackten und ordneten, erkundigte ich mich nach der Ver-
gangenheit meines Capitains und erfuhr dann erst, etwas zu meiner
Ueberraschung, dass er weiter nichts als ein Schauspieler sei.
Er schien zu einer Theatergesellschaft gehört zu haben, die
in Schwegyin schlechte Geschäfte gemacht hatte, und deren Reste
der Sitkay möglichst loszuwerden suchte, damit sie seine Armen-
kasse nicht belästigten. Da indess in Birma, wie in Russland,
Jeder Alles sein kann, wenn er muss, so schien es ihm auch
wahrscheinlich ganz natürlich, einen Schauspieler zum Lothsen
zu empfehlen, da diese Yagabonden bei ihrem herumwandemden
Leben das Land am besten kennen lernen. Um mich fttr meine
Enttäuschung zu trösten, Hess ich mir die verschiedenen Bühnen-
Charactere vortanzen, von denen ihm der des Belu oder Ogre
besonders glttckte. Er gab mir auch einige Bruchstttcke der ihm
erinnerlichen Dialoge , wie der folgende :
,»Heda, Belu, du Ungeheuer da, mit deinen weissen Zähnen, lang
hervorsteckend, hör' auf meine Worte I Hier auf diesem Erdenkreis
ist unser König, der Eigner von Kleinodien und kostbaren Schätzen,
der höchste Gegenstand der Verehrung. Er gebietet dem Löwen,
wie der Fliege, die Erde zittert vor seinem Befehl. Zu ihm strömen
Bäche des Goldes in Reichthttmern unerschöpflich, der Ruhm seines
liamens durchweht die Weiten der Welt. Sollte er seinen Arm
gegen dich erheben, weh dir. Es wäre geschehen um dich, vor-
bei mit deinem Leben. Doch wenn du dich fein still und ruhig
424 Schwegyin und Sittang-myo.
halten willst, dich beugst und demiithig zur Erde lällst, dann
kannst du vielleicht auf die Gnade hoffen, ihm als unwürdiger
Sclave dienen zu dürfen. "
,,Ha, Menschenkind, Wahnsinn sind deine Worte, erbärm-
licher Wicht I Ich bin es, der Herr dieser Wälder, und unser
Geschlecht herrscht hier, nicht das eure. Der Pfeil meines Bogens
durchschweift, Gehorsjim zwingend, meine Gebiete. Schon bist
du mein Opfer, Vermessener. Wenn die Spitze ihr Ziel durchbohrt
hat, dann schleifen wir deinen Körper, verstümmelt und zerfetzt,
zum Orte der Verwesung.
Die auf der Scene auftretenden Yathay's (Eremiten) spielen
besonders mit Sentenzen, die aus den grammatischen Büchern
genommen sind. Die Hauptstärke der Lu-pieh oder Komiker be-
steht darin, die hochtrabenden Worte der Mingtha und Mingthamih
(Prinzen und Prinzessinnen) zu travestiren, um dadurch das
Lachen des Publikums zu erregen.
Am 9. Augiist verliess ich Schwegyin und kam, nachdem ich
einige der in verwilderten Bananenpflanzungen steckenden Dörfer
berührt hatte, noch denselben Abend spät in Sittang an, dessen
Pagode auf ihrem pittoresken Hügel eben noch durch die Dunkel-
heit zu erkennen war. Bis ich mit meinem Gepäck am Hause
des Capitain Pemberton anlangte, war es Nacht geworden, aber
obwohl in seinem Schlafe gestört, empfing er mich mit englischer
Herzlichkeit und sah selbst, dass ich bequem in seinem Hause
logirt war.
Am andern Morgen machten wir einen Spaziergang im Walde
nach dem sogenannten Kya-kya-tschaun (der Bach des Tiger-
falles), wo ein Tiger hineingefallen und ertrunken sei, und be-
stiegen dann den Pagodenhügel , wo man weit die Ebenen über-
schaut, die der Fluss durchwindet. Der Weg zeigte frische
Tigerspuren. Da mein Wirth sein Amts- und Gerichtszimmer
im Plause hatte, so war während der den ganzen Tag über dauern-
den Geschäftsstunden für mich des Interesses genug in den Ein-
geborenen, die die Höfe und die Corridore füllten.
Nächsten Tages erhielt Capitain Pemberton die Nachricht,
dass eines seiner Pferde von einem Tiger weggeschleppt sei, wie
Der Eid. 425
solche dort überhaupt arg hausten , und noch mehr am unteren
Sittang gegen das Meer zu. EHe Ufer des in seiner Mündung
noch wenig erforschten Sittang sind die ödeste Wildniss, der
Tummelplatz von Elephanten und Tigern, da die periodische
Bore die Schififfahrt im höchsten Grade geßlhrlich und Ansiede-
lung unmöglich macht. Mir wurde von einem Fischer er-
zählt, der ruhig am Bache gesessen und seine Angel hängen
Hess, als er einen Schlag auf die Schulter fühlte. Ihn für den
Bcherz eines Collegen haltend und keine Notiz nehmend , erhielt
er einen zweiten, stärkeren, und als er sich umsah, stand ein
Tiger da, der eben zu einem dritten Schlage ausholte, aber sein
Ziel misste, da der Fischer, schnell wie ein Gredanke, in den
Fluss geglitten war. Doch hätte er dort aus Scylla in Charybdis
fallen können , denn das Wasser ist bei Sittang voll von Croco-
dilen. In dem nahen Wimbedoh wurde ein Boot, mit den Menschen
darin, durch ein solches umgeschmissen. Das siamesische Sprüch-
wort sagt: KhUn bok pa süa long rüa pa chakeh : Beim Aufsteigen
zu Lande den l^ger getroffen , beim Hinabgehen ins Boot das
Crocodil getroffen.
Von einem birmanischen Beamten Hess ich den Eid*) copi-
*) leh werde die Wahrheit reden. Sollte ich nioht die Wahrheit reden , so
mögen die Sonden (als da sind die Leidenschaften , der Zorn , die Thorheit , der
Stolz , die Verkehrtheit , die UnzQchtigkeit , die Hartherzigkeit und der Zweifel)
in den unverbrüchlichen Folgen ineinander geknüpfter Gesetze es durch ihren
Einfluss bewirken , dass ich und mein Geschlecht auf der Erde zn Grunde gehen
mdge durch die Thiere des Landes, darch Tiger , Elephanten , Büffel , giftige
Schlangen. Scorpione, die auf uns einstürmen werden, uns packen und zerreissen,
so dass wir eines schmählichen Todes sterben. Mögen alle die Unglücksfälle, die
ans Feuer, Wasser, Tyrannen, Dieben und Feinden verursacht werden, uns tref-
fen, uns erdrücken und vernichten, so dass wir ganzlich zn Grunde gehen. Mögen
wir allen solchen Leiden unterworfen sein , wie sie im Innern und aussen den
Körper quälen , mögen wir mit Wahnsinn , mit Verstummen , mit Blindheit , mit
Taubheit, mit Aussatz und Hydrophobia geschlagen werden. Mögen Donnerkeile
und Blitzstrahlen uns niederschmettern , so dass ein jäher Tod uns ereilt. In
der Mitte meiner Lügenreden möge ich ergriffen werden, und schwarz coagulirtes
Blut erbrechend , todt niederstürzen vor den Augen des versammelten Volkes.
Wenn ich den Fluss befahre , sollen die bösen Wassergeister mich verfblgen und
meinen Kahn umstürzen , dass mein Elgenthom verloren geht und ich selbst zur
426 Sdiwegyia md Sittiiiff-myo.
reo 9 der «ich in erweiterter Form bei Malcolm findet Capitain
Pemberton zeigte mir einige Curiosa aus seiner officiellen Cor-
respondenz. Das eine war der Bericht eines Hagistrates, anzei-
gend» dass ein Mann seines Bezirkes, der seine Mutter zu tödten
gesucht hatte , von der geöffneten Erde verschlungen sei , ohne
dass es Jemandem möglich gewebten , ihn zu retten. Das andere
^$chreiben kam von einem Pungyi , der der englischen Behörde
berichtete, dass das Kind in dem Leibe eines schwangeren Fisch-
weibes geredet und zu wissen gethan habe, dass es nicht den
gewöhnlichen Weg, sondern aus der Seite geboren zu werden
beabsichtige, ein, wie es seheint, durch Gautama's Präcedenzfall
gerechtfertigtes Vorhaben.
Rente falle den Alligatoren, Pnrpoisen, Haien nnd anderen Unfi^ethümen der tiefen
Hee, die mich In ihren Zähnen zermalmen mö^n. Die Veränderung meiner
Exitttena wiid mich nicht unter Menitcben noch unter Göttern wiedergeboren wer-
den lassen , sondern ich werde ungemildert Strafe und Grauen in dem Uefsten
Kleode erleiden an den Tier Orten der Pein, unter den Höllen, den Prets, den
Bestien und den Asurakay. Wenn Ich aber die Wahrheit rede, dann werde ich
nebst meinem Geschlecht durch die zehn Gesetze des Verdienstes und durch der
Wahrheit wirluame Kraft von allen Leiden und Krankheiten ^befreit bleiben,
von den äusseren nnd inneren des Körpers , und mögen bevorstehende Uebel far
immer von uns abgewehrt bleiben. Mögen die zehn UnglQcksfälle nnd die f6nf
Feinde ebenfalls fem gehalten werden. Mögen mir Donnerkeile und Klitzstrahlen
gnüdig sein , die Geister des WasHers und alle Seethiere , so dass ich stets von
ihnen beschützt bin. Möge mein Wohlstand wachsen gleich der aufgehenden
Honne nnd dem zunehmenden Monde. Mögen die sieben BesitzthQmer, die sieben
Gesetze , die sietien Verdienste des Tugendhaften , in meiner Person fortdauernd
verbleiben, und bei Veränderung der Existenz möge ich gerettet werden von den
vier Zuständen der Bestrafung, aber eingehen in die glückseligen Welten der
Menschen und Götter , das Verdienst verwirklichend und die letzte Belohnung
empfangend.
Die Niedertingen.
I
Pegn in der Ueberschwemmong.
Das Boot blieb länger aus, als man bei der kurzen Entfer-
nung von Seh wegyin naeh Sittang hätte vermuthen Bollen, und als
es zuletzt ankam, warMoung Lin, der inTongu engagirte Diener,
in traurigem Zustande. Wie er sagte , hatte er sich schon bei
der Abfahrt etwas unwohl gefühlt , und auf dem Wasser brachen
unter heftigem Fieber am nächsten Tage die Masern aus , mit
denen er in Sittang ankam. Ich traf Anstalten» ihn in einem
Hause Sittang's in Pflege zu geben und schickte mein Boot mit
dem Schauspieler in der Rolle eines Piloten nach dem Dorfe
Wimbedoh, wohin ich auf einem Marktboote nachfolgte. In Wim-
bedoh verliess mein Weg den Sittang, um dann durch ein Gewirr
von Canälen und Bächen , Seen und Ueberschwemmungen , erst
nach Thatung, das ich nicht unbesucht lassen wollte, und dann
nach Molmein zu fähren. In der andern Jahreszeit würde man
diesen Weg zu Wagen , Pferde oder Elephanten zu machen und
vielleicht an Wassermangel zu leiden haben. Unterhai bWimbedoh's
beginnt auf dem Sittangflusse die Gefahr der jeden Neu- oder Voll-
mond mit einer breiten Wasserwand heranstttrmenden Bore, die
aber vielfach bis zur Stadt Sittang aufsteigt und auch dort noch
grossen Schaden zwischen den Schiffen anrichten kann. In der
Nähe Wimbedoh's zweigt sich am andern Ufer eine Wasserver-
bindung des Sittangflusses mit Rangun ab, die über Pegu fährt,
indess gleichfalls nur in der Regenzeit fahrbar ist Der Aus-
fluss des Sittang ist noch nie genauer aufgenommen, wenigstens
fehlte er noch auf den Seekarten bei meiner Reise nach Rangun.
430 FegvL in der Uelx^rechwemmiiiif .
Im Anfange der englinchen ßesitznahme, wo das Land noeb we-
nig hekannt war, wollte man eine von Rangun nach Tongu be-
stimmte Truppcnabtheilung den Seeweg nehmen lassen, aber
die ganze Expedition kam um, zusammt den birmanischen Schiffern,
die das Unglück vorausgesagt hatten.
In Wimbedoh liess ich mir in der Polizei Tana ein Nachtquartier
durch den Sergeanten geben undmiethete einen Bootsmann, einen
t(?lpelhaften und ungeschliffenen Bauemlttmmel, aber jung und kräf-
tig, damit er wo möglich fUr zwei rudere und dem ausgemergelten
I
Buffon die Arbeit abnehme. Unter strOmendem Regen*) fuhren wir
am nächsten Morgen in den Wimbedoh -Bach hinein, ein Wässerchen,
so eng und schmal, dass sich begegnende Kähne nur an bestimm-
ten Stellen ausweichen konnten, und deshalb im Voraus durch
Schreien Nachricht geben, damit gewartet wttrde. Dann hatten
wir uns durch einen Wald von Schilfgewächsen durchzuwinden und
kamen, auf ttberschwemmten Wiesen weiterfahrend, zu dem zum
Frtthstttck bestimmten Haltepunkt der Pagode Kjeik-that, die Ober
den Gebeinen eines Bttffel Weibchens als Reliquie gebaut sein soll.
In dem nahegelegenen Jungle will man ausgedehnte Spuren von
einer grossen Stadt in ihren Ruinen gefunden haben. Ich hatte
Mtlhe, mich auf dem morastigen und halbUberschwemmten Boden
durch das verwirrte Dickicht zu der mit Moos Überwachsenen Pa*
gode des Bttffelheiligen **) durchzuarbeiten, die jetzt verlassen
und unbesuoht auf einem terrassenartigen Unterbau steht Damm
*) Der durchschnittliche Regenfali wird von Morton anfS16i/iZoUberedineC.
Dm Nonplasaltra der Regenmenge auf der Erde föllt in der sfidliehen Seite dei
HimaUyn (sagt Hühry) au Dscherrapondschi, bei den Kaflsia-Bergea, ala Wirkung
des Sfidwest-Monsun, sie betragt 610 Zoll im Jahr. Malcolm giebt den Fall in
der Regenzeit (yon Mai bis September) auf 150 — 800 Zoll in Birma.
**) Nach Marinl glaubten die Lao, qu'vn Büffle qui nasquit antrefois le plui
döfectuenx qui se seit iamais yue, t>oiteuz , mal fait, timide, eztrfimemeut foible
et ombragenz eztraordinairement, estolt tomb4^ du Ciel dans la mer et qnfl] se
remplit Timagination de taut d*esp^es differentes que sans antre aocoapleraeit il
conceut vn Monstre et que pen de temps apr^ il produiait vne dtrouiUe, remplie
d'hommes blaues et noirs, qui y estoient renfermei eomme autant de ponssins et
qni en sortircnt. Per Büffel ist das Attribut des Vasupi^va, des IS. Ueiligen der
Jaina's (nach Colebrooke). Des bösen Kansa Kraft war gebrochen, als sein aus
einem BOffelhom gearbeiteter Wnuderbogen in den Htoden Krischna*» serspraag
Die Bfiffel-Pagode. 481
herum finden sich die Trümmer yieler kleinerer Pagoden, die sie
frtther in zwei Reihen umgeben zu haben scheinen.
Im Regen über Felder hinfahrend, von denen in der Feme der
BergKynoataungaung sichtbar war, kamen wir am Abendein der
Stadt Kjeiktoh an und noch zu rechter Zeit, denn das Boot leckte so
stark, dass wir es kaum durch Ausschöpfen flott erhalten konnten.
Der Sayin (wie der eingeborene Sergeant durch corrumpirte Aus-
sprache genannt wird) brachte mich nach dem Circuithause, einem
bei dem fortdauernden Regen sehr erwünschten Absteigequartier,
und Hess mein durchnässtes Gepäck dorthin schaffen. In der
Nähe desselben fand sich eine Gruppe vieler kleiner Pagoden
mit einer grösseren im Centrum, undderMyothougyi,der mich im
LAufe des Abends besuchte, sagte, dass die mittlere durch einen
Gouverneur aus der birmanischen Zeit gebaut sei, und seine Söhne
die kleiner!^ hinzugefügt hätten.
Am andern Morgen fuhren wir mit dem reparirten Boot
weiter, erst durch den Cadat-Bach und dann über die Kwin
(Obersch*wemmte £benen) nach dem Hne^tein-Flusse, wo immer
gerade durchgeschnitten werden konnte , ohne sich an die Win-
dungen der Ufer zu kehren. Die dortige Pagode stand im Wasser.
Zum Frühstück hielt ich in dem Hause eines Talein-Fischers, am
Fusse bewaldeter Hügel mit derTheiletah-Pagode auf der Spitze,
die , wie er sagte , durch Min Taudenu gegründet sei, den Sohn
des Königs Teitudama von Martaban Ein alter Arzt, der gegen*
über wohnte, kam zu seinem Nachbar herüber und holte auf meinen
Wunsch seine Bibliothek herbei, in Bündel zusammengeschnürt.
Eines der Bücher war ein Wuttuh , der Minteit-Wuttuh, den die
Talein Tamintitot nennen; ein anderes ein Werk medicinischen
Inhalts und das dritte die Lokanidi (Lokawituh der Talein), die
den Pali-Sentenzen das Anet (im Talein) beifügte.
Beim Weiterfahren kamen wir durch Salz verfertigende Dörfer
und traten dann in den Youngkama-Bach ein, mit dem Wind entge-
gen und dem Regen in Strömen fallend. Ueberall standen die Dörfer
tief in Wasser, das gerade bis an das Stockwerk der auf hohen Pf&hlen
stehenden Häuser reichte, so dass man beim Vorbeifahren mit
432 Pega in der Ueberechwemmnofl^.
dem Boot in die Fenster blickte. Erst in dieser Ueberschwem-
mungszeit gewinnen die Dörfer der Birmanen oder Talein ein
substantielles Ansehen und finden sich wirklich in ihrem Ele-
mente, das das in den trockenen Monaten mit seinen nackten
Pfählen, hölzern und kahl dastehende Faehgerlist hinter die
Coulissen schiebt. Die vor Uebcrschwemmungeu gesicherten
Bergvölker bauen ihre Häuser auf flacher Erde, oder, wenn Schutz
gegen Tiger n(>thig wird , hängen sie zwischen die Zweige der
Bäume, wie die Puleahs in ihren Wäldern Nester bauen.
Balbi affirmeth, tbat they build their houses in Silon (Siam) very
high and eveiy house hath a boat belouging thereto, for a pa^sage
and transpbrtation of the family in that their winter time or an-
nually deluge. And some poore persona havc slight houses of
reed or timber, set upon planks tied together, which they can re-
move whither they please (s. Purchas). In San Francisco sah
ich Häuser auf Wagen umherfahren. Pfahldörfer sind überall
ein culturhistorisches Naturprodukt, so lange die Kunstfertigkeit
in Wasserbauten noch nicht hinlänglich fortgeschritten ist, um
den niedrigen Sumpfboden in jeder Jahreszeit trocken zu halten.
Gegen Abend landeten wir an dem Zayat des Dorfes Young-
kani , der mit Wänden und ThUr versehen war. Er stand halb
im Wasser, halb im Moraät, und das Hinschaffen des Gepäcks
auf diesem Boden, wo man weder stehen noch schwimmen konnte,
war nicht leicht. In dem kleinen Kloster daneben fand ich einen
hochbejahrten Pungyi, zu dem bald darauf sein nicht viel
jüngerer College herbeigetrippelt kam. Die beiden Greise
wurden im Verlauf des Gesprächs so vertraulich und fassten so
wohlwollende Zuneigung, dass sie alle ihre Ueberredungskünste
anwandten, mich für ihre Religion zu retten, und die herrlichen
Freuden der Nathimmel, die dann in Aussicht stünden, nicht
lieblich genug zu rühmen vermochten. Meine Erwiederung, dass,
wenn dort Ngapie und andere Delicatessen Birma's aufgetischt
würden, ein Kala sich darob schwerlich ergötzen würde,
machte keinen Eindruck, und selbst die Bemerkung, dass
bei der Verschiedenheit der Volkscharaktere die Verschiedenheit
der Religionen vielleicht beabsichtigt gewesen, wollten diese
Salsgewinnnng. 433
Zeloten, ganz gegen die sonstige Toleranz der Buddhisten, die
Bergmann auch unter den Kalmüken fand , nicht gelten lassen.
Alle auf dem Erdenrunde beteten zuGautama und bezeigten dem
birmanischen Pungyi ihre Verehrung, nur die Chinesen (Tayop)
allein ausgenommen : so stand es in ihrem Katechismus. Neben
diesen zweiPmigyi wohnten im Kloster noch sieben MoungSchin und
sechs Kyaungtha. Das Dorf enthält etwa 30 Häuser und die Bauern
leben vom Reisbau, ihre Producte in Molmein oder Rangun ver-
kaufend. Die Felder*) werden jetzt, wo sie mit Wasser bedeckt
sind, bepflanzt, indem jedes Korn für sich mit den Fingern ein-
zupressen ist, wenn das Vieh fehlt, um sie einzutreten. Die Ernte
fällt in den Natdan-Monat (December). Im Nayoon-Monat wird
gepflügt. Das Dorf wurde nicht durch einen König gegründet,
sondern bildete sich von selbst, als die Bewohner sich dort all-
mählig zusammenfanden. Die Dörfer längs des Baches verfer-
tigen Salz, indem sie die Erde aufpflügen und auf eine hohe
Tafel werfen, wo sie mit Wasser ausgewaschen wird. Diese Lö-
sung wird dann gekocht, und wenn hineingeworfener Reis auf-
schwillt, so ist das Salz gut, wenn er niedersinkt, so ist es nutz-
los. Das Salz wird später in Tongu verkauft.
Als ich den alten Mönch nach Talein-Büchern fragte, erwiederte
er, keine zuhaben. Vor der Zeit Alompra's gab es Talein-Pungyi's
und Talein- Bücher, jetzt aber ist AllesdurchdenbirmanischenUnter-
richt absorbirt. Als Alompra auf seinem Feldzuge gegen Yuthia ge-
storben war, verfertigten die Soldaten ein Bild von ihm, das sie nach
der Heimath zurückbrachten. Die Pagode Teikthela in Thatung wird
jährlich von vielen Pilgern besucht. Unter den im Kloster auf-
gestellten Figuren war die desGautama vomNaga beschützt, und
die des Sabupadih-min im Königsornat. Ein die Mönche be-
*) In Tonqnin beschreibt Bissach^re das Besäen der der Ueberschwemmnng
aoagesetzten Felder : Un homme avec deux morceaux de bois pointus fait des troas
de quatre k cinq pouces de profondeur k un pied et demi de distance les nns des
aatres, one femmc qui le suit Jette dans ces trous quatre ou cinq de riz sans se
donner 1a peine de les recou?rir , les eanx refonli^ par le flux ötendent la terre
snr ces riz et comblent les trous au l>out de cinq ou six Jours. In Siam wird der
Reis spater verpflanzt.
BMtian, Oitaaien. II. 2S
434 Fegü in der Uebereohwemmniig.
suchender Bauer des Dorfes warnte zur Vorsicht vor Tigern, und
dass ja die Thür desZayat während der Nacht wohl Terschlossen
und verrammelt wUrde. Er erklärte im Lauf des Gesprächs den
Namen Kaukadoh aus Kado, da es früher als Hafen zum Anlegen
fUr Seeschiffe gedient habe, und damals sei der jetzt kleine Fluss
dem Irawaddi an Grösse gleich gewesen. Früher habe die See
alles das Land ringsum bedeckt und aus der Zeit habe der Boden
den Salzgehalt bewahrt. Tiger sind in der Regenzeit am gefähr-
lichsten, weil sie sich dann aus dem überschwemmten Lande auf
den trocken gebliebenen Erhöhungen concentriren. Die Birma-
nen unterscheiden sieben Komarten oder Öapa, nämlich das
halbmythische Säle (Namasale oderSale-^pa), Kauköapa (Reis),
Muyauöapa (Gerste), Luh (paspalum) oder (als Lu-natkauk)
Weizen, Öhap (Hirse), PrauÄ (Mais, als PrauÄ-phuh) und Kyeit,
besonders von den Karen gebaut, die den Samen zum Frauen-
schmuck verwenden. Von den verschiedenen Reissorten wird
eine Art wegen ihres Wohlgeruches Kauk-hmvoe (der duftende
Reis) genannt. Der Reis wird meist nach 62 Pfund haltenden
Körben verkauft.
Als ich nach dem Zayat zurückkehrte, fand ich meine Leute
dort im Regen sitzen , der durch das Dach durchtriefte. Einige
der MoungSchin kamen später aus dem Kloster herüber, zu sehen,
wie es mir ginge, und meinen Leuten Vorsicht mit dem Feuer an's
Herz zu legen. Vor ein paar Jahren war derKyaung abgebrannt
und mit ihm alle die Bücher, die man damals besessen. Sie er-
zählten mir, dass in der trockenen Jahreszeit grosse Noth für
Trinkwasser sei , da das Wasser des Baches ganz salzig würde.
Jetzt aber war es zu trinken. Sie lernten bis jetzt den Mengalototh.
Noch in der Nacht bei Kerzenlicht wurde das Boot bepackt,
und als der erste Morgenstrahl hervorbrach , arbeiteten wir uns
schon lange im Kaukadoh - Bache zwischen niedrigen Büschen
hin und erreichten noch am Vormittag den Flecken Kaukadoh,
der mit Bäumen und Büschen tief im Wasser stand, mit Ausnahme
des obern Theils, der sich am Abhänge der angelehnten Hügel-
reihe aus schiefrigem Gestein hinaufzieht. Die die Mündung ver-
schliessende Barre macht den Fluss jetzt für Seeschiffe unzu-
Ueberschwemmte Wälder. 435
gänglich. Beim Frühstück erzählte mir der herbeigekommene
Aelteste, dass früher Alles dort die See gewesen, und dass Schiffe
auf ihrer Fahrt von Theikela-Phaya nach Thatung auf einer klei-
nen Insel anzulegen pflegten, als Ualbwegsstation. Diese Insel,
Kado genannt, sei später zum Festland geworden und davon komme
der Name Kaukadoh. Der Flecken entfernt sich weiter und
weiter von der See, und während er früher an derselben lag,
finden sich jetzt schon vier Dörfer, von Talein bewohnt, dazwischen.
Nachdem wir eine weite, durch die Ueberschwemmung in
eine unabsehbare See verwandelte Ebene überfahren, schifften
wir in einen Wald hinein, wo die Bäume zur Hälfte der Stämme
im Wasser standen, und das Boot mehrfach nicht unter, sondern
zwischen den Zweigen herumsteuerte. Das Wasser kam uns in
starkem Strome entgegengeflossen, und da wir verschiedentlich
die Richtung verloren hatten, waren wir froh, zuletzt den offenen
Beling-Fluss (den Zwitterstrom Ritter's) vor uns zu sehen, der
mit milchig weissem Wassef zwischen dunkelgrünen Waldbänken
seine breite Furche zog. Der Leck des Bootes war wieder auf-
gebrochen , und mit dem Fluss von Unten und dem Regen von
Oben füllte dasselbe so unaufhaltbar, dass wir die grösste Mühe
hatten, es bis zum Dorfe Schwehlay zu bringen, wo es ganz auf
dieSeite fiel. Dies war in der birmanischen Zeit der Platz, wo die
goldenen oder Königs-Boote (Schwehlay) für die Communication
zwischen Martaban und Ava stationirt waren. Als ich nach dem
(xoung schickte und nach einem Nachtquartier fragte, zeigte
sich so wenig Auswahl in den ärmlichen Hütten der Bauern,
dass mir nur der Zayat blieb , der am andern Ende des Dorfes
in einem bewaldeten Morast lag, wohin es nicht möglich schien,
weder zu Wasser noch zu Lande zu kommen. Nachdem wir
es endlich bewerkstelligt hatten , befanden wir uns wie im 6e-
fängniss, denn als ich für einige Anordnungen in der Re-
paratur zurückschicken wollte, konnten es die Diener ohne
Führer über die schlüpfrigen Balkenbrücken kaum wagen. Ein
halb verwüsteter Kyaung in der Nähe stand leer, und hörte ich,
dass die Knaben alle aus der Schule entlassen seien, da der
Pungyi sich mit Niemand vertragen könne. Ich hatte schon
28*
436 'Peg^ in der Ueberschwemmuncr.
während des Tages fieberisch gefühlt und bekam in dieser mit
Miasmen qualmenden Atmosphäre heftige Breohanfälle , denen
eine so starke Perspiration in der Nacht folgte, dass ich am näch-
sten Morgen noch ganz nass war. Das Boot war in so gebrechlichem
Zustande, dass ich ein anderes hinzumiethete, um vorkommenden
Falles in der Nähe zu sein, sowie auch um einen zuverlässigeren
Führer für den Weg zu haben. Doch durfte ich kein grosses
Fahrzeug wählen, um nicht den Besuch Thatung's zu verlieren,
wo das Land sich zu heben anfangt und die Creeks schwer zu-
gänglich sind.
Wir schwammen erst den Beling-Fluss hinunter, hinter dessen
bewaldeten Ufern niedrige Hügel mit höhern in der Entfernung
sichtbar waren , und verliessen ihn dann durch einen schmalen
Ganal, der uns in einen dichten Wald hinausführte. Die Bäume
standen so nahe und eng zusammen, dass das Boot oft kaum Platz
zum Durchwinden fand und die Zweige beständig hineinhingen
und streiften. Sonst herrschte Todtenstille in diesem fast nur
von stummen Fischen bewohnten Walde. Das einförmige Gluck-
sen des Bohk- Vogels war der einzige Ton , der sie unterbrach,
dann und wann der laute Aufschrei eines Fasanen, aber bald
starb Alles wieder im Schweigen hin. Als wir wieder auf die oflFe-
nen Ebenen derKwins, von Pelikanen belebt, herauskamen, sahen
wir Höhenreihen sich hindurcherstrecken und fuhren in das Thor
des Dorfes Tscherkoh ein, wo wir unser Boot vor dem Wohnzimmer
des Aeltesten anlegten. Die 70 Häuser desselben sind von Bir-
manen und Talein bewohnt, meistens Fischer, einige Feldbauer
ausgenommen.
Als wir am Mittage auf den überschwemmten Flächen
weiter fuhren, strich eine scharfe Brise darüber hin, und
einige uns mit aufgespanntem Putzo entgegenkommende Böte
hatten rasch ihre Segel einzuziehen , um nicht umgeworfen zu
werden. Die ganze Umgebung machte den Eindruck , dass wir
uns auf offener See befänden , und der aus dem Wasser hervor-
stehenden Höhenreihe, die mit einem scharfen Vorgebirge auslief,
als dem Festlande zueilten. Bald schied sich von der Bergkette
der Hügel Thatung's ab, auf dem aus dunkeln Waldbäumen die
Ankunft in Thatang. 437
Kuppeln glänzender Pagoden hervorstiegen, und bald, nachdem
wir wieder Vieh auf grünen Wiesen grasen gesehen hatten, lan-
deten wir in der Stadt. DerGoungyok, ein eingeborener Toungthu,
bot mir ein Logis in seinem Hause an , ich zog aber vor mich in
dem Circuithause, das den Pagoden näher stand, einzuquartieren.
Dort wurde ich von dem Say in des nahegelegenen Wachtpostens
und einigen andern birmanischen Speichelleckern empfangen, die
schon seit längerer Zeit mit dem Goungyok im Streit lagen und sich
beidieserGelegenheit des wichtigen Votums eines durchreisenden
Europäers versichern wollten. Sie stellten überall im Hause Ehren-
wachen auf, sprachen nur auf den Knieen in den unterthänigsten Aus-
drücken ihres daran reichen Vocabulariums und hatten alle jene an-
deiTi Firlefanzereien, die mir durch mein längeres Reisen inBirma
zu wohl bekannt waren, um nicht widerlich zusein. Ich gab ihnen
deshalb zu verstehen, dass ihre Huldigungen umsonst verschwen-
det wären, dass ich mich in ihren Zwist weder mischen wolle,
noch als Privatreisender überhaupt könne, und dass ich am liebsten
für meine Arbeiten allein gelassen wäre. So zeigten sie sich nicht am
nächsten Morgen, aber gerade dann freilich hätte ich hülfreicher
Hände bedurft. Ich war während der Nacht in eine schwere Krank-
heit gefallen. Ein heftiges Fieber ras'te in den Adern, und bis zum
nächsten Abend hatten meine Kräfte so reissend abgenommen,
dass ich schon nicht mehr ohne Hülfe des Dieners durch das
Zimmer zu wanken vermochte. Medicin besass ich so gut wie
keine. Als ich wegen Blutandrangs zum Kopf Blutegel wünschte,
waren in der Stadt natürlich keine zu haben, und mein Diener
ging mit einem gemietheten Mann in den Teich hinaus, um selbst
zu fangen. Früchte zur Erfrischung konnten von meinen mit der
Gelegenheit nicht bekannten Leuten nur schwer aufgetrieben
werden, und Hühner, um eine Suppe zu machen, kein einziges.
Als ich nach den birmanischen Beamten dafür schickte, ver-
sprachen sie ihr Bestes zu thun, Hessen aber drei Tage auf sich
warten, bis das erste magere Kücken erschien, und als ich sie zu
mir rufen Hess, kamen sie wimmernd herbei, heilig betheuemd, dass
es nicht ihre Schuld gewesen sei. Und während dieser Zeit war
ich in den Händen zweier Leute, von denen der eine ein vaga-
438 Pega in der Ueberscbwemmung.
bondirender Spieler und durch tägliches Hanfrauchen immer halb
abwesend war, der andere aber ein roher und unwissender SchiflFs-
knecht, mit dem ich schon seines Patois wegen nicht communiciren
konnte, da weder er mich, noch ich ihn recht verstand. Sie hatten
sich auch Beide nach birmanischer Weise rasch damit abgefun-
den, dass es bald vorbei sein würde. Die Äugen meines Kranken-
wärters wurden täglich dicker und trllber von den verdoppelten
Dosen Hanf, die er verbrauchte. Er hatte das durch die Blutegel
ausgesogene Blut nicht coaguliren sehen, und er wusste, dass
solches Hühnerblut, wie er es nannte, keine Besserung zulasse.
Auch fühlte ich selbst, dass ich mich nicht hingeben durfte.
Sobald die erste Krisis vorüber war, schleppte ich mich hinaus,
an einen kalten Waldstrom, durch den ich die Erschlaffung weg-
zubaden suchte. Wenigstens gelang es mir, so viel Kräfte zu
sammeln, dass ich, auf einen Birmanen gestützt, die verschiedenen
Pagoden Thatung's, obwohl nur flüchtig, besuchen und die zur
Stärkung nöthigen Nahrungsmittel anschaffen konnte , denn so-
bald die birmanischen Beamten sahen, dass ich wieder in Bewe-
gung war und etwaige Nachlässigkeiten in ihren eigenen Wohnun-
gen ahnden könnte, wurden alle Verlangen schleunigst befriedigt.
Neben der grossen Pagode Thatung's steht der Thagya - Paya
(durch den Thagya-min gebaut) und dann der Pitagat-Paya, wo
in alter Zeit die Könige Copieen von den heiligen Schriften
fertigen Hessen. Die Haupt-Pagode erhebt sich mit einer runden
Basis in Linien ein- und ausspringender Winkel und trägt
eine vom Tih bedeckte Goldspitze. Gigantische Buddha-Bilder
sind im Umkreis aufgestellt. Die rothe Pitagat - Pagode , ohne
Spitze, steht auf einem hohen Unterbau, und zeigt die Figur eines
stehenden Rahan in der oberen Nische, einen sitzenden Buddha
unten. Die Thagya -Pagode erhebt sich von dem Fundament in
Terrassen. Die kleinen Bilder, die die Ecknischen verzieren,
sollen durch die Karen und Lawa's hinzugefügt sein. Mehrfach
erscheint unter ihnen Indra auf dreiköpfigem Elephanten. Eine
Abtheilung stellt drei Elephanten - Reiter dar, die im Rückzuge
mit Fusssoldaten kämpfen, eine andere zwei Buddha's, an beiden
Seiten eines Baumes von Verehrern umgeben, eine aridere Schirm-
Toungthn. 439
träger, eine andere Berittene, eine andere Leute im Wagen fah-
rend, eine andere Puugyi's, eine andere Vögel. Treppen führen
zu diesen Bildern hinauf. Während sie den Karen die kleineren
Pagoden überlassen, wollen die Toungthu, die von Tiho gekom-
men seien, die grosse gebaut haben. Sie sagen, dass es früher
in der Nähe Thatung's eine Stadt der Lawa's gegeben, ein Ge-
schlecht von Menschen, von denen Niemand gewusst , woher sie
gekommen, und Niemand wisse, wohin sie gegangen. Aber diese
verschwundenen La was , die Manu - Mano der Schan , legten als
Stifter des ersten Thatung den Grund zur hinterindischen Civi-
lisation, zu einer Zeit, wo die Toungthu noch die Bergstämme
waren, die ihr Name besagt. Die Toungthu nennen sich selbst
Paoh, die Birmanen: Man, die Talein: Mai, die Karen: Zok, die
Schan: Palhao. Der vor Ankunft der Toungthu aus den Wäldern
der Karen in Thatung regierende König Tatujasa sei ein Talein
gewesen.
In einem Hause sah ich Toungthu-Bücher, die mit dem Bir-
manischen ähnlichen Buchstaben auf Papier geschrieben waren.
Das eine, Zumma-tsaop betitelt, enthielt gute Lehren, die aus dem
Pitagat entnommen waren, das andere führte den Titel Widantoah-
Mingyi (der König Vedantara). In einem Kyaung fand ich einen
Mönch beschäftigt, einen Palmblätterbund des Abhidhamma mit
einer deutlicheren auf das Papier des Landes geschriebenen Copie
zu vergleichen; Dies Tjeh genannte Papier wird, aus demKadoh-
Baum verfertigt, mit einer Bambufeder (Kamn) und Kohlentinte
(Mit-tih) beschrieben. Von den Nats der Toungthu lebt Lukei
über der Erde und Takei an wüsten Plätzen. Alte Leute
werden von den Toungthu beim Tode verbrannt, junge begraben.
Das nördliche Thatung (eine Stadt von 6000 Häusern) wird von
einem Tsoboa regiert, der dem Könige Birmä's Tribut zahlt. Im
Norden grenzt es an das Tsoboathum Naumung, im Westen an
Birma, im Osten an das Tsoboathum Maumay (in dem Yunlande),
im Süden an die rothen Karen. Von Tongu wird die Reise auf 15
Tage berechnet. Nachdem die alte Stadt Wethali (in der der König
Malamin die Pitagat- Pagode über den von Shin Bodegosa aus Tiho
gebrachten Reliquien erbaut hatte) zerstört worden war, bauten
440 Pegu in der Ueberschwemmunfl^.
die aus dem Norden eingewanderten Toungthu dasjetzigeThatung
auf den Ruinen.
Die alte Stadt lag auf einem andern Platze, weiter nach den
Hügeln zu. Die Stadtmauer war rund, mit zehnThoren, an einem
welcher damals die grosse Pagode des jetzigen Thatung ihre
Stelle hatte. In der Nähe der den Nandau umgebenden Myojoh
(Stadtmauer) traf ich an verschiedenen Stellen des Waldes die
Ueberre^ste alter Pagoden, die aus breiten Steinquadern aufgebaut
gewesen waren. Neben dem liaupteingang des alten Thatung-
gyi war der Stadttempel des Schutzgottes erbaut, zu dessen Ruinen
im Walde ich mich hinbringen Hess. Man findet jetzt drei py-
ramidenartige Stein-Constructionen, in deren einer ein Stein mit
einem vergoldeten Gesicht steht. An dem Stein der neben-
stehenden, die eine affenähnliche Figur enthält, ist der Kopf ab-
gebrochen. Diesen beiden gegenüber steht die dritte, in der auf
dem Stein ein Kopf und Körper mit Menschengestalt ausgearbeitet
ist, mit einer rothen Binde um die Stirn und weissen Streifen um
den Hals. Die erste Stadt Thatung war beweglich und ver-
änderte bei Annäherung ihrer Feinde den Platz, wie die des
Buto-Monolithen im alten Egypten. Aus Furcht vor dem Nat,
der es bestrafen würde, wagt Niemand in dem grossen Wasser-
teich zu baden. Eine niit Trommeln in den Strassen umher-
ziehende Procession brachte Opfergaben dem Sadeik.
Da ich einige Steine mitKyouktsain den Pagoden liegen sah,
besuchte ich einen Kyaung, aber der dortige Pungyi, der aus den
Schaniändern gekommen war, sagte, dass er nichts davon verstände.
Einige meinten, dass es die alten Buchstaben der Talein seien.
Zum Copiren hatte ich keine Zeit, denn ich musste, da ein Rück-
fall drohte, meine Abreise beeilen. Der Goungyok hatte ein
grosses, bequemes Boot für mich fertig machen lassen, so dass
ich ohne weitere Furcht steter Durchnässung die Fortreise nach
Molmein antreten konnte. Die Bemannung bestand aus Toungthu.
Das SchiflF war fast zu gross für die kleinen Bäche, durch welche
es sich anfangs durchzwängen musste, aber nach dem Dorfe Ti-
berein erweiterte sich das Wasser wieder in flache Lachen.
Nachts blieben wir in dem Dorfe Yoahden, wo mir im Hause des
Der Salwehn. 441
Goung der Ehrenplatz des gemeinsamen und einzigen Raumes zum
Schlafen eingeräumt wurde, während die Familie vom Grossvater
bis £nkel sich mit der Dienerschaft nach der Seite des Feuer-
herdes zurückzog.
Bei dem frühen Tageslicht des nächsten Morgens sahen wir
glänzend grüne Felder, von dunklen Bergen umgrenzt, und von
fem gehörtes Donnern zeigte sich später dem Auge als ein
aus grauen Schleiern hervorschäumender Wasserfall, der in
weissen Terrassen niederstürzte. In dem Dorfe Onkedah wurde
ich mehr, als durch das Frühstück, durch das Bad in einem kry-
stallhellen Strome erquickt, aber Abends legten wir in so flachen
Niederungen an, dass die Häuser des fernen Dorfes kaum bemerkt
wurden. Ich verblieb die Nacht im Boot, und der zu demselben
herauswatende Goung brachte Trinkwasser, da die Fluth das an-
dere brakisch gemacht hatte. Diese Mittheilung hatte für mich
einen heimischen Klang, mich wieder im Bereiche des Meeres zu
wissen.
Am folgenden Tage fuhren wir bald zwischen den in dem
brakischen Wasser wuchernden Mangroe des Salwehn oder (nach
den Talein) Pihgeliin (Caypumo oder Amucherat nach Vincent
Leblanc) hin, und landeten neben der vergoldeten Pagode Mar-
taban's, wo Capitain Burns, der dortige Bevollmächtigte, mich
freundlichst bei sich empfing.
Molmein und Amherst«
Am nächsten Morgen fuhr ich nach Molmein hinüber und
wurde von Herrn Brooks unter sein gastliches Dach aufgenom-
men, 29. August.
Ich machte die Bekanntschaft des Oberst Fitch, des Gouver-
neurs der Provinz, der für jedes Ansuchen ein geneigtes Ohr hatte
und gern durch die ihm zu Gebote stehende Macht die Bestrebun-
gen der Wissenschaft förderte, des Missionärs Hough, der sein
im ersten birmanischen Kriege vor der in Rangun*) drohenden
Gefahr bewahrtes Leben noch jetzt ungeschwächt erhält, des Mis-
sionärs Wade, der zu den Pionieren der Karen-Mission gehört, des
Missionärs Haswell, des besten und fast einzigen Kenners der aus-
sterbenden Taleinsprache, des Lehrers Marr, dessen neugegründete
Schule grosses Aufblühen versprach, und vieler anderer Herren,
mit denen mir der Umgang ebenso angenehm als lelirreich war;
aber meine Gesundheit zwang mich, etwas zu thun, da ich an be-
ständigen Schwindelanfällen und Ohnmacht litt. Herr Brooks war
die Fürsorge und Freundlichkeit selbst, und ich konnte keine
bessere Pflege als in seinem Hause finden, doch wurde auf ärzt-
liche Berathung ein Besuch in Amherst für eine Seebade-Kur am
*) As the english fleet approached, theRewoon in Rangoon orderedto impri-
son aU Enji^lish , then all Europeans , bat not to interfere with other nationalities
rescinded the order to all persons, who wore thc English hat, including the
American missionaries (Havelock). Der Befehl xum Erschiessen war schon ge-
geben, als der Donner der ersten Kanonenschüsse die Birmanen in die Flncht
jagte.
Fahrt nach Amherst. 443
passendsten gefunden. Eine Nachtfahrt zu Boote brachte mich
dorthin und am nächsten Morgen konnte ich durch Oberst Fitch
gütige Vermittelung den dort für die Bequemlichkeit derOfficiere
und Regierungsbeamten erbauten Bungalow beziehen. Moung
Lin war wieder bei mir. Nach seiner Genesung war er von Sit-
tang nach Molmein gekommen, hatte mich aufzufinden gewusst
und aufs Neue um Dienst gebeten, da sein Durst nach Weisheit
noch nicht gestillt war. Ausserdem engagirte ich, da ich als
Kranker jetzt sorgsamer auf die Nahrung sehen musste, einen
tamulischen Koch, der sich auf eigene Faust in Amherst einen
Landsmann als Gehülfen zulegte.
Zur Gründung der Stadt Amherst wurde 1826 eine Waldstelle
kirchlich und militärisch geweiht, und dann gelichtet, um mensch-
liche Wohnungen auf der früheren Behausung der Raubthiere zu
erbauen. Es liegt an der Mündung desSalwehn, und ein weisser
Strand erstreckt sich neben felsigen Klippen zu der ausspringen-
den Spitze eines Vorgebirges. Die passende Zeit zum Baden
war mitunter schwer zu treflfen, da man gern die weit zurück-
tretende Ebbe vermieden hätte, und doch in der Fluthzeit, wenn
sie mit der Mittagshitze zusammenfiel, nicht die'Kleider ablegen
konnte, um sich nicht Haut und Hirn zu verbrennen. Mein Leben
lief ruhig und einförmig hin. Morgens und Abends spazierte ich
am Strande, die frische Seeluft zu athm'en, nahm ein tägliches
Bad, und Hess mir während des Tages durch Moung Lin die mit-
genommenen Bücher birmanischer Geschichte oder Literatur vor-
lesen. Er hatte sich bald, wie früher Moung Schweb, so sehr an
meine Aussprache gewöhnt, dass ich mit ihm über jeden Gegen-
stand mit Leichtigkeit sprechen und ihn zur Aushülfe bei meinen
Gesprächen philosophischen oder religiösen Inhalts mit den Pun-
gyi benutzen konnte.
Um sich unter den wechselnden Sprachen der verschiedenen
Länder fortzuhelfen, erwirbt man sich auf Reisen leicht eine ge-
wisse Praxis, indem man nur auf einen bestimmten Kreis von
Ausdrücken sein Augenmerk richtet und bald finden wird, dass ein
verhältnissmässig geringerWortschatz im Grunde genügt, alles Nö-
thige zu bezeichnen, wenn die Sprache nicht selbst der Gegeilstand
444 Molmein und Amheret
des Studiums sein soll, sondern nur ein Mittel, um eine kurze
Durchreise zu ermöglichen. Anders freilich verhält es sich,
wenn man für ethnologische Forschungen in den Geist des Vol-
kes einzudringen strebt, da einheimische Dolmetscher eine sehr
trügerische Stütze abgeben, so lange man nicht selbst hinläng-
liche Kenntniss der Dialecte besitzt, um sie in Fragen und Ant-
wort controliren zu können. Die hauptsächlichste Schwierigkeit
in der Aneignung roher Idiome liegt darin, dass man mit dem Ohre
zu lernen hat, während unsere Erziehung sich überwiegend auf
gesichtliche Anschauung basirt. Der Wilde im Gegentheil be-
sitzt eine äusserst scharfe Uuterscheidungsgabe für die unbe-
deutendsten Lautverschiedenheiten, und eine dem Europäer kaum
bemerkbare genügt für ihn schon, einen ganz neuen Sinn in das
Wort zu legen. Alle monosyllabischen Sprachen sind der be-
schränkten Zahl ihrer consonantischen Zusammensetzungen we-
gen, mit Nothwendigkeit auf das Betonungssystem angewiesen,
und die Yielfachheit der die Bedeutung eines sonst fast gleichen
Klanges verändernden Accente zeigt im ersten Augenblicke dem
Beginner eine solche Menge von verwickelten Complicationen,
dass er fast verzweifelt, seinen Pfad durch dieses WirrsaKzu fin-
den. In den indochinesischen Sprachen bietet sich aber die
werthvolle Hülfe, dass dieselben nicht nur eine geschriebene
Literatur besitzen, sondern auch auf einfach alphabetische An-
ordnung reducirt sind. Der Europäer kann also bei ihnen den
ihm vertrauten Weg wieder aufnehmen, durch das Auge zu ler-
nen, und dann verwandelt sich für ihn dieselbe Sprache, die an-
fangs un übersteigbare Schwierigkeiten aufzuthürmen schien, in
eine der klarsten und deutlichsten, da die grammatischen Ver-
hältnisse leicht durchschaut sind. Im Fortgange wird er freilich
grade in dem Mangel solcher, der ihn zuerst mancher Mühe über-
hob, einen neuen Hemmschuh finden. Ein nach den festen Regeln
. der Syntax zusammengeordneter Satz kann für den mit ihnen
Vertrauten immer einzig den einen und bestimmten Sinn haben,
den der Verfasser hineinzulegen beabsichtigt; ein nur durch lose
Nebeneinanderstellung verbundener aber mag in kurzen Sen-
tenzen klar genug sein, wird aber bei weitergehenden Abband-
Tonspraclieii. 445
lungen nur aus dem ZusammenhaDg des Ganzen verständlich
werden können, und giebt selbst, nachdem mUhsam aus demselben
herausconstruirt , dennoch nicht stets eine Garantie für die rich-
tige Erklärungsweise. Das Birmanische bietet indess einen An-
halt durch die der unsrigen entgegengesetzte Constructions-
Weise, die die Nebenbegrifie in übersichtlicher Abhängigkeit un-
ter den dominirenden bringt In seinen Zusammensetzungen
nähert es sich mehr polysyllabischen Verbindungen, als das Sia-
mesische, das schroff in der einsylbigen Abgeschnittenheit ver-
harrt, und auch die dem Pali entnommenen Worte kürzer zustutzt.
Ueberhaupt ist das Birmanische weicher und nachgiebiger, und
mitunter das Italienische unter den indochinesischen Dialek-
ten genannt worden. Durch* den cadenzartigen Wechsel der
Betonungen erhalten alle diese Accentsprachen etwas Singen-
des in der Aussprache, wie die meisten Wilden in einem ge-
wissen Rhythmus reden. Die scharfe Prosa tritt erst mit dialek-
tischer Ausbildung hervor. Da die Indochinesen solche Modu-
lationen der Stimme*), wodurch wir die Frage, den Ausruf, die
Verwunderung u. s. w. bezeichnen, schon für die Bedeutung der
Worte vorweggenommen haben, so bedürfen sie eines grossen
Apparates von Affixen, um dem jedesmaligen GefUhlszustande
einen Ausdruck zu geben. Allen gemeinsam ist auch der Ge-
brauch der HUlfszahlwörter, indem sie die Cardinalzahlen nicht
direet mit dem Substantiv verbinden, sondern einen Träger der-
selben zwischenschieben, ähnlich unserm vier Stück Ochsen,
statt vier Ochsen, vier Paar Hosen, vier Mann Soldaten, vier Kopf
hoch und Anderes. So heisst kun-si-lae-uh (vier Kaufleute)
Kaufieute, vier Köpfe, khvae-tak-ouQ (ein Hund) Hund, einThier,
*) Lepsins l>enierkt, dass die Tonaccente der monosyllabischen Sprachen nicht
so sehr den mnsikaliscben Tönen der Tonleiter entsprechen (worauf sie z. B.
Pallegoix zu rednciren sucht), wie dem Phrasen- Accent oder auch dem von der
quantitativen Starke des ausgesprochenen Vocals verschiedenen Accent des ein-
zelnen Wortes. Während dies einsylbige Princip in den Beziehungen zwischen
Vocal und Consonant bis zu seiner äussersten Grenze vorging, behielt es doch
andererseits den Wortaccent der mehrsylbigen 8prach(*n bei und concentrirte ihn
nur auf einen Vocal.
44 ß Molmein und Amhent.
Hlan-ko-öin (neun Spiesse) Spiesse, neun Linien, Uh-nga-Ion
(fünf Töpfe) Töpfe, fünf Rundungen. Mitunter wird dasselbe Wort
wiederholt, wie Myoh-kyauk-myoh, sechs Städte. Des Wohlklangs
wegen, ohne weiter den Sinn zu beeinflussen, können eine Aus-
wahl von Partikeln dem Satz eingeschoben oder angehängt wer-
den, und in dem richtigen Gebrauch derselben zeigt sich die rhe-
torische Kunst. An der Menge fast gleichlautender Sylben, in
denen nur geringe Unterschiede der Aussprache die Veränderung
des Sinns anzeigen, wird das Birmanische von dem Siamesischen
Ubertroffen, doch fehlt es auch dem ersteren nicht daran. Le
meint Luft oder Wind, unbeständig oder umhergeworfen, und
dient zuweilen auch nur als bedeutungslose Partikel. Le' meint
1. einen Bogen, 2. schwer, 3. vier, 4. achtungsvoll. 'Le meint
1. gewohntsein, 2. spreuartig. Lae meint 1. verändern, 2. leer,
3. fallen, 4. einen Baum und dient 5. als Fragewort. La (ly)
meint ein Feld, Hlä (hly) meint ausleeren. Hie meint ein Boot,
'Hie meint sichten. Hie' meint klein, 'Hlae meint rund, Hlae' meint
einen Karren. Philologisch sehr interessant, aber praktisch
ebenso unangenehm, ist das im Birmanischen und Siamesischen
häufig wiederkehrende Beispiel, dass Dinge, die in einem gewissen
Gegensatze zu einander stehen, durch eine nur ganz unmerk-
liche Tonveränderung unterschieden werden. Den Eingeborenen
genügt diese vollkommen, und es ist ihnen bequemer, die beiden
Worte als SeitenstUcke nebeneinander zu stellen, statt sie als Ge-
gensätze von einander zu entfernen. Dem Fremden natürlich
würde es lieber sein, dass sie scharf als solche markii-t würden,
um Missverständnisse zu vermeiden. Bei Reisen in den hinter-
indischen Ländern, wo je nach der Jahreszeit Wasser- oder Land-
transport gewählt werden muss und auf vielen Wegen immer die
Auswahl zwischen beiden offen steht, kommt es hundert Mal vor,
dass die Frage erörtert wird, ob man mit einem Boot (hie) oder
mit einem Karren (hlae') fahren solle, und im raschen Gespräch
kann leicht eine verkehrte Bestellung gegeben werden. Eine Aus-
hülfe bietet sich indess hier oder sonst in der Reduplication des
Wortes oder Anhängung von Synonymen.
Die Aequinoctialstürme, die aus grauen Wolken am öden
Seebftder. 447
Strande binstrichen , die Felsblöcke mit dem weis8schäumenden
Meere umbrausend, gaben uns für einige Tage Stubenarrest, und
um das Bad nicht zu verlieren, Hess ich meinen Diener mit einem
wasserdichten Earen-Korbe folgen, in den beim Auskleiden rasch
die Kleider hineingeworfen wurden, bis ich sie, nach dem Be-
nutzen von einem paar Wellenbr Heben, unter Schirmen wieder
anlegte. Doch musste beim Nachhausekommen noch einmal ge-
wechselt werden. In Pegu giebt es eigentlich nur zwei Jahres-
zeiten, die nasse und trockene, wogegen man in Ava drei unter-
scheidet, die kalte, heisse und regnerische.
DerBazaar Amherst's ist verbal tnissmässig lebhaft und wohl
versorgt. Europäer lebten keine in dem Ort ausser Capitain
Peach, ein alter Lootse, der meistens abwesend war, um damals
die Schiffstonnen im Hafen neu zu legen. Gelegentlich besuchte
ich das Kloster des Wuttuh-Kyaung, wo Talein- Pungyi lebten.
Die Umgegend ist meist Gehölz und Wald, doch werden die dort
im Gefängniss placirten Convicts zum Strassenbau verwandt.
Nach einigenWochen kehrte ich mit dem PostscbiflFzurUck. Wir
fuhren in Ermangelung von Wind, denFluss mitderFluth hinauf,
aber grade bei Sonnenuntergang fing uns an dieser zu fehlen, ob-
wohl wir schon im Angesichte Molmein's waren. Um nicht die
Nacht auf dem unbequemen Schiffe zu bleiben, wünschte ich an's
Land gesetzt zu werden, und überredete zuletzt den eingebornen
Capitain, trotz vielfacher Einwendungen und Gegenvorstellungen,
sein Boot dafür abzusenden, obwohl er es nur bis zur nächsten
Uferstelle geben könne und die Entfernung von dort noch weit
sei. Der reissende Strom verzögerte selbst diese kurze Ueber-
fahrt bis zur Nacht, und sah ich mich mit meinem Diener an einer
morastigen Stelle ausgesetzt, wo schlüpfrige Planken den Anfang
eines Pfades bilden sollten , der später zu einem Wege führen
würde. Zugleich fing es an zu regnen, und erreichten wir erst
nach mehreren Stunden ein Dorf, von wo ich nach der Stadt für
einen Wagen schickte und mitten in der Nacht bei Herrn Brooks
ankam.
Während meines ersten Aufenthaltes wurde in Molmein un-
ter Feuerwerken und Schauspielen das Fest des Honigs gefeiert,
443 MoImeiD und Amherst.
wobei die Klöster mit den freiwilligen Gaben dieser Süssigkeit
gefüllt werden. Jetzt traf man Vorbereitungen zu den grossen
Bootrennen, für die sich die ganze Bevölkerung im vollsten Staate
am Werft versammelte , mit Wetten und fröhlichem Jubel die
Tage verbringend. Die Rennböte waren enge Canoes, 30 — 40 Fuss
lang sowie 3 — 4 Fuss breit, und durch etwa eine Elle lange Pad-
deln bewegt. Die Birmanen waren Leib und Seele bei diesen
Wettkämpfen, wie sie auch für BingUbungen und andere athle-
tische Künste grosse Fertigkeit besitzen. Besonders geschickt
zeigen sie sich in dem allgemein beliebten Spiel des Fussballs,
zu dem ich häufig in der AbendkUhle die ganze Jugend eines
Dorfes versammelt sah und wobei der zugeworfene Bambuball
bald mit den Händen oder Armen, bald mit Füssen oder Knieen,
bald mit dem Rücken, bald mit dem Nacken aufgefangen und
wieder fortgestossen wird. Nach Borie ist es unter dem Namen
Raga auch den Mantras bekannt.
Mein Wirth hatte ein kleines Jagdhaus auf einer nahegele-
genen Hügelkette, und ich fuhr einige Male mit ihm hinaus, um
den Kyoktan-Kyaung mit einer labyrinthischen Structur zu be-
suchen und in dem dortigen Wasserfall zu baden. Auch in der
Stadt fand ich in einigen der Klöster wohl unterrichtete Priester
und keinen Mangel an Copisten. In den Höfen eines derselben
war eine Manufactur von Götterbildern. Auch die Hindus haben
ihre kleinen Tempel und sieht man häufig die Jongleurs dieses
Volkes, mit Schwertern und Bällen spielend, oder auf Stelzen
tanzend.
Die Pagoden, als auf steilen Hügeln liegend, sind meistens
etwas schwierig zu besteigen, belohnen aber auch dann mit einer
um so prachtvolleren Aussicht. Besonders pittoresk wird der
Umblick über Molmein's Umgebung durch die sonderbar gestaltete
Berggruppe (unter deren wunderlichen Formen sich auch die
„Duke of York's Nose" findet) und durch die den Uferrand des
gegenüberliegenden Martaban schmückenden Tempel.
Von den verschiedenen Arten der Pagoden (Öetih-puto) kom-
men die spiralig aufsteigenden dem einfachen Tumulus am näch-
sten, seine Erhöhung zur konischen Spitze ausziehend, während
i
Pagoden. 449
die glockenförmigen Dagoben nur eine directe Nachahmung der
Wasserblase oderLotos*) scheinen in der Form des umgestürzten
Almosen topfes**) (Sapeik hmauk), den Georgi als Nachahmung
eines Todtenschädels auiTasst. Sykes meint sie als Symbol der
Schöpfungskraft yerstehen zu können. Die abgestumpften Kegel,
die man mit brahmauischen Emblemen des Sivaismus in Siam
sieht, fehlen in Birma, und auch die bunten Verzierungen chine-
sischen Geschmacks sind im letztern Lande selten. Die in ihrem
Unterbau in Gallerien und Corridore ausgehöhlten Pagoden Pa-
gan's tragen mehr den Charakter von Tempeln, und vor Allem
erinnert die Ananda mit ihren hallenden Kreuzgewölben und un-
bestimmtem Zwielicht an eine mittelalterliche Kathedrale. Be-
zeichnend fUr die Architectur des reformirten Buddhismus sind
seine Bauten, nur aus leicht zerbröcklichen Ziegeln und Back-
steinen aufgeftlhrt, da es genügt, dem frommen Sinn des flüchtigen
Augenblicks zu genügen, und auch die Zeitdauer der massivsten
Steinbauten nur ein verschwindender Tropfen im Strom der Ewig-
keit sein würde. So baut der Birmane auch Sand-Pagoden oder
Zeug-Pagoden, und in seiner Geschichte bilden einen beliebten
Gegenstand der Behandlung die falschen Pagoden, die aus leich-
tem Material aufgerichtet über die mühsamen Anstrengungen der
Gegner den Sieg davon tragen.
Abgesehen von den Beziehungen, in welche die Pagode zu
der Gottheit selbst gesetzt ist, als die Repräsentation***) des in
•) Die unterste der Weltterrasseu wird von dem aus dem Meere der Wohl-
gerüche (das auf Windwirboln ruht) hervorwachsenden Lotos (die Blume der
Juwelen) getragen. 11 a la forme pri^cieuse (mani) et comme il occnpe dans ce
lotus la place du pistil, on designe le syst^me entier des vingt ^tages d'univers
par le nom de grains de mondes, bemerkt Remusat, der daraus auch die alte Ge-
betsformol erklärt, in der der Name des vorzoroastrischen Ilom wiederkliugt. Die
Samenkapseln des Lotos bilden eine beliebte Oj^fergabe für die davon essenden
Priester, besonders in Siam.
**) Dieses Gefäss ist eine mächtige Waffe in der Hand der Mönche, die darin
die giftigen Schlangen unbeschadet forttragen unddasFeoei^ feindlielier Zauberer,
wie das der Chaldäer im egyptischenCanobus-Topf, erlösoben maehen.
***) Der Pana-6a bemerkt, dass der im Mutterleibe ruhende Bura-alaun einem
Öetih-teik gleiche. Wie die afii Beginn dir Kalpa aufblähende Lotosblume die
BMiiftn, OitMien. II. 2 9
450 Molmein und Amherst
Meditation versunkenen Heiligen, ist der ostensible Zweck zu-
nächst die Aufbewahrung von Reliquien, entweder der von den
Buddha's gebrauchten Gegenstände (Kleider, Essgeschirre u. 8« w.)
oder der zurückgebliebenen Knochen ihres Körpers. Die Reli-
quien werden niedergelegt in einem Schreine, Dhatugarbha, der
als knospenartig geschlossene Lotosblume Überall den Grund-
stock buddhistischer Bauten bildet. Die Stupa ist typisch für
eine solche Lotos-Knospe, die später durch die schlankeren
Ausbeugungen der Linien eine glockenähnliche Gestalt erhielt
Derjenige Thcil des Phra-Chedi, der ursprünglich zur Aufbewah-
rung der Reliquien bestimmt war, heisst im Siamesischen Dok
Bua (Lotosblume) und befindet sich gerade unter der Spitze und
dem Schirme (Xatr), wenn ein solcher vorhanden ist. Beim
Phra-Prang heisst der Reliquien einschliesseudeTheilKhorakong
oder Glocke. In Birma wird er, seiner etwas verlängerten Gestalt
wegen, von dem Volke gewöhnlich Nghet-Pyau-boo (Bananen-
knospe) genannt, ist aber auch dort auf dem Kyan-lan von Lotos-
Emblcme des kommenden Buddha, Rcliliesst die von König Dehdn Ssain Nomihn
Chan in Sukhawati entfaltete den ganzen Chubilghan ein. Nach spanischen Ro-
manzen wurde Jsolde schwanger nach dem Genuss der weissen Lilie, die aus Tri-
stram's Grabe gewachsen (s. Groote). In der Lalita-yistara bringt Brahma auf
seinem Uanpte den Tschaitya genannten Miniatur-Palast, in welchem Buddha im
Mutterleibe ruhte, ehe er ihn durch die rechte Seite verliess. Die buddhistischen
Patristiker haben Alles so sorgsam vorgesehen, dass es später keiner Conclaven
zu Diöcussionen über die Immaculation bedurfte. Ebenso dispensirten sie durch
die gewählte Geburtsweise von dem Zeugnisse der Hebamme, auf das manche
der Kirchenväter es nothig fanden, sich als ein werthvolles Beweismittel zu
berufen. Auch den heiklichen Punkt der Empfangniss haben sie glücklich ver-
mieden und nicht, wie es den Propheten des Islam mit Recht indignirto, den All-
mächtigen zu einem Don Juan in Zeus-Gestalt erniedrigt. Die Versuchungen,
dieGautama durch seinen Widersacher erfährt, sind verständlich, da der mit dem
sinnlichen Korper Bekleidete noch immer gegen dessen Lüste anzukämpfen hat,
aber der Teufel müsste in derThat ein dummer gewesen sein, der den Herrn des
Weltalls auf eine Umschau stellte und ihn mit einigen Königreichen der Erde zu
▼erführen gedachte. Und schon mancher Klippschüler, wie ans Erfahrung bekannt,
würde ihn auslachen, wenn er nicht erwartungsvoll der mysteriösen Enthüllung
scheinbar so crasser Paradoxen entgegensähe und bei gereiftem Verstände glaubte:
quia absurdum .
Reliquienbchulter. 451
Verzierungen umgeben. Der Schirm (Tili) fehlt in Birma niemals.
In den Tempeln brahmauischer Mythologie wird die Form des
Lotos dem Kullus gegeben, welcher den die Garbha Griha über-
ragenden Amla sila umgiebt. Die gewundene Spitze steigt, gleich
der Glorientlamme auf dem Kopfe Buddha's, aus dem Körper der
Pagode empor. In solchen Tempeln, wo es wUnsehenswerth ist,
an den jährlichen Feiertagen die Keliquien für die Verehrung
der Gläubigen zu exhibiren, legt man sie gewöhnlich in einem
kleinen (hölzernen oder messingenen) Dagob nieder, der hinter
einer Buddha-Figur in einem halbunterirdischen Gemache des
Phra-Chedi aufbewahrt wird. In Birma sind dagegen die meisten
Pagoden ganz ohne Eingang und der frühere Gebrauch, die Ke-
liquien einzumauern, schloss überhaupt die Möglichkeit aus, sie
wieder vorzuzeigen, sobald Anbauten gemacht waren. Je nach-
dem die Lotusform der Dagobe in ihrem Aufsatze oder ihren Un-
terlagen verändert wurde, musste eine Mannigfaltigkeit von For-
men aus dem ursprünglichen Modelle hervorgehen. Wenn die
Dagobe selbst der einfachen Tope entspricht, so wurden die Ter-
rassen eines überschattenden Schirmes, wie in der Tope in Sul-
tanpore (oder verändert wie in der Tope in Ajunta), leicht zu den
Windungen der Pagode erweitert. Wurde der Unterbau der Da-
gobe in Hallen und Kapellen ausgearbeitet, so entstanden die
Tempel, welche jetzt in Kuincn liegen in Pagan und denen ähn-
lich ein Gebäude in Bangkok begonnen, aber nicht vollendet
wurde. In den mit dem Mohamedanismus verbreiteten Kuppel-
Bauten ist die Lotusknospe selbst gleich dem Knollen der tarta-
rischen Dome zum Abschluss des Gebäudes geworden, und der
thurmspitzenartige Aufsatz, der den Pagoden ihr eigenthümliches
Gepräge giebt, ist dort gänzlich abgeworfen. In Kirchen und
Moscheen wird eine weite Wölbung des Innern angestrebt, um
für die Ceremonieen des religiösen Cultus Kaum zu finden, wäh-
rend in den Pagoden die tempelartige Ausfirbeitung nur Ausnahme
bleibt, da sie selbst der Gegenstand der Verehrung sind. Chaitya
meint (imPali) den Opfer- oder Betplatz, der durch das Umkreisen
von der Kechten zur Linken verehrt wurde, und in dessen Mitte
erst eine spätere Cultur ein architektonisches Gebäude an die
29*
452 Molmein aod AiDherst.
Stelle eines rohen Steines setzte. So kommt die buddhistische
Baukunst leicht zu jenen einzeln stehenden Denkmalen, die aus
Lat, Jaya-Sthamba (und andern Siegespfeilern, gleich demSurkh
Minar in Kabul) , später, wie in Chittore, zu Thlirmen wurden,
auch ohne eine Verwendung in den Glocken zu finden, und sich
in den Ländern des Islam in Miuarete verwandelten oder in Taas
in China. Eine diesem ähnliche Structur ist die der Phra-Prang,
die in der Palast-Architektur zum Schmucke des Hauptdaches
verwendet wird, aber für religiöse Zwecke nur aus einem mehr
oder weniger verzierten Untergestelle besteht, das einen conischen
Lingam trägt, mit Siva's Dreizack gekrönt. Wenn Glocken-
thUrme in den buddhistischen Klöstern errichtet sind, so gleichen
sie in ihrer allgemeinen Foim den mittelalterlichen europäischer
Städte, wie sie noch jetzt in einigen Theilen ßrabants oder Bur-
gunds erhalten sind. Die drei- oder vierfach gedoppelten Dächer
der buddhistischen Klöster fanden ihren Ursprung indem auch die
Schnitzkunst begUnstigendenIlolzmaterial,das frUher, und inßirma
auch noch jetzt, ausschliesslich verwendet wurde und zeigen, ver-
glichen mit den hölzernen Kirchen Norwegens, z. B. in Hitterdal
und Urnes, dass die Natur unter gleichen Bedingungen stets
► gleiche Resultate aus dem menschlichen Geiste hervorlocken
wird. Ebenso findet sich die Form der Topen in dem scandina-
vischen Hang wieder.
Die schiefen ThUrme, über die, ob Absicht oder Zufall, man
in Europa noch nicht im Klaren ist, sind in Siam gleichfalls be-
kannt, und der Volkswitz hat aus derPali-BenennungPhra-Chedi
(von Chaitya) ein siamesisches Wort gemacht, als Phra-Chai-di
(die gutgemeinte Pagode), und stellt ihr die Phra-Chai-rei (die
Bchlechtgemeinte oder schlechtgesiunte Pagode) gegenüber, er-
zählend, dass Sisanonxai, ein demokritischer Philosoph, der als
Urtypus der Hofnarren in einer Menge siamesischer Geschichten
spielt, eine solche schiefe Pagode gebaut habe. Bei dem nach-
giebigen Terrain der süd-siamesischcn Diluvialländer geschieht
es häufig, dass beim Aufbau einer schweren Masse Senkungen
entstehen, und die grösste Pagode, die man in Bangkok zu bauen
unternahm, wurde schon vor ihrer Vollendung eine Ruine. Ge-
Schiefe Thfirme. 453
wohnlich werden erst vier oder sechs kleinere Pagoden errichtet
und nach einigen Jahren wieder niedergerissen, uin auf der dann
festen Unterlage die beabsichtigte Pagode in grösseren Dimen-
sionen aufzubauen. Nicht zu bedeutenden Unregelmässigkeiten
vermag die Kunst abzuhelfen, wie der folgende Extract aus der
peguanischen Geschichte (im 15. Jahrhundert) beweist: „Als
die Baumeister die Pagode Mutao überbaut hatten, geschah es,
dass der König von Hongsawaddi kam sie zu besichtigen und die
Pagode nach der südr)stlichen Seite Ubcrlehnen sah. Er ent-
brannte in grossem Zorn und rief aus: „Die Pagode ist schief!
wie geschah das?" Die Architekten wussten Nichts zu erwiedem
und lagen schweigend mit ihrem Gesicht auf der Erde zu den
Füssen des Königs. Der König befahl dann, im Nordwesten in
einer Entfernung auf 18 Fuss von der Pagode einen Canal zu
graben, und als die Pagode nach drei Tagen sich gerade ge-
stellt hatte, Hess er den Graben wieder auffüllen." Diese Epis^ode
hatte so einen friedlicheren Ausgang, als die des schiefen Fen- ,
sters in Versailles.
Wenn man die Priester über den Grund der Verschieden-
heit in der Form der Pagoden fragt, antworten sie gewöhnlich,
dass Buddha in den heiligen Büchern keine Vorschriften da-
rüber gegeben, sondern nur befohlen habe, über seinen Ge-
beinen einen kleinen Hügel, in der Form eines Beishaufens (also
einen Tumulus), zu errichten, und dass derselbe erst später durch
Anfügung verschiedener Arten von Spitzen verschönt und in eine
Pagode verwandelt sei. Die conischen Lingam, die man in ganz
Indien zerstreut findet, sind gleich dem Töpferthon des egyptischen
Schöpfungsgottes geformt, und in den Puranas wird gesagt, dass
die Könige von Hindostan überall kleine Erdhaufen errichteten,
die sie Meru-Sringas oder Gipfel des Berges Meru nannten und
als den heiligen Wohnsitz der Götter verehrten, welche durch
magische Beschwörungen darauf herabgerufen wurden. Man hat
oft jede Erhebung, mit Sri Meru, der auf der Erde als Joni
stünde, beginnend, in der Bedeutung von Sesostris-Pfeilem ge-
nommen, und könnte dann auch die 1647 in Wien zu Ehren
der unbefleckten Empfängniss errichtete Säule dazu rechnen.
454 Molmein und Amherst.
Im Pana-^a heisst es :
Die f'etih betreiTend, wie verhält es sich nun mit den (''etih?
Das ist aber folgendermassen: Indem Götter (Nat) und Mensehen
insgesammt, um Weihgaben zu Ubermaehen, 'durch Errichtung
eines kegligen Steinbaues das Errichtete darbringen, so folgt
daraus der (.'etih.
Ein anderer Absatz besagt: In dem Gemäuer desf^'etih wer-
den Elementar -Keliquien (Dhat) viererlei Art eingeschlossen,
nämlich die Bura-Sakkhin-dhat (die Reliquien des höchsten
Herrn), die PaWekabuddha-dhat (die Keliquien eines beschränk-
ten Buddha oder eines Vorläufers des Buddha), die Rahanta-dath
(die Reliquien eines Heiligen) und die Reliquien eines Götter-
königs der takra-AYafle, wenn es solche giebt. Dies sind die vier
Arten.
Anderswo heisst es:
„Die Öetih zerfallen in drei Theile, als Pariboga-Öetih (Pa-
goden mitWeihgeräthen), Dhatu-Öetih (Reliquien-Pagoden) und
Uddisa-Öetih (Gelegenheits-Pagoden). Von diesen dreien bilden
solche, in denen Mönchsgewänder, Almosentöpfe oder andere Ge-
räthschaften niedergelegt und verborgen werden, die Pariboga-
C^etih, solche, in die körperliche Elementarreste gesetzt werden,
die Dhatu-Oetih, solche, in denen die Figur des Herrn (Paya)
wiedergebende Bilder (('hin-tu) in Verborgenheit niedergelegt wer-
den, dieUddisa-Öctih. Im Dhamma-Öetih giebt es wieder vier Ver-
schiedenheiten." Die hlitenden Löwen sühnen den Muttermord, vor
dem Callisto's Sohn durch Aufnahme in die Bären-Constellation
bewahrt blieb. Die Mongolen fügen nicht nur den Pagoden, sondern
auch (wie mir im Museum von Irkutsk mehrfach Gelegenheit gege-
ben war zu untersuchen) dem Fussejeder Figur Reliquien ein, und
nach Entfernung derselben würde jene jeden Anspruch auf Ver-
ehrung verlieren. Vermoderte Knochenreste werden von dem
armen Volke dieser verblendeten Heiden als zauberkräftige Ta-
lismane getragen, und als man schrieb im Jahre des Heils 1866,
stellte man den Arm des heiligen Johannes im Schlafzimmer
der allerchristlichsten Königin auf, um die Niederkunft zu er-
leichtern.
Naturgötter. 455
Die Talein sind mehr noch wie die Birmanen der Dämonen-
Verehrung und Zauberei ergeben. Zur Verbrennung stellen sie
den Sarg auf den Scheiterhaufen und ])edecken den Körper,
dessen Beine auf den Rücken zurückgebunden sind. Sollte der
Todte durch Hexerei gestorben sein, so wird das ihm beige-
brachte Schweinefleisch oder sonstige Substanz unverbrannt zu-
rückbleiben. DieNats heissenKalukk bei den Talein, die 37 Arten
aufzählen. Der in den Bäumen als Dryade lebende Nat, der
im Birmanischen Yukkhaso heisst, wird von den Talein Teotao
genannt. Der höchste Nat der Wälder ist bei den Talein der
Kaman pun pik, der die drei Geschäfte versieht, die die Birmanen
unter den Yukkhaso, den die Erde hütenden Bongaso (Bummadzo)
und den Ahakaso im Himmel vertheilen. Der Schutzgenius des
Hauses heisst in der Sprache der Talein Kalukk-cheit' (cheit'odcr
Haus). Beim Beginn der Regenzeit wird für Mimmakajih, den
König der Nats, eine in gelbes Zeug gewickelte Cocos-Nuss
aufgehangen. Am Ende der nassen Saison werden ihm neue
Gaben, an Geld, GallertrReis, Eiern, Zucker u.s.w., dargebracht,
damit er die Hausbewohner mit Fiebern verschonen möge.
Das birmanische Paya, die gleiche Bezeichnung für Pagode
und den Buddha, als Gott, heisst bei den Talein Kjeik (Jeik),
wahrscheinlich das Quiay mittelalterlicher Reisender. EinChedi
wird noch im Besondem Kjeik-chedi genannt. Der Pungyi
heisst Let-kjeik. In der Kjeikkalo-arac genannten Pagode, wo
Branntweintrinker ihre Verehrung darbringen, wird der Nat
Paichjau-kamandon in der Gestalt eines Chedi angebetet. In
Siam meint Arac den schützenden Dämon, der aber dort nicht
durch Soma, sondern durch Arac oder Branntwein begeistert. In
der Nähe vonKala-myoh verehren die Talein den Paicho-kaditoh
genannten Nat, dem sie von ihrem Geflügel den Zehnten zahlen.
Kyeiketha wurde durch Athamintha erbaut. Atinkepamin, Kö-
nig Pegu's, gründete die Pagode Kjeik lunbun in Sittang. Die
Stadt Teikela wurde früher durch Kala bewohnt. In Sittang oder
(nach den Talein) Don-katcin stand unter einem Nyaung-bin (Ba-
nanenbaum) dem Lissa-ok (dem Ahnherrn des Urgrossvaters) ein
Nathans erbaut. Zu seinen Ehren wird bei jährlichen Festen
456 Molmein and Amherst.
getanzt, damit er einen Besessenen*) inspicire. Neben dem sei-
nigen fand sich der Tempel seines jüngeren Bruders, Lissii-
Meinbla (der junge König Lissu) genannt. Die euhemeristische
Dämonologie, die in einfachen Verbältnissen überall natürlich her-
vorwächst, wird bei Fortbildung zum System leicht von ihrer
ernährenden Wurzel abgetrennt. In Negirung der Seele, jenes
Gefühls des körperlichen Allgemeinbewusstseins, das in dem
hausbackenen Volksglauben nach dem Tode als Gespenst spukt
und in der spiritualistischen Zukunftsreligion als Engel frisirt wird,
führen die Meditationsübungen derBuddhisten zu jenen Regionen,
wo der von den irdischen Fesseln befreite Geist im Denken den
Einklang der Weltgesetze ahnend versteht.
Die Lawa heissen Waeh in der Taleinsprache und Tanin-
tajih (Tenasserim) Jeneanzeit. Der Sakhya-min (Thagya-min),
der Götterkönig der Birmanen, ist den Talein als Min -Ihn be-
kannt und auch im Siamesischen heisst IndraPhra-In. „Der Name
Indra in der Bedeutung belebender Geist im Menschen, durch
Versetzung des Gottes in das Herz des Mengchen (wo Indra wohnt),
wird in einem der Upanishad's in etymologischen Zusammen-
hang mit vedantischer Anschauung der Schöpfungsgeschichte
gebracht, und als eine Zusammenziehung von Idam-Dra, dieses
sehend, betrachtet" (s. Benfey). In dem Pitagat der Lao von
Zimmay wird der Thagya-miÄ alsPhra-Ihn, der Nat als Theodah,
die Natpieh tschaukpon als Sowan hotpun, die Byammapieh na-
zeh tajat als Mahapron ihsibitpun bezeichnet. Bei den Schan
wird dem Nat der Name Pih gegeben, während die Siamesen die
Nat als Götter Thepadah nennen und unter Pih nur einen Dämon
verstehen. Die Natpieh heissen Bullfoah bei den Schan und die
Natpieh tschauk-tat Bullfoah hok kian. Die Byammapieh werden
*) Bei den rohen Eingeborenen des Dekkhan sprechen nicht die Buddhen,
sondern die Bhuten. Nach den Jainas (oder Arhatas) Buddha is not even a Dc-
vata, bat is nndergoing various low metamorphoses as a punishment for his errors.
Krankheitsteufel werden exorcisirt, wie die Essäer die schädlichen Dämonen
(Schediin oder Masikin) austrieben, kraft der König Salomo's Buche (SeferRuot)
entnommenen Heilmittel (s. Grätz).
Talein-Bezeichnangen . 45 7
Paejniajaphon genannt, derTbagya-min erhält den Titel Paniah-
In und der Bummadzo-Nat den Thewodah's. Die Belu (Unge-
heuer) heissen Niak, während im Kambodischen Niak oder Neak
nicht nur die Schlangendrachen (Nakh im Siamesischen oder
Naga) , sondern auch das Reich der unterirdischen Kobolde be-
zeichnet. Nach der Sprache der Toungthu bezeichnet Lu die
Nat. In ihrem Pitagat wirdNatpieh tschauk-tat alsLukam zu bon
wiedergegeben und Byammapieh nazeh bon , als Byamma kam
nihzi. Die Buddhisten üben die ekstatischen Verzückungen der
Jogi (Zau-gyi), um in einen der 16 Brahma-Himmel hinUberge-
rUckt zu werden, wogegen es im Mahabharata (bei Muir) heisst:
Through works creature is bom again after death with a body of
one or other of sixteen descriptions, by knowledge he becomes the
Eternal, Imperceptible and Undecaying. Für das Dhamma des
Pali verwenden die Birmanen im Vernacular das Wort Thara, das
wie Thora im Hebräischen, auch dasjenige bedeutet, was gelehrt
wird. Thara-hau heisst eine Predigt halten und Thara-na einer
solchen zuhören. Wie bei dem langen Verstummen der Prophe-
tenstimmen die zuNaziräern gewordenen Assidäer nach propheti-
scher Verzückung strebten, um des heiligen Geistes (Ruach ha
Kodesch) gewürdigt zu werden, so hofft der Buddhist in Zeiten
des Verfalles auf die Geburt seines neuen Gottes.
Der Missionair Haswell, der Grammatik und Dictionnaire der
Taleinsprache im Manuscript angefertigt besitzt, und mir unter
andern Büchern das Original des Mulamuli*) zeigte, gab mir
noch folgende Notizen: Die 16 Terrassenhimmel sind von den
Nia Dung-pho (denen der Welt Pho), den Nia Dung-ihn (denen
der Welt Ihn) und den Nia Dung-prühn (denen der Welt Prühn)
bewohnt. Nach der Schöpfung der Welt kamen die Sieben aus
dem Ihn-Himmel (Ihn Kapoh) zur Erde herab (wo sie bis zum
Falle als nQoaäXfjvoi , gleich Phrygiem und Ärkadiern, lebten).
Jeder Baum und jedes Haus hat seinen Kalukk. Ehe ein Baum
*) In der Sankhja Sara heisst die Mula-Prakriti alsAvJakta (das Unentfaltete)
Avidja oder Pradhana, aber auch Para (die Hohe oder Treffliche). Die Prakriti
(procreans) spaltet sich als Vikriti.
458 Molmein and Amherst.
niedergeschlagen wird, werden deshalb Gebete angestellt. Wenn
beleidigt, ergreift der Kalukk (Dämon) Leute und macht sie
krank. Am meisten wird der Banyanenbauni verehrt.
Bei meinem späteren Aufenthalt in Kambodia schien mir die
dortige Sprache manche Aehnlichkeit mit dem Talein zuhaben, ob-
wohl ich bei meiner oberflächlichen Kenntniss beider auf Einzeln-
heiten nicht eingehen konnte, da ich nur die fUr mich in der
Praxis wichtigen Sprachen Birma's und Siam's zum Gegenstande
des Studiums gemacht hatte. Die Talein sowohl wie die Kambo-
dier dislociren die Sylben in der Aussprache, indem sie die
vollen Vocale zerbrechen, und dadurch wird das Ohr sogleich als
charakteristisches Merkmal getroffen. Mason bemerkt: The Ta-
laing is remarkable for its numerous Compound consonants, roany of
whichare notfoundeither in Chinese, or in the otherlndu-Chinese
languages. Es bewegt sich in verschiedenen Betonungen, wie auch
das Karen.
Herr Wade hat aus buddhistischen Manuscriptcn eine
alphabetische Zusammenstellung geordnet im Buddhabhasa-ih-
abhidam- hnin-mrammakyamganto- hneik- pasapanai^a. Paüa-öa
meint das Buch der Weisheit (Paria) , die auch im Lokanidi wie
im apokryphischen Esra gefeiert wird.
Nach dem von Mason mitgetheilten Abriss einer Talein-
Uebersetzung, die in Labong aus der Schansprache gemacht wurde,
beginnt das Mulamuli mit allgemeiner Leerheit, in der zuerst
Hitze und Kälte , und dann die vier Elemente auftreten. Als die
letzteren lebende Wesen hervorbrachten , entstanden Würmer aus
der Erde, Insecten aus der Luft, Leuchtfliegen aus dem Feuer
und MUcken aus dem Wasser. Als diese Producte eine Asang-
khyeya (eine Einheit mit 144 Nullen, etwa l'/a Quintillionen
Jahre) von Kaipen geboren und gestorben waren, erschienen zu-
erst Wirbelthiere mit ganz feinen und dünnen Knochen. Nach-
dem 1000 Asangkhyeya von Kaipen in der Periode umgelaufen
waren , rief das zum Weiblichen neigende Erdelement zuerst eine
Weibesform hervor, Ihtangeyyasangasi genannt. Diese Frau er-
nährte sich vom Duft der Blumen , da aber die Erde damals so
mit Pflanzen und Unkraut überwachsen war, dass das Gehen
V
Schöpfung. 459
schwierig wurde, so wünschte sie die dichte Vegetation zu lichten
und bildete au8 Lehm und Diatomaceen *) (wasserlöslichen Baud-
faser-Algen) thierische Formen, durch eine hineingesetzte Raupe
belebt, um das Gras zu fressen. Als diese aber mit fortgehender
Vermehrung so zahlreich wurden , dass sie allen Pflanzenwuchs
vernichteten, und nicht mehrBlumen genug blieben, um durch ihren
Duft die Frau zu ernähren , so sann diese darüber nach , wie es
möglich sein würde , dass die Thiere stürben mit nachfolgender
Auferstehung. Während ihrer fortgesetzten Meditation schuf das
Element des Feuers einen Mann, Pusangeyyasangasi genannt,
der die Thiere in Gesellschaft sich ergötzen sehend , gleichfalls
eine Gefährtin suchte und umherwandernd die Frau traf. Diese
befragte ihn um ein Mittel , wie die aus den vier Elementen mit
der Natur als Existenz geschaiTenen Wesen periodisch sterben
und wieder auferstehen könnten, um nicht ewig zu leben. Der
Mann, den Gedanken der Frau verstehend, erwiederte nach län-
gerer Reflexion: „W^enn von den drei Geschlechtsnaturen und
den vier Elementen ein Männliches, ein Weibliches und ein
Sächliches geschafien sein sollte, so würden die Menschen von
Geschlecht zu Geschlecht an Weisheit zunehmen und fähig sein,
den Thieren eine Grenze zu setzen." Der Frau gefielen diese
Worte , und nachdem sie miteinander gelebt hatten , brachte der
Mann die vier Prinzipien des zu Werdenden nebst einer Senf-
korn grossen Zuthat des Prinzips der Glorie (Si oder Sri). Indem
die Frau diese embryonalen Elemente mit Lehm und Faden-Algen
(den niedrigsten Producten vegetabilischer Schöpfung und selbst
beweglich, alsZoophyten) mischte, formte sie daraus drei mensch-
liche Gestalten, eine männlichen, eine weiblichen und die
dritte sächlichen Geschlechts. Durch das Element der Erde
wurde ihnen Festigkeit ertheilt, durch das des Feuers Stärke,
durch das des Wassers Schönheit, durch das der Luft Freude,
die Sehfähigkeit und das Vermögen des Verstehens. Dann
fügte sie eine geistige Anlage hinzu, die im Unterleibe Wür-
*) Auf dem greisesalten Dämogorgon , dem mit lehmigem Koth bedeckten
Erdgeist, wurde Moos wachsen gedacht.
460 Molmein und Araherst.
mer oder Raupen erzeugte, und nach zehn Monaten kamen
lebende Meuscheugeschöpfe hervor, männliche, weibliche und
sächliche. Da diese menschlichen Wesen bald in Krankheit
verfielen, so ordnete der Schöpfer die vorhen durcheinander
gemischten Jahreszeiten der Gesundheit gemäss an, und um
sie zu stärken, wurde die Keispflanze geschaffen. Um die
Eintheilung der Zeit zu ermöglichen, wurde der Berg Meru auf
den Rücken eines Riesenelephanten gehoben, mit den 12 Stern-
zeichen und dem Mond in seinen 27 Häusern, sowie der Sonne
um ihn in regelmässiger Wiederkehr kreisend, während an seiner
Seite der erste und auf seinem Gipfel der zweite Devahimmel er-
richtet wurde. Als die Menschenwesen aufwuchsen, erfolgten
drei Kinder. Da aber die Frau dem Manne grosse Zuneigung
erwies und das geschlechtslose Geschöpf vernachlässigte, so
wurde dieses erbittert über ihr glückliches Beisammensein und
erschlug den Mann. Die Frau brachte die Leiche an einen ein-
samen Ort, wo sie täglich Speise hinstellte, und nachdem Ver-
wesung eingetreten war, errichtete sie ein Stück Holz, als Monu-
ment, auch dorthin tägliche Speise stellend. Dann starb die Frau
und das Geschlechtslose starb. Die Kinder thaten mit ihrer Mutter,
wie sie den gestorbenen Gatten behandelt hatte, vernachlässigten
aber das Geschlechtslose. Diese drei Kinder hatten ihrerseits
dreizehn Kinder, sechs Knaben und sieben Mädchen, indem das
sächliche Geschlecht nicht fortgepflanzt wurde. Indem diese
Kinder, die Thiere beobachtend, verschiedene Laute ausstiessen,
so entstand daraus die Sprache von Magadha (wie auch im Maha-
wanso das Pali die Wurzel der Sprachen heisst).
Als später vielerlei Leiden des Siechthums über die Menschen-
kinder kamen und solche daran starben , so bildeten die beiden
Schöpfer die Planeten in ihren aus den vier Elementen geformten
Palästen, um die völlige Vernichtung jener zu verhindern.
Die Menschen lebten in Frieden und Einigkeit zusammen,
aber sie fingen bald an, ihres Lebensunterhaltes wegen, Thiere
zu tödten, weil Niemand ihnen den Unterschied von Gut und
Böse gelehrt hatte. Da in Folge der mörderischen Handlungen
Das Mulamnli. 461
die Seelen bei der Wiedergeburt in Thierkörper*) einwanderten,
BO erschraeken die Schöpfer, als sie dem irdischen Treiben zu-
schauten, und sie verknüpften durch das Mittel der vier Ele-
mente geistige Geburten mit verschiedenen Fruchtbäumen. Die-
jenigen, die von diesen Früchten assen, gebaren Kinder, die
mit Tugendeigenschaften begabt waren. Von der Zeit entstan-
den Spaltungen , denn jetzt gab es Menschen lasterhaften Her-
zens und Tugendhafte. Als sich das Menschengeschlecht ver-
mehrt, schwanden die RechtschaflFenen auf eine kleine Zahl
zusammen, während die Schlechtgesinnten immer mehr zu-
nahmen und in die Uölle stürzten. Niemand hat die Hölle gebil-
det, sondern sie entstand aus dem Wirken böser Thaten. Das
Feuer des Zornes ruft das Höllenfeuer hervor und verzehrt den
Urheber. Wer Uebel thut, der entzündet den Höllenbrand und
brennt in seinem eigenen Feuer. Nun gab es zu der Zeit einen
Gerechten, einen Weisen, dem Keiner Gastfreundschaft erzeigen
wollte. Er Hess sich deshalb unter einem einsamen Hopea-Baume
nieder und dort weinte er für sich, da er allein und freundlos war.
Er blieb ein Eremit und seine Sünden bereuend, gelangte er zur
Selbsterkenntuiss. Da er tugendhafte Bestrebungen in sich übte,
ging er bei seinem Tode als der Erste in den Stand eines Deva's
oder Schutzgottes der Bäume über. Noch einige Andere erwarben
hinlängliches Verdienst, um Baumgötter zu werden, aber die
grosse Masse der Menschheit sank in die Hölle und wurde von
den Flammen verzehrt. Da beriethen sich die beiden Schöpfer
und sprachen miteinander : Genug, wahrlich, lang genug hat diese
Kalpa jetzt gewährt und noch ist keiner erschienen mit genügen-
der Tugendkraft, um sie zu beenden. Lasst uns denn die Welt
mit dem Feuerelement zerstören, und dann, wenn diese Leute
vernichtet sind, dann werden die nach ihnen folgenden in Tugend
und Weisheit zunehmen. Sie richteten dann die 16 Bramha-
•) Nach der Schöpfnngslehre der Quisqueja auf Hayti, wurden die ursprung-
lichen Menschen, die sich zuerst aus ihrer Hohle hervorwagten, in Thiere, Pflan-
zen oder Steine verwandelt, bis sie sich allniahlig an das Sonnenlicht gewöhnten
und die Späteren Menschen blieben.
462 Molmein und Amherst.
Himmel ein, als einen Zufluchtsort für Solche, die aus Todesfurcht,
als Dürre und Regenlosigkeit die Erde zu versengen anfingen,
sich der Liebe und des Mitleids befleissigten. Als diese starben,
stiegen sie zu den Bramha-Himmeln auf, und dann zerstörte ein
grosser Weltenbrand die ganze Schöpfung unterhalb dieser Re-
gionen. Nachdem im Regien das Feuer erloschen und die neue
Erde gebildet war, wurde jener Weise, der zum König des zweiten
Devahimmels erhoben war, unter den Menschen wiedergeboren,
die noch ohne Kenntniss der Moralprinzipien dahinlebten. Da
er aus tugendhaftem Sinn sich frei hielt von Mord, von Dieb-
stahl, von Ehebruch, von Lüge und von Berauschung, so zog er
nach seinem Tode in einen Bramha- Himmel ein. Als er nach
dem Umlauf vieler tausend Kaipen aufs Neue auf Erden geboren
war, wurde ihm ein Sohn gezeugt, der schon bei der Geburt wie
ein Erwachsener redete, und der von den darüber erstaunten
Menschen Pratyeka - Buddha genannt wurde. Er wurde in der
That ein Pratyeka-Buddha, d. h. ein Solcher, der die Vergangen-
heit, Gegenwart und Zukunft der ihm angehörigen Kalpa zu
durchschauen vermochte. Allmählig vermehrte sich die Zahl
solcher Pratyeka -Buddhen, in den einzelnen Kaipen erschienen
verschiedene Mengen derselben, dann nach langen Perioden
wurde ein Frommer geboren , der schon mit 825,000 Pratyeka-
Buddhen auf den Lebenswegen seiner mannigfachen Existenzen
zusammengetroffen war, der ihnen beständig in Almosen sein
Vermögen dargebracht hatte, der aber jetzt erkannte, dass solch
äussere Werke nicht genügten , um aus dem Kreise der Wieder-
geburt zu erlösen, und der deshalb beschloss, sich selbst als
Brandopfer zu weihen. Er gab seine Frau und seine Kinder an
Bettler fort und verbrannte sich selbst, als Opfer, dem Pratyeka-
Buddha.
Als er nach vielen Zeitumläuften in neuer Wiedergeburt auf
Erden erschien, lebte er als Einsiedler, die heiligen Formeln
wiederholend, und erhob sich beim Tode zu den Bramha-Him-
meln. Nachdem das goldene Zeitalter angebrochen war, in dem
Thierc mit menschlicher Sprache redeten und Bäume die gestellten
Fragen beantworteten, da lebte Tikkha^ga, ein Königssohn, der
Alte Rainen. 463
sich als Einsiedler unter einen Butea-Baum zurückzog, und nach-
dem er noch unter anderen, im Ganzen 25 Bäumen, gebUsst hatte,
endlich unter dem letzten durch harte Kasteiungen die unendliche
Weisheit erlangte und im Gefühl seiner Errettung von den Welt-
geburten jubelnd seine Gottheit proclamirte. Devas und Bramhas
versammelten sich ihn zu preisen und sie sowohl wie die Men-
schen verehrten ihn, als Bhagavat. Dann predigte er, um Un-
terricht gebeten, seinen Zuhörern das Mulamuli, als am besten
dem Grade ihres Verständnisses angepasst. Als die beiden Schöpfer
die 10,000 Weltsysteme von einem wunderbaren Glänze erhellt
sahen, eilten sie herbei, Buddha zu befragen. Er verkündete ihnen,
dass sie von Anfang an existirt hatten, ehe noch Menschen waren,
dass sie die Welt gebildet hatten und dass sie grosses Verdienst
besassen. Das war für sie eine ganz neue Mittheilung, aber sie
empfingen dieselbe mit Freuden, verehrten Buddha und sprachen
den Wunsch aus, gleich ihm zu werden. Für den Zweck, erwie-
derte dieser, müssten Devas und Menschen sein Bildniss verfertigen
und zu demselben beten. Als Tikkhagga auf dem Punkte war,
im Nirwana zu verschwinden, etablirte er auf Bitten der Menschen,
der Devas und Bramhas, seine Religion für die Dauer von 5000
Jahren, die Verehrung der Dreiheit, in Buddha, Gesetz und Kirche
einsetzend.
Hinter dem palastartigen Gouvernementsgebäude, das Oberst
Fitch bewohnt, fanden sich die Ucberreste alter Wälle. Oberst Fitch,
der grosses Interesse an einem Lande nimmt, das schon vor fast
300 Jahren einer seiner Vorfahren bereiste, hatte sie in ziemlicher
Ausdehnung verfolgt, und ihrer Richtung nach könnten sie zu den
Ruinen der altindisehen Stadt (Rammapura) gehören, die früher auf
jener Stelle gelegen haben soll. Noch lange vor ihr hatten schon
Gautama's Heilige dort gewandelt. Denselben Tag mit seinem
Diener Ninzan, bestieg der Prinz seinRossKandika*) und zog sich
in die Einöde zurück, den Ahoma-Fluss durchschwimmend, um im
•) Als bei der Trennung von seinem Herrn das Ross Kantilca (Kandika) am
gebrochenen Herzen starb, wurde es sogleich im Himmel Tawadeintha wieder-
geboren.
464 Molmein und Amberst.
Walde Anubya anzukommen. Von dem Byamma Gatika mit
gelbem Gewände versehen, schnitt er mit dem Schwerte das Haar
und warf es in die Lüfte, wo der Thagya- König es in Empfang
nahm und dafür in Tawadeintha den Dzedi Zulamani errichtete. Als
Yahanda übte er für sechs Jahre Dokaseriya (Büssungen). Unter
dem Niaungbin Clzzapala genannt) , ass er 49 Mundvoll Reis aus
der goldenen Schüssel der Duzada und ging dann nach demFluss
Naezinjeah, wo der hineingeworfene Topf mit dem Reis darin
stromaufwärts schwamm, wie eine Ente, als Mirakel. Dann ging
er nach dem Bodhi- Baume, wo Tudianasin 10 Handvoll Gras
zum Sitz darbrachte und umherstreute, worauf der Thron sich
hervorhob, auf dem er mit gekreuzten Beinen sass. Dann stürmten
die Krieger Manat's herbei, aber durch die Zurückrufung der
Tugenden von früheren Existenzen verschwand Man -Sit. Am
Vollmond des Sazon-Monats am Mittwoch erlangte er die Tappi-
ni uhda- Weisheit und verklärte sich zur Gottheit. Als er in Ya-
zajatana 49 Tage verweilte, ass er von dem Honig, Brod und
Reis, das die Kaufleute, die beiden Brüder Tapoka und Palika
darbrachten und gab ihnen die Haare, über denen sie auf der Spitze
der Tingutta-Insel den Dzedi Dagon-Zaudohshin erbauten. Dann
wanderte er in Yasajoh umher, für Almosen. Seine Mutter in (Satung)
Thadun erschauend, zog der Yahanda Gavunpati längs des Him-
mels nach Thadun, und der König Tirimahateka, ihn erblickend,
fühlte grosse Neigung, den Herr-Gott durch Opfergaben zu ver-
ehren. Gavunpati's Mutter gehörte zum Geschlecht der Jäger.
Nachdem er das ganze Geschlecht unterrichtet, ging er durch die
Kraft der Luftwanderung am Himmel den König von Thadun durch
die Predigt des Gesetzes einzuladen. Erst der König und dann
alle Bewohner brachten ihm für sieben Tage täglich grosse Gaben.
Als er nach Mobinmyoh (Molmein) kam , dem Aufenthaltsort des
Belu Turaana, dachte er zuerst ihn als Feind zu behandeln, aber
er wurde besänftigt, als der Belu für ihn mit Steinen einen reinen
Sitz bereiten sah , als derselbe Zweige zum Schatten aufsteckte,
süsse und saure Gemüse anbot und mit Blumen verehrte. Die
fruchtbare und stark bevölkerte Insel Pulyung heisst noch jetzt
die Insel der Belu. In der Sprache derVayu meint Balung einen
Weltsysteme. 465
Exorcisten. Gegen die feindseligen Belu und Asura schlitzt der
Götterkönig, der als Öakya-min denDiscus der GötterwaflFe (Nat-
ifek) oder die im t^ek- Ratana (das Kleinodienrad) repräsen-
tirte Öakra-lek-nek (die Waffe des Radkreises) führt und durch
ihr Umschwingen himmlisches Feuer hervorsprühen lässt, wie
nach Rheen der von ihm Thor oder Thordoen genannte Tier-
mes (Tyr) der Lappen die Zauberer mit seinem Bogen erschiesst,
während er nach ScheflFer dieselben mit dem Aijeke vetschera
genannten Hammer erschlägt. Der Donnerkeil heisst Mo-kro-iJek
oder der grollende Discus des Himmels (Mo oder Megau) , der
aus den Wolken (Mo-teim) herabfährt. Das Öekya-vala begreift
die gesammte Weltordnung in den drei Khet (Khetta oder Feld),
alsJati-Khet (10,000 Systeme, die gleichzeitig zerstört und wieder
hergestellt werden), Aija-Khet (eine Trillion von Systemen, durch
die sich der Einfluss eines Buddha erstreckte) und Visaya-Khet
(Visaya oder Aaiji-si-arhon-ko-amrae-hmi-vae-khyin) , soweit die
Gedanken in der Ideenbildung reichen.
Der Buddhismus kennt keinen Anfang, der die Frage nach
dem Anfang des Anfangs hervorrufen würde, er kennt kein Ende,
von dem sich das Ende nicht absehen lässt, er beginnt in dem
festen Ansatzpunkt der deutlichen Mitte , mit der Existenz der
Individualität, und zieht folgerichtig erst dann seine Consequen-
zen, wenn ihn die organische Entwicklung zu ihrem Verschwinden
im WirkungsschaflFen der Gesetzlichkeit führt und sie aus daraus
her>'orgehenden Rückschlüssen schon früher als nichtig auflöst.
Der Mensch ist der Gegenstand seiner Betrachtung und philoso-
phischen Reflexion, — das Wesen, das sich aus den dunkel gähren-
den Elementarstoff'en des Urgrundes durch alle Klassen der Wie-
dergeburten hindurch zur Spitze der Schöpfung emporgearbeitet
hat, und jetzt an den Grenzen des Jenseits die seligen Freuden
vorahnend zur Erleuchtung erwacht, und sich dadurch mit dem
unüberwindlichsten Ekel und Abscheu von der Körperwelt ab-
wendet, die ihn so lauge und mannigfach in den Leiden und
Schmerzen der Existenzen gequält hat. Ein junger Königssohn,
dem glänzendsten Herrschergeschlechte Indiens entsprossen, ent-
schliesst sich dem Thron zu entsagen und in stiller Beschaulich-
BMtian, Oataaien. II. 3q
466 Molmein und Amherst.
keit einer Einsiedelei nur der Vorbereitung auf die nahende Auf-
lösung im Existenz- Wechsel zu leben. Sein bekümmerter Vater
entfaltet vor ihm die Sehätze des Königreiches, jeder seiner
Launen soll gentigt werden , allen Wtinschen wird augenblick-
liche Erfüllung versprochen. „Ich habe nur vier Wünsche," er-
wiedert der Prinz. „Gieb mir ewige Jugend, gieb mir Sicherheit
gegen Krankheiten , gieb mir ungetrübtes Glück und ein Mittel
gegen den Tod." Verächtlich stösst er den nichtigen Tand welt-
licher Lust und Vergnügungen von sich , den hohlen Pomp , der
ihm nicht die Jugendkraft bewahren, der ihn nicht gegen körper-
liche Leiden sichern kann, der jeden Augenblick im Hereinbruche
des Unglücks zusammenstürzen mng und den er immer einst für
das dunkle Grab zurücklassen muss. Die reizendsten Formen der
Tänzerinnen und Bajaderen umgeben ihn in reich geschmückter
Halle, aber er sieht in ihnen nur Behälter des Koths undUnraths,
in ihren üppigen Formen nur die modernden Knochen , die bald
allein davon übrig sein werden, und in fieberischer Hast, die kurze
Spanne Lebens zu seiner ewigen Rettung zu benutzen , verlässt
er sein jugendliches Gemahl, und zum letzten Male sein feuriges
Schlachtross besteigend , setzt er über die Mauern des Palastes
und flieht hinweg in die Wildniss der Wälder, um dort in seinem
Geiste das Gesetz des Nirwana reifen zu lassen , das seinen Mit-
geschöpfen den Weg der Erlösung beleuchten soll. Buddha ist
der sich zur Gottheit vervollkommnende Mensch, und steht somit
auf einer dem mikrokosmischen Auge verständlichen Basis, wäh-
rend die Offbnbarungsreligionen gleich in ihrem Anfange mit dem
unbegreifbaren Wunder eines zur Erde niedergestiegenen Gottes
beginnen.
In religiösen Erörterungen zeigen sich die buddhistischen
Mönche bei aufgeworfenen Streitfragen wohl bewandert und die
besser unterrichteten haben ihr Terrain genau genug recognoscirt,
um dieVortheile ihrer Stellung zu benutzen. Sie stützen sich auf
ihre heiligen Schriften , deren Aufbewahrung und Niederschrei-
bung sie von dem Augenblick des Nirwana an durch die verschie-
denen Concilien oder die Reihe der Patriarchen auf Tag und
Stunde nachweisen können, und obwohl ihre Gewährsmänner die
Toleranz. 467
Schärfe einer tübingischen Kritik nicht ertragen würden, so lie-
fern sie bei mündlichen Disputationen doch ganz ausreichende
Argumente. Im Uebrigen sind sie, mit wenigen Ausnahmen,
durchaus frei von jeder Anwandlung von Intoleranz, und der
zelotische Eifer der Bekehrungsversucher ist ihnen ganz uuver-
ständlich. Sie meinen nicht mit skeptiscliem Hohne, dass Jeder nach
seiner FaQon selig werden möchte, sie suchen imGegentheil eifrig
nach neuer Wahrheit und Aufklärung, aber bei den dunkeln Geheim-
nissen, die das Menschenleben von seinem Anfange bis zu seinem
Ende einhüllen, scheint es ihnen anmassend und unberechtigt, wenn
ihr Gegner seine individuelle Ansicht mit apodictischer Gewiss-
heit als die allein richtige und alleinrettende aufstellen will, zu-
mal sich solche, in nur zu manchen Fällen, auf noch morscheren
Stützen ruhend zeigt, als ihre eigene. Ihr phantastisch zusammen-
gestelltes Weltgebäude bildet keinen nothwendig integrirenden
Theil ihres Dogma, es ersetzt bei ihnen nur den Mangel eines kos-
mischen Systems, die Stelle eines pythagoräischen Sphärentanzes
oder der Epicyklen des Ptolemäus vertretend, und sie können ihren
Berg Meru mit allen Himmeln darauf und daran ebenso unbe-
schadet fallen lassen, wie der Papst die in der Bibel bewegte
Sonne hat stille stehen lassen müssen und doch Papst geblieben
ist, oder wie sich ohne Einbruch des apokalyptischen Jerusalem's
das Firmament mit seinen feurigen Propheten wagen in die Bläue
des Lichtäthers aufgelöst hat. In der Grundlehre ihrer Re-
ligion stehen sie auf dem Boden des factischen Sachverhaltes.
Sie bedürfen keiner hirnverrückenden Erbsünde, die eine künstliche
Krankheit schafft, um nachher die Nothwendigkeit der heilenden
Medicin zu beweisen. Sie berufen sich auf den wirklichen That-
bestand, auf das Elend und Leiden, das unausbleiblich mit der
Körpernatur als solcher verknüpft ist. Kein Glück ist ungetrübt,
kein Ding hat Bestand und bei der kurzen Spanne der Zeit, die
im Sturme des Augenblicks dahinfliegt, würde es thöricht und un-
verständig sein, an den Gütern dieser Welt zu kleben, die unter
den Händen in Staub zerbröckeln , statt den Geist auf seine Er-
lösung vorzubereiten, wo er, über jede Furcht neuen Wechsels
erhaben, in dem Gleichgewicht harmonischer Erfüllung ruht
80*
468 Molmein und Amherat.
Für dieses letzte und höchste Ziel brauchen keine hypothetischen
Annahmen zugefügt zu werden. Sie setzen keine persönliche
Gottheit, die einen Platz zum Setzen im Weltsystem haben müsste,
und bei etwaiger Gefährdung der kosmischen Structur desselben
selbst Gefahr liefe, herabzustürzen. Sie bleiben innerhalb des
klar erschauten Horizonta der deutlichen Sehweite. Sie verfolgen
den organischen Entwickelungsfortschritt durch die Klassen der
Wesen, an deren Spitze der Mensch steht, und sie finden den
logischen Abschluss, wenn sich das ursächliche Schöpfungsgesetz
in dem Bewusstsein des Erkennens verklärt.
Herrn Brooks' Haus war eine jener hochgelegenen Garten-
residenzen Molmein's, von deren Gallerieen der Blick das lieb-
lichste Panorama umfasst. Im fünffachen Strahlenkranze strecken
sich aus dem weiten Becken der drei Zusammenflüsse die schim-
mernden Wasserarme zwischen schw eilenden Hügeln, bis sie sich
mit der Ferne in der zunehmenden Laubhülle verlieren. Jede
Spitze strebt mit einer Pagode zum Himmel, jedes Thälchen
birgt ein Dorf oder stille Hütte. Mit tactmässigen Schlagen
eilen die Euderboote vorüber, rasch gleiten mit viereckigem Segel
die Fischer vorbei, und dreimastige Schiffe wiegen stolz an ihren
Ankern.
Im bunten Verkehr des Bazaars drängen sich die verschie-
densten Nationen des diesseitigen und jenseitigen Indiens. Buden
füllen mehrere Strassen und bieten jede Mannigfaltigkeit europäi-
scher und orientalischer Artikel. Als einheimisches Product finden
sich die porösen Kühlgefässe, die in Martaban verfertigt wer-
den. In der Nähe des Marktes (Jhe) sind die Bastplätze der
jhe-krio (Jhe-arap) aufgeschlagen und der Zugang zum grössten
(der Burra-Bazaar) ist des Morgens immer mit einem Knäuel ein-
spänniger Droschken (Ghari) blokirt, worin die Frauen der Creo-
len oder der reicheren Eingeborenen , sowie die Haushälter der
Europäer von allen Seiten herbeigekommen sind. Dort kauft der
Koch seine Ingredienzen für das heisse Ragout des Curry, als
rothen Chilli - Pfefi'er, Safiran, Knoblauch, Tomatoes, Coriander,
Cocosnüsse, Ingwer u.s. w., von Gemüsen: Kartoflfeln, Yam, Reis,
Der Büzaar. 469
Lattich u. dgl. m., oder je nach der Jahreszeit der Früchte, die
Melonen, Wassermelonen, Ananas, Jacktrucht (Artocarpus inte-
grifolia), Pumeloh (Citrus decumana), Bananen, Durian, Mangoes
(Mangifera indica), Orangen, sUsse oder saure Citronen (Citrus
limetta, bergamia), Schaumäpfel (Anona squamosa), Granaten
oder Schauk (Punica granatum) oder Salae u. s. w. Die Papaya
(Carica) ist ihrem birmanischen Namen nach ttber See (Thim-
bauthi) eingeführt, ebenso wohl die Guava (Psidium pomiferum),
die auch in Tahiti jetzt die ganze Insel als Unkraut über-
wachsen hat, seit sie von Schiffen aus Westindien mitgebracht
wurde. An einer besonderen Abtheilung sitzen die Verkäufer
von Fisch oder solchen Fleisches, was zu haben ist. Ausser-
dem finden sich Medicinen (Alaun, Schwefel, Senna, Castoröl),
Gamboge (von Garcinia elliptica und G. pictoria nach Mason),
Ghi, Tamarinden, getrocknete Erbsen, Pferdefutter und was sonst
bedürftig sein sollte, und der Kauflustige findet sich sogleich
von einem Haufen Knaben und Lastträgern mit Körben umgeben,
um ihm die Sachen bis zum Wagen zu bringen. Die Ngapie-
Verkäufer sind nach der äussersten Ecke relegirt und findet sich
eine feinere Art (Ballochang genannt und besonders in Penang
verfertigt), die selbst zuweilen auf den Tischen der Europäer er-
scheint. In Molmein haben natürlich die Engländer dafür ge-
sorgt, dass die Tafel mit Ochsen - und Hammelbraten versehen
werden kann, und es fehlt nicht an Schlächtern mohamedanischen
oder christlichen Glaubens, die auch dem buddhistischen*)
Epikuräer möglich machen, seine Fleischtöpfe zu füllen.
Die Birmanen sind leidenschaftlich für Blumen, mit denen
*) In seiner Widerlegungsschrift bemerkt der tamulische Sivait : „Gestorbenes
essen ist keine Sünde. '^ „0, Bauddha, der du so sprichst, höre. Weil man weiss,
dass du's essen wirst, schlachtet man und bringt es dir zu essen, und so fallt man
deinetwegen in Schuld, denn für Nichtessende schlachtet man wahrlich nicht.*
Sprichst du: „Ei, die Schuld haftet auf den Schlächtern'', so frage ich dich:
„Was für eine Art von Askese übst du denn, dass diejenigen, die dich futtern, in
Schuld fallen ? Opferst du nicht selbst deiner Gottheit Fleisch? Dein eigenes
Fleisch verabscheust du al» unrein und isst doch anderer Wesen Fleisch. Wenn's
so hergeht — was für einen Begriff hast du dann von Reinheit?". (S. Graul.)
470
Mohnein und Ainherst.
sich das junge Volk die Ohren schmückt, Mädchen auch die Haare.
Die Bazaare prangen immer mit einer bunten Farbenpracht, und
Liebhaber kennen die kostbaren Orchideenarten , die ihnen aus
den Wäldern Pegu's und Birma's geschickt worden sind. Zum
Reiten dienen in Molmein die auch in Calcutta beliebten Ponies
derSchan, die aber von den Birmanen nie zum Ziehen verwendet,
sondern durch eine kleine Ochsenart ersetzt werden , die rasch
mit dem Wagen galoppiren.
Der Handel Molmein's hat seine hauptsächlichste Bedeutung
durch die Ausfuhr der Teakstämme (Tectona grandis) , die aus
dem Laoslande und den Bergen der Karennih auf dem Salwehn
herabgeschwemmt und an der Station Kadoe (16 englische Meilen
oberhalb Molmein) für die officielle Inspection der aufgedrückten
Marken angehalten und später von den Eigenthümem nach dem
Hafen fortgenommen werden. Das Teakholz besitzt die in Indien
unschätzbare Eigenschaft, nicht von Ameisen angegriffen zu wer-
den, und wird wegen seiner grossen Dauerhaftigkeit im Schiffbau
jedem andern vorgezogen, selbst dem Eichenholz, dessen Säure
das Eisen angreifen soll, wogegen das Oel jenes dasselbe erhält.
The wood of this tree (bemerkt ßoxbourgh) has from long expe-
rience been found to be by far the most useful timber in Asia; it
is light, easily worked and at the same time both strong and durable.
Aus dem Report on the administration of the Tenasserim and
Martaban provinces for 1860—1861 by Lieut. Col. Fytche, Com-
missioner of the Tenass. and Mart. Pr., machte ich folgende
Auszüge:
Years.
offences a-
gainstLife.
dacoity.
Highway-
robbery.
Burglary.
Theft.
646
Cattle
Stealing.
Othcr cases.
1859
12
6
6
8
35
101
1860
17
23
5
12
480
54
104
Increase
5
17
n
4
»
19
3
Dccrease
»
n
1
»
166
»
n
Total.
814
695
»
119
k
statistische Tabellen.
471
The ratio of heinous crimes to population for the past two
years is as foUows.
Total of
Years
heinous crimes
as ascertained
Total population.
Proportion of heinous crimes
to have been
to population.
committed.
1859
8U
3,39,264
1 — to — 416
1860
695
3,32,542
1 — to — 478
The enumeratioD of the inhabitants as given above is not to
be relied on.
•
CO
a
^_ .^ - — - . _
5 fl
73
CO
O
o
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SS
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2
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Malays.
O
Jews.
Total.
pcar
tian
«Q
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c«
}4
a
6
>
Amherst
Euro
Chris
Burm
and
e«
1762
81,301
9,425
26,699
1,822
129
9,758
57
130,953
Tavoy
49
50,533
153
4,966
4,124
71
673
»
60,569
Mergui
167
20,442
3,603
6,255
1,018
858
1,685
n
34,028
Martaban
37
53,101
10,861
45,304
387
»
302
t»
109,992
To population return would gire about eight souls to the
Square mile.
The number of admissions into the Moulmein General Hospi-
tal during the year 1859— 1860 is Europeans 309 (of whom 12
died) and natives 558 (of whom 39 died).
Es würde sieh ergeben, dass die Volkszahl um 6722 weniger
beträgt, als sie in dem Bericht des vorhergehenden Jahres angegeben
wurde, aber es ist bekannt, dass eine jährliche Zunahme der Bevöl-
kerung dieser Provinzen (obgleich keineswegs in grossem Mass-
stabe) aus natürlichen Gründen der Einwanderung stattfindet.
Auf sorgfältige Anfertigung von Bevölkerungsstatistiken der ver-
schiedenen ihrer Obhut anvertrauten Provinzen ist im Besonderen
die Aufmerksamkeit der Districtsbeamten gerichtet worden. In
472 Molmein und Ambcrst.
der Stadt Molmein allein ist die Bevölkerung um 30,230 weniger
angegeben worden ala im vorhergehenden Jahre. Der Grund der
Abnahme, welche sich gezeigt hat, soll darin liegen, dass die
Leute aus Furcht vor Extrabesteuerung wegen der Einkommen-
steuer, welche damals wenig verstanden wurde, die Listen nicht
richtig ausfüllten , und sie konnten sich nicht denken, weshalb
eine solche Aufnahme ohne eine weitere Absicht der Extrabe-
steuerung gewünscht werden sollte. Der Bruttoertrag des Einkom-
mens für das verflossene Jahr ergab Rupien 18,43,296; 6,11, was
gegen das vorhergehende Jahr eine Zunahme von 3,08,524; 2,0
abwarf. Die Ausgaben für das Jahr, Alles eingeschlossen, mit
Ausnahme der Truppen und öff*eutlichen Arbeiten , beliefen sich
auf Rps. 9,22,546; 2,10 und Hessen so einen Ueberschuss von
Kps. 9,20,750; 4,1.
Ueber die Zunahme von der Revenue aus dem Verkauf von
Opium und andern Spirituosen Getränken heisst es im Report:
Die Gesammt-Einnahmen bei der Accise belaufen sich auf
Rps. 385604; 1,6, ein Mehr von Rps. 80,448; 8,10 gegen das vor-
hergehende Jahr. In der Provinz Amherst war eine Zunahme
von Rps. 54,610; 15,4, welche zum Theil dem Umstände zuzuschrei-
ben ist, dass eine Quantität Opium zur Ausfuhr in die benachbarten
Staaten verkauft worden ist. Das Steueramt ist jedoch dem
Verkauf dieser Droguerie behufs Ausfuhr entgegengetreten, und ist
daher seitdem dem Verkaufe völlig ein Ende gemacht worden.
In Tavoi war eine geringe Zunahme von Rps. 2651, aber in der
kleinen Stadt Mergui belief sich die Zunahme auf Rps. 6,384; 12,0
hauptsächlich in dem Verkauf von Opium, von welchem hier
ein für einen so kleinen Ort grosser Consum stattzufinden scheint.
In der Provinz Martaban erklärte sich die Zunahme, welche
sich auf Rps. 19,182 ; 5,6 belief, hauptsächlich aus dem Verkaufe
der Arac-Pächter zu Schouggyeen, welche in Folge ihrer unver-
hältnissmässigen Angebote und der Verlegung der grossen mili-
tärischen Niederlassungen aus der Provinz durch ihre Geschäft«
zahlungsunfähig geworden sind.
Schade, dass die sonst segensreiche Verwaltung der Eng-
länder durch den Flecken der Opium- und Branntweinpacht
Opium. 473
entstclk wird , da der bei der Versteigerung bezahlte Preis na-
türlich neue Mittel erfinden lässt, die enthaltsamen Buddhisten
an einen bisher unbekannten Genuss zu gewöhnen. Die einhei-
mischen Regierungen haben gegentheils immer durch alle ihnen
zu Gebote stehenden Mittel solchem Missbrauch zu steuern ge-
sucht. Wie seit Zunahme des europäischen Handels in China,
bestand schon früher in Siam ein Gesetz, die Einfuhr des Opiums
verbietend, und Turpin bemerkt: ,Le Roi actuellement rögnant
a prononcö la peine de mort contre plusiers de ses sujets, qui
avoient transgressö cette loi. Jetzt werden in Bangkok die
Opiumhäuser nur geduldet der dort angesiedelten Chinesen we-
gen, während sie in den birmanischen Provinzen von den Ein-
geborenen eben so leidenschaftlich besucht werden, wie von den
Fremden.
Bis zur siamesischen Grenze.
Ich hatte mich jetzt zur Reise nach Siam entschlossen, und
standen mir dahin drei Wege offen, der nördliche Über Zimmay,
für den ich inTongu näher gewesen wäre, der südliche über den
Pass der drei Pagoden und der mittlere über Rahain, an der
Grenze des Laoslandes, welchen ich wählte. Die mit dem Lande
Vertrauten warnten allerdings vor der Jahreszeit, da die Regen
kaum vorüber seien, und der Jungle nicht vorDecember betreten
werden dürfte. Der November sei unter dem Namen des tödt-
lichen Monats bei den Birmanen bekannt. Die Gefahr, die diese
Wälder bieten, entwickelt sich nicht so sehr in der Fülle der
Regenzeit, obwohl das Reisen dann stets lästig ist, als in ihrem
Anfang, wenn das erste Nass auf die glühende Erde fällt und
rasch verdunstet, sowie am Ende, wo die glühende Sonne aufs
Neue die Feuchtigkeit auftrocknet*). Insofern konnte ich die
Richtigkeit der mir gemachten Vorstellungen nicht abläugnen,
hatte aber in Tongu über eine frühere Praktikabilität der Wege
sprechen hören, u^d da meine Freunde in Molmein nur mit den
dortigen Wäldern vertraut waren, glaubte ich jener Autorität
über die nördlichen mehr trauen zu dürfen, denn durch die ver-
schiedene Breite oder je nach dem Streichen der Gebirgszüge
kann der Wechsel der Saisons für sonst ähnliche Localitäten
*) Ebenso bemerkt Berozzi über die Keis baueuden Provinzen in Italien,
dass dasjenige Terrain, das, nachdem es Ueberflass an Wasser gehabt hat, nicht
mehr davon bedeckt ist, und zersetzungsfShige Stoffe enthält, am meisten zur
Erzeugung von Sumpfmiasmen iShig ist.
478 Bis zur siamesiselien Grenxe.
leicht am einige Wochen differiren. Ausserdem war ich, obwohl
bedeutend gestärkt durch die Seebäder, noch immer nicht ganz
hergestellt und für die Nächte war mir das Gefühl fieberischer Pul-
sation durch den ganzen Körper geblieben. Ich hoffte, wenn ich
aus dem zu bequemen und etwas stagnirenden Leben Molmein's
heraus wieder in die freie Keisebewegung käme, dass die geistige
Beschäftigung und Anregung meine beste Kur sein würde, und
die Aussicht auf Zeitgewinnung ist ausserdem immer verführerisch,
wo so viel zu thun bleibt Ich Hess deshalb durch Moung Schweb
ausser dem tamulischen Koch mit seinem Gehülfen noch einige
Leute miethen, und engagirte ein Boot, um den Gyne-Fluss bis
zur Grenze zu befahren. Mit herzlichem Dank für die sorgsame
Pflege, die er mir hatte angedeihen lassen, nahm ich Abschied
von meinem Wirth und fuhr mit zwei Böten am 29. October vonObo
ab. Da für mehrere Tage, wie ich wusste, Gebirgsgegenden zu passi-
ren sein würden, in denen scharfe Nachtwachen noth wendig wären,
und die Unzuverlässigkeit der Eingeborenen darin mehrfach von
mir erprobt war, so hatte ich einen früheren Matrosen, einen spa-
nisch-englischen Creolen aus New-Orleans, engagirt, der schon
zweimal einen Teakhändler in die Wälder begleitet hatte und von
demselben empfohlen worden war, vielleicht um einen so desperaten
Character, als welcher er sich später bewies, los zu werden. Ich
Hess ihn in der Besorgung des grösseren Bootes mit meinen übrigen
LeutOBt und dem Gepäck, während ich mit Moung Lin und dem
siamesischen Dolmetscher das andere einnahm.
Die Ufer des Salwehn waren niedrig, mit Schilfen bedeckt
In einem Bach, wo wir hineinfuhren, konnte einige Zeit das Segel
benutzt werden, und zum Frühstück wurde in Tantaron gehalten,
unter schroffien Felsen, auf deren vorspringender Spitze die Pagode
Dhammatath stand neben dem im Baumwuchs versteckten Dorf.
Erst gegen Mitternacht langten wir in Gyne an, wo Fischer
mit Fackeln Netze stellten. Ich Hess mein Bett nach einem
Zayat bringen, während die Leute im Boofe schliefen.
Am andern Tage passirten wir den Einfluss des Flusses
Pondot oder Houngnoh in den Gyne. Zwischen geneigten Ufern
wanden wir uns durch den Jungle, bald rudernd, bald segelnd.
Kankarit 479
Zur £rholung der Bootsleute hielten wir am Vormittage im Dorfe
Kamih, aus 40 Häusern bestehend. Ich yerbrachte die Zeit des
Aufenthaltes in dem Kloster, und wurde dort Yon einem Be-
wohner des Dorfes besucht, der der Gründer desselben gewesen.
In der birmanischen Zeit lebteer inMobih in der Nähe Martaban%
später nach Abtretung der Provinzen an England, in der Nach-
barschaft der drei Pagoden. Von dort kam er mit zehn Beglei-
tern, Taleins wie er selbst, nach dem Flusse, lichtete den Jungle
und erbaute das Dorf. In dem Kloster wurde dasThinbugyi (das
Buchstabirbuch) in der Taleinsprache den Kindern gelehrt.
Nach dem Aufbruch fuhren wir in einem engen Bache hin,
zwischen dichten Büschen, und die kreischenden Hühner benutz-
ten die Gelegenheit, sich aus dem Käfig herauszuarbeiten und zu
entfliehen, so dass wir sie auf den Zweigen wieder einzufangen
hatten. Die Ufer waren lehmig und schlammig. Für die Nacht
hielten wir in einem Dorfe, das von Schan und Toungthu-Touugsu
bewohnt war. Da sich keine passende Accommodation am Lande
fand, verblieb ich im Boot.
Mit dem frühesten aufbrechend, fuhren wir unter hohen Ufern
hin, die mitWald bedeckt waren. In der Entfernung wurden Gebirge
sichtbar. Die Morgenrast ward im Dorfe Lokain gemacht, wo
eine Landungstreppe zum Wasser hinabführte. Am Nachmittage
nahm der Fluss einen sehr gewundenen Lauf an. Einzelne
Häuser erschienen zerstreut zwischen dem Dickicht an den Ufern,
die' jetzt sandig waren. Hier und da hob sich die Spitze einer
Pagode über den Wipfeln der Bäume hervor. Dann, indem sich
der Lokain-Fluss erweiterte, wurde der Blick auf eine Gebirgs-
kette geöffnet. Nachdem wir in den engen Bach Kaukarit ein-
gefahren waren, liefen die Böte vielfach auf den Grund. Abge-
brochene Stämme steckten im Wasser, oder die Bäume ragten
mit ihren Wurzeln und anhängender Erde daraus hervor. Ausser-
dem wurde der Weg durch die aufgestellten Fischreusen beengt
und die Zweige hoher Bambubüsche hingen über oder in das
Boot. Abends spät kamen wir in dem Dorf Kaukarit an, wo mir
der Goung-yok, der Myothougyi und der Sayin ihre Aufwartung
machten und behülflich waren, das Gepäck nach dem für die
480 ^^ '^ giame^iachen Grenze.
Acc<itnmodatioii der Regierungsbeamten, dort der einzigsten Durch-
reisenden, bei ihren gelegentlichen Inspectionen bestimmtenHause
ra bringen. Im Hofe war eine Abtheilung von Seapoys einquartiert.
Am nächsten Morgen wurde die Schwere meines Gepäckes
taxirt, um die nothige Zahl von Elephanten zu bestimmen« Der
Dorfälteste glaubte, dass zwei genügen würden und schickte dem
entsprechende Anordnungen aus. Das Kloster des Dorfes war
mit mehreren Reihen kleiner Pagoden umgeben, die Thüren ge-
flügelt. Die Holzschnitzereien an der Front der Gebäude zeigten
sich mit kleinen Buddhabildern gefüllt. Als Mönch fand ich
einen Toungthu, der aber die Kinder im Birmanischen unterrich-
tete. In den Räumen hingen breite Papierstreifen, mit Gebeten
beschrieben, von der Decke herab. In der Nähe stand ein von
Schan-Mönchen bewohntes Kloster.
Nach Einkäufen auf demBazaar nahm ich ein Bad im Flusse,
der sich dort zwischen sandigen Ufern aus dem Walde herTor-
windet. Beim Nachhausewege wurde ich gebeten, einen Kranken
zu sehen, der indess ein etwas bedenkliches Gesicht machte, als
ich ihm Hühnersuppe empfahl. Doch nahm er die gegebenen
Medicinen und schickte am andern Morgen für mehr, da er sich
besser fühle.
Meine Gesellschaft wurde hier um einige Köpfe vermehrt,
indem der Myothougyi mich bat, vier Siamesen zu erlauben, sich
mir anzuschliessen. Sie schienen aus ihrer Heimath entflohen
und hatten sich jetzt an der englischen Grenze angesiedelt. Ver-
brechen, glaubte der Myothougyi nicht, dass sie begangen hätten,
sondern die Ursache wUrden nur Schulden gewesen sein, um
nicht in die Sclaverei verkauft zu werden. Sie meinten nun un-
ter meinem Schutze ungefährdet zurückkehren zu können. Na-
türlich konnte ich mich nicht darauf einlassen, in ein zum ersten
Male von mir selbst betretenes Land Leute zurückzuführen, die
gerechterweise der Justiz verfallen sein mochten, so sehr sie sich
ihrer eigenen Aussage nach auch als unschuldig darstellten. Ich
stellte ihnen frei, mir zu folgen, erklärte aber keine andere Ga-
rantie übernehmen zu können, als bei den Behörden, wenn kein
Anklagegrund vorliegen sollte, meine Verwendung einzulegen.
Campirnn im Walde. 481
Als die Elephanten nach zwei Tagen herbeigeholt und be-
packt wurden, zeigten sie sich nicht genügend und niusste noch
ein neuer gemiethet werden, wodurch sich aber die Abreise bis
zum nächsten Morgen verschob. Im Verhältniss zu seiner Grösse
trägt einElephant nicht viel; die Sachen werden in kleine Päck-
chen vertheilt und dann auf dem RUcken aufgethlirmt. Der zum
Reiten bestimmte war mit einer Ho wdah gesattelt, in die ich mein
Bett ausbreiten Hess, so dass ich liegen oder sitzen konnte. Der
Waldweg, auf dem wir hinzogen, war oft durch quer übergefallene
Baumstämme versperrt, die die Elephanten entweder bei Seite
schoben, oder darüber hinschritten. Die Berge, die vor uns sicht-
bar gewesen waren, schlössen sich dichter um uns zusammen,
und bald ging es bergauf bergab, über bewaldete Hügel. Als
wir an dem Bach Alluae-tschaun ankamen , zogen wir sein stei-
niges Bett aufwärts und folgten dann einem ausgetrockneten Fluss-
ai*m. Nachmittags kamen wir an dem im Walde zum Halteplatz
für Reisende erbauten Zayat an, der durch eine Pallisade ein-
gezäunt war. Mit uns richtete sich dort auch die Escorte der
Seapoys mit dem Sergeanten ein. Ich nahm ein Bad in dem kühlen
klaren Gebirgswasser, vergass aber im Genuss des Vergnügens
die Vorsicht, und zerschlug mir bei zu raschem Untertauchen die
Stirn auf einer der scharfen Felskanten, mit denen er gefüllt war.
Eine andere Caravane von sieben Elephanten hatte sich uns an-
geschlossen, so dass die Dunkelheit des Waldes noch spät von
den Feuern der verschiedenen Lagerstätten durchleuchtet war.
Solche, die innerhalb der Umschanzung keinen Raum fanden,
unterhielten die um sich angezündeten Feuer während der ganzen
Nacht, um wilde Thiere abzuwehren. Einen guten Schutz da-
gegen gewähren auch die in der Nähe der Schlafplätze ange-
schlossenen Elephanten, die die Nähe eines Feindes schon von
ferne merken und ihre Herren durch Trompeten wecken.
Am andern Morgen fiel ein dichter Regen, so dass sich die
Abreise verzögerte. Das Besteigen des Elephanten im Walde ist
für den Ungeübten nicht leicht, wenn er sich nicht geradezu von
seinen Dienern hinaufheben lassen will. In Städten und in der
Nähe der Caravansereien finden sich Gerüste aufgerichtet, unge-
Bftttiftn, OttMien. II. 31
482 Bis znr siamesischen Grenze.
fahr von der Höhe, wie der Kücken des Elephanten steht In
Birma und Siani sind solche meistens an den Häusern der Vor-
nehmen angebracht, und ein Kennzeichen derselben, da Arme
sich keine Elephanten zum Reitthiere halten wttrden. In Er-
mangelung solcher benutzt man auch wohl einel^iter, die an den
Elephanten angelehnt wird, und auf der man zu der Howdah hinauf-
steigt. Wenn ich indcss im Walde zuweilen neben dem Elephanten
her- oder vorausgegangen war, und ihn nachher wieder besteigen
wollte, blieb mir nur der den Eingebornen gewöhnlichste Weg,
indem man den Elephant auf die Kniee klopft und das dann ge-
bogene Bein zum Tritte gebraucht. Der zwischen den Ohren
sitzende Cornac giebt die Hand zur Hülfe und reisst den Bestei-
genden zu sich hinauf. Auf den Gepäckelephanten klettert zu-
weilen während des Weges ein ermüdeter Coolie von hinten über
den Schwanz hinauf, um sich durch einen kurzen Ritt auszuruhen.
Auf jedem Elephanten sitzt ein Cornac mit einem eisernen Haken
in der Hand, womit er die Stirnc des Thieres blutig hauen kann.
Üoch kommt dies Mittel, ausser in der wilden Brunstzeit, selten
zur Anwendung. Gewöhnlich regiert der Cornac den Elephanten
nur durch Worte, und besitzen besonders die sie als Hausthiere
ziehenden Karen eine grosse Macht über dies gelehrige Geschöpf,
das nach der Satapattha Brahmana einen Theil menschlicher Na-
tur l)csitzt, als aus den durch dieAditya abgeschnittenen Fleisch-
stücken Marttiinda s gebildet. Den Indiern gilt der elephanten-
köpfige Ganesa für das Symbol der Weisheit und Buddha zog in
der Gestalt eines weissen Elephanten mit sechs Stosszähnen in
den Leib seiner Mutter ein, die ihn im Traume empfing, sich in
der der menschlichen nächststehenden Existenz zur Wiedergeburt
verkörpernd.
Auf meiner Elephantenreise inKambodia arbeitete sich mein
Elephant einst an einer dicken Schlingpflanze ab, die über den
Weg hing, und die er, wie es gewöhnlich geschieht, mit seinem
Rüssel zerbrechen wollte , um den Durchgang zu öfiiien. Sie war
indess zu dick und elastisch , so dass er damit nicht zu Stande
kommen konnte, und der Cornac, die Unmöglichkeit sehend, stiess
zwei kurze Töne aus, bei deren Hören der Elephant seine Kraft-
1
Die Klepliantrn. 4g3
anstrengungen aufgab und die Winde bedächtig mit dem RUssel
hinter dem Baum herumwand, sie in einigen Umdrehungen be-
festigend, so dass sein Zweck auf diese Weise erreicht war.
Wenn die Howdah nicht durch ein Dach bedeckt sein sollte, so
muss man sich im dichten Walde vor den scharfen AststUcken
hüten , die beständig darüber hinfahren , wenn man auf Elephan-
tenhöhe zwischen den Zweigen der Bäume hinwegreitet. Der
Elephant weiss genau, wie hoch die von ihm getragene Last ist,
und bricht bis zu solcher Höhe immer alle Hindemisse im Wege
vor sich ab , so dass das aufgestapelte Gepäck auch ungehindert
hindurchpassirt, indem es zwischen den abgebrochenen Stümpfen
hinstreicht. Ein Reisender, dessen Haut und Augen gegen Con-
tact etwas empfindlicher sind, muss noch selbst ausweichen, wenn
er nicht einen vorsichtigen Cornac zum Führer hat, der mit seinem
Sichelmesser dort nachhilft, wo der Elephant zu viel hat stehen
lassen.
Nachdem mit der Verminderung des Regens die Elephanten
aufs Neue bepackt waren , hatten wir einen steilen Berg zu er-
steigen , von dem man in ein tiefes Thal hinabblickte. Auf den
höchsten Spitzen der Pässe finden sich stets Steinhaufen aufge-
schüttet, zu denen jeder vorüberreisende Birmane einen neuen
Stein wirft, ein von Mongolen, Griechen, Peruanern und vielen
andern Völkern geübter Gebrauch. Auf manchen dieser birma-
nischen Steinhaufen fand ich auch frische Blätter und Blumen
niedergelegt, während sich den Obo's in der Mongolei häufig
Zeugfetzen oder Kämeelhaare zugefügt finden. Auf die Lapcha
genannten Steinhaufen stecken die Tibeter (nach Schlagintweit)
Fahnen, um die bösen Geister abzuwehren (Derchok). Der Weg
war jetzt gebirgig, auf- und abführend. Auf dem höchsten Punkte
blickten wir aus dem dichten Baumwuchs , der uns umgab , auf
eine mit Wald bedeckte Fläche. Nach dem Durchwaten des
Akuay-tschaun kamen wir Nachmittags in dem befestigten Halte-
platz Tinganiknaun an. Wir trafen dort eine Caravane von
Kaufleuten , die mit angreifenden Räubern einen Strauss zu be-
stehen gehabt hatten , wobei mehrere Verwundungen und auch
ein Todesfall vorgekommen war. Der Sergeant zog Erkundigungen
31»
484 B^ ^^'' siaiDe«Uchen Grenze.
über die EiozelDheitCD ein, doch sind militäriscbe Expeditionen
gewöhnlich fruchtlos in diesem verwilderten Jungle, wo sich
Überall Schlupfwinkel zum Verstecken bieten.
Am anderen Tage war der Weg von vielen Waldbächen durch-
schnitten , über die ich mich von einem Coolie auf dem Rücken
hinübertragen Hess, da ich zur Promenade vorangegangen und
mein Keitelephant noch zurück war. Wir sahen viele frische
»Spuren von Tigern in verschiedenen Richtungen. In einer wel-
ligen Gegend trafen wir im Dickicht und mit Dickicht bewachsen
die aus Backsteinen aufgebaute Stadtmauer des alten Myawuddih,
einst eine königliche Residenz, die in den Kriegen mit Martaban
zerstört wurde. Dort civilisirtendie alten Lawa die Eingeborenen,
deren Name später in Birma mit den Biluh identificirt wurde, wie
inSiam mit den PhiPhisat, und bauten die runden Schlangenstädte
der Nakhara (wieOphitca inPhocis). Innerhalb der Grenzen des
früheren Palast-Distrietcs standen Häuserreste eines verfallenen
Dorfes aufgeschlagen. Weiterhin konnten wir durch die Bäume
den breiten Wasserstreifen des Thougyen-Flusses durchscheinen
sehen und kamen dann an der englischen Grenzstation an, wo
mir das von dem eonimandirenden Officier bei seinen periodi-
schen Durchreisen bewohnte Haus eingeräumt wurde. Ich schickte
sogleich nach dem Myotliougyi , um mit ihm über die n("»thigen
Elcphanten zu berathen, mit denen ich die Grenze nach dem
siamesischen Wachtposten zu überschreiten hatte. Er antwortete
mir mit jenem kläglichen Tone, den man immer von birmanischen
Beamten zu erwarten liat, wenn etwas von ihnen verlangt wird,
dass es schwer oder wohl ganz unmöglich sein würde Elephanten
zu schaffen. Die Karendörfer lägen für Tagereisen in dem Walde
hinaus und seien in der letzten Zeit so vielfach in Anspruch genom-
men, dass wahrscheinlich die Thicre alle fort wären. Ich forderte
ihn auf, sein Möglichstes zu thun, und während ich noch mit ihm
sprach, kamen meine früheren Elephantenführer, um den Rest ihres
Lohnes zu erhalten. Ich sagte meinem Diener, sie warten zu las-
sen, bis mein Gespräch mit dem Myothougyi beendet sei, das sich
noch ziemlich verlängerte, daalle seine vielfachen Einwendungen
abzuwägen und zu überlegen waren. Als ich dann die Elephan-
I
Das Grenzdorf. 485
tenführer zu rufen befahl , waren sie nirgend» zu finden , und ich
hörte , das» sie feiligst aufgepackt hatten und fortgezogen waren.
Sie schienen noch an die BeamtenwillkUr aus birmanischer Zeit
gewöhnt, und hatten wahrscheinlich gefürchtet, dass man sie, weil
keine Elephanten fertig seien, zwingen würde, mit den ihrigen
bis zur nächsten Station weiter zu gehen. Ein nachgeschickter
Bote kehrte unverrichteter Sache aus dem Walde zurück und
blieb mir nichts übrig, als die rückständige Summe dem Sergeanten
zu übergeben, der am nächsten Tage mit der Escorte zurückkehrte.
Der Ort, wo ich mich jetzt befand und leider die Aus-
sicht hatte mehrere Tage unthätig still liegen zu müssen, war ein
Haufe ärmlicher Hütten , die sich mitten im Walde neben dem
Wachtposten angesiedelt hatten, in einiger Entfernung von dem
Thougyen-Flusse. Um für ein tägliches Bad dorthin zu gelangen,
hatte ich mich auf morastigen Waldwegen durch das verwilderte
Dickicht durchzuarbeiten, verweilte dann aber immer gern an
dem Ufer des breiten Stromes, der majestätisch durch die Wald-
einsamkeit hindurchfloss. Er war noch so geschwollen, dass die
Furten nicht benutzt werden konnten , und sah ich mehrere zer-
brochene Flösse dort liegen, die zum Uebersetzen gedient hatten.
Die Bewohner des Dorfes cultivirten einige Gemüse in kleinen
Beeten an ihren Hütten oder herbergten eine Compagnie Arbeiter,
die von einem Verdienstsuchenden dort hingeschickt waren , um
eine Stelle des Waldes zu lichten und eine Pagode zu bauen. An
der andern Stelle des sogenannten Dorfes stand ein verwüstetes
Kloster, das von Räubern ausgeplündert und deshalb verlassen war.
In letzter Zeit hatte sich wieder ein Mönch eingefunden, dem die
Bauern den Zayat im Hofe des Kyaung zu seiner Wohnung ein-
gerichtet hatten. Durch aufgehangene Tücher und Holzverschläge
war ein Zimmer gebildet, in dem er hinlänglich Schutz vor Regen
fand, um seine Gebetbücher und Buddhabilder auszupacken.
Hinter der Verschanzung des Wachtpostens fanden sich im Walde
Spuren von Befestigungen und ein breiter Wassergraben, der die
Stadt Myawuddih umgeben hatte. Dies Königreich erstreckte sich
auf der einen Seite bis Kaukerit, wo es an Martaban grenzte, und
auf der anderen Seite bis an die siamesische Grenze , halbwegs
4g() Bin zur siamesischen Grenze.
nach Lahein oder Kahein. Für einige Zeit sollen die Laos-Für-
sten thUnierLabong, Lagong und Zimmay ihm unterthänig gewesen
sein. Die Hauptstadt wurde zerstört durch Warerau, den Eroberer
Tongu's, wo die in einer der 18 Pagoden versteckte Königin durch
die Nadelprobe ausgefunden wurde.
Der langweilige Aufenthalt in dieser Wilderniss wurde durch
die Ankunft des Herrn Baker unterbrochen, eines der englischen
Forstbeamten, derauf seiner Bereisung der Teakwälder hindurch-
kam, und später des Herrn Johnston, der Kaufverträge auf Teak-
holz abgeschlossen hatte. Sie nahmen ihr Quartier in dem Kyaung,
dessen frühere Ruinen, so gut es ging, wieder in einen wohnlichen
Zustand gesetzt wurden . Um Abwechslung in das einförmige Leben
zu bringen, gaben wir uns gegenseitig Dinerpartieen, die aller-
dings mager genug ausfielen, bis dieProvisioneu des letztgenannten
Kaufmanns anlangten , der etwas mit den Waldreisen vertraut,
sich im genügenden Ueberfluss mit Allem vorgesehen hatte. Nur
an frischem Fleisch war Mangel , wenn die Jagd keinen Ertrag
geliefert hatte, denn mit dem Verkauf der Hühner sah es, selbst
wenn es solche gab, spärlich aus. Die bengalischen Diener der
beiden Herren erangelten sich zuweilen eines aus derHeerde, die
frei um den von dem Pungyi bewohnten Zayat herumliefen , in-
dem sie aus ihrem nahen Lager kleine Haken mit Stückchen
Fleisch Hinwarfen und die daran festgebissenen durch eine lange
Schnur zu sich herüberzogen.
Eine lange Woche verstrich , ohne dass sich etwas von den
Elephanten zeigte. Ich schickte Boten auf Boten in die Walddörfer
ab, nahm den Myothougyi aufs Neue ins Verhör, aber er hatte
immer Entschuldigungen und Ausreden. Es drängte mich um so
mehr, die Abreise zu beschleunigen, da für meine noch nicht ganz
gekräftigte Gesundheit eine solche Verzögerung das Schlimmste
war, was hätte eintreten können. Wenn ich die Reise überhaupt
zu unternehmen wagte, so geschahres nur in der Hoffnung, dass
ich unter den wechselnden Eindrücken und geistiger Beschäfti-
gung den Rest der Krankheit vergessen und keine Zeit haben
würde in eine neue zu fallen. Statt dessen hatte ich die Tage in
Faulenzen hinzudehnen und gerade in der wahren Brütanstalt
Der Thoujfyea - Fluss. 487
für Miasmen, wie eine solche, mitten im verwilderten Junglc hin-
gepflanzte Ansiedlung nicht anders sein konnte. Jedes Gesicht,
unter den Seapoy 's sowohl, wie unter den bii*manischen Colonisten,
trug die Spuren des Fiebers zur Schau, und ich wurde stets
von allen Seiten um Medicinen angesprochen. Ich hielt mich
beständig unter einer Präservativbehandlung mit Chinin, fühlte
aber doch manche Symptome, die nichts Gutes bedeuteten. Auch
mein letzter Bote war ohne die gewünschte Nachricht zurückge-
kommen, der Myothougyi wich dem Verlangen einer Zeitbestim-
mung über die Ankunft der Reisethiere beständig aus , als mich
ein glücklicher Zufall begünstigte und Gelegenheit zum Entkommen
gab. Der siamesische Grenzgouverneur hatte Anzeige von einem
in seinem Districte begangenen Elephantendiebstahl gemacht und
um Nachforschungen ersucht. Bald darauf wurden in einer Ca-
ravane einige Elephanten als verdächtig angehalten , und da sie
zur Identificirung über die Grenze zurückmussten , so entschloss
ich mich , sie für meinen Zweck zu benutzen und nöthigte den
Myothougyi, weiter keine Zeit zu verlieren. Am 15. November
hatte ich endlich die Freude , drei Elephanten bepackt zu sehen
und brach mit einer Escorte von Seapoy's auf. Hühner müssen
von einem Lastträger im Korbe getragen werden, da derElephant
einen Abscheu dagegen hat und sie nicht auf seinem Kücken leidet.
Der Thougyen stand noch so hoch , dass meine Leute ein Floss
bauen mussten, um daran, theils schiebend, theils nebenher schwim-
mend, das jenseitige Ufer zu erreichen. Mit den Elephanten ge-
lang es uns auf einer Furt hinüberzukommen, obwohl die Thiere
an einigen Stellen Mühe hatten, den starken Strom zu stemmen.
Unser Weg lag durch eine Wilderniss jenes hohen Schilf-
grases, das mit Recht den Namen Elephantengras führt, da nicht
nur Menschen, sondern auch Elephanten darunter verschwinden.
Der weiche Boden war mit den breiten Fussspuren der Elephanten
eingetreten , die sich mit Wasser gefüllt hatten und das Gehen
höchst beschwerlich machten. Als ich deshalb nach dem Reit-
elephant aussah , konnte ich weder diesen noch den andern er-
spähen, und hätte mich fast durch unbedachtes Fortgehen in
diesem sumpfigen Rohrwalde verirrt, wenn die Führer nicht mein
488 ^^^ ^*"* ^iaine!4it«rhen Grenze
Fehlen bemerkt und nach mir ausgesehen hätten. Am Abend
campirten wir in der Nähe eines Gebirgsstromes, wo meine Leute
aus rasch im Walde gefällten Bambustäben eine Htttte aufschlugen
und mit Blättern bedeckten, breit genug, um ein Bett nebst dem
wichtigeren Theil des Gepäcks aufzunehmen und hoch genug von
dem feuchten Boden entfernt, um es gegen Nässe zu wahren.
Da durch herbeiziehende Regenwolken auch von Oben Durch-
nässung drohte, so trieb ich die Arbeiter zu möglichster Eile an
und half, wo ich Haud anlegen konnte. Nur Moung Lin sass ge-
müthlich auf der Erde , seinen Betel kauend , und schien durch
den jüngsten Umgang mit indischen Seapoy's Kastenbegriffe ein-
gesogen zu haben, denn er erwiederte auf meine Ermunterung,
das fleissige Beispiel der andern nachzuahmen , dass für solche
Arbeit die Coolies da seien. Ich klärte ihn freilich bald so rasch
über seinen wahren Staudpunkt auf, dass er brav das Waldmesser
schwang, wie der beste Coolie, aber ein kleiner jähzorniger Kerl
wie er war, geberdete er sich den ganzen Abend wie ein Beses-
sener, und arbeitete sich zuletzt in eine solche Aufregung hinein,
dass er seine Siebensachen zusammenpackte und damit nach dem
Lager einer Caravane chinesischer Kaufleute hinüberlief, die sich
uns angeschlossen hatten, um auf dem unsichem Grenzgebiet von
der Escorte zu profitiren. Ich Hess ihn zurückholen und theilte
ihm mit, dass seinem Gesuch um Entlassung an dem ersten Platze
nachgekommen werden sollte, wo ich ihn ersetzen könne, dass
aber in menschenleerer Wildniss solche ex tempore Kündigungen
nicht gültig wären. Um ihn davon gründlich zu überzeugen,
musste er indess für mehrere Stunden in Gewahrsam gehalten
werden , da er sonst nicht zu beruhigen war.
Am nächsten Tage war der Weg hügelig und zeigten sich
Berge in der Ferne. Mehrfach passirten wir die durch die Wälder
gehauene Bahn für den Transport der Teakstämme, die von Ele-
phanten bis zum nächsten Creek geschleppt und dann weiter ge-
schwemmt werden. Um Mittag kamen wir an der siamesischen
Grenzstation Maetata an, ein mit Anpflanzungen umgebenes
Walddorf am Mailmount-Flusse, das von dem Gouverneur und
seinen Beamten , sowie den Bearbeitern der Teakholzungen be-
Ankauft an der siamesischen Grenzstation. 489
wohnt ist. Ich wurde mit gröbster Freundlichkeit empfangen^
da man von meiner bevorstehenden Ankunft schon gehört hatte»
und eine reinliche, ganz neu aus Bambuen-ichtete Wohnung stand
zu meiner Aufnahme bereit. Es war hier ein anderes Vplk, das
mich umgab, in Haartracht und Kleidung von den Birmanen ver-
schieden , die bisher den Gegenstand meiner Beobachtungen ge-
bildet hatten, und mit Hülfe des von Molmein mitgebrachten Dol-
metschers, eines in.Birma ansässigen Siamesen, begann ich jetzt
die Studien in der Sprache des neuen Landes, das mir zu be-
reisen vorlag.
Beilagen.
Aus dem in Rangim gefOhrten Tagebnehe.
Rangan liegt am linken Ufer des östlichen Armes des Irawaddi , 26 Meilen
von der See, nnd besitzt ausgedehnte Wasserverbindnngen mit dem Innern, nicht
nar durch diesen mächtigen Strom , die Lehensader Birma's , sondern auch durch
Canäle mit Bassein und Aracan, sowie zur Ueberschwemmungszeit mit Pegn.
Die Hütten der Eingebomen , die in die Seitengassen zurückgedrängt sind, bieten
natürlich für das Auge eines Europäers nur einen ungeordneten und ärmlichen
Anblick, doch in der mit dem Flusse parallel laufenden Hauptstrasse erheben sich
schon, neben den Läden des chinesischen Bazaars, die substantiellen Steingebäude
der europäischen Comptoire nnd Packhäuser. Unter den Handelshäusern Rangun's
waren meine Briefe an die Herren Gebrüder Mohr adressirt, und Herr Tritten, der
damals das Geschäft dieses Zweighauses leitete, bot mir für meinen Aufenthalt die
Gastfreundschaft seiner Wohnung an, ein Landhans in dem nahen Dorfe Kemen-
djme , zu dessen Gärten nnd Bungalo's sich Abends die meisten Kaufleute und
Beamten zurückziehen , nachdem sie ihre Tagesgeschäfte in der Stadt beendet
haben. Häufig traf ich mit Dr. Marfels zusammen , einem vielbeschäftigten Arzt
der Stadt, der durch seine Bekanntschaft leicht Auskunft über manche mich in-
teressirende Gegenstände verschaffen konnte, sowie mit verschiedenen der
englischen Beamten.
Die birmanischen Häuser stehen auf einer Platform aus Bambu, in der ein
schmaler Gang nach dem Hofe leitet und eine enge Stiege zu den Zimmern hin-
aufführt. Diese sind mit Matten an den vier Seiten (nach der Strasse, nach dem
Hofe, nach dem Nachbarhause und nach dem Gange der Platform) bekleidet
und durch Mattenwände in Abtheilungen 'geschieden. Im Gange steht meist ein Bam-
bu-Reeess zum Kochen und daneben ein Bambotisch zum Waschen. Oft be-
finden sich mehrere Häuser unter einem Dach. Das niedrige Dach, das die
Hütten bedeckt , ragt an den Seiten über die Wände hervor , während es vorne
von Pfeilern getragen wird. In der Stadt wird Jetzt nicht mehr erlaubt mit Stroh
zu decken , und die Eingebomen haben sich deshalb meistens in die Dörfer zu-
rückgezogen , wo sie nur das halbe Dach abzubrechen brauchen , wenn sie es
nicht mit Matten bedecken können. In Pusendom sind Cisteraen für Regen wasser
494 Heilaf^en
((egrabeiif während die Stadt mit Quoll wasser versorgt ist. Die Reismühlen , um
die herum Alles mit dem ab<;oschHlten Paddy bedeckt ist , stehen meist in der
Nälie des Flusses oder an kleinen Creeks, wo die aus den producirenden Distrieten
kommenden Böte anlegen und ihre Ladungen zum Verkauf anbieten. Der Reis
Rangun's ist durchschnittlich von besserer Qualität als der seiner Seitenhäfen
Bassein und Akyab, sowie auch in der Quantität der Ausfuhr die englischen
Provinzen Ilinterindiens die meisten Rivalen überflügelt haben. In der Adresse
Sir Roderick Murchison's vom Jahre 1865 wird der Jährliche Export auf
3,000,000 Centner angegeben.
Die Regierungsschule der Birmanen wird von Herrn Rose geleitet , ist at>er
nicht sehr zahlreich besucht , da nur eine beschmnkte Zahl der Schüler englisch
lernen dürfen. Einige eingebome Lehrer sind gebildet, die fertig englisch sprechen.
Eine Schule für birmanische Mädchen, die, von Madame Knapp geleitet, durch
Subscription englischer Damen nnterhalten wird, hat verschiedene Nachahmungen
unter den Eingebomen hervorgerufen. Die amerikanischen Missionäre be-
schränken ihre Arbeiten hauptsächlich auf die Karen. Herr Brecon , der früher
in Tavoy war , hat verschiedene des Pwo-Stammes in seinem Uause zum Unter-
rieht, andere Herr Binney und Fran, während die verwittwete Madame Vinton,
die von ihrer Tochter unterstützt wird, eine grosse Zahl Karen des Sgau-Stammes
(über 100) unterrichtet. Durch die vielfältigen Erfahrungen dieser Dame, die
ihr Leben Birma gewidmet hat , erhielt ich manche interessante Mittheilung und
ausserdem werthvolle Unterstützung, als ich die Diener für meine Reise aussn wählen
hatte. Privat-Schulen der Eingeborene« (die indess meist im Kyaong unterrichtet
werden) finden sich verschiedene in den Strassen , wo die auf dem Bauche lie-
genden oder seitlich sitzenden Knaben ihre Lectionen im Chorns abschreien.
Die Bevölkerung Rangun's ist eine sehr bunte und man begegnet den ver-
schiedensten Nationalitäten auf der Strasse in ihren eigenthfimlichen Trachten.
Die Europäer miethen für Hausbediente gewöhnlich die Bengalen oder Madrassi,
und verwenden die Chittngong für Arbeiten im Geschäft. Solche indess, die
langer im Lande gewesen und die einheimische Sprache verstehen, geben den Ein-
gebornen den Vorzug. Das mit den Engländern eingeführte Institut der Droschken
ist in den Händen indischer Ghariwalli, die ihre ausgemergelten Pferde so
lange durch Schreien und Peitschen antreiben , bis sie vor Schwäche umfallen
oder der gebrechliche Wagen ganz zusammenbricht. Um ihnen die Direction eines
Hauses zu geben , war es nutzlos , den englischen Namen zu nennen, den sie nie
verstanden , sondern man mnsste ihnen die Person des Herrn , den man besuchen
wollte , nach einigen hervorspringenden Kennzeichen beschreiben , die bei den
bekannteren Persönlichkeiten stereotype waren. Vaughan bemerkt von den Ma-
layen in Wellesley und Penang: It is customarytonametheoldestchildSnlongand
theyoungestBongsu. Sevennames are invariably used. If more children are bom,
the names are repeated with the word kecbill (jnnior) affized. Girls ha vethesame
nomenclaturc with the addition of Meh. To avoid confusion nicknames are resorted
to, which frequently supersede the real names, as Awang Itam (Itam, the black).
Aus dem in Ran^tin greffihrten Tagebache. 495
Allang Gamoh (Allang, the fat) , Drahmin Jnling (squintingDrahmin) etc. or for
females Chanti (handsome), Bangah (flower) etc.
#
Die Armenier haben eine kleine Kirche in einem Holzhans neben der Pagode
nnd fiber der Hofthfir steht ein Holzkrenz. Der Gottesdienst der Mohamedaner
(Mognls, Snratis, Perser n. s. w.) wird meist in Steinhäusern abgehalten. Beide
Secten (Sunniten un& Schiiten) sind vertreten. Die Zahl der Parsis ist sehr be-
schränkt. Sie sind gewöhnlich Wechselagenten. Die Moguls handeln mit Ma-
nn facturen in's Innere , ebenso wie die Armenier , welche letztere zugleich hiilb
europäische Läden in der Stadt habrn. Die Chinesen machen grosse Aufkäufe
in Twist. Die gewohnliche Sprache des Verkehrs ist das Tlindostanih , das
hier (wie in Madras) the Mahomedan language heisst.
Die Hindns haben verschiedene kleine Tempel in Rangnn. Einer derselben,
von den Kutschern ans Madras unterhalten , ist ein mit weissem Kalk bestrichenes
Gebäude, ans dem der schwarze Pfeiler, zum Aufsteigen beim Gebet, hervorragt.
Kleine Säulen führen zum Innern Eingang der Zelle, auf deren plattem Dache sich
ein viereckiger Thurm erhebt. In der Nähe steht ein Haus mit Lochern für
Lichter , in dorn sich eine Zelle der Kali findet. Ein Verehrer hupfte vor der-
selben auf dem Gesäss umher, während ein Diener der Gottin mit Wasser ad-
ministrirte. An der Thfir des Einganges stand ein Bett für den dort wohnenden
Aufseher. In der Nähe der Pagode steht ein aus Holzpfeilern errichtetes Ge-
bäude , mit über einander (in der Art der Kyaungs) hervorragenden Dächern.
An der Ruckwand waren unter Flolzgestellen Figuren Govinda's aufgestellt , und
ein fünffacher Vischnu, mit seitlich betenden Govinda*» (nach Art der buddhistischen
Nats). Bilder hingen an den Wänden. In einem Nebenhofe wurde eine kleine Stein-
kapelle für Kali gebaut. Ein Pujari aus Chittagong versah den Dienst im inneren
Tempel. Einige der Hindus beten zuMaydomayah, der Mutter des Herrn, indem
sie sich als Affen auskleiden. Andere verehren Wasser oder Feuer. Ein anderer
Tempel der südlichen Indier , weissbekalkt , war mit Strohmatten (in der Form
der Pagode-Dächer aufgesetzt) bedeckt und mit kleinen Fähnchen verziert.
Vor Häusern , in denen ein Kranker liegt , wird auf einen Tisch eine Pagode
aus Lehm gestellt, mit Papierfähnchen besteckt, Ta-dzedi (Ta, Sand ; Dzedi, Pagode)
oder Pagode aus Sand genannt. In einem birmanischen Districte auf dem Wege
nach dem Ponah-Dorfe lehnten auf einem Gerüste kleine Buddha-Figuren (Jothn)
gegen einen Mangoebaum, von einem Strohdache bedeckt (in der Nähe eines
Kyaung). In einem andern Kyaung war der vordere Theil des Henza- Vo-
gels auf der Stange in das Gesicht und den Oberleib Bnddha's gebildet.
Vor einem binnanischen Hause standen in einer Bambn-Rohre in einem
Topfe eingepflanzte Blumen, die bei einem im Hanse abgehaltenen Gottesdienste
gedient hatten und jetzt an die Strasse gestellt waren, wo jeder Vorübergehende
sich davon pflücken mochte. An der Kemendyne-Strasse steht ein Nat-Haus , in
dem ein aus Bambu verfertigter Käfig , bunt behangen , auf eine mit Pfosten er-
höhte Platform gestellt ist. Ein anderes Nat-Hans findet sich neben dem Ba-
496 Beilagen.
saar im Busch. Im chinesischen Joss-Hans (in der Stadt) hängt das Bild Conftitse*8 an
der Rfiekwand , über einem mit Goldflitterwerk bebangenen Tisch , während die
Wände mit breiten Papierstreifen (in schwarzen Ba^ttabea) beschrieben sind.
Ausser diesem in der Nähe des Bazaar gelegenen Joashaus, wurde noch ein neues
gebaut. Manche halten sich indess zu den birroaidadien Pagoden. Die
einheimische Bevölkerung Rangun's gehört dem peguanischen Stamme
der Talein oder Mon an , obwohl sich seit der Eroberung Alompra's so viele Bir-
manen aus den oberen Provinzen dort niedergelassen haben , dass ihre Sprache
Jetzt zu der herrschenden geworden ist. In den Dörfern indess trifft man viele
Bewohner, besonders Frauen, die eine birmanische Anrede nicht verstehen
würden.
Die Schiffe , um Holz , Gel oder Reis einzunehmen , liegen in verschiedenen
Tbeilen des Planes. Das Erd-Oel ist ein Monopol des Königs. Die Teak-Aus-
fuhr ist Jetzt dareh die englische Regierung , wie schon früher ia Maitaban , ge-
öffnet. In den Säge-Mühlen (zum Schneiden der Blöcke) von Dallas arbeiten Ele-
phanten, um die Stämme herbeizuziehen (an Ketten, die hinten niehachleppen) oder
fortzutragen. Der Indier leitet das Thier mit einem spitaen Stabe, auf dem Rücken
sitzend. Dünnere Planken nimmt der Elephant (besonders der durch seine Zähne
unterstützte männliche) mit dem RÜHsel auf und stösst die Enden gegen einen
harten Körper, bis er das richtige Gleichgewicht findet. Die zum Sagen be-
stimmten schiebt er mit dem Fusse auf den Unterlagen weiter , bis sie die ange-
messene Lage haben, und visirtdann genau an beiden Seiten, um zu sehen, ob Alles
in Ordnung ist. Die altern und gelehrigen Thiere arbeiten allein für sich fort.
Die Reis-Godowns finden sich besonders in Pusendom und bestehen in grossen
Scheunen am Wasser , in denen der Paddy gesiebt nnd dann rein geriet>en wird,
in kleinen durch Coolies bewegten Maschinen. An demselben Platze ist kürzlich
auch eine Dampfmfihle errichtet.
Der birmanische Kirchhof enthält verschiedene Zayafs zum Niedersitzen,
sowie ein Bpitzdach - Gebäude in der Mitte. Zwischen Büschen steht ein Stein-
Monument, eine Längs-Kuppel mit engem Einschnitt, in welchem Buddhabilder
lagen. Bunte Verzierungen der Gräber waren auf der Erde umhergeworfen, und ein
Bambu-Katafalk, der ebenfalls dort gelassen war, wurde von Madras-Leuten davon
entkleidet. Den Leichenbegängnissen zieht eine Musikbande vorauf, der die Ge-
schenkträger folgen, mit silbernen Gefässen, Zeug und A. m. in Händen, oder
kleine Pakete (aus Cigarren, Kerzen u. s. w.) auf Stangen tragend, um sie auf dem
Kirchhofe dem Pungyi zu übergeben. Dann kommt der bunte Katafalk von
Ochsen gezogen oder Männern getragen , auf dessen Spitze (von einer Pyramide
fiberragt) der Sarg steht. Eine männliche Leiche wird durch den Putzo , eine
weibliche durch c in übergehängtes Tuch bezeichnet Die Leidtragenden schliessen
den Zug. Die Festlichkeiten im Hause dauern oft mehrere Tage , wobei die
Träger, hin- und herwackelnd, sich die Leiche, in zwei Parteien getheilt, streitig
machen, bis die Begräber über die Freunde, die sie im Hause halten wollen, ob-
siegen. Früher wurden die Todten durch die Leute Jedes Districtes bis an die
Aus dem in Rangiin geführten Tagebache. 497
Grenze getragen , wo die des nächsten sie in Empfang nahmen , unter grossem
Lärm und häufigen Schlägereien. Jetzt hat die Regierung dieses, sowie die
Tänze verboten. Dem Birmanen ist die ganze Welt mit Nat's gefüllt, Berge, F'lüsse,
Wasser, die Erde u. s. w. haben alle ihren Nat. Der Ko-zaunNat(Ko oder Körper,
zäun oder bewachen) hütet den Menschen, aber verlässt ihn, wenn er schlecht han-
delt. Der Tepe-zaun-Nat lebt in Bäumen, besonders in den ßanyanen. In Prome stand
ein weitschattiger Banyanenbaum, den Keiner zu berühren wagte und den man mit
reichen Darbringungcn bedachte. Als aber während der englischen Occupirung
ein Elephanten-Treiber viele seiner Zweige abhieb , ohhe Schaden zu erleiden,
verlor sich die Verehrung. Der To-zaun-Nat lebt im Walde, und wer sich in
demselben nicht vor böser Rede hütet, wird bewildert und in die Irre geführt.
Die Männer in Birma haben von der Taille bis zum Knie Hosen tättowirt aus
nrabeskenarligen Figuren , die auf blnuem Grunde in dem Basrelief der Haut
hi'ivortreten. Die Frauen zeigen bisweilen tättowirte Punkte an den Knöcheln
oder Armen. Die Amulette gegen Schlangen, Krankheiten oder Waffen sind mit
rother Farbe in die Haut eingeätzt, in Zeichen oder kabbalistischen Figuren.
Die Birmanen tragen ein um die Hüften geschlagenes Tuch , das auf die Erde
fällt, aber bei den Frauen, die es gewöhnlich mit einem andern über den Brüsten
zusammengeknüpft haben, im Gehen auseinanderschlägt, so dass das Bein hervor-
tritt. Das lange schwarze Haar ist in einen seitlichen Knoten zusammenge-
bunden und durch einen Turban oder Strohhut bedeckt. Die Madrassi's tragen
ein Tuch zwischen den Beinen, nach beiden Seiten aufgeschlagen, und eine leichte
Jacke ; die Bengalen (besonders die Mohamedaner) ein langes Kleid, seitlich zu-
geknüpft , mit Turban ; die Karen der Missionen sind mit einer eng anliegenden
Jacke bekleidet. xVusser den mit den Birmanen untermischt lebenden Fremden,
finden sich noch abgesonderte Colonieen angesiedelt, besonders die der Schan aus
Zimmay und der Ponahs aus Manipur.
In der Nähe der Pagode-Seen (bei Rangun) lebt im Dorfe Thep-biu-goun (das
Dorf de.s weissen Baumes) eine Colonie dieser Ponahs, die in den früheren Kriegen
der Könige von Kathai mit den birmanischen, durch die Letzteren, nach ihrer
Eroberung Manipur's, als Gefangene dorthin gebracht wurden. Die Mädchen
bringen Morgens Milch zur Stadt, die Männer leben theils von Wahrsagen. Das
Dorf steht am äussersten Rande der Vorstadt, und die Wege dahin, die durch das von
den öffentlichen Dirnen bewohnte Quartier (nicht weit von den Kirchhöfen)
führen , sind in der Regenzeit kaum passirbar. Sie haben vielfach ihren Aufent-
halt verändert , da sie bei der Ausdehnung der Stadt verschiedentlich von der
Polizei belästigt wurden , und sich schliesslich bis an den Rand des Jungle zu-
rückgezogen, an einen Canal, dessen Wasser von den Gerbereien benutzt wird. Die
Häuser sind der Hauptsache nach im birmanischen Style , aber von Hecken ein-
gefasst, und ihre Ansiedlung unterscheidet sich durch die Bananen-Gärten, welche
sie umgeben. Der von mir besuchte Theil derselben war grösstentheils von
Webern bewohnt, die birmanische Kleider verfertigen. Die Fabrikation von
Seidenzeugen um Rangun ist ganz in den Händen der Ponahs. Die Seide kommt
Bastian, Ottasian. II. 32
498 Beilagen.
Ton Calcntta. Neben dem Haose des Aeltesten stand eine Holzhalle, in der
etwa ein Dutzend Weber an ihren Stühlen beschäftigt waren, und seitlich öffnete
eine schwarze Flfigelthür in den Tempel. In der Mitte standen unter einer Ka-
pelle drei (ans Bronze, Gold und Silber verfertigte) Fignren Krischna's mit seinen
Brüdern , als Juggemauth , und seitlich fand sich auf einem Gerüste die Figur
Maba-Viscbnu's , wie die andern , mit einigen Kleidungsstücken behängt. Vor
Juggernauth lagen die Trompeten-Muscheln , Kauchgefässe und Aehnliches. Die
Frauen sind in birmanischer Weise gekleidet , die Männer dagegen tragen das
weisse Lendentnch Hindostan's, das Halsband und die brahmanische Schnur.
Heirathen ausserhalb der Kaste sind verboten , obwohl sie mitunter vorkommen.
Während die Birmanen das ganze Haar wachsen lassen , haben die Ponahs , die
im Uebrigen es gleich jenen in einen Knoten auf dem Hinterkopfe knüpfen , die
Stirn rasirt. Sie essen weder Fleisch noch Geflügel , sondern nur Vegetabilien,
besonders Reis, sowie zuweilen Fische.
Als ich nach Büchern fragte , brachten sie mir eine gedruckte Vischnn-Pu-
rana, die von einem bengalischen Buchhändler in Rangun gekauft war , erklärten
aber bei weitem Nachforschungen , auch alte Bücher im Kathai-Charakter zu be-
sitzen. Auf mein Verlangen wurde mir ein loses Blatt eines neugeschriebenen
Buches gebracht, aber nach einigen Verhandlungen (in der meinem Begleiter un-
verständlichen Kathai-Sprache) gelang es mir , sie zum Produciren des Haupt-
werkes zu überreden. Der Besitzer, ein alter Mann, wohnte am Ende des Dorfes
und zeigte mit einiger Feierlichkeit ein nach birmanischer Weise in Tuch aufge-
bundenes Buch, das aber nicht auf Baumblätter, sondern breite Papierstreifen ge-
schrieben war. Es schien (unter dem Titel Subigah) über astrologische und
kabbalistische Gegenstände zu handeln und der Text war hier und da mit nekro-
mantischen Zeichnungen oder Zahlenreihen unterbrochen. Einige der Blätter
enthielten bunte Figuren von Löwen oder Ungeheuern. Auf die letzten sieben
Seiten waren die Personificationen der Wochentage geroalt. Die Blätter waren
auf beiden Seiten beschrieben , mit Ausnahme des ersten , dessen Anfang (hinter
dem Zeichen der Schlange) lautete : Sidi , Sidi , Guru , Guru , Nomo , Cotham,
Cotham u. s. w. Der Verkauf wurde abgeschlagen , aber ich verständigte mich
mit dem Besitzer über die Abschrift einiger Seiten , da zum Copiren des Ganzen
keine Zeit war. Verschiedene der Blätter waren am Rande farbig verziert.
Ausser von dem Ertrage ihrer Heerden , leben die Ponah (wie die Fulah's in
Senegambien) auch vom Wahrsagen. Nach Ansicht der Birmanen verehren sie be-
sonders Bäume, unter denen kleine Lehmklumpen aufgerichtet werden. Im Hofe eines
der Häuser stand auf einem Tische eine Lehropagode (wegen eines Krankheits-
falles), mit Blumen besteckt und von einem Sonnenschirme bedeckt.
In einem der Privathäuser, in denen Seidenweber beschäftigt waren, sah ich
unter den Ponahs einen wie ein Birmane an den Beinen Tättowirten und erfuhr auf Be-
fragen, dass derselbe seine Kaste verloren habe, aber gleichfalls Hari verehre.
Einige der Ponahs zeigten indess die rothen Tättowirungen auf Brust und Armen,
die gewöhnlich den Charakter von Amuletten haben. Der Tempelhüter, nach-
Ans dem in Rangnn geführten Tagebnehe. 499
dem er seine Bezahlung in die Kapelle gelegt hatte , besah die Handlinien meines
birmanischen Fuhrers nnd prophezeite, dass er jetzt 30 Jahre sei und seinen mo-
natlichen Gehalt stets bis anf den letzten Heller verschwendete , dass er aber mit
dem 31. Jahre von je 40 Rupien am Ende jedes Monats 10 zurücklegen und bald
ein reicher Mann sein würde. Die Ponahs werden in allen wichtigen Lebensver-
hältnissen, Häuserbauen, Reisen, Heirathen u. s. w. befragt. Die Ponahs am
Hofe von Ava, die dort für die astrologischen Bestimmungen angestellt sind, sind
meist Brahmanen aus Bengalen oder von Benares. In den birmanischen Schau-
stücken spielt der Ponah als Typus des Gelehrten.
Hinter Kemendyne liegt das Dorf der Schan , die die Ponies zum Verkaufe
bringen. Mehrere derselben waren vonMone und nicht unbekannt mit den Wegen
nach Siam. Sie tragen weite Hosen in chinesischer Manier. In der Nähe finden
sich einige Karen-Häuser , auf dünnen Pfählen geb<iute Bambuhallen , mit vielen
Fensteröffnungen , um eine grössere oder geringere Anzahl von Familien zu be-
herbergen , wie es in einigen der nördlichen Berge , sowie unter Stämmen der
Naga*3 Sitte ist. Auch von den im Nordosten Cochinchina's lebenden Wilden sagt
Grillet : II n'y a dans chaque villagc qu'une maison allong^e, divis^e en autant de
petites cellules , qu'il y a des chefs. Dieselbe Bauart fand ich bei den Chunchus
in den östlichen Andes.
Von den Pagoden Rangun's ist es zunächst die berühmte goldene Cdie Shoay-
da-goung), an der viele Königsgeschlechter des Landes weiter gebaut haben , die
die Fremden anzieht. Man steigt zu der soliden Masse des Mauerwerks auf drei
Terrassen hinauf, wo an jeder der vier Seiten Treppen emporleiten. Der zur
Pagode führende Weg war früher mit einer Allee von Spitzthürmen besetzt , von
denen einige noch erhalten stehen. Der Eintritt am Thore führt zu einem Auf-
gange, der an drei Seiten (Osten, Süden und Westen) mit einem rothen Holzdach,
das von Teak-Pfeilern getragen wird, bedeckt ist. Neben dem Thore sitzen
zwei dicke Steinfiguren , eine männliche zur Linken (des Eintretenden) , eine
weibliche (mit säugendem Kinde) zur Rechten , beide mit dem wohlwollenden
Ausdnicke der Sphinx im Gesichte. Hinter dem Thore stehen in zwei verzierten
Nischen zu beiden Seiten zwei vergoldete Buddha's. Zwischen Teakpfeilern und
unter Holzdächern , die vielfach mit Zierrathen beschnitzt sind , fuhrt der Weg
aufwärts , anfangs allmählig , dann steiler und auf Treppen. In den Höfen sind
aus freistehenden Felslagen an beiden Seiten grosse Krokodile ausgeschnitzt, die
(wie in Mexico) den Kopf eines eberzahnigen Belu (Ungeheuers) im Rachen
haben. Auf der Platform , die grösstentheils (wie vielfach die Teocalli) künst-
lich aufgetragen ist, steht die Pagode, im Innern (wie die Pyramiden) massiv nnd
ausgefüllt (mit Ausnahme des kleinen Reliquienkastens, den sie einschliesst). Sie
steigt in runden Windungen auf, die sich verengen und dann nach einer Ein-
schnürung mit einer Kuppelspitze abschliessen , im oberen Theile ganz mit Blatt-
gold belegt (das aber nicht das lebhafte Glitzern verursacht , wie die goldnen
Kuppeln in Moskau oder Kiew). Unter dem bedeckenden Tih (Schirm)
32*
500 »pilagen.
hängen kleine Glocken , die durch den Wind und Jeden Luftzug bewegt , ein be>
ständiges Geklingel ertönen lassen. Rings um die Pagode stehen Steinfignren
Ton fletschenden Löwen und an den Ecken die (assj-rischen) Figuren von Mann-
löwen (Manuthia) mit ausgespreizten Ohren und Haube. Die Halle vor der
Pagode ist an beiden Seiten mit colossalen l^^guren sitzender Buddha's (ähn-
lich den egyptischen Memnon's) besetzt , und im Hintergrunde mit einer grossen
Mannigfaltigkeit von Buddha-Figuren (sitzend und stehend, gross und klein, weiss
und dunkel, schwarz oder vergoldet) angefüllt, von denen sich drei der hervor-
tretendsten in Nischen- Recessen finden. Auf der andern Seite der Pagode trifft
man eine ähnliche , aber kleinere Halle , und eine Menge von Teropelhütten mit
überhängenden Holzdächern stehen auf der Platfonn umher, verschiedene Mengen
von Buddha- Figuren enthaltend. Andere Buddha's sieht man in niedrigen Steinka-
pellen, und ein Steingebäude ist in zwei Reihen mit Nischen gefüllt, welche jede eine
kleine Figur enthalten. In der Nähe sitzt eine grosse Figur mit kleineren an
beiden Seiten, Gautama mit seinen beiden Schülern rechter und linker Hand dar-
stellend. Uejber den Figuren grösserer Nischen finden sich Holzschnitzereien,
theils tanzende , theils kämpfende Figuren sowie fliegende oder auf den Arm ge-
stützte Magier darstellend. Die Schnitzereien einer andern Halle zeigen ver-
schiedene Ungeheuer der Wälder (eine Frau mit Vögelfüsseu , einen Mann mit
einem Pferdekopf über dem seinigen), oder der Flüsse (wie einen fallenden Mann
mit Flügeln). Pfeiler für Flaggen stehen umher, sowie Pfosten mit dem mystischen
Vogel (Henza) des kommenden Buddha (aufgeschweift , wie der Pfau der Coro-
mandel-Küste). Daneben finden sich mitunter geschnitzte Buddha's, auch hie und
da geschnitzte Belu's , oft zerbrochen. An einer der von Ziegeln aufgebauten
Buddhaflguren der Hallen lehnte ein kleines (zum Theil zerbrochenes) Steinbild.
Zwei mächtige Glocken (die eine 244790 Viss) hängen in Holzhäusern und sind
beschrieben , sowie einige Pfeiler des einen Hauses. An verschiedenen Steilen
quillt das in ihrer Schmelzung verbrauchte Silber oder Gold vor. Hohe Stein-
tische , zum Niederlegen der Blumen oder Esswaaren , stehen vor den Löwen der
Pagode umher, sowie Altamischen vor den Manuthia's. Von der Platform (wo
eich auch die Wache des englischen Arsenals findet) sieht man auf die bewaldete
Umgebung Ranguu's, aus welcher die Windungen des Flusses hervorblicken, so-
wie auf die Seen , aus denen die Erde für den Bau jener verwandt wurde. An
einer Seite des Aufganges zur Pagode (vor der ein kleines Nonnenkloster steht)
finden sich Dhurara Saleh oder Scheunenhütten zum Ausruhen und für Reisende
(wie die brahmanischen Chowies im Dekkhan). An einem Tage des Mond-
festes, als ich dorthin ging (mit Mr. Fowle), waren sie mit Besuchern gefüllt, die
sich dort gelagert hatten und assen und tranken (wie die Russen auf den Kirch-
höfen). In den Gängen sassen Verkäufer von Kerzen und Gebetfahnlein (im
Pali und verschieden je nach den Geburtstagen der Woche). Unter den von
mir gekauften bat das Gebet für den am Mittwoch Geborenen um die Befreiung
von den vier Uebeln und von Krankheit , das für den am Freitag Geborenen bat
andachtsvoll seine Gabe darbringen zu dürfen. Junge Mädchen verkauften
Ans dem in Rangrnn geführten Tagebnehe. 501
Blumen (besonders Lotos) und Essgegenstände, andere Spielsachen oder brauchbare
Wa.iren. Dazwischen sassen die alten Nonnen , mit etwas Reis auf dem Tuche
vor sich , den niildthätige Vürfil)ergehende ihnen gespendet hatten. Eine dichte
Menschenmenge drängte sich auf der Platform, und die Figuren-Halle war mit
Betenden gefüllt , die beim Eintritte wie beim Ausgange sich dreimal (zum Kow-
tow) niederwarfen und dann auf den Hacken hockten , ihre Gebete eintönig ab-
leiernd. Die Meisten hielten Blumen in den Händen und Verdienstsucheude
fingen zwischen ihnen umher und steckten frische Blumen auf oder klebten
Wachskerzen an. Lichter brannten vor verschiedenen Figuren und Fromme waren
geschäftig , sie dort (wie draus8«'n in den Altarnischen) brennend zu halten, wäh-
rend Andere Bilder vergoldet<m oder dünne Goldblättchen auf die Glocken
und Treppensteine aufklebten. Zwei hatten die Pagode zu beträchtlicher Höhe
erstiegen und vergoldeten dort. Ausser in den Figurenliallen wurde auch in der
offenen Luft g«'betet, indi'in sich der Andächtige vor der grossen Pagode nieder-
warf und auf sie seine Andacht concentrirte. Die Glocken werden mit
hölzernen Klöppeln gesehlagen. Auf der Spitze der Pagoden , sowie auf den
verschiedenen Ilolzpfeilern findet sich ein Glockenspiel, das der Wind bewegt.
Auf andern Pfeilern hängt ein eisernes Netzwerk als Schirm. An mehreren
Säulen , sowie an dem Holzwerk der J^ächer finden sich Spicgelstücke befestigt.
Ueberall mit Glas und Emaille geschmückt und die Maya in den verschiedensten
Retlectionen brechend, ist die Pagode von Kimmendyne innerhalb des Compounds
eines grösseren Kyaung, wo der vornehmste Pungyi seinen Sitz hat. Für die Medi-
tationen dessi'lben ist eine kastenartige Hütte gebaut und daneben findet sich der reich
verzierte Schrank der Bibliothek mit einem Vorhängeschlo.ss. Ein anderer Meditations-
platz wird auf einer Treppe erstiegen. Die llauptnische schliesst eine gegossene
Bronzefigur des sitzenden ]3uddha ein, und kleine Steinfiguren (aus dem Innern
des Landes) stehen umher. Die Pungyihäuser tragen meist drei aufeinander ge-
setzte Dächer mit vorhängenden Rändern , und leiten aus der untern Verandah
durch eine Treppe zum ersten Stock. Die gelb gekleideten Pungyi gehen am
Morgen mit ihrem lackirten Almosentopfe (den sie nach der Füllung bedeckt auf
den Schultern tragen) umher, um ihr tägliches Brod in Empfang zunehmen.
Die Heiligkeit desSchwedagon wird durch die Reliquien der frühern Buddha's be-
dingt, besonders aber durch die Haare des letzten. Das einzelne Haar auf
Buddha's Stirn findet sich auch (im Vansavali) auf Sri Maha Prubha's Kopf, wo
bei dem Ausreisscn Blut aus der Statue floss. Neben der Dagon-Pagodc findet
sich das Dorf der Tempelsclaven , wohin früher Verbrecher geschickt wurden, um
der Pagode zu dienen. Der Bodlii Nyaung Dauk hinter der Pagode wird täglich
mit bunten Flaggen zum Schmuck umhangen. Zweige oder ]31ätter abzubrechen,
würde eine grosse Sünde sein , und arbores violare capitale est , sagt schon Cnr-
tius von den Indiem. Innerhalb der Stadt Rangun findet sich , neben verschie-
denen Klöstern, eine kleinere Pagode, roth an einigen Theilen der Spitze bemalt und
mit rothen Stangen an den vier Ecken umstellt. Vor den Stangen, und nach der Pa-
godeblickend, stehen je ein Madundye (Mahasundevi), roth bemalt und den Zopf in
502 Beilagen.
der Hand, während hinter Jedem, an der Stange und erhöht, zwei Thagya (Engel),
mit huubenartigem Kopfputz und gefalteten Händen, sich finden. Kopflose Stein-
Baddha's lehnten an den Stufen. Der Madundye ist der Nat des Bodens und der
künftige Zeuge des bei Darbringung von Opfern , als Ceremonie des Fortgebens,
aasgegossenen Wassers. Als Buddha unter dem Bananenbaume mit Mara kämpfte,
stieg die Erdgöttin auf die Anrufung Jenes aus dem Boden, und presste soviel Wasser
(das von Buddha in allen seinen früheren Existenzen vergossen war) aus dem Zopfe,
um Mara mit allen seinen Armeen fortzuschwemmen. Nach Andern gab die Erde
durch das rollende Getöse des Erdbebens ihr Zeugniss ab , vor dem der Elephant
Girimekhala floh. In dem Compound eines Privathauses steht eine von den
Jo-uh-payah (Jo oder Knochen, Uh oder Gefäss, Payah Gott oder Pagode) genannten
Pagoden. Beim Tode eines verehrten Pungyi, geliebten Verwandten oder Staatsbe-
amten werden oft ihre Knochen gesammelt und mit Pagoden überbaut, die aber
bald , als unscheinbar und verfallen , vernachlässigt werden. Die Stadt-Pagode
war früher nicht viel besucht , kam aber in Mode , als sie von der englischen Ver-
waltung, um als Zierde zu dienen, verschönert und geschmückt ward.
An einem Tage im October war eine grosse Zahl Birmanen um die Wasser-
lache versammelt , die sich in der Regenzeit vor der Stadt-Pagode bildet. Die
Sonne war durchgebrochen und zeigte in dem Spiegel nicht nur das Bild dieser,
sondern auch das der etwa eine halbe Meile entfernten goldenen Pagode , da
wahrscheinlich zufallig in diesem Jahre das Wasser nach der Seite hin etwas
weiter ausgedehnt war, so dass man beim seitlich Blicken die Reflection bemerkte.
Das Gerücht einer neuen Manifestation der Gottheit, die in das Wasser niederge-
stiegen sei, verbreitete sich durch die Stadt, und während des ganzen Tages hielten
dort Equipagen , aus denen Männer und Frauen in ihrem Festtagsschmucke aus-
stiegen, um am Wasser zu beten. Auch Pungyi's fanden sich ein und Alles
Jubelte über die Herablassung des dicken Pagoden , seinen kleineren Bruder zu
besuchen. In Kemendyne flndet sich eine Spitzthurmpagode , die nach dem
Flusse öffnet.
Ein grosser Kyanng flndet sich neben dem Dorfe Thawie und ein Waldweg
führt , an dem Sclavendorfe und einigen Teichen vorbei , dorthin. Der Pungyi-
gyi wohnte in einem Hause neben seinem , mit Buddhabildem gefüllten Medita-
tions-Verschlag. Auf einer Treppe stieg man zu dem erhöhten Saale hinauf, der
von Pfeilern getragen wurde. Im Hintergrunde war der Aufenthalt des Abtes
abgesondert neben dem goldverzierten Bücherschranke und zwei mit verzierten
Kissen , Kleidern u. s. w. gefüllten Glasschränken. Längs des Saales lief eine
Bretterwand hin , mit Eingängen zu den kleinen Zellen der Schüler , jede mit
einer Fensteröffnung nach Aussen. Solche Knaben , die nur für die Schule zum
Kyaung kamen, trugen kein gelbes Gewand. Der Pungyi-gji zeigte, ausser
den auf Blätter geschriebenen , zwei kostbare Pali-Bücher , mit schwarz lackirten
Buchstaben auf goldenem Pergament-Papier. Sie waren in verschiedene Seiden-
tücher gewickelt und zusammengebunden. Die Decken der Blätter trugen auf
Ans dem in Raiignn gefGhrten TagAbnche. 503
dem goldenen Grund eingezeichnete Figuren, eine Darstellangen des Uenza (Bansa),
die andere betende Nat'». Ein Glas Waldhonig wurde zum Trinken angeboten.
Die Knaben gehen Morgens zum Betteln und haben von 1 — 4 sich in der Schule
einzufinden, sowie von 6 — II. Die Blatter zum Schreiben werden getrocknet,
dann verschiedene Male in Essig gekocht und an der Sonne ausgelegt. Die mit
einem, an beiden Seiten zugespitzten Eisengriffel eingegrabenen Buchstaben
werden mit Erdöl übcrzogeq, um deutlich hervorzutreten. Verfallene Pagoden,
mit Pagodensteinen umgeben, standen in dem Compound, zu dem, als auf einer
Erhöhung im Walde errichtet, Erdtreppen fährten.
Die Pagoden werden meist nach zufalligen Combinationen benannt. Die
Schwedagon soll ihren Namen beim Friedenssehluss erhalten haben (Schwe
oder Gold, Da oder Schwert , Gon oder fort) , während die Talein den Namen
Dagon («gekreuzt) in ihrer Sprache von kreuzweise auf dem Hügel übereinander
gefallenen Bäumen herleiten , und das birmanische Schwe (golden) als
einen spateren Zusatz erklären. Die Pagode von Mobij erhielt ihren Namen,
als der auf einem Kriegszuge dort rastende König ausrief: mobij (ich bin
müde), und eine Pagode auf der Stelle zu errichten befahl. Die
Buddhabilder stellen entweder Gautama oder Johanda dar, wie sich aus
Stellungen , die auf Episoden ihres Lebens Bezug haben , erkennen lässt. Der
Verfertiger einer Figur bringt sie zum Pungyi, der sie weiht, und ihr den von
jenem gewünschten Namen giebt, von welchen eine lange Reihe stereotyper (wie
z. B. Thumeda für Ananda) existirt. Am Ende der festlichen Woche wurde in
einem der Kyaung's unter Musikbegleitung Reis gekocht, und zogen Popanze in
den Strassen umher, sowie Geschenkpyramiden, vor einer von welchen ein
geharnischtes Puppen-Pferd herzog.
Von den in die Zeit meines Aufenthaltes fallenden Festen wurden einige in
Kemendyne abgehalten, andere besuchte ich in Bangun.
Am 19. September oder Quan-Tung's Geburtstag stellten die reicheren Chi-
nesen mehrere Poeh's auf den Strassen an. In einem chinesischen Laden war
ein mit Lichtern umstellter Tisch im Hintergründe des Zimmers unter dem Bilde
Confutse's , mit Braten , Brod , Gemüsen , Früchten u. s. w. besetzt. Auf dem
offenen Platze vor dem Hause war ein Strohdach errichtet , und unter demselben
wurde das Schauspiel aufgeführt , während das Publikum innerhalb sass oder
aussen auf Bänken und Stühlen umherstand. In der Mitte war ein Pfahl mit
Zweigbüscheln (um einen Baum vorzustellen) behängt , und um denselben wan-
derte ein Mann in niedergeschlagener Stimmung, mit einem Bündel über der
Schulter (an einem Stocke getragen). Es war ein Vater, der seinen Sohn suchte,
und in einer andern Scene erschien dieser , ein junger Prinz , der seinen Vater
verloren hat und ihn todt glaubt , im zärtlichen Duett mit einer gleichaltrigen
Prinzessin, die ihn zu ihrem Vater führt, vor dem beide niederknieen. Der Prinz
zeigte sich als solcher durch silberne Flügel an den unteren Theilen seines Ge-
504 Ikrüaüen
wände« uud einen Hholichen Ao»Atz ao den ^^chnlte^l. Er wurde dorch t*in
jonges M^debeo repräsentirt and i^pielte mit dem andern, das ihre w«*iblicfae Klei-
dnnj; (>ewahrt hatte , in Yerschiedenen .Scenen. in denen er. too Sefamerz äber>
mannt , seinen Verlort beklagt und nar doreh den Tra»t aeincr Hrhön*.'n Gefährtin
aufrecht erhalten zu »ein scheint. 2!»ie »anjien «ieh einander zu , iuei«t mit kla-
gender Stimme , und fielen sich dann »chluchzend in die Anue . oder koieett-u
weinend neben einander nieder, gewöhnlich aber pflegte dann das Mädchen ihre
Hand auf die Schultern de^ trauernden Knaben zu legen und ihn wieder aufzu-
muntern. Die Attitüden erinnerten ganz an die der Opersängerinnen. ausserdem
aber fehlte nicht das Umhergehen im Kreise mit gekrümmten Knieen , und unter
Verdrehung der Arme und Hände. Später schien Wiederfinden und Ueirath zu
folgcu , aber heftige Regenbchauer gaben ver&chiedentliche Unterbrechan;;rn und
lie«sen die aui^gelegten Kleider, Perleu oder sonst ge Schniuckda<, hen in den
Koffern verschwinden.
In einem Fo<'h , der am folgenden Tage unter freiem Himmel spät Al>end>
aufgehalten wurde, war der Baum in der Mitte mit Petroleumbeckeu umstellt, die
von Zeit zu Zeit durch nachgegossenes .Material , das in einem grossen Gefa>^e
daneben stand, unterhalten wurden. Die Musik bestand, wie fast4mmer, aus der
Rundtromrael , einer aufgehängten Trommel , Becken . Blasinstnimenten , Bam-
bustäben u. s. w. Drei Männer und drei Mädchen gingen einer hinter dem
andern um den Baum herum, dieKniee gekrümuit und die Verdrehungen einander
nachahmend. Die mit Sandelholz weiss geschmückten Mädchen trugen ein buntes
Schleppgewand, das die Beine eng zusammeubaod, und eine über der Weste auf-
geschlitzte Saiiimetjacke, das Haar im Knoten , woraus es oft im Zupf herabhing,
aufgebunden (mit einem Kamm). Von den Männern trugen die Prinzen eine eng
anliegende Jacke , uud um das untere Gewand eine Schärpe , von der eine breite
Schürze in der Mitte niederfiel. An den untern Enden des Gewandes, zwischen
Fuss und Kniee, standen die beiden weissen Flügel vor, und am Nacken hatte die
Jacke einen zackigen Besatz. Die Kopfbekleidung der Männer war meist der
Turban, ausser deu mit hoher Strohmütze bekleideten Gauklern, Zauberern oder
Priestern (in gelblichen Kleidern). Eine der Tänzerinnen tanzte erst den ge-
wöhnlichen Tanz der Verdrehungen , dann wurde sie lebendiger , bewegte ihren
Körper, hauptsachlich die untern Extremitäten mit grosser Gelenkigkeit, und raste
zuletzt in Burzelbäuinen um den Kreis herum. Zuweileu tanzten mehrere und
ein zitterndes Wackeln mit den Hüften trat besonders hervor. In einer spätem
Sceue ahmte die Haupttänzerin verschiedentlich einen Mann (indem sie sich vor
einem scheinbaren Spiegel die Baarthaare auszureissen stellte), einen Affen uud
Tiger nach. Als Letzterer sprang sie in wildeu Sätzen um einen Mann umher,
bald ihn angreifend, bald mit ihm ringend, warf ihn zuletzt zu Boden und setzte
sich triumpbireud auf ihm nieder. Bei einem zweiten Ringen wurde sie dagegen auf
die Erde geworfen und erhielt dort noch einige Püffe. Dann tanzte sie als Be-
sessene vor den Fackeln, ihren Kopf und alle Glieder schüttelnd. In einer andern
Ans dc*ni in Rangan geführten Tagehuche. 505
Scene tanzte sie als weibliche Helu, mit einer hässlichen Maske vor dem Gesichte,
in Begleitung eines männlichen.^ Von den Zuschauern hingeworfene Rupien hob
sie rückwärts gebogen , mit dem Munde auf. Als das . Spiel vorrückte , nach
Mitternacht und gegeu Morgen , nahmen die Tänze einen etwas cancanartigen
Charakter au, wenn Männer und Frauen gegen einander tanzten, oder zeigten die
engen Wendungen des Fandango in den Paaren. Der Gegenstand des Spieles
schien zu sein, dass die zwei Prinzen eine himmlische Jungfrau sich im Teich
hatten baden sehen und sich in sie verliebt hatten , aber sie später nicht wieder-
finden konnten, worauf drei Gaukler-Priester (komische Figuren, die überall ihre
Witze einflechten) erscheinen und ihr Ebenbild aus den Blumen ihrer Zauber-
stabc hervorzubringen versprechen. Der eine Prinz geht vergeblich auf die
vorgeschriebenen Ceremonieen ein, der andere kämpft mit seinem Pfeil und Bogen
muthig gegen die feindlichen Mächte (indem er vielfache Fechterbewegungen
machte uud schliesslich auf einen am Ende des Kreises stehenden Kasten sprang,
von dem er ein mit Glas glitzerndes Schwert parirte , das hinter der Scene ge-
halten wurde). Er filllt im letzten Streite wie todt zusammen , aber dann ist der
Zauber gebrocheu, die vorher lärmende Musik verstummt plötzlich und der ferne
Gesaug der llinunelsjungfrau lässt sich vernehmen, die dann auf die Bühne tritt
und .mit heller Stimme ein Solo singt, während einer der Priester den Prinz durch
einen Trunk wiederbelebt. Auch der andere Prinz erhält seine Geliebte , und
beide Paare fuhren nun verschiedene Tänze auf, in deren einem das Mädchen auf
dem Arme umhergerragen wird. Eine grosse Mannigfaltigkeit von Scenen war
zwischengeflochten, in denen bald BeUrs, bald Komiker, bald Tänzerinnen spielen.
Eine der Letzteren , der seitens eines Belu und eines Prinzen Liebcsantnige ge-
macht wurden , wusste sich gegen die Freiheiten Beider in koketter Weise mit
Hand-, Tuch- oder Fächerschlägen zu vcrtheidigen, wobei die sich einmischenden
Gaukler oft tüchtige Klapse erhielten. Einmal das Gesicht des Belu betrachtend,
sagt sie ihm , da»s er eiue zu platte Nase habe , als dass sie ihn heirathen könne,
und der Komiker antwortet dann mit einer anzüglichen Yergleichung ihrer Nase.
Solche Witze wurden schallend belacht, oder wenn die Gaukler sich über Uuuger
beklagen , und einer dem andern vorwirft , dass er kein Essen geschenkt erhalte,
weil er so schmutzig sei. Der chinesische Festgeber reichte uns Stühle und
Thee, und seine Frau (nach birmanischer Weise) eine angerauchte Papiercigarre.
Schüsseln mit Keis , Bretter mit Esswaareu und andere mit Betel , wurden den
Darstellern zugeschickt.
Das Toung-ye-puh (Tausendfest) , am Vollmond im September , dauert (in
Rangun) mehrere Tage, und besteht in Aufzügen durch die Strassen, inPoehsund
besonders in Geschenken für die Puugyi , die von allen kleineren Sachen , vor-
züglich von Esswaaren , je tausend Stück (oder doch eine grosse Menge) zu er-
halten haben. Am Sonntag tanzte ein gigantischer Birmane in den Strassen. Es
war ein Popanz mit dem geknöpften Turban, der leichten weissen Jacke und dem
Ilüftentuche, unter welchem die Beine des Trägers hervorsahen, der zu der Musik
in kurzen Seitensprüngen tanzte , während sich vor ihm ein in die schwarze und
506
wtrwrrU: Jaclwr der Karen - Fraoen gekleideter Knabe km- and kerbewe^te,
eto^m fgrno0m Zweig tn dfrr Hand ineg«^d. Das Geäekt der Puppe war w«t«6
nnd mit rotben Cirkein an den Sebläfen Terziert.
An Montag Abend wurde ein Puppenspiel in KemendTne abgekaJten. dessen
Zn^baoer tbeib) auf dem Hoden , tbeiU aaf Matten , tkeiU aaf krrbetg^fakrten
Wagen« tbeib» anf Stüblen 'ider Bettge^tellen eaniten. DieBökne bestand in einem
langlicben li^mha-firrwil , etwa.«» erhöbt crad mit einem Diebe bedeekt. Drr
Hiotergroud wurde ron einem Vorbange gebildet, ond über demselben sa^-sen auf
deu Hparren der I>ecke die Personen , deren Hände die Puppen lenkten. Naek-
dem eine Art Prolog durcb eine in Sammet gfkleidete Figur gesproeken war,
fuhr ein weijutes AlTen- Ungeheuer in Bnrzelbäumen über die Seene, dem ein
wei»f»eft Pferd im Galopp folgte , und dann »prang der König der Beln's mit zwri
Jkrgleitem ror, die mit weit au.s»chreitenden Beinen den Mon>tre>Tnnz anffübrten.
unter htet^rr Mn»ik- und eiofomiiger Gesang-Begleitnog. Naeb ihnen machten im
langHamen Aufzuge rier in 8pitzmützen uud lange Gewänder gekleidete Minister
ihre ErHebeioungf die sich neben einander niedersetzten und die Angelegenheiten
de» Lande«, sowie die Absichten des Königs besprachen. Der I^etate zur
Linken hatte ein rotbes Gericht (während die der übrigen welsä waren) und bil-
dete den Hanswurst , dessen Bemerkungen ein beständiges Gelächter unter den
Zuschauern hervorriefen. Der König trat- dann hinter dem Vorhange (rechts)
hervor und redete die Minister an , die ihn durch Niederfallen begrüssten nud mit
verschiedenen Gescliäften betraut wurden. Der König hatte, wie gewöhnlich im
birmanischen Theater , zwei Söhne, einen hoffnungsvollen , wohlgesinnten Prinz,
den ältesten, und den sogenannten Kosten-Prinz, einen jungen Taugenichts,
der sich meistens in die für seinen Bruder bestimmte Prinzessin verliebt and sie
Ihm abwendig zu machen oder zu verführen sacht. Dem komischen Minister
schien der Auftrag zugefallen zu sein , diese Liebesgeschichten zu überwacben.
nnd er beklagte sich in vielfach belachten Phrasen über die Schwierigkeit des-
selben. Während der König mit seinen vor ihm niederhockenden Ministem die
rechte Seite der Bühne einnahm , traten nun auf der linken die beiden Begleiter
der Prinzessin , und bald darauf diese selbst, mit einem weissen Wedel-Fächer in
der Hand , vor. Sie unterhielt sich mit ihren Kammerfrauen und sang einige
klagende Solos ab, bald aber beschränkte sich das Gespräch auf eine CnterhaU
tung zwischen dem rothglühenden Minister and der Aeltesten der beiden Ehren-
damen , die unter Andern bei einer Anspielung auf Altersfragen von ihm hören
roussto , dass sie doch wohl nicht ganz weit von den Vierzigen sei , nach ihren
Zähnen zu urtheilcn, die man nicht sähe. In der Mitte derScene zeigte sich jetzt
der jüngere Prinz, der ebenfalls einige sehnsüchtige Solos absang. Er begiebt
sich zu einem Magier im Walde, und die Wildniss wird durch einen grünen Baum
repräsentirt, der in der Mitte der Buhne niedergelassen wird, während gleichzeitig
an der linken Seite , wo sich noch die Prinzessin mit ihren Begleiterinnen findet,
ein Teppich ausgehängt wird , und an der Rechten , neben dem König mit seinen
Ministern, ein Thron und andere Zeichen der Majestät. Unter dem Baume sieht
Ans dem in Bangun geführten Tagebuche. 507
man den Magier, den Kopf auf die Hand gestützt, sitzen, und derselbe giebt dem
ihn befragenden Prinzen verschiedene Lehren, wie er seine Absicht, die Prin-
zessin zu entführen, ins Werk setzen könne. Wenn hier die Unterhaltung stockt,
geht sie unter der Prinzessin mit ihrem Hofe an , wo sich auch der Possenreisser
eingedrängt hat. Als die Prinzessin in einem Augenblicke des Weltschmerzes
erklärt , ins Kloster gehen zu wollen , meint er , ihr kaum in diesen unruhigen
Zeiten dazu rathen zu können , da bekanntermassen bei der Eroberung Hangun's
die englischen Soldaten die Nonnen allen andern Frauen vorgezogen hätten.
Spater zeigte sich auch der älteste Prinz, aber der um 1 1 Uhr Nachts eintretende
Hegen beendete die Vorstellung. Auf dem dahin führenden Wege sassen hinter
Lichtern Verkäuferinnen mit Früchten , Cigarren, Kerzen, Gebäck u. s. w.
Am Dienstag Morgen waren verschiedene Pyramiden an den Strassenecken
Kangim's aufgebaut, mit Geschenken für die Pungyi's. Sie bestanden aus
einem Barabu-Gcrüst , um das Terrassen gelegt waren, die verjüngt aufstiegen
(iu der Form der chinesischen Pagoden). Die unteren, breiteren Terrassen waren
an den vier Seiten mit bemalter Leinwand behängt, während die oberen ganz von den
Geschenken gebildet wurden, einer bunten Manoigfaltigkeit von lackirten Kasten,
Koffern, Tellern, Schüsseln, Schuhen u. A. m. Unter den Bildern zeigte eines
einen unter einem Baume stehenden Centaur, der mit kläglicher Miene aus seinem
blutenden Halse einen Pfeil zog . von dem Bogen eines verfolgenden Helden (mit
grünem Gesicht und grünen Händen) abgeschossen, ein anderes ein Meer-
weib (mit menschlichem Gesicht und Brüsten und einem Fischschwanz) , das
einem sie packenden Ungeheuer (mit Eberzähneu im Menschengesicht, und
Gänsefüssen) zu entfliehen sucht, ein drittes ein durch ein Ungeheuer ent-
führtes Mädchen, ein viertes einen Kampf zwischen zwei Ungeheuern u. s. w.
Neben der Pyramide tanzte zur Musik ein von einem Knaben getragener Stroh-
löwe mit fletschendem Rachen. Am Abend wurden Puppenspiele in den Strassen
aufgeführt, aber die Hauptfestlichkeiten concentrirten sich in dem Kyaung, nahe
der grossen Pagode. Schon am Nachmittage strömten Leute im Festschmucke
von allen Seiten dorthin , die Frauen mit seidenem Tamin , der (weiter als der
des gewöhnlichen Lebens) bis auf die I^sse fällt, mit Brusttuch und weisser
weiter Jacke, die Männer mit seidenem Putzo, der zwischen den Beinen befestigt,
um den Leib gewunden ist und dann im Faltenwurf am andern Ende über der
linken Schulter getragen wird, das Haupt meist mit einem geblümten Seidenturban
umwunden. In den durchlöcherten Ohren tragen die Frauen des Volkes , statt
des Gold- und Silberschmuckes der Kelchen , zusammengewundene Blätter. Die
umliegenden Zayaf s sind mit Menschen gefüllt , und zwischen den Häusern des
Kyaung sind iu dem Compound Pyramiden mit Geschenken aufgebaut, oderBam-
bu- Kapellen für Buddhabilder errichtet. Vor diese Buddhabilder waren Plat-
forms gestellt, auf denen die Besucher Früchte, Confect , Lichter u. s. w. auf-
häuften. Neben einem der Buddhabilder standen zwei schwarze Figuren mit aus-
gestreckten Händen, auf einer andern Geschenk-Terrasse waren zwei weisse
Männer placirt , mit rothen Cirkehi bemalt. Die Pyramiden waren mit Flitter-
508 Beilagen.
werk , Fahnen , kfiDjttlichr'n und natürlichen Blumen geiK'hniückt. Die reichen
Familien hatten mei««t in einem der Hau-ier nel>en den von ihnen mit Geschenken
beletftcn TerraH»en I'lntz (^enomm^n und r^a^^en dort auf Matten zu«<ammen , ihre
AlK;ndmahlzeit ennend , 'l'hee trinkend oder die umherwopende Menschenmenare
l>etrachtend. I>ie Pungyi'» waren in die hinteren Theile der .Salt' zurück«;edrän|?t
nnd meiHt durch einen 8chinu oder Teppich ubgf.^chlo.s^ten j hinter welchem »ie
HaHMcn oder unter welchem «ie hervortjchauten . Besonders die von «ieu Chine-ifn
einifcnommenen Zimmer waren mit aller Art Gegenntfinden überfüllt ; Spiegel.
TlHche, Teppiche, Wa.schjschÜK»eIn und Stühle standen zum Zierrath durcheinan<ler,
wahrend die für die f unf^yi bestimmten Geschenke meistens im Hintergründe oder
in einer derKcken vor einem sitzenden oder liegenden Buddha aufgethürmt waren.
Kines der Zimmer war überall mit BudiUia's umstellt. L'm tlie Mu.^ikbanden bil-
deten sich Gruppen von Tänzern, die in verschiedenen .Schrittweisen ihre Evolu-
tionen aufführten. Bald sprangen si«; wild mit ausgespreizteu Beinen vor und
gegen einander, eine Art Belu-Tanz darstellend (meist fast nackte Manner, die
ihr Tuch im engen Knäuel um die Taille gewunden hatten), bald tanzten sie in
langsameren Wendungen in Kreisen ; aber die llaupt-^ache bestand immer in sonder-
baren Verrenkungen der ausgestreckten Arme und iiäude, sowie darin, die ange-
nommene Attitüde für einige Zeit, gleich den Ballettänzern, zu bewahren.
Hpäter gegen Abend zeigten sich auch Tänzeriuntai mit eng anliegender schwarzer
•Jacke und dicht schliessendemTamin, sodass sie kaum die Beine bewegen konnten
und nur mit gekrümmten Knieen standen, den Oberkörper hin- und herbeugeud
und die in den engen Aermeln steckenden Anne nach allen Seiteu venlrehend.
Die Musik bestjind meist aus der grossen Uundtronimel , in welcher der Musiker
sitzt und mit einem Klöpfel auf die Glocken schlägt, der laugen Doppeltrommel,
sackiifcafcnartigen Trompeten , Becken und einem aufgeschlitzten Bainbu , der
zusammengeklappt wird. An einer Htclle tanzten die Musiker selbst, indem die
Doppeltrommel und der Beckenmann ein Paar bildeten. In einem der mittleren
Häuser des Kyaung war ein Katafalk aufgebaut, in Stufen, auf deren oberster
die Figur eines l'ungyi lag, von dem nur das goldbelegte Gcbicht aus dem Tuche
hervorsah. Ks war der Sarg eines vor lu Tagen gestorbenen Mönchs, der mit
Quecksilber und Specereien einbalsamirt , innerhalb dieses Sarkoi>hages für drei
Monate bewahrt wird bis zu seiner Verbrennung. An dem Katafalke lösten sich
Frauen und Männer mit Klagegesängen ab. Als die Nacht weiter vorruckte, sah
man zuweilen l'ungyi in der Mitte des Festlärmes auf ihren Kissen ausgestreckt
und schlafen, wahrscheinlich die gewohnte Stelle ihrer Stube einnehmend.
Der Mittwoch , der den Festlichkeiten d(?s Dienstags folgt , ist ein Fasttag,
und von Sonnen Auf- bis Untergang wird Nichts genossen. In Pusendom sassen
die Leute indenZayat's beisammen, schlafend oder ihre Rosenkränze zählend. Die
Strassen dieses Dorfes sind noch aus der birmanischen Zeit, schmal aus Ziegelsteinen,
die abwechselnd parallel oder perpcudiculär gelegt sind, aufgemauert. Vor einem
der Zayat's stand ein Pfeiler mit betenden Nat's (in haubenartigem Kopfputz).
An einer verfallenen Pagode fanden sich Löwen au den Ecken, uud vor denselben
Der Anfang ans dem Klagelied des Verbannten. 509
ein spitzer Kuppelstein in einer Plnnken-Uinzfiunnng. Daneben lebt ein Piing}n,
dessen Meditationslians vor seiner Wohnung steht. In der Stadt-Pagode fanden
sieb Blumen auf den Tischen umhcrgcstrent, und waren die Pfeiler mit Händem
geschmückt. An einem derselben lag der vergoldete Kopf eines Huddhabildcs,
während zerbrochene Figuren auf den Stufen umher standen. Sie wird regelmässig
Morgends und Abends von frommen Verehrern besucht , die in den Kapellen der
Ecken oder in den Figuren-Nischen frische Gaben niederlegen.
Der Anfang aus dem Klageliede des Verbannten.
Nach der liinnanischen Abschrift.
1) MaeJM taun khyaezi , tva tva hnin
Miet raevun li
Myein to ghyi ka
Khac pyii ko sa sha vatama
Mo khyi khyi huein
Si ri kyek sarac trk pyi vae si
Ann myae kyau kyau
Ku mo mo hnein
Bo tau kaun hmu
Ti tha pyu si
Campy ^hi rai
Kliyau rann iii myu
Ku kyi sakhin iiashalin pin hnein
Shae gyin sae mva
Sa cha rae sau
Shvac jae tili kyih
Asi si nun
Pit ehi kyap san
Lyut raun tan hmu
Schwae nan sehwae buii
Aluü cnii ko
Aynii myek hmin
Bu hmiau kyin sau
Si tin schwae myo
Si so Jae dih
Si i'i schwae nan
Phyaun tan tau min
Ji taka rin si
Schwae pyi tan vae sau kyaun.
2) Pvaet i'iaun rae (yae)
Svan my bae ti
510 Beilagen.
Shi sae sa dahga
Thnn iinlahsha
Maeh Ja yat sn
Tann ihnshn si
Scbwae kn tabn hnuA
8bu teiA tift Aah
Mogh myiA si khaoA
llaeli Jaa taoA ta
Tift taoA laA bmeiA
Öasba 6hein saa
Tann tein shvek shapin kahvae sau
TauA äae vae vae
Atvae tvae si
Liii lin rah rah
Mo ma pa baeh
SiA vah paufi Äa pbanA
Hmin rin panft lin
Mojj^li lanA pyit tan
Khya svan pyin rha
Ya gan thip phya
TauA bau na ka
Rata rin sa
Nac6a kya liä
RjiuA vah ma tvin
Khyam sha Ivin sha
Tili man kliein na
RnuA Ivay 6ae hn
l^vct 6vae lyiii lin tarek min sin
Nackbyiii phya bma nuesankyauA
u. 8. w. 3., 4., 5. u. 6. Vers.
Maeh Ja tauü kliyae (Anfang des ersten Verses)
Sohwac pyi tan vae sau kyaun
(Ende des ersten Verses)
Pvaet liaim yae (Anfang des zweiten Verses)
Nackbyin phyabma nucsankyanA
(Ende des zweiten Verses)
äae da saun myae (Anfang des dritten Verses)
Laepyin lamu aesokyauö
(Ende des dritten Verses)
als miteinander reimend.
Schreib- and Sprech weiseD.
511
Schreib- und Sprechweisen.
Mrui (myo) — Stadt
Rvä (yoah) — Dorf
Mrac (myit) — Fluss
Te Vfi (taung) — Berg
Paii (pingf) — Baum
Pan* (pan) — Blume
Frau (pyi) — Land
TeV (tau) - Wald
Rhve (seh weh) — Gold
Bhura' (paya) — Herr
Kri' (gyi) — gross
Nay (ngeh) — klein
KWyn (Kyaung) — Kloster
Kyam' (Kjain) — Buch
Mrv'ea' (inowh) — Schlange
MraA (myin) — Pferd
Kvyä fkuä) — Löffel
Hnva (nua) — Ochse
KhveV (Khuae) — Hund
C'hin (dsin) — Elophant
Hlan (hlyi) -— Wagen
Hie (hiae) — Boot
Sama (thsama) — Meister
Ohara (Dsaeya) — Lehrer
Öhe' (Dsae) — Medicin
Aim (Ein) — Haus
Öhui (Dso) schlecht
K'ea'u (kaung) — gut
Öhaft (Dsan) — Reis
Krak f Kyet) — Huhn
Hnak (hnet) — Vogel
Myak (Myet) — Gras
Be' (Baeh) — Urgrossvater
Bui (Bo) — Grossvater
Apha (oder Pha-eh) — Vater
Sa' (sah) — Sohu
Mre' (myae) — Enkel
Pvoa-ae* (Pvoa-eh) — Erzeuger
Rajavin (yasuen) — Geschichte
Muig' (Moh) — Himmel
(Sit (Dzeit) — Sinn
Hnacinn (nalon) — das Herz
Rap (yat) — stehen
Liii (lih) liegen
Thu'i'n (thein) — sitzen
Pr*ea* (pyau) — sprechen.
4
512 Beilagro.
BiiiDanische Lieder
(xam Theil 8clion im Rreiner Sonnta^sblatt veröffentlicht).
Denk* ich deioer Schönheit Ruhme.
Kerne, deiner Huldgestalt.
Wie der Scbmetterlinfl^ inr Biomo.
Fliest xa dir mein Herz alsbald.
Fruh're Sünden masH Ich Inlsseu,
r>a.«H ich al!«o Bchmacht* im Bann
Und, mein Schicksal za versüßen,
Nicht einmal mich rächen kann.
Der, dem dn die Htnd gegeben.
• Ach, ich kenn* ihn nicht einmal,
Aber denk* ich sein, durchbeben
Schon mich Mass und Zomesqual.
Denn noch immer lieberodernd
Ist mein Herz dir zugewandt,
Heiss in wilden Flammen lodernd
Gleich dem grossen Weltcnbrand.
Znm heiligen Berge komm mit mir.
Seinen Gipfel zu erätcigen,
(iar herrlich ist*» auf der Hohe hier.
In des Wald«*s hehrem Schweigen.
Hier sind wir Bruder und Schwester nur,
Nie feindlich bedräut von Andern,
Und jeden Schmerz heilt die Natur —
Lieb Schwesterchen, lass uns wandern.
Ha, sonst war ich deine liebe, kloine.
Wunderschöne, prachfge Königin,
Doch wenn jetzt in Himmolsfreud* ich weine,
Wehmuthsvollen Sinnes schmelze hin.
Dann da kommt der stolze Herr Gebieter,
Brummet, dass kein Reis gekochet ist,
Schilt und zürnt und schlägt und schreiet wieder
„Essen will ich!** Wüthrich, der du bist.
Birmanische Lieder. 518
Ja , nur wenn den Leib du vollgeschlagen,
Kannst du lächeln mir und freundlich sein.
Nein, nicht kann ich länger sie ertragen
Solche Ehequal und Höllenpein.
Zum Gebet ein schmerzlich liebes Sehnen
Ziehet schmachtend durch mein armes Hers,
Und die ganze Nacht mit bfttersfissen Thr&nen
Möcht' ich kühlen meinen heissen Schmers.
Doch dann kommt der Mensch nnd »geh* su Hette ! *"
n Schlafenszeit ist's nun**, er nnvrirsch spricht,
IIa , Jetzt wieder dort aus seinem Bette
Ruft er. Rnfe nur, ich komme nicht.
Nein, nein, nein, ich kann nicht gehen
Zu des Waldes ferner Flur,
Meine FAsse woirn nicht stehen,
Mit den Augen folg' ich nnr.
Gehe doch , Herr der Giganten,
Zu dem Berg, der Tiger Hort,
Leoparden, Elephanten
Und das Einhorn schwärmet dort.
Siehe dort , auf Bergesstufen,
Ist's ein Mann, der dorten winkt?
Diesmal wirst umsonst da rnfen.
Anders mir im Ohre klingt.
Nein, nein, nein, ich kann nicht kommen,
Tapfrer Held , znm Wald mit dir ;
Nein, nein, nein, ich kann nicht kommen,
Gold'ner Knab', znm Wald' mit dir.
Gehe denn , dein Herz bewahrest :
Nicht vergiess dein rothes Blut,
Lieber Freund, dass wohl du fahrest,
Mög' das Schicksal sein dir gat.
O Madeya, kleines Städtchen,
Weithin gehn dein Ruhm und Preis,
Die Cigarren deiner Mädchen,
Die Cigarren silberweiss.
nastian, OatMien. II. 3 3
514 Beilagen.
An des Thrones g^ldnen Stufen
Schmücken sie der Fürsten Hand,
Dorthin bist auch dn gerufen,
Du , die Krone in dem Land.
Ob er meiner noch gedenlcet,
Die hier trauernd sitzt und weint?
Ob das Schicksal es so lenket,
Das« aufs Neu* es uns vereint?'
Sie ruht auf ihrem goldnen Pfühle,
Des Landes stolae Königin,
Umfächelt von des Al>ends Kühle,
Träumt sie die Stunden angstvoll hin.
•
Sie denkt des Gatten — weilt er drüben
Doch lang' im feindlichen Gebiet ;
Ihr Herz ist schwer, das bang der trüben
Vorahnung nächt'ger Flor umzieht.
n Was säumst du, meines Herzens Wonne ?
0 kehr* zurück zum goldnen Haus,
Schon senkt im Westen sich die Sonne
Und löscht die Strahlenfackel aus.
Und schon mit dumpfem schwerem Klange
Hallt von dem Thurm der Glocken Ton,
Sie tönen dumpf, sie hallen lange,
Doch Jetzt sind sie verklungen schon.
Sie sterben hin in dumpfem Schweigen,
Vom Tag erlosch das letzte Licht —
Ich muss das Haupt voll Kummer neigen,
Denn dich erblickt mein Auge nicht.*
Kalt geht die Luft, aus Finsternissen
Kein Stern in ihre Seele scheint,
Sic sitzt auf ihrem goldnen Kissen,
Die stolze Königin , sie weint.
\
ßiniianische Städte-Legenden.
Die Legende über die Gründung der Dagon- Pagode in
Rangnn.
(Ansland 1863. No. 27.)
Am Ende der vorigen Kalpa sprossten auf dem Felshfigel von TiDgoteah, wo
jetzt die Dagon-Pagode steht, ffinf Lotus-Blnmen auf. Sie öffneten und enthüllten
in ihrem Kelch jede eine Tinga (das gelbe Gewand der Priester oder Pungyi),
dann kam ein machtiger Vogel, der dort ein grosses Ei niederlegte, und aus die-
sem kam der Karawut hervor, der mit den fünf Tingas zum Himmel üog. Dies
war ein Omen, die Erscheinung der fünf Buddha's in der jetzigen Kalpa vorher-
sagend, denn bald nachher kam die Zerstörung der Welt, die in der vorigen Kalpa
existirte. Dann folgten die Myriaden von Jahren, welche die Vernichtung dauerte,
dann die Myriaden der Wiederherstellung , und zuletzt stand die neue Erde da,
fertig den ersten Buddha Kekkuttan zu empfangen. Er legte auf dem Tingoteah-
Fels seinen Stab nieder, Gaunagan sein Wasserfliter und Kattaba sein Unterge-
wand. Zu Gautama*B Zeit wohnte auf Tingoteah ein riesiger Skorpion, so rie-
sig, dass er jeden Tag einen Elephanten für seine Nahrung verlangte, und die
Zähne derselben waren, gleich Pfählen, um seine Höhle aufgehäuft. Eines Ta-
ges kamen sieben Schiffe der Kala (Ausländer) des Weges, und den weissen
Schimmer des Elfenbeins am Lande sehend , landeten sie dort. Sie füllten ihre
Schiffe mit der kostbaren Ladung , und waren in bester Arbeit begriffen, als sie
plötzlich den Riesen-Skorpion auf sich zukommen sahen. Sie lösten in Eile ihre
Schiffe und standen aus in See, aber siehe da, in der See hauste eine riesige
Krabbe mit ausgestreckten Scheeren, um Alles zu zermalmen, was dazwischen
kam. Die Schiffe passirten glücklich in der Mitte hindurch, ohne die Spitzen der
Scheeren zu berühren, aber der grosse Skorpion, der folgte, stiess an sie auf
88*
516 Beila^ren
beiden Seiten mit meinem grossen Korper, nnd die Krabbe, ihre Beute fühlend,
kniff ihn zu Tode.
Nicht lange nachher kreuzte ein anderes Schiff durch diese See. Zwei
Brüder , Tapoka und Pilika , die auf einer Handelsreise im Wethali-Lande be-
griffen waren, fühlten eines Tages ihren Wagen plötzlich bewegungslos nnd wie
an die Erde gefesselt. Sie konnten keine Ursache entdecken, aber während sie
darnach suchten, stand der Nat (Schutzgott) des Grundes vor ihnen, der die
Räder gehemmt hatte. Er sprach zu ihnen: „In Jenem Kyaung (Kloster) hat
seit heute Shin > Gautama , Paya- Alaun (der embryonale oder werdende Gott)
seinen Wohnplatz aufgeschlagen. Geht hin und bietet ihm Reis an aus eurer
Ladung und ihr werdet unermessliches Verdienst erwerben. *" Die Brüder besan-
nen sich nicht lang mit Abschliessung dieses guten Handels, und den Andeutun-
gen des Nat folgend nahmen sie einen Sack mit Reis und legten ihn demütbig vor
die Füssc des noch unentwickelten Gottes in spe nieder. Gautama würdigte
ihre Gabe des Empfanges und gab ihnen fünf Haare seines Hauptes, mit der An-
weisung , sie auf dem Felsen Tingoteah niederzulegen und eine Pagode darüber
zu bauen. Die mit diesen unschätzbaren Reliquien beglückten Brüder eilten den
Auftrag auszuführen, aber sie fuhren lange an der Küste hin, ohne dass ihnen
Jemand Auskunft hätte geben können, wo sie Tingoteah zu suchen hätten. Ver-
geblich befragten sie die Nats (Götter) , die Beliis (Ungeheuer) , die Yekkasas
(Gespenster), die damals zahlreich im Lande waren, alle erklärten ihre Unwissen-
heit. Zuletzt fühlte der Thagyakönig , der ihre Verlegenheit sah, Bfitleid mit
ihnen, er kam herab vom Himmel und erschien vor ihnen in der Gestalt eines Nat,
sie belehrend , dass nur das Haupt des dortigen Nats , der alte Zulu-Xat, ihre
Fragen würde beantworten können. „Aber, fügte er hinzu, er hatte so lange in
der Welt existirt, dass in Folge seines hohen Alters seine Augenlider niederge-
fallen sind und er jetzt völlig blind ist. Damit er euch von Nutzen sei, niüsst
ihr ihn erst sehend machen, und das kann nur geschehen , indem ihr mit zwei
starken Holzbalken die über die Pupille niedergefallenen Augenlider aufhebt. **
Die Brüder suchten sich so ein Paar hoher Bäume im Wald aus, hieben sie um
und verfertigten sich ein Paar dicke Balken, mit denen sie weiterzogen. An dem
angezeigten Platze fanden sie den bemoosten Zulu-Nat und befragten ihn um den
Felsbügel von Tingoteah. Doch er gebrauchte seine Blindheit als Vorwand,
ihnen nicht dienen zu können , und entschuldigte sich nichts zu sehen, da seine
Augenlider seit lange herabgefallen seien. Die Brüder hatten indess ihr Heil-
mittel dafür. Sie pressten die Balken unter die Lider und hoben sie mit ver-
einter Kraft ein wenig empor, so dass etwas Licht in die Augen fiel. Zulu deutete
dann mit der Hand die Richtung an , in welcher sie Tingoteah finden würden .
Sie folgten der Weisung, fanden aber statt eines Felshügels drei, mit einem See
in der Mitte, und waren in Verlegenheit, welches der richtige sei. Der Thagya-
könig kam aufs Neue zu ihrer Hülfe. Er kam in der Nacht mit seinen Nats vom
Himmel herab, vereinigte die drei Felsen und baute eine Pagode über ihnen. Er
verfertigte dann , um die Reliquien darin niederzulegen , ein goldenes Boot, das
^
Beilagen. 517
bestandig auf dem See iimherkreiste und von Wasserradern vertheidigt war;
diese Rader waren mit Schwertern nnd Messern versehen , die nach allen Seiten
hinschlugen und sich ohne Unterlass hernmdrehten, mit Ausnahme eines Augen-
blickes um Mittag , wo sie für die kurze Zeit , dass eine Frau gebraucht einen
Faden beim Spinnen auszuziehen, still stehen.
In späteren Zeiten hatte Udiboa , König von China, während seiner Kriege
mit den Birmanen ein grosses Gelibte nach den heiligen Reliquien , die in der
Dagon-Pagode Rangun's niedergelegt sind. Er verfertigte eine kunstvolle Figur
in menschlicher Form und gab ihr Auftrag, die Reliquien zu stehlen. Diese Figur
kroch auf dem Bauche den Irawaddi herab, bis sie, in der Nähe von Rangun, an
einem noch jetzt Kemindine (blick' und sieh*) genannten Ort anlangend , zuerst
ihr Haupt ein wenig erhob und auf die Pagode hinblickte. Aber die Pracht von
Schwedagon überwältigte sie so, dass sie eine Minute zu lang im Anschauen ver-
weilte, und als sie nachher ihre Hände nach den Reliquien ausstreckte , war der
günstige Augenblick um Mittag vorbei und die drehenden Messer schlugen ihr den
Kopf ab. Die Bürger der später erbauten Stadt Rangun haben dem schützenden
Nat die Zulu -Pagode errichtet, leiten aber Jetzt, um das Factum zu verhehlen,
den N^men von den Tzu (Domen) ab , womit der Platz fHiher bedeckt gewesen.
Die Legende über die GrOndung Pegu's.
Nach den birmanischen Antoritaten hat Gantama nie die' Gegenden östlich
vom Irawaddi betreten , aber die Talein berichten von seiner Ankunft in Malei-
taun im Gefolge von 40,000 Kahandas (Heilige). Diese Rahandas waren die
40,000 Kaufleute, welche zur Zeit des Buddha Dipingara die Puugyi's mit Reis
bewirtheten, wenn Gautama in seiner früheren Existenz als Thumeda mit> seinem
Körper eine Brücke bildete , worüber der Gott dahinschritt. Als Gantama den
Irawaddi überschritt, war jenseits desselben Alles noch ein weites Meer, und nur
die Spitzen von sechs Berggipfeln ragten daraus heiTor, der Berg von Pabiet,
von Sinjai, von Sinjaik, von Jaiktihoh, von Jeikkata und von Bogabin, und auf
Jedem derselben hatte sich ein Eremit niedergelassen. Als diese frommen
Männer von der Ankunft des künftigen Gottes hörten, flogen sie (mit Ausnahme
des letzten, den Krankheit verhinderte) herbei, ihre Verehrung darzubringen, und
empfingen von Gautama Reliquien seiner Haare , um sie in dem Grundstein der
Pagoden niederzulegen, die sich in späteren Zeiten auf der Höhe ihrer Berge er-
heben sollten.
Gaufama wanderte dann weiter mit seinen Begleitern am Himmelsgewölbe
dahin, und an der Mündung des Salwehn anlangend, rastete er auf einem Stein,
wo jetzt die Jeikkamee-Pagode steht. Dort war es, wo ihn sein Bruder befragte,
ob er keine Prophezeihungen über den Ocean zu geben habe , aber Gautama ant-
wortete , dass das Unendliche (Ananda) keine Messung zulasse. Sein Schüler
8hin Maukela war mit dieser Antwort nicht befriedigt und schuf einen wunder-
baren Vogel (einen Papagei oderkyek tejuet), der mit jedem Schrei (kyek, kyek,
kyek) sechs Meilen weit zu fliegen vermochte. Aber keine Gränzen des Meeres
sehend ermüdete der Vogel und fiel ins Wasser, wo er umgekommen sein würde,
wenn nicht die Göttin Mani-megela, die Tochter des Schutzgottes der See, einen
grossen Fisch geschaffen hätte, auf dessen Rücken er zurückgebracht wurde.
Und so, fügt der Autor hinzu, geben die Bücher der Biimanen und Talein keine
Bestimmung über Länge und Breite des Meeres.
Als Gautama weiter zog und in Yaminjatein anlangte, blickte er aus der Höhe
herab und sah auf einem aus dem Wasser hervorragenden Felsblock ein Vögel-
I
Beilagen. 519
paar sitzen, die nnzertrennlichen Hensa- Vögel. Er lächelte, und um die Ur-
sache des Lacheins von Ananda hetngt , verkfindete er , dass auf diesem Plati
einst die Re&idenz eines mächtigen Königs blühen werde , die ruhmvolle Stadt
Ilensawuddi oder Pegu.
Viele Jahrhunderte später fuhr ein ausländisches Schiff über die Meereswfisto
daliin. Es war von dem König von Sattula ausgesandt und mit 500 Soldaten be-
mannt, um die Gränzpfciler seines Reiches zu stecken. Sie sahen in der Mitte
der Wellen eine wilde Ente ihr Nest bauen und sprachen zu einander: „Seht,
die Wasser beginnen abzufliessen , wie könnte sonst der Vogel hier Land finden ?
Lasst uns dort die Zeichen unseres Kelches aufstellen und die werdende Insel in
Besitz nehmen." So errichteten sie einen Pfeiler mit dem königlichen Wappen,
ihn sieben Faden tief in den Grund einrammend, und berichteten bei ihrer Ruck-
kehr dem König , der das Document in den Archiven niederlegen Hess. Dort
wurde es von einem seiner Nachfolger gefunden , der ein Schiff ausr&stete und
dem Befehlshaber Auftrag gab, nach Jener Insel zu suchen , die einst für ihn in
Besitz genommen worden sei , und wo er das königliche Wappen finden werde.
Den gegebenen Directionen folgend, gelangten die Schiffer an die Stelle und
sahen, wie überall das lehmige und schlammige Land sich aus der Meeresfläche
erhob und mit dem Continent vereinigte. Sie entdeckten den Pfeiler und fanden
alle Zeichen übereinstimmend mit den ihnen gegebenen Beschreibungen ; aber
als sie Vorbereitungen trafen, um den Grundstein zu der neu zu bauenden Stadt
zu legen, fanden sie in unerwarteter Weise ihr Recht bestritten. Von allen
Seiten sahen sie Flösse auf sich zusteuern , die hohe Häuser trugen , und die mit
dem Sehlaramwasser umhertrieben, die Flösse der Talein, der Eingeborenen des
Landes, geführt von ihrem Königsbrüderpaar Thamala und Wimala. Diese Ta-
lein kamen von Thatung, und das Folgende ist ihre Geschichte.
Ais noch die Meereswasser alle Lande bedeckten, stand nur der Simaikberg
daraus hervor, und auf ihm hatte sich ein frommer Eremit niedergelassen. Eines
Tages stieg aus der See eine weibliche Naga-ma (Drache) hervor, welche die
Gestalt eines schönen Weibes angenommen hatte, und in der Nähe der Zelle dos
Einsiedlers ihren Wohnplatz aufschlug, wo sie sich religiösen Bussübungen ergab.
Ein Weizza , der sie auf seinem Flug erspähte , kam zu ihr hernieder , und ge-
fesselt von ihrer Schönheit, verweilte er dort längere Zeit. Dann hatte er seine
Reise fortzusetzen, aber versprach ihr alle sieben Tage einmal zurückzukehren.
Doch bei seiner Ankunft im Hacmawunta - Walde fand er den Ti^aun-Baum, aus
dem gerade ein Mädchen hervorsprosste , und bezaubert von den Reizen dieses
himmlischen Wesens, vergass er seine wässerige Liebe und blieb wo er war. Die
Naga-ma gebar aber im Laufe der Zeit zwei Eier und kehrte in ihre Heimath zu-
rück. Diese Eier wurden von dem Eremiten gefunden auf einer seiner Wande-
rungen, und überrascht von ihrer Grösse nahm er sie mit sich und legte sie in
seiner Zelle nieder. Dort brachen sie später auf und enthüllten zwei Knäbchcn,
die von dem Eremiten sorgsam aufgezogen und in den Wissenschaften unter-
richtet wurden. Als sie' aufgewachsen waren , rief der Einsiedler die Talein
520 Beilagen.
nuammen, die in den Morästen xentrent lebten, lehrte sie Ilossc bauen mit
Hänsern darauf und sandte sie fort unter der Leituof? von Thamala und Wimala,
sich eine neue Heimath zu suchen. So erreichten sie die neu werdende Insel,
wo die Ausländer (Kala) von Sattula im J^efprifl' wareu eine Stadt zu bauen, und
liestritten ihr Recht, da sie aus einem fremden Lande her&bergekommon. Die
Kala deuteten auf den Pfeiler mit den königlichen Insignion, den ihre Vorfahren
aufgerichtet, und die Talein, dieses Wahrzeichen sehend, waren überführt und
wussten nicht, was zu antworten. Sie würden sich zurückgezogen haben, wenn
ihnen nicht eine höhere Hülfe gekommen wäre. Der Thagya-min (der König der Nat
oder Götter) blickte gerade aus seiner himmlischen Wohnung auf die Erde nieder,
und diesen Streit zwischen den Kala und Talein bemerkend, sah er %'oraus,
daas die letzteren verlieren würden. So bescliloss er der schwächeren Partei
Hcine Hülfe zu leihen, und als in der Nacht der Führer der Talein schlaflos auf
seinem Lager lag, nahte er sich ihm und sprich : „ Verzage nicht, mein Sohn l
Wohl steht dort der Pfeiler der Kala sieb<;n Faden tief in die Erde eingerammt,
aber fordere sie auf, sieben Faden tiefer zu graben, und sie werden sieben goldene
Schalen finden, und nach weiteren sieben Faden sieben eiserne Haken, die Wahr-
zeichen der Talein- Race.** Die Brüder thaten nm andern Tage, wie ihnen ge-
heissen war , und der Vorhersagung gemäss kam es aus. Sieben Faden unter
dem Pfeiler wurden sieben goldene Schalen gefunden, und unter den sieben gol-
denen Schalen sieben Faden tiefer sieben eiserne Haken , die W^ahrzeichen der
Talein -Bace, und die Kala waren jetzt der geschlagene Thcil. Aber der Ort
heisst seitdem das „gestohlene Land"*, denu die euernen Haken viinrcn dort
nicht von den Talein niedergelegt worden , sondern durch die Macht des Tha-
g3'a- Königs, der in Gestalt eines Ponnh oder Hrahmanen die Nachgrabungen ge-
leitet hatte. Die Talein machten sich Jetzt ans Werk, ihre Stadt zu bauen, aber
die Soldaten des Königs von Sattula , die sich fürchteten, unverriehteter Sache
zu ihm zurückzukehren , baten um <^ie Einräumung eines kleinen Stück Landes,
und erhielten den Platz , wo sie die Studt Taniin (den spateren Hafen Syriam)
oder Kalamyo erbauten. Die Talein gründeten Hensawuddi oder Pegu, wo
Thamala als erster König herrschte. Später wurde er in einem Streit mit seinem
Bruder, der dann selbst den Thron bestieg , getödtet, und liess eine schwangere
Wittwe zurück. Als diese ein männliches Kind gebar, fürchtete sie die Nach-
stellungen Wimala's und liess es fortwerfen auf einen Platz, wo wilde Büffel wei-
deten. Es wäre zertreten worden , aber Naunkalaun (die Königin der Büffel)
n.ihm es sorgsam auf, nährte es mit ihrer Milch, und schützte es gegen die andern
Büffel. Als der Knabe aufwuchs, wurde er vertraut mit dem Leben der Büffel,
trieb sich mit ihnen umher und bestieg die wildesten ohne Furcht, sie zum Reiten
zu benutzen. Der Ruf des kühnen Jünglings war bis in die Stadt gedrungen,
und da Pegu damals von einer mächtigen Armee bedrängt war , die der König
von Sattula ausgesandt hatte, um sein altes Recht zu wahren , so liess ihn Wi-
mala vor sich rnfen. Der Prinz kam zur Stadt und verlangte , dass seine Büffel
ungestört aus zwei grossen Wasserhehältem In der Nähe des Thores trinken
Beilagen. 521
könnten, dann forderte er das Schwert and den Speer seines Vaters nmd bestieg
den grdssten seiner Büffel , om einem riesigen Kala entgegenzutreten , der seit
längerer Zeit täglich einen der Qegner znm Zweikampf herausgefordert hatte.
Der Riese war ganz in Eisen gekleidet, als er aber seinen Arm zum Schlagen er-
hob, bemerkte der Prinz die Yerwnndbare Stelle , wo die Gelenke übereinander
fassten, und sties seine Lanze dort hinein. Der verwundete Kala rief den Namen
seiner Mutter an , an dem Platze , wo jetzt die Innan - Pagode (amay lede) steht,
und von seinem erschreckten Pferde zu der Stelle gebracht, wo die Pagode von
Jakkasin erbaut wurde, gab er dort den Geist auf. Nach seines Oheims Wimala
Tode bestieg der Prinz den Thron von Pcgu , und errichtete über den Knochen
seiner Pflegemutter eine Pagode, die Pagode von KJeiktah.
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Dniok Ton Otto Wigand in Leipsig.
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