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Full text of "Reisen in Birma in den Jahren 1861-1862"

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\ 


I 

I 


DIE  VOETIER 


DES 


OESTLICHEN  ASIEN 


STUDIEN  UND  REISEN 


VON 


Dr.  ADOLF  BASTIAN. 


ZWEITER    BAND. 


LEIPZIG  1866. 

VERLAG  VON  OTTO  WIQAND. 


LONDON,  TRURBNER  &  CO. 

«0  PATERNOSTER  ROW. 


REISEN  IN  BIRMA 


IN  DEN  JAHREN 


1801    1803, 


VON 


Dr.   ADOLF   BASTIAN 


LEIPZIG  186G. 

VERLAG  VON    OTTO   VVIGANI). 
LONDON,  TRÜKBNLR  &  CO. 

Oi  PATKRNOSTER  ROW. 


6 


f  > 


Das  Recht  der  UebcreetzoDf?  ist  vom  Verfasser  vorbehalten. 


Dir,  lieber  Vater, 


(gehören  diese  lieisen,  und 


JJir 


ist  ihre  Beschreibung  gewidmet 


Tom 


Verfasser. 


k 


Inhalt. 


m^^^^^S^^^^^^ 


Seit« 
Die  Küste 1 


Die  Bergfahrt  auf  dem  Irawaddi. 

Von  Rangnn  nach  Promo. 

Vorbereitungen  —  Miethen  des  Bootes  —  Diener  —  Abreise  —  Zayats  — 
Yandoon  —  Klosterthurm —  Uauptstrom  —  Verdienstliches  Geschenk  — 
Saga-gyi  —  Nat-IIaus  —  Klosterpagoden  —  Schanweber  —  Dorfschule  — 
DorTättowirer  —  Die  Gefahren  desFischfangö  —  Ngapie  —  Gewisscns- 
scrnpel  —  Henzadah  —  Spazierritt  —  Eine  Prophetin  der  Karen  — 
Vorsichtsmassregeln  gegen  Feuersgefahr  —  Heilige  Fusstapfen  —  Das 
Tättowiren  —  Leichenzug  —  Taxen  —  Der  Nachtwächter  —  In  den 
Wind  gebetet  —  HautfSrbung  —  Töpfer  —  Opfergaben  —  Mönche  und 
Laien  —  Namen  —  Talisman  —  Myanoung  —  Ziegelbauten  —  Kloster- 
bilder —  Todtenfeierlichkeit  —  Rauborbanden  —  Bennböte  —  Todten- 
klage  —  Die  Teufelsspitze  —  Inschriften  —  Tempelfiguren  —  Ankunft 
in  Prome 7 — 31 


Von  Prome  nach  Thayetmyo. 

Schwesandob  —  Aussicht  —  Kyoutsa  —  Dorf  der  Khyen  —  Katechu- Ge- 
winnung —  TeakpflanzuDg  —  Quartier  der  Ponah  —  Magische  Bücher 


Viil  Inhalt. 

8«ito 

—  Tempel  des  Schutzgottes  —  Alterthfimer  —  Raubanfall  —  Das  Wald- 
kloster—  Der  Eisenbanm  —  Die  Ruine  von  Yathay-myo —  Palmsaft  — 
Karren  —  Po-u-tann  —  Höhlen  —  Dwattabong  —  Die  Paramat  —  Die 
San-Sprache  —  Ein  birmanischer  Koch  —  Abreise  von  Prome  —  Shin- 
barinpelleth  —  Die  Feuerquelle  —  Linga  —  Embryonale  Könige  —  An- 
kunft in  Thayetmyo  —  Qastfreundliche  Aufnahme  —  Grenzverhältnisse 

—  Mendun  —  Bazaar  —  Das  Zollhaus  —  Operation  —  Abreii^e  von 
Thayetmyo 32 — 8 


Von  Thayetmyo  nach  Mandalay. 

Meaday  —  Die  Grenze  —  Regenmittel  —  Crocodile  —  Malun  —  Menhla  — 
Gewogenes  Geld  —  Besuch  beim  Gouverneur—  Schreibtafeln  —  Huhner- 
cinkauf —  Fliegende  Hexen —  Magweh —  Tempeliuschrift —  Drohende 
Hungersnoth  —  Petrefacten  —  Feurige  Hexen  — Yaynangoun — Almosen- 
samraler  —  Die  Petroleumquellen  —  Tauschhandel  -—  Sillehmyoh  — 
Münzen  und  Geld  —  Schwesajopaya  —  Besuch  beim  Abt  —  Ausbleiben 
des  Bootes  —  Buddhistische  Bauten  —  Dorftheater  —  Djat-tama  — 
Pagan  —  Ruinenfeld  —  Schwcdzidoog  —  Die  Pagodesclaven  —  Ananda 
—  Cromlech  —  Inschriften  —  Der  reitende  Nat  —  Yandabon  —  Samei- 
kun  —  Sagain  —  Passrevisiou  —  Das  alte  Ava  —  Schwekyetka  — 
Amarapura  —  Der  Hafen  Mandalay's 55 — 8 


Mandalay. 

Aufenthalt  inderStadt. 

Veränderung  der  Residenz  —  Dreifache  Theilung  der  Stadt  —  Armenier  — 
Steueramt  —  Logis  —  Mandalay -Hügel  —  Einsiedler  —  Freigesetzte 
Hühner  —  Menschenopfer  —  Die  Schirm  träger  —  Siegel  —  Eidesable- 
gung  —  Amortisation  —  Langohren  —  Payagyi  —  Magische  Ceremonie  — 
IndigopflanzuDgen  —  Baumwolle  —  Chinesischer  Tempel—  Glocken  — 
Palmen  —  Belehnungen  —  Palastrevolution  —  Ohrdurchbohrung  —  Ma- 
rionettentheater —  Weisser  Elephant  —  Der  Thron  —  Hexen-Cur  — 
Eingeladene  Priester  —  Bananen — Anbetung  —  Predigt  —  Bedin-Zea — 
Wahrsagerbücher  —  Constellationen  —  Oeffentliches  Verbot — Natfest — 
Löwenwächter  —  Aumpinlae  —  Die  Priesterin  am  See  —  Tempelbau  — 
Todtenverbrennung  —  Figuren  der  Ponah-Tempel  —  Kriegsgefangene 
Kathay  —  Sterbesceue  —  Shinsasoa  —  Armenische  Gemeinde    .     85 — 1 1 


lubalt.  IX 

Seite 

Landleben. 

Absperrung  —  Kabain  —  Aufnahme  in  die  Banemgemeinde  —  Die  Villa  — 
Der  Dorfälteste  —  Hausbau  —  Meine  Nachbarn  —  Die  Rache  der  Dä- 
monen—  Der  Abt  des  Klosters —-  Palmzucker  —  Bestellung  der  Felder  — 
Verunglückte  Gefälligkeit  —  Der  Bambu  —  Der  Erlaubnissscbein  — 
Besuch  des  Myowun  —  Gerichtsverhandlung  —  Die  Consular-Depesche  — 
Rückkehr  nach  Mandalay 120 — 135 


Der  königliche  Palast. 

Königliche  Audienz  —  Vorschlag —  Das  Lustschloss —  Einzug  in  den  Palast 

—  Hofbediente  —  Besuch  des  Prinzen  —  Fusslage  —  liautamulette  — 
Der  Professor  —  Studienplau  —  Der  Ahnherr  der  Dynastie  —  Vorge- 
schichte Mandalay's  —  Landkarte  —  Der  Leibarzt  —  Medicin  der  Dämo- 
nen und  der  Engel  —  Unadenvolle  Prügel  —  Steinmetzen  —  Eunuchen  — 
Buchverehrung  —  Betelkauen  —  Unholde  —  Spruchtexte  —  Hofsprache  — 
Etikette  —  Phra  und  Phaya  —  Bäder  in  den  Tropen  —  Der  köuigliche 
Prediger  —  Religiöse  Controverse  —  Huldvolle  Gunstbezeigung  —  Die 
Ruhmesgrösse  der  Majestät  —  Eine  Leibgarde  Unsterblicher  —  Kabba- 
listische Figuren  —  Eleganz  —  Die  Ssoki  —  Lokanidi  —  Yansitta  — 
Stellung  des  Bettes —  Geissein  —  Witaba —  Aperaza  —  Bekleidung  der 
Birmanen  —  Concert  —  Das  Klagelied  des  Verbannten  —  Liebeslieder — 
Noten  —  Natschin  —  Pinnaehpin  —  Erdbeben  —  Omen  —  Der  Mäd- 
chenbaum —  Stummer  Handel  —  Die  Palaung  —  Der  bezaubernde 
Laffe  —  Der  Bundestag —  Ehrgeiz  —  Die  Pona  —  Gantapatantadzat  — 
Lugyidzaga  —  Maler —  Schnitzereien —  Schatzgräber —  DerWeizza  — 
Thumeda  —  Abhassara  —  Bnssgebete  —  Weihformeln  —  Klassen  äer 
Geschöpfe  —  Byamma- Welten  —  Die  Magga  —  Die  Himmel  sinnlicher 
Freuden  —  Die  Stufen  der  Extase  —  Kloster-Unterricht  —  Novizen 
und  Mönche  —  Ordination  —  Mönchsverbote  —  Almosensammeln  — 
Ubod  —  Patimauk  —  Meditation  —  Das  Kamnia  —  Die  buddhistische 
Trinität  —  Das  Nirwana  der  Elemente  —  Liste  der  Buddha  —  Die  Mara's 

—  Die  Höllen  —  Berichte  aus  dem  Jenseits  —  Nemi  —  Die  Khanda  — 
Die  Beamten  —  Die  Eintheilung  in  Kreise  —  Der  Adelstand  —  Der 
Gesetzescodex  —  Sciaven  —  Frohndienste  —  Abgaben  —  Theater  — 
Dienende  Knaben  —  Die  Zahnreliquie  —  Belletristik  —  Missions- 
schwierigkeiten —  Distillery  —  Ohren -Medicin  —  Taubheit  —  Kran- 
kenbehandlung —  Die  Diagnosis  —  Die  fröhliche  Jagd —  Protestation  — 
Königliche  Ungnade  —  Spione  —  Argwohn  —  Die  Dörfer  der  Karen  — 
Leichentanz  —  Opfergaben  —  Waldteufel  —  Morley  —  Epidemieen  — 
Der  Alchymist  —  Die  Wunderheilung  —  Beschränkte  Diät  —  Eiermord  — 


\ 


Inhalt. 

Sei 
Aufgabe  der  Praxis  —  Psychologische  Listen  —  Bootfahrt  —  Steuer- 
zahler —  Fest  der  Pungyi  —  Dcitton  —  Krankheitsteufel  —  VVitzproben 
—  Weise  und  Hofnarren  —  Der  junge  Prinz  —  Erzählungen  —  Hof- 
anekdoten —  Wilde  und  gezähmte  Barbaren  —  Zanekka  —  Wuttu  — 
Die  Wunderharfe  —  Die  nebenbuhlerischen  Mönche  —  Zan^akunima  — 
Buridath  —  Fabeln  —  Einbruch  —  Wechsel  des  Kochs  —  Copisten  — 
Glückliche  Verheissungen —  Medicinischer  Unterricht —  DieAerzte  des 
Landes  —  Zeiteintheilung  —  Maass  —  Deutungsvolle  Sprüche  —  Vor- 
geschlagene Wette  —  Zauberkraftige  Gatha  —  Gespenstergeschichten  — 
Das  Herabsteigen  des  Thagyamin  —  Neujahrsfestlichkeiten  —  Steigen 
des  Flusses  —  Berechnungen  des  Kalenders  —  Die  Operation  des  Kopf- 
waschens  —  Künstliche  Zöpfe 136 — 25 


Das  ZwisohenflusB -Gebiet. 

Am    Fusse    der    Schanberge. 

Einsetzen  der  Regenzeit  —  Abschiedsaudienz  —  Auszug  —  Ochsenkauf  — 
Diebstahl  —  Neue  Diener  —  Packen  —  Abreise  —  Amarapura  —  Myit- 
ngay  —  Taadoo  —  Pan-Paya  —  Wüste  Strasse  —  Die  Führer  —  Es- 
cor te  —  Ruinen  —  Gewitter  —  Onniiudeh  —  Ausweichen  —  Aunga  — 
Wechsel  der  Escorte  —  B  eraubtes  Kloster  —  Der  Pass  —  Wasserbauten 

—  Dämonenspuk  —  Verdienstliche  Werke  —  Der  Schlächter  —  Payabhui 

—  Pilgerfost  —  Die  Tempelschlange  —  Pferdehandel  —  Knochenpa- 
gode—  Das  Kloster  am  Wege  —  Wassermangel —  Reservirter  Brunnen 

—  Die  Schulstunde —  DerThougyi  —  Teich  —  Moundoung  —  Empfeh- 
lungsschreiben— Mediciuische  Pagode —  Nyauugyara —  Goschichtbaus- 
zug  —  Ehrengarde  —  Piobaeh  —  Besuch  im  Kloster  —  Consultationen  — 
Geschenkte  Pferde —  Verwaltung  der  Provinz —  Dorfwächter  —  Münze 
und  Metall  —  Yemethen —  Dämonentempel  der  Pagode  —  Labyrinth  — 
Die  Miethkarren —  Tauntajing —  Widersetzlichkeit —  Tauschhandel  — 
Packochsen  —  Zerbrochener  Karren  —  Vorspann  —  Verweigerte  Con- 
tribution  —  Teakbäumc  —  Ulaydah  —  Waldwege  —  Regierungsarbeiten 

—  Gefahren  der  Grenze  —  Böse  Gerüchte  —  Büffel  —  Ameisen  —  Te- 
jagon  —  Niengjen  —  Teakwälder  —  Rindfleisch  —  Land  -  und  Fluss- 
weg —  Zinsaejoah  —  Das  Dorf  der  Palmen  —  Engagiren  der  Passage  — 
Agio  —  Feste  Medicin  —  Arzneibücher  —  Pflanzen  und  Thiere  — 
Fabelwesen  —  Dialecte  —  Mayho-Karen  —  Blutbund  —  Lack-Insect 

261—30 


Inhalt.  XI 

Seite 
Die  Grenzprovinz. 

Angebot  —  Holzhauer-Familie  —  Schwebende  Pagode  —  Pilgervorschriften 

—  Die  vielzungigen  Besessenen  —  Feinschmecker  —  Verkauf  —  Nakan 

—  Passschwierigkeiten — Bootkauf  — Gfinstige  und  nngunstige  Tage  — 
Vorausfahrt  —  Zweifelhafte  Richtung  —  Taunia  —  Nachtwache  —  Die 
Grenzwache  —  Myolah  —  Ermordung  des  Commandantcn  —  Talein  und 
Birmanen  —  lilgermonatc  —  Bergschmiede  —  Schau*  Caravane  —  Der 
lustige  Kapuziner —  Schin  Mokhala —  Wettstreit  —  Verstockte  Ketzer 

—  Ilinterthüren  —  Das  Memoriren  —  Indifferenz  —  Der  Capitain  — 
Hexentempel  —  Abfahrt — Befrachtung  des  Kahnes  —  Der  zornige  Gott  — 
Flussufer  —  Wasserfall  —  Schweinezucht  der  Karen  —  Die  Yabain  der 
Wälder —  Seidenzucht —  Buffelopfer  dcrSingpho —  Rächende  Tiger  — 
Wethali  —  Dämonen-Citirung  der  Katchin         305 — 329 


Thalfahrt  auf  dem  Sittang-FIass. 

Tonga. 

Das  kleine  Boot  —  Fischreusen  —  Ankunft  in  Tonga  —  Bekanntschaften  — 
Mohamedanische  Feste  —  Die  buddhistische  Fastenzeit  —  Wethantara  — 
Heilige  Fische  —  Der  sandige  Gott  —  Bekleidung  der  Mönche  —  Ordi- 
nation der  Novizen  —  Klosterhofe  —  Aufzählungen  des  Paüa-da  — 
Haar-Reliquien  —  Pilgerbeschränkungen  —  Sabupadih-Min  —  Shin  Upa- 
gab  —  Der  künftige  Buddha  —  Betende  Frauen  —  Herkunft  der  Seelen 
—  Heilige  Wnnderkräfte  —  Seelenthore  —  Meditations-Stufen  —  Der 
sentimentale  Dämon  —  Heeres  -  Ein theilung  —  Märkte  in  der  Vor- 
stadt —  Feueranbeter  —  Der  verbannte  Schan fürst  —  Das  nördliche 
Thatung  —  Practicirende  Aerzte  —  Briefe  des  Sasanapein  —  Beichte  — 
Gebote  —  Kinderspiele  —  Brettspiele  —  Schlangenbe<jchwörer  —  Mis- 
sion unter  den  Karen  —  Schnllehrer  der  Schan  —  Adi-Paya  —  Religiöse 
Controversen  —  Schwe-nyan-daa  —  Doketische  Erklärungen  —  Ketze- 
reien —  Das  Paramatta  —  Einkleidung  ins  Kloster  —  Weihelied  — 
Schiffer-  und  andere  Lieder  —  Gebete  —  Wanderkräftiger  Götze  — 
Betelkauen  —  Kabawasa  —  Alte  Pagoden  —  Priesterverehrung  —  Das 
Dhamroa  —  Leichenbehandlnng  —  Der  poetische  Koch  —  Statistiken 

333—380 

Schwegyin  nnd  Sittang-myo. 

Bootsweihe  —  Dämonische  Lockspeisen  —  Thoukgyighat  —  Umbin  —  Ge- 
rachsempfindlichkeit —  Der  Riesenmusquito  —  Modwuin  —  Verwegene 


XII  Inhalt. 

Seite 
Tiger  —  Jagd^rescliichten  —  Wilde  Büffel  —  Thierfahel  —  Wasser- 
dämon—  Dienendes  Crocodil —  Schmetterlingsseele —  Träume —  Ver- 
dammte —  Masqnito's  —  Ankunft  in  Scbwejryin  —  Tiger  —  Ilazard- 
npiele  —  Circuit-IIans  —  Goldwäschereien  —  Klosterbüchcr  —  Almosen- 
gehen —  Copisten  —  Aerztliche  Theorieen  —  Talfin  —  Pitakat — Sakya- 
System  —  Metren  —  Malerfarben  —  Gespenster  —  Die  Nat  —  Mondbäuser 
—  Konigslisten  —  Sinnesauffassung  —  Leidenschaften  —  Nirwana  — 
Diplome  —  Excommunication  —  Karen  des  Yunsalen  —  Hospitäler  — 
Aerztliche  Schulen  —  Feuerzeug  —  Dorffeste  —  Wahre  und  falsche 
Magie  —  Regierungsbeamten  —  Ansiedelung  der  Talein  —  Gerichts- 
hofe —  Dienerwechsel  —  Der  Schauspieler  —  Fahrt  nach  Sittang  — 
Tiger  und  Crocodile  —  Der  Eid  —  Offlcielle  Berichte      .     .     .     381—426 


Die  Niederungen. 

Pegn  in  der  Ueberschwemmung. 

Verzögerung  des  Bootes  —  Krankheit  des  Dieners  —  Die  Bore  —  Mündung 
des  Sittang — Bootsmann  —  Büffelpagode  —  Der  Lock  —  Kjeiktoh  —  Die 
Kwin  —  Talein-Fischer —  Dörfer  im  Wasser —  Bekehrungsversuche  — 
Salzgewinnung  —  Korriarten  —  Kaukadoh  —  Bootfahrt  durch  den  Wald 
— Schwe-hlay  —  Nachtquartier  im  Sumpf — Beling-Fluss  —  Waldfahrt — 
Thatung —  Unwohlsein  —  Alte  Pagoden—  Stadt  der  Lawa  —  Toungthn 
—  Der  Schutzgott  der  Stadt  —  Der  Goung  —  Onkedah  —  Salwehn  — 
Martaban 429—441 

Molmeinund  Amherst. 

Ankunft  in  Molmein  —  Gastfreundschaft  —  Aufenthalt  —  Amherst  —  See- 
bäder —  Tonsprachen  —  Convicts  —  Rückkehr  nach  Molmein  —  Boot- 
rennen —  Die  buddhistischen  Pagoden  —  Bestattung  der  Talein  —  Haus- 
dämon —  KJeik  und  Paya  —  Tanzfest  —  Götter  und  Dämone  —  Talein- 
bücher —  Mula-muli  —  Oberst  Fitch  —  Vorgeschichte  Molraein's  — 
Buddhistische  Weltentsagung  —  Die  religiösen  Schriften  —  Der  Bazaar 
von  Molmein  —  Die  Märkte  —  Statistisches 442—473 


Bis  zur  siamesiechen  Grenze. 

Jahreszeiten  —  Miethen  der  Diener  —  Abreise  —  Gyne-Fluss  —  Dorfgrün- 
dung —  Lokain  —  Kaukarit  —  Schan-Kloster  —  Kranker  —  Bepacken 


k 


Inhalt.  xni 

Seite 

der  Elephanten  —  Hfigliger  Weg  —  Nachtrast  im  Walde  —  Vorsicht 
der  Elephanten  —  Der  Cornac  —  Steinhanfen  auf  Bergspitzen  —  Ange- 
fallene Caravane  —  Die  Stadtmauer  des  alten  Miawnddih  —  Grenzposten 
—  Thoung>in-Flus8  —  Verwüstetes  Kloster  —  Die  Elephanten  der  Ka- 
rendörfer —  Aufbruch  —  Passiren  des  Flusses  —  Hütte  im  Walde  — 
Schleppen  der  Teakstamme  —  Das  siamesische  Dorf  der  Grenze    475 — 489 

Beilagen 491—521 


Die  KQste. 

Es  waren  lange,  dunkle  Nächte,  als  wir,  von  Madras  kommend, 
auf  der  Bay  von  Bengalen  umhertrieben.  In  den  StUrmen  des 
Monsun's  vorUberfliegend ,  hatten  wir  trübe  und  matt  die  be- 
waldeten Höhen  der  Cocos  -  Inseln  durch  den  Wolkenflor  tropi- 
scher Regengüsse  hindurchscbeinen  sehen,  und  wir  wussten, 
dass  die  Küste  Hinterindiens  jetzt  nahe  sein  würde.  Das  Wasser 
nahm  bald  die  lehmig  schmutzige  Farbe  an,  dem  erfahrenen 
Seemann  wohl  bekannt,  aber  kein  Land  zeigte  sich  den  darnach 
ausspähenden  Augen.  Links  musste  sich  das  Cap  Negrais  hinter 
gefUrchteten  Klippen  erheben,  rechts  drohte  die  gefilhrliche  Mün- 
dung des  Sittang  mit  seiner  Alles  vernichtenden  Bore,  und  nur 
durch  stetes  Werfen  des  Lothes  konnte  der  Capitain ,  so  gut  es 
über  dieses  Meer  noch  unvollkommene  Seekarten  erlauben,  sei- 
nen Weg  finden.  Drei  Tage  und  Nächte  wurde  gekreuzt,  das 
SchiflFalle  zwei  Stunden  beigelegt  und  geankert,  aufs  Neue  ge- 
wendet, und  jede  Richtung  desCompass  versucht,  bis  endlich  die 
erste  Wache  den  fernen  Lichtschein  der  blauen  Feuer  bemerkte, 
die  periodenweise  auf  dem  WachtschiflF  abgebrannt  wurden.  Da- 
hin ward  der  Curs  jetzt  eingehalten  und  das  Schiff  bald  in  der 
Nähe  der  deutlich  erkannten  Leuchtwarte  zu  Anker  gebracht. 
Nachdem  der  Lotse  am  nächsten  Morgen  an  Bord  gekommen  und 
uns  der  Mündung  des  Irawaddi  entgegengeführt  hatte,  wuchs 
dann  allmälig  die  flache  Küste  mit  Büschen  und  Bäumen  aus 
dem  Wasser  hervor.  Nach  dem  Passiren  des  Elephantenvorgebirgea 
scheidet  sich  das  Festland  bestimmter,   als  Flussufer  ab»   auf 

BMiian,  OitMien.     II.  i 


2  Die  Kfiste. 

denen  Über  den  Maisfeldern  niedrige  Hütten  herroiblicken  und  mit 
Strohdächern  bedeckte  Landungsplätze  zu  den  nahegelegenen 
Dörfern  auffuhren. 

In  Fischerböten  an  schwimmende  Bambus  befestigt ,  sassen 
braune  Peguer  mit  hochgespitzten  Strohhüten  und  kreuzten  den 
Fluss.  Mit  geschnitztem  Schnabel  verzierte  Canoe,  durch  Ruder 
hinten  und  vom  bewegt,  fuhren  vorüber,  und  bald  legten,  ausser 
den  Zollhausofficianten,  auch  Bazaarböte  am  Schiffe  an,  um  die 
nach  der  Seereise  stets  erwünschten  Früchte  und  frische  Provisionen 
zu  überbringen.  Die  Dörfer  wurden  zahlreicher,  das  Land  zeigte 
sorgfältige  und  ausgedehnte  Vegetation ,  bald  schimmerte  in  der 
Sonne  die  silberne  Spitze  der  Pagode  Syriam's  aus  einem  Walde 
dunkelbelaubter  Baumgruppen  emporragend,  und  dann  nach  einer 
neuen  Wendung  des  Flusses ,  erhob  sich  vor  uns  der  colossale 
Seh wedagon ,  die  goldene  Pagode  Bangun's ,  von  der  sich  die 
Reihe  der  Häuser  und  Hütten ,  die  die  Stadt  ausmachen ,  nach 
dem  Ufer,  und  längs  desselben,  erstrecken.  Die  Fluth  erlaubte 
nicht  mehr,  denselben  Abend  die  letzten  Untiefen  zu  passiren,  und 
erst  am  nächsten  Morgen  konnten  wir  im  Hafen  Rangun's  die 
Anker  werfen. 

Von  meinen  Freunden  in  Rangun ,  denen  die  Ankunft  des 
Schiffes  signalisirt  war,  hatte  Einer  derselben  die  Zuvorkommen- 
heit, mich  in  seinem  Boote  abzuholen,  und  bald  landeten  wir  an 
der  Treppe  eines  Holzgebäudes,  von  dem  noch  über  einen  langen 
Plankenweg  wegzugehen  war,  ehe  wir  den  sicheren  Boden  fester 
Erde  unter  unsern  Füssen  fühlten.  Die  Naturnothwendigkeit 
der  birmanischen  Pfahlbauten  sprang  sogleich  in  die  Augen,  denn 
ohne  diese  hohen  Gerüste,  auf  die  die  Häuser  gestellt  sind, 
würden  sie  in  dem  lehmigen  Morast  versinken. 

Rangun  wurde  nach  dem  letzten  birmanischen  Kriege  von  den 
Engländern  annectirt  und  erlangte  bald  eine  Bedeutung  in  der 
Handelswelt  durch  seine  reiche  Reisausfuhr,  die  von  Jahr  zu  Jahr 
zunahm.  Der  Reis  wird  gewöhnlich  aus  den  umliegenden  Pro- 
vinzen als  Paddy  nach  der  Stadt  gebracht,  dort  mit  der  Hand- 
mühle der  Chinesen  oder  den  eigenen  der  Eaufleute,  die  jetzt 
auch  eine  Dampfmühle  hinzugefügt  haben ,  gereinigt  und  dann 


Die  Kfiste.  8 

yerscbickt.  Auch  Teakholz  wird  exportirt,  obwohl  fdr  dasgelbe 
Molmein  gelegener  ist,  und  Rangun  wird  erst  dann  völUf  te 
seine  riehtige  Stellung  eintreten,  wenn  durch  die  freie  Schiflfbtbrt 
bis  Bamoy  der  Handel  mit  Yunan,  auf  dem  nächsten  Landweg  in 
das  Innere  China's,  wieder  eingeleitet  oder  besser,  wieder  herge- 
stellt ist,  da  er  im  Mittelalter  schon  existirte. 

Nachdem  die  Küsten  Hinterindiens  bereits  vielfach  durch 
europäische  Schiffe  besucht  waren,  wurden  die  officiellen  Be- 
ziehungen ,  in  welche  die  englischen  Colonien  Vorder-Indiens  zu 
Birma  traten ,  durch  die  beabsichtigte  Factorei-Anlage  am  Cap 
Negrais  herbeigeführt,  als  Fleetwood  über  die  deshalb  veran- 
lassten Verhandlungen  nach  Ava  geschickt  wurde.  Andere  fried- 
liche Missionen  folgten ,  bis  sich  die  ersten  Ursachen  zu  Miss- 
stimmung aus  den  Thronstreitigkeiten  in  Manipur  entwickelten 
(1762)  und  später  fast  zu  Feindseligkeiten  führten,  als  die  Eng- 
länder durch  die  Einmischung  der  Birmanen ,  um  den  Raja  von 
Kachar  wieder  einzusetzen,  ihre  Grenze  in  Sylhet  bedroht  sahen. 
Durch  die  Eroberung  Arakans  (1784)  waren  die  Birmanen  in 
Chittagong  ebenfalls  Nachbarn  der  Engländer  geworden  und 
nachdem  die  fttr  die  Unabhängigkeit  ihres  Landes  kämpfenden 
Kronprätendenten  sich  auf  brittisches  Grebiet  geflüchtet  hatten, 
blieben  auch  dort  feindliche  Beibungen  nicht  lange  aus.  Dieselben 
erneuten  sich  besonders  während  des  Aufstandes  des  Häuptlings 
Khyen-bran  im  Jahre  1811 ,  und  die  Birmanen,  die  damals  und 
später  bei  den  in  Vorderindien  vielfach  beschäftigten  Gouverneuren 
Calcuttas  unvermuthete  Nachgiebigkeit  fanden,  wurden  immer 
ttbermüthiger  und  anmassender  in  ihren  Forderungen.  Als  der 
König  sich  nicht  länger  durch  die  in  Assam  ausgebrochenen  Un- 
ruhen beschäftigt  sah ,  gab  er  durch  die  gewaltsame  Usurpation 
der  Insel  Shapuri  das  erste  Zeichen  zum  offienen  Kampf  und  ob- 
wohl dieselbe  vor  dem  Anrücken  der  aus  Calcutta  gesendeten 
Verstärkungen  wieder  geräumt  werden  musste,  folgte  gleich 
darauf  eine  Reihe  von  Scharmützeln  am  Bharteka-Pass.  Nach 
der  Kriegserklärung  des  General  -  Gouverneurs  erzwang  der  den 
Oberbefehl  führende  General  Sir  Archibald  Campbell  im  Jahre 
1824  die  Landung  in  Rangun  und  nach  dem  siegreichen  Vordringen 


4  Die  Kfiste. 

der  Engländer,  die  die  damals  noch  ganz  neue  Erfindung  der 
Dampfbote  zur  Auffahrt  auf  dem  Irawaddi  benutzten,  wurde  am 
24.  Februar  1826  der  Friede  yon  Tandabo  abgeschlossen,  wodurch 
der  König  von  Birma  ausser  Arakan,  Ramri ,  Cheduba  und  San- 
dowaj ,  auch  die  zu  Tenasserim  gerechnete  Ettste  südlich  vom 
Salwehnfluss  cedirte,  wo  Molmein  als  Centralsitz  der  englischen 
Verwaltung  eingerichtet  wurde.  Der  zweite  birmanische  Krieg 
entspiang  aus  Bedrückungen,  die  der  englische  Handel  inRangun 
zu  erleiden  hatte  und  wurde  schliesslich  herbeigeführt  (1852) 
durch  Zwistigkeiten  über  die  von  dem  Könige  Birmas  zu  zahlende 
Entschädigungssumme.  Er  dauerte  bis  zum  Jahre  1854  und  be- 
raubte den  König  des  Restes  seiner  Seeküste,  die  jetzt  ganz  in 
den  Händen  Grossbrittanniens  ist,  mit  Rangun  als  dem  Sitz  des 
Statthalters. 

In  die  Zeit  meines  Aufenthaltes  in  Rangun  fielen  verschie- 
dene Festtage  der  Birmanen  und  der  dort  angesiedelten  Chinesen, 
deren  Beschreibung  ich  aus  dem  damals  geführten  Tagebuche  im 
Anhange  beifüge,  da  sich  dann  besser  der  erste  Eindruck  bewah- 
ren wird,  als  wenn  ich  sie  nach  dem  später  erworbenen  Verständ- 
niss  mehrerer  mir  damals  noch  fremdartiger  Scenen  und  Bezeich- 
nungen umlUidem  würde. 


Bergfithrt  auf  dem  Irawaddi. 


Von  Rangon  nach  Prome. 

Meine  Zeit  in  Rangun  war  besonders  mit  meinen  Vorberei- 
tungen zu  der  weiteren  Reise  und  Einziehung  der  gewünschten  Er- 
kundigungen in  Anspruch  genommen.  Ausser  Oberst  Phayre,  der 
die  birmanischen  Provinzen  nicht  nur  als  Gouverneur  verwaltet, 
sondern  auch  als  Forscher  studirt,  konnte  ich  verschiedene 
Armenier  befragen ,  die  Etablissements  in  Mandalay,  dem  neuen 
Ava,  besassen  und  mehrfache  Auskunft  über  die  dortigen  Verhält- 
nisse gaben.  Seit  den  ersten  Tagen  hatte  ich  einen  Munschi 
angenommen,  um  die  birmanische  Sprache  zu  lernen,  obwohl  ich 
wusste,  dass  ich  erst  dann  Fortschritte  im  Sprechen  machen 
würde,  wenn  ich,  von  europäischem  Umgang  entfernt,  mit  den 
Eingebomen  allein  sein  würde.  Bei  der  ersten  Einrichtung 
einer  ins  Innere  fremder  Länder  zu  unternehmenden  Reise  darf 
man  sich  nie  übereilen.  Meine  früheren  Erfahrungen  hatten  mir 
vielfach  gezeigt ,  dass  die  Tage ,  die  durch  vorsichtige  Ueber- 
legung  am  Abgangsort  verloren  gehen ,  nachher  durch  Monate 
eingebracht  werden ,  und  so  Hess  ich  mehrere  Wochen  in  der 
Gesellschaft  meiner  zu  jeder  Hülfe  bereiten  Freunde  Rangun's 
verstreichen ,  trotz  der  täglich  steigenden  Ungeduld ,  das  neue 
Land,  das  in  Erwartung  stand,  zu  betreten. 

Für  die  Reise  denirawaddi  aufwärts  wurde  bisMandalaj  ein 
birmanisches  Boot  gemiethet,  mit  vier  Ruderern  und  dem  Steuer- 
mann. Diese  Fahrzeuge  sind  hinten  mit  einem  Hause  versehen, 
das,  nachdem  ich  die  Planken  des  Verdeckes  hatte  herausnehmen 
lassen,  hoch  genug  war,  um  aufrechtes  Stehen  zu  erlauben.  Die 


g  Von  Rangnn  nach  Prome. 

Tordere  Hälfte  wurde  so  durch  Einfügung  eines  den  Tisch  ver- 
tretenden Holzbrettes  in  einen  Wohn-  und  Esssalon  verwandelt, 
während  die  andere,  in  ihrem  ursprünglichen  Zustande  belassen, 
zum  Schlafzimmer  diente  und  Aufsitzen  im  Bett  zuliess,  ohne  mit 
dem  Kopf  an  die  Decke  zu  stossen.  Der  Steuermann  sitzt  auf 
einem  hohen  Stuhle,  der  noch  über  das  Haus  der  Kajüte  her- 
vorragt und  vor  der  letztern  ist  ein  Mast  angebracht,  um  bei 
gutem  Winde  ein  plumpes  Segel  aufzuhissen.  Mein  Dienstpersonal 
hatte  ich ,  um  den  Raum  im  Schiff  nicht  zu  überfüllen ,  auf  zwei 
Individuen  beschränkt.  Für  die  Küche  war  ein  Koch  aus  den  in 
Rangun  gewöhnlich  dafür  verwandten  Bengalesen  engagirt,  da 
die  Künstler  dieses  Volkes  mit  europäischen  Sitten  vertrauter  sind, 
während  man  bei  einem  Birmanen  Gefahr  laufen  möchte,  eine  der 
stark,  nicht  gerade  duftig,  parfümirten  Sauden  seines  Landes  aufge- 
tischt zu  erhalten.  Sein  College  war  gemischter  Ra^e ,  von  einer 
birmanischen  Mutter  und  einem  Karen ,  als  Vater.  Er  war  ein 
Original  in  seiner  Art,  und  für  mich  ein  Factotum,  der  alle 
Rollen  zu  spielen  hatte  und  willig  spielte,  von  der  des  Professors 
bis  zu  der  des  Stiefelfuchs.  Des  Morgens  unterrichtete  er  mich 
im  Birmanischen  Buchstabiren  und  später  im  Lesen ;  dann  ging 
er  auf  den  Markt,  Hühner  und  Gemüse  zu  kaufen;  Nachmittags 
studirten  wir  die  alten  Geschichten  und  die  Sagen  des  Landes,  und 
Abends,  wenn  er  die  Teller  und  Schüsseln  wusch,  unterhielt  er  mich 
mit  Citaten  aus  den  heiligen  Pali-Texten,  die  ihm  aus  seinem  Auf- 
enthalt im  Kloster  im  Gedächtniss  geblieben  waren.  Dies  nützliche 
Chamäleon  hatte  ich  durch  freundliehe  Unterstützung  in  der 
amerikanischen  Missionsschule,  wo  er  einige  Zeit  zugebracht 
hatte,  aufgefunden,  und  da  er  einige  Brocken  Englisch  plapperte, 
war  er  mir  anfangs  als  Dolmetscher  nützlich,  obwohl  er  glück- 
licherweise bald  mein  Birmanisch  besser  verstand ,  als  ich  sein 
Englisch,  so  dass  wir  uns  fortan  nur  in  der  Landessprache  unter- 
hielten. 

Nachdem  die  Contracte  gemacht,  die  Fregatte  an  die  Stadt 
gebracht  und  mit  Vorräthen  beladen  lag,  war  denn  endlich  der 
ersehnte  Tag  der  Abreise  gekommen.  Als  ich  mich  zur  be- 
stimmten Stunde  an  Bord  begab,  fand  sich  freilich  Niemand 


Abreise.  9 

ausser  mir  selbst  an  Bord ,  doch  Hess  sieh  das  nicht  anders  er- 
warten. Ein  Indier  denkt  nie  daran,  an  dem  verabredeten  Tage 
abzureisen,  denn  so  lange  man  ihn  auch  vorher  davon  benachrich- 
tigt haben  mag,  es  wird  immer  den  letzten  Augenblick  etwas  auf 
dem  Markte  zu  thun  übrig  sein,  was  ihn  bis  zum  Abend  beschäf- 
tigt. Indess  hatte  ich,  durch  frühere  Erfahrungen  gewitzigt,  meine 
Einrichtungen  getroffen,  und  als  der  anfangs  allen  Vorwürfen 
eine  apathische  Ruhe  entgegensetzende  Gapitain  mich  bereit 
sah,  in  dem  ihm  gehörigen  Fahrzeug  mit  neugemietheten 
Leuten  abzureisen ,  wenn  die  schon  contrahirten  sich  nicht  ein- 
stellten ,  waren  die  letzteren  wunderbar  rasch  aus  den  Kneipen 
und  sonstigen  Localen ,  wo  sie  umherlagen ,  zusammengetrieben 
und  an  die  Arbeit  gesetzt.  Am  1.  November  1861  um  10  Uhr 
Morgens  stiess  das  Boot  vom  Lande  ab  und  trieb  bald  mit  gün- 
stiger Fluthzeit  an  den  Gärten  Kemendynes  vorbei  und  den  Fluss 
hinauf. 

Das  Wasser,  auf  dem  wir  uns  befanden ,  war  ein  Nebenarm 
des  in  seinem  weiten  Delta  verzweigten  Hauptstromes  und  oft 
nur  ein  schmaler  Canal,  eingeengt  an  beiden  Seiten  durch  dichte 
Buschvegetation ,  die  bei  Steigen  der  Fluth  umhergeschwemmt 
wurde*  Birmanische  Dörfer  waren  reichlich  unter  den  Reisfel- 
dern zerstreut  und  legten  wir  Abends  in  der  Nähe  eines  solchen 
an.  Ueberall  in  Birma,  an  Land-  und  Wassersti*assen  finden  sich 
zahlreiche  Zayat's,  d.h.  bedeckte  Holzschuppen ,  die  als  Erho- 
lungs  -  und  Ruheplätze  für  Reisende  durch  fromme  Buddhisten 
aufgerichtet  sind  (während  in  Wüsten  Brunnen  für  sie  gegraben 
werden).  Neben  einem  Kyaung  oder  Kloster  findet  man  stets 
ein  oder  melirere  Zayat's,  in  denen  die  den  Tempel  besuchenden 
Pilger  ihren  Aufentlialt  nehmen  können. 

Am  Abend  des  zweiten  Tages  erreichten  wir  Yandoon ,  ein 
reger  Verkehrs-  und  Stapelplatz,  da  man  von  dort  in  denirawaddi 
eintritt.  In  der  trockenen  Jahreszeit  müssen  grosse  Schiffe  statt 
des  Canals  Panlang,  den  China  Bukeer  genannten  wählen.  Eine^ 
weite  Strecke  fuhren  wir,  von  Verkaufsböten  mit  Betel,  Zeugen  und 
Früchten  umschwärmt,  an  einer  langen  Reihe  von  Schiffen  hin, 
die  dort  neben  einander  am  Lande  lagen.  Auf  dem  mit  Matrosen 


10  Von  Bangiin  nach  Prome. 

gefällten  Bazaar  herrschte  ein  lebendiges  Treiben  und  der  ganze 
Ort  trug  das  Gepräge  des  Wohlstandes.  Vor  den  Häusern  waren 
in  Vierecken  kleine  Gärten  eingezäunt,  um  die  für  den  Curry 
(das  heisse  Ragout  Indiens)  nöthigen  Gemüse  und  Blumen  zu 
ziehen  y  besonders  die  gelben  Blumen ,  mit  denen  die  Birmanen 
gerne  ihre  durchbohrten  Ohren  schmücken.  Die  Mönche  des 
Klosters,  das  am  Anfang  der  das  Dorf  umgebenden  Bananengärten 
lag,  waren  dick  und  fett,  und  schauten  mir  wohlwollend,  aber 
etwas  verwundert  nach,  als  ich  mir  die  Mühe  machte,  die 
steilen  Treppen  eines  Holzgerüstes  zu  ersteigen,  das  dort  wie  ein 
hoher  Wartthurm  das  Land  überschaut.  Oben  fand  ich  kleine 
Pagoden,  Buddhabilder  und  sonstige  Opfergaben.  Andere  Miniatur- 
Pagoden  hatte  ich  im  Dorfe  neben  dem  Hause  des  Myok  (Dorf- 
ältesten) gesehen ,  wohin  sie  zum  Besten  eines  im  Hause  krank 
Damiederliegenden  gestellt  waren. 

Am  nächsten  Morgen  fuhren  wir  in  den  Irawaddi  ein  und 
sahen  dort  den  majestätischen  Strom  in  der  ganzen  Breite  seiner 
Wasser  vor  uns,  ehe  er  dieselben  in  die  Mündungen  des  Delta 
zertheilt.  Unsere  Schiffer  profitirten  sogleich  von  den  höheren 
Uferbänken,  um  das  Boot,  das  sie  bisher,  wenn  der  Wind  fehlte, 
durch  Stangen  hatten  vorwärtsstossen  müssen,  an  Stricken  entlang 
zu  ziehen.  Die  Ausdauer  der  Indier  im  Bootschleppen  hatte  ich 
schon  in  früheren  Jahren  auf  dem  Ganges  zu  bewundem  Gelegen- 
heit gehabt,  wo  selbst  die  schwächlichen  Bengalen  vom  Morgen 
bis  Abend,  fast  ohne  Unterbrechung ,  in  gleichmässigem  Schritte 
fortgehen,  und  die  Birmanen  standen  ihnen  darin  wenig  nach. 
Während  wir,  nebst  änderen  Leidensgenossen,  im  Schneckengange 
längs  des  Landes  hinkrochen,  sahen  wir  die  flussabwärts  ziehen- 
den Schiffe,  die  sich  in  der  Mitte  des  Stromes  hielten,  mit 
reissender  Schnelligkeit  an  uns  vorbeischiessen.  Die  rege  Schiff- 
fahrt, die  den  Fluss,  im  Vergleich  mit  den  nur  noch  schwach 
bevölkerten  Ufern  belebte ,  zeugte  von  dem  anregenden  Einfluss, 
den  der  wachsende  Handel  Banguns  auf  sein  Hinterland  auszu- 
üben begann.  Zayat's  waren  neben  verschiedenen  Anlegeplätzen 
erbaut,  und  in  denselben  sassen  Karen,  Bananen,  Arecanüsse,  oder 
Cigarren  den  Vorüberfahrenden  zu  verkaufen. 


Teafelstempel.  11 

Für  das  Nachtquartier  wurde  in  der  Nähe  der  Städte 
Donnabew  und  Yeikatapaya  angelegt  Vor  dem  Abendessen 
machte  ich  einen  Spaziergang  nach  einer  Pagoden  -Ruine,  die  im 
Felde  stand ,  und  trat  auf  dem  Wege  in  das  Haus  eines  Birma- 
nen ,  wo  ich  im  Vortlbergehen  mit  bunten  Farben  bemalte  Bilder 
aufgehangen  gesehen  hatte,  die  Scenen  aus  Buddha's  Leben  dar- 
stellten. Der  Besitzer  schien  ein  besonders  frommer  Mann  zu 
sein,  denn  er  hatte  auf  der  andern  Seite  des  Weges  aus  Bambus- 
stäben eine  kleine  Scheuer  errichtet  und  darin  eine  Reihe  Miniatur- 
bilder Buddha's  aufgestellt.  Ein  halb  Dutzend  junge  Hunde 
spielten  dort  umher,  und  als  ich  einen  derselben  an  mich  lockte, 
bot  mir  der  Eigenthümer  denselben  an  und  zwang  ihn  förmlich 
auf,  ohne  Bezahlung  dafür  annehmen  zu  wollen ,  weil  er,  wie 
mein  Dolmetscher  bemerkte ,  sich  lieber  später  im  Himmel  aus- 
zahlen lassen  wollte.  Um  ihm  sein  gutes  Geschäft  nicht  zu  ver- 
derben, liess  ich  den  jungen  Köter  von  meinem  Burschen  mit- 
nehmen und  nachdem  er  zwei  Stunden  in  heisses  Seifenwasser 
eingeweicht  war ,  ins  Boot  setzen.  Dass  er  so  durch  seine  ver- 
dienstvoUe  Handlung  den  Tod  von  Hunderten  unschuldiger  Flöhe 
verschulden  wtlrde,  hatte  der  habsüchtige  Buddhist  wohl  vorher 
nicht  recht  überlegt. 

Als  vrir  am  nächsten  Morgen  einen  Halt  machten ,  damit  die 
Bootsleute  ihren  Reis  kochen  konnten,  rieth  mir  der  Gapitain,  ein 
nicht  weit  vom  Flusse  abgelegenes  Dorf,  Saga-gyi  genannt,  zu 
besuchen,  das  nach  seiner  Beschreibung  ein  wahres  Muster  ge- 
zierter Reinlichkeit  sein  musste.  Da  sonst  Reinlichkeit  das  Letzte 
ist,  was  man  in  birmanischen  Dörfern  sucht,  so  wollte  ich  mir 
die  Bekanntschaft  dieses  holländischen  Broek  nicht  entgehen 
lassen.  Die  ganze  Aehnlichkeit  fand  sich  indess  darauf  be- 
schränkt, dass  ein  gepflasterter  Weg  hindurchlief,  wahrscheinlich 
gerade  deshalb  gebaut ,  weil  sonst  durch  den  Schmutz  nicht  hin- 
durchzukommen gewesen  wäre.  An  dem  Wege  nach  einem 
nahegelegenen  Kloster  standen  unter  einem  Banyanenbaum 
Naihäuser  oder  Teufelstempel,  die  aus  einem  Bambusgerüste  be- 
stehen, in  dem  ein  kleiner  Käfig,  gleichfalls  aus  Bambus,  mit 
den  Opfergaben  von  Reis,  Betel,  Früchten  u.  s»  Wr  aufgehängt  ist 


12  Von  Ranflrno  o<tch  Prome. 

Der  in  der  Nähe  hausende  Dämon  kommt  dann  gelegentlich,  um 
davon  zu  naschen,  wenn  sie  ihm  die  Vögel  nicht  vorher  gestohlen 
haben.  Das  Kloster,  Sapupatipaya  genannt,  hatte  mit  den  zuge- 
hörigen Gärten  und  Parkanlagen  einen  ziemlichen  Umfang  und 
schien  früher  noch  ausgedehnter  gewesen  zu  sein,  da  viele 
zerbrochene  Figuren  umherlagen  und  an  zusammengestürzten 
Pagoden  kein  Mangel  war.  Darin  darf  aber  kein  Zeichen  des 
Verfalles  gesehen  werden ,  so  lange  die  wirklich  im  Gebrauche 
stehenden  Tempel  und  Zellen  im  guten  Stande  sind ,  denn  der 
Buddhist  wird  nie,  oder  nur  in  besonderen  Fällen,  eine  alte 
Pagode  restauriren;  sondern  lieber  eine  neue  daneben  bauen. 
Im  ersteren  Falle  würde  er  für  fremdes  Verdienst  arbeiten ,  im 
letzteren  aber  für  sein  eigenes. 

Unter  den  Pagoden  dieses  Eyaungs  fand  sich  eine  in  der 
Kuppelform,  die  zwischen  Dom  und  Spitze  mit  mehreren  Reihen 
bunter  Glasstücke  verziert  war.  In  einer  andern  standen  die  Figuren 
auf  Marmor  ähnlich  bemalten  Piedestalen.  Beide  zeigten  kleine 
Nischen  ringsum,  mit  Buddhafiguren  gefUllt  und  waren  durch  Löwen 
in  der  den  Buddhisten  eigenthümlichen  Fabelgestalt  bewacht.  In 
der  Nähe  standen  auf  einem  steinernen  Fundament  zwei  Colossal- 
Figuren  Gautama's ,  mit  Spuren  rother  Farbe ,  und  weiterhin  ein 
Steinsarkophag,  auf  dem  zwei  andere  Figuren,  gleichfalls  in 
gigantischen  Dimensionen,  ausgestreckt  lagen.  Sie  waren  von 
klagenden  Schülern  und  betenden  Yahandas  umgeben  und  sollten 
Gautama  mit  seinem  jüngeren  Bruder  oder  Vetter  Ananda  (Nitchi 
Ananda)  darstellen.  Diese  Scene  habe  ich  auch  sonst  häufig  in 
birmanischen  Tempeln  wiedergetroffen ,  aber  gewöhnlich  findet 
sich  nur  die  eine  Figur  des  sterbenden  Gautama  unter  seiner 
trauernden  Umgebung.  Die  Seiten  des  Steinsarges  waren  mit  aller- 
lei Schriftzügen  bekritzelt,  theils  in  den  GeftthlsergtLssen  frommer 
Pilger  und  Reisender ,  besonders  aber  durch  Knabenhände ,  die 
in  Birma  nicht  nur  Tische  und  Wände,  sondern  auch  Tempel  be- 
schmieren. Als  ich  anfangs  noch  die  cursive  Schrift  schwer 
lesen  konnte ,  war  ich  oft  sehr  enttäuscht,  wenn  mein  eiligst  her- 
beigerufener Munschi ,  um  eine  an  besonders  heiliger  Stelle  an- 
gebrachte Inschrift  zu  entziffern,    mir  eine  Spalte  aus  dem 


Dorfschule.  13 

birmanischen  Thinboungyi  (die  Abc-Fibel)  yorbuchstabirte.  Die 
Kloster  -  Pagoden  erkennen  sich  immer  durch  die  auf  Stangen 
gesteckten  Henza  -  Vögel  (Wombai  -  Henza) ,  in  deren  Form  auch 
die  Gewichte  gemacht  sind.  Von  den  Pungyis  (Mönchen)  sah 
ich  nur  wenige,  da  sie  nach  ihrer  Religionsvorschrift  um  12  Uhr 
Mittags  zu  essen  aufhören  müssen  und  sich  deshalb  dann  für  den 
Best  des  Tages  zum  Schlafe  hinlegen.  Ihr  Klostergebäude  war, 
wie  gewöhnlich,  aus  Holz  gebaut,  aber  eine  hohe  Treppe  breiter 
und  polirter  Steinstufen  führte  zu  der  Eingangsthür,  die  mit  zier- 
lichem Schnitzwerk  geschmückt  war.  An  der  Seite  stand,  durch 
ein  Strohdach  geschützt,  eine  breite  Steinplatte,  einen  Abdruck  des 
heiligen  Fusstapfens  darstellend  und  in  Fächer  für  die  Mannig- 
faltigkeit der  yerschiedenen  Figuren  getheilt.  lieber  dieselbe 
wölbten  sich  zwei  Nagaköpfe  (der  Drachenschlange).  Der  Teich 
des  Klosterhofes  enthielt  den  Priestern  geschenkte  und  deshalb 
heilige  Fische ,  die  Niemand  verletzen  durfte. 

Auf  dem  Rückwege  berührten  wir  eine  Colonie  Shan,  die 
sich  Yon  Körbeflechten  ernährte,  und  trafen  dann  auf  dem 
offenen  Felde  vier  Pagoden ,  von  denen  zwei  von  rothen  Ziegeln 
erbaut,  zwei  mit  Stucco  belegt  waren,  in  Nachahmung  von 
Marmor.  Durch  die  offenen  Nischen  der  noch  unvollendeten 
Ziegelpagoden  konnte  man  in  die  eine  hineinblicken  und  in  der 
Höhlung  den  viereckigen  Grundpfeiler  sehen ,  über  welchem  das 
Gebäude  errichtet  war.  lieber  der  Figur  des  sitzenden  Buddha 
erhob  sich  daa  Haupt  der  behaubten  Schlange,  wie  über  der 
Vischnu's  in  Vorderindien.  Von  den  übrigen  Figuren  war  eine  mit 
einer  pagodenartigen  Kopftracht  geschmückt  und  Sabubuddha 
genannt.  Solche  gekrönte  Buddha's  finden  sich  häutig  neben  den 
kahlköpfigen  Repräsentationen  und  sollen  den  zur  Weihe  ausge- 
zogenen Königssohn  bezeichnen  oder  auch  den  Besieger  Mara's. 
Ausgedörrt  von  dem  heissen  Sonnenbrand,  der  in  dem 
schutzlosen  Feld  auf  uns  niedergeprallt  hatte ,  eilten  wir  einem 
Wäldchen  von  Cocos-  und  Arecapalmen  zu,  das  uns  schon  lange 
aus  der  Feme  in  seine  Schatten  gewinkt  hatte.  In  einem  etwas 
verfallenen  Kyaung  (Kloster)  sass  ein  alter  Mönch ,  von  einem 
Dutzend  Knaben  umgeben ,   die  im  Unisono  lasen  oder  buchsta^ 


14  Von  Bangun  nach  Prome. 

birten ,  und  bei  unserer  Ankunft  ihr  harmonisches  Coneert  erst 
recht  laut  ertönen  liessen.  An  der  Wand  lehnte  eine  Reihe  der 
grossen  schwarzen  Tafeln,  auf  denen  sie  ihre  ersten  kalligraphi- 
schen Versuche  einüben.  Ein  schwarzer  Kasten  in  der  Schul- 
stube war  mit  Bilderscenen  aus  Buddha's  Leben  bemalt :  wie  er 
mit  seinem  fürstlichen  Oefolge  fortzieht,  wie  er  dem  Alten  und 
Kranken  begegnet,  und  wie  er  an  unverdaulichem  Schweine- 
fleisch stirbt.  Die  Schuljugend  stammte  aus  dem  nahegelegenen 
Dorfe ,  wo  wir  eine  weite  Wildemiss  eingezäunt  fanden  und  zu 
unserem  Erstaunen  hörten ,  dass  das  einen  Garten  vorstelle.  In 
einer  kleinen  Separathecke,  deren  Viereck  eher  auf  einen  solchen 
Namen  Anspruch  machen  konnte,  blühte  die  rothe  Blume, 
Bodidharma  genannt,  die  aus  dem  Blute  des  Gottes  aufgesprosst 
sein  soll.  Durch  das  Essen  ihres  Samens  wurde  die  erste  Sünde 
begangen.  Das  Dorf  zeigte  viel  Betriebsamkeit,  und  die  Bauern 
waren  alle  mit  ihren  Kühen  und  Büffeln  oder  mit  Weben  beschäf- 
tigt. Das  letzte  Haus  des  Dorfes,  ein  wenig  abseits  (wie  im 
Mittelalter  das  des  Schinders)  war  das  Haus  des  Tattuers ,  der 
zu  gleicher  Zeit  kabbalistische  Künste  verstehen  muss,  da  er 
seine  Patienten  dagegen  zu  beschützen  hat.  Die  Birmanen 
kennen  zwei  Arten  der  Tättowirung,  die  schwarze  und  die  rothe. 
Die  schwarze,  deren  sich  Jeder  unterziehen  muss,  ist  jetzt  ein  so 
gewöhnlicher  Gegenstand  geworden,  dass  sich  Niemand  mehr 
etwas  dabei  denkt  und  sie  nur  als  Modesache  betrachtet.  Die 
rothe  dagegen  ritzt  magische  Figuren  in  die  Haut  der  Arme  und 
der  Brust,  da  die  Beine  schon  schwarz  occupirt  sind,  um  Krank- 
heiten und  andere  Anfechtungen  abzuwehren.  Ein  alter  Mann,  an 
dem  gerade  operirt  wurde,  erhielt  Quadrate,  deren  Felder  durch 
verschiedene  Charaktere  ausgefüllt  waren,  auf  die  rechte  Brust 
gesetzt,  um  fortan  kugelfest  zu  sein.  Diese  werthvollen  Talismane 
sind  natürlich  schwer  im  Preis  zu  schätzen  und  werden  je  nach 
dem  Liebhaber  bezahlt.  Für  die  vulgäre  schwarze  Tättowirung 
ist  aber  eine  bestimmte  Taxe  festgesetzt ;  der  Künstler  sagte  mir, 
dass  er  sich  zwei  Rupien  pro  Fuss  bezahlen  liesse ,  so  dass  der 
ganze  Mensch  (d.  h.  in  seiner  unteren  Hälfte)  ungefähr  auf  fünf 
Rupien  zu  stehen  komme.  Ein  anderes  Verschönerungsmittel  der 


Die  Delicatesse  des  Landes.  15 

Birmanen  ist  das  Schwarzfärben  der  Zähne ,  zu  welchem  Zweck 
sie  mit  Citronensäure  eingerieben  und  dann  mit  einer  Eohlen- 
mischung  belegt  werden. 

Wir  kamen  erst  am  Nachmittage  zum  Boote  zurück  und  fuhren 
dann  weiter,  bis  wir  durch  die  Nacht  in  der  Nähe  einiger  Fischer- 
hütten überrascht  wurden.  Das  Fischen  ist  ein  bedenkliches  (je- 
schäft  für  den  Buddhisten,  und  ich  habe  besonders  in  den  Tempel- 
gebäuden Siams  mit  grellen  Farben  die  Strafe  abgebildet  gesehen, 
die  des  Fischers  nach  dem  Tode  harret.  Der  arme  Schlucker  bau- 
melt mit  der  Zunge  an  einem  Angelhaken ,  womit  ihn  höhnische 
Dämonen  zum  Spiel  aus  einem  Pechpfuhl  auffischen  und  wieder 
hineinfallen  lassen.  Diese  erbarmungslose  Strafe  sieht  der  be- 
dauernswürdige Sünder*)  vor  sich,  und  da  er  doch  einmal,  um 
nicht  mit  seiner  Familie  zu  verhungern,  sein  Geschäft  forttreiben 
vuss,  sucht  er  wo  möglich  durch  eine  Hinterthür  zu  entschlüpfen. 
Die  Lieblingsspeise  der  Birmanen  ist  das  Ngapie,  dieser  entsetz- 
liche Schrecken  europäischer  Nasen,  den  alle  fliehen,  dem  aber 
noch  keine  entgangen  ist.  lieber  ganz  Birma  lagert  eine  verpestete 
Atmosphäre  und  ich  bin  mitten  auf  der  freien  Wasserwildniss  des 
Irawaddi  für  Stunden  nicht  aus  ihrem  Bereich  herausgekommen, 
wenn  gerade  ein  mit  Ngapie  beladenes  Schiff  im  Winde  lag. 
Diese  Delicatesse  wird  bereitet ,  indem  Fische  in  die  Erde  ver- 
graben und  im  haut  gout  fauliger  Verwesung  mit  ranziger  Butter 
eingemacht  werden.  Wie  man  von  dem  Käse  unserer  Fein- 
schmecker erzählt,  dass  er,  wenn  beim  Dessert  die  Glasglocke 
weggenommen  wird,  auseinanderläuft  und  gejagt  werden  muss, 
so  berichten  die  Birmanen  die  Elephantengeschichte ,  dass  einst 
ein  mit  Ngapie  beladenes  Schiff  von  den  darin  erzeugten  Wür- 
mern fortgeschleppt  worden  ist,  auf  Nimmerwiedersehen.  Die 
Verfertigung  des  Ngapie  nun  ist  es,  wofür  die  Fischer  hauptsäch- 
lich massenhaften  Absatz  ihres  Ertrags  finden,  und  da  es  bei  dem 


*)  Nach  den  Lehren  der  Manichäer  (bei  Tyrbon)  gehen  die  Seelen  der 
Ackerbauer  in  Krauter  über,  in  Getreide  und  Qefnüse,  damit  sie  ihrerseits  gemäht 
und  abgeschnitten  werden.  Die  Brodbäcker  werden  zu  Brod  werden  und  selbst 
gegessen  werden.  Wer  ein  Huhn  tödtet,  wird  selbst  zum  Huhn,  wer  eine  Ratte 
tödtet,  zur  Ratte.     W^r  ein  Haus  baut,  dessen  Seele  wird  zerrissen  werden. 


16  Von  Rangan  nach  Prome. 

Product  auf  Frische  nicht  ankömmt,  so  haben  sie  ein  Auskunfts- 
mittel gefunden ,  um  ihre  Hände  nicht  mit  unschuldigem  Blute 
zu  beflecken.  Die  gefangenen  Fische  werden  nicht  getöcRet, 
sondern  nur  in  die  Sonne  gelegt ,  um  sie  nach  der  langen  Nässe 
zu  trocknen,  und  wenn  sie  tlber  diese  gute  Absicht  absterben 
sollten ,  so  ist  es  nur  ihre  eigne  Schuld. 

Ich  habe  oft  diese  Quälereien  mit  ansehen  müssen ,  und  die 
gemarterten  Thiere  thaten  mir  in  der  Seele  weh.  Ein  Buddhist 
sucht  aber  nur  dieThatzuyermeiden,  da  die  Absicht  keinKamma 
erzeugt.  Einmal  Gestorbenes  kann  Jeder  essen ,  selbst  Ochsen 
und  Etthe,  obgleich  ihre  Tödtung  im  alten  Birma  gleich  dem 
Menschenmorde  mit  Enthauptung  bestraft  wurde.  Kein  Tisch  ist 
reichlicher  mit  Fleischspeisen  versehen,  als  der  des  Fungyi 
und  wiewohl  die  strengem  unter  ihnen  selbst  das  Kochen  von  Reis 
verdammen,  da  dadurch  lebendes  Princip  vernichtet  wird,  so  er- 
höht das  Selbstbewusstsein  ihrer  Unschuld  nur  den  Appetit,  wenn 
er  ihnen  schon  gekocht  gebracht  wird.  Auf  den  Märkten  Birma's 
werden  deshalb  für  scrupulöse  Seelen  die  Hühner  auch  schon 
getödtet  verkauft,  indem  entweder  ein  ungläubiger  Mohamedaner 
oder  ein  für  Geld  feiler  SUndenbock  sie  in  den  gewünschten  Zu- 
stand versetzt  hat.  In  Dörfern ,  wo  die  Fuugyi's  grossen  Ein- 
fluss  besassen,  zeigten  sich  die  unerwartetsten  Schwierigkeiten, 
auch  nur  Eier  aufzutreiben,  da  die  Eigenthümer  überlegten,  dass 
der  Koch  ihr  Lebensprincip  durch  siedendes  Wasser  zu  tödten 
beabsichtigte.  Gewöhnlich  indess  sind  sie  indifferent  gegen  das, 
was  geschieht,  wenn  sie  es  nicht  selbst  thun,  und  die  Dorfältesten 
haben  mir  manchmal  den  Wink  gegeben,  dass  ich  das  gewünschte 
Huhn ,  das  der  Eigenthümer  zu  verkaufen  weigerte ,  erschiessen 
sollte  und  ihm  das  Geld,  nicht  als  Blutpreis,  sondern  als  Geschenk 
geben  möge.  Am  fruchtbarsten  in  Schleichwegen,  ihr  Gewissen 
zu  betrügen ,  sind  die  Pungyi's  selbst.  Nach  dem  Fatimok  ist 
es  ihnen  verboten,  nach  der  Mittagsstunde  zu  essen,  es  ist  ihnen 
aber  nicht  geboten ,  genau  zu  wissen ,  wann  es  Mittag  ist.  Der 
Priester  sitzt  in  seiner  Zelle  mit  dem  Bücken  gegen  die  Sonne, 
so  dass  er  gie  nicht  sehen  kann,  und  ruft  den  aufwartenden  Kna- 
ben, ihn  fragend,  ob  es  schon  Mittag  ist.  Der  durch  gewisse  Wort- 


Henxadah.  J7 

Wendungen  der  stereotypen  Paliformel  instruirte  Schüler  ant- 
wortet, dass  es  noch  hoch  am  Vormittag  sei,  und  der  Meister 
lässt  sich  dann  die  verbotenen  Speisen  bringen.  Die  Sünde  des 
Knaben  ist  nur  die  der  Lüge,  und  hat  bei  seinem  jugendlichen 
Alter  nicht  viel  zu  bedeuten,  wogegen  die  Sünde  des  die  Gesetze 
des  Patimok  übertretenden  Priestera  schwere  Büssungen  erfor- 
dern würde. 

Nachdem  wir  die  nächste  Nacht  in  der  Nähe  einiger  Karen- 
häuser zugebracht  hatten ,  langten  wir  am  folgenden  Morgen  in 
Henzadah  an,  eine  Stadt,  deren  Häuser  sich  für  eine  weite 
Strecke  auf  dem  Flussufer  aneinander  reihen.  An  dem  Lan- 
dungsplatze waren  kleine  Stöcke,  mit  rothem  Papier  umwunden, 
in  Kreisen  aufgesteckt,  unter  aufgespannten  Sonnenschirmen, 
und  die  Bootsleute  erklärten  mir,  dass  dies  die  Opfergabe  irgend 
eines  Kranken  sei,  dem  Nat  (Dämon)  des  Wassers  dargebracht. 

Freundliche  Güte  hatte  mich  mit  Empfehlungsbriefen  an 
Capitain  Plant  versehen,  den  Bevollmächtigten  Uenzadah's,  und  ich 
fand  ihn,  nicht  zu  Hause»  aber  auf  dem  Bureau,  wo  er  mir  mit 
englischer  Gastfreiheit  seine  Wohnung  zur  Disposition  stellte 
und  mich  bat,  dort  selbst  den  Wirth  zu  spielen,  bis  ihm  am 
Abend  die  Beendigung  der  Gerichtsgeschäfte  erlauben  würde 
mich  zu  empfangen.  Das  Haus  war  birmanisch  gebaut,  aber 
englisch  eingerichtet  Es  stand  in  einem  nach  europäischer  Weise 
hübsch  arrangirten  Garten,  dem  eine  verfallene  Pagode  mit 
einem  Colossalbild  Gautama's  die  pittoresque  Characteristik  des 
Landes  beifügte.  Als  in  der  Feierstunde  Capitain  Plant  zum 
Spazierritt  nach  Hause  kam,  zeigte  er  mir  auf  dem  Wege  eine 
fünfseitige  Pagode  (Ngamena-paya)  als  die  Merkwürdigkeit  der 
Stadt,  und  in  einem  andern  Viertel  eine  Glocken-Pagode,  die  die 
Kürbiss  -  Pagode  (Budipaya)  oder  auch  die  runde  Pagode  (alon 
paya)  genannt  wurde  und  der  Form  des  ursprünglichen  dagob  am 
nächsten  kommt.  Als  wir  zurückkehrten,  stand  das  Souper  d.  h. 
das  in  Indien  auf  die  späten  Stunden  der  Kühle  verschobene 
Mittagessen, bereit,  und  ich  verbrachte  die  Stunden  in  Ge- 
sprächen, die  mir  für  meine  Reisezwecke  ebenso  interessant  als 
förderlich  waren.   Während  meiner  Reise  durch  die  englischen 

BAitian,  OftMien.   II.  .  2 


lg  ■  Von  Bjudgim  nach  Prome. 

Provinzen  Indiens,  habe  icli  mich  überall  der  Graatfreundschaft 
dieser  Herrn  Offiziere,  die  in  den  Civildienst  getreten  sind,  zu 
erfreuen  gehabt,  und  ich  rechne  die  Tage,  die  ich  bei  ihnen  ver- 
brachte, zu  den  angenehmsten  und  lehrreichsten  meiner  Erin- 
nerung. Durch  ihr  Militärleben  an  einen  raschen  Blick  und 
praktische  Auffassung  der  Dinge  gewöhnt,  finden  sie  sich  bald 
in  den  Verhältnissen  zurecht,  deren  Ordnung  ihnen  ihr  neuer 
Dienst  als  Administratoren  und  Richter  auferlegt  Da  das  Urtheil 
nicht  an  Yorgefassten  Theorien  oder  an  überklugen  Sophistereien 
kränkelt,  wird  es  ihnen  nicht  schwer,  den  Eingeborenen  so  zu 
verstehen,  wie  er  ist,  und  ihn  dem  entsprechend  zu  behandeln. 
Mit  der  Beschäftigung  wächst  ihr  Interesse  und  man  findet  viele 
unter  ihnen ,  die  tiefeingehende  Studien  über  die  Sprache ,  über 
Sitten  und  Gebräuche  gemacht  haben.  Wenn  einmal  die  Neigung 
dafür  geweckt  ist,  giebt  ihnen  ihre  Stellung  grosse  Erleich- 
terung, da  ihnen,  als  der  höchsten  Behörde  des  jedesmaligen 
Districtes,  Alles  zu  Grebote  steht.  Manchmal  wenn  im  Laufe  des 
Gesprächs  Punkte  angeregt  wurden,  üb^r  die  sie  mir  selbst  keine 
Auskunft  geben  konnten,  so  bedurfte  es  nur  eines  Winkes  und  wir 
waren  im  nächsten  Augenblicke  von  allen  denjenigen  Autoritäten 
der  Stadt  umgeben,  die  unsere  Zweifel ,  ob  über  politische  odiar 
über  religiöse  Institutionen,  lösen  konnten.  In  diesen  englischen 
Proconsulen  erkennt  sich  die  Weltbestimmung  der  anglosäch- 
siachen  Kage.  In  Provinzen,  grösser  wie  ein  Königreich ,  trifft 
man  einige  wenige,  vielleicht  nur  einen  Beamten,  der  eine  unter- 
worfene Nation  fremden  Stammes,  fremder  Sprache,  fremder  Re- 
ligion, durch  seinen  nattlrlichen  Verstand  regieren  muss  (denn 
die  bestehenden  Gesetzbücher  verwirren  mehr  als  sie  nützen),  und 
der  diese  Aufgabe,  mittelst  seiner  geistigen  Ueberlegenheit  und 
mit  Hülfe  eines  gesunden  Kopfes  mit  Leichtigkeit  löst. 

Am  nächsten  Morgen  machte  mich  Capitain  Plant  mit  dem 
amerikanischen  Missionar  Herrn  Thomas  und  Frau  bekannt,  die 
medicinischen  Rath  für  ihr  Kind  wünschten.  Dort  trafen  wir  eine 
junge  Karenfrau,  eine  grosse  Berühmtheit  der  dortigen  Gegend. 
Sie  war  als  eine  Prophetin  unter  den  Bergstämmen  aufgestanden, 
die  baldige  Ankunft  des  erwarteten  Retters  Morley  verheissend. 


Eine  Prophetiii.  19 

eine  HofiFhung,  die  sie  auf  ein  altes  Schifferlied  gründete,  worin 
von  einer  Pagode ,  die  einst  auf  hohen  Bergen  gestanden ,  als 
dem  Versammlungsort  der  Vorfahren  gesprochen  und  eine 
Einigung  yerheissen  wird.  Herr  Thomas  erzählte  aus  ihrer  (be- 
schichte folgende  Einzelheiten :  „Vor  ungefähr  drei  Jahren  rief 
diese  Frau  grosse  Aufregung  in  der  Morley-Secte,  zu  der  sie  ge- 
hörte, hervor,  indem  ihr  Offenbarungen  gekommen  waren,  nach 
welchen  der  grosse  Nat  (Gott  oder  Dämon),  ihr  Vater,  bald  seinen 
Fuss  auf  die  Erde  setzen  und  diese  dadurch  mit  Wasser  tiber- 
schwemmen wttrde,  die  Sünder  zu  tödten  und  Alle  zu  reinigen. 
Seine  Anhänger  werden  dann  mit  ihren  Gegnern  kämpfen ,  die- 
selben überwältigen  und  die  Weltherrschaft  erlangen,  bis  sie,  am 
Ende  der  Dinge,  in  goldenem  Wagen  zum  Himmel  aufgeführt 
werden  würden,  die  Freuden  des  Paradieses  zu  geniessen.  Von 
allen  Seiten  strömten  Fanatiker  herbei  und  sassen  für  Tage  und 
Nächte,  der  Rede  dieses  Weibes  lauschend,  indem  sie  behaupteten' 
weder  Speise  noch  Trank  zu  bedürfen,  so  lange  wie  sie  ihr  zuhören 
könnten.  Wundergeschichten  kamen  überall  in  Schwung  über 
das  Himmelsmädchen.  Ihr  Haar  war  lang  genug,  um  sie  vom 
Kopf  bis  zum  Fuss  zu  bedecken ,  ihre  Nägel  waren  seidenweich 
und  ein  Glorienschein  umstrahlte  sie  täglich,  wenn  sie  bei 
Sonnenuntergang  aus  ihrer  Wohnung  trat.  Man  brachte  ihr 
blecherne  Kronen  und  andere  Insignien  der  Königswürde,  in 
Nachahmungen,  wie  sie  das  arme  Volk  aus  irgend  welch  billigem 
Material  fertigen  konnte,  bis  zuletzt  die  englische  Regierung  alle 
diese  Dinge  confisciren  Hess  und  auf  das  Anerbieten  eines  katho- 
lischen Priesters,  die  Kur  der  Visionärin  zu  übernehmen,  sie 
demselben  übergab.  Dieser  Franzose  taufte  sie  und  entliess  sie 
als  geheilt,  als  sie  aber  bei  ihrer  Rückkehr  wieder  neue  Unruhen 
erregte,  wurde  sie  in  die  baptistische  Mission  geschickt,  wo  sie 
jetzt  mit  andern  Karenschülem  zusammenlebt.  Ihr  erster  Mann, 
von  dem  sie  drei  Kinder  hatte,  neigte  sich  zum  Christenthum  und 
besuchte  oft  ein  nahegelegenes  Dorf  christlicher  Karen.  Sie 
scheint  von  ihm  die  christlichen  Ideen  erhalten  zu  haben,  die 
sie  zusammen  mit  mahomedanischen  in  ein  System  aufg^i^^s^^bt 
hat.  Sie  lebte  später  mit  einem  zweiten  Manne,  der  ab^^  seiner 

2* 


20  ^on  Baiigan  nach  Prome. 

Umtriebe  wegen  von  ihr  getrennt  wurde,  da  er  sich  fUr  den  Vor- 
läufer des  Vaters  ausgab,  der  bald  auf  Erden  herabsteigen  würde, 
und  Moralgrundsätze  predigte,  um  die  Herzen  zu  reinigen.  Noch 
vor  wenigen  Monaten  sah  man  die  umliegenden  Dürfer  Boote  auf- 
kaufen und  Feiertag  halten,  damit  Alles  für  das  grosse  Ereigniss 
bereit  sei.  Die  Eltern  dieser  Frau  sind  todt,  nahmen  aber  eine 
angesehene  Stellung  in  ihrem  Lande  ein.  Sie  behauptet  die  erste 
himmlische  Offenbarung  bei  Abschluss  ihrer  Hochzeit  erhalten 
zu  haben,  indem  die  Engel  Jierabkamen  und  ihr  Verehrung 
zollten.'*  Die  Frau  hatte  einen  exstatischen  Blick  im  Auge  neben 
einem  etwas  schwärmerischen,  aber  sanften  Gesichtsausdruck,  doch 
bemerkte  Herr  Thomas,  dass  ihre  ganze  Erscheinung  sich  völlig 
ändere,  sobald  sie  von  einem  ihrer  Anfälle  ergriffen  wird. 

Bei  Sonnenuntergang  wurde  die  Abendkühle  zum  Spazierritt 
benutzt  und  Capitain  Plant  machte  mich  aufmerksam,  wie  an  jedem 
Hause  ein  langer  Hakenstock  lehnte,  der  bis  über  das  Dach  her- 
vorragte ,  indem  nach  gesetzlicher  Vorschrift  solche  beim  Eintritt 
der  trockenen  Jahreszeit  überall  hingestellt  werden  müssen,  um 
bei  Ausbruch  eines  Feuers  sogleich  das  ganze  Haus  zusammen- 
reissen  zu  können.  Vor  einem  colossalen  Götzen  sassen  Betende 
mit  Lichtern  in  der  Hand.  Die  Ponahs,  die  in  einer  besonderen 
Strasse  zusammenleben,  beten  in  einem  leeren  Verschlage.  Neben 
einem  Fusstapfen  Buddha's,  in  einem  von  Ava  gebrachten  Speck- 
steine ausgearbeitet,  hing  eine  von  zwei  Holzfiguren  getragene 
Glocke.  Die  Beistehenden  bemerkten,  auf  Fragen,  dass  die 
Bilder  in  dem  Fusstapfen  (in  44,  36  und  20  Felder  arrangirt) 
bedeuten  sollten ,  dass  alle  Dinge  unter  Gautama's  Fusse  seien. 
Bei  einer  Sterbescene  Gautama's  wurde  gesagt,  dass  er  bei  seinem 
Tode  den  ältesten  Rahan  inTheohoma  zu  seinem  Nachfolger  ein- 
gesetzt habe,  dass  aber,  nachdem  dessen  Geschlecht  ausgestorben, 
jedes  Kloster  sich  selbst  regiere.  Beim  Ausritt  den  nächsten 
Morgen  erzählte  mir  Capitain  Plant,  dass  die  Mönche  Henzadah's 
in  zwei  Secten  getheilt  seien,  von  denen  die  jüngere  leichtgelbe, 
die  ältere  orange  Gewänder  trügen.  Die  Schuljungen  dieser 
feindlichen  Klöster  pflegten  sich  täglich  auf  der  Strasse  zu  balgen, 
um  die  Superiorität  ihrer  Lehrer   zu  verfechten.    Beim  Heim- 


Todtentanz.  21 

kommen  fanden  wir  Capitain  Planl's  Bedienten  auf  einer  Bank 
liegen,  unter  den  Händen  eines  Tattower,  der  einen  dreispitzigen 
Stahl,  an  einem  langen  Griff  befestigt,  in  Schwarz  tunkte  und 
dann  auf  der  Haut  umherprickelte,  während  der  Junge  sich  sein 
Taschentuch  fest  in  den  Mund  drückte,  um  nicht  vor  Schmerz 
aufzuheulen.  Es  war  fUr  mich  sehr  interessant,  diese  Procedur 
mit  anzusehen ,  aber  nicht  so  für  Capitain  Plant ,  denn  sein  Be- 
dienter blieb  für  die  nächsten  drei  Tage  wegen  geschwollener 
Beine  zum  Arbeiten  unfähig.  Mitunter  nehmen  die  Birmanen 
Morgens  früh  eine  Dosis  Opium ,  um  dann  später  die  Operation 
nicht  zu  fühlen.  Zum  schwarzen  Tättowiren  wird  Russ,  zum  rothen 
Vermillion  gebraucht.  Eine  Leichenprocession,  die  ich  durch  die 
Strassen  ziehen  sah,  setzte  den  Sarg  auf  dem  nächsten  Kreuzweg 
nieder,  worauf  ein  Mann,  der  herabhängende  Federn  in  das 
Haar  gesteckt  hatte,  mit  grotesken  Sprüngen  dazu  umhertanzte. 
Nachdem  der  Todte  wieder  in  die  Höhe  genommen  war,  be- 
gannen die  Leichenträger,  als  die  Musik  aufspielte,  unter  sich 
eine  Art  Contretanz  aufzuführen ,  den  Sarg  von  einer  Seite  zur 
andern  hin-  und  herreissend  *)  und  dann  ein  paar  Schritte  vor- 
wärts schreitend,  nach  dem  Takte  von  vier  Vortänzern ,  die  sich 
näherten  und  entfernten. 

Der  Name  Henza-dah  (der  betrübte  Henza)  wird  von  einem 
Henza- Vogel  hergeleitet,  der  nach  dem  Verlust  seiner  Gefilhrtin, 
zum  Tode  bekümmert  auf  der  Stelle  sass ,  wo  später  die  Stadt 
gegründet  wurde  ♦•).  Sie  enthält  5600  Häuser  und  11000  Ein- 
wohner. Nach  den  statistischen  Aufzeichnungen  übertrifft  die  Zahl 
der  Geburten  die  der  Todesfälle.    Umgeben  von  einem  reichen 

*)  The  body  of  a  rieh  man  is  placed  on  a  sort  of  triumphal  car,  some  re- 
siating  and  other  propelling.  Oue  party  eries:  ««Wo  will  bury  our  dead,**  the 
other  voci  ferates :  „  You  sball  not  take  away  my  friend. ' '  When  placed  in  the  car  the 
same  stmggle  is  renewed  and  two  or  three  days  are  spent  in  this  manner,  the 
people  manifesting  all  the  jollity  of  a  festival  (Malcolm). 

**)  In  der  Linga  Pnrana  nimmt  Brahma  die  Form  eines  Hansa  (wie  Vischnn 
die  eines  Ebers),  um  die  Form  Mahadera's  zu  erforschen  (s.  Muir).  Ever  since 
then,  men  call  me  Hansa,  for  Hansa  is  Viraj.  Whoever  shall  call  me  „Hansa/* 
,,Han8a,'*  shaU  become  a  Hansa  (unimpassioned  saint).  Der  Name  Hongsavadi 
wird  von  demselben  Vogel  hergeleitet,  der  alle  Klosterpagoden  schmückt. 


28  Von  Rangim  nach  Promo. 

Beisdistricte ,  besitzt  die  Stadt  einen  ausgedehnten  Handel  und 
liefert  den  verhMltnissmässig  bedeutendsten  Beitrag  zur  Revenue 
des  englischen  Binna.  Das  Volk  hatte  indess  damals  noch  eine 
grosse  Abneigung  gegen  die  von  der  englischen  Regierung  ge- 
wünschten Assessments,  da  die  regellose  Regierung  unter  den 
Urmanischen  Königen  noch  zu  lebhaft  in  Erinnerung  stand.  Die 
Dorfältesten  werden  von  der  Regierung  ernannt  und  erhalten  Pro- 
cente  aus  den  eingelieferten  Steuern.  Die  Balanz  der  Verbrechen 
ist  günstig,  und  in  den  letzten  drei  Monaten  war  damals  kein 
einziger  Fall  von  Diebstahl  oder  Raub  vor  den  assistirenden 
Gommissär  gekommen. 

Nach  einigen  angenehm  verbrachten  Tagen ,  nahm  ich  Ab- 
schied von  Capitain  Plant  und  bestieg  wieder  mein  Boot.  Unsere 
Gesellschaft  hatte  sich  vermehrt  durch  einen  Birmanen  aus  Ava, 
der  mich  bat,  ihm  zu  erlauben ,  dass  er  für  seine  Reise  auf  dem 
Boote  mitarbeiten  dtirfe.  Er  hatte  in  Henzadah  in  der  Polizei 
gedient,  hauptsächlich  als  Nachtwächter  und  theilte  mir  Nacht- 
wächterlieder mit,  z.  B. 

In  dunkler  Nacht  die  Zeit  der  Stunde 

Des  Wftcbters  Stimme  mfet  Uat, 

Er  macht  allein  die  stille  Runde, 

Begleiter  nur  die  Windesbraut. 

Um  Mittemacht  mit  schweren  Bächen 

Der  Regen  strömt  zur  £rde  fort, 

Kein  Licht  die  Finstemiss  zu  brechen, 

Im  Osten,  Westen,  Sfid  und  Nord. 

Allein,  allein  im  Finstem  wandr*  ich, 

Ein  Mann  folgt  nur  vom  Wachthaus  mir. 

Das  Herz  ist  schwer,  die  Trauer  drückt  mich, 

Es  kehrt  der  Sinn  zurück  zu  Dir. 

Zur  Stadt  lass  denn  zurück  uns  schreiten, 

Zum  Posten  an  dem  Thore  dort. 

Sieh,  dieser  kurze  Pfad  will  leiten 

Uns  rasch  zu  Menschenhänsem  fort. 

Nachdem  wir  die  Abzweigung  des  Basseinflusses  passirt 
waren,  legten  wir  für  die  Nacht  im  Walde  an,  da  weder  Haus  noch 
Dorf  in  der  Nähe  war.  Auch  die  folgende  blieben  wir  im  offnen 
Felde.    Das  Yomagebirge  war  jetzt  in  Sicht  und  folgte  uns  ftlr 


AlHgaton.  28 

die  folgenden  Tage.  In  einem  Fischerdorfe  fand  ich  bei  den 
Verkäuferinnen  die  bei  den  Birmanen  sehr  beliebten  Kuchen  aus 
glutinösem  Beis  (Kaunyin),  die  in  Blättern  oder  Stengeln  verkauft 
werden.  Dieser  Beis  lässt  sich  auch  in  derselben  Weise  wie  der 
gewöhnliche  bereiten,  aber  die  Birmanen  meinten,  dass  sie  ihn  so 
nur  ässen  am  Vorabend  einer  grossen  Unternehmung  oder  einer 
Beise,  um  Vorrath  an  Kräften  einzulegen. 

Am  nächsten  Abend  hielten  wir  bei  dem  Dorfe  Schweyuen, 
wo  neben  einem  Kloster  zwei  Zwillingspagoden  standen,  und  vor 
demselben  ein  aus  Bambu  gefertigtes  Schiff  mit  gelbem  Zeug  be- 
deckt. Ein  altes  Buddha-Bild  war  unter  einen  aus  Stein  gefer- 
tigten Schirm  gesetzt  und  von  den  umhergestellten  Stangen 
hingen  lange  Banner  herab.  So  oft  der  Wind  dieselben  bewegt, 
ebenso  oft  wird  der  Geber  in  künftigen  Existenzen  als  König  ge- 
boren werden. 

In  der  Nähe  unserer  Anlegestelle  war  der  Badeplatz  des 
Dorfes,  wie  ich  die  Birmanen  fast  überall  im  Irawaddi  habe 
baden  sehen,  und  täglich  selbst  gebadet  habe,  obgleich  er  wegen 
Alligatoren  verrufen  ist.  An  einigen  Stellen  allerdings  wurde  ich 
noch  im  besondem  gewarnt,  und  begnügte  mich  dann  mitUeber- 
giessen.  Die  Dorfleute  wissen  oft,  dass  ein  bestimmter  Alligator 
da  und  da  wohnt,  oder  bezeichiien  die  Grenzen  seines  Jagdre- 
viers. In  Bangun  wurden  mir  mehrere  Unglücksfälle  durch 
diese  gefrässigen  Thiere  erzählt  und  im  Hafen  gingen  badende 
Matrosen  durch  Haie  verloren.  Die  Birmanen  erfrischen  sich 
meistens  zwei  Mal  am  Tage  durch  Abspülen  und  beim  Baden 
hatte  ich  gute  Gelegenheit,  die  Nüancirungen  der  Hautschat- 
tirungen  zu  beobachten,  die  sehr  durcheinander  laufen.  Ein 
Reisender,  der,  nachdem  er  nur  die  Birmanen  Rangun's  kennen 
gelernt,  andere  von  Ava  sähe,  würde  ohne  Zweifel  die  aus  den 
nördlichen  Provinzen  hergekommenen  für  dunkler  erklären,  aber 
dabei  vergessen ,  dass  die  in  Rangun  ansässigen  Birmanen ,  die 
ohnedies  alle  eingewandert  sind,  ihrer  handeltreibenden  Be- 
schäftigung wegen,  sich  wenig  exponiren.  Wenn  er  in  die  Nieder- 
lassungen der  wirklichen  Eingeborenen  Rangun's ,  die  Fischer- 
dörfer der  Talein  ginge ,  so  würde  er  deren  Bauern  noch  mehr 


24  ^OD  Rangan  nacfa  iVome. 

dem  Schwmrzbraunen  angenähert  finden.  Die  Karen,  besonders 
die  Sgau  seheinen  im  Allgemeinen  heller,  als  in  dichten  Wäl- 
dern selten  der  Sonne  ausgesetzt,  aber  die  Bghais  zeigen  sieh 
mter  ihnen  wieder  sehr  dunkel,  obgleich  sie  nicht  nur  von  Nor- 
den» sondern  auch  von  hohen,  aber  waldlosen,  Bergen  kommen. 
Die  Wirkung  des  äussern  Einflusses  tritt  am  klarsten  bei  den 
Birmaninnen  hervor.  Solche,  die  zur  arbeitenden  Klasse  ge- 
hören, tragen  selten  Kleider  auf  dem  Oberkörper  und  auch  bei 
Vornehmeren  ist  der  halbe  Schenkel  entblösst,  da  das  rechte  Bein, 
wie  bei  den  Spartanerinnen,  bei  jedem  Schritt  aus  der  schmalen 
Tamein  her\'ortritt.  In  den  Küstenstädten  wird  dieselbe  jetzt 
länger  und  enganliegend  getragen,  ähnlich  dem  Gewände  der 
Feiertagstracht,  das  im  ganzen  Lande  ein  züchtigeres  ist,  als  das 
des  täglichen  Lebens.  Beim  Baden  gehen  die  Frauen  und 
Mädchen  gewöhnlich  mit  einem  Tuche  ins  Wasser,  das  sie  beim 
Untertauchen  abschlüpfen.  Man  konnte  immer  deutlich,  wie 
durch  eine  Linie  markirt,  die  Grenze  sehen,  wie  weit  der  Körper 
bedeckt  getragen  zu  werden  pflegt,  indem  abstechend  gegen  den 
dunklen  Teint  des  Oberkörpers  und  der  Arme ,  die  Hüften  und 
Lenden  die  von  Südeuropäem  hätten  sein  können.  Dies  ist  all- 
gemein in  Indien.  Schon  der  chinesische  Gesandte  (Xm.  Jahrb.) 
bemerkte  es  bei  den  Kambodiem ,  die  er  dunkelschwarz  nennt, 
mais  ponr  les  dames  du  palais  et  meme  parmi  les  femmes  de 
Nan-pheng  il  y  en  a  qui  ont  le  teint  d'un  blanc  ^latant  comme 
du  jaspe  et  cela  ^ient  de  ce  qu'elles  ne  voient  ni  le  ciel  ni  la  lu- 
miöre  du  soleil  (nach  Remusat).  Unter  den  Bootsleuten  war 
schon  am  Morgen  Uneinigkeit  ausgebrochen ,  die  bis  zur  Schlä- 
gerei geführt  hatte,  wobei  sie  sich  in  ihren  langen  Haarbttschen 
umherzausten,  dass  es  eine  Lust  anzusehen  war.  Auch  am 
Abend  brach  wieder  solcher  Lärm  aus ,  dass  ich  sie  alle  mitein- 
ander aus  dem  Boot  fortschickte ,  um  ihre  freundlichen  Erörte- 
rungen anderswo  fortzusetzen. 

Als  ich  am  nächsten  Morgen  neben  dem  geschleppten  Boote 
herging,  kam  ich  durch  das  Töpfer-Dorf  Kauna ,  wo  die  meisten 
der  irdenen  Krüge  Birma's  verfertigt  werden.  Die  Erdart  wird  dort 
am  Flusse  gefunden.     Der  Töpfer  sitzt  vor  einem  in  die  Erde 


Festliche  Vorbereitmigeii.  25 

gegrabenen  Loche  und  bewegt  das  Rad  mit  dem  Fuss.  Neben 
den  aufgestapelten  Haufen  von  Chatties,  die  gebrannt  werden  soll- 
ten, lagen  Ballen  von  Baumwolle  zum  Trocknen  aus»  und  Korn 
wurde  durch  Ochsen  ausgetreten. 

Als  ich  ins  Boot  zurückgekehrt  wieder  weiter  fuhr,  hätte  ich 
beim  Aufschauen  glauben  können,  nach  Egypten  versetzt  zu  sein, 
denn  an  dem  hohen  Ufer,  an  dem  wir  hinfuhren,  standen  zwei 
colossale  Löwen-Sphinxe  über  denFluss  heraus,  und  eine  Treppe 
führte  zwischen  ihnen  aufwärts.  Ich  folgte  einem  engen  Gange 
zwischen  hohem  Steingerölle,  und  kam  zu  einer  Pagode,  die  in 
Trümmern  lag  und  der  Vergangenheit  angehörte.  Die  Götzen- 
haufen in  der  Nähe  enthielten  Riesenstatuen  von  Gautama  und 
Ananda.  Vor  denselben  stand  ein  langes  Schiff,  dessen  Rippen 
von  Bambu  und  die  Planken  mit  Matten  bedeckt  waren.  In  dem 
nahegelegenen  Dorfe  Kaunagyi  war  Alles  geschäftig  und  für  den 
bevorstehenden  Festtag  wurden  Schaubühnen  aufgeschlagen.  In 
einem  Hause  wurden  Kuchen  gebacken ,  im  Hofe  eines  andern 
Früchte  gepflückt,  an  einem  dritten  Blumentöpfe  arrangirt  und 
wenn  ich  fragte,  war  die  Antwort  immer :  um  es  zum  Kloster  zu 
bringen.  So  ging  auch  ich,  um  das  Kloster  anzusehen  und  fand 
die  Hauptfigur  am  Tempel  überschrieben  mit  dem  Namen  Sota- 
bundi,  was  sagen  will,  „der  Gott,  der  mit  übervollem  Maasse 
denen  giebt,  die  ihm  geben.^'  Doch  geben  diese  guten  Dörfler 
nicht  nur  den  fristen  Götzen,  die  den  Mund  mit  Versprechungen 
voll  nehmen,  sondern  unaufgefordert  auch  armen  Reisenden.  An 
der  Heerstrasse  fand  ich  in  kleinen  Entfernungen  Zayats  unter 
schattigen  Bäumen  zur  kühlen  Ruhe  einladend,  und  in  jedem 
stand  ein  gefüllter  Wasserkrug  mit  Trinklöffel,  sowie  auch  Vasen 
mit  frisch  gepflückten  Blumen  daneben. 

Jeder  Birmane  muss  einmal  im  Leben  das  gelbe  Kleid  des 
Pungyi  getragen  haben,  ob  für  Tage,  Wochen  oder  Jahre.  Ge- 
wöhnlich werden  die  Knaben  vom  6  —  13.  Jahre  in  die  Schule 
(im  Kyaung  oder  Kloster)  geschickt,  um  lesen  und  schreiben  zu 
lernen ,  und  während  dieser  Zeit  begleiten  sie  die  Pungyi  beim 
Almosensammeln  nach  den  Häusern  ihrer  Verwandten.  Später 
verweilt  der  Schüler  noch  einige  Wochen,  um  Paligebete  zu  lernen. 


26  Von  Rangnn  nach  Prome. 

und  bleibt  dann  entweder  dauernd  im  Kloster  oder  kehrt  in*s 
bfirgerliche  Leben  zurück.  Verbeirathete,  die,  obwobl  sie  nicbt 
mehr  Pungyi  werden  können ,  sich  dem  Mönchsstande  widmen 
wollen,  tragen  statt  des  gelben  ein  weisses  Gewand,  ebenso  wie 
die  Nonnen,  meistens  alte  Frauen  oderWittwen  ohne  Beziehungen 
in  der  Welt.  Manche  sind  zwei  oder  drei  Mal  in  den  Mönchs- 
stand  ein-  und  wieder  zurückgetreten ,  bis  sie  sich  zuletzt  yer- 
heirathet  haben.  Das  birmanische  Kind  erhält  seinen  Namen 
aus  zufälligen  Benennungen,  die  meistens  von  dem  Vater  oder 
der  Mutter  (obwohl  dieselben  nicht  immer  übereinstimmen)  aus- 
gehen und  später  haften  bleiben.  (Mein  Munschi  in  Rangun  hiess 
Bawah,  wie  die  Kalah,  indem  seine  Mutter  ihn  wegen  der 
schwarzen  Farbe  einen  kleinen  Indier  zu  nennen  pflegte.)  Um 
später  zwischen  verschiedenen  zu  unterscheiden,  wird  der  Name 
des  Vaters  beigefügt,  oder  der  der  Frau  oder  die  Beschäftigung, 
oder  der  Wohnort  beschrieben  oder  die  Gestalt  u.  s.  w. 

Der  Herr  Nachtwächter  schien  in  der  Polizei  zu  Henzadah 
keine  schweren  Tage  gehabt  zu  haben ,  denn  Arbeit  wurde  ihm 
etwas  sauer.  Er  kam  zu  mir  und  klagte,  dass  das  Bootziehen  ihm 
gar  nicht  recht  behagte  und  er  wolle  lieber  in  Mjanoung,  wo  wir 
gerade  angekommen  waren,  bleiben,  da  vielleicht  eine  Nachtwäch- 
terstelle vacant  werden  könnte.  Er  hatte  mir  ausser  seinem  Nacht- 
wächterliede ,  auch  die  Abschrift  eines  Pali-Amulettes  gegeben, 
das  ihm  bei  seinem  Austritt  aus  der  Klosterschule  voYi  seinem  Lehrer 
(Zaya),  als  unfehlbarer  Talisman  gegen  Krankheiten,  mitgegeben 
war.  Die  Formel  musste  über  einem  mitWasser  gefällten  Becken 
gesprochen  und  der  Körper  dann  aus  diesem  gewaschen  werden. 

In  Myanoung  ward  ich  durch  Capitain  Hildebrand,  den 
dortigen  Deputy-Commissioner,  eingeladen  bei  ihm  zu  wohnen, 
und  machte  noch  die  Bekanntschaft  einiger  andern  Herren 
der  Station.  .Beim  Spazierritt  sah  ich  einen  Tempel  in  läng- 
licher Form,  ganz  den  Batha  in  Mahabalipuram  ähnlich.  In 
einer  andern  Pagode  führte  eine  Spitzthttre  zu  einem  Gewölbe- 
gang ,  wie  sich  solche  vielfach  antreffen*  Die  Birmanen  legen 
aber  die  Ziegel  in  derselben  Weise,  wie  sie  sonst  beim  Brunnen- 
bau gelegt  werden ,  wo  nur  auf  seitlichen  Druck  Rücksicht  zu 


Myanoung.  27 

nehmen  ist.  Wenn  bei  Gebäuden  angewendet,  fallen  deshalb 
die  birmanischen  Gewölbe  auch  immer  rasch  zusammen.  Einige 
der  Holzdächer  ähnelten  in  ihren  ThUrmen  dem  chinesischen 
Styl.  Die  Gallerien  des  Klosters  waren  mit  elegantem  Schnitz- 
werk verziert,  dessen  Muster  sich  in  den  Sculpturen  der  Stein- 
treppen wiederholten.  In  den  Zellen  hingen  verschiedene  Ge- 
mälde aus  Buddha's  Leben  und  dazwischen  auch  Carricaturen 
von  Europäern,  deren  liebenswürdige  Höflichkeit  gegen  ein  schö- 
neres Geschlecht  den  cönobitischen  Mönchen  ein  Aergerniss  zu 
sein  schien.  Im  Elosterhofe  wurde  ein  gewaltiges  Schaffbt  er- 
richtet, ganz  mit  Teppichen  und  Zeugen  ttberkleidet,  mit  Figuren 
und  Opfergaben  besetzt,  auf  dem  der  seit  einem  Jahre  verstorbene 

Abt  des  Klosters  nächstens  in  die  Luft  und  zum  Himmel  hinauf 

* 

gesprengt  werden  sollte.  Bei  grossen  Feierlichkeiten  wird  der 
Scheiterhaufen  in  Birma  gewöhnlich  durch  auf  denselben  losge- 
lassene Raketen  in  Brand  gesteckt.  Hohe  Herren  werden  ein 
Jahr  lang  ftlr  das  Leichenbegängniss,  das  viele  Vorbereitungen  er- 
fordert, präservirt,  und,  um  sie  frisch  zu  halten,  steckt  man  sie  in 
Honig,  als  die  sicherste  Methode,  die  ausserdem  auch  die  billigste 
ist,  da  der  geschenkte  Honig  sich  nachher  wieder  verkaufen  lässt. 
Bei  der  Rückkehr  nach  Myanoung  besuchte  ich  Herrn  Hyde,  den 
Polizeisergeanten,  der  mir  einen  von  Dämonen  besessenen  Baum  in 
seinem  Hofe  zeigte,  der  in  diese  Krankheit  gefallen  ist,  weil  früher 
die  Sepoys  des  dort  stationirten  Regiments  ihre  Götzen  unter  ihm 
aufzustellen  pflegten.  Es  langten  gerade  mehrere  Depeschen  an,  die 
Räuberbanden  betreffend,  die  seit  einiger  Zeit  in  dem  Districte  sehr 
zugenommen  hatten  und  ganze  Dörfer  ausplünderten.  Sie  hatten 
überall  ihre  Spione  und  Helfershelfer ,  so  dass  es  schwer  war, 
ihnen  beizukommen,  und  wenn  wirklich  in  Bedrängniss,  blieb 
ihnen  stets  der  Ausweg  nach  den  Bergen  derKhyen.  Auch  hatten 
sie  allen  Landleuten  einen  so  grossen  Schrecken  eingejagt,  dass 
Niemand  gewagt  haben  würde,  sie  zu  verrathen,  im  Gegentheil  ihre 
eigenen  Schlachtopfer  ihnen  auf  die  geringste  Aufforderung  Pro- 
viant und  Kleidung  lieferten.  In  den  verschiedenen  Strassen  Mya- 
noung's  sind  Polizeistationen  für  die  Quartiere,  in  denen  die  Stun- 
den durch  das  Schlagen  der  Gong  angezeigt  werden.  In  den  Dörfern 


28  ^^^  Ran^n  nach  Pronie. 

sieht  man  zuweilen  alte  Männer  mit  Blumenvasen  auf  dem  Rücken 
durch  die  Strassen  gehen,  beständig  einen  Gong  schlagend ,  um 
dadurch  die  Leute  an  Werke  der  Frömmigkeit  zu  erinnern.  Beim 
Hausbauen  sah  ich  zwischen  die  Pfosten  und  das  Dach  Lumpen 
gesteekt  und  hörte,  dass  das  geschehen  müsse,  um  dem  Hause 
Glück  zu  bringen  nach  den  Vorschriften  des  Deitton-Kyam. 

Am  andern  Tage  begegneten  uns  einige  der  scharfge- 
schnittenen langen  und  schmalen  Böte,  in  denen  die  Priester  sich 
Yon  ihren  Schülern  auf  ihren  Amtsreisen  umherrudem  lassen. 
Zuweilen  fanden  wir  sie  in  grossen  Mengen  auf  dem  Flusse  in 
der  Nähe  der  Klöster,  wo  sie  sich  für  den  Festtag  des  Bootrennen 
einübten.  Ungefähr  zwei  Dutzend  Knaben  sassen  in  Reihen  hin- 
tereinander an  den  beiden  Seiten  des  Bootes,  jeder  mit  einer 
kleinen  Schuppe  in  den  Händen,  und  stiessen  das  Boot  unter 
taktmässigem  Geschrei  mit  grosser  Schnelligkeit  vorwärts.  Der 
in  grellgelber  Farbe  gespreizte  Priester  sitzt  hinter  einer  Schach- 
tel, die  Arecanüsse,  Betelblätter,  Kalkbutter,  losen  Tabak,  ge- 
rollte Palmcigarren  nebst  anderen  Utensilien  des  Comforts  ent- 
hält, und  schaut,  einer  wiederkauenden  Kuh  ähnlich ,  mit  dem 
obligaten  Ausdruck  nichtssagenden  Wohlwollens  zu.  Als  ich, 
während  das  Boot  nur  langsam  gegen  den  reissenden  Strom  fort- 
rückte, am  Ufer  neben  herging,  kam  ich  bei  einer  SchiflFswerfte 
vorbei ,  auf  der  ein  halb  fertiges  Boot  stand.  Der  Zimmermann 
sass  daneben  und  hatte  ein  Buch  in  den  Händen,  aus  dem  er  sich 
zu  seiner  eigenen  Unterhaltung  laut  vorlas.  Weiterhin  hörte  ich 
einen  herzzerreissenden  Jammerton  die  stille  Luft  durchschneiden, 
es  war  ein  langgezogenes,  dumpfes  Klagen  des  tiefsten  Wehes, 
und  als  ich  ihm  nachging,  fand  ich  auf  einem  halb  verwüsteten 
Reisfeld  eine  alte  Frau  mit  verhülltem  Gesicht  an  einem  noch 
frischen  Grabe  sitzen,  das  vielleicht  ihr  einziges  Kind,  ihre  letzte 
Stütze,  enthalten  mochte.  Es  ist  eine  stereotype  Monotonie  in  der 
birmanischen  Todtenklage,  die  ich  schon  oft  gehört  hatte  und 
später  noch  oft  hörte,  aber  auch  in  dieser  gleichmässigen 
Wiederholung  enthält  sie  Wehetöne ,  die  aus  dem  tiefsten  Ge- 
fühl hervorzusteigen  scheinen  und  tief  in  das  Gefühl  ein- 
schneiden. 


Das  Vorgebirge  der  Chinesen.  29 

Die  Lehmbänke  des  Ufers  hatten  einem  Strande  weissen 
Sandes  Platz  gemacht,  an  dem  das  klare  Wasser  hinfloss,  und 
wo  dasselbe  sich  in  ein  weites  Bassin  erweiterte,  umgränzte  sich 
der  Hintergrund  mit  emporsteigenden  Bergen.  Beim  Näherkom- 
men pflanzte  sich  der  dunkle  BerghUgel  Akan-Taung,  vonEhyen 
bewohnt,  in  die  Ebene,  auf  welchem  sonst  die  Karen  die  Kno- 
chen ihrer  Verstorbenen  in  ein  gemeinsames  Grab  zusammen- 
trugen. Jetzt  blieb  das  Vorgebirge  Tarupnguh  zu  passiren,  und 
die  Bootsleute  trafen  ihre  Vorbereitungen,  da  Jeder,  der  diese 
sogenannte  Teufelsspitze  zum  ersten  Male  umfährt,  einen  Tanz 
aufführen  muss,  um  den  Dämon  zu  versöhnen.  Früher  war  dies 
die  Grenze  zwischen  dem  birmanischen  und  peguanischen  König- 
reich, erhielt  aber  den  jetzigen  Namen,  weil  die  chinesische 
Armee  bis  dorthin  den  nach  Bassein  geflohenen  König  Pagan's 
verfolgte.  Der  Felsen  fällt  schroflf  in  den  Fluss  ab,  und  die  Wand 
war  in  eine  Menge  Nischen  ausgearbeitet,  von  denen  jede  eine 
sitzende  Figur  Gautama's  enthält.  Viele  derselben  hatten  Stücke 
Zeug  um  den  Kopf  gewunden ,  die  Opfergaben  vorbeikommender 
Pilger,  andere  prangten  mit  grellen  Farben  lustig  bemalt,  aber 
die  älteren  waren  schon  so  verfallen  und  durch  Moos  überwach- 
sen ,  dass  man  sie  kaum  vom  Stein  unterscheiden  konnte.  Ver- 
schiedene der  darüber  gekritzelten  Inschriften  Hess  ich  copiren. 
Eine  besagte:  „Schuesan  und  seine  Frau  Mipa  erbauten  diese  Pa- 
gode.'^  Eine  andere  mit  Kohle  auf  Kalk  geschrieben:  „Payagatha, 
der  Laienbruder,  der  Erbauer  der  Pagode  Mounniasan,  und  Paya- 
Ama,  die  Laienschwester,  die  Erbauerin  der  Pagode  Shinsau" 
u.  s.  w.  Als  wir  den  Fluss  gekreuzt  und  auf  der  andern  Seite 
für  die  Nacht  angelegt  hatten ,  erzählten  mir  die  Bootsleute,  dass 
der  Berg  voll  vonBelu  oder  Ungeheuern  wäre,  die  Elephanten  und 
Büffelochsen  aufässen,  aber  wie  ein  Schatten  verschwänden,  wenn 
man  sie  packen  wollte.  Der  den  Berg  hütende  Nat  heisstTasaun- 
Nat  oder  der  Gott,  der  den  Berg  wäscht.  Mein  Bursche  kam  erst 
spät  in  der  Nacht  aus  dem  Dorfe  zurück ,  wo  er  nur  mit  Mühe 
die  Leute  hatte  bewegen  können ,  ihm  ein  Huhn  zu  verkaufen. 

Als  ich  am  nächsten  Morgen  für  einen  Spaziergang  ans  Land 
ging,  sah  ich  Knaben  unter  Anleitung  eines  Mönches  beschäftigt, 


30  Von  Bnigiiii  nach  Promo. 

von  Sand  Pagoden  am  Strande  aufzurichten.  Ich  fand  viele  Pilger 
auf  der  Strasse ,  die  alle  zur  grossen  Festfeier  des  Schwesandoh 
(Groldbaar)  nach  Prome  zogen  und  in  einem  Bündel  auf  dem 
Rücken  ihren  Reiseproviant  trugen.  Ein  kleiner  Junge,  der 
herbeigelaufen  war,  die  Fremden  anzustaunen,  trug  in  der  Hand 
den  Lau  lay  genannten  Bogen,  von  dessen  mit  Garn  umwickelter 
Sehne  er  kleine  Lehmklumpen  abschoss ,  um  die  Vögel  von  dem 
Felde,  das  er  hüten  sollte,  wegzujagen,  und  der  abgelegten  Probe 
nach  zielte  er  sehr  sicher.  Kleine  in  der  regnigten  Jahreszeit 
gefüllte  Strombetten  waren  mit  Bambubrücken  überlegt  und  ich 
passirte  mehre  Dörfer,  deren  Ein-  und  Ausgang  durch  Bambu- 
thore  verwahrt  war.  Ueberall  sah  man  rege  Vorbereitungen  für 
das  bevorstehende  Fest.  Vor  einem  der  Dorfklöster  stand  ein 
Riesenboot,  aus  Papier  und  Bambu  zusammengesetzt  und  mit  hoch 
aufgestapelten  Haufen  von  Früchten  und  Kuchen  für  die  Mönche 
gefüllt  In  dem  Dorfe  Schuedaunnaiya  wurde  des  Festtages 
wegen  kein  Markt  abgehalten  und  das  Gebäude  des  Bazaars  war 
geschlossen.  Maskirte  Tänze  wurden  auf  den  Strassen  aufge- 
führt. Frauen  sassen  dort  mit  zierlich  ausgelegten  Esswaaren  in 
lackirten  Töpfen  und  luden  die  Vorbeigehenden  ein ,  ihnen  die 
Ehre  anzuthun  und  davon  zu  kosten.  Ein  paar  Mönche  wan-  . 
derten  dazwischen  umher  und  schauten  lüstern  zu,  aber  ihre 
Essenszeit  war  vorbei.  Ich  fragte  sie,  wie  sie  an  bewölkten 
Tagen  wissen  könnten ,  ob  es  Mittag  sei  oder  nicht ,  und  erhielt 
die  Belehrung ,  dass  die  birmanischen  Hühner  vier  Mal  krähten, 
Morgens,  Mittags,  Abends  und  um  Mittemacht  In  Mandalay 
sah  ich  ein  Instrument*),  um  die  Sonne  zu  messen,  und  meistens 
verstehen  es  die  Birmanen ,  nach  ihrem  eigenen  Schatten  zu  be- 
urtheilen,  ob  der  Zenith  passiii;  ist  oder  nicht  Ich  begleitete  die 
Mönche  nach  ihrem  neben  der  Pagode  stehenden  Götzentempel, 
der  voll  von  Figuren  war,  aber  als  ich  nach  den  Palinamen  der 
einzelnen  fragte ,  erklärten  sie  ihre  Unfähigkeit  dieselben  zu  be- 
halten, da  es  zu  viele  gäbe.  Gegenüber  einem  schlafenden  Schinbin- 

*)  In  Order  to  find  out  the  time  of  daj,  at  which  events  happen,  the  Jjotishas 
or  astrolofl^rs  (in  Gormkhpoor)  ose  a  rod  of  Khari  and  Jadge  the  length  of  ite 
shadow  (Baohanan). 


Ankunft  in  Prome.  31 

thauyan,  mit  einem  Strohdache  überdeckt,  standen  die  Schwewetti 
(Gold  -  Standarten) ,  die  mit  gelben  Zeugen  behangen  waren. 
Nachdem  die  Fuh-fah-tsong  genannten  Gesetzerklärungen  zur 
Zeit  des  Maming  oder  Aswaghosha  den  Sieg  in  den  Disputa- 
tionen davongetragen ,  wurden  unter  der  Bezeichnung  Gesetzes- 
fahnen (Dharmaketu)  Wimpelstangen  aufgerichtet. 

Als  ich  an  den  Fluss  zurückkam ,  war  das  Boot  noch  nicht 
angelangt,  und  so  trat  ich,  zum  Schutz  vor  der  Sonne,  in  eine 
der  Mäklerbuden  (Poesa) ,  die  dem  Fluss  entlang  bei  den  Lan- 
dungsplätzen in  Dörfern  und  Städten  aufgebaut  sind ,  meist  mit 
denen  der  Zollbeamten  verbunden.  Am  Abend  kamen  wir  in 
Prome  an  und  meine  Bootsleute  warfen  sich  schnell  in  Putz, 
um  nach  den  Theatern  zu  eilen ,  deren  laute  Musik  die  Nacht 
hindurchlärmte.  Unsere  Nachbarschaft  war  auch  geräuschvoll 
durch  das  Herabflössen  des  Teakholzes  auf  einem  Bache,  der 
dort  in  den  Irawaddi  mündete  und  wo  die  ganze  Nacht  ge- 
arbeitet wurde,  damit  die  Blöcke  nicht  in  den  grossen  Strom 
hinaustrieben. 


Von  Prome  nach  Thayetmyo. 

Am  nächsten  Morgen  suchte  ich  Major  Brown ,  den  Deput}'- 
Commissioner,  auf  und  erhielt  von  ihm  ein  leeres  Haus  neben  dem 
seinigen  fttr  mich  und  meine  Leute  eingeräumt.  Nach  einem 
durch  angenehme  Gespräche  gewürzten  Frühstück  mit  dem  Major 
und  seiner  jungen  Frau  Gemahlin ,  wanderte  ich  umher,  um  das 
altberühmte  Prome  zu  betrachten ,  das  unter  dem  Namen  Tiji- 
kittya  eine  so  bedeutungsvolle  Solle  in  der  birmanischen  Ge- 
schichte spielt.  Die  Stadt  liegt  äusserst  malerisch  am  Flusse 
in  einer  fruchtbaren  Thalfläche,  die  sich  mit  der  goldschimmern- 
den Pagode  Schwesandoh  an  dunkelbewaldete  Hügel  lehnt. 
Nach  dem  Ersteigen  dieser  gelangt  man  auf  ein  Tafelland ,  das 
vor  dem  Anschwemmen  der  alluvialischen  Ebene  der  Sitz  alter 
Städte  gewesen  zu  sein  scheint.  Bei  Aufgrabungen  soll  man  dort 
auf  alte  Anker  gestossen  sein  und  Major  Brown  bemerkte  mir, 
dass  sich  noch  deutlich  das  alte  Bette  des  Flusses  erkennen  Hesse, 
der  später  seinen  Lauf  verändert  haben  müsse*). 

Breite  Strassen,  reinlich  mit  Kies  belegt,  führten  mich  zu 
der  grossen  Pagode,  die  von  Löwen-Sphinxen  bewacht,  auf  einer 
hohen  Platform  steht,  zu  der  man  auf  Steintreppen  und  durch 
verdeckte  Gänge  emporsteigt.  Der  Hof  war  mit  einer  Mannig- 
faltigkeit von  Kiosks,  Pavillons  und  Kapellen  gefüllt,  alle  Arten 


*)  Auch  Phayre  sagt :  Great  changes  no  donbt  have  occured  in  the  course 
of  the  Irawaddy  river,  probably  within  the  historical  period,  about  Prome.  The 
rocks  around  Prome  coutain  large  deposits  of  marine  Bhells. 


Sehwesandoh.  33 

von  Statuen  einschliessend ,  die  meistens  zu  Ehren  des  Festtages 
in  nagelneue  Gewänder  eines  hellscheinenden  Gelbe's  gekleidet 
waren.  Die  Opfergaben  von  Keis  waren  vor  ihnen  in  mannshohen 
Haufen  aufgeschüttet  und  verbesserten  natürlich  nicht  die  Atmo- 
sphäre ,  da  der  unterste,  der  seit  mehreren  Tagen  dort  lag,  schon 
yermodei-t  war,  während  man  oben  immer  frisch  nachschüttete. 
Im  Hofe  und  der  Gallerie  ging  man  über  einen  Teppich  korbweis 
umhergestreuter  Blumen ,  frische  und  verwelkte.  Die  kolossalen 
Figuren  Gautama's  sind  aus  Backsteinen  aufgebaut,  die  später 
mit  Kalk  und  Stucco  bedeckt  werden,  um  dann  auf  schwarzem 
Firaiss  die  Blättchen  der  dünnen  Vergoldung  aufzukleben.  Zu- 
weilen sieht  man  diese  Figuren  pechschwarz,  wenn  sie  eben  für 
die  Vergoldung  vorgerichtet  sind,  und  da  dem  frommen  Erbauer 
zuweilen  für  diese  letzte  und  kostbarste  Vollendung  das  Geld 
ausgeht,  so  mögen  sie  auch  immer  so  bleiben.  Hier  hatte  ich 
Gelegenheit,  eine  Figur  in  einem  noch  frühen  Stadium  der  Arbeit 
zu  sehen,  und  fand,  dass  die  erste  Anlage  in  den  Backsteinen 
nur  den  Grundtypus  der  Pagode  selbst  darstellt,  dem  erst  später 
diejenigen  Merkmale  zugefügt  werden ,  wodurch  sie  zum  gleich- 
falls Pagode  genannten  Gx)tt  der  Pagode  wird.  Das  Modell  eines 
heiligen  Fusstapfens  fehlte  auch  hier  nicht,  wie  man  ein  solches 
überhaupt  fast  in  jedem  Tempel  von  einigen  Prätensionen  findet, 
gewöhnlich  mit  einer  Glocke  daneben ,  damit  der  Opferer  durch 
Anschlagen  Nachricht  geben  kann.  An  einem  der  Neben -Ein- 
gänge bemerkte  ich  zwei  weibliche  Figuren,  die  Eine  sitzend  mit 
einem  Kinde,  die  Andere  tanzend  neben  einem  Zwerge.  Die 
Figuren  Gautama's  mit  freistehendem  Daumen  haben  oft 
einen,  Kleinod  genannten.  Stein  zur  Stütze  zwischen  gefügt 
Von  dem  hochgelegenen  Hof  der  Pagode  schaut  man  über 
die  Stadt  hinweg  auf  den  breiten  Strom ,  der  am  andern  Ufer 
den  Fuss  mit  Wald  bedeckter  Gebirge  badet.  Seitlich  blickt  man 
nieder  in  ein  eng  eingezwängtes  Thal ,  das ,  ganz  mit  Klöstern 
gefüllt,  sich  hinter  dem  grossen  Tempel  umherwindet,  und  durch 
einen  Kreis  mit  Pagoden  gekrönter  Hügel  umkränzt  wird.  In 
der  Nähe  der  Pagode  liegen  Steine  mitantiquirtenPali-Inschriften, 
die  mein  Begleiter  Kyoutsa  nannte  und  für  unverständlich  erklärte. 

BMttaa,  Ottacion.    n.  S 


34  ^oii  Prome  nach  Thayetmyo. 

Major  Brown  verschaffte  mir  Ponies  und  die  nöthigen  Inter- 
preten, um  eine  Colonie  von  Khyen  zu  besuchen ,  die  in  einem 
Dorfe  bei  Prome  angesiedelt  sind  und  sich  dort  durch  Weben  und 
Schweinezucht  ernähren.  Leider  trafen  wir  fast  Niemanden,  mit 
Ausnahme  eines  Einzigen ,  da  Alle  im  ^¥alde  beschäftigt  waren, 
doch  waren  einige  Frauen  zu  Hause  geblieben,  so  dass  ich  wenig- 
stens Gelegenheit  hatte,  diese  berühmten  Scheusale  zu  sehen. 
Und  allerdings  war  ihr  durch  dicke  Schwarten  nach  allen  Rich- 
tungen hin  aufgeschwollenes  Gesicht  weniger  lieblich  anzusehen, 
als  in  jenen  vergangenen  Zeiten ,  wo  ihre  Schönheit  Könige  und 
Prinzen  verblendet  haben  soll.  Schon  als  ihre  erste  Urahnin 
Paeluadoh  aus  dem  Bambu  hervorwuchs,  erschlugen  sich  in 
Pagan  die  beiden  Brüder  Niaundo-Naramatimin  und  Nidogara- 
thingamin  im  Todeskampf  um  sie. 

Die  mir  gezeigten  Muster  des  Tattu's  bestanden  nur  aus 
krummen  und  geraden  Linien,  ohne  wirkliche  Figuren  darzu- 
stellen ,  vrie  sie  die  Birmanen  auf  dem  Kihper  tragen.  Die  Ver- 
hässlichung  der  Frauen  von  Ladak  durch  schwarzes  Bestreichen 
des  Gesichts  mag  zum  Schutz  gegen  die  Gebirgsluft  dienen,  wie 
man  in  den  peruanischen  Andes  Masken  trägt.  Als  im  Lande  der 
Khiang  das  Reich  Thoupho  gestiftet  wurde  (630  p.  d.),  waren 
die  Bewohner  Wilde ,  die  ihr  Gesicht  mit  rother  Farbe  bemalten, 
aber  durch  die  chinesische  Prinzessin  civilisirt  wurden. 

Die  Häuser  der  Khyen  gleichen  den  birmanischen,  haben 
aber  die  ThUr  am  Giebelende  angebracht.  Wie  sie  mir  sagten, 
haben  die  von  ihnen  verehrten  Nats  keinen  festen  Wohnsitz  und 
werden  in  Krankheitsfällen  bewirthet,  um  sie  gemiithlich  zu 
machen.  Die  Khyens ,  die  ich  auch  später  zu  sehen  Gelegenheit 
hatte ,  gleichen  mehr  den  Karen ,  als  den  Birmanen. 

Dem  Forstverwalter  Herrn  Leeds  zufolge ,  sind  im  Prome- 
District  6000  Männer  von  dem  Khyen  -  Stamme  mit  der  Gewin- 
nung desKatechus  beschäftigt,  pro  Mann  11  Vis  täglich  bereitend. 
Nachdem  die  Cutch-Bäume  (Acacia  catechu)  im  Alter  von  etwa 
20  Jahren  mit  dem  Dah  probirt  und  tauglich  befunden ,  werden 
sie  gefallt  und  von  Btiffeln  nach  der  Ansiedlung  geschleift.  Das 
Kernholz  vrird  in  kleine,   etwa  ly^  Quadratzoll  grosse  Würfel 


PonKJb-Tempel.  35 

geschnitten ,  diese  werden  in  irdenen  Gefässen  mit  Wasser  aus- 
gekocht, das  so  erhaltene  Fluidum  in  eisernen  Pfannen  abge- 
dampft, nach  Abkühlung  in  Stücke  von  acht  Zoll  Länge  und 
zwei  Zoll  Breite  geschnitten  und  in  den  Handel  gebracht. 

Auf  dem  Rückwege  kamen  wir  an  einer  Pflanzung  junger 
Teakbäume  vorbei,  von  Dr.  Brandis  angelegt,  der  damals  das 
Forstwesen  der  Provinzen  Pegu's  und  Birma's  leitete  und  eine 
schwere  Aufgabe  darin  zu  lösen  hatte. 

Eine  der  Vorstädte  Prome's  fand  ich  von  Ponah's  bewohnt, 
grösstentheils  Seidenweber.  Sie  sassen  mit  ihren  Arbeiten  alle 
zusammen  in  einer  öffentlichen  Halle  oder  Scheune,  aus  der  eine 
niedrige  Thür  in  d^i  hintern  Kaum  führte  und  zum  Tempel 
diente.  Auf  einem  Tische  standen  vier  bekleidete  Figuren,  ver- 
schiedene Formen  Yischnu's  darstellend,  als  Barika,  Nitiananda 
(Kama),  Mahaparaund,  der  Vornehmste  unter  ihnen,  Bigabam 
(Krischna) ,  der  die  Flöte  spielte  und  eine  Pfauenfeder  als  Haar- 
schmuck trug.  Ihr  heiliges  Buch,  die  Vischnu-Purana ,  das  sie 
Bahagebat  oder  Bhagavat  nannten,  war  im  Bengalesischen  ge- 
schrieben. Auf  einem  Lehmhaufen,  ausserhalb  des  Tempels,  war 
neben  der  Tulasipflanze  eine  Flagge  aufgepflanzt.  Der  grösste 
Theil  der  Männer  und  Knaben  trug  die  dreifache  Schnur  und  musste 
sich  deshalb  des  Genusses  von  Fleisch  und  Fisch  enthalten ,  die 
Andern ,  die  noch  nicht  geweiht  waren ,  konnten  solche  Dinge 
essen.  Sie  tättowirten  und  sagten,  diese  Sitte  inAva  angenommen 
zu  haben.  Ihr  Haar  war  über  die  Stirne  abrasirt,  sonst  trugen 
sie  den  birmanischen  Kopfknoten,  der  niedriger  ist,  als  der 
spiralig  hoch  aufgewundene  der  chinesisch  gekleideten  Schans. 

Ich  liess  mich  nach  dem  Hause  eines  der  geschicktesten 
Tattuer  in  der  Stadt  führen ,  um  etwas  in  seinen  Büchern  und 
sonstigen  Schrabscheeren  umherzukommen ,  gerade  nicht  zu  sei- 
ner Aufheiterung.  Die  meisten  Aufzeichnungen  waren  nach  der 
birmanischen  Weise,  mit  Specksteinstiften  auf  schwarz  gefärbten 
Tafelbüchem  geschrieben ,  andere  auch  mit  Bleistift  auf  Papier. 
Den  Zeichen  waren  lange  Beschreibungen  beigefügt,  ihre  Kraft  und 
die  Art  der  Verwendung  zu  erklären ,  mit  Angabe  der  Waffen, 
gegen  welche  sie  festmachten.   Die  Figur  eines  in  einem  Wagen 

8» 


56  Von  Prome  nach  Thayetmyo. 

fahrenden  Nats  nannte  er  mir  Thiitjidewi,  eine  auf  einem  Belu 
(Ungeheuer)  reitende  Yniadewa,  eine  auf  einem  Pfau  Menea- 
dewa.  Als  er  mich  zum  Weggehen  bereit  sah ,  steckte  er  mir  in 
der  Freude  seines  Herzens  noch  einige  Papiere  in  die  Hand,  die  ich 
zu  kaufen  gewünscht  hatte,  ohne  Bezahlung  annehmen  zu  wollen, 
um  mich  nur  baldmöglichst  los  zu  werden. 

In  einem  der  Recepte  war  gesagt :  „  Stehle  Gold ,  schön  und 
rein,  beim  Feuer  mach'  es  fein,  spreche  des  Pali  Worte,  im  Haus 
Sprech  sie ,  am  Wege ,  vor  den  Sternen  guten  GlUcks ,  in  der 
Pagode  Sprech  sie  ein  tausend  Mal.  Das  Wasser  weih,  den  Cirkel 
zieh ,  des  fliegenden  Drachen  Grestalt.  In  den  linken  Arm ,  den 
rechten  Arm  steck  hinein.  Kein  Schaden  kann  geschehen,  sicher 
und  unverletzlich. "  Ueber  einem  auf  einem  Pfau  reitenden  Nat  war 
geschrieben  Mainarathewi  (die  königliche  Gottheit  der  Fische  im 
Zodiakus) ,  über  einem  durch  einen  Belu  getragenen  Nat  stand 
Inarathathewa,  die  Gottheit  der  Naga  oder  Agyanathi.  Ein  in 
einem  Wagen  fahrender  Nat  war  Diritthewi  genannt,  als  die 
Gottheit  der  Sonne  oder  Thuriyah. 

Ein  anderes  Buch,  ebenfalls  voll  mit  den  Figuren  von  Belu 
(Ungeheuern),  wilden  Schweinen,  magischen  Quadraten,  enthielt 
die  folgenden  Zauberformeln:  1)  Wiederhole  Sa  ba  pa  wa  wa 
ba  pa  wa  (ein  sinnloses  Wortgeklingel).  Mit  des  Ebers  Zahn,  mit 
des  Ebers  Ohr,  wie  du  weisst.  Mit  rothem  reinem  Gold  zieh'  den 
Kreis.  Zeichne  hinein  eine  Gaovun -Figur,  dann  zeichne  seit- 
wärts die  Figur  eines  fliegenden  Löwen.  Umschreibe  es  mit  Om 
julu  julu  thoa  ha  ya.  Zur  Pagoda  dann  trage  den  Reis,  das  frische 
Wasser,  Betelnüsse,  Tabak  und  Theeblätter,  häufe  sie  auf,  bringe 
sie  dar.  Dann  nachdem  du  ein  tausend  Mal  die  Worte  der  ringsum 
geschriebenen  Gatha  wiederholt  hast,  füge  es  ein  unter  die  Haut. 
Aber  sei  vorsichtig.  Gieb  es  nicht  dem  ersten  besten  Kommer. 
Seine  Kraft  ist  sehr  gross.  2)  Und  zuerst,  nachdem  du  die  vier 
Buchstaben  auf  Eisen  und  Gold  geschrieben  hast,  schreib  sie  mit 
glühenden  Kohlen  drei  Mal,  und  zuletzt  der  bezauberte  Character 
will  erscheinen.  Und  wenn  er  erschienen ,  mische  SenfÖl  und 
Sesamöl  und  schüttle  es  mit  Wasser.  Dann  mit  der  allmächtig- 
sten Mantra  Om  binde  Bodan  (Buddha) ,  binde  Damman   (das 


Beschwönings-Formeln.  37 

Gesetz) ,  binde  Tangan  (die  Priesterschaft) ,  und  nachdem  du  mit 
Wasser  -  Sprenkeln  den  unteren  Platz  gewaschen  und  gereinigt, 
lege  es  dorthin ,  dann  will  niemals  Lähmung  der  Glieder  ent- 
stehen und  dich  überkommen.  3)  Mit  reinem  Gold ,  mit  rothem 
Gold,  und  der  holzigen  Substanz  der  rothen  Erde  bilde  einen  Kreis, 
zeichne  Figuren  von  Nats  (Göttern)  und  Belus  (Ungeheuern) 
hinein.  Zur  linken  Hand  zeichne  eine  Erscheinung,  die  den  Ver- 
wünsch ungs-Stab  erhebt,  zur  rechten  eine  Erscheinung  mit  dem 
Schwerte  auf  der  Schulter.  Schreibe  rings  um  die  stehenden 
Figuren:  „Ohm,  yekko,  gumban,  erscheine,  0  Lehrer,  erschein!" 
und  schreibe  die  neun  Buchstaben  um  die  neun  Buchstaben  des 
unteren  Yekko.  Mit  dieser  Gatha  geh  zur  Pagoda,  ßeis  und 
Wasser  tragend  und  murmele :  „Ueisse  Liebe  flöss'  ein."  Dann 
schneide  ab  mit  einem  Meissel  von  reinem  Gold.  Willst  du  die 
Stärke  probiren ,  füge  es  einem  Küken  ein.  Von  allen  Dingen, 
für  die  es  nützlich  ist,  kann  ich  nicht  sprechen.  Von  den  vielen 
Eigenschaften  nur  wenige  können  erwähnt  werden.  Das  Haupt- 
buch dieser  Mo-Zea  (magische  Doctoren)  heisst  Naktarapukyam 
und  soll  von  SOOOYathay  (Eremiten)  geschrieben  sein.  Es  wurde 
ins  Birmanische  übersetzt  durch  den  Eremit  Mathekka. 

Hörend,  dass  sich  in  Promo  ein  berühmtes  Nathans  berände, 
forderte  ich  meinen  Begleiter,  einen  jungen  Bürgerssohn  der 
Stadt,  der  mit  allen  Lokalitäten  gut  vertraut  war,  auf,  mich  dort- 
hin zu  begleiten.  In  einer  abgelegenen  Seitengasse  des  Bazaars 
stiegen  wir  zu  der  ersten  Etage  eines  birmanischen  Hauses  hin- 
auf und  fanden  dort  auf  einer  Erhöhung  Piedoschamatt,  den 
Schutzgott  Prome's,  mit  einer  beflügelten  Figur  neben  sich.  Als 
wir  die  dazu  gehörige  Frau  riefen,  kam  sie  bleich  vor  Schrecken 
herbei  und  behauptete,  von  Nichts  zu  wissen.  Dies  wären  nur 
zwei  Puppen,  die  sie  im  Nachlasse  ihres  kürzlich  in  hohem  Alter 
verstorbenen  Vaters  gefunden ,  und  dort  hingestellt  habe.  Die 
frischen  Opfergaben,  die  niedergelegt  waren,  zeigten  indess,  dass 
der  Nat  noch  jetzt  eifrig  von  Kranken  besucht  wird,  aber  die 
Ausüber  dieser  zweifelhaften  und  von  den  autorisirten  Zauber- 
priestem  als  schwarze  Magier  verschrieenen  Künste  haben  nie 
gern  mit  der  Regierung  zu  thun  und  der  Besuch  eines  Europäers 


38  Voa  Prome  nach  Thayetrayo. 

Hess  sie  vermuthen ,  dass  es  auf  eine  besonders  scharfe  Unter- 
suchung abgesehen  sei. 

In  einer  nahegelegenen  Pagode  fanden  wir  die  Wände  mit 
bunten  Bildern  bedeckt,  besonders  Maina,  den  Höllengott,  und 
die  durch  seine  Trabanten  in  unverantwortlicher  Weise  malträtirten 
Verirrten  darstellend.  In  der  von  einem  Hindu  aus  Madras  gebauten 
Pagode  in  Ava  wurden  solch  religiöse  Gemälde  an  Crawfurd  von 
den  Birmanen  als  siamesische  bezeichnet.  Mehrere  andere 
Pagoden  waren  ohne  Spitze ,  die  sie  in  einem  vorjährigen  Erd- 
beben verloren  hatten. 

Ich  verbrachte  einen  Theil  des  Nachmittags  bei  dem  alten 
Sikay  (Richter),  einem  Talein  von  Abstammung,  der  mich  in  die 
Vorgeschichte  Prome's  einzuweihen  suchte.  Zur  Zeit  des  alten 
Yathay-myo  habe  esKayan-myo  (die  Stadt  der  Kanian)  geheissen 
und  der  Name  Thijikittia  rtthre  daher,  weil  König  Dwattabong  die 
eingebomenPyus  durch  das  Kunststtlck  einer  in  Stränge  geschnit- 
tenen Haut  um  den  ihnen  gehörigen  Grundbesitz  betrogen  habe. 
Die  Pyus  seien  von  derselben  RaQC,  wie  die  Schan  gewesen. 
Von  den  einen  dem  aracanischen  ähnlichen  Dialect  sprechenden 
Kanian ,  die  an  Armen  und  Beinen  kurze  Kleider  trugen ,  fänden 
sich  Reste  bei  Mendung,  und  von  den  Seths,  die  ein  birmanisches 
Idiom  sprächen,  bei  Schwesaijan.  Das  durch  Schin-Bodagosa 
aus  Tiho  nach  Thatung  gebrachte  Alphabet  sei  später  mit  den 
Shin-Arahan  nach  Prome  gekommen,  und  von  dort  nachPagan  ge- 
schickt in  Folge  einer  darum  bittenden  Gesandtschaft  des  Königs. 

In  der  Abendgesellschaft  des  Major  Brown  hörte  ich  viel 
von  den  Räuberbanden  der  Dacoits  erzählen,  die  damals  ver- 
schiedene Theile  des  Districtes  brandschatzten  und  durch  ihr 
Plündern  und  Morden  die  Bevölkerung  in  Schrecken  setzten.  In 
Thayetmyo  hatten  sie  eine  Abtheilung  der  Seapoys  abgeschnitten 
und  waren  so  frech  geworden,  vor  einigen  Nächten  das  in  Prome 
selbst  gelegene  Haus  des  Gehtilfs- Bevollmächtigten  ganz  in  der 
Nähe  eines  Wachtpostens  zu  ttberfallen.  Er  selbst  rettete  sich 
durch  eilige  Flucht,  da  es  auf  sein  lieben  abgesehen  war,  aber 
seine  Frau  und  Tochter  wurden  im  Bette  besucht  und  um  Heraus- 
gabe ihrer  Schmucksachen  angegangen. 


Das  Waldkloster.  39 

Während  meines  Aufenthaltes  in  Prome  machte  ich  einen 
Ausflug  nach  der  Pagode  Thoa-yakyoung  oder  dem  Waldkloster, 
das,  wie  sein  Name  besagt,  in  stiller  Waldeinsamkeit  in  einem 
frei  ausgehauenen  und  somit  sehr  ungesunden  Platz  steht.  Es 
ist  wegen  der  Gelehrsamkeit  seiner  Miinche  bekannt  und  deshalb 
als  Schule  berühmt,  aber  einen  grossen  Theil  der  Knaben  fanden 
wir  fieberkrank  damiederliegen ;  die  übrigen  lagen  auf  Ellbogen 
und  Armen  mit  ihren  Büchern  vor  sich  und  studirten  eifrig.  Eine 
am  Eingange  mit  Sculpturen  verzierte  Höhle ,  die  Thoa  you  kuh 
genannt,  soll  lange  der  Aufenthalt  eines  heiligen  Eremiten  gewesen 
sein,  der  später  nach  Aracan  ging.  Als  ich  dem  Abt  des  Klosters 
meine  Aufwartung  machte,  befand  sich  in  seinem  Zimmer  ein  an- 
gesehener Einwohner  Prome's ,  der  sich  gerade  im  Kloster  auf- 
hielt, um  auf  seine  Kosten  einige  Figuren  aufsetzen  zu  lassen. 
Da  ich  ihn  im  Laufe  des  Gesprächs  in  seiner  Art  gut  unterrichtet 
fand,  zeichnete  ich  einige  Notizen  aus  seinen  historischen  Mit- 
theilungen auf:  Nach  dem Mahayasuen,  der  in  Ceylon  (Tiho  oder 
der  Insel)  geschriebenen  Geschichte  Biniia's,  kamen  die  aus 
Misimadesa  durch  Kriege  vertriebenen  Birmanen  nach  Tagaung 
unter  König  Abisaya  und  schickten  auf  die  Bitten  der  mit  den 
Kanian  lebenden  Pyu's  Besandi,  die  Tochter  des  Kanyasagyi, 
mit  birmanischer  Begleitung,  als  Königin,  dorthin.  Nach  60  Jah- 
ren wurde  Duttaboung  in  Pyu-myo,  hinter  der  jetzigen  Seh wesan- 
dau-Pagode,  auf  der  Stelle  der  Pagoden  Yunjandau  und  Paela- 
tingau  geboren ,  und  herrschte  als  der  Erste  der  birmanischen 
Könige.  Vor  1303  Jahren  gründete  er  die  Stadt  Yayet-myoo,  die 
durch  die  drei  Völker  der  Pyu ,  Kanian  und  Sett  gemeinsam  be- 
wohnt wurde.  Ihm  folgte  sein  Sohn  Tudeyang  und  nach  25  Kö- 
nigen Zena,  der  letzte  des  Geschlechts,  mit  dem  Yayet-myoe 
zersttirt  wurde.  Für  11  Jahre  sass  kein  König  auf  dem  Thron,  und 
die  Pyu ,  Kanian  und  Setts  erschlugen  sich  einander  in  ununter 
brochenen  Kriegen,  bis  Thamothiet,  der  König  Pagan's,  das  Land 
eroberte.  Bis  auf  Somunit,  den  Letzten,  herrschten  55  Könige 
in  dem  dann  durch  die  Chinesen  zerstörten  Pagan.  Einer  dieser 
Pagan- Könige,  Thayopieh  genannt,  hatte  durch  seinen  Sohn 
Thihet-thau  das  jetzige  Prome  erbauen  lassen,   das  nach  dem 


40  Von  Prome  nach  Thayetmyo. 

Rückzuge  der  Chinesen  durch  Thaydomimbia,  König  von  Ava, 
erobert  wurde.  Als  nach  43  Königen  Sanaymin  (der  Sonnabend- 
'König)  herrschte,  kamen  die  Talaings  vonPegu,  unter  König  Ya- 
gadiye,  Prome  und  Ava  zu  erobern,  welche  Städte  sie  besetzt  hiel- 
ten, bis  Aloumimbea's  (Alompra's)  Siege  ihre  Herrschaft  brachen. 

Da  uns  für  den  Tag  noch  viel  zu  thun  blieb,  nahmen  wir 
Abschied  von  unserem  Erzähler ,  um  den  sich  bald  ein  Kreis  von 
Lauschern  gebildet  hatte ,  und  stiegen  wieder  zu  Pferde.  Noch 
weiter  im  Walde  hinein  lag  das  Kloster  Schemakathia,  auf  dessen 
Pagoden-Platform  ein  Niaunsbaum  stand,  der  früher  und  vielleicht 
noch  jetzt  verehrt  wurde.  Von  den  vielen  Figuren  im  Götzenhause 
konnten  die  dahin  gefolgten  Novizen  mir  keine  speciellen  Namen 
angeben,  sondern  sagten,  sie  unterschieden  sie  nur  als  Yettamu 
(Stehende),  Theminyu  (Sitzende)  undLeaunomu  (Liegende).  Ein 
Mönch,  den  ich  in  seiner  Zelle  besuchte,  nannte  mir  die  Namen 
von  26  Buddha's,  die  vor  Gautama  existirten.  Nach  ihm  wird 
Arimatheiya  erscheinen  und,  wenn  die  Erde  zerstört  ist,  fünf 
weitere  Buddha's  in  einer  andern  Welt. 

Im  Weiterreiten  erzählte  mir  mein  gesprächiger  Begleiter 
von  dem  Ingbaum  des  Waldes ,  der  sich  im  hohen  Alter  in  Stein 
verwandelt  und  zum  Feuerschlagen  dient,  sowie  von  den  unter 
der  Haut  eingefügten  Amuletten  seiner  Landsleute,  zu  deren 
wirksamer  Verfertigung  das  Gold  heimlich  aus  den  Pagoden  ge- 
stohlen und  die  Sterne  verehrt  werden  müssten.  Der  Eisenholz- 
baum (Inga  xylocarpus)  oder  Pyenkado  ist  in  den  Wäldern  Birma's 
zu  Hause  undistwerthvoll,  weil  er  weder  von  den  weissen  Ameisen 
noch  dem  Wetter  angegriflFen  wird.  Man  verwendet  ihn  besonders 
zum  Brückenbau.  Da  das  Holz  schwerer  als  Wasser  ist,  wird  es 
beim  Hinabflössen  mit  Bambus  verbunden. 

Nachdem  wir  eine  Zeitlang  auf  Waldwegen  fortgeritten, 
kamen  wir  an  eine  Lichtung,  auf  der  Ochsen  gras'ten,  und 
standen  vor  der  in  vier  Terrassen  aufgebauten  Kuppelpagode 
Phayagyi,  eine  ungeheure  Structur,  deren  Errichtung  auf  Dwat- 
tabong  zurückgeführt  wird,  denn  wir  waren  jetzt  an  dem  äusseren 
Walle  des  alten  Yathay-myo  angekommen ,  an  dessen  nordwest- 
licher Ecke  diese  Phaya-gyi-Pagode  errichtet  war.    Gegenüber 


Die  Ruinen  von  Yathajmjo.  41 

stand  ein  Zayat  zum  Ausruhen  fttr  Reisende  und  auch  ein  Tzein, 
ein  solches  Gebäude,  in  welchem  die  Pungyi  sich  gegenseitig 
beichten.  Laien  dagegen  beichten  im  Zayat,  wo  der  Pungyi 
zu  ihnen  kommt.  Colossale  Steinblöcke  lagen  an  dem  Fuss  des 
Paya-gyi  umher  und  auf  einem  derselben  sah  ich  unter  einem 
gelben  CanopyThonmedaillons  mit  Buddha- Abdrücken  ausgelegt, 
die ,  gleich  den  in  Tagoung  gefundenen ,  solchen  gleichen ,  wie 
man  sie  noch  überall  in  der  Mongolei  trifft.  Auf  einem  der  hier 
am  Paya-gyi  von  mir  gesehenen  wurde  der  sitzende  Buddha  von 
zwei  Ziegenböcken  flankirt,  die  aufrecht  auf  den  Hinterfüssen 
standen.  Die  herbeigekommenen  Hirten  sagten ,  dass  man  beim 
Nachgraben  oft  auf  ähnliche  stiesse.  Sie  gaben  uns  einige 
Directionen  für  die  Explorirung  des  Ruinenfeldes  und  erzählten, 
dass  sie  vor  einigen  Tagen  von  ihren  Stücken  Vieh  durch  Tiger 
verloren  hätten ,  die  zwischen  den  verfallenen  Mauern  haus'ten. 

Nach  dem  Aufbrechen  sahen  wir  in  der  Entfernung  den  hohen 
Thurm  Payama's,  der  Pagode  der  nordöstlichen  Ecke,  wie  am 
südöstlichen  die  Pagode  Bobogyi  und  am  südwestlichen  die  Mien- 
bahu  stand.  Durch  sumpfigen  Morast  arbeiteten  wir  uns  zu  einem 
engen  Hohlwege  hin,  der  zwischen  hohen  Wällen,  die  mit  grossen 
Backsteinen  aufgeführt  waren ,  zum  Schwedagah  oder  dem  gol- 
denen Thore  (der  Eingang  zur  Stadt  von  Westen)  führte.  Die 
ganze  Trümmerstätte  war  in  eine  morastige  Wilderniss  verwan- 
delt, wo  hier  und  da  Erhebungen  die  Stelle  früherer  Gebäude 
zeigten,  aber  einige  Plätze  waren  in  Cultivation  genommen,  und 
wir  kamen  an  kleinen  Bananengärten  oder  Reisfeldern  vorbei,  um 
uns  dann  wieder  in  einen  dichten  Knäuel  ranker  Vegetation,  aus 
Domen  und  Schlingpflanzen  in  einander  gewirrt ,  verstrickt  zu 
sehen.  Auf  einem  freien  Weideplatze ,  wo  Knaben  auf  Ochsen 
hinter  ihren  Heerden  herritten,  sahen  wir  eine  breitgefächerte 
Palme  hoch  über  den  Bäumen  des  Waldes  vor  uns  emporragen, 
und  die  Hirtenknaben  sagten  uns,  dass  sie  auf  der  Höhe  des 
Ruinenhaufens  wüchse ,  in  den  Dwattabong's  Palast  zusammen- 
gebrochen sei.  Nachdem  wir  wieder  in  den  dichten  Wald  einge- 
treten waren  und  die  offene  Aussicht  verloren  hatten ,  schlugen 
unsere  Versuche ,   die  Stelle  zu  erreichen ,   lange  fehl ,   bis  ein 


42  Von  Prorae  nach  Thayetmyo. 

Feldhüter,  der  ein  Blasrohr  zum  Vogelschiessen  trug  und  gerade 
dort  uraherstreifte ,  uns  hinführte.  Weiter  war  aber  auch  Nichts 
erreicht,  denn  für  genauere  Untersuchung  hätte  erst  ein  Regiment 
Soldaten  herkommandirt  werden  müssen,  um  den  Jungel  umzu- 
hauen. In  der  Nähe  sahen  wir  die  Ueberreste  eines  viereckigen 
Teiches  (Dabiidjiunga  genannt) ,  der  zu  den  Palastgärten  gehört 
haben  soll.  Auch  die  Platform  wird  gezeigt,  wo  der  König  mit 
seinem  Hofstaate  früher  den  Bootrennen  beiwohnte,  zu  einer  Zeit, 
als  der  Irawaddi  vor  der  Veränderung  seines  Laufes  noch  an 
Yathaymyo  vorbeifloss.  Wie  Major  Brown  mir  schon  mitgetheilt 
hatte,  soll  die  geologische  Formation  der  Hügel  jenseits  des  Ira- 
waddi mit  denen  Prome's  ganz  identisch  sein,  dagegen  sich  hinter 
den  letztern  diie  deutliche  Spur  eines  alten  Flussbettes  erkennen 
lassen  und  in  der  regnigten  Jahreszeit  auch  jetzt  noch  Wasser- 
Communicution  bis  nach  Rangunexistiren.  Durch  einen  niederge- 
brochenen Theil  der  Stadtmauer,  den  Montmorency  als  den  all- 
einigen Ueberrest  angiebt,  kamen  wir  wieder  aus  Yathaymyo 
oder  Rysi-Myo  hervor,  und  fanden  vor  derselben  in  Büschen  ver- 
steckt die  Ruine  der  thurmartigen  Pagode  Mundemah-payah  (die 
Pagode  der  BUckerin)  neben  der  aus  abwechselnden  Lagen  von 
Steinen  und  Ziegeln  aufgebauten  Jektauntapayah.  Auf  dem  Rück- 
wege nach  Promo  kamen  wir  an  einer  Palmpflanzung  vorbei ,  an 
deren  Stämmen  Leitern  herabhingen,  um  den  Toddysammlern 
das  Hinaufsteigen  zu  erleichtem.  Einer  derselben  kam  gerade 
mit  gefüllten  Töpfen  herab ,  und  da  wir  den  ganzen  Tag  Nichts 
genossen  hatten,  war  uns  der  frische  Saft  eine  grosse  Erquickung. 
In  Kambodia  arbeitet  sich  der  Sammler  mit  Hülfe  eines  Reifens 
hinauf,  durch  den  er  seine  Füsse  andrückt.  Der  Fruchtstengel 
wird  erst  längere  Zeit  zwischen  Hölzern  gepresst  und  dann  immer 
weiter  zurück  angeschnitten ,  um  das  freie  Ausfliessen  zu  unter- 
halten. Auf  die  Laudstrasae  zurückkommend,  fanden  wir  dieselbe 
durch  eine  lange  Reihe  der  schweren  Karren  Birma's  blokirt,  die 
den  im  Jungel  aufgekauften  Reis  nachProme  brachten.  Ihre  Räder 
bestehen  aus  einer  massiven  Holzscheibe  und  *die  Deichsel  steht 
in  einer  hohen  Curve  und  vielfach  verziert  zwischen  zwei  Ochsen- 
gespannen hervor. 


Der  Po-nh-thaun.  43 

Am  nächsten  Tage  sollten  einige  Punkte  an  der  andern  Seite 
des  Flusses  besucht  werden,  und  mein  bisheriger  Begleiter,  ein 
junger  Bursche,  dei*  einige  Jahre  dieRcgierurigsschule  in  Rangun 
besucht  hatte,  wollte  das  Boot  zum  Ueberfahren  besorgen.  Das 
von  ihm  gebrachte  war  aber  so  schmal ,  dass  es  sich  nach  dem 
Einschiffen  der  Gesellschaft,  zu  der  noch  der  jüngere  Bruder 
meines  Fuhrers  und  zwei  seiner  Freunde  gehörten,  nur  eben  Über 
dem  Wasser  hielt.  Dafür  würde  aber  auch  das  Ziehen  stromauf- 
wärts nachher  um  so  leichter  sein ,  hatten  sie  sich  schlau  genug 
berechnet,  wären  aber,  als  wir  uns  auf  der  Mitte  des  breiten 
Stromes  befanden ,  doch  lieber  in  einem  grösseren  gewesen.  An 
der  Pagode  Schwebunda-paya  vorbei ,  deren  Ecken  mit  Drachen, 
Blumen  und  anderen  Formen  ausgemalt  sind,  legten  wir  am  Fusse 
des  zu  besteigenden  Anaupet-thaun-Berges  an  und  improvisirten 
dort  ein  Frühstück.  Da  Schwefelhölzer  vergessen  waren ,  sollte 
Feuer  aus  zwei  harten  Bambuhölzern  hervorgerieben  werden, 
aber  obwohl  Rauch  ziemlich  bald  hervorkam,  konnten  sie  es  nicht 
zum  Feuer  bringen,  da  ihnen  die  Kraft  zur  Ausdauer  fehlte,  und 
mussten  schliesslich  das  Boot  nach  dem  nächsten  Fischerdorf 
dafür  ausschicken.  Beim  Dessert  gab  uns  einer  der  jungen  Fante 
seine  Liebeslieder  zum  Besten ,  in  denen  er  seine  Auserwählte  in 
Navawasi  (Prome)  als  die  Schönste  der  Schönen  pries ,  der  die 
Schönheit  der  schönste  Schmuck  sei  und  anderen  überflüssig 
mache.  Wir  folgten  dann  einem  engen  Waldpfade,  der  sich  um 
den  Berg  wand ,  und  zuletzt  im  steilen  Ansteigen  auf  den  frei 
stehenden  Gipfel  führte,  wo  die  Pagode  Poudau  sich  erhebt.  Die 
Tafelplatte  des  Pic's  fällt  in  drei  Seiten  mit  schroffen  Fels- 
wänden ab.  Man  überschaut  eine  ungeheure  Waldwildniss ,  die 
bis  zu  dem  durch  das  Yoma- Gebirge  umzogenen  Horizont  fort- 
wogt, während  auf  der  anderen  Seite  der  Irawaddi  mit  seinem 
breiten  Wasserstreifen  den  grünen  See  durchbricht  und  von  jen- 
seits, aus  Prome,  die  goldene  Pagode  Schwesandoh's  herüberglänzt. 
Auf  diesem  Berge,  an  der  Stelle  der  Pagode  Tanjin-dau,  soll 
Gautama  auf  das  damals  noch  unbewohnte  Land  niedergeblickt 
und  die  künftige  Gründung  Prome's  prophezeit  haben.  Auf  einem 
platten  Steine  waren  zwei  Poe's  ausgehauen,   menschenähnliche 


44  ^on  Prome  nach  Thayetmyo. 

Geschöpfe  mit  stumpfer  Schnauze,  die  in  anbetender  Stellung 
hingeworfen  sind  und  um  deren  Glieder  sich  Blttthenstengel 
wanden.  Sie  werden  als  die  Ur-Eltern  Poe-ina  und  Poe-ba  ge- 
nannt und  sollen  in  zwei  Höhlen  unten  am  Berge  gelebt  haben, 
aus  denen  sie  zur  Verehrung  heraufkamen  und  in  Stein  verwan- 
delt wurden.  Der  Name  wird  in  Büchern  zuweilen  durch  Bam- 
buratze,  zuweilen  durch  Ringwurm  übersetzt.  Mein  Begleiter 
sagte  einfach,  dass  diese  Geschöpfe  ausgestorben  seien  und  er  sie 
nicht  kenne.  Vielleicht  mögen  sie  Biber  darstellen  sollen ,  ein 
Thier,  das  auch  in  Kambodia  unter  dem  mit  Nath  und  Naga  zu- 
sammenlaufenden Namen  Neakh  eine  ähnliche  Rolle  in  der 
Schöpfung  spielt,  wie  bei  den  amerikanischen  Indianern.  Ein 
Büchergelehrter  in  Prome  sagte,  dass  sie  Gautama  bei  seiner 
Ankunft  mit  Staub  verehrt  und  dass  dieser  dem  männlichen,  den 
er  zuerst  getroffen,  verkündet  habe,  dass  er  König  werden  würde, 
davon  käme  der  Name  des  Berges  apo  (männlich),  u  (zuerst)  und 
taun  (Berg),  als  Po-u-taun.  Die  freien  Miaotsen  auf  der  Grenze, 
Yunnan  und  Kieutscheou  werden  von  den  Chinesen  Mulao  (Baum- 
ratten) genannt.  Unter  einem  Strohdache  neben  der  Pagode  stand 
eine  an  beiden  Seiten  mit  Pali-Inschriften  in  einem  omamentalen 
Charakter  bedeckte  Steinplatte ,  und  als  ich  sie  untersuchte ,  be- 
obachteten meine  Gefährten  jede  meiner  Bewegungen,  um  viel- 
leicht die  Stelle  des  vergrabenen  Schatzes  zu  erspähen,  dessen 
Schlüssel  sie  mich  dort  ablesend  glaubten. 

Als  wir  auf  der  Rückkehr  flussabwärts  trieben ,  riefen  die 
Birmanen  an  einer  ihnen  bekannten  Stelle  ein  lautschallendes 
Echo  hervor,  das  in  immer  erneuten  Wiederholungen  durch  die 
Berge  widerhallte.  Beim  Abendessen  erzählte  mir  Capitain  Brown 
von  seiner  Stellung  in  Dalhousie ,  welche  mit  grossen  Erwartun- 
gen angelegte  Station  durch  die  Stürme  des  Monsun's  und  Ueber- 
schwemmungen  trotz  aller  Schutzversuche  geradezu  zerstört 
wurde.  Ich  sah  einige  der  geschätzten  Goldfische  mit  buschigem 
Schwanz,  die  der  König  Birma's  zuweilen  zum  Geschenk  giebt 
und  die  durch  einen  von  ihm  employirten  Armenier  nach  Prome 
gekommen  waren. 


Die  Besiedelnng  Prome*».  45 

Hinter  der  Malogih-Pagode  finden  sich  in  dem  weichen  Sand- 
stein verschiedene  Höhlen,  yon  denen  die  früher  von  einer  Nonne 
bewohnte  Mellu-Höhle  Spuren  von  Sculpturen  zeigen  soll.  Ich 
fand  sie  zum  Theil  aus  Ziegeln  nachgebaut,  um  das  bröckelnde 
Gestein  zu  unterstützen.  Nachdem  wir  über  das  HUgelplateau 
fortgegangen,  auf  dem  früher  eine  gepflasterte  Heerstrasse  be. 
standen  haben  soll,  stiegen  wir  in  ein  anderes  Thal  hinab,  wo 
am  Eingange  der  Kayguh  oder  Bleihöhle ,  die  früher  eine  Zeit 
lang  Räubern  zum  Versteck  diente ,  die  Figuren  von  Belu  oder 
Ungeheuern  in  den  Stein  geritzt  sind.  Als  eine  schon  vor  Dwat- 
tabong*s  Zeit  gebaute  Pagode  wird  die  von  Sudaunbieh  ge- 
nannt. Ein  birmanischer  Angestellter,  der  mich  mit  Herrn 
I^uis  auf  dieser  Expedition  begleitete,  erzählte  von  Iriga  undBe- 
liga,  zwei  Prinzen  von  den  Maldiven  und  Laccadiven*),  die,  durch 
eine  Revolution  bei  ihres  Vaters  Tode  vertrieben,  auf  dem  da- 
mals in  seinem  I^ufe  noch  unveränderten  Flusse  nach  der  Stelle 
des  jetzigen  Promo  segelten  und  eine  kleine  Pagode  errichteten, 
über  welcher  Dwattabong  später  die  prächtige  Structur  des 
Schwesandoh  baute.  Bei  der  Ankunft  jener  Prinzen  war  das  Land 
von  den  wilden  Pyus  bewohnt,  deren  noch  jetzt  mitunter  ange- 
troffene Ueberreste  eine  dem  Dialecte  der  Yabain  ähnliche  Sprache 
sprechen.  Yabain  ist  der  allgemeine  Name  der  Seidenzüchter  in 
Birma,  bezeichnet  aber  im  Speciellen  den  bei  Jenbiin  angesiedel- 
ten Stamm  im  Tharawaddi-Districte.  Ein  belesener  Birmane,  der 
viele  Jahre  im  Priesterstande  zugebracht,  und  also  den  Studien 
hätte  widmen  sollen ,  stellte  es  anders  dar.  Nördlich  von  Ava 
und  östlich  von  Tagoung  wurde  durch  Kaniasagyi  die  Stadt 
Thinduae  gegründet,  und  100  Jahre  später  wanderte  Tijikittia 
mit  500  Birmanen  nach  der  Wildniss  von  Promo  aus,  die  damals 
von  einem  besondem  Volke  bewohnt  wurde,  von  welchem  Jeder 
mit  seinem  30.  Jahre  in  den  Mönchsstand  trat  und  in  einer  ab- 
gelegenen Einsiedelei  sein  Leben  beschloss ,  als  ein  Yathay  oder 
Eremit.     Diese  Leute  schnitten  nicht  ihr  Haar  ab,  wie  die  von 


*)  Vielleicht  das  Maccadafla,  worunter  nacli  Kämpfer  die  Ceylonesen  das 
GelmrtBland  Bndhnm's  in  Slam  verstehen  (Malchadwipa). 


46  ^on  Prome  nach  Tbayetmyo. 

Gautama  eingeführten  Priester,  sondern  banden  es  in  einem  Kno- 
ten auf,  und  Hessen  es  als  Turban  dienen.  500  Jahre  später, 
während  ein  anderer  König  des  Namens  und  Geschlechtes  Tiji- 
kittia  herrschte,  kamen  Iriga  und  Beliga,  zwei  Kaufleute  dort- 
hin, und  begruben  mitgebrachte  Haare  Gautama's  an  der  Stelle, 
wo  später  die  Schwesandoh  erbaut  wurde.  Dann  kamen  aus  Ta- 
goung  die  Brttder  Sulatambua  und  Mahatambua,  die  wegen 
Blindheit  von  ihrem  Vater  ausgesetzt,  aber  am  Wege  durch  einen 
Belu  geheilt  waren,  und  sich  am  Raka-Bache  in  der  Nähe  Pro- 
me*s  niederliessen.  Nachdem  sie  ihre  erkannte  Base  gehei- 
rathet ,  wurden  beide  die  Väter  Dwattabong's  (des  aus  Zwei  Zu- 
sammengesetzten),  der  die  Stadt  Yathay-myo  (die  Stadt  der 
Eremiten)  gründete.  Diese  Yathay  spielen  in  den  birmanischen 
Sagen  dieselbe  Bolle,  als  die  Rüsi  oder  Rischi  in  der  siame- 
sischen Vorgeschichte. 

Von  Dwattabong,  als  dem  grossen  Volkshelden,  ist  Alles 
in  Prome  voll  und  jedes  Kind  auf  der  Strasse  weiss  von  ihm 
zu  erzählen.  Neben  der  grossen  Glocke  in  der  Schwesandoh- 
Pagode  stehen  vier  Löwen  und  auf  einem  derselben  sitzt  Dwatta- 
bong beritten,  mit  dem  berüchtigten  Fleck  (hme)  auf  der  linken 
Backe.  Die  dort  herum  wandernden  Beter  erzählten  mir,  dass 
dieser  Fleck  früher  lebendig  gewesen  und  jeden  andern  Tag  von 
einer  Backe  zur  andern  übergegangen  sei.  Die  Geschichte  setzt 
ihn  als  drittes  Auge  auf  die  Stirn,  doch  hatte  auch  der  Tausend- 
äugige  seine  zweifelhaften  Embleme  über  den  ganzen  Körper 
zerstreut.  Auf  einer  andern  Figur  Dwattabong's  war  diese 
Harke  ganz  verwischt  durch  das  stete  Küssen  und  Berühren  der 
Gläubigen. 

Die  reformatorische  Secte  der  Paramat's  (Parsnawat),  die 
ihr  Beginnen  ungefähr  im  Anfange  dieses  Jahrhunderts  nahmen, 
ist  besonders  zahlreich  in  Prome,  weil  sie  dort  unter  englischem 
Schutze  die  Verfolgung  des  birmanischen  Königs  nicht  zu  fürchten 
hat.  Ihre  Grundsätze  wurden  am  frühesten  auf  dem  Sinpyoo- 
Khwyun,  der  weissen  Elephanten-Insel,  unterhalb  Pagan  ausge- 
sprochen. König  Bodo  bekannte  sich  damals  öffentlich  zum 
Glauben  der  Paramat's,  folgte  ihren  Vorschriften  und  zwang  den 


Ein  birmanischer  Kocb.  47 

Thathanabhyne ,  den  Hohenpriester  der  Buddhisten,  sich  zu  ver- 
heirathen.  Die  Paramat's  verwerfen  die  Anbetung  der  Pagoden 
und  Bilder,  nur  den  Nyan-dau  (die  göttliche  Weisheit)  verehrend. 
Sie  glauben  an  die  Existenz  eines  höchsten  Wesens  der  Ewigkeit, 
das,  einem  goldenen  Lichtberge  gleich ,  in  den  Höhen  des  Him- 
mels wohnt,  aber  sterblichen  Augen  unsichtbar  ist  und  keinen 
Antheil  an  irdischen  Dingen  nimmt.  Die  amerikanischen  Mis- 
sionäre meinten,  nach  Birma  ausgestreute  Ideen  Payne's  in  diesen 
Freidenkern  zu  finden,  voll  Verwunderung,  ihren  alten  Feind 
auch  dort  zu  treiTen. 

Als  ich  mich  wieder  zur  Abreise  rüstete ,  wurde  ich  durch 
einen  jungen  Studiosus,  der  soeben  von  der  hohen  Schule  ausAva 
zurückgekommen,  besucht,  der  nur  von  den  Geheimnissen  der 
San-Sprache  schwärmte ,  die  er  dort  von  deip  Professor  Umedah 
im  Kloster  Gujitaik  gelernt.  Er  zählte  mir  60  verschiedene  Arten 
auf,  das  birmanische  Alphabet,  je  nach  der  Veränderung  der 
Vocale,  zu  schreiben.  Ein  anderer  sprach  von  einer  Geheim- 
schrift, die  nur  im  Spiegel  zu  lesen  sei,  also  im  Schreiben  mit 
der  linken  Hand  bestand. 

Während  der  ganzen  Zeit  meines  Aufenthaltes  in  Promo 
hatte  Moung  Schweb,  mein  schon  erwähntes  Factotum  aus  dem 
Karenstamm,  krank  darnieder  gelegen  und  ich  musste  ihn  bei 
der  Abreise  ins  Boot  tragen  lassen.  Auch  mein  bengalischer 
Koch  suchte  alle  möglichen  Ausflüchte ,  um  seine  Entlassung  zu 
erhalten ,  da  seine  Frau  in  Promo  wohnte  und  es  wahrscheinlich 
schon  in  Kangun  seine  Absicht  gewesen  war,  nur  so  weit  mitzu- 
gehen. Obgleich  ich  ihn  durch  den  Contract  hätte  halten  können, 
war  mir  nicht  viel  daran  gelegen,  da  ich  im  Gegentheil  wünschte, 
einen  birmanischen  Koch  zu  versuchen ,  um  nur  Birmanen  im 
Boot  und  dadurch  noch  mehr  Gelegenheit  zum  Hören  der  Sprache 
zu  haben.  Erst  nachdem  ich  ihm  schon  die  Erlaubniss  zum  Bleiben 
gegeben,  wurde  mir  klar,  dass  das  Engagiren  eines  Koches  nicht 
eine  so  leichie  Sache  ist,  wie  ich  es  mir  vorstellte.  Verschiedene 
Individuen  stellten  sich  ein ,  da  sie  von  meinem  Wunsche  gehört 
hatten.  Mit  einem  derselben ,  der  mir  besonders  gefiel ,  war  ich 
iehon  ziemlich  im  Reinen ,  ich  hatte  sogar  beinahe  schon ,  was  in 


48  ^on  Prome  nach  Thayetmyo. 

Birma  oft  eine  Herkulesarbeit  ist,  alle  Onkel  und  Tanten,  Vettern 
und  Basen,  Brüder  und  Schwestern,  nebst  Vater  und  Mutter  unter 
einen  Hut  gebracht  und  die  Einwilligung  erhalten,  dass  dieser 
ihr  geliebter  Verwandter  von  hinnen  ziehen  dürfe,  als  sich  ganz 
unerwartet  ein  neuer  Knoten  schürzte.  Indem  ich  ihm  seinen 
Vorschuss  auszahlte,  gab  ich  ihm  eine  Summe  Geldes  ausserdem, 
um  auf  dem  Markte  Hühner  zu  kaufen ,  etwa  ein  halbes  Dutzend. 
„Hühner,  fragte  er,  wofür  denn?"  „Wofür,  Tolpatsch?  nun  zum 
essen I""  „Ja,  aber,  Euer  Gnaden,  die  Hühner  sind  lebendig.*' 
„Nun,  sagte  ich,  freilich  bleiben  sie  frischer,  wenn  man  sie  leben- 
dig mitnimmt  und  nur  jeden  Tag  eins  schlachtet."  Bei  diesen 
Worten  fiel  er  vor  Schreck  beinahe  rücklings  über.  £r  hatte 
schon  vorher,  nach  birmanischer  Sitte,  auf  den  Knieen  gesessen, 
aber  jetzt  wand  ersieh  wie  ein  Wurm  auf  der  Erde,  höchlichst 
betheuemd ,  dass  er  kein  unschuldiges  Huhn  ermorden  könne, 
dass  er  so  viele  Hühner  kochen  wolle,  als  ich  es  ihm  geböte,  sie, 
braten  oder  zum  Ragout  zerhacken,  aber  einen  Todtschlag  könne 
er  nicht  begehen.  Da  war  ein  Dilemma.  Mein  Jack  of  all  trades 
konnte  sich  nicht  rühren,  und  auf  die  Bootsleute,  die  schon  lange 
meine  tägliche  Verheerung  unter  dem  Hühnervolke  mit  Grausen 
angesehen  hatten,  war  für  solche  Hülfsleistung  nicht  zu  rechnen. 
Es  blieb  nichts  übrig ,  als  den  schon  gemachten  Contract  wieder 
zu  zerreissen ,  und  da  ich  eines  Koches  wegen  keinen  Aufenthalt 
haben  wollte,  reis'te  ich  ohne  solchen  ab  und  fand  erst  inThayet- 
myo  einen  Madrassy,  der  gerade  seinen  Herrn  verloren  hatte 
und  der  natürlich ,  wie  alle  seine  Landsleute ,  weder  diese  noch 
sonstige  Scrupel  kannte. 

Am  23.  November  brachen  wir  von  Prome  auf  und  hatten  bei 
der  Hinauffahrt  noch  einen  vollen  Blick  auf  den  steilen  Tempel 
des  Poutaun.  Bald  darauf  landeten  wir  auf  der  anderen  Seite 
des  Flusses,  an  einer  Stelle  des  Waldes,  wo  bunte  Wimpeln  an 
dem  Beginn  eines  hindurchfUhrenden  Pfades  aufgepflanzt  waren. 
Dieser  führte  zu  einem  kühl  beschatteten  Felsenthale ,  durch  das 
ein  schäumender  Bergstrom  rauschte  und  dann  zu  einer  breiten 
Steinplatte ,  mit  dem  Abdruck  des  heiligen  Fusses.  Noch  weiter 
aufsteigend,  b^Sud  ich  mich  plötzlich  unter  einem  ungeheuren 


Die  Feuerquelle.      .  49 

Riesengewölbe,  das  durch  die  schräg  überliegende  Bergwand 
gebildet  war.  Wo  die  schliessende  Hälfte  fehlte,  lag  innerhalb 
eines  Felsenkranzes  ein  trüber  See  am  Abhänge ,  aus  dem  ein 
Bach  ausfioss.  Schwarzdunkles  Laub  hing  über  den  Rand  des 
Felsbogens  herüber,  und  aus  den  Ritzen  des  Gesteins  fiel  ein 
Regen  sch>vcrer  Tropfen  nieder  auf  einen  langen  Block,  aus  dem 
die  Figur  des  Schinbarinpclleth ,  ein  berühmter  Gegenstand 
buddhistischer  Verehrung,  ausgehauen  war.  Auch  zeigten  die 
dort  hingestellten  Schirme  und  aufgehangenen  Zeuglappen,  frei- 
lich alle  schon  triefend  nass,  dass  erst  kürzlich  Pilger  des  Weges 
gekommen.  Als  ich  an  den  Fluss  zurückkehrte,  war  das  Boot 
aus  Missverständniss  bereits  weiter  gegangen  und  ich  holte  es 
erst  gegen  Abend  wieder  ein. 

Am  nächsten  Tage  zeigte  sich  die  Sekiatau-Pagode,  malerisch 
situirt  auf  pyramidalischen  Hügeln  und  in  der  Nähe  liegt  Kama, 
wo  in  der  trocknen  Jahreszeit  die  Feuerquelle  brennt  und  um  die 
Erscheinung  des  Nat-mih  (Feuer -Dämon)*)  gebetet  wird.   Der 


*)  Vor  AUcrs  wohnte  in  dem  Dorfe,  welches  jetzt  Nat-niih  genannt  wird, 
ein  (jirobschmied ,  welcher  nach  seinein  Tode  ein  Nat  wnrde ,  und  da  ihm  der 
Hang  zu  seinem  alten  Flandwerk  geblieben  war,  gründete  er  das  Geist -Fener 
(Nat-mih).  So  oft  ein  Dorfbewohner  ein  I)ha  oder  eine  Axt  oder  einen  Spaten 
brauchte ,  brachte  er  das  Eisen  ans  Feuer ,  legte  es  auf  demselben  nieder  und 
sprach:  „0  Herr,  mach'  aus  diesem  Eisen  ein  Dhn,**  und  wenn  er  den  nächsten 
Tag  zurückkam ,  fand  er  den  gewünschten  Gegenstand.  Nachdem  einst  ein  Mann 
ans  dem  Geschlechtc  der  Khyen  seine  Bitte  vorgebracht  und  das  Eisen  nieder- 
gelegt hatte ,  versteckte  er  sich  in  der  Nahe  im  Jnngel.  Wie  er  nun ,  als 
es  am  andern  Morgen  hell  wurde ,  ausschaute ,  sah  er  den  Geist  in  Menschen- 
gestalt ;  er  trug  einen  rothen  Putso  und  einen  rothen  Oounboung  und  arbeitete  an 
dem  gewünschten  Dha.  Da  rief  der  Khyen  aus:  „O  mein  Herr,  hast  du  mein 
Dha  noch  nicht  fertig?  Schaff  es  mir  eiligst,  ich  bitte  dich!**  Aber  der  Nat, 
darüber  aufgebracht,  sich  entdeckt  zu  sehen,  nahm  das  heisse  Dha  aus  dem 
Feaer  und  warf  es  dem  Khyen  an  die  Wange,  welcher  ganz  entsetzt  entfloh,  ohne 
auch  .nur  seine  Wunde  zu  untersuchen.  Nachdem  er  1  Vi  Dein  gelaufen  war, 
rastete  er  ein  wenig  und  rieb  sich  die  Wange ,  und  deshalb  heisst  das  dort  be- 
findliche Dorf  Pa-bweet  (Wange-Reiben).  Als  er  ungefähr  eine  Meile  weiter  ge- 
laufen war  und  sich  dann  niedersetzte ,  befiel  ihn  plötzlich  ein  heftiges  Zittern 
an  dem  Dorfe  Poen  (Zittern).  Abermals  weiter  laufend  ,  mosste  er  still  stehen, 
weil  das  Bläschen  seiner  Wange  barst  und  diese  aufschwoll  bei  dem  Dorfe  Pouk- 
Poe  Gu  (Bersten  der  Geschwulst).     Seitdem  arbeitete  der  Nat  nie  wieder  für 

Bastian,  Oatasien.   II.  ^ 


j 


50  Von  Prome  nach  Thayetmyo. 

Bootführer  vertrieb  sich  die  Stunden ,  wo  er  am  Steuer  sass ,  mit 
Singen  und  Hess  mich  einige  der  Lieder  aufsehreiben.  Das  be- 
liebteste war  das  des  Mandalay-Berges ,  auf  dessen  Spitze  er  für 
immer  mit  seinem  Liebchen  wohnen  möchte.  Er  hatte  auch  eine 
ziemliche  Kenntniss  der  Linga  oder  derüichtersprache,  worin  viele 
Wörter  des  gewöhnlichen  Birmanischen  eine  ganz  verschiedene 
Bedeutung  erhalten  oder  durch  andere  Bezeichnungen  substituirt 
werden.  Sein  Lieblingsdichter  hiessMontabieh.  Am  Abend  hielten 
wir  in  der  Nähe  einiger  Gärten,  und  Kinder  brachten  uns  Früchte 
zum  Verkauf.  Die  Schiffer  erzählten  sich  Räubergeschichten  über 
die  embryonalen  Könige,  Amintha  (Aloung-phaya),  die  in  Birma 
oft  aufstehen,  um  das  Volk  zum  Aufstande  aufzustacheln.  Einer, 
den  sie  1857  im  Bassein-Districte  gesehen,  wäre  durch  sein  Wort 
allmächtig  gewesen  und  Feuer  schnaubende  Rosse  flogen  in  der 
Luft  über  seinem  Haupte  hin  und  her.  Die  englischen  Polizisten,  die 
ihn  einsteckten,  scheinen  sich  darum  nicht  gekümmert  zu  haben. 
Nach  unserer  Ankunft  in  Thayetmyo  traf  ich  Capitain  Duff 
im  Gerichtshausc ,  und  wurde  von  ihm  nach  seiner  Wohnung  ge- 
führt, wohin  er  auch  das  Gepäck  bringen  licss.  Ich  konnte  so 
die  Zeit  meines  Aufenthaltes  zu  vielfachen  Unterhaltungen  mit 
diesem  intelligenten  Offizier  benutzen ,  der  es  für  seine  Pflicht 
hielt,  vorher  den  Geist  des  Volkes  zu  begreifen,  das  er  zu  regie- 
ren haben  würde,  und  der  mit  Interesse  darin  eingedrungen  ist. 
Durch  seinen  Posten  an  der  Grenze  des  eigentlichen  Birma  hat 
er  oft  Verhandlungen  mit  den  dortigen  Gouverneuren  und  er  zeigte 
mir  die  von  denselben  geschickten  Briefe,  mit  Seifenstein  be- 
schriebene Tafeln,  die  in  einen  hohlen  Bambu  gesteckt  und  nach 
dem  Umwinden   mit  Zeug  durch  einen  Pfau  versiegelt  sind      In 


die  Dorfbewohner ,  aber  noch  immer  brennt  sein  Feuer  in  der  Nähe  seiner  alten 
Heimath,  und  ein  Mal  in  jedem  Jahre  werden  alle  Feuer  imDorfe  ausf^elöscht  und 
wieder  an^rezundet  an  dem  Oeist-Fener,  denn  jeder  Dorfbewohner,  der  dem  (weist 
des  Feuers  Ehrerbietung  zu  zollen  unteflässt ,  dessen  Hans  und  alle  seine  Flabe 
wird ,  ehe  ein  Jahr  vergeht ,  unwiderruflich  ein  Raub  der  Flammen.  (Copirt  aus 
Capitain  Duffs  Sammlungen.)  Der  Schmied  in  Munster  (and  other  wayland-smiths 
in  Berkshire)  arbeitete  in  ähnlicher  Weise  fär  seine  Kunden,  wiePytheas  von  den 
vulkanischen  Inseln  Stromboli  und  Lipari  erzählt. 


Grenze  des  eigentlicben  Birma.  51 

den  Jahren  meiner  birmanischen  Reise  besüind  zwischen  England 
und  Birma  ein  zweifelhaftes  Verhältniss.  Ein  eigentlicher  Frieden 
war  seit  dem  letzten  Kriege  noch  nicht  abgeschlossen ,  obwohl 
der  Waffenstillstand  von  beiden  Theilen  factisch  respectirt  wurde. 
Der  jetzige  König  wurde  während  des  Vordringens  der  Engländer 
durch  eine  Palastrevolution,  die  ihn  aus  dem  Kloster  hervorzog, 
auf  den  Thron  gehoben  und  er  schickte  sogleich  Gesandte  dem 
anrückenden  Heere  entgegen ,  um  seine  Bereitwilligkeit  zur  güt- 
lichen Beilegung  der  Feindseligkeiten  anzuzeigen.  Die  Eng- 
länder nahmen  dann  den  Punkt,  bis  zu  welchem  sie  fortmarschirt 
waren,  als  die  Grenze  an  und  wollten  auf  der  Basis  seiner  Ces- 
sion  später  den  Frieden  abschliesscn.  Dagegen  sträubte  sich 
der  König,  und  meinte,  weil  sein  Vorgänger,  der  den  Krieg 
geführt ,  bestraft  worden  wäre ,  er  selbst  sich  aber  gleich  zum 
Frieden  geneigt  erklärt  hätte,  müssten  ihm  von  Rechtswegen  alle 
die  besetzten  Provinzen  seines  Landes  wieder  eingeräumt  werden. 
So  zerschlugen  sich  die  Verhandlungen.  Nachdem  mehrere  Jahre 
darüber  hingegangen,  unternalim  Oberst  Phayre  von  Rangun  aus 
seinen  Vermittlungsversuch,  der  durch  Yule's  werthvolle  Be- 
schreibung bekannt  ist.  Aber  obwohl  man  sich  gegenseitig  mit 
Höflichkeiten  überhäufte,  kam  die  Sache  nicht  weiter.  Oberst 
Phayre  ging  später  nochmals  nach  Mandalay ,  doch  der  König 
blieb  dabei,  dass  er  nicht  in  den  Annalen  seiner  Geschichte  als 
derjenige  König  gebrandmarkt  stehen  wolle,  der  eingewilligt 
habe,  dass  ihm  gehörige  Provinzen  seines  Landes  an  Fremde 
abgetreten  würden.  So  standen  die  Sachen ,  als  ich  von  Riingun 
abreiste  und  konnte  ich  deshalb  von  den  englischen  Behörden 
auch  keinen  Pass  erhalten,  obwohl  Oberst  Phayre  die  Güte  hatte, 
mir  ein  von  ihm  ausgehendes  Privatschreiben  mitzugeben.  Nach- 
dem ich  Birma  schon  verlassen  hatte,  ist  es  Oberst  Phayre,  glaube 
ich,  auf  einer  neuen  Reise  gelungen,  den  Frieden  endlich  durch- 
zusetzen. Bei  meiner  Anwesenheit  inThayetmyo  (löGl)  standen 
deshalb  die  Verbindungen  zwischen  Capitain  Dufl*  und  den  Be- 
amten an  der  anderen  Seite  der  Grenze  noch  auf  höchst  unbe- 
stimmtem Fuss.  Anfangs,  sagte  er  mir,  wurden  gar  keine  Be- 
ziehungen  unterhalten.     Sie   leiteten  sich   aber  ein  durch  das 

4* 


52  Von  Prome  nach  Thayetmyo. 

praktiscbe  BcdUrfniss,  indem  in  Folge  einer  llliuberei  die  Tliäter 
auf  englisches  Gebiet  geflüchtet  waren  und  der  Gouverneur  von 
Menla  schrieb,  um  ihre  Ergreifung  zu  bitten ;  und  da  sich  solche 
Fälle  an  dieser  von  Räubern  überlaufenen  Grenze  häufig  wieder- 
holten, so  wurden  die  einmal  angeknüpften  Communicationen 
unterhalten.  Aber  sie  waren  nur  lokal,  zwischen  den  beiden 
Gouverneuren  der  Grenze. 

Beim  Ausreiten  am  Abend  zeigte  mir  Capitain  Duflf  eine  «alte 
Pagode,  die  der  Sage  nach  von  einem  birmanisclien  Prinzen  er- 
baut worden,  der  von  seinem  gegen  ihn  erbitterten  Vater  auf  einem 
Floss  den  Irawaddi  hinabgeschickt  wurde  und  nach  dem  Thale 
Mendun  floh,  wo  das  Volk  ihn  zum  König  erwählte.  Als  in 
späterer  Zeit  sein  Vater  selbst  durch  eine  Empörung  des  Landes 
vertrieben  wurde,  kam  der  Sohn  zu  seiner  Hülfe  mit  einer  Armee 
bis  nach  Saret-myo  oder  Thayetmyo,  der  Stadt  der  Mangoes,  die 
dann  Athek-myo,  die  Stadt,  die  neu  belebt,  genannt  wurde.  Das 
Thal  Mendun,  das  zu  dem  Districte  Capitain  Dufte's  gehört,  ist 
sehr  fruchtbar,  und  war  diejenige  Provinz,  aus  der  der  jetzige 
König,  als  er  noch  Prinz  war,  seinen  Unterhalt  zog.  Der  jedes- 
malige König  Birma's  pflegt  jeden  seiner  Söhne  mit  einer  Stadt 
oder  einer  Provinz  zu  belehnen,  von  der,  nach  der  l)irmani- 
schen  Ausdrucksweise,  dann  gesagt  wird,  dass  der  Prinz  sie  isst. 
Da  er  so  Mendun  stets  als  sein  Eigenthum  betrachtet  hat,  fühlt 
der  König  den  V^erlust  dieser  Provinz  auch  besonders  hart,  und 
hat  schon  verschiedene  Schritte  gethan,  um  wenigstens  sie  zurück- 
zuerhalten. Die  Yabein's,  die  in  der  Nähe  Prome's  Seidenwürmer 
ziehen,  erhalten  dieselben  von  Mendun,  wohin  sie  durch  wan- 
dernde Kaufleute  aus  Assam  gebracht  werden.  Capitain  DuflF 
fand  in  seiner  Correspondenz  mit  Birma  den  Ausdruck,  dass  er 
den  Verbrecher  auf  königliche  Weise  befragen  möchte ,  was  be- 
deuten sollte,  ihn  zu  foltern  bis  er  gestände. 

Wer  nach  drei  Tagen  an  eine  Stelle  kommt,  wo  ein  Donner- 
keil gefallen  ist,  findet  dort  keilartige  Instrumente,  mit  einem 
Handgrifl*,  aus  weichem  Kalkstein,  die  geschabt  das  beste  Augen- 
mittel geben,  so  berichtete  mir  ein  birmanischer  Arzt. 

Am  nächsten  Morgen  ritt  Capitain  Duff  mit  mir  über  die 


Thayetmyo.  53 

verschiedenen  Märkte.  Ausser  dem  birmaniscbenwird  einBazaar 
der  Inder  und  Mogulen  abgehalten,  sowie  in  den  Cantonnements 
neben  der  Festung  ein  chinesischer.  Nach  einem  grossen  Feuer 
würden  die  Kyaungs  alle  in  einem  Platz  zusammengebaut.  Ihre 
Höfe  sind  reinlich  gehalten  und  die  Bequemlichkeitsplätze 
werden  nacli  der  Bequemlichkeit  auf  Rädern  umhergerollt.  Die 
Kochverschläge  sind  ausserhalb  der  Uäuser  auf  der  Strasse  an- 
gebracht. Die  meisten  Ursachen  des  Feuers  in  Birma  wird  das 
Hauchender  in  Palmblätter  eingewickelten  Cigarren  abgeben,  die 
der  Birmane  brennend  zwischen  die  leichten  Bambusplitter  seines 
Hauses  steckt,  um  sie  aus  der  Hand  zu  legen  und  vielleicht 
darülier  einschläft.  Die  öflFentlichen  Mädchen  werden  in  der 
Stadt  nicht  geduldet  und  wohnen  in  einer  Vorstadt  zusammen, 
welche  das  Quartier  der  Feenmädchen  heisst.  In  einem  alten 
Baume  amFluss  hat  deröchutzgott  der  Stadt  seinen  Sitz.  Früher 
stand  ein  Kathaus  unter  den  Zweigen ,  aber  seit  dem  Brande  ist 
nur  der  verkohlte  Grundpfeiler  davon  übrig.  Die  Buddhisten 
haben  eine  besondere  Verehrung  für  den  Ingyin  (Schorea  ro- 
busta),  unter  dem  Gautama  geboren  wurde,  und  für  den  Sug- 
Baum,  welche  beide  besonders  auf  solchem  Sandboden  wachsen, 
in  dem  sich  Petrefacten  finden. 

Als  wir  am  nächsten  Morgen  über  den  Bazaar  ritten,  sahen  wir 
einen  Astrologen  mit  seinen  offenen  Büchern  vor  sich  dasitzen  und 
lebhaft  mit  seinen  Kunden  beschäftigt.  Capitain  DuflF  zeigte  mir 
zwei  aus  Knochen  geschnittene  Amulette ,  die  bei  einem  Dacoft 
gefunden  wurden,  und  ihm,  seiner  Ansicht  nach,  jedes  Gefäng- 
niss  öflFnen  würden.  Die  Grenze  ist  mit  einer  doppelten  Linie  von 
Polizeistationen  bewacht,  aber  dennoch  finden  beständige  Räu- 
bereien auf  dem  zweifelhaften  Gebiete  zwischen  den  beiden  Län- 
dern statt,  und  die  Thäter  flüchten  immer  von  einem  Territorium 
aufs  andere.  Thayetmyo  gegenüber  liegt  Meaday,  wo  früher  das 
Zollhaus  placirt  war.  Als  mit  dem  Ende  des  letzten  birmani- 
schen Krieges  den  vorrückenden  Truppen  Halt  geboten  wurde, 
waren  die  Engländer  gerade  bis  Meaday  vorgerückt.  Admiral 
Seymour  wurde  ersucht,  die  Grenze  zu  ziehen,  und  er  entschied 
sie,   indem  er  einen  Kanonenschuss  oder  l'/2  Seemeile  auf  drei 


54  ^on  Prome  nach  Thayetmyo 

Meilen  zu  Land  bestimmte,  und  dies  zu  Gunsten  Meaday's,  das 
eingeschlossen  werden  sollte,  auf  sechs  verdoppelte.  Die  Einnahme 
des  nach  Thayetmyo  verlegten  Zollhauses  belief  sich  für  Reis, 
lackirte  Fabrikate  u.  s.  w.  auf  1000—3000  Rupien  per  Tag.  Im 
Jahre  1860  war  der  ganze  Betrag  5000Ö  L.  St. 

Eine  wUnsehenswerthe  Bekanntschaft  war  die  Dr.  Blan- 
ford's,  der  gerade  seine  geologische  Tour  durch  Birma  beendet 
hatte  und  mir  manche  Winke  für  meine  Reise  gab.  Dr.  Appline, 
der  Militairarzt,  räumte  in  dem  für  Eingeborne  errichteten  Hospi- 
üil  ein  Zimmer  für  meinen  kranken  Diener  (Moung  Schweb)  ein, 
und  führte  mich  durch  die  Hospitäler  des  Cantonncments.  In 
Thayetmyo  war  ganz  neu  ein  starkes  Fort  gebaut,  das  sehr  mar- 
tialisch aussah ,  nur  dass  das  Pulvermagazin  sonderbarer  Weise 
der  hervorragendste  Punkt  war. 

Moung  Schweb  litt  schon  seit  mehreren  Wochen  an  derEnt- 
wickelung  eines  tiefliegenden  Abscesses,  der  durch  sein  lang- 
sames Reifen  die  Kräfte  aufzureiben  drohte,  und  da  ich  nicht 
länger  warten  konnte,  so  beschloss  ich,  ihn  zu  operiren,  lieh  mir 
von  Doctor  Appline  die  nöthigen  Instrumente  und  Hess  ihn  nach 
dem  Verband  ins  Boot  zurücktragen. 


Von  Thayetmyo  nach  Mandaiay. 

Als  wir  wieder  unterwegs  waren,  passirten  wir  bald  Meaday, 
die  Stelle,  wohin  die  wunderbare  Heilung  der  blinden  Prinzen 
verlegt  und  durch  einen  Kyaung  bezeichnet  ist.  Es  liegt  auf  dem 
Sandsteine ,  der  auch  die  Hügel  Thayetmyo's  bildet.  Am  Ufer 
stand  unter  einem  Pipulbaum  ein  Zayat  aufgeschlagen,  mit  einer 
durchlaufenden  Rille,  unter  welcher  ein  Käfig  aufgehangen  war, 
mit  einer  schmalen  Oeflnung  in  der  Mitte,  um  kleine  Wassertöpfe, 
Oellampen  und  Speisen  fUr  den  Dämon  (Nat)  hineinzusetzen. 
Alles  war  ringsum  dick  mit  Blättern  bestreut.  Ein  reisender 
Mönch  kam  vorbei,  dem  Einer  seiner  Verehrer  das  Gepäck  auf 
dem  Rücken  nachtrug.  Als  wir  am  Abend  das  Boot  zubrachten, 
netzte  ich  meine  Waffen  in  Bereitschaft,  da  ich  jetzt  nicht  mehr 
unter  englischem  Schutze  stand  und  das  herrenlose  Gebiet  betreten 
hatte ,  das  sich  bis  zu  der  birmanischen  Grenze  erstreckt.  Als 
ich  die  alte  Ladung  der  Revolver  und  Gewehre  abgefeuert  hatte, 
hörten  wir  aus  der  Ferne  am  Lande  ein  wildes  Durcheinander 
von  Stimmen ,  Lärmen  und  Geschrei.  In  der  Nähe  unseres  Lan- 
dungsplatzes war  zwischen  den  Büschen  ein  Dorf  gelegen ,  ohne 
dass  ich  es  wusste ,  und  durch  die  Schüsse  in  der  stillen  Nacht 
aufgeschreckt,  umringten  die  Bauern  in  hellen  Haufen  unser 
Boot,  mit  allen  Arten  VertheidigungswaflFen  in  den  Händen,  da 
sie  glaubten,  dass  ihnen  die  Banditen  wieder  einen  Besuch  zu- 
gedacht hätten.  Es  dauerte  lange,  ehe  sich  ihre  Aufregung  be- 
sänftigen Hess. 


56  ^011  Thjiyetmyo  nach  Mandalay. 

Am  nächsten  Morgen  pasnirtenwir  das  birmanische  Zollhaus, 
von  dem  eine  Flagge  wehte.  Mehrere  Boote  hatten  dort  ange- 
legt, meistens  mit  Blumentöpfen  am  Steuerruder  geschmückt. 
Sonst  fuhren  sie  auch  das  Bild  eines  Belu  oder  Ungeheuers,  um 
gutes  Glück  zu  geben,  und  eine  beliebte  Figur  ist  die  eines 
Wissatho  oder  Wundermannes  (wizzard).  Wir  hatten  jetzt  mit 
starkem  Gegenwind  und  rcissendem  Strom  zu  kämpfen ,  und  die 
ermüdeten  Bootsleute  machten  einen  Anhalt.  Zum  Zeitvertreib 
Hess  ich  mich  unterrichten,  dass,  wer  Ngapie  zu  früh  aus  dem 
Feuer  nähme  und  behauptete,  dass  es  gar  sei,  wer  ein  vom 
Feuer  genommenes  Bambuscheit  nicht  wieder  in  dieselbe  Lage 
brächte,  worin  er  es  gefunden ,  wer  Zwiebeln  mit  seinem  Reis 
zur  Feldarbeit  mitnähme,  durch  Tiger  gefressen  würde,  die  der 
erzürnte  N€at  zu  seiner  Bestrafung  schickte.  Als  wir  wieder  auf- 
brachen, rannte  ein  anderes  Boot  an  das  unsere,  erbot  sich  aber, 
als  ich  es  anhalten  Hess ,  den  Schaden  zu  bezahlen ;  doch  war 
nicht  viel  geschehen.  Bei  der  Abendrast  erzählten  die  Bootsleute 
von  Tagoung,  einer  alten,  alten  Stadt  zwischen  himmelhohen 
Bergen,  in  welche  ein  einziges  Thor  führe.  Wenn  die  Leute 
Regen  bedürfen ,  brauchen  sie  nur  ein  Gewehr  abzufeuern ,  und 
sogleich  fällt  er  in  Strömen. 

Am  nächsten  Tage  hielten  wir  in  Zoung-gyi-doung  an ,  wo 
in  einem  grossen  Kloster  Strassen  zwischen  mit  Strohdächern  be- 
deckten Mönchszellen  hinführten.  Die  Reiseboote  standen  am 
Lande  auf  Rädern.  Neben  dem  Sandsteine  zeigen  sich  Muscheln 
enthaltende  Kalkschichten. 

Die  Morgen  und  Nächte  waren  jetzt  bedeutend  kälter  gewor-. 
den,  so  dass  das  Wasser  sich  beim  Baden  warm  anfühlte.  Als  ich 
mich  durch  längeres  Umherschwimmen  erquickt  und  aus  dem 
Wasser  hervorkam,  fragte  ich  nach  dem  Namen  eines  nahen 
Dorfes ,  und  hörte ,  dass  es  Mya-goung-pyai  oder  das  lachende 
Crocodil  heisse ,  und  freute  mich ,  nicht  weiter  zur  Erheiterung 
dieser  garstigen  Bestie  beigetragen  zu  haben. 

Hinter  den  rothen  Klippen  Maluns  sahen  wir  eine  auf  hohem 
Hügel  errichtete  Pagode  zum  Ehrendenkmal  Maha-Bandula's,  des 
unter  den  Birmanen  hochgefeierten  Generals,  der  allein  im  ersten 


Menhla.  57 

Kriege  die  Engländer  im  Scli«acli  zu  halten  verstand.  Bald  darauf 
kamen  wir  in  Menhla  an,  dem  Sitz  des  birmanischen  Gouverneurs, 
und  das  Benehmen  meiner  Bootsleute  wurde  jetzt  gewaltig  timid 
und  ängstlich,  da  sie,  aus  der  englischen  Provinz  kommend,  sich 
in  dem  Gebiete  ihrer  unabhängigen  Landsleute  nicht  geheuer 
fühlten.  Da  Moung  Seh  weh  noch  immer  seine  Wunde  verband 
und  nicht  gehen  konnte,  wollte  ich  einen  der  Schiffer  als 
Wegweiser  mitnehmen,  um, die  Pagoden  zu  besuchen,  konnte 
aber  nur  durch  Drohungen  dieselben  dazu  bewegen,  mir  als 
Fremdem  diese  heiligen  Gebäude  zu  zeigen,  ohne  vorher  die  Er- 
laubniss  der  Regierung  eingeholt  zu  haben.  Die  birmanischen 
Soldaten,  die  unter  einem  grossen  Schuppen  ihre  Gewehre  und 
Pulverkasten  aufgehäuft  hatten,  drängten  sich  auch  in  ziemlich 
unverschämter  Weise  um  uns  herum,  doch  ging  ich  unbelästigt 
in  den  Klostergebäuden  umher,  die  mit  bunter  Stuccatur  über- 
klebt waren.  Die  Thüren  liefen  meistens  auf  Kadern,  und  auch 
kleine  Häuser  standen  auf  Kadern,  sowie  Sessel  zum  Niederlegen. 
Mein  Koch  konnte  auf  dem  Markte  noch  mit  englischen  Kupien  und 
Anna's  einkaufen,  aber  num  sah  schon  vielfach  das  birmanische 
Geld  gebraucht,  an  das  ich  mich  für  später  auch  zu  gewöhnen 
hatte.  Eine  Münze  besteht  nicht  in  Birma.  Der  frühere  König 
liess  einige  Kupien  mit  seinem  Pfau"^)  prägen,  aber  sie  sind  ganz 
verschwunden.  Das  Bullion,  das  den  Birmanen  im  Handel  dient, 
besteht  aus  drei  oder  vier  verschiedenen  Alloys  von  Silber  mit 
Kupfer,  das  beste,  fast  reines  Silber,  hcisst  Bau,  das  nächste  Dain 
oder  in  anderen  Verhältnissen  Youetni  und  das  geringste ,  aber 
am  gewöhnlichsten  im  kleinen  Handel  gebrauchte  Azekiay. 

Wenn  man  auf  den  Markt  geht,  hat  man  sich  mit  einem  Stück 
solchen  Silbers,  mit  einem  Hammer,  einem  Meissel,  einer  Wag- 
schaale  und  entsprechenden  Gewichten  zu  versehen.  Was  kosten 
diese  Kochtöpfe?  Zeigen  Sie  mir  Ihr  Geld,  entgegnet  der  Kauf- 
mann, und  bestimmt,  nach  dem  Aussehen  desselben,  den  Preis 
zu  dem  oder  dem  Gewicht.     Man  lässt  sich  dann  einen  kleinen 


•)  The  coins  of  the  peacock  typo  seem  to  have  formed  the  recoj?nized  silver 
currency  of  the  central  and  eastem  provinces  of  the  Gupta  dominion.  (Thomas.) 


58  ^<>n  Thayetmyo  nach  Handalaj. 

AmboHS  geben  und  hämmert  an  dem  StUek  Silber  herum,  bis  man 
glaubt,  das  richtige  Gewicht  gefunden  zuhaben.  Dieses  wiegt  man 
mit  der  eigenen  Wagschaale ,  da  denen  des  Kaufmanns  nicht  zu 
trauen  ist,  und  fügt  zu  oder  nimmt  fort,  bis  das  Gewicht  richtig  ist. 
Natürlich  geht  durch  die  abfallenden  Splitter  Viel  verloren ,  und 
es  ist  immer  vorzuziehen,  nicht  genau  die  gewünschte  Quantität 
zu  kaufen ,  sondern  das  Aequivalent  desjenigen  Stückes  Silber, 
das  man  gerade  abgeschlagen  hat.  Bei  grösseren  Einkäufen,  die 
nur  mit  dem  feinsten  Silber  gemacht  werden,  ist  derProcess  noch 
umständlicher,  indem  erst  ein  Assayer  (Poeza)  gerufen  werden 
muss,  um  das  Silber  in  der  Feinheit  genau  zu  bestimmen  und 
dafür  bezahlt  zu  werden.  Zum  Schmelzen  bedient  sich  derselbe 
zweier  Blasebälge  aus  Bambu,  die  die  Luft  in  einen  in  die  Erde 
gegrabenen  Ofen  treiben  und  durch  einen  erhöht  sitzenden  Ar- 
beiter, der  die  Stangen  hinabpresst,  bewegt  werden.  Im  oberen 
Birma  gebraucht  man  für  die  kleinsten  P^inkäufe ,  wie  Früchte, 
Cigarren  u.  s.  w.,  ausserdem  gröbsten  Azekiay,  auch  Bleiklumpen, 
von  denen  der  Verkäufer  immer  einen  grossen  Kasten  voll  neben 
sich  stehen  hat,  und  die  auf  einer  massiveren  Wage,  als  das 
Silber,  gewogen  werden.  Die  Eingebornen  lassen  sich,  wenn 
sie  nicht  genau  das  Gewicht  treflfen ,  mit  Schalen  voll  Reis  her- 
ausgeben, da  dieses  das  Brod  vertretende  Nahrungsmittel  Jeder 
gebraucht  und  Jeder  zu  geben  hat 

In  Dörfern,  wo  keine  Aussicht  ist,  Silber  zu  wechseln,  muss 
für  kleine  Einkäufe  der  Diener,  unter  einem  Sacke  Blei,  keuchend 
folgen,  doch  ist  es  selbst  bei  den  schon  bis  zum  Papiergeld  civi- 
lisirten  Chinesen  nicht  viel  besser.  Die  Standard  ist  bei  ihnen 
Kupfer  und  nur  die  auf  Stränge  gereihten  Cash  (etwa  2000  für 
einen  Dollar)  sind  geprägt.  Als  ich  nach  einer  langen  Seereise 
zum  ersten  Male  im  himmlischen  Reich  ans  Land  stieg  und  durch 
die  saftigen  Früchte  verführt,  davon  kaufte,  erhielt  ich  für 
einen  Thaler  soviel  Hunderte  oder  Tausende  von  Kupfermünzen 
heraus,  dass  ich  einen  Coolie  miethen  musste,  den  Rest  des 
Thalers  zu  tragen.  Die  Europäer  helfen  sich  mit  Noten  und 
auch  den  Chinesen  ist  in  den  Städten  locales  Papiergeld  bekannt. 
Nach  Frederick  bestand  in  Pegu  das  Gansa  oder  Ganza  genannte 


Der  Gouverneur.  59 

Geld  aus  Kupfer  oder  Blei  und  Menü  bestimmt  den  Geldwerth  im 
Gewicht.  Bei  Apollonius'  Besuch  war  das  indische  Geld  vkij 
xBxofi^sv/ievi^^  nicht,  wie  das  römische,  xexaQayfievt^.  Im  süd- 
lichen Pegu  finden  sich  statt  des  Blei  zuweilen  kleine  Zinnstücke 
mit  aufgeprägten  Henza  als  Scheidemünze. 

Am  Abend  kam  der  bei  den  Beziehungen  mit  den  englischen 
Grenzposten  gebrauchte  Dolmetscher  des  Gouverneurs  nach  dem 
Landungsplatze  und  horchte  mich  aus,  ob  ich  seiner  Excellenz 
nicht  meine  Aufwartung  machen  würde,  was  ich  indess  schon  be- 
absichtigt hatte,  um  für  meine  Weiterreise  mit  Legitimations- 
papieren versehen  zu  sein ,  die  immer  von  Nutzen  sein  konnten. 

Am  nächsten  Morgen  begab  ich  mich  zur  Vorstellung  beim 
Gouverneur.  Seine  Residenz  enthielt  in  einer  weiten  Umzäunung 
ein  Convolut  verschiedener  Gebäude,  und  in  der  Mitte  des  Hofes 
gab  er  Audienz  unter  einer  oflenen  Halle,  umgeben  von  seinen 
Secretairen  und  Rechnungsführern,  die  auf  Ellbogen  und  Knieen 
vor  ihm  lagen  und  Bericht  erstatteten.  Er  selbst  sass  mit  unter- 
geschlagenen Beinen  auf  einem  Teppicli,  Hess  aber  für  mich 
einen  Stulil  bringen  und  setzte  sich  dann  selbst  auf  einen  solchen, 
um  nicht  die  birmanische  Etikette  durch  Annahme  einer  niedri- 
geren Stellung  zu  verletzen.  Er  war  in  ein  rothes  Gewand  ge- 
kleidet, das  bis  an  die  Kniee  reichte,  mit  rothen  Strümpfen 
darunter,  und  einem  weissen  Ueberwurf.  Seine  Unterhaltung 
drehte  sich  hauptsächlich  um  meinen  Reisezweck,  über  den  er 
nicht  recht  ins  Klare  kommen  konnte  und  alle  möglichen  Kreuz- 
fragen stellte.  Die  obligaten  Erkundigungen  über  Namen,  Alter, 
Familie  u.  s.  w.  fehlen  in  einer  birmanischen  Unterhaltung  nie. 
Später  kam  das  Gespräch  aufMedicinen.  Er  war  krank,  wie  jeder 
Birmane,  wenn  er  einen  Europäer  sieht,  und  nachdem  ich  ihm 
Arznei  dafür  versprochen,  wollte  er  noch  andere  Heilmittel  haben, 
gegen  Schlangenbiss,  Hydrophobie,  Arsenik- V^ergiftung  u.  s.  w. 
Er  schrieb  meinen  Pass  auf  eine  der  schwarzen  Tafeln  und  Hess 
ihn  dann  durch  einen  Schreiber  copiren. 

Bei  meiner  Rückkunft  waren  die  Bootsleute  mit  dem  Zoll- 
hause noch  nicht  fertig  geworden,  und  so  machte  ich  in  der 
Zwischenzeit  einen  Ausflug  nach  Malun.     In  der  Pagode  fand 


60  ^01^  Thayetroyo  nach  Mandalay. 

ich  verftcliicdeiie  Inschriften  und  wünschte ,  da  ich  Papier  ver- 
gessen, eine  der  schwarzen  Tafeln  (Parabeik)  mit  einem  Griffel  aus 
Speckstein  zu  kaufen,  doch  war  auf  dem  Bazaar  keine  zu  haben. 
Ein  alter  Mann  bot  mir  schliesslich  eine  ilim  gehörige  an,  die 
zwar  schon  vollgeschrieben,  aber  durch  Abreiben  mit  Kohle  und 
Erbsenblättern  bald  wieder  in  brauchbaren  Stand  gesetzt  war. 
Solche  oder  schwarze  Tafeln  werden  in  den  Klosterschulen  zum 
Schreiben  gebraucht,  mitunter  aber  auch  nur  Sandbretter.  Ber- 
nolinus  beschreibt  den  Abacus  als  eine  Tafel  mit  blauem  Sande 
bestreut,  die  neben  dem  zumKechenapparat  besonders  eingerich- 
teten Brette  nach  Jamblichus  schon  dem  Pythagoras  bekannt  war 
((Kantor).  Zum  Kechnen  wie  zum  Beten  dient  ausserdem  der 
Rosenkranz,  der  in  den  Kreuzzligen  nach  Europa  kam,  ähnlich 
der  Akshamala,  wodurch  im  brahmauischen  Indien  Vischnu's 
Namen  aufgezählt  werden.  Die  Dorfjugend  spielte  auf  der 
Strasse  mit  einem  eisernen  Kreisel,  den  sie  zwischen  KUrbis- 
samen,  neben  einer  Zwiebel  ausgestreut,  herumdrehten.  Von  den 
Kasia  bemerkt  Yule:  the  children  spin  a  regulär  peg-top  and  it  is 
indigenous,    not  an  importation.  — 

Wir  blieben  die  Nacht  in  der  Nähe  eines  durch  Pallisaden 
befestigten  Dorfes ,  wo  man  in  dem  Zayat  des  Klosters  beschäf- 
tigt war,  eine  Pagode  aus  Bambu  aufzurichten.  Mein  Koch  kam 
betrübt  vom  Bazaar  zurück,  denn  es  war  ihm  nicht  möglich  ge- 
wesen, weder  Hühner  noch  sonst  etwas  Lebendes  aufzutreiben. 
Nur  ein  paar  gekochte  Eier  hatte  er  schliesslich  durch  schweres 
Geld  von  einem  sündigen  Mann  des  Waldes  erstanden,  dem  er 
auf  dem  Wege  begegnete.  Hier  wurde  mir  die  beliebte  Banane, 
uapio  schuetza,  gebracht.  Von  Reis  zählen  die  Birmanen  102 
Arten  auf,  aber  der  beste  ist  der  kleinkörnige  Nadamijoun. 

Am  nächsten  Morgen  sahen  wir  die  Pagode  Myenka-taoung 
auf  der  Stelle  erbaut,  wo  Zulu,  König  von  Pagan,  (1057)  er- 
mordet wurde.  Als  wir  bald  darauf  in  der  Stadt  Mengun  lan- 
deten, begleitete  ich  den  Koch  nach  dem  Markte,  um  selbst  zu 
sehen,  ob  die  ausgeleerte  Speisekammer  sich  nicht  wieder  füllen 
Hesse.  Auf  die  Fragen  nach  -Hühnern  und  Eiern  gab  es  aber 
nur  einen  entrüsteten  Blick  zur  Antwort.  Erst  als  wir  uns  in  die 


Hühnerkauf.  61 

abgelegenen  Gassen  der  Vorstadt  verloren,  zeigten  sich  Einige 
weniger  unempfindlich  gegen  den  Reiz  des  Goldes,  und  waren 
geneigt  einige  der  Hühner,  die  in  grossen  Mengen  unter  ihren 
Häusern  umherliefen,  zu  yerkaufen.  Es  kam  jetzt  nur  darauf  an, 
die  Einwilligung  der  Hühner  selbst  zu  erhalten,  denn  diese  wil- 
den Dinger,  denen  eine  solche  Zumuthung  noch  nicht  vorgekom- 
men war,  flogen  unter  lauten  Protestationen  wie  Vögel  auf  die 
Bliunie  hinauf,  und  nur  durch  übergeworfene  Netze  konnten 
schliesslich  zwei  magere  Kücken  gefangen  werden.  Eine  ein- 
fachere Methode  habe  ich  in  andern  Dörfern  gesehen.  Der  Bir- 
mane setzt  sich  auf  den  Estrich  seines  Hauses,  dessen  Bambustäbe 
weit  genug  von  einander  liegen,  um  die  Hand  durchzustecken, 
und  hält  einen  Korb  unten  hindurch,  dann  streut  er  Reis  aus,  und 
wenn  die  Hühner  sich  unter  dem  Hause  zum  Aufpicken  versam- 
meln, lässt  er  den  Korb  auf  sie  niederfallen.  Beim  Jagen  ver- 
laufen sich  die  Hühner  gewöhnlich  in  die  dichten  Büsche,  die  die 
Häuser  umgeben,  und  nur  zuweilen  gelingt  es  rasch  eins  durch 
Ueberwerfen  eines  Tuches  zu  erhaschen.  In  dem  Dorfe  unserer 
Abendrast  machte  ich  einen  andern  Versuch,  Provision  einzulegen, 
aber  die  Leute  antworteten  mir,  dass  sie  die  Hölle  (nayai)  fürch- 
teten. Auf  meine  Frage,  wozu  sie  denn  überhaupt  die  vielen 
Hühner  hielten,  hörte  ich,  dass  es  nur  wegen  des  Krähens  am 
Morgen  geschähe  und  für  Hahnengefechte,  übrigens  auch  um  sie 
zu  essen,  wenn  sie  aus  Altersschwäche  sterben.  Die  Schiffer,  die 
in  andern  Reiseböten  Gesellschaft  gefunden  hatten,  unterhielten 
sich  über  die  Hexen  (Tzon)  vonBhamo.  Bei  Tage  flögen  sie  über 
den  Feldern  umher,  und  wenn  sie  ein  Individuum  erspähten,  gegen 
das  sie  einen  Pik  haben,  so  fallen  sie  wie  brennendes  Feuer  auf 
ihren  Feind  nieder  und  veniichtcn  ihn.  Laufen  die  Leute  dann  aber 
nach  dem  Hause  der  Hexe,  so  finden  sie  sie  ruhig  im  Bett  liegen  und 
schlafen.  Die  Eintaleim  genannte  Hexe  lebt  in  der  Erde,  die 
Kavai  genannte  Hexe  steigt  zum  Himmel  auf,  ihre  Beute  zu  fassen. 
Der  Doctor  kann  nach  dem  im  Daumen  pulsirenden  Blute  die  Art 
der  Hexe  bestimmen  *). 


*)  Was  die  sieben  Arten  Hexen  oder  Zauberer  betrifft,  so  ist  es  eine  von 
Natur,  zwei  sind  es  durch  Arznei  geworden  und  vier  sind  es  erblich  durch  den 


G2  Von  Thayetmyo  nach  Mandalay. 

Am  lUlchstcn  Tage  gelangten  wir  nach  Magweh,  berühmt 
durch  Hcineu  Tempel  Mya  Salwon  (das  Smaragd -Bett).  Die 
Hohlauke  Pagode  in  ihrem  goldenen  Schmucke  steigt  von  einer 
blendend  weissen  Platform  emi>or,  die  mit  einem  Ziegelbau 
brennend  rother  Farbe  auf  dem  hohen  Flussufer  steht,  und  bietet 
in  dem  Glänze  der  Sonne  von  dem  dunkelblauen  Himmel  auf  das 
Gritn  ihrer  waldigen  Umgebung  zurückstrahlend,  einen  höchst 
brillanten  Anblick  in  diesem  Ensemble  reinster  Farbenmischung. 
Sie  ist  über  Reliquien  Gautuma's  gebaut  und  enthält  dessen  lie- 
gende Figur,  als  Schinbindjetlekdon.  Unter  einem  Steingewölbe 
fand  ich  einen  verzierten  Stein  mit  einem  Pfau  neben  einer  lan- 
gen Inschrift,  besagend,  dass  231K)  Jahre  (1208)  nachdem  Dipan- 
kara,  Kassaiim  und  die  Übrigen  24  Buddha's  zum  Himmel  gegau- 


Kut  ihrer  Kltom,  indem  er  seine  Wohnnng  beständig  in  ihnen  nahm.  EHe 
He-xe  Namens  lln:ui-w<w  oder  Kavniy  myonk  Ist  die  ^r&föte,  die  nietete 
nbwiUrts  ist  die  hneet^patlat .  die  folgende  jeng-ta-lien  o«ler  gtynong  p^'ant, 
die  (V4^nde  yaiii^ni^nee,  die  fol^rende  atha-trong,  die  folgende  kyay-troog  and  die 
folgende  let-touk>tn>n^.  Pie  atha-tron^.  kyay-trong  und  let-trong  ess^en  des 
N«eht>ji  Hlumen  und  ^»röstetes  Korn  in  der  Cnixäunnng  um  ihre  llänser,  indem 
Feuer  aits  ihr\Hii  Munde  kommt.  l>ie  kyji^*  >  trong  und  let  •  tron$r  werden  Zaube- 
rer« indem  zoe  ^''wi5<>e  Arxnt^^ien  nehmen«  die  ntha>troB$r  sind  es  von  Natur.  Sie 
beaanber«  die  Mea>ehen  nieht.  Wenn  sie  7  CalMts  tief  ( 1  C^bit  =»1*9  Ftts«) 
un»  Wäscher  |^^«tMfen  werden«  so  können  »ie  so  sinken,  da»s  sie  1,  ä.  d  Knoten 
V««  dem  Tan  iber  dem  Wa:<:s$er  la^«iea.  l>ie  Kawav  können  im  \Va:«s*ier  nieht  sin- 
ken «  nnd  die  llneet-fHulat  kann «  wenn  aaeh  mit  ^nrot<«ser  Anstren^nfr .  im 
\Vai$ä«T  nntertanehen :  sie  kann  nnr  xwei  Knoten  sinken .  finf  lideiben  iber 
W;jkSi$er:  die  Jen^-ta4ien  and  yanj^-aee  sind  i^lekli.  Sie  sind  Zaaberer  dareh 
<iea  Nat.  wehrber  tob  dea  Vorfihiva  Terehrt  worden  k^t«  indem  er  hintereintnder 
siMne  \V«4uMun^  in  ihren  Korpiefn  aafsvrhia;.  Sie  Tetaehren  die  Lebe«»minel« 
weMn^  ihnen  iakWmea  Aaehea  Seha^äein  aa>  Bamba  rorn-eworfen  werden :  sie  be^ 
■  inbi^ri  die  Jtemwhea  in  der  Wet$e«  «ia»  ihr  Tod  herbeiseefihrl  winl.  and  dum 
vmehre«  sW  di«se£l«B:  sie  pral«a  aaeh  <fie  me»<ehliehen  Körper  aK^  ihrea 
i^rShet«  aia>  sspI  venehrea  ^~  1^  letztem  drei  koaara  eine  Persern  aieht  iher 
niofa  fttf^ftfemhfm  Semm  hiawvti^  I^Eaaher««  aad  ^^ar  ia  dem<elWa  I^Mfe  «4er 
I%tr«^«e  ^seia^  ibaea  4fe$e%^  aa^te  in  etaer  Gatf^maag^  y<mi  7  llatt«eraL  \Ve«a 
diwt$e  ?irhwtiitiBft:a.  i*^  mJbsts^n  sw  ais»  dem  IHftrwt  ;f^^haaac  wev^lea.  IW  Kaw^ir 
fwc^u:  ietmt  FVrws  li«aaafttf«a.  «eaA  eia  Stivm  «iazwveWalfie^söt«  ami  säe 
4jJWr  il^r  (Diehceffif  :SttHiaie  läacaats^  ^«li— f  «etniea  H.he«tf«  e«  im 


Magweh.  63 

gen,  die  Pagode  durch  König  Minthaya,  den  Bruder  Thamada- 
tha's,  erneuert  worden  und  dann  wieder  unter  König  Belaundo  in 
Amarapura.  An  der  andern  Seite  war  zwischen  Sternen  ein 
Hase  ausgehauen,  um  den  Mond  darzustellen  und  daneben  eine 
magische  Tafel,  die  in  den  neun  Feldern  eines  Vierecks  und  in 
den  je  neun  Feldern  zweierKreise  verschiedene  Zahlen,  Buchstaben 
oderSylben  enthielt.  Nach  der  beigefügten  Inschrift  hatte  2399  J. 
nach  Buddha's  Niphan,  der  Edelmann  Ming  ding  mit  Ming  lagoh  die 
Pagode  mit  gelbem  Zeug  überdecken,  sie  neu  firnissen,  vergolden 
und  roth  bemalen  lassen.  Die  Menge  der  verbrauchten  Materialien 
war  genau  angegeben,  sowie  die  den  Arbeitern  bezahlten  Geld- 
summen, wie  es  Herodot  auf  den  Pyramiden  gelesen.  Die  In- 
schrift schloss  mit  dem  Gebete,  dass  des  Gebers  Familie  durch 
die  Geburt  eines  Sohnes  beglückt  werden  möchte.  Aus  einer 
verschlossenen  Kapelle  mit  dem  Kolossalbild  eines  Buddha  führt 
eine  Treppe  zu  einer  oberen  Etage,  wo  die  Wand  mit  Sudaun- 
piehkiaunlehnpaya  beschrieben  war.  Aussen  stand  ein  durch 
eine  Schildkröte  getragener  Almosentopf,  neben  dem  ein  Zwerg 
(der  gcnius  loci)  sass.  Weissgekleidete  Nonnen  wanderten  um- 
her, die  in  den  Tempelstrassen  unter  StrohhUtten  lebten. 

Dass  in  einer  so  frommen  Stadt  keine  Hühner  oder  Eier  zu 
finden  waren,  lässt  sich  denken.  Man  sagte  mir  zur  Entschul- 
digung, dass  durch  eine  Verordnung  der  Regierung  der  Verkauf 
verboten  sei.  Ich  versuchte  wieder  die  Quartiere  zweifelhaften 
Rufes  in  der  Vorstadt  und  eine  junge  Frau,  die  ein  theilnehmen- 
des  Herz  haben  mochte,  schien  nicht  abgeneigt,  mir  von  ihrem 
Vorrath  zu  überlassen.  Ein  weissbärtiger  Brummbär,  der  da- 
neben wohnte,  rief  ihr  aber  zu,  dass  sie  sich  auf  eine  tüchtige 
Tracht  Prügel  von  ihm  gefasst  machen  könne,  wenn  sie  die  ar- 
men Geschöpfe  einer  solchen  Gefahr  aussetze,  sie  sähe  doch, 
mein  cannibalischer  Koch  beabsichtige  nichts  anderes,  als  ihnen 
die  Kehle  abzuschneiden.  In  deniDorfe,  wo  wir  Abends  anlegten, 
waren  Fischer  während  der  Nacht  mit  ihrem  Fange  beschäftigt,  als 
wir  aber  am  nächsten  Morgen  früh  aufbrachen,  waren  die  Netze 
noch  nicht  aufgezogen,  so  dass  wir  ohne  grosse  Aussicht  auf 
ein  Frühstück  weiter  reisten. 


.> 


g4  Von  Thayetmyo  nach  Mandalay. 

In  der  Nähe  des  Dorfes  Wurinanzaiit  stand  in  einer  sandigen 
Wildniss  zwischen  dichtem  Gestrüpp  eine  Pagode,  zwischen  de- 
ren Baulichkeiten  ich  ein  isolirtes  Portal,  nach  der  Art  der  in- 
dischen Mandrapani,  bemerkte.  In  der  Umgegend  wurde  Palm- 
saft gewonnen,  und  derselbe  durch  die  Rinde  des  Tityeia-Baumes 
frisch  gehalten.  Heimlich  wird  auch  Arac  daraus  verfertigt, 
sowie  in  grösseren  Plantagen  Zucker.  Die  Schalen  der  Früchte 
werden  als  Gefässe  gebraucht. 

Abends  hielten  wir  neben  einer  verfallenen  Pagode,  die  ich 
zum  Lesen  von  Inschriften  betrat,  aber  durch  den  moschus.artigen 
Modergeruch  fortgetrieben  wurde,  der  allen  diesen  alten  Ruinen 
eigen  ist  und  durch  die  ammoniakalische  Ausdünstung  der 
Fledermaus  -  Excremente  noch  unerträglicher  wird.  Aus  den 
Höhlen  bei  Molmein  sah  Judson  unzählige  Fledermäuse,  einer 
Säule  gleich,  hervorkommen,  die  sich  für  Meilen  weit  ununter- 
brochen forterstreckte.  Ein  Eingeborner  führte  mich  nach  dem 
versteinerten  Walde  eines  nahegelegenen  Hügels,  wo  einige 
Dutzend  dicker  Stämme  in  der  Erde  steckten  und  eine  Menge 
anderer  Versteinerungen  umherlagen. 

Moung  Schweb,  der  sich  zu  erholen  anfing,  erzählte  mir  zur 
Abendunterhaltung  von  den  Hexen  seiner  Karen-Dörfer,  und  ih- 
ren Kämpfen  mit  den  Zauberern,  die  er  birmanisch  Dzay  dzea 
(Aerzte  oder  Mcdicinmänner)  nannte.  Die  Hexen,  die  wie  Feuer- 
funken umherfliegen,  suchen  sie  zu  tödten,  indem  sie  Gift  in  ihre 
Getränke  schütten,  die  Zauberer  aber  vernichten  die  Hexen  durch 
das  Verbrennen  von  Papieren,  die  mit  Gatha's  oder  Paliformeln 
beschrieben  sind.  Sie  haben  solche  aus  alten  Zeiten  her  über- 
liefert erhalten,  von  den  Yathay,  die  im  Himmel  leben. 

Am  nächsten  Morgen  gelangten  wir  nach  YajTiangoun  (der 
Fluss  stinkenden  Wassers),  wo  eine  unabsehbare  Reihe  von 
Böten  den  grossen  Ausfuhrmarkt  des  Petroleums  bezeichnet, 
des  Leuchtmaterials  für  das  ganze  Reich.  Die  Hälfte  des  ge- 
wonnenen Products  muss  nach  Ober-Birma  gebracht  werden, 
die  andere  Hälfte  ist  einem  Armenier  verpachtet,  der  es  nach 
Rangun  ausführt.  Da  es  noch  früh  am  Tage  war,  fanden  wir  die 
Strassen  überfüllt  mit  Schaaren  von  Pungyi,  deren  Weizen   in 


Die  Oelbnmneii.        /  65 

Birma  immer  da  blüht,  wo  andere  Geschäfte  blühen.  Siegingen  in 
langen  Reihen  von  Haus  zu  Haus,  wo  einer  nach  dem  andern 
durch  den  Hausherrn  oder  die  Hausfrau  einen  Löffel  Reis  in  sei- 
nen Almosentopf  gelegt  erhielt.  Die  Begünstigteren  empfingen 
noch  eine  Zugabe  von  Ragout,  Fleisch  oder  Fischen,  die  in  Blät- 
ter gewickelt  dem  Reise  beigefügt  wurden,  oder  auch  Früchte. 
Die  in  der  Mitte  der  Stadt  belegene  Pagode  Schwemingwun  dient 
zur  Eidesleistung,  indem  der  Richter  die  streitenden  Parteien  für 
solche  Zwecke  dahinschickt.  In  derselben  liegt  zwischen  zwei 
Vögelfiguren  des  Henza  und  Piso  ein  Stein,  den  der  Schwörende, 
nachdem  Lichter  angezündet  sind,  in  der  Hand  halten  muss. 

Die  Umgegend  Yaynankhyaung's  sieht  sehr  verbrannt  und 
öde  aus.  Nur  eine  sparsame  Vegetation  sprosst  auf  den  Barran- 
ken, die  sie  in  hügligen  Erhebungen  aus  schiefrigem  und  lehmigem 
Thon  durchsetzen,  kalkige  Concretionen  und  Spuren  von  Kohlen- 
formationen einschliesscnd.  IndenRavinen,  die  wir  passirten,  um 
nach  dem  welligen  Tafellande  derOelbrunnen  zu  kommen,  trafen 
wir  lauge  Reihen  der  mit  knarrenden  Rädern  schwerfällig  fort- 
bewegten Wagen,  die  das  Oel  herbeiführten  und  von  oben  bis 
unten  damit  beschmiert  waren.  In  der  dörrenden  Sonnen- 
hitze schleppten  sich  die  Ochsen  nur  langsam  im  dicken  Sande 
fort,  aber  alle  mussten  auf  irgend  eine  Weise  Platz  machen,  als 
ein  Bote  des  Gouverneurs  des  Weges  kam,  dem  ein  mit  Palm- 
blättern umwundenes  Schwert  als  Zeichen  seiner  Sendung  voran- 
getragen w^urde.  Das  Oel  wird  mit  Krügen  aus  den  Brunnen,  die 
durch  Planken  Halt  bekommen,  herausgewunden.  Nöthigenfalls 
lassen  sich  die  Arbeiter  an  Stricken  in  die  Brunnen  hinab.  Sie 
gehören,  die  königlichen  ausgenommen,  den  umliegenden  Dorfbe- 
wohnern, und  die  Brunnen  des  Vaters  vererben  sich  auf  seine  Söhne, 
die  der  Mutter  auf  die  Töchter.  Der  Brunnen  der  Königin  war 
durch  eine  Flagge  bezeichnet,  damit  ihm  Niemand  nahe  komme. 
Wenn  der  Brunnen  beinahe  erschöpft  ist,  so  mischt  sich  das  Oel 
mit  Wasser  und  muss  durch  Stehen  davon  getrennt  werden.  Der 
armenische  Agent,  der  mich  von  Yaynankhyaung  begleitet  hatte, 
zeigte  mir  die  weisse  Erdart,  die  herausgeworfen  wird,  als  das 
beste  Mittel,  um  Zeuge  von  Flecken  jeder  Art  zu  reinigen.  Wenn 

BaatUn,  OttMien.    II.  5 


QQ  Von  Thayetmyo  nach  Mandalay. 

die  Arbeiter  auf  eine  Schicht  grün-gräulichen  Schiefers  kommen, 
80  schliessen  sie  Contracte  ab  für  Jeden  Quadratfuss,  den  sie 
tiefer  graben.  Durch  Ausbrechen  von  Gas  kommen  oft  Todes- 
fälle vor.  Um  einen  neuen  Brunnen  aufzufinden,  stellen  die  Ar- 
beiter die  Steinfigur  eines  kleinen  Elephanten  auf  einen  glatten 
Stein,  umgeben  ihn  im  Kreise  mit  allen  Arten  von  Opfergaben, 
und  beobachten  dann,  nach  welcher  Richtung  er  von  dem  Winde 
oder  durch  andere  Ursachen  gedreht  wird.  In  the  district  of 
Suvainigiri  a  huge  log,  one  end  of  which  is  fashioned  into  a  form 
resembling  an  elephant's  head,  is  placed  at  right  angles  and  at 
an  equipoise,  upon  au  upright  post,  on  which  it  revolves  (Frye). 
Auf  den  Strassen  der  birmanischen  Städte  findet  man  stets  Leute 
umhergehen,  um  den  täglichen  Hausbedarf  des  Oels  aus  Töpfen 
zu  verkaufeu.  Ausser  zum  Brennen  wird  es  gebraucht,  um 
Pfosten  oder  SchrankfUsse  zu  bestreichen  und  so  gegen  Insekten 
und  Ameisen  zu  schützen.  Nach  Cox*s  Erkundigungen  lieferte 
jeder  Brunnen  1825  Pfd.  pr.  Tag  und  die  Arbeiter  erhielten 
8Tical  monatlich.  Er  berechnet  aus  520  Brunnen  den  jährlichen 
Werth  an  Ort  und  Stelle  auf  289,737  Rupien  oder  allgemein  fllr 
das  Land  auf  1,362,325  Rupien  und  das  königliche  Einkommen 
zu  132,232  Rupien.  Als  ich  an  das  Boot  zurückkam,  hatte  der 
Armenier  dafür  gesorgt,  dasselbe  so  mit  Hühnern,  Enten,  Eiern 
zu  überladen,  dass  für  die  nächsten  Tage  keine  Hungersnoth  zu 
fürchten  war. 

Für  die  Nacht  hielten  wir  in  der  Nähe  eines  Dorfes,  und  als 
ich  nach  der  ausserhalb  etwas  abseits  gelegenen  Pagode  ging,  fand 
ich  Niemand  dort,  als  eineneinzelnen  Birmanen,  der  eifrigmit  einem 
Besen  in  den  Gängen  umherfegte  und  dann  seine  Gebete  sprach. 
In  Krankheitsfällen  werden  Pagoden,  Kyaung  oder  Zayat  en 
miniature  neben  das  Haus  gestellt. 

Die  Ufer  des  Irawaddy  waren  jetzt  einsam  und  menschen- 
leer. Dörfer  und  Felder  sah  man  keine,  und  nur  zuweilen  hatten 
Verkäufer  in  der  Wüste  eine  kleine  Scheuer  aufgeschlagen,  um 
den  vorüberfahrenden  Schiflfen  zu  verkaufen.  In  einer  der- 
selben tauschte  ich  einen  Korb  voll  Reis  für  einen  halben  Korb 
Sat  aus  da  das  englische  Geld  verweigert  wurde.     In  der  Ferne 


Die  Pagode  des  Baches.  g7 

stand  der  Kegel  des  Puppataun  aus  der  Sandebene  hervor,  ein 
früherer  Vulkan.  Mehrfach  begegneten  uns  grosse  Flösse,  mit 
Hütten  darauf,  die  von  den  an  den  verschiedenen  Stellen  postirten 
EigenthUmern  Aussah wärts  gesteuert  v«^urden. 

Von  dem  Halteplatz  kreuzte  ich  frUh  am  nächsten  Morgen 
die  Sandebene  nach  Sillemyoh,  das  mit  seinem  Pagodenkranze 
in  der  Ferne  vor  uns  lag.  Von  ihnen  ist  die  Pagode  Schwetaunuh 
(der  goldene  Berg)  in  der  Form  des  Sri-Meru  gebaut,  mit  Kreisen 
von  Steinpfeilern,  die  Über  einander  aufsteigend,  die  glocken- 
förmige Dagobe  des  Centrums  umschliessen.  Ein  freundlicher 
Mönch  des  nahegelegenen  Klosters  gab  mir  nicht  nur  einen  der 
Schulknaben,  um  mich  nach  der  achteckigen  Pagode  Schimnietna 
(mit  den  Namen  der  Wochentage)  zu  fuhren,  sondern  auch  eine 
Parabeik  und  Stifte,  da  unterwegs  mein  Diener  das  mitgebrachte 
Schreibpapier  verloren  hatte.  Nachher  schickte  er  mir  noch 
einen  seiner  kleinen  Zöglinge  nach,  um  mir  ein  blankes  Vier- 
Annas-StUck  aufzunöthigen,  da  er  durch  dies  Geschenk  seineVer- 
dienste  noch  zu  vermehren  wünschte.  Die  Birmanen  wiegen  ihr 
Geld  und  sehen  deshalb  in  Münzen  nur  eine  niedliche  Medaille, 
die  zum  Schmucke  dienen  kann.  In  einer  Gruppe  der  Sterbe- 
scene  Gautama's  (in  Tin-paya)  bemerkte  ich  die  Holzfigur  einer 
liegenden  Frau,  die  ihr  Kind  säugte,  mit  dem  zuschauenden  Vater 
daneben  stehend.  Ein  alter  Mann  war  eifrig  beschäftigt,  kleine 
Oellampen,  die  an  der  Wand  umherstanden,  in  Stand  zu  setzen. 
Neben  einem  die  Klosterbibliothek  enthaltenden  Steingebäude 
lag  ein  zerbrochener  Stein  mit  einer  Inschrift  in  Kyauktza. 

Um  die  Pagode  Seh  wesajopaya  oder  den  Tempel  des  goldenen 
Buches  (wo  die  königlichen  Gebeine  zusammengebracht  wurden) 
zu  besuchen,  kam  ich  durch  ein  Dorf,  wo  grüne  Bananen  gedampft 
wurden,  um  sie  rascher  zur  Keife  zu  bringen.  Zuweilen  sah  ich 
zu  solchem  Zweck  die  grünen  Bananen  in  die  Erde  graben  und 
oben  darüber  ein  Feuer  machen.  Der  Weg  führte  im  dicken  Sande 
zwischen  Büschen  und  Cactus  hin,  an  einem  Teiche  vorbei,  wo 
die  zusammengetriebenen  Rinderheerden  getränkt  wurden,  bis 
der  hohe  Thurm  der  Pagode  über  einer  fernen  Baumgruppe  her- 
vorblickte, die  uns  ihre  Schatten  gegen  die  brennende  Mittags- 

5' 


gg  Von  Thayetmyo  nach  Mandalay. 

hitze  anbot.  Beim  Näherkommen  sahen  wir  die  ganze  Gegend 
mit  Ruinen  verfallener  Pagoden  bestreut,  die  grosse  des  Klosters 
war  dagegen  in  gutem  Zustande  der  Restaurirung.  Sie  enthält 
in  der  hintern  Nische  ihrer  Haupthalle  ein  stehendes  Buddhabild 
in  riesigen  Dimensionen,  vor  dem  eine  Lampe  brannte.  Die 
Wände  waren  mit  Scenen  aus  den  Dzat's  oder  den  früheren  Exi- 
stenzen Buddha's  bedeckt,  und  den  Erklärungen  hatte  der  Maler 
gewöhnlich  seine  Hoffnung  auf  ein  seliges  Ende  beigefügt.  In- 
schriften an  derThUr,  von  denen  eine  einem  Priester,  zwei  andere 
Edelleuten  (Ming-gyi)  angehörten,  zählten  die  in  Firniss  und 
gelbem  Zeuge  bei  der  Restaurirung  der  Pagode  verbrauchten 
Summen  auf.  Im  Hofe  sass  eine  Gruppe  lauschender  Schüler, 
die  ein  grösseres  Bild,  mit  den  Händen  in  lehrender  Stellung, 
umgab.  In  einer  abgelegeneu  Kapelle  sah  ich  drei  zerbrochene 
Holzfiguren,  von  denen  die  eine  in  dem  Tasagnabo  oder  ver- 
zierten Putzo  und  dem  Kasadaun  -  Schmuck  des  Ohres  die  In- 
signien  der  Königswürde  trug.  Dies  waren  die  Nat  (Götter), 
die  beim  Bau  der  Pagode  mitgeholfen  hatten,  und  dass  sie  selbst 
in  dem  trübseligen  Zustande,  in  dem  sie  siieh  befanden,  noch  ihre 
Verehrer  hatten,  zeigten  Spuren  aufgesteckter  Lichter  auf  der 
Holzplanke  vor  ihnen.  In  einer  andern  Kapelle  standen  drei  be- 
malte Holztiguren  weiblichen  Geschlechts,  gleichfalls  zusammen- 
gebrochen, staubig  und  schmutzig. 

Als  ich  den  Abt  des  Klosters  zu  besuchen  ging,  machten 
seine  Schüler  so  viele  Zeichen  und  bedenkliche  Mienen  über 
meine  Schuhe,  dass  ich  dieselben  am  Eingange  zurückliess,  und 
nur  in  Strümpfen  die  Teppiche,  mit  denen  das  Zimmer  belegt 
war  und  die  zugleich  zum  Sitzen  dienten,  betrat.  Ich  hörte  dort, 
dass  die  Pagode  vor  554  Jahren  gebaut  sei  durch  Manithesu,  den 
König  Pagan's,  über  ein  heiliges  Buch,  das  vom  Himmel  ge- 
fallen und  in  dem  Fundament  niedergelegt  worden.  Die  grosse 
Menge  der  kleineren  Pagoden  ringsumher  wären  dann  von  seinen 
Frauen,  Concubinen,  Kindern  und  Ministem  aufgerichtet. 

Als  ich  durch  die  langen  Spaziergänge  etwas  ausgehungert 
nach  Sillemyoh  zurückkehrte,  um  mein  Frühstück  in  dem  Boote 
einzunehmen,  war  dasselbe  nirgends  zu  finden,  weder  anderver- 


Sillemyoh.  69 

abredeten  Stelle,  noch  an  den  andern  Landungsplätzen,  an  denen 
ich  für  Nachsuchungen  umherging,  zum  grossen  Zorn  der  wuth- 
entbrannten  Hunde,  die  sich  durch  die  ganze  Stadt  das  Signal 
zum  gemeinsamen  Angriffe  gaben,  und  zum  Entsetzen  krei- 
schender Kinder,  die  nach  Mutter  schrieen.  Da  vorläufig 
nichts  zu  machen  war,  besuchte  ich  einige  der  in  der  Stadt  be- 
legenen Pagoden,  erst  die  Schwesettapaya  (des  goldenen  Fuss- 
tapfens)  und  dann  die  am  meisten  verehrte  Schwesijopaya  (die 
Jujuba-Pagode),  deren  Eingänge  durch  beflügelte  Löwen  mit 
Menschengesichtern  bewacht  wurden.  Ein  langer  Gang,  ge- 
pflastert und  be wallt,  führte  mich  nach  dem  Flusse  zurück,  wo  zwei 
löwenartige  Riesengreife  die  aufführende  Treppe  hüten.  Von 
den  Aggasahvaka  nit  pa  (den  zwei  LieblingsschUlern)  wird  Sari- 
puttra  zur  rechten  Hand  (Lekyaron)  und  Mauggalan  zur  linken 
(Lekwäron)  des  Meisters  gestellt.  Die  Tempel  enthalten  ge- 
wöhnlich, wie  ein  Museum,  eine  mannigfaltige  Auswahl  von  Fi- 
guren jeder  Gestalt,  Form  und  Grösse,  aber  die  Hauptfigur  der 
Centralhalle  ist  meist  von  colossalem  Umfang,  wie  auch  die  an 
den  Thüren  und  an  den  Galerien  angebrachten  Fabelwesen  in 
ihren  Dimensionen  über  die  natürlichen  Proportionen  hinaus- 
gehen. 

Die  Buddhisten  verharren  auf  dem  Standpunkte  der  alten 
Egypter,  wo  der  Geist,  von  der  Allmacht  des  mächtigen  All's 
noch  überwältigt,  nur  das  Ungeheure  auszudrücken  strebt,  ohne 
schon  ein  Auge  für  die  classischen  Schönheitsgesetze  in  dem 
bunten  Kaleidoscop  des  irdischen  Lebens  gewonnen  zu  haben. 
Aber  während  sie  in  diesem  Punkte  zusammentreffen,  stehen 
sich  Buddhisten  und  Egypter  in  ihrer  übrigen  Anschauungsweise 
diametral  entgegen.  Der  Egypter  haftet  an  dem  wirklich  Be- 
stehenden, an  der  Existenz  des  Realen  und  müht  sich  ab,  in  dem 
Massiven  seiner  colossalen  Monumente  die  feindlichen  Natur- 
gewalten zu  besiegen.  Er  sucht  ängstlich  die  Mumie  in  den 
verborgenen  Recessen  ungeheurer  Steinberge  zu  bewahren  und 
hüten,  damit  nach  dem  Ablauf  der  5000jährigen  Periode  die  zu- 
rückkehrende Seele  ihr  früheres  Haus  wiederfinde.  Für  die 
Ewigkeit  bauend,  hofft  er  der  Zerstörung  zu  trotzen  und  im  Räume 


70  Von  Thayetmyo  nach  Mandalay. 

die  Zeitperioden  zu  überdauern.  Der  Buddhist  lächelt. ob  sol- 
ches Vorhabens,  da  für  ihn  der  anfangs-  und  endlose  Zeitstrom 
jede  individuelle  Existenz  nivellirend  mit  sich  fortreisst.  In 
seinem  Ohre  gellt  nur  der  schrille  Missklang  des  Vergänglichen 
und  Flüchtigen.  Alles  Geborene  muss  sterben,  jedes  Entstandene 
trägt  den  Keim  des  Vergehens  in  sich  selbst.  Jene  Auferstehung 
der  Leiber  hat  für  ihn  ein  gespenstisches  Grauen,  schliesst  ihm 
nur  die  Vorstellungen  böser  Dämonen-Künste  ein,  die  in  ma- 
gischen Beschwörungen  Phi  oder  Vetala's  herbeirufen,  um  den 
vermodernden  Leichnam  aufs  neue  zu  beleben.  Statt  solch  un- 
heimliche Proccduren  herbeizuwünschen,  sucht  er  im  Gegentheil 
den  Leib  des  Todten  bald  möglichst  auf  dem  Scheiterhaufen  zu 
vernichten,  oder  ihn  noch  rascher  mit  Feuerwerken  und  Raketen 
unter  gänzlicher  Vertilgung  jedes  Atoms  in  die  Luft  zu  blasen. 
So  ist  er  wenigstens  eins  seiner  vormaligen  Häöser  losgeworden, 
obwohl  ihm  in  dem  Fortgange  der  Seelenwanderungen  noch  an- 
dere drohen  mögen.  Ist  er  deshalb  endlich  an  dem  ersehnten 
Ende  seiner  Laufbahn  angekommen,  so  stimmt  der  das  Nirwana 
Vorausschauende  Buddha's Triumphlied  an,  womit  auch  die  Edda 
den  letzten  Sieg  feiert.  Er  hat  ihn  endlich  erkannt,  den  Häuser- 
bauer (gaha-karaka),  der  ihn  durch  unzählige  Existenzen  in  Fes- 
seln schmiedete,  und  jetzt  sind  seine  Balken  zerbrochen,  dass  er 
ihm  kein  neues  Haus  mehr  wird  bauen  können.  So  spottet  der 
Buddhist  des  Häuserbauers  oder  Architecten,  der  aus  Thebens 
Priester-Ceremonien  durch  die  Gnostiker  bis  zu  uns  herabge- 
stiegen ist  und  ehe  die  Dämmerung  dem  vollen  Tageslichte  ge- 
wichen, noch  gerne  zuweilen  mit  seinem  grotesken  Zaubcrscepter 
selbst  in  dem  Gesichtskreis  der  Gegenwart  umherfuhr. 

Sonnenuntergang  war  schon  nahe,  als  das  Boot,  das  sich  auf 
einer  Sandbank  festgefahren  hatte,  endlich  anlangte,  und  wir 
mussten  uns  zufrieden  geben,  die  Nacht  in  der  Stadt  zu  ver- 
bleiben. In  der  Dämmerung  kam  ein  Mann  von  der  andern 
Seite  des  Flusses  verstohlen  herübergefahren  und  Hess  mir  sagen, 
dass  er  Hühner  liefern  wolle,  im  Austausch  für  Branntwein.  Bei 
Nacht  hörten  wir  die  Musik  eines  Poe  oder  Schauspiels,  das  ein 
Mann  des  Dorfes  für  seinen  in  den  Priesterstand  getretenen  Sohn 


Dorftheater.  71 

auflFÜhren  Hess.  Ich  begleitete  die  Bootsleute,  die,  vielleicht  in 
Aussicht  auf  eine  Schlägerei,  zur  Mitnahme  von  Waffen  riethen. 
Unter  einem  Baum  brannten  Pechfackcln,  um  welche  zwei  Mäd- 
chen, unter  Verdrehung  der  Gelenke,  tanzten.  Nach  dem  Auf- 
treten der  vier  Wungyi  oder  Minister  wurde  die  Unterhaltung  zum 
Theil  in  Pali  geführt,  zum  Theil  legten  sie  sich  gegenseitig 
Räthselfragen  vor,  besonders  über  grammatische  Controversen. 
Dann  erschien,  durch  den  Bogen  kenntlich,  der  Gesandte  des 
Königs,  der  sich  fünf  Mädchen  abgestuften  Alters,  bis  auf  eine 
Kleine  von  5—6  Jahren,  herbeibringen  Hess,  um  sie  zu  Ehren- 
damen der  Prinzessin  zu  Erziehen  und  in  der  Hof- Etikette  zu 
unterrichten.  Er  quälte  sich  lang  damit  ab,  aber  sie  schienen 
Nichts  zu  verstehen,  standen  auf,  wenn  er  sie  niedersetzen 
hiess,  und  t^assen  nieder,  statt  aufzustehen.  Zuletzt  die  Geduld 
verlierend,  brach  er  eine  Ruthe  vom  Baum  und  gab  sie  dem  die 
Aufsicht  führenden  Wungyi,  damit  er  durch  die  Application  der- 
selben seine  Schülerinnen  gelehriger  mache.  Der  gestrenge  Herr 
Präceptor  schickte  sich  an  die  Züchtigung  vorzunehmen,  Hess 
^ich  aber  durch  das  jammernde  Flehen  der  zur  Bestrafung  herbei- 
gerufenen Schönen,  die  sich  schmeichelnd  unter  seinen  Händen 
sträubten,  erweichen  und  entliess  Eine  nach  der  Andern,  nach- 
dem sie  sich  durch  das  Singen  eines  Liedes  befreit  hatten.  Durch 
die  verführerischen  Verse  erotisch  gestimmt,  fing  er  an  ihnen 
Liebeserklärungen  zu  machen,  wurde  aber  von  Jeder  der  Er- 
wachsenen zurückgewiesen,  bis  er  an  die  Kleinste  kam.  Mit 
dieser  unterhielt  er  sich  dann  durch  Geberden  und  Gespräche  in 
einer  Weise,  wie  es  nicht  unfläthiger  und  gemeiner  sein  konnte, 
die  aber  grade  dadurch  das  schallende  Gelächter  des  Publikums 
hervorrief,  und  von  dem  Kinde  trotz  seines  zarten  Alters  auf  das 
Fertigste  erwidert  wurde.  Dass  solche  Dinge  nicht  der  englischen 
Gesandtschaft  vorgeführt  wurden,  ist  begreiflich,  aber  für  das  Volk 
können  sie  nie  pikant  genug  sein.  Während  eines  Tanzes,  der 
die  Erscheinung  des  Königs  einleiten  sollte,  ging  ich  zum  Boot 
zurück. 

Am  andern  Tage  sahen  wir  au  mehreren  Stellen  hütende 
Riesenlöwen  über  den  Fluss  schauen,  um  anzuzeigen,  dass  weiter 


72  Von  Tfcayetmyo  nach  Mandalay. 

im  Lande  eine  Klosterpagode  lä^e.  Die  den  Fliiss  aufwärts  ge- 
schleppten Boote  mUssen  an  bestimmten  Stellen  für  einen  Augen- 
blick anlegen,  da  nach  der  andern  Seite  hinUberzukreuzen  ist, 
und  an  solche  Plätze  hatten  sich  meistens  Frauen  postirt,  die 
durch  ihren  Sirenengesang  die  Schiffer  anzulocken  suchten.  Am 
Abendhörte  ich  in  einemNachbar-Boote  laut  recitireu,  und  vernahm, 
dass  es  Djat-tama  sei,  der  Bollen  aus  den  Poe  (Urama's)  vortrug. 
Ein  Buch  hatte  er  indess  nicht,  da,  wie  er  sagte,  sein  Herz  sein 
Buch  sei.  Er  sang  nachher,  wahrscheinlich  zu  meiner  Erbauung, 
ein  Ruhmeslied  im  Preise  des  Königssohnes,  des  kriegskundigen 
Prinzen  des  Sieges,  der  die  in  seine  Länder  hereingekommenen 
Kala*s  vertreiben  und  sie  wie  leichte  Spreu  vor  dem  Winde  zer- 
streuen würde.  Vielleicht  meinte  er  denselben  Sekvamin,  dessen 
Bekanntschaft  schon  Judson  seiner  Zeit  machte. 

Am  nächsten  Morgen  erschienen  Pagan's  Pagoden  schon  früh 
in  der  Entfernung.  An  einem  Orte,  wo  die  gegen  den  reissenden 
Strom  nur  langsam  anarbeitenden  Schiffer  rasteten,  erstieg  ich 
eine  Erhöhung  und  blickte  über  ein  Buschland,  aus  dem  eine  un- 
zählige Menge  von  Kuppeln  vorstanden:  „zahllos,  wie  die  Tempel 
Pagan's"  nach  dem  birmanischen  Sprichwort.  Nicht  lange  nach- 
her hatten  wir  in  Pagan,  an  der  Bodaphya  genannten  Pagode  an- 
gelegt und  in  der  Nähe  wurde  der  in  Terrassen  gebaute  Gauda- 
palin,  der  1160  durch  König  Narapatitsithuh  gegründet  wurde, 
besucht,  dann  die  mit  kleinen  Figurennischen  gefüllte  Bodhi- 
pagoda,  die  Sudaundieh-paya,  die  Schweguh  (goldene  Höhle), 
die  Schimmasu-pagoda  (mit  Gemälden  an  den  Wänden),  die  ge- 
wölbte Patha-dhamma-pagoda,  in  deren  Hofe  ich  eine  Rinder- 
heerde  grasen  fand,  die  Schwesandoh,  mit  der  90  Fuss  langen 
Figur  eines  schlafenden  Buddha  unter  niedriger  Bedachung,  die 
Mamue-pagoda,  deren  TeiTassen  durch  Treppen  verbunden  sind, 
die  massive  Thapinyu  *)  desKönigs  Aloungtsichuh(l  100  p.d.),  die 


*)  Die  Figuren  Hannman's,  Vischnu's,  Siwa's  in  dem  Thapinyu -Tempel 
wurden  (nach  Phayre)  von  demWoondook  angesehen,  as  images  of  Paramathwa, 
Nat,  worshipped  by  Brahmins,  and  that  they  as  well,  as  some  standing  figures 
round  the  centre  throne,  had  been  introdnced,  as  subordinate  guardian  Nats  in 


Fagau.  73 

auf  eine  hohe  Platform  gestellte  Mimi-laujau-paya,  von  deren 
um  die  Terrassen  laufenden  Corridoren  man  über  die  Stätte  des 
alten  Pagan's  schaut,  jetzt  von  buschigem  Gehölz  bedeckt,  durch 
das,  soweit  der  Blick  reicht,  ein  Feld  von  Pagoden  eingesäet  ist. 
Seitwärts  in  einem  Tempelhofe  lag  ein  ausgestrecktes  Riesen- 
bild, wie  ich  solche  später  in  Siam  nocb  grösser  gesehen, 
bis  zu  150  —  200  Fuss.  In  der  nach  dem  Modell  der  Nanda- 
tsee-guh  durch  fünf  Rahandas  von  Ilemawonda  unter  König 
Kyan-zeetha  gebauten  Ananda-paya  leitet  die  EingangsthUr  di- 
rect  zu  demRecess,  in  dem  dasColossalbildAnanda's  steht.  Die 
hohen  Gewölbegänge,  in  denen  die  Recitative  des  Abendgottes- 
dienstes wunderbar  feierlich  wiederhallten,  kreuzen  einander  und 
die  Wände  sind  überall  in  Nischen  ausgeschnitten,  die  eine  grosse 
Mannigfaltigkeit  verschiedener  Figuren  enthalten.  In  einer  Halle 
des  nahegelegenen  Klosters  -waren  die  Holzwände  mit  bunten 
Gemälden  bedeckt,  die  Scenen  aus  den  Dzat's  darstellten.  Noth- 
withstanding  that  well  formed  arches  of  brick  are  still  to  be  seen 
in  manyof  theancienttemples,yelBirman  workmen  can  no  longer 
turn  them,  bemerkt  Symes,  bei  Gelegenheit  Pagan's,  doch  kennen 
sie  noch  jetzt  den  Bogen,  nur  einen  zu  wenig  dauerhaften,  weil  die 
Steine  nicht  auf  unsere  Weise  eingefügt  werden. 

Die  Häuser  einiger  Dörfer  drängen  sich  hier  und  da  unter  den 
Ruinen  der  verfallenenPagoden  zusammen,  und  zwischen  denselben 
läuftdieaneinzelnenStellendurchbrocheneStadtmauerdes  früheren 
Pagan  hin.  Ich  hatte  das  Boot  nach  derSchwesigoh-Pagode  (ein 
noch  jetzt  viel  besuchter  Wallfahrtsort)  bestellt,  die  am  äussersten 
Rande  des  Trümmerfeldes  Pagan's  liegt  und  durch  ihre  goldene 
Kuppel" weithin  sichtbar  ist.  Als  wir  aber,  nachdem  wir  verschiedene 
Male  den  Weg  verloren  und  uns  in  dem  schwach  bevölkerten 
Lande  nur  schwer  orientirt  hatten,  Abends  spät  dort  anlangten, 
war  kein  Boot  und  auch  sonst  kein  Mensch  am  Flusse  zu  sehen. 
Nur  ein  Hausirer  hockte  noch  dort,  mit  einem  Kasten  dünner 
Goldblättchen,  für  die  er  während  des  Tages  auf  Pilger  gewartet 

hoDoar  of  Biiddba's  Image  which  once  occupied  the  central  place.  Durch  Herrn 
Mc.  Leod  in  Rangun  erhielt  ich  die  Bilder  brahminischdr  Gottheiten,  mit  dem 
Baddhismus  angehörigen  Verzierungen. 


74  Von  Thayetmyo  nach  Mandalay. 

hatte.  Er  hatte  kein  Boot  ankommen  sehen  und  konnte  auch 
von  den  vorUbergefahrenen  keine  Auskunft  geben,  die  der  Be- 
schreibung nach  auf  das  unsrige  gepasst  hätte.  Die  Klosterhöfe 
der  Pagode,  an  deren  Fusse  wir  standen,  waren  schon  ver- 
schlossen, und  so  fanden  wir  uns  ziemlich  rathlos  an  dem  Flusse, 
der  auf  unsere  Fragen  nur  durch  sein  einförmiges  Rauschen  ant- 
wortete, ohne  zu  wissen,  ob  wir  stromauf  oder  stromabwärts  zu 
suchen  hätten.  Wir  folgten  dem  Hausirer,  der  nach  seinem 
Dorfe  zurückging,  und  die  steilen  Felsen  auf  Wegen  herunter- 
stieg, auf  denen  man  den  ersten  Versuch  lieber  am  hellen  Tage 
gemacht  hätte.  Wir  kamen  an  einer  flachen  Sandbank  des  Flusses, 
die  in  der  trockenen  Jahreszeit  mit  dem  Lande  zusammenhing, 
heraus,  und  dort  lagen  verschiedene  Boote  angebunden,  aus  deren 
einem  höchst  unerwartet,  aber  sehr  erwünscht,  der  gesuchte 
Gapitain,  der  unsere  Stimmen  erkannt  hatte,  hervorkam.  Er  wollte 
der  Instruction  gemäss  gehandelt  haben,  was  mein  Diener  zwar 
läugnete  und  er,  da  er  noch  njehr  durch  die  Strapazen  angegriflFen 
wa'r,  als  ich  selbst,  gewiss  nicht  absichtlich  gethan  hatte,  aber 
doch  vielleicht  aus  Unkenntniss  der  Localitäten  und  richtigen 
Benennungen  verschuldet  haben  mochte. 

In  der  Schw'edzidong- Pagode,  die  ich  am  nächsten  Morgen 
besuchte,  steht  der  Tempel  des  Schinbin - Kaukatan  im  Süden, 
der  Kassapa's  im  Norden ,  der  Gonagon's  im  Osten  und  der  Gau- 
tama's  im  Westen.  Auf  den  Wänden  waren  Scenen  aus  den 
Dzat's  gemalt  mit  Beschreibungen  darunter.  Der  Thorweg  der 
Pagode  war  mit  Bettlern  besetzt,  und  eine  Menge  Fremdenführer 
und  Cicerone's  drängten  sich  um  uns ,  da  der  Merkwürdigkeiten 
so  viele  sind,  dass  der  Pilger  sie  allein  nicht  alle  finden  kann. 
In  dem  Tempel  Schwesandoh  (Schwesanginpaya)  wird  die  ver- 
goldete Figur  eines  heiligen  Fisches  bewahrt,  die  König  Noathasa 
dorthin  gestiftet.  Daneben  steht  in  einer  Einzäunung  das  wun- 
derbare Ross  des  Königs  Yansitta,  auf  dem  er  geflügelt  durch  die 
Lüfte  ritt.  Mandaundries  unter  Schirmen  ringen  das  Wasser  aus 
ihrem  feuchten  Haar  und  halten  Bücher.  Thaumeda  hat  sich  vor 
Buddha  niedergeworfen,  dass  er  über  ihn  wegschreite.  Ueberall 
stehen  Tische  für  Opfergaben,   von  Belu's  getragen,   und  die 


k 


Der  Pilgerort  Soh wedzidong.  7  5 

Figuren  derManothihas  oder  geflügelten  Mannlöwen  in  kniender 
Stellung.  In  einem  niedrigen  Gebäude  liegt  Schinbiulaunpaya 
in  der  ganzen  Länge  seines  Körpers  ausgestreckt.  Ein  anderes 
Gebäude,  das  Bilduiss  Poemingyi's  enthaltend,  war  geschlossen, 
und  wurde  gegen  eine  Bezahlung  von  zwei  Rupien  nur  dem  ge- 
öffnet, der  die  ganze  Pagode  ringsum  vergolde.  Zugänglicher  ist 
Sehinbinsaundaundiyeh ,  der  Gott  der  Himmels-Assecuranz.  In 
einer  Kammer  stand  ein  grosser  Stein  mit  einer  Inschrift  Über  die 
von  König  Noathasa  beherrschten  Länder.  Ein  anderer  mit 
Kyouktsa  beschriebener  Stein  stand  in  einer  schon  verfallenen 
Pagode,  die  von  einem  Thathay  (reichen  Manne)  angelegt  war. 
Die  Thüren  und  Dächer  der  Götzenhäuser  waren  durch  reiche 
Schnitzereien  verziert.  In  einem  Vorrathshause  wurden  die  Pa- 
lanquine  (  Schwe wo )  aufbewahrt ,  die  von  .  Königen  geweiht 
waren.  An  den  Ecken  des  überdeckten  Steinsitzes  (Teahosinoder 
Kanzel)  für  predigende  Pungyi's,  der  von  Löwen  getragen  wird, 
finden  sich  placirt,  als  Zuhörer,  ein  Naga  (Schlange),  einKalon 
(Drache),  ein  Witya  (Weiser  oder  Zauberer)  und  König  Koyopa- 
mingyi.  Alle  Arten  Verkäufer  trieben  sich  umher,  sowie  Mönche 
und  Nonnen;  die  letzteren,  die  rasirtundweissgekle.det  sind  (Ma- 
thilaschin  oderMathaodau  genannt),  leben  in  kleinen  Strohhütten 
ausserhalb  des  Tempels  und  haben  meistens  ihre  Eltern  bei  sich. 
Aus  einer  dieser  Hütten  sah  ich  beim  Vorübergehen  einen  alten 
Mann,  Gebete  murmelnd,  hervorkommen  und  eine  Schaale  mit  Reis 
vor  einer  Figur  am  Thürpfosten  hinstellen.  In  dem  nahegelegenen 
Dorfe  Nyoung-uh  wohnt  eine  Colonie  Pagodesklaven,  die  zu 
diesem  Tempel  gehören.  Sie  flechten  in  zierlicher  Weise,  ausser 
Körben,  auch  Trinkbecher,  die  kein  Wasser  durchlassen ,  und 
von  den  Pilgern  viel  gekauft  werden.  Ihre  Frauen  sassen  in 
einer  bedeckten  Strohhalle  eines  Pagode-Hofes  zusammen,  flech- 
tend und  Gebete  singend,  um  sich,  wie  sie  sagten,  Verdienst  zu 
erwerben  und  so  in  der  nächsten  Existenz  mit  einer  lieblichen 
Stimme  geboren  zu  werden.  Die  Männer  fand  ich  im  Natzeim  oder 
Göttertempel ,  ebenfalls  mit  Flechten  beschäftigt.  Sie  hatten  die 
Figuren  allpr  ihrer  Dämone  um  sich  herum.  In  der  Mitte  sass 
Apaeschwemyosin ,  ein  klotziger,  dickbäuchiger  Nat  mit  einem 


76  ^on  Thayetmyo  nach  Mandalay. 

gezückten  Schwert  io  der  Hand  und  den  Kopf  mit  Blumen  um- 
wunden. Hinter,  aber  Über  ihm,  sitzt  sein  Sohn  Taschwesaga, 
beide  vergoldet.  Sie  wohnten  früher  in  der  See,  und  als  König 
Koathasa  sie  herbeirief,  um  die  Pagode  Schwedzidong  zu  bauen, 
verzögerte  sich  der  Vater  um  einen  Monat«  Der  König  nahm 
deshalb  die  Herrschaft  von  ihm  und  übertrug  sie  auf  den  Sohn. 
Vor  ihnen  liegt  ein  spiralig  gewundener  Stein  (tith  tankyau),  den 
Kranke  zu  heben  versuchen,  und  wenn  sie  ihn  leicht  finden,  auf 
baldige  Gesundheit  hoffen ,  im  Gegentheil  einen  schlimmen  Aus- 
gang prognosticiren.  Unter  einem  Holzbogen  stand  Minsidonat- 
gominjo  (der  zu  Pferde  reitende  Nat)  nebst  seinem  Bruder 
Niminsaedu,  und  ein  Hahn  vor  ihnen,  indem  diese  beiden  für  die 
Beschützer  der  Hahnenkämpfe  gelten.  Dann  fand  sich  ein  weib- 
licher Nat  (Baupadaundonamada)  und  weiterhin  der  Nat  der 
Wälder,  Tauminjinat.  An  einem  aufgesteckten  Fächer  war  ein 
Pfau  auf  der  einen  Seite ,  als  Zeichen  der  Sonne ,  und  ein  Hase 
auf  der  andern,  als  Zeichen  des  Mondes,  gemalt.  Trommeln  und 
sonstige  Musikinstrumente  lagen  im  Tempel  umher,  mit  anderen 
Kisten  und  Kasten ,  und  eine  Frau  schürte  ungenirt  ihr  Feuer, 
um  für  die  Wächter  den  Reis  des  Frühstücks  zu  kochen. 

Bei  einer  zweiten  Excursion  nach  der  Ruinenstätte  Pagan's  kam 
ich  auch  durch  das  jetzige  Dorf  der  Birmanen  und  fand  einen  gut 
versehenen  Bazaar ;  nur  Hühner  und  Eier  fehlten ;  für  Geld  waren 
keine  zu  haben.  Als  indess  mein  Diener  einige  seidene  und 
baumwollene  Taschentücher,  die  den  Birmanen  als  Kopftücher 
dienen,  ausbreitete,  hatte  er  bald  viele  Liebhaber  um  sich,  welche 
die  Qualität  des  Tuches  discutirten  und  je  nachdem  sie  fette 
oder  magere  Hühner  oder  Enten  brachten ,  zwei ,  drei  oder  vier 
Tücher  erhielten.  Kinder  spielten  mit  Kreiseln  umher  und  Männer 
mit  Kürbisskernen. 

Vor  dem  Stadtthore  des  alten  Pagan  steht  ein  mit  Kyouktsa 
beschriebener  Meilenstein,  von  zwei  hütenden  Nat  umgeben  und 
vor  dem  rothen  Riesenbilde  Gaudapalin's  sitzen  zwei  schwarze 
Nats.  Neben  dieser  Pagode  war  im  Felde  in  einem  Käfig 
der  vergoldete  Nat  Layjoungi  aufgehängt,  oder  der  Nat,  der 
den  Süden,  Norden,   Osten  und  Westen  beherrscht.    Von  den 


Cromlech.  77 

Namen  unter  den  Figuren  in  Gaudapalin  copirte  ich  Myatpaya, 
oder  der  ausgezeichnete  Gott  und  Schwemikupaya,  oder  der  gol- 
dene Glas -Gott.  Eine  kleine  Pagode  wurde  durch  gehörnte 
Löwen  gehütet,  vor  der  Thür  einer  anderen  lagen  zerbrochene 
Steine  mit  grUnem  Email ,  wie  ich  sie  in  Rangun  (yon  dem  mit 
Elephantenreitem ,  Ebern ,  Fischschweifen ,  Affenköpfen  und 
Pfauen  verzierten  Amphitheater  des  alten  Hongsavadi  gebracht) 
gesehen  hatte.  Der  Opfertisch  einer  Pagode  wurde  durch  vier 
Ziegen  getragen.  In  Thilominlupaya  stand  in  einer  der  Nischen 
Gautama,  wie  er  sein  Haar  mit  dem  Schwerte  abschneidet.  Die 
Pagode  Ananda's  ist  durch  eine  Stadt  geräumiger  und  bequemer 
Zayat's  umgeben.  Die  Ananda  war  durch  einen  vom  Himmel 
herabgekommenen  Architecten  erbaut ,  aber  ein  Spötter  erklärte 
es  auf  andere  Weise.  Der  König  engagirte  einen  Baumeister, 
der,  nachdem  er  den  Vorschuss  erhalten,  verschwand,  und  des- 
halb der  fliegende  Baumeister  Pyan-Panja-tama  genannt  wurde. 
The  most  ancient  temple  of  Buddha  in  India  (at  Buddha  Gaya  in 
Magadha)  seems  to  have  been  somewhat  on  the  plan  of  Ananda. 
In  den  Darstellungen  Maidomaya's  bemerkte  ich  die  einer 
durch  die  Nebenfiguren  geschmückten  Frau  mit  vollen  Brüsten, 
dann  wie  sie,  leicht  gefesselt,  von  jenen  an  den  Händen  gehalten 
wird  und  ihr  Gewand  vorn  geöffnet  hat,  dann  wie  sie  niederliegt 
u.  8.  w.    Vielfach  kehii;  die  Darstellung  Thaumada's  wieder. 

In  der  Nähe  der  Pagode  Schwesandoh  findet  sich  ein  Crom- 
lech ,  den  Yule  abbildet  Derselbe  beschreibt  zahlreiche  Monu- 
mente ähnlicher  Art  in  den  Hügeln  der  Kasia  und  erinnert  an  ihre 
Aehnlichkeit  mit  den  am  Ostufer  des  Jordan  und  in  Circassien 
gefundenen,  wie  sie  sich  auch  im  Dekkhan  und  den  annamitischen 
Bergen,  sowie  in  vielen  anderen  Gegenden,  ausser  Europa,  an- 
treffen. Die  Kasia  sagten,  dass  ihre  Väter  sie  aufgerichtet  hätten, 
um  ihre  Namen  zu  bewahren.  Von  einem  wurde  erzählt:  There 
was  war  betweeu  Cherra  and  Mausmai  and  when  they  made  peace 
and  swore  to  it,  they  erected  a  stone  as  witness.  Von  den  Lurka 
Coles,  bei  denen  der  jüngste  Sohn  erbt,  bemerkt  Dunbar,  dass 
sie  die  Knochenasche  der  verbrannten  Leichen  mit  Reisgaben  in 
der  Nähe  der  Dörfer  begraben,  placing  perpendicular  or  horizontal 


78  ^OQ  Thayetmjo  nach  Mandalay. 

slabs  of  stone  over  cach  particular  grave.  Nach  Maurice  bilden 
drei  in  Form  eines  Cromlech  gestellte  Steine  das  Symbol  des 
Planeten  Mercur. 

Die  Inschriften  unter  den  Gemälden  in  Pagan  geben  meist 
die  Erklärung  derselben,  z.  B. : 

Als  König  Naibimingyi  in  Maithila  nach  den  alten  BUchern 
der  zehn  Grouvemeure  regierte,  kamTbagyamin  vom  Himmel,  ihm 
zu  helfen.  —  Im  Hause  Yadaina-schwedain  predigte  unser  Herr 
den  Patamon-Tagayo  und  verweilte  mehrere  Tage.  —  Der  Herr 
Thoumada  im  Lande  Thoudattama  erlangt«  die  Gottschaft  unter 
dem  Bodi-Baum.  —  Im  Lande  Jasajo,  Jahanda  bettelte  Reis  für 
sieben  Tage.  —  Phaya -Alaun  Theitdatta,  der  Königssohn,  hei- 
rathete  4000  Yathaymya.  —  Auf  dem  Elephant  Nanagiri  reitet 
unser  Herr.  ~  In  der  Schimmasu-paya  (in  Pagan)  fand  sich 
die  Inschrift:  Seitad,  der  reiche  Mann,  hat  das  Gesetz  predigen 
lassen ,  um  Verdienst  zu  erwerben.  —  Hierdurch  wird  bezeugt, 
dass  Ukkakwyai  viel  Mühe  auf  das  Gemälde  verwendet  hat,  um 
Verdienst  zu  erlangen. 

In  der  Schwesanjo-paya  (in  Sillemyo)  wai*  geschrieben : 

Schankyaun  Schinbin  Paya.  Um  bereit  zu  sein  und  Glück- 
seligkeit zu  erwerben  im  Stande  der  Menschen,  Nats  und  im 
Niphan,  sind  die  Keistöpfe  geflickt,  die  Figuren  aufgerichtet 
und  die  Gemälde  an  den  Wänden  sind  gemalt. 

Am  dritten  Tage  nachdem  wir  Pagan  verlassen  hatten,  pas- 
sirten  wir  den  breiten  Einfluss  des  Kyendwen.  Vier  Meilen  auf- 
wärts in  der  Nähe  dter  Stadt  Packando  soll  das  Natsing  des 
Mauminjo  oder  des  Pferdereiters  sein,  ein  Nat,  der  mit  einem 
Rosenkranz  (Boko)  in  der  Hand  Nachts  zu  Pferde  sein  Gebiet 
durchreitet,  das  sich  bis  nach  Mandalay  erstreckt.  Die  Leute 
bringen ,  ausser  Opfergaben  an  Geflügel,  auch  Pferde  dahin,  die,  . 
nachdem  sie  für  den  Niessbrauch  des  Dämons  dort  einige  Tage 
angebunden  gewesen,  wieder  fortgenommen  werden.  Abends 
hielten  wir  in  der  Nähe  des  Dorfes  Miaydoo,  ein  Convolut  von 
Hütten  in  Höfen ,  mit  schmalen  Gassen  dazwischen.  Zum  Besten 
der  Küche  wurde  wieder  ein  Jahrmarkt  abgehalten,  und  die 
Muster  der  Kopftücher  fanden  vielen  Beifall. 


Yandabon.  79 

In  Yandabon,  berühmt  durch  seine  Töpfereien  und  den  dort 
abgeschlossenen  Frieden,  sah  ich  die  Schnitzereien  an  der  ThUre 
eines  Götzenhauses  mit  grellen  Farben  bemalt,  in  bunter  Ver- 
schiedenheit. Nahe  beim  Dorfe  Pato  stand  ein  hohler  Pipulbaum, 
der  zur  Stutze  mit  Backsteinen  unterbaut  und  in  eine  Kapelle 
für  ein  Buddhabild  verwandelt  war,  zu  dem  ein  bedeckter  Gang 
führte.  Aussen  waren  Wimpel  und  Banner  aufgesteckt.  Das 
Bild  führte  den  Namen  Pato-manein-ya-ningan  oder  Versöhnung 
und  ist  dort  hingestellt,  um  den  Pipulbaum  zu  befreunden,  der 
sonst  zwischen  den  Pagoden  aufwächst  und  sie  zerstört. 

Abends  hielten  wir  beim  Dorfe  Sameikun,  das  von  einem 
Giessbach  in  zwei  Theile  getheilt,  durch  eine  hohe  Brücke  ver- 
bunden wird.  In  einem  Zayat  der  Pagode  lebte  ein  Wahnsinniger, 
den  die  Dorfbewohner  dorthin  placirt  hatten.  Einer  derselben 
erklärte  mir,  dass  die  Pagoden  gebaut  würden,  um  zum  Himmel 
zugehen  und  die  davor  gestellten  Löwen  an  Bereuung  der  Sünden 
ermahnen  sollten.  In  einem  Pächterhause,  wo  der  Koch  Ghee  zu 
kaufen  gedachte,  war  Niemand  daheim  als  die  alte  Mutter,  die 
uns  die  Ankunft  ihres  Sohnes  zu  erwarten  bat,  der  bald  darauf 
erschien ,  die  50  Kühe  seines  Vaters  nach  dem  Stalle  treibend, 
und  unseren  Bedürfnissen  abhalf.  Als  ich  mit  einbrechender 
Nacht  zum  Boote  zurückkehrte,  sassen  die  Leute  um  Feuer  in 
den  Strassen,  um  sich  zu  wärmen. 

Am  folgenden  Tage  wurde  mir  das  Bad  durch  vorbeischwim- 
mende  Alligatoren  verleidet.  Mehrfach  sahen  wir  die  Burzel- 
bäume  *)  der  in  dem  oberen  Irawaddi  lebenden  Delphine  oder 
Labein,  die  mehr  und  mehr  verschwinden  sollen,  obwohl  die 
Birmanen  sie  nie  tödten.  Ein  geschmücktes  Boot,  das  vorbei- 
fuhr, zeigte  durch  den  Tih  (Schirm)  am  Mast,  dass  es  einem 
Gouverneur  (Mingyi)  gehörte.  Die  malerischen  Hügel  Sagain's 
erhoben  sich  mit  ihren  tempelgekröuten  Spitzen ,  und  auch  die 
Pagode  Khoungmudaupaya  war  sichtbar,  in  deren  Thürpfosten 
der  erbitterte  König  Munipur's  seine  Streitaxt  hieb ,  als  er  seinen 


♦)  Chinesische  Berichte  ühorKamhodia  (filT)  erwähnen  auch  dort  (1«»8  Kian- 
thoDDg  und  ühDÜcher  Fibche,  die  dich  jetzt  zurückgezogen  haben. 


80  Von  Thayetmyo  nach  Mandalay. 

Biegeszug  gegen  Ava  durch  den  geschwollenen  Fluss  gehindert 
sah.  In  der  Nähe  liegt  das  Dorf  Kyauksit,  wo  die  Marmorbilder 
Gautania's  gefertigt  werden.  Abends  hielten  wir  in  Patko,  einem 
aus  drei  zusammengesetzten  Dorf. 

Nachdem  am  andern  Morgen  ein  Polizeiposten  Einsicht  in 
den  Reisepass  genommen,  sahen  wir  bald  darauf  längs  des 
Flusses  hingestreckt  die  mit  dichtem  und  dunklem  Pflanzenwuchs 
umhüllten  Stadtmauern  des  einst  hochberUhmten  Ava,  einst 
Ratanapura  oder  Stadt  der  Kleinodien  und  Juwelen  —  jetzt  in 
einsamer  Verödung  trauernd.  Das  Areal  der  alten  Stadt  ist  in 
einen  weiten  Park  verwandelt,  mit  dem  prächtigsten  Baumwuchs, 
mit  volllaubigen  Alleen  dicker  Stämme,  die  einst  der  Schmuck 
königlicher  Gärten  waren,  aber  jetzt  nur  von  einem  oder  dem 
andern  jener  alten  Mönche  durchschlichen  werden,  die  die  Ruinen 
ihres  Klosters  nicht  haben  verlassen  wollen.  Zwischen  den  Baum- 
Alleen  und  in  den  verwüsteten  Gärten  weiden  die  KUhe  eini- 
ger Familien,  die  sich  hie  und  da  eine  leichte  Hütte  zwischen 
den  Trümmern  früherer  Paläste  aufgeschlagen  haben  und  aus 
dem  durch  so  manche  Menschengenerationen  gedüngten  Boden 
eine  fette  Ernte  für  ihre  Früchte  ziehen.  Ich  besuchte  die  zusam- 
mengefallenen Pagoden  von  Ja-aun-mien-paya,  Schwedaga-paya, 
Thudema-paya  und  wurde  dann  durch  eine  breite,  zum  Theil 
gepflasterte  Strasse,  die  mit  schattigen  Baumgängen  und  den 
Trümmerhaufen  der  früheren  Häuser  besetzt  war,  zu  dem  Palaste 
(Nandau)  geleitet,  dessen  drei  Ziegelwälle  jetzt  überall  durch- 
brochen sind  und  leichten  Eingang  gewähren.  Im  zweiten  Hofe 
steht  ein  viereckiger  Thurm  aufrecht,  zu  dessen  Terrassen  Treppen 
führen.  In  einem  noch  von  Pungyi's  bewohnten  Kloster  fand  sich 
auf  einer  geschmückten  Marmortafel  der  Name  Maha  aumieh 
bohnwin  (der  kühne  grosse  Eroberer  der  Welt)  geschrieben.  In 
einer  Kapelle  wurde  einem  auf  einem  Stuhle  sitzenden  Bilde  durch 
einen  weissen  Elephanten  mit  abgebrochenen  Hauern  und  einen 
Affen,  der  Blumen  in  den  Händen  hielt,  gehuldigt. 

Die  Lage  Ava's  war  eine  prächtige.  Vom  andern  Ufer  glän- 
zen die  Pagoden  Sagain's  zu  ihm  herüber,  Pongsajae  auf  hoher 
Bergspitze,   und  Schinbingangaidae  mit  schroS'em  Felsabhange 


Amarapurä.  gl 

in  den  Fluss  vorspringend,  während  daneben  die  weisse  Pagode 
Schwesetjade  (SchwekotHya)  aus  den  Bäumen  hervorscheint,  von 
einem  Kranze  geschmückter  Tempel  umkrönt. 

Nachdem  ich  in's  Boot  zurückgekehrt  war,  erstieg  i<;h  im 
Vorbeifahren  neben  derSchwe-kyet-kya  (die  Herabkunft  des  gol- 
denen Huhns,  d.  h.  Gautama's  als  solchen)  genannten  Pagode, 
die  breiteu  und  hohen  Treppen  der  Schwc-kyet-ket,  um  die 
herrliche  Aussicht  zu  geniessen,  die  sich  von  ihrer  Terrasse 
bietet. 

Nach  einer  Windung  des  Flusses  zeigten  sich  seitabwärts 
die  breiten  Pagoden  Amarapura's  und  in  der  Ferne  zwei  keglige 
Hügel,  die  Lage  der  jetzigen  Hauptstadt  Mandalay  andeutend. 
Ich  Hess  anhalten,  um  zuerst  die  frühere  zu  besuchen,  das  jetzt, 
wie  Ava,  verlassene  Amarapurä. 

Auch  hier  Verfall  und  Oede.  Die  Pagoden  und  Klöster, 
später  verlassen,  als  die  Ava's,  zeigen  noch  besser  erhaltene 
Spuren  ihrer  früheren  Pracht,  von  den  Häusern  in  den  Strassen 
ist  selbst  hier  und  da  noch  eines  bewohnt,  aber  Alles  eilt  rasch 
dem  Untergange  entgegen  und  Niemand  würde  daran  denken,  in 
dieser  der  Vernichtung  geweihten  Stadt  etwas  neu  zu  bauen.  Nur 
das  von  den  Chinesen  bewohnte  Quartier  einer  Vorstadt  ist  in 
gutem  Zustande  der  Erhaltung.  Sie  weigerten  sich,  dem  Gebote 
des  Königs  zu  gehorchen  und  nach  dem  neuen  Mandalay  überzu- 
siedeln, um  nicht  ihren,  eben  erst  mit  grossen  Kosten  erbauten 
Tempel  verlassen  zu  müssen.  Als  die  Beamten,  sie  zu  zwingen, 
Soldaten  schickten,  verbarricadirten  sie  sich  in  den  Strassen 
und  der  König  wollte  es  nicht  zum  Aeussersten  kommen  lassen. 
Jetzt  aber  hat  er  befohlen  einen  Canal  graben  zu  lassen,  der 
das  chinesische  Stadtviertel  gerade  durchschneiden  und  also 
die  Bewohner  von  selbst  vertreiben  wird.  Schon  während 
meines  Daseins  hatten  verschiedene  der  Chinesen  angefangen, 
umzuziehen. 

Die  Klosterwohnungen  in  der  Pagode  Goji-paya  waren  mas- 
sive Steinbauten  und  reich  verzierte  Portale  führten  in  den  Hof 
der  Pagode  Mahawiseajantih.  In  Thatodaugyi-paya  fand  sich  in 
einem  Gitter  eine  hohe  Figur  vor  einem  gemalten  Wolkenhinter- 

BA^tian,  OaUaien.     II.  a 


82  Von  Thayetniyo  nach  Man«lalay. 

grund.  Ein  gigantisches*)  Bild  sitzt  in  Saetjadiha  in  der  Nähe 
des  See's.  Dann  liess  ich  mir  die  Kichtiing  nach  dem  Palast  an- 
geben. Das  Viereck  der  Aussenmauern  umschliesst  eine  Stadt 
für  sich,  und  als  die  schweren  massiven  Ilolzthore  mit  unter- 
gesetzten Rädern  aufrollten,  konnte  ich  über  Schutthaufen, 
Steinruinen,  den  bunten  Holzmalereien  der  Kioske  in  einer  Wild- 
niss  umherwandeln,  die  die  Gärten,  die  Schlösser,  die  Teiche» 
die  Höfe  alle  in  gleicher  Weise  verschlungen  hat.  Wo  für  viele 
Jahre  das  geräuschvolle  Treiben  eines  Hofes,  von  dem  die  Oe- 
schicke  eines  Reiches  bestinunt  wurden,  herrschte,  da  lagert  jetzt 
lautloses  Schweigen  und  der  Tod. 

Das  Fährboot  setzte  mich  auf  der  andern  Seite  in  der  Ebene 
ab,  die  ich  durchkreuzen  musste,  um  mein  Boot  wieder  zu  er- 
reichen, und  da  ich  erst  nach  Dunkelwerden  ankam,  wurde  die 
Nacht  auf  derselben  Stelle  verbracht.  Am  nächsten  Morgen,  am 
20.December,  wurde  das  Boot  an  dem  Landungsplatze  Mandalay 's 
(Midai  genannt)  befestigt. 

•)  Dciä  berühmte  ColossaUiild  aus  Aracan  steht  in  der  Pagode  Payajiyi  in 
der  Vorstadt.  Als  es  ankam,  konnte  das  damit  beladene  Hoot  nicht  landen  und 
wurde  immer  wieder  zurüek<?e werfen.  Man  erzählte  deshalb  dem  Könige ,  dass 
das  Bild  in  Amarnpurn  nicht  zu  bleiben  wünsche.  Der  Konig  indess  liess  es  in 
Ketten  legen  und  dauji  hatte  das  Landen  keine  weiteren  Schwierigkeiten. 


Mandalay. 


c 


AufeDthalt  io  der  Stadt. 

Einer  der  Gründe,  die  den  König  zur  Verlegung  seiner  Resi- 
denz bewogen  haben,  soll  gewesen  sein,  weil  er  die  Engländer  in 
der  Gesandtschaft  mit  den  Dampfschiffen  bis  an  seinen  Palast 
zu  Amarapura  kommen  sah.  Mandalay  ist  deshalb  auch  land- 
einwärts gelegen,  und  als  wir  an  seinem  Hafen  gelandet  waren, 
blieb  uns  noch  eine  brennende  Ebene  zu  passiren,  bis  wir  die  in 
drei  ineinander  geschobenen  Vierecken  (von  denen  aber  nur  die 
zwei  inneren  mit  Mauern  umschlossen  sind)  gebaute  Stadt  am 
Fusse  des  Mandalay-Httgels  erreichten. 

Der  König  wohnt  mit  seiner  ausgedehnten  Familie  und  den 
Falastbedienten  im  innersten  Quadrat,  wo  er  sich  ausser  durch  die 
Mauer  noch  mit  hohen  Fallisaden  umschanzt  hat.  Das  Innere  ist 
ein  Convolut  von  Höfen,  Gärten  und  Teichen  um  das  Schloss  und 
die  Lusthäuser  der  Prinzen ,  nebst  den  Tribunalen  der  höheren 
Gerichte  und  den  Conferenzsälen  der  Minister.  Das  zweite  Quadrat 
enthält  die  durch  Umzäunungen  von  einander  isolirten  Häuser  der 
Beamten ,  Offiziere  und  Soldaten ,  und  bietet  in  seinen  breiten, 
im  Viereck  einander  durchkreuzenden  Strassen  einen  reinlichen, 
aber  todten  und  langweiligen  Anblick.  Eine  hohe,  durch  breite 
Thürme  flankirte  Mauer,  deren  vier  massive  Thore  Abends  ge- 
schlossen werden ,  umgiebt  auch  diese  Soldatenstadt,  die  dem 
Quartier  derMandschu  in  Peking  entspricht,  und  wird  nach  aussen 
durch  einen  tiefen  Wassergi-aben  umgeben.  Dann  folgt  in  weitem 
Abstände  die  äussere  Stadt,   die  man  auch  die  Vorstädte  nennen 


g6  Aufenthalt  in  der  Stadt. 

kann,  da  sie  sich  bis  jetzt  nur  an  einer  Seite  angehäuft  und  noch 
nicht  den  ganzen  ungeheuren  Kaum  des  ihr  angewiesenen  Vier- 
ecks, um  die  andern  beiden  einzuschliessen,  ausgefüllt  hat.  Sie  ist 
offen,  noch  ohne  Mauern,  aber  sie  macht  doch  die  eigentliche  Stadt 
aus,  wo  die  Kaufleute,  Arbeiter  und  Handwerker  leben,  die  Stadt 
des  Volks,  und  auf  den  Hauptstrassen,  ihren  Märkten  und  Bazaaren 
herrscht  reges  Leben.  Der  Eindruck  Mandalay's ,  als  ich  dort 
ankam,  war  ein  noch  sehr  unbefriedigender.  Aus  den  alten  Resi- 
denzen Ava  und  Amarapura  fortziehend,  hat  der  König  seine  neue 
Hauptstadt  auf  das  sumpfige  Terrain  ein^  flachen  Ebene  hinge- 
pflanzt, die  früher  zum  Reisbau  diente,  und  die  schattenlos  ohne 
Bäume  in  der  prallenden  Sonnenhitze  brennt.  Alle  raläste, 
Mauern  und  Tempel  sehen,  trotz  des  darauf  verwendeten 
Schmuckes,  noch  so  unfertig  und  frisch  aus,  als  ob  sie  einem 
wandernden  Nomadenvolke  angehörten,  das  heute  seine  leichten 
Zelte  aufgeschlagen  hat  und  sie  morgen  wieder  abbrechen  kann. 

Zu  der  birmanischen  Bevölkerung  kömmt  ein  bedeutendes 
Element  Kriegsgefangener  aus  Manipur  und  Siam,  von  denen  die 
ersteren  als  geschickte  Handwerker,  die  letzteren  als  Schauspieler 
bekannt  sind.  Die  chinesischen  Kaufleute  sind,  wie  erwähnt, 
meistens  noch  in  Amarapura  verblieben.  Von  den  Fremden 
machen,  ausser  den  Mohamedanern  Indiens,  die  Armenier  einen 
bedeutenden  Bestandtheil  aus,  die  dem  Könige  als  Hanquiers 
dienen  und  von  ihm  für  seine  Verhandlungen  mit  den  Europäern 
benutzt  werden.  Die  Armenier,  die  Juden  des  Orients,  hatten  in 
früherer  Zeit  den  ganzen  Handel  Indiens  in  den  Händen  und  be- 
Bassen  grossen  Einfluss  bei  den  eingeborenen  Fürsten,  haben  aber 
nach  derEtablirung  der  englischen  Kaufirianushäuser  in  Calcutta, 
Madras  und  Bombay,  nicht  länger  concurriren  können,  da  sie 
nicht  dem  Beispiele  derParsis  folgten,  sich  mit  den  neuen  Wegen 
der  Speculation  vertraut  zu  machen. 

An  einen  dieser  armenischen  Kaufleute,  Hörrn  Ter  Minas, 
hatte  ich  durcli  Handelshäuser  in  Rangun  Creditive  erhalten  und 
fand  an  ihm  einen  gefälligen  alten  Herrn,  der  sein  ganzes  Le))en 
in  Birma  zugebracht  und  alle  die  Wechsel  der  verj^chiedenen 
Residenzen  mit  erlebt  hatte.     Zu  den  letzten  gehörte  der  von 


Ankunft.  g7 

Tharawiidi  versuchte  nucb  Kyaukinouiig;  in  der  Nähe  von  Mot- 
schobo(1837).  Auch  alle  die  Gräuel  der  Kriege  hatte  er  mit  durch- 
machen müssen,  und  obwohl  er  früher  und  auch  jetzt  wieder 
einer  der  Handelsagenten  des  Königs  und  in  vielen  Sachen  sein 
Vertrauter  war ,  hatte  er  doch  während  des  ersten  und  letzten 
Feldzugs  der  Engländer  wie  die  andern  Ausländer  in  Ketten  die 
verpestete  Luft  der  Gefängnisse  einathnien  müssen  odei  war  mit 
ihnen  tagelang  ohne  Kopfbedeckung  und  in  Lumpen  in  der  bren- 
nenden Sonnenhitze  von  einem  Verbannungsort  zum  andern  umher- 
geschleift worden.  Er  bot  mir  eine  Wohnung  in  seinem  Hause 
an,  da  aber  einer  seiner  Söhne,  der  in  Calcutta  erzogen  war, 
englisch  sprach,  und  ich^  um  mich  rascher  in  der  Sprache  zu 
vervollkommnen,  vorzog  ganz  unter  Birmanen  zu  bleibeu,  suchte 
ich  auszuweichen  und  gab  eine  halb  ablehnende  Antwort.  Ich 
machte  mich  dann  mit  meinem  Diener  auf,  um  die  Strassen 
Mandalay's  für  ein  passendes  Logis  zu  durchsuchen,  al)er  obwohl 
Quartiere  genug  frei  standen,  so  waren  darunter  doch  keine,  die 
ein  Eurüi)äer,  auch  unter  den  bescheidensten  Ansjirüchen,  mög- 
licherweise hätte  beziehen  können.  Endlich  fanden  wir  an  einem 
freien  Phitze  ein  von  einem  unverheiratheten  Mäkler  bewohntes 
Haus,  das,  als  völlig  neu,  noch  keine  Zeit  zur  Ansammlung  von 
Schmutz  gehabt  hatte,  und  mit  klein«*m  Austritt  in  einen  Garten- 
hof, ganz  hübsch  und  geräumig  war.  Wir  schienen  ziemlich  gut 
Eins  zu  werden,  und  da  es  spät  geworden  war  und  uns  noch  der 
lange  Kückweg  durch  die  Felder  bis  zum  Landungsplatze  des 
Bootes  blieb,  kehrten  wir  dahin  zurück.  Ich  hatte  gedacht,  für 
ein  oder  zwei  Tage  auf  demselben  zu  verbleiben,  um  die  Woh- 
nung erst  etwas  einrichten  zu  lassen,  aber  beim  Ankommen  theilte 
mir  derCapitain  mit,  dass  er  eine  gute  Rückfracht  gefunden  hätte, 
wenn  er  schon  am  nächsten  Tage  zu  hulen  anfangen  könne.  Um 
ihm  das  Geschäft  nicht  zu  verderben,  schickte  ich  meinen  Diener 
am  folgenden  Morgen  früh  in  die  Stadt  zurück,  um  dem  Hausherrn 
anzuzeigen,  dass  ich  schon  an  demselben  Tage  einziehen  würde, 
und  Hess  sogleich  nach  Karren  suchen,  um  nu^in  Gepäck  bald- 
möglichst nach  Mandalay  zu  transportiren,  da  noch  die  Formali- 
täten des  Zollhauses  abzumachen  waren.    Doch  es  erhoben  sich 


gg  Anfenthalt  in  der  Stadt. 

mehr  Schwierigkeiten ,  als  ich  vorausgesehen.  Wagen  konnten 
in  diesem  Lande  nicht  so  auf  Commando  erhalten  werden,  wie 
man  gewünscht  hätte ,  und  als  endlich  die  Ochsen  ihre  schweren 
Gerüste  heranschleppten,  fehlte  noch  Alles  zum  Befestigen  oder 
waren  die  Räder  zerbrochen.  Dann  kamen  die  Unterhaltungen 
über  den  Preis,  da  ein  fremder  Kala  nach  Ansicht  der  Einge- 
borenen Alles  mit  Gold  aufwiegen  müsse.  Die  Verhandlungen 
in  dem  mir  neuen  Dialect  des  Oberlandes  wurden  durch  Abwesen- 
heit meines  Factotums  um  so  schwieriger,  und  als  endlich  das 
Aufladen  beginnen  sollte,  wurde  beim  Heben  ein  Leistenbruch, 
an  dem  mein  Koch,  ohne  mein  Wissen,  litt,  eingeklemmt,  so 
dass  ich  erst  mit  der  IVansponirung  ulesselben  andere  Zeit  ver- 
lieren musste. 

Die  Sonne  stieg  schon  zum  Mittag  hinauf,  als  sich  unser 
schwerfälliger  Zug  endlich  in  Bewegung  setzte,  und  durch  die 
staubige  Ebene  mach  dem  fernen  Mandalay  langsam  fortwälzte. 
Die  unausbleiblichen  Accidentien  eines  birmanischen  Karren, 
dass  die  Achse  bricht  oder  die  Strände  reissen,  durften  natürlich 
auch  auf  diesem  kurzen  Wege  nicht  ausbleiben,  verhinderten  in- 
dess  nicht  unser  schliesslicljes  Anlangen  am  Zollhaus. 

Dort  wurde  icli  rascher  fertig,  da  man  aufKeisen  mit  solchen 
Beamten  umzuirehen  lernt,  aber  jetzt  blieb  die  Frage  nach  meinem 
Diener,  da  derselbe,  dem  ich  mich  im  Zollhause  zu  erwarten 
befohlen  hatte,  immer  noch  nicht  eingetroffen  war.  Es  wurde 
schon  spät  am  Nachmittage,  die  Beamten  wollten  das  Zollhaus, 
in  dessen  Höfen  meine  Sachen  lagen,  schliessen,  die  Karren- 
treiber verlangten  verabschiedet  zu  werden,  um  den  weiten  Weg 
nach  dem  Landungsplatze  noch  vor  der  Naclit  zurückzumachen, 
und  ich  sass  da  am  äussersten  Ende  des  Weiclibildes  einer  wild- 
fremden Stadt,  mit  einem  tamulischon  Koch,  der  noch  weniger 
birmanisch  verstand,  als  ich  selbst.  Endlich  kam  der  erwartete 
Moung  Schweb  heran,  aber  seine  Nachrichten  waren  nicht  die 
erwarteten.  Das  Haus  war  zu  Wasser  geworden.  Nach  einer  den 
ganzen  Vormittag  und  noch  für  einige  Stunden  nachher  fortge- 
setzten Familienconferenz  hatte  schliesslich  ein  entfernter  Gross- 
vetter sein  Veto  eingelegt,  und  alle  Redekünste  Moung  Schweh's 


Das  Zollhaus.  89 

blieben  erfolglos,  wie  er  mir  klagte.  Dass  er  es  daran  nicht  hatte 
fehlen  lassen,  war  ich  überzeugt,  denn  er  begriff  sehr  wohl  die 
unangenehme  IjStge,  in  der  wir  uns  befanden.  Der  Abend  war 
nahe,  und  wohin  gehen,  da  es  keine  Wirthsliäuser  gab ;  höchstens 
wäre  einZayat  geblieben,  aber  diese  auf  offener  Landstrasse  hin- 
länglich bequemen  Logis  sind  weniger  inmitten  einer  volkreichen 
Stadt  zu  empfehlen.  Doch  einEntschluss  musste  gefasst  werden, 
denn  die  Gesetze  erlaubten  nicht,  das  Zollhaus  länger  offen  zu 
lassen.  Einer  der  Beamten  deutete  mir  eine  nahegelegene  Strasse 
an,  wo  vielleicht  ein  Quartier  zu  erhalten  wäre,  und  dorthin  be- 
wegte sich  die  Schneckenlinie  unserer  knarrenden  Karren.  Das 
Quartier  war  Nichts.  Wir  versuchten  noch  einige  Strassen,  indem 
wir  mit  den  Wagen  voll  Gepäck  vor  besser  aussehende  Häuser 
fuhren  und  frugen,  ob  man  Kämmcrchen  zu  vermiethen  habe; 
aber  Alles  umsonst.  Die  Ochsentreiber  murrten  immer  lauter, 
doch  war  von  ihrer  Seite  nicht  viel  Gefahr  zu  furchten ,  da  ich 
einfach  mein  Gepäck  auf  den  Wagen  Hess,  und  sie  nicht  gewagt 
haben  würden,  es  heruuterzunehmen.  Zuletzt  blieb  Nichts  übrig, 
als  das  Haus  des  Armeniers  aufzusuchen,  wenn  es  aufzufinden 
sein  würde.  Obwohl  mir  die  Topographie  Mandalay's  noch  un- 
bekannt war,  hatte  ich  mich  doch  hinlänglich  orientirt,  dass 
wir  gerade  in  dem  entgegengesetzten  Stadtviertel  des  seinigen 
uns  befanden,  und  als  wir  in  dem  Convolut  der  Strassen,  worin 
wir  uns  bald  verirrten,  nach  seinem  Hause  fragten,  konnte  uns 
Niemand  Auskunft  geben,  da  er,  obwohl  eine  angesehene  Per- 
sönlichkeit, dem  birmanischen  Volke  unter  einem  anderen  Namen 
bekannt  war.  Indess  hielten  wir  die  Direction  desjenigen  Quar- 
tiers ein ,  wo  die  meisten  Armenier  lebten ,  und  dort  wurde  uns 
sein  Hof  gezeigt,  an  den  wir  pochten  und  beim  Oeffnen  hin- 
einfuhren. Der  Hausherr  war  aus,  wurde  aber,  da  die  Nacht 
schon  eingebrochen  war,  jeden  Augenblick  erwartet,  und  dann 
kam  Alles  rasch  in  Ordnung.  Da  die  Weihnachtsfeierlichkeiten 
nahe  bevorstanden,  war  da^  Souper  auf  eine  spätere  Stunde  an- 
gesetzt und  stand  gerade  bereit,  um  meine  lange  Fast  zu  brechen. 
Am  nächsten  Morgen  begleitete  mich  der  Sohn  meines  freund- 
lichen Wirthes  nach  dem  Mandalay  Hügel,  auf  dem  in  einer  ver- 


90  Aufenthalt  in  der  Stadt 

goldeteii  Kapelle  die  Fijjrur  des  Sclnvesajatta  steht,  mit  dem 
ausgestreckten  Finger  auf  den  Palast  Mandalay'sMiiederwcisend, 
al«  das  göttliche  Gebot,  dort  eine  Stadt  zu  gründen.  Nach  der 
alten  Prophezeihung  wird  der  Gott  in  kurzen  Jahresperioden  sich 
allniälig  immer  weiter  und  weiter  nach  den  Öchanbergen  zurück- 
ziehen, die  den  Hintergrund  der  Ebene  Mandalay's  begrenzen  und 
diese  Residenz  nach  sich  ziehen.  An  der  andern  Seite,  wo  der 
Hügel  mit  einer  schrofl'en  Felswand  abfällt,  sitzt  ein  gigantischer 
Buddha,  in  unbeweglicher  Beschaulichkeit  nach  dem  gegenüber- 
liegenden Gebirge  hinblickend.  Dort  sind  in  dem  harten  Gestein 
einige  Höhlen,  mit  Ziegeln  aufgebaut  und  übertüncht,  von  Ere- 
miten bewohnt.  Einer  derselben  begegnete  uns  auf  dem  Berge, 
einen  mit  Bingen  behängten  Eisenstock  tragend ,  um  durch  das 
Klirren  derselben  die  Begegnenden  zum  Ausweichen  zu  crmah- 
nen, damit  seine  Meditation  nicht  unterbrochen  w  ürde.  Als  wir 
seine  leerstehende  Behausung  besahen,  fanden  wir  Nichts  darin, 
als  eine  zum  Bett  dienende  Erhöhung  aus  Stein. 

Von  dem  Hügel  blickt  man  gerade  in  die  Quadrate  Mandalay's 
hinein,  aus  deren  Mitte  der  über  den  Thronsitz  des  Königs,  als  das 
Centrum,  gestellte  Spiralthurm  mit  sieben  Windungen  in  goldenen 
Verzierungen  eniporsteigt.  •  Der  König  von  Birma  vergleicht  sich 
dem  GötterkiJnige,  der  in  Thoudathana  herrscht  auf  dem  Berge 
Meru  in  seinem  Palaste  Wevdzavanta.  Die  umliegende  Ebene 
fangt  schon  an  sicli  mit  buntgeschmückten  Klöstern  und  Pagoden 
zu  bedecken,  an  denen  eifrig  f(utgebaut  wird.  Der  ganze  Hügel 
Mandalav's  schwärmt  mit  Hühnern,  die  dort,  als  in  einem  heiligen 
Asyl,  freigelassen  werden.  Der  König  Hess  eine  Zeit  lang  jeden 
Tag  einhundert  zum  Sclilachten  bestimmt<5  aufkaufen  und  dort 
hinbringen.  Fromme  Verdienstsucher  schleppen  täglicli  Körbe 
voll  Ueis  und  Korn  dahin,  so  dass  das  (Jeflügel  dick  und  fett  ist. 
Eier  werden  in  solclier  Masse  gelegt,  dass  sich  in  der  Nähe  eine 
Colonie  Hunde  angesiedelt  hat,  um  das  leberHnssige  zu  verzeh- 
ren. Das  weite  Herz,  das  die  Buddliisten  für  alle  Wesen  haben, 
verschiebt  das  richtige  Gleichgewicht,  wie  aus  Guzerat  (wo  die 
Vogel -Hospitäler  älter  sind  als  die  Hunde- Versorgungshäuser 
Londons)  bei  Purchas  bemerkt  wird:     For  men  tliey  had   not 


Mandalay-Hügel.  91 

an  hospitall,  that  were  thua  liospitall  to  fowles.  In  einer  kleinen 
Kapelle  im  Aufgjvng  zum  Hügel  stehen  drei  schwanzlose  Enten 
in  der  Form  des  Henza,  in  jeder  von  welchen  eine  aus  Ceylon 
gebrachte  Zahnreliquic  stecken  soll,  und  vor  ihnen  liegt  ein 
halbovaler  Stein,  mit  Charakteren  beschrieben;  dieser  wird  zur 
Erforschung  der  Zukunft  aufgehoben,  und  giebt,  wenn  schwer,  ' 
ein  ungünstiges  Omen  für  das  zu  unternehmende  Geschäft. 

Beim  Rückweg  gingen  wir  durch  die  innere  Stadt  und  andern 
Talaste  vorbei.  An  jedem  Eckthurme  der  viereckigen  Mauer 
steht  ein  niedriger  Kuppelstein,  und  dort  sowie  unter  dem 
Thron  und  den  Thoren  seien  beim  Bau  menschliche  Schlacht- 
opfer begraben,  damit  sie  in  Dämone  verwandelt  treue  Wache 
hielten,  erzählte  mir  mein  Begleiter  in  leisem  Flüstern.  Damals 
wurden  Leute  bestimmter  Namen,  die  unter  bestimmten  Constel- 
lationen  und  an  bestimmten  Tagen  geboren  waren,  gebucht,  be- 
sonders solche,  deren  Ohren  nicht  durchbohrt  waren,  oder  junge 
Mädchen.  Niemand  wagte  auszugehen  und  als  die  Regierung, 
um  Leute  herbeizuziehen,  Schauspiele  aufführen  Hess,  war  kein 
Publikum  da.  Der  König  sei  gegen  diese  grausame  Ceremonie 
gewesen,  aber  die  Minister  hätten  es  durchgesetzt,  dass  man  den 
von  Alters  her  heiligen  Gebrauch  bewahre.  Die  Armenier  wussten 
noch  mehr  solche  Grossmuttergeschichten.  Von  einem  Birmanen 
hörte  ich  später,  dass  unter  den  Eckthürmen  der  Mauer  Manda- 
lay's,  sowie  aller  birmanischen  Hauptstädte,  mit  Ocl  gefüllte 
Krüge  begraben  würden,  und  dass  die  Brahmanen  alle  sieben 
Jahre  nachschauen  müssten,  ob  sie  noch  gefüllt  seien.  Ein  Ab- 
nehmen desOels  würde  Anlegung  einer  neuen  Residenz  gebieten. 
Als  das  Oel  sidi  in  den  unter  Amarapura  eingegrabenen  Töpfen 
zu  vermindern  begann,  zeigten  sich  Tiger  und  Rehe  in  den  \'or- 
städten,  ein  Zeichen  zu  sein,  dass  die  Gegend  wieder  zur  Wild- 
niss  werden  solle  und  der  König  an  einem  neuen  Tlatz  seinen 
Thjonsitz  aufschlagen  müsse.  Statt  dass  aber  jetzt  Leute  getödtet 
würden,  füge  man  nur  Figuren  als  Thayaiga  in  die  Mauern  ein. 
Auf  dem  Platze  des  jetzigen  Mandalay  habe  Gautama  erst  als 
runder  Stein  (govun),  dann  als  l^adaitateh,  dann  als  Vathay  und 
zuletzt  als  Ngamangang  gelebt,  wodurch  das  vorher  arme  Land 


92  Aufenthalt  in  der  Stadt. 

Birma's  mit  Gold  und  Silber  gefüllt  wurde.  Des  ungünstigen 
Omens  wegen  verlegte  auch  der  König  Cochinchina's  das  eroberte 
Saigon  nach  dem  andern  Flussufer. 

In  den  Strassen  Mandalay's  ziehen  die  Edelleute  und  Beamten 
mit  ihren  prunkenden  Sonnenschirmen  einher,  die  von  einem  hinter 
ihnen  folgenden  Diener  über  ihrem  Kopfe  emporgehalten  werden. 
Ausserdem  reiht  sich  im  Gänsemarsch,  je  nach  dem  Stande,  eine 
grössere  oder  kleinere  Zahl  Vasallen  an,  von  denen  die  Nächsten 
im  Gefolge  die  unausbleibliche  Beteldose,  reich  verziert  und  oft 
aus  Gold,  tragen.  Ein  Anderer  hält  ein  blankes  Wassergefäss  in 
den  Händen,  ein  Anderer  Schreibmaterial,  ein  Anderer  Bücher  oder 
Tafeln,  und  auch  Waffenträger  fehlen  nicht.  Die  Leibgarden  des 
Königs  zeichnen  sich  durch  ein  goldenes  Schwert  aus.  Vorden  höch- 
sten Ministern  gehen  ausserdem  zwei  grimmige  Henkersknechte,  mit 
langen  Hetzpeitschen  ausBambu,  an  den  beiden  Seiten  des  Weges, 
um  so  die  ganze  Breite  der  Strasse  für  ihren  in  der  Mitte  mit  seinem 
Schwänze  daherschreitenden  Herrn  freizuhalten.  Beim  Eintritte 
in  den  Palast  müssen  aber  auch  sie  ihre  Schirme  zurücklassen, 
und  niedriges  Volk  hat  selbst  beim  Vorbeigehen  am  Palast  die 
Schirme  zu  schliessen,  um  den  Misshandlungen  der  Wachen  zu 
entgehen.  Die  Farbe  der  Schirme  unterscheidet  die  verschiede- 
nen Ränge.  Nur  der  König  darf  den  weissen  Schirm  entfalten, 
die  Prinzen,  oft  Huckepack  getragen,  stolziren  unter  goldenen 
Schirmen  und  den  Andern  bleibt  der  rothe.  Auch  der  Gross- 
Batin  der  Mantras  ist  (nach  Brodie)  beim  Auszuge  von  rothen, 
weissen  und  gelben  Schirmen  umgeben.  Die  kaiserliche  Farbe 
in  Tonquin  ist  goldgelb.  Die  aus  glasirtem  Papier  bestehenden 
Schirme  werden  theils  im  Lande  gemacht,  doch  kommen  die 
meisten  aus  China.  Trinkgefässe  sind  oft  aus  Silber,  sehr  sauber 
mit  Figuren  verziert.  Die  kostbarsten  werden  aus  Kiinet,  einer 
schwarzen  Legirung  des  Goldes  mit  Kupfer,  gearbeitet. 

Jedem  Thore  Mandalay's  ist  eine  Thierfigur  aus  den  ver- 
schiedenen Siegeln  des  Königs  aufgeklebt  und  ausserdem  sitzt 
vor  demselben  die  Figur  eines  hässlichen  Belu  oder  Ungeheuers 
mit  einer  dicken  Keule  auf  der  Schulter,  für  den  Fall,  dass  die 
lebendigen  Wachtsoldaten  schlafen  sollten.    Im  Zollhaus  werden 


t)it  Pagode  des  fiidea.  95 

Documente  für  Exportation  von  Waareo  mit  einem  Scorpion(Kijn) 
gesiegelt,  weil  sie  sonst  auf  dem  nächsten  Posten  (Kijn)  gebissen 
werden  und  zurückkehren  müssen  wie  Buchhändler-Krebse. 

In  der  Nähe  unseres  Hauses  sass  in  einer  kleinen  einer  Pa- 
gode angebauten  Kapelle  eine  ernstblickende  Bildsäule,  vor  wel- 
cher der  Eid  unter  Ablesung  von  Flüchen  aus  dem  rothen  Eides- 
buche geschworen  wurde.  Auch  andere  Contracte  werden  vor 
ihr  geschlossen.  Eines  Tages,  als  ich  sie  besuchte,  sah  ich  dort 
einen  Ehescheidungsprocess  verhandelt,  der  indess  gütlich  beige- 
legt wurde.  Die  beiden  Parteien,  die  von  ihren  Freunden  mit 
Musikbegleitung  gebracht  und  abgeholt  wurden,  assen  Theeblätter 
zusammen,  und  damit  war  ihre  Feindschaft  zu  Ende,  wie  über- 
haupt diese  gepickelten  Theeblätter,  die  mit  Ingwer,  Salz,  Knob- 
lauch u.  s.  w.  eingemacht  sind,  für  ein  besonderes  Freundschafts- 
zeichen gelten  und  oft  bei  Besuchen  zum  Empfang  gereicht 
werden.  Die  nebenstehende  Pagode,  reich  mit  Schnitzereien 
und  Vergoldungen  verziert,  war  durch  einen  birmanischen  Mäkler 
gebaut,  der  besonders  von  den  christlichen  Kaufleuten  employirt 
wird,  und  durch  dessen  Hände  fast  alle  bedeutenden  Geschäfte 
gehen,  die  in  Mandalay  abgeschlossen  werden.  Der  Sohn  meines 
Wirthes  kannte  ihn  deshalb  genau,  und  erzählte  mir,  dass  er  trotz 
seiner  zahlreichen  Familie  noch  junger  Kinder,  alle  seine  sehr  be- 
deutenden Einkünfte  auf  diese  Weise  verwende  und  jeden  neuen 
Verdienst  sogleich  durch  religiöse  Bauten  amortisire. 

Unter  den  Pagoden  vor  der  Stadt  umhergehend,  fand  ich 
die  meisten  Figuren  der  Pungyi's  mit  lang  herunterhängenden 
Ohrlappen  dargestellt,  indem  sie  von  rechts  wegen  solche  haben 
mUssten.  Die  Prinzen  sah  ich  später  im  Palaste  alle  möglichen 
Versuche  machen,  ihre  Ohren  möglichst  auszudehnen.  Die 
Birmanen  stecken  meistens  immer  grössere  Bambupflöcke  in 
die  durchbohrten  Ohrläppchen,  um  sie  zu  erweitern,  und 
zieren  sie  dann  an  Festtagen  durch  eingesteckte  Schmuck- 
sachen.     Das   den   König   kennzeichnende  Ornament*)    Nasa- 

*)  Marini  sagt  too  den  Laos  -  Königfen ,  dass  die  Qrösse  ihrer  Ohrläppchen- 
offDDDgf  qui  les  distingue  d'avec  ses  spjets  et  qui  est  le  symbole  et  le  hieroiifique 
desapr^^ininence  siir  les  autres,  rcduise  le.s  extrt^mitesdes  oreillessurlesepaiiles 


t. 


94  Aufenthalt  in  der  Stadt. 

daun   darf  ausser  ihm    nur  von  Gliedern   seiner  Familie   ge- 
tragen werden.     Auf  der  offenen  Ebene  in  der  Nähe  einer  der 
neuen  Pagoden  war  eine  weite  Fläche  durch  aufgesteckte  Pfähle 
gekennzeichnet,  und  mein  Begleiter  sagte  mir,  das  sei  der  Platz, 
wo  der  König  beim  Besuche  der  Pagode  zu  sitzen  pflege,  weshalb 
Niemand  dort  hindurchgehen  dürf^,  ohne  die  Schuhe  oder  San- 
dalen  auszuziehen.     Solche  Höflichkeit  kennen   die  Birmanen, 
sonst  aber  könnten  sie  noch  lernen.    Denn  als  ich  eine  Schaar 
junger  Klostern(»vi/en,    die  mit  niedergeschlagenen  Augen   im 
Gänsemarsch  hintereinander  hertrottirten,  vorbei  passiren  lassen 
wollte,    warf  der  Erste   beim  Ausweichen   einen   schüchternen 
Seitenblick,  der  nach  den  Kegeln  seines  Ordens  durchaus  nicht 
gestattet  war,  und  als  dieser  Unglückliche  einen  in  Europa  ganz 
annehmbaren  Bart  sammt  einem  Korkhut,  der  in  Rangun  für  elegant 
gegolten  hätte,  vor  sich  auf  die  Strasse  gepflanzt  sah,  prallte  er  drei 
Schritte  auf  seine  Hintermänner  zurück  und  hauchte  halb  ohnmäch- 
tig, welch  ein  Scheusal !    Wahrscheinlich  hielt  er  mich  für  einen 
Belu*).  Es  kostete  manche Trostzusprüche  seitens  seiner  Gefährten, 
bis  erMuth  fasste  vorwärts  zu  gehen.   Unterwegs  begegneten  uns 
Männer,  die  grosse  Käfige  mit  Sperlingen  auf  dem  Kücken  nach  der 
Stadt  schleppten,  um  diese  von  ihnen  auf  den  Feldern  gefangenen 
Vögel  auf  dem  Markte  an  Solche  zu  verkaufen ,  die  durch  Frei- 
lassung derselben  sich  Verdienst  zu  erwerben  wünschen. 

Beim  Abendessen  erzählte  mir  mein  Wirth  von  dem  ver- 
schiedenen Wechsel  der  Kesidenzen  und  manche  Hofauekdoten. 
Der  heilige  Name,  den  der  König  für  Mandalay  ausgewählt  hat, 
soll  Yatanabhumi  sein,  wie  man  munkelt.  Mandalay  mag  bedeuten : 
das  durch  die  Mantras  der  Gottheit  geweihte  Feld.  Da  Herr  Ter 
Minas  noch  sein  früheres  Haus  in  Amarapura  hatte,  von  einem 
Einhüter  bewohnt,  bis  es  von  selbst  zusammenfallen  würde,  so 
ritt  ich  andern  Tages  dorthin,  da  mein  erster  Besuch  dieser  Stadt 

•)  Der  Missionar  Malcolm  licschrcibt  den  Sclireckon  und  die  Bestürzung, 
die  seine  Erscheinung  nicht  nur  unter  Kindern  und  Frauen  hervorrief.  Even  the 
dogs  set  up  an  uuusual  barking,  but  thefiercest  of  them  run,  if  I  stop  fora  monient. 
I  have  sonietimes  put  to  partial  flight  a  herd  of  bufTiiloes,  towhoni  my  white  face 
and  my  white  dress  are  as  terrific  as  to  dogs. 


fayagyi.  95 

nur  ein  flüchtiger  gewesen.  Die' Landstiasse  zwischen  Mandalay 
und  Aniarapura  ist  sehr  belebt,  und  wird,  wenn  sie  sich  der  letztern 
Stadt  nähert,  von  dicken  schattigen  Bäumen  besetzt.  Eine  Menge 
Buden  und  Verkaufsläden  sind  an  beiden  Seiten  aufgeschlagen, 
um  die  Vorbeiziehenden  zu  erquicken.  Das  Halbweghaus  bildet 
die  Pagode  Payagyi,  ein  viel  besuchter  Wallfahrtsort,  besonders 
für  Pilger  aus  den  Schaniändern.  Einige  von  dort  gekommene 
Frauen,  die  ich  sah,  trugen  dicke  Röcke,  und  zum  Theil  Hosen, 
andere  hatten  die  Beine  mit  Zeuglnppen  umwickelt.  Um  den 
Klosterteich  waren  unter  Schirmen  die  Figuren  eines  Ochsen, 
BUiTels  und  Krebses  gestellt.  In  dem  nahen  Königskloster 
(Kyaung-dau)  Patokhapayakyaung  (das  heilige  Kloster  der  Origi- 
naltexte oder  Patau)  waren  die  Kapellen  mit  zierlich  bemalten 
Porzellanf^ldern  ausgelegt.  In  dem  Nathause  lag  vor  zwei  Fi- 
guren, deren  Köpfe  nach  verschiedenen  Seiten  lehnten  (Thama- 
dewa-Nat  genannt),  ein  konischer  Stein,  den  die  Verehrer  aufzu- 
heben suchten.  Nach  derlnschriftvonKamrih  hatte  der  birmanische 
König  die  grosse  Statue  Aracan's  durch  denZauber  seiner  Heiligkeit 
herbeigezogen,  aber  die  historischen  Bücher  sprechen  leider  von 
roher  Waffengewalt. 

In  Amarapura  besuchte  ich  die  Pagode  Mahasetjathia,  vor 
deren  ein  grosses  Bronzebild  enthaltendem  Götzenhause  zwei 
Holzfiguren,  Thangaiyauk  genannt,  standen.  In  einem  alten 
Buche  wurde  eine  Tradition  gefunden,  dass  Mahasetja  (Maha- 
Sakhja-min),  der  Grosse  und  Mächtige,  von  Süden  herbeikommen 
würde,  um  Amarapura  zu  erobern.  Deshalb  wurde  an  dem  Platze, 
der  zur  Errichtung  seines  Thrones  bestimmt  war,  ein  Palast  auf- 
gebaut, und  nach  dem  Niederbrennen  desselben  die  Figur  hin- 
gesetzt. Ein  Birmane  erzählte  mir  einst  geheimnissvoll,  dass  er 
gesehen  habe,  wie  die  Engländer  hinter  der  grossen  Pagode  in 
Rangun  ein  Modell  der  Stadt  Mandalay,  ganz  genau  mit  allen 
Einzelheiten  aufgebaut  und  sie  dann  durch  ihre  Soldaten  dies 
Pseudo-Mandalay  erstürmt  hätten,  um  bei  dem  nächsten  Siege, 
der  Eroberung  des  wirklichen  sicher  zu  sein.  Der  erwähnte 
Platz  iBt  derjenige ,  wo  bei  regelmässigen  Truppenmanöveni  ge- 
wöhnlich die  Evolutionen  ausgeführt  werden,  die  dann  dem  Volke 


da  AufeQthalt  iu  der  Stadt. 

billigen  Stoflf  zur  Unterhaltung  geben.  Die  birmanische  Prophe- 
zeihung,  dass  die  Hauptstadt  fallen  würde,  wenn  ein  ohne  Ruder 
und  Segel  bewegtes  Schiff  den  Fluss  hinauffahren  sollte,  glaubte 
das  Volk  in  den  Dampfschiffen  des  ersten  Krieges  erfüllt.  An 
einigen  Hausern  Amarapura's  wurden  zur  temporaren  Stütze,  noch 
weiche,  Backsteine  auf  das  Gebälk  angenagelt.  In  der  Nähe  der 
Myotaunpaya  (Pagode  der  Stadt-Ecke)  sind  die  Ruinen  des  Yay- 
nandau  (Wasserpalastes),  von  dem  herab  der  König  mit  dem 
Hofstaat  dem  Bootrennen  zuschaute. 

Mehrere  Plätze  der  früheren  Stadt  Amarapura  sind  in  Indigo- 
pflanzungen umgewandelt,  wo  der  König  die  einheimischen 
Pflanzen,  durch  den  aus  Bengalen  eingeführten  Samen,  zu  ersetzen 
sucht.  Der  Indigo  scheint  schon  früh  nach  Europa  gekommen  zu 
sein,  da  Arrian  seiner  am  Indus  erwähnt;  besonders  häufig  aber 
wurde  er  durch  die  Einfuhren  der  Venetianer,  und  dann  der 
Holländer  und  Engländer,  so  dass,  um  den  Waid-Handel  nicht 
zu  ruiniren,  den  Färbern  im  XVII.  Jahrhundert  verboten  wurde, 
diese  „Teufelsfarbe"  zu  gebrauchen.  Doch  wurde  er  später  in 
den  westindischen  Colonieen  und  Nordamerika  zu  solcher  Vollkom- 
menheit gebracht,  dass  er  den  einheimischen  Concurrenten  bald 
überflügelte.  Nach  der  Abtrennung  der  Vereinigten  Staaten 
wurden  dann  in  England  viele  Bemühungen  gemacht,  den  Bau 
des  Indigo  in  seiner  eigentlichen  lleimath,  derselben  Verbesserung 
in  seiner  Cultur  theilhaftig  werden  zu  lassen,  und  da  die  ostin- 
dische Compagnie  sich  durch  ihre  anfänglichen  Verluste  in  ihren 
kostspieligen  Versuchen  nicht  abschrecken  licss,  gelang  es  ihr 
^^chlicsslich,  für  den  Indigo  aus  Bengalen  die  höchsten  Preise  auf 
dem  Markte  zu  erwerben.  Ob  der  König  von  Birma  gleiche 
Energie  besitzen  wird,  ihr  darin  nachzueifern,  bleibt  etwas  frag- 
lich, denn  die  Pflanzungen,  die  ich  zu  Gesicht  bekommen  habe, 
sahen  sehr  wüst  und  vernachlässigt  aus.  Auch  die  fiebrische 
Begeisterung  für  die  Baumwolle,  womit  die  hohen  Preise  während 
des  letzten  Krieges  alle  Erdtheile  durchdrungen  haben,  war  nicht 
ohne  Einwirkung  auf  Süd- Asien  geblieben.  An  der  Küste  Mala- 
bar  wurden  bekanntlich  solch'  weite  Strecken  von  Reisfeldern  in 
Baum  Wollenpflanzungen  verwandelt,  dass  Hungersnoth  gefürchtet 


Chinesischer  Tempel.  97 

und  an  einigen  Orten  dieser  Ursache  wirklich  zugeschrieben 
wurde.  Auch  die  betriebsamen  Chinesen  wurden  durch  den  ver- 
sprochenen Gewinn  verführt,  an  vielen  Orten  ihrer  Seeprovinzen 
den  Reis  durch  Baumwolle  zu  ersetzen.  In  Birma,  wo  seit  alter 
Zeit  eine  einheimische  Baumwollenproduction  existirte,  hat  der 
König  die  Sache  gleichfalls  in  die  Hand  genommen,  und  über 
Rangun  amerikanischen  Samen  zur  Anpflanzung  einführen  lassen. 
Schon  während^des  amerikanischen  Krieges  1813  und  1814  hatte 
die  englische  Regierung  daran  gedacht,  sich  durch  die  Cultur  der 
Baumwolle  in  Indien  unabhängig  zu  macheu.  Aus  Amerika  be- 
rufene Pflanzer  und  die  in  Neu -Orleans  gebrauchten  Samen- 
Reinigungs- Maschinen  wurden  dorthin  geschickt,  aber  weder 
diese  Versuche,  noch  die  im  Jahre  1840  gemachten,  wo  man  die 
Provinzen  Indiens  zur  Aufsuchung  der  richtigen  Bodenart  durch 
amerikanische  Sachkenner  bereisen  Hess,  hatten  besonderen  Er- 
folg. Doch  scheint  das  Fehlschlagen  der  Bemühungen  damals  mehr 
durch  den  Mangel  an  Communicationswegen  und  den  deshalb 
vertheuerten  Transport  verschuldet  zu  sein,  ein  Uebelstand,  dem 
jetzt  durch  die  in  Angriff  genommenen  Eisenbahnen  abgeholfen  ist. 
Die  Chinesen  in  Amarapura  sind  stolz  auf  ihren  dortigen 
Tempel,  und  es  ist  jedenfalls  ein  Gebäude,  auf  das  viel  Arbeit 
und  Mühe  verschwendet  ist.  In  der  concaven  Front  ist  die  runde 
Hauptthüre  von  verschiedenen  kleineren,  alle  auch  in  runder  Ge- 
stalt, umgeben.  Der  mit  breiten  Steinen  ausgelegte  Hof  wird  sorg- 
fältig polirt  gehalten,  die  in  den  Glasnischen  des  Hauses  stehen- 
den Figuren  des  Confutse  und  Zascheh  werden  durch  gemalte 
Soldaten  bewacht,  während  draussen  Figuren  von  Löwen  dieses 
Amt  übernehmen.  Reste  einer  für  Schauspiele  aufgeschlagenen 
Bühne  waren  zu  sehen.  In  einem  Hofe  sitzt  in  einer  weiten  Halle 
mitGitterthüren  die  jungfräuliche  Prinzessin  Kojindaeh,  die  nach 
dem  Walde  gehend,  um  Nonne  zu  werden,  vergöttert  wurde. 
Unter  den  umgebenden  Figuren  findet  sich  die  des  Gautama. 
Auf  dem  Tische  lag  die  Holzschlange  Mui,  die  beim  Läuten  der 
Glocke  zugleich  angeschlagen  wird.  In  Seiten-Corridoren  fan- 
den sich  die  Figuren  vergötterter  Minister  und  die  drei  Götter 
der  Elemente  (Feuer,  Wasser  und  Erde).     Ueberall  brannten 


98  Aufenthalt  in  d^r  Stadt. 

Räucherkerzen  und  chinesische  Bücher  lagen  auf  Gerüsten.  Der 
in  blaue  Tunica  gekleidete  Priester  hatte  den  geschorenen  Kopf 
unbedeckt.  Die  Wände  des  Tempels  waren  bald  durch  Gemälde, 
bald  durch  groteske  Figuren  in  Stuccatur  geziert  oder  auch 
mit  Landkarten  behängt.  Ein  Raum  war  für  Reisende  bestimmt, 
und  daneben,  meinten  meine  birmanischen  Begleiter,  sei  ein  ver- 
wickeltes Labyrinth,  in  welches  Leute  oft  hineingelockt  und 
erschlagen  würden.  Sie  sagten,  die  Chinesen  verehrten  einen 
bärtigen  Buddha,  und  so  ist  das  Bild  des  Goraknath  im  Tempel 
IndraChok  zu  Katmnndu.  Am  Eingangscorridor  sassen  Chinesen, 
die  ihre  Pfeifen  rauchten  und  denen  der  Tempel  als  Kaffeehaus  zu 
dienen  schien,  wie  El-Abdery  von  der  Moschee  in  Bugia  sagt, 
dass  sie  den  Einwohnern  als  Versammlungsort  dient  und  gleich 
einem  belebten  Wesen  dem  Menschen  Gesellschaft  leiste.  Die 
Chinesen,  mit  denen  ich  sprach,  wollten  meistens  aus  Yunan 
sein.  In  Cholera -Zeiten  verbrennen  sie  Popanze  im  Hofe  des 
Tempels.  Die  Birmanen  beobachten  dann  die  Saeyamintoukti  ge- 
nannte Ceremonie,  indem  sie  unmittelbar  nach  dem  Abfeuern 
der  Abend -Kanone  in  jedem  Hause  einen  furchtbaren  Lärm 
durch  Stampfen  und  Trommeln  erheben,  und  damit  fUrl — 2  Stun- 
den fortfahren,  um  die  bösen  Geister  fortzuscheuchen. 

Die  grösste  Pagode  Birma's  auf  dem  Mandalay  gegenüber  lie- 
genden Ufer  ist  nicht  vollendet,  obwohl  ein  sehr  respectabler  Anfang 
dazu  gemacht  war  Um  den  Grund  für  eine  hohe  Pagode  wohl  zu  be- 
festigen, werden  erst  kleinere  gebaut  und  dann  wieder  niederge- 
rissen. Die  Birmanen  führen  ihre  Werke  durch  massenhafte  Verwen- 
dung derArbeitshände  oder  die  Mechanik  der  Naturkräfte  benutzend 
aus.  Als  die  grosse  Glocke  bei  der  Wohnungsveränderung  des 
Königs  über  den  Fluss  zu  bringen  w  ar,  wurde  ein  Canal  in  der  Höhe 
des  niedrigsten  WassersUindes  gegraben,  und  die  dort  gegossene 
Glocke  an  zwei  seitlichen  Barken  befestigt,  worauf  sie  mit  hohem 
Wasser,  sobald  man  die  sie  am  Lande  haltenden  Balken  fortgenom- 
men, weitertrieb;  dann  wurde  ein  anderer  Canal  für  Hochwasser 
gegraben,  um  sie  an  ihren  Ort  zu  bringen.  Die  Birmanen  haben 
von  jeher  geliebt  Glocken  von  gigantischem  Umfang  zu  giessen. 
Noch  grösser  als  die  Rangun's  soll  die  Glocke  von  Mengun  sein, 


Birmanische  Glocken.  99 

die  auf  88,000  Viss  (330,000  Pfd.)  berechnet  wird.  Die  hinter- 
indischen  Glocken  haben  keine  Zunge,  sondern  hängen  niedrig 
und  werden  durch  Anschlagen  eines  daneben  liegenden  Klöppels 
zum  Tönen  gebracht.  Für  complicirtere  Fabrikeinrichtungen  fehlt 
noch  der  Sinn ;  was  sich  von  der  Art  im  Lande  findet,  ist  meist 
von  den  Chinesen  aufgestellt.  In  Amarapura  haben  dieselben 
angefangen  Zucker  darzustellen,  während  den  Birmanen  das 
Zuckerrohr  nur  zum  Kauen  dient,  und  neben  dem  wilden  Honig, 
den  die  Karen  in  den  Wäldern  sammeln,  der  braune  Zucker 
(Jaggery)  gentigt,  der  sich  ohne  grosse  Umstände  aus  dem  Pal- 
mensaft auskochen  lässt.  Die  Cocos- Palme  (Cocos  nucifera), 
deren  Saft  sowohl  zum  Kochen  von  Zucker,  wie  zum  Destilliren 
von  Arrac  dienen  kann,  ist  im  oberen  Birma  selten,  dagegen  lie- 
fert die  Cocos  nypa  (deren  im  Malayischen  Atap  und  im  Birmani- 
schen Dinih  genannten  Blätter  zum  Belegen  der  Dächer  dienen) 
Zucker  und  Toddy,  sowie  die  für  Schreibeblätter  benutzte  Palmyra 
(borassus),  von  der  die  männliche  für  3  Monate ,  die  weibliche 
für  7—8  Saft  giebt  (etwa  1—3  Gallonen  täglich).  Than  ist  der 
birmanische  Name  für  die  Borassus  tlabelliformis.  Mason  unter- 
scheidet zwei  Pae,  die  Corypha  umbraculifera  (Talipat  oder  Fächer- 
palme) und  die  hypothetisch  als  Taliera  angeführte  Buehpalme 
(book-palm).  — 

Die  birmanischen  Prinzen  werden  nach  der  Provinz  genannt, 
mit  der  sie  belehnt  sind.  Der  jetzige  König  ist  meist  noch  als 
der  Mendun-min  (der  Prinz  von  Mendun)  bekannt,  abgesehen  von 
seinen  hochtrabenden  Titeln.  Auch  die  Minister  sind  so  gestellt. 
Der  erste  Minister  heisst  der  Magweh  -  Akwin ,  weil  er  seine 
Einkünfte  aus  Magweh  zieht.  Der  entthronte  König  lebt  noch 
als  Staatsgefangener  in  einem  Thurm  des  Palastes  und  verwendet 
seine  Unterhaltungsgelder  auf  den  Bau  von  Brücken  und  Klöstern. 
Zwischen  ihm  und  seinen  Halbbrüdern,  dem  jetzigen  König  und 
dem  Eimschweming  (dem  Erbprinzen),  bestand  von  jeher  eine 
Spannung,  die  noch  vermehrt  wurde,  weil  der  letztere  durch  Be- 
schützung verurtheilter  Verbrecher  sich  einen  starken  Anhang 
erwarb  und  überall  im  Lande  ihm  treu  ergebene  Banditen  unter- 
hielt.    Der  Mendun-min   dagegen   brachte   den    grössten  Theil 

7* 


100  Aufenthalt  in  der  Stadt. 

seines  Lebens  im  Kloster  zu,  und  als  der  jUngere  Bruder  ihn 
auflforderte,  einen  entscheidenden  Schritt  zu  thun,  weil  der  König 
schon  Befehl  zu  ihrer  Hinrichtung  gegeben  habe,  so  weigerte  er 
sich  und  erklärte,  jedes  Geschick  geduldig  über  sich  herankommen 
lassen  zu  wollen  und  sei  es  auch  der  Tod.  Als  sein  heissblütiger 
Bruder  schwur,  dass  er,  ihn  dann  lieber  selbst  tödten  wolle,  als 
es  von  einem  Andern  geschehen  lassen,  so  forderte  er  ihn  auf,  zu- 
zustossen,  da  so  nur  sein  Wunsch  erfüllt  werden  würde.  Der 
Prinz,  von  Bewegung  überkommen,  schleuderte  sein  Schwert  weg 
und  stürzte  zu  den  Füssen  seines  älteren  Bruders,  dessen  Fuss- 
sohlen  er  auf  seine  Stirn  setzte,  und  dieser,  gleichfalls  bewegt, 
Hess  sich  von  ihm  fortziehen.  Als  sie  an  das  Palastthor  kamen, 
trat  ihnen  der  wachthabende  Posten  entgegen,  da  strenger  Be- 
fehl gegeben  sei.  Niemand  herauszulassen.  „Wohlan"!  rief  der 
Prinz,  „solltest  du  meinem  Befehle  gehorchen  und  das  Thor  öffnen, 
so  würde  der  grausame  Tyrann  nicht  nur  dich  tödten,  sondern 
auch  deine  ganze  Familie  ausrotten.  Besser,  du  stirbst  durch 
meine  Hand."  Mit  den  Worten  schwang  er  sein  doppelhändiges 
Schwert  und  hieb  ihn  in  drei  Theile,  ausrufend:  „Dies  ist  die 
Bahn  zum  Siege ! "  Die  beiden  Brüder  eilten  dann  nach  Scho- 
bomyoh,  wo  der  Prinz  seine  Anhänger  aus  allen  Theilen  des 
Landes  um  sich  berief,  und  mit  diesen  Räuberbanden  Amarapura 
aushungerte,  so  dass  die  durch  den  Feldzug  gegen  die  Engländer 
von  Soldaten  entblösste  Stadt  sich  ergeben  musste.  Nach  der 
Absetzung  des  Königs  führte  der  Prinz  selbst,  der  sich  mit  dem  Titel 
des  Eimschweming  begnügte,  seinen  älteren  Bruder  zu  dem 
Thron  und  huldigte  ihm,  als  der  Erste,  schwörend,  dass  er  stets 
seine  Regierung  schützen  werde. 

Abends  gingen  wir  zu  einem  Poeh  (Schauspiel),  das  auf 
einem  freien  Platze  durch  einen  Vater  gegeben  wurde,  um  das 
Ohrdurchbohrungsfest  seiner  Tochter  zu  begehen.  Diese  Operation, 
zu  der  Pungyi's  eingeladen  werden,  wird  zwischen  dem 
6 — 15.  Jahre  von  alten  Weibern  vorgenommen.  Es  hatte  sich 
ein  zahlreiches  Publikum  eingefunden  und  daneben  war  eine  Gasse 
von  Verkäufern  und  Verkäuferinnen  gebildet,  die  ihre  auf  niedrigen 
Tischen  ausgelegten  Ess-  und  Trinkwaaren  durch  Lampen  oder 


MarioDettentheater.  JQl 

Fackeln  beleuchteten.  Die  Cigarren-Verkäuferinnen  sind  immer 
von  einem  Kreis  j  unger  Herren  umgeben,  die  ihnen  Süssigkeiten  in's 
Ohr  flüstern,  und  diese  jungen  Birmaninnen  im  Festtagsschmuck, 
in  ihren  reinen  weissen  Jacken,  bunten Tamein's,  Perlen  um  den 
Hals  und  Goldschmuck  im  Ohre,  sehen  auch  meist  sehr  nett  und 
appetitlich  aus,  wie  überhaupt  in  dem  Gang  und  den  Bewegungen 
ihres  schlanken  und  biegsamen  Körpers  etwas  Graciöses  liegt,  so 
lange  sie  ihn  nicht  durch  die  Gelenkverdrehungen  des  Tanzes 
verunstalten. 

Nachdem  das  Orchester  die  Nationalhymne  gespielt,  wurde 
der  Marionettentanz  durch  ein  über  die  Bühne  galoppirendes 
Pferd  eingeleitet,  dem  ein  Feenballet  folgte.  Ein  Eremit  erzählt, 
wie  er  Tigern  befehlen,  Wasser  aus  Felsen  springen  lassen. 
Kranke  durch  Berührung  curiren  könne.  Zu  dem  Könige  kommt 
eine  von  seinem  Sohne  verstossene  Prinzessin,  um  Beschützung 
flehend.  Auf  die  von  dem  König  an  seine  Minister  gerichteten 
Fragen  entgegnen  diese,  dass  im  Lande  Alles  in  den  glucklichsten 
Verhältnissen  sei  und  grosser  Wohlstand  herrsche,  durch  die 
Macht  der  königlichen  Majestät  blühe  Alles  und  die  Bäume 
trügen  silberne  und  goldene  Blätter.  Was  mache  ich  mit  solchen 
Gold-  und  Silberbäumen?  warf  der  Hofnarr  ein,  der  die  komische 
Figur  spielte.  Wenn  wir  nur  durch  die  Macht  der  königlichen 
Majestät  so  viele  junge  Mädchen  haben  könnten,  als  wir  Lust 
verspüren.  Dann  folgte  ein  höchst  obscönes  Gespräch  über 
die  Einzelheiten  der  Zeugung,  dieselbe  mit  der  von  Kühen 
und  anderen  Thieren  vergleichend,  und  über  die  passenden  Be- 
schäftigungen der  verschiedenen  Geschlechtsalter  von  der  Jugend 
an.  Auch  versicherten'  meine  Begleiter,  dass,  wenn  man  Geduld 
hätte,  bis  zum  Ende  desPoeh,  gewöhnlich  lange  nach  Mitternacht, 
zu  bleiben,  man  solche  Dinge  nicht  nur  zu  hören,  sondern  auch 
zu  sehen  bekommen  würde. 

Während  Alle  sich  unter  schallendem  Gelächter  an  den 
Schweinereien  ergötzten ,  kam  plötzlich  eine  grosse  Verwirrung 
ib  das  Publikum.  Ein  Prinz,  der  von  einer  späten  Bacchanalie 
zurückkehrte  und  nach  dem  Palaste  wollte,  brach  sich  zu  Pferde 
mitten  durch  das  Gedränge  hindurch  und  seine  mit   schweren 


102  Anreotbalt  in  der  Stadt. 

Knütteln  bewaffneten  Begleiter  hieben  rechts  und  links  umher, 
am  in  dem  Menschenknäuel  freie  Bahn  zu  halten.  Ich  hörte  be- 
merken, dass  dieser  juDge  Herr  als  besonders  rücksichtslos  be- 
kannt sei,  doch  Keiner  dachte  an  Murren. 

Unter  den  Poeh  werden  unterschieden  die  Jan  niasat  (Maske- 
raden), Jophsoma  (Marionetten),  Anindema  (Ballet -Opera),  8at- 
tama  (Possen)  u.  s.  w.  Bei  Nacht  muss  Jeder  nach  Gesetzesvor- 
Bchrift  eine  Laterne  tragen,  oder  wenn  er  dazu  zu  arm  ist,  eine 
Trommel  schlagen,  sonst  greifen  ihn  die  Wächter  auf,  in  den 
Strassen  voo  Mandalav. 

Der  streng  orthodoxe  König  erlaubt  nicht  den  Verkauf  berau- 
schender Getränke  und  hat  auch  ihre  Verfertigung  aus  dem  Palmsaft 
rerboten.  Auf  dem  chinesischen  Bazaar  sind  sie  iudess  zu  erhalten, 
ebenso  wie  Cigirren,  die  Bain  (Hanf)  enthalten.  Auch  frische 
Areca-Xüsse  wirken  betäubend,  und  in  Siam  wurde  mir  eine  be- 
sondere Art  gezeigt,  die  diese  Eigenschaft  immer  habe. 

Nachmittags  wurde  gewöhnlich  neben  unserni  Hause  einer  der 
weissen  Elephanten  mit  Musikbegleitung  in  grosser  Procession  vor- 
beigefuhrt,  um  gebadet  zu  werden.  Die  nebenher  laufendenSoldiiten 
waren  in  Uniform,  d.  h.  in  rothen  Jacken,  grünem  Putzo,  breitem 
Strohhut,  Schuhe  minus,  und  einer  rostigen  Muskete  mit  oder  ohne 
Schloss.  Im  Palaste  hatte  ich  einen  andern  weissen  Elephanten 
unter  einer  offenen  Halle  angekettet  gesehen,  wo  man  zum  Audienz- 
zimmer aufging.  Ein  weisser  Elephant  muss  sich  ausser  seiner 
Farbe  noch  durch  bestimmte  Zeichen  an  anderen  Theilen  seines 
Körpers  documentiren.  Auch  ein  ziemlich  dunkler  mag  so  ge- 
nannt werden,  wenn  er  helle  Flecke  hinter  den  Ohren,  an  der 
Stirn  und  am  Rüssel  zeigt.  Nach  Madden  soll  der  Elephant  (in 
Ganesa)  zum  Symbol  der  Weisheit  geworden  sein,  weil  er  die 
Blätter  der  heiligen  Ficus  indica  frisst,  dieNagbundhu  (vom  Ele- 
phanten geliebt)  oder  Kunjurashun  (Nahrung  der  Elephanten) 
heisst;  deshalb  werden  die  Fallen  für  wilde  Elephanten  in  der 
Nähe  eines  solchen  Baumes  gegraben. 

Im  äusseren  Hofe  des  Palastes  ist  die  Gerichtshalle.  Ueber  der 
grossen  Thronhalle,  'n  der  der  König  bei  feierlichen  Audienzen  em- 
pfängt, erhebt  sich  der  Spiralthurm  desSchlosses.  Aus  ihr  öffnet  sich 


Exorcisation .  103 

• 

ein  weiter  Blick  über  die  die  Süidt  umgebeüde  Ebene  bis  zu  den  um- 
grenzenden Bergen.  Vor  dem  Herrsebersitz  stebt  eine  Mannigfaltig- 
keit verschiedener  Figuren,  als  Elephanten,  Löwen,  Menschen 
u.  8.  w.,  um  zu  zeigen,  dass  sie  alle  unter  der  Botmässigkeit  des 
Königs  sind.  NachAlison  waren  Elephanten  abgerichtet,  vor  dem 
Könige  von  Ava  zu  knieen,  dem  auch  unvernünftige  Thicre  Ver- 
ehrung bezeugen.  In  einem  unter  Musik  langsam  einherziehen- 
den Ochsenwagen  sassen  unter  einem  Baldachin  einige  Prin- 
zessinnen des  Hofes,  deren  Ehrendamen  zu  Fuss  nebenher  spa- 
zierten, mit  geschlossenen  oder  offenen  Schirmen.  Der  weisse 
Schirm  des  Königs  ist  eine  hochverehrte  Gottheit,  deren  Urtheil 
zuweilen  in  der  Sagengeschichte  angerufen  wird,  um  den  Nach- 
folger zu  bestimmen. 

Ein  birmanischer  Bekannter  der  Armenier  erzählte  von  den 
Hexen  (Dzon),  die  Nachts  mit  feuersprühendem  Munde  umher- 
wanderten, und  den  Leuten  etwas  in's  Essen  steckten,  wodurch 
sie  krank  würden.  In  einer  Strasse,  wo  eine  Hexe  lebe,  wirke 
ihr  Beispiel  oft  epidemisch.  In  seinem  Quartier  käme  es 
fast  jede  Woche  vor,  dass  Mädchen  oder  Frauen  in  den  Strassen 
tanzten.  Man  schicke  dann  nach  einem  Mo-Zea  (Arzt  oder 
Medicinniann),  der  ein  Tamein  (ein  Frauengewand)  über  ihren 
Kopf  decken  Hesse,  und  sie  mit  einem  Stock  durchbläue.  Die 
Kranke  fühlte  aber  nichts  von  den  Hieben,  sondern  nur  der 
Dämon  (Nat)  in  ihr.  Nach  Haafner  werden  in  Indien  Hexen 
durch  aufgestreute  Senfkörner  ausgejngt.  Der  unter  Mitwirkung 
des  Priesters  (Asari)  von  den  weiblichen  Dänionen  der  Aman 
besessenePaiadi  (unter  den  Schanars  trägt  feurige  Kohlen  auf  dem 
Haupte  oder  in  den  Händen,  ohne  etwas  zu  fühlen.  Richardson 
giebt  nachstehende  Weise  der  Exorcisation:  The  tamee  (a  string 
woven  with  seven  threads,  consecrateJ  with  certains  ceremonies 
and  in  which  are  niade  seven  knots)  is  hang  round  the  neck  of 
theperson  andprevents  the  witchescaping.  Thedoctor  tlenbeats 
the  bewitched  person  and  asks  the  name  ot  the  witch,  which  Las  pos- 
sessedherand  whatshe  wants.  The  witch  alarniedan>wers  by  the 
mouth  ofthe  patient.  The  doctor  orders  her  neverto  coine  again. 
When  she  promises  a  compliance,  the  tamee  is  taken  off  aud  she  is  al- 


104  Aufenthalt  in  der  Stadt. 

lo  wed  to  escape.  With  the  Yooray-tan  (a  sniall  stick  marked  all  over 
with  cabbalistic  figiires)  the  doctor  sonietimes  uses  to  beat  the 
bewitched  person,  in  preference  to  his  fists. 

Ein  Anderer  beschrieb  mir  die  Procedur  folgenderniassen : 
Wenn  der  Doctor  aus  den  Pulsationen  des  Daumens,  in  dem 
das  Blut  aufzusteigen  beginnt,  erkennt,  dass  die  Krankheit,  für 
deren  Kur  man  ihn  gerufen  hat,  durch  Behexung  verursacht  sei, 
so  wird  nach  einem  Hexenbekämpfer,  der  meistens  selbst  ein  Hexen- 
meister ist,  geschickt.  Dieser  verfertigt  einen  Zauberstab,  in  den 
er  Medicinen  und  cabbalistische  Viereckzeichen  (Ing)  einfügt. 
Diesen  Stock  hält  er  der  Besessenen  vor  und  droht  sie  damit  zu 
schlagen.  Die  Hexe  in  ihr  wird  dann  ängstlich  und  verehrt 
ihren  Meister  mit  gefalteten  Händen.  Sie  muss  dann  Alles  haar- 
klein und  genau  erzählen,  wie  sie  heisst,  wo  sie  lebt,  wer  ihre 
Verwandten  oder  Freunde  sind  u.  s.  w.  Auf  weitere  Examina- 
tionen  gesteht  sie  meist,  aus  Hass  oder  Rache  dies  Unheil  ange- 
richtet zu  haben.  Er  könnte  nun  die  Hexe  durch  seine  zanber- 
kräftigen  Mantras  tödten,  aber  die  Familien  der  Kranken  bitten 
ihn  meistens,  es  nicht  zu  thun,  da  sie  die  sündenvollen  Folgen 
fürchten,  die  sie  in  die  Hölle  stürzen  könnten.  Wenn  diesen 
Bitten  Geschenke  beigefügt  werden,  so  lässt  sich  der  Doctor  be- 
wegen und  verabfolgt  der  Hexe  nur  zum  Angedenken  eine  ein- 
dringliche Züchtigung  mit  seiner  Gerte,  so  lange  sie  noch  in  dem 
Körper  der  Patientin  steckt.  Dann  befiehlt  er  ihr  auszufahren 
und  nicht  wieder  zu  kommen.  Gewöhnlich  überredet  der  Hexen- 
meister (aus  coUegialischcn  Rücksichten)  die  Verwnndten  der 
Kranken,  die  Hexe,  die  jetzt  ihr  Theil  bekommen  habe,  nicht 
weiter  zu  belästigen;  sollte  diese  aber  meinen,  dass  ihre  Hexe 
nicht  genug  gcpnigeli  sei  und  sich  mit  ihren  Striemen  nicht  zu- 
frieden geben,  so  wird  die  Sache  vor  den  Richter  gebracht,  der 
dieVerdächtige  an  einen  Bambti  gebunden,  nebst  dem  Ankläger  in's 
Wasser  werfen  lässt,  wo  Untersinken  für  die  Unschuld  entscheidet. 

In  einem  Hause,  das  grosse  Vorbereitungen  zu  Festlichkeiten 
zeigte,  sollte  ein  Knabe  fur's  Kloster  eingekleidet  werden.  Die 
Pungyi's,  ihre  Rosenkränze  unter  den  t'ingern  drehend,  sassen 
um  eine  Buddhafigur  auf  einer  Balustrade,  mit  langen  Reihen  von 


Opfergaben.  1 05 

Opfergaben  vor  sich,  und  die  Eingeladenen  knieeten  mit  gefal- 
teten Händen  zu  ihren  Füssen,  oder  warfen  sich  in  die  Attitüde 
der  Beter  vor  ihnen  nieder,  die  Erde  mit  der  Stirn  berührend. 
In  dem  Hause  eines  Vornehmen,  wo  ein  Leichenbegängniss  ge- 
feiert wurde,  war  der  Körper  unter  einem  rothen  Baldachin 
ausgelegt.  Die  Heirathsceremonieen  bestehen  darin,  dass  Braut  und 
Bräutigam  aus  einer  Schüssel  essen.  In  Siam  werden  mitunter 
auch  Priester  zugezogen.  Ein  Verbrecher  wurde  von  den  Poli- 
zisten durch  die  Strassen  geführt  und  an  den  Strassenecken  aus- 
gepeischt,  nachdem  vorher,  dem  durch  das  Schlagen  der  Gong 
versammelten  Volke,  das  Verbrechen  ausgerufen  war. 

Wenn  in  ihrer  Jahreszeit  die  Pangati-Früchte  reifen,  werden 
davon  nach  dem  Palaste  gebracht,  wie  in  Ashantee  die  Yam, 
damit  der  König  zuerst  von  ihnen  esse,  weil  vor  ihm  es  jedem 
Andern  verboten  ist.  In  den  Gärten  des  Königs  werden  die  Ba- 
nanen bis  zu  ihrer  völligen  und  natürlichen  Keife  am  Stocke  ge- 
lassen, und  erlangen  dadurch  eineu  ausnehmend  feinen  Wohl- 
geschmack, der  sie  unter  dem  Namen  Königs-Bananen  auszeich- 
net. Sonst  unterscheiden  die  Birmanen  unter  den  Bananen 
(Hnet  pyau)  die  kleine  Zitno,  eine  kleine  gelbe,  als  Nonsapu, 
eine  grosse  rothe,  als  Nih,  die  gewöhnliche,  etwas  säuerlich,  als 
Phih-kyam,  eine  süsse  mit  dünner  Haut,  die  von  dem  Volke  für 
Fieber  erzeugend  gehalten  wird,  als  Rakein,  eine  grüne  mit  fei- 
nem Parfüm,  als  Simoa  u.  s.  w.  Einige  wilde  oder  verwilderte 
Bananen-Arten  werden  ganz  voll  Samen  gefunden. 

Um  seine  Verehrung  darzubringen,  geht  der  Birmane  mit  den 
Gaben,  Blumen,  Speisen,  oder  auch  einfach  einem  Baumzweig, 
nach  der  Pagode,  legt  dieselben  auf  die  Erde  nieder  und  kauert 
dahinter,  indem  er  sich  mit  der  Stirn  zur  Erde  wirft,  den  Shiko 
darzuhringen,  wie  der  Russe  vor  seinem  Heiligen.  Nachdem  er 
einige  Gebete  gemurmelt,  entweder  von  den  Mönchen  gelehrte 
Paliformeln  oder  Bekenntnisse  seines  Glaubens  mit  Aufzählung 
der  zu  vermeidenden  Sünden,  bringt  er  seine  Geschenke  in  die 
Nähe  der  Figur,  steckt  sein  Bouquet  neben  ihr  auf,  stellt  die 
Schüssel  vor  sie  hin,  umhüllt  sie  vielleicht  mit  einem  Streifen 
gelbem  Zeug,  steckt  Kerzen  an  und  schlägt  die  Glocke,  um  dem 


106  Aafenthalt  in  der  Stadt. 

Gott  Nacliriclit  zu  geben.  Die  zu  sprechenden  Gebete  sind  schon 
auf  Papierstreifen  geschrieben ,  die  gewöhnlich  in  der  Vorhalle 
des  Tempels  verkauft  werden ,  und  Aufstecken  derselben  tiber- 
hebt der  Mühe  des  Hersagens.  Einige  tragen  solche  Streifen 
während  der  ganzen  Feierzeit  in  den  Händen  und  erwerben  so 
viele  Gebetsverdienste,  wie  sie  dieselben  umherbewegen,  so  dass 
solche  den  Uebergang  zu  den  compendiöseren  Gebeträdern  der 
Lamaisten  bilden.  Bei  besonderen  Gelegenheiten  nehmen  die 
Kirchengänger  ihr  Bett  mit  nach  der  Pagode ,  um  dort  die  Nacht 
zuzubringen,  wie  es  auch  in  orientalischen  Kathedralen  geschieht. 
Die  Reste  der  dargebrachten  Gaben  werden  am  nächsten  Morgen 
von  LaienbrUdern ,  die  sich  zur  Pagode  halten,  ausgefegt,  da  das 
Reinigen  derselben  ein  verdienstliches  Werk  ist. 

In  den  vier  Festtagen  der  Mondveränderungen  sieht  man  die 
Frommen  im  Festtagsschmucke  auf  den  Zayats  sitzen  und  heilige 
BUcheV  lesen.  Hat  sich  eine  grössere  Gesellschaft  zusammenge- 
funden, so  wird  ein  Pungyi  eingeladen,  der  dann  unter  ihnen 
Platz  nimmt,  und  das  Gesicht  unter  dem  agirenden  Fächer  ver- 
bergend, um  nicht  durch  den  Anblick  weiblicher  Wesen  gestört 
zu  werden,  eine  Predigt  hält, oder  die  Religionsgebote  conimen- 
tirt,  am  liebsten  das  über  die  Mildthätigkeit.  Mitunter  lies't  er 
einen  Abschnitt  aus  den  Palitexten,  besonders  aus  den  Wuttu 
(beim  Beginne  der  Fastenzeit  gewöhnlich  den  Vetsandara's). 
Solche,  die  zur  Verschönerung  einer  Pagode  beigetragen  haben, 
begeben  sich  nach  dem  zMgehörigen  Kloster,  um  den  Tag  bei 
den  Mönchen,  oder  im  Zimmer  des  Abtes,  zu  verbringen.  Der 
Fesitag  des  Vollmondes  heisst  Labieh,  der  achte  Tag  Schiiniet, 
der  Neumond  Lai:ua  und  der  achte  Tag  darauf  Lagua  Schiiniet. 

Für  ihre  Unternehmungen  des  täglichen  Lebens  lassen  sich 
die  Birmanen  besonders  durch  die  Entscheidungen  derBedin-Zea 
(die  Doctoren  der  Vedas)  leiten ,  die  ihre  magischen  Bücher  vor 
sich  aufgeschlagen,  an  belebten  Strassenplätzen,  besonders  vor 
denThoren,  sitzen  und  Anlage  von  Geldcapital,  Freundschaft  und 
Feindschaft,  Ehen  und  Scheidungen  bestimmen.  Sie  sind  mei- 
stens Schan's  ihrer  Nationalität  nach. 

Einen  dieser  Bedin-Zea  liess  ich  zu  mir  rufen,  und  er  kam, 


Der  Bedin-Zea.  107 

einen  grossen  Pack  Bücher  und  Zinntafeln  schleppend.  Die  Zick- 
zack-Bücher waren  zum  Theil  beschrieben,  zumTheil  mit  magi- 
schen Figuren  oder  mit  aller  Arten  Gemälden  bedeckt.  Auf  die 
gestellte  Frage  antwortet  der  Zeichendeuter,  indem  fer  unter  be- 
ständigem Gemurmel  rasch  Ziffern  und  sonstige  Charactere  auf 
die  Tafel  schreibt,  sie  wieder  auslöscht  und  durch  neue  ersetzt, 
als  ob  er  in  einer  verwickelten  Rechnung  begriffen  wäre,  und 
dann  das  Resultat  mittheilt.  Auf  das  Ansuchen  eines  der  an- 
wesenden Armenier,  der  ihm  das  Datum  des  Tages  und  Monats 
seiner  Geburt  mittheilte,  verkündete  er  ihm,  dass  er  eine  Reise 
unternehmen  würde ,  dass  seine  Tochter  einem  bevorstehenden 
Unglück  entgehen,  dass  innerhalb  zwölfMonaten  ein  vierfüssiges 
und  ein  zweifüssiges  Geschöpf  aus  seinem  Hause  hervortreten 
würde,  dass  was  er  begonnen,  durch  Andere  beendet  werden,  dass 
seine  Frau  binnen  sechs  Tngen  sich  mit  ihm  zanken  würde.  Der 
Armenier  hatte  früher  eine  Baumwollenpflanzung  angelegt,  die 
in  Verfall  gerathen  und  jetzt  von  einem  Andern  mit  Erfolg  auf- 
genommen war,  aber  er  hatte  weder  Frau  noch  Tochter.  „Thut 
nichts,  sagte  der  Prophet,  es  sind  Dienerinnen  da,  die  die  Stelle 
von  einer  Frau  oder  Tochter  vertreten."  Ein  jüngerer  Freund 
erkundigte  sieh  nach  einem  ihm  theuren  Wesen ,  ob  er  nach 
weiter  Trennung  wieder  auf  Vereinigung  hoffen  dürfe.  Der  Bedin- 
Zea  schüttelte  Kauri- Muscheln  und  Körner  in  einem  Becher 
zusammen  und  wenn  sie  herausfielen,  entschied  er  nach  der 
Lage,  welches  der  in  dem  erotischen  Buche  enthaltenen  Lieder 
er  zu  wählen  hatte,  von  denen  jedes  eine  Antwort  enthalten  haben 
würde.  Er  sprach  stets  in  der  declaraatorischen  Monotonie  der 
Linga  und  zog  sich  nach  erhaltener  Belohnung,  trotz  seiner  faux 
pas,  ganz  vergnügt  und  selbstgefällig  zurück. 

Unter  den  Namen,  die  ich  aus  seinen  Büchern  copirte,  war 
Oupadanah-piudah ,  der  auf  einer  Schlange  reitend,  unter  der 
Erde  lebt,  die  Arbeiten  der  Ackerbauer  zu  schützen;  Sadiwayadat, 
auf  einem  Pferde  jagend ,  zeigt  Mangel  an  Erfolg  an,  der  rasch 
vom  Winde  verweht  wird;  Sacaabadah  (ein  Affe,  auf  einer 
Ziege  reitend),  deutet  auf  leichtfertigen  Sinn  u.  s.  w.  In  einem 
Bilde  zerbrach  eine  Krähe  mit  ihrem  Schnabel  einen  Topf  voll 


V 


108  Aufenthalt  in  der  Stadt. 

Geld,  neben  dem  sich  Frau  und  Mann  umarmen,  das  Ganze  be- 
deutet „Verlust".  Ein  Bild,  auf  dem  Mann  und  Frau  sich  neben 
einem  Hause  gegenüberstehen  mit  Pferd  und  Ochs  daneben ,  be- 
deutet, „dass  das  Kind  ein  Pächter  werden  wird."  Das  Bild  einer 
herabhängenden  Figur  lehrt  dem  Consultirenden ,  dass  er  nicht 
auf  Bäume  steigen  oder  auf  Pferden  reiten  dürfe,  da  bei  solcher 
Gelegenheit  ihm  Unglück  drohen  würde.  Das  Bild  von  Mann 
und  Frau  zusammen  tanzend  verlangt,  dass  reiche  Geschenke  an 
die  Pagode  gemacht  werden.  Das  Zeichen  eines  reichen  Mannes 
war  eine  Figur,  die  unter  Elephant  und  Pferd,  auf  Ziegen  und 
Fischen  stand.  Das  Zeichen  eines  grossen  Mannes  war  eine  Figur, 
auf  einem  Büffel  reitend,  mit  dem  Sambui-Vogel  vor  sich.  Neben 
dem  Bilde  einer  Pagode  stand  geschrieben:  ^Eine  jungfräuliche 
Tochter,  Gold  und  Silber  wird  erlangt  werden  durch  Verehrung 
der  Pagode."  Neben  dem  Bilde  eines  Mannes,  der  vor  einer  Pa- 
gode betete,  war  bemerkt:  „Wenn  das  Loos  hier  fällt,  so  werden 
reiche  Geschenke  von  den  Töchtern  grosser  Herren  erlangt  wer- 
den. Vermeide  aber  die  heiligen  Männer."  Neben  dem  Bilde  eines 
Hundes,  den  ein  Manu  am  Schw  anze  hielt,  während  ihn  ein  anderer 
auf  den  Kopf  schlug,  stand  geschrieben:  „Wenn  das  Loos  hier 
fällt,  so  sei  nicht  grosssprecherisch,  sondern  demüthig,  vermeide 
Stolz  und  Anmassung,  denn  das  würde  dir  nur  Feinde  machen." 
Je  nach  den  Tagen  der  Woche  präsidirt  der  Nat  in  einem 
verschiedenen  Punkte  des  Compass  und  der  Bedin-Zea  kann 
daraus  berechnen,  welche  Art  des  Geschäfts  an  einem  be- 
stimmten Wochentage  sicher  wäre  zu  prosperiren.  Aus  Sanger- 
mano's  Bericht  über  das  Bedin  genannte  Buch  geht  hervor, 
dass  die  Birmanen  gewisse  Mythen  über  Metamorphosen  mit 
bestimmten  Constellationen  verknüpfen  und  daraus  wieder  deren 
magische  Rückwirkung  erklären.  Die  das  Schilf  genannte  Con- 
stellation  soll  den  umgekehrten  Leichenwagen  einer  hässlichen 
Riesin,  die  sich  in  eine  reiche  Frau  verwandelte,  darstellen  und 
deshalb  die  unter  ihr  Geborenen  hässlich,  aber  reich  machen,  von 
roher  Natur  und  Speculationsgeist.  Die  der  Hirschkopf  ge- 
nannte Constellation  bedeutet  einen  jungen  Damm,  der,  auf  der 
Jagd  gefangen,   von  einem  Könige  aufgezogen  und  so  geliebt 


Vogelfreiheit  109 

wurde,  dass  derselbe  bei  seinem  Tode  aus  Kummer  gleichfalls 
starb ,  weshalb  diese  Constellation  Tod  am  gebrochenen  Herzen 
prognosticirt.  Die  alten  Perser,  die  wie  die  Chinesen,  keine 
Woche  hatten ,  benannten  jeden  der  30  Tage  des  Monats  nach 
dem  Namen  eines  der  zoroastrischen  Schutzgenien.  Nach  Masudi 
wurden  unter  Brahma,  dem  ersten  Könige  der  Indier,  die  astro- 
logischen Einflüsse  der  Sterne  auf  Menschen  und  Thiere  in  dem 
Buche  Sindhind  festgestellt.  Der  birmanische  Zodiakus  (Rasih) 
begreift  zwölf  Bilder  (Misa,  Prisa,  Maedhun,  Karakat,  Sein,  Kan, 
Tuh,  Pri^;ja,  Dhanu,  Makara,  Kun,  Mein).  Der  dunkle  Planet 
Rahu*)  heisst  auch  Asurein  oder  Ngaput.  Nach  der  von  Bhattatpala 
commentirten  Vrihatsanhita  des  Vahära  mira  zerfallt  die  Astrologie 
in  Tantra  (tri  oder  schützen)  oder  Berechnungen  des  Planeten- 
standes, in  Hora  (Nativitätsstellung  in  Horoscop)  und  (,'äkhä 
(Prognostikon). 

Die  baumlose  und  staubige  Ebene  Mandalay's  wird  nur  von 
einem  schmalen  Streifen  Grünes  durchzogen ,  der  sich  längs  des 
kleinen  Baches  Schwettazoung  hinstreckt,  und  demselben  bis  an 
seine  Mündung  in  den  Irawaddi  folgt.  Dieser  Bach  kommt  aus 
dem  fruchtbaren  Gartendistrict  Madeya's,  dessen  Früchte  auf  ihm 
nach  Mandalay  gebracht  werden.  Bei  einem  Spaziergange  an 
seinen  Ufern  fand  ich  an  der  Landstrasse  Pfähle  errichtet,  mit 
einer  gerichtlichen  Verordnung  **) ,  die  das  Tödten  von  Vögeln 
und  das  Fangen  von  Fischen  in  dem  zwei  nahegelegenen  Dörfern, 
die  namhaft  gemacht  wurden,  zugehörigen  Districte  verbietet. 
Weiter  oben,  wo  sich  der  Fluss  über  den  niedrigen  Grund  teichartig 
ausbreitet,  steht  das  Dorf  Taungbiong  mit  der  Pagode  Taung- 
jonde,  die  ihre  Figur  in  einem  dunklen  Recess  einschliesst.   Da- 


*)  Bei  den  Beob«ichtiingen  der  Mondfinsternlss  in  Louvo  fanden  die  Tala- 
poinen  nichts  Aufifalliges  in  den  genauen  Beobachtungen  der  französischen  Astro- 
nomen, da  diese  die  Essenszeit  des  verschlingenden  Drachen  kennen  würden  und 
wüssten ,  ob  er  mehr  oder  weniger  Appetit  habe. 

♦♦)  Im  Jahre  1208  (1846)  am  ersten  Tage  des  September  macht  der  Gouver- 
neur von  Henzadamyo,  Taunmyo,  Kyomyo  bekannt,  dass  durch  die  gnädige  Be- 
willigung der  Königin-Matter,  Vögel  und  Thiere  vom  Dorfe  Seatpiu-joah  bis  nach 
Kazegong-Joah  am  Ende  des  Baches  Kühe  haben  und  ungestört  bleiben  sollen. 


1  10  Aufenthalt  in  del-  Stadt.* 

neben  sah  ich  in  dem  Hofe  eines  Bauern  einen  Nat-Shin  (Dämonen- 
Tempel),  dessen  giebligesDaeh  durch  rothe  Pfeiler  getragen  wurde. 
Der  Eingang  führte  zu  einer  geschmückten  Platform ,  auf  welche 
der  Götze  bei  dem  dreimaligen  Jahresfeste  im  Monat  Tabau  und 
Wagau  gestellt  wird.  Jetzt  war  sie  leer  und  die  Götzen  wurden 
in  einer  Rumpelkammer  aufbewahrt.  Auf  mein  Verlangen  in- 
dessen wurden  sie  producirt  Es  waren  zwei  mit  Kleidern  ange- 
zogene Puppen  mit  spitzer  Königsmtitze ,  die  Säbel  trugen  und 
Nido-naundo  (der  ältere  und  jüngere  Bruder)  genannt  wurden, 
oder  im  Speciellen  Sehwebingyi  und  Seh webingnay.  Die  Nakadau 
oder  Dämonen-Mutter,  ein  altes  Weib  mit  weissen  Haaren,  er- 
zählte mir,  dass  sie  durch  einen  Patih  (Musulman)  gebracht  seien. 
Ihr  Vater  sei  ein  Patih,  ihre  Mutter  eine  Ungeheuerin  (Belu);  sie 
könnten  das  Schweinefleisch  nicht  leiden  und  bestraften  Solche, 
die  davon  ässen,  mit  Krankheit.  Am  Tage  ihres  Festes  kommen 
von  allen  Seiten  VerQhrer  herbei,  Birmanen  sowohl  wie  Musul- 
männer,  die  zusammen  tanzen  und  Hühner  zu  Ehren  des  Nat 
(nattan  oder  tanzen)  schlachten.  Wenn  Kranke  Heilung 
wünschten,  so  erweise  ihr  der  Dämon  die  Gnade,  in  sie 
niederzufahren,  und  beantworte  die  gestellten  Fragen.  Als  ich  sie 
bat,  es  mir  zu  zeigen,  weil  ich  für  Jemand  zu  consultiren  wünsche, 
entschuldigte  sie  sich,  dass  sie  nur  an  den  Feiertagen  die  Cere- 
monie  üben  dürfe.  Die  anwesenden  Hausbewohner  bestätigten 
die  wunderbaren  Kräfte  dieses  Dämon  und  einer  der  Männer 
nannte  ihn  das  Oberhaupt  und  König  aller  Nats.  Man  zeigte 
mir  auch  noch  eine  dritte  Figur,  den  Diener  des  Brüderpaars,  der 
Koojaundoga  oder  der  Erbauer  der  neun  Pagoden  hiess. 

Beim  Fortgehen  fand  ich  in  einer  Strasse  des  Dorfes  unter 
einem  Baume  einen  Bambukäfig  aufgehangen  mit  drei  kleinen 
Nats  darin,  von  denen  der  Eine  die  Harfe  spielte.  Als  ich  einen 
Vorüberpassireuden  um  den  Namen  fragte,  nannte  er  ihn  Moung 
Jingbioh  (das  Herrchen  hübsch  und  fein).  Auf  dem  Rückwege 
kamen  wir  in  der  Nähe  des  Dorfes  Tajekkan  an  dem  Lustgarten 
des  Erbprinzen  vorbei  und  konnten  ungehindert  durch  das  Thor 
eintreten.  Es  war  ein  wohlerhaltener  Park  mit  einigen  Land- 
häusern  zum  Aufenthalt.  Die  Pagode  von  Jenagaung  ist  auf  Löwen 


Die  LÖwenwäcbter.  111 

gestützt,  während  Belu's  die  mittlere  und  Thagia's  (Götter)  die 
obere  Terrasse  tragen. 

Ueber  die  vor  die  Pagoden  als  Wächter  gestellten  Löwen 
haben  die  Birmanen  verschiedene  Erklärungen,  von  denen  sich 
eine  an  die  ceylonische  anschliesst.  In  alter  Zeit  sei  der  Sohn 
eines  Königs  von  Birma  durch  seine  vor  Feinden  fliehende 
Mutter  in  den  Wald  getragen  und  nach  deren  Tode  durch 
eine  Löwin  ernährt  worden.  Als  er  zum  Jüngling  aufgewachsen 
war,  schämte  ersieh  seiner  Kindheit  und  entfloh.  Sich  von  seiner 
Löwenmutter  verfolgt  sehend,  schwamm  er  über  einen  Fluss,  und 
jene,  als  sie  ihm  nachblickte,  fühlte  ihr  Herz  brechen  und  starb. 
Er  kehrte  dann  zurück  und  hieb  ihr  den  Kopf  ab.  Als  er  später 
König  geworden  war,  bereute  er  seinen  Mord  und  Hess  die  Bilder 
seiner  Mutter  an  den  Pagoden  aufstellen,  damit  er  sie  verehren 
könne,  ohne  dass  das  \'olk  es  merke,  indem  er  scheinbar  zu  der 
Pagode  bete.  Die  Birmanen  beten  oft  nur  in  der  Richtung  der 
Pagode.  In  den  Strassen  Mandalay's  habe  ich  sie  knieen  ge- 
sehen, wo  kaum  die  Spitze  einer  Pagode  über  die  Häuser  sichtbar  , 
war.  Ein  Bekannter  erzählte  mir  von  Birmanen,  die  vor  dem  ge- 
schenkten Bilde  der  Schwedagon-Pagode  Rangun's,  als  einer  be- 
sonders heiligen,  ihre  tägliche  Morgenandacht  verrichteten.  Von 
andern  wurde  mirgesagt,  die  Mutter  jenes  Tihabahu  genannten  Kö- 
nigs von  Baranathi  sei  von  einem  Löwen  geschwängert  gewesen, 
wie  die  Ahnherrin  der  ceylonesischen  Könige,  und  habe  er  die 
Bilder  zur  Sühne  des  Vatermordes  aufgestellt. 

Beim  Beten  in  den  Pagoden  hält  der  Birmane  oft  eine  Blume  oder 
einen  Stein  in  der  Hand,  da  solche  sich  später  in  Gold  verwandeln 
werden.  Marini  führt  unter  den  Vorschriften  seines  Thic-ca(Xaca), 
der  durch  den  Teufel  zum  Einsiedlerleben  im  Walde  verführt  wurde 
und  dort  zwei  leibhafte  Dämone  (Abala  und  Cabala)  traf,  auch  die 
auf,  ein  gewisses  Goldpapier  zu  verbrennen,  das  sich  in  wirkliches 
Gold  verwandelt  und  zur  Bestechung  der  Höllenwächter  dient. 
Der  birmanische  Name  für  Pagode  ist  Chedi,  und  Chaitya  meint 
nach  Wilson  ursprünglich  einen  heiligen  Baum,  später  auf  die 
buddhistischen  Stupen  übertragen. 

Ehe  die  Birmanen  in  einen  Krieg  ausmarschiren,  gehen  sie 


112  Aufenthalt  in  der  Stadt. 

nach  Aumpinlae  (das  Feld  der  Cocosnuss-Bäurae)  oder  dem  er- 
obernden Meer,  weil  derjenige,  der  dort  seinen  Fuss  hingesetzt  hat, 
siegreich  sein  wird.  Es  ist  ein  weiter  See,  der  mit  einem  ausge- 
dehnten Bewässerungssysteme  in  Verbindung  steht,  da  er  am 
Fusse  des  Gebirges  gelegen,  leicht  die  von  ihm  niedergeneigte 
Ebene  versorgen  kann.  Die  Linien  des  Deiches,  auf  dem  wir 
entlang  gingen,  waren  vielfacli  in  Schleussen  abgedämmt,  und 
da,  wo  dieausdemSchanlande  kommende  Heerstrasse  in  ihn  aus- 
mündet, hatte  sich  ein  Bazaar  von  Verkäufern  angesiedelt,  mit 
einem  Nathause  daneben.  Zwischen  den  Pfeilern  erhob  sich  ein 
Thron,  auf  den  12  Figuren  in  einer  Reihe  gestellt  waren.  Ein 
grosser  Elephant  trug  Sinauji  mit  Bodo  hinter  ihm,  dann  folgten 
Maido  (die  Mutter),  dann  Toung-ming-gyi  (mit  der  Hand  auf  die 
Brust  gelegt),  dann  Mingbiaujeen  (zu  Pferde),  dann  Toung-jee 
(betend),  Toungming  und  fünf  Kinder  mehr.  In  alter  Zeit  befahl 
ein  König  von  Birma,  seinen  Schwager,  gegen  den  er  erzürnt  war, 
mit  seiner  ganzen  Familie  zu  tödten,  und  als  die  Königin,,  eine 
Prinzessin  derSchan,  für  dieselbe  umtruade  bat,  mitC'ocosnUssen 
in  der  Hand,  Hess  er  auch  sie  tödten.  Alle  diese  wurden  in  Dä- 
monen (Nats)  verwandelt,  und  da  sie  die  Hütung  des  See's  über- 
nommen, so  war  es  erst  seitdem  möglich,  die  Dämme,  die  früher 
immer  einfielen,  sicher  zu  befestigen.  Eine  alte  Frau,  die  sich 
die  Nakadau  (Dämonen-Frau)  nannte,  stand  mit  diesen  Geistern 
in  Rapport.  Als  mein  junger  Begleiter  sie  nach  seinem  Bruder 
befragte,  nahm  sie,  nach  dem  Gebete,  von  einem  Gestell  ein 
blankes  Messinggefäss*)  und  drehte  es  verschiedene  Male  um 
ihren  Kopf,  hineinblickend,  es  zu  den  Figuren  emporhebend,  und 
aufs  Neue  hineinblickend.  Dann  versicherte  sie  ihn  seines 
Wohlseins,  und  sagte  ihm  vieles,  was  ihn  selbst  betraf,  dass  er 
noch  nicht  selbstständig  sei,  sondern  Anderer  Befehle  zu  folgen 


*)  Von  Ramrih  sagt  Folcy,  dass  der  Kranke  vor  einem  blanken  Messing- 
gefäss tanze,  in  dem  er  den  Gegenstand  seiner  Verebrnng  reflectirt  sähe.  Zn- 
gleich  bemerkt  derselbe:  The  conjurers  in  Schwedong  are  a  set  of  vagabonds.  A 
man  attired  in  woman's  apparel,  connects  himself  with  another  of  bis  profession, 
wbom  he  calls  his  husband  and  obtains  for  bis  bnsband  a  woman  as  bis  second 
wife,  with  wbom  botb  cobabit. 


Nakkadau.  113 

haben  mUsse.  Jenseits  des  Wassers,  auf  der  andern  Seite  des 
8ee'8  könne  man  in  dem  dortigen  Nat-Haus  noch  wunderbarere 
Weisheit  erfahren,  meinte  ein  Mann,  der  für  eine  Vergütung  zum 
Hinüberfahren  bereit  gewesen  wäre.  Die  zu  dem  Wasser  nieder- 
leitenden Trep|)en  sind  mit  Bildern  von  Belu*s  und  Drachen- 
schlangen besetzt.  Während  uns  die  alte  Hexe  die  Namen  ihrer 
Teufel  nannte,  deutete  sie  auf  dieselben  immer  mit  der  vollen 
Faust,  da  solche  hohe  Herrschaften  nicht  mit  dem  Zeigefinger 
gewiesen  werden  dürfen.  Die  in  den  Teufelstempeln  administri- 
renden  Nakkadau  werden  ausser  bei  Krankheiten  auch  bei  noch 
vielen  andern  Gelegenheiten  um  Rath  gefragt  und  ziehen  selbst 
mit  in  den  Krieg,  wie  die  heiligen  Jungfrauen  der  alten  Germanen. 
Auf  dem  Schlachtfelde  bei  Simbike  fanden  die  Engländer  unter 
den  Erschlagenen  ein  männlich  gekleidetes  Mädchen,  das  in 
solcher  Eigenschaft  zu  der  Begeisterung  der  Truppen  hatte  bei- 
tragen sollen. 

Nachdem  ich  mit  meinem  Begleiter  das  Haus  des  Gefangen- 
wärters in  dem  nahen  Dorfe  besucht  hatte,  wo  sein  Vater  nebst 
den  andern  Fremden  längere  Zeit  im  Gewahrsam  gehalten  war, 
schickten  wir  uns  zum  Rückweg  an,  der  uns  über  die  zwischen  der 
alten  und  neuen  Hauptstadt  gezogene  Grenzlinie,  an  den  Ueber- 
bleibseln  von  Amarapura's  Stadtmauern  vorbei,  führte.  Ein  grosser 
Theil  des  dortigen  Landes  von  besonderer  Fruchtbarkeit  ist  vom 
Könige  der  Pagode  Phayagyi  geschenkt,  und  das  daraus  erlöste 
Geld  wird  von  der.  reichen  Schatzkammer  des  Klosters  bewahrt, 
vor  dem  eine  Soldatenwache  postirt  ist.  Alle  den  See  Oung- 
binleh  umgebenden  Felder  sind  Eigenthum  des  Königs  (Lehdau- 
gyi)  und  die  Bebauer  erhalten  eine  bestimmte  Zahl  von  Reis- 
körben für  ihre  Arbeit.  Das  grosse  Bild  und  die  Materialien  des 
Tempels  sind  von  Aracan  gebracht.  In  den  Terrassenhöfen  der 
Pagode  ging  es,  wie  immer  dort,  lebhaft  her.  Schaaren  von  Pil«: 
gern  trieben  sich  zwischen  den  geschmückten  Buden  auf  dem 
Jahrmarkt  herum,  und  konnten  Alles,  was  sie  für  ihr  leibliches 
und  geistiges  Wohl  bedurften,  mit  Leichtigkeit  erstehen.  Die 
Verkäufer  der  Gebetflaggen,  Lichter  u.  s.  w.  sassen  meist  inner- 
halb der  Tempelgalerien  selbst.   Unter  den  Pilgern  bemerkte  ich 

BMtUm,  OitMien.    II.  3 


114  Aafenthalt  in  der  Stadt. 

einige  Tungthu's  oder  Schan-Karen,  deren  Frauen  ein  hinten  hinab- 
fallendes Kopftuch  trugen  und  bis  an  die  Kniee  reichende  Röcke, 
unter  denen  sie  tlber  den  Waden  schwarze  Ringe  befestigt  hatten 
und  silberne  an  den  Knöcheln.  In  einem  Theil  der  tagode  ist 
eine  Sammlung  von  Steininschriften  zusammengestellt.  Weiterhin 
kamen  wir  über  den  Begräbnissiilatz  fUrPungyi's  und  Glieder  der 
königlichen  Familie,  wo  Zeltpavillons  auf  Pfählen  über  den 
Stellen  aufgeschlagen  waren,  an  denen  Leichen  verbrannt  sind. 
Die  gesammelten  Knochen  werden  mit  der  Asche  in  denFluss  ge- 
worfen. Bei  besonders  heiligen  Priestern  werden  sie  in  Statuetten 
verknetet.  Ein  Elephant  mit  geschmückter  Howdah  hatte  den 
neben  ihm  stehenden  Sarg  eines  Wunduk  gebracht,  der  von  seineii 
umstehenden  Verwandten  auf  einem  Scheiterhaufen  verbrannt 
wurde.  Auf  den  Sarkophag  werden  (wieOvingtonvonAracan  be- 
merkt) besonders  die  Figuren  edler  Thiere,  Löwen,  Elephanten, 
Aften  u.  8.  w.  gemalt,  um  eine  günstige  Wanderung  der  Seele  zu 
prUdisponiren. 

Die  Ponas  haben  sich  in  demjenigen  TheileMandalay's  an- 
gesiedelt, der  dem  erwähnten  Bache  am  nächsten  ist,  und  so 
zeichnet  sich  ihr  Quartier  vor  allen  andern  in  Mandalay  durch 
schattigen  Baumwuchs  aus.  Ihre  Häuser  sind  nicht,  wie  die  der 
Birmanen,  auf  Pfählen,  sondern  auf  der  flachen  Erde  gebaut  und 
stehen  in  weit  umzäunten  Höfen,  um  ihren  Kuhheerden  Stallung 
zu  geben.  In  der  Nähe  ihres  Friedhofes  fand  ich  einen  aus  Holz- 
planken aufgeschlagenen  Tempel,  der  als  Säulenhalle  einer  alten 
Pagode  angebaut  war,  und  die  dunkle  Nische  des  Hintergrundes 
durcH  Lampen  erhellt.  Sie  bewiesen  eine  brahmanische  Abnei- 
gung gegen  mein  Betreten  des  Tempels,  a])er  der  Priester  brachte 
mir  die  Figuren  heraus,  einen  tanzenden  Krischna  mit  Pfauenfeder- 
helm, und  seinen  Diener  (4opanja,  der  auf  Knieen  und  Ellbogen 
vor  ihm  lag.  In  dem  Hause  seines  Oberen  wäre  noch  die  Figur 
eines  Vischnu,  könne  aber  nicht  in  seiner  Abwesenheit  vorgeführt 
werden.  Die  beim  Gottesdienste  gebrauchten  Muscheln  würden 
von  Tiho  (Ceylon)  gebracht.  Knaben  waren  draussen  eifrig 
beschäftigt,  Messinggefässe  blank  zu  putzen  und  Messingglocken 
mit  Kalon's  auf  ihnen,  hingen  umher.    Von  dort  begab  ich  mich 


l)io  Götter  ilcr  Pona.  115 

nach  dein  sogenannten  Pona-Kyaung,  wo  ihr  Oberlehrer,  derZay- 
SL^yi  wohnte.  Den  einfachen  Titel  Dzea  oderZaya  (I)oetor)  führt 
jeder  Pona,  da  Jeder  seines  Standes  wegen  schon  Medicin  verstehen 
muss.  In  dem  Kloster  legte  man  mir  ihr  heiliges  Buch,  Doson, 
in  bengalischer  Sprache  und  mit  bengalischen  Charakteren  ge- 
schrieben, vor,  entschuldigte  sich  aber,  die  Götter  nicht  zeigen 
zu  können,  da  sie  schliefen  und  zugedeckt  wären.  Sie  hätten 
Krischna  und  noch  25  andere.  Ich  möchte  am  Nachmittag  wieder 
kommen.  Ein  Kathay-Buch,  nach  dem  ich  gefragt  hatte,  sei  im 
Dorfe  Basunjaun  zu  finden.  Als  ich  zur  bestimmten  Stunde 
meinen  Besuch  wiederholte,  empfing  mich  der  Zayagyi,  mit 
Vischnu's  Mark^  auf  der  Stirn.  Als  ich  meinen  Wunsch  aus- 
drückte, die  Bekanntschaft  Seiner  Gottheit  zu  maclien,  ging  er 
hin,  um  ihn  zu  waschen  und  ordentlich  anzuziehen.  Beim  Zurück- 
kommen stellte  er  auf  die  nach  Innen  führende  Thtirschwelle  die  in 
Muslin  gekleidete  Figur  eines  tanzenden  Krischna  mit  Pfauenhelm 
oder,  wie  er  ihn  nannte,  Gopinajoh  (der Mann-Jüngling),  und  vor 
denselben  placirte  er,  auf  Knieen  und  Ellbogen  liegend,  den  Go- 
panja  oder  Bal-krischna  (als  Kind),  so  dass  ich  beide  von  allen 
Seiten  bequem  besehen  konnte.  Nachher  holte  er  noch  einen  Gott, 
mitBlumen  auf  dem  Kopf,  den  er  Jaindinnoh  nannte,  und  sagte,  da 
wären  jetzt  ungefähr  20  Stück  mehr,  alsHauuman,Kishto,Zeideina, 
Modonomuhun  u.  s.  w.  Vor  die  Füsse  des  Gottes  legte  er  einen 
schwarz  und  weiss  gestreiften  Salagrammstein  mit  einigen  Blättern 
der  Tolsipflanze,  beide  wären  aus  Tiho  gekommen.  Früher,  erzählte 
er,  sei  der  Salagramm  verehrt  w^orden,  aberGopinnasan  oder  Go- 
pinath  hätte  eine  Aenderung  eingeführt;  und  seit  der  frühere 
Zayagyi  eine  Figur  Krischna^s  verfertigt,  hätten  alle  Ponas  ihre 
Verehrung  dieser  zugewandt.  Von  zwei  dortliegenden  Muscheln 
diente  die  kleinere  um  Wasser  vor  den  Göttern  zu  sprengen,  die 
grössere,  um  damit  zu  blasen.  In  einem  andern  Gemache  des  Hau- 
ses stand  ein  Thron,  um  die  Gottheit  bei  Festen  würdig  zu  exhi- 
biren.  In  dem  nahegelegenen  Kyaung  (Kloster  oder  Schule) 
fand  ich  zwölf  Knaben,  die  bengalisch  lesen  lernten.  Die  drei- 
fache Schnur  wird  im  12.  Jahre  von  den  Eltern  ertheilt  und  im 
15.  Jahre  fügt  der  Zayagyi  das  Halsband  hinzu.     Einige  der 

8* 


116  AafeDtbalt  in  der  SUdt. 

Pona8  verstehen  aus  den  Linien  der  Hand  zu  wahrsagen , ,  aber 
der  Zayagyi,  wie  er  mir  sagte ,  übte  diese  Kunst  nicht.  Kreise 
an  den  Fingerspitzen  gelten  in  der  Chiromantie  für  Glück  bringend. 
An  den  Festtagen  wäre  oft  eine  so  grosse  Versammlung  des  Volkes, 
dass  der  Gott  nach  der  offenen  Halle  herausgebracht  werden  müsse. 
Auch  Kathay's  kämen  dann  zuweilen.  Ausser  mit  ihren  Kuh- 
heerden  beschäftigen  sich  die  Ponas  mit  Weben. 

Die  kriegsgefangenen  Kathay ,  die  entweder  Schmiede  oder 
Weber  sind,  leben  meistens  in  derColonieKiaedun,  amFusse  des 
Mandalay-Hügels.  Einige  derselben  sind  von  den  Pona's  abgefallen 
und  haben  die  birmanische  Art  der  Religionsverehrung  angenom- 
men. Einer  dieser  letztern  schimpfte  auf  die  Ponas  als  ein  Ge- 
sindelpack. Sie  wären  von  Tiho  gekommen  und  würden  jetzt 
nach  den  Ländern,  wo  sie  sich  niedergelassen,  unterschieden  als 
Kathay-Pona,  birmanische  Pona  u.  s.  w.  Ursprünglich  theilten 
sich  die  Ponas  in  vier  Klassen,  nämlich  Biimanah  (»der  Prediger, 
Kattiah  oder  Herrscher,  Bischadah  oder  Kaufleute  und  Tottiah  oder 
Bettler,  jetzt  aber  behaupteten  alle,  Biimanah  zu  sein  und  nehmen 
den  Titel,  als  den  ehrenvollsten,  für  sich  in  Anspruch. 

Die  Kathay  sagten  mir,  dass  sie  nach  Mandalay  in  drei  ver- 
schiedenen Perioden  gekommen  seien;  einige  vor  70  Jahren, 
andere  vor  40  Jahren ,  und  die  letzten  erst  vor  einigen  Genem- 
tionen.  Nach  ihren  Gebräuchen  muss  stets  die  ganze  Reihe 
Schwestern  geheirathet  werden,  und  eine  jüngere  wird  nicht  vor 
der  älteren  fortgegeben.  Sie  zeigten  mir  von  ihren  in  der  Ka- 
thaysprache  und  mit  Kathaybuchstaben  geschriebenen  Büchern, 
von  denen  das  eine  Haram-schitta.  genannt,  und  als  Yama-Yasuen 
übersetzt  wurde,  also  die  (Charitra)  Geschichte  Kama's.  Den 
Titel  des  anderen,  das  von  Karitha-pasa  verfasst  sei,  nannten  sie 
Lekko-nunkarum,  oder  die  Schöpfungsgeschichte  der  Welt.  Sein 
Beginn  war:  „Lasst  uns  preisen  Lajintung,  den  König  derNats, 
der  niemals  stirbt,  dessen  Glorie  gleich  dem  Wasser  ist."  Ich 
kaufte  dieses  Buch,  sowie  ein  anderes  in  der  Juthia-  (siame- 
sischen) Sprache,  das  ein  Mann,  der  nicht  wusste ,  was  es  sei, 
herbeibrachte,  vermisse  aber  leider  beide.  Ein  junger  Birmane, 
der  während  unseres  Gesprächs  lautlos  dabei  gesessen  und  uns 


Die  verführerische  Nonne.  117 

zugehorcht  hatte,  kam  mir  auf  der  Strasse  nachgelaufen,  und  bat 
bei  mir  bleiben  zu  dürfen,  um,  nach  dem  birmanischen  Ausdruck, 
Weisheit  (panja)  zu  lernen.  Doch  hatte  ich  vorläufig  schon  Leute 
genug  um  mich.  Beim  Rückweg  gingen  wir  über  den  Bazaar  der 
Siamesen  (Juthia),  wo  einige  der  Verkäufer  sich  mit  der  Instand- 
setzung von  Theater -Costumen  beschäftigten;  Sie  wurden  be- 
sonders durch  die  Könige  Zinpyuschin  und  Badosachen  ge- 
bracht und  verstehen  noch  etwas  Siamesisch.  Zuweilen  kommen 
Priester  von  Siam ,  um  sie  zu  besuchen.  Einer  wäre  kürzlich  im 
Yahainszay  -  Kyaung  gewesen.  In  Amarapura  hatte  ich  neben 
den  Häusern  der  Kathay  diePinsing-Pflanze  bemerkt,  die  sie  mit 
Wasser  besprengen  und  durch  angezündete  Kerzen  verehren. 
Eine  Colonie  der  Talein  befand  sich  in  Madeyah,  und  eine  an- 
dere in  Sagain,  wo  indess  die  Sprache  fast  schon  ganz  durch  die 
birmanische  ersetzt  ist. 

In  der  Umgebung  Mandalay's  steht  vom  Wege  abgelegen 
der  Gothinnajun,  wo  die  Sterbescene  Gautama's  durch  grosse 
Holzfiguren  dargestellt  ist.  Das  Sterbelager  ist  erst  von  einem 
Kreis  von  Schülern ,  dann  von  einem  Kreis  von  Königen,  dann 
von  Belus,  Kalongs,  Nats,  Gabongs,  Kakchasas  u.  s.  w.  umgeben. 
Anderswo  sitzt  eine  Gruppe  von  Königen,  weinend  und  klagend, 
da  der  vor  ihnen  stehende  Pungyi  ihnen  den  Tod  des  Lehrers 
angezeigt  hat.  Gautama's  Lebensbeschreiber  bemerkt,  dass  als 
Kassyapa  durch  einen  von  Kusinagara  kommenden  Reisenden  über 
seines  Meisters  Tod  benachrichtigt  wurde,  die  nur  in  die  beiden 
ersten  Wege  der  Vollkommenheit  eingetretenen  Rahanklagten  und 
weinten ,  während  die  Andern  im  Hinblick  auf  das  Gesetz  der 
Vergänglichkeit  ruhig  und  fest  blieben.  Eine  Nonne  bittet  in 
einer  Scene  um  die  Aufnahme  in  die  Priesterschaft,  und  wird  in 
der  andern  geschoren.  Niti-Ananda  (Ananda's  jüngerer  Bruder) 
sitzt  in  einer  Kapelle  mit  dem  Almosentopfe  auf  den  Knieen. 
In  einer  Bambuscheune  sass  zwischen  andern  Figuren  (von  Men- 
schen und  Hunden)  die  berüchtigte  Shinsasua  mit  einem  Säugling 
auf  dem  Schoos.  Sie  war  die  Tochter  eines  Jägers,  zog  sich  in 
den  Wald  zurück,  um  Einsiedlerin  zu  werden  und  ging  dann  als 
Nonne  in  ein  Kloster.    Aber  der  Glanz  ihrer  Schönheit  war  so 


118  Aufenthalt  in  der  Stadt. 

blendend,  dtiss  der  Erste  aller  damals  lebenden  Pungyi,  ihr  be- 
rühmtestes und  gelehrtestes  Haupt,  in  ihre  Fesseln  fiel,  und  aus 
dem  Priesterstande  in  die  Welt  zurlicktrat,  um  sieh  verheirathcn 
zu  können.  Eine  ähnliehe  Saehe  ereignete  sieh  während  meines 
Aufenthaltes.  Hehon  inKangun  und  später  auf  dem  ganzen  Wege, 
ja  in  Mandalay  selbst,  hörte  ich  von  Nichts  reden  als  dem  ge- 
lehrten Priester  eines  Kyaung  von  Kanguu,  dem  Nachfolger  Ba- 
reah's,  auf  den  immer  gern  in  zweifelhaften  Fällen  verwiesen 
wurde.  Ein  paar  Wochen,  ehe  ich  von  Mandalay  abreis'te,  langte 
dieser  Stolz  des  Landes  in  Mandalay  in  Begleitung  einer  jungen 
Dame  an,  mit  der  er  aus  Bangun  entlaufen  war.  Jetzt  wird  die  Welt 
untergehen,  klagte  mir  einBirmane,  als  sich  dieseKunde  verbreitete. 
Nach  dem  Dhammasat  waren  Menü  undMeno  von  einem  frommen 
Eremiten  geboren ,  der  im  Walde  Uimavun  eine  an  seiner  Thür 
klagende  llinnnelsfee  eingelassen  und  in  der  Naclit  der  Verfüh- 
rung nicht  hatte  widerstehen  können.  Dasselbe  geschah  einem 
Einsiedler  auf  dem  Kazl)ek.  Die  Zeit  in  Mandalay  wird  nach 
der  Wasseruhr  des  Palastes  regulirt.  Die  durch  einen  Schlag 
angegebene  Zeit  des  Sonnenaufgangs  bis  zu  der  durch  drei 
Schläge  angegebenen  Zeit  des  Sonnenuntergangs  wird  durch 
die  zwei  Schläge  des  Mittags  getheilt  und  Mitternacht  wird  durch 
4  Schläge  bezeichnet  als  das  lautere  Ende  von  44  vorhergehenden. 
Wie  die  birmanische  Construction  die  entgegengesetzte  der  unsri- 
gen  ist,  so  beginnen  sie  auch  die  Kreise  von  der  entgegenge- 
setzten Seite  und  sclireiben  unter  der  Linie  statt  darüber.  Beim 
Ausgehen  kam  ich  durch  eine  festlich  mit  Teppichen  behangene 
Strasse  und  in  der  Mitte  war  ein  von  Zweigen  gebildeter  Gang 
für  die  Priester  mit  Tüchern  belegt.  Auf  der  Yerandah  birmanischer 
Häuser  sieht  man  oft  Hähne  angebunden,  um  für  Wettkämpfe  zu 
dienen.  In  der  Nähe  des  Dorfes  Phaya-gelay  sitzt  Kin-Nat-gyi, 
um  die  Strasse  zu  bewachen,  mit  gekreuzten  Beinen  in  der  Stel- 
lung Buddha's,  aber  mit  einem  Haarknoten  und  Ohrringen,  ein 
Schwert  in  der  Hand  haltend. 

Die  armepische  Gemeinde  in  Mandalay,  so  klein  sie 
war,  w^ar  damals  in  Spaltungen  zerrissen.  Ein  ehrwürdiger  Bi- 
schof hatte   seine  Erscheinung  gemacht,  mit  langem  Bart   und 


Die  armenische  Gemeinde.  119 

weitem  Talar,  vom  Patriarchen  von  Etsehmiadzin  geschickt  und 
mit  Briefen  dieses  höchsten  Papstes  versehen.  Solche  reisende 
Priester  ziehen  seit  den  ältesten  Zeiten,  wo  sie  die  Kirche  St.  Tho- 
mas gründeten ,  vielfach  in  Indien  herum ,  und  besuchen  dann 
auch  mitunter  ihre  bis  nachBirma  weiterhin  versprengten  Brüder. 
Die  Freude  und  Begeisterung,  einen  so  heiligen  Herrn  unter  sich 
zu  sehen,  war  gross  in  den  Häusern  der  Armenier.  Täglich 
nahm  er  den  Ehrenplatz  an  der  Tafel  meines  Wirthes  ein,  die  von 
Allem  strotzte,  was  Küche  und  Keller  Bestes  auftreiben  konnte, 
die  Frauen  wetteiferten  mit  einander  ihn  zu  bedienen,  alle  seine 
Wünsche  errathend,  und  schliesslich,  mit  reichen  Geschenken  wohl- 
beladen, kehrte  er  nach  Kangun  zurück,  um  sich  nach  Calcutta 
einzuschiften.  Die  Abschiedsthränen  waren  kaum  getrocknet,  als 
Bischof  No.  2  seine  Erscheinung  machte,  noch  länger  an  Bart  und 
Talar,  noch  salbungsvoller  in  Sprache  und  Geberde.  Die  Heerde  der 
frommen  Schafe  stutzte  und  um  so  mehr,  als  der  neueHirte  seinen 
Vorgänger  verketzerte,  ihn  einen  Apostaten  und  Betrüger  nannte, 
seine  Papiere  für  gefälscht  erklärend.  Das  Lager  theilte  sich 
jetzt  in  zwei  Parteien,  und  während  sie  sich  feindlich  gegenüber- 
standen, kam  der  frühere  Bischof  zurück,  der  sich  noch  etwas 
Taschengeld  für  die  Ueberfahrt  von  Kangun  nach  Calcutta  holen 
wollte,  und  es  Schade  gewesen  wäre,  die  schon  zusammengepackten 
Geschenke  wieder  anzubrechen.  Für  einige  Tage  herrschte  pein- 
liches Schweigen  und  Dunkel  lagerte  auf  der  Zukunft,  dann  sah 
man  plötzlich  die  beiden  frommen  Herren  Arm  in  Arm  hervor- 
treten und  sich  gegenseitig  mit  Complimenten  und  Ehrenbezeu- 
gungen überhäufen,  da  sie  gefunden  hatten,  dass  genug  für  zwei 
zu  scheeren  blieb,  und  ein  Aergerniss  einen  bösen  Präcedenzfall 
hätte  abgeben  können. 


/ 


Landleben. 


Ich  hatte  während  dieser  Tage  in  dem ,  unmittelbar  neben 
dem  meines  Wirthes,  gelegenen  Hause  des  Herrn  Catschik  ge- 
wohnt, des  armenischen  Pächters  der  Petroleum  -  Quellen ,  den 
ich  in  Rangun  kennen  lernte ,  und  der  die  Güte  gehabt  hatte ,  an 
seine  Freunde  in  Mandalay  zu  schreiben .  mich  sein  leer  stehen- 
des Haus  bewohnen  zu  lassen.  Da  es  fUr  eines  der  besten  in  der 
Stadt  galt,  wunderten  sich  dieselben  sehr,  dass  ich  es  nur  provi- 
sorisch occupiren  wollte  und  fortfuhr,  nach  einem  anderen  Logis 
zu  suchen.  Indess  waren  es  mancherlei  Gründe,  die  mich  dazu 
bewogen.  Mein  Besuch  Birma's  hatte  zum  vornehmsten  Zweck 
das  Studium  des  Buddhismus ;  aber  ich  hatte  doch  aus  vielfachen 
Gesprächen  in  Rangun  so  sehr  die  hohe  Wichtigkeit  einer  Wieder- 
aufnahme des  alten  Landweges  nach  China  via  Bhamo  erkannt, 
dass  ich  meinen  Aufenthalt  im  Lande  gerne  zugleich  für  einen 
kurzen  Ausflug  durch  die  angrenzenden  Gebiete  benutzt  hätte. 

Solche  Unternehmungen  waren,  wenn  beabsichtigt,  immer  ver- 
eitelt worden,  weil  Ausländern*)  von  dem  Könige,  der  ihr  Freund 
nicht  ist  —  und  aus  sehr  natürlichen  Gründen  — ,  nicht  erlaubt 
wurde  über  Mandalay  hinauszugehen  und  sie  nur  bis  zu  dieser  Stadt 
in  sein  Keich  eingelassen  waren.  Nur  dem  Chef  der  französischen 
Mission,  Bischof  Bigandet,  und  dem  englischen  Missionär  Kin- 


*)  No  foreigners  (sagt  Hanuay),  excopt  the  Chinese,  are  allowed  to  navigatc 
the  Irawaddi  above  the  choki  of  Tsampaynago  and  no  native  of  the  couotry  even 
is  permitted  to  proceed  above  that  post,  excepting  under  a  special  license  frora 
the  government. 


Reiseverbot.  121 

caid  war  es  gelungen,  einmal  bis  Bhamo  vorzudringen.  Weiter- 
hinaus sollten  noch  die  Unruhen  in  Yunan,  zwischen  Mohame- 
danern  und  Buddhisten,  ein  grosses  Hindemiss  sein,  derentwegen 
auch  die  sonst  jährlich  die  birmanische  Hauptstadt  besuchende 
Caravane  oftmals  ausblieb. 

Die  Abneigung  des  Königs  kennend  (die  jetzt  durch  den 
Friedensschluss  hoffentlich  beseitigt  sein  wird),  hatte  ich  gedacht, 
in  Mandalay  ruhig  fUr  einige  Zeit  zu  verweilen,  bis  ich  der 
Sprache  völlig  mächtig  wäre ,  und  dann  unerkannt,  oder  wenig- 
stens unauffällig,  weiter  zu  reisen.  Ein  eigentliches  Verbot  be- 
stand nicht,  aber  der  Fragende  war  sicher  abschläglich  beschieden 
zu  werden.  In  diesen  Plan  konnte  mir  meine  damalige  Wohnung 
nicht  passen.  Nicht  nur  wurde  ich  beständig  um  medicinische 
Besuche  angegangen  und  dadurch  von  meinen  sonstigen  Beschäf- 
tigungen abgezogen,  sondern  ich  wurde  auch  viel  bekannter,  als 
mir  lieb  war.  Das  Haus  des  Herrn  Ter-Minas  war  schon  an 
sich  der  Sammelplatz  der  Armenier,  und  viele  vornehme  Birmanen 
kamen  auch  oft  Geschäfte  wegen  dahin.  Vater  Abbona,  das  Haupt 
der  katholischen  Mission,  Herr  Camaretta,  der  portugiesische 
Minister  des  Königs,  und  der  sogenannte  Kalawun,  d.  h.  ein 
Armenier,  der  von  dem  Könige  als  Consul  der  Fremden  bestellt 
war,  gaben  mir  beständig  Winke ,  dass  es  passend  sein  würde, 
beim  Könige  um  Audienz  zu  bitten ,  und  bei  weiterem  Drängen 
würde  ich  keine  passenden  Ausflüchte  mehr  gefunden  haben,  ihr 
zu  entgehen.  Und  dem  Könige  bekannt  zu  werden,  war  gerade, 
was  ich  zu  vermeiden  wünschte.  Nachdem  ich  ihn  einmal  ge- 
sehen und  von  ihm  gehört  hätte,  dass  Reisen  im  Norden  ihm  nicht 
lieb  sei,  wäre  die  Ausführung  nur  schwieriger  geworden.  Ich 
glaubte  nun ,  wenn  ich  mich  in  einem  abgelegenen  Dorfe  in  der 
Umgegend  Mandalay's  einquartierte  und  mich  dort  still  verhielte, 
dass  nach  einiger  Zeit  mein  Dasein  wieder  aus  dem  Gedächtnisse 
verschwinden  würde,  und  ich  hatte  deshalb  schon  seit  länger 
meinem  Diener  dahin  gehende  Aufträge  gegeben  und  war  selbst 
oft  mit  ihm  in  der  Nachbarschaft  umhcTgestrcift,  um  eine  passende 
Ix)calität  zu  finden.  Ich  fand  sie  schliesslich  auch,  aber  die  Sache 
wendete  sich  in  einer  sehr  verschiedenen  Weise. 


122  Landleben. 

Wenn  ich  mit  den  mir  bekannten  Herren  in  Rangun  über  meine 
Beise  gesprochen,  hatte  ich  natürlich  nie  Bedenken  getragen,  meine 
An-  und  Absicht  darzulegen  und  zu  erwähnen,  dass  ich  vielleicht 
nicht  nur  nach  Mandalay,  sondern  noch  darüber  hinaus  gehen 
wUrde.  Diese  Bemerkungen,  obwohl  von  mir  immer  nur  unter 
hypothetischen  Voraussetzungen  gemacht,  waren  bei  dem  grossen 
Interesse,  das  damals  die  chinesisch-birmanische  Frage  besass, 
in  die  Lokal])lätter  übergegangen,  um  vielfach  besprochen  zu 
werden ,  und  mit  der  in  solchen  Fällen  gewöhnlichen  Courtoisie 
war  mir  nicht  nur  mehr  zugeschrieben,  als  ich  gesagt  hatte,  son- 
dern auch  gar  nicht  gezweifelt,  dass  Alles  ausgeführt  werden 
würde.  Aber  gerade  dieser  Eifer  hat  mir  geschadet  und  die 
ganze  Sache  vereitelt,  obwohl  ich  noch  jetzt  den  Herren  gerne 
meinen  verbindlichen  Dank  für  ihr  bezeigtes  Interesse  sage  und  es 
um  so  aufrichtiger  kann,  weil  die  veränderte  Richtung,  die  meine 
Untersuchungen  in  Birma  und  Hinterindien  dadurch  schliesslich 
gewannen,  mir  jetzt  vollere  Befriedigimg  gewährt,  als  vielleicht 
durch  Einhaltung  des  früheren  Planes  erreicht  worden  wäre. 

Die  Blätter  Rangun's  nämlich  posaunten  etwas  stark  über  die 
Reise  nacli  dem  oberen  Irawaddi  bis  China,  und  während  ich  mög- 
lichst unerkannt  und  unbekannt  durchj\landalay  zu  passiren  hoffte, 
wurden  dem  Könige  im  Paläste  diese  Zeitungen,  die  er  sich  schon 
seit  einiger  Zeit  regelmässig  kommen  Hess,  übersetzt  vorgelesen 
und  hatte  er  mich  schon  auf  der  Heraufreise  mit  Argus- Augen  verfol- 
gen lassen,  da  er  nach  dem  Gehörten  etwas  Besonderes  vermuthete. 
Gerade  meine  Zurückgezogenheit  inMandalay,  woEuropäer,  damals 
noch  als  seltene  Gäste,  meist  in  den  ersten  Tagen  sich  dem 
Könige  vorstellen  Hessen,  musste  um  so  mehr  auffallen.  Und  als 
ich  schliesslich ,  was  noch  kein  Europäer  gethan ,  von  Mandalay 
weg  in  ein  kleines  Dorf  zog,  da  mochte  allerdings  der  König 
vielleicht  glauben,  was,  wie  ich  in  Petermann's  Mittheilungen  las, 
in  Rangun  gesagt  sei ,  dass  er  es  mit  einem  Spion  zu  thun  habe, 
oder  gar  eine  gefährliche  Conspiration  wittern.  Hätte  ich  ge- 
wusst,  wie  die  Sachen  standen  und  dass  der  König  von  Allem  durch 
die  Blätter  unterrichtet  war,  so  wäre  natürlich  das  Einfachste 
gewesen ,  sogleich  um  eine  Vorstellung  nachzusuchen  und  direct 


Mieth-Wohnung.  123 

die  Erlaubniss  von  ihm  zu  erbitten.  Auch  im  Verweigerungsfalle 
würde  sieh  dann  vielleicht  später  ein  Mittel  gefunden  haben. 
Unter  den  bestehenden  Umständen  war  mein  Operationsplan  der 
allerverkehrteste  und  hätte  zu  bedenklichen  Folgen  führen  können, 
aber  der  Fehler  in  der  Combination  war  verursacht  durch  Ein 
Uebersehen  in  den  verwickelten  Progressionsverhältnissen,  wo- 
durch die  Civilisation  ihre  Umgebung  beeinflusst,  durch  das  Ueber- 
sehen der  Möglichkeit,  dass  im  Jahre  1860  der  goldfüssige  Herr 
des  weissen  Elephanten  eine  englische  Zeitung  läse. 

Meine  Bemühungen,  eine  passende  Wohnung  nach  meinem 
Wunsche  zu  finden,  blieben  lange  erfolglos.  Ich  wanderte  mehrere 
Tage  mit  Moung  Schweb  in  der  Umgebung  Mandalay's  umher, 
aber  die  von  den  Birmanen  bewohnten  Häuser  sind  nur  selten 
solcher  Art,  dass  ein  Europäer  überhaupt  daran  denken  könnte, 
sie  zu  bewohnen,  und  wenn  immer  wir  ein  Gebäude  von  besserem 
Aussehen  bemerkten,  so  erwies  es  sich  stets  als  ein  Kloster,  oder 
eine  sonst  mit  den  religiösen  Instituten  verknüpfte  Structur.  Bei 
der  Rückkehr  von  einer  Excursion  am  Schwesatta-kyaung  (-Bache) 
stiess  mir  indess  eines  Tages  an  dem  Aussenende  des  Kabain  ge- 
nannten Dorfes  ein  kleines  Haus  auf,  das  in  einem  schattigen 
Gartenhofe  lag,  und  das  nette  Aussehen  hatte,  wie  es  den  Bambu- 
häusern  eigen  ist,  so  lange  sie  funkelnagelneu  sind.  Und  so 
war  es  auch,  wie  ich  von  dem  Eigenthümer  hörte,  der  es  erst 
selbst  seit  einigen  Tagen  bewohnte.  Mein  Vorschlag  zur  Miethe 
kam  ihm  etwas  sonderbar  vor,  doch  als  er  den  angebotenen  Preis 
und  von  Vorschuss  hörte,  quälte  er  sich  mit  keinen  unnöthi- 
gen  Scrupeln  und  schlug  ein.  Auf  dem  Hofe  standen  noch  drei 
kleine  Hütten,  von  eingemietheten  Familien  bewohnt.  Wir  kamen 
tiberein,  dass  er  die  eine  für  sich  selbst  nehme ,  und  dass  die 
übrigen  beiden ,  nachdem  wir  den  Inwohnern  ein  anderes  Logis 
verschafft  haben  würden ,  niedergerissen  werden  sollten ,  um  zu 
dem  etwas  beschränkten  Hause  noch  ein  zweites  anzubauen. 

Jetzt  glnubte  ich  mich  am  Ziele  meiner  Wünsche.  Das  Haus 
lag  in  der  Nähe  eines  prinzlichen  Lustparks,  der  nie  benutzt  wurde 
und  deshalb  Jedem  zum  Spaziergang  oflFen  stand.  Der  Fluss 
strömte  bei  dem  Dorfe  vorbei ,   und  die  Aussicht  auf  den  Luxus 


124  Landleben. 

eines  täglichen  Flussbades  würde  mich  allein  bestimmt  haben 
dort  zu  wohnen.  Dann  aber  stiess  das  Haus  unmittelbar  an  die 
Mauer  des  Klosters,  und  da  ich  von  dem  gelehrten  Abte  des 
Klosters  in  Kabain  schon  mehrfach  hatte  sprechen  hören,  konnte 
mir  keine  Nachbarschaft  erwünschter  sein. 

Nachdem  wir  Alles  durchgesprochen  hatten ,  ging  ich  nach 
Mandalay  zurück  und  schickte  einige  Tage  darauf,  als  meine 
Einrichtungen  besorgt  waren,  Moung  Schweh  nach  Kabain,  um 
meine  bevorstehende  Ankunft  anzuzeigen.  Er  sagte  mir  bei 
seiner  Rückkehr  am  Abend,  dass  der  Hausherr  ihn  etwas  bedenk- 
lich empfangen  und  bemerkt  habe ,  dass  der  Thougyi  Einsprüche 
gemacht  hätte.  Er  sei  deshalb  selbst  mit  nach  dem  Hause  des 
Thougyi  (des  Dorf-Aeltesten)  hingegangen,  habe  ihn  aber  abwesend 
und  nur  seine  Frau  dort  gefunden.  Als  er  dieser  sein  Anliegen 
vorgetragen ,  hätten  die  übrigen  Bauern ,  die  bei  ihr  in  der  Stube 
gewesen,  darüber  berathen,  und  ihn  dann  gefragt,  ob  sein  Herr 
ein  guter  Mann  sei,  ob  er  nicht  zänkisch  sei,  ob  er  sich  nicht 
betrinke,  ob  er  nicht  Prügeleien  anfange,  und  nachdem  er  ihnen 
über  Alles  das  befriedigende  Auskunft  gegeben ,  hätten  sie  ge- 
sagt: Wenn  er  brav  ist,  lasst  ihn  kommen,  er  mag  bei  uns  wohnen 
und  wir  wollen  ihn  schützen. 

Dieser  Bericht  war  nicht  ganzTiach  meinem  Sinne,  und  mir 
kam  eine  Vorahnung,  dass  nicht  Alles  in  Ordnung  sei;  indess 
ich  hatte  mir  schon  die  Vortheile  des  dortigen  Aufenthalts  zu  ver- 
führerisch ausgemalt,  als  dass  ich  jetzt  zurücktreten  konnte.  Am 
nächsten  Morgen  früh  schickte  ich  den  Koch  mit  ein  paar  Karren, 
die  mit  dem  Gepäck  und  den  nöthigen  Sachen  der  Haushaltung 
beladen  waren,  voran,  und  folgte  im  Laufe  des  Tages  mit  Moung 
Schweh;  aber  als  wir  Nachmittags  hinkamen,  war  das  Haus  noch 
leer.  Die  Wagen  hatten  sich  verirrt  oder  festgefahren  und  langten 
erst  spät  Abends  an,  nachdem  ich  den  heissen  Weg  nach  Mandalay 
zweimal  hin  und  zurück  hatte  machen  müssen,  um  sie  zu  suchen. 

DerHauseigenthümer  half  beim  Einrichten  und  brachte  dann 
noch  ein  paar  Naclibarn  herbei,  mit  denen  die  halbe  Nacht  hin- 
durch Cigarren  geraucht,  Thee  getrunken  und  geschwatzt  wurde. 
Einer  derselben  war  bereit  am  nächsten  Morgen  nach  einem  ein 


i 


Das  Landhaus.  125 

paar  Meilen  entfernten  Dorfe  zu  gehen,  wo  er  wusste,  mir  den 
nöthigen  Bedarf  an  Hühnern  und  Eiern  schaffen  zu  können,  die  es 
in  der  Nähe  Mandalay's  schwierig  war  aufzutreiben.  In  dem  so 
nahe  bei  demKloster  gelegenen  Dorfe  Kabain  würde  gar  keine  Hoff- 
nung auf  Einkauf  gewesen  sein.  Die  Anderen  erinnerten  ihn  zwar 
daran,  dass  er  am  andern  Tage  nach  der  Musterrolle  an  dem  durch 
öffentliche  Arbeit  des  Königs  zu  grabenden  Canal  mit  eintreten 
müsse,  aber  er  hatte  keine  Sorgen,  und  meinte,  dass  er  schon  fort- 
laufen  würde.  Der  Hauseigenthümer  hatte  verschiedene  alte  Bücher 
aus  seinen  Erbstücken  zusammengesucht,  über  die  hin-  und  her- 
gesprochen wurde  und  die  Gesellschaft  brach  erst  spät  auf.  Zur  Be- 
leuchtung der  Häuser  dienen  Fackeln  oder  Feuerbecken,  doch  wer- 
den auch  irdene  Lampen  gebraucht,  mit  Pflanzeumark  als  Docht. 

Am  nächsten  Morgen  kam  der  Hausherr  mit  langem  Gesicht 
und  fragte,  ob  ich  einen  Erlaubniss-  oder  Wohnungsschein  habe, 
der  Dorfschulze  hätte  darum  anfragen  lassen.  Ich  sagte  ihm,  dem 
Schulzen  zu  antworten,  dass  ich  keinen  brauchte.  Der  Thougyi 
aber  schickte  nochmals,  zufügend,  ich  sei  von  der  Seite  des 
Feindes  (nach  birmanischer  Ausdrucksweise)  und  müsse  mich 
legitimiren.  So,  um  diese  Quälereien  los  zu  werden,  Hess  ich 
ihm  sagen ,  ich  würde  das  nächste  Mal ,  wenn  ich  nach  der  Stadt 
ginge,  mich  bei  der  betreffenden  Behörde  nach  den  gewünschten 
Papieren  umsehen.    Jetzt  solle  er  mich  ungeschoren  lassen. 

Ich  sah  mir  zunächst  meine  Residenz  genauer  an.  Unter 
einem  Strohdache  im  Hofe  stand  eine  Figur  Gautama's,  und  unter 
einem  Otsa-Baume  war  ein  Palin  oder  Opfertisch  (ein  rohes 
Brett)  hingestellt  für  den  in  den  Zweigen  wohnenden  Dämon. 
Zum  Hause  führte  eine  hohe  Treppe  und  seitlich,  wo  sich 
die  Dienerschaft  eingerichtet  hatte,  waren  Vorbereitungen  zum 
Kochen  getroffen.  Sonst  wird  dafür  ein  mit  Erde  gefüllter 
Kasten  in  eine  Zimmerecke  gestellt.  Die  Seiten  zwischen  den 
Pfosten  des  Hauses  werden  bei  den  Aermeren  yon  Matten  ge- 
bildet, während  bessere  Wohnungen  aus  Plankenwänden  be- 
stehen. DerFussboden  ist  aus  Rohrstreifen  gebildet,  mitOeffnun- 
gen  dazwischen.  Dem  Eingange  gegenüber  liegen  Teppiche 
zum  Sitzen  und  bei  Vornehmen  ist  das  Haus  in  verschiedene  Ge- 


maeher  (aber  alle  auf  derselben  Flur)  abgretheilt  gewöhnlich  von 
einer  bedeckten  Verandab  ura^ben,  zu  der  die  Aus$entreppe 
fthrt.  Da»  billigste  Dach  wird  aus  langem  Gras  gebildet,  mit 
Battan  befestigt.  Zur  bessern  Bedeckung  breitet  man  Atapa- 
Blatter  anf  Planken  aas,  die  äY>ereinander  greifen.  Der  Reis 
wird  in  jedem  Hause  taglich  in  der  nöthigen  Quantität  vorbereitet 
dnrch  einen  langen  Hebet,  der  mit  dem  Kopfe  in  ein  in  die  Erde 
gegrabenes  Loch  fällt  und  am  andern  Ende  durch  den  Fuss  eines 
darauf  stehenden  Mädchens  bewegt  wird. 

Ich  empfing  den  ganzen  Tag  über  Besuche  und  brauchte« 
mit  dem  bei  Idiotismen  nachhelfenden  Moun^r  Schweb  an  der 
Seite,  nur  zuzuhören,  und  mir  Cigarren  reichen  zu  lassen,  um 
dem  besten  Erzähler  mitzutheilen,  der  dann  mit  demuthsvoll  ge- 
falteten Händen  das  Geschenk  in  Empfang  nahm. 

An  den  vier  Festtagen  des  Monats  kommen  dieXats  (Götter) 
zur  Erde  nieder  und  wandern  unter  den  Menschen  umher,  um  nach- 
zusehen, ob  sie  auch  ihre  Keligiouspfiichten  erfüllen,  die  Zayat 
und  Kyaung  besuchen.  An  den  beiden  hauptsächlichsten,  dem 
Labye  und  Lagoe,  kommt  der  Thagjia  (der  Götterkönig)  selbst 
herab,  und  deshalb  muss  man  sich  an  ihnen  besonders  eifrig 
zeigen.  Auch  sieht  man  dann  die  Frommen  mit  einem  Stock 
tiber  den  Schultern,  woran  auf  beiden  Seiten  die  Gaben  hängen, 
nach  den  Klöstern  ziehen,  wo  der  Erbauer  oder  Verschönerer  des- 
selben oder  der  Pagode  besonders  geehrt  wird.  Einmal  im  Jahre 
wird  zu  seinen  Ehren  ein  Fest  abgebalten.  Mein  Koch  erhielt  die 
ihm  nützliche  Mittheilung,  dass  in  der  Nähe  einige  Häuser  der 
Kathay  lägen,  die  im  Flusse  fischten.  In  dem  Dorfe  Bon-o-joa 
wohne  ein  Kathay-Pungyi,  in  dessen  Tempel  sich  Figuren  von 
Mahabine  und  Gopala  fänden.  Die  Kathay  stellen  Beis  und 
Wasser  auf  einen  Paling  (Opfertisch)  vor  die  Pinseng -Pflanze,- 
die  die  Birmanen  in  ihrem  Curry  essen,  und  enthalten  sich  des 
Genusses  derselben.  Es  sei  die  Sitte  (tonzon)  der  Kathay,  nicht 
von  einem  Teller,  sondern  von  Blättern  zu  essen. 

Da  es  während  des  Vormittags  regnete,  wurde  bemerkt,  dass 
in  diesem  Monat  Kegen  bedeute,  dass  der  König  in  den  Krieg 
ziehen  wUrde.   FUrdieKeisernte  ist  er  ungünstig.   Die  vierNakan 


Bie  Religion  des  Sklavensinnd.  '  1^7 

oder  Ohren  des  Königs  müssen  bei  den  Gerichtsverhandlungen 
gegenwärtig  sein,  um  Jenem  nachher  zu  raportiren.  Mit  grosser 
Verehrung  wurde  von  dem  JahandaimKyaungyi  gesprochen,  der  im 
Tao-kyaung  oder  Waldkloster  lebe  und  zeitweilig  dorthinkomme. 
Während  diese  Landleute  dasassen,  und  auf  meine  Habselig- 
keiten schauten,  wo  ihnen  jeder  Gegenstand,  schon  der  Bleistift 
und  die  Scheere,  Gelegenheit  znm  Staunen  und  Verwundem  gab, 
hörte  ich  sie  davon  sprechen,  welche  Ansammlung  von  Verdien- 
sten zurProduction  aller  solcher  Schätze  nöthig  gewesen,  welche 
Quantitäten  von  Reis  in  früheren  Existenzen  den  Pagoden  und 
Klöstern  dargebracht  worden  sein  müssten.  Diese  Anschauungs- 
weise ist  es,  die  die  Buddhisten  zu  Sklaven  Völkern  macht,  über 
die  ihre  Könige  im  wahren  Sinne  von  Gottes  Gnaden  regieren 
und  eingesetzt  sind.  Man  ist  reich,  mächtig  und  gross,  weil  man 
früher  fromm  und  gut  war,  man  hat  also  das  Recht  zu  herrschen 
und  verächtlich  auf  das  niedrige  Gesindel  herabzublicken.  Der 
Arme  ist  ein  Lump  und  fühlt  sich  als  solcher,  in  seines  ganzen 
Nichts  durchbohrendem  Gefühle.  Freilich  handelt  der  Tyrann 
nicht  tugendhaft,  wenn  er  ihn  misshandelt,  und  vielleicht  mag  er 
in  einer  späteren  Existenz  gestraft  und  zum  Sklaven  seines  dann 
in  einen  König  verwandelten  Sklaven  werden,  aber  Inder  jetzigen 
hat  er  das  volle  Recht  zum  Misshandeln  und  Schinden,  wenn  es  ihm 
so  beliebt.  Er  geniesst  jetzt  die  Früchte  seiner  früheren  Tugenden, 
und  nachdem  er  sich  vielleicht  früher  manche  Existenzen  hin- 
durch gequält  und  kasteiet  hat,  darf  er  sich  nun  auch  einmal  ein 
Vergnügen  gönnen.  Ausserdem  da  er  die  Mittel  und  Reichthümer 
besitzt,  ist  es  ihm  immer  leicht,  allen  seinen  Sünden  wieder  so 
viele  gute  Werke  beizufügen  und  sie  dadurch  aufzuwiegen,  dass 
die  Balance  schliesslich  doch  zu  seinem  Vortheil  fällt.  Für  den 
Armen  dagegen  ist  dies  sehr  schwer.  Er  hat  nur  wenig  den  Mön- 
chen und  Tempeln  zu  geben,  ja  er  hat  vielleicht,  um  sein  er- 
bärmliches Dasein  vom  Hungertode  zu  retten,  Vögel  zu  schiessen 
oder  Fische  zu  fangen  und  wird  dann  vorläufig  nach  seinem  Tode 
erst  nochmal  für  einige  Millionen  Jahre  in  die  Hölle  plumpsen,  ehe 
es  ihm  ermöglicht  ist,  sieh  wieder  aus  solcher  Tiefe  allmälig  zu  einer 
Existenz  emporzuarbeiten,  wo  spärliches  Verdienst  zusammen- 


.-  »  «.IT 


128  Landleben. 


gesammelt  werden  mag.  Immer  kaDn  ulier  seine  Hoffnung  nur 
auf  die  Zukunft  gerichtet  sein.  Aus  dem  früher  gesäeten  Samen 
ist  in  der  jetzigen  Existenz  das  Unkraut  erwachsen  und  wird  in 
ihr  auch  Unkraut  bleiben.  Der  Keim  zu  höherer  Veredlung  mag 
gelegt  werden,  aber  er  wird  erst  in  einer  neuen  Ernte  zur  Reife 
kommen.  Die  einzige  Rettung  bietet  sich  in  der  Mönchsweihe 
und  wer  sich  stark  genug  glaubt,  die  Sinnlichkeit  in  sich  nieder 
zu  kämpfen,  nimmt  deshalb  gern  seine  Zuflucht  hinter  den  Kloster- 
mauern.  Die  den  Buddhisten,  trotz  ihres  ausgedehnten  Gebotes 
der  Nicht -Verletzung,  oft  vorgeworfene  Gefühllosigkeit  gegen 
Menschen  und Thiere  erwächst  aus  demselben Priucip  apathischer 
Anerkennung  des  factisch  Bestehenden,  in  dessen  Entwicklung 
mitzuwirken  das  Selbstvertrauen  fehlt.  Ein  Haufe  Birmanen  mag 
lachend  am  Ufer  stehen  und  einen  Mitmenschen  mit  dem  Ertrinken 
ringen  sehen,  ohne  dass  Jemand  die  Hand  zur  Rettung  rühren 
wird.  Er  erblickt  vor  seinen  Augen  nur  den  Gang  des  Fatums, 
in  das  einzugreifen  er  nicht  verpflichtet,  und  vielleicht  nicht  ein- 
mal berechtigt  ist. 

Von  der  nahegelegenen  Pagode  Sudaunpieh  neben  dem 
Nat-Tempel  in  Taungbiongmyoh,  das  ich  schon  besucht  hatte, 
wurden  lange  Geschichten  erzählt.  Noatasa,  der  König  von 
Pagan,  Hess  grosse  Backsteine  verfertigen,  woran  tausend  Men- 
schen zu  schleppen  hatten,  und  bestellte  dann  an  jeder  der  Seiten 
tausend  Mann  zum  Arbeiten.  Als  Aufseher  ernannte  erden  weisen 
Yansitta,  den  Sohn  eines  Naga  (Drachen),  den  schnellfUssigen 
Ix)nlaepae,  der  in  einer  Minute  tausend  Palmen  erklimmen  konnte, 
den  Helden  Yanoupieh,  der  unter  jedem  Arm*  500  Balken  trug, 
und  den  starken  Athouaeju,  der  binnen  einer  Stunde  hundert 
Morgen  Land  mit  einem  Paar  Ochsen  zu  pflügen  vermochte,  und 
ausserdem  die  beiden  Brüder  Schwebingyi  und  Schwebingnay, 
die  Söhne  des  Kala  Biatta  mit  der  Ungeheuerin  (Belu)Sandamuki. 
Diese  Luzunggaun  der  Birmanen  erinnern  an  die  altiranischen 
Pehlewan,  mit  deren  Namen,  wie  Mordtmann  bemerkt,  im  Orient 
jetzt  Ringer  und  Kunststückraacher  bezeichnet  werden.  Als  die 
Pagode  fertig  war,  kam  der  Kiinig,  um  sie  zu' besichtigen,  und 
sah  zwei  kleine  Steine  fehlen,  an  der  Stelle^  die  dem  Brüderpaar 


Dämonen-Verehniog.  129 

übertragen  war,  uod  befahl  sie  zu  tödten,  aber  man  versuchte  ver- 
gebens ihre  Körper  zwischen  grossen  Steinen  zu  zermalmen ,  da 
die  Brüder  die  Kunst  des  Fliegens  verstanden  und  unverletzt 
zwischen  den  Steinen  oder  darum  herum  wegschltipften.  Der 
König,  ärgerlich,  verhöhnte  sie,  dass  sie  den  Tod  fürchteten 
und  versprach  ihnen  das  Leben  zu  schenken.  Sobald  er  sie  aber 
in  seine  Gewalt  bekommen  hatte,  liess  er  sie  dennoch  hinrichten. 
Die  Seelen  der  Ermordeten  gingen  in  Dämone  über,  und  als  der 
König  zurückkehren  wollte,  hielten  sie  sein  Boot  fest,  und  er 
konnte  nicht  von  der  Stelle,  bis  er  zu  ihren  Ehren  einen  Nat- 
tempel  erbaut  hatte,  für  dessen  Unterhalt  er  das  Dorf  Toungbioh 
mit  allem  umliegenden  Territorium  an  Feldern  und  Gärten  an- 
wies. Der  jetzige  König  hat  den  Götterwagen  und  die  Insignien 
der  Königswürde  fortnehmen  lassen,  aber  obwohl  er  die  Natfeste 
verboten  hat,  werden  sie  doch  noch,  wenn  auch  wenigerglänzend, 
gehalten.  Der  Erzähler  dieser  schrecklichen  Begebenheiten  war 
erkältet  und  wurde  mehrfach  durch  Niesen  unterbrochen,  er  hielt 
dann  inne  und  murmelte  erst  einige  Gebete,  ehe  er  im  Vortrage 
fortfuhr.  Die  Nat  unter  dem  Sakhya-min  empfangen  dje  Ver- 
ehrungen eines  Heroen -Dienstes,  mehr  den  Dämonen ,  als  Göt- 
tern entsprechend.  Wie  die  Tengri  der  Mongolen  zugleich  die 
Himmel  und  ihre  Bewohner  bezeichnen,  meint  Qura  oder  Sura 
himmlisch  (svar  der  Himmel)  und  dann  die  Sonne.  Die  Helden 
werden  so  genannt  (sagt  Lassen),  weil  sie,  wenn  sie  im  Kampfe 
fielen,  den  Svarga,  den  Himmel  des  Götterkönigs,  zum  Wohnsitz 
erhielten.  Auch  Chormusda  versammelt  sie  in  seiner  Walhalla. 
Indra  wird  denen,  die  in  der  Schlacht  fallen,  die  Welten  ver- 
leihen ,  in  denen  alle  Wünsche  erfüllt  werden.  Den  (^^urasena 
besonders  schreiben  die  Griechen  die  Verehrung  des  Herakles  zu. 
Am  Nachmittage  ging  ich  nach  dem  nahegelegenen  Kloster, 
und  fand  in  dem  Abte  einen  wohlunterrichteten  Gelehrten,  der 
mir  eine  früher  erhaltene  Liste  von  den  Pali- Namen  der  sechs- 
undzwanzi^  Buddha's  in's  Birmanische  übersetzte.  Ein  Laie,  der 
zum  Besuche  bei  ihm  war,  erzählte,  dass  man  in  Rangun  Figuren 
aus  der  Knoehenasche  der  verbrannten  l^eichen  mit  Lehm  zu- 
sammenknete,  um  darüber  Pagoden  zu  errichten,  aber  der  Mönch 

ÜMtUn,  OataaleB.    U.  9 


130  Laodleben. 

tadelte  dicÄes  Verfahren  und  sagte,  solche  dürften  nicht  Pagoden 
genannt  werden. 

Dieser  Abt  gehört  zu  den  gelehrten  Priestern,  die  zu  be- 
stimniten  Zeiten  in  regelmässiger  Reihenfolge  im  Palaste  auf- 
warten müssen,  um  dem  Könige  Nachts  vorzulesen.  Der  Kloster- 
garten zeichnete  sich  durch  eine  Mannigfaltigkeit  verschiedener 
Fruehtbäume  aus,  die  zum  Theil  durch  besuchende  Mönche  aus 
den  Schanländem  dahin  gebracht  waren.  Einer  der  Zayats  war 
zu  einer  Schreibstube  eingerichtet,  woI*alibücher  auf  Palmblätter 
eopirt  wurden. 

Am  Abend  war  wieder  grosse  (Gesellschaft  in  meinem  Hause. 
Die  Reisfelder  gehören  den  Dorfleuten ,  die  sie  unter  ihre  Söhne 
vertheilen.  Der  Zuckersaft  der  Palmen,  die  Eigenthum  des  Kö- 
nigs sind,  wird  nach  dem  Kochen  auf  Flaschen  gezogen.  Der 
Saft  würde  noch  an  demselben  Tage  gäliren,  hält  sich  aber  nach 
dem  Kochen  für  2— 3  Tage  und  als  Zucker  noch  länger.  Aus 
der  männlichen  Palme,  die  nur  für  15  Tage  zur  Zeit  Saft  liefert, 
wird  derTabia  genannte  Zucker  verfertigt  und  aus  der  weiblichen 
der  Taniet-Zucker.  Ackerland  ist  in  Peh's  getheilt  und  das  Ernten 
geschieht  mit  der  Sichel.  In  den  überschwemmten  Flächen  dient 
(wenn  man  sich  nicht  mit  dem  Tebertreiben  von  Ochsen  oder 
Büffeln  begnügt)  nur  die  Hacke  und  Haue  oder  Vorbereiten  des 
Bodens,  doch  sieht  man  mitunter  auch  einen  Pflug  im  Gebrauch, 
der  aber  nur  3-  4  Zoll  einschneidet,  so  wie  vielleicht  eine  Egge. 
Statt  den  Samen  auszuwerfen,  ziehen  die  Karen  gewöhnlich 
vor,  ihn  bei  einer  Höhe  von  etwa  sechs  Zoll  in  Beete  zu  verpflan- 
zen. Die  Baumwolle  wird  im  Durchziehen  zwischen  zwei  ( ' vlinder, 
die  sich  gegen  einander  drehen,  gereinigt.  Das  Deckblatt  ftir 
den  losen  Tabak  der  Cigarren  wird  besonders  vom  Thinpaung- 
oder  Thinnet-Baum  genommen. 

l 'nter  den  hinteren  Reihen  der  Besucher  sah  ich  meinen  dienst- 
willigen Freund  von  gestern ,  der  in  einen  Putzo  gewickelt  und 
in  eine  dunkle  F2cke  gedrückt,  etwas  trübselig  aussah.  Das  AVeg- 
laufen,  von  dem  er  am  Tage  vorher  so  leicht  gesprochen,  war  ihm 
bös  bekommen.  Die  Aufseher  am  Canalbau  hatten  ihn  erwischt  und 
ihm  so  viele  Kattanhiebe  aufzählen  lassen,  dass  ihm  die  Lust  zu 


Der  Myowun.  131 

weiteren  Versuchen  verging.  Als  ich  ihm  aber  von  der  zurückge- 
stellten Einkaufssumnic  einen  Theil  als  Schmerzensgeld  Uberliess, 
fühlte  er  sich  erleichtert,  denn  nach  birmanischer  Sitte  würde  er 
eher  eine  zweite  Tracht  erwartet  haben,  Weil  er  den  ihm  gegebenen 
Auftrag  nicht  ausgeführt.  Dieser  Canal ,  für  dessen*  OeflFnen  das 
ganze  Aufgebot  der  königlichen  Arbeiter  einberufen  war,  sollte 
dem  Wassermaugel  in  Mandalay  abhelfen  und  war  schon  von 
früheren  Königen  versucht,  aber  nie  geglückt. 

Bei  allen  Arbeiten  gebraucht  der  Birmane  als  stets  ange- 
messenes Werkzeug  den  Dah  oder  das  Waldmesser,  mit  dem  er 
Bäume  umhaut  und  zierliche  ScThnitzereieu  ausführt,  Häuser  baut 
und  Zahnstocher  schneidet.  Was  für  den  Araber  die  Palme,  ist  in 
IMrma  der  Wah  oder  Bambu  (Arundo  bambus).  Es  giebt  davon 
eine  Menge  von  Varietäten  und  sein  Holz  dient  für  alle  möglichen 
in  den  Häusern  oder  auf  den  Böten  gebrauchten  Gegenstände. 
Auch  das  Rattan  (Kyein)  genannte  Rohr  ((Mamus)  ist  in  viel- 
facher Weise  zu  benutzen.  Die  Birmanen  verstehen  dasselbe  sehr 
fein  zu  schneiden,  und  machen  daraus  niedliche  Arbeiten,  wie  Betel- 
und  andere  Dosen,  die  sie  mit  ihrem  glänzenden  Fi rniss  bedecken 
und  darauf  bemalen.  Die  I^öte  sind  meistens  aus  einem  Baum- 
stamm gehöhlt.   Die  Karren  werden  ganz  ohne  Nägel  hergestellt. 

Der  Thougyi  schickte  am  nächsten  Morgen  aufs  Neue ,  um 
nach  den  Papieren  zu  fragen.  Ich  merkte  jetzt,  dass  etwas  An- 
deres dahinter  stecken  müsse,  denn  aus  sich  selbst  würde  ein 
einfacher  Dorfbeamter  es  nicht  gewagt  haben.  Auf  meine  Er- 
widerung, dass  ich  ja  vor  dem  Kommen  habe  anfragen  lassen, 
hatte  er  die  Ausflucht,  dass  seine  Frau  nichts  davon  verstehe 
und  schon  ihre  Lection  erhalten  habe.  Er  selbst  sei  damals  ab- 
wesend gewesen.  Ich  Hess  ihn  fragen,  von  welcher  Behörde  er 
die  Papiere  ausgestellt  wünsche ,  und  er  nannte  mir  einen  der 
Myowun  (Süidtgouverneur)  Mnndalay's  als  seinen  Oberen,  von 
dem  er  eingesetzt  sei.  Da  ich  in  Mandalay  Besorgungen  hatte, 
sprach  ich  bei  dem  Myowun  vor,  dessen  Haus  in  dieser  (Jeschäfts- 
stunde  mit  Menschen  gefüllt  war.  Er  selbst  sass  in  seinem  Zimmer 
auf  dem  Teppich  der  Balustrade,  wo  Schreiber  und  Polizisten, 

Kläger  und  Angeklagte ,   Zeugen  und  Vcrthcidiger  auf  Händen 

9* 


132  Landleben. 

und  Füssen  vor  ihm  umlierkrochen.  Nachdem  er  mich  neben 
sich  liatte  Platz  nehmen  und  den  kleinen  Tisch  mit  Betel ,  Thee 
und  Cigarren  hatte  hinstellen  lassen,  trug  ich  ilim  meinAnliegeu 
vor.  Seine  Frau  war  unterdess  auch  herzugekommen  und  lag 
an  seiner  Seite,  den  Verhandlungen  zuhörend.  Er  gab  nach  der 
den  Birmanen  geläufigen  Art  gleichgültiger  Verstellung  keine 
bestimmte  Antwort,  sondern  sagte,  dass  er  doch  Kabain  besuchen 
müsse,  um  die  Canal-Arbeiten  zu  besichtigen,  und  dass  er  dann 
selbst  sehen  würde,  wie  die  Sache  läge.  Als  ich  Abends  zurück 
kam,  war  der  Myowun  schon  im  Hause  gewesen.  Mein  Hausherr 
sowohl,  als  auch  der  Koch ,  schienen  sich  von  dem  Schrecken, 
den  ein  so  hoher  Besuch  in  diesem  Lande  einzuflössen  pflegt, 
noch  nicht  erholt  zu  haben.  Er  war  noch  im  Dorfe  und  kam  bald 
wieder  zurück,  mit  dem  langen  Schwanz  seines  Gefolges  und 
unter  dem  Vortrage  von  Fackeln,  da  es  schon  dunkel  geworden 
war.  Der  kleine  Hof  füllte  sich  bald  mit  Schirm-  und  Schwert- 
und  Standartenträgern ,  mit  Polizisten,  mit  Reportern  und  mit 
Nichtsthuern,  der  Myowun  selbst  aber,  nebst  den  Dienern ,  die 
mit  der  Beteldose,  den  Cigarren  und  den  Wasserkannen  betraut 
waren ,  stieg  zu  meinem  Zimmer  hinauf  und  nahm  dort  Platz. 
Er  wolle  sich  jetzt  in  Müsse  meine  Wundersachen  anschauen, 
denn  solche  besitzt  in  Birma  jeder  Europäer.  Mit  viel  hatte  ich 
mich  nicht  versorgt,  aber  ein  paar  mechanische  Spielwerke,  eine 
Musikdose,  eine  Electrisirmaschine,  die  Revolver,  und  selbst 
Uhren,  Operngläser,  Gewehre,  Säbel  u.  s.  w.  genügten  doch  zu 
seiner  liiterhaltung,  und  dann  liebte  er  auch,  wie  jeder  Birmane, 
in  der  Mediciukiste  umherzukramen,  mit  deren  vernachlässigtem 
Zustande  er  als  Kenner  sehr  wenig  erbaut  gewesen  sein  würde.  Am 
liebsten  hätte  er  alle  diese  Ouriositäten  nicht  nur  angeschaut,  son- 
dern auch  sich  angeeignet,  und  selbst  die  Arzneien  alle  mit  Freuden 
verschluckt,  wenn  ich  sie  ihm  anempfohlen  hätte,  doch  musste  er 
sich  vorläufig  mit  Thee  und  Gebäck  begnügen,  dessen  L'eber- 
bleibsel  von  seinen  Leuten  eingepackt  wurden.  Vom  Hause  meinte 
er,  dass  die  Wohnung  durchaus  nicht  passend  sei,  als  Diebstählen 
und  Räuberanfällen  ausgesetzt.  Wenigstens  müsse  ein  Wacht- 
posten aufgestellt  werden  und  des^sen  tägliche  Ablösung  würde 


Consular-Depesche.  133 

bei  der  weiten  Entfernung  der  Stadt  auch  seine  Schwierigkeiten 
haben.  Als  ich  ihm  die  Vortheile  derselben  rühmte  und  das 
Risico  mit  meinen  WaflFen  übernehmen  wollte,  gab  er  weiter 
keine  Antwort,  sondern  sagte  nur,  dass  er  noch  am  nächsten 
Tage  weiter  sehen  wUrde,  weil  er  die  Kacht  in  Kabain  zu  ver- 
bleiben habe.  Er  war  ein  fetter,  runder,  lustiger  Herr  und  wir 
unterhielten  uns  recht  gut,  nur  dass  seine  Begriffe  über  Eigen- 
thumsrechte  in  der  Ausbildung  etwas  v.ernachlässigt  schienen.    ' 

Am  andern  Morgen  ging  ich  nach  dem  Hause  des  Thougyi, 
wo  derMyowun  Hof  hielt  und  Recht  sprach.  Er  sass  unter  einem 
grossen  Gemälde,  auf  dem  ein  Verbrecher  ausgepeitscht  und  ein 
anderer  zur  Hinrichtung  geführt  wurde,  und  machte  mich  darauf 
aufmerksam  als  das  Emblem,  dass  er  das  Gerichtsschwert  in  seiner 
Hand  halte.  Seine  noch  jugendliche  Eheliälfte,  die  sich  vor  ihm 
hingelagert  hatte,  schien  eben  so  viel  zu  verstehen,  als  ihr  Herr 
Gemahl,  denn  sie  sprach  oft  mit  ein  und  dictirte  den  Schreibern 
die  Worte  oder  verbesserte  dieselben.  Der  Mvowun  Hess  Früh- 
stück  bringen,  in  einer  Mannigfaltigkeit  kleiner  Schaalen,  die 
auf  einen  tragbaren  IHsch  gestellt  waren,  und  lud  mich  zur  Theil- 
nahme  ein.  Das  Essen  wird  gewöhnlich  in  gefirnissten  Schaalen 
aufgetragen,  von  denen  die  breitere,  mit  Reis  gefüllt,  die  Mitte  ein- 
nimmt, während  eine  Zahl  grösserer  oder  kleinerer,  mit  Fleisch, 
Fisch  und  Eiersaucen  gefüllt,  sie  umgiebt.  Die  rechte  Hand  dient 
dazu,  aus  dem  Reis  einen  Ballen  zu  machen  und  ihn  in  den.Mund  zu 
stecken.  In  den  dünneren  Suppen  liegen  Löffel  aus  Holz  oder  Metall. 

Als  ich  nach  Hause  zurückkam,  fand  ich  einen  Boten  des 
Kalawun,  des  schon  erw  ahnten  Armeniers,  der  mit  der  Aufsicht  über 
die  Fremden  betraut  war,  und  einen  an  mich  adressirten  Brief.  In 
demselben  theilte  mir  der  Herr  Consul,  der  als  früherer  Dolmetscher 
der  birmanischen  Gesandtschaft  in  Frankreich  wahrscheinlich 
diplomatisch  hatte  plappern  lernen,  in  etwas  hochtrabenden  Aus- 
drücken mit,  dass  die  birmanische  Regierung  mit  dem  höchsten 
Erstaunen  die  von  mir  gethanen  Schritte  bemerkt  habe,  und  dass 
ich  mich  unverzüglich  von  Kabain  nach  Mandalay  zurückzu- 
begeben hätte.  Ich  wusste  Anfangs  nicht,  was  ich  aus  diesem 
albernen  Schreiben  machen  sollte ,  da  aber  der  Bote  um  Antwort 


134  Landleben. 

drängte,  schrieb  ich  zurück,  dass  ich  nicht  einsähe,  weshalb  die 
Regierung  sich  um  das  Thun  und  Treiben  eines  einfachen  Rei- 
senden kUnmiere  und  dass  in  meinem  an  der  Grenze  erhaltenen 
Passe  bemerkt  sei,  dass  ich  unbelästigt  in  den  Ortschaften  längs 
des  Flusses  verbleiben  könne. 

Am  Nachmittag  kam  ich  bei  einem  an  dem  Bache  gelegeneu 
Zayat  vorbei ,  wo  der  Myowun  mit  seinem  Gefolge  während  der 
Mittagshitze  Platz  genommen  hatte.  Er  fragte,  wann  ich  nach 
Mandalay  umzielien  würde,  und  auf  meine  Antwort,  wo  möglich 
in  Kabain  zu  verbleiben,  erkundigte  er  sich,  ob  ich  nicht  einen 
Brief  des  Kalawun's  erlialten  habe.  Da  ich  meinte,  dass  das 
nichts  zu  sagen  habe,  sah  er  etwas  verwundert  aus  und  gab  das 
Zeichen  zum  Aufbruch,  um  selbst  zur  Stadt  zurückzukehren. 

Nächsten  Tages  langte  ein  anderes  Consularschreiben  an,  von 
vier  jener  brutalen  Henkergesichter  begleitet,  von  denen  mau 
gewöhnlich  in  den  Höfen  der  Angestellten  zur  Ausführung  ihrer 
Aufträge  sieht.  In  demselben  war  gesagt ,  dass  mein  Pass  der 
Grenze  seit  der  Ankunft  in  Mandalay  alle  Gültigkeit  verloren 
habe,  und  dass  es  der  Befehl  des  Königs  sei,  dass  ich  Kabaiu 
verlasse  und  meine  Wohnung  in  Mandalay  nähme.  Ich  antwor- 
tete ,  dem  Befehle  des  Königs  allerdings  nicht  entgegenhandeln 
zu  dürfen,  dass  indessen  die  Wohnung  in  Kabain  viele  Vortheile 
für  mich  böte,  und  dass  ich  ihn  ersuche,  dem  Könige  meine  un- 
terthänigste  Bitte  vorzutragen,  dort  verbleiben  zu  können,  da  ich 
keinen  Grund  einsähe,  weshalb  es  nicht  gestattet  werden  sollte. 
Im  Weigerungsfalle  würde  ich  natürlich  dem  königlichen  Willen 
nachkommen  und  nach  Mandalay  zurückkehren.  Als  ich  den 
Brief  übergab,  waren  die  Boten  nicht  damit  zufrieden.  Sie  wollten 
nicht  ein  Stück  Papier,  sondern  mich  selbst,  und  es  kostete  einige 
Muhe,  bis  ich  sie  zur  Thür  hinausgeschoben  und  weggeschickt 
hatte.  Die  nächste  Depesche,  die  noch  denselben  Abend  einlief, 
Hess  dann  aber  keine  Wahl.  Der  Kalawun  versicherte  sein  Bestes 
gethan  zu  haben,  aber  der  König  wolle  das  Verbleiben  in  Kabaiu 
nicht  gestatten  und  würde  mich  zu  einer  Audienz  rufen.  So  Hess 
ich  für  den  nächsten  Morgen  Böte  bestellen,  um  dann  einzupacken 
und  mein  Sanssouci  zu  verlassen. 


^ 


Klosterfreiheit.  I35 

Ich  hatte  einen  Aug;enl)lick  geschwankt,  ob  ich  nicht  in  das 
Kh)8ter  gehen ,  wo  ich  gute  Gelegenheit  zum  Studium  gefunden 
hiätte,  und  bei  dem  doi-tigen  Abt  ein  Asyl  suchen  sollte,  hörte 
aber,  dass  derselbe  ohne  Erlaubnis«  des  Thugyi  selbst  keine  ein- 
gebornen  Novizen  ordiniren  dürfe  und  um  so  weniger  Fremde  be- 
herbergen könne.  Eine  wirkliche  Freistätte,  wohin  mitunter 
Verbrecher  für  den  ersten  Anlauf  entfliehen,  ist  nur  der  von  acht 
Pfeilern,  den  Emblemen  der  Keligion,  umstellte  Götzentempel  im 
Innern  der  Klosterhöfe ,  der  aber  für  längeren  Aufenthalt  nicht 
gerade  bequem  wäre.  Reisende  mögen  in  den  Zayat's,  auch  wenn 
sie  innerhalb  der  Klostermauern  liegen,  logiren,  erlangen  aber 
dadurch  keine  Privilegien. 

Zum  Tode  verurtheilte  Verbrecher  war  es  Sitte,  beim  Begegnen 
einesPungj'i  auf  dessen  Verlangen  frei  zu  setzen.  Früher,  erzählt 
Sangermano,  pflegten  die  Mönche  schaarenvveisaus  ihren  Klöstern 
sich  zu  versammeln,  um  die  Gefangenen  aus  den  Händen  der  Be- 
amten zu  befreien,  indem  sie  unter  ihren  Kutten  einen  tüchtigen 
Knot^nstock  mit  sich  führten  und  denselben  ebenso  geschickt 
nach  dem  Knüppelgesetz  zu  schwingen  wussten,  wie  ihre  palästi- 
nischen Confratres  in  der  Kirchenschlacht  am  ersten  Ostertag. 
Jetzt  erlaubt  die  Regierung  solche  Unordnungen  nicht  mehr  öffent- 
lich, doch  »sind  die  Klöster  noch  immer  ein  Schlupfwinkel,  wo  die 
Spitzbuben  für  sich  und  ihre  Beute  den  sichersten  Versteck  finden. 
Mein  armenischer  Wirth  in  Mandalay  wurde  während  meines  Dort- 
seins um  eine  beträchtliche  Geldsumme  bestohlen,  und  da  er  den 
Eifer  der  geheimen  Polizisten  mit  liberalen  Bezahlungen  warm 
zu  halten  wusste,  so  wurde  der  Thäter  aus  einem  Kloster  Ava's 
herausgeholt,  nachdem  er  schon  eine  halbe  Woche  dort  unge- 
stört verweilt  hatte. 


Der  konigiidic  Palast. 


Der  armenische  Kaufmann,  der  mich  wieder  mit  der  früheren 
Freundlichkeit  an  seinem  Tische  als  täglichen  Gast  empfing,  war 
über  Alles,  was  ich  that,  ziemlich  schweigsam,  da  man  in  solcher 
Nähe  des  Hofes  lernt  seine  Gedanken  für  sich  zu  behalten.  Im 
Laufe  des  Gesprächs  indess  hörte  ich  bei  einer  Abendgesellschaft 
die  englischen  Zeitungen  im  Palaste  erwähnen,  und  dann  fing 
mir  an  ein  Licht  aufzugehen.  Jetzt  suchte  ich  so  rasch  wie 
möglich  eine  Audienz  beim  König  zu  erhalten,  um  aus  meiner 
schiefen  Stellung  herauszukommen,  und  bat  Herrn  Camaretta  es 
zu  beschleunigen,  worauf  mir  derselbe  auch  bald  mittheilte,  dass 
ich  am  nächsten  Sonntag  empfangen  werden  würde. 

Ich  begleitete  ihn  zu  der  festgesetzten  Stunde  zum  Palaste 
und  nachdem  wir  einige  Zeit  in  den  Säulenhallen  der  Vorzimmer 
uraherspaziert  waren  (natürlich  ohne  Schuhe,  die  selbst  dem  eng- 
lischen Gesandten*)  nicht  erlaubt  wurden),  zeigte  man  uns  an, 

•)  Ucber  das  Ausziehen  d«*r  Schuhe  ist  in  Kan{?iiii  viel  hin-  und  hergespro- 
chen worden,  nnd  ich  hörte  oft  englische  Offiziere  «ich  unwillig  darüber  äunsein, 
dass  es  geschehen  sei.  Doch  nuisstc  natürlich  ein  Uesandter,  der  eine  friedliche 
Mission  zu  erfüllen  hatte,  und  sie  in  friedlicher  Weise  zu  Ende  zu  führen 
wünschte,  ho  weit  es  thunlich  war,  der  Ktikettc  des  Landes  nachgeben.  Yuln 
zeigt  in  einer  interessanten  Uebersicht ,  wie  die  Birmanen  allniählig  in  ihren  An- 
st^rüchen  bescheidener  geworden  sind.  Fieetwood  fiel  auf  seine  Kniee  und  v('r- 
beugte  sich  dreimal  schon  zum  leeren  Thron,  Baker  that  dasselbe,  Symes  nahm 
den  Hut  ab,  Cox  that  einen  KniefaU  mit  Verbeugung,    Crawfurd  und  Phayre 


Das  Empfangszimmer.  137 

dass  der  König  bald  erscheinen  würde.  Das  Gemach,  wo  wir 
eintraten,  war,  wie  die  übrigen,  von  rothgenialten  und  mit 
Vergoldungen  verzierten  Pfeilern  getragen.  Die  schmalen Thüren 
waren  an  den  Seiten,  gegenüber  aber  sprang  eine,  mit  einem 
Geländer  versehene  Balustrade  vor,  zu  der  man  auf  einer  in  der 
Mitte  angebrachten  Tieppe  aufsteigen  konnte.  Die  Höflinge 
Sassen  auf  der  Erde,  mit  dem  Gesichte  gegen  die  Balustrade  ge- 
richtet,  und  als  der  König  aus  einer  im  Hintergrunde  geöffneten 
Thür  hervortrat  und  auf  einem  an  der  obersten  Treppenstufe  ge- 
stellten Divan  Platz  nahm,  warfen  sich  alle  zur  Erde  nieder,  die 
üblichen  Prostrationen  auszuführen,  und  blieben  dann  auf  Ellen- 
bogen und  Knieen  liegen.  Mich  hjitte  man  neben  einem  der 
Pfeiler,  etwas  abseits  von  den  Uebrigen,  aber  dem  König  ziemlich 
vis  a  vis  placirt,  und  keine  weitern  Vorschriften  über  dasNieder- 

licssi'U  es  mit  dem  Ausziehen  der  »Schuhe  an  der  Treppe  bewenden,  und  dien  wird 
sich  nach  der  orientalischen  Mode  auf  den  Teppichen  zu  sitzen  kaum  ohne  Un- 
höflichkeit  umgehen  lassen,  wenn  man  nicht  den  Ausweg  finden  könnte,  nur  die 
Ueberschuhe  zurückzulassen  und  mit  dünnen  Schuhen  einzutreten.  Zugleich 
allerdings  verknüpfen  die  Birmanen  mit  dem  Ausziehen  der  Schuhe  eine  ähnliche 
Respectsbezeigung ,  wie  wir  mit  dem  Abnehmen  des  Hutes.  In  vielen  Ländern 
des  Orients  dagegen,  wo  die  Audienzen  in  offenen  Hallen  oder  auch  in  freier  Luft 
gegeben  werden ,  erlaubt  die  Sitte  das  Zurückbehalten  der  Kopfbedeckung. 
Wenn  nun  Gesandte  solcher  Völker  auch  an  europäischen  Höfen  ihren  Kopf  be- 
deckt lassen  wollen,  so  legen  sie  sieh  bei  der  eingeschlossenen  Luft  geheizter  Zim- 
mer nur  selbst  Unbequemlichkeiten  auf,  opfi-rn  sich  aber  wahrscheinlich,  wie  sie 
glauben,  dem  Interesse  ihres  Herrn.  Der  König  von  Slam  zeichnet  sich  in  seinen 
Vorschriften  über  diesen  Punkt,  sowie  auch  in  andern  Sachen,  durch  seinen  ge- 
sunden Sinn  vor  den  benachbarten  Monarchen  aus.  Hei  einem  Besuche  in  Bang- 
kok wurde  mir  gesagt,  dass  er  von  Europäem  verlange,  nach  den  Gebräuchen 
ihres  Landes  bei  seinem  Eintritte  aufzustehen,  während  nach  hinterindischer  An- 
schauungsweise der  Niedersitzende  in  dem  vor  ihm  Stehenden  den  höhern  Rang 
anerkennen  würde.  Die  Siamesen  sowohl ,  wie  die  Birnianen  sind  liingiM  en 
Stehens  sehr  ungewohnt  und  verharren  meist  in  der  hockenden  Stellung.  Wenn 
hei  seinen  späteren  Besuchen  der  birninnisehe  Piin^  lungere  Sachen  mit  mir  zu 
besprechen  hatte,  in  den  Gärten  oder  in  Stuben,  wo  sich  gera'le  kein  SMihl 
fand,  so  nahm  er  mich  gewöhnlich  bei  der  Hand,  um  mich  gleichzeitig  mit  sich 
selbst  niederzuziehen,  und  hatten  wir  dann  auch  d«Mi  Vortheil,  die  Erwiederungen 
der  auf  der  Erde  liegeuden  Begleiter,  wenn  sie  um  Erklärungen  befragt  wurden, 
bess^er  verstehen  zu  können. 


138  ^cr  königliche  Palast. 

sitzen  gegeben,  als  dass  dieFüssevon  dem  Könige  weggewandt  sein 
mlissten,  wie  dieses  die  übliche  Stellung*)  in  Gegenwart  jed^s 
birmanischen  Vornehmen  ist,  und  auch  von  diesen  unter  sich 
gegenseitig  beobachtet  wird.  Die  Priester  verbergen  die  uat^r- 
geschlagenen  Füsse  unter  das  lange  Gewand.  Hinsichtlich  der 
BegrUssung  des  Königs  war  das  Uebereinkommen  getroffen,  dass 
ich  bei  seinem  Eintreten  eine  Kopfverbeugung  mache,  und  als  ich 
zu  nichts  weiterem  bereit  gewesen  und  über  das  gewünschte 
Zusammenlegen  der  Hände  einige  Schwierigkeiten  erhob,  hatte 
man  sich  nach  einigen  Einwendungen  zufrieden  gegeben,  ohne 
besonders  dringend  auf  Einzelnheiten  zu  bestehen,  wie  es  mit 
dem  ganzen  Ccremonicll  überhaupt  viel  weniger  genaugenommen 
wurde,  als  ich  nach  den  von  Andern  aus  ihren  Erfahrungen  ge- 
machten Besclireibungen  erwartet  hatte. 

Der  König,  neben  dem  einige  seiner  jungem  Kinder  hejum-. 
kletterten,  fixirte  mich  eine  Zeitlang,  stellte  verschiedene  Fragen 
und  wünschte  dann  meinen  Reisezweck  in  Birma  zu  wissen.  Er 
wollte,  dass  ich  direct  ohne  Dolmetscher  ihn  anreden  sollte,  aber 
bei  dem  schlechten  Birmanisch,  das  ich  damals  noch  sprach  und  das 
bei  meinem  kurzen  Aufenthalt  auch  nicht  viel  besser  geworden  ist, 
wollte  ich  sein  an  elegante  Phrasen  gewöhntes  Ohr  nicht  zerreis- 
sen,  zumal  mir  die  eigentliche  Hofsprache  noch  ganz  fremd  war. 
Ich  fuhr  deshalb  fort  mich  meines  Begleiters  als  Organ  zu  bedie- 
nen und  Hess  durch  ihn  Sr.  Majestät  zur  Antwort  mittheilen,  dass 
wir  in  Europa  uns  bestrebten  fremde  Länder  und  Völker  kennen 
zu  lernen,  und  dass  uns  besonders  die  verschiedenen  Religionen  der- 
selben interessirten.  Wir  hätten  bereits  eine  ziemlich  vollständige 
Kenntnissder  meisten  derselben,  aber  gerade  von  dem  so  weit  ver- 
breiteten Buddhismus  fehle  es  den  Gelehrten  noch  immer  an  genü- 
genden Untersuchungen,  und  um  einen  Beitrag  zur  Abhülfe  dieses 


*)  Le  mot  paryaprka  cxpriino  la  position  d'un  liommp,  qui  ramone  vcs  janibes 
80U8  8on  corpf*  en  los  croissant  et  s'assied  ainsi  eii  teiiant  droit  le  haut  du  corps 
(Bonrnouf).  Von  Mliosan  Fani  wird  der  Padma-asan  (Lotussitz)  der  indischen 
Jojji,  als  mit  dem  Farni?*hin  (glänzender  8itz)  der  Sipasier  gleichartig  be- 
schrieben. 


Die  Audienz.  139 

Mangels  zu  liefern,  habe  es  mir  am  passendsten  erschienen,  diese 
Lehre  in  Birma  zu  studiren,  als  demjenigen  Lande,  wo  sie  sieh 
am  reinsten  erhalten  hätte.  Dem  König  klang  diese  Rede  gar 
lieblich,  trotz  der  Bruchstücke,  in  die  sie  durch  meinen  Dol- 
metscher zerfetzt  war,  denn  er  ist  selbst  ein  bigotter  Zelut  seiner 
Kcligion  und  gilt  für  den  tiefsten  Kenner  der  heiligen  Tali-Texte 
im  ganzen  Lande.  Sein  Lehrer  war  der  Pung\  i  Usandinah  im 
Kloster  Mengalasanteik.  Er  sagte,  dass  es  ein  verdienstvolles 
Werk  sein  würde,  die  8chi3nheitcn  des  Buddhismus  klarer  an's 
Licht  zu  fördern,  denn  dieselben  wären  von  den  Fiemden  nie 
recht  geschätzt  und  gewürdigt;  dann  fragte  er,  wie  lange  ich  im 
Lande  zu  bleiben  gedenke.  Ich  sagte ,  darüber  gerade  keinen 
festen  Plan  gemacht  zu  haben,  und  da  ich  ihn  in  so  guter  Stim- 
mung sah,  dachte  ich  einen  glücklichen  Coup  zumachen,  und 
fügte  hinzu,  dass  es  für  meine  buddhistischen  Studien  besonders 
förderlich  sein  würde,  auch  Tagoung,  wo  alte  Buddhabilder 
gefunden,  und  die  nördlichen  Provinzen  des  Reiches  zu  besuchen,  , 
und  weil  ich  alle  diese  später  zu  bereisen  dächte,  sich  schon  des- 
halb meine  Zeit  nicht  genau  bestimmen  lasse.  Das  war  aber 
fehlgeschossen,  die  liebenswürdige  Laune  war  verschwunden, 
und  der  König  entgegnete  etwas  mürrisch,  dass  das  ein  Gerede 
mit  zwei  Zungen  sei.  Wenn  man  studiren  wolle,  könne  man 
nicht  reisen.  Erst  habe  ich  vom  Erlernen  der  heiligen  Bücher 
gesprochen  und  jetzt  wolle  ich  mich  im  Lande  herumtreiben.  Ich 
wagte  auf  die  altersgraue  Vorzeit  des  hochberühmten  Tagoung, 
des  Stammsitzes  des  birmanischen  Königsgeschlechts,  anzuspielen, 
und  seine  Anziehungskraft  für  einen  Forscher;  aber  der  König  cr- 
wiederte:  Ach  was  Tsigoungi  I  Freilich  war  es  einst  ein  alter 
Königssitz,  aber  was  ist  es  jetzt?  Ein  Trümmerhaufen  in  einer 
Wilderniss ,  dort  ist  nichts  zu  sehen.  Gar  nichts.  Es  folgte  ein 
Schweigen,  da  ich  nicht  mehr  viel  zu  sagen  wusste,  und  gern  fort 
gewesen  wäre.  Ich  will  einen  Vorschlag  machen,  hob  der  König 
wieder  au.  Für  das  Studium  des  Buddhismus  giebt  es  kein 
besseres  Land  als  Birma,  in  Birma  keinen  besseren  Platz  als  Man- 
dalay,  in  Mandalay  keinen  besseren  als  meinen  Palast.  In  meinem 
Palaste  steht  eine  Wohnung  bereit,  dort  kann  der  Buddhismus 


140  I>er  königliche  Palast. 

Btudirt  werden;  ich  werde  für  I^hrer  und  Bücher  sorgen  und 
alles  Nöthige  liefern.  Ist  es  so  recht  oder  nicht?  Die  Umsitzenden 
beglückwünschten  mich  über  diese  neue  Gnadenbezeigung  des  von 
Wohlwollen  überströmenden  Königs,  und  der  Dolmetscher  drängte 
zur  Antwort:  Ja  oder  Nein?  8c.  Majestät  ist  nicht  gewohnt  zu 
warten.  Mir  kam  die  Sache  sehr  über  den  Kopf,  aber  Nein  konnte 
ich  unter  keinen  Umständen  sagen,  also:  Jal  Ich  selbst,  fuhr 
der  König  mit  gewinnender  Freundlichkeit  fort,  werde  mich  für 
diese  Studien  interessiren  und  ihren  Fortgang  beobachten.  Er 
ertheilte  noch  einige  Directiouen'an  meinen  Begleiter  und  über- 
gab mich  dann  der  Protection  eines  seiner  Söhne,  der  mit  seinen 
Vasallen  um  sich  herum,  in  der  andern  Seite  des  Zimmers  auf 
der  Erde  niedergeworfen  lag  und  sich  bei  Nennung  seines  Na- 
mens mit  dem  halben  Oberkörper  emporrichtete.  Nachdem  sich 
der  König  zurückgezogen,  kam  er  mit  seinem  Schwärm  von  Be- 
gleitern herbei  und  erbot  sich,  uns  sogleich  nach  dem  vom  Könige 
bezeichneten  Hause  zu  führen. 

Im  Nandau  hat  jeder  der  erwachsenen  Prinzen  sein  ihm  an- 
gewiesenes Quartier,  wo  sein  Haus  mit  den  zugehörigen  Gärten 
steht,  und  wo  er  seine  Hausbedienten  um  sich  wohnen  hat.  Von 
dort  aus  verwaltet  er  auch  die  ihm  zugehörige  Provinz  des  Lan- 
des, aus  der  er  seine  Einkünfte  zieht,  und  nach  der  er  benannt 
ist.  Der  meinige  hiess  derNyoungyan-Mintha  oder  der  Prinz  von 
Nyoungyan.  Das  gezeigte  Haus,  das  nicht  weit  von  seinem  eige- 
nen stand,  war  eins  jener  pavillonartigen  Lusthäuser,  wie  sie  ge- 
legentlich von  den  Prinzen  bewohnt  werden  und  hatte  dem  Kron- 
prinzen früher  zum  Aufenthalte  gedient,  dessen  weisser  Baldachin 
noch  unter  der  Decke  hing.  Es  war  reinlich  und  zierlich  aus 
Bambiistäben  aufgebaut,  in  verschiedene  Zimmer  getheilt  und  ent- 
hielt hinten  bequeme  Gelegenheit  für  Küche  und  Haushaltung. 
Vor  ihm  lag  ein  ausgemauertes  Wasserbassin  mit  Gärten  an  den 
Seiten  und. jenseits  prangte  der  Königspalast  in  seiner  Fülle 
überladener  Pracht.  Der  Prinz  ging  selbst  mit  uns  im  Hause 
umher  und  versicherte,  dass  es  mir  an  Nichts  für  meine  Be- 
quemlichkeit fehlen  solle.  Für  fiUes  Nöthige  würde  ich  mich 
nur  an  ihn   zu  wenden    haben,    da  er  mein   nächster  Nachbar 


Einzug  in  den  Palast.  141 

sei.    Und  so  wurde  ausgemacht ,  dass  ich  in  einigen  Ta^en  ein- 
ziehen «olle. 

Als  ich  nach  Hause  zurückgekehrt,  meinem  Wirth  von  den 
Ergebnissen  der  Audienz  erzählte,  nahm  das  Qesicht  des  guten 
alten  Mannes  einen  höchst  bedenklichen  und  kummervollen  Aus- 
druck an.  Nach  dem,  was  am  Hofe  schon  Über  mich  verhandelt 
war,  und  das  er  besser  wissen  musste,  schien  ihm  mein  Vorhaben, 
in  den  Palast  einzuziehen,  nicht  besser,  als  freiwillig  in  den 
Rachen  des  Todes  zu  laufen.  Er  hatte  freilich  zu  lauge  selbst  in  Birma 
gelebt,  um  mir  das  mit  klaren  Worten  zu  sagen,  aber  aus  seinen 
hingeworfenen  Winken  konnte  ich  abnehmen,  dass  er  jeden  Aus- 
weg, selbst  heimliche  Flucht  aus  Mandalay,  dem  Leichtsinn  vor- 
ziehen würde,  mit  Selbstüberlegung  sich  in  die  Höhle  des  Löwen 
einsperren  zu  lassen.  Indess  konnte  ich  mich  zu  nichts  Anderem 
mehr  entschliessen.  Jeder  sonstige  Weg,  den  ich  eingeschlagen 
hätte,  würde  mich  aus  Birma  hinausgeführt  haben,  und  das  Land 
hatte  sich  mir  schon  bis  dahin  zu  interessant  gezeigt,  als  dass  ich 
es  bereits  verlassen  konnte. 

Ich  beeilte  meine  Vorbereitungen  so  rasch  wie  möglich,  und 
war  schon  am  zweiten  Tage  mit  meinen  Karren  vor  dem  Thore 
des  Nandau.  Da  ich  mit  dem  Prinzen  nicht  speciell  Tag  und 
Stunde  besprochen  hatte ,  war  den  Wächtern  keine  Ordre  zuge- 
kommen, und  sie  zeigten  sich  nicht  wenig  verwundert  über  das  Vor- 
haben eines  Kala,  mit  Kisten  und  Kasten  in  den  Palast  einzuziehen. 
Als  ich,  die  Wagen  draussen  zurücklassend,  nach  dei*  Wohnung 
des  Prinzen  ging,  war  er  in  der  Morgenaudienz  des  Königs  und 
als  ich  später  meinen  Diener  nochmals  schickte,  hatte  er  sich  be- 
reits zur  Siesta  niedergelegt.  Erst  spät  am  Nachmittag  kamen 
die  von  den  verschiedenen  Tribunalen  ausgefertigten  Befehle, 
wonach  die  äussern  und  Innern  Thore  für  mein  Gepäck  geöffnet 
werden  durften.  Nach  dem  Passiren  des  ersten  wurde  ein  böses 
Versehen  bemerkt,  glücklicherweise  von  meinem  Diener  selbst. 
Unter  einem  Koffer  waren  auch  meine  Schirme  mit  aufgepackt, 
und  also  mit  den  übrigen  Sachen  in  den  Palast  eingeschleppt 
worden.  Schirme  im  Innern  des  Palastes,  welch*  ein  Hochver- 
rath!  Keiner  darf  eintreten,  und  die  Birmanen,  auch  die  höchsten 


142  I>er  königliche  Palast. 

Beamten,  lassen  ihre  Schirmträger  vor  dem  äussern  Thor.  Ehe 
Zeugen  herbeikamen,  hatten  wir  von  den  Schirmen  ein  zusammen- 
gewickeltes Paket  gemacht,  mit  Tuch  bedeckt,  so  dass  Niemand 
sehen  konnte,  was  darin  war,  und  trugen  sie  zurllckin  eine  für  sie 
ungefährlichere  Atmosphäre.  Am  inneren  Thore  mussten  die  Karren 
halten  und  standen  Soldaten  bereit,  um  mein  Gepäck  nach  dem 
Hause  zu  tragen.  Als  ich  ankam,  trieb  sich  dort  einer  der  jungen 
Prinzen  mit  seinen  als  Spielgefährten  dienenden  Vasallenkindern 
umher,  und  da  der  Diener,  um  das  Abendessen  zu  kochen,  nicht 
wusste,  wo  er  Wasser  holen  sollte,  lief  der  ganze  Trupp  Knaben 
mit  ihm,  um  ihm  einen  Brunnen  zu  zeigen.  Doch  hatten  sie  sicli 
in  ihrem  Diensteifer  versehen.  Denn  als  der  Koch,  ein  Tamüle 
aus  Madras,  für  neue  Füllung  zurückkehrte,  wurde  ihm  zu  wissen 
gethan,  dass  solcher  Brunnen  das  Wasser  liefere,  um  des  Königs 
Füsse  TAX  waschen,  und  dass  ein  schwarzer  Kala  daraus  nicht  Wasser 
ziehen  dürfe.  Die  Birmanen  nennen  jeden  Fremden  überhaupt 
Kala  oder  Barbar,  und  bezeichnen  die  Mohamedaner  meistens  als 
Schwarze  im  Gegensatz  zu  den  Weissen  oder  Europäern,  die  sie 
für  die  Herren  der  Andern  halten.  Fremde,  die  neu  in's  Land  kom- 
men, heissen  wilde  Barbaren,  und  solche,  die  durch  längern  Umgang 
mit  den  gesitteten  Birmanen  Hoftnungszeichen  einiger  Verfeinerung 
durchblicken  lassen,  werden  des  Titels  gezähmte  Barbaren  gewür- 
digt. Seit  der  mehrfachen  Bekanntschaft  mit  Engländern  istindess 
der  Ausdruck  Angkrit  für  gebildete  Europäer  in  Aufnahme  ge- 
langt, und  ist  durch  wiederholte  Besuche  französischer  Missionäre, 
Offiziere  und  Kaufleute  auch  schon  der  Name  Franzes  zugefügt. 
Die  Portugiesen  dfigegen,  die  sich  überall  in  Indien  mehr  mit 
den  Eingeborenen  gemischt  haben,  werden  weniger  streng  von 
diesen  geschieden.  Mit  zunehmendem  Einblick  in  die  Verhält- 
nisse anderer  Länder  werden  sich  natürlich  diese  Begriffe  mehr 
und  mehr  aufklären. 

Bald  nach  meiner  Ankunft  im  Hause  erschienen  mehrere 
von  den  Hausbedienten  des  Prinzen,  von  denen  sich  beson- 
ders Einer  durch  seine  manierirten  Geberden  und  gewählten 
Phrasen  als  gewandter  Hofmann  zu  erkennen  gab.  Er  war  nach 
birmanischer  Art  ein  äusserst  eleganter,  feiner  Dandy  und  jeden- 


Besuch  des  Prinzen.  143 

falls  ein  grosser,  schöner  Mann  von  prächtigem  Ebenniass  des 
Körpers.  Sein  Name  war  Moung-gyi,  und  er  war  geschickt,  um 
nach  allem  Nöthigen  zu  sehen.  Für  das  Wasser  wurde  die  Ein- 
richtung getroffen ,  da  die  für  allgemeinen  Gebrauch  geöffneten 
Brunnen  für  meinen  Diener  zu  weit  waren,  dass  täglich  einige 
grosse  Thonkrüge  zweimal  durch  Soldaten  gefüllt  wurden,  und 
andere  waren  für  das  Holzhacken  bestimmt,  Haus  und  Umgebung 
rein  zu  halten  und  sonstige  Dienste  zu  thun. 

Der  Prinz  stattete  mir  einen  Besuch  ab,  wozu  er  auf  den 
Schultern  eines  stämmigen  Kerls  herbeigetragen  wurde,  und 
sobald  er  ins  Zimmer  trat,  fielen  alle  Anderen  darin  platt  auf  den 
Bauch.  Das  war  besonders  hinderlich  für  meinen  Diener,  der  dann 
den  Theetopf  sammt  Tassen  auf  der  Erde  vor  sich  herstossen  musste 
und  wenn  er  damit  glücklich  an  dem  hohen  Tische,  an  dem  wir 
auf  Stühlen  sassen,  angelangt  war ,  noch  immer  nicht  wusste, 
wie  er  hinaufreichen  sollte,  wenn  ich  es  ihm  nicht  abgenommen 
haben  würde.  Als  sich  später  diese  Besuche  des  Prinzen  häufiger 
wiederholten,  hielt  ich  bei  meinen  Leuten  nicht  streng  darauf,  ob 
sie  die  Etikette  genau  beobachteten ,  und  der  Prinz  selbst  war 
vernünftig  genug,  unter  Ausnahmen  eine  Ausnahme  zu  statuiren. 
Als  er  durch  die  Zimmer  umherging  und  an  das  Bett  im  Schlaf- 
gemach kam ,  fragte  er  nach  der  Kopfseite  und  fand  zu  seinem 
Entsetzen ,  dass  bei  der  von  mir  im  Bette  angenommenen  Lage 
dieJ'^Usse  gerade  nach  demjenigen  Theil  des  Palastes  gerichtet 
sein  würden,  wo  derOoldfüssige  selber  schläft.  Im  ganzen  Palast 
muss  aber  Jeder  so  im  Bette  liegen ,  dass  die  Füsse  vom  Palast 
weggewendet  sind ,  was  ad  notam  zu  nehmen  war. 

Der  Prinz  überliess  mich  beim  Weggehen  Moung-gyi,  durch 
den  ich  über  Alles  Auskunft  erhalten  könnte,  und  der  in  derThat 
über  eine  Menge  Dinge  besser  als  andere  Birmanen  unterrichtet  war, 
und  gewöhnlich  für  ihm  vertraute  Fragen  schon  einen  Spruchtext 
zur  Antwort  bereit  hatte.  Er  nannte  mir  eine  Menge  Palibezeich- 
nungenfürdie  doppelte  Namen  führenden  Städte  und  meinte,  dass 
die  Palibticher  von  Tiho  durch  Johandas  schon  früher  gebracht 
seien,  ehe  noch  Schinbodegosa  das  Anet  zugefügt  habe.  Den 
Namen  Mvamma  wollte  er  nicht  als  viel,  sondern  als  schnell  er- 


144  ^^^  koDigliche  Palast. 

klären,  weil  sie  die  Ersten  gewesen,  die  im  Lande  angekommen. 
Die  vornehmsten  der  Thiere  sind  der  die  Sonne  bewohnende 
Pfau,  der  Hase,  den  Mond  bezeichnend,  und  der  Henza,  der  mit 
seinen  denTvleinodien  gleichen  Augen  freundlich  auf  den  Fremden 
blickt.  In  ihm,  als  Haupt  der  Vögel,  hatte  sich  Gautama  ver- 
körpert, als  er  die  niederen  Welten  noch  durchwanderte  und  in 
seine  Form  legt  man  den  zur  HegrUssung  von  Gästen  angebotenen 
Thee.  Von  den  Amuletten  sei  das  sicherste  der  in  einem  Baum 
gefundene  Stein,  Titmadae  genannt,  der  (wie  die  Goldblättchen) 
unter  die  Haut  gebracht  wird  und  den  ich  dort  als  harten  Klumpen 
mehrfach  gefühlt  habe.  Die  rothen  Talismane,  die  auf  den  Arm 
tättowirt  werden,  schützen  gegen  Krankheit,  solche  auf  der  Brust 
machen  unempfindlich  gegen  Wunden.  Gegen  Schlangenbiss  wird 
das  Moay-szay  (von  schwarzer  Farbe)  eingeimpft.  Die  das  Fleisch 
hart  und  unverwundbar  machende  Medicin  (dabih-dzay)  wird  für 
drei  Monate  und  länger  gegessen. 

Am  zweiten  Abend  erschien  in  der  Begleitung  eines  der 
jüngeren  Prinzen,  der  sein  Schüler  war,  ein  gelehrter  Herr  Pro- 
fessor in  meiner  Wohnung,  um  die  Unterrichtsstunden  zu  begin- 
nen. Er  hatte  früher  lange  in  einem  Kloster  gelebt^  war  aber  jetzt 
aus  dem  Mönchsstande  ausgetreten  und  schon  seit  mehreren  Jahren 
verheirathet.  Er  theilte  mir  den  von  dem  Könige  entworfenen 
Studienplan  mit,  der  indess,  obwohl  von  so  hoher  Quelle  kom- 
mend, meinen  Beifall  leider  nicht  gewinnen  konnte.  Erst  sollte 
das  Birmanische  gründlich  erlernt,  dann  mit  demPali  ein  Anfang 
gemacht  werden  und  schliesslich  würden  wir  die  heiligen  Bücher 
lesen.  Das  möchte  schon  gut  gewesen  sein,  wenn  nicht  die 
Klausel  hinzugekommen  wäre:  nach  übliclier  Landesweise,  denn 
eine  andere  verstand  mein  Lehrer  niclit.  Die  gründliche  Erlernung 
des  Birmanischen  allein  hätte  aber  dann  mehrere  Jahre  in  Anspruch 
genommen,  und  derganze  Weg  vom  birmanischen  Alphabet  an  bis 
zum  Paramatta  würde  ungefähr  ein  halbes  Menschenleben  erfor- 
dern. Ich  wollte  aber  gleichmit  dem  Paramatta  anfangen,  denn 
das  allein  war  es,  was  mich  intercssirte.  Das  Birmanische  war 
mir  nicht  Selbst-Zweck,  sondern  nur  Mittel,  um  andere  Zwecke 
in  Birma  dadurch  zu  erreichen,  und  für  meine  Absicht  verstand 


stadienplan.  145 

ich  schon  damals  genug  davon.  Die  Palischule  eines  Indo-Chi- 
nesen  durchzumachen ,  der  Jahre  lang  unverständliche  Floskeln 
im  gedankenlosen  Auswendiglernen  herplappern  muss,  ehe 
er  ihren  Sinn  versteht,  ist  natürlich  ein  Experiment ,  das 
bei  Indo  -  Germanen  fehlzuschlagen  pflegt,  schon  wenn  nach 
alter  Schule  die  Euclidischen  Elemente  erlernt  werden  sollten. 
Aus  diesen  und  andern  Gründen,  die  wegen  verweigerter  Arzneien 
hinzukamen,  entwickelte  sich  allmählig  im  Laufe  der  Zeit  eine 
Missstimmung  im  König,  die  ich  selbst  bedauerte,  der  aber  nicht 
abzuhelfen  war,  da  seine  Wünsche  mit  meinen  Absichten  unver- 
einbar blieben.  Meinen  Lehrer  hatte  ich  bald  dahin  gebracht, 
dass  er  mich  nach  meiner  Art  unterrichtete,  und  an  der  Stelle  des 
Buchstabirbuches  Coilegien  über  Metaphysik  las,  aber  der  Arme 
schwebte  stets  in  Todesängsten,  dass  sein  Abweichen  von  den 
königlichen  Vorschriften  entdeckt  und  geahndet  werden  möchte. 
Der  König  von  Birma  ist  nur  gewohnt  zu  befehlen,  und  es  war 
einmal  unter  den  Umständen  nicht  zu  ändern ,  dass  er  an  mir 
Jemand  finden  musste,  der  ihm  in  allen  Dingen  entgegen  war. 
Mein  Lehrer  und  häufig  auch  der  Prinz  Hessen  sich  durch  meine 
Anschauungsweise  überzeugen ,  aber  den  König  zu  überzeugen, 
war  eine  andere  Sache.  Einmal  war  Niemand  da,  der  ihn  zu 
überzeugen  versucht  oder  gewagt  haben  würde ,  und  dann  hätte 
er  auch  selbst  nicht  überzeugt  sein  wollen.  Dass  ich  ihm  mehrfach 
widersprochen  hatte,  konnte  sich  bei  einer  an  unbedingten  Ge- 
horsam gewöhnten  und  so  nothwendigerweise  empfindlichen  Per- 
sönlichkeit natürlich  nicht  verwischen ,  und  seine  temporäre  Un- 
gnade, verbunden  mit  dem  schon  früheren  Verdachte,  der  auf  mir 
ruhte,  machte  unter  den  argwöhnischen  Birmanen  meine  Stellung 
im  Palast  zu  einer  etwas  schwierigen,  bei  der  es  Takthalten  galt, 
um  nicht  den  Hals  zu  brechen. 

Als  ich  am  n^'Chsten  Tage  den  Prinzen  besuchte,  Hess  derselbe 
gerade  eine  Pali-Erzählung,  von  Freundschaft  und  Treue  han- 
delnd, vor  seinen  Hausbedienten  ablesen,  und  gab  selbst  die 
erklärenden  Glossen  und  Illustrationen  dazu.  Er  erzählte  mir 
dann  von  seinem  grossen  Vorfahren  Alompra,  der  die  Feinde 
Birma's  durch  himmlische  Waffen  fünferiei  Art  besiegte,  nämlieh 

B»fti»ii,  OftMien.   II.  10 


146  ^^^  königliche  Palast. 

ein  Schwert,  das  durch  die  I^ft  flog  *)  und  Köpfe  abhieb,  einen 
Schuh,  mit  dem  man  Meilen  sprang,  eine  Lanze,  die  gleich  die  ganze 
Soldatenlinie  zusammen  aufspiesste,  einen  Pfeil,  der  in  jede  Entfer- 
nung geschickt  werden  konnte  und  ein  Gewehr,  das  nie  sein  Ziel 
verfehlte.  Während  Alompra  schlief,  stieg  die  Ausdünstung  seines 
Körpers  zum  Himmel  auf,  bis  sie  die  Nase  eines  Thagya  (Gottes) 
traf,  der  dadurch  von  der  Kriegsgefahr  benachrichtigt  wurde,  und 
vom  Himmel  herabkommend,  diese  Wunderwaifen  mitbrachte. 
Hähne  krähen  genau  zu  vier  bestimmten  Stunden  der  Nacht,  denn 
als  die  Yathay  die  Athetmanabedin  verbrannten,  kamen  Hühner 
die  Asche  zu  fressen  und  haben  dadurch  die  astronomischen 
Lehren  dieses  Buches  assimilirt. 

Auch  nach  dem  Rückzug  des  Prinzen,  der  sich  nach  dem 
Palast  begeben  musste,  wurde  die  Unterhaltung  von  seinen 
Hausbeamten  fortgesetzt.  Auf  dem  Platz,  wo  jetzt  Mandalay 
steht,  lebte  eine  weibliche  Belu,  die  ihre  Brustwarzen  abschnitt 
und  Gautama  darbrachte,  worauf  dieser  Ananda  prophezeihete, 
dass  sich  dort  einst  ein  Königssitz  erheben  sollte.  Als  das 
diese  Verheissung  enthaltende  Buch  vor  einigen  Jahren  gefun- 
den wurde,  Hess  der  König  die  Hauptstadt  von  Amarapura  dort- 
hin verlegen.  Kangun  ist  auf  einer  Stelle  gebaut,  wo  ein 
frommer  Büsser  seine  Finger  mit  Baumwolle  umwand  und  sie 
ansteckte,  um  dem  Gotte  Lichter  zu  weihen.  Nach  Ava  kam  ein 
weisser  Elephant  den  Fluss  herabgeschwommen.  Um  die  leicht 
verwischbaren  Buchstaben  auf  den  schwarzen  Tafeln  zu  fixiren, 
müssen  sie  erst  mit  Kohle  und  dann  mit  Reisschleim  überwischt 
werden.  Einer  der  Herren  holte  zum  Vorzeigen  die  alte  Land- 
karte**) des  Mahaghovinda  (Pinya  shi  gyi),  der  dem  Könige  von 

*)  Meragalange's  armd  flew  by  themselves  cutting  down  the  neighbouring  fo- 
rest» aud  thcn  returning  to  thc  astonished  Battacks ,  cut  tlicra  in  pieces,  erzählt 
Brodie  ans  den  Traditionen  der  Mantras. 

**)  Als  die  von  den  mit  Mahadhammada  beginnenden  Konigen  beherrschten 
Seiche  werden  aufgezählt:  Kosawati,  Razagyo,  Mithila,  Baranasi,  Kapila,  Hat- 
tipnra,  Ekadsekkhu,  Watsirawutti,  Madura,  Aritapura,  Indapatanaga,  Kosambhi, 
Kanntgandza,  Raudsana,  Dsainba,  Tekkaso,  Kosinayana,  Malittira,  Kapilawutti, 
Koliya,  Dewadaha.  Nach  dem  Radjavali  (Kaschmir's)  wird  Djambudwipa  in 
Bharatavarcha,  Kinnaravarcha,  Harivarcha,  Kuruvarcha,  Hiranmayayarcha,  Ra- 


Der  ärztliche  College.  147 

Benares  anrieth,  sein  die  Erde  umfassendes  Reich  so  unter  seine 
verschiedenen  Söhne  zu  vertheilen,  dass  keiner  von  dem  eigenen 
in  ein  anderes  gelangen  konnte ,  ohne  vorher  durch  Benares  zu 
kommen. 

Am  folgenden  Tage  erhielt  ich  den  Besuch  eines  CoUegen, 
des  Leibarztes  des  Prinzen,  des  Mo-Zea  oder  Kayatiti.  Er  hat 
in  den  Schaniändern  auch  Hexerei  (Piutza)  gelernt  und  versteht 
die  Leute  fest  zu  macheu ,  also  viel  mehr  Dinge ,  als  ein  armer 
Doctor  Ordinarius.  Er  kramte  aus  einer  kleinen  Schachtel  seine 
Medicinen  her,  die  meistens  aus  schmalen  Cylindern  mit  Ver- 
goldungen bestanden ,  gewöhnlich  durch  Hensa  roth  gefärbt  und 
immer  stark  parfUmirt,  so  dass  sich  durch  Geruch  oder  Geschmack 
keine  weiteren  Bestandtheile  unterscheiden  Hessen.  Sie  dienten 
leichte  Geburt  zu  verschaffen,  unverwundbar  zu  machen,  Liebe  zu  er- 
regen u.  s.  w.  Im  Allgemeinen  kommt  es  weniger  darauf  an,  welche 
Kräuter  die  Medicinen  enthalten,  als  unter  welchen  Zeiten  der 
Mondphasen  oder  Constellationen  sie  gesammelt  sind.  In  den 
magischen  Vierecken  werden  Charaktere  eingeätzt,  die  die 
Schwänze  der  ähnlichen  Thiere  repräsentiren.  Eine  Medioin,  die 
Natzay  (Zauber  der  Dämone)  heisst ,  wird  eingeimpft  in  der  Fi- 
gur desjenigen  Nat,  von  dem  man  wünscht,  dass  er  in  den 
Patienten  fahre,  um  dann  Auskunft  auf  gestellte  Fragen,  sei  es 
über  Krankheiten  oder  über  Schatzgraben,  geben  zu  können. 
Wenn  er  seine  Mittheilungen  gemacht  hat  und  wieder  gehen  soll, 
so  wird  die  Dewadazay  (Zauber  der  Götter)*)  genannte  Medicin 
eingeimpft.  Alle  die  Geheimnisse  dieser  Wissenschaft  waren 
ursprünglich  in  einem  goldenen  Buche  niedergeschrieben,  das 
8000  Yathay  verfasst  hätten.     Dieses  Nakhara  pukyam  genannte 

myakvarcha,  Hayritayarcha,  Bhadra^vavarcha,  Ketumalavarcha  getheilt,  nnd 
Bharatavarcha  wieder  in  Aindra,  Kaseru,  Taniraparna,  Gabhastimata ,  Naga, 
Sanmya,  Varuna,  Gandharva,  Kumarika.  Im  Prabhasa-tchhanda  heissen  die  von 
Ifahadeva  dem  Bharata  gegebenen  Theile  der  Erde:  Indra-dwipa,  Kayeru, 
Tamra-pamaf  Gabhastiman,  Kumarika,  Naga-tchhanda,  Saumya,Varuna-tchhanda, 
Gandharva-tchhanda,  auch  mit  dem  ersten  identificirt,  indem  der  Reva-tchhanda 
an  der  letzten  Stelle  Tschandra-tcbhanda  nennt. 

*)  Us  ont  de  dieax  domestiques,  dont  ils  impriment  la  figure  avec  unfer  chaud 
sur  leurs  bras  oa  leurs  ^paules,  bemerkt  Turpin  von  den  Aracanesen. 


148  I>^  königliche  Palast 

Buch  wurde  durch  Matekka-Yathav  aui»  dem  Pali  in  das  Birma- 
nische  tibersetzt.  Da  dieser  Mo-Zea  die  Siddhivath  jfdie  Wissen- 
8chaft  der  Vollkommenheit  oder  Unverwundbarkeit)  versteht  wird 
er  Kahiya-Siddhi  genannt. 

Heute  war  ein  Unglück  passirt.  Als  die  Hofleute  des  Prin- 
zen zu  mir  kamen,  erzählten  sie,  dass  derMyowun,  der  inKabain 
so  stolz  und  streng  die  Themis  repräsentirte,  selbst  geprügelt 
worden  war.  Beim  Bau  des  Canals  waren  seine  Leute  mit  denen 
des  ersten  Ministers,  die  an  einer  andern  Stelle  arbeiteten,  in  Streit 
gerathen,  und  dann  auch  die  Herren.  Der  einflussreiche  Minister 
hatte  sich  beim  König  beklagt,  und  dieser  dem  Myowun  Stock- 
schläge zudictirt,  meinen  Prinzen  beauftragend,  die  Strafe  zu 
überwachen.  Als  ich  einige  Tage  darauf  zur  Audienz  kam,  war 
er  gerade  du  jour  und  machte  die  Honneurs  ebenso  rund  und 
munter  wie  vorher.  Erdrückte  mir  als  altem  Bekannten  die  Hand, 
erfreut  mich  von  Kabain  zurück  in  Mandalay  zu  sehen.  Ich  ge- 
nirte  mich  ihn  zu  fragen,  wie  es  in  der  Zwischenzeit  gegangen, 
weil  er  mir  von  den  Kattan  hätte  erzählen  müssen.  Aber  viel- 
leicht hätte  er  sich  dann  gerühmt,  weil  Se.  Majestät  durch  deren 
höchst  eigenen  Mund  die  Gnade  gehabt  hatten,  sie  ihm  zu  verord- 
nen. La  peine  la  plus  legere,  c'est  la  cangue  (sagt  Bissach^re  von 
Tonquin).  Une  peine  reputee  encore  fort  legere,  ce  sont  les  coups 
de  rotins.  Les  parents  de  TEmpereur  en  rec^oivent  quelquefois 
publiquement  et  reparaissent  le  lendemaiu  a  la  cour. 

In  den  Höfen  des  Palastes  spazieren  gehend,  kam  ich  zu 
einem  umzäunten  und  durch  ein  Strohdach  bedeckten  Platz,  wo 
hunderte  von  Arbeitern  beschäftigt  waren  und  eine  Menge  Stein- 
metzen Blöcke  zu  Pfeilern  behauten,  während  andere  Inschriften 
hineinmeisselten.  Der  König  hatte  beschlossen,  den  gesammten 
Abhidhamma  auf  Steinsäulen  einschreiben  zu  lassen ,  und  diese 
dann  als  Meilensteine  an  den  Heerstrassen  seines  Reiches  aufzu- 
stellen. Ein  Minister,  der  dort  beschäftigt  war,  hatte  eine  grosse 
Karte  des  lindes,  nach  birmanischer  Weise  gezeichnet,  vor  sich, 
und  war  unter  Hülfe  eines  jungen  Birmanen,  der  in  Kangun  oder 
Calcutta  Mathematik  gelernt  hatte,  mit  einem  Werke  über  Forti- 
ficationen  beschäftigt.     In  einem  besonderen  Theil  des  Palastes 


Eunuchen.  149 

sind  die  Wohnungen  der  Gemahlinnen  und  Concubinen  des  Kö- 
nigs, die  von  natürlichen  Eunuchen  *)  (Maima-tso)  gehütet  werden. 
Moung-gyi  machte  mir  beständig  Vorwürfe  über  die  uncerimo- 
niö8eArt,mitder  ich  Bücher  behandelte,  wenn  ich  bei  meinen  Stu- 
dien zwischen  oder  gar  auf  denselben  sass.  Die  Birmanen  beweisen 
jedem  Buche  Verehrung,  selbst  dem  Thinbungyi,  dem  Abc-Buche, 
und  halten  es  für  eine  grosse  Sünde,  wenn  man  darüber  hinweg- 
steigen sollte.  Sie  verehren  auch  die  Schiefertafel  oder  Parabeik, 
und  der  Schüler,  der  die  zu  buchstabirenden  Sylben  auf  sie  ge- 
schrieben hat,  bückt  sicherst  mit  gefalteten  Händen  vor  ihr  nieder, 
ehe  er  sie  aufnimmt  und  die  Leetüre  abliest.  Er  schloss  diese 
Moralpredigt  mit  einer  Vergleichung  der  verschiedenen  Religionen 
und  Erhebung  der  seinigen.  Andere  Religionen  haben  im  Gott- 
begriflf  geirrt  und  die  Bibel  (Kyansa)**)  hat  keine  Wurzel. 


*)  Universi  (quae  mira  naturae  dispositio  ent)  eunucbi  cxstant  ab  utero,  tri- 
plici  tarnen  modo  inter  se  distincti.  Primos  habent ,  quibns  nbera  sunt  grandia, 
pectus  feminarum  more  elevatum ,  hos  enim  et  facici  dccor,  et  pinguior  corporis 
constitntio,  et  vocis  canorae  suavitas  et  serinouis  aifabilitas  et  genii  jucunditas 
magis  commendant.  Ferrari  extant  atque  idcirco  regi  admodnm  cari,  bemerkt 
Koffler  von  den  Eunuchen  am  Hofe  Cochinchina*8.  Da  am  Hofe  des  Chova 
alle  hohen  Acmter  in  den  Händen  Verschnittener  sind  ,  lassen  oft  Ehrgeizige  in 
Annam  diese  Operation  an  sich  vornehmen ,  und  schon  Dampier  bemerkt ,  dass 
F»ie  weit  weniger  gefahrlich  wäre,  weil  der  Gebranch,  sich  durch  Opium,  vorher  zu 
betäuben ,  einen  wohlthätigen  Einfluss  ausübe.  Nach  dem  Codex  des  Mahabad 
(im  Dabistanj  wurden  nur  Verbrecher  castrirt  und  die  Eunuchen  deshalb  nie  von 
den  altpersischen  Konigen  als  Vertraute  benutzt.  Die  Operation  der  Gallen  ver- 
trat bei  den  Galli  die  symbolische  Baumbeschneidung. 

**)  Die  Siamesen  identificiren  den  in  der  Hölle  gekreuzigten  Devadatta  mit 
Christus  und  die  Laos  (nach  Marini)  sagen  :  en  blasphemant,  que  nostre  Dien 
auoit  gouvern^  le  monde  Tespace  de  cinq  mille  ans  avant  la  naissance  de  Xaca; 
que  se  voyant  fort  affance  en  äge,  lorsque  celuy-cy  parut  au  monde,  et  dans  un 
estat  de  ne  se  pouuoir  plus  charger  de  tant  de  soins,  il  pensa  serieusement  ä  menager 
ses  interests,  et  regier  ses  affaires;  et  que  nesepouuantpas dispenser  d'obeiret  de 
se  conformer  aux  ordres  de  ce  nouveau  Dien,  dont  il  apprehendoit  les  violences  et 
qu'il  ne  luy  reprochait  sa  mauuaiso  conduite,  pour  en  auoir  auectrop  de  douceur 
enuers  qnelquesnns,  et  enuersles  autres  auec  trop  de  rigneur  et  de  seuerit^,  il  auoit 
prisla  forme  d'une  personne  fort  panvre  et  fort  mdprisable  afin  d'^mouvoirXaca  et 
deletoucherde  compassion;  etqn'en  cettepostureilluypresenta  une  requeste,  par 
laqnelle  il  demandoit  qu'il  luy  fut  permis  de  continuer  encore  un  an  dans  les  fonc- 


150  I><^r  königliche  Palast. 

Die  Birmanen  scheuen  sich  über  Bücher  zu  treten,  da  es  über- 
haupt eine  Beleidigung  ist,  über  Jemanden  hinzutreten,  und  daraus 
schon  blutige  Feindschaften  entstanden  sind.  Weil  die  Birmanen 
Niemand  über  ihrem  Haupte  dulden  wollen,  sind  die  Häuser 
einstöckig  gebaut,  und  wenn  etwas  durch  die  Bambustäbe  meiner 
auf  Pfählen  stehenden  Wohnung  fiel  und  unten  lag,  so  kostete  es 
stets  Mühe,  einen  der  Diener  zum  Wiederholen  dorthin  zu  schicken. 
In  Rangun  stieg  ein  zu  einem  Kranken  gerufener  Pungyi  von 
der  Strasse  aus  auf  einer  aussen  angesetzten  Leiter  zu  dem  Fen- 
ster des  Zimmers  hinein,  da  er,  um  die  Treppe  zu  erreichen,  ei*st 
unter  einer  Gallerte  hätte  durchpassiren  müssen.  Auch  unter 
aufgehängtem  Zeug  gehen  die  Birmanen  nicht  gerne  hindurch, 
und  wenn  ein  Seil  mit  solchem  in  meiner  Stube  ausgespannt  war, 
durfte  ich  nicht  auf  viele  Besuche  rechnen.  Ein  frommer  Birmane 
Rangun's,  der  Buddha-Bilder  in  der  Kajüte  eines  Schiffes  fand,  bot 
hohe  Preise  für  dieselben,  um  sie  von  der  Schmach  zu  befreien, 
dass  die  Matrosen  auf  Deck  über  sie  weggingen.  Einige  der  Be- 
sucher wiesen  die  angebotenen  Speisen  zurück,  indem  sie  sagten, 
dass  sie  als  Leute  des  Königs  von  keinem  Fremden  Nahrung  an- 
rtthren  dürften.  Die  Meisten  indess  thaten  sich  sehr  gütlich  an  Thee, 
Zacker  und  Bisquit.  Ihren  Betel  mussten  sie  jedoch  selbst  briq- 
gen,    denn   ohne   den   kann  ein  Birmane  nicht  existiren.     Die 


tioDS  de  sa  cbar^e^  et  que  Xaca  qni  estoit  bienfaisant  et  generenx  y  souscrinit 
0  d'uiHlfl^iMl^tres  obligeante,  mais  auec  cette  condition,  quMls  sont  steriles  et  mise- 
rables. En  Sorte  que  par  ce  partage  d'Empire  et  de  souverainet^,  la  jnnsdietion 
de  l'un  et  de  Tautre  se  trouva  affoibli  et  diminne :  mais  que  celle  de  Xaca  sur- 
passoit  l'autre  infiniment  en  beaute  et  en  richesses.  Der  verbannte  Gott  habe 
dann  durch  Diebstahle  seine  ärmliche  Lage  zu  verbessern  gesucht,  wäre  aber 
zuletzt  ertappt  worden;  er  hätte  bestraft  werden  sollen,  als  sich  sein  Sohn,  obwohl 
selbst  unschuldig,  an  seiner  Statt  tödten  Hess.  Und  wegen  dieser  Aufopferung  ver- 
diene Christus  als  Gott  verehrt  zu  werden.  Die  birmanischeGesandtschaft  (i788p.d.) 
besuchte  die  Klöster  Peking's  und  saw  some  with  Images  of  the  deity  and  priests 
dressed  in  yellow  in  attendance,  some  with  people  dressed  in  dark  coloured  caps 
and  trowsers,  whom  the  Chinese  call  Ho-Shyeng  and  some  with  the  ship  country 
Kulas  in  attendance  on  the  image  of  Devadat,  which  they  worship  (s.  Bumey). 
Nach  dem  Dabchurlik  Erdeni  wird  Devadatta  verkehrter  Weise  für  einen  Wider- 
sacher gehalten,  da  seine  Feindseligkeiten  nur  dazu  dienen  sollten,  die  Vorzüge 
des  Bodhisattwa  zu  befestigen. 


Betel-Kauen.  151 

Siamesen  schienen  mir  indess  noch  inveterirtere  Kauer  zu  sein. 
Distances  are  often  estimated  by  the  number  of  pawns,  that  will 
be  consumed  on  the  road,  sagt  Yule  von  den  Kasia's.  Der  Mund 
und  damit  das  Gesicht  wird  durch  diese  beständige  Bewegung 
der  Kinnbacken  sehr  entstellt,  denn  wie  Lavater  sagt:  „  die  Muskeln 
um  den  Mund  herum  sind  dem  Sitze  der  Seele  am  nächsten,  da 
kann  sich  der  Mensch  am  wenigsten  verstellen.  Daher  das  häss- 
lichste  Gesicht  angenehm  wird,  wenn  es  noch  gute  Züge  am  Munde 
übrig  behalten  hat,  und  einem  wohlorganisirten  Menschen  nichtsin 
der  Natur  so  widrige  Empfindungen  erregen  kann,  als  ein  ver- 
zogenes Maul. "  Ein  alter  Herr,  der  mich  bei  seiner  Visite  mit  dem 
Abhidhamma  in  derHandtraf,  verglich  die  Weisheit  desselben  mit 
dem  unermesslichen  Ananda*),  der  nur  in  dem  Ocean  für  seinen 
Riesenkörper  Spielraum  findet,  ein  den  Buddhisten  mehrfach  be- 
kanntes Simile.  Unter  der  Constellation  des  Orion  sprang  der 
Mietmo-Berg  hervor,  und  um  ihn  schlingt  sich  der  ungeheure 
Fisch  Ananda  im  Kreise  herum. 

Die  Könige  der  sechs  Nat-Himrael  sind  von  dem  Thagya- 
könige  eingesetzt,  der  grösser  als  die  Herrscher  der  Bhyamma- 
Himmel,  eigenem  Glänze  entsprang,  und  dessen  Stellvertreter  auf 
der  Erde  jetzt  in  Mandalay  libcr  Birma  herrscht.  Die  Birmanen 
theilen  die  Baedin  (Vaedau)  in  drei  Blicher  (Sama,  Yajau  und 
Ihshyu),  sagend,  dass  die  vierte  (Ahtappan)  verloren  gegangen. 
Unter  den  Wesen  der  niederen  Welt  sind  die  Peittan  (Pretas)  mit 
riesigen  Gliedern,  dicken  Augen  und  kurzen  Lidern,  mit  unge- 
heurem Bauch  und  nur  ganz  kleinem  Munde,  wie  ein  Nadelöhr, 
versehen.  Sie  leben  zwischen  Erde  und  Hölle.  Die  Athurakay 
sind  eine  Art  Wesen,  die  bei  Tage  Menschen  sind  und  bei  Nacht  in 
die  Hölle  fallen,  oder  bei  Nacht  Menschen  werden  und  bei  Tage 
in  die  Hölle  fallen.     In  den  Bäumen  des  Waldes  lebt  ein  Unge- 

*)  Dans  le  fond  de  la  terre»  appel^e  Kasatala,  est  le  monde  des  serpents,  au 
milieu  dnquel  apparait  l'dtre  mysti^rieux,  l'essenee  de  l'univers,  le  dieu-serpent  k 
mille  tdtea,  dont  le  si^ge  est  form^  des  cous  de  serpents,  qui  sont  une  partie  de  sQn 
propre  corps,  ce  raaitre,  qui  a  pour  symbole  un  palmier  d'or  et  dont  la  uiain  tient 
un  soc,  ce  souverain  de  la  mer  nni verseile  a  pour  nom  Ananta  (rinfini)  ou  Sdcha 
(ce  qui  reste  k  Jamals),  11  porte  la  terre  et  c'est  sur  son  dos,  que  repose  Yichnu, 
le  dien  conservateur  (s.  Troyer). 


152  I>er  königliche  Palast. 

thttm,  Oupakaoder  Azehn(der6rUne)  genannt,  das  ungesehen  auf 
Daruuterb ingehende  herabfällt  und  sie  krank  macht.  Ausserdem 
haust  in  den  wUsten  Jungein  der  Puht  genannte  Tazeit,«der  Solche, 
die  sein  Gebiet  betreten  sollten,  in  Fieberfrösten  schüttelt  und 
exorcisirt  werden  muss.  Wenn  Jemand  nach  einem  Falle  auf 
die  Erde  später  Unwohlsein  verspüren  sollte,  so  werden  auf  der- 
selben Stelle  dem  Myae-put-beluh  Opfer  gebracht.  Verletzt  er 
sich  schon  im  Augenblick  des  Fallens  oder  stürzt  er  in  einem 
apoplektischen  Anfall  nieder,  so  ist  er  von  Tazay-Pazoga  gepackt, 
und  die  heilkräftige  Arznei  gegen  ihn  muss  dem  Körper  eintättowirt 
werden.  Nach  dem  kosmologischen  System  der  Buddhisten  geht 
die  Schöpfung  aus  dem  Wirken  der  Naturgesetze  hervor,  doch 
können  die  Nat  in  Folge  ihrer  angesammelten  Verdienste  zu- 
weilen in  übernatürlicher  Weise  darin  eingreifen  und  in  der  Erde 
Goldminen  oder  in  den  Wäldern  Blumen  schaffen,  wie  die  schatten- 
losen Belu's  durch  furchtbare  Erscheinungen  von  Büffeln,  Tigern 
u.  8.  w.  zu  schrecken  vermögen. 

Unter  den  mir  von  Moung-gyi  gemachten  Noten  finde  ich 
die  folgende :  Des  Stolzes  sind  14  Arten :  Behaglich  in  des  Schattens 
Ktthle  zu  lagern,  mit  der  Götterhimmel  Macht  zu  seinem  Befehle 
und  siegreich  über  seine  Feinde,  das  ist  des  Thagya  -  Königs 
Stolz.  Frei  die  Aetherlüfte  zu  durchkreisen,  ohne  Hinderniss 
oben  noch  unten,  darin  liegt  der  Stolz  des  Galun.  Seine  wunder- 
baren Werke,  glänzend  und  strahlend,  machen  den  Naga  stolz. 
Seine  Gegner  zu  überwinden  und  jeden  Widerstand  zu  vernichten, 
das  ist  des  Löwen  Stolz.  Gehorsame  Sklaven  zu  seinen  Diensten 
mit  Ueberfluss  an  Gold  und  Silber  zu  haben,  das  ist  des  Satay  *) 


*)  Satae  (Thatae  ausgesprochen)  meint  einen  Reichen  oder  überhaupt  die  bei 
den  Buddhisten  denVaisya  entsprechende  mittlere  der  drei  Kasten.  In  Gautama's 
Legenden  spielen  immer  die  Satae  sa  Cdes  reichen  Mannes  Sohn),  was  sagen  will, 
ein  Mitglied  der  wohlhabenden  Bürgerklasse,  die  an  der  Seite  der  Prinzen  und 
Priester  dann  auch  den  Adel  repräsentirt.  Als  Geldaristokratie  entspricht  es  den 
boni  homines,  ähnlich  den  Rachimburgi  der  Franken,  den  Arimanni  der  Lombar- 
den, den  ricos  hombres  der  Spanier  und  den  Orangkaya  der  Malayen.  Dies  Sa- 
tae oder  Sutae  correspondirt  mit  dem  siamesischen  äresthi  (Setthi  ausgesprochen), 
in  der  Ableitung  vom  Pali,  aber  die  birmanischen  Etymologisten  erklären  es  als 
Sa  (Person)  tae,  welches  Wort  mit  kyae  (reichlich)  und  ?a  (satt)  identisch  sei. 


Spruch  Wörter.  153 

(des  Reichen)  Stolz.  Beim  Sehalle  der  Gong  und  unter  mili- 
tärischer Musik  einherzuadehen,  das  macht  den  Kriegsmann  stolz. 
Seine  Arbeit  treulich  beendet  und  erfüllt  zu  haben,  das  ist  der 
Stolz  des  Landmanns.  Die  Macht  der  Wissenschaft  und  Bücher 
giebt  dem  Kahanda  Stolz,  lieber  die  geschlagenen  Feinde  za 
triumphiren  und  sich  mit  ihrer  Beute  zu  bereichern,  darauf  ist 
der  Fürst  stolz.  Im  angenehmen  Unterhaltungston  zu  reden,  ist 
der  Stolz  der  Frau.  Berühmt  und  stark  durch  seinen  Arm  zu 
sein,  giebt  dem  Manne  Stolz.  Glückliche  Kuren  seiner  Medicinen 
machen  den  Arzt  stolz.  Auf  seine  Weisheit  und  die  Kenntniss 
der  Veda  ist  der  Pona  stolz.  Das  sind  die  14  Arten  des  Stolzes, 
doch  sei  Zorn  und  Hochmuth  vermieden.  Dann  heisst  es  im 
Nitikyam:  Einer  Frau  Keichthum  ist  ihre  Schönheit,  eines  Man- 
nes seine  Gelehrsamkeit,  seine  Familie  und  sein  guter  Name, 
einer  Schlange  ihr  Gift,  eines  Mächtigen  seine  Stellung,  sein  Ein- 
fluss,  sein  Stand  und  die  Zahl  seiner  Diener,  eines  Priesters  seine 
Moralität,  eines  Brahmanen  seine  Beschwörungen  und  Voraus- 
saguugen. 

Von  solchen  und  ähnlichen  Spruchtexten,  auf  alle  mög* 
liehen  Verhältnisse  des  Lebens  bezogen,  besitzen  die  Birmanen 
einen  Ueberfluss.  Meine  Besucher  brachten  mir  oft  ganze  Tafeln 
voll  damit,  oder  schrieben  sie  aus  dem  Gedächtnisse  auf  meine 
Tafeln  nieder.  Die  meisten  waren  gemischt  aus  Pali  und  Anet 
(die  birmanische  Erklärung  dazu),  andere  nur  im  Birmanischen 
und  gewöhnlich  in  Linga  (poetischen  Metren).  Zuweilen  fanden 
sich  Ausdrücke  aus  der  Hofsprache  eingemischt.  Die  letztere 
verlangt  fast  ein  Studium  für  sich,  da  sie  ganz  andereWorte  sub- 
stituirt.  Das  Wort  für  gehen  z.  B.  ist  verschieden,  je  nachdem 
man  sagen  will,  dass  der  König  geht,  oder  ein  Prinz  geht  oder 
ein  Priester  geht,  und  keins  von  diesen  ist  irgendwie  mit  dem 
Gehen  des  gewöhnlichen  Lebens  verwandt.  Besonders  lästig  ist 
die  Hafspraehe  dadurch,  weil  sich  viele  Sachen  in  ihr  gar  nicht 
ausdrücken  lassen.  Zu  sagen,  dass  der  König  etwas  wünscht 
oder  um  etwas  bittet,  würde,  wenn  nicht  ganz  unmöglich,  nur 
durch  die  weitesten  Umschweife  auszudrücken  sein.  Alles,  was 
vom  König  ausgeht,  ist  ein  Befehl,  er  äussert  sich  in  keiner  an* 


154  ^^r  königliche  Palast. 

dem  Weise,  als  befehlend.  Jede  Anrede  an  ihn  ist  ein  demü- 
thiges  Flehen  um  Gnade,  selbst  eine  allgemeine  Bemerkung,  dass 
der  König  etwas  sagte,  würde  wie  ein  von  Sr.  Majestät  procla- 
mirter  Befehl  herauskommen:  der  König  spricht  nicht,  sondern  er 
hat  befohlen,  und  solche  Ser\ilität  war  ja  früher  sogar  in  Europa 
nicht  unbekannt ,  wo  doch  die  Sprache  nicht  dazu  zwingt. 
Etikettenfehler  sind  gefährlich,  und  in  den  Entscheidungen  der 
Prinzessin  Thoo-Dhamma-Dsari  wird  den  Hofpagen  zur  Warnung 
die  abschreckende  Geschichte  eines  bösen  Edelmanns  erzählt, 
dem  es  bös  ergangen.  Derselbe  hatte  sich  einiger  respectwidriger 
Ausdrücke  gegen  den  König  bedient  und  wollte,  ganz  vergnügt 
über  seine  Bosheit,  die  er  ausgelassen,  von  dem  Palaste  heim- 
kehren. Als  er  jedoch  durch  die  Halle  passirte,  wo  der  weisse 
Schirm  aufgestellt  ist,  vertrat  ihm  die  Fee,  die  dieses  königliche 
Emblem  hütet*),  den  Weg,  und  hielt  ihn  am  Knopfloch  fest.  Sie 
setzte  ihm  in  einer  langen  Strafpredigt  das  Unziemliche  seines 
Benehmens  und  das  schlechte  Beispiel,  das  dadurch  gegeben 
würde,  auseinander.  Auf  ihren  Wink  schritten  dann  die  beiden 
Riesentiguren  vor,  die  die  Thür  bewachen,  fassten  den  Edelmann 
am  Schopf  und  gaben  ihm  so  lange  Stösse  in  den  Nacken,  bis  er 
sich  tief  genug  verbeugt  hatte;  dann  Hessen  sie  ihn  los,  in  die 
Unbeweglichkeit  des  Steines  zurückkehrend,  und  der  Edelmann 
konnte  nach  Haus  gehen,  sich  seine  Beulen  einzureiben.  Der 
weisse  Chatta  personificirt  das  Königthum,  und  in  einer  Erzäh- 
lung, die  sich  sowohl  im  birmanischen  Dhammatath,  wie  in  der 
siamesischen  Geschichtssammlung  der  Sibsonglieng  findet,  wird 
er  von  den'Ministern  bei  zunehmenden  Unordnungen  im  Lande 
als  Schiedsrichter  angerufen  und  erwählt  durch  sein  Hinneigen 
den   permanenten  König.     Bis  dahin  hatten  die  Söhne  des  ver- 

•)  In  der  Erzählung  aus  Sorprengtschan's  (der  Mann  mit  der  Fingerschnur) 
früherer  Existenz  verhindert  die  Schutzgottheit  des  Palastes  der  falschen  Ver- 
wandlung der  Schutzgottheit  des  zerstörten  Bildes  (die  gleich  dem  Kischi  aus 
Drangsrong  Ulagpa  herbeigeflogen  kam)  den  Eintritt  bis  auf  den  Gegenbefehl 
Rangta's  (des  Buntfüssigen),  der  später  durch  die  Kraft  seiner  Tugenden  ein  am 
Himmel  fliegender  Rakchasa  wurde  und  als  menschen  fressender  Fürst  der  Rak- 
chasa  sich  aus  500  Königen  eine  Festmahlzeit  bereiten  lassen  wollte,  (v.  Schmidt.) 


Schachspiel.  155 

ßtorbenen  Herrschers  abwechselnd  mit  einander  regiert,  wie  die 
neun  Nandas  und  die  Prinzen  im  Sah  -  Königreiche,  mit  denen 
Thomas  noch  die  Brüderschaften  der  Bhaiyachara  in  den  nord- 
westlichen Provinzen  vergleicht,  und  aus  denen  vielleicht  die 
zwei  Könige  in  Siam,  sowie  das  zeitweilige  Dreikönigthum  in 
Kambodia  und  unter  den  weissen  Laos  als  letzter  Rest  Übrig  ge- 
blieben sein  mag. 

Am  folgenden  Tage  fand  ich  mich  beim  Lever  des  Prinzen  ein, 
das  derselbe  unter  der  Verandah  seines  Hauses  abhielt.  Er  be- 
merkte im  Laufe  des  Gesprächs,  dass  die  Indier  das  Wort  Phaya 
wie  Phra  aussprächen,  also  wie  die  Laos  und  Siamesen;  die 
Schreibart  im  Birmanischen  ist  Bura,  und  das  R  geht  bei  ihnen 
stets  in  Y  Über  (wie  Rama  oder  Yama).  Bura  ist  noch  bei  den 
Bhor-Khamti  in  den  Gebirgen  der  Irawaddiquelle  im  Gebrauch. 
Dieser  Laut  schliesst  auch  bei  den  Brahmanen  die  Bedeutung  des 
Göttlichen  sowohl,  als  des  Königlichen  ein,  und  klingt  in  dem 
Titel  Pharao's  wieder,  der  sich  für  einen  Gott  erklärte,  als  (nach 
Sahel  Ibn  Abdullah)  das  Geheimniss  der  Seele  zuerst  oflFenbar 
wurde.  Nach  Salyani  war  Pharao  des  Namens  der  Gottheit  wtlr- 
dig,  and  in  him  the  establishment  of  divinity  gained  predo- 
minance,  aswell  as  in  Moses  the  establishment  of  divine  mission. 
In  einem  der  Zimmer  wurde  Schach  gespielt,  und  lernte  ich  das- 
selbe in  der  birmanischen  Weise,  die  eine  andere,  aber  nicht 
uninteressante  Version  des  unsrigen  ist.  Nach  dem  Ajaib-al- 
Mukklukat  hat  Bazrchember,  derVizir  Nuschirwan's,  das  Schach- 
spiel von  Indien  eingeführt. 

Am  Abend  hatte  ich  ein  erfrischendes  Bad  in  dem  grossen 
und  tiefen  Wasserbassin  vor  meinem  Hause  und  dieser  Vortheil 
würde  schon  für  sich  in  dem  staubigen  und  wasserlosen  Mandalay 
des  Palastwohnens  werth  gewesen  sein.  Der  Hochgenuss  eines 
^hlen  Bades  in  heissen  Tropenländem  übertrifft  jeden  andern, 
und  wenn  nach  neuseeländischer  Ansicht  das  faulenzende  Schwein 
der  Gentleman  Englands  sein  soll,  so  möchte  ich  den  Büffel  das 
glücklichste  Geschöpf  der  Tropen  nennen,  hvo  sie,  so  lange  die 
Sonnenhitze  dauert,  bis  zur  Nase  im  Wasser  stecken.    Die  ge- 


156  ^^^  königliche  Palast. 

nügsamen  Birmanen  halten  sich  kühl,  indem  sie  das  Bild  eines 
Frosches  (das  Emblem  der  Kühle)  in  die  Stube  stellen. 

Die  regelmässigen  Stunden  meines  Professors  hatten  schon 
seit  einiger  Zeit  begonnen ,  als  der  Prinz  mir  mittheilen  Hess, 
dass  ich  zur  Audienz  gewünscht  würde.  Der  König  empfing 
diesmal  in  der  grossen  Thronhalle,  wo  er  auf  einem  vergoldeten 
Canapee  ruhte,  mit  goldenen  Vasen  neben  sich.  Während  seines 
Betelkauens  wurden  ihm  von  Zeit  zu  Zeit  von  Sklaven  Goldbecher 
zum  Trinken  gereicht.  Das  Thronlager  stand  etwas  höher,  als 
der  Estrich  der  Halle,  die,  wohin  man  blickte,  mit  zur  Erde  ge- 
worfenen Körpern  gefüllt  war.  Man  placirte  mich  neben  dem 
Kalawun  und  vorsorglicherweise  an  einer  Stelle,  wo  Pakete 
aufgehäuft  waren,  die  einer  der  Vasallenfürsten  an  dem  Tage  als 
Geschenk  gebracht  hatte.  Ich  konnte  mich  so  nach  Bequemlich- 
keit setzen,  ohne  durch  die  Füsse  das  ästhetische  Gefühl  des  Kö- 
nigs zu  stören,  denn  es  mochte  bei  der  früheren  Audienz  beob- 
achtet worden  sein,  dass  sie  beim  Verändern  der  etwas  gezwun- 
genen Stellung  zu  weit  vorgebracht  worden.  Der  König  richtete 
sogleich  das  Wort  an  mich,  erkuudigte  sich  über  meine  Studien 
und  predigte  dann  über  die  buddhistischen  ßeligionsschriften 
nach  ihrer  Eintheilung  in  drei  Klassen.  Wie  es  ein  äusseres  Auge 
gäbe,  so  auch  ein  inneres,  und  wie  bei  Krankheiten  des  äusseren 
Auges  Medicinen  angewendet  würden,  so  würden  solche  auch  für 
das  innere  Auge  verlangt.  Die  wirksame  Arznei  für  das  letztere 
aber  sei  der  Abhidhamma,  und  zwar  nicht  nur  die  wirksamste, 
sondern  auch  die  einzigste ;  andere  gäbe  es  nicht.  Damit  sie  aber 
ihre  volle  Kraft  ausüben  könne,  müsse  die  Constitution  durch 
einen  Cursus  von  Vorbereitungen  für  ihren  Empfang  fertig  sein, 
und  der  erste  Schritt  zu  demselben  bestände  in  der  Beobachtung 
der  fünf  Gebote.  Er  wolle  mir  dieselben  nennen,  und  er  bäte 
mich  inständigst,  denselben  nachzuleben.  Nach  dem  Aufzählen 
fragte  er  mich,  ob  ich  nicht  geneigt  wäre,  sie  gleichfalls  anzuer- 
kennen. Ich  bemerkte,  dass  die  meisten  Religionen  diese  ein- 
fach  ersten  Moralgesetze  vorschrieben,  und  konnte  ausserdem 
versichern,  dass  ich  alle  beobachte,  denn  auch  das  fünfte,  die  Ver- 
meidung berauschender  Getränke,  wird  von  mir,  wenn  ich  auf 


Der  königliche  Prediger.  157 

Reisen  unter  den  Tropen  in  Bewegung  bin,  stets  gehalten,  noch  stren- 
ger, als  von  manchem  Buddhisten^  da  ich  Thee  zweckmässiger  finde. 
Nur  über  das  erste  Gebot  des  Nichttödtens  gab  es  eine 
Difterenz.  Ich  sagte  dem  Könige,  dass  wir  Europäer  an  anima- 
lische Nahrung  gewöhnt  wären,  und  dass  wir  ohne  Fleischgenuss 
nicht  in  voller  Gesundheit  bleiben  würden.  Das  hat  ja  nichts  da- 
mit zu  thun,  entgegnete  der  König,  Fleisch  essen  mag  Jeder  und 
es  ist  auch  von  mir  nicht  verschmäht.  Man  muss  nur  die  Thiere 
nicht  selbst  tödten,  sondern  es  durch  Andere*)  ausfuhren 
lassen.  Wenn  einmal  todt,  geht  es  uns  nichts  an,  wer  derThäter 
ist.  So  war  diese  Controverse  beseitigt.  Aber,  warf  ich  ein,  wie 
es  sich  denn  damit  verhielte,  wenn  man  sein  Leben  zu  vertheidigen 
hätte  ?  Man  würde  doch  immer  berechtigt  sein,  einem  Todtschlag 
beabsichtigenden  Angreifer  darin  zuvorzukommen?  Der  König 
war  anderer  Meinung.  Wer  noch  solch'  rohe  Ansichten  hätte, 
möchte  gar  glauben,  das  Eecht  zu  haben,  kleine  Insecten  zu 
tödten**)  (denn  solche,  die  auf  den  Körpern  krabbeln,  giebt  es 
auch  in  Birma,  und  selbst  im  Hause  desGoldfüssigen).  Er  drang 
in  mich,  dieser  Häresie  zu  entsagen,  wenigstens  für  die  Zeit,  dass 
ich  in  seinem  Palaste  lebe,  und  ich  erklärte  mich  bereit,  voraus- 
gesetzt, dass  ich  unter  seinem  mächtigen  Schutze,  unter  dessen 
Throne  alle  Wesen  der  Schöpfung  huldigend  aufgestellt  sind,  von 
Niemandem  provocirt  würde.     Dann  um  seine  Lehren  durch  ein 


*)  Ehe  sie  assen,  sagten  di(^  Electen  der  Manichäer  zDm  Brode:  ..Nicht  ich 
war  es,  der  das  Getreide  geerntet  hat,  aas  dem  da  gemacht  wardest,  nicht  ich, 
der  dich  mahlen  Hess,  der  das  Mehl  stampfte,  der  es  in  den  Ofen  schob.  Es  war 
ein  Anderer,  der  Alles  dieses  that  nnd  dich  mir  brachte,  so  dass  ich  dich  un- 
schuldig esse.  **  Haben  die  Ostjäken  einen  Bären  getodtet,  so  bitten  sie  ihn  um 
Verzeihung  und  werfen  die  Schuld  auf  den  Russen,  der  das  mörderische  Eisen 
geschmiedet  habe. 

**)  Die  buddhistische  Geschichte  kennt,  wenigstens  in  den  Legenden,  die 
Namen  mancher  Könige,  die,  um  das  Blutvergiessen  eines  Krieges  zu  vermeiden, 
lieber  freiwillig  ihr  Land  verliessen,  und  von  einem  der  früheren  Könige  8iam's  be- 
richten anch  die  Annalen,  dass  er  seinen  Soldaten  beim  Abmarsch  einschärfte,  in 
der  Schlacht  möglichst  hoch  zu  feuern,  um  keinen  Menschenmord  zu  begehen  und 
die  Feinde  lieber  nur  durch  den  Knall  zu  verjagen.  So  geschah  es  z.  B.  in  dem 
durch  Cyprian's  Kühnheit  beendeten  Feldzug. 


158  I^cr  königliche  Palast. 

praktisches  Exempel  zu  illustriren,  gab  er  ein  Zeichen,  worauf 
ihm  einige  Goldkäfige  mit  Papageien  gebracht  wurden.  Sie  öff- 
nend und  den  Vögeln  die  Freiheit  schenkend,  schaute  er  trium- 
phirend  nieder  auf  den  blutdürstigen  Heiden,  der  sich  nicht 
scheute  auf  Mttckenmord  zu  sinnen.  Die  Papageien  sollen  indess, 
da  sie  den  Weg  aus  dem  Palaste  nicht  so  leicht  finden  können, 
in  der  nächsten  Stube  wieder  aufgefangen  werden,  um  eine  neue 
Vorstellung  zu  erwarten.  Der  König  that  dann  noch  mehrere 
Fragen,  worunter  nach  der  Behauptung  des  Über  solch  unchrist- 
liches Gespräch  schon  längst  entsetzten  Kalawun  auch  die  ge- 
wesen sein  soll,  ob  ich  gleich  ihm  selbst  den  Thatanabyne,  i.  e. 
den  Oberpapst  sämmtlicher Burmanen,  ^anbeten"  wolle.  Der  mir 
mitgetheilte  Ausdruck  konnte  jedoch  im  Birmanischen  auch  nur 
bedeuten  „Ehrerbietung  bezeigen''  oder  „Aufwartung  machen^. 
Pa indess  mein  Dolmetscher  weder  mit  seinem  Englischen  noch  mit 
seinem  Biroianischen  recht  in's  Klare  zu  kommen  schien,  Hess 
ich  den  König  bitten,  mir  solche  dubiöse  Fragen  lieber  schriftlich 
zukommen  zu  lassen,  worauf  ich  dann  in  gleicher  Weise  ant- 
worten könne. 

Se.  Majestät  hatte  dann  die  Gewogenheit,  sich  nach  meinen 
häuslichen  Einrichtungen  zu  erkundigen ,  und  fragte ,  wie  hoch 
sich  meine  Ausgaben  im  Monat  beliefen.  Da  die  Ausgaben  auf 
meinen  Reisen  in  höchst  verschiedener  Weise  wechseln  und  ich 
erst  wenige  Tage  im  Palast  war,  hatte  ich  nicht  die  geringste 
Idee  darüber,  und  glaubte  ohnedem,  dass  dies  eine  jener  über- 
flüssigen Fragen  sei,  worin  sich  die  Birmanen  auszeichnen,  und 
auf  die  es  sehr  gleichgültig  bleibt,  was  man  antwortet.  Ich 
nannte  also  eine  ungefähre  Summe ,  und  das  Gespräch  ging  mit 
anderen  Fragen ,  ebenso  nichtssagend ,  weiter. 

Während  desselben  sah  ich  ein  Individuum  auf  mich  heran- 
kriechen und  einen  vor  sich  hergeschobenen  Sack  neben  mich 
stellen ,  von  dem  ich  durch  den  Kalawun  hörte ,  dass  er  die  vom 
Könige  für  meine  Ausgaben  geschickte  Summe*  enthielte.  Obwohl 
es  zu  Ihn  Batuta's  oder  Hiouenthsang's  Zeit  Mode  gewesen  sein 
mag,  dass  Reisende  sich  solch  königlicher  Gunstbezeigungen 
rühmten,  so  war  mir  doch  Nichts  daran  gelegen,  und  ich  bat  den 


Bhnndogyi.  169 

Kalawun ,  dem  Könige  zu  sagen ,  dass  ich  das  Geld  weder  be- 
dürfe ,  noch  wünsche.  Dieser  Hofherr  wUrde  sich  aber  eher  die 
Zunge  abgebissen  haben ,  und  da  die  Zurückweisung  eines  kö- 
niglichen Geschenkes  in  öffentlicher  Audienz  immer  ein  grosser 
Etikettenverstoss  gewesen  sein  würde,  Hess  ich  es  dabei  be- 
wenden. Der  König  deutete  dann  auf  den  Beutelträger ,  nannte 
ihn  seinen  Schatzmeister,  und  sagte,  dass  ich  ihn  am  Ende  des 
Monats  um  neue  Auszahlung  angehen  und  auch  für  sonstige  Be- 
dürfnisse mich  an  ihn  wenden  solle.  Da  ich  im  zweiten  Termin 
keine  Application  machte,  besuchte  er  mich  selbst  mit  gefüllter 
Börse.  Ich  protestirte  jetzt  ihm  gegenüber  entschiedener  und 
erklärte,  dass  ich  gerne  des  Königs  Gastfreundschaft  angenom- 
men habe ,  aber  nicht  in  seinem  Solde  stehen  wolle.  Er  ver- 
wahrte sich  gegen  eine  solche  Auffassung:  der  König  mache  Ge- 
schenke, um  seine  Ruhmesgrösse  (Bhundogyi)  zu  erhöhen  und 
besonders  an  femhergekommene  Fremde.  Ich  sei  sein  Gast,  und 
da  er  mir  keine  Speisen  aus  seiner  birmanischen  Küche  schicken 
könne ,  »ende  er  an  ihrer  Statt  die  nöthigen  Ausgaben  *)  für  den 
Koch.  Geschenk  sei  ein  Geschenk,  und  ob  das  Silber  geprägt 
oder  sonst  verarbeitet  sei ,  könne  keinen  Unterschied  machen. 
Ohnedem,  womit  immer  Alles  abgeschnitten  war,  sei  es  des 
Königs  Befehl.  Allerdings  machen  die  Birmanen  nicht  den 
Unterschied  zwischen  Geld  und  anderen  Geschenken ,  und  wür- 
den mit  derselben  Unbefangenheit  eine  Münze  nehmen,  als 
ein  Medaillon,  wie  sie  überhaupt  wohl  noch  nichts  verweigert 
haben,  aber  mir  war  die  Sache  doch  unangenehm.  Ich 
steckte  die  zweite  Summe  zu  der  ersten  in  eine  besondere 
Tasche,  und  später  kam  nicht  mehr  viel  hinzu,  denn  als  die 
Schreiber  in  der  Rechnungskammer  merkten,  dass  ich  mir 
nichts  daraus  mache  uud  das  Geld  nicht  einmal  zähle ,  zählten 
sie  es  unter  sich  ab,  um  mich  fernerer  Mühe  zu  überheben.  Als 
ich  später  den  Palast  verliess ,   fand  ich  den  Werth  der  von  mir 


•)  Dr.  Richardson  während  seines  Aufenthalts  in  Monay  ging  es  nicht  besser. 
The  Tsoboa  sent  my  five  baskets  of  rice  and  48  tickals  of  coarse  silver  for  ray 
ezpences,  which  I  was  obliged  to  accept. 


160  I^er  kSoigHdie  Palast. 

erwarteten  Geschenke  weit  die  volle  Summe  übersteigen ,  auch 
wenn  ich  sie  wirklieh  erhalten  gehabt  hätte,  und  das  anfangs 
Empfangene  konnte  in  passender  Weise  verwendet  werden,  um  zum 
Theil  meinen  im  Palaste  selbst  ausgeplünderten  Diener  wieder 
auszustatten,  da  diejenigen  Personen,  die  ihn  für  diesen  ßaub- 
anfall  hätten  entschädigen  sollen ,  sich  von  der  Verantwortung 
loszumachen  suchten. 

Am  Abend  nach  der  Audienz  hatte  ich  einen  langen  Besuch 
vom  Prinzen ,  der  in  voller  Gala  kam  und  von  seinem  ganzen 
Hofstaat  umgeben.  Er  war  dabei ,  sich  eine  Leibgarde  Unsterb- 
licher zu  bilden,  d.  h.  Unverwundbarer,  und  producirte  mir  solche, 
mit  denen  es  schon  geglückt  war.  Ausser  den  in  die  Haut  ein- 
geritzten Amuletten,  müssen  sie  für  längere  Zeit  gewisse  Medi- 
cinen  essen ,  wodurch  schliesslich  das  Fleisch  am  ganzen  Körper 
hart  wie  Eisen  wird,  und  von  keinem  Schwert  durchdrungen 
werden  kann.  Einige,  die  noch  unter  den  Händen  des  Operateurs 
waren,  sassen  in  etwas  kläglichem  Zustande  da;  dem  Einen  war 
sein  Aim  dick  und  feurig  aufgeschwollen,  und  zeigte  unter  einan- 
der eine  Reihe  von  vier  breiten  Verbandstellen ,  in  denen  Gold- 
blättchen unter  der  Haut  eingefügt,  aber  noch  nicht  geheilt  waren. 
Indess  behauptete  er ,  keinen  Schmerz  zu  empfinden  und  verzog 
sein  Gesicht  zu  einem  gewaltsamen  Lächeln  der  Bejahung,  als 
der  Prinz  ihn  fragte ,  ob  er  nicht  seit  den  Einschnitten  wie  neu 
belebt  sich  fühle.  Auch  mit  den  magischen  Formeln  eines  Yathay 
beschriebenes  Silber  wird  eingefügt,  um  gegen  Kugeln  oder 
Lanzen  zu  schützen.  Ehe  das  Tättowiren  beginnt,  bespricht  der 
Operateur  die  Haut ,  so  dass  dieselbe  unempfindlich  wird.  Doch 
scheinen  es  die  Patienten  selbst  nicht  recht  zu  glauben.  Sollten 
indess  Skeptische  über  Schmerz  klagen,  so  wird  ihnen  versichert, 
dass  derselbe  ohne  die  Mantras  noch  viel  ärger  sein  würde. 

Der  Prinz  Hess  ein  Buch  herbeibringen  mit  kabbalistischen  Fi- 
guren gegen  alle  Arten  Unglücksfälle.  Andere  Mittel  waren  bild- 
lich. Durch  das  Einätzen  eines  Schwert  tragenden  Mannes  wird  man 
sicher  gegen  Schwerter ,  einer  Katze  mit  Lanze  im  Maul  gegen 
Lanzen,  einer  Katze  mit  einem  Kinde  im  Maule  gegen  Ketten,  eines 
Pfaues  am  Halse  gegen  Enthauptung,  eines  gefesselten  Mannes 


Die  unsterbliche  Legion.  161 

gegen  goldene  Ketten,  eines  Belu  gegen  Knüppel,  eines  Sehweines 
gegen  Kugeln  u.  s.  w.  Die  unter  der  Haut  eingefügten  Talismane, 
Zek  genannt,  behalten  ihre  Kraft  nur  für  drei  Jahre  und  müssen 
dann  erneuert  werden.  Der  Prinz  versprach  oft,  mir  einen  ocularen 
Beweis  von  der  Unverwundbarkcit  seiner  Palauquine  zu  geben, 
führte  es  aber  nie  aus.  Nur  einmal  kam  Einer  derselben  athemlos 
von  dem  Hause  des  Prinzen  nach  dem  meinigen  herübergelaufen 
und  zeigte  mir  drei  rothe  Striemen  auf  seinem  Beine.  „Sieh, 
sagte  er,  dreimal  hat  der  Prinz  mit  seinem  Schwert  nach  meinem 
Bein  gehauen,  und  nicht  tiefer  eindringen  können,  als  nur  diese 
dünnen  Streifen  zu  hinterlassen.  Jetzt  wird  es  doch  weiter  keiner 
Ueberzeugung  bedürfen."  Uebrigens  haben  die  Birmanen  immer, 
wenn  hart  gedrängt,  die  Ausrede,  sollte  man  an  der  Sicherheit 
ihrer  unverwundbar  machenden  Amulette  zweifeln,  dass  ihre 
Sünden  bis  jetzt  noch  der  vollkommenen  Wirksamkeit  schadeten. 
Mein  Professor  pflegte  einige  Stunden  am  Vormittage  zu 
kommen,  um,  wenn  der  Prinz  in  der  Nähe  war,  mir  birmanisch 
vorzubuchstabiren,  sonst  aber  buddhistische  Psychologie  zu  er- 
klären. Während  des  Tages  hatte  ich  viele  Besuche,  und  Abends 
war  meistens  eine  ausgewählte  Gesellschaft  versammelt,  die 
meine  Cigarren  vortrefflich  fanden ,  und  denen  ich  es  an  Thee 
nicht  fehlen  Hess ;  denn  so  lange  es  solchen  noch  gab ,  so  lange 
wurde  erzählt.  Es  sind  fünf  der  Dinge ,  die  der  Gentleman  be- 
obachten muss :  die  Haare  aufgebunden ,  die  Knochen  auswärts 
gedreht,  die  Haut  glatt,  das  Fleisch  weich  und  die  Lippen 
voll.  Die  birmanischen  Damen  bestreuen  sich  mit  kosmetischem 
Pulver  gelber  Farbe,  um  heller  zu  erscheinen  und  färben  die 
Nügel  an  Händen  und  Füssen  roth.  Die  Ssoki  (Jogi)  genannten 
Yathay  oder  Eremiten  lebten  früher  am  Firmament.  Dort  massen 
sie  die  Entfernungen  der  Sohne,  des  Mondes,  der  Sterne,  und  alle 
diese  Entdeckungen  wurden  nebst  den  Heilkräften  der  Talismaue 
in  Bücher  niedergeschrieben,  die  später  von  den  Birmanen  auf 
Erden  gefunden  und  noch  jetzt  studirt  werden.  Das  Buch  der 
Weltweisheit  Lokanidi  dient  auch  zugleich  zum  Complimentir- 
buch.  Yansitta  mit  der  Unterstützung  von  Nalolaepe  und  Na- 
tuayju  grub  den  grossen  See  von  Aum-pin-lay  aus,   und  kein 

B  Mtian,  Oitasien.    II.  1 1 


162  I^er  königliche  Palast. 

Reitersraann  kann  dort  vorbeipassiren,  da  das  Pferd  in  das  Wasser 
rennen  würde.  Leber  mein  Bett  gjib  es  eine  neue  Consultation. 
Ich  hatte  glücklich  die  Füsse  von  der  Seite  des  Königs  wegge- 
bracht, aber  man  darf  auch  nicht  mit  den  Füssen  gegen  Osten 
schlafen,  wo  die  Sonne  aufgeht,  ein  Buddhist  auch  nicht  gegen 
Westen,  wo  der  Bodhi-Baum  steht.  Nobody  ought  to  put  bis  feet 
upon  the  shade  of  a  I)iw,  of  a  king,  a  i)receptor,  a  saint  and  a 
married  wife  of  another,  bemerkt  der  Dabistan  von  den  Brahmanen 
(s.  Shea). 

Unter  den  Besuchern  befand  sich  auch  ein  junger  Tsoboa  aus 
dem  Schanlande,  der,  um  Anhänglichkeit  an  Birma  zu  gewinnen, 
vom  Könige  mit  den  anderen  jungen  Prinzen  erzogen  wurde,  bis 
er  majorenn  geworden^  um  selbst  sein  Land  zu  verwalten.  Oft 
werden  auch  die  Söhne  der  Tsoboa  als  Geissein  am  Hofe  Manda- 
lays  zurückbehalten.  Während  meiner  Anwesenheit  inMandalay 
hörte  man  von  L'nruhen  unter  den  Schau  sprechen  und  einige  Male 
rückten  Truppen  dorthin  aus.  Moung-gyi  las  aus  einem  mitge- 
brachten Buche  die  Geschichte  der  Witaba  vor,  die  im  Würfel- 
spiel durch  König  Korapa  an  einen  Belu  verloren  wurde.  Eine 
beliebte  Leetüre  ist  auch  die  Lebensbeschreibung  des  alten  Mini- 
sters Aporaza  (Aporazabon),  der  dem  Könige  die  nationalökono- 
mischen Grundsätze  niedriger  Steuern  zur  Vermehrung  des  Ein- 
kommens lehrte,  aber  auch  den  macchiavellistischen ,  dass  beim 
Kriege  benachbarter  Staaten  gewartet  werden  müsse,  bis  sie  sich, 
wie  zwei  Streithäline ,  erschöpft  hätten,  um  dann  Beider  Länder 
für  sich  selbst  wegzunehmen.  AVenn  du  Feuer  ausmachst,  lass 
keinen  glimmenden  Funken  übrig,  wenn  du  Schulden  bezahlst, 
lass  Nichts  zurück,  und  im  Kriege  schone  keines  einzigen  Feindes, 
denn  diese  drei  Dinge  werden  sich  vermehren  und  deinen  Unter- 
gang herbeiführen  (nach  dem  Niti-kyam). 

Die  Bekleidung  des  Birnmnen  l)esteht  in  dem  Putzo,  einem 
langen  Stücke  Tuch ,  das  um  die  Lenden  geschlagen  und  dort 
befestigt  wird,  und  mir  wurden  von  einem  der  eleganten  Stutzer 
die  verschiedenen  Wege  erklärt,  wie  sich  dieses  Gewand  tragen 
lässt.  Die  hauptsächlichsten  beschränken  sich  auf  vier:  Wenn 
geschäftig,   im  Arbeiten,    raschen  Gehen  oder  Laufen  rollt  der 


w 


t>ie  priDzlicbe  Kapelle.  Iß^ 

Birmane  deu  Putzo  dicht  um  die  Lenden  zusammen  und  stopft 
ihn  dort  fest.  In  kühlen  Morgen  und  Abenden  zieht  er  das  eine 
Ende  über  Kopf  und  Schultern  und  hüllt  sich  ganz  darin  ein. 
Wenn  er  über  die  Strasse  oder  nach  dem  Markte  geht,  oder 
herumspaziert,  trägt  er  das  freie  Ende  über  der  einen  Schulter 
und  fasst  es  mit  der  Hand  zusammen.  AVenn  er  einen  höflichen 
Besuch  zu  machen  hat,  befestigt  er  das^  freie  Ende  an  der  Taille 
und  lässt  es  als  Schürze  davor  niederfallen.  Der  obere  Theil  des 
Körpers  ist  meist  unbedeckt,  aber  bei  festlichen  Gelegenheiten 
bekleiden  ihn  die  besseren  Klassen  mit  einer  ( gewöhnlich 
weissen)  Jacke,  und  legen  dann  auch  eine  weisse  Stirnbinde  an, 
während  sonst  die  bunten  Kopftücher  vorgezogen  werden.  Zum 
Schlafen  dient  einfach  eine  Morgens  mit  dem  Kopfkissen  aufge- 
rollte Matte ,  die  Abends  auf  der  Erde  oder  einer  Unterlage  aus- 
gebreitet wird.     Den  Priestern  sind  hohe  Bettstellen  verboten. 

Am  Abend  kam  der  Prinz  von  seiner  Concertban^e  begleitet, 
und  Hess  sie  mir  aufspielen.  Sein  Hauptsänger  kreischte  in  der 
höchsten  Fistel  die  Töne  hervor,  auf  Knieen  und  Ellbogen  lie- 
gend. Ich  Hess  die  zum  Liede  gehörenden  Worte  von  Moung 
Schweb  aufschreiben. 

Einer  der  Minister  Bodopaya's,  ein  früherer  Myowun,  wurde 
durch  die  Ungnade  des  Königs  nach  dem  öden  Maesa- Gebirge 
(Maeja),  nordöstlich  von  Ava,  verbannt,  und  schrieb  von  dort  seine 
Klagen,  in  seiner  Verbannung  die  Erinnerungen  der  Hauptstadt 
zurückrufend,  wodurch  er  zuletzt  das  Herz  seines  Herrn  rührte  un 
sich,  glücklicher  als  Ovid,  Verzeihung  erwirkte.  Das  Gedicht, 
unter  den  Birmanen  als  Meisterwerk  berühmt,  ist  in  Keimen  ge- 
schrieben, indem  drei  Verse  am  Anfang  und  am  Ende  zusammen 
gehören. 

Auf  des  Macsu's  rauhen  Bergen 
Stiömen  kalt  die  Wasser  hin, 
lieber  mir  der  klare  Himmel 
Weekt  in  seinem  Strahlenglanzc 
Die  Krinn'nuig  jenes  Glanzes, 
Per  in  Hodo's  Schlosse  strahlt, 
Jener  Stadt  so  reich  und  prachtig 
In  der  Tempel  guldnem  Schmuck  ; 

11* 


164 


AUer  ack  iai  Herum  mar '. 

Ytrm .  aek  ferm  i»c  Mzr  ^it  Hrwisk. 

Hin'  iffk  .S^hvTBsra  kiftzizd?:^m. 


B^ea  UMi  ver»km  ä^. 
iWia^B  Ba«k  ü«»i  alu«  Brxi<W^ 
WadK^r  B&r^n  <!r>ct(»ra  «Iat. 
lk>^  ancii  m^äof^  Bi>'i?a  b^c»»« 
Mit  dn  Gabm.  «i^  Kk  faadcir. 


U>u  kk  hitf  «irB  Blkk  erk«ke. 
DvBk«lkeü  U^L-in;^!  ibkk. 
>teil  •!***  Ber^»rt  *<kp>ff'e  Vaaer 
Zo  dips  Himm«^!  «tnH>c  i^m|^>r 
S(mkea4  qsskit  ■■  «ick  d«r  2CvIk^1 

^CKn«B  aiL»  d<^n  Wolkf^a  nk^ierr 

^L1m<  ob  Mittag  trüb  die  Sobb« 

Ib  «i«»  GoCte»  ^obiniHB  Wagea 

Mir  T.*rbBiJ«sd :  —  d«*BB  aaek  er  hat  airk  vcrfcaw««. 

[»er  Bit  «eines  fifge«  Straklea 

Aller  Weif  G-?!<eköpfe  warvt. 

\Lr  ireraektrc  dea  VertoBBtc« 

Hkr  aa  i£i»-MiB  kaltea  ^ytl. 

Ib  4(*r  ;i:*>IdaeB  Stapft  aar  m^  iek. 

Wo  'He  koklra  Str*>aie  qaellea. 

Wo  der  Ktimie  diekter  Sebattea 

LiebÜek  ^ek  in  Bwen  «•>ibc. 

LK«t  Lofttwaatller  la  eutpCaa^ea, 

Wo  Biit  Saod  be^tnrare  SrrXfeea 

Dorek  d«fr  i^rtea  Heeken  ziebB. 

Last  oad  Saaz  »li•^  Laft  erfallc 

la  *\»rT  ^oltiaea  Stadt  aar  weil*  ick.  — 

Aek  ia  dea  Gedaakea  aar. 

l'm  Btana  Elend  BM^kr  sn  fokfea 

Uirr  aof  Maefia*!»  H«<k^«Ur;c. 


i 


Epistolae  ex  Maesa.  165 

Wo  in  Lehm  nnd  Schmutz  wir  waten, 

Wo  die  rauhe  Windesbraut 

An  den  wilden  Wäldern  schüttelt, 

Deren  schweigend  dumpfe  Oede 

Nie  des  Menschen  Stimme  bricht. 

Pfade  seh'  ich  vielfach  kreuzen, 

Die  zu  fremden  Fernen  leiten ; 

Täglich  blick'  ich  auf  die  Wälder, 

Die  unheimlich  grausen  Wälder, 

Doch  der  Blick  wird  nicht  vertraut. 

Wenn  der  vergangnen  Zeit  ich  denke, 

Dann  weil*  ich  in  dem  Konigsschloss, 

Dort  möcht'  ich  folgen,  um  zu  weilen. 

Doch  weil*  ich  unverändert  hier. 

Getrübt  ist  mir  das  Augenlicht 

Im  steten  Schauen  dieser  Berge, 

Die  selbst  nach  ihres  Namens  Klange 

Der  Königsstadt  bekannt  nicht  sind. 

Nichts  hier  gleicht  der  aus  frühern  Tagen 

Mir  theueren  Erinnerung, 

Im  Sommer  nicht,  wie  ich  gewohnt,  die  Wärme, 

Der  Winter,  meiner  Ueimath  Winter  nicht ; 

Die  Sonne  selbst,  in  deren  Strahlenglanze 

Ich  stets  zu  jubeln  und  zu  jauchzen  pflegte, 

Hier  scheint  sie  kalt  und  bleich  in  Nebelhülle, 

Doch  jenseits  dorten  strahlet  in  der  Ferne 

Die  goldne  Stadt  im  Rcgenbogenglanze, 

Der  sich  im  prächt'gen  Spiel  der  bunten  Farben 

Um  ihre  Tempel  und  Paläste  bricht. 

In  der  Nächte  düsterm  Dunkel, 

Das  mich  finster  hier  umfängt. 

Strahlt  mir  stets  die  Stadt  des  Goldes 

Als  ein  Stern  voll  goldncm  Glanz. 

Niemals  könnt'  ich  sie  vergessen, 

Niemals  ist  sie  fem  von  mir: 

Ob  ich  träume,  ob  ich  wache, 

In-.mer  schwankt  vor  meinen  Augen 

Aaf  des  Jammers  Nebelgrunde 

Der  Erinn'rnng  schönes  Bild. 

Vor  mir  steht  die  Stadt,  die  Strassen, 

Heben  sich  die  stolzen  Hallen 

Glitzernd  in  der  Steine  Schmuck, 

Wo  der  ftrommen  Beter  Schaaren 


166  Der  königliche  Palast. 


Sich  zum  hohen  Feste  drangen 

Und  im  heil'gen  Eifer  wetten. 

Aber  hirr  streicht  kalt  die  Windäbraut, 

Heult  der  Sturm  in  wüsten  Wiildern. 

Leuchtet  mir  kein  Hoffnungsstern. 

Ach,  mit  Klagen  und  mit  Weinen 

Ist  mein  Herz  zum  Tode  matt. 

Jetzt  nun  wieder  ist  die  Zeit  gekommen, 

Wo  der  Fasten  fromme  Feier 

Zu  den  Klöstern  und  Pagoden, 

Zu  der  Götter  Tempel  ruft. 

Wie  ein  Traum  vor  meinen  Augen 

Fluthen  Bilder  fruh'rer  Zeiten, 

Die  mich  rufen,  die  mir  winken; 

Doch,  als  ob  ein  weiter  Ocean 

Mich  von  meinem  Hause  trennte, 

Meinem  Weibe,  meinen  Kindern, 

Kommt  mir  keine  Botschaft  zu 

Hier  in  der  Verbannung  Oede 

Und  dann  blick'  ich  in  die  Zukunft, 

Wo  noch  qualvoll  Jahr*  auf  Jahre 

Rollen  und  vergehen  werden, 

Bis  ich  selbst  im  Tod  vergeh*. 

Ach  schon  jetzt  bin  ich  ein  Todter, 

Todt  für  meine  Kinder,  für  mein  Söhnchen, 

Das  auf  meinem  Schoosse  lächelnd  spielte. 

Ach,  für  ihn  auch  bin  ich  todt ! 

Wenn  die  Stadt  in  lautem  Jubel  schallet. 

Buntgeputzte  Schaaren  auf  den  Strassen  drangen. 

Zu  den  reich  geschmückten  Tempeln  ziehn. 

Wo  auch  ihr,  o  meine  Kinder,  früher  folgtet,  — 

Dann  wird  euch  der  Arniuth  Mangel  drücken, 

Traurig  blickt  ihr  bei  den  frohen  Scherzen, 

Trauernd  denkt  ihr  des  verbannten  Vaters, 

Arme  Waisen,  ohne  Vater  nun. 


In  einem  Liebesliede,  das  einer  der  jungen  Herren  bei  einer 
anderen  Gelegenheit  sang,  meldet  er  seiner  Duleinea,  das«  er 
seine  Gefühle  durch  Schreiben  nicht  ausdrücken  könne,  sein  Herz 
sei  zu  voll.  GriflFel  und  Tusche  würden  nicht  genügen ,  die  Zeit 
wUrde  nicht  reichen  in  den  Jahren  seines  Lebens,  und  das  Papier 


LiebesHed.  ]67 

würde  nicht  langen,  sollte  er  auch  genug  zusannnennähen ,  die 
Oberfläche  der  Erde  zu  bedecken.  Die  Lobpreisungen  seiner 
Heissgeliebten  wäre  es  unmöglich,  zu  Ende  zu  singen.  Fern  seien 
die  Hügel  für  ihn  dorthin  zu  wandern  und  er  hätte  zu  warten, 
bis  die  Blüthezeit  der  liäume  gekommen.  In  einer  Novelle,  die 
mir  vorgelesen  wurde,  schreibt  der  Schmachtende  der  Dame 
seines  Herzens:  Wenn  er  an  sie  denke,  wäre  es  ihm,  als  ob  er 
am  Abende  einer  Tagereise  das  Taschentuch  röche,  in  dem  das 
am  Mittag  verspeiste  Hühnerfleisch  eingewickelt  gewesen.  Nur 
der  liebliche  Geruch  sei  geblieben ,  aber  die  Befriedigung  fehle, 
und  so  wecke  ihr  Bild  in  der  Erinnerung  nur  grössere  Sehnsucht 
nach  körperlichem  Zusammensein.  Das  Küssen  der  Birmanen, 
die  dabei  den  Athem  einziehen,  gleicht  mehr  einem  Kiechen  und 
heisst  Nam'-^jut-si,  oder  einen  Geruch  (nam)  einsaugen  (^'ut).  In 
einem  sibirischen  Märchen  fand  ich  den  Kuss  der  Schwanen- 
jungfrau  mit  dem  Essen  fetten  Fleisches  verglichen. 

Die  aus  Punkten  bestehenden  Noten ,  um  die  Modulationen 
der  Stimme  vorzuzeichnen,  werden  im  Saghidzvay  gelehrt,  eine 
nur  Gautama's  Geschlecht  bekannte  Wissenschaft. 

Einer  der  Anwesenden  gab  mir  den  Riss  eines  berühmten 
Natschin  (Tempel)  auf  dem  Schwe-u-daun-Berge  (in  der  Nähe 
Mandalay's),  der  Prii^zessin  Mih-schweh-u  geweiht,  die  dort 
Panpin-Blumen  pflanzte,  aber  von  einem  Tiger  gefressen,  sich 
in  eine  Dämonin  verwandelte.  Die  Stadt  Tsaga  heisst  so  nach 
den  gelben  Blumen  des  Tsaga-Baumes,  aus  dessen  Holze  Buddha's 
Bilder  geschnitzt  werden.  Um  die  grösseren  Figuren  aus  Back- 
steinen aufzumauem,  wird  ein  Pfahl  aus  diesem  Holz  in  die  Mitte 
gesteckt^  damit  dieStructur  besseren  Halt  bekömmt.  DerCentral- 
Pfeiler  der  Pagoden  wird  gewöhnlich  aus  dem  Holze  des  Pin- 
naeh-pin  oder  Dsjaca-Baumes  (artocarpus  integrifolia)  genommen, 
und  heisst  daher  Pin-naeh-tein. 

Die  Birmanen  ziehen  vielerlei  Omen  aus  Naturereig- 
nissen*)  und   besonders    aus   Erdbeben.     Einer   der   Hofleute 


•)  The  rata  (in  Burmah)  only  make  their  appearance  at  long  intervals.    The 
people  think,  they  have  a  kind  of  warning  of  their  approach  by  a  heavy  detonation, 


1 6  S  I>er  königliche  Palast. 

brachte  mir,  auf  meinen  Wunsch,  eines  Tages  ein  Buch,  das 
dieselben  erklärte.  Als  er  indess  hörte,  dass  der  England  ein- 
schliessende  Theil  Europa's  Erdbeben*)  nur  wenig  oder  gar 
nicht  ausgesetzt  sei,  kam  ihm  das  so  bedenklich  vor,  dass  er  mich 
nicht  die  bösen  Vorhersagungen,  die  daraus  für  sein  Vaterland 
erwüchsen,  kennen  lernen  lassen  wollte  und  das  Buch  ungelesen 
wieder  mit  sich  fortnahm.  Bei  dem  leichten  Fachwerk  der  bir- 
manischen Häuser  thun  Erdbeben  keinen  Schaden,  während  sie 
in  Chili  und  Manilla  durch  die  zusammenstürzenden  Steinkathe- 
dralen Tausende  erschlagen  mögen.  Ausser  den  Linien  in  der 
Handfläche  beobachten  die  Birmanen  die  Zuckungen  und  unwill- 
kürlichen Bewegungen  der  Gesichtszüge,  das  Nicken  der  Augen- 
lider, das  Beben  der  Lippen  u.  s.  w. ,  um  darnach  die  Zukunft  zu 
entscheiden.  Ein  Haus,  worin  man  eine  Königskrähe,  die  zu 
sprechen  lernt,  hält,  wird  vom  Blitze  getroffen  werden. 

In  dem  Gebirge  Miazaehn-taun  wachsen  sieben  Tujaun- 
Bäume,  von  denen  einer  zur  Zeit  Frucht  trägt  und  durch 
seine  Reife  einen  Weizza  herbeilockt,  der  heranfliegt  und  die 
Frucht  spaltet,  um  sich  das  schöne  Mädchen  darin  anzueignen. 
Wenn  verschiedene  Arten  der  Weizza  zusammentreffen,  giebt 
es  heisse  Kämpfe  um  dasselbe.  Dies  scheint  einer  der  in  der 
Märchenwelt  fortlebenden  Reste  religiöser  Mythen  zu  sein ,  denn 
Marini  erzählt  als  Glaube  der  Laos,  dass  auf  die  im  Wasser 
untergegangene  Erde  zuerst  der  Pon  Tabobamisuan  genannte 
Mandarin  aus  der  höchsten  der  sechszehn  Himmelsterrassen 
herabgestiegen  sei  und  mit  seinem  Degen  eine  auf  dem  Wasser 
schwimmende  Blume  spaltend,   ein  blendend  schönes  Mädchen 


occasioncd  by  thc  breaking  up  of  their  fold ,  which  is  situatcd  in  the  middle  of 
thc  World. 

*)  Erdbeben  werden  gewöhnlich  den  Bewegungen  der  vier  Ngalun ,  die  die 
Oberfläche  tragen  ,  zugeschrieben.  Im  Mallalingara-Wuttu  erklärt  Buddha  dem 
Ananda,  dass  es  acht  Ursachen  gäbe:  1)  wenn  die  Luft,  auf  der  das  die  Erde  tra- 
gende Wasser  ruhe,  sich  bewege,  2)  als  Wirkung  eines  übernatürlich  begabten 
Wesens,  3)  bei  dem  Empfnngniss  eines  künftigen  Buddha  in  seiner  letzten  Exi- 
stenz,  4)  bei  seiner  Geburt,  5)  bei  seiner  Verklärung  als  Buddha,  6)  wenn  er 
sein  Lehramt  antritt,  7)  bei  seiner  Erhebung  in  die  Zan,  8)  bei  seinem  Eintritt 
ins  Nibpan. 


Theehandler.  169 

darin  entfaltet  sah.  Da  sie  sich  gegen  seine  Liebesanträge 
wehrte  und  er,  ohne  Gewalt  zu  brauchen,  doch  nicht  Einsiedler 
bleiben  wollte,  so:  il  trouva  moyen  d'en  avoir  lign^e  sans  la 
corrompre  et  sans  älterer  en  aucune  fa^on  la  qualit^  de  Vierge, 
qu'elle  s'est  toujours  conservee  et  que  pour  y  r^ussir,  en  se 
niettant  devant  eile  ä  une  certaine  distance  et  se  regardant  r^ci- 
proquement  eile  recevait  de  si  fortes  impressions  de  ces  oeillades, 
qu'elle  en  concevrait  et  deviendraitmere,  sansperdresaVirginite, 
also  wie  die  Maras  im  Paranirmita  Vagavartin.  Jajati's  Tochter 
Madhavi  stellte  nach  jeder  Geburt  ihre  Jungfräulichkeit  wieder 
her.  Nach  den  Mantras  wächst  auf  dem  Felsen  Batu  Tra  die 
Chankai-Blume,  die  nur  von  Frauen  gepflückt  werden  kann  und 
ihrer  Eigenthümerin  von  allen  Seiten  Liebhaber  herbeizieht. 

Meine  abendlichen  Besucher  brachten  gewöhnlich  jeder  seine 
Wachskerzen  mit,  die  dann  angesteckt  und  neben  dem  Sitzteppich 
auf  dem  Fussboden  festgeklebt  wurden.  Einer  derselben,  ein 
vielgereis'ter  Kaufmann ,  erzählte  von  den  Thee  bauenden  Pa- 
loung's  in  nur  schwierig  ersteigbaren  Bergen,  wo  sich  drei  grosse 
Zayat's  befänden.  In  einem  derselben  blieben  die  Paloung's,  im 
andern  die  birmanischen  Kaufleute.  Die  Letztem  bringen  dann 
ihreWaaren  nachdem  mittelsten  Zayat  und  kehren  zurück,  damit 
die  Paloung's  bei  Nacht  kommen  und  Thee  an  die  Stelle  legen 
mögen,  ohne  gesehen  zu  sein.  Die  Paloung's  tragen  keine  Klei- 
der, sondern  nur  ein  Brett  hinten  und  eins  vorne,  um  damit  die 
steilen  Berge  herabzugleiten.  Die  der  birmanischen  Grenze 
näheren  Paloung's  kleiden  sich  ähnlich  wie  die  Schan's,  die 
Sprache  aber  ist  verschieden.  Einige  Paloung's  in  der  Nähe 
Mandalay's  sind  zugänglicher.  Als  die  Kaufleute  von  den  Sesa- 
dae  das  Malobathron  raubten,  war  man  selbst  noch  nicht  bis  zum 
stummen  Handel  gekommen.  Der  Same  der  von  den  Paloung's 
gebauten  *)  Theepflanze  soll  vom  König  Noatasa,  als  er  nach  dem 
Feldzuge  gegen  China,  zum  Haemawun  wanderte,  in  dem  Kropf 

•)  Alniost  aU  the  tca  localities  occur  within  veryshort  distances  of  each  other 
and  are  very  limited  in  cxtent  (in  Assain).  Als  Resultat  gemachter  Boden-Ana- 
lysen giebt  Piddington  als  a  striking  coincidence,  that  ,,we  should  find  our  tea- 
Boils  andtbose  of  China  so  exactly  alike.** 


170  Der  königliche  Palast. 

eines  Vogels  gefunden  sein.  In  der  Nachbarschaft  von  Schuesin 
leben  die  Paay,  die  eine  von  dem  Karen  und  dem  Birmanischen  ver- 
schiedeneSprache  reden,  undstattderKleidungeinenStrick um  den 
Gürtel  tragen.  Die  Daunu  in  Tschauktat,  die  birmanisch  sprechen, 
kleiden  sich  theils  in  Hosen,  theils  in  Putzo.  Die  Laymyo  oder 
I^ywa  in  lllainbiehn  werden  alsAusgestossene  betrachtet,  da  sie 
Hühner  schlachten  und  keine  Verehrung  darbringen.  Ein  Dandy 
vom  prinzlichen  Hofe  hatte  den  ganzen  Abend  sehr  gezierte  Be- 
wegungen gemacht,  und  mir  immer  seinen  auswärts  gekehrten 
Arm,  mit  einem  rothen  Affen  darauf,  vor's  Gesicht  gedreht.  Als 
Alle  fort  waren,  zeigte  er  ihn  mir  noch  einmal  und  sagte,  dass  er 
jetzt  sicher  wäre  stets  Glück  bei  Damen  zu  machen.  Wie  die 
Frauen,  suchen  auch  die  Feineren  unter  den  Männern  ihre  Gelenke 
durch  Auswärtsdrehen  möglichst  zu  verrenken. 

Der  König  gab  mir  eine  andere  Audienz,  erkundigte  sich 
nach  dem  Fortschritt  der  Studien  und  fragte  nach  den  Staatsver- 
hältnissen Europa's,  konnte  aber  nur  schwer  die  des  Bundestages 
verstehen.  Doch  machte  meine  Erwähnung  von  etwa  30  gekrön- 
ten Häuptern  sichtlichen  Eindruck  auf  den  König  der  unzähligen 
schirmtragenden  Häuptlinge  des  Westens.  Der  grosse  Brahma- 
König  Pegu's  hatte  nach  Frederick  nur  twenty-six  crowned  kings 
at  bis  command.  Da  ich  später  meine  Mittheilungen  besonders 
aufPreussen  beschränkte,  wurden  mir  mehrfache  Fragen  über  den 
dort  regierenden  König  gestellt,  worüber  ich  indess  in  dem  Augen- 
blick nur  unbestimmte  Auskunft  geben  konnte,  da  mir  über  den 
während  meiner  Abwesenheit  erfolgten  Regierungswechsel  erst 
wenige  Einzelheiten  bekannt  waren. 

Ich  hatte  Moung  Schweb  bei  mir,  der  beim  Eintritt  mit  einer 
weissen  Jacke  und  weissen  Kopfbinde  bekleidet  sein  musste,  und 
beim  Fortgange  auf  Befehl  des  Königs  mit  zwei  eleganten  Anzügen 
beschenkt  wurde.  Er  war  der  allgemeine  Gegenstand  des  Neides  für 
die  niederen  Hausbedienten  des  Prinzen,  in  die  Gegenwart  des  Kö- 
nigs zugelassen  zu  sein,  da  dies  für  sie  die  Akme  ihres  Ehrgeizes  ge- 
bildet haben  würde.  Smith  erzählt  eine  charakteristische  Anekdote 
von  dem  grossen  General  MahaBandula,  der  im  Beginn  seiner  Car- 
ri^re,  als  er  noch  den  Namen  Moung  Phyew  führte,  einem  seiner 


Bilderbücher.  171 

jungen  Mitpagen  eines  Tages  imVorzimmer  des  Königs  in  die  Haare 
fiel  und  so  lange  darin  uraherzaus'te,  bis  sein  Jammergeschrei  die 
anderen  Hof  bedienten  herbeigezogen  hatte.  Der  König,  diese 
Ungezogenheit  hörend,  befahl  den  Schuldigen  herbeizubringen, 
um  zu  wissen,  wie  er  sich  uritersta,nden  habe,  die  Kühe  des  Palastes 
in  solcher  Weise  zu  stören.  Auf  die  Frage  nach  dem  Grund 
seiner  ungebührlichen  Aufführung,  erwiederte  der  Ruhmsüchtige, 
dass  er  keinen  andern  gehabt  habe,  als  seinen  Namen  von  den 
goldenen  Lippen  der  königlichen  MajestJit  aussprechen  zu  hören, 
wie  es  jetzt  geschehen  sei.  Diese  Schmeichelei  verschaffte  ihm 
die  Aufmerksamkeit  des  Königs,  und  damit  die  ersten  der  Stufen, 
auf  denen  er  rasch  avancirend  bis  zu  den  höchsten  Ehrenstellen 
des  Reiches  emporstieg.  Bandula  ist  schon  in  buddhistischer 
Legende  der  Name  eines  berühmten  Generals,  und  seine  Wittwe 
Mallika  bedeckt  bei  dem  Leichenzuge  Gautama's  Körper  mit 
einem  prächtigen  Gewände  (nach  der  Mallalingara-Wuttu).  Die 
Birmanen  beziehen  auf  ihn  den  Gebrauch,  geweihte  Blumen  in  ihren 
Häusern  aufzustellen,  indem  er  vor  dem  Auszuge  in's  Feld  seiner 
Gemahlin  eine  Blume  darreichte,  deren  frisches  Aussehen  seiuWohl- 
sein  beweisen,  wogegen  ihr  Verwelken  seinen  Tod  anzeigen  würde. 
Am  andern  Tage  fand  ich  beim  Besuche  im  Hause  des  Prin- 
zen Pona's  (oder  Brahmanen),  die  in  der  Pona-Sprache  sangen, 
über  den  durch  Frauen  zu  verehrenden  Gott,  wie  sie  mir  sagten. 
Auf  dem  Glockenthurme  des  Palastes  beobachten  Pona's  die 
Wasseruhr.  Die  Brahmanen  gewannen  besonders  unter  dem 
ganz  von  astrologischen  Vorurtheilen  beherrschten  Minderadjih- 
Prä  am  Hofe  Einfluss.  An  einem  der  Ubo  während  eines  Festes 
vertheilte  der  König,  den  Gebrauch  alter  Zeiten  aufrecht  zu  erhalten, 
ReisandiePungyi  und  sprenkelte  Wasser;  der  ganze  Palast  hallte 
von  Musik  wieder.  Beim  Nachhausekommen  traf  ich  den  Ver- 
trauten eines  der  Prinzen ,  der  für  das  ihm  bevorstehende  Tätto- 
wiren  die  schlafmachende  Mcdicin  (Chloroform)  wünschte.  Es 
wurde  mir  unter  dem  Siegel  der  Verschwiegenheit  davon  gespro- 
chen, doch  hatte  ich  nichts  vorräthig.  Er  brachte  grosse  Folianten 
und  Bilderbücher  mit,  Scenen  aus  brahmanischer  Mythenge- 
scbichte  darstellend,  wo  Buddha,  stets  durch  ein  vergoldetes  Ge- 


172  ^^r  königliche  Palast. 

sieht*)  kenntlich,  als  Phaya  Alaun  eingeflochten  war.  Indra  stellen 
die  Uinterindier  immer  grlin  dar.  Dem  Mahavira  wird  nach  den 
Jainas  ein  Goldteint  gegeben,  sein  Vorgänger  Parsvanatha  wird 
blau  gebildet,  Padmaprabha  roth  u.  s.  w.  Die  Figuren  waren 
mit  bunten  Farben  gemalt  und  reich  vergoldet.  Unten  war  ein 
kurzer  Text  für  jede  Seite  beigefügt. 

Eine  Gantapatantadzat  genannte  Frzählung  wiederholte  die 
aracanesische  von  den  BalabrUdem.  Die  heimlich  aufgezogenen 
Söhne  der  im  einstöckigen  Palaste  bewachten  Prinzessin  erschla- 
gen, zum  Faustkarapf  herbeigelockt,  den  König  und  erobern, 
durch  Bemeisterung  des  Belu,  die  zu  einer  Insel  in  der  See  fort- 
fliegende Stadt.  Auf  Rath  des  sich  wahnsinnig  stellenden  und 
den  Hasen  im  Monde  verlangenden  Gantapatanta  wird  die  Vor- 
bersagekunst  des  Yathay  durch  einen  als  schwangere  Frau  ver- 
kleideten Knaben  auf  die  Probe  gestellt  und  dadurch  der  Unter- 
gang des  Geschlechts  herbeigeführt.  Die  buddhistischen  Märchen 
begiihien  gewöhnlich  mit  der  Pathama  oder  Pathomma-Kalpa, 
dem  ersten  oder  dem  I^tus-Zeitalter,  was  unserem  „Es  war  einmal 
in  alter  Zeit""  entspricht. 

Die  Birmanen  nennen  Sprüchwörter  Lugyi  dzaga  (Worte 
grosser  Männer)  und  haben  deren  viele,  wie  z.B.:  Weisheit  hütet 
das  Leben.  Dem  Geschick  kann  Niemand  entrinnen.  Wer  schnell 
gehen  will,  muss  die  alte  Strasse  gehen.  Der  mit  Weisheit  Begabte 
wird  nicht  in  Ruhe  gelassen.  Im  Vergleich  mit  dem  Geier  ist 
jeder  Vogel  hübsch.  Ein  Berg  wird  allmälig  erstiegen,  Eigen- 
thum  allmälig  erworben,  Weisheit  allmälig  erlernt.  Weisheit 
kann  nicht  gestohlen  werden.  In  den  buddhistischen  Märchen 
ziehen  die  Söhne  der  Adeligen  und  Reichen  nach  der  Stadt  Tak- 
kasinla  (Taxila),  um  dort  die  Sinlaprasat  zu  erlernen,  die  für 
sie,  da  sie  die  Stufe  der  Magie  noch  nicht  überschritten  haben, 
den  Inbegriff  der  Naturwissenschaften  bildet.  Die  Yathay  oder 
Rüsi  (Rishi)  sind  bewandert  darin,  wie  in  Japan  die  Jamabusi. 


•)  Nach  dem  King-te-tchoiin  kinglou  wurde  Shakya's  Hauptschuler,  Mahakaya, 
der  Goldfarbige  (Kin  se)  genannt,  weil  von  einer  Frau  geboren,  die  zur  Zeit  des 
Buddha- Vipasi  ihr  letztes  Gold  zur  Verschönerung  eines  Bildes  verwandt  hatte, 
und  deshalb  während  91  Kaipen  mit  einem  goldenen  Gesicht  geboren  war. 


Malerei.  173 

Die  birmanischen  Maler  zeigen  viel  Geschick  in  der  Behand- 
lung des  Colorits,  und  obwohl  ihre  Perspective  europäischen  An- 
sprüchen nicht  genügt,  beweisen  sie  doch  ein  weit  grösseres 
Verständniss  für  dieselbe,  als  andere  Orientalen,  denen  es  unmög- 
lich ist,  ein  SchiflF  von  einem  Pferde  zu  unterscheiden,  oder  die  das 
geschenkte  Bild  der  portugiesischen  Königin  mit  dem  Kopfe  abwärts 
aufliingen,  ohne  den  Irrthum  zu  bemerken.  In  der  schlanken 
Contourenzeiohnung  sind  die  Siamcsen  sehr  vollendet,  wiederholen 
aber  stets  stereotyp  gewordene  Formverbindungen,  und  wegen 
dieses  Schablonen-Arbeitens  hatte  ich  viel  Schwierigkeiten  in  Kani- 
bodia,  die  eingeborenen  Künstler  zum  Wiedergeben  des  auf  den 
Tempel  -  Sculpturen  in  bestimmter  Verschiedenheit  markirten 
Ra<;en-Typus  zu  veranlassen.  Im  Allgemeinen  vermeiden  sie  über- 
haupt das  Gesicht  in  die  Umrisse  hinein  zu  zeichnen,  und  ein  jedes 
Paar  Augen  kostete  mir  einen  besonderen  Befehl,  dem  nur  ungern 
gehorcht  wurde.  Die  Chinesen  beleben  ihre  Bilder,  indem  der 
Priester  den  Augenkern  zufügt,  und  die  Mohamedaner  vermeiden 
Figuren  zu  zeichnen,  da  diese  am  Tage  des  Gerichts  eine  Seele 
verlangen  würden.  Der  Häuptling  der  Rothhäute  dagegen  fürch- 
tete, dass  Catlin  mit  dem  Portrait  auch  seine  Seele  fortführen 
möchte. 

Schnitzereien  führen  die  Birmanen  in  geschmackvollen  Arabes- 
ken aus  und  verzieren  damit  die  Thüren  und  Plafonds  der  Klöster, 
oft  mit  Einschluss  jener  komischen  Scenen,  wie  man  sie  den 
Sculpturen  mittelalterlicher  Kathedralen  gelegentlich  eingefügt 
findet.  Auch  in  Verfertigung  von  Goldstickereien  zeigen  sie  sich 
geschickt.  In  den  ersten  Tagen  meines  Aufenthalts  in  Mandalay 
hatte  ich  eine  junge  Armenierin  auf  Bitten  ihrer  Verwandten 
in  Behandlung  genommen,  und  der  Gemahl  dieser  Dame  war 
so  überschwänglich  in  seinen  Dankesbezeigungen ,  dass  er  mir 
stets  eine  neue  Ueberraschung  ausdachte.  Bei  meinem  letzten 
Besuche  vor  der  Abreise  nach  Kabain  entrollte  er  vor  mir  einen 
Vorhang  aus  schwerem  Teppichtuch,  worauf  ein  Pfau  in  fast 
Lebensgrösse  gearbeitet  war,  umgeben  von  Blumen  und  Blättern, 
alles  in  den  lebhaftesten  und  glänzendsten  Farben.  Es  sei  da^ 
schönst«  Kunstwerk  seiner  Art,  das  in  Mandalay  fabrizirt  worden. 


174  ^^^  köDigliche  Palast. 

Ich  hatte  grosse  Mühe,  dieses  Geschenk,  das  man  mir  bis  auf  die 
»Strasse  nachtragen  Hess,  zurückzuweisen,  wUrde  aber  gern  ein 
solches  Meisterstück  mitgenommen  haben,  wenn  es  unter  einem 
anderen  Titel  hätte  geschehen  können. 

Der  Ngamangang  kömmt  vom  Himmel  und  geht  über  die 
Erde  hin,  die  Namen  der  Plätze  vor  sich  hinmurmelnd,  in  die  er 
Schätze  niederzulegen  beabsichtigt.  Gelingt  es  Jemand,  ihm  un- 
gesehen mit  einer  Schreibtafel  zu  folgen  und  alles  Abgelauschte 
aufzuzeichnen,  so  können  aus  diesen  Teiksa  genannten  Charakteren 
die  Schatzgräber  später  ihren  Plan  entwerfen,  um  den  Schatz  zu 
hebeu,  nachdem  sie  sich  den  bewachenden  Belu  (Ungeheuer)  durch 
Menschenopfer  geneigt  gemacht  haben. 

Der  Sogih  (Zogi)  wandert  am  Himmelsgewölbe  umher  und 
versteht  Gold  zu  machen,  mit  dem  Padateh  (hartem  Quecksilber), 
aber,  wenn  Menschen  solches  Gold  finden,  entschwindet  es  ihren 
Händen  und  fliegt  zurück  zum  Himmel.  Sein  Feind  ist  der 
Weizza  (wizard  oder  Zauberer),  der  in  der  Luft  umherfliegt, 
und  wenn  er  einem  Sogih  begegnet,  so  stirbt  der  Letztere.  Von 
Weizza giebt  es  wieder  verschiedene  Arten:  der  In-Weizza,  dessen 
Kraft  in  magischen  Quadraten  (In)  liegt,  der  Gatha- Weizza,  der 
sich  auf  mystische  Formeln ,  und  der  Zay- Weizza,  der  sich  auf 
Kenntniss  derMedicinen  stützt,  aber  der  Erste  ist  der  mächtigste. 
Und  sie  kämpfen  mit  einander  in  dem  fernen  und  unzugänglichen 
Hacmawunda- Walde,  wo  alle  sieben  Tage  der  Haum  aufsprosst, 
auf  dem,  wie  in  Sachsen,  die  schönen  Mädchen  wachsen. 

Als  Dipaukara-Paya  auf  Erden  wandelte,  cutsagte  der  reiche 
Mann  Thumcda  der  Welt  und  zog  sich  in  ein  von  ihm  gebautes 
Kloster  zurück,  verliess  es  aber,  sich  erinnernd,  dass  er  das 
Leben  im  Walde  gewählt,  und  wohnte  unter  den  Bäumen.  Ueber- 
legend,  dass  nach  den  Geboten  des  Gesetzes  nur  solche  Dinge, 
die  als  Geschenk  gebracht  waren,  gegessen  werden  sollten,  hörte 
er  auf,  die  Früchte  des  Waldes  zu  seiner  Nahrung  zu  sammeln,  sich 
entscheidend,  nur  dann  von  ihnen  zu  essen,  wenn  sie  ihm  von  selbst 
in  den  Mund  fallen  sollten.  Der  Thagyakönig,  fürchtend,  dass  er 
umkommen  möchte,  kam  zur  Erde  nieder  und  spielte  vor  ihm  eine 
Harfe,  erst  mit  schlaffen  Saiten  und  dann  eine  andere  Melodie 


Thumeda.  175 

mit  Überspannten,  ihn  dadurch  lehrend,  dass  nur  in  der  richtigen 
Mitte  der  Weg  zu  wählen  sei.  Als  Thumeda  wieder  Nahrung 
genommen,  setzte  er  sieh  harten  BUssungen  aus  und  blieb  so  lange 
in  der  Sonne  liegen,  bis  er  die  Kunst  des  Fliegens  erlangt  hatte, 
die  er  benutzte,  um  Yasejoh-pieh  zu  besuchen.  Dort  waren  ge- 
rade grosse  Vorbereitungen  im  Werke,  zum  Empfange  Dipankara's, 
und  als  am  nächsten  Morgen  noch  ein  Stück  an  dem  zu  erbauen- 
den Wege  fehlte,  legte  Thumeda  seinen  Körper  darüber,  um  als 
Brücke  zu  dienen.  Der  Buddha  weigerte  hinüberzuschreiten, 
prophezeite  aber  die  einstige  Wiedergeburt  Thumeda's  in  Kapi- 
lawutti  als  Gautama.  In  seinen  früheren  Existenzen  hatGautama 
sich  unzählige  Male  zum  Besten  der  Welt  geopfert  und  seinen 
Körper  für  das  Wohl  anderer  Wesen  hingegeben.  Mit  Si)littern 
seiner  Knochen  als  Feder,  mit  dem  eigenen  Blut  als  Tinte  hat  er 
das  Gesetz  auf  seine  zum  Pergament  dienende  Haut  geschrieben. 
Bei  Purchas  findet  sich  ein  Bericht  über  den  Kcuiig  von  Couhun, 
der  ein  Schaffet  bestieg  und  in  presence  of  all  the  people  cutteth 
offhisnose  andafterthat  bis  ears,  lippes  and  other  partes  which  he 
casts  towards  the  idoll  and  at  last  he  cutteth  bis  throate,  making 
a  butcherly  sacrifice  of  liimself  to  bis  idoll.  Nach  dem  De- 
satir  lehrt  Mani,  dass  Thiere  getödtet  werden  müssten,  damit 
ihre  reinen  Seelen  aus  dem  Gefängniss  des  unreinen  Körpers 
entkommen  könnten,  und  verbot  die  Ehe,  damit  keine  neuqn 
Seelen  in  die  irdische  Welt  herabgezwungen  würden. 

Die  lichtglänzenden  Byamma  der  Abhassara  kamen  aus  dem 
bei  der  letzten  Weltzerstörung  versclionten  Himmel  auf  die  neue 
Erde  herab,  und  versanken  dort  bald  in  den  Schlamm  der  Lüste,  so 
dass  ihr  früher  ätherischer  Körper  die  Fähigkeit  des  Fliegens  und 
damit  die  Möglichkeit  der  Kückkehr  verlor.  Abhisara  ist  die 
südliche  Kegion  des  von  dem  Schlangenkönig  Nila  beschützten 
Hochlandes,  wohin  der  Schöpfer  der  Wesen  Kagyapa,  als  nach 
seinem  Wohnort  (Kavyapamar  oder  Kaschmir)  die  Götter  Druhina, 
llpendra,  Kudra  sammt  Andern  herabrief,  um  nach  der  Vernich- 
tung des  im  Wasser  lebenden  Dämon  Djalödhabhava,  auf  dem 
(irunde  des  ausgetrockneten  See's  ein  von  Menschen  bewohnbares 
Land  zu  bilden ,  nachdem  die  Kaljia  Vaivasvata's  angebrochen 


176  ^61*  königliche  Palast. 

-r 

war.  Troyer  hält  den  KOnig  Abisarus,  der  nach  Onesicritos  (bei 
Strabo)  gigantische  Schlangen  aufwog,  fUr  den  Kajah  von  Abhi* 
sara.  Nach  Deguignes  kennen  die  Chinesen  einen  in  Kaischmir 
geborenen  Fo.  Abasa  ((^'idabasa  oderOeistiibglanz)  bedeutet  den 
tamulischen  Philosophen  (bei  Graul)  die  Hrahma-EinBtrahlung 
in  die  individuelle  Seele. 

Da  jeder  Birmane  einen  ITieil  seines  Lebens  im  Kloster  zuge- 
bracht hat,  so  wissen  sie  auch  Alle  davon  zu  erzählen,  und  beson- 
ders inMandalay,  wo  in  einem  priichtig  geschmückten  Kloster  der 
Sasanapein(Thatbanabein)  selbst  lebt  und  der  König  grosse  Sum- 
men aufdenTempelverschwendet,  findet  sich  viel  Hinneigung  zum 
Mönchsleben.  Einer  der  Hofbedienten  des  Prinzen,  der  die  Aufsicht 
über  seine  Baum  wollpflanzungen  führte,  pflegte  bei  seinen  Besuchen 
eines  meiner  anatomischen  Bücher  vor  sich  zu  legen  und  vor  den 
Schadein  und  Gerippen  desselben,  als  einem  Memento  mori,  in  das 
Stöhnen  und  die  Klagen  der  birmanischen  Bussgebete  auszu- 
brechen. Gern  und  häufig  werden  die  40  Kammatan  wiederholt 
uiid  alle  Glieder  des  Organismus  in  seine  elementaren  Theile 
analysirt^  um  sich  das  irdische  Leben  unter  möglichst  abschrecken- 
der Form  vorzustellen.  In  der  Budah  Mimansa  (sagt  der  Da- 
bistan)  ist  die  Welt  ein  Haus  voll  Krankheiten  und  die  Menschen 
sind  die  Patienten.  Der  Körper  ist  nach  den  Buddhisten  aus 
32  Theilen  zusammengesetzt,  deren  jeder  wieder  in  44  Unterab- 
theilungen zerfällt,  und  \on  ihnen  wird  jede  einzelne  bei  der  Be- 
trachtung in  ihre  nichtigen  Atome  auseinandergelegt.  Nach 
Gautama's  Predigten  soll  das  Tinga  oder  das  Priestergewand  die 
Haut  des  Pungyi  darstellen,  die  rothe  (orange  oder  gelbe)  Farbe 
desselben  sein  Blut,  die  zum  |\'i\hen  gebrauchten  Fäden  die  Sehnen 
und  Nerven.  Die  röthlichc  oder  orange  Farbe  wird  durch  die 
Blätter  des  Peihnähbin  (Jackfruchtbaum)  hervorgerufen,  zu  denen 
man  Daukblätter  liinzufügt,  um  die  Farbe  fest  zu  machen.  Wenn 
wegen  des  hohen  Preises,  den  das  Holz  des  Peihnähbin  besitzt, 
nur  wenig  zu  einer  grossen  Menge  Daukblätter  (des  Daujat- 
Baumes)  hinzugefügt  wird,  so  bleibt  die  Farbe  leichter  gelb.  Als 
Thaetanun,  der  Aiaunpaya  oder  Bodhisattva  in  den  Wald  zog,  da 
wieherten  die  Pferde,  da  rollte  und  brüllte  die  Erde,  da  sangen 


Klassen  der  Geschöpfe.  177 

die  Nats  oder  Sakhya.  Der  Sakhya-König  (Thagya-min)  hatte  aber 
die  Ohren  der  Menschen  mit  Baumwolle  zugestopft,  damit  sie 
nichts  hörten,  denn  sonst  wUrden  sie  versucht  haben,  durch  Bitten 
und  Flehen  seine  Entsagung  der  Welt  zu  verhindern.  In  dem 
durch  Khyansando  commentirten  Äbhidhamma  wird  der  grosse 
Byamma,  als  der  Herr  aller  Dinge,  der  ürgrossvater  (Bay)  der 
Menschen  und  der  Grossvater  (Ba)  der  Nats  genannt.  Durch  Ab- 
lesung der  Payet-gyi  genannten  Formeln  wird  das  heilige  Payet- 
Wasser  geweiht  und  umhergesprengt  (als  die  Payetdzay),  um  zum 
»Schutz  gegen  Belu  zu  dienen.  Auch  über  Blumen  sprechen  die 
Pungyi  den  Payet-gyi  oder  Payetschieh  und  stallen  sie  dann  auf, 
als  Wehr  und  Waffen  gegen  Ungeheuer.  Solche  Operationen,  die 
von  geringer  Bedeutung  sind  und  ohne  Anwendung  von  heiligen 
Formeln  geheilt  werden  können,  heissen  Dzathi,  z.  B.  wenn  der 
Biss  eines  Hundes  durch  Massiren  und  Kneten  geheilt  wird.  Wer 
einen  kostbaren  Ring,  Öati  lekmaun  genannt,  am  Handgelenk  trägt, 
wird  allgemein  beliebt  und  geachtet  werden.  Für  Dakkinataga- 
paya  stellte  König  Siridhamma  unter  den  überhängenden  Zweigen 
eines  Bodhi-Baumes  eine  Statue  mit  langer  Nase  auf,  die  eine 
Wasserlilie  in  der  Hand  trug  und  mit  neun  goldenen  Nägeln  auf 
dem  Throne  befestigt  war.  Nach  den  vier  Sayup  des  Buches 
Math uyanta,  werden  die  Geschöpfe,  wegen  des  Kam,  Kammasayup 
genannt,  die  mit  (Dseit)  Seele  begabten  Dseittayup.  Wegen  des 
Dsoh  (Geftthl  oder  Emotion)  heissen  sie  Uthudsayup  (periodischer 
Erregbarkeit  unterworfen)  und  in  Betreff  der  Nahrung  führen  sie 
die  Bezeichnung  Ahayadsayup.  Unter  diesen  vier  entbehren  die 
verschiedenen  Arten  der  Byamma  des  Hungers,  die  Athinjthat- 
ßvamma  des  Dseit.  In  Bäumen,  Pflanzen  und  Steinen  fehlt  der 
Ahayadsayup,  aber  durch  Feuer  wird  in  ihnen  Uthudsayup  ge- 
weckt. Der  Körper  zerfällt  nach  den  44  Akan  in  die  20  aus  der 
Erde  gezogenen  Bestandtheile,  12,  die  dem  Wasser,  6,  die  dem 
Feuer  und  6,  die  der  Luft  entlehnt  sind.  In  Bezug  auf  die 
10  Constituenten  der  Sinne  wird  er  60fach  eingetheilt.  In  der 
vervollkommnenden  Umwandlung  der  Ideen  vom  Stein  zum 
Boddhisattva  liegt  die  Idee  der  Entwicklungstheorie  mit  einer 
Consequenz  ausgebildet,  die  Lamarck's  System  weit  zurUcklässt. 

BMtian,  OatMien.     II.  ]  2 


178  I>er  königliche  Palast 

Der  Himmel  der  Athinjthat-Brahmanen  bildet  die  elfte  der 
16  Brahma- Welten,  die  die  Paramatta-Miezu  ohne  Namen  nennt,  die 
Asinjsata  des  siamesischen  Pali  (A^iüteta).  Die  Buddha  prediglM 
alle  gleiche  Lehren  über  die  Paramatta  und  Abhidhamma»  aber 
auf  die  Vineya  wird  nur  dann  besonder  Werth  gelegt,  wenn  unter 
Verkürzung  des  Lebensalters,  Leidenschaften  mächtig  werden, 
wogegen  sie  bei  langer  Dauer  des  Lebens  überflüssig  wird.  Vor  der 
Ankunft  eines  der  vierBuddhanach  ihrem  Erwachen  imNathimmel 
erscheint  der  Dzansa-Yathay,  aber  nur  in  solchen  Zeiten,  wenn 
das  Leben  lang  genug  währt,  die  Leidenschaften  zu  unterdrücken. 
Die  ausfuhrlichste  Beschreibung  der  Byamma- Welten  findet  sieh 
im  Wibhin,  dem  zweiten  Buche  des  Abhidhamma.  Durch  Erlangung 
derDjan  geht  der  Geist  sogleich  direct  in  die  Byamma- (Byamha-) 
Welten  über,  ohne  die  Nathimmel  vorher  zu  berühren.  Aus  den 
Byamma- Welten  kann  eine  noch  weitere  Stufe  in'sNibpan  führen, 
hat  sich  aber  der  Geist  gleich  anfangs  gar  zu  hoch,  bis  zur 
Arupa-Welt  verstiegen,  so  wird  er  erst  wieder  au  dem  Hin- 
demiss  des  Nirodha  auf  die  Erde  zurückgeworfen,  ehe  er  sich 
zur  Annihilation  vervollkommnen  kann.  Der  fromme  Greis, 
der  lange  auf  das  Erscheinen  des  Messias  geharrt  hatte,  der  aber 
nicht  mehr  die  Transfiguration  erleben  sollte  und  sein  ihn  zu 
den  Arupa  führendes  Lebensende  voraussieht,  beklagt  deshalb 
auch  sein  hartes  Geschick,  das  ihn  noch  im  letzten  Augenblick 
von  der  nahenden  Erlösung  abschneidet  und  auf  einen  künftigen 
Buddha  verweist.  DieSiamesen  sagen,  dass  in  den  16  Terrassen 
der  Brahmanen,  die  Gana-Vinyan,  Jivaha-Vinyan  und  Kaya- 
Vinyan  fehlen,  aber,  wie  sie,  ertheilen  ihnen  die  Birmanen  Rupa 
(Yupa)  Dseit  (Öit)  und  Djan  (Jhan).  Nur  der  Stand  der  Asinjsat 
musssich,  wie  eben  bemerkt,  mit  Rupa  und  Djan  allein  begnügen, 
in  Ermangelung  des  Dseit,  so  dass  die  Existenz  in  träumerischem 
Schlafe  hindämmert.  In  den  Arupa- Welten  findet  sich,  was  schon 
der  Name  sagt,  nur  Dseit  und  Djan  ohne  Rupa.  Von  den  38  Ar- 
ten des  Dseit  im  Menschen  sind  34  fähig,  Nyan  zu  erwerben.  Der 
Sitz  der  Ideen,  als  Arupadhamma,  liegt  in  den  Sinnen.  Jeder  der 
81  Öit  muss,  um  in  Thätigkeit  zu  treten,  von  wenigstens  7  Öeda- 
tith  begleitet  sein,  aber  gewöhnlich  sind  auch  noch  andere  der 


k 


Die  Pfade  zum  Nibpan.  179 

Kuso  oder  Akuso  Öedatith  in  Mitbewegung.  Im  Sinne  der  No- 
minalisten sagt  der  Buddhismus,  dass  die  bei  Betrachtung  eines 
Gegenstandes  durch  Witekka  hervorgehenden  Ideen  zum  Nama- 
Dhamma  gehören,  dessen  Aroma  im  Herzen  liegt.  The  modifi- 
cation  of  thought  called  meditation  is  the  noblest  of  all  the  mo- 
difications,  the  depository  and  the  understanding  itself,  which  as 
being  the  depository  thereoff  is  fui-ther  named  thought  (chitta), 
nobler  than  the  organs,  whose  modifications  are  others,  than  his, 
heisst  es  bei  Ballantyne  in  Kapila's  Sankya-Aphorismen.  Wie 
die  andern  Organe,  hat  der  Mano  sechs  Eigenschaften.  Die 
vier  SiMa  (lae-pa)  oder  Grundwahrheiten  begreifen  die  des 
Schmerzes,  der  Erzeugung  desselben  durch  Begierden,  der  Be- 
freiung oder  der  Unterbrechung  und  des  Wegs  dahin,  alsDukkha, 
Samudaya,  Nirodha  und  Magga.  Obwohl  der  Pfad  der  Magga 
durch  die  guten  Werke  des  Atthaggamagga  (des  achtfachen  Weges) 
betreten  werden  kann,  und  die  Kardiualtugenden  der  Paramitas 
zum  jenseitigen  Ufer  zu  fuhren  vermögen,  erlangen  doch  nur 
die  Ariyas  sicher  und  rasch  seine  Früchte.  Im  Gegensatz  zum 
Puthuja](in  (Puthujjana)  oder  Laien  zerfällt  der  Stand  der  Ariya 
in  vier  Abtheilungen,  deren  jede  wieder  in  zwei  Klassen  getheilt 
wird  (die  Ariya  shit  pa),  als  Sotapatti,  Sakadagami,  Anagami  und 
Arahatta.  Der  in  den  Sotapan  Eingetretene  muss  noch  durch  80000 
Kalpa's  hindurchgehen  und  7  Mal  im  Stande  des  Menschen 
oder  Nat  wiedergeboren  werden,  bis  er  zum  Nibpan  reift.  In 
diesem  Magga,  wie  in  den  andern,  wird  von  dem  Pfade  noch  die 
Frucht  (Pon)  gesondert  betrachtet.  Die  Pratitya  samutpada  (die 
Verschlingung  der  wechselseitigen  Ursachen),  dieClough  den  Ur- 
sprung der  Belebung  nennt,  steigt  in  den  Nidanas  aus  dem 
dunklen  Urgründe  des  Avidya  hervor.  Wenn  der  Mano  durch 
seine  drei  Eigenschaften  sich  vom  Irrthum  befreit  hat,  dann 
blühen  die  16  Tugend  -  Eigenschaften  der  Pola  und  Magga  in 
ihm  auf. 

Die  in  den  sechs  Himmeln  der  Begierden  zum  Genuss  sinn- 
licher Freuden  Wiedergeborenen  müssen  nach  Erschöpfung  des 
Verdienstes  (da  der  ununterbrochene  Strom  der  Ergötzlichkeiten 
sie  abhielt,  neues  zu  erwerben)  auf  die  Erde  zurückkehren  und 

12  * 


IgO  Der  kowgfidM  PiUst 

das  Welken  der  sohmöekendeii  Blumen  zeigt  ihnen  die  nahende 
Stunde  des  Abscheiden»  an,  indem  zugleich  ein  kalter  Schweisa 
sieh  unter  den  Achseln  fählbar  macht  Die  in  den  Himmel  dor 
Brahmanen  Aufgenommenen  sind  je  nach  der  Terrasse,  xa  der 
sie  empoi^estjegen  sind,  ober  den  Umlauf  der  Kaipen  erhaben,  da 
die  Weltzerst^rung  zu  Terschiedener  Hohe  reicht,  ob  sie  durch 
Feuer,  Wasser  oder  Wind  Teranlasst  wird.  Nach  der  dem  heiligen 
Mudgala  (im  Mahabharata)  gegebenen  Beschreibung  wohnen 
über  den  Himmeln  der  Sinnlichkeit  dieRischi  und  höher  noch  die 
Rbhus.  Allen  Zustanden  der  Existenz  kleben  UnTollkommen- 
heiten  an,  bis  sie  völlig  in  Brahma  aufgegangen  ist.  Above  the 
abode  of  Brahma  is  the  pure  etemal  light,  the  highest  sphere  of 
Vishnu,  who  is  regarded  as  the  supreme  Brahma  (s.  Muir).  In 
den  Djan  suchen  die  Adepten  durch  fixirtes  Betrachten  Ton  Wasser, 
Feuer,  Erde  oder  verschiedenen  Farben  sich  die  gewönschten 
Erscheinungen  zu  verschaffen,  ähnlich  den  siebenfachen  Stufen 
der  Sufi  nach  Ruku-al-millahwad-din  (s.  Fleischer).  Trumpp 
hält  den  Sufismus  für  ein  speciell  buddhistisches  Erzeugniss  und 
bemerkt,  dass  er  in  Indien  fast  ganz  mit  dem  verbreiteten  Vedanta- 
System  zusammenfalle.  Nach  dem  Dabistan  sind  die  Sufiah 
(deren  Glauben  Einige  von  den  Asbrakian  oder  Platonisten  her- 
leiteten) unter  allen  Nationen  der  Welt  zerstreut  und  heissen  bei 
den  Persem  Vezhaderun  (innerlich  rein)  oder  Rouchen-dil  (er- 
leuchteten Geistes)  oder  Yekana-bin  (Seher  der  Einheit),  sowie 
bei  den  Hindu  Rakbischer  (Rakshasas)  oder  Tapischer  (Tapasi) 
oder  Gyani  (Jnanis)  oder  Atma-jnanis.  In  der  buddhistischen 
Kosmologie  stehen  die  vier  Arupa- Welten  noch  über  [den  durch 
die  Djan  ersteigbaren  Rupa-bhon,  aber  sie  finden  sich  auf  der 
Schwelle  zur  Heterodoxie  und  bleiben  der  unmittelbaren  Eman- 
cipation  beraubt,  weshalb  auch  der  junge  Sakhyamuni  sich  (nach 
der  Laiita  Vistara)  von  diesen  Subtilitäten  transcendentaler  Meta- 
physik in  dem  Unterrichte  des  Brahmanen  Rudraka  nicht  be- 
friedigt fühlt.  Die  nördlichen  Buddhisten  dagegen  führen  Sari- 
putta  (ScharübU)  beim  Eingeben  in  das  Nirwana  durch  alle  diese 
abgespitzten  Verfeinerungen  hindurch.  Nach  der  birmanischen 
Lebensbeschreibung  hatte  Gautama  die  ersten  vier  Djan  von  dem 


Kloster-Unterr  ich  t.  181 

Basi  oder  Eremiten  Alara  gelernt,  wurde  aber  von  ihm  fttr  den 
fttnften  an  den  Rasi  Alaka  verwiesen,  und  als  er  sich  dann,  noch 
immer  unbefriedigt,  im  Walde  Uruwela  den  Meditationen  über 
die  Kamatan  hingab,  wurde  er  von  den  fünf  Rasi,  die  ihn  als 
den  künftigen  Buddha  erkannten,  bedient  und  bekehrte  sie  nach 
ihrem  zeitweiligen  Abfall  aufs  Neue  in  der  Einsiedelei  von  Mi- 
gadawon.  Die  fünf  Djan*)  unterschieden  sich,  als  Witekka,  Zara 
((i^ara),  Viti,  Sukha  und  Aekeggata.  Der  Buddhismus  ist  weniger 
Religion  als  Philosophie,  die  (wie  bei  Hierocles)  zur  Läuterung 
und  Vervollkommnung  des  menschlichen  Wesens  führt. 

Das  erste  Buch,  das  die  Knaben  in  der  Klosterschule  in  die 
Hand  bekommen,  ist  das  Sinpungyi  oder  der  grosse  Korb  des 
Lernens,  ein  Buchstabirbuch,  in  dem  zugleich  die  Bedeutung  der 
Buchstaben  erklärt  wird,  z.  B.  Ta-wumbu,  als  das  dickbäuchige 
T,  Pha-uthup,  als  das  Ph  mit  der  Mütze;  oder:  Kagyi,  als  die 
Wurzel  des  Alphabets,  das  P  oder  Pa-tzauk  als  Ponsu  oder  Pa- 
tathi  (in  der  Beziehung  zur  Erde),  das  K  oder  Na-ngay  in  der 
Zusammenstellung  mitNibpan  u.  s.  w.  Dann  lernen  die  Schüler 
im  Mengalasut  die  Gebote  der  Religion,  weiter  im  Pharitgyi  die 
Predigten  Gautama's  imPali,  in  mechanischem  Memoriren,  wie  es 
Pythagoras  (nach  Jamblichus)  den  ägyptischen  Tempelschulen 
entnommen  zu  haben  scheint.  Darauf  haben  sie  die  Djats  (Märchen 
und  Legenden)  zu  studiren,  in  denen  die  birmanischen  Worte  mit 
Pali  -  Ausdrücken  und  Abkürzungen  untermischt  sind.  Später 
gehen  sie  an  das  Studium  der  Saddo  oder  Grammatik  und 
schliesslich  nehmen  sie  die  Yok  oder  allgemeine  Encyclopädie 
vor.  Für  solche,  die  dauernd  in  den  Mönchsstand  eintreten, 
bleiben  dann  noch  die  Palitexte.  Die  historischen  Bücher  wer- 
den nebenher  gelesen  und  die  Poes  oder  Schauspiele  heimlich. 
Gewöhnlich  indess  bestehen  die  letztern  nur  aus  kurzen  Andeu- 
tungen, die  der  Darsteller  improvisirend  ausfüllt.  Die  ersten 
Versuche  im  Schreiben  werden  auch,   statt  auf  der  schwarzen 

*)  Bei  den  Aiswarikas  zeugte  Adibuddha  durch  die  Pradjna  oderDhamraa  die 
Sanga  and  aas  dieser  Dreiheit  gehen  die  fünf  Dhyana  der  Buddha  hervor,  denen 
als  erster  Rangordnung  ihre  Bodhisattwa,  als  geistige  Söhne,  in  der  zweiten  zur 
Seite  stehen. 


1 82  Der  königliclie  PalaHt. 

Tafel,  aufeinem  nii t  Sand  bestreuten  ßrett  angestellt.  Die  Statistik 
Solcher,  die  lesen  und  schreiben  können,  ist  in  Binna  und  Siani 
eine  sehr  günstige,  eine  weit  günstigere,  als  in  manchen  Ländern 
Europas,  aber  die  Bildung  bleibt  stets  auf  demselben  Niveau,  über 
das  Keiner  hinausgeht. 

Die  im  Kloster  (Kyaung)  lernenden  Knaben  werden  gewöhn- 
lich Kyaung-sa  (Söhne  des  Klosters)  genannt,  und  die  Novizen 
Shin  (Rhin),  eines  jener  unbestimmten  Worte  in  der  birmanischen 
Sprache,  das  die  mannigfaltigsten  und  selbst  entgegengesetzte- 
sten Bedeutungen  in  sich  vereinigt,  ohne  sie  nicht  einmal  durch 
verschiedene  Betonung  zu  sondern.  Während  hier  Shin  für  den 
untersten  Grad  verwendet  wird,  kann  es  auch  unter  Umständen 
den  auf  der  höchsten  Stufe  der  geistlichen  Hierarchie  stehenden 
Heiligen  meinen;  dann  wird  es  in  allgemeiner  Titulatur,  wie  Herr 
oder  Madame,  gebraucht;  als  Shin  Phaya  (Bura)  bezeichnet  es 
den  König  und  Shin-ma  schliesst  wieder  etwas  Verächtliches  in 
sich,  als  nur  an  Untergeordnete  gerichtet,  wie  etwa  Mamsell  statt 
Fräulein.  Diese  wechselnden  Bedeutungen  eines  und  desselben 
Ausdrucks  kehren  auch  in  der  siamesischen  Sprache  in  ähnlich 
chamäleonartiger  Verwirrung  wieder  und  frappiren  den  Anfänger, 
ehe  es  gelingt  durch  längeres  Studium  in  den  Sinn  einzudringen. 
Einmal  mit  dem  Schlüssel  versehen,  findet  man  indessen  in  der 
scheinbaren  Confusion  eine  regelmässige  Gesetzlichkeit.  Die 
Höflichkeit  des  gewöhnlichen  Lebens  giebt  ungehörige  Titel 
an  Nichtberechtigte  und  verrückt  dadurch  das  richtige  Verhält- 
niss  der  Rangsprachen  zu  einander.  Man  sieht  so  das  ehrenvolle 
Pronom  der  höchsten  Reihe  weiter  und  weiter  herabsteigen,  bis 
es  zum  niedrigsten  geworden  sich  in  der  allgemeinen  Masse  ver- 
liert, und  durch  ein  anderes  ersetzt  werden  muss.  Da  Pronomina 
und  Titel  in  den  indochinesischen  Sprachen  beständig  in  einander 
überlaufen,  geben  die  Geschichtsbücher  in  den  Königsnamen  ein 
Mittel  an  die  Hand,  das  allmUlige  Schicksal  solcher  Anredeweisen 
zu  verfolgen,  die  man  jetzt  nur  in  den  mosaikartig  zusammen- 
gewürfelten Bruchstücken  ihrer  verschiedenen  Phasen  vor  sich  hat. 

Der  Shin  hat  ausser  den  fünf  Geboten,  die  alle  Menschen 
binden,  noch  fünf  andere  zu  halten,  und  wenn  er  nicht  in  das  ge- 


Die  Hierarchie.  183 

wohnliche  Leben  zurücktritt,  sondern  im  Kloster  zu  bleiben 
wünscht,  so  wird  er  nach  dem  20.  Jahre  zum  PaöJin  geweiht, 
indem  unter  dem  Vorsitz  desUpa^jauh  ein  damit  betrauter  Mönch 
das  Buch  Kammavaöa  (Kammavakya)  vor  ihm  liest.  Der  zu 
examinirende  Candidat  wird  ausser  nach  andern  Sachen  auch 
gefragt,  ob  er  nicht  ein  versteckter  Naga  sei,  da  Buddha  einst 
einen  solchen  in  einem  während  des  Vortrags  eingeschlafenen 
Schüler  entdeckt  haben  soll.  Der  Augenblick  des  Schlafs  gehört 
zu  den  fünf  Zuständen,  in  denen  die  Nagas  die  Fähigkeit  der 
Formveränderung  verlieren.  Bei  Gelegenheit  des  Dsiwaran  (drei- 
fachen Gewandes)  bemerkt  der  Commentator,  dass  Gautama  die 
Erkundigung  darnach  angeordnet  habe,  weil  einst  ein  geweihter 
Priester  nackend  fortgegangen  (etwa  wie  ein  Digambarader  Jainas). 
Ausser  den  von  frommen  Privatleuten  erbauten  Klöstern,  giebt  es 
die  königlichen  und  solche  kennt  schon  Porphyrius  von  den  Sa- 
manäem.  Ueber  jedem  Kloster  präsidirt  ein  Abt  oder  Puggol 
(Kyaung-nae-puggol),  der,  wenn  er  einige  Ansprüche  auf  Gelehr- 
samkeit besitzt,  auch  Ohara  (Zea)  genannt  wird.  Die  Klöster 
eines  DistVicts  stehen  unter  der  Gerichtsbarkeit  des  gewöhnlich 
Öhara-dau  (königlichen  Lehrers)  betitelten  Bischofs  oder  Gein-up, 
des  Vorsitzenden  der  Versammlung  (Gei^  oder  Gana),  und  Geiij- 
gyup  mag  mit  Erzbischof  übersetzt  werden.  Als  Haupt  der  ge- 
sammten  Geistlichkeit  residirt  in  Mandalay  der  Sasanapein  (der 
über  die  Religion  Gebietende)  oder  Sasana-dau-pein.  Seitens  der 
Regierung  ist  ein  weltlicher  Beamter  (Kyaung-Öhara)  mit  der 
Aufsicht  über  die  Klöster  betraut.  Auf  die  Pungyi  folgen  die 
Upazin  (examinirten  Priester)  und  dann  die  Koyingelay  (Novizen), 
doch  wird  aus  Höflichkeit  Jeder,  der  das  gelbe  Gewand  trägt,  ein 
Pungyi  genannt.  Wer  5  Jahre  im  Kloster  ausharrt,  erhält  den 
Titel  Then  oder  Thero,  und  nach  20  Jahren  wird  er  Mahathero 
genannt.  Zu  den  die  Sanga  constituirenden  Ariya  (Ehrwürdige) 
und  den  Bikchu  (Bettelmönche)  kommen  die  Upasaka  als  im  Glau- 
ben befestigte  Laienbrüder  und  dann  die  noch  lernenden  Daraka. 
Die  Pungyi  dürfen  nur  geschenkte  Sachen  annehmen  und  es 
ist  ihnen  verboten,  direct  Etwas  zu  verlangen.  Wenn  sie  aber 
noth wendig  gewisser  Dinge  bedürfen,  wie  Kleidung,  Medicinen 


Ig4  I^cr  königliche  Palast. 

u.  8.  w.,  SO  mögen  sie  sich  in  gewisser  Stellung  neben  Häuser 
hinstellen,  wo  sie  vermuthen,  dass  sie  solche  erhalten  könnten, 
und  im  Falle  sie  gefragt  werden,  das  Gewünschte  nennen.  Das 
Verbot,  kein  Gold  oder  Silber  anzurühren,  kann  umgangen  wer- 
den, indem  sie  sich  die  Hand  vorher  mit  Zeug  bedecken.  Wenn 
der  Mönch  zu  essen  wünscht,  bedarf  es  der  Akat  genannten  Cere- 
monie,  indem  er  zu  dem  dienenden  Knaben  sagt:  n'I'hue,  was 
durch  das  Gesetz  erlaubt  ist*",  worauf  ihm  dieser  dann  die  Speise 
mit  den  Worten  giebt:  „Dies,  o  Herr,  ist  gesetzlich."  Jetzt  sind 
sie  etwas  freier  von  Beschränkungen,  aber  zu  Gautama's  Zeit, 
erzählte  mir  ein  birmanischer  Gelehrter,  war  man-  uneinig»  ob 
nicht  auch  die  Bäume  Seelen  'hätten  und  deshalb  ebenso  wenig 
wie  die  Thiere  verletzt  werden  dürften.  Indess  entschied  Gau- 
tama  diese  Frage  negativ  und  nur  eine  heterodoxe  Secte  verblieb 
dabei,  die  Bäume  gleichfalls  als  lebend  zu  betrachten.  Fleisch- 
essen ist,  wie  bemerkt,  den  Mönchen  nicht  verboten,  nur  das 
Tödten  der  Thiere;  dennoch  enthalten  sich  einige  animalischer 
Nahrung,  um  besser  ihr  Cölibat  ertragen  zu  können. 

Jeden  Morgen,  so  bald  es  hell  genug  ist,  die  Adern  auf  ihren 
Händen  zu  unterscheiden,  durchziehen  sie  die  Stadt,  um  ihrFrtth- 
stück  einzusammeln,  und  in  manchen  Häusern  steht  abwechselnd 
eine  der  Frauen  schon  in  der  Nacht  auf,  um  mit  frühester  Dämme- 
rung Alles  bereit  zu  haben.  Die  angeseheneren  der  Pungyi  haben 
ihre  bestimmten  Kunden,  denen  sie  das  Verdienst  ihrer  Beschen- 
kung  zuwenden.  Andere  dagegen  gehen  aufs  Gerathewohl  und 
haben  beim  Besuche  entfernterer  Vorstädte  oft  mehrere  Stunden 
auf  der  Wanderung  zuzubringen. 

Die  vorschriftsmässigeErfüllung  der  religiösenPfiichten  heisst 
Ubod.  DerUbodkam  begreift  die  richtige  Kenntniss  der  Gesetzes- 
beobachtung. Das  Patin^auk  liefert  die  Vertheidigungsmittel, 
um  nicht  in  den  vier  Höllenregionen  wiedergeboren  zu  [werden, 
und  die  ausführliche  Erklärung  findet  sich  im  Patimauk  kadaetan. 
Das  Pavajakan  ruft  zur  Busse  und  Beichte,  das  Pavajanakan 
enthält  die  Einladungen  zum  Priesterstande,  das  Apatthi  handelt 
über  die  mit  Verbrechen  Beladenen,  das  Anapatthi  über  die  zu 
Verbrechen   Neigenden.     Das  Tawathaeta-apatthi   handelt   von 


w 


Priesterliche  Vorschriften.  Ig5 

solchen  Verbrechen,  die  durch  ihr  Begehen  böse  Folgen  nach 
sich  ziehen,  und  so  zum  Verderben  leiten.  Das  Anavathaeta- 
apatthi  von  Verbrechen  ohne  weitgreifende  Folgen.  Das  Dotunta- 
waza-apatthi  begreift  schwere  Verbrechen,  das  Ädututta- apatthi 
minder  schwere  und  das  Lahuka-apatthi  leichte.  Das  Payasika 
begreift  die  unverzeihlichen  Todsünden,  in  denen  Alles  umsonst 
ist,  ausgenommen  die  rettende  Gnade  im  Höchsten.  Das  Tenga- 
daeteh  umfasst  die  15  Arten  der  grössern  Sünden.  Kuti  spricht 
über  die  Vihara  (Klöster)  und  Kyaung  (Mönchszellen)  als  Auf- 
enthaltsoi-t  der  Priesterschaft  (Thinga).  DasPariboga  handelt  von 
den  durch  die  Mönche  gebrauchten  Utensilien.  Das  Adaetih- 
wikappana  erklärt  die  Erfüllung  der  religiösen  Pflichten  in  Dar- 
bringung von  Opfergaben.  Das  Pavajeit  handelt  von  den  Ver- 
boten. DasTaewitapa  zeigt,  was  zuthun,  dasAtaewitapa,  was  zu 
lassen  ist.  Im  Kalika  finden  sich  die  günstigen  Zeitpunkte  be- 
handelt. In  einigen  Capiteln  des  Tschojay  werden  Anleitungen 
über  das  Nähen  der  Gewänder  gegeben.  Im  Kanghin  werden 
die  Controversen  zwischen  den  Pungyi's  besprochen.  Das  Aethana 
handelt  über  Orte,  die  es  unpassend  sein  würde  zu  besuchen. 
Das  Vipattikam  handelt  von  den  künftigen  Existenzen.  Kurz 
zusammengefasst  begreift  das  Patimauk  die  227  Verbote  unter 
7  Abtheilungen,  als  Paradzekas,  Thingadaezit,  Patzei,  Toolladzi, 
Duka,  Dupaci,  Patidekani.  Die  Vineya-Pitakagiebt  5  Bücher,  von 
denen  das  Parajika  genannte  zeigt,  wie  bei  gewissen  Fehltritten 
zu  verfahren  ist,  das  Pachiti  begreift  Uebertretungen  niederer 
Strafbarkeit,  das  Maha-Wagga  und  Chula-Wagga  erklärt  durch 
Beispiele  und  die  Pariwana  fasst  eine  Uebersicht  über  das  Ganze 
zusammen.    Die  37  Baudi  pekkara  sind  in  7  Klassen  getheilt. 

Die  jedem  Priester  nothwendigen  Sachen  sind  3  gelbe  Ge- 
wänder, ein  Reistopf,  ein  kurzgriffiges  Messer,  eine  Nadel,  ein 
Trinkgefass  (oder,  nach  Andern,  ein  Wasserflltrum),  und  ein 
Gürtel  (sowie  ausserdem  noch  der  Awana  oder  Fächer).  Alle 
diese  wurden  Gautama  in  dem  Walde  jenseits  des  Anauma-Flusses 
durch  einen  Brahmanen  aus  dem  Brahmanenlande  gegeben.  Nach 
Andern  durch  Jndra  oder  durch  den  König  derByammahimmel.  Was 

ich  hier  von  buddhistischen  Mythen  mittheile,  ist  nach  der  popu- 

I 


186 

Üren  Vei^iun.  wie  ich  sie  hier  and  da  empfing,  hiafi^  mit  eat- 
steUten  Namen,  and  i^>U  nar  daza  dienen,  am  die  Tielpei&taltigi^ 
Vennderon^n  im  Monde  des  Volks  zn  zeigen.  Die  kritiisclie 
Siehton^  and  STstematisehe  Zasammeostellan^  kann  enl  bei  der 
«{tttem  Bekandlang  de$  Boddhismos  folgen.  Als  der  ffnihr 
Gantama  beim  Pflagfeste  ron  seiner  Amme  anter  einem  BauBe 
gelaiaeen  war.  der  seinen  Sehatten  nicht  nach  der  Sonne  Terlnderte, 
erhob  er  sich,  mit  eekreazten  Fftssen  sitzend,  in  den  Djan- 
thamahat  In  den  Ceremonieen  der  Fastenzeit  (Wa)  wird  den 
ÜMnchen  der  Padesa-Baam  i  des  nördlichen  Eilandes  /  dargebnrhL 
Wenn  die  Pongvi  ttber  ihr  Aneissa.  Dokha.  Anatta  meditirea^  ao 
ziehen  sie  anf  der  Psarabeik  (Schreibtafeh  drei  Linien,  als  das 
Kateinkwek.  am  den  Blick  anf  den  centralen  Pnnkt  zn  fxiren, 
bis  die  Maja  (das  magische  Spiel  der  Gottheit  nach  derVedanta) 
in  der  hont  TorUberilathenden  Sansara  ihrem  Ance  erlischt.  Der 
Fan^  dasa  pakarana  nennt  Unwissenheit.  Mateiialitit  und 
Schmerz  die  dreiäiche  Nator  der  Maja.  Nach  der  Serie  der 
Sipasier  i  bemerkt  der  Dabistan)  aothentic  rcTclation  is  onhr 
obtained  bv  the  world  of  ecstasv  or  similitnde.  called  Manistan 
'  s.  Shea -.  Kashef  mani.  die  innere  i^enbarang.  wird  bei  den  Snfis 
der  Kashef  snri.  der  lasieren  Offenbarung,  entgegengesetzt.  iSach 
dem  Desatir  is.  Doncani  Manistar  is  the  name  of  the  Sonl  (or 
Spiritr  who  gnards  the  highest  hcaven.  and  who  is  sljled 
BewamlKid  or  ckief  of  die  soals. 

Die  Jhan  sind  Terschieden  nach  do^  mystischen  Venenknng  in 
Feoer.  fTasser.  Erde  oderTerschiedeneFarbenkreisr,  wamaf  iwie 
in  den  sieben  Menelxah  oder  Staffeln  derSufisȣeAigen  getiehtet 
sintL  Dabei  bedarf  c:f  der  Samadii  des  festen  Beharra»  im  Gnlen) 
o^r  der  Sammlang,  was  die  Birmanai  dorch  Tm  bin  khin  (die 
Uare  ffinsteUoiLg'  tbersetzen.  Die  Formeln,  dass  Alles  Tergeht 
Nichts  beständig  isc  jedes  Za^ammengesetzte  den  Keim  des  Ver- 
&Ues  in  sich  trägt,  waren  an  dem  ptettstischen  Hole  in  eines 
Jeden  Msnde.  Der  tie&te  Weit^chmen.  ans  den  mit  iTfr  Kriinni 
nnzefftrennlich  verbondenen  Leiden  hem>rwachsend.  bildet  den 
6nEn«izag  des  Bnddhismasw  der  jedoch  dorch  die  Gewah  seiner 
Wahrheiten  seine  Bekenner  tbermannt  and  nor  zn  der  Setigiam  der 


Das  Kaairoa.  \^^ 

Entsagung  führt.  Da«  Wohlwollen  der  Gläubigen  muss  sich  nach 
ihren  Geboten  auf  alle  Wesen  erstrecken,  geht  aber  im  praktischen 
Leben  nicht  über  das  psissive  Wohlwollen  der  NichtVerletzung 
hinaus.  Jene  active  Erregung  allumfassender  Liebe,  die  erst  in 
dem  Einklang  sympathischer  Harmonieen  ihre  Befriedigung  findet, 
bleibt  der  buddhistischen  Apathie  fremd,  und  somit  jeder  Fort- 
schritt, denn  auch  die  Candidaten  der  Buddha-Würde  zerstören 
durch  das  Masslose  ihrer  Selbstopfer  die  organische  Entwicklung. 

Das  Abhidhamma  begreift  sieben  Bücher:  Dhammasingani, 
Wibhin,  Dhatukata,  Puggala  paüat,  Katha,  Wuttu,  Yamok-patan. 
Die  Vilia(Vinayau)  zerfällt  in  Parajikan,  Pa6it,  Mahava,  Öulava  und 
Parivä,  die  Suttan  in  Sut-silekkhan,  Sut-Mahävä  und  Sut-pau 
daeyu.  Zusammengenommen  bilden  Abhidhamma,  Yiüa  und 
Suttan  den  Pitakap  Cpitakau)   son   pon   (in  drei  Abtheilungen). 

Das  Bewegende  im  Leben  der  Buddhisten  ist  dasThätige  des 
Kam  (Kamma),  das  durch  seine  Handlungen  unerbittliche  Ver- 
geltung im  Guten  oder  im  Bösen  Bewirkende,  activ  und  passiv, 
wie  (im  Atharvan  Veda)  Käma,  gleich  dem  Eros,  dem  erstgebor- 
nen  der  Götter  bei  Parmenides.  Die  Schuld  schlägt  in  die  Fes- 
seln stets  erneuter  Wiedergeburt*),  bis  sie  durch  zunehmendes  Ver- 
dienst getilgt  wird.  Karmais likethe  shadow,  that  always  accom- 
panies  the  body,  bemerkt  Hardy.  Das  Kam  entspringt  je  nach  der 
Betrachtung  aus  dem  Guten  (Kuso)  oder  dem  Nicht-Guten  (Akuso), 
während  die  aus  den  sechs  Ayatana  (Sitzen  der  Sinne)  mit  ihren 
Aromana  hervorgehenden  Ideen  bis  zur  Ausübung  des  Willens  in- 
different bleiben.  Wenn  es  dem  Weisheits-Candidat  gelungen 
ist,  alle  seine  Gedanken  durch  die  drei  Principien  von  Aneissa, 
Dukkha,  Anatta  zu  zerlegen,  wenn  er  in  jedem  Gegenstand  nur 
Nichtigkeit,  Täuschung  und  Schmerz  sieht,  dann  hat  er  sich 
fähig  vorbereitet,  um  in  die  Magga  einzutreten  und  erlöst  von  den 


•)  Seinen  Gegner  widerlegend,  bemerkt  Gantama  in  der  Nyaya  von  den 
Jainas:  The  folIowerR  of  Arhat  hold,  that  desert  is  a  qnälity  of  the  mind  (manas) 
and  of  atoms.  The  earthly  atoms  in  concert  by  force  of  desert  attached  to  them 
originatc  the  body,  and  the  mind,  iropelled  by  its  own  desert,  enters  the  t>ody  and 
that  desert.  Just  through  its  own  natore,  brings  abont  the  joy  or  suffering  of  the 
(podgala)  Sonl. 


188  I>er  köBiglicbc  Pilast. 

Banden  der  irdischen  Welt  auf  dem  hohen  Pfade  zum  Nibpan 
einzuziehen. 

Im  All  waltet  die  strengste  und  unbedingrte  Gerechtigkeit^ 
die  die  Gesetze  des  Physischen,  wie  des  Moralischen  aufrecht  er- 
hält Das  gegenwärtige  Leben  ist  immer  nur  das  Facit  aus  den 
guten  oder  schlechten  Factoren,  die  es  als  das  Resultat  der  frühe- 
ren Zustände  producirt  haben.  Jedes  UnglUck  ist  verschuldet 
und  der  Leidende  klagt  sich  selbst  für  seinen  Mangel  an  Tugend 
an,  wie  Matrigupta  im  Radjatarangini.  Der  Glückliche  aber 
wird  von  Mahendra's  Boten  auf  Commando  bedient,  wie 
Lalitaditya,  dem  ein  Solcher  sagte,  dass  (in  Folge  früherer 
Mildthätigkeit  gegen  einen  Brahmanen)  une  centaine  d'ordres 
irr^fragables  furent  mis  dans  le  cid  ä  ta  disposition,  doch 
fügte  er  bei  Ueberbringuug  der  gewünschten  Holzäpfel  seine  War- 
nung hinzu:  Un  petit  nombre  seulement  de  tes  ordres  restent 
encore  aujourd'hui  non  accomplis,  car  tes  paroles,  qui  doivent 
toujours  avoir  effet,  sont  jet^sauhazardsausjugement(s.Troyer). 
Die  Reste  einer  solchen  Anschauung  tauchen  noch  vielfach  in 
unseren  Volksmärchen  auf. 

Die  buddhistische  Dreieinigkeit  wird  gemeinsam  als  die  drei 
Ratana  oder  Kostbarkeiten*)  beschrieben,  die  Ratana  ton  pa,  als 
Bhura  (Paya  oder  der  Herr),  Tara  (Dhamma  oder  das  Gesetz) 
und  Singa  (die  Priesterschaft).  In  der  streng  philosophischen 
Schule,  wie  bei  den  Svayambhika*s  NepauFs,  bildet  die  Dhamma 
die  erste  Person,  während  in  den  Aisvarikas  die  Idee  eines  Adhi- 
Buddha  zur  Ausbildung  gekommen  ist.  Wong  Pub  nennt  Ju-loi 
die  Basis  des  Weltalls,  aber  in  Asoka's  Edicten  findet  sich  an  der 
Stelle  der  Götterverehrung  nur  die  ehrfurchtsvolle  Erwähnung 
der  Dharma. 

Wenn  der  Gott  in  das  Nibpan  einzieht,  so  bleiben  nur  seine 
Dath  (Elemente  oder  Reliquien)  Übrig,  die  nach  dem  Verbrennen 


*)  Im  Chinesischen  heissen  diese  Kleinodien  Pao,  im  MongolischoD  Erdeni. 
Horace  de  la  Penna  bemerkt  über  den  tibetischen  Gottesbegriff:  L'essensa  dl 
questo  lor  Dio  6  unita  al  corpo  e  questo  corpo  e  d*una  pietra  pretiosa  a  gaisa  di 
cristallo,  o  sta  di  splendidissimo  diamante,  ed  admettono  questo  corpo,  perch6, 
eomo  si  h  detto,  l'anima  sola  non  d  capace  n^  di  godere,  n^  di  penare. 


Die  Bnddha-Reihe.  189 

9 

des  Körpers  gesammelt  und  verehrt  werden.  Nach  5000  Jahren 
werden  alle  die  Gautama  angehörigen  Dath  aus  den  verschiedenen 
Welten  der  Nats,  Nagas  und  Menschen  durch  die  innewohnende 
Kraft  der  Adinun  (ursprünglichen  Unbeständigkeit)  unter  dem 
Bodhi-Baume  versammelt  werden  und  dort  verbrennen.  Gau- 
tama wurde  von  seiner  Mutter  stehend  unter  einem  Ingien-Baume 
geboren,  auf  dem  Wege  von  Kapilawut  nach  ihrer  Heimath,  im 
Lande  Dewah. 

Die  Liste  der  mit  Arimatheya  als  dem  29.  schliessenden 
Buddha's  beginnt*)  mit  Thanunkarapaya,  Maedzankarapaya  und 
Saranakarapaya,  aber  Hber  diese  drei  ersten  existirt  keine  weitere 
Nachricht,  ausser  dem  schwachen  Nachhall  ihrer  Namen,  da  Gau- 
tama's  Embryo  damals  noch  nicht  in  die  Existenz  getreten  war 
und  nur  noch  in  untergeordneten  Elementarvcrbindungen  gährte. 
In  dem  grauen  Nebel  der  Vorzeit  können  die  Figuren  jener  älte- 
sten Buddha's  noch  nicht  unterschieden  werden,  und  über  ihre 
Vorgänger  ist  selbst  keine  Vibration  des  Echo  bis  zu  den  Men- 
schen gedrungen.  Der  embryonale  Gautama  erscheint  zuerst 
unter  dem  vierten  Buddha,  Dipankarapaya  (der  lichtbringende 
Gott)  genannt,  der,  nachdem  er  unter  einem  Nyaunyatt-Baumie, 
im  Lande  Ramawuthi,  in  der  Buddha-Würde  verklärt  war,  dem 
damals  als  Thumeda-Yathay  existirenden  Gautama  die  einstige 
Erlangung  des  Bodhi  verhiess.  Dieselbe  Verkündigung  wurde 
ihm,  als  Öekyamin  (Weltherrscher)  Wisimani  existirend,  unter  dem 
folgenden  Buddha  Kontinyapaya.  Unter  dem  22.  Buddha  Vi- 
pasipaya  inBandumatih  (zu  einer  Zeit,  wo  das  Alter  80,000  Jahre 


*)  Die  chinesischen  Listen  (nach  Remusat)  beginnen  mit  dem  Shakja,  der  der 
«Alte"  genannt  wird,  als  Ta-kouang-ming.  Auf  ihn  folgen  75000  Bnddha's  in 
75  Weltperioden,  die  mit  dem  ersten  Sikhi  schliessen,  und  dann  76000  Buddha^s, 
deren  letzter  Dipankara  (Jou-toung)  ist.  Von  der  folgenden  Reihe  der  77000 
Buddha's  (in  77  Weltperioden)  sind  die  Namen  der  sieben  letzten  bekannt  (den 
sieben  menschlichen  Buddha's  des  Nepalesen  entsprechend),  als  Vipasjri,  Sikhi 
(der  Spätere),  Viswabhou  (in  der  aufsteigenden)  und  Krakotschanda,  Kanaka- 
mouni,  Kasyapa,  Shakyaniouni,  Maitreya  (in  der  absteigenden  Hälfte  der  Kalpa). 
Weiter  folgt  Sse  tchcu  (8inha)  mit  992  andern  Buddha-s,  dannYalo,  dannRoutchi, 
als  Einkorponing  des  Avalokiteswara  u.  s.  w.  in  unendlicher  Wiederholung  des 
Entstehens  und  Vergehens.  Die  1 000  Buddha's  (b.  Schmidt)  schliessen  mit  Rotschi. 


1»  I>er 

vierte  ItiM  GaaUrnju  ab  Xaga-KGiiif.  und  erliielt  die  Prophe- 
icilfiBf  »einer  (jeban  in  Kapilawat.  und  diew  wnide  ihm  als 
KOxif  Arendama  wiederlk*!!  «bei  Ifeniehenalter  von  70,000  Jah- 
ren nnter  Soghipara  in  Aronamittie.  Zar  Zeit  des  Baddha 
VaesapaTn  in  Ani*ma-p:eh  <  al»  da»  M en^ehenalter  tÜtOOO  Jahre 
vi^ne  entsafte  Ganlama  aU  KOnig  Thndaiana  der  Welt,  Bahan 
1  Ji«handa «  za  weiden  und  wuide  nach  dem  T<ide  weipen  seiner 
KenKHiis^  des  Pi^aca:  in  den  Bvammahimnjel  erhoben.  Znr  Zeit 
deS'  B^i^dha  Kankosonpava  in  Kaemawnme  «wenn  das  Alter 
4<i.»>  Jakie  wikrte^  nat  Gactama.  ak  Kr«ni^  Kaema.  in  den 
^und  derJk^kanda  und  erhi-b  »ich  doit-h  die  im  Kta^  eileniten 
Ii^u  txm  BrarnnkahimnieL  Unter  Pi*nap.-n{a]ra  in  TVrimwuttie 
w«LL  das  Aller  a>Äi^*  *  Jakie  wähne  tzax  Gantama .  als  König 
J^i|ttda.  in  den  ^^and  der  Johaada  und  eih<-b  Äeh  dnieh  den  im 
Pitaga:  erien;cn  Dian  xa  dem  B\^ftn;i&ahimmeL  Unter  Kassapa- 
fkj^  in  Bannaihiwanie  ^wenn  das  .Uier  fivAV  Jahre  wahrte) 
eA^jairse  Gaaiama  als  der  Ponah  ^^4ip1ala.  der  aieh  weigerle.  an 
KasMfa  Kacjrapft  .  den  KahlkC-pcp».  l&  gla^iben.  aber  dnieh 
«itdnen  Fie-md  Oadikajra  ism  Besnche  »einer  Piedigten  bewogen 
IM  bekexrs  wiu^.  Bei  Ganiama's  Gei«uf  in  Kaptlawnttie  war 
«as  Leti«ijakher  der  Men^bes  aKi  1*  v  Jaii::e  i^dneiit.  aber  wenn 

xxr  Ltti  des  Weld»err<cbei^  CekvuiL;:!    TaJLk  der  Baddha  Ari- 

• 

njkiMxm  in  Södubipäeh  £e:K<ex  weMen  wiiu.  bdaaik  es  sieh 
wkioer  axf  >.;.•>>.•  Jakne.  In  den  lü^er^nftU«  der  Baddhoi  er- 
^ipedna  PriiinNLa-BMdiia's.  die  dsrv-h  einer  Hirseh  ekaraklcri- 
sir:  send,  sm  :ir  kieixej^etsFakru-xxdtrUeWnhTtcnbeneaehnen. 
Ais  <^tf^l»ec  rah  w,i;  oer  vc.r  cex  SakivA  rt-rv-fleae  Kafila  <^der 
.  I>er  IXT  Bnddba- Wtrde  Ge^axiT^e  diLrrb««^^ 

K«  M?  >e:x>  x»i  alle  5e^:i*  frtken^x  Exisamicn 

ÜÄ  MÄiLm^Lrcx,     Ar^tr  eix^  ?fc:«üe  Erlnaeran^ .  gleieh 

Äe*  iyasfcc^cks.  rr.s  s<1h«  aif  frLiiew-ea 


•*  ■% 


V» 


•rt"  K?«L-x  i^ia3u>r$  Mwv!«««i  «  seät*  der  ^x»  den 
DH&aTl  naA  A«i.x-e=oei  a]2Npfwxi>ie-r^%  hÄen  ermiM^kt  wor- 
xral"^  I>ra;itfxjL:x*^.    £■;•  ix  >ie^a»eaL  mierv^ehliehen 


Die  Hölle.  191 

wenn  das  Klingen  des  herabschwimmenden  Bechers  ihm  von  der 
Ankunft  eines  Buddha  Kunde  giebt. 

Um  von  den  fünf  Mara  oder  Tyrannen  erlöst  zu  werden, 
d.  h.  die  Khandamara  (körperliche  Constitution) ,  die  Abisingara- 
mara  (die  veränderliche  Unbeständigkeit  der  vier  Ursachen),  die 
Kilaesamara  (die  Leidenschaften),  die  Mizzumamara  (das  Sterben; 
und  die  Daevaputthamamara  (Mara-Nath,  als  Thevabhut),  verfer- 
tigen die  Birmanen  eine  Man-Paya  (eine  Pagode  aus  Zeug  und 
Lehm)  und  verehren  sie.  Wer  sich  selbst  besiegt,  der  ist  der 
Beste  unter  den  Siegern ,  heisst  es  im  Dhammapadam. 

Das  Nibpan  erlös't  von  dem  Kam ,  den  Dsit ,  den  Uduh  und 
Ahara,  und  es  giebt  drei  Arten  desselben ,  das  Nibpan  der  Kilesa 
(Leidenschaften) ,  der  Khanda  (körperlichen  Substrate)  und  der 
Dhatu  (Elemente).  Durch  Unterdrückung  der  Samkhara  giebt 
Nirodha  das  Mittel  zum  Nirwana  zu  gelangen.  „Wenn  Jemand 
nicht  länger  den  vier  Leiden  der  Schwere,  des  Alterns,  der  Krank- 
heiten und  des  Todes  unterworfen  ist,  dann  sagen  wir  von  einem 
80  Befreiten,  dass  er  das  Nibpan  erlangt  hat,''  erklärte  einst 
das  Haupt  der  Geistlichkeit,  Zaradaupaya,  der  aber  zugleich 
hinzufügte ,  dass  Nichts  eine  Vorstellung  des  Nibpan  zu  geben 
vermöchte.  Sein  Verständniss  ergiebt  sich  nur  als  der  nothwendig 
gesetzmässige  Abschluss  des  philosophischen  Systems.  Das  bir- 
manische Anet  erklärt  Nibpan  in  der  Uebersetzung  als  das  Akret- 
tara  oder  das  Gesetz  des  Losgelöstseins. 

An  Höllen  (Ngayai  oderNaraka)  fehlt  es  den  Birmanen  nicht 
und  sie  besitzen  darin  eine  ebenso  grosse  Auswahl ,  als  an  Him- 
meln, um  dem  Geschmacke  jedes  Einzelnen  zu  genügen.  Die 
Ngayai  shit  pa  (die  acht  Etagen  der  Hölle)  begreifen  die  Sii^i, 
Kalasut,  Singhata,  Rauruva,  Maharauruva,  Tapanna,  Mahatapanna 
undAvihji,  von  denen  jede  wieder  mit  16  kleineren  Höllen  (Usad- 
darek)  umgeben  ist.  Die  mannigfaltige  Verschiedenheit  der 
Qualen  ist  in  den  Tempeln  mit  lebhaften  Farben  dargestellt, 
und  habe  ich  dieselben  in  ähnlicher  Weise  in  sibirischen  und 
russischen  Bauernhäusern  gesehen,  wo  ein  das  Weltgebäude  ver- 
sinnlichendes  Bild  oben  die  sieben  Himmel  mit  der  Dreieinigkeit 
zeigt  und  unten  eine  Reihe  l^leiner  Kammern ,  in  denen  nach  der 


19±  Dfr  kC«iffi(te  Pllüt. 

Ui:er«clinft  die  Su-lien,   die   Diebnerherimnen  •  die  Oeirigen 
^  f.  w.  pfmAMcrt  werden.    S«.»n«t  i>t  l*ei  deo  Boddhi^ten  ^wie 
Bfttli  de  .Sary  bei   den  >afi>  *  die  H«~dlenthe<*rie  weni^  aasge- 
büdet.   da  naeb  ihies  Stifter«  es-terisrher  Lehre  der  HrJlengott 
n«r  im  Herxen  *  i  des  Sündeis  vöhnt .  and  deshalb  der  saeh  dea 
BraLmanen  die  Untemrelt  richtende  Vama  in  baddhi$t»rher  My- 
tk>l«'^.e  eiaea  der  «eeh<  Besierdenhimmel  beherraaeht.     la  den 
>ralp«aren  de^kaaiVJis^hen  Tempel^  da^^n  ider^Demiierea 
O-rriA.-fe  ftr  die  r.>n  den  Pilsem  a-Jich  in  den  Hr4ilea  EHoia's 
»re-erccs  T-.^teaeenfBi«>nieen  bewahrt  hatte  •  ist  eine  Gallerie  mit 
•ier  Aiasnal^Bf  der  Hrllensiraien  sefdilt.  and  r.-r  desselben  leigt 
Äeh  da^  z:2aatL><he  Bild  eines  «>eh<enreiters  in  Siein  sekaaen. 
der  jede  Art  Ti-.n  Waffen  unti  ^^harfiea  Instromenten  in  seiaea  Tiel- 
fftefcea  AnKafoarec  träst.     Anf  dem   eini^E^fk£ten   Schilde  war 
<efa  Name  einÄCie-iNselL  in  der  aati«^Tiirten  Sehreibart  der  Ak^m 
DTu.  »iie  mir  keiner  der  d*»rtisen  M<>nehe  erklänta  koaate.    leh 
aahm  :a>ies^  die  iV-p:e  and  le^  «ie.  aüt  mehne-rea  der  aaderea, 
Wi  a^iaer  «{oteren  Ankunft  in  rd**B^  dem  celekrtrslea  Abte 
Kamb>:i«iia>  tvf.    der  d*>rt   dem   k-'i^nirliehen  Kb>aer   Torsteht. 
AiP^h  dieser  meinte  anfiutfs  Nieht»  daT^^n  la  wissen .   tie«^  rieh 
a>^r  d*:<k .   da  xh  iha|  ke:ne  Eahe  jS^^nnte  vad  immer  aafs  Neae 
>iara.^  nrtekkaie .  xdlem  za  einem  eisüefieBderea  Siadiam  be- 
aad  sab  mir  dasn  maaehe  Aa«k:iaft  was  ikm  im  Gmade 


«!«fc   6!nwibt!B.  'm.  bat  Sräi^Awüii^  ^r  I^'I»*  *f*  > 

3Hltäue  .gswmfH ,   xüm  fcr  OifMip  man    fem 

b^wüHüL  m  iaf  N:düibfr4ibAcÄ  wr  X%ir  «wdf^te.   ju^   «    ^^ 

Uni    »^»r  üH  An^ü   iw  <i>i',r^MX-\  :lL»rn*i^Oi^  f»i*.;tnm*in  .    üi  <».*d<   >«nekt«< 
Jnup«  "     IVr  Smiiic   mti  -r^nt  yt^tisg^  winiif«    i;fe|ifr*;j|  ^si^sm^        ^rhmi^  > 


Berichterstatter  aus  dem  Jenseits.  ]  93 

nicht  schwer  sein  konnte ,  da  er  eine  verhältnissniässig  zuverläs- 
sige Kenntniss  des  Pali  besass  und  sich,  wie  ich  ausfand,  schon 
mehrfach  mit  den  alten  Inschriften  befasst  hatte.  Er  erklärte 
verschiedene  der  Könige,  Städte  und  Sentenzen.  Den  betreffen- 
den Namen  des  vielbändigen  Öchsenreiters  las  er  zu  meiner 
Ueberraschung  „Mithra-Khupta''  und  nach  dem  später  mit  seiner 
Hülfe  ausgezogenen  Alphabet  fand  ich  es  auch  so  bestätigt. 
Ardaiviraf  (heisst  es  im  Dabistau)  saw  Mihr  Ized  (the  angel, 
vvhose  province  it  is  to  number  and  estimate  people  in  regord  to 
rewards  «ind  punishments) ,  at  whose  side  were  standing  liash 
Rast  and Sarush  Ized,  holdinganbalancc  in  bis  band,  with  angel, 
assembled  around  them,  und  Troyer  fügt  hin^u:  Mihr  Ized  is  the 
same  as  Mithra,  he  is  the  most  active  champion  against  Ahrimau 
and  the  host  of  evil  genii ,  he  has  one  thousand  ears  and  ten 
thousand  eyes,  a  club,  abow,  arrows  and  a  golden  poniard  in  bis 
band.  Bei  den  Buddhisten  ist  es  der  heilige  Malai,  der  Himmel 
und  Hölle  besucht,  un,d  bei  seiner  llückkchr  davon  erzählt,  wie 
Paulus  in  den  Apokryphen.  Doch  giebt  es  noch  eine  ältere  Auto- 
rität in  dem  beliebten  Jat  (Jati)  Nemi,  der  zu  den  zehn  letzten 
oder  grösseren  Existenzen  Buddha's  gehört  und  das  auch  den 
Jainas  bekannte  Wunder  Mahomed's  wiederholt,  als  der  zwischen- 
gestellte Berg  Hara  den  Ungläubigen  deu  Mond  getheilt  erschei- 
nen Hess.  Gautama  predigte  diese  Legende  in  dem  Kloster  Meg- 
gadewa  während  seines  Aufenthaltes  in  Mithila,  da  er  sich 
erinnerte,  einst  ein  König  in  diesem  Lande  gewesen  zu  sein. 

In  alten  Zeiten  herrschte  dort  der  König  Minggadewa,  ganz  den 
Vergnügungen  und  weltlicher  Lust  ergeben,  bis  ihm  eir.»s Tages 
sein  Barbier  ein  graues  Haar  zeigte,  das  er  auf  seinem  Kopfe  ge- 
funden. Der  König,  von  diesem  Mementomori  getroffen,  sah  gäh- 
nend vor  seinen  Augen  den  Abgrund  der  Vergänglichkeit  geöffnet; 
Ueberdruss  und  Ekel  fühlend,  entsagte  er  dem  bunten  Tand  irdischer 
Grösse  und  wanderte  in  die  Einsamkeit,  sein  Leben  als  Eren  it 
zu  beschliessen.  Seine  tugendreichen  Verdienste  erwarben  ihm 
bei  seinem  Hinscheiden  Erhöhung  in  eine  der  Brahma -Welten, 
und  alle  die  82,000  Fürsten,  die  ihm  auf  dem  Throne  Mithihrs 
folgten,  ahmten  das  Beispiel  ihres  Ahnherrn  nach  und  zogen  sich 

Bastian,  OsUiien.   11.  13 


in  eine  Ein*ie«leltfi  zurück,  wt^nii  >it-  ihr  I^Wn>ende  herannahen 
fühlteu.  Als  Miü^^ailewa,  «1er  von  seiueiu  himmlischen  Sitze 
aus  cla>  >rhirk>al  seines  Oeschk'rhtfs  verfolge,  den  Wvunilehen- 
den  Nieder^an^  des^eHnrn  liemerkii*.  kam  er  norh  einmal  auf  die 
Erde  zurück,  um  sich  in  den  Leih  dcrdamalipfnKnni.;|rinMithila*s 
einzuk»'>ri>ern.  und  v«»n  ihr  aUdcrFriuzNcmi  i:ebi»ren  zu  werden. 
Von  zartc>ler  Kindheit  an,  wie  es  dici**»uas  bei  seinem  Hi>n>sk«ip 
viirher^esa^,  war  sein  Sinn  nur  auf  dir  Von^chriften  derReli^on 
orerichtet,  «ranz  «rutcn  Werken  und  fr«»miuen  Tebungen  er^ben. 
Als  er  einst  Zweifel  in  sich  auf^tciiren  fühlte,  «di  die  äussere  Er- 
füllung des  Almosengebeus  «»der  die  innere  Tuntemplation  höhere 
Verdienste  erwerl»en  würde,  kam  derTha^vamin  in  eigner  Person 
zu  ihm  herab,  um  ihn  zu  belehren,  dass  Mildthätigkeit  zwar  eine 
Wiedergeburt  in  den  Nathiiiinielu  >ichere,  dass  ihm  a>>er  nur  die 
geistige  Ausbildung  ein  Aufsteigen  zu  den  seligen  Kegionen  der 
Brahma's  ermöglichen  würde.  DerThagyakönig  war  so  von  dem 
religiösen  Sinn  und  der  Frömmigkeit  des  jungen  Prinzen  gefes- 
selt worden,  dass  er  mit  freudigem  Entzücken  den  Göttern  bei 
seiner  Rückkehr  davon  erzählte,  und  alle,  durch  das  Lob  seiner 
ausgezeichneten  Eigenschaften  angezogen,  baten  ihren  Beherr- 
scher, auch  ihnen  die  Bekanntschaft  dieser  heiligen  Persönlich- 
keit zu  verschaflen.  DerThagvamin  befahl  deshalb  einem  jungen 
Nat,  Matali  genannt,  auf  die  Erde  hinabzufahren  und  den  Prinzen 
Nemi  zu  einem  Besuiii»-  in  den  Himmel  einzuladen. 

Es  war  geraile  der  Tai:  des  Vollmondes  und  alle  die  Einwohner 
Mithila's  fanden  sich  auf  den  Strassen  und  Tempelplätzen  versam- 
melt, die  Ceremonieen  ihres  religiösen  Feiertages  zu  beobachten. 
Und  an  jenem  Abend  geschah  ein  grosses  Wunder.  Während 
der  Mond  im  Lichte  seiner  vollen  Scheibe  am  Himmel  stand, 
siehe  da  brach  schimmernd  ein  neuer  <Uanz  durch  das  Gewölk 
im  Osten,  so  tlass  alles  Volk  voll  Erstaunen  ausrief,  zwei  Monde 
seien  zu  gleicher  Zeit  aufgegangen.  B;ild  aber  zeigte  sich  beim 
Näherkommen  der  strahlentle  irötterwagen.  und  der  Engel,  der 
ihn  lenkte,  trat  zum  Fürsten  heran,  ihn  einladend,  Platz  zu 
nehmen  und  ihn  naeh  dem  Keiche  der  Göttlichen  zu  begleiten. 
Nemi  trat  ohne  Zaudern  ein.  uml  da  er  von  seinem  Führer  hörte. 


Kemi.  195 

dass  sich  zwei  Wege  »einer  Auswahl  böten ,  von  denen  der  eine 
durch  die  Sehrecken  des  Tartarus  hiudurcli,  der  andere  zwischen 
den  Gefilden  der  Seligen  hinführe,  so  wünschte  der  König  beide 
kennen  zu  lernen,  und  sah  erst  die  Qualen  der  Verdammten  in 
den  Finsternissen  der  Hölle,  dann  aber  die  reinen  Freuden  des 
lichtgeschmUckten  Paradieses.  Nachdem  er  in  die  Gegenwart 
des  höchsten  Götterkönigs  zugelassen  war,  kehrte  er  auf  die  Erde 
zurück,  um  seinen  Unterthanen  genauen  Bericlit  abzustatten, 
welches  Loos  ihrer  nach  dem  Tode  harre,  je  nachdem  sie  dem  Pfade 
des  Lasters  oder  dem  der  Tugend  folgten.  Als  Nemi  sein  Haar 
ergrauen  sah,  trat  auch  er,  seinen  Vorfahren  folgend,  in  den 
Stiind  der  Rahanda,  und  dieselbe  Sitte  wurde  aufrecht  erhalten 
durch  seinen  Sohn  Ralarazana,  den  letzten  aus  der  Reihe  der  Kö- 
nige, die  beim  Grauwerden  sich  als  Mönche  weihten,  in  dieser 
Yathaymyoh  oderKapilawutti.  In  den  Königsreihen  der  Brahma- 
nen  ist  Nemi's  Name  kein  begünstigter.  Darkshya  heisst  Arischta- 
Nemi  und  Nemi  bedeutet  den  Zirkel  des  Sonnenrades.  Nach 
der  Skandapurana  wurde  König  Devadasa  von  Varanasi,  den 
wegen  seiner  die  Götter  überflüssig  machenden  Tugenden  der  mit 
Siwa,  Brahma,  Ganesa  und  ihren  Frauen  als  Mönche  eingekleidete 
Vischnu  zum  Buddhismus  verführte,  in  einem  Wagen  zum  Himmel 
geführt,  nachdem  er  einen  Lingam  dem  Siwa  geweiht. 

Die  nur  allegorische  Auffassung  der  Höllenstrafen  hat  den 
Missionären  besonders  Anstoss  gegeben  und  sie  in  ihrem  Xer- 
damnmngsurtheil  der  esoterischen  Lehre  des  Nichts,  womit  der 
grosse  Betrüger  seineu  Tod  besiegelt  habe,  um  so  erbitterter  ge- 
macht. Das  ganze  Gebäude  der  buddhistischen  Kosmologie  ist  eine 
allegorische  (ledankenschöpfung,  denn  auch  die  Himmel  sind  von 
den  Contemplativen  schon  während  des  Lebens  bewohnt,  und 
die  sich  der  Ewigkeit  nähernde  Lebensdauer,  die  den  oberen 
gegeben  wird,  soll  nur  das  Fallen  zeitlicher  Schranken  in  der 
reinen  Geistesthätigkeit  versinnlicheu.  'Vie  der  Rationalismus 
die  religiösen  Dogmen  in  abgezogene  Speculationen  verflacht, 
so  verkörpert  umgekehrt  der  Buddhismus  die  philosophischen 
Deductionen  der  Sankhya  in  mythologische  Phantasiegebilde. 

Die  buddhistischen  Schulen  des  Mahajana  läugnen  mit  der 

13* 


196  ^^^  königliche  Palast. 

bestimmtesten  Eiitscbiedenlieit  die  Persönlichkeit  des  Ich,  indem 
der  Mensch  als  solcher  sich  nur  als  Gesammtproduct  der  ihn  con- 
stituirenden  Effecte  ergiebt.  Der  Mensch  ist  aus  fUnf  Khanda  zu- 
sammengesetzt, d.  h.  „Bündel"  verschiedener  Eigenschaften,  von 
denen  sich  eines  auf  das  Materielle  (Rupa),  die  vier  anderen  auf 
das  Geistige*)  (Nama)  beziehen.  Wenn  diese  fünf  BUndel  neben 
einander  gelegt  sind,  so  entsteht  das,  was  als  Mensch  bezeichnet 
wird,  ebenso  wie  aus  der  ZusammenfUgung  von  Achse,  Deichsel, 
Rädern  u.  s.w.  dasjenige  Ding  hervorgeht,  das  den  Namen  „Wagen** 
erhält.  In  seiner  Unterredung  mit  König  Milinda  gebraucht  Na- 
garsena  das  letzte  Gleichniss  und  bemerkt,  dass  wie  die  Achse, 
die  Deichsel,  die  Räder  u.  s.  w.  nicht  einzeln  für  sich  der  Wagen 
sei,  obwohl  sie  zusammen  einen  solchen  ausmachen,  ebensowenig 
läge  die  Wesenheit  des  Menschen  in  dem  Körper,  der  Seele,  der 
Geistesthätigkeit  u.  s.  w. ,  aber  das  gleichzeitige  Miteinandersein 
erzeuge  das  Mensch  genannte  Wesen.  Das  gemeinsame  Band, 
das  diese  losen  BUndel  zusammenhält,  ist  die  organisch  aus 
Samen  zu  Früchten  fortwachseude  Kamma,  die  in  der  nach  Ver- 
dienst lohnenden  Vergeltung  guter  und  böser  Thaten ,  nicht  nur, 
wie  in  der  hellenischen  Tragödie  in  diesem  Leben,  sondern  durch 
alle  Wechsel  der  Existenzen  hindurch  unzertrennlich  begleitet, 
bis  sie  erst  der  in  die  Vorhalle  des  Nibpan  Eingetretene  und  da- 
durch von  den  Wiedergeburten  Erlöste  von  sich  abstreifen  kann. 
Der  Schitmyoli-wungyi  regiert  die  acht  Städte  der  Grenzen, 
der  König  herrscht  über  die  vier  und  die  acht  Theile  (zwölf  Theile). 
Ausser  den  Wungyi  oder  Ministern  hat  der  König  noch  die  ge- 
heimen Räthe  der  vier  Atweng-wun  um  sich.  Wun-gyi  meint 
wörtlich  einen  Lasttragenden,  als  ob  es  auch  in  Birma  Sitte  ge- 
wesen, wie  im  Inca-Reiche,  dass  jeder  vor  den  Herrscher  Tre- 
tende zum  Zeichen  seiner  Demuth  sich  eine  Last  aufzuladen 
hatte.  In  dem  Ilhit-dau,  dem  höchsten  T;-ibunal  des  König- 
reiches, sitzen  vier  VV^un-gyi  mit  ihren  assistirenden  Wun-duk 
(ebenfalls  vier).    Der  Stellvertreter  des  Myo-Wun  (Gouverneurs) 


*)  In  doli  tibetischen  Syuibuleu   bei  Geor{,n  werden  nonien  et  corpun  durch 
tiu  Schiff  mit  einem  StiMierer  tiarin  versinnlicht. 


Beamtenstand.  197 

ist  derMyo-thu-gyi  und  unter  diesem  steht  derMy-ok  oder  Stadt- 
Magistrat.  Der  Dorfälteste  heisst  Thu-gyi  (die  grosse  Person). 
Die  Prinzen  (Min-tha  oder  Köuigssohn)  heissenMyoh-Tsa  (Städte- 
Esser),  weil  sie  aus  derjenigen  Provinz  oder  Stadt  (Myoh),  mit  der 
sie  belehnt  sind,  ihre  Einkünfte  zum  Unterhalt  beziehen. 

Die  Myoh  (Städte)  werden  wieder  in  Taik  oder  Kreise  (mit 
dem  Taik-thugyi  oder  Taik-ok)  getheilt  und  diese  in  Yoa  mit 
dem  Yoa-thugyi,  der  dann  verschiedene  Gaung  (Haupt)  unter  sich 
hat,  um  für  die  einzelnen  Gruppen  der  Häuser  verantwortlich  zu 
sein.  DerRath  desMyowun  wird  zusammengesetzt  aus  dem  Yay- 
wun  (Aufseher  des  Wassers),  Akhuin-wun  (Steuerbeamte), 
Akaok-wun  (Zolleinnehmer).  Die  Richter  sitzen  täglich  mit  Aus- 
nahme der  Feiertage  im  Rung-dhau.  DerMyowun  hat  das  Recht 
Über  Leben  und  Tod,  doch  ist  eine  Appellation  an  den  höchsten 
Gerichtshof  (Hlut-dau)  zuständig.  Ausser  der  prinzlichen  Familie, 
die  aber  allerdings  durch  die  bei  Hunderte  zählenden  Concubinen 
des  Königs  ausgedehnt  genug  ist,  besteht  inBirnia  kein  erblicher 
Adel ,  da  der  Beamtenstand  ganz  von  dem  monarchischen  Willen 
des  Königs  abhängt,  der  den  Niedrigsten  erhöhen  und  den  Höch- 
sten erniedrigen  kann.  Indess  wird  solchen  Leuten,  die  durch 
Handel  oder  auf  andere  Weise  ein  bedeutendes  Vermögen  erlangt 
haben,  zuweilen  der  Rang  eines  Suthe  oder  Sethi  (reicher  Mann) 
ertheilt,  und  da  mit  diesem  Titel  die  Verpflichtung  periodischer 
Geschenke  an  den  Hof  und  seine  Bedienten  verknüpft  ist,  so  lässt 
man  denselben  auch  gern  auf  die  Söhne  und  Kindeskinder  über- 
gehen, so  lange  solche  Geld  haben,  dafür  zu  zahlen.  Der 
fürstliche  Rang  verliert  pich  in  den  späteren  Descendenten,  indem 
die  vom  Könige  bezahlten  Pensionen  immer  kleiner  werden  und 
zuletzt  ganz  aufhören,  so  dass  die  fernsten  Abkömmlinge  wieder 
in  die  grosse  Masse  des  Volkes  zurücktreten.  Zuweilen  erinnein 
sich  solche  Familien  noch  ihrer  früheren  Verwandtschaft  mit  dem 
regierenden  Hause  und  man  findet  bei  ihnen  gewöhnlich  einen 
leichten  Anflug  höherer  Bildung,  der  sie  von  ihren  Nachbarn 
auszeichnet.  Der  Klasse  der  Sethi  entspricht  die  der  Vaisyas 
bei  den  Jaina's,  die  die  Stelle  der  vernichteten  Kschatryakaste 
angenommen  haben.  Als  edles  Abzeichen  wird  die  Tsalwen  oder 


]  98  ^^^  koniglieke  Palast. 

T^alou  genaDote  Schnur  ^>ei  den  ächten  Birmanen  getragen.  Le 
pliL«^  petit  nomhre  de  chainons,  quun  sujet  puii^se  porter  dans 
ia  cbaine  en  or,  e^^t  de  trois,  le  plus»  con^iderable  de  douze.  Le$ 
nonibre?»  interui^diaires  S4»iit  six  et  neuf. 

Die  Oe^Hrtze  de.^Laudejf  »ind  in  dem  von  Manu  geschriebenen 
(jtilex  de?i  I>haniniasat  enthalten,  von  Kichardson  übersetzt  und  auch 
vonSangermano*;  (bei'I'andy;  niitgetheilt  worden.  Uel>erdieaII- 
mähli^e  Kntstehung  des  (VHiex  fand  ich  in  einem  birmanischen 
Buche,  dasj^  unter  K«tnig  Mahadhamniathah  der  Yathay  (Eremit) 

*)  Man  berichtet.  <!&•).■>  za  d*'D  Z^itt^n  dt*?«  Kan^rs  Mahasamata  ew  berühnter 
Kin«f«lhT  l«-bti*,  w*'\rU**r  •i-in»;  W^bnuDg  in  eintr  der  llühk-n  de»  gross^Mfo  DÖrd> 
lieh  von  drr  •^ütWu-Ufu  ln<>f'l  Zaimdib.'i  gt-lrgen^'n  Hrrgea  Kniaunta  aofges»chIagfn 
hatte  und  ^ich  mit  thr  Bf*fr;irhtiing  <I*t  I»inge  b«-.'<-hriftigte.  wriche  dm  Men'^:heD 
aof  da*»  Nibpan  voH  «-roiN-n.  Währrnd  d»*r  Kin:?iedler  ^o  abge^chit-den  tod  der 
Welt  lebte,  wnrd»*  er  von  d*T  'J'oebt«T  eines  Nat  in  Ver-juehung  geführt,  wclehe 
«ich  vor  dielhür  der  Höhb*  .stillte  und  mit  Bitten  undThnluen  um  Einlas«  tiehte. 
Von  Mitleid  bewegt ,  j:»>tattf  t«'  ihr  der  Eremit  endlirh ,  eine  einzige  Nacht  bei 
ihm  zu  verweilen.  Abtr  di«-  :*rbünheil  und  die  Küii-te  drr  jungen  Nat  machten 
einen  »olehen  Eindrnek  auf  ihn,  da.-«?«  er  i^ieh  nicht  mfhr  in  >o  hohem  Masse  !>einen 
erha^N'nen  Betrachtungen  hingab ,  sie  heirathete  und  von  ihr  zwei  ^^öhne  bekam; 
von  die-ten  nannte  er  den  einen  3Ienu ,  den  anderen  3Ieno ,  und  beide  zeichneten 
»ich  »pater  durch  ihre  Heiligkeit  und  Gelehrsamkeit  aus.  Sie  Tenschmiihten  das 
Königreich ,  welches  ihnen  ihr  Vater  verhiess ,  und  zogen  sich  auf  den  Berg 
Emannti  zurück .  wo  >ie  durch  Aui^übong  eines  beschaulichen  Lebens  Zian  wur- 
den. Hierdurch  erlangen  gerechte  Männer  die  Eigenschaft ,  durch  die  Luft  so 
fliegen  und  ."ich  an  jeden  ihnen  beliebigen  Ort  hinzuversetzen.  So  begaben  sie 
«ich  dann  in  verschiedene  'l'heile  «ler  Welt,  bis  sie  endlich  zu  der  grossen  Ge- 
birgskette ZacchiavHia  gelangten  und  das  Gesetzbuch  fanden ,  welches  hier  in 
grOMeo  Bachstaben  auf  den  Felsen  eingegraben  niedergelegt  war.  Sie  nahmen 
von  diesen  Gesetzen  eine  getreue  Abschrift  und  schenkten  sie  nach  ihrer  Kückr 
kehr  dem  grossen  KaiAcr  Mahn^nmata  als  ein  unschätzbares  Gut.  Als  dieser 
hörte,  auf  welch*  wunderbare  Weise  sie  entdeckt  worden  waren,  befahl  er,  dass 
sie  von  all'  seinen  Unterthanen  befolgt  würden.  Nachdem  die  Nachfolger  Maha- 
samata's  diesem  Codex  einige  wenige  (iesetze  hinzugefügt  hatten ,  wurden  sie 
späterhin  in  eine  vollendetere  Form  gebracht  und  mit  verschiedenartigen  Vor- 
schriften eines  der  Fürsten  des  Nat  bi.-reichert.  Zuletzt  wurde  endlich  dieser 
Codex,  welcher  ursprünglich  in  der  Pali-Sprache  geschrieben  war  und  auf  der 
Insel  Ceylon  aufliewahrt  wurde,  von  einem  gewissen  Budelago.sa  in  das  Burmesen- 
Reich  gebracht  und  in  die  Vulgär-Sprache  übersetzt.  Und  dieses  ist  der  Ursprung 
des  Damasat. 


Gesetzbücher.  199 

Manuthaya  acht  Dutzend  Bücher  von  einem  fremden  Lande  brachte, 
der  Yathay  Manothaya  sieben  Dutzend,  der  Yathay  llauutiko  vier 
Dutzend  und  einKahanda  zwei  Dutzend.  Als  Paya Kassapa  existirte, 
brachten  Piumingkawumbade,  ein  Yathay  und  der  Thagyaköuig, 
diese  drei,  zwei  Dutzend.  Als  König  Atiy  ah  inThayaikittia  regierte, 
brachte  ein  Yahanda  zwei  Dutzend.  Unter  König  Weteantakinhis- 
sana  (Sohn  Sali's)  brachten  acht  Gelehrte  drei  Dutzend.  Dem 
Könige  Yumin  inPagan  brachten  drei,  nämlich  Kawumbade,  ein 
Yathay  und  der  Thagyaköuig  zwölf  Dutzend.  Als  König  Bodozin- 
piushin  in  Yaninjaüberdic  101  Bagen  der  Menschen  regierte,  über- 
setzte Baudagosa  von  den  alten  BüchernachtDutzendaus  dem  Talein 
ins  Birmanische  und  zwölf  Lehrer  fügten  sieben  Dutzend  hinzu. 
Unter  König  Gnasudaiaka,  dem  iSohne  des  Zinpiushin,  w  urden  in 
Dwarawuddi  undUansawuddi  zwölf  Dutzend  zugefügt,  derDama- 
wuilatha  genannte  Lehrer  vermehrte  sie  noch  um  zw(')lf  Dutzend. 
Zu  Lebzeiten  Yasamani-Suladayaka's  fügte  der  Ilofmann  Amatji 
und  der  Jurist  Sinni  zwölf  Dutzend  bei.  Das  javanische  Gesetz- 
buch ist  nachKafit'Ics  in  Nachahmung  von  Manu's  Codex  Manu  Ma- 
nuve  genannt,  obwohl  es  nur  die  einheimischen  Institutionen  der 
Insel  behandelt. 

Die  Sclaven  Birma's  sind  besonders  solche,  die  wegen  un- 
bezahlter Schulden  ihren  Gläubigern  zur  Haft  übergeben  und  nur 
durch  Bezahlung  des  Capitals  erlöst  werden  können.  Ausserdem 
giebt  es  noch  Kriegsgefangene ,  die  entweder  vom  Könige  ge- 
schenkt, oder  in  Auctionen  verkauft  werden.  Derbirmanische 
Codex  des  Dhammasat  zählt  7  Arten  von  Sclaven  auf.  Eine  zur 
Concubine  erhobene  Sclavin  wird  bei  des  Hausherrn  Tode  nebst 
ihrer  Tochter  freigelassen,  wenn  sie  ihm  gehörte,  nicht  aber, 
wenn  Eigenthum  der  Frau.  Eine  beiden  gehörige  Sclavin  wird 
bei  dem  Tode  des  Mannes  freigelassen  und  ebenso  der  Sohn,  den 
sie  geboren  haben  sollte.  Ist  aber  eine  Tochter  da,  so  wird  nur 
diese  freigesetzt.  Die  Pagodesclaven,  die  Begräber  (Subayaza), 
die  Bettler  (Sutaundsa),  die  Prostituirten  (Pyintautsa)  und  die 
Aussätzigen  (Svaemadswum)  bilden  die  vier  verachteten  Klassen 
oder  die  Dsandala  lae-dso.  Auch  die  Gefängnisswärter  und  Hen- 
kersknechte oder  unheilbare  Kranke  bleiben  von  dem  geselligen 


2(^}  l>er  köoigliehe  PaU«t. 

Zuj^amnieiileben  au^gochlo!9.seu.  In  Tonquin  dagegen  la  profes^ion 
de  ^Mmrreali  n'e??t  jwint  d«^:?honorante  (wie  Bissach^re  bemerkt). 
Wenn  ein  öffentliches  Werk  zu  thun  ist,  so  sehreibt  das  oberste 
Gericht^tribunal  eine  Plinberufiing  durch  das  Land  aus,  ohne  da- 
bei, wie  in  .Siani,  ein  regelmässiges  System  oder  die  eoehinchine- 
i^iM'he  Conscription  zu  befolgen,  und  in  derselben  Weise  wird  im 
Falle  eines  Krieges  die  Annee  recrutirt.  Jedermann  des  Landes 
ist  Selave  des  Königs  und  muss  jeden  Augenblick  zum  Frohn- 
dien^te  bereit  stellen.  Die  Städte  an  den  Flüssen  hatten 
die  Kriegsboote  zu  stellen,  und  die  (avaleristen  wurden  haupt- 
Hächlich  aus  den  Kathay  oder  Munipuriem  erhoben.  Die 
Armee  sollte  vor  einigen  Jahren  europäisch  organisirt  werden, 
durch  einen  französischen  Abenteurer,  der  sieh  pseudonym 
le  <>)mte  d'Drgoni  (alias  Girodon)  nannte,  und  vom  König  zum 
Generalissimus  ernannt  wurde.  Die  indischen  Blätter  beschäf- 
tigten sich  so  viel  mit  ihm,  dass  sie  zuletzt  selbst  anfingen  zu 
glauben,  dass  er  es  verdiene,  und  w  ie  der  Moniteur  de  TArmee  bom- 
bastisch verkündete,  die  Tage  Dupleix  und  I^iibourdonnais  in  Indien 
erneuern  würde.  Die  Steuern  werden  in  sehr  willkürlicher  Weise 
erhoben ,  besonders  in  den  Prinzen  oder  Grossen  zu  Lehen  ge- 
gebenen Provinzen ,  und  bei  dem  vielen  Lande,  das  wüste  liegt, 
quält  man  sich  nicht  viel  mit  genauen  Rechtsbestimmungen,  ausser 
etwa  in  der  Nähe  der  Städte.  Von  Frucbtbäumen  wird  eine  be- 
stimmte Taxe  erhr>ben,  und  die  Durian  wurden  früher  alle  als 
Eigenthum'des  Königs  betrachtet,  die  sie  sich  durch  Laufposten 
aus  Pegu  bringen  Hessen.  Die  Blüthen  wurden  gezählt  und  der 
Eigentbttmer  für  dicKinlieferungder  richtigen  Menge  in  Früchten 
rerantwortlich  gemacht,  so  das  die  Meisten  den  Baum,  wenn 
möglich,  ausgehen  Hessen.  Während  meines  Aufenthaltes  Hess 
der  König  ein  kleines  Flussdampfschiff  in  Rangun  mit  Durian  be- 
frachten, aber  von  den  vielen  Tausenden  der  Ladung  kamen  nur 
2  -  3  in  Mandalay  essbar  an.  The  personal  expenscs  of  the  king, 
bemerkt  Yule,  are  paid  by  the  custom  duties  (at  Menhla,  Bamo, 
Kyauktalaung  and  the  capital)  and  by  the  profit  of  merchandize.  Ha- 
ving  the  monopoly  of  the  principal  articles  of  foreign  traffic  (cotton, 
cutch,  Icad,  timber,  rubie8)he  buysfrom  the  people  at  a  fixed  rate 


Abgaben.  201 

and  theneithersells  thern  ata  profit  to  merchantsatthe  capitalor 
sends  them  to  Rangoon,  for  sale  tliere.  Die  Hauptsteuer  ist  die  Haus- 
oder Familien-Taxe,  die  nach  einem  unter  König  Mentaragyi  auf- 
genommenen Census  erhoben  wird.  Die  Abgaben  von  bebautem 
Land  und  den  zum  Pflügen  dienenden  Büffeln  werden  theils  in 
Geld,  theils  in  Naturalien  bezahlt,  und  damit  Niemand  entgehen 
kann,  werden  sie  entweder  eingetrieben,  wenn  das  Säen  ge- 
schehen ist,  oder  wenn  die  Ernte  zum  Einbringen  fertig  steht. 

Die  Musik  des  Poe  wird  mit  der  Trommel  im  Tact  gehalten 
und  ändert  sich  je  nach  dem  Tanze,  indem  die  Melodieen  sich 
den  als  Minister,  Belu,  Königen  oder  Dienern  erscheinenden 
Schauspielern  anpassen.  Ausserdem  wird  die  birmanische  Trom- 
mel und  zugehörige  Musik  von  der  siamesischen  unterschieden. 
Die  Siamesen  sind  besonders  beliebt  als  Tänzer,  vor  allen  natür- 
lich in  dem  Favorit -Drama  des  Yamadzat,  das  die  P>oberung 
Tiho's  durch  den  König  mit  Hülfe  der  Affen  darstellt  und  oft  meh- 
rere Wochen  hindurch  täglich  aufgeführt  wird,  ohne  je  zu  Ende  zu 
kommen.  Die  Spieler  tragen  Masken,  wodurch  ihr  Charakter 
als  Könige,  Minister,  Belu  u.  s.w.  unterschieden  wird,  und  die  der 
Letztem  Bind  scheussliche  Fratzen ,  gleich  denen,  wovon  Lucian 
sagt,  dasB  acbon  ihr  Anblick  mit  Grauen  und  Schrecken  erfüllt. 
Die  bei  den  Schauspielern  in  Leh  vonGodwin  Austen  beschriebenen 
Skelett-Masken  sah  ich  auch  auf  laraaischen  Tempelbildern  in 
Peking  dargestellt,  und  die  Mönche  bemerkten,  dass  selbst  das 
Material,  auf  dem  sie  gezeichnet  waren,  aus  zerriebenen  Knochen 
präparirt  worden.  DuiTh  das  Blasen  einer  aus  Menschenknochen 
verfertigten  Trompete  verjagten  die  Lama's  den  Dharma-Rajah, 
der  sich  mit  seinem  Volke  in  die  Erde  verkroch.  Der  Dabistan 
bemerkt  von  den  zum  Tempel  Barmianek  (Bamian)  gepilgerten 
Lamas  der  Kera  Tabitian,  dass  sie  aus  einem  Menschenscbädel 
essen.  They  carry  joints  of  human  hands  tiled  together  upon  a 
string ,  instead  of  a  rosary ,  and  instead  of  boms  tor  trumpets, 
they  keep  bones  of  human  forearms,  they  say :  „We  are  dead  and 
dead  men  have  nothing  to  do  with  the  things  of  the  living"  (v.  Shea). 
Auch  der  Kaygur  (nach  Schmidt)  spricht  von  Rosenkränzen  aus 
Knochen  gemacht. 


202  I^^r  königliche  Palast 

In  den  Fläusern  der  Prinzen,  die  verliältnissmässig  spät  ver- 
heirathet  werden,  treiben  sich  einellenge  junger  Knaben  umher, 
während  der  mönchische  Anstrich  des  Hofes  weibliche  Bedienung 
bei  ihnen  ausschliesst;  obwohl  sich  mitunter  Wege  tinden  lassen. 
Besuche  zu  erhalten  oder  in  der  St;idt  zu  machen.  Die  Knaben 
sind  angeblich  theils  zur  Aufwartung,  theils  zum  Aufführen  von 
Tänzen  und  Mitwirkung  in  den  (oncerten.  Neben  der  Tättowi- 
rung  wird  durch  Balbi  und  ihm  gleichzeitige  Reisende  ein  sonder- 
bares Verfahren  mit  Glöckchen  beschrieben,  wie  ich  Aehnliches 
in  Batavia  auf  einem  Lingam  aus  den  alten  Ruinen  in  ^tein  aus- 
gehauen sah. 

In  einem  der  Höfe  des  Palastes  steht  ein  hoher  viereckiger 
Thurm,  zu  dessen  auf  halber  Höhe  befindlicher  Thür  eine  Treppe 
aufleitet.  In  diesem  Dzedi  wird  der  Zahn  des  Herrn  bewahrt, 
der  in  früheren  Zeiten  von  Ceylon  gekommen  ist  und  dann  lang  und 
dick  war;  jetzt  hat  er  sich  sehr  verkürzt.  Er  ist  ein  Unterpfand 
für  den  grossen  Ruhm  (P>hundogyi)  des  Königs  und  würde  mit 
diesem  verloren  gehen.  Vielleicht  eine  Nachahmung  des  un- 
ächten,  den  einst  der  König  Pegu's  erhielt.  Eine  Figur  des  Paya 
indeniNandaü  wird  Maha-Pinnay  genannt,  und  auch  als  der  Zaun- 
ding-Nat  bezeichnet.  Die  Stirn  ist  mit  einem  Kranz  dorniger 
Knuppen  umgeben,  gleich  denen,  die  sich  auf  der  Jaekfrueht  oder 
Pinnay  finden.  Die  Brahmanen  legen  vor  derselben  den  Eid  ab. 
Die  aus  dem  Holze  des  Pipul- Baumes  gefertigte  Figur  des 
Akkhinasaklia-Paya  wird  in  die  heisse  Sonne  gelegt,  wenn  man 
Regen  wünscht. 

Zu  den  berühmten  Dichtern  gehört  Shin  Tilowinlha,  der  die 
Bhunkyam  oder  die  i)reisende  Dichtung  (Linga)  des  Herrn  ver- 
fasst  hat.  In  Touindwuingui  in  der  Nähe  Prome's  geboren,  ging 
er  nach  Ava,  wo  er,  zusammen  mit  Öhin  Alataya,  dem  Verfasser 
des  Paya-mih-kyam,  diejenigen  Verbesserungen  der  l)irmanischen 
Sprache  und  Literatur  einführte,  die  unter  Alompra  volle  Geltung 
erhielten.  Der  Letztere  der  Beiden  wird  für  einen  Paya-Alaun 
(Embryo-Buddha)  gehalten.  Ihre  aus  dem  Pali  abgeleitete  Form 
sollen  die  birmanischen  Buchstaben  durch  Schemakatissa  erhalten 
haben,  den  Verfasser  der  Tada  Tinjo,  der  unter  König  Noatasa  in 


Literatur.  203 

Pagan  lebte.  8hin  Yatthaya  war  im  Jahre  830  geboren  und  hiess 
Moung-Bout  mit  seinem  Knabenuamen.  Als  er  16  Jahre  alt  war, 
sehrieb  er  den  Biiridath-Linga,  im  2().  Jahre  den  Buridath-Zath 
und  im  56.  den  Zadutammataja.  Unter  König  Schwenanjoh  ver- 
fasste  er  die  Listen  des  Montaih  und  viele  Bücher  des  Gambitaja 
und  Lokataja,  sowie  die  Wuttoh-Kyaung-Licder.  Er  starb  im 
Alter  von  62  Jahren  in  Prome  unter  König  Minbajindwuay. 
Shin  Thilav(mtha  war  im  Jahre  815  an  einem  Freitage  geboren. 
Er  kam  von  seiner  Heimath  Thauntliwingyi  nach  Ava  unter  Kö- 
nig Schwenanjoh,  schrieb  die  Verse  über  Tandoo,  den  Gesang 
des  goldenen  Palastes  (Mokwun),  dieKyouktsa  im  Dupayon-paya 
und  Anderes.  Das  Bitagatkaundzin  betitelte  Buch  enthält  viele 
Nachweisungen  über  die  Literatur  und  Lebensbeschreibungen  der 
Verfasser.  Die  Linga  oder  Dichtersprache  erfordert  ein  besonderes 
Studium  und  die  Hofsprache  enthält  so  viele  dem  Pali  entnom- 
mene Worte,  dass  man  sie  bei  oberflächlicher  Betrachtung  ebenso 
leicht  für  einen  Dialekt  desselben  ansehen  könnte,  wie  man  vor 
Humboldt'sZeit  dasKavi  für  ein  verdorbenes  Sanscrit  erklärt  hat. 


Die  Birmanen  wie  die  meisten  Buddhisten  besitzen  eine  ge- 
wisse philosophische  Vorbildung  und  sind  grosse  Dialektiker,  wenn 
es  darauf  ankommt.  Schon  in  Vorderindien  haben  die  Missionäre 
einen  harten  Stand,  wo  nur  die  regelloseren  Phantasieeu  der  Brah- 
manen  zu  bekämpfen  sind,  aber  noch  schwerer  wird  ihnen  der  An- 
griff auf  das  strenglogisch  zusammenhängende  System  des  Buddhis- 
mus. Die  mächtige  Propaganda  der  Missionen,  die  sich  über  die 
ganze  Erdoberfläche.jetzt  ausbreitet,  ist  ein  höchst  bedeutsames  Ele- 
ment,das  eine  eingehende  Besprechung  verlangt,  und  hier  nicht  wei- 
ter berührt  werden  kann.  Wenn  der  Missionär  der  Träger  europäi- 
scher Bildung  ist,  so  mögen  begeisterte  und  ihrem  Berufe  ergebene 
Männer  Grosses  und  Nützliches  wirken;  aber  gegen  die  Maxime, 
jeden  pietistisch  Frommen  darum  schon  für  die  Bekehrung  der 
Heiden  geschickt  zu  halten  und  in  die  Welt  zu  schicken,  muss  im 
Interesse  der  europäischen  Wissenschaft  auf  das  Energischste  pro- 
testirt  werden.  Nur  durch  unsere  geistige  Superiorität  besitzen 
wir  ein  Uebergewicht  über  die  Eingeborenen  fremder  Länder, 


204  I^er  königliche  Palast. 

und  wenn  dieses  Prästigium  zerstört  wird,  fällt  damit  auch  die 
Möglichkeit  eines  günstigen  Einflusses,  der  sich  auf  ihre  Civilisi- 
rung  ausüben  Hesse.  Ich  bin  oft  gefragt  worden,  wie  die 
Chinesen,  wenn  sie  alle  die  Fortschritte  unserer  hohen  Kultur  in 
Dampfschiffen,  Eisenbahnen,  Telegraphen  vor  sich  entfaltet 
Bähen,  doch  immer  noch  in  ihrem  selbstgefälligen  Stolze  und  der 
Verachtung  der  Barbaren  verharren  könnten.  Die  Sache  liegt 
inde-s  sehr  einfach.  Sie  läugnen  nicht,  dass  wir  in  gewissen 
Künsten  weit  fortgeschritten  sind,  aber  dies  sind  in  ihren  Augen 
die  handwerksmäösigen  Künste  mechanischer  Fertigkeit.  Sie 
constituircu  für  sie,  da  ihnen  der  Sinn  für  den  naturwissenschaft- 
lichen Forschungsgang  fehlt,  noch  nicht  eine  Ueberlegenheit  in 
dem,  was  den  denkenden  Menschen  ziert  und  auszeichnet.  Um  ihre 
geistigen  Erzeugnisse  gegen  die  der  fremden  Barbaren  abzuwägen, 
ist  ihnen  die  Vergleichung  leicht  genug  gemacht.  Sie  nehmen 
eines  jener  in  Hunderttausenden  über  ihr  Land  geschwemmten  und 
zu  Krämerdüten  verbrauchten  Traetätchen ,  das  in  einem  für  sie 
gräulichen  Jargon  und  oft  ebenso  gräulicher  Logik  jedem  „be- 
nighted  native  of  China  *",  so  gut  wie  ^of  Germany**  erklären  soll, 
was  kein  Verstand  der  Verständigen  versteht,  und  stellen  diese  Pro- 
ductiou  gutgemeinten  aber  schlecht  verwendeten  Eifers  neben  die 
Werke  ihres  Confucius  und  anderer  grossen  Philosophen.  Der 
Beweis  liegt  dann  schwarz  auf  weiss  vor.  Vielleicht  mag  man 
sich  trösten,  in  China  vor  dem  ältesten  Culturvolk  zurückstehen 
zu  müssen,  mit  dem  selbst  die  gelehrten  und  vielgewandten 
Jesuiten  schwer  zu  schaffen  hatten;  aber  haben  wir  doch  die 
Schande  erlebt,  dass  ein  hochgestellter  Würdenträger  sich  von  den 
wilden  Schwarzen  in  seinen  eigenen  Religionsschriften  unter- 
richten lassen  musste.  Er  hatte  sich  in  Europa  gescheut,  die  ver- 
pönten Bücher  zu  lesen  und  sah  sich  jetzt  gezwungen,  sie  in 
Afrika  aus  der  Natur  zu  lernen.  Manche  der  Missionäre  sehen 
selbst  das  Verkehrte  der  vorgeschriebenen  Massregeln  ein,  können 
aber  allein  nicht  gegen  das  System  ankämpfen.  In  meiner  Er- 
innerung leben  die  Bilder  lieber  und  werther  Bekanntschaften 
edler  Männer  der  protestantischen  Gesellschaften ,  die  das  Gute 
nicht  nur  wollten,  sondern  auch  schufen,  und  unter  den  katholischen 


Missions-Schwierigkeiten.  205 

Missionären  muthiger  Glaubenskämpfer,  die  in  völlig  entsagender 
Hingebung  ihr  Leben  der  Erreich ung'des  vorgesteckten  Zieles  weih- 
ten. Und  mit  solchen  Kräften  allerdings  liessen  sich  grosse  Resul- 
tate gewinnen,  lägen  nicht  die  Schwierigkeiten  in  der  Sache  selbst. 

In  Hinterindien  wurde  ich  einst  von  einer  trefflichen 
üame,  der  Frau  eines  Missionärs  und  von  den  besten  Absichten 
geleitet,  durch  ihre  Schule  herumgeführt.  Sie  examinirte  die 
Kinder  in  Geographie,  Geschichte,  Rechnen  u.  s.  w.,  w^orin  sie 
recht  gute  Antworten  gaben,  und  hatte  es  veniünftigerweise 
unterlassen ,  wie  in  einigen  Instituten  der  kaum  an  Kleider  ge- 
wöhnten Karen  geschieht,  einen  Unterricht  im  Klavierspielen  und 
Sticken  hinzuzufügen.  Dann  sagte  jedes  Kind  sein  Sprüchlein, 
und  auch  das  war  recht  hübsch  und  schön.  Die  Kleinen  waren 
zwischen  6  — 11  Jahren,  meist  frisch  aus  ihren  Wäldern  oder 
Dörfern,  und  für  ihr  Alter,  wie  in  Indien  überhaupt,  sehr  aufge- 
weckt. Darauf  kam  die  Bibelstunde.  Ich  sass  neben  ihr,  und  sie 
sagte:  Nun  Kinder,  dieser  Herr  wird  auch  eure  Zweifel 
lösen  können  und  uns  eine  genauere  Erklärung  geben.  Sehen 
Sie,  lieber  Doctor,  wandte  sie  sich  an  mich,  wenn  ich  anfange 
die  Bibel  zu  lesen,  so  nehmen  meine  Schüler  immer  gleich  an 
den  ersten  Versen  der  Genesis  Anstoss.  Sie  fragen ,  woher  das 
Licht  gekommen,  und  wie  von  Tag  und  Nacht  gesprochen  werde, 
ehe  es  noch  Sonne  und  Mond  gab.  Sie  nannte  mir  die  verschie- 
denen Erklärungen,  die  sie  aus  den  den  Missionären  als  Hülfs- 
büchern  gegebenen  Bibelcommentaren  geschöpft  hätte,  und  von 
denen  die  eine  der  buddhistischen  Idee  von  den  selbstleuchten- 
den Körpern  der  Byamha  ziemlich  nahe  kam,  aber  die  neugie- 
rigen Gamin's,  die  mit  ihren  lebhaften  Augen  an  unserm  Munde 
hingen,  schienen  dadurch  nicht  befriedigt.  Ich  rieth  ihr,  die 
Sache  möglichst  allegorisch  zu  wenden,  um  dem  Geiste  freien 
Spielraum  zu  lassen,  doch  der  das  Wissen  suchende  Zweifel  muss 
sich  zuletzt  meist  mit  dem  Glauben  abfinden.  Der  frische  Sinn 
sträubt  sich,  das  Undenkbare  zudenken,  aber:  derBien  der  muss. 

Auch  mein  Herr  Professor  wollte  mich  auf  das  Glatteis  führen. 
Er  hielt  einen  Vortrag  über  den  ewigen  Umschwung  der  Kaipen, 
wo  nach  den  unveränderlichen  Gesetzen  des  Werdens  aus  zer- 


206  t)er  königlicbe  Palast. 

störten  Welten  «ich  neue  entwickeln ,  und  wollte  dann  wissen, 
wie  unsere  Religion  diese  Dinge  darstelle,  die,  wie  er  gehört,  „keine 
Wurzel  habe*'.  Der  grosse  Nat,  der  den  Menschen  aus  Lehm 
geknetet,  möchte  wohl  der  1'hagyamin  oder  vielleicht  der  König 
des  dritten  Brahmahimmels  sein,  beides  bekanntlich  sehr  unter- 
geordnete Dämone,  nicht  würdig,  den  Scliuhriemen  Buddha's 
zu  lösen,  und  ausserdem  wUrden  sie  beim  Bau  der  Erde  nicht 
selbst  Hand  anlegen,  sondern  denselben  ihrem  gnostischen  Archi- 
tekten Visvacarma  überlassen.  Ich  erwiederte  ihm,  dass  die  unvoll- 
kommenen Bruchstücke,  die  er  überdasChristenthum  gehört,  viel- 
leicht Mysterien  einschliessen  könnten,  deren  Erklärung  ich  bei  mei- 
ner noch  unvollständigen  Kenntuiss  des  Birmanischen  nicht  wagen 
würde,  undauf  später  verschieben  müsste,dass  ich  ohnedem  nicht  zu 
den  religiösen  Pungyi's  meines  Landes  gehöre,  wo  es,  nicht  wie  in 
Birma  eine,  sondern  zwei  Klassen  gebe,  sondern  zu  den  Pungyi 
der  Wissenscliaft,  und  dass  ich  ihm  deshalb  nur  eine  der  popu- 
lären V^ersionen  geben  könne,  wie  sie  unter  den  Uneingeweihten 
umliefen.  Ich  sprach  ihm  dann  von  dem  kosmischen  Weltge- 
bäude und  der  Structur  des  Erdballs,  wobei  ich  die  astronomi- 
schen Entfernungen  und  die  geologischen  Perioden,  als  nur  aus 
dem  ( jedächtniss  citirt,  eher  zu  multipliciren  geneigt  war,  um  sie 
dem  buddhistischen  Verständniss*)  näher  zu  bringen,  hoffend, 
dass  Professor  Hansen  mir  deshalb  nicht  zürnen  wird.  Ich  ex- 
temporirte  über  den  l'rnebel  Laplace's  und  die  Sonnenwirbel 
Descartes',  bis  ihm  selbst  der  Kopf  neblig  wirbelte  und  er  mit 
Fragen  aufhörte,  um  nur  zuzuhören.  Hätte  er  mich  noch  mehr 
gequält,  so  würde  ich  ihn  von  den  Kasernen  im  Monde  unterhal- 
ten haben,   die   man  weiland  von    einer   südlichen  Sternwarte 


*)  Die  Buddhisiteii,  die  di<»  Kwigk<»it  aiisziiznlilen  suchen,  haben  Zahlen,  von 
denen  eine  einzige,  um  sie  nur  niedcrzuselireibiii,  einen  mehrere  Meilen  lan$ren 
Papierstreif«*n  erfordern  würde,  und  sie  ül»ertreflFen  die  Sandreehnung  des 
Archimedes.  An  einem  liarten  Diamantfels,  iiundert  Meilen  im  Quadrat,  streift 
aUe  lOOü  Jahre  leielit  die  Flüj^elspitze  eines  vorbeischwebendrn  Schmetterlings, 
und  wenn  durch  diese  zarte  JSerührung  die  ganze  Masse  schliesslich  in  unsichtbare 
Atome  verwandrit  sein  wird,  dann  ist  ein  Tag  in  einer  ihrer  untergeordneten 
Perioden  vorübergegangen. 


Medicinische  Fragett.  207 

aus  sehen  konnte,  oder  von  derPluralität  der  Welten,  die  in  ihres 
gelehrten  Verfassers  niedlicher  Besehreibung  mit  den  Terrassen 
der  Bhamvahimmel  wetteifern  können. 


Der  König,  wissend,  dass  ich  Arzt  war,  hatte  schon  mehrfacli 
hinsichtlich  dieser  Profession  in  der  birmanischen  Anschauungs- 
weise über  dieselbe  gesprochen.  Ein  Hindu  hatte  ihm  in  seinem 
Garten  eine  Distillery  von  Rosenwasscr  und  anderen  ätherischen 
Oelen  angelegt,  und  er  zählte  mir  in  einer  Audienz  dieselben  vor, 
zu  wissen  wünschend,  welche  wunderbaren  Eigenschaften  die- 
selben besässen.  Da  die  meisten  derselben  nur  als  Stomachica, 
DiureticaoderEmmenagoga  zu  verwenden  waren,  blieb  er  mit  der 
erhaltenen  Auskunft  nicht  recht  zufrieden,  weil  er  allerlei  geheime 
Kräfte  in  diesen  Parfümen  vermuthete,  die  so  hübsch  röchen 
und  so  würzig  schmeckten.  Ein  ander  Mal  fragte  er  mich,  ob  ich 
viel  Ohren -Medicin  habe,  d.  h.  irgend  eine  kleine  Pille  oder 
Pulverchen,  das  man  einem  von  Geburt  au  Tauben  oder  sonst  an 
welchem  Ohren -Uebel  immer  Leidenden  heute  eingiebt,  so  dass 
er  morgen  wie  ein  Luchs  hört.  So  ist  die  Vorstellung  der  Bir- 
manen, wenn  sie  nach  der  Medicin  irgend  einer  Krankheit  fragen. 
Ich  erwiederte,  dass  von  Ohren-Krankheiten  einige  sich  heilen 
Hessen,  andere  nicht,  dass  dieMedicinen  je  nach  der  Art  derselben 
verschieden  wären,  und  dass  die  meisten  Gehörleiden  schwer  zu 
behandeln  seien.  Der  König  aber  wusste  es  besser.  Ich  war 
nämlich  im  Palaste  als  der  grosse  Ohrendoctor  bekannt,  der 
Zaubercuren  machen  konnte.  Als  ich  noch  bei  dem  Armenier 
lebte,  hatte  man  mir  ein  kleines  Kind  vorgeführt,  von  dem  zu  ver- 
muthen  stand,  dass  es  taubstumm  war.  Ich  hatte  gerathen,  vor- 
läufig die  Ohren  durch  Einspritzen  rein  zu  halten,  und  in  Aussicht 
gestellt,  einige  Versuche  mit  Electrizität  zu  machen,  wenn  es 
möglich  sein  sollte,  meine  inUnordnung  gerathene Maschine  wieder 
in  »Stand  zu  setzen.  Das  Letztere  gelang  in  Mandalay  nicht,  da 
sie  durch  die  darüber  instruirten  Mechaniker  nur  noch  mehr  ver- 
pfuscht wurde ;  aber  die  Verwandten  hatten  in  Nachahmung  der 
von  mir  mit  einer  Uhr  angestellten  Versuche  bemerkt,  dass  der 
Kranke  anfinge  das  Ticken  zu  verspüren,  und  sich  überredet,  dass 


20B  ^er  k  önigliche  Palisi 

sie  Fortschritte  der  Heilung  bemerkten.  Die  Mutter  des  Kindes, 
die  die  Damen  des  Harems  zu  besuchen  pflegte,  hatte  davon  ge- 
sprochen, uud  wie  es  unter  solchen  Leuten  zu  gehen  pflegt,  war 
eine  erfolglos  gebliebene  Consultation  durch  das  Gerede  zu  der 
völlig  gelungenen  Cur  eines  vorher  als  unheilbar  betrachteten 
Kranken  angewachsen.  Von  dem  hohen  Rufe,  in  dem  meine 
ärztlichen  Kenntnisse  standen ,  wusste  ich  nichts  und  hatte  auch 
die  Frage  des  Königs  UberOhrenmedicin  schon  wieder  vergessen, 
weil  er  sich  ebenso  nach  Medicinen  aller  möglichen  sonstigen 
Leiden,  heilbaren  oder  unheilbaren,  erkundigt  hatte.  Nach  einiger 
Zeit  kamen  mir  mehrfach  Patienten,  die  wegen  Taubheit  befragten, 
ohne  dass  ich  weiter  Arg  daraus  hatte.  Auch  der  Prinz  brachte 
eines  Tages  Klagen  über  Schwerhörigkeit,  wiederholte  dieselben 
aber  nicht,  da  ich  ihn  etwas  gegen  die  Etikette  am  Ohre  gefasst 
und  hineingesehen  hatte.  Statt  dessen  suchte  er  nach  Substituten 
und  Hess  mich  einige  Tage  später  rufen,  als  zwei  alte  Herren  bei 
ihm  Sassen,  die  beide  ziemlich  taub  waren.  Obwohl  ich  schon 
vielfach  erklärt  hatte,  mich  auf  ärztliche  Behandlungen  in  keiner 
Weise  einlassen  zu  wollen,  konnte  ich  es  dem  Prinzen  doch  nicht 
versagen,  seinen  Freunden,  die  ihn  um  sein  Fürwort  gebeten 
hätten,  einigen  Rath  zu  ertheilen.  Ich  Hess  eine  Spritze  bringen, 
um  die  Ohren  mit  Wasser  zu  reinigen,  und  verordnete  dann 
einige  Blutegel  im  Nacken.  Der  Prinz  hatte  den  Kranken  gesagt, 
nach  einigen  Tagen  zurückzukommen ,  und  als  der  Eine  zur  be- 
stimmten Zeit  wiedererschien,  da  war  ein  neues  Wunder  ge- 
schehen, und  ich  wurde  rasch  herbeigerufen,  um  meinen  Triumph 
zu  feiern.  Der  mich  freudig  empfangende  Greis  pries  meine  Ge- 
schicklichkeit und  erhob  sie  bis  in  den  Himmel.  Schon  die  ein- 
gespritzte Medicin  (nämlich  aqua  fontana)  habe  einen  herrlichen 
Effect  gehabt,  aber  nach  den  Blutegeln  sei  jeder  Rest  der  Krank- 
heit verschwunden  und  er  höre  jetzt  so  gut  als  jemals  zuvor. 
Als  ich  ihn  untersuchte,  waren  keine  Blutegelstiche  zu  sehen, 
und  ich  wollte  den  freundlichen  alten  Mann,  der  mich  nach  Hause 
begleitete  und  mir  aus  seiner  Belesenheit  viele  interessante  Mit- 
theilungen machte,  auch  nicht  länger  mit  diesem  Mittel  quälen, 
vor  dem  die  blutscheuen  Birmanen  einen  grossen  Gegenwillen 


i 


Obrenkranke.  209 

haben.  Im  Uebrigen  merkte  man  aus  seinen  beständigen  Miss- 
verstäudnissen,  dass  keine  grosse  Veränderung  eingetreten  war, 
aber  er  batte  dem  Prinzen,  um  seinen  ferneren  Experimenten  zu  ent- 
gehen, seine  völlige  Heilung  versichert.  Würde  fernerhin  nicht  mehr 
die  richtige  Ohrenmedicin  dispensirt  werden,  so  konnte  nur  böser 
Wille  die  Schuld  sein.  Weil  ich  jedoch  von  verschiedenen  Arten 
solcher  Medicin  gesprochen  und  nicht  immer  dieselbe  Vcrfahrungs- 
weisc  angerathen,  dachte  man  noch  vorher  alle  auszuprobiren, 
denn  im  Hintergrunde  standen  einige  vornehme  Persönlichkeiten 
des  Palastes,  die  geheilt  zu  werden  wünschten,  und  auf  die  alle  diese 
Umwege  zurückführen  sollten.  Auch  davon  wusste  ich  natürlich 
damals  noch  nichts,  und  hatte  nach  der  letzten  Cur  gehofit, 
endlich  liuhe  zu  finden.  Aber  gerade  im  Gegentheil;  täglich 
kamen  jetzt  Applicanten,  meistens  Soldaten,  die  auf  höheren  Be- 
fehl erschienen,  und  man  musste  alle  Tauben  und  Schwerhörigen 
im  ganzen  Palast  zusammengesucht  haben,  um  mich  mit  so  vielen 
zu  überlaufen.  Ich  Hess  mich  auf  Nichts  ein  und  gab  Niemanden 
Medicin.  Um  sie  los  zu  werden,  sagte  ich  ihnen,  die  Ohren  rein 
zu  halten ,  Fussbäder  oder  sonst  Etwas  zu  nehmen  und  schickte 
sie. fort.  Eines  Morgens  wieder  kam  ein  heller  Haufe  Kriegs- 
leute angerannt,  der  einen  halbblödsinnigen  Tauben  zwischen 
sicli  schleppte  und  ihn  mir  vor  die  Füsse  warf  mit  den  Worten : 
„da  ist  wieder  Einer,  der  geheilt  werden  soll,  auf  des  Königs 
Befehl."*  Es  wurde  mir  jetzt  zu  toll  und  ich  dachte  ihnen  end- 
lich Ohrenmedicin  genug  zu  geben.  Ich  verordnete  zwei  Blasen- 
pflaster im  Nacken,  zwei  auf  den  Rücken  und  zwei  auf  die  Füsse, 
und  damit  für  eine  Woche  jeden  andern  Tag  fortzufahren.  Die 
Soldaten  machten  kehrt  und  marschirten  mit  der  Präscription  ab, 
werden  sie  jedoch  nicht  ausgeführt  haben,  da  die  Blasenpflaster 
in  der  königlichen  Apotheke  erschöpft  schienen  und  man  wieder- 
kam, um  von  mir  zu  holen,  aber  Nichts  erhielt.  Der  Prinz 
sprach  bald  darauf  etwas  kleinlaut  bei  mir  vor  und  spielte  darauf 
an,  ob  die  letzte  Art  der  Ohrenmedicin  häufig  applicirt  würde,, 
und  sich  in  besonderen  Fällen  nicht  umgehen  Hesse.  Indess 
schien  man  sich  jetzt  überzeugt  zu  haben,  dass  mit  diesen  Probe- 
versuchen nicht  viel  gewonnen  sei,  und  bei  der  nächsten  Audienz 

BMtiftn,  Osiuien.    II.  X  4 


210  I>er  königliche  Palast. 

kam  die  Katze  auB  dem  Sacke.  Der  König  sagte,  das»  zwei  seiner 
Damen  Hchon  lange  an  Schwerhörigkeit  litten  und  dass  ich  ihnen 
etwas  von  meiner  Ohrenmedicin  schicken  möchte.  Ich  wieder- 
holte ihm,  dass  ich  nicht  für  ärztliche  Praxis,  sondern  für  das  Stu- 
dium des  Buddhismus  ins  Land  gekommen,  und  dass  ich  ohnedem 
auch  gar  keine  Medicin  habe.  Er  erbot  sich  dieMedicin  kommen 
zu  lassen ,  woher  es  auch  sei ,  von  Kangun,  Calcutta,  von  Eng- 
land, oder  einem  andern  Theile  der  Welt.  Indess  enti^chuldigte  ich 
mich,  dass  ich  in  Kangun  den  pharmaceutischen  Präparaten  nicht 
traute,  und  dass  dieselben,  wenn  von  England  verschrieben,  auf  der 
langen  Reise  leiden  möchten.  Der  König  fuhr  fort  mit  Drängen, 
dass,  wenn  ich  auch  sonst  nicht  als  Arzt  fungire,  ich  ihm  in  die- 
sem einen  Falle  zu  Willen  sein  möchte.  Ich  stellte  die  Bedin- 
gung, wenigsten^  erst  genau  zu  kennen,  was  man  von  mir  ver- 
lange, um  zu  sehen,  ob  sich  überhaupt  etwas  machen  Hesse.  Das 
wurde  zugestanden,  und  am  nächsten  Tage  kamen  die  Damen 
in  Begleitung  eines  Eunuchen  und  sonstiger  Dienerinnen  nach 
dem  neben  dem  meinigen  gelegenen  Hause  des  Prinzen,  wo  ich 
sie  examiniren  konnte.  DasUebel  bot  einige  Aussichten  auf  Bes- 
serung, wenn  auch  nicht  auf  völlige  Heilung,  aber  allerdings  nur 
unter  einem  langen  regelmässigen  Cursus  der  Behandlung  und  vor 
Allem  selbstverstanden  die  richtigen  Arzneien  vorausgesetzt.   Im 

• 

Anfange  meiner  ersten  Reisen  war  meineMedicinkiste  in  bester  Ord- 
nung gewesen,  später  aber  sehr  in  Verfall  gerathen,  und  bei  dieser 
zweiten  in  Hinterindien  war  sie  in  höchst  mangelhaftem  Zustande, 
da  ich  damals  mit  der  festen  Absicht  fortgegangen  war,  nicht 
ferner  als  Arzt  aufzutreten.  Ich  theilte  den  Kranken  mit,  dass 
mir  die  nöthige  Apotheke  fehle,  und  dass  ohnedem  die  Behand- 
lung längere  Zeit  erfordere,  als  ich  wahrscheinlich  in  Birma 
bleibe.  Doch  waren  solche  Vorstellungen,  leicht  voraussichtlich, 
in  den  Wind  gesprochen.  Nachdem  der  von  diesen  Patienten  so 
lange  sehnsuchtsvoll  erwartete  Augenblick  der  Wunderheilung, 
für  dessen  Herbeiführung  sie  seit  Monaten  so  vielerlei  Pläne  und 
Intriguen  gesponnen  hatten,  endlich  gekommen  war,  wollten  sie 
sich  nicht  länger  abweisen  lassen.  Sie  zeigten  sich  so  trostlos,  dass 
ich  ihnen  wenigstens  versprechen  niusste,  sie  während  der  Zeit,  dass 


k 


Die  Praxis.  211 

ich  im  Palaste  wohne,  mitunter  zu  sehen,  und  so  lange  mein  be- 
schränkter Medicinschatz  vorreiche,  ihnen  daraus  mitzutheilen. 
Aber  auch  das  wurde  bald  lästig  genug.  Fast  jeden  andern  Tag 
erhielt  ich  eine  Zusendung  von  Früchten  oder  feinen  Palm- 
cigarren  mit  der  Nachricht,  dass  die  Kranken  im  Hause  des 
Prinzen  auf  mich  warteten,  wo  sie  mich  immer  mit  Lobsprlichen 
über  die  guten  Erfolge  empfingen,  abcr^ioch  raschere  wünschten, 
ohne  Rücksicht,  dass  die  von  vornherein  auf  Monate  und  Jahre 
berechnete  Cur  nicht  in  Tagen  und  Stunden  zu  Ende  gehen 
könne. 

Mir  waren  diese  Störungen,  die  schon  einige  Wochen  fort- 
dauei-ten  und  mich  von  meinen  übrigen  Arbeiten  abzogen,  sehr 
zuwider  geworden,  als  der  König  in  einer  Audienz  mit  einem 
neuen  Anliegen  kam.  Der  Secretär  und  die  rechte  Hand  eines 
Beamten,  den  er  sehr  hochschätze,  wäre  schon  seit  längerer  Zeit 
an  das  Krankenbett  gefesselt  und  zur  Ausführung  wichtiger  Ar- 
beiten, die  ihm  auflägen,  untähig ;  ich  würde  ihn  sehr  verbinden 
durch  einen  Besuch,  um  die  Diagnose  zu  stellen,  da  die  birma- 
nischen Aerzte  ganz  rathlos  seien  und  nicht  wüssten,  was  ihm 
fehle.  Auf  die  gewohnten  Einwendungen  meinte  der  König, 
dies  als  einen  besonderen  Freundschaftsdienst  ansehen  zu  wollen 
und  daraus  keine  Präcedenzien  zu  ziehen.  Ich  entgegnete,  dass 
es  mein  eigener  eifrigster  Wunsch  wäre,  dem  Könige  in  allen 
Dingen,  die  in  meiner  Macht  lägen,  zu  Gefallen  und  zu  Be- 
fehl zu  stehen,  und  dass  ich  deshalb  gern  den  Auftrag  ausführen 
würde,  und  die  Krankheit  bestimmen,  dass  ich  aber  die  Behand- 
lung derselben  nicht  unternehmen  könne.  Der  Kronprinz,  d.  h. 
der  älteste  Sohn*)  des  Königs,  erhielt  Ordre,  mir  die  nöthigen 
Directionen  zu  ertheilen  und  umgab  mich  mit  seinem  zahlreichen 
Gefolge,  um  mich  nach  seinem  Schlosse  zu  führen,  da  er  erst  die 
Gelegenheit  zu  einer  Privatbekanntschaft  benutzen  wollte.    Nach 

•)  Als  der  eigentliche  Erbprinz  gilt  der  Bruder  des  Königs,  der  dem  Uparat 
oder  zweiten  Könige  Siam's  ähnelt ,  doch  besteht  bei  der  Succession  gewöhnlich 
eine  Rivalschaft  zwischen  diesen  beiden  Prätendenten.  Ursprünglich  mag  statt 
des  Hrnders  dessen  Sohn  succcdirt  haben,  wie  bei  den  Kasia's  und  anderswo  der 
Sohn  der  Schwester. 

14* 


2 1  j  Der  kÜBigtir be  PaU»t. 

längerer  rnterhaltuDg  über  alle  niMglicheD  Dioge«  gab  er  mir 
einen  Führer,  uui  mich  nach  dem  Hau>e  de>  Kranken  zu  bringen. 
Dersellie  w«»hDte  ausserhalb  des  Palastes,  in  ziemlicher  Entfernung, 
und  litt,  wie  die  Untersuchung  erpib,  au  Gallensteinen,  die  ihn 
peri«>disch  mit  schmerzhaften  Kulikaufallen  quälten.  Bei  der 
Zurnckkunft  theilte  ich  das  Ergcbniss  meiner  Visite  dem  Kron- 
prinzen mit,  der  frajrte,  ob  ich  Mediciu  gegeben  habe  und  sich 
aber  meine  vemeineude  Antwort  verwundert  stellte.  Er  ging 
indess  in  die  innem  Gemächer  des  Palastes  wo  sich  der  König 
an  der  Tafel  befaniL  um  zu  ra|»|>ortireu.  IWim  Zurückkommen 
sagte  er,  dass  der  Krinig  es  mir  si-hon  als  seinen  besöndem 
Wunsch  mitgetheilt  habe,  diesen  Kranken  l>ehandelt  zu  sehen,  und 
da.*s  ich  ihm  Me^Iiciuen  schicken  möge.  Ich  erwiederte,  keine 
entiipreehende  Mediciu  zu  besitzen,  uud  dass  ein  Arzt  ohne  Me- 
diciu el>eas4>wenig  etwas  ausrichten  könne,  als  ein  Tischler  ohne 
Handwerkszeug.  Ohnedem  habe  ich  mich  immer  und  auch  dies 
Mal  gegen  die  L  ebemahme  einer  Krankenbehandlung  verwahrt. 
,.Aber  der  König  will  es,*  sagte  er  mich  zornig  anblickend,  .der 
König*  befiehlt.'  Ich  suchte  ihm,  soweit  es  die  Ausdrucksweise 
der  birmanischen  Hofspniche  erlaubte,  begreidich  zu  machen, 
dass  auch  des  Königs  Befehle  zuweilen  an  Unmöglichkeit  scheitern 
können,  und  brachte  ihn  wenigstens  soweit,  dass  er  mir  zuhörte, 
und  nf»ch  einen  Versuch  beim  Könige  zu  machen  versprach. 

Er  blieb  lange  fort.  Die  in  der  Halle,  wo  das  Gespräch  ge- 
führt wunle,  |)ostirten  S.ddaten  sprachen  mit  verdächtigen  Seiten- 
blicken über  den  Kala,  der  meinte,  keine  Medicinen  finden  zu 
können,  obwohl  der  König  ihm  verspreche,  dieselben  zu  ver- 
schaffen. Die  Macht  der  königlichen  Majestät  gebietet,  und  doch 
wagt  ein  I^irbar  zu  zögern  und  zu  zweifeln !  Diese  edeln  Vater- 
landsvertheidiger  waren  gewöhnlich  mit  derjenigen  Unterhaltung 
beschäftigt,  wodurch  in  Europa  die  Portugiesen  bekannt  sind. 
Hatten  sie  aber  ein  lebendes  Wesen  aus  den  Haaren  ihres  Neben- 
manns heniusgekrablielt,  si»  blieben  sie  in  Verlegenheit,  was  damit 
zu  machen,  und  das  Accompagnement  desgemüthlichen  Knipsens 
fehlte.  Es  war  ihnen  indess  gelungen,  ein  Auskunftsmittel  zu 
findeu.     Das  activ  beschäi'tigte  Paar  sass  auf  der  obersten  Trep- 


Der  Kronprinz.  213 

penstufe,  so  dass.die  Tliiercheu  bequem  auf  die  Untensitzendeu 
beiabfallen  konnteu,  uni  dann  naebber  diese  vorzunebnien.  So 
transferirte  man  die  Läuse  nur  von  einem  Kopf  nacb  dem  andern 
und  das  Vergnügen  des  Jagens  blieb  immer  neu  und  immer  scbön. 

Eudlicb  kam  der  Prinz  zurück.  „leb  babe  dem  Könige  die 
Erwiederungen  wiederbolt,  aber  Se.  Majestät  will  durcbaus  die 
Cur  unternommen  seben."  leb  bedauerte  nicbt  dienen  zu  können. 
Er  sebleuderte  mir  einen  Blick  spracbb)ser  Wutb  zu,  stampffe 
mit  dem  Fusse  auf,  und  rauscbte  unter  seinen  gohlenen  Scbirmen 
davon;  aber  auf  ein  beim  Weggeben  gegebenes  Zeicben  blieben 
zwei  seiner  Begleitung  zurück,  die  mir  nacb  meinem  Hause  folg- 
ten und  dort  scbweigend  Posto  fassten.  In  meine  Dienerscbaft 
war  ein  Todesscbrecken  gefabren.  Sie  erwarteten  jeden  Augen- 
blick die  Henker  erscbeinen  zu  seben,  oder  weniü:stens  Ketten 
und  Cangue.  An  die  Stelle  meines  indiscben  Koches  batte  ich 
einen  birmanischen  angenommen,  der  auch  seinen  Sohn  mitge- 
bracht hatte,  und  beide  waren  ohne  Stimme,  in  jeder  Geberde 
Entsetzen  und  Schrecken  ausdrückend.  Mit  Moung  Shweh  ging 
es  nicbt  besser.  Ich  lachte  ihn  aus  über  seine  Furcht,  obwohl 
ich  wusste,  dass  mit  der  Erbitterung  eines  birmanischen  Königs 
in  seinem  eigenen  Palaste  nicht  zu  spassen  war.  Die  im  Hause 
aufgepflanzten  Leute  des  Prinzen  ignorirte  ich  völlig  und  handelte, 
als  ob  sie  nicht  da  w  ären.  Auch  zogen  sie  sich  schon  bald  wieder 
zurück.  Furcht  ist  immer  unnütz  und  in  diesem  Falle  würde  sie 
selbst  gefährlich  gewesen  sein. 

Für  acht  Tage  war  mein  Haus  ein  gefeites.  Todtenstille 
herrschte  in  seiner  Nachbarschaft  und  Niemand  kam  ihm  nahe. 
Die  Besuche  der  prinzlicben  Hofbedienten  blieben  aus,  und  wenn 
ich  Moung  Schweb  dorthin  schickte,  war  das  Haus  —  entweder 
verschlossen  oder  der  Prinz  schlief,  und  er  wurde  kurz  und  finster 
abgefertigt.  Er  kam  dann  eine  grausige  Geschichte  zu  erzählen 
von  dem,  was  er  die  Leute  flüstern  gehört  und  was  der  König 
Alles  beabsichtige.  Ich  fertigte  ihn  damit  immer  kurz,  als 
Albernheiten,  ab  und  bemühte  mich  mein  Leben  ganz  in  der 
frühern  Weise  fortzusetzen,  denn  ich  hatte  bemerkt,  dass  Späher 
umherschlichen,  um  aus  der  Ferne  zu  beobachten.     Einige  der 


2U  I>er 

^wandten  Uuflioge  dei^  Prinzen  hanen  früher  vielijich  in  Ge- 
sprächen dareh  Querfn^ren  heraus  zu  bringen  gesucht  wie  es 
eigentlich  mit  den  Papieren  stünde,  die  sie  wu^s^sten,  dass  ich 
au.^  Kangun  mitgebracht  hätte.  Auch  fil»er  meine  Nationalität 
wünschten  sie  in's  Klare  zu  kommen.  Ich  hatte  ihnen  nie  ver- 
hehlt, dass  ich  ein  Deutscher  sei,  obwohl  ich  den  Namen  er^t  er- 
klären musste  und  ziemliche  Mühe  hatte,  ihnen  die  Vorzüge  nn- 
flerer  bundestägli'.hen  Verfa:fsung  klar  auseinander  zu  setzen.  Die 
Verständigeren  indess  begriffen  die  republikanischen  Einrichtun- 
gen meiner  Vaterstadt,  worüber  sie  sich  gern  unterhielten,  und 
dadurch  zur  Erkenntniss  ihrer  eigenen  Sclaverei  zu  kommen 
schienen.  In  diesen  ge<igraphischen  Lectionen  hatte  ich  indess 
die  anglosächsischen*)  Beziehungen  zwischen  Deutschen  und 
Engländern  in  solcher  Weise  zusammeugeknotet  dass  ihr  Kopf 
Mühe  haben  musste  sie  wieder  zu  entwirren,  und  war  das  schon 
durch  die  Natur  der  Sache  gegeben,  da  auf  si>  weiter  Per?|>ective 
kleinere  Unterschiede  von  selbst  verschwinden.  Der  mit  den 
Flotten  über  die  Erde  getragene  Nimbus  des  englischen  Namens 
war  damals  meine  einzige  Protection  (denn  die  deutsche  See- 
Expedition  Preussens  hatte  die  Küsten  Birma*s  nicht  berührt), 
und  ohne  die  Zeilen  des  Gouverneurs  von  Kangun  hätte  ich  mich 
weniger  sicher  gefühlt.  Dieselben  bedeuteten  an  und  für  sich 
nichts,  aber  ich  hütete  mich  wohl  sie  zu  zeigen,  und  spielte  nur 
bei  Gelegenheiten  in  einer  Weise  darauf  an,  dass  die  birmanische 
Phantasie  Spielraum  hatte  zu  Vermuthungen.  Und  das  ist  für 
sie  genug,  um  sich  ins  Geheimnissvolle  zu  verlaufen.  Weiteres 
würde  riskant  gewesen  sein.  Auch  in  den  vagsten  Ausdrücken 
durften  nur  solche  Worte  gebraucht  werden,  von  denen  ich 
nöthigenfalls  jedes  einzelne  vertreten  konnte,  denn  hätten  sie  bei 
ihren  stets  von  einem  andern  Punkte  erneuten  Kreuzexamina- 
tionen  einen  Widerspruch  ertappt,  so  wäre  ihr  Kecht  des  Stärke- 
ren, das  sich  immer  in  Schach  halten  lässt,  ein  sanctionirtes  ge- 


*)  Auch  in  Afrika  und  auf  den  Süd.<ee- Inseln  werden  gewohnlich  die  I>eut- 
sehen  von  den  Eingebornen  in  nähere  Beziehung  zn  den  Englindem  gesetzt, 
während  bie  wieder  Franzosen  and  Portagiesen  neben  einander  stellen. 


Kdniglielie  Ungnade.  215 

wesen  und  hätte  dann  um  so  weniger  ßUcksichten  gekannt 
Nothlügen  sind  Lügen,  die  unnöthige  Noth  machen  und  jede 
Verletzung  der  Wahrheit  ist  eine  Dummheit,  weil  sie  sich  seihst 
bestrafen  muss.  Im  Uebrigen  war  die  Stellung  der  Fremden  in 
Mandalay  zu  der  Zeit  eine  ganz  und  gar  schutzlose.  Ein  Friede,* 
wie  oben  bemerkt,  war  selbst  mit  England  nicht  abgeschlossen, 
und  obvyohl  Dr.  Williams  sich  schon  seit  einiger  Zeit  in  Kangun 
aufhielt,  hatte  er  doch  noch  keinen  officiellen  Charakter.  Deshalb 
würde  seine  Unterstützung,  wenn  ich  vielleicht  iin  äussersten  Falle 
darauf  zurückgekommen  wäre,  auch  nicht  weit  haben  gehen  können, 
und  ausserdem  war  er  gerade  damals  temporär  selbst  nicht  zum 
besten  am  Hofe  angeschrieben.  Ausser  auf  ihn,  würde  ich  mich 
aber  auf  Niemanden  in  Mandalay  haben  verlassen  können,  und 
ich  wohnte  nicht  einmal  in  Mandalay,  sondern  im  Palaste,  was 
eine  Stadt  für  sich  ist.  Mit  den  intriguanten  Armeniern  hatte 
man  besser  so  wenig  zu  thun,  wie  möglich,  und  mein  alter  Freund, 
der  allerdings  auch  kein  Mann  derTliat  gewesen  sein  würde,  war 
ohnedem  auf  einer  Geschäftsreise  in  Rangun  abwesend. 

Auch  mein  Lehrer  blieb  fort.  Er  war  nur  anfangs  einmal 
gekommen,  um  auszuhorchen,  ob  ich  vielleicht  andern  Sinnes 
geworden.  Ich  empfing  ihn  wie  gewöhnlich  und  bat  ihn,  unsere 
Stunden  zu  beginnen.  Aber  dafür  war  es  ihm  zu  eng  auf  der  Brust, 
denn  auch  er  litt  unter  der  Ungnade  seines  Schülers.  Da  er  mich 
so  entschieden  gegen  ärztliche  Praxis  sah,  fragte  er,  ob  ich  nicht 
sonst  etwas  verstände  von  den  praktischen  Dingen,  die  der  König 
einzuführen  suche,  vielleicht  die  Goldmacherkunst,  oder  doch 
Anlegung  einer  Glasfabrik  oder  Porcellan  zu  verfertigen  oder 
Aehnliches.  Ich  sagte  ihm,  der  Beruf,  zu  dem  ich  gehöre  in 
Europa,  kenne  die  theoretischen  Regeln  dieser  technischen  Verfah- 
rungsweisen,  beschäftige  sich  indess  selten  mit  der  praktischen 
Ausführung,  und  abgesehen  davon,  wie  er  wisse,  sei  mein  Ziel 
ein  anderes.  Ich  wäre  nach  Birma  für  Kenntniss  der  dortigen 
Bücher  gekommen  und  Gelderwerb  wäre  so  wenig  mein  Zweck, 
dass  mir  im  Gegentheil  die  Reisen  Geld  kosteten.  Ausserdem 
wäre  ich  mein  eigener  Herr  und  wünsche  zu  thun  und  zu  lassen, 
was  mir  beliebe.     Das  kam  ihm  nun  allerdings  etwas  kraus  vor, 


216  I>er  königliche  Palast. 


^■»^ 


denn  in  solcher  Nähe  des  Thrones  hat  kein  lebendes  Wesen 
einen  freien  Willen,  sondern  kennt  nur  das  Belieben  derM.ijestät. 
Der  König  glaubte  einen  frenidUlndischen  Gelehrten  gefangen 
zu  haben,  den  er  jetzt  auf  jede  Weise  nutzbar  zu  machen  hoffte. 
Schon  in  den  ersten  Tagen  meines  Einzuges  in  den  Palast  wurde 
mir  von  einem  der  Armenier  erzählt,  dass  er  sich  im  Staatsrath 
gerühmt  habe,  jetzt  wie  andere  Könige  zu  sein  und  einen  wirk- 
lichen Leibarzt  zu  besitzen.  Hätte  es  sich  nicht  um  die  Zeit  ge- 
handelt, so  wäre  es  mir  daraufauch  nicht  angekommen,  denn  durch 
medicinischc  Praxis  kommt  man  am  Besten  mit  den  Leuten  in 
Berührung,  und  hätte  ich  im  Palaste  selbst  die  schönsten  Gelegen- 
heiten für  ethnologische  Beobachtungen  gehabt.  Das  ganz  brach 
liegende  Feld  der  Literatur  verlangte  indessen  neben  den  reli- 
giösen Schriften  so  sehr  meine  ungetheilte  Thätigkcit,  dass  sich 
Beides  nicht  würde  haben  vereinbaren  lassen.  Ich  habe  in  Indien 
tagelang  von  Sonnenaufgang  bis  in  die  Nacht,  für  Wochen  und 
Monate  ebenso  unbeschadet  wie  in  Europa  fortarbeiten,  und  dann 
wieder  eine  gleiche  Zeit  in  ununterbrochener  Bewegung  sein 
können,  aber  jedes  zu  seiner  Zeit.  Nachdem  man  sich  einige 
Stunden  des  Tages  der  heissen  Tropensonne  ausgesetzt  hat, 
würde  angestrengte  Geistesthätigkeit  nachher  bedenklich  sein. 
Auch  war  ich  wegen  der  Medicinen  in  Verlegenheit.  Vielleicht 
hätte  ich  durch  Specialaufträge  an  einen  befreundeten  Arzt  in 
Rangun  mir  brauchbare  verschaffen  können,  aber  es  war  nur  ein 
Vielleicht,  da  sein  Vorrath  möglicherweise  keine  Abgsibe  er- 
laubte. Zweifelhafte  Hoffnungen  durften  bei  den  Birmanen  nicht 
geweckt  werden,  da  sie  spätere  Entschuldigungen  nicht  verstan- 
den haben  würden,  denn  ihre  Erwartungen  waren  schon  ohnedem 
80  sanguinisch,  dass  man  nicht  genug  kaltes  Wasser  darauf  schütten 
konnte.  Ich  blieb  also  einfach  bei  meinem  Charakter  des  un- 
praktischen Buch  gelehrten,  und  obwohl  die  Birmanen,  wie  alle 
Buddhisten,  einem  solchen  hohe  Bewunderung  zollen  und  die 
europäische  Weisheit*)  in  meiner  Wenigkeit  in  Prosa  und  Versen 

*)  Das  Niti-kyain  ist  voll  vom  Lobe  der  W^elsheit :  Der  Frauen  Schönheit 
und  des  Zuckerrohrs  Süsse  bringen  Ueberfüllung,  doch  die  Worte  der  Weis- 
heit sättigen  nie.    Der  Faule  wird  nie  Gelehrsamkeit  erwerben.     Jemand  mag 


Argwohn  gegen  Fremde  217 

vielfach  gefeiert  haben,  war  ihnen  meine  Beschäftigung  mit  dem 
Abhidhamma,  ohne  zugleich  in  den  Mönehsstund  zu  treten,  doch 
immer  etwas  unverständlich,  und  vermutheten  sie  im  Grunde  da- 
hinter nur  einen  der  Schliche  der  verschlagenen  Barbaren,  gegen 
die  man  sich  nicht  genugsam  durch  Vorsichtsmassregeln  schützen 
könnte.  Ich  brachte  allerdings  vielfach  die  Unterhaltung  auf 
dieses  Thema  und  obwohl  es  mir  meistens  gelang,  meine  Zuhörer 
an  meine  Anschauungsweise  darüber  zu  gewöhnen,  so  be- 
schränkten sich  meine  Bekehrungen  doch  nur  auf  untergeordnete 
Regionen,  und  die  höchste  Behörde  blieb,  wie  schon  bemerkt,  den- 
selben unzugänglich. 

Wegen  dieser  argwöhnischen  Stimmung  hatte  ich  auch  viel- 
fache Schwierigkeiten,  die  wünschenswerthen  Bücher,  besonders 
solche  geschichtlichen  Inhalts,  aufzutreiben,  und  während  ich  ge- 
hoft't  hatte,  l)ei  meinem  Einzug  in  den  Palast  zu  der  eigentlichen 
Quelle  durchgedrungen  zu  sein,  sah  ich  mich  darin  bald  ent- 
täuscht. Man  versprach  Alles,  aber  hielt  Nichts.  Gleich  in  den 
ersten  Tagen  meiner  Ankunft  sprach  der  Prinz  von  einer  bände- 
reichen und  wie  er  beifügte,  höchst  interessant  geschriebenen  Ge- 
schichte der  Talein,  die  er  mir  zu  meiner  unbedingten  Benutzung 
in's  Haus  schicken  wollte,  aber  obwohl  ich,  um  mir  einen  so  lecke- 
ren Bissen  nicht  entgehen  zu  lassen,  unhöflich  genug  war,  ihn  fast 


Reichthtim,  Schönheit,  Rang  und  Jugend  besitzen,  doch  ohne  Kenntnisse  ist  er 
nur  eine  hübsche  Blume  ohne  Duft.  Die  Sonne  mag  auch  im  Westen  aufgehen, 
der  Gipfel  des  Meru  mag  wie  ein  Bogen  gekrümmt  werden,  die  Höllenfeuer  mö- 
gen erlöschen  und  die  Lotosblume  mag  eher  auf  Bergesspitzen  spriensen,  aber  di& 
Worte  der  Wahrheit  und  Wei&hcit  sind  unverändert  dieselben.  Der  Blumen  Duft 
ist  erfrischend,  erfrischender  ist  das  Licht  des  kühlen  Mondes,  aber  die  höchste 
Erfrischnng  bringen  die  Worte  der  Weisheit.  Beweise  dich  dankbar  gegen  die 
Kenntnisse,  die  dir  aus  Schwierigkeiten  geholfen  haben.  Der  Reichthum  des 
Weisen  gleicht  einer  Quelle,  einem  nie  versiegenden  Born,  der,  ob  du  auch 
htets  daraus  schöpfest,  sich  doch  stets  aufs  Neue  füllt.  Vor  den  Gelehrten  ver- 
neigen  sich  die  Unwissenden.  Von  diesem  Niti-kyam  (Nidi  oder  Rhvae-uh) 
giebt  es  drei  Arten  Sprichwortsammlungen  :  die  Dhsimma-nidi ,  Lanka-nidi  und 
Raca-nidi.  Buddha's  Predigt  im  Kloster  Zedawon  beginnt  die  38  Belehrungs- 
Pnnkte  mit  der  Ermahnung,  die  Gesellschaft  der  Thorcn  zu  meiden  und  stets 
mit  den  Weisen  zu  verkehren. 


218  Der  königliche  Palast. 

bei  jeder  Zusammenkunft  darum  zu  treten,  so  machte  er  es  doch 
wirklich  möglich,  bis  zum  letzten  Tage  meiner  Abreise  beständig 
neue  EntschuldigungsgrUnde  zu  finden,  weshalb  das  Buch  für 
den  Augenblick  nicht  gerade  bei  der  Hand  wäre.  So  ging  es  bei 
den  meisten  Leihversuchen,  und  wenn  sie  mitunter  glückten,  so 
hatte  es  wenigstens  vorher  Mühe  genug  kosten  müssen,  das  um 
mich  gesponnene  Intriguengewebe  zu  zerreissen,  oder  es  wurde 
mir  verstohlen  zugesteckt,  in  Folge  von  Geschenken,  mit  denen 
nicht  gespart  werden  durfte.  Doch  wird,  was  mir  entging,  sich 
bald  ersetzen  lassen,  da  die  englischen  Beamten  in  ihren  offi- 
cicllen  Verhandlungen  mit  dem  Könige,  wie  frUher,  so  auch  jetzt, 
leicht  Geschenke  aus  den  Staatsarchiven  erhalten  können,  und 

m 

unter  ihnen  sind  genug,  die  sich  mit  Liebe  und  Eifer  dem  Studium 
der  birmanischen  Geschichte  gewidmet  haben,  und  die  durch 
ihren  längeren  Aufenthalt  im  Lande  die  trefflichste  Gelegenheit 
zu  sorgfältiger  Behandlung  derselben  besitzen. 

Im  Laufe  des  Gesprächs  erzählte  mir  mein  Lehrer  noch,  wie 
beiläufig,  eine  Geschichte,  die  vielleicht  als  Parabel  dienen 
sollte  für  meine  Verfahrungsweise,  deren  Billigung  er  nicht  offen 
auszusprechen  wagte.  Vor  einigen  Jahren  sei  ein  Patih  (Moha- 
medaner)  nachMandalay  gekommen,  und  habe  dem  Könige  Gold 
zu  machen  versprochen.  In  einem  kleinen  Experiment  habe  er 
wirklich  Gold  producirt  und  sei  darauf  von  dem  Könige  mit  den 
grösöten  Ehren  überhäuft  und  zu  hohen  Stellen  befördert  worden. 
Als  dann  die  Versuche  in  grösserem  Massstabe  anzustellen  ge- 
wesen, habe  er  vorgegeben,  die  richtigen  Metalle  im  Lande  suchen 
zu  müssen  und  sei  umhergereist,  aber  ohne  Erfolg  zurückgekom- 
men. Der  König  habe  ihn  ein  zweites  Mal  unter  Truppenbe- 
gleitung ausgeschickt,  ihn  in  sämmtlichen  Provinzen  umherführen 
lassen,  und  Alles  so  zu  machen  befohlen,  wie  er  angeben  würde. 
Nach  vielen  Monaten  wäre  er  dann  im  Palast  wieder  angelaugt 
und  habe  ein  grosses  Laboratorium  gebaut,  wäre  dort  aber,  da 
die  vorgenommenen  Experimente  fehlschlugen,  streng  bewacht 
und  aufgefordert  worden,  jetzt  endlieh  sein  Versprechen  zu  er- 
füllen. Zuletzt  habe  er  sich  vergiftet  und  sei  von  den  Wachen  todt 
unter   seinen  Tigeln   gefunden.     Mein  birmanischer  Koch,   der 


Leichentanse.  219 

herbeigeschlichen  war,  wusste  auch  allerlei  Raub-  und  Mordge- 
schichten zu  erzählen,  undMoung  Schweb  hatte  von  einem  Frem- 
den gehört,  der,  weil  er  des  Königs  Befehle  nicht  erfüllen  konnte, 
von  ihm  nach  Kangun  zurückgeschickt  sei,  in  Begleitung  eines 
Beamten,  der  den  Auftrag  hatte  und  ausführte,  ihn  in  der  dritten 
Nachtstation  umzubringen. 

Eines  Abends  in  der  Dämmerung  marscliirte  mit  grossem 
Geräusch  und  Waffengeklirr  eine  Truppenabtheilung  neben  mei- 
nem Hause  auf  und  zwei  Officiere  kamen  rasch  und  polternd  die 
Treppe  herauf  gestiegen.  Ich  bewillkommnete  sie,  bat  sie  Platz 
zu  nehmen  und  begann  das  Gespräch  in  der  gewohnten  Weise, 
indem  ich  sie  über  eine  Phrase  des  birmanischen  Buches,  das  ich 
vor  mir  hatte,  befragte.  Sie  antworteten  mir  mit  einem  etwas 
erstaunten  Blicke ,  sahen  sich  im  Zimmer  um  und  zogen  nach 
einigen  Minuten  wieder  ab,  ohne  ein  Wort  zu  sprechen.  Dasselbe 
wiederholte  sich  mit  ähnlichem  Verlauf  noch  zweimal,  indem 
man  im  Schloss  nicht  recht  sicher  zu  sein  schien,  wie  weit  man 
vorgehen  könnte  und  über  die  Massregeln  schwankte.  Für  Ex- 
treme hatte  ich  indess  meine  Vorbereitungen  getrofl'en. 

W^ährend  meiner  Einsamkeit  unterhielt  ich  mich  mit  Moung 
Schweb,  und  Hess  mir  von  seinen  Karendörfern  erzählen,  aber 
er  wäre  viel  lieber  dort  gewesen  als  im  Palaste  zu  Mandalay,  und 
es  war  ihm  gar  nicht  erzählerisch  zu  Sinne : 

Bei  einem  Todesfalle  tanzen  die  Knaben  und  Mädchen  in 
den  Dörfern  den  Knochen-Poe,  indem  sie  singend  die  Gebeine 
erinnern,  nicht  des  Herrn  Gesetz  zu  vergessen.  Die  im  Reigen 
umherkreisenden  Jünglinge  und  Jungfrauen  werfen  sich  gegen- 
seitig ihr  Kopftuch  zu,  das  mit  den  Füssen  fortgestossen  wird, 
wenn  es  von  einer  nicht  begünstigten  Hand  kommt.  Ein  Kran- 
ker legt  Opfergaben  in  dem  Dache  des  Hauses  nieder.  Ausserden 
Teray  oder  Tazay{Tazeit)  genannten  Nats,  giebt  es  auch  Belu  oder 
Tabek.  Die  von  den  Karen  Na'  genannten  Hexen  leben  in  den 
Dörfern  und  quälen  die  Leute  mit  Unpässlichkeiten,  geben  sich 
aber  mit  üpfergabcn*)  leicht  zufrieden.     Der  im  Walde  lebende 

*)  Im  Königreicji  Jaugoina ,    sagt  Turpin,    versprechen   die  Kranken   dem 
Teufel  Opfer  und  c^löbreut  leur  convalescence  par  un  grand  festin,  oü  toiis  leurs 


220  ^<i^  königliche  Palast. 

Wih  dagegen  tödtet  gewöhulich  diejenigen,  von  denen  er  Besitz 
ergriffen  hat.  In  Krankheitsfallen  legt  der  Priester  (Terah)  ein 
Hühnerei  in  einen  Korb,  mit  weissem  und  mit  schwarzem  Reis  be- 
deckt. Dann  ruft  er  die  Teray  und  Tazay,  um  herbeizukommen. 
Nachdem  er  das  Ei  zerbrochen  hat,  blickt  er  hinein  und  ent- 
scheidet. Ist  ein  Tazav  die  Ursache  der  Krankheit,  so  wird  er 
aus  einem  kleinen  Korbe  gefüttert,  den  ihan  in  den  Weg  stellt; 
ist  ein  Teray  die  Ursache,  so  müssen. ihm  die  Speisen  auf  das 
Dach  des  Hauses  gelegt  werden.  Sollte  nach  der  Entscheidung 
des  Priesters  der  Kranke  dieselbe  nicht  erfüllen,  so  würde  er 
mit  seiner  ganzen  Familie  in  Wahnsinn  fallen,  bis  das  geschehen 
ist.  Der  Priester  sorgt  hier  für  das  Intoiesse  seines  Gottes,  dass 
es  ihm  nicht  geht  wie  bei  denNagas;  denn  diese  unterfangen  sich, 
Kangniba,  den  blinden  Diener  des  einäugigen  Kupiaba  (the  ma- 
lignant  deity),  der  deshalb  nur  durch  Tasten  seine  Opfergabe  beur- 
theilen  kann,  zu  täuschen  with  the  sickliest  and  smallest  fowl  of 
the  roost,  which  is  put  in  a  big  basket.  Ein  kleines  Nat-Fest, 
das  im  Hause  des  Kranken  abgehalten  wird,  nennen  die  Karen 
Oteah,  ein  grosses,  zu  de/n  alle  Freunde  und  Bekannte  herbeige- 
rufen werden,  heisstOteperah.  Nur  indem  sämmtliche  Verwandten 
des  Kranken  vom  Aeltesten  bis  zum  Jüngsten  am  Natfeste  theil- 
nehmen,  erhält  dasselbe  seine  Wirksamkeit.  Die  Wih  verursachen 
mitunter  Besessenheit,  wie  der  Gavay  bei  den  Birmanen. 

Die  höhere  Klasse  der  Dämonen  heisst  Hpegah.  Der  ci- 
tirendc  Priester  ruft  die  verschiedenen  Art<5n  der  Tazay,  als  den 
durch  Schlangenbiss  tödtcnden  Tazay,  den  durch  Ertrinken  im 
Wasser  tödtcnden  Tazay,  den  durch  Alligatorbisse  tödtenden 
Tazay,  den  durch  Feuerbrennen  tödtenden  Tazay  u.  s.  w.  Der 
Nat  bestraft  durch  Krankheiten  und  mag  durch  Opfergaben  be- 
sänftigt werden,  wogegen  der  Tajeray  (Teray)  mit  jähem  Tode 
schlägt  und  keine  Hülfe  zulässt.  Der  Tazay  verursacht  kleine  Fieber 
und  Unpässlichkeiten,  wenn  aber  der  Nat  erzürnt  ist,  so  lässt  er 
Büffel  sterben,  lässt  das  Vermögen  verloren  gehen,   das  Haus 


paronts  et  leiirs  amis  apportcnt  de  presents  de  (rxiits,  pour^se  rendre  propice  cct 
etrc  mal-faisant. 


Der  Alchymist.  221 

Diederbrennen    uud   mag  selbst  die  ganze  Familie   auf  einmal 
tödten. 

Die  Karen  stellen  täglich  Keis  hin,  als  Opfergaben  für 
Morley,  in  einem  hohen  Berge  lebend,  von  dem  er  einst,  mit  einem 
Putzo  aus  Gold  und  Silber  bekleidet,  herbeifliegen  und  alle 
Uebertreter  ausrotten  wird,  mit  einem  Schwerte,  das  selbst  die 
Lubih  oder  Luzunggaun  tödten  kann.  Die  Binnanen  kommen  oft 
in  Streit  wegen  der  Erbschaft,  die  Karen  al.er  setzen  bestimmte 
Theile  für  jedes  Kind  zurück,  die  dieses  dann  beim  Tode  erhält. 
Bei  ansteckenden  Krankheiten  barricadircn  die  Karen  die  nach 
ihrem  Dorfe  führenden  Pfade.  Die  Birmanen  stellen  in  Pest- 
zeiten Sammlungen  an,  um  einen  Pungyi  zu  bezahlen,  der  an 
den  Strassenecken  das  auf  elfenbeinerne  Blätter  geschriebene  Pali- 
buch  Kaboah  liest.  Um  einen  unverbrüchlichen  Freundschaftsbund 
zuschliessen,  mischen  zwei  Karen  das  Blut  ihrer  Arme  zusammen 
und  rühren  es  mit  einem  Messer*)  in  Branntwein  um,  zum  Trank. 
Sollte  sich  einer  später  falsch  erweisen,  so  werden  seine  Ein- 
geweide zerschnitten  werden.  Moung  Schweb  lebte  einige  Zeit 
als  Schüler  in  einem  birmanischen  Kyaung  in  Pegu  und  war 
ein  Favorit  mit  dem  alten  Mönch,  dem  er  seine  durch  langes 
Sitzen  steifen  Beine  wieder  in  Gang  kneten  musste.  Die  Knaben 
im  Allgemeinen  lieben  das  Klosterleben  hiebt  und  wünschen 
sich  zu  ihren  Eltern  zurück.  Sein  Lehrer  verschwand  oft  für 
Tage  und  Wochen  in  dem  Walde,  ohne  dass  Jemand  wusste,  wo 
er  war.  Er  hatte  sich  dort  an  einer  abgelegenen  Stelle  einen 
kleinen  Ofen  gebaut,  wo  er  aus  Kupfer  und  Blei  mit  Hülfe  von 
Medicinen  Silber  zu  machen  suchte.  Viele  der  Pungyi  aus 
Pegu  sind  aus  dem  Schanlande  dahingekommen,  und  Moung 
Schweh's  Vater  hatte  für  einen  derselben  ein  Kloster  gebaut,  da 
er  ihn,  seiner  Gelehrsamkeit  wegen,  gern  in  seinem  Dorfe  behalten 
wollte.  Wenn  Moung  Schweh's  Mönch  Nachts  zu  Sterbenden  geru- 
fen wurde,  so  nahm  er  die  ihn  begleitenden  Schüler  unter  sein 
gelbes  Priestergewand,  um  sie  sicher  gegen  Tazeit's  zu  bedecken, 


♦)  Der  Konig  von  Siara  lägst  seine  geweihten  Waffen  in  das  von  den  Grossen 
zu  trinkende  Eitleswasscr  tauchen. 


222  I>ei'  königliche  Palast. 

denen  sie  zuweilen  begegneten,  wie  man  aus  dem  rauschenden 
.Rasseln  der  Bäume  und  dem  Sehwanken  ihrer  Wipfel  bemerkte. 

Die  erste  Anknüpfung  neuer  Beziehungen  mit  der  Aussen  weit 
geschah  durch  die  ohrenkranken  Damen,  die  wahrscheinlich  die 
Unterbrechung  ihrer  Cur  nicht  länger  ertragen  konnten  und  den 
König  petitionirt  hjiben  mochten.  Mit  einer  derselben  war  eine 
Art  Krisis  eingetreten.  Als  eines  Tages  die  Zofe  für  Medicin  ge- 
kommen war,  liess  ich  durch  Moung  Schweb,  der  bereits  etwas 
im  Apothekerwesen  pfuschte,  eine  Brausemischung  in  einer  Soda- 
flasche zustöpseln.  Der  galante  Moung-gyi  begleitete  das  Frau- 
lein  beim  Weggehen,  und  sie  mochten  vielleicht  etwas  zu  lebhaft 
gesticulirt  haben,  denn  während  das  Pärchen  hinter  einem  Busche 
stand,  geschah  ein  Knall,  der  Alles  im  nahen  Hause  des  Prinzen 
aufschreckte.  Die  Medicinflasche  war  in  Stücke  gegangen.  Das 
wurde  jetzt  das  Tagesgespräch.  Eine  solch'  starke  Medicin,  die 
Flaschen  zersprengt,  wenn  die  nicht  hilft,  was  dann?  Ich  wurde 
schleunigst  um  eine  Erneuerung  der  starken  Medicin  gebeten.  Und 
siehe  da,  sie  halfl  Nach  einigen  Tagen  kam  die  Zofe  hastig  her- 
beigelaufen, ausser  Athem  vor  Freude.  Der  ganze  Harem  schwimme 
in  Thränen,  ihre  Herrin  könne  hören.  Sie  habe  in  ihrem  Gemach 
ganz  deutlich  das  Schwirren  der  Spulräder  gehört,  «an  denen  im 
Vorzimmer  die  Dienerinnen  sassen  und  webten.  Ich  schickte  ihr 
zu  Gefallen  noch  eine  Dosis  der  Donnerarznei,  liess  aber  der 
Kranken  sagen,  dass  mein  Vorrath  in  dieser  und  den  anderen 
Medicinen  ganz  erschöpft  sei  und  dass  ich  bald  Nichts  mehr  zu 
geben  haben  würde. 

Das  ereignete  sich  kurz  vor  der  erzählten  Katastrophe  mit 
dem  anderen  Kranken.  Als  sie  jetzt  nach  längerer  Unterbrechung 
aufs  Neue  schickten,  wollte  ich  die  Sache  gleich  ein  für  allemal 
ganz  abschneiden,  und  liess  zurücksagen,  dass  keine  Medicinen 
mehr  da  wären.  Als  die  Zofe  doch  wenigstens  für  ein  kleines 
Wenig  der  Donnermedicin  jammerte,  versprach  ich  zuletzt  zu 
versuchen ,  ob  ich  die  nöthigen  Substanzen  in  Mandalay  auftrei- 
ben könnte ,  da  solch  einfache  Salze  zuweilen  in  den  Häusern 
der  Armenier  zu  finden  waren.  Als  ich  für  diese  und  andere  Be- 
sorgungen in  die  Stadt  gehen  wollte,  hielt  mich  der  Wachtposten 


Beschrankte  Diät.  223 

an,  der  dicht  neben  meinem  Hause  stand,  und  der,  wie  ich  be- 
merkte, bedeutend  stärker  war,  wie  früher.  Der  wachthabende 
Officier  erklärte,  Befehl  zu  haben,  weder  mich  noch  meine  Diener 
herauszulassen,  nur  der  birmanische  Koch  könne  fUr  die  nöthigen 
Einkäufe  einmal  des  Tages  passiren.  Auf  meine  Protestation 
verlangte  er  einen  Erlaubuisspass  aus  dem  Hause  des  Prinzen. 
So  begab  ich  mich  dorthin.  Der  Prinz  war  wie  frilher  unsichtbar, 
aber  diesmal  Hess  ich  mich  nicht  abweisen ,  denn  weiter  durfte 
die  äache  nicht  kommen.  Ich  erklärte  ihm,  dass  ich  als  Gast  des 
Königs  im  Palaste  lebe,  nicht  aber  als  ein  Gefangener,  und  dass 
ich  meine  Freiheit  auf  qine  oder  die  andere  Weise  immer  und 
sicher  zu  bewahren  wissen  werde.  Der  Prinz  gebrauchte  Aus- 
flüchte und  entschuldigte  sich,  dass  er  diese  Ordre  nur  gegeben 
habe,  um  zu  wissen,  ob  ich  zu  Hause  sei  oder  nicht.  In  den 
Audienzen  könne  es  leicht  vorkommen,  dass  der  König  nach  mir 
frage,  um  mich  rufen  zu  lassen,  und  er  wünsche  dann  immer 
richtige  Auskunft  zu  geben.  Ich  willigte  ein,  ihm  bei  längerer 
Entfernung  durch  meinen  Diener  davon  Nachricht  geben  zu  las-  ' 
sen,  bedang  aber  aus ,  dass  mir  fortan  ein  ofl'ener  Weg  bleibe, 
um  an  den  Thoren  ein-  und  ausgehen  zu  können.  Später  waren 
indess  meine  Diener  dort  neuen  Scherereien  ausgesetzt.  Der 
König  war  wie  gesagt  ein  rigoroser  Buddhist  und  hielt  streng  auf 
die  Beobachtung  des  Ahinsa.  Bei  meiner  Wohnung  im  Palaste 
würde  ich  nicht  haben  daran  denken  können  Hühner  zu  schlach- 
ten, aber  diese  wurden  ohnedem  auf  demBazaarMandalay's  nicht 
lebendig  verkauft.  Schon  getödtete  Hühner  für  die  Küche  zube- 
reiten zu  lassen,  ist  in  Birma  ein  unausbleibliches  Uebel,  das 
sich  nur  in  den  Häusern  der  Armenier  und  Mohamedaner  ver- 
meiden lässt,  wo  man  ausserdem  Ziegen  und  bei  den  ersteren 
auch  Schweine  auf  dem  Tische  findet.  Das  Schlachten  eines 
Ochsen  wurde  noch  unter  dem  vorigen  Könige  dem  Menschen- 
morde gleichgesetzt  und  mit  dem  Tode  bestraft.  Fische  ass  ich 
selten ,  da  auch  diese  meist  todt  auf  den  Markt  gebracht  werden, 
damit  sie  sich  ohne  Gewissensbisse  kaufen  lassen.  Auf  Reisen 
in  Indien  ist  man  indess  so  gewöhnt,  mit  Hühnern  und  Eiern, 
unter  Zugabe  von  Keis,  das  Leben  zu  fristen,  dass  man  luxuriös 


i2i  i>er  köoigliehe  Palast. 

za  leben  glaubt,  80  lange  es  diese  nur  giebt.  In  einer  pietisti- 
scben  Stunde  indessen  erliess  der  König  einen  Befehl,  wonach 
er  die  Stadt  Mandalay  mit  umliegendem  Gebiet  auf  einige  Meilen 
in  der  Kunde  für  heiliges  Territorium  erklärte,  innerhalb  welches 
kein  i>ebenslicht  ausgeblasen  werden  durfte.  Die  Grenzen  wurden 
durch  Pfähle  gesteckt.  In  den  Häusern  der  Christen  und  Moha- 
niedaner  wurde  eine  Liste  sämmtlicher  lebenden  Wesen  (Hühner, 
Schweine,  Ziegen,  Enten  u.  s.  w.  eingeschlossen)  ausgefertigt, 
und  dem  Hausherrn  ans  Her/  gelegt,  d:vss  er  dafür  venintwortlich 
sein  müsse  und  kommenden  Falles  Hechenschaft  über  jedes  Haupt 
seiner  Theurcn  abzulegen  haben  würde«  Jetzt  war  es  auch  mit 
der  fetlen  Tafel  der  Armenier  vorbei ,  und  als  ich  in  dieser  Zeit 
einmal  bei  ihnen  speiste,  sah  es  dort  ebenso  trübselig  aus  wie  bei 
den  Birmanen,  da  die  von  Kangun  geschickten  Zinnbüchsen  prä- 
servirten  Fleisches  bald  alle  aufgekauft  waren.  Mir  blieb  jetzt 
nichts  übrig,  als  getrocknete  Fische,  im  glücklichen  Falle  auch 
getrocknete  Tauben,  oder  Eier,  und  von  den  letzteren  hatte  der 
Koch  jetzt  um  so  grössere  Quantitäten  zu  bringen ,  die  fehlenden 
Huhner  zu  ersetzen.  Der  Prinz  soll  sich  schon  früher  einmal 
unter  der  Hand  nach  den  Ein/.elnheiten  meines  Küchendeparte- 
ments erkundigt  haben  und  erschreckt  gewesen  sein  über  die 
grosse  Menge  Eier,  die  dort  aufgingen.  Mein  binnanischer  Koch 
ebenfall»,  obwohl  er  vomTödtcn  der  Hühner  dispensirt  war,  hatte 
seine  Gewissensscrupcl  über  das  täglich  fortgesetzte  Kochen  so 
vieler  Eier.  Dann  und  wann  einmal,  beklagte  er  sich  gegen 
Moung  Schweb,  wäre  er  vielleicht  auf  Kisico  bereit,  ein  Ei  in 
kochendes  Wasser  zu  werfen,  aber  so  jeden  Tag  beinahe  ein  halbes 
Dutzend  Eier  zu  tödten,  das  häufe  sich  doch  zu  sehr  im  Debet*) 
an,  und  sein  Gehalt  sei  nicht  hinlänglich,    um  diese  Schulden- 

*)  Die  Hiiddhiston  suchon  stets  ihre  BUnnz  in  Ordnung:  zu  halten ,  nm  sieh, 
wie  es  auch  die  Satapatha-Brahinana  rsith,  schon  in  dieser  Welt  wiegen  zu  lassen. 
Doch  ist  dies  bei  den  besonders  auf  gute  Werke  des  AI  mosengobens  angewiesenen 
Birmanen  kost<pielig<?r,  als  in  der  Mongolei,  wo  Wind  oder  Wasser  die  Schuldcn- 
tilgungsmuhlen  drehen,  und  erfordert  auch  eigene  Anstrengung,  während  man  in 
Peking;  die  Ciijbftiiider  mit  Ochsen  umtreibt.  Pinto  sah  in  der  Pagode  Tinagogo, 
wie  sich  die  Pilg(*r  gegen  ihre  Sünden  an  metallnen  Stäben  abwogen. 


k 


Patienten.  225 

masse  mit  guten  Werken  zu  nullificiren.  Ich  musste  später  oft 
Moung  Schweb  auf  den  Markt  sehiekcu,  und  wenn  es  dort  keine 
Eier  gab,  nach  den  umliegenden  Dörfern,  weil  der  Koch  sich 
keine  grosse  Mühe  gegeben  haben  würde ,  solche  zu  finden.  Als 
während  des  Ilühnermangels  der  Kierkorb  nodi  voluminöser 
wurde,  zog  es  zuletzt  die  Aufmerksamkeit  der  Wachen  auf  sich, 
und  als  ihnen  klar  wurde,  in  welch  grossartiger  Ausdehnung  dies 
Eiermordungsgeschäftin  meiner  stillen  Wohnung  betrieben  wurde, 
glaubten  sie  sich  zu  einem  Rapport  veri)flichtet.  Indess  gab  ich 
darin  nicht  weiter  nach,  und  erklärte  dem  Prinzen,  dass  meine  Diät 
schon  beschränkt  genug  sei  und  keine  weiteren  Reductionen  er- 
tragen könne.  AUmählig  stellten  sich  auch  wieder  Hühner  auf 
dem  Bazaar  ein,  indem  dieselben  in  den,  nicht  in  dem  heiligen 
Gebiet  begriffenen ,  Dörfern  auf  dem  anderen  Ufer  des  Irawaddi 
geschlachtet  und  dann  am  Morgen  früh  herübergebracht  wurden. 
Obwohl  ich  die  in  der  Stadt  aufgekaufte  Brausemedicin  als 
die  letzte  und  allerletzte  abgeschickt,  und  auch  einem  Augen- 
kranken aus  dem  Schanlande,  dessen  Freunde  mich  beständig 
bestürmten,  sowie  anderen  Patienten  das  Ende  meiner  Praxis 
anzeigte  und  sie  für  weitere  und  bessere  Hülfe  an  Dr.  Williams 
verwies,  der  ein  kleines  Hospital  einzurichten  anfing,  so  blieb 
ich  (loch  nicht  verschont.  Es  war  indess  die  höchste  Zeit,  fest  in 
der  Ablehnung  zu  bleiben,  denn  es  kamen  bereits  J^atienten  aus 
der  Umgegend  für  Consultationen  zugereist,  und  ich  war  schon 
früher  einmal  während  meiner  peruanischen  Reisen  auf  solche 
Weise,  ehe  ich  mich  selbst  recht  versah,  in  eine  ärztliche  Praxis 
verstrickt  worden,  die,  täglich  zunehmend,  mich  über  ein  halbes 
Jahr  an  meinen  Aufenthaltsort  gefesselt  hatte,  und  aus  der  ich 
ohne  einen  glücklichen  Zwischenfall,  der  Uebertragung  gestattete, 
kaum  so  bald  herausgekommen  wäre.  Als  deshalb  die  Damen 
mich  das  nächste  Mal  nacli  dem  Hause  des  Prinzen  zu  sich  bitten 
Hessen,  kam  ich  mit  leeren  Händen,  und  als  sie  mit  Quälen  fort- 
fuhren, nannte  ich  als  einzigstes  Mittel ,  das,  bei  Mangel  anderer 
Medicin,  vielleicht  noch  gebraucht  werden  könnte,  die  Blutegel. 
Sie  waren  sogleich  auch  dazu  bereit,  aber  nach  einigen  Versuchen 
zeigten  sich  doch  so  manche  Schwierigkeiten  in  Betreff"  der  Art 

BMÜan,  OttMien.    II.  j  5 


226.  ^cr  königliche  Palast. 

und  Weise,  wie  über  die  vollgesogeuen  disponirt  werden  könne,  dass 
der  Prinz  über  die  Benutzung  seines  Hauses  zum  Blutvergiessen 
und  seines  Gartens  zum  Vergraben  lebendiger  Thiere  nicht  sehr 
erbaut  war.  Und  ich  meincstheils  Hess  die  Sache  gern  einschlafen. 

Kaum  hatte  sich  die  finstere  Wolke  von  der  Stirne  des  Königs 
verzogen  und  schien  sein  Lächeln  sich  mir  aufs  Neue  zuwenden 
zu  wollen,  als  Alles  bald  wieder  im  schönsten  Sonnenscheine 
strahlte.  Die  geputzten  Höflinge  des  Prinzen  liefen  bei  mir  ein 
und  aus.  Sie  brachten  mir  Bücher,  schrieben  Räthsel  undSprUch- 
wörter  auf  oder  erzählten  Märchen.  Sie  sangen  und  tanzten ,  sie 
tranken  Thee  und  rauchten  meine  (Igarren,  Alles  wie  früher. 
Der  temporären  Abwesenheit,  w^o  sie  in  weiten  Kreisen  um  mein 
Haus  herumgeschlichen  waren,  wurde  gar  nicht  gedacht,  und  ich 
empfing  sie  in  der  gewohnten  Weise ,  als  ob  ihre  Besuche  nie 
unterbrochen  gewesen  wären.  Auch  der  Professor  hatte  seine 
Stunden  wieder  begonnen.  Die  von  ihm  verfertigten  Listen,  beson- 
ders psychologischen  Inhalts,  wurden  oft  von  andern  Besuchern, 
die  gleichfalls  als  w^ohlunterrichtet  bekannt  waren,  durchgesehen 
und  gerühmt.  Manchmal  dictirte  er  mir  als  Schreibübung  seine 
poetischen  Ergüsse  vor,  die  er  dann  erst  zu  improvisiren  be- 
hauptete, und  die  von  nichts  als  Blumen  und  Vögeln  und  Vögeln 
und  Blumen  zwitscherten. 

Der  Prinz  hatte  nach  dem  Teich  ein  kleines  Boot  bringen 
lassen,  in  dem  er  mich  zuweilen  einlud  Abends  mit  ihm  umher- 
zufahren, und  auch  sonst  in  dem  Palast  umherführte,  um  die 
Merkwürdigkeiten  desselben,  die  alten  Staatscarossen,  die  Ställe 
der  weissen  Elephanten ,  die  Wasseruhr  u.  s.  w.  zu  zeigen.  An 
die  Thüre  der  Wagen  war  ein  Pfau  gemalt  und  vorne  verzierte 
dieselben  der  doppclköpfige  Vogel  Longyin-hnet.  Auch  die  tem- 
porär benutzte  Scene  des  königlichen  Theaters  besuchten  wir  und 
wurden  hinler  den  ('oulissen  zugelassen.  Im  Hause  des  Prinzen 
hielten  sich  damals  viele  der  zur  Bezahlung  der  Steuern  aus 
seiner  Provinz  herbeigekommenen  Vasallen  auf.  Man  suchte  so 
viel  aus  ihnen  herauszupressen  als  möglich ,  und  die  rückständi- 
gen   wurden   oft   iiiit    grossem    Lärm    und   Geschrei    herbeige- 


Königliche  Bewirthung.  227 

schleppt,  um  im  Hofe  gefesselt  zu  werden  und  der  Sonne  ausge- 
setzt zu  bleiben,  mit  Androhungen  von  Prügeln  nebenher.  Doch 
schien  es  meistens  nur  auf  Einschüchterung  abgesehen. 

Bei  einem  vom  Könige  denPungyi  gegebenen  Feste  wurden 
grosse  Vorbereitungen  in  der  Strasse  vor  dem  Palast  getroffen. 
Man  hatte  aus  Bambu  eine  hohe  Platform  aufgeschlagen,  mit 
einem  Dache  bedeckt  und  mit  Teppichen  behangen ,  auf  deren 
breiten  Treppenstufen  die  vornehmsten  Beamten  standen.  Von 
den  vier  Richtungen  führten  Gänge  zwischen  den  an  beiden  Seiten 
hinlaufenden  Reihen  der  Opfergaben  hindurch,  als  mannshohe 
Reistöpfe  von  ungeheuren  Dimensionen,  ebenso  hoch  aufgestapelte 
Thürme  von  Bananen  und  andern  Früchten,  undGefässe  mit  ver- 
schiedenen Zuthaten  für  den  Reis.  Die  Mönche,  2000  ander 
Zahl,  gingen  in  neuen  Gewändern  dazwischen  hin  und  erhielten 
so  reichlich ,  dass  viele  Lastträger  engagiren  mussten ,  um  die 
Gaben  nach  den  Klöstern  zu  bringen.  Rauschende  Musik  spielte 
an  verschiedenen  Plätzen  und  das  Volk  drängte  sich  von  allen 
Seiten  herbei.  Durch  einen  roth  bemalten  Wagen  (Nat-pu-dzay), 
der  auf  niedrigen  Rädern  steht,  werden  die  Opfergaben  des  Kö- 
nigs nach  dem  Nat-Temi)el  gebraclit,  ehe  Jemand  anders  sie  dort 
niederlegen  darf.  Bei  einem  anderen  Feste  im  Palaste  ritten  die 
Prinzen  in  der  Procession  auf  reichgeschmückten  Elephanten. 
Eine  grosse  Feierlichkeit  wurde  bei  der  Vcdljährigkeit  seiner 
Tochter  durch  den  Eimschweming  veranstaltet,  in  dessen  Palast 
für  eine  Woche  das  Drama  Rama's  aufgeführt  wurde.  Eine  Feier- 
lichkeit, die  gleichfalls  grossen  Zulauf  herbeizog,  wurde  auf  dem 
Mandalfiy-Hügel  abgehalten,  als  der  König  dort  den  Grundstein 
einer  Pagode*)  legen  liess.  Nachmittags  zog  der  König  oft  unter 
Musik  in  seine  Gärten,  wo  ihm  die  gebrauchten  Goldgefässe  mit 
Erfrischungen  vorgetragen  wurden.  Von  einem  hohen  Bambu- 
thurme  dort  konnte  er  Stadt  und  Umgebung  überschauen. 

•)  Keim  Stiften  einer  Pajirode  wird  Wasser  tropfenweis  auf  die  Erde  gegossen 
und  die  Pungyi  lesen  die  Formeln  ab,  um  ausser  Mandanndri  alle  Götter  und 
Menschen  sur  Zeugenschaft  herbeizurufen.  Dasselbe  geschieht,  um  ein  Geschenk 
rechtskräftig  zu  übertragen,  und  im  Mallalingarawuttu  nimmt  Konig  iiimbasara 
diese  Ceremonie  vor ,  als  er  Gautama  das  Kloster  Weluwun  schenkt. 

15* 


228  ^^^  königliche  Palast 

Einige  der  Besucher  erklärten  mir  das  Zeichenbuch  (Deitton), 
das  beim  Häuserbau  gekannt  sein  muss.  Sind  nur  gleiehdicke 
Pfeiler  oder  männliche  verwandt,  so  wird  die  Wohnung  glück- 
bringend sein.  Unten  dickere  heissen  weibliche  und  die  in  der 
Mitte  am  dicksten  sächliche.  Je  nachdem  sich  Knoten  in  ver- 
schiedener Höhe  der  Pfeiler  finden,  oder  nach  der  Verbindung 
derselben  mit  den  Balken,  können  Vorhersagungen  gezogen  wer- 
den. Von  besonders  ungünstigem  Vorzeichen  ist  das  Affenholz, 
d.h.  solches,  das  beim  Umhauen  des  Baumes  weit  hinweggefallen 
ist.  Das  Deitton  unterrichtet  auch  über  die  aus  Vögeln  zu  ziehen- 
den Auguricn,  das  Bellen  der  Hunde,  die  Bewegungen  der  Bienen, 
das  Eierlegen  der  Hühner  u.  s.  w.  Von  den  SprUchwörterbüchern 
(Nidhi  oder  Schwe-uh)  bezieht  sich  das  Dhamma-nidhi  auf  die 
Religion,  das  Loka-nidhi  auf  weltliche  Verhältnisse  und  das 
Raja-nidhi  auf  Regierungsangelegenheiten.  Nach  den  Vorschriften 
des  Yathua  wird  für  gutes  Glück  der  dem  Tage  des  Beginnens 
einer  Reise  oder  Geschäfts  entsprechende  Buchstabe  auf  dieStirne 
geschrieben.  Der  Amyathae,  ein  in  den  Pflanzen  gefundener 
Stein,  wird  probirt,  ob  er  grün  färbt,  und  is^t  dann  für  Amulette 
passend.  Wenn  die  Birmanen  zwei  Eidechsen  an  der  Stuben- 
wand kämpfen  sehen ,  so  decken  sie  ihr  Kopftuch  darüber  und 
werden  später  mit  demselben  viel  Glück  bei  Frauen  machen.  Um 
vortheilhaften  Verkauf  von  Waaren  zu  versichern,  wird  ein  magi- 
scher Ring,  Kunteiklekpoe,  verfertigt  und  in  Wasser  gelegt,  um 
damit  die  Waaren  zu  besprengen,  die  dann  reissend  abgehen 
werden.  Der  Hminku,  ein  mit  Figuren  gefüllter  Kreis,  ist  durch 
den  Zea  an  die  Stirne  Solcher  gezeichnet,  die  sich  bei  der  Re- 
gierung in  Gunst  zu  setzen  wünschen.  Wenn  eine  auf  die  Erde 
fallende  Person  später  in  den  Beinen  Schmerz  empfindet,  so  wer- 
den Opfergaben  dein  Hmyaephutbelu  gebracht,  der  diese  Krank- 
heit verursacht  hat.  Der  Gipfel  der  Bäume  wird  durch  den 
Akakadso,  der  in  den  höchsten  Zweigen  residirt,  gehütet,  der 
Stamm  durch  den  Shakkadso  und  die  Wurzeln  durch  den  Bum- 
madzo,  unter  der  P>de  lebend.  Mein  Koch,  der  mir  diese  letzte 
Mittheilung  maclite,  erzählte  mir  ausserdem  von  dem  Schutzgott 
der  Erde,    aber  er  konnte  mir  auf  meine  Frage  nicht  genau  den 


Witzprobcn.  229 

Wohnplatz  bestiinnien,  ob  derselbe  auf  der  Oberfläche  oder  unter 
derselben  sei,  weil  er  damals,  als  er  die  Lugyi  (die  grossen  Män- 
ner) davon  sprechen  hörte,  vergass  oder  nicht  daran  dachte,  sich 
im  Besonderen  zu  erkundigen.  Er  kannte  aber  genauer  den  Hmin, 
eine  kleine  Art  von  Tazeit,  der  die  im  Walde  Keisendcn  anfasst 
und  so  stark  schüttelt,  dass  ihr  Geist  verstört  wird  und  sie  später  im 
Irrsinn  umherwandeln.  Der  Pizzun-Nat,  aus  dem  Thawuddeinda 
genannten  Natpieh  (Götterland  oder  Himmel),  schickt  Regen  aus 
Kaukinakatha.  Der  Tazeit  Upaka  fliegt  in  den  Wolken  herum,  um 
den  Menschen  zu  erspähen,  auf  den  er  als  seine  Beute  niederfallen 
will.  Die  Belu  besitzen  die  Nanabavapinabava  genannte  Zauber- 
kraft, die  Erscheinungen  von  Pferden,  Ochsen  u.  s.  w.  hervorzu- 
rufen. Träume  werden  auf  zweierlei  Art  eingetheilt:  man  unter- 
scheidet die  im  Anfange  des  Schlafs,  um  Mitternacht  und  am  Morgen 
eintretenden,  oder  die  falschen,  die  gemischten  und  die  wahren. 
Die  birmanischen  Mädchen  pflegen  ihre  Liebhaber  erst  auf 
die  Probe  zu  stellen,  um  ihren  Witz  zu  versuchen,  und  lassen  sie 
oft  lange  schmachten.  Sie  legen  ihnen  Räthsel  vor,  wie  z.  B.: 
1000  Fusstapfen  wie  viel  Elephanten?  worauf  derjenige,  der  zu 
dividiren  versteht,  250  antwortet.  Andere  Fragen  sind  noch  ver- 
schlagener, obwohl  man  sich  nicht  zu  den  schwierigen  Problemen 
versteigt,  die  der  grosse  Apostel  Ceylon's  dem  Könige  stellte  und 
die  im  Mahawanso  zu  lesen  sind.  In  meiner  siamesischen  Ueber- 
setzung  werden  diese  Verstandesaufgaben  Ampha-rukkha  Panha, 
das  Argument  des  Mangoe  Baums  und  die  Jati-Araphpha-Panha 
(das  Argument  des  königlichen  Geschlechts)  genannt,  und  ähn- 
lich der  mittelalterlichen  Vögelaufgabe  Fibonacci's  sind  sie  in  den 
siamesischen  Klöstern  dem  Namen  nach  bekannt,  wo  ich  mich 
oft  amlisirte,  den  Mönchen  diese  harte  Nuss  zu  knacken  zu  geben. 
Der  erhabene  Oberpriester,  einen  Mangoebaum  neben  sich  sehend, 
fragte  den  König:  0  Herrscher,  was  ist  der  Name  dieses  Baumes? 
Der  König  erwiederte  dem  heiligen  Lehrer  zur  Antwort:  Er  wird 
Mangoe  genannt.  Dann  fragte  ihn  der  erhabene  Oberpriester: 
Giebt  es  einen  anderen  Mangoebaum,  ausser  diesem  ersten,  oder 
nicht?  Der  König  errieth  es  und  sagte:  Es  giebt  noch  deren  viele. 
Der  erhabene  Priester  fragte :  Diese  anderen  Mangoebäume  aus- 


jcro?»t»e  M«^TLr^.  «^riiAr.^^a-^r  Li^orer.    F»:*?  Frajri?  Liji:  y^':«?a 
aa*i<^nL  3laiur.ü^r*im«»Ti  m-i  a«>b»rn.  »iiei^a  An-i-^n  Baim*?!!.  »fie 
keiii«^  Xaiu?>rha.Tnir  *i»i«i.  rie^^c  «^^  'Lui:i  !i»:<i  Eä.iaii».-    ruit  «irr 

Bä.TBif*^!!.  •£•?  k«?ia»^  Mauz»  •rrü-Lnie  '«ia-L  «ia  zr-efec  •?*  r^nife  'Ti^fr^^m 

er  ian  an«!  *Azte:  Wri'*^  br<  «ii.  .>  H-^rr^'h-^r.  mir  i*.  ci*?^r  We&^bnt 
D*t  »irr  K'-air  Vz-iHc.  "»e:*^  in  WAhrfi«?::.    I»am  r-'jr:  •!:•* 

TUktin'.Kh  ii:<*ht  in  j^nirin  Xva«:h  za  erwarti^a.  an«!  timre  :<k  mir 
«eilen  r*ata  rifett. 

Pa^^ien  baut  'iii«i  aci-r»^  pTif?i;rfc'?'itirQ  niAcht.  AI*  Wi*r^i4*r  «ilt 
bei  iiinen  in«!  »ira  EümLiiieQ  Maiiv-raiia.  v-a  dem.  «Üe  Lf^^zten?'« 
ein  zanze^  Ba«*h  v..il  >f.rcrh':  h'e>:t2rn.  Eiast  w-irti.*  La  d^i 
I>>rfe  Mi/zixiiii.  w..  rr  wohaie.  eia  T.>a  »leni  SaA-BA^une 
«ehoittener  ^t»>ek  ärezri;rt  in«!  eLa  h'>h.er  Prei-*  L>eiiijeaisea  Titr- 
spir-^^tea,  der  eut^rheiden  kvanr.  welches  Finde  tLk^  vbere  snd 
welelie>  «iA.*  antere  ^ewe>ea.  MahvCa^Li  tiefe>t:zte  den  SCi:<k  am 
einem  .Strick,  warf  ihn  in'•\^a.'^^r  and  l:'et>ba«:h;ete  »las  hembifift- 
kende  Ende,  da-^  er  dann  rar  «ia.*  untenr  erklärte,  ila  je*ier  Bas» 
unten  ^hwerer.  aU  ♦/r.rn  *ei.  Viele  wei-^e  Sprache  aber  Regere- 
nazsk'in.'jt  aad  MeL'M.-henkenntni'»:*  wenien  Ton  dem  alren  Minister 
Ap»nkiA  bewahrt.  Ein  Th^r  ma:r  in  Anderen  einen  Fehler,  wie 
ein -Samenkorn  entdecken-  d»<hin  >ich  selbst  äoer>iehi  er  Fehler. 
wie  eine  0,'«:».'>n x*.*  XT*r^^.  Der  VTei-^e  ila^gen  besitzt  aieht  nnr 
dlf^  Fihiirkrit-  in  Anderen  Feilrr  z'i  bemerken,  "j-r^ndeni  aa^k 
seine  eigenen  z-l  kennen,  der  >«:hiI'ikrT»te  gleich,  die  K>''pf  :mA 
Glieder  einzieht,  fim  -»ie  zu  verberzen,  heilst  es  im  Xidki  Kjrajn. 
Ein  Fp>jeh  ^la.ibte  ftlnj*t  einem  L~wen  zn  :rleichea.  lia  er  vm 
Sitzen  dieselbe  >tellin^  einnimmt.  ;iber.*N  ihn  eine  Krähe  packte« 
tin2  er  v...r  Ala<  Zi  *i  *ik-:n  an.  .>.'  :-t  e->  mit  denen,  die  Kennt- 
nLiee  za  be:»itzen  an^ben.  von  denen  *ie  Nichts  verstehen.  Tre^a 


Verachtete  Klassen.  231 

sie  mit  Gelehrten  zusammen,  dann  aus  Furcht,  dass  man  sie 
fragen  möchte,  sind  sie  die  Höflichkeit  selbst  und  dann  wird 
Nichts  gesagt,  aH:  Meister,  Meister!  Die  unteren  Welten  werden 
eingetheilt  in  Ngarae-bhon  (Hölle),  Tarif jan-bhon  (Thierwelt), 
Pritta-bhon  (Aufenthalt  der  Gespenster),  Asurakay-bhon  (Dämo- 
nenwelt), dann  folgt  die  Lu-bhon  (Menschenwelt)  und  weiter  die 
sechsfache  Himmelsterrasse  des  Berges  Meru ,  als  zusammen  die 
Welt  der  Begierden  ausmachend,  worüber  sich  die  geistigen  Re- 
gionen erheben.  Im  Milinda-Kaja  findet  sich  die  Eintheilung  in 
Manutsa  (Menschen),  Thiere,  Preta's  und  (als  am  tiefsten  stehend) 
die  Manutsa  Merayeka,  die  berauschende  Getränke  trinken.  So 
kennen  die  Brahmanen  im  Dekkhan  noch  niedrigere  Kasten,  als 
die  verachteten  Pariah,  Einige,  die  auf  sieben  Schritte,  Andere, 
die  schon  auf  dreizehn  Schritte  verunreinigen,  und  Andere,  die 
durch  lautes  Rufen  sich  von  Weitem  zu  erkennen  geben  müssen, 
um  alle  Annäherung  zu  vermeiden.  Aber  tief  selbst  unter  ihnen 
stehen  noch  die  Ochsenfleisch  essenden  Fremden. 

Unter  meinen  häufigsten  Besuchern  war  einer  der  jungem 
Prinzen,  ein  zartgebildeter,  hübscher  Knabe,  aber  mit  etwas  ab- 
schreckend Heimtückischem  schon  in  dem  jungen  Auge.  Er  war 
gerade  in  dem  Alter,  wo  die  Birmanen  das  Haar  wachsen  lassen, 
ehe  sie  es  in  dem  Kopfbunde  aufknoten ,  und  die  frei  herabwal-  ^ 
lenden  Haare ,  die  ihm  lang  bis  über  die  Schultern  herabhingen, 
vermehrten  noch  das  Dämonisch-Wilde  seines  Anblicks.  Sonst 
war  er  voll  der  jugendlichsten  Ausgelassenheit.  Auf  dem  Rücken 
eines  seiner  Sclaven  herangaloppirend ,  sprang  er  in  mein  Zim- 
mer, und  fing  dann  an  in  Kisten  und  Kasten  herumzukramen. 
Alles  von  Oben  bis  unten  zu  durchstöbern,  wenn  ich  nicht  zeitig 
Einsprache  that.  Anfangs  schien  er  etwas  verwundert,  dass  ihm 
nicht  die  gewohnten  Huldigungen  geleistet  wurden,  da  selbst  meine 
Diener  das  platte  zur  Erde  fallen  nicht  recht  verstanden,  und  wenn 
er  mich  auf  einem  Stuhl  sitzen  sah ,  setzte  er  sich  sogleich  auf 
einen  andern  oder  auch  auf  den  Tisch,  um  wenigstens  eben  so 
hoch  zu  sitzen.  Später  aber  vergass  er  die  Etikette.  Seine  Neu- 
gierde überwog,  und  um  bequem  in  den  Spielsachen  umherkramen 
zu  können ,   wälzte  er  sich  ungenirt  auf  der  Erde  herum ,   ohne 


232  I^er  konigliclio  Palast 

KUcksicht  zu  nelimen,  dass  ich  über  ihm  auf  dem  Stuhle  sass  und 
am  Tische  arbeitete.  Er  zerbrach  mir  geuug,  aber  dafür  erzählte 
er  mir  auch  die  schönsten  Märchen  mit  einer  natürlichen  Eleganz 
in  Stimme  und  Geberden ,  die  immer  fesselte.  Bei  komischen 
Stellen  brach  er  mit  seiner  hellen  Stimme  in  das  reinste  Kinder- 
lachen aus,  das  aber  zuletzt  immer  in  einem  teuflisch-höhnischen 
Echo  verhallte  und  den  Tyrannen  prognosticirte,  in  den  sich  der 
muntere  Junge,  wenn  zum  Mann  herangewachsen,  leider  wohl 
verwandeln  wMrd. 

Von  Ilofanekdoten  steckte  er  voll,  und  auch  von  den  Ge- 
schichten ,  w  ie  man  sie  sich  im  Palast  erzählt.  Er  spottete  über 
die  Kala  und  ihre  Verblendung,  zu  glauben,  dass  Kangun  und 
andereTheileBirma's  ihnen  gehörten.  Es  bedarf  ja  nur  eines  Finger- 
aufliebens  seines  königlichen  Vaters,  und  die  ganze  Hände  ist  im 
Nu  in's  Meer  gestürzt.  Aber  man  will  erst  die  gesammte  Sipp- 
schaft herbeilocken,  um  sie  dann  alle  en  gros  zu  vernich!en  und 
endlich  Kühe  vor  ihren  Albernheiten  zu  haben.  Vielleicht  indess 
könne  sein  Vater  sich  geneigt  fühlen,  dieKala-Königin(von  deren 
Wittwenschaft  man  gerade  damals  gehört  hatte)  zu  heirathen  (so 
dass  er  also  ein  Rivale  des  abyssinischen  Kaisers  geworden  wäre). 
A'or  einigen  Jahren  sei  der  oberste  Oberräuberhauptmann  derKala 
in  Kangun  nach  Mandalay  heraufgekommen,  aber  man  habe  ihm 
schön  "initgespielt.  Der  König  hätte  für  ihn  ein  grosses  Haus 
bauen*  lassen  auf  dem  Wege  zwischen  Mandalay  und  Amarapura, 
mitten  auf  dem  Kirchhof,  wo  die  Verbrecher  begraben  werden, 
und  dort  habe  er  gelebt  in  der  Gesellschaft  aller  der  bösen 
Geister.  Er  habe  zwar  hübsch  und  freundlich  gethan  und  Ge- 
schenke mitgebracht,  aber  man  hätte  wohl  gewusst,  dass  diesem 
hinterlistigen  Kala  nicht  zu  trauen  sei.  Der  König  habe  alle  seine 
Söhne  (von  denen  er  allerdings  ein  ganzes  Regiment  besitzt),  vom 
grössten  bis  zum  kleinsten,  an  beiden  Seiten  nel)en  sich  gesetzt, 
in  abgestufter  Keihe,  der  älteste  hal)e  ein  zweihändiges  Schwert 
getragen,  der  zweite  ein  etwas  weniger  grosses,  bis  herab 
zum  jüngsten,  der  nur  einen  ganz  kleinen  Dolch  halten  konnte. 
Draussen  in  den  rfeilerreihen  verstockt,  hätten  drei  Compag- 
nieen  Soldaten  gestanden,  alle  mit  angelegtem  Gewehre,  auf  die 


Zanekka.  233 

Truppe  der  in  der  Mitte  des  Saales  sitzenden  Kala  gerichtet,  um 
sie  bei  dem  kleinsten  Zeichen  aufrührerischer  Gesinnung  bis  auf 
den  letzten  Mann  zusammenzusehiessen.  Besseres  Schicksal 
verdienten  die  Kala  überhaupt  nicht,  und  dann  warf  er  mir  einen 
spöttisch-höhnischen  Seitenblick  zu,  als  ob  er  sagen  wollte:  und 
dir  wird's  bald  auch  nicht  besser  gehen.  Gewöhnlich  indess 
sprach  er  mit  mir  so  ungenirt  über  die  Kala,  als  ob  ich  gar  nicht 
dazu  gehörte,  indem  solche  Fremde,  die  nach  längerem  Verkehr 
durch  den  wohlthätigen  Einfluss  birmanischer  Gesittung  einige 
hoflfnungsvolle  Vorzeichen  späterer  Civilisation  blicken  lassen, 
als  gezähmte  Barbaren  ( Kala  yihn )  betrachtet  und  von  den 
rohen  Neuankömmlingen,  denKalayain  (wilden  Barbaren),  unter- 
schieden werden.  Seine  beliebteste  Erzählung,  die  ich  mir  oft 
wiederholen  Hess,  war  die  Romanze  Zanekka's,  diejenige  Erzäh- 
lung derWuttu,  die  am  besten  seinem  feurigen  Temperament  ent- 
sprach, und  fast  allein  in  der  buddhistischen  Literatur  Birma's 
der  Yatnika- Schule  anzugehören  scheint. 

Aithya-Zanekka ,  der  König  Meithila's,  fällt  im  Kampfe  mit 
seinem  aufrührerischen  Bruder  Pola-Zanekka  und  die  schwangere 
Königin  Sandadewi,  die  von  einem  hohen  Thurme  der  Stadt  zu- 
geschaut, flieht,  als  sie  die  Schlacht  verloren  sieht,  in  die  Wälder, 
um  ihr  Leben  zu  retten.  Auf  dem  Wege  begegnet  ihr  derThagya- 
König  (Indra),  der  menschliche  Gestalt  angenommen  hat,  und 
führt  sie  in  seinem  fliegenden  Wagen  nach  bewohnten  Ländern, 
wo  er  sie  in  einem  Zayat  an  der  lleerstrasse  absetzt.  Ein  dort 
rastender  Pungyi  nimmt  die  Königen  mit  sich  nach  der  Stadt  (im 
Lande  Zabanago) ,  sie  für  seine  Schwester  ausgebend.  Als  der 
dort  geborene  Knabe  von  seinen  Spielgefährten  geneckt  und  des 
Pungyi  Sohn  geschimpft  wird ,  läuft  er  zu  seiner  Mutter,  sie  um 
seinen  Vater  fragend,  und  als  sie  zögert,  schlägt  er  seine  Zähne 
in  ihren  Busen,  drohend,  ihr  di(J  Brustwarze  abzubeissen,  wenn 
sie  ihm  nicht  die  Wahrheit  sage.  Von  seiner  königlichen  Abkunft 
hörend,  rüstet  er  mit  den  seiner  Mutter  gebliebenen  Juwelen  ein 
Schiff  aus,  um  nach  seinem  Erblande  zurückzukehren,  und  als  die 
Mutter,  ihn  zurückzuhalten,  sich  vor  den  Stufen  derTrepi)e  nieder- 
wirft, schreitet  er  über  ihren  Körper  fort  und  schifft  sich  ein.  Für 


234  I>er  kdufücke  Filast 

diese  Verietzung  derKindespfiicbt  geht  das  Schiff  in  einem  Stnnn 
za  Grunde,  und  alle  an  Bord  kommen  um.  Nur  Zanekka  saeht 
sich  durch  Schwimmen  zu  retten  und  durchschneidet  mathig  die 
Wogen  des  weiten  Meeres.  Die  Göttin  der  See  schaut  ihm  Tcr- 
wundert  aus  den  Wolken  zu  und  fragt  ihn,  weshalb  er  in  so  nutz- 
loser Anstrengung  sich  abmühe,  seine  Tage  seien  erfUlt,  er  möge 
sich  geduldig  in  sein  Geschick  ergeben,  niedersinken  und  sterben. 
Aber  Zanekka  giebt  ihr  vertrauensvoll  zur  Antwort,  so  lange  er 
in  seinem  Arme  Kraft  fühle,  würde  er  auch  für  sein  Leben  käm- 
pfen. Er  erzählt  die  Parabel  eines  kleinen  Eichhörnchens,  dessen 
Junges  durch  die  Meeresfluth  weggeschwemmt  wurde,  und  das 
am  Strande  sass,  das  Meer  mit  seinem  Schwänze  trocken  zu 
stippen,  ungestört  durch  das  Gelächter  seiner  Nachbarn  über  sein 
sinnloses  Beginnen.  Ein  Thag}'a  (Himmelskönig),  der  gerade  in 
Bekümmemiss  auf  der  Erde  wanderte,  wurde,  das  Selbstvertrauen 
des  kleinen  Thieres  sehend,  selbst  ermuthigt,  und  verhalf  ihm 
aus  Dankbarkeit  zu  dem  gesuchten  Kinde.  Wie,  sagt  Zanekka, 
wenn  ein  schwaches  Thierchen  mir  ein  solches  Beispiel  giebt, 
sollte  ich  als  Mensch  nicht  verächtlich  sein,  wenn  ich  keine  An- 
strengungen machen  sollte? 

«sterblicher,  waniin  Dich  mühen 
In  dem  grauen  Wogenschwall? 
Wohin  denkst  Dn  in  entfliehen? 
Wüste  nur  ist's  fiberall. 

Mit  des  Schicksals  mächtigem  Walten 
Kniinst  Du  nicht  den  Kampf  bestehen; 
Wo  der  Welt  Gesetze  walten. 
Bleibt  Dir  nur  das  Untergehen.* 

„Schwimmen  will  ich,  Gottin,  schwimmen : 
Mag  anch  schwach  der  Hoffnnngsschein, 
Schwach  und  fem  dem  Auge  glimmen. 
Stark  doch  wallt*s  im  Herzen  mein. 

Unverdrossen  will  ich  streben 
Nach  dem  Rettungshafen  hin ; 
Wenn  im  Arm  mir  Kräfte  leben. 
Lebt  noch  hoffnangsvoU  mein  Sinn.* 


Die  Wutta.  235 

Die  Göttin ,  der  die  stolze  Antwort  gefallen ,  hüllte  ihn  in 
ihren  Schleier  und  führte  ihn  ans  Land,  wo  er  beim  Erwachen 
den  Thronwagen  Meithila's  neben  sich  stehen  sieht,  denn  die 
Grossen  hatten  dort,  nach  dem  Tode  des  Königs,  das  Augurium 
des  Thron  Wagens  versucht,  und  waren  dadurch  zu  dem  Schläfer 
geführt  worden.  Die  Tochter  Pola's  erprobt  erst  noch  seine 
Stärke  an  einem  Bogen,  den  keine  1000  Krieger  spannen  können, 
und  lässt  ihn  dann  sein  Recht  zur  Königswürde  be\Veisen,  durch  das 
Andeuten  des  Kopfplatzes  im  Bette,  den  er  ausfindet,  beobachtend, 
wo  die  Prinzessin  ihren  Kopfputz  niederlegt.  Die  Zanekka- 
Ponas  kamen  unter  Chandagupta  von  Meithila  nach  Palibrotha. 
Zur  Zeit  Maha-Zanekka's  verehrten  sie  Pizzigaboda.  Sie  werden 
von  den  Birmanen  mit  vorstehenden  Hauern  dargestellt,  aufweiche 
Eigenthümlichkeit  auch  die  Darstellung  im  Mahawanso  anspielt. 

In  Molmein  sah  ich  späterdas  birmanische  Original,  das  mit  Za- 
nekka's  Einsiedlerstand  imHimawonta  schliesst  und  auch  die  Kö- 
nigin Siwali  der  Welt  entsagen  lässt.  Neben  denöOOJat  sind  es 
besonders  die  zehn  grossen  Wuttu  (Thaemi,  Zanekka,  Suvan- 
nashon,  Nemi,  Maho,  Buridath,  Dsandakumma,  Narada,  Widura, 
Wesandara),  die  von  den  Birmanen  am  liebsten  gelesen  werden, 
und  von  ihnen  wieder  vor  allen  die  letzte  des  Wesandara,  oder 
die  der  Menschwerdung  Buddha's  als  Gautama  unmittelbar  vor- 
hergehenden Avatare,  worin  er  mit  Hari^Qandra's  Freigebigkeit 
seine  Familie  den  Brahmanen  hingiebt.  Auch  Nemi  wird  hoch- 
gefeiert, während  ihn  Manu  zu  den  durch  ihre  Laster  unterge- 
gangenen Königen  rechnet.  Die  Geschichten  aller  dieser  frühern 
Existenzen  heissen  Jat- Wuttu  oder  die  Darstellungen  der 
Jataka,  und  ausserdem  giebt  es  Dhammapada-wuttu,  Manikun- 
tala- wuttu,  Milinta- wuttu  (von  des  Königs  Erörterung  mit  Na- 
gasena  handelnd),  Hitopadaesa-wuttu,  Ratanagara-wuttu  u.  s.  w. 
Religiöse  Lieder  werden  im  Pyu,  Listen  im  Mokun  und  Erzäh- 
lungen im  Wuttu  verfasst. 

Eines  Abends  spät  kam  der  junge  Prinz  mich  zu  besuchen, 
gefolgt  von  zahlreicheren  Begleitern  als  gewöhnlich,  und  alle  be- 
waflFnet.  Ich  war  allein  zu  Hause.  Moung  Schweb  war  durch 
einen  der  Hofbedienten  zu  einer  Festlichkeit  in  die  Stadt  einge- 


jkkif.x  T.  irifü  Ulli  Ui  ra  -»••uit  lj?iiir!ai*'!iiirt  ür 
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i»i#-i  Lim*  liir'i.irr  ^r'ivinuL»  *?ai*a  "tr^'uni  iimi  "F^ÄgMi^äi. 
jpnioiU^a.  iiiiL  jjir  "»^a  '^mo.  -iu  i*triiirr  !LiUii«t.  tit  ^itLeüHin» 
im  üa**  u^^.'Tf*^.  Ti»i-#^r  ::iui  I^ii*^   Lirz.ij^r^it-a.     l»ir  ^iimrft  Zttul. 

fLüan  lu" iiKT»  ZiainiHr»  "v  ir  i.if  irai  it»«iria  iiir  u^axirurt^'»ä*flta 

nru'iift'a  ? *i*ii.':a  vjr  iati*^'ai..j-ar  It-irr-u-anuur  vürka.  uui.  üif 
P.T'dx  -H^ih^  «ii2*<#   tiif   ti'TU    laiii-n  "^.Li^tt  11.."  im  T'i^-jtt  ^Äfl.- 

'HfViii*^  V  \jp*-*  -""vii*  iiiiiii^*ar;:i3irrr  '*"-:i."^.  iiir  -intiai  lüink  st- 
^\\i-'^*'XX»*.w  r«''i'ni*  *;j«r".r:atL  ^-'.a»-  Siaiitt  "vir«?a  T^iliirö.  aiir 
*tMi  V4i':i.  ^iv«=^r  Lr^  •  ii^^iOjt^"*  ir»t:'  ir'i^^a  jm  i;i:r*ta  iita  AHfOii 
»»^iirra  .iiir:i  .'-^■.•auumtrtvr^a  A  L-*L-i»'ii  i^-^z^tTr -aa.:«!'!!-  I#?a  "vu?Hit 
'Uli*  '.t^-*üri«';i  .1  --.Irr  "Ä'-r'r^  i  i:  '^Tiife^a  i;i  ir  *aii*^a.  iiia»  ••d  V  »r- 
'vanil  i;irrj^  -trviii»  u/ia  z.i  Ziti^ii  laiL  *;aiia  aiemer icr^iiy-jr 
i»\.  :i«ii»rn  ,  t«^a  !f  a  at*!>ta  ai..'  airt^t^trlri^r.  E.-  ▼ir  -tin.  LaÄiH'C- 
arrij:.^;'  \C  ia.««*ä  1^1*11  rr'*»'^r*m  SirätrräitLii'sKfiiil.  ler  aiiüii.  mir 
♦^ i  .i*»'  j-^  TP . .'♦^  niiA.'*?4tta  la.  i»^  t?  1- -»t.  l^t '  v  rr^ .  i»?aa  iai  •  ?-  rini  i»e  Lür  ä  oe 
>h  .11»/  '^*^:  'ir^r  jpiazt^a  '*«»»i^a»*  ■^'x^atiirä  a;«!ä>E»is«}a*ten?SwLi  ^cfc 
*i\i"M\  *i'X\uKi  .if-auiu*  ".»r:  aiir  w:.^t:-r!i»  !:'aaniea-  L'a»i  t»  «'O.  "v^ür^ml 
»i;-  -•*•  Biiaii':i':a'"maiir^  a\«::.ir^  '^•rih»^  fillj?.  -VAT^a  ElLiöt?r  ia  eiatja 
aailrm  Th«:-.  airi:!«^-*  Ff:i.i.^^>  »^in^-'irr'a'ia  laii  Vf^s^ai^jn.  .las 
Ämai«*^  mr'.;it"*  rr.'-Li*^r*.  jr^jT'ra  id.*  :»tli  ai:r  «tem  Küi-k-^a  j??keart 
'•a*»«».  <iii'ii*  n:av-  nr'r.  *  i:*/..iplin«if:rQ.  AI-*  »^^^  am  n;it*a'<ea  M"C- 
jTf^n  fi^itn^rkr  v  i/ä*^.  Iciaar*^  Wh  3i'«*h  airhc  -^naiieni.  :i-j?iaii  ^^n»- 
räji-'^'h  •.•!#:;•  **.n:«t  ^ -niänri^»-^  z*rQ''rt  zu  haben,  aber  fr^ilk*!i 
war  ':rK  sTAn/  •  »hr.  «U  mein  j. innrer  Uehlinj:  mir  :?eine  -johOarj-tea 
f>^t^<^:ni rühren  «^r/ünlv. 

A  ifz/j^*^!  h"h*-n  Vj^.rxf.Ki  IrSten  eia-t:n  jrAacr  Voraeit^wei  Elre« 
miff^n  ■'  Vatha;^  ,.  <\\k  iia>  Ahk^-nimen  ;r^rr»'dfcn  hattom^  *ieh  Li«-hrer 
zu  /frieren-,  iim  *'\e\i  ;re^n:*eiti;rK rinde  von  SkremLdbea  lm  ^ben. 
Kine*  Na/'hr-*  k'mnr-  rl^r  ^rin^r  Eremit  kein  lirkt  auf  dem  andern 
Ber;re  bemerken,  und  er  -<hl«;j?i*  daraiL?.  da**  $ein  Freond  das 


Die  Wunderharfe.  237 

Zeitliche  gesegnet  und  in  den  Stand  der  Dämonen-Götter  (Nats) 
übergegangen  sei.  Bald  darauf  erhielt  er  auch  einen  Besuch  von 
dessen  Gespenst,  und  da  er  sich  über  die  wilden  Elephanten 
beklagte,  die  ihn  vielfach  belästigten,  eine  Harfe  zum  Ge- 
schenk, durch  deren  Spiel  er,  je  nach  der  Melodie,  die  Elephanten 
herbeiziehen  oder  vertreiben  könne.  Eines  Tages  hörte  er  in  der 
Wildniss  das  Gewimmer  eines  Kindes,  und  als  er  darauf  zuging, 
fand  er,  trostlos  auf  einem  Baume  sitzend,  eine  Königin  mit  einem 
Säugling  im  Arm.  Sich  im  Ilofe  ihres  Palastes  sonnend,  war  sie 
durch  den  herbeischwirrenden  lliesenvogel  aufgepickt  und  aus  dem 
Kreise  ihrer  jammernden  Ehrendamen  fortgeführt  worden,  um  ihm 
in  seinem  Neste  zur  Speise  zu  dienen.  Der  Eremit  verbarg  sie  in 
seiner  Einsiedelei  und  vermählte  sich  mit  ihr,  den  königlichen  Sohn, 
Oudinath,  adoptirend  und  mit  der  Wunderharfe  beschenkend. 
Einst  im  Dunkel  der  Nacht  sah  der  Eremit  einen  der  glänzendsten 
Sterne  am  Himmel  sich  plötzlich  verdüstern,  und  erkannte  daraus, 
dass  der  grosse  König,  der  Oudinath  seinen  Ursprung  gegeben, 
sein  Leben  geendet  habe;  und  der  Sohn,  davon  hörend,  beschliesst, 
in  sein  väterliches  Reich  zurückzukehren.  Auf  hohem  Elephanten 
thronend,  begleitet  von  sämmtlichen  Elephanten*)  des  Waldes 
im  Gefolge ,  langt  er  vor  den  Thoren  der  Hauptstadt  an,  die  er 
verschlossen  findet  und  das  ganze  Volk,  in  Trauer,  da  dem  Lande 
ein  Herrscher  fehlt.  Durch  die  Wahrzeichen  eines  Ringes  und 
Gürtels,  die  steine  Mutter  ihm  mitgegeben,  wird  er  als  der  Erb- 
prinz erkannt  und  von  den  Edclleuten  auf  den  Thron  erhoben. 

Zu  jener  Zeit  füllte  die  Tochter  eines  Pona  (Brahmanen)  mit 
dem  Ruf  ihrer  Schönheit  die  Reiche  der  Erde,  und  aus  allen 
strömten  Bewerber  um  ihre  Hand  herbei,  aber  Niemand 
fand  Gnade  vor  ihren  Augen.  Der  Vater  begegnete  einst  dem 
Myatzoa  -  Paya ,  und  überkommen  von  dem  göttlichen  Glänze 
seiner  Heiligkeit,  dachte  er  an  ihm  einen  passenden  Schwieger- 


*)  Nach  Msrini  sollen  die  Magier  der  Laos  den  Ruckon  der  weiblichen  Loek- 
GlephaiitiMi  mit  einer  anziehenden  SaUx*  bestreichen,  doch  bedarf  es  dazu  keiner 
Zauberei,  da  die  Männchen  schon  von  selbst  der  Ausdünstung  in  der  Brunstzeit 
folgen. 


238  I>e>'  königliche  Palast. 

söhn  zu  finden.  Er  bat  ihn,  in  einem  Hause  zu  warten,  da  er  seine 
Tochter  herbeibriugen  wollte ;  aber  als  er  zurückkam,  war  sein 
Gast  fortgegangen  und  hatte  nur  den  Abdruck  seines  Fusses  zu- 
rückgelassen. Die  in  der  Kenntniss  der  Bedin  wohlunterrichtete 
Tochter  erkannte  aus  den  Eiguren ,  dass  es  die  Fusssohlc  des 
Gottes  sei,  und  wurde  von  unbezwinglicher  Sehnsucht  ergriffen, 
sich  ihm  zu  vermählen.  Seinen  Spuren  nachgehend,  holte  sie 
Myatzoa-Paya  ein,  dieser  aber  wies  ihre  Liebe  zurück,  da  er 
auf  dem  Wege  nach  Baranasi  w-,ir,  um  dort  den  Thron  zu  bestei- 
gen und  Ueberfluss  an  Frauen  ihn  schon  erwartete.  Die  ver- 
schmähte Schöne  traf  im  Walde  mit  Oudinath  zusammen,  und 
jetzt  weniger  wählerisch  geworden,  erlaubte  sie  ihm,  sie  als  seine 
Königin  sich  zur  Seite  zu  setzen. 

Nun  geschah  es,  dass  ein  benachbarter  König,  derOudiuath*8 
Zauberinstrument  zu  besitzen  suchte ,  auf  eine  List  sann,  ihn  in 
seine  Gewalt  zu  bekommen.  Er  lässt  die  grosse  Figur  eines 
weissen  Elephanten  aus  Holz  verfertigen  und  mit  Soldaten  ge- 
füllt in  den  Wald  stellen.  Als  Jäger  an  Oudinath  berichten,  ein 
Thier  höchster  Vollkommenheit  gesehen  zu  haben,  zieht  dieser 
aus,  dasselbe  zu  fangen.  Aber  zum  ersten  Male  versagen  die 
Töne  der  Harfe  ihren  Dienst.  Statt  zu  folgen,  entfernt  sich  der 
Elephant,  und  Oudinath,  überrascht  und  verwundert,  verfolgt  ihn 
so  eifrig  auf  seinem  l^ferde,  dass  er  bald  von  seinem  Jagdgefolge 
getrennt  ist.  An  einer  versteckten  Stelle  des  Waldes  springen 
die  Soldaten  aus  dem  Bauche  des  Elephanten  hervor  und  führen 
Oudinath  als  Gefangenen  zum  König.  Dieser  verlangt  die  Mit- 
theilung seiner  magischen  Geheimnisse,  kann  aber  die  hartnäckige 
Verschwiegenheit  Oudinath's  nicht  besiegen,  da  selbst  Todesan- 
drohungen fruchtlos  bleiben.  Zuletzt  erbietet  er  sich,  als  Bedin- 
gung der  Freiheit,  eine  Sclaventochter  darin  zu  unterrichten,  der 
König  aber  substituirt  seine  eigene  Tochter,  die  er  hinter  einen 
Vorhang  stellt  und  ihr  sagt,  dass  sie  von  einem  weisen  Manne 
unterrichtet  werden  würde,  der  aber  körperlich  ein  abschrecken- 
des Scheusal  und  aussätzig  sei.  Als  während  des  Unterrichts 
Oudinath  sie  ausschilt,  weil  sie  nicht  rascher  begreife,  schmäht 
sie  auf  ihn  als  einen  Aussätzigen  zurück;  in  der  Lebhaftigkeit 


Oudinath.  239 

des  Zankes  wird  der  Vorhang  bei  Seite  geschoben,  Beide  erblicken 
sich  und  verlieben  sich  sterblich  in  einander.  Sie  entwerfen 
einen  Plan  und  theilen  dem  König  mit,  dass  zur  Ausführung  der 
Zauberceremonieen  die  Blätter  eines  fremden  Baumes  benöthigt 
wären.  Darnach  ausgeschickt,  entläuft  die  Prinzessin,  die  die 
Wachendes(Jefangeuen  fortgeseudet  hat,nnt  ihm  nach  seinem  Beich 
und  wird  ihm  dort  als  die  erste  Königin  verniählt.  Die  dadurch 
eifersüchtige  Brahmanin  benutzt  eine  Abwesenheit  des  Königs, 
um  eine  zwischen  Blumen  versteckte  Schlange  auf  den  Thron  zu 
stellen  und  die  Königin  des  Verraths  zu  beschuldigen.  Die  die 
hervorzUngelnde  Schlange  sehenden  Minister  (M-keunen  sie  für 
schuldig  und  die  Brahmanin,  der  sie  zur  Hut  übergeben  ist,  ver- 
brennt sie  in  einem  dicht  durcli  Teppiche  verhängten  Hofe  des 
Palastes.  Als  der  König  bei  seiner  Rückkehr  davon  hört  und 
den  Zusammenhang  der  Sache  erfährt,  geräth  er  in  den  grössten 
Zorn.  Er  lässt  das  ganze  Geschlecht  der  Pona  herbeiholen,  sie 
«auf  einem  Felde  eingraben  und  dann  ihre  Köjjfe  abpflügen.  Für 
die  Ponatocliter  selbst  aber  wird  die  grausamste  Strafe  ausge- 
sonnen. In  dem  obersten  Gemach  des  Palastes  eingeschlossen, 
wird  ihr  jeden  Tag  ein  kleines  Stück  ihres  Fleisches  abgeschnit- 
ten, vor  ihren  Augen  zu  Curry  verarbeitet  und  zum  Kssen*)  ein- 
gezwängt. Um  die  Pein  zu  verlängern,  wird  mit  den  dickeren 
Theilen  des  Körpers  begonnen,  aber  während  dieser  ganzen  Zeit 
betet  die  Ponatochter  täglich  zu  Myatzoa-Paya,  den  sie  durch 
ein  kleines  Loch  in  dem  Dache  ihres  Gefängnisses  über  sich  am 
Firmament  umherwandeln  sieht.  Dass  die  Ponatochter,  obwohl 
sie  so  eifrig  Myatzoa-Paya  verehrte,  diese  schmerzliche  Strafe  er- 
dulden musste,  war  die  Folge  einer  in  früherer  Existenz  began- 
genen Sünde.  Als  sie  einst  aus  dem  Bade  hervorkam  und  der 
Tag  etwas  kühl  war,  machte  sie  sich  Feuer  an  im  Walde. 
Durch  die  zurückgebliebenen  Kohlen  entstand  nach  ihrem  Fortf- 


*)  Die8e  Marter  scheint  in  Hiuteriiidien  nicht  nugewohnlieh  gewesen  zu  sein. 
Als  der  siamesische  Usurpator  Chao  Pasathong  die  Tochter  des  frühi'ren  Königs 
foltern  lasst.  erzählt  Tnrpin:  Aussitot  \e  bonrreau  re^ut  Tordre  de  couper  un  mor- 
ceau  de  sa  chair  et  de  le  lui  donner  ä  manger. 


240  ^^r  köni((liche  t^alast. 

gange  ein  Waldbrand,  und  ein  heiliger  Rahanda,  der,  in  Meditation 
versunken,  im  Walde  sass,  wäre  fast  verbrannt,  wenn  er  nicht 
durch  die  Fähigkeit  zu  fliegen  in  die  Höhe  gestiegen  wäre.  Im 
Mahawanso  wird  der  Fall  des  Königs  Dhatusena  als  vergeltende 
Strafe  erklärt,  weil  er  früher  einen  in  die  Saniadhi-Meditation 
versunkenen  Priester,  der  nicht  zu  erwecken  war,  in  den  Deich 
desKalawapi-Teiches  eindämmen  liess.  Ein  Nathans  des  Oudena- 
miu  findet  sich  in  Schwesaun.  In  dem  von  Phnyre  mitgetheilten 
Drama  versucht  Oodeinna,  König  von  Kosambi,  umsonst  die  Gau- 
tama  verehrende  Königin  Samawaddi  zu  tödten,  als  sie  durch 
Magandi  verläumdet  ist. 

In  Ava  lebte  einst  ein  höchst  gelehrter  Pungyi,  ßamaesodah 
genannt,  und  ein  reicher  Mann  der  Stadt  Übergab  ihm  seinen 
Sohn  Dammasedih,  damit  er  ihn  erziehe.  Dieser  besass  aus 
Tugenden,  die  in  früheren  Existenzen  erworben  waren,  einge- 
borene Wunderkraft  und  belebte  dadurch  ein  gebratenes  Huhn, 
das  er  seinem  Lehrer  auf  die  Tafel  brachte.  Davon  heisst  noch 
jetzt  die  Stelle,  wo  dieses  Huhn  scharrte,  Schwekyetket.  Den- 
selben Tag  gescliah  es,  dass  ein  Jäger  in  dem  Kloster  vorsprach 
und  den  Pungyi  bat,  ihn  Weisheit  zu  lehren,  wofür  er  ihm  als 
Geschenk  einen  gebratenen  Hasen  brachte.  Als  man  aber  den 
Deckel  des  Korbes  öflFnete,  sprang  derselbe  munter  und  gesund 
heraus  und  lief  foi*t.  Der  durch  diese  sonderbaren  Ereignisse 
verwunderte  Pungyi  nahm  die  beiden  so  reich  begabten  Jüng- 
linge zu  seinen  Schülern  an  und  lehrte  sie  Alles,  was  er  in 
dem  Schatze  seiner  Kenntnisse  besass.  Beide  waren  höchst  eifrig 
in  ihren  Studien,  aber  Dammasedih  lernte  einen  Huchsüiben  mehr, 
als  sein  Gefährte.  Als  Avamingyi,  der  König  Sagain's,  Siege 
über  Taleingyasavadith,  den  König  Rangun's,  erfocht  und  seine 
Tochter  Schinsobu  als  Gefangene  fortführte,  beabsichtigte  er  die 
schöne  Prinzessin  zu  seiner  Königin  zu  erheben.  Diese  aber 
machte  zur  Bedingung,  dass  es  ihr  erst  erlaubt  sein  müsse,  reli- 
giöse Ceremonieen  anzustellen,  um  sich  der  heiligen  Pagode  ihrer 
Vaterstadt  zu  erinnern,  und  der  König,  der  es  geilie  erlaubte, 
berief  dafür  die  beiden  geehrtesten  Pungyi  der  Stadt,  Dammase- 
dih und  Dammanatoh.     Die  verschlagene  Prinzessin  wusste  eine 


Die  nebenbuhlerischen  Mönche.  241 

Liebes  -  Intrigue  mit  den  beiden  Mönchen  anzuzetteln,  so  dass 
ihr  diese  zur  Flucht  nach  Rangun  behülflich  waren,  wo  sie,  wieder 
auf  den  Thron  gesetzt,  ein  goldenes  Kloster  für  ihre  Wohnung 
bauete.  Aus  Dankbarkeit  wünschte  sie  einen  ihrer  beiden  Freunde 
zu  ihrem  königlichen  Gemahl  zu  erjieben,  und  da  die  Auswahl 
schwer  war,  beschloss  sie  ihren  Witz  zuj)rüfen  und  dem  Verstän- 
digeren den  Vorzug  zu  geben.  Sie  empfing  sie  deshalb  in  ihrer 
Krönungshalle  mit  zwei  Almosentöpfen  an  ihrer  Seite  und  forderte 
die  Rivalen  auf,  sich  nach  ihrem  Belieben  an  dem  einen  oder  dem 
andern  zu  placiren.  Der  eine  war  mit  den  Insignien  derKönigs- 
wUrde,  der  andere  mit  den  ausgesuchtesten  Leckereien  gefüllt, 
und  Dammasedih,  der  sich  neben  dem  ersten  stellte,  erhielt  die 
Hand  der  Königin,  nachdem  er  aus  der  Geistlichkeit  ausgeschieden 
war.  Dammanatoh,  voll  Aerger  und  Eifersucht,  schuf  zahllose 
Armeen,  indem  er  zauberkräftige  Mantras  (Formeln)  über  einem 
mit  Reis  gefüllten  Korb  sprach,  in  welchem  sich  jedes  Korn  in 
einen  Soldaten  verwandelte,  aber  Dammasedih  kannte  gleiche 
Künste,  die  durch  den  von  ihm  mehr  verstandenen  Buchstaben 
immer  die  Anstrengungen  seines  Gegners  übertrafen,  so  dass 
dieser  sich  zuletzt  auf  allen  Punkten  übermannt  sah  und  floh,  um 
sein  Leben  zu  retten.  Da  er  aber  sein  langes  Priestergewand 
(Tinga)  noch  nicht  abgelegt  hatte,  so  vertakelte  er  sich  darin  und 
wurde  beim  Niederfallen  von  seinen  Verfolgern  eingeholt,  die  ihn 
tödteten,  an  der  Stelle,  wo  jetzt  das  Dorf  Tinga-Nyun  steht. 

Zandakumma,  der  älteste  Sohn  des  Königs  von  Tiho,  hatte 
sich  in  die  Tochter  des  Nachbarkönigs  verliebt,  fürchtete  aber 
von  ihr  zurückgewiesen  zu  werden,  da  er  hässlich  und  von  der 
Natur  sehr  vernachlässigt  war.  Er  bat  deshalb  seinen  Bruder, 
ihn  in  einer  verschlossenen  Kiste  dorthin  zubringen,  und  begann 
eine  Unterhaltung  mit  der  Prinzessin,  die  durch  seine  weisen  und 
verständigen  Gespräche  so  gefesselt  wurde,  dass  sie  ihn  dringend 
bat,  hervorzukommen  und  bei  ihr  zu  bleiben.  Als  sie  seine  ab- 
schreckende Gestalt  sah,  erschrack  sie  zwar  anfangs,  vergass  die- 
selbe aber  bald  wieder  über  seine  Gelehrsamkeit.  Der  Prinz 
verglich  sich  mit  einer  Jackfrucht,  die  äusserlich  rauh  und  un- 
schön sei,  aber  lieblich  und  süss  im  Innern. 

Bastian,  OttMitn.     II.  16 


242  ^^^  königliche  Palast. 

In  der  Buridath  genannten  Erzählung  berichtet  eine  Schild- 
kröte, die  den  König  Thaniudatha  gebissen  hat,  dem  Drachen- 
könig im  Reiche  der  Naga  von  der  Schönheit  der  Tochter  des- 
selben, und  sein  Sohn  Buridath  befreit  sie  durch  listige  Streiche, 
bei  denen  seine  Verwandten  in  der  Fonn  von  Fröschen  spielen,  von 
einem  bösen  Zauberer,  der  sie  einem  Gah>ng  verrathen  und  preis- 
geben will,  um  sie  selbst  zu  heirathen.  Die  Pracht,  die  auf  den 
Strassen  der  Schlangenstndt  herrscht,  wird  ebenso  lebhaft  be- 
schrieben, wie  im  Harivansa,  wo  König  Yadus  während  einer 
Meerfahrt  mit  seineu  Frauen  vom  Schlangenkönig  Dhumavama 
fortgeführt  und  seinen  Töchtern  vermählt  wird  (die  schifffahrts- 
kundigen  Nationen  der  Bhemas,  Kondjaras,  Bhodjas,  Andhakas, 
Yadavas,  Dasarhas  und  Vrichnis  zeugend). 

Auch  Fabeln  wurden  erzählt:  Zu Shin-tai,  dem  Löwenkönige 
der  Thiere,  kamen  alle  Bewohner  des  Waldes,  ihre  Huldigung  zu 
beweisen.  Auch  die  kleine  Ameise  kam  herbei,  sich  vor  ihm  zu 
verneigen,  aber  die  Edelleutc  trieben  sie  verächtlich  weg.  Als 
der  Ameisenk()nig  davon  hörte,  gerieth  er  in  Zorn,  und  schickte 
einen  Wurm,  sich  in  das  Ohr  des  Löwen  einzuschleichen  und  ihn 
zu  quälen.  -  Auf  das  erschreckende  SchmerzgebrUU  kamen  die 
Thiere  von  allen  Seiten  herbeigelaufen,  boten  ihre  Dienste  an, 
und  wollten  den  Feind  bekämpfen,  wo  und  wer  er  auch  sei. 
Aber  keiner  konnte  Hülfe  leisten.  Zuletzt  nach  vielen  demUthigeu 
Botschaften  Hess  sich  der  Ameisenkönig  bewegen,  einen  seiner 
l  nt<3rthanen  zu  schicken,  der  in  das  Ohr  hineinkroch  und  den 
Wurm  herausholte.  Seit  der  Zeit  haben  die  Ameisen  das  Privi- 
legium, überall  und  an  jedem  Platze  zu  leben,  während  den  übrigen 
Thieren  die  ihnen  zukommenden  Aufenthaltsörter  bei  der  Thei- 
lung  angewiesen  wurden.  In  der  Taittiriya  Aranyaka  werden 
die  Vischnu's  Bogen  zernagenden  Ameisen  von  den  Göttern  mit 
der  Gabi*  beschenkt,  überall  beim  Graben  Wasser  zu  finden. 

Mit  Märchen  und  Fabeln,  mit  Scherzen  und  Lachen  sassen  wir 
bis  zum  frühen  Morgen  zusammen,  wo  ich  mich  nach  dem  liUokzug 
meiner  Besucher  zu  Bett  legte.  Mouug  Schweb  konnte  erst  nach 
Sonnenaufgang  zurückerwartet  werden,  da  während  der  Nacht 
die  Palastthore  nicht  geöffnet  werden.     Als  ich  am  andern  Tage 


Einbruch.  243 

aufstand,  war  er  schon  da  und  kam  mit  einem  höchst  kläglichen 
Gesichte  herbei.  Alle  die  kostbaren  Putzo  und  Zeuge ,  die  Ge- 
schenke des  Königs  und  einiger  Prinzen,  mit  denen  er  einst  in 
seinem  Dorfe  zu  glänzen  gehofft  hatte  und  die  er  etwas  zu  be- 
reitwillig vor  den  Augen  bewundernder  Bekannten  zu  entfalten 
liebte,  waren  fort,  und  ebenso  alles  das  baare  Geld,  das  sich 
aus  seinem  Lohne  schon  angesammelt  hatte.  Das  Dach  des 
Hauses  war  durchbrochen,  man  konnte  sehen,  wo  die  Diebe  ein- 
gestiegen waren,  die  die  Kasten  gewaltsam  aufgezwängt  und  den 
Inhalt  herausgenommen  hatten.  Als  ich  meinem  prinzlichen  Pro- 
tector  davon  Anzeige  machte,  schien  er  sehr  erschreckt  und  war 
es  auch  vielleicht  wirklich.  Er  kam  selbst,  die  Stelle  des  Ein- 
bruchs zu  besichtigen,  und  sprach  von  baldiger  Wiederauftinduug 
der  gestohlenen  Sachen  oder  sonst  vollständigem  Ersatz.  Jeden- 
falls war  er  sehr  ängstlich,  dass  der  König  Nichts  davon  erführe. 
Aufgefunden  ist  übrigens  nichts  davon,  und  der  Ersatz  wurde  in 
höchst  unvollständiger  Weise  geleistet.  Doch  wurde  mir  seit- 
dem jeden  Abend  eine  Schutzwache  ins  Haus  geschickt. 

Bald  darauf  Hess  mein  Koch  merken,  dass  er  zu  kündigen 
wünschte,  und  da  ich  ihm  nie  recht  traute,  weil  er,  wenn  nicht 
von  Anfang  an,  so  doch  später,  mit  einer  geheimen  Mission  be- 
traut schien,  so  sah  ich  mich  nach  einem  andern  um.  Aus  dem 
Hause  des  Prinzen  wurden  mir  genug  oft'erirt,  Diener  aller  Art  * 
und  so  viele  ich  wollte.  Auch  weibliche  hätte  man  gern  placirt, 
um  den  Schlüssel  zu  den  letzten  Geheimnissen  zu  erhalten;  aber 
bei  den  vielen  Späheraugen  des  Palastes  durfte  ich  nicht  noch 
mehr  zwischen  meinen  vier  Pfählen  zulassen.  Selbst  Moung 
Schweh's  war  ich  nicht  unbedingt  sicher.  Ihm  war  mancherlei 
in  den  Kopf  gesetzt,  von  Anstellungen  und  Belohnungen,  um  ihn 
in  den  Dienst  des  Prinzen  zu  ziehen,  und  er  hatte  mir  schon  ge- 
kündigt, besann  sich  aber,  gewiss  zu  seinem  eigenen  Besten, 
rechter  Zeit  noch  eines  Besseren,  da  man  ihn  sonst,  nachdem  er 
seine  Pflicht  gethan,  wohl  nicht,  als  Mohr,  fortgeschickt,  aber  als 
Karen  statt  der  vorgespiegelten  Beamtenwurde  mit  dem  Sclaveu- 
joche  belohnt  haben  würde.  Mir  kam  es  darauf  an,  Leute  mög- 
liehst ohne  Beziehungen  in  Mandalay  zu  erhalten,  und  da  ich 

16* 


244  ^^^  königliche  Palast. 

mich  auf  Niemand  verlassen  konnte,  miisste  ich  es  aufsGerathe- 
wohl  ankommen  lassen.  Als  daher  eines  Tages  ein  paar  Bur- 
schen vom  Lande,  wie  dies  häufiger  der  Fall  war,  bei  mir  vor- 
sprachen und  Weisheit  lernen  wollten,  wurde  der  eine  dieser 
Candidaten  als  Küchenjunge  placirt  und  der  andere  zum  Aus- 
laufen geknechtet.  Sie  stammten  aus  dem  Gebirge  am  Khyen- 
dwen-Flusse,  nahe  den  wilden  Khyen*s,  aus  einer  Gegend,  wo 
Raub  und  Todtschlag  au  der  Tagesordnung,  ihnen  also  wahr- 
scheinlich auch  v<m  Kindesbeinen  an  vertraut  war.  Indess  konnte 
ich  damals  nicht  wählerisch  sein  und  musste  unter  den  Umstän- 
den mich  noch  zufrieden  geben,  sie  gefunden  zu  haben.  Den 
Einen,  der  in  der  Küche  verwandt  wurde,  würde  ich  indess  wohl 
immer,  auf  sein  Gesicht  allein  hin,  als  Diener  engagirt  haben. 
Sein  pockennarbiger  Gefährte  sah  weniger  zuverlässig  aus,  doch 
wollten  sie  sich  nicht  trennen. 

Gewöhnlich  hatte  ich  jetzt  in  meinem  Hause  auch  ein  oder  zwei 
Schreiber  sitzen,  die  birmanische  oderPalibUcher  auf  Palmblätter 
copirten.  Anfangs  war  es  mir  schwer  gewesen,  deren  zu  er- 
halten, denn  in  den  meisten  Klöstern,  wo  ich  anfragte,  waren  es 
nur  die  jungen  Mönche,  die  Abschriften  verfertigten,  und  die, 
wenn  sie  auch  trotz  despriesterlichen  Verbotes,  Geld  zu  berühren, 
zur  Annahme  von  Hezahlungen  sich  bereit  zeigten,  doch  die  Ar- 
*beiten  wahrscheinlich  nicht  für  besonders  eilig  gehalten  haben 
würden.  Später  aber  hörte  ich  bei  meinen  Erkundigungen  von 
einem  Kloster  am  Fusse  des  Mandalay-Hügels,  dessen  Abt  ich 
schon  früher  besucht  hatte.  Unter  den  Hintergebäuden  fand  ich 
drei  Zayat  ganz  mit  Topisten  gefüllt,  von  denen  ich  einige  en- 
gagirte.  Der  Schutzpatron  der  Schreiber  ist  Mahibotea ,  Gauta- 
ma's  Schüler,  der  mit  solcher  CJeschwindigkeit  Bücher  copirte» 
dass  er  jeden  Tag  einen  Keistopf  mit  dem  schmalen  Staub  füllte, 
der  von  den  PalmbUlttern  !)eim  Einkritzeln  abfiel.  Solcher 
Staub  (Likghamuh  genannt)  besteht  aus  8f)  Ratharaenuhmuh,  ein 
Theilchen  dieses  aus  IGThazzarihmuh,  v(m  diesem  aus  36  Anuh- 
muh,  und  ein  Partikelchen  von  diesem  aus  36  Parainanuhmuh  (ein- 
fachsten Atomen).  Einer  der  geschicktesten  von  Gautama's 
Schülern  war  Shin  Maukalah,  der  sich  durch  seine  hohen  Ver- 


k 


Wahrsager.  245 

dienste  die  sogar  seinem  eigenen  Lehrer  verborgene  Kunst  er- 
worben hatte,  die  im  Platzregen  fallenden  Tropfen  zu  zählen. 
Cui  bono  wurde  nicht  gesagt. 

Moung  Schweb  ertrug  seinen  Verlust  ziemlich  stoisch,  denn 
er  schien  doch  unter  einem  glücklichen  Stern  geboren.  Er  kam 
eines  Tages  sehr  befriedigt  vom  Markte  zurück,  wo  er  einen 
Bedin-Zea  consultirt  hatte.  Derselbe  hatte  zunächst,  um  seine 
Unfehlbarkeit  zu  beweisen,  herausgerechnet,  dass  er  in  Diensten 
eines  Arztes  stände,  was  bei  seiner  bekannten  Persönlichkeit  in 
Mandalay  für  einen  dieser  Allerweltsmenschen  nicht  gerade 
schwer  war.  Dann  hatte  er  ihm  verkündet,  dass  er  eine  Frau 
mit  feiner  weisser  Hautfarbe  heirathen,  Ueberfluss  an  Geld  haben 
und  bis  zu  dem  hohen  Alter  von  12  Jahren  leben  würde.  Damit 
konnte  man  schon  zufrieden  sein.  Er  hatte  schon  in  früheren 
Jahren  einmal  in  Borni  einen  Bedin-Zea  befragt,  der  aus  den 
Linien  der  Hand  die  Zukunft  voraussah,  und  vergrabene  Schätze 
angab,  war  aber  bis  dato  noch  nicht  so  glücklich  gewesen,  die- 
selben zu  finden. 

In  einer  Audienz  beim  Könige  hatte  mich  derselbe  ersucht, 
einen  in  der  französischen  Mission  erzogenen  Birmanen,  der 
einige  medicinische  Kenntnisse  hatte  und  derentwegen  in  dem  Pa- 
laste benutzt  wurde,  etwas  weiter  auszubilden  und  ihm  die  Grund- 
sätze europäischer  Medicin  zu  lehren.  Hörend,  dass  derselbe 
kein  Englisch  sprach,  und  der  Unterricht  also  ganz  im  Birma- 
nischen geführt  werden  musste,  nahm  ich  den  Vorschlag  gerne 
an,  da  er  mir  Gelegenheit  zum  Sprechen  und  einen  Zuhörer,  der 
sich  nicht  entfernen  durfte,  gab.  Mein  Schüler  kam  ziemlich 
fleissig,  wird  aber  in  der  kurzen  Zeit  wohl  kaum  viel  profitirt 
haben,  da  für  die  im  Birmanischen  ganz  unbekannten  Ausdrücke 
beständig  neue  Worte  gebildet  werden  mussten.  Sein  Haupt- 
augenmerk war  darauf  gerichtet,  gewisse  Receptformeln  zu  er- 
haschen, die  bei  den  auf  die  Geldbörse  speculirendenCharlatanen 
die  beliebtesten  sind,  und  um  die  man  nicht  nur  in  den  Ländern 
der  Polygamie  beständig  angegangen  wird. 

Ich  bezahlte  aber  jetzt  Se.  Majestät  mit  gleicher  Münze, 
denn  wie  man  mich  mit  der  elementaren  Erlernung  des  birma- 


^--fi:.--.  ■-.—'.    Ji-^ir^-f--.    ::    .-^    .'t-il-    "u^^    «T^nr-. 

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J*-;a    1.  ^i :.    irr    i*^.-    i»-r  .  •— urLr--i»-n  "^-^iu«-    ii 


-  pljai*.i  *:ii  .»-rir-üuai.-r-  Irr  3  ui:r-'  -^*n.  uk  s.-  irriuak'nru  intt 
vrXAiiirn-  --..nr  .•^::t--.rr  ^:l»-iii-'a  -r  La.- J4;i5-sr-a  ■•it-r  iaetwi* 
lai-  Ti-nhiC  uu^-T  umr.  ki:rri::i4>  a  ii;iar  ica  l^\aeii  Zi^ei«-acK- 
niur  -^naifr  um  »♦-!  3t  ir.'-M.t-i.mi:'-a  i:»-  i-r-iiariita  n  ler  ^i*i»r 
v^i   ifie'ir.     l'r-  w-rir  ^-t  uioii.-ir-  i.-irr.-.-  t— i   itiu    .^anfc^  T»ia 

im    .-•irr-'-'rM*r-  -':ir^   ir-  "r '  l^i-rumr»-.    iin-i    u:!i 'liiLa:;«! 


Mcdiciniscbe  Schulen.  247 

Die  BiriuaiieD  sind  sehr  ungeduldige  Patienten  und  rufen 
gewöhnlich  jeden  zweiten  oder  dritten  Tag  einen  andern  Heil- 
kUnstler,  bis  die  Krankheit  auf  die  eine  oder  andere  Weise  ihr 
Ende  gefunden  hat,  wo  dann  im  glücklichen  Falle  der  zuletzt  ge- 
rufene Arzt  allen  Credit  bekommt  und  nichts  zu  thun  hat,  als  den 
Ruhm  eines  glücklichen  Ausgangs  einzustreichen,  wie  Moliöre's 
Don  Juan  meint.  Bei  Erfolglosigkeit  der  Medicinen  bleibt  der 
Ausweg,  die  Krankheit  dämonischem  Einfluss  oder  der  Behexung 
durch  ein  in  den  Körper  hineinprakticirtes  Apiri  (d.  h.  ein  Stück 
rohes  Fleisch,  mit  einem  Convolut  von  Knochen  und  Sehnen  in  Haut 
aufgewickelt)  zuzuschreiben,  was  sich  später  beim  Verbrennen 
der  Leiche  finden  wird.  Wenn  ein  Kranker  nicht  mehr  isst,  so 
ist  die  Prognosis  fatal  und  die  Verwandten  suchen  auf  alle  Weise 
bis  zum  letzten  Augenblick  Nahrung  einzunudeln,  um  Leib  und 
Seele  zusammenzuhalten.  Frauen  werden  nach  dem  Kindbette, 
wie  in  Siam,  dem  Feuer  ausgesetzt.  Die  birmanischen  Aerzte 
theilen  sich  besonders  in  zweiSchulen,  in  die  der  Dath  (Elemente) 
unddiederDsay  (Medicinen),  von  denen  die  ersteren  nur  die  Diät 
reguliren,  die  Letzteren  dagegen  allopathische  Dosen  sehr 
eomponirter  Recepte  geben.  Beiden  bleibt  nachher  der  Recurs 
zu  magischen  Künsten.  Wenn  der  Arzt  den  eingegangenen  Con- 
tract  nicht  erfüllt,  wird  er  verantwortlich  gemacht  und  er  schiebt 
deshalb  gern  den  Gott*)  vor.  Im  himmlischen  Reiche  erzählte 
indess  Le  Comte  von  einem  Chinesen,  der  das  Götzenbild  ver- 


*)  Tnrpin  bemerkt  von  den  Aracanesen:  Les  pretres  nomin^s  Kaulins  sont 
appeles  anpres  des  malades.  lU  soufflent  sur  eux  en  pronon^ant  de  mots  myst^- 
rieux  On  offre  au  dieu  de  qnatre  vents  un  sacrifice.  Quand  le  mal  est  opiniätn*, 
lenr  fourberie  feconde  inapire  k  la  femme  ou  aux  enfants  ou  k  quclqu*  un  de  pa- 
rens  un  rem^de  bizarre,  dont  les  Kanlins  profitent.  On  dresse  nn  autcl,  oü  Ton 
place  uue  idole  dans  une  cliambre  richemcnt  meublee,  oü  les  pretres  et  leä  parens 
s'assemblent  ponr  participer  a  un  grand  festin.  Celni  qni  preside  k  la  cM^monie 
danHe  et  s'agite  jusqu'A  ce  que  les  forces  liii  manqnent.  Alors  on  attache  une 
corde  au  plancher,  qu'il  prend  pour  se  Konteniretpourbondiravec  plus  de  viol^nce, 
Juäqu*ü  ce  qn'il  tombe  dans  une  espeee  d'nnenntissement.  que  l'on  prend  pour  uue 
ivresse  divine.  Cbaeun  semble  envier  8on  sort,  parce  qu  on  est  persuad^,  qu'il 
8'entretient  avec  l'idole. 


248  I>er  königliche  Palast. 

klagte,  weil  es,  obwohl  es  seine  Geschenke  angenommen,  seinen 
Sohn  doch  nicht  curirt  habe,  und  der  seinen  Process  gewann. 

Mit  Sonnenuntergang  durchhallte  der  laute  Klang  der  Gong, 
vom  Glockenthurme  herab,  den  stillen  Palast,  um  das  Zeichen  des 
Thorschlusses  zu  geben.  Dann,  wenn  nach  der  glühenden  Hitze 
des  Tages  die  Schatten  des  Abends  niedersanken,  pflegte  ich 
nach  dem  kühlen  Teiche  zu  gehen,  mich  im  Bade  zu  erquicken. 
Und  dann  sass  ich  oft  lange  auf  den  Stufen,  die  Sterne  als  alte  Be- 
kannte begrüssend,  die  hier  in  der  barbarischen  Pracht  Mandalay*s 
ebenso  milde  und  freundlich  auf  mich  niederschauten,  wie  sie 
mich  in  den  Sturmesnächten  des  Oceans,  oder  auf  Reisen  durch 
Berge  und  Wüsten  begleitet  hatten. 

Die  Stunden   des  Tages   werden   nach  den  Monaten   ver- 
schieden angegeben,  so  dass  die  Brahmanen  für  ihre  Wasseruhr 
einer  etwas  verwickelten  Rechnung  bedürfen. 
In  dem  Monate : 

Tagou      hat  die  Nacht  30,  der  Tag  30  Stunden  (Narih). 

Tazonla     „      ,        ,      28    „      „    32 

Najon        „       „        ,      26    „      „    34 

Waso         „      „        ,      24    „      „    36 

Wagoung  „      „        „      26    „       „    34 

Todoling  r,      n        „      28    „      „    32 

Padinjo     „      „        „     30    „      „    30 

Tasanmo  „      ,        „     32    „      „    28 

Nado         „      „        „      34    „       „    26 

Piado        ,      „        „      36    „      „    24 

Tabodoeh  „      „        „      34    „      „    26 

Tabaun     „      ,        „      32    „       „     28 

Das  in  drei  Jahreszeiten  (Utuh)  getheilte  Jahr  beginnt  im 
April  und  jedes  dritte  Jahr  wird  ein  Monat  (als  der  zweite  Waso) 
eingeschaltet. 
Im  Monat: 

Piado  entspricht  11  um  6  Uhr  (Sonnenaufgang;  (Ke-dwet). 

»  n  ^^     n     1^      •»  n 

»  n  33    „    18    „  „ 

44   „  24    „ 


Zeitrechnung.  249 

Im  Monat: 
Piado  entspricht  11  um  8  Uhr  (Sonnenuntergang)  (Ne-weng). 

n  n  22      „     16       „  „ 

33    „   24    „ 
44    „  32    „ 
In  den  andern  Monaten  ändert  sieh  dies  entsprechend. 

Der  Taghjekti  (ein  Schlag)  verkündet  9  Uhr  (Morgens  und 
Abends),  der  Nitghjekti  (2  Schläge)  12  Uhr,  der  Tonghjekti 
(3  Schläge)  3  Uhr  und  Laeghjekti  (4  Schläge)  6  Uhr. 

Ein  Ret  (Tag)  besteht  aus  60  Narih  (36600  Khana)  und 
15  Ret  machen  einen  Pakkha  oder  halben  Monat  (La),  indem 
jeder  nach  dem  zunehmenden  und  abnehmenden  Mond  in  zwei 
Theile  getheilt  wird.  Der  Ret  zerfallt  wieder  in  den  Nay  (vom 
Sonnenaufgang  bis  Sonnenuntergang)  und  in  den  (Inyin  (vom 
Sonnenuntergang  bis  Sonnenaufgang),  Ret  würde  so  für  uns  eine 
Periode  von  24  Stunden  begreifen  (den  Tag  und  die  Nacht  ein- 
schliessend)  und  ist  als  Bezeichnungsweise  bequem.  Achtzehn 
Nimöschas  (Augenblicke)  sind  ein  Kaschtha  (heisst  es  bei  Manu), 
30  von  diesen  ein  Kala,  30  Kala  einMuhurta  (48  Minuten),  30  von 
diesen  ein  Tag  und  eine  Nacht.  Die  Jesuiten,  als  Astronomen, 
am  Hofe  Peking's  spielten  dieselbe  Rolle,  wie  bei  den  hinterin- 
dischen Königen  die  Brahmanen,  deren  Costüm  und  Lebensweise 
sie  in  Madura  adoptirten.  Die  Birmanen  entschuldigen  jetzt 
das  Unvollkommene  ihrer  Berechnungen,  weil  die  vierte  Veda 
verloren  gegangen  sei ,  und  in  der  Taittiriya  -  Brahmana  erföbrt 
Bharadvaja,  der  die  Veda's  in  drei  Leben  studirt  hat,  dass  noch 
die  Erlernung  eines  vierten,  der  allgemeinen  Kenntniss,  für  ihn 
übrig  ist.  Jedem  der  acht  Planeten  (mitRahu  oder  dem  dunklen 
Planeten)  entspricht  in  Birma  eine  der  acht  f'atakhwin  oder  astrolo- 
gischen Behausungen.  Sonntag  heisst  Taniftganveh  von  Neh  (Rabi) 
oder  die  Sonne,  Montag  ist  Taninla  von  La  (Chanda)  oder  der  Mond, 
Dienstag  ist  Inga  von  Inga  (Mars),  Mittwoch  ist  Buddhahu  von 
Buddah  (Mercur),  Donnerstag  ist  Krasapata  von  Prispati  (Jupiter), 
Freitag  ist  Soukkra  von  Soukkra  (Venus),  Sonnabend  ist  Öaneh 
von  Sauri  (Saturn).    Nach  dem  Desatir  war  Saturn  von  Gilshaw, 


250  l^er  königliche  Palast. 

Jupiter  vonSiamok,  Mars  vonHiishang,  die  Sonne  vonTahmuras, 
Venus  von  Jemschid,  Mercur  von  Feridun,  der  Mond  vonMinocheher 
bewolint,  undTroyer  giebt  als  die  muhaniedaniscbe  Ansicht  dazu 
die  Reihenfolge  von  Abraham,  Moses,  Aaron,  Idris,  Joseph,  Jesus 
oder  St.  John  und  Adam.  In  der  Planeten-Verehrung  der  Sipa- 
sier  wird  nach  dem  Akhtaristan  der  Kegent  Saturn  als  ein  Sieb 
und  eine  Schlange  haltend  beschrieben,  Honnuzd  oder  Jupiter 
mit  einem  Geierkopf,  Bahraui  oder  Mars  mit  rother  Krone,  die 
Sonne  mit  siebenspitzigem  Diadem,  Nahid  oder  Venus,  Kamm 
und  Oelflasche  haltend,  Tir(Temii*am)  oder  Mercur  mit  dem  Kör- 
per eines  Fisches  und  Eberkopf,  der  Mond  oder  Mab  in  grüner 
Farbe  auf  weissem  Ochsen. 

Für  das  kleinste  Gewicht  dient  der  Same  der  Abrus  preca- 
torius  (Khyinrhwe),  von  denen  zwei  einen  Khwe-Kyi  ausmachen, 
3  dieser  machen  einen  Pae,  4  einen  grossen  Pae,  dann  4  der 
letztern  einen  Mat,  4  dieser  einen  Kyap  und  100  solcher  einen 
Peissa  oderViss.  Ausserdem  machen  2  grosse  Pae  einen  grossen 
Muh,  von  denen  8  einen  Kyap  bilden,  und  2  kleine  Pae  machen 
einen  kleinen  Muh,  von  denen  10  einen  Kyap  bilden.  Die  kleinste 
Zeittheilung  ist  ein  Kachana,  worin  die  Stunden  zerfallen.  Die 
Lätrgenmasse  beginnen  mit  i.eksit  oder  einer  Fingerbreite, 
wovon  8  ein  Meik,  oder  12  ein  Thvae  ausmachen.  Dann  bil- 
den 2  der  letztern  einTaun,  4  dieser  ein  Lon,  7  ein  Ta,  und  1000 
solcher  ein  Tein  oder  G400  ein  Y^ouzana. 

Die  Buddhisten  legen  grossen  Werth  auf  ominöse  Worte,  und 
lieben,  wie  in  jenem  Tempel  des  alten  Egyptens,  die  von  Kin- 
dern im  Spiele  oder  sonst  ausgesprochenen  Worte  zu  er- 
haschen, um  daraus  Vorhersagungen  zu  ziehen.  In  der  Tika 
des  Mahawanso  wird  Chandagupta  durch  die  beim  Pfannkuchen- 
essen gefallenen  Bemerkungen  zum  Siege  geführt.  In  einer 
siamesischen  Uebersetzung,  die  ich  in  Bangkok  las,  war  ge- 
sagt, dass,  als  das  Kind  bei  dem,  weil  frisch  von  der  Pfanne,  noch 
ganz  heissen  Kuchen  zu  hastig  in  die  Mitte  hineinbiss,  es  sich 
verbrannte  und  schrie.  Dann  giebt  ihm  die  Mutter  den  Kath,  wie 
bei  Turnour,  sich  erst  am  Bande  zu  halten.  In  der  siamesischen 
Uebersetzung  einer  Geschichte  Pegu's  sind  in  weiter  Ausführlich- 


Deotungsvolle  Sprüche.  251 

keit  alle  die  Sprüche  beschrieben,  die  Phaya  Noi  belauschen 
lässt,  um  durch  die  Thephajuda  über  seinen  Feldzug  gegen  Pegu 
Anleitung  zu  erhalten.  Nachdem  er  zu  dem  Gotte  gebetet,  schickte 
er  seine  Leute  aus,  um  an  den  afcht  Thoren  der  Stadt  zu  horchen. 
Am  ersten  bewegte  der  Gott  den  Sinn  einer  Mutter,  die  ihr  Kind 
in  Schlaf  wiegte,  dass  sie  ein  Lied  sang  folgenden  Inhalts:  „Der 
grosse  Majom-Baum  ist  eine  Armslänge  dick.  Dorthin  sind  nie- 
dergelegt und  eingeschlossen  heilige  Reliquien.  Gehe  dahin  und 
du  wirst  König  werden."  Die- Vertrauten  legten  dann  das  zu 
Gunsten  ihres  Herrn  aus.  An  einem  anderen  Thore  hörten  sie 
als  Wiegenlied:  „In  drei  Bächen  strömt  der  Fluss.  Wer  dorthin 
wandert,  stark,  muthig  und  stolz,  hoch  wird  er  steigen."  l'nd 
so  ähnlich  an  den  andern  Ecken. 

In  Rangun  lief  längere  Zeit  unter  dem  Volke  ein  ominöser 
Spruch  um,  wie  folgt:  „Noch  klein  ist  sie,  ein  kleines  Mädchen. 
Nun  hüte  dich ,  hüte  dich.  Des  Herrgottes  Brust  klafft  offen, 
entzwei  gespalten.  Keinen  Eid,  nein,  wag'  es  nicht."  Der  KSinu 
sollte  sein :  dass,  wenn  ein  kleines  Kind  in  Ehe  fortgegeben  wird, 
ein  Eid  nicht  nöthig  sein  würde,  und  dass  eher  des  Herrn  Brust*) 
zerspringen  würde,  als  dass  Lügen  gesprochen  würden.  Aber  die 
eigentliche  Bedeutung  wurde  erst  ausgefunden,  als  die  Engländer 
die  Stadt  eroberten  und  die  Brust  der  Gr>tzenbilder  bei  der  Plün- 
derung zerhieben ,  um  nach  Kostbarkeiten  zu  suchen.  Solche 
Sprüche  heissen  Taboung,  und  in  Rangun  war  noch  ein  anderer 
im  Munde  des  Volkes  über  den  der  strahlenden  Sonnenscheibe 
gleichenden  König,  die  Frau  auf  dem  Throne  und  das  den  Hals 
einschnürende  Volk,  womit  die,  Cravatten  tragenden,  Engländer 
gemeint  waren. 

Ein  Karen  der  Mission  theilte  mir  ein  Spottlied  mit,  das  die 
Bekehrten  sangen,  wenn  sie  den  Reis  in  den  Pagoden  durch 
Krähen  fressen  sehen : 


•)  At  bis  death  many  pagfida«  feil  down  and  a  laiyp  fissun« ,  openinsf  in  the 
breaat  of  the  statue  of  Godouia  sent  out  a  ^tream  of  water,  heisst  es  bei  Sanger- 
roano  über  den  Tod  de»  Königs  Sciassu. 


252  Der  königliche  Palast 

Der  goldne  Gott,  der  Qott  von  Gold, 
Den  Reis  hab'  ich  gekauft,  Hurrah ! 
Der  schwarze  Rab\  der  Rabe  Achwarz, 
Gefrensen  ist  der  {leis,  oho! 

Von  den  acht  Planeten  sind  in  den  Tagen  der  Woche  zwei 
auf  Mittwoch  vertheilt,  indem  Buddha  (oder  Mercur)  von  Sonnen- 
aufgang bis  Mittag,  Rahu  dagegen  von  Mittag  bis  Nacht  regiert 
Aus  dem  Verhältniss  der  Planeten  in  ihrer  jedesmaligen  Stellung 
zum  Alter  des  Befragenden  wird  die  Antwort  berechnet.  Wie 
andere  Völker  ziehen  die  Birmanen  Vorhersagungen  aus  Begeg- 
nungen  oder  Kreuzungen  des  Weges,  und  beim  englischen  Kriege 
bemerkt  Gouger:  The  birmese  troops  marching  out  in  Prome  cut 
the  Portuguese  Cabral  who  was  crossing  their  path,  to  pieces, 
Converting  an  evil  omen  in  a  lueky  one. 

Ein  Mann,  der  mich  besuchte  und  mit  ziemlichen  Prätensionen 
auftrat,  zeigte  mir  eine  in  etwas  auffälliger  Gestalt  verwachsene 
Pflanzen  Wurzel,  sagend,  dass  es  ein  unfehlbarer  Talisman  gej^n 
Schiessgewehre  sei  und  dass  Niemand  dieselbe  treffen  könne. 
Er  bot  sie  mir  für  100  Rupien  zum  Verkauf  an,  oder  sonst  möchte 
ich  darauf  schiessen  und  ihm  nach  dem  FehltrefFen  100  Rupien 
für  die  verlorene  Wette  bezahlen.  Ich  war  es  zufrieden  und  ver- 
langte, dass  er  gleichfalls  100  Rupien  deponire,  die  ich  einstrei- 
chen würde,  wenn  der  Gewinn  auf  meiner  Seite  sein  sollte.  Ein 
solcher  Vorschlag  erschien  ihm  indess  höchst  unbillig  und  sein 
kostbares  Amulett  wieder  einwickelnd,  zog  er  sich  beleidigt 
zurück. 

Die  Anwesenden  wunderten  sich  natürlich  über  meine  Un- 
gläubigkeit  in  diesem  und  anderen  Punkten,  da  die  Kraft  solcher 
Schutzmittel  durch  Hunderte  von  Beispielen  erprobt  sei.  Ich  ant- 
wortete ihnen,  ich  wolle  mir  einUrtheil  über  birmanische  Kugeln 
oder  birmanisches  Pulver  nicht  anmassen,  stelle  ihnen  indess 
meine  von  mir  selbst  geladenen  Gewehre  zur  Verfügung,  um 
sich  zu  überzeugen,  dass  gegen  europäische  keine  Zaubereien 
schützten.  Ein  gegebener  Beweis  würde  immer  nur  für  ein^n 
Ausnahmsfall  gegolten  und  in  den  herrschenden  Ansichten  nichts 
geändert  haben. 


Schiitzformeln.  253 

Dann  wurde  über  die  Wunderkraft  der  Gatha's  (Formeln) 
gegen  Nats,  Tazeits  und  Hexen  weiter  gesprochen.  Ein  Kar- 
rentreiber aus  Sagain  hatte  sich  eines  Abends  verspätet,  und 
konnte  nicht  mehr  in  die  Stadt  hinein.  Er  legte  sich  deshalb 
mit  seinem  Sohne  ausserhalb  des  Thores  nieder,  um  dort  die 
Nacht  zu  verbringen.  Während  sie  dort  schlafen,  kommt  ein 
Belu  (Ungeheuer)  herbeigeschlichen  und  zupft  den  Knaben  am 
Bein.  Dieser  fährt  erschreckt  auf,  und  erziihlt  seinem  durch  das 
Schreien  erwachenden  Vater,  was  ihm  geschehen.  Sie  gelieu 
von  der  Stelle  fort  und  legen  sich  an  einer  nnderen  nieder.  Aber 
wieder  kommt  der  Belu  uud  zupft;  das  Kind  überschnappt  sich 
im  Schreien,  der  Vater  ist  voller  Angst  und  weiss  nicht,  was  er 
tbun  soll.  Zuletzt  fällt  ihm  eine  Gatha  ein,  auf  deren  Aussprechen 
der  Schutzgott  der  Stadt  herbeikam,  und  den  Belu  über  sein  un- 
gehöriges Benehmen  zur  Rede  stellte ,  da  derselbe  die  Absicht 
hatte,  die  beiden  Schläfer,  nachdem  er  sie  genug  geneckt  und 
geschreckt  haben  würde,  zuletzt  lebendig  mit  Haut  und  Haar  zu 
fressen.  Nach  längeren  Unterhandlungen  erklärte  sich  der  Belu 
zuletzt  bereit,  sie  gehen  zu  lassen,  wenn  sie  ihm  ein  bestimmtes 
Gericht,  dessen  Zusainmensetzung  er  angab,  am  nächsten  Morgen 
als  Opfergabe  hinstellten.  Der  Genius  theilte  seinen  Schützlingen 
den  geschlossenen  Vertrag  mit  und  legte  es  dem  Vater  dringend 
ans  Herz,  ja  genau  am  anderen  Tage  Alles  so  auszuführen,  wie 
er  es  ihm  jetzt  beschrieben,  damit  die  Bedingungen  richtig  erfüllt 
würden  und  er  nicht  mit  seinem  wilden  Grenznachbar  in  Unge- 
legenheiten  komme.  Der  Karrentreiber  that  so,  und  als  der  König 
von  der  kräftigen  Wirksamkeit  dieser  Gatha  hörte ,  bezahlte  er 
eine  hohe  Summe  dafür,  um  sie  zu  erhalten.  Er  Hess  sie  dann 
zum  Besten  seines  Volkes  veröffentlichen,  und  auch  mir  wurde  sie 
zu  Nutz  und  Frommen  aufgeschrieben  und  kann  auf  Verlangen 
nachgeliefert  werden.  Wessavanna,  König  derYakshas,  verbietet 
durch  ein  Edict  seinen  Unterthanen ,  die  die  Paritta  recitirenden 
Anhänger  Gautama*s  zu  belästigen. 

Da  man  einmal  beim  Gespenstererzählen  war,  so  kam 
noch  mehr.  Ein  Popadau,  der  die  Nacht  in  einem  Kyaung 
(Kloster)  zubrachte ,   wurde  aus  dem  Schlafe  geweckt  durch  Et- 


254  t)er  königliche  Palast. 

was,  (las  auf  seiner  Stinie  trommelte.  Da  er  beim  Erwachen 
keine  Ursache  sehen  konnte,  so  rief  er  einen  der  gelehrten  In- 
sassen des  Klosters  herbei,  einen  Zea  oder  Doctor,  mit  dem  zu- 
sammen er  genau  die  Nachbarschaft  untersuchte.  Zuletzt  be- 
merkten sie  in  einem  der  Holzpfeiler  in  der  Halle  eine  schwarze 
Marke,  wie  sie  die  Gegenwart  eines  Upaka  oder  bösen  Geistes 
anzudeuten  pflegt,  da  solche  dort  gern  ihren  Wohnsitz  aufschlagen. 
In  der  nächsten  Nacht  beschloss  der  Popadau  aufzupassen.  Und 
siehe  da,  kaum  hatte  er  sich  niedergelegt  und  die  Augen  halb  ge- 
schlossen, da  kroch  es  heraus,  wie  ein  langer,  krummer  Elephan- 
tenzahn,  gab  ihm  einen  Knucks  vor  die  Stirn  und  husch,  war  es 
verschwunden,  in  die  Säule  hinein.  Der  Popadau,  der  sich  aber 
diesmal  mit  einem  Schwerte  versehen  hatte,  schlug  um  sich,  und 
der  Upaka,  dem  der  Spass  wahrscheinlich  zu  ernsthaft  wurde,  blieb 
weg.  Diese  birmanischen  Geisterlein  scheinen  ebenso  spieleri- 
scher Natur  zu  sein,  als  die  Kobolde  in  Prevorst,  die  mit  Kitt 
vom  Ofen  heraus  warfen. 

Bei  den  feierlichen  Audienzen  des  Königs  passirten  die  ver- 
schiedenen Grossen  im  vollen  Staate  ihrer  Vasallen  durch  den 
Palast,  dem  Eimschweming  folgend,  der  an  der  Spitze  schritt. 
Der  König  gab  täglich  wenigstens  zwei  Audienzen,  des  Morgens 
und  am  Abend  in  die  Nacht  verlängert,  während  sich  der  Empfang 
zu  anderen  Zeiten  des  Tages  nach  seineu  sonstigen  Beschäfti- 
gungen richtete.  Vielfache  Feste  wurden  im  Palast  am  Neujahr 
aufgeführt.  Um  Mitternacht  vorher  war  ein  Schuss  abgefeuert 
worden,  um  das  Niedersteigen  des  Thagyamin  anzuzeigen,  und 
drei  Tage  später  ein  anderer  um  Mittag,  wenn  er  wieder  aufsteigt. 
Während  der  Festtage  wurden  überall  in  den  Bäumen  des  Palastes 
Schauspiele  aufgeführt  und  in  anderen  Concerte  gegeben.  Die 
Prinzen  waren  oft  mit  ihren  Begleitern  gegenwärtig  und  mitunter 
auch  Damen  des  Palastes.  Man  sali  viele  der  Kadau  genannten 
Vasen  mit  künstlichen  Blumen  und  Früchten  herumtragen,  die  sich 
die  Birmanen  einander  zuschicken,  besonders  um  Ergebung  gegen 
Glieder  der  königlichen  Familie  zu  bezeigen.  Die  Gesandtschaft 
nach  dem  ersten  birmanischen  Kriege  wurde  nur  an  einem  Kadau- 
Tage  empfangen,  was  die  Engländer  beg-pardon-day  übersetzten. 


Neujahrsscherze.  255 

In  den  Strassen  der  Stadt  und  Vorstädte  herrschte  an  diesem 
ersten  Tage  des  Jahres  ein  tolles  Lehen,  indem  sich  Alles  mit  Was- 
ser begoss,  besonders  die  Damen  waren  eifrig  in  ihren  Kanonaden, 
und  als  ich  an  einem  Brunnen  vorbeiritt,  wo  eine  Gesellschaft 
derselben  Posto  gefasst  hatte ,  wurde  weder  Reiter  noch  Pferd 
verschont.  Eine  noch  praktischere  Darstellung  der  Taufe  wurde 
mir  im  Hause  des  Prinzen  gegeben,  indem  seine  Hausbedienteu 
die  im  Vorzimmer  wartenden  Leute  einen  n:\ch  dem  andern  auf- 
packten und  ohne  weiter  ein  unnöthiges  Wort  zu  verlieren,  sie  wie 
sie  waren,  mit  Zeug  und  Allem,  einige  Male  in  dem  grossen 
Wasserbassin  eintnuehten  und  dnnn  ihrer  Wege  gehen  liessen. 
Moung  Schweb  wurde  anfangs  verschont,  aber  ich  rieth  ihm  doch, 
sich  lieber  zu  entfernen,  da  bei  solchen  Fastnachtsscherzen  Aus- 
nahmsfälle  vielleicht  nicht  weiter  statuirt  worden  waren. 

Am  ersten  Tage  des  neuen  Jahres  beginnt  das  Wasser  des  Ira- 
waddi,  um  seine  Verehrung  darzubringen,  zu  steigen,  ob  Regen  ge- 
fallen ist  oder  nicht.  Im  Dorfe  Thingesa-tschaun,  in  der  Nähe  Man^ 
dalay's,  findet  sich  ein  Pfeiler,  gleich  dem  Nilometer,  zum  Messen, 
damit  die  den  Fluss  befahrenden  Bootleute  nach  der  Höhe  wissen 
können,  welche  Richtungen  sie  zu  verfolgen  haben.  Nach  Mal- 
colm steigt  der  Irawaddi  bei  Ava  durchschnittlich  24  Fuss.  Tachard 
erzählt,  dass  der  König  von  Siam  früher  die  Gewohnheit  hatte  de 
couper  les  eaux,  c'est  a  dire  de  frapper  les  eaux  au  temps  de  la 
plus  grande  inondation  et  de  Commander  aux  eaux  de  se  retircr, 
dass  er  aber  später  diese  Zeremonie  aufgegdien,  weil  der  Fluss 
oft  auch  nachher  fortfuhr  zu  steigen.  ApoUonius  (bei  Philostra- 
tus)  vermuthet,  dass  das  bei  dem  Steigen  des  Indus  von  dem 
Könige  in  den  Fluss  geworfene  Gold  zur  fruchtbaren  Ernte 
dienen  soll. 

Der  Thagyamin  hat  verschiedene  Reitthiere  zu  seiner  Dis- 
position. Bald  reitet  er  auf  einer  Kuh ,  bald  auf  einem  Büffel, 
bald  auf  einem  Naga  (wenn  Regen  fallen  soll),  bald  auf  einem 
Galong.  Mitunter  geht  er  zu  Fuss,  beschuht,  ein  Licht  in  der 
Hand  tragend,  um  die  Erde  zu  erwärmen.  Wenn  er  im  Tagou 
(dem  ersten  Monat  des  birmanischen  Jahres)  oder  im  März  seine 
Erscheinung  macht,  so  stellen  die  Pona's  ihre  Berechnungen  an, 


256  t>er  könifirliche  Palast. 

um  ZU  wissen,  woderBhummadinath  sichaufliält  und  je  nachdem 
dieser  den  Reis  hütende  Nat  sich  in  den  Bäumen ,  den  Blumen, 
dem  Korne  oder  sonst  befindet,  können  sie  das  Pi-ognostikon  des 
Jahres  stellen,  und  darnach  werden  dann,  den  im  Buche  Tinjansa 
vorgeschriebenen  Regeln  entsprechend,  die  Vorbereitungen  des 
Calenders  getroffen,  um  den  auf  einer  Kuh  reitenden  Thagyamin 
zu  empfangen.  An  dem  Tage,  wenn  sich  das  Volk  mit  Wasser  be- 
giesst,  wird  das  Haupt  des  Königs  mit  grosser  Festlichkeit  ge- 
waschen, mit  Wasser,  das  aus  der  Mitte  des  Flusses  ("finjandoh- 
jaya)  genommen  ist;  früher  wurde  es  von  einer  Insel  bei  Molmein 
gebracht.  Die  Väkätaka  -  Fürsten  im  Narmadathale  Hessen  sich 
für  die  Krönung  Wasser  vom  Bhagirathi  (Ganges)  holen.  Der 
chinesische  Gesandte  bemerkt  beim  Feste  der  Taufe  Buddha's  in 
Kambodia:  On  conduit  dans  toutes  les  parties  du  royaume  le« 
diff^rentes  Images  de  Bouddba  pour  les  laver  en  meme  temps,  que 
le  roi  se  baigne  solennellement  (s.  R^musat).  Die  birmanische 
Jahresceremonie  heisst  Phusya-sin-kyan-tau-khau,  weil  sie  zur 
Zeit  Statt  findet,  wo  die  Constellation  der  Hydra  (Phusya)  eulmini rt. 
Das  Kopfwaschen  ist  bei  jedem  Birmanen  eine  besondere 
Feierlichkeit,  und  wenn  mein  Herr  Professor  sich  seinen  Kopf  wusch, 
was  einmal  im  Monat  zu  geschehen  pflegte,  so  blieb  er  gewöhnlich 
gleich  drei  Tage  fort,  da  solche  mit  den  Vorbereitungen  und 
nachheriger  Erholung  wohl  angewendet  werden  konnten.  Durch 
zu  häufiges  Waschen  des  Kopfes  würde  man  den  darauf  wohnen- 
den Genius  beleidigen  oder  incommodiren,  und  mein  tiiglich 
mehrmals  >viederholtes  Uebergiessen  gab  zu  vielen  Redereien  An- 
lass.  Man  sieht  die  Birmanen  mit  ihrem  schweren  Haarwuchs  bis 
zum  Hals  im  Wasser  stehen  und  sich  waschen,  ohne  jemals  daran 
zu  denken,  unterzutauchen,  vielmehr  absichtlich  es  vermeidend. 
Ist  dann  freilich  der  grosse  Waschtag  gekommen,  so  geht  eine 
gehörige  Schrupperei  los.  Meine  Diener  paarten  sich  zu  zweien 
zusammen,  um  einander  ordentlich  Genüge  zu  thun.  Da  wurden 
Wurzeln  und  Rinden  auf  dem  Markte  gekauft,  Abkochungen  ge- 
macht und  abgeseiht,  Seifenbrühen  für  den  Gebrauch  parat  ge- 
stellt, das  Haar  durcheinander  gewühlt,  wieder  fein  gemacht  und 
Alles  so  hübsch    umständlich  betrieben,   dass  für  den  Tag  au 


Falsches  Uaar.  25? 

Arbeit  nicht  viel  zu  denken  war.  Sic  gebrauchen  zuerst  die  erwei- 
chende Frucht  des  Kinbuin-lJaunies  und  waschen  sich  dann  mit 
einem  seifenartigen  Decoct,  das  aus  der  Kinde  des  Theo-Baumes 
bereitet  wird.  Auch  andere  Sapindus- Arten  werden  verwandt. 
Hei  dem  Wertli,  den  die  l^irmanen  auf  lanires  Haar  setzen,  hat 
sie  die  Eitelkeit  auch  zu  künstlichen  Zripfen  gefuhrt,  Männer 
sow(dil  wie  Frauen.  In  einer  gerichtlichen  Anzeige  Über  ge- 
stohlenes Eigenthum  sah  icli  einst  sieben  Frauenzöpfe,  als  zum 
luventarium  gehörig,  aufgeführt.  Zu  grösserer  Eleganz  lassen 
sich  die  Damen  zuweilen  kleine  Schönheitspflästerchen  in  das 
(^esicht  tättowiren. 


Baiklan,  OtUaien.     II.  |7 


Das  Zwischenfluss -Gebiet. 


17' 


\ 


Am  Fiisse  iWv  SrhjiiilM'ri!;o. 


Der  hcrannalicnde  Wechsel  der  Jjilireszeiten  kündete  sich 
durch  einzelne  Kegenschjuier  an,  für  die  ich  eiligst  mein  in  der 
heissen  Jahreszeit  durchgehrauntcs  Dach  reparircn  lassen  nuisste. 
Sie  waren  mir  iudess  auch  eine  Warnung,  nicht  länger  zu  zögern, 
wenn  ich  meine  beabsichtigte  iieise  nach  Tongu  ausführen  wolle, 
da  in  den  Tropen  die  Reisen  sich  nach  den  Ueisemonaten  der  jedes- 
maligen Provinz  richten  müssen.  Ich  bjit  deshalb  den  Prinzen, 
den  König  um  die  Abschiedsaudienz  zu  ersuchen,  wurde  aber  noch 
längere  Zeit  hingehalten,  da  die  Neujahrsfestlichkeiten  djizwisehen 
kamen,  und  der  König  nur  selten  sichtbar  wnr.  Herr  Camaretta, 
der  eher  zu  sprechen  wagte,  als  die  timiden  Birmanen,  war  mir 
behUlflich,  die  nöthigen  Vorbereitungen  zu  beschleunigen.  Das 
gebräuchliche  Kadau,  in  der  mit  Früchten  geschmückten  Blumen- 
vase, wurde  hineingetragen,  und  ich  fügte  mein  eigenes  Geschenk 
hinzu,  das  der  König  mit  einem  Rubinring  erwiederte.  Auch 
vom  Prinzen  nahm  ich  Abschied  und  erhielt  für  meine  Geschenke 
Briefe  in  seine  Provinz,  die  ich  auf  dem  Wege  zu  durchreisen 
haben  würde.  Die  Höflinge  überl>oten  noch  ihre  früheren  Freund- 
schaftsbezeigungen,  mich  an  die  zusammen  verlebten  Tage  er- 
innernd, um  desto  reichlichere  Geschenke  zum  Andenken  in  Em- 
pfang zu  nehmen.  Auch  mein  Professor  sah  solchen  entgegen, 
und  da  er  sie  am  meisten  verdient  hatte,  wurde  er  natürlich  auch 
am  besten  bedacht.  Ein  Pass  wurde  mir  vom  hohen  lYibunal 
ausgefertigt,  auf  einem  langen  Palml)latte,  das  zusammengerollt 
werden  konnte,  geschrieben  und  mit  dem  königlichen  Siegel  des 
Pfau   versehen.     Die  grosse   Strasse   nach   Tongu   zweigt   bei 


262  ^u>  Fasse  der  Schanberge. 

Mikoungyay  vom  Irawaddi  ab,  würde  mich  aber  wieder  einen 
Theil  meines  frühereu  Weges  zurückgeführt  haben ,  weshalb  ich 
die  direete  wählte. 

Dr.  Williams  hatte  mir  freundlieh  sein  Haus  angeboten  für 
die  letzten  Tage,  um  meine  Vorbereitungen  zur  Reise  zu  voll- 
enden, die  sich  vom  Palast  aus  nicht  leicht  besorgen  liesscn. 
Neben  ihm  wohnte  Herr  d'Aveyra,  ein  französischer  Negotiant, 
der  von  dem  Könige  einige  Teakwaldungen  der  Schanberge  ge- 
pachtet hatte,  und  seit  kurzem  von  Kangun  mit  den  ni'ithigen  Ar- 
beitern angekommen  war.  Er  konnte  von  verschiedenen  Aben- 
teuern auf  seinen  Reisen  unter  den  Schan  erzählen  und  war  bei 
dem  einen  kaum  mit  dem  Leben  davon  gekommen.  Auch  Dr.  Wil- 
liams, der  sich  schon  vielfach  mit  dem  Project  des  Landweges 
nach  China  beschäftigte,  hatte  verschiedene  Excursionen  zu 
dem  Paloung-  und  Schangebiete  unternommen,  die  seitdem  be- 
deutender ausgedehnt  worden  sind.  P^in  anderer  Franzose»  Mon- 
sieur Channing,  der  mir  meine  Waffen  für  die  Reise  wieder 
in  brauchbaren  Stand  setzen  half,  hatte  eine  Gewehrfabrik  für 
den  Eimschweming  eingerichtet  und  sprach  mit  französischer  Leb- 
haftigkeit von  den  Besuchen,  die  ihm  dieser  hohe  Herr  mitunter 
abstatte.  Den  König  nannte  er  nur  TEmpereur.  Ein  paar  Sei- 
denweber waren  für  den  König  aus  Italien  verschrieben  durch 
die  katholische  Mission,  deren  Italiener  jetzt  mehr  und  mehr  durch 
Franzosen  ersetzt  werden.  Durch  die  Armenier,  die  Wachs- 
Einkäufe  gemacht  hatten ,  hörte  ich ,  dass  der  Vortrab  der  chine- 
sischen Caravane*)  in  Madeyuwai  angekommen  war;  der  Rest 
wurde  damals  erwartet,  ist  aber  auch  in  dem  Jahre,  wie  schon 
in  dem  vorigen,  ausgeblieben. 

Ich  machte  jetzt  mit  Moung  Schweb  tägliche  Explorationen, 
um  ein  tüchtiges  Paar  Ochsen,  nebst  zugehörigem  Wagen  für  meine 
Landreise  nachTongu  aufzutreiben,  und  kam  nach  längerem  Ihro- 

♦)  Die  cliinosiscbe  Caravane  hr'mgt  besonders  Seide,  Sarorot,  Aiiripigment, 
Honig,  Papier,  Goldschaam,  Goldblatter,  Eisenpfannen,  Confituren,  getrocknete 
Früchte,  Aepfel  u.  h.  w.,  nm  Banmwolle,  Elfenbein,  Edelsteine,  Betclnüsse,  Opimii 
ans  Heugalen,  englische  Manufacturen,  die  aus  Tavoy  eingeführte  biche  de  iner, 
^owie  Vogelnester,  Uaifiunen  u.  s,  w.  zurückzanebmen. 


Diebstahl.  283 

bircQ  zum  Ziel.  Nach  dem  birmanischen  Deitton  müssen  Ochsen 
und  Wagen  am  Sonnabend*)  gekauft  werden,  um  GlUck  auf  der 
Reise  zu  geben.  Als  Begleitung  hatte  einer  der  armenischen  Pächter 
der  Teakwaldungen ,  Herr  Mackertich ,  der  sich  gerade  wegen 
eines  Processes  in  Mandalay  befand,  einige  seiner  Leute  auge- 
boten, die  die  Wege  gut  kannten  und  zurückzugehen  hatten. 
Mit  diesen  und  den  Karrentreibern  würden  die  drei  Diener,  die 
ich  bei  mir  hatte,  genügend  gewesen  sein.  Ausser  Moung 
Schweb  war  der  Eine  der  Khyendwen  -  Leute  bei  mir  geblie- 
ben ,  der  Bessere  der  Beiden  aber  wegen  eines  Todesfalles  in 
seiner  Familie  nach  seinem  Dorfe  zurückgekehrt.  An  seine 
Stelle  als  Koch  war  der  Andere  getreten ,  und  dann  hatte  ich 
noch  einen  Freund  desselben  engagirt,  einen  Mäkleragent, 
oder  mehr  eine  Art  Loafcr  (im  amerikanischen  Sinne),  der 
schon  alles  Mögliche  gewesen  war,  und  der,  wie  ich  hoffte, 
durch  seine  Gewandtheit  im  Schreiben  und  Lesen  nützlich  wer- 
den könnte.  Aber  Moung  Schweh's  Unbedachtsamkeit  machte 
einen  zweiten  Strich  durch  die  Rechnung.  Ich  hatte  ihm  die 
ungenügende  Entschädigungssumme  möglichst  zu  completiren 
gesucht,  und  sein  leichter  Holzkasten  mit  birmanischem  Schloss 
prangte  bald  wieder  mit  bunten  Putzo's  und  Hess  auch  Silber  haaren 
Geldes  durchschimmern.  Die  Verführung  war  zu  stiirk.  Eines 
schönen  Tages  stand  Moung  Schweb  aufs  Neue  vor  leeren  Kasten, 
der  Eine  der  Khyen-Birmanen  war  verschwunden ,  und  den  An- 
dern musste  ich  des  Verdachtes  wegen  einstecken  lassen.  Das 
war  der  Vorabend  meiner  Abreise ,  die  auf  den  nächsten  Morgen 
festgesetzt  war.  Mit  dem  Morgen  kamen  die  Wagen,  die  Ochsen, 
die  Treiber  und  die  sonstigen  Begleiter,  aber  woher  nun  Diener 
nehmen?  Im  letzten  Augenblicke  brachte  mir  ein  im  Hause  be- 
kannter Schreiber  ein  mauvais  sujet  seiner  Familie,  einen  Thu- 
nichtgut,    dem  es  noch  nirgends  behagt  hatte.     Er  war  ein  un- 


•)  Solche,  die  ihre  Studien  an  einem  Donnerstajf  beginnen,  werden  gründlich 
lernen ,  die  am  Freitag  oder  Sonntag  einen  Anfang  machen ,  in  Mittelmässigkeit 
yerbleiben ,  die  aber  am  Dienstag  oder  Sonnabend  beginnen ,  werden  rasch  ster- 
ben, heisst  es  in  dem  von  Fowle  übersetzten  Niti-kyam. 


264  ^^  Fusse  der  8cbaubergc. 

ruhiger  Giint,  selioii  lan^e  suis  seiner  lleiinatli  au  der  Grenze  der 
iSingpho-Gebiete  fort  und  ohne  BescliUfti^iin^. 

Um  nielit  zu  warten,  wurde  er  geniietliet  und  ihm  bedeutet, 
dass  er  die  Küche  zu  versorgen  hätte,  was  allerdings  gar  nicht 
in  seinen  Kopf  zu  wollen  schien.  Die  Sachen  wurden  aufgepackt, 
der  Gefangene,  aus  dem  Nichts  herauszubringen  war,  uiusste 
entlassen  werden,  und  um  Mittag,  den  2().  April,  brachen  die 
Karren  auf.  Ich  folgte  nach  einem  herzlichen  Abschied  von 
Dr.  WilliaiUH  am  Nachmittag,  fand  aber  bei  meiner  Ankunft  in 
Amarapura  in  dem  Hause  des  Herrn  Ter  Minas,  wo  das  Zusani- 
mentreflen  verabredet  war,  noch  Niemand  vor.  Das  lange  Aus- 
bleiben war  mir  etwas  ängstlich,  weil  meine  Sachen  in  den  Händen 
von  lauter  neuen  und  mir  noch  ganz  unbekannten  I^euten  waren, 
doch  kamen  sie  spät  am  Abend  glücklich  an.  Die  gewölinlichen 
Accidentien  einer  birmanischen  Karrenreise  hatten  sie  gleich  auf 
diesem  kleinen  Wege  aufgehalten  und  verzögert.  Wagen  und 
Ochsen  wurden  in  dem  engen  Hof  zusammengepfercht  und  mög- 
lichst unter  Obdach  gebracht,  da  in  der  Nacht  liegen  fiel. 

Am  Morgen  brachen  wir  zeitig  auf,  um  baldigst  an  die  Fähre 
desMyit-ngay  zu  gelangen,  wo  immer  Aufenthalt  zu  fthchtenwar. 
Durch  rechtzeitige  Drohungen  gelang  es  indess,  den  Fährmann 
aus  seiner  apathischen  Faulheit  aufzurütteln,  und  setzten  wir  mit 
den  Karren  zwischen  zwei  schw  immenden  Flössen  befestigt  nach 
dem  alten  Ava  über.  Von  da  schickte  ich  Dr.  Williams  sein 
freundlich  so  weit  geliehenes  Pferd  zurück  und  miethetc  in  dem 
nahegelegenen  Bazaar  von  Taadoo,  zu  dem  über  den  Myit-tha 
eine  lange  mit  Verkaufsläden  besetzte  und  theilweise  niederge- 
brochene Plankenbrücke  führte,  noch  einen  andern  Karren  mit 
Ochsen,  wofür  freilich  erst  viele  Umstlindlichkeiten  und  weit- 
läuftige  Verhandlungen  überwunden  werden  mussten.  Durch  die 
Strassen  wurde  ein  Pan-Paya  (Blumengott)  geführt,  ein  mit 
Blumen  ül)erdecktes  Bohrgerüst,  dem  eine  lange  Procession  von 
Mädchen,  die  jüngsten  voran,  folgte,  alle  mit  Blättern  bedeckt« 
Wasserkrüge  tragend. 

Wir  blieben  die  Nacht  in  dem  neben  der  Pagode  des  Dorfes 
gelegenen  Zayat  und  arrangirten  das  Gepäck  aufs  Neue,   damit 


Di«  Ochöonkarren.  265 

wir  uoeh  vor  Tagesaiibrueli  uuflnechcn  konnten.  Der  eine  in 
Mandalay  g:ekaufte  Witten,  von  zwei  Ochsen  ^ezo^cu,  enthielt 
unter  einem  von  Matten  und  Hanibu  aufgeschlafj:enen  Dache  die 
Kottcr,  Keisesäcke  und  das  Hett,  auf  dem  ich  niederließen  konnte. 
Der  andero Wagen,  der  hinzugemiethet  wurde,  trug  den  liest  des 
Gepäckes,  die  Kochgeräthschaften  und  Hess  noch  Platz  für  einen 
der  Dienerschaft.  Diese  bestiind  aus  Moung  Schwell,  der  indess 
durch  das  Palastlcbcn  etwas  ve;  wildert  war  und  erst  wieder  in 
Ordnung  gebracht  werden  niusste,  dem  Koch  wider  Willen  und 
zwei  Talein ,  die  zu  ihrer  Arbeit  in  den  Teakwaldungen  zurück- 
kehrten. Neben  dem  gemietheten  Karren  ging  der  Ochsentreiber 
her,  der  noch  ein  freies  Paar  Ochsen  zur  Aushülfe  bei  sich  hatte,, 
die  seine  ihn  begleitende  Schwester  trieb.  Dieser  Karren  war 
nur  alsHetourgelcgenheit  gemiethet  bis  nach  Maitliila,  einer  Stadt, 
an  der  unser  Weg  nahe  vorüberführte,  etwa  auf  der  halben  Ent- 
fernung nach  Tonga,  dem  Ziel  meiner  Keise. 

Die  wenigen  Ainicnier  in  Mandalay,  die  diese  Strasse  aus 
zeitweiliger  Ijcreisung  der  Tcakholzuugeu  kannten,  hatten  mir 
keine  einladende  Beschreibung  davon  gemacht:  <IerWeg  sei  wüste 
und  öde,  den  Anfilllen  der  Kaubthiere  in  den  Wäldern  und  der 
Räuber  in  der  Nähe  der  Dörfer  ausgesetzt.  Mangel  sei  an  Allem, 
selbst  an  Wasser,  und  man  dürfe  die  Heise  nur  in  starker  Heglei- 
tung unternehmen.  Allerdings  sind  alle  diese  abgelegenen  Oe- 
genden  Hirma's  verrufen,  besonders  wenn  sie,  wie  die' von  mir 
zu  passirende,  ein  Grenzgebiet  streift.  In  diesem  Falle  kam  noch 
hinzu,  dass  sie  nicht  nur  von  dem  herrenlosen  Landgürtel  zwi- 
schen englischem  und  birnuinischem  Territorium  durchschnitten 
wurde,  sondern  sich  auch  an  die  Schanberge  lehnte,  die,  ein  be- 
liebter Aufenthalt  der  Plünderer,  ihnen  sowohl  Zuflucht,  wie 
passende  Plätze  zum  Hervorbrechen  boten.  Meine  Leute  waren, 
wie  schon  bemerkt,  sehr  zusammengewürfelt.  Noch  im  Augen- 
blick der  Abreise  hatte  ich  meinen  früheren  Diener  entlassen  und 
einen  annehmen  müssen,  dem  man  die  Hereitwilligkeit  zu  jeder 
unsinnigen  That  ansah,  aber  keine  grosse  Ueberlegung.  Von  den 
Talcin's  war  der  eine  ein  höchst  roher  Geselle,  im  Walde  aufge- 
wachsen und  nur  für  ihn  geschaffen,  der  andere  vielleicht  nicht 


266  Am  Fusse  der  Schanherpre. 

viel  besser.  Doch  hatte  ich  eine  Art  Halt  über  sie  durch  den  Ar- 
menier, in  dessen  Dienste  sie  st4uulen.  Da  sie  die  Wege  kannten, 
mussten  sie  vorausgehen  und  recognosciren,  denn  eine  oflFene, 
breite  I^ndstrasse  bestand  gewöhnlich  nicht,  sondern  nur  fahr- 
bare Pfade,  die  zwischen  den  Wählern  von  Dorf  zu  Dorf  führten. 
Als  wir  am  Vormittage  des  ersten  Tages  zum  Füttern  der 
Ochsen  in  einem  Zayat  hielten,  gingen  sie  in  das  nahegelegene 
Dorf  Sighien,  um  Escorte  zu  verlangen,  da  die  Strasse  unsicher 
wäre.  Sie  brachten  den  Thougyi  mit  sich  zurück ,  und  derselbe, 
als  ihm  der  Pass  vorgewiesen  wurde,  versprach  sogleich  die 
verlangten  Leute  zu  schicken.  In  der  Zwischenzeit  besuchte  ich 
die  Kuine  einer  auf  steilem  Hügel  gelegenen  Pagode,  Aummiaeh- 
lokade,  die  mit  den  Spuren  ausgedehnter  Festungslinien  die  Stelle 
des  alten  Panja  anzeigte,  das  längere  Zeit  zur  Residenz  gedient 
hatte.  Beim  Aufbruch  am  Nachmittag  hatte  die  Atmosphäre  ein 
höclist  drohendes  Aussehen  angenommen  und  schichtete  schwere 
Wolkenbänke  im  Norden  an,  während  aus  Süden  ein  heisser, 
dörrender  Wind  blies.  Die  Leute  glaubten  nicht,  dass  es  regnen 
würde,  und  für  eine  Zeit  schien  es  auch,  als  ob  der  Himmel  sich 
auflielle.  Bald  aber  ward  es  dunkler  wie  zuvor.  Mitunter  sah  man 
die  äussersten  Wolken  am  Horizonte  vor  dem  Winde  herfliegen 
und  die  den  Wasserhosen  ähnlichen  Erscheinungen  weisser  Schlan- 
genlinien waren  sichtbar,  während  dann  und  w^ann  das  Dunkel 
auseinanderklaffte,  wenn  ein  leuchtender  Blitzstrahl  hindurchfuhr. 
Die  langsam  und  allmählig  aufsteigende  Finsterniss  hatte  schon 
den  Zenith  erreicht,  während  das  Firmament  im  Westen  und  be- 
sonders  im  Süden  noch  in  der  schönsten  Reine  glänzte.  Dann 
folgte  ein  kurzer  Moment  der  Stille,  der  Stille,  die  dem  Sturm  vor- 
hergeht, und  bald  brach  dieser  los,  kalt  vom  Norden  hersausend, 
und  unter  dem  Echo  dröhnender  Donnerschläge.  Ein  paar 
Tropfen  Regen  fielen ,  und  dann  war  plötzlich  die  ganze  Umge- 
bung in  die  graue  Wolke  eingehüllt,  worauf  unter  einem  furcht- 
baren Schauspiel  des  Donners  und  Blitzes  der  Regen  in  Strömen 
herabstürzte.  Wir  hatten  schon  vorher  auf  freiem  Felde  Halt 
machen  müssen ,  da  die  erschreckten  Ochsen  stehen  geblieben. 
Aber  die  Gewalt  des  Windes  wehte  jetzt  mit  solcher  Macht,  um 


Das  Einsetzen  der  Regenzeit.  267 

die  Karren,  die,  wenn  seitwärts  gefasst,  umgeworfen  sein  würden, 
auf  das  Gespann  loszutreiben,  so  dass  diese  vorwärts  niussten. 
Den  Donner  bezeichnen  die  Birmanen  onomatopoetisch  durch  das 
Geräusch  Khron,  alsMog-khrou  (das  Rollen  desWolkcnhimmels) 
oder  auch  Mog-Kro.  Wenn  er  in  kurzen  Schlägen  fällt,  wird 
Thit  (holprige  Unterbrechung)  zugesetzt.  Ein  Donnerkeil  ist  der 
gehende  Donner  (Mog-kro-sva)  oder  der  Discus  des  grollenden 
Himmels  (Mog-kro-i!;ek.  Der  Blitz  heisst  Hlup-^it,  wovon  Hlup 
etwas  Dünnes,  Rasches,  Glitzerndes  meint  und  ('it  Kampf  oder 
Sehlacht  ausdrückt. 

Nach  einigen  Stunden  mässigte  sich  das  Unwetter  und  der 
^bend  klärte  sich  wieder  auf.  Die  Talein  kamen  zu  mir  und  be- 
klagten sich  über  dieEscorte,  die  jetzt  gerade,  wo  wir  an  die  ge- 
fährlichen Stellen  kämen,  sich  fürchteten  und  nicht  weiter  wollten. 
Um  ihnen  den  Willen  zu  thun,  gebrauchte  ich  meine  Autorität, 
die  tiipfern  Schildbürger  zum  Weitergehen  zu  bewegen,  obwohl 
eine  Escorte,  die  sich  schon  vorher  fürchtet,  bei  wirklicher  Ge- 
fahr wohl  keine  grosse  Hülfe  gewesen  sein  würde.  Nach  einer 
langsamen  Fahrt  durch  die  spärlich  mit  Büschen  und  Cactus  be- 
wachsene Sandebene  rasteten  wir  Abends  in  einem  Zayat  an 
der  Landstrasse  und  schickten  in  das  nahegelegene  Dorf  On- 
mindeh,  um  uns  Wachen  zu  besorgen,  die  während  der  Nacht  für 
die  Sicherheit  des  Zugviehes  und  des  Gepäckes  patrouilliren 
mussten.  Ich  Hess  einen  Theil  des  Zayat  durch  Teppiche  und 
Tücher  abkleiden  und  probirte  die  Productionen  meines  Koches, 
der  aber  seinen  Hass  und  die  Verachtung,  die  er  gegen  seinen 
neuen  Stand  hegte,  in  vollem  uud  bitterem  Masse  darin  niedergelegt 
zu  haben  schien.  Doch  wird  man  auf  Reisen  ziemlich  indiflferent, 
und  der  durch  treflFlichen  Hunger  gewürzte  Magen  erkundigt 
sich  nicht  so  sehr  nach  dem  Wie  als  nach  dem  Ob  überhaupt. 
Jedenfalls  hat  man  den  süssesten  Schlaf  zum  Dessert. 

Die  Escorte  begleitete  uns  am  nächsten  Morgen  bis  zum  Dorfe 
Tingamitte,  wo  sie  erneuert  wurde.  Ich  war  mit  meinem  Karren 
Yorausgefahren ,  als  uns  auf  dem  schmalen  Sandwege  im  Walde 
eine  Reihe  anderer  Karreu  entgegen  kam ,  und  Streit  entstand, 
wer  dem  andern  die  Spuren  überlassen  sollte,   da  ohne  lange 


268  Am  Fus8<»  (Ut  Scliaubcrjfc. 

reberreduii^  durch  iuifinmiterude  Staclielsticlic  die  Ocbscn  »ich 
iiiclit  ^erne  zum  Ausweichen  eutschliessen.  Als  indc8B  meine 
Leute  herbeikamen,  die  die  Passrolle  auf  einem  Stocke  vor  sieh 
hertrugen,  wurden  alle  Schwierigkeiten  schnell  beseitigt.  Schwere 
Karren  wurden  von  vier  hintereinander  gespannten  Ochsen  ge- 
zogen und  durch  lange  Rambupeitschen  getrieben.  Wo  sich  der 
Wald  lichtete,  zeigte  sich  eine  Pagode  auf  einem  isolirt  stehenden 
Hügel,  und  in  der  Ebene  gras*ten  KUhe  in  der  Nähe  des  von 
grossen  Zayat's  umgebenen  Klosters  Schwemiadiude,  eines  im 
November  viel  besuchten  Wallfahrtsortes.  Von  der  Terrasse  dessel- 
ben blickte  man  über  die  sandige  Flüche,  mit  hügligen  Erhebungen 
hervorragend,  so  weit  der  lilick  zum  Horizonte  schweifte,  ausser 
im  Osten,  wo  er  durch  die  hohen  Schan-Oebirgc  begrenzt  wurde. 

In  einem  Zayat  am  Wege  weiterhin,  wo  \ erkäuferiunen 
Sassen,  hielten  wir  zum  Füttern  und  zum  Frühstück  Einige 
Uewohuer  des  nahen  Dorfes  Aunga  lungerten  dort  umher,  und 
erzählten,  dass  ihr  Dorf  aus  20  Häusern  bestände  und  1500ehsen 
besässe,  die  in  soldier  Jahreszeit,  wo  keine  Feldarbeit  zu  thun 
sei,  für  Frachtfahrten  ausgemiethet  würden.  Kinder,  die  sich 
um  uns  versammelten,  spielten  mit  flachen  Samen,  die  auf  ein 
Tau  gezogen  und  durch  rasches  Ausziehen  umhergewirbelt 
wurden. 

Die  von  dort  mitgenommene  Escortc  wurde  in  einem  Dorfe 
gewechselt,  das  eine  ziemliche  Entfernung  vom  Wege  ablag,  so 
dass  die  neue  erst  nach  einiger  Zeit  die  vorausgefahrenen  Wagen 
wieder  einholte,  die  ich  nach  längerem  Fortfahren  in  dem  buschi- 
g(»n  (Jehölze  bei  einer  verfjtllenen  Pagode  hatte  halten  lassen. 
Das  nahegelegene  Kloster  Schweminwun  stand  verlassen,  da  die 
es  früher  bewohnenden  Mönche  so  häutige  Besuche  von  Uslubern 
erhalten  hatten,  die  Keis  verlangten  und  mit  Prügeln  bezahlten, 
dass  sie  es  überdrüssig  wurden  und  wegliefen.  Im  Oetober  ver- 
sammeln sich  indess  dort  noch  Jährlich  viele  Pilger,  und  werden 
grosse  Poelfs  aufgeführt.  In  der  Ferne  wurde  der  hohe  Berg 
Nattheik  sichtbar,  der  höchste  Pass,  durch  den  man  von  dem 
Tafellandc  derSchan's  in  die  Ebene  Birmas  hinabsteigt.  Bei  Be- 
sichtigung eines  Nat-liauscs  hatte  ich  mich  so  lange  aufgehalten, 


Die  Escorte.  2G9 

dass  ich  die  vorausgefahrenen  Karren  im  Jungle  nicht  wieder- 
finden konnte  und  einige  Zeit  herumirrte,  bis  mich  das  weithin  hör- 
bare Kreischen  der  knarrenden  Räder  wieder  auf  die  Spur  leitete. 

Erst  nach  Sonnenuntergang  kamen  wir  in  dem  Dorfe  Taun- 
wingaede  an,  wo  wir  in  den  Hof  des  Thougyi  einfuhren,  um  dort 
die  Nacht  zu  verbringen  und  auf  Vorzeigung  des  Passes  Gras, 
Wasser  und  Feuerholz  geliefert  erhielten,  da  für  Geld  nichts  zu 
kaufen  sein  würde.  Ohne  Befehl  nihrt  sich  der  birmanische 
Bauer  nicht  von  seinem  Platze  und  würde  unbekümmert  die 
Ochsen  des  Reisenden  verhungern  oder  ihn  selbst  verdursten 
lassen,  wenn  er  nicht  gerade  seinen  verdienstlichen  Rappel  hat. 
In  dem  Hause  des  Thougyi  wurden  Vorbereitungen  zu  einem 
Theater  getroffen,  auf  dem  in  den  nächsten  Tngen  gespielt 
werden  sollte.  Er  theilte  mir  mit,  dass  das  Dorf  ^^0  Häuser  mit 
200  KUffelochsen  enthielte.  Die  Bewohner  leben  von  Verfertigung 
des  Palmzuckers  (Taniet),  vom  Reis-  undOelbau.  EineOelpresse 
stand  in  seinem  Hofe  (Nan  oder  Sesamum  indicum).  Das  Dorf 
war,  wie  die  meisten  dort,  mit  einer  Pallisade  trockener  Stöcke 
umgeben. 

Das  Waldgehölz,  durch  das  der  Weg  am  nächsten  Tage 
hinführte,  war  durch  Stellen  bebauten  Landes  unterbrochen. 
Aus  dem  nächsten  Dorfe  kam  eine  formidabel  aussehende  Escorte 
hervor,  von  denen  der  Erste  einen  Spiess,  der  Zweite  eine  Mist- 
gabel trug,  und  die  beiden  Bürgergardisten  der  Reserve  sich  mit 
Knüppeln  bewaffnet  hatten.  Nachdem  wir  ein  vertrocknetes 
Wasser-Reservoir  am  Wege  passirt  hatten,  öftnete  sich  das  Land 
und  sahen  wir  die  hohe  Gebirgswand  der  Schan  sich  vor  uns  hiner- 
strecken. In  morastigen  Wiesen,  durch  Deiche  abgedämmt,  lag 
das  Dorf  Yaywaydih,  wo  sich  der  Weg  nach  dem  alten  Pinlaeh, 
einst  der  Hauptstiidt  Birma's,  abzweigte. 

Wir  rasteten  während  der  Mittagshitze  in  einem  Zayat  neben 
einer  in  Stand  erhaltenen  Pagode,  in  deren  Umgebung  die  Ruinen 
anderer  sichtbar  waren.  In  einer  Laube  sasscn  Frauen  mit  ihren 
Rädern,  um  Baumwolle  zu  reinigen,  und  als  unsere  Caravane 
Halt  gemacht  hatte,  kamen  ein  halbes  Dutzend  junger  Mädchen 
aus  dem  Dorfe  herbeigelaufen,  jede  das  Rad  auf  dem  Kopfe  tra- 


270  Am  Fusse  der  Scbanberge. 

gend.     Verkäuferiuneu  b(»teii  Maugoes  uud  getrocknete  Fische 
feil.     Während  der  Kein  gekocht  wurde,  liess  ich  mir  von  der 
weisseu  Pagode  Schweiuuto  erzähleu,  die  abseits  in  der  Wildnisi 
stehen  soll,  auf  der  Stelle  einer  grossen  Stadt  aus  alten  Zeiten. 
In  der  Tnigegend  spuckt  ein  Nat-tzo  (böser  Dümon)  und  das 
Volk  fürchtet  und  verehrt  ihn,  als  einen  Nat-gyi  (grossen  Dämon). 
Als  Noatasa^)  das  jetzt  nur  in  der  Kegenzeit  mit  Wasser  gefüllte 
I^ssin  bauen  liess,  das  damals  mit  den  künstlichen  Seen  Yaykans 
( Wasser-Keservoir)communicirte,  Hess  er,  umdie Deiche  zu  sicbern, 
seine  Königin  (Mih-payah)  dort  ertränken.     Sie  ist  jetzt  zum 
Dämon  geworden,  Menschen  und  Vieh  mit  jähem  Tode  fortraffend. 
Ihr  Natschin  stand  unter  einem  Uaume,  aber  ohne  Dach,  das  ein- 
gefallen war.     In  der  PagcKle  fand  ich  die  Figuren  mit  frischen 
Blumen  umsteckt.     In  dem  Zayat  hatten  wir  bei  unsrer  Aukuntt 
einen  gefüllten  Wasserkrug  gefunden,  der  dort  für  Keiseude  hiu- 
gestelit  war,  und  ein  Mann,  <ler  nachher  aus  dem  Dorfe  kam, 
Hühner  zum  Verkaufe  bringend,  machte  uns  darauf  aufmerksam, 
dass  er  der  wolilthätige  üeber   sei.     Wahrscheinlich   dachte  er 
durch  dieses  XerdicnstNverk  den  sündvollen  Verkauf  aufzuwiegen. 
Hühner  hatten  wir  nun  zwar,  al>er  Niemand  zum  Schlachten,  denn 
der  octroyirte  Koch,  der  zu  jeder  sein  Departement  betreffenden 
Handlung  etwas  gewaltsam  gedrängt  werden  musste,  wies  we- 
nigstens den  Stand  eines  (lurgelabschneiders  ebenso  entschieden 
als  bestimmt  zurück.     Auch  Moung  Schweb  hatte  einige  alberne 
Hinwendungen,  und  wollte  V4m  mir  wissen,  was  zu  nmchen  sei. 
Ich  überliess  es  aber   meiner  Gesellschaft  zu  handeln,  wie  es 
ihnen  beliebe:  sie  möchten  die  ihnen  am  meisten  couveuirende 
Methode  wählen,  das  Huhu  vom  Leben  zum  Tode  zu  bringen. 


♦)  Yaywaydih  lieisst  FliissvrrzwiMgungr,  und  von  Noatasa  wird  erzählt,  dass 
er  bei  ih^m  DorfcKoJHjnin  v<Tsii(*lit  habe,  die  N('bonflÖH.se  deHSainan  oder  SainaoD 
(Samoiniet)  abziidniiinien,  um  die  ain  Kusse  des  a1t(>n  Krater  Paoi»ataiin  ipelegeue 
Stadt  Kioukzook  oder  Tseliautje  (Kiaukzauk)  zu  bowassem.  Die  alte  Stadt  der 
Pagode  Schweuiuto  mag  Mieuzain  l)edeuteu  sollen,  u  o  die  Armee  dor  zur  Ein- 
setzung Kyozua's  hiT!)eigezogenon  Chiueseu  einen  (.'aual  gm!»,  den  Tliongdoe- 
myaung,  der  mit  dem  Zo-Flusse  communicirt. 


Wassermangel .  271 

unter  allen  Umständen  aber  verlange  ich  es  beim  Abendessen  auf 
meiner  Tafel  zu  seben.  Und  siehe  da,  es  erschien  in  ein  ßagout 
verwandelt,  ohne  dass  ich  mich  um  die  Art  der  Metamorphose 
weiter  zu  kUmmern  brauchte.  Indess  bezweifle  ich  fast,  dass 
nur  die  Aufopferung  für  ihren  Herrn  das  Gewissen  meiner  treuen 
Diener  betäubt  hat.  Leider  mag  ihnen  die  selbstsüchtige  Berech- 
nung nicht  fremd  gewesen  sein,  dass,  wenn  sie  mir  keinen  Braten 
vorsetzten,  für  sie  keine  Reste  bleiben  würden.  Wenn  der  Be- 
fleckung mit  Blut  scheuende  Birmane  nicht  weiss,  welclien  Weg 
er  einschlagen  soll,  so  legt  er  wohl  das  gebundene  Huhn  auf  die 
Erde,  und  setzt  sich  ihm  aus  Verlegenheit  auf  den  Hals,  da  er 
nicht  zu  wissen  braucht,  dass  die  durch  die  Schwere  seines  Kör- 
pers verursachte  Dispnoe  zur  Erstickung  füliren  könnte,  aber 
nachher  doch  froh  ist,  wenn  es  so  geschehen.  Um  im  Homa  ein 
Thier  zu  opfern,  stopfen  die  Brahmanen  alle  seine  Oeffnungen  zu 
und  warten  mit  dem  Kopfabschlagen,  bis  es  gestorben  ist  (nach 
dem  Dabistan). 

Wir  quälten  uns  wieder  durch  den  tiefen  Sand  hin,  aus  dem 
niedrige  Büsche  in  Büscheln  hervorstanden ,  und  kamen  an  der 
Pagode  Schwedaunde  vorbei ,  von  dem  Könige  auf  einem  Phitz 
gebaut,  wo  ein  Feldarbeiter  einen  alten  Schatz  gefunden  haben 
soll.  Die  Nacht  überraschte  uns-  auf  dem  Wege  und  ich  Hess 
den  Zug  dichter  zusammenschlicssen,  die  Ochsen  nach  Möglich- 
keit antreibend.  Im  Di»rfe  Payabhiu  nächtigten  wir  in  dem 
HauHC  des  Thougyi,  doch  zog  icli  vor,  in  dem  Karren  zu  schlafen. 
Wasser  war  wenig  und  schlecht.  Es  musste  aus  einer  Entfernung 
von  mehr  als  einer  Meile  herbeigeholt  werden.  Mein  Wirth  er- 
zählte mir,  iJass  da«  Dorf  auf  einem  Platze  erbaut  ist,  wo  in  alter 
Zeit  Mihn  Alaun  den  Grund  zu  einer  weissen  Pagode  legte.  Phiuh 
faeisst  weiss,  könnte  aber  auch  eine  Beziehung  zu  den  Pyu  (Pri 
oderMyu),  den  alten  Ureinwohnern  des  Landes,  gehabt  haben,  wie 
die  in  dem  Gebiete  derWaldbewohner  gegründete  Stadt  Tongu  von 
den  Brama-  oder  Byahma- Königen  beherrscht  wurde.  Auch 
auf  der  Sclavenkarte  (Hamilton's)  werden  die  Brahmans  auf  das 
rechte  Ufer  des  Sittaiig  versetzt,  wo  noch  jetzt  in  den  versteckten 
Schluchten  Reste  der  versprengten  Pyu  sich  aufhalten  sollen. 


272  -^n™  Pusse  der  Schanberge. 

Als  wir  am  nächsten  Morp:cn  mit  der  Dämmerung  aufbrachen, 
begegnete  uns  eine  Reihe  von  Karren,  in  denen  die  Passapiere 
und  Kutscher  im  festen  Schh\fe  lagen,  während  die  Ochsen  me- 
chanisch den  Weg  hinzogen.  Als  wir  sie  aufweckten,  um  die 
Strasse  frei  zu  machen,  hiirten  wir,  dass  sie  von  einem  in  der  Pjigode 
PaV'i^-tzu  aufgeführten  Poeli  (Scliauspiel)  kämen.  Hald  kamen 
wir  an  der  Stelle  vorbei,  wo  eine  ganze  Gruppe  von  Pagoden  zu- 
sammenstand. Die  Strasse  entlang  kamen  20  -  <-^0  Knaben,  mit 
Cocosniisseu,  Bananen,  Zeug  u.  s.  w.  wohlbeladen,  und  hinter 
ihnen  gingen  drei  Pungyi,  die  sich  bei  derFcstliclikeit  alle  diese 
Dinge  zur  Freude  der  Geber  hatten  schenken  lassen.  Weiterhin 
sahen  wir  die  Zwillingspagode  Nyinaunde,  die  eine  roth,  die  an- 
dere weiss,  von  zwei  HrUdern  erbaut,  und  zwischen  den  Käumcn 
hindurch  blickten  die  Häuser  des  Dorfes  Wundwinde,  dessen 
Frauen  um  den  Brunnen  versammelt  standen.  Zum  FrühstUek 
wurde  Halt  gemacht  in  einem  Zayat  der  Tju-Paya- Pagode 
neben  einem  Kloster.  In  der  inneren  Halle  fand  sich  ein  grosses 
Götterbild  hinter  einem  Tische,  auf  den  zum  Gottesgericht  zwei 
Kerzen  gestellt  werden.  Derjenige,  dessen  Kerze  zuerst  nieder- 
brennt, wird  für  schuldig  erklärt.  Hinter  der  Statue  lebt  eine 
grosse  Schlange,  die  mit  Gold  und  Silber  gefüttert  wird.  Wenn 
Jemand  vor  die  Figur  tritt  und  einen  Meineid  schwr>rt,  so  folgt 
sie  beim  Weggehen  dem  Sünder,  packt  und  verschlingt  ihn.  In 
mondhellen  Nächten  konmit  sie  heraus,  aus  dem  Brunnen  im 
Klosterhofe  zu  trinken.  Als  ich  dorthin  ging,  dasselbe  zu  thuu, 
fand  ich  auf  ihm  ein  paar  kleine  Knaben  aus  der  Klosterschule  sitzen, 
die  ich  über  die  Schlange  befragte.  Sie  zeigten  mir  Spuren  im 
Sande,  als  die  Linie,  in  der  sie  nach  dem  Brunnen  gekommen. 
Sie  wandere  auch  sonst  umher,  meinten  sie.  Einer  erzählte,  dass 
er  einst  bei  Nacht  auf  dem  Felde  ein  sonderbares  Geräusch  ge- 
hört und  geglaubt  habe,  es  sei  ein  Tazeit  (böser  Geist).  Beim 
Hinblicken  aber  habe  er  die  Umrisse  der  Schlange  erkannt. 

Während  des  Frühstückes  kam  ein  Mann,  der  ein  Pferd  zum 
Verkauf  anbot.  Sonst  war  im  Dorfe  von  Nahrungsmitteln  nielitn 
zu  haben,  da  der  Bazaar  erst  Abends  abgehalten  wird,  wenn  die 
Karren  zur  Nachtrast  ankommen.     Als  wir  weiter  zogen,  sah 


Eintheilang  der  Pagoden.  27g 

ich  Behwärts  im  Felde  eine  weiBBe  Pagode  Btehen,  die  ein  Ayoh- 
Oh  oder  Ajoh-Dzedi  (Knochentempel)  genannt  wurde,  weil  über 
den  Gebeinen  eines  yerstorbenen  Pungyi  erbaut.  Ich  Hess  die 
Wagen  yorausfahren  und  ging  hin ,  sie  zu  besichtigen ,  als  mir 
auB  einem  Busche  ein  Mann,  mit  gezogenem  Säbel  in  der  Hand, 
ungestttm  entgegentrat  und  mit  rauher  Stimme  fragte,  wohin  ich 
ginge.  Da  ich  vor  der  Antwort  die  Hand  an  den  Griff  des 
Revolvers  gelegt  hatte,  den  er  aus  dem  Gürtel  hervorblicken  sehen 
konnte,  wurde  er  indess  höflicher  und  entschuldigte  sich,  dass  er 
mich  aufgesucht  habe,  um  über  ein  Pferd  zu  sprechen,  das  meine 
Absicht  gewesen  sein  sollte  zu  kaufen.  Die  Knochenpagode  war 
ohne  Eingang,  aber  mit  verschiedenen  Inschriften  bekritzelt.  Die 
Birmanen  unterscheiden  durchschnittlich  vier  Arten  von  (üetih, 
die  Öatu-£etih,  worin  Reliquien  eines  Buddha  oder  eines  Heiligen 
niedergelegt  sind,  die  Dhamma-6etih,  zur  Aufbewahrung  heiliger 
Schriften,  die  Paribhoga-ietib,  die  eine  der  acht  geweihten  Ge- 
räthschaften  einschliesst,  und  die  Uddhisa-6etih,  die  Weihgegen- 
stände enthält.  Den  Kern  der  Pagode  bildet  der  lotusartige 
Dagob,  als  der  Behälter  des  Heiligthums,  obwohl  derselbe  oft 
unter  der  Vervielfachung  des  bunten  Nebenwerkes  fast  ganz  ver- 
schwindet. 

Als  ich  die  Karren  wieder  einholte ,  kamen  wir  an  einem 
prächtigen  Blumenbeet  vielfarbiger  Lotus  vorbei,  die  die  ganze 
Oberfläche  eines  Klosterteiches  bedeckten.  Einer  der  Pungyi 
schickte  seinen  Knaben,  mich  um  die  Ehre  eines  kurzen  Besuches 
zu  bitten.  Er  empfing  mich  mit  den  gewöhnlichen  Freundschafts- 
bezeigungen und  fragte  mich,  ob  ich  den  birmanischen  Gott  ver- 
ehre. Es  folgte  dann  eines  der  den  Buddhisten  geläufigen  Ge- 
spräche über  die  wahre  Religion,  ob  nur  eine  die  einzig  richtige 
wäre,  oder  ob  sie  alle  aus  dereelben  Wurzel  hervorgewachsen 
und  nur  verschiedene  Gestaltungen  zeigten,  wie  die  Hautfarbe  der 
Völker  in  den  verschiedenen  Ländern.  (Sicut  Dens  dedit  manui 
diverses  digitos,  ita  dedit  hominibus  diversas  vias,  hörte  Ruysbroek 
vom  Mongolen -Chan.)  Er  schien  nicht  abgeneigt,  Zuzugeben» 
dass  Gautama's  Verbot,  keine  Thiere  zu  tödten,  auf  kalte  LHo^dert 
wo  Fleischspeisen  nothweudig  sind,  keine  Anwendung  fiadM 

BMÜan,  OttMiea.    II.  13 


274  ^^  Fii86e  der  Schanberge« 

könne.  Die  Klosterbibliothek,  erzählte  er  mir,  enthielte  ungefiUir 
100  Bände,  grösstentheils  zum  Pitagat  gehörig.  Einige  der  Figuren 
in  seinem  Zimmer  waren  mit  einem  spiraligen  Thurm  als  hohem 
Kopfschmuck  verziert.   Auf  meine  Frage  nach  der  Bedeutung  er- 
klärte er  es  für  ein  Zeichen  grosser  Glorie,  und  auf  die  weitere 
Frage,  warum  es  bei  andern  Bildern  fehle,  meinte  er,  Alles  das 
sei  Uberein  wie  bei  der  Manifestation  Buddha's,  halb  Feuer  und 
halb  Wasser.    Das  Eine  sei  so  gut  als  das  Andere,  es  sei  doch 
immer  derselbe  Gott.     In  der  buddhistischen  Symbolik  indessen 
bezeichnet  die  königliche  Haupttracht  entweder  Buddha  in  seiner 
Transfigumtion  als  Zina  *) ,  der  Sieger  unter  dem  Bodhi-Baum, 
oder  als    den   unter  den  Lobpreisungen  Keisa  Gautama's  in 
den  Wald  ziehenden  Prinz,   nachdem  sein  Turban  durch  die 
Hand  eines  Nat  in  tausend  Windungen  aufgethUrmt  war,  die 
doch   nur  wie  eine  einzige  erschienen.     Eine  protestantische 
Richtung  der  Mönche,   zu  der  mein  Freund  gehören  mochte, 
sucht  aber  Unterschiede  möglichst  zu  verwischen.    In  einem 
andern   Kloster    wurde]  der    als  König   mit  dem  Nakin    ge- 
schmückte GautamaTandzadzaun-Paya  genannt,  aus  seiner  könig- 
lichen  Existenz.     Buddha's   Figur   mit   gethlirmter  Kopftracht 
heisst  Bhodiri  (der  Gott  mit  dem  Griff)  und  die  Figur  mit  der 
Kopfbeule:  Paundoh-uh  (die  Bedachung  von  Altersher).  Die  durch 
die  Gedankenkraft  hervorgetriebeue  Usnischa  würde  phrenolo- 
gische  Untersuchung  verlangen.    Unwissende  Mönche ,  die  die 
Pali-Namen  nicht  kennen,  unterscheiden  die  vielen  Figuren  nur 
als  stehende ,  sitzende  und  liegende.     In  einem  Buche  fand  ich 
die  Bemerkung,  dass  nach  dem  Gebrauch,  der  Verfertiger  einer 
stehenden  Figur  eine  sitzende,  und  nach  dieser  eine  liegende 
machen  lassen  könnte,  aber  nicht  umgekehrt,  weil  man  nicht  zu- 
rttckschreiten  dürfte. 

Als  wir  beim  Weiterfahren  durch  einen  Wald  kamen,  hatten 
die  schon  den  ganzen  Tag  lärmenden  und  polternden  Hühner, 
denen  das  Rütteln  und  Stossen  der  Karren  nicht  zu  gefallen  schien, 

*)  DaB  Word  Jai,  wie  (nach  dem  Dabistan)  in  der  Abadi-  oderAzari-Sprache 
dn  HeUiger  genannt  wird,  erinnert  (bemerkt  Troyer)  an  Jina  or  Jaioa  from  ji  (to 
oonqner  or  excel)  in  the  Jaina  sect. 


Wasser-Privilegien.  275 

sich  durch  den  Korb  durchgearbeitet  und  waren  entwischt.  Nach 
vergeblichen  Versuchen  sie  zu  erhaschen,  wurden  sie  geschossen, 
um  sie  nicht  zurückzulassen.  Erst  nach  Sonnenuntergang  kamen 
wir  bei  dem  Dorfe  Hansa- Yoa  an  und  fuhren  an  einem  Zayat 
vor,  der  in  der  Umzäunung  eines  Klosters  ausserhalb  stand ;  da 
indess  die  Mönche  auf  unsere  Frage  nach  Wasser  nichts  zu  haben 
behaupteten,  begaben  wir  uns  nach  dem  Hause  des  Thougyi,  der 
bestätigte,  dass  das  Wasser  aus  weiter  Entfernung  herbeigebraeht 
würde  und  deshalb  auch  nicht  reichlich  mittheilen  konnte.  Das 
Dorf  ist  nach  einem  Tsoboa  oder  Prinzen  der  Schan(Han)  genannt, 
dem  es  früher  gehörte.  Bei  dem  unveränderiichen  Sonnenumlauf 
der  Tropen  ist  die  Tageszeit  immer  leicht  zu  berechnen,  und  der 
Birmane,  um  die  Stunde  zu  bezeichnen,  zeigt  mit  der  Hand,  wie 
hoch  die  Sonne  war,  oder  sagt  vielleicht  vergleichungsweise, 
einen  Palmbaum  hoch. 

Noch  vor  Tag  brachen  wir  auf,  mussten  aber  im  Jungle 
halten,  da  sich  so  viele  Wege  kreuzten,  dass  wir  fürchteten, 
den  richtigen  zu  verlieren.  In  einem  Brunnen,  wo  wir  vorbei- 
kamen, war  das  Wasser  so  spärUch,  dass  es  nur  mit  flachen  Korb- 
schüsseln herausgeschöpft  werden  konnte.  Sonst  wird  Wasser 
mit  Eimern  aufgeholt,  die  durch  das  Gewicht  an  der  andern  Seite 
des  Brunnenbalkens  sich  wieder  heben.  Weiterhin  indess  kamen 
wir  zu  einem  Teich  (Hansada- Yaykan),  der  zum  Baden  diente, 
während  viele  Karren  sich  mit  Wasser  beluden,  um  dasselbe  nach 
den  Dörfern  zu  schaffen.  Gegen  Mittag  rasteten  wir  in  dem 
Zayat  eines  Klosters  neben  dem  Dorfe  Yapiledeh.  Im  Felde 
war  ein  offener  Brunnen  gegraben ,  aber  mit  so  wenig  Wasser, 
dass  es  mit  Löffeln  aufgetunkt  werden  musste,  und  die  Leute 
standen  da  wartend,  bis  die  Keihe  an  sie  kommen  würde.  Da- 
neben war  ein  anderer  Brunnen ,  ziemlich  voll  mit  Wasser,  aber 
ein  gelbes  Tuch,  das  übergehängt  war,  reservirte  ihn  für  die 
Pungyi,  da  es  für  Solche  eine  grosse  Sünde  sein  würde,  aufge- 
rührtes Wasser  zu  trinken,  und  viele  Benutzung  diesen  Brunnen 
ebenso  schmutzig  machen  würde,  wie  den  andern.  In  Vorder- 
indien sind  solche  Priesterbrunnen  häufiger.  Ich  hatte  mich  einst 
für  mehrere  Tage  in  den  Tempel  -  Ruinen  Mahabalipuram's  ein- 

18* 


276  Am  Fasse  der  Sclumbeige. 

quartiert  und  erhielt  dort  sehr  sehlechtes  Wasser,  bis  ich  auf 
einer  meiner  Excursionen  einen  andern  Brunnen  sah  und 
dem  zum  Wassertragen  engagirten  Coulie  befahl,  von  dort  £U 
holen.  Er  that  es  auch,  aber  am  Abend  kam  eine  Deputation  der 
Brahmanen  aus  dem  nahen  Dorfe  zu  mir  heraus,  um  sich  über 
meinen  Diener  zu  beklagen,  der  zu  dem  Auswurf  der  Pariab  ge- 
höre und  den  Brunnen  ihrer  heiligen  Kaste  entweiht  habe,  sodass 
jetzt  Niemand  das  Wasser  trinken  dürfe.  Um  weitere  Eingriffe 
zu  vermeiden,  engagirte  ich  einen  Brahmanen  zum  Wasserträger, 
der  arme  Coulie  war  aber  so  in  Angst  gesetzt,  dass  er  mich  beim 
Weggehen  flehentlich  um  eine  Bescheinigung  bat,  dass  er  nur  in 
meinem  Auftrage  gehandelt,  weil  ihn  sonst  die  Brahmanen  über- 
all verfolgen  würden. 

In  dem  Kloster  dieser  Wassermonopolisten  fand  ich  die 
Knaben  in  der  Si'.liulstunde.  Einige  lasen  den  Mengaladzat,  an- 
dere den  Payatgyi,  andere  Gebete.  Beschriebene  Tafeln  standen 
umher.  Die  Knaben  waren  aus  verschiedenen  Dörfern.  Fünf 
unter  ihnen  gehiirten  zum  Doi-fe  Yapiledeh,  das  24  Häuser 
enthält. 

Die  Klöster  sind  mehr  Schulen  als  Kirchen  und  es  ist  zu- 
niichst  als  Lehrer,  nur  ausnahmsweise  als  Geistlicher,  dass  die 
Mönche  in  öffentliche  Wirksamkeit  treten.  Dem  Buddhismus  fehlt 
ganz  die  priesterliche  Vermittelung,  und  somit  ein  eigentlicher 
Gottesdienst,  denn  obwohl  sich  die  Brüderachaft  in  regelmässig 
dotirten  Klöstern  täglich  früh  oderAbends,  in  andern  besonders  an 
Festtagen,  in  pleno  in  dem  der  Pagode  angebauten  Tempel  versam- 
melt und  im  Unisono  Paliformcln  herleiert,  so  geschieht  dies  doch 
nur  zu  ihrem  eigenen  Besten  ohne  Rücksicht  auf  eine  Gemeinde. 
Auch  der  Laie  hat  beim  Besuche  der  Pagode  selbst  sein  eigenes 
Seelenheil  zu  besorgen,  nur  mag  er  sich,  statt  an  die  durch  die 
stumme  Figur  repräseutirte  erste  Person,  an  die  lebendige  dritte 
Person  seiner  Trinität  wenden,  d.  h.  eben  an  einen  der  Mönche; 
aber  obwohl  er  denselben  zu  seinem  Gewissensrath  auswählen 
mag,  kann  er  ihn  doch  nicht,  wie  der  Indier  den  Brahmanen,  mit 
Aufträgen  an  den  Himmel  betrauen.  Der  Lamaismus  hat  in- 
dess  Umwege  gefunden,  um  auch  darin  wieder  den  Wünschen 


Der  Teich  von  MeithiU.  277 

menschlicher  Schwachheit  entgegenzukommen.  Abgesehen  von 
dem  Ausschmücken  der  Pagode  oder  Bilder,  dem  Darbringen  von 
Blumen,  Zeug  u.  s.  w.,  sowie  der  dem  Kloster  gemachten  Ge- 
schenke, bleiben  magisch  bindende  Opfer  vom  Cultus  der  Bud- 
dhisten ausgeschlossen.  Das,  wie  auf  Ceylon,  auch  in  Siam  be- 
kannte Bali  ist  nur  ein  gelegentliches  Gnadenbrot  für  das  abge- 
setzte Göttergeschlecht  eines  früheren  Dämonenglaubens. 

Als  ich  nach  dem  Zayat  zurtlckkam,  war  weder  Stroh  noch  Holz 
angelangt,  obwohl  ich  gleich  nach  der  Ankunft  zu  dem  Thougji 
geschickt  hatte.  Derselbe  habe  geantwortet,  dass  sein  Vorrath 
erschöpft  sei.  Ich  Hess  ihn  herbeirufen,  und  als  er  sah,  dass 
Ernst  gemacht  werden  müsste,  war  das  Benöthigte  bald  herbei- 
geschafft. Gleichzeitig  mit  uns  waren  einige  Wagen  aus  Mei- 
thila  an  dem  Zayat  vorgefahren,  um  Mittagsruhe  zu  halten. 
Die  Reisenden  erzählten  mir  von  dem  berühmten  Nat-Tempel 
dort.  Als  Bodopaya  den  grossen  Wasserteich  grub,  Hess  er  an 
jeder  der  vier  Ecken  ein  Menschenopfer  bringen,  und  die  Seelen 
hausen  dort  jetzt  als  vier  Dämone,  Liinsin,  Mihtaya,  Miupiuschin 
und  Maunjiatu  genannt. 

Am  Nachmittag  war  der  Weg  hügelig  und  brachte  uns  zu 
einem  Teich,  in  den  ich  mich,  ausgedörrt  durch  die  brennende 
Sonnenhitze  dieser  bis  dahin  so  dtlrren  Gegend,  für  eine  Viertel- 
stunde hineinlegte,  bis  sich  die  Poren  mit  dem  kühlen  Elemente 
wieder  vollgesogen  hatten,  lieber  grüne  Wiesen  kamen  wir  zu 
einem  andern  Wasserteich  neben  der  Pagode  Bogum,  und  von 
einem  Tempel  auf  einer  Hügelspitze  sah  ich  an  drei  SteUen  Seen 
zwischen  den  Bäumen  hervorblitzen.  Von  einem  noch  höheren 
Punkte  war  die  Linie  der  Schanberge  sichtbar. 

Abends  bei  der  Ankunft  im  Dorfe  Moundoung  fuhren  wir  zum 
2^yat  neben  dem  Kloster,  wurden  aber  durch  den  Thougyi,  der 
auf  die  Nachricht  unserer  Ankunft  herbeigeeilt  war,  ersucht,  in's 
Dorf  hineinzukommen,  wo  wir  sicherer  sein  würden.  Er  selbst 
lebt  jetzt  in  einem  benachbarten  Dorfe,  führte  uns  aber  zu  dem 
früher  von  ihm  bewohnten  Hause.  Da  dasselbe  an  eine  Familie 
vermiethet  und  nicht  sehr  geräumig  war,  zog  ich  vor  neben  den 
Karren  im  Hofe  zu  bleiben.    Als  eben  die  verschiedenen  Feuer 


278  ^^  Fuue  der  Sclumberige. 

angeschürt  waren,  kam  ein  plötzlicher  Windstoss,  der  die  bren- 
nenden Kohlen  zwischen  den  niedrigen  Strohdächern  und  den 
Matten  des  aufgestapelten  Gepäcks  umhertrieb,  aber  zugleich 
stürzte  ein  Platzregen  herab,  der  uns  in  die  Stube  hineinjagte, 
obwohl  wir  sie,  ausser  den  menschlichen  Eigenthümem,  auch  mit 
Kühen  theilen  mussten.  Wegen  dieses  Unwetters  wurde  es  dem 
Thougyi  auch  schwer,  die  Nachtwachen  herbeizuschaffen,  aber  er 
war  viel  besorgter  für  unsere  Sicherheit  als  wir  selbst.  Wir  hat- 
ten jetzt  das  Gebiet  des  Prinzen  von  Nyaungyam  betreten,  der 
schon  unsere  Ankunft  anzeigende  Briefe  voraufgeschickt  und  allen 
seinen  Behörden  specielle  Befehle  für  unsem  Empfang  gegeben 
hatte.  Ueberhaupt  aber  macht  auch  schon  derRegierungspass  den  ' 
Reisenden  zu  einer  bedenklichen  Person  in  einem  birmanischen 
Dorfe,  weil  die  Bewohner  desselben  für  alle  Dinge  aufkommen 
mtlssen,  die  ihm  verloren  gehen  oder  um  die  er  bestohlen  werden 
sollte.  Jeder  wird  ihn  deshalb  gern  so  rasch  wie  möglich 
wieder  los. 

Beim  Abendgespräch  hörte  ich,  dass  das  Dorf  20  Häuser  ent- 
halte mit  300  Ochsen.  Im  Kloster  lebt  ein  Pungyi,  der  zehn 
Knaben  unterrichtet,  zu  verschiedenen  Dörfern  gehörig.  Vor  dem 
Nachbarhause  stand  eine  buntgeschmüekto  Lehmpagode*),  wegen 
eines  Krankheitsfalles  aufgerichtet. 

Der  Weg  am  nächsten  Tage  war  hügelig.  Ueber  die  Bäume 
hinausragend,  sahen  wir  das  doppelte  Dach  des  Klosters  Myadaou, 
ein  grosses  Götterbild  enthaltend,  bei  dessen  Anblick  Pferde  sich 
erschrecken  und  durchgehen.  Ueber  den  Schwedatschaun,  einen 
Nebenfluss  des  Paloung,  führte  eine  Brücke.  Auf  der  andern 
Seite  verloren  wir  den  Weg  im  Walde,  kamen  aber  nach  einigem 
Umherirren  zu  der  verfallenen  Stadtmauer  des  alten  Nyaungyam, 
mit  dem  Graben  des  früheren  Nandau  oder  Palastes,  wo  ein 
peguanischer  König  eine  Zeitlang  residirte.  Der  jetzige  Flecken 
ist  an  dem  einen  Ende  der  früheren  Stadt  erbaut  und  besteht  aus 
niedrigen  Häusern,  die  in  Gärten  liegen.    Das  Terrain  ist  ge- 

*)  One  distiDfraisbing  mark  of  the  Pei-aradanai  (devil-worship)  of  the  Sha- 
nare  is  the  erection  of  pyramidical  heaps  of  eartb  and  often  coloured  in  strips. 
GeneraUjr  there  is  one  or  more  of  ttaese  pyramids  on  every  pei-coil  (dovil-house). 


NyaaDgyam.  279 

brochen  und  gewinnt  durch  die  Betelpflanzungen,  in  denen  die 
Winden  an  hohen  Stangen  aufranken,  einen  pittoresken  Anblick. 
In.  der  alten  Pagode  von  Schwekuh,  die  schon  der  Gründung  der 
Stadt  vorherging,  führen  drei  Spitzbogengänge  zu  der  Aushöhlung, 
auf  deren  Rückwand  ein  Blumenbaum  in  Stuccatur  ausgearbeitet 
ist.   Um  das  grosse  Götterbild  lagen  viele  kleinere  auf  dem  Boden 
umher,  theils  aus  Stein,  theils  aus  Holz,  theils  aus  Lehm  mit  Ver- 
goldungen. Ein  kupfernes  zeigte  einen  sitzenden  Buddha  an  einen 
Baum  gelehnt,  der  mit  den  Zweigen  ein  wölbendes  Dach  über 
seinem  Haupte  bildet.  DieWände  waren  al  fresco  mit  Darstellungen 
aus  den  Djat  bemalt,  aber  der  Beleg  zum  Theil  heruntergefallen. 
Die  Pagode  Schwezandoh  hatte  verschiedene  Oeffiiungen,  jede 
mit. einer  Figur.    Neben  dem  einen  Paya  stand  das  Lehmbild 
Utobauk.    Von  den  kleinem  in  Kupfer,  die  ohne  Ordnung  um- 
herlagen, occupirte  das  eine  das  Centrum  einer  Kreisscheibe,  an 
deren  Peripherie  andere  herumgesteckt  waren,  in  anbetender 
Stellung.  Auch  um  ein  liegendes  Kupferbild  waren  Figuren  auf- 
gesteckt, die  aus  ihren  Löchern  herausgenommen  und  verschie- 
dentlich gruppirt  werden  konnten.    Ich  stattete  einen  Besuch  bei 
dem  Pungyi  ab,  der  mir  die  Yasuen  (Geschichte)  Nyaungyam's 
auf  einer  Parabeik  (Tafel)  geschrieben  zeigte,  als  einen  Auszug 
aus  dem  Maha-Yasuen  (der  allgemeinen  Geschichte  Birma's).  Ein 
königlicher  Palast  wurde  in  Nyaungyam  gebaut,  als  Miintissa,  der 
Sohn  des  peguanischen  Königs  Minjinaun,  dort  seinen  Aufenthalt 
nahm.    Weitere  Ausdehnung  erhielt  die  Stadt  unter  den  folgen- 
den Königen. 

;,Als  in  Besiegung  seiner  Feinde  sich  sein  Ruhm  ttbersämmt- 
liche  Wesen  verbreitet  und  überallhin  bekannt  geworden  war, 
vermählte  Dammajit  seine  Tochter,  die  Tochter  seines  Herzens, 
unter  grossen  Festlichkeiten,  und  jetzt  thront  sie  erhaben  in  dem 
Palaste,  als  die  königliche  Schwester,  die  sechs  Laster  vermeidend 
und  von  SOOORathgebern  umringt,  die  wohl  erfahren  in  den  Vor- 
schriften des  Gesetzes  sind.  Nachdem  er  so  alle  seine  Gegner 
niedergeworfen  und  der  Klang  seines  Namens  weithin  erschollen, 
gab  er  die  umliegenden  Städte  unter  die  Gerichtsbarkeit  Nyaung- 
kyan's,  und  dort  umgeben  von  seinen  Heerführern  und  Tapfem, 


280  ^"™  Fu8»e  der  Schanberge. 

krönte  er  unter  grossen  Ehren  bei  Ankunft  derbimianischenlYup- 
pen  seine  Tochter  mit  dem  Titel  Laun-Natschin.**  So  heisst  es  in 
dem  Auszuge  einer  kurzen  Copie,  die  ich  während  unserer  Mittags- 
rast in  dem  Kloster  Nyaungj^am's  (Nyaungkyan's)  machen  liess. 

Der  Flecken  enthält  jetzt  40  Häuser,  und  20  Knaben,  die 
grösstentheils  in  Nyaungyam  zu  Hause  gehören,  werden  in  dem 
Kyaung  von  Schwezandoh  unterrichtet.  Nur  drei  oder  vier 
Knaben  besuchen  die  Klosterschule  der  anderen  Pagode,  und  der 
Pungyi  des  dritten  Klosters  von  Schwekuh  ist  kürzlich  gestorben, 
und  hat  noch  keinen  Nachfolger.  Bei  der  Rückkehr  zu  dem 
Wagen  fand  ich  Geschenke  von  Bananen,  Mangoe,  Geflügel  und 
Reis,  die  der  Thougyi  geschickt  hatte. 

Als  wir  am  Nachmittag  aufbrachen,  von  einer  Ehrengarde  mit 
Flinten  und  Säbeln  geleitet,  fanden  wir  die  Brücke  über  den  Nyaung- 
yam-Fluss  (der  in  den  Paloung  fällt)  nur  für  Fussgängerpassirbar, 
so  dass  die  Wagen  eine  F^irt  suchen  mussten.  Der  anfangs  hügelige 
Weg  wurde  dann  eben.  Die  zu  dem  hohen  Tafellande  der  Scban  auf- 
steigende Gebirgsmauer  stand  jetzt  in  voller  Ansicht,  und  von  der 
Ebene  gesehen,  wo  sich  die  Karren  langsam  zwischen  dem  ver- 
krüppelten Baumwuchs  der  8andebene  hinschleppten,  riefen  sich  die 
aus  Seereisen  wohl  bekannten  Erinnerungen  eines  hohen  Küsten- 
landes hervor,  an  dessen  Fusse  die  Wellen  schäumen,  und  auf 
dem,  wie  das  Schiff  näher  und  näher  kommt,  erst  die  angebauten 
Stellen  durch  ihre  Färbung  dem  Auge  kenntlich  werden,  dann 
die  Behausungen  der  Dörfer,  und  schliesslich  die  sich  bewegen- 
den Gestalten  von  Thieren  und  Menschen.  Je  nachdem  sich  der 
Weg  mehr  oder  weniger  dorthin  schlängelte,  desto  mehr  Einzel- 
heiten konnten  am  Abhänge  und  den  zur  wellig  gehobenen  Ebene 
fuhrenden  Wegen  unterschieden  werden.  Aus  dem  nächsten 
Dorfe  kam  uns  ein  Bote  des  Prinzen  entgegen  und  führte  uns  zum 
Nachtquartier  in  das  Haus  desGoung,  da  es  weder  einen  Thougyi 
noch  seinen  stellvertretenden  Kosela  dort  gab.  Noch  während 
des  Abends  langte  aber  der  Thougyi  des  nächsten  Dorfes  an,  der 
sich  herüberbegeben  hatte,  um  zu  sehen,  ob  Alles  in  Ordnung  sei 
und  Nichts  mangele.  Das  Dorf  hiess  Shan-joa  oder.  Dorf  der 
Schan,  weil  früher  dort  Schan  gelebt  hatten.  Es  enthält  ein  Kloster, 


Piobaeh.  281 

aber  die  Knaben  werden  in  die  Schule  eines  andern  Dorfes  ge- 
schickt. Die  alte  Pagode  ist  zusammengefallen,  eine  neue  wird 
jedoch  jetzt  gebaut  und  mein  Hauswirth  ist  derTaka  oder  Stifter. 

Auf  dem  Wege  des  nächsten  Tages  begegneten  uns  viele 
handeltreibende  Schan's,  mit  Körben  beladen.  Sie  bringen  Erb- 
sen, Saifran  u.  s.  w.  zum  Verkauf  und  unter  den  Sachen,  die  sie 
zurücknehmen,  finden  sich  besonders  Betelblätter  und  Ngapie. 
Wir  passirten  den  fast  trockenen  Taboh-tschaun ,  der  in  den 
Samo-miet  fallt,  und  ich  dachte  an  dem  noch  frühen  Vormittage 
ein  Stück  über  die  Stadt  Piobaeh  hinauszukommen,  aber  eine  De- 
putation der  Behörden  kam  mir  entgegen,  um  mich  nach  dem 
Hause  des  Myothougyi  zu  führen,  wo  auf  des  Prinzen  Befehl  Alles 
zu  meinem  Empfang  bereitet  wäre.  Die  Wohnung  war  geschmückt 
und  eine  geputzte  Gesellschaft  versammelt.  Es  schienen  man- 
cherlei Reden  und  Complimentsfragen  vorbereitet,  doch  da  die 
Zeit  meines  Aufenthalts  nur  beschränkt  war,  so  brachte  ich  das 
Gespräch  rasch  aufs  Praktische.  Die  Stadt,  wie  ich  hörte,  ent- 
hält 1000  Häuser,  30  Pagoden  und  10  Kyaung.  Sie  ist  gegrün- 
det durch  Miintissa,  den  Sohn  des  Szinbiumiashin  oderMinjinaun, 
Königs  von  Pegu.  In  den  Kriegen  mit  dem  Könige  von  Pagan 
theilte  Szinbiumiashin  das  eroberte  Land  und  erbauete  in  Nyaun- 
gyam  einen  Palast  für  seinen  Sohn  Moungtissa  oder  Miintissa,  der 
sich  in  ein  hübsches  Bauermädchen  aus  dem  Dorfe  Pauktojoa 
verliebt  hatte. 

Da  mir  der  Pungyi  des  Klosters  Myoungteik  als  besonders 
gelehrt  gerühmt  wurde,  begab  ich  mich  dorthin.  Er  empfing  mich 
mit  gewohnter  Zuvorkommenheit,  räumte  einen  Platz  auf  seinem 
Teppich  ein  und  legte  mir  einige  der  Kuchen  vor,  die  ihm  zur 
Gabe  gebracht  waren.  Er  schien  in  den  acht  Büchern  der  Gram- 
matik wohl  bewandert  und  machte  mir  einige  Mittheilungen  da- 
rüber, die  ich  aufzeichnete.  Bei  der  Rückkehr  zum  Hause  des 
Stadtobersten  stand  das  Frühstück  für  mich  bereit  und  ein  anderes 
für  meine  Leute,  die  der  birmanischen  Küche  alle  Ehre  anthaten. 
Durch  die  Combination  des  Aufenthaltes  im  Palast  mit  meinem 
Charakter  als  Arzt,  war  mir  unterwegs  der  Ruf  vorhergegangen, 
dass  der  Leibarzt  des  Königs  die  Strasse  ziehe,  und  auch  bis  hier- 


282  ^^  Fusse  der  S chanberge. 

her  gedrungen.  So  fehlte  es  nicht  an  Bitten  um  ärztlichen 
Rath,  aber  wäre  meine  Medicinkiste  selbst  ganz  frisch  in  der 
Apotheke  gefüllt  gewesen,  so  würden  doch  einige  der  Anfragen 
schwer  zu  befriedigen  gewesen  sein.  Der  Stadtschreiber  wünschte 
eine  Medicin,  die  erMihkankunganmon  nannte,  womit  man  jedes 
Feuer  austreten  könne.  Nach  alten  Büchern  sollte  sie  sich  in 
der  Tiefe  des  Oceans  finden.  Das  möchte  sein,  erwiederte  ich 
ihm,  aber  in  Europa  sei  sie  schwerlich.  Der  Myothougyi  wollte 
Medicin  gegen  Flintenkugeln,  wo  möglich  auch  gegen  Kanonen, 
und  zuletzt  kam  ein  Stockblinder,  der  Hexen-Medicin  begehrte, 
weil  man  ihm  seine  Krankheit  angesprochen  hätte. 

Ais  ich  am  Nachmittage  zum  Aufbruche  fertig  war,  standen 
neben  meinem  Wagen  zwei  Pferde,  von  denen  das  schöner  aufge- 
zäumte mir  vorgeführt  wurde,  als  Geschenk  des  Prinzen;  das  an- 
dere war  für  Moung  Schweb  bestimmt.  Ich  war  im  ersten  Augen- 
blick etwas  bedenklich,  zwei  neue  Consumenten  unserem  Zuge 
zuzufügen,  da  wir  schon  bisher  mit  dem  Futter  zuweilen  etwas 
kurz  gekommen  waren;  aber  der  Myothougyi  erklärte  sogleich, 
dass  es  des  Prinzen  Befehl  sei,  und  er  die  Pferde  unter  keinen 
Umständen  behalten  könne.  So  wurde  aufgestiegen,  dem  Geber 
ein  Gruss  nach  Mandalay  zurückgeschickt  und  der  Zug  in  Be- 
wegung gesetzt.  In  den  Dörfern,  wo  wir  vorüber  kamen,  waren 
die  hügligen  Erhebungen  ihrer  Umgebung  mit  Pagoden  g^ 
schmückt.  Bei  der  Pagode  von  Pcgum  führten  die  breiten  Stufen 
der  Treppe  bis  zur  Landstrasse  herunter  und  an  derselben  stan- 
den die  hütenden  Löwen.  Die  Einladung  war  zu  verführerisch, 
und  das  Pferd  Moung  Schweb  zum  Halten  gebend,  stieg  ich  hin- 
auf. Das  Hauptbild  schien  eine  liegende  Riesenfigur  zu  sein,  von 
Anbetern  umgeben.  Die  Pagode  stand  zwischen  Gärten  von  Ba- 
nanen, die  im  jungen  frischen  Grün  glänzten,  und  Pflanzungen 
von  Betelwinden.  Die  Karren  waren  bald  wieder  eingeholt,  und  ich 
Hess  mir  durch  den  mitgegebenen  Führer  aus  Piobaeh  noch  einige 
Details  mittbeilen  über  die  unter  der  Jurisdiction  des  Prinzen 
stehende  Provinz,  die  wir  jetzt  schon  wieder  verlassen  hatten. 
Ueber  dem  Thougyi  steht  der  Dain,  dann  der  My-ok,  dann  der 
Myo-Thougyi,  dann  der  Myo-Wun,  dann  derMyo-tsa  (der  jüngere 


Die  Dorfwächter.  283 

Bruder  des  Prinzen),  dann  der  Nyaung-yam-Ming-tha  (der  Prinz 
von  Nyaung-yam).  In  seinem  Distriete  finden  sich  40  Thougyi's 
und  jedes  Haus  zahlt  jährlich  wenigstens  3  Rupien.  Einige 
Reichere  15—20  Rupien.  Die  Revenue  kommt  zunächst  in  die 
Hände  des  Königs,  der  dann  davon  dem  Ming-tha  und  Myo-tsa 
zukommen  lässt.  Die  Beamten  werden  vom  Könige  ernannt,  der 
indess  gewöhnlich  erst  den  Prinzen  darum  befragt  und  es  zu- 
weilen ihm  ganz  überlässt. 

Abends  kamen  wir  in  die  Nähe  der  im  Oktober  von 
Pilgern  besuchten  Pagode  Sudaundieh  nach  dem  Dorfe  Swedon- 
gainye,  wo  weder  der  Thougyi  noch  dessen  Stellvertreter  sich 
finden  Hessen.  Beide  waren  verreist.  Der  Bote  des  Prinzen 
hatte  keine  Autorität  mehr,  da  wir  uns  jetzt  im  Distriete 
Yemethen  befanden,  doch  übernahm  es  einer  der  Haupt- 
leute im  Dorfe,  uns  mit  Wasser,  Holz  und  Futter  zu  versorgen. 
Auch  Wächter  für  die  Nacht  wurden  versprochen,  aber  die  Nacht 
kam  ohne  die  Wächter.  Ich  schickte  nach  denselben  aus,  war- 
tete lange,  doch  Niemand  erschien.  Alles  war  im  Dorfe  wie 
todt  und  kein  Mensch  zu  sehen.  Da  wir  Alle  der  Ruhe  bedurften, 
Hess  ich  meine  Leute  bewaflFnen,  um  uns,  unter  Vortragung  der 
Passrolle,  selbst  unser  Recht  zu  schaffen  und  die  Deserteure  her- 
beizubringen. Als  wir  indess  die  nächsten  Häuser  in  Angriff 
nehmen  wollten,  kamen  Einige  herbeigeschlichen,  die  wir  scharf 
examinirten  und  zuletzt  das  Haus  des  Goung  herausbrachten. 
Diesem  wurde  Befehl  geschickt,  augenblicklich  zu  erscheinen,  und 
einmal  entdeckt,  folgte  er  rasch,  bittend  ihn  mit  Knebeln  zu  ver- 
schonen, da  er  die  vollste  Zahl  der  Wachtleute  stellen  wollte,  die 
aufzubringen  sei,  von  jedem  der  20  Häuser  einen.  Diese  wurden 
postirt  und  konnten  wir  uns  nun  ruhig  dem  Schlaf  überlassen. 

Mit  dem  frühesten  aufbrechend,  verfolgten  wir  im  Walde 
einen  uneben-hügligen  Weg.  Aus  dem  Laub  einer  schattigen 
Banmgruppe  schienen  bei  einem  Wasserbassin  die  Pagoden  von 
Injingang  hervor.  Als  mein  Diener  Einkäufe  machen  wollte, 
konnte  er  nicht  mehr  das  Azekiay,  das  geringste  Alloy,  mit  dem 
in  Mandalay  der  ganze  Kleinhandel  betrieben  wird,  loswerden, 
sondern  man  wollte  das  feinere  Silber  des  Daina.  Je  abgelegener 


4  Am  VuB»e  der  Schanberge. 

eine  Provinz  ist,  desto  reineres  Geld  wird  verlangt,  da  die  in 
sich  werthlose  Scheidemünze  nur  in  dem  raschen  Verkehr  der 
Städte,  wo  sie  jeden  Augenblick  die  Hand  wechseln  kann,  ohne 
Bedenken  genommen  wird.  Das  reinste  Silber,  Bau  genannt, 
enthält  nur  3 — 4  Prozent  Legirung.  Das  AUoy  des  Daina  kann 
zwischen  9 — 12  Prozent  angenommen  werden,  doch  schwankt  es 
vielfach,  indem  z.  B.  gewisse  Arten  Daina^s  schlechter  sind,  wie 
Yowetni,  für  welches  etwa  16  Prozent  oder  auch  15  Prozent  tu 
85  Bau,  in  der  Legirung  gilt.  Für  genaue  Bestimmungen  muss 
stets  ein  Wechselmäkler  zur  Analysirung  herbeigerufen  werden  und 
sind  diese  immer  mit  dem  Ofen  und  sonstigen  Werkzeugen  ver- 
sehen. Für  die  kleinen  Ausgaben  des  gewöhnlichen  Lebens  wer- 
den sehr  untergeordnete  Arten  der  Legirung,  Azekiay  genannt, 
gebraucht,  die  durchschnittlich  vielleicht  auf  25  Prozent  berech- 
net werden  können,  aber  sich  auch  in  so  verfälschter  Form  finden, 
dass  erst  180  mit  100  Yowetni  entsprechend  sein  würden,  obwohl 
Alles  unter  50  Prozent  gesetzlich  verboten  ist.  Das  muschel" 
förmige  Kayobat  (6-7  Prozent)  ist  im  eigentlichen  Birma  selten. 
Keines  Gold  gilt  10  Mu  und  ein  Mu  macht  den  zehnten  Theil 
eines  Tickal  oderKyat.  DerPoeza  oder  Mäkler  erhält  für  Kleinig- 
keiten 1  Prozent,  bei  verwickelten  Operationen  aber  mehr.  Die 
Abgaben  werden  im  Yowetni  bestimmt,  was  überhaupt  im  regel- 
mässigen Handel  für  das  Medium  gilt,  wenn  keine  besonderen 
Stipulationen  vorliegen. 

Wir  reisten  jetzt  auf  dem  Abhänge  einer  geneigten  Ebene, 
die,  mit  Hügel  und  Thal  durchbrochen,  von  dem  Fuss  des  hohen 
Schangebirges  abfallt;  und  wo  die  aus  demselben  hervorftthrenden 
Strassen  mündeten  und  sich  kreuzten,  lag  vor  uns  zwischen  Baum- 
gruppen die  betriebsame  Stadt  Yemethen,  die  indess  vor  kurzem 
durch  eine  Feuersbrunst  zerstört  war  und  in  ihren  Strassen  nur 
Schutthaufen  und  verkohlte  Palmstämme  zeigte.  Ich  Hess  in 
einem  Zayat  Halt  machen  und  schickte  Moung  Schweb  mit  dem 
prinzlichen  Boten,  der  von  hier  zurückzukehren  hatte,  an  den 
Sitkay,  für  specielle  Befehle  an  die  ihm  untergebenen  Behörden, 
da  wir  uns  einem  sehr  verrufenen  Districte  näherten.  In  der 
Zwischenzeit  besuchte  ich  in  der  nahen  Pagode  einen  kleinen 


\ 


Yemethen.  285 

Tempel,  enthaltend  zweiNats,  von  denen  der  grössere  einen  Tur- 
ban um  seine  Spitzmtltze  gewunden  hatte,  der  kleinere  ein  Mu- 
sikinstrument auf  demSchoosse  hielt.  Der  kleinere,  MoungPothu 
genannt,  war  nur  ein  Mann  aus  dem  gemeinen  Volk  gewesen, 
aber  der  grössere,  Schleim-Takin,  war  königlicher  Abstammung 
und  hatte  früher  in  der  Stadt  Schleim  gewohnt,  in  der  Nähe  von 
Nyaungyam,  ehe  er  sich  beim  Tode  in  einen  Nat  verwandelte,  wie 
der  Dämon  Dalla  in  der  Kolan  Nattannawa  (in  Ceylon).  In  the 
beginning  he  was  bom  a  prince  with  various  excellencies,  but 
through  the  power  of  Garayah  he  got  a  black  devil's  face  (nach 
Callaway's  Uebersetzung).  In  einer  Steinkapelle  des  Kyaung 
Sadogyi  neben  der  Pagode  Nyaungu-paya  lag  ein  gigantischer 
Oautama,  umgeben  von  Anbetein,  unter  denen  sich  der  Thagyamin, 
Belu's,  Wundervögel  und  andere  Wesen  befanden.  \Jm  an  die 
ThUr  zu  gelangen,  musste  man  erst  ein  labyrinthisches  Oewirr 
von  Steinpfosten  durchwandern.  Solche  Steinlabyrinthe  finden 
sich  mehrfach  in  birmanischen  Klosterhöfen,  und  Godwin-Austen, 
der  sieMiskyodpaDkyilkhar  oder  den  Kreis  Akshobya's  nennt,  sah 
sie  auf  tibetischen  Tempel  wänden  abgezeichnet,  um  die  zwischen 
den  fünf  Vorsitzenden  vertheilten  Plätze  der  Gottheiten  anzudeuten. 

In  einem  andern  Holzgebäude  sass  eine  Frau  (Sawa) 
mit  einem  Kinde  auf  dem  Schooss  (Upaga)  und  daneben  ein 
Jäger,  vor  dem  ein  getödtetes  Reh  lag.  Seitwärts  stand  eine 
Frau  mit  vom  geöffnetem  Putzo,  zwei  Hunde  zu  ihren  Füssen  hin- 
gestreckt, als  ob  verehrend.  Ein  alter  Tempel  Wärter,  der  dort 
zusammenfegte,  sagte,  sie  stelle  eine  Marktfrau  vor,  die  Wildpret 
verkauft  habe,  aber  das  Ganze  wiederholte  nur  die  Geschichte 
der  Shinsasua,  die  ich  schon  in  Mandalay  gesehen  hatte.  Das 
Gebäude  war  verschlossen  und  man  konnte  nur  durch  die  Luft- 
löcher hineinsehen.  In  einiger  Entfernung  von  Yemethen  liegt 
der  Tempel  des  Dämon  Minbiuschin,  der  Nachts  die  auf  den 
Wiesen  grasenden  Pferde  besteigt  und  zu  Tode  jagt. 

Als  ich  an  den  Zayat  zurückkam,  waren  die  Leute  alle  auf 
dem  Bazaar  und  fand  ich  nur  den  Koch,  der  mich  etwas  ängstlich 
auf  einen  Mann  aufmerksam  machte,  der  dort  schon  lange  herum- 
geschlichen sei  und  der  sein  stark  prononcirtes  G^lgengesicht 


286  Am  Fusse  der  Sch&nberi^. 

besser  durch  eine  Maske  verborgen  hätte.  Er  tändelte  mit  einem 
blankgesehliffenen  Messer  in  seiner  Hand,  verschwand  aber,  als 
ich  ihm  merken  liess,  dass  seine  Gegenwart  ungewUnscht  sei. 

Der  Miethkarren  war  nur  bis  hierher  engagirt  und  hatte  ich 
gehofft,  ihn  durch  einen  andern  zu  ersetzen,  sah  aber  soviel  Weit- 
läufigkeiten voraus,  dass  ich,  um  keine  Zeit  zu  verlieren,  die  Sachen 
auf  einen  Wagen  zusammenpacken  Hess  und  Nachmittags  auf- 
brach. Ein  Bote  des  Sitkay  begleitete  uns  mit  einem  Schreiben 
bis  zum  nächsten  Dorfe,  um  dort  selbst  nach  der  nöthigen  Es- 
corte  zu  sehen.  In  der  Ferne  erhob  sich,  frei  vor  dem  den  Hin- 
tergrund bildenden  Schangebirge  stehend,  die  von  Bodopaya  er- 
baute Pagode  Schwemandade  auf  einem  doppelgipfligen  Hügel,  an 
dem  die  grosse  Ileerstrasse  von  ßirma  nach  den  Schanländem  vor- 
beiläuft. Dem  Blick  auf  die  durch  die  Bergwand  begrenzte 
Ebene  entrollte  sich  die  bunte  Musterkarte  eines  mannigfaltig  mit 
Feldern  und  Wäldern  wechselnden  Landes. 

Unsere  Gesellschaft  war  kleiner  geworden  und  durch  die  Ta- 
lein-FUhrer  oftmals  veruneinigt.  Sie  hatten  in  der  letzten  Zeit 
angefangen,  eine  hartnäckige  Unwilligkeit  zu  zeigen  und  einen 
Trotz,  der  zunahm,  je  mehr  wir  uns  den  verrufenen  Grenzgebieten 
näherten.  Gegen  einen  von  der  Escorte  eingeschlagenen  Weg 
protestirten  sie  heftig  und  behaupteten,  dass  deraelbe  verkehrt 
sei;  doch  schnitt  er  kürzer  durch  den  Jungle  durch  und  fährte 
uns  direct  auf  unser  Nachtquartier,  dasDorf  Tauntajing,  zu,wowir 
im  Hause  des  Dorfältesten  cin(|uartiert  wurden  und  schon  durch 
voraus  geschickte  Boten  Vorbereitungen  getroffen  waren.  Dort 
brach  aufs  Neue  ein  Disput  aus,  der  so  heftig  wurde,  dass  ich 
mich  einmischen  niusste,  um  die  Talein  zur  Ruhe  zu  verweisen. 
Der  Eine  derselben  wurde  aber  nur  um  so  massloser  in  seinen 
Ausdrücken,  so  dass  es  starker  Massregeln  meinerseits  bedurfte, 
ihn  gehorchen  zu  machen.  Doch  fruchtete  es  nur  für  einige 
Zeit.  Als  ich  mich  auf  der  Verandah  des  Hauses  zum  Schlaf 
niedergelegt  hatte,  konnte  ich  ihn  unten  im  Hofe  peroriren  hören, 
wie  er  vor  den  Wächtern  des  Dorfes  auf  seinen  Herrn  schimpfte 
und  drohte,  dass  er  schon  bald  mit  ihm  fertig  werden  würde. 
Der  würde  nicht  der  Erste  sein,  den  er  kalt  gemacht  hätte. 


V 


VerlaBsenes  Dorf.  287 

Ich  Hess  noch  in  der  Nacht  aufbrechen,  und  die  Escorte  trug 
Lichter  voran,  uro  den  Weg  zu  zeigen.  Der  Wald  brannte  an 
verschiedenen  Stellen,  und  die  durch  die  Baumstämme  von  ferne 
durchleuchtende  Flamme  warf  sonderbar  gefärbte  Streiflichter 
über  den  Weg.  Mit  Sonnenaufgang  kamen  wir  am  nächsten 
Dorfe  an,  und  während  die  Escorte  hinein  gegangen  war,  ihre 
Ablösung  zu  rufen,  liess  ich  die  Leute  zusammentreten  und  sagte 
ihnen  mit  kurzen,  bündigen  Worten,  dass  ich  in  dem  gefährlichen 
Lande,  das  wir  jetzt  bereisten,  den  unbedingtesten  und  unverzüglich- 
sten Gehorsam  von  allen  erwarte,  und  dass  ich  jeden,  der  noch 
femer  Worte  der  Erwiederung  wagen  oder  irgend  eine  Unwillig- 
keit  zeigen  sollte,  auf  der  Stelle  zusammenschiessen  würde:  das 
sei  so  unsere  Manier  und  Yolkssitte  bei  mir  daheim  der  tonzon, 
ingaleit.  Während  dieser  Ansprache  hatte  ich  in  den  Gesticu- 
lationen  meinen  Revolver  einige  Male  in  sehr  nahe  Berührung 
mit  der  Stirn  dessen  gebracht,  auf  den  es  abgesehen  war,  und 
blieb  seitdem  vor  seinem  losen  Maule  sicher. 

Das  nächste  Dorf  lag  gleichfalls  in  demselben  dichten  Walde, 
durch  den  unser  Weg  führte,  etwas  abseits.  Der  kleine  Pass  des 
Sitkay  vonYemethen  für  seine  nächsten  Untergebenen  genügte  nicht 
mehr  und  musste  der  grössere  desselben,  als  für  die  ganze  Pro- 
vinz gültig,  producirt  werden,  um  Escorte  zu  erhalten.  Hin  und 
wieder  gelangten  wir  zu  einer  Lichtung  im  Walde,  umgürtet  von 
Bäumen  eines  tiefen  grünen  Laubes,  in  der  Höhe  über  welchen  die 
Gipfel  derSchan-Berge  an  den  Himmel  stiessen.  Ein  leer  stehen- 
des Dorf  am  Wege  war  von  den  Bewohnern  verlassen,  weil  sie 
die  Bedrückungen  der  Beamten  nicht  länger  ertragen  konnten. 
Die  Escorte  wollte  dennoch  dort  umkehren,  wie  sie  es  sonst  gewohnt 
gewesen,  und  ich  hatte  einige  Mühe  ihr  begreiflich  zu  machen,  dass 
nicht  die  Häuser,  sondern  die  Menschen  das  Dorf  bilden.  Der 
Zweck  dieser  Escorten  ist  nicht  wirklicher  Schutz  bei  Angriffen, 
worauf  schwerlich  zu  rechnen  wäre,  sondern  Verhinderung  der- 
selben. So  lange  der  durch  seinen  Pass  berechtigte  Reisende 
die  deputirten  Leute  eines  Dorfes  um  sich  hat,  so  lange  ist  der 
Thougyi  desselben  für  Alles,  was  ihm  geschieht,  verantwortlich 
und  müsste  eintretende  Verluste  decken.     Erst  wenn  seine  Leute 


288  ^m  Fasse  der  Schanberge. 

denReisenden  in  die  Hände  des  nächsten  Thougyi  überliefert  haben, 
ist  er  von  der  Verantwortung  frei.  Da  die  Räuber  vielfach  zu  den 
Dörfern  selbst  gehören,  so  sichert  man  sich  durch  ihre  Mitnahme 
als  Bewachung,  und  ausserdem,  weil  sie  wissen,  dass  sie  selbst  das 
von  ihnen  (Geplünderte  zurücicerstatten  müssten.  Die  Art  der  ülscorte 
ist  deshalb  ziemlich  gleichgültig,  und  habe  ich  mitunter  meine 
Leute  Kinder  oder  Frauen  pressen  und  als  Escorte  oder  Wegweiser 
mitschleppen  sehen,  wenn  Niemand  anders  in  einem  Dorfe  war. 

Die  Mittagsrast  machten  wir  in  einem  Zayat  des  Dorfes 
Mikan,  neben  einem  durch  einen  Bürger  Yemetheu's  gegrabenen 
Teich,  in  dem  ich  mich  durch  ein  Bad  erfrischte.  Der  Thougyi 
wurde  gerufen  und  um  die  nöthigen  Lieferungen  angegangen,  als 
Holz  zum  Kochen,  Stroh  für  die  Ochsen  und  Gerste  für  die  Pferde. 
Reisende,  die  gleichfalls  im  Zayat  hielten,  kamen  von  einem 
nahegelegenen  Markt,  wo  die  Geschäfte  nur  durch  Tauseh  abge- 
macht wurden.  Einige  der  Mädchen  waren  mit  Glasperlen  und 
Silbermedaillons  an  Hals  und  Handgelenken  geschmückt.  Grade 
als  wir  zum  Aufbruch  fertig  waren,  nachdem  ich  schon  zu  Pferde 
sass,  fiel  Regen,  und  die  Escorte,  die  schon  vorher  alle  möglichen 
Entschuldigungen  hervorgesucht  hatte,  fand  eine  neue,  drang 
aber  damit  ebenso  wenig  durch.  Wir  passirten  das  Dorf  Pindau 
und  nach  der  Pagode  Schwedungundch  den  fast  trockenen  Bach 
Nyatschetdwin ,  der  in  den  Paloun  fällt.  Die  Pungyi  des 
Klosters  waren  herausgekommen  und  sassen  dort,  die  Reisenden 
vorüberziehen  zu  sehen.  Die  Gegend  war  uneben  gebrochen, 
aber  reich  und  in  einer  Fülle  von  Vegetation  strotzend.  Kleine 
Dörfer  lagen  überall  am  Wege  umher,  so  dass  die  Escorte  jeden 
Augenblick  gewechselt  wurde.  Einmal  war  es  nur  ein  kleiner 
Knabe,  der  den  ihm  überbrachten  Befehl  an  denGoung  des  näch- 
sten Dorfes  weiterlieferte.  Ich  fuhr  ihn  barsch  an  und  fragte, 
wie  solch  ein  kleiner  Knirps  sich  unterstehe  escortiren  zu  wollen. 
»Ach,  gnädiger  Herr!"  sagte  er  kläglich,  ..in  unserm  Dorfe  sind 
nur  zwei  Häuser,  und  jetzt  eben  bin  ich  allein  daheim.  **  So  Hess 
ich  diesen  Klein-Roland  voranmarschiren. 

Ein  Theil  des  Waldes  war  gerade  niedergebrannt  und  ritten 
wir  nun  zwischen  verkohlten  Stämmen  hin.    Der  erhitzte  Boden, 


tteparatar.         •  289 

gerade  durch  den  Regen  befeuchtet,  dunstete  ein  erstickend 
schwüles  Miasma  aus,  dem  ich  froh  war  auf  einer  Wiese  zu  ent- 
kommen, wo  eine  Caravane  Schan  ihr  Lager  aufgeschlagen  hatte 
und  hübsche  Pony  umherjagten.  Sie  reisen  mit  Pack-Ochsen,  die 
neben  den  abgeladenen  Gütern  standen.  Dann  gerietheü  wir  in 
eine  lehmige  Strasse,  die  schon  so  durch  den  gefallenen  Regen  auf- 
geweicht worden,  dass  der  Wagen  kaum  vorwärts  zu  bringen  war. 
Es  dauerte  auch  nicht  lange,  so  brach  er  und  ich  hatte  Mühe,  noch 
vor  Nacht  in  dem  Flecken  Bainihn  anzukommen.  Dort  gab  es 
zwei  Thougyi,  und  war  nun  vom  Hause  des  Einen  nach  dem  An- 
dern umherzuschicken,  da  Jeder  eine  gute  Entschuldigung  hatte, 
die  Pflichten  auf  die  Schultern  seines  Nebenmannes  zu  schieben. 
Zuletzt  gelang  es,  einen  Tischler  und  Schmied  herzukriegen,  die 
die  Nacht  durcharbeiteten,  so  dass  wir  schon  früh  wieder  unter- 
wegs sein  konnten. 

Der  Morgen  war  herrlich.  Wiesen  in  glänzendem  Grün 
lachten  zwischen  dunkeln  Büschen,  der  würzige  Duft  der  Blumen 
des  Pan-Baumes  füllte  die  Luft  und  lieblich  sangen  die  Vögel  in 
der  erfrischten  Natur.  In  dem  Dorfe  Bornley  wurde  ein  Markt 
abgehalten,  gebildet  durch  die  Karren,  in  denen  die  Güter  ge- 
bracht waren,  und  unter  denen  sie  gegen  andere  vertauscht  wurden. 
Eine  zweite  Verkaufsreihe  wurde  durch  die  herbeigetragenen 
Körbe  gebildet.  Meine  Ochsen  hatten  schon  am  vorigen  Tage 
solch  deutliche  Zeichen  von  Ermüdung  gegeben,  dass  ich  sie 
in  diesem  Dorfe  durch  neue  zu  ersetzen  dachte;  aber  als  ich  einen 
Markttag  dort  fand,  erlaubte  ich  keinen  Halt,  und  blieb  nur 
gelbst  zurück,  um  ein  paar  der  nöthigsten  Einkäufe  zu  machen. 
Als  ich  später  den  Wagen  einholte,  steckte  er  mitten  im  Walde, 
ohne  Möglichkeit  weiter  zu  kommen,  und  nur  mit  Hülfe  einiger 
leer  von  Yemethen  zurückkehrenden  Karren,  die  dorthin  Gerste 
gebracht  hatten,  kamen  wir  zuletzt  in  Niaunglundede  an,  neben 
dem  trockenen  Wasserbette  des  Zinlae-Flusses ,  in  dem  indess 
kleine  Brunnen  gegraben  waren.  Dort  wurde  ausgespannt  und 
der  Thougyi  für  Futter  angegangen.  Er  Hess  eine  ausweichende 
Antwort  zurücksagen  und  weigerte  sich  zu  kommen,  als  gerufen. 
Selbst  als  die  Passrolle  geschickt  wurde,  zeigte  er  Widersetzlich- 

Batlian,  OaUtien.     II.  10 


^90  ^^  Kusse  der  Schau  berufe. 

keit,  und  die Doifbewoliuer  versaiinnelten  sich  schreiend  und  lär- 
mend um  meine  Leute,  die  ihn  zum  Mit«rehen  zwingen  wollten, 
8()  dasB  ich  es  für  niUhig  fand,  mieli  selbst  dorthin  zu  begeben. 
Der  Thougyi  wurde  nacli  dem  I^agerplatz  gebracht  und  dort  an 
einen  Baum  gebunden,  bis^ihn  seine  Unterthanen  durch  Herbei- 
bringen von  Stroh  und  Holz  erhisten.  Als  wir  aufbrechen  wollten, 
hatte  mein  auf  der  Wiese  grasendes  Pferd  die  Halfter  zerrissen 
und  konnte  erst  nach  vielem  Ihnhertreiben  durcli  Herbeilocken 
mit  einem  Futterkorbe  gefangen  werden.  Mir  tiel  mein*  prakti- 
scher Lhasso  in  Peru  ein,  der  uns  diesen  ärgerlichen  Zeitverlust 
erspart  haben  wurde. 

Ich  eilte  dann  dem  längst  vorausgegangenen  Zuge  nach, 
verirrte  mich  aber  im  Walde,  hörte  erst  von  den  Begegnenden, 
dass  ein  Wagen  in  der  angegebenen  Beschreibung  gesehen,  dann 
von  Anderen,  dass  keiner  ]>assirt  habe,  und  kam  zuletzt  an  einen 
Kreuzweg,  wo  die  Strasse  sich  theilte  und  man  noch  weniger 
Kath  wusste.  In  dem  dort  auf  einer  Lichtung  aufgeschlagenen 
Zavat  hielten  reisende  KauHeute,  die  Nicht«  hatten  vorbeiziehen 
sehen,  aber  meinten,  dass  es  noch  verschiedene  andere  Strassen 
gäbe,  die  nieine  Begleiter  eingeschlagen  haben  könnten.  Und 
so  war  es:  sie  hatten  einen  so  engen  Nebenpfad  verfolgt,  dass, 
als  ich  den  Wagen  wiedersah,  das  ganze  Dach  durch  die  über- 
hängenden Aestc  abgerissen  war.  Im  nächsten  Dorfe  wurden 
Ochsen  der  Bauern  eingespannt,  damit  die  meinigen,  die  ganz 
ermüdet  waren,  ledig  folgen  konnten.  Der  Weg  war  kiesig  und 
sahen  wir  Hügel  mit  Teakl)äumen,  deren  helles  Grün  glänzend 
von  der  dunkeln  Himmelsbläue  abstand.  Wasser  war  spärlich 
und  dieKaiTcntreiber  theilten  begegnenden  von  dem  mitgebrach- 
ten Vorrath  mit  oder  nahmen  den  ihrigen  in  Anspruch. 

Der  Bezirk  der  Kscorte  war  zu  Ende,  ehe  wir  das  Dorf  Oneida 
erreiehten,  wo  frische  Ochsen  eingespannt  wurden.  Da  im  folgen- 
den Dorfe  nur  gemiethete  Ochsen  sieb  fanden,  machte  ich  die  Be- 
dingung-einer  grösseren  Zahl  von  Begleitern,  um  über  eine  Wache 
dispouiren  zu  können,  wenn  die  Ochsen  stecken  blieben.  Mit 
vier  Musketenträgern  und  ihrem  mit  einem  Säbel  bewaftueten 
Führer  brachen  wir  um  Sonnenuntergang  auf  und  ritten  unter 


Königliche  Fusspost.  291 

dem  fallenden  Schatten  der  Nacht  zwischen  Gallerien  von  Bambu- 
stämmen  hin,  die  sich  über  die  Strasse  in  hohen  Spitzbogen  zii- 
saninienwölbten.  Ein  von  Mandalay  gesandter  Bote  des  Königs 
hatte  sieh  zu  uns  gefunden,  kehrte  aber  auf  die  grosse  Strasse 
zurück,  als  unsere  Escortc  einen  Nebenweg  einschlug,  um  im 
nächsten  Dorfe  Sallopgyi  ihre  Ablösung  zu  rufen,  was  ziemlich 
lange  dauerte,  weil  dort  Alles  schon  schlief  und  die  Thore  ver- 
schlossen waren.  Ich  besuchte  in  der  Zwischenzeit  den  ausser- 
halb*) der  Umzäunung  liegenden  Dämonentempel  des  Yoa-Zaun- 
tein-Nat  (der  wachende  Schutzgeist  des  Dorfes),  und  langte  mit 
der  neuen  Escorte  nach  Mitternacht  in  dem  Dorfe  Hlavdah  an, 
wo  die  Bedienten  desThougyi  herausgetrommelt  wurden,  um  uns 
Einlass  zu  geben.  Es  wurde  jetzt  rasch  etwas  Feuer  genmcht, 
um  den  Keis  zu  kochen,  und  die  Karren  wurden  im  Hofe  abge- 
laden. In  einer  Ecke  stand  ein  Natschin  von  runder  Form,  mit 
rothen  Bändern  verziert.  Das  Dorf  hat  25  Häuser  und  ein  Klo- 
ster, wo  ein  Pungyi  mit  vier  Upaschin  wohnt.  Die  Zahl  der 
Schulknaben  beläuft  sich  «auf  20,  doch  sind  darunter  einige  aus 
den  benachbarten  Dörfern.  Das  am  meisten  verehrte  Bild  findet 
sich  in  der  Pagode  Schwebundeh. 

Als  wir  nach  kurzem  Schlaf  mit  dem  frühesten  aufbrachen, 
erwarteten  mich  schon  einige  mcdicinisdie  Consultatitmen ,  doch 
Hess  ich  den  Karren  voranfahreu  un4  holte  ihn  bald  ein.  Der 
Weg  führte  durch  den  Wald,  nachdem  wir  ihn  nämlich  durch- 
gehauen hatten,  denn  an  verschiedenen  Stellen  war  kaum  ein 
Pfad  zum  Keiten,  aber  keiner  zum  Fahren.  An  anderen  lagen 
dicke  Stämme  quer  über  den  Weg,  so  dass  man  weite  Umwege 
nehmen  musste,  über  Stock  und  Stein  und  jedes  Halsbrechen  ris- 
kirend.  Wenn  an  einem  Platze,  wo  kein  Ausweichen  möglich 
wird,  die  Strasse  durch  einen  Baumstamm  gesperrt  ist,  der 
sich  zu  dick  zeigt,  um  ihn  mit  Aexten  auszuhCdilen ,  so  bleibt 
nichts  übrig,  als  ihn  durchzubrennen.  Zuletzt  kamen  wir  auf 
die  Heerstrasse  (Min-lam  oder  des  Königs  Weg)  zurück  und  dann 
zum  Dorfe  Tigaunda,  das  heisst  zu  vier  Hütten,  die  diesen  Namen 

*)  Nach  Ram  Kaz  muasen  die  Tempel  Siva's  ausserhalb  de»  Dorfes  sein. 

19* 


292  Am  VvLHsc  der  8ekanberge. 

führten.  Als  ich  au»  dem  Zavat  dorthiü  scbiekte,  um  Futter  zu 
holeu,  war  Niemand  zu  Haus,  als  eine  alte  Grossmutter,  die 
Nichts  zu  geben  hatte.  Dennoch  wollten  sie  meine  Diener  wenig- 
stens als  Escorte  verwenden,  und  als  wir  aufbrachen,  trippelte 
wirklich  das  wacklige  Mütterchen  neben  uns  her,  bis  es  mir  zu 
lächerlich  wurde,  und  ich  sie  trotz  des  Murrens  der  Leute  zurück- 
schickte. Neben  einem  in  der  Lichtung  des  Waldes  gelegenen 
Zayat  fanden  wir  ei.en  Brunnen,  den  ein  früherer  Gouverneur 
Tongu's  hatte  l)auen  lassen.  D(»ch  war  das  Wasser  stinkend  und 
nicht  zu  gebrauchen ,  so  dass  ich  nach  dem  Aeltesten  des  näch- 
sten Dorfes  Sidojoa  schickte,  der  aber  in  einem  entfernteren 
lebte  und  erst  spät  anlangte,  weil  ein  hoher  Beamter  bei  ihm 
gewesen  wäre,  um  über  Begierungsgeschäfte  zu  verhandeln.  Auf 
Verlangen  nach  Kiuspanu,  da  mein  Zugvieh  sich  noch  nicht  er- 
holt hatte,  entschuldigte  er  sich,  dass  keine  Ochsen  im  Dorfe 
wären,  bot  aber  Bütiel  an.  Wälireud  wir  im  Zayat  zusamraen- 
sassen ,  langte  ein  Bote  des  Gouverneurs  von  Yemethen  an  und 
brachte  einen  Brief  an  den  Dorfiiltesten ,  der  ihn  wegen  seiner 
schwachen  Augen  nicht  lesen  zu  können  behauptete.  Er  schickte 
in  das  Dorf,  um  einen  Gelehrten  rufen  zu  lassen.  Da  derselbe 
aber  zu  lange  ausblieb,  übernahm  Moung  Schweb  die  Entzifferung. 
Es  war  eine  Ordre  für  Bäume  zu  Baumaterial,  die  in  einer  be- 
slimmten  Zeit  geliefert  werden  sollten.  Der  Adressat  klagte, 
dass  er  schon  einen  früheren  Befehl  auszuführen  hätte,  worin  eine 
Zahl  der  hohen  Teakstämme  verlangt  würde,  wie  sie  zu  den 
Pfeilern  der  Klöster  verwendet  werden.  Solche,  die  im  Walde 
geschlagen  worden,  steckten  dort  im  lehmigen  Grunde  fest,  und 
in  dieser  menschenleeren  (Jegend  gäbe  es  weder  Hände  zum  Ar- 
beiten, noch  Lastvieh.  Das  Einzige,  was  es  dort  gab,  schienen 
Banditen  zu  sein,  denn  von  denen  sprach  Jeder.  Der  Zayat,  in 
dem  wir  rasteten,  war  wie  eine  Festung  gebaut,  hoch  auf  mit 
einer  beweglichen  Treppe,  die  emporgezogen  werden  konnte,  und 
ringsum  mit  substantiellen  Stämmen  und  Tlanken  verpallisadirt, 
so  dass  die  Keisenden  sich  dort  Nachts  w^ohl  verrammeln  und 
nöthigenfalls  eine  Belagerung  aushalten  konnten.  Zum  Kochen 
war  ein  besonderer  Verschlag  gebaut,    um  Feuersgefahr  zu  ver- 


Büflfol- Vorspann.  293 

hüten.  Der  nächste  Kyaung,  nach  dem  die  Kinder  der  zugehö- 
rigen Dörfer  geschickt  wurden,  lag  ungefähr  eine  Meile  entfernt; 
doch  war  keine  Pagode  damit  verbunden. 

Während  ich  beim  Frühstück  sass,  kamen  Reisende  des 
Wegs  zurück,  die  nach  Tongu  gewollt  hatten,  aber  in  Folge  der 
erschreckenden  Gerüchte  umgekehrt  waren.  Ein  englischer 
Fürst  (Min)  läge  auf  der  Grenze  erschlagen,  und  der  Räuber- 
könig stürme  dort  wild  umher.  Meine  Leute  sogen  natür- 
lich jedes  Wort  dieser  Hiobspostcn  ein,  und  ihre  Gesichter  wurden 
immer  länger.  Auch  war  die  8ache  leider  nur  zu  wahr,  wie  ich 
später  erfuhr,  obwohl  ich  im  ersten  Augenblicke  nicht  viel  daran 
glaubte.  Der  Commandeur  der  Wachtposten  an  der  Grenze,  ein 
junger  und  muthiger  Officier  der  englischen  Garnison  in  Tongu, 
war  auf  seiner  Visitationsreise  mit  einer  Räuberbande  zusammen- 
getrofl'en.  Da  er  nicht  zurückgehen  wollte,  wurde  er  getödtet 
und  in  grässlicher  Weise  zu  Stücken  gehackt.  Seine  Leute  ent- 
flohen verwundet,  und  ehe  die  Soldaten  der  verschiedenen  Posten 
sieh  zusammengeschlossen  hatten ,  waren  die  Räuber  natürlich 
verschwunden. 

Erst  spät  am  Najhmittage  waren  die  versprochenen  Büffel 
fertig,  da  diese  Thiere  während  der  Hitze  des  Tages  im  Wasser 
liegen  müssen,  und  nur  am  frühen  Morgen  oder  in  der  Kühle  des 
Abends  zum  Arbeiten  verwendbar  sind.  Sie  warteten  auf  uns  am 
Wege,  an  einer  Stelle  des  Waldes,  wo  eine  Bahn  zum  Schleppen 
der  Baumstämme  hindurchgebrochen  war,  und  wurden  dort  vor 
die  Ochsen  gespannt  (mit  einem  durch  die  Nase  gezogenen  Strick 
gelenkt).  Der  eine  Treiber  ritt  auf  ihnen,  der  andere  ging  neben 
her,  aber  beide  hatten  ihre  Lungen  genugsam  anzustrengen,  als 
sie  die  plumpen  Karren  über  ßaumwurzeln  und  Gestrüpp  hinweg 
einen  Hügel  hinauf  zu  schleppen  hatten.  Der  Wald  war  voll  von 
den  mannshohen  Werken  der  weissen  Ameisen,  die  in  dieser 
Wildniss  ungestört  fortbauen  konnten.  Ihre  Städte  zeigen  ver- 
schiedene Formen,  mitunter  die  eines  regelmässigen  Castells  mit 
Tbürmen  und  Zinnen,  doch  werden  solche  in  Gegenden,  wo 
Menschen  passiren,  natürlich  leichter  zerstört,  als  die  massiveren 
Tumuli.   Es  schien  mir,  dass  sie  meist  um  einen  verfaulten  Baum- 


294  '^^  Fo**e  d*»r  SchanbeiK^. 

Stamm,  als  erste  Anla;re,  umliertiauen.  Die  Aussenwerke  sind 
gewnlmlicli  von  ihnen  verlassen,  «»tler  sie  ziehen  sieh  bei  feind- 
lieher  Annäherunj;:  au<  ilensell>en  ziirüek.  Die  BUffeltreiber  hieben 
Bambusten^el  um,  das  daraus  austliessende  Wasser  zu  trinken; 
doch  schmeckte  e<  bitter.  In  den  östlichen  Andes  bedient  man 
sich  des  Wa'^sers  einer  liohqiflanze  zum  Trinken ,  da  auf  den 
Hügeln  der  Chinaliäume  oft  kein  anderes  zu  haben  ist.  Halsted 
fand  in  einem  zwei  Fuss  langen  Glied  einer  I.iane  über  eine  halbe 
Flasche  klaren  Wassers. 

An  Ameisen  ist  ein  grösserer  Feliertluss  in  Hinterindien  als 
den  Hausfrauen  lieb  i^t.  und  alle  Provisions-Sehränke,  wenn  nicht 
frei  aufgehangen  an  einem  mit  Harz  beschmierten  Tau,  müssen  mit 
den  Füssen  in  Wasser  gestellt  werden:  oft  sogar  die  Betten,  in 
denen  transportationsunfiihige  Kranke  auf  höchst  lästige  Weise 
durch  Ameisen  gequält  werden  krumen.  Kine  grosse  rothe  auf  den 
Bäumen  lebende  Art  der  Ameisen  versetzt  empfindliehe  Stiche, 
gegen  die  der  durch  den  Jungle  sich  durcharbeitende  Reisende 
ebenso  sich  vorsehen  muss,  wie  gegen  die  widerhakigen  Domen. 
InSiam  beolmchtetc  ich  ein  interessante^  Factum  an  Ameisen,  von 
dem  ich  nicht  weiss,  ob  es  bekannt  ist.  lij  der  Nähe  meines  Fen- 
sters musste  ein  Ameisen-Xest  sein,  und  fast  jeden  Morgen,  wenn 
ich  dort  schrieb,  sah  ich  einen  langen  schwarzen  Zug  sich  über 
die  Fensterbank  hinbewegen  nach  der  andern  Seite  der  Jalousieen, 
in  der  geschwinden,  rührigen  Thätigkeit  des  regelmässigen  Kom- 
mens und  Gehens,  wie  es  sich  immer  in  den  Arbeiten  dieser  wohl- 
organisirten  C'olonieeu  findet.  Etwas  seitwärts  längs  des  Zuges 
sah  man  eine  weit  grössere  Art,  mit  dickem  Kopf  und  hellerer 
Farbe,  sich  in  einzelnen  Individuen  umherbewegen,  über  deren 
Absicht  und  Bedeutung  ich  anfangs  ebensowenig  ins  Klare  kom- 
men konnte ,  wie  Bates  über  seine  Worker  Major.  Nach  einiger 
Zeit  hatte  ich  indess  Gelegenheit  zu  beobachten,  dass  dann  und 
wann  eine  Ameise  aus  dem  beschäftigten  Trupp  herauskam,  auf  den 
Rücken  der  nächsten  grossen  Ameise  sprang  und  auf  ihr,  den  Zug 
auf  und  nieder,  umherjagte,  einem  Officiere  gleich,  der  die  Ord- 
nung seines  Regimentes  besichtigt.  Dann  stieg  sie  ab,  in  die 
allgemeine  Masse  zurückkehrend,    und  das  Reitpferd,   oder  im 


Ameisen.  295 

Verhältniss  der  Grösse  zu  den  andern,  eher  der  Keit-Elephant, 
schleuderte  wieder  im  unbestimmten  Suchen  umher,  wie  freige- 
lassenes Vieh  beim  Grasen.  Hounet  beschreibt  Ameisen,  die  er 
auf  dem  Rücken  anderer  gesehen  habe,  aber  für  kämpfende  hielt, 
da  sie  sich  in  den  Nacken  festgebissen  hatten.  Die  von  mir  ge- 
sehenen Sassen  indess  ganz  frei  auf  dem  Kücken  ihres  Trägers, 
und  machte  das  Ganze  unwillkürlich  den  Eindruck,  als  ob  man 
hier  gezähmte  Hausthiere  vor  sich  habe,  die  je  nach  dem  Bedürf- 
niss  benutzt  würden.  In  der  f'lügelzeit  füllt  sich  die  Luft  mit  den 
fliegenden  Ameisen,  die  durch  die  Winde  zu  ganzen  Wolken  zu- 
sammengetrieben werden.  Als  wir  einst  in  Rangun  beim  Abend- 
essen sasseu,  kam  eine  solche  in  das  Zimmer  hereiugeweht,  und 
hatte  in  einem  Augenblick  die  eben  aufgetragene  Suppe  in  Schüs- 
seln und  Tellern  gefüllt.  Das  Schliessen  der  Fenster  genügte 
nicht,  oder  war  zu  spät,  und  wir  mussten  den  halb  erleuchteten 
Tisch,  der  die  Insecten  anzog,  verlassen  und  in  einer  dunkeln 
Nebenkammer  unser  Souper  beenden.  Nach  dem  Abfalle  der  Flügel 
werden  die  Körper  von  den  Eingeborenen  als  Delicatesse  gesam- 
melt. Die  kleinen  Eidechsen,  die  horizontal  an  den  Wänden 
hinauf-  und  hinabrennen,  sowie  unter  der  Decke,  thuen  gute 
Dienste,  Ungeziefer  in  den  Zimmern  zu  vertilgen.  Man  lässt  sie 
deshalb  auch  ungestört,  und  laufen  sie  nach  ihrer  Bequemlich- 
keit umher.  Eine  fand  ich  einst,  die  sich  zu  weit  gewagt  hatte, 
indem  sie  im  raschen  Anlauf  auf  die  Mitte  eines  Spiegelglases 
tlber  einem  Bild  gekommen  war  und  von  dort  nicht  zurückkonnte. 
Wahrscheinlich  hatten  ihre  Ftisse  sich  festgesogen,  sodass  sie 
sieh  nicht  fallen  lassen  konnte,  denn  sie  sass  dort,  völlig  zu  einem 
Skelett  vertrocknet.  Die  Eingebornen  aratisiren  sich  zuweilen, 
ihnen  eine  herabhängende  Schlinge  vorzuhalten,  wo  es  dann 
possierlich  zu  sehen  ist,  wie  die  Eidechse  alle  möglichen  Bevye- 
gungen  mit  ihrem  Kopfe  macht,  bis  sie  denselben  zuletzt  in  die 
Schlinge  steckt  und  gefangen  ist.  Eine  grosse  Eidechsen -Art 
quartiert  sich  gerne  aufden  Bäumen  in  der  Nähe  der  Häuser  ein  und 
lässt  dort  Nachts  ihren  monotonen  Ruf  ertönen ,  wovon  sie  Thau- 
tbeh  oder  Gecko  genannt  ist.  Die  Birmanen  glauben  von  einigen 
Arten,   dass  ihr  Körper  einen  dicken  Schleim  absondere,  der. 


29ß  Am  Fusse  der  Scbanberge. 

wenn  das  Thier  auf  die  nackte  Haut  eines  Menschen  fiele,  dort 
so  fest  klebe,  dass  man  die  Eidechse  nur  stückweise  abreissen 
könne.  Da  man  in  der  Abendkühle  gewöhnlich  bei  offenen  Fen- 
stern sitzt,  erhält  man  auch  häufig  einen  Resuch  von  das  Zimmer 
durchschwirrenden  Fledermäusen,  und  wenn  man  ein  weisses 
Tuch  vor  der  Lampe  ausbreitet,  kann  man  die  ganze  Insecten weit 
um  sich  versammeln.  Einige  der  Scorpione  werden  ihres  Bisses 
wegen  gefürchtet  und  noch  unangenehmer  sind  die  Centipeden, 
die  sich  mit  ihrem  platten  Körper  in  Schuhe  oder  Kleider  ein- 
schleichen und  beim  Anziehen  nicht  immer  beachtet  werden. 
Auch  in  den  Betten  verstecken  sie  sich  leicht,  wenn  man  dasselbe 
nicht  nach  der  einfachen  Landessitte  einrichtet,  es  nämlich  nur 
in  einer  Matte  bestehen  lässt,  die  Abends  ausgebreitet  und  am 
Morgen  wieder  aufgerollt  wird.  Der  Hiss  des.  schwarzen  Scorpions 
soll  zuweilen  tödtlich  sein ,  doch  scheint  das  von  der  jedesma- 
ligen Constitution  abzuhängen.  Auch  in  Mexico  hörte  ich,  dass 
nach  Scorpion-Stichen  bei  Kindern  Trismus  und  Tod  erfolgt  sei, 
wogegen  Frauen  sich  zuweilen  absichtlich  in  den  Daumen  beissen 
Hessen  und  davon  ein  Wolilgcfuhl  verspüren  wollten. 

In  einer  grünen  Lichtung  machten  wir  Halt,  in  der  Nähe  des 
Dorfes  Tejagon.  Der  Aelteste  desselben,  den  wir  um  Futter  für 
Ochsen  und  Pferde  angingen ,  wandte  vor,  nur  gemeinsam  mit 
seinem  Collegen  des  nächsten  Dorfes  handeln  zu  können,  und  so 
wurde  auch  dieser  citirt.  Als  die  beiden  würdigen  Senatoren 
dasassen  und  ihnen  der  Pass  vorgelegt  wurde ,  schob  ihn  einer 
zum  andern,  da  beide  an  schwachen  Augen  zu  leiden  schieneji.. 
Zuletzt  Hess  man  aus  dem  Kloster  einen  kleinen  Knaben  holen, 
der  schon  das  gelbe  Gewand  eines  Novizen  trug,  und  derselbe 
buchstabirte  den  Befehl  auch  ganz  richtig  heraus.  Es  wurde 
etwas  darüber  hin  und  her  commentirt,  aber  die  verlangten  Sachen 
geliefert.  Für  die  Nacht  Hess  ich  mir  vor  dem  Karren  einen 
kleinen  Schuppen  aufschlagen  und  schlief  in  demselben,  da  Regen 
zu  drohen  schien. 

Beim  ersten  Dämmern  wurde  aufgebrochen,  und  mit  Büffel- 
Ochsen  vor  die  meinigen  gespannt,  stolperte  der  Karren  über  eine 
hüglige  Waldbahn  fort.    In  unsrer  Gesellschaft  folgte  ein  kleines 


Teakwalder.  297 

Wägelchen,  auf  dem  ein  noch  ganz  junger  Pungyi  in  seinem 
gelben  Talar  sass,  mit  seiner  Schreibtafel  und  einem  Buche 
neben  sich.  Seine  Mutter  ging  dabei  her,  um  ihn  ins  Kloster 
zurückzubringen,  da  er  für  einige  Zeit  in  seinem  Dorfe  krank 
gelegen  und  sie  ihn  gepflegt  hatte.  Bei  einem  mit  Wasserjiflanzen 
bedeckten  Teich ,  in  dem  Fischernetze  aufgestellt  waren ,  diente 
der  Zayat  einigen  Schan-Kaufleuten  aus  lUaejoa  zum  Ausruhen, 
die  von  Niengjen  nach  Yemethen  zurückkehrten.  Ein  welliger 
Weg  über  grüne  Wiesen,  um  welche  sich  die  Schau -Berge  im 
Bogen  umherzogen,  führte  uns  nach  der  halb  zwischen  Bü- 
schen versteckten  Stadt  Niengjen ,  wo  ich  in  dem  Hause  des  in 
Mandalay  abwesenden  Armeniers,  Herrn  Mackertich ,  der  dort 
den  Titel  Tittowun  führt,  abstieg.  Diese  Stadt  liegt  im  Centrum 
der  Teakwaldungen  und  liefert  den  hauptsächlichsten  Export 
nach  Tongu.  Die  Gehölze  waren  zum  Theil  dem  genannten  Ar- 
menier tibergeben ,  der  aber  gerade  damals  mit  andern  Pächtern 
im  Processe  lag,  besonders  mit  einem  durch  die  Localbeamten 
begünstigten  Franzosen,  der  kürzlich  dorthin  gekommen  war. 
Processe  und  Klopffecht^reien  scheinen  überhaupt  in  der  Bearbei- 
tung der  Teakgehötze  nie  abzureissen.  Die  Grenzlinien  der  Ter- 
ritorien sind  bei  dem  Mangel  jedes  Forstwesens  nicht  genau  ge- 
zogen; die  geschkigenen  Bäume  werden  gestohlen;  wenn  die 
Stämme  die  Flüsse  hinabgeschwemmt  werden,  streitet  man  über 
die  Marken,  und  schliesslich,  wenn  in  dem  umständlichen  Gerichts- 
verfahren kein  Ende  abzusehen  ist,  bewaffnen  die  Aufseher  ihre 
Holzhauer,  um  über  einander  herzufallen  und  sich  selbst  durch 
das  club  law  Recht  zu  verschaffen,  wie  die  Indigo-Pflanzer  in  Ben- 
galen. Dieses  wüste  Treiben  war  auch  der  Stadt  Niengjen  und 
ihrem  mit  Lärmenden  und  Betrunkenen  gefüllten  Bazaar  deut- 
lich anzusehen.  Gleich  am  ersten  Abend  konnte  mein  zum 
Grasen  losgelassenes  Pferd  nicht  gefunden  werden  und  wurde 
mir  als  fehlend  rapportirt.  Als  man  indess  sah,  dass  ich  mich  mit 
dem  Factum  des  Fehlens  nicht  beruhigen  würde,  erschien  es 
ebenso  unverhofft  wieder,  als  es  unerwartet  verschwunden  war. 

Die  Stadt  ist  in  zwei  Hälften  getheilt,  Niengjen  (nach  den 
Naun  oder  Banianen  genannt)  und  Joahkhyaun,  zwischen  denen 


298  '^"*  FuHHe  der  Schanberge. 

der  Nicng;jen-t8c*haun  hinflic88t.  Au  einer  Seite  der  Stadt  breiten 
nich  grline  Wiesen  aun,  und  aus  denselben  steigen  kleine  Hügel 
auf,  an  denen  die  Pagoden  und  Klöster  gebaut  sind.  Die  I^wen 
und  übrigen  Zierrathen  sind  mit  bunter  Stuecatur  belegt.  Als 
ich  dort  einen  Tatienten  examinirte,  der  an  einer  in  dein  feuchten 
Nicngjen  nicht  ungcwrihnlichen  Krankheit  litt  (bei  der  der  Arm 
unter  entzündlicher  Spannung  ungeheuer  anschwillt,  als  ob  sich 
das  ganze  Muskcltieisch  in  condylomatöse  Gewächse  verwan- 
deln wollte),  sah  ich  grosse  Stücken  liindfleisch  in  den  Kloster- 
hof hereintragen  und  für  die  Tafel  zurichten.  Als  ich  über  diese 
ver!)otene  Nalirung  verwundert  schien,  zeigte  man  mir  unten  auf 
der  Wiese  dsisAas  einer  Kuh,  die  dort  an  einer  Krankheit  gefallen 
war,  und  jetzt  von  Laienbrüdern  zum  Besten  ihrer  verehrten 
Mönche  in  Sicherheit  gebracht  wurde,  ehe  die  gierig  laueniden 
Hunde  und  Kriilien  sich  darum  streiten  würden.  Nach  dem  Da- 
bistan  enti^chiedJemschid,  dass  Leute  niederer  Kasten  das  Fleisch 
gefallener  Thiere  essen  krmnten,  ohne  eine  Sünde  zubegeben. 
Doch  fügtFani  hinzu,  dass  diese  Sitte  abgekommen  wäre,  weil  sie 
als  ungesund  und  Krankheiten  erzeugend  erkannt  worden.  Nach 
Einführung  der  Gebete  zur  Sonne  verbot  Akbar  Kühe  zu  schlach- 
ten, weil  ihr  Fleisch  schwer  verdaulich  wäre,  und  nach  der  An- 
sicht der  Aerzte  Krätze,  Grind,  Aussatz,  Elephantiasis  und  andere 
Hautkrankheiten  erzeuge. 

Am  nächsten  Morgen  ritt  ich  durch  den  Wald  nach  dem 
Dorfe  Zinsaeli-joa,  das  am  Ausflusse  des  Baches Zinsaeh-tschaun 
in  den  Paloung  oder  Sittangfluss  liegt,  um  mich  dort  für  Böte  nach 
Tongu  zu  erkundigen.  Der  Landweg  schien  in  der  That  so  mit 
Käubern  überlaufen,  dass  ich  mit  meinen  wenigen  Leuten  und 
ohne  Aussicht,  zuverlässigere  zu  erhalten,  nicht  wohl  wagen 
durfte,  dort  die  Grenze  zu  überschreiten.  Ein  Patih-Kaufmann 
(muhamedanischer  Indier),  der  vor  einigen  Tagen  im  Ansehluss 
einer  grossen  Caravane  von  Tongu  heraufgekommen  war,  erzählte 
mir,  dass  sie  für  zwei  Tage  und  Nächte  durch  eine  organisirte 
Räuberbande  in  einem  der  festungsartigen  Zayat  belagert 
waren  und  sich  nicht  hatten  rühren  können.  Auch  erfuhr  jch, 
dass  das  schon  gehörte  Gerücht  über  die  Ermordung  des  eng- 


V 


Die  Passage.  299 

lischen  Grenzconimandauten  die  Wahrheit  gesprochen  habe.  So 
entsehloss  ich  mich  den  Wasserweg  zu  wählen,  der,  obwohl  eben- 
falls nicht  ohne  Gefahr,  da  die  Grenze  immer  zu  passiren  blieb, 
doch  unter  zwei  Uebeln  das  kleinere  schien. 

Im  Dorf  Zinsaeh-joa  ritt  ich  beim  Hause  des'Aeltesten 
vor,  und  erkundigte  mich  über  die  nach  Tongu  in  Ladung 
liegenden  Schilfe  oder  über  solche,  die  dorthin  gemiethet  wer- 
den könnten.  Seine  Frau,  die  allein  zu  Hause  war,  hatte  in- 
dess  nicht  viel  Auskunft  zu  geben,  und  so  ging  ich  mit 
Moung  Schweb  nach  dem  Ufer,  wo  wir  verschiedene  Böte 
auf  den  Werften  oder  fertig  sahen,  aber  alle  nur  klein  und  un- 
brauchbar. Der  Sittang  tritt  gerade  hier  aus  den  Bergen  der 
Schau  hervor  und  ist  nur  noch  für  eine  kleine  Strecke  weiter  auf- 
wärts schiffbar.  Höher  hinauf  besitzt  er  den  Charakter  eines 
Gebirgsstromes,  durch  Wasserschnellen  unterbrochen.  Die  Nähe 
der  Teakwaldungen  bietet  grosse  Krlcichterung  für  den  Schiffsbau, 
und  folgen  deshalb  auch  die  meisten  Bewohner  Zinsaeh-joa's 
diesem  Erwerbszweig.  Nach  längerem-Suchen  sahen  wir  einen 
ziemlich  grossen  Kahn,  der  unterhalb  des  Dorfes  angelegt  hatte, 
und  von  dem  ich  hörte,  dass  er  seine  Fracht  für  Tongu  schon 
completirt  habe.  Da  ich  ausser  einem  Knaben  Niemand  an 
Bord  fand,  ging  ich  zum  Aeltesten  zurück,  der  mir  ein  Frühstück 
vorsetzte  und  die  nöthigen  Directionen  gab.  Der  Capitän  lebe 
in  dem  Dorfe  Tanpinjoa  (das  Dorf  der  Palmbäume),  bei  dem 
ich  auf  dem  Rückwege  nahe  vorbeizupassiren  hatte,  und  fand  ich 
es  in  einer  seitlichen  Lichtung  des  Waldes,  von  verwüsteten 
Bananen-Pflanzungen  umgeben.  Der  Capitiin  wohnte  bei  seinem 
Vater,  der  schon  seit  drei  Monaten  auf  dem  Krankenbette  lag,  in 
Folge  von  Wunden,  die  er  bei  einem  räuberischen  Einbrüche  in 
seinem  Hause  erhielt,  als  er  nicht  schnell  genug  das  Geld  herbei- 
geschafft hatte.  Ich  engagirte  die  Cajüte  zur  Passage  für  mich 
und  meine  Diener,  und  glaubte  der  Kahnführer  in  zwei  bis  drei 
Tagen  fertig  zu  sein.  Beim  Zurückreiten  fanden  wir  bei  einem 
ZavatVerkäuferinnen  mit  Früchten  sitzen,  die  indessdas  Azekiav- 
Geld  und  selbst  das  reinere  Dain-Silber,  als  noch  nicht  rein  genug, 
verschmähten.     Sie  wollten  nur  für  Betelnüsse  verkaufen  oder 


300  Am  FuBse  der  Sehanbei^. 

auHtauschcn.  Indess  liesscn  nie  sich  nach  liiugeren  Debatten  UW 
den  Cours  von  Hetelnüssen  und  Metallic  zum  Dain  bewegen,  als 
ich  ihnen  einen  vortheil haften  Disconto  erlaubte.  Einige  Frauen, 
die  des  Weges  kamen,  setzten  ihre  Körbe  nieder,  um  mit  ihrem 
wohlgemeinten  Hath  an  den  Verhandlungen  Theil  zu  nehmen  und 
das  schon  verschiedentlich  beleuchtete  Thema  in  neuen  Gesichts- 
punkten zu  variiren.  Sie  hielten  nach  Landessitte  Strümpfe  für 
überflüssig,  hatten  aber  zum  Besten  ihrer  Waden  unter  dem  Knie 
Bänder  angelegt  und  sie  auf  ihren  nackten  Beinen  zusammenge- 
schnürt. In  Niengjcn  am  Abend  ankommend,  fand  ich  den  Bach 
durch  Regen,  der  im  Gebirge  gefallen  sein  musste,  so  plötzlich 
und  so  hoch  angeschwollen,  dass  wir  Mühe  hatten  hinüber  zu 
kommen. 

ber  birmanische  Hofmeister  des  Armeniers,  der  in  seiner  Ab- 
wesenheit die  Geschäfte  besorgte,  hatte  Abends  mehrere  Bürger 
zum  Besuch ,  so  dass  es  an  Stotf  zur  Unterhaltung  nicht  fehlte. 
Im  Yoma-Gebirge,  westlich  von  Niengjen,  wohnen  die  Khyen, 
auf  der  andern  Seite  des  Sittang  die  Karennih  (rothen  Kareu), 
in  den  nördlichen  Bergen  die  Schan.  Die  Schan  essen  wäh- 
rend eines  Monats  drei  mal  täglich  eine  mit  Pfeffer  und  andern 
heissen  Substanzen  gemischte  Medicin,  wodurch  ihr  Fleisch 
fest  und  gegen  Schwerthiebe  unverwundbar  wird.  Die  Birmanen 
tättowiren  diese  Medicin  und  an  dem  Diener  eines  derselben  war  es 
versucht  worden.  Derselbe  meinte  indess,  dass  .er  sieh  noch  nicht 
ganz  sicher  fülile.  Die  Dath -Wissenschaft  lehrt,  wie  man  seinen 
Feinden  llarm  anthun  kann.  Sollte  derselbe  z.  B.  einen  schönen 
Otschit-Baum  (Psidium  poniiferum  oder  Schaum-Apfel)  besitzen,  so 
vergräbt  man  die  Frucht  eines  solchen  in  die  Erde  und  verbrennt 
sie  nachher.  Man  ist  dann  sicher,  dass  alle  Früchte  au  jenem 
Baume  abfallen  und  nie  wieder  nachwachsen  werden.  Um  böse 
Zauber  zu  brechen,  werden  geweihte  Mantras*)  gesprochen.   Ein 

*)  Die  (Jehi'to  (inantra)  -sollrn  mir  iiii  GiMHto  (inana%iA)  g^esprochen  werden 
(man  odt^r  denken).  Wer  unerschütterlich  im  Schmerz  ist  (beisst  es  in  der  Bha- 
gavadgita),  ohnc^  Wunsch  in  der  Freude,  ohne  Anhänglichkeit  an  Etwas,  ohne 
Furcht,  ohne  Zorn,  der  ist  ein  Menis.  Die  primäre  Wurzelform  von  man  (den- 
ken) ittt  das  auch  von  den  Indiern  angeführte  muä  (s.  Benfey). 


Medicinische  Bücher.  301 

birmanischer  Arzt,  der  unter  der  Gesellschaft  war,  gab  mir  die 
Titel  verschiedener  Bücher:  Vazzaekyam  (zwei  Inga  in  Pali  und 
Anet),  das  über  die  Symptome  der  Krankheiten  handelt,  Dvada- 
yathikyam  (vier  Inga  in  Anet)  über  die  Elemente  und  die  Vorzeichen 
des  Todes/Dzavakahliaunthonkyam  (ein  Inga  in  Anet)  über  die  96 
Krankheiten  und  ihre  Heilmittel,  Widso  über  den  Einfluss  des 
Mondes  auf  Krauklieitsursachen ,  Kavaesarakyam  über  die 
durch  Hexen  verursachten  Krai.kheiten  und  nocli  12  andere  über 
Diagnosis,  Prognosis,  Therapie,  Diät  u. s.w.  Die  Birmanen  ken- 
nen nur Tonzon  (Gebrauch),  aber  keine  Dzat (Sitte).  Die  Pona  ver- 
lieren durch  Zusammenleben  mit  ihnen  die  Dzat,  allein  zu  essen, 
und  die  Karen  die  Dzat,  die  Nat  zu  füttern.  Von  Brahmavarta 
(frequentedby  gods)  sagt  Manu  (bei  Jones):  the  custom  preserved 
by  immemorial  tradition  among  the  four  classes  and  among  those 
which  are  mixed  is  called  approved  usage.  Den  vier  Buddha's 
werden  oft,  wie  den  Evangelisten,  Thiere  als  Emblem  gegeben 
und  der  Ochse  des  Lucas  gehört  dann  dem  Namen  (Go  oder  Kuh)*) 
wegen  dem  Gautama.  (Alte  Missionäre  stellen  ihn  mitStThomas  zu- 
sammen, während  Tamas  oderFinsterniss  eher  den  Gegner  des  zur 
Erleuchtung  Aufgewachten  ausdrücken  würde.)  Kaukusanda  wird 
tibetisch  als  der  Vernichter  der  Seelen  Wanderung,  Kassapa  mongo- 
lisch als  der  Lichthüter  undGonagamuni  (KantschanaderJaiuas) 
als  der  goldene  Einsiedler  übersetzt.  Pflanzen,  erklärte  einer  der 
Gäste,  gehören  zu  den  Avinyana-nak^,  als  nur  mit  Leben 
(Athet)  begabt,  aber  des  Zit  entbehrend.  Die  Thiere,  die  mit 
dem  Athet  auch  Zit  verbinden,  gehören  zu  den  Savinyana-naka. 
Die  Taungueh  und  Taungmyah ,  die  mit  den  Schau  von  lUaejoa 
untermischt  leben,  kleiden  sich  jetzt  in  ein  Putzo  wie  die  Bir- 
manen, aber  ihre  Frauen  tragen  noch  Röcke.  Toungwunjinoun, 
ein  Edelmann  von  Yakauweanmyo,  baute  auf  der  Flucht  vor  dem 
König  Pegu's,  die  Stadt  Tongu  in  dem  von  Birmanen  und  Talein 
bewohnten  Walde.     In  Loelongmyo,  in  der  Nähe  Vemethen's, 


♦)  India  wird  in  den  Vedas  als  Wiederbringer  der  gestohlenen  Kühe  be- 
zeichnet, and  die  8aniojeden  verehren  ihren  Num  (Himmelsgott)  besonders  als 
JUibeambaertJe  (Heerdenbesohützer) . 


302  Am  Fasse  der  Sehmnberge. 

lebt  auf  den  Bergen  ein  Stamm  der  Karen  unter  ihrem  Pavenioh, 
al8  TsobüJi.  Je  nach  dem  Inhalte  werden  Lieder  unternehiedeu, 
aU  Tanzan,  Juthythat,  Lojin  (sehnsüchtige),  Aejin  (zufriedene), 
Ngojin  (weinerliche  Klegieen)  u.  s.  w.  Als  der  Kiesenvogel  das 
Land  ilnet-[>iotaun  verheerte,  kam  auf  das  «lamniern  der  Jung- 
frauen, von  denen  täglich  eine  verspeis't  wurde,  ein  tapferer  Held 
herbei,  der  den  gefrässigen  Vogel  auf  seinem  Wege  traf  und  ihm 
sich  auf  sein  letztes  Stündchen  vorzubereiten  befahl.  Der  zitternde 
Vogel  versprach  ihm,  wunderbare  Dinge  zu  zeigen,  wenn  er  ihm 
das  Leben  schenken  würde,  und  hackte  mit  dem  Schnabel  in  die 
Krde,  dass  sieh  dort  ein  See  bildete.  Da  er  aber  sonst  nichts  ver- 
st^ind,  hieb  ihm  der  Held  den  Kopf  ab  und  riss  ihm  sieben  Federn 
aus,  die  er  auf  sein  Hett  streute.  Menschen  mit  Vogelfiissen  heissen 
Kinnara  (denen  Kalidasa  unter  ihrem  Könige  Kihnareya  Pferde- 
ko])fe  giebt)  oder  (im  Femininum)  Kinnari.  Solehe  oder  ähn- 
liche' Fabelwesen  ( wie  die  Manusiha  oder  Mannlöwen)  kennt  die  bir* 
manische  Myth<dogie  viele  undzuPurchasZeit  tigurirteu  sie  selbst 
noch  als  Wirklichkeiten  in  denKeisebüchern  UberSiam.  luthese 
parts  are  huge  woods,  harbours  of  licms,  tigers,  elephants  and 
mariches,  which  have  maiden's  faces  and  scorpion*s*)  tails.  Ben- 
fey  bemerkt:  „die  als  Begleiter  des  Kuvera  auf  den  Bergen  in 
menschlicher  (iestalt  wohnenden  Vakchas  sind  den  Mensehen 
W(»hlge.siunt.  Kiu  Theil  der  den  Menschen  feindlichen  Bakcha- 
sas  gehört  auch  in  das  (refolge  des  Kuvera,  dessen  unterirdische 
Scliiit/e  sie  vor  der  (Her  der  Menschen  bewachen  (rakh)  oder  be- 
schützen. Zu  den  Dämonen  gehören  noch  die  Pi^akas  (b<)se  Geister), 
Bhutas  (boshafte  Wesen),  Kinnaras  (was  für  Menschen),  Turanga- 
vadanas  (Pferdegesichtige)  undOvananiukha  (Hundsgesichtige)/ 
Paukamyo wurde  zu  Noat  imin*sZeit  Paukkam  gen2Uint,zuYansitta*8 
Zeit  Pukam  und  unter  den  Ava-Königen  Pkam,  weil  (setzte  der 
speculative  Kopf  meines  Erzählers  hinzu)  die  Aussprache  kürzer 

•)  Zu  den  Morkwfirdiykcitoii  der  Stadt  (Iliinv  oder  Eincäsa)  grehurl  ein  Bild 
liehen  der  Tliur  der  Moschee  an  (h*r  Seite  der  Kirche  auf  einem  weissen  Stein. 
Ks  zei^t  oben  die  Figur  eines  Menschen,  darunter  einen  Scorpion.  Wenn  luan 
auf  dieses  Hihi  etwas  Erde  druckt,  dieselbe  in  Wasser  auflöst  und  davon  trinkt, 
HO  erweist  es  sich  gegen  Scorpioustich  wirksam,  erz.'ihlt  Jacfit  (WiUlenfeld). 


Dialecte.  303 

und  kürzer  wird,  wie  die  Lebensalter  der  Menschen  sich  verkürzen. 
Als  über  Dialecte*)  gesprochen  wurde,  bemerkte  einer  der  Anwesen- 
den, dass  in  abgelegenen  Gebirgstheilen  eingeschlossene  Dürfer, 
die  nur  wenige  Beziehungen  mit  anderen  unterhalten,  oft  eine  so 
corrupte  Sprache  zu  reden  anfingen,  dass  sie  bei  Besuchen  von 
bewohnten  Gegenden  kein  Mensch  verstehen  könnte.  Unter 
Thalaunmintea,  König  vonSasain,  versammelte  Kamiudara  Ihaya 
die  Chandalas.  Als  der  König  von  Pegu  den  König  von  Av.a 
gefangen  nach  Pegu  führte,  bewegte  ein  für  Ngapi  zerschnittener 
Fisch  seinen  Schwanz  auf  dem  Markte  der  Stadt,  und  als  der 
Ava-König  davon  hörte,  erklärte  er  es  als  ein  Zeichen,  dass,  ob- 


•)  In  sevi'ral  ilirections,  but  niorc  especially  in  the  norlli-easf,  I  nm^  gfivcn  to 
undeititand  th<^  langun^es  are  so  very  nunuMoiiH,  that  soarccly  Iwo  villjifjrcs  aie  to 
be  round  in  which  they  an^  perfectly  siniilar.  'I  his,  I  appreliend,  nrif-e»  froiii  the 
propensity  to  change  inheient  in  all  lanj^uages,  and  whieli,  wlieu  It^ft  (o  (»pcrate 
uurestraiuüd  by  the  check  which  letters  iiupose, soon  crcatis  {»raduallyincreasing 
differenccH  ofdialect  aniongsta  people  originally  speaking  the  sanie  laugiiagr,  but 
who  have  become  disunited,  and  between  wlioiu  little  inteicoui^e  has  afteiwards 
Bobsiäted.  Aware  of  this  circumstance  :is  respoct«  a  country  niore  fnvouiable  to 
intercourse  than  the  niountaiiious  territory  surrdunding  Maiiipur,  I  was  not  niuch 
surprised  at  fiuding  iustances  of  the  same  kind  in  tliiü  viciiiity.  The  lauguage 
8poken  in  Chaniphung  is  only  understood  by  tlie  thirty  or  forty  fan  iiies  its  inhabi- 
tant».  The  uiajority  can  i>peak  niore  or  le.ss  of  Manipuri,  or  the  languages  of  their 
more  immediate  neighbours ;  but  lain  told  that  thcre  are  individuals  who  rcquire 
an  Interpreter  in  conversing  with  persons  notof  tlieir  own  very  limited  Community. 
Dialectä  so  nearly  siniilar  am  are  tho.se  of  tho  northern  and  central  Tangkhuls,  are 
generally  intelligible  to  the  adult  male  popuIation  on  both  sides.  Uut  the  women 
(the  two  tribes  in  question  seldom  intermarry)  and  children ,  who  rarely  leave 
tbeir  home^,  find  much  difticulty  in  making  tliemselves  understood.  Neither  of 
the  tribes  just  named  understand  the  langu<ige  spoken  by  the  southcrn  Tangkhuls, 
and  that  again  diflfers  &»  widely  from  the  languages  of  the  Khoibus  and  Marings. 
The  soutbern  Tangkhuls  teil  me  that  their  language  is  spoken  by  the  inhabitants 
of  a  large  village  named  Kanibi-maring,  situated  somewhere  to  the  westward  of 
the  northem  extremity  of  tlie  Kabo  valley.  From  these  tribes,  which  1  imagine 
to  be  the  aborigines  of  the  country,  extending  east  and  south-east  from  the  Brah- 
maputra to  China,  (  derive  both  the  Burmese  and  the  Manipuries.  To  the  »Shyan's 
1  assign  a  diflfereut  origin  (s.  Oordon).  Bei  der  ungeheuren  Vielsprachigkeit  auf 
verhaitDi:M)mässig  kleinem  Kaum  verwirft  auch  Waitz  die  Aufzählung  Balbi*s  als 
angenügend. 


304  Am  Fiua«  der  Schanberg«. 

wohl  der  Kopf  todt  neu  eiu  anderer  zur  Kacke  nachfolgen  würde. 
I  od  Aloiii|>ni  kam ,  und  das  Gestirn  des  »Siemes  stieg  auf.  Mit 
einem  Stab  in  Heiner  Hand  erschlug  er  die  Feinde,  ohne  der  Waffen 
zu  bedürfen.  Der  Sittangfluss  koniuit  aus  einem  Kubmaule  (in 
der  Nähe  MonayV)  h er>'orge flössen ,  die  andern  drei  Flüsse  ent- 
springen im  Maule  eines  Elephanten,  Naga*s  und  Pferdes. 

Nahe  den  Grenzen  Tongu*s  leben  die  Mayho-Karen,  die  kein 
Zeug,  sondern  nur  ein  Holzbrett  als  Kleidung  tnigen.  Sie  unter- 
handeln nur  mit  solchen  Kaufleuten,  die  vorher  durch  gemein- 
same^M  Hluttrinken  einen  Freundsehaftsbund  geschlossen  haben. 
iJa  sie  keine  irdenen  Gefsisse  besitzen,  so  kochen  sie  ihren  Keisio 
einem  Hambu-Steugel ,  der  grün  auf  das  Feuer  gelegt  und  dann 
und  wann  mit  dem  Messer  geritzt  wird,  dass  das  Wasser  ausfliessen 
kann.  In  den  Wäldern  der  Karen,  auf  der  andern  Seite  des  Sit- 
taiig.  finden  sich  viele  der  Baumarten,  auf  denen  das Lack-lnsect 
((.oecus  lacca;  lebt,  und  liefern  den  grössten  Theil  des  vonBinna 
ausgeführten  StUcklack.  Durch  die  Einstiche  eines  andern  Insects, 
dasMasou  alsTriglaena  laeviceps  bestimmt,  fliesst  ein  schwarzes 
Harz,  dem  Diimmar  ähnlich,  aus  und  wird  gesammelt. 


Die  GreDzproviDz. 

Da  ich  mich  zur  Fliissfahrt  entschlossen  hatte,  Hess  ich  es 
am  andern  Tage  in  der  Stadt  bekannt  werden,  dass  ich  meine 
Pferde,  Ochsen  und  Wagen  verkaufen  wolle,-  doch  ohne  viel 
Hoffnung  auf  ein  Angebot.  Ein  Reisender  kann  stets  mit  Leich- 
tigkeit kaufen,  aber  nie  verkaufen,  und  da  seine  Zeit  immer  zu 
kostbar  ist,  um  sie  durch  Warten  zu  verlieren,  hatten  mir  frühere 
Erfahrungen  genugsam  bewiesen,  dass  man  sich  mit  sehr  be- 
scheidenen Ansprüchen  begnügen  muss. 

In  dem  Hofe  meines  Quartiers  wohnten  die  Familien  meh- 
rerer der  Holzhauer  und  sie  gaben  mir  ihre  Lieder,  wie  man  sie  im 
Walde  singt,  von  dem  zwölffach  nach  Süden  gewundenen  Strom  des 
Nila  Baches,  über  welchen  das  grossmüthige  BrüderpaarTayaydam 
und  Letjapyu  Brücken  gebaut,  so  wie  von  dem  Zaddan-See,  der 
Tränke  des  weissen  Elephanten,  wo  goldene  Lotos  blühen,  der 
Yendwuin-Vogel  auf  den  Wassern  segelt,  um  der  Jasmine  Nektar 
Schmetterlinge  flattern  und  Pfauen  an  dem  Ufer  stolziren.  Viele 
dieser  Arbeiter  waren  Talein  und  ihren  früher  inPegu  ansässigen 
Herren  dorthin  gefolgt.  So  wussten  sie  noch  Manches  aus  ihrer 
Heimat.  Der  um  dieTanbuin-PagodebeiThatungumherfliessende 
Fluss  verehrt  sie  durch  sein  Kreisen  und  durch  das  tägliche 
Steigen  seiner  Wasser.  Die  Scheikho-Pagode  bei  Jeitho  (in  der 
Nähe  Pegu's)  war  ursprünglich  von  dem  Thagyamin  (Götterkönig) 
gestiftet,  der  sie  frei  in  der  Luft  aufliing.  Als  aber  Räuber  die 
Juwelen  daraus  stahlen,  fiel  sie  herunter.  Jetzt  wird  ein  heiliger 
Stein   durch  Reliquienhaare   in   der  Luft   schwebend   gehalten. 

BmÜui,  OstMien.    II.  2  0 


•* 


4i  #1  -t»*  ■.r-«-Lnr.w-ui 

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4..-:    i/rr.     »i'-    ■-•-l'l--:.     .11    A -Li  t  Ir  •.-^ü.   1 "  I  L^t -ra-i^O-    rli  F«>t 

r-'«-: -r.  vr::-i-  t  :-_  :-  Niti-i^LiL  ir  H-i-e  z^mn^  Je 
xu:^l•:-:il  i-:'  ör--  M  - 'j-'t  >i  ir  >  i:  t  IL  :-TiXi>?<ier  «üJer  pe- 
jruva.-' Irr  •*-  "-  i'n'  ^  '\  i'  '':ri*:-T*  .  Ji  i-er  er  nhiec  In 
iijT^r 'Zt.:  ia:  ••i  i-t-i  i*^t  .ti  r  .i  i:i'i-:rvjN^:ei2-cefiMeiL 

v.i«4rzri  1*1 .:  xJ  :-ii S  '■-':i' r^  -  *"  •* ira  -tir!:*-* i.  I*/«ri  *<-fteiiiei 

xl:.  .irJi  r-rLi.:  z.  ii"  -Ti^  irr-i    ir  '..'.  •<£:*•  »rriTii^Ar  ^va  jeher 

»tl-t.  >  ü*;  :-c  i.r  >:i:I  üt  >  :i.  r  ^jr*-r:ii'r:t:^»rS'T!uer,  wie  sie 
a.i«:ä  rjKi  ira^'A:-*.*  a1-  rlij.  ■I-ü:  .ir--  J£ii -i^^-^ii.  iinW'  r»».  Hei- 

u^^.xz^-i  :•  n«  :-c-  j.11  » .'»ra:- •►--  ar-r  •:t-*:tl.-:jl>  •  :  K.-^svaj^.  This 
'^  r.'  .-^  >  ::.r  -MLi-:  i>  A::v.\i  -.  M^:-  .  I*r7  L^abi^tui  erwählt 
-:.i:t  rr:*.j,*?L*  •:-*  ^: ^  .ik'  Vi.^'  Tic-  in  'icT  >iA»i:  lk;^;a^  uod 
'/^i.-r.'k:.  •;••*  ii-r  iiz;  «'frL  ::^*:-  L  .1  is  ••icr  PiiLzeriniien  ihre 
Ti-rLir:  :•!.-:-  L.>--;  lill^'i^iur::!.  <•■:!■:•: ra  mr  dea  Bn&hma- 
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Passchwierigkeiten.  307 

dienend,  sonst  auch  Ukkara,  ein  bedeutsames  Wort,  das  Castr^n 
von  dem  alten  Ukko  der  Finnen  durcli  Aga  (Vater)  der  Jakuten 
und  Aka  oder  Acba  (älterer  Bruder  oder  Herr)  der  Mongolen  ver- 
folgt hat.  Ok  findet  sich  als  früherer  Königstitel  in  Siam  und 
Kambodia  und  klingt  auch  in  manchen  wichtigen  Herrscheruamen. 
Zuweilen  stellt  sich  eine  Art  Nat  ein,  die  noch  nicbt  ausgewachsen 
scheint  und  mit  der  Stimme  eines  Säuglings  spricht  (Nat-su-ngay). 
Solche,  die  sich  der  Verehrung  der  Dämonen  besonders  hingeben, 
heissen  im  Allgemeinen  Nat-thein  und  ihre  Aufmerksamkeit  auf 
die  gegebenen  Orakel  wird  Nat-hnut-na  genannt  oder  das  Lau- 
schen auf  die  dämonischen  Aussprüche.  Der  von  einem  Nat  Be- 
sessene ist  ein  Nat-Vin,  d.  h.  ein  Solcher,  in  den  ein  Dämon  ein- 
gegangen ist,  oder  auch  ein  Nat-Puh,  als  ein  mit  dem  Dämon  Ver- 
einter. Durch  den  Umgang  mit  Dämonen  wird  die  von  Faust  ge- 
suchte Nat-Vijuja  erworben.  Das  dem  Schutzgott  des  Dorfes  ge- 
brachte Opfer  heisst  Pali-nat-ga. 

Als  ich  Miene  machte  meine  Reise-Eflfecten  zu  verschenken, 
kam  schliesslich  ein  Patih,  der  einen  Spottpreis  dafür  bot  und  sie 
zugeschlagen  erhielt.  Er  stellte  mir  einen  Wechsel  auf  seinen 
Bruder  in  Tongu-aus,  der  dort  Kaufmann  sei.  Da  er  kein  Eng- 
lisch verstand,  und  ich  mein  vor  vielen  Jahren  erlerntes  Hin- 
dostauih  so  ziemlich  vergessen  hatte,  unterhielten  wir  uns  im 
Birmanischen,  das  Document  aber  wurde  im  Tamulischen  aus- 
gestellt. 

Ich  hatte  vermieden  dem  Nakan,  der  damals  als  Stadtgouver- 
neur fungirte,  meine  Aufwartung  zu  machen,  da  ich  aus  verschie- 
denen Beschreibungen  gemerkt  hatte,  dass  er  einer  jener  Beamten 
sei,  mit  dem  man  je  weniger  desto  besser  zu  thun  hätte.  Als  ich 
fertig  stand  noch  denselben  Abend  abzureisen,  schickte  ich  Moung 
Schweb  zu  ihm,  um  einen  von  ihm  ausgestellten  Specialbefehl  an 
die  Unterbeamten  längs  des  Weges  zu  erhalten,  aber  er  verlangte 
erst  den  Hlut-amein  (den  von  Mandalay  ausgestellten  Pass)  zu 
sehen.  Ich  Hess  ihm  indess  zurücksagen,  dass  ihn  derselbe  nichts 
angehe,  weil  ich  hinlänglich  durch  die  sonst  eingeschickten  Pa- 
piere legitimirt  sei,  und  als  er  dann  seinen  Pass  verw^eigerte,  be- 
schloss  ich  ohne  denselben  abzureisen,  um  nicht  in  eine  Bekannt- 

20* 


308  ^1^  GrenzproTinz. 

Schaft  verwickelt  zu  werden,  die  mir  nur  Zeit  und  Geld  gekostet 
haben  würde.  Da  es  indess  inzwisclien  Abend  geworden  war 
und  die  Abreise  im  Dunkeln  nicht  gut  zu  bewerkstelligen  war, 
so  erhielt  ich  während  der  Nacht  noi-h  ver»4;hiedene  Besuche,  die 
mir  theils  unter  der  Hand  und  zuletzt  als  directe  Botschaft  an- 
deuteten, dass  der  Nakan  eine  Visite  er\*arte  und  dringend 
wünsche.  Doch  hatte  ich  für  sie  nur  die  Antwort,  dass  ich  mit 
dem  ersten  Tageslicht  unterwegs  sein  würde.  Und  die  aafgehende 
Sonne  fand  mich  schon  in  der  Xähe  des  Dorfes  der  Palmen,  wo 
ich  dem  Verwundeten  noch  einen  Besuch  vor  meiner  Abreise 
versprochen  hatte. 

Als  ich  von  dort  wieder  abritt,  verlor  ich  die  Spur  der  Karren 
im  Walde  und  hatte  lange  danacH  zu  suchen,  so  dass  wir  später, 
als  erwartet,  in  Zindsaejoa  ankamen.     Wir  fanden  grosse  Mühe 
das  Gepäck  an  Bord  zu  schauen,  da  der  Kahn  an  einer  Stelle 
lag,  wo  kein  Wagen  nahe  kommen  konnte,  und  selbst  Lastträger 
in  dem  Lehm  versunken  wären.     Als  ich  mit  Moung  Schweb,  um 
noch  einige  Einkäufe  zu  machen,  zurückging,  sah  ich  ein  kleines 
Boot,  das  es  vielleicht  bequem  sein  würde,  bei  sich  zu  haben,  um 
aus  dem  grossen  beliebig  landen  zu  können.     Als  ich  über  den 
Preis  verhandelte,  verlangte  der  Verkäufer  erst  mein  Geld  zu 
sehen,  und  verwarf  die  gezeigte  Sorte  Daina  als  unbrauchbar;  an 
Azekiay  wäre  gar  nicht  zu  denken  gewesen.     Nur  das  feinste 
Yowetnih  würde  ihm  genügen.     Da  ich  mit  solchem  nicht  ver- 
sehen war,  und  Rupien  anbot,  wollte  er  sie,  statt  sie  zu  zählen, 
nach  dem  Gewicht  seines,  in  einem  andern  Silber-Alloy  fixirten, 
Preises  berechnen.     Als  ich  ihn  um  das  Warum  fragte  (da  die 
Kupien  auf  dem  Markte  Xyengjen's  wegen  der  Handelsbeziehun- 
gen mit  Tonga  schon  ihren  festen  Preis  hatten),  antwortete  er: 
„Ja,  wiegen  will  ich.     Wir  Bauern  hier  sind  schlau,  uns  führt 
man  nicht  hinter  das  Licht.    OhI  wir  sind  schlau.""    Für  kleinere 
Einkäufe  hatte  ich  mir  früher  mitunter  geholfen,  indem  ich  Ku- 
pien, deren  Silbergehalt  der  einen  Art  Daina's  i>ehr  nahe  kommt, 
in  kleine  Stücke  zerschnitt;    aber  für  grössere  Summen  hätte  es 
erst  eines  Assaver's  bedurft,    und  ein  solcher  wäre  nur  in  der 
Stadt  zu  finden  gewesen.     Mit  einem  andern  Schiffsbauer  gelang 


Der  Capitain.  309 

es  mir  besser,  einen  Kauf  zu  sehliessen ,  und  bezahlte  ich  ihn  in 
Dainas,  worin  der  Preis  accordirt  gewesen  war.  Kaum  aber  war 
ich  bei  dem  Kahn  angelangt,  als  er  mir  nachgerudert  kam,  und 
das  Geld,  als  nicht  von  der  Reinheit  des  Yow^tnih,  zurückbrachte. 
Wahrscheinlich  hatte  die  Schlauheit  eines  der  andern  Bauern 
seine  eigene  erleuchtet.  Ich  stellte  ihm  vor,  dass  er  das  Geld  ja 
vorher  in  den  Händen  gehabt  und  geprüft  habe,  dass  er  damit 
zufrieden  gewesen  und  dass  die  Sache  jetzt  abgeschlossen  sei. 
Dass  er  ausserdem  überzeugt  sein  könne,  dass  das  Silber  ganz 
diejenige  Feinheit  besitze,  die  seine  Preisbestimmung  erfordert 
hätte,  da  ich  schon  auf  der  ganzen  Reise  beständig  damit  bezahlt 
und  ihm  sogar  eine  Extravergütung  berechnet  habe.  Auf  Alles 
dieses  hatte  er  als  einzigste  Antwort,  dass  er  ein  armer  dummer 
Kerl  aus  dem  Walde  sei  und  nicht  besser  gewusst  habe,  so  dass 
ich  ihm  zuletzt  den  Rath  gab,  nach  dem  Walde  zurückzugehen 
und  mich  zufrieden  zu  lasseu. 

Am  Nachmittage  kam  endlich  der  laug  erwartete  Herr  Ca- 
pitain, der  Hlay-thougyi  oder  Schiffsoberste  an  Bord,  von  seiner 
Frau  begleitet.  Aber  seine  Mittheilungen  waren  leider  nicht  die 
gewünschten.  Er  sagte,  dass  er  so  eben  von  einem  Zeichendeuter 
komme,  der  den  heutigen  Tag,  Mittwoch,  mit  dem  Zeichen  des 
Elephanten,  als  einen  sehr  ungünstigen  zur  Abfahrt  bezeichnet, 
dagegen  habe  er  ihm  zu  Sonnabend,  als  mit  dem  Zeichen  des  Kö- 
nigs, gerathen.  Also  am  Sonnabend  würde  er  abreisen.  Daspasste 
aber  nicht  in  nteine  Calculationen,  obwohl  jeder  Ueberredungs- 
versuch  in  diesem  Falle  nutzlose  Verschwendung  gewiesen  wäre. 
Er  betheuerte  hoch  und  heilig,  dass  er  am  Sonnabend  bestimmt 
abfahren  w^ürde  und  tröstete  mich,  dass  es  ja  nur  drei  Tage  mehr 
wären.  Wohl  wissend,  dass  darin  nichts  zu  ändern  sei,  kam  mir 
der  gute  Einfall  zu  statten,  das  kleine  Boot  gekauft  zuhaben,  und 
ich  erklärte  ihm,  dass  ich  darin  vorausreisen  und  ihn  an  der 
Orenze  erwarten  würde.  Der  Capitain  war  darüber  verwundert 
und  suchte  es  mir  auszureden,  da  das  Boot  viel  zu  klein  sei,  ver- 
sprach mir  aber  zuletzt,  als  ich  fest  in  meiner  Absicht  blieb,  für 
einen  des  Weges  kundigen  Bootführer  zu  sorgen,  und  ging  mit 
seiner  Frau  nach  dem  Dorfe  zurück. 


10  I^i^  Grenij-rovinz. 

Mir  war  diese  Verzr»^erung:  im  b«.kh>ten  Giade  unangenehm. 
Abiresehen  ron  einem  immer  ärpiTÜchen  Zeitrerlnst  ist  derselbe 
?>esi.*nder>  bedenkliib  in  greflibrlii-ht-n  Gebenden,  wo  man  besser 
mr»glubst  ra>ch  durchreist, obnewirber dem Gerücbte Zeit  zulassen, 
auf  die  l»ev^ir^If  Lende  Ankunft  vorzubereiten.  Ausserdem  hatte 
ich  meine  dem  Nakan  i:e^enül»er  innegehaltene  Verfabrungsweise 
nur  deshalb  untemt-bmcn  zu  kvnnen  ireglaubt.  weil  ich  berech- 
net bane.  ebous«»  rasrh,  als  etwaiirc  Raen  seinerseits  an  der 
Grenze  anzulangru  und  den  P^^tcu  d«*ri  zu  l»a^siren.  da  er  mir 
s-:«nsi  m«~i:l:chc-rwc:>f  d^rt  allerU-i  Ilindemis-^e  und  Schwierig- 
ktriien  in  den  We::  hät:e  K-iTcn  k-'nnen.  Die  verschobene  Ab- 
regt- würde  den  Tlan  natürlich  über  den  Haufen  geworfen  haben, 
und  ich  war  eutschb'S^en,  nicht  über  den  Tag  hinaus  dort  zu 
ble^Kj-n.  AN  daher  bis  Alend  keiner  der  versprochenen  Boots- 
leute sich  cezci:::  Laue,  war  die  Sache  kurz  abzubrechen  und 
tLrilie  ich  nic::.ru  ^rid^u  Burschen  mit.  da>s  sie  mich  würden 
fahren  müs-^en.  da  Ni<.UiäLd  ard^rs  da  war.  M^'ung  rVhweh  war 
etwas  mit  dem  Stou- ru  veriraut,  :inJ  dem  Au-iem,  ein  toller  Ge- 
selle wie  er  war,  blieb  Alles  recht,  wenn  es  ihn  nur  von  der 
Kücie  l»efre:ie.  Während  der  Nach:  wurden  die  nothwendigsten 
Din^rv  und  meine  wiehiiireren  P^i'-ere  in  kleine  Packete  zusam- 
menreVunJen  und  niit  einigen  1  Vi- vi -i. 'neu  in  dem  Boote  wegge- 
stauL  da^  dann  v».  n  dem  Kahne  :n'>  Wasser  gelassen  wunle,  und 
s->ba!d  der  Himiuel  im  Osten  1  leichte,  sr.essen  wir  ab.  Meine 
nbriiren  S:u-Len  liess  ich  auf  dem  Kahr.e,  zum  Schrecken  dcrMa- 
ir<*>en.  die  ^eriie  A!le<  ^Ki^h  mi:  mir  :-.r:,reschiokT  kitten,  um 
nicht  dis,  füreiztu  Rimiancn  imn.erSohäue  einsehliessende,  Ge- 
päck eines  K;v!.^  in  vieL  Händen  zu  Kba!un  und  dafür  aufkommen 
zu  n.ü>>rn 

M. uLg  schweb  s:i>s  hinten  im  Rv-t.  mit  einer  kleinen 
Schäufe!.  'l.vs<el'  v  ZI  r^-Te-^-  ^■^"  K-vi  vome  mit  der  seinigen, 
und  >•.  ^  b  >sen  wir  jvi'>vbut!I  d^u  ni>S!:::ieiiSn\»m hinab,  viel 
ras-.brr,  ;»!s  uu-  >:i  iKStnr  rnk^v.r.tr.iss  dts  Fahrwassers  und 
der  vifir-  Frls>:ei!:v  !":  *  w:\r.  Ws>ser^  "rx:!  ut:: schwärmten  uns 
•n  uuj^b'.  unn  Mer^^:::.  Sic  k.;v.::::::  s  ■  wen'g  S\*beu.  dass  man 
if:  iir  >:i»v::i:uieu.:;u  :a>:  :::i:  den  HAnieri  i:::^?:fen  konnte  und 


Bootfiihrt,  311 

ein  Jäger  die  reichste  Beute  heimgetragen  haben  würde;  doch  war 
jetzt  mein  Augenmerk  vorwärts  zu  kommen.  Ohnedem  würde 
ich  für  Zoologen  einen  schlechten  Reisenden  abgegeben  haben, 
denn  ich  liebte  immer  weit  mehr,  die  Vögel  in  freier  Natur  um 
mich  spielen  zu  sehen,  als  für  ein  Museum  auszubälgen.  Da 
glücklicherweise  in  der  Wissenschaft  die  Theiluug  der  Arbeit 
als  richtiges  Princip  anerkannt  ist,  braucht  man  sich  nicht  zu  zer- 
splittern und  kann  Jeder  seiner  Lieblingsneigung  folgen. 

Die  HUgellinie  der  rothen  Karen  erstreckt  sich  mit  welligen 
Ausläufern  längs  des  Flusses  und  am  Ufer  erschien  hier  und  da, 
den  Wald  unterbrechend,  ein  ärmliches* Dorf,  dessen  Kyaung  in 
Ermangelung  anderen  Schmuckes  mit  bunten  Tüchern  behängt 
war.  Das  Wasser  hatte  einen  solchen  Fall,  dass  man  glaubte, 
eine  schiefe  Ebene  hinabzugleiten,  wenn  man  vor  sich  auf  den 
fortströmenden  Fluss  blickte.  Um  Mittag  kamen  wir  zu  einer  Stelle, 
wo  sich  derselbe  in  zwei  Arme  spaltete.  Das  war  nicht  voraus- 
gesehen. In  Zindsaejoa  hatte  man  uns  auf  Erkundigungen  nur 
ein  Dorf  genannt,  wo  wir  ungefähr  um  Mittag  ankommen  würden, 
sonst  aber  keine  speciellen  Directionen  gegeben.  Der  Strom  floss 
dort  durch  einen  Wald ,  wo  wir  schon  für  die  letzten  Stunden 
weder  Häuser,  noch  sonst  Spuren  menschlicher  Ansiedelungen 
gesehen  hatten.  Boote  waren  uns,  seit  der  Abfahrt  am  Morgen 
früh,  kein  einziges  begegnet.  Also  musstenwir  selbst  entscheiden 
und  wählten  aufs  Gerathewohl  den  uns  nächsten  Arm.  Auch 
dort  war  dieselbe  Wilderniss  und  Oede,  wie  zuvor,  und  die  Wil- 
demiss wurde  wilder  und  öder,  je  weiter  wir  auf  unserer  Nuss- 
schale  darin  fortfuhren.  Weder  Dorf  noch  Hütte  nirgendwo,  nur 
Wald  und  Wald.  Eine  ängstliche  Todtenstille  herrschte  ringsum, 
durch  die  das  einförmige  Gestöhn  des  Brüllaffen  um  so  kläg- 
licher wiederhallte.  Der  Nachmittag  verstrich,  und  wir  erkannten 
an  den  langen  Schatten,  die  die  Bäume  über  den  Fluss  warfen, 
dass  die  Sonne  sich  dem  Untergange  zuneigen  musste.  Das 
Wasser  hatte  seine  Geschwindigkeit  gänzlich  verloren  und  war 
fast  stehend,  sich  mitunter  in  weite  Bassins  ausbreitend,  so  dass 
die  beiden  Jungen  sich  tüchtig  anstrengen  mussten,  um  vorwärts 
zu  kommen,    und  durch  die  ungewohn-te  Arbeit  bald  erschöpft 


312  Die  fjT*«rpw»i«i- 

waiYD.  Mitanter  ^bien  tr^  un«.  als  «.»b  Pfade  an»  den  Walde  an 
da.«  Wa.«^«er  fdhiteD :  aber  wenn  wir  darauf  zn  bielten.  zeisten  sieh 
Dar  die  Fa«etapfeD  der  wilden  Elephanten.  die  d»nbin  zum  Trinken 
gekommen.  Aaeh  durch  das  Erklenem  T«»n  Bäumen  konnte 
nieht?^  en^paht  werden,  d«>eh  bemerkten  wir  «rhlie*>lieh  am  Tfer 
Fi'«ehreu*en.  die  dort  aufsre*teekt  waren.  Nieht  lanse  nachher 
«ahen  wir  Rauch  au<  dem  Walde  auf^tei^n  und  erhielten  von 
den  dort  arbeitenden  Holzhauern  die  Directi<.*n  nach  dem  Dorfe 
Taania.  um  nn«  nicht  in  die  im  Walde  auslaufenden  Canäle,  die 
fieh  auf  weite  Entfeniun<?en  erstrecken  und  ;selefentlicb  zum 
Schwemmen  derTeak!^täluule  dienen,  zu  verlieren.  Gerade  beim 
Dunkelwerden  sahen  wir  die  Häu'ier  de<  Dorfes  am  Ufer  vor- 
bei!fchie<^!Ken,  da  der  Strom  jetzt  die  frühere  Geschwindi^eit 
seines  Laufes  wieder  erlangt  hatte.  \\»n  hier  konnte  die  Grenze 
nur  noch  eine  kurze  ^^trecke  entfernt  :^in.  und  so  Hess  ich  hinter 
einem  Vorsprung  Halt  machen,  wo  die  beiden  Huderer  sich  ihren 
wohlverdienten  Reis  kochen  konnten. 

Nachdem  das  Abendessen  beendet  war.  fuhren  wir  noch  eine 
Strecke  weiter,  um  nicht  an  de^^elben  Stelle  zu  schlafen,  wo  der 
Hauch  gesehen  sein  mochte,  und  befestigten  das  Boot  unter  den 
tiberhangenden  Zweigen  eines  dicken  Baumes,  der  die  ganze  Nacht 
im  monotonen  Fall  seine  schweren  Früchte  auf  uns  niederwarf. 
Das  Dunkel  des  Waldes  war  zur  Fiustemiss  geworden,  in  der  das 
Echo  des  Donners  rollte  und  mitunter  ein  jäher  Blitz  kenror- 
zuckte.  Wir  richteten  uns.  so  gut  es  die  Umstände  gestatteten« 
auf  den  erwarteten  Regen  ein,  doch  klärte  es  sich  gegen  Mitter- 
nacht wieder  auf  und  der  Mond  trat  hervor.  Ich  hatte  die  Nacht- 
wachen vertheilt,  merkte  aber  bald,  dass  mir  alle  drei  zufallen 
würden ;  denn  trotz  der  Muskitos»  über  die  sie  anfangs  klagten, 
schliefen  meine  beiden  Matrosen,  ohne  sich  zu  regen,  und  da  sie 
Grund  zur  Müdigkeit  hatten,  Hess  ich  sie  ungestört. 

Nach  der  Abfahrt  am  nächsten  Morgen  kam  bald  das  Grenz- 
dorf Mayho  in  Sicht,  und  auf  einer  hohen  KJipi>e  stand  der  Wacht- 
posten. Wir  wurden  angerufen  zum  Halt;  ich  Hess  indess  das 
Boot  so  lenken,  dass  es  erst  an  einer  Stelle  ans  Land  kam,  die 
schon  innerhalb  der  englischen  Grenzlinie  fiel.  Dann  recognoscirte 


Der  Grenzposten.  813 

ich  das  birmanische  Lager  und  sehend,  dass  die  dort  aufgestellte 
Armee  gerade  keine  grosse  Uebermacht  zeigte,  nahm  ich  meine 
WaflFcn  und  ging  mit  Moung  Sehweh,  mich  nach  ihrem  Anliegen 
zu  erkundigen.  Den  verlangten  Hlut-amein  verweigerte  ich  auch 
hier,  und  producirte  einen  andern  Schein,  womit  sie  sich  begnügen 
könnten.  Auch  nahmen  sie  gar  nicht  viel  Anstand,  da  sie  mir 
den  oflen  gehaltenen  Rückzug  doch  nicht  mehr  abschneiden  konn- 
ten. Briefe  des  Nakan  ausNyengjen  waren  indess,  wie  ich  leicht 
merkte,  schon  angekomnien.  Als  ich  nicht  unterlassen  konnte, 
darauf  anzuspielen,  erwiedertensie,  dass  in  der  Nacht  ein  Eilbote 
gekommen  sei,  mit  dem  bestimmteste.i  Refehl,  mich  ohne  Verzug 
und  Hinderniss  passiren  zu  lassen.  Ich  beglückwünschte  sie, 
dem  Uefehl  ihres  Oberen  so  trefflich  nachgekommen  zu  sein,  und 
nachdem  ich  ihre  Complimente  mit  dem  gewünschten  Pulver,  das 
in  der  Grenzfestung  ausgegangen  war,  bezahlt  hatte,  betrat  ich 
wieder  das  Boot  und  fand  mich  noch  an  demselben  Nachmittage 
in  Myolah,  dem  Posten  der  englischen  Grenzwache,  wo  der  ein- 
geborne  Sergeant  mir  in  dem  Fort  das  Haus  des  englischen  Offi- 
eiers,  der  in  Tongu  abwesend  war,  zur  Verfügung  stellte.  Dort 
hörte  ich  nun  die  Einzelheiten  über  die  traurige  Ermordung  des 
Grenzcommandanten  (Lieutenant  Hallam),  dem  jetzt  ein  Nach- 
folger bestellt  war.  Mehrere  der  Soldaten  und  Polizisten  in  der 
Stockade  waren  bei  der  Expedition  gewesen  und  konnten  als 
Augenzeugen  sprechen. 

Der  Sergeant  oderBo  war  ein  Talein,  ein  alter  gesprächiger 
Mann»  der  mir  viel  erzählte  und  mir  die  ihm  zur  Verfügung 
stehenden  Bequemlichkeiten  zu  verschaffen  suchte.  Er  gab  mir, 
als  eifriger  Patriot,  einen  umständlichen  Bericht  über  die  alte 
Geschichte  Pegu's,  die  erste  Entdeckung  durch  die  fremden  See- 
fahrer, die  Gründung  Hongsawaddi's  (Don-Hansa)  und  den  ent- 
scheidenden Zweikampf.  Auch  von  Thatung  wusste  er  zu  er- 
zählen, dass  es  von  den  Dann  erbaut  sei,  und  hatte  stets  Seiten- 
hiebe für  die  Birmanen,  die  nichts  richtig  aussprechen  könnten* 
In  Thomapura,  das  die  Birmanen  in  Dhammapura  entstellen, 
herrschte  ein  dreiäugiger  König,  der  durch  sein  drittes  Stirnauge 
Alles  sah  und  deshalb  in  einem  Kriege  mit  dem  König  von  Don 


314  r)Je  Grenzprovini. 

• 

Thatehn,  was  die  Rirnianen  entstellen  in  Thatung,  beständig 
siegte,  bis  es  der  Tochter  des  letztern  gelang,  ihm  ein  Frauentucb 
in  die  Hände  zu  spielen ,  mit  dem  er  sieh  das  von  den  Nat  gege- 
bene Auge  wegwischte.  Man  nennt  deshalb  die  Stadt  Don-not- 
mein-ling  oder  die  Stadt,  wo  das  Auge  des  Königs  zerstört  wurde; 
aber  die  Birmanen  entstellen  das  in  Monlmien.  Er  nannte  die 
Birmanen  (im  Talein)  Kamae,  und  sagte,  dieser  Name  bedeute 
auf  Händen  und  Füssen  gehen,  weil  bei  Ankunft  Gautama's  die 
Birmanen  vor  seinem  Glänze  so  erschracken,  dass  sie  ihm  nur 
vierfttssig  zu  nahen  wagten  wie  die  Hunde.  Nach  Purchas  dage- 
gen bezögen  die  Peguer  ihren  Ursprung  to  a  dogge  and  a  ebina- 
woman,  who  escaped  shipwracke,  und  die  Ilässlichkeit  der  Peguer 
wird  dieser  Abstammung  zugeschrieben,  indem  die  Männer  nach 
dem  Vater,  die  hübscheren  Frauen  nach  der  Mutter  schlügen. 
Khvae  meint  im  Peguanischen  einen  Pagode-Sclaven.  Früher 
stand  in  der  Nähe  Thatung's  eine  Stadt  der  Lava's,  ein  Volk,  von 
dem  Niemand  weiss,  woher  es  kam.  Min  Toudena,  der  Sohn  des 
Tsita-kama  (Königs  von  Martaban),  erbaute  dieThailatah-Pagode 
auf  dem  Thailekah-Berge  und  Atha-Mintha  (unter  der  Regierung 
Wimala's  und  Thamala's  in  Pegu)  erbaute  die  Keiketha-Pagode. 
Tinsimingyi ,  Vater  des  Wilandea ,  construirte  das  Labyrinth  auf 
dem  Berge  Wingala;  die  Kjeik  Kalunbun  in  Sittang  wurde  von 
dem  peguanischen  König  Atinkepamin  gegründet.  Die  Tchichatah- 
Pagode  wird  im  Tagou-Monat  von  Pilgern  besucht,  die  Miasun- 
ginaun-Pagode  im  Tabaun-Monat,  der  Schwemaupaya  im  Vollniond 
des  Februar.  Der  von  Nats  gebaute  Kjeik-Kalukk  enthält  eine 
silberne  Figur.  Die  Prinzessin  von  Yaiying  war  einem,  Alligator 
vermählt.  Die  am  Sittang  von  den  Yun  gebaute  Stadt  Kyoukmo 
wurde  durch  Yasadiit,  König  der  Talein,  zerstört.  Das  alteTongu 
war  von  neun  befestigten  Städten  umgeben.  Speere,  hörte  ich, 
und  sonst  in  der  Station  gebrauchte  Eiscnwaa'ren  werden  von  einem 
Karen,  der  seine  Schmiede  auf  den  Bergen  hat,  gefertigt,  und  bei 
•den  gelegentlichen  Besuchen  desselben  nach  Myolah  gebracht. 
Auch  das  Schärfen  wird  dann  von  ihm  besorgt.  Mayho  ist  selbst  in 
dieser  Fiebergegend  noch  sprUch  wörtlich  besonders  als  ungesund 
berüchtigt.  Die  Straflosigkeit  der  steten  Räubereien  an  der  Grenze 


Schan-Kaufleute.  315 

wurde  hauptsächlich  dem  MouugTombo,  dem  Thougyi  eines  Dorfes 
am  Jenin-Creek,  zur  Last  gelegt.  Er  hatte  sich  wegen  ausgefun- 
dener Verbrechen  über  die  englische  Grenze  geflüchtet,  wurde 
aber  durch  geheime  Briefe  eines  erlauchten  Beschützers  in  Man- 
dalay  zurückgerufen  und  soll  sein  Diebshehler-Geschäft  jetzt  in 
noch  grossartigerer  Ausdehnung,  wie  früher,  betreiben. 

Am  nächsten  Morgen  nahm  ich  ein  erquickendes  Bad ,  da 
auch  die  Birmanen  sich  dort  wuschen  und  Wasser  holten,  obwohl 
von  einem  Alligator  gesprochen  wurde,  der  unterhalb,  und  einem 
anderen ,  der  oberhalb  Myolah  lebe.  Doch  erstrecke  sich  sein 
Jagdrevier  nicht  so  weit  und  pflege  der  Alligator  oberhalb  Tongu 
überhaupt  nicht  zu  beissen.  Beim.  Aufweichen  des  Bodens  mit 
dem  Eintritt  der  Regenzeit  wühlen  sie  sich  am  Ufer  aus  dem  harten 
Lehm  heraus,  der  während  der  Hitze  vertrocknete.  Auf  der  Ebene 
vor  dem  Fort  hatte  die  Caravane  eines  Schan  -  Kaufmannes  ihr 
Lager  aufgeschlagen^  die  mit  500  Ochsen  von  Pegu  zurückkehrte 
und  getrocknete  Fische,  Ngapie  u.  s.  w.  geladen  hatte,  für  die 
dort  verkauften  Zeuge  und  Tabak.  Ich  besuchte  den  Eigenthümer, 
der  sich  wegen  der  Steuer-Kegulation  ein  paar  Tage  dort  an  der 
Grenze  aufhalten  musste,  und  sich  bei  dem  Sergeanten  durch  das 
Geschenk  eines  mit  Zeug  umwundenen  Rehhornes,  um  gegen 
Schüsse  fest  zu  machen ,  in  Gunst  gesetzt  hatte.  Er  nannte  sich 
einen  Shangyi  (Gross-Schan)  ausHlayga  und  hatte  das  linke  Ohr- 
läppchen stark  extendirt  durch  einen  dicken  Propfen,  der  einge- 
fügt war.  Weiterhin  campirten  Schan  Thoungthu,  die  auf  100 
Ochsen  Betelnüsse  aus  Molmein  brachten. 

Den  nächsten  Tag,  da  der  Kahn  immer  noch  nicht  angekommen 
war,  brachte  ich  in  einem  kleinen  Kyauug  zu,  der  sich  neben  dem 
Fort  aufgepflanzt  hatte,  und  dessen  Pungyi  mir  allerlei  Räuber- 
geschichten über  Gautama  und  seine  Lieblingsschüler  erzählte. 
Besonders  ShinMokhala  war  sein  Mann,  der  trotz  seines  plumpen 
Mönchkittels  wie  ein  Vogel  in  der  Luft  umhergeflogen  sein  muss, 
und  unbeschadet  seiner  Glatze  den  neckischen  Kobold  spielte. 
Einem  seiner  Verehrer,  der  anbetend  vor  ihm  sass,  rechnete  er  aus, 
auf  wie  vielAnna's  perTag  der  Geldwerth*)  kommen  würde,  den 

*)  liii  Kaminawasa  heisüt  es:  ,,KiD  vollkommener  Mönch  muss  nie  heimlich 


316  Die  Grenzprovinz. 

er,  als  Glied  des  Priesterstandes,  unter  den  strengen  Vorschriften 
des  Patimokh  noch  ungestraft  stehlen  dürfte,  wenn  er  die  zwölf 
Stunden  des  Tages  zu  fleissiger  Wiederholung  benutzte.  Als  ich 
unter  anderen  Gesprächen  auf  die  Byainina -Aussprache  des  My- 
aninia  geschriebenen  Namens  kam,  meinte  er,  dass  die  Byamma, 
als  sio  sich  vermehrt  hatten,  Myamma  (Viele)  geworden,  und 
schien  sich  selbst  zu  wundern,  woher  der  (^alembour  in  seinem 
hohlen  Kopf  gekommen. 

Am  anderen  Tage  war  ein  Confrater  bei  dem  Kapuziner  zum 
Kneipen  angekommen ,  und  es  ging  lustig  her  im  Kloster.  Ein 
wandernder  Musikant  sass  in  einer  P>ke  und  spielte  auf,  was 
seine  Mittel  erlaubten.  Mit  den  Armen  geigte  er  die  Fiedel,  durch 
den  rechten  Fuss  schlug  er  Messingbecken  zusammen ,  und  der 
linke  klapperte  mit  Bambu's.  Er  sang  von  Mandalay,  der  glän- 
zenden Stadt  des  Königs,  der  die  Welt  beherrschte.  Und  der 
Pungyi  schien  sich  nichts  daraus  zu  machen,  dass  das  Musikhören 
unter  den  10  Dan  (kleinen  Sünden)  bcgriftcnist,  da  er  wohl  schon 
genug  zu  thun  hatte,  um  nicht  die  10  grösseren  (lein)  zu  ver- 
letzen. Auch  der  Besucher  musste  seine  Weisheit  zum  Besten 
geben.  Als  Shin  Mukhala  von  der  grossen  Schlange  gesehen 
wurde ,  dachte  ihn  diese  durch  einen  Beweis  ihrer  Kraft  zu  är- 
gern und  wand  sich  um  den  Berg  Meru  herum,  den  sie  in  Stücke 
drückte.  Shin  Mokhala  aber  ging  durch  die  Nasenlöcher  in  den 
Naga  hinein,  spazierte  in  seinem  Leibe  herum,  guckte  aus  den 
Augen  heraus,  schrie  ihm  durch  die  Ohren,  während  der  bewil- 


iiohmon  ,  was  nicht  gegeben  ist,  selbst  nicht  das  Kleinste,  selbst  nicht  eine  Hand 
voll  (iras  oder  lianibusplitter.  Wer  mit  diebischer  Absicht  ein  Viertel  (eines  Ti- 
kal,  160  Yowes  oder  Abnis  precatorius  wiegend)  nimmt  oder  darüber,  der  ist  kein 
Samanaer,  kein  .Sohn  Sakya's.  Wie  ein  vom  Hanm  gefallenes  Blatt  nicht  wieder 
grünen  kann,  «ebenso  wenig  der  Priester,  der  stiehlt.**  Der  W'erth  des  Tikal  ent- 
spricht ungcfiilir  einer  Kupie  oder  etwas  mehr.  Der  Patimokkhan  rechnet  den 
Diebstahl  sowohl  in  O'ogerley's  Ucbcrsetznng  aus  dem  Tali,  als  in  der  chinesi- 
schen Version  der  Polotimocha ,  die  Heale  damit  zusammenstellt ,  unter  die  vier 
Sünden  Parajika ,  die  dauernde  Ausstossung  aus  der  Priesterschaft  verschnlden, 
macht  aber  dieses  Urtheil  liesonders  von  den  entehrenden  Strafen  abhängig ,  die 
folgen  würden,  wenn  das  Verbrechen  durch  die  weltlichen  (Berichte  entdeckt  sein 
sollte. 


Priesterkuuststückc .  317 

derte  Naga  ihn  nirgends  sehen  konnte  und  zuletzt  fragte,  wo  er 
sei.  Hörend,  dass  Gautama  Lehrer  dieser  wunderbaren  Kunst  ge- 
wesen, Hess  er  sieh  willig  das  Gesetz  predigen.  Als  (wie  Paulus 
und  Simon  Magus  in  Rom)  die  wahren  und  falschen  Kahan  um  den 
hübsehen  Almosentopf  stritten,  den  der  Reiche  in  Rayagaya  als 
Preis  für  den  am  besten  im  Fliegen  Geübten  ausgesetzt  hatte,  erbot 
sich  Maükalan  zu  dieser  Probe,  überliess  es  aber  seinem  Gefährten, 
der  einen  einen  halben  Yozana  grossen  Felsbloek  an  seine  Fuss- 
zehe  mit  in  die  Luft  nahm.  Gautama,  davon  hörend,  verbot  kliig- 
licherweise  seinen  Schülern  solche  Künste,  wie  sich  die  Lnma's 
mit  dem  Interdict  des  Üalai  Lama  entschuldigen  können.  Nach 
Ratnadharmaraga  sendet  er  Modgaljana,  um  die  Nagnraga's  Nanda 
und  Upanauda  zu  überwältigen,  die  sich  um  den  Sumeru  wickelnd, 
die  dort  schlafenden  Bikchu  durch  ihren  Gifthauch  bleich  gemacht 
hatten.  Sariputra  kämpft  in  der  Gestalt  Garuda's  mit  dem  in 
eine  Schlange  verwandelten  Rat^iksha,  den  die  rivthika  zum  Wett- 
streit gegen  ihn  aufgestachelt  hatten.  Die  tollsten  l^ossen  spielen 
die  Schlmnus  in  den  mongolischen  Büchern,  wo  aber  (im  Ueli- 
gerundalai)  der  Geistliche  Upagupta  ihre  Teufeleien  mit  gleichem 
Blendwerk  bekämpft. 

Mokhala  kam  auf  seinen  Reisen  einmal  zum  Nachtquartier 
zu  den  eintausend  Shin's,  den  Anhängern  der  drei  Eremiten 
(Yathay),  die  ihn  in  das  Kloster  nicht  einlassen  wollten,  sondern 
in  den  Kochplatz  steckten,  wo  er  mit  den  Aschenbrödeln  schlafen 
konnte.  Dort  ging  aber  die  ganze  Nacht  ein  solch  sonderbares 
Poltern  und  Lärmen  vor  sich ,  mit  allen  Arten  sciireckbarer  Er- 
scheinungen, dass  die  eintausend  Shin's  vor  Angst  kein  Auge  zu- 
thun  konnten  und  froh  waren,  ihn  am  andern  Morgen  los  zu  wer- 
den. Später  besuchte  auch  Gautama  diese  ungastlichen  Eremiten. 
Sie  verhöhnten  ihn  aber  und  hatten  ihn  mit  ihren  Künsten  zum 
Besten,  indem  sie  vor  seinen  Augen  ins  Wasser  tauchten  oder  ihre 
Körper  im  Feuer  rösteten  und  ihn  fragten,  ob  er  das  auch  könne? 
Bei  Nacht  kamen  die  eintausend  Shin  herbei ,  um  neuen  Spass 
mit  ihrem  Fremden  zu  treiben,  wagten  sich  aber  nicht  heran,  als 
sie  den  Drachenkönig  über  dem  Schlafenden  gewölbt  sahen.  In- 
dess  machte  das  weiter  keinen  Eindruck,   denn  sie  meinten  nur, 


318  Die  Grcnzprovin«. 

das»  Gautauia  die  Alanpaezca  oder  Sehlangcubeschwörung  ver- 
Htände.  Nach  llvvui  Wuh  Tai-Sse  verbrachte  Buddha,  die  Feuer- 
verehrer Keyeshi's  (Kasyapa's)  besuehend,  die  Nacht  in  der 
Drachenhalle  und  ersclireckte  den  am  Abend  zurückkehrenden 
Drachen  so  sehr  durch  seinen  Ghmz,  dasö  er  zur  Külilung  in 
seinen  Ahnosentopf  spranj^,  während  die  Nachts  den  hellen  Schein 
sche-nden  Ketzer  glaubten,  dass  der  Shanium  ganz  vernichtet  sei. 
In  einer  birmanischen  Lebensbeschreibung,  die  von  drei  Kasyapa 
(Uruvela  Kasyapa,  Nadi  Kasyapa  und  (iaya  Kasyapa)  spricht, 
verschmäht  es  (rautiima,  den  Drachen  durch  andere  als  seine 
eigenen  Künste  zu  besiegen  und  setzt  ihm  so  durch  Rauchwolken 
und  FeuersprUhen  zu ,  dass  er  sich  widerstandslos  in  den  Alnio- 
sentopf  legen  lassen  muss.  Im  Dabistan  berichtet  Khushi,  das« 
er  Khiradmand  (als  er  Rustam  gegenüberstand)  die  Form  eines 
Drachen  annehmen  und  Feuer  sprühen  sah.  Apollonius  zeigt  sich 
zu  Kphesus  in  der  Sprache  der  Schlangen  erfahren.  Nach  den 
Chinesen  folgt  von  den  170  Drachenkönigen  der  den  Regen  regie- 
rende Sokielo  ( Sagara )  beständig  Buddha  zu  den  Versamm- 
lungen. 

Am  nächsten  Morgen  war  ein  kalter  Tag  und  die  frieren- 
den Shin  wollten  sich  ein  Feuer  machen;  aber  siehe  da,  sie 
konnten  trotz  aller  ihrer  Anstrengungen  kein  Holz  spalten,  es 
blieb  hart  wie  Eisen.  Shin  Gautama  bat  sie,  die  Axt  zum  Ver- 
suche zu  leihen,  und  sobald  er  nur  den  Arm  aufhob,  klaffte  das 
Holz  nach  allen  Richtungen  auseinander.  Der  Kerl  wird  die 
Wissenschaft  der  Holznatur  verstehen ,  dachten  die  Yathav  und 
blieben  verstockt.  Da  Hess  Gautama  einen  gewaltigen  Regen 
fallen  und  überschwemmte  die  ganze  Erde,  so  dass  nur  die  Stelle, 
wo  er  stand,  trocken  blieb;  aber  die  KHK)  Shin's,  die  sich  dort- 
hin geflüchtet,  schrieben  es  der  Zauberkraft*)  von  Gatha's  zu 
und  weigerten  seine  Verehrung,  da  sie  sich  dennoch  grösser  und 
heiliger  dünkten.  Indess  waren  sie  neugierig  geworden  durch 
diese   vielfachen  Beweise   kenntnissreicher  Gelehrsamkeit  und 

♦)  An  iiicident  in  thc  life  of  JiudfUia ,  rcIat(Ml  in  thc  Dulva,  would  seem  to 
iinply  that  evcn  ainon«?  his  own  rclation-s  Sakya*s  snccess  was  supposed  to  be 
conurcted  with  the  praeticc  of  uingio  (Tiionias). 


k 


Verstockte  Ketaer.  319 

fragten  Sbin  Gautaina  über  seine  Wissenschaft  aus.  Als  Antwort 
sprach  dieser  die  Worte  Aneisa,  Duka,  Anatta,  und  als  (lie  Ein- 
siedler dieselben  einige  Male  bei  sich  wiederholt  hatten,  da  er- 
weichte sich  ihr  hartes  Herz,  sie  stürzten  zu  seinen  Füssen  und 
beteten  an.  Darauf  kam  Narada  aus  dem  Himmel  der  Byamma 
zu  ihnen  herunter  und  predigte  das  Gesetz.  Die  birmanische 
Lebensbeschreibung  erzählt,  dasä,  alsGautama  bei  Köuig  Piinpa- 
thara's  (Bimbasara)  Empfang  im  Garten  Tandiwanasass,  umgeben 
von  den  drei  Kasyapa,  das  Volk  nicht  wusste,  wem  Verehrung 
darzubringen  sei,  bis  üruwela  sich  selbst  als  seineu  Schuler  an- 
erkannte. Nach  Ratnadharmaraga  (bei  Schiefner)  war  Üruvil- 
vakacjapa  (der  Haarbüschelträger)  der  Sohn  eines  reichen  Brah- 
maneu in  Uruvilva. 

Ich  brachte  das  Gespräch  auf  die  Paramatta's,  und  die  beiden 
fideleu  Kumpane  geriethen  in  grossen  Eifer.  Diese  Secte  derPa- 
ramatt's  behauptet,  dass  alle  Menschen  gleich  seien,  und  dass  die 
Pungyi  keine  Verehrung  zu  empfangen  brauchten.  Wer  nur  recht 
thäte ,  der  wäre  der  Beste.  Sie  sind  verstockte  Ketzer  und  Kra- 
kehler,  mit  denen  sieh  Nichts  nuicheu  lässt.  Solch  ein  Mensch 
würde  behaupten,  dass  diese  Beteldose  hier  eine  Matte  ist,  und 
Niemand  würde  ihm  beweisen  kimnen,  dass  er  unrecJit  habe. 
Wer  recht  thut,  muss  geehrt  werdeu.  Nun  ja,  das  ist  der  Prie- 
ster. Der  Priester  ist  es,  der  nach  Gautama's  Befehlen  handelt, 
indem  er  sich  mit  dem  gelben  Gewände  bekleidet.  Die  Bibliothek 
des  Klosters  reducirte  sich  auf  ein  paar  Gebetbücher,  doch  hatte 
sie  bis  dahin  allen  Anforderungen  genügt. 

Der  Pungyi  schien  nicht  in  der  grössten  Achtung  zu  stehen, 
obwohl  man  sich  mit  ihm  in  Ernu\ngelung  eines  andern  behalf, 
und  bei  den  Abendgesprächen  wurden  mir  allerlei  Kunstgritie 
erzählt,  wodurch  die  Priester  ihr  Gewissen  betrügen  mögen.  Ein 
Pungyi  darf  nicht  Ileis  oder  andere  Kornarten  im  ungekochten 
Zustsmde  berühren,  aber  wenn  die  Strasse,  die  er  zu  passiren  hat, 
mit  Wagen  aufgestopft  sein  sollte,  die  mit  solchen  Artikeln  beladen 
sind,  so  mag  er  sich  vorstellen,  dass  er  nur  eiiuen  Erdhaufen  vor 
sich  sähe,  und  dann  ungescheut  vorübergehen,  sollte  auch  sein  Kör- 
per die  verbotenen  Sachen  streifen.    Er  darf  kein  Weib  berühren, 


320  I^ie  Grenzprovins. 

wenn  aber  seine  Mutter  in  einen  Brunnen  fallt,  mag  er  ihr  einen 
langen  Stock  reichen  und  sich  vorstellen,  dass  er  einen  Holzklotz 
herausziehe.  Wenn  seine  Glatze  geschoren  wird,  niuss  er  sich  ein- 
bilden, dass  auf  dem  Herg  Meru  Buschwerk  umgehauen  wird  u.  s.  w. 
Ein  Pungyi  darf  weder  rothen  Pfeffer,  noch  Gurken,  noch  Melonen, 
noch  andere  Saamen  essen,  die  keimfähig  sind.  Er  mag  aber, 
wenn  er  seinen  Schüler  solche  Dinge  essen  sieht,  ihn  fragen,  ob 
sie  lebend  oder  todt  seien,  und  wenn  dieser,  ein  Stück  abbrechend, 
entgegnet:  ^das  ist  todt",  so  kann  er  davon  essen,  ohne  getadelt 
zu  werden.  Oder  der  Schüler  ritzt  die  Frucht  mit  seinem  Nagel 
oder  öffnet  sie,  um  das  Leben  darin  herauszulassen,  und  dann 
kann  der  Pungyi  essen.  Die  Bramos  in  Celon  essen  nichts,  was 
heben  hat,  und  rufen  sie  dicThicre  an,  deren  sie  des  Morgens  am 
ersten  ansichtig  werden,  sagt  Huyghen  (bei  de  Bry).  Die  Classe 
der  Akamanijathan  oder  Dinge,  die  es  verboten  ist  zu  berühren, 
sclieint  indess  voluminöser  in  den  Büchern,  als  sie  in  der  Praxis 
gilt.  Ein  Pungyi  darf  nichts  mehr  essen,  nachdem  die  Sonne 
culminirt  hat,  er  mag  aber,  zu  irgend  einer  Zeit  des  Nachmittags, 
den  Schüler  fragen ,  ob  es  schon  Mittag  sei ,  und  wenn  dieser  es 
verneint,  sich  Speise  bringen  lassen. 

Andere  Mönche  dagegen  machen  sich  das  Leben  ziemlich 
sauer.  Wenn  sie  die  abstruse  Metaphysik  des  Abhidhamma  einzu- 
studiren  haben,  müssen  sie  Tag  und  Nacht  die  unverständlichen 
Formeln  hcrmurmeln.  Sie  legen  iiiren  harten  Kopf  auf  eine  noch 
härtere  Cocosnuss,  damit  beim  Eindämmern  die  Kugel  darunter 
fortrollt,  und  so  ihr  (U>hirn  auf  dem  Boden  des  Zimmers  in  heil- 
samer Erschütterung  niederbumst.  Um  sich  zu  den  Megga's 
aufzuschwingen,  nuiss  vorher  die  ganze  Welt  des  Pestehenden 
als  vergänglich,  tüuschender  Trug  und  schmerzbringend  erkannt 
sein,  indem  der  zersetzende  Process  auf  alle  Vorstellungen  an- 
gewandt ist,  d.h.  auf  die  5  Khanda,  die  ()  Sinnesorgane  mit  ihren 
11  Attributen  (Yatana,  Aroma,  Winian,  Phasa,  Wedana,  Snanya, 
(■etana,  Tanja,  Witeka,  Widsara,  Datu),  auf  die  10  Kasain  (mit 
Civa),  die  32  Akan,  die  12  Yatana  (in  der  Passivität  undActivität 
der  G  Sinnesempfindungen),  die  18  Datu,  die  22  Indrya,  die 
9  Bon,  die  4  Rupa-Jhan,  die  4  Apamegga  (der  oberen  Byamraa), 


Priesterliche  Entsagung.  321 

die  Arupa  Jhan,  die  19  Dhamma,  die  12  Patan  (im  Mano).  Der 
Weise  bat  vor  allem  drei  Hindernisse  zu  überkommen,  inderSanti 
(der  falscbcn  Vorstellung  von  einer  Lebensdauer,  die  doch  jeden 
Augenblick  abgeschnitten  werden  kann),  den  4  Iryahpud  oder 
Iriyapatha  (Sva-khyin,  Rap-khyin,  Thein-khyin,  Lyaun-khyin) 
und  dem  Haften  an  der  Realität  des  Wirklichen,  um  sirb  von  den 
drei  Nimeit  (Nimittang)  loszumachen  und  befreit  von  allen  Lei- 
denschaften ganz  der  Contemplation  hinzugeben. 

Solche,  die  zu  besonderer  Heiligkeit  aspiriren,  pflegen  noch 
jetzt  sich  jährlich  einige  Monate  in  den  Wald  zurückzuziehen,  wo 
das  Volk  glaubt,  dass  die  wilden  Thiere  sie  unverletzt  lassen. 
Doch  hörte  ich  von  mehreren  Fällen,  wo  sie  von  den  Tigern  nicht  , 
respcctirt  waren.  Es  ist  dem  Pungyi  verboten,  in  die  Erde  zu 
graben ,  da  er  Würmer  tödten  könnte.  Wenn  der  Priester,  mit 
seinem  Wissen,  Thiere  enthaltendes  Wasser  trinken  sollte,  so 
verfällt  er  in  eine  unter  die  92  Pachittya  Dhamma  gerechneten 
Sünden ,  die  Beichte  erfordern  und  mit  Busse  zu  sühnen  sind,  so 
dass  ihnen  also  kein  Gefallen  gethan  sein  kann,  wenn  man  ihre 
Unwissenheit  durch  das  Mikroskop  aufhellte,  lieber  das,  was 
unter  die  Rubrik  berauschender  Getränke  zu  stellen  sei,  herrscht 
oft  ein  Zweifel ,  wie  auch  die  Moslemcn  in  der  Zweideutigkeit 
der  Koranstellen  Ausflüchte  zu  fluden  suchen.  Der  allgemeine 
Name  im  Birmanischen  ist  Seh  und  Seh-mo-zeh  (Mo-zae  oder 
Saame)  ist  die  Hefe.  Ausser  dem  allgemeinen  indischen  Wort 
Sura  wird  auch  noch  das  an  das  Griechische  erinnernde  Merae 
gebraucht.  Nach  ihren  Vorschriften  müssen  die  Pungyi  gegen 
alles  der  Welt  Angehörige  die  grösste  Gleichgültigkeit  zeigen, 
und  bei  dem  Wunsche  mich  auszufragen ,  bemerkte  ich  bei  den 
Strenger-Gesinnten  oft  einen  schweren  Kampf  mit  ihrer  Neugier, 
dem  indess  die  Meisten  rasch  unterlagen.  Sie  müssen  sich  stets 
wiederholen,  dass  sie  sich  nicht  aus  Eitelkeit  kleiden,  sondern 
nur,  um  ihre  Nacktheit  zu  bedecken,  dass  sie  nicht  «aus  Anmassung 
im  Kloster  leben,  sondern  um  gegen  das  Wetter  geschützt  zu 
sein.  „Ich  esse  Reis  nicht  des  Wohlgeschmackes  wegen,  son- 
dern nur,  um  die  Bedürfnisse  der  Natur  zu  befriedigen."  Es  ist 
auch  vorgeschrieben,  dass  jeder  aus  dem  Reis  gebildete  Ball  nicht 

HmÜmi.  OatMien.     II.  2  1 


322  ^^^  QroDzprovinz. 

ZU  gross  sein  darf,  dass  er  gelassen  in  den  Mund  gesteckt,  gleich- 
gültig zerkaut  und  völlig  hinuntergeschluckt  sein  muss,  che  man 
ihm  einen  zweiten  folgen  lassen  darf.  Da  die  Kleider  eigentlich 
aus  Lumpen  gemacht  sein  müssen,  so  wird  aus  den  fertigen  Ge- 
wändern ein  kleines  Stück  herausgeschnitten,  an  einer  Stelle, 
wo  es  nicht  sichtbar  ist,  auf  die  man  sich  aber  doch  vor  dem 
eigenen  Gewissen  berufen  kann,  und  da  die  Lumpen  schmutzige 
sein  müssen,  so  streut  der  Priester  vor  dem  Anlegen  seines 
Kleides  ein  wenig  Staub  auf  die  äusserste  Ecke  desselben ,  die 
beim  Ausgehen  doch  staubig  werden  würde. 

Ich  hatte  schon  einen  Boten  gemiethet,  um  nach  dem  aus- 
bleibenden Kahn  zu  sehen ,  als  derselbe  am  nächsten  Tage  an- 
langte, aber  noch  bis  zum  andern  Morgen  durch  die  Steuerrega- 
lirungen aufgehalten  wurde,  ^]s  schien,  dass  der  Capitain  mit 
den  fremden  Sachen  an  Bord  sich  al)zufahren  fürchtete,  um  keinen 
Wasserpiraten  in  die  Hände  zu  fallen,  bis  das  Drängen  des  Ael- 
testen,  der  von  ihrem  Dortsein  gehört  hatte  und  sie  niclit  länger 
in  seinem  Bezirk  haben  wollte,  ihn  zum  Fortgehen  zwang,  da  er 
sonst  selbst  für  Baub  verantwortlich  gewesen  wäre. 

Bei  dem  in  der  Nähe  der  Verschanzung  gelegenen  Dorfe 
Myolah ,  welches  früher  (dann  Myobhia  genannt)  näher  bei  der 
Grenze  lag,  steht  ein  Natschin,  für  dessen  Erbauung  jedes  Haus 
einen  Bambust^imm  liefern  musste.  Man  hatte  eine  Nakkadau  von 
Tongu  rufen  lassen,  um  den  passenden  Platz  anzudeuten.  Einige 
der  Nakkadau  (Natkatau)  geniessen  eines  grossen  Kufes,  und  die 
weiblichen  sowohl  wie  die  männlichen  Beschwörer,  wenn  sie 
wegen  Krankheiten  consultirt  werden,  ojicriren  in  der  Weise  der 
sibirischen  Schamanen  (»der  der  afrikanischen  Fetischmänncr,  um 
dem  Fragenden  die  Antworten  des  Dämon  zu  verkünden.  „Es 
giebt  keine  Aerzte,  sondern  die  Kranken  schicken  für  eine  Hexe 
oder  Zaubermeister  und  machen  solche  mit  ihren  Leiden  bekannt; 
dann  werden  Musikanten  gerufen,  während  jene  zu  Ehren  ihres 
Götzen  singen  und  tanzen,  ohne  aufzuhiiren,  bis  der  Teufel  in 
Einen  von  ihnen  niederfährt,  so  dass  er  un)  die  Ursache  des 
Siechthums  und  der  Mittel,  demselben  abzuhelfen,  befragt  werden 
kann.   The  demoniac  answereth  for  some  offencc  to  such  or  such 


Böswillige  Nat.  323 

a  god.  Thcy  pray  that  god  of  pardon ,  owing  tliaf  when  lie  ia 
whole,  hc  shall  offer  him  a  sacrifice  of  bis  blood,  erzählt  rurclias 
von  den  Provinzen  Caindu ,  Vocian  und  Jaci ,  an  der  Grenze  des 
mit  Carazan  zusammenstossenden  Cardandan,  wo  der  Aeltestc  in 
jedem  Hause  göttliche  Ehren  empfing  und  die  riauteinschnitte 
mit  schwarzer  Farbe  tiittowirt  werden.  Die  dort  von  Marco  Polo 
erwähnte  Couvade  kann  die  Feen  als  webende  Parzen  de« 
Fatums  nicht  täuschen,  wenn  sie  keine  Spindel  bei  den  verklei- 
deten Männern  sehen.  Sollten  die  gefürchteten  Unglücksschläge 
dämonischer  Böswilligkeit  sich  vielfach  in  einer  Gegend  wieder- 
holen, so  werden  sie  entweder  an  eine  bestimmte  Lokalität  ge- 
knüpft und  erhalten  dort  ihre  sühnbare  l^epräsentation,  oder  man 
bezieht  sie  auf  ein  schon  vorher  aufgestelltes  Idol,  wie  Williams 
von  dem  langohrigen  Nat  des  alten  l'agoung  erzählt,  dass  er 
wegen  der  Hartnäckigkeit  der  von  ihm  gesandten  Krankheiten  bis 
nach  Mandalay  bin  gefürchtet  sei.  In  solchen  Fällen  geschieht 
CS  auch  in  Indien  leicht,  dass  der  Dienst  eines  aus  verfallenen 
Tempeln  aufgegrabenen  Gottes  erneuert  wird,  indem  sich  das 
Volk  seiner  Vergesslichkeitssünden  erinnert  und  dieselben  nun 
durch  \im  so  reichlichere  Gaben  gut  zu  macheu  sucht.  Aus  dem 
Jahre  1203  p.d.  erzählt  nach  Gervasius  von  Tilbury  (bei  Hcrbelot) 
Ebn  Athir,  dass  als  eine  epidemische  Kehlkopfkrankheit  in  Mosul 
ausbrach,  die  Leute  sie  als  Strafe  erkannten  für  ihre  Vernachläs- 
sigung, den  Tod  des  Ancoud,  Sohn  einer  Kiesenfrau,  zu  bejam- 
mern, und  dass  sie  nun  ein  Klagefest  anstellten,  die  Gm  Ancoud 
(Mutter  des  Ancoud)  um  Verzeihung  bittend.  Dasselbe  geschah 
(nach  Ben  Schonah)  in  Egypten  {nnier  dem  Kalifat  der  Fatimi- 
den),  wo  sich  die  Bewohner  auf  den  Tod  des  Halcom  besannen 
und  seiner  Mutter  Opfergaben  in  den  Nil  warfen.  Liebrecht  er- 
innert bei  diesen  (Stationen  an  den,  wie  von  den  Göttern,  von 
allen  Wesen  beweinten  Baldr.  Bei  der  philoso])hischen  Ausbil- 
dung des  Buddhismus  bewahrt  sich  die  sinnliche  Nat- Verehrung 
leicht  ihre  Rechte  in)  Buddhismus,  und  auch  die  mongolischen 
Shastra  unterscheiden  (nach  Schmidt)  die  Dotoghadu  nomtan 
oder  die  den  drei  Kleinodien  vertrauenden  Befolger  der  innern 
Lehre  von  der  äussern  Lehre  der  Ghadaghadu  nomtan,    die  4in 

21  * 


324  ^^6  Grenzprovinz. 

Maheswara  und  die  Gottheiten  des  Weltsystems  glauben.  Die 
gigantisch  auf  Kothurnen  schreitende  Ate  wird  in  den  klein- 
lichen Sorgen  des  Alltagslebens  zur  spukenden  Schuld  eines 
MuUner'schen  Schicksalsdrama. 

Am  nächsten  Morgen  schiffte  ich  mich  ein  und  fuhren  wir 
mit  zwei  andern  Kähnen  in  Gesellschaft  ab.  Unser  Schiff  war 
mit  Taniet  (braunem  Palmenzucker)  befrachtet,  der  zu  9'/*  KpB. 
die  100  Pfd.  in  Nyengjcn  gekauft  war.  Dorthin  war  er  auf 
Karren  von  Borley  gebracht,  7  Rps.  werth,  und  er  wird  zuletzt  in 
Tongu  für  20  Rps.  verkauft  werden.  Oel,  im  Preise  von  10  Bps., 
ist  von  Ougong  nach  Nyengjen  gebracht,  dort  für  30  Rps.  ge- 
kauft und  wird  in  Tongu  für  50  Rps.  verkauft  werden.  Die 
Rückfracht  soll  in  Salz  bestehen,  das  für  80  Rps.  in  Tongu  ge- 
kauft werden  kann,  und  sich  für  120  Rps.  in  Zindsaejoa  wieder 
verkaufen  lässt.  Von  Gerste  kauft  1  Rp.  7  Mass  in  Tongu  und 
5  Mass  in  Zindsaejoa. 

Zwischen  den  Dörfern  Napiodoh  und  Tageah  wurde  Halt 
gemacht  und  indem  ersten  fand  ich  die  Häuser  zwischen  Bananen- 
pflanzungen,Mangoc,Papaya,Chirimoya  und  andern  FruchtbäumcD, 
doch  alle  in  etwas  verwildertem  Zustand.  Wir  kauften  Bananen 
und  Hühner,  doch  konnten  die  letzten  vor  Abend  nicht  gefangen 
werden,  und  mussten  zurückbleiben.  Bei  der  Weiterfahrt  erzählte 
mir  der  Ilhiythougyi,  dass  das  Nat-Haus  in  Taennatpiujoa  zusam- 
mengefallen sei.  Im  Walde  lebe  ein  Nat,  der  besonders  zwei  Plätze 
heimsucht,  die,  weil  früher  dort  ein  weisser  Elephant  sich  aufhielt, 
Zinbiudaun  und  Zinbindvin  genannt  werden.  Er  lässt  jeden  durch 
Tiger  fressen,  der  bei  seiner  Residenz  vorbeigeht,  ohne  ihm  Re- 
spect  zu  beweisen  oder  der  ihn  beleidigt,  wenn  er  auch  nur  einen 
Klumpen  Erde  darauf  wirft  oder  Wasser  dagegen  spritzt  Die 
Nakkadau,  die  ihrer  Mutter  in  dem  Geschäft  gefolgt  ist,  lebt  in 
Zindsaejoa,  und  beantwortet  Fragen,  indem  sie  unter  der  Inspi- 
ration des  Dämon  tanzt.  Der  Nat  ist  ausnehmend  boshaft,  und 
keine  Pagode  kann  in  seinem  Gebiet  gebaut  werden,  da  er  Alles 
umwirft.  Aber  die  Leute  in  Zindsaejoa  sind  doch  hartnäckig  und 
wollen  ihn  nicht  verehren ,  weshalb  auch  noch  kein  Tempel  für 
ihn  gebaut  ist.     Udadoutgyi,  ein  Räuberhauptmann  in  Taunjgo, 


UnUefen.  325 

gründete  vor  längeren  Jahren  Taenncatpiujoa,  und  erhielt  später 
für  geleistete  Dienste  vom  König  die  Erlaubniss  zur  Erbauung 
Nyengjen's,  das  er  mit  seinen  Anhängern  bevölkerte.  In  Folge  von 
Zwistigkeiten  gründete  ein  Goung  von  Taennatpinjoa  das  Dorf  Zin- 
dsaejoaan  einer  Stelle,  die  nicht  zur  Jurisdiction  Nyengjen's  gehört. 
Ein  Deckpassagier  unseres  Kahnes  war  in  Yemethen  geboren, 
wanderte  aber  von  dort,  inFolge  von  Räubereien  und  Diebstählen 
aus,  und  Hess  sich  an  der  Grenze  des  Schanlandes  nieder.  Von 
dort  vertrieben  ihn  neue  Unruhen  und  er  siedelte  sich  in  Zin- 
dsaejoa  an,  wo  er  jetzt  Tabak  baut. 

Am  Ufer  sah  man  die  Kinder  in  hohlen  Bambu  Wasser  holen, 
da  sie  diese  nicht,  wie  Thontöpfe,  zerbrechen  können.  Von  man- 
chen der  Dörfer  kamen  die  Bewohner  herangewatet  oder  in 
kleinen  Booten  herangefahren,  um  aus  der  Ladung  kleine  Quan- 
titäten Taniet  zu  kaufen.  Die  Matrosen  unserer  drei  SchiflFe 
stritten  einige  Zeit,  um  sich  in  Schnelligkeit  den  Vorrang  abzu- 
gewinnen ,  aber  der  Fluss  füllte  sich  so  mit  Baumstämmen,  die 
als  unter  dem  Wasser  nicht  gesehen  werden  konnten ,  dass  sie 
vorsichtig  zu  fahren  hatten.  Oft  auch  rannten  die  Schifife  auf 
Untiefen  fest,  und  dann  mussten  alle  die  Schiffer  hinaus  und 
halfen  sich  gegenseitig  ein  Schifif  nach  dem  andern  wieder  flott 
zu  schieben.  Verschiedentlich  zeigten  sich  Crocodile.  Jenseits 
der  Bäume  am  Ufer  waren  die  Gipfel  einer  Bergreihe  sichtbar. 
Beim  Einfluss  des  Baches  Vedae  lag  das  Dorf  Nyangaun,  dessen 
Kyaung  von  dichten  Baumgruppen  beschattet  war.  Für  die  Nacht 
blieben  wir  am  Dorfe  Zoa  liegen.  In  Zindsaejoa,  wurde  mir  er- 
zählt ,  hat  kürzlich  ein  reicher  Bauer  einen  Kyaung  gebaut,  und 
dafür  9  oder  10  Handwerker  von  Pakau,  einer  im  Norden  gele-  \ 
genen  Stadt,  kommen  lassen.  Ausserdem  hat  er  auch  ein  Man- 
daji  oder  Theater  aufrichten  lassen,  und  mitunter  kommen  die 
Schauspieler  vonNyengjen  dorthin  und  tanzen.  Für  den  Bau  der 
Pagode  wurden  die  Baumeister  von  Nyengjen  geholt. 

Die  waldigen  Ufer  am  nächsten  Tage  waren  häufig  durch  Dörfer 
gelichtet,  und  schickte  ich  die  Dienerin  dem  kleinen  Boot  nach  eini- 
gen derselben  voraus,  um  Provisionen  zu  kaufen.  Auch  kam  ein  Patih 
auf  einem  mit  Hühnerkäfigen  gefüllten  Boot  zu  uns,  der  längs  des 


326  t)>c  Grcnsprovinz. 

Flusses  Aufkäufe  ^euiacht  hatte ,  um  deu  Markt  der  Studt  uud 
die  üarüisou  iu  'J'oiigu  zu  versorgen.  FUr  eine  Zeitlang  beglei- 
teten uns  einige  junge  Karen,  die  auf  einem  Floss  aus  ihrem 
Dorfe  nach  der  Missionsschule  in  Tongu  reis'ten.  Die  Bootsleute 
gingen  verschiedene  Male  ans  Land,  um  Mangoe  zu  pflücken  oder 
GemUsekräuter  zu  sammeln.  Bei  dem  an  beiden  Seiton  des  Flusses 
gelegenen  Dorfe  Nambaun  zog  sich  ein  Kreis  waldiger  Hügel  umher 
und  für  die  Nacht  hielten  wir  an  einer  Sandbank.  Der  Öittjuig- 
oder  Paloung-Fluss  ist  schiffbar  bis  Kedaun,  noch  eine  Tage- 
reise über  Zindsaejoa  lunaus,  und  nach  10  weiteren  Tagen 
kommt  man  zu  seiner  Quelle  in  der  Nähe  von  Mojoung. 

Am  andern  Tage  zogen  Berge  den  Hintergrund  der  Wälder 
am  Ufer.  Bei  Kayenyaunde,  dem  Dorfe  Tojaunbin  gegenüber,  wurde 
Halt  gemacht.  In  einer  Entfernung  von  drei  Meilen  liegen  einige 
Karen-Häuser  an  dem  Wasserfall  Yoajainbintaun,  der,  nach  der 
Beschreibung  eines  Augenzeugen,  SOFuss  hoch  herabfallt,  in  der 
Breite  von  20  —  30  Fuss.  Das  Wasser  bildet  dann  den  Kayen- 
schaun ,  der  in  den  Paloung  fällt.  Daneben  stünde  ein  dicker 
Dobiu-Baum,  den  ein  Putzo  nicht  umspanne.  Die  Spitze  des 
Yoajainbintaun  sah  über  die  Vorhügel  heraus,  und  die  Bootsleute 
hatten  schon  in  der  vorigen  Nacht  das  Getöse  des  Wasserfalles 
gehört.  In  der  Nähe  leben  einige  Karen,  die  Schweine- 
zucht treiben,  und  Moung  Schweb  hätte  gern  eine  Visite  abge- 
stattet, um  sich  an  einem  Braten  gütlich  zu  thun.  Die  Chinesen 
ausgenommen,  sind  es  nur  einige  der  verachteten  Bergstämme  im 
südlichen  Asien,  die  Schwcinclieisch  essen,  da  sie  allein  Heerden 
zur  Mast  halten.  Im  Westen  verbietet  die  Beligion  deu  Ge- 
nuss  des  unsauberen  Thieres,  bis  zu  den  Grenzen  Gurions,  wo 
die  Christen  dasselbe  aus  Hass  gegen  die  Jlohamedaner  in  mög- 
lichsten Quantitäten  verschlingen,  wie  sie  aus  demselben  Grunde 
ihren  Stolz  im  Schmutze  suchen,  da  der  Islam  häufige  Waschun- 
gen gebietet. 

Im  Dorfe  Madeh  besuchte  ich  den  Kyaung,  in  dem  die 
meisten  Kinder  runde  Silberstücke  (Padi)  um  den  Hals  trugen. 
Wenn  ein  Knabe  in  zu  jungen  Jahren  tättowirt  wird,  so  öffnet 
sich  beim  Auswachsen  die  Haut  auseinander  und  lässt  offene 


Der  Scidenbaa.  327 

Stellen,  was  als  nicht  schon  betrachtet  wird.  Ein  Papagei  wird 
auf  den  Arm  tUttowirt,  um  Gunst  bei  Prinzen  zu  gewinnen,  ein 
Kreis  um  das  Handgelenk  (als  Anadi),  um  Gehorsam  zu  er- 
zwingen. 

In  den  schwerer  zugänglichen  Wäldern  des  Sittangflusses 
haben  sich  Colonieen  der  Yabain  angesiedelt,  die  vom  Seidenbau 
leben.  DieCocons  werden  über  einem  langsamen  Feuer  erwärmt 
und  dann  abgewickelt.  Die  Würmer  werden  während  bestimmter 
Zeiten  des  Tages  schlafend  gedacht,  und  dann  darf  in  den  Dörfern 
der  Seidenbauer  nicht  der  geringste  Lärm  gemacht  werden,  da 
zu  häufige  Störungen  sie  tödten.  Die  ersten  Cocons  sollen  von 
einem  Minister  des  Königs  Noatasa  aus  China  mitgebracht  sein, 
während  nach  Andern  die  Chinesen  den  Schans  den  Seidenbau 
lehrten ,  diese  den  Karen  und  die  letzteren  den  Birmanen.  In 
Assam  heisst  es,  dass  die  Theesaamen  dort  von  einer  durchziehen- 
den Caravane  der  Chinesen  verloren  seien.  Ausser  mitMaulbeer- 
blättern  werden  die  Würmer  dort  auch  mit  derlliciuuspflanze  ge- 
nährt, aber  die  Seide  ij^t  dann  gröber.  Die  Yabain  cultiviren  den 
Maulbeerbaum  (Posa-gnet)  in  kleinen  Gärten.  Der  Pflanze  wird 
eine  Art  Verehrung  bewiesen  und  Schösslinge  werden  beständig 
neu  in  die  Erde  gesteckt,  damit  der  Vorrath  an  jungen  und  zar- 
ten Blättern  nicht  ausgehe.  In  einem  officiellen  Bericht  über 
den  Tharawaddy  -  District,  den  ich  später  in  Tongu  einsah,  fand 
ich  folgende  Mittheilungeu  über  den  dortigen  Seidenbau.  Eine  nur 
mit  Seide  beschäftigte  Familie  auf  den  Hügeln  mag  10  —  20  Visa 
rohen  Materials  verfertigen,  was  sich  ungefähr  für  14  Kupien 
pr.  Viss  verkauft.  Die  fertigen  Cocons  werden  in  einer  Schale 
über  einem  langsamen  Feuer  erwärmt,  und  eine  Frau  zieht 
mit  Stäben  die  Seide  ab,  die  über  eine  Kolle  gewickelt  und 
dann  durch  ein  Rad  zu  einer  grössern  Kolle  übergeführt  wird,  um 
die  Fäden  zu  vereinigen.  Im  Ganzen  sind  1217  Familien  auf 
den  Hügeln  mit  dem  Seidenbau  beschäftigt  und  die  producirte 
Quantität  mag  auf  12,170  Viss  berechnet  werden.  Das  Meiste 
wird  an  Händler  aus  Promo  verkauft. 

Mein  Koch  erzählte  mir  über  die  Büflfelopfer  der  Singpho, 
deren  Name  Lu  (Mensch)  bedeute,  und  meinte,  dass  ihre  Sprache 


328  ^^^  Grenzpro viuz. 

voll  der  der  Ka-tcliiu  nicht  sehr  versc  liieden  sei.  Wenu  die  K;i- 
tcbin  dicNat's  vereinen,  trinken  sie  berauschende  Getränke  unter 
den  heiligen  Bäumen,  deren  Zweige  sie  zusammengebunden 
haben.  Uer  mit  einem  Gehege  umzäunte  Nat-Tempel  des  Naum- 
'/amlon-Komon  steht  ausserhalb  der  Stadt  Mogoung  und  erhält 
jährlich  das  Opfer  dreier  Büffel.  Im  Innern  der  Stadt  lebt  ein 
NatzooderDämonenbeschwürer,durchdeßsenMundderNat  spricht. 
Wenn  ihm  nicht  regelmässig  das  Jahresfest  gefeiert  wird,  so  wür- 
den Tiger  in  die  Stadt  hereinkommen  und  die  Bewohner  fressen. 
Jeder  muss  deshalb  nach  seinen  Mitteln  dem  Natzo  Beiträge 
liefern,  mit  denen  derselbe  die  später  von  ihm  selbst  geschlach- 
teten Büffel  kauft.  Wenn  man  ihn  in  Krankheitsfällen  zu  Käthe 
zieht,  so  ruft  er  den  Dämon  an,  der  in  ihn  niedersteigt,  um  Ant- 
worten zu  geben.  Dieser  Nat  ist  der  Geist  eines  Fürsten  aus  deu 
Schaniändern,  der  bei  einem  Aufenthalte  in  Mogoung  dort  starb. 
In  der  Nähe  Mogoung's  liegt  das  Dorf  Kyu-in,  in  dessen  See  ein 
Tazeit  wohnt,  der  die  Vorüberreisenden  durch  Anschreien  er- 
schreckt und  Fische  frisst.  Die  von  Schan,  Birmanen  und  Chinesen 
bewohnte  Stadt  Mogoung  ist  die  äusserste  des  birmanischen  Ge- 
biets an  der  Grenze  derKatchin,  durch  deren  Gebiet  der  Weg 
zu  den  Tayop  (Chinesen)  liegt  und  einen  Monat  Reise  erfordert. 
Die  Katchin  sind  als  Schmiede  berühmt  und  verfertigen  ausge- 
zeichnete Schwerter  aus  dem  in  ihrem  Lande  gefundenen  Eisen. 
Sie  schneiden  das  Haar  ihrer  Stirn  mit  einem  Säbel  ab  und  ihre 
Frauen  tragen  Ringe  an  den  Beinen;  den  Reis  essen  sie  gedampft. 
ünt^r  dem  Namen  Wethalipyi  (das  Land  Wethali)  verstand  mein 
viel  gewanderter  Koch,  der  lieber  Erzählungen  als  Saucen  zusam- 
menrührte ,  Assam  oder  Atham  und  nannte  als  seine  Bewohner 
dieKossali  oderKachari,  diel'itpahi  (tinnat-zaundi),  die  Zaundan 
(Häscher),  die  Doiin,  die  mit  anderen  Leuten  weder  essen  noch 
trinken,  die  Mohaung,  die  Salz  für  den  König  kochen  und  als 
Tribut  einliefern.  Die  Zaundan  haben  die  Pflicht,  ausländischen 
Gefangenen  das  Ohr  einzuschneiden,  und  sollte  ein  Prinz  das  Ohr 
in  solcher  Weise  bezeichnet  haben,  so  würde  er  vom  Throne  aus- 
geschlossen sein,  wenn  auch  zur  königlichen  Familie  gehörig.  Die 
verschiedenen  Kasten  rühren  von  einem  früheren  König  Atham's 


BQffelopfer.  329 

(Assam's)  her,  der  in  Wethali-rayo  (der  Stadt  Wethali)  residirte  und 
die  verschiedenen  Geschäfte  unter  seine  Diener  vertheilte.  Bei  den 
Katchin  werden  die  Nat  als  Nak  bezeichnet,  bei  den  Schan  als 
Pyi,  in  Atham  als  Deyva  (Devas).  Wenn  die  Bewohner Wethali'B 
den  Dcyvo  verehren,  so  vertheilen  sie  unter  alle  Anwesende  ein 
Hühner -Gericht  und  gebrannte  Wasser.  Sie  haben  keine  be- 
stimmten Priester,  um  den  Dämon  anzurufen,  sondern  jeder  Haus- 
eigenthümer  besorgt  es  selbst.  In  Krankheitsfällen  binden  die 
Katchin  zwei  Bäume  kreuzweise  zusammen  und  befestigen  dort 
einen  BufTel,  vor  dem  der  Beschwörer,  mit  einem  Zweig  in  der 
Hand,  die  den  Dämon  herbeirufenden  Lieder  absingt.  Nach  dem 
Opfer  wird  das  Fleisch  des  geschlachteten  Thieres  in  kleinen 
Stücken  unter  die  Anwesenden  vertheilt,  die  berauschende  Ge- 
tränke mit  einander  trinken.  Der  eine  Fuss  des  Büffels  wird  für 
den  Festgeber  reservirt  und  ein  anderer  für  den  Beschwörer. 


k 


Thalfahrt 


auf  dem 


Sittang-Piuss. 


V 


Tongn. 


Am  andern  Morgen  Hess  ich  die  beiden  Diener  das  kleine 
Boot  wieder  fertig  machen  und  schiffte  mich  mit  ihnen  ein,  da  unser 
unbehUlflicherKahn  aufs  Neue  auf  einer  Sandbank  fest  sass.  Wir 
trieben  rasch  an  der  auf  ihrem  Felsen  von  dichtem  Laube  ver- 
steckten Pagode  Eanih  vorbei  und  kamen  dann  an  die  den  Fluss 
absperrenden  Fischreusen ,  die  nur  in  einer  engen  Passage  für 
Durchpassirende  geöffnet  werden.  Die  Fischer  sehen  es  nicht 
gerne,  wenn  die  in  Booten  Ueberfahrenden  ihre  Schuhe  anbehalten 
und  sind  besonders  unwillig,  wenn  Frauenzimmer  hindurchfahren 
und  so  den  Nattödtlich  beleidigen,  doch  wird  sich  natürlich  an  alle 
diese  Idiosynkrasieen  Seiner  Gottheit  von  den  jetzigen  Besitzern 
Tongu's  nicht  viel  gekehrt.  Bald  darauf  kamen  wir  an  dieser 
Stadt  an ,  die  auf  hohen  Ufern  etwas  zurück  vom  Flusse  liegt, 
noch  mit  ihren  alten  Mauern  umgeben,  während  sich  die  euro- 
päischen Residenten,  sowie  die  Missionsgebäude  näher  am  Flusse 
angesiedelt  haben.  Das  Cantonnement  liegt  an  der  andern  Seite  der 
Stadt.  Von  den  Stadt  wällen,  noch  von  den  Eckpagoden  flankirt, 
blickt  man  über  ein  mit  Wald  bekleidetes  Land,  das  Uügel- 
reihen  durchschneiden.  Ich  miethete  nach  meiner  Ankunft  am 
24.  Mai  ein  leer  stehendes  Haus,  um  dort  einige  Tage  zu  verwei- 
len. Als  ich  indess  aus  dem  am  Nachmittage  angekommenen 
Kahne  meine  Sachen  entlud,  wurde  ich  durch  einen  I^ndsmann 
erkannt,  der  sich  dort  im  Auftrage  eines  Kaufmanns-Hauses  in 
Rangun  für  den  Aufkauf  des  Teakholzes  aufhielt,  und  wurde  von 
ihm  freundlich  als  Gast  eingeladen.     Bald  machte  ich  auch  die 


334  Tongu. 

interess.antc  Bekanntschaft  des  Herrn  Mason ,  bei  dem  ich  viel 
lehrreiche  Stunden  verbrachte,  sowie  des  gleichfalls  wohlunter- 
richteten und  zuvorkommenden  Missionära  De  Cruz.  Capitain 
Lloyd,  bei  dem  sich  in  einigen  Abendgesellschaften  die  Elite  der 
Gesellschaft  Tongu's  zusammenfand,  war  mir  in  vielen  Dingen 
behiilflich,  in  seiner  officiellcn  Stellung  als  Deputy  commissioncr 
s<»wohl,  als  auch  durch  Privatmittheilungen,  und  ebenso  Capitain 
Pollock,  der  damals  an  eine  Expedition  nach  den  SchanlUndem 
dachte.  Ausser  den  Pagoden  besuchte  ich  das  Nathans  und  mehrere 
Klöster.  Einer  der  Zayat  war  um  einen  Haum  gebaut  und  mit 
Bildern  aus  den  Djat,  als  Wandschirmen,  umhangen .  Der  Platz  des 
alten  Palastes  wird  durch  einen  Pfeiler  in  der  Nähe  des  Sec's 
angezeigt.  Die  verfallenen  Pagoden  auf  dem  Hügel  Myogyi's  wurden 
durch  neue  ersetzt  auf  dem  Vorsprung,  von  dem  das  ältere  Tauii- 
nu  die  Ecke  (iiu)  des  Berges  (Tauft)  genannt  war.  Fn  einem  der 
Tempclhöfe  findet  sich  eine  Figur,  die  in  der  einen  Hand  ein 
Schwert,  wie  Mandjusri,  und  in  der  andern  ein  Buch  hält,  eine 
auch  in  China  nicht  ungewöhnliche  Darstellung  Inder  indischen 
Mythologie  führt  Xitragupten  das  Schuldbuch  der  Unterwelt. 

Ungcrähr  gleichzeitig  mit  dem  Beginn  der  buddhistischen 
Fastenzeit,  während  welcher  auch  die  Laien  einmal  in  der 
Woche  die  mönchischen  Nachmittngsfiusten  beob<achten,  feierten 
die  in  Tongu  ansässigen  Indier  ihr  Mohurrun,  indem  sie  in  mas- 
kirten  Aufzügen  mit  Palankinen  und  Fahnen  die  Strassen 
der  Stadt  und  Vorstiidte  durchzogen.  Unter  den  in  Birma  ange- 
siedelten Mohamedanern  finden  sich  sowohl  Sunniten  als  Schiiten, 
und  der  zwischen  beiden  herrschende  Sectenhass  bricht  leicht  in 
offene  Schlägereien  aus,  besonders  wenn  die  bei  ihrem  Jahres- 
feste aufgeregten  Ali -Verehrer  die  Verwünschungen  der  drei 
Kalifen  allzu  laut  herschreien.  Die  wilde  Todtenfeier  um  den 
gefallenen  Hossain,  die  Shakespeare  mit  dem  indischen  Dourga- 
pouja  zusammenstellt,  führt  (nach  Liebrecht)  durch  ihren  Namen 
Taazia  auf  das  alt -asiatische  Klagefest  des  Tammuz,  den  nicht 
nur  die  Sternbilder  der  Ssabier  beweinten,  s(mdern  um  den  noch 
10G3  p.  d.,  als  den  gestorbenen  König  der  Jins,  getrauert  wurde. 
Les  reprcsentations  de  la  tombe  d'Huvain  ou  pour  mieux  dire,  de 


V 


Die  Fastenzeit.  335 

la  chapelle  qui  renferme  son  toinbcau,  sont  plus  oii  moins  riclic- 
meut  ornöes.  On  leur  donne  le  uom  metaphorique  de  deuil  ou 
siniplcment  de  eercueil.  On  les  porte  en  procession  dans  les 
rues  le  dixiöme  jour  et  elles  sont  ensuite  döposöes  en  terre  ou 
jetöes  dans  une  rivii^re  ou  un  öting  (Garcin  de  Tassy). 

Der  Anfang  des  drei  Monate  dauernden  Va  oder  Vasa  ist 
fixirt,  als  Va-uh  durch  den  ersten  Tag  nach  dem  Vollmonde  des 
Monats  Vajo,  der  ungefähr  dem  Juli  entspricht.  Während  dieser 
Zeit  sind  die  Mrmche  verpflichtet  ihre  Gebote  noch  strenger  zu 
halten  als  sonst,  und  manche  legen  sich  auch  Entbehrungen  oder 
Beschränkungen  in  den  erlaubten  Speisen  auf.  Doch  bleibt  es 
Jedes  Belieben  überlassen,  sicli  mit  den  Religionspflichten  abzu- 
•flnden,  wälu-end  Karl  M.  in  seinen  den  Sachsen  gegebenen  Ge- 
setzen Todesstrafe  auf  Fleischgenuss  in  der  Fastenzeit  setzte. 

Um  sich  auf  die  heilige  Periode  des  Vasa  würdig  vorzube- 
reiten, laden  die  Angesehenen  oder  Vermögenden  unter  den 
Bürgern  gerne  einige  der  gelehrteren  Klostermönclie  zu  sich  ein 
und  bilden  dann  mit  ihren  Verwandten  und  Freunden  einen 
Abendzirkel,  um  sich  durch  demüthig  dargebrachte  Geschenke 
Verdienst  zu  erwerben  und  den  Predigten  der  frommen  Männer 
zu  horchen.  Meist  knüpfen  sie  an  eine  Vorlesung  aus  den  hei- 
ligen Schriften  an,  und  wählen  bei  dieser  Gelegenheit  immer  vor- 
zugsweise gerne  die  Episode  derselben,  die  von  Wethantara  han- 
delt, d.  h.  der  letzten  Existenz  des  Keligionsstifters,  ehe  er  zum 
Tuschita,-Hinimel  aufstieg,  um  dann  schliesslich  als  der  Sohn  der 
Maya  wiedergeboren  zu  werden.  Diese  sehr  beliebte  Erzählung 
ist  oft  mit  seitlichen  Illustrationen  verbunden,  und  habe  ich  sie 
auch  auf  Wandgemälden  dargestellt  gesehen.  Eines  derselben, 
das  ich  kaufte  und  mitbrachte,  ist  in  Vierecke  getheilt,  von 
denen  jedes  eine  der  fortlaufenden  Scenen  der  Geschichte 
enthält. 

In  Jayapura  herrschte  der  König  Sanja,  mitPhusati  vermählt, 
der  die  Krone  an  seinen  frommen  Sohn  Wethantara  abtritt.  Seine 
Regierung  ist  mit  allen  Zeichen  des  Glückes  gesegnet,  aber  aus 
Mildthätigkeit  überliefert  er  das  Unterpfand  desselben,  dasGötter- 
gcschcnk  des  weissen  Elcphantcn,  an  bittsuchende  Brahmanen,  die 


336  Tongu. 

Hülfe  für  ihre  lleimath  Kaiinga  erflehten,  wo  eine  lang  anhal- 
tende Dürre  gänzlichen  Ruin  herbeizuführen  drohte.  Als  die 
Fremden  das  geweihte  Thier  fortführten,  murrte  das  Volk  Über 
die  unbedachtsame  Freigebigkeit  des  Königs,  der  seine  eigenen 
Landeskinder  zum  Besten  Auswärtiger  beraube.  Sanja  sah  sich 
gezwungen  dem  allgemeinen  Dräugen  nachzugeben  und  verbannte 
seinen  Sohn  in  die  Bergwildniss  Wankagiri.  Ehe  aber  Wethan- 
tara  den  Scepter  niederlegte,  benutzte  er  noch  am  letzten  Tage 
seine  königliche  Macht,  um  alle  Schatzkammern  des  Reiches  den 
Armen  zu  öffhen  und  ihren  Inhalt  unter  denselben  zu  vertheilcn. 
Dann  verliess  er  die  Stadt  und  zog  in  die  Ferne.  Seine  Gemahlin, 
Madri-dewi,  hatte  sich  nicht  von  ihm  trennen  wollen,  und  sie  nebst 
ihren  Kindern,  dem  Söhnchen  Jaliya  und  dem  Mädchen  Krischna^ 
djina  fuhren  auf  einem  Wagen,  dessen  Rosse  der  vertriebene  König 
lenkte.  Auf  der  llcerstrasse  waren  die  mitgenommenen  Kost- 
barkeiten und  Schmucksachen  bald  an  Rrahmanen  vertheilt,  die 
des  Weges  entlang  kamen,  da  keiner  leer  ausgehen  durfte,  und 
als  jetzt  ein  neuer  Trupp  ihnen  entgegen  kam,  blieb  nichts  übrig 
als  die  Pferde  wegzugeben.  Der  Thagya- König,  vom  Himmel 
zuschauend,  lässt  vier  seiner  dienstbaren  Geister  die  Gestalt  von 
Hirschen  annehmen  und  den  Wagen  weiterziehen,  bis  zuletzt 
auch  dieser  an  Almosen  heischende  Rrahmanen  Übermacht  war. 
Die  Königsfamilie  wanderte  nun  zu  Fusse  weiter,  indem  Madri- 
dewi  den  Knaben  Jaliya  an  der  einen  und  Krischnadjina  an  der 
andern  Hand  leitete,  und  erreichte  so  das  Land  Chetiya,  von 
Wethantara's  Schwiegervater  beherrscht.  Dieser  kam  ihnen  mit 
einem  glänzenden  Aufgebot  von  Wagen  und  Reitern  ent«::egen, 
bekümmert,  seine  Angehörigen  in  diesem  trübseligen  Zustande  zu 
sehen,  da  sie,  als  des  Gehens  ungewohnt,  sich  nur  mühsam  fort- 
schleppten. Nach  kurzem  Aufenthalt  jedoch  wies  Wethantani 
seine  längere  Gastfreundschaft  zurück,  und  zog  weiter  nach  dem 
ihm  bestimmten  Verbannungsoi'tWankcagiri,  wo  er  sich  im  Wähle 
eine  Kinsiedlerkapelle  erbaute  und  in  der  Nähe  eine  andere  für 
seine  G.attin  einrichtete.  Es  wird  auch  darauf  hingedeutet,  dass 
diesell)en  schon  im  Voraus  auf  des  Thngynmin's  Geheiss  durch 
Visvakarma  für  ihren  Empfang  vorbereitet  waren. 


Wethantora.  337 

Damals  lebte  in  eiuem  Nachbarlande  ein  alter  Kerl,  krumm, 
bucklig  und  »ehielend,  ein  habsüchtiger  Geizhals,  der  Geld  auf 
wucherische  Ziusen  lieh.  Er  hatte  seine  Forderung  an  einen  ihm 
verschuldeten  Brahmauen  auf  eine  so  hohe  Summe  zw  treiben 
gewusst,  dass  dieser  sich  gänzlich  ausser  Stande  sah,  seine  Ver- 
pflichtungen abzutragen,  und  sich  zuletzt  entschliessen  musste, 
seinem  Gläubiger  auf  dessen  Wunsch  seine  Tochter  Amittartapa 
zu  veiiuählen.  Der  schmutzige  Geizhals,  Jujaka  genannt,  war 
nicht  wenig  stolz  auf  so  ehrenvolle  lleiratli,  aber  er  fand  sich 
von  seiner  jungen  Frau  bald  beständig  um  neue  Auslagen  ge- 
quält, da  sie  ihrem  Stande  gemäss  leben  wollte.  So  bestand  sie 
darauf,  Sclaven  zur  Bedienung  zu  verlangen,  und  warf  ihrem 
Ehemann  vor,  dass,  wenn  er  eine  vornehme  Brahmanentochter 
geheii*athet,  er  dieselbe  auch  gebührlich  behandeln  müsse  und 
nicht  verlangen  könne,  dass  sie  selbst  zum  Brunnen  gehe  und 
Wasser  hole.  Den  Kaufpreis  für  eine  Sclavin  zu  zahlen,  Wollte 
dem  gierigen  Jujaka  nicht  in  den  Sinn,  aber  er  erinnerte  sich,  von 
der  Freigeliigkeit  des  Königs  Wethantara  gehört  zu  haben  und 
daclite,  dass  er  leicht  von  ihm  einige  Sclaven  erlangen  könne.  So 
nuu'hte  er  sich  auf  den  Weg  nach  Jayapura,  kam  aber  erst  nach 
der  Abdankung  des  Königs  an  und  wäre  vom  Volke  fast  gesteinigt 
worden,  da  die  Leute  sich  höchlichst  erbittert  zeigten,  dass  schon 
wieder  ein  unverschämter  Brahmane  zum  Betteln  gekommen,  un- 
geachtet aller  der  reichen  (ieschenke,  die  von  dem  gutmüthigcn 
Wethantara  schon  herausgeprcsst  wmden.  Jujaka  machte  sich 
eiligst  dav(m,  aber  er  hatte  doch  aufgemerkt,  den  Namen  des  Vei- 
bannungsortes  zu  erfahren,  und  richtete  seinen  Wanderstab  dort- 
hin. Das  Waldgebirge  Wankagiri  war  indess  durch  den  König 
von  Chetiya  mit  Wachen  umstellt  worden,  um  Niemandem  den 
Einlass  zu  erlauben,  da  er  seinem  so  vielfach  gequälten  Schwieger- 
sohn endlich  Ruhe  und  Sicherheit  gegen  die  aufdringlichen  Bettler 
schaffen  wollte.  Jujaka  dachte  sich  bei  den  Wachen  vorbeizu- 
schleichen,  wäre  jedoch  beinahe  von  einem  derselben  erscliossen 
worden,  der  ihn  durch  seine  Hunde  auf  einem  Baume  entdeckte.  Es 
gelang  ihm, denselben  durch  eine  erfundene  (icschichtc  zu  täuschen, 
indem  er  ihm  erzählte,  dass  er  von  den  königlichen  Eltern  Wethan- 

Battian.  OiUsion.     IT.  22 


338  Tonga. 

tara's  mit  dirccten  Auftrügen  an  den  HUsser  geschickt  sei.  Weiterhin 
musste  er  nn  der  Zelle  dcH  Einsiedlers  Achuta  vorbei,  dem  er  vor- 
log, frtlhcr  der  Lehrer  Wcthantara  s  gewesen  zu  sein  und  von 
dem  er  den  richtigen  Waldpfad  angedeutet  erhielt,  um  seinen 
ehemaligen  Schiller  zu  besuchen.  Als  er  in  die  Nähe  derBUsser- 
familie  kam,  warteteer,  bis  Madri-dewi  zum  FrUehtesanimeln 
in  den  Wald  gegangen  war,  um  den  allein  zurückgebliebenen 
Wcthantara  für  Sdavcn  zu  bitten.   Da  dem  Könige  Nichts  weiter 
zu  Gebote  stand,  beschloss  er,  seine  Kinder  hinzugeben,  aber  diese 
waren  während  des  Gesprächs,  aus  Angst  und  Schrecken  über 
das  hässliche  Aussehen  des  Rrahmancn,  fortgelaufen  und  hatten 
sich  in  einem  Lotosteiche  vei'steckt.     Auf  Wethantara's  Ruf  kam 
indess  Jaliya,  seines  Vaters  Stimme  erkennend,  hervor  und  deu- 
tete auch  den  Versteckplatz  seiner  Schwester  an.     Beide  wurden 
von  dem  Brahmanen  fortgeführt,  entrannen  aber  seinen  Händen, 
als  er  beim  llerabklettern  eines  Hügels  stolperte  und  platt  auf 
die  Nase  fiel.     Der  alte  Bettler  wackelte  eiligst  nach  der  Zelle 
des  Königs  zurück  und  machte  ihn  bei  seinem  Seelenheil  dafür 
verantwortlich,   dass  das  einem  Brahmanen   Geschenkte   nicht 
wieder  zurückgenommen  werden  könnte.     So   überlieferte  der 
Vater  seine  Kinder,  die  um  Schutz  flehend  seine  Knicc  umfasst 
hatten,  aufs  Neue  dem  Brahmanen,  der  ihnen  die  Hände  zusam- 
menl)and  und  sie  mit  Uutlienhiebcn  vor  sich  hertrieb.     Die  chi- 
nesischen rilgcr  in  Vorderindien  erwähnen  eines  Baumes,  unter 
demdicBralimanen,  der  Legende  nach,  einen  Brinz  und  eine  Prin- 
zessin blutig  gepeitscht  hätten.   Wälirend  der  Nacht  Hess  Jujnka 
seine  Sclaven  auf  einen  Baum  steigen,  und  lagerte  sich  darunter, 
um  sie  zu  bewachen.   Die  Götter  aber  kamen  in  der  Gestalt  ihrer 
Eltern  vom  Himmel,  die  armen  Kleinen  mit  himmlischer  Speise 
zu  nähren  und  zu  erquicken.     Da  dies  sich  auch  beim  nächsten 
Nachtquartier  wiederholte,  wagte  der  ei*schrcckte  Jujaka  nicht, 
so  hohe  Schützlinge  länger  bei  sich  zu  behalten,  und  brachte  sie 
in  das  Land  ihrer  Grosseltem,  die  ihm  freudig  das  Gewicht  an 
Gold  ihres  Enkels  und  ihrer  Enkelin  bezahlten.   Da  währenddem 
der  weisse  Elephant  sich  wunderbarer  Weise  von  selbst  wieder 
in  Jayapura  eingestellt  hatte,  so  zog  das  Volk  in  Procession  aus, 


Die  Vor  -  Existenzen .  339 

um  Wethantara  wieder  einzuholen,  der  in  der  Zwischenzeit  auch 
seine  eigene  Gattin  an  einen  bettelnden  Brahmanen  weggegeben 
hatte,  aber  glücklicherweise,  wie  sich  später  zeigte,  nur  an  den  ver- 
kleideten Thagyamin,  der  die  Form  eines  solchen  brahmanischen 
Bettlers  angenommen  hatte,  um  Andern  zuvorzukommen,  und  in- 
dem er  Madri-dewi  an  sich  geben  Hesse,  zu  verhindern,  dass  sie 
von  ihrem  Gatten  getrennt  w^ürde.  Das  Intermezzo  Jujaka's,  die 
ausgeübten  Schliche  und  seine  Unglücksfälle  werden  im  Geschmack 
der  niedrigen  Komik  vorgetragen  und  ebenso  belacht.  In  den 
Klagen  der  von  ihren  Eltern  getrennten  Kinder  sind  treue  Natur- 
sehilderungen  eingeflochten,  indem  sie  von  den  Bäumen  und 
Blumen  des  Waldes  Abschied  nehmen  oder  die  ihnen  lieb  gewor- 
denen Spielplätze  beschreiben. 

Die  verschiedenen  Jat  werden  in  der  Literatursammlung 
nach  den  Anfangsbuchstaben  bezeichnet,  Vesantara  (\Yethantara) 
als  Ve,.  Temi  als  Te,  Nemi*)  als  Ne  u.  s.  w.  Gautama  erzählt 
seine  vergangenen  Existenzen  nach  der  Erinnerung,  die  mit  der 
Erleuchtung  in  ihm  aufwacht,  wie  sich  das  ganze  Religionsgesetz 
der  Buddhisten  nur  als  die  Enthüllung  fester  Grundwahrheiten 
manifestirt  und  die  Entlehnung  aus  einer  ausserwcltlichen  Offen- 
barung für  ihren  Ursprung  negirt.  Hierauf  sind  Wieder  die  An- 
grifle  ihrer  Gegner  basirt.  The  Sacyas  (Bauddhas)  and  Jainas 
(Arhatas),  asCumarila  acknowledges,  are  considered  to  beKsha- 
triyas.  It  is  not  to  be  concluded,  that  their  recollections  werc 
founded  upon  a  Vedas,  which  is  now  lost.  There  can  be  no  in- 
ference  of  a  foundation  in  rcvelation,  for  unautheutic  recollections 
of  persons,  who  deny  its  authenticity.  Even  when  they  do  con- 
cur  with  it,  as  recommendiug  charitable  gifts  and  cnjoining  ve- 
racity,  chastity,  innoeence,  the  books  of  the  Sacyas  are  of  no  au- 
thenticity for  the  virtuos  which  they  inculcate  (s.  Colebrooke). 


♦)  Nenii  or  Arishtincmi,  son  of  king  Sumudrajaya  by  Siva,  is  of  black  com- 
plexion  with  the  conch  as  his  sign,  bemerkt  Colebrooke  von  dem  22.  Tirthancara 
der  Jainas.  Excepting  Munisuvrata  and  Nenü,  who  spriing  frora  the  race  of 
Hari,  tlie  remaining  twenty  one  Jinjis  were  bom  (according  to  Uemachandra)  in 
the  lioe  of  Icshwacu. 

22* 


340  Tonga. 

lu  einem  Kyaung  TonguV  lebte  ein  mittbeilsamer  Pungyi, 
den  ich  oft  besuchte,  und  der  täglich  einige  Stunden  damit  zu- 
brachte, auf  einem  kleinen  Floss  einen  ihm  gehörigen  Teich  zu 
befahren,  um  die  Fische  gegen  Nachsteller  zu  schützen.  Gautama 
hatte  Imstimmt,  dass  sein  Gesetz  für  eine  Periode  von  2500  Jah- 
ren auf  Erden  in  Kraft  bleiben  solle,  aber  die  Bitten  des  Tha- 
gyakönigs  bewogen  ihn,  die  Zeit  auf  5000  zu  verlUngern.  In  der 
ersten  Hälfte  wird  die  Zahl  seiner  Anhänger  allmählig  abnehmen, 
bis  zuletzt  Niemand  übrig  bleibt.  Dann  aber  wird  der  Thagya- 
könig  einschreiten,  das  Gesetz  herstellen  und  die  Widersacher 
vernichten.  Gautama  starb  sin  einem  Durchfall  nach  dem  Ge- 
nüsse von  Schweinefleisch,  weil  er  einst  in  einer  früheni  Existenz 
als  Arzt  einem  Kranken,  der  ihm  sein  Honorar  nicht  bezahlt  hatte, 
aus  Aerger  ein  so  starkes  Purgativ  gab,  dass  er  daran  starb.  Als 
der  dem  Verscheiden  nahe  Gautama,  von  Durst  gequält,  Ananda 
um  Wasser  ersuchte,  konnte  nur  schmutziges  gefunden  werden, 
weil  Gautama  einst  in  früherer  Existenz,  als  Kalb,  das  Wasser 
aufgerührt  hatte,  aus  dem  seine  Mutter,  die  Kuh,  trinken  wollte. 
Er  fühlte  Schmerz  in  seiner  Seite,  weil  er  einst  in  früherer 
Existenz,  als  Faustkämpfer,  seinen  Gegner  dorthin  geschlagen. 
Als  Ananda  sich  erbot,  ihn  durch  Kneten  zu  erleichtern,  sagtx;  er 
Nein  bcin  (lass  es,  Hruder)  oder Neiban(Nibpan).  Nach Arimateyah 
ein  anderer  Gott  wird  erscheinen,  Piisseka  Huddha  genannt,  der 
Verwandte  (4autama's,  der  Mahanath  oder  Dewadat  heisst,  und  jetzt 
in  der  Hölle  die  Sünde  büsst,  Gautama's  Weltentsagung  Hinder- 
nisse in  den  Weg  gelegt  zu  haben.  Nach  Einigen  wird  er  als 
Uahan  in's  Nibpan  eingehen,  wogegen  nach  Anderen  auf  ihn 
noch  Shinubojoh  folgt.  Im  Kyaung  schlafend,  darf  man  nicht 
die  Füsse  nach  Osten  strecken,  da  von  dort  der  neue  Paya  kom- 
men wird,  auch  nicht  nach  Westen,  weil  dort  der  Bodhi-Kaum 
steht.  Die  Holzbilder  Gautama's  werden  besonders  gerne  als 
Maha-Pein-Paya,  aus  dem  Holze  der  Pein-bin  (Baumes  der  Jack- 
fruclit),  verfertigt,  das  auch  dazu  dient,  den  Mönchsgewändern 
ihre  röthlich  gelbe  Farbe  zu  geben.  Nach  Buddha's  Geburt 
wurde  seine  Mutter  unter  dem  Lobgesange  der  Götter  und  Engel 
durch  herabströmende  Duftbäche  des  Himmels  gereinigt,  worauf 


Das  Mönchsgewand.  34  X 

Bie  unter  Äsoka-Bäumen  ausruhte.  Die  Kette  der  Buddha'»  ist 
durch  die  Zwischenperioden  der  Pratyeka  unterbrochen,  aber  die 
früheren  Patriarchen  gleich  den  Chutuktu  der  Lamaisten  wieder- 
holen die  arabische  Vorstellung  (bei  Khalid  Jbn  Zeid  El-Jufy): 
As  oftcn  as  an  Jmäm  disappears,  an  Imäm  takes  his  stand  (s.  Sa- 
lisbury). 

Das  Tsiwaran  (aus  Antaravasaka,  Sangliati  und  Uttarasan- 
ghati  zusammengesetzt)  oder  Mönchsgewand  besteht  zunächst  aus 
einem  Stück  Zeug,  das  mit  einem  LedergUrtel  um  die  Lenden  be- 
festigt wird  und  auf  die  Füsse  herabhängt;  dann  aus  einem  läng- 
lichen Tuch,  das  Schulter  und  Brust  bedeckt,  bis  etwas  unter  die 
Kniee  reichend,  und  zuletzt  aus  einem  ähnlichen  Tuch,  das  über 
die  linke  Schulter  geworfen  wird  und  mit  seinen  Enden  hinten 
und  vorne  herabhängt.  Der  kahlgeschorene  Kopf  wird  unbedeckt 
getragen,  doch  bedienen  sich  die  Priester  ihres  aus  Palmblättern 
verfertigten  Fächers  (Awana)  zum  Schutze  gegen  die  Sonne.  Die 
fromme  Prinzessin  Patawutti  hatte  in  ihrer  frühern  Existenz  be- 
ständig Kerzen  in  der  Pagode  verbrannt  und  ihr  Körper  war  des- 
halb so  glänzend  und  hell,  dass  Nachts  kein  Licht  erforderlich 
war.  Zu  der  Schutzgöttiu  der  Erde,  Mandaundri  oder  Maha- 
sunderi  (Mahatoundevi),  wird  in  den  Pagoden  gebetet.  Muchad- 
madat,  dessen  weise  Aussprüche  die  Birmanen  sehr  in  Ehren  hal- 
ten, wurde,  als  Alaunpaya,  mit  Medicin  in  seiner  Hand  geboren. 
Bei  der  Ordination  werden  dem  Novizen  die  Pflichten  des  Ordens 
auseinandergesetzt,  dass  er  1)  betteln  gehen  und  die  tägliche 
Nahrung  durch  seiner  Füsse  Arbeit  erwerben  müsse,  dass  er 
2)  seine  Kleidung  eigentlich  aus  gelben  Lumpen  zusammennähen 
müsse,  die  auf  Strassen  und  Kirchhöfen  aufgesammelt  seien,  docli 
dass  solche,  die  durch  ihre  Tugenden  Wohlthäter  herbeigezogen 
haben,  von  diesen  angebotene  Geschenke  fertiger  Gewänder  an- 
nehmen dürfen,  dass  er  3)  in  Hütten  unter  hohen  Bäumen  zu  leben 
habe,  bis  etwa  sein  frommer  Wandel  ihm  Gehülfen  zuführe,  die 
Klöster  zur  Behausung  bauten,  dass  er  4)  als  Medicin  Kuhurin 
zu  gebrauchen  habe,  worin  Citronen  und  andere  saure  Früchte 
ausgepresst  sind.  Ausserdem  hat  er  die  Auswahl,  Alles,  was  er 
auf  den  Märkten  und  Strassenecken  umhergeworfen  findet,  wie 


342  Tongu. 

es  ihm  beliebt,  als  Mcdicin  zu  gebrauchen.  Doch  darf  er  auch 
Nelken  und  Muscatntisse  für  arzneiliche  Zwecke  annehmen,  und 
schliesslich  können  noch  einige  andere  Sachen  so  verwendet 
werden,  nämlich  Butter,  Milch  und  Honig*),  ein  sehr  bequemer 
Zusatz  für  die  Mönche,  die  genug  von  Hyi)ochondrie  verstehen, 
um  sich  krank  zu  melden,  wenn  ihnen  ihre  lange  Nachmittagsfast 
lästig  wird. 

In  den  Klosterhöfen  findet  man  oft  einen  abseits  stehenden 
Thurm,  in  den  sich  der  Pungyi  zu  bestimmten  Zeiten  für  geist- 
liche Betrachtung  und  Sammlung  zurückzuziehen  hat,  da  sich 
selbst  zu  kennen  seine  erste  Pflicht  ist.  Schon  auf  dem  Schoosse 
seiner  Tante  Gautami  überliess  sich  der  Säugling  Buddha  der 
Contemplation.  Die  Höfe  der  Pagoden  sind  mit  Pfählen  umst^^Ut, 
von  denen  Wimi)el  heral)hängcn  und  auf  die  das  Bild  des 
Hansa  (Phoeuicopterus  ruber)  gestellt  ist.  Die  Colossalfiguren,  die 
besonders  in  Siam  an  den  Thüren  stehen,  gleichen  den  die  Tem- 
pel Manar's  bei  den  Pallis  hütenden  Butta. 

Das  Paiia-6a  rechnet  zu  den  20  Klassen  der  Lebendigen  den 
Ariya,  Visagha,  Paukkharasagi-Punna,  Brannhayu-Punna,  Sela- 
PuOTa,  Artrin-Anandha,  Arhin-Kasapa,  Arhin-Anuruddha,  Pavari- 
Punna,  Arhin-Pakula  u.  s.  w.  Von  denKhanda**)  besteht  die  erste 
aus  den  körperlichen  Substraten,  die  anderen  werden  von  denÖit 
und  Öetasit  gebildet.  Als  die  10  Paramih  (öhay-pa)  oder  die 
den  erhabenen  Bura-Sakin-alaun  erfüllenden  Paramih  werden 
aufgezählt  Dana- paramih,  Sila- paramih,  Nikkhama- paramih, 


•)  Nach  Cavelly  Bona  ist  den  Jainas  dor  Genuss  des  Honigs  verboten  und 
würde  mit  Ausstossung  bestraft  werden  (s.  Mackenzie). 

••)  Nach  Umapathi  Asariyan  lehren  die  Puttar  oder  Buddhisten :  When  thc 
flve  kantam  arc  destroyed,  that  is  mutti  (liberation  or  annihilation).  Anotber 
class  of  Puttars  (the  foliowers  of  Pokasaranan)  hold,  that  niodcham  is  the  drip- 
ping  of  gnänani  (understanding)  which  one  continually  experiences,  like  a  con- 
tinuai  streain  of  water.  Another  class  (the  school  of  Attumikam)  hold,  that  mod- 
Cham  consists  in  a  regulär  course  of  pure  gnanam  (intellectual  exercise) ,  with 
which  neither  pleasure  nor  pain  has  any  eonncxion.  Another  class  (the  school  of 
Veipadikan)  hold,  thatmodchaui  isthe  annihilation  of  the  gnanam  (understanding), 
which  is  a  mere  rcsultof  the  five  kantam,  just  as  the  lightofthelampceases,  whcn 
the  wick  and  the  ghee  are  consumed  (s.  Hoisington). 


Die  Haar-Reliquien.  343 

Pana-paramih,  Viriya-paramih,  Khanti-paramih,  Sißöa-paraniih, 
Adliitau-parainih,  Mcgga-paraniih,  Ubekkha-paranüh.  Der Byamlia- 
fcariya  oder  Byamha6oratara  (Brahniatcharin)  hat  vier  Tugend- 
Übungen  zu  beobachten,  Megga,  Karuna,  Mudita  und  Ubekkha.  Die 
Megga  shit-pa  oder  acht  Wege  sind  Samma-diti,  Samma-singappa, 
Samma-vafca,  Samma-kannnanta,  Samnia-ijivau,  Saninia-vayamau, 
Sanima-sati,  Samuia-samadhioderRechtschafifcnheit  in  Ansichten, 
Absichten,  Worten,  Handlungen,  Beschäftigungen,  Bemühungen, 
Umsicht  und  Heiterkeit.  Anatta  (ohne  Atta  oder  Substanz)  wird 
von  den  Birmanen  als  Afit  ma  rhi  khyin  (was  kein  Substrat  hat) 
übersetzt,  AniWa  (ohne  Dauer  oder  Nif^*a)  als  Amrae  ma  rhi 
khyin  (was  kein  Bestehen  hat),  Dukkha  (Schmerz)  mit  tliin-rae- 
khyin  (elendiglich  arm).  Vier  Dinge  sind  gränzenlos  (ohne 
Nanta  oder  Ananta),  nämlich  der  Horizont  oder  der  Himmel 
(kaun-kift),  die  Ausdehnung  des  Rundes  (Öakra-vata  oder 
das  Weltsystem),  Sattava  (Sattau  oder  die  Vernunftwesenheit)  und 
SappanutüaQ  (die  Allwissenheit).  Die  vier  Arten  des  fesselnden 
Prinzips  (Asava  tara  lae  pa)  sind  Kama-sava,  Bhava-sava,  Dita- 
sava  und  Avizza-sava.  Wie  aus  dem  dunklen  Hades  Plato's  stei- 
gen die  Dinge  in  die  Erschcinungswelt  der  Materie*),  die  sich 
auf  dem  gnostischen  Urgründe  des  Bythos  in  der  Unwissenheit 
basirt.  In  indischer  Philosophie  heisst  der  menschliche  Orga- 
nismus Bhut-atma,  als  aus  den  fünf  Elementen  (Bhut)  und  dem 
Geist  (Atma)  zusammengesetzt. 

Als  Gautama  den  beiden  Brüdern  seine  Haar-Reliquien  ge- 
geben, kam  der  Kaga  heimlich  unter  der  Erde  herbeigeschlichen, 
um  eine  davon  zu  rauben  und  sie  dem  Thagyakönig  zu  geben,  der 
darüber  im  Himmel  ein  Dzedi  errichtete.     Tabinschwedih,  der 


•)  According  to  tho  Sankyathcre  are  twokinds  of  8ubstances,  whfch  are  the 
Substrates  of  all  phenomena,  nature  and  soul.  Nature  (Prakriti)  U  one  and  nndi- 
•stinct  in  its  original  state  which  is  incomprehensible  to  the  senses.  As  such  it 
is  Mula  Prakriti,  nature  as  tho  root  of  all  things.  It  is  productive  and  in  its  pro- 
ductions  various.  Nature  in  its  state  as  produetion  is  Vikriti,  chai^ed  or  derived 
nature.  The  first'production  isintellect(I3uddhi)  orthe  great  onc  (Mah<'it),  which  as 
a  produetion  of  nature  has  no  consciousness.  The  soul  (^Purusha)  is  wanifoM 
(s.  Roer),  und  Psycho  (nach  Suidas)  dreifach. 


844  Tüiigu. 

Talein -König  Pegu's,  der  die  grosse  Heerstrasse  des  Tabin- 
sehwedih-lani  von  Pegu  nach  Tongu  erbaute,  hatte  nur  ein  ein- 
ziges Haar  auf  seinem  Kopfe  und  vergrub  dasselbe  an  der  Stelle, 
wro  die  Pagode  Schwesandoh  in  Tongu  steht  Die  vornehmen 
Birmanen  aber,  die  früher  von  Ava  als  Kegierungsbeamte  nach 
Tongu  geschickt  wurden,  bezeigten  demselben  keine  Verehrung. 
Trotz  des  Priestergebots,  den  Kopf  geschoren  zu  haben,  ertheilt 
Buddha  in  den  Legenden  Haare  seines  Hauptes  als  Reliquien,  aber 
dies  geschah,  vor  Einrichtung  der  Klöster,  nach  seinem  einsiedle- 
rischen Waldleben,  wo  die  Haare  noch  nicht  rasirt,  sondern  nur 
geschnitten  wurden.  Jetzt  werden  auch  die  Augenbrauen  ge- 
schoren, während  sich  von  Arimateya  Reliquien  von  Haaren  aus 
solchen  aufgeführt  finden.  Die  Laiita  vistara  spricht  von  Bart- 
haaren, die  der  Naga-König  auffischte,  als  der  aus  der  Einsiedelei 
zurückkehrende  Buddha  sich  badete. 

Der  Kjeik-Tiho  oder  der  Tiho-Paya  in  der  Nähe  Tongu's 
liängt  über  einen  Felsen  herüber,  ohne  irgend  eine  Stütze.  In 
der  Nähe  ist  eine  kleine  Aushöhlung,  deren  Wasser  sich  nie  er- 

0 

schöpft,  so  viele  Pilger  auch  daraus  trinken.  Sollte  aber  Jemand 
im  Tempel  böse  Reden  führen,  so  trocknet  es  im  Augenblick  auf. 
Auch  ist  dort  die  Figur  eines  Kala  und  ein  eingegrabenes  Thin- 
bougyi.  Einst  klaffte  der  Grund  von  einander,  als  man  aber  die 
Pagode  darüber  baute  und  Stricke  *)  darum  legte,  fing  die  Oeff- 
nung  wieder  an,  sich  zu  schliessen.  In  der  Nähe  des  Kjeik-Kalo 
oder  Kalo-Paya  nahe  bei  Sillemyoh  findet  sich  ein  Wirbel,  der 
Feuer,  Asche  und  Stein  auswirft.  Die  Pilger  kommen  von  allen 
Seiten  dahin,  und  wer  diese  heilige  Stelle  betreten  hat,  ist  sicher 
in  das  Nibpan  einzugehen.  Die  Kraft  der  in  den  Palitexten  ge- 
lehrten Formeln  schützt  gegen  die  Angriffe  böswilliger  Dämone. 
Als  Sonne  und  Mond  in  Gefahr  standen,  von  Rahu  verschlungen 
zu  werden,  wandten  sie  sich  Hülfe  flehend  an  Buddha,  und  auf 
dessen  Wort  floh  ihr  Widersacher  in  hastiger  Eile,  da  ihm  sonsfr 
der  Kopf  zersprungen  sein  würde.    Nach  den  Mongolen  verfolgte 


♦)  Auch  die  ArequipciiBor  erzahlcu  von  Stricken  und  Ketten,  womit  ein  jünge- 
rer Sproüsling  ihres  gigantischen  Vulcan-Kegels  zusammengehalten  worden  sei. 


Sabupadih.  345 

ihn  Indra  mit  seinem  Donnerkeil  und  schlitzte  ihm  den  Bauch 
auf,  so  dass  er,  obwohl  er  die  Himmelskörper  verschlingen  mag, 
diesell)^  doch  nicht  bei  sich  behalten  kann,  sondern  unten  wie- 
der herausgleiten  lassen  muss.  Die  kalmückischen  Priesterärzte 
setzen  auf  den  Mund  des  Kranken  die  Figur  des  Otschirbani, 
durch  den  von  der  Zunge  zum  After  ein  grader  Canal  läuft,  um 
ihm  dadurch  Arzneien  einzuflössen,  probat  als  Purgativ. 

Unter  den  Statuen  Gautama's  in  der  Pagode  steht  im  könig- 
lichen Schmuck  die  Figur  des  Sabupadih-Min,  als  die  eines  Kö- 
nigs, der  den  am  Firmamente  hinwandelnden  Paya  verehrte. 
Hierüber  giebt  es  folgende  Legende:  Sabupadih,  der  zu  Gau- 
tama's  Zeit  in  Kapilawut  herrschte,  verehrte  die  Sonne,  und  da 
ihm  keiner  der  Könige  auf  Erden  zu%widerstehen  vermochte,  be- 
schloss  er  auch  den  Mond  anzugreifen  und  benutzte  seine  Fähig- 
keit des  Lufttretens,  denselben  zu  verfolgen,  bis  er  im  Westen 
unterging.  Dann,  als  Alles  um  ihn  dunkel  wurde,  fing  der  Kö- 
nig an  sich  zu  fürchten,  und  wollte  zurückkehren,  lieber  das 
Königreich  Yasaj oh,  wo  König  Peinbadajah  herrschte,  hinfliegend, 
stiess  er  in  der  Finstemiss  mit  seinen  Flügelschuhen  (tschinin 
setjah)  an  den  hohen  Thurm  des  Palastes  und  blieb  daran  hän- 
gen. Da  er  sein  Knie  verwundet  fühlte,  hieb  er  sich  das  Bein 
ab  und  kam  glücklich  nach  seiner  Hauptstadt  zurück.  Dort  ver- 
sammelte er  seine  Grossen  und  um  sich  zu  rächen,  schleuderte  er 
die  wie  ein  Naga  gestaltete  Wunderwafl'e,  die  stets  ihr  Ziel  mit  tödt- 
licher  Sicherheit  traf,  gegen  den  König  Peinbadajah.  Als  dieser  die 
Wafl*e  herbeifliegen  sah,  flüchtete  er  nach  dem  von  ihm  gebauten 
Kloster  Waeluwun  und  rief  den  Schutz  Gautama's  an.  Dieser  be- 
fahl seinen  Rahan,  die  WunderwaflFe  des  Galon-Setjah  zu  werfen, 
und  da  der  Galon  den  Naga  überkommt,  so  zog  sich  der  Naga- 
Setjah  zurück.  Sabupadih  schleuderte  dann  den  Mih-Setjah  oder 
die  Wunderwaflfe  des  fliegenden  Feuers,  aber  Gautama  vernich- 
tete sie  durch  Wasser  im  Paiaeh  -  Topfe.  Als  Sabupadih  den 
Hlan-Setjah  (fliegenden  Speer)  warf,  hielt  ein  Befehl  Gautama's 
denselben  an  und  schickte  ihn  zurück.  Da  Gautama  wusste, 
dass  Sabupadih  schliesslich  ins  Nibpan  eingehen  würde,  so  sandte 
er  den  Thagyamin  (den  Götterkönig  Indra)  ab ,  um  ihn  vor  sich 


346  Tongu. 

ZU  rufen.  Als  dieser  in  menschlicher  Form  am  Hofe  erschien, 
wurde  er  von  Allen  verlacht,  dass  er  es  wage  einem  Könige  Be- 
fehle ertheilen  zu  wollen,  aber  der  Thagyamin  entfaltete  seine 
Kraft,  indem  er  die  Höflinge,  einen  nach  dem  andern,  zu  Boden 
warf,  und  Pferde  wie  Elcphanten  an  den  Beinen  in  der  Luft  herum- 
schwenkte. Sowurde  er,  gleichThor,  alsThagyamin  oderMaga-lulin 
erkannt.  Sabupadih  folgte  ihm  dann  zu  Gautama,  der  ihm  seine 
Anmassung  vorwarf,  sich  mit  ihm  vergleichen  zu  wollen.  An- 
fangs wollte  er  sich  nicht  beugen,  aber  als  er  alle  Uebrigen  und 
selbst  den  Thagyamin  in  Verehrung  niederfallen  sah,  folgte  er 
dem  allgemeinen  Beispiel  und  erkannte  seine  Niedrigkeit  an. 
Das  Königreich  aufgebend,  folgte  er  Gautama  und  wurde  unter 
seine  Schüler  eingereiht.  Diese  Erzählung  bildet  den  Gegen- 
stand eines  Djat  (Sabupadih-tschakan),  der  auf  den  Theatern  ge- 
spielt wird. 

Shin-Upagah  lebt  in  der  Tiefe  des  Oceans  in  einer  messin- 
genen Thurmspitze,  wo  er  den  Ubo  ('Feiertag)  hillt.  Er  wird 
über  ganz  Birma  verehrt,  von  Kangun  bis  Mandalay,  und  seine 
Bilder  stellen  ihn  auf  einem  Baumstumpf  sitzend  dar,  mit  einem 
Almosentopfe  in  den  Armen  und  daraus  essend.  Er  blickt  seit- 
wärts zum  Himmel  hinauf,  für  eine  Stelle  aussehend,  die  von  den 
Unreinigkcitcn  todter  Leichname  frei  wäre  und  auf  der  Erde 
nicht  zu  finden  ist,  da  dort  Alles,  Steine  wie  Bäume,  nur  ein 
grosser  Grabeshof  ist.  Als  Rahan  wird  er  auch  Paya  genannt, 
aber  der  kleine  (Paya  ngay).  Der  Potodoh-Paya  unter  der  Erde 
wurde  vom  Nagakönig  gestiftet.  Sulamanih-Paya  lebt  als  die 
vom  Thagyakönig  über  den  Haaren  gebaute  Pagode  am  Himmel, 
dort  mit  den  Winden  umherfliegend.  Von  den  26  Buddha's  fin- 
den sich  nur  Figuren  der  vier  letzten,  während  die  Nepalesen 
sieben  Manuscha- Buddha's  Verehrung  zollen,  wie  türkische 
Stämme  (nach  Caströu)  den  sieben  Kudai's  des  Himmels.  Von 
dem  Bilde  des  Arimateya  oder  Arimateia  (der  Mi-thero)  giebt 
es  eine  Legende,  dass  ein  zum  Himmel  aufgestiegener  Künstler 
schon  im  Voraus  sein  Portrait  genommen,  und  wird  wohl  Gautama 
dadurch  allmählig  dasselbe  Schicksal  leiden,  das  er  selbst  seinem 
Vorgänger  Kasyapa  bereitet  hat.     In  Urga  wurde  mir   schon 


Der  Buddha  der  Zukunft.  347 

gradezu  erzählt,  dass,  wenn  Gerechtigkeit  gälte,  Arimateya  als 
Gott  der  Gegenwart  herrschen  würde,  und  dass  Sakyaniuni  ihn 
nur  durch  ein  TaschenspielcrkunststUck  mit  Blumen  darum  be- 
trogen habe.  Die  um  Verdienst  buhlenden  Frommen  sehen 
keinen  grossen  Nutzen  ein,  sich  noch  viel  um  einen  Gott  zu  küm- 
mern, der  bereits  hunderte  von  Jahren  im  dunkeln  Hintorgrunde 
vei*8chwunden  ist:  sie  meinen  ihm  schon  genug  für  die  Wohlthaten 
des  geschenkten  Gesetzes  gedankt  zu  haben,  und  wenden  sich 
lieber  mit  ihren  Schmeicheleien  der  neu  aufgehenden  Sonne  zu. 
Die  Hauptfigur  in  den  siamesischen  Tempeln  erhält  oft  den  all- 
gemeinen Namen  Xina  oder  Jina  (der  Sieger),  und  alte  Abbil- 
dungen zeigen  mitunter  eine  nackte  Darstellung,  wie  bei  den 
Jainas.  Als  Buddha's  Zeit  zur  Incarnation  gekommen  war,  über- 
legteer, in  welcher  der  16Dyna8tiecn  Indiens  (von  Vaisali,  Vansara- 
ja,Magadha,  Kosala,  Prajota,  Mathura,  Hastinapura,  Mithila  u.s.  w.) 
er  wiedergeboren  werden  solle,  und  wählte  die  der  Sakya.  Zur 
Gottwerdung  zog  er  sich  in  die  Einsamkeit  zurück,  wie  Zamolxis 
in  seine  Höhle.  Wilson  unterscheidet  Budha  (theson  of  Soma  and 
regentofthe  planet Mercury)  als  he  who  knows  or  the  intelligent, 
von  Buddha,  alsanydeified  mortal  or  he  by  whom  truth  is  known. 
Der  vorgehende  Buddha  Kasyapa  war  ein  Brahmane,  Gautama 
(Somanocodom)  aber  wurde  in  der  Xatriya-Kaste  geboren  und 
nach  den  Jainas  wurde  Maha-Vira*)  (Vardhamana  oderSramana) 
durch  Indra  aus  dem  Uterus  der  Brahmanin  Devananda  in  den 
der  Trisala,  Gattin  des  Königs  Siddhartha  (aus  dem  Geschlecht 
des  Jcshwaku  in  der  Kasyapa-Familie),  versetzt. 

Die  Birmanen  setzen  den  Kauniin  (der  glutinöse  Reis)  ohne 
Wasser  aufs  Feuer,  bis  er  bubbclnd  aufschäumt.  Dann  nehmen 
sie  Kuchen  in  ihre  Hände,  und  bringen  sie,  nach  bezeigter  Ver- 
ehrung, zur  Pagode.     Wenn  Frauen  beim  Gebete  niederknieen. 


•)  Die  als  Er,  Ir,  Tir,  Vir  so  weit  die  Sprachen  der  indogermanischen  Fa- 
milie durchziehende  Wurzel  findet  sich  auch  im  südlichen  Amerika,  wo  bei  den 
Qaichuas  der  Heroe  Vira-cocha  noch  jetzt  das  Prototyp  eines  angesehenen  oder 
tapferen  Mannes  bedeutet  und  seit  der  Ankunft  der  Spanier  zur  Anrede  der 
weissen  Fremden  gebraucht  wird.  Bei  den  wilden  Chunchus  an  den  Quellen  des 
Maranon  hörte  ich  Vairi  als  die  Bezeichnung  des  Häuptlings  verwandt. 


348  Tongu. 

lassen  sie  sich  von  einer  Freundin  oder  Dienerin  die  FUsse  in 
das  Ende  ilircs  Gewandes  aufwickeln,  da  es  für  sie  sehr  unan- 
ständig sein  wUrde,  ihre  Fusssohle  zu  zeigen.  Den  Chinesinneu 
ist  bei  ihren  Lilienstengeln  diese  Verlegenheit  erspart.  Sollte 
eine  Frau  in  künftiger  «Seelenwanderung  als  Mann  geboren  zu 
werden  wünschen,  so  kann  sie  das  nur  erlangen,  wenn  sie  ihren 
Ehemann  behandelt  mit  Engelsliebe,  d.  h.  mit  Zuneigung,  Ach- 
tung und  Aufmerksamkeit.  Mönche  und  Eremiten  sind  schön, 
wenn  mager,  vierfüssige  Thiere,  wenn  fett,  Männer,  wenn  gelehrt, 
Frauen,  wenn  verheirathet,  heisst  es  im  Lokanidi.  Frauen  sind 
ebenso  geneigt  zu  sündigen,  wie  Flüsse  sich  zu  krümmen  und 
stecken  so  voll  von  Verschlagenheit,  wie  ein  Wald  voll  Feuer- 
holz. Das  Begräbniss  einer  im  Kindbette  gestorbenen  Frau  er- 
fordert umständliche  Ccremonieen.  Die  Siebenmonatskinder  der 
in  der  Schwangerschaft  Säuren  liebenden  Mütter  sind  von  Seelen 
aus  der  Hölle  belebt.  Die,  unter  Essen  von  Lehm  nach  acht  Mo- 
naten geborenen  besitzen  Seelen  der  Preta's,  die  nach  neun  Mo- 
naten, unter  Neigung  Gras  oder  Blätter  zu  essen,  geborenen  sind 
durch  Thierseelcn  belebt,  und  die  nach  10  Monaten  von  Müttern, 
die  Fleisch  assen,  geborenen  stammen  von  menschlicher  Her- 
kunft. Durch  die  Öetasit,  die  mit  den  verschiedenen  Öit*)  inThä- 
tigkeit  treten,  werden  die  Früchte  der  Kamma  disponirt,  die  im 
Guten,  wie  im  Bösen  zu  Ende  zu  essen  sind. 

Auf  den  höchsten  Graden  der  Heiligkeit  werden  die  sechs 
Wunderkräfte  des  Abhinaii  erworben,  nämlich  Dibpacekkhu 
(übernatürliches  Gesicht),  Dibpasota (übernatürliches  Gehör),  Jid- 
dhividha  (Schöpfungsfähigkeit),  f'etopariya  (Kenntniss  der  Ge- 
danken), Ahsavakkhaya  (Freiheit  v(m  Leidenschaften)  undPuppe- 
nivasanasiti  (Durchschauen  der  früheren  Existenzen).  Mit  der 
Allwissenheit  imSabbanut  zerfallen  die  Spiegelbilder  derSansara 
und  kehrt  die  Beweglichkeit  des  Werdens  zur  Kühe  des  Seins  im 
Nichtsein   zurück.     Nach  den  Nepalesen  (s.  Hodgson)  ist   der 


*)  According  to  the  tattuvci-kattnlei  (of  the  intollectual  organic  faculties)  nianam 
(tue  understiindiug)  apprehcndü,  putti  (the  judgiueiit)  decidcb  aud  proposc8,abaugka- 
raro  (theiudividuaIity)indi?idualizeB,  sittam  (the  wiü)  Ihiukiiclearly  (8.  iloisiDgtoo). 


i 


Die  fünf  Dvara.  349 

eigentliche  Zustand  der  in  der  Materie  waltenden  Kräfte  Ruhe 
und  Abgelöstsein  (als  Nirwritti),  indem  sie  aber  thätig  werden 
(im  Prawritti),  entstehen  die  Formgestaltungen  der  Natur.  Die 
über  den  Wechsel  der  Zerstörungen  erhabenen  Dhyana- Welten 
verbleichen  (wie  Schmidt  bemerkt)  gleich  Regenbogenfarben,  wenn 
die  Offenbarungen  des  Pradschna  sich  völlig  in  das  Nirwana  zu- 
rückziehen.  In  ihm  werden  dann  die  Ursachen  aller  Dinge 
ruhen,  wie  in  der  Theosis  des  Erigena. 

DieSeelenthätigkeit  der  fünf  Dvara  oder  Thore  (Öekkhu-,  Sota-, 
Ghana-,  Siva-  und  Kaya-dvara)  mit  den  identischen  Objecten*) 
ihrer  Subjectivität  durchläuft  die  Grade  der  Ron,  Vijjan,  Vinyan, 
Sappatizein,  Santikarana,  Vutau,  Kamajau,  Tadayon  und  beim 
sechsten,  dem  des  Mano*"^),  kommen  noch  die  desRupajo,  Arupajo 
und  Ix)kuttarajo  hinzu.  In  einem  Laien  bleibt  die  Entstehung  des 
Lokuttarajo  ausgeschlossen.   Auch  im  Siva-Prakasha-kattali  kann 


*)  Die  Nyaya  nimmt  an  (nach  Roer),  that  the  special  qnalities  of  snbstances 
are  effects.  for  instanee  earth  is  the  intimate  (or  material)  cause  of  smell,  soul 
of  knowledge  etc. 

**)  Der  Djina  alamkara  zahlt  18  Dhatu  oder  Elemente  auf,  und  Burnouf 
eitirt  aus  der  Abhidarma  Kö^a  vyakhyil  folgende  Uebersetzuiig :  La  connnissance 
on  la  notion  acqnise  par  la  vne  se  nomme  tschakchur  vidjnana  dhatu  on  Telement 
de  la  notion  acquise  par  la  vno,  et  ainsi  de  suite  pour  los  antres  sen^:,  jnsqnesoty 
compris  la  notion  acquise  par  le  manas  ou  Tintellect,  qui  est  manu  vidjnana  dhatu, 
Telenient  de  la  notion  acquise  pai*  le  manas.  Or  il  faut  savojr  que  ces  six  no- 
tions  röunics  sont  Ic  mano  dhatu  ou  Telnnent  dit  manas  (IMntcliect),  car  Ic  manas 
n*cst  pas  autre  chose  que  la  connaissancc  qui  a  H6  acquise  sans  rintcrmcdiairo 
par  les  6organs  des  sens.  Und  weiter:  11  ne  peut  6trc  question  de  faire  connaitre 
les  receptacles  de  5  Clements  dits  de  la  connaissancc ,  parceque  la  vue  et  les 
antreii  sens  ont  leur  receptacle  connu.  Mais  comme  on  a  dit  qu'ii  n'y  a 
pas  de  receptacle  pour  T^l^ment  du  manas ,  on  etablit  T^lcment  du  manas,  afin 
de  faire  connaitre  son  receptacle.  Or  une  foi:*,  qu'on  a  etabli  Texistence  de  6  re- 
ceptacles, on  trouve  qu*il  ya  18  dhatus  (Clements  ou  contenants).  Dy  a  un  groupe 
de  6  receptacles,  dout  le  premier  terme  est  la  vue  et  le  dernjer  le  manas.  II  y 
a  nn  socond  gronpe  de  6  receptacles,  dont  le  premier  terme  est  la  connnissance 
acquise  par  la  vue  et  le  demier  la  connaissancc  acquise  par  le  manas.  II  y  a 
nn  groupe  de  6  supports  (älambana),  dont  le  premier  terme  est  la  forme  et  le  der- 
nier  le  dharma  (le  merite  moral  ou  l'etre).  Cependant  scion  la  doctrine  des 
Ydgätchch^ras  il  y  a  nn  ölf'^ment  du  manas  (mano  dhatu)  qni  est  distinct  des 
6  connaissances. 


350  Tonga. 

die  Seele  nur  durch  die  Hülfe  des  Geistlichen  zur  Absträction 
gehingen.  Im  Buddhismus  dagegen  giebt  es  keine  priesterliche 
Vermittlung,  sondern  nur  das  Mittel  selbst  in  den  Mönebsstand 
einzutreten.  Der  Pana  (Weisheit)  giebt  es  >ier  Arten,  als  Öinta- 
kavi,  Suva-kavi,  Attha-kavi  und  Patibhana-kavi  (Takhana-phyiü 
hlyin-tzoa-that-so-pana  oder  die  Weisheit  rasch  im  Augenblick 
sogleich  zu  erkennen).  Im  Pali  heisst  Kavi  ein  Weiser,  so  dass 
sich  auch  hier,  wie  in  Java,  jener  alte  Name  erhalten  bat,  der  die 
Vorgeschichte  Irans  und  Indiens  durchhallt. 


Wenn  der  im  Herzen  residirende  Mauo  sich  mit  dem  Nama- 
dhamma  beschäftigt,  durchläuft  die  Meditation  fünf  (oder,  die 
beiden  ersten  in  Vereinigung  zusammenfassend,  vier)  Stufen,  als 
Viteka  oder  Aufmerksamkeit,  Vicara  oder  Betrachtung,  Piti  oder 
freudige  Gcnugthuung,  Suka  oder  vergnüglicher  Genuss  mit  So- 
madi-6it  (oder  Zufriedenheit)  zur  Folge  und  Kkattha  oder  an- 
dauerndes Verbleiben,  was  l)is  zum  Zustande  völliger  Indifferenz, 
als  Upekkha  gesteigert  werden  kann.  Von  Upekkha  werden  (im 
Pucjapakinnaka-amchai)hych)  zehn  Arten  (zae  pa)  aufgezählt. 
Jeder,  der  sich  einer  dieser  geistigen  Uebungen  hingiebt,  ge- 
winnt dadurch  Anrecht  auf  die  entsprechende  Byamma-Welt, 
während  Almosen  und  äussere  Werke  der  Mildthätigkeit  nie 
über  die  Nat-Himmel  hinausfuhren  krninen.  Wer  besondere  Fer- 
tigkeit in  der  ersten  Stufe  erwirbt,  wird  in  einer  der  unteren 
Regionen  (aus  den  16  Rupa-l)hon)  wiedergeboren  werden  oder 
bewohnt*)  sie  sclion  in  diesem  Acte  der  Reflexion.  Der  Adept  in 
der  zweiten  oder  dritten  Stufe  gehört,  je  nach  dem' Fortschritt, 
einer  der  drei  nächsten,  und  der  in  der  vierten  Stufe  einer  der 
drei  folgenden  Terrassen  an.     Derjenige,   der  bis  zum  fünften 


♦)  Worüber  ein  Jeder  meditirt,  das  wird  er  (nach  dem  Bhagavadgita).  Nach 
der  KaivaUanavanita  besitzt  der  materielle  Djana  gnana  die  Kraft,  die  wahre  Er- 
lösung zu  verleihen,  weil  eines  Jeden  Meditation  zur  Geburt  wird  (s.  Graul).  „Die 
über  die  körperlichen  Gegenstande  leidenschaftlich  nachdenken ,  die  werden  so 
diesen  Gegenständen.  W^enn  man  aber,  um  den  Geburtskreislauf  abzubrechen, 
über  das  höchste  Wesen  nachsinnt ,  so  wird  man  zu  diesem  höchsten  Wesea.  * 


Der  Terrassenhimmel.  351 

Dzan  (Jban)  hindurcbgedrungen  ist,  und  sich  also  in  den  Zustand 
der  Contemplation  zu  versetzen  vermag,  ohne  dass  er  von  Gegen- 
ständen der  Beobachtung  auszugehen  braucht,  noch  ohne  durch 
die  Eindrücke  des  Vergnügens  bewegt  zu  werden,  ein  solcher  ist 
Bürger  des  zehnten  oder  elften  Rupa-Himmels.  Von  den  übrigen 
fünf  Kupa-Himmeln,  den  Suddhawas  (nga  bhon)  oder  reinen  Be- 
hausungen, wird  der  unterste  von  den  Kalyana-puthujan  oder 
Tugendhaften  bewohnt,  und  die  vier  höheren,  wie  sie  übereinander 
aufsteigen ,  von  den  in  die  Megga  oder  Pfade  Eingetretenen,  und 
dadurch  mit  den  Lokutara-Öit  Begabten ,  den  Sotapatti ,  Sakada- 
gami,  Anagami  und  Arahatta.  Diese  fünf  Terrassen  heissen 
Aviha,  Athabpa,  Sudasa,  Sudessi,  Akanita  (Agginifa).  Noch  jen- 
seits erheben  sich  dann  die  vier  Arupa-bhon,  deren  Bewohner  in 
ihrer  transcendentalen  Geistesthätigkeit  ganz  und  gar  alle  ma- 
teriellen Beziehungen  in  den  Kathain  abgeworfen  haben.  Auf  der 
niedrigsten  Staffel  philosophirt  der  Metaphysiker,  nachdem  deröit 
der  Arupa  zum  Durchbruch  gekommen  ist,  über  den  Akasa,  ihn 
als  ananda  oder  unendlich  verstehend,  auf  der  nächsten  über  die 
Wiiiana,  auf  der  folgenden  über  die  Akinzih  und  auf  der  letzten 
über  Newasaiia,  indem  der  von  den  vier  Täuschungen  oderThan- 
nya  Erlöste  nur  in  der  Verzückung  des  Sammapata  (Erlangung 
der  Wahrheit)  verbleibt.  Nach  dem  Paiia-^a  können  zwei 
Art^n  von  Wesen  (Puggol)  in  den  Niroda-samapat  zum  Genuss 
eintreten,  nämlich  die  Anagami  - phalafan  und  die  Arahatta- 
phalatan  (Phalatan  oder  Verdienst -Behälter).  Im  Sammapat 
(shit-pa  oder  achtfach)  sind  die  vier  jhan  der  llupa- Welten 
mitbegriffen,  als  Patiima-jhan,  Dutiya-jhan,  Tatiya-jhan  und 
Öatuttha-jhan,  sowie  jene  vier  Arupa,  d.  h.  Ahkahsanancarata- 
nakuso,  Vinahnaü6aratanakuso,  Ahkin^anaratanakuso,  Nevasana- 
ratanakuso.  Die  wahren  Schüler  Buddha's  wandeln  auf  den 
höchsten  Pfaden  und  bedürfen  keiner  mystischen  Steigerung,  ob- 
wohl sie  sich  dieser  Hülfsmittel  bedienen  können ,  um  zur  ent- 
sprechenden Zeit  direct  im  Nibpan  zu  verschwinden.  Das  Leben 
der  Byamha  in  der  Newasana  (Ncwasaüanasaiiayatan)  *) ,  die  die 


*)  Lenz  sagt  von  der  Doctrin  des  in  Radjagriha  lehrenden  Rudraka,  Rftma'd 


352  Tonga. 

Identität  des  Seins  und  Nichtseins  in  der  Nicht-Identität  erkennen, 
dauert*)  84,000  Mahakalpa's,  was  zur  ^relativen  Vergleichung 
der  Schnelligkeit  des  Gedankenleb^ns  mit  der  körperlich  gemes- 
senen Zeit  dienen  kann ,  als  gleichsam  der  früheste  Versuch  zu 
einer  mathematischen  Psychologie. 


Bei  einem  Spaziergang  in  der  Umgegend  Tongu's  kam  ich  zu 
einem  See,  der  vier  Inseln  einschliesst,  um  dessen  Ufer  die  Reste 
eines  Pflasterweges ,  noch  aus  der  birmanischen  Zeit  stammend, 
hinlaufen.  Neben  dem  Natgyi-taga  (dem  Thore  des  grossen  Nat) 
steht  ein  verfallener  Holzschuppen  und  in  demselben  drei  alte 
und  zerbrochene  Holzfiguren.  Zwei  derselben  haben  neue  Sub- 
stituten zugefügt  und  werden  Nido  Naundo  (der  ältere  und  jüngere 
Bruder  oder  die  beiden  Gebrüder)  genannt.  Die  grössere ,  in  ein 
langes  Gewand  gekleidet  und  eine  Spitzmütze  tragend,  zeigt  an 
zwei  Stellen  die  Ansatzpunkte,  jetzt  abgebrochener,  Arme,  da  es 
früher  deren  sechs  hatte.  Dieser,  Shiu  Taungyi  genannte  Nat 
wurde  von  den  Ruinen  des  alten  Dinjawuddih  nach  Tongu  ge- 
bracht, wo  ein  Schan-Tsoboa  eine  Kapelle  für  ihn  baute.  Da  er 
indess  beständig  nach  seiner  alten  Heimath  zurückkehrte,  wurde 
es  dem  darüber  bekümmerten  Tsoboa  zuletzt  im  Traume  enthüllt, 
dass  er  in  Tongu  ganz  und  gar  nicht  gemüthlich  fühle.  Wenig- 
stens solle  man  ihn  so  aufstellen ,  dass  er  mit  dem  Gesicht  nach 
Westen  gerichtet  sei,  und  so  nach  seinem  früheren  Aufenthaltsort  in 
Dinjawuddih  blickend,  sich  der  glücklichen  Tage  erinnern  könne, 
die  er  dort  verlebte.  Die  melancholische  Leidensgeschichte  dieses 
sentimentalen  Dämon  wurde  mir  in  einer  seitwärts  vom  Wege  abge- 
legenen Hütte  gegeben,  die  ich  Mühe  hatte  zwischen  den  Büschen 


Sohn  (Ktoaputra) ,  dass  sie  dans  l'ori^nal  est  tr^s  obscuröment  caract^risee  par 
le  raot  Naiva-sandjnanäsandjnäyatana-sainäpattih  und  gicbt  als  Erklärung  des 
Textes:  La  base  de  sa  doctrine  est  un  stoicisme  aflfccte  (sanscrita)  et  force,  en 
vertu  (Inquol  on  doit  arriver  k  une  elövation  mystiqnc  des  pouvoirs  de  Tfime 
(nach  der  Laiita  vistara). 

*)  Deshauterayes  setzt  es  auf  80,000  Weltrevolutionen  an,    was  er  zu  107 
Trillionen  520  Millionen  Jahren  berechnet. 


Teuflischer  Eigensinn.  353 

aufzufinden.  Früher  hatte  dort  eine  alte  Nakkadau  gelebt,  die 
aber  seit  einiger  Zeit  verstorben  war.  Jetzt  bewohnt  sie  eine 
andere  Hexe,  die  den  Platz  ihrer  \'orgängerin  eingendniiuen  hat, 
aber  keine  Bücher  in  ihrem  Nachlass  vorgefunden  haben  wollte. 
Uebrigens  hörte  ich  später,  dass  die  gute  Frau  in  der  Erzählung 
die  Aufführung  ihres  Pensionärs  sehr  beschönigt  und  mir  das 
Schlimmste  verschwiegen  hatte.  Nach  Anderen  nämlich  soll 
dieser  sechshändige  Saüin  sich  so  kindisch-unvernünftig  gezeigt 
haben  in  seinen  hartnäckig  fortgesetzten  Versuchen,  nach  dem 
ungesunden  und  verwüsteten  Dinjawuddih  zurückzukehren,  dass 
man  sich  zuletzt  zu  der  traurigen  Nothwendigkeit  gezwungen  sah, 
ihn  in  Ketten  zu  legen. 

Als  ich  beim  Rückweg  auf  dem  alten  Stadtwall  fortging,  zeigte 
man  mir  hinter  den  Basteien  eine  Linie  mannstiefer  Gruben  in 
der  Erde,  wohin  sich  bei  etwaiger  Belagerung  die  tapferen  Offi- 
ciere  der  Birmanen  früher  zurückzogen,  um  von  dort  aus  ihre 
Soldaten  anzufeuern.  In  der  Armee  bezeichnen  die  Titel  der 
Hauptmann  über  1000,  über  100,  über  10.  Der  Letztere  hcisst 
auch  der  Suay-thauk-gyi  oder  der  grosse  Bluttrinker,  weil  er  bei 
Ablegung  seines  Diensteides  vor  dem  Könige  Blut  trinkt.     In 

den  Büchern  wird  eine  Armee  in  vier  Glieder  oder  Inga  (Cii-iuga- 

* 

lae-pa)  getheilt,  als  die  Ordnung  der  Elephantenreiter  (Chin-(M- 
su-rae),  die  Cavalleristen  (Mrin-6i-su-rae) ,  die  Wagenkämpfer 
(Ratha-iii-surae)  und  die  Infanteristen  (Khre-c>i-su-rae).  Die 
Märkte  werden  meist  in  den  Vorstädten  abgehalten ,  wo  sie  sich 
ungehinderter  ausdehnen  können.  In  den  altbirmanischen  Haupt- 
städten war  es  durchgehende  Sitte,  den  von  Fremden  oder  Land- 
leuten besuchten  Bazaar  in  das  äussere  Weichbild  zu  verweisen, 
während  innerhalb  der  Mauern  der  eigentlichen  Stadt  nur  eine 
Verkaufsreihe  zugelassen  wurde,  für  die  täglichen  Lebensbe- 
dürfnisse der  Beamten  und  llofbedienten  oder  Soldaten.  Der 
Grund  war  vielleicht  derselbe,  der  auch  den  Kalifen  Al-Mansur 
bewog,  die  früher  auf  den  Thorplätzen  angelegten  Kaufhallen 
nach  dem  neuen  Anbau  Al-Karch  zu  verlegen,  als  ihn  (nach 
Jacut)  der  griechische  Gesandte  darauf  aufmerksam  machte,  dass 
er  seine  Feinde  mitten  in  die  Stadt  zugelassen  habe,  nämlich  die 

Bastian,  Oataiiieu.     II.  o  3 


i 


354  Tonjra. 

Kaufleute.  „Die  Kundschafter  kommen  aus  allen  Gegenden,  als 
Kaufleute  verkleidet,  und  betreten  ungestört  die  Stadt,  oder  die 
Kaufleute,  welche  die  grossen  Städte  bereisen,  legen  »ich  aafs 
Kundschaften,  und  wenn  sie  erfahren  haben,  was  sie  wissen 
wollten,  kehren  sie  um,  ohne  dass Jemand  etwas  davon  gemerkt 
hat"  (s.  Wtistenfeld). 

In  der  Nähe  des  Schwesatto-tagah  (goldenen  Thores)  in 
Tongu  besuchte  ich  das  Haus  eines  Kala-Pona  aus  Bengalen.  Er 
hatte  dort  neben  einer  Muschel  eine  kleine  vergoldete  Figur  stehen, 
in  königlicher  Kleidung,  mit  rothen  Blumen  auf  dem  Kopf,  die 
er  Rani  nannte,  während  kleine  birmanische  Paya's,  die  um  ihn 
herumstanden ,  als  Krischna,  Yama  u.  s.  w.  bezeichnet  wurden. 
In  der  Mitte  des  Raumes  lag  ein  brennendes  Holzscheit,  und  vor 
demselben  eine  Opfergabe  von  Reis  auf  einem  Blatte.  Im  Hofe 
war  unter  einem  Baume  die  Figur  eines  buddhistischen  Paya  auf- 
gestellt und  hatte  Opfergaben  vor  sich.  Dieser  Brahmane  hielt 
Kühe,  deren  Milch  er  in  der  Stadt  verkaufte. 

Der  auf  englisches  Gebiet  geflüchtete  Schan-Tsoboa  von  Tsaga 
hatte  von  der  Regierung  für  sich  und  seine  Leute  Land  in  der  Nähe 
Tongu's  angewiesen  erhalten ,  und  obwohl  er  in  Rangun  abwe- 
send, ritt  ich  hinaus,  seinen  Bruder  zu  besuchen,  der  mir  Mit- 
theiluugen  über  seine  Heimath  machen  konnte.  Ich  traf  dort  auch 
seinen  Leibarzt,  der  indess  viele  seiner  Formeln  aus  birmanischen 
Büchern  entlehnt  hatte.  Pillen  und  Pulver  wurden  in  kleinen 
Röhren  verwahrt,  meist  in  pyramidalischer  Fonn ,  und  so  stark 
aromatisch  riechend ,  dass  ausser  dem  zugesetzten  Gewürz  nichts 
zu  erkennen  war. 

Der  Fürst  rauchte  in  einer  kleinen  runden  Pfeife  den  Tabak 
des  Landes.  Sein  Gesicht  war  nach  allen  Richtungen  in  breiten 
Schmarren  zerhauen ,  die  von  den  steten  Kriegen  in  seiner  Hei- 
math zeugten.  Einige  derselben ,  sagte  er  mir,  habe  er  in  der 
Vertheidigung  seines  Lebens  gegen  Meuchelmörder  erhalten,  die 
sein  Bruder  gegen  ihn  ausgesandt  habe.  Der  Tsoboa  Moung 
Kay-Nai  war  der  Erbfürst  von  Tsaga,  und  verweigerte  deshalb 
den  Gehorsam,  als  der  Gouverneur  von  Myo  Hlah  ihm  (1860) 
verbieten  wollte,   Steuern  zu  erheben.     Als  sein  Gebiet  ange- 


Ein  Fürst  ohne  Land.  355 

griflFen  wurde,  vertheidigte  er  es  durch  Einfälle  in  die  Nachbar- 
schaft, wo  er  Dörfer  verbraunte  und  Felder  verwüstete.  Da  aber 
sein  zur  Entschuldigung  nach  Mandalay  gesandter  Bote  beim  Kö- 
nige nicht  vorgelassen  wurde,  ward  ihm  Angst,  und  er  begab 
sich  über  die  Grenze,  wo  Capitain  Lloyd  ihm  erst  Land  auf  der 
Stelle  des  alten  Dinjawuddih,  und  später,  wegen  der  Ungesundheit 
des  dortigen  Terrains ,  am  Kabauu-Creek  gab.  Die  Zahl  der  in 
seiner  Begleitung  gefolgten  Unterthanen  belief  sich  auf  3500 
Seelen.  Die  Schan  müssen  sich  jetzt  vielerlei  DemUthigungen 
von  den  hochfahrenden  Beamten  des  Königs  von  Ava  gefallen 
lassen,  aber  dieselben  interferiren  nur  wenig  mit  ihrer  inneren 
Verwaltung,  und  Birmanen  sowohl,  wie  Siamesen  sprechen  noch 
mitunter  von  ihren  Districten,  als  einem  Land,  das  (nach  Curtius) 
populi,  non  regum  imperio  regebatur. 

Ein  Toungthu-Kaufmann  aus  dem  nördlichen  Thatung  im 
Schanlande,  der  eines  Tages  in  unseren  Hof  kam,  um  Sachen 
zum  Verkauf  anzubieten,  gab  mir  einige  Vocabularien.  Er 
hatte  verschiedene  Bücher  bei  sich,  von  denen  das  eine  als 
Titel  führte:  „dies  ist  das  Buch  des  Gesetzes,  an  den  Tod  zu  er- 
innern, dem  wir  al\e  unterworfen  sind.  Der  Ataga  Genannte  hat 
viele  verdienstvolle  Werke  verrichtet  und  hofft  zum  Nibpan  zu 
gelangen." 

Die  Hausirer  können  häufig  ausser  ihren  anderen  Waaren 
auch  mit  Medicinen  aufwarten ,  wie  solche  mitunter  bei  den  rei- 
senden Pungyi's  gleichfalls  gefunden  werden.  Zuweilen  hörte 
ich  von  einem  Kloster,  dessen  Mönch  durch  seine  glücklichen 
Kuren  besonders  berühmt  war,  und  der  auf  zahlreichen  Zulauf 
von  Patienten  rechnen  konnte.  Andere  begnügen  sich  mit  Weih- 
wasser, das  Marini  auch  im  Laoslande  dispensiren  sah,  mais  je 
ne  s^ais  comment  Tusage  en  est  passe  jusqu'  a  eux,  a  moins  qu' 
il  ne  leur  ait  est6  communique  d'Ethiopie  oü  Sainct  Mathieu  l'in- 
stitua,  ou  de  TApostre  Sainct  Thomas,  qui  a  annonc^  TEvangile 
dans  rinde.  Pinto  beschreibt  ein  von  Priestern  geleitetes  Hospi- 
tal des  Tempels  Tinagogo  im  Reiche  des  Calaminha  (Königs  der 
Welt).  In  der  Hauptstadt  Timplan  war  der  vornehmste  Tempel 
dem  Quiay  Pimpocau  (Gott  der  Kranken)  geweiht,  und  das  von 

23* 


356  Tüllgril. 

den  Gesandten  nütgeliraclitc  Ghiubensbueh  der  Singiputons  oder 
Sigiputons  (Vollkommenen)  gefiel  dem  Hrama-Könige  so  wohl, 
das»  er  es  in  allen  Tempeln  seines  l^inde»  predigen  Hess,  wo  68 
Anhänger  fand.  Der  Herzog  von  Toscana  liess  es  später  über- 
setzen. Die  Herbeikunft  eines  Mönches  wird  oft  nur  deshalb  von 
dem  Kranken  gewünscht,  weil  man  glaubt,  dass  die  Gegenwart 
dieses  heiligen  Mannes  einen  wohlthätigen  Kintluss  ausüben  möchte, 
weil  die  bösen  Dämone  sich  ungemlithlich  fühlen  und  fortmachen 
würden.  Nach  christlicher  Legende  liess  schon  Abgar  seine  glück- 
liche Heilung  durch  eine  Inschrift  bewahren,  und  im  Orient  wurde 
die  Arzneikunst  vielfach  von  (Geistlichen  geübt.  Als  der  Kalif 
Raschid  in  seiner  letzten  Krankheit  vtai  der  Behandlung  des 
Djabril  keine  Erleichterung  fand,  liess  er  einen  durch  seine  glück- 
lichen Kuren  berühmten  IHschof  aus  Persien  (nach  Ihn  Aby  Oswii- 
biah)  zu  sich  rufen. 

Die  Frage,  ob  der  buddhistische  Religiöse  zugleich  die  eigent- 
liche Medicin  ausüben  dürfe,  ist,  wie  in  Tibet,  auch  unter  den 
Birmanen  vielfach  erörtert,  die  ihr  Pro  und  Contra  gewöhnlich 
dem  Hriefwechsel  zwischen  Abhidhamma-Rahan  und  Vinva-Rahan 
entnehmen.  Der  Erste  war  ein  Pungyi  Rai)gun*s,  der  als  Arzt 
prakticirte,  und  als  ihm  der  Letztere,  der  Secretiiir  des  Thatnnabein 
in  Ava,  sein  Verfahren,  als  derNinya  entgegen,  verwies,  sich  mit 
dem  Abhidhamma  vertheidigte.     Der  eine  dieser  Briefe  lautet: 

l)esThatanal»ein'sSecretair  inRatanapura  an  den  ehrwürdi- 
gen Thaddhammaguru  über  das  Verbot  Medicin  zu  treiben.  Dieser 
in  Versen  (Linga)  geschriebene  Brief,  der  auf  die  Grundsätze  der 
Vinya  basirt,  ist  dem  Schüler  Tumada  anvertraut  durch  den  erha- 
benen Thaddhammaguru  ( Lehrer  des  wahren  Gesetzes)  im  goldenen 
Ava,  dessen  Ruhm  als  Gesetzerklärer  mit  seinen  Predigten  Alles 
durchdringt,  der  als  der  Zeadohgh  vi  (der  königliche  Oberprofessor) 
im  Klostiir  Bunpian  lebt.  Sobald  Ihr  in  dem  Teik-Kloster  in  der 
Stiasse  Schwekuh  neben  der  Dagon-Pagode  diesen  Brief  erhaltet, 
habt  Ihr  die  medicinischc  Praxis  aufzugeben  und  den  V^orschriften 
der  Vinya  zu  folgen.  In  den  heiligen  Textbüchern  liegt  das  Schönste 
undllr)chste  concentrirt;  die  Vinya  zu  lesen  und  sie  dann  wieder 
bei  Seite  zu  legen ,  schliesst  ein  grosses  Vergehen  ein.    Wer  si<h 


Bischöflicher  Brief.  357 

um  die  Vorfiille  des  täglichen  Lebens  kUmniert,  der  treibt  be- 
ständig zwischen  den  drei  Welten  hin  und  her,  wie  jeder  Ver- 
ständige aus  Erfahrung  weiss.  Alles  ist  unserem  Herren  bekannt, 
und  keine  Uebertretung  entgeht  seinen  Blicken.  Wenn  Ihr  fort- 
fahrt in  abtrünniger  Weise  Arzneien  zu  dispensiren,  wenn  Ihr 
-nicht  demUthig  folgt,  wenn  Ihr  des  Herren  Befehle  nicht  fürchten 
solltet,  dann  werdet  Ihr  hinausgeworfen  werden  in  die  Wilder- 
niss,  mit  AflFen  und  Waldmenschen  zu  leben.  Siehe,  die  Strafe 
steht  bevor.  Stöcke  und  Prügel  werden  dich  zurechtweisen,  und 
dann  freilich  wirst  du  dich  fürchten.  Lasst  Eure  Antwort  uns 
zukommen.     Euer  Diener. 

Jede  Art  der  Magie  ist  im  Kammavadsa  verboten,  wie  es  in 
einer  Uebersetzung^heisst:  ^Kein  Priester  darf  sich  dessen  an- 
raassen,  was  über  die  Gesetze  der  menschlichen  Natur  hinaus- 
geht, und  nicht  prahlen.  Wer  mit  schlechten  Absichten  vorgiebt, 
übernatürliche  Kräfte  zu  besitzen,  sagend,  dass  er  den  Üzan, 
Nibpan  oder  die  religiöse  Beschaulichkeit,  oder  die  ungestörte 
Ruhe  oder  den  zur  Erlangung  der  Frucht  führenden  Pfad  erreicht 
habe,  der  ist  nicht  einSamanäer,  ist  nicht  ein  Sohn  Sakya's.  Wie 
eine  zerbrochene  Palme  nicht  wieder  verbunden,  ein  abgetrennter 
Zweig  dem  Stamme  nicht  wieder  geeinigt  werden  kann,  so  ist 
derjenige  Geistliche,  der  lügnerisch  das  Uebermenschliche  ge- 
wonnen zu  haben  behauptet,  abgefallen  von  den  Samanäern,  ab- 
trünnig von  den  Söhnen  Sakya's.  So  lange  das  Leben  dauert, 
muss  dies  vermieden  werden.''     „Mit  Beistimmung,  o  Herr!" 

Nach  den  Vorschriften  liegt  demPungyi  eine  genaue  Beichte 
ob,  über  Alles,  worin  er  eines  der  vielfachen  Gebote  übertreten 
haben  niag,  und  zwar  unmittelbar  auf  den  Fehltritt.  Doch  ist  es 
jetzt  gewöhnlich  nur  zur  Formsache  geworden,  indem  der  Mönch 
vor  seinen  Oberen  niederknieet  und  sich  aller  Sünden,  die  er  be- 
gangen haben  mag,  entschuldigt,  und  dafür  Absolution  erhält. 
Mitunter  wird  ihm  vielleicht  die  Wiederholung  heiliger  Formeln 
aufgelegt,  aber  nur  wiederholte  Uebertretungen  würden  härtere 
Strafen  nach  sich  ziehen,  wie  z.  B.  Sandsäcke  zu  einer  bestimmten 
Entfernung  zu  tragen,  ohne  Kissen  zu  schlafen,  im  Klosterhofe 
während  der  Tageshitze  umherzugehen  und  dergl.  m.   Die  Menge 


358  Tongü. 

der  zu  beachtenden  Gesetze  nimmt  zu,  je  höher  der  Aspirant  in 
der  Heiligkeit  aufsteigt,  aber  für  alle  Wösen  bindend  sind  wenig- 
stens fünf  (au  Festtagen  die  acht  Aüi-sila),  als  Pin^a-sila,  näm- 
lich Panatipataveramani  oder  Su-asek-go-masek-hnin  (Liebendiges 
nicht  zu  tödten),  Adinnadanaveramai^i  oder  Su-uWa-go-ma-kko- 
hnin  (Eigenthum  nicht  zu  stehlen),  KamesuniifjaJ^araveramaQi 
oder  Su-maya-go-ma-pyit-hnia-hnin  (Enthaltung  von  Ehebruch), 
Musavadaveramani  oder  Musa  -  tx\ki\  -  go  -  ma  -  pyau  -  hnin  (keine 
LUgenworte  zu  reden),  Suranieriym\ijapamadatanaveramani  oder 
Se-ri-se-rek-go-ma-sauk-hnin  (gegohrene  Flüssigkeiten  nicht  zu 
trinken). 

Die  Kinder  auf  der  Strasse  spielen  in  Birma  mit  dem  Ball 
(Dsi-tup)  oder  mit  Marbeln  aus  hartem  Thon  (A-lun),  die  in  Löcher 
gerollt  werden,  oder  mit  den  Gun-niin-Samen,  die  auf  eine 
Schnur  gezogen  und  umhergewirbelt  werden.  In  Tongu  hatte 
ich  auch  Gelegenheit,  ausser  dem  Schach  einige  «indere  Bret- 
spiele  kennen  zu  lernen,  wie  z.B.  das Lae-kvet-kya,  das  (unserm 
Wolf  und  Schaf  ähnlich)  mit  3  Tigern  und  11  Hühnern  gespielt 
wird.  In  Madras  existirt  ebenfalls  ein  derartiges,  Pulicodu  ge- 
nannt, in  welchem  3  Tiger  15  Schafe  verfolgen.  Ein  anderes 
Spiel  der  Birmanen,  Mcdidakade  genannt,  bestimmt  die  Stellungen 
der  Steine  auf  dem  Bret  durch  das  Fallen  der  Würfel  oder  Tama- 
rinden-Samen. In  Madras  sah  ich  ein  ähnliches  Spiel,  Dyara 
genannt.  Auch  das  Spiel  Sadrungu  dort  ist  nicht  sehr  verschie- 
den. Ausser  mit  Karten  wird  ein  beliebtes  Hazard  mit  Bohnen 
gespielt,  und  oft  findet  sich  in  den  Dörfern  eine  Tenne  dafür  zu- 
gerichtet, von  der  der  Aelteste  Abgaben  bezieht. 

Ein  birmanischer  Schlaugenbeschwörer,  der  eines  Morgens 
im  Hofe  unseres  Hauses  seine  bezauberten  Reptilien  producirte, 
tanzteerst  unter  Musik  um  den  Korb  herum,  und  als  sich  dieCobra 
mit  aufgeblasener  Kopfhaut  und  vorgestreckter  Zunge  daraus  ker- 
zengerade hervorhob,  setzteer  sich  auf  seine  Hacken  vor  derselben 
nieder,  und  agirte  ziemlich  in  derselben  Weise,  wie  die  indischen 
Gaukler,  indem  er  dann  und  wann  einen  monotonen  Ausruf  her- 
vorstossend,  sie  seinen  Hin-  und  Herbewegungen  folgen  Hess. 
Gelegentlich  hielt  er  seine  Hand  über  sie,   drückte  ihren  Kopf 


Schlangenkünstler.  359 

herunter,  oder  berührte  ihre  Kinnbacken.  Sein  GehUlfe,  der  ihn 
ablöste,  war  weniger  behende,  und  benahm  sich  sehr  vorsichtig. 
Das  Ende  des  Schwanzes  schien  abgebrochen  und  am  Bücken 
war  eine  Hautstelle  abgeschabt,  vielleicht  um  sie  zur  Strafe  dort 
zu  berühren.  Wenn  eine  Klapperschlange  von  der  Seite  herbei- 
kommt, der  Gebissene  sie  seitwärts  angesehen  hat  und  quer  über 
den  Weg  ging,  sein  Kopftuch  in  der  Quere  sass  oder  die  Sonne 
am  abendlichen  Himmel  schon  schief  steht,  so  ist  keine  Kettung. 
Sollte  eine  Feuerschlange  (Pseudoboa  fasciata)  getödtet  werden, 
so  würden  nach  den  Birmanen  drei  andere  an  ihrer  Stelle  hervor- 
kommen. If  people  eat  the  amphibious  snake  heads,  which  were 
men  formerly,  they  will  be  transformed  in  lions,  hörte  Mason  von 
den  Pwo-Karen*)  in  Tavoy. 

Der  Missiouair  Mason  hat  mehr  wie  ein  Anderer  in  Birma 
gearbeitet  und  über  Birma  geschrieben.  Er  besitzt  noch  jetzt 
sorgfiiltig  angefertigte  Auszüge  aus  den  grammatischen  und  an- 
deren Werken  der  birmanischen  Literatur,  die  ich  bei  ihm  in  den 
Schränken  sah,  aber  noch  lieber  durch  den  Druck  allgemein  zu- 
gänglich finden  möchte.  In  der  letzten  Zeit  hat  er  seinen  aus- 
dauernden Fleiss  besonders  den  Karen  zugewendet  und  wird  von 
diesen  als  ihr  Zeagyi  verehrt.  Die  Karen  verdanken  viel  der 
amerikanischen  Mission;  die  ihnen  ein  Alphabet  mit  einer  Lite- 
ratur gab,  und  sie  erwiedern  es  auch  durch  lebhafte  Anhäng- 
lichkeit, die  sie  leicht  bewogen  hat,  die  meisten  der  Etablisse- 
ments aus  eigenen  Kräften  zu  unterhalten.  Die  Stämme  in  Pegu, 
Tavoy  und  Aracan  wurden  zuerst  dieser  Wohlthaten  theilhaftig. 
Jetzt  Eommen  aber  auch  schon  die  Bgay  von  den  Bergen  herab. 


•)  Anch  bemerkt  derselbe :  According  to  the  Karen»  all  the  poisonous  ser- 
pents  derive  their  vinilencc  frora  the  Python,  which  thou^h  innocuous  now,  was 
originally  the  only  one ,  that  was  venomous.  In  those  days ,  he  was  perfectly 
white,  but  faaving  sedirced  away  a  inan's  wife  (aimt  Eu) ,  he  made  her,  while  in 
his  den,  weave  figures  on  his  skin  in  the  fornis ,  which  are  now  seen.  As  the 
crowtoldhim,  that  althonghhe  bit  in  the  footsteps,  people  did  not  die,  the  Python 
angrily  spit  up  all  hisvenoin,  which  was  swallowed  byother  creeping  things.  Nach 
dem  Glauben  der  Kasia  (Kai)  bringt  die  Boa  grossen  Keichthuiu  dem  Hause ,  wo 
sie  ihren  Wohnort  nimmt. 


360  Tonjru. 

und  sie,  die  früher  Schriften  nur  niitMarken  unterzeichnen  konn- 
ten, Hohrciben  bald  besser  und  riehtig:er,  als  die  sie  Wilde  schel- 
tenden Birmanen.  Das  gn^sse  Missionsgebäude  liegt  auf  der 
andern  Seite  des  Flusses  Tongu  gegenüber,  und  enthält »  ausser 
Schule  und  Kirche,  auch  Logis-Raum  für  die  Zöglinge.  Daneben 
ist  eine  Art  theologisches  Seminar  gegründet,  unter  der  Leitung 
des  Missionair  Cross,  der  sehr  gut  in  die  Eigenthlimlichkeit  des 
Volkscharakters  eingedrungen  ist.  Eine  birmanische  Schule 
wurde  von  Herrn  Bixbey  eingerichtet,  ein  Missioriair,  der  damals 
eifrig  mit  dem  Studium  der  Schansprache  beschäftigt  war,  um 
sich  für  Reisen  dahin  vorzubereiten.  Der  Unterricht  in  dem  In- 
stitute der  Karen  wird  theils  durch  Lehrer,  theils  durch  Lehre- 
rinnen geleitet,  die  meistens  durdi  Madame  Mason  aus  den  Ein- 
gebornen  herangebildet  wurden.  Diese  Dame  hat  sich  mit  ganzer 
Begeisterung  der  Mission  unter  den  Gebirgsstämmen  gewidmet, 
würde  aber  ihren  Ziiglingen  noch  mehr  gut  thun,  wenn  sie  etwas 
kühler  geblieben  wäre  und  nicht  glaubte,  dass  their  dresses  or 
sacks  are  the  true  New-Testament  of  our  Bible. 

Der  katholische  Missionair  de  Cruz  hatte  ausser  seiner  Mis- 
sion in  'J'ongu  noch  eine  in  der  Nachbarschaft  für  Schan  gegrün- 
det, wohin  ich  ihn  begleitete  und  Individuen  verschiedener  Stämme 
zu  sehen  Oelegenheit  hatte.  Der  eingeborne  llülfslehrer  erzählte 
von  einer  Religionssecte,  Tzodi  genjinnt,  die  in  verschiedenen 
Schan-St4\ateu  existirte,  besonders  in  Theinni.  Ihre  Bekenner 
verehren  keine  Bilder  und  erkennen  die  Ansprüche  der  Pungjn 
nicht  an.  Sie  halten  einen  Tag  in  der  Woche  für  ihre  religiösen 
Hebungen  apart.  Ihr  höclister  Lehrer  lebt  in  Theinni  und  wird 
mit  dem  Titel  Bukki  lielegt.  Alle  die  hausirenden  Kaufleute  seines 
Glaubens  müssen  ein  Mal  im  Jahre  dorthin  k(»mmen,  um  ihre  Ehr- 
erbietung zu  bezeigen.  Sie  besitzen  ihre  eigenen  Bücher,  aber  die 
meisten  derselben  wurden  vernichtet,  in  der  durch  einen  früheren 
König  Birma's  gegen  sie  erlassenen  Verfolgung.  Der  Name  Oo-Äi 
wurde  mir  von  Öo  ((\au)  oder  Herr  abgeleitet,  was  auch  in  Tso- 
boa  oder  Csau-Pana  (Chau-rhaya)  zu  Grunde  liegen  mag.  Die 
Schau  bezeichnen  die  Gottheit  alsAcau  oder  Arhin-6au.  Previous 
to  having  adopted  the  doctrines  of  the  Brahmans,  the  family  of 


Religiöse  Controverse.  3G1 

Gorkha  had  received  the  Zogis  or  priests  of  Gorakhnath  as  their 
gpiritual  guides  (Buchanan).  Boterus  bezeichnet  die  sUnden- 
reinen  Joghi  als  Abduto.  Der  Dabistan  führt  von  den  Yogi» 
practieirte  Operationen  zur  Einhaltung  des  Athems  auf  Azar 
Huschang  znriiek. 

Herr  de  Cruz  hatte  verschiedene  Eingeborene  um  sich,  die 
gute  Studien  gemacht  hatten ,  und  er  beschäftigte  sich  selbst  viel 
mit  birmanischer  Literatur.  Er  bemerkte  mir,  dass  er  in  Ge- 
dichten der  Lenga  mitunter  dem  Ausdrucke  Adi-Paya  begegnet 
sei,  als  auf  eine  erste  Gottheit  des  Anfanges  zurückführend,  die 
Dipinkara  (dem  Lichtbringer  des  Feuers)  lange  vorausgegangen 
sei,  als  der  Aza-ih-pvin-so-pu-so-paya  (der  im  Anfange  zuerst 
entfaltet  erscheinende  Herr).  In  einer  Schrift  philosophischen 
Inhalts,  die  er  mir  zeigte,  war  gesagt,  dass  der  Grosse  und  Ruhm- 
volle in  der  erfüllten  Zeit  gekommen,  aber  dass  lange  vor  ihm, 
über  alles  Wissen  liinaus,  Adi-kad  (die  erste  Kappa)  entsprungen 
sei.  Das  leider  nur  unvollständige  Bruchstück  einer  andern  be- 
gann mit  einer  Entwicklung  der  Schöpfung  aus  den  vier  Ele- 
menten. Auf  die  in  Java  gestellte  Frage  antwortet  der  Brahma- 
nismus  mit  dem  Laut  des  mystischen  Aum.  Mit  dem  Hervortreten 
einer  primären  Ursächlichkeit  in  der  Gottheit  nähert  sich  das 
Nirwana  in  der  Auffassungsweise  dem  Mokscha,  während  seine 
Erklärung  als  Vernichtung  nur  aus  den  diabetischen  Antithesen 
des  Mahayana  zu  schöpfen  ist.  Qui  peut  croire,  que  le  n^ant 
puisse  etre  le  but  d'une  religion?  fragt  Mohl,  und  das  nur  in  rela- 
tiven Verhältnissen  begreifbare  Nichts  kann  in  seiner  undenkbaren 
Absolutheit  wedc^  religiöses  Dogma,  noch  überhaupt  Gegenstand 
einer  Philosophie  werden,  die  ohne  Zuziehung  der  psychologischen 
Entwicklungsgesetze  nur  elementare  Rechnungsmethoden  anwen- 
,dend ,  bei  versuchter  Lösung  der  Probleme  höherer  Gedanken- 
Mathematik  nothwendig  scheitern  und  sich  selbst  vernichten 
muss. 

Herr  de  Cruz  hatte  eine  religiöse  Controverse  mit  den  buddhi- 
stischen Priestern  gehabt  und  dadurch  eine  Spaltung  unter  den- 
selben hervorgerufen.  Er  hatte  im  Anfange  des  Jahres  1862  dem 
Zeadau  (Oberlehrer  oder  Professor)  des  Ogoung-Klosters  einige 


3(12  Tongu. 

Frn^^en  vorgelegt,  die  dieser  zu  beantworten  zögerte.  DerPungyi 
v(-iii  Takkerjan-KI oster  libernalnn  dalier  die  Widerlegung  dersel- 
ben, wurde  aber  von  seinem  Vorgesetzten  beschuldigt,  sich  dabei 
der  Darlegung  ketzerischer  Ansichten  schuldig  gemacht  zu  haben, 
indem  er  in  einigen  Punkten  mit  den  Christen  Übereinstimmte. 
yintt  zu  widerrufen,  predigte  der  Pungyi  seine  Theorie  des 
Scli'^venvandau  (der  heiligen  Goldweisheit),  indem  er  behauptete, 
dr\.'>  die  Gottheit  Buddha's  nur  auf  seine  geistige  Vollendung  sich 
gründe.  Buddha  meine,  etymologisch  richtig,  die  Weisheit  und 
G:\  ;tama  sei  die  Personification  derselben.  Der  orthodoxe  Zeadau 
d:v;egen  hielt  dem  Geiste  gegenüber  die  Khanda  aufrecht,  indem 
aU  )  5  Khanda  (diePiinzih-Khanda),  und  nicht  die  Vinyan-Khanda 
allein,  göttlich  transfigurirt  worden.  Wären  es  nicht  die  fünf 
Khanda,  die  denPaya  ausmachten,  so  könnte  mit  dem  Fehleu  der 
A  nyjin-Khanda  auch  keinNyan  in  ihn  eingehen.  Die  neueSect« 
i;cwann  viele  Anhänger.  Ihr  Dogma  war,  dass  die  Schwe-nan- 
(lau  (die  Weisheit)  vor  der  Welt  existirt  habe  und  ewig  sei.  Ideen 
springen  allerdings  aus  dem  Einfiuss  äusserer  Gegenstände  her- 
vor, aber  nachdem  sie  von  dem  Zusammenhange  mit  ihrem  kör- 
perlichen Substrat  befreit  sind,  haben  sie  eine  unabhängige 
Existenz,  und  wenn  entstanden,  bestehen.  Der  Zeadau  excom- 
municirtc  diese  Häretiker  und  untersagte  seinen  Anhängern  jede 
Beziehung  mit  den  Gebannten.  Sie  sollten  Nichts  mit  ihnen  zu 
thun  haben,  ihnen  nicht  erlauben,  Wasser  aus  ihren  Jkunnen  zu 
holen,  auf  den  Märkten  weder  von  ihnen  kaufen  noch  ihnen  ver- 
kaufen. Dies  führte  zu  mancherlei  Unordnungen  in  der  Stadt, 
so  dass  die  Sache  zuletzt  vor  den  BevoUmäcttigten ,  Capitain 
Lloyd  gebracht  wurde,  der  dahin  entschied,  dass  dem  Puugyi 
allerdings  gestattet  bleibe,  jede  ihm  gefällige  Meinung  zu  haben 

und  äussern,   dass  er  aber,    wenn  *sein  Glaube  den  Grundsätzen 

• 

seiner  Religion  widerspreche,  das  den  Priester  derselben  kenn- 
zeichnende Gewand  abzulegen  habe.  Diesem  Befehle  weigerte 
er  sich  nachzukommen,  und  die  meisten  seiner  Anhänger  kehrten 
allmählig  wieder  in  den  Schooss  der  Kirche  zurück.  In  einem 
Briefe,  den  Herr  de  Cruz  für  mich  copiren  Hess,  sagt  er,  dass  die 
Nyan,  die  die  fünf  Khanda  zusammenhielte,  Gott  zu  nennen  sei» 


Sectendifferenzen.  363 

und  dass  man  nur  insofern  eine  ungenauere  Redeweise  erlauben 
könne,  dass  den  fUnf  Khanda  diese  Bezeichnung  gegeben  würde, 
als  dieselben  der  Ruheplatz  der  Nyan  seien.  Zur  Stütze  seiner 
Ansicht  wird  eine  Stelle  des  Pali-Textes  citirt,  besagend :  das- 
jenige Sein,  das  durch  die  vier  Zustände  der  Existenz  hin- 
durchgedrungen und  zu  der  unbewegten  Ruhe  der  Wissenschaft 
gelangt  ist,  wird  Gott  genannt. 

Ich  hatte  mehrfach  Gelegenheit,  Bekenner  der  einen  oder  andern 
Partei  zu  sehen,  und  hörte  sie  meist  erbittert  gegen  ihre  Gegner 
sprechen,  wenn  sie  ihre  Ansichten  erläuterten.  Der  Khanda-Gott 
sollte  essen  und  trinken,  aber  nach  denDoketen*)  desSchwenyan 
war  das  nur  Schein,  die  Menschen  glaubten  es  so  zu  sehen,  auch 
nachdem  Gautama  schon  Gott  geworden  war.  Allerdings  soll  er 
durch  das  Essen  von  Schweinefleisch**)  unter  den  Sala-Bäumen 
gestorben  sein,  aber  diese  Ansicht  gründet  sich  nur  darauf,  weil 
er  Ananda  mittheilte,  aus  solcher  Ursache  sich  eine  Diarrhoe  zu- 
gezogen zu  haben,  sonst  würde  es  Niemand  gewusst  haben.  Durch 
die  Tappaniat  begreift  die  Schwenyan  alles  Wissen. 

Auch  die  orthodoxen  Bücher  haben  allerlei  Schwierigkeiten 
über  das  fatale  Schweinefleisch,  da  man  damals  noch  keine  Tri- 
chinen gekannt  zu  haben  seheint.  So  heisst  es  in  dem  birmani- 
schen Evangelium,  dass  Tsanda,  der  Schmied,  nachdem  er  Buddha 
mit  seinen  Jüngern  eingeladen,  ein  junges  Ferkel  schlachtete  und 
es  mit  Reiö  zubereiten  Hess.  Die  Götter  durchdrangen  es  mit 
dem  lieblichsten  Wohlgeschmack.  Als  am  nächsten  Morgen 
Alles  bereit  war,  begab  sich  Tsanda  nach  dem  Kloster,  um  schul- 
digste Mittheilung  zu  machen,  dass  das  Mahl  bereit  stünde. 
Buddha  erhob  sich ,  nahm  seinen  Almosentopf  und  begab  sich 
nach  Tsanda's  Haus,  wo  er  sich  auf  dem  für  ihn  vorbereiteten 
Sitz  niederliess.  Er  selbst  genoss  von  dem  Schweinefleisch  und 
Reis,  während  sich  seine  Begleiter  an  den  übrigen  Schüsseln 


•)  Nach  dem  Suwania  Prabhasa  war  Sakjarouni  schon  im  Leben  Nirwana 
nnd  gehörte  ihm  der  angenommene  Körper  nur  scheinbar  zu  (e.  Schmidt). 

**)  Nach  Lonbere  erklärten  die  siamesischen  Priester  diese  Todesart  daraus, 
wenn  die  Seele  des  überwundenen  Mara  in  den  Körper  eines  Eberschweines  (des 
typhonischen  Thieres)  gefahren  sei. 


364  -        Tongn. 

gütlich  thaten.  Nacbdeni  er  gegessen,  wünschte  er,  das»  Tsanda 
die  Reste  des  Schweinefleisches  mit  Keis  in  die  Krde  vergraben 
würde,  da  Niemand  in  den  Sitzen  derXat  nndlUanima,  ihn  selbst 
ausgenommen ,  diese  Speise  zu  vertragen  vermöge.  Kurze  Zeit 
nachher  wurde  Buddha  von  einem  heftigen  Durchfall  ergriffen, 
aber  er  ertrug  den  schmerzlichen  Anfall  mit  der  grössten  Geduld 
und  Fassung.  Es  war  indess  nicht  in  Folge  der  genossenen 
Speise,  dass  er  so  litt,  denn  er  würde  auch  ohne  diese  in  die 
gleiche  Krankheit  gefallen  sein.  Im  Gegentheil,  sein  leiden 
wnirde  gerade  dadurch  etwas  erleichtert*),  dass  die  6r»tter  solch 
angenehme  Würze  dem  Braten  mitgetheilt  hatten.  Wie  Bigandet 
bei  seiner  Uebersetzung  bemerkt,  Hess  Oautama  durch  Ananda 
dem  Tsanda  noch  nnchträglich  für  sein  delicates  Gericht  danken, 
das  er  in  Lieblichkeit  des  (icschmackes  mit  dem  vor  der  Erlan- 
gung der  Buddhawürde  genossenen  Nogana  vergleicht.  Die 
letzten  Worte  des  dürstenden  Buddba  wiederholen  die  am  Kreuze 
gesprochenen,  wie  auch  in  seiner  Jugendgeschichte  der  aus  den 
Apokryphen  bekannte  Zug  auftritt,,  dass  er  den  zur  Erlernung 
des  Alphabets  angestellten  Lelirer  seinerseits  darin  unterrichtet. 

Die  frühere  Ketzerei  der  Uttiunajoh  unter  den  Pungyi  wurde 
durch  König  Minkaungyi  verfolgt,  aber  auf  solche  Hülfe  war  na- 
türlich im  englischen  Gebiete  nicht  zu  rechnen.  Als  erster 
Stifter  derPayamafs,  die  keine Pagoden  bauen,  wirdShin-Tabaun 
genannt. 

In  derliinga  eines,  der  Ketzerei  der  Utt^amajoh  anhUngenden 
Pungyi  wird  gesagt:  Zum  Fortpflanzen  eines  Geschlechts  be- 
darf es  eines  Vaters  und  einer  Mutter.  Von  solchen  sindallmählig 
Nachkommen  hervorgegangen ,  die  Erde  zu  bevölkern.  Da  nun 
aber  der  Pitagat  nur  das  männliche  Geschlecht  vertritt,  wie  kann 
es  fruchtlnir  werden?  in  die  Existenz  zu  treten  und  sie  wieder 
zu  verlassen,  dem  Gott  gleich,  ist  nicht  so  schwierig,  es  fehlt  nur 

*)  To  teUthe  trutb  of  the  matter,  bis  eatin^r  the  porkwas  notthe  cause  of  his 
illiies»,  hu  would  have  been  ill,  if  he  had  not  eaten,  but  because  he  dkl  eat,  his 
pain  was  less.  On  accouiit  of  tlie  exceUent  Nat-food,  whieh  was  inixud  with  it, 
his  distress  waü  compuratively  lijJ^ht,  and  he  could  stiü  walk  (s.  BenD<itt). 


Ketzereien.  365 

an  dem  rechten  Eifer.  Wenn  unser  Gott  gestorben  ist,  und 
wir  gestorben  und  Asche  sind,  wo  ist  denn  da  der  Vater?  In 
der  allgemeinen  Gleichheit  verschwindet  Verschiedenes  und 
Aehnliches. 

Die  Inschrift  Ramrih'sgiebt  aus  Sakkharat  1132  einen  Bericht 
Über  die  8udhamma-tara  genannte  Hecte  und  fährt  dann  fort:  Es 
geschah  im  100.  Jahre  der  Keligion,  dass  im  Lande  Waesali  die 
von  Vijjitein  gekommenen  Kahan  zu  derVinya  lOIlinzufUgungen 
machten  und  dadurch  die  Orthodoxie  in  Gefahr  brachten.  Unter 
der  Kegicrung  des  Mahamangalaschwae-Bunngathap-('-idaraka- 
mintara  im  Jahre  2323  verletzten  einige  ketzerische  Priester  das 
heilige  Gesetz  Buddha's,  indem  sie  in  derPali-Sprache  10  hetero- 
doxe  Grundsätze  erfanden,  aus  eigener  Afterweisheit,  und  sie 
den  Lehren  Buddha's  substituirten.  So  unter  Anderem  verordne- 
ten sie,  dass  ein  StUck  gelbes  Zeug,  vier  Pillen  lang  und  zwei 
Ellen  breite  als  einzigste  Kleidung  um  die  Brust  gewunden  wer- 
den sollte,  und  sie  thaten  wirklich  darnach.  Diese  Unordnungen 
veranlassten  den  königlichen  Herrscher,  um  seinen  Unterthanen, 
Fremden  und  Eingeborenen,  keinen  Zweifel  llber  die  richtige 
Auslegung  der  Schrift  zu  lassen,  ein  Ooncilium  der  Gelchrtesten 
zusammenzurufen,  die  nach,  längeren  Erörterungen  und  genauer 
Untersuchung  zu  der  Entscheidung  kamen,  dass  der  Gebrauch 
eines  gelben  Gewandes  in  der  vorgeschriebenen  Weise  eine  Ab- 
weichungsei, dass  die  Mönche  einen  Theil  des  Gewandes  aufrollen 
und  unter  dem  Arm  hindurchstecken  müssten,  und  dass  das  Buch 
Lekhiyavatha  fortan  besser  studirt  werden  müsse,  um  die  Vor- 
schriften über  Kleidung,  Almosengehen  und  allgemeines  Benehmen 
wohl  zu  verstehen.  Durch  viele,  mit  speciellen  Abhandlungen 
darüber  strotzende  Bücher  wurden  diese  Ketzer  an  allen  Punk- 
ten widerlegt,  deren  Reste  sich  nach  dem  Flecken  Dum  zurück- 
zogen und  dort  als  abgesonderte  Classe  lebten.  Eine  andere 
Häresie,  die  der  Öhabhagi,  wurde  durch  die  Berufung  einer  Synode 
im  Jahre  2326  vom  Könige  unterdrückt. 

Paramatta  ist  das  Ausgezeichnete  oder  über  das  Gewöhnliche 
Hinausgehende,  als  das  Jenseitige,  wie  die  transcendentale  OflFen- 


366  Tongn. 

barung  des  Pradschna  Paramita*)  bei  dem  Verlangen  des  in 
Svayambhu  fUr  sich  selbst  existirenden  Adi-Bnddha  durch  Prad- 
schna (bei  den  Nepalesen)  in  die  Erscheinung  tritt.  Die  Bir- 
manen verstehen  unter  dem  Paramatta-sin-pyoh  die  concentrirte 
Essenz  der  aus  dem  Abhidhamma  gezogenen  Metaphysik.  Als  das 
vierfache  Gesetz  desParamatta  (Paramatta-tara  lae-pa)  führen  sie 
Cit,  C'etiisit,  RupundKibpan  auf  und  das  Pana-fafUgt  folgende  Er- 
klärung hinzu :  Weil  die  Mrat  oder  Auszeichnung  (die  Erhabenheit 
durch  das  erworbene  Verdienst)  nicht  wieder  verloren  geht,  und 
das  Schwelgen  im  Genuss  der  Sabbaüutaiia^a  (die  Allwissenheit) 
das  Arhon  (Arammana  oder  Akrauii)oder  das  Object  bildet,  so 
ergiebt  sich  daraus  das  Paramat.  Als  die  6  Nan-tau  (khyauk-pa) 
werden  im  Pana-ca  die  Asadharai^aüani  -  tau  khyauk-pa  auf- 
geführt. 

Das  Universum  der  Buddhisten  beruht  auf  dem  moralischen 
Weltgesetz  und  so  findet  sich  nothwendige  Verknüpfung  zwischen 
ihren  Zeitaltern  der  längeren  oder  kürzeren  Lebensdauer  mit  den 
Zerstörungen  und  Neuschöpfungen.  Wenn  in  der  Verschlechterung»- 
Periode  (wie  im  Kaligug  der  Brahmanen)  Laster  überhand  neh- 
men, dann  verlieren  die  Dinge  der  Existenz  ihren  stutzenden 
Halt;  die  \'irtus  beginnt  überall  zu  mangeln  und  sie  zerfallen. 
Die  schon  in  der  reinsten  Vollkommenheit  des  Nirwana  aufge- 
gangenen Wesen  derBuddhen  können  keine  weitere  Rückwirkung 
äussern,  wie  es  die  Lamaisten  im  Abglanz  des  Amitabha  versinn- 
lichen wollen,  aber  es  finden  sich  in  den  unteren  Regionen  der 
Byamha-bhon  einige  noch  nicht  ganz  geläuterte  Selige,  die  nur 
durch  den  mächtigen  Impuls  des  drohend  herannahenden  Unter- 
ganges sich  noch  im  letzten  Augenblicke  zum  rettenden  Himmel 
aufschwangen,  und  die  bei  dem  nicht  völlig  ertödteten  Keim  der 
Sünde  die  Möglichkeit  des  Falles  in  sich  tragen.  So  sprühen 
aus  den  Grenzen  des  Lichtreiches,  wie  im  persischen  Dualismus, 
die  göttlichen  Funken,  die  mit  den  dunkel  gährenden  UrstoflFen 

*)  Scbmidt  erklart  das  in  der  Mahajana  den  übrigen  Paramita  zagrefugte 
Pradschna-paramita  als  das  Jenseits  der  bochsten  Weisbeitsoffenbamng.  Die  im 
Jum  vorgetragene  Lehre  der  Pradschna-paramita  ist  im  Jum-tschnng  (kleinen 
Jum)  condensirt. 


V 


Aufhahme  im  Kloster.  3<17 

der  Materie  gemischt,  ein  neues  Spiel  in  der  Entwiekelung  de; 
Werdens  hervorrufen.  Die  vier  Revolutionen  (Kappa  oderKalpa) 
als  Sanvattakap,  Sanvattalakap ,  Vivattakap  und  Vivattalayikap, 
von  denen  jede  in  64  Mittel-Epochen  (Antarakap)  zerfällt,  setzen 
den  grossen  Cyclus  oder  Mahakap  zusammen,  in  vier  Asinkheya- 
kap  getheilt. 

Eines  Tages  zog  mit  dem  gewöhnlichen  Auflauf  des  Volkes 
und  vorausgehender  Musik  eine  Procession  durch  die  Strassen, 
die,  wie  die  andern  Häuser,  auch  das*  unsere  besuchte.  Der 
Sohn  eines  meinem  Wirthe  bekannten  Kaufmanns  sollte  sein 
Kloster-Noviziat  beginnen  und  ritt  nun  auf  reich  geschmücktem 
Pferde,  und  selbst  im  Festtagsanzug,  durch  die  Stadt,  um  überall 
Geschenke  entgegenzunehmen  und  an  diesem  letzten  Tage  seines 
weltlichen  Lebens  noch  in  allen  den  Genüssen  desselben  im 
vollsten  Masse  zu  schwelgen.  Während  dieser  Knabe  schon  in 
der  angezwungenen  Würde  seines  künftigen  Standes  auf  dem 
Stuhle  dasass,  Hess  ich  mir  von  seinen  Spielgefährten  das  Lied 
aufschreiben,  das  sie  in  der  Begleitung  gesungen  hatten : 

„Wie  wunderbar  ist  Alles  umher,  das  Gebirge  in  Wolken  ge- 
hüllt. Unverstandenes  Wunder  und  geheimnissvoll,  dir  beuge 
ich  mich.  Die  Finsterniss  umzieht  der  Berge  dunkelnde  Gipfel, 
die  Blätter  fallen  von  Baum  und  Strauch,  im  Walde  treibt  sie  der 
Wind  umher,  im  Walde ,  wo  einst  die  Vögel  so  fröhlich  sangen 
und  jauchzten  —  ae-ih. 

AufdesMyataunduh  Spitze  stehen  der  Pagoden  zwei.  Götter 
beten  dort  und  Menschen,  in  der  Stadt  des  Goldes,  an  dem  gold- 
nen  Myatlin-Baum.  Kommt,  kommt  dorthin.  Lasst  uns  versam- 
meln, zum  Dienste  zusammentreten.  Die  Götterglocke  hallt,  sie 
ruft  zum  Ruheplatze,  zum  Strom,  zum  klaren  Wasserquell,  in  der 
Seligkeit  Sehnen." 

Lieder  hatte  ich  mehrfach  Gelegenheit  zu  sammeln ,  unter 
andern  das  folgende : 

Wenn  der  vergang'nen  Zeit  ich  denke. 
Wird  trüb  mein  Sinn,  mein  Herz  wird  schwer, 
Und  alle  Jugendglut  versenke 
Ich  trauernd  in  des  Grames  Meer. 


368  Tongu. 

Von  Eisen  sind  der  Menschen  ITerEen, 
Für  meinen  Kummer  ohne  Sinn. 
Allein  steh'  ieh  mit  meinen  Sehmerzen. 
Zum  stillen  Walde  flieh*  ich  hin. 

So  wie: 

In  der  Liel)e  Netz  ge fassen 
Irr'  ich  wirr  im  Kreis  herum. 
Soll  ich  lieben,  soll  ieh  ha.'isen, 
Soll  ich  reden,  bleib*  ich  stumm? 
Wie  die  Wasserlilie  schwank*  ich, 
Die  die  Welle  leis  bewegt. 
Soll  gestehen  frei  und  frank  ich, 
W.os  mein  Herz  so  tief  erregt? 

Schon  früher,  von  den  Schiffern  unterwegs,  hatte  ich  das 
Nachstehende  abgehört : 

Früchte  zu  sammeln,  zu  pflücken  die  Beeren, 
Hab'  ich  geschweifet  den  Tag  in  dem  Wald; 
Aber  die  Ranken  die  Wege  mir  wehren, 
llatt'  mir  zerstossen  die  Stime  bald. 
Jetzo,  mein  laeber,  musst  selber  Du  gehen. 
Zieh*  Dir  Dein  kurzes  Oewändchen  an, 
Essen  zu  bringen  musst  sorgsam  Du  sehen. 
Denn  im  Keistopf  klebt  Nichts  mehr  daran. 

Nach  dem  Ausdruck  des  Originals  wird  gesagt,  dass  der 
Keistopf  schon  auf  der  Kante  steht,  und  Alles  herausgeschrapt  ist. 

Ferner  wurde  mir  aufgeschrieben: 

Schwarz  und  düster  an  des  Tlimmels  Bogen 
Zieht  die  regeusehwere  Wolke  auf, 
Durch  der  Nebelmassen  weisse  Wogen 
Nimmt  die  Windsbraut  ihren  kalten  Lauf, 
Wirft  die  Blätter  von  der  Bäume  Zweigen, 
Biegt  die  Stamme,  deren  Bild  ich  bin ; 
Gleich  wie  sie  möchte  mein  Haupt  sich  neigen, 
Gleich  wie  sie  vergeh'n  und  sterben  hin. 
Wo  des  Hügels  grüne  Höhe  lächelt, 
Lagst  Du  kosend  einst  in  meinem  Arm, 
Von  der  Blumen  süssem  Duft  umfächelt, 
In  der  Lüfte  Wehen  sanft  und  warm. 


Gebete.  369 

Wenn  ich  Jene  Plätze  wiedersehe, 
Denk'  der  Freuden,  die  vergangen  sind, 
Bricht  in  Klagen  ans  das  heisse  Wehe, 
Klagen,  ach,  zerstrenet  in  dem  Wind. 
Noch  die  alte  Sonne  strahlt  auf  ihrem  Throne, 
Noch  wie  früher  spielt  der  Vögel  Chor ; 
Doch  zu  Deiner  Worte  süssem  Tone, 
Deiner  Stimm'  —  ein  Fremdling  ist  mein  Ohr. 

Das  folgende  eines  jungen  Mädchens  erhielt  ich  auf  anderem 
Wege: 

Schon  dreizehn  Lenze  zähr  ich 

Von  Väterchen, 

Von  Mütterchen. 

Willst  Du  nicht  holen  mich? 

Warum  zögerst  Du  noch  ? 

O  Du  des  Himmels  Herr, 

Helfe  mir  doch  I 

Und  dann  das  Abendgebet  eines  Mädchens,  wie  es  ihr  von 
ihrem  Onkel  gelehrt  ^var : 

Okata ,  Okata  ,  Okata. 

Den  Fussüipfen  verehre  ich  des  grossen,  des  glänzenden 
Gottes ,  zu  dem  die  Jäger  beten  und  die  Drachen  auf  der  Berge 
Gipfel,  an  den  FelsgrUnden  der  Berge,  in  dem  fernen  Lande 
'fiho's,  dort  wo  in  der  Wildniss  der  Wälder»  weitab  von  mensch- 
liehen Wohnungen ,  Tempel  und  Pagoden  sich  erheben,  84,000 
an  Zahl,  in  den  Höhlen  und  Schlünden,  dort  verehreich,  dort 
bete  ich  an. 

Ein  anderer  Birmane  schrieb  mir  als  sein  Gebet  das  fol- 
gende auf: 

Zu  dir  bete  und  flehe  ich,  Tapinyu,  höchster  Herr  der  drei 
Menschen-Geschlechter.  Dich  wünsch'  ich  zu  verehren  mit  from- 
mem Sinn  und  Ergebung.  Ich  bezeige  meine  Verehrung  zu 
Buddah,  dem  Gesetze,  der  Priesterschaft,  die  ich  immerdar  hoch 
halte  und  auf  meinem  Haupte  trage  bei  Tag  und  bei  Nacht. 
Stets  die  fünf  Gebote  wiederholend,  werde  ich  sie  unverbrüchlich 
und  ununterbrochen  beobachten,  zur  Beglückung  meiner  Neben- 
nienschen.    Mit  unbeflecktem  Sinn  soll  ich  gute  und  tugendhafte 

B««tian.  Ottaiien.     II.  2  4 


i 


370  Tonga. 

Thaten  Üben,  um  an  dem  ersehnten  Ruheplatze  anzulangen,  des 
Berges  goldneni  Gipfel ,  dem  heiligen  Nibpan.  Möge  mein  Ge- 
bet Gewährung  finden. 

Der  Pava  wird  in  dem  Gebete  gewöhnlich  als  Adseintayha 
oder  der  Unbegreifliche  angerufen,  der  Nat  oder  Gott  als  Aschin- 
gyi  (der  Grosse  oder  die  hohe  Persönlichkeit).  Sonst  werden 
auch  die  ^Vorte  Muni,  A^o,  Buddha,  u.  s.  w.  für  Paya  gebraucht. 

Einer  unserer  Nachbarn  betete  täglich  zu  einem  kleinen 
Paya,  den  er  in  einem  Käfig  freischwebend  in  der  Stube  aufge- 
häugt hatte,  und  stand  im  Gerüche  der  Heiligkeit,  da  er  sich  be- 
sonderer Gunstbezeigungen  Seitens  seines  Gottes  zu  rühmen 
habe.  Ich  sprach  im  Vorbeigehen  bei  ihm  vor  und  hört<3,  dass 
der  baumelnde  Gott  viermal  am  Tage  seine  Richtung  verändere 
und  sich  mit  dem  Gesichte  umdrehe,  ohne  dass  ihn  Jemand  be- 
rühre. Einen  Versuch  auf  Probe  wollte  er  nicht  erlauben,  doch 
wäre  er  auf  Treu'  und  Glauben  zum  Verschachern  bereit  gewesen. 

Mein  befreundeter  Pungyi  stattete  mir  im  Hause  meines  Freun- 
des einen  Gegenbesuch  ab  und  kam  ganz  in  Staat,  in  gelbes 
Seiden-Gewand*)  gekleidet  und  von  ein  paar  Knaben  begleitet, 
die  sogleich  vor  ihm  niederhockten ,  und  die  Dinge  seiner  Be- 
quemlichkeit, in  Cigarren,  Areca,  Betel  u.  s.  w.  für  seinen  Ge- 
brauch zubereiteten.  Aeltere  Pungyi,  die  durch  das  stete  Essen 
des  scharfen  Kalkes  ihre  Zähne  verloren  haben,  lassen  sich  die 
Nuss  erst  in  einem  Handmörser  zerstossen,  den  sie  beständig  bei 
sich  führen.  Ebenso  ist  der  Spucknapf  ein  unerlässliches  Requi- 
sit, da  die  Birmanen ,  die  auf  ihren  Teppichen  sitzen,  sich  nicht 
wie  die  Amerikaner  fürchten  in  ein  solches  Instrument  hineinzu- 
spucken.  Die  Cigarren  bestehen  in  der  gedrehten  Tute  eines 
Palmblattes,  das  ausser  mit  Tabak  auch  mit  leichten  Holzspähnen 
gefüllt  wird,  um  besser  zu  brennen.     In  den  schlechten  Sorten 


•)  In  dem  Patimokkha  (oinem  kurzen  Auszug  aus  den  Büchern  Parajika  und 
Pachiti  der  Winya  Pitaka)  wird  der  Gebrauch  der  Seide  für  den  Priester  unter 
die  30  Nisaggiya  pachittiyadhamnia  gerechnet ,  oder  Fehler,  die  durch  Entzie- 
hung des  Priestergewandes  und  Almosentopfes  bestraft  werden.  Doch  giebt  es 
den  Ausweg,  ein  paar  Wollenfadcn  einweben  zu  lassen ,  da  mit  Wolle  gemischte 
Seide  erlaubt  ist. 


ExcommunicatioD .  371 

ersetzen  die  letzteren  fast  den  ganzen  Inhalt.  Schon  die  kleinen  Kin- 
der sieht  man  mit  Cigarren  beinahe  ebenso  lang  als  sie  selbst  und 
Alexander  behauptet  einst  einen  Säugling  bemerkt  zu  haben,  der 
abwechselnd  die  Brust  und  dann  einen  PuflF  aus  der  Cigarre  nahm. 
Der  Pungyi  zeigte  mir  das  mit  dicken  schwarzen  Buchstaben  auf 
Goldgrund  geschriebene  Buch  Kabawa,  das  wegen  der  ausserge- 
wöhnlichen  Form  seiner  dem  Kyouktsa  nachgeahmten  Charaktere 
mit  besonderer  Verehrung  betrachtet  wird.  Es  dient  nicht  nur 
zur  Ordination  der  Priester,  sondern  zugleich,  um  in  Epidemieen 
die  Krankheitsteufel  aus  Städten  und  Dörfern  auszutreiben.  Auch 
zur  Excommunication  wird  es  verwandt.  Die  Pungyi  lesen  es 
um  den  in  ihre  Mitte  gestellten  Schuldigen,  und  dann  wird  keiner 
mehr  Keis  von  ihm  annehmen.  Der  Almosentopf  (Patta)  ist  für 
ihn  zugedeckt.  In  Zwistigkeitsfällen  mit  der  Regierung  ist  es 
wohl  vorgekommen,  dass  die  Pungyi  eine  ganze  Stadt  oder  ein 
ganzes  Gebiet  excommunicirt  haben,  indem  sie  die  Reistöpfe  um- 
stülpen und  nicht  länger  betteln  gehen.  In  religiösen  Gesprä- 
chen mit  Nichtbuddhisten  gehen  die  Mönche  besonders  auf  die 
Bekämpfung  des  Ichs*)  aus,  das  sich  nur  als  substratloses  Resul- 
tat aus  den  Eifecten  ergebe,  und  suchen  „den  erscheinenden 
Willen  vom  Wahn  der  Individualität  zu  enttäuschen". 

In  einigen  in  der  Nähe  Tongu's  vor  Kurzem  niedergerissenen 
Pagoden  waren  neben  beschriebenen  Silberrollen  auch  viele  Re- 
liquien und  Figuren  gefunden,  von  denen  der  Hülfsbevollmäch- 
tigte,  Herr  Ireland,  die  Zuvorkommenheit  hatte,  mir  mehrere 
zu  überlassen. 

Beim  Besuche  im  Kloster  wirft  sich  der  Laie  dreimal  vor 
dem  Mönch  nieder  und  betet:  „Um  Vergebung  für  alle  meine 
Sünden  zu  erhalten,  die  ich  in  That,  Wort  oder  Gedanken  began- 
gen haben  mag,  verbeuge  ich  mich  dreimal  in  Verehrung  der 
drei  Kleinodien,  dem  Herrn,  dem  Gesetz  und  der  Gesellschaft  der 


•)  AccordingtotliH.Siva-GnanJiPotham,  Akangrkarani  isthodarkcninfror^aii,  the 
foundation  of  Solf  and  prido,  Piitti  is  organ  of  di^T^inlinati^lll  (drfining  tho  ob- 
jecto which  come  before  theinind  in  accordance  with  Kamman).  Manamistheorgan 
of  attention,  Sittani  is  tlic  orjjan  of  tboiight  (s.  Hoinington). 

24* 


372  Tongu. 

Vollkommenen  (der  Priesterschaft).  Gleichzeitig  flehe  ich  in 
tiefer  Zerknirschung,  dass  mir  Erlösung  werde,  von  den  drei 
Unglücksfallen ,  den  vier  Zuständen  der  Bestrafung  und  den  fünf 
Widersachern."  Der  Geistliche  erwiedert  dann :  „In  Folge  des 
lohnenden  Verdienstes  möge  er,  der  sich  so  verbeugt  hat,  frei 
bleiben  von  den  drei  Unglücksfällen,  von  den  vier  Zuständen  der 
Strafe,  von  den  fünf  Widersachern  und  allen  Arten  von  Uebeln. 
Möge  er  den  Gegenstand  seiner  Wünsche  erlangen,  die  daraus 
erwachsenen  Vortheile  gcniesscn  und  schliesslich  zum  Nibpan 
eingehen."  Unter  Wiederholung  der  drei  Prostrationen  zieht 
sich  dann  der  Besucher  zurück.  Diese  Verehrung  wird  nicht 
dem  Mönch  persönlich  dargebracht,  sondern  nur  ihm  als  Mitglied 
der  Priesterschaft  gezollt,  wie  der  griechisch  Katholische  im  Popen 
den  geweihten  Ornat,  als  Emblem  des  Göttlichen  verehrt  und  sich 
in  der  Kirche  vor  ihm  niederwirft,  während  er  vor  ihm  als  Mensch 
auf  der  Strasse  verächtlicli  ausspucken  mag.  Die  \'ersammlung 
der  Vollkommenen  oder  die  Priesterschaft  bildet  das  dritte  Glied 
der  buddhistischen  Dreieinigkeit,  und  wird  in  dem  Glaubensbe- 
kenntniss  mit  angerufen :  Buddhasaranaügi^jami  (Bura-keikökvae- 
pahi,  dem  Herrn  beuge  ich  mich  in  Verehrung  oder  ich  verbleibe  in 
der  Anbetung  des  Herrn),  Dhammasaranangiijami  (Thara-keikok- 
vaepahi,  dem  Gesetze  beuge  ich  mich  in  Verehrung),  SanghaAsara- 
nafigi^jami  (Sin«^ha-keikokvaepahi,  derSangha  oder  Priesterschaft 
beuge  ich  mich  in  Verehrung).  Indessen  ist  diese  Verehrung  des  Prie- 
sters eines  jeden  Belieben  anheimgcstcllt,  ohne  politischen  Einfluss 
zuzulassen,  und  die  nur  das  weltliche  Schwert  kennenden  Reiche 
Hinterindiens  sagen  nicht,  mit  dem  Sachsenspiegel :  deme  babste 
ist  euch  gesaczt  zu  ritene  zu  bescheidener  Zeit  üf  eime  blanken 
pferde,  und  der  keiser  sal  im  den  stegereif  halden,  durch  daz  der 
satel  nicht  en  winde. 

Im  Buddhismus  ist  noch  die  Religion  die  ganze  und  volle 
Wahrheit  und  von  jener  lügnerischen  Halbheit  freigeblieben,  die 
in  Folge  der  fortschreitenden  W^issenschaft  die  Länder  des 
Westens  zerreisst.  Im  vollen  Sinn  religiös  gebunden  ist  nur  der 
Fetischanbeter,  dem  sein  Götterklotz  am  Halse  baumelt,  und  der 
Buddhist,  dem  die  Götter  in  Fleisch  und  Blut  vor  seinen  Augen 


Bilderdienst.  373 

auf-  und  niedergehen.  Der  Islam  leidet  nothwendig  an  der  völligen 
Verwerfung  aller  fasslicheu  Repräsentationen ,  und  der  gemeine 
Mann,  den  in  der  leeren  Moschee  die  Kibla  nicht  genugsam  fes- 
selt, fällt  in  völligen  IndiflFerentismus,  wenn  er  nicht  zur  vorväter- 
lichen Verehrung  des  Himmels  mit  der  Sonne  zurückkehrt.  Dagegen 
liegt  aber  auch  gerade  wieder  in  dieser  Unbestimmtheit  auf  der 
andern  Seite  die  Stärke  des  Islams,  indem  sie  es  dem  Gebildeten 
ermöglicht  in  dem  weitesten  Fortgange  philosophischer  Bildung 
innerhalb  seines  Glaubens  zu  bleiben ,  ohne  ihm  auf  dem  Wege 
durch  Aufdrängen  antiquirter  Puppenfiguren  Anstoss  und  Wider- 
spruch zu  erregen.  So  nimmt  im  Mohamedahismus  die  Religio- 
sität zu,  je  höher  man  in  den  Schichten  der  Gesellschaft  aufsteigt, 
und  wird  dadurch  auch  von  selbst  die  grosse  Volksmasse  unver- 
rllckt  im  Bann  der  Kirche  gehalten,  da  diejenigen  Stände,  von 
denen  sonst  die  Anregung  zuReformen  ausgeht,  hier  nur  das  Bei- 
spiel des  Beharrens  geben,  und  so  lange  geben  werden,  bis  die  in 
Constantinopel  schon  arg  wühlenden  Einflüsse  europäischerWissen- 
schaft  auch  nach  der  asiatischen  Türkei  die  Keime^les  Zwiespalts  in 
die  theologische  Gelehrsamkeit  hineintragen  müssen.  Der  Islam 
war  die  natürliche  Negation  des  alten  Polytheismus,  wo  die  von 
Künstlerhand  geformten  Götterbilder  in  marmorne  Tempel  ge- 
stelltwurden, aber  das  Abhängigkeitsgefühl  religiöser  Gebunden- 
heit in  dem  anmuthigen  Geplauder  über  die  Olymposbewohner 
zu  gleichgültiger  Vertrautheit  wurde.  Die  indischen  Götter  haben 
sich  besser  vorgesehen ,  dass  ihnen  der  Wohlgeruch  der  Opfer  nicht 
ausgehe,  und  ihre  mit  Mund  und  Hand  begabten  Diener  desBrah- 
manenstandes  vermögen  den  Lässigen  zu  ermahnen ,  den  Wider- 
spenstigen durch  väterliche  Züchtigung  zur  Ordnung  zurückzufüh- 
ren. Wie  dieBrahmanen  sitzen  auch  die  Schüler  Sakya's  um  eine 
kolossale  Figur  in  ihrer  Mitte,  aber  es  ist  nur  ein  stummer  Oelgötze, 
ein  todter  Gott.  Seine  Darstellung  soll  nur  zur  Erinnerung  dienen  an 
jenen  Buddhii,  der  einst  auf  Erden  wandelte,  der  aber  schon  längst 
im  Nirwana  verschwand.  Was  er  auf  Erden  zurückliess,  als  das 
Mittel  ihm  nachzufolgen,  ist  das  Dhamma,  die  Erklärung  des 
grossen  Weltgesetzes,  und  als  seine  Verkörperung  zeigt  sich  dem 
Auge   des   Laien   die   die   vorgeschriebenen  Gebote   erfüllende 


374  Toogn. 

(h'.r^i:\\MUu(t  il«r  Ariya,  die  die  feindlieben  Widenjaeher  in  sieh 
niedergekämpft  haben  und  j^ehou  im  gelt>en  Gewände  ^Idglän- 
zender  Verklärung  ^ehimmem.  Die  den  München  dargebrachte 
Verehrung  int  ein  geistiger  Ileroendienst  im  Sinne  von  Carlyle's 
Ausführung.  Der  n«»eh  in  der  Sciaverei  seiner  Lüste  und  Be- 
gierden Befangene  blickt  bewundernd  auf  zu  jenen  Vorbildern, 
denen  die  Hrkenntnis»  irdischer  Nichtigkeit  Stärke  genug  ge- 
geben hat,  um  jede  Iteziehung  zur  Welt  abzuwerfen  und  nur  dem 
Jenseits  zu  leben.  Wie  dem  Fetischaubeter,  den  aus  jedem 
Xaturgegenst^inde  fratzenhafte  Teufel  schrecken,  ist  dem  Buddhist 
immer  und  beständig  das  grosse  Oeheimuiss  der  Weltexistenz 
gegenwärtig,  und  während  in  dem  politischen  Leben  der  Cultur- 
völker  die  Vielfachheit  der  Tagesfragen  die  Augen  abzieht  und 
beschäftigt,  sind  die  des  Buddhisten  ununterbrochen  auf  die  dunk- 
len Mysterien  gerichtet,  die  seinen  Anfang,  seinen  Aus^üang,  jeden 
Augenblick  seines  Daseins  umlagern.  Im  vollen  aufrichtigen 
Bewusstsein  der  Nichtigkeit  jedes  irdischen  Tandes,  verschmäht 
er,  seine  flüchtig  dahinschwindenden  Jahre  auf  vergängliche 
Bauten  zu  verschwenden,  die  alle  im  grossen  Zeitenstrom  fort- 
geschwemmt werden  würden.  Die  Erde  ist  nur  ein  Bivouac,  in 
<lem  es  nicht  der  Mühe  lohnt,  sich  häuslich  und  gemUthlich 
cinzuri'chten.  Der  Uciche  trägt  sein  Gold  und  Silber,  der  Anne 
sein  letztes  Keisgericht  zum  Tempel  und  legt  es  dort  für 
seine  künftige  lleimath  im  Himmel  auf  wucherische  Zinsen. 
Ohne  Klage  darbt  er  mit  Frau  und  Kind  im  Elend,  aber  dies 
Elend  wird  vorübergehen,  wie  alles  Sinnen-Erzeugniss,  und  dann 
warten  seiner  die  langen  Seligkeiten  der  Götterfreuden  in  den  ge- 
schmückten Nat-llinnueln,  oder  des  geistiger  Begabten  die  Ruhe 
der  Byamma-VVelten,  wo  er  erlöst  von  den  Sorgen  und  Leiden 
des  körperlichen  Daseins  im  ungehinderten  Schwünge  der  Ge- 
dankenwelt schwelgt. 

Die  Leichen  von  Vornehmen  und  besonders  von  Priestern 
werden  gerne  längere  Zeit  aufbewahrt,  damit  man  hinlänglich 
Zeit  habe,  die  ausgedehnten  Vorbereitungen  zur  Verbrennungs- 
feierliehkcit  beenden  zu  können.  Nachdem  die  Eingeweide  durch 
aiueu  Einschnitt  in  den  Unterleib  herausgenommen  und  begraben 


Leichenpräparation.  375 

sind,  füllt  man  die  Höhlung  mit  Asche  oder  Spcähnen  und  um- 
wickelt den  Körper  mitTüchern,  über  die  das  gelbe  Gewand  aus- 
gebreitet wird.  Duiich  herunigclegte  Stricke  wird  die  Leiche 
möglichst  zusammengeschnürt  und  dann  auf  dem  Boden  des 
Klosters  in  einem  8arg  hingestellt,  aus  dem  ein  hohler  Bambu  zur 
Ableitung  der  Feuchtigkeiten  in  die  Erde  führt.  Nach  etwa 
vierzehn  Tagen,  wenn  der  Körper  hinlänglich  getrocknet  scheint, 
wird  er  mitunter  zur  Vergoldung  gefirnisst  und  dann  in  dem  Sarg 
aufgeschlossen,  um  aufbewahrt  zu  werden,  bis  der  für  die  Ver- 
breiini»ng  festgesetzte  Termin  herangekommen  sein  wird.  Andere 
werden  in  Honig  präservirt  oder  auch  in  Wachs,  wie  Libussa,  die 
nach  der  Ansicht  des  Volkes  an  einer  wachsähnlichen  Verhärtung 
des  Zellgewebes  starb  und  so  noch  jetzt  im  Wischerad  zu  Prag  sitzt. 
Mein  widerhaariger  Koch  war  mir  doch  allmälig  so  unver- 
daulich geworden,  dass  ich  ihm  die  gewünschte  Erlaubniss  gab, 
sich  einen  andern  Stand  wählen  zu  können,  zumal  ich  während 
meines  Aufenthaltes  in  Tonga  keinen  eigenen  Haushalt  führte. 
Als  ich  indess  an  die  Weiterreise  dadite,  musste  seine  Stelle  er- 
setzt werden.  Moung  Schweb  hatte  mir  vor  einiger  Zeit  eine 
neue  Bekanntschaft  zugeführt,  ein  kleines  junges  Kerlchcn,  der 
ein  stilles  Geschäft  jvls  Winkeladvocat  betrieb  und  sicli  gern  durch 
Abschreiben  noch  etwas  hinzu  verdienen  wollte.  Ich  hatt«  ihn 
für  ein  paar  Tage  beschäftigt,  als  Moung  Schweb,  mit  dem  ich 
über  den  zu  wählenden  Koch  berieth,  diesen  seinen  neuen  Freund 
für  die  Stelle  vorschlug.  Ob  er  jemals  in  der  Küche  gewesen, 
konnte  er  freilich  nicht  sagen,  aber  bei  meinen  wenig  complicirlen 
Gerichten  Hess  sich  das  erlernen,  und  da  der  Herr  Advocat  Wan- 
derlust verspürte,  so  hing  er  seinen  Amtsrock  an  den  Nagel  und 
zog  mit.  Er  war  aufgeweckt  und  verhältnissmässig  wohl  unter- 
richtet, so  dass  ich  Mancherlei  von  ihm  erfahren  konnte.  Auch 
mit  Liedern  aller  Art  steckte  er  voll,  und  schrieb  mir  eine  ziem- 
liche Zahl  auf,  wie  das  folgende: 

Thoiires  Weib,  noch  Hchön  wie  immer 
Legten  sie  Dich  in  den  Saifr; 
Noch  nmleuchtet  Dich  der  Schimmer, 
Der  des  Lebens  HüUe  barg. 


37«!  Tongü. 


Ewig  werd'  ich  Dein  gedcuken! 

Ach,  in  ferner  Erde  hier 

Müssen  wir  in*s  Grab  Dich  »enken, 

Doch  die  Lieb*  stirbt  nicht  mit  Dii'. 

Mit  der  Spiegel  gold'nem  Rande, 

Mit  den  Tüchern  buntgestickt, 

Hatten  in  dem  cig'nen  Lande 

Wir  Dir  Deinen  Sarg  geschmückt : 

Dort,  mit  Seid'  und  Sammt  umwanden 

Und  mit  edelem  Gestein, 

Hatten  wir  in  weiten  Runden 

All  geleitet  Dein  Gebein. 

Mit  der  Trommel  dumpfem  T«»ne 

Hatten  wir  begleitet  Dich, 

Auf  der  Elephanten  rhrone 

Hätten  wir  geführet  Dich  ! 

Hier  sind  wir  in  fremder  Wilde, 

Unsre  lleimath  ist  nicht  hier; 

Zu  der  Seligen  Gefilde 

Möge  leicht  der  Weg  sein  Dir ! 


Capitain  Lloyd  hatte  die  Freundlichkeit  mir  einige  »einer 
Statistics  zur  Durchsicht  zu  schicken,  woraus  ich  die  folgenden 
Aufzeichnungen  niittheilen  kann: 

Während  des  Jahres  18G0  lagen  im  Ganzen  801  Criminal- 
fölle  vor  in  dem  District,  1037  Gefangene  wurden  eingebracht, 
471  freigesprochen  und  533  verurtheilt;  darunter  3  fUr  Mord, 
1  für  liaubanfall  mit  Verwundung,  15  für  Kaubanfall,  2  für  Fluss- 
piraterie, 5  für  Einbruch,  1  für  Strassenräuberei,  26  fürVichdieb- 
stahl,  195  für  Diebstahl,  2  für  Fälschung,  1  für  Nothzucht.  Von 
andern  Fällen  wurden  538  vor  dem  Gerichte  verhandelt  über 
809  Personen,  von  denen  390  freigesprochen,  415  verurtheilt  wür- 
den; darunter  28  für  Spiel  aus  128  deshalb  Angeklagten.  Ein 
wegen  Betrug  angeklagter  Artillerist  wurde  vor  das  Kriegsgericht 
verwiesen. 

Die  Bevölkerung  des  Districts  belief  sich  am  I.Januar  1861 
auf  66,773  Seelen. 

Die  Aufsicht  im  Gefängniss  besteht  aus  2  Yemindars  und 
28  Pcons  (Eingeborne  Indiens).     Die  Polizei  liefert  eine  Wache 


Statistiken.  377 

von  1  Havildar,  1  Naique  und  12  Mann.  Die  aussen  verwandten 
Sträflinge  (in  Banden  von  70  -  90)  wurden  hauptsächlich  gebraucht, 
um  Strassen  zu  machen  und  Backsteine  tum  Bauen  herbeizubrin- 
gen. Im  Ganzen  fanden  sich  4919  Personen  im  Gefängniss  und 
der  Contractor  erhielt  1  Annas,  1  Pie  für  Jeden.  Von  84  Bir- 
manen konnte  kein  Einziger  lesen,  ein  deutliches  Zeichen  ihrer 
Herkunft  aus  verworfenen  Familien.  391  wurden  als  Diener 
verwandt,  1703  zu  Wegebau  und  Backsteinetragen,  475  als 
Schmiede,  968  als  Tischler,  737  als  Korbmacher,  228  zum  Holz- 
sägen, 359  als  Weber  und  Schneider.  Maurer  wurden  nach  Be- 
dürfniss  beschäftigt.  Die  grössere  Zahl  der  Gefangenen  war  zu 
1 — 3  Jahr  verurtheilt.     Sechs  gelang  es  zu  entkommen. 

Die  Kevenue-Liste  des  Districtes  vonTongu  (1860/61)  zeigt, 
dass  an  Reisland  26,710  Acker  in  Cultivation  waren;  von  diesen 
zahlten  25,112  an  die  Regierung,  29,360  Rp.  als  Abgabe,  der  Rest 
von  1598  Acker  war  frei  von  Taxen  für  längere  oder  kürzere 
Perioden.  Die  drei  hauptsächlichsten  Verschiedenheiten  sind 
der  Pago,  Kouk  yin  und  Kouk  ngay.  Der  für  den  Paddy  ge- 
zahlte Preis  war  20  Rupien  und  nach  dem  Feuer,  das  in  der 
Stadt  eine  grosse  Menge  zerstörte,  25  Rp.  Die  Baumwoll-Cul- 
tur  war  damals  in  der  Abnahme:  von  66  Acker  (1859)  zu 
22  Ackern  (1860/61 ).  Aus  1300  Toungyas  wurde  ein  Einkommen 
von  1308  Rp.  erhoben,  von  Paddy,  Maulbeerbäumen,  Baumwolle 
und  Gemüse.  In  ihnen  wird  jährlich  neues  Land  in  Angriff  ge- 
nommen und  das  frühere  8 — 10  Jahr  brach  liegen  gelassen.  Von 
Fruchtbäumen  waren  nur  3889  mit  Taxen  belegt,  da  eine  grosse 
Menge  der  Fruchtbäume  bei  Tongu  in  das  Land  eingeschlossen 
sind,  das  für  die  Taxirung  gemessen  worden  ist,  und  so  unter  das 
Capitel  der  Laudtaxen  fällt.  Die  Betelwinden  sind  unter  den 
Karen  zu  hoch  besteuert  (4  Annas),  da  man  aus  Versehen  koong 
ben  statt  koongtiben  sagte.  Die  Fischereien  der  Teiche  und  Seen 
wurden  unter  der  Hand  für  6551  Rp.  abgelassen.  Sie  sind  st<3ts 
dem  nächstliegenden  Dorf,  als  Oemeindepacht,  überlassen,  so 
dass  Alle,  die  Theil  zu  nehmen  wünschen,  gleich  viel  beitragen. 
Bei  den  Flussfischereien  wurden  368  Rp.  für  das  Recht,  die  ver- 
schiedenen Netze  zu  gebrauchen,  bezahlt.  Für  die  Schildkröten- 


378  Tongu. 

bäukc  wurde  dieses  Jahr  bis  zu  600  Rupien  geboten.  Der  neue 
ßazuar  war  ungefähr  ein  Jahr  fertig,  als  das  Feuer  ausbrach  und 
ihn  zerstörte.  Er  kostete  luelir  als  10,000  Rupien,  und  bezahlte 
sich.  Das  Recht,  die  Miethen  einzufordern,  wurde  für  1135  Rp., 
jeden  Monat  zahlbar,  weggegeben.  Im  Laufe  des  Jahres  wurden 
7440  Rp.  14  Ann.  als  Miethen  bezahlt.  Ein  neuer  Razaar  ist  jetzt 
im  Bau.  Für  Fähren  wurden  1451  Rp.  im  ganzen  Districte  be- 
zahlt. Eine  Summe  von  3450  Rp.  wurde  für  den  Verkauf  des 
seit  Juli  18(U)  eingeführten  Stcmpelpapiers  aufgebracht.  Als  Kopf- 
steuer kamen  44,681)  Rp.  ein,  eingeschlossen  11,782  Rp.,  die  in 
der  Stadt  an  Land  statt  als  Steuer  bezahlt  wurden.  Im  District 
war  die  Steuer  um  1442  Rp.  gestiegen.  Einkommensteuer  wurde 
(bis  30.  April  1861)  11)17  Rp.  14  A.  7  T.  bezahlt,  hauptsächlich 
von  Angestellten  der  Regierung.  Die  Municipaltaxe  brachte  3662 
Rp.  auf,  der  Abkarih  (für  Arrac,  Toddy,  Gunyah  und  Opiuni- 
Racht)  50,770  Rp.  Die  Karen -Häuptlinge  zahlten  als  Tribut 
3786  Rp.,  wovon  93  Rp.  zurückgegeben  wurden  an  ein  durch 
Feuersbrunst  und  Hungcrsnoth  verwüstetes  Dorf.  Die  Impfung 
mit  Lymphe  vonRangun  gab  13  günstige  und  21i  ungünstige  Fälle. 
Die  früher  der  Regierung  reservirtcn  Teakwälder  wurden  damals 
der  Privat-Speculation  überlassen. 

In  einem  andern  Report  desselben  Officiers  fand  ich  folgende 
Beschreibung :  A  thief  has  a  very  systematic  style  of  going  to 
work.  lle  lias  a  bamboo-tube  (about  IV2  iuch  in  diameter)  open 
at  one  end,  closed  at  the  other  with  the  exception  ofahole  in  the 
centre  through  which  he  passes  a  rope  made  from  the  cocoanut 
fibre.  The  thief  kecps  this  lighted  and  conccfiled  in  his  patzoe, 
he  has  also  small  lights,  made  from  cotton,  soaked  in  Nantsee 
(Sesam-Üel)  and  tipped  with  sulphur.  When  he  has  entered  the 
house,  he  intends  robbing,  he  lights  this  light  from  his  match  and 
commences  Operations.  Sometimes  the  thief  applies  a  ^arcotic  to 
the  man,  he  is  robbing,  if  he  is  restless  to  stupefy  him. 

Ein  Beamter  erzählte  mir  gleichfalls  von  einem  unter  den  Bir- 
manen herrschenden  Glauben,  dass  die  Diebe  gewisse  narcotische 
Kräuter  besässen,  die  sie  unter  den  (auf  Pfählen  stehenden)  Häusern 
verbrennten  und  nach  dem  Einschlafen  der  Bewohner  den  Ein- 


Forst- Verwaltung.  379 

bruch  ausführten*).  Von  den  sieben  Medicinen,  die  diesem 
Zwecke  dienen  sollen,  wird  die  Zaythambayaniyet  auch  von  den 
Fischern  verwendet,  um  ihre  Beute  im  Wasser  zu  betäuben,  und 
dann  zu  fangen. 

Nach  der  englischen  Besitznahme  wurden  die  Teakwaldun- 
gen  nur  für  die  Regierung  reservirt,  damit  Dr.Brandis  erst  etwas 
Ordnung  in  die  Forstverwaltung  bringe.  Während  meiner  Keisen 
in  Birma  waren  sie  aber  schon  der  öflfentlichen  Comi)etition  geöffnet 
und  es  wurde  ein  Circular  verbreitet,  in  welchem  die  Zahl  der 
gegUrtelten  Bäume  in  jedem  District  angegeben  und  Termine  für 
Auctionen  festgesetzt  wurden.  Der  Käufer  bezahlte  zwischen  1000 
und  3000  Kp.,  je  nach  der  Art  der  Waldung  und  ausserdem  10  Rp. 
für  jeden  gegürteltenBaum,  wenn  über  3  Ellen  im  mittleren  Gür- 
tel, oder  2*2  Rupien,  wenn  darunter.  Bäume  unter  10  Fuss,  so- 
wie krummes  Holz. zahlt  Nichts.  Nur  abgestorbene  oder  gegür- 
telte  Bäume  dürfen  geschlagen  werden  und  die  Beamten  machen 
jährlich  Inspectionsreisen,  um  die  passenden  Bäume  gürtein  zu 
lassen.  Der  Werth  eines  Waldes  wird  hauptsächlich  durch  seine 
Nachbarschaft  zu  einem  Flusse  oder  von  den  ihn  durchziehenden 
Creeks  bedingt.  Sind  solche  zu  weit  entfernt,  so  müssen  erst 
Wege  gehauen  werden,  um  die  Stämme  mit  Klephanten  (zuweilen 
auch  mit  Büfleln)  dahin  zu  schleppen.  In  manchen  Gegenden 
rauss  die  Regenzeit  erwartet  werden,  da  sich  nur  dann  die  Bäche 
hinlänglich  füllen,  um  zum  Flössen  brauchbar  zu  sein.  Wird  der 
zugeschlagene  Wald,  der  gewöhnlich  für  1—3  Jahre  überlassen 
wird,  nicht  nach  einigen  Monaten  in  Arbeit  genommen,  so  ver- 
fUllt  er,  und  wird  durch  die  Forstverwaltuug  neu  veräussert. 
Nachdem  die  Bäume  niedergehauen  sind,  werden  sie  mit  der 
Firma  desEigenthümers  markirt,  und  beim  Heraustreiben  in  dem 
grossen  Fluss  aufgefangen,  um  in  Flössen  verbunden  und  dann 
durch  Schiflfer,  die  sich  ihre  Hütten  darauf  bauen,  weiter  hinab- 
geschifft zu  werden.     An  bestimmten  Localitäten  sind  Stations- 

*)  Marini  erzahlt  von  den  Sorciers  et  Magiciens  des  Langiens,  daes:  par  la 
▼ertu  de  quelques  poudres  enebantees,  qu'ils  r^pandent  dans  les  maisons,  ils 
eDdorment  ou  ötourdisscnt  de  teUe  sorte  ecux,  qui  y  sont,  que  le  inaistre  ou  qui 
que  ce  soit  sc  sent  forcö  secrötement  d'aller  oavrir  luy-meme  les  chambres. 


380  Tongn. 

bäuser  der  Forstverwaltung,  wo  die  Stämme  angehalten  und 
examinirt  werden,  ob  die  aufgedrückten  Zeicben  sich  in  Richtig- 
keit befinden.  Die  birmanischen  Kaufleute  lassen  entweder  ihre 
Wälder  von  Unternehmern  bearbeiten,  denen  sie  Vorschuss  mit 
den  nöthigen  Elephanten  geben,  oder  sie  kaufen  das  gefällte  Holz 
für  einen  bestimmten  Preisansatz,  worüber  früher  übereingekom- 
men ist.  Die  englischen  Häuser  in  Kangun  und  besonders  in 
Molmein  fangen  aber  an  die  Wälder  unter  ihrer  eigenen  Aufsicht 
bearbeiten  zu  lassen,  um  weiter  keiner  Zwischenhändler  zu  be- 
dürfen. Unternehmende  Speculanten  sind  auch  wohl  in  das 
Land  der  wilden  Karenni  vorgedrungen,  um  mit  den  Häuptlingen 
Contracte  zu  machen,  und  andere  begaben  sich  auf  siamesisches 
Gebiet  zu  den  Laos  in  Zimmay.  Die  ergiebigsten  Wälder  in  der 
Nachbarschaft  Tongu's  am  rechten  Ufer  des  Sittang  sind  der 
Kaboung-Wald,  der  Swah- Wald,  der  My olah-Wald,  und  am  linken 
Ufer  die  Wälder  Bimbay,  Swaythay,  Kunoung,  Kannie,  Thouk- 
gighat  u.  a.  m.  Processe  der  Holzhändler  mit  der  Regierung  und 
unter  einander  sind  häufig. 


Schwegjin  und  Sitlang-myo. 

Während  mein  Boot  für  die  Reise  in  Stand  gesetzt  wurde, 
waren  wir  öfter  auf  der  SchiflFswerfte,  woHerrKlusmann  ein  Boot 
im  Bau  begriffen  hatte  Nachdem  der  Baumeister  den  grossen 
Baumstamm  hinlänglich  behauen  hatte,  um  ihn  durch  Feuer  spal- 
ten zu  können,  veranstaltete  er  eine  Ceremonie  fUr  die  beiden 
Nats,  von  denen  der  eine  im  Vordertheil,  der  andere  im  Hinter- 
theil  des  Schiffes  wohnt.  Sie  wurden  gut  bewirthet  und  der 
Tag  mit  Faulenzen  yerbracht. 

Der  bengalische  Koch  meines  Wirthes  hatte  eines  Tages 
einen  apoplektischen  Anfall,  in  dem  er  besinnungslos  zur  Erde 
fiel.  Durch  kalte  Uebergiessungen,  Aderlass  und  sonst  verord- 
nete Mittel  erholte  er  sich  langsam  wieder  und  war  am  nächsten 
Tage  ganz  hergestellt.  Seine  birmanische  Ehehälfte  aber  war 
ausser  sidh.  Ein  Tazay  (Teufel)  habe  ihn  gepackt  und  nieder- 
geworfen, und  mit  Recht.  Jeden  Tag  ginge  dieser  Gottlose  auf 
den  Markt,  Ochsenfleisch,  Schweinefleisch,  Hammelfleisch  bei 
ganzen  Pfunden  kaufend,  aber  so  oft  sie  ihn  auch  ermahnt  hätte, 
niemals  habe  er  noch  dem  Schutzgott  (Nat)  der  Stadt  den  klein- 
sten Bissen  gegeben.  Obwohl  sie  so  in  dem  Vorfall  nur  die  ge- 
rechte Strafe  sah,  suchte  sie  doch  als  treue  Gattin  die  bösen  Fol- 
gen nach  Kräften  abzuwenden.  Sie  beschrieb  deshalb  Ringe  mit 
zauberkräftigen  Gatha's,  in  etwas  verwickelter  Orthographie  be- 
sagend: „Oh,  reite  ihn  doch  nicht",  „Ach,  lass  ihn  gehen",  „Pack 
ihn  nicht  so  hart",  „Reis  sollst  Du  haben",  „Ah,  wie  schön  das 
schmeckt"!     Diese  Ringe  wurden  auf  den  Finger  des  Kranken 


382  Schwegyin  and  Sittang-myo. 

gesteckt,  und  neben  ibm  legte  man  auf  die  Erde  kleine  Häufehen 
von  Reis,  von  gelbem,  durch  Safran  gefärbt,  von  schwarzem  mit 
Kohle,  von  rothem  und  weissem.  Bei  Nat-Festen  wird  neben  dem 
Dämonen-Tempel  (Nat-kvin  oderNat-öin)  eineBUhne  (Nat-kana; 
errichtet  für  die  Nat-kana-poeh. 

Nachdem  mein  Boot  für  die  Reise  fertig,  mit  einem  dichten 
Regendachc  versehen  und  bepackt  war,  nahm  ich  Abschied  von 
meinem  freundlichen  Wirth.  Der  Dolmetscher  steuerte,  der  Ad- 
vocatcu-Koch  ruderte  vorn  und  so  glitten  wir  den  Fluss  hinunter, 
am  12.  Juli.  Noch  am  Vormittag  fiel  Regen,  und  da  ich  mich 
gerade  in  dem  Kloster  Wuddi's  befand,  verweilte  ich  etwas  län- 
ger, um  erst  die  heftigsten  Güsse  vorübergehen  zu  lassen.  Neben 
einem  Palmbücher  copirenden  Pungyi  lag  eine  grosse  Sammlung 
von  Kupferbildem  in  Unordnung  umher.  Das  eine  zeigte  Gau- 
tama  unter  dem  Baume  mit  Mahanat  auf  einem  Elephanten  vor 
ihm,  während  die  Erdgöttin  zum  Zeugniss  das  Wasser  aus 
ihren  Haaren  drückte.  Ein  anderes  stand  beweglich  auf  einer 
Rinne,  die  sieben  Schritte  Gautama's  zu  versinnlichen,  ein  an- 
deres zeigte  ihn  von  der  Schlange  beschützt,  ein  anderes  dem 
Tode  nahe. 

Nachdem  wir  den  Bach  Thoukgyigliat,  aus  dem  die  alten 
Könige  Tougu's  ihr  Trinkwasser  zu  holen  pflegten,  passirt  waren, 
machten  wii*  Halt  am  Dorfe  Umbin,  um  dort  die  Nacht  zu  ver- 
bringen. Als  mein  Koch  sein  Debüt  mit  einem  gebratenen 
Huhne  versuchen  wollte,  kam  eine  klägliche  Botschaft  aus  einem 
Boote  neben  uns,  doch  ja  nichts  zu  braten,  da  in  ihm  ein  Kran- 
ker lebe,  der  von  dem  Geruch  sterben  würde.  Die  Nase  der  Bir- 
manen scheint  in  Krankheiten  sehr  empfindlich  (ausgenommen 
gegen  Ngapie),  denn  auch  Moung  Schweb,  als  er  früher  krank 
war,  wurde  stets  leichenblass,  so  bald  die  Bratpfanne  prasselte 
und  ging  schnell  in  einen  Theil  des  Schiffes,  wo  er  ausser  dem 
Winde  war.  Ich  besuchte  denKyaung,  wo  die  Zahl  der  Kyaung- 
tha,  wie  ich  hörte,  auf  7,  die  der  Kojin  auf  11  sich  belief.  Die 
Knfibeu  flochten  Körbe,  einige,  wie  sie  sagten,  um  sich  von  dem 
Erlös  Kleider  zu  kaufen,  andere,  weil  sie  Schreibgriffel  bedurften. 
Einer  der  Kojin  las  das  Payajeit,  ein  Anderer  den  Tinjoakauk. 


Tiger.  388 

Ich  kehrte  in's  Boot  zurück,  um  dort  zu  schlafen,  und  alß  ich 
später  in  der  Nacht,  noch  lange  vor  Tagesanbruch,  zur  Abreise 
fertig  machen  Hess,  hörte  ich  schon  wieder  die  Stimmen  der 
Knaben  aus  dem  Kloster,  wie  sie  ihre  Lection  hersangen. 

Während  eines  Gewitters  hielten  wir  im  Dorfe  Opiah,  wo  einige 
Yabains  leben  sollten,  doch  sagte  der  Aelteste,  sie  seien  nur  eine 
wilde  Art  der  Birmanen,  nicht  die  richtigen.  Die  Yabains  bauen 
ihre  Natzin  besonders  unter  Teakbäumen,  und  da  das  Gespräch 
auf  die  Yabain  kam,  hörte  ich  noch  mancherlei  erzählen.  In  der 
Nähe  der  Yabaindörfer  von  Borni  lebt  ein  Jyat  (böser  Geist)  in 
einer  stinkenden  Grube,  um  welche  viele  Fussspuren  von  Tigern, 
Elephanten  und  Ebern  zu  sehen  sind,  daneben  in  einem  Loche,  wo 
oft  ein  summendes  Geräusch  wahrnehmbar  ist,  hat  sich  ein  gi- 
gantischer Musquito  einquartiert,  und  Niemand  wagt  sieh  dahin. 
Bei  der  Anwesenheit  meines  Berichterstatters  war  ein  Mädchen 
von  dem  Jyat  gepackt,  und  ihr  Leib  geschwollen.  Der  Zea 
(Doctor)  sprach  Gathas  vor  den  neun  Oeffnungen  (die  Dvara  ko-pa) 
ihres  Körpers  und  stopfte  sie  dann  alle  mit  Talismanen  sicher  zu, 
so  dass  der  Eindringling  nicht  entkommen  konnte.  Er  wälzte 
dann  die  Besessene  auf  der  Erde  umher,  und  sprang  gelegentlich 
auf  ihrem  Bauch  herum,  dort  so  lange  umhertrampelnd,  bis  sie 
besinnungslos  und  der  Dämon  todtgestampft  war. 

Abends  legten  wir  im  Dorfe  Modwuin  an,  wo  ich  denPungyi 
krank  fand,  und  um  Medicin  ersucht  wurde.  Ich  liess  mein  Bett 
nach  der  Halle  des  Klosters  bringen  und  schlief  dort  ein  unter 
dem  verwirrten  Durcheinander  der  Knabenstimmen,  die,  mit  Lich- 
tern vor  den  Büchern  theils  Gebete  ablasen,  theils  das  Thinbugyi 
oder  Buchstabirbuch  herleierten. 

Wie  schon  am  ganzen  Wege,  wurde  auch  dort  viel  über  Tiger 
geklagt.  Vor  einigen  Nächten  war  eine  Frau  durch  einen  solchen 
gepackt  worden,  der  durch  die  Fensteröffnung  hereingesprungen 
war.  Durch  das  Aufschreien  der  Hausbewohner  erschreckt,  konnte 
er  sie  aber  nicht  mitschleppen ,  sondern  liess  sie  im  ganzen  Ge- 
sicht zerfleischt  am  Wege  liegen.  An  einer  andern  Station  des 
Weges  wurde  mir  von  einem  Dorfe  erzählt,  von  dem  die  Bewohner 
durch  Tiger  vertrieben  worden  seien,  indem  Besuche  dieser  Raub- 


384  Schwegjin  und  Sittang-myo. 

thiere  sich  so  regelmässig  wiederholt  hätten,  dass  zuletzt  Niemand 
mehr  bleiben  wollte  und  Alles  auswanderte.  Ein  Sterbenskranker 
konnte  indess  nicht  entfernt  werden ,  und  sein  Freund  beschloss 
ihn  nicht  zu  verlassen.  Der  muthige  Bauer  habe  bei  der  Rück- 
kehr des  Tigers  seinen  stärksten  Büffel*)  bestiegen  und  ihn 
glücklich  niedergeschossen,  also  Menangkabo  aufs  Neue  inScene 
gesetzt.  In  der  Nähe  der  Yerschanzung  Papun  wurden  27  Men- 
schen während  eines  Monsun  von  Tigern  gefressen.  AmYunsalen 
hatten  sich  40  Waldarbeiter  für  die  Nacht  in  einem  Zayat  barri- 
kadirt  und  schliefen  dort  zusammen,  wurden  aber  durch  einen 
herbeispringenden  Tiger  geweckt,  der,  ehe  sie  sich  zur  Wehr 
setzen  konnten.  Einen  aus  ihrer  Mitte  fortgeschleppt  hatte.  Bei 
diesem  Ueberwiegen  der  Katzenrepräsentanteu  ist  es  natürlich, 
dass  das  Ilundegeschlecht  in Ilinterindien  nicht  aufkommen  kann, 
und  der  in  Vorderindien  so  häufige  Schakal  dort  fehlt. 

Am  nächsten  Tage  blickten  hohe  Berge  über  die  Wälder  des 
Ufers  hervor.  Alles  dies  Land  hier  ist  das  Eldorado  der  Jäger,  die 
dort  nach  ihrer  Auswahl  raubgieriges  und  scheues  Wild  finden  kön- 
nen. Als  eine  wahre  Jagdgeschichte  wurde  mir  erzählt,  dass  die 
Birmanen  Nachts  mit  Laternen  Rehe  zu  jagen  gehen  und  die  ge- 
blendet hervorkommenden  mit  einem  Waldmesser  niederhauen. 

Zum  Kochen  des  Frühstücks  hatten  wir  uns  unvorsichtiger 
W^eise  an  einer  Stelle  cingericlitet,  die  gerade  an  der  Bahn  lag, 
auf  der  die  Büflel  zum  Wasser  zu  kommen  pflegten ,  und  gegen 
Mittag  hörten  wir  plötzlich  die  lleerde  durch  das  Dickicht  hinter 
ims  durchbrechen.  Der  Koch  brachte  noch  zeitig  genug  seine 
Geräthschaften  mit  seinen  bunten**)  Tüchern  in  Sicherheit^  und 
ich  war  ziemlich  durch  den  dicken  Baumstamm,  an  dem  ich  sass, 
geschützt,  aber  die  wilden  Bestien,  die  so  viele  Gegenstände  un- 
gewohnter Civilisation  auf  ihrem  Wege  fanden,  standen  lange  uns 

*)  Durga  bestieg  einen  Löwen ,  um  «auf  des  vertriebenen  Indra^s  Bitte  den 
in  Hüffelgestalt  umherwüthpnden  Moisasur  oder  Maliischasur  (Maba-Asnr)  zu  er- 
schlagen. 

••)  La  coulenr  rouge  alhune  leur  furenr ,  ils  laissent  passer  tranqniUement 
ceux  qnMlH  veulent  attaqner  et  viennent  ensiiite  fondre  par  de^ri^^e  »nr  enx  avcc 
leurs  Cornea  nieurtrieres. 


\ 


1 


Wilde  Elophanten  385 

anzuglotzen  und  setzten  zuweilen ,  wie  zu  einem  gemeinsamen 
AngriflF,  an.  Zuletzt  waren  einige  der  Leiter  vernünftig  genug, 
sich  ein  wenig  seitwärts  zu  halten ,  und  auch  die  Neugierigsten 
zogen  allmählig  ab ,  um  in  ihr  geliebtes  Element  einzutauchen. 
Die  in  grossen  Trupps  zusammenlebenden  Elephanten  weichen 
selten  von  ihrem  gewohnten  Pfade  ab,  und  ein  in  Birma  stationirter 
Beamter  erzählte  mir  einst  von  einer  Begegnung  mit  denselben, 
wobei  die  ganze  Jagdpartie  für  ihr  Leben  zu  laufen  hatte,  wäh- 
rend sie  rings  um  sich  das  Gebüsch  des  Waldes  unter  der  Wucht 
ihrer  unsichtbaren  Verfolger  zusammenbrechen  hörte.  Unter  den 
englischen  Officieren  in  Birma  findet  sich  mancher  Nimrod, 
dessen  Flinte  grosse  Segnungen  gebracht  und  das  Land  von 
seinen  Tyrannen  befreit  hat,  aber  die  Buddhisten  sind  natürlich 
keine  grossen  Jäger,  und  wird  ihnen  das  Sträfliche  solchen 
Vornehraens  in  P^'abeln  und  Parabeln  genugsam  vorgehalten,  wie 
in  der  folgenden,  die  schon  von  ßigandet  mitgetheilt  ist :  Als  der 
erhabenste  Phra  in  dem  Weluwun-Kloster  war,  sprach  er  wie 
folgt,  indem  er  auf  Dewadat  anspielte,  welcher  ihm  Schaden 
zuzufügen  trachtete.  Zu  der  Zeit,  da  die  Bramana- Fürsten  zu 
Baranathih  herrschten,  war  Phralaung  ein  Schakal  an  der  Spitze 
von  500  anderen  Schakals  seines  eignen  Stammes.  Sein 
Wohnsitz  war  auf  einem  Kirchhof«  Eines  Tages  traf  es  sich,  dass 
die  Einwohner  von  Radjagya  ein  grosses  Fest  feierten,  wo  Jeder 
ass  und  trank  so  viel  ihm  beliebte.  Das  Mahl  war  fast  zu  Ende, 
als  einer  nach  einem  letzten  Stück  Fleisch  verlangte,  um  seinem 
Appetit  noch  ein  Genüge  zu  thun,  da  er  noch  nicht  völlig 
gesättigt  war.  Man  theilte  ihm  mit,  dass  nicht  der  geringste 
Bissen  mehr  übrig  sei.  Als  er  diese  unwillkommene  Nach- 
richt vernahm,  stand  er  aut,  ergriff  eine  hölzerne  Keule  und 
ging  geradeswegs  auf  den  Kirchhof.  Dann  streckte  er  sich  auf 
dem  Boden  nieder,  als  ob  er  todt  sei.  Phralaung  näherte  sich 
langsam  dem  vermeintlichen  todten  Körper,  beschnoperte  ihn  aus 
geziemender  Entfernung  und  entdeckte  bald  die  ihm  gestellte 
Falle.  Er  kam  unbemerkt  dicht  an  ihn  heran ,  erfasste  plötzlich 
mit  den  Zähnen  die  Keule,  mit  aller  Macht  an  ihr  zerrend.  Der 
junge  Mann  Hess  jedoch  nicht  los.     Da  sprach  das  Thier,  indem 

Battiau.  OiUtieu.   II.  25 


38B  Schwegyin  und  Sittaog-myo. 

CS  immer  noch  zog,  zu  dem  Jäger:  JUngling,  ich  Bche  jetzt, 
(lass  du  nicht  todt  bist.  Der  Jäger,  von  Scham  und  Aerger  ge- 
trieben, stand  auf  und  schleuderte  mit  mehr  Kraft  als  Geschick-, 
lichkeit  seine  Keule  nach  dem  Schakal,  fehlte  ihn  aber.  Fort  von 
hinnen,  sprach  er,  elendes  Thier,  du  kannst  dich  rUhnien,  dass 
du  dieses  Mal  entkommen  bist.  Ja,  erwiederte  darauf  der 
Schakal,  ich  bin  errettet  worden  V(m  deiner  Keule ;  aber  Niemand 
soll  je  im  Stande  sein,  dich  vor  den  Strafen  in  den  acht  grossen 
Höllen  zu  schützen.  Nach  diesen  Worten  verschwand  er  sofort. 
Nachdem  der  junge  Mann  in  dem  Graben  den  Staub  abgewaschen, 
welcher  ihn  ))edeckte,  kehrte  er  ganz  niedergeschlagen  in  die  Stadt 
zurück.  Der  Jäger  war  derjenige,  welcher  in  der  Folge  Dewadat 
geworden  ist.  Der  Schakal  aber  ist  derselbe,  welcher  später 
Buddha  wurde. 

In  seinen  550  Existenzen  hat  Buddha  alle  möglichen  Thier- 
formen  durchlaufen,  die  dadurch  den  Stofl'  zu  dem  indischen 
Fabelschatz  liefern,  aber  auch  für  den  göttlichen  Ke])rä8entanten 
der  verschiedenen  Arten  eine  gewisse  Heiligkeit  bewahren.  Pur- 
chas  bemerkt  von  dem  mit  den  Affen  verwandten  Perimal,  für  den 
hei  Goa  ein  Wagenfest  gefeiert  wurde,  dass  er  der  Haupt -Gott 
sei,  whom  they  worship  in  many  colours  (Heuruius  spricht  von 
einem  schwarzen  Gott)  and  shapes,  as  of  man,  oxe,  horse,  hair, 
hogge,  duck,  cock  etc.  Ueber  die  buddhistischen  Vor-Existenzen 
in  den  noch  den  rhieren  (Tiri^jan  oder  Tira^jana)  untergeordneten 
Reichen  bestehen  nur  unbestimmte  Andeutungen,  obwohl,  wie 
Barthelemy  St.  Hilaire  bemerkt,  la  transmignation  embrasse  tout 
depuis  le Bodhisattva  et  dcpuis  Thomme,  jusqu'  ä  la  matiöre  inerte. 

Wenn  wir  das  Boot  mit  dem  Strome  treiben  lassen  konnten, 
Hess  ich  mir  erzählen :  In  dem  Dorfe  Seschaunbin ,  in  der  Nähe 
Pegu's,  wird  Seh webingyi  und  Schwebingelay,  derNat  vonTaun- 
biong  (in  der  Nähe  Mandalay's)  verehrt.  Solche,  die  etwas  über 
Krankheiten,  Reisen  oder  sonstige  Geschäfte  erfahren  wollen, 
bringen  CocosnUsse  und  Bananen  als  Opfergabe,  worauf  die 
Maipan  genannte  Nakkadau  oder  Dämonenfrau  durch  ihren  Mund 
die  Antwort  des  Nat  verkündigt.  In  Rangun  und  der  ganzen 
Nachbarschaft  bis  nach  Pegu  hin  fürchtet  man  am  meisten  Moung 


Schädliche  und  schützende  Nat.  387 

Ingyi,  einen  im  Wasser  lebenden  Nat,  der  jähen  Tod  verursacht 
und  im  Monat  Wazo  durch  Opfergaben ,  die  in  kleinen  Bambu- 
hUtten  niedergelegt  werden,  Verehrung  erhält.  Unter  den  Talein 
giebt  es  eine  grosse  Menge  Nats  und  sie  sind  ebenso  böswillig, 
als  die  der  Karen.  Der  vorzüglichste  Nat  der  Talein  lebt  in 
dem  Natschin  in  der  Nähe  des  Dorfes  Quan-pong  amPegu-Flusse, 
und  wenn  der  Verelirer  um  ein  Zeichen  bittet,  so  erscheint  der 
Alligator,  der  Diener  dieses  Nat,  über  dem  Wasser.  Niemand 
in  der  Nachbarschaft  würde  etwas  geniessen ,  ohne  vorher  die 
Schüssel  mit  der  Hand  in  die  Höhe  gehoben  und  dem  Nat  an- 
geboten zu  haben.  Das  Natschin  (Dämonenhaus)  steht  unter  einem 
Leckpan-Baum.  Die  in  dem  nahegelegenen  Dorfe  lebende  Nak- 
kadau  tanzt,  wenn  der  Dämon  von  ihr  Besitz  ergreift.  In  Indien 
können  die  Vetala  auch  Leichen. der  Gestorbenen  beleben  und  aus 
ihnen  reden  oder  zum  Wahrsagen*)  befragt  werden.  In  jedem 
Hause  lebt  der  Eim-Zaun-Nat,  dem  die  Opfergaben  neben  dem  Kopf- 
kissen des  Bettes  hingestellt  werden.  Der  Go-Zaun-Nat  lebt  auf 
dem  Kopfe**)  des  Menschen  und  schützt  ihn,  wie  denEömer  sein 


•)  (poißay  iati  t6  im  riXQtji  ij  Jaijuoyixip  fuayitviad-ctt  (Heftychius). 
♦*)  To  man  is  awarded  a  giiardian  spiritf  whose  seat  is  on  the  hcad  or  the 
back  of  the  neck.  Its  nanio  is  the  common  word  for  power  and  it  is  that  which 
givcs  power  to  man.  So  long  as  it  remains  on  its  post,  the  tigers  and  wild  beasts 
stand  in  awe  and  sickness  dare  not  approach,  but  when  it  Icaps  down,  some  evil 
befalls  the  man  and  he  sickens  and  dies  unless  the  guardian  spirit  retnrns ,  for 
seven  other  spirits  attend  hini  throughout  lifo,  who  ph;dged  themselves  in  the 
pre^ience  of  god,  before  his  birth,  to  kill  him.  The  firät  said :  ,,Me  shall  die  by  a 
mouth  of  a  tiger."  The  second:  „Shouldhe  escape  death  from  the  tiger,  he  shaU 
die  by  sickness.**  The  third:  „If  he  recovers  from  sickness,  heshaUbedrowned.** 
The  fourth :  „If  he  escapes  drowning,  he  shaU  die  by  the  band  of  man.**  The 
fifth:  „Should  he  not  be  slain,  he  shaU  faU  down  and  kiU  himself.**  The  sixth  : 
,8hould  he  not  die  of  his  fall,  he  shall  die  by  Coming  in  contact  with  something.** 
The  scventh:  „If  he  dies  of  nothing  eise,  he  shall  die  becanse  ho  bas  reached 
his  allotted  period  of  life.**  These  sevcn  spirits  are  usunlly  troated  as  one  and  its 
presence  is  deemed  necessary  to  man's  active  and  healthy  existcnce.  In  slcep  it 
wanders  about  and  what  it  sees  arc  denominated  dreams.  Often,  in  its  wandcrings, 
it  is  indnced  by  forcc  or  sollcitation  from  other  spirits,  to  stay  away  from  home 
and  then  the  person  fcels  himstdf  more  or  less  unwcU  and  the  abscnt  spirit  is 
called  back  with  offeriugs  of  food  :  „Come,  comel  FoUownot  an  evil  thing,  follow 

25* 


388  Schwegyiu  and  äittang-myo. 

Genius.  Der  Yoay-Zaun-Nat  lebt  auf  Büffeln  und  wird  einmal 
im  Jahre  gefüttert.  Der  Tsaba-Zaun-Nat  lebt  auf  dem  Felde  und 
ist  der  weibliche  Poungbadih-Kat.  Die  Operation,  die  unsaubern 
Geister  aus  einer  Person  oder  einer  Stadt  auszutreiben ,  heisst 
Toh-thut  oder  Toh-su-lhut-sih  (die  Wilden  hervorjagen).  Ein 
von  Krämpfen  Befallener  heisst  Nat  -  teik ,  der  vom  Dämon  Ge- 
schlagene, wie  duifxoi'ionXfixiog^  a  daemonio  percussus. 

In  der  Leip-pya*)  (dem  Schmetterling)  liegt  das  Leben  des 
Menschen,  der  mit  dem  Verschwinden  stirbt.  Wenn  der  Mensch, 
einem  Tazeit  (bösen  (ieist)  oder  Belu  (Ungeheuer)  begegnend, 
zusammenschrickt,  so  entflieht  die  Leip-pya  (als  Leip-pya-lan, 
oder  die  schaudernde  Leip-pya)  und  die  von  ihr  verlassene  Person 
fällt  in  Krankheit.  Sie  muss  sterben,  wenn  es  nicht  gelingt,  die 
Leip-pya  in  der  Leip-pya-khau.(das  Citiren  der  Leip-pya)  ge- 
nannten Ceremonie  durch  hingestellte  Opfergaben  zurückzurufen. 
Oft  aber  fällt  sie  in  die  Hände  eines  Tazeit,  Belu  oder  Dzon 
(Hexe)  und  wird  gefressen.  Um  das  zu  verhindern ,  wird  Reis 
als  Opfergabe  für  den  Belu  hingestellt,  und  derselbe  gebeten, 
diesen  Reis,  anstatt  der  Leip-pya  zu  essen  und  sie  frei  zu  lassen. 
Lässt  der  Belu  sich  bereden,  so  tritt  Genesung  ein,  wenn  die 
Leip-pya  sich  wieder  mit  ihrer  Person  vereinigt  (Leip-pya-win 
oder  das  Eintreten  der  Leip-pya).  Die  Ursache  der  Träume  ist, 
dass  die  Leip-pya,  als  die  thuay-zit  oder  die  Seele  des  Blutes,  im 
Schlafe  umherwandert**).  Sollte  sie  auf  ihrem  Wege  einem  Belu 


not  Satau  ,  follow  uot  the  King  of  Hades ,  lest  thou  comest  into  trouble.  Come 
when  I  seek  theo,  comc  when  I  call  thee.  Come,  come  and  dwell  in  the  house. 
Come,  dwell  in  the  family.  Come  with  thy  power,  come  with  thy  influenco,  come 
and  dwell  at  homc-  This  spirit  is  called  „la-  and  „la**  is  aNo  fate.  In  Chinese 
„le**  is  fate  and  also  spirit  and  mind.  The  Burmese  call  the  guardian  spirit  „leik- 
bya"  (butterfly)  and  say  that  at  doath  it  escapes  frora  man  in  the  fonn  of  a 
butteräy.  Among  the  ancieuts,  whru  a  man  expired,  a  butterfly  appeared  flutter- 
ing  abüve,  as  if  raising  from  the  mouth  (s.  Ma»ou). 

•)  Leip-pya  könnte  die  bläuliche  Schildkröte  meinen.  Den  Siamesen  sind  die 
Phi-süa-nam  (die  schmetterlingsartig  bnntgefiirbten  Tigergeister  des  Wassers) 
dämonisch-feindliche  Erscheinungen. 

♦♦)  Die  im  Vindhya-Gebirge  lebende  Göttin  der  Bienen,  als  sie  in  einer  spä- 
teren Existenz  einem  Sterblichen  vermählt  war ,  pflegte  Nachts  ald  Bieue  fortxu- 


Dip  Schmottprlincrs-SeelP.  389 

begegnen,  so  entsetzt  sie  sich,  und  entflieht  entweder,  in  wel- 
chem Falle  die  Person  sterben  würde,  oder  kommt  so  rasch  zu- 
rückgelaufen, dass  Krankheit  folgt.  Aus  ähnlichem  Grunde 
wird  es  vielfach  für  schädlich  gehalten,  aus  dem  Schlum- 
mer plötzlich  zu  wecken.  Auch  die  Tagallen  hüten  sich, 
einen  Schlafenden  aufzurütteln,  da  die  Hälfte  seines  Geistes 
im  Traume  umherwandern  und  dadurch  an  der  Rückkehr  ge- 
hindert werden  könnte.  In  ihren  Wanderungen  kann  aber  die 
Leip-pya  nur  solche  Gegenden  besuchen,  wo  der  zugehörige 
Mensch  schon  früher  war.  Die  selbständig  umherwandemde 
Seele  sieht  auf  ihren  Irrfahrten  dieselben  Phantasie  -  Erschei- 
nungen, die  ihr  bei  den  Griechen  die  aus  des  Hypnos 
Palaste  hervortretenden  Traumgötter,  Icelus,  Morpheus  oder 
Phobetor  vorgaukelten.  Ist  der  Mensch  dem  Tode  nahe,  so 
öffnet  er  den  Mund  und  die  Leip-pya  kommt  hervor,  um  gleich- 
falls zu  sterben.  Eine  besonders  schwierige  Operation  ist  das 
Trennen  zweier  im  Leben  vereinter  Leip-pya  durch  die  Leip-pya- 
Khvae  genannte  Ceremonie,  wie  die  eines  Säuglings  von  der 
seiner  im  Kindbette  verstorbenen  Mutter.  Die  Belu  sind  Ogren 
oder  menschenfressende  Ungeheuer  mit  rothen  Augen,  deren 
Körper  keinen  Schatten  wirft. 

Der  Ing-Zaun-Nat  lebt  im  See  und  giebt  Fische,  wofür  ihm 
Reis  in  das  am  Ufer  stehende  Natschin  hingestellt  wird.  Ein 
summendes  Insect  heisst  Nat-hiiin  oder  der  trompetende  Dämon. 
Auch  zu  Paulus  Diaconus  Zeit  verkörperte  sich  der  Teufel  in 
Fliegengestalt,  gleich  dem  alten  Beelzebub.  Magari  ist  ein 
Thammadih-Nat  (ein  gutgesinnter  Dämon),  der  im  Hause  wohnt 
und  von  allen  Dingen,  Speisen  wie  Kleidern,  die  Erstlinge  erhält. 
Das  Paüa-^a  kennt  als  Asura-nat  den  Bhumma-iu-nat,  den  Ruk- 
kha-öo-nat  und  den  Vinipati-nat.  An  einer  andern  Stelle  führt 
es  aber  das  Reich  der  Asuren  (die  Asura-priü)  unter  dem  Mriö- 
mro-ru-taun  (Meru)  an  und  nennt  VaepaiMtta  als  den  Asureim- 
min.    Die  im  Fegefeuer  duldenden  Pretas  haben  bei  grosser  Ge- 


fliogen ,    nachdem  sie  ein  ihr  ähnliches  Schemen  in»  Bett  gelegt  (nach  dem  B«d- 
jatarangini). 


i 


390  Schwefi^yin  und  Sittang-myo. 

frässigkeit  einen  Mund  nicht  grösser  als  ein  Nadelöhr,  wiePlinius 
unter  den  Aethiopiern  eine  Klasse  naseloser  Geschöpfe  beschreibt, 
die ,  mit  zugewachsenem  Mund,  nur  durch  eine  ganz  kleine  Oeif- 
nung  athmen  und  ihre  Nahrung  durch  einen  Haferhalm  einziehen. 
Vielleicht  haben  die  Yankee,  wie  die  spiritualistische  Zukunfts- 
Religion,  auch  das  Schlürfen  des  Mint-julep  aus  der  Negerweisheit 
Afrika's  importirt. 

Als  wir  bei  einem  verfallenen  Zayat  anhielten  und  nach  dem 
kleinen  Kyaung  gingen,  der  nalie  dabei  lag,  fanden  wir  Niemand 
zu  Haus,  da  der  Pungyi  nach  Tongu  gegangen  und  seine  Abwe- 
senheit durch  zwei  im  Kreuz  vor  die  ThUr  gesteckte  Stöcke  be- 
zeichnet hatte.  DerFluss  strömte  hierdurch  eine  ununterbrochene 
Wildniss,  und  die  Nacht  überfiel  uns  zwischen  morastigen  und 
mit  hohem  Schilf  bewachsenen  Ufern.  Da  mit  Donnern  und  Blitzen 
ein  furchtbares  Unwetter  losbrach ,  legten  wir  uns  neben  zwei 
grosse  Kähne,  die  dort  geankert  hatten,  aber  die  Muskitos  fielen 
in  solchen  Schwärmen  über  uns  her,  dass  kein  Bleiben  war. 
Diese  Blutsauger  waren  nicht  die  scheuen,  flüchtigen  Insecten,  die 
die  leichteste  Bewegung  verscheucht,  sondern  sie  krochen  be- 
dächtig und  systematisch  an  den  Tüchern,  worin  man  sich  einge- 
wickelt hatte,  herum,  bis  sie  den  Eingang  fanden  und  dann  in 
Bataillonen  an  dem  llalskragen  hinein  und  am  Kücken  hinunter 
marschirten,  jeden  Schritt  mit  einem  Stich  begleitend.  Vertil- 
gung war  nutzlos,  da  wie  bei  den  Köpfen  der  Hydra  aus  jedem 
Ermordeten  sieben  liächer  erstiegen.  Die  Birmanen  haben  eine 
bewundernswürdige  Geschicklichkeit,  diese  Thiere,  auf  welchem 
Theil  ihres  nackten  Körpers  sie  sich  auch  finden  mögen,  durch 
einen  Klaps  mit  der  Hand  sicher  zu  treffen  und  zu  tödten.  Sie 
thun  das  so  mechanisch,  dass  sie  sich  in  andern  Beschäftigungen 
dadurch  in  keiner  Weise  stiJren  lassen,  und  meine  Bootsleute 
gaben  umschichtig  sich  einen  Klatsch  und  der  Schaufel  ein  paar 
Stösse  und  umgekehrt.  Diese  Nacht  indess  wollte  Alles  nichts 
helfen,  obwohl  sie  still  lagen  und  sich  mit  beiden  Händen  ver- 
theidigen  konnten.  Im  Gegentheil ,  meine  Diener  baten  mich 
flehentlich,  ^\e  weiter  rudern  zu  lassen,  um  nur  von  dieser  Mör- 
dergrube fortzukommen ,  und  ich  gab  es  zu.     Sobald  sie  aber  in 


Wirbel.  391 

die  frische  Prise  der  Strominitte  gekommen  und  weniger  gequält 
waren,  fiel  Einer  nach  dem  Andern  in  Schlaf,  so  dass  ich  die 
ganze  Nacht  genug  zu  thun  hatte ,  sie  anzurufen  und  wach  zu 
halten,  da  bei  den  im  Weisser  versteckten  Baumstämmen  die 
Schifffahrt  auf  demSittang  keine  unbedenkliche  ist.  Eine  andere 
Gefahr  droht  von  dem  Einstürzen  der  hohen  Bänke,  die  durch 
den  Wechsel  des  Strombettes  unterminirt  werden,  so  dass 
darunter*  hinfahrende  Boote  verschütten.  Auch  fürchten  die* 
Schiffer  die  plötzlichen  Wirbel,  die  kleine  Fahrzeuge  hin- 
unterreissen  können.  Am  andern  Tage  ereignete  sich  noch  ein 
Accident,  indem  der  an  Schiffsarbeit  nicht  sehr  gewöhnte  Rechts- 
gelehrte in  seinem  Eifer  mit  der  Schaufel  am  Wasser  vorbei- 
stiess,  und  statt  deren,  er  selbst  mit  einem Burzelbaum  kopfüber 
hineinschoss.  Doch  halfen  wir  ihm  bald  sich  wieder  heraus- 
krabbeln. 

Um  Mittag  sahen  wir  die  malerischen  Hügel  Schwegyin's 
vor  uns,  die  ein  fruchtbares  Kesselthal  in  ihren  bewaldeten  Armen 
umfingen.  Wir  glaubten  schon  angekommen,  aber  der  Fluss 
ist  dort  so  gewunden,  dass  er  mit  Kecht  den  Convulsionen  einer 
sich  krümmenden  Schlange  verglichen  ist.  Da  blieb  stets  eine  neue 
Ecke  zu  umfahren,  und  als  wir  schliesslich  ankamen ,  war  der 
Nachmittag  schon  ziemlich  vorgerückt.  Durch  falsch  gegebene 
oder  falschverstandene  Directionen  verlor  ich  viel  Zeit,  um  Adressen 
nachzusuchen,  die  sich  bei  schliesslichem  Auffinden  noch  als  ab- 
gereist erwiesen,  und  da  die  Nacht  nicht  warten  wollte,  so  rich- 
tete ich  mir  durch  absperrende  Vorhänge  ein  Zimmer  auf  dem 
schon  stark  mit  Reisenden  gefüllten  Zayat  ein. 

Als  ich  am  nächsten  Morgen  Capitain  Watson  in  den  Can- 
tonnements  aufsuchte,  hatte  derselbe  ein  leeres  Haus  neben  dem 
seinigen  für  mich  in  Bereitschaft  und  stets  einen  Platz  an  seinem 
gastfreien  Tisch.  Der  tägliche  Umgang  mit  ihm  und  seine  aus 
dem  Leben  gegriffenen  Mittheilungen  machten  mir  den  Aufent- 
halt in  Schwegyin  ebenso  angenehm ,  als  instructiv.  Der  Dritte 
im  Bunde,  und  ein  in  jeder  Beziehung  nur  Wünschenswerther 
Gesellschafter  war  Capitain  Dickey,  der  wegen  einiger  durch 
Irrsinn  ihres  eingebornen  Commaudanten  unter  den  Seapoys  aus- 


302  flchwpgyin  nnd  Sittang-myo. 

gebrochenen  Unordnungen   aus   Tongu   herübergekommen  war 
und  bei  Capitain  Watson  wohnte. 

Als  Besucher  kamen,  ausser  dem  Doctor,  häufig  Capitain 
Hill  herüber,  der  Inspector  der  Polizei,  eine  herkulische  Figur, 
die  sich  einem  Tiger  gewachsen  gezeigt  hatte.  Vor  einigen  Mo- 
naten ging  Capitain  Hill  auf  einer  Yisitationsreise  seinen  Leuten 
etwas  voraus,  nur  mit  einer  Reitgerte  in  der  Hand,  als  er  vor 
sich  unter  einem  Busche  die  leuchtenden  Augen  eines  Tigers  sah 
und  ihn  den  nächsten  Augenblick  auf  seinen  Schultern  fühlte. 
Er  hatte  im  ersten  Moment  seinem  folgenden  Diener  für  das 
Gewehr  gerufen,  als  aber  dieser  den  Hger  hervorspringen  sah, 
nahm  er  die  Flucht  und  aus  der  Ferne  wagte  keiner  zu  schiessen, 
um  nicht  fehl  zu  treflFen.  Capitain  Hill  hatte  die  furchtbare  Last 
desThieres  aufrecht  zu  tragen  und  er  stand  es  mit  Riesenkräften. 
Erst  als  nach  einigen  vergeblichen  Versuchen ,  ihn  umzuwerfen, 
der  Tiger  absprang,  verlor  er  das  Gleichgewicht  und  kollerte  mit 
seinem  Gegner  auf  der  Erde  herum.  Unfähig  aufzustehen,  setzte 
er  sich  doch  auf  Hände  und  Füsse,  den  Tiger  anguckend,  der 
nach  Art  des  Katzengeschlechts  seine  Beute  aufgab  und  entfloh. 
Der  Verwundete  lag  viele  Wochen  am  Tode,  und  noch,  als  ich 
ihn  sah ,  konnte  er  den  Kopf  nicht  zur  Seite  wenden ;  er  zeigte 
am  Halse  eine  breite  tiefe  Narbe,  in  die  ein  Ungläubiger  seine 
Finger  und  fast  die  halbe  Hand  legen  konnte.  Die  Raubthiere 
kommen  bis  in  die  nächste  Nachbarschaft  von  Schwegyin,  und 
Colonel  Blake  sagte  mir,  dass  er  einst  einen  Leopard  hinter  dem 
von  hohem  Gras  umgebenen  Hause  hätte  vorspringen  sehen ,  in 
dem  ich  wohnte.  Zu  den  wirklichen  Gefahren  dichteten  die  Ein- 
geborenen neue  hinzu.  Denn  als  ich  nach  dem  Bach  zum  Baden 
gehen  wollte,  warnten  mich  Hirtenjungen  vor  der  grossen 
Schlange,  die  erst  kürzlich  einige  Büffel  verschlungen  hätte, 
und  meine  Diener  machten  noch  lange  allerlei  Gerede  über 
den  dort  umherjschleichenden  Drachen,  wenn  sie  Wasser  holen 
sollten,  obwohl  ich  mich  täglich  zwei-  oder  dreimal  stunden- 
lang dort  in  der  kühlen  Fluth  erfrischte.  Capitain  Briggs,  den 
ich  in  Molmein  kennen  lernte,  wurde  einst  auf  der  Jagd  mit  den 
Hauern  eines  wilden  Elephanten  durch  seine  Kleider,  ohne  den 


Spieler.  393 

Körper  ZU  vervvuudeii ,  auf  die  Erde  gespiesst,  aber  durch  das 
Herbeikommen  seiner  Leute  befreit.  Capitain  Pollock  in  Tongu 
bekam  eines  Tages  die  Nachrieht,  dass  ein  llger  in  der  Nähe 
sei,  gerade,  Jils  ein  Elephant  mit  einer  Tracht  geschnittenen 
Grases  zum  Futter  zurückkam.  JCr  bestieg  denselben,  als  der 
Tiger  aus  einem  Busche  hervorsprang  und  den  Mahout  am  Fusse 
packte.  Durch  die  Unruhe  des  Elephanten,  fing  das  Gras  an  zu 
rutschen  und  der  Reiter  fiel  mit  ihm  zur  Erde,  aber- der  Tiger, 
durch  diesen  plötzlichen  und  unerwarteten  Vorfall  oder  Abfall  er- 
schreckt, entfloh.  Capitain  Watson  erzählte  mir,  dass  er  einst 
beim  Auscampiren  mit  seinen  Leuten  durch  einen  Schuss  geweckt 
wurde,  den  Einer  der  Soldaten  abgefeuert  hatte,  da  er  ein 
Röcheln  gehört  und  es  ihm  vorkam ,  als  ob  ein  Tiger  im  Lager 
gewesen  sei.  Die  Nacht  war  so  dunkel,  dass  weiter  keine  Nach- 
forschungen angestellt  werden  konnten,  aber  am  nächsten  Morgen 
fand  sich  in  der  That,  dass  ein  Mann  fehlte.  Den  Spuren  nach- 
gehend, fand  man  die  Perlen  seines  Halsbandes  umhergestreut, 
da  ihn  der  Tiger  wahrscheinlich  bei  der  Gurgel  gepackt  hatte, 
und  weiterhin  auch  Ucberreste  der  Kleider.  Die  beste  Beschützung 
liegt  darin,  stets  eine  Menge  Hunde,  grosse  oder  kleine,  um  sich 
zu  haben,  da  diese  auf  allen  Seiten  das  Gebüsch  durchstöbern 
und  sobald  sie  etwas  Feindliches  merken  sollten,  eiligst  zurück- 
gelaufen kommen.  Capitain  Hill  traf  einmal  auf  einer  seiner  Inspec- 
tionsreisen  nordwestlich  von  Tongu  ein  förmlich  von  Tigern  ausge- 
fressenes Dorf,  wo  sich  die  übergebliebenen  Bewohner  nur  dadurch 
schützten,  dass  sie  ihre  Häuser  noch  höher  wie  gewöhnlich 
bauten  und  Nachts  die  Treppen  zu  sich  hinaufzogen.  Der  Tiger 
erweist  sich  dort  also  in  der  That  als  derBun-Rajah,  der  Gebieter 
der  Wälder,  wie  ihn  die  Coles  nennen.  In  der  Nähe  eines  Tiger- 
Reviers  halten  sich  stets  viele  Pfauen  auf,  die  von  ihren  Excre- 
menten  aasen  und  selbst  zur  Beute  dienen.  Die  Hauptnahrung 
der  Tiger  sind  die  wilden  Schweine. 

Die  Birmanen  sind  jeder  Art  von  Hazardspiel  leidenschaft- 
lich ergeben,  und  die  englischen  Gerichte  sind  stets  damit  be- 
schäftigt, falsche  Spieler  zu  bestrafen.  Eins  der  verbreitetsten 
Spiele  ist  das  Anitaun   (rothgeflügelt)  genannte ,   das  in  einem 


394  Schwegyin  und  SitUng-myo. 

messingnen  Cubus  besteht,  worin  sich  ein  anderer  befindet,  um 
in  dessen  Höhlung  einen  Würfel  zu  legen,  der  je  nach  der  Seite, 
wohin  er  beim  Wegnehmen  der  Bedeckung  seine  rothen  oder 
schwarzen  Seiten  richtet,  gewinnen  oder  verlieren  macht.  Capitain 
Watson  zeigte  mir  einen,  den  ex  einem  Gauner  hatte  wegnehmen 
lassen,  mit  doppeltem  Boden,  wo  sich  der  Würfel  nach  dem  Ein- 
legen durch  eine  versteckte  Feder  bewegen  Hess.  Ein  anderes 
Spiel  ist  das  Kyohzvay  genannte ,  wobei  ein  Stock  in  die  Win- 
dungen eines  künstlich  gedrehten  Strickes  gesteckt  werden  muss 
und  wenn  er  die  richtige  Verflechtung  verfehlt,  so  dass  sich  der 
Knäuel  um  ihn  herum  auszieht,  verloren  macht. 

Ein  Spaziergang  in  der  Umgegend  Schwegyin's  führte  mich 
zu  der  octogonalen  Pagode  Phaya-gyi,  die  auf  waldiger  Fels- 
klippe von  hohen  Gebirgen  umgürtet  wird,  und  auf  den 
durch  die  grüne  Laubsee  sich  hindurchwindenden  Fluss  blickt. 
Eine  sehr  malerische  Lage  war  die  des  sogenannten  Cireuit- 
Hauses,  ein  Gebäude,  wie  es  sich  in  der  Provinz  Pcgu  in  den 
meisten  Städten  oder  Flecken  findet,  um  dem  englischen  Beamten 
bei  seinen  periodischen  Inspectionsreisen  ein  Logis  zu  bieten. 
Dm  inSchwegyin  war  auf  einer  Kuppe  gebaut,  über  einen  Seiten- 
arm desSittang  überhängend,  und  von  den  Baikonen  blickte  man 
in  zwei  enge  Flussthäler  hinab,  die  sich  mit  ihren  Silberstreifen 
durch  das  in  dichter  Fülle  wellige  Hügel  überdeckende  Grün  der 
üppigen  Vegetation  hindurchdrängten. 

Schwegyin-myo,  das  bei  den  Talein  Don-Sattit  heisst,  führt 
seinen  birmanischen  Namen  von  den  Goldwäschereien,  die  früher 
dort  betrieben  wurden  und  mitunter  noch  jetzt  (etwa  15  Rupien 
pr.  Monat  gebend).  Khvjie-kyin  meint  Gold  (rhvae  oder  schwe) 
auszusichten.  In  alten  Zeiten  soll  die  Umgegend  mit  Lawas  be- 
siedelt gewesen  sein,  die  aber  jetzt  verschwunden  wären.  Dann 
kamen  die  Karen  aus  ihren  Hügeln  nach  dem  Fluss  herunter  und 
lebten  in  Fischerdörfern  auf  der  Stelle ,  wo  später  die  Süidt  er- 
baut wurde.  Die  noch  die  umliegenden  Wälder  bewohnenden  Karen 
sind  gewöhnlich  als  Toun^j^-joh  Toung-jah  bekannt.  Sie  verferti- 
gen wasserdichte  Lastkörbe  durch  Bestreichen  mit  einem  schwar- 
zen Firniss  (sitzae),  der  durch  Anbohren  des  Baumes  ausfliesst 


k 


Der  Klostt'inbt.  895 

An  einem  der  Landungsplätze  des  Flusses  steht  der  Nat-Tenipel 
Schwegyin's  mit  demSehutzgottder  Stadt,  der  auf  einem  Elephan- 
teu  reitet. 

In  einem  der  Kyauug  schenkte  mir  der  Abt  (Kyaung-ne- 
puggol)  das  Paramatta-Miaezu,  einen  compendiöseu  Auszug  des 
Abhidhamma,  der  den  Parfüm  der  Wissenschaft  gleich  der 
Miaezu  genannten  Rose  concentrirt.  Andere  Bücher,  die  ich  ge- 
legentlich doli;  sah,  war  das  in  Lenga  geschriebene  Buch  Paun- 
taugyi  (das  grosse  Königsfloss)  oder  Thinbo-Hlay-Naua,  das  in 
neun  Blättern  des  Anet  über  die  Meggas,  Tugenden  und  Sünden 
(Verdienst  und  Verlust)  und  den  Weg  zum  Nibpan  handelt.  Dtvs 
Buch  Dscit-peiu-thauka  ist  eine  psychologische  Abhjvudlung,  die 
durch  Schemakatissa  aus  dem  Abhidhamma  ausgezogen  wurde. 
Einen  Auszug  aus  der  Vinya,  über  die  den  Pungyi  verbotenen 
Sachen,  verfertigte  Setanamiih,  der  Myothougyi  von  Taundvin, 
unter  dem  Titel  Mula-Thikkha.  Der  abgekürzte  Auszug  ihrer 
Pflichten  im  Patimouk  enthält  4  Ingas  im  Anet;  das  Abhidhan 
genannte  Lexicon  umfasst  einen  Inbegritf  mythologischer  Aus- 
drücke. Bei  den  angeseheneren*)  Pungyi  ist  der  tägliche  Bettel- 
gang nur  eine  blosse  Förmlichkeit.  Sie  besuchen  ein  paar  der 
nächstliegenden  Häuser,  indem  ihnen  ein  Knabe  den  Almosen- 
topf nachträgt,  und  kehren  dann  in  dfis  Kloster  zurück,  wo  sie 
von  ihnen  befreundeten  Laien  hergesendete  Speisen  finden,  meist 
mit  allen  Delicatessen  der  Saison,  so  d.ass  der  in  dem  Almosentopf 
zusammengeworfene  Reis  den  Hunden  hingeschüttet  wird.  Um 
den  Eifer  warm  zu  halten ,  begiebt  sich  der  Pastor  zuweilen  zu 
seinen  Gebern  und  wiederholt  ihnen  die  fünf  Gebote  oder  andere 
Theile  des  Gesetzes. 


•)  Je  heiliger  der  Empfänger ,  um  so  grösser  das  Verdienst.  So  lehrt  Bhn- 
gavant  im  GnzeUenw.ald  von  Rshipatana:  Wenn  man  100  gewöhnlichen  Menschen 
Nahrung  giebt,  so  ist  das  nicht  so  viel,  als  wenn  man  sie  Einem  Treflfliehen  giebt, 
und  fahrt  in  der  Gleichung  fort,  dass  10()0  Treffliclic  Einem  Kenner  der  5  Lehr- 
gebote, 10,000  Solcher  einem  (^mtapanna,  100,000  dieser  Einem  Sakrdagamin, 
1,000,000  dieser  Einem  Anagamin,  10,000,000  dieser  Einem  Arhaut,  100,000,000 
solcher  P^inem  l'ratjekabuddha  entsprechen  und  das  Verdienst,  1000,000,000  Pra- 
tjekabuddha  zu  ernähren,  durch  das  aufgewogen  würde,  Einem  Buddha  ein  Mit- 
tagsmahl zu  bereiten  (s.  Schiefner). 


39 n  Schwejo'in  nnd  Sittang-myo. 

Bei  dem  Gebote  der  Möncbe,  nur  von  fremden  Almosen  zu 
leben  und  jede  ihnen  dargebotene  Speise  anzunehmen,  ergehen 
sieh  die  Buddhisten  gern  in  Ausmalung  der  widerlichen  und 
ekelhaften  Sachen,  die  ihren  Heiligen  verabfolgt  werden  und 
woran  dieselben  ihren  Hunger  gestillt  hätten.  Sie  bilden  darin 
den  geraden  Gegensatz  zu  den  Brahmanen,  die  nur  die  reine 
Frucht  der  Erde,  wie  sie  von  ihren  eigenen  Händen  allein  behan- 
delt und  zubereitet  ist,  geniessen,  und  deren  Beispiel  von  dem 
Reisenden,  der  mehr  als  ihm  lieb  ist,  sich  um  die  Geheimnisse 
der  Küche  zu  kümmern  hat,  oftmals  gerne  nachgeahmt  w^Urde 
und  auch  bei  uns  an  Solchen  Vertheidiger  finden  möchte,  die  sich 
durch  genauere  Inspection  der  Bäckereien  den  Appetit  verdorben 
haben. 

Die  Buddhisten  kennen  die  Veda's ,  aber  nicht  unter  ihren 
heiligen  Schriften,  indem  sie  dieselben  vielmehr  als  eine  Klasse 
magischer  Bücher  aufzählen.  Sie  dissentiren  von  den  diese  als 
Offenbarungen  anerkennenden  Brahmanen  nur  insofern,  als  sie 
den  darin  vorgeschriebenen  Opfern  die  Kraft  der  Erlösung  ab- 
sprechen. Dieser  Gegensatz  ist  indess  kein  principieller,  da  die 
philosophischen  Systeme  der  Brahmanen  selbst  solche  Ceremo- 
nieen,  wie  die  Buddhisten  die  Tugenden  äusserer  AA'erke,  auf  die 
untergeordnete  Fähigkeit  beschränken,  eine  Seligkeit  sinnlicher 
Himmelsfreuden  zu  verschaffen,  während  die  endliche  Befreiung 
der  Emancipation  oder  Annihilation  in  dem  Keifen  der  Geistes- 
thätigkeit  allein  erlangt  wird. 

Ich  machte  die  Bekanntschaft  eines  gelehrten  Zea,  der  aus 
Ava  nach  Schwegyin  gekommen  und  dort  als  das  Orakel  der  Stadt 
galt.  Er  war  auch  in  der  That  in  allen  Fächern  seines  Wissens 
wohlbewandert,undvcrschaffte  mir  verschiedeneBücher,  besonders 
historischen  Inhalts.  Bei  der  Seltenheit  von  Büchern  entschliesst 
sich  ein  Birmane  immer  nur  schwer  zum  Verkaufe  eines  Exem- 
plares,  leiht  sie  aber  mitunter  gern  gegen  eine  kleine  Vergütung 
aus.  Ich  etablirte  deshalb  auf  der  Verandah  meines  Hauses  eine 
Copistenstube,  und  da  die  Zeit  meines  Aufenthaltes  nur  eine  be- 
schränkte sein  konnte,  musste  auch  Moung  Schweb  und  der  ge- 
lehrte Koch  mithelfen ,  so  dass  wir  Alle  genug  zu  thun  hatten. 


Krankendiät.  397 

Der  ganze  Pitakat  ist  selten  in  einem  einzigen  Kloster  beisammen, 
aber  in  Maudalay ,  wo  er  sieh  in  den  königlieben  Bibliotheken 
findet,  würde  eine  complete  Abschrift  keine  Schwierigkeit  haben. 
Ich  stand  auch  gegen  Ende  meines  Aufenthaltes  im  Palaste  mit 
einigen  der  Archivare  darüber  in  Verhandlungen  und  würde  es 
nur  eine  Frage  der  Zeit  und  des  Geldes  gewesen  sein. 

An  Besuchen  fehlte  es  nicht.  Theils  statteten  mir  die  Pun- 
gyi's,  die  ich  in  ihren  Klöstern  aufgesucht  hatte,  Gegenbe- 
suche ab,  theils  kamen  Bürger  aus  der  Stadt  oder  Regierungsbe- 
amte der  Eingeborenen,  um  ihre  Aufwartung  zu  machen.  Ein 
Arzt  beschrieb  mir  die  schlimmen  Folgen,  die  Genuss  von  Hühner- 
fleisch in  Krankheiten  haben  kann.  Der  Patient  fällt  in  Krämpfe 
und  alle  seine  Glieder  werden  hart  zusammengezogen.  Die 
Säuglinge  erhalten  statt  der  Mutterbrust  mitunter  die  Su-ngay-za 
hnet-pioh  (das  Klein  -  Kinder  -  Essen)  genannte  Banane.  Wenn 
ein  kranker  Birmane  einen  schlechten  Geruch  (uyau-mi)  verspürt, 
dann  ist  die  Prognosis  eine  fatale.  Der  Aussatz  wird  durch  einen 
Teufel  verursacht,  der  sich  Madeja  nennt.  Gautama  Hess  die  gram- 
matischen Bücher  abfassen,  damit  nicht  die  in  die  Wälder  zurück- 
gezogenen Priester  durch  falsche  Aussprache  die  Kraft  der  Gebete 
vernichteten. 

In  den  letzten  vier  Welten  der  Byamma  fehlt  der  Körper, 
weil  in  früherer  Existenz  mit  einem  siechen  oder  verstümmelten 
Körper  Behaftete  den  Wunsch  gehegt  hatten,  ihn  los  zu  werden. 
In  der  elften  Welt  fehlt  das  Gefühl,  weil  den  Leidenschaften  Unter- 
worfene um  die  Befreiung  von  denselben  gebetet  hatten.  Von 
den  84,000  Dhammakhanda  sind  21,000  in  dem  Vina-Pitakap 
(Pitakau  oder  Gefäss),  21,000  in  dem  Suttan-Pitakap  und  42,000 
in  dem  Abhidhamma-Pitakap  enthalten.  Bura-laun  giebt  es  drei: 
Ukkittitaüu,  VipaüÜtaüu  und  Neyia.  Nach  Schmidt  unterschei- 
den die  MahajanaSutra's  in  Buddha  3  Naturen :  der  Verwandlung, 
der  vollkommenen  Herrlichkeit  und  der  verborgenen  Eigenthüm- 
lichkeit.  Erklärung  der  Vorschriften  in  der  Vinya  giebt  das 
Buch  Atava.  In  den  Klöstern  wird  besonders  der  Zutava  aus 
der  Vinya  gelesen.  Die  von  Gautama  den  Candidaten  des  Mönch- 
standes  gegebenen  Regeln  finden  sich  im  Uddathika  von  Aschin- 


398  Schwegyin  und  Sittanfi^-myo. 

dhainmathiripaya,  der  gewöhnlichste  Katechismus  der  Vinya 
(Viuya  akyaykaun)  ist  die  Gandasayakasi.  Die  höhere  Priester- 
schaft war  meistens  noch  birmanischer  Nationalität,  doch  traf  ich 
später  inMohnein  und  der  Nachbarschaft  auch  eingeborene  Talein 
als  Achte  oder  Vorsteher  von  Klöstern. 

Im  Talcin  -  Pitakat  werden  die  (Byamma)  Bramha  der  Bir- 
manen (aus  dem  Pali)  Bronghma  (Proma)  genannt  und  im  Anet 
heissen  sie  Brlln  (Ata  oder  Anet-PrUn),  was  ebenso  zur  Bezeich- 
nung der  Byammapieh  (der  Himmel  der  Bramha)  dient.  Deva 
bleibt  im  Talcin  unverändert.  Die  sechs  Natpieh  oder  Götterhim- 
mel (Tingplio  oder  LUngpho)  sind  im  Talein  die  folgenden: 
1 )  Yctaumarat.  2)  Tevadehn.  3)  Jimmeah.  4)  Thouksaketan. 
5)  Nimeseteik.  6)  Paramitah,  und  im  Birnmnischen  (die  Natpieh 
schauk-tat) :  1)  Djathumahayat.  2)  Thavathingta  (DevadUngsa). 
3)  Yama.  4)  Thuththitha  (Tu^sita).  5)  Neimmanarathi.  6)  Para- 
nipmiliavasavathi.  Im  Sanscrit  wird  Natha  unter  den  Göttern 
besonders  auf  Siva  angewendet,  mit  Nebenbeziehung  zu  Linga. 
Die  Natpieh  schauk-tat  werden  als  LUngpho  Talapun  Übersetzt, 
die  Byammapieh  nazei-pon  als  PrUhn  pasapun  und  die  Byammji- 
pon  tazeischauk-pon  als  PrUhn  tegasapun.  Nach  der  Weltschöpfung 
stiegen  vier  Prühn  oder  Brllhn  auf  die  Erde  nieder.  Die  Autori- 
täten bei  Purchas  hatten  von  den  Siamesen  gehört,  dass  bei  der 
letzten  Weltzerstörung  zwei  Eier  Übrig  geblieben  seien,  woraus 
bei  der  neuen  Schöpfung  das  Menschenpaar  eines  Männchens  und 
Weibchens  ausgekrochen. 

Die  Spitze  des  {^'akya-Systems  bildet  die  Bhavek  oder  Bha- 
vegga,  und  als  die  dreiBhava  werden  die  Kama-bhava  (die  Welt 
der  Begierden),  die  Kupa-bhava  (die  Welt  der  Formfarben)  und 
die  Arupa-bhava  (die  formlose  Welt)  unterschieden.  Die  Jaina's 
theilen  die  Höllen-Kegionen  nachBhuvanas  ein.  DieNepaulesen, 
die  nnchHogdsonAdhibuddha  seinen  Sitz  inAkhanista,  der  höch- 
sten der  Uupa-Weltcn,  anweisen,  schieben  zwischen  sie  und  die 
Übrigen  Byamha- Welten  noch  die  10  oder  13  Regionen  (Bhuwa- 
nas  oder  Bhon)  der  Bodhisatwa  ein.  Sie  bezeichnen  die  sechs 
unteren  Götterhimmel  als  dem  Vischnu  unterworfen  und  für  den 


i 


Der  Üötterkönig.  399 

Aufenthalt  seiner  Anhänger  bestimmt,  wie  sich  der  Buddhismus 
überhaupt  in  seinem  mythologisch -historischen  Theil  an  die 
Vischnusecte  anschliesst,  während  die  ZufUgung  der  religiösen 
Extase  zum  Theil  dem  Sivadienst  entnommen  ist  und  so  (nach 
Schmidt)  das  erste  Dhyana  die  Regionen  der  drei  Isvara*)  in 
sich  begreifen  lässt.  Die  Birmanen  haben  die  Regierungsver- 
fassung ihrer  Nat-Himmel  in  mehrfacher  Weise  umgestaltet.  In 
den  religiösen  Büchern  wird  von  dem  frommißu  Maga  gesprochen, 
der  mit  seinen  Gefährten  in  die  Götterhalle  hinaufsteigt  und  die  be- 
trunkenen Insassen  sammtdcm  alten  Indra  zum  Tempel  hinauswirft. 
Sanscritisch  führt  Indra  das  EpithetMaghavan  oder  der  Mächtige. 
Die  Historiker  verkörpern  gern  den  mitdem  Öakya-mifi  (Öakra-MiÄ 
oderllerr  der  Sekya-WaflFe)  als  Weltbeherrschcr  identificirten  Sak- 
yamin  (Sakhyamin  oder  Thagyamin)  oder  Sakramiii  in  dem  Ur- 
ahnen des  irdischen  Königsgeschlechts,  und  obwohl  er  nur  in 
Trajastrinsa  oder  günstigen  Falles  in  Tushita  regieren  sollte,  so 
steht  er  doch  erhabener**)  da,  als  der  in  weit  höheren  Welten 
weilende  Brahma,  und  scheint  auch,  als  muthiger  Vorkämpfer 
der  wahren  Religion,  vonderUnterthanenpflicht  gegen  den  ketze- 
rischen Mara***)  befreit  zu  sein,  der  im  kosmologischen  Gebäude 
noch  immer  über  ihm  thronen  sollte.     Dieser  Mara  (May'  oder 


•)  Die  Dordschc-tschodpa  oder  Wndschratschtschedaka  genannte  Mahayana- 
Sutra  bezeichnet  das  erste  in  den  siebzehn  Göttergebieten  der  Farbenwelt  (der 
Welt  der  Gestalten)  als  das  der  Götter  vom  reinen  Geschlechtc  Iswara's,  nämlich 
die  Region  der  Götter  des  heilt^pendenden  Iswara,  die  Region  der  Götter  des 
Alles  umfassenden  Iswara  und  die  Region  der  Götter  des  grossen  Iswara. 

**)  Maheswara  or  Siva  and  Hrahma  are  at  present  Dcvatas,  bat  are  inferior 
in  rank  and  power  to  Indra  who  is  the  ehief  of  all  the  happy  beings,  that  reside 
in  Swarga,  bemerkt  Buchanan  von  den  Jainas.  The  Devatas  are  servants  of  the 
Siddha,  who  reside  in  the  heaven  called  Mocsha. 

***)  Mara  wird  im  Birmanischen  wegen  des  finalen  R  Man  ausgesprochen, 
wie  man  (mana)  oder  Stolz.  Als  die  Tschaträri  purva  •  pranidhäna  -  padäni  oder 
ersten  Sehritte  zur  Welterlösung  nennt  Lenz  (nach  dem  Laiita  vistara)  vier  Pflich- 
ten der  Buddhen :  celle  de  delivrer  les  hommes  de  Tesclavage  de  leurs  passions, 
Celle  d*ouvrir  leurs  yeux  k  la  lumiere  de  la  sagesse  (pradjna),  cellc  de  renverser 
r^tendard  de  Tögoisme  (mana),  celle  de  leur  communiquer  la  vöritable  religion 
(Dharma). 


400  Schwegyin  nnd  Sittang-myo. 

Marau)  kreuzt  nicht  nur  beständig  den  Weg  des  lehrenden  Bud- 
dha, sondern  hat  sich  schon  als  sein  Feind  bewiesen,  indem  er 
ihn  in  der  Avatara  mit  dem  selbst  den  embryonalen  Buddha's  bis 
zum  letzten  Augenblick  völliger  Reife,  wenn  sie  bei  der  Trans- 
figuration  ihr  Anekajati  sansaran  (keine  weltliche  Geburt  mehr) 
rufen  kCmueu,  immer  noch  gerährlicheu  Sinnen-Körper  bekleidete. 
Die  Mutter  derBuddhen  und  Heiligen,  die  stets  nach  der  Geburt*) 
sterben  müssen,  werden  deshalb  auch  eigentlich  nur  mit  miss- 
trauischen  Augen  angesehen ;  der  glaubenskräftige  Moggala  hat 
die  grösste  Noth,  die  seinige  aus  den  Klauen  der  Höllenwächter  ♦•) 
zu  erzwingen  und  kann  ihr  durch  alle  seine  Verdienste  keine 
bessere  Wiedergeburt  erwirken,  als  in  einem  schwarzen  Hund 
mit  rothen  Augen.  Die  Mutter  des  höchsten  Buddha  hat  man 
zwar  aus  Höflichkeit  glimpflicher  behandelt,  und  sie  später  in  einem 
Ansatz  zur  Marialatrie,  selbst  zur  Mayadevi  gemacht,  aber  es 
bedarf  doch  noch  immer  einer  besonderen  Himmelfahrt  ihres 
Sohnes,  um  ihr  Seelenheil  zu  sichern. 

Die  verschiedenen  Metren  der  Linga  sind  Phyo  (4  Sylben), 
Kabya  (4  Sylben),  Yadu  (6,  4  S.),  Yagan  ((>,  4  S.),  Luta  (4  S.), 
Aeghyin  (4,  5,  6  S.),  Hmaugvan  (4,  6  S.),  Peikzum  (4  S.),  Sag- 
ghyin  (4,  5,  6S.),  Baeghyin  (4,  5,  6),  Laekyo  (4S.),  je  nach  dem 
Gegenstande.  Lieder  von  3,  4  oder  5  Sylben  sind  Loinghyin, 
Ngoghyin,  Pvaeghyin,  Kyoghyin,  Zanzan,  Thaethep.  Der  Waffen 
sind  drei  Arten,  dem  Krieger  Schwert,  Speer,  Bogen  und  Pfeil, 
dem  Gelehrten  seine  Bücher,  dem  Reisenden  die  Provisionen  des 
Weges.     Von  den  vier  grossen  Waffen  gehört  die  Vara£einleknek 


•)  Sprichst  Du  :  „Er  war  in  dem  Leibe  eines  Weibes,  spaltete  die  Matter 
und  kam  auf  Erden**,  so  erwiedere  ich :  .,Er  hat  seine  Mutter  getödtet*,  bemerkt 
*(in  der  tamulischen  Widerlegungsschrift)  derSiwait  dem  Buddhisten  (s.  Graul  \. 

**)  Ihm  fehlte  die  kräftigte  Formel  des  Maui-Padme,  mit  der  Dschäschik  die 
ganze  Hölle  ausleerte.  Doch  füllte  sich  diese  so  rasch  wieder,  dass  er  an  seiner 
nutzlosen  Danaiden-Arbeit  verzweifelte  und  die  Strafe  des  gebrochenen  Gelübdes 
duldete,  indem  sein  Kopf  in  10  Stücke  zersprang.  Die  mittelalterlichen  Missio- 
näre geben  sein  Bild  in  einer  Form,  die  durch  die  anfgethurmte  Kopfpyramide 
an  die  Figur  des  wendischen  Kugiwit  erinnert.  In  Siam  ist  diese  Darstellungsart 
bei  Rawnna  oder  Thossakam  gebi-auchlioh. 


Malerfarben.  401 

demSikranatmiökriydieRhalyapkaaleknekdemVasayarau-natmiü, 
dieMytöilekuek'dem  Ramamifi,  dieKeiyrusaupu^hoIeknekdeni  Ala- 
vakabilu.  Kräftige  TaKsmane,  Öama  genannt,  werden  durch  gewisse 
Verbindungen  der  Buchstaben  fe,  v,  1  und  dh  gefertigt.  Die  Maler 
(Panghietamih)  bedienen  sich  der  gelben,  blauen,  rothen,  schwar- 
zen, weissen,  braunen  Farbe  und  niischen  das  Grün  aus  der  gel- 
ben (zaendan)  und  der  blauen  (maeneh)  zusammen.  Der  Kama 
Yakan  wurde  zuerst  durch  Moung  Tov  oder  Ounto  in  5  Ingas 
gesehrieben  und  später  in  Amarapura  fortgesetzt  und  erweitert 
durch  Moung  Poo  oder  Moung  Na.  Zuul  Hexenmeister,  Öun,  ge- 
hört die  Hexe  Öun-ma,  und  eine  Frau,  die  7  Söhne  oder  7  Töch^r 
in  ungemischter  Reihenfolge  geboren,  ist  dazu  besonders  befähigt, 
als  ÖhiÄ-kviÄ.  Im  Siamesischen  heisstHexeDeng,  dieRothe,  wie 
dieKobaloi  oder  Kobolde  Browni  bei  den  Schotten.  Gefeite  Plätze 
im  Walde  sind,  wie  der  Diwiza-gora  bei  Kasan,  von  den  Nat- 
tfaamih  bewohnt,  die  irrenden  Rittern  eben  so  gefährlich  werden, 
wie  die  Elfen  dem  König  Harald.  Als  Gespenster  treiben  sich 
die  Öaiii^heh  oder  Tai^i^heh  (Ta^^heh)  umher,  und  wenn  sie 
riesige  Formen  annehmen,  heissen  sie  Cac^fcheh - üpaka.  Im 
Gegensatz  zu  den  Salasa-pyih  oder  Solotnakhon  (den  zaekhauk 
oder  l&^Städten)  des  Mittelreiches  (Mi^^jamateik  oder  Mii'yiima- 
dhesa)  plSegen  die  Birmanen  die  von  ihnen  bewohnten  Länder  als 
Dsanaput  (Janabut)  zu  bezeichnen ,  und  auf  meine  Frage  nach 
der  Bedeutung  dieses  Wortes  wurde  mir  von  einem  stets  Erklä- 
rungsfertigen gesagt,  dass  Dsana  Menschen  meine  und  but  wenig 
iin  Anet,  so  dass  das  Ganze  eine  spärlich  bevölkerte  Gegend  be* 
zeichnet  (Janapada,  oder  von  Menschen  betreten,  im  Gegensatz 
zu  Buddhapada).  Diese  wüsten  Gebiete  werden  auch  als  Piitzin- 
dadetha  zusammengefasst.  Von  der  Patisanda  sind  drei  Arten, 
die  Entstehung  au^  Eiern,  aus  Eltern  und  aus  Bäumen.  Ausser- 
dem giebt  es  die  elternlosen  Upapat,  die,  so  oft  sie  auch  in  die 
Hölle  gestossen  werden,  immer  wieder  kommen.  Die  Bhummi- 
rek  oder  Bhummi-i^hattara  (Shastra  der  Erde)  lehrt  die  Grund- 
säü:e  des  Schätzgrabens.  Die  Tajet  besuchen  mitunter  Birma 
als  Händler,  denn  der  Gebrauch  der  Waffen  und  Krieg  ist  in 
ihrem  Lande  (gleich  in  dem  der  glücklichen  Hyperboräer)  unbe- 

BmUmh,  OitMien.     II.  2B  * 


402  Schwecryin  und  Hitomg-rayo. 

kanat.  Die  Schau  dagegen  zerstörten  da»  Land  der  Myamma. 
Nat  meint  etwas,  was  sieb  genau  im  höchsten  Zustande  der  Voll- 
eudung  und  Gute  befindet,  wesball)  z.B.  wenn  der  Beis  ganz  gar 
und  zum  Essen  fertig  ist,  derselbe  Natte  genannt  wird;  daraus 
wird  der  Name  Mat  hergeleitet,  als  Geister  im  höchsten  Geuuss 
bestündiger  Freudenseligkeit  (Natha  oder  Herr).  Auch  im  Siume- 
siscben  Imt  Nak  die  Bedeutung  von  etwas  Vollendetem  und  Nak-f 
pnit  meint  z.B.  den  Gelehrten,  wie  Plato  daifukrv  von  öarjiuoyp  her- 
leitet, Saiitoi^i^Cj  Ol  \}€oi^  iujqnovhg  ring  ovztg^  olov  hfi7T€iQ0i 
(Hesychius).  Nat  hat  die  dreifache  Ikdeutung  wie  (nach  Kowa- 
Icwsky)  Tcngri  oder  Tcgri  im  Mongolischen,  nämlich:  1)  gt^nie 
du  cid,  2)  divinite  und  8)  esprits  terrestres  et  Celestes  bons 
ou  mauvais.  Die  Nat  füllen  alle  Theile  der  Natur,  wie  die 
sich  der  Agotkonals  Medium  bedienenden  Manutti  bai  den 
Irokesen. 

DerZodiaeus  heisst  Kasi-i^ek  (der  Kreis  der  Monats))erioden) 
und  die  meisten  Namen  entsprechen  den  indischen,  wie  Sein  (Löwe) 
dem  Siiiha,  Kum  (Wassertopf)  dem  Kumba,  Meisa  (Ziege)  der  Mesa 
u.  s.  w.  Die  Zwillinge  der  Medhun  (mituna)  werden  durch Paun- 
pho-khyicn  übersetzt,  was  geschlechtliche  Vereinigung  aus- 
drückt. Nach  den  27MoudbehausungenderNakshatra  (Nakkhat) 
oder  Nakkattan,  als  Asavayih,  Bhara^ih,  Kuttika,  fiauhanih, 
Migasih,  Adara,  runijLabuhsyuh,  Phusya,  Asalisa,  Mahga,  Prup- 
pahbharaguimih ,  Uttarahtaraguiniih ,  Ilasada,  Öitara,  Svahdih» 
Visakhah,  Anurahda,  Jedamuhla,  Pruppasana,  Uttarahsaua,  Sara- 
vana,  Dhauasiddhi,  Sattabissya,  Pruppaparapeik,  Uttarahparapeik 
und  Kevatih  werden  die  neun  Constellationen  der  Tahrah  (ko- 
luii)  angeordnet,  Kaka,  Kyihtahrah ;  Hansa,  UiAsatahrah ;  Kak* 
kafa,  Pu^'vintahrah;  Tuhlah,  Kyintahrah;  Öuhla,  Öhankliyintahrab; 
KevattA,  Tautohtahrah;  Uatti,  Ohintahrah;  AsMah,  MriAtahrah; 
Bakau,  Byeiiltahrah  oder  die  Constellationen  des  Haben,  des 
Schwans,  dos  Krebses,  der  Wage,  des  Diadems,  des  Fisches,  des 
Elephanten ,  des  Pferdes ,  des  Beihers.  Die  Wahrsager  heissen 
Nimeit-(ihek-Chara,  als  auf  dem  Nimcit  (NimittaA)  oder  Puppa- 
Nimeit  ihre  Aussagungen  begründend.  Solche  Wahrsager,  die 
die  verwickelten  Hiuimelsbcrechuungen  nicht  verstehen,  begutt- 


k 


Konigdreihen.  4()3 

gen  Bicb  loit  den  Omen»  die  in  den  verschiedenen  Naturreichen 
der  Erde  zu  beobachten  sind,  '.lud  es  findet  »ich  auch  mitunter  ein 
Tiresias,  dem  neine  Ohren  genugsam  gereinigt  sind,  um  die 
Sprache  der  Vögel  zu  versteheni 

Der  Mahayasuen  zählt  in  7  Berechnungen : 

5000  —  9000  —  10,000  —  10,000  -  21,000  —  30,000  — 
40,000,  zusammen  125,000  Könige, 

und  in  2  Berechnungen : 

150,000  —  00,000  -  70,000  -  -  80,000  —  90,000  -^  20,000  — 
10,000  —  50,000  —  57,000,  zusammen  587,000  Könige  auf. 

Sonst  werden  im  Ganzen  ron  Mahasamata  bis  Gautama 
334,5ü9  Könige  gezählt.  £s  ist  der  Stolz  der  FUrsten-Familien 
in  den  Königreichen  Hinter-Indiens,  ihre  Dynastie  an  die  Reihe 
der  Mahathammada  s  (der  grosse  Gesetzgeber)  oder  Mahasama- 
ta's  (der  einstimmig  Erwählte)  anzuknüpfen ,  und  in  ihren  Ge- 
schichten sucht  man  diese  Verbindung  oft  durch  die  complicir- 
testen  Abenteuer  zu  ermöglichen. 

Während  bei  den  Buddhisten  nach  dem  Genuss  des  Sa- 
leh*)  der  in  den  späteren  Repräsentationen  des  Asoka  wieder 
erscheinende  Mahathammada**)  gleich  dem  medischen  Dejoces 
als  König   erwählt  wird,   tritt   im  Dabistan,   König  Mahabad 


*)  Uieser  in  ülntcrindicn  mythische  Reib  liegt  in  dem  Namen  dos  Salivahana 
oder  (palivahana.  Der  Name,  den  Bud<iha*s  Vater  fuhrt,  wird  vielfach  crkhirt 
als  der  von  reiner  Speise  GcDÜhrte. 

•)  The  history  repre»ents  kingMaha-tha-ma-dä  as  rei^ning  for  an  athen-khye, 

being  a  period  represented  by  a  unit  and  ono  hnndred  and  forty  cypherH.     He 

had  twenty-eight  snccessors  who  reigned  in  tho  countries  of  Malla  and  Kotha  wat- 

tee,    The  nejKt  dynasty  which  numbered  tifty-»ix  kings  reigned  in  Ayooz-sa-poora. 

The  ncxt  of  sixty  kingb  reigned  in  Bara-ua-tba  or  Benares.     Thcn  eighty-four 

thousand  kings  reigned  in  Kap-pi-la,  the  native  comitry  of  Gautama,  in  distant  after 

times.     Next  thirty-six  kinga  reigned  in  Hat-ti-poora.     Numerous  other  dynasties 

are  mentioned  which  are  represented  as  established  in  various  countries  of  India, 

and  as  lasting  for  many  roillions  of  years.     The  first  king  after  Maha-tha-ma-da 

whose  history  is  broaght  in  as   directly  connected  with  subsequent  cvents,   is 

Ank-küi-kareet  king  of  Bara-na  thoe  or  Beuares  (nach  Phayre). 

26* 


404  Schwegyin  und  Sittang-myo. 

(von  Troyer  erklärt  als  Mababodhi,  a  great  deified  teaeber) 
mit  seiner  Frau  als  das  aus  der  grossen  Periode  allein 
Übrig  gebliebene  Paar  auf,  während  das  schöpferische  Princip  in 
Azad  Bahman  (the  first  intelligence)  gelegt  wird.  Bei  der  Ein- 
theiluug  in  die  vier  Kasten  (liirbed  oder  Mobed,  Chatranian  oder 
Chatri,  Bas  und  Lud)  wird  die  erste  auch  die  der  Binuan  oder 
Birniun  genannt,  that  is,  they  resscmble  the  Bariniau  or  supreme 
beiugs,  the  cxalted  angels.  Der  dem  jetzigen  Cyclus  vor- 
stehende Mahabad  heisst  bei  den  Yazdaniern  das  Feuer  derWeis- 
heit  (Azar  Huschang).  Firdusi  setzt  llusehang  3499  a.  d.  Der 
Gründer  der  späteren  Abadier  und  Azar-Iiushanier-Secte  war  Azar 
Kaivan.  Den  tellurischen  Manwantara  in  Lu-pieh  oder  Mann- 
heim, dem  Ijande  der  Söhne  des  Mannus  (dem  erdgeboreuen 
Tuisco  entsprossen),  entsprechen  die  kosmischen  Gyelusperioden 
der  Buddhen. 

Das  in  Fragen  und  Antwort  geschriebene  Buch  Mahosatba 
wurde  von  Shiu  llasebyagara  verfasst.  Die  Kabyikyaukza  wurde 
von  den  beiden  gelehrten  Mihichen  Bamaetzatausaleiu  und  Bamieil- 
tzatausalein  erfunden  und  kam  nach  Ava,  als  Schinsobuh,  Tochter 
des  Taleinkönigs  Yasaderit,  dorthin  geführt  wurde.  Die  alten  Bücher 
derAVirni^^ayamakasan  wurden  durch  Minlekvaesundaya  geschrie- 
ben. Das  Dat-kyam-za  genannte  Buch  unterrichtet  über  die  Ele- 
mente (Dat).  Die  Grund-Elemente  werden  als  die  Mahabuta  zu- 
sammcngefasst  oder  als  Mahabhut  lae  pa,  nämlich  Pathavimaha- 
bhut  oder  Element  der  Erde  (mit  der  Katamukkhamvre  iden- 
tisch) ,  Abaumahabhut  oder  Wasser  (mit  der  Putimukkhamvre 
identisch),  Tejaumahabhut  oder  Feuer  (mit  der  Aggimukkhamvre 
oder  feuergesichtigen  Schlange  identisdi)  und  Vahaumahabhut 
oder  Luft  (mit  der  Satthamukkhamvre  oder  siebengesiphtigen 
Schlange  identisch).  Andere  zählen  fünf,  als  Piücamahabhut, 
Raum  oder  Aether  zufügend.  Die  verschiedene  Schärfe  der 
Verstandesauffassuug  wird  in  dem  Gleichniss  eines  Geldstücks 
zusammengestellt,  von  dem  der  Bauer  nur  die  steinartige 
Schwere  bemerkt ,  das  der  Bürger  durch  die  Vinyana  als  edles 
Metall  erkennt,  während  erst  der  wohlbewanderte  Kaufmann, 
gleich  der  Alles  erforschenden  Panja,   genau   den  Werth  der 


Leideoschaften.  4Q5 

Münze  unterscheidet.  Zu  den  fünfThoren  der  Sinne,  wird  als 
sechstes  das  Mano-dvara  hinzugefügt.  Kapila  nennt  Manas  das 
Ur-Krzeugniss,  als  Mahat,  aus  dessen  Verursachung  die  Buddhi 
hervorgeht.  Zwischen  den  äussern  und  inneru  Yatana  findet  noth- 
wendige  Verknüpfung  statt,  ähnliclider  Vyapti  (Durchdringung) 
der  Bhasha  Parichcheda.  Während  sich  die  Vinia  oder  Tinia  nur 
mit  weltlichen  Dingen  befasst,  bezieht  sich  die  Panya  oder  Nyan  auf 
Kenntniss  des  Nibpan.  Panya  ist  der  absolute  Gegensatz  der  Avi- 
dya.  Als  Behausung  der  ViAüa  bezeichnet  Ayatana  die  6  Sinne  oder 
AJMttikayatana,  nämlich  Öekkhuyatana  (im  Sehen),  Sautayatana 
(im  Hören),  Ganayatana  (iniKiechen),  Jihvayatana  (im  Schmecken), 
Kayayatana  (im  Fühleil)  und  Manayatana  (im  Denken).  Als 
Akraui'i  begreift  Ayatana  die  Vinnah-ih-mvelyaura  (die  Genuss- 
gegenstände der  Viiina)  oder  die  Kyeki^aya  (der  Weideplätze) 
in  den  Baharayatana,  als  Rupayatana,  Saddayatana,  Gandhayata- 
na,  Basayatana,  Phautappayatana  und  Dhammayatana.  Nach  dem 
Karmika  muss  der  Öetasik  zur  That  geworden  sein,  um  Kamma 
zu  erzeugen,  während  sonst  schon  der  aufsteigende  Gedanke  die 
Sünde  begründet,  wie  Poiret  aus  chinesischer  Philosophie  citirt. 
La  moindre  pensee  du  coeur  humain,  qui  n'est  pas  conforme  ä  la 
raison,  qui  lui  a  ^t6  donnee  par  le  cicl,  est  vicieuse.  Mit  den  vier 
Dukkhasii^a,  den  vier  SamudijaMc^a  und  den  vier  Meggasit^'^a, 
bilden  die  vier  Niraudasiö^a  die  16  Si<Va  und  diese  Niraudasi^^a 
lae  pa  zerfallen  dann  in  NisaraQatha,  Vivaegattha,  Asinkhatattha 
und  Amatattha,  d.  h.  die  Natureigenschaft,  sich  aus  den  Leiden- 
schaften (Kilesa)  zu  erheben,  davon  befreit  zu  werden  und  nicht 
mehr  zu  sterben. 

Der  Kilesa  (Leidenschaften  oder  Laster)  werden  zehn  unter- 
schieden, als  Arten:  Loba  (Gier),  Dosa(Zorn),  Moha (Stupidität), 
Mana  (Stolz;,  Difi  (Ketzerei),  VicMkii^ja  (Scepticismus),  Thina 
(Respectwidrigkeit),  Uddhal^^a  (Zerstreutheit),  Ahirika  (Scham- 
losigkeit),  Anauttappa  (Hartherzigkeit).  Von  Parinibpan  giebt 
es  drei  Arten,  das  Kilesa-parinibpau ,  Khanda-parinibpan  und 
Dhatu-parinibpan.  Die  Agati  (lae  pa)  oder  Abfälle  werden  ver- 
ursacht durch  Selbstsucht  (Andagati),  Böswilligkeit  (Dosagati), 
Dummheit  (Mohagati)  und  Angst  (Bayagati).  Das  Kusalakamma 


406  ^crliwef^yin  und  Kittang-myti. 

patha  tura  («hiK  zum  guten  Gesi'ihick  führende  Genetz)  zerfüllt  in 
die  10  Tugenden:  Dann,  Öila,  Kavana,  Pajayana»  Veyiavi«V*a, 
Fattidana,  I*attanuin(»dana,  Dlianuiiabavana,  Dhanmiada^ana  und 
Ditilekaninia. 


Uober  das  in  letzter  Zeit  nielirfaeli  be«i)rochene  Nirwana 
moclite  ich  noch  im  Allgemeinen  die  Bemerkung  beifligen,  das» 
eH  ziemlieh  nutzlos  int,  8ieh  über  den  Sinn  abzumühen,  den  die 
Buddhisten  nach  populHrer  AutTassung  in  dieses  Wort  legen.  Ich 
habe  in  meinen  OcsprHchen  mit  den  Aebten  birmanischer  und 
sifiniesischerKlöstcr,  mit  japanischen  Mönchen  und  mongolischen 
Tiama's  ebenso  viele  verschiedene  Erklärungen  erhalten,  wie  sich 
über  die  letzten  Begritfe  in  allen  Keligionen  finden  mUssen  und 
wie  sich  von  der  hC^chsten  Mukti  im  Pantheismus  bis  zu  einer  in 
den  Wolken  gelegenen  8tadt  Nirwana  (MyangNibpan)  überhaupt 
finden  können.  Wer  wollte  eine  Uebereinfitimmuiig  in  die  Man- 
nigfaltigkeit christlicher  Beschreibungen  vom  künftigen  Leben 
bringen,  wo  der  fleissige  Kirchen^lnger  die  Seligkeit  in  ein 
ewiges  Psalmen-Singen  setzt,  ein  Anderer  auf  das  Schauen  der 
Göttlichkeit  iiofft  und  bescheidenere  Ansprüche  sich  mit  dem  von 
l^etrus  geöffneten 'i'hor  begnügen?  Die  Buddhisten  haben  in  ihren 
2(>  Himmeln  eine  Auswahl  von  jeder  Art  der  Seligkeit,  die  dem 
Geschmacke  verschiedener  (Constitutionen  am  meisten  conveniren 
sollten.  Sie  mr)gen  sich  gleich  den  Äsen  in  Walhalla  in  Chor- 
musda's  Palaste  des  Waffenhandwerks  freuen,  oder  wenigstens 
(da  bei  den  südlichen  Buddhisten  der  Himmel  der  Dreiund- 
dreissig  etwas  mrmclüsch  geworden  ist)  an  den  Höfen  der  vier 
Malia-Uajas  (Ohatu  niaharaxika  thevada  oder  Chatur  maharadjn 
kayikas).  Sie  finden  die  mohamedanischen  Freuden  derHouris 
in  Tushita  oder  in  noch  vollerem  Masse  in  Mara's  Paranirmita 
Va(;avartin  (Paranimita  Vasavatti),  und  obwohl  die  Ascetiker  der 
Palitexte,  die  die  Ehen  dort  geändert  haben,  für  sinnliehe  Ge- 
nüsse nach  Siva's  Kailasa  verweisen,  so  beschreiben  dagegen 
die  Sanscritiker  das  glückliche  Westreieh  Amitabha's  in  Suka- 


Nirwana.  407 

vadi  sogar  als  letztes  und  höchstes  Ziel.  Dann  für  die  mannig- 
faltigen Arten  der  Mystik  und  Extase  können  allen  Bedürfnissen 
derDbyanas  in  den  einzelnen  der  IGBrahnia-IIiinmel  genügt  wer- 
den und  eine  allzu  transccndental  fortgesetzte  Meditation  fttbi-t  so- 
gar über  die  richtige  Grenze  der  Speculation  hinaus,  in  die  vier  Aru- 
pa-Welten,  von  wo  eine  neue  Kückkehr  in  die  Welt  der  Sansara 
nöthig  wird,  um  das  gestörte  Ebenmass  herzustellen.  Nun,  alle 
diese  idealistischen  Phantasiegebilde  der  Sinnlichkeit,  der  ( -on- 
templation  und  der  Metaphysik  haben  in  dem  (vielmehr  den  Cha- 
rakter der  Philosophie,  als  einer  Religion  tragenden)  Buddhismus 
Nichts  mit  dem  zu  thun,  Wias  die  Annihilation  im  Nirwana  ge- 
nannt ist,  als  ob  sich  ein  Nichts  denken  Hesse.  Ein  Nichts,  das 
sich  denkt,  ist  das  All,  denn  nach  psychologischen  Gesetzen  kann 
ein  Nichtsein  nur  in  relativen  Verhältnissen  verst^mden  werden. 
Das  buddhistische  System  ist  auch  viel  zu  logisch  in  einander 
gearbeitet,  um  sich  mit  solch  undenkbaren  Problemen  abzugeben, 
und  um  keine  falschen  Vorstellungen  zu  erzeugen,  umhüllen 
seine  Lehrer  den  letzten  Urgrund  mit  einer  möglichsten  Tnlie- 
stimmtbeit  des  Ausdruckes.  Sie  denken,  wie  Scotus  Erigena: 
Omnia,  quae  corporeasensui  vel  intelligentiae  perceptioni  succuni- 
bunt,  posse  rationabiliter  diciesse,  eavero,  quae  per  excellentiam 
suae  naturae  non  solum  tdr^i'  i.  e.  omnem  sensum  vel  etiam  in- 
tellectum  rationemque  fugiunt,  jure  videri  non  esse. 

Im  Gegensatz  zur  buddhistischen  Welt  der  Maya  constituirt  das 
Nirwana,  gleich  dem-neuplatonischen  Hyperon,  eben  das  wirkliche 
Sein,  das  eigentliche  '„  Ding  au  sich  **.  Es  ist  die  völlig  neue  Existenz 
des  Jenseits,  die  in  keiner  Weise  mit  der  vorigen  verglichen,  in 
keiner  Weise  aus  ihr  begriften  werden  kann.  Die  Brücke  des 
Zusammenhangs  ist  abgebrochen,  und  was  ausgeblasen  wird,  ist 
eben  die  Verknüpfung.  Alles,  stirbt  im  Dunkel  der  Sunya  hin, 
aber  es  erscheint  nur  dunkel  und  schwarz  dem  irdischen  Auge, 
dessen  eigenes  schwaches  Licht  vor  dem  blendenden  Weiss  jenes 
Glanzes  in  Blindheit  erlischt.  Sollten  wir  das  hohle  Nirwana 
mit  dem  positiven  Wissen  unserer  naturwissenschaftlichen  Aus- 
drucksweise ausfüllen,  so  würde  es  sich  in  unsere  Harmonie  des 
Kosmos  verwandeln.     Obwohl  die,   durch    die  Schöpfung  Adi- 


408  öchwojryiii  und  Sittaiif^-myo. 

BucUllia's  bei  den  Aisvarik.V«  becinflussten  Systeme  gern  den 
Buddlia  zur  Hauptperson  der  Trinität  machen,  anmassende 
Priesterherr8chaft  »ogar  zuweilen  die  Sangha,  so  begründet  sich 
doch  die  Wesenheit  des  Buddhismus,  als  erstes  und  letztes  Prin- 
cip,  auf  die  Dliamma  oder  das  allgemeine  Gesetz,  nicht  nur  das 
Moralgesetz,  sondern  das  auch  dieses  begreifende  Weltgesetz, 
oder  die  im  Verständniss  der  Buddhi  harnfonisch  zusammenwir- 
kenden Gesetze  des  Alles,  wie  es  sich  am  bestimmtesten  bei  den 
Svambhavikas  ausgesprochen  findet,  die  alles  Entstehen  auf  die 
der  Natur*)  innewohnende  Energie  zurllckführen  und:  Dharanät- 
maka  iti  Dliarma.  Auch  die  Buddhisten  suchen  die  in  der  rast- 
losen Thätigkeit  der  Entwickelung  gestörte  Ruhe  wieder  herzu- 
stellen, aber  sie  kehren  in  apathischer  Negation  zu  der  Ruhe  des 
ersten  Anfangs,  im  Nichtentfaltcten,  zurück,  und  versinken  in 
den  Urgrund  des  Bytlios,  während  unsere  Naturwissenschaften 
sich  zu  der  Ruhe  der  letzten  ErfllUung  hindurchzuarbeiten 
suchen. 

Die  Vermeidung  jeder  begreifliaren  Vorstell ungs weise  in  dem 
Ausdrucke  Nirwana  zeugt  nur  von  dem  tief  philosophischen  Geiste, 
der  den  Buddhismus  durchweht.  Beim  Denken  innerhalb  der 
Grenzen  von  Raum  und  Zeit  krmnen  und  müssen  festum- 
schriebene Begriffe  gcl)ildet  werden,  genau  und  bestimmt  genug 
formulirt,  um  die  Probe  geometrischer  Sätze  zu  bestehen.  Das 
Jenseits  derselben  kann  sich  aber  nur  aus  dem  organischen  Ge* 
setze  der  dahin  führenden  Entwicklung  verstehen,  und  muss  wie 
in  der  höheren  Mathematik,  aus  den  Formeln  der  unendlich  fort- 
schreitenden Reihen  berechnet  werden.  Der  Sinn,  den  derEigen- 
thümlichkeit  ihrer  Philosopheme  nach  die  Buddhisten  mit  dem 
Nirwana  verbinden,  kann  daher  nur  als  Resultat  aus  der  kritischen 
Darlegung  ihres  psychologischen  Systems  folgen,  das  als  Ganzes 
zusammengearbeitet  werden  muss. 

Die  buddhistische  Psychologie  hält  sich  von  einem  anderen 


*)  Auch  die  Mulnuiuli  »ctzt  das  Gesetz  der  P^ntwieklnn^jr  als  das  Erste,  wo- 
zu MaHon  bemerkt :  The  Pali  word  is  Miava,  sometiines  rendered  natui^,  but  tbe 
vernacular  translation  h  like  my  Kn(rli!$li  reiiderin^^  (Inw  of  progress). 


Diplome.  409 

Fehler  frei,  in  den  verwandte  Pliilosophiecn  nur  zu  gewöhnlicb 
gefallen  sind,  indem  sie  ein  dialektisches  Rechnen  mit  den  Aus- 
drücken der  Ewigkeit  und  Unendlichkeit  vermeidet,  die,  wie  in 
der  Arithmetik  die  Null,  das  Grosse  wie  das  Kleine  zu  demselben 
Nichts  reducircu.  Sie  sucht  die  Ewigkeit  zu  zählen,  die  Unend- 
lichkeit zu  messen,  was  allerdings  für  sie  ein  kindisches  Be- 
mühen bleibt  und  nur  zu  jenen  sinn-  und  bedeutungslosen 
Zahlenanhäufungen  geführt  hat,  mit  denen  die  buddhistischen 
Bücher  strotzen.  Das  Priucip  indess  ist  ein  richtiges  und  acht 
logisch  gedachtes ;  es  bleibt  im  Buddhismus  nur  deshalb  ein  re- 
sultatloses, weil  das  Substratum  fehlt,  auf  das  gestützt,  unsere 
Astronomen  und  Geologen  durch,  dem  directenVerständniss  gleich 
unbegreifl)are,  Ziffern  den  Organismus  des  Kosmos  aufklären  und 
der  Forschung  neue  Bahnen  in  den  Gesetzen  der  Zahlenstiitistik 
öffnen. 


Auch  nach  Schwegyin  hatte  ein  Pungyi  aus  Molmein  die 
Ketzerei  getragen  und  war  Hader  und  Zwist  in  die  sonst  in  un- 
gest<)rter  Stille  das  Nibpan  vorschmeckende  Brüderechaft  ge- 
fahren, seit  der  Abt  des  Klosters  Taunbain  sich  von  der  Anerken- 
nung des  Zeadau  (Bischofs)  losgesagt.  Alle  hohen  Häupter  der 
Priesterschaft  erschienen  zu  feierlicher  Demonstration  bei  Ca- 
pitain  Watson,  der  mich  davon  benachrichtigt  hatte,  um  das  Ver- 
gnügen und  die  Ehre  ihres  Besuches  zu  theilen.  Wir  bemühten 
uns  nach  Kräften  ein  gelehrtes  Gespräch  zu  unterhalten,  und  da 
auf  die  Accreditive  angespielt  wurde,  so  konnten  wir  die  Diplome 
des  Monarchen  des  Zaddan-Elephanten  und  der  Shakya-Wafle 
examiniren,  durchweiche  der  ehrwürdige  Shin-walinga  (sothaner 
Herr  mit  kahlem  Kopfe  vor  uns)  erst,  nach  genügend  bestandener 
Examination,  zum  Puggoh  (Abt)  und  dann  zum  Gein  (Bischof) 
ernannt  worden  war,  mit  der  Jurisdiction  über  sämmtliche  Mönche 
in  den  Klöstern  der  Districtc  Schwegyin  und  Sittang.  Dieser 
Priesterstreit  wurde  dem  nach  Schwegyin  kommenden  Oberst 
Ryan  vorgelegt,  dessen  Gemahlin  für  ihr  Zeichentalcnt  ein  in- 
teressantes Feld  inAssam  gefimden  hatte  und  mir  einige  Skizzen 


410  Schwogyin  und  Sittang-inyo. 

dortiger  Natioualitäten  zeigte.  Aus  einer  damals  von  dem  Bischof 
mit  der  Regierung  geführten  Correnpondenz  tibersetzte  ich  einen 
Heiner  Briefe,  worin  er  sich  über  den  abtrünnigen  Pungyi  lutada 
beklagt  und  unter  Anderm  sagt:  „Nach  dem  Gesetze  der  Vinya, 
die  des  Herreu  Willen  ausdrückt,  muss  Jedermann  dem  Bischof 
und  seinen  Priestern  Ehrfurcht  bezeigen :  ihnen  sind  demUthige 
Opfergaben  darzubringen ;  aber  einen  hinterlistigen  Priester, 
einen  Abgefallenen  zu  verehren,  das  ist  des  Herrn  Wille  nicht, 
das  ist  dem  Gesetze  der  Vinya  entgegen.  Wer  ihm  sich  beugt, 
thut  es  in  Sünden,  Begen  wird  ihm  daraus  keiner  erwachsen." 
Das  uuteu  beigefügte  Datum  war  1224  an  dem  12.  Tage  des 
wachsenden  Mondes  im  Wagoung.  Er  hatte  schon  früher  dem 
Anstifter  der  Ketzerei,  der  sich  damals  noch  nicht  losgesagt 
hatte,  die  bei  Pungyi's  gebräuchliche  Strafe  zudictirt,  auf  den 
Kirchhöfen  zu  wachen;  aber  derselbe  war  nach  einem  am  meisten 
von  Tigern  iufestirten  Thcile  des  Jungle  gezogen  und  hatte  dort 
unbelästigt  gelebt,  indem  die  Raubthiere  ihm  nicht  schadeten, 
und  nur  herbeikamen,  an  ihm  herumzuschnüfteln.  Natürlich  witter- 
tun nun  auch  die  sanfteren  Frommen  den  Geruch  der  Heiligkeit. 
Marini  bemerkt  bei  einem  Talapoin  der  Laos,  dass,  als  der  König 
ihm  zur  Unschuldsprobe,  um  sich  von  einer  Klage  zu  reinigen, 
einen  Aufenthalt  in  den  Wäldern  anwies,  er  durch  versteckte 
Sclaven  die  Raubthiere  fern  halten  und  verscheuchen  Hess. 
Nach  dem  Suttauipatii  hatte  der  unter  8aka-Bäumen  lebende  Ka- 
pila durch  dieBhummajala  genannte  Kunst  den  Platz  ausersehen, 
auf  welchem  die  Schweine  und  die  Rehe  l^öwen  und  Tiger 
schreckten  und  in  die  Flucht  schlugen,  sowie  Mäuse  und  Frösche 
die  Schlangen  (s.  Weber). 

Capitain  Watson  verbrachte  die  Regenzeit  in  Schwegyin, 
aber  in  den  trockenen  Monaten  hielt  er  sich  in  Papakyi  und  den 
umliegenden  Forts  auf,  um  den  in  der  letzten  Zeit  etwas  beun- 
ruhigten District  zu  überwachen.  Im  Jahre  1857  kam  ein  be- 
kehrter Karen  aus  der  Mission  in  Bassein  nach  den  Dörfern  am 
Yunsalen  und  gewann  durch  die  vorgebliche  Kenntniss  der  Gold- 
macherkunst und  verschiedene  kleine  TaschenspielerkunststUcke 
einen  solchen  Eiufiuss  unter  seinen  Laudsleuten,  dass  sie  in  ihm 


Der  Prätendent.  411 

ihren  verheisHenen  Messias  sahen,  von  dem  die  Eroberung  der  Welt 
vorherverklludet  war,  und  den  Steuereinnehmern  Zahlung  verwei- 
gerten. In  der  trockenen  Jahreszeit  war  es  den  Truppen  leioht,  das 
Land  in  Gehorsam  zu  halten;  während  der  nassen  gestattete  aber 
die  Ungesuudheit  kein  Verbleibeni  Der  Miug-Loung  oder  König 
der  Karen  setzte  sich  zugleich  in  Verbindung  mit  den  Karennih 
und  Sehan,  die  er  mit  einem  beabsichtigten  Angriff  der  Engländer 
zu  alarmiren  suchte.  Die  dadurch  herbeigezogenen  Räuberban- 
den fielen  indess  zunächst  über  die  Dörfer  ihrer  Alliirten  her,  so 
dasB  die  meisten  der  Karen  sich  nach  den  Engländern  zurftck- 
sehnten,  und  da  diese  zugleich  eine  systematische  Kriegsftihrung 
begannen,  so  sah  sich  derMin-Loung  bald  gezwungen,  nach  dem 
andern  Ufer  desSalvvehn  zu  entfliehen.  Von  dort  pflegte  er  noch 
mitunter  Proi^lamationen  hcrübei*zusenden,  mit  baldigem  Angriff 
drohend  und  Unterwerfung  verlangend. 

Ueber  die  Karen  seines  Districtes  machte  mir  Capitain  Wat- 
son  noch  die  folgenden  Mittheilungen: 

In  jedem  Dorfe  der  Karen  (im  Yunsnlcn-District),  welche 
zu  den  Sgau  gehören,  ist  ein  Zokay,  in  dessen  Familie  das  Amt 
eines  Vorstehers  erblich  ist,  und  so  oft  es  dem  unter  britischen 
Behörden  stehenden  Volke  überlassen  wird,  ihren  eigenen  Häupt- 
ling zu  wählen,  ernennen  sie  ihn  aus  jenem  Stamme.  Aus  seiner 
Wurde  erwächst  ihm  kein  anderer  Vortheil,  als  dass  er  die  Feld- 
arbeit nicht  selbst  zu  verrichten,  sondern  sie  nur  zu  leiten  braucht. 
Die  Karen  verbrennen  die  Junglen  am  Ende  jedes  Jahres  (im 
April)  an  den  Abhängen  der  Berge  und  pflanzen  Paddy,  wenn 
der  erste  Regen  gefallen  ist.  Nach  der  Ernte  (im  September) 
lassen  sie  den  Boden  sieben  Jahre  lang  brach  liegen,  da  erst  nach 
dieser  Zeit  die  neu  herauwachsendeu  Jungle  durch  Verbren- 
Hcrt  genug  Dünger  geben.  In  den  Ebenen  kann  der  Boden  jedes 
Jahr  für  Reis  bebaut  werden,  aber  auf  den  steilen  Hügeln,  wo 
der  Regen  die  fruchtbaren  Schichten  immer  wieder  wegspült, 
ist  der  Reisbau  ein  zu  unsicheres  Geschäft,  während  Thee-  oder 
Kaffeepflanzungen  sehr  wahrscheinlich  Erfolg  haben  würden. 
Wenn  die  Karen  die  Jungle  zu  lange  vor  dem  Regen  ver- 
brennen, wird  die  Asche  zu  trocken  und  vom  Winde  wegge- 


412  Scbwegsrin  «nd  HitUuig-Myo. 

weht;  warten  nie  aber,  bis  Kegen  gefallen  ist,  so  werden  die 
Pflanzen  feucht  und  wollen  nicht  brennen,  und  in  beiden  Fällen 
niu88  Missernte  erfolgen.  Im  I^aufe  dreier  Jahre  haben  die  Dorf- 
bewohner gewöhnlich  das  Bebauen  des  geeigneten  Landes  um 
ihre  Wohnungen  vollendet,  und  senden  nun  ihre  alten  Männer 
aus,  um  eine  neue  Gegend  zu  erforschen.  Jeder  derselben  bringt 
eine  Handvoll  des  Bodens  mit  zurück,  welcher  ihm  zur  Auswahl 
geeignet  scheint,  und  Jeder  legt  die  mitgebrachte  Erde  unter 
seinen  PfUhl,  um  auf  einen  günstigen  Traum  zu  warten.  Den 
nächsten  Morgen  vergleichen  sie  ihre  Träume,  und  der  gün- 
stigste Traum  bestimmt  die  Richtung,  nach  welcher  das  Dorf  zu 
verlegen  ist.  Lüsst  keiner  der  Träume  eine  passende  Auslegung 
zu,  so  setzen  sich  die  Pioniere  nieder,  um  gemeinschaftlich  ein 
Huhn  zu  essen,  dessen  Knochen  sodann  zerbrochen -und  in  einen 
Korb  gelegt  werden,  aus  welchem  Jeder  ein  StUck  herausnimmt. 
Derjenige,  welcher  das  längste  StUck  findet,  wird  fUr  den  Mann 
gehalten,  welcher  die  Leute  zu  dem  von  ihm  erforschten  Platze 
zu  fuhren  hat.  Dann  wird  das  Dorf  abgebrochen  und  all  das 
Volk  zieht  zusammen  aus,  um  die  Jungle  unter  der  Aufsicht 
des  Vorstehers  zu  lichten,  welcher  die  nöthige  Anleitung  giebt 
und  Jedem  seine  Arbeit  anweist.  Das  Ernten  geschieht  vermit- 
telst einer  kleinen  Sichel,  ähnlich  derjenigen,  deren  sich  die 
Heuschuitter  bedienen,  und  der  Reis  wird  dann  auf  einer  grossen 
Matte  mit  einem  Dreschflegel  ausgedroschen  oder  von  Ochsen 
ausgetreten.  Diese  Dorfwanderungen  finden  gewöhnlich  strom- 
auf oder  stromabwärts  statt,  und  das  Dorf  erhält  meistens  seineu 
Manien  von  diesem  Strome.  In  glücklichen  Zeiten  wissen  diese 
Karen  nichts  von  Verehrung  höherer  Wesen;  kommt  dagegen 
Unglück  über  sie,  so  suchen  sie  sich  zwei  Nats  dadurch  geneigt 
zu  machen,  dass  sie  ihnen  I^bensmittel  vorsetzen;  es  sind:  der 
Nat  der  Jungle,  für  welchen  in  den  Zeiten  öffentlicher  Be- 
drängnisse ,  wie  z.  B.  Hungersnoth  u.  s.  w. ,  eine  kleine  Hütte 
im  Walde  erbaut  wird,  und  der  Haus-Nat,  dessen  Hütte  man  in 
Krankheitsfällen  in  der  Nähe  der  Wohnung  aufstellt  Das  Fa- 
milienhaupt leitet  die  religiösen  Verrichtungen  für  die  Verehrung 


Die  Karen  am  Yansalen.  413 

der  Manen  *).  Die  Leichname  werden  meist  begraben  und  die 
Knochen  n<ichher  mit  Juwelen  und  anderweitigem  Eigenthum 
auf  dem  Gipfel  eines  der  geweihten  HUgel  niedergelegt.  Dies 
sind  die  sogenannten  Knochen-Hügel,  deren  es  in  dem  District 
mehrere  giebt.  Die  Kleidung  dieser  Karen  besteht  aus  einem 
langen,  bis  an  die  Kniee  herabreiehenden  Kittel  oder  Hemd,  wel- 
ches sie  gleich  einem  Poncho  mit  Aermeln  über  den  Kopf  ziehen. 
Sie  bauen  ihre  Baumwolle  selbst,  um  Zeuge  daraus  zu  weben. 
Wintervorräthe  sind  gekochter  Reis  mit  Chilly,  mitunter  noch 
durch  Ngapie  gewürzt.  Bei  festlichen  Gelegenheiten  bereiten  sie 
einen  Liqueur  aus  Gauniin  (der  glutinöse  Reis).  Die  Junglen 
verschaffen  ihnen  ausserdem  mannigfaltige  Vegetabilien.  Nach 
Brown  ist  die  Sprache  der  Karen  den  Dialecten  der  Nagas  und 
verschiedener  Hügelstämme  Assam's  verwandt. 

Wenn  die  Karen  pflanzen,  graben  sie  mit  einem  Stocke**) 
Löcher  und  legen  in  jedes  ein  paar  Samenkörner.  Bei  den  Bir- 
manen ist  häuflg  die  Verpflanzung  des  Reis  in  Gebrauch  aus  den 
in  der  Nähe  der  Wohnung  angelegten  Mistbeeten ,  wie  auch  in 
Indien.  „Man  trägt  das  Korn  vorsichtig  nach  dem  Orte  seiner  Be- 
stimmung und  pflanzt  dort  die  jungen  Halme  in  Reihen,  indem 
ihnen  um  die  Wurzeln  herum  ein  Druck  gegeben  wird,  nach  der 
Richtung  zu,  von  welcher  der  Wind  vorherrschend  bläst"  (s.  Cap- 
per).    Der  Reis  giebt  im  Norden  15 — 20fältig,   in  den  nassen 


*)  Die  Kaff^rn  lassen  in  ihrer  Schlachtlinie  einen  Platz  frei,  worin  die  Ter- 
storbenen  Ahnen  als  Heroen  eintreten,  nm  mitzul^ämpfen,  und  Mason  bemerkt : 
The  Harens  beüeve,  that  the  spirits  of  the  dead  are  ever  abroad  on  earth. 
,,ChUdren  and  grandchildren  (said  the  Kldcrs),  the  dead  arc  aniong  ns.  Kothing 
separates  ns  from  them,  but  a  white  veil.  They  are  here,  but  we  sce  them  not**. 
Other  genera  of  spiritnal  beings  are  supposed  to  dweU  also  on  earth  and  a  few 
gifted  ones,  have  eyes  to  see  into  the  spiritnal  world  and  power  to  hold  converse 
with  particolar  spirits. 

**)  Gross  bemerkt,  dass  ein  von  Norden  eingewanderter  Karen  den  Pflug 
Thai  genannt  habe ,  während  dieses  Wort  und  das  Werkzeug  selbst  den  Karen 
in  Tavoy  unbekannt  gewesen ,  bei  denen  die  von  ihnen  gebrauchte  Egge  Kräh 
heisst.  Nach  Mason  besitzen  die  Karen  eine  Tradition ,  dass  sie  auf  ihrem  Wege 
nach  Süden  durch  das  Gebiet  vonZimmay  gezogen  seien,  ehe  sich  die  Schan  dort 
angesiedelt  hatten. 


414  Sohwegyiu  und  Sittaug-myo. 

Niederungen  des  Süden»  50—60.  Ausser  der  nattirlicbeaUeber- 
Bchweuimuug  werden  für  den  IteUbau  auch  noeli  die  aiugi*euzeu- 
den  Ebenen  bewässert,  indem  die  Arbeiter  mit  tiacbeu  und  (Hrbt- 
geiirnissten  Kürben,  die  an  einem  Gerüst  herabbängen,  das 
Wasser  beim  höchsten  Staude  in  ein  daneben  ausgehöhltes  Ke- 
servoir  werfen  und  dann  nach  Kedürfniss  weiter  leiten. 

Einige  junge  Karen,  die  aus  der  aracanisehen  Mission  durch- 
reisten, um  Lehrerstellen  in  den  Dörfern  des  Youral-Distrietes 
zu  übernehmen ,  besuchten  mich  während  ihres  Aufenthaltes  in 
Sehwegyin  und  gaben  mir  Gelegenheit  zu  folgenden  Notizen; 
Die  birmanischen  Knren  in  llenzada  verehren  zwei  Nats,  Tableh 
und  Urgah ,  von  denen  der  erste  in  schweren  Krankheiten ,  der 
letztere  in  Fällen  leichten  Unwohlseins  angerufen  wird.  Sie 
l  auen  für  dieselben  kleine  Hüttchen  neben  dem  Kopfende  des 
Bettes  und  legen  ihre  Opfergaben  dort  hinein.  Die  indem  Jungle 
lebenden  Tazeits  (Gespenster)  werden  Tatachha  geminut,  neben 
anderen  Arten,   die  sich  in  den  Wildernissen*)  umhertreiben. 


*)  A  Karen  told  my  nssistaut  (he  profes^ed  to  believe  in  Christianity,  bnt 
was  not  ii  ineml>er  of  the  church) ,  tliat  wheu  going  to  Mathali  on  a  cert^in  oeca- 
sioD,  he  saw  on  the  way  a  coinpany  of  evil  spiritd,  cncanipcd  in  booth»  (bemerkt 
Mation).  The  ncxt  year,  wheii  he  pnnsed  the  jjniiie  way,  ho  fomul  the}'  h;ul  biiUt 
a  villajje  at  their  former  encaiiipiiH'nt.  The}'  had  a  chief  over  theni  and  he  had 
built  a  houpe,  larjrer  than  the  re»t,  preeiselyon  the  model  of  the  teachers  without, 
but  within  divided  by  seven  white  curtains  into  as  mauy  apartments.  Ihe  whole 
village  was  eneirded  by  a  cheval  de  frise  of  dead  meu's  bonos.  -At  auother  tiiue 
he  t>aw  an  evil  spirit,  tiiat  had  built  a  dwcUini;  near  the  chapel  at  Matah  and  was 
engaged  with  a  Company  of  depeudents  in  plantiug  pointed  rttakes  of  dead  inen's 
bones  all  aroiind  it.  The  man  called  ont  to  the  spirit:  „What  do  you  mean  by 
setting  down  so  niany  stakes  here?**  The  spirit  was  silent,  bnt  hc  made  bis  follo- 
wers  pull  up  a  part  of  the  stakes.  Anothor  individual  had  a  familiär  spirit  that  he 
consulted,  bat  on  becoiuiug  converted  to  Christianity,  he  held  no  more  couimani- 
cation.  Deing  baptized,  he  rcmoved  to  a  distuut  villagc,  whcre  he  could  not 
attend  the  serviees  of  the  »Sabbath  and  it  was  soon  reported,  that  he  had  comroii- 
nications  again.  The  man  told  a  native  preacher,  hc  heard  the  voice  which  had 
conversed  with  him  formerly,  but  it  spoke  very  differently,  its  language  being- 
exceedingly  pleasing  to  hear  and  prodncing  great  brokencss  X>t  beart.  It  said : 
»Lovo  each  other.  Act  righteously,  act  uprightly !  **  with  other  such  exhortatious, 
üb  he  had  heaid  from  the  teacherb.  An  .'labistant  being  placed  near  him,  the  spirit 


Dm  Knochenloosen.  415 

Nach  dem  Verbrennen  der  Leicbe  werden  die  Enocbenreste  nach 
dem  Hause  gebracht  und  dort  mit  Opfergaben  überdeckt,  damit 
sich  die  Tazeit  nach  dem  Jungle  zurückziehen  und  die  Gebeine 
atif  dem  Friedhof  beigesetzt  werden  können.  Die  Talein-Karen 
in  Henzada  nennen  die  Natfeste,  wodurch  sie  den  Chlein  ge- 
nannten Dämon  bewirthen,  Paley-a-chein.  In  früherer  Zeit 
pflegten  die  Karen  in  Henzada  die  Todten  zu  begraben  y  später 
aber  fingen  sie  an ,  dieselben  zu  verbrennen ,  dem  birmanischen 
Gebrauche  folgend ,  wie  sie  auch  ihre  einheimischen  Traditionen  • 
über  die  Erschaffung  der  Welt  durch  die  birmanischen  Theorieen 
der  Kambas  substituiren.  Eine  beliebte  Art,  das  Schicksal  zu  be- 
fragen, bei  den  Karen  ist  das  Loosen  durch  zwei  HUhnerknochen, 
von  denen  sie  das  eine  Miammauarih  und  das  andere  Kalanarih 
nennen.  Findet  sich  das  schmale  Löchelchen  in  dem  Miamma- 
uarih höher  gestellt,  als  in  dem  Kalanarih,  so  entscheidet  das  fUr 
Ausführung  des  Entschlusses,  während  das  Gegentheil  negiren 
würde. 

Als  Joah  die  Erde  schuf,  nahm  er  drei  Hände  voll  Erde 
und  warf  sie  um  sich,  aus  der  einen  die  Birmanen,  aus  der 
zweiten  die  Karen ,  aus  der  dritten  die  Kala  hervorrufend.  Da 
die  Karen  viel  mehr  Lärm  machten,  als  alle  die  andern  zusammen, 
so  glaubte  Gott,  dass  ihrer  verhältuissmässig  zu  Viele  wären,  und 
warf  noch  eine  halbe  Hand  voll  Erde  den  Birmanen  hinzu.  Aber 
dadurch  gewannen  diese  so  sehr  das  Uebergewicht,  dass  sie  bald 
anfingen  die  Karen  zu  unterdrücken.  Im  Ganzen  folgen  die  Karen 
der  Ansicht  der  Abiponen,  die  sich  selbst  für  die  Lieblingssöhne 
ihres  Aharaigichi  o4er  Groaperikie  (Grossvater)  halten ,  obwohl 
sie  auch  den  Spaniern  erlauben ,  von  ihm  geschaffen  zu  sein.  In 


left  him  for  ever.  While  preaching  in  a  (prave  near  a  viUatre  of  heathen  Pwos  a 
man  feU  down  (in  an  epileptic  fit) ,  his  faniiUar  spirit  having  oome  over  him  tb 
forbid  all  the  people  to  Usten  to  nie,  for  I  preached  falsehood.  I  hcard  him  sing 
out  his  denunciations  against  those  that  shonld  receive  the  gospel,  like  one  frantic, 
while  bis  wife  stood  over  him  with  a  light,  for  it  was  said,  hc  wouhl  die  without 
one.  Tbc  man,  being  snbsequently  converted,  told  me,  he  could  not  account  for 
his  former  exercises,  bat  that  it  certainly  appeared  to  him  as  If  a  spirit  spoke 
and  he  mnst  teil  what  was  commnnicated. 


4*16  Schwegjin  und  Sittanfr-inyo. 

Krankheitsfallen  stellen  die  Karen  Speise  für  ihren  Dämon  Muehhah 
hin  und  laden  ihn  zum  Mahle  ein.  In  Mukoh,  dem  Götterhimmel 
(Nat-pyi  oder  Land  der  Nat)  lebt  Mukohboh ,  und  damit  den  Ab- 
geschiedenen das  Thor  geöffnet  wird,  bringen  die  Karen  werth- 
volle  Gegenstände  ihres  Eigenthums  nach  dem  Knochenberge 
(Ajo-taun)  Paloh ,  wenn  sie  dort  nach  dem  Verbrennen  die  Ge- 
beine niederlegen.  Sollten  Knochen  verloren  gehen,  oder  wie 
die  Säkalya's  geraubt  werden,  würde  es,  wie  von  den  Brah- 
mana's,  für  Unglück  oder  Strafe  angesehen  werden.  In  der  Hölle 
(Nga-yay  im  Birmanischen)  herrscht  Kusaetiiko  (Nga-yay-mingyi 
oder  Höllenkönig),  der  keinen  Kopf  und  nur  ein  Auge  mitten  auf 
der  Brust  hat.  Der  seine  Befehle  ausführende  Diener  heisst 
Atscheh-abrha  nebst  anderen  helfenden  Geistern.  Muchhah  lebt 
auf  den  Zweigen  des  Kaniin-Baumes.  Bei  den  NatfeBten  ist  es 
von  der  höchsten  Wichtigkeit,  dass  kein  Versehen  gemacht  wird,' 
weil  sonst  alle  Theilnehmer  sterben  würden,  und  darum  müssen 
die  Ta  prha  oder  (im  Birmanischen)  die  Lugyi  (die  weisen  Greise 
oder  die  Grossen)  zu  Rathe  gezogen  werden.  Nach  Gross  sind 
von  den. Nah  oderTah-nah,  die  alle  beliebigen  Gestalten  von 
Kröten,  Schlangen,  Tigern,  Schweinen,  Hunden  u.  s.  w.  annehmen 
können,  besonders  diejenigen  gefährlich,  die  (unter  ihrem  Ober- 
sten Mukaulih)  von  früheren  Zauberern  abstimmen  (wie  die  sibi- 
risclien  Völker  vor  Allem  die  Seelen  böser  Schamanen  fürchten). 
Der  Regimentsarzt,  der  mich  durch  die  Hospitäler  begleitete, 
meinte,  dass  der  in  Pegu  viel  verschrieene  Gesundheitszustand 
Schwegyin's  so  arg  nicht  sei ,  und  ebenso  gute  Chancen  böte  ge- 
sund zu  bleiben,  wie  die  übrigen  Gamisonsplätze  der  Nachbar- 
schaft. Die  Cantonncments  liegen  freilich  auf  Hügeln,  aber  die 
eigentliche  Stadt  war  in  der  Jahreszeit  meiner  Anwesenheit  über- 
schwemmt und  stand  so  tief  im  Wasser,  dass  man  einen  grossen 
Theil  der  Strassen  mit  Böten  befuhr,  die  neben  den  Häusern  an- 
gebunden lagen,  und  sonst  nicht  hätte  vorwärts  kommen  können. 
Die  vorwaltenden  Krankheiten  sind  intermittirende  Fieber,  Dy- 
senterie und  Ulcer.  Eingeweidewürmer  (besonders  die  runden 
Lumbricoiden)  sind  häufig,  und  das  Leiden  nimmt  oft  ein  plötz- 
liches Ende,    indem  mit  Verschlingung  der  Eingeweide  Koth- 


Medicinische  SyBteme.  417 

brechen  und  Tod  eintritt.  Die  Poeken  werden  unter  den  Ein- 
gebornen  immer  activ  gehalten  durch  Inoculation  und  es  ist 
schwierig,  sie  zur  Vaccination  zu  überreden.  Syphilis  soll  vor 
der  Etablirung  der  Regimenter  unbekannt  gewesen  sein ,  greift 
aber  jetzt  in  verderblicher  Weise  um  sich.  Lepra  bricht  dann 
und  wann  unter  den  Aermeren  aus ,  und  zerstört  zuerst  die  klei- 
neren Gelenke.  Einige  frische  Fälle  von  Kropf  wichen  einer 
Jod-Behandlung.  Das  Opium-Essen  unter  den  Chinesen,  sowie 
das  Bhang-Rauchen  unter  den  Eingebomen  Indiens  fordert  ge- 
legentliche Opfer.  Ausser  dem  Militair-Hospital  findet  sich  noch 
ein  Krankenhaus  in  der  Stadt  für  die  Eingebornen  und  ein  an- 
deres im  Gefängniss. 

Mein  birmanischer  Zea  (Öhaera)  zählte  mir  die  verschiedenen 
Klassen  der  nach  ihren  Functionen  benannten  Aerzte  unter  seinen 
Landsleuten  auf.  Ausser  dem  eigentlichen  Öhae-Sama  (dem  Me- 
dicin-Meister)  giebt  es  den  Anguttha-Chaera,  der  nach  dem  Aus- 
sehen der  Körpertheile  (ingaoderanga)urtheilt,  den  Dhat-Öhaera, 
der  seine  Mediciuen  nach  den  Elementen  des  Körpers  eintheilt, 
den  Jauganih-Öhaera,  der  die  durch  Hexen  verursachten  Krank- 
heiten heilt,  den  Kawae - Chaera ,  der  selbst  den  Kawae,  den 
Obersten  aller  Hexenmeister,  vertreiben  kann,  den  Bheindho- 
Öhaera,  der  seine  Pillen  aus  Wurzeln,  Kräutern  und  Hölzern 
bereitet.  Ein  guter  Arzt  muss  nicht  nur  den  aufsteigenden  Wind*), 
den  absteigenden  Wind,  den  umgebenden  Wind,  den  athmenden 
Wind,  den  erweichenden  Wind  (Mantakaphyautogyin),  den  sehen- 
den Wind  (Zekku-andanahmietjimyingyin)  wohl  kennen,  sondern 
auch  die  Eintheilung  der  96  Leiden  (Wedana)  nach  den  35  Tem- 
peramenten, 45  Zufällen,  16  Gefahren  und  4  Elementen.  Die 
Tuhla.  genannte  Klasse  von  Krankheiten  (meist  rheumatischer 
Natur)  wird  in  den  mittleren  Theilen  des  Körpers  ursächlich  ge- 
isLvM.    Der  berühmteste  Arzt  buddhistischer  Legende  ist  Dze- 

*)  Auf  Prana,  den  in  der  Atharva  Veda  die  Of^tter  verehren,  basirt  auch 
ein  grosser  Theil  des  niedicinischen  Systems  bei  denSiamesen.  In  den  den  astro- 
logischen Einflüssen  der  Aditya  unterworfenen  Menschen  gehen  die  Vasavas,  als 
Feuer.  Erde,  Atmosphäre  u.  s.  w.  ein ,  sowie  die  Hauche  oder  ßudras,  die  spater 
in  der  l'ersoniflcation  Siva's  zum  Leb^^n  deh^  Atliems  werden. 

BMtian,  Oitasien.     II.  2  7 


418  SchwegjriD  und  Sittaog-myo. 

waka,  der  einst  ein  Leibweh  Buddlia*s  mit  dem  Geruch  dreier 
Blumen  heilte ,  die  er  mit  verschiedenen  Pulvern  bestreut  hatte. 
Eine  Art  medicinischer  Katechismus  ist  das  in  Frage  und  Antwort 
geschriebene  Buch  Lau-Kyam. 

In  einem  der  Klöster  sah  ich  eine  ingeniöse  M<anier  Feuer 
zu  erzeugen,  indem  in  eine  genau  gearbeitete  Elfenbeinröhre  ein 
Stöpsel  rasch  hinuntergestossen  wurde,  und  so  unten  eingefügte 
Baumwolle  entzündete.  Der  alte  Herr  Abt,  der  sich  sehr  be- 
haglich fühlte,  dass  ihm  sein  Schülerchen  jeden  Augenblick 
Feuer  machen  konnte,  würde  dies  Kunstwerk  nicht  gerne  weg- 
gegeben haben.  Nach  längeren  Erkundigungen  in  der  Stadt  fand 
ich  zuletzt  einen  Handwerker,  der  sie  zu  machen  verstehen  sollte, 
und  bestellte  ein  solches  Instrument,  um  es  nach  Molmein  nach- 
geschickt zu  erhalten,  habe  es  aber  leider  nicht  mehr  em- 
pfangen. 

Wenn  ein  Dorf  viel  von  Krankheiten  heimgesucht  wird ,  so 
malen  die  Bauern  die  Figur  eines  Belu  (Ungeheuers)  auf  einen 
Wassertopf,  dieser  wird  dann  niedergeschossen  oder  mit  einem 
Messer  zusammengeschlagen ,  und  am  Abend  erheben  alle  einen 
furchtbaren  Lärm,  um  den  Tohtu  fortzutreiben.  Wenn  es  ihnen 
nach  dreimaliger  Wiederholung  dieser  Ceremonie  nicht  gelingt, 
einen  bessern  Gesundheitszustand  herbeizuführen,  so  rufen  sie 
den  Pungyi ,  um  in  dem  Dorfe  den  Kammawadsa  zu  lesen ,  ein 
Buch  mit  den  Predigten  des  Herrn,  wodurch  derselbe  einst  aus 
dem  durch  Epidemieen  verheerten  Lande  Wethali  die  Teufel  aus- 
trieb. Wenn  auch  dieses  Mittel  nicht  zum  Zwecke  fährt»  so  er- 
greift Alles  die  Flucht,  die  Kranken  und  Sterbenden  in  den  Häu- 
sern zurücklassend.  Die  Gesunden  zerstreuen  sich  im  Walde,  wo 
sich  Keiner  dem  Andern  nähert,  bis  sie  erst  nach  längerer  Zeit 
zurückkehren ,  den  Pungyi  das  Gesetz  (Thara)  zu  lesen  bitten 
und  dann  in  dem  verlasseneu  Dorfe  aufs  Neue  Reis  kochen. 

Für  die  Joa-Sha  genannte  Ceremonie  lässt  der  Kranke  ausser- 
halb des  Dorfes  ein  Festmahl  *)  anrichten  aus  Reis  und  Fleisch, 

*)  Von  einem  ähnlichen  Fest  bei  den  Laos  sagt  Ifarini :  Et  ponr  rendre  U 
feilte  phis  solennclie,  eomine  a'ils  voulaieut  arre:«ter  un  essaim  des  aMUles,  ils 
fönt  im  charivary  avec  des  bassins  et  des  ehaudrons  de  cuivre,  jnsqu'  a  ce  qne  le 


Dorf -Feste.  419 

wofür  sowohl  Hähne,  wie  Hennen  geeehlachtet  werden  müssen. 
Jeder  Bewohner  des  Dorfes  nimmt  Theil.  In  der  Versammlung 
darf  Niemand  bei  seinem  eigentlichen  Namen  gerufen  werden  und 
würde  darauf  auch  nicht  hören.  Die  Eingeladenen  geben  sich 
für  Hexen  (Dzon)  und  Teufel  (Tazeit)  aus.  Einige  agiren  wie 
Hunde ,  indem  sie  auf  Knieen  und  Ellbogeu  umherkriechen  und 
bellen,  andere  wie  Schweine,  mit  dem  Munde  fressend  u.  s.  w. 
Der  Kranke  schickt  dann  seine  Freunde ,  um  die  bösen  Geister 
zu  befragen ,  ob  er  genesen  würde,  und  erhält  eine  bejahende 
Antwort.  Nachdem  da&'Mahl  beendet  ist,  rennen  alle  wie  toll  in 
den  Wald  hinaus,  um  die  Leip-pja  (die  Schmetterlingsfliege  oder 
Lebensfee)  des  Kranken  zu  erhaschen*).  Sie  kehren  nach  einiger 
Zeit  zurück  und  tragen  sie  in  ihren  als  Bündel  aufgeknoteten 
Putzo,  die  über  das  Haupt  des  Kranken  ausgeschüttet  werden. 
Solche  Jagd  wird  verschiedene  Male  wiederholt.  Dieses  Fest  steht 
indess  nicht  in  gutem  Ruf,  und  gewissenhafte  Bürger  vermeiden, 
wo  möglich ,  es  abzuhalten  oder  würden  sich  dessen  schämen. 
Auch  ist  es  vorgekommen,  dass  Solche,  die  zu  oft  einer  Joa-Sha 
beigewohnt  haben ,  zuletzt  selbst  in  Wirklichkeit  Hexen  wurden. 
Aehnliche  Operationen  sind  aus  Oregon  und  Madagascar  bekannt. 
Böse  Pungyi's ,  Maithila's  und  Podidoes  gehen  nach  ihrem 
Tode  als  Gespenster**)  (Tazeit)  um,   und  ihre  Gegenwart  winl 


malade  soit  hon  de  danf^er  on  qQ'il  menre.  So  auch  bei  Parchas :  In  Jamahay 
or  Jaogoma ,  wben  the  people  be  sicke,  they  make  a  vow  to  offer  meat  unto  the 
Divell ;  if  they  escape,  and  wben  tbey  be  recovered ,  thcy  make  a  banquct  with 
many  pipes  and  drnmmes  and  many  other  inetrnments  and  dancing  all  the  night. 
Tbeir  friends  bring  then  presents,  cocog,  flgges,  arecas  and  other  fruits. 

*)  In  the  baddhist  legends  it  is  stated ,  that  when  man  was  formed  a  cater- 
pUlar  or  worm  was  introduced  into  the  body,  which  after  remaining  ten  lunar 
months,  brooght  forth  the  living  man  and  bence  thereason,  whyabatterfly  is  sup- 
posed  to  leave  the  body  at  death  (s.  Mason). 

**)  The  last  Kaja  (at  Chayanpnr)  was  destroyed  by  the  imprecations  of 
Harshu  Pangri,  his  Purohit  and  the  enraged  ghost  of  this  Brahman,  who  died  in 
sitting  Dhnma  on  the  lU^a,  is  now  the  chief  object  of  worship  in  the  vidnity. 
The  priest  of  this  enraged  ghost,  a  Kanoj-Brahroan  is  now  making  a  eonsiderable 
profit,  all  those  in  distress  and  fear  flocking  to  indnce  him  to  make  bamt  offerings 
(Hom).  He  has  of  late  beon  distnrbed  by  a  pretender,  who  says  that  he  is  des- 

27* 


420  Schwefiyin  und  Sittang-myo. 

erkannt  durch  das  Schütteln  der  Baumwipfel.  Reisende»  die  sich 
aufden  von  Bäumen  beschatteten  Sakan  (Rastplätzen)  aufgehalten 
haben,  nehmen  durch  ihre  TUcke  von  dort  oft  den  Keim  der 
Krankheit' mit.  Der  von  einem  Dämon  Befallene  heisst  Nat-teik 
(ein  vom  Nat  Geschlagener).  Sollte  irgend  Jemand  die  Macht 
des  Hmaun-Zea,  der  alle  Schöpfungen  beherrscht,  bezweifeln,  so 
wirkt  er  ein  Wunder  zum  Zeichen.  Er  lässt  sich  einen  Topf 
bringen,  bedeckt  denselben  mit  einem  Tuche  und  murmelt  seine 
Zauberformeln  (Man  oder  Mantras).  Beim  Aufdecken  findet  sich 
Reis  und  Hühnerfleisch  darin,  von  dem  die  Anwesenden  zur  vollen 
Genüge  essen  und  sich  nach  Herzenslust  sättigen  können.  Ja, 
wenn  sie  im  rechten  Glauben  davon  geniessen,  werden  sie  später 
nie  wieder  hungrig*)  werden.  Das  ist  die  wahre  Magie  und  ohne 
Falsch,  die  Samami  hmau.  Nun  ist  da  aber  zuweilen  ein  Dämon 
(Nat),  der  sich  darüber  ärgert,  und  es  nachmachen  will.  Er  stiehlt 
dann  das  vorbereitete  Fleisch  aus  dem  Zaubertopf  und  quält  sich 
ab  ein  Mirakel  hervorzubringen.  Das  kann  er  zwar  nicht,  aber 
die  Ceremonie  ist  doch  dadurch  gestört  und  muss  wiederholt 
werden.  Indess  auch  der  Zea  erlaubt  sich  zuweilen  einen 
Scherz.  So  sehen  die  Zuschauer  eine  wunderschöne  Melone  vor 
sich,  so  saftig  und  reif,  dass  ihnen  das  Wasser  zwischen  den 
Zähnen  zusammenläuft.  Wenn  sie  aber  ein  Stück  in  den  Mund 
stecken  wollen,  heissen  sie  ihren  eigenen  Finger,  wie  weiland 
die  durch  Albertus  Magnus  geneckten  Höflinge  im  heiligen  römi- 
schen Reich. 

Die  meisten  Regierungsbeamten,  und  (da  diese  nicht  nur 
aus  den  Intelligenteren  ausgewählt  werden ,  sondern  auch  mehr 
Mittel  zur  Ausbildung  haben)  auch  die  besser  unterrichteten  waren 
hier,  sowie  im  Verfolg  meiner  Reise,  nicht  sowohl  Birmanen,  als 


cended  of  the  (rhost  and  Claims  a  sbare  ^Hamilton).  Schamanen  lassen  ttire Grab- 
hügel an  den  Kreuzwegen  anfrichten ,  um  die  Vorubersiehenden  an  Opfergaben 
zu  zwingen. 

*)  Nach  der  Satapatha-Brahmana  braucht  der  Agnihotra  nur  Moiigens  und 
Abends  zu  essen ,  das  Darsa  pur  ^a  mäsa-Opfer  ernährt  für  14  Tage,  das  ChAtnr^ 
lUiUya  für  4  Mouatt;,  das  Pa^ubanühu  für  6  Monate,  das  Borna  f&r  ein  Jahr.  J>ie 
Vai^e-ihikas  unterscheiden  die  Jjotnana  in  wahre  (vidya)  und  falsohe  ( w'vidya). 


Die  Talein.  421 

Talein,  da  die  Engländer  vorzugsweise  die  schon  früher  in  der  Pro- 
vinz Molmein  angestellten  bei  derOrganisirungBangun's  und  der 
andern  im  zweiten  Kriege  abgetretenen  Districte  verwandten. 

Nach  Einem  derselben  wären  die  Talein  unter  17  Häupt- 
lingen von  Tet,  wo  sie  den  Namen  Tali  geführt,  nach  Wageru 
(in  der  Nähe  Molmein's)  gekommen  und  hätten  dort  die  Toungthu 
vorgefunden.    Auf  Yogelkähnen  (Hnet-hlay)  schifften  sie  den 

-  FIqss  hinab  (Kaya-miet).  Die  Gründer  Hongsawaddi's  lebten 
früher  inDsauthu,  einer  Stadt  am  Pegu-Flusse,  die  nebst  Thatung 
damals  die  einzigen  Häfen  im  Lande  waren ,  indem  die  See  alles 
Uebrige  bedeckte,  Noch  in  später  Zeit  diente  die  Kheik-thjo- 
Pagode  zum  Leuchtthurm ,  um  die  Schiffe  auf  der  See  zu  leiten. 
Die  Pagode  Eheik-that  steht  über  den  Knochen  des  weiblichen 
Büffels  erbaut,  der  den  ersten  König  säugte ,  die  Pagode  Kheik- 
Eighih  zwischen  Sittang  und  Schwegyin  strahlt  durch  die  Kraft 
ihrer  Heiligkeit  bei  Nacht  helles  Licht  aus.  Die  von  den  Yun 
(Schan  oder  Siamesen)  erbaute  Stadt  Kyoukno  am  Sittangflusse 
wurde  von  dem  Talein-KOnige  Yasadiih  zerstört     Bei  Noatasa's 

,  Durchzug  wurden  die  Rasteplätze  in  der  Nachbarschaft  Thatung's 
durch  Yansitta  erbaut.  Bei  der  englischen  Besitzergreifung  der 
Provinz  zogen  sich  die  Prinzen  und  die  hohen  Angestellten ,  die 
unter  den  birmanischen  Königen  die  verschiedenen  Districte  ver- 
waltet hatten,  nach  der  Stadt  Beling  hin,  und  suchten  die  Toung- 
thu Thatung's  in  ihr  Interesse  zu  ziehen ,  konnten  sich  aber  bei 
der  feindlichen  Stimmung  der  Talein  nicht  lange  halten,  sobald 
die  englischen  Truppen  anrückten. 

Die  Gerichtshöfe  in  den  Centralplätzen  der  Verwaltung 
werden  von  dem  englischen  Bevollmächtigten  oder  seinem 
Assessor  abgehalten,  und  einfachere  Fälle  zunächst  von  dem 
eingeborenen  Richter  untersucht.  Das  Verfahren  ist  noch  ein 
ziemlich  primitives,  und  kann  es  bei  einer  so  jungen  Coloniekaum 
anders  sein;  doch  sind  im  Allgemeinen  die  Provinzen  Pegu*s  unter 
ihren  in  Civilbeamte  verkehrten  Offfeieren  besser  daran,  als  früher 
die  Länder  Vorder-Indiens  mit  den  aus  Hailybury  geschickten 
Treibhauspflanzen ,  wenn  auch  bei  den  diesen  Letztern  oft  in  so 
vollem  Masse  gemachten  Vorwürfen  den  Schwierigkeiten  der 


422  Schwegyin  und  BittaDg-inyo. 

Sachlage  nicht  genug  Rechnung  getragen  ist.  Bis  jetzt  hat  man 
sich  in  Hinterindien  vor  zu  vielfachem  Eingreifen  bewahrt ,  und 
übereilte  Reformen  werden  immer  bei  den  verwickelten  Verhält- 
nissen ,  wie  sie  mit  der  Regierung  eines  neuen  Volkes  gegeben 
sind ,  Missgriffe  zur  Folge  haben  müssen ,  die  gleich  denen  der 
permanenten  Einsetzung  der  Zemindare  in  Bengalen  oder  des 
Ryotvari-Systems  in  Madras  nachher  schwer  wieder  zu  verbessern 
sind.  Unter  den  Königen  Birma's  konnten  die  Einwohner  jeden 
Augenblick  zu  aussergewöhnlichen  Leistungen  verpflichtet  wer- 
den, waren  aber  sonst  sich  ganz  selbst  überlassen,  und  sie  haben 
deshalb  noch  jetzt  eine  Abneigung  gegen  fest  geordnete  Einrich- 
tungen, da  sie  erst  lernen  müssen,  dass  in  gesetzlicher  Beschrän- 
kung die  beste  Garantie  zur  Freiheit  liegt,  und  ihnen  als* Ersatz 
den  sicheren  Schutz  gegen  willkürliche  Bedrückungen  giebt, 
denen  sie  früher  seitens  der  aus  Ava  geschickten  Beamten  nach 
Belieben  ausgesetzt  waren. 

Da  Moung  Schweb ,  der  unerwartet  auf  dem  Markte  Schwe- 
gyin's  seinen  Bruder  getroffen  hatte,  den  üapitain  eines  Fluss- 
kahnes, mit  demselben  nach  Rangun  zum  Besuche  zurückzukehren  , 
wünschte,  so  avancirte  ich  den  Koch  zum  Secretair,  was  seiner 
früheren  Stellung  als  Advocat  besser  entsprach.  Für  die  erledigte 
Stelle  meldeten  sich  verschiedene  Aspiranten,  doch  schien  keiner 
besonders  passend.  Einer  derselben,  ein  birmanischer  Kaufmann, 
der  sich  dreimal  ein  grosses  Vermögen  in  den  Teakwaldungen 
erworben  und  es  jedesmal  in  Molmein  verjubelt  und  verspielt 
hatte,  konnte  mir  bei  Gelegenheit  seiner  vriederholten  An- 
fragen einige  Mittheilungen  über  Manipur  machen ,  das  er  auf 
seinen  Reisen  besucht  hatte.  Doch  war  der  Schatz  seiner  Beob- 
achtungen bald  erschöpft. 

In  der  damaligen  Jahreszeit  blieb  mir  bis  Molmein  nur  der 
Wasserweg.  Ich  hatte  bis  zur  Stadt  Sittang  dem  gleichnamigen 
Fluss  zu  folgen  und  dann  quer  über  Felder  und  Wälder  nach 
dem  Salwehn  zu  schiffen,  weil  das  ganze  Land  im  Wasser  stand. 
Da  auf  dieser  weiten  Wasserfläche  nur  ein  des  Weges  wohl  Kun- 
diger sich  zurechtzufinden  vermag,  hatte  ich  den  Sitkay  um  einen 
erfahrenen  Bootführer  ersucht,   und  derselbe  schickte  auch  ein 


Per  Schauftpfeler.  423 

Individuum ,  das  seinem  alten  und  verwitterten  Aussehen  nach 
die  Reise  schon  während  eines  Menschenalters  jedes  Jahr  unter- 
nommen haben  mochte.  Ich  dachte  so  mir  einen  im  Seewesen 
ergrauten  Capitain  erobert  zu  haben,  und  empfahl  meinem  Secre- 
tair»  mit  dem  zusammen  er  ein  Haus  bewohnte,  ihn  wohl  zu 
pflegen  und  warm  zu  halten ,  damit  er  später  fUr  die  Reise  recht 
frisch  und  gesund  sei.  Da  ich  mich  stets  bei  Capitain  Watson 
aufhielt,  sah  ich  Nichts  weiter  von  ihm,  bis  zum  Tage  der  Abreise. 
Ein  Polizei boot  hatte  Depeschen  nach  Sittang  zu  bringen  und  man 
erlaubte  mir  gerne  die  Mitfahrt,  da  ich  so  rascher  an  Ort  und  Stelle 
anlangen  würde.  Mein  eigenes  Boot  sollte  dann  durch  meine 
Leute  nachgebracht  werden.  Während  wir  die  Sachen  zusam- 
menpackten und  ordneten,  erkundigte  ich  mich  nach  der  Ver- 
gangenheit meines  Capitains  und  erfuhr  dann  erst,  etwas  zu  meiner 
Ueberraschung,  dass  er  weiter  nichts  als  ein  Schauspieler  sei. 
Er  schien  zu  einer  Theatergesellschaft  gehört  zu  haben,  die 
in  Schwegyin  schlechte  Geschäfte  gemacht  hatte,  und  deren  Reste 
der  Sitkay  möglichst  loszuwerden  suchte,  damit  sie  seine  Armen- 
kasse nicht  belästigten.  Da  indess  in  Birma,  wie  in  Russland, 
Jeder  Alles  sein  kann,  wenn  er  muss,  so  schien  es  ihm  auch 
wahrscheinlich  ganz  natürlich,  einen  Schauspieler  zum  Lothsen 
zu  empfehlen,  da  diese  Yagabonden  bei  ihrem  herumwandemden 
Leben  das  Land  am  besten  kennen  lernen.  Um  mich  fttr  meine 
Enttäuschung  zu  trösten,  Hess  ich  mir  die  verschiedenen  Bühnen- 
Charactere  vortanzen,  von  denen  ihm  der  des  Belu  oder  Ogre 
besonders  glttckte.  Er  gab  mir  auch  einige  Bruchstttcke  der  ihm 
erinnerlichen  Dialoge ,  wie  der  folgende : 

,»Heda,  Belu,  du  Ungeheuer  da,  mit  deinen  weissen  Zähnen,  lang 
hervorsteckend,  hör'  auf  meine  Worte  I  Hier  auf  diesem  Erdenkreis 
ist  unser  König,  der  Eigner  von  Kleinodien  und  kostbaren  Schätzen, 
der  höchste  Gegenstand  der  Verehrung.  Er  gebietet  dem  Löwen, 
wie  der  Fliege,  die  Erde  zittert  vor  seinem  Befehl.  Zu  ihm  strömen 
Bäche  des  Goldes  in  Reichthttmern  unerschöpflich,  der  Ruhm  seines 
liamens  durchweht  die  Weiten  der  Welt.  Sollte  er  seinen  Arm 
gegen  dich  erheben,  weh  dir.  Es  wäre  geschehen  um  dich,  vor- 
bei mit  deinem  Leben.    Doch  wenn  du  dich  fein  still  und  ruhig 


424  Schwegyin  und  Sittang-myo. 

halten  willst,  dich  beugst  und  demiithig  zur  Erde  lällst,  dann 
kannst  du  vielleicht  auf  die  Gnade  hoffen,  ihm  als  unwürdiger 
Sclave  dienen  zu  dürfen. " 

,,Ha,  Menschenkind,  Wahnsinn  sind  deine  Worte,  erbärm- 
licher Wicht I  Ich  bin  es,  der  Herr  dieser  Wälder,  und  unser 
Geschlecht  herrscht  hier,  nicht  das  eure.  Der  Pfeil  meines  Bogens 
durchschweift,  Gehorsjim  zwingend,  meine  Gebiete.  Schon  bist 
du  mein  Opfer,  Vermessener.  Wenn  die  Spitze  ihr  Ziel  durchbohrt 
hat,  dann  schleifen  wir  deinen  Körper,  verstümmelt  und  zerfetzt, 
zum  Orte  der  Verwesung. 

Die  auf  der  Scene  auftretenden  Yathay's  (Eremiten)  spielen 
besonders  mit  Sentenzen,  die  aus  den  grammatischen  Büchern 
genommen  sind.  Die  Hauptstärke  der  Lu-pieh  oder  Komiker  be- 
steht darin,  die  hochtrabenden  Worte  der  Mingtha  und  Mingthamih 
(Prinzen  und  Prinzessinnen)  zu  travestiren,  um  dadurch  das 
Lachen  des  Publikums  zu  erregen. 

Am  9.  Augiist  verliess  ich  Schwegyin  und  kam,  nachdem  ich 
einige  der  in  verwilderten  Bananenpflanzungen  steckenden  Dörfer 
berührt  hatte,  noch  denselben  Abend  spät  in  Sittang  an,  dessen 
Pagode  auf  ihrem  pittoresken  Hügel  eben  noch  durch  die  Dunkel- 
heit zu  erkennen  war.  Bis  ich  mit  meinem  Gepäck  am  Hause 
des  Capitain  Pemberton  anlangte,  war  es  Nacht  geworden,  aber 
obwohl  in  seinem  Schlafe  gestört,  empfing  er  mich  mit  englischer 
Herzlichkeit  und  sah  selbst,  dass  ich  bequem  in  seinem  Hause 
logirt  war. 

Am  andern  Morgen  machten  wir  einen  Spaziergang  im  Walde 
nach  dem  sogenannten  Kya-kya-tschaun  (der  Bach  des  Tiger- 
falles), wo  ein  Tiger  hineingefallen  und  ertrunken  sei,  und  be- 
stiegen dann  den  Pagodenhügel ,  wo  man  weit  die  Ebenen  über- 
schaut, die  der  Fluss  durchwindet.  Der  Weg  zeigte  frische 
Tigerspuren.  Da  mein  Wirth  sein  Amts-  und  Gerichtszimmer 
im  Plause  hatte,  so  war  während  der  den  ganzen  Tag  über  dauern- 
den Geschäftsstunden  für  mich  des  Interesses  genug  in  den  Ein- 
geborenen, die  die  Höfe  und  die  Corridore  füllten. 

Nächsten  Tages  erhielt  Capitain  Pemberton  die  Nachricht, 
dass  eines  seiner  Pferde  von  einem  Tiger  weggeschleppt  sei,  wie 


Der  Eid.  425 

solche  dort  überhaupt  arg  hausten ,  und  noch  mehr  am  unteren 
Sittang  gegen  das  Meer  zu.  EHe  Ufer  des  in  seiner  Mündung 
noch  wenig  erforschten  Sittang  sind  die  ödeste  Wildniss,  der 
Tummelplatz  von  Elephanten  und  Tigern,  da  die  periodische 
Bore  die  Schififfahrt  im  höchsten  Grade  geßlhrlich  und  Ansiede- 
lung unmöglich  macht.  Mir  wurde  von  einem  Fischer  er- 
zählt, der  ruhig  am  Bache  gesessen  und  seine  Angel  hängen 
Hess,  als  er  einen  Schlag  auf  die  Schulter  fühlte.  Ihn  für  den 
Bcherz  eines  Collegen  haltend  und  keine  Notiz  nehmend ,  erhielt 
er  einen  zweiten,  stärkeren,  und  als  er  sich  umsah,  stand  ein 
Tiger  da,  der  eben  zu  einem  dritten  Schlage  ausholte,  aber  sein 
Ziel  misste,  da  der  Fischer,  schnell  wie  ein  Gredanke,  in  den 
Fluss  geglitten  war.  Doch  hätte  er  dort  aus  Scylla  in  Charybdis 
fallen  können ,  denn  das  Wasser  ist  bei  Sittang  voll  von  Croco- 
dilen.  In  dem  nahen  Wimbedoh  wurde  ein  Boot,  mit  den  Menschen 
darin,  durch  ein  solches  umgeschmissen.  Das  siamesische  Sprüch- 
wort sagt:  KhUn  bok  pa  süa  long rüa pa chakeh  :  Beim  Aufsteigen 
zu  Lande  den  l^ger  getroffen ,  beim  Hinabgehen  ins  Boot  das 
Crocodil  getroffen. 

Von  einem  birmanischen  Beamten  Hess  ich  den  Eid*)  copi- 


*)  leh  werde  die  Wahrheit  reden.  Sollte  ich  nioht  die  Wahrheit  reden ,  so 
mögen  die  Sonden  (als  da  sind  die  Leidenschaften ,  der  Zorn ,  die  Thorheit ,  der 
Stolz ,  die  Verkehrtheit ,  die  UnzQchtigkeit ,  die  Hartherzigkeit  und  der  Zweifel) 
in  den  unverbrüchlichen  Folgen  ineinander  geknüpfter  Gesetze  es  durch  ihren 
Einfluss  bewirken ,  dass  ich  und  mein  Geschlecht  auf  der  Erde  zn  Grunde  gehen 
mdge  durch  die  Thiere  des  Landes,  darch  Tiger ,  Elephanten ,  Büffel ,  giftige 
Schlangen.  Scorpione,  die  auf  uns  einstürmen  werden,  uns  packen  und  zerreissen, 
so  dass  wir  eines  schmählichen  Todes  sterben.  Mögen  alle  die  Unglücksfälle,  die 
ans  Feuer,  Wasser,  Tyrannen,  Dieben  und  Feinden  verursacht  werden,  uns  tref- 
fen, uns  erdrücken  und  vernichten,  so  dass  wir  ganzlich  zn  Grunde  gehen.  Mögen 
wir  allen  solchen  Leiden  unterworfen  sein ,  wie  sie  im  Innern  und  aussen  den 
Körper  quälen ,  mögen  wir  mit  Wahnsinn ,  mit  Verstummen ,  mit  Blindheit ,  mit 
Taubheit,  mit  Aussatz  und  Hydrophobia  geschlagen  werden.  Mögen  Donnerkeile 
und  Blitzstrahlen  uns  niederschmettern ,  so  dass  ein  jäher  Tod  uns  ereilt.  In 
der  Mitte  meiner  Lügenreden  möge  ich  ergriffen  werden,  und  schwarz  coagulirtes 
Blut  erbrechend ,  todt  niederstürzen  vor  den  Augen  des  versammelten  Volkes. 
Wenn  ich  den  Fluss  befahre ,  sollen  die  bösen  Wassergeister  mich  verfblgen  und 
meinen  Kahn  umstürzen ,    dass  mein  Elgenthom  verloren  geht  und  ich  selbst  zur 


426  Sdiwegyia  md  Sittiiiff-myo. 

reo  9  der  «ich  in  erweiterter  Form  bei  Malcolm  findet  Capitain 
Pemberton  zeigte  mir  einige  Curiosa  aus  seiner  officiellen  Cor- 
respondenz.  Das  eine  war  der  Bericht  eines  Hagistrates,  anzei- 
gend» dass  ein  Mann  seines  Bezirkes,  der  seine  Mutter  zu  tödten 
gesucht  hatte ,  von  der  geöffneten  Erde  verschlungen  sei ,  ohne 
dass  es  Jemandem  möglich  gewebten ,  ihn  zu  retten.  Das  andere 
^$chreiben  kam  von  einem  Pungyi ,  der  der  englischen  Behörde 
berichtete,  dass  das  Kind  in  dem  Leibe  eines  schwangeren  Fisch- 
weibes geredet  und  zu  wissen  gethan  habe,  dass  es  nicht  den 
gewöhnlichen  Weg,  sondern  aus  der  Seite  geboren  zu  werden 
beabsichtige,  ein,  wie  es  seheint,  durch  Gautama's  Präcedenzfall 
gerechtfertigtes  Vorhaben. 

Rente  falle  den  Alligatoren,  Pnrpoisen,  Haien  nnd  anderen  Unfi^ethümen  der  tiefen 
Hee,  die  mich  In  ihren  Zähnen  zermalmen  mö^n.  Die  Veränderung  meiner 
Exitttena  wiid  mich  nicht  unter  Menitcben  noch  unter  Göttern  wiedergeboren  wer- 
den lassen ,  sondern  ich  werde  ungemildert  Strafe  und  Grauen  in  dem  Uefsten 
Kleode  erleiden  an  den  Tier  Orten  der  Pein,  unter  den  Höllen,  den  Prets,  den 
Bestien  und  den  Asurakay.  Wenn  Ich  aber  die  Wahrheit  rede,  dann  werde  ich 
nebst  meinem  Geschlecht  durch  die  zehn  Gesetze  des  Verdienstes  und  durch  der 
Wahrheit  wirluame  Kraft  von  allen  Leiden  und  Krankheiten  ^befreit  bleiben, 
von  den  äusseren  nnd  inneren  des  Körpers ,  und  mögen  bevorstehende  Uebel  far 
immer  von  uns  abgewehrt  bleiben.  Mögen  die  zehn  UnglQcksfälle  nnd  die  f6nf 
Feinde  ebenfalls  fem  gehalten  werden.  Mögen  mir  Donnerkeile  und  Klitzstrahlen 
gnüdig  sein ,  die  Geister  des  WasHers  und  alle  Seethiere ,  so  dass  ich  stets  von 
ihnen  beschützt  bin.  Möge  mein  Wohlstand  wachsen  gleich  der  aufgehenden 
Honne  nnd  dem  zunehmenden  Monde.  Mögen  die  sieben  BesitzthQmer,  die  sieben 
Gesetze ,  die  sietien  Verdienste  des  Tugendhaften ,  in  meiner  Person  fortdauernd 
verbleiben,  und  bei  Veränderung  der  Existenz  möge  ich  gerettet  werden  von  den 
vier  Zuständen  der  Bestrafung,  aber  eingehen  in  die  glückseligen  Welten  der 
Menschen  und  Götter ,  das  Verdienst  verwirklichend  und  die  letzte  Belohnung 
empfangend. 


Die  Niedertingen. 


I 


Pegn  in  der  Ueberschwemmong. 

Das  Boot  blieb  länger  aus,  als  man  bei  der  kurzen  Entfer- 
nung von  Seh  wegyin  naeh  Sittang  hätte  vermuthen  Bollen,  und  als 
es  zuletzt  ankam,  warMoung  Lin,  der  inTongu  engagirte  Diener, 
in  traurigem  Zustande.  Wie  er  sagte ,  hatte  er  sich  schon  bei 
der  Abfahrt  etwas  unwohl  gefühlt ,  und  auf  dem  Wasser  brachen 
unter  heftigem  Fieber  am  nächsten  Tage  die  Masern  aus ,  mit 
denen  er  in  Sittang  ankam.  Ich  traf  Anstalten»  ihn  in  einem 
Hause  Sittang's  in  Pflege  zu  geben  und  schickte  mein  Boot  mit 
dem  Schauspieler  in  der  Rolle  eines  Piloten  nach  dem  Dorfe 
Wimbedoh,  wohin  ich  auf  einem  Marktboote  nachfolgte.  In  Wim- 
bedoh  verliess  mein  Weg  den  Sittang,  um  dann  durch  ein  Gewirr 
von  Canälen  und  Bächen ,  Seen  und  Ueberschwemmungen ,  erst 
nach  Thatung,  das  ich  nicht  unbesucht  lassen  wollte,  und  dann 
nach  Molmein  zu  fähren.  In  der  andern  Jahreszeit  würde  man 
diesen  Weg  zu  Wagen ,  Pferde  oder  Elephanten  zu  machen  und 
vielleicht  an  Wassermangel  zu  leiden  haben.  Unterhai bWimbedoh's 
beginnt  auf  dem  Sittangflusse  die  Gefahr  der  jeden  Neu-  oder  Voll- 
mond mit  einer  breiten  Wasserwand  heranstttrmenden  Bore,  die 
aber  vielfach  bis  zur  Stadt  Sittang  aufsteigt  und  auch  dort  noch 
grossen  Schaden  zwischen  den  Schiffen  anrichten  kann.  In  der 
Nähe  Wimbedoh's  zweigt  sich  am  andern  Ufer  eine  Wasserver- 
bindung des  Sittangflusses  mit  Rangun  ab,  die  über  Pegu  fährt, 
indess  gleichfalls  nur  in  der  Regenzeit  fahrbar  ist  Der  Aus- 
fluss  des  Sittang  ist  noch  nie  genauer  aufgenommen,  wenigstens 
fehlte  er  noch  auf  den  Seekarten  bei  meiner  Reise  nach  Rangun. 


430  FegvL  in  der  Uelx^rechwemmiiiif . 

Im  Anfange  der  englinchen  ßesitznahme,  wo  das  Land  noeb  we- 
nig hekannt  war,  wollte  man  eine  von  Rangun  nach  Tongu  be- 
stimmte Truppcnabtheilung  den  Seeweg  nehmen  lassen,  aber 
die  ganze  Expedition  kam  um,  zusammt  den  birmanischen  Schiffern, 
die  das  Unglück  vorausgesagt  hatten. 

In  Wimbedoh  liess  ich  mir  in  der  Polizei  Tana  ein  Nachtquartier 
durch  den  Sergeanten  geben  undmiethete  einen  Bootsmann,  einen 
t(?lpelhaften  und  ungeschliffenen  Bauemlttmmel,  aber  jung  und  kräf- 
tig, damit  er  wo  möglich  fUr  zwei  rudere  und  dem  ausgemergelten 

I 

Buffon  die  Arbeit  abnehme.  Unter  strOmendem  Regen*)  fuhren  wir 
am  nächsten  Morgen  in  den  Wimbedoh -Bach  hinein,  ein  Wässerchen, 
so  eng  und  schmal,  dass  sich  begegnende  Kähne  nur  an  bestimm- 
ten Stellen  ausweichen  konnten,  und  deshalb  im  Voraus  durch 
Schreien  Nachricht  geben,  damit  gewartet  wttrde.  Dann  hatten 
wir  uns  durch  einen  Wald  von  Schilfgewächsen  durchzuwinden  und 
kamen,  auf  ttberschwemmten  Wiesen  weiterfahrend,  zu  dem  zum 
Frtthstttck  bestimmten  Haltepunkt  der  Pagode  Kjeik-that,  die  Ober 
den  Gebeinen  eines  Bttffel  Weibchens  als  Reliquie  gebaut  sein  soll. 
In  dem  nahegelegenen  Jungle  will  man  ausgedehnte  Spuren  von 
einer  grossen  Stadt  in  ihren  Ruinen  gefunden  haben.  Ich  hatte 
Mtlhe,  mich  auf  dem  morastigen  und  halbUberschwemmten  Boden 
durch  das  verwirrte  Dickicht  zu  der  mit  Moos  Überwachsenen  Pa* 
gode  des  Bttffelheiligen **)  durchzuarbeiten,  die  jetzt  verlassen 
und  unbesuoht  auf  einem  terrassenartigen  Unterbau  steht  Damm 

*)  Der  durchschnittliche  Regenfali  wird  von  Morton  anfS16i/iZoUberedineC. 
Dm  Nonplasaltra  der  Regenmenge  auf  der  Erde  föllt  in  der  sfidliehen  Seite  dei 
HimaUyn  (sagt  Hühry)  au  Dscherrapondschi,  bei  den  Kaflsia-Bergea,  ala  Wirkung 
des  Sfidwest-Monsun,  sie  betragt  610  Zoll  im  Jahr.  Malcolm  giebt  den  Fall  in 
der  Regenzeit  (yon  Mai  bis  September)  auf  150 — 800  Zoll  in  Birma. 

**)  Nach  Marinl  glaubten  die  Lao,  qu'vn  Büffle  qui  nasquit  antrefois  le  plui 
döfectuenx  qui  se  seit  iamais  yue,  t>oiteuz ,  mal  fait,  timide,  eztrfimemeut  foible 
et  ombragenz  eztraordinairement,  estolt  tomb4^  du  Ciel  dans  la  mer  et  qnfl]  se 
remplit  Timagination  de  taut  d*esp^es  differentes  que  sans  antre  aocoapleraeit  il 
conceut  vn  Monstre  et  que  pen  de  temps  apr^  il  produiait  vne  dtrouiUe,  remplie 
d'hommes  blaues  et  noirs,  qui  y  estoient  renfermei  eomme  autant  de  ponssins  et 
qni  en  sortircnt.  Per  Büffel  ist  das  Attribut  des  Vasupi^va,  des  IS.  Ueiligen  der 
Jaina's  (nach  Colebrooke).  Des  bösen  Kansa  Kraft  war  gebrochen,  als  sein  aus 
einem  BOffelhom  gearbeiteter  Wnuderbogen  in  den  Htoden  Krischna*»  serspraag 


Die  Bfiffel-Pagode.  481 

herum  finden  sich  die  Trümmer  yieler  kleinerer  Pagoden,  die  sie 
frtther  in  zwei  Reihen  umgeben  zu  haben  scheinen. 

Im  Regen  über  Felder  hinfahrend,  von  denen  in  der  Feme  der 
BergKynoataungaung  sichtbar  war,  kamen  wir  am  Abendein  der 
Stadt  Kjeiktoh  an  und  noch  zu  rechter  Zeit,  denn  das  Boot  leckte  so 
stark,  dass  wir  es  kaum  durch  Ausschöpfen  flott  erhalten  konnten. 
Der  Sayin  (wie  der  eingeborene  Sergeant  durch  corrumpirte  Aus- 
sprache genannt  wird)  brachte  mich  nach  dem  Circuithause,  einem 
bei  dem  fortdauernden  Regen  sehr  erwünschten  Absteigequartier, 
und  Hess  mein  durchnässtes  Gepäck  dorthin  schaffen.  In  der 
Nähe  desselben  fand  sich  eine  Gruppe  vieler  kleiner  Pagoden 
mit  einer  grösseren  im  Centrum,  undderMyothougyi,der  mich  im 
LAufe  des  Abends  besuchte,  sagte,  dass  die  mittlere  durch  einen 
Gouverneur  aus  der  birmanischen  Zeit  gebaut  sei,  und  seine  Söhne 
die  kleiner!^  hinzugefügt  hätten. 

Am  andern  Morgen  fuhren  wir  mit  dem  reparirten  Boot 
weiter,  erst  durch  den  Cadat-Bach  und  dann  über  die  Kwin 
(Obersch*wemmte  £benen)  nach  dem  Hne^tein-Flusse,  wo  immer 
gerade  durchgeschnitten  werden  konnte ,  ohne  sich  an  die  Win- 
dungen der  Ufer  zu  kehren.  Die  dortige  Pagode  stand  im  Wasser. 
Zum  Frühstück  hielt  ich  in  dem  Hause  eines  Talein-Fischers,  am 
Fusse  bewaldeter  Hügel  mit  derTheiletah-Pagode  auf  der  Spitze, 
die ,  wie  er  sagte ,  durch  Min  Taudenu  gegründet  sei,  den  Sohn 
des  Königs  Teitudama  von  Martaban  Ein  alter  Arzt,  der  gegen* 
über  wohnte,  kam  zu  seinem  Nachbar  herüber  und  holte  auf  meinen 
Wunsch  seine  Bibliothek  herbei,  in  Bündel  zusammengeschnürt. 
Eines  der  Bücher  war  ein  Wuttuh ,  der  Minteit-Wuttuh,  den  die 
Talein  Tamintitot  nennen;  ein  anderes  ein  Werk  medicinischen 
Inhalts  und  das  dritte  die  Lokanidi  (Lokawituh  der  Talein),  die 
den  Pali-Sentenzen  das  Anet  (im  Talein)  beifügte. 

Beim  Weiterfahren  kamen  wir  durch  Salz  verfertigende  Dörfer 
und  traten  dann  in  den  Youngkama-Bach  ein,  mit  dem  Wind  entge- 
gen und  dem  Regen  in  Strömen  fallend.  Ueberall  standen  die  Dörfer 
tief  in  Wasser,  das  gerade  bis  an  das  Stockwerk  der  auf  hohen  Pf&hlen 
stehenden  Häuser  reichte,  so  dass  man  beim  Vorbeifahren  mit 


432  Pega  in  der  Ueberechwemmnofl^. 

dem  Boot  in  die  Fenster  blickte.  Erst  in  dieser  Ueberschwem- 
mungszeit  gewinnen  die  Dörfer  der  Birmanen  oder  Talein  ein 
substantielles  Ansehen  und  finden  sich  wirklich  in  ihrem  Ele- 
mente, das  das  in  den  trockenen  Monaten  mit  seinen  nackten 
Pfählen,  hölzern  und  kahl  dastehende  Faehgerlist  hinter  die 
Coulissen  schiebt.  Die  vor  Uebcrschwemmungeu  gesicherten 
Bergvölker  bauen  ihre  Häuser  auf  flacher  Erde,  oder,  wenn  Schutz 
gegen  Tiger  n(>thig  wird ,  hängen  sie  zwischen  die  Zweige  der 
Bäume,  wie  die  Puleahs  in  ihren  Wäldern  Nester  bauen. 
Balbi  affirmeth,  tbat  they  build  their  houses  in  Silon  (Siam)  very 
high  and  eveiy  house  hath  a  boat  belouging  thereto,  for  a  pa^sage 
and  transpbrtation  of  the  family  in  that  their  winter  time  or  an- 
nually  deluge.  And  some  poore  persona  havc  slight  houses  of 
reed  or  timber,  set  upon  planks  tied  together,  which  they  can  re- 
move  whither  they  please  (s.  Purchas).  In  San  Francisco  sah 
ich  Häuser  auf  Wagen  umherfahren.  Pfahldörfer  sind  überall 
ein  culturhistorisches  Naturprodukt,  so  lange  die  Kunstfertigkeit 
in  Wasserbauten  noch  nicht  hinlänglich  fortgeschritten  ist,  um 
den  niedrigen  Sumpfboden  in  jeder  Jahreszeit  trocken  zu  halten. 
Gegen  Abend  landeten  wir  an  dem  Zayat  des  Dorfes  Young- 
kani ,  der  mit  Wänden  und  ThUr  versehen  war.  Er  stand  halb 
im  Wasser,  halb  im  Moraät,  und  das  Hinschaffen  des  Gepäcks 
auf  diesem  Boden,  wo  man  weder  stehen  noch  schwimmen  konnte, 
war  nicht  leicht.  In  dem  kleinen  Kloster  daneben  fand  ich  einen 
hochbejahrten  Pungyi,  zu  dem  bald  darauf  sein  nicht  viel 
jüngerer  College  herbeigetrippelt  kam.  Die  beiden  Greise 
wurden  im  Verlauf  des  Gesprächs  so  vertraulich  und  fassten  so 
wohlwollende  Zuneigung,  dass  sie  alle  ihre  Ueberredungskünste 
anwandten,  mich  für  ihre  Religion  zu  retten,  und  die  herrlichen 
Freuden  der  Nathimmel,  die  dann  in  Aussicht  stünden,  nicht 
lieblich  genug  zu  rühmen  vermochten.  Meine  Erwiederung,  dass, 
wenn  dort  Ngapie  und  andere  Delicatessen  Birma's  aufgetischt 
würden,  ein  Kala  sich  darob  schwerlich  ergötzen  würde, 
machte  keinen  Eindruck,  und  selbst  die  Bemerkung,  dass 
bei  der  Verschiedenheit  der  Volkscharaktere  die  Verschiedenheit 
der  Religionen  vielleicht  beabsichtigt  gewesen,   wollten   diese 


Salsgewinnnng.  433 

Zeloten,  ganz  gegen  die  sonstige  Toleranz  der  Buddhisten,  die 
Bergmann  auch  unter  den  Kalmüken  fand ,  nicht  gelten  lassen. 
Alle  auf  dem  Erdenrunde  beteten  zuGautama  und  bezeigten  dem 
birmanischen  Pungyi  ihre  Verehrung,  nur  die  Chinesen  (Tayop) 
allein  ausgenommen :  so  stand  es  in  ihrem  Katechismus.  Neben 
diesen  zweiPmigyi  wohnten  im  Kloster  noch  sieben  MoungSchin  und 
sechs  Kyaungtha.  Das  Dorf  enthält  etwa  30  Häuser  und  die  Bauern 
leben  vom  Reisbau,  ihre  Producte  in  Molmein  oder  Rangun  ver- 
kaufend. Die  Felder*)  werden  jetzt,  wo  sie  mit  Wasser  bedeckt 
sind,  bepflanzt,  indem  jedes  Korn  für  sich  mit  den  Fingern  ein- 
zupressen ist,  wenn  das  Vieh  fehlt,  um  sie  einzutreten.  Die  Ernte 
fällt  in  den  Natdan-Monat  (December).  Im  Nayoon-Monat  wird 
gepflügt.  Das  Dorf  wurde  nicht  durch  einen  König  gegründet, 
sondern  bildete  sich  von  selbst,  als  die  Bewohner  sich  dort  all- 
mählig  zusammenfanden.  Die  Dörfer  längs  des  Baches  verfer- 
tigen Salz,  indem  sie  die  Erde  aufpflügen  und  auf  eine  hohe 
Tafel  werfen,  wo  sie  mit  Wasser  ausgewaschen  wird.  Diese  Lö- 
sung wird  dann  gekocht,  und  wenn  hineingeworfener  Reis  auf- 
schwillt, so  ist  das  Salz  gut,  wenn  er  niedersinkt,  so  ist  es  nutz- 
los.  Das  Salz  wird  später  in  Tongu  verkauft. 

Als  ich  den  alten  Mönch  nach  Talein-Büchern  fragte,  erwiederte 
er,  keine  zuhaben.  Vor  der  Zeit  Alompra's  gab  es  Talein-Pungyi's 
und  Talein- Bücher,  jetzt  aber  ist  AllesdurchdenbirmanischenUnter- 
richt  absorbirt.  Als  Alompra  auf  seinem  Feldzuge  gegen  Yuthia  ge- 
storben war,  verfertigten  die  Soldaten  ein  Bild  von  ihm,  das  sie  nach 
der  Heimath  zurückbrachten.  Die  Pagode  Teikthela  in  Thatung  wird 
jährlich  von  vielen  Pilgern  besucht.  Unter  den  im  Kloster  auf- 
gestellten Figuren  war  die  desGautama  vomNaga  beschützt,  und 
die  des  Sabupadih-min  im  Königsornat.     Ein  die  Mönche  be- 


*)  In  Tonqnin  beschreibt  Bissach^re  das  Besäen  der  der  Ueberschwemmnng 
aoagesetzten  Felder :  Un  homme  avec  deux  morceaux  de  bois  pointus  fait  des  troas 
de  quatre  k  cinq  pouces  de  profondeur  k  un  pied  et  demi  de  distance  les  nns  des 
aatres,  one  femmc  qui  le  suit  Jette  dans  ces  trous  quatre  ou  cinq  de  riz  sans  se 
donner  1a  peine  de  les  recou?rir ,  les  eanx  refonli^  par  le  flux  ötendent  la  terre 
snr  ces  riz  et  comblent  les  trous  au  l>out  de  cinq  ou  six  Jours.  In  Siam  wird  der 
Reis  spater  verpflanzt. 

BMtian,  Oitaaien.     II.  2S 


434  Fegü  in  der  Uebereohwemmniig. 

suchender  Bauer  des  Dorfes  warnte  zur  Vorsicht  vor  Tigern,  und 
dass  ja  die  Thür  desZayat  während  der  Nacht  wohl  Terschlossen 
und  verrammelt  wUrde.  Er  erklärte  im  Lauf  des  Gesprächs  den 
Namen  Kaukadoh  aus  Kado,  da  es  früher  als  Hafen  zum  Anlegen 
fUr  Seeschiffe  gedient  habe,  und  damals  sei  der  jetzt  kleine  Fluss 
dem  Irawaddi  an  Grösse  gleich  gewesen.  Früher  habe  die  See 
alles  das  Land  ringsum  bedeckt  und  aus  der  Zeit  habe  der  Boden 
den  Salzgehalt  bewahrt.  Tiger  sind  in  der  Regenzeit  am  gefähr- 
lichsten, weil  sie  sich  dann  aus  dem  überschwemmten  Lande  auf 
den  trocken  gebliebenen  Erhöhungen  concentriren.  Die  Birma- 
nen unterscheiden  sieben  Komarten  oder  Öapa,  nämlich  das 
halbmythische  Säle  (Namasale  oderSale-^pa),  Kauköapa  (Reis), 
Muyauöapa  (Gerste),  Luh  (paspalum)  oder  (als  Lu-natkauk) 
Weizen,  Öhap  (Hirse),  PrauÄ  (Mais,  als  PrauÄ-phuh)  und  Kyeit, 
besonders  von  den  Karen  gebaut,  die  den  Samen  zum  Frauen- 
schmuck verwenden.  Von  den  verschiedenen  Reissorten  wird 
eine  Art  wegen  ihres  Wohlgeruches  Kauk-hmvoe  (der  duftende 
Reis)  genannt.  Der  Reis  wird  meist  nach  62  Pfund  haltenden 
Körben  verkauft. 

Als  ich  nach  dem  Zayat  zurückkehrte,  fand  ich  meine  Leute 
dort  im  Regen  sitzen ,  der  durch  das  Dach  durchtriefte.  Einige 
der  MoungSchin  kamen  später  aus  dem  Kloster  herüber,  zu  sehen, 
wie  es  mir  ginge,  und  meinen  Leuten  Vorsicht  mit  dem  Feuer  an's 
Herz  zu  legen.  Vor  ein  paar  Jahren  war  derKyaung  abgebrannt 
und  mit  ihm  alle  die  Bücher,  die  man  damals  besessen.  Sie  er- 
zählten mir,  dass  in  der  trockenen  Jahreszeit  grosse  Noth  für 
Trinkwasser  sei ,  da  das  Wasser  des  Baches  ganz  salzig  würde. 
Jetzt  aber  war  es  zu  trinken.  Sie  lernten  bis  jetzt  den  Mengalototh. 

Noch  in  der  Nacht  bei  Kerzenlicht  wurde  das  Boot  bepackt, 
und  als  der  erste  Morgenstrahl  hervorbrach ,  arbeiteten  wir  uns 
schon  lange  im  Kaukadoh  -  Bache  zwischen  niedrigen  Büschen 
hin  und  erreichten  noch  am  Vormittag  den  Flecken  Kaukadoh, 
der  mit  Bäumen  und  Büschen  tief  im  Wasser  stand,  mit  Ausnahme 
des  obern  Theils,  der  sich  am  Abhänge  der  angelehnten  Hügel- 
reihe aus  schiefrigem  Gestein  hinaufzieht.  Die  die  Mündung  ver- 
schliessende  Barre  macht  den  Fluss  jetzt  für  Seeschiffe  unzu- 


Ueberschwemmte  Wälder.  435 

gänglich.  Beim  Frühstück  erzählte  mir  der  herbeigekommene 
Aelteste,  dass  früher  Alles  dort  die  See  gewesen,  und  dass  Schiffe 
auf  ihrer  Fahrt  von  Theikela-Phaya  nach  Thatung  auf  einer  klei- 
nen Insel  anzulegen  pflegten,  als  Ualbwegsstation.  Diese  Insel, 
Kado  genannt,  sei  später  zum  Festland  geworden  und  davon  komme 
der  Name  Kaukadoh.  Der  Flecken  entfernt  sich  weiter  und 
weiter  von  der  See,  und  während  er  früher  an  derselben  lag, 
finden  sich  jetzt  schon  vier  Dörfer,  von  Talein  bewohnt,  dazwischen. 
Nachdem  wir  eine  weite,  durch  die  Ueberschwemmung  in 
eine  unabsehbare  See  verwandelte  Ebene  überfahren,  schifften 
wir  in  einen  Wald  hinein,  wo  die  Bäume  zur  Hälfte  der  Stämme 
im  Wasser  standen,  und  das  Boot  mehrfach  nicht  unter,  sondern 
zwischen  den  Zweigen  herumsteuerte.  Das  Wasser  kam  uns  in 
starkem  Strome  entgegengeflossen,  und  da  wir  verschiedentlich 
die  Richtung  verloren  hatten,  waren  wir  froh,  zuletzt  den  offenen 
Beling-Fluss  (den  Zwitterstrom  Ritter's)  vor  uns  zu  sehen,  der 
mit  milchig  weissem  Wassef  zwischen  dunkelgrünen  Waldbänken 
seine  breite  Furche  zog.  Der  Leck  des  Bootes  war  wieder  auf- 
gebrochen ,  und  mit  dem  Fluss  von  Unten  und  dem  Regen  von 
Oben  füllte  dasselbe  so  unaufhaltbar,  dass  wir  die  grösste  Mühe 
hatten,  es  bis  zum  Dorfe  Schwehlay  zu  bringen,  wo  es  ganz  auf 
dieSeite  fiel.  Dies  war  in  der  birmanischen  Zeit  der  Platz,  wo  die 
goldenen  oder  Königs-Boote  (Schwehlay)  für  die  Communication 
zwischen  Martaban  und  Ava  stationirt  waren.  Als  ich  nach  dem 
(xoung  schickte  und  nach  einem  Nachtquartier  fragte,  zeigte 
sich  so  wenig  Auswahl  in  den  ärmlichen  Hütten  der  Bauern, 
dass  mir  nur  der  Zayat  blieb ,  der  am  andern  Ende  des  Dorfes 
in  einem  bewaldeten  Morast  lag,  wohin  es  nicht  möglich  schien, 
weder  zu  Wasser  noch  zu  Lande  zu  kommen.  Nachdem  wir 
es  endlich  bewerkstelligt  hatten ,  befanden  wir  uns  wie  im  6e- 
fängniss,  denn  als  ich  für  einige  Anordnungen  in  der  Re- 
paratur zurückschicken  wollte,  konnten  es  die  Diener  ohne 
Führer  über  die  schlüpfrigen  Balkenbrücken  kaum  wagen.  Ein 
halb  verwüsteter  Kyaung  in  der  Nähe  stand  leer,  und  hörte  ich, 
dass  die  Knaben  alle  aus  der  Schule  entlassen  seien,  da  der 
Pungyi  sich  mit  Niemand   vertragen   könne.     Ich  hatte  schon 

28* 


436  'Peg^  in  der  Ueberschwemmuncr. 

während  des  Tages  fieberisch  gefühlt  und  bekam  in  dieser  mit 
Miasmen  qualmenden  Atmosphäre  heftige  Breohanfälle ,  denen 
eine  so  starke  Perspiration  in  der  Nacht  folgte,  dass  ich  am  näch- 
sten Morgen  noch  ganz  nass  war.  Das  Boot  war  in  so  gebrechlichem 
Zustande,  dass  ich  ein  anderes  hinzumiethete,  um  vorkommenden 
Falles  in  der  Nähe  zu  sein,  sowie  auch  um  einen  zuverlässigeren 
Führer  für  den  Weg  zu  haben.  Doch  durfte  ich  kein  grosses 
Fahrzeug  wählen,  um  nicht  den  Besuch  Thatung's  zu  verlieren, 
wo  das  Land  sich  zu  heben  anfangt  und  die  Creeks  schwer  zu- 
gänglich sind. 

Wir  schwammen  erst  den  Beling-Fluss  hinunter,  hinter  dessen 
bewaldeten  Ufern  niedrige  Hügel  mit  höhern  in  der  Entfernung 
sichtbar  waren ,  und  verliessen  ihn  dann  durch  einen  schmalen 
Ganal,  der  uns  in  einen  dichten  Wald  hinausführte.  Die  Bäume 
standen  so  nahe  und  eng  zusammen,  dass  das  Boot  oft  kaum  Platz 
zum  Durchwinden  fand  und  die  Zweige  beständig  hineinhingen 
und  streiften.  Sonst  herrschte  Todtenstille  in  diesem  fast  nur 
von  stummen  Fischen  bewohnten  Walde.  Das  einförmige  Gluck- 
sen des  Bohk- Vogels  war  der  einzige  Ton ,  der  sie  unterbrach, 
dann  und  wann  der  laute  Aufschrei  eines  Fasanen,  aber  bald 
starb  Alles  wieder  im  Schweigen  hin.  Als  wir  wieder  auf  die  oflFe- 
nen  Ebenen  derKwins,  von  Pelikanen  belebt,  herauskamen,  sahen 
wir  Höhenreihen  sich  hindurcherstrecken  und  fuhren  in  das  Thor 
des  Dorfes  Tscherkoh  ein,  wo  wir  unser  Boot  vor  dem  Wohnzimmer 
des  Aeltesten  anlegten.  Die  70  Häuser  desselben  sind  von  Bir- 
manen und  Talein  bewohnt,  meistens  Fischer,  einige  Feldbauer 
ausgenommen. 

Als  wir  am  Mittage  auf  den  überschwemmten  Flächen 
weiter  fuhren,  strich  eine  scharfe  Brise  darüber  hin,  und 
einige  uns  mit  aufgespanntem  Putzo  entgegenkommende  Böte 
hatten  rasch  ihre  Segel  einzuziehen ,  um  nicht  umgeworfen  zu 
werden.  Die  ganze  Umgebung  machte  den  Eindruck ,  dass  wir 
uns  auf  offener  See  befänden ,  und  der  aus  dem  Wasser  hervor- 
stehenden Höhenreihe,  die  mit  einem  scharfen  Vorgebirge  auslief, 
als  dem  Festlande  zueilten.  Bald  schied  sich  von  der  Bergkette 
der  Hügel  Thatung's  ab,  auf  dem  aus  dunkeln  Waldbäumen  die 


Ankunft  in  Thatang.  437 

Kuppeln  glänzender  Pagoden  hervorstiegen,  und  bald,  nachdem 
wir  wieder  Vieh  auf  grünen  Wiesen  grasen  gesehen  hatten,  lan- 
deten wir  in  der  Stadt.  DerGoungyok,  ein  eingeborener  Toungthu, 
bot  mir  ein  Logis  in  seinem  Hause  an ,  ich  zog  aber  vor  mich  in 
dem  Circuithause,  das  den  Pagoden  näher  stand,  einzuquartieren. 
Dort  wurde  ich  von  dem  Say in  des  nahegelegenen  Wachtpostens 
und  einigen  andern  birmanischen  Speichelleckern  empfangen,  die 
schon  seit  längerer  Zeit  mit  dem  Goungyok  im  Streit  lagen  und  sich 
beidieserGelegenheit  des  wichtigen  Votums  eines  durchreisenden 
Europäers  versichern  wollten.  Sie  stellten  überall  im  Hause  Ehren- 
wachen auf,  sprachen  nur  auf  den  Knieen  in  den  unterthänigsten  Aus- 
drücken ihres  daran  reichen  Vocabulariums  und  hatten  alle  jene  an- 
deiTi  Firlefanzereien,  die  mir  durch  mein  längeres  Reisen  inBirma 
zu  wohl  bekannt  waren,  um  nicht  widerlich  zusein.  Ich  gab  ihnen 
deshalb  zu  verstehen,  dass  ihre  Huldigungen  umsonst  verschwen- 
det wären,  dass  ich  mich  in  ihren  Zwist  weder  mischen  wolle, 
noch  als  Privatreisender  überhaupt  könne,  und  dass  ich  am  liebsten 
für  meine  Arbeiten  allein  gelassen  wäre.  So  zeigten  sie  sich  nicht  am 
nächsten  Morgen,  aber  gerade  dann  freilich  hätte  ich  hülfreicher 
Hände  bedurft.  Ich  war  während  der  Nacht  in  eine  schwere  Krank- 
heit gefallen.  Ein  heftiges  Fieber  ras'te  in  den  Adern,  und  bis  zum 
nächsten  Abend  hatten  meine  Kräfte  so  reissend  abgenommen, 
dass  ich  schon  nicht  mehr  ohne  Hülfe  des  Dieners  durch  das 
Zimmer  zu  wanken  vermochte.  Medicin  besass  ich  so  gut  wie 
keine.  Als  ich  wegen  Blutandrangs  zum  Kopf  Blutegel  wünschte, 
waren  in  der  Stadt  natürlich  keine  zu  haben,  und  mein  Diener 
ging  mit  einem  gemietheten  Mann  in  den  Teich  hinaus,  um  selbst 
zu  fangen.  Früchte  zur  Erfrischung  konnten  von  meinen  mit  der 
Gelegenheit  nicht  bekannten  Leuten  nur  schwer  aufgetrieben 
werden,  und  Hühner,  um  eine  Suppe  zu  machen,  kein  einziges. 
Als  ich  nach  den  birmanischen  Beamten  dafür  schickte,  ver- 
sprachen sie  ihr  Bestes  zu  thun,  Hessen  aber  drei  Tage  auf  sich 
warten,  bis  das  erste  magere  Kücken  erschien,  und  als  ich  sie  zu 
mir  rufen  Hess,  kamen  sie  wimmernd  herbei,  heilig  betheuemd,  dass 
es  nicht  ihre  Schuld  gewesen  sei.  Und  während  dieser  Zeit  war 
ich  in  den  Händen  zweier  Leute,  von  denen  der  eine  ein  vaga- 


438  Pega  in  der  Ueberscbwemmung. 

bondirender  Spieler  und  durch  tägliches  Hanfrauchen  immer  halb 
abwesend  war,  der  andere  aber  ein  roher  und  unwissender  SchiflFs- 
knecht,  mit  dem  ich  schon  seines  Patois  wegen  nicht  communiciren 
konnte,  da  weder  er  mich,  noch  ich  ihn  recht  verstand.  Sie  hatten 
sich  auch  Beide  nach  birmanischer  Weise  rasch  damit  abgefun- 
den, dass  es  bald  vorbei  sein  würde.  Die  Äugen  meines  Kranken- 
wärters wurden  täglich  dicker  und  trllber  von  den  verdoppelten 
Dosen  Hanf,  die  er  verbrauchte.  Er  hatte  das  durch  die  Blutegel 
ausgesogene  Blut  nicht  coaguliren  sehen,  und  er  wusste,  dass 
solches  Hühnerblut,  wie  er  es  nannte,  keine  Besserung  zulasse. 
Auch  fühlte  ich  selbst,  dass  ich  mich  nicht  hingeben  durfte. 
Sobald  die  erste  Krisis  vorüber  war,  schleppte  ich  mich  hinaus, 
an  einen  kalten  Waldstrom,  durch  den  ich  die  Erschlaffung  weg- 
zubaden  suchte.  Wenigstens  gelang  es  mir,  so  viel  Kräfte  zu 
sammeln,  dass  ich,  auf  einen  Birmanen  gestützt,  die  verschiedenen 
Pagoden  Thatung's,  obwohl  nur  flüchtig,  besuchen  und  die  zur 
Stärkung  nöthigen  Nahrungsmittel  anschaffen  konnte ,  denn  so- 
bald die  birmanischen  Beamten  sahen,  dass  ich  wieder  in  Bewe- 
gung war  und  etwaige  Nachlässigkeiten  in  ihren  eigenen  Wohnun- 
gen ahnden  könnte,  wurden  alle  Verlangen  schleunigst  befriedigt. 
Neben  der  grossen  Pagode  Thatung's  steht  der  Thagya  -  Paya 
(durch  den  Thagya-min  gebaut)  und  dann  der  Pitagat-Paya,  wo 
in  alter  Zeit  die  Könige  Copieen  von  den  heiligen  Schriften 
fertigen  Hessen.  Die  Haupt-Pagode  erhebt  sich  mit  einer  runden 
Basis  in  Linien  ein-  und  ausspringender  Winkel  und  trägt 
eine  vom  Tih  bedeckte  Goldspitze.  Gigantische  Buddha-Bilder 
sind  im  Umkreis  aufgestellt.  Die  rothe  Pitagat  -  Pagode ,  ohne 
Spitze,  steht  auf  einem  hohen  Unterbau,  und  zeigt  die  Figur  eines 
stehenden  Rahan  in  der  oberen  Nische,  einen  sitzenden  Buddha 
unten.  Die  Thagya -Pagode  erhebt  sich  von  dem  Fundament  in 
Terrassen.  Die  kleinen  Bilder,  die  die  Ecknischen  verzieren, 
sollen  durch  die  Karen  und  Lawa's  hinzugefügt  sein.  Mehrfach 
erscheint  unter  ihnen  Indra  auf  dreiköpfigem  Elephanten.  Eine 
Abtheilung  stellt  drei  Elephanten  -  Reiter  dar,  die  im  Rückzuge 
mit  Fusssoldaten  kämpfen,  eine  andere  zwei  Buddha's,  an  beiden 
Seiten  eines  Baumes  von  Verehrern  umgeben,  eine  aridere  Schirm- 


Toungthn.  439 

träger,  eine  andere  Berittene,  eine  andere  Leute  im  Wagen  fah- 
rend, eine  andere  Puugyi's,  eine  andere  Vögel.  Treppen  führen 
zu  diesen  Bildern  hinauf.  Während  sie  den  Karen  die  kleineren 
Pagoden  überlassen,  wollen  die  Toungthu,  die  von  Tiho  gekom- 
men seien,  die  grosse  gebaut  haben.  Sie  sagen,  dass  es  früher 
in  der  Nähe  Thatung's  eine  Stadt  der  Lawa's  gegeben,  ein  Ge- 
schlecht von  Menschen,  von  denen  Niemand  gewusst ,  woher  sie 
gekommen,  und  Niemand  wisse,  wohin  sie  gegangen.  Aber  diese 
verschwundenen  La  was ,  die  Manu  -  Mano  der  Schan ,  legten  als 
Stifter  des  ersten  Thatung  den  Grund  zur  hinterindischen  Civi- 
lisation,  zu  einer  Zeit,  wo  die  Toungthu  noch  die  Bergstämme 
waren,  die  ihr  Name  besagt.  Die  Toungthu  nennen  sich  selbst 
Paoh,  die  Birmanen:  Man,  die  Talein:  Mai,  die  Karen:  Zok,  die 
Schan:  Palhao.  Der  vor  Ankunft  der  Toungthu  aus  den  Wäldern 
der  Karen  in  Thatung  regierende  König  Tatujasa  sei  ein  Talein 
gewesen. 

In  einem  Hause  sah  ich  Toungthu-Bücher,  die  mit  dem  Bir- 
manischen ähnlichen  Buchstaben  auf  Papier  geschrieben  waren. 
Das  eine,  Zumma-tsaop  betitelt,  enthielt  gute  Lehren,  die  aus  dem 
Pitagat  entnommen  waren,  das  andere  führte  den  Titel  Widantoah- 
Mingyi  (der  König  Vedantara).  In  einem  Kyaung  fand  ich  einen 
Mönch  beschäftigt,  einen  Palmblätterbund  des  Abhidhamma  mit 
einer  deutlicheren  auf  das  Papier  des  Landes  geschriebenen  Copie 
zu  vergleichen;  Dies  Tjeh  genannte  Papier  wird,  aus  demKadoh- 
Baum  verfertigt,  mit  einer  Bambufeder  (Kamn)  und  Kohlentinte 
(Mit-tih)  beschrieben.  Von  den  Nats  der  Toungthu  lebt  Lukei 
über  der  Erde  und  Takei  an  wüsten  Plätzen.  Alte  Leute 
werden  von  den  Toungthu  beim  Tode  verbrannt,  junge  begraben. 
Das  nördliche  Thatung  (eine  Stadt  von  6000  Häusern)  wird  von 
einem  Tsoboa  regiert,  der  dem  Könige  Birmä's  Tribut  zahlt.  Im 
Norden  grenzt  es  an  das  Tsoboathum  Naumung,  im  Westen  an 
Birma,  im  Osten  an  das  Tsoboathum  Maumay  (in  dem  Yunlande), 
im  Süden  an  die  rothen  Karen.  Von  Tongu  wird  die  Reise  auf  15 
Tage  berechnet.  Nachdem  die  alte  Stadt  Wethali  (in  der  der  König 
Malamin  die  Pitagat- Pagode  über  den  von  Shin  Bodegosa  aus  Tiho 
gebrachten  Reliquien  erbaut  hatte)  zerstört  worden  war,  bauten 


440  Pegu  in  der  Ueberschwemmunfl^. 

die  aus  dem  Norden  eingewanderten  Toungthu  dasjetzigeThatung 
auf  den  Ruinen. 

Die  alte  Stadt  lag  auf  einem  andern  Platze,  weiter  nach  den 
Hügeln  zu.  Die  Stadtmauer  war  rund,  mit  zehnThoren,  an  einem 
welcher  damals  die  grosse  Pagode  des  jetzigen  Thatung  ihre 
Stelle  hatte.  In  der  Nähe  der  den  Nandau  umgebenden  Myojoh 
(Stadtmauer)  traf  ich  an  verschiedenen  Stellen  des  Waldes  die 
Ueberre^ste  alter  Pagoden,  die  aus  breiten  Steinquadern  aufgebaut 
gewesen  waren.  Neben  dem  liaupteingang  des  alten  Thatung- 
gyi  war  der  Stadttempel  des  Schutzgottes  erbaut,  zu  dessen  Ruinen 
im  Walde  ich  mich  hinbringen  Hess.  Man  findet  jetzt  drei  py- 
ramidenartige Stein-Constructionen,  in  deren  einer  ein  Stein  mit 
einem  vergoldeten  Gesicht  steht.  An  dem  Stein  der  neben- 
stehenden, die  eine  affenähnliche  Figur  enthält,  ist  der  Kopf  ab- 
gebrochen. Diesen  beiden  gegenüber  steht  die  dritte,  in  der  auf 
dem  Stein  ein  Kopf  und  Körper  mit  Menschengestalt  ausgearbeitet 
ist,  mit  einer  rothen  Binde  um  die  Stirn  und  weissen  Streifen  um 
den  Hals.  Die  erste  Stadt  Thatung  war  beweglich  und  ver- 
änderte bei  Annäherung  ihrer  Feinde  den  Platz,  wie  die  des 
Buto-Monolithen  im  alten  Egypten.  Aus  Furcht  vor  dem  Nat, 
der  es  bestrafen  würde,  wagt  Niemand  in  dem  grossen  Wasser- 
teich zu  baden.  Eine  niit  Trommeln  in  den  Strassen  umher- 
ziehende Procession  brachte  Opfergaben  dem  Sadeik. 

Da  ich  einige  Steine  mitKyouktsain  den  Pagoden  liegen  sah, 
besuchte  ich  einen  Kyaung,  aber  der  dortige  Pungyi,  der  aus  den 
Schaniändern  gekommen  war,  sagte,  dass  er  nichts  davon  verstände. 
Einige  meinten,  dass  es  die  alten  Buchstaben  der  Talein  seien. 
Zum  Copiren  hatte  ich  keine  Zeit,  denn  ich  musste,  da  ein  Rück- 
fall drohte,  meine  Abreise  beeilen.  Der  Goungyok  hatte  ein 
grosses,  bequemes  Boot  für  mich  fertig  machen  lassen,  so  dass 
ich  ohne  weitere  Furcht  steter  Durchnässung  die  Fortreise  nach 
Molmein  antreten  konnte.  Die  Bemannung  bestand  aus  Toungthu. 
Das  SchiflF  war  fast  zu  gross  für  die  kleinen  Bäche,  durch  welche 
es  sich  anfangs  durchzwängen  musste,  aber  nach  dem  Dorfe  Ti- 
berein erweiterte  sich  das  Wasser  wieder  in  flache  Lachen. 
Nachts  blieben  wir  in  dem  Dorfe  Yoahden,  wo  mir  im  Hause  des 


Der  Salwehn.  441 

Goung  der  Ehrenplatz  des  gemeinsamen  und  einzigen  Raumes  zum 
Schlafen  eingeräumt  wurde,  während  die  Familie  vom  Grossvater 
bis  £nkel  sich  mit  der  Dienerschaft  nach  der  Seite  des  Feuer- 
herdes zurückzog. 

Bei  dem  frühen  Tageslicht  des  nächsten  Morgens  sahen  wir 
glänzend  grüne  Felder,  von  dunklen  Bergen  umgrenzt,  und  von 
fem  gehörtes  Donnern  zeigte  sich  später  dem  Auge  als  ein 
aus  grauen  Schleiern  hervorschäumender  Wasserfall,  der  in 
weissen  Terrassen  niederstürzte.  In  dem  Dorfe  Onkedah  wurde 
ich  mehr,  als  durch  das  Frühstück,  durch  das  Bad  in  einem  kry- 
stallhellen  Strome  erquickt,  aber  Abends  legten  wir  in  so  flachen 
Niederungen  an,  dass  die  Häuser  des  fernen  Dorfes  kaum  bemerkt 
wurden.  Ich  verblieb  die  Nacht  im  Boot,  und  der  zu  demselben 
herauswatende  Goung  brachte  Trinkwasser,  da  die  Fluth  das  an- 
dere brakisch  gemacht  hatte.  Diese  Mittheilung  hatte  für  mich 
einen  heimischen  Klang,  mich  wieder  im  Bereiche  des  Meeres  zu 
wissen. 

Am  folgenden  Tage  fuhren  wir  bald  zwischen  den  in  dem 
brakischen  Wasser  wuchernden  Mangroe  des  Salwehn  oder  (nach 
den  Talein)  Pihgeliin  (Caypumo  oder  Amucherat  nach  Vincent 
Leblanc)  hin,  und  landeten  neben  der  vergoldeten  Pagode  Mar- 
taban's,  wo  Capitain  Burns,  der  dortige  Bevollmächtigte,  mich 
freundlichst  bei  sich  empfing. 


Molmein  und  Amherst« 


Am  nächsten  Morgen  fuhr  ich  nach  Molmein  hinüber  und 
wurde  von  Herrn  Brooks  unter  sein  gastliches  Dach  aufgenom- 
men, 29.  August. 

Ich  machte  die  Bekanntschaft  des  Oberst  Fitch,  des  Gouver- 
neurs der  Provinz,  der  für  jedes  Ansuchen  ein  geneigtes  Ohr  hatte 
und  gern  durch  die  ihm  zu  Gebote  stehende  Macht  die  Bestrebun- 
gen der  Wissenschaft  förderte,  des  Missionärs  Hough,  der  sein 
im  ersten  birmanischen  Kriege  vor  der  in  Rangun*)  drohenden 
Gefahr  bewahrtes  Leben  noch  jetzt  ungeschwächt  erhält,  des  Mis- 
sionärs Wade,  der  zu  den  Pionieren  der  Karen-Mission  gehört,  des 
Missionärs  Haswell,  des  besten  und  fast  einzigen  Kenners  der  aus- 
sterbenden Taleinsprache,  des  Lehrers  Marr,  dessen  neugegründete 
Schule  grosses  Aufblühen  versprach,  und  vieler  anderer  Herren, 
mit  denen  mir  der  Umgang  ebenso  angenehm  als  lelirreich  war; 
aber  meine  Gesundheit  zwang  mich,  etwas  zu  thun,  da  ich  an  be- 
ständigen Schwindelanfällen  und  Ohnmacht  litt.  Herr  Brooks  war 
die  Fürsorge  und  Freundlichkeit  selbst,  und  ich  konnte  keine 
bessere  Pflege  als  in  seinem  Hause  finden,  doch  wurde  auf  ärzt- 
liche Berathung  ein  Besuch  in  Amherst  für  eine  Seebade-Kur  am 


*)  As  the  english  fleet  approached,  theRewoon  in  Rangoon  orderedto  impri- 
son  aU  Enji^lish ,  then  all  Europeans ,  bat  not  to  interfere  with  other  nationalities 
rescinded  the  order  to  all  persons,  who  wore  thc  English  hat,  including  the 
American  missionaries  (Havelock).  Der  Befehl  xum  Erschiessen  war  schon  ge- 
geben, als  der  Donner  der  ersten  Kanonenschüsse  die  Birmanen  in  die  Flncht 
jagte. 


Fahrt  nach  Amherst.  443 

passendsten  gefunden.  Eine  Nachtfahrt  zu  Boote  brachte  mich 
dorthin  und  am  nächsten  Morgen  konnte  ich  durch  Oberst  Fitch 
gütige  Vermittelung  den  dort  für  die  Bequemlichkeit  derOfficiere 
und  Regierungsbeamten  erbauten  Bungalow  beziehen.  Moung 
Lin  war  wieder  bei  mir.  Nach  seiner  Genesung  war  er  von  Sit- 
tang  nach  Molmein  gekommen,  hatte  mich  aufzufinden  gewusst 
und  aufs  Neue  um  Dienst  gebeten,  da  sein  Durst  nach  Weisheit 
noch  nicht  gestillt  war.  Ausserdem  engagirte  ich,  da  ich  als 
Kranker  jetzt  sorgsamer  auf  die  Nahrung  sehen  musste,  einen 
tamulischen  Koch,  der  sich  auf  eigene  Faust  in  Amherst  einen 
Landsmann  als  Gehülfen  zulegte. 

Zur  Gründung  der  Stadt  Amherst  wurde  1826  eine  Waldstelle 
kirchlich  und  militärisch  geweiht,  und  dann  gelichtet,  um  mensch- 
liche Wohnungen  auf  der  früheren  Behausung  der  Raubthiere  zu 
erbauen.  Es  liegt  an  der  Mündung  desSalwehn,  und  ein  weisser 
Strand  erstreckt  sich  neben  felsigen  Klippen  zu  der  ausspringen- 
den Spitze  eines  Vorgebirges.  Die  passende  Zeit  zum  Baden 
war  mitunter  schwer  zu  treflfen,  da  man  gern  die  weit  zurück- 
tretende Ebbe  vermieden  hätte,  und  doch  in  der  Fluthzeit,  wenn 
sie  mit  der  Mittagshitze  zusammenfiel,  nicht  die'Kleider  ablegen 
konnte,  um  sich  nicht  Haut  und  Hirn  zu  verbrennen.  Mein  Leben 
lief  ruhig  und  einförmig  hin.  Morgens  und  Abends  spazierte  ich 
am  Strande,  die  frische  Seeluft  zu  athm'en,  nahm  ein  tägliches 
Bad,  und  Hess  mir  während  des  Tages  durch  Moung  Lin  die  mit- 
genommenen Bücher  birmanischer  Geschichte  oder  Literatur  vor- 
lesen. Er  hatte  sich  bald,  wie  früher  Moung  Schweb,  so  sehr  an 
meine  Aussprache  gewöhnt,  dass  ich  mit  ihm  über  jeden  Gegen- 
stand mit  Leichtigkeit  sprechen  und  ihn  zur  Aushülfe  bei  meinen 
Gesprächen  philosophischen  oder  religiösen  Inhalts  mit  den  Pun- 
gyi  benutzen  konnte. 

Um  sich  unter  den  wechselnden  Sprachen  der  verschiedenen 
Länder  fortzuhelfen,  erwirbt  man  sich  auf  Reisen  leicht  eine  ge- 
wisse Praxis,  indem  man  nur  auf  einen  bestimmten  Kreis  von 
Ausdrücken  sein  Augenmerk  richtet  und  bald  finden  wird,  dass  ein 
verhältnissmässig  geringerWortschatz  im  Grunde  genügt,  alles  Nö- 
thige  zu  bezeichnen,  wenn  die  Sprache  nicht  selbst  der  Gegeilstand 


444  Molmein  und  Amheret 

des  Studiums  sein  soll,  sondern  nur  ein  Mittel,  um  eine  kurze 
Durchreise  zu  ermöglichen.  Anders  freilich  verhält  es  sich, 
wenn  man  für  ethnologische  Forschungen  in  den  Geist  des  Vol- 
kes einzudringen  strebt,  da  einheimische  Dolmetscher  eine  sehr 
trügerische  Stütze  abgeben,  so  lange  man  nicht  selbst  hinläng- 
liche Kenntniss  der  Dialecte  besitzt,  um  sie  in  Fragen  und  Ant- 
wort controliren  zu  können.  Die  hauptsächlichste  Schwierigkeit 
in  der  Aneignung  roher  Idiome  liegt  darin,  dass  man  mit  dem  Ohre 
zu  lernen  hat,  während  unsere  Erziehung  sich  überwiegend  auf 
gesichtliche  Anschauung  basirt.  Der  Wilde  im  Gegentheil  be- 
sitzt eine  äusserst  scharfe  Uuterscheidungsgabe  für  die  unbe- 
deutendsten Lautverschiedenheiten,  und  eine  dem  Europäer  kaum 
bemerkbare  genügt  für  ihn  schon,  einen  ganz  neuen  Sinn  in  das 
Wort  zu  legen.  Alle  monosyllabischen  Sprachen  sind  der  be- 
schränkten Zahl  ihrer  consonantischen  Zusammensetzungen  we- 
gen, mit  Nothwendigkeit  auf  das  Betonungssystem  angewiesen, 
und  die  Yielfachheit  der  die  Bedeutung  eines  sonst  fast  gleichen 
Klanges  verändernden  Accente  zeigt  im  ersten  Augenblicke  dem 
Beginner  eine  solche  Menge  von  verwickelten  Complicationen, 
dass  er  fast  verzweifelt,  seinen  Pfad  durch  dieses  WirrsaKzu  fin- 
den. In  den  indochinesischen  Sprachen  bietet  sich  aber  die 
werthvolle  Hülfe,  dass  dieselben  nicht  nur  eine  geschriebene 
Literatur  besitzen,  sondern  auch  auf  einfach  alphabetische  An- 
ordnung reducirt  sind.  Der  Europäer  kann  also  bei  ihnen  den 
ihm  vertrauten  Weg  wieder  aufnehmen,  durch  das  Auge  zu  ler- 
nen, und  dann  verwandelt  sich  für  ihn  dieselbe  Sprache,  die  an- 
fangs un übersteigbare  Schwierigkeiten  aufzuthürmen  schien,  in 
eine  der  klarsten  und  deutlichsten,  da  die  grammatischen  Ver- 
hältnisse leicht  durchschaut  sind.  Im  Fortgange  wird  er  freilich 
grade  in  dem  Mangel  solcher,  der  ihn  zuerst  mancher  Mühe  über- 
hob, einen  neuen  Hemmschuh  finden.  Ein  nach  den  festen  Regeln 
.  der  Syntax  zusammengeordneter  Satz  kann  für  den  mit  ihnen 
Vertrauten  immer  einzig  den  einen  und  bestimmten  Sinn  haben, 
den  der  Verfasser  hineinzulegen  beabsichtigt;  ein  nur  durch  lose 
Nebeneinanderstellung  verbundener  aber  mag  in  kurzen  Sen- 
tenzen klar  genug  sein,  wird  aber  bei  weitergehenden  Abband- 


Tonspraclieii.  445 

lungen  nur  aus  dem  ZusammenhaDg  des  Ganzen  verständlich 
werden  können,  und  giebt  selbst,  nachdem  mUhsam  aus  demselben 
herausconstruirt ,  dennoch  nicht  stets  eine  Garantie  für  die  rich- 
tige Erklärungsweise.  Das  Birmanische  bietet  indess  einen  An- 
halt durch  die  der  unsrigen  entgegengesetzte  Constructions- 
Weise,  die  die  Nebenbegrifie  in  übersichtlicher  Abhängigkeit  un- 
ter den  dominirenden  bringt  In  seinen  Zusammensetzungen 
nähert  es  sich  mehr  polysyllabischen  Verbindungen,  als  das  Sia- 
mesische, das  schroff  in  der  einsylbigen  Abgeschnittenheit  ver- 
harrt, und  auch  die  dem  Pali  entnommenen  Worte  kürzer  zustutzt. 
Ueberhaupt  ist  das  Birmanische  weicher  und  nachgiebiger,  und 
mitunter  das  Italienische  unter  den  indochinesischen  Dialek- 
ten genannt  worden.  Durch*  den  cadenzartigen  Wechsel  der 
Betonungen  erhalten  alle  diese  Accentsprachen  etwas  Singen- 
des in  der  Aussprache,  wie  die  meisten  Wilden  in  einem  ge- 
wissen Rhythmus  reden.  Die  scharfe  Prosa  tritt  erst  mit  dialek- 
tischer Ausbildung  hervor.  Da  die  Indochinesen  solche  Modu- 
lationen der  Stimme*),  wodurch  wir  die  Frage,  den  Ausruf,  die 
Verwunderung  u.  s.  w.  bezeichnen,  schon  für  die  Bedeutung  der 
Worte  vorweggenommen  haben,  so  bedürfen  sie  eines  grossen 
Apparates  von  Affixen,  um  dem  jedesmaligen  GefUhlszustande 
einen  Ausdruck  zu  geben.  Allen  gemeinsam  ist  auch  der  Ge- 
brauch der  HUlfszahlwörter,  indem  sie  die  Cardinalzahlen  nicht 
direet  mit  dem  Substantiv  verbinden,  sondern  einen  Träger  der- 
selben zwischenschieben,  ähnlich  unserm  vier  Stück  Ochsen, 
statt  vier  Ochsen,  vier  Paar  Hosen,  vier  Mann  Soldaten,  vier  Kopf 
hoch  und  Anderes.  So  heisst  kun-si-lae-uh  (vier  Kaufleute) 
Kaufieute,  vier  Köpfe,  khvae-tak-ouQ  (ein  Hund)  Hund,  einThier, 


*)  Lepsins  l>enierkt,  dass  die  Tonaccente  der  monosyllabischen  Sprachen  nicht 
so  sehr  den  mnsikaliscben  Tönen  der  Tonleiter  entsprechen  (worauf  sie  z.  B. 
Pallegoix  zu  rednciren  sucht),  wie  dem  Phrasen- Accent  oder  auch  dem  von  der 
quantitativen  Starke  des  ausgesprochenen  Vocals  verschiedenen  Accent  des  ein- 
zelnen Wortes.  Während  dies  einsylbige  Princip  in  den  Beziehungen  zwischen 
Vocal  und  Consonant  bis  zu  seiner  äussersten  Grenze  vorging,  behielt  es  doch 
andererseits  den  Wortaccent  der  mehrsylbigen  8prach(*n  bei  und  concentrirte  ihn 
nur  auf  einen  Vocal. 


44 ß  Molmein  und  Amhent. 

Hlan-ko-öin  (neun  Spiesse)  Spiesse,   neun  Linien,  Uh-nga-Ion 
(fünf  Töpfe)  Töpfe,  fünf  Rundungen.  Mitunter  wird  dasselbe  Wort 
wiederholt,  wie  Myoh-kyauk-myoh,  sechs  Städte.  Des  Wohlklangs 
wegen,  ohne  weiter  den  Sinn  zu  beeinflussen,  können  eine  Aus- 
wahl von  Partikeln  dem  Satz  eingeschoben  oder  angehängt  wer- 
den, und  in  dem  richtigen  Gebrauch  derselben  zeigt  sich  die  rhe- 
torische Kunst.     An  der  Menge  fast  gleichlautender  Sylben,  in 
denen  nur  geringe  Unterschiede  der  Aussprache  die  Veränderung 
des  Sinns  anzeigen,  wird  das  Birmanische  von  dem  Siamesischen 
Ubertroffen,  doch  fehlt  es  auch  dem  ersteren  nicht  daran.     Le 
meint  Luft  oder  Wind,  unbeständig  oder  umhergeworfen,   und 
dient  zuweilen  auch  nur  als  bedeutungslose  Partikel.    Le'  meint 
1.  einen  Bogen,  2.  schwer,  3.  vier,  4.  achtungsvoll.     'Le  meint 
1.  gewohntsein,  2.  spreuartig.     Lae  meint  1.  verändern,  2.  leer, 
3.  fallen,  4.  einen  Baum  und  dient  5.  als  Fragewort.     La  (ly) 
meint  ein  Feld,  Hlä  (hly)  meint  ausleeren.  Hie  meint  ein  Boot, 
'Hie  meint  sichten.  Hie'  meint  klein, 'Hlae  meint  rund,  Hlae'  meint 
einen   Karren.     Philologisch   sehr  interessant,   aber  praktisch 
ebenso  unangenehm,  ist  das  im  Birmanischen  und  Siamesischen 
häufig  wiederkehrende  Beispiel,  dass  Dinge,  die  in  einem  gewissen 
Gegensatze  zu  einander  stehen,  durch  eine  nur  ganz  unmerk- 
liche Tonveränderung  unterschieden  werden.    Den  Eingeborenen 
genügt  diese  vollkommen,  und  es  ist  ihnen  bequemer,  die  beiden 
Worte  als  SeitenstUcke  nebeneinander  zu  stellen,  statt  sie  als  Ge- 
gensätze von  einander  zu  entfernen.     Dem  Fremden  natürlich 
würde  es  lieber  sein,  dass  sie  scharf  als  solche  markii-t  würden, 
um  Missverständnisse  zu  vermeiden.     Bei  Reisen  in  den  hinter- 
indischen Ländern,  wo  je  nach  der  Jahreszeit  Wasser-  oder  Land- 
transport gewählt  werden  muss  und  auf  vielen  Wegen  immer  die 
Auswahl  zwischen  beiden  offen  steht,  kommt  es  hundert  Mal  vor, 
dass  die  Frage  erörtert  wird,  ob  man  mit  einem  Boot  (hie)  oder 
mit  einem  Karren  (hlae')  fahren  solle,  und  im  raschen  Gespräch 
kann  leicht  eine  verkehrte  Bestellung  gegeben  werden.  Eine  Aus- 
hülfe bietet  sich  indess  hier  oder  sonst  in  der  Reduplication  des 
Wortes  oder  Anhängung  von  Synonymen. 

Die  Aequinoctialstürme,   die  aus  grauen  Wolken  am  öden 


Seebftder.  447 

Strande  binstrichen ,  die  Felsblöcke  mit  dem  weis8schäumenden 
Meere  umbrausend,  gaben  uns  für  einige  Tage  Stubenarrest,  und 
um  das  Bad  nicht  zu  verlieren,  Hess  ich  meinen  Diener  mit  einem 
wasserdichten  Earen-Korbe  folgen,  in  den  beim  Auskleiden  rasch 
die  Kleider  hineingeworfen  wurden,  bis  ich  sie,  nach  dem  Be- 
nutzen von  einem  paar  Wellenbr Heben,  unter  Schirmen  wieder 
anlegte.  Doch  musste  beim  Nachhausekommen  noch  einmal  ge- 
wechselt werden.  In  Pegu  giebt  es  eigentlich  nur  zwei  Jahres- 
zeiten, die  nasse  und  trockene,  wogegen  man  in  Ava  drei  unter- 
scheidet, die  kalte,  heisse  und  regnerische. 

DerBazaar  Amherst's  ist  verbal tnissmässig  lebhaft  und  wohl 
versorgt.  Europäer  lebten  keine  in  dem  Ort  ausser  Capitain 
Peach,  ein  alter  Lootse,  der  meistens  abwesend  war,  um  damals 
die  Schiffstonnen  im  Hafen  neu  zu  legen.  Gelegentlich  besuchte 
ich  das  Kloster  des  Wuttuh-Kyaung,  wo  Talein- Pungyi  lebten. 
Die  Umgegend  ist  meist  Gehölz  und  Wald,  doch  werden  die  dort 
im  Gefängniss  placirten  Convicts  zum  Strassenbau  verwandt. 

Nach  einigenWochen  kehrte  ich  mit  dem  PostscbiflFzurUck.  Wir 
fuhren  in  Ermangelung  von  Wind,  denFluss  mitderFluth  hinauf, 
aber  grade  bei  Sonnenuntergang  fing  uns  an  dieser  zu  fehlen,  ob- 
wohl wir  schon  im  Angesichte  Molmein's  waren.  Um  nicht  die 
Nacht  auf  dem  unbequemen  Schiffe  zu  bleiben,  wünschte  ich  an's 
Land  gesetzt  zu  werden,  und  überredete  zuletzt  den  eingebornen 
Capitain,  trotz  vielfacher  Einwendungen  und  Gegenvorstellungen, 
sein  Boot  dafür  abzusenden,  obwohl  er  es  nur  bis  zur  nächsten 
Uferstelle  geben  könne  und  die  Entfernung  von  dort  noch  weit 
sei.  Der  reissende  Strom  verzögerte  selbst  diese  kurze  Ueber- 
fahrt  bis  zur  Nacht,  und  sah  ich  mich  mit  meinem  Diener  an  einer 
morastigen  Stelle  ausgesetzt,  wo  schlüpfrige  Planken  den  Anfang 
eines  Pfades  bilden  sollten ,  der  später  zu  einem  Wege  führen 
würde.  Zugleich  fing  es  an  zu  regnen,  und  erreichten  wir  erst 
nach  mehreren  Stunden  ein  Dorf,  von  wo  ich  nach  der  Stadt  für 
einen  Wagen  schickte  und  mitten  in  der  Nacht  bei  Herrn  Brooks 
ankam. 

Während  meines  ersten  Aufenthaltes  wurde  in  Molmein  un- 
ter Feuerwerken  und  Schauspielen  das  Fest  des  Honigs  gefeiert, 


443  MoImeiD  und  Amherst. 

wobei  die  Klöster  mit  den  freiwilligen  Gaben  dieser  Süssigkeit 
gefüllt  werden.  Jetzt  traf  man  Vorbereitungen  zu  den  grossen 
Bootrennen,  für  die  sich  die  ganze  Bevölkerung  im  vollsten  Staate 
am  Werft  versammelte ,  mit  Wetten  und  fröhlichem  Jubel  die 
Tage  verbringend.  Die  Rennböte  waren  enge  Canoes,  30 — 40  Fuss 
lang  sowie  3 — 4  Fuss  breit,  und  durch  etwa  eine  Elle  lange  Pad- 
deln bewegt.  Die  Birmanen  waren  Leib  und  Seele  bei  diesen 
Wettkämpfen,  wie  sie  auch  für  BingUbungen  und  andere  athle- 
tische Künste  grosse  Fertigkeit  besitzen.  Besonders  geschickt 
zeigen  sie  sich  in  dem  allgemein  beliebten  Spiel  des  Fussballs, 
zu  dem  ich  häufig  in  der  AbendkUhle  die  ganze  Jugend  eines 
Dorfes  versammelt  sah  und  wobei  der  zugeworfene  Bambuball 
bald  mit  den  Händen  oder  Armen,  bald  mit  Füssen  oder  Knieen, 
bald  mit  dem  Rücken,  bald  mit  dem  Nacken  aufgefangen  und 
wieder  fortgestossen  wird.  Nach  Borie  ist  es  unter  dem  Namen 
Raga  auch  den  Mantras  bekannt. 

Mein  Wirth  hatte  ein  kleines  Jagdhaus  auf  einer  nahegele- 
genen Hügelkette,  und  ich  fuhr  einige  Male  mit  ihm  hinaus,  um 
den  Kyoktan-Kyaung  mit  einer  labyrinthischen  Structur  zu  be- 
suchen und  in  dem  dortigen  Wasserfall  zu  baden.  Auch  in  der 
Stadt  fand  ich  in  einigen  der  Klöster  wohl  unterrichtete  Priester 
und  keinen  Mangel  an  Copisten.  In  den  Höfen  eines  derselben 
war  eine  Manufactur  von  Götterbildern.  Auch  die  Hindus  haben 
ihre  kleinen  Tempel  und  sieht  man  häufig  die  Jongleurs  dieses 
Volkes,  mit  Schwertern  und  Bällen  spielend,  oder  auf  Stelzen 
tanzend. 

Die  Pagoden,  als  auf  steilen  Hügeln  liegend,  sind  meistens 
etwas  schwierig  zu  besteigen,  belohnen  aber  auch  dann  mit  einer 
um  so  prachtvolleren  Aussicht.  Besonders  pittoresk  wird  der 
Umblick  über  Molmein's  Umgebung  durch  die  sonderbar  gestaltete 
Berggruppe  (unter  deren  wunderlichen  Formen  sich  auch  die 
„Duke  of  York's  Nose"  findet)  und  durch  die  den  Uferrand  des 
gegenüberliegenden  Martaban  schmückenden  Tempel. 

Von  den  verschiedenen  Arten  der  Pagoden  (Öetih-puto)  kom- 
men die  spiralig  aufsteigenden  dem  einfachen  Tumulus  am  näch- 
sten, seine  Erhöhung  zur  konischen  Spitze  ausziehend,  während 


i 


Pagoden.  449 

die  glockenförmigen  Dagoben  nur  eine  directe  Nachahmung  der 
Wasserblase  oderLotos*)  scheinen  in  der  Form  des  umgestürzten 
Almosen topfes**)  (Sapeik  hmauk),  den  Georgi  als  Nachahmung 
eines  Todtenschädels  auiTasst.  Sykes  meint  sie  als  Symbol  der 
Schöpfungskraft  yerstehen  zu  können.  Die  abgestumpften  Kegel, 
die  man  mit  brahmauischen  Emblemen  des  Sivaismus  in  Siam 
sieht,  fehlen  in  Birma,  und  auch  die  bunten  Verzierungen  chine- 
sischen Geschmacks  sind  im  letztern  Lande  selten.  Die  in  ihrem 
Unterbau  in  Gallerien  und  Corridore  ausgehöhlten  Pagoden  Pa- 
gan's  tragen  mehr  den  Charakter  von  Tempeln,  und  vor  Allem 
erinnert  die  Ananda  mit  ihren  hallenden  Kreuzgewölben  und  un- 
bestimmtem Zwielicht  an  eine  mittelalterliche  Kathedrale.  Be- 
zeichnend fUr  die  Architectur  des  reformirten  Buddhismus  sind 
seine  Bauten,  nur  aus  leicht  zerbröcklichen  Ziegeln  und  Back- 
steinen aufgeftlhrt,  da  es  genügt,  dem  frommen  Sinn  des  flüchtigen 
Augenblicks  zu  genügen,  und  auch  die  Zeitdauer  der  massivsten 
Steinbauten  nur  ein  verschwindender  Tropfen  im  Strom  der  Ewig- 
keit sein  würde.  So  baut  der  Birmane  auch  Sand-Pagoden  oder 
Zeug-Pagoden,  und  in  seiner  Geschichte  bilden  einen  beliebten 
Gegenstand  der  Behandlung  die  falschen  Pagoden,  die  aus  leich- 
tem Material  aufgerichtet  über  die  mühsamen  Anstrengungen  der 
Gegner  den  Sieg  davon  tragen. 

Abgesehen  von  den  Beziehungen,  in  welche  die  Pagode  zu 
der  Gottheit  selbst  gesetzt  ist,  als  die  Repräsentation***)  des  in 

•)  Die  unterste  der  Weltterrasseu  wird  von  dem  aus  dem  Meere  der  Wohl- 
gerüche (das  auf  Windwirboln  ruht)  hervorwachsenden  Lotos  (die  Blume  der 
Juwelen)  getragen.  11  a  la  forme  pri^cieuse  (mani)  et  comme  il  occnpe  dans  ce 
lotus  la  place  du  pistil,  on  designe  le  syst^me  entier  des  vingt  ^tages  d'univers 
par  le  nom  de  grains  de  mondes,  bemerkt  Remusat,  der  daraus  auch  die  alte  Ge- 
betsformol erklärt,  in  der  der  Name  des  vorzoroastrischen  Ilom  wiederkliugt.  Die 
Samenkapseln  des  Lotos  bilden  eine  beliebte  Oj^fergabe  für  die  davon  essenden 
Priester,  besonders  in  Siam. 

**)  Dieses  Gefäss  ist  eine  mächtige  Waffe  in  der  Hand  der  Mönche,  die  darin 
die  giftigen  Schlangen  unbeschadet  forttragen  unddasFeoei^  feindlielier  Zauberer, 
wie  das  der  Chaldäer  im  egyptischenCanobus-Topf,  erlösoben  maehen. 

***)  Der  Pana-6a  bemerkt,  dass  der  im  Mutterleibe  ruhende  Bura-alaun  einem 
Öetih-teik  gleiche.     Wie  die  afii  Beginn  dir  Kalpa  aufblähende  Lotosblume  die 

BMiiftn,  OitMien.    II.  2  9 


450  Molmein  und  Amherst 

Meditation  versunkenen  Heiligen,  ist  der  ostensible  Zweck  zu- 
nächst die  Aufbewahrung  von  Reliquien,  entweder  der  von  den 
Buddha's  gebrauchten  Gegenstände  (Kleider,  Essgeschirre  u.  8«  w.) 
oder  der  zurückgebliebenen  Knochen  ihres  Körpers.  Die  Reli- 
quien werden  niedergelegt  in  einem  Schreine,  Dhatugarbha,  der 
als  knospenartig  geschlossene  Lotosblume  Überall  den  Grund- 
stock buddhistischer  Bauten  bildet.  Die  Stupa  ist  typisch  für 
eine  solche  Lotos-Knospe,  die  später  durch  die  schlankeren 
Ausbeugungen  der  Linien  eine  glockenähnliche  Gestalt  erhielt 
Derjenige  Thcil  des  Phra-Chedi,  der  ursprünglich  zur  Aufbewah- 
rung der  Reliquien  bestimmt  war,  heisst  im  Siamesischen  Dok 
Bua  (Lotosblume)  und  befindet  sich  gerade  unter  der  Spitze  und 
dem  Schirme  (Xatr),  wenn  ein  solcher  vorhanden  ist.  Beim 
Phra-Prang  heisst  der  Reliquien  einschliesseudeTheilKhorakong 
oder  Glocke.  In  Birma  wird  er,  seiner  etwas  verlängerten  Gestalt 
wegen,  von  dem  Volke  gewöhnlich  Nghet-Pyau-boo  (Bananen- 
knospe) genannt,  ist  aber  auch  dort  auf  dem  Kyan-lan  von  Lotos- 


Emblcme  des  kommenden  Buddha,  Rcliliesst  die  von  König  Dehdn  Ssain  Nomihn 
Chan  in  Sukhawati  entfaltete  den  ganzen  Chubilghan  ein.  Nach  spanischen  Ro- 
manzen wurde  Jsolde  schwanger  nach  dem  Genuss  der  weissen  Lilie,  die  aus  Tri- 
stram's  Grabe  gewachsen  (s.  Groote).  In  der  Lalita-yistara  bringt  Brahma  auf 
seinem  Uanpte  den  Tschaitya  genannten  Miniatur-Palast,  in  welchem  Buddha  im 
Mutterleibe  ruhte,  ehe  er  ihn  durch  die  rechte  Seite  verliess.  Die  buddhistischen 
Patristiker  haben  Alles  so  sorgsam  vorgesehen,  dass  es  später  keiner  Conclaven 
zu  Diöcussionen  über  die  Immaculation  bedurfte.  Ebenso  dispensirten  sie  durch 
die  gewählte  Geburtsweise  von  dem  Zeugnisse  der  Hebamme,  auf  das  manche 
der  Kirchenväter  es  nothig  fanden,  sich  als  ein  werthvolles  Beweismittel  zu 
berufen.  Auch  den  heiklichen  Punkt  der  Empfangniss  haben  sie  glücklich  ver- 
mieden und  nicht,  wie  es  den  Propheten  des  Islam  mit  Recht  indignirto,  den  All- 
mächtigen zu  einem  Don  Juan  in  Zeus-Gestalt  erniedrigt.  Die  Versuchungen, 
dieGautama  durch  seinen  Widersacher  erfährt,  sind  verständlich,  da  der  mit  dem 
sinnlichen  Korper  Bekleidete  noch  immer  gegen  dessen  Lüste  anzukämpfen  hat, 
aber  der  Teufel  müsste  in  derThat  ein  dummer  gewesen  sein,  der  den  Herrn  des 
Weltalls  auf  eine  Umschau  stellte  und  ihn  mit  einigen  Königreichen  der  Erde  zu 
▼erführen  gedachte.  Und  schon  mancher  Klippschüler,  wie  ans  Erfahrung  bekannt, 
würde  ihn  auslachen,  wenn  er  nicht  erwartungsvoll  der  mysteriösen  Enthüllung 
scheinbar  so  crasser  Paradoxen  entgegensähe  und  bei  gereiftem  Verstände  glaubte: 
quia  absurdum . 


Reliquienbchulter.  451 

Verzierungen  umgeben.  Der  Schirm  (Tili)  fehlt  in  Birma  niemals. 
In  den  Tempeln  brahmauischer  Mythologie  wird  die  Form  des 
Lotos  dem  Kullus  gegeben,  welcher  den  die  Garbha  Griha  über- 
ragenden Amla  sila  umgiebt.  Die  gewundene  Spitze  steigt,  gleich 
der  Glorientlamme  auf  dem  Kopfe  Buddha's,  aus  dem  Körper  der 
Pagode  empor.  In  solchen  Tempeln,  wo  es  wUnsehenswerth  ist, 
an  den  jährlichen  Feiertagen  die  Keliquien  für  die  Verehrung 
der  Gläubigen  zu  exhibiren,  legt  man  sie  gewöhnlich  in  einem 
kleinen  (hölzernen  oder  messingenen)  Dagob  nieder,  der  hinter 
einer  Buddha-Figur  in  einem  halbunterirdischen  Gemache  des 
Phra-Chedi  aufbewahrt  wird.  In  Birma  sind  dagegen  die  meisten 
Pagoden  ganz  ohne  Eingang  und  der  frühere  Gebrauch,  die  Ke- 
liquien einzumauern,  schloss  überhaupt  die  Möglichkeit  aus,  sie 
wieder  vorzuzeigen,  sobald  Anbauten  gemacht  waren.  Je  nach- 
dem die  Lotusform  der  Dagobe  in  ihrem  Aufsatze  oder  ihren  Un- 
terlagen verändert  wurde,  musste  eine  Mannigfaltigkeit  von  For- 
men aus  dem  ursprünglichen  Modelle  hervorgehen.  Wenn  die 
Dagobe  selbst  der  einfachen  Tope  entspricht,  so  wurden  die  Ter- 
rassen eines  überschattenden  Schirmes,  wie  in  der  Tope  in  Sul- 
tanpore (oder  verändert  wie  in  der  Tope  in  Ajunta),  leicht  zu  den 
Windungen  der  Pagode  erweitert.  Wurde  der  Unterbau  der  Da- 
gobe in  Hallen  und  Kapellen  ausgearbeitet,  so  entstanden  die 
Tempel,  welche  jetzt  in  Kuincn  liegen  in  Pagan  und  denen  ähn- 
lich ein  Gebäude  in  Bangkok  begonnen,  aber  nicht  vollendet 
wurde.  In  den  mit  dem  Mohamedanismus  verbreiteten  Kuppel- 
Bauten  ist  die  Lotusknospe  selbst  gleich  dem  Knollen  der  tarta- 
rischen  Dome  zum  Abschluss  des  Gebäudes  geworden,  und  der 
thurmspitzenartige  Aufsatz,  der  den  Pagoden  ihr  eigenthümliches 
Gepräge  giebt,  ist  dort  gänzlich  abgeworfen.  In  Kirchen  und 
Moscheen  wird  eine  weite  Wölbung  des  Innern  angestrebt,  um 
für  die  Ceremonieen  des  religiösen  Cultus  Kaum  zu  finden,  wäh- 
rend in  den  Pagoden  die  tempelartige  Ausfirbeitung  nur  Ausnahme 
bleibt,  da  sie  selbst  der  Gegenstand  der  Verehrung  sind.  Chaitya 
meint  (imPali)  den  Opfer-  oder  Betplatz,  der  durch  das  Umkreisen 
von  der  Kechten  zur  Linken  verehrt  wurde,  und  in  dessen  Mitte 
erst  eine  spätere  Cultur  ein  architektonisches  Gebäude  an   die 

29* 


452  Molmein  aod  AiDherst. 

Stelle  eines  rohen  Steines  setzte.  So  kommt  die  buddhistische 
Baukunst  leicht  zu  jenen  einzeln  stehenden  Denkmalen,  die  aus 
Lat,  Jaya-Sthamba  (und  andern  Siegespfeilern,  gleich  demSurkh 
Minar  in  Kabul) ,  später,  wie  in  Chittore,  zu  Thlirmen  wurden, 
auch  ohne  eine  Verwendung  in  den  Glocken  zu  finden,  und  sich 
in  den  Ländern  des  Islam  in  Miuarete  verwandelten  oder  in  Taas 
in  China.  Eine  diesem  ähnliche  Structur  ist  die  der  Phra-Prang, 
die  in  der  Palast-Architektur  zum  Schmucke  des  Hauptdaches 
verwendet  wird,  aber  für  religiöse  Zwecke  nur  aus  einem  mehr 
oder  weniger  verzierten  Untergestelle  besteht,  das  einen  conischen 
Lingam  trägt,  mit  Siva's  Dreizack  gekrönt.  Wenn  Glocken- 
thUrme  in  den  buddhistischen  Klöstern  errichtet  sind,  so  gleichen 
sie  in  ihrer  allgemeinen  Foim  den  mittelalterlichen  europäischer 
Städte,  wie  sie  noch  jetzt  in  einigen  Theilen  ßrabants  oder  Bur- 
gunds  erhalten  sind.  Die  drei-  oder  vierfach  gedoppelten  Dächer 
der  buddhistischen  Klöster  fanden  ihren  Ursprung  indem  auch  die 
Schnitzkunst  begUnstigendenIlolzmaterial,das  frUher,  und  inßirma 
auch  noch  jetzt,  ausschliesslich  verwendet  wurde  und  zeigen,  ver- 
glichen mit  den  hölzernen  Kirchen  Norwegens,  z.  B.  in  Hitterdal 
und  Urnes,  dass  die  Natur  unter  gleichen  Bedingungen  stets 
►  gleiche  Resultate  aus  dem  menschlichen  Geiste  hervorlocken 
wird.  Ebenso  findet  sich  die  Form  der  Topen  in  dem  scandina- 
vischen  Hang  wieder. 

Die  schiefen  ThUrme,  über  die,  ob  Absicht  oder  Zufall,  man 
in  Europa  noch  nicht  im  Klaren  ist,  sind  in  Siam  gleichfalls  be- 
kannt, und  der  Volkswitz  hat  aus  derPali-BenennungPhra-Chedi 
(von  Chaitya)  ein  siamesisches  Wort  gemacht,  als  Phra-Chai-di 
(die  gutgemeinte  Pagode),  und  stellt  ihr  die  Phra-Chai-rei  (die 
Bchlechtgemeinte  oder  schlechtgesiunte  Pagode)  gegenüber,  er- 
zählend, dass  Sisanonxai,  ein  demokritischer  Philosoph,  der  als 
Urtypus  der  Hofnarren  in  einer  Menge  siamesischer  Geschichten 
spielt,  eine  solche  schiefe  Pagode  gebaut  habe.  Bei  dem  nach- 
giebigen Terrain  der  süd-siamesischcn  Diluvialländer  geschieht 
es  häufig,  dass  beim  Aufbau  einer  schweren  Masse  Senkungen 
entstehen,  und  die  grösste  Pagode,  die  man  in  Bangkok  zu  bauen 
unternahm,  wurde  schon  vor  ihrer  Vollendung  eine  Ruine.     Ge- 


Schiefe  Thfirme.  453 

wohnlich  werden  erst  vier  oder  sechs  kleinere  Pagoden  errichtet 
und  nach  einigen  Jahren  wieder  niedergerissen,  uin  auf  der  dann 
festen  Unterlage  die  beabsichtigte  Pagode  in  grösseren  Dimen- 
sionen aufzubauen.  Nicht  zu  bedeutenden  Unregelmässigkeiten 
vermag  die  Kunst  abzuhelfen,  wie  der  folgende  Extract  aus  der 
peguanischen  Geschichte  (im  15.  Jahrhundert)  beweist:  „Als 
die  Baumeister  die  Pagode  Mutao  überbaut  hatten,  geschah  es, 
dass  der  König  von  Hongsawaddi  kam  sie  zu  besichtigen  und  die 
Pagode  nach  der  südr)stlichen  Seite  Ubcrlehnen  sah.  Er  ent- 
brannte in  grossem  Zorn  und  rief  aus:  „Die  Pagode  ist  schief! 
wie  geschah  das?"  Die  Architekten  wussten  Nichts  zu  erwiedem 
und  lagen  schweigend  mit  ihrem  Gesicht  auf  der  Erde  zu  den 
Füssen  des  Königs.  Der  König  befahl  dann,  im  Nordwesten  in 
einer  Entfernung  auf  18  Fuss  von  der  Pagode  einen  Canal  zu 
graben,  und  als  die  Pagode  nach  drei  Tagen  sich  gerade  ge- 
stellt  hatte,  Hess  er  den  Graben  wieder  auffüllen."  Diese Epis^ode 
hatte  so  einen  friedlicheren  Ausgang,  als  die  des  schiefen  Fen-  , 
sters  in  Versailles. 

Wenn  man  die  Priester  über  den  Grund  der  Verschieden- 
heit in  der  Form  der  Pagoden  fragt,  antworten  sie  gewöhnlich, 
dass  Buddha  in  den  heiligen  Büchern  keine  Vorschriften  da- 
rüber gegeben,  sondern  nur  befohlen  habe,  über  seinen  Ge- 
beinen einen  kleinen  Hügel,  in  der  Form  eines  Beishaufens  (also 
einen  Tumulus),  zu  errichten,  und  dass  derselbe  erst  später  durch 
Anfügung  verschiedener  Arten  von  Spitzen  verschönt  und  in  eine 
Pagode  verwandelt  sei.  Die  conischen  Lingam,  die  man  in  ganz 
Indien  zerstreut  findet,  sind  gleich  dem  Töpferthon  des  egyptischen 
Schöpfungsgottes  geformt,  und  in  den  Puranas  wird  gesagt,  dass 
die  Könige  von  Hindostan  überall  kleine  Erdhaufen  errichteten, 
die  sie  Meru-Sringas  oder  Gipfel  des  Berges  Meru  nannten  und 
als  den  heiligen  Wohnsitz  der  Götter  verehrten,  welche  durch 
magische  Beschwörungen  darauf  herabgerufen  wurden.  Man  hat 
oft  jede  Erhebung,  mit  Sri  Meru,  der  auf  der  Erde  als  Joni 
stünde,  beginnend,  in  der  Bedeutung  von  Sesostris-Pfeilem  ge- 
nommen, und  könnte  dann  auch  die  1647  in  Wien  zu  Ehren 
der  unbefleckten  Empfängniss  errichtete  Säule  dazu  rechnen. 


454  Molmein  und  Amherst. 

Im  Pana-^a  heisst  es : 

Die  f'etih  betreiTend,  wie  verhält  es  sich  nun  mit  den  (''etih? 
Das  ist  aber  folgendermassen:  Indem  Götter  (Nat)  und  Mensehen 
insgesammt,  um  Weihgaben  zu  Ubermaehen,  'durch  Errichtung 
eines  kegligen  Steinbaues  das  Errichtete  darbringen,  so  folgt 
daraus  der  (.'etih. 

Ein  anderer  Absatz  besagt:  In  dem  Gemäuer  desf^'etih  wer- 
den Elementar -Keliquien  (Dhat)  viererlei  Art  eingeschlossen, 
nämlich  die  Bura-Sakkhin-dhat  (die  Reliquien  des  höchsten 
Herrn),  die  PaWekabuddha-dhat  (die  Keliquien  eines  beschränk- 
ten Buddha  oder  eines  Vorläufers  des  Buddha),  die  Rahanta-dath 
(die  Reliquien  eines  Heiligen)  und  die  Reliquien  eines  Götter- 
königs der  takra-AYafle,  wenn  es  solche  giebt.  Dies  sind  die  vier 
Arten. 

Anderswo  heisst  es: 

„Die  Öetih  zerfallen  in  drei  Theile,  als  Pariboga-Öetih  (Pa- 
goden mitWeihgeräthen),  Dhatu-Öetih  (Reliquien-Pagoden)  und 
Uddisa-Öetih  (Gelegenheits-Pagoden).  Von  diesen  dreien  bilden 
solche,  in  denen  Mönchsgewänder,  Almosentöpfe  oder  andere  Ge- 
räthschaften  niedergelegt  und  verborgen  werden,  die  Pariboga- 
C^etih,  solche,  in  die  körperliche  Elementarreste  gesetzt  werden, 
die  Dhatu-Oetih,  solche,  in  denen  die  Figur  des  Herrn  (Paya) 
wiedergebende  Bilder  (('hin-tu)  in  Verborgenheit  niedergelegt  wer- 
den, dieUddisa-Öctih.  Im  Dhamma-Öetih  giebt  es  wieder  vier  Ver- 
schiedenheiten." Die  hlitenden  Löwen  sühnen  den  Muttermord,  vor 
dem  Callisto's  Sohn  durch  Aufnahme  in  die  Bären-Constellation 
bewahrt  blieb.  Die  Mongolen  fügen  nicht  nur  den  Pagoden,  sondern 
auch  (wie  mir  im  Museum  von  Irkutsk  mehrfach  Gelegenheit  gege- 
ben war  zu  untersuchen)  dem  Fussejeder  Figur  Reliquien  ein,  und 
nach  Entfernung  derselben  würde  jene  jeden  Anspruch  auf  Ver- 
ehrung verlieren.  Vermoderte  Knochenreste  werden  von  dem 
armen  Volke  dieser  verblendeten  Heiden  als  zauberkräftige  Ta- 
lismane getragen,  und  als  man  schrieb  im  Jahre  des  Heils  1866, 
stellte  man  den  Arm  des  heiligen  Johannes  im  Schlafzimmer 
der  allerchristlichsten  Königin  auf,  um  die  Niederkunft  zu  er- 
leichtern. 


Naturgötter.  455 

Die  Talein  sind  mehr  noch  wie  die  Birmanen  der  Dämonen- 
Verehrung  und  Zauberei  ergeben.  Zur  Verbrennung  stellen  sie 
den  Sarg  auf  den  Scheiterhaufen  und  ])edecken  den  Körper, 
dessen  Beine  auf  den  Rücken  zurückgebunden  sind.  Sollte  der 
Todte  durch  Hexerei  gestorben  sein,  so  wird  das  ihm  beige- 
brachte Schweinefleisch  oder  sonstige  Substanz  unverbrannt  zu- 
rückbleiben. DieNats  heissenKalukk  bei  den  Talein,  die  37  Arten 
aufzählen.  Der  in  den  Bäumen  als  Dryade  lebende  Nat,  der 
im  Birmanischen  Yukkhaso  heisst,  wird  von  den  Talein  Teotao 
genannt.  Der  höchste  Nat  der  Wälder  ist  bei  den  Talein  der 
Kaman  pun  pik,  der  die  drei  Geschäfte  versieht,  die  die  Birmanen 
unter  den  Yukkhaso,  den  die  Erde  hütenden  Bongaso  (Bummadzo) 
und  den  Ahakaso  im  Himmel  vertheilen.  Der  Schutzgenius  des 
Hauses  heisst  in  der  Sprache  der  Talein  Kalukk-cheit'  (cheit'odcr 
Haus).  Beim  Beginn  der  Regenzeit  wird  für  Mimmakajih,  den 
König  der  Nats,  eine  in  gelbes  Zeug  gewickelte  Cocos-Nuss 
aufgehangen.  Am  Ende  der  nassen  Saison  werden  ihm  neue 
Gaben,  an  Geld,  GallertrReis,  Eiern,  Zucker  u.s.w.,  dargebracht, 
damit  er  die  Hausbewohner  mit  Fiebern  verschonen  möge. 

Das  birmanische  Paya,  die  gleiche  Bezeichnung  für  Pagode 
und  den  Buddha,  als  Gott,  heisst  bei  den  Talein  Kjeik  (Jeik), 
wahrscheinlich  das  Quiay  mittelalterlicher  Reisender.  EinChedi 
wird  noch  im  Besondem  Kjeik-chedi  genannt.  Der  Pungyi 
heisst  Let-kjeik.  In  der  Kjeikkalo-arac  genannten  Pagode,  wo 
Branntweintrinker  ihre  Verehrung  darbringen,  wird  der  Nat 
Paichjau-kamandon  in  der  Gestalt  eines  Chedi  angebetet.  In 
Siam  meint  Arac  den  schützenden  Dämon,  der  aber  dort  nicht 
durch  Soma,  sondern  durch  Arac  oder  Branntwein  begeistert.  In 
der  Nähe  vonKala-myoh  verehren  die  Talein  den  Paicho-kaditoh 
genannten  Nat,  dem  sie  von  ihrem  Geflügel  den  Zehnten  zahlen. 
Kyeiketha  wurde  durch  Athamintha  erbaut.  Atinkepamin,  Kö- 
nig Pegu's,  gründete  die  Pagode  Kjeik  lunbun  in  Sittang.  Die 
Stadt  Teikela  wurde  früher  durch  Kala  bewohnt.  In  Sittang  oder 
(nach  den  Talein)  Don-katcin  stand  unter  einem  Nyaung-bin  (Ba- 
nanenbaum) dem  Lissa-ok  (dem  Ahnherrn  des  Urgrossvaters)  ein 
Nathans  erbaut.     Zu  seinen  Ehren  wird  bei  jährlichen  Festen 


456  Molmein  and  Amherst. 

getanzt,  damit  er  einen  Besessenen*)  inspicire.  Neben  dem  sei- 
nigen fand  sich  der  Tempel  seines  jüngeren  Bruders,  Lissii- 
Meinbla  (der  junge  König  Lissu)  genannt.  Die  euhemeristische 
Dämonologie,  die  in  einfachen  Verbältnissen  überall  natürlich  her- 
vorwächst, wird  bei  Fortbildung  zum  System  leicht  von  ihrer 
ernährenden  Wurzel  abgetrennt.  In  Negirung  der  Seele,  jenes 
Gefühls  des  körperlichen  Allgemeinbewusstseins,  das  in  dem 
hausbackenen  Volksglauben  nach  dem  Tode  als  Gespenst  spukt 
und  in  der  spiritualistischen  Zukunftsreligion  als  Engel  frisirt  wird, 
führen  die  Meditationsübungen  derBuddhisten  zu  jenen  Regionen, 
wo  der  von  den  irdischen  Fesseln  befreite  Geist  im  Denken  den 
Einklang  der  Weltgesetze  ahnend  versteht. 

Die  Lawa  heissen  Waeh  in  der  Taleinsprache  und  Tanin- 
tajih  (Tenasserim)  Jeneanzeit.  Der  Sakhya-min  (Thagya-min), 
der  Götterkönig  der  Birmanen,  ist  den  Talein  als  Min -Ihn  be- 
kannt und  auch  im  Siamesischen  heisst  IndraPhra-In.  „Der Name 
Indra  in  der  Bedeutung  belebender  Geist  im  Menschen,  durch 
Versetzung  des  Gottes  in  das  Herz  des  Mengchen  (wo  Indra  wohnt), 
wird  in  einem  der  Upanishad's  in  etymologischen  Zusammen- 
hang mit  vedantischer  Anschauung  der  Schöpfungsgeschichte 
gebracht,  und  als  eine  Zusammenziehung  von  Idam-Dra,  dieses 
sehend,  betrachtet"  (s.  Benfey).  In  dem  Pitagat  der  Lao  von 
Zimmay  wird  der  Thagya-miÄ  alsPhra-Ihn,  der  Nat  als  Theodah, 
die  Natpieh  tschaukpon  als  Sowan  hotpun,  die  Byammapieh  na- 
zeh  tajat  als  Mahapron  ihsibitpun  bezeichnet.  Bei  den  Schan 
wird  dem  Nat  der  Name  Pih  gegeben,  während  die  Siamesen  die 
Nat  als  Götter  Thepadah  nennen  und  unter  Pih  nur  einen  Dämon 
verstehen.  Die  Natpieh  heissen  Bullfoah  bei  den  Schan  und  die 
Natpieh  tschauk-tat  Bullfoah  hok  kian.  Die  Byammapieh  werden 


*)  Bei  den  rohen  Eingeborenen  des  Dekkhan  sprechen  nicht  die  Buddhen, 
sondern  die  Bhuten.  Nach  den  Jainas  (oder  Arhatas)  Buddha  is  not  even  a  Dc- 
vata,  bat  is  nndergoing  various  low  metamorphoses  as  a  punishment  for  his  errors. 
Krankheitsteufel  werden  exorcisirt,  wie  die  Essäer  die  schädlichen  Dämonen 
(Schediin  oder  Masikin)  austrieben,  kraft  der  König  Salomo's  Buche  (SeferRuot) 
entnommenen  Heilmittel  (s.  Grätz). 


Talein-Bezeichnangen .  45  7 

Paejniajaphon  genannt,  derTbagya-min  erhält  den  Titel  Paniah- 
In  und  der  Bummadzo-Nat  den  Thewodah's.  Die  Belu  (Unge- 
heuer) heissen  Niak,  während  im  Kambodischen  Niak  oder  Neak 
nicht  nur  die  Schlangendrachen  (Nakh  im  Siamesischen  oder 
Naga) ,  sondern  auch  das  Reich  der  unterirdischen  Kobolde  be- 
zeichnet.  Nach  der  Sprache  der  Toungthu  bezeichnet  Lu  die 
Nat.  In  ihrem  Pitagat  wirdNatpieh  tschauk-tat  alsLukam  zu  bon 
wiedergegeben  und  Byammapieh  nazeh  bon ,  als  Byamma  kam 
nihzi.  Die  Buddhisten  üben  die  ekstatischen  Verzückungen  der 
Jogi  (Zau-gyi),  um  in  einen  der  16  Brahma-Himmel  hinUberge- 
rUckt  zu  werden,  wogegen  es  im  Mahabharata  (bei  Muir)  heisst: 
Through  works  creature  is  bom  again  after  death  with  a  body  of 
one  or  other  of  sixteen  descriptions,  by  knowledge  he  becomes  the 
Eternal,  Imperceptible  and  Undecaying.  Für  das  Dhamma  des 
Pali  verwenden  die  Birmanen  im  Vernacular  das  Wort  Thara,  das 
wie  Thora  im  Hebräischen,  auch  dasjenige  bedeutet,  was  gelehrt 
wird.  Thara-hau  heisst  eine  Predigt  halten  und  Thara-na  einer 
solchen  zuhören.  Wie  bei  dem  langen  Verstummen  der  Prophe- 
tenstimmen die  zuNaziräern  gewordenen  Assidäer  nach  propheti- 
scher Verzückung  strebten,  um  des  heiligen  Geistes  (Ruach  ha 
Kodesch)  gewürdigt  zu  werden,  so  hofft  der  Buddhist  in  Zeiten 
des  Verfalles  auf  die  Geburt  seines  neuen  Gottes. 

Der  Missionair  Haswell,  der  Grammatik  und  Dictionnaire  der 
Taleinsprache  im  Manuscript  angefertigt  besitzt,  und  mir  unter 
andern  Büchern  das  Original  des  Mulamuli*)  zeigte,  gab  mir 
noch  folgende  Notizen:  Die  16  Terrassenhimmel  sind  von  den 
Nia  Dung-pho  (denen  der  Welt  Pho),  den  Nia  Dung-ihn  (denen 
der  Welt  Ihn)  und  den  Nia  Dung-prühn  (denen  der  Welt  Prühn) 
bewohnt.  Nach  der  Schöpfung  der  Welt  kamen  die  Sieben  aus 
dem  Ihn-Himmel  (Ihn  Kapoh)  zur  Erde  herab  (wo  sie  bis  zum 
Falle  als  nQoaäXfjvoi ,  gleich  Phrygiem  und  Ärkadiern,  lebten). 
Jeder  Baum  und  jedes  Haus  hat  seinen  Kalukk.   Ehe  ein  Baum 


*)  In  der  Sankhja  Sara  heisst  die  Mula-Prakriti  alsAvJakta  (das  Unentfaltete) 
Avidja  oder  Pradhana,  aber  auch  Para  (die  Hohe  oder  Treffliche).  Die  Prakriti 
(procreans)  spaltet  sich  als  Vikriti. 


458  Molmein  and  Amherst. 

niedergeschlagen  wird,  werden  deshalb  Gebete  angestellt.  Wenn 
beleidigt,  ergreift  der  Kalukk  (Dämon)  Leute  und  macht  sie 
krank.     Am  meisten  wird  der  Banyanenbauni  verehrt. 

Bei  meinem  späteren  Aufenthalt  in  Kambodia  schien  mir  die 
dortige  Sprache  manche  Aehnlichkeit  mit  dem  Talein  zuhaben,  ob- 
wohl ich  bei  meiner  oberflächlichen  Kenntniss  beider  auf  Einzeln- 
heiten nicht  eingehen  konnte,  da  ich  nur  die  fUr  mich  in  der 
Praxis  wichtigen  Sprachen  Birma's  und  Siam's  zum  Gegenstande 
des  Studiums  gemacht  hatte.  Die  Talein  sowohl  wie  die  Kambo- 
dier  dislociren  die  Sylben  in  der  Aussprache,  indem  sie  die 
vollen  Vocale  zerbrechen,  und  dadurch  wird  das  Ohr  sogleich  als 
charakteristisches  Merkmal  getroffen.  Mason  bemerkt:  The  Ta- 
laing  is  remarkable  for  its  numerous  Compound  consonants,  roany  of 
whichare  notfoundeither  in  Chinese,  or  in  the  otherlndu-Chinese 
languages.  Es  bewegt  sich  in  verschiedenen  Betonungen,  wie  auch 
das  Karen. 

Herr  Wade  hat  aus  buddhistischen  Manuscriptcn  eine 
alphabetische  Zusammenstellung  geordnet  im  Buddhabhasa-ih- 
abhidam-  hnin-mrammakyamganto-  hneik-  pasapanai^a.  Paüa-öa 
meint  das  Buch  der  Weisheit  (Paria) ,  die  auch  im  Lokanidi  wie 
im  apokryphischen  Esra  gefeiert  wird. 

Nach  dem  von  Mason  mitgetheilten  Abriss  einer  Talein- 
Uebersetzung,  die  in  Labong  aus  der  Schansprache  gemacht  wurde, 
beginnt  das  Mulamuli  mit  allgemeiner  Leerheit,  in  der  zuerst 
Hitze  und  Kälte ,  und  dann  die  vier  Elemente  auftreten.  Als  die 
letzteren  lebende  Wesen  hervorbrachten ,  entstanden  Würmer  aus 
der  Erde,  Insecten  aus  der  Luft,  Leuchtfliegen  aus  dem  Feuer 
und  MUcken  aus  dem  Wasser.  Als  diese  Producte  eine  Asang- 
khyeya  (eine  Einheit  mit  144  Nullen,  etwa  l'/a  Quintillionen 
Jahre)  von  Kaipen  geboren  und  gestorben  waren,  erschienen  zu- 
erst Wirbelthiere  mit  ganz  feinen  und  dünnen  Knochen.  Nach- 
dem 1000  Asangkhyeya  von  Kaipen  in  der  Periode  umgelaufen 
waren ,  rief  das  zum  Weiblichen  neigende  Erdelement  zuerst  eine 
Weibesform  hervor,  Ihtangeyyasangasi  genannt.  Diese  Frau  er- 
nährte sich  vom  Duft  der  Blumen ,  da  aber  die  Erde  damals  so 
mit  Pflanzen  und  Unkraut  überwachsen  war,   dass  das  Gehen 


V 


Schöpfung.  459 

schwierig  wurde,  so  wünschte  sie  die  dichte  Vegetation  zu  lichten 
und  bildete  au8  Lehm  und  Diatomaceen *)  (wasserlöslichen  Baud- 
faser-Algen)  thierische  Formen,  durch  eine  hineingesetzte  Raupe 
belebt,  um  das  Gras  zu  fressen.  Als  diese  aber  mit  fortgehender 
Vermehrung  so  zahlreich  wurden ,  dass  sie  allen  Pflanzenwuchs 
vernichteten,  und  nicht  mehrBlumen  genug  blieben,  um  durch  ihren 
Duft  die  Frau  zu  ernähren ,  so  sann  diese  darüber  nach ,  wie  es 
möglich  sein  würde ,  dass  die  Thiere  stürben  mit  nachfolgender 
Auferstehung.  Während  ihrer  fortgesetzten  Meditation  schuf  das 
Element  des  Feuers  einen  Mann,  Pusangeyyasangasi  genannt, 
der  die  Thiere  in  Gesellschaft  sich  ergötzen  sehend ,  gleichfalls 
eine  Gefährtin  suchte  und  umherwandernd  die  Frau  traf.  Diese 
befragte  ihn  um  ein  Mittel ,  wie  die  aus  den  vier  Elementen  mit 
der  Natur  als  Existenz  geschaiTenen  Wesen  periodisch  sterben 
und  wieder  auferstehen  könnten,  um  nicht  ewig  zu  leben.  Der 
Mann,  den  Gedanken  der  Frau  verstehend,  erwiederte  nach  län- 
gerer Reflexion:  „W^enn  von  den  drei  Geschlechtsnaturen  und 
den  vier  Elementen  ein  Männliches,  ein  Weibliches  und  ein 
Sächliches  geschafien  sein  sollte,  so  würden  die  Menschen  von 
Geschlecht  zu  Geschlecht  an  Weisheit  zunehmen  und  fähig  sein, 
den  Thieren  eine  Grenze  zu  setzen."  Der  Frau  gefielen  diese 
Worte ,  und  nachdem  sie  miteinander  gelebt  hatten ,  brachte  der 
Mann  die  vier  Prinzipien  des  zu  Werdenden  nebst  einer  Senf- 
korn grossen  Zuthat  des  Prinzips  der  Glorie  (Si  oder  Sri).  Indem 
die  Frau  diese  embryonalen  Elemente  mit  Lehm  und  Faden-Algen 
(den  niedrigsten  Producten  vegetabilischer  Schöpfung  und  selbst 
beweglich,  alsZoophyten)  mischte,  formte  sie  daraus  drei  mensch- 
liche Gestalten,  eine  männlichen,  eine  weiblichen  und  die 
dritte  sächlichen  Geschlechts.  Durch  das  Element  der  Erde 
wurde  ihnen  Festigkeit  ertheilt,  durch  das  des  Feuers  Stärke, 
durch  das  des  Wassers  Schönheit,  durch  das  der  Luft  Freude, 
die  Sehfähigkeit  und  das  Vermögen  des  Verstehens.  Dann 
fügte  sie  eine  geistige  Anlage  hinzu,   die  im  Unterleibe  Wür- 


*)  Auf  dem  greisesalten  Dämogorgon ,   dem  mit  lehmigem  Koth  bedeckten 
Erdgeist,  wurde  Moos  wachsen  gedacht. 


460  Molmein  und  Araherst. 

mer  oder  Raupen  erzeugte,  und  nach  zehn  Monaten  kamen 
lebende  Meuscheugeschöpfe  hervor,  männliche,  weibliche  und 
sächliche.  Da  diese  menschlichen  Wesen  bald  in  Krankheit 
verfielen,  so  ordnete  der  Schöpfer  die  vorhen  durcheinander 
gemischten  Jahreszeiten  der  Gesundheit  gemäss  an,  und  um 
sie  zu  stärken,  wurde  die  Keispflanze  geschaffen.  Um  die 
Eintheilung  der  Zeit  zu  ermöglichen,  wurde  der  Berg  Meru  auf 
den  Rücken  eines  Riesenelephanten  gehoben,  mit  den  12  Stern- 
zeichen und  dem  Mond  in  seinen  27  Häusern,  sowie  der  Sonne 
um  ihn  in  regelmässiger  Wiederkehr  kreisend,  während  an  seiner 
Seite  der  erste  und  auf  seinem  Gipfel  der  zweite  Devahimmel  er- 
richtet wurde.  Als  die  Menschenwesen  aufwuchsen,  erfolgten 
drei  Kinder.  Da  aber  die  Frau  dem  Manne  grosse  Zuneigung 
erwies  und  das  geschlechtslose  Geschöpf  vernachlässigte,  so 
wurde  dieses  erbittert  über  ihr  glückliches  Beisammensein  und 
erschlug  den  Mann.  Die  Frau  brachte  die  Leiche  an  einen  ein- 
samen Ort,  wo  sie  täglich  Speise  hinstellte,  und  nachdem  Ver- 
wesung eingetreten  war,  errichtete  sie  ein  Stück  Holz,  als  Monu- 
ment, auch  dorthin  tägliche  Speise  stellend.  Dann  starb  die  Frau 
und  das  Geschlechtslose  starb.  Die  Kinder  thaten  mit  ihrer  Mutter, 
wie  sie  den  gestorbenen  Gatten  behandelt  hatte,  vernachlässigten 
aber  das  Geschlechtslose.  Diese  drei  Kinder  hatten  ihrerseits 
dreizehn  Kinder,  sechs  Knaben  und  sieben  Mädchen,  indem  das 
sächliche  Geschlecht  nicht  fortgepflanzt  wurde.  Indem  diese 
Kinder,  die  Thiere  beobachtend,  verschiedene  Laute  ausstiessen, 
so  entstand  daraus  die  Sprache  von  Magadha  (wie  auch  im  Maha- 
wanso  das  Pali  die  Wurzel  der  Sprachen  heisst). 

Als  später  vielerlei  Leiden  des  Siechthums  über  die  Menschen- 
kinder kamen  und  solche  daran  starben ,  so  bildeten  die  beiden 
Schöpfer  die  Planeten  in  ihren  aus  den  vier  Elementen  geformten 
Palästen,  um  die  völlige  Vernichtung  jener  zu  verhindern. 

Die  Menschen  lebten  in  Frieden  und  Einigkeit  zusammen, 
aber  sie  fingen  bald  an,  ihres  Lebensunterhaltes  wegen,  Thiere 
zu  tödten,  weil  Niemand  ihnen  den  Unterschied  von  Gut  und 
Böse  gelehrt  hatte.    Da  in  Folge  der  mörderischen  Handlungen 


Das  Mulamnli.  461 

die  Seelen  bei  der  Wiedergeburt  in  Thierkörper*)  einwanderten, 
BO  erschraeken  die  Schöpfer,  als  sie  dem  irdischen  Treiben  zu- 
schauten, und  sie  verknüpften  durch  das  Mittel  der  vier  Ele- 
mente geistige  Geburten  mit  verschiedenen  Fruchtbäumen.  Die- 
jenigen, die  von  diesen  Früchten  assen,  gebaren  Kinder,  die 
mit  Tugendeigenschaften  begabt  waren.  Von  der  Zeit  entstan- 
den Spaltungen ,  denn  jetzt  gab  es  Menschen  lasterhaften  Her- 
zens und  Tugendhafte.  Als  sich  das  Menschengeschlecht  ver- 
mehrt, schwanden  die  RechtschaflFenen  auf  eine  kleine  Zahl 
zusammen,  während  die  Schlechtgesinnten  immer  mehr  zu- 
nahmen und  in  die  Uölle  stürzten.  Niemand  hat  die  Hölle  gebil- 
det, sondern  sie  entstand  aus  dem  Wirken  böser  Thaten.  Das 
Feuer  des  Zornes  ruft  das  Höllenfeuer  hervor  und  verzehrt  den 
Urheber.  Wer  Uebel  thut,  der  entzündet  den  Höllenbrand  und 
brennt  in  seinem  eigenen  Feuer.  Nun  gab  es  zu  der  Zeit  einen 
Gerechten,  einen  Weisen,  dem  Keiner  Gastfreundschaft  erzeigen 
wollte.  Er  Hess  sich  deshalb  unter  einem  einsamen  Hopea-Baume 
nieder  und  dort  weinte  er  für  sich,  da  er  allein  und  freundlos  war. 
Er  blieb  ein  Eremit  und  seine  Sünden  bereuend,  gelangte  er  zur 
Selbsterkenntuiss.  Da  er  tugendhafte  Bestrebungen  in  sich  übte, 
ging  er  bei  seinem  Tode  als  der  Erste  in  den  Stand  eines  Deva's 
oder  Schutzgottes  der  Bäume  über.  Noch  einige  Andere  erwarben 
hinlängliches  Verdienst,  um  Baumgötter  zu  werden,  aber  die 
grosse  Masse  der  Menschheit  sank  in  die  Hölle  und  wurde  von 
den  Flammen  verzehrt.  Da  beriethen  sich  die  beiden  Schöpfer 
und  sprachen  miteinander :  Genug,  wahrlich,  lang  genug  hat  diese 
Kalpa  jetzt  gewährt  und  noch  ist  keiner  erschienen  mit  genügen- 
der Tugendkraft,  um  sie  zu  beenden.  Lasst  uns  denn  die  Welt 
mit  dem  Feuerelement  zerstören,  und  dann,  wenn  diese  Leute 
vernichtet  sind,  dann  werden  die  nach  ihnen  folgenden  in  Tugend 
und  Weisheit  zunehmen.     Sie  richteten  dann  die    16  Bramha- 


•)  Nach  der  Schöpfnngslehre  der  Quisqueja  auf  Hayti,  wurden  die  ursprung- 
lichen Menschen,  die  sich  zuerst  aus  ihrer  Hohle  hervorwagten,  in  Thiere,  Pflan- 
zen oder  Steine  verwandelt,  bis  sie  sich  allniahlig  an  das  Sonnenlicht  gewöhnten 
und  die  Späteren  Menschen  blieben. 


462  Molmein  und  Amherst. 

Himmel  ein,  als  einen  Zufluchtsort  für  Solche,  die  aus  Todesfurcht, 
als  Dürre  und  Regenlosigkeit  die  Erde  zu  versengen  anfingen, 
sich  der  Liebe  und  des  Mitleids  befleissigten.  Als  diese  starben, 
stiegen  sie  zu  den  Bramha-Himmeln  auf,  und  dann  zerstörte  ein 
grosser  Weltenbrand  die  ganze  Schöpfung  unterhalb  dieser  Re- 
gionen. Nachdem  im  Regien  das  Feuer  erloschen  und  die  neue 
Erde  gebildet  war,  wurde  jener  Weise,  der  zum  König  des  zweiten 
Devahimmels  erhoben  war,  unter  den  Menschen  wiedergeboren, 
die  noch  ohne  Kenntniss  der  Moralprinzipien  dahinlebten.  Da 
er  aus  tugendhaftem  Sinn  sich  frei  hielt  von  Mord,  von  Dieb- 
stahl, von  Ehebruch,  von  Lüge  und  von  Berauschung,  so  zog  er 
nach  seinem  Tode  in  einen  Bramha- Himmel  ein.  Als  er  nach 
dem  Umlauf  vieler  tausend  Kaipen  aufs  Neue  auf  Erden  geboren 
war,  wurde  ihm  ein  Sohn  gezeugt,  der  schon  bei  der  Geburt  wie 
ein  Erwachsener  redete,  und  der  von  den  darüber  erstaunten 
Menschen  Pratyeka  -  Buddha  genannt  wurde.  Er  wurde  in  der 
That  ein  Pratyeka-Buddha,  d.  h.  ein  Solcher,  der  die  Vergangen- 
heit, Gegenwart  und  Zukunft  der  ihm  angehörigen  Kalpa  zu 
durchschauen  vermochte.  Allmählig  vermehrte  sich  die  Zahl 
solcher  Pratyeka -Buddhen,  in  den  einzelnen  Kaipen  erschienen 
verschiedene  Mengen  derselben,  dann  nach  langen  Perioden 
wurde  ein  Frommer  geboren ,  der  schon  mit  825,000  Pratyeka- 
Buddhen  auf  den  Lebenswegen  seiner  mannigfachen  Existenzen 
zusammengetroffen  war,  der  ihnen  beständig  in  Almosen  sein 
Vermögen  dargebracht  hatte,  der  aber  jetzt  erkannte,  dass  solch 
äussere  Werke  nicht  genügten ,  um  aus  dem  Kreise  der  Wieder- 
geburt zu  erlösen,  und  der  deshalb  beschloss,  sich  selbst  als 
Brandopfer  zu  weihen.  Er  gab  seine  Frau  und  seine  Kinder  an 
Bettler  fort  und  verbrannte  sich  selbst,  als  Opfer,  dem  Pratyeka- 
Buddha. 

Als  er  nach  vielen  Zeitumläuften  in  neuer  Wiedergeburt  auf 
Erden  erschien,  lebte  er  als  Einsiedler,  die  heiligen  Formeln 
wiederholend,  und  erhob  sich  beim  Tode  zu  den  Bramha-Him- 
meln. Nachdem  das  goldene  Zeitalter  angebrochen  war,  in  dem 
Thierc  mit  menschlicher  Sprache  redeten  und  Bäume  die  gestellten 
Fragen  beantworteten,  da  lebte  Tikkha^ga,  ein  Königssohn,  der 


Alte  Rainen.  463 

sich  als  Einsiedler  unter  einen  Butea-Baum  zurückzog,  und  nach- 
dem er  noch  unter  anderen,  im  Ganzen  25  Bäumen,  gebUsst  hatte, 
endlich  unter  dem  letzten  durch  harte  Kasteiungen  die  unendliche 
Weisheit  erlangte  und  im  Gefühl  seiner  Errettung  von  den  Welt- 
geburten jubelnd  seine  Gottheit  proclamirte.  Devas  und  Bramhas 
versammelten  sich  ihn  zu  preisen  und  sie  sowohl  wie  die  Men- 
schen verehrten  ihn,  als  Bhagavat.  Dann  predigte  er,  um  Un- 
terricht gebeten,  seinen  Zuhörern  das  Mulamuli,  als  am  besten 
dem  Grade  ihres  Verständnisses  angepasst.  Als  die  beiden  Schöpfer 
die  10,000  Weltsysteme  von  einem  wunderbaren  Glänze  erhellt 
sahen,  eilten  sie  herbei,  Buddha  zu  befragen.  Er  verkündete  ihnen, 
dass  sie  von  Anfang  an  existirt  hatten,  ehe  noch  Menschen  waren, 
dass  sie  die  Welt  gebildet  hatten  und  dass  sie  grosses  Verdienst 
besassen.  Das  war  für  sie  eine  ganz  neue  Mittheilung,  aber  sie 
empfingen  dieselbe  mit  Freuden,  verehrten  Buddha  und  sprachen 
den  Wunsch  aus,  gleich  ihm  zu  werden.  Für  den  Zweck,  erwie- 
derte  dieser,  müssten  Devas  und  Menschen  sein  Bildniss  verfertigen 
und  zu  demselben  beten.  Als  Tikkhagga  auf  dem  Punkte  war, 
im  Nirwana  zu  verschwinden,  etablirte  er  auf  Bitten  der  Menschen, 
der  Devas  und  Bramhas,  seine  Religion  für  die  Dauer  von  5000 
Jahren,  die  Verehrung  der  Dreiheit,  in  Buddha,  Gesetz  und  Kirche 
einsetzend. 

Hinter  dem  palastartigen  Gouvernementsgebäude,  das  Oberst 
Fitch  bewohnt,  fanden  sich  die  Ucberreste  alter  Wälle.  Oberst  Fitch, 
der  grosses  Interesse  an  einem  Lande  nimmt,  das  schon  vor  fast 
300  Jahren  einer  seiner  Vorfahren  bereiste,  hatte  sie  in  ziemlicher 
Ausdehnung  verfolgt,  und  ihrer  Richtung  nach  könnten  sie  zu  den 
Ruinen  der  altindisehen  Stadt  (Rammapura)  gehören,  die  früher  auf 
jener  Stelle  gelegen  haben  soll.  Noch  lange  vor  ihr  hatten  schon 
Gautama's  Heilige  dort  gewandelt.  Denselben  Tag  mit  seinem 
Diener  Ninzan,  bestieg  der  Prinz  seinRossKandika*)  und  zog  sich 
in  die  Einöde  zurück,  den  Ahoma-Fluss  durchschwimmend,  um  im 


•)  Als  bei  der  Trennung  von  seinem  Herrn  das  Ross  Kantilca  (Kandika)  am 
gebrochenen  Herzen  starb,  wurde  es  sogleich  im  Himmel  Tawadeintha  wieder- 
geboren. 


464  Molmein  und  Amberst. 

Walde  Anubya  anzukommen.  Von  dem  Byamma  Gatika  mit 
gelbem  Gewände  versehen,  schnitt  er  mit  dem  Schwerte  das  Haar 
und  warf  es  in  die  Lüfte,  wo  der  Thagya- König  es  in  Empfang 
nahm  und  dafür  in  Tawadeintha  den  Dzedi  Zulamani  errichtete.  Als 
Yahanda  übte  er  für  sechs  Jahre  Dokaseriya  (Büssungen).  Unter 
dem  Niaungbin  Clzzapala  genannt) ,  ass  er  49  Mundvoll  Reis  aus 
der  goldenen  Schüssel  der  Duzada  und  ging  dann  nach  demFluss 
Naezinjeah,  wo  der  hineingeworfene  Topf  mit  dem  Reis  darin 
stromaufwärts  schwamm,  wie  eine  Ente,  als  Mirakel.  Dann  ging 
er  nach  dem  Bodhi- Baume,  wo  Tudianasin  10  Handvoll  Gras 
zum  Sitz  darbrachte  und  umherstreute,  worauf  der  Thron  sich 
hervorhob,  auf  dem  er  mit  gekreuzten  Beinen  sass.  Dann  stürmten 
die  Krieger  Manat's  herbei,  aber  durch  die  Zurückrufung  der 
Tugenden  von  früheren  Existenzen  verschwand  Man -Sit.  Am 
Vollmond  des  Sazon-Monats  am  Mittwoch  erlangte  er  die  Tappi- 
ni uhda- Weisheit  und  verklärte  sich  zur  Gottheit.  Als  er  in  Ya- 
zajatana  49  Tage  verweilte,  ass  er  von  dem  Honig,  Brod  und 
Reis,  das  die  Kaufleute,  die  beiden  Brüder  Tapoka  und  Palika 
darbrachten  und  gab  ihnen  die  Haare,  über  denen  sie  auf  der  Spitze 
der  Tingutta-Insel  den  Dzedi  Dagon-Zaudohshin  erbauten.  Dann 
wanderte  er  in  Yasajoh  umher,  für  Almosen.  Seine  Mutter  in  (Satung) 
Thadun  erschauend,  zog  der  Yahanda  Gavunpati  längs  des  Him- 
mels nach  Thadun,  und  der  König  Tirimahateka,  ihn  erblickend, 
fühlte  grosse  Neigung,  den  Herr-Gott  durch  Opfergaben  zu  ver- 
ehren. Gavunpati's  Mutter  gehörte  zum  Geschlecht  der  Jäger. 
Nachdem  er  das  ganze  Geschlecht  unterrichtet,  ging  er  durch  die 
Kraft  der  Luftwanderung  am  Himmel  den  König  von  Thadun  durch 
die  Predigt  des  Gesetzes  einzuladen.  Erst  der  König  und  dann 
alle  Bewohner  brachten  ihm  für  sieben  Tage  täglich  grosse  Gaben. 
Als  er  nach  Mobinmyoh  (Molmein)  kam ,  dem  Aufenthaltsort  des 
Belu  Turaana,  dachte  er  zuerst  ihn  als  Feind  zu  behandeln,  aber 
er  wurde  besänftigt,  als  der  Belu  für  ihn  mit  Steinen  einen  reinen 
Sitz  bereiten  sah ,  als  derselbe  Zweige  zum  Schatten  aufsteckte, 
süsse  und  saure  Gemüse  anbot  und  mit  Blumen  verehrte.  Die 
fruchtbare  und  stark  bevölkerte  Insel  Pulyung  heisst  noch  jetzt 
die  Insel  der  Belu.   In  der  Sprache  derVayu  meint  Balung  einen 


Weltsysteme.  465 

Exorcisten.  Gegen  die  feindseligen  Belu  und  Asura  schlitzt  der 
Götterkönig,  der  als  Öakya-min  denDiscus  der  GötterwaflFe  (Nat- 
ifek)  oder  die  im  t^ek- Ratana  (das  Kleinodienrad)  repräsen- 
tirte  Öakra-lek-nek  (die  Waffe  des  Radkreises)  führt  und  durch 
ihr  Umschwingen  himmlisches  Feuer  hervorsprühen  lässt,  wie 
nach  Rheen  der  von  ihm  Thor  oder  Thordoen  genannte  Tier- 
mes  (Tyr)  der  Lappen  die  Zauberer  mit  seinem  Bogen  erschiesst, 
während  er  nach  ScheflFer  dieselben  mit  dem  Aijeke  vetschera 
genannten  Hammer  erschlägt.  Der  Donnerkeil  heisst  Mo-kro-iJek 
oder  der  grollende  Discus  des  Himmels  (Mo  oder  Megau) ,  der 
aus  den  Wolken  (Mo-teim)  herabfährt.  Das  Öekya-vala  begreift 
die  gesammte  Weltordnung  in  den  drei  Khet  (Khetta  oder  Feld), 
alsJati-Khet  (10,000  Systeme,  die  gleichzeitig  zerstört  und  wieder 
hergestellt  werden),  Aija-Khet  (eine  Trillion  von  Systemen,  durch 
die  sich  der  Einfluss  eines  Buddha  erstreckte)  und  Visaya-Khet 
(Visaya  oder  Aaiji-si-arhon-ko-amrae-hmi-vae-khyin) ,  soweit  die 
Gedanken  in  der  Ideenbildung  reichen. 

Der  Buddhismus  kennt  keinen  Anfang,  der  die  Frage  nach 
dem  Anfang  des  Anfangs  hervorrufen  würde,  er  kennt  kein  Ende, 
von  dem  sich  das  Ende  nicht  absehen  lässt,  er  beginnt  in  dem 
festen  Ansatzpunkt  der  deutlichen  Mitte ,  mit  der  Existenz  der 
Individualität,  und  zieht  folgerichtig  erst  dann  seine  Consequen- 
zen,  wenn  ihn  die  organische  Entwicklung  zu  ihrem  Verschwinden 
im  WirkungsschaflFen  der  Gesetzlichkeit  führt  und  sie  aus  daraus 
her>'orgehenden  Rückschlüssen  schon  früher  als  nichtig  auflöst. 
Der  Mensch  ist  der  Gegenstand  seiner  Betrachtung  und  philoso- 
phischen Reflexion, —  das  Wesen,  das  sich  aus  den  dunkel  gähren- 
den  Elementarstoff'en  des  Urgrundes  durch  alle  Klassen  der  Wie- 
dergeburten hindurch  zur  Spitze  der  Schöpfung  emporgearbeitet 
hat,  und  jetzt  an  den  Grenzen  des  Jenseits  die  seligen  Freuden 
vorahnend  zur  Erleuchtung  erwacht,  und  sich  dadurch  mit  dem 
unüberwindlichsten  Ekel  und  Abscheu  von  der  Körperwelt  ab- 
wendet, die  ihn  so  lauge  und  mannigfach  in  den  Leiden  und 
Schmerzen  der  Existenzen  gequält  hat.  Ein  junger  Königssohn, 
dem  glänzendsten  Herrschergeschlechte  Indiens  entsprossen,  ent- 
schliesst  sich  dem  Thron  zu  entsagen  und  in  stiller  Beschaulich- 

BMtian,  Oataaien.     II.  3q 


466  Molmein  und  Amherst. 

keit  einer  Einsiedelei  nur  der  Vorbereitung  auf  die  nahende  Auf- 
lösung im  Existenz- Wechsel  zu  leben.  Sein  bekümmerter  Vater 
entfaltet  vor  ihm  die  Sehätze  des  Königreiches,  jeder  seiner 
Launen  soll  gentigt  werden ,  allen  Wtinschen  wird  augenblick- 
liche Erfüllung  versprochen.  „Ich  habe  nur  vier  Wünsche,"  er- 
wiedert  der  Prinz.  „Gieb  mir  ewige  Jugend,  gieb  mir  Sicherheit 
gegen  Krankheiten ,  gieb  mir  ungetrübtes  Glück  und  ein  Mittel 
gegen  den  Tod."  Verächtlich  stösst  er  den  nichtigen  Tand  welt- 
licher Lust  und  Vergnügungen  von  sich ,  den  hohlen  Pomp ,  der 
ihm  nicht  die  Jugendkraft  bewahren,  der  ihn  nicht  gegen  körper- 
liche Leiden  sichern  kann,  der  jeden  Augenblick  im  Hereinbruche 
des  Unglücks  zusammenstürzen  mng  und  den  er  immer  einst  für 
das  dunkle  Grab  zurücklassen  muss.  Die  reizendsten  Formen  der 
Tänzerinnen  und  Bajaderen  umgeben  ihn  in  reich  geschmückter 
Halle,  aber  er  sieht  in  ihnen  nur  Behälter  des  Koths  undUnraths, 
in  ihren  üppigen  Formen  nur  die  modernden  Knochen ,  die  bald 
allein  davon  übrig  sein  werden,  und  in  fieberischer  Hast,  die  kurze 
Spanne  Lebens  zu  seiner  ewigen  Rettung  zu  benutzen ,  verlässt 
er  sein  jugendliches  Gemahl,  und  zum  letzten  Male  sein  feuriges 
Schlachtross  besteigend ,  setzt  er  über  die  Mauern  des  Palastes 
und  flieht  hinweg  in  die  Wildniss  der  Wälder,  um  dort  in  seinem 
Geiste  das  Gesetz  des  Nirwana  reifen  zu  lassen ,  das  seinen  Mit- 
geschöpfen den  Weg  der  Erlösung  beleuchten  soll.  Buddha  ist 
der  sich  zur  Gottheit  vervollkommnende  Mensch,  und  steht  somit 
auf  einer  dem  mikrokosmischen  Auge  verständlichen  Basis,  wäh- 
rend die  Offbnbarungsreligionen  gleich  in  ihrem  Anfange  mit  dem 
unbegreifbaren  Wunder  eines  zur  Erde  niedergestiegenen  Gottes 
beginnen. 

In  religiösen  Erörterungen  zeigen  sich  die  buddhistischen 
Mönche  bei  aufgeworfenen  Streitfragen  wohl  bewandert  und  die 
besser  unterrichteten  haben  ihr  Terrain  genau  genug  recognoscirt, 
um  dieVortheile  ihrer  Stellung  zu  benutzen.  Sie  stützen  sich  auf 
ihre  heiligen  Schriften ,  deren  Aufbewahrung  und  Niederschrei- 
bung sie  von  dem  Augenblick  des  Nirwana  an  durch  die  verschie- 
denen Concilien  oder  die  Reihe  der  Patriarchen  auf  Tag  und 
Stunde  nachweisen  können,  und  obwohl  ihre  Gewährsmänner  die 


Toleranz.  467 

Schärfe  einer  tübingischen  Kritik  nicht  ertragen  würden,  so  lie- 
fern sie  bei  mündlichen  Disputationen  doch  ganz  ausreichende 
Argumente.  Im  Uebrigen  sind  sie,  mit  wenigen  Ausnahmen, 
durchaus  frei  von  jeder  Anwandlung  von  Intoleranz,  und  der 
zelotische  Eifer  der  Bekehrungsversucher  ist  ihnen  ganz  uuver- 
ständlich.  Sie  meinen  nicht  mit  skeptiscliem  Hohne,  dass  Jeder  nach 
seiner  FaQon  selig  werden  möchte,  sie  suchen  imGegentheil  eifrig 
nach  neuer  Wahrheit  und  Aufklärung,  aber  bei  den  dunkeln  Geheim- 
nissen, die  das  Menschenleben  von  seinem  Anfange  bis  zu  seinem 
Ende  einhüllen,  scheint  es  ihnen  anmassend  und  unberechtigt,  wenn 
ihr  Gegner  seine  individuelle  Ansicht  mit  apodictischer  Gewiss- 
heit als  die  allein  richtige  und  alleinrettende  aufstellen  will,  zu- 
mal sich  solche,  in  nur  zu  manchen  Fällen,  auf  noch  morscheren 
Stützen  ruhend  zeigt,  als  ihre  eigene.  Ihr  phantastisch  zusammen- 
gestelltes Weltgebäude  bildet  keinen  nothwendig  integrirenden 
Theil  ihres  Dogma,  es  ersetzt  bei  ihnen  nur  den  Mangel  eines  kos- 
mischen Systems,  die  Stelle  eines  pythagoräischen  Sphärentanzes 
oder  der  Epicyklen  des  Ptolemäus  vertretend,  und  sie  können  ihren 
Berg  Meru  mit  allen  Himmeln  darauf  und  daran  ebenso  unbe- 
schadet fallen  lassen,  wie  der  Papst  die  in  der  Bibel  bewegte 
Sonne  hat  stille  stehen  lassen  müssen  und  doch  Papst  geblieben 
ist,  oder  wie  sich  ohne  Einbruch  des  apokalyptischen  Jerusalem's 
das  Firmament  mit  seinen  feurigen  Propheten  wagen  in  die  Bläue 
des  Lichtäthers  aufgelöst  hat.  In  der  Grundlehre  ihrer  Re- 
ligion stehen  sie  auf  dem  Boden  des  factischen  Sachverhaltes. 
Sie  bedürfen  keiner  hirnverrückenden  Erbsünde,  die  eine  künstliche 
Krankheit  schafft,  um  nachher  die  Nothwendigkeit  der  heilenden 
Medicin  zu  beweisen.  Sie  berufen  sich  auf  den  wirklichen  That- 
bestand,  auf  das  Elend  und  Leiden,  das  unausbleiblich  mit  der 
Körpernatur  als  solcher  verknüpft  ist.  Kein  Glück  ist  ungetrübt, 
kein  Ding  hat  Bestand  und  bei  der  kurzen  Spanne  der  Zeit,  die 
im  Sturme  des  Augenblicks  dahinfliegt,  würde  es  thöricht  und  un- 
verständig sein,  an  den  Gütern  dieser  Welt  zu  kleben,  die  unter 
den  Händen  in  Staub  zerbröckeln ,  statt  den  Geist  auf  seine  Er- 
lösung vorzubereiten,  wo  er,  über  jede  Furcht  neuen  Wechsels 
erhaben,  in  dem  Gleichgewicht  harmonischer  Erfüllung  ruht 

80* 


468  Molmein  und  Amherat. 

Für  dieses  letzte  und  höchste  Ziel  brauchen  keine  hypothetischen 
Annahmen  zugefügt  zu  werden.  Sie  setzen  keine  persönliche 
Gottheit,  die  einen  Platz  zum  Setzen  im  Weltsystem  haben  müsste, 
und  bei  etwaiger  Gefährdung  der  kosmischen  Structur  desselben 
selbst  Gefahr  liefe,  herabzustürzen.  Sie  bleiben  innerhalb  des 
klar  erschauten  Horizonta  der  deutlichen  Sehweite.  Sie  verfolgen 
den  organischen  Entwickelungsfortschritt  durch  die  Klassen  der 
Wesen,  an  deren  Spitze  der  Mensch  steht,  und  sie  finden  den 
logischen  Abschluss,  wenn  sich  das  ursächliche  Schöpfungsgesetz 
in  dem  Bewusstsein  des  Erkennens  verklärt. 

Herrn  Brooks'  Haus  war  eine  jener  hochgelegenen  Garten- 
residenzen Molmein's,  von  deren  Gallerieen  der  Blick  das  lieb- 
lichste Panorama  umfasst.  Im  fünffachen  Strahlenkranze  strecken 
sich  aus  dem  weiten  Becken  der  drei  Zusammenflüsse  die  schim- 
mernden Wasserarme  zwischen  schw  eilenden  Hügeln,  bis  sie  sich 
mit  der  Ferne  in  der  zunehmenden  Laubhülle  verlieren.  Jede 
Spitze  strebt  mit  einer  Pagode  zum  Himmel,  jedes  Thälchen 
birgt  ein  Dorf  oder  stille  Hütte.  Mit  tactmässigen  Schlagen 
eilen  die  Euderboote  vorüber,  rasch  gleiten  mit  viereckigem  Segel 
die  Fischer  vorbei,  und  dreimastige  Schiffe  wiegen  stolz  an  ihren 
Ankern. 

Im  bunten  Verkehr  des  Bazaars  drängen  sich  die  verschie- 
densten Nationen  des  diesseitigen  und  jenseitigen  Indiens.  Buden 
füllen  mehrere  Strassen  und  bieten  jede  Mannigfaltigkeit  europäi- 
scher und  orientalischer  Artikel.  Als  einheimisches  Product  finden 
sich  die  porösen  Kühlgefässe,  die  in  Martaban  verfertigt  wer- 
den. In  der  Nähe  des  Marktes  (Jhe)  sind  die  Bastplätze  der 
jhe-krio  (Jhe-arap)  aufgeschlagen  und  der  Zugang  zum  grössten 
(der  Burra-Bazaar)  ist  des  Morgens  immer  mit  einem  Knäuel  ein- 
spänniger Droschken  (Ghari)  blokirt,  worin  die  Frauen  der  Creo- 
len  oder  der  reicheren  Eingeborenen ,  sowie  die  Haushälter  der 
Europäer  von  allen  Seiten  herbeigekommen  sind.  Dort  kauft  der 
Koch  seine  Ingredienzen  für  das  heisse  Ragout  des  Curry,  als 
rothen  Chilli  -  Pfefi'er,  Safiran,  Knoblauch,  Tomatoes,  Coriander, 
Cocosnüsse,  Ingwer  u.s.  w.,  von  Gemüsen:  Kartoflfeln,  Yam,  Reis, 


Der  Büzaar.  469 

Lattich  u.  dgl.  m.,  oder  je  nach  der  Jahreszeit  der  Früchte,  die 
Melonen,  Wassermelonen,  Ananas,  Jacktrucht  (Artocarpus  inte- 
grifolia),  Pumeloh  (Citrus  decumana),  Bananen,  Durian,  Mangoes 
(Mangifera  indica),  Orangen,  sUsse  oder  saure  Citronen  (Citrus 
limetta,  bergamia),  Schaumäpfel  (Anona  squamosa),  Granaten 
oder  Schauk  (Punica  granatum)  oder  Salae  u.  s.  w.  Die  Papaya 
(Carica)  ist  ihrem  birmanischen  Namen  nach  ttber  See  (Thim- 
bauthi)  eingeführt,  ebenso  wohl  die  Guava  (Psidium  pomiferum), 
die  auch  in  Tahiti  jetzt  die  ganze  Insel  als  Unkraut  über- 
wachsen hat,  seit  sie  von  Schiffen  aus  Westindien  mitgebracht 
wurde.  An  einer  besonderen  Abtheilung  sitzen  die  Verkäufer 
von  Fisch  oder  solchen  Fleisches,  was  zu  haben  ist.  Ausser- 
dem finden  sich  Medicinen  (Alaun,  Schwefel,  Senna,  Castoröl), 
Gamboge  (von  Garcinia  elliptica  und  G.  pictoria  nach  Mason), 
Ghi,  Tamarinden,  getrocknete  Erbsen,  Pferdefutter  und  was  sonst 
bedürftig  sein  sollte,  und  der  Kauflustige  findet  sich  sogleich 
von  einem  Haufen  Knaben  und  Lastträgern  mit  Körben  umgeben, 
um  ihm  die  Sachen  bis  zum  Wagen  zu  bringen.  Die  Ngapie- 
Verkäufer  sind  nach  der  äussersten  Ecke  relegirt  und  findet  sich 
eine  feinere  Art  (Ballochang  genannt  und  besonders  in  Penang 
verfertigt),  die  selbst  zuweilen  auf  den  Tischen  der  Europäer  er- 
scheint. In  Molmein  haben  natürlich  die  Engländer  dafür  ge- 
sorgt, dass  die  Tafel  mit  Ochsen  -  und  Hammelbraten  versehen 
werden  kann,  und  es  fehlt  nicht  an  Schlächtern  mohamedanischen 
oder  christlichen  Glaubens,  die  auch  dem  buddhistischen*) 
Epikuräer  möglich  machen,  seine  Fleischtöpfe  zu  füllen. 

Die  Birmanen  sind  leidenschaftlich  für  Blumen,  mit  denen 


*)  In  seiner  Widerlegungsschrift  bemerkt  der  tamulische  Sivait :  „Gestorbenes 
essen  ist  keine  Sünde. '^  „0,  Bauddha,  der  du  so  sprichst,  höre.  Weil  man  weiss, 
dass  du's  essen  wirst,  schlachtet  man  und  bringt  es  dir  zu  essen,  und  so  fallt  man 
deinetwegen  in  Schuld,  denn  für  Nichtessende  schlachtet  man  wahrlich  nicht.* 
Sprichst  du:  „Ei,  die  Schuld  haftet  auf  den  Schlächtern'',  so  frage  ich  dich: 
„Was  für  eine  Art  von  Askese  übst  du  denn,  dass  diejenigen,  die  dich  futtern,  in 
Schuld  fallen ?  Opferst  du  nicht  selbst  deiner  Gottheit  Fleisch?  Dein  eigenes 
Fleisch  verabscheust  du  al»  unrein  und  isst  doch  anderer  Wesen  Fleisch.  Wenn's 
so  hergeht  —  was  für  einen  Begriff  hast  du  dann  von  Reinheit?".     (S.  Graul.) 


470 


Mohnein  und  Ainherst. 


sich  das  junge  Volk  die  Ohren  schmückt,  Mädchen  auch  die  Haare. 
Die  Bazaare  prangen  immer  mit  einer  bunten  Farbenpracht,  und 
Liebhaber  kennen  die  kostbaren  Orchideenarten ,  die  ihnen  aus 
den  Wäldern  Pegu's  und  Birma's  geschickt  worden  sind.  Zum 
Reiten  dienen  in  Molmein  die  auch  in  Calcutta  beliebten  Ponies 
derSchan,  die  aber  von  den  Birmanen  nie  zum  Ziehen  verwendet, 
sondern  durch  eine  kleine  Ochsenart  ersetzt  werden ,  die  rasch 
mit  dem  Wagen  galoppiren. 

Der  Handel  Molmein's  hat  seine  hauptsächlichste  Bedeutung 
durch  die  Ausfuhr  der  Teakstämme  (Tectona  grandis) ,  die  aus 
dem  Laoslande  und  den  Bergen  der  Karennih  auf  dem  Salwehn 
herabgeschwemmt  und  an  der  Station  Kadoe  (16  englische  Meilen 
oberhalb  Molmein)  für  die  officielle  Inspection  der  aufgedrückten 
Marken  angehalten  und  später  von  den  Eigenthümem  nach  dem 
Hafen  fortgenommen  werden.  Das  Teakholz  besitzt  die  in  Indien 
unschätzbare  Eigenschaft,  nicht  von  Ameisen  angegriffen  zu  wer- 
den, und  wird  wegen  seiner  grossen  Dauerhaftigkeit  im  Schiffbau 
jedem  andern  vorgezogen,  selbst  dem  Eichenholz,  dessen  Säure 
das  Eisen  angreifen  soll,  wogegen  das  Oel  jenes  dasselbe  erhält. 
The  wood  of  this  tree  (bemerkt  ßoxbourgh)  has  from  long  expe- 
rience  been  found  to  be  by  far  the  most  useful  timber  in  Asia;  it 
is  light,  easily  worked  and  at  the  same  time  both  strong  and  durable. 

Aus  dem  Report  on  the  administration  of  the  Tenasserim  and 
Martaban  provinces  for  1860—1861  by  Lieut.  Col.  Fytche,  Com- 
missioner  of  the  Tenass.  and  Mart.  Pr.,  machte  ich  folgende 
Auszüge: 


Years. 

offences  a- 
gainstLife. 

dacoity. 

Highway- 
robbery. 

Burglary. 

Theft. 
646 

Cattle 
Stealing. 

Othcr  cases. 

1859 

12 

6 

6 

8 

35 

101 

1860 

17 

23 

5 

12 

480 

54 

104 

Increase 

5 

17 

n 

4 

» 

19 

3 

Dccrease 

» 

n 

1 

» 

166 

» 

n 

Total. 


814 
695 

» 
119 


k 


statistische  Tabellen. 


471 


The  ratio  of  heinous  crimes  to  population  for  the  past  two 
years  is  as  foUows. 


Total  of 

Years 

heinous  crimes 
as  ascertained 

Total  population. 

Proportion  of  heinous  crimes 

to  have  been 

to  population. 

committed. 

1859 

8U 

3,39,264 

1  —  to  —  416 

1860 

695 

3,32,542 

1  —  to  —  478 

The  enumeratioD  of  the  inhabitants  as  given  above  is  not  to 
be  relied  on. 


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Malays. 

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Jews. 

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6 

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Amherst 

Euro 
Chris 

Burm 

and 

e« 

1762 

81,301 

9,425 

26,699 

1,822 

129 

9,758 

57 

130,953 

Tavoy 

49 

50,533 

153 

4,966 

4,124 

71 

673 

» 

60,569 

Mergui 

167 

20,442 

3,603 

6,255 

1,018 

858 

1,685 

n 

34,028 

Martaban 

37 

53,101 

10,861 

45,304 

387 

» 

302 

t» 

109,992 

To  population  return  would  gire  about  eight  souls  to  the 
Square  mile. 

The  number  of  admissions  into  the  Moulmein  General  Hospi- 
tal during  the  year  1859—  1860  is  Europeans  309  (of  whom  12 
died)  and  natives  558  (of  whom  39  died). 

Es  würde  sieh  ergeben,  dass  die  Volkszahl  um  6722  weniger 
beträgt,  als  sie  in  dem  Bericht  des  vorhergehenden  Jahres  angegeben 
wurde,  aber  es  ist  bekannt,  dass  eine  jährliche  Zunahme  der  Bevöl- 
kerung dieser  Provinzen  (obgleich  keineswegs  in  grossem  Mass- 
stabe) aus  natürlichen  Gründen  der  Einwanderung  stattfindet. 
Auf  sorgfältige  Anfertigung  von  Bevölkerungsstatistiken  der  ver- 
schiedenen ihrer  Obhut  anvertrauten  Provinzen  ist  im  Besonderen 
die  Aufmerksamkeit  der  Districtsbeamten  gerichtet  worden.    In 


472  Molmein  und  Ambcrst. 

der  Stadt  Molmein  allein  ist  die  Bevölkerung  um  30,230  weniger 
angegeben  worden  ala  im  vorhergehenden  Jahre.  Der  Grund  der 
Abnahme,  welche  sich  gezeigt  hat,  soll  darin  liegen,  dass  die 
Leute  aus  Furcht  vor  Extrabesteuerung  wegen  der  Einkommen- 
steuer, welche  damals  wenig  verstanden  wurde,  die  Listen  nicht 
richtig  ausfüllten ,  und  sie  konnten  sich  nicht  denken,  weshalb 
eine  solche  Aufnahme  ohne  eine  weitere  Absicht  der  Extrabe- 
steuerung gewünscht  werden  sollte.  Der  Bruttoertrag  des  Einkom- 
mens für  das  verflossene  Jahr  ergab  Rupien  18,43,296;  6,11,  was 
gegen  das  vorhergehende  Jahr  eine  Zunahme  von  3,08,524;  2,0 
abwarf.  Die  Ausgaben  für  das  Jahr,  Alles  eingeschlossen,  mit 
Ausnahme  der  Truppen  und  öff*eutlichen  Arbeiten ,  beliefen  sich 
auf  Rps.  9,22,546;  2,10  und  Hessen  so  einen  Ueberschuss  von 
Kps.  9,20,750;  4,1. 

Ueber  die  Zunahme  von  der  Revenue  aus  dem  Verkauf  von 
Opium  und  andern  Spirituosen  Getränken  heisst  es  im  Report: 

Die  Gesammt-Einnahmen  bei  der  Accise  belaufen  sich  auf 
Rps.  385604;  1,6,  ein  Mehr  von  Rps.  80,448;  8,10  gegen  das  vor- 
hergehende Jahr.  In  der  Provinz  Amherst  war  eine  Zunahme 
von  Rps.  54,610;  15,4,  welche  zum  Theil  dem  Umstände  zuzuschrei- 
ben ist,  dass  eine  Quantität  Opium  zur  Ausfuhr  in  die  benachbarten 
Staaten  verkauft  worden  ist.  Das  Steueramt  ist  jedoch  dem 
Verkauf  dieser  Droguerie  behufs  Ausfuhr  entgegengetreten,  und  ist 
daher  seitdem  dem  Verkaufe  völlig  ein  Ende  gemacht  worden. 
In  Tavoi  war  eine  geringe  Zunahme  von  Rps.  2651,  aber  in  der 
kleinen  Stadt  Mergui  belief  sich  die  Zunahme  auf  Rps.  6,384;  12,0 
hauptsächlich  in  dem  Verkauf  von  Opium,  von  welchem  hier 
ein  für  einen  so  kleinen  Ort  grosser  Consum  stattzufinden  scheint. 

In  der  Provinz  Martaban  erklärte  sich  die  Zunahme,  welche 
sich  auf  Rps.  19,182 ;  5,6  belief,  hauptsächlich  aus  dem  Verkaufe 
der  Arac-Pächter  zu  Schouggyeen,  welche  in  Folge  ihrer  unver- 
hältnissmässigen  Angebote  und  der  Verlegung  der  grossen  mili- 
tärischen Niederlassungen  aus  der  Provinz  durch  ihre  Geschäft« 
zahlungsunfähig  geworden  sind. 

Schade,  dass  die  sonst  segensreiche  Verwaltung  der  Eng- 
länder durch   den   Flecken    der  Opium-  und  Branntweinpacht 


Opium.  473 

entstclk  wird ,  da  der  bei  der  Versteigerung  bezahlte  Preis  na- 
türlich neue  Mittel  erfinden  lässt,  die  enthaltsamen  Buddhisten 
an  einen  bisher  unbekannten  Genuss  zu  gewöhnen.  Die  einhei- 
mischen Regierungen  haben  gegentheils  immer  durch  alle  ihnen 
zu  Gebote  stehenden  Mittel  solchem  Missbrauch  zu  steuern  ge- 
sucht. Wie  seit  Zunahme  des  europäischen  Handels  in  China, 
bestand  schon  früher  in  Siam  ein  Gesetz,  die  Einfuhr  des  Opiums 
verbietend,  und  Turpin  bemerkt:  ,Le  Roi  actuellement  rögnant 
a  prononcö  la  peine  de  mort  contre  plusiers  de  ses  sujets,  qui 
avoient  transgressö  cette  loi.  Jetzt  werden  in  Bangkok  die 
Opiumhäuser  nur  geduldet  der  dort  angesiedelten  Chinesen  we- 
gen, während  sie  in  den  birmanischen  Provinzen  von  den  Ein- 
geborenen eben  so  leidenschaftlich  besucht  werden,  wie  von  den 
Fremden. 


Bis  zur  siamesischen  Grenze. 


Ich  hatte  mich  jetzt  zur  Reise  nach  Siam  entschlossen,  und 
standen  mir  dahin  drei  Wege  offen,  der  nördliche  Über  Zimmay, 
für  den  ich  inTongu  näher  gewesen  wäre,  der  südliche  über  den 
Pass  der  drei  Pagoden  und  der  mittlere  über  Rahain,  an  der 
Grenze  des  Laoslandes,  welchen  ich  wählte.  Die  mit  dem  Lande 
Vertrauten  warnten  allerdings  vor  der  Jahreszeit,  da  die  Regen 
kaum  vorüber  seien,  und  der  Jungle  nicht  vorDecember  betreten 
werden  dürfte.  Der  November  sei  unter  dem  Namen  des  tödt- 
lichen  Monats  bei  den  Birmanen  bekannt.  Die  Gefahr,  die  diese 
Wälder  bieten,  entwickelt  sich  nicht  so  sehr  in  der  Fülle  der 
Regenzeit,  obwohl  das  Reisen  dann  stets  lästig  ist,  als  in  ihrem 
Anfang,  wenn  das  erste  Nass  auf  die  glühende  Erde  fällt  und 
rasch  verdunstet,  sowie  am  Ende,  wo  die  glühende  Sonne  aufs 
Neue  die  Feuchtigkeit  auftrocknet*).  Insofern  konnte  ich  die 
Richtigkeit  der  mir  gemachten  Vorstellungen  nicht  abläugnen, 
hatte  aber  in  Tongu  über  eine  frühere  Praktikabilität  der  Wege 
sprechen  hören,  u^d  da  meine  Freunde  in  Molmein  nur  mit  den 
dortigen  Wäldern  vertraut  waren,  glaubte  ich  jener  Autorität 
über  die  nördlichen  mehr  trauen  zu  dürfen,  denn  durch  die  ver- 
schiedene Breite  oder  je  nach  dem  Streichen  der  Gebirgszüge 
kann  der  Wechsel   der  Saisons  für  sonst  ähnliche  Localitäten 


*)  Ebenso  bemerkt  Berozzi  über  die  Keis  baueuden  Provinzen  in  Italien, 
dass  dasjenige  Terrain,  das,  nachdem  es  Ueberflass  an  Wasser  gehabt  hat,  nicht 
mehr  davon  bedeckt  ist,  und  zersetzungsfShige  Stoffe  enthält,  am  meisten  zur 
Erzeugung  von  Sumpfmiasmen  iShig  ist. 


478  Bis  zur  siamesiselien  Grenxe. 

leicht  am  einige  Wochen  differiren.  Ausserdem  war  ich,  obwohl 
bedeutend  gestärkt  durch  die  Seebäder,  noch  immer  nicht  ganz 
hergestellt  und  für  die  Nächte  war  mir  das  Gefühl  fieberischer  Pul- 
sation durch  den  ganzen  Körper  geblieben.  Ich  hoffte,  wenn  ich 
aus  dem  zu  bequemen  und  etwas  stagnirenden  Leben  Molmein's 
heraus  wieder  in  die  freie  Keisebewegung  käme,  dass  die  geistige 
Beschäftigung  und  Anregung  meine  beste  Kur  sein  würde,  und 
die  Aussicht  auf  Zeitgewinnung  ist  ausserdem  immer  verführerisch, 
wo  so  viel  zu  thun  bleibt  Ich  Hess  deshalb  durch  Moung  Schweb 
ausser  dem  tamulischen  Koch  mit  seinem  Gehülfen  noch  einige 
Leute  miethen,  und  engagirte  ein  Boot,  um  den  Gyne-Fluss  bis 
zur  Grenze  zu  befahren.  Mit  herzlichem  Dank  für  die  sorgsame 
Pflege,  die  er  mir  hatte  angedeihen  lassen,  nahm  ich  Abschied 
von  meinem  Wirth  und  fuhr  mit  zwei  Böten  am  29.  October  vonObo 
ab.  Da  für  mehrere  Tage,  wie  ich  wusste,  Gebirgsgegenden  zu  passi- 
ren  sein  würden,  in  denen  scharfe  Nachtwachen  noth wendig  wären, 
und  die  Unzuverlässigkeit  der  Eingeborenen  darin  mehrfach  von 
mir  erprobt  war,  so  hatte  ich  einen  früheren  Matrosen,  einen  spa- 
nisch-englischen Creolen  aus  New-Orleans,  engagirt,  der  schon 
zweimal  einen  Teakhändler  in  die  Wälder  begleitet  hatte  und  von 
demselben  empfohlen  worden  war,  vielleicht  um  einen  so  desperaten 
Character,  als  welcher  er  sich  später  bewies,  los  zu  werden.  Ich 
Hess  ihn  in  der  Besorgung  des  grösseren  Bootes  mit  meinen  übrigen 
LeutOBt  und  dem  Gepäck,  während  ich  mit  Moung  Lin  und  dem 
siamesischen  Dolmetscher  das  andere  einnahm. 

Die  Ufer  des  Salwehn  waren  niedrig,  mit  Schilfen  bedeckt 
In  einem  Bach,  wo  wir  hineinfuhren,  konnte  einige  Zeit  das  Segel 
benutzt  werden,  und  zum  Frühstück  wurde  in  Tantaron  gehalten, 
unter  schroffien  Felsen,  auf  deren  vorspringender  Spitze  die  Pagode 
Dhammatath  stand  neben  dem  im  Baumwuchs  versteckten  Dorf. 
Erst  gegen  Mitternacht  langten  wir  in  Gyne  an,  wo  Fischer 
mit  Fackeln  Netze  stellten.  Ich  Hess  mein  Bett  nach  einem 
Zayat  bringen,  während  die  Leute  im  Boofe  schliefen. 

Am  andern  Tage  passirten  wir  den  Einfluss  des  Flusses 
Pondot  oder  Houngnoh  in  den  Gyne.  Zwischen  geneigten  Ufern 
wanden  wir  uns  durch  den  Jungle,  bald  rudernd,  bald  segelnd. 


Kankarit  479 

Zur  £rholung  der  Bootsleute  hielten  wir  am  Vormittage  im  Dorfe 
Kamih,  aus  40  Häusern  bestehend.  Ich  yerbrachte  die  Zeit  des 
Aufenthaltes  in  dem  Kloster,  und  wurde  dort  Yon  einem  Be- 
wohner des  Dorfes  besucht,  der  der  Gründer  desselben  gewesen. 
In  der  birmanischen  Zeit  lebteer  inMobih  in  der  Nähe  Martaban% 
später  nach  Abtretung  der  Provinzen  an  England,  in  der  Nach- 
barschaft der  drei  Pagoden.  Von  dort  kam  er  mit  zehn  Beglei- 
tern, Taleins  wie  er  selbst,  nach  dem  Flusse,  lichtete  den  Jungle 
und  erbaute  das  Dorf.  In  dem  Kloster  wurde  dasThinbugyi  (das 
Buchstabirbuch)  in  der  Taleinsprache  den  Kindern  gelehrt. 

Nach  dem  Aufbruch  fuhren  wir  in  einem  engen  Bache  hin, 
zwischen  dichten  Büschen,  und  die  kreischenden  Hühner  benutz- 
ten die  Gelegenheit,  sich  aus  dem  Käfig  herauszuarbeiten  und  zu 
entfliehen,  so  dass  wir  sie  auf  den  Zweigen  wieder  einzufangen 
hatten.  Die  Ufer  waren  lehmig  und  schlammig.  Für  die  Nacht 
hielten  wir  in  einem  Dorfe,  das  von  Schan  und  Toungthu-Touugsu 
bewohnt  war.  Da  sich  keine  passende  Accommodation  am  Lande 
fand,  verblieb  ich  im  Boot. 

Mit  dem  frühesten  aufbrechend,  fuhren  wir  unter  hohen  Ufern 
hin,  die  mitWald  bedeckt  waren.  In  der  Entfernung  wurden  Gebirge 
sichtbar.  Die  Morgenrast  ward  im  Dorfe  Lokain  gemacht,  wo 
eine  Landungstreppe  zum  Wasser  hinabführte.  Am  Nachmittage 
nahm  der  Fluss  einen  sehr  gewundenen  Lauf  an.  Einzelne 
Häuser  erschienen  zerstreut  zwischen  dem  Dickicht  an  den  Ufern, 
die' jetzt  sandig  waren.  Hier  und  da  hob  sich  die  Spitze  einer 
Pagode  über  den  Wipfeln  der  Bäume  hervor.  Dann,  indem  sich 
der  Lokain-Fluss  erweiterte,  wurde  der  Blick  auf  eine  Gebirgs- 
kette geöffnet.  Nachdem  wir  in  den  engen  Bach  Kaukarit  ein- 
gefahren waren,  liefen  die  Böte  vielfach  auf  den  Grund.  Abge- 
brochene Stämme  steckten  im  Wasser,  oder  die  Bäume  ragten 
mit  ihren  Wurzeln  und  anhängender  Erde  daraus  hervor.  Ausser- 
dem wurde  der  Weg  durch  die  aufgestellten  Fischreusen  beengt 
und  die  Zweige  hoher  Bambubüsche  hingen  über  oder  in  das 
Boot.  Abends  spät  kamen  wir  in  dem  Dorf  Kaukarit  an,  wo  mir 
der  Goung-yok,  der  Myothougyi  und  der  Sayin  ihre  Aufwartung 
machten  und  behülflich  waren,  das  Gepäck  nach  dem  für  die 


480  ^^  '^  giame^iachen  Grenze. 

Acc<itnmodatioii  der  Regierungsbeamten,  dort  der  einzigsten  Durch- 
reisenden, bei  ihren  gelegentlichen  Inspectionen  bestimmtenHause 
ra  bringen.  Im  Hofe  war  eine  Abtheilung  von  Seapoys  einquartiert. 

Am  nächsten  Morgen  wurde  die  Schwere  meines  Gepäckes 
taxirt,  um  die  nothige  Zahl  von  Elephanten  zu  bestimmen«  Der 
Dorfälteste  glaubte,  dass  zwei  genügen  würden  und  schickte  dem 
entsprechende  Anordnungen  aus.  Das  Kloster  des  Dorfes  war 
mit  mehreren  Reihen  kleiner  Pagoden  umgeben,  die  Thüren  ge- 
flügelt. Die  Holzschnitzereien  an  der  Front  der  Gebäude  zeigten 
sich  mit  kleinen  Buddhabildern  gefüllt.  Als  Mönch  fand  ich 
einen  Toungthu,  der  aber  die  Kinder  im  Birmanischen  unterrich- 
tete. In  den  Räumen  hingen  breite  Papierstreifen,  mit  Gebeten 
beschrieben,  von  der  Decke  herab.  In  der  Nähe  stand  ein  von 
Schan-Mönchen  bewohntes  Kloster. 

Nach  Einkäufen  auf  demBazaar  nahm  ich  ein  Bad  im  Flusse, 
der  sich  dort  zwischen  sandigen  Ufern  aus  dem  Walde  herTor- 
windet.  Beim  Nachhausewege  wurde  ich  gebeten,  einen  Kranken 
zu  sehen,  der  indess  ein  etwas  bedenkliches  Gesicht  machte,  als 
ich  ihm  Hühnersuppe  empfahl.  Doch  nahm  er  die  gegebenen 
Medicinen  und  schickte  am  andern  Morgen  für  mehr,  da  er  sich 
besser  fühle. 

Meine  Gesellschaft  wurde  hier  um  einige  Köpfe  vermehrt, 
indem  der  Myothougyi  mich  bat,  vier  Siamesen  zu  erlauben,  sich 
mir  anzuschliessen.  Sie  schienen  aus  ihrer  Heimath  entflohen 
und  hatten  sich  jetzt  an  der  englischen  Grenze  angesiedelt.  Ver- 
brechen, glaubte  der  Myothougyi  nicht,  dass  sie  begangen  hätten, 
sondern  die  Ursache  wUrden  nur  Schulden  gewesen  sein,  um 
nicht  in  die  Sclaverei  verkauft  zu  werden.  Sie  meinten  nun  un- 
ter meinem  Schutze  ungefährdet  zurückkehren  zu  können.  Na- 
türlich konnte  ich  mich  nicht  darauf  einlassen,  in  ein  zum  ersten 
Male  von  mir  selbst  betretenes  Land  Leute  zurückzuführen,  die 
gerechterweise  der  Justiz  verfallen  sein  mochten,  so  sehr  sie  sich 
ihrer  eigenen  Aussage  nach  auch  als  unschuldig  darstellten.  Ich 
stellte  ihnen  frei,  mir  zu  folgen,  erklärte  aber  keine  andere  Ga- 
rantie übernehmen  zu  können,  als  bei  den  Behörden,  wenn  kein 
Anklagegrund  vorliegen  sollte,  meine  Verwendung  einzulegen. 


Campirnn  im  Walde.  481 

Als  die  Elephanten  nach  zwei  Tagen  herbeigeholt  und  be- 
packt wurden,  zeigten  sie  sich  nicht  genügend  und  niusste  noch 
ein  neuer  gemiethet  werden,  wodurch  sich  aber  die  Abreise  bis 
zum  nächsten  Morgen  verschob.  Im  Verhältniss  zu  seiner  Grösse 
trägt  einElephant  nicht  viel;  die  Sachen  werden  in  kleine  Päck- 
chen vertheilt  und  dann  auf  dem  RUcken  aufgethlirmt.     Der  zum 
Reiten  bestimmte  war  mit  einer  Ho wdah  gesattelt,  in  die  ich  mein 
Bett  ausbreiten  Hess,  so  dass  ich  liegen  oder  sitzen  konnte.    Der 
Waldweg,  auf  dem  wir  hinzogen,  war  oft  durch  quer  übergefallene 
Baumstämme  versperrt,  die  die  Elephanten  entweder  bei  Seite 
schoben,  oder  darüber  hinschritten.   Die  Berge,  die  vor  uns  sicht- 
bar gewesen  waren,  schlössen  sich  dichter  um  uns  zusammen, 
und  bald  ging  es  bergauf  bergab,  über  bewaldete  Hügel.     Als 
wir  an  dem  Bach  Alluae-tschaun  ankamen ,  zogen  wir  sein  stei- 
niges Bett  aufwärts  und  folgten  dann  einem  ausgetrockneten  Fluss- 
ai*m.     Nachmittags  kamen  wir  an  dem  im  Walde  zum  Halteplatz 
für  Reisende  erbauten  Zayat  an,  der  durch  eine  Pallisade  ein- 
gezäunt war.     Mit  uns  richtete  sich  dort  auch  die  Escorte  der 
Seapoys  mit  dem  Sergeanten  ein.  Ich  nahm  ein  Bad  in  dem  kühlen 
klaren  Gebirgswasser,  vergass  aber  im  Genuss  des  Vergnügens 
die  Vorsicht,  und  zerschlug  mir  bei  zu  raschem  Untertauchen  die 
Stirn  auf  einer  der  scharfen  Felskanten,  mit  denen  er  gefüllt  war. 
Eine  andere  Caravane  von  sieben  Elephanten  hatte  sich  uns  an- 
geschlossen, so  dass  die  Dunkelheit  des  Waldes  noch  spät  von 
den  Feuern  der  verschiedenen  Lagerstätten  durchleuchtet  war. 
Solche,  die  innerhalb  der  Umschanzung  keinen  Raum  fanden, 
unterhielten  die  um  sich  angezündeten  Feuer  während  der  ganzen 
Nacht,  um  wilde  Thiere  abzuwehren.     Einen  guten  Schutz  da- 
gegen gewähren  auch  die  in  der  Nähe  der  Schlafplätze  ange- 
schlossenen Elephanten,  die  die  Nähe  eines  Feindes  schon  von 
ferne  merken  und  ihre  Herren  durch  Trompeten  wecken. 

Am  andern  Morgen  fiel  ein  dichter  Regen,  so  dass  sich  die 
Abreise  verzögerte.  Das  Besteigen  des  Elephanten  im  Walde  ist 
für  den  Ungeübten  nicht  leicht,  wenn  er  sich  nicht  geradezu  von 
seinen  Dienern  hinaufheben  lassen  will.  In  Städten  und  in  der 
Nähe  der  Caravansereien  finden  sich  Gerüste  aufgerichtet,  unge- 

Bftttiftn,  OttMien.   II.  31 


482  Bis  znr  siamesischen  Grenze. 

fahr  von  der  Höhe,  wie  der  Kücken  des  Elephanten  steht      In 
Birma  und  Siani  sind  solche  meistens  an  den  Häusern  der  Vor- 
nehmen angebracht,  und  ein  Kennzeichen  derselben,  da  Arme 
sich  keine  Elephanten  zum  Reitthiere  halten  wttrden.     In  Er- 
mangelung solcher  benutzt  man  auch  wohl  einel^iter,  die  an  den 
Elephanten  angelehnt  wird,  und  auf  der  man  zu  der  Howdah  hinauf- 
steigt. Wenn  ich  indcss  im  Walde  zuweilen  neben  dem  Elephanten 
her-  oder  vorausgegangen  war,  und  ihn  nachher  wieder  besteigen 
wollte,  blieb  mir  nur  der  den  Eingebornen  gewöhnlichste  Weg, 
indem  man  den  Elephant  auf  die  Kniee  klopft  und  das  dann  ge- 
bogene Bein  zum  Tritte  gebraucht.     Der  zwischen  den  Ohren 
sitzende  Cornac  giebt  die  Hand  zur  Hülfe  und  reisst  den  Bestei- 
genden zu  sich  hinauf.     Auf  den  Gepäckelephanten  klettert  zu- 
weilen während  des  Weges  ein  ermüdeter  Coolie  von  hinten  über 
den  Schwanz  hinauf,  um  sich  durch  einen  kurzen  Ritt  auszuruhen. 
Auf  jedem  Elephanten  sitzt  ein  Cornac  mit  einem  eisernen  Haken 
in  der  Hand,  womit  er  die  Stirnc  des  Thieres  blutig  hauen  kann. 
Üoch  kommt  dies  Mittel,  ausser  in  der  wilden  Brunstzeit,  selten 
zur  Anwendung.   Gewöhnlich  regiert  der  Cornac  den  Elephanten 
nur  durch  Worte,  und  besitzen  besonders  die  sie  als  Hausthiere 
ziehenden  Karen  eine  grosse  Macht  über  dies  gelehrige  Geschöpf, 
das  nach  der  Satapattha  Brahmana  einen  Theil  menschlicher  Na- 
tur l)csitzt,  als  aus  den  durch  dieAditya  abgeschnittenen  Fleisch- 
stücken Marttiinda  s  gebildet.     Den  Indiern  gilt  der  elephanten- 
köpfige  Ganesa  für  das  Symbol  der  Weisheit  und  Buddha  zog  in 
der  Gestalt  eines  weissen  Elephanten  mit  sechs  Stosszähnen  in 
den  Leib  seiner  Mutter  ein,  die  ihn  im  Traume  empfing,  sich  in 
der  der  menschlichen  nächststehenden  Existenz  zur  Wiedergeburt 
verkörpernd. 

Auf  meiner  Elephantenreise  inKambodia  arbeitete  sich  mein 
Elephant  einst  an  einer  dicken  Schlingpflanze  ab,  die  über  den 
Weg  hing,  und  die  er,  wie  es  gewöhnlich  geschieht,  mit  seinem 
Rüssel  zerbrechen  wollte ,  um  den  Durchgang  zu  öfiiien.  Sie  war 
indess  zu  dick  und  elastisch ,  so  dass  er  damit  nicht  zu  Stande 
kommen  konnte,  und  der  Cornac,  die  Unmöglichkeit  sehend,  stiess 
zwei  kurze  Töne  aus,  bei  deren  Hören  der  Elephant  seine  Kraft- 


1 


Die  Klepliantrn.  4g3 

anstrengungen  aufgab  und  die  Winde  bedächtig  mit  dem  RUssel 
hinter  dem  Baum  herumwand,  sie  in  einigen  Umdrehungen  be- 
festigend, so  dass  sein  Zweck  auf  diese  Weise  erreicht  war. 
Wenn  die  Howdah  nicht  durch  ein  Dach  bedeckt  sein  sollte,  so 
muss  man  sich  im  dichten  Walde  vor  den  scharfen  AststUcken 
hüten ,  die  beständig  darüber  hinfahren ,  wenn  man  auf  Elephan- 
tenhöhe  zwischen  den  Zweigen  der  Bäume  hinwegreitet.  Der 
Elephant  weiss  genau,  wie  hoch  die  von  ihm  getragene  Last  ist, 
und  bricht  bis  zu  solcher  Höhe  immer  alle  Hindemisse  im  Wege 
vor  sich  ab ,  so  dass  das  aufgestapelte  Gepäck  auch  ungehindert 
hindurchpassirt,  indem  es  zwischen  den  abgebrochenen  Stümpfen 
hinstreicht.  Ein  Reisender,  dessen  Haut  und  Augen  gegen  Con- 
tact  etwas  empfindlicher  sind,  muss  noch  selbst  ausweichen,  wenn 
er  nicht  einen  vorsichtigen  Cornac  zum  Führer  hat,  der  mit  seinem 
Sichelmesser  dort  nachhilft,  wo  der  Elephant  zu  viel  hat  stehen 
lassen. 

Nachdem  mit  der  Verminderung  des  Regens  die  Elephanten 
aufs  Neue  bepackt  waren ,  hatten  wir  einen  steilen  Berg  zu  er- 
steigen ,  von  dem  man  in  ein  tiefes  Thal  hinabblickte.  Auf  den 
höchsten  Spitzen  der  Pässe  finden  sich  stets  Steinhaufen  aufge- 
schüttet, zu  denen  jeder  vorüberreisende  Birmane  einen  neuen 
Stein  wirft,  ein  von  Mongolen,  Griechen,  Peruanern  und  vielen 
andern  Völkern  geübter  Gebrauch.  Auf  manchen  dieser  birma- 
nischen Steinhaufen  fand  ich  auch  frische  Blätter  und  Blumen 
niedergelegt,  während  sich  den  Obo's  in  der  Mongolei  häufig 
Zeugfetzen  oder  Kämeelhaare  zugefügt  finden.  Auf  die  Lapcha 
genannten  Steinhaufen  stecken  die  Tibeter  (nach  Schlagintweit) 
Fahnen,  um  die  bösen  Geister  abzuwehren  (Derchok).  Der  Weg 
war  jetzt  gebirgig,  auf-  und  abführend.  Auf  dem  höchsten  Punkte 
blickten  wir  aus  dem  dichten  Baumwuchs ,  der  uns  umgab ,  auf 
eine  mit  Wald  bedeckte  Fläche.  Nach  dem  Durchwaten  des 
Akuay-tschaun  kamen  wir  Nachmittags  in  dem  befestigten  Halte- 
platz Tinganiknaun  an.  Wir  trafen  dort  eine  Caravane  von 
Kaufleuten ,  die  mit  angreifenden  Räubern  einen  Strauss  zu  be- 
stehen gehabt  hatten ,  wobei  mehrere  Verwundungen  und  auch 
ein  Todesfall  vorgekommen  war.  Der  Sergeant  zog  Erkundigungen 

31» 


484  B^  ^^''  siaiDe«Uchen  Grenze. 

über  die  EiozelDheitCD  ein,  doch  sind  militäriscbe  Expeditionen 
gewöhnlich  fruchtlos  in  diesem  verwilderten  Jungle,  wo  sich 
Überall  Schlupfwinkel  zum  Verstecken  bieten. 

Am  anderen  Tage  war  der  Weg  von  vielen  Waldbächen  durch- 
schnitten ,  über  die  ich  mich  von  einem  Coolie  auf  dem  Rücken 
hinübertragen  Hess,  da  ich  zur  Promenade  vorangegangen  und 
mein  Keitelephant  noch  zurück  war.  Wir  sahen  viele  frische 
»Spuren  von  Tigern  in  verschiedenen  Richtungen.  In  einer  wel- 
ligen Gegend  trafen  wir  im  Dickicht  und  mit  Dickicht  bewachsen 
die  aus  Backsteinen  aufgebaute  Stadtmauer  des  alten  Myawuddih, 
einst  eine  königliche  Residenz,  die  in  den  Kriegen  mit  Martaban 
zerstört  wurde.  Dort  civilisirtendie  alten  Lawa  die  Eingeborenen, 
deren  Name  später  in  Birma  mit  den  Biluh  identificirt  wurde,  wie 
inSiam  mit  den  PhiPhisat,  und  bauten  die  runden  Schlangenstädte 
der  Nakhara  (wieOphitca  inPhocis).  Innerhalb  der  Grenzen  des 
früheren  Palast-Distrietcs  standen  Häuserreste  eines  verfallenen 
Dorfes  aufgeschlagen.  Weiterhin  konnten  wir  durch  die  Bäume 
den  breiten  Wasserstreifen  des  Thougyen-Flusses  durchscheinen 
sehen  und  kamen  dann  an  der  englischen  Grenzstation  an,  wo 
mir  das  von  dem  eonimandirenden  Officier  bei  seinen  periodi- 
schen Durchreisen  bewohnte  Haus  eingeräumt  wurde.  Ich  schickte 
sogleich  nach  dem  Myotliougyi ,  um  mit  ihm  über  die  n("»thigen 
Elcphanten  zu  berathen,  mit  denen  ich  die  Grenze  nach  dem 
siamesischen  Wachtposten  zu  überschreiten  hatte.  Er  antwortete 
mir  mit  jenem  kläglichen  Tone,  den  man  immer  von  birmanischen 
Beamten  zu  erwarten  liat,  wenn  etwas  von  ihnen  verlangt  wird, 
dass  es  schwer  oder  wohl  ganz  unmöglich  sein  würde  Elephanten 
zu  schaffen.  Die  Karendörfer  lägen  für  Tagereisen  in  dem  Walde 
hinaus  und  seien  in  der  letzten  Zeit  so  vielfach  in  Anspruch  genom- 
men, dass  wahrscheinlich  die  Thicre  alle  fort  wären.  Ich  forderte 
ihn  auf,  sein  Möglichstes  zu  thun,  und  während  ich  noch  mit  ihm 
sprach,  kamen  meine  früheren  Elephantenführer,  um  den  Rest  ihres 
Lohnes  zu  erhalten.  Ich  sagte  meinem  Diener,  sie  warten  zu  las- 
sen, bis  mein  Gespräch  mit  dem  Myothougyi  beendet  sei,  das  sich 
noch  ziemlich  verlängerte,  daalle  seine  vielfachen  Einwendungen 
abzuwägen  und  zu  überlegen  waren.    Als  ich  dann  die  Elephan- 


I 


Das  Grenzdorf.  485 

tenführer  zu  rufen  befahl ,  waren  sie  nirgend»  zu  finden ,  und  ich 
hörte ,  das»  sie  feiligst  aufgepackt  hatten  und  fortgezogen  waren. 
Sie  schienen  noch  an  die  BeamtenwillkUr  aus  birmanischer  Zeit 
gewöhnt,  und  hatten  wahrscheinlich  gefürchtet,  dass  man  sie,  weil 
keine  Elephanten  fertig  seien,  zwingen  würde,  mit  den  ihrigen 
bis  zur  nächsten  Station  weiter  zu  gehen.  Ein  nachgeschickter 
Bote  kehrte  unverrichteter  Sache  aus  dem  Walde  zurück  und 
blieb  mir  nichts  übrig,  als  die  rückständige  Summe  dem  Sergeanten 
zu  übergeben,  der  am  nächsten  Tage  mit  der  Escorte  zurückkehrte. 
Der  Ort,  wo  ich  mich  jetzt  befand  und  leider  die  Aus- 
sicht hatte  mehrere  Tage  unthätig  still  liegen  zu  müssen,  war  ein 
Haufe  ärmlicher  Hütten ,  die  sich  mitten  im  Walde  neben  dem 
Wachtposten  angesiedelt  hatten,  in  einiger  Entfernung  von  dem 
Thougyen-Flusse.  Um  für  ein  tägliches  Bad  dorthin  zu  gelangen, 
hatte  ich  mich  auf  morastigen  Waldwegen  durch  das  verwilderte 
Dickicht  durchzuarbeiten,  verweilte  dann  aber  immer  gern  an 
dem  Ufer  des  breiten  Stromes,  der  majestätisch  durch  die  Wald- 
einsamkeit hindurchfloss.  Er  war  noch  so  geschwollen,  dass  die 
Furten  nicht  benutzt  werden  konnten ,  und  sah  ich  mehrere  zer- 
brochene Flösse  dort  liegen,  die  zum  Uebersetzen  gedient  hatten. 
Die  Bewohner  des  Dorfes  cultivirten  einige  Gemüse  in  kleinen 
Beeten  an  ihren  Hütten  oder  herbergten  eine  Compagnie  Arbeiter, 
die  von  einem  Verdienstsuchenden  dort  hingeschickt  waren ,  um 
eine  Stelle  des  Waldes  zu  lichten  und  eine  Pagode  zu  bauen.  An 
der  andern  Stelle  des  sogenannten  Dorfes  stand  ein  verwüstetes 
Kloster,  das  von  Räubern  ausgeplündert  und  deshalb  verlassen  war. 
In  letzter  Zeit  hatte  sich  wieder  ein  Mönch  eingefunden,  dem  die 
Bauern  den  Zayat  im  Hofe  des  Kyaung  zu  seiner  Wohnung  ein- 
gerichtet hatten.  Durch  aufgehangene  Tücher  und  Holzverschläge 
war  ein  Zimmer  gebildet,  in  dem  er  hinlänglich  Schutz  vor  Regen 
fand,  um  seine  Gebetbücher  und  Buddhabilder  auszupacken. 
Hinter  der  Verschanzung  des  Wachtpostens  fanden  sich  im  Walde 
Spuren  von  Befestigungen  und  ein  breiter  Wassergraben,  der  die 
Stadt  Myawuddih  umgeben  hatte.  Dies  Königreich  erstreckte  sich 
auf  der  einen  Seite  bis  Kaukerit,  wo  es  an  Martaban  grenzte,  und 
auf  der  anderen  Seite  bis  an  die  siamesische  Grenze ,  halbwegs 


4g()  Bin  zur  siamesischen  Grenze. 

nach  Lahein  oder  Kahein.  Für  einige  Zeit  sollen  die  Laos-Für- 
sten thUnierLabong,  Lagong  und  Zimmay  ihm  unterthänig  gewesen 
sein.  Die  Hauptstadt  wurde  zerstört  durch  Warerau,  den  Eroberer 
Tongu's,  wo  die  in  einer  der  18  Pagoden  versteckte  Königin  durch 
die  Nadelprobe  ausgefunden  wurde. 

Der  langweilige  Aufenthalt  in  dieser  Wilderniss  wurde  durch 
die  Ankunft  des  Herrn  Baker  unterbrochen,  eines  der  englischen 
Forstbeamten,  derauf  seiner  Bereisung  der  Teakwälder  hindurch- 
kam, und  später  des  Herrn  Johnston,  der  Kaufverträge  auf  Teak- 
holz abgeschlossen  hatte.  Sie  nahmen  ihr  Quartier  in  dem  Kyaung, 
dessen  frühere  Ruinen,  so  gut  es  ging,  wieder  in  einen  wohnlichen 
Zustand  gesetzt  wurden .  Um  Abwechslung  in  das  einförmige  Leben 
zu  bringen,  gaben  wir  uns  gegenseitig  Dinerpartieen,  die  aller- 
dings mager  genug  ausfielen,  bis  dieProvisioneu  des  letztgenannten 
Kaufmanns  anlangten ,  der  etwas  mit  den  Waldreisen  vertraut, 
sich  im  genügenden  Ueberfluss  mit  Allem  vorgesehen  hatte.  Nur 
an  frischem  Fleisch  war  Mangel ,  wenn  die  Jagd  keinen  Ertrag 
geliefert  hatte,  denn  mit  dem  Verkauf  der  Hühner  sah  es,  selbst 
wenn  es  solche  gab,  spärlich  aus.  Die  bengalischen  Diener  der 
beiden  Herren  erangelten  sich  zuweilen  eines  aus  derHeerde,  die 
frei  um  den  von  dem  Pungyi  bewohnten  Zayat  herumliefen ,  in- 
dem sie  aus  ihrem  nahen  Lager  kleine  Haken  mit  Stückchen 
Fleisch  Hinwarfen  und  die  daran  festgebissenen  durch  eine  lange 
Schnur  zu  sich  herüberzogen. 

Eine  lange  Woche  verstrich ,  ohne  dass  sich  etwas  von  den 
Elephanten  zeigte.  Ich  schickte  Boten  auf  Boten  in  die  Walddörfer 
ab,  nahm  den  Myothougyi  aufs  Neue  ins  Verhör,  aber  er  hatte 
immer  Entschuldigungen  und  Ausreden.  Es  drängte  mich  um  so 
mehr,  die  Abreise  zu  beschleunigen,  da  für  meine  noch  nicht  ganz 
gekräftigte  Gesundheit  eine  solche  Verzögerung  das  Schlimmste 
war,  was  hätte  eintreten  können.  Wenn  ich  die  Reise  überhaupt 
zu  unternehmen  wagte,  so  geschahres  nur  in  der  Hoffnung,  dass 
ich  unter  den  wechselnden  Eindrücken  und  geistiger  Beschäfti- 
gung den  Rest  der  Krankheit  vergessen  und  keine  Zeit  haben 
würde  in  eine  neue  zu  fallen.  Statt  dessen  hatte  ich  die  Tage  in 
Faulenzen  hinzudehnen  und  gerade  in  der  wahren  Brütanstalt 


Der  Thoujfyea  -  Fluss.  487 

für  Miasmen,  wie  eine  solche,  mitten  im  verwilderten  Junglc  hin- 
gepflanzte Ansiedlung  nicht  anders  sein  konnte.  Jedes  Gesicht, 
unter  den  Seapoy 's  sowohl,  wie  unter  den  bii*manischen  Colonisten, 
trug  die  Spuren  des  Fiebers  zur  Schau,  und  ich  wurde  stets 
von  allen  Seiten  um  Medicinen  angesprochen.  Ich  hielt  mich 
beständig  unter  einer  Präservativbehandlung  mit  Chinin,  fühlte 
aber  doch  manche  Symptome,  die  nichts  Gutes  bedeuteten.  Auch 
mein  letzter  Bote  war  ohne  die  gewünschte  Nachricht  zurückge- 
kommen, der  Myothougyi  wich  dem  Verlangen  einer  Zeitbestim- 
mung über  die  Ankunft  der  Reisethiere  beständig  aus ,  als  mich 
ein  glücklicher  Zufall  begünstigte  und  Gelegenheit  zum  Entkommen 
gab.  Der  siamesische  Grenzgouverneur  hatte  Anzeige  von  einem 
in  seinem  Districte  begangenen  Elephantendiebstahl  gemacht  und 
um  Nachforschungen  ersucht.  Bald  darauf  wurden  in  einer  Ca- 
ravane  einige  Elephanten  als  verdächtig  angehalten ,  und  da  sie 
zur  Identificirung  über  die  Grenze  zurückmussten ,  so  entschloss 
ich  mich ,  sie  für  meinen  Zweck  zu  benutzen  und  nöthigte  den 
Myothougyi,  weiter  keine  Zeit  zu  verlieren.  Am  15.  November 
hatte  ich  endlich  die  Freude ,  drei  Elephanten  bepackt  zu  sehen 
und  brach  mit  einer  Escorte  von  Seapoy's  auf.  Hühner  müssen 
von  einem  Lastträger  im  Korbe  getragen  werden,  da  derElephant 
einen  Abscheu  dagegen  hat  und  sie  nicht  auf  seinem  Kücken  leidet. 
Der  Thougyen  stand  noch  so  hoch ,  dass  meine  Leute  ein  Floss 
bauen  mussten,  um  daran,  theils  schiebend,  theils  nebenher  schwim- 
mend, das  jenseitige  Ufer  zu  erreichen.  Mit  den  Elephanten  ge- 
lang es  uns  auf  einer  Furt  hinüberzukommen,  obwohl  die  Thiere 
an  einigen  Stellen  Mühe  hatten,  den  starken  Strom  zu  stemmen. 

Unser  Weg  lag  durch  eine  Wilderniss  jenes  hohen  Schilf- 
grases, das  mit  Recht  den  Namen  Elephantengras  führt,  da  nicht 
nur  Menschen,  sondern  auch  Elephanten  darunter  verschwinden. 
Der  weiche  Boden  war  mit  den  breiten  Fussspuren  der  Elephanten 
eingetreten ,  die  sich  mit  Wasser  gefüllt  hatten  und  das  Gehen 
höchst  beschwerlich  machten.  Als  ich  deshalb  nach  dem  Reit- 
elephant  aussah ,  konnte  ich  weder  diesen  noch  den  andern  er- 
spähen, und  hätte  mich  fast  durch  unbedachtes  Fortgehen  in 
diesem  sumpfigen  Rohrwalde  verirrt,  wenn  die  Führer  nicht  mein 


488  ^^^  ^*"*  ^iaine!4it«rhen  Grenze 

Fehlen  bemerkt  und  nach  mir  ausgesehen  hätten.  Am  Abend 
campirten  wir  in  der  Nähe  eines  Gebirgsstromes,  wo  meine  Leute 
aus  rasch  im  Walde  gefällten  Bambustäben  eine  Htttte  aufschlugen 
und  mit  Blättern  bedeckten,  breit  genug,  um  ein  Bett  nebst  dem 
wichtigeren  Theil  des  Gepäcks  aufzunehmen  und  hoch  genug  von 
dem  feuchten  Boden  entfernt,  um  es  gegen  Nässe  zu  wahren. 
Da  durch  herbeiziehende  Regenwolken  auch  von  Oben  Durch- 
nässung drohte,  so  trieb  ich  die  Arbeiter  zu  möglichster  Eile  an 
und  half,  wo  ich  Haud  anlegen  konnte.  Nur  Moung  Lin  sass  ge- 
müthlich  auf  der  Erde ,  seinen  Betel  kauend ,  und  schien  durch 
den  jüngsten  Umgang  mit  indischen  Seapoy's  Kastenbegriffe  ein- 
gesogen zu  haben,  denn  er  erwiederte  auf  meine  Ermunterung, 
das  fleissige  Beispiel  der  andern  nachzuahmen ,  dass  für  solche 
Arbeit  die  Coolies  da  seien.  Ich  klärte  ihn  freilich  bald  so  rasch 
über  seinen  wahren  Staudpunkt  auf,  dass  er  brav  das  Waldmesser 
schwang,  wie  der  beste  Coolie,  aber  ein  kleiner  jähzorniger  Kerl 
wie  er  war,  geberdete  er  sich  den  ganzen  Abend  wie  ein  Beses- 
sener, und  arbeitete  sich  zuletzt  in  eine  solche  Aufregung  hinein, 
dass  er  seine  Siebensachen  zusammenpackte  und  damit  nach  dem 
Lager  einer  Caravane  chinesischer  Kaufleute  hinüberlief,  die  sich 
uns  angeschlossen  hatten,  um  auf  dem  unsichem  Grenzgebiet  von 
der  Escorte  zu  profitiren.  Ich  Hess  ihn  zurückholen  und  theilte 
ihm  mit,  dass  seinem  Gesuch  um  Entlassung  an  dem  ersten  Platze 
nachgekommen  werden  sollte,  wo  ich  ihn  ersetzen  könne,  dass 
aber  in  menschenleerer  Wildniss  solche  ex  tempore  Kündigungen 
nicht  gültig  wären.  Um  ihn  davon  gründlich  zu  überzeugen, 
musste  er  indess  für  mehrere  Stunden  in  Gewahrsam  gehalten 
werden ,  da  er  sonst  nicht  zu  beruhigen  war. 

Am  nächsten  Tage  war  der  Weg  hügelig  und  zeigten  sich 
Berge  in  der  Ferne.  Mehrfach  passirten  wir  die  durch  die  Wälder 
gehauene  Bahn  für  den  Transport  der  Teakstämme,  die  von  Ele- 
phanten  bis  zum  nächsten  Creek  geschleppt  und  dann  weiter  ge- 
schwemmt werden.  Um  Mittag  kamen  wir  an  der  siamesischen 
Grenzstation  Maetata  an,  ein  mit  Anpflanzungen  umgebenes 
Walddorf  am  Mailmount-Flusse,  das  von  dem  Gouverneur  und 
seinen  Beamten ,  sowie  den  Bearbeitern  der  Teakholzungen  be- 


Ankauft  an  der  siamesischen  Grenzstation.  489 

wohnt  ist.  Ich  wurde  mit  gröbster  Freundlichkeit  empfangen^ 
da  man  von  meiner  bevorstehenden  Ankunft  schon  gehört  hatte» 
und  eine  reinliche,  ganz  neu  aus  Bambuen-ichtete  Wohnung  stand 
zu  meiner  Aufnahme  bereit.  Es  war  hier  ein  anderes  Vplk,  das 
mich  umgab,  in  Haartracht  und  Kleidung  von  den  Birmanen  ver- 
schieden ,  die  bisher  den  Gegenstand  meiner  Beobachtungen  ge- 
bildet hatten,  und  mit  Hülfe  des  von  Molmein  mitgebrachten  Dol- 
metschers, eines  in.Birma  ansässigen  Siamesen,  begann  ich  jetzt 
die  Studien  in  der  Sprache  des  neuen  Landes,  das  mir  zu  be- 
reisen vorlag. 


Beilagen. 


Aus  dem  in  Rangim  gefOhrten  Tagebnehe. 


Rangan  liegt  am  linken  Ufer  des  östlichen  Armes  des  Irawaddi ,  26  Meilen 
von  der  See,  nnd  besitzt  ausgedehnte  Wasserverbindnngen  mit  dem  Innern,  nicht 
nar  durch  diesen  mächtigen  Strom ,  die  Lehensader  Birma's ,  sondern  auch  durch 
Canäle  mit  Bassein  und  Aracan,  sowie  zur  Ueberschwemmungszeit  mit  Pegn. 
Die  Hütten  der  Eingebomen ,  die  in  die  Seitengassen  zurückgedrängt  sind,  bieten 
natürlich  für  das  Auge  eines  Europäers  nur  einen  ungeordneten  und  ärmlichen 
Anblick,  doch  in  der  mit  dem  Flusse  parallel  laufenden  Hauptstrasse  erheben  sich 
schon,  neben  den  Läden  des  chinesischen  Bazaars,  die  substantiellen  Steingebäude 
der  europäischen  Comptoire  nnd  Packhäuser.  Unter  den  Handelshäusern  Rangun's 
waren  meine  Briefe  an  die  Herren  Gebrüder  Mohr  adressirt,  und  Herr  Tritten,  der 
damals  das  Geschäft  dieses  Zweighauses  leitete,  bot  mir  für  meinen  Aufenthalt  die 
Gastfreundschaft  seiner  Wohnung  an,  ein  Landhans  in  dem  nahen  Dorfe  Kemen- 
djme ,  zu  dessen  Gärten  nnd  Bungalo's  sich  Abends  die  meisten  Kaufleute  und 
Beamten  zurückziehen ,  nachdem  sie  ihre  Tagesgeschäfte  in  der  Stadt  beendet 
haben.  Häufig  traf  ich  mit  Dr.  Marfels  zusammen ,  einem  vielbeschäftigten  Arzt 
der  Stadt,  der  durch  seine  Bekanntschaft  leicht  Auskunft  über  manche  mich  in- 
teressirende  Gegenstände  verschaffen  konnte,  sowie  mit  verschiedenen  der 
englischen  Beamten. 

Die  birmanischen  Häuser  stehen  auf  einer  Platform  aus  Bambu,  in  der  ein 
schmaler  Gang  nach  dem  Hofe  leitet  und  eine  enge  Stiege  zu  den  Zimmern  hin- 
aufführt. Diese  sind  mit  Matten  an  den  vier  Seiten  (nach  der  Strasse,  nach  dem 
Hofe,  nach  dem  Nachbarhause  und  nach  dem  Gange  der  Platform)  bekleidet 
und  durch  Mattenwände  in  Abtheilungen 'geschieden.  Im  Gange  steht  meist  ein  Bam- 
bu-Reeess  zum  Kochen  und  daneben  ein  Bambotisch  zum  Waschen.  Oft  be- 
finden sich  mehrere  Häuser  unter  einem  Dach.  Das  niedrige  Dach,  das  die 
Hütten  bedeckt ,  ragt  an  den  Seiten  über  die  Wände  hervor ,  während  es  vorne 
von  Pfeilern  getragen  wird.  In  der  Stadt  wird  Jetzt  nicht  mehr  erlaubt  mit  Stroh 
zu  decken ,  und  die  Eingebomen  haben  sich  deshalb  meistens  in  die  Dörfer  zu- 
rückgezogen ,  wo  sie  nur  das  halbe  Dach  abzubrechen  brauchen ,  wenn  sie  es 
nicht  mit  Matten  bedecken  können.  In  Pusendom  sind  Cisteraen  für  Regen wasser 


494  Heilaf^en 

((egrabeiif  während  die  Stadt  mit  Quoll wasser  versorgt  ist.  Die  Reismühlen ,  um 
die  herum  Alles  mit  dem  ab<;oschHlten  Paddy  bedeckt  ist ,  stehen  meist  in  der 
Nälie  des  Flusses  oder  an  kleinen  Creeks,  wo  die  aus  den  producirenden  Distrieten 
kommenden  Böte  anlegen  und  ihre  Ladungen  zum  Verkauf  anbieten.  Der  Reis 
Rangun's  ist  durchschnittlich  von  besserer  Qualität  als  der  seiner  Seitenhäfen 
Bassein  und  Akyab,  sowie  auch  in  der  Quantität  der  Ausfuhr  die  englischen 
Provinzen  Ilinterindiens  die  meisten  Rivalen  überflügelt  haben.  In  der  Adresse 
Sir  Roderick  Murchison's  vom  Jahre  1865  wird  der  Jährliche  Export  auf 
3,000,000  Centner  angegeben. 

Die  Regierungsschule  der  Birmanen  wird  von  Herrn  Rose  geleitet ,  ist  at>er 
nicht  sehr  zahlreich  besucht ,  da  nur  eine  beschmnkte  Zahl  der  Schüler  englisch 
lernen  dürfen.  Einige  eingebome  Lehrer  sind  gebildet,  die  fertig  englisch  sprechen. 
Eine  Schule  für  birmanische  Mädchen,  die,  von  Madame  Knapp  geleitet,  durch 
Subscription  englischer  Damen  nnterhalten  wird,  hat  verschiedene  Nachahmungen 
unter  den  Eingebomen  hervorgerufen.  Die  amerikanischen  Missionäre  be- 
schränken ihre  Arbeiten  hauptsächlich  auf  die  Karen.  Herr  Brecon ,  der  früher 
in  Tavoy  war ,  hat  verschiedene  des  Pwo-Stammes  in  seinem  Uause  zum  Unter- 
rieht,  andere  Herr  Binney  und  Fran,  während  die  verwittwete  Madame  Vinton, 
die  von  ihrer  Tochter  unterstützt  wird,  eine  grosse  Zahl  Karen  des  Sgau-Stammes 
(über  100)  unterrichtet.  Durch  die  vielfältigen  Erfahrungen  dieser  Dame,  die 
ihr  Leben  Birma  gewidmet  hat ,  erhielt  ich  manche  interessante  Mittheilung  und 
ausserdem  werthvolle  Unterstützung,  als  ich  die  Diener  für  meine  Reise  aussn wählen 
hatte.  Privat-Schulen  der  Eingeborene«  (die  indess  meist  im  Kyaong  unterrichtet 
werden)  finden  sich  verschiedene  in  den  Strassen ,  wo  die  auf  dem  Bauche  lie- 
genden  oder   seitlich   sitzenden  Knaben  ihre  Lectionen  im  Chorns  abschreien. 

Die  Bevölkerung  Rangun's  ist  eine  sehr  bunte  und  man  begegnet  den  ver- 
schiedensten Nationalitäten  auf  der  Strasse  in  ihren  eigenthfimlichen  Trachten. 
Die  Europäer  miethen  für  Hausbediente  gewöhnlich  die  Bengalen  oder  Madrassi, 
und  verwenden  die  Chittngong  für  Arbeiten  im  Geschäft.  Solche  indess,  die 
langer  im  Lande  gewesen  und  die  einheimische  Sprache  verstehen,  geben  den  Ein- 
gebornen  den  Vorzug.  Das  mit  den  Engländern  eingeführte  Institut  der  Droschken 
ist  in  den  Händen  indischer  Ghariwalli,  die  ihre  ausgemergelten  Pferde  so 
lange  durch  Schreien  und  Peitschen  antreiben ,  bis  sie  vor  Schwäche  umfallen 
oder  der  gebrechliche  Wagen  ganz  zusammenbricht.  Um  ihnen  die  Direction  eines 
Hauses  zu  geben ,  war  es  nutzlos ,  den  englischen  Namen  zu  nennen,  den  sie  nie 
verstanden ,  sondern  man  mnsste  ihnen  die  Person  des  Herrn ,  den  man  besuchen 
wollte ,  nach  einigen  hervorspringenden  Kennzeichen  beschreiben ,  die  bei  den 
bekannteren  Persönlichkeiten  stereotype  waren.  Vaughan  bemerkt  von  den  Ma- 
layen  in  Wellesley  und  Penang:  It  is  customarytonametheoldestchildSnlongand 
theyoungestBongsu.  Sevennames  are  invariably  used.  If  more  children  are  bom, 
the  names  are  repeated  with  the  word  kecbill  (jnnior)  affized.  Girls  ha vethesame 
nomenclaturc  with  the  addition  of  Meh.  To  avoid  confusion  nicknames  are  resorted 
to,  which  frequently  supersede  the  real  names,  as  Awang  Itam  (Itam,  the  black). 


Aus  dem  in  Ran^tin  greffihrten  Tagebache.  495 

Allang  Gamoh  (Allang,  the  fat) ,  Drahmin  Jnling  (squintingDrahmin)  etc.  or  for 
females  Chanti  (handsome),  Bangah  (flower)  etc. 

#  

Die  Armenier  haben  eine  kleine  Kirche  in  einem  Holzhans  neben  der  Pagode 
nnd  fiber  der  Hofthfir  steht  ein  Holzkrenz.  Der  Gottesdienst  der  Mohamedaner 
(Mognls,  Snratis,  Perser  n.  s.  w.)  wird  meist  in  Steinhäusern  abgehalten.  Beide 
Secten  (Sunniten  un&  Schiiten)  sind  vertreten.  Die  Zahl  der  Parsis  ist  sehr  be- 
schränkt. Sie  sind  gewöhnlich  Wechselagenten.  Die  Moguls  handeln  mit  Ma- 
nn facturen  in's  Innere ,  ebenso  wie  die  Armenier ,  welche  letztere  zugleich  hiilb 
europäische  Läden  in  der  Stadt  habrn.  Die  Chinesen  machen  grosse  Aufkäufe 
in  Twist.  Die  gewohnliche  Sprache  des  Verkehrs  ist  das  Tlindostanih ,  das 
hier  (wie  in  Madras)  the  Mahomedan  language  heisst. 

Die  Hindns  haben  verschiedene  kleine  Tempel  in  Rangnn.  Einer  derselben, 
von  den  Kutschern  ans  Madras  unterhalten ,  ist  ein  mit  weissem  Kalk  bestrichenes 
Gebäude,  ans  dem  der  schwarze  Pfeiler,  zum  Aufsteigen  beim  Gebet,  hervorragt. 
Kleine  Säulen  führen  zum  Innern  Eingang  der  Zelle,  auf  deren  plattem  Dache  sich 
ein  viereckiger  Thurm  erhebt.  In  der  Nähe  steht  ein  Haus  mit  Lochern  für 
Lichter ,  in  dorn  sich  eine  Zelle  der  Kali  findet.  Ein  Verehrer  hupfte  vor  der- 
selben auf  dem  Gesäss  umher,  während  ein  Diener  der  Gottin  mit  Wasser  ad- 
ministrirte.  An  der  Thfir  des  Einganges  stand  ein  Bett  für  den  dort  wohnenden 
Aufseher.  In  der  Nähe  der  Pagode  steht  ein  aus  Holzpfeilern  errichtetes  Ge- 
bäude ,  mit  über  einander  (in  der  Art  der  Kyaungs)  hervorragenden  Dächern. 
An  der  Ruckwand  waren  unter  Flolzgestellen  Figuren  Govinda's  aufgestellt ,  und 
ein  fünffacher  Vischnu,  mit  seitlich  betenden  Govinda*»  (nach  Art  der  buddhistischen 
Nats).  Bilder  hingen  an  den  Wänden.  In  einem  Nebenhofe  wurde  eine  kleine  Stein- 
kapelle für  Kali  gebaut.  Ein  Pujari  aus  Chittagong  versah  den  Dienst  im  inneren 
Tempel.  Einige  der  Hindus  beten  zuMaydomayah,  der  Mutter  des  Herrn,  indem 
sie  sich  als  Affen  auskleiden.  Andere  verehren  Wasser  oder  Feuer.  Ein  anderer 
Tempel  der  südlichen  Indier ,  weissbekalkt ,  war  mit  Strohmatten  (in  der  Form 
der  Pagode-Dächer  aufgesetzt)  bedeckt  und  mit  kleinen  Fähnchen  verziert. 

Vor  Häusern ,  in  denen  ein  Kranker  liegt ,  wird  auf  einen  Tisch  eine  Pagode 
aus  Lehm  gestellt,  mit  Papierfähnchen  besteckt,  Ta-dzedi  (Ta,  Sand ;  Dzedi,  Pagode) 
oder  Pagode  aus  Sand  genannt.  In  einem  birmanischen  Districte  auf  dem  Wege 
nach  dem  Ponah-Dorfe  lehnten  auf  einem  Gerüste  kleine  Buddha-Figuren  (Jothn) 
gegen  einen  Mangoebaum,  von  einem  Strohdache  bedeckt  (in  der  Nähe  eines 
Kyaung).  In  einem  andern  Kyaung  war  der  vordere  Theil  des  Henza- Vo- 
gels auf  der  Stange  in  das  Gesicht  und  den  Oberleib  Bnddha's  gebildet. 
Vor  einem  binnanischen  Hause  standen  in  einer  Bambn-Rohre  in  einem 
Topfe  eingepflanzte  Blumen,  die  bei  einem  im  Hanse  abgehaltenen  Gottesdienste 
gedient  hatten  und  jetzt  an  die  Strasse  gestellt  waren,  wo  jeder  Vorübergehende 
sich  davon  pflücken  mochte.  An  der  Kemendyne-Strasse  steht  ein  Nat-Haus ,  in 
dem  ein  aus  Bambu  verfertigter  Käfig ,  bunt  behangen ,  auf  eine  mit  Pfosten  er- 
höhte Platform  gestellt  ist.     Ein  anderes  Nat-Hans  findet  sich  neben  dem  Ba- 


496  Beilagen. 

saar  im  Busch.  Im  chinesischen  Joss-Hans  (in  der  Stadt)  hängt  das  Bild  Conftitse*8  an 
der  Rfiekwand ,  über  einem  mit  Goldflitterwerk  bebangenen  Tisch ,  während  die 
Wände  mit  breiten  Papierstreifen  (in  schwarzen  Ba^ttabea)  beschrieben  sind. 
Ausser  diesem  in  der  Nähe  des  Bazaar  gelegenen  Joashaus,  wurde  noch  ein  neues 
gebaut.  Manche  halten  sich  indess  zu  den  birroaidadien  Pagoden.  Die 
einheimische  Bevölkerung  Rangun's  gehört  dem  peguanischen  Stamme 
der  Talein  oder  Mon  an ,  obwohl  sich  seit  der  Eroberung  Alompra's  so  viele  Bir- 
manen aus  den  oberen  Provinzen  dort  niedergelassen  haben ,  dass  ihre  Sprache 
Jetzt  zu  der  herrschenden  geworden  ist.  In  den  Dörfern  indess  trifft  man  viele 
Bewohner,  besonders  Frauen,  die  eine  birmanische  Anrede  nicht  verstehen 
würden. 

Die  Schiffe ,  um  Holz ,  Gel  oder  Reis  einzunehmen  ,  liegen  in  verschiedenen 
Tbeilen  des  Planes.  Das  Erd-Oel  ist  ein  Monopol  des  Königs.  Die  Teak-Aus- 
fuhr  ist  Jetzt  dareh  die  englische  Regierung ,  wie  schon  früher  ia  Maitaban ,  ge- 
öffnet. In  den  Säge-Mühlen  (zum  Schneiden  der  Blöcke)  von  Dallas  arbeiten  Ele- 
phanten,  um  die  Stämme  herbeizuziehen  (an  Ketten,  die  hinten  niehachleppen)  oder 
fortzutragen.  Der  Indier  leitet  das  Thier  mit  einem  spitaen  Stabe,  auf  dem  Rücken 
sitzend.  Dünnere  Planken  nimmt  der  Elephant  (besonders  der  durch  seine  Zähne 
unterstützte  männliche)  mit  dem  RÜHsel  auf  und  stösst  die  Enden  gegen  einen 
harten  Körper,  bis  er  das  richtige  Gleichgewicht  findet.  Die  zum  Sagen  be- 
stimmten schiebt  er  mit  dem  Fusse  auf  den  Unterlagen  weiter ,  bis  sie  die  ange- 
messene Lage  haben,  und  visirtdann  genau  an  beiden  Seiten,  um  zu  sehen,  ob  Alles 
in  Ordnung  ist.  Die  altern  und  gelehrigen  Thiere  arbeiten  allein  für  sich  fort. 
Die  Reis-Godowns  finden  sich  besonders  in  Pusendom  und  bestehen  in  grossen 
Scheunen  am  Wasser ,  in  denen  der  Paddy  gesiebt  nnd  dann  rein  geriet>en  wird, 
in  kleinen  durch  Coolies  bewegten  Maschinen.  An  demselben  Platze  ist  kürzlich 
auch  eine  Dampfmfihle  errichtet. 

Der  birmanische  Kirchhof  enthält  verschiedene  Zayafs  zum  Niedersitzen, 
sowie  ein  Bpitzdach  -  Gebäude  in  der  Mitte.  Zwischen  Büschen  steht  ein  Stein- 
Monument,  eine  Längs-Kuppel  mit  engem  Einschnitt,  in  welchem  Buddhabilder 
lagen.  Bunte  Verzierungen  der  Gräber  waren  auf  der  Erde  umhergeworfen,  und  ein 
Bambu-Katafalk,  der  ebenfalls  dort  gelassen  war,  wurde  von  Madras-Leuten  davon 
entkleidet.  Den  Leichenbegängnissen  zieht  eine  Musikbande  vorauf,  der  die  Ge- 
schenkträger folgen,  mit  silbernen  Gefässen,  Zeug  und  A.  m.  in  Händen,  oder 
kleine  Pakete  (aus  Cigarren,  Kerzen  u.  s.  w.)  auf  Stangen  tragend,  um  sie  auf  dem 
Kirchhofe  dem  Pungyi  zu  übergeben.  Dann  kommt  der  bunte  Katafalk  von 
Ochsen  gezogen  oder  Männern  getragen ,  auf  dessen  Spitze  (von  einer  Pyramide 
fiberragt)  der  Sarg  steht.  Eine  männliche  Leiche  wird  durch  den  Putzo ,  eine 
weibliche  durch  c  in  übergehängtes  Tuch  bezeichnet  Die  Leidtragenden  schliessen 
den  Zug.  Die  Festlichkeiten  im  Hause  dauern  oft  mehrere  Tage ,  wobei  die 
Träger,  hin-  und  herwackelnd,  sich  die  Leiche,  in  zwei  Parteien  getheilt,  streitig 
machen,  bis  die  Begräber  über  die  Freunde,  die  sie  im  Hause  halten  wollen,  ob- 
siegen.    Früher  wurden  die  Todten  durch  die  Leute  Jedes  Districtes  bis  an  die 


Aus  dem  in  Rangiin  geführten  Tagebache.  497 

Grenze  getragen ,  wo  die  des  nächsten  sie  in  Empfang  nahmen ,  unter  grossem 
Lärm  und  häufigen  Schlägereien.  Jetzt  hat  die  Regierung  dieses,  sowie  die 
Tänze  verboten.  Dem  Birmanen  ist  die  ganze  Welt  mit  Nat's  gefüllt,  Berge,  F'lüsse, 
Wasser,  die  Erde  u.  s.  w.  haben  alle  ihren  Nat.  Der  Ko-zaunNat(Ko  oder  Körper, 
zäun  oder  bewachen)  hütet  den  Menschen,  aber  verlässt  ihn,  wenn  er  schlecht  han- 
delt. Der  Tepe-zaun-Nat  lebt  in  Bäumen,  besonders  in  den  ßanyanen.  In  Prome  stand 
ein  weitschattiger  Banyanenbaum,  den  Keiner  zu  berühren  wagte  und  den  man  mit 
reichen  Darbringungcn  bedachte.  Als  aber  während  der  englischen  Occupirung 
ein  Elephanten-Treiber  viele  seiner  Zweige  abhieb ,  ohhe  Schaden  zu  erleiden, 
verlor  sich  die  Verehrung.  Der  To-zaun-Nat  lebt  im  Walde,  und  wer  sich  in 
demselben  nicht  vor  böser  Rede  hütet,    wird  bewildert  und  in  die  Irre  geführt. 

Die  Männer  in  Birma  haben  von  der  Taille  bis  zum  Knie  Hosen  tättowirt  aus 
nrabeskenarligen  Figuren ,  die  auf  blnuem  Grunde  in  dem  Basrelief  der  Haut 
hi'ivortreten.  Die  Frauen  zeigen  bisweilen  tättowirte  Punkte  an  den  Knöcheln 
oder  Armen.  Die  Amulette  gegen  Schlangen,  Krankheiten  oder  Waffen  sind  mit 
rother  Farbe  in  die  Haut  eingeätzt,  in  Zeichen  oder  kabbalistischen  Figuren. 
Die  Birmanen  tragen  ein  um  die  Hüften  geschlagenes  Tuch ,  das  auf  die  Erde 
fällt,  aber  bei  den  Frauen,  die  es  gewöhnlich  mit  einem  andern  über  den  Brüsten 
zusammengeknüpft  haben,  im  Gehen  auseinanderschlägt,  so  dass  das  Bein  hervor- 
tritt. Das  lange  schwarze  Haar  ist  in  einen  seitlichen  Knoten  zusammenge- 
bunden und  durch  einen  Turban  oder  Strohhut  bedeckt.  Die  Madrassi's  tragen 
ein  Tuch  zwischen  den  Beinen,  nach  beiden  Seiten  aufgeschlagen,  und  eine  leichte 
Jacke ;  die  Bengalen  (besonders  die  Mohamedaner)  ein  langes  Kleid,  seitlich  zu- 
geknüpft ,  mit  Turban ;  die  Karen  der  Missionen  sind  mit  einer  eng  anliegenden 
Jacke  bekleidet.  xVusser  den  mit  den  Birmanen  untermischt  lebenden  Fremden, 
finden  sich  noch  abgesonderte  Colonieen  angesiedelt,  besonders  die  der  Schan  aus 
Zimmay  und  der  Ponahs  aus  Manipur. 

In  der  Nähe  der  Pagode-Seen  (bei  Rangun)  lebt  im  Dorfe  Thep-biu-goun  (das 
Dorf  de.s  weissen  Baumes)  eine  Colonie  dieser  Ponahs,  die  in  den  früheren  Kriegen 
der  Könige  von  Kathai  mit  den  birmanischen,  durch  die  Letzteren,  nach  ihrer 
Eroberung  Manipur's,  als  Gefangene  dorthin  gebracht  wurden.  Die  Mädchen 
bringen  Morgens  Milch  zur  Stadt,  die  Männer  leben  theils  von  Wahrsagen.  Das 
Dorf  steht  am  äussersten  Rande  der  Vorstadt,  und  die  Wege  dahin,  die  durch  das  von 
den  öffentlichen  Dirnen  bewohnte  Quartier  (nicht  weit  von  den  Kirchhöfen) 
führen ,  sind  in  der  Regenzeit  kaum  passirbar.  Sie  haben  vielfach  ihren  Aufent- 
halt verändert ,  da  sie  bei  der  Ausdehnung  der  Stadt  verschiedentlich  von  der 
Polizei  belästigt  wurden  ,  und  sich  schliesslich  bis  an  den  Rand  des  Jungle  zu- 
rückgezogen, an  einen  Canal,  dessen  Wasser  von  den  Gerbereien  benutzt  wird.  Die 
Häuser  sind  der  Hauptsache  nach  im  birmanischen  Style ,  aber  von  Hecken  ein- 
gefasst,  und  ihre  Ansiedlung  unterscheidet  sich  durch  die  Bananen-Gärten,  welche 
sie  umgeben.  Der  von  mir  besuchte  Theil  derselben  war  grösstentheils  von 
Webern  bewohnt,  die  birmanische  Kleider  verfertigen.  Die  Fabrikation  von 
Seidenzeugen  um  Rangun  ist  ganz  in  den  Händen  der  Ponahs.    Die  Seide  kommt 

Bastian,  Ottasian.     II.  32 


498  Beilagen. 

Ton  Calcntta.  Neben  dem  Haose  des  Aeltesten  stand  eine  Holzhalle,  in  der 
etwa  ein  Dutzend  Weber  an  ihren  Stühlen  beschäftigt  waren,  und  seitlich  öffnete 
eine  schwarze  Flfigelthür  in  den  Tempel.  In  der  Mitte  standen  unter  einer  Ka- 
pelle drei  (ans  Bronze,  Gold  und  Silber  verfertigte)  Fignren  Krischna's  mit  seinen 
Brüdern ,  als  Juggemauth ,  und  seitlich  fand  sich  auf  einem  Gerüste  die  Figur 
Maba-Viscbnu's ,  wie  die  andern ,  mit  einigen  Kleidungsstücken  behängt.  Vor 
Juggernauth  lagen  die  Trompeten-Muscheln ,  Kauchgefässe  und  Aehnliches.  Die 
Frauen  sind  in  birmanischer  Weise  gekleidet ,  die  Männer  dagegen  tragen  das 
weisse  Lendentnch  Hindostan's,  das  Halsband  und  die  brahmanische  Schnur. 
Heirathen  ausserhalb  der  Kaste  sind  verboten ,  obwohl  sie  mitunter  vorkommen. 
Während  die  Birmanen  das  ganze  Haar  wachsen  lassen ,  haben  die  Ponahs ,  die 
im  Uebrigen  es  gleich  jenen  in  einen  Knoten  auf  dem  Hinterkopfe  knüpfen ,  die 
Stirn  rasirt.  Sie  essen  weder  Fleisch  noch  Geflügel ,  sondern  nur  Vegetabilien, 
besonders  Reis,  sowie  zuweilen  Fische. 

Als  ich  nach  Büchern  fragte ,  brachten  sie  mir  eine  gedruckte  Vischnn-Pu- 
rana,  die  von  einem  bengalischen  Buchhändler  in  Rangun  gekauft  war ,  erklärten 
aber  bei  weitem  Nachforschungen ,  auch  alte  Bücher  im  Kathai-Charakter  zu  be- 
sitzen. Auf  mein  Verlangen  wurde  mir  ein  loses  Blatt  eines  neugeschriebenen 
Buches  gebracht,  aber  nach  einigen  Verhandlungen  (in  der  meinem  Begleiter  un- 
verständlichen Kathai-Sprache)  gelang  es  mir ,  sie  zum  Produciren  des  Haupt- 
werkes zu  überreden.  Der  Besitzer,  ein  alter  Mann,  wohnte  am  Ende  des  Dorfes 
und  zeigte  mit  einiger  Feierlichkeit  ein  nach  birmanischer  Weise  in  Tuch  aufge- 
bundenes Buch,  das  aber  nicht  auf  Baumblätter,  sondern  breite  Papierstreifen  ge- 
schrieben war.  Es  schien  (unter  dem  Titel  Subigah)  über  astrologische  und 
kabbalistische  Gegenstände  zu  handeln  und  der  Text  war  hier  und  da  mit  nekro- 
mantischen  Zeichnungen  oder  Zahlenreihen  unterbrochen.  Einige  der  Blätter 
enthielten  bunte  Figuren  von  Löwen  oder  Ungeheuern.  Auf  die  letzten  sieben 
Seiten  waren  die  Personificationen  der  Wochentage  geroalt.  Die  Blätter  waren 
auf  beiden  Seiten  beschrieben ,  mit  Ausnahme  des  ersten ,  dessen  Anfang  (hinter 
dem  Zeichen  der  Schlange)  lautete :  Sidi ,  Sidi ,  Guru ,  Guru ,  Nomo ,  Cotham, 
Cotham  u.  s.  w.  Der  Verkauf  wurde  abgeschlagen ,  aber  ich  verständigte  mich 
mit  dem  Besitzer  über  die  Abschrift  einiger  Seiten ,  da  zum  Copiren  des  Ganzen 
keine  Zeit  war.     Verschiedene  der  Blätter  waren  am  Rande  farbig  verziert. 

Ausser  von  dem  Ertrage  ihrer  Heerden ,  leben  die  Ponah  (wie  die  Fulah's  in 
Senegambien)  auch  vom  Wahrsagen.  Nach  Ansicht  der  Birmanen  verehren  sie  be- 
sonders Bäume,  unter  denen  kleine  Lehmklumpen  aufgerichtet  werden.  Im  Hofe  eines 
der  Häuser  stand  auf  einem  Tische  eine  Lehropagode  (wegen  eines  Krankheits- 
falles), mit  Blumen  besteckt  und  von  einem  Sonnenschirme  bedeckt. 

In  einem  der  Privathäuser,  in  denen  Seidenweber  beschäftigt  waren,  sah  ich 
unter  den  Ponahs  einen  wie  ein  Birmane  an  den  Beinen  Tättowirten  und  erfuhr  auf  Be- 
fragen, dass  derselbe  seine  Kaste  verloren  habe,  aber  gleichfalls  Hari  verehre. 
Einige  der  Ponahs  zeigten  indess  die  rothen  Tättowirungen  auf  Brust  und  Armen, 
die  gewöhnlich  den  Charakter  von  Amuletten  haben.     Der  Tempelhüter,    nach- 


Ans  dem  in  Rangnn  geführten  Tagebnehe.  499 

dem  er  seine  Bezahlung  in  die  Kapelle  gelegt  hatte ,  besah  die  Handlinien  meines 
birmanischen  Fuhrers  nnd  prophezeite,  dass  er  jetzt  30  Jahre  sei  und  seinen  mo- 
natlichen Gehalt  stets  bis  anf  den  letzten  Heller  verschwendete ,  dass  er  aber  mit 
dem  31.  Jahre  von  je  40  Rupien  am  Ende  jedes  Monats  10  zurücklegen  und  bald 
ein  reicher  Mann  sein  würde.  Die  Ponahs  werden  in  allen  wichtigen  Lebensver- 
hältnissen, Häuserbauen,  Reisen,  Heirathen  u.  s.  w.  befragt.  Die  Ponahs  am 
Hofe  von  Ava,  die  dort  für  die  astrologischen  Bestimmungen  angestellt  sind,  sind 
meist  Brahmanen  aus  Bengalen  oder  von  Benares.  In  den  birmanischen  Schau- 
stücken spielt  der  Ponah  als  Typus  des  Gelehrten. 

Hinter  Kemendyne  liegt  das  Dorf  der  Schan ,  die  die  Ponies  zum  Verkaufe 
bringen.  Mehrere  derselben  waren  vonMone  und  nicht  unbekannt  mit  den  Wegen 
nach  Siam.  Sie  tragen  weite  Hosen  in  chinesischer  Manier.  In  der  Nähe  finden 
sich  einige  Karen-Häuser ,  auf  dünnen  Pfählen  geb<iute  Bambuhallen ,  mit  vielen 
Fensteröffnungen ,  um  eine  grössere  oder  geringere  Anzahl  von  Familien  zu  be- 
herbergen ,  wie  es  in  einigen  der  nördlichen  Berge ,  sowie  unter  Stämmen  der 
Naga*3  Sitte  ist.  Auch  von  den  im  Nordosten  Cochinchina's  lebenden  Wilden  sagt 
Grillet :  II  n'y  a  dans  chaque  villagc  qu'une  maison  allong^e,  divis^e  en  autant  de 
petites  cellules ,  qu'il  y  a  des  chefs.  Dieselbe  Bauart  fand  ich  bei  den  Chunchus 
in  den  östlichen  Andes. 

Von  den  Pagoden  Rangun's  ist  es  zunächst  die  berühmte  goldene  Cdie  Shoay- 
da-goung),  an  der  viele  Königsgeschlechter  des  Landes  weiter  gebaut  haben ,  die 
die  Fremden  anzieht.  Man  steigt  zu  der  soliden  Masse  des  Mauerwerks  auf  drei 
Terrassen  hinauf,  wo  an  jeder  der  vier  Seiten  Treppen  emporleiten.  Der  zur 
Pagode  führende  Weg  war  früher  mit  einer  Allee  von  Spitzthürmen  besetzt ,  von 
denen  einige  noch  erhalten  stehen.  Der  Eintritt  am  Thore  führt  zu  einem  Auf- 
gange, der  an  drei  Seiten  (Osten,  Süden  und  Westen)  mit  einem  rothen  Holzdach, 
das  von  Teak-Pfeilern  getragen  wird,  bedeckt  ist.  Neben  dem  Thore  sitzen 
zwei  dicke  Steinfiguren ,  eine  männliche  zur  Linken  (des  Eintretenden) ,  eine 
weibliche  (mit  säugendem  Kinde)  zur  Rechten ,  beide  mit  dem  wohlwollenden 
Ausdnicke  der  Sphinx  im  Gesichte.  Hinter  dem  Thore  stehen  in  zwei  verzierten 
Nischen  zu  beiden  Seiten  zwei  vergoldete  Buddha's.  Zwischen  Teakpfeilern  und 
unter  Holzdächern ,  die  vielfach  mit  Zierrathen  beschnitzt  sind ,  fuhrt  der  Weg 
aufwärts ,  anfangs  allmählig ,  dann  steiler  und  auf  Treppen.  In  den  Höfen  sind 
aus  freistehenden  Felslagen  an  beiden  Seiten  grosse  Krokodile  ausgeschnitzt,  die 
(wie  in  Mexico)  den  Kopf  eines  eberzahnigen  Belu  (Ungeheuers)  im  Rachen 
haben.  Auf  der  Platform ,  die  grösstentheils  (wie  vielfach  die  Teocalli)  künst- 
lich aufgetragen  ist,  steht  die  Pagode,  im  Innern  (wie  die  Pyramiden)  massiv  nnd 
ausgefüllt  (mit  Ausnahme  des  kleinen  Reliquienkastens,  den  sie  einschliesst).  Sie 
steigt  in  runden  Windungen  auf,  die  sich  verengen  und  dann  nach  einer  Ein- 
schnürung mit  einer  Kuppelspitze  abschliessen ,  im  oberen  Theile  ganz  mit  Blatt- 
gold belegt  (das  aber  nicht  das  lebhafte  Glitzern  verursacht ,  wie  die  goldnen 
Kuppeln   in  Moskau    oder    Kiew).      Unter    dem    bedeckenden  Tih  (Schirm) 

32* 


500  »pilagen. 

hängen  kleine  Glocken ,  die  durch  den  Wind  und  Jeden  Luftzug  bewegt ,  ein  be> 
ständiges  Geklingel  ertönen  lassen.  Rings  um  die  Pagode  stehen  Steinfignren 
Ton  fletschenden  Löwen  und  an  den  Ecken  die  (assj-rischen)  Figuren  von  Mann- 
löwen (Manuthia)  mit  ausgespreizten  Ohren  und  Haube.  Die  Halle  vor  der 
Pagode  ist  an  beiden  Seiten  mit  colossalen  l^^guren  sitzender  Buddha's  (ähn- 
lich den  egyptischen  Memnon's)  besetzt ,  und  im  Hintergrunde  mit  einer  grossen 
Mannigfaltigkeit  von  Buddha-Figuren  (sitzend  und  stehend,  gross  und  klein,  weiss 
und  dunkel,  schwarz  oder  vergoldet)  angefüllt,  von  denen  sich  drei  der  hervor- 
tretendsten  in  Nischen- Recessen  finden.  Auf  der  andern  Seite  der  Pagode  trifft 
man  eine  ähnliche ,  aber  kleinere  Halle ,  und  eine  Menge  von  Teropelhütten  mit 
überhängenden  Holzdächern  stehen  auf  der  Platfonn  umher,  verschiedene  Mengen 
von  Buddha- Figuren  enthaltend.  Andere  Buddha's  sieht  man  in  niedrigen  Steinka- 
pellen, und  ein  Steingebäude  ist  in  zwei  Reihen  mit  Nischen  gefüllt,  welche  jede  eine 
kleine  Figur  enthalten.  In  der  Nähe  sitzt  eine  grosse  Figur  mit  kleineren  an 
beiden  Seiten,  Gautama  mit  seinen  beiden  Schülern  rechter  und  linker  Hand  dar- 
stellend. Uejber  den  Figuren  grösserer  Nischen  finden  sich  Holzschnitzereien, 
theils  tanzende ,  theils  kämpfende  Figuren  sowie  fliegende  oder  auf  den  Arm  ge- 
stützte Magier  darstellend.  Die  Schnitzereien  einer  andern  Halle  zeigen  ver- 
schiedene Ungeheuer  der  Wälder  (eine  Frau  mit  Vögelfüsseu ,  einen  Mann  mit 
einem  Pferdekopf  über  dem  seinigen),  oder  der  Flüsse  (wie  einen  fallenden  Mann 
mit  Flügeln).  Pfeiler  für  Flaggen  stehen  umher,  sowie  Pfosten  mit  dem  mystischen 
Vogel  (Henza)  des  kommenden  Buddha  (aufgeschweift ,  wie  der  Pfau  der  Coro- 
mandel-Küste).  Daneben  finden  sich  mitunter  geschnitzte  Buddha's,  auch  hie  und 
da  geschnitzte  Belu's ,  oft  zerbrochen.  An  einer  der  von  Ziegeln  aufgebauten 
Buddhaflguren  der  Hallen  lehnte  ein  kleines  (zum  Theil  zerbrochenes)  Steinbild. 
Zwei  mächtige  Glocken  (die  eine  244790  Viss)  hängen  in  Holzhäusern  und  sind 
beschrieben ,  sowie  einige  Pfeiler  des  einen  Hauses.  An  verschiedenen  Steilen 
quillt  das  in  ihrer  Schmelzung  verbrauchte  Silber  oder  Gold  vor.  Hohe  Stein- 
tische ,  zum  Niederlegen  der  Blumen  oder  Esswaaren ,  stehen  vor  den  Löwen  der 
Pagode  umher,  sowie  Altamischen  vor  den  Manuthia's.  Von  der  Platform  (wo 
eich  auch  die  Wache  des  englischen  Arsenals  findet)  sieht  man  auf  die  bewaldete 
Umgebung  Ranguu's,  aus  welcher  die  Windungen  des  Flusses  hervorblicken,  so- 
wie auf  die  Seen ,  aus  denen  die  Erde  für  den  Bau  jener  verwandt  wurde.  An 
einer  Seite  des  Aufganges  zur  Pagode  (vor  der  ein  kleines  Nonnenkloster  steht) 
finden  sich  Dhurara  Saleh  oder  Scheunenhütten  zum  Ausruhen  und  für  Reisende 
(wie  die  brahmanischen  Chowies  im  Dekkhan).  An  einem  Tage  des  Mond- 
festes, als  ich  dorthin  ging  (mit  Mr.  Fowle),  waren  sie  mit  Besuchern  gefüllt,  die 
sich  dort  gelagert  hatten  und  assen  und  tranken  (wie  die  Russen  auf  den  Kirch- 
höfen). In  den  Gängen  sassen  Verkäufer  von  Kerzen  und  Gebetfahnlein  (im 
Pali  und  verschieden  je  nach  den  Geburtstagen  der  Woche).  Unter  den  von 
mir  gekauften  bat  das  Gebet  für  den  am  Mittwoch  Geborenen  um  die  Befreiung 
von  den  vier  Uebeln  und  von  Krankheit ,  das  für  den  am  Freitag  Geborenen  bat 
andachtsvoll   seine  Gabe   darbringen   zu   dürfen.      Junge  Mädchen    verkauften 


Ans  dem  in  Rangrnn  geführten  Tagebnehe.  501 

Blumen  (besonders  Lotos)  und  Essgegenstände,  andere  Spielsachen  oder  brauchbare 
Wa.iren.  Dazwischen  sassen  die  alten  Nonnen  ,  mit  etwas  Reis  auf  dem  Tuche 
vor  sich  ,  den  niildthätige  Vürfil)ergehende  ihnen  gespendet  hatten.  Eine  dichte 
Menschenmenge  drängte  sich  auf  der  Platform,  und  die  Figuren-Halle  war  mit 
Betenden  gefüllt ,  die  beim  Eintritte  wie  beim  Ausgange  sich  dreimal  (zum  Kow- 
tow)  niederwarfen  und  dann  auf  den  Hacken  hockten  ,  ihre  Gebete  eintönig  ab- 
leiernd. Die  Meisten  hielten  Blumen  in  den  Händen  und  Verdienstsucheude 
fingen  zwischen  ihnen  umher  und  steckten  frische  Blumen  auf  oder  klebten 
Wachskerzen  an.  Lichter  brannten  vor  verschiedenen  Figuren  und  Fromme  waren 
geschäftig ,  sie  dort  (wie  draus8«'n  in  den  Altarnischen)  brennend  zu  halten,  wäh- 
rend Andere  Bilder  vergoldet<m  oder  dünne  Goldblättchen  auf  die  Glocken 
und  Treppensteine  aufklebten.  Zwei  hatten  die  Pagode  zu  beträchtlicher  Höhe 
erstiegen  und  vergoldeten  dort.  Ausser  in  den  Figurenliallen  wurde  auch  in  der 
offenen  Luft  g«'betet,  indi'in  sich  der  Andächtige  vor  der  grossen  Pagode  nieder- 
warf und  auf  sie  seine  Andacht  concentrirte.  Die  Glocken  werden  mit 
hölzernen  Klöppeln  gesehlagen.  Auf  der  Spitze  der  Pagoden ,  sowie  auf  den 
verschiedenen  Ilolzpfeilern  findet  sich  ein  Glockenspiel,  das  der  Wind  bewegt. 
Auf  andern  Pfeilern  hängt  ein  eisernes  Netzwerk  als  Schirm.  An  mehreren 
Säulen ,  sowie  an  dem  Holzwerk  der  J^ächer  finden  sich  Spicgelstücke  befestigt. 
Ueberall  mit  Glas  und  Emaille  geschmückt  und  die  Maya  in  den  verschiedensten 
Retlectionen  brechend,  ist  die  Pagode  von  Kimmendyne  innerhalb  des  Compounds 
eines  grösseren  Kyaung,  wo  der  vornehmste  Pungyi  seinen  Sitz  hat.  Für  die  Medi- 
tationen dessi'lben  ist  eine  kastenartige  Hütte  gebaut  und  daneben  findet  sich  der  reich 
verzierte  Schrank  der  Bibliothek  mit  einem  Vorhängeschlo.ss.  Ein  anderer  Meditations- 
platz wird  auf  einer  Treppe  erstiegen.  Die  llauptnische  schliesst  eine  gegossene 
Bronzefigur  des  sitzenden  ]3uddha  ein,  und  kleine  Steinfiguren  (aus  dem  Innern 
des  Landes)  stehen  umher.  Die  Pungyihäuser  tragen  meist  drei  aufeinander  ge- 
setzte Dächer  mit  vorhängenden  Rändern ,  und  leiten  aus  der  untern  Verandah 
durch  eine  Treppe  zum  ersten  Stock.  Die  gelb  gekleideten  Pungyi  gehen  am 
Morgen  mit  ihrem  lackirten  Almosentopfe  (den  sie  nach  der  Füllung  bedeckt  auf 
den  Schultern  tragen)  umher,  um  ihr  tägliches  Brod  in  Empfang  zunehmen. 
Die  Heiligkeit  desSchwedagon  wird  durch  die  Reliquien  der  frühern  Buddha's  be- 
dingt, besonders  aber  durch  die  Haare  des  letzten.  Das  einzelne  Haar  auf 
Buddha's  Stirn  findet  sich  auch  (im  Vansavali)  auf  Sri  Maha  Prubha's  Kopf,  wo 
bei  dem  Ausreisscn  Blut  aus  der  Statue  floss.  Neben  der  Dagon-Pagodc  findet 
sich  das  Dorf  der  Tempelsclaven ,  wohin  früher  Verbrecher  geschickt  wurden,  um 
der  Pagode  zu  dienen.  Der  Bodlii  Nyaung  Dauk  hinter  der  Pagode  wird  täglich 
mit  bunten  Flaggen  zum  Schmuck  umhangen.  Zweige  oder  ]31ätter  abzubrechen, 
würde  eine  grosse  Sünde  sein ,  und  arbores  violare  capitale  est ,  sagt  schon  Cnr- 
tius  von  den  Indiem.  Innerhalb  der  Stadt  Rangun  findet  sich  ,  neben  verschie- 
denen Klöstern,  eine  kleinere  Pagode,  roth  an  einigen  Theilen  der  Spitze  bemalt  und 
mit  rothen  Stangen  an  den  vier  Ecken  umstellt.  Vor  den  Stangen,  und  nach  der  Pa- 
godeblickend, stehen  je  ein  Madundye  (Mahasundevi),  roth  bemalt  und  den  Zopf  in 


502  Beilagen. 

der  Hand,  während  hinter  Jedem,  an  der  Stange  und  erhöht,  zwei  Thagya  (Engel), 
mit  huubenartigem  Kopfputz  und  gefalteten  Händen,  sich  finden.  Kopflose  Stein- 
Baddha's  lehnten  an  den  Stufen.  Der  Madundye  ist  der  Nat  des  Bodens  und  der 
künftige  Zeuge  des  bei  Darbringung  von  Opfern ,  als  Ceremonie  des  Fortgebens, 
aasgegossenen  Wassers.  Als  Buddha  unter  dem  Bananenbaume  mit  Mara  kämpfte, 
stieg  die  Erdgöttin  auf  die  Anrufung  Jenes  aus  dem  Boden,  und  presste  soviel  Wasser 
(das  von  Buddha  in  allen  seinen  früheren  Existenzen  vergossen  war)  aus  dem  Zopfe, 
um  Mara  mit  allen  seinen  Armeen  fortzuschwemmen.  Nach  Andern  gab  die  Erde 
durch  das  rollende  Getöse  des  Erdbebens  ihr  Zeugniss  ab  ,  vor  dem  der  Elephant 
Girimekhala  floh.  In  dem  Compound  eines  Privathauses  steht  eine  von  den 
Jo-uh-payah  (Jo  oder  Knochen,  Uh  oder  Gefäss,  Payah  Gott  oder  Pagode)  genannten 
Pagoden.  Beim  Tode  eines  verehrten  Pungyi,  geliebten  Verwandten  oder  Staatsbe- 
amten werden  oft  ihre  Knochen  gesammelt  und  mit  Pagoden  überbaut,  die  aber 
bald ,  als  unscheinbar  und  verfallen  ,  vernachlässigt  werden.  Die  Stadt-Pagode 
war  früher  nicht  viel  besucht ,  kam  aber  in  Mode ,  als  sie  von  der  englischen  Ver- 
waltung, um  als  Zierde  zu  dienen,  verschönert  und  geschmückt  ward. 

An  einem  Tage  im  October  war  eine  grosse  Zahl  Birmanen  um  die  Wasser- 
lache versammelt ,  die  sich  in  der  Regenzeit  vor  der  Stadt-Pagode  bildet.  Die 
Sonne  war  durchgebrochen  und  zeigte  in  dem  Spiegel  nicht  nur  das  Bild  dieser, 
sondern  auch  das  der  etwa  eine  halbe  Meile  entfernten  goldenen  Pagode ,  da 
wahrscheinlich  zufallig  in  diesem  Jahre  das  Wasser  nach  der  Seite  hin  etwas 
weiter  ausgedehnt  war,  so  dass  man  beim  seitlich  Blicken  die  Reflection  bemerkte. 
Das  Gerücht  einer  neuen  Manifestation  der  Gottheit,  die  in  das  Wasser  niederge- 
stiegen sei,  verbreitete  sich  durch  die  Stadt,  und  während  des  ganzen  Tages  hielten 
dort  Equipagen ,  aus  denen  Männer  und  Frauen  in  ihrem  Festtagsschmucke  aus- 
stiegen, um  am  Wasser  zu  beten.  Auch  Pungyi's  fanden  sich  ein  und  Alles 
Jubelte  über  die  Herablassung  des  dicken  Pagoden ,  seinen  kleineren  Bruder  zu 
besuchen.  In  Kemendyne  flndet  sich  eine  Spitzthurmpagode ,  die  nach  dem 
Flusse  öffnet. 

Ein  grosser  Kyanng  flndet  sich  neben  dem  Dorfe  Thawie  und  ein  Waldweg 
führt ,  an  dem  Sclavendorfe  und  einigen  Teichen  vorbei ,  dorthin.  Der  Pungyi- 
gyi  wohnte  in  einem  Hause  neben  seinem ,  mit  Buddhabildem  gefüllten  Medita- 
tions-Verschlag.  Auf  einer  Treppe  stieg  man  zu  dem  erhöhten  Saale  hinauf,  der 
von  Pfeilern  getragen  wurde.  Im  Hintergrunde  war  der  Aufenthalt  des  Abtes 
abgesondert  neben  dem  goldverzierten  Bücherschranke  und  zwei  mit  verzierten 
Kissen ,  Kleidern  u.  s.  w.  gefüllten  Glasschränken.  Längs  des  Saales  lief  eine 
Bretterwand  hin ,  mit  Eingängen  zu  den  kleinen  Zellen  der  Schüler ,  jede  mit 
einer  Fensteröffnung  nach  Aussen.  Solche  Knaben ,  die  nur  für  die  Schule  zum 
Kyaung  kamen,  trugen  kein  gelbes  Gewand.  Der  Pungyi-gji  zeigte,  ausser 
den  auf  Blätter  geschriebenen ,  zwei  kostbare  Pali-Bücher ,  mit  schwarz  lackirten 
Buchstaben  auf  goldenem  Pergament-Papier.  Sie  waren  in  verschiedene  Seiden- 
tücher gewickelt  und  zusammengebunden.     Die  Decken  der  Blätter  trugen  auf 


Ans  dem  in  Raiignn  gefGhrten  TagAbnche.  503 

dem  goldenen  Grund  eingezeichnete  Figuren,  eine  Darstellangen  des  Uenza  (Bansa), 
die  andere  betende  Nat'».  Ein  Glas  Waldhonig  wurde  zum  Trinken  angeboten. 
Die  Knaben  gehen  Morgens  zum  Betteln  und  haben  von  1 — 4  sich  in  der  Schule 
einzufinden,  sowie  von  6 — II.  Die  Blatter  zum  Schreiben  werden  getrocknet, 
dann  verschiedene  Male  in  Essig  gekocht  und  an  der  Sonne  ausgelegt.  Die  mit 
einem,  an  beiden  Seiten  zugespitzten  Eisengriffel  eingegrabenen  Buchstaben 
werden  mit  Erdöl  übcrzogeq,  um  deutlich  hervorzutreten.  Verfallene  Pagoden, 
mit  Pagodensteinen  umgeben,  standen  in  dem  Compound,  zu  dem,  als  auf  einer 
Erhöhung  im  Walde  errichtet,  Erdtreppen  fährten. 

Die  Pagoden  werden  meist  nach  zufalligen  Combinationen  benannt.  Die 
Schwedagon  soll  ihren  Namen  beim  Friedenssehluss  erhalten  haben  (Schwe 
oder  Gold,  Da  oder  Schwert ,  Gon  oder  fort) ,  während  die  Talein  den  Namen 
Dagon  («gekreuzt)  in  ihrer  Sprache  von  kreuzweise  auf  dem  Hügel  übereinander 
gefallenen  Bäumen  herleiten ,  und  das  birmanische  Schwe  (golden)  als 
einen  spateren  Zusatz  erklären.  Die  Pagode  von  Mobij  erhielt  ihren  Namen, 
als  der  auf  einem  Kriegszuge  dort  rastende  König  ausrief:  mobij  (ich  bin 
müde),  und  eine  Pagode  auf  der  Stelle  zu  errichten  befahl.  Die 
Buddhabilder  stellen  entweder  Gautama  oder  Johanda  dar,  wie  sich  aus 
Stellungen ,  die  auf  Episoden  ihres  Lebens  Bezug  haben ,  erkennen  lässt.  Der 
Verfertiger  einer  Figur  bringt  sie  zum  Pungyi,  der  sie  weiht,  und  ihr  den  von 
jenem  gewünschten  Namen  giebt,  von  welchen  eine  lange  Reihe  stereotyper  (wie 
z.  B.  Thumeda  für  Ananda)  existirt.  Am  Ende  der  festlichen  Woche  wurde  in 
einem  der  Kyaung's  unter  Musikbegleitung  Reis  gekocht,  und  zogen  Popanze  in 
den  Strassen  umher,  sowie  Geschenkpyramiden,  vor  einer  von  welchen  ein 
geharnischtes  Puppen-Pferd  herzog. 

Von  den  in  die  Zeit  meines  Aufenthaltes  fallenden  Festen  wurden  einige  in 
Kemendyne  abgehalten,  andere  besuchte  ich  in  Bangun. 

Am  19.  September  oder  Quan-Tung's  Geburtstag  stellten  die  reicheren  Chi- 
nesen mehrere  Poeh's  auf  den  Strassen  an.  In  einem  chinesischen  Laden  war 
ein  mit  Lichtern  umstellter  Tisch  im  Hintergründe  des  Zimmers  unter  dem  Bilde 
Confutse's ,  mit  Braten ,  Brod ,  Gemüsen  ,  Früchten  u.  s.  w.  besetzt.  Auf  dem 
offenen  Platze  vor  dem  Hause  war  ein  Strohdach  errichtet ,  und  unter  demselben 
wurde  das  Schauspiel  aufgeführt ,  während  das  Publikum  innerhalb  sass  oder 
aussen  auf  Bänken  und  Stühlen  umherstand.  In  der  Mitte  war  ein  Pfahl  mit 
Zweigbüscheln  (um  einen  Baum  vorzustellen)  behängt ,  und  um  denselben  wan- 
derte  ein  Mann  in  niedergeschlagener  Stimmung,  mit  einem  Bündel  über  der 
Schulter  (an  einem  Stocke  getragen).  Es  war  ein  Vater,  der  seinen  Sohn  suchte, 
und  in  einer  andern  Scene  erschien  dieser ,  ein  junger  Prinz ,  der  seinen  Vater 
verloren  hat  und  ihn  todt  glaubt ,  im  zärtlichen  Duett  mit  einer  gleichaltrigen 
Prinzessin,  die  ihn  zu  ihrem  Vater  führt,  vor  dem  beide  niederknieen.  Der  Prinz 
zeigte  sich  als  solcher  durch  silberne  Flügel  an  den  unteren  Theilen  seines  Ge- 


504  Ikrüaüen 

wände«  uud  einen  Hholichen  Ao»Atz  ao  den  ^^chnlte^l.  Er  wurde  dorch  t*in 
jonges  M^debeo  repräsentirt  and  i^pielte  mit  dem  andern,  das  ihre  w«*iblicfae  Klei- 
dnnj;  (>ewahrt  hatte  ,  in  Yerschiedenen  .Scenen.  in  denen  er.  too  Sefamerz  äber> 
mannt ,  seinen  Verlort  beklagt  und  nar  doreh  den  Tra»t  aeincr  Hrhön*.'n  Gefährtin 
aufrecht  erhalten  zu  »ein  scheint.  2!»ie  »anjien  «ieh  einander  zu ,  iuei«t  mit  kla- 
gender Stimme ,  und  fielen  sich  dann  »chluchzend  in  die  Anue  .  oder  koieett-u 
weinend  neben  einander  nieder,  gewöhnlich  aber  pflegte  dann  das  Mädchen  ihre 
Hand  auf  die  Schultern  de^  trauernden  Knaben  zu  legen  und  ihn  wieder  aufzu- 
muntern. Die  Attitüden  erinnerten  ganz  an  die  der  Opersängerinnen.  ausserdem 
aber  fehlte  nicht  das  Umhergehen  im  Kreise  mit  gekrümmten  Knieen ,  und  unter 
Verdrehung  der  Arme  und  Hände.  Später  schien  Wiederfinden  und  Ueirath  zu 
folgcu ,  aber  heftige  Regenbchauer  gaben  ver&chiedentliche  Unterbrechan;;rn  und 
lie«sen  die  aui^gelegten  Kleider,  Perleu  oder  sonst  ge  Schniuckda<,  hen  in  den 
Koffern  verschwinden. 

In  einem  Fo<'h ,  der  am  folgenden  Tage  unter  freiem  Himmel  spät  Al>end> 
aufgehalten  wurde,  war  der  Baum  in  der  Mitte  mit  Petroleumbeckeu  umstellt,  die 
von  Zeit  zu  Zeit  durch  nachgegossenes  .Material ,  das  in  einem  grossen  Gefa>^e 
daneben  stand,  unterhalten  wurden.  Die  Musik  bestand,  wie  fast4mmer,  aus  der 
Rundtromrael ,  einer  aufgehängten  Trommel ,  Becken  .  Blasinstnimenten  ,  Bam- 
bustäben  u.  s.  w.  Drei  Männer  und  drei  Mädchen  gingen  einer  hinter  dem 
andern  um  den  Baum  herum,  dieKniee  gekrümuit  und  die  Verdrehungen  einander 
nachahmend.  Die  mit  Sandelholz  weiss  geschmückten  Mädchen  trugen  ein  buntes 
Schleppgewand,  das  die  Beine  eng  zusammeubaod,  und  eine  über  der  Weste  auf- 
geschlitzte Saiiimetjacke,  das  Haar  im  Knoten ,  woraus  es  oft  im  Zupf  herabhing, 
aufgebunden  (mit  einem  Kamm).  Von  den  Männern  trugen  die  Prinzen  eine  eng 
anliegende  Jacke ,  uud  um  das  untere  Gewand  eine  Schärpe ,  von  der  eine  breite 
Schürze  in  der  Mitte  niederfiel.  An  den  untern  Enden  des  Gewandes,  zwischen 
Fuss  und  Kniee,  standen  die  beiden  weissen  Flügel  vor,  und  am  Nacken  hatte  die 
Jacke  einen  zackigen  Besatz.  Die  Kopfbekleidung  der  Männer  war  meist  der 
Turban,  ausser  deu  mit  hoher  Strohmütze  bekleideten  Gauklern,  Zauberern  oder 
Priestern  (in  gelblichen  Kleidern).  Eine  der  Tänzerinnen  tanzte  erst  den  ge- 
wöhnlichen Tanz  der  Verdrehungen ,  dann  wurde  sie  lebendiger ,  bewegte  ihren 
Körper,  hauptsachlich  die  untern  Extremitäten  mit  grosser  Gelenkigkeit,  und  raste 
zuletzt  in  Burzelbäuinen  um  den  Kreis  herum.  Zuweileu  tanzten  mehrere  und 
ein  zitterndes  Wackeln  mit  den  Hüften  trat  besonders  hervor.  In  einer  spätem 
Sceue  ahmte  die  Haupttänzerin  verschiedentlich  einen  Mann  (indem  sie  sich  vor 
einem  scheinbaren  Spiegel  die  Baarthaare  auszureissen  stellte),  einen  Affen  uud 
Tiger  nach.  Als  Letzterer  sprang  sie  in  wildeu  Sätzen  um  einen  Mann  umher, 
bald  ihn  angreifend,  bald  mit  ihm  ringend,  warf  ihn  zuletzt  zu  Boden  und  setzte 
sich  triumpbireud  auf  ihm  nieder.  Bei  einem  zweiten  Ringen  wurde  sie  dagegen  auf 
die  Erde  geworfen  und  erhielt  dort  noch  einige  Püffe.  Dann  tanzte  sie  als  Be- 
sessene vor  den  Fackeln,  ihren  Kopf  und  alle  Glieder  schüttelnd.  In  einer  andern 


Ans  dc*ni  in  Rangan  geführten  Tagehuche.  505 

Scene  tanzte  sie  als  weibliche  Helu,  mit  einer  hässlichen  Maske  vor  dem  Gesichte, 
in  Begleitung  eines  männlichen.^  Von  den  Zuschauern  hingeworfene  Rupien  hob 
sie  rückwärts  gebogen ,  mit  dem  Munde  auf.  Als  das .  Spiel  vorrückte ,  nach 
Mitternacht  und  gegeu  Morgen ,  nahmen  die  Tänze  einen  etwas  cancanartigen 
Charakter  au,  wenn  Männer  und  Frauen  gegen  einander  tanzten,  oder  zeigten  die 
engen  Wendungen  des  Fandango  in  den  Paaren.  Der  Gegenstand  des  Spieles 
schien  zu  sein,  dass  die  zwei  Prinzen  eine  himmlische  Jungfrau  sich  im  Teich 
hatten  baden  sehen  und  sich  in  sie  verliebt  hatten ,  aber  sie  später  nicht  wieder- 
finden konnten,  worauf  drei  Gaukler-Priester  (komische  Figuren,  die  überall  ihre 
Witze  einflechten)  erscheinen  und  ihr  Ebenbild  aus  den  Blumen  ihrer  Zauber- 
stabc  hervorzubringen  versprechen.  Der  eine  Prinz  geht  vergeblich  auf  die 
vorgeschriebenen  Ceremonieen  ein,  der  andere  kämpft  mit  seinem  Pfeil  und  Bogen 
muthig  gegen  die  feindlichen  Mächte  (indem  er  vielfache  Fechterbewegungen 
machte  uud  schliesslich  auf  einen  am  Ende  des  Kreises  stehenden  Kasten  sprang, 
von  dem  er  ein  mit  Glas  glitzerndes  Schwert  parirte ,  das  hinter  der  Scene  ge- 
halten wurde).  Er  filllt  im  letzten  Streite  wie  todt  zusammen ,  aber  dann  ist  der 
Zauber  gebrocheu,  die  vorher  lärmende  Musik  verstummt  plötzlich  und  der  ferne 
Gesaug  der  llinunelsjungfrau  lässt  sich  vernehmen,  die  dann  auf  die  Bühne  tritt 
und  .mit  heller  Stimme  ein  Solo  singt,  während  einer  der  Priester  den  Prinz  durch 
einen  Trunk  wiederbelebt.  Auch  der  andere  Prinz  erhält  seine  Geliebte ,  und 
beide  Paare  fuhren  nun  verschiedene  Tänze  auf,  in  deren  einem  das  Mädchen  auf 
dem  Arme  umhergerragen  wird.  Eine  grosse  Mannigfaltigkeit  von  Scenen  war 
zwischengeflochten,  in  denen  bald  BeUrs,  bald  Komiker,  bald  Tänzerinnen  spielen. 
Eine  der  Letzteren ,  der  seitens  eines  Belu  und  eines  Prinzen  Liebcsantnige  ge- 
macht wurden ,  wusste  sich  gegen  die  Freiheiten  Beider  in  koketter  Weise  mit 
Hand-,  Tuch-  oder  Fächerschlägen  zu  vcrtheidigen,  wobei  die  sich  einmischenden 
Gaukler  oft  tüchtige  Klapse  erhielten.  Einmal  das  Gesicht  des  Belu  betrachtend, 
sagt  sie  ihm ,  da»s  er  eiue  zu  platte  Nase  habe ,  als  dass  sie  ihn  heirathen  könne, 
und  der  Komiker  antwortet  dann  mit  einer  anzüglichen  Yergleichung  ihrer  Nase. 
Solche  Witze  wurden  schallend  belacht,  oder  wenn  die  Gaukler  sich  über  Uuuger 
beklagen ,  und  einer  dem  andern  vorwirft ,  dass  er  kein  Essen  geschenkt  erhalte, 
weil  er  so  schmutzig  sei.  Der  chinesische  Festgeber  reichte  uns  Stühle  und 
Thee,  und  seine  Frau  (nach  birmanischer  Weise)  eine  angerauchte  Papiercigarre. 
Schüsseln  mit  Keis ,  Bretter  mit  Esswaareu  und  andere  mit  Betel ,  wurden  den 
Darstellern  zugeschickt. 

Das  Toung-ye-puh  (Tausendfest) ,  am  Vollmond  im  September ,  dauert  (in 
Rangun)  mehrere  Tage,  und  besteht  in  Aufzügen  durch  die  Strassen,  inPoehsund 
besonders  in  Geschenken  für  die  Puugyi ,  die  von  allen  kleineren  Sachen ,  vor- 
züglich von  Esswaaren ,  je  tausend  Stück  (oder  doch  eine  grosse  Menge)  zu  er- 
halten haben.  Am  Sonntag  tanzte  ein  gigantischer  Birmane  in  den  Strassen.  Es 
war  ein  Popanz  mit  dem  geknöpften  Turban,  der  leichten  weissen  Jacke  und  dem 
Ilüftentuche,  unter  welchem  die  Beine  des  Trägers  hervorsahen,  der  zu  der  Musik 
in  kurzen  Seitensprüngen  tanzte ,    während  sich  vor  ihm  ein  in  die  schwarze  und 


506 

wtrwrrU:  Jaclwr  der  Karen  -  Fraoen  gekleideter  Knabe  km-  and  kerbewe^te, 
eto^m  fgrno0m  Zweig  tn  dfrr  Hand  ineg«^d.  Das  Geäekt  der  Puppe  war  w«t«6 
nnd  mit  rotben  Cirkein  an  den  Sebläfen  Terziert. 

An  Montag  Abend  wurde  ein  Puppenspiel  in  KemendTne  abgekaJten.  dessen 
Zn^baoer  tbeib)  auf  dem  Hoden ,  tbeiU  aaf  Matten ,  tkeiU  aaf  krrbetg^fakrten 
Wagen«  tbeib»  anf  Stüblen  'ider  Bettge^tellen  eaniten.  DieBökne  bestand  in  einem 
langlicben  li^mha-firrwil ,  etwa.«»  erhöbt  crad  mit  einem  Diebe  bedeekt.  Drr 
Hiotergroud  wurde  ron  einem  Vorbange  gebildet,  ond  über  demselben  sa^-sen  auf 
deu  Hparren  der  I>ecke  die  Personen ,  deren  Hände  die  Puppen  lenkten.  Naek- 
dem  eine  Art  Prolog  durcb  eine  in  Sammet  gfkleidete  Figur  gesproeken  war, 
fuhr  ein  weijutes  AlTen- Ungeheuer  in  Bnrzelbäumen  über  die  Seene,  dem  ein 
wei»f»eft  Pferd  im  Galopp  folgte ,  und  dann  »prang  der  König  der  Beln's  mit  zwri 
Jkrgleitem  ror,  die  mit  weit  au.s»chreitenden  Beinen  den  Mon>tre>Tnnz  anffübrten. 
unter  htet^rr  Mn»ik-  und  eiofomiiger  Gesang-Begleitnog.  Naeb  ihnen  machten  im 
langHamen  Aufzuge  rier  in  8pitzmützen  uud  lange  Gewänder  gekleidete  Minister 
ihre  ErHebeioungf  die  sich  neben  einander  niedersetzten  und  die  Angelegenheiten 
de»  Lande«,  sowie  die  Absichten  des  Königs  besprachen.  Der  I^etate  zur 
Linken  hatte  ein  rotbes  Gericht  (während  die  der  übrigen  welsä  waren)  und  bil- 
dete den  Hanswurst ,  dessen  Bemerkungen  ein  beständiges  Gelächter  unter  den 
Zuschauern  hervorriefen.  Der  König  trat-  dann  hinter  dem  Vorhange  (rechts) 
hervor  und  redete  die  Minister  an ,  die  ihn  durch  Niederfallen  begrüssten  nud  mit 
verschiedenen  Gescliäften  betraut  wurden.  Der  König  hatte,  wie  gewöhnlich  im 
birmanischen  Theater ,  zwei  Söhne,  einen  hoffnungsvollen ,  wohlgesinnten  Prinz, 
den  ältesten,  und  den  sogenannten  Kosten-Prinz,  einen  jungen  Taugenichts, 
der  sich  meistens  in  die  für  seinen  Bruder  bestimmte  Prinzessin  verliebt  and  sie 
Ihm  abwendig  zu  machen  oder  zu  verführen  sacht.  Dem  komischen  Minister 
schien  der  Auftrag  zugefallen  zu  sein ,  diese  Liebesgeschichten  zu  überwacben. 
nnd  er  beklagte  sich  in  vielfach  belachten  Phrasen  über  die  Schwierigkeit  des- 
selben. Während  der  König  mit  seinen  vor  ihm  niederhockenden  Ministem  die 
rechte  Seite  der  Bühne  einnahm ,  traten  nun  auf  der  linken  die  beiden  Begleiter 
der  Prinzessin ,  und  bald  darauf  diese  selbst,  mit  einem  weissen  Wedel-Fächer  in 
der  Hand ,  vor.  Sie  unterhielt  sich  mit  ihren  Kammerfrauen  und  sang  einige 
klagende  Solos  ab,  bald  aber  beschränkte  sich  das  Gespräch  auf  eine  CnterhaU 
tung  zwischen  dem  rothglühenden  Minister  and  der  Aeltesten  der  beiden  Ehren- 
damen ,  die  unter  Andern  bei  einer  Anspielung  auf  Altersfragen  von  ihm  hören 
roussto ,  dass  sie  doch  wohl  nicht  ganz  weit  von  den  Vierzigen  sei ,  nach  ihren 
Zähnen  zu  urtheilcn,  die  man  nicht  sähe.  In  der  Mitte  derScene  zeigte  sich  jetzt 
der  jüngere  Prinz,  der  ebenfalls  einige  sehnsüchtige  Solos  absang.  Er  begiebt 
sich  zu  einem  Magier  im  Walde,  und  die  Wildniss  wird  durch  einen  grünen  Baum 
repräsentirt,  der  in  der  Mitte  der  Buhne  niedergelassen  wird,  während  gleichzeitig 
an  der  linken  Seite ,  wo  sich  noch  die  Prinzessin  mit  ihren  Begleiterinnen  findet, 
ein  Teppich  ausgehängt  wird ,  und  an  der  Rechten ,  neben  dem  König  mit  seinen 
Ministern,  ein  Thron  und  andere  Zeichen  der  Majestät.     Unter  dem  Baume  sieht 


Ans  dem  in  Bangun  geführten  Tagebuche.  507 

man  den  Magier,  den  Kopf  auf  die  Hand  gestützt,  sitzen,  und  derselbe  giebt  dem 
ihn  befragenden  Prinzen  verschiedene  Lehren,  wie  er  seine  Absicht,  die  Prin- 
zessin zu  entführen,  ins  Werk  setzen  könne.  Wenn  hier  die  Unterhaltung  stockt, 
geht  sie  unter  der  Prinzessin  mit  ihrem  Hofe  an ,  wo  sich  auch  der  Possenreisser 
eingedrängt  hat.  Als  die  Prinzessin  in  einem  Augenblicke  des  Weltschmerzes 
erklärt ,  ins  Kloster  gehen  zu  wollen ,  meint  er ,  ihr  kaum  in  diesen  unruhigen 
Zeiten  dazu  rathen  zu  können ,  da  bekanntermassen  bei  der  Eroberung  Hangun's 
die  englischen  Soldaten  die  Nonnen  allen  andern  Frauen  vorgezogen  hätten. 
Spater  zeigte  sich  auch  der  älteste  Prinz,  aber  der  um  1 1  Uhr  Nachts  eintretende 
Hegen  beendete  die  Vorstellung.  Auf  dem  dahin  führenden  Wege  sassen  hinter 
Lichtern  Verkäuferinnen  mit  Früchten ,  Cigarren,  Kerzen,  Gebäck  u.  s.  w. 

Am  Dienstag  Morgen  waren  verschiedene  Pyramiden  an  den  Strassenecken 
Kangim's  aufgebaut,  mit  Geschenken  für  die  Pungyi's.  Sie  bestanden  aus 
einem  Barabu-Gcrüst ,  um  das  Terrassen  gelegt  waren,  die  verjüngt  aufstiegen 
(iu  der  Form  der  chinesischen  Pagoden).  Die  unteren,  breiteren  Terrassen  waren 
an  den  vier  Seiten  mit  bemalter  Leinwand  behängt,  während  die  oberen  ganz  von  den 
Geschenken  gebildet  wurden,  einer  bunten  Manoigfaltigkeit  von  lackirten  Kasten, 
Koffern,  Tellern,  Schüsseln,  Schuhen  u.  A.  m.  Unter  den  Bildern  zeigte  eines 
einen  unter  einem  Baume  stehenden  Centaur,  der  mit  kläglicher  Miene  aus  seinem 
blutenden  Halse  einen  Pfeil  zog .  von  dem  Bogen  eines  verfolgenden  Helden  (mit 
grünem  Gesicht  und  grünen  Händen)  abgeschossen,  ein  anderes  ein  Meer- 
weib (mit  menschlichem  Gesicht  und  Brüsten  und  einem  Fischschwanz) ,  das 
einem  sie  packenden  Ungeheuer  (mit  Eberzähneu  im  Menschengesicht,  und 
Gänsefüssen)  zu  entfliehen  sucht,  ein  drittes  ein  durch  ein  Ungeheuer  ent- 
führtes Mädchen,  ein  viertes  einen  Kampf  zwischen  zwei  Ungeheuern  u.  s.  w. 
Neben  der  Pyramide  tanzte  zur  Musik  ein  von  einem  Knaben  getragener  Stroh- 
löwe mit  fletschendem  Rachen.  Am  Abend  wurden  Puppenspiele  in  den  Strassen 
aufgeführt,  aber  die  Hauptfestlichkeiten  concentrirten  sich  in  dem  Kyaung,  nahe 
der  grossen  Pagode.  Schon  am  Nachmittage  strömten  Leute  im  Festschmucke 
von  allen  Seiten  dorthin ,  die  Frauen  mit  seidenem  Tamin ,  der  (weiter  als  der 
des  gewöhnlichen  Lebens)  bis  auf  die  I^sse  fällt,  mit  Brusttuch  und  weisser 
weiter  Jacke,  die  Männer  mit  seidenem  Putzo,  der  zwischen  den  Beinen  befestigt, 
um  den  Leib  gewunden  ist  und  dann  im  Faltenwurf  am  andern  Ende  über  der 
linken  Schulter  getragen  wird,  das  Haupt  meist  mit  einem  geblümten  Seidenturban 
umwunden.  In  den  durchlöcherten  Ohren  tragen  die  Frauen  des  Volkes ,  statt 
des  Gold-  und  Silberschmuckes  der  Kelchen ,  zusammengewundene  Blätter.  Die 
umliegenden  Zayaf s  sind  mit  Menschen  gefüllt ,  und  zwischen  den  Häusern  des 
Kyaung  sind  iu  dem  Compound  Pyramiden  mit  Geschenken  aufgebaut,  oderBam- 
bu- Kapellen  für  Buddhabilder  errichtet.  Vor  diese  Buddhabilder  waren  Plat- 
forms  gestellt,  auf  denen  die  Besucher  Früchte,  Confect ,  Lichter  u.  s.  w.  auf- 
häuften. Neben  einem  der  Buddhabilder  standen  zwei  schwarze  Figuren  mit  aus- 
gestreckten Händen,  auf  einer  andern  Geschenk-Terrasse  waren  zwei  weisse 
Männer  placirt ,   mit  rothen  Cirkehi  bemalt.     Die  Pyramiden  waren  mit  Flitter- 


508  Beilagen. 

werk  ,  Fahnen  ,  kfiDjttlichr'n  und  natürlichen  Blumen  geiK'hniückt.  Die  reichen 
Familien  hatten  mei««t  in  einem  der  Hau-ier  nel>en  den  von  ihnen  mit  Geschenken 
beletftcn  TerraH»en  I'lntz  (^enomm^n  und  r^a^^en  dort  auf  Matten  zu«<ammen ,  ihre 
AlK;ndmahlzeit  ennend  ,  'l'hee  trinkend  oder  die  umherwopende  Menschenmenare 
l>etrachtend.  I>ie  Pungyi'»  waren  in  die  hinteren  Theile  der  .Salt'  zurück«;edrän|?t 
nnd  meiHt  durch  einen  8chinu  oder  Teppich  ubgf.^chlo.s^ten  j  hinter  welchem  »ie 
HaHMcn  oder  unter  welchem  «ie  hervortjchauten .  Besonders  die  von  «ieu  Chine-ifn 
einifcnommenen  Zimmer  waren  mit  aller  Art  Gegenntfinden  überfüllt ;  Spiegel. 
TlHche,  Teppiche,  Wa.schjschÜK»eIn  und  Stühle  standen  zum  Zierrath  durcheinan<ler, 
wahrend  die  für  die  f  unf^yi  bestimmten  Geschenke  meistens  im  Hintergründe  oder 
in  einer  derKcken  vor  einem  sitzenden  oder  liegenden  Buddha  aufgethürmt  waren. 
Kines  der  Zimmer  war  überall  mit  BudiUia's  umstellt.  L'm  tlie  Mu.^ikbanden  bil- 
deten sich  Gruppen  von  Tänzern,  die  in  verschiedenen  .Schrittweisen  ihre  Evolu- 
tionen aufführten.  Bald  sprangen  si«;  wild  mit  ausgespreizteu  Beinen  vor  und 
gegen  einander,  eine  Art  Belu-Tanz  darstellend  (meist  fast  nackte  Manner,  die 
ihr  Tuch  im  engen  Knäuel  um  die  Taille  gewunden  hatten),  bald  tanzten  sie  in 
langsameren  Wendungen  in  Kreisen  ;  aber  die  llaupt-^ache  bestand  immer  in  sonder- 
baren Verrenkungen  der  ausgestreckten  Arme  und  iiäude,  sowie  darin,  die  ange- 
nommene Attitüde  für  einige  Zeit,  gleich  den  Ballettänzern,  zu  bewahren. 
Hpäter  gegen  Abend  zeigten  sich  auch  Tänzeriuntai  mit  eng  anliegender  schwarzer 
•Jacke  und  dicht  schliessendemTamin,  sodass  sie  kaum  die  Beine  bewegen  konnten 
und  nur  mit  gekrümmten  Knieen  standen,  den  Oberkörper  hin-  und  herbeugeud 
und  die  in  den  engen  Aermeln  steckenden  Anne  nach  allen  Seiteu  venlrehend. 
Die  Musik  bestjind  meist  aus  der  grossen  Uundtronimel ,  in  welcher  der  Musiker 
sitzt  und  mit  einem  Klöpfel  auf  die  Glocken  schlägt,  der  laugen  Doppeltrommel, 
sackiifcafcnartigen  Trompeten ,  Becken  und  einem  aufgeschlitzten  Bainbu ,  der 
zusammengeklappt  wird.  An  einer  Htclle  tanzten  die  Musiker  selbst,  indem  die 
Doppeltrommel  und  der  Beckenmann  ein  Paar  bildeten.  In  einem  der  mittleren 
Häuser  des  Kyaung  war  ein  Katafalk  aufgebaut,  in  Stufen,  auf  deren  oberster 
die  Figur  eines  l'ungyi  lag,  von  dem  nur  das  goldbelegte  Gcbicht  aus  dem  Tuche 
hervorsah.  Ks  war  der  Sarg  eines  vor  lu  Tagen  gestorbenen  Mönchs,  der  mit 
Quecksilber  und  Specereien  einbalsamirt ,  innerhalb  dieses  Sarkoi>hages  für  drei 
Monate  bewahrt  wird  bis  zu  seiner  Verbrennung.  An  dem  Katafalke  lösten  sich 
Frauen  und  Männer  mit  Klagegesängen  ab.  Als  die  Nacht  weiter  vorruckte,  sah 
man  zuweilen  l'ungyi  in  der  Mitte  des  Festlärmes  auf  ihren  Kissen  ausgestreckt 
und  schlafen,  wahrscheinlich  die  gewohnte  Stelle  ihrer  Stube  einnehmend. 

Der  Mittwoch ,  der  den  Festlichkeiten  d(?s  Dienstags  folgt ,  ist  ein  Fasttag, 
und  von  Sonnen  Auf-  bis  Untergang  wird  Nichts  genossen.  In  Pusendom  sassen 
die  Leute  indenZayat's  beisammen,  schlafend  oder  ihre  Rosenkränze  zählend.  Die 
Strassen  dieses  Dorfes  sind  noch  aus  der  birmanischen  Zeit,  schmal  aus  Ziegelsteinen, 
die  abwechselnd  parallel  oder  perpcudiculär  gelegt  sind,  aufgemauert.  Vor  einem 
der  Zayat's  stand  ein  Pfeiler  mit  betenden  Nat's  (in  haubenartigem  Kopfputz). 
An  einer  verfallenen  Pagode  fanden  sich  Löwen  au  den  Ecken,  uud  vor  denselben 


Der  Anfang  ans  dem  Klagelied  des  Verbannten.  509 

ein  spitzer  Kuppelstein  in  einer  Plnnken-Uinzfiunnng.  Daneben  lebt  ein  Piing}n, 
dessen  Meditationslians  vor  seiner  Wohnung  steht.  In  der  Stadt-Pagode  fanden 
sieb  Blumen  auf  den  Tischen  umhcrgcstrent,  und  waren  die  Pfeiler  mit  Händem 
geschmückt.  An  einem  derselben  lag  der  vergoldete  Kopf  eines  Huddhabildcs, 
während  zerbrochene  Figuren  auf  den  Stufen  umher  standen.  Sie  wird  regelmässig 
Morgends  und  Abends  von  frommen  Verehrern  besucht ,  die  in  den  Kapellen  der 
Ecken  oder  in  den  Figuren-Nischen  frische  Gaben  niederlegen. 


Der  Anfang  aus  dem  Klageliede  des  Verbannten. 

Nach  der  liinnanischen  Abschrift. 

1)  MaeJM  taun  khyaezi ,  tva  tva  hnin 
Miet  raevun  li 

Myein  to  ghyi  ka 

Khac  pyii  ko  sa  sha  vatama 

Mo  khyi  khyi  huein 

Si  ri  kyek  sarac  trk  pyi  vae  si 

Ann  myae  kyau  kyau 

Ku  mo  mo  hnein 

Bo  tau  kaun  hmu 

Ti  tha  pyu  si 

Campy  ^hi  rai 

Kliyau  rann  iii  myu 

Ku  kyi  sakhin  iiashalin  pin  hnein 

Shae  gyin  sae  mva 

Sa  cha  rae  sau 

Shvac  jae  tili  kyih 

Asi  si  nun 

Pit  ehi  kyap  san 

Lyut  raun  tan  hmu 

Schwae  nan  sehwae  buii 

Aluü  cnii  ko 

Aynii  myek  hmin 

Bu  hmiau  kyin  sau 

Si  tin  schwae  myo 

Si  so  Jae  dih 

Si  i'i  schwae  nan 

Phyaun  tan  tau  min 

Ji  taka  rin  si 

Schwae  pyi  tan  vae  sau  kyaun. 

2)  Pvaet  i'iaun  rae  (yae) 
Svan  my  bae  ti 


510  Beilagen. 

Shi  sae  sa  dahga 

Thnn  iinlahsha 

Maeh  Ja  yat  sn 

Tann  ihnshn  si 

Scbwae  kn  tabn  hnuA 

8bu  teiA  tift  Aah 

Mogh  myiA  si  khaoA 

llaeli  Jaa  taoA  ta 

Tift  taoA  laA  bmeiA 

Öasba  6hein  saa 

Tann  tein  shvek  shapin  kahvae  sau 

TauA  äae  vae  vae 

Atvae  tvae  si 

Liii  lin  rah  rah 

Mo  ma  pa  baeh 

SiA  vah  paufi  Äa  pbanA 

Hmin  rin  panft  lin 

Mojj^li  lanA  pyit  tan 

Khya  svan  pyin  rha 

Ya  gan  thip  phya 

TauA  bau  na  ka 

Rata  rin  sa 

Nac6a  kya  liä 

RjiuA  vah  ma  tvin 

Khyam  sha  Ivin  sha 

Tili  man  kliein  na 

RnuA  Ivay  6ae  hn 

l^vct  6vae  lyiii  lin  tarek  min  sin 

Nackbyiii  phya  bma  nuesankyauA 

u.  8.  w.  3.,  4.,  5.  u.  6.  Vers. 

Maeh  Ja  tauü  kliyae  (Anfang  des  ersten  Verses) 

Sohwac  pyi  tan  vae  sau  kyaun 
(Ende  des  ersten  Verses) 
Pvaet  liaim  yae  (Anfang  des  zweiten  Verses) 

Nackbyin  phyabma  nucsankyanA 
(Ende  des  zweiten  Verses) 
äae  da  saun  myae  (Anfang  des  dritten  Verses) 

Laepyin  lamu  aesokyauö 
(Ende  des  dritten  Verses) 
als  miteinander  reimend. 


Schreib-  and  Sprech weiseD. 


511 


Schreib-  und  Sprechweisen. 


Mrui  (myo)  —  Stadt 
Rvä  (yoah)  —  Dorf 
Mrac  (myit)  —  Fluss 
Te Vfi  (taung)  —  Berg 
Paii  (pingf)  —  Baum 
Pan*  (pan)  —  Blume 
Frau  (pyi)  —  Land 
TeV  (tau)  -  Wald 
Rhve  (seh  weh)  —  Gold 
Bhura'  (paya)  —  Herr 
Kri'  (gyi)  —  gross 
Nay  (ngeh)  —  klein 
KWyn  (Kyaung)  —  Kloster 
Kyam'  (Kjain)  —  Buch 
Mrv'ea'  (inowh)  —  Schlange 
MraA  (myin)  —  Pferd 
Kvyä  fkuä)  —  Löffel 
Hnva  (nua)  —  Ochse 
KhveV  (Khuae)  —  Hund 
C'hin  (dsin)  —  Elophant 
Hlan  (hlyi)  -—  Wagen 
Hie  (hiae)  —  Boot 
Sama  (thsama)  —  Meister 


Ohara  (Dsaeya)  —  Lehrer 
Öhe'  (Dsae)  —  Medicin 
Aim  (Ein)  —  Haus 
Öhui  (Dso)  schlecht 
K'ea'u  (kaung)  —  gut 
Öhaft  (Dsan)  —  Reis 
Krak  f  Kyet)  —  Huhn 
Hnak  (hnet)  —  Vogel 
Myak  (Myet)  —  Gras 
Be'  (Baeh)  —  Urgrossvater 
Bui  (Bo)  —  Grossvater 
Apha  (oder  Pha-eh)  —  Vater 
Sa'  (sah)  —  Sohu 
Mre'  (myae)  —  Enkel 
Pvoa-ae*  (Pvoa-eh)  —  Erzeuger 
Rajavin  (yasuen)  —  Geschichte 
Muig'  (Moh)  —  Himmel 
(Sit  (Dzeit)  —  Sinn 
Hnacinn  (nalon)  —  das  Herz 
Rap  (yat)  —  stehen 
Liii  (lih)  liegen 
Thu'i'n  (thein)  —  sitzen 
Pr*ea*  (pyau)  —  sprechen. 


4 


512  Beilagro. 

BiiiDanische  Lieder 

(xam  Theil  8clion  im  Rreiner  Sonnta^sblatt  veröffentlicht). 

Denk*  ich  deioer  Schönheit  Ruhme. 
Kerne,  deiner  Huldgestalt. 
Wie  der  Scbmetterlinfl^  inr  Biomo. 
Fliest  xa  dir  mein  Herz  alsbald. 

Fruh're  Sünden  masH  Ich  Inlsseu, 
r>a.«H  ich  al!«o  Bchmacht*  im  Bann 
Und,  mein  Schicksal  za  versüßen, 
Nicht  einmal  mich  rächen  kann. 

Der,  dem  dn  die  Htnd  gegeben. 
•  Ach,  ich  kenn*  ihn  nicht  einmal, 
Aber  denk*  ich  sein,  durchbeben 
Schon  mich  Mass  und  Zomesqual. 

Denn  noch  immer  lieberodernd 
Ist  mein  Herz  dir  zugewandt, 
Heiss  in  wilden  Flammen  lodernd 
Gleich  dem  grossen  Weltcnbrand. 


Znm  heiligen  Berge  komm  mit  mir. 
Seinen  Gipfel  zu  erätcigen, 
(iar  herrlich  ist*»  auf  der  Hohe  hier. 
In  des  Wald«*s  hehrem  Schweigen. 

Hier  sind  wir  Bruder  und  Schwester  nur, 
Nie  feindlich  bedräut  von  Andern, 
Und  jeden  Schmerz  heilt  die  Natur  — 
Lieb  Schwesterchen,  lass  uns  wandern. 


Ha,  sonst  war  ich  deine  liebe,  kloine. 
Wunderschöne,  prachfge  Königin, 
Doch  wenn  jetzt  in  Himmolsfreud*  ich  weine, 
Wehmuthsvollen  Sinnes  schmelze  hin. 

Dann  da  kommt  der  stolze  Herr  Gebieter, 
Brummet,  dass  kein  Reis  gekochet  ist, 
Schilt  und  zürnt  und  schlägt  und  schreiet  wieder 
„Essen  will  ich!**  Wüthrich,  der  du  bist. 


Birmanische  Lieder.  518 

Ja ,  nur  wenn  den  Leib  du  vollgeschlagen, 
Kannst  du  lächeln  mir  und  freundlich  sein. 
Nein,  nicht  kann  ich  länger  sie  ertragen 
Solche  Ehequal  und  Höllenpein. 

Zum  Gebet  ein  schmerzlich  liebes  Sehnen 
Ziehet  schmachtend  durch  mein  armes  Hers, 
Und  die  ganze  Nacht  mit  bfttersfissen  Thr&nen 
Möcht'  ich  kühlen  meinen  heissen  Schmers. 

Doch  dann  kommt  der  Mensch  nnd  »geh*  su  Hette !  *" 
n Schlafenszeit  ist's  nun**,  er  nnvrirsch  spricht, 
IIa ,  Jetzt  wieder  dort  aus  seinem  Bette 
Ruft  er.    Rnfe  nur,  ich  komme  nicht. 


Nein,  nein,  nein,  ich  kann  nicht  gehen 
Zu  des  Waldes  ferner  Flur, 
Meine  FAsse  woirn  nicht  stehen, 
Mit  den  Augen  folg'  ich  nnr. 

Gehe  doch ,  Herr  der  Giganten, 
Zu  dem  Berg,  der  Tiger  Hort, 
Leoparden,  Elephanten 
Und  das  Einhorn  schwärmet  dort. 

Siehe  dort ,  auf  Bergesstufen, 
Ist's  ein  Mann,  der  dorten  winkt? 
Diesmal  wirst  umsonst  da  rnfen. 
Anders  mir  im  Ohre  klingt. 

Nein,  nein,  nein,  ich  kann  nicht  kommen, 
Tapfrer  Held ,  znm  Wald  mit  dir ; 
Nein,  nein,  nein,  ich  kann  nicht  kommen, 
Gold'ner  Knab',  znm  Wald'  mit  dir. 

Gehe  denn ,  dein  Herz  bewahrest : 
Nicht  vergiess  dein  rothes  Blut, 
Lieber  Freund,  dass  wohl  du  fahrest, 
Mög'  das  Schicksal  sein  dir  gat. 


O  Madeya,  kleines  Städtchen, 
Weithin  gehn  dein  Ruhm  und  Preis, 
Die  Cigarren  deiner  Mädchen, 
Die  Cigarren  silberweiss. 

nastian,  OatMien.     II.  3  3 


514  Beilagen. 

An  des  Thrones  g^ldnen  Stufen 
Schmücken  sie  der  Fürsten  Hand, 
Dorthin  bist  auch  dn  gerufen, 
Du ,  die  Krone  in  dem  Land. 

Ob  er  meiner  noch  gedenlcet, 
Die  hier  trauernd  sitzt  und  weint? 
Ob  das  Schicksal  es  so  lenket, 
Das«  aufs  Neu*  es  uns  vereint?' 


Sie  ruht  auf  ihrem  goldnen  Pfühle, 
Des  Landes  stolae  Königin, 
Umfächelt  von  des  Al>ends  Kühle, 

Träumt  sie  die  Stunden  angstvoll  hin. 

• 

Sie  denkt  des  Gatten  —  weilt  er  drüben 
Doch  lang'  im  feindlichen  Gebiet ; 
Ihr  Herz  ist  schwer,  das  bang  der  trüben 
Vorahnung  nächt'ger  Flor  umzieht. 

n  Was  säumst  du,  meines  Herzens  Wonne  ? 
0  kehr*  zurück  zum  goldnen  Haus, 
Schon  senkt  im  Westen  sich  die  Sonne 
Und  löscht  die  Strahlenfackel  aus. 

Und  schon  mit  dumpfem  schwerem  Klange 
Hallt  von  dem  Thurm  der  Glocken  Ton, 
Sie  tönen  dumpf,  sie  hallen  lange, 
Doch  Jetzt  sind  sie  verklungen  schon. 

Sie  sterben  hin  in  dumpfem  Schweigen, 
Vom  Tag  erlosch  das  letzte  Licht  — 
Ich  muss  das  Haupt  voll  Kummer  neigen, 
Denn  dich  erblickt  mein  Auge  nicht.* 

Kalt  geht  die  Luft,  aus  Finsternissen 
Kein  Stern  in  ihre  Seele  scheint, 
Sic  sitzt  auf  ihrem  goldnen  Kissen, 
Die  stolze  Königin ,  sie  weint. 


\ 


ßiniianische  Städte-Legenden. 


Die  Legende  über  die  Gründung  der  Dagon- Pagode  in 

Rangnn. 

(Ansland  1863.    No.  27.) 


Am  Ende  der  vorigen  Kalpa  sprossten  auf  dem  Felshfigel  von  TiDgoteah,  wo 
jetzt  die  Dagon-Pagode  steht,  ffinf  Lotus-Blnmen  auf.  Sie  öffneten  und  enthüllten 
in  ihrem  Kelch  jede  eine  Tinga  (das  gelbe  Gewand  der  Priester  oder  Pungyi), 
dann  kam  ein  machtiger  Vogel,  der  dort  ein  grosses  Ei  niederlegte,  und  aus  die- 
sem  kam  der  Karawut  hervor,  der  mit  den  fünf  Tingas  zum  Himmel  üog.  Dies 
war  ein  Omen,  die  Erscheinung  der  fünf  Buddha's  in  der  jetzigen  Kalpa  vorher- 
sagend, denn  bald  nachher  kam  die  Zerstörung  der  Welt,  die  in  der  vorigen  Kalpa 
existirte.  Dann  folgten  die  Myriaden  von  Jahren,  welche  die  Vernichtung  dauerte, 
dann  die  Myriaden  der  Wiederherstellung ,  und  zuletzt  stand  die  neue  Erde  da, 
fertig  den  ersten  Buddha  Kekkuttan  zu  empfangen.  Er  legte  auf  dem  Tingoteah- 
Fels  seinen  Stab  nieder,  Gaunagan  sein  Wasserfliter  und  Kattaba  sein  Unterge- 
wand. Zu  Gautama*B  Zeit  wohnte  auf  Tingoteah  ein  riesiger  Skorpion,  so  rie- 
sig, dass  er  jeden  Tag  einen  Elephanten  für  seine  Nahrung  verlangte,  und  die 
Zähne  derselben  waren,  gleich  Pfählen,  um  seine  Höhle  aufgehäuft.  Eines  Ta- 
ges kamen  sieben  Schiffe  der  Kala  (Ausländer)  des  Weges,  und  den  weissen 
Schimmer  des  Elfenbeins  am  Lande  sehend ,  landeten  sie  dort.  Sie  füllten  ihre 
Schiffe  mit  der  kostbaren  Ladung ,  und  waren  in  bester  Arbeit  begriffen,  als  sie 
plötzlich  den  Riesen-Skorpion  auf  sich  zukommen  sahen.  Sie  lösten  in  Eile  ihre 
Schiffe  und  standen  aus  in  See,  aber  siehe  da,  in  der  See  hauste  eine  riesige 
Krabbe  mit  ausgestreckten  Scheeren,  um  Alles  zu  zermalmen,  was  dazwischen 
kam.  Die  Schiffe  passirten  glücklich  in  der  Mitte  hindurch,  ohne  die  Spitzen  der 
Scheeren  zu  berühren,  aber  der  grosse  Skorpion,  der  folgte,  stiess  an  sie  auf 

88* 


516  Beila^ren 

beiden  Seiten  mit  meinem  grossen  Korper,  nnd  die  Krabbe,  ihre  Beute  fühlend, 
kniff  ihn  zu  Tode. 

Nicht  lange  nachher  kreuzte  ein  anderes  Schiff  durch  diese  See.  Zwei 
Brüder ,  Tapoka  und  Pilika ,  die  auf  einer  Handelsreise  im  Wethali-Lande  be- 
griffen  waren,  fühlten  eines  Tages  ihren  Wagen  plötzlich  bewegungslos  nnd  wie 
an  die  Erde  gefesselt.  Sie  konnten  keine  Ursache  entdecken,  aber  während  sie 
darnach  suchten,  stand  der  Nat  (Schutzgott)  des  Grundes  vor  ihnen,  der  die 
Räder  gehemmt  hatte.  Er  sprach  zu  ihnen:  „In  Jenem  Kyaung  (Kloster)  hat 
seit  heute  Shin  >  Gautama ,  Paya- Alaun  (der  embryonale  oder  werdende  Gott) 
seinen  Wohnplatz  aufgeschlagen.  Geht  hin  und  bietet  ihm  Reis  an  aus  eurer 
Ladung  und  ihr  werdet  unermessliches  Verdienst  erwerben.  *"  Die  Brüder  besan- 
nen  sich  nicht  lang  mit  Abschliessung  dieses  guten  Handels,  und  den  Andeutun- 
gen des  Nat  folgend  nahmen  sie  einen  Sack  mit  Reis  und  legten  ihn  demütbig  vor 
die  Füssc  des  noch  unentwickelten  Gottes  in  spe  nieder.  Gautama  würdigte 
ihre  Gabe  des  Empfanges  und  gab  ihnen  fünf  Haare  seines  Hauptes,  mit  der  An- 
weisung ,  sie  auf  dem  Felsen  Tingoteah  niederzulegen  und  eine  Pagode  darüber 
zu  bauen.  Die  mit  diesen  unschätzbaren  Reliquien  beglückten  Brüder  eilten  den 
Auftrag  auszuführen,  aber  sie  fuhren  lange  an  der  Küste  hin,  ohne  dass  ihnen 
Jemand  Auskunft  hätte  geben  können,  wo  sie  Tingoteah  zu  suchen  hätten.  Ver- 
geblich befragten  sie  die  Nats  (Götter) ,  die  Beliis  (Ungeheuer) ,  die  Yekkasas 
(Gespenster),  die  damals  zahlreich  im  Lande  waren,  alle  erklärten  ihre  Unwissen- 
heit. Zuletzt  fühlte  der  Thagyakönig ,  der  ihre  Verlegenheit  sah,  Bfitleid  mit 
ihnen,  er  kam  herab  vom  Himmel  und  erschien  vor  ihnen  in  der  Gestalt  eines  Nat, 
sie  belehrend ,  dass  nur  das  Haupt  des  dortigen  Nats ,  der  alte  Zulu-Xat,  ihre 
Fragen  würde  beantworten  können.  „Aber,  fügte  er  hinzu,  er  hatte  so  lange  in 
der  Welt  existirt,  dass  in  Folge  seines  hohen  Alters  seine  Augenlider  niederge- 
fallen sind  und  er  jetzt  völlig  blind  ist.  Damit  er  euch  von  Nutzen  sei,  niüsst 
ihr  ihn  erst  sehend  machen,  und  das  kann  nur  geschehen ,  indem  ihr  mit  zwei 
starken  Holzbalken  die  über  die  Pupille  niedergefallenen  Augenlider  aufhebt.  ** 
Die  Brüder  suchten  sich  so  ein  Paar  hoher  Bäume  im  Wald  aus,  hieben  sie  um 
und  verfertigten  sich  ein  Paar  dicke  Balken,  mit  denen  sie  weiterzogen.  An  dem 
angezeigten  Platze  fanden  sie  den  bemoosten  Zulu-Nat  und  befragten  ihn  um  den 
Felsbügel  von  Tingoteah.  Doch  er  gebrauchte  seine  Blindheit  als  Vorwand, 
ihnen  nicht  dienen  zu  können ,  und  entschuldigte  sich  nichts  zu  sehen,  da  seine 
Augenlider  seit  lange  herabgefallen  seien.  Die  Brüder  hatten  indess  ihr  Heil- 
mittel dafür.  Sie  pressten  die  Balken  unter  die  Lider  und  hoben  sie  mit  ver- 
einter Kraft  ein  wenig  empor,  so  dass  etwas  Licht  in  die  Augen  fiel.  Zulu  deutete 
dann  mit  der  Hand  die  Richtung  an ,  in  welcher  sie  Tingoteah  finden  würden . 
Sie  folgten  der  Weisung,  fanden  aber  statt  eines  Felshügels  drei,  mit  einem  See 
in  der  Mitte,  und  waren  in  Verlegenheit,  welches  der  richtige  sei.  Der  Thagya- 
könig kam  aufs  Neue  zu  ihrer  Hülfe.  Er  kam  in  der  Nacht  mit  seinen  Nats  vom 
Himmel  herab,  vereinigte  die  drei  Felsen  und  baute  eine  Pagode  über  ihnen.  Er 
verfertigte  dann ,  um  die  Reliquien  darin  niederzulegen ,  ein  goldenes  Boot,  das 


^ 


Beilagen.  517 

bestandig  auf  dem  See  iimherkreiste  und  von  Wasserradern  vertheidigt  war; 
diese  Rader  waren  mit  Schwertern  nnd  Messern  versehen ,  die  nach  allen  Seiten 
hinschlugen  und  sich  ohne  Unterlass  hernmdrehten,  mit  Ausnahme  eines  Augen- 
blickes um  Mittag ,  wo  sie  für  die  kurze  Zeit ,  dass  eine  Frau  gebraucht  einen 
Faden  beim  Spinnen  auszuziehen,  still  stehen. 

In  späteren  Zeiten  hatte  Udiboa ,  König  von  China,  während  seiner  Kriege 
mit  den  Birmanen  ein  grosses  Gelibte  nach  den  heiligen  Reliquien ,  die  in  der 
Dagon-Pagode  Rangun's  niedergelegt  sind.  Er  verfertigte  eine  kunstvolle  Figur 
in  menschlicher  Form  und  gab  ihr  Auftrag,  die  Reliquien  zu  stehlen.  Diese  Figur 
kroch  auf  dem  Bauche  den  Irawaddi  herab,  bis  sie,  in  der  Nähe  von  Rangun,  an 
einem  noch  jetzt  Kemindine  (blick'  und  sieh*)  genannten  Ort  anlangend ,  zuerst 
ihr  Haupt  ein  wenig  erhob  und  auf  die  Pagode  hinblickte.  Aber  die  Pracht  von 
Schwedagon  überwältigte  sie  so,  dass  sie  eine  Minute  zu  lang  im  Anschauen  ver- 
weilte, und  als  sie  nachher  ihre  Hände  nach  den  Reliquien  ausstreckte ,  war  der 
günstige  Augenblick  um  Mittag  vorbei  und  die  drehenden  Messer  schlugen  ihr  den 
Kopf  ab.  Die  Bürger  der  später  erbauten  Stadt  Rangun  haben  dem  schützenden 
Nat  die  Zulu -Pagode  errichtet,  leiten  aber  Jetzt,  um  das  Factum  zu  verhehlen, 
den  N^men  von  den  Tzu  (Domen)  ab ,  womit  der  Platz  fHiher  bedeckt  gewesen. 


Die  Legende  über  die  GrOndung  Pegu's. 


Nach  den  birmanischen  Antoritaten  hat  Gantama  nie  die'  Gegenden  östlich 
vom  Irawaddi  betreten  ,  aber  die  Talein  berichten  von  seiner  Ankunft  in  Malei- 
taun  im  Gefolge  von  40,000  Kahandas  (Heilige).  Diese  Rahandas  waren  die 
40,000  Kaufleute,  welche  zur  Zeit  des  Buddha  Dipingara  die  Puugyi's  mit  Reis 
bewirtheten,  wenn  Gautama  in  seiner  früheren  Existenz  als  Thumeda  mit>  seinem 
Körper  eine  Brücke  bildete ,  worüber  der  Gott  dahinschritt.  Als  Gantama  den 
Irawaddi  überschritt,  war  jenseits  desselben  Alles  noch  ein  weites  Meer,  und  nur 
die  Spitzen  von  sechs  Berggipfeln  ragten  daraus  heiTor,  der  Berg  von  Pabiet, 
von  Sinjai,  von  Sinjaik,  von  Jaiktihoh,  von  Jeikkata  und  von  Bogabin,  und  auf 
Jedem  derselben  hatte  sich  ein  Eremit  niedergelassen.  Als  diese  frommen 
Männer  von  der  Ankunft  des  künftigen  Gottes  hörten,  flogen  sie  (mit  Ausnahme 
des  letzten,  den  Krankheit  verhinderte)  herbei,  ihre  Verehrung  darzubringen,  und 
empfingen  von  Gautama  Reliquien  seiner  Haare ,  um  sie  in  dem  Grundstein  der 
Pagoden  niederzulegen,  die  sich  in  späteren  Zeiten  auf  der  Höhe  ihrer  Berge  er- 
heben sollten. 

Gaufama  wanderte  dann  weiter  mit  seinen  Begleitern  am  Himmelsgewölbe 
dahin,  und  an  der  Mündung  des  Salwehn  anlangend,  rastete  er  auf  einem  Stein, 
wo  jetzt  die  Jeikkamee-Pagode  steht.  Dort  war  es,  wo  ihn  sein  Bruder  befragte, 
ob  er  keine  Prophezeihungen  über  den  Ocean  zu  geben  habe ,  aber  Gautama  ant- 
wortete ,  dass  das  Unendliche  (Ananda)  keine  Messung  zulasse.  Sein  Schüler 
8hin  Maukela  war  mit  dieser  Antwort  nicht  befriedigt  und  schuf  einen  wunder- 
baren Vogel  (einen  Papagei  oderkyek  tejuet),  der  mit  jedem  Schrei  (kyek,  kyek, 
kyek)  sechs  Meilen  weit  zu  fliegen  vermochte.  Aber  keine  Gränzen  des  Meeres 
sehend  ermüdete  der  Vogel  und  fiel  ins  Wasser,  wo  er  umgekommen  sein  würde, 
wenn  nicht  die  Göttin  Mani-megela,  die  Tochter  des  Schutzgottes  der  See,  einen 
grossen  Fisch  geschaffen  hätte,  auf  dessen  Rücken  er  zurückgebracht  wurde. 
Und  so,  fügt  der  Autor  hinzu,  geben  die  Bücher  der  Biimanen  und  Talein  keine 
Bestimmung  über  Länge  und  Breite  des  Meeres. 

Als  Gautama  weiter  zog  und  in  Yaminjatein  anlangte,  blickte  er  aus  der  Höhe 
herab  und  sah  auf  einem  aus  dem  Wasser  hervorragenden  Felsblock  ein  Vögel- 


I 


Beilagen.  519 

paar  sitzen,  die  nnzertrennlichen  Hensa- Vögel.  Er  lächelte,  und  um  die  Ur- 
sache des  Lacheins  von  Ananda  hetngt ,  verkfindete  er ,  dass  auf  diesem  Plati 
einst  die  Re&idenz  eines  mächtigen  Königs  blühen  werde ,  die  ruhmvolle  Stadt 
Ilensawuddi  oder  Pegu. 

Viele  Jahrhunderte  später  fuhr  ein  ausländisches  Schiff  über  die  Meereswfisto 
daliin.  Es  war  von  dem  König  von  Sattula  ausgesandt  und  mit  500  Soldaten  be- 
mannt, um  die  Gränzpfciler  seines  Reiches  zu  stecken.  Sie  sahen  in  der  Mitte 
der  Wellen  eine  wilde  Ente  ihr  Nest  bauen  und  sprachen  zu  einander:  „Seht, 
die  Wasser  beginnen  abzufliessen ,  wie  könnte  sonst  der  Vogel  hier  Land  finden  ? 
Lasst  uns  dort  die  Zeichen  unseres  Kelches  aufstellen  und  die  werdende  Insel  in 
Besitz  nehmen."  So  errichteten  sie  einen  Pfeiler  mit  dem  königlichen  Wappen, 
ihn  sieben  Faden  tief  in  den  Grund  einrammend,  und  berichteten  bei  ihrer  Ruck- 
kehr dem  König ,  der  das  Document  in  den  Archiven  niederlegen  Hess.  Dort 
wurde  es  von  einem  seiner  Nachfolger  gefunden ,  der  ein  Schiff  ausr&stete  und 
dem  Befehlshaber  Auftrag  gab,  nach  Jener  Insel  zu  suchen ,  die  einst  für  ihn  in 
Besitz  genommen  worden  sei ,  und  wo  er  das  königliche  Wappen  finden  werde. 
Den  gegebenen  Directionen  folgend,  gelangten  die  Schiffer  an  die  Stelle  und 
sahen,  wie  überall  das  lehmige  und  schlammige  Land  sich  aus  der  Meeresfläche 
erhob  und  mit  dem  Continent  vereinigte.  Sie  entdeckten  den  Pfeiler  und  fanden 
alle  Zeichen  übereinstimmend  mit  den  ihnen  gegebenen  Beschreibungen ;  aber 
als  sie  Vorbereitungen  trafen,  um  den  Grundstein  zu  der  neu  zu  bauenden  Stadt 
zu  legen,  fanden  sie  in  unerwarteter  Weise  ihr  Recht  bestritten.  Von  allen 
Seiten  sahen  sie  Flösse  auf  sich  zusteuern ,  die  hohe  Häuser  trugen ,  und  die  mit 
dem  Sehlaramwasser  umhertrieben,  die  Flösse  der  Talein,  der  Eingeborenen  des 
Landes,  geführt  von  ihrem  Königsbrüderpaar  Thamala  und  Wimala.  Diese  Ta- 
lein kamen  von  Thatung,  und  das  Folgende  ist  ihre  Geschichte. 

Ais  noch  die  Meereswasser  alle  Lande  bedeckten,  stand  nur  der  Simaikberg 
daraus  hervor,  und  auf  ihm  hatte  sich  ein  frommer  Eremit  niedergelassen.  Eines 
Tages  stieg  aus  der  See  eine  weibliche  Naga-ma  (Drache)  hervor,  welche  die 
Gestalt  eines  schönen  Weibes  angenommen  hatte,  und  in  der  Nähe  der  Zelle  dos 
Einsiedlers  ihren  Wohnplatz  aufschlug,  wo  sie  sich  religiösen  Bussübungen  ergab. 
Ein  Weizza ,  der  sie  auf  seinem  Flug  erspähte ,  kam  zu  ihr  hernieder ,  und  ge- 
fesselt von  ihrer  Schönheit,  verweilte  er  dort  längere  Zeit.  Dann  hatte  er  seine 
Reise  fortzusetzen,  aber  versprach  ihr  alle  sieben  Tage  einmal  zurückzukehren. 
Doch  bei  seiner  Ankunft  im  Hacmawunta  -  Walde  fand  er  den  Ti^aun-Baum,  aus 
dem  gerade  ein  Mädchen  hervorsprosste ,  und  bezaubert  von  den  Reizen  dieses 
himmlischen  Wesens,  vergass  er  seine  wässerige  Liebe  und  blieb  wo  er  war.  Die 
Naga-ma  gebar  aber  im  Laufe  der  Zeit  zwei  Eier  und  kehrte  in  ihre  Heimath  zu- 
rück. Diese  Eier  wurden  von  dem  Eremiten  gefunden  auf  einer  seiner  Wande- 
rungen, und  überrascht  von  ihrer  Grösse  nahm  er  sie  mit  sich  und  legte  sie  in 
seiner  Zelle  nieder.  Dort  brachen  sie  später  auf  und  enthüllten  zwei  Knäbchcn, 
die  von  dem  Eremiten  sorgsam  aufgezogen  und  in  den  Wissenschaften  unter- 
richtet wurden.     Als  sie' aufgewachsen  waren ,   rief  der  Einsiedler  die  Talein 


520  Beilagen. 

nuammen,  die  in  den  Morästen  xentrent  lebten,  lehrte  sie  Ilossc  bauen  mit 
Hänsern  darauf  und  sandte  sie  fort  unter  der  Leituof?  von  Thamala  und  Wimala, 
sich  eine  neue  Heimath  zu  suchen.  So  erreichten  sie  die  neu  werdende  Insel, 
wo  die  Ausländer  (Kala)  von  Sattula  im  J^efprifl'  wareu  eine  Stadt  zu  bauen,  und 
liestritten  ihr  Recht,  da  sie  aus  einem  fremden  Lande  her&bergekommon.  Die 
Kala  deuteten  auf  den  Pfeiler  mit  den  königlichen  Insignion,  den  ihre  Vorfahren 
aufgerichtet,  und  die  Talein,  dieses  Wahrzeichen  sehend,  waren  überführt  und 
wussten  nicht,  was  zu  antworten.  Sie  würden  sich  zurückgezogen  haben,  wenn 
ihnen  nicht  eine  höhere  Hülfe  gekommen  wäre.  Der  Thagya-min  (der  König  der  Nat 
oder  Götter)  blickte  gerade  aus  seiner  himmlischen  Wohnung  auf  die  Erde  nieder, 
und  diesen  Streit  zwischen  den  Kala  und  Talein  bemerkend,  sah  er  %'oraus, 
daas  die  letzteren  verlieren  würden.  So  bescliloss  er  der  schwächeren  Partei 
Hcine  Hülfe  zu  leihen,  und  als  in  der  Nacht  der  Führer  der  Talein  schlaflos  auf 
seinem  Lager  lag,  nahte  er  sich  ihm  und  sprich :  „ Verzage  nicht,  mein  Sohn  l 
Wohl  steht  dort  der  Pfeiler  der  Kala  sieb<;n  Faden  tief  in  die  Erde  eingerammt, 
aber  fordere  sie  auf,  sieben  Faden  tiefer  zu  graben,  und  sie  werden  sieben  goldene 
Schalen  finden,  und  nach  weiteren  sieben  Faden  sieben  eiserne  Haken,  die  Wahr- 
zeichen der  Talein- Race.**  Die  Brüder  thaten  nm  andern  Tage,  wie  ihnen  ge- 
heissen  war ,  und  der  Vorhersagung  gemäss  kam  es  aus.  Sieben  Faden  unter 
dem  Pfeiler  wurden  sieben  goldene  Schalen  gefunden,  und  unter  den  sieben  gol- 
denen Schalen  sieben  Faden  tiefer  sieben  eiserne  Haken ,  die  W^ahrzeichen  der 
Talein -Bace,  und  die  Kala  waren  jetzt  der  geschlagene  Thcil.  Aber  der  Ort 
heisst  seitdem  das  „gestohlene  Land"*,  denu  die  euernen  Haken  viinrcn  dort 
nicht  von  den  Talein  niedergelegt  worden ,  sondern  durch  die  Macht  des  Tha- 
g3'a- Königs,  der  in  Gestalt  eines  Ponnh  oder  Hrahmanen  die  Nachgrabungen  ge- 
leitet hatte.  Die  Talein  machten  sich  Jetzt  ans  Werk,  ihre  Stadt  zu  bauen,  aber 
die  Soldaten  des  Königs  von  Sattula ,  die  sich  fürchteten,  unverriehteter  Sache 
zu  ihm  zurückzukehren ,  baten  um  <^ie  Einräumung  eines  kleinen  Stück  Landes, 
und  erhielten  den  Platz ,  wo  sie  die  Studt  Taniin  (den  spateren  Hafen  Syriam) 
oder  Kalamyo  erbauten.  Die  Talein  gründeten  Hensawuddi  oder  Pegu,  wo 
Thamala  als  erster  König  herrschte.  Später  wurde  er  in  einem  Streit  mit  seinem 
Bruder,  der  dann  selbst  den  Thron  bestieg ,  getödtet,  und  liess  eine  schwangere 
Wittwe  zurück.  Als  diese  ein  männliches  Kind  gebar,  fürchtete  sie  die  Nach- 
stellungen Wimala's  und  liess  es  fortwerfen  auf  einen  Platz,  wo  wilde  Büffel  wei- 
deten. Es  wäre  zertreten  worden ,  aber  Naunkalaun  (die  Königin  der  Büffel) 
n.ihm  es  sorgsam  auf,  nährte  es  mit  ihrer  Milch,  und  schützte  es  gegen  die  andern 
Büffel.  Als  der  Knabe  aufwuchs,  wurde  er  vertraut  mit  dem  Leben  der  Büffel, 
trieb  sich  mit  ihnen  umher  und  bestieg  die  wildesten  ohne  Furcht,  sie  zum  Reiten 
zu  benutzen.  Der  Ruf  des  kühnen  Jünglings  war  bis  in  die  Stadt  gedrungen, 
und  da  Pegu  damals  von  einer  mächtigen  Armee  bedrängt  war ,  die  der  König 
von  Sattula  ausgesandt  hatte,  um  sein  altes  Recht  zu  wahren ,  so  liess  ihn  Wi- 
mala vor  sich  rnfen.  Der  Prinz  kam  zur  Stadt  und  verlangte ,  dass  seine  Büffel 
ungestört  aus  zwei  grossen  Wasserhehältem  In  der  Nähe  des  Thores  trinken 


Beilagen.  521 

könnten,  dann  forderte  er  das  Schwert  and  den  Speer  seines  Vaters  nmd  bestieg 
den  grdssten  seiner  Büffel ,  om  einem  riesigen  Kala  entgegenzutreten ,  der  seit 
längerer  Zeit  täglich  einen  der  Qegner  znm  Zweikampf  herausgefordert  hatte. 
Der  Riese  war  ganz  in  Eisen  gekleidet,  als  er  aber  seinen  Arm  zum  Schlagen  er- 
hob, bemerkte  der  Prinz  die  Yerwnndbare  Stelle ,  wo  die  Gelenke  übereinander 
fassten,  und  sties  seine  Lanze  dort  hinein.  Der  verwundete  Kala  rief  den  Namen 
seiner  Mutter  an ,  an  dem  Platze ,  wo  jetzt  die  Innan  -  Pagode  (amay  lede)  steht, 
und  von  seinem  erschreckten  Pferde  zu  der  Stelle  gebracht,  wo  die  Pagode  von 
Jakkasin  erbaut  wurde,  gab  er  dort  den  Geist  auf.  Nach  seines  Oheims  Wimala 
Tode  bestieg  der  Prinz  den  Thron  von  Pcgu ,  und  errichtete  über  den  Knochen 
seiner  Pflegemutter  eine  Pagode,  die  Pagode  von  KJeiktah. 


•       '  ■• 


Dniok  Ton  Otto  Wigand  in  Leipsig. 


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