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Full text of "Sir Thomas Brownes Religio medici"

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Schonack,  Wilhelm 

Sir  Thomas  Browne s 
Religio  medici 


Sir  Thomas  Brownes 

RELIGIO  MEDICI 

Ein  verschollenes  Denkmai 
des  englischen  Deismus 


von 


Dr.  phil.  Wilhelm  Schonack 


TtfBINGEN 

Verlag  von  J.  C.  B.  MOHR  (Paul  Siebeck) 
1911 


Sir  Thomas  Brownes 

RELIGIO  MEDICI 

Bin  verschollenes  Denkmal 
des  englischen  Deismus 

von 

Dr.  phil.  Wilhelm  Schonack 


TUBINGEN 

Verlag  von  J.  C.  B.  MOHR  (Paul  Siebeck) 
1911 


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9695fll 


^Compilatusa  multis,laudatus  apaucis,sane  iis 
testimoniis  non  ornatus,quibus  ornari  meroit." 

JAG.  FRID.  REBIMANNUS,  nCatalogus  biblio- 
thecae  theologicae  systematico  -  criticus", 
ffildesiae  1731,  Vol.  H,  S.  685. 


Alle  Rechte,  einschliefilich  des  Ubersetzungsrechts, 
vorbehalten 


Meinen  Eltern. 


Vorwort. 


Der  Deismus  gehort  unzweifelhaft  zu  den  inter- 
essantestenPerioden  der  Kirchengeschichte  Englands,  deren 
Studium  infolge  der  so  haufigen  revolutionskirchlichen 
Bestrebungen  und  infolge  der  damit  verbundenen  religiosen 
Aufwallungen,  die  Hoch  und  Niedrig  in  gleichem  Mafie 
ergreifen,  einen  unsagbaren  Reiz,  eine  starke  Anziehungs- 
kraft  auf  einen  jeden  ausiibt,  ja  ausiiben  muB,  der 
fur  kirchliches  und  religioses  Leben  und  Streben  einen 
empfanglichen  Sinn  besitzt.  Der  reformatorische  Drang 
der  Angelsachsen,  der  Trieb,  die  bestehenden  kirchlichen 
Verhaltnisse,  wenn  auch  nicht  zu  zerstoren,  '  so  doch  zu 
modifizieren,  der  uns  bei  all  den  Richtungen,  die  nach  Los- 
16'sung  von  der  englischen  Staatskirche  trachteten  und  noch 
trachten,  von  den  Presbyterianern ,  Independenten  oder 
Congregationalisten  und  Quakern  bis  zu  den  Baptisten 
und  den  anderen  neueren  Sekten,  gleichartig  entgegentritt, 
beherrschte  auch  die  DEISTEN.  Wahrend  aber  die  ,,prin- 
cipal  deistical  writers"  oft  zum  Gegenstand  wissenschaft- 
licher  Darstellungen  und  gelehrter  Untersuchungen  ge- 
macht  wurden,  blieben  THOMAS  BROWNES,  des  Norwicher 
Arztes,  theologische  Leistungen  und  Verdienste  so  gut 
wie  unbeachtet;  nirgends,  weder  in  der  theologischen, 
noch  in  der  medizinhistorischen  Litteratur,  in  die  er  aller- 
dings  kaum  gehort,  —  es  sei  denn,  dafi  ein  Mediziner  An- 


yi  Vorwort. 

lafi  nahm,  sich  iiber  die  so  ganz  andersartigen  Inter. 
essen  seines  friiheren  Fachgenossen  zu  unterrichten  — , 
finden  sich  mehr  als  diirftige  Bemerkungen.  Analysen 
des  Inhalts  seiner  beiden  theologischen  Hauptwerke,  der 
,,Religio  Medici"  (1642)  und  der  ,,Pseudodoxia  Epi 
demic  a"  (1646)  sind  vollends  nirgends  zu  lesen. 

Diese  Liicke  in  der  wissenschaftlichen  Erkenntnis 
einer  der  wichtigsten  religiosen  Stromungen  suchte  der 
Verfasser  auszufullen.  Im  Februar  dieses  Jahres  hielt  er 
in  der  ,,BerMner  Gesellschaft  fur  Geschichte  der 
Naturwissenschaften  und  Medizin"  als  ordentliches 
Mitglied  dieser  Vereinigung  einen  Vortrag  iiber  ,,Sir 
Thomas  Brownes  Religio  Medici",  der  im  Aprilheft 
1911  der  bekanntesten  medizinhistorischen  Zeitschrift 
,,Janus,  Archives  internationales  pour  THistoire 
de  la  Medecine  et  la  Geographic  Medicale",  heraus- 
gegeben  von  den  Proff.  Dr.  A.  W.  NIEUWENHUIS  und  Dr. 
E.  C.  VAN  LEERSUM,  Leiden,  abgedruckt  wurde  und  zu- 
gleich  als  selbstandige  Broschiire  erschien  (Harlem  1911, 
DE  ERVEN  F.  BOHN,  22  SS.  8vo).  Vgl.  dariiber  noch  das 
Referat  in  der  Sonntagsausgabe  der  ,,Vossischen  Zei- 
tung"  vom  12.  Februar  1911,  Nr.  73,  12.  Beilage.  Eine 
Erweiterung  jenes  Vortrags,  der  naturgemafi  nach  der 
medizin-historischen  Seite  hin  gravitierte,  und  zugleich  eine 
Ausgestaltung  in  theologischer  Richtung  stellt  dieses  Buch 
dar,  das  der  Autor  nunmehr  alien  Freunden  kirchenge- 
schichtlicher  Lektiire  zur  geneigten  Beurteilung  iibergibt. 
Von  der  Aufnahme,  welche  das  Werkchen  in  den  Kreisen 
der  ebengenannten  Leser  erfahren  wird,  der  Gelehrten  wie 
derer,  die  aus  allgemeinerem  Interesse  derartige  Schriften 
zur  Hand  nehmen,  wird  es  abhangen,  ob  sich  der  Ver 
fasser  zur  Herausgabe  einer  Ubersetzung  des  nicht  eben 
leichten  Textes  aus  dem  Englischen  ins  Deutsche  und  zu 


Vorwort.  VII 

einer  umfassenden  Betrachtung  der  gesamten  BROWNE  schen 
Theologie,  zu  der  es  der  sorgfaltigen  Sichtung  seiner 
samtlichen  Werke  bedarf,  ermutigen  lafit.  Zur  Steuer  fiir 
die  kritischen  Walfische  sei  zum  Schlufi  noch  bemerkt, 
dafi  die  Zitate  aus  der  R.  M.  in  der  Orthographic  der 
sechsten  Originalausgabe  vom  J.  1669  abgedruckt  sind. 

Berlin,  im  April  1911. 

Dr.  W.  SCHONACK. 


Inhalt. 


Seite 

Vorwort V— VII 

Einleitung :  Die  Stellung  der  Theologie  innerhalb 
der  Wissenschaften  im  Mittelalter,  in  der 
Renaissance  und  in  der  Neuzeit  ....  1 — 4 

Erstes  Kapitel :  Sir  Thomas  Browne.  Sein  Leben 
und  die  Entstehungsgeschichte  der  wReligio 
Medici" 5—12 

Zweites  Kapitel:  Inhaltsanalyse  der  ,,Religio 

Medici" 13—39 

Drittes  Kapitel:  Sir  Thomas  Browne  im  Urteil 
der  zeitgenossischen  und  der  spateren  Theo* 
logen 40 — 53 

Schlufi 54 

Namenregister 55 — 57 


Einleitung. 

Die  Stellung  der  Theologie  innerhalb  der  Wissen- 

schaften  im  Mittelalter,  in  der  Renaissance  und  in 

der  Neuzeit. 

Im  Mittelalter  waren  Theologie  und  Kirche 
Machte,  die  alles,  was  lebte  und  webte,  in  ihren  Bann 
schlugen,  denen  sich  aber  auch  alles   willig  und  in 
glaubiger  Verehrung  zu  ihnen  aufblickend  fiigte.    Im 
offentlichen  Leben,  in  bildender  Kunst  und  Musik,  in 
Wissenschaft  und  Schule,  kurz  iiberall  begegnen  wir 
der  Herrschaft  der  Religion.    Die  Krone  aller  Gelehr- 
samkeit  ist  die  theologische ;  die  iibrigen  Fachwissen- 
schaften  -  -  wir  nennen  besonders  Jurisprudenz  und 
Medizin  —  sind  ihr  untergeordnet,  da  sie  als  »ancillae 
theologize"  gelien.  Von  der  Theologie,  die  als  kanonische 
Blicher  die  kirchlich  autorisierten  Schriften  des  alten 
und  neuen  Testaments  betrachtete,  ging  die  Sitte,  be- 
stimmte  Autoren  als  Richtschnur  fiir  Denken  und  For- 
schen   anzunehmen,  auf   andere    Gebiete   uber.     Die 
Juristen  hatten  ihre  beiden  Corpora,  die  Mediziner 
ihren  Galen  und   Avicenna   (spater   den    Hippo 
crates),  die  Philosophen  der  »Artistenfakultat"  ihren 
Aristoteles.  Was  diese  Manner  gelehrt  hatten,  war 
nicht  allein  die  einzige   Grundlage  fur  jegliche  For- 
schung,  es  durfte  auch  niemand,  wo   es  auch  immer 
sein  mochte,    zu    anderen  Ergebnissen  kommen,   die 
mit  den  Resultaten,  welche  in  jenen  briinstig  verehrten 
Werken  festgelegt  waren,  nicht  ubereinstimmten.  Wohl 

Schonack,  Thomas  Brownes  Religio  Medici.  1 


2    

schwand  vor  dem  leuchtenden  Morgenrot  der  Renais 
sance,  die  uns  neben  der  Wiedergeburt  griechischer 
Dichtung  und  griechischer  Kunst  als  eine  fur  die  Folge- 
zeit  noch  wichtigere  Gabe  die  freie,  durch  Autoritaten 
ungebundene  wissenschaftliche  Forschung  bescherte, 
die  dunkle  Nacht  jener  triiben  ^mittleren  Zeiten"  da- 
hin.  Die  Theologie  mufite  ihre  Herrschergeluste  auf- 
geben,  zum  mindesten  dampfen.  An  ihre  Stelle  trat 
die  Philosophic,  besonders  die  platonische ;  man 
erinnere  sich  der  Griechen  Bessarion  und  Georgios 
Gemistos  Plethon  sowie  der  italienischen  Plato- 
niker  Marsilio  Ficino  und  Pietro  Pomponazzo. 
Die  Autoritat  der  Kirche  wurde  von  verschiedenen 
Gelehrten,  zumal  von  Lorenzo  della  Valle,  stark 
erschiittert.  Befanden  sich  doch  unter  den  italieni 
schen  Humanisten  offenkundige  Heiden,  wie  z.  B. 
Carlo  Marsuppini  von  Arezzo,  Religionspotter 
wie  Luigi  Pulci  (man  gedenke  des  frechen  Glaubens- 
bekenntnisses  Morgantes  in  PulcisEpos:  „!!  Mor- 
gante  maggiore",)  und  Feinde  des  Monchtums  wie 
Francesco  Poggio.  Die  Stimmen  der  wenigen 
Frommen,  eines  Pico  della  Mirandula,  eines  Ja- 
copo  Sannazaro,  verhallten  wirkungslos  in  dem 
Gewirr  der  gegnerischen  Aufierungen.  Auch  die  Zu- 
stande  am  papstlichen  Hofe,  zumeist  wahrend  der 
Regierung  Leos  X.  (1513—1521)  -  Bibbiena  und 
Sadoleto!  --  erweisen  deutlich  genug  die  damalige 
Ohnmacht  der  Theologie.  Aber  sobald  nach  der  Re 
formation  bei  den  Protestanten,  nach  der  Gegenrefor- 
mation  bei  den  Katholiken  ein  tieferes  religioses  Leben 
erwacht  war,  als  in  jener  glanzvollen,  anderen  Zielen 
zugewandten  Epoche  der  Erneuerung  des  gesamten 
geistigen  Lebens  und  Strebens  sich  hatte  entfalten 


konnen,  da  tauchte,  anfangs  leise  und  tastend,  dann 
immer  energischer  und  sicherer  auch  der  nie  vollig 
verstummte  Anspruch  von  Theologie  und  Kirche,  im 
Geistesleben  eine  prominente  Stellung  einzunehmen 
und  ihm  genaue  Direktiven  zu  erteilen,  wieder  auf. 
Wohl  erlangten  in  der  Neuzeit  beide  niemals  ihre 
voile  Bedeutung  wieder;  zu  stark  hatte  das  Autodafe, 
das  in  der  Renaissance  iiber  sie  hereingebrochen  war, 
gewirkt.  Die  Wissenschaften  als  solche  blieben  von 
der  Theologie  frei.  Aber  schon  der  Umstand,  dafi 
das  Lehramt  an  hoheren  Schulen  fiir  die  meisten  Be- 
werber  nur  ein  (jbergang  zu  dem  ertragreicheren  und 
sozial  geschatzteren  geistlichen  Beruf  war  und  es  bis 
zum  Ende  des  18.  Jahrhunderts  blieb,  sowie  die  Tat- 
sache,  dafi  ein  Student  der  klassischen  Philologie 
sich  als  Theologe  immatrikulieren  lassen  mufite  — 
ein  Bann,  den  erst  der  gefeierte  Neuhumanist  und 
Schopfer  der  klassischen  Altertumswissenschaft  im 
modernen  Sinne,  Friedrich  August  Wolf,  end- 
gtiltig,  wenn  auch  nicht  als  erster,  gebrochen  hat 
—  kennzeichnen  die  hohe  damalige  Bedeutung  der 
Theologie.  Diese  Wissenschaft  wurde  zudem  —  und 
damit  kommen  wir  zu  dem  charakteristischen  Mo 
ment  —  die  Lieblingsbeschaftigung,  der  sich  bedeu- 
tende  Forscher  und  Gelehrte,  darunter  solche,  denen 
die  Welt  unermefiliche  Fortschritte  verdankt,  in  ihren 
Mufiestunden  hingaben,  ohne  sich  darum  in  ihrer 
Fachwissenschaft  beirren  zu  lassen.  Hatte  schon  zu 
Ausgang  des  Altertums  Nonnos  von  Panopolis 
neben  sein  umfangreiches,  die  homerische  Ilias  um 
das  doppelte  iibertreffende  heidnische  Epos,  die  »Dio- 
ny  siaka",  eine  christliche  Metaphrase  des  Johannes- 
evangeliums  gestellt,  was  Wunder,  dafi  die  Gelehrten 


vom  16.  bis  18.  Jahrhundert  emsig  Theologie  neben 
ihrem  zum  Lebensberuf  gewahlten  Wissenszweige  be- 
trieben  und  sich  in  ihr  auch  literarisch  betatigten. 
Es  gentigt,  an  den  Mathematiker  und  Naturforscher 
Isaak  Newton,  der  sich  im  Greisenalter  tiefen  Spe- 
kulationen  uber  die  mystische  Apokalypse  widmete, 
und  an  den  Juristen  und  Staatswissenschaftler  Johann 
Stephan  Putter  zu  erinnern,  der  neben  seinen 
historischen  und  juristischen  Schriften  in  seinen  beiden 
Werken:  wDer  einzige  Weg  zur  wahren  Gluckselig- 
keit"  (Gottingen  17763)  und:  »Die  christliche  Religion 
in  ihrem  wahren  Zusammenhange  und  in  ihrer  Vor- 
trefflichkeit  vorgestellt"  (Gottingen  1779),  Biicher  ver- 
offentlichte,  die  deutlich  genug  sein  religios-theolo- 
gisches  Interesse  bekunden.  Andere  Namen  waren 
leicht  zu  nennen,  jeder  weifi  aus  seinem  Gedachtnis 
heraus  solche  anzufiihren. 


Erstes  Kapitel. 

Sir  Thomas  Browne.    Sein  Leben  und  die  Ent- 
stehungsgeschichte  der  ,,Religio  Medici". 

Unsere  Untersuchung  gilt  jedoch  nicht  einem  Ge- 
lehrten  des  18.  Jahrhunderts,  sondern  einem  hervor- 
ragenden  englischen  Arzte  des  17.  Jh.,  dem  Sir  Thomas 
Browne.  Auch  an  seiner  literarischen  Produktion  er- 
kennen  wir  unmittelbar  den  nicht  geringen  Einflufi,  den 
die  Theologie  in  seiner  Zeit  ausiibte,  ja  in  noch  starke- 
rem  Mafie,  als  dies  bei  den  oben  genannten  Mannern 
der  Fall  war.  Denn  jene  opferten  auch  auf  dem  Altar 
ihrer  Wissenschaft  und  bereicherten  sie  mit  vielen 
neuen,  z.  T.  unverganglichen  Erkenntnissen ;  Browne 
aber  hat  kein  einziges  medizinisches  Werk  hinter- 
lassen.  Seine  Haupttatigkeit  als  Schriftsteller  war 
eben  der  Theologie  zugekehrt.  Dieser  auffallende  Vor- 
gang  durfte  sich  aber  nicht  allein  (nach  dem  Wort 
des  amerikanischen  Theologen  Cotton  Mather  (1663 
bis  1728)1)  aus  der  ^angelical  conjunction  of  medicine 
and  divinity"  im  16.  und  17.  Jahrhundert  erklaren, 
sondern  vielmehr  aus  der  Herzensneigung  und  geistigen 
Grundstimmung  des  Verfassers.  Ein  wenig  umfang- 
reiches  Buch,  die  »Religio  Medici"  (London  1642), 
war  es,  das  mit  einem  Schlage  seinen  literarischen 
Ruhm  unter  seinen  Landsleuten  und  seinen  auswartigen 

1)  Zitiert  in  dem  Auf satz  von  William  Osier  wAn  Adress  on  Sir 
Thomas  Browne";  i.  d.  ,,British  Medical  Journal",  Okt.  21,  1905, 
S.  993  am  Anfang. 


Zeitgenossen  begriindete.  Von  ihm  allein  werden  wir 
im  folgenden  ausfiihrlich  zu  reden  haben,  da  wir  sein 
spater  (1646)  erschienenes  Hauptwerk,  die  wPseudo- 
doxia  Epidemica  or  Enquiries  into  vulgar 
and  common  errors"  hier  aufier  acht  lassen. 
Schicken  wir,  ehe  wir  an  die  Analyse  der  »Religio 
Medici"  herantreten,  zuvor  ein  kurze  Ubersi  cht  iiber 
das  Leben  unseres  Arztes  und  eine  knappe  Dar- 
stellungder  Entstehungsgeschichte  des  vortreff- 
lich  gedachten  und  geschriebenen  Traktates  voraus. 
Sir  Thomas  Browne1)  wurde  am  19.  Okt.  1605 
zu  London  geboren.  Er  besuchte  die  Schule  zu  Win 
chester,  studierte  alsdann  zu  Oxford  in  ^Broadgate 


1)  Man  vgl.  iiber  ihn  die  genaueren  Ausfiihrungen  in  Zedlers 
wGrofiem  vollstandigen  Universallexikon  aller  Wissenschaften  und  Kiinste" 
(Bd.  IV,  Leipzig  1733,  Sp.  1492  b);  J.  S.  Erschs  und  J.  G.  Grubers 
MAllgemeine  Encyclopaedic  der  Wissenschaften  und  Kiinste"  (Bd.  13, 
Leipzig  1824,  S.  108),  die  ^Biographic  Universelle"  in  der  ersten 
(Bd.  VI,  S.  61—63,  Paris  1812)  und  in  der  zweiten  Ausgabe  (Bd.  V, 
Paris  1843,  S.  653  Sp.  2  —  S.  653  Sp.  2),  die  Biographia  Britannica" 
(Bd.  2,  London  1780,  S.  627—637)  und  die  ^Encyclopaedia  Britan- 
nica"  (Bd.  IV,  9.  Aufl.,  Edinburgh  1876,  S.  389  Sp.  2  —  S.  390  Sp.  2), 
Anthony  Wood,  ^Athenae  Oxonienses",  Bd.  II,  London  1721, 
Sp.  713—715.  KnappereAngaben  siehe  in  den  medizin-historischenLexicis: 
Joh.  Gottlieb  Stolle,  ^Medizinisches  Gelehrten-Lexikon",  Jena  1740 
S.  140  (derselbe  auch  in  seiner  wAnleitung  zur  Historic  der  medizinischen 
Gelahrtheit",  Jena  1731,  §  203,  S.  236);  N.  F.  J.  Eloy,  wDictionnaire  de 
la  medecine  ancienne  et  moderne",  Mons  1778,  Vol.  I,  p.  458 — 459: 
Dezeimeris,  Ollivier  et  Raige-Delorme,  wDictionnaire  historique 
de  la  m<§decine  ancienne  et  moderne",  Paris  1828,  Vol.1,  p.  535-536; 
die  ^Biographic  Medicale",  Paris  s.  a.  Vol.  Ill,  S.  7— 8;  Gurlt 
und  Hirsch,  ,,Biographisches  Lexikon  der  hervorragendsten  Arzte  aller 
Zeiten  und  Volker",  Bd.  I,  Wien  und  Leipzig  1884,  S.  589;  siehe  aufier- 
dem  Jocher,  wAllgemeines  Gelehrten-Lexikon",  Bd.  I,  'Leipzig  1750, 
Sp.  1407,  die  wNouvelle  Biographic  Generale"  (Bd.  7,  Paris  1853, 
Sp.  555);  die  Konversationlexika  von  Brockhaus,  Herder,  Meyer, 
Pierer;  endlich  die  von  Samuel  Johnson  veriafite  Biographic:  vor 
derWilkinschen  Br.-Ausgabe  Bd.  I,  S.  IX— XXXVI. 


—    7    — 

Hall",  dem  sogen.  ^Pembroke  College",  und  erlangte 
dort  1626  die  Wurde  eines  B.  A.  und  1629  die  eines 
M.  A.  Nach  Beendigung  dieser  damals  ublichen  Vor- 
studien  in  der  philosophischen  Fakultat  begann  er 
ebenda  Medizin  zu  studieren.  Mehrere  Jahre  brachte 
er  auf  Reisen  in  Frankreich,  Italien  und  Holland  zu,  um 
seine  medizinischen  Kenntnisse  durch  Horen  von  Vor- 
lesungen  auslandischer  Beruhmtheiten  seines  Faches, 
besonders  in  Montpellier  und  Padua,  zu  bereichern; 
1633  promo vierte  er  zu  Leiden  -  -  wie  u.  a.  ein  Jahr- 
hundert  spater  der  hervorragende  Grazist  JohannJa- 
cob  Reiske  —  zum  Dr.  med.  Von  seinen  Reisen  zu- 
riickgekehrt,  praktizierte  er  kurze  Zeit  in  London,  auch 
zu  Shibdan-Hall  bei  Halifax.  Dort  schrieb  er  wahr- 
scheinlich,  nach  Wilkins1)  Meinung,  die  wReligio 
Medici"  zwischen  1633  und  1635.  Sein  eigentliches 
Ansehen  als  Arzt  erwarb  er  sich  aber  in  Norwich, 
wo  er  seit  1637,  45  Jahre  lang,  bestandig  lebte.  Seine 
Erfolgeverschafften  ihm  1665 — wie  auch  spater  seinem 
in  der  Medizin  um  seiner  Entdeckungen  (z.  B.  der 
Exzitabilitatslehre)  willen  beruhmteren  Namensvetter 
John  Brown  (1735 — 1788)  die  Ernennung  zumEhren- 
mitgliede  des  Medizinalkollegiums  in  London  ^hono 
rary  fellow  of  the  royal  college  of  Physicians").  1671 
wurde  er  von  Konig  Karl  II.  in  den  Ritterstand  er- 
hoben.  Er  starb  am  19.  Oktober  1682  nach  einem 
ruhigen,  der  arztlichen  Praxis  und  mannigfachen 
Studien  gewidmeten  Leben  in  seiner  zweiten  Heimat 

1)  Vgl.  die  Einleitung  zur  R.  M.  im  II.  Bande  der  dreibandigen 
Ausgabe  der  Samtl.  Werke  Brs.  von  Simon  Wilkin,  London  1852, 
S.  294;  auch  H.Gardiner  in  der  Praef  atio  zu  seiner  Edition  der  R.  M.; 
London  1845,  S.  V  und  J.  Knott  im  ^Dublin  Journal  of  Medical  Science", 
Okt.  2,  1905,  S.  243. 


Norwich,  das   Muster   eines  wahren,  dem    unruhigen 
Getriebe  des  Lebens  abgewandten  Gelehrten. 

Unter  seinen  Schriften  1st  die  beruhmteste  die 
»Religio  medici",  verfafit  in  englischer  Sprache.i) 
Interessant  ist  die  Entstehungsgeschichte  dieses 
Buches,  die  aus  dem  zu  Anfang  stehenden  Brief- 
wechsel  des  Verfassers  mit  seinem  literarischen 
Gegner  erhellt.  1642  namlich  erschien  gegen  den 
Willen  des  Urhebers  die  R.M.  im  Drucke,  nach  einem 
unvollstandigen  und  ihm  abhanden  gekommenen  Ma- 
nuskripts).  Als  Th.  Browne  erfuhr,  dafi  ein  anderer 
namhafter  Schriftsteller  jener  Tage,  Kenelm  Digby 
(1603 — 1665)3),  Anmerkungen  dazu  herauszugeben  ge- 
dachte,  teilte  er  ihm  brieflich  diesen  Sachverhalt 
mit*)  und  fiigte  hinzu,  er  habe  uberhaupt  nicht  beab- 
sichtigt,  diese  »zu  seiner  eigenen  Ubung«5)  verfafite 
Schrift  zu  veroffentlichen :  jetzt  sei  er  genotigt,  es  zu 

1)  Der  Titel  verfiihrt  zu  der  Meinung,   als    liege   ein   lateinisch 
geschriebenes  Buch  vor;    fiir  ein   solches  mufi  es  H.  Weingarten  ge- 
halten  haben,  da  er  in  seinem  Werke  iiber  die  wRevolutionskirchen  Eng- 
lands",  Leipzig  1868,  S.  307—311  immer  lateinische  Zitate  aus  der  R.  M. 
gibt,  wahrend   er    die    Schriften   anderer  Deisten    englisch   zitiert.     Der 
englische  Titel  ,,Physicians  religion",  der  einzig und  allein  in  der 
,,Nouvelle   Biographic    Generale"    (Bd.  7,  Paris    1853,    Sp.  555) 
vorkommt,  existiert  nicht,  auch  nicht  als  sogen.  Unter-  oder  Nebentitel. 

2)  Die  Berliner  Kgl.  Bibliothek  besitzt  ein  Exemplar  dieser  sehr 
seltenen  Ausgabe  unter  der  Signatur  Dd  5410. 

3)  Verfasser  mehrerer  philosophischer  Werke,  z.  B.  ,,A  Treatise  on 
the  nature  of  Bodies",  »ATr.  declaring  the  operations  and  nature  of 
man's  soul"  (beide  aus  dem  Jahre  1644). 

4)  Alle     in     dieser     Abhandlung     unter     dem     Text    vermerkten 
Stellen  aus  der  R.  M.  sind  absichtlich  der  6.  Originalausgabe,   die 
1669  —  also   zu  Lebzeiten    des    Autors  —   in  London  erschien,    nicht 
einer  neueren  Edition,    entnommen;    wenn   es   nicht  anders   angegeben 
ist,  ist  immer  der  I.  Teil  gemeint. 

5)  Vgl.  Vorrede  I:  ,,In  my  private  study  and  as  an  exercise  unto 
myself";  ahnlich  Vorrede  IV:  ,,For  my  private  exercise  and  satisfaction". 


tun,  um  zu  zeigen,  wie  sehr  der  Text  der  ersten  un- 
autorisierten  Ausgabe  gelitten  habe.  Aus  der  Antwort 
Digbys  ersehen  wir,  dafi  dieser  von  dem  Graf  en 
von  Dorset  auf  das  Buch  aufmerksam  gemacht  und 
zugleich  aut'gefordert  worden  war,  es  mit  seinen  An- 
merkungen  zu  begleiten;  fur  die  Lektiire  und  die 
Niederschrift  der  Noten  hatte  er  kaum  24  Stunden 
Zeit  gehabt1).  Diese  Angaben  des  Verfassers  iiber 
die  Entstehung  des  Werkes  werden  von  ihm  in  einer 
anderen  Vorrede2)  bestatigt;  wir  horen  hier  nur 
noch,  dafi  er  sich  bei  seiner  Abfassung  keines  Buches 
bedient  habe,  mit  dem  er  seine  Gedanken  hatte  for- 
dern  oder  seinem  Gedachtnis  hatte  zu  Hilfe  kommen 
konnen.  Zugleich  weist  er  den  Leser  darauf  hin,  dafi 
er  in  diesem  Buche  friihere  Gedanken  ausspreche, 
die  schon  darum  nicht  beanspruchten,  als  unwandel- 
bares  Gesetz  fur  alle  Zeiten  zu  gelten;  im  Gegenteil, 


1)  Diese  offenkundige  Prahlerei  wegen    seiner    Leistungsfahigkeit 
im   Studieren    und  Meditieren   trug   ihm  von  seinen  Zeitgenossen  den 
Ehrentitel    ,,the     very    Pliny    of    our    age    for    lying"    ein    (vgl. 
,,The    Dublin    Journal    of -Medical    Science"    1905   a.  a.  0.  S.  244). 
William    Osier,    Regius    Professor  of  Medicine  in  Oxford,   macht  in 
seinem  Br.  gewidmeten  Artikel  (,,An  Adress  on  Sir  Thomas  Browne", 
delivered  at  the   Physical   Society;    in:    wThe  British  Medical  Journal", 
Okt.  21,  1905,  S.  993—998)  a.  0.  S.  995  die  launige  Bemerkung:    wSir 
Kenelm  holds  the  record  for  reading  in  bed". 

2)  Vgl.  Vorrede  IV :  To  the  Reader :    „!  had  not  the  assistance  of 
any  good  book  ....  not  an  immutable  law  .  .  .    therefore  are    many 
things  delivered  Rhetorically,  many  expressions  therein  meerly  Tropical 
.  .  .  all  that  is  contained  therein,  is  in  submission  unto  maturer  dis 
cernments".  Mit  diesen  letzten  Worten  vgl.  man  das  Ende  des  Schlufi- 
kapitels  von  Teil  1    (c.  60,  S.  126):     ,,This  is  the  Tenor  of   my  belief; 
wherein,  though  there  be  many  things   singular,  and  to  the  humour  of 
my  irregular  self;  yet  if  they  square  not  with  maturer  judgements, 
I  disclaim  them,  and  do  no  further  favour  them,  than  the  learned  and 
best  judgements  shall  authorize  them". 


—    10 

manch  rhetorisch  verbramter  Ausdruck  sei  weder 
wortlich  zu  nehmen  noch  genau  zu  priifen. 

Aus  diesem  Bekenntnis  scheint  eine  gewisse  Be- 
sorgnis  zu  sprechen:  und,  wenn  wir  spater  die  Wir- 
kungen,  die  das  kostbare  Werk1)  in  der  Heimat  des 
Autors  und  in  anderen  Kulturlandern  ausiibte,  auf- 
weisen  werden,  dann  wird  man  unschwer  erkennen, 
dafi  die  latente  Beklemmung,  die  aus  jener  Aufierung 
Brownes  herausklingt,  der  Berechtigung  nicht  ent- 
entbehrte.  Denn  manch  sonderbarer  Ausdruck,  manche 
paradoxe  Wendung2),  manche  offen  ausgesprochene, 
der  herrschenden  Geistesrichtung  zuwidere  Meinung 
konnten  Mifif  alien  erregen,  ja  dem  Verfasser  gefahr- 
lich  werden. 

Dafi  dem  so  ist  und  in  des  Autors  Zeit  so  sein 
mufite,  wird  ein  genauer  Uberblick  iiber  den  In- 
halt  der  wReligio  Medici"  lehren;  wir  werden 
ihn  nicht  so  gestalten,  dafi  wir  dabei  die  Reihenfolge 
der  Kapitel3)  —  bei  Browne  der  »Sektionentt  —  ein- 


1)  wLibellus  mole  exiguus ,  acuraine  vastus"  nennt  es  Jac. 
Frid.  Reimmannus  (wHistoria  Universalis  Atheism!  et  Atheorum", 
Hildesiae  1725,  p.  446).  Auch  das  von  D.  Lam  bin  us  auf  das  Lexikon 
des  Suidas  angewandte  Wort  wpecus  aurei  velleris"  diirite  hier  passen. 

2}  Vgl.  das  i.  g.  wenig  giinstige  Urteil,  das  Kippis  in  der  nBio- 
graphia  Britannica"  (Bd.  n,  London  1780,  S.  637)  aus  ahnlichen 
Griinden  iiber  ihn  gefallt  hat:  ,,It  abounds  with  week  and  undigested 
notions  and  suppositions.  Endued  with  a  vigorous  fancy,  and  possessed 
of  multifarious  reading,  the  author  throws  out  at  random  whatever  oc- 
cours  to  him,  and  treats  on  a  variety  of  topics  which  he  hat  not  ma 
turely  considered".  Auch  in  der  wEncyclopaedia  Britannica"  a.  a. 
O.  S.  390  heifit  es:  WA  mind  like  this  is  a  psychological  curiosity". 

3)  Die  Inhaltsangabe  schliefit  sich  im  wesentlichen  an  einen  in 
der  Februarsitzung  der  nBerUner  Gesellschaft  fur  Geschichte  der  Natur- 
wissenschaften  und  Medizin"  im  Jahre  1911  gehaltenen  Vortrag  an,  der 
im  Aprilheft  der  in  Holland  erscheinenden  medizin-historischen  Zeit- 
schrift:  rJanus,  Archives  internationales  pour  1'Histoire  de 


—  11  — 

halten.  Ein  solcher  Gang  ware  bei  einem  nach  festem 
Plane  wie  aus  einem  Gusse  geschaffenen,  auf  streng 
logischer  Gliederung  beruhenden  Werke  moglich.  In 
der  R.  M.  aber  haben  wir  es  mit  einzelnen  Gedanken, 
wenns  hoch  kommt,  mit  einzelnen  Gedankengangen 
zu  tun,  die  nur  lose  zusammenhangen  *),  so  dafi  wir 
zwar  blitzartig  aufleuchtende  Apergus  tiber  alles,  was 
mit  der  Religion  in  irgend  einer  Beziehung  steht,  vor 
uns  haben,  aber  kein  geschlossenes  religionsphiloso- 
phisches  System.  Daher  miissen  wir  auch  bei  der 
Darstellung  des  Gedankeninhaltes  den  Weg  einschla- 

la  Medecine  et  la  Geographie  Medicale",  15.  Jahrg.  1911  (S.  A.: 
Harlem  1911,  22  SS.  8.)  abgedruckt  ist;  doch  fehlen  dort  neben  manchen 
Anderungen  im  einzelnen  die  Zitate  aus  dem  Original.  Auch  die  theo- 
logische  Litteratur  iiber  Th.  Browne  ist  an  jener  Stelle  nicht  be- 
riicksichtigt  worden. 

1)  Was  dabei  herauskommt,  wenn  man  sich  oberflachlich  an  die 
Kapitelfolge  anschliefit,  mag  ein  Abschnitt  aus  der   Vorrede  (§  4)  von 
Venzkys  deutscher  Ubersetzung  der  R.  M.  (Prenzlau  und  Leipzig  1746, 
jetzt  ganz  veraltet)  lehren :  BEr  ging  mit  allerlei,  auch  bosen  Leuten  um, 
weil    er    sich   mehr  fur   sein  innerh'ches  Verderben  als  fiir  den  aufier- 
lichen  Gift  fiirchtete.  Kurz,  er  war  in  alien  Fallen  vergniigt  und  tat  ein 
zuversichtliches  Abendgebet"     (Soil  die  Ubersicht  der  Kap.  10—12  des 
II.  Teiles  sein) !    Das  Werk  bediirite  einer  neuen,  wort-  und  sinngemafien 
Ubertragung,  wie  sie  dem  Verfasser  im  Ms.  vorliegt. 

2)  Das  zeigen  z.  T.  Widerspriiche  in    unmittelbar    aufeinander- 
folgenden  Kapiteln.     So  behauptet    er  c.  13,  S.  26,  von  metaphysischen 
Spekulationen  iiber   das  Wesen  Gottes  halte  er  sich  fern;    er   begniige 
sich  damit,  die  Einwirkungen    Gottes  auf  seine   Geschopfe  und  in  der 
Natur  zu  entdecken.  C.  15  aber  bezeichnet  er  es  als  Eigentumlichkeit  der 
heidnischen  Theologie,   Gott  in  der  Natur  zu   suchen,  wahrend  die 
Christen   dies  unterlassen.     Am  Schlufi  des   16.  Kap.  nennt  er  hin- 
wiederum  in  seiner   manchmal   recht   pragnanten,   dafiir    aber   um  so 
wirksameren  Schreibart  die  Natur    wdie  Kunst  Gottes"  (S.  34 :    wNature 
is  the  Art  of  God").     Zur  Sache  vgl.  das   treffende  Urteil   Hermann 
Weingartens   in    seinem  Buche:    wDie   Revolutionskirchen  Englands. 
Ein  Beitrag  zur  aufieren  Geschichte  der  englischen  Kirche  und  der  Re 
formation",  Leipzig  1868,  S.  307:  wKein  systematischer  und  consequenter 
Denker". 


—     12    — 

gen,  dafi  wir  Brownes  Anschauungen  iiber  bestimmte 
religiose  Fragen  und  zugleich  iiber  bestimmte  Reli 
gions-  und  Kultusformen  aus  dem  Buche  herausschalen 
und  ubersichtlich  zusammenstellen.  Wir  werden  dabei 
durch  gelegentliche  Nebenbemerkungcn  erfahren,  dafi 
Browne  ein  Arzt  war,  der  zur  Veranschaulichung 
mancher  Behauptungen  Beispiele  aus  seiner  Praxis 
anfiihrt.  Kamen  diese  seltenen  Falle  nicht  vor,  dann 
freilich  wiirden  wir  eher  einen  Religionsphilosophen 
oder  einen  Theologen  von  Fach,  als  einen  Mediziner 
zu  horen  meinen. 


Zweites  Kapitel. 
Inhaltsanalyse  der  ,,Religio  Medici". 

Wir  basieren  tmsere  Inhaltsubersicht1)  auf  den 
ersten  Hauptteil  des  in  zwei  Abschnitte  zerf alien- 
den  Werkes,  well  der  Verfasser  sich  dort  am  ausfiihr- 
lichsten  iiber  seinen  religiosen  Standpunkt  aufiert,  und 
ziehen  Angaben  aus  dem  zweiten  Teile,  der  mancherlei 
Betrachtungen  iiber  vielerlei  Gegenstande  enthalt,  nur 
bisweilen  und  adminikulierend  heran. 

Es  ist  klar,  dafi  wir  zuerst  die  Frage  aufwerfen 
und  beantworten  miissen,  welchem  Religionsbe- 

1)  Eine  genaue  Analyse  des  Inhalts  der  R.  M.  fiillt  elne  Liicke  in 
der  wissenschaftlichen  Erkenntnis  der  Entwicklungsgeschichte  des  Deis- 
mus  aus.  Denn  weder  Bernhard  Piinjer,  ,,Geschichte  der  christlichen 
Religionsphilosophie",  Bd.  I,  S.  221—222,  Braunschweig  1880,  noch  H. 
Weingarten,  ,,Revolutioiiskirchen  usw."  a.  a.  0.  S.  308— 311  [nur  52 
Zeilen  iiber  die  R.  M.!]  noch  M.  I.  Mi  Is  and,  ,,Th.  Browne,  le  medecin 
philosophe  de  Norwich.  Une  Epoque  de  transition  scientifique"  (Revue 
des  deux  Mondes,  Bd.  14,  S.  653—656  [Keine  Inhaltsang. !]  Paris  1858) 
geben  hier  hinreichende  Auskunft,  abgesehen  von  ihren  Fehlern  und 
Irrungen.  Auch  die  S.  6  Anm.  1  aufgezahlten  Werke  lassen  samt- 
lich  eine  geschickte  Inhaltsangabe  vermissen.  G.  V.  Lechler,  wGe- 
schichte  des  englischen  Deismus",  Stuttgart  und  Tubingen  1841,  nennt 
S.  123  nur  den  Namen,  H.  Hettner,  ,,Litteraturgeschichte  des  18.  Jahr- 
hunderts"  I.  Teil  ,,Geschichte  der  englischen  Litteratur3"  Braunschweig 
1872,  erwahnt  S.  37  nur  Brownes  wPseudodoxia"  und  zwar  voriiber- 
gehend.  Auch  Benjamin  Ward  Richardson  will  in  dem  Aufsatz 
wSir  Thomas  Browne,  M.  D.  and  the  wReligio  Medici"  (in 
dem  lesenswerten  Werke:  ,,Disciples  of  Aesculapius",  Bd.  II, 
S.  636 — 655,  London  1910)  nur  ,,the  mental  construction"  geben  (vgl. 
S.  649).  Vgl.  iibrigens  noch  die  theologischen  Litteraturnachweise  gegen 
Ende  S.  49-53. 


—    14    — 

kenntnis  Browne  angehort.  Unser  Autor,  der  sich 
am  liebsten  als  Christen  und  nur  als  einen  sol- 
chen1),  ohne  Festlegung  auf  die  Dogmen  irgend  einer 
der  vielen  Religionsgemeinschaften  oder  Sekten,  be- 
zeichnete,  bekennt  sich  bald  zu  Anfang  zur  wrefor- 
mierten,  neugereinigten  Religion"2)  und  schrankt 
diese  Aussage  im  ftinften  Kapitel  noch  dadurch  ein, 
dafi  er  die  anglikanische  Hochkirche  als  die- 
jenige  bezeichnet,  der  er  eidlich  und  durch  Unterschrift 
ihrer  Artikel3)  verpflichtet  sei.  Die  offene  Erklarung 
der  Zugehorigkeit  zu  einem  bestimmten  Bekenntnis 
bedeutet  bei  ihm  sehr  viel;  erklart  er  doch  gleich  in 
den  ersten  Zeilen  der  R.  M.,  dafi  die  Welt,  d.  h.  die 
Leute  oder  seine  Mitbiirger,  aus  drei  Griinden  annehmen 
konnten,  er  habe  iiberhaupt  keine  Religion.  Von  diesen 
drei  Griinden  ist  besonders  der  erste  fiir  den  Sprecher, 
noch  mehr  aber  fiir  die  Anschauung  der  damaligen  Zeit 
iiber  den  Arztestand  charakteristisch :  wDer  allge- 
meine  Anstofi,  den  mein  Beruf  erregt"  (the  general 
scandal  of  my  profession).  Weniger  auffallend  sind 
die  beiden  andern4),  ,,den  naturlichen  Verlauf  seiner 
Studien  und  die  Indifferenz  seines  Betragens  sowie 
seiner  Unterredungen  in  Sachen  der  Religion"  be- 
treffend.  Von  einer  Indifferenz  miifite  man,  wenn  man 


1)  Vgl.  c.  2,  S.  2 :     »0f  the  same  belief,  that  our  Saviour  taught, 
the  Apostles  disseminated,  the  Fathers  authorized,  and  the  Martyrs  con- 
irmed".    Diese  nennt  er  c.  25,  S.  56  ,,die  einzigen  Muster  der  Tapferkeit". 

2)  Vgl.  c.  2,  S.  2 :  ,,To  be  particular,  I  am  of  that  reformed  new- 
cast  religion". 

3)  Man  lese  diese  39  Artikel  in  einem  zu  Ende  des  17.  Jahrh.  er- 
schienenen  Werke,  in  Heinrich  Ludolf  Benthems  ,,Engellandischem 
Kirchen-  und  Schulen-Staat",  Liineburg  1694,  S.  78—98. 

4)  C.  1,  S.  1:  ,,The  natural  course  of  my  studies;  the  indifferency 
of  my  behaviour  and  discourses  in  matter  of  religion". 


—    15    — 

sich  in  jene  Zeiten  der  allmachtigen  Orthodoxie  ver- 
setzt,  aber  auch  wegen  seiner  Anschauungeniiber 
andere  Religionsgemeinschaften  reden.  Der 
rechte  Lutheraner  und  der  echte  Calvinist  jener  Tage 
bewiesen  ihre  Rechtglaubigkeit  und  ihre  Anhang- 
lichkeit  an  die  von  ihnen  erwahlte  Religionsiibung 
dadurch,  dafi  sie  sich  gegen  einander  und  gegen  andere 
christliche  Bekenntnisse  ablehnend  verhielten;  davon 
finden  wir  aber  bei  Browne  keine  Spur.  Vielmehr 
horen  wir  oft  Ausspriiche,  die  von  einer  dazumal  un- 
gewohnlichen  Toleranz  zeugen. 

Dies  trifft  besonders  fiir  die  katholische  Religion 
zu,  mit  der  er  sich  im  dritten  Kapitel  ausfuhrlich  be- 
schaftigt.  Er  kann  kein  heftiger  Gegner  von  ihr  sein, 
da  sich  die  Reformation  nur  von  ihr  aus  entwickelt, 
aber  sich  nicht  gegen  sie  gewendet  habe1);  zudem 
hatten  beide  Kirchen,  die  reformierte  und  die  katho 
lische,  einen  Namen,  eine  Benennung  und  einen  Grund- 
stock  von  Prinzipien  gemeinsam2).  Er  geht  sogar  bis- 
weilen  in  katholische  Kirchen,  da  ein  iiberzeugtes 
Gewissen  Gott  iiberall  anbeten  konne3).  AuBerordent- 
lichen  Eindruck  auf  sein  Gemiit  macht  die  Ave-Maria- 
Glocke,  der  er  manche  Erhebung4)  verdankt.  Uber 
Pilger  und  Monche  zu  lachen,  diinkt  ihn  unfein, 
Schmahungen  gegen  den  romischen  Bischof  erscheinen 


1)  Vgl.  c.  3,  S.  3:    ,,We  have  reformed  from  them,   not   against 
them". 

2)  Vgl.  c.  3,  S.  4 :    ,,There  is  betwixt  us  one  common  name,  and 
appellation,    one  faith,    and   necessary    body  of  principles    common  to 
us  both". 

3)  Vgl.  c.  3,  S.  4 :    „ A  resolved  conscience  may  adore  her  Creator 
any  where". 

4)  Vgl.  c.  3,  S.  5 :  „  J  could  never  hear  the  Ave-Maria-Bell  without 
an  elevation". 


—    16    — 

ihm  ungehorig1);  ja  er  hat  sogar  geweint2),  wenn 
seine  Gefahrten  liber  eine  Prozession  spotteten.  Nur 
den  Reliquien,  die  er  »piae  fraudes"  nennt3),  vermag 
auch  er  bei  aller  Nachsicht  gegen  katholische  Riten 
keinen  Geschmack  abzugewinnen. 

Dafi  es  aber  mit  seiner  Toleranz  nicht  allzu  gut 
steht,  zeigen  schon  hier  einige  AuBerungen,  aus  denen 
der  Stolz  des  evangelischen  Christen  hervorleuchtet : 
wenn  der  Katholiken  Andacht  in  einer  katholischen 
Kirche  Gott  beleidige,  so  konne  ihm  vielleicht  die 
seine  ge fallen.  Dennoch  scheint  er,  wie  einst  Jo 
hannes  zur  Zeit  des  Urchristentums,  seinen  Glaubens- 
genossen  in  umfassenderem  Sinne,  den  Christen,  ein 
»Kindlein,  liebet  einander"  zuzurufen.  Ermahnt  er 
doch  die  Christen,  sich  nicht  wegen  einzelner  Unter- 
schiede  in  den  Bekenntnissen  gegenseitig  das  Himmel- 
reich  streitig  zu  machen4).  Nur  einer  Religionsgemein- 
schaft  hat  er,  der  so  tolerant  scheinende  Arzt,  Fehde 
bis  aufs  Messer  geschworen,  den  Juden,  hierin  ganz 
ein  Kind  seiner  Zeit5).  Uber  sie  ergeht  er  sich  nicht 

1)  Vgl.  c.  5 ,   S.  8 :    ,,To   whom   ...  we    owe    the  dutie  of  good 
language". 

2)  Vgl.  c.  3,  S.  6:   ,,J  have  wept  abundantly". 

3)  Vgl.  c.  28,  S.  62. 

4)  Nur  in  diesem,  doch  wahrlich  nicht  schlechten  Sinne  kann  man 
ihn  einen  wlndifferentisten"   nennen,  wie  es   die  Herausgeber  der 
Frankfurter  und  Leipziger  Edition  1692  getan  haben;  ich  entnehme  diese 
Angabe  dem  wFreydenker-Lexicon"  von  Jo h.  Anton  Trinius,  Leipzig 
und  Bernburg  1759,  S.  121,   da  mir  jene  Ausgabe  selbst  nicht  zugang- 
lich  war.    Von  „ modifications  qu'il  apportait  dans  divers  points  de 
croyance  de  1'eglise  anglaise"  (so:  Dezeimeris,  Ollivier  et  Raige- 
Delorme:  wDictionnaire  historique  de  la  medecine  ancienne  et  moderne", 
Tom.  I,  Paris  1828,  S.  256)  kann  keine  Rede  sein. 

5)  Daher  sind  die  Worte  von  M.  du   Petit  Thouars   (denn  dies 
ist  nach  Simon  Wilkin  i.  d.  Preface  zur  Ausgabe  der  Samtl.  Werke 
Brownes,  Bd.  I,  London  1852,  p.  VI,  Anm.  3  der  Name  des  Verfassers 


—    17    — 

nur  in  ablehnenden,  sondern  in  verdammenden,  selbst 
in  schmahenden  Worten.  Es  geniigt  ja  eigentlich,  urn 
die  engen  Grenzen  seiner  Toleranz  zu  erweisen,  schon 
die  am  Anfang  des  54.  Kapitels  stehende  Bemerkung: 
»Nur  wer  an  Christus  glaubt,  kann  selig  werden"*). 
Doch  klingt  sein  Urteil  iiber  die  Mohammedaner,  die 
er  bemitleidet2),  —  nur  von  ihrem  Koran  will  er  durch- 
aus  nichts  wissen^)  --  sehr  viel  milder  als  das  iiber 
die  Israeliten;  fragt  er  doch:  »Was  gibt  es  Schlimmeres 
als  die  Juden"?4).  Anderswo5)  nennt  er  sie  ,,die  ver- 
achtliche  und  entartete  Nachkommenschaft  Jacobs", 
bezeichnet  sie  als  ,,halsstarrig«  6)  und  tadelt  die  Zahig- 
keit,  mit  der  sie  ihrem  Glauben  anhangen  —  mit  einer 
charakteristischen  Nebenbemerkung?).  Die  Sonnen- 
finsternis  beim  Tode  Jesu  leugnen  zu  wollen,  gilt  ihm 
als  »jtidische  Unverschamtheit"  »).  Wir  sehen  also,  dafi 
seine  Behauptung  zu  Anfang  9),  er  verteidige  weder 

des  Browne-Artikelsin  der  «Biographie  Universelle,  Ancienne 
et  Moderne",  Tom.  VI,  Paris  1812,  S.  61—63)  nicht  ganz  richtig  (a. 
0.  S.  61):  MTout  indique  un  homme  bien  eloigne  de  1' intolerance : 
partout,  au  contraire,  une  douce  philanthropic  se  fait  sentir  .  ." 

1)  Vgl.  c.  54,  S.  116:  wThere  is  no  Salvation  to  those  that  believe 
not  in  Christ". 

2)  Vgl.  c.  1,  S.,2:  ^Rather  to  hate  than  pity  Turks". 

3)  Vgl.  c.  23,  S.  52—53 :   ,,The  Alcoran  of  the  Turks  ...  is  an  ill 
composed  piece,  containing  in  it  vain  and  ridiculous  errors  .  .  .  impos 
sibilities,  fictions,  and  vanities  beyond  laughter  .  ." 

4)  Vgl.  c.  1,  S.  2:  ,,(What  is  worse)  Jewes?" 

5)  Vgl.  c.  25,   S.  55:    ,,That    contemptible    and    degenerate    issue 
of  Jacob". 

6)  Vgl.  c.  25,.  S.  56:  ,,The  Jew  is  obstinate  in  all  fortunes". 

7)  Vgl.  a.  0.  S.  55:  wThis  is  a  vice  in  them,  that  were  a  vertue 
in  us". 

8)  Vgl.  c.  29,  S.  64:    ,,The  Jews  .  .  .  have  the    impudence,   to 
deny  the  Eclipse". 

9)  Vgl.  c.  1,  S.  1 :    ^Neither  vidently  Defending  one,  nor  with  that 
common  ardour  .  .  .  Opposing  another". 

Schonack,  Thomas  Browne s  Religio  Medici.  2 


—    18    — 

heftig  die  eine '  Partei,  noch  trete  er  einer  anderen 
eifrig  entgegen,  nur  in  einer  Hinsicht,  den  christlichen 
Bekenntnissen  gegeniiber,  der  Wahrheit  entspricht; 
den  ihm  verhafiten  Juden1)  gegeniiber  bedient  er  sich, 
um  die  am  Anfang  des  zehnten  Kapitels  stehende 
AuBerung  hierfiir  umzubiegen,  seines  Glaubens  nicht 
als  eines  »Schildestt,  sondern  als  eines  wSchwertesa, 
als  einer  ^Schneide"2).  Immerhin  ist  es  fur  sein  Zeit- 
alter  viel,  dafi  er  sich  als  Gegner  der  Verfolgungen 
Andersglaubiger  bekennt3).  Wenn  er  die  Sekten 
fur  krankhaft  halt4),  so  werden  wir,  die  wir  nicht 
allein  in  England  und  Amerika,  den  eigentlichen 
Herden  neuer  Sekten,  sondern  auch  oft  in  unserem 
Vaterlande  dergleichenMifibildungen  erleben,  ihm  hier- 
in  Recht  geben. 

Hatte  er  sich  als  Angehoriger  der  reformierten 
anglikanischen  Hochkirche  bekannt,  auch  aus  dem 
Grunde,  weil  der  Name  „  Christ"  zu  allgemein5)  ge- 
worden  sei,  so  meinte  er  damit  doch  nur  seinen  An- 
teil  an  der  vom  englischen  Staate  anerkannten  Re- 
ligionsgemeinschaf t ;  dafi  er  nebenher  seine  eigenen 
Wege  geht,  dafi  er  seine  eigenen  Gedanken 
und  Uberzeugungen  besitzt,  wird  uns  bei  dieser 


1)  In  der  ^Geschichte  des  christlichen  Antisemitismus"  (S.  153  bis 
259),  die    einen  Teil   des  Werkes   von  Dr.  Heinrich  Graf  Couden- 
hove  wDasWesen  des  Antisemitismus  "  bildet  (Berlin  1901),  ist  Browne 
nicht  erwahnt.  Dies  Buch  ist  iiberhaupt  nur  ein  quasi-wissenschaftliches, 
geboren    aus    einer  zu    weitgehenden    Irenik   und   bestimmt,    die    sehr 
zweifelhafte  These  zu  erweisen,  dafi  der  A.  ein  wAusflufi  des  religiosen 
Fanatismus"  sei. 

2)  Vgl.  c.  10,  S.  18:  ^Buckler  .  .  .  sword  .  .  .  edge". 

3)  Vgl.  c.  25,  S.  56:    ^Persecution  is  a  bad   and  indirect  way 
to  plant  Religion". 

4)  Vgl.  c.  7,  S.  14:  Diseased  affections". 

5)  Vgl.  c.  2,  S.  2 :  ,,too  general  to  express  our  Faith". 


—    19    — 

Griiblernatur,  die  dem  Irdischen  bisweilen  allzu  abge- 
wandt  erscheint,  nicht  wundernehmen.  Er  verschweigt 
auch  in  der  R.M.  nicht  seine  Religion;  denn  man 
beachte  es  wohl:  alles,  was  er  vorbringt,  sind  indi- 
v  i  d  u  e  1 1  e  AuBerungen  eines  durchaus  selbstandigen 
Geistes,  die  darum  auch  nur  fiir  ihn  Bedeutung 
haben.  Wir  haben  es  mit  der  ^Religion  eines  Arztes", 
eben  des  Th.  Browne,  zu  tun,  nicht  mit  der  ^Re 
ligion  d  e  s  Arztes",  d.  h.  mit  religiosen  Vorschriften, 
die  Browne  auch  fiir  andere  Berufsgenossen  als  all- 
gemein  giiltig  betrachtete;  es  ist  demnach  fiir  den 
bestimmten  Artikel  der  unbestimmte  zu  setzen1). 

1)  Falsch  ist  es,  das  Buch  als  ein  allgemein  gehaltenes  religioses 
Handbuch  zu  betrachten,  wie  dies  z.  B.  ein  gewisser  Reginaldus 
Bokenham  tat  in  dem  zweiten  seiner  beiden  Gedichte  rln  Religionem 
Medici  Latinitate  donatam"  (vor  der  lateinischen  Ubersetzung  der  R.  M. 
von  Johannes  Merry  weather,  Lugd.  Bat.  1650)  S.  7,  v.  2:  BHic 
Enchiridion  Relligionis  habes".  Auch  der  nach  Angabe  von  Jacob 
Friedrich  Reimmann  in  seiner  wHistoria  Universalis  Atheismi  et  Athe- 
orum",  Hildesiae  1725,  S.  446  von  weinigen"  der  R.M.  verliehene  Ehren- 
titel  einer  wMedicina  religion  is"  ist  nur  ein  rhetorisches  Wortspiel, 
ohne  den  wahren  Sachverhalt  zu  bezeichnen.  (Einen  ahnlichen  Ge- 
danken  aufiert  B.  W.  Richardson  ,,Disc.  of  Aesc."  II,  a.  a.  0.  S.  646: 
wlt  is  ...  the  physician  of  religion").  Dieser  ist  bereits  richtig  er- 
kannt  worden  in  der  wBiographie  Universelle",  Paris  1812,  Bd.  VI, 
a.  a.  0.  S.  61:  ,,Ce  n'est  pas,  comme  le  titre  pourrait  le  faire  croire,  une 
suite  des  preceptes,  ou  1'  expose  des  principes  de  morale  et  de  la 
doctrine  de  tout  un  corps,  mais  une  espece  de  profession  d' un 
seul  individu"  und  in  der  wAllgemeinen  Encyclopaedic  der  Wissen- 
schaften  und  Ktinste"  von  Ersch  und  Gruber,  Bd.  13,  Leipzig  1824, 
S.  108:  wSein  erstes  .  .  .  Werk  R.  M.  enthalt  nicht  .  .  .  religiose  Vor 
schriften  fiir  den  Arzt,  sondern  sein  individuelles  Glaubensbekenntnis". 
Diese  Erkenntnis  liegt  auch  in  dem  von  Ferdinand  Gebauer  (wMis- 
cellan.  phys.  med.  math."  1728  m.  Jan.  p.  1153)  falschlich  als  richtig 
angenommenen  Titel:  wTh.  Browne,  Angli  Medici,  Religio"  fur  wTh. 
Browne  Angli,  Medici  Religio".  Vgl.  endUch  B.  W.  Richardson, 
^Disciples  of  Aesculapius",  Bd.  II,  a.  a.  0.  S.  643:  ,,It  was  an  exposition 
of  the  faith  of  a  physician". 

2* 


20    — 

Vernehmen  wir  zuerst  drei  Irrtumer--so 
erschienen  sie  spater  dem  gereiften  Manne  —  an 
denen  er  in  seiner  Jugend  festhielt,  trotzdem  diese 
Anschauungen  von  den  Konzilien  *)  verworf en  waren. 
Mil  den  Arabern  glaubte  er,  dafi  die  Seelen  nach  dem 
Tode  mit  den  Leibern  dahinschwanden ,  aber  am 
jiingsten  Tage  wieder  auferstanden,  mit  Origenes,  daS 
Gott  seine  Rache  nicht  ewig  an  den  Siindern  auslassen, 
sondern  die  Verdammten  nach  einiger  Zeit  aus  dem 
Martyrium  erlosen  werde;  sein  dritter  Irrtum  war  die 
Meimmg,  dafi  eine  Fiirbitte2)  fiir  die  Verstorbenen 
von  Nutzen  sei  (dies  alles  erfahren  wir  aus  dem  sie- 
benten  Kapitel).  Diese  Satze3)  hielt  er,  nachdem  er 
sie  als  falsch  erkannt  hatte,  nicht  hartnackig  fest, 
sondern  liefi  sie  unmerklich  in  sich  absterben;  folgt 
er  doch  in  Glaubenssachen  lieber  den  gebahnten 
Pfaden,  als  dafi  er  heftig  disputiert4).  In  spateren 
Jahren  reizen  seine  Gedanken  besonders  drei  geheim- 
nisvolle  Dogmen  des  Christentums :  die  Dreieinigkeit, 
die  Menschwerdung  Jesu,  die  Auferstehung  von  den 
Toten.  All  dies  steht  ihm  fest  und  warum?  Weil  der 


1)  C.  7,  S.  13;  c.  8,  S.  16  meint  er,  trotz  alien  Beschliissen  der  K. 
seien  wmany  things  untouch'd". 

2)  Vom  B  e  t  e  n  redet  er  oft:  Er  betet  beim  Erklingen  der  Toten- 
glocke  fiir  gute  Freunde  (c.  7,  S.  14);    er  geht  nie  zu  einem  Patienten, 
seinen  Leib  zu  heilen,  ohne  zugleich  fiir  seine  Seele  zu  beten    (Tl.  IIf 
c.  6,  S.  148) ;  wenn  er  sein  Abendgebet  gesprochen  hat,  dann  schliefit  er 
seine  Augen  sicher  (Tl.  II,  c.  12,  S.  170);  kann  man  einen  Bettler  nicht 
mit  einer  Gabe  unterstiitzen,  dann  spreche  man   wenigstens  ein  Gebet 
fiir  seine  Seele  (Tl.  II,  c.  13,  S.  173). 

3)  C.  7,  S.  13—14  gebraucht  er  dafiir  die   Worte:    ,,Bare    Errors, 
and  single  Lapses  of  my  understanding". 

4)  Vgl.  c.  6,  S.  9 :  „!  have  no  Genius  to  disputes  in  Religion"  und 
c.  6,  S.  11:  »In  Divinity  I  love  to  keep  the  road". 


—    21    — 

Glaubige  denken  mufi  wie  Tertullian1):  „ Credo, 
quia  impossibile  est".  Wer  alles  sehen  will,  ehe  er  es 
glaubt,  folgt  der  Uberredung2). 

Diese  f lache  Anschauung  von  den  religiosen  Dingen 
1st  um  so  verwunderlicher,  als  die  tief  sten  Geheimnisse 
unserer  Religion  durch  die  Vernunft  bestatigt  werden. 
Mit  dem  Worte  ^reason"  sind  wir  an  einem  Angel- 
punkte  des  religiosen  Denkens  unseres  Verfassers  an- 
gelangt.  Dennoch  ist  er,  entgegen  so  manchen  theo- 
logischen  Autoren  seiner  Zeit,  nicht  von  ihrer  abso- 
luten  Kraft,  alle  inneren  Zweifel3)  zu  losen,  iiberzeugt. 
Wo  die  Schrift  schweigt,  folgt  er  der  Kirche,  wo  beide 
verstummen,  der  Vernunft 4).  Ist  dieser  eine  Aufgabe 
zu  schwer,  so  unterwerfe  sie  sich  dem  Glauben;  bis- 
weilen  halt  er  fur  wahr,  was  seiner  Vernunft  nach 
falsch  ist  und  handelt  ihr  somit  strikte  entgegen  5). 
Dennoch  hiite  man  sich,  GottesWerk,d.i.  die  Schopfung, 
mit  grober  bauerischer  Bewunderung6)  zu  verehren; 
Untersuchungen  anzustellen  und  sich  bei  diesen  der 
Vernunft  zu  bedienen,  ist  eine  Pflicht  des  Verstandes, 
die  wir  Gott  schuldig  sind.  Wer  aber  in  seinen  Nei- 
gungen  nur  der  Vernunft  folgt,  ist  kein  Christ,  die 

1)  Das  hier  von  Browne,  aber  auch  von  uns  (wcredo,  quia  ab- 
surdum!")  immer  falsch  zitierte  Wort  mufi  heifien:  ,,credibile,  quia 
ineptum  est"  (Tert.  de  sarce  Christi  5  =  Migne,  Patrol.  Lat.  II,  806). 
Vgl.  die  Nachweise  bei  Biichmann,  —  Robert  —  tornow  —  Ippel23 
Berlin  1907,  S.  434. 

2)  Jene  Dreiheit  heifit  bei  Br.  c.  9,  S.  17:  Trinity,  Incarnation,  Re 
surrection. 

3)  C.  19,  S.  42  aufiert  er  die  denkwiirdigen  Worte:   seine  Zweifel 
babe  er  iiberwunden  wnot  in  a  martial  posture,  but  on  my  knees". 

4)  Vgl.  c.  5,  S.  8 :    „ Where  the  Scripture  is  silent,  the  Church  is 
my  Text;  .  .  .  where  there  is    a  joynt  silence  of  both,  I  borrow  .  .  . 
the  dictates  of  my  own  reason". 

5)  Vgl.  c.  10,  S.  20:   Contrary  the  Reason". 

6)  Vgl.  c.  13,  S.  27:  wWith  a  gross  rusticity  admire  his  works". 


—    22    — 

Theologen  wiirden  einen  solchen  doch  nur  einen  Heiden 
nennen1).  Es  gilt  vielmehr  --  und  das  ist  auch  das 
Ziel,  dem  Browne  zustrebt  --  eine  'Versohnung  an- 
zubahnen  zwischen  den  drei  widerstrebendenFaktoren: 
Neigung  (d.  h.  Gemiitsbewegung),  Glaube  und  Ver- 


Wir  sehen  also:  die  Vermmft  spielt  bei  ihm  trotz 
gelegentlicher  freierer  Aufierungen  keine  so  grofie  Rolle, 
dafi  sie  als  alleiniger  Leitstern  in  religiosen  Fragen  zu 
gelten  hatte  ;  sein  Glaube  ist  stark  genug,  gelegent- 
lich  auftauchende  Zweifel  zu  iiberwinden.  Es  ist  nur 
ein  Zeichen  seiner  Bescheidenheit,  wenn  er  am  Ende 
des  ersten  Teiles  daran  verzweifelt,  den  wahren  Glau- 
ben  zu  besitzen  und  niedergeschlagen  ausruft:  »Unser 
Glaube  ist  entweder  gar  nichts  oder  beinahe  nichts"3). 
Bekennt  er  doch,  dafi,  trotzdem  er  viele  Biicher4),  auch 
antichristliche  und  religionsfeindliche,  wie  den  ,,Libei 
de  tribus  impostoribus"5),  gelesen  hat,  nichts  den  Glau- 
ben  in  ihm  habe  ersticken  konnen6).  Er  mufi  freilich 


1)  Vgl.  T1.II,  c.  2.  S.  131:    Divinity  will  still  call  us  Heathens". 

2)  Vgl.  c.  19,  S.  41 :   ,,Affection,  Faith,  Reason". 

3)  Vgl.  c.  60,  S.  126:  ,,Surely  that  which  we  boast  of,  is  not  any 
thing,  or  at  the  most,  but  a  remove  from  nothing"  (sc.  faith). 

4)  In  c.  24  spricht   er   sich  auBerst  ungiinstig  iiber  sie   aus,  wie 
man  aus  einer  kurzen  Zusammenfassung   des  Inhalts  entnehmen  mag: 
Er  ist  nicht  einverstanden  mit  denen,  die  den  Verlust  einiger  Zeilen  des 
Cicero   oder  der  Bibliothek   von  'Alexandrien  beklagen:    wFor  my  own 
part,  I  think  there  be  too  many  in  the  world"  (S.  54).    Fur  einige  ver- 
lorene  Werke  Salomos  wiirde  er  die  ganze  vatikanische  Bibliothek  hin- 
geben;  auch  eine  Abschrift  von  Henochs  Saulen  (aus  Joseph  us,  Antiqq. 
Judaic.  1.  I,  c.  3)  wiirde   er  nehmen.     Launig   klingen    auch   die    Worte 
S.  54:     nSome  men  have  written  more  than  others  have  spoken". 

5)  Seinen    Verfasser   bezeichnet   er   als   „  villain   and  secretary  of 
Hell"  (c.  20,  S.  45). 

6)  ttberall,  wo  er  auf  den  Glauben  zu  sprechen  kommt,  wie  auch 
aus    seinem    gesamten  religiosen  Bekenntnis  in  der  R.  M.  erkennt  man 


zugeben,  dafi  es  in  der  Heiligen  Schrift  Geschichten 
gibt,  welche  an  Unwahrscheinlichkeit  noch  die  Fabeln 
der  Dichter  iibertreffen,  z.B.  die  Erzahlung  von  Simson; 
aber  auch  diese  kann  auf  Wahrheit  beruhen,  wenn 
Gottes  Allmacht  dabei  im  Spiele  war1). 

Diese  Eigenschaft  Gottes  hebt  er  auch  sonst  ruh- 
mend  hervor;  so  betont  er  einmal  nachdriicklich,  Gott 
konne  alles,  ihm  sei  kein  Ding  unmoglich;  richtet  er 
irgend  etwas  nicht  aus,  dann  will  er  es  nicht2).  Gottes 

den  tiefen  Ernst  seiner  Worte.  Vollkommen  berechtigt  ist  daher  das 
Urteil  Samuel  Johnsons:  BIt  is  no  difficult  to  task  to  replace  him 
among  the  most  zealous  professors  of  Christianity",  das  John  Knott 
(,,The  Dublin  Journal  of  Medical  Science",  1905  a.  a.  0.  S.  243)  ^highly 
refreshing"  nennt.  Von  absichtlicher  Ironie  ist  keine  Spur  vor- 
handen;  es  mufi  dies  wegen  der  unrichtigen  Angabe  in  der  „  Bio  gra 
phic  medicale",  Tom.  Ill,  Paris  s.  a.  S.  8:  ,,11  s'exprime  sur  plusieurs 
points  de  croyance  avec  une  espece  d'ironie"  ausdriicklich  festgestellt 
werden.  Richtiger  sagt  Johann  Georg  Theodor  Graesse  in  seinem 
umfangreichen  nLehrbuch  der  allgemeinen  Literargeschichte  aller  bekannten 
Volker  der  Welt",  (Bd.  Ill,  2.  Abteilung,  Leipzig  1853  —  ,,Das  17.  Jahr- 
hundert  in  seinen  SchriftsteUern  und  ihren  Werken")  iiber  diesen  Punkt : 
wEinige  Zweifler  wagten  die  Behauptung  aufzustellen,  es  sei  in  der 
R.  M.  eine  solche  Frommigkeit  und  eine  solche  glaubige  (Jberzeugung, 
dafi  man  dieselbe  nur  fur  eine  Ironie  halten  konne"  (S.  412—413).  Man 
bedachte  eben  nicht,  dafi  eine  freiere  Anschauung  von  den  religiosen 
Dingen  sich  sehr  wohl  mit  wahrer  innerer  Frommigkeit  vereinen  kann. 

1)  Gottfried  Arnold  in  der  ,,Fortsetzung  und  Erlauterung  oder 
Dritter  undVierdterTheil  der  unpartheyischen  Kirchen-  und  Ketzerhistorie", 
(Frankfurt  a.  M.  1729,  Bd.  Ill,  Kap.  8,  §  29,  S.  81)  verteidigt    Browne 
gegen  den  Vorwurf  des  Atheismus.  Aber  so  richtig  diese  Verteidigung  ist 
und  so  gut  der  vortreffiiche  alte  Kirchenhistoriker  es  meinte,  seine  Be- 
griindung    zeigt,  dafi    er    selbst  die  R.  M.  nicht  gelesen  haben  kann. 
Derm  Arnold  behauptet,  Browne  habe  an  der  oben  genannten  Stelle 
hinzugesetzt,    ,,wenn    namlich   rohe  und  unerleuchtete   Gemiiter  solche 
Dinge  lesen".    In  Wahrheit  aber  steht  a.  0.  c.  21,  S.  46:    ,,Yet  is  all  of 
this  (sc.  Simson)  of  an  easie  possibility,  if  we  conceive  a  divine    con 
course,  or  an  influence  from  the  little  finger  of  the  Allmigthy". 

2)  Vgl.  c.  27,  S.  62:    ,,He  will  not  perform  many  things'-;    man 
vgl.  damit  auch  c.  13,  S.  26:  ,,His  actions  springing  from  his  power,  at 
the  first  touch  of  his  will". 


24     

Allmacht  versinnbildlicht  sich  uns  in  den  Wundern, 
die  von  Menschen,  natiirlich  nur  unter  Ein-  und  Mit- 
wirkung  Gottes,  noch  jetzt  getan  werden  konnen;  wir 
haben  sie  alsdann  als  waufierordentliche  Wirkungen 
gottlicher  Hand"  zu  betrachten1). 

Viel  of ter  gedenkt  er  eines  anderen  Attributs  Gottes, 
seiner  W  e  i  s  h  e  i  t.  In  sie  sich  geistig  zu  versenken, 
erquickt  seinen  Verstand,  wahrend  die  Ewigkeit  Gottes 
ein  sein  Denken  verwirrendes  Gefuhl  in  ihm  auslostS). 
Die  Weisheit  ist  Gottes  schonste  Eigenschaft3);  wah 
rend  ihm  nichts  verborgen  bleibt,sind  seine  Ratschliisse 
und  Plane  fur  den  Menschen  unfafibar.  Diese  Weisheit 
of f enbart  sich  uns  Menschen  in  der  Natur.  Unsere  Auf- 
gabe  ist  es — man  denke  dabei  an  des  theologisierenden 
Astronomen  Camille  Flammarion  weitverbreitetes 
Buch  ,,Dieu  dans  la  nature"  -  -  Gottes  Spuren  in  ihr 
zu  suchen4),  die  wir  z.  B.  in  dem  Wirken  der  Bienen  - 
unwillkiirlich  erinnert  man  sich  an  Maurice  Maeter 
linck  s  Beobachtungen  in  seinem  schonen  Buche:  »La 
vie  des  abeilles"  (1901)  -  -  Ameisen  und  Spinnen  er- 
kennen  konnen ;  die  Bildung5)  dieser  kleinen  Tiere  musse 
man  mehr  bewundern  als  die  grofien  Wunderwerke 

1)  Vgl.  c.  27,  S.  61 :    ,,Extraordinary  effects  of  the  Hand  of  God". 
Eine  solche  Aufierung  ist  wohl  mehr  als  ,,haltlose  Halbheit",  wie  Bern- 
hard  Piinjer,  ,,Geschichte  der  christlichen  Religionsphilosophie  seit  der 
Reformation",  Bd.  I,  Braunschweig  1880,  S.  221  Brownes  Ansicht  von 
den    Wundern    nennt.     Man    kann  ihn   aber  auch  nicht  mit  Lindner, 
wLehrbuch  der  christlichen   Kirchengeschichte.     Mit  besonderer  Beriick- 
sichtigung  der  dogmatischen  Entwicklung"  Bd.  Ill  2,  Leipzig  1854,  S.  286 
einen  ,,Vorlaufer  der  natiirlichen  Wundererklarung"  nennen. 

2)  Vgl.  c.  11,  S.  20:    ,,Wisdom  and  Eternity:     with  the  one  I  re 
create,  with  the  other  I  confound  my  understanding". 

3)  Vgl.  c.  13,  S.  24:    ,,Wisdom  is  his  most  b  eauteous  Attribute". 

4)  Vgl.  c.  13,  S.  26 :   ^Discover  those  expressions  he  has  left  in  his 
creatures",  s.  aber  dagegen  die  Anm.  2  auf  S.  11! 

5)  Vgl.  c.  15,  S.  30:  wThe  civility  of  these  little  Citizens". 


-     25 

der  Natur,  die  Wale  und  die  Elephanten.  Alles,  was  in 
der  Natur  geschieht,  sind  »Werke  Gottestt;  durch  sie 
selbst  geschieht  nichts,  da  Gott  auch  der  Sonne  ihren 
Lauf  bestimmt  hat.  Schriebe  man  der  Naturkraft 
irgend  eine  Handlung  zu,  so  wiirde  man  die  Ehre  des 
Werkmeisters  auf  das  Werkzeug  iibertragen1).  Gott 
ist  die  wahre  und  untriigliche  Ursache  des  Alls2).  Aber 
nicht  nur  die  Natur3)  ist  Gott  untertan;  auch  derMensch 
ist  von  ihm  abhangig,  Gottes  Weisheit  bestimmt  die 
Lange  seiner  Tage4).  Ihr  entstammen  auch  die  man- 
cherlei  Leiden  und  Plagen,  die  Gott  iiber  den  Menschen 
verhangt;  sie  erweisen  sich  schliefilich  als  Proben  seiner 
Zuneigung5).  Erftir  seine  Person  fiirchtet  zwar  Gott,  aber 
erschrickt  nicht  vor  ihm6);  andrerseits  liebt  er  auch 
Gott,  da  die  Liebe  sich  immer  auf  etwas  Unsichtbares 
richtet;  nur  die  Liebe  zu  Gott  veranlafit  uns,  unseren 
Nachsten  zu  helfen7). 

Der  herrlichste  AusfluG  seiner  Weisheit  aber  ist 
die  Vorsehung8);  dies  Attribut  Gottes  tritt  besonders 
in  Kraft  bei  dem  Unerklarlichen,  das  wir  das  ^Gliick" 
(fortune)  oder  ,,Zufall"  (chance)  nennen.  Die  unerhoffte 
Erlosung  aus  den  Fahrlichkeiten  des  Lebens,  die  einen 
Menschen,  aber  auch  ein  ganzes  Volk  treffen  konnen 


1)  Vgl.  c.  15,  S.  33:   wTo  ascribe  his  actions  unto  her,  is  to  devolve 
the  honour  of  the  principal  agent  upon  the  instrument". 

2)  Vgl.  c.  18,  S.  41  :    wHe  is  the  true  and  infallible  cause  of  all". 

3)  Wie  B.  Piinjer  behaupten  konnte  (a.  a.  0.  S.  221):    ,,Das  Ver- 
haltnis  von  Gott  und  Natur  wird  nicht  naher  erortert",  ist  mir  unver- 
standlich.     Eine  sorgfaltige  Lektiire  der  R.  M.  hatte  das  entgegenge- 
setzte  Ergebnis  zeitigen  miissen. 

4)  Vgl.  c.  43,  S.  92:    „ 'twas  his  wisdom  to  determine  them". 

5)  Vgl.  c.  53,  S.  115:  ,,The  secret  .  .  .  favours  of  his  affection". 

6)  Vgl.  c.  52,  S.  114:   ,,I  fear  God,  yet  am  not  afraid  of  him". 

7)  Vgl.  Tl.  II,  c.  14,  S.  173. 

8)  Uber  sie  handeln  c.  17  und  18. 


—    26    — 

—  als  Beispiele  hierfiir  nennt  er  die  Vernichtung  der 
spanischen  Armada  im  Kanal  (1588)  --  »afflavit  deus 
et  dissipati  sunt"  —  und  die  rechtzeitige  Entdeckung 
der  Pulververschworung  (1605)  —  dem  Gliicke,  »dieser 
gekrummten  Schlangenlinie"  *),  zuzuschreiben,  sei  un- 
richtig;  es  sei  vielmehr  hierin  der  verhullte  Weg  seiner 
Weisheit  zu  erkennen,  oder,  wie  er  es  etwas  weiter- 
hin  ausdriickt,  weinzig  und  allein  die  Hand  Gottes" 2). 
Die  Vorsehung  mit  dem  Gliicke  zu  identifizieren,  geht 
auf  die  menschliche  Unwissenheit  zuriick,  die  infolge 
eines  nachlassig  gewahlten  Terminus  eine  unrichtige 
Bezeichnung  verschuldet  hat3). 

Wie  erklart  sich  aber  die  Weisheit  Gottes,  aus 
der  seine  Vorsehung  resultierte?  Browne  weifi  auch 
hier  Auskunft  zu  geben:  er  kennt  und  weifi  alles,  weil 
er  alles  geschaffen  hat"4).  Dafi  wir  Gott  die  Welt- 
schopfung  zu  verdanken  haben,  ist  unserem  Autor 
unzweifelhaft.  Gott  war  es,  der  die  rverworrenen 
Klumpen",  die  vor  der  Schopfung  existierten  -  -  er 
denkt  also  an  das  Chaos  —  trennte5)  und  jedes  Stuck  zu 
dem  ihm  zugehorigen  gesellte.  Aber  bedeutet  denn 
Schaffen  nicht,  dafi  etwas  aus  dem  Nichts  hergestellt 


1)  Vgl.  c.  17,  S.  35:    ,,Fortune,  that  serpentine  und  crooked  line". 

2)  Vgl.  c.  17,  S.  36:  ,,The  meer  hand  of  God". 

3)  Vgl.  c.  18,  S.  38:     ,,It  was  the   ignorance  of  mans  reason,  that 
begat  this  very  name  (sc.  fortune),  and  by  a  careless  term  miscalled  the 
providence  of  God".  Venzky  gibt  S.  71  seiner  ttbersetzung  den  letzten 
Satzteil  nicht  richtig   wieder,  wenn  er  schreibt:     ,,Hat  der  Vorsehung 
Gottes  diesen  falschen  Namen  beigelegt."     Richtiger  mufite  es  heifien: 
,,Hat  infolge  eines  nachlassig  gewahlten  Ausdrucks  die  Vorsehung  Gottes 
unrichtig  benannt". 

4)  Vgl.  c.  13,  S.  14:     ,,He    knoweth  all  things,  because  he  made 
them  all". 

5)  Vgl.  c.  48,  S.  104:    ,,There  was  a  separation    of  that  confused 
mass  into  its  pieces". 


—    27     — 

wurde?  Gewifi,  und  Browne  sucht  sich  mit  dem 
Nichts,  aus  dem  alle  Dinge  entstanden,  und  jenen 
Klumpen,  die  doch  ein  Etwas  vor  der  Schopfung  aus- 
machen,  durch  folgende  spitzfindige  metaphysische 
Spekulation1)  abzufinden:  »Da  Gott  das  All  1st,  ist  er 
dem  Nichts,  aus  dem  alle  Dinge  gemacht  wurden, 
gegensatzlich,  und  so  wurde  das  Nichts  etwas  und 
die  Allheit  bildete  die  Nichtsheit2)  zu  einer  Wesenheit 
urn"3).  Gott  schuf  aber  die  Welt  nicht  um  der  Menschen 
willen,  sondern  zu  seiner  eigenenHerrlichkeit4).  Welche 
Veranlassung  einst  den  Wei  tun  ter  gang  herbeifiihren 
wird,  ob  der  Atem  Gottes,  der  ihm  hier  als  »ver- 
zehrende  Flamme"  gilt5),  oder  eine  andere  Kraft,  weifi 
er  nicht.  Tag  und  Jahr  dieses  ,,unvermeidlichen"6) 
Ereignisses  bestimmen  zu  wollen,  ist  Torheit  oder 
Gottlosigkeit.  Sicher  ist  nur  das  eine,  dafi  die  Welt 
selbst  nie  ihren  eigenen  Untergang  verursachen  wird7). 
Jedoch  nicht  nur  die  Welt,  auch  die  Menschen 


1)  Diese  wichtige   und  schwer  verstandliche  Stelle  lautet  ira  Ori 
ginal  c.  35,  S.  77  f olgendermaBen :    ,,God  being  all  things,    is   contrary 
unto  nothing,  out  of  which  were  made    all    things,  and  so  nothing  be 
came  something,  and  Omneity  informed  Nullity  into  an  Essence". 

2)  Die  Worte  ,,0mneity"  und  wNullity"  diirften  von  Browne  neu 
gebildet  sein;    vgl.  die    Encyclopaedia    Britannica",    9.  Ausg., 
Edinburgh  1876,  Bd.  IV,  S.  390,  Sp.  1 :  »Much  of  its  (sc.  of  the  style)  quaint- 
ness,  no  doubt,    depends  on  the  excessive  employment  of  Latinized 
words";    vgl.  auch  B.  W.  Richardson,    ,,Disciples    of  Aesculapius", 
Bd.  II,  a.  a.  0.  S.  643:     wBr.  poured  in  a  multitude  of  exotic  words". 

3)  Diese  ganze  Deduktion  zeigt  die  Unrichtigkeit  der  Behauptung 
B.  Piinjers  (a.  0.  S.  221):     nEr  schliefit  aus  der  Religion  alle  meta 
physische  Spekulation  aus". 

4)  Vgl.  c.  35,  S.  76 :   wfor  ...  his  own  Glory". 

5)  Vgl.  c.  45,  S.  98:   wthe  consuming  flame". 

6)  Vgl.  c.  46,  S.  99:    inevitable  time". 

7)  Etwas  gekiinstelt  sagt  Browne  hier  (c.  45,  S.  98):  wThe  World 
...  no  will  ever  perish  upon  the  ruines  of  its  own  Principles". 


—    28    — 

hat  Gott  geschaffen,  besonders  darum,  damit  sie  ihn 
ehren;  wer  diese  Pflicht  vergifit,  vergifit  damit  auch 
den  Endzweck  unserer  ,,Schopfunga *).  Wir  sind  nam- 
lich  wGottes  Odem  und  Ebenbild"2),  in  unserer  Zu- 
sammensetzung  ein  ,,Mittelwesena3)  zwischen  korper- 
licher  und  geistiger  Wesenheit:  auch  als  »Mikrokos- 
mus" 4)  bezeichnet  er  ihn.  Jene  Form  el  ist  aber  nicht 
so  zu  verstehen,  als  habe  Gott  den  Menschen  ^durch 
den  Atem  seines  Mundes"5)  geschaffen;  er  mufite  beim 
Menschen  iiber  das  blofie  Schaffen  hinausgehen,  er 
mufite  ihn  wmachen"6),  d.  h.  er  mufite  seine  Gestalt 
und  seine  Gliedmafien  ,,bauen"7).  Immerhin  war  die 
Bildung  des  menschlichen  Korpers  als  etwas  aufier 
Gott  Liegenden  bei  aller  Schwierigkeit  noch  leicht 
gegentiber  derSchopfung  einerGottahnlichen  Substanz, 
der  Seele,  des  ^unverderblichen  und  unsterblichen"8) 
Teils  im  Menschen.  Was  die  Seele  ist  und  wie  sie 
organisiert  ist,  dies  zu  ergriinden,  weist  Browne  von 
sich;  im  Gehirn  durfte  ihr  Sitz  kaum  sein,  da  es  sich 
in  nichts  von  dem  Hirnschadel  eines  Tieres  unter- 


1)  Vgl.  c.  35,  S.  76:    «We  forget  the  very  end  of  our  Creation". 

2)  Vgl.  c.  34,  S.  74:    wthe  breath  and  similitude  of  God". 

3)  Vgl.  c.  34,  S.  73 :    ^amphibious  piece". 

4)  Dieses  Wort  iibersetzt  Browne  c.  34,  S.  74  mit  ,,little  world"; 
es  kommt  noch  einmal  vor  Tl.  II  c.  10,  S.  162:   ,,because  every  man  is 
a  Microcosm". 

5)  Diesmal  wahlt  Browne  fur  Atem  einen  anderen  Ausdruck  als 
in  c.  34,  S.  74   (vgl.  das  Zitat   oben  Anm.  2);    hier  (c.  36,  S.  78)  steht 
wat  the  blast  of  his  mouth". 

6)  Browne  trifft  a.  0.  c.  36,  S.  78  tatsachlich   eine  synonymische 
Unterscheidung,  indem  er  wto  make"  fur  den  Menschen  und  ,,to  create" 
fiir  die  iibrigen  Geschopfe  verwendet. 

7)  Vgl.  am  selben  Orte:  ,,having  raised  the  walls  of  man". 

8)  Im    Englischen  aber  kein   Reim:    ,,Incorruptible  and  immortal 
soul"  (c.  36,  S.  78). 


—    29    — 

scheide1).  Dafi  sie  ein  Geistiges  1st,  glaubt  auch  er; 
er  findet  dafiir  das  Bild,  sie  sei  in  ,,fleischerne  Wande 
eingemauert"2;.  Unwillkiirlich  gedenkt  man  dabei  der 
pythagoreischen  Anschauung  vom  Leibe  als  dem 
Grabe  der  Seele  (G& pa- a a pa).  Sie  belebt  den  Korper 
kraft  ihrer  geistigen  Natur  und  geht  in  den  Himmel 
ein.  Von  einer  Seelenwanderung  will  Browne  jedoch 
nichts  wissen. 

Als  Mittelwesen  zwischen  korperlichen  und  gei 
stigen  Wesenheiten  hatte  B  r  o  w  n  e  die  Menschen  be- 
zeichnet.  Es  wird  uns,  wenn  wir  uns  die  Zeit,  in  der 
er  lebte,vergegenwartigen  und  uns  zugleich  der  Binsen- 


1)  Hier  zeigt  sich  Browne  einmal  als  Naturkundiger  und  Arzt, 
wahrend  wir  diesen  seinen  Beruf  aus    dem    ganzen  Tenor  dieser  und 
anderer  Schriften  von  ihm  nicht  erkennen  wiirden.    In  der  R.  M.  haben 
wir  noch  mehrere,  teilweise  deutlichere  Stellen,  wo  sich  der  Stand  des 
Verfassers  verrat.  Sie  seien  bei  dieser  Gelegenheit  angefuhrt.  C.  38,  S.  83 
erwahnt  er  das   ,,Wiihlen   in   den  Eingeweiden  der  Verstorbenen"  und 
,,den  bestandigen  Anblick  der   Zergliederungen    der   Skelette  sowie  der 
Leichenreste",  womit  c.  45,  S.  97  zu  vergleichen  ist:   er  habe  nicht  die 
wahre  Anschauung  vom  Tode,  wenn   er  einen    Schadel  betrachte  oder 
auf  ein  Gerippe  schaue.     Im  Original  sei  folgende    wichtige  Stelle  aus 
c.  44.  S.  95   zitiert :    ,,I  have   examined  the   parts    of    man    and    know 
upon  what  tender  filaments   that   Fabrick  (sc.   the   life)   hangs".    Auch 
im  zweiten  Teile  der  R.  M.  lesen  wir  zwei  hierher  gehorende  Angaben; 
erstens  c.  6,  S.  148 :    wenn  er  zu  einem  Kranken   gehe,  seinen  Leib  zu 
heilen,  so  bete  er  auch  zugleich  fur  seine  Seele,  und  zweitens  am  aus- 
fiihrlichsten  im  9.  Kapitel,  S.  159—161.  Hier  steht  die  bemerkenswerteste 
Stelle  wohl  auf  S.  160:  ,,I  can  cure  Vices  bei  Physick",  ein  Vorzug  vor 
den  Theologen,  die  Hochmut  und  Geiz  nicht  so  leicht  heilen  konnten,  wie 
die  Arzte  Podagra  und  Steinleiden;   doch   sind  auch  die  anderen  Aus- 
fuhrungen  besonders  iiber  die  ,,unchristlichen  Wiinsche"  seiner   Berufs- 
genossen  interessant:    er  wunscht  nicht  heimlich  Seuchen  herbei,  freut 
sich  auch  nicht  iiber  Hungersnote,  ungesunde    Friihlinge    und    unzeit- 
gemafie  Winter;    kann  er   einem  Kranken  nicht  mehr  helfen,  so  dunkt 
iim  der  Lohn  unrechtmafiig. 

2)  Vgl.  c.  37,  S.  81 :  ,,These  walls  of  flesh,  wherein  the  soul  doth 
seem  to  be  immured". 


—    30    — 

wahrheit  erinnern,  dafi  jeder,  auch  der  geistig  hochst- 
stehende  Gelehrte  und  Forscher,  ein  Kind  seiner  Zeit 
ist  und  nur  aus  ihr  heraus  verstanden  werden  kann;1), 
kaum  wundern  zu  horen,  dafi  Browne  iiber  Geister 
viel,  recht  viel  zu  sagen  weifi.  Da  er  ein  frommer  Mann 
ist,  so  interessieren  ihn  naturlich  in  erster  Linie  die 
Engel,  von  deren  Dasein  er  fest  iiberzeugt  ist.  Ihnen 
verdanken  wir  viele  Wunderzeichen2),  sie  beschirmen 
als  ,,Schutzengel"3)  sowohl  die  Lander  als  auch  ein- 
zelne  Personen.  Ein  wahres  Gloria  auf  die  Engel 
lesen  wir  im  33.  Kapitel4).  Sie  besitzen  die  Vollendung, 
die  wir  in  uns  nur  dunkel  finden,  in  vollkommenerer 
Form.  Bei  der  ersten  Erkenntnis  tun  sie,  was  wir 
nicht  ohne  reifliche  Uberlegung  unternehmen  konnen. 
Sie  kennen  die  Dinge  in  ihrer  wirklichen  Beschaffen- 
heit,  wir  nur  in  ihren  Zuf  alligkeiten  (d.  h.  in  ihren  Akzi- 
dentien,  oder  urn  einen  aristotelischen  Terminus 
zu  verwenden,  in  ihren  ov^e^dra).  Mit  den  iibrigen 
reinen  Geistern  haben  die  Engel  auch  noch  andere 
Eigenschaf ten  gemeinsam :  wie  die  Seele  das  Vermogen 
besitzt,  den  Korper,  welchen  sie  belebt,  zu  bewegen, 
so  haben  auch  die  Geister  die  Kraft,  die  Korper  zu 

1)  Es    bedurfte    der  von   Milsand    in    seiner    Abhandlung    ,,Th. 
Browne,  le  medecin  philosophe  de  Norwich.  Une  Epoque  de  transition 
scientifique"  („ Revue  des  deux  Mondes",  Paris  1858,  Bd.  14,  S.  646 
bis  685;  Bd.  16  S.  632—661)  im  stolzen  Ton    der  Entdeckerireude  ge- 
machten  Angabe  nicht:  ,,En  1' ex  am  in  ant  mieux,  on  s'  apercoit  vite 
que  le   genie  propre  .  .  .  presente  de  grandes  analogies  avec  les  ten 
dances  complexes  de  son  epoque"  (Bd.  16,  S.  633).  Seit  Goethes  Selbst- 
biographie  und  seit   dem   Erscheinen  seines  vortrefflichen  Essays   iiber 
Winckelmann  tist  diese  Erkenntnis  jedem  Forscher  in   Fleisch  und 
Blut  iibergegangen. 

2)  Sie   nennt  er  c.  31,  S.  68:     ,,Charitable  premonitions   of  good 
Angels". 

3)  Vgl.  c.  33,  S.  70 :  ,,Tutelary  and  Guardian  Angels". 

4)  Vgl.  c.  33,  S.  71—73. 


31    — 

bewegen  (Fuhrung  Habakuks  zur  Lowengrube,  des 
Philippus  nach  Azoth1).  Ferner  nennen  sie  eine  Art 
,,intuitiver  Kenntnis"2)  ihr  eigen,  vermittelst  der  es 
ihnen  nicht  schwer  wird,  einen  grofien  Teil  unserer 
Gedanken  zu  erraten.  Nur  einen  Vorteil  haben  die 
Engel  als  die  vornehmsten  Geister  vor  den  iibrigen: 
sie  sind  iiberall,  wo  Gott  ist,  und  leben  in  ihm  —  aber 
doch  win  Entfernung"  3).  Der  hochste  Geist,  hinter  dem 
auch  die  Engel  zuruckstehen  miissen,  ist  der  Welt- 
geist4).  Er  lebt  auch  in  uns  als  der  Geist  Gottes,  eine 
wlinde  Warme"5)  ist  ihm  eigentiimlich.  Wer  das  sanfte 
Wehen  dieses  Geistes  in  sich  nicht  empfindet,  den 
kann  Browne  nicht  lebendig  nennen,  selbst  wenn 
er  seinen  Puls  fiihlt. 

Wo  von  Engeln6)  die  Rede  ist,  ist  auch  der  Teuf  el 

1)  Br.  mufi  irren,    da    von  einer  Fuhrung  Habakuks    zur  Lowen 
grube  nichts  bekannt  ist;  er  denkt  offenbar  an  die  bekannte  Erzahlung 
im  Buche  Daniel  c.  6 ;  iiber  Philippus  vgl.  Apostelgesch.  c.  8.  v.  39. 

2)  Vgl.  c.  33,  S.  72:    ^intuitive  knowledge"   neben  einer  wextem- 
porary  k."  (S.  71). 

3)  Vgl.  c.  35,  S.  76:  wThey  ...  do  live   at  a  distance  even  in 
himself". 

4)  Vgl.  c.  32,  S.  68:    wAn  universal    and    common    Spirit    of   the 
whole  world". 

5)  Vgl.  c.  32,  S.  69:  wa  gentle  heat". 

6)  Ich  mochte  die  sich  hier  bietende  Gelegenheit  nicht    voruber- 
gehen  lassen,    ohne  darauf  hinzuweisen,  dafi  auch  noch  heute  in  theo- 
logischen  Schriften  selbst  protestantischerseits  ein  starker  Glaube 
an  die  wirkliche  Existenz    von  Engeln  sich  bemerkbar  macht.     Franz 
Spemann  in  seinem  unerquicklichen,  verworrenen,  jeglicher  Disposition 
entbehrenden  Buche:    ^Jesus  im  20.  Jahrhundert"2,  Stuttgart  1907 
wehrt  sich  S.  55  gegen  die  wweiten  Kreise",  wo  die  Engel  als  wfossile 
Knocheniiberreste    aus  der  Kindheit  der  Menschen"  angesehen  werden. 
Er  hegt  die  Hoffnung,    dafi   die  Theologie    des  20.  Jhs.    auch    die  Ge- 
samtanschauung    der  Apostel  vom  Kosmos  (!)   fur   ^uniiberbietbare 
Wahrheit"  halt  en  werde.    Wie  recht  hat  einer  solchen  Anschauung  gegen- 
iiber  doch  ein  Geistlicher,  der  Oberpfarrer  Leopold  Fenger,  wenn  er 
betont:   ,,Die  Bibel  will  kein  naturwissenschaf  tliches  ....  Buch 


-    32     — 

nicht  weit.  Dafi  ein  solch  Nachtwesen  existiert,  hat 
unser  Autor,  darin  Luther  gleich,  in  recht  storender 
Weise  bei  seinen  Studien1)  bemerkt.  Seine  Absicht 
ist,  die  Menschen  zum  Unglauben  zu  verleiten,  unsere 
Pflicht,  mit  ihm  zu  disputieren.  Auch  an  Hex  en2) 
glaubt  Browne;  eine  Aufierung  iiber  sie  klingt  sogar 
recht  zuversichtlich3).  Wer  an  ihrem  Dasein  zweifelt, 
gilt  ihm  als  Atheist  —  der  schwerste  Vorwurf  in 
seinen  Augen4).  Der  Teufel5)  halt  sie  in  dieser 
Ketzerei  fest;  gerade  sie,  die  sich  so  gern  selbst 
iiber  die  Hexen  unterrichten  wollen,  werden  eben  zur 


sein,  sondern  ein  Religionsbuch,  das  uns  lehrt,  im  Leben  gliicklich,  im 
Leiden  geduldig,  im  Sterben  getrost,  in  der  Ewigkeit  selig  zu  werden" 
(vgl.  seinen  Aufsatz  :  ,,Gedanken  iiber  Aufgaben  allgemeiner 
Volksbildungsarbeit"  in  der  ,,Festschrift  zum  fiinfzigjahrigen 
Jubilaum  des  kgl.  Gymnasiums  mit  Realschule  zu  Lands- 
berg  a.  W.  II.  Teil:  Festgaben  von  Lehrern  und  friiheren  Schiilern  der 
Anstalt'%  Landsberg  1910,  S.  157). 

1)  Vgl.  c.  19,  S.  42:    wThe    villany    of    that  Spirit    (sc.  the  Devil) 
takes  a  hint  of  Infidelity  from  our  Studies". 

2)  In    praxi  hat  Br.    (nach  Hutchinsons:    ,,Essay    on  Sorcery") 
dies  London  1664    durch    ein  Gutachten    gegen  zwei  des  Verbrechens 
der  Zauberei    angeklagte  Frauen  bewiesen;    es   hatte  ihre  Verurteilung 
zum  Tode  zur  Folge.     Er  gab  namlich  an,  die  Krampfe,  an  denen  diese 
Frauen    litten,    seien    zwar    n^tiirlich,     aber    durch    den    ihnen    inne- 
wohnenden  Satan    gesteigert.  —  Ich    entnehme   dies    den  Berichten    in 
der  wBiographie  Universelle",  Bd.  6,  Paris  1812,  S.  61,  in  der  En 
cyclopaedic    von    Ersch    und    Gruber,   Bd.  13,  Lpz.  1824,  S.  108 
und  in    H.  Weingartens  Buch:    ,,Die  Revolutionskirchen    Englands", 
a.  a.  0.  S.  308,  Anm.  2,    da  mir  Hutch.  Werk    nicht   zuganglich  war. 

3)  Vgl.  c.  30,  S.  65:  ,,I  do  now  know  that  there  are  Witches". 

4)  Vgl.    die  unten  auf  S.  40  ff.  iiber  diesen  Gegenstand  folgenden 
Nachweise. 

5)  Ich  mochte  nicht  unterlassen  darauf  hinzuweisen,  dafi  Br.  auch 
den   delphischen    Apollo  zum    ,,Teufel"    degradiert;    denn   c.  46, 
S.  99    spricht  er  von    der  ^amphibology  of  the  ^Devil  of  Delphos", 
und  c.  13,  S.  25  wird  das  yv&d-i  oeavrdr    als  Lehre    des  Teufels    be- 
zeichnet. 


Strafe  fur  ihren  Unglauben  nie  Erscheinungen  be- 
kommen,  durch  die  sie  sich  von  deren  Existenz  iiber- 
zeugen  konnten.  Der  Ort  der  Verdammnis,  wo  der 
Teufel  iiber  die  Sunder  herrscht,  ist  die  Ho  lie.  Hier 
ist  es  nun  tiberaus  interessant  zu  bemerken,  wie  die 
mittelalterliche,  auch  heut  noch  nicht  ganz  verklun- 
gene  Hollenauffassung1)  neben  einer  gereinigten, 
uns  modern  anmutenden2)  steht.  Verwunderlich  ist 
und  bleibt  es  nur,  wie  es  kam,  dafi  diese  Anschau- 
ung  nicht  die  althergebrachte  bei  Browne  vernichtete. 
Im  Hollenraum,  den  er  sich  unter  der  Erde,  nicht 
aber  in  feuerspeienden  Bergen  liegend3)  denkt, 
werden  Schwefelflammen  den  Korper  der  Sunder 
zermartern,  ohne  ihn  zu  zerstoren ;  denn  der  mensch- 
liche  Leib  wird  mitten  im  Feuer  unsterblich  bleiben, 
ahnlich  wie  das  Gold  in  ihm  zwar  schmilzt,  aber 
nicht  verzehrt  wird.  Da  mithin  der  Korper  auch  in 
der  Holle,  wenngleich  unter  furchtbaren  Qualen, 
unverganglich  bleibt,  so  kann  dieser  Vorgang,  der 
den  Pobel4)  erschreckt,  nicht  das  schlimmste  Unheil 
sein,  das  dem  Sunder  begegnet.  Da  aufierdem  Un- 
sterblichkeit  im  Himmel  und  in  der  Holle  herrscht, 
so  ware  es  deshalb  nicht  notig,  den  Himmel  der 
Holle  entgegenzustellen.  Die  wahre  Holle  aber  ist 
das  menschliche  Herz,  in  dem  der  Teufel  wohnt,  wie 

1)  Vgl.  c.  50,  S.  109—112. 

2)  Vgl.  c.  51,  S.  112—113. 

3)  Vgl.  c.  51,  S.  112. 

4)  Wie    viele   bedeutende    Manner   vor   und    nach  ihm  empfindet 
auch  Browne  Abneigung    gegen   das    grofie  Volk   (the  multitude);    er 
nennt  es  Teil  II.  c.  1,  S.  129:   wthe    great    ennemy    of    Reason, 
Vertue    and  Religion",    besitzt   aber  doch  zugleich  soviel  Einsicht 
und  Gerechtigkeitsgefuhl,    dafi    ihm    der  Pobel    nicht    immer    mit  dem 
^niederen    Volk"    identisch    ist:    ,,there     is    a    rabble     even    amongst 
the  Gentry". 

Schonack,  Thomas  Brownes  Religio  Medici. 


—    34    — 

es  Browne  oft  genug  an  sich  selbst  verspurt  hat 
und  noch  verspiirt1).  Ein  verstortes  Gewissen  kommt 
einer  ^Einfuhrung  in  die  Holle"2)  gleich,  die  voll- 
kommene  Holle  aber  mufi  der  in  sich  empfinden, 
der  des  Himmels  beraubt  ist.  Browne  selbst  kennt 
keine  Hollenfurcht,  da  alle  seine  Gedanken  auf  den 
Himmel  gerichtet  sind3).  Neben  dem  oder  den 
Teufeln,  die  in  unseren  Herzen  nisten,  gibt  es  auch 
solche  sichtbarer  Art;  denn  Teufel  sind  auch  die  Er- 
scheinungen  abgeschiedener  Personen,  auBerdem  die 
Gespenster,  die  auf  Kirchhofen  und  in  Leichen- 
hausern  ihr  Wesen  treiben:  kein  Wunder,  erkennt 
doch  an  solchen  Statten,  wo  die  Toten  schlummern, 
der  Teufel  seinen  iiber  Adam  errungenen  Sieg4). 

Wir  wiirden  uns  jedoch  irren,  wenn  wir  Browne 
Todesfurcht  zutrauten.  Aus  alien  seinen  Aufierungen 
liber  den  Tod  geht  das  Gegenteil  hervor.  Aus- 
driicklich  lehnt  er  im  38.  Kapitel  jeden  Gedanken  an 
diese  Schwache  ab;  »er  zittert  und  bebt  nicht  beim 
Namen  des  Todes"  5),  nicht,  weil  er  keine  Empfindung 
fur  seine  Schrecken  besafie  oder  weil  ihn  sein  Beruf 6) 
an  den  taglichen  Anblick  Toter  gewohnt  habe,  son- 
dern,  weil  er  als  ^wohlentschlossener  Christ"7)  keine 
Angst  zu  haben  brauche.  Ist  doch  Sterben  weiter 

1)  Vgl.  c.  51,  S.  112:    I  feel   sometimes  a  Hell   within    my   self, 
Lucifer  keeps  his  Court  in  my  brest". 

2)  Vgl.  c.  51,  S.  113:  introduction  unto  Hell". 

3)  Vgl.  c.  52,  S.  113:  „!  have  fixed  my  contemplations  on  Heaven". 

4)  Vgl.    den  Schlufi    des  37.  Kapitels    auf  S.  83:  wThe  Devil  like 
an  insolent  Champion    beholds   with   pride    the   spoils  and  Trophies  of 
his  Victory  in  Adam". 

5)  Vgl.  c.  38,  S.  83 :  „!  be  not  convulst  and  tremble  at  the  name 
of  Death". 

6)  Vgl.  die  Anmerkung  1  auf  S.  29. 

7)  Vgl.  c.  38,  S.  83:  wa  well-resolved  Christian". 


-    35    - 

nichts  als  ein  Beendigen  des  Atmens,  ein  Abschied 
von  den  Elementen1).  Betriiben  konne  ihn  nur  der 
eine  Gedanke,  dafi  die  von  ihm  erworbene  Geschick- 
lichkeit  —  er  sprach  zuvor  von  der  Verwendung 
seiner  Gelehrsamkeit  im  Interesse  der  Allgemein- 
heit  —  mit  ihm  dahingeht  und  keinem  vererbt 
werden  kann2).  Auffallend  ist  ferner  das  Gestand- 
nis,  daS  er  sich  des  Todes  schame,  weil  er  die 
wSchmach  unserer  Natur"3)  sei:  denn  die  nachsten 
Angehorigen  entsetzten  sich  bei  unserem  Anblick, 
und  die  Vogel  begannen  uns  zu  zerfleischen.  Dafi 
diese  wehmiitige  Betrachtung  wohl  nur  rhetorisch  zu 
verstehen  ist,  zeigt  deutlich  die  unserem  Arzte  hier 
vorschwebende  Erinnerung  an  das  homerische 
,,otwvolGi  re  dalia'1.  Aber  dennoch  verkennt  er  nicht, 
dafi  der  Tod  neben  vielen  Nachteilen  auch  Vorteile 
bringt.  Er  ist  die  endgiiltige  Kur  aller  Krankheiten, 
ein  ^Nektar  fur  die  wohl  Vorbereiteten" 4),  er  gibt 
jedem  die  Erkenntnis  dieses  Lebens,  nach  der  er  bei 
Lebzeiten  vergebens  trachtete 5) ;  sein  grofiter  Nutzen 
aber  liegt  fiir  ihn  selbst  darin  beschlossen,  dafi  er 
sein  Leben  nicht  noch  einmal  zu  wiederholen  braucht, 
um  es  dann  schlimmer  zu  verbringen  als  das  erste 
Mai  6). 

1)  Hiibsch   ist  die    unmittelbar   folgende  Antithese  (c.  38,  S.  84): 
die  Folge  sei,    wto  be  a  kinde  of  nothing  for  a  moment,    to  be  within 
one  instant  of  a  spirit". 

2)  Vgl.  Tl.  II  c.  3,  S.  137:    ,,My  acquired   parts   must   perish 
with  my  self". 

3)  Vgl.  c.  40,  S.  87:  ^ignominy  of  our  natures*. 

4)  Vgl.  Tl.  II  c.  9,  S.  161:    ^Nauseous  to  queasie  stomacks,    yet 
to  prepared  appetites  is  nectar". 

5)  Vgl.  Tl.  II  c.  8,  S.  156:    MKnowledge  of  this   life  ...  which 
Death  gives  .  .  .  gratis". 

6)  Vgl.  c.  42,  S.  91:  wFor  fear  I  should  live  them  worse". 

3* 


36 

Dann  soil  also  mit  dem  Tode  em  fiir  allemal 
alles  zu  Ende  sein?  Im  Gegenteil!  Er  hofft  fest 
auf  die  Auferstehung  und  ist  von  ihr  vollig  iiber- 
zeugt.  Gabe  es  kein  wanderes  Leben"1),  auf  das  er 
barren  kann,  dann  konnten  alle  Eitelkeiten  dieser 
Welt  ihn  nicht  fesseln;  dies  Leben  ertragt  er  iiber- 
haupt  nur  win  Erwartung  eines  besseren"  2).  Versteigt 
er  sich  doch  in  seiner  Frommigkeit  sogar  zu  dem 
starken  Ausspruch,  dafi  er,  wenn  der  Teufel  ihm 
einreden  konnte,  er  werde  niemals  sterben,  diesen 
Gedanken  nicht  iiberleben  wiirde8).  Anderswo  gibt 
er  die  Begriindung  dafiir  an:  je  langer  wir  leben, 
desto  mehr  nimmt  unsere  Vollkommenheit  ab,  um  in 
jener  Welt  wieder  erneuert  zu  werden;  dem  »vor- 
wa'rts"  hier  entspricht  ein  ,,ruckwarts"  dort4).  Un 
sere  guten  Handlungen  entspringen  der  Hoffnung 
auf  Auferstehung5).  Neben  den  Freuden,  welche  sie 
dem  glaubigen  Menschen  bringt  lebt  doch  die 
menschliche  Seele  dann  im  Himmel  in  vollkommener 
Gluckseligkeit  -  konnen  auch  Leiden  und  Strafen 
folgen,  wenn  Gott  am  ^jungsten  Tage"6)  seine  Ge- 
rechtigkeit  walten  lafit  und  die  Ungleichheit,  die  in 
dieser  Welt  bestand,  in  jener  vor  seinem  prufenden 
Urteil  zur  Gleichheit  umwandelt.  Dieser  Tag  schlieBt 
alle  vorhergehenden  in  sich;  nur  weil  man  an  sein 

1)  Vgl.  c.  38,  S.  84:  wanother  life";  das  Wort  ^Resurrection" 
JEiel  schon  am  Anfang  von  c.  37,  S.  81. 

2)  Vgl.  c.  38,  S.  84:   win  exspectation  of  a  better". 

3)  Vgl.  a.  0.:    wCould  the  Devil    work    my   belief   to   imagine  1 
could  never  dye,  I  would  not  outlive  that  very  thought". 

4)  Vgl.  c.  42,  S.  90 :  wrun  on  here,  but  to  be  retrograde  hereafter". 

5)  Vgl.  c.  47,  S.  102:  «The    life  therefore    and   spirit    of   all  our 
actions,  is  the  resurrection". 

6)  Br.  gebraucht  sonst  (z.  B.  c.  57,  S.  122)  die  Bezeichnung  ,,the 
last  day";  am  Ende  des  c.  46,  S.  101  nennt  er  ihn  ,,that  great  Jubilee" 


—    37    — 

dereinstiges  Kommen  denkt,  1st  man  auch  im  Finstern 
ehrbar,  nicht  etwa  deshalb,  well  man  sich  bei  seinen 
Handlungen  seine  besten  Freunde  als  gegenwartig 
denkt  und  well  man  nach  dem  Grundsatze  der 
Stoiker  verfahrt:  ,,Ipsa  sui  pretium  virtus  sibi".  Als- 
dann  werden  viele  selig  werden,  die  in  den  Augen 
der  Menschen  verdammt  waren  und  umgekehrt1). 
Die  Gerechtigkeit,  aber  auch  das  Mitleid  oder  die 
Barmherzigkeit  Gottes  -  sie  allein  die  Ursache  der 
Seligkeit2)  -  werden  dann  offenbar  werden;  denn 
die  Menschen  konnen  nie  bestimmen,  wer  selig 
werden  wird  und  wer  nicht.  Ihn  hat  die  Menge 
derer,  die  sich  der  Seligkeit  riihmen,  immer  in  Er- 
staunen  versetzt.  Browne  selbst  will,  obwohl  er 
seiner  Seligkeit  gewifi  ist^),  nur  der  geringste  unter 
den  Seligen  sein,  nach  dem  hochsten  Platze  geliistet 
ihn  nicht4).  Uber  die  Art  und  Weise,  in  der  die 
Auferstehung  erfolgen  soil,  aufiert  sich  Browne  ge- 
nauer.  Er  glaubt,  dafi  unsere  wzerteilte  Asche", 
unser  wgetrennter  Staub"5),  nachdem  das  wallgemeine 
Feuer"6)  erfolgt  ist,  nach  manchen  Umbildungen  in 
die  Teile  der  Mineralien,  Pflanzen  und  Tiere  auf 
Gottes  Befehl  wieder  so  vereinigt  wird,  dafi  die  ur- 


1)  Vgl.  c.  57,  S.  122:  »Many  are  saved,  who  to  man  seem  repro 
bated;    and  many  are  reprobated,    who  in  the  opinion  and  sentence  of 
man  stand  elected". 

2)  Vgl.  c.  59,  S.  125:    BI  hold  to  be  the  cause  of  Salvation  .  ,  . 
was  the  mercy  .  .  .  of  God". 

3)  Vgl.  c.  59,  S.  124:    WI  am  confident,  and  fully,  perswaded 
...  of  my  salvation". 

4)  Nach  c.  58,  S.  124  begniigt  er  sich  sogar  damit    »to  bring  up 
the  Rere  in  Heaven". 

5)  Vgl.  c.  48,  S.  103 :  nour  divided  ashes  —  our  separated  dust". 

6)  Vgl.  c.  23,  S.  53:    wthe  general  flames,    when  all  things  shall 
confess  their  ashes". 


—    38    — 

sprtinglich  vorhandene  Gestalt  von  neuem  ersteht. 
Gottes  ^allmachtige  Stimrne"  wird  alsdann  den  »zer- 
f allenen  Uberresten" *)  bef ehlen,  zu  ihrer  ihnen  eigen- 
tiimlichen  Form  zuriickzukehren ,  genau  so,  wie 
Quecksilber,  das  in  tausend  Teilchen  zerlaufen  1st, 
sich  wieder  vereinigt. 

Aus  all  dem  bisher  Gesagten  ergibt  sich  von 
selbst,  dafi  unser  Autor  ein  sehr  eifriger  Leser  und 
genauer  Kenner  der  Bib  el  gewesen  ist;  wenn  er 
nicht  selbst  im  Verlauf  seiner  Darlegungen  6'fter  auf 
sie  zu  sprechen  kame  —  auch  Anspielungen  auf 
Bibelworte  finden  sich  gelegentlich  —  so  wiirden 
wir  seine  Bibelkenntnis  auch  ohne  ausdruckliches 
Selbstzeugnis  bemerken.  Die  Angabe  und  Be- 
sprechung  dieser  Stellen  mag  unsere  Inhaltsiiber- 
sicht  schliefien.  Die  Heilige  Schrift  gilt  ihm  als  das 
Wort  Gottes2);  aber  auch  als  Werk  von  Menschen- 
hand  ware  sie  das  vortrefflichste  Buch,  das  existiert, 
selbst  als  Heide  wiirde  er  sie  lesen3).  Den  mensch- 
lichen  Geisteserzeugnissen  ist  ihre  Zeit  gesetzt.  Die 
Heilige  Schrift  allein  ist  ,,zu  hart  fiir  den  Zahn  der 
Zeit" 4),  sie  wird  dauern  bis  zum  jiingsten  Tage.  Wie 
er  an  einem  anderen  Orte5)  gegenuber  den  theolo- 


1)  Dies  hat  man  wohl  unter  den  ^corrupted  reliques"   in  c.  48 
auf  S.  104  zu  verstehen. 

2)  Vgl.  c.  23,  S.  52:  ,,The  Word  of  God,  for  such  1  do  believe 
the  holy  Scriptures". 

3)  Vgl.  a.  0.  S.  52:  »Were  I  a  pagan,  I  should  not  refrain  the 
Lecture  of  it". 

4)  Vgl.  c.  23,  S.  53 :  «too  hard  for  the  teeth  of  time" ;  sollte  hier 
eine  Anspielung  auf  Shakespeares  Komoedie  ,,Mafi  fiir  Mafi"  (V,  1) 
vorliegen?    Uber  ahnliche  Stellen  vgl.  Buchmann-Robert-tornow- 
Ippel23  Berlin  1907,  S.  323. 

5)  c.  21,  S.  47—48;    auch    das    22.    Kapitel    dient    der    Zuriick- 
weisung  derartiger  Lacherlichkeiten. 


—    39    — 

gischen  Haarspaltereien  seiner  Zeit1)  eine  ablehnende 
Haltung  einnimmt,  so  steht  er  auch  zu  den  Bibel- 
exegeten.  Uber  die  rabbinischen  Ausleger  des  Alten 
Testaments  ist  er  beschamt2);  er  nennt  es  aber 
auch  »eine  nicht  zu  rechtfertigende  Neugier"3),  die 
Richtigkeit  der  biblischen  Geschichten  durch  ihre 
(ibereinstimmung  mit  der  »menschlichen  Geschichte"  4) 
zu  priifen. 

1)  Ich  erwahne  aus  dem  21.  Kapitel  nur  die  spitzfindigen  Fragen, 
ob  Eva    aus  Adams  linker  Seite  gebaut  sei,    ob  Adam  ein  Zwitter  ge- 
wesen  sei,    wem   von   beiden  die  Rippe  bei  der  Auferstehung  gehoren 
werde.     Vgl.  die  ergotzlichen  Beispiele,    die  K.  J.  Weber  in  den  Auf- 
satzen:    wDer    Geist   des    scholastischen  oder  gelehrten  Zeitalters"   und 
wDas    Abenteuerliche    und  Extradumme"    (Democritos  Bd.  in,  c.  23, 
S.  270;    Bd.  XII,  c.  9,  S.  91—92  der  8.  Aufl.)  iiber    diesen  Unfug  ge- 
sammelt  hat. 

2)  Vgl.  c.  25,  S.  55:    WI  am  ashamed    at  the  Rabbinical  Inter 
pretation". 

3)  Vgl.  c.  29,  S.  64:  rnot  warrantable  curiosity";  vgl.  iiber 
Begriff   und    Umfang   dieses  Wortes  W.  Miinchs  Studie  wNeugier  und 
Wifibegier"  in:  nAllerlei  Menschliches"  Berlin  o.  J.  S.  3ff. 

4)  Unter   „ human  history"  (c.  29,  S.  64)   sind  wohl  die   welt- 
lichen  Autoren,  besonders  die  Geschichtsschreiber,  zu  verstehen. 


Drittes  Kapitel. 

Sir  Thomas  Browne  im  Urteil  der  zeitgenossischen 
und  der  spateren  Theologen. 

Ein  Gelehrter,  der,  obwohl  nicht  Theolog,  der 
Heiligen  Schrift  so  blindlings  glaubt,  dafi  er  kein 
Tuttelchen  auf  dem  I  verandert  wissen  mochte,  der 
jede  kritische  Bibelforschung,  die  damals,  den  Streng- 
glaubigen  zum  Trotz,  schon  kraftig  ihre  Schwingen 
regie,  energisch  ablehnt,  ein  Mann,  dem  Engel  und 
Teufel,  Himmel  und  Holle,  Auferstehung  und  jungstes 
Gericht  keine  blassen  Schemen  sind,  sondern  Dinge, 
von  deren  Dasein  er  fest  liberzeugt  ist,  der  sich  de- 
miitig  beugt  vor  Gottes  Allmacht  und  Weisheit,  der 
sich  endlich  ausdriicklich  einer  bestimmten  Kirche, 
einer  fest  umgrenzten  Religionsgesellschaft  beigesellt, 
kann  nun  und  nimmer  Atheist  gewesen  sein.  Dies 
aber  war  der  Vorwurf,  der  bald  nach  Erscheinen  des 
Buches  mehr  oder  minder  laut,  mehr  oder  minder 
heftig  gegen  seinen  Verfasser  ausgesprochen  wurde. 
Zwar  wurde  ihm  und  seiner  Schrift  in  seiner  Heimat 
England  teils  wegen  des  brillanten  Stils1),  teils  wegen 


1)  Der  Autor  des  Artikels  iiber  Br.  in  der  wEncyclopaedia 
Britannica"  urteilt  a.  a.  0.  S.  390,  Sp.  1  f olgendermafien :  ,,It  is  a 
style  altogether  unique  —  rich,  with  a  lavish  use  of  mataphor  and 
analogy  —  majestic  and  swelling,  and  with  a  fine  antique  flavour  about 
it".  Ungiinstig  lautet  das  m.  E.  schiefe  Urteil  Samuel  Johnsons 
iiber  Brs.  Ausdrucksweise :  wSein  Stil  ist  lebhaft,  aber  hart,  er  ist 
gelehrt,  aber  pedantisch;  er  macht  Eindruck,  ohne  zu  gefallen;  er  ist 


—    41     — 

seiner  Gedankenfulle  hohe  Bewunderung  zuteil.  Es 
waren  im  wesentlichen  die  deutschen  Theologen 
des  17.  und  18.  Jh.,  die  Browne  off  en  des  Atheis- 
mus  beschuldigten,  u.  a.  Joh.  Mueller,  Reiser, 
Tobias  Wagner  und  besonders  heftig  Adam 
Rechenberg1).  In  Frankreich  war  es  N.  F.  J.  Eloy, 
der  eine  vollig  grundlose  Anklage  gegen  ihn  erhob  2). 
Ganz  anders  hatte  hundert  Jahre  vor  ihm  der  fran- 


tief,  aber  dunkel;  die  von  ihm  gebrauchten  Bilder  sind  bizarr,  seine 
Kombinationen  gezwungen;  er  borgt  Ausdriicke  aus  alien  Wissen- 
schaften  und  wird  dadurch  seltsam"  (mitgeteilt  bei  Ersch  u.  Gruber, 
Encyclopaedie  a.  a.  0.  S.  108).  Dieser  scharfen  Aufierung  des 
Verfassers  der  ^Lives  of  the  most  eminent  English  poets"  und  eines 
^Dictionary  of  the  English  language"  stelle  man  die  Ansicht  eines 
neueren  englischen  Sclmlmannes,  des  Mr.  Johnson,  des  Begriinders 
der  „  Trinity-  College  -School"  bei  Toronto,  entgegen :  er  las  seinen 
Schiilern  Ausziige  aus  der  Rel.  Med.  vor  ,,in  illustration  of  the  beauty 
of  the  English  language"  (vgl.  W.  Osier  ,,The  British  Medical  Journal" 
1905,  a.  a.  0.  S.  993).  Von  neueren  Gelehrten  riihmt  den  Stil  Brs. 
gar  sehr  B.  W.  Richardson,  ,,Disciples  of  Aesculapius",  Bd.  II:  rlt 
is  a  prose  poem  from  its  beginning  to  its  end"  (S.  644).  ,,It  is  a 
classic  rather  than  a  physician  he  lives"  (S.  637);  freilich  muB  er 
S.  643  zugeben,  sein  Stil  sei  ,,a  tissue  of  many  languages". 

1)  Vgl.    sein  Buch  ,,Thomae  Hobbesii  Evgrjiua    compendiarium  in 
religione    Christiana    novum  .  .  .  discussum",    Lipsiae    1674.    Cap.  III. 
§  7,  pg.  209:  ,,Praestaret  lib  rum  aeternis  tenebris  latuisse  .  .  .  virus* 
quod  uontinet  liber".     Die  ,,tenebrae"  beziehen  sich  also  auf  dasWerk 
Brownes,    nicht     auf    ihn    selbst,    wie    Jac.    Frid.    Reimmann 
(,,Catalogus  bibliothecae  theologicae  systematico-criticus",  Hildesiae  1731, 
Bd.  II,  S.  1052),  falsch  zitierend,  angegeben  hat. 

2)  Vgl.    sein    «Dictionnaire  historique  de  la  medecine  ancienne  et 
moderne",  Mons  1778,  Bd.  I,  S.  459:    wL'irreligion,   qui  fait  la  base  de 
ce  Traite,  lui  a  merite  la  censure  la  plus  severe  de  la  part  des  Catho- 
liques  Remains".     Diese    konnten    doch    wahrhaftig    iiber  Br.    nicht 
klagen(man  vgl.  oben  S.  15f.)!    Daher  sagt  auch  Gottfried  Arnold  in 
seiner  nUnpartheyischen  Kirchen-  und  Ketzer-Historie",  Frankfurt  a.  M. 
1729,  a.  a.  0.  §  30,  S.  81  des  III.  u.  IV.  Bandes:  die  Franzosen  batten 
die  R.  M.    sehr  empfohlen,    wweil  der  Auctor  von  einigen  Stiicken  der 
Pabstischen  Religion  ziemlich  favorabel  raisonniret  hat". 


—    42    — 

zosische  Ubersetzer  der  wReligio  Medici"1) 
geurteilt.  Horen  wir,  ehe  wir  selbst  auf  jene  von 
den  Theologen  geaufierten  Bedenken  eingehen,  die 
durchaus  berechtigen  und  verniinftigen  Anschau- 
ungen  jenes  unbekannten  Autors,  die  in  seiner  Vor- 
rede  zu  lesen  sind.  Uberzeugt  davon,  dafi  mehrere 
sein  Vorhaben,  eine  Ubertragung  der  R.  M.  zu  liefern, 
verdammen  werden2),  kann  er  dennoch  nicht  davon 
abstehen,  da  es  ihm  nicht  einfallt,  sich  Ignoranten 
zu  unterwerf en 3).  Er  unterzieht  sich  seiner  Aufgabe 
aber  auch  aus  Dankbarkeit,  da  er  zur  praktischen 
Ubung  der  Tugend  durch  Browne  angeregt  ist4) 
dies  veranlafit  ihn  sogar  zu  einer  begeisterten 
Apostrophe  an  den  frommen  Arzt5)  — ,  ferner  aus  der 
klaren  Erkenntnis  heraus,  dafi  dieser  in  vielem  Recht 

1)  Gemeint  ist  die  Ausg.  von  1668:  nLa  religion  du  medecin, 
c'est    a    dire:    Description    necessaire    par   Thomas  Brown, 
M6decin     renomm6      de    Norwich;    touchant      son     opinion 
accordante     avec     le     pur    service      Divin      d' Angleterre. 
Imprimee  1'an  1668".     (s.  1.)    Niceron,    wMemoires    pour    servir  a 
1'histoire    des  hommes  illustres   dans  la  republique  des  lettres  avec  un 
catalogue  raisonn6  de  leurs  ouvrages",  Tome  XXIII,  Paris  1733,  S.353  muB 
irren,    wenn    er    den    Titel    der    frz.  Ausgabe  von  1668    anders  angibt 
(,,La  Religion  du  Medecin,  traduite  du  Latin  de  Th.  Browne,  avec  des 
remarques",  Paris  1668),  oder  es  gab  deren  zwei  verschiedene. 

2)  Vgl.  S.  1 :  ,,J'advoue  qu'  il  y  a  grand  sujet  de  croire  que  plu- 
sieurs    personnes    blameront    mon  procedee  ct    condamneront  ma 
traduction    comme   inutile  pour  ne  dire  pas  criminelle".     Auch  Joh. 
Merryweather   fand   fiir  seine  lateinische  (Jbersetzung  der  R.  M. 
(vgl.  oben  S.  19,  Anm.  1)  nur  mit  Muhe  einen  Verleger  (so:  Zedlers 
Universallexicon,  Bd.  IV,  Leipzig  1733,  Sp.  1493). 

3)  Vgl.  S.  4  :    WJ1  n'appartient   pas    a   un  homme   sage  de  sous- 
mettre  ses  pensees  a  des  gens  ignorans". 

4)  Vgl.  S.  5:     MJe  puis  donner  .  .  .  ce  tesraoignage  a    sa    gloire 
que  j'ay  beaucoup  profite  dans  la  pratique  des  vertus  par  son  estude". 

5)  Vgl.  S.  6 :    wAyez    a   jamais    cette  gloire,    grand  et  docte  per- 
sonnage,    de    m'avoir    rendu    plus    vertueux,    plus    sgavant,    et   mieux 
entendu  que  je  n'estois  pas  la  lecture  de  vostre  ouvrage". 


—    43    — 

hat,  dafi  er  durch  seine  grundliche  Uberlegung1) 
durch  den  die  Wahrheit  aufdeckenden  Freimut2) 
vielen  Nutzen  gestiftet  hat.  Fur  die  tiefe  Frommig- 
keit  des  englischen  Verfassers  findet  er  das  hubsche 
Wort:  »Wenn  dieser  Mann  noch  mehr  zum  Ruhme 
Gottes  zu  sagen  gewufit  hatte,  so  wiirde  er  es  von 
ganzem  Herzen  getan  haben"3).  Er  kannte  eben 
seinen  Autor  grundlich;  denn  ihn  des  Atheismus  zu 
verdachtigen,  war  eben  nur  denen  moglich,  die  in 
dem  Buche  blatterten  und  -  -  gleich  manchen  Rezen- 
senten  heutzutage  -  die  eine  oder  andere  verfang- 
liche  AuBerung  aufierhalb  des  Zusammenhangs  be- 
trachteten  und  dann  uber  das  ganze  Werk  ein  ver- 
nichtendes  Urteil  fallten,  nicht  aber  solchen  Lesern, 
die  es  vollstandig  mit  Sorgfalt  und  Fleifi  durch- 
gearbeitet  hatten.  Nur  diese  konnten  wissen,  dafi 
er  selbst  sich  an  mehreren  Stellen  gegen  den  Atheis 
mus  ausgesprochen  hatte.  So  wurde  er  denn  auch 
von  manchen  Theologen,  z.  B.  von  Jac.  Fried. 
Reimmann4)  —  ein  Zeichen,  dafi  auch  deutsche 


1)  Vgl.  S.  7:  »La  solidite  de  vos  raisons". 

2)  Vgl.  S.  5:   «J1  descouvre  la  verite  avec  trop  de  franchise". 

3)  Vgl.  S.  11 :    wSi    cet   homme    eust    sceu   dire    davantage  pour 
glorifier  la  Divinite,  il  1'auroit  fait  de  tout  son  coeur". 

4)  Cf.    ^Historia   Universalis    Atheismi    et    Atheorum",    Hildesiae 
1725,  pg.  447:    wQuae    si    legeris    non    possis    non    obstupescere  qua 
front e  nonnulli  virum  hunc  Atheismi  accusare  potuerint,  cum  ipsemet 
hoc   vitium   tarn  rigide  condemnaverit  et  suae  doctrinae  iuxta  ac  vitae 
tarn    ingenuam    ac    sinceram  vulgaverit   confessionem  ....  Immo    in 
Theologiae  theoria  ac  praxi  egregie  excelluit"  (S.  448).     Anderswo  (im 
^Catalogus  bibliothecae  theologicae  systematico-criticus",  Hildesiae  1731, 
Bd.  2,  S.  1052)  sagt  er  zwar:  wHic  auctor  non  omnis  prorsus  expers 
est   maculae    et    anomaliae",    fiigt  aber  gleich    hinzu:    wSed  multa 
habet   sana    sobria   praeclara   et  non  cottidiani  commatis,  quae  Lectori 
pensare  potuerunt  quam  eidem  perlustrando  impendit  operam". 


Gottesgelehrte !)  die  richtige  Anschauung  iiber  ihn 
batten  -  friih  gegen  jene  unberechtigte  Anklage 
verteidigt.  Da  wir  es  unternommen  haben,  eine  ge- 
naue  Inhaltsiibersicht  zu  geben  und  durch  eine  solche 
Analyse  das  Andenken  an  ein  hervorragendes,  zu 
Unrecht  dem  Gedachtnis  gar  mancher  heutigen  Theo- 
logen  entschwundenes  Werk2)  zu  erneuern,  so  seien 
Brownes  Aufierungen  iiber  den  Atheismus 
noch  kurz  angefuhrt.  Browne  unterscheidet  scharf 
zwischen  Ketzern  und  Atheisten.  Ketzereien,  Spal- 
tungen  und  Irrungen3)  konnen  vorkommen,  ja  sie 
werden  immer  wieder  von  neuem  auftreten  —  und 
aus  welchem  Grunde?  Nur  deshalb,  weil  immer 
wieder  derartige  Manner  erscheinen  werden,  und 
weil  noch  keiner  lebte,  der  nicht  spater  wieder 
seinesgleichen  gefunden  hatte4).  An  einem  andern 
Orte5)  behauptet  er  sogar,  dafi  Ketzereien  stattfinden 
mussen,  da  ja  diese  selbst  wieder  Spaltungen  unter 
sich  erzeugen.  Aber  Ketzerei,  worunter  Browne 
eine  irrige,  mit  den  herrschenden  und  von  der 
Kirche  gebilligten  Lehren  nicht  ubereinstimmende 
religiose  Anschauung  versteht,  ist  nicht  identisch  mit 


1)  Dennoch    ist    die  Angabe  i.  d.  ,,Bio  graphic    universe  lie", 
Bd.  VI,  S.  62  im  allgemeinen  richtig:  ,,Les  theologians  de  1'Allemagne 
Pattaquerent  plus  se'rieusement  et  voulurent  passer  1'autheur  pour  athee". 

2)  Hier    sei  noch    das  Urteil  des  beriihmten  franzosischen  Arztes 
Guy  Patin  (1601—1672)  iiber  die  R.  M.  angefiihrt;  in  seinen  wLettres 
choisies"  (Francfort  1683)  finden  sich  einige  Aufierungen  iiber  sie;  er 
sagt  u.  a.  einmal:  ,,J1  y  a  de  gentilles  choses  dans  ce  livre"  (cf.  S.  12); 
ein  ander  Mai  behauptet  er:    ,,J1  n'y  a  encore  guere  de  livres  de  cette 
sorte". 

3)  Vgl.  c.  6,  S.  11 :  ,,Heresie,  Schisms  or  Errors". 

4)  Vgl.  c.  6,  S.  12:  ,,There    was  none  then,   but  there  hath  been 
some  on  since  that  parallels  him,  and  as  it  were  his  revided  self". 

5)  Vgl.  c.  8,  S.  15:   ,,There  must  be  Heresies". 


45    — 

Atheismus.  Beides  sind  grundverschiedene  Dinge. 
Wie  er  iiber  die  Gottesleugner  denkt,  ergibt  sich 
hinreichend  aus  dem  kurzen,  aber  treffsicheren  Satze: 
wlch  bin  viele  Jahre  der  Meinung  gewesen, 
esgabe  gar  keinen"1).  Wie  konnten  aber  bei  dieser 
energischen  und  unzweideutigen  Abkehr  Brownes 
von  den  Atheisten  die  zeitgenossischen  und  die  spateren 
Theologen  dennoch  einen  solchen  in  ihm  erblicken? 
Die  Ursache  lafit  sich  leicht  aufdecken;  steht  doch 
im  13.  Kapitel  des  zweiten  Teiles:  »Ich  gestehe,  ich 
bin  ein  Atheist,  ich  kann  mich  nicht  iiberreden,  das 
zu  ehren,  \v^s  die  Welt  anbetet"2).  Las  dies  ein 
eifriger  Theolog,  der  gleichzeitig  ein  eilfertiger  Skri- 
bent  und  ein  ungriindlicher  —  oder  soil  ich  sagen 
wgenialera  —  Forscher  war,  so  war  das  Urteil  iiber 
Browne  gesprochen  und  sein  Werk  auf  den  Index 
gesetzt3).  Aber  jene  Aufierung  bezieht  sich  darauf, 
dafi  Browne  dem  wGod  of  the  Earth",  dem 
Gelde4)  gegeniiber,  ein  Atheist  zu  sein  behauptet, 
und  zwar  gehen  diese  Worte  unmittelbar  jener  be- 
bedenklich  erscheinenden,  in  Wahrheit  aber  unver- 
fanglichen  Aufierung  voraus.  Damit  ist  wohl  der 


1)  Vgl.  c.  20,  S.  44:    ,,I  have  been  these   many  years  of  opinion 
there  was  never  any". 

2)  Vgl.  Tl.  II  c.  13,  S.  171:  ,,I  do  confess,  I  am  an  Atheist,  I  can 
not  perswade  myself  to  honour  that  the  world  adores". 

3)  Es    kam  tatsachlich   auf  den    „  Index   librorum  prohibit orum" ; 
vgl.  H.  Weingarten,  wDie  Revolutionskirchen  Englands",  a.  a.  0.  S.  308. 

4)  Dieser  Ausdruck  Brownes  beweist  wiederum,  wie  haufig  sich 
derartige  Metaphern  unwillkiirlich  einstellen;  man  vgl.  z.  B.  ein  Gedicht 
Schiller s    aus    der    dritten    Periode:    wAn    die    Freunde",    wo    es 
Strophe  3,  V.  4—6  lautet: 

,,Tausend  Schiffe  landen  an  und  gehen; 

Da  ist  jedes  Kostliche  zu  sehen, 

Und  es  herrscht  der  Erde  Gott,  das  Geld". 


—    46    — 

Atheismus    unseres   Verfassers    aufgeklart    und    er- 
ledigt. 

Wenn  auch  dieser  Vorwurf  seiner  Zeitgenossen 
gegen  ihn  unberechtigt  war,  so  lafit  doch  unser 
systematisch  geordneter  Uberblick  iiber  den  Inhalt 
der  R.  M.  erkennen,  dafi  Browne  in  vielen  Punkten 
freiere  Anschauungen  hatte  und  auf  keinen  Fall  den 
Orthodoxen,  zumal  den  orthodoxesten  Orthodoxen 
seiner  Zeit,  beigesellt  werden  darf;  das  ware  schon 
durch  seine  Ermahnungen  zur  Versohnung  der 
christlichen  Parteien  untereinander  *)  ausgeschlossen. 
Seine  Behauptung,  in  der  Theologie  halte  er  den  ge- 
bahnten  Weg  ein2),  wird  schon  durch  die  hohe 
Stellung  eingeschrankt,  die  in  seinem  individuellen 
Glaubensbekenntnis  die  Vernunft  und  das  Anrecht 
des  Menschen  auf  eine  von  ihr  geleitete  wissen- 
schaftliche  Forschung  einnimmt,  ferner  durch  seine 
Anschauung  von  dem  eigentlichen  Sitz  der  Holle. 
Es  kommt  hinzu,  dafi  er  einmal3)  die  Lehre  Epikurs 
von  der  Unbekummertheit  Gottes  um  die  Handlungen 
der  Menschen  und  die  Ansicht  der  Stoiker  von  der 
Allgewalt  des  Schicksals  ausdriicklich  gegen  den 
Vorwurf  des  Atheismus  in  Schutz  nimmt  und  diese 
aus  der  richtigen  Einsicht  in  das  unwandelbare 
Gesetz  seines  Willens,  jene  aus  einem  allzu  er- 
habenen  Begriff  von  Gottes  Majestat  ableitet.  So- 
krates,  der  Lehrer  des  Philosophen  Plato,  der  wei- 
seste  der  Griechen,  diinkt  ihn  ein  wirklicherer  Mar- 

1)  Darin  sieht  E.  L.  Henke,  wNeuere  Kirchengeschichte".    Nach- 
gelassene  Vorlesungen,  hrsg.  von  Dr.  W.  Gafi.     Bd.  II,  wGeschichte  der 
getrennten  Kirchen  bis  zur  Mitte  des  18.  Jh.tt  Halle  a.  S.  1878,  S.  476 
einen  Vorzug  der  Brown eschen  Theologie. 

2)  Vgl.  c.  6,  S.  11:  wln  Divinity,  I  love  to  keep  the  road". 

3)  Vgl.  c.  20,  S.  44. 


—    47     — 

tyrer  zu  sein,  als  viele,  die  nur  in  Martyrologien 
verzeichnet  sind;  litt  er  doch  der  von  ihm  ange- 
nommenen  und  ihm  zur  Uberzeugung  gewordenen 
Einheit  Gottes  halberi). 

Es  erhebt  sich  daher  die  Frage,  welcher  reli- 
giosen  Richtung  des  damaligen  Englands  wir 
Thomas  Browne  zugesellen  miissen.  Erinnern 
wir  uns  zunachst  daran,  dafi  wir  inBrownes  Theo- 
logie  drei  wesentliche  Punkte  erkannten:  1.  die 
feste  Uberzeugung  vom  Dasein  Gottes,  die  aus  seiner 
Verherrlichung  von  Gottes  Allmacht  und  Weisheit2) 
erhellt,  2.  die  Sicherheit  der  Unsterblichkeit,  und 
3.  den  Gebrauch  unserer  Vernunft  auch  in  religiosen 
Angelegenheiten  als  eine  Gott  zu  erweisende  Schul- 
digkeit,  so  werden  wir  ihn  zu  den  Deis  ten  rechnen 
miissen.  Fallt  doch  seine  Lebenszeit  direkt  in  jene 
kirchengeschichtlich  interessanteste  Periode  Englands 
hinein.  Es  sei  noch  nachdriicklich  darauf  hinge- 
wiesen,  dafi  das  Wort  ,,0ffenbarung"  sich  in  seinem 
Traktat  nirgends  findet;  das  ^naturliche  Gottes- 
bewufitsein" 3)  genugt  ihm.  Seine  Zugehorigkeit  zu 
den  ^Freethinkers"  hier  festzustellen,  ist,  obwohl 


1)  Browne    teilt    also    die    Anschauung    der    griechischen    und 
romischen  Kirchenvater,    dafi  Sokrates  kein  Heide,   sondern,    wie 
Seneca  wegen  einiger  Gedanken,  die  er  mit  Paulus  gemeinsam  hat, 
ein    wChristianus     ante     Christum"    gewesen    sei;    man    vgl.     in 
Brs.  R.  M.  c.  26,  S.  59 :  ^Socrates,  that  suffered  on  a  fundament  point 
of  Religion,  the  Unity  of  God",  und  fiber  die  alten  ,,Patres  ecclesiae"  die 
Rektoratsrede  Adolf  Harnacks  vom  15.  Oktober  1900  wSokrates  und 
die  alte  Kirche",  Berlin  1900. 

2)  Nicht  ganz    richtig   gibt  H.  Weingarten,    wDie  Revolutions- 
kirchen  Englands ",^a.  a.  0.  S.  309  an:    ,,Von    alien  Aufierungen   iiber 
Gott  steht  ihm  nur  das  Eine  fest:  sein  Dasein". 

3)  So  bezeichnet  K.  Hase  in  seiner  wKirchengeschichte"  12,  Lpz., 
1900,  S.  464  eine  dem  Deismus  eigentiimliche  Lehre. 


—    48    — 

es  nach  der  vorangegangenen  Analyse  des  Inhalts 
der  R.  M.  so  scheinen  konnte,  dennoch  keine  ver- 
lorene  Mtihe.  Lesen  wir  doch  in  dem  weitverbrei- 
teten,  besonders  haufig  von  Studenten  herangezogenen 
,,Lehrbuch  der  Kirchengeschichte"  von  Johann 
Heinrich  Kurtz1),  dafi  Browne  in  seiner  R.  M. 
einen  ,,schwarmerisch -mystischen  Supra- 
naturalismus"  vertreten  habe.  Gedenkt  man  aber 
der  bekannten  Definition  dieser  Abart  des  Rationalis- 
mus,  man  habe  darunter  den  Glauben  an  eine  un- 
mittelb.are,  der  natiirlichen  Vernunft  unerreichbare 
Offenbarung  Gottes  zu  verstehen,  denkt  man  ferner 
daran,  dafi  Browne  in  seinem  Buche  nie  und  nirgends 
diesen  Standpunkt  vertreten  hat,  gedenkt  man  end- 
lich  dessen,  dafi  der  Supranaturalismus  bei  einem 
Teile  der  Theologen  des  18.  Jh.  im  Schwange  war, 
wahrend  doch  Thomas  Browne  im  17.  Jh.  lebte, 
so  mufi  diese  Auffassung  der  Brown eschen  Theo- 
logie  als  unrichtig  und  unhaltbar  abgewiesen  werden. 
Allerdings  finden  wir  in  der  R.  M.  den  Deismus  noch 
nicht  so  scharf  ausgepragt,  wie  in  den  •  teilweise 
spateren  Schriften  von  Herbert  von  Cherbury, 
Thomas  Hobbes,  Charles  Blount,  John  To- 
land,  Anthony  Collins,  Woolston,  Tindal, 
Thomas  Chubb,  Thomas  Morgan  und  anderen 
Vertretern  dieser  Richtung,  aber  die  Keime  dazu 
sind  gelegt2). 

Dennoch   mufi   man   trotz  des  soeben  beruhrten 


1)  13.  Aufl.,  herausgegeben  von  Bonwetsch  und  Tschackert, 
Bd.  11,  1.  Halite,  Lpz.  1899,  §  167,  3,  S.  292. 

2)  Richtig    sagt  H.  Weingarten,    wDie  Revolutionskirchen  Eng- 
lands",  a.  a.  0.  S.  308 :    ,,In    der  R.  M.    sind    die  Grundgedanken  des 
Deismus  angebahnt". 


—    49    — 

Irrtums  dem  Werke  von  J.  H.  Kurtz  in  einer  Hin- 
sicht  dankbar  sein,  zumal  wenn  man  UberTh.  Browne 
arbeitet.  1st  es  doch  die  einzige  Kirchengeschichte 
aus  der  neueren  Zeit,  wo  unserem  theologisch  doch 
wahrlich  nicht  unbedeutenden  Autor  -  -  neben  der 
wNeueren  Kirchengeschichte"  des  jiingerenHenke  — 
einige  Zeilen  gewidmet  sind.  Denn  tatsachlich  er- 
wahnen  ihn  weder  Carl  Ludwig  Gieseler1)  noch 
Heinr.  Ernst  Friedr.  Guericke2),  noch  K.  R. 
Hagenbach3),  noch  K.  Hase  in  seinem  grofien4) 
und  seinem  kleineren5)  Buche,  noch  J.  J.  Herzog6), 
noch  K.  Heussi7),  noch  katholischerseits  der  Car 
dinal  J.  HergenrotherS),  noch  endlich  W.  Moeller9). 
Von  Kirchenhistorikern,  deren  Schriften  hinter  dem 
Jahre  1850  liegen,  nennen  ihn  nur  Lindner10)  und 
Niedner11);  dieser  gibt  in  seiner  Aufzahlung  der  eng- 
lischen  Deisten  nur  den  Namen  und  fiir  die  R.  M.  eine 


1)  ,,Lehrbuch    der   Kirchengeschichte",    6    Bande    in    11  Teilen 4, 
Bonn  1844—1855. 

2)  ^Handbuchder  Kirchengeschichte "  9,  3  Bande,  Leipzig  1866 — 67. 

3)  ^Kirchengeschichte    von    der    altesten  Zeit    bis  zum  19.  Jh."  4, 
Lpz.  1870—1886. 

4)  wKirchengeschichte     auf    der     Grundlage     akademischer    Vor- 
lesungen",  3  Tie  in  5  Rdn,  Leipzig  1885—1892. 

5)  ^Kirchengeschichte"  12,  Lpz.  1900. 

6)  wAbrifi    der    gesamten    Kirchengeschichte"  2,    2  Bde,  Erlangen 
1890—1892. 

7)  Compendium  der  Kirchengeschichte "  2,  Tubingen  1910. 

8)  Hergenrother-Kirsch,     wHandbuch     der    allgemeinen    Kirchen 
geschichte " 4,  3  Bde,  Freiburg  i.  Br.  1902—1909. 

9)  MLehrbuch  der  Kirchengeschichte",  3  Bde,  Tubingen  1897—1907. 

10)  ^Lehrbuch  der  christlichen  Kirchengeschichte.    Mit   besonderer 
Beriicksichtigung     der    dogmatischen    Entwicklung" ,    3    Bde 2,    Leipzig 
1848—1854. 

11)  wLehrbuch  der  christlichen  Kirchengeschichte   von  der  altesten 
Zeit  bis  auf  die  Gegenwart",  Berlin  1866,  S.  775. 

Schonack,  Thomas  Brownes  Religio  Medici.  4 


—    50    — 

spatere,  in  Deutschland  erschienene  Ausgabe  (Argentor. 
1652)  an,  jener  zitiert  ein  falsches  Erscheinungsjahr 
(1646!).  Von  den  zuerst  genannten  zehn  Gelehrten 
fiihren  die  meisten1)  -  auch  nicht  alle2)  —  nur 
den  Begriinder  des  Independentismus  oder  Kongre- 
gationalismus,  namens  Robert  Brown  an,  mit  dem 
unser  theologisierender  Arzt  Thomas  Browne,  wie 
aufier  den  verschiedenen  Vornamen  schon  die 
Schreibung  des  Wortendes  zeigt3),  natiirlich  nicht 
das  geringste  zu  tun  hat;  denn  friihere  Verwechs- 
lungen  beider4)  sind  langst  erledigt.  Dennoch 
machen  wenigstens  einige  altere  Kirchengeschichten 
hinsichtlich  unseres  Browne  eine  riihmliche  Aus- 
nahme.  Freilich  der  Gottinger  Kanzler  Joh.  Lorenz 
von  Mosheim5),  der  grlindliche  Wittenberger  Ge- 
lehrte  Joh.  Matthias  Schrockh6)  und  der  Gottin 
ger  Historiker,  spatere  Kurator  der  Universitat  Tu 
bingen,  Ludwig  Timotheus  Frh.  von  Spittler7) 


1)  Vgl.    Gieseler,    Bd.  III.  2    S.  34,    Bonn    1853;    Guericke, 
Bd.  Ill,  S.  373,    Lpz.  1867;    Hagenbach,  Bd.  IV,  S.  257,   Lpz.  1870; 
Herzog,  Bd.  II,  S.  364,  Lpz.  1892;  Heussi  S.  428;  Moeller,  Bd.  Ill, 
3.  Aufl.,  hrsg.  von  G.  Kawerau,  S.  358—359,  Tubingen  1907. 

2)  Nicht:  K.  Hase  und  Hergenrother-Kirsch. 

3)  Vgl.  meinen  Aufsatz  im  ,,Janus,  Archives  Internationales  pour 
1'Histoire    de    la  MSdecine   et   la  Geographic  Medicale",  15.  Jhg.  1911. 
S.  A.  S.  4,  Anm.  4. 

4)  Vgl.  z.  B.  die  Bearbeitung  des  S.  6  Anm.  2  genannten  Werkes 
durch  Mentzer,  MHerrn  Heinrich  Ludolf  Benthems  Neueroff- 
neter  Engelandischer  Kirch-  und  Schulen-Staat",  Lpz.  1732,  S.  544—546. 

5)  wlnstitutionum  historiae    ecclesiasticae    antiquae    et   recentioris 
libri  quatuor",  Helmstadi  1755. 

6)  wChristliche  Kirchengescbichte"  2,  Lpz.  1772—1803  in  35  Bdn; 
^Christliche    Kirchengeschichte    seit    der    Reformation",    10  Bde,    Lpz. 
1804—1812. 

7)  ^Grundrifi    der    Geschichte    der    christlichen     Kirche" 3,    Got- 
tingen  1791. 


—    51    — 

—  dererste,  unserem  heutigen  Rudolf  Sohm1)  ver- 
gleichbare  geschmackvolle  Darsteller  der  Kirchenge- 
schichte — ,  iibergehen  ihn;  Mosheim  und  Schrockh 
halten  wie  andere  nach  ihnen  den  Independenten 
R.  Brown  fur  wichtiger2).  Das  umfangreiche 
Werk  von  Job.  E.  Chr.  Schmidt3)  blieb,  gleich 
dem  Neandersein  Torso,  bei  fruheren  Zeiten  stehen. 
Aber  Gottfried  Arnold4)  und  spater  der  altere 
Henke5)  widmen  ihm,  jener  eine  ausfiihrlichere, 
dieser  eine  kurze  Darstellung;  dagegen  fehlt  er 
wiederum  in  dem  kurzgefafiten  ^Handbuch  der  all- 
gemeinen  Geschichte  der  christlichen  Kirche",  das 
der  Helmstadter  Professor  gemeinsam  mit  seinem 
Konigsberger  Kollegen  Severin  Vater  herausgab6). 
Der  von  Ph.  C.  Marheinecke,  dem  bekannten 
Hegelianer,  geplante  GrundriG7)  gedieh  nur  bis  zum 
ersten  Bande,  kommt  daher  fiir  uns  gleichfalls  nicht 
in  Betracht.  Noch  wunderbarer  ist  es  aber,  da 6 
iiber  Thomas  Browne  auch  in  den  vorhandenen 
Geschichten  und  Ubersichten  des  Deismus  ein  be- 
sonderer  Unstern  gewaltet  hat;  denn  in  den  Werken 

1)  ,,Kirchengeschichte    im    Grundrifi"  u,    Lpz.   1905;    Th.  Br.    ist 
hier  natiirlich  nicht  genannt. 

2)  Vgl.  Mosheim    a.    0.    Sectio    III,    Pars    2,    §   21,    S.    775; 
Schrockh  a.  0.  Bd.  V,  S.  42,  Lpz.  1806  (der  ,,Christl.  K.gesch.  s.  d. 

Reform."). 

3)  ,,Handbuch  der  christlichen  Kirchengeschichte",  fortgesetzt  von 
Fr.  W.  Rettberg,  Giefien  1801—1834  in  7  Banden. 

4)  ,,Fortsetzung  und  Erlauterung  oder  Dritter  und  Vierdter  Teil  der 
unpartheyischen    Kirchen-    und    Ketzer-Historie",   Frankfurt    am   Mayn 
1729,  Bd.  Ill,  Cap.  VIII,  §  28—36,  S.  81—83. 

5)  H.  Ph.  K.  Henke,    ,,Allgemeine    Geschichte    der    christlichen 
Kirche  nach  der  Zeitfolge",  Bd.  IV4,  Braunschweig  1806,  S.  400. 

6)  Dort    wird    Bd.    Ill,    S.    260,    Anm.    7    nur    Robert    Brown 
genannt. 

7)  wUniversalkirchenhistorie  des  Christentums",  Erlangen  1806. 

4* 


—    52    — 

von  John  Leland1),  Urban  Gottlob  Thor- 
schmid2),  Hermann  vom  Busche3)  und  L. 
Noack4)  begegnen  wir  ihm  gleichfalls  nicht,  da  der 
von  Thorschmid  genannte  Peter  Browne5)  und 
die  bei  Leland  vorkommenden  John6)  und 
Simon7)  Browne  ganz  andere  Manner  sind.  Es  ist 
ein  Beweis  fur  die  Sorgfalt  von  Troeltsch,  dafi  er 
in  seiner  kurzen  Abhandlung  iiber  den  Deismus8) 
auch  Th.  Brownes,  wenn  auch  nur  mit  wenigen 
Worten,  gedenkt.  Auch  bei  anderen  Gelehrten,  deren 
Biicher  der  litteraturkundige  Forscher  einsehen 
wird,  suchen  wir  unsern  Browne  vergebens,  wie  man 
bei  S.  J.  Baumgarten9),  bei  Franz  Vorlander10), 


1)  ,,A  View  of  the  Principal  Deistical  Writers  that  have  appeared 
in  England  in    the    last    and    present  Century   with  observations  upon 
them,    and    some    account    of   the    answers  that   have  been  published 
against  them.     In    several  Letters  to  a  friend."    2  Voll.  4  London  1764. 

2)  wVersuch     einer     vollstandigen     engellandischen     Freydenker- 
Bibliothek",  4  Teile,  Halle  im  Magdeburgischen  1765—1767. 

3)  wDie    freie    religiose    Aufklarung;    ihre    Geschichte    und    ihre 
Haupter",  Darmstadt  1846,  2  Bde. 

4)  ,,Die  Freidenker   in   der  Religion  oder  die  Reprasentanten  der 
religiosen  Aufklarung  in  England,  Frankreich  und  Deutschland",   3  Tie, 
Bern  1853—1855. 

5)  Der  Gegner  John  Tolands  und  Verfasser  von    MA  Letter   in 
answer  to  a  book,  entitled  „  Christianity  not  mysterious"  (vgl.  a.  0.  Ill,  107). 

6)  Vgl.  I,  64,   Verf.  von  ,,Essays  on  the  Earl  of  Shaftesbury's 
Characteristics  " . 

7)  Vgl.  I,  110,  Verf.  von  ^Rebuke  to  a  ludicrous  infidel,   in  ans 
wer  to  Mr.  Woolston". 

8)  Vgl.  Herzogs  Realencyclopaedie  fur  protestantische  Theologie 
und  Kirche",  Bd.  IV3,  Lpz.  1898,  S.  537. 

9)  ,,Untersuchung    theologischer     Streitigkeiten",     3    Bde,     Halle 
1762 — 1764;    auch    in    desselben-  Gelehrten   wNachrichten    von    merk- 
wiirdigen  Biichern",  12  Bde,  HaUe  1752—58  steht  iiber  Br.  nichts. 

10)  „  Geschichte    der    philosophischen   Moral-,  Rechts-    und  Staats- 
lehre  der  Englander  und  Franzosen",  Marburg  1855. 


—    53    — 

bei  Carl  Friedr.  Staudlini),  bei  Job.  Georg 
Walch2)  zu  seinem  Leidwesen  merkt.  Der  einzige 
unter  diesen  alteren  Gelehrten,  der,  allerdings  mehr 
bibliographisch  als  litterarisch,  uber  ihn  handelt,  1st 
Job.  Anton  Trinius3). 

1)  Weder  in  der  ,,Geschichte  des  Rationalismus  und  Supranatura- 
lismus"  (Gottingen  1826)    noch  in  der  ,,Allgemeinen  Kirchengeschichte 
von  GroBbritannien",  2  Bde  (Gottingen  1819). 

2)  wHistorische    und    theologische    Einleitung    in    die    Religions- 
streitigkeiten,     welche     sonderlich    aufier    der    evangelisch-lutherischen 
Kirche  entstanden",  5  Bde,  Jena  1734—1736. 

3)  ,,Freydenker-Lexicon",  Leipzig  und  Bernburg  1759,  S.  119—122. 
Gewidmet  ist  dies  Werk  dem  Hamburger  Hauptpastor  Joh.  Melchior 
Gotze,  Lessingschen  Angedenkens. 


—    54    — 

Schlufi. 

Man  mufi  sich  eben,  will  man  sich  iiber  die 
,,Religio  Medici",  ein  Werk,  das  allein  schon  durch 
den  Titel  zur  Lektiire  reizt1),  unterrichten,  an  das 
Buch  selbst  wenden.  Bei  genauem  und  eingehendem 
Studium  werden  sich  einem  alsdann  die  G  r  u  n  d  - 
1  i  n  i  e  n  der  Browne  schen  Theologie,  wie  wir  sie 
oben  zu  ziehen  versucht  haben,  von  selbst  ergeben. 
Noch  interessanter  ware  freilich  eine  Darstellung  der 
gesamten  Anschauungen  Th.  Brownes 
liber  Religion  unter  Benutzung  seiner  samt- 
lichen  Werke,  vor  allem  der  wPseudodoxia  Epide- 
mica"  und  seiner  Briefe,  da  wir  ja  in  dem  von  uns 
analysierten  Traktat  nur  Ansatze  zu  einem  theo- 
logischen  System ,  eine  Art  Individualtheo- 
1  o  g  i  e  ,  zu  erblicken  haben.  Mag  man  die  Aus- 
fiihrungen  des  Verfassers  iiber  die  R.  M.  als  eine 
Prodromosschrift  zu  jener  ausfuhrlicheren  Arbeit, 
zu  der  bereits  Material  vorliegt,  das  aber  vorlaufig 
wegen  anderer  litterarischer  Tatigkeit  zuriickgestellt 
werden  muB,  gew.  als  eine  Abschlagszahlung  auf 
das  Ganze,  ansehen. 


1)  wThe  name  of  the  work  was  singularly  suggestive  and 
taking"  (vgl.  B.  W.  Richardson,  wDisciples  of  Aesculapius",  a.  a.  0. 
S.  642). 


Namenregister. 


Die  kleinen  Ziffern  rechts  neben  den 
a  usw.  siehe 

Aristoteles  1,  30 

Arnold,  Gottfried  23 1,  41 2, 

51,  514 
Avicenna  1 

Baumgarten,  S.  J.  52,  529 

Benthem,  Heinr.  Lud.  143, 
504 

Bessarion  2 

Bibbiena  2 

Blount,  Charles  48 

Bokenham,  Reginaldus  19 1 

Bonwetsch  48 1 

Brockhaus  61 

Brown,  John  7 

Brown,  Robert   50,  51,  51 6 

Browne,  John  52,  526 

Browne,  Peter  52,  525 

Browne,  Simon  52,  52? 

Browne,  Thomas  V,  VI,  55, 
6,  8,  9i,  10,  12,  131,  14, 
15,  165,  181,  19,  191,  211, 
212,  22,  23l,  24l,  26,  27, 
272,  28,  284,  285,  286,  29, 
291,  30,  30i,  31,  32,  33, 
334,  34,  366,  37,  40i,  41, 
411,  42,421,  44,  45,  454, 
46,  46l,  47,  471,  48,  49, 
50,  511,  52,  54 


grofien  verweisen  auf  die  Anmerkungen. 
unter  ae  usw. 

Biichmann  21 1,  384 
Busche,  Herm.  vom  52,  52s 

Cherbury,  Herbert  von  48 
Chubb,  Thomas  48 
Cicero  224 
Collins,  Anthony  48 
Coudenhove,  Heinr.  Graf  18 1 

Dezeimeris  61,  164 
Digby,  Kenelm  8,  83,  9,  9i 
Dorset,  Graf  von  9 

Eloy,  N.  F.  J.  61,  41,  41 2 

Epikur  46 

Ersch,J.  S.  61,  19l,  322,  40 1 

Fenger,  Leopold  31 6 
Ficino,  Marsilio  2 
Flammarion,  Camille  24 

Galen  1 

Gardiner,  H.  7i 

Gafi,  W.  46l 

Gebauer,  Ferdinand  19 1 

Gieseler,    Karl  Ludwig    49, 

491,  501 
Goethe  30 1 

Gotze,  Joh.  Melchior  533 
Graefie,  Joh.  Georg  Theod. 

226 


—    56    — 


Gruber,J.G.6l,19l,322,40l 

Guericke,  H.  E.  Fr.  49, 49  2, 50 1 
Gurlt  61 

Habakuk  31,  31 1 

Hagenbach,  K.  R.  49, 49  3, 50 1 

Harnack,  Adolf  47 1 

Hase,K.473,49,494,495,  502 

Henke,  E.  L.  46 1,  49 

Henke,  H.  Ph.  K.  51,  51 5 

Herder  61 

Hergenrother  49,  498,  502 

Herzog,J.J.49,496,50i,528 

Hettner,  H.  13 1 

Heussi,  K.  49,  497,  50 1 

Hippocrates  1 

Hirsch  61 

Hobbes,  Thomas  48 

Homer  35 

Hutchinson  322 

Jocher  61 
Johannes  16 
Johnson,  Mr.  40 1 
Johnson,  Samuel  6 1,22  6, 40 1 
Josephus  224 

Kawerau,  G.  50 1 
Kippis  102 
Kirsch  498,  502 
Knott,  J.  7l,  226 
Kurtz,  Joh.  Heinr.  48,  49 

Lambinus,  D.  10 1 
Lechler,  G.  V.  13 1 
Leersum,  E.  C.  van  VI 
Leland,  John  52,  52 1 
Leo  X.  2 


Lessing  533 

Lindner  24 1,  49,  49 10 

Maeterlinck,  Maurice  24 
Marheinicke,  Ph.  C.  51,  51? 
Marsuppini,  Carlo  2 
Mather,  Cotton  5 
Mentzer  504 

Merryweather,  Joh.  19 1,  422 
Meyer  6  i 

Milsand,  M.  J.  13 1,  30 1 
Mirandula,  Pico  della  2 
Moeller,  W.  49,  499,  50 1 
Morgan,  Thomas  48 
Mosheim,  Joh.  Lorenz   von 

50,  505,  51,  512 
Mueller,  Joh.  41 
Munch,  W.  393 

Neander  51 
Newton,  Isaac  4 
Niceron  42 1 
Niedner  49,  49  n 
Nieuwenhuis,  A.  W.  VI 
Noack,  L.  52,  524 
Nonnos  3 

Ollivier  61,  164 

Origenes  20 

Osier,  William  5i,  9i,  40 1 

Patin,  Guy  442 

Paulus  471 

Petit  Thouars,  M.  du  165 

Philippus  31,  311 

Pierer  61 

Plato  46 

Plethon,  Georgios  Gemistos  2 


-    57    - 


Poggio,  Francesco  2 
Pomponazzo,  Pietro  2 
Piinjer,  Bernhard  13 1,  24 1, 

253,  273 

Putter,  Johann  Stephan  4 
Pulci,  Luigi  2 

Raige-Delorme  61,  164 
Rechenberg,  Adam  41,  41 1 
Reimmann,  Jac.  Friedr.  10 1, 

19l,  411,  43,  434 
Reiser  41 

Reiske,  Johann  Jacob  7 
Rettberg,  Fr.  W.  51 3 
Richardson,  B.  W.  13 1,  19 1, 

272,  40l,  541 

Sadoleto  2 

Salomo  224 

Sannazaro,  Jacopo  2 

SchiUer  454 

Schmidt,  Joh.  E.  Chr.  51 

Schrockh,  Joh.  Matthias  50, 

506,  51,  512 
Seneca  47 i 

Shaftesbury,  Earl  of  526 
Shakespeare  384 
Sohm,  Rudolf  51,  51 1 
Sokrates  46,  47 1 
Spemann,  Franz  31 6 


Spittler,  L.  Th.  Frh.  von  50, 

507 

Staudlin,  Carl  Friedr.  53,  53 1 
Stolle,  Joh.  Gottlieb  61 

Tertullian  21,  21 1 
Thorschmid,  Urban  Gottlob 

52,  522 

Toland,  John  48,  525 
Trinius,  Joh.  Anton  164,  53, 

533 

Troeltsch  52 
Tschackert  48 1 

Valle,  Lorenzo  della  2 
Vater,  Severin  51,  51 6 
Venzky  111,  263 
Vorlander,  Franz  52,  52 10 

Wagner,  Tobias  41 
Walch,  Joh.  Georg  53,  532 
Weber,  K.  J.  39 1 
Weingarten,    Hermann    8l, 
112,131,322,453,472,482 
Wilkin,  Simon  61,  7,  7l,  165 
Winckelmann  30 1 
Wolf,  Friedr.  Aug.  3 
Wood,  Anthony  61 
Woolston  48,  52? 

Zedler  61,  422 


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