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Full text of "Rheinisches Museum für Philologie"

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^ 


Kheiiiisches  Museum 


für 


PHILOLOGIE 


Heran  spoprobon 


von 


Franz  Buecheler  und  Hermann  Usener. 


Nene  Folge. 


Vier  und  fünfzigster  Band 


Frankfurt  am  Main 

J.  D.  SaiiPrlanders  Verlapr. 


1899. 


UBRARY  OF  THE 
LELAND  STANFORD  JB.  UNIVERSm, 


Verzeicliniss  der  Mitarbeiter 

m  Band  XXV — LIV  und   ihrer  Beiträge   von  Band  XLV    an. 


Ahrens,  H.  L•.,  in  Hannover  f 

ineel,  G.,    in    Gross  -  Lichterfelde 

indresen,  G.,  in   Berlin 

AotoD,  H.,  in   Jena 

Apelt,  O.,  in  W^eimar  (49,  59.  50, 

394.  53,021) 
Arnim,  H.  von,  in  Rostock 
Albach,  J.,    in   Dosseidorf 
Aabert,    L.  C.   M.,    in    Christiauia 
Aufrecht,  Th.,  in  Bonn 
Aoafeld,  Α.,    in    Baden-Baden  (50, 

357.  52,  435.  557) 

Badham,  C,  in  Sydney  t 
Baehreus,   E-,   in  Groningen  f 
Baeumker  C,  in  Breslau 
Bannier,  ΛΥ.,  in  München  (54.  544) 
Barthold,  Tb.,  in  Hamburg  j 
Bartholomae,     Chr.,      in    Giessen 

(45, 151) 
Barwinski,    B.,   in   Deutsch  -  Krone 
Bauer,  Α.,   in  Graz  (53,  168) 
Baunack,  J.,   in  Leipzig 
Becher,  F.,  in  Berlin  (45,  818.  47, 

e.39) 
Becker,  G.,  in  Bonn  f 
Beloch,  J.,   in  Born  (45,  4(>5.  555. 

49,  111.   50,250.  54,  414) 
Benndorf,  O.,  in  Wien 
Bergk,  TL•.,    in   Bonn  f 
Bemaye,  J.,  in  Bonn  f 
Bethe,  E.,   in  Basel   (46,  511.   47, 

577.  48,  91.  355.  484) 
Biese,  Α.,  in  Neuwied 
Binsfeld,  J.  P.,  in  Coblenz  f 
Birt,  Th.,  in  Marburg  (45,  491.  46, 

152.  50,  31.  lei.  51,  70. 153.  240. 

4ί)ί^.  491.  506.  52  Suppl.  54,40, 

201) 
Bischoff,  E.  F.,  in  Leipzig  (53,  328. 

54,  9) 
Blass,  F.,  in  Halle  (47, 2<]9.  53,283. 

54,  33) 
Blass,  H.,  in  Berlin  f 
Blümner,  H.,  in  Zürich 
Boehme,  J.,  in  Hamburg 
Bonnet,  M.,  in  Montpellier 


Boor,  C.  de,    in  Breslau   (45,  477. 

47,  321) 
Bornemann,  L.,  in  Hamburg 
Brambach,  W.,  in  KarlHruho 
Brandis,  C.  G.,   in  Charlottenburg 

(51.  109) 
Brandt,  S.,  in  FLiitlelberg  (47,  390) 
Braun,  \V.,  in  \Vee«I 
Breitenbach,  L.,  in  Naumburg  f 
Brinkmann,     Α.,     in     KönigHbcrg 

(51,  273.  441.  52,  632.  54,  93) 
Brocker,  L.  0.,  in  Hamburg 
Brugmann,  K.,  in  Luip/ig  (53,  630) 
Brugrnann,  0.,  in  Leipzig  (50,  17«) 
Bruhn,  E.,  in  Kiel  (4o,  273.  48, 62«. 

49,  168) 
Bruns,  J.,  in  Kiel  (45,  138.  223 j 
Buchholtz,  H.,  in  Bf;rlin 
Buecheler,   F.,   in  Bfmn   (45,    159. 

161.321.   46,  159.  233.  632.  48, 

84.    320.  631.    49,  175.  51.  153. 

325.  471.  6:i8.  52.  :i0'2.  391.  63, 

166.  205.  54,  1.  48 i) 
Buermann,  H.,  in  Berlin 
Bugge,  %S..  in  ChriHtiania 
Bunte,  B.,  in  Leer 
Buresch,  K.,  in   Athen  f  ί4ίί,   1ί):{. 

47,  329.  49,  424) 
Bureian,  C,  in  München  f 
Busolt,  G.,  in  Göttinnen 
Busse,  Α.,  in  Berlin  (49,  72) 
Bywater,  I.,  in  Oxford 

Cauer,  F.,  in  Berlin  (46,  241.  50, 

348) 
Cauer,  P.,  in  Düesehlorf  (47,  74) 
Cholodniak,   J.,    in  St.  Petersburg 
Christ,  W.,  iu  München 
Christensen,  Η ,  in  Hamburg  (54, 

131) 
('ichoriue,  C,  in  Leipzig 
Classen,  J.,  in  Hamburg  f 
Ciemm,  W.,  in  Giessen  f 
Cohn,  L.,  in  Breslau 
Conway,  R.  J.,  in  Cardiff  i49,4H0) 
Coriisen,  P.,    in  Deutsch -Wilmers- 

dorff  bei  Berlin  (51,  226) 


LIBRARY  OF  THE 
LELAND  STANFORD  JS.  UNIVERSm. 


Verzeichiiiss  der  Mitarbeiter 

von  Band  XXV— LIV  und    ihrer  Beiträge   von  Band  XLV    an. 


Ahrens,  H.  L.,  in  Hannover  f 
Amsel,  ü.,  in  Gross  -  Lichterfelde 
Andresen,  G.,  in  Berlin 
Anton,  Ή.,  in  Jena 
Apelt,  0.,  in  Weimar  (49,  59.  50, 

394.  53,  G21) 
Arnim,  Ή.  von,  in  Rostock 
Asbach,  J.,  in  Düsseldorf 
Aabcrt,    L.  C.  M.,    in    Christiauia 
Aufrecht,  Th.,  in  Bonn 
Aasfeld,  Α.,  in    Baden-Baden  (50, 

357.  52,  435.  557) 

Badham,  C,  in  Sydney  f 
Baehreiis,  E.,  in  Groningen  f 
Baeumker  C,  in  Breslau 
Bannier,  W.,  in  München  (54,  544) 
Barthold,  Th.,  in  Hamburg  f 
Bartholomae,     Chr.,      in    Giessen 

(45,  151) 
Barwinski,   B.,  in   Deutsch  -  Krone 
Bauer,  Α.,  in  Graz  (53,  168) 
Baunack,  J.,  in  Leipzig 
Becher,  F.,  in  Berlin  (45,  318.  47, 

639) 
Becker,  G.,  in  Bonn  t 
Beloch,  J.,  in  Rom  (45,  405.  555. 

49,  111.  50,  250.  54.  414) 
Benndorf,  0.,  in  Wien 
Bergk,  Th.,   in   Bonn  f 
Bemays,  J.,  in  Bonn  f 
Bethe,  E.,  in  Basel   (46,  511.  47, 

577.  48,  91.  355.  484) 
Biese,  Α.,  in  Neuwied 
Binsfeld,  J.  P.,  in  Coblenz  t 
Birt,  Th.,  in  Marburg  (45,  491.  46, 

152.  50,  31.  161.  51,  70. 153.  240. 

468.  491.  506.  52  Suppl.  54,40, 

201) 
Bischoff,  E.  F.,  in  Leipzig  (53,  328. 

54,  9) 
Blass,  F.,  in  Halle  (47,269.  53,283. 

54,  33) 
Blass,  H.,  in  Berlin  t 
Blümner,  H.,  in  Zürich 
Boehme,  J.,  in  Hamburg 
Bonnet,  M.,  in  Montpellier 


Boor,  C.  de,   in  Breslau  (45,  477. 

47,  321) 
Bornemann,  L.,  in  Hamburg 
Brambach,  W.,  in  Karlsruhe 
Brandis,  C.  G.,   in  Charlottenburg 

(51,  109) 
Brandt,  S.,  in  Heidelberg  (47,  390) 
Braun,  W.,  in  Wesel 
Breitenbach,  L.,  in  Naumburg  f 
Brinkmann,     Α.,     in     Königsberg 

(51,  273.  441.  52,  632.  54,  93) 
Bröcker,  L.  0.,  in  Hamburg 
Brugmann,  K.,  in  Leipzig  (ο3,  630) 
Brugmann,  0.,  in  Leipzig  (50,  478) 
Bruhn,  E.,  in  Kiel  (45,  273.  48, 628. 

49,  168) 
Bruns,  J.,  in  Kiel  (45,  138.  223) 
Buchholtz,  H.,  in  Berlin 
Buecheler,   F.,   in  Bonn   (45,    159. 

161.  321.   46,  159.  233.  632.  48, 

84.   320.  631.   49,  175.  51,  153. 

325.  471.  638.  52,  302.  391.  53, 

166.  205.  54,  1.  484) 
Buermann,  H.,  in  Berlin 
Bugge,  S.,  in  Christiania 
Bunte,  B.,  in  Leer 
Buresch,  K.,  in  Athen  f  (46,  193. 

47,  329.  49,  424) 
Bursian,  C,  in  München  f 
Busolt,  G.,  in  Göttingen 
Busse,  Α..  in  Berlin  (49,  72) 
By water,  I.,  in  Oxford 

Cauer,  F.,  in  Berlin  (46,  244.  50, 

348) 
Cauer,  P.,  in  Düsseldorf  (47,  74) 
Cholodniak,  J.,   in  St.  Petersburg 
Christ,  W.,  in  München 
Christensen,  Η ,  in  Hamburg  (54, 

134) 
Cichorius,  C,  in  Leipzig 
Classen,  J.,  in  Hamburg  f 
Clemm,  W.,  in  Giessen  f 
Cohn,  L.,  in  Breslau 
Conway,  R.  J.,  in  Cardiff  (49,480) 
Corssen,  P.,    in  Deutsch -Wilraers- 

dorff  bei  Berlin  (51,  226) 


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lY 


VcrzeiohuiBs 


Crecoliue,  W.,  in  Klberfeld  f 
Cröncrt,  W.,  in  Halle  (53,  585.  54, 

593) 
Crusius,  0.,  in  Heidelberg  (45,  2β5. 

46,  318.    47,  61.    48,  152.  299. 

49,  299.  51,  544) 
Cuno,  J.  G.,  ih  Graudenz  f 
Curtius,  C,  in  Lübeck 
Curtius,  E.,  in  Berlin  t  (50,  373) 

Darbiehire,  Ή.  D.,   in  Cambridge 
Daub,  Α.,  in  Freiburg  i.  Br.  t 
Dechent,    H.,   in   Frankfurt    a.  M. 
Deecke,  W.,  in  Mülhausen  i.  E.  f 
Deiter,  H.,  in  Aurich 
niehl,  E.,  in  Göttingen  (54,  172) 
Diels,  H.,  in  Berlin  (46,  617.   49, 

478) 
Dicterich,   Α.,  in  Giessen  (46,  25. 

48,  141.  275) 
Dietze,  J.,  in  Hamburg  (49,  21) 
Diltliey,  K.,  in  Göttingen 
Dittenberger,  W.,  in  Halle  (47, 324) 
Üoerpfeld,  W.,   in  Athen  (51.  127) 
Domaszewski,  A.  v.,  in  Heidelberg 

(45, 1. 203.  46,  599.  47,  159.  207. 

48,  240.  342.   49,  612.   58,  638. 

54,  158.  311) 
Dragendorff,  H.,  in  Basel  (51,  281) 
Drerup,  E.,  in  München  (51,  21) 
Droysen,  H.,  in  Berlin 
Duemmler,  F.,  in  Basel  f  (45,  178) 
Ducntzor,  H.,  in  Köln 
Duhn,  F.  V.,  in  Heidelberg 
Duncker,  Α.,  in  Kassel  t 
Dyroff.  Α.,  in  Würzburg  (50,481) 
Dziatzko,  K.,  in  Göttingen  (45,  639. 

46,  47.  349.    47,  634.   49,  559. 

54,  497) 

Egenolff,  P.,  in  Heidelberg 

EUis,  R.,  in  Oxford 

Eiter.  Α.,  in  Bonn  (46, 112.  47, 130. 

629) 
Engelmann,  R.,  in  Berlin 
Enger,  R.,  in  Posen  f 
Enthoven,   L.,  in  Strassburg  i.  E. 

(46,  480.    48,  472) 
Eskuche,  G.,  in  Siegen  (45, 236. 385) 
Eussner,  Α.,  in  Würzburg  f 
Eyssenhardt,  F.,  in  Hamburg 

Fabricius,    E.,    in  Freibursf  i.  Br. 
(46,  337.  589.  48,  448.  51,  456) 
Faltin,  G.,  in  Neu-Ruppin  t 

W.,  in  Breslau 

H.,  in  Hamburg  f 

%  R.,  in  Breslau  (49,  167. 


168.  481.   50,  66.  640.   51,  481. 

52,  144.  296.  298.  53,  547) 
Foerster,  Wend.,  in  Bonn 
Foerster,  Wilh.,  in  Rheydt 
Fraenkel,  Α.,  in  Schafiliauscn 
FrSnkel,  Α.,  in  Berlin  (47,  473) 
Fränkel,  S.,  in  Breslau  (51,  32«) 
Frederking,  Α.,  in  Mainz  (46,  144. 

52,  449) 
Freudenberg,  J.,  in  Bonn  t 
Freudenthal,  J.,  in  Breslau 
Frey,  J.,  in  Münster 

Frick,  C,  in  Höxter  (46,  106) 
Friederich,  B.,  in  Hannover 
Friedländer,  L.,  in  Strassburg 
Fries.  C,  in  Berlin  (54,  555) 
Froehner,  W..  in  Paris  (47,  291) 
Froitzheim,  J.,  in  Strassburg 
Fuchs,  R.,   in   Dresden    (49,   532. 
50,  576.   51,  164.  52,  377.  634. 

53,  49(0 

Fuhr,  K..  in  Berlin  (50,  304.    51, 

45.  li;4) 
Funck,  Α.,  in  Kiel 

Oaedechens,  R.,  in  Jena 
Galland,  C,  in  Strassburg 
Gardthausen,  V.,    in    Leipzig    (45, 

612.  46,  619.  50,  311) 
Geizer,  H.,  in  Jena  (48,  161) 
Gercke,  Α..  in  Greifswald  (47,  319. 

48,  41.  54,  404) 
Gilbert.  I.,  in  Meisseu  (51,  471) 
Gilbert,  W.,  in  Schneeberg 
Gildemeister,  J.,  in  Bonn  f 
Gloeckuer,  F.,  in  Tutzing 
Gloel,  H.,  in  Wesel  (47,  13(5) 
Goebel,  E.,  in  Fulda  (53,  628) 
Goetz,  G.,  in  Jena 
Gomperz,  Th.,  in  Wien 
Graf,  E.,  in  Quedlinburg  (46,  71) 
Grosser,  R.,  in  AVittstock  f 
Gundermann,   G.,    in   Giessen   (45, 

361.  46,  489) 
Gustafsson,  F.,  in  Helsingfors 
Gutscbmid,  A.  von,  in  Tübingen  f 

Haebcrlin,  C,  in  Marburg  (45,  21. 

311) 
Hagen,  H.,  in  Bern  t 
Halm,  K.,  in  München  f 
Haussen,  F.,  in  Santiago 
Härder,  Chr.,    in  Neumünster  (48 

433) 
Hartfelder,  K.,  in  Heidelberg t 
Η  au  1er.  E.,  in  Wien  (54,  161) 
Haupt,  II.,  in  Giessen 
Heerdegen,  F.,  in  Erlangen 


der  Mitarbeiter. 


Heidenbain,  F.,  in  Marienburg 
Heidtmann,  6.,  in  Pfaffendorf 
Heinze,  R.,  in  Strassburg  (45,  497) 
Hclbig,  W.,  in  Rom 
Heldmanu,  C,  in  Kassel  (52.  299) 
Helm,  R.,  in  Berlin  (52,  177.  54, 

111) 
Henee,  0.,  in  Freibnrg  i.  Br.  (45, 

541.  47,  219.  49,  174.  60,  140. 

53.  318) 
Henzen,  W.,  in  Rom  t 
Heraeus,   W. ,   in    Offenbach    (54, 

156.  305) 
Hertling,  G.  v.,  in  München 
Hertz,  M.,  in  Breslau  t 
Herwerden,    H.    van,    in    Utrecht 
Hettner,  F.,  in  Trier 
Heydemann,  H.,  in  Halle  f 
Heydenrcich,  E.,  in  Marburg 
Heylbut,  G.,  in  Hamburg 
Hiller,  E.,  in  Halle  t 
Hirschfeld,  G  ,  in  Königsberg  f 
Uirschfeld,    0.,   in  Charlottenburg 

(51,  470.  474.  475.  52,  2H4) 
Hirzel,  R.,  in  Jena  (45,  419. 47, 359) 
Hoefner,  M.  J.,  in  Mainz 
Hoerschelmann,  W.,  in  Dorpat  f 
Hoffmann,    E.,    in  Wien  (50,  90. 

4H4.  486.  51,  320.  52,  99) 
Holm,  Α.,  in  Freiburg  i.  B. 
Holzapfel,  L.,  in  Giessen 
Hosius,  C,  in  Münster  (46,287. 577. 

47,462.  48,  380.  50, 286.  51, 197) 
Hoyer,  R.,  in  Kreuznach  (53,  37) 
Huelsen,    Chr.,   in  Rom    (45,  284. 

49,  379.  629) 
Hug,  Α.,  in  Zürich  t 
Huschke,  E.,  in  Breslau  f 

Ihm,  M.,  in  Halle  (45, 622. 639.  46, 
323.  371.  494.  621.  47.  312.  48, 
635.  479.  4U,  247.  316.  479.  50, 
191.  367.  51,  315.  473.  (^38.  52, 
129.  143.  205.  454.  459.  633.  53, 
165.  495) 

Iline,  Λν.,  in  Heidelberg 

llbcrg,  J.,  in  Leipzig  (45,  111.  47, 
489.  51,    165.  466.  52,  591) 

Immisch,  0.,  in  Leipzig  (46,  4S«. 
613.  48,  290.  512.  52,  126.  54, 
313) 

Inler,  M.,  in  Hamburg  t 

Jacobv,  K.,  in  Hamburg 

Jahnke,  R.,  in  Brüssel  (47,  460) 

Jan,  C.  V.,  in  Strassburg  (46,  557) 

Jeep,  L.,  in  Königsberg  (51,  401. 
52,  213) 

John,  C,  in  Stuttgart 


Judeich,  W.,  in  Marburg  (47,  53) 
Jungblut,  H.,   in  Frankfurt  a.  M. 
Jungmann,  E.,  in  licipzig 

Kaerst,  J.,  in  Gotha  (52,  42,  519) 
Kaibel,  G.,  in  Göttingen 
Kalbfleisch,  K.,  in  Freiburg  i.  Br. 

(51,  466.  53,  160) 
Kalkmann,  Α.,   in  Berlin 
Karo,  G.,  in  Florenz  (48,  311) 
Kekule  von  Stradonitz,  R.,  in  Berlin 
Keller,  Tj.,  in  Charlottenburg 
Keller,  0..  in  Prag 
Kiderlin,  M.,  in  München  t  (46,  9) 
Kiessling,  Α.,  in  Strassburgf 
Kiessling,  G..  in  Berlin  t 
Kirchner,  J.  E.,  in  Berlin  (46, 488. 

47,  550.  53,  380) 
Klaft,  M.,  in  Berlin  (45.  a*}5) 
Klebs,  E.,  in  Berlin  (45,  436.  47, 

1.  515) 
Klein,  J.,  in  Bonn  t 
Klussmann,  E.,  in  Rudolstadt  f 
Knaack,    G.,    in   Stettin    (48,  632. 

49,  310.  476.  526) 

Koch,  H.  Α.,  in  Schulpforte  t 
Koch,  J.,  in  Marburg 
Kock,  Th.,  in  Weimar  (45,  50.  46, 
299.   48,  208,  579.   49,  162.  176. 

50,  140) 

Koehler,  U.,  in  Berlin  (46,  1.  53, 

485.  491) 
Kocpp,   F.,  in   Münster  (48,    154. 

485.  60,  268) 
Koertc,  Α.,  in  Greifswald  (45,  172. 

52,  168.  333.  53.  160) 
Koerte.  G.,  in  Rostock  (53,  239) 
Kohlmann,  P.,  in  Emden  t 
Kopp,  Α.,  in  Berlin 
Korsch,  Th.,  in  Moskau 
Krascheninnikoff.  M.,  in  Dorpat  (48, 

(J34) 
Krauss,  J.,  in  Köln  f 
Kroll,  W.,  in  Greifswald  (47,  457. 

599.  50,  636.  52,  286.  338.  569. 

58,  574) 
Krueger,  G.,  in  Dessau 
Krumbacher,   K.,  in  München 
Krumbholz,  P.,  in  Eisenach  (50, 205. 

52   237) 
Kuebler,    B.,    in    Berlin   (45,  485. 

46,  324) 
Kuhnert,   E.,  in  Königsburg   i.   P. 

(49,  37) 
Kunze,  R.,  in  Zittau  (58,  159) 

Lange,  K.,  in  Tübingen 
Lange,  L.,  in  Leipzig  t 


VI 


Verzeichniis 


Lattcs,  £.,  iu  Mailand  (49,  317) 
Lehre,  K.,  in  Küuigsberp:  t 
Leo,  F.,  in  Göttingen  (52.  509) 
Lewy,  Π.,  in  Mülhausen  i.  E.  (48, 

898.  472) 
Locwe,  G.,  in  Göttini(en  t 
Lomnmtzsch,  £.,  in  Rom  (52,  303) 
Luckenbach,  H.,  in  Karlsruhe 
Lud\vich,    Α.,   in  Königsberg  (45, 

11.  46,  139) 
Luebbert,  £.,  in  Bonn  t 
Lueddecke,  K.,  in  Zelle  (52,  628) 
Luetjohann,  Chr.,  in  Greifewald  t 
Lugebil,   K.,   in  St.  Petersburg  t 

Maehly,  J.,  in  Basel 

Malchin,  F.,  in  Rostock  (58,  493) 

Manitius,  M.,  iu  Dresden  (45,  153. 

316.485.  46,150.493.622.47,465. 

Suppl.  48,  313.  474.  49,  170.  50, 

152.315.  641.  51,  160.  52,  131. 

305.  53,  393.  54,  293) 
Martin,  F.,  in  Posen  f 
Martini.  E.,  in  Sohland  (52,  348) 
Marx,  F..    in  Wien  (46,  420   606. 

63i>.  47.  157.  50,  321) 
Mau,  Α.,  in  Rom 
Meier,  P.  J.,  in  Braunschweig 
Meister,  R..  in  Leipzig 
Mendelssohn,  L.,  in  Dorpat  f 
Meyer,  E.,  in  Halle 
V.  Mess,  Α.,  in  Bonn  (58,  482) 
Meyer,  W.,  in  Göttingen 
Meynckc,  G.,  in  Rom 
Michaelis,  Α.,  in  Strassburg 
Mollat,  G..  in  Kassel 
Morawski.  C.  von,  in  Krakau 
Mordtmann,  J.H.,  in  Constantinopel 
Morsbach,  L.,  in  Göttingen 
Müllenbach,  E..  in  Bonn 
Müller,  C.  Fr.,   in   Kiel   (46,  320. 

50,301) 
Müller,  C.  F.  W.,  in  Breslau  (51, 480. 

58,  121.  54.  381.  526) 
Müller,  H.  J.,  in  Berlin 
Müller,  K.  K.,  in  Jena     • 
Müller,  L.,  iu  St.  Petersburg  f 
Müller-Strübiug,  H.,  in  London  f 
Münscher.  K.,  in  Breslau  (54. 248) 
Mucnzel,  R.,  in  Marburg 
Münzer,  F.,  in  Basel  (53,  596) 

Hake,  B.,  in  Dresden 
Natorp,  l•.,  in  Marburg 
Neuniann,    K.  J.,    in    Strassburg 
Niedermann,  M.,  in  Paris  (52,  505) 
Niese,  B.,  in  Marburg 
Nietzsche,  F.,  in  Weimar 


Nipperdey,  K.,  iu  Jeua  f 

Nissen,  H.,  in  Bonn  (45,  100.  47. 

161.  49,  1.  275) 
Nitzsch,  K.  W.,  in  Berlin  f 
Noack,  F.,  in  Athen  (48,  420) 
Norden,  E.,  in  Breslau  (48,  348. 

529.  49,  194.  54,  466) 

Oder,  E.,  in  Berlin   (45,  58.  212. 

637.  48,1.  51,  52.311) 
Oehmichen,  G.,  in  München  (46,  99) 
Opitz,  Th.,  in  Dresden 
Osthoflf,  H.,  in  Heidelberg 
Otto,  Α.,  in  Oppeln 
Overbeck,  J..  in  Leipzig  f 

Papadopulos-Kerameus,  Α..  iu  St. 

Petersburg  (46,  160.  161) 
Patzig,  E.,  in  Leipzig  t 
Paucker,  C.  v.,  in  Keval  t 
Paul,  L.,  in  Dresden  (54.  602) 
Peiper,  R.,  in  Breslau  f 
PeppmüUer,  R.,  iu  Stralsund 
Pernice,  E.,  in  Berlin  (46,  495.  626) 
Peter,  K.,  in  Jena  t 
Petersen,  E..  in  Rom  (50,453) 
Pfleiderer,  E.,  in  Tübingen 
Pflugk-Harttung,    J.  v.,  in  Berlin 
Philippi,  Α.,  in  Dresden 
Piasberg,  0.,  in  Berlin  (53, 66.  640. 

54,  144.  638) 
Pokrowskij,  Μ  ,  in  Moskau  (52, 425) 
Pomtow,    H.,    in   Eberswalde  (49, 

577.  627.  51,  329.560.  52,  105) 
Preuner,  E.,  in  Greifswald  (49,  313. 

362) 
Prinz,  R.,  in  Königsberg  f 
Prott,   H.   V.,   in  Athen   (52,  187. 

58,  460) 

Rabe,   H.,    in  Hannover   (47,  404. 

48,  147.   49,  625.   50,  148.  241. 

54,  632) 
Rader macher,  L.,  in  Bonn  (47, 569. 

48,  622.   49.  163.    50,  137.  475. 

51.  314.  463.  596.   52,   13.  412. 

624.  634.  68,  497.  54,  285.  351. 

374.  638) 
Rapp,  Α.,  iu  Stuttgart 
Rassow,  H.,  in  Weimar 
Rauchenstein.  R.,  in  Aarau  f 
Reitzenstein.  R..  iu  Strassburg 
Rettig,  G.,  iu  Bern 
Beuss,  F.,  iu  Saarbrücken  (54.  446) 
Ribbeck,  0.,  in  Leipzig  f  (45,  146. 

147.  313.   46,  331.  333.  47,507. 

628.  49,  472.  50.  277.  314.  558} 
Ribbeck,  AVa.,  in  Marburg 


oier  Mitart>eiter• 


Vti 


Ribbeck,  Wo.,  in  Berlin 
Richter,  0.,  in  Berlin 
Rieckher,  J.,  in  Heilbronn  f 
Riese,  Λ.,  in  Frankfurt  a.  M.  (51, 

637) 
Riese,  E.,  in  Chicago  (48,307. 49.177) 
Ritschi,  F.,  in  Leipzig  f 
Roemer,  Α.,  in  Erlangen 
Roensch,  H.,  in  Zwickau  f 
Rohde,E.,  in  Heidelberg  t  (48,  110. 

49,  623.  624.  50.  1.  600) 
Röscher,  W.  H.,  in  Würzen  (58, 169. 

639) 
Rossbach.  0.,   in  Königsberg  (46, 

311.  48, 592.  52, 1.  53,  167.  629. 

54,  277) 
Rossberg,  K.,  in  Hildesheim 
Rnehl,  F.,  in  Königsberg  (46,  146. 

426.   47,  152.  460.  48,  565.  49, 

256.  50,  141.  53,  324.  635.  54, 

152.  316) 
Ryssel,  V.,  in  Zürich  (48,  175.  51, 

1.  318.  529) 

Savelsberg,  J.,  in  Aachen  f 
Scala,  R.  v.,  in  Innsbruck  (45, 474) 
Schaefer,  Α.,  in  Bonn  t 
Schambach,  0.,  in  Altenburg  t 
Schanz,  M.,  in  Wtirzburg  (60,  114. 

54,  19) 
Scheer,  E.,  in  Saarbrücken 
Scbepss,  6.,  in  Speier  t  (48,  482) 
Schlee,  F.,  in  Sorau  (46,  147) 
Schmid,  W.,  in  Tübingen  (48,  53. 

626.  49, 133.    50,  308.  310.   52, 

446) 
Schmidt,  Α.,  in  Parchim  f 
Schmidt,  B.,  in  Freibnrg  i.  Br.  (58, 

477) 
Schmidt,  J.,  in  Königsberg  t  (45, 

148.  157.  318.  482.  599.  640.  46, 

77.  334.  47,  114.  325) 
Schmidt,  Leop.,  in  Marburg  f 
Schmidt,  M.,  in  Jena  t 
Schmidt,  0.  E.,  in  Meissen  (47, 241 . 

52,  145.  53,  209) 
Schmitz,  W.,  in  Köln  t 
Schneider,  R.,  in  Duisburg  (52, 447) 
Schoell,  F.,  in  Heidelberg  (50, 155. 

51,  381.  53,  511) 
Schoell,  R.,  in  München  f 
Schoene,  Α.,  in  Kiel 
Schoene,  Α.,  in  Blasewitz  (46,  153) 
Sdioene,  H.,  in  Gharlottenburg  (58, 

135.  53,  432.  54,  638) 
Schoenemann,  J.,  in  Schlawe 
Schreiber,  Th.,  in  Leipzig 
Schroeder,  P.,  in  London 


Schubert,  R.,  in  Königsberg  (58,98) 
Schubring,  J.,  in  Lübeck 
Schulten,  Α.,  in  Göttingen  (50, 489) 
Schultess,  F.,  in  Hamburg 
Schultz,  Α.,  in  Breslau 
Schulze,  E. ,  in  Homburg  v.  d.  H. 
Schulze,  K.  P.,  in  Berlin  (58,  541) 
Schulze,  W.,  in  Göttingen  (48,  248) 
Schumacher,  K.,  in  Karlsruhe 
Schuster,  P.,  in  Leipzig  f 
Schwabe,  L.,  in  Tübingen 
Schwartz,  E.,  in  Strassburg 
Schwarz,  W.,  in  Krefeld  (48,  258. 

49,  353.   51,  636.  52,  463) 
Seeck,  0.,  in  Greifswald  (46,  154. 

48,  196.  602.  49,  208.  630) 
Seeliger,  K.,  in  Zittau 
Seume,  H.,  in  Hannover 
Sieglin,  W.,  in  Berlin 
Sievers,  0.,  in  Wolfenbüttel  f 
Simson,  B.,  in  Freiburg  i.  Br. 
Sitzler,  J.,   in  Tauberbischofsheim 
Skutsch,  F.,    in  Breslau    (47,  138. 

48,  303.   51,  478.  54.  483) 
Solrosen,  F.,  in  Bonn  (51,  303.  58, 

137.  54,  345.  495) 
Sommerbrodt,  J.,  in  Breslau 
Sonny,  Α.,  in  Kiew 
Speyer,  J.  S.,  in  Groningen  (47, 638) 
Sprengel,  J.  G.,  in  Rossleben  (46, 54) 
Stachelscheid,  Α.,  in  London 
Stahl,  J.  M.,  in  Münster  (46,  250. 

481.  614.  48,  157.    49,620.   50, 

382.  566.  51,  157.  306.  58,  322. 

54,  150.  494) 
Stangl,  Th.,  in  München 
Stein,  H.,  in  Oldenburg  (54,  496) 
Stengel,  P.,  in  Berlin  (52,  399) 
Stephan,  Gh.,  in  Köln 
Sternkopf,  W.,  in  Dortmund  (47, 468) 
Steuding,  H.,  in  Würzen 
Steup,  J.,  in  Freiburg  i.  Br.(58,308) 
Stich,  J.,  in  Zweibrücken 
Strack,  M.  L.,  in  Bonn  (58,  399) 
Struve,  Th.,  in  St.  Petersburg 
Subkow,  W.,  in  Moskau 
Sudhaus,  S.,  in  Bonn  (48, 152.  321. 

552) 
Susemihl,  F.,  in  Greifswald  (46, 326. 

49,  473.  68,  448.  485.  626.  54, 
631) 

Swoboda,H.,  in  Prag(45, 288. 46,497. 

49,  321) 
Szanto,  E.,  in  Wien 

Teichmüller.  G.,  in  Dorpat  f 
Teufel,  F.,  in  Karlsruhe  t 
Teuffei,  W.,  in  Tübingen  f 


vnt 


Verzeictmira  der  Mitart)eiter. 


Thomas,  E.,  in  Berlin  (54,  313) 
Thouret,  G.,  in  Friedenau 
Thurneysen,  R.,  in  Freiburg  i.  Br. 
Tiedke,  IL,  in  Berlin 
Toepflfer,   J.,    in  Basel  f  (45,  371. 

49,  225) 
Traube,  L.,  in  München   (47,  558. 

48,  284) 

Trieber,  C,  in  Frankfurt  a.  M. 
Tümpel,  C,  in  Neustettin  (46,  528. 
(J3e) 

Uhlig,  G.,  in  Heidelberg 
Unger,  G.  F.,  in  Würzburg 
Urlichs,  H.  L.,  in  München 
ürlichs,  L.,  in  Würzburg  f 
Usener,  H.,  in  Bonn  (47,  154.  414. 

49,  401.  50,  144.  58,  329) 

Vahlen,  J.,  in  Berlin 

Viertel,  Α.,  in  Göttingen 

Viecher,  AV.,  in  Basel  f 

Vliet,  1.  van  der,  in  Haarlcm 

Vogel,  F.,  in  Fürth 

Voigt,  G.,  in  Leipzig  f 

Voigt,  M.,  in  Leipzig 

Vollmer,  Α.,  in  Düren 

Vollmer,  F.,  in  München  (4β,  343. 

51,  27.  53,  165.  β37) 
Volquardsen,  C.  Α.,  in  Kiel 

Wachendorf,  H.,  in  Düsseldorf 
Wacbsmuth,  C,  in  Leipzig  (45, 470. 

46,  327.  329.  4()5.  552.  52,  137. 

140.  401) 
Wackernagel,  J.,  in  Basel  (45,  480. 

48,  299.  51,  304) 
Wagner,  R.,   in  Dresden  (46,  378. 

018) 
Weber,  H.,  in  Fisenach 
Weber,  H.,    in  Kassel  (51,  030) 
Wecklein,  N.,  in  München 
Weise,  0.,  in  Eisenberg 


Weizsäcker,  P.,  in  Calw 
Wellhausen,  J.,  in  Göttiugen 
Wellmann,  E.,  in  Berlin 
Welzhofer,  IL,  in  München 
Wendland,  P.,   in  Berlin  (49,  309. 

52,  405.  58,  1) 
Werner,  J.,  in  Lenzhurg 
Wesaner,  P.,  in  Bremerhaven  (52,09) 
Westerburg,  E.,  in  Barmen  f 
Weyman,  C.,  in  München  (45,  320. 

47, 040.  50. 154.  51,  327.  52,  302. 

53,  310) 
Wiedemann,  Α.,  in  Bonn 
Wilhelm,  Α.,  in  Athen  (52,  290) 
Woelfflin,  E.,  in  München  (47, 040. 

48,  312.  49,  270.  50,  152.  320. 

58,  327) 
Wollseiffen,  M.,  in  Krefeld 
Wolters,  P.,  in  Athen 
Wotke,  C,  in  Wien 
Wünsch,    R.,    in    Breslau  (49,   91. 

51,  138.  52,  144) 

Zacher,  K.,  in  Breslau  (45,524) 
Zangemeister,  K.,  in  Heidelberg 
Zarncke,  E.,  in  Leipzig 
Ziebarth,  E.,   in  Goslar  (51,  G32. 

58,  035.  54,  488) 
Ziegler,  L.,  in  München 
Ziehen,  J.,  in  Frankfurt  a.  M.  (50, 

043.  51,  102.  589.  52,  293.  449. 

450.  53,  270) 
Ziehen,  L.,  in  Frankfurt  a.  M.  (51 , 

211.  54,  321) 
Zielinski,   Th.,    in    St.  Petersburg 
Zimmermann,  Α.,  in  Breslau  (45,493. 

50,  159.  52,  458.  54,  495) 
Zingcrlc,  Α.,  in  Innsbruck 
Zingerle,  J.,  in  Innsbruck  (48,  299) 
Zipperer,  W.,  in  Würzburg 
Zitelmann,  E.,  in  Bonn 
Zurapt,  A.  W.,  in  Berlin  f 
Zurborg,  H.,  in  Zerbst  f 


*  Etvraigc  Berichtigungen  werden  erbeten.  Für  mehrere  sind 
wir  den  Herren  Prof.  Dr.  Fuhr  in  Berlin,  Dr.  R.  Klussman  in  Gera 
und  Prof.  Dr.  Stacnder  in  Breslau  zu  Dank  verpflichtet. 


Inhalt. 


Reite 

Coniectanea.    Scripsit  F.  Bnecheler • • • .  1 

Der  Inhalt  des  Georgos  von  Menander.     Von  K.  Dziatzko  •  497 

Isokrates  und  Alkidamas.     V^on  A.  6  e  rcke 404 

Ισοκράτους  'Ελένης  έγκώμιον.     Von  Κ.  Muenscher 248 

Arrian  und  Appian.    Von  F.  Reuse 446 

Sabsidia  Procliana.    Scripsit  E.  Di  eh  1 172 

Die  apokryphen  Fragen  des  Bartholomaeus.    Von   A.  Brink- 
mann    93 

Zu  Pseudo-Kallisthenes.    Von  ü.  Cbristensen 134 

unechte  Briefe.    Von  F.  Blase 33 

Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik  III,  IV,  V.     Von 

L.  Radermacher 285.351.374 

Dorisch  "άτ6ΐ  auf!  wohlan !"    Von  F.  Solmscn 345. 495 

Zur  griechischen  Satzrhythmik.     Von  W.  Crönert 593 

Die  drakontische  Gesetzgebung.     Von  L.  Ζ  i  ehe  η 321 

Die  Tributeinnahmeordnung    des    attischen    Staates.     Von   W. 

Bannier 544 

Kauf  und  Verkauf  von  Pricsterthümern  bei  den  Griechen.    Von 

E.  F.  Biechoff 9 

^n  Plautus.    Von  C.  F.  W.  Müller 381.  52ü 

Ein  Panegyricus  auf  Augustus  in  Vergils  Aencis.  Von  E.  Ν  ο  r  den  4G6 

Zum  Senecagedicht  des  Honorius.     Von  0.  Piasberg 144 

Ein  Exoerpt  der  Scholia  Basilcensia  zu  Germanici  Aratea.    Von 

M.  Manitius 293 

l'ntersuchuugen  zu  Ciceros  Timaeus.    Von  C.  Fries 555 

Salluetcitate  bei  Fronto.     Von  E.  IIa u Icr 161 

Der  Bischof  Fulgentius  und  der  Mythograph.     Von  li.  Helm  111 

Beiträge  zur  römischen  Litteraturgeschichte.    Von  M.  Schanz  19 

Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik  IV.     Von  Th.  Hirt 40.201 

I^ii  Bevölkerung  Galliens  zur  Zeit    Caesars.    Von  J.  Beloch  414 

^•  Verginius  Kufus.     Von  L.  Paul 602 

Das  Sacrarium  des  Heins  in  Messana.     Von  0.  Rossbach  ..  277 


χ  Inhalt. 

Μ  i  8  c  e  Ι  1  e  η. 

Seite 
Kritisüh-Exegetieohcs. 

Varia.    Scripsit  G.  Heraeus 15G.  305 

Zu  lateinischen  Schriftstellern.     Von  A.  von  Domaszewski  311 

Plautinum.    Von  F.  Skutech 48Ö 

Zum  Senecagedicht  des  Honorius.     Von  E.  Thomas 313 

Ad  Senecam  de  matrimonio.    Scripsit  0.  I ro misch 313 

Litterar  historisch  es. 

Die  Lebenszeit  des  Thcodektes.     Von  F.  Suse  mihi G31 

Ein  Plioibammonfragment.     Von  Π.  Habe 632 

Der  echte  oder  der  unechte  Juvenal.     Von  F.  Buecheler  ..  4b4 

Zum  auct  ine.  de  pracnominibus  über.    Von  A.  Zimmermann  495 

Grammatisches. 

Verschränkung  von  Redegliederu  im  wiedererzählten   Dialog. 

Von  H.  Schoene 1>33 

Zum  Sprachgebrauch  des  Thukydides.  Von  J.  M.  Stahl....  150 
Zum  Gebrauch  des  prädikativen  Participiums  im  Griechischen. 

Von  demselben 494 

Zu  S.  150  f.    Von  H.  Stein 490 

ούτωσί.     Von  L.  Kadermacher 038 

Mantiscinor  und  mantisa.     Von  0.  PI asbc rg 038 

Antiquar!  8  eil- Epigraphisches. 

Zur  Uebcrlieferungsgeschichte  kretischer  Inschriften.     Von  E. 

Ziebarth 488 

Zu  den  Papyri  von  Oxyrhynchos.    Von  F.  Ruh  1 152 

Die  Sabinerinnen  als  Oratrices  Pacis.  Von  demselben  ....  316 
C.  Julius   Priscu^,   der  Bruder  des  Philippus  Arabs.     Von  A. 

V.  Domaszewski 158 


^^^ — <n^s 


Ati 


Goniectanea. 


I  Platarcbae  in  eympoeiaoie  VIII  9,  3  p.  732  Ε  ή  άτα£ία 
inqnit  καθάπερ  ή  ΤΤινοαρική  ψάμμος  αριθμόν  π€ριπέφ€υγ€,  qui- 
bue  Bernardakie  ed.  Teubn.  IV  ρ.  347  eubnotavit  'fort,  reepi- 
citar  Bergk  3  p.  719'  (id  est  de  barena  et  pulvere  et  avium 
plumis  eenteutia  ά6έ(Τποτος).  ergo  perierunt  Pindari  Oly mpionicae  ? 
quoe  tarnen  eo  maior  epee  est  redituros  in  lucem,  quod  et  Bac- 
cbylides  modo  revixit  et  illos  etiam  poet  renatas  litterae  pbilo- 
logi  in  manibus  babuere,  legi  enim  puer  in  Horati  commentario 
'prima  carminis  stamina  ducta  a  Find.  Ol.  ß\ 

Sulla  de  rebus  suis  quoe  libroe  composuerat,    Komae    poet 

Giceronis  aetatem   nemo  legit,  itaque  apud  latinos  ecriptoree  reli- 

quiae  eorum  nisi  pauzillae  atque   minutae  non  inveniuntur.    plu- 

rima   ex    eis  Plutarcbue  nobis  tradidit,   nam  durasse  videntur  in 

Graecia  eicut  vetusta  Livi  Odyssia  quam  A.  Gelliue  se  depreben- 

disse  in  bibliotbeca  Patrenei  narrat,   et  Cbaeronenees    apud    quos 

Sulla    proelio   commisso   Arcbelaum    vioerat,    babebant    profecto 

quod  Sullanarum   rerum    memoriam  tenerent  librosque  volutando 

retractarent.     Plutarcbue    quae    rettulit,     coniuncta    cum    ceteris 

fragmentis   HPeter   biet.  Rom.  fr.  p.  127  es.  propoeuit,  omieeum 

aotem  ab  boc  video  quod  ille  quaerene  an  eeniori  ree  p.  gerenda 

Sit  cap.  6  p.  786  Ε  deprompeit,  ed.  Teubn.  V  p.  30:  ό  οέ  Σύλλας, 

δτ€  τών  εμφυλίων  πολέμων  τήν  Ίταλίαν  καθήρας  προςέμιΕε  τη 

Τώμτ)  πρώτον,  ούοέ  μικρόν  έν  τή  νυκτι  κατίδαρθβν  ύπό  γήθους 

και  χαράς  μεγάλης  ώσπερ  πνεύματος  αναφερόμενος  τήν  ψυχήν, 

και  ταύτα  περί  αύτοΟ  γέγραφεν  έν  τοις  ύπομνήμασιν.  id  factum 

erat  anno  665/89  exeunte,  tum  cum  Sulla  finito  ex  maxima  parte 

Italico  bello  ex  Samnio  agroque  Nolano  Romam  rediit  adepturue 

consulatum. 

in  eympoeiaoie   Plutarcbi  VIII  6,  1  p.  726  Α  codicee :    και 
Τάρ  βάτου  (vel  βάττου)  παρά  Καίσαρι  γελωτοποιού  χαρίεν  άπε- 

Rbein.  Hna.  f.  Pbilol.  Ν.  F.  LIV.  1 


2  Buecheler 

μνημόν€υ(Τ€ν.  soite  emendavit  Madvicus  advers.  I  p.  655  και 
Γάλβα  του  παρά  Κ.  quam  leotionem  recepit  Bernardakie  lY  p.  329. 
eed  ut  omnibos  numeris  absoluta  iiat  emendatio,  scribi  oportet 
Γάββα.  nam  erravit  Madvicus  cum  scurram  hunc  parasitam  Cae- 
saris  confunderet  cum  Ser.  Galba  iuris  perito  quem  Horatius  sat. 
I  2,  46  perstrinxit.  quamquam  error  iste  et  inveteratus  insedit 
et  latius  serpens  effecit  ut  in  Amatorio  Piutarcbi  p.  759  s.  editor 
novissimus  TV  p.  427  s.  pariter  Γάλβας  obtruderet  nobis  spreta 
codicum  auctoritate  in  quibus  scriptum  extat  Κάββας.  Gabba, 
inquam,  scurrae  nomen  fuit,  id  enim  membranae  testantur  fide 
dignissimae.  quia  autem  nee  latinum  nomen  esse  nee  graecum 
senserant,  librarii  saepe  attemptarunt  suoque  arbitratu  mutarunt. 
velut  apud  Tuvenalem  5,  4  quae  nee  Sarmentus  iniquas  Caesaris 
ad  mensas  nee  vilis  Gahha  tuUssef  sie  P,  Galba  p,  vel  apud  Mar- 
tialem  X  101  ille  suo  felix  Caesar e  Gabha  vetus  sie  libri  optimi, 
reliqui  Galba.  atque  hoc  epigramma  in  Thuaneo  inscriptum  esse 
Schneidewinus  adnotavit  de  Garba,  quod  sive  pro  Galba  eiatum 
balbe  pronuntiando  sive  calami  vitio  ortum  plane  congruit  cum 
Plutaroheo  illo  γαρ  βα-.  abborret  Grabbae  vocabulum  a  graeco  la- 
tinoque  sermone,  quam  ob  rem  bominem  ex  ea  regione  provenisse 
oonieci  quae  plurimos  mimos  ao  ridicularios  per  antiqua  oppida 
Bparsit  Romamque  misit,  ex  Syria,  idque  eo  puto  confirmari  quod 
cum  oivitates  nomine  Gabbae  ibi  fuerunt  tum  vir  ludaeus  Γάββα 
appellatur  in  I  Paralipomenon  2,  49  ^.  domesticus  scurra  Gabba 
fuit  Caesari,  non  Augusto  cui  plerique  eum  adsignant  (Fried- 
laender  ad  Hart.  I  41,  16  et  luv.,  Dessau  prosopogr.  imp.  K.  II 
p.  104),  licet  etiam  ultra  mortem  Caesaris  vixerit  et  cum  Mae- 
cenate  conversatus,  dum  bic  pulcras  mulieres  venatur,  lenoniam 
operam  ei  commodasse  feratur.  ceterum  si  expenderis  quae  de 
librariis  ante  dixi;  non  dubitabis  amplecti  quam  Spaldingiue  in 
Quintiliano  VI  3,  27  et  Heinrichius  in  luvenale  timidius  pro- 
fessi  sunt  falsisque  inplicuere  sententiam,  quaecumque  Quintilianus 
in  illa  nepl  γβλοίου  disputatione  profert  ridicula  codicesque  Qah 
bae  aut  A.  Galhae  aut  L,  GaXbae  aut  Gallae  adtribuunt,  ea  omnia 
nni  Caesaris  parasito  vindicanda  esse,  sexiens  igitur  restituendum 
nomen  Gabbae  ad  bunc  modum  §  27  est  lascivum  et  hilare  qualia 
Gabbae  plerague  (agcdbae  Ambrosianns)  et  62  ut  α  Gabba^  (α  Ζ. 


1  τόν  Σουε  πατέρα  Μαχβανα  καΐ  πατέρα  Γαββαα  secundum  inter- 

pretationem   graecam   quae  ab  hebraica   voce  gib'a  paulum  declinavit. 

^  hoc  exemplum  fortasse    cnnctabitur   quiepiam  Gabbae   reddore 


Conieotanea.  3 

gälba  idem  codex  βοίηβ,  α  goXba  ceteri).  probabile  est  sourrae 
Caesariani  facetias  libello  qnodam  conlectae  pervenisee  in  notitiam 
posteriorum,  suepicor  eqnidem  a  Maecenate  Melieso  relatas  in 
volninina  ineptiarum  sive  iocornm  (Saeton.  gram.  21),  nuUa  t«- 
men  Gabbae  memoria  extat  impp.  Flaviie  antiqnior. 

redeo  ad  eympoeiacon  capitalnm  id  qnod  primnm  tetigi. 
p.  734  Λ  qneritur  Platarchufl  qnod  balnea  corpus  oorrnmpant 
emollitum  calore  et  aestu  tum  frigida  merenm.  prioris  aevi  ho- 
minem  proclamatumm  faisse  aperta  ianna  homm  balneorum  ^νθα 
μέν  εΙς  Άχίραιν  T€  ΤΤυριφλεγεθων  τ€  ^ίουσιν.  hanc  leciionem 
ex  codicibus  revocari  oportet ,  non  recte  editoree  (Teubn.  IV 
p.  351)  €ΐς  Άχίροντα  ex  Homero.  eine  enim  verba  Plntarcbns 
demutavit  ut  conclnderet  versn  sententiam  et  inflnere  balneis  tarn 
gelidae  nndas  qnam  fervidae  ioco  declararet,  in  altero  nomine  no- 
tionem  communem  inferornm,  in  altero  yocabuli  propriam  eecutns. 

verens  qni  eymp.  IX  1,3  p.  737  Β  (IV  ρ.  360)  memoratur 
coram  Pompeio  intempeetiye  recitatne,  Homeri  est  Γ  428.  hanc 
cnipam  qni  commeruit  magister  nescio  an  Aristodemns  eit  Ny- 
saens  qaem  grammatica  inetitntione  erudiisse  Pompei  liberoe  circa 
id  tempns  (significatur  autem  annus  ante  Chr.  61)  Strabo  docet 
XIV  p.  650.  atqae  etiam  qnae  secnnttir  ά(Ττοχίας  exempla  pro- 
dita  ab  eenatore  oonsolaturo  Caseinm  Longinum  et  a  Rhodio  qno- 
dam Indoe  grammatiooe  spectante  in  Caeearianam  aetatem  inci- 
diese  videntur,  Cassi  filius  qni  yano  rumore  peregre  mortuus 
dicebatur,  potuit  ille  esse  qui  cum  Crasso  adyersus  Parthos  ierat. 

II  Aetnae  poeta  commentos  esse  yates  ait  Manium  umbras 
et  iura  et  supplioia.  yersu  83  rotant  Ixionis  orbem.  quidquid 
et  interius  falsi  sibi  conscia  terrent.  nee  tu,  terra,  satis,  menti- 
untur  etiam  de  caelo.  mancam  esse  orationem,  periisse  yersum 
inter  terrent  et  nee  tu  interiectum  Munro  animadyertit  eiusque 
yersus  principium  restituit  pectora.  ego  homoeoteleuton  in  causa 
faisse  opinor  ut  intercideret  yersiculus,  redin tegran dam  orationem 
ad  hoc  exemplum   censeo  quidquid  et  interius  falsi  sibi   conscia 


propter  ipsa  verba  sie  petis  tamquam  Caesaris  candidatua.  sed  ne  di- 
cara  facetiarum  multarum  yarios  tradi  auctores  et  ad  Gabbam  potuisse 
referri  qaae  postea  fictae  eint,  liquet  omnino  candidatos  Caesaris  re 
faisse  iam  Bebilnm  et  quos  Caesar  dictator  commendarat,  verbo  autem 
honorißci  titali  vim  pecoliarem  non  prius  accessisse  quam  in  consuetu- 
dinem  vertit  pnncipis  commendatio  principatu  constabilito  (cf.  Mommsen 
iuris  p.  Rom.  II  92G,  1). 


4  Bueoheler 

terret  [pectora,  sub  latebris  fingunt  consistere  terrae.]  nee  iu, 
terra,  satis. 

versa  107  terra  describitur  introrens  rimosa  ex  cavis,  qualis 
acervus  exilU  imparibus  iadis  ex  tempore  saxis,  tä  creibro  introrsus 
spatio  vacuata  charyhdis  pendeat  in  sese,  recte  ad  senteDÜam 
quidem  Itali  vacuata  fecerunt,  sed  vacat  acta  cum  in  codicibas 
legatar,  praeferemus  quo  vetustiores  magie  utebantur  verbnm 
vacefacta.  χάρυβοις  qnae  secundam  glosearia  vorago  est,  hie  ad 
etraem  lacunoeam  ac  voraginoeam  translata  est,  graeca  non  mnl- 
tnm  abhorrent  yocabula  χαραμός  χηραμός,  χηραμύΟ€ς  apud  He- 
eychium  feruntur  τά  κοίλα  και  έχοντα  κενώματα,  cormeos  acervos 
qiios  rustici  ex  congerie  lapidum  faciunt  Placidus  gloss.  Υ  ρ.  59, 
4  G.y  grumos  id  est  congeriem  petrarum  gromaticas  scriptor  p.  401, 3. 

versa  120  de  fontibus  uberrimie  ex  terra  emergentibas  uno 
hiata :  nam  ille  ex  tenui  vocemque  agat^  apta  necesse  est  confluma 
errantes  arcessant  nndique  venas.  feliciter  Sudbausium  vocemque 
correxisse  arbitror  in  quocumque,  sed  primum  quod  cum  aliis 
posuit  non  ille,  hoc  adversari  videtnr  fidei  rerum  et  demonstra- 
tioni.  requiro  eqnidem  nata  ille  ex  tenui  quocumque  agat,  hoo 
est  undecumque  quamvis  tenui  ab  origine  dedactas  aquas  con- 
fluere  sub  terra  oportet  eo  unde  prorumpant. 

versu  208  eiacnlatnr  Aetna  lapides  et  harenam,  quae  nee 
sponte  sua  veniunt  nee  corporis  ullis  sustentata  cadunt  robustis 
viribus,  sed  opera  ventoruni.  ullis  ex  G  adsumptum  est,  pleriqne 
libri  Ulli  habent  id  est  uUius,  quod  ilio  aptins  ac  paene  neces- 
sariuni  existimo.  robusteis  .  .  .  viribus  praeter  Lucretium  etiam 
Carmen  epigrapbicum  vetustum  979  praebet. 

versu  271  tollendam  censeo  molestam  synaloephen  quoniam 
sublata  in  (τ  est,  scribendumque  horreaque  ut  saturent  tumeant  et 
dolia  musto,  nam  sie  respondent  inter  se  copulativae  particulae 
ut  αιτοβόλιά  τε  και  πίθοι,  quod  constructionis  genns  aliquotiens 
ab  editoribus  neglectum  video.  velut  ioculare  Noctuini  socerique 
convicium  Catalepton  VI  adhuc  neque  editum  est  recte  nee  quo- 
modo  oratio  contexta  sit  satis  cognitum  aut  declaratum.  fuit 
autem  tale  tuoque  nunc  puella  talis  et  tuo  stupore  pressa  rus 
abibitf  et  mihi  —  ut  ille  versus  usque  quaque  pertinet  —  gener 
socerque,  perdidistis  omnia  valetque  prope  idem  quod  ύμεΐς  μέν 
μαιροι,  έγώ  bk.  πανώλης,  nam  unius  membri  sunt  tuo  et  tuo, 
hoc  membrum  conligatur  simul  et  secernitur  ab  altero  per  tuoque 
—  et  mihi. 

versu  283   praemittit    poeta    cum   crescant  animae  fyenittis. 


Conieotanea.  5 

deinde  cur  crescant  oansas  attingit  yarias  παρβνθέτιυς  repetito 
identidem  anrarum  ventorumque  nomine  (288  mons  undique  di- 
versas  admittere  cogitat  auras),  deniqne  absolvit  enuntiatum  v.  292 
sie  praecipiti  deiecta  sono  premit  una  fugatque  torrentes  auras. 
ubi  una  intellegenda  est  anima  sive  aura.  itaque  postqnam  bu- 
cinam  et  bydranlen  comparavit,  iternm  dioit  300  summota  furens 
forrentübus  aura  pugnat  in  angusto^  nam  unue  ventne  subito  com- 
mieeuB  ceterie  et  coUuctatus  initium  turbarum  facit  omnium.  per* 
peram  editores  niutarunt. 

versu  377.  saepe  preniuntar  faucee  montie  ruinarum  oon- 
gerie  quasi  quodam  tecto.  tectum  tarn  ruinosnm  ac  rimosum  quo 
iure  spissum  vocatur?  hoc  lacobus  finxit,  tu  revoca  ex  libris 
scisso  veluH  tecto,  atqne  hac  ipsa  scissura  tenerascunt  venti  quos 
non  posse  turbare  didicimus  nisi  aiignstiis  inclusos.  tum  frigMa 
monti  desidia  est  tuioque  licet  discedere  montea  379.  ultimum  ver- 
bam  ex  praecedente  versu  male  iteratum  esse  apparet,  discedere 
ventos  Wemsdorfius  accommodate  ad  rem,  verum  et  litteris  similias 
et  ad  orationis  compages  convenientiue  puto  tutoque  licet  discC' 
dere  motis. 

versu  430  dicitur  insidiis  flagrans  Aenaria  quondam^  nunc 
extincta  super,  miror  fugisse  doctos  coniungendum  esse  in  unum 
super  insidiis,  videtur  poeta  tangere  sub  Epopeo  strata  Typbonis 
cubilia  (Strabo  p.  248). 

versum  507  es.  Munro  et  Sudhausins  parum  idonea  inter- 
pretatione  explicuere.  cadunt  ardentia  saxa,  cadentia  autem  tali 
feruntur  impetu,  ut  euperiore  tempore  aliquo  Symaethum  flumen 
transgressa  eint  et  rigida  mole  oppletum  quasi  congelaverint.  boo 
qucndam  accidit,  tum  vix  potuerunt  ripae  reparari,  persaepe  multis 
diebas  opus  est  ad  molem  removendam. 

versu  669  aut  sacras  memorare  vetustas.  vere  libri  ntemu- 
rare,  neque  enim  tan  tum  qui  visnnt  mirabilia  sed  etiam  qui  me- 
moriae  litteris  carminibus  tradunt  in  animo  habuisse  poetam  uni- 
yersa  qnae  sequitur  expositio  demonstrat.  vitium  haeret  in  sacraSf 
conieci  siquast  m.  vetustas,  proximo  versu  traducti  mari<»  et  terris 
.  .  .  currimus,  prave  terras  substituerunt.  576  audacter  dicuntur 
qui  Tbebanas  origines  oanunt  moenia  quae  fratres  Zetbus  et  Am- 
pbion  condiderunt  condere,  felicesque  alieno  intersumus  aevo.  su• 
peravit  iste  ea  audacia  Propertium  IV  1,  57  moenia  se  Romana 
disponere  dicentem,  at  disponere  versu,  587  aptius  distingues  et 
tUj  sororj  hospita  tectis  acciperis^  hinc  Philomela  silvestris  evooat 
ex  urbe,   illinc  Proone  hospitio   devertitur  in   urbem.     597  sunt 


6  Buecheler 

qui  mirentur  picturas  et  eigna,  numus  operum  turbaeque  morcmtur : 
minime  'und  maeeen  von  kuDstwerken  ,  eed  δχλοι  και  ταραχαί. 
quod  nunc  fit  etiam  tum  ueu  venit,  ut  artificia  non  modo  propter 
ipea  spectentur  sed  etiam  quod  concurritar  ad  ea  et  circumsietitur. 
603  Aetnam  aepice,  praecipiieque  vigil^  dum  Sirius  flagrat.  opusne 
est  adnotari  noctumum  tempus  poetam  significare  dierum  cani- 
cularium?  nocte  non  aestiva  illa  quidem  sed  verna  Horatiua  Yol- 
canum  ardentem  in  Cyolopum  offioinis  induoit. 

versu  623  consequiiurque  fugissc  ratis,  et  praemia  captia 
conerepat.  in  hac  ignis  hostiliter  invadentis  descriptione  ei  me- 
cum  senties  quam  vim  babeat  polysyndeton,  que  nolee  deleri  sed 
ita  in  ordinem  versum  rediges  consequiiurque  ratis  fugisse.  626 
pii  fratres  pari  8ίώ  mutiere  fonfis,  cum  appropinquarent  incendia 
teotis,  aspioiunt  patrem  matremque  defessos  procubuiese  bumi. 
nimirum  parentes  ut  incendium  reetinguerent  aquam  ex  fönte  pe- 
titam  ut  coniuges  pariter  ferebant,  boc  est  par  munus  fontis  sab 
quo  deieesoe  in  ipso  limine  concidlsee  filü  vident.  630  parcitCj 
avara  manus  —  boc  turbae  imperatur,  632  hanc  rapies  praedam, 
boc  Ampbioni.  imperat  aliquis  deue,  nominatur  autem  deinceps 
et  maximie  laudibue  ornatur  Pietae,  banc  igitur  quaei  impera- 
tricem  cogites  licet,  moleste  fero  quod  eilentio  praetermieerunt 
interpretee  nummoe  Romanos  quibus  baec  pars  carminie  ac  Pie- 
tatis  laudes  clarius  inlustrantur,  nummos  gentis  Herenniae  et  quos 
Sex.  Pompeius  Pius  Catinae  cudendos  curarat  signatoe  piorum 
fratrum  imagine  ipsoque  Pietatis  vocabulo,  quales  cum  alii  tum 
Babelon  depinxit.  fortasee  nummoe  si  nossent  insignemque  Pietatis 
yim  respexissent,  etiam  subsequentes  versus  melius  tractassent. 
nam  640  sufficU  iUa  inquit  et  circa  geminos  avidus  sibi  tcmperat 
ignis.  quae  est  illa  ?  matrem  iuvenum  Munro  putat,  nibilo  ea- 
niora  alii  adferunt.  sufficit  Pietas  videlicet.  sequitur  ut  etiam 
ante  libri  quod  ostendunt  mendo  eareat,  638  dextra  saeva  fenet 
laevaque  incendia  id  est  Pietas  coercet  ignes  probibetque  ab  iu- 
venum itinere.  restat  ut  media  inter  638  et  640  verba,  quae 
nemo  non  aliqua  temptavit,  sunt  enim  manifesto  corrupta,  leni  manu 
emendemus  ad  bunc  modum:  fertur  ille  per  obliques  ignis  frafer- 
que  triumphanSy  tutus  uterque  pio  sub  pondere.  in  codicibue  legi- 
mus  ferunt  sive  feruent,  quod  verbum  librario  praecedentia  in' 
cendia  suggesserunt,  tum  fralremque,  fabula  quam  poeta  expressit, 
non  multo  post  Lycurgum  Atticum  videtur  esse  condita,  oredas 
a  CalUmacbo  aut  aequali  informatam  vate  (643).  Lycurgus  unum 
tantum  eumque  sine  nomine  Aeneam   audierat,   iam  gemini    sunt 


Coniectanea.  7 

fratree  facti  eed  sine  nomine  alter  et  nihil  nisi  geminue,  alter 
Ampkitm  et  non  Ämphinomus  quod  nomen  posterior  Alexandrinie 
fama  circumtnlit. 

conecriptam  Aetnae  oarmen  arbitror  poet  Ovidium  et  Ma- 
niliamy  eordoieee  autem  urbanie  hominibae  et  neglectnm  iacuiese 
ei  minne  peregrinie  causis,  ut  ipsins  dictione  utar,  at  ob  metro- 
mm  inertiam  qnandam  et  eermonis  titubationem  inhaerentis  qoi- 
dem  priecie  ac  retueis,  deeilientis  tarnen  ad  noviseima  et  lioen- 
tiseima. 

UI  Lactantios   Statii   scboliasta   ad  Tbeb.  Υ 163  ρ.  271  ed. 

Tenbner.  circumvolat  umhra]  et  hoc  poeiice,  tä  Euripides 

Virgilius  ^omnibus  umbra  locis  adero,  dabis,  improbe,  poenas\ 
quibus  baec  eabscripsit  labnkiue:  ^Euripidis  locam  restitnere 
non  potoi,  in  libris  legnntur  baec:  Syrsem  opersu  L  siy  seeno. 
psu  Μ ',  ceteromm  discrepantias  referre  eupersedeo.  ego  per- 
pancoe,  immo  dnos  tantnm  Euripidis  locos  scboliastae  j&rgumen- 
tationi  plane  conyenire  soiebam  eornmque  eecundum  continno  in- 
tellexi  graecaram  litterarum  reliquiie  ietis  demonstrari,  Orestis 
locum  675  β.  Κ.  ποτιυμένην]  ψυχήν  υπέρ  σου.  gandebam  eci- 
lieet  acnmine  meo,  cum  oommentarios  Enripideae  fabnlae  evolyene 
ecce  inveni  centam  abbinc  annos  eam  emendationem  factam  evol- 
gatamqne  a  Ricardo  Poreon  (Or.  667). 

oToi  νυν  βροτοί  eiaiv,    experierie    ei  Lactantii    scbolion  ad 

Theb.  II  85  p.  85  legeris  et  de  Pindari  verbis  qaae  novi  critici 

comectamnt    in    Bergkii    Pindaro    p.   384,  44    inspexeris.     neve 

lionim  mediocritatem  a  me  segregare  dicar,  restituere  verba  poetae 

niliilo  magie  poeeum,  eed  unnm  tamen  vidi  quod  illoe  latnit,  quod 

nt  ad  commenta  eornm  omnia  refntanda  valet,  ita  eagaciori  alioni 

profatnrum  epero  ad  rem   periicieudam.     ecbolion  igitur  hoc  eet: 

%^M  8.  g.  a.  lacchi]  Thebcmi  ab  indigena^  ut  ante  [1 173]  ^Ogy- 

9^^y  OAt^  aspera  rebus  fala  tulere  vicem.^   sie  Findarus  in  hymnis 

[ita  Boeckhiae:  in  somnis  codicee,  in  scoliis  Weber] 

ορίΙβΙωαΟβ  eYPeNOnONNHTHe  TANeCCIlTY  [ita  L 
ψτύ(ύί  De  eYPeNOPONNHTHeOXHeCCINHyHÄ  Μ 
opiteiWC  De    eYPeNONONNHTHFOANeCCyNy  Mon. 

opieei  WC  DC    ePYPeHOPωNNetbΦ  λ  Ne  C  C I Ν  Η Yl  Pa 

öpiteWICAe  6YPeNQNNHTHe0XNeCCini  Gud. 

«P^te  IWC  AG   e  y  Ρ  e  Ν  y  Ν  Ν  Ν  THG  Φ  ANGCC I  π  I         Caesell.] 

**ioitur  novum  ecbolion  afflavit,   ex  bie  graecie  certum  eeee  at- 
ioe  apertnm  vocabulum    aio    unum  τηλεφανές,   cetera   pleraque 


8  Bueoheler  CoDiectanea. 

fidei  fluxae.  conabar  'Οτυγίαις  bk  εύρεν  δνομ'  έν  τηλεφανεσσι 
ιτυλαις  (rex  indigena)  et  ώγυγίοις  οέ  eöpev  έν  οορεσι  τηλ€φα- 
νέ(Τ(Τΐν  υΤα  (Agane)  et  alia  ac  diversa.  qnae  derideae  per  me 
licet,  nam  rideo  ipee,  simul  ao  verum  rectnmque  pronuntiaris. 

idem  Laotantins  ad  Theb.  III  689  p.  186  genialia  iura  im- 
plorata  ab  Argia  explicane  ecribit  viri  enim  genitaUa  conveniunt 
mulieribuSf  nimis  quam  granditer.  gentüia  Μ  primo,  extremum 
Codices  subiungunt  iuno,  ergo  legemus  viris  enim  genialia  con- 
veniunt^ mulierihus  Inno,  scis  enim  genium  eeee  Gai,  lunonem  Gaiae. 

idem  ad  Tbeb.  Υ  431  ρ.  284  unde  factum  est  ut  ita  Äthe- 
nienses  iurent  μά  τους  έν  Μαραθώνι.  Demosthenes  ita  iuravit 
de  cor.  208,  quo  de  scbemate  multum  disserueruut  rbetoree,  is 
qui  π€ρΙ  οψους  scripeit  cap.  XVI  et  XVII.  έν  Atticus  orator 
omisit,  rbetoree  addiderunt,  de  Lactantio  non  liquid  ο  constat,  ta- 
men  matus  et  maratoni  M. 

idem  ad  Theb.  VIII  1  p.  379  Claudius:  'heri  recedens  ves- 
peri  Numantinis  incidit\  eatis  incredibile  heri^  Codices  fere  in 
Herius  consentinnt,  id  Quadrigario  iam  Lachmannus  Lucr.  p.  242 
reddidit. 

scboliasta  Achill.  I  187  p.  494:  Chiro  puero  dat  expertas 
pollice  cliordas.]  ormizavü  vü  temperavit,  subest  yerbum  novum, 
formizavit  nt  opinor  άπό  του  φορμΰίειν. 

Bonnae.  F.  Buecheler. 


Kauf  und  Verkauf  von  Priesterthumern  bei  den 

Oriechen. 


Während  sich  ansere  Eenntnies  von  Kauf  und  Verkauf 
griechieoher  Priesterthümer  vor  25  Jahren  (Schömann,  Griech. 
Altert.  II  425)  nur  auf  eine  Aeusserung  des  Dionyeios  von 
Halikamass  (Ant.  Rom.  II  21)  und  auf  eine  halikarnassensieche 
Inschrift  1  (CIGr.  2656,  Jahrbb.  f.  cl.  Phil.  Suppl.  IV  618,  Dittenb. 
Syll.  371)  stützte  und  man  in  dieser  Besetzungsart  eine  Eigen- 
tbümlichkeit  von  Halikarnass  erblicken  konnte,  so  steht  uns  jetzt 
eine  ganze  Anzahl  von  Inschriften  ähnlichen  Inhalts  zu  Gebote 
and  die  Besetzung  der  Priesterämter  durch  Kauf  ist  nicht  mehr 
für  Halikarnass  allein  überliefert.  Wir  haben  gegenwärtig  ausser 
den  genannten  und  den  nur  vielleicht  hierher  gehörigen  tituli 
Prienensee  (Newton  Inscr.  of  Brit.  mus.  III  1  ed.  Hicks  no  426  f. 
vgl.  unten  S.  7)  folgende  Quellen  ^  zur  Verfügung. 

1.  Inschrift  von  Andros  oder  Mykonos.  Lebas  S.  408  no 
1799  =  S.  457  no  2059,  vgl.  Keil  Jahrbb.  f.  Phil.  Suppl. 
IV  (1861—67)  S.  619.  Lehmann  S.  8.  Zeit  und  Kult  un- 
bekannt. 
2.  Inschrift  von  Erythrai.  Frontier  und  Earinos  Μου(Τ€Ϊον, 
και  Βιβλιοθήκη  τής  έν  Σμύρνη  εύαγγ.  σχολής  Ι  (1875) 
8.  103  ff.;  Bayet,  Rev.  arohnol.  XXXIII  (1877)  S.   107  ff.; 


^  Zeit:  nicht  jünger  als  Dionysios;  Kult  der  Artemis  Pergaia. 

2  Es   seien    hier  auch    eine  Anzahl   von  Monographien   genannt, 

*^f  die  in  den  Erörterungen  öfter  zu  verweisen  ist:  Anthes,  De  emptione 

^eoditione  Graeoorum    qnaestt.  epigrapbicae  Haue   Sax.  1885.  —  Her- 

^^^ht,  De  sacerdotii  apud  Graecos  emptione   venditione.    Argentorati 

^^•  —  Lehmann,  Quaestt.  sacerdotales,  part.  I:   de  titulia  ad  eaeer- 

^^tioTQni  apud  Graecos  vcnditionem  pertinentibus.     Kegimonti  1888.  — 

"^"€Γ,  De  Cariae  Lydiaeque   sacerdotibus.     Lipsiae  1891.  —  Gaebler, 

^^'Ithra,  Berlin  1892. 


10  Ε.  F.  Bischoff 

Dittenb.  Syll.  no.  370.     Zeit:    um    370  v.  Chr.;    reichlich 
50  verechiedene  Kulte. 

3.  Inschrift  von  Ealchedon.  Monateber.  d.  Berl.  Ak.  1877 
S.  474  ff.  Zeit :  wohl  Wende  des  3.  vorchrietl.  Jahrhunderte. 
Zwölfgötterkult. 

4.  Inschrift  von  Kalchedon.  'Αθήναιον  VII  (1878)  S.  207  no.  2; 
Dittenb.  Syll.  369.     Kult  des  Asklapios;  Zeit  wie  no.  3. 

5.  Inschrift  von  Tomoi.  Tocilescu,  Archaeol.-epigr.  Mitth.  aus 
Oesterreich-Ungarn  VI  (1882)  S.  8  f.  und  Herbrecht  S.  8. 
Zeit:  nicht  älter  als  das  3.  vorchrietl.  Jahrb. ;  Kult  der 
μύσται  θεοί  der  dv  Σαμοθράκη. 

6.  Inschrift  von  Erythrai  (Chios).  Studniczka,  Mitth.  d.  deut- 
schen aroh.  Inet,  zu  Athen  XIII  (1888)  S.  160  ff.;  vgl. 
Gaebler  S.  96.     Zeit:    3.  vorchrietl.  Jahrb.;    Herakleekolt. 

7.  Inschriften  von  Kos.  Hicks-Paton  (1891)  no.  27.  28.  29. 
30.  (?  31  f.)  386;  Kult  des  Dionysos,  Asklapios,  der  Demeter, 
Adrasteia,  Nemesis,  Hygieia  und  Hepione. 

8.  Inschrift  aus  Earien.  Abhandl.  (?)  d.  Wien.  Ak.  1 894  S.  23 
(citirt  nach  Stengel,  Griech.  Eultusalterth.^  S.  42. 

Nach  dieser  Zusammenstellung  darf  man  den  Kauf  und 
Verkauf  von  Priesterthümern  auch  jetzt  noch  nicht  für  eine  all- 
gemeine griechische  Einrichtung  halten;  der  Brauch  bleibt  be- 
schränkt auf  Kleinasien  und  auf  die  Inseln  des  Aegäischen  Meeres 
—  wenn  man  von  Tomoi  absieht,  das  wegen  seiner  Lage  am 
Pontes  Euxeinos  und  wegen  seiner  Beziehungen  zur  Mutterstadt 
Hilet  nicht  aus  dem  Rahmen  herausföllt.  Auch  die  bisherigen 
Ansichten  über  das  Alter  der  Einrichtung  werden  durch  die 
neueren  Inschriften  nicht  geändert.  Es  gibt  auch  jetzt  noch  in 
der  Hauptsache  der  von  Herbrecht  S.  6  u.  36  ausgesprochene 
Satz,  dass  keine  Inschrift  vor  Alexander  d.  Gr.  abgefaset  zu 
sein  braucht.  Die  älteste  der  in  Betracht  kommenden  Inschriften 
scheint  die  von  Studniozka  veröffentlichte  zu  sein,  die  der 
Herausgeber  dem  4.  Jahrb.  zugewiesen  hat. 

Erscheint  sonach  die  Sitte,  Priesterthtimer  durch  Verkauf 
zu  besetzen,  schon  an  und  für  sich  jüngeren  Datums,  so  läset 
sich  die  Einrichtung  ausserdem  auch  aus  dem  Inhalt  der  In- 
schriften als  Neuerung  erkennen.  Allerdings  möchte  ich  in  dieser 
Hinsicht  aus  der  Ausführlichkeit,  mit  der  in  der  Inschrift  von 
Kalchedon  (s.  o.  no.  4)  Rechte  und  Pflichten  des  Priesters  dar• 
gelegt  sind,  noch  nichts  schliessen.  Lehmann,  der  diese  Seite 
der  Inschrift  (S.  13)  geltend  zu  machen  versucht,  hat  schon  selbst 


Kauf  und  Verkauf  von  Priesterthümern  bei  den  Griechen.        11 

an  die  Möglichkeit  erinnert,  dass  die  Bestimmungen  bei  jedem 
Verkauf  im  einzelnen  ausgeführt  worden  seien,  und  das  war 
bei  einem  Verkauf  auf  Lebenszeit,  wie  ihn  Lehmann  (S.  13) 
im  vorliegenden  Falle  selbst  voraussetzt,  der  sich  also  nur  in 
grosseren  Zwischenräumen  wird  wiederholt  haben,  gewiss  um  so 
mehr  geboten.  Jedenfalls  durfte  schon  aus  religiösen  Gründen 
über  die  Obliegenheiten  des  Priesters  kein  Zweifel  bestehen. 
Eher  lässt  sich  die  Inschrift  aus  Tomoi  (s.  o.  no.  5)  als  Beweis 
für  die  Neuheit  des  Verkaufs  von  Priesterämtern  benutzen.  Denn 
trotzdem  dass  da  ein  neuer  Priester  durch  Kauf  auf  Lebens- 
zeit in  den  Besitz  des  Amts  kommt,  lebt  noch  der  προϋπάρχων 
Ιερεύς  (Ζ.  11  f.),  der  an  gewissen  Opferhandlungen  betheiligt 
bleiben  soll.  Unzweideutig  aber  erscheint  der  Verkauf  als 
Neuerung  in  den  Worten  der  Inschrift  von  Kos  (Hicks-Paton 
no.  386  Z.  6  f.)  καθάπερ  και  πρΙν  πιυλητάν  Τ€νίσθαν[ι]  |  τάν 
Ιερακτύναν  (Τυνετάχθη,  in  denen  ausdrücklich  auf  die  veränderte 
Besetzung  des  Priestertums  hingewiesen  wird. 

Der  Brauch,  die  Priesterämter  durch  Verkauf   zu  besetzen 
hat  sich  nach  Herbrechte  (S.  36  ff.)  ansprechenden,  von  Lehmann 
(S.    55)    gebilligten    Erörterungen    vermuthlich    von    Asien    her 
unter    den    Griechen    eingebürgert.     Jedenfalls    waren    in  Klein- 
Asien  die  Verhältnisse  besondere  günstig,   um  die  Neuerung  als- 
bald heimisch  werden  zu  lassen.     Denn  die  Finanzen  der  dortigen 
Staaten  befanden  sich  in  der  in  Betracht  kommenden  Zeit  infolge 
der  Alexandrinischen  Kriege    und    der  Galliereinfälle    in    ärgster 
Zerrüttung    (Dittenberger  Hermes    15  f  1880]   S.  609,    Herbrecht 
S.38,  Lehmann  S.  53,  Gaebler  S.  23).     Kein  Wunder  also,  wenn 
eich   die  Staaten    die    sicheren   Einnahmen    des  Kultus  zu  nutze 
machten,  und  ebenso  begreiflich,  wenn  sich   in   diesen  unsicheren 
Zeiten  für  einträgliche  Priesterstellen  immer  Käufer  fanden. 

In  dieser  Art  der  Stellenbesetzung  eine  der  mittelalterlichen 

Simonie  verwandte  Unsitte  zu  sehen,  wozu  Boeckh  (Kl.  Sehr.  IV 

337)  geneigt   war,    davor  hat  schon  Herbrecht  S.  38   mit  Becht 

gewarnt.    Denn  bei  den  Griechen  wurde  der  Verkauf  von  Priester- 

^l^umern  staatlich  betrieben,  war  also  gesetzlich  anerkannt,  sodass 

^fifalls   wohl    der  Staatsgewalt    aus    der  Ausbeutung  des  Kultus 

ein  Vorwurf    gemacht    werden    kann,    der    einzelne  Käufer  aber 

^inen  Tadel  verdient,  da   er  anders  als  eben  durch  Kauf  tiber- 

°^^]i  nicht    in    den  Besitz    des   Priesteramts    gelangen    konnte. 

^^^%en  ging  die  Simonie  —  was  man  im  landläufigen  Sinne  dar- 

'Uiter  versteht  —  im  Mittelalter    neben   der   eigentlichen,    aner- 


12  Ε.  F.  Bischoff 

kannten  Art  der  Stellenbesetzung  her  und  entsprang  ursprüng- 
lich wohl  dem  unlauteren  Streben  der  Bewerber,  sich  die  Gunst 
der  für  die  Besetzung  massgebenden  Instanz  zu  erkaufen. 

Natürlich  soll  diese  Betrachtung  über  den  wahren  Charakter 
der  Sitte,  mit  Priesterstellen  Handel  zu  treiben,  nicht  hinweg- 
täuschen: sie  ist  gewiss  nicht  bloss  ein  Zeichen  wirthschaftlichen, 
sondern  auch  sittlichen  Verfalls  der  Staaten,  wiewohl  sich  die 
üblen  Folgen  der  Neuerung  erst  im  Laufe  der  Zeit  herausge- 
stellt haben  mögen.  Zunächst  aber  hat  man  gewiss  darauf  ge- 
sehen, dass  das  Ansehen  des  Standes  durch  die  veränderte  Be- 
setzungsart nicht  geschädigt  werde,  und  anfangs  wird  die  Neue- 
rung nur  darin  bestanden  haben,  dass  bei  gleichgeeigneten  Can- 
didaten,  unter  denen  bis  dahin  das  Loos  entschieden  hatte,  femer 
die  finanzielle  Leistungsfähigkeit  den  Ausschlag  gab,  wie  z.  B. 
in  Kos  die  Zahlungsfähigkeit  geradezu  gleich  mit  unter  die  Er- 
fordernisse zur  Wählbarkeit  aufgenommen  zu  sein  scheint  (Hicke- 
Paton  no.  386). 

Dagegen  darf  angenommen  werden,  dass  die  Ansprüche, 
die  bis  dahin  an  die  Bewerber  um  Priesterämter  gestellt  wurden, 
daneben  auch  ferner  in  voller  Geltung  geblieben  seien.  Darauf 
deutet  der  Wortlaut  und  die  Ausführlichkeit  hin,  mit  der  die 
in  Betracht  kommenden  Inschriften  die  vom  Candidaten  zu  er- 
füllenden Vorbedingungen  und  die  von  ihm  zu  übernehmenden 
Amtspflichten  namhaft  machen.  So  heisst's  in  der  Inschrift  von 
Ealchedon  (no.  4  Z.  9  ff.)  ausdrücklich:  ώνείνθω  bk  δς  [κα  ήι]  || 
όλ]όκλαρος  καΐ  ώι  όαμοσιοργίας  [μέτε|στι];  ähnlich  auf  der  In- 
schrift von  Kos  (Hicks-Paton  no.  27  Z.  8  ff):  8  bk  πριαμεναΙ 
?στψ  υγιής  κα\  6λ[ό]κλα[ρος  κ]α\  [μ]ή  νεωτέρα  |  ετών  οίκα; 
wonach  sich  auch  no.  30  Ζ.  13  f.  herstellen  lässt.  Die  In* 
Schrift  von  Halikarnass  verlangt,  dass  die  Priesterin  der  Artemis 
durch  drei  Generationen  von  freien  Eltern  abstamme.  Unmün- 
dige bedürfen  eines  επίτροπος  (in  Erythrai  s.  o.  no.  2  Z.  122) 
und  Frauen  eines  κύριος  (ebd.  u.  in  Kos  no.  27  u.  386).  Diesem 
wurde  in  Kos  (no.  27  Z.  27  ff.)  sogar  ausdrücklich  die  Pflicht 
auferlegt,  Verstösse  gegen  die  Ordnung  anzuzeigen.  Schliesslich 
wäre  hier,  wo  es  sich  um  die  Erhaltung  altvaterischer  Sitte 
handelt,  beispielsweise  auch  auf  folgende  Ausdrücke,  die  eich 
auf  hierher  gehörigen  Inschriften  finden,  hinzuweisen;  καθάπερ 
καΐ  πριν  πιυλητάν  γενέσθα[ι]  |  τάν  Ιερωσύναν  συνετάχθη, 
παρασκευάσαι  bk  ταϊς  τελευμέναις  τάς  Ιερής  τα  νομιίόμενα 
(Κθ8  Hicks-P.  386,  Ζ.  6  u.  9.);    δπιυς  b[i]  \  τελεσθή  ά   Wpeia 


Kauf  und  Verkauf  von  Priesterthümem  bei  den  Griechen.       13 

[κα]τά  τα  νομιε[ό]μ€να  τοί  πιυλ[η]|ται  άττομισθωσάντω  (ebd. 
27  Ζ.  21  f.)  und  [τάν  bi  πό|λιν  τέΚέα]αχ  τον  Ιερή  κατά  τά 
νομιΖόμεΕνα  (ebd.  29  Ζ.  9  f.). 

Das  Streben  die  Würde  des  Priesteramte  nicht  unter  der 
veränderten  Beeetzungsart  leiden  zu  lassen,  spricht  ferner  aus 
der  Ausführlichkeit,  mit  der  auf  der  Inschrift  von  Halikarnass 
und  auf  der  von  Kalchedon  (s.  o.  no.  4)  die  Pflichten  der  Eult- 
beamten  aufgezählt  werden  und  ebenso  deutet  darauf  hin  die 
anscheinend  für  etwaige  Pflichtversäumniss  festgesetzte  Strafe 
(Kalchedon  s.  o.  3  Z.  11). 

Meines  Erachtens  ist  also  die  Besetzung  von  Priesterthümem 
durch  Verkauf  eine  Neuerung  späterer  Zeit,  die  unter  schonender 
Wahrung  und  in  möglichst  engem  Anschluss  ^  an  die  bestehenden 
Verhältnisse  getroffen  worden  ist.  Unter  dieser  Voraussetzung 
gehe  ich  an  die  Deutung  der  vielbesprochenen  Composita 
έπωνεϊσθαι,  έπιτηυλεΐσθαι  und  έπαγοράίειν  der  Inschrift  von 
Erythrai  (s.  o.  no.  2)  und  will  ich  versuchen  die  mehrfach  an- 
gefochtene *  Ansicht  ü.  F.  H.  Bruchmanne,  der  die  Verba  durch 
die  Annahme  eines  Α  η  wartschafts  verkaufe  erklärt  (Philol.  Anz. 
16  (1886)  S.  435-48),  durch  neue  Gründe  zu  stützen. 

Bei  Harpokration  s.  v.  επιλαχών  lesen  wir,  dass  die  Athener 
bei    der  Besetzung  von    Aemtern    durchs  Loos    von    vornherein 
eine  gleiche  Anzahl    von  Ersatzmännern  für   den  Erledigungsfall 
bestimmt  haben:    έκληρουντο    o\  βουλεύειν  ή  δρχειν    έφιέμενοι, 
ϊπειτα  έκάστψ  τών  λαχόντιυν  ϊτερος  έπελάγχανεν,  ϊν   έάν  ό 
πραιτος  λαχών  άττοόοκιμασθή  ή  τελευτήση  άντ'  εκείνου  γένηται 
βουλευτής   ό  επιλαχών   αύτψ.      Dass   dergleichen  Wahlen  auch 
bei  Besetzung    von  Priesterstellen    vorgekommen  sind,   eine  An- 
nahme,   für  die  ja  Harpokration   keinen  Anhalt  giebt,    lehrt  uns 
jetzt  der  Rhodische  επιλαχών   ιερεύς  ^Αλίου    (Cllns.  Ι   no.  833, 
^  8)  und    nichts   zwingt    uns   dazu   diesen  Brauch    auf  Rhodos 
zu  beschränken.     Giebt  man  für  die  ältere  Zeit  diese  Möglichkeit 
ZQ)  Bo  liegt  nach  dem  vorher  Gesagten  auch  die  Annahme  nahe 
genug,   dass    die    früher    übliche  Bestellung    von  Ersatzmännern 


'  So  erscheint  mir  auch  die  διασύστασις  in  Erythrai  (s.  u.  S.  9) 
^^1  ein  Ersatz  für  die  abgeschaffte  Erblichkeit  des  Priesteramts,  durch 
^  der  Priester  in  den  Stand  gesetzt  wurde,  seinem  Sohne  sein  Amt 
^'iiiiwenden.  Und  dies  Vorrecht  wird  sogar  noch  von  der  erbberech- 
tigten Gattin  ausgeübt  (Z.  150  ff.)•     Vgl.  Heller  S.  230. 

*  S.  Lehmann  S.  42  u.  Stengel,  Kultusaltertb.,  2.  Aufl.,  S.  42. 


i 


14  Ε.  F.  Bischoff 

auch  in  späterer  Zeit  nach  Einführang  der  Besetzung  der 
Priestertbtimer  durch  Verkauf  in  Geltung  geblieben  sei.  und 
hiervon  glaube  ich  in  dem  έπων€Ϊ(Τθαι  der  erythräischen  Inschrift 
eine  Spur  zu  finden.  Wurde  bis  dahin  zu  dem  an  erster  Stelle 
ausgeloosten  ein  zweiter  zum  Ersatz  hinzugeloost,  so  hat  das  Amt 
seitdem  ausser  an  den  ersten  Käufer  auch  noch  an  einen  zweiten, 
wenn  sich  ein  solcher  fand,  verkauft  werden  können:  der  Ersatz- 
männerwahl  entsprach  ein  Anwartschaftskauf. 

Wie  sich  der  Inhalt  der  Inschrift  von  Erythrai  mit  der 
Auffassung  des  έπωνεΐσθαι  als  eines  Anwartschaftsverkaufe  ver- 
einigen läset,  das  hat  Bruchmann  a.  a.  0.  schon  auseinandergesetzt. 
Es  mögen  deshalb  hier  nur  die  Hauptpunkte  zusammengestellt 
werden.  Ich  beginne  mit  Z.  107  f. :  et  μέν  ίστιν  Ιερεύς,  έπιπιιι- 
λεϊται,  et  bi  μη  Ιύτχμ  πωλείται,  wonach  das  πιυλεϊσθαι  also  f9r 
den  Fall  der  Vakanz,  das  έπιπωλεΐσθαι  für  die  Zeit  der  Be- 
setzung der  Stelle  gilt.  Auf  die  Besetzung  der  Stelle  zur  Zeit 
des  Kaufs  weisen  auch  die  Z.  17  und  Zeile  41  bei  έπαγοράΖΙειν 
stehenden  von  diri  abhängigen  dativischen  Personennamen  hin, 
vermuthlich  die  Namen  der  derzeitigen  Inhaber.  Ferner  sind, 
wie  es  bei  Anwartsohaftskäufen  nicht  anders  sein  kann,  die  Kauf- 
summen bei  den  έπιπράαεις  ausnahmslos  geringer  als  bei  den 
πράσεις,  wie  Bruchmann  S.  443  ff.  gegen  Herbrecht  S.  22  ff.  mit 
Kecht  ausführt  (vgl.  Anthes  S.  28).  Ebenso  begreiflich  ist,  dass 
die  έπιπρά(Τ6ΐς  bei  weitem  häufiger  als  die  ττρά(Τεις  sind  (nach 
Herbrechts.  21  f.:  39  gegen  12).  Denn  'unter  jedem  Ιεροποιός 
konnten  Anwartschaften  auf  Priesterstellen  verkauft  werden,  aber 
nicht  fanden  sich  unter  jedem  erledigte  Stellen'  (S.  446).  Dass 
die  Folge  der  Verben  έπράθησαν  έπεπράθησαν  usw.,  die  in  der 
Inschrift  tiberall  innegehalten  wird,  bei  der  Annahme  der  vor- 
geschlagenen Bedeutung  der  έπίπρασις  auch  sachlich  begründet 
ist,  soll  nur  nebenbei  erwähnt  werden. 

Demnach  wird  uns  der  Anwartschaftskauf  durch  den  Wort- 
laut der  Inschrift  mehrfach  empfohlen.  Trotzdem  ist  aber  die 
Berechtigung  ihn  anzunehmen,  stark  bezweifelt  worden.  Zwar 
leuchtet  der  Vortheil,  den  der  Staat  aus  einem  solchen  doppelten 
Verkaufe  zog,  jedem  ein;  und  es  bedarf  nur  eines  Hinweieee 
auf  die  Nothlage  der  in  Betracht  kommenden  Staaten,  in  der  wir 
ja  überhaupt  die  eigentliche  Ursache  zum  Handel  mit  Priester• 
stellen  gesehen  haben,  um  den  Anwartschaftskauf  für  zeitgemäse 
und  zweckentsprechend  zu  halten.  Aber  woher  kamen  die 
Käufer?  Lehmann    (S.  42)    hält   es    von    vornherein    für  ganz 


Kauf  und  Verkauf  von  Priesterthümern  bei  den  Griechen.        15 

unwalirsolieiDlicb,  daes  bei  einer  80  uneicbem  Sache,  wie  es  der 
Kauf  eines  Prieeterthums  vielleicht  auf  Lebenszeit,  jedenfalls  auf 
eine  längere  Reihe  von  Jahren  sei,  soviele  Anwartschaftekäufe 
hätten  zu  stände  kommen  können.  Und  durch  den  Hinweis  auf 
den  Umstand,  dass  die  Anwartschaft  auf  die  Priesterstelle  der 
Έ(Ττ(α  Tcpevia  gleichzeitig  gar  zweimal  verkauft  worden  sei 
(Z.  9  if.),  hält  er  Bruchmanns  Ansicht  fiir  erledigt.  Um  auf 
den  doppelten  Anwartschaftskauf  zuerst  einzugehen,  so  will  ich 
keinen  Werth  darauf  legen,  dass  Dittenberger  das  zweite  έττ€- 
πράθη  (Ζ.  11)  auf  ein  Priesteramt  des  Herakles  bezieht.  Denn 
diese  Lesart  ist  von  Herbrecht  8.  12  f.  bereits  widerlegt  worden; 
auch  pflegt  das  so  zu  sagen  als  Ueberschrift  vorangestellte  έπράθη, 
έπεπράθη  usw.  vor  den  Namen  der  nach  einander  aufgezählten 
Prieeterstellen  sonst  nicht  wiederholt  zu  werden.  Aber  warum 
sollten  wir  selbst  einen  doppelten  Anwartschaftskauf,  zu  dessen 
Annahme  die  lückenhafte  Ueberlieferung,  wie  ich  betonen  will, 
nicht  zwingt,  für  so  undenkbar  halten? 

Diese  Frage  hängt  eng  zusammen  mit  der  schon  aufgewor- 
fenen: woher  kamen  die  Interessenten  für  solche  Anwartschafts- 
käofe  überhaupt?    Ein  Risiko    war  zweifellos  mit  einem  solchen 
Kaufe  verbunden,  namentlich  dann,  wenn  es  sich  um  lebensläng- 
liche Priesterthümer    handelt.     Und  um  diese  Annahme  kommen 
wir  meines  Erachtens  nicht    herum.     Ich  verweise  auch    hierfür 
auf  die  Ausführungen  Bruchmanns  S.  439  f.  und  hebe  nur  noch 
folgendes  hervor.     Bei  einer  Vergebung   von  Priesterstellen  auf 
kürzere  Zeit  könnte  wohl  nicht    mehr   von  πιπρά(Τκ€ΐν  usw.  die 
Rede  sein;  man  erwartete  da  eher  einen  Ausdruck  wie  μΐ(Τθου(Τθαι, 
wie  wir  ihn  vereinzelt  auf  der  lückenhaften  Inschrift  von  Andros 
(Mykönos)   (s.  o.  no.  1)  lesen.     Thatsächlich  findet  sich  auf  der 
Inschrift  von  Halikamass  der  Zusatz  έπι  [2!]ιυής  (Ζ.  8),  auf  der 
von  Kalchedon  (s.  o.  no.  3)  vermuthlich  έ[πι  2!υυας],  auf  der  von 
Tomoi  (no.  5Z.  3)  bla  ßiofu],  auf  einer  koischen  Inschrift  (no.  27 
Z.  10)  [bia  β](ου  und  auf  dem  titulus  Prienensis  (Inscr.  of  British 
Μοβ.  III  no.  426,  vgl.  auch  427)  ΐ€ράσ]€ται  bi  τόμ  βίον.    Ausser- 
dem spricht  die  Höhe  der  Kaufsummen,  die  in  Erythrai  gezahlt 
worden  sind,  wie  ein  Vergleich    mit  dem  Preise   des  lebenslang- 
Vichen  Priesterthums  in  Tomoi  (7  Goldstatere)  lehrt,  für  lebens- 
längliches Priesterthum.     *  Der    angegebene  Preis    ist    immer 
noch  niedriger    als    der  Durchschnitt  der   in  Erythrai    gezahlten 
Preise,    und    es    wäre    sehr    unwahrscheinlich,    dass    in  Erythrai 
PrieeterÄmter  von  begrenzter  Dauer  soviel  theurer  sollten  bezahlt 


16  £.  F.  Bischoff 

worden  sein,  als  etwa  gleichzeitig  ein  lebensrängliches  Prieeter- 
amt  in  Tomoi*  (Brnchmann  S.  440).  Der  Hinweis  Lehmanne 
(S.  52)  auf  den  Monat  Ληναιών  als  Yerkaufsmonat  and  sein 
Yersach  durch  diesen  Hinweis  die  Annahme  der  Yerkäafe  auf 
Lebenszeit  zurückzuweisen,  will  nichts  besagen;  denn  der  Ληναιών 
erscheint  im  ganzen  überhaupt  nur  an  sechs  Stellen  (Z.  24.  94. 
100.  109.  120.  159);  u.  nur  Z.  94,  109  u.  159  handelt  es  sich 
um  πρα(7ΐς,  sonst  um  έπίπρα(Τις  oder  5ια(Τύ(Ττα(Τΐς,  also  um  Akte, 
für  die  ganz  gut  ein  gewisser  Monat  üblich  gewesen  sein  könnte 
—  eine  Annahme,  die  ich  aber  nicht  befürworten  will  schon 
wegen  der  Z.  37  im  Ανθεστηρίων  erfolgten  όιασυστάσ€ΐς  und 
der  Z.  45  im  ΤΤοίΤώεών  vorgenommenen  έπιπράσεις. 

Vermindern  sich  demnach  durch  Annahme  der  Lebenslänglich- 
keit der  Priesterthümer  für  den  Anwartschaftskäufer  die  Aussichten 
ein  gutes  Geschäft  zu  machen,  so  muss  doch  darauf  hingewiesen 
werden,  dass  eine  Ιερατεία  auch  auf  andere  Weise  als  durch  Tod 
zur  Erledigung  kommen  konnte.  Schon  Kayet  S.  122  führt 
ausser  dem  Todesfall  die  Verurtheilung  zur  Verbannung  oder 
andere  ατιμία  nach  sich  ziehende  Strafen  und  die  Nichterfüllung 
auferlegter  Pflichten  als  Grund  für  Vakanzen  an;  auch  braucht 
man  nur  an  das  όποοοκιμάίειν  bei  Harpokration  (s.  o.  S.  5)  zu 
denken,  um  den  Vergleich  mit  ähnlichen  Verhältnissen  früherer 
Zeit  zu  haben  (vgl.  Lehmann  S.  48).  Ebenso  wie  diese  Zufällig- 
keiten kamen  für  Anwartschaftskäufe  doch  auch  das  Alter  und 
der  Gesundheitszustand  der  augenblicklichen  Priester  in  Betracht, 
Faktoren,  die  sich  unserer  Kenntniss  gänzlich  entziehen,  aber  bei 
dem  Spekulationskauf  gewiss  eine  Rolle  gespielt  haben. 

Ausserdem  dürfen  wir  die  Vortheile,  die  das  Priesteramt 
dem  Inhaber  brachte,  nicht  gering  anschlagen.  Bekannt  sind 
die  Gebühren,  die  die  Priester  von  den  von  ihnen  veranstalteten 
Opfern  bezogen  (s.  Schömann,  Gr.  Alterthümer  II  434 ;  Stengel, 
Griech.  Kultusalterth.,  2.  Aufl.,  S.  37  if.;  Eph.  arch.  1897  Sp.  177  ff.). 
Ferner  hatten  sie  haare  Einkünfte  und  erhielten  gelegentlich  auch 
Remunerationen  aus  dem  Tempelschatze.  Sie  hatten  bisweilen 
Amtswohnung,  manchmal  die  Nutzniessung  von  Tempel-  oder 
Staatsländereien  und  genossen  z.  B.  in  Sinope  Befreiung  vom 
Militärdienst  (Stengel  a.  a.  0.).  Auch  wissen  wir  Λ'^οη  besonderen 
Auszeichnungen,  die  den  Priestern  zu  Theil  wurden;  ich  nenne 
den  Ehrenplatz  bei  Volksversammlungen  und  Schauspielen  und 
die  jetzt  wohl  auch  für  Prione  bezeugte  Speisung  auf  Staatskosten. 
(Inscr.  of  Brit.  Mus.  III  no.  426  f.).     Alles  dies  war  gewiss  ge— 


Kauf  und  Verkauf  von  Prieeterthümern  bei  den  Griechen.         17 

eignet,  Käufer  anzulocken.  Eine  ganz  ausserordentliche  Vergün- 
stigung für  den  Käufer  gewisser  Priesterthümer  hat  aber  in  Kos, 
Pergamon  und  yermuthlich  auch  in  Priene  bestanden  (Hicks-Paton 
no.  32a,  Alterth.  v.  Pergamon  VIII  1  no.  40,  15  ff.;  2  no.  251, 
20  ff.  und  Inscr.  of  British  Mus.  III  no.  426a  Z.  8).  In  der  Koischen 
Inschrift  heisst  es:  ό  bfc  πριά|μ]€νος  άλ€ΐτούργητος  (ί)[στιυ| 
ηάύας  λ€ΐ](τ)ουργίας  — ,  in  den  Pergamischen  Urkunden :  άφείσθω 
5έ  και  τών  ληΐτουργιών  πασών,  δν  [δ]ν|  χρόνον  ίχηι  τόν  στέ\ 
φανον  und  εΤναι  b]i  και  άτίλειαν  *Aσκληπιάbηι  πάντων  |  [ών] 
ή  πόλις  κυρία,  καΐ  εΙς  τό  λοιπόν  |  [ajei  τώι  τόν  στί φανον 
ίχοντι  —  in  der  von  Priene:  άτ€λής  bfc  Ιύταχ  πά[ντιυ]ν 
καθάπ€[ρ  και  έν  |  τ]ή  (Ττήλη  άναγ€γ[ραπτα]ι  etc.  Meiner 
Meinung  nach  übertrifft  die  Gewissheit  vor  Leiturgien  sicher  zu 
sein,  bei  weitem  alle  andern  mit  dem  Priesterthum  verbundenen 
Vortbeile,  wenigstens  in  einer  Zeit,  wo  die  nothleidenden  Staaten 
gewiss  nur  zu  gern  geneigt  waren,  drückende  Lasten  auf  die 
Schultern  einzelner  Bürger  abzuwälzen.  Ist  nun  diese  bedeutende 
Vergünstigung  zwar  gegenwärtig  nur  für  Kos  und  Pergamon 
und  allenfalls  noch  für  Priene  nachweislich,  so  wird  sie  sich 
schwerlich  auf  diese  wenigen  Orte  beschränkt  haben,  sondern 
mit  dem  Brauch,  die  Priesterämter  zu  verkaufen,  auch  an  anderen 
Orten  Eingang  gefunden  und  auch  dort  die  Nachfrage  nach  so 
bevorrechteten  Aemtern  vermehrt  haben. 

Sollte    übrigens    noch  ein  Beweis   erwünscht  sein,  dass  die 

Priesterthümer    ein   erstrebenswerther  Besitz  gewesen    seien,    so 

genüge   die  Erwähnung    der    sog.    5ιασυ(Ττά(7εις,    deren    wir    in 

der  Erythräischen  Inschrift  drei  finden  (Z.  16  f.,  38  ff.  u.  150  ff). 

Es  handelt  sich  dabei  allemal  um  einen  Verzicht  des  Priesters  auf 

sein  Amt  zu  Gunst-en  des  Sohnes,  und  zwar  trotz  Gaebler  (S.  72) 

Wohl  unter  Zahlung  einer  Geldsumme  an  den  Staat,  ein  Verfahren, 

dae  sich  doch  nur  aus  der  Annahme  erklärt,  es  habe  sich  gelohnt, 

Priester  zu  sein  und    die  Nachfolge  sei   auch   für  den  Erben  ein 

Vortheil  gewesen. 

Sonach  theile  ich  die  Bedenken  Lehmanns,  es  möchte  für 
Anwartschaftskäufe,  wie  sie  Bruchmann  annimmt,  an  Käufern 
gefehlt  haben  nicht  und  meine,  dass  die  Deutung  der  έπίπρασις 
^e  eines  Anwartschaftskaufs  im  Vergleich  zu  den  sonstigen  Erklä- 
^^gs versuchen  δ  (s.  Bruchmann  S.  442  ff.)  das  meiste  für  sich  hat. 
Leipzig.  Ernst  Friedrich  Bischoff. 

*  Nach  Rayet  11.  S.  122   verhält  sich  die  πρασις  zur  έπίπρασις 
^•  'ei  eacerdotium  mortuo  sacerdote  vacat,    civitae    id    denuo    vendit 

Kbeln.  Mus.  f.  Pbnol.  N.  F.  LIV.  2 


18        £.  F.  Bisch  off,  Kauf  und  Verkauf  von  PrieeterthümeriL 


(πωλ€ΐ),  at  81  quis  vivue  sacerdotium  quod  emit  alteri  vendit,  ia  έπιπαιλ^ΐν 
dicitur'  (Dittenberger  S.  536  Anm.  3).  Herbrecht  S.  20  entscheidet 
sich  für  die  Aufifassungf  dass  ein  Bürger,  der  schon  Priester  gewesen 
sei,  für  ein  neues  Priesteramt  einen  höheren  Kaufpreis  habe  entrichten 
müssen,  als  ein  anderer,  und  man  habe  diese  Bestimmung  getroffen,  um 
die  Vereinigung  aller  Priesterthümer  in  den  Händen  weniger  Reichen 
zu  verhindern.  Anthes  S.  28  lässt  die  Frage  unentschieden,  nachdem 
er  gesagt  hat:  *  eadem  res  quod  minus  semper  est  pretium  ex 
epiprasi  ductum  quam  ex  prasi,  impedit  quominus  auctione  venditata 
esse  sacerdotia  existimemus,  cuius  prima  emptio  ('erstes  Angebot') 
πρΑσις,  altera  autem  (*  zweites  oder  Schluss- Angebot ')  έπίπρασις 
esset*.  Lehmanns  Erklärung  S.  42 f.  lautet  folgendermassen :  *Cum 
έιηπιπράσκ€ΐν  idem  sit  quod  άναπιπράσκ€ΐν,  πρΑσις  prima,  έτΗπρασις 
altera  sive  tertia  intellegetur  venditio  et  quae  έπράθησαν  tum 
primum,  quae  έπ€πράθησαν  sacerdotia  denuo  iam  venibant.  Ery- 
thris  lege  scilicet  perlata,  ut  inde  ex  illo  tempore  venalia  esaent 
sacerdotia,  non  uno  eodemque  omnia  venierunt  tempore,  sed  e  mani• 
bus  eoruro,  qui  tum  sacerdotes  erant,  paullatim  ut  fere  fit  in  rebus 
eiusmodi,  ad  rem  publicam  redibant,  sive  quod  certis  in  gentibus 
hereditaria  erant,  sive  aliam  ob  causam.'  Heller  S.  229  verwirft  zu- 
nächst die  Annahme  des  Verkaufs  auf  Lebenszeit  und  meint,  die  Aemter 
seien  nur  auf  eine,  wenn  auch  grössere  Reihe  von  Jahren  vergeben 
worden.  Dann  versucht  er  wenigstens  für  unbedeutende  Priesterthümer 
wahrscheinlich  zu  machen,  dass  beim  Tode  ihres  Inhabers  vor  der  ver- 
tragsmässigen  Zeit  die  Erledigung  der  Stelle  öfter  unbekannt  geblieben 
sei  und  man  deshalb,  wenn  man  nach  Ablauf  dieses  Zeitraums  an  die 
Neubesetzung  des  Amts  ging,  zuweilen  nicht  gewusst  hätte,  ob  eben 
noch  ein  Priester  dagewesen  sei  oder  nicht.  Sei  dann  also  eine  Vakanz 
vorausgegangen,  so  habe  man  von  πωλ€ΐν  τήν  ΐ€ρητ€(αν  gesprochen, 
von  έπιπωλ€ΐν  aber,  wenn  das  Amt  ohne  Unterbrechung  vom  Vor- 
gänger auf  den  Nachfolger  überging.  Gaeblers  Auffassung  stimmt 
im  wesentlichen  mit  den  Ausführungen  von  Rayet  überein.  Leider 
sind  mir  seine  Untersuchungen  erst  während  der  Korrektur  des  Auf- 
satzes zugänglich  geworden,  so  dass  ich  auf  seine  Ansichten  nicht  näher 
eingehen  konnte.  Zu  ändern  habe  ich  an  meinen  Darlegungen  nichts. 
—  Zur  Krsatzmännerwahi  bei  Besetzung  von  Priesterstellen  (s.  o.  S.  5) 
verweise  ich  jetzt  noch  auf  Ps.-Dem.  58  §  29:  καΐ  τήν  μέν  αρχήν  ήν 
εκείνος  άρχων  έτελεύτησεν,  Ιεροποιός  ών,  παρά  τους  νόμους  ήρχεν  ούτος, 
οοτε  λαχών  οοτ'  επιλαχών. 


Beiträge  zur  römischen  Litteratnrgeschiclite. 


1.     Porcins   Lioinus. 

Allgemein  bekannt  sind  die  Verse  des  Porcius  Licinus: 
Poenico  hello  seoundo  Musa  piunato  gradu 
Intalit  ee  bellicosam  in  Romali  gentem  feram. 
Allein  die  Deutung  dieser  Verse  scheint  noch  nicht  gelungen  zu 
sein.  So  weit  ich  sehe,  ist  die  herrschende  Ansicht,  dass  sich 
dieselben  auf  Ennius  beziehen^.  'In  der  That  kam  Ennius  im 
J.  204,  also  während  des  zweiten  punischen  Kriegs,  nach  Rom. 
Um  aber  den  Versen  die  Deutung  auf  Ennius  geben  zu  können, 
ist  man  gezwungen,  weiterhin  anzunehmen,  dass  Porcius  Licinus 
die  Dichter  Livius  und  Naevius  ignorirte  und  erst  den  Ennius 
für  den  ersten  wahren  Dichter  Roms  hielt.  Danach  hätte  Lioinus 
mit  seinen  Versen  seine  chronologische  Bestimmung  von  der 
ästhetischen  Werthschätzung  abhängig  gemacht.  Aber  eine  solche 
Annahme  wird  durch  die  erwähnten  Verse  keineswegs  nahe  ge- 
legt; man  vgl.  die  Verse  des  Licinus  mit  den  folgenden  des 
Lucretius  (1,  117): 

Ennius  ut  noster  cecinit,  qui  primus  amoeno 
Detulit  ex  Uelicone  perenni  fronde  coronam, 
Per  gentis  Italas  hominum  quae  clara  clueret 
und    man    wird  den  Unterschied  sofort  erkennen.     Bei  Lucretius 
liegt   das    ästhetische  Urtheil   klar  vor;    er  hält  den  Ennius  für 


1  Ribbeck,  Gesch.  der  röm.  Dicht,  l«  p.  270  sagt:  *  Mit  der  Ju- 
gend des  Ennius  Hess  er  (P.  L.)  ihre  (der  römischen  Poesie)  erste  Blüthen- 
periode  beginnen'.  Büttner,  Porcius  Licinus  und  der  litterarische  Kreis 
des  Q.  Lutatius  Catulus,  Leipz.  1893,  p.  51  schreibt:  'In  Ennius  sah 
Porcius  und  die  ganze  hellenistische  Richtung  in  Rom  den  Vater  der 
romiiclien  Poesie*.  Teufifel-Schwabe,  Gesch.  der  röm.  Litt ,  Leipz.  ^  1890, 
§  91  p.  134  fuhrt  zwei  Facta  zur  Begründung  der  Verse  an :  Die  Ver- 
leihung der  Znnftrechte  an  die  Dichter  200  und  die  Ankunft  des 
Ennius  in  Rom  204.    [Vgl.  Leo,  Plautin.  Forsch,  p.  58.] 


20  Schanz 

den  ereten  berühmten  Dichter  Italiens.  Die  Verse  des  Licinus 
aber  weisen  mit  keiner  Silbe  auf  eine  ästhetische  Würdigung 
hin;  sie  sagen  lediglich,  dass  die  von  den  Griechen  abhängige 
Kunstlitteratur  Roms  im  zweiten  punischen  Kriege  begann.  Aber 
die  Beziehung  der  Verse  auf  Ennius  wird  völlig  durch  den  Zu- 
sammenhangy  in  dem  sie  bei  Gcllius  stehen,  ansgeBchlossen.  Wir 
lassen  daher  die  Stelle,  soweit  sie  noth wendig  erscheibt,  hier 
folgen  (17,  21,  42): 

Annis  deinde  postea  paulo  pluribus  quam  viginti,  pace  cum 
Poenis  facta,  consulibus  Claudio  Centhone,  Appii  Caeci  ßlio,  et 
M.  Sempronio  Tuditano,  primus  omnium  L.  Livius  poeta  fabalas 
docere  Romae  coepit  post  Sophoclis  et  Euripidis  mortem  annis 
plus  fere  centum  et  sexaginta,  post  Menandri  annis  circiter  quin- 
quaginta  duobus.  (43)  Claudium  et  Tuditanum  coneules  secuntur 
Q.  Valerius  et  C.  Mamilius,  quibus  natum  esse  Q.  Ennium  poe- 
tam  M.  Varro  in  primo  de  poetis  libro  scripsit  eumque,  cum 
septimum  et  sexageeimum  annum  haberet,  duodecimum  annalem 
scripsisse,  idque  ipsum  Ennium  in  eodem  libro  dicere.  (44)  Anno 
deinde  post  Romam  conditam  quingentesimo  undevicesimo  Spu- 
rius  Carvilius  Ruga  primus  Romae  de  amicorum  sententia  divor- 
tium  cum  uxore  fecit,  quod  sterila  esset  iurassetque  apud  cen- 
sores,  uxorem  so  libernm  quaerundorum  causa  habere,  eodemqae 
anno  Cn.  Naevius  poeta  fabulas  apud  populum  dedit,  quem  M. 
Varro  in  libro  de  poetis  primo  slipendia  fecisse  ait  hello  Poenico 
primo,  idque  ipsum  Naevium  dicere  in  eo  carmine,  quod  de  eodem 
hello  scripsit.  Porcius  autem  Licinus  serius  poeticam  Romae 
coepisse  dicit  in  bis  vel-sibus  (es  folgen  dann  die  Verse).  Zu- 
nächst ist  eine  Schwierigkeit  in  der  Ueberlieferung  zu  besprechen; 
dieselbe  bietet  nämlich  den  Accusativ  Porcium  Licinianiy 
Ritschl  (Parerga  p.  244)  hat  dalier  statt  dicit  geschrieben  di- 
cere. In  diesem  Fall  würde  der  Satz  über  Porcius  Licinus 
noch  von  Varro  herrühren,  nicht  von  Gellius  ;  da  die  erste  An- 
nahme viel  wahrscheinlicher  ist  als  die  zweite,  werden  wir  die 
Conjectur  Ritsohls  für  richtig  anzusehen  haben,  zumal  da  die 
Entstehung  der  Verderbniss  mit  Ritschi  leichter  erklärt  werden 
kann  als  mit  M.  Hertz,  der  sich  durch  die  willkürliche  Annahme 
hilft,  ein  Schreiber  habe  für  serius  gelesen  servius.  Rührt 
die  Anführung  der  Verse  von  Varro  her,  so  ist  eine  Beziehung 
derselben  auf  Ennius  rein  unmöglich.  Für  Varro,  der  durch 
mühsame  Forschungen  die  Litteraturanfänge  Roms  zu  fixiren 
suchte,    konnte  die  ästhetische  Würdigung  der  Schriftsteller  gar 


Beitrage  zur  römischen  Litteratorgeschiobte.  21 

nicht  in  Frage  kommen,  er  konnte  seinen  chronologischen  Fixi- 
Hingen  nicht  ein  Zengniss  gegenüber  stellen,  das  von  der  Werth- 
Schätzung  seinen  Ausgang  nimmt;  er  konnte  in  diesen  Unter- 
suchungen die  Verse  nur  dann  anführen,  wenn  sie  die  Anfänge 
der  römischen  Poesie  und  damit  die  Anfönge  der  römischen 
Ennstlitteratnr  in  eine  spStere  Zeit  verlegten,  als  die  für  Livius 
und  Nablus  festgestellten  Daten  besagen.  Aber  auch  die  ein- 
fuhrenden Worte:  serins  poeticam  Bomae  coepisse  lassen 
nur  eine  rein  chronologische  Deutung  zu,  da  sie  im  Gegensatz 
zu  den  für  Livius  und  Naevius  gemachten  Angaben  stehen.  Sollte 
ausgedrückt  werden,  dass  Licinus  die  Dichter  Livius  und  Nae- 
vius überging  und  erst  mit  £nnius  die  römische  Poesie  beginnen 
Hess,  so  musste  Ennius  ausdrücklieb  genannt  werden;  erst  dann 
wäre  ein  Missverständniss  ausgeschlossen  gewesen.  Also  selbst 
wenn  wir  die  Conjectur  Bitschis  nicht  billigen  und  die  Worte 
dem  Gellius  zuschreiben  \  gibt  uns  der  Wortlaut  kein  Becht, 
eine  andere  Deutung  als  die  rein  chronologische  bei  der  Inter- 
pretation der  Verse  zu  Grunde  zu  legen. 

Sind  diese  Ausführungen  richtig,  so  können  die  Verse  des 
Porcius  Licinus  nicht  von  Ennius  verstanden  werden.  Es  fragt 
eich  also,  welches  Ereigniss  der  Dichter  mit  seinen  Versen  be- 
zeichnen will.  Man  wird  vor  allem  daran  denken,  dass  dasselbe 
aus  dem  Leben  des  Livius  Andronicus  genommen  sei.  Ziehen  wir 
aber  die  Facta  heran,  welche  uns  über  das  Leben  des  Livius  be- 
richtet sind,  so  finden  wir,  dass  der  Dichter  272  nach  Born  kam, 
dass  er  240  zum  ersten  Mal  an  den  ludi  Bomani  eine  griechische 
Tragödie  und  eine  griechische  Komödie  in  lateinischer  Bearbei- 
tang  aufflihrte,  endlich  dass  er  207  ein  Prozessionslied  dichtete. 
Man  sieht,  von  diesen  Facta  fällt  nur  eines,  das  letzte,  in  die 
Zeit  des  zweiten  punischen  Kriegs.  Aber  es  ist  doch  rein  un- 
denkbar, dass  Porcius  Licinus  mit  seinen  bekannten  Versen  auf 
dieees  Factum  hindeuten  wollte.  Ungleich  wichtiger  war  ja  das 
Jahr  der  Ankunft  des  Livius  in  Born  und  die  erste  dramatische 
Aufführung  griechischer  Stücke  in  lateinischer  Bearbeitung;  man 
sieht  überhaupt  keinen  Grund  ein,  warum  diese  Ereignisse  über- 
gangen werden  sollten.  Auch  der  Ausweg  ist  verschlossen,  dass 
Porcius  Licinus  etwa  an  das  Erscheinen  der  lateinischen  Odyssee 
dachte;  denn  diese  fällt  sicher  vor  die  dramatische  Aufführung, 
alßo  vor  240.     Die  Zeitangabe    des  Dichtere    bleibt    also   unver- 


1  So  Büttner,  1.  c.  p.  50. 


22  Schanz 

etändlicb ;  verständlicb  wird  sie  erst  dann,  wenn  wir  die  litterar- 
historieche    Chronologie    dee    Dichtere    Accius    ine  Auge    fassen. 
Ueber    dieselbe    belehrt  unR  die  interessante  Stelle  in  Cic.  Brat 
18,  72:  hie  Livius   primus   fabulam  C.  Claudio  Caeci  filio  et  M. 
Tuditano  consulibus  docuit,  anno  ipso  ante  quam  natus  est  £nniue, 
post  Romam    conditam  autem  quartodecuuio  et  quingentesumo,  ut 
hie  ait,    quem  uos  sequimur.     £st    enim    inter  scriptores  de  nu- 
roero    annorum    controversia.     Accius  autem  a  Q.  Maxamo  quin- 
tum    consule    captum  Tarento    scripsit  Livium,    annis  XXX  post 
quam  eum  fabulam  doeuisee  et  Atticus  scribit  et  nos  in  antiquis 
commentariis  invenimus,    docuisse  autem  fabulam  annis  post  Xl, 
C.  Cornelio  Q.  Minucio  consulibus,  ludis  luventatis,  quos  Salinator 
Senensi    proelio    voverat.     In  quo  tantus  error  Acci  fuit,    ut  hie 
consulibus  XX XX    annos    natus  Ennius    fuerit;    cui    ei   aequalis 
fuerit  Livius,  minor  fuit  aliquanto  is,  qui  primus  fabulam  dedit, 
quam  ei,  qui  multas  docuerant  ante  hos  consules,    et  Plautus  et 
Naevius.     Aus    diesen  Worten    ersehen    wir,    dass  Accius  lehrte, 
Livius  Andronicus    sei    im    J.  209,    d.  h.    im  zweiten  punisohen 
Kriege  nach  Kom  gekommen.     Wir  haben  damit  ein  Datum  ge- 
wonnen, auf  das  die  Verse  des  Licinus  in  jeder  Hinsicht  passen. 
Die  Chronologie  stimmt,  auch  der  poetische  Ausdruck  ist  für  die 
Bezeichnung  der  Ankunft  des  ersten  KunstschriftstellerM  in  Born 
durchaus    zutreffend.      Der    Satz    'Livius    kam  im  zweiten  puni- 
schen  Kriege    nach  Rom     und  der  poetische  Gedanke  ^Im  zwei- 
ten punischen  Kriege  begab  sich  die  Muse  beschwingten  Schrittes 
zu   dem    wilden    kriegerischen    Kömervolke  ,    decken    sich    voll- 
kommen.    Wir  werden  also  schliessen  dürfen,    dass  Licinus  sich 
an  Accius,    der    bei  Varro    als  Urheber   der  erwähnten  falschen 
Datirung  erscheint,  anschloss,  und  zwar  an  dessen  Didascalicai  in 
denen  jene  Datirung  vorgetragen  war.     Die  Irrtümer  des  Accius 
sind    von  Varro   aufgedeckt  worden ;    es  geschah  dies  in  so  ein- 
leuchtender Weise,    dass    ein  Zurückgreifen    auf   die  Fehler   des 
Accius  nach  Yarros  Deduction  unmöglich  war.    Poroius  Licinus 
hat  also  sein  Werk  vor  Varros  Schrift  geschrieben,  und  ist  die 
Conjectur  in  der  Gelliusstelle  richtig,  so  wäre  ja  Poroius  Licinus 
schon  in  dieser  Schrift  bekämpft  worden,  und  in  der  That  ist  es 
sehr  glaublich,  dass  Varro,  nachdem  er  den  Urheber  der  litterar- 
historischen    Irrthümer   widerlegt    hatte,    auch   dessen  Naohtreter 
erwähnte.    Also  schrieb  Porcius  nach  den  Didascalica  des  Accius 
und  vor  Varros  Schrift  'de  poetis'.  Leider  kann  Anfange-  und  End- 
punkt des  Intervallum  nicht  genau  bestimmt  werden;  eines  aber 


Beitrage  zur  römiechen  LitteraturgesohichtQ.  23 

ergibt  sich  doch  mit  Sicherheit,  dass  Porcius  nach  der  Mitte 
des  zweiten  Jahrhunderte  schrieb;  denn  da  Acoins  170  geboren 
wurde,  so  kann  seine  Schriftetellerei  nicht  vor  150  begonnen 
haben.  Bekannt  ist  ans  dem  Fragment  über  Terenz  die  feind- 
selige Haltung,  welche  der  Dichter  Porcius  Licinus  der  Nobilität 
gegenüber  einnimmt^•  Wir  werden  an  den  Auetor  ad  Heren- 
nium  erinnert,  und  vielleicht  lebte  unser  Dichter  in  derselben 
Zeit,  d.  h.  in  der  Zeit  des  Marius. 

2.     Varros  libri  de  gradibus. 

Allgemein  fasst  man  Varros  libri  de  gradibus  als  Bücher 
von  den  Verwandtschaftsgraden  ^ ;  man  reihte  sie  daher  in  die 
juristische  Literatur  ein.  Gewiss  ist  es  richtig,  dass  Varro  in 
diesem   Werke    über  Verwandtschaftsgrade  gehandelt,   denn   das 

• 

einzige  Fragment,  das  uns  mit  namentlicher  Angabe  daraus  er- 
halten ist,  spricht  von  Verwandtschaftsbezeichnungen;  die  Stelle 
steht  bei  Servius  zu  Verg.  Aen.  5,  412  und  lautet:  'germanus' 
est  secundum  Varronem  in  libris  de  gradibus  de  eadem  gene- 
trice  manans,  non,  ut  multi  dicunt,  de  eodem  germine,  quos  ille 
tantum  fratres  vocat:  secundum  quem  bene  nunc  Erjcem,  Butae 
et  Veneris  filium,  Aeneae  dicit  fuisse  germanum.  Allein  diese 
Ansicht  von  dem  Inhalt  der  libri  de  gradibtts  birgt  zwei  Schwie- 
rigkeiten in  sich.  Auf  die  eine  hat  bereits  Bitschl  hingewiesen ; 
es  fällt  nämlich  der  grosse  Umfang  des  Werks,  das  mindestens 
aus  zwei  Büchern  bestand,  jedem  auf.  Ritschi  regt  daher  die 
Frage  an :  Ob  es  etwa  auch  der  privatrechtliche  Gesichtspunkt 
war,  unter  den  hier  eine  Erörterung  der  Verwandtschaftsgrade 
gestallt  war,  die  mehr  als  ein  Buch  füllte?'  Allein  wenn  wir 
bedenken,   dass  Paulus    geraume  Zeit   nach  Varro,    wo  also  der 


*  Vgl.  die  Verse  über  Terenz  bei  Bährens,  Fragm.  poet.  Rom.  p.  277. 
Marx,  Auetor  ad  Herenninm,  Leipz.  1894,  p.  150  bemerkt:  *  Ad  idem 
(es  war  die  Rede  von  L.  Plotius  Gallus)  genus  litterarum  plebeiarum 
pertinet  Porcii  Licini  illius  Über  de  poetis  metro  maxime  plebeio  quo 
inde  a  Ciceronis  Glauco  usque  ad  poetas  neotericos  aevi  Hadrianei  ab- 
ttioebant  poetae  docti  conscriptus.     Qui  quam  fuerit  infestus  nobilitati 

ex  yersibus  illis  quos  tamquam  0αρ6άνιον  ridens  de  Terentio  nobilium 

amioo  oomposuit  facile  intellegitur*. 

8  Ritechl,  Opusc.  3  (Leipz.  1877)  p.  473;  Kariowa,  Rom.  Rechte- 
getcL•  1  (Leipz.  1885)  p.  776;  Sanio,  Varroniana  in  den  Schriften  der 
rom.  Juristen,  Leipz.  1867,  p.  235. 


24  S  c  h  a  η  2 : 

Beohtestoff  schon  beträchtlich  angewachsen  war,  nur  einen  liber 
singularis  de  gradibus  et  adfinibus  et  nominibns  eoram^,  der 
wahrscheinlich  dem  Titel  X  des  38.  Buchs  der  Pandekten  zu 
Grunde  liegt  ^,  geschrieben  hat,  wird  man  sich  auch  bei  den 
Worten  Eitschls  nicht  beruhigen  können.  £&  kommt  hinzu  eine 
zweite  Schwierigkeit.  Man  ergänzt  zu  de  gradibus  allgemein 
necessitudinum ;  eine  solche  Ergänzung  wird  aber  sofort  hinfällig, 
wenn  gezeigt  werden  kann,  dass  Varro  noch  andere  gradns  ge- 
kannt und  behandelt  hat.  Dieser  Nachweis  kann  aber  leicht  ge- 
führt werden.  Varro  hat  1.  auch  gradus  aetatis  unterschie- 
den; vgl.  Censorinus  de  die  nat.  14,  2:  Varro  quinque  gradus 
aetatis  aequabiliter  putat  esse  divisos,  unumquemque  scilicet 
praeter  extremum  in  annos  XV.  Itaque  primo  gradu  usque  ad 
annum  XV  pueros  dictos,  quod  sint  puri,  id  est  inpubes;  secundo 
ad  tricensimum  annum  adulescentes  ab  alescendo  sie  nominatos; 
in  tertio  gradu  qui  erant  usque  quinque  et  quadraginta  annos, 
iuvenes  appellatos  eo  quod  rempublicam  in  re  militari  possent 
iuvare;  in  quarto  autem  adusque  sexagensimum  annum  seniores 
vocitatos,  quod  tunc  primum  senescere  corpus  incipiat;  inde  usque 
finera  vitae  uniuscuiusque  quintum  gradum  factum,  in  quo  qui 
essent,  senes  appellatos,  quod  ea  aetate  corpus  senio  iam  labo- 
raret.  2.  Varro  unterscheidet  aber  auch  gradus  animae;  vgl. 
Augustin  de  civ.  dei  7,  23:  Idem  Varro  in  eodem  de  diis  se- 
lectis  libro  tres  esse  adfirmat  animae  gradus  in  omni  universaque 
natura:  unum,  qui  omnes  partes  corporis,  quae  vivunt,  transit  et 
non  habet  sensum,  sed  tantum  ad  vivendum  valetudinem ;  hanc 
vim  in  nostro  corpore  permanare  dicit  in  ossa,  ungues,  capillos; 
sicut  in  mundo  arbores  sine  sensu  aluntur  et  crescunt  et  modo 
quodam  suo  vivunt :  secundum  gradum  animae,  in  quo  sensus 
est;  hanc  vim  pervenire  in  oculos,  aures,  nares,  os,  tactum:  ter- 
tium  gradum  esse  animae  summum,  quod  vocatur  animus,  in  quo 
intellegentia  praeminet;  hoc  praeter  hominem  omnes  carere  mortales. 
Endlich  8.  unterscheidet  Varro  auch  gradus  vitae  humanae; 
vgl.  r.  r.  2,  1,  3  necesse  est  humanae  vitae  ab  summa  memoria 
gradatim  descendisse  ad  hanc  aetatem,  ut  scribit  Dicaearchus, 
et  snmmum  gradum  fuisse  naturalem,  cum  viverent  homines  ex 
iis  rebus,  quae  inviolata  nitro  ferret  terra,  ex  hac  vita  in  se- 
cundam  descendisse  pastoriciam,   e  feris    atque  agrestibus    ut  ar- 


1  Ueber  diesen  Litteraturzweig  handelt  eingehend  Earlowa  1.  c. 

2  Sanio  1.  c.  p.  232. 


Beiträge  zur  römischen  Litieraturgeschichte.  25 

boribne  ac  virgultis  [ac]  decarpendo  glandem,  arbutam,  mora, 
poma  colligerent  ad  αβαιη,  sie  ex  animalibuR  cum  propter  eandem 
ntilitatem,  qnae  poesent,  silveetria  deprenderent  ao  concluderent 
et  mansoeecerent.     In    quis    primum    non   eine  causa  putant  ovee 

adeumptas  et  propter  utilitatem    et  propter   placiditatem 

Tertio  denique  gradu  a  vita  paetorali  ad  agri  cultnram  descen- 
derunt,  in  qua  ex  duobus  gradibus  superioribue  retinuerunt  multa, 
et  quo  desceiideranty  ibi  processerunt  longe,  dum  ad  nos  perve• 
niret.  Diese  Stellen  werden  uns  den  Scbluee  gestatten,  dass  Varro 
in  den  Büchern  de  gradibus  nicht  blos  die  gradus  necessitudinnm, 
sondern  auch  noch  andere  gradus,  wie  die  gradus  aetatis,  die  gradus 
animae  und  die  gradus  yitae  humanae  behandelt  hat.  Bei  dieser  An- 
nahme erklärt  sich  leicht,  weshalb  das  Werk  mehrere  Bücher  um- 
fassen konnte.  Mit  dieser  Construction  der  libri  de  gradibus  steht 
nicht  im  Widerspruche,  dassYarro  in  dem  16.  Buch  der  antiquitatee 
rerum  divinarum,  dessen  Inhalt  war^:  de  diis  praecipuis  atque 
selectis,  über  die  drei  gradus  animae  sprach;  dies  geschah  nur 
beiläufig^;  ebenso  sprach  nur  nebenher  Varro  von  den  gradus 
vitae  humanae  in  den  landwirthschaftlichen  Büchern.  Dass  Varro 
in  seinen  verschiedenen  Schriften  oft  auf  dieselbe  Ansicht  zurück- 
kam, ist  bekannt  und  erschwert  die  Bekonstruirung  der  ver- 
lorenen Werke*.  Das  Werk  Varros  de  gradibus  ist  also 
nicht  in  die  juristische  Litteratur  einzureihen,  es 
hatte  einen  allgemein  en  Charakter. 

3.     Varros   Logistoricus:    Atticus    de    numeris. 

Von  Censorinus  (de  die  natali  c.  2)  wird  eine  Schrift  Var- 
ros citirt  mit  dem  Haupttitel  Atticus  und  dem  Nebentitel  de 
numeris.  Dass  diese  Schrift  Atticus  de  numeris  ein  Logistoricus 
war,  ist  nach  dem,  was  man  über  diese  Schriftgattung  weiss, 
nicht  zu  bezweifeln.  Ueber  den  Inhalt  dieses  Logistoricus  scheint 
jeduch  noch  Unklarheit  zu  herrschen;  ja  Manutius  wollte  sogar 
muneribus  für  numeris  geschrieben  wissen,  und  ihm  folgten  Ritschi 
nnd  Chappuis.    Diese  Gelehrten  wussten  also  offenbar  nichts  mit 


fti 


^  Vgl.  die  RekoDstruktion  des  16.  Buches  bei  Agahd,  M.  Terenti 
^«mftiie  antiqu.  rer.  divin.  1.  I,  XIV,  XV,  XVI  (Fleckeis.  Jahrb.  Supple- 
n»entbd.  24  (1898)  p.  200). 

'  Münzer,  Beiträge  zur  Quellenkritik  der  Naturgeschichte  des 
I*liniu8,  Beri.  1897,  p.  143. 


26  Schanz 

de  numeris    anzufangen.     Die    nachfolgenden  Zeilen    wollen  ver- 
suchen,  den  Inhalt  dieses  Logistoricus  festzustellen. 

Was  den  Haupttitel  Atticus  anlangt,  so  scheint  es  keinem 
Zweifel  unterworfen  zu  sein,  dass  unter  Atticus  der  bekannte 
T.  Pomponius  Atticus,  der  Freund  Ciceros,  zu  verstehen  ist, 
denn  mit  ihm  stand  Varro  in  freundschaftlicher  Beziehung,  wie 
schon  daraus  hervorgeht,  dass  Varro  dem  Atticus  seine  Schrift 
de  vita  populi  Romani  widmete.  £s  fragt  sich  nun  weiter,  in- 
wiefern von  den  numeri  in  der  Schrift  die  Rede  war.  Riese  ^ 
will  den  Titel  de  numeris  mit  dem  chronologischen  Werk  des 
Atticus,  dem  liber  annalis,  in  Verbindung  bringen,  unterlässt  es 
jedoch,  uns  eine  genauere  Vorstellung  von  dem  Inhalt  des  Logi- 
storicus zu  geben.  Das  Argument  des  Atticus  wird  klar  durch 
die  Art  und  Weise  bestimmt,  in  welcher  Censorinus  denselben 
einführt.  £s  handelt  sich  um  die  Frage,  warum  man  am  Ge- 
burtstage dem  Genius  ein  Trankopfer,  nicht  ein  Brande  pfer,  dar- 
bringe. Den  Grund  für  diesen  Gebrauch  entnimmt  Censorinus 
aus  unserm  Logistoricus;  die  Worte  lauten  (c.  2,  2):  hie  forsi- 
tan  quis  quaerat,  quid  causae  sit  ut  merum  fundendum  genio, 
non  hostia  faciendum  putaverit.  Quod  scilicet,  ut  Varro  testatur 
in  eo  libro  cui  titulus  est  Atticus  et  est  de  numeris,  id  moris 
institutique  maiores  nostri  tenuerunt,  ut,  cum  die  natali  muuus 
annale  genio  solverent,  manum  a  caede  ac  sanguine  abstinerent, 
ne  die  qua  ipsi  lucem  accepissent  alii  demerent.  Unbegreiflich 
ist  mir,  wie  RitschP  aus  dieser  Stelle  eine  Stütze  für  die  Con- 
jectur  de  muneribus  zu  finden  glaubte.  Die  Worte  gestatten  nur 
den  Schluss,  dass  Varro  in  seinem  Atticus  auf  den  Geburtstag 
zu  sprechen  kam.  Damit  sind  aber  auch  zugleich  die  numeri 
bestimmt;  es  sind  die  Jahre  des  menschlichen  Lebens, 
über  welche  die  Schrift  gehandelt  hatte.  In  welcher  Weise  dies 
geschah,  läset  sich  noch  ganz  gut  aus  Censorinus  feststellen. 
Für  das  menschliche  Leben  sind  nach  seiner  Darstellung  die  so- 
genannten climacterischen  Jahre  von  einschneidender  Bedeu- 
tung;   wie    nämlich  bei  Krankheiten  gewisse  Tage    sehr  gefähr- 


^  Varronis  saturarum  Menippearum  reliquiae  p.  87,  Anm.  6: 
'a  chroQologico  fortaese  illius  (Attici)  opere  exordium  sumptum*;  p.  247 
verweist  Riese  auf  Sidonius  Apollinaris  epiet.  8,  β:  'Varronem  logisto- 
ricum  sioat  popoeceras  et  Eusebium  cbrono^^aphum  min  und  fugt 
hinzu:  'Si  etiam  Varronis  liber  ad  Chronograph iam  pertinebat,  Atticus 
videtur  mihi  fuisse*. 

«  Opuso.  3  p.  405. 


Beitrage  zur  römischen  Litieraturgesohichie.  27 

lieb  sind,  so  im  menecbJichen  Leben  überbaupt  gewisse  Jabre. 
In  beiden  Fällen  spielt  die  Siebenzabi  eine  grosse  Rolle;  vgl. 
c.  14,  9  apparet,  ut  in  morbis  dies  septimi  suspecti  sunt  et  cri- 
simoe  dicantur,  ita  per  omnem  vitam  septimum  queroqne  annum 
periculosum  et  velut  crisimon  esse  et  climactericum  vocitari.  Als 
kritiscbe  Jabre  wurden  von  mancben  Nativitätsstellern  besonders 
angeseben  das  21.,  das  42.,  das  63.  und  das  84.;  es  sind  die 
Jabre,  in  denen  als  der  eine  Faktor  die  Dreizabl  ersobeint.  Die 
weitverbreitetste  Ansiebt  aber  war,  dass  das  49.  Jabr  das  ge- 
fabrvoUste  sei.  Diesen  Anbängern  der  Siebenzabi  stellt  Censo- 
rinus  Plato  gegenüber,  der  von  der  Neunzabl  ausgeht  und  mit 
dem  Quadrat  von  9  die  Lebenskraft  als  erschöpft  bezeichnet. 
Ein  drittes  System  berücksichtigt  bei  Bestimmung  der  anni  cli- 
macterici  die  beiden  Zahlen  7  und  9.  Ein  Theil  der  Anhänger 
dieses  Systems  wollte  die  Siebenzabi  mit  dem  Körper,  die  Neun- 
zabl mit  dem  Geiste  in  Verbindnng  bringen.  Die  Nativitätssteller 
dieser  Richtung  betrachteten  als  erstes  climacteriscbes  Jahr  das 
49.,  als  letztes  das  81.,  als  mittleres  das  aus  beiden  Zahlen 
(7X9)  gebildete  63.  Lebensjahr.  Dieses  Jahr  wurde  von  man- 
chen als  das  gefährlichste  angesehen,  weil  durch  die  Zahl  7  der 
Körper,  durch  die  Zahl  9  der  Geist  berührt  werde.  Censorinus 
will  allerdings  diese  Ansicht  nicht  gelten  lassen;  er  sagt  c.  14, 
15  utrumque  quidem  supra  dictum  continet  numerum,  sed  nea- 
trum  quadratum,  et  ut  est  ab  utroque  non  alienus,  ita  in  neutro 
potens.  Auch  fügt  er  diesem  Grunde  noch  die  Beobaohhing 
hinzu,  es  seien  nicht  viele  berühmte  Männer  in  diesem  Jahre  ge- 
storben; selbst  das  Todesjahr  des  Aristoteles  will  er  nicht  als 
beweiskräftig  gelten  lassen.  Das  Jahr  63  musste  Censorinus  be- 
seitigen, weil  sein  Gönner  Caerellius  dasselbe  noch  nicht  zurück- 
gelegt hatte;  wohl  aber  hatte  dieser  das  49.  hinter  sich. 

Aus  dieser  Darlegung  ergibt  sich,  wie  ich  glaube,  mit 
Sieberbeit,  dass  Atticus  de  numeris  zu  erläutern  ist:  Atticus 
über  die  climacteriscben  Jahre. 

Vielleicht  darf  an  dieses,  wie  mir  dünkt,  sichere  Ergebniss 
noch  eine  Vermuthung  angeknüpft  werden.  Die  Schrift  des  Cen- 
sorinus ist  eine  Geburtetagsschrift;  nach  der  Stelle,  die  Censo- 
rinus aus  Atticus  de  numeris  mittheilt,  müssen  wir  auch  diesen 
Logistoricus  für  eine  Geburtstagsschrift  halten.  Ich  meine  nun, 
das«  eine  Erörterung  über  die  climacteriscben  Jahre  in  einer 
Geburtstagsechrift  besonders  dann  am  Platze  ist,  wenn  der  Be- 
glückwünschte ein  solches  climacteriscbes  Jabr  eben  zurückgelegt 


28  Sohanz 

hat  Für  Caerellins  haben  wir  als  zurtickgelegtee  kritieches  Jahr 
das  Jahr  49  angenommen.  Wenn  Yarro,  wie  doch  wohl  wahr- 
scheinlich, das  System,  welches  anf  der  Siebenzahl  und  der  Kenn- 
zahl zugleich  beruhte,  als  das  entwickeltste  sich  angeeignet  hat, 
sind  die  J.  49,  63  und  81  die  kritischen  Lebensjahre.  Das  letzte 
Jahr  kommt  für  Atticus  in  Wegfall,  es  bleiben  nur  das  49.  und 
63.  Lebensjahr.  War  die  Geburtstagsschrift  für  das  erste  Jahr 
geschrieben,  so  fällt  sie  in  das  Jahr  60;  war  sie  für  das  zweite 
kritische  Jahr  abgefasst,  so  gehört  sie  in  das  Jahr  46.  Das  letzte 
Jahr  erscheint  als  das  wahrscheinlichere,  denn  ich  möchte  glau- 
ben, dass  der  launige  Gelehrte,  der  so  gern  schon  den  Titel  scherz- 
haft zu  gestalten  liebte,  mit  de  numeris  auf  die  Zeittafel  des  Atti- 
cus anspielte,  diese  erschien  aber  in  der  Zeit  von  51 — 46. 

4.     Das  Todesjahr  des  M.  Yalerius  Messalla 

Corvinus. 

Bei  der  Bestimmung  des  Todesjahres  Messallas  handelt  es 
sich  dämm,  ob  dieser  vor  oder  nach  der  Verbannung  Ovids  ge- 
storben ist.  Für  den  Tod  vor  der  Verbannung  wird  ein  Zeug- 
niss  Ovids  ins  Feld  geführt,  für  den  Tod  nach  der  Verbannung 
insbesondere  Sueton  und  Frontin.  In  jüngster  Zeit  hat  Fr.  Marx  ^ 
die  Frage  behandelt  und  ist  zu  dem  merkwürdigen  Ergebnise 
gekommen,  dass  dieser  Widerstreit  nur  durch  eine  unrichtige 
Interpretation  Ovids  hervorgerufen  wurde,  und  dass  Messalla  nach 
der  Verbannung  Ovids  im  J.  13  n.  Chr.  aus  dem  Leben  geschie- 
den sei.  Seine  Argumentation  ist  im  Kurzem  folgende :  Wir 
haben  zwei  von  einander  unabhängige  Zeugnisse  und  zwar  von 
Hieronymus  d.  h.  Sueton  und  von  Frontin.  Beide  Zeugnisse 
sprechen  sich  für  das  J.  13  n.  Chr.  als  das  Todesjahr  des  Mes- 
salla aus;  von  diesen  beiden  Zeugnissen  ist  das  Frontins  ganz 
unanfechtbar,  weil  es  allem  Anschein  nach  aus  dem  amtlichen 
Verzeichnisse  der  Wasserleitungsverwaltung  stammt.  Folglich, 
schliesst  Marx  weiter,  müssen  die  Worte  Ovids,  die  man  bisher 
als  ein  Zeugniss  für  das  Ableben  Messallas  vor  der  Verbannung 
Ovids  betrachtet  hat,  so  gedeutet  werden^  dass  sie  mit  jenen 
Zeugnissen  in  üebereinstimmung  kommen. 

Meines  Frachtens    ist   diese  Methode,  die  Marx  in  Anwen- 


1  Das   Todesjahr   des  Redners  Messalla   (Wien.  Stud.  19  (1897) 
p.  150). 


Beiträge  zar  römischen  Litteraturgeschichte.  29 

duDg  gebracht  bat,  eine  verfeblte.  Der  Aasgangspankt  in  dieser 
Frage  kann  nur  Ovid  sein;  derselbe  ist  Zeitgenosse)  er  berichtet 
eine  Thatsache,  über  die  ein  Irrthum  seinerseits  gar  nicht  Platz 
greifen  kann,  er  berichtet  diese  Thatsache  an  den  Sohn  Mes- 
sallas,  und  es  ist  ganz  undenkbar,  dass  er  diesem  eine  falsche 
Thatsache  vorführte,  deren  Unrichtigkeit  der  Sohn  sofort  er- 
kennnen  musste.  Gegenüber  einem  solchen  Zeugen  müssen  etwa 
widersprechende  Angaben  später  lebender  Autoren  verstummen. 
Wir  gehen  also  zunächst  unbekümmert  um  jene  beiden  Zeugnisse 
von  der  Ovidstelle  aus  und  sehen,  ob  die  von  Marx  vorgebrachte 
Interpretation  stichhaltig  ist.  £s  handelt  sich  um  die  Verse 
in  epist.  ex  Ponto  1 ,  7,  29  und  30 . 

ctti  nos  et  lacrimas,  supremum  in  funere  munue, 
et  dedimus  medio  scripta  canenda  foro. 
In  dem  Pentameter  sagt  Ovid  mit  den  Worten  scripta  medio 
foro  canenda  klar  und  deutlich,  dass  er  die  Nenia  für  das  Lei- 
chen begängniss  Messallas  gedichtet  habe.  £e  ist  zweifellos,  dass 
Ovid  von  Tomi  aus  nicht  eine  Nenia  zur  Aufführung  beim 
Leichenbegängniss  Messallas  schicken  konnte ;  denn  bis  die  Nach- 
richt von  dem  Tode  Messallas  nach  Tomi  gelangte  und  die  Nenia 
in  Rom  eintraf,  war  Messalla  länget  bestattet  und  keine  Gelegen- 
heit mehr  für  eine  Nenia  vorhanden.  Nun  macht  Marx  (p.  152)  gel- 
tend :  '  Nicht  alle  Reden,  die  geschrieben  worden  sind,  sind  wirklich 
aach  gehalten  worden,  nicht  alle  Dramen  aufgeführt,  nicht  alle 
Lieder  gesungen,  nicht  alle  Grabschriften,  die  je  verfasst  wurden, 
wirklich  auch  auf  einem  Grabmal  eingemeisselt  worden  .  Gewiss 
richtig.  Aber  niemand  wird  einen  Trauerchor  spenden  mit  der 
ausdrücklichen  Bestimmung,  er  solle  bei  der  Beerdigung  aufge- 
führt werden,  wenn  er  wissen  muss,  dass  diese  Beerdigung  längst 
vorüber  ist.  Die  Worte  medio  canenda  foro  haben  nur  dann 
einen  Sinn,  wenn  die  durch  dieselben  angedeutete  Bestimmung 
noch  nicht  unmöglich  gemacht  worden  ist.  Schickte  der  Dichter 
eine  Nenia  noch  nach  der  Leichenfeier,  so  musste  sprachlich 
angedeutet  werden,  daes  diese  hätte  gesungen  werden  sollen. 
Wir  gehen  zu  dem  Hexameter  über.  Thränen  spenden  konnte 
Ovid  natürlich  dem  Verstorbenen  auch  in  Tomi,  nachdem  derselbe 
längst  bestattet  war.  Allein  in  diesem  Falle  durfte  er  nicht  die 
Ap^sition  supremum  in  funere  munuR  hinzufügen;  diese  Worte 
sind  nur  zulässig,  wenn  Ovid  bei  dem  Leichenbegängniss  selbst 
anwesend  war.  Man  möge  mir  folgendes  Beispiel  zu  erläutern 
geetatten :    Wenn  ich  sage   'ich    habe  einen  Kranz  auf  das  Grab 


30  Schanz 

meines  Freundes  gelegt*,  so  ist  über  die  Zeit,  wann  dies  gesebeben, 
niobts  Bestimmtes  ausgesagt;  wenn  ich  aber  sage  ^cb  habe  einen 
Kranz  auf  das  Grab  meines  Freundes  gelegt,  die  letzte  bei  einer 
Beerdigung  übliche  Gabe',  so  muss  ich  bei  der  Leichenfeier  an- 
wesend gewesen  sein.  Es  ist  absurd,  die  Haupthandlung  in 
Gegensatz  zu  der  Apposition  zu  stellen.  Nach  Marx  würde 
lacrimas  dedimus  bedeuten:  wir  haben  Thränen  gespendet,  ab- 
wesend von  der  Leichenfeier;  in  der  Apposition  würden  aber 
die  Thränen  mit  der  Leichenfeier  in  Verbindung  gebracht.  Eine 
starke  Stütze  für  seine  Anschauung  erblickt  Marx^  in  dem  Vers  27 

nee  tnus  est  genitor  nos  inficiatus  amicos. 
Er  meint,  die  Worte  inficiatus  est  setzen  die  Katastrophe  der 
Verbannung  voraus;  auch  hier  irrt  der  treffliche  Gelehrte.  Der 
ganze  Brief  Ovids  an  Messallinus  läuft  darauf  hinaus,  den  Adres- 
saten zu 'bewegen,  den  verbannten  Dichter  nicht  zu  verleugnen. 
Zu  diesem  Zwecke  hebt  Ovid  hervor,  dass  ihn  ja  auch  der  Vater 
und  der  Bruder  niemals  verleugnet  hätten.  Für  den  Gedanken- 
zusammenhang ist  eine  Beschränkung  der  Verleugnung  auf  die 
Zeit  nach  der  Katastrophe  gar  nicht  geboten.  Dies  zeigen  klar 
und  deutlich  die  Worte,  Vers  33,  die  sich  auf  den  Bruder  des 
Adressaten  beziehen, 

is  me  nee  comitem  nee  dedignatus  amicum  est; 
das  Wort    comes  schliesst   hier  eine  solche  Beschränkung  völlig 
aus;    was  der  Dichter  von  dem  Bruder  gesagt  hat,  kann  er  na- 
türlich auch  von  dem  Vater  sagen. 

Aus  unserer  Darlegung  dürfte  sich  mit  Sicherheit  er- 
geben, dass  die  Marx'sche  Interpretation  der  Ovidstelle  verfehlt 
ist.  Diese  bezeugt  vielmehr,  dass  der  Dichter  bei  dem  Leichen- 
begängniss  Messallas  in  Rom  anwesend  war,  dass  also  Messalla 
vor  der  Verbannung  Ovids  gestorben  ist.  Mit  dieser  Thatsache 
stimmt  vollkommen  überein,  dass  Ovid  sich  niemals  an  den  ein- 
ilussreichen  Messalla  von  Tomi  aus  gewendet  hat,  um  seine  Für- 
sprache zu  erlangen.  Diese  Thatsache  ist  auch  Marx  nicht  ent- 
gangen; er  sagt  hierüber  (p.  155):  'Warum  Ovid  in  seine  Samm- 
lung kein  Bittgesuch  an  Messalla  aufgenommen  hat,  nirgends 
den  Gönner  der  Dichter  und  den  Förderer  seines  Talentes  in  der 


1  Und  auch  Hillscher,  (Fleckeis.  Jahrb.  Supplementbd.  18  (1892) 
p.  400  Anm.  1)  scheint  er  davon  überzeugt  zu  haben.  Die  Prosopographia 
imperii  Romani  3  (Berl.  1898)  folgt  p.  366  ganz  der  Marx'schen  Dar- 
stellung. 


Beiträge  zar  römischen  Litteratorgeechichte.  31 

Jugendzeit  weder  selbst  bittet,  Gnade  für  den  Verbannten  an 
allerhöchster  Stelle  naohzasnchen)  noch  andere  um  Yermittlnng 
durch  Messalla  angebt,  dies  wird  dann  erst  klar  erkenntlich  sein, 
wenn  wir  in  die  Acten  jenes  Scandals  der  Haupt-  und  Residenz- 
stadt, in  dem  der  Dichter  seinen  Untergang  fand,  Einsicht  er- 
halten werden,  wenn  wir  erfahren,  wie  der  Vornehmste  der 
Vornehmen  Roms,  der  Redner  Messalla,  über  die  Schuld  des 
poeta  ingeniosissime  nequam  geurtheilt  hat'.  Allein  hier  bedarf 
es  keiner  erst  zu  suchenden  AnfkiSrung  und  keiner  Hypothese; 
der  Tod  Messallas  vor  der  Verbannung  Ovids  erklärt  alles  in 
der  einfachsten  Weise. 

Wir  gehen  jetzt  zu  den  zwei  Zeugnissen  über,  welche 
Marx  zu  seiner  irrigen  Interpretation  veranlasst  haben.  Vor  allem 
ist  zu  bemerken,  dass  das  Zeugnis  des  Hieronjmus  beziehungs- 
weise Suetons  einem  Zweifel  Raum  gegeben*  hat.  Die  Worte 
lauten:  Messalla  Corvinus  orator  ante  biennium  quam  moreretur 
ita  memoriam  ac  sensum  amisit,  ut  yix  pauca  verba  conjangeret, 
et  ad  eztremnm  ulcere  sibi  circa  sacram  spinam  nato  inedia 
le  confecit  aono  aetatis  LXXIi  und  stehen  nach  der  massgeben- 
den üeberlieferung  beim  J.  2027  Abraba^ns  =:  11  n.  Chr.  (2 
p.  147  Seh.).  Es  ist  nicht  völlig  klar,  auf  welches  der  beiden 
mitgetheilten  Fakta  das  J.  11  n.  Chr.  zu  beziehen  ist,  ob  auf 
den  körperlichen  Defekt  oder  auf  den  Tod  Messallas.  Da  jedoch 
die  Notiz,  die  sich  auf  den  körperlichen  Defekt  bezieht,  der 
vorgesetzten  Zahl  zunächst  steht,  wird  das  Jahr  zu  dieser  Notiz 
gehören  und  der  Tod  also  zwei  Jahre  später,  im  J.  13  n.  Chr. 
eingetreten  sein.  Marx  betont  nun,  wie  vorher  schon  Gruppe^, 
dass  auf  dasselbe  Jahr  Frontin  führe,  wir  also  zwei  ganz  von 
einander  unabhängige  Zeugnisse  fUr  dasselbe  Jahr  hätten.  Die 
Stelle  bei  Frontin  de  aquis  c.  102  lautet:  Meseallae  successit  Planco 
et  Silio  cos.  Ateius  Capito;  also  im  J.  13  n.  Chr.  wurde  zum 
Nachfolger  des  Messalla  im  Amt  der  Wasserleitung  Ateius  Capito 
ernannt.  Es  ist  eine  ganz  unberechtigte  Schlussfolgerung,  das 
Todesjahr  des  Vorgängers  in  einem  Amte  immer  zugleich  als  das 
Antrittsjahr  des  Nachfolgers  zu  betrachten;  es  müssen  hierbei 
stete  die  Zeit  und  die  näheren  Umstände  ins  Auge  gefasst  werden. 
Gerade  in  unserem  Falle  kann  der  Beweis  erbracht  werden,  dass 
eine  Neubesetzung  der  Stelle  unmittelbar  nach  dem  Tode  Messallas 
keine  Nothwendigkeit  war^.     Messalla  war  ja  schon  zwei  Jahre 

'  Qoaestiones  Annaeanae,  Berlin  1873,  p.   33. 

*  Borghesi,  Oeuvres  compl^tes  1  (Paris  1862)  p.  408. 


32  Schanz  Beiträge  zur  römischen  Litteraturgeschichte. 

vor  seinem  Tode  völlig  dienstanfähig  geworden,  er  hatte  dae 
Gedächtniss,  Sinnes-  nnd  Sprach  vermögen  verloren,  sonach  war 
jede,  auch  die  geringste  Amtshandlung  seinerseits  ansgeechlossen, 
sein  Amt  musste  von  seinen  Assistenten  verwaltet  werden,  die 
nach  ausdrücklichem  Zeugniss  (c.  99)  ihm  heigegeben  waren. 
Wer  wird  angesichts  dessen  die  Möglichkeit  leugnen  wollen,  dase 
diese  Assistenten  noch  einige  Jahre  weiter  bis  znr  Ernennung 
eines  Nachfolgers  das  Amt  selbständig  fortführten?  Das  Zeugniss 
Frontins  kann,  wie  man  sieht,  mit  dem  Ovids  in  Einklang  ge- 
bracht worden;  es  bleibt  also  nur  noch  zu  erledigen  die  angeb- 
liche Uebereinstimmung  Snetons  mit  Frontin,  welche  nach  Marx 
für  sich  einen  besonderen  Wert  beanspruchen  soll,  weil  Sneton 
von  Frontin  gänzlich  unabhängig  sei.  'Sueton  hatte  wohl*,  meint 
Marx  (p.  151),  ^kaum  Veranlassung,  sich  in  einer  Schrift  über 
Wasserleitungen  oder  in  dem  Archiv  der  Wasserversorgungsbe- 
hörden Roms  über  das  Todesjahr  des  berühmtesten  Bedners  der 
Zeit  des  Augustus  Rath  zu  holen\  Die  Schrift  Frontins  über 
die  Wasserleitungen  wurde  im  J.  98  publizirt,  erschien  also  zu 
einer  Zeit,  da  Sueton  in  den  zwanziger  Jahren  stand.  Ist  es 
unwahrscheinlich,  dass  der  Sammler  Sueton  von  dieser  Urkunden- 
reichsten  aller  lateinischen  Schriften  Notiz  nahm?  Ist  es  etwa 
eine  absurde  Annahme,  dass  Sueton  die  Stelle  im  Frontin  las 
und  eine  falsche  Schlussfolgerung  aus  derselben  zog?  In  diesem 
Falle  fällt  natürlich  die  Selbständigkeit  Snetons  fort,  es  bleibt 
nur  das  Zeugniss  Frontins,  dieses  steht  aber  nicht  im  Widerspruch 
mit  Ovid. 

Wir  haben  die  Untersuchung  genau  in  der  Beschränkung 
geführt,  welche  ihr  Marx  in  seinem  Aufsatz  angewiesen.  Aller- 
dings wäre  es  zu  wünschen  gewesen,  dass  Marx  auch  die  Gründe, 
welche  gegen  das  Todesjahr  Messallas  (13  n.  Chr.)  geltend  ge- 
macht wurden  ^  zurückgewiesen  hätte.  Wir  begnügen  uns  damit^ 
festgestellt  zu  haben,  dass  der  ausgezeichnete  Wiener  Gelehrte 
einen  Irrweg  beschritten  hat,  und  dass  das  Zeugniss  Ovids  für 
den  Tod  Messallas  vor  des  Dichtere  Verbannung  unverrückbar 
feststeht. 

Würzburg.  Martin  Schanz. 


^  Borghesi,  1.  c.  p.  411 ;  Schulz,  De  M.  Valerii  Messallae    aetate, 
Stettin  188(),  p.  3. 


'Unechte  Briefe'. 


ü.  V.  Wilamowitz  hat  im  Hermee  Bd.  XXXIII,  492  ff.  eine 
ErwideruDg  auf  einige  Bemerkungen  erscheinen  lassen,  die  ich 
in  Att.  Beredsamkeit  111,  2^  S.  375  u.  s.  f.  gegen  ihn  gerichtet 
hatte.  Der  mir  freundlichst  von  ihm  übersandte  Artikel  ist  '  Un- 
echte  Briefe'  überschrieben  und  betrifft  gewisse  Briefe  des  Iso- 
krates,  Piaton  und  Demosthenes,  über  deren  Echtheit  oder  Un- 
echtheit  wir  vorläufig  verschiedener  Meinung  sind. 

Zwar,  wenn  v.  W.  gleich  auf  der  ersten  Seite  mich  prin- 
cipiell  alle  Briefe  für  echt  halten  läset,  so  heisst  das  den  that- 
eächlichen  Gegensatz  weit  überspannen.  Halte  ich  etwa  die 
Briefe  des  Aischines  für  echt?  Bestreite  ich,  dass  die  Aufnahme 
in  die  uns  erhaltenen  Sammlungen  keine  Garantie  der  Echtheit 
ist,  vielmehr  jedes  einzelne  Stück  besonders  geprüft  werden 
muss?  Das  eben  thue  ioh  bei  den  Demosthenischen  Briefen,  und 
komme  darum  für  die  einzelnen  zu  so  sehr  verschiedenen  Er- 
gebnissen. 

Ich  wollte,  V.  W.  läse  etwas  weniger  rasch  —  ein  Laster, 
dessen  ich  mich  ebenfalls  wohl  schuldig  weiss  — ,  und  ferner, 
er  schriebe  etwas  weniger  rasch;  darin  weiss  ich  mich  weniger 
schuldig.  Isokrates  9.  Brief,  an  Archidamos,  ist  nach  S.  494 
auf  Grund  folgenden  Schlusses  unecht:  Der  Brief  giebt  sich  als 
verfasst  356,  und  muss  vor  der  Rede  geschrieben  sein;  diese  ver- 
legt eich  selbst  (d.h.  nach  der  Fiktion)  in  das  Jahr  366;  also 
ist  der  Brief  unecht.  Hätte  v.  W.  in  Aristoteles  und  Athen  II  394 
(gegen  welche  Stelle  ich  mich  wende)  so  geschrieben:  ich  hätte 
unfehlbar  (Att.  B.  S.  379  f.)  dahinter  gefasst  und  nicht,  wie  er  mir 
jetzt  vorwirft,  von  dem  '  entscheidenden  Schlüsse  geschwiegen. 
Aber  was  hier  nichts  weniger  als  ein  Schluss  ist  und  scheint,  sieht 
dort  eher  wie  einer  aus,  indem  gesagt  ist:  'Den  Archidamos 
iiano  aus  der  Zeit,  in  die  er  sich  selbst  setzt,  nur  die  vollkom- 
menste Verkennung  aller  Geschichte  losreissen*.     Weshalb    nun 

BhASii.  Μοβ.  f.  Phllol.  N.  F.  LIV.  3 


34  Blase 

antwortete  ich  darauf  nicht?  Weil  die  zum  Schlüsse  η öthige  An- 
nahme, Identität  der  wirklichen  und  der  fingirten  Zeit,  nichts  ist 
als  eine  willkürliche  Behauptung,  die  gleichwohl  den  Grund  da- 
für enthält,  dass  v.  W.  den  seiner  Annahme  entgegenstehenden 
Brief  frischweg  für  unecht  erklärt :  weshalb  stellt  er  sich  in 
seinen  Weg?  Wir  wiesen,  mit  Verlaub  zu  sagen,  in  diesen  Dingen 
sehr  wenig,  und  da  die  Rede  fingirt  ist,  und  es  unmöglich  scheint, 
dass  dem  Isokrates  ernstlicb  darum  zu  thun  gewesen  wäre,  die 
Spartaner  gegen  Messene  aufzuhetzen,  so  rathen  wir,  dass  das 
Motiv  zur  Abfassung  einestheils  in  einem  Verhältniss  zu  König 
Archidamos  lag,  und  anderntheils  in  des  Verfassers  Abneigung 
gegen  Theben.  355  aber,  in  welche  Zeit  auf  Grund  des  Briefes 
die  Rede  ungefähr  zu  setzen  ist,  fingen  die  Thebaner  den  heiligen 
Krieg  an,  und  Archidamos  wie  die  Athener  stellten  sich  offen 
auf  die  Seite  der  Phokier.  Passt  etwa  diese  Zeit  nicht?  v,  W. 
hatte  sodann  (Ar.  u.  Ath.  1.  c.)  als  Uülfsargument  hinzugenom- 
men, dass  ein  beträchtliches  Stück  des  Briefes  aus  dem  Pane- 
gyrikos  abgeschrieben  sei,  und  sagt  jetzt,  dass  der  'Schreibfehler* 
Panegyrikos  statt  Philippos  nichts  zur  Sache  thue.  Nichts  ?  Man 
setze  doch  in  Arist.  n.  Ath.  *  Philippos'  ein,  und  sehe,  was  ans 
der  Stelle  wird.  Nämlich  Unsinn;  aber  das  ist  nicht  Alles. 
Denn  der  Philippos  fällt  346,  und  die  identische  Stelle  (über 
und  für  Agesilaos!)  stammt  aus  dem  Briefe.  Das  behaupte  we- 
nigstens ich,  verlangst  und  jetzt  wieder,  und  sehe  darin  das 
stärkste  Echtheitszeugniss  für  den  Brief;  darüber  schweigt  aber 
V.  W. 

Bei  Brief  IV  an  Antipatros  ist  die  Streitfrage,  ob  in  ver- 
traulichem Briefstil  über  die  Grenzen  des  hochliterarisohen  Aus- 
drucks hinausgegangen  werden  darf,  wie  das  Cicero  so  reichlich 
thut.  *  Vertraulich*  heisst,  wie  in  Schriftstücken  von  Behörden, 
'was  nicht  veröffentlicht  werden  βοΙΓ.  Dieser  Brief  durfte  das 
nicht,  denn  es  war  Krieg  mit  Makedonien;  alle  andern  konnten 
und  sollten  es,  d.  h.  die  acht  andern  erhaltenen.  Zweifels- 
ohne hat  aber  Isokrates  in  seinem  langen  Leben  mehr  als  9  Briefe 
geschrieben,  und  die  grosse  Masse  nicht  für  die  Veröffentlichung. 
Nun  lese  man  nach,  was  ich  A.  B.  III  2',  382  f.  geschrieben, 
und  wundre  sich  mit  mir,  dass  v.  W.  S.  493  fragt:  Warum 
schlägt  denn  Is.  nicht  'in  den  andern  erhaltenen  vertraulichen 
Briefen  den  richtigen  Briefton  an?  Das  ist  wieder  zu  rasch  ge- 
lesen und  geschrieben.  Dann  steht  S.  493  f.:  ^  für  die  stilistische 
Composition  habe    es  Regein   und  Lehrer  gegeben,    aber   für  die 


tJneohte  Briefe.  35 

Anewahl  der  Worte  noch  nicht  (d.  h.  keinen  Pbrynichos),  so  dase 
ein  Aueländer  bei  dem  Yereuch  attisch  zu  schreiben  sehr  leicht 
irren  konnte.  v.  W.  ist  nämlich  geneigt  (Ar.  u.  A.  II  394), 
dem  in  dem  Briefe  empfohlenen  Diodotos  selbst  den  Brief  beizu- 
legen; denn  er  stösst  eich  gewaltig  an  dem  αττα  §  11,  welches 
zwar  attisch,  aber  doch  von  Isokrates  und  Thukydides  streng  ge- 
mieden sei.  Es  sei,  αττα  zeige  den  ungeschickt  atticisirenden 
Aueländer;  aber  hierzu  kommen  wir  einfacher  als  auf  y.  W/s 
Wege.  Diodotos  hat  bei  dem  Versuche  attisch  zu  reden  ge- 
irrt; es  sind  angeführte  Worte  von  ihm,  in  denen  δττα  vor- 
kommt, neben  Anierm,  was  entweder  nicht  attisch,  oder  nicht 
literarisch  attisch  ist.  Ausserhalb  der  Worte  des  Diodotos  gibt 
es  von  'poetischen'  oder  idiotischen*  Wörtern  nur  λιγυρός,  über 
dessen  Gebrauch  im  gesprochenen  Attisch  —  nicht  im  literari- 
schen Attisch  —  uns  ausser  diesem  Briefe  der  Kynegetikos  be- 
lehrt. Ob  der  von  Xenophon  ist,  was  v.  W.  emphatisch  leugnet, 
oder  von  einem  Andern,  thut  nichts  zur  Sache. 

Der  III.  Brief,  an  Philippos,  giebt  sich  als  nach  Chaironeia 
geschrieben,  und  ist,  wenn  echt,  eine  vollkommene  Widerlegung 
der  Legende,  dass  Isokrates  sich  aus  Verzweiflung  über  die  Nie- 
derlage das  Leben  genommen,  y.  W.,  der  sonst  mit  Legenden 
nicht  glimpflich  verfährt,  nimmt  diese  in  Schutz  und  verwirft 
darum  den  Brief;  aber  seine  Argumentation  hat  sich  gegen  Ar. 
Q.  Ath.  II  395  f.  ganz  beträchtlich  gewandelt.  Dort  führt  er 
Aphareus,  Isokrates'  Stiefsohn,  und  Demetrios  von  Phaleron  als 
unbedingt  verlässliche  Zeugen  dafür  vor,  dass  Isokrates  4  oder 
9  Tage  nach  der  Schlacht  gestorben  sei;  jetzt  sind  die  Beiden 
als  Zeugen  verschwunden,  und  v.  W.  deckt  sich  mit  Dionysios 
von  Halikamass,  der  es  habe  wissen  müssen,  wie  die  Stellen  auf- 
zufassen seien,  ob  von  4  oder  9  Tagen  nach  der  Sohlacht  oder, 
was  sie  in  der  vorliegenden  Form  unzweideutig  aussagen,  von 
ebenso  viel  Tagen  nach  dem  Beginne  des  Fastens.  Und  dass  Is. 
gestorben  sei  δμα  ταΐς  ταφαΐς  der  Gefallenen,  was  ebendaselbst 
steht,  d.  h.  nach  einzig  möglicher  Auffassung  gehörig  lange  nach 
der  Schlacht,  wird  jetzt  als  Schwierigkeit  anerkannt,  dabei  aber 
doch  seltsamerweise  mir  schuldgegeben,  dass  ich  das  was  klar 
daiteht  *  ersonnen'  habe.  Ich  brauche  hier  wirklich  nicht  viele 
'Worte  zu  machen,  weniger  als  v.  W.  nöthig  hat.  Wie  die  Le- 
gende entstanden  sei,  wird  Niemand  fragen.  Weshalb  Dionysios, 
der  den  Isokrates  so  sehr  verehrte,  daran  geglaubt  hat,  ist  eben- 
falls zu  fragen  nicht  nöthig,  und  wenn  ein  bischen  Unkritik  dabei 


36  Blaeft 

seinerseits  mit  unterläuft,    so    ist    nicht   nöthig   sich  darüber  zu 
verwundern. 

Ueber  die  platonischen  Briefe  gibt  y.  W.  kein  zusammen- 
fassendes Urtheil,  weder  hier  noch  (meines  Wissens)  anderswo: 
aber  die  Echtheit  des  13.,  den  Christ  in  einer  für  mich  sehr  über- 
zeugenden Weise  in  Schutz  genommen,  bestreitet  er  hier,  und 
zwar  zunächst  aus  seiner  Stellung  am  Schlüsse  und  aus  der  hand- 
schriftlichen Bemerkung  am  Ende  des  12.:  όντιλέγεται  ώς  ού 
Πλάτωνος,  welche  Viele  auf  den  13.  bezogen  haben.  Damach 
könnte  er  die  andern  für  echt  annehmen,  und  wirklich  findet  sich 
über  den  6.  eine  derartige  Bemerkung  in  Ar.  u.  Ath.  I  334.  Ich 
habe  Att.  Ber.  III  2»  386  ff.  die  'Briefe'  für  echt  erklärt  und 
auch  den  13.  als  Zeugen  benutzt;  natürlich  nehmeich  den  l.aus 
und  rede  überhaupt  nicht  von  denen,  welche  erst  die  Heraus- 
geber aus  den  Epistulae  Socraticorum  hinzugefügt  haben.  Thra- 
syllos  bei  Diogenes  zählt  die  13  unsrer  Hdschr.  auf  (die  indess 
keineswegs  in  allen  Hdschr.  gleichmässig  stehen);  die  Ordnung 
ist  bei  ihm  eine  ganz  verschiedene,  in  der  das  alphabetische 
Princip  hervortritt,  aber  nicht  durchgeführt  ist.  In  unsrer  Ord- 
nung lässt  sich  gar  kein  Princip  erkennen.  Also  aus  der  Stel- 
lung eines  Briefes  bei  uns  darf  man  schwerlich  argumentiren, 
muss  vielmehr  über  die  Ordnung  erst  untersuchen.  Der  kleine 
12.,  zu  dem  die  verdächtigende  Beischrift  gesetzt  ist,  sieht  mir 
wirklich  nicht  platonisch  aus.  Aber  ich  will  einer  historischen 
Dissertation,  die  demnächst  hier  über  die  platonischen  Briefe  er- 
scheinen wird,  nicht  vorgreifen,  und  bemerke  also  nur,  dass,  was 
V.  W.  als  'entscheidendes  Argument  gegen  13.  bringt,  mir  sehr 
wenig  durchschlagend  scheint.  Piaton  wird,  nach  dem  Briefe, 
demnächst  seiner  Mutter  ein  Grabdenkmal  zu  setzen  haben;  das 
war  aber  nach  v.  W.  gar  nicht  seine  Sache,  da  sie  in  zweiter 
Ehe  den  Pyrilampes  geheirathet  und  diesem  den  Antiphon  ge- 
boren hatte.  Soll  man  etwa',  fragt  er,  'einen  Familienroman 
ersinnen,  wie  sie  als  Greisin  bei  ihrem  Sohne  erster  Ehe  Zu- 
flucht gesucht  hat,  damit  der  Brief  gerettet  werde?*  Das  kann 
ich  umdrehen :  soll  man  ergänzend  ersinnen,  was  man  nicht  weiss, 
damit  der  Brief  verurtheilt  werde?  Denn  offenbar  ersinnt  v.  W., 
dass  um  365,  wenn  nicht  Pyrilampes,  so  doch  Antiphon  oder 
andre  Kinder  aus  dieser  Ehe  noch  lebten;  andernfalls  nämlich 
fiel  offenbar  Piaton  die  Fürsorge  zu. 

Aus    der  Frage    um    die    Echtheit    des  2.  demosthenischen 
Briefes  macht  v.  W.  eine  Frage  der  Weltanschauung,  woran  ich 


üneohte  Briefe.  37 

in  meinem  ünverBtande  gar  nicht  gedacht  hatte.  'Das  Bezeich- 
nendste ist  ,  sagt  er,  'dass  Bl.  das  Anstössige  der  Prophezeiung 
gar  nicht  beachtet.  Da  kommt  ein  Gegensatz  zam  Vorschein, 
der  jedes  Dispntiren  überflüssig  macht.  Ja,  so  gross  ist  mein 
Unverstand,  dass  ich  die  Prophezeiung  auch  noch  nicht  einmal 
gesehen  hatte.  Wo  steht  sie?  §  20,  wo  Demosthenes  erklärt, 
weshalb  er  von  Trozen  weiter  nach  Ealaureia  gegangen  sei,  ou 
μόνον  τής  ασφαλείας  ?νεκα,  ήν  bia  τόν  θεόν  έλπίίιυ  μοι  ύπάρ- 
χειν  (ου  γαρ  εδ  οΐοά  γε*  δ  γάρ  έφ'  έτέροις  έστιν  ώς  δν  βού- 
λωνται  πραζαι,  λεπτήν  κα\  δδηλον  ίχει  τψ  κινδυνεύοντι  τήν 
όσφάλειαν),  άλλ'  δτι  κτέ.  Ich  fürchte,  es  werden  immer  noch 
Manche  blödsichtig  genug  sein  zu  fragen,  was  denn  Dem.  hier 
prophezeie:  dass  der  Gott  ihn  schützen  werde  (was  er  diesmal 
that),  oder  dass  er  ihn  ein  andermal  nicht  schützen  werde ;  denn 
die  Prophezeiung  ist  wundervoll  zweideutig.  Oder  vielmehr,  es 
ist  gar  keine,  sondern  eine  Reflexion  nach  beiden  Seiten  hin,  die 
zu  dem  zutreffenden  Schlüsse  kommt:  relative  Sicherheit,  ja;  ab- 
solute, nein.  Für  v.  W.  freilich  ist  auch  das  schon  ein  Theil 
des  vaticinium,  dass  Demosthenes  überhaupt  an  eine  Gefahr 
denkt;  323  sei  er,  umgekehrt  wie  322,  von  der  athenischen  Pa- 
triotenpartei und  nicht  von  Makedonien  verfolgt  gewesen.  Die 
Makedonier  nämlich  hatten  sich  wohl  von  Hypereides  und  Ge- 
nossen überzeugen  lassen,  dass  Demosthenes  in  der  That  auf  ihrer 
Seite  stehe,  oder  aber  sie  hatten,  weil  er  sich  seit  335/4  nicht 
öffentlich  compromittirt  hatte,  oder  weil  er  jetzt  einmal  aus  Athen 
hatte  weichen  müssen,  harmlos  geschlossen,  dass  er  nun  unge- 
fährlich sei.  Aber  was  die  Redner  in  Athen  schwatzten,  konnte 
auch  dort  nur  für  den  Augenblick  hinreissen:  nach  ein  paar 
Wochen  dachten  die  Leute  schon  wieder  vernünftiger,  und  ausser- 
halb Athens  hat  kein  Mensch,  weder  Freund  noch  Feind,  an  den 
Schwindel  geglaubt,  sondern  Demosthenes  war  und  blieb  die  ver- 
körperte Opposition  gegen  Makedonien,  v.  W.  denkt  wohl,  er 
hätte,  statt  nach  Trozen,  auch  nach  Argos  oder  Megalopolis  gehen 
können?  £r  möge  auch  mich  ein  bischen  besser  kennen  lernen: 
jetzt  nämlich  muss  er  sich  wohl  einbilden,  dass  ich  an  erfüllten 
vatioinia  irgend  eines  Menschen  ein  besonderes  Wohlgefallen  hätte. 
In  Wirklichkeit  habe  ich  in  allen  solchen  Fragen  den  Standpunkt 
de«  ruhigen  Betrachters,  der  den  ganz  oberflächlichen  Schein 
eine«  vaticinium  ignorirt  und  auch  durch  einen  etwas  stärkeren 
Aneehein  sich  noch  nicht  beirren  lässt.  So  habe  ich  keinen  An- 
etos«    daran    genommen,    dass  Piaton    im   8.  Briefe  (353  Έ)  die 


38  BUbb 

Herrschaft  der  Römer  (Όττικοί,  vgl,  Cato  b.  Plin.  N.  H.  XXIX 
7)  über  Sicilien  zu  prophezeien  scheint.  £r  spricht  eben  ans, 
was  dem  einsichtigen  Beobachter  nahe  lag:  wenn  es  mit  den 
Hellenen  so  weiter  gehe,  müsse  entweder  den  Karthagern  oder 
den  oskischen  Campanern,  die  er  als  die  Söldner  des  Dionyeios 
kennen  gelernt  hatte,  die  Herrschaft  zufallen.  Ob  diesen  oder 
jenen,  Hess  sich  natürlich  nicht  vorhersehen;  aber  darüber  ist 
auch  nichts  vorhergesngt.  Wenn  diese  meine  Betrachtungsweise 
nicht  wissenschaftlich  sein  soll,  so  macht  man  aus  der  Wissen- 
schaft ein  durch  dogmatische  Befangenheit  verunstaltetes  Zerr- 
bild. Denn  dass  es  niemals  eine  Prophezeiung  gegeben  habe,  ist 
nichts  als  Dogma ;  dass  aber  auch  niemals  etwas  einer  Prophe- 
zeiung ähnliches  ausgesprochen  sei,  ist  hoffentlich  auch  v.  W.s 
Dogma  nicht.  Ich  habe  noch  ein  vaticinium  ante  eventum  nicht 
erwähnt :  Hypereides  sagt  in  der  Rede  gegen  Philippides  voraus, 
dass  Philipp  sterben  werde  (wie  ich  die  Stelle  auffassen  muss, 
Att.  B.  III  2',  78),  und  ich  bin  so  unwissenschaftlich,  die  Rede 
dennoch  vor  Philipps  Tod  zu  setzen. 

Doch  um  auf  Demosthenes'  Brief  zurückzukommen:  v.  W. 
lässt  ihn  wie  den  3.  nicht  etwa  späte  Fälschungen  sein,  sondern 
nimmt  sie  als  wenige  Jahre  später  von  Freunden  des  Demosthenes 
geschrieben.  Dann  könnte  und  sollte  er  diesen  Freunden  auch 
das  über  Ealaureia  glauben :  es  hat  doch  wahrhaftig  Niemand 
das  erfunden,  um  dem  iingirten  Schreiber  eine  möglichst  undeut- 
lich und  schwach  gefasste  Prophezeiung  über  sein  £nde  in  den 
Mund  zu  legen.  Und  er  muss  doch  auch  von  seinem  Stand- 
punkte aus  jedenfalls  zugeben,  dass  Demosthenes  sich  einbilden 
konnte  gefährdet  zu  sein  ;  auch  dann  schon  wird  er  sich  einen 
möglichst  sicheren  Zufluchtsort  gesucht  haben.  Was  nun  aber 
diese  Construktion  eines  Schriftstellers  X  betrifft,  so  verlohnt  es 
sich  etwas  näher  daran  zu  rühren.  Das  Eintreten  für  die  Söhne 
Lykurgs,  sagt  v.  W.,  deren  Sache  in  dem  grösseren  Theile  des 
langen  3.  Briefes  geführt  wird,  werde  zur  Zeit  der  Abfassung 
aktuell  gewesen  sein.  Gewiss;  anders  begreift  es  sich  nicht, 
dass  der  Vf.  eine  spezielle  Sache  mit  solcher  erschöpfenden  Voll- 
ständigkeit behandelt.  Wann  war  sie  aber  aktuell?  Selbstver- 
ständlich 323;  denn  auch  Hypereides  schrieb  in  der  gleichen 
Sache  eine  Rede.  Ist  also  dem  lebenden  Demosthenes  unterge- 
schoben? Aber  v.  W.  meint  ja  wohl  nur,  dass  um  320  die  Söhne 
Lykurgs  irgendwelche  andre  Verfolgungen  zu  bestehen  hatten, 
und  dass  Jemand,  um  sie  in  diesen  zu  schützen,  unter  Demosthenes* 


Unechte  Briefe.  39 

Namen  einen  Brief  über  die  früheren  schrieb.  Wenn  er  das 
meint,  so  meint  er  ganz  gewiss  nichts  Wahrscheinliches.  Aber 
bei  Y.  W.s  Kritik  der  Briefe  und  auch  Reden  soll  nichts  gelten, 
was  man  sonst  als  Regel  in  dergleichen  Fragen  nimmt.  Ut  etwas 
selir  aktuell  gehalten :  dennoch  unecht,  wenn's  beliebt.  Ist  etwas 
gar  nicht  aktuell  gehalten,  wie  die  Rede  gegen  Philipps  Brief 
(XI):  dennoch  echt,  wenn's  beliebt.  Ist  etwas  original  und, 
wenn  auch  im  allgemeinen  in  des  Schriftstellers  Art,  doch  ohne 
starkes  Zusammentreffen  mit  andern  seiner  Schriften :  es  soll 
dennoch  unecht  sein.  Ist  etwas  nicht  original,  sondern  zusammen- 
geborgt, und  dabei  durchweg,  vermöge  isokratischer  und  nicht 
demostheniflcher  Composition,  nicht  in  des  Schriftstellers  Art  (XI) : 
es  soll  dennoch  echt  sein,  und  bei  mir  'blinde  Verehrung*  für 
Demosthenes  die  Ursache,  dass  ich  über  eine  solche  Rede  ur- 
theile  wie  alle  Andern,  ausser  v.  W.  neuerdings.  Der  'blinde 
Verehrer"  macht  es  so:  das  Objektivste  und  am  sichersten  Fest- 
zustellende, die  Composition,  wird  zuerst  geprüft,  und  was  in 
«lieser  ersten  Probe  besteht,  wie  die  45.  Rede  (gegen  Stephanos  I.), 
bleibt  auch  eventuell  echt,  indem  ich  mich  bei  XLV  mit  den 
hier  (wahrhaftig  nicht  bei  XI)  vorhandenen  sittlichen  Anstössen 
abfinde.  Die  4.  Philippika  aber,  die  bei  der  ersten  Probe  eben- 
falls besteht,  fällt  weiterhin  deshalb,  weil  sie  ein  Conglomerat 
ist,  keine  Rede.  Auch  hier  urtheile  ich  wie  alle  Andern,  ausser 
7.  W.  neuerdings,  und  (nach  Weil)  insofern  vorsichtiger  als  die 
Meisten,  als  ich  die  Theile  als  echt  anerkenne  und  diese  ^Rede* 
mit  jenen  in  den  Handel  gebrachten  gefälschten  Papyrusrollen 
vergleiche,  die  aus  echten  Stücken  zusammengeleimt  sind.  v.  W. 
dagegen  läset  den  Demosthenes,  als  er  einmal  eine  Flugschriit 
ausgehen  lassen  wollte,  irgend  welche  seiner  alten  Papiere  zu- 
sammenleimen, und  dagegen  die  Kranzrede,  die  er  wahrscheinlich 
mit  KirchhofF  für  zusammengeleimt  ansieht,  darum  nicht  vom 
Vf.  herausgegeben  sein. 

Ich  meinerseits  kann  in ..  allem  dem  Behandelten  keinen 
Gegensatz  von  Principien,  der  unversöhnlich  sein  mtisste,  er- 
kennen, und  weiss  wirklich  nicht,  warum  v.  W.  sich  auf  alle 
diese  Behauptungen  so  versteift.  Also,  da  wir,  wie  er  am  Schlüsse 
ganz  richtig  sagt,  einander  hochschätzen  und  eine  Schärfe  gegen 
einander  gar  nicht  empfinden:  so  wiederhole  ich,  womit  ich  die 
Att  Ber.  (S.  407)  schliesse,  dass  sich  in  diesen  historischen  oder 
iiterarhietorischen  Sachen  doch  noch  eine  Verständigung  er- 
hoffen läset. 

Halle.  F.  Blass. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik. 


lY.   Ueber  den  Lautwerth  des  Spiritus  H. 

Meine  VerRuche  znr  lateiniechen  Lautlehre  setze  ich  hier- 
mit in  der  üeberzeugang  fort,  dass  auf  diesem  Untersuchungs- 
gebiet noch  manche  Fragen,  und  auch  solche  grundlegender  Art, 
nicht  genügend  scharf  gestellt  und  daher  nicht  richtig  beant- 
wortet sind  und  dass,  was  Noth  thut  und  uns  vorwärts  bringt, 
die  eingehende  Behandlung  der  römischen  Sprach-  und  Litteratur- 
reste  selbst  ist.  Denn  die  Sprache  selbst,  insbesondere  wo  sie 
in  Yersform  redet,  redet  eben  die  deutlichste  Sprache.  Dass  das 
Schriftzeichen  Η  im  Latein  und  schon  im  Altlatein  nichts  als  den 
Spiritus  oder  den  Hauch  bedeute,  der  vor-  oder  nachstürzend 
das  Sprechen  eines  Yocales  oder  Consonanten  begleitet  ohne 
selbständigen  lautlichen  und  prosodi sehen  Werth  zu  haben,  ist 
die  verbreitete  und  herrschende  Ansicht.  Man  findet  sie  als 
etwas  ziemlich  Selbstverständliches  in  den  für  Manche,  wie  es 
scheint,  massgebenden  Lehrbüchern  von  Seelmann  und  Lindsaj 
vorgetragen  und  zwar  bei  Beiden  auf  Grund  der  Zeugnisse  der 
lateinischen  Grammatici,  die  das  Η  zwar  als  flatilis  charakteri- 
siren  (Gryllius  bei  Priscian),  aber  es  dabei  doch  als  Spiritus 
magis  quam  littera  (Gellius),  als  adspirationis  nota  (Marine  Victo- 
rinus)  bezeichnen. 

Ich  tiberhebe  mich  der  Mühe,  diese  Zeugnisse  wieder  vor- 
zuführen, verweile  auch  nicht  dabei,  dass  Pompeius  Υ  Ε.  101, 
23  das  h  mit  den  Worten  semis  habet  de  pofestate  vocalium  viel- 
mehr als  Halbvocal  charakterisirt.  Wer  die  Zeugnisse  unbesehen 
und  arglos  benutzt,  vergisst,  dass  die  Lautlehre  jener  Grammatici 
unter  dem  Einflüsse  der  griechischen  Lautlehre  zu  Stande  ge- 
kommen ist  und  dass  von  ihnen  die  Natur  des  griechischen  Spi- 
ritus asper  einfach  auf  den  lateinischen  Spiritus  übertragen  wor- 
den sein  kann,  ohne  das  Wesen  des  letzteren  selbständig  zu  be- 


Beiträge  zur  lateiniscben  Grammatik.  41 

obaobten.  Ee  ist  also  blosse  Vertrauensseligkeit,  wenn  Seelmann 
unter  pbonetisoben  Erläuterungen  die  Lebre  von  der  Identität 
des  Η  mit  dem  griccbiscben  Spiritus  asper  nacbspricbt.  Bei  der 
Bebandlung  des  lat.  Jot  und  des  sog.  Dipbtbongen  au  =  av 
baben  wir  inzwiseben  gesehen,  wie  unfäbig  der  Römer  war  la- 
teiniscbe  Lautwertbe,  die  der  griecbiscben  Zunge  feblten,  selb- 
ständig zu  bestimmen  und  wie  verfälscbend  alsdann  die  griecbi- 
scben Formeln  eingewirkt  baben.  Die  erste  Aufgabe  unsrer 
lateiniscben  Lautlebre  muss  es  daber  sein,  in  jedem  Falle  nacb- 
zusehen,  ob  die  Aeussernngen  jener  Grammatici  baltbar  sind  oder 
nicht.  Hierbei  geht  uns  vorztlglicb  das  Altlatein  an;  denn  der 
älteste  Sprachbestand  ist,  als  der  echteste,  auch  der  kennens- 
wertheste. 

Wir  haben  zwei  Mittel  der  Controle,  die  Orthographie  der 
ältesten  Zeit  und  ihre  Verskunst. 

Dabei  ist  aber  wieder  principiell  und  von  vom  berein 
zwischen  inlautendem  und  anlautendem  Η  zu  sondern. 

Zuvor  jedoch  ein  Wort  zum  auslautenden  H;  denn 
auch  dies  ist  lehrreich.  Priscian  II  K.  48,  22  leugnet  seine 
Existenz  und  führt  als  Ausnahme  zu  diesem  Satze  nur  vah  und 
ah  an  (vgl.  auch  ib.  19,  26).  Das  eigentlich  Correkte  aber  war, 
wie  Priscian  gleichfalls  hervorhebt,  väha  und  aha^.  Wir  con- 
Btatiren,  dass  gleichwohl  die  redocirte  Orthographie  va?i  und  ah 
doch  schon  im  Altertbum  selbst  irgendwann  aufgekommen  sein 
muss,  wohl  in  einer  Zeit,  als  h  keinen  Lautwerth  hatte.  Es 
kommt  dann  noch  die  Exclamation  oh,  die  in  der  Handschriften- 
tradition  der  Komiker  häufig  neben  ο  und  von  ihm  nnter- 
Bchieden  erscheint,  hinzu  ^;  selten  taucht  dafür  die  Schreibung 
oho  auf,  die  dem  aha  entspricht;  sie  steht  Plaut.  Psend.  988  in 
P,  Ter.  Adelpb.  726  im  Bembinns;  ihre  einsilbige  Aussprache 
ist  sieber.  Es  kam  dann  aber  die  Spätzeit,  und  sie  brachte  das 
Η  schärfer  guttural  zu  Gehör,  eine  Beobachtung,  die  wir  gleich 
hier  machen  und  deren  Gültigkeit  späterbin  sich  bedeutend  er- 
weitern wird.  Denn  nur  aus  solcher  Sprechweise  erklärt  sich, 
wenn  Martianus  Capeila  S.  36,  23  ed.  Eyss.  ac  statt  ah  bietet; 
und  dem  entsprechen  genau  die  Schreibungen :  ach  Plaut.  Merc. 
155  (C);  ahc  Asin.   38  (BD);  hac  Trin  681  (CD);  vach  Most.  643, 


1  S.  Richter  in  Studemund's  Studien  I  8.  393  ff. 

«  8.  Richter  a.  a.  0.  S.  600.    proh  verdächtig  CIL.  XI  3273. 


42  Th.  Birt 

Persa  107,  Peeud.  208;  vahc  Asin.  461  ^.  So  erklärt  eich  viel- 
leicht aucli  die  selteanie  Corruptel  ha  für  oc  bei  Catull  22,  16;  es 
ist  umgekehrte  Schreibung.  Und  so  wird  dann  echlieeslich  in 
der  Eenaissancekomödie  vah  wirklich  so  gemeeeen,  dass  es  con- 
sonantisohen  Silbenschluss  hat'. 

Betreffs  des  inlautenden  H,  das  gh  rsp.  kh  vertritt,  ist 
zuzugestehen,  dass  es  in  manchen  Fällen  sehr  früh  und  schon 
prähistorisch  Neigung  hatte  zu  schwinden.  Wir  unterscheiden 
jedoch  genauer  folgende  Fälle. 

1)  Als  nachstürzender  Hauch  findet  sich  Η  auf  dem  ältesten 
lateinischen  Monument  in  fhefhaked  =  vhevhaked;  dies  ist  eine 
Anticipation;  sie  erklärt  sich  aus  entsprechenden  etruskischen 
und  griechipchen  Schreibungen^;  erst  spät  lernte  man  das  Schrift- 
zeichen wieder  ähnlich  verwenden  in  sepulchrum,  Karthago  u.  a. 

Im  Oskischen  aber  ist  bemerkenswerth,  dass  sich  dies  h 
ganz  vorzugsweise  nur  nach  dem  Guttural  einfand:  vgl.  culchna, 
Arghillus  (=  Archillus),  Char  .  .,  PerMen  .  .  (sonst  auch  Per- 
kens\  .  .  ckhad,  dazu  in  griechischer  Schrift  όχερηι;  woneben 
sich  ganz  vereinzeltes  thesawom  und  Aphinis  stellt^;  Diumpais 
hingegen  verschmäht  das  h.  Hierin  zeigt  sich,  dass  dieses  h 
dem  Gutturalen  als  nächstverwandt  muss  empfunden  worden  sein. 

2)  Für  Schwund  sind  die  Fälle  praeda,  via,  praeheo^  de- 
beoy  bitnus  (zu  hiefns),  nemo  bekannte  Beispiele.  Man  beachte, 
dass  in  diesen  Fällen  h  zwischen  gleichen  Vocalen  schwindet: 
nemo  aus  nehemo^  cors  aus  cohors^  debeo  aus  dehebeo,  besonders 
zwischen  doppeltem  i :  praihidtty  bihiemus,  praihibeo  ^  vehea  oder 
vihia^;  so    fehlt    denn   auch  dem  diribeo  das  h  im  Gegensatz  zu 


^  Richter  S.  397  findet  diese  Schreibungen  nullius  momenti. 

3  So  im  Jobus  des  Joannes  Lorichius  (ed.  Schröder  Marbg.  1897). 

8  S.  Rh.  Mus.  Μ  S.  76  f.,  wo  in  der  Note  nach  El.  Lattee  etr. 
Vhelmi  neben  Felmui  verglichen  ist;  dazu  Fhεκαδαμoε,  H.  Röhl,  inscr. 
gr.  antiquiss.  n.  131  (Tanagra). 

^  von  Planta,  Grammatik  der  osk.-umbr.  Dialekte  I  S.  61  f. 

^  Oder  praeheheo;  wertbvoll,  dass  noch  bei  Hieronymus  contra 
Pelagianos  Π  ρ.  572  Migne  praehd)cnda  geschrieben  steht  im  cod. 
Lugdun.  saec.  VI— VII  (J.  Koch).  Mau  könnte  also  vielleicht  auch 
praeheda  =s  praeda  ansetzen,  jedenfalls  nicht  praiheda  (Brugmann, 
Grundries  I^  S.  571).  Fraglich  bleibt,  ob  debilis  aus  de-habüiSj  dehe• 
bilis  erklärt  werden  kann  (Ostbofif  in  Indogerm.  Forschungen  VI  S.  2). 

^  vieam  CIL.  I  1464;  dafür  vehea  angesetzt  von  Ritschl,  Pr.  lat. 
Mon.  enarr.  S.  63;  Opuscl.  II  S.  780;  veha  sagten  die  Ruetioi,  Varro 
de  r.  r.  I  2,  14. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  43 

perhibeo.  Dass  i  and  j  dem  b,  weil  verwandt,  deshalb  verderb- 
lieb  waren,  werden  wir  noch  weiter  anter  4  und  5  wahrnehmen. 
—  Dae  Oskische  kennt  den  Schwund  des  intervocalischen  b  kaum 
{feihoss,  pruhipit),  es  sei  denn,  dase  i  folgt  {mais  aus  mahiSy 
magis?);  im  Umbrischen  ging  es  nach  voraufgehender  Consonanz 
verloren  {anostatu)  oder  wenn  i  folgte  {mesfru)^. 

3]  Da  im  Umbrischen  die  Schwächung  des  Spiritus  augen- 
scheinlich stärker  war  als  im  Oekischen,  so  hat  das  Umbrische 
das  Zeichen  Η  zu  einem  einfachen  Trennnnge-  und  Dehnungs- 
zeichen entwerthet:  comohofa,  persnihimu,  stahmeL  —  eine  Eigen- 
thümlicbkeit  urobrischer  Schreibweise,  die  aber  freilich  auch  im 
Latein  vereinzelt  und  wie  zufällig  Nachahmung  gefunden  hat  in 
vehemenSj  einmalig  citirtem  wehe  =  acc.  wie,  in  Ahala  =  ala 
(Cic.  Orator  158),  sowie  in  den  Exclamationen  vaha,  αίια^  ehem^ 
oho,  die  im  Vers  des  alten  Dramas  einsilbig  stehen  (s.  unten 
S.  21  f.). 

4)  In  andern  Fällen  hat  das  Latein  an  intervocalischem  Η 
treuer  festgehalten;  prehendo  ist  bei  Plautus  noch  fast  durch- 
gängig dreisilbig^;  ebenso  wird  dehortor  gemessen ^  nil  steht 
inschriftlich  in  republikanischer  Zeit  nur  einmal  und  zwar  auf 
demselben  Steine  des  1.  Jhds.,  der  Evhodus  hat,  CIL.  I  1027; 
nihil  dagegen  9  Mal  im  ersten  Bande  des  Corpus.  Und  dass 
Plautus  nihil  im  Wesentlichen  noch  als  zweisilbig  empfand,  be- 
weist^ der  Umstand,  dass  er  das  Wort  nie  in  die  letzte  Hebung 
seiner  Senare  oder  Septenare  stellte.  In  des  Ennius  Annalen  steht 
nur  nihil  (v.  170  M.).  Der  Gleichklang  des  i  in  beiden  Silben 
begünetigte  übrigens  auch  hier  den  Ausfall  des  h^,  so  wie  ν  in 
sis  —  aus  8%  vis  —  geschwunden  ist;  vgl.  convium  f.  convivium  lex 


1  8.  V.  Planta  I  8.  445  ff. 

^  Ja,  es  steht,  wenn  wir  der  Ueberlieferung  folgen,  bei  ihm  noch 
mit  langer  erster  Silbe,  Cure.  339 :  Praehendit  dtxtram  seducit  eqs.  Die 
Dreisilbigkeit  steht  ferner  fest  an  Stellen  wie  Amph.  716;  Asin.  563; 
Aul.  346,  749  (codd.  prewet);  Capt.  594,  599;  Epid.  1  (P  gegen  A); 
Per»  213,  883;  Mil.  579,  1426,  1276;  Persa  294;  Merc.  213,  und  auch 
an  allen  diesen  Stellen  kann  die  erste  Silbe  lang  sein;  vgl.  Ter.  Andr. 
353.  Dagegen  prenaus  Asin.  569;  Epid.  826.  Vgl.  A.  Spengel,  T. 
MacciuB  Plautus  (1865)  S.  217. 

»  Plaut.  Capt.  210;  Poen.  674;  vgl.  Ter.  Phorm.  910  (Hauler). 

♦  Gegen  Lindsay  S.  57;  vorsichtiger  Lindsay  S.  54.  Weiteres 
aber  den  Gebrauch  Lachmann  Lukr.  S.  27  f.  Auch  in  Ennius  Heonba 
V.  197  Müller  kann  natürlich  mMl  beibehalten  werden. 

^  nihA  steht  Bücheier  c.  epigr.  980  wie  cme  ib.  395. 


44  Th.  Birt 

Ureoneneie  c.  132;  quiant  f.  qai  vixit  CIL•.  V  5410  und  7380. 
V  war  doch  ein  Coneonant  von  festem  prosodiechem  Wertbe;  eo 
kann  es  anoh  b  gewesen  sein !  Bovillae  Bohülae,  Helena  Velena 
α.  ä.  erläutern  uns  den  Parallelismus  des  nihil  nil  und  sivis  sis\ 
Wesentlich  fester  haftete  Η  dagegen  in  tr(iho  und  vefw,  wie 
das  Romanische  zeigt;  erst  die  Appendix  Probi  bezeugt  Ircu). 
Idg.  gh  gestattet  im  Latein  den  üebergang  in  g  —  vgl.  tragtUa 
—  wie  auch  den  in  hj  das  ist  in  eh.     Das  Romanische  setzt  für 

die  genannten  Verben  ein  volksthümliches  trägere,  vegere  voraus 
(ital.  traggo  und  veggia,  rumän.  trag,  Körting  Wb.  n.  8300  und 
8595),  und  so  steht  denn  tragitur  wirklich  Corp.  gl.  III  67,  48*. 
5)  Vor  Jot  sehen  wir  unechtes  öder  echtes  h  in  zahlreichen 
Schreibungen  wie  Vehientes  (so  Orosius  cod.  Β  stets),  Trohiia, 
aJbhicio,  prohicio,  Bahius,  Trahianus,  trahiecticius\  Jenem  Vehientes 
entspricht  umbrisch  Vchiies*.  Denkwürdig  das  quohi  homini  in 
den  Palatini  des  Plautus  Poen.  824;  es  bestätigt,  dass  man  guoj 
homini  gesprochen  hat^  Das  h,  das  man  hier  zu  hören  glaubte, 
wurde  aber  doch  meistens  nicht  mit  geschrieben;  und  so  kann  uns 
denn  osk.  veia  (plaustrum),  aus  *vehia  (vgl.  ital.  t'e^^ia* Fuder'), 
verständlich  werden.  Es  erklärt  sich  ferner,  dass  grade  vor  sol- 
chem Jot  idg.  gh  gerne  in  h  überging.  Denn  in  magi^  {magnus) 
und  adagium  (Wurzeln  magh  und  agh]  hat  sich  reine  Media  ein- 
gestellt, weil  kein  Jot  folgte;  in  major  und  c^jo  werden  wir  nicht 
magior,  agio^  sondern  besser  mahjor,  ahjo  als  Ausgangsform  be- 
trachten. Andernfalls  wäre  nicht  einzusehen,  dass  nicht  auch  fugio 

^  Man  pflegt  anzunehmen,  dass  der  Dativ  des  Personale  mi  (auch 
tnct,  ja  me  geschrieben)  aus  mihi  durch  Contraktion  entstanden  sei. 
Es  ist  indessen  auffällig,  dass  man  in  der  Verfallszeit  michi  sprach 
(s.  unten).  Soll  die  Verstärkung  des  intervokal ischen  Spiritus  wirklich 
erst  damals  eingetreten  sein?  Ebenso  möglich  ist  natürlich,  dass  m% 
von  mihi  zu  trennen  und  in  ihm  der  regelrechte  Dativ  des  Personal- 
Stammes  zu  erkennen  ist,  zugehörig  zum  Genitiv  mie,  so  dass  sich  gen. 
mia,  dat.  m%^  abl.  me  und  plana  plebi  ρΐώβ  genau  entsprachen ;  nur  ist, 
da  Einsilbner  ihre  Lange  bewahren,  der  abl.  me  langsilbig  geblieben. 
So  lässi  sich  dann  auch  ein  Dativ  ti  für  tibi  anerkennen  (Terenz 
Adelph.  334)  und  in  gleicher  Weise  erklären. 

*  Vgl.  subtragere  u.  a.,  das  Sohuchardt  Vocalism.  II  S.  520  belegt 
"  S.  Rh.  Mus.  52  Suppl.  S.  198  u.  S.  3  Note;   so  prohicere  auch 

Catull  64,  82;  trahictt  Verg.  Aen.  X  400  cod.  M.     Veihentüms  Val.  Maxi- 
mus  p.  46  Kempf2;    cf.  ib.  p.  251.    Ihohannem  Schuchardt  III   S.  25. 

*  Vgl.  CIL.  IX  5699  pagi  Veheia(m)7 
»  Rh.  Mus.  51  S.  80. 


Beiträge  zur  lateiDisohen  Grammatik.  45 

za  ^fujo  wurde;  fugere  hatte  eben  echte  Medial  So  steht  nun 
oskiech  Mahiis  neben  Magiium  xmiMaüoiK  So  laatet  ferner  zu 
€^0  die  2.  and  3.  Pereon  nicht  nur  (m  cäi  (aae  *a?\iis,  -11)^  son- 
dern auch  agis  agü,  dem  fugis  fugif  entsprechend,  was  freilich 
den  Wenigsten  bekannt  zu  sein  scheint.  Die  Media  in  agit  ^er 
sagt'  muss  sich  wie  in  adagium  nnd  in  magis  erklären.  Für 
dies  agis  (tgit  kannte  ich  früher  nur  einen  Belegt;  es  kommt 
jedoch  in  bester  handschriftlicher  Tradition  so  häufig  vor  ^,  dass 
die  Form  am  Ende  doch  echt  und  ins  Paradigma  von  aio  auf- 
zunehmen sein  wird.  Vielleicht  isl  bei  Avian  fab.  23,  8  solch 
agit  in  den  Text  zu  setzen.  So  hat  sich  dann  aber  auch  eine 
Form  ctgio  'ich  sage'  eingestellt ^ 

Endlich  steht  mejo  für  mehjo  (όμιχεϊν)  neben  mingo;  wenn 
wir  dafür  bei  Catull  97,  8  megere  finden,  so  ist  doch  auf  die 
Handschriften  dieses  Dichters  kein  Verlass,  und  g  kann  hier  nach 
Weise  der  Spätzeit  j  vertreten. 

Aber  auch  die  Tennis  k  ist  in  derselben  Weise  im  Jot  la- 
tent vorhanden  in  pulcjum  zu  pulec-,^.  Vielleicht  darf  als  Zwi- 
echenform  auch  hier  pulehjum  betrachtet  werden.  Dadurch  würde 
fur  oskisch  Marahieis^  falls  dieser  Name  zu  Marcius  gehört,  eine 
Analogie  gewonnen  sein ;  denn  auch  sonst  tritt,  wie  wir  sehen 
werden,  Η  =  ch,  aus  kh,  gelegentlich  widergesetzlich  für  die 
Tennis  ein. 


^  Diese  Ueberleguug  veranlasst  mich  die  Rh.  Mus.  51  S.  84  ge- 
gebene Darstellung  in  etwas  zu  verändern.  Die  Spätzeit  ist  es,  die 
auch  den  Uebergang  von  gi  in  j  zeigt  {iuria  =  iurgia). 

•  von  Planta,  Grammatik  der  osk.-urabr.  Dialekte  I  S.  .355  u.  44(5; 
man  vergleiche  maciorem  f.  maiorem  Varro  de  r.  rust.  p.  292,  9  K.  im 
Parisinus  A,  der  für  Orthographisches  Beachtung  verdient  (s.  Arch. 
Lex.  XI  S.  173). 

«  Rh.  Mus.  51  S.  86. 

^  agis  =  ais  geben  einstimmig  Ambros.  und  Ρ  in  PI.  Stich.  59G, 
615;  diese  Uebereiustimmung  vindicirt  der  Form  ein  hohes  Alter;  vgl. 
noch  Epid.  17;  Men.  162,  823;  1095  (B»);  Merc.  448;  Persa  845.  Dazu 
Varro  de  re  rust.  S.  319,  12  (Keil)  in  A;  Horaz  cod  γ  Sat.  II  2,  40; 
6,  116;  schol.  Bern.  Verg.  georg.  1 175.  Umgekehrt  aie  f.  age  Aul.  179, 
ai$  f.  agis  Pers.  570.  agisti  f.  a'isti  August  in  Confess.  I  p.  28,  4  ed. 
KnoU,  cod.  Μ  saec.  X. 

*  agio  Most.  978 ;  Poen.  364 ;  vgl.  Magias  f.  Maias  CIL.  X  4545. 
Anders  ego,  für  'ich  gehe',  Men.  663.  Dies  dürfte  einmalige  Verschrei- 
bung  sein. 

^  pulegium  Corp.  gloss.  III  495,  66. 


46  Th.  Birt 

6)  Dieses  h  vor  i  oder  vor  j  ist  nun  keineswegs  blosser 
Spiritus  gewesen,  sondern  allem  Anschein  nach  der  Frioativlaat, 
den    ich  als  ch    wiedergebe.     Andernfalls    wäre  Maglium    neben 

Mahiis,  tragula  neben  träho  nicht  zu  verstehen.  Dieselbe  Gel- 
tung des  Η  =  oh  ist  aber  noch   viel    sicherer    für  das  Oskiscbe 

dort  zu  behaupten,  wo  ein  t  oder  ein  sonstiger  Consonant  nach- 
folgt. In  osk.  ehtrad,  saahtom  war  Spreohung  des  Spiritus  asper 
unmöglich ;  aber  auch  h  als  Dehnungezeichen  kennt  das  Oskiscbe 
nicht;  und  nur  das  Umbrische  ist  es,  das  neben  rehte  u.  ahnl. 
auch  ein  subator  (=  subactor,  subahtor]  zeigte  Also  sprach 
der  Osker  cchtrady  saachtom;  vgl.  lateinisches  clefiter  für  dexter(e) 
auf  der  Datus-Inschrift^;  und  das  Η  hatte  hier  den  Werth  des 
ch^.     Die  Tennis  ist  zur  aspirirten  Tennis  und  weiter  zur  Frica-  - 

tiva  geworden.  Nur  vor  s,  nicht  vor  t  wurde  im  Oskisohea 
dann  dies  h  gelegentlich  ausgerieben ;  eestint  für  *ekstint  erkl&rt 
sich  wohl  wie  sescenii  für  sexcenti,  wie  lat.  Präposition  e  für  ec- 

Dieser  eigenartige  Uebergang  der  Tennis  in  die  Fricatiya 
ist  oskisch  anlautend  aber  auch  noch  mit  jener  Legende  silbernor 
Didrachmenstücke,  die  hαμπαvoμ  =  Campanom  lautet,  zu  belegen^. 
Wenn  von  Planta  diese  doch  officielle  Schreibung  als  ein  Ver- 
sehen betrachten  möchte^,  so  scheint  dies  eine  Nothausflucht,  der 
man  sich  gern  entschlagen  wird.  Aber  auch  unter  etruskischcA 
Einflnss  kann  diese  Schreibung  nicht  entstanden  sein,  wenn,  wie 
Pauli  lehrt^  etruskisches  h  nie  aus  ο  (k)  hervorging.  Man  nimmt 
an,  dass  diese  Münzen,  die  καμπανο(μ)  oder  hαμπαvoμ  zeigen, 
in  Neapel  geprägt  sind*^;  stammten  sie  aus  Capua,  so  müeeten 
sie  älter  als  338  v.  Chr.  sein,  in  welchem  Jahre  auf  den  Mtüniei 
Capua's  romano  zu  erscheinen  beginnt. 

Die  bisherigen  Erwägungen  führen  nun  zu  einem  wiohtigei 
Ergebniss;  in  der  Frage,  die  wir  behandeln,  ist  es  voran zustelleni^    ] 
und  wir  dürfen  im  Weiteren  nicht  von  ihm  absehen.    Das  Zeichen 
Η  hat  in  Italien  im  2.  Jahrhundert  vor  Chr.  in  gewissen  FftUea 


1  V.  Planta  I  S.  354. 

3  IT.  Jordan,  Kiit.  Beitrage  S.  266.  ^i 

8  V.  Planta  S.  351  Note,  der  xt  ansetzt. 
*  Friedländer,  Oskische  Münzen  8.  33. 

^  a.  a.  0.  8.  355.    Von  Schreibfehler    redet   auch  Conway,   The 
Italic  dialects  I  S.  143.  i 

β  AUitaliecbe  Studien  Theil  IV. 
'  Imhoof-Blumer,  Numismat.  Ztschr.  1886  S.  222  ff. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  47 

sicher  und  im  Oekiechen  inlautend  üherhanpt  ganz  vorwiegend 
ch  bedeutet.    Dies  ist  schon  von  Corssen  ^,  indem  er  gotisch  mahtj 

gasaht  u.  a.  yerglich,  richtig  betont,  in  die  möglichen  Conse- 
quenzen  jedoch  nicht  verfolgt  worden. 

Man  wendet  ein,  dass  das  dorisch-chalkidische  Alphabet 
in  Cumae  den  Oskern  wie  den  Latinern  und  Umbrern  für  den  χ- 
Laut  das  Zeichen  V  zur  Verfügung  stellte.  Warum  wurde, 
wenn  wirklich  noch  im  Oskischen  oder  gar  noch  im  Latein  ein 
ch  gesprochen  und  gehört  wurde,  jenes  Zeichen  nicht  übernommen? 

Die  Antwort  geht  dahin,  dass  der  betreffende  oskische  Consonant 
zwar  keineswegs  Spiritus  asper,  aber  von  griechischem  χ  doch 
durchaus  und  wesentlich  verschieden  war.  Denn  griechisches  χ 
ist,  wie  feststeht^  und  schon  die  lateinische  Transkription  Äntiocm 
Baccus  jedem  zeigt,  noch  für  das  2.  Jhd.  v.  Chr.  und  später  als  Aspi- 
rata kh,  d.  h.  als  gutturale  Tenuis  k  mit  blos  nachstürzendem  Hauche 
anzusetzen.  In  oskischem  h  erkennen  wir  dagegen  die  Fricativa, 
die  wir  deutsch  mit  ch  umschreiben  und  die  allein  sich  hernach 
in  den  wirklichen  Spiritus  asper  verflüchtigen  konnte.  Nahezu 
80  verschieden  wie  das  k  in  gotisch  sokjan  vom  h  in  gotisch  mäht 
war  auch  das  griechische  χ  in  δχλος  von  oskischem  Λ  in  ehtrad. 
So  erklärt  sich  einfach  genug,  warum  die  italischen  Dialekte 
vom  dorischen  Zeichen  Ψ  =  kh  abgesehen  haben.  Wenn  ich  im 
Verfolg  von  der  Fricativa  ch  der  Italiker  rede,  so  ist  eben  nicht 
griechisches  χ  =  kh  gemeint,  sondern  der  Laut,  der  etwa  im 
Deutschen  *  Macht    oder  'Becher'   gehört  wird. 

Die  italische  Rechtschreibung  befand  sich  somit  der  Fricativa 
ch    gegenüber    offenbar    in    einer    Nothlage.     £in    und    dasselbe 

Zeichen  Η  (Β)  hat  im  3. — 2.  Jhd.  vor  Chr.  dreien  Zwecken  dienen 
müssen:    es    vertrat  erstlich  das  ch,  zweitens  nach  griechischem 

Vorbilde  den  Spiritus  asper  und  es  diente  drittens  als  Dehnungs- 
und  Trennungszeichen  (gleichsam  als  Spiritus  lenis);  letzteres 
nur  im  Umbrischen. 

7)    Hierdurch     vorsichtig    geworden    können    wir    an    die 
Werthbestimmung  des  Η  im  Anlaut  herantreten.    Drei  Möglich- 
keiten   stehen    auch    hier  offen:    entweder  Η  war  schon  Spiritus 
lenis  (wie  man  in  der  römischen  Eaiserzeit  h  zwar  schrieb,  aber 
nicht  sprach),  oder  es  war  Spiritus  asper  oder  endlich  es  bedeutete 
auch  hier  den  Rachen  laut  ch. 


1  Aussprache  I  S.  97. 

*  Neue  Nachweise   für    das  Andauern   dieser  Aussprache    bringt 
J.  J.  Hees  in  Indogerm.  Forschungen  VI  S.  125—129. 


48  Th.  ßirt 

Hier  ist  nan  vom  Umbrischen  abzueehen,  dae  dem  Lateini- 
schen und  Oekiscben  weit  voranechritt  und  wohl  schon  damals 
in  mancher  Beziehung  den  Zustand  des  heutigen  Italienischen 
vorbereitete^.  Dagegen,  ist  von  grösster  Bedeutung,  dass  die 
oskische  Sprache  Η  im  Anlaut  niemals  ausläset,  während  sich 
bei  einfachem  Spiritus  asper  der  Wegfall  doch  leicht  einmal 
hätte  einstellen  müssen.  Wir  müssen  daher  yermuthen,  dass 
oskisch  Η  consistenter  und  körperhafter  als  der  Spiritus  asper 
war.  Und  es  giebt  nichts,  was  solcher  Annahme  entgegenstünde. 
Das  soeben  citirte  Hampanom  =  Campanom  verstärkt  den  Verdacht, 
ja,  erzwingt  diese  Annahme,  und  die  Betrachtung  des  h  im  Inlaut 
bestätigt  sie.  Denn  wir  werden  zwar  zur  Deutlichkeit  die  Unter- 
suchung einer  Consonanz  im  Anlaut  und  Inlaut  sondern,  uns  aber 
doch  ungern  entschliessen,  demselben  Schriftzeichen  an  den  ver- 
schiedenen Stellen  des  Wortes  zwei  Funktionen  zuzusprechen, 
die  wesentlich  differiren  würden. 

Auch  drang  dies  Η  im  Oskischen  nicht  vor  oder  stellte 
sich  unecht  ein,  ausser  in  dem  Namen  Herukinal  =  Erycinae 
(v.  Planta  Nr.  117),  was  indessen  offenbar  in  volksetymologischem 
Anschluss  an  den  Namen  der  Erycinischen  Göttin  selbst,  an 
Hcrentaiei,  geschehen  ist  und  für  die  Lautlehre  nichts  beweisen 
würde,  wenn  man  auch  zugestehen  müsste,  dass  unechtes  h  noth- 
wendig  als  Spiritus  asper  oder  lenis  gesprochen  worden  sei. 
Auch  in  das  Lateinische  ist  dann  diese  Iieryc{ina)  eingedrungen 
(CIL.  I  1471).  £s  ist  nicht  sicher,  ob  auf  dem  Herentas-Stein 
von  Corfinium,  der  dem  Pälignischen  nahe  steht,  hanustu  Herentas 
als  honesta  oder  als  onusia  gedeutet  werden  kann^.  In  beiden 
Fällen  wäre  das  h  unecht.  Die  Worte  geben  hier  Allitteration 
wie  umbrisches  hondu  holtu  (Tafel  VII  Α  49). 

Häufiger  scheint  unechtes  h  dagegen  im  Umbrischen  anzu- 
setzen '. 

So  auffällig  die  Constanz  und  Consistenz  des  Η  im  Oski- 
schen, so  auffällig  ist  sie  aber  auch  im  Lateinischen,  und  beide 
italischen  Idiome  gehen  hier  zusammen.  Denn  auch  die  lateinischen 
Schriftmonumente  zeigen  seinen  Fortfall  im  Anlaut  nie  vor  der 
Mitte  des  ersten  Jahrhunderts;  das  erste  datirbare  Beispiel  fällt 

^  So  ischwindet  h  bei  den  Umbrero  im  Anlaut  von  erus,  erHu 
neben  heritu\  vgl.  Bücheier  ümbr.  S.  69  f. 

2  Thurneysen  im  Rhein.  Mus.  43  S.  353. 

8  Vgl.  Bücheier  Umbrica  S.  182  über  l^ehetafe,  S.  166  über  Hule; 
V.  Planta  I  S.  445. 


Beiträge  zur  lateinisohen  Grammatik.  49 

in'e  Jahr  49  vor  Chr.  {erceiscunda  CIL.  I  205,  a.  49;  dazu  kommt 
Irtio  ib.  625,  a.  43;  ferner  arrespex  1348;  anc  mit  übergesetztem 
h  819;  Oratio  924;  e{rede8)  1034).  Und  hierza  stimmt,  dass, 
wie  H.  Ziegel  nachwies^,  die  Verwechselungen  der  Dative  hia 
und  eis  {iis)  allerfrtihestens  mit  dem  Jahre  44  beginnen.  Diese 
Dative  sind  aber  späterhin  ganz  zusammengefallen. 

Also  so  lange  wie  das  oskische  Schriftwesen,  so  lange  zeigt 
auch  das  lateinische  Schriftwesen  constantes  h  im  Anlaut;  bis 
zur  Mitte  des  I.Jahrhunderts  vor  Chr.  war  in  lateinischer  Eecht- 
schreibung  das  anlautende  Ή  gänzlich  intakt  und  unbeschädigt,  und 
man  kann  es  daher  nicht  wahrscheinlich  finden,  dass  schon  das 
2.  Jhd.  in  diesem  Ή  der  Bömer  nichts  mehr  als  den  blossen  Hauch 
verspürt  hätte,  der  fluktuirend  bald  stehen,  bald  nicht  stehen 
konnte ;  in  Sonderheit  gilt  dies  für  alle  die  Fälle,  wo  etymologisch 
oh  gefordert  wird. 

Eine  scheinbare  Ausnahme  ist  anser.  Aber  dies  Wort  (auch 
als  Cognomen  Anser)  kommt  auf  älteren  Inschriften  nicht  vor. 
Wir  haben  also  keine  wirklich  alte  Schreibung  und  sind  für 
anser  auf  die  Handschriften  des  Livius,  Yarro  etc.  sowie  auf 
die  Glossare  angewiesen,  die  allerdings  in  merkwürdiger  £in- 
müthigkeit  das  h  verleugnen.  Vielleicht  hat  hier  im  Volke  eine 
Gleichmaohung  der  anseres  und  cmates  stattgefunden  ^.  Anderseits 
spricht  die  Vermuthung  0.  Keller^s  sehr  an,  dass,  wie  in  sonstigen 
typischen  Formeln  der  älteren  Sprache  Allitteration  herrscht,  so 
auch  in  herbüt's  anser,  das  bei  Lucilius  steht  (vgl.  auch  Festus 
8.  71  P.),  Allitteration  des  H-Anlauts  die  Verbindung  gefestigt  hat^. 

Man  könnte  sagen,  dass  sich  eine  gewisse  halbvokalische 
Beschaffenheit  des  alten  anlautenden  h  in  den  mit  cö-  compo- 
nirten  Verba  und  Nomina  verrathe.  Denn  wie  in  caire  steht 
dies  nasallose  Präfix  auch  in  altem  cohors  und  cohibeo,  wozu 
dann  die  spätere  Zeit  ein  cohonesto  (Accius),  cohortor^  coheres  u.  a. 
hinzufügte.  Gelegentliches  comheres  —  daher  cunere  =  conheres 
CIL.  VI  3282  —  hat  doch  auch  ein  comegit  neben  sich*.  Diese 
Thateache  reicht  indess  durchaus  nicht  hin,  den  Schluss,  den  wir 
hier  zn  ziehen  im  Begrifi^  sind,  zu  beeinträchtigen.    Denn  es  läset 

^  De  ie  et  hie  pronominibus  quatenus  confusa  sint  apud  antiquos 
(1097)  p.  22. 

*  Vgl.  Patron  p.  63,  30^  at  aJbm  anser  et  .  .  anas,  wo  uns  zu- 
gleich die  Verbindung  albus  anser  das  Fehlen  des  h  so  garantirt,  wie 
wir  aus  herbilis  anser  auf  sein  einstiges  Vorhandensein  schliessen. 

»  O.  Keller,  Zur  lat.  Sprachgeschichte  (1895)  S.  15. 

♦  Rh.  Mus.  51  S.  93. 

BlMiB.  Mm.  t  PbUoL  N.  F.      Lr7.  4 


δΟ  Th.  Birt 

siob  leicht  erweisen,  dase  dies  Präfix,  das  des  η  entbehrt,  in  älterer 
Zeit  in  weiterer  Auedehnung  Anwendung  fand  und  dase  es  auch 
vor  Consonanten,  besondere  aber  vor  solcben  üblich  war,  die  dem 
h  verwandtschaftlich  näher  standen.  Da  ist  das  covenÜonid  des 
SC.  de  Bacchanal ibns  sowie  ccntio  selbst,  dessen  Ursprung  aus 
cöveniio  eben  das  Fehlen  des  η  voraussetzt  \  Derartiges  erhielt 
sich  lange;  analog  sind  die  Schreibungen  in  der  volkstbümlichen 
Orthographie  des  Palatinus  Yergil's  covenere  Aen.  XI  236  wie 
coiiciunt  X  801.  Yarro  de  lingua  lat.  Υ  20  leitet  conOcdlis 
von  cavum  ab  =  cavata  vallis,  sowie  er  de  re  rust  I  12,  8  tn 
convalli  cava  verbindet;  dies  erklärt  sich  nur  bei  der  Sprechnng 
eövMis^  Auch  in  cöhors  cöventio  erkennen  wir  also  eine  Art- 
verwandtschaft des  V-  und  des  h-Lautes,  die  schon  oben  S  4  f • 
erörtert  wurde.  Dem  ν  aber  steht  wiederum  das  f  nahe;  daher 
altes  cofecit^.  Endlich  aber  folgte  auf  cö-  auch  der  tiruttural 
in  co-gnosco,  co-gnatus,  —  £rst  das  correkte  Schriftlatein  hat 
regulirend  conventus,  convenire,  conficere  durchgeführt.  Dasselbe 
stellte  gleichwohl  congnaiua  nicht  her,  weil  die  Consonanten- 
häufang  ngn  sich  verbot;  es  stellte  conhibeo  nicht  her,  weil  der 
Anlaut  von  habeo  inzwischen  mehr  und  mehr  den  Charakter  des 
Spiritus  annahm. 

Noch  weiter  führt  uns  die  Beobachtung  eines  anderen  Prä- 
fixes. Ich  meine  das  in  pröhibeo.  Hier  erklärt  sich  die  Kürze 
der  ersten  Silbe  nicht  etwa  aus  nachfolgendem  Vocal,  sondern 
sie  ist  eben  so  echt  wie  die  in  pröpexus,  pröfectus,  pröfanus^ 
pröfatus^  profundere,  pröcdla,  wozu  ich  auch  prudens  reohnei 
das  sich  nicht  wohl  aus  providens,  sondern  nur  aus  prövidens 
über  *prövdens  zu  prudens  verkürzt  haben  muss.  Im  Gregentheil 
erweist  also  pröhibeo  die  gut  consonantische  Natur  des  b;  denn 
bei  vocaliechem  Anlaut  verwendete  das  Latein  als  Präfix  be- 
kanntlich nicht  pro,  sondern  prod,  wie  prod-ire  und  prod-igere 
zeigen.  Die  Natur  des  h  war  es,  die  ein  *prodhibeo  ausschloss. 
Dies  fuhrt  auf  prö-chibeo. 

Das  3. — 2.  Jahrhundert  v.  Chr.  konnte  Schreibungen  wie 
Karthago,  Cethegtis  augenscheinlich  noch  nicht  einführen.  Warum 
nicht?     Muthmasslich    empfand    man    damals    im  Η    doch    noeh 


1  Rh.  Mus.  52  Suppl.  S.  167. 

2  Rh.  Mus.  51  S.  260,  2. 

*  Präneetinisch;  vgl.  Duveau,  Melanges  archeol.  1890  S.  303  ff.; 
V.  Plante  N.  305  a. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  51 

einen  specifiech  gutturalen  oder  faucalen  Klang.  So  kennt  auch 
dae  Oskische  ein  kh,  hat  aber  th  oder  ph  nur  ganz  vereinzelt 
zugelassen  ^  Flautue  hat  merkwürdiger  Weise  das  χ  in  ^  Αχέριυν 
{Äkheron)  nachzuahmen  versucht;  aber  das  so  entstandene 
Ächeruntem  und  Ächeruntius  erhielt  dadurch  dem  griechischen 
Vorbild  zuwider  lange  erste  Silbe.  Ganz  so  wurde  bracchium 
aus  βραχίιυν '.     0  mit  Η  machte  noch   Position !  Η  war  ->  eh. 

Wirklich  giebt  uns  cod.  Β  in  PI.  Trin.  525  das  Schriftbild 
aeeheruntiSj  wie  im  5.  Jhd.  n.  Chr.  der  Lugdunensis  des  Penta- 
tench  wiederholt  sowohl  didragchma  als  auch  didragchima  bietet, 
S.  239—240  ed.  Robert.  Ganz  entsprechend  das  dracchutn  (so, 
fdr  drachmum)  bei  Cicero  epiet.  II 17, 4  ed.  Mendelsohn  ^  Plautus 
hat  freilich,  wenn  wir  der  Ueberlieferung  der  Palatini  trauen,  in 
drtKhuma  sowie  techina  den  Hüifsvokal  vorgezogen.  Vergleichen 
wir  jenes  ÄcheruntiSt  so  würde  uns  bei  ihm  trochäisohes  drachma 
and  techna  durchaus  nicht  wundern. 

Erst  im  1.  Jhd.  v.  Chr.  hat  sich  dann  dies  Q  entwerthet. 
Erst  Varro  ist  es,  der  sich  der  Sprechungen  ortus^,  ircus  u.  a. 
annahm.  Die  Erörterungen,  ob  arena  oder  harena  zu  sprechen 
sei  u.  s.  f.,  sind  gewiss  nicht  älter  als  Varro^s  Zeit^  Damals 
schrieb  Caesar  selbst  de  verborum  aspirationibus  (Fronte).  Die 
Frage  war  erst  damals  brennend  geworden. 

Und  zwar  könnte  der  stark  zunehmende  Einfluss  theils  der 
ansäsäigen  Griechen,  theils  aber  auch  der  umbrischen  Landbe- 
völkerung diese  allmähliche  Entwerthang  des  Lautes  im  Latein 
der  Hauptstadt  bewirkt  haben.  Man  denke,  wie  viel  näher 
Rom  den  Italikern  seit  dem  Bundesgenossenkriege  gebracht  war. 
Und  auch  Catull,  der  im  c.  84  ein  entgegengesetztes  Phänomen 
bespricht,  denkt  dabei  an  lokale  Einflüsse.  Er  theilt  mit,  dass 
Arriae  fälschlich  chommoda  und  sogar  hin^idicie  sprach,  und  ver- 

1  S.  oben  S.  3. 

*  Vgl.  Spengel  a.  a.  0.  S.  69;  B.  Baier  in  der  Sammelschrift  für 
M,  Hertz  (18ö8)  S.  275  fif. 

8  dragmam  bei  Plautue  Merc.  777  in  CD. 

*  So  hat  Catull  ortis  (62,  34);  aber  wenn  nicht  bei  ihm,  warum 
edirt  man  z.  B.  nicht  ortu8  anthol.  lat.  178,  4  und  369,  2  ed.  Riese? 
Cholodoiak  carm.  sepulcr.  n.  25  musste  ortulus  belassen. 

*  Vgl.  A.  Wilmanns  De  Varr.  libris  grammaticis  S.  182  f.     Dass 

der  Satz    des  Qnintilian  I  5,  19  parcissime  ea  veteres  tisi  etiam  in  vo- 

eaUbui  cum  oedos  ircosque  άίοώαηί  unhaltbar  ist,  sieht  jeder.    Wer  Varro 

bei  Wilmanns    S.  183   vergleicht,    muss    folgern,    dass  Qu.  cum  f oedos 

fircosque  άί€ώαηί  schrieb. 


52  Th.  Birt 

muthet,  Arrins  habe  diesen  Idioeiemne  speoiell  von  seiner  Matter 
nnd  eeinem  mütterlioben  Groesvater  ererbt.  Yielleiobt  war 
Arriu8  ein  etruskischer  Muttersohn?  Das  Sprachlaster  selbst  aber 
wäre  damit  etwa  um  50  Jahre  znrückdatirt,  d.  i.  oa.  in  das 
Jahr  100. 

Mit  alledem  ist  indessen  nur  die  Zulässigkeit,  noch  nicht 
die  Nothwendigkeit  des  Ansatzes  eines  festeren  H-lantes  für  dae 
Latein  des  3. — 2.  Jhds.  erwiesen ;  nnd  es  bleibt  uns,  um  seine 
wirkliche  Geltung  festzustellen  und  eine  nur  glaubwürdige  Ver- 
muthung  zum  Nachweis  zu  erheben,  nichts  übrig  als  uns  endlich 
der  Metrik  der  älteren  Dichter  zuzuwenden.  Zwischen  Plautus^ 
Dramen  und  Varro^s  Büchern  de  lingua  latina  liegen  150  Jahre. 
In  anderthalb  Jahrhunderten  wandeln  sich  die  Lautneigungen 
um  so  sicherer,  je  mehr  eine  Stadtbevölkerung  durch  Zuwande- 
rung sich  mischt. 

Nun  ist  es  ja  Thatsache,  dass  Plautus  an  zahllosen  Stellen 
über  anlautendes  h  hinweg  Elision  eintreten  läset;  so  steht 
me  hac  einsilbig  Aul.  60;  ebenso  cum  hoc  Epid.  295;  Men.  324; 
do  hanc  Merc.  447;  qu(ie  häbitat  dreisilbig  Cist.  100;  tu  habes 
ist  Anapäst  als  stünde  kein  h,  Stich  712;  am  Verssohluss  findet 
sich  omnia  haec  Cure.  323  u.  s.  f.  Der  Spiritus  ist  also  schon 
von  Plaatus  und  Seinesgleichen  zweifellos  in  all  diesen  Fällen 
nicht  stärker  empfunden  worden  als  der  Spiritus  asper  im  grie- 
chischen Verse;  er  war  schon  damals  ein  imponderabile.  Man 
wolle  übrigens  nicht  glauben,  dass  dieses  so  verschliffene  h  nicht 
mehr  gehört  worden  sei.  Plautus  zeigt  diese  Yersohleifungen 
auch  da,  wo  er  das  h  allitteriren  lässt  (vgl.  die  Stellen  S.  14). 
Lehrreich  und  werth  zusammengestellt  zu  werden  sind  die  FällCi 
wo  die  Handschriften  selbst  die  Elision  in  der  Schrift  ausdrücken. 
Beim  Cornificius  ad  Herenninm  p.  274,  7  ed.  Marx  finde  ich 
maesthilare  geschrieben.  Das  h  konnte  auch  als  Aspiration  des 
t  noch  gehört  werden. 

Die  Sprache  des  Plautus  ist  nun  aber  eine  Sprache  des 
Ueberganges.  Es  ist  also  gleichwohl  denkbar,  dass  er  in  andern 
Fällen  daneben  das  h  noch  voller  und  schärfer  articulirte  und 
es  beim  Silbenwägen  gelegentlich  noch  mit  verrechnen  konnte. 
Wem  dies  nicht  denkbar  scheint,  betrachte  die  christlichen  Dichter, 
als  da  sind  Juvencus,  Sedulius,  Dracontius,  bei  denen  anerkannter- 
massen  h  nicht  selten  Position  macht  oder  den  Hiat  verhindert, 
trotzdem  aber  und  viel  häufiger  durch  Synalöphe  vernichtet  wird 
(hierüber  s.  unten). 


Beiträge  sur  lateinischen  Grammatik.  53 

Das  Uy  das  der  Anins  Catnlfe  spraoli,  war,  wie  der  Dichter 
uns  sagt,  ohrenhetänbend  (a.  a.  0.  y.  7);  eein  Geräuech  gilt  ale 
Gegensatz  zum  lene  und  leve  (v.  8),  es  war  also  h  fortis  und 
gravis;  nnd  Gatull  will  in  seinen  Versen  selbst  diesen  Jargon  des 
Arrins  augenscheinlich  copiren,  weshalb  auch  y.  10  das  Adjektiy 
harribilis  gewählt  wird,  das  wir  eben  mit  dem  rauhen  Rachenton 
des  Arrins  aussprechen  sollen;  trotzdem  misst  CatuU  dixerat 
hinsidiasy  nuntius  horribüis  und  esse  sed  Hionios  dactylisch,  lässt 
also  diese  h  fortis  keine  Position  machen^. 

So  Catull.  Dass  es  die  dactylischen  Dichter  Roms  seit 
Ennius  waren,  die  die  prosodische  Entwerthung  des  h  durchsetzten, 
wird  sich  unten  ergeben.  Von  ihren  Gesetzen  ist  hier  Gatull 
abhängig.  Es  wäre  also,  wie  gesagt,  sehr  wohl  denkbar,  dass 
die  h  fortis  um  150  Jahre  früher  bei  Plantus,  wie  später  bei 
Juyencus,  doch  noch  gelegentlich  Position  machte,  dass  sie  bei 
ihm  den  Hiat  noch  yerhinderte  und  dass  er  ein  obsecro  hercle 
oder  defaenerare  hommem  noch  ebenso  behandeln  konnte  wie 
dreisilbiges  prehendo,  dehortor  oder  me  hercle. 

Jedenfalls  freute  sich  Plautus  oftmals  an  allitterirender 
Wiederholung  des  Spiritus.  Stellen  der  Art  sind  Amph.  143 
hos  hahd)0  usque  hie;  397  hoc  quidem  hercle  haud\  684  huc  ex 
hostibus;  743  hinc  hodie;  748  hodie  haec;  758  hodie  hinc]  769 
hoc  sU  hominis;  1132  hariolos  haruspices;  Asin.  81  habuit  me 
h(ä>ere  honorem \  103  u^  habeat  hodie;  361  hospes  huc;  579  habes 
nunc?  horiolare;  Aul.  17  honorem  haheret  .  .  habuisset;  Capt. 
232  hunc  homines  habent;  357  hoc  quidem  haud , .  .  ;  547  Hegio, 
istic  hämo  r.  habitus;  Gas.  356  hariolum  hunc  habeo  domi;  590 
hodie  ego  hunc  habebo;  Cist.  746  hicine  .  .  .  habitus?  hariolare; 
Mil.  489  Quae  heri  huc  Äthenis  cum  hospite\  ygl.  weiter  Epid. 
26;  31;  Men.  235;  301;  Mil.  278;  486;  689,-  937;  Persa  480; 
Poen.  791;  824;  Pseud.  423;  653;  654;  823;  Rud.  130;  294; 
Stich.  64;  280;  360;  Trin.  878;  Truc.  933.  Dies  sei  hier  erwähnt; 
ich  leugne  indessen  keineswegs,  dass  anlautendes  h  auch  yon 
solchen  Dichtern  gehäuft  wird,  die  es  principiell  yerschleifen. 
Nicht  andere  die  Griechen;  man  denke  an  den  Vers  des  Musaeus  35 

ούοέ    χορόν  χαρίεντα  μετήλυθεν  ήλικος  ήβης, 
wo  βο  χ  wie  der  Spiritus  asper  der  Allitteration  dient. 

1  Nicht  ohne  Absicht   lässt  Catull    dagegen  v.  8   eine  Verschlei- 

fung  des  h  zu;    es    ist  just  die  Stelle,  wo  er  sagt,  da  Arrius  verreist, 

klingen  alle  Worte  wieder  sanft  und  leicht:  audtbant  eadem   haec  le- 

nUer  et  leviter;  das  lene  und  leve  ist  eben  durch  diese  Synalöphe  gemalt. 


54  Th.  Birt 

Die  Bescbäftignng  mit  der  Scansion  dee  Saturniae  bat  mich 
zuerst  zur  Ausetzung  einer  'b  consonaue  oder  ^b  fortie'  geftibrt; 
denn  eo  werde  icb  im  Verfolg  im  Gegensatz  zum  Haucb  oder 
Spiritus  dasjenige  b  bezeiobnen,  das  prosodiscb  einem  g  und  c 
gleich  bebandelt  wird.  Icb  ging  also  von  den  inscbriftlichen 
Satumiern  aus: 

ouquei  |  buc  dedoru[nt  i]nperatoribus  snmmeis. 

paräns  timons  beic  vovit      voto  |  hoc  soluto. 

ne  qn&eratis  |  bonore  quoi  minus  sit  mand[at]u[s. 

Schon  £.  Bährens  bat  unter  vielem  Unbrauchbaren  die  einleuch- 
tende Vermutbung  vorgetragen,  dass  im  Saturnius  mit  b  consonans 
zu  rechnen  sei^.  um  jedoch  festeren  und  breiteren  Boden  zu 
gewinnen,  war  es  gut,  den  alten  Flautus  von  neuem  aufzuscbla• 
gen,  und  icb  gewahrte,  dass  uns  seine  Komödien  in  der  Tbat 
hunderte  von  gleichartigen  Zeugnissen  geben.  Der  falsche 
Eitt,  mit  dem  woblmeinende  £ditoren  bei  ibm  so  manche  schein- 
bar geborstenen  Verse  verkleben,  fiel  herunter,  und  die  Ueber- 
liefernng  stand  rein  und  sauber  und  intakt  vor  mir.  Ich  be- 
kenne nicbt  einzusehen,  warum  noch  kein  Plantiner  die  Theorie 
der  b  fortis  für  Plautus  ernstlich  aufgestellt  und  an  seinem  Text 
geprüft  bat;  denn  nach  den  Erwägungen,  die  icb  voran fgesch ick t, 
wird  man  ein  solches  b  bei  ibm  geradezu  gewärtigen  müssen.  Es 
wird  genügen,  ein  Verzeicbniss  der  einschlägigen  Komödienstellen 
zu  geben,  die  für  sich  selber  reden,  wobei  ich  in  jedem  Falle 
der  besten  Ueberlieferung  folge  und  mich  jeder  tiefer  greifenden 
Nacbbülfe  entbalte.  Weggelassen  sind  die  Prologe,  ferner  alle 
Stellen,  wo  auch  der  Ansatz  eines  med  oder  ted  die  metrische 
Schwierigkeit  beseitigt,  ferner  alle  Verse,  in  denen  sich  der  Hiat 
mit  folgendem  h  an  starker  Cäsurstelle  ^,  insbesondre  in  der  Di- 
bäreee  des  trochäiscben  Septenars  befindet,  oder  endlich,  wo  er 
durch  Personenwechsel  oder  sonstige  wirklich  starke  Interpunktion 
und  Sprechpause  Entschuldigung  finden  könnte.  Weggelassen  ist 
endlich  auch  der  Vers  1018  des  Mercator 

Sou  maritum  sou  |  bercle  adeo  caelibem  scortarier, 
ein  Vers,  der  in  den  Editionen  noch  immer  mit  der  sogenannten 
„Correktur**  sive  hercle  gedruckt  wird.     Man  überlegt  eben  nicht, 
dass  seu  nur  sev  gesprochen  worden  sein  kann.     Das  h  in  hercle 
tilgt  hier  also  keinen  Hiat^. 


*  Fragm.  poet.  lat.  S.  16. 

^  Hierzu  geboren  die  Cäsnren  des  jambieoben  Senares  nicht. 

8  Rh.  Mus.  52  Suppl.  S.  27. 


Beiträge  lur  lateinisohen  Grammatik.  55 

Diee  Veneiohniee  wird  ergeben,  daee  anlautendes  h  eratlicli 
hänfig  den  Hiat  verhindert,  zweitens  nicht  selten  auch  Position 
macht. 

1.  Amphitr.  146  Ea  signa  nemo  |  horüm  famili&rinm. 

So  P;  Α  fehlt. 

2.  Amphitr.  264   Noqae  ego  huc  hominem  |  Aodie  ad  aedis  has 

sinam  nnquam  acoedere. 
So  P;  Α  fehlt.   Es  genfigt  Neque  ego  hunc  hominem  herzuBieWen^, 

3.  Amph.  294  Tllio  homo  |  λοο  d6nao  vnlt  p&llium  detexere. 

So  Ρ  (dextere)',  Α  fehlt.    Zu  dmw  vgl.  v.  317. 

4.  Amph.  462  Jft  ego  |  Aodie  raso  capite  calvns  cttpiam  pillenm. 

So  nicht  nur  P,  sondern  auch  Nonius.  Α  fehlt.  Die  Umstellung 
ül  ego  r<MO  capite  ealvos  hodie  capiam  p,  zerstört  klärlich  die  beab- 
sichtigte Parisosis  des  dreifachen  βα-. 

5.  Amph.  486  Sed  A'lcumenae  |  ^uins  honoris  gratia. 

So  P;  Α  fehlt.  Gegen  die  Schreibung  huiusce  s.  Fritz  Schmidt 
Qaaestiones  de  pron.  demonstativorum  formis  Plautinis  (1875)  S.  55. 
Man  könnte  höchstens  Alcumenae  ansetzen. 

6.  Amph.  520   Quoi   ego   iam  j  hoc  scipione  ||  Ah  noli  ||  Muttito 

modo. 
So  Ρ  (Quol  ego);  Α  fehlt.    Es  ist   hier   nicht  Anlass  iambieches 
ego  anzusetzen.    Ueber  Quol  ego  s.  E.  Schramm  de  Cic.  libris  de  legibus 
reo.  (1897)  p.  66. 

7.  Amph.  545  Prins  tna  |opinione  hio  idero,  bonnm  animum  |Aabe. 

So  P;  Α  fehlt.  Der  Hiat  nach  der  zweiten  Hebung  kommt  hier 
nicht  in  Betracht.  A.  Luchs,  der  nach  Anleitung  einiger  ähnlicher 
Stellen  umstellt^,  verlegt  nur  den  h-Consonanten :  Prius  (enim)  tua 
opinione  hie  idero  |,  ^be  animum  bonum.  Palmer  (ed.  1890)  schiebt 
dagegen  Ahumena  vor  habe  ein.  Endlich  könnte  man  zu  der  Betonung 
flachten:  Prius  tua  |  opinione  |  hie  adero,  bonum  animum  habe.  Doch 
vgl.  unten  Nr.  145  und  138. 

8.  Amph.  574  Homo  |  h\o  ebriis  est  ut  opinor. 

So  P;  Α  fehlt.  Es  gehen  Baocheen  vorauf.  Mit  dieser  Zeile  be- 
ginnen die  Trochäen;  es  ist  ein  trochaisoher  Dimeter  oder  ein  halber 
Octonar  (dmust).  Freilich  pflegt  Plautus  sonst  hie  homo  zu  stellen,  s. 
A.  Luchs,  Hermes  β  ρ.  274.  Lesen  wir  demgemäas  Hie  homo  έ6ηΐ4β(, 
80  ist  hie  durch  Position  gelängt. 

9.  Amph.  668    Grnvidam  ego  illam  |  hie  reliqui   quem  habeo.  || 

Ei  perii  miser. 
So  Ρ  {quam  f.  quom).    Α  fehlt,    haheo  ist   abeo.    Man   schreibt 
iUane. 


1  J.  Bach  in  Studemund's  Studien  II  S.  204  bietet  nichts  üeber- 
zengendes. 

^  Studemund's  Studien  I  S.  16  Note. 


δ6  Th.  Birt 

10.  Ampb.  875  Fruetrationem  |  Aodie  iniciam  mazumam. 

So  P;  Α  fehlt.  Mit  fruetrationem  beginnt  der  Vers,  weil  dies 
Wort  mit  dem  familiam  der  vorigen  Zeile  allitterirt.  Auch  C.  F.  W. 
Müller  Prosodie  S.  494  missbilligte  die  Umstellung. 

11.  Ampb.  924  Da  mihi  |  /lanc  veniam,  ignosce,  irata  ne  siee. 

So  Ρ  (irrita).  Α  fehlt.  Es  wird  nichts  vermiest ;  eis  mit  Löwe- 
Götz  einzusetzen  ist  widersinnig,  da  te  oro  ohsecro  voraufgeht;  nunc 
hinter  hanc,  wie  Andere  wollten,  müssig. 

12.  Ampb.  976  Nnno  tu  divine  |  λύο  fac  adeis  Soeia. 

So  P;  Α  fehlt.  Der  Senar  ist  nicht  ohne  Effekt  möglichst  rein 
gebaut,  wie  auch  der  folgende. 

13.  Ampb.  1008  Enm  focieee  ille  bodie  4rguet  qnae  ego  f^cero  | 

hie.     Quid  mea? 
So  Ρ    {quide   wca   Έ).    Α  fehlt.    Die    Aenderung  quid  id  mea 
liegt,  wie  ich  zugestehe,  nicht  fem. 

14.  Ampb.  1075^  Araphitruo  |  hie  qnidem  ^rue  mens. 

So  P;  Α  fehlt.    Freilich  folgt  auch  v.  1081  auf  Amphitruo  Hiat. 

15.  Asin.  20  Si  quid  med  erga  |  hoaie  falsnm  dixeris. 

So  im  Wesentlichen  P;  Α  fehlt.  Anton  Mahler  De  pron.  per- 
sonal, collocatioue  (1876)  p.  19  zeigt,  dass  tu  vor  hodie  nicht  einge- 
schoben werden  darf. 

16.  Asin.   103  Perficito  argentum  |  hoaie  ut  babeat  filiue. 

So  P;  Α  fehlt,  hodie  ist  wie  argentum  dem  ut  vorangestellt, 
weil  es  betont  ist.     Jede  Umstellung  verschlechtert  den  Ausdruck. 

17.  Asin.  263    Gerte  |  bercle    ego  quantnm   ex  angorio  eins  pici 

in  teil  ego. 
So  P,  aber  auspicii  (auspitii) ;  corr.  Gertz ;  Α  fehlt. 

18.  Asin.  275  Mea  quidem  |  bercle  Opera  über  nomquam  fies  ociae. 

So  P;  Α  fehlt.    Jeder  Anstoss  fehlt ^. 

19.  Asin.  416  Tu  vorbero  imperium  meum  contempeisti?  ||  Peru  | 

λδβρββ. 

So  P;  Α  fehlt.     Die  Wortstellung  ist  tadellos,  jedoch  die  Cäsur 

im  iambischen  Septenar  verletzt,  womit  sich  etwa  Cure.  493  vergleichen 

Hesse  (Weiteres  bei  Klotz  S.  212).     Ich    ziehe  vor  contimpsti  zu  lesen. 

20.  Asin.  463    Salvum  hirele  erit.  ||  Credam    fore   dum    qnidem 

ipse  in  manu  |  Aabobo. 
So  P,   aber   haheo;    habebo  giebt  nur  B*;    Α  fehlt.     Das  Futur 
scheint  not h wendig. 

21.  Asin.  473  Flagitium  |  hominis,  da  ohsecro  argentum  buic  ne 

male  loqa&tur 
So  P;  Α  fehlt;  vgl.  unten  Nr.  115  und  117. 

1  Vgl.  Rh.  Mus.  40  S.  556. 


Beitrag«  zur  lateiniBchen  Grammatik.  57 

22.  AeiD.  630  Qai  |  hodie  nomqaam    ad  v68peram  vivdm.  ||  Qna 

propter  qudeso. 
So  P;   Α  fehlt.     Die  Wortstellung   ist   natürlich;   ein  hodie  qui 
gäbe  dem  Itodie  ein  unnöthiges  Gewicht. 

23.  Aein.  631    Qnia  ego   h4iio   amo  it  \  haec  mi{a)  amat;    huic 

quod  dem  numquam  qnidqnamst. 
So  Ρ  (me);   Α  fehlt,   amat    ist  lambus,   et    positionslang.    Nicht 
ausgeschlossen  ist  aber  auch  die  andere  Betonung :  Quia  igo  |  hanc  amo 
et  haec  mid  amat.     Für  den  Sinn  fehlt  nichts. 

24.  Asin.  706  Demam  h^rcle  iam  de  |  Aordeo  tolotim  ni  badizas. 

So  Ρ  und  Nonius  einstimmig.  Α  fehlt.  Freilich  hat  de  als  Präfix 
ähnlich  wie  cum  als  Präposition  bisweilen  den  Trieb  sich  intakt  zu  er- 
halten. Doch  ist  ein  identischer  Fall  von  Klotz  (Altröm.  M.  S.  139) 
nicht  beigebracht.  Höchstens  de  \  aliis  Amph.  736  wüsste  ich  zu  ver- 
gleichen, eine  bedenkliche  Skansion. 

25.  Aein.  756  Ali^num  |  hominem  |  intro  mittat  neminem. 

So  P;  Α  fehlt.  Der  vorgelesene  Contrakt,  dem  die  Zeile  ange- 
hört, hat  übrigens  viele  Hiate. 

26.  Aein.   775  Neque  illaec  ulli  pede  pedim  |  homini  premat. 

So  P;  Α  fehlt.  Der  hübsche  Wortlaut  (vgl.  Rh.  Mus.  40  S.  546  f.) 
leidet  durch  jeden  Flickeinsatz  erbärmlich. 

27.  Aein.   779  Talos  ne  cniquam  |  Aomini  admoveat  nisi  tibi. 

So  P;  Α  fehlt.  Eine  Umstellung  würde  die  schlichte  Ausdrucks- 
weise beeinträchtigen. 

28.  Asin.  Θ71  Ego  ceneeo 

E'nm  etiam  |  hominem  in  senatu  däre  operam  ant  cliontibus. 

So  P;  Α  fehlt.     Wer  ein  aut  vor  in  senatu  einsetzt,  läset  Arte• 

mona  mit  viel  zu  grossem  Gewicht  eine  Alternative  stellen:  *  entweder 

ist  ihr  Mann  im  Senat   beschäftigt    oder  für  seine  dienten' ;    der  Ton 

ist  viel  leichter,  natürlicher  und  angemessener  ohne  solchen  Zusatz. 

29.  Aulal.  111   Nam  ηόη  est  veri  eimile  |  hominem  pänperem. 

So  P;  Α  fehlt.     Tadellos. 

30.  Aal.    271     Filiam     despondi ;     hodie     6go    |    huic    nnptum 

Megadorö  dabo. 
So  P;  nur  Ζ  giebt  despondi  ego  hodie-,  Α  fehlt.  Die  überlieferte 
Lesung  ist  einzig  sinngemäss;  der  Geizhals  sagt  zur  Dienerin  zunächst 
nur  im  Präteritum  filiam  despondi:  dann  genauer  und  eindringlicher 
im  Futur:  „ja,  heute  schon  werde  ich  sie  dem  M.  verheirathen". 
Das  ego  gehört  zu  dabOf  nicht  zu  despondi,  weil  huic  folgt  und  Pronomina 
gern  beisammen  stehen,  die  sich  entsprechen  oder  einen  Gegensatz 
biWen  (vgl.  Rh.  Mus.  51  S.  257  u.  265). 

31.  Aul.  392  Peru  |  hercle,  aurom  rapitur,  aula  qnaeritar. 

So  P;  Α  fehlt.  Es  ist  überflüssig  ein  ego  einzusetzen.  Zu  un- 
verschliffenem  perii  \  hercle  vgl.  unten  No.  249  u.  279. 


58  Th.  Birt 

82.  Aul.  405  Fogiam  intro,  neqoid  torbae  |  hie  itidem  fiat. 

So  P.  NoniuB  giebt  dagegen  nur  Redeo  intro  ne  quid  hie  turbae 
fiat^.  Es  ist  fuai  herzustellen,  dagegen  turharum  zu  schreiben  um  so 
verfehlter,  da  Nonius  II  p.  179  f.  Müller  lediglich  Belege,  und  zwar 
sieben,  fBr  singularisches  iurba  beibringt  und  beibringen  will:  er  sagt: 
„nos  contra  lectum  inveniraus  et  indiscrete  positum  et  pro  turbis 
turbam''.  Vgl.  H.  Cäsar,  dissertat.  Argentor.  vol.  XI  p.  124,  der  aus- 
füllt: Bedeo  intro  nequid  hie  üidem  turbae  fuat. 

33.  Anl.  455    Tntro  abi,    Opera  |  huc  conducta   est   uostra,    non 

oratio. 
So  B,  aber  Intro  aus  Tempert  corrigirt;  Temperi  D.  Dies  war 
aus  V.  454  eingedrungen.  Α  felilt.  abite  herzustellen  hat  keine  Noth- 
weudigkeit,  trotz  v.  451 ;  denn  Euolio  wendet  sich  abwechselnd  bald  an 
die  Menge  der  coqui,  bald  an  den  einen  Congrio;  vgl.  452  introduce 
und  458  coque  aut  abi;  weshalb  endlich  auch  nur  von  dem  Einen 
oonstatirt  wird  v.  460:  iUie  abiit,  nicht  abierunt, 

34.  Aul.    463    Qni    simulavit   mei  |  honoris    mittere    huc    causa 

coquos. 

So  P;  Α  fehlt.     Dass   das  se  fohlen  kann,   also  der   nominativus 

cum  infinitivo  zu  Recht  besteht,  braucht  nicht  erst  dargethan  zu  werden. 

35.  Anl.  569  Potare  ego  |  hodie  E'aclio  teonm  7olo. 

So  P;  Α  fehlt.  Die  zweite  Hebung  besteht  aus  zwei  Kürzen. 
Jede  Ausfüllung  ist  auch  hier  von  Ueberfluss.  Genau  entspricht  die 
Antwort  v.  570: 

36.  Anl.  570  Non  potem  ego  qnidem  |  horcle.  ||  A't  ego  iussero, 

wo  Hiat  bei  Personenwechsel  erträglich  scheint,  hercle  aber  h 
fortis  hat.  Aber  auch  die  Betonung  ^on  potem  ego  quidSm  |  hercle.  A't 
ego  iussero  mit  jambischem  ego  und  also  mit  zwei  jambischen  Wörtern 
im  2.  und  3.  Fusse  wäre  nicht  ganz  ausgeschlossen,  wie  Bacch.  344  Id 
mi  haud  utrum  veltm  licere  inteUego.  lambisches  ego  steht  z.  B.  v.  457 ; 
724  (?);  Cure.  294;  Rud.  1184. 

37.  Aul.  649  Novi  sycopantias,  age  rnsnm  ostende  |  λήο  manum. 

So  Ρ  (BDEJ);  Α  fehlt.  Es  wird  nichts  vermisst^.  V.  640  steht 
allerdings  ostende  huc  manus  mit  Υ erschleifung ;  ähnlich  v.  641.  Doch 
liebt  Plautus  den  Wechsel. 

38.  Anl.  668  Nam  |  hie  iam  non  andebit  anrum  abstrudere. 

So  P;  Α  fehlt.  Es  wird  nichts  vermisst;  zu  hie  J.  Bach  S.  339: 
'per  se  minime  offendit*. 


1  hie  giebt  L.  Müller;  nach  Götz  ed.  maior  fehlt  es  im  Nonius; 
der  Irrthum  ist  in  der  ed.  minor  beseitigt. 

8  Studemund  wollte  huc  sis  manum,  s.  P.  Richter  in  Studemund's 
Studien  I  S.  492. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  59 

39.  Aul.  703  Reges  ceteroe 

Memordre  doIo,  |  Aomionm  mendicdbnla. 
So  nicht  nur  P,    sondem    auch  Nonius:    Α    fehlt,    regvm   einzu- 
setzen wäre  Iftstig,  da  reges  v.  702,  rex  v.  704  steht. 

40.  Anl.  781  Noscere.  |{  Filiam  έχ  te  tu  |  hibi».  \\  ImiDO  eccilldm 

domi. 
So  P;  Α  fehlt,    hohes  ist  JambuF.    Zum  Dactylus  Noscere  vgl. 
Seyffert  in  Bursian's  Jahresber.  Bd.  80,  S.  277. 

41.  Aul.  831  It4  loqnor.  ||  At  sein  quomodo?  ||  Υέΐ  |  hercle  inioa. 

Dieser  Vers  ist  mit  den  ähnlichen  zusammen  behandelt  von  W• 
Kohlmann  De  vel  imperativo  (1898)  S.  Ιβ,  das  vel  duTnh  Position  ge- 
längt wie  No.  49  u.  257.  Vgl.  Anthol.  lat.  Riese  83,  119:  NumqtMm 
damna  volo;  vel  \  hoc  mihi  perfide  redde.  Das  quomodo  steht  im  Werth 
eines  Tribrachys;  vgl.  ausser  den  früher  geltend  gemachten  Stellen 
Epid.  706;  Mil.  96;  Pseud.  675;  Trin.  (436?);  855;  Ter.  Eun.  716. 

42.  Bacch.    171    PostqoÄm   |  Λiπc    in    Epheedm    4bii ,    conspicio 

lubene. 
So  P;    Α  fehlt.    Vergleicht   man    das   zum   Schluss   über   abire 
Vorgetragene,   so  wird    man  den  Sohein-Hiat   auch    vor   abü    ansetzen 
können. 

43.  Bacch.  261   Continoo  antiqnom  |  Aoepitem  nostrum  sibi. 

So  P;  Α  fehlt,    ibi  einzusetzen  ist  durchaus  unnöthig. 

44.  Bacch.  332  Qui  |  auro  |  Aabeat  soccis  aubpaotum  solnm. 

So  P;  Α  fehlt.  Für  qui  mag  man  quin  schreiben;  auro  aber 
steht  als  Renommirwort  voran,  und  man  darf  nicht  umstellen. 

45.  Bacch.  428  l'bi  euren  loctando  |  Aaeta  disco  pngilatu  pila. 

So  Ρ  {asta  BC) ;  Α  fehlt. 

46.  Bacch.  687  Isto  dicto  d^disti  |  hodie  |  in  oruoiatum  Chryealum. 

So  Ρ :  in  Α  istoc  dicto  erhalten.  Ein  tu  vor  dedisti  einzufügen 
ist  nicht  rathsam,  weil  auch  v.  685  in  der  Frage  ein  tu  zu  quid  dixisti 
fehlt,  didisti  ist  Anapäst  wie  Cure.  345,  wie  htbisti  Stich.  723,  molestus 
Asin.  469  u.  a. 

47.  Bacch.  766  Vereabo  ego  illum  |  hodie  ei  vivo  probe. 

So  Ρ  ausser  C,  der  hodie  iüum.  Man  setzt  tHunc;  aber  auch 
v.  767  geht  es  mit  iüum  weiter:  tam  frictum  ego  iüum  reddam  eqs. 

48.  Bacch.  833  Forim  |  Aanc  pauxillura  dperi,   placide,  ηέ  crepa. 

So  P,  nur  hat  B^  pausUlumj  Α  fehlt.  Dies  genügt  für  den  Sinn 
durchaus;  ein  pauxiütdum  schiene  mir  an  dieser  Stelle  foroirt  und 
übertrieben. 

49.  Bacch.  902    Abeo   4d   forum  igitur.  ||  Υέΐ  |  Aercle  in  malam 

cmoem. 
So  P;  Α  fehlt.    Vgl.  oben  zu  N.  41. 

50.  Bacch.  904  Ne  snpplicare  conseas,  nihili  |  ^omo. 

So  P;    Α    fehlt.     Mir   scheint   die   kurze    elliptische  Sprechweise 


60  Th.  Birt 

beim  Abechluss  eines  Gesprächs  höchst  wirkungsvoll  und  ein  tibi  no8 
zu  ergänzen  keineswegs  nöthig.  Man  beachte  noch,  dass  dieser  und 
schon  der  voraufgehende  Vers  Hodie  ixigam  aurum  hoc?  exige  ac  stw 
pende  te  mit  reinen  Senkungen  an  den  geraden  Stellen  und  auch  fast 
ohne  Anapästen  gebaut  sind,  was  Plautus  oft  und  bewusst  thut,  wo 
er  schlagend  reden  will  oder  irgend  einen  besonderen  Effekt  erzielt. 

51.  Bacoh.  932  Nunc  prins  quam  |  hxkc  ββηέχ  venit,  labet  Idmen- 

tari  dum  exeat. 
So  P;  aber  auch  Α  hatte  sichtlich  nichts  anderes;  ein  nosUr  zu 
senex  ist  überflüssig,  mag  es  auch  v.  945  stehen. 

52.  Baoch.  939  Bacchidem  habet  seourn,  ille  olim  |  Mbuit  ignem 

qui  Signum  daret. 
So  P;  Α  fehlt.  Das  ut^  das  man  nach  Vorgang  des  Pylades  vor 
habuü  einsetzt,  ist  verkehrt;  denn  Chrysalus  redet  hier  überall  asyn- 
detisch: Epius  est  Pistoclerus:  ah  eo  haec  sumptae  tabellae.  Mnesilochus 
Sino  est:  eüum:  in  lecto  (lecuhat  Bacchidem  secum  habet:  iüe  (Sino) 
oUm  habuit  ignem  ^  qui  Signum  daret,  nunc  ipsum  exurit. 

53.  Bacch.  981  O'ptumus  sum  orator:  ad  lacrnmas   coogi  |  Aomi- 

nem  c&stigando. 
So  P;  Α  fehlt.     Eine  Umstellung^  ist  nicLt  erwünscht.     Das  Ob- 
jekt hominem  steht  nach,   weil  es  ganz  unbetont  ist.    Ueber  den  Dac- 
tylus  im  ersten  Fuss  s,  zu  Nr.  40. 

54.  Bacch.  1127  Rerin  ter  in  anno  tu  |  has  tonsitari. 

So  P;  Α  fehlt.  Das  langgemessene  ter  hat  Bücheier  erklärt;  die 
Baccheen  sind  aber  auch  im  zweiten  Dimeter  fehlerlos  ^. 

55.  Captivi  148  ΑΗέηηβ  ego?  alienus  illi?   ha  |  i7egio. 

So  Ρ  {hahB^);  Α  fehlt.  Scheinbarer  Hiat  vor  Hegio  auch  unten 
Nr.  59;  63;  71.  P.  Richter  in  Studem.  Stud.  I  S.  395  stellt  aha  her. 
Doch  sind  aha,  ah  und  ha  nur  verschiedene  Schreibweisen  für  ein- 
silbiges a,  und  Richter  irrt  ohne  Frage,  wenn  er  mit  Hinweis  auf 
ehern,  eho  die  Zweisilbigkeit  des  α/»α  behauptet;  vielmehr  ^iebt  es  keine 
Stelle  im  Plautus,  die  des  zweisilbigen  aha  benöthigte;  Persa  316  steht 
im  Palimpsest  doppeltes  ah  ah]  umgekehrt  wird  seine  Einsilbigkeit  er- 
fordert Bacch.  87;  Rud.420;  Eun.  797;  auch  ist  es  das  Nächstliegende, 
zur  Schreibung  vehemens,  acc.  mehe  und  bes.  Ahala  zu  vergleichen  (oben 
S.  4).  Beiläufig  bin  ich  gewiss,  dass  auch  ehem  ein  Monosyllabum 
war;  denn  die  allermeisten  Stellen  nöthigen  zu  dieser  Messung  der 
Exclamation,  und  der  Hauptbeleg  für  Zweisilbigkeit  Mil.  1382  Eh^m 
te  quaero  ist  schon  deshalb  höchst  verdächtig;  es  heisst  aber  sonst 
stets  ehem,  te  ipsum  quaero  \  vgl.  Ter.  Heaut.  622;  Ad.  81;  266;    dazu 


Ϊ  Klotz  S.  310. 

3  Auch  V.  1128   Pol  hodie   altera   iam  bis  detonsa   certo  est   ist 
ein  baccheischer  Tetrameter. 


Beiträge  zur  lateinisohen  Grammatik.  61 

Heaut.  758.  Auch  im  Miles  1382  wird  also  ipsum  einzuschalten  sein; 
ipae  ist  der  *Herr'.  Im  Pseudolus  v.  873  ist  die  Ueber lieferung  un- 
sicher; das  miigis  in  Ρ  scheint  hier  durchaus  sinngemäss,  also  wohl  das 
überschüssige  ehern,  mane,  trotz  A,  zu  streichen.  Ueber  Ter.  Phorm.  991 
s.  unten.  £ndlich  Asin.  449  und  Ter.  Ad.  81  kann  ehern  (wie  Exclam.  o) 
ganz  verschliffen  sein,  während  es  sich  z.  B.  Rud.  805  (wie  o)  der  £lision 
entzieht  (mehr  Stellen  bei  Richter  S.  433). 

56.  Capt.  152  Nunc  h4be  bonum  animum.  ||  £'hea  |haic  aliud  dolet. 

So  P;  Α  fehlt.  Dies  Beispiel  steht  freilich  für  sich,  da  ein  heu 
nie  verschliffen  wird  und  die  Aussprache  doch  muthmasslich  hev  war 
(Rh.  Mus.  52  Supplem.  S.  21;  106;  199).    Vgl.  übrigens  Nr.  278. 

57.  Capt.  169    Nam   eccum  |  hie  captivom    aduleecentem  Aleam. 

So  Ρ  {aUum);  Α  fehlt.  Hiat  ist  vor  Aleum  zugelassen  wie  v.  93, 
prol.  24  u.  31.  Man  sprach  gewiss  nicht  VcUeum,  vielleicht  aber 
Haleum]  vgl.  Bovillae  BohiUae  u.  a.  ^. 

58.  Capt.    333    O'ptumam  atque    aequiseimnm    oras    optumoeqne 

hominum  |  homo  es. 

So  Β  und  D  ante  corr.;   es   homo  J,  auch  D   ex   corr.   Α    fehlt. 

homo    es   muss    als    die   bessere  Ueberlieferung    gelten.     Auch    ist   die 

Wortstellung  concinner,    wenn,    wie  oras   das  erste,   so  es   das   zweite 

Kolon  abschliesst. 

59.  Capt.  337  Fac    ie  homo   ut  redim&tar.  ||  Faciam,    sod    te    id 

oro  I  H6gio. 
So  Ρ  {homo  om.  D;  id  te  für  te  id  F);  Α  fehlt. 

60.  Capt.  364  Nam  ego  te  destumatum  |  huio   dedi  viginti  minie. 

So  P;  Α  fehlt.  Man  stellt  um.  Zweisilbiges  huic  aber  ist  an 
verschwindend  wenigen  Stellen  wahrscheinlich  zu  machen  und  nur  im 
Nothfall  anzusetzen. 

61.  Capt.  373  Seqaere;  om  tibi  hominem.  ||  Gratiam  |  ^abeo  tibi. 

So  P;  Α  fehlt;  vgl.  unten  No.  153. 

62.  Capt.  395  Dicito    patri    quopacto  mihi  cum  |  hoc   convonerit. 

So  P;  Α  fehlt,  cum  erfährt  oftmals  Yerschleifung,  wird  ihr  aber 
auch  bisweilen  entzogen,  s.  oben  zu  No.  24;  vgl.  Cure.  22  cum  iüa 
dreisilbig.    Anders  Klotz  S.  139. 

63.  Capt.  426  Td  ut  scias,  lovom  supremam  tostem  laado,  |  Higio, 

So  Nonius;  do  statt  laudo  P;  e(^o  f.  Hegio  Nonius  und  OJ;  Α 
fehlt.  L•udo  erregt  freilich  Bedenken^;  der  Scheinhiatus  ist  aber 
offenbar  echt.  Und  da  Hegio  an  vier  Stellen,  v.  148,  337,  42G  u.  1024 
Vocal  vor  sich  duldet,  wird  wohl  endlich  auch  v.  608  so  zu  betonen 
sein:  Dum  istic  itidem  vinciatur.     Tmmo  enim  vero,  |  Hegio. 


1  S.  Rh.  Mus.  a.  a.  0.  S.  148;  oben  S.  5. 

3  S.  H.  Cäsar  in  Dissertat.  Argentorat.  vol.  XI  p.  254. 


62  Th.  Birt 

64.  Capt.  444  Tu  |  hoc  a^e,   tn  mihi  erue  nunc  es,   tu  patronae, 

tu  pater. 
So   P;    Α    fehlt.    Das   entsprechende   tu  \  hinc  Pseud.    33   hat 
sonstige  Bedenken;  aber  vgl.  tu  |  hodie  N.  152;  auch  N.  54;  Epid.  398 
lese  ich  gleichfalls 

Sed  tu  I  hanc  iube  sie  intro  abduci.  ||  Ηέηβ  foras ; 
auch  Asin.  379 

rUe  est  ipsus.  iam  ego  recurro  huc.  Tu  |  hunc  interea  hie  tene; 
denn  da  recwrro  huc  eng  zusammen  gehört,    wird  man    es  lieber    nicht 
durch  Cäsur  trennen  wollen. 

65.  Capt.  532  Nug&e  ineptas  incipinee  |  Aaereo. 

So,  nur  ineptias^  P;  Α  fehlt,  ineptaa  Scholl;  ineipisso  Camernrius. 
Der  Senar  genügt  hier.    Weiter  ist  wohl  nichts  zu  ändern. 

66.  Capt.  547  H^gio  |  hie  homo  rabiosus  hdbitoe  est  in  A'lide. 

So  P;  Α  fehlt,  istie  Luchs.  Aber  die  AUitteration  des  h  liegt 
zu  Tage.  Da  nom.  hie  bei  Plautus  stets  kurz,  so  ist  hie  homo  als 
Anapäst  zu  lesen. 

67.  Capt.    865    Proin    tu    deam  |  hunc  e&turitate  facias  tranquil- 

Inm  tibi. 
So  P;  Α  fehlt 

68.  Capt.  749  Periistis  nie!  |  hnnc  iam  έ  conspecta  abducitie. 

So  P;  Α  fehlt,    iam  hune  Pylades. 

69.  Capt.  921  Nam  |  hie  quidem    ut    adornat    ant  iam    nihil    est 

aut  iam  nihil  erit. 

So  P;  nicht  anders  auch  A.     Die  zweite  Hebung  hat  Auflösung; 

ich  möchte  indessen  eum  (sc.  penum)  nach  quidem  einfügen.     Dass  nam 

sich    der  Elision  entzieht,    lässt  sich   schwerlich  darthun;    anders  cum; 

s.  oben  zu  No.  24  u.  62. 

70.  Capt.  1004    I'tidem   |  Aaec   mihi    advonienti    upupa    qui    me 

delectSt  dataet. 
So  B;    Α  fehlt,    mihi   haec  Ε    und  F.     Aber   mihi  steht   besser 
und  natürlicher  bei  advenienti. 

71.  Capt.    1024    Qudei    per  nebulam,  |  Hogionem    moum    patrem 

vocdrier. 
So  Ρ ;  in  Α  fehlt  die  Mitte  der  Zeile. 

72.  Casina  200  Cl&m  yirum  et  qn&e  |  /labet  partum  ei  band  com- 

modi  est. 
So  Ρ  (viro  J) :  Α  fehlt.    Cretici.    ei  vor  haud  braucht  nicht  ver- 
schliffen  zn  werden;  denn  es  findet  sich  wie  quoi  häufig  unverschliffen 
vor  Vocalen  (s.  zu  N.  133).    Wohl  aber  dient  quae  habet    unserer  Be- 
weisführung, ein  Creticus,  der  auch  dem  Sinn  vollständig  genügt. 

73.  Casina    258    Cui    homini    |   hoaii    peculi    nammas    non    est 

plumbeae. 
So  P;  Α  fehlt;  tadellos,    lieber  cui  vor  Vocalen  s.  zu  Nr.  6  u. 
72;  vgl.  oben  S.  5. 


Beitrage  zur  lateinisohen  Grammatik.  63 

74.  Cae.  532  U't  properarem  arc^ssere  |  hanc  &d  me  vioinam  meam. 

So  Ρ ;  Α  fehlt.    Es  wird  nichts  vermisst  ^ ;  arceasere  hat  schwere 
Endung  wie  fingere  Asin.  250;  dieere  Gas.  674;  Mere.  934  u.  a. 

75.  Gas.  799  Sn&vi  canta  concelehra  omnem  |  h&nc  plate&m.  |Ay- 

mendeo,  io. 
So  Α  und  P,  nur  für  io]  ioi  oder  vielmehr  MIQ  Λ;  meio  P,  und 
zwar  der  nächsten  Zeile  zugetheiit.  Es  wird,  wie  längst  erkannt, 
hymenaee  io  zu  lesen  sein.  Wir  brauchen  nun  also  keine  weitere  Fül- 
lung. Der  Hiat  nach  pUUeam  wäre  allerdings  auch  auf  eine  Sinnpause 
zurückzuführen.     Vgl.  das  folgende  Beispiel. 

76.  Gas.  806  Quid  ei  etiam  offenddm  |  hymenaeum,  ei  qni  citiue 

prodeant. 
So  die  erste  Vershälfte  P;  ebenso  A,  nur  si  nach  etiam  ditto- 
graphisch  wiederholt,  occentem  Pius,  was  bedenklich,  da  dies  Yerbum 
ein  anderes  Objekt  verlangt,  fundere  Carmen  sagt  erst  Cicero,  weshalb 
auch  die  Conjekturen  offundam  u.  ä.  nicht  befriedigen,  es  sei  denn, 
dass  man  funditat  Asin.  902  zum  Vergleich  benutze.  Besser  wäre  oc- 
cipiam,  vgl.  Stich.  760.  Der  Schein-Hiat  bleibt  derselbe.  Wenn  ich 
dagegen  noch  die  Emendation  vorschlage  Quid  si  etiam  offendant  hy^ 
wenaeum  (beim  Herauskommen  sollen  sie  auf  das  angestimmte  Hooh- 
zeitslied  stossen),  so  ist  der  Vers  damit  allerdings  dieser  Liste  entzogen. 

77.  Gas.  994  Tui  amorie  canea.  ||  Ego  ietuo  feci.  ||  rmmo  |  Hector 

I'lias. 
hectore  iüius  P;   ecastor  iUua  A.    Es  sei    verglichen,   dass    auch 
beim  späten  Luxorius  der  Anlaut  des  Namens  Hector  Position  macht, 
anthol.  lat.  367,  2  und  6  ed.  Riese. 

78.  Gas.  1000  Sod  uxor,  da   viro  |  Aanc  veniam.    Myrrhina,  ora 

Gl^ostratam. 
So  P,  ebenso  A,   der  nur  uxor  vero  (cm.  da).    Es  fehlt  nichts  ^. 

79.  Gas.  1004   G^naeo  ecastor  veniam  \  hanc    dandam.  ||  Faciam  | 

ut  iubes. 
So  Α  und  P.    Der  zweite  Hiat  ist  schwer  zu  heben;    vgl.  Poen. 
1289.     Zum  Anapäst  veniam  aber  vgl.  Klotz  S.  313. 

80.  Gas.    1008    Lopidiorem   nemo    axorem    qn&m    ego  |  Aabeo  1 

hkno  habet. 
So  A.    Man  hat   dies   intakt   aufzunehmen,   wenn   man   nicht  Ρ 
folgen  will;  Ρ  giebt:  lApidiorem  uxoretn  nemo  qutsquam  quam  ego  habeo 
hdne  habet, 

81.  Gietell.  162  Ubi  |  habitabat  tum ;  illa  quam  compreeeerat. 

So  P;  Α  fehlt. 
B2.  Cietell.  620  Ego  inspectayi;  erus  |  hanc  duxit  poetibi. 

So  Ρ ;  Α  fehlt.    Im  dritten  Fuss  steht  vox  iambica  wie  v.  568  u.  a. 


1  Zum  hanc  vgl.  Bach  a.  a.  0.  S.  206  u.  276. 

s  hanc  nunc  Redslob  Phil.  Rundschau  1891  S.  376. 


64  Th.  Bipt 

83.  Ciet.   650   I'bo,   |   Aano    ego    titulero    intra    limen.    ||    Abiit 

abetnlit. 
So  Ρ ;  Α  fehlt.  Man  hat  in  verschiedener  Weise  ibo  weggeschafft, 
das  aber  in  Wirklichkeit  nicht  nur  ohne  jeden  Anstoss,  sondern  sogar 
nothwendig  ist.  Denn  die  folgende  Antwort  nimmt  deutlich  darauf 
Bezug,  und  den  zwei  Verben  ibo  tetulero  hanc  entsprechen  die  folgen- 
den beiden  ctbiit  abstulit  mulierem  auf  das  genaueste.  Dies  Beispiel  ist 
also  so  evident  wie  möglich. 

84.  Oist.  671    Nisi  quid    mi    opis  di    dant  disperii;    neque  nnde 

daxilium  expetam  |  häbeo. 
So  im  Wesentlichen  P;  Α  fehlt.     Anapäste. 

85.  Ciet.  678  Mei  |  A^mines,    mei  speetätores,    facite    indicium  ei 

quis  vidit. 
So  P;  nur  videt  B^EJ,  Α  fehlt.    Ein  voller  anapästischer  Tetra- 
meter ist  anzusetzen;  accentuirt  man  anders,  so  leidet  die  Cäsur. 

86.  Ciet.  753  letic  quidem  edepol  mei  viri  |  Λabität  gener. 

So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

87.  Coro.  61  Ideo  fit  quia  |  hie  Ιέηο  aegrotae  incubat. 

So  P;  Α  fehlt.  Man  versucht  istic  für  hie.  Aber  huie  l^noni 
steht  ja  auch  v.  44  ^ 

88.  Cure.  80  Eaqae  oxtemplo  ubi  vin6  |  Aae  coneperei  foree. 

So  P;  Α  fehlt.  Die  zweite  iambisohe  Dipodie  hat  in  vino  spon- 
deischen  ersten  Fuss  wie  Mil.  858  sed  in  eilla  erat  patUum  nimis  lociäi 
lubrici;  Bacch.  220:  Nam  istic  fortasse  aurost  opus,  Philippeo  gutdem, 
u.  a.  (Klotz  S.  320  f.). 

89.  Cure.  179    Sibi    |   honoree,    eibi    virtutee,    eibi    pagnae,    eibi 

proelia. 

So  P;  Α  fehlt.    Zur  Betonung  Klotz  S.  128.     Es   wäre  inconcinn, 

das  zweite   sibi  jambisch  zu  messen;   vgl.  pyrrhichisches  huius  in  der 

Anapher  Nr.  190  ff.,  sowie  ebensolches  anaphorisches  dornt  Mil.  191  f. 

90.  Cure.    358   T41oe    arripio,    invoco   almam    m^am    natrioem    | 

^^rcnlem. 
So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

91.  Cure.  429  Milie  Lyconi  |  in  Epidauro  |  Äöspiti. 

So  P;  Α  fehlt.  Dieser  formelhafte  Briefanfang  scheint  unantast- 
bar^. Aber  der  zweite  Hiat  ist  keiner.  Es  genügt  nur  einen  anzu- 
setzen; dass  aber  auch  in  den  Hiat  entschuldigt,  wird  sich  späterhin 
als  wahrscheinlich  herausstellen. 


^  Auch  zu  leno  hie  (Bach  Studemund's  Stud.  II  S.  277)  ist  des- 
halb kein  Anlass. 

^  Ganz  unglaublich  Lyconi  amico  W.  Asmus  De  apposit.  coUoea- 
tione  Halle  1891  S.  41. 


Beiträge  zur  lateinisohen  Grammatik.  65 

92.  Cure.  436  Argontnm  des  lenoni,  |  hole  des  virginem. 

So  P;  Α  fehlt.  Dies  ist  sachlioh  gans  richtig.  Der  Trapezit 
Lyco  ist  angeredet.  £r  soll  dem  Leno  das  Geld  auszahlen  und  soll 
damit  das  Mädchen,  für  das  das  Geld  gezahlt  wird,  an  den  Curculio 
geben;  vgl.  v.  523,  wo  Curculio,  nachdem  er  das  Mädchen  vom  Leno 
erhalteil  hat,  nicht  zu  diesem,  sondern  zum  Lyco  sagt:  et  operam 
mihi  et  pecuniam  benigne  praebuisti;  denn  indem  Lyco  das  Geld  gab, 
gab  er  implicite  auch  das  Mädchen. 

93.  Carc.  508  Yos  faenorCi  |  hi  m&le  suadendo  et  luetrie  lacerant 

hominee. 

So  Ρ  (nur  in  statt  hi  EJ*).   Α  fehlt.    Dieser  anscheinend  schwierige, 

viel    vergewaltigte  Vers  kann    so    bleiben,    wie  er  ist,    wenn    man    im 

Ablativ  faenore  lange  £ndung  ansetzt   wie  in  carne  Capt.  914;   uxore 

Gas.  318;  parte  {parti)  Men.  478;  luce  Merc.  255  (P);  pumice  Pers.  41. 

94.  Cure.  549    Quid    feci?  ||   Quod    mand&eti    feci,    tui  |  Aonoris 

gr4tia, 
Toum  qni  signnm  ad  me  dttalisset,  nnntiam  ne  spirnerem. 
8o  im  Wesentlichen  Ρ  (gratiam  B);  Α  fehlt.     Die  Anfangsworte 
Quid  feci  zerstören  Vers  und  Zusammenhang.    Man  erwartet  einfaches 
Quid  tu  (sc.  facis  oder  fecisti)?    Die  zweite  Vershäfte  aber  ist  heil. 

95.  Cnrc.  629    Miles  quaeso  ut  mihi    dicae    unde  illam  |  Aabeae 

dnnlam. 
So  P;  Α  fehlt.    Die  Accentuation   ist   entschuldbar  ;   mit    dicas 
und*  sei  im  voraufgehenden  Vers  serva  me  verglichen. 

96.  Cure.  680  Kam  it  bene  et  male  credi  dico;   id  4deo  |  Λodie 

exportus  eum. 
So  Β ;  hodie  ego  expertus  £JF.    Α  fehlt.    Das  ego  ist,  wie  Β  nahe 
legt,  nicht  umzustellen,  sondern  ganz  zu  beseitigen.    So  fügen  VE  auch 
im  £pid.  42  falsch  tu  hinzu,  u.  a. 

97.  £pid.  431    Sed    quis    hie   est    quem  |  ^uc    advenientem  con- 

epicor  ? 
So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

98.  Epid.  485  Reor  ot  peccatam  Idrgiter.  ||  Immo  |  haec  east. 

So  P;  ebenso  A,  aber  reor  peccatum  u.  haec  est.  Die  vierte 
Hebung  hat  Auflösung,  immo  ist  durch  voraufgehende  Kürze    gekürzt. 

99.  Epid.  493  Enge  ouge  Epidice  frugi  ee,   pugnasti,  |  Äomo  es. 

So  Α  (eugae  bis)  und  Ρ  {frugi  oder  fruge  f.  d.  zweite  euge).  Ich 
las  früher  pugnasti  σοφώς.  Doch  hat  Leo  das  vir  es  am  Versscbluss 
Ter.  £un.  154  passend  verglichen. 

100.  Epid.  575  Tu  homo  insanis.  ||  E'gone?  ||  Tune.  ||  Cur?  ||  Quia 

^go  I  ^anc  qn4e  eiet. 

So  P;    in  Α  nur  quae  siet.    Das  hanc  wird  durch  das  parallele 

neque  ego  hanc  oeulis  vidi   der   folgenden  Zeile   vollständig   geschützt. 

BtaAlii.  UvM.  f.  PhUol.  N.  F.  LIY.  ^ 


ββ  Tb.  Birt 

Auch   J.  Bach  (Stademuod's  Studien  II  S.  333)  Tertheidigt   hone  und 
schlägt  ohne  viel  Zoyersicht  Qmtmam  fnr  Cmr  zu  keen  vor. 

101.  £pid.    596    Qaid,    ob    eam    rem  |  Aanc    emitti,    qufa   tnam 

gnat4m  ratn's? 
So  P;   Α  hat   nur  Anfang  nnd  Schlote  der  Zeile.    Man   setzte 
natürlich^  wie  oft,  istane  fnr  kane.   Aber  letzteres  ist  tadellos;  vgl.  dies 
Pronomen  in  den  2^ilen  589  o.  590. 

102.  £pid.  640  Lunolam  atqae   an^llnm  aor^olom  in  digitam.  || 

Meminif  mi  |  homo. 
So  im  Wesentlichen  Β  und  A;   jedenfalls   beide    digttum;   anch 
iii€sitiu  mi  homo  scheint  für  Α  sicher.  —  Man   konnte   aoch   betonen: 
tu  digitum.    Meminty  mi  homo;  aber  vgl.  oben  Nr.  50. 

103.  Epid.  650  Quid?    ego  modo  |  Aaic  frater  faotne  dum  intro 

eo  atqne  έχβο. 

So  Β  (eaeo  f.  exeo);    Α  fehlt,    dum  ego  intro  eo  JF.    Die  erste 

Vershälfte  ist  intakt ;  den  Schlnss  lese  ich :   dum  domum  iniro  eo  aique 

Sxeo  nach  Men.  662.    Jedenfalls   ist  das  zweite  ego  neben  dem  ersten 

überflüssig  and  vom  UebeL 

104.  Menaechm.  82    Nam  |  Aomini    misero  ti   4d  malnm  accedit 

malom. 

So  P;  wohl  auch  Α  nicht  anders.    Tadellos;  vgl.  oben  Nr.  38 ^ 

105.  Man.  89  Apud  meosam  plenam  |  Aomini  roetrum  doliges. 

So  P;  ebenso  Nonius  (hominis);  Α  hat  nor  die  letzten  17  Buch- 
staben.    Tadellos. 

106.  Men.  96  Nam  ego  4d  Menaechmum  |  Mnc  eo,  quo  iäm  diu. 

So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

107.  Men.  98    Nam  illic  homo  |  Aomines  ηόη  altt,  yemm  educat. 

So  einstimmig  Ρ  und  Nonius  und  A,  der  zu  Anfang  .  .  MILL- 
.  .  .  .  M.    iUic  als  Nominativ  hat  zweite  kurze  Silbe. 

108.  Men.   188  Tuest  legio  adiudicato  cum  utro  |  Aanc  πoctέm  siee. 

So  Ρ  {ecies};  Α  unsicher.  Der  Anfang  der  Zeile  ist  corrupt,  am 
Schluss  dagegen  Lesung  und  Betonung  zweifellos.  Ich  vermuthe:  Tu 
legio  es  ac  iudicata  eqs. 

109.  Men.    223    N4m    parasitue    octo   |  /lominam    munns    facile 

fungitur. 
So  Ρ  und  Nonius;    auch  Α  stimmt  genau,   nur   hat  er  nunc  st. 
munus.    Der  Einsatz  von  certo  vor  octo  (Redslob)  wäre  Flickwerk. 

110.  Men.  270    Id  atrumqae,   argentum    quando  |  habeo,    cavero. 

So  P;  Α  fehlt.  Ist  habd>o  wirklich  nothwendig?  vgl.  Mil.  772; 
auch  Men.  430 ;  547  ^.    So  gewiss  das  Futur  dem  strengeren  Usus  ent- 


»  Enim  Itomini  Ilavet  Revue  de  phil.  XVI  S.  73  f. 
2  Mehr  Beispiele  für  das  Futur  giebt  P.  Scherer  in  Studemund's 
Studien  II  S.  114. 


Beiträge  zur  lateinischen  Orammatik.  67 

spricht,  so  entschuldbar  ist  doch  das  Präsens  an  der  vorliegenden  Stelle, 
da  der  Redende  ja  das  Geld  jetzt  eben  zu  erhalten  im  Begriff  und 
vollständig  sicher  ist,  dass  der  andere  es  ihm  ausliefert.  Zwei  Zeilen 
danach  steht  schon  das  eape  atque  serva.  So  lässt  sich  denn  Truc.  817 
non  ί4κά>ο  quando  adest  annähernd  vergleichen. 

111.  Men.  304  Cum    nihil    est  qui  illi  |  Λόmini  diminaam  capnt. 
So  Ρ  (dimminuam  B).    Α  fehlt,    tüie  Ritsch l. 

112.  Man.  316    Τα  hircle  |  ΛοιηίηβΜ  mnltum  et    odioeum    mihi. 

So  im  Wesentlichen  P;  Α  fehlt.  Eu  f.  Tu  Camerarius.  Für 
muHum  wollte  Th.  Bergk  mtäum,  ich  lese  sttütum,  ebenso  wie  Mil.  587 
plus  stulto  suem  für  plus  mülto  suem.  Richter  S.  511  greift  dazu,  edepol 
für  hercle  einzusetzen. 

113.  Men.  879    U'bi  tu  |  Anno    hominom    novisti  ?  ||  Tbidem,    ubi 

hie  me  idm  diu. 
So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

114.  Men.  471  Non   h6rcle    ie    eum  qui  eum  ni  |  hanc  iniuriam. 

So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

115.  Men.  489  Flagitiom  |  hominis  subdole  ac  mintmi  preti. 

So  P;  Α  hat  flagUium  ho.  Vgl.  Nr.  21  und  117.  Gas.  552  fällt 
Dihärese  dazwischen. 

116.  Men.  690  £&ndem  nunc  reposcis :  patiar;  tibi  |  habe,  aufer, 

utere. 
So  P;  Α  fehlt,    tibi  kann  hier   nicht  als  Jambus,    sondern    nur 
als  Pyrrhichius  gelten. 

117.  Men.  709  Flagiiium  |  Aominis,  cum  istoc  ornatu  ?  ||  Quid  est? 

So  P;  Α  fehlt. 

118.  Men.  731  Heu  |  hercle  mulier  multum  et  audax  et  mala  es. 

So  P;  Α  fehlt.     Sprich  hev?  oben  zu  Nr.  56. 

119.  Men.  903    Quem    ego  |  Äominem  siquidem  vivo  vita  |  evol- 

v4m  sua. 
So  Ρ  (vita  volvam  D  m.  2).     Die   erste  Vershälfte  ist  correkt;  für 
die  zweite  ergiebt  sich  leicht:  έ  vita  evolvam  sua. 

120.  Men.  961  Salvns  salvoe  alios  video,  novi  |  Aomines,  adloquor. 
So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

121.  Men.   1088  S4lvom    tibi  ita    ut    mihi    dedieti    roddibo,  |  hie 

m&  mane. 
Nonius  giebt  die  Zeile  nur  bis  reddibo.  In  BCD  steht  sie  zwei- 
mal; an  erster  Stelle  wird  hie  me  mane  in  CD,  hie  mame  in  Β  m.  1 
gelesen;  an  zweiter  Stelle  haben  BCD  bloss  hie.  Immerhin  folge  ich 
in  dem  angesetzten  Text  der  vollständigsten  üeberlieferung;  und  sie 
reicht  aus. 

122.  Men.  1061     Faoiitis   ut    ego   |  hodie  abstulerim    p&llam    et 

spinter,  possumae. 


68  Th.  Birt 

So  Ρ;  Α  Dicht  lesbar;  enthielt  vielleicht  mehr  Buchstaben.  Das 
hinc,  das  Ritschi  einsetzte,  ist  für  diese  Versicherung  des  Menaechmas 
durchaus  überflüssig. 

123.  Men.  1097 — 98  Τέ  Syracosie  natom  esse  dixisti :  hie  natdst  ibi. 

Mosohum  tibi  patrom  fuisee  dixti:  |  λαίο  itidim  fnit. 
So  im  Wesentlichen  Ρ ;  Δ  fehlt.  Man  wird  auch  an  erster  Stelle 
dixti  herzustellen  geneigt  sein.  Wenn  nun  0.  Seyffert  Stud.  Plaut. 
(1874)  S.  13  in  beiden  Versen  vor  dem  Demonstrativ  ein  et  einschaltet, 
so  leugne  ich  für  beide  die  Nothwendigkeit.  Vor  allem  ist  v.  1098 
huie  itidetn  ohne  et  durchaus  richtig  und  ebenso  gesagt,  wie  es  v.  1096 
hiess:  Menaechmum  opinor  te  vocari  dixeraa  .  .  .  huie  item  Menaechmo 
nomen  est;  denn  auch  hier  steht  et  nicht.  Aber  auch  v.  1097  ist  et 
nicht  erwünscht;  denn  alle  drei  Satzpaare,  die  der  Beweisführung 
dienen,  müssen  conform  gebildet  sein  (bei  G.  Seh.  ed.  minor  ist  es 
daher  denn  auch  beseitigt);  es  wäre  hier  höchstens  ein  dixti:  hie  item 
natust  ibi  oder  besser  hie  ibidem  natm  est  zuzugestehen. 

124.  Merc.    116    CurrSnti    properanti  |  haud    quisquam    dignnm 

habet  decedere. 

So  Ρ  (heu  f.  haud  B);  Α  fehlt.     Dies  ist  iambischer  Octonar  wie 

die  umgebenden  Zeilen ;  die  Cäsur  vernachlässigt  wie  v.  117,  118  u.  132. 

125.  Merc.  357  lam  |  hinc  olim  invitum  domo  oxtrueit  uh  ee. 

So  Ρ ;  Α  fehlt.     Die  Baccheen  sind  fehlerlos. 

126.  Merc.  366  Mous    pater  |  /no  qnidem  est  quem  video.     (ibo) 

dlloqaar.  quid  fit,  pater? 
So  B;    aber    auch   Α    scheint   diese   Wortfolge    und    nicht    meus 
quidem  hie  pater  est  zu  bieten,  welche  letztere  CD  geben.  —  Andere  be- 
tonen: Meus  pater  hicquidomst  eqs. 

127.  Merc.  439  Noquiqaam  poeeit;  ego  |  habeo.  ||  A't  illic  pollici- 

tust  prior. 
So  BD^;  habebo  CD^.     Α  fehlt,    habebo  ist  vielleicht  richtig,  vgl. 
V.  442. 

128.  Merc.  615  Νόη  tibi  ietuc  magis  dividiaest  qadm  mihi  |  hodii 

fuit. 
So  Varro;   ebenso  Ρ  (aber    nee   f.  non);   Α    fehlt.    Der  Sinn   ist 
tadellos  und  kein  Buchstabe  zu  verändern. 

129.  Merc.  676  Qui  |  h4nc  vicini  nostri  |  aram  |  dugeram. 

So  P;  Α  fehlt.  Die  Behandlung  des  Schlusses  berührt  den  An- 
fang nicht,  augeam  liegt  nahe^;  Ussing  schaltete  rite  nach  nostri  ein; 
ich  versuchte  aram  ornem  et  augeam  (vgl.  Vergil  georg.  IV  276).  Doch 
fehlt  vielmehr  deus  zu  vicinus  (der  Gott  des  Vicus;  zur  Bildung   vgl. 


^  Vgl.  M.  Gesner  Thesaurus  I  S.  536. 


Beitrage  zur  lateiDischen  Grammatik.  69 

den    deas    Montinus  bei  Arnobius  IV  9);    also:  Qui  \  hanc   dei  vicini 
nostri  aram  augeam'^. 

130.  Merc.  919  0'miiibiiB  |  Aic  ludificatur  m&  modle,    ego  stultior. 
So  P;  Α  fehlt.     Das  Sabjekt  steht  richtig  voran,    und  me  modis 

allitterirt;  künstlich  wäre  die  Stellung:  amnibus  me  ludificatur  hie  modis, 

131.  Merc.  928  M&ne  mane  Charine.  ||  Errae,  mi  decipere  |  hkna 

potes. 
So  Ρ  (potest  BC);  Α  fehlt.    Hier  ist  Hiat  beim  Personenwechsel, 
übrigens  alles  in  Ordnung. 

132.  Miles  4  Praestringat  oculorum  &ciem  in  acie  |  hoetibue. 

So  Α  und  Ρ ;  ebenso  Nonius  und  Priscian ;  vgl.  H.  Cäsar  a.  a.  0. 
S.  273. 

133.  Miles  23  Me  sibi  |  ftabeto;  6go  me  mancipio  dabo. 

So  A;  ebenso  P,  nur  et  ego  CD.  Ich  gebe  meinen  früheren 
Füllversuch  (Rh.  Mus.  40,  522)  natürlich  auf.  Die  Betonung  ist  gut. 
In  dem  et  aber,  das  CD  bieten,  wird  der  Dativ  ei  stecken,  und  also 
vielmehr  zu  lesen  sein:  Me  sibi  habetOy  ei  igo  me  mancipio  dabo;  ei 
vor  Vocalen  unverschliffen  ist  häufig  (vgl.  Gas.  572;  Cist.  567;  Cure. 
43;  603  u.  a.),  und  der  Sinn  empfiehlt,  dass  solcher  Dativ,  wenn  er 
überhaupt  steht,  mit  Betonung  voranstehe;  dies  erkannte  W.  Wagner 
(Litter.  Centralblatt  1876  S.  694),  der  aber  las  und  accentuirte:  8ibl 
me  habeto:  ei  igo  me  mancupio  dabo. 

134.  Mil.  439    E'gone?   ||  Τα.   ||  Qnae  |  hin   Athenie  E'pheenm 

adveni  v^eperi. 
So  Ρ   {eri  D;   vesperis  B).    Α    fehlt.    Auch  Most.  955   steht   tu 
statt  tune;  anders  Trin.  634;  Capt.  857;  £pid.  575;  Stich.  632. 

135.  Mil.  452  ^eqae    moror  neque  νόβ    qoi  |  homines  sitis  novi 

noque  solo. 
So  P;  Α  fehlt,    qui  hominea  gehört  zusammen;   es  ist  also  nicht 
umzustellen. 

136.  Mil.  620  A'  te    expetere;    ex    opibas  summis  moi  |  honoris 

gratia. 
So  Ρ  {mihi  f.  met),   mit  Abweichungen    in  der  ersten  Yershälfte, 
die  aber  die  zweite  nicht  berühren.    Α  fehlt. 

137.  Mil.  716  Nimis    bona  ratione  niminmqne  &d  te  et  tnam  vi- 

t&m  I  Aabes. 
So  Α  nach  Studemund  (vgl.  auch  G.  Seh.  ed.  minor);  uitam  u. 
abes  nach  Löwe.  Die  Lesung  kann  nicht  zweifelhaft  sein,  und  es  ist 
auch  schwerlich  etwas  zu  ergänzeu.  Ρ  et  tua  multam  uideSy  welches 
vides  jedenfalls  nicht  zu  brauchen  ist.  Das  bona  ratione  habes  wird  im 
folgenden  Vers  mit  te  bene  habes  genau  wieder  aufgenommen.  Nur  tritt 
ad  zu  habere  recht  frei  hinzu.  Man  möchte  apte  ad  tuam  vitam  habes 
vermuthen  {apte  FZ;  atte  CD;  ate  B^). 

1  Der  Mars    Vieinnus   kann    hiermit  schwerlich   etwas    zu    thun 
haben,  über  den  s.  M.  Ihm  Rh.  Mus.  52  S.  460. 


70  Th   Birt 

138.  Mil.  804  Lipidioree    duas    ad  banc  rem  qu&m  ego;  |  ^abe 

animnm  bonnm. 
So  Ρ  {aera  f.  rem  u.  ab  f.  habe  B) ;  Α  wenig  lesbar.    Der  Vor• 
ist  heil;  zu  quam  ego  ist  repperi  zu  ergänzen.    Zu  habe  animum  bonum 
vgl.  oben  Nr.  7. 

139.  Mil.  832  Neque  ille  |  bic  calidum  ^xbibit  in  prandinm. 

So  Ρ  (exmvit)',  Α  fehlt.  Die  Conjektur  Bothe's  iUie  für  tue  hie 
erzeugt  erst  den  Hiat,  kann  also  nicht  richtig  sein.  Vielleicht  ist  iÜe 
Mnc  zu  schreiben,  d.  i.  *  deshalb*;  vgl.  das  hine  Mil.  294  und  das 
Terenzische  Hinc  tUae  lacrumae\  exbibit  ist  Perfekt,  hat  also  lange 
Endsilbe. 

140.  Mil.  838  To  |  hircle  idem  f&ceres,  ei  tibi  esset  cr^dita. 

So  F;  Tu  herde  diem  und  sit  P;  aber  auch  Α  {TV)HERCLETy 
darauf  ein  D  unsicher.  Hiemach  ist  idem  wohl  als  Ueberlieferung  an- 
zusehn;  das  Wort  ist  pyrrhichisch. 

141.  Mil.  919  Adsunt   fabri  arobitootiqne  ad  eam  (rim)    \    hand 

inperiti. 
So  hatte  wohl  Ρ  ursprünglich,  aber  atsunt;  sodann  steht  für  ad 
eam  haud  in  Β  ate  amant,  in  C  ate  amea  utj  in  D  ate  ama  ut,  Α 
fehlt.  —  ad  eam  genügt  nun  allerdings  sohwerlich,  da  man  *ad  cari- 
nam*  zu  verstehen  hatte  und  es  sich  vieiraehr  um  die  Vollendung  des 
Schiffsbaus  handelt.  Auch  das  Metrum  verräth  die  Lücke.  Daher  ist 
rem  eingesetzt,  von  welchem  Wort  cod.  C  wenigstens  das  e  erhalten  hat. 

142.  Mil.  1049  Nam  hune  dnulum  ab  tui  cupienti  |  huic  d^tali;| 

Äio  porro. 
ab  tui  eupientis  Ρ  (ab  tui  om.  B) ;  ferner  huic  porro  Ρ  (huie  om. 
B).  Α  fehlt.  Zur  Sache  vgl.  v.  912  f.  u.  960,  wo  auch  das  porro. 
Es  wird  also  nichts  vermisst  ausser  dem  Dativ  tibi  vor  porro-,  die  Ana- 
paste sind  so  zu  skandiren:  Nam  hunc  dnulum  |  ab  tui  cupienti  |  huic 
dittUi,  I  hie  tibi  porro. 

143.  Mil.  1090  Hie  cum    (mea)    era    est;    clam    nostrum  |    Ληηο 

sermonem  eublegorunt. 
So  P,  nur  cumera  est  (cum  fera  est  B);  sermonem  sublegerunt  B, 
subl.  sermonem  CD.    Α  fehlt.    Pseudo-Servius  kann  nicht  zur  Berichti- 
gung dienen,    mea  ist  mit  Gruter  nothwendig  und  leicht  zu  ergänzen; 
das  üebrige  richtig;  nostrum  hat  die  Betonung  wie  quotiens  v.  1056  u.  a. 

144.  Mil.  1136  Una  exeuntis  video  |  Äinc  e  proxnmo. 

So  A;  ebenso  P,  nur  mit  Auslassung  des  e.    Tadellos. 

145.  Mil.   1236  Non  f&ciet,    bonum   animum  |  Aabe.  ||  TJt  ipsa  ee 

contomnit. 
So  P;  Α  fehlt.    Zur  Wortstellung  vgl.  oben  Nr.  7. 


1  Vgl.  Bach  in  Studemund's  Stud.  II  S.  202. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  71 

146.  Mil.  1286  He  amoris  canea  |  hoc  ornatu  inoedere. 

So  P;  Α  fehlt. 

147.  Mil.  1308  Marie  o&uea  |  Aercle  |  h6c  ego  oculo  ntor  minue. 

So  P,  nur  moris,  ferner  cigo  (ago  om.  B);  endlich  minem  f.  minus; 
dagegen  maris  Z;  ego  FZ;  minus  Camerarius.  mar(t«)  wird  aber  auch 
für  Α  von  Lowe  bezeugt.  Die  Betonung  Maris  causa  hercle  ist  un- 
nöthig.     Für  den  Sinn  wird  nichts  vermisst. 

148.  Mil.  1326  N&m  nihil  miror   ei  libenter  Philocomaeium  |  hie 

erae. 
So  P;   Α  fehlt.    Das  hie  entspricht  dem  hie  der  nächsten  Zeile. 

149.  Mil.  1327  Forma  |  ^uiue  mores  virtue  dnimom  attinuere  hie 

tunm. 

So  P,  nur  formam  und  morem  und  hie  animum  attinere  hie  tuum, 

Α  fehlt.    Der  Vers  giebt  einen  Hauptsatz,    der    ohne  Anknüpfung  die 

vorige  2ieile  begründet;    enim  oder  eine  andere  Partikel  ist  vollständig 

entbehrlich. 

150.  Mil.  1350  Νέ  quis  tibi  \hoQ  vitio  vortat.  ||  Moa,  non  illornm 

dedi. 
So  Ρ  (vitio  om.  B).   Α  fehlt.   Das  hoc  steht  so  wie  das  in  v.  1348 
und  ist  an  beiden  Stellen  gleich  richtig. 

151.  Mil.  1381  Me  quaorit  illic;  ibo  |  huic  puero  obviam. 

So  Ρ  (ilico  hinc  B);  Α  fehlt. 

152.  Mil.  1412  Qu6d  tn  |  hodie  hie  vorberatu^e  &at  quod  verbe- 

r&bere. 
So  Α  (wenn  schon  nicht  sicher) ;  ebenso  P,  nur  verberare.  Tadellos. 

153.  Mil.  1425  O'psecro  vos.  ||  Solvite  ietunc.  ||  Ordtiam  |  Aabeo 

tibi. 
So  Α  (s.  Th.  unsicher);  ebenso  Ρ  (istuc  oder  istum).   Ohne  Anstoss. 

154.  Mil.  1430  Nam    illic   qui  ob  oculum  |  Aabebat  Idnam  nauta 

nOD  erat. 
So  nach  A;   Ρ  nam  tUe  qui  lanam  ob  oculum  \  habSbat  eqs.    In 
beiden  F&llen  macht  h  Position. 

155.  Most.  6  Quid  tibi  malum  |  h'ic  4nte  aedis  dam&tioet? 

So  Ρ  (nur  clamatiosi);  Α  fehlt.    Ohne  Anstoss. 

156.  Moet.  152  Disco  |  Mastis  pila,  ciirsu  armis  equo. 

So  Ρ  (filia  f.  pila);  Α  fehlt.  Cretischer  Dimeter  (mit  troch. 
Tripodie?). 

157.  Moflt.  174  Ergo    ob  |  /loc  verbum  ii  Scapha  donibo  ego    | 

hoaie  &liqai. 

So  P;  Α  fehlt.    £s   fehlt   nichts;    die  Wortstellung   ist  richtig. 

Die  sechste  Hebung  hat  Auflösung,  und  ego  braucht  nicht  iambisch  zu 

sein,    ob  hoc  mit  gelängtem  ob  kehrt  ganz    ebenso  im  8.  Jhd.  n.  Chr. 

wieder,  Bücheier  c.  epigpr.  727,  3. 


72  Th.  Birt 

158.  Most.  175    Neque    patiar    te  |  Aanc    gr&tiie    lauddeee    qnae 

plackt  mi. 
So  Ρ  (aber  gratis  und  mihi)  ausser  B,  der  istane.  Philolaches 
redet  von  der  anwesenden  Philematium ;  hanc  ist  also  genau  so  richtig 
wie  haec  v.  1Γ»2,  huius  v.  207,  hanc  v.  213,  haec  v.  234.  Dagegen 
steht  istam  v.  183  u.  184,  weil  hier  die  Rede,  und  zwar  in  wegwerfen- 
dem Ton,  vielmehr  an  die  dritte  Anwesende,  Scapha,  gerichtet  ist; 
ferner  ist  222  die  oratio,  nicht  das  Mädchen  selbst  mit  ista  bezeichnet; 
vgl.  252.     Also  ist  v.  175  istane  abzuweisen;  aber  lies  ted  hanc*^ 

159.  Most.  377    lube  |   abire    rureum;    quid    illi    roditio   etiam    | 

Λήο  fuit? 
So  Ρ ;  Α  fehlt.    Ob   zu  Anfang    mit  Scholl  I  iube  zu   schreiben 
ist,  kommt   hier   nicht    in   Betracht.     Ueber  abire   an  Hiatstellen   vgl. 
den  Schluss. 

160.  Most.    382  Ε  cce    autem  |  hie    dopoeivit    caput    et    dormit ; 

siiecita. 
So  P,  jedoch  deposuit  und  suscitat.     Α  fehlt. 

161.  Most.  392  U'bi  ego  ero?  ||  Ubi  maxime  esee  vis:  cum  |  ääc, 

cum  istdo  eris. 

So  Ρ  (cuhac  C);  Α  fehlt.   Aehnlich  cum  hoc  Rud.  1382.     üebri- 

gens   über   cum   vor  Yocal  s.  zu  No.  24  u.  62.    Mit   andrer   Betonung 

steht    Gas.  612  cum  hdc  I  cum  istac;    hier   ist   das   cumque  istac  in  F 

nicht  so  übel,  da  noch  ein  cumque  folgt. 

162.  Most.  434    Scies   inposisse   in  undam,  |  hem  causa  illico  est. 

So  Ρ  (ζ.  Th.  sies);  Α  fehlt.  Das  est  umzustellen  scheint  un- 
nöthig:  'so  ist  sofort  kein  Anlass,  dass  du  mich  nicht  um's  Leben 
bringst'. 

163.  Most.  498   Hie  habito,  |  ^aec  mihi  didita  est  habit&tio. 

So  P;  Α  fehlt.     Ohne  Anstoss. 

164.  Most.  540  Ne  |  ^oc  senex  resciecat.     Ibo  huic  obviam. 

So  Ρ  (rescissat;  in  Β  hinter  hoc  2  Buchstaben  getilgt);  Α  fehlt. 
Ohne  Anstoss. 

165.  Most.  571  Hie  homo  est  inanie.  ||  Hie  homo  est  certe  |  Λ4- 

rioiue. 
So  P,  nur  homo  itianis  est  (corr.  Pylades)  und  ariolus.    Α  fehlt. 
Das  zweimalige  homo  est   entspricht   sich,   und   die  Umstellung  des  est 
scheint   deshalb   sicher.    Der   nom.  hie  ist   bei  Plautus  kurz,   die    ge- 
gebene Scansion  somit  nothwendig. 

166.  Most.  593  Quid  die  tu  |  omninm  |  Äominum  taetSrrime? 

So  A,  ebenso,  nur  hominum  {-em)  omnium  P.  Für  spondeisches 
ats  resp.  ain  führt  man  Stellen  an  wie  Amph.  284;  344;  Asin.  896; 
doch  ist  der  Ansatz  um  der  Etymologie  willen  mehr  ala  bedenklich; 
denn  agis  'du  sagst*  war  so  gut  Pyrrhichius  wie  fugis  (obenS.  6),  und 
der  Ausfall    des  Gutturals    konnte    den  Vocal  natürlich    nicht    langen. 


Beitrage  zur  lateiDischeD  Grammatik.  73 

Ich  ziehe  daher  vor  exciamatives  ο  vor  ownium  eiDznsohiebeo ;  vgl.  ο 
sederum  caput  Cure.  234;  ο  catenarvm  Colone  eqe.  Asin.  298;  an  Bei- 
spielen, dass  solches  ο  nicht  am  Satzanfang  steht,  fehlt  es  nicht';  ο 
omnium  aber  steht  ebenso  verbunden  Ter.  Phorm.  853. 

167.  Moet.  709  Voetrae,  |  λαβο  R&t  ecio  qiiom  habeat  mal^. 

So  im  Wesentlichen  Α  und  P;  nur  quam  AB';  quam  me  CDB^; 
quom  Scholl.    Cretici  und  Trochäen. 

168.  Moet  790  Heue  tu  ei  νοίέβ  verbum  |  hoc  cogitire. 
So  Ρ  und  A?    Fehlerlose  Baccheen. 

169.  Moet.  792  Ego  hio  eeee  et  illio  eimitn  |  Aau  potui. 
So  A;  simul  oder  simui  et  f.  simitu  P.     Baccheen. 

170.  Moet.  870  Si  |  hnio  imperabo,  prob6  tectnm  habibo. 

So  P;  Α  fehlt.  Tadellose  Baccheen;  es  ist  fraglich,  ob  ein  Mono- 
syllabum  wie  si  sich  gel.  vor  Vocal  behauptet;  vgl.  Aul.  367;  Cure. 
54;  Men.  9;  502;  Mil.  1356. 

171.  Moet.  899  Hene   ecquie  hie  eet  maximäm  qui  |  hie  iniuriam 

ForibuR  defendat?  eqe. 
So  im  Wesentlichen  Ρ  (^ffit  aus  quis  corr.  C);  anscheiuend  nicht 
anders  A;  Heus  mnss  extra  metrum  stehen;  der  Vers  ist  wie  900  ein 
Senar,  mit  gekürztem  ecquis. 

172.  Moet.  912  Di    immortalee,    morcimoni    Upidi.  |  Äercle    nunc 

ferat. 
So  im  Wesentlichen  P;    Α  fehlt.    Man   hat  st   vor  herele  einge- 
setzt.   Die  Syntax  erfordert  dies  durchaus  nicht ^. 

173.  Moet.  1039  Sume.  ||  £&demqne  opera  |  hdec  tibi  narrivero. 
So  Ρ  (operam  BC);  Α  fehlt. 

174.  Moet.  1124  Qo6que   modo  |  ^ominem    dd(yenientem)    e^rvoe 

ludific&tne  eit. 

So  Ρ  (statt  venientem  leeres  Spatium,  sodann  ludifieatum);  Α  fehlt. 

Bngge'f  dominum  ist  sehr  hübsch,  hat  aber  keine  metrische  Nothwendig- 

keit.     Auch  ist   der   ankommende  Theopropides    für  CalHdamates   nur 

ein  homo,  kein  dominus. 

175  Moet.  1165  Si  hoc    pndet  fecleee  enmptum,   ejpplici  |  habeo 

minae. 
So  P,  aber  supplieii  (mmptum  sumptum  CD);  Α  fehlt. 
176.  Perea  61    ünde    igo  |  Anne   qnaeetnm   optineo   et    maiorim 

locuro. 

So  Ρ    (ν.  1.  obtifieo);    Α    fehlt.     In    quaestum   ohtinen   steht   das 

Objekt  genau  so  voran  wie  im  v.  53.     Scholl  stellt  um  und  erzielt  den 

Anapäst  unde  et  Ätiwc,  über  den  vgl.  Rh.  Mus.  51  S.  255  f.;  52  Suppl. 

S.  172. 


1  P.  Richter  a.  a.  0.  S.  595. 
s  Vgl.  Rh.  Mus.  40  S.  555. 


74  Th.  Birt 

177.  Persa  108  Sapis  multuin  ad  genium.  ||  8M  ecqnid  meministi,  | 

Äere? 
So  Ρ  (nur  hecquid;  ere  CD);  Α  fehlt.    Tadellos. 

178.  Perea    140    Νπιηςτιέιη   |  Aerole    hodie    hie    priue    edee,    oe 

fruetra  sie. 
So  Ρ  (nur  sedis  f.  edes) ;  Α  fehlt.  —  Bemerkenewerth  ist,  dass  hier 
zweimalige  Yerschleifung  daneben  steht'. 

179.  Perea  217  £o    ego  |  hinc,    haud    longo.  I|  Et    quidem  ego    | 

hdnd  longe.  ||  Quo  ergo,  ecelue? 
So  Ρ  (ego  f.  ergo  B);  Α  fehlt.    Es  fehlt  kaum  etwas. 

180.  Perea  226  U'bi  illa  altra  eet  furtifica  laeva?  ||  Domi  eccam,  | 

huc  nullam  dttuli. 
So  Ρ  (altera;  in  C  ist  hinter  eccam  ein  spatiura);  Α  fehlt. 

181.  Perea  248    A't    ego  |  %anc    ad    Lemniselenem    taara    eram 

opsignatam  Äbietem. 
So  Α  und  Ρ  (obsign.y    Es  fehlt  nichts. 

182.  Perea  262  N&m  |  hoc    argentum    &libi  abntar;    boves    quoe 

emerem  ηόη  erant. 
So  Α  und  P.    Tadellos. 

183.  Perea  392  Librorum  eccillum  |  ^4beo  plennm  eoraoum. 

So  P;  ebenso  codex  Turnebi,  aber  aedUum  httbes;  auch  A,  aber 
pUnum  illutn:  eccillud  Paulus-Festus,  und  danach  Sonnenschein  Claes. 
Review  VI  S.  400;  ein  Werk  der  Verzweiflung. 

184.  Perea  550  U  rbie    epeciem    \ddi,  |  dominum   mores  perepexi 

parum. 
So  Ρ  (nur  prospexi)-,  ebenso  A;  Scholl  glaubt,  dase  in  Α  hinter 
hominum   der  leere  Raum  Einschaltung   eines  aiUem  gestatte.    Jeden- 
falls wäre  dann  Ρ  zu  folgen  und  das  autem  zu  tilgen,    das  die   straffe 
Rede  schleppend  macht. 

185.  Perea  512  Nam  ie  mihi  |  honores  suae  domi  habuit  maxnmoe. 

So  P;  im  Wesentlichen  auch  A. 

186.  Perea  617   Virgo,  |  hio  homo  probue  est.  ||  Credo.  ||  Νόη  diu 

apnd  hunc  eorviee. 
So  Α  und  P;  tadellos. 

187.  Pere.  685    Crominam  |  ^anc   emere   äut  facere   ut  remigr^t 

domum. 
So  Α  und  Ρ  einstimmig;    es   ist   wohl   leicht   uti    herzustellen; 
doch  fehlt  eben  die  Nötbigung  (s.  G.  Seh.  ed.  minor). 

188.  Perea  697  Atqoe  odepol  tu  me  commonuieti  |  Aau  male. 

So  im  Wesentlichen  Α  (sicher  male);  ebenso  Ρ  (aber  haud);  da- 
gegen steht  V.  593   tu  me  monuisti  hau  male  mit  Verschleifung;    nur 


'  Früher  von  mir  anders  beurtheilt  Rh.  Mus.  40  S.  556. 


Beiträfife  zur  lateinischen  Grammatik.  75 

geht  dort  hercle,  hier  edepol   vorauf  und  die  Meesnng  gestaltete  sieh 
somit  anders. 

189.  Persa  738    Nisi    ^go  illum  |  Aominem   pärdo,    perii,   atque 

optnme. 
So  Α  und  Ρ  (optime).    Man  druckt  ülune. 

190.  Perea  782    Vehiclum   drgenti   mieer   nieci,   neque  quam   ob 

rem  eieci  |  Itkheo, 
So  V  {vehiculum)f  nur  steht  überdies  hinter  dem  ersten  eieci  das 

Glossem   atnisi  (ei  ciamisi  B).    Λ  fehlt.    Der  Vers   ist  katalektisch  wie 
die  folgenden. 

191.  Pers.  843    Graphice  |  hunc  volo   ladificari.    ||    Meo  ego  in 

loco  sedulo  curabo. 
Graphiee  codex  Turnebi,  libri  Lambini,  cod.  Scaligeri;  dafür  hiee 
Ρ  (hie  est  CD),  mit  vor  aufgehendem  leeren  Raum,  in  Β  für  etwa  5  Buch- 
staben, in  D  für  etwa  8.    Α  fehlt. 

192.  Poen.  211  Navem  et  mulierem  |  Äaec  duo  comparato. 

So  P;  Α  fehlt.    Fehlerlose  Baccheen. 

193.  Poen.  389  Huius  delicia,  |  huius  ealue  amoena,  |  huius  festi- 

vitae. 

So  Α  und  B.    Die  Anapher  empfiehlt  den  Genitiv  an  allen  drei 

Stellen  gleich  zu  behandeln ;  vgl.  zu  Nr.  89.    Daher  lautet  auch  v.  390 : 

194.  Poen.  390  Huiae  coluetra  |,  Λύίυβ  dulciculue  caeeue,  mastigia. 

So  nach  Ρ  (bes.  B).    Bestätigend  sind  auch  die  voraufgeheuden 
Zeilen : 

195.  Poen.  387  f. 

Sic  enim  diceree,  sceleete :  huiue  voluptae,  te  opsecro, 

Hnins  mel,  huius  cor,  huiue  labellum,   huius  lingua,    huius 

s&vium, 
in  welchen  Zeilen  huius  wiederum   durchgängig  zweimorig  ist;  nur  an 
letzter  Stelle  Hesse  sich  voll  spondeisches  huitu  ansetzen.     Wer  jedoch 
den   hier  vorgetragenen  Beobachtungen   folgt,   wird   zugestehen,   dass 
die  Analogie  auch  hier  die  Betonung  aufnöthigt: 

Huius  mel,  huius  cor,  huius  labellnm,  |  huius  linguä  |  huius  sävium, 
so  dass  die  vorletzte  Hebung  in  zwei  Kurzen  zerfallt.  Auf  die  Goncinni- 
tät  der  Messung  hat  Schmidt  de  demonstr.  pron.  S.  62  f.  nicht  Acht 
gegeben.  Der  codex  Turnebi  giebt,  nach  Lindsay,  v.  387  f.:  Huius 
coüu9tra  huius  solus  amoena  huius  festivitaSy  Huius  coüustra  huius 
dudiculus  (so)  casetis  mastigiaf  Huius  cor,  huius  Studium,  huius  savium 
mastigia,  also  im  Wesentlichen  mit  B. 

196.  Poen.  395  iTt   tu  |  huic    irata  ne  sie,    aut    ei   id  fieri   non 

potest. 
So  A;  ebenso  P.    Es  fehlt  nichts.    Zu  huic  vgl.  oben  No.  60. 


76  Th.  Birt 

197.  Poen.  474  Vol&ticorum  |  Aoininnm?  ||  Ita  deico  qnidem. 

So  Α  und  P,  nur  beide  Ε  volaticorum ;  doch  steht  in  Α  der 
tilgende  Punkt  über  dem  E.  Ρ  dico,  Ion  Ε  könnte  eine  Exclamation 
stecken,  die  extra  metrum  stünde  (Ritschi  u.  Α.).  Leo  sieht  darin 
ein  Personenzeichen.  Uebrigens  entschuldigt  hier  den  Hiat  der  Per- 
sonenwechsel. 

198.  Poen.  566  Vix    qnidem  |  Aercle,    ita   pauxilla  est,    digitulie 

primoribne. 
So  P,  Α  fehlt. 

199.  Poen.  662  At  enim  |  Λίο  clam  furtim  έβββ  volt  ne  qnie  eciat. 

So  A;  ebenso  Ρ  (uoli  u.  sciant);  sciat  auch  codex  Turnebi. 
Tadellos.  Wenn  Müller  se  esse  volt  schrieb,  so  wird  dies  durch  potare 
amare  volt  v.  661  widerlegt,  wo  ein  se  fehlt 

200.  Poen.  730  Si  ezierit  leno,  quid  tarn?  |  Aominem  interrogem? 

So  Α ;  statt  quid  tum  giebt  Β  censerit,  G  censent  aus  eenseo  corr., 
D  censent.  —  hominemne  zu  schreiben  wäre  nicht  willkommen,  weil 
noch  ein  veneritne  folgt. 

201.  Poen.  791  Ehou  qaom  ego  habni  |  Aarioloe  harospicee. 

So  Nonius  und  P,  jedoch  Nonius  quam  u.  aruspiees.  Dagegen 
hariolos  Nonius  u.  BC.  Α  fehlt,  hariolus  steht  ähnlich  oben  No.  165. 
quom  wird  richtig  sein^. 

202.  Poen.  885  Tinebrae  latebrae,  bibitor  eetur,  quaei  in  popina,  | 

hau  secue. 
So  P;  Α  fehlt.    Ritschl  popinad. 

208.  Poen.  862    Quid    agie?  {|  Facio    quod    manufesti    moecbi    | 

Aau  ferme  solent 
So  Α  und  Ρ  (manufesto  hi  mechi)  einstimmig,    manifesti  moechi 
auch  codex  Turnebi.    Es  fehlt  nichts. 

204.  Poen.    873    Volucres    tibi    erunt    tuäe  |  Airqninae.    ||    I'    in 

malam  rem.  ||  I  tu  atque  erus. 
So  A;  ebenso  im  Wesentlichen  Ρ  {irquinae  B;  hircinae  CD). 
Uebrigens  in  om.  A;  das  erste  /'  om.  P.  Der  Vers  erklärt  sich  aus 
V.  871;  es  ist  also  unnöthig,  ja  lästig,  hier  alae  einzusetzen.  Zu  den 
Beispielen  für  Nichtverschleifung  iambischer  Wörter,  die  Lachmann 
Lukr.  S.  200  bringt,  gehört  dieses  also  nicht;  s.  unten. 

205.  Poen.  903    Qui    ^um    eurrupuit,    hnc    devexit    mooque    ero 

eum  I  hie  v^ndidit. 
So  im  Wesentlichen  Ρ  (tum  f.  eum)  und  A. 

206  Poen.  969  Cretd  eet  profecto  |  ^orum  |  dominum  oratio. 

So  Α ;  ebenso  Ρ  (certa  CD).  Es  fehlt  nichts,  horune  Camerarius. 
Damit  wäre  nur  ein  Hiat  beseitigt.  Fr.  Schmidt  hat  sich  in  seiner  so 
verdienstlichen  Schrift  De  pron.  demonstrativorum  formis  Plaut,  p.  49 


^  Klotz  S.  177  setzt  pervorse  ein. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  77 

dem  Vorschlage  des  Camerarias  angeschlossen.  Dies  beruht  auf  Ver- 
kennung  der  hier  vorgetragenen  Thatsachen.  Schmidt  stellte  das  Ge- 
setz auf,  dass  die  mit  ce  verstärkten  Formen  huiusce  u.  s.  f.  in  der 
Komödie  stets  vor  Yooal  und  λ,  die  unverstörkten  nur  vor  Cousonanten 
gebraucht  würden,  und  unterliess  es,  die  Fälle  mit  h  im  Anlaut  ge- 
sondert zu  betrachten,  hos  hofnines  Capt.  455  ist  ebenso  richtig  wie 
hofimi  hominum  an  unsrer  Stelle;  auch  Poen.  551  ist  es  nicht  nur  sehr 
zweifelhaft,  sondern  gradezu  irrthümlich,  wenn  man  aus  Η  ein  horunc 
erechliesst,  der  die  Yerscbreibung  horunt  hinc  giebt;  herum  hinc  (oder 
huie)  die  übiigen.  Denn  wenn  wir  nach  einer  ähnlichen  Corruptel 
suchen,  bietet  sich  loUant  f.  loUam  im  Palatinus  VergiPs  XI  640,  so 
wie  umgekehrt  cumulam  f.  cumulant  im  Med.  ibid.  XII  215.  Ebenso 
steht  ahinnafU  f.  Ahinnam  bei  Riese  Geogr.  lat.  min.  S.  53,  10;  cibunt 
f.  cibum  bei  Varro  de  r.  rust.  S.  286,  23  Keil  in  Α ;  desunt  f.  densum  im 
Aetna  v.  96  (s.  Phiiol.  57  S.  622);  umgekehrt  lanicinaverum  für  -unt  Corp. 
gl.  lY  532, 17;  quondam  f.  condant  las  Macrob  bei  Yarro  a.  a.  0.  S.  300,  2; 
convenerum  f.  -unt  steht  in  den  Arvalakten  des  Jahres  218—219.  Also 
muss  im  Poen.  551  horum  als  überliefert  gelten.  Sicher  ist  horum 
auch  Aul.  720  zu  halten,  wo  man  mit  iambischem  habet  zu  betonen 
hat:  hem  ηέτηο  habit  horum?  occidisti,  Yor  allem  aber  ist  klar,  dass, 
da  horunc  von  Plautus  auch  vor  Consonanten  gesetzt  wird  (horunc  sum 
servos  u.  a.;  Schmidt  S.  51),  ebenso  fem.  plur.  haec  (haec  res  plur. 
u.  a. ;  Schmidt  S.  43^,  aus  Schreibungen  wie  horunc  hie  gegen  die  Natur 
der  h  fortis  in  hie  gar  nichts  gefolgert  werden  kann.  Der  Nominativ 
fem.  plur.  haee  läast  sich  vor  einem  h  überhaupt  nicht  belegen,  und 
daher  ist  unten  No.  236  hae  har%mdines  zu  halten.  Man  hüte  sioh 
die  Freiheit  des  Dichters  allzu  sehr  in  Fesseln  zu  legen.  Immerhin 
hat  Plautus  im  nom.  plur.  mscl.  hisee  homines  vorgezogen  sowie  im 
acc.  hosce  homines  \  dagegen  steht  hos  habώo  Amph.  143  wie  has  ctgo 
gratias  Rud.  906.  Und  gesteht  man  dies  zu  und  entschliesst  man  sich 
auch  Mil.  290  his  oculis  gegen  Schmidt  beizubehalten,  so  ist  endlich 
auch  der  Yers  Amph.  974  als  richtig  hinzunehmen,  der  so  lautet: 

lam  I  hi  ämbo  et  servos  et  era  frustra  sunt  duo. 
Nur  ist  hier  duo  neben  ambo  unerträglich,  und  es  wird  suom  zu  lesen  sein: 

lam  hi  ämbo  et  servos  et  era  frustra  sunt,  suom 

Qni  me  Amphitruonem  rentur  esse. 

207.  Poen.  982  Adibo  |  Λοβοβ  atqne  appellabo  Punice. 

So  Α  ijkosc)  und  Β  (audibo)\  CD  stellen  atque  hosce.    Die  Lesung 
ist  also  gut  bezeugt. 

208.  Poen.  1042  Verum   igo    hie  hoepitinm  |  hkheo;    Antidamae 

filinm. 
So  im  Wesentlichen  Ρ  (hospiti  sum)  und  A. 

209.  Poen.  1051  Patritue  ergo  |  Λόβρββ  Antidamae  fuit. 

So  A;   ebenso  P,  nur  Pater  tuus  B,    Patruus  C,    Pätri  tuus  D. 
£in  hie  einzusetzen  ist  nicht  erforderlich. 


78  Th.  Birt 

210.  Poen.  1054  Nam  |  A&nd  repadio  hospitiam  neque  Carthaginem. 

So,  Nam,  nicht  Namque,  Α  und  P.    Also  gut  bezeugt. 

211.  Poen.  1127  0  mi  ere  salve  |   Ηέηηο  insperatieeume. 

So  Α  und  P.    Es  wird  auch  hier  nichts  vermisat. 

212.  Poen.  1144  Matrem    hie  ealutat    snam,   |  Aaec  autem    hunc 

filium. 

So  CD;  ebenso  A,  aber  om.  auam;  Β  om.  kic.    Das  hie  befindet 

sich  an    richtiger  Stelle,   denn  es  entspricht  dem  ftaec  und    mnss    also 

vorne  stehen.   Die  Accusative  matrem  and  filium  sind  chiastisch  geordnet. 

213.  Poen.  1138  Quem  hac  ädvenisti  |  /lodie  in  ipso  tempore. 

So  P;  Α  fehlt. 

214.  Poen.  1246    Quoque  modo  |  λαίαβ  filiae   apud    νόβ  habeatis 

eervas. 
So  A;   ebenso   Ρ  {Quo  qui  und  habetis  B).     Die    Vermuthung 
htiiusce  widerlegt  Schmidt  a.  a.  0.  S.  55. 

215.  Poen.  1295  Propemodam  |  Λοο  opsonare  prandium  potero  mihi. 

So  Α  und  Ρ  einstimmig.     Es  fehlt  nichts. 

216.  Poen.  1308  Quod  tibi  |  hanc  digito  tactio  est?  ||  Quia  mihi 

labet. 
So  Α  und  P. 

217.  Poen.   1344:    Quid    tibi   mecum  antem?  ||  Qnia  |  Ηλβ  dioo 

liberaa. 
So  A;  quia  hasce  moliberas  B;  quia  hasce  modo  liberas  CD;  hier- 
nach Camerarius  quia  hasee  aio  liberas ;  und  so  hat  der  Codex  Tumebi. 
Auch  dies   ergiebt   denselben   sclieinbaren  Hiat.    Zum  Pronomen    vgl. 
Schmidt  S.  35. 

218.  Peeud.  138   Ezite  agite  exite  ignavi,   male  |  h&biti  et  male 

conciliati. 
So  A;  male  habiti  auch  P.    Anapäste. 

219.  Peeud.  153  Hac  ddhibete  aurie  quae  Sgo  loquor,    plagigera 

genera  |  Aominam. 
So  Α  und  Ρ  (loquar)  einstimmig.     Tadellos. 

220.  Peeud.  327  Victumas,  lanios  ut  igo  \  haic  s&craficem  sammo 

lovi. 
So  Α  und  im  Wesentlichen  P.     Man  flickt  überflüssiges  kic  ein. 
Ueber  zweisilbiges  huic  oben  zu  Nr.  60. 

221.  Pseud.   346    Militi   Macodonio,    et    iam    qnindeeim  |    ftabeo 

minae. 
So  Α  und  Ρ  einstimmig.    Es  fehlt  nichts. 

222.  Peeud.  349  Ei  gladium  adfer.  ||  Quid  opne  gladio?  ||  Qai  | 

Λαηο  ooeidam  atqae  me. 
So  im  Wesentlichen  Ρ ;  ebenso  Α  (nur  hoc  f.  hune),    una  einzu- 
setzen ist  ganz  überflüssig;  *  ich  will  damit  diesen  tödten  und  dazu  mich*. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  79 

223.  Psend.  410  Erum  occum  video  |  hnc  Simonem  una  eimal. 
So  Α  und  P.    Es  fehlt  nichts  ^. 

224.  Peeud.  508  Tu  vives;  tu  mihi  |  hercle  argentum  dabis. 

So  P;  Α  fehlt. 

225.  Psead.  549  Qain  rue  ut  irem,  i&m  |  heri  constitaeram. 

So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

226.  Psend.  650    Sudm  |  hnc  ad  noe,  cum  eo  aiebat  velle  mitti 

molierem. 
So  A;  ebenso  Ρ  (qiMtn  eo).    Es  ist  alles  richtig;   hue  gehört  zu 
ad  noSj  suam  zu  imaginem  im  voraufgehenden  Verse. 

227.  Psend.  673  Uic  argentum,  |  hie  amica  amanti  erili  filio. 

So  Α  und  Ρ  einstimmig ;  argentumst  zu  schreiben  ist  müssig,  da 
sunt  V.  672  voraufgeht. 

228.  Pseud.  775  Nunc  huic  lenoni  |  /lodie  est  natalis  dies. 

So  Ρ  {Unon  B);  Α  fehlt.    Tadellos. 

229.  Pseud.  739  E'cquid  homo  |  habot  aceti  in  poctore?  ||  Atque 

acidissumum. 
Zu  Anfang  giebt  Α  Equidem  homOj  Ρ  Ecquid  habetis  homo.    Hier- 
nach Lorenz  Ecquid  is  homo  habet ;  vgl.  v.  748.    Das  is  ist  hier  gleich- 
wohl   überÜüssig,   da   auch  v.  738  hominem    ohne   cum   steht.    Es   ist 
also  am  sichersten  in  der  angegebenen  Weise  Α  zu  folgen. 

230.  Pseud.  873  Immo  odepol  vero  |  dominum  servator  magis. 

So  A,  aber  veros  (d.h.  8  getilgt),  und  ehern  statt  magis )  Ρ  giebt 
vero,  sodann  hominum  servator  magis  ||  ehem  mane\  vgl.  oben  S.  22. 
Ritschl's  vero  sum  ist  nicht  ganz  von  der  Hand  zu  weisen;  derselbe 
wollte  später  verod.  Die  Replik  ist  jedenfalls  ohne  sum  kräftiger,  auch 
im  Ambros.  das  s  getilgt. 

231.  Pseud.   1071  Si  ίΐΐέ  |  Aodie  illa  sit  potitus  muliere. 

So  nie  hodie  A;  ebenso  BC;  iüae  Ihodie  in  D  ist  dasselbe.  Die 
erste  Hebung  ist  aufgelöst.  Auch  der  folgende  v.  1072  wird  am  besten 
so  scandirt: 

Sive  eam  tuo  gndto  |  hodie  ut  promisit  dabit. 

232.  Rudens  106  Filiolam  ego  unam  |  /idbui,  eam  unam  perdidi. 

So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

233.  Rud.  161  Qui  |  J7orcules  ^  socius  esse  diceris. 

hereulis  B;  hereule  CDF;  hereuli  und  socium  cod.  Tumebi.  Α 
fehlt.  Die  Emendation  hat  für  socius  einen  Amphibrachys  einzusetzen. 
Ich  vermuthe  Qui  HSrcüles  vel  Saneus  esse  dieeris.  Ueber  den  Hercules 
Palaemon  vgl.  Preller-Robert  Griech.  Mythol.  II  S.  603  Note  2.  So 
erscheint  denn  Hercules  als  Retter  zur  See  auch  bei  Sophocles  Trach. 
1012,  Euripides  Herc.  225  u.  400  und  schon  bei  Pindar  Nem.  1,  62. 
Der  griechischen   Poesie  war   also   diese   Vorstellung   geläufig.     Nun 


^  Bach  S.  409  schiebt  ipsum  ein. 


80  Th.  Birt 

wurde  weiter  aber  Hercules  von  den  Römern  mit  Sancus  gleichgesetzt, 
8.  Festus  S.  284,  13  P.  So  empfiehlt  es  sich  diesen  Namen  hier  ein- 
zuführen. Das  vel  aber  steht  gern  in  Sätzen,  deren  Subjekt  die  zweite 
Person  ist  (s.  Kohlmann  a.  a.  0.).  Es  ist  endlich  kein  Zufall,  dass 
dieser  Vers  wie  der  voraufgehende 

Sed  ό  Palaemon  sancte  Neptuni  comes 
im  tragischen  Stil  gebaut  ist  und  reine  innere  Senkungen  hat.    Es  sind 
dies  feierliche  Worte  der  Gebetsanrufung. 

234.  Rüd.  190  Kam  |  h6o  mi  haud  laborist   laborem  bnnc  potiri. 

So  Ρ  (mihi  und  aut  f.  haud);  Α  fehlt.  Die  bacoheen  sind  richtig. 
Es  Hesse  sich  aber  natürlich  auch  Xam  hoc  mi  |  haud  laborist  mit  glei- 
chem Rechte  abtheilen.  Ob  v.  191  Si  \  irga  pariniem  haltbar,  ist  eine 
andre  Frage.    Vgl.  oben  zu  Nr.  170. 

235.  Rud.   193  Tum  |  λύο  mi  indecore  eqs. 

So  P,  nur  mihi.    Δ  fehlt.     Baccheen. 

23G.  Rud.  294   Hisoe   hdmi   atque    hae  |  harundinee    sunt    nobis 

quaeeta  et  cultu. 
So  Ρ  (nami  oJer  nam  f.  hami)\  Α  fehlt;  Fr.  Schmidt  a.  a.  O. 
S.  43  haec.  Jedoch  kommt  die  pluralische  Femininform  haec  vor  einem 
h  nie  vor;  vor  Gonsonantcn  dagegen  stand  dem  Dichter  frei  hae  oder 
haec  zu  schreiben  (ibid.  S.  45);  also  ist  hier  hae  zu  halten.  Vgl.  oben 
zu  Nr.  206. 

237.  Rud.  376  Scivi  lenonem  ficere  [  Äoc  quod  fecit,  saepe  dixi. 

So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

238.  Rud.  410   Aocipit  ad   sese  |  /laud   secus  quam  ei  έχ  ee  si- 

mns  natae. 
So  P;  nur  F  accepit;  Α  fehlt.     Das  Perfekt  ist  falsch;   denn  es 
folgt  V.  411  das  Präsens  calefactat\ 

239.  Rad.  419  S^d  quid  ais,  mea  lopida  |  Ailara?  ||  Ah  nimium 

familiariter. 
So  Ρ  (Β  animum  f.  nimium;   also   ist   aha   zu   lesen).     Α  fehlt. 
Der  Vers  ist  tadellos. 

240.  Rud.  663  S^d  ecce  ipsie  |  /luc  egrediuntur  tfmidae  ^efandae 

mulierea. 
So  im  Wesentlichen  P,   aber   huc  om.  CD.     Α   fehlt.    Für    die 
Corruptel  wird  aus  Ζ  e  fano  einzusetzen  sein ;  exsangues  Nettleship  2. 

241.  Rud.  750  N4m  |  Äuic  aiterae  quae  patria  eit  profeoto  nescio. 

So  quae  patria  A;  patria  quae  P. 


1  Freilich  hat  Field  Class.  Review  1894  S.  100  den  v.  411  lür 
unecht  erklärt,  doch  sehe  ich  hiervon  ab. 

^  Journal  of  phil.  19  S.  110.  Sehr  frei  behandelt  Bach  den 
Vers  S.  409. 


Beitraj^o  zur  latoiniscben  Grammatik.  81 

242.  Rnd.  815  Sin  ipse  abire  |  hinc  volet  quantam  potest. 

So  Ρ  {Sine) ;  Α  fehlt.     Dass  abire  richtig  ist,  zeigt  v.  817,  wo  es 
mit  Rückbeziehung  heisst:  Etiam  me  abire  hinc  non  sinenfi 

243.  Rud.  818  Et  nbi  ille  senrae  cum  ero  |  huc  advenerit. 

So  Ρ  (hero)]  Α  fehlt.    Tadellos. 

244.  Rad.  821  Heu  j  Aercle  ne  istic  fana  mutantur  cito. 

So  P,  aber  Ehett.     Α  fehlt,     üeber  heu  vgl.  obeu  zu  Nr.  56. 

245.  Rud.  829  Ut  potest,  igDavi  |  Aomines  eatis  recte  monent. 

So  P;  Α  fehlt,    potis  est  Bothe. 

246.  Rud.  830  Sed  vubis  dico,  |  hkua  υοθ,  num  molestiaest. 

So  P;  Α  fühlt.     Das   einmalige  heiis  entspricht  dem  im  v.  828. 

247.  Rud.  835  Bene  hercle  factum,  |  habeo  vobie  gratiam. 

So  P,  aber  ergo  vor  l^ercle  dittographisch  eingeschaltet  in  CDF. 
Α  fehlt. 

218.  Rud.  1069  Quo  modo  |  habeae,  id  refert,  iurene  anne  iniuria. 
So  im  Wesentlichen  P;  Α  fehlt. 

249.  Rud.  1131  Pirii  |  hercle    ego  miser,    ut  prius  quam    plane 

aspexit,  ilico. 
So  P;  Α  fehlt.    Vgl.  unten  No.  279;  oben  No.  21, 

250.  Rud.   1200  Jussique  exire  |  hvLO  servum  eins  ut  4J  forum. 

So  P;  Α  fehlt.     Ohne  Anstoss. 

251.  Rud.  1316  Di  |  Äomines   respiciunt,    bene  [  ego  hinc    prae- 

datus  ibo. 
So  P,  aber  ego  nur  CDF,  ergo  B.     Α  fehlt.     Vielleicht  ist  viel- 
mehr mit  Β  zu  lesen: 

Di  I  Aomines  respiciunt ;  bene  ergo  |  ^inc  praedatus  ibo. 
Zur  Verschiebung  der  Cäsur  vgl.  v.  1296;  1322. 

252.  Rud.  1317  Profecto  |  huius  est  vidulue;  perge  alia  tu  expedire. 

So  P;  Α  fehlt.     Tadellos. 
253  —  254.  Rud.  1342  u.  43:  Tum  ego  |  huic  Gripo  —  |  inquito 

et  me  tangito  — 
Tum  ego  I  huic  Gripo  —  dico,  Venus,  ut  tu  audiae. 
So  im  Wesentlichen  P;  Α  fehlt.  Nur  bei  jambischem  ego  sind 
diese  Zeilen  gut  lesbar ;  vgl.  oben  zu  No.  36.  Der  Hiat  vor  inquito 
wird  durch  Sprechpause  entschuldigt;  es  läge  übrigens  nicht  fern 
dafür  dicito  einzusetzen;  denn  es  entspricht  dico  v.  1343  und  die  v.  1345. 
255.  Rud.   1354  Non  ogo  illi  |  Äodie  debeo  triobolum. 

So  P;  Α  fehlt.     iUic  Fleckeiseu. 
250.  Rud.   1384    Promisisti  |  huic    argentum?  ||  Fateor.   ||  Quod 

servo  (meo). 
So  Ρ  [intueor,  inteor  f.  fateor);  Α  fehlt. 
257.  Rud.    1401  Vapulabis,    verbum  si  adde  istuc   iinum.  ||  Vel    | 

hercle  ^nica. 
So  P;  Α  fehlt,     vel  ist  positionslang;  s.  zu  No.  41. 

Kbeiu.  Mus.  f.  Philol.  N.  F.  LIV.  6 


82  Th.  Birt 

258.  Stich.  171  Nunc    ei  ridiculam  |  Aominem   quaerat  quiepiam. 

So  Α ;  ebenso  P,  aber  quaeret  Tadellos.  Durch  Umstellung 
würde  die  Allitteration  quaerat  quiapiam  beeinträchtigt;  auch  st-ehen 
die  Accusative  naturgemäss  zusammen. 

259.  Stich.  233  Ut  decumam  partem  |  Horculi  polluceam. 

So  bietet  Α  den  Vers  zweimal;  ebenso  P;  ebenso  Priscian.  Es 
fehlt  nichts;  denn  zu  partem  ist  ein  Genitiv  aus  dem  Vorigen  leicht 
zu  ergänzen. 

260.  Stich.  234  Ecaetor  auctionem  |  h&na  magni  preti. 

So  Α  (nur  statt  ecaetor  etwa  ecmaior)\  so  auch  Ρ  {pretii).  Es 
fehlt  nichts. 

261.  Stich.  238  Epignomi  anoilla  |  hkec  quidem  est  Crocotium. 

So  A;  ebenso  P.  Tadellos.  An  die  Betonung  Epignomi  wäre 
schwer  zu  glauben. 

262.  Stich.  270  Sed    6ccam  Pinaoiam    έΐηβ  puerom;   |  hoc   vide. 

So  A;  ebenso  Ρ  (aber  piacium,  dinacium).    Es  fehlt  nichts. 

263.  Stich.  329  Nam  me  quidem  [  harum  miserebat.  ||  Ergo  auxi- 
lium  propere  latumet. 

So  Α  (aber  miserebant) ;  Nam  equtdem  harum  P.  An  der  Identität 
dieser  Schreibungen  lässt  sich  nicht  zweifeln.  Voller  anapästischer 
Tetrameter  wie  der  voraufgehende  Vers. 

264.  Stich.  338  Propere    a    portu  tui  |  honoris    causa.    ||   Ecqaid 

adportds  boni? 
So  P;  ebenso  A,  aber  Prope  und  am  Schluss  dornt. 

265.  Stich.  477  Nescio  quid  vero  |  Jikheo  in  mundo.  ||  l'modo. 

So  Α ;  ebenso  P.  Tadellos.  Es  ist  überflüssig,  wie  z.  B.  Langen 
wollte,  lauti  hinzuzusetzen.  Ja,  der  arme  Gelasimus  redet  vorsichtiger, 
wenn  er  bei  seiner  Tischeinladung  jede  nähere  Angabe  unterdrückt. 
Am  Schluss  steht  Hiat  bei  Personenwechsel. 

266.  Stich.  668  Sequere  ergo  |  hac  me(d)  intro.  ||  Ε  go  vero  sequor. 

So  P;  Α  fehlt.  Der  Vers  mit  Hiat  beim  Personenwechsel  ist 
richtig  ^. 

267.  Trin.  9  Tum  |  h&nc  mihi  gnatam  έβββ  voluit  Inopiam. 

So  Β  (aber  ganatam)]  CD  mit  Dittographie  und  überdies  un- 
messbar  Tum  mihi  Jiatic  gnatam  gnatam  esse.  In  Α  sind  v.  9  u.  10 
vertauscht  und  entstellt. 

268.  Trin.  149  Quoniiim  |  hinc  est  profectus  peregre  Charmides. 

So  P;  Α  fehlt.  Scaliger's  profecturus  ist  falsch;  denn  der  Nach- 
satz zeigt,  dass  nicht  quoniam  est,  sondern  quoniam  erat  oder  fuit 
profecturus  zu  schreiben  gewesen  wäre.  Vielmehr  fordern  wir  hier  den 
Temporalschatz:  '  Damals,  als  Charmides  abreiste,  zeigte  er  mir  den 
Schatz*:  'tum  cum  hinc  est  profectus  peregre  Charmides^.  Einer 
Acuderung  aber  bedarf  es  gar  nicht;  quoniam  steht  rein  temporal  wie 


Ϊ  Vgl.  Rh.  Mus.  40  S.  556. 


ßeitrftge  zur  lateinischen  Grammatik.  83 

Aal.  9,  Trua  409,  Rad,  67  im  Sinne  der  Gleichzeitigkeit,  d.  i.  ss 
gtiom;  8.  P.  Scherer,  Studemund's  Stud.  II  S.  88  Note,  der  diese 
Trinummasstelle  übersehen  hat. 

269.  Trin.  800  Uxorem  quoque  ipsam  |  Mnc  rem  at(i)  celes  face. 

So,  nar  u^,  Ρ  (Voxorem  B);  Α  fehlt. 

270.  Trin.  971  Niqae  edepol   ta  is  έβ  neqae  hodie    is    umquam 

eris,  aaro  |  hoic  quidem. 
So  Ρ  (tuis  ses);  Α  fehlt,    huie  auro  Hermann. 

271.  Trin.  989  A'b(i)  |  hinc  ab   oculie.  ||  Enim  vero  serio;   quo- 

niam  advenie. 
So,   aber   Äbhinc  Ρ    und  Priscian;    Α    fehlt.    JJbi  (FZ)    ist   die 
leichteste  Correktur;  vgl.  oben  No.  242;  unten  No.  350. 

272.  Trin.  1018  Momoria  esse  oblitum,  an  vero  quia  com  frugi  | 

Aominiboe. 
So  P;  Α  fehlt.     Memoriam  Seyffert. 

273.  Trin.    1028    f.:    U'tinam    veteres   hominum   mores,    v^teree 

parsimoniae 

Potias  maiori  |  honori  hie  äesent  quam  moros  mali. 

So  P;   Α  fehlt.     Der  Dativ  honori  wird    mit  Unrecht   beseitig^; 

honori  hie  essent  heisst:  '  dass  sie  hier  als  £hre  gerechnet  würden ' ,  sowie 

Sallust  sagt:  ca  honori  habeant  lug.  31,  10.    v.  1028  habe  ich  hominum 

mores  für  homines  eingesetzt. 

274.  Trin.   1130  Ndm  beneficium  |  Aomini  proprium  qaod   datur 

prosumpeerit. 
So  P;    Α  fehlt,    prorsum  perit  Boxhom   (prosum  Ritschl)    (vgl. 
Klotz  S.  352). 

275.  Trocnl.    77    Kam    mihi   |    haeo    meretrix    quae    hio    habet 

Phronesium. 
So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

276.  Truc.  329   Sed     obsecro   |    hercle    A'etaphium,    ί   intro    ac 

nuntia. 
So  F;   ebenso  P,   doch  ohne  das  t;  vgl.  oben  Nr.  204;   Α  fehlt. 
Der   metrische  Anstoss   ist  somit  gehoben.    Auch  v.  696    wird  danach 
i  intro  zu  betonen  sein. 

277.  Truc.  357  Vah  väpulo  |  hercle  igo  nunc,  atque  adeo  male. 

So  P;  Α  hercule.    Zur  Versbildung  vgl.  Nr.  276.     Die  Auskunft, 
iambischea  ego  zu  messen,  ist  im  3.  Fuss  besonders  unwillkommen. 

278.  Truc.  525  Habe    bonum  animum.  ||  Sdvium    eis  p6te  |  hinc ; 

ah  nequeo  caput. 
So  Ρ  {ab  f.  αΛ);  Α  fehlt.    Auch   hier   können    wir  uns    endlich 
der  Hülfe  Bothe's,  des  alten  Flickmeisters,  entschlagen. 

279.  Truc.  538  P^rii  |  Äercle  miser,  iam  (mi)  auro  contra  oonetat 

filiue. 


84  Th.  Birt 

So  Ρ  (P^i  und  Per)',  mihi  ergänzte  Camerarius.     Α  fehlt.    Vgl. 
oben  No.  249. 

280.  Trac.  541    A'ccipe  hoc;  abduce  |  /lasoe  |  hinc   e  oonspecta 

Suras. 
So  P,  aber  accepi  und  für  hinc  e]  Β  ince,  ceteri  in,  Α  fehlt. 
Accipe  FZ.  Wenn  nun  Bach  S.  242  hier  zur  Verafüllung  die  Anrede 
Astaphium  einsetzen  sollte,  so  ist  dagegen  v.  914  zu  vergleichen,  wo 
das  nämliche  accipe  hoc  <Uque  auferto  intro  wieder  ohne  alle  Anrede 
an  Astaphium  steht;  obscbon  also  weder  hier  noch  dort  der  Name 
Astaphiums  im  Yoraufgehenden  vorgekommen  ist,  war  die  Anrede  auf 
alle  Fälle  überflüssig,  und  der  v.  914  widerräth  eine  Ausfüllung  des 
V.  541  im  angegebenen  Sinne  durchaus.  Dass  es  übrigens  thatsächlich 
Astaphium  ist,  die  die  Geschenke  ins  Haus  schafft,  folgt  aus  v.  920. 

281.  Truc.  554  Nam  |  hoc  qui  sciäm  ne   quis  id  quaerat  έχ  me. 

So  Ρ  (aber  quis  cieam).    Α  fehlt.  Baccheen;  vgl.  oben  Nr.  38 ;  09. 

282.  Truc.  562    Qainque  nummoe;  mihi  detraxi  piirtem  |  Herou- 

läneam. 
So  P;  Α  fehlt.    Tadellos. 

283.  Truc.  627    C&ptio  est;   istdm   machaeram    longiorem    habes 

quam  |  Aaec  est. 
So  P;    Α  fehlt.    Mir   scheint    auch   hier  Sinn  und  Form    ohne 
Anstoss. 

284.  Truc.  655  Ovis  in  crumina  |  hixc  in  urbem  detuli. 

So  Ρ  (aber  urbe  me  detuli  und  v.  1.  Quis) ;   Α  fehlt.     Jeder  Zu- 
satz wäre  überflüssig. 

285.  Truc.  688  Rabonem  habeto,   ut    mecum  |  h&nc  noctem  eies. 

So  P,  aber  hac  nocte  (α  nocte)\  Α  fehlt.     Tadellos. 

286.  Truc.  772  Alteram  tonstricem  |  /mius,  älteram  ancillam  euam. 

So  P;  Α  fehlt.     Durch    jeden  Eioschub  würde  der   klare  Paral- 
lelismus der  Glieder  in  beiden  Yershälften  verdorben. 

287.  Truc.  739  Didi  equidem  |  hodie   έϊ  quinque  argenti  deferri 

minae. 
So  Ρ  (dedit  B);  Α  fehlt,     ei  ist  spondoisch;    dedi    aber    hat    in- 
finitivische Coustruktion  wie  in  da  bibere,  Persa  821,  Cato  de  r.  r.  89; 
Ter.  Andr.  484. 

288.  Truc.  814    E't  tibi  quidom  |  Äercle  idem  |  attulit   magnum 

malain. 
So  Ρ  (Etibi  B) ;  Α  fehlt.  Auch  hier  kommen  wir  mit  der  Ueber- 
lieferung  aus.  Die  leichten  Trochäen  zu  Anfang  sind  correkt;  mit 
ihrem  Bau  liegt  es  am  nächsten  v.  832  Qui  |  quidcm  \  probi  |  sunt  vero 
eqs.  zu  vergleichen.  Die  schnelle  Replik  des  Callicles  geht  in  leichten, 
geschwinden  Trochäen. 

289.  Truc.  847  Triduum  |  hoc   saltem,   dum   aliquo  miles  circum 

ducitar. 
So  Ρ  (aber  milis)-,  Α  fehlt.     Ohne  Anstoss. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  85 

290.  Truc.  917  Sed  eccam  video.  |  Ηέαβ  amica,  quid  agis  *mille?  || 

Quis  illic  |  bomo? 
So  Ρ  im  Wesentlichen ;  Α  fehlt,    miüe  ist  corrupt  ^ ;  h  fortis  aber 
erscheint  hier  zweimal. 

291.  Truc.  919    Hoc  modo  ut  moleetae  ne  eis.  ||  lam  abie  post- 

quam  aurum  |  habes? 
So  P;  Α  fehlt.     Ohne  Anstoss. 

292.  Truc.  936   Nunc   ei  |  /lanc    tecum   esse    sperae,    alia    opuet 

auri  mina. 
So  P;  Α  fehlt,    hanc  steht  so  wie  v. 956,  wie  Tioc  v.  926,  huncine 
V.  933,  hie  934,  huic  946  u.  β.  w. 

293.  Truc.  957    Quid   dedi,  ut   discinxi  |  neminem.  ||  Tmmo  ego 

vero  qui  dedi. 
So  Ρ  (aber  distinxi) ;  Α  fehlt.    Dies  scheint  wiederum  ausreichend. 

294.  Vidul.  89  Defaenerare  |  Äominem  egentem  |  Äau  decet. 

So  A:  reine  innere  Senkungen. 

295.  Colax  frg.  II  v.  3:    Qui  äliter  regi    dictie  dicunt,   aliter  in 

animo  |  Aabent. 
So  bei  Fronto  überliefert.    Tadellos. 

296.  Frg.  fab.    incert.   34:    Sacrum  lin   profanum  |  Aabeas  parvi 

penditnr. 
So  bei  Paulus-Festus.    Tadellos. 

296  Verse  habe  ich  hiermit  zueammengestellt,  die  das  h 
im  Werth  eiuer  wirklichen  Coneonans  zeigen.  In  einigen  der- 
selben tritt  es  zweimal  in  diesem  Werthe  auf  (vgl.  Nr.  147 ; 
157;  179;  193;  206;  280;  290;  294;  auch  36?  80?);  wir 
können  die  Summe  alRO  auf  300  abrunden.  In  allen  diesen  Fällen 
ist  es  uns  gestattet  das  Ueberlieferte,  so  wie  es  ist,  nett  und 
sauber  hinzunehmen  und  den  Wust  unsicherer  und  oft  stark  will- 
kürlicher Vermuthungen  zu  beseitigen.  Bei  Ansetzung  des  Ab- 
lativ-d,  das  in  den  Hss.  des  Plautus  in  keiner  sicheren  Spur  zu 
finden  ist,  war  es  nöthig  das  Ueberlieferte  überall  um  ein  Schrift- 
zeichen zu  ergänzen.  Im  Falle  der  h  fortis  conserviren  wir  nur, 
was  dasteht,  und  lernen  es  richtiger  auszusprechen. 

Freilich  sind  hiermit  nicht  etwa  alle  Hiate  hinweggeräumt; 
und  wer  für  ihre  Zulassung  im  Plautustext  keine  Grenze  kennt, 


^  (tn)ille  scheint  mir  Dittographie  zu  illic\  ich  möchte  also  das 
m  beibehalten  und  em  lesen  und  es  dem  Stratophanes  geben:  HSus 
amtea,  quid  agis?  ||  Em^  quis  ilUe  hämo?  Richter  S.  571  und  Bach  S.  409 
(Noten)  füllen  aus:  Sed  eccam  video  ipsam;  heus  amica,  quid  agis? 
Quis  tUic  est  homo? 


86  Th.  Birt 

für  den  ist  das  Vorstellende  nicht  geschrieben.  Wer  dagegen 
nach  einer  Grenze  sucht,  dem  wird  jede  Subtraktion,  die  die  Ge- 
sammtsumme  um  ein  Bedeutendes  verringert,  willkommen  sein. 
.  £e  giebt  noch  allerlei  Concessionen,  die  man  dem  Dichter 
machen  kann  oder  glaubt  machen  zu  können,  um  offenen  Yocal- 
zusammenstoss  im  tradirten  Text  erträglich  zu  finden ;  er  könnte 
bei  Eigennamen  und  Fremdworten  gestattet  sein,  wie  Asin.  804 
Voneri  \  aut  Cupidini.  Nach  dieser  Analogie  würden  im  obigen 
Yerzeiohniss  Nummern  wie  5 ;  55 ;  59 ;  66  nichts  beweisen. 

lambische  Worte,  auf  der  Ersten  betont,  werden  der  Elision 
öfters  entzogen,  wie  Merc.  796  Concivit  hostis,  domi  \  uxor  acer- 
rumast.  Hiernach  würden  die  Nummern  11;  20;  34;  94;  116; 
133;  136;  204;  216  sich  auch  ohne  h  fortis  lesen  lassen. 

unglaubwürdiger  ist  schon  die  Annahme,  dass  offene  lange 
Endsilbe  auch  mehrsilbiger  Wörter  vor  Vocal  uny erschliffen  als 
Kürze  soll  gelten  können,  wie  Bacch.  134:  Ibidem  igo  meam 
operam  perdidi  ubi  tu  tuamK  Aehnliches  könnte  man  in  unsern 
Nummern  26;  28;  61;  78;  175  ansetzen. 

Man  sieht  jedoch  leicht,  dass  die  Mehrzahl  der  Fs^lle,  wo 
h  im  Hiat  steht,  hiervon  nicht  berührt  wird.  Und  wird  be- 
hauptet, dass  in  flagitium  hominis  nicht  das  λ,  sondern  das  m 
die  Verschleifung  verhindere  ^,  so  hat  man  den  Satz  auch  auf 
cruminam  hanc  Nr.  187,  illum  hominem  Nr.  189,  ridiculum  ho- 
minem  258,  partem  Herculi  259  u.  a.  m.  auszudehnen;  es  muss 
also  vielmehr  der  entgegengesetzte  Schluss  der  richtige  sein. 
Man  nehme  Silben gruppen  der  Art  wie  nemo  horum  Nr.  1,  ge- 
nera  hominum  219,  novi  homines  120,  frugi  höminibus  272,  ibo 
hanc  83,  ρέτϋ  hospes  19,  divine  htic  12,  nihilt  homo  50,  da  vir ό 
hanc  veniam  78,  meminisH  here  177,  aunim  hohes  291,  lepida 
hÜara  239,  quia  |  hie  87  und  217  und  gehe  methodisch  von  ihnen 
aus,  um  die  übrigen  Belege  richtig  zu  würdigen.  Insbesondere 
aber  sind  noch  die  Stellen  beweisend,  wo  h  Position  macht  und 
eine  kurze  Silbe,  die  auf  einen  Consonanten  endigt,  in  der  He- 
bung durch  das  h  zur  Länge  erhoben  wird.  Die  Beispiele  folgen 
weiter  unten. 

Noch  habe  ich  zu  erwähnen,  dass  frühere  Plautusärzte 
dreierlei  Recepte  verschrieben,  um  solchen  Versen,  wie  sie  mein 
Verzeichniss  bietet  und  die  man  für  krank  und  brüchig  hielt, 
aufzuhelfen;  aber  diese  Recepte  würden  eben  immer  nur  einigen 

1  Luchs  in  Studemund'e  Studien  I  S.  22  f.;  Klotz  S.  133. 

2  Lindsay  S.  57,  der  circuit  vergleicht. 


Beiträge  zur  lateiaisclien  Grammatik.  87 

▼OD  ihnen  und  nicht  allen  zugleich  HtQfe  hringen,  die  Diagnose 
war  falsch  und  das  Gurmittel  ist  darum  abzulehnen.  Man  er- 
innerte eich  erstlich  an  glossographisches  fostis  f.  hostis,  fariolus 
f.  hariolus  und  wollte  solche  Formen  an  Stellen  wie  Nr.  132  in 
den  Text  gesetzt  wiesen.  Gewiss  wird  dies  heute  von  Niemandem 
mehr  für  möglich  gehalten^.  £e  bleibt  übrig  wenigstens  in  den 
Versen,  wo  hodie  steht,  hocedie^  und  endlich  in  denen,  wo  homines^ 
vielmehr  homones  zu  schreiben.  Diese  beiden  Hülfen  stammen 
von  Bergk'  und  werden  noch  heut  wenigstens  der  Erwähnung 
für  werth  gehalten.  Da  uns  indess  nunmehr  feststeht,  dass  der 
Quasi-Hiatus  bei  Iwdie  und  hämo  kein  anderer  ist  als  der,  der 
bei  hie  und  habeo  steht,  so  verlangen  wir  für  alle  diese  Fälle 
schlechthin  die  gleiche  Beurtheilung,  und  mit  solchem  Vorschlag 
ist  uns  wiederum  nicht  gedient.  Dazu  kommt,  dass  hocedie  nir- 
gends belegbar,  von  der  ganzen  Litteratur  Roms  verschmäht, 
eine  augenscheinlich  nur  gelehrt  construirte  Form  ist,  die  man 
bei  Marius  Victorinus  findet^.  Und  homones  mag  dem  Epos  des 
Ennius  eignen ;  für  den  Eomödientext  hat  die  Bildung  wiederum 
keine  Gewähr  ^ ;  auch  wird  ihre  Einsetzung  an  vielen  der  obigen 
Stellen  geradezu  durch  das  Versmass  ausgeschlossen;  und  hätte 
eich  Plautus  denn  nicht  lächerlich  gemacht,  wenn  er  seinen  mun- 
teren Personen  statt  des  Schimpfwortes  flagitium  hominis  viel- 
mehr ein  erlesenes  flagUium  homonis  in  den  Mund  gelegt  hätte? 
Auf  Vollständigkeit  erhebt  meine  Tabelle  keinen  Anspruch, 
and  ich  glaube  gern,  dass  bei  wiederholter,  ad  hoc  angestellter 
Lektüre  sich  noch  weitere  Beispiele  bieten  werden.  Eine  Anzahl 
von  solchen,  in  denen  h  fortis  die  Lesung  erleichtert,  wird  man 
beiläufig  im  Anhange  zusammengestellt  finden.    Und  erscheint  oben 

^  fospes  Schenkl  im  Poen.  120.  Einmal  finde  ich  bei  Plautus 
Mil.  831  in  Ρ  wirklich  feminas  f.  heminas  tradirt;  augenscheinlich  ein 
Versehen. 

«  Opuecl.  I  S.  111  und  147  f. 

•  VI  K.  9,  19,  wo  es  allerdings  den  antiqtU  vindicirt  wird;  zu- 
gleich aber  auch  hacetenus;  beides  ist  mit  gleicher  Vorsicht  aufzu- 
nehmen; s.  C.  F.  W.  Müller  S.  131  f. 

^  homonum  hat  freilich  der  codex  Tumebi  Persa  779  mit  B;  aber 
gerade  hier  zerstört  die  Form  das  Metrum.  Um  solche  falsche  Ar- 
chaismen der  Spätzeit  richtig  zu  würdigen,  beachte  man  das  homonum 
im  geographischen  Traktat  bei  Biese  Geogr.  lat.  min.  S.  131,  12  (cod. 
F  saec.  VIII),  oder  homone  bei  Valerius  Maximus  ed.  Kempf^  p.  313, 
10.  Verrätherisch  ist  auch  die  Uebergangsschreibung  homoinem  PI. 
Pseud.  734  in  B. 


88  Th.  Birt 

ünere  Nr.  158  hinfällige  so  möge  man  gleich  hier  etwa  Bien.  517 
hinzufügen  und  dafür  einsetzen: 

Aut  ti  piari  iiibe  |  Aomo  ineanissime. 

In  vüretehender  Sammlung  tilgt  nun  das  h  den  Hiat  an  hei 
weitem  den  meisten  Stellen;  ich  zähle  gegen  250. 

Viermal  trennt  es  dabei  zwei  Kürzen,  die  in  der  Hebung 
stehen,  wie  ego  hödie  Nr.  35;  ego  hodie  157;  lingua  huius  195; 
ilU  hodie  231;  vielleicht  auch  uM  habitäbat  81.  Vgl.  dazu  unten 
Nr.  317. 

An  den  übrigen  etwa  50  Stellen  macht  h  vielmehr  Po- 
sition ;  und  zwar  mit  auslautendem  m  in  mm  hoc  Nr.  6,  femer 
Nr.  7.  18.  26.  28.  42.  48.  57.  58.  61.  79.  97.  137.  141  (?).  145. 
153.  154.  155.  160.  166.  182.  192.  198.  199.  205.  212.  215. 
221.  225.  226.  241.  268.  287.  288.  289.  291.  Vgl.  ferner  unten 
Nr.  318.  333.  347.  348.  361. 

Mit  anderen  Consonanten  macht  h  Position  in  vel  hercle 
Nr.  41.  49.  257;  et  haec  23;  ob  hoc  157;  ferner  82.  126.  130. 
290;  vgl.  dazu  unten  Nr.  299.  300.  302  (?).  311.  375. 

Uebrigens  kommen  noch  mindestens  70  Verse  hinzu,  in 
denen  h  den  Hiat  an  der  Cäsurstelle  des  trochäischen  und  jam- 
bischen Septenars  und  Octonars  beseitigt  oder  dort  Position 
herstellt.  Ich  bringe  sie  absichtlich  nicht  mit  in  Verrechnung. 
Es  sind  Stellen  wie  Casina  552 

Quasi  catillatum  ;  ilagitium  |  hominis  qui  dixit  mihi, 
welches  fl-agitium  hominis   uns   siebensilbig   übrigens   ja   auch    an 
andern   Versstellen    begegnet    ist    (Nr.  20.    113.    115).     Position 
wird   z.  B.  Asinar.  382  bewirkt: 

Demaenetus  ubi  dicitur  |  habitare;  i  puere  pulta. 
Die  Beispiele,  die  ich  mir  ohne  allen  Anspruch  auf  Vollständig- 
keit aufnotirt  habe,  sind  folgende:  Amph.  303.  429.  706.  714 
(welcher  Vers  keiner  Emendation  bedarf);  1015.  Asin.  332.  381. 
382.  410.  424.  583.  883.  946.  Aul.  809.  Bacch.  416.  Capt.  349. 
605.  Gas.  271.  552.  Cist.  779.  Cure.  125.  177.  369.  Epid.  26. 
136.  Γ)31.  (716).  Men.  399.  406.  431.  696.  847.  Merc.  116.  539. 
602.  637.  858.  957.  983.  Mil.  237.  (267?).  297.  339.  358.  638. 
693.  1177.  1398.  1411.  1426.  Most.  394.  Persa  201.  202.  314. 
566.  Poen.  387.  921.  983.  Pseud.  268.  300.  925.  1230.  1232. 
Rud.  329.  354.  388.  579  (?).  637.1320.1369.  Stich.  379.  Trin. 
1059.  Truc.  170.  921.  Syllaba  anceps  und  Hiat  steht  in  der 
Dihärese  Rud.  692: 

Vobis  pro  castris,  moenia  |  hinc  ogo  vos  defensabo; 


Eeitrage  zur  lateinischen  Grammatik.  89 

vi^l.  Asin.  390  u.  a.  Einen  Hicheren  Beweis  dafür  endlich,  daes 
auch  an  solcher  Cäsoretelle  h  gattural  gesprochen  wurde,  hahen 
wir  Amph.  429 

Cadus  erat  vini,  inde  implevi  |  hirneam.  Ingressust  viam. 
Denn  Nonins  las  hier  cyrncam ;  s.  unten. 

Stellen  wir  trotzdem,  wie  die  Vorsicht  gehielet,  die  zuletzt 
gegebenen  Verse  ausser  Rechnung  und  halten  an  der  Summe  300 
fest,  so  kommt  bei  Plautus,  der  uns  in  ca.  21  400  Versen  vor- 
liegt, je  ein  Beispiel  für  h  consonans  auf  je  71  Verse! 

Das  ist  eine  Häufigkeit,  wie  wenn  wir  in  jedem  Buche  der 
Vergilischen  Aeneide  etwa  12  Beispiele  fänden.  Wer  würde  als- 
dann bei  Vergil  das  Phänomen  bezweifeln?  und  wer  kann  es  bei 
Plautus  bezweifeln? 

Es  ist  schon  oben  erinnert  worden,  dass  bei  einem  Autor 
wie  Sedulius  oder  Dracontius  Niemand  hent  zu  tage  Anstand 
nimmt,  wo  die  Versmessung  es  an  die  Hand  giebt,  ein  A,  das  Po- 
sition macht,  anzusetzen.  Bei  Sedulius  findet  es  sich  so  sieben- 
mal an  Cäsurstellen  ^  ausserdem  bietet  er  nur  vir  humüis  carm. 
pasch.  III  296 ;  per  hominem  hymn.  I  69.  Orientius'  Commoni- 
torium  hat  gleichfalls  nur  ein  Beispiel  1  192  Mutua  cottsfringet 
cura  hominis  \  hominem,  Cl.  Marius  Victor  in  der  Alethia  nur 
II  374  iuris  hominvmgue  und  III  789  primus  homifium.  Ebenso 
vereinzelt  steht  im  Juvencus  I  301  inhabitarc  gelängt;  daneben 
aber  IV  427  Pondera^  \his  ludas;  Commodian  apol.  33  Qui  \  hebetes 
ntorimur.  Reicher  dagegen  Cyprianus  Gallus,  in  dessen  Exodus 
3β2  putatur  \  hinc  fore  dammtm;  Genesis  1029  tuum  humlU\  be- 
sonders schlagend  Numeri  140  Arietes  quincjue  \  hircosque  agnas- 
que  sequcntes]  endlich  gar  im  Exodus  508  der  Handecasyllabus 
CtU  2  glöria  cum  \  honore  pollens.  Dazu  kommt  weiter  Maximianus 
el.  I  142  Torvum  nescio  quid  \  heu  furiale  rident;  IV  57  St  qui^  | 
Äo-s  possii;  vgl.  I  209;  und  Dracontius  c.  min.  8,  189  Kxclamai  \ 
Ilelenus;  201  Nee  |  hoc  fata  sinant  (vgl.  ob  \  hoc  oben  Nr.  157); 
5,  206  Hinc  Marius  I  hinc  Sylla;  6,  108  S6d  \  hoc  cerfamen;  8, 
290  A'iacis  \  haec  mater  erat;  cf.  8,  608;  9,  160. 

In  dem  technisch  sehr  geschickt  geschriebenen,  fast  elisions- 
freien Didobrief  fanthol.  lat.  c.  83  ed.  Riese)  steht,  Plautinischem 
vel  I  hercle  (Nr.  49  u.  257)  entsprechend,  gleichfalls  mit  posi- 
tionslangem velf  V.  119: 


1  S.  ed.  Hümer  Index  S.  394. 
*  Lies  Cuius? 


90  Th.  Birt 

Nnmquam  damna  volo.     Vel  |  hoo  mihi  perfide  redde. 
Ans  derselben  Anthologia    latina    führe   ich    an :    aif  \  hunc    mit 
Längnng  273,  5;  Quid  gravius  \  hoitis  341,  5;  vgl.  36(5,  5.   367, 
2  u.  4.  376,  18.  389,  28  u.  50  {haec  tradirt).  394,  5.    Daselbst 
0.  761,  69  lesen  wir: 

Quid  I  hiemalis  agat  signornm  corpora  scindens. 
Genau  entsprechend   wird  c.  349,  1  im  Salmasianns  überliefert: 

Qnis  I  hunc  non  credat  ipsis  dare  Syrtibas  amnes. 
Das  ist  im  Text  zu  belassen;    Riese   ändert  auch  noch  in  seiner 
zweiten  Auflage.     Ferner  489,  7  (Augustini  de  anima): 

Ac  nee  id  hi  quod  tu,  nee  tu  quod  |  hi,  sed  in  illis. 
Dieselbe  Längung  des   quod  auch  761,  42.     Wiederum    bei  Aa- 
gustin  de  anima  v.  22: 

£n  homo  finit  et  est  non  idm  |  homo;  sie  quoque  tempus. 
In  der  Laus  Solis  steht  (389,  2) : 

Sol  dedit  ipse  diem.  |  Horrentia  nubila  caelo. 
In  den  Verba  Achillis  in  parthenone  (c.   198)  würde  v.  72 

Absit  ab  ingenio  |  ac  viribus  Aeacidamm 
den  einzigen  Hiat  des  Gedichtes  enthalten;  im  cod.  Salmasianns 
steht  aber  vielmehr  hac  mit  falschem  Spiritus;  diese  Schreibung 
hac  für  ac  läset  eich  ja  auch  sonst  belegen:  schon  a.  81  —  84 
CIL.  II  1963  init.;  dazu  III  5839;  VII  1002;  VIII +  4799;  PI. 
Asinar.  380;  420;  CatuU  14,  20^;  sie  ist  in  den  Text  zu  setzen, 
und  der  Dichter  sprach  so.  Im  Carmen  de  figuris  (n.  485  Kiese) 
findet  sich  die  einzige  Dehnung  einer  Kürze  gleichfalls  bei  fol- 
gendem h,  V.  21 : 

Te  eiet  armatus  victus  |,  huic  otia  cordi. 
Endlich  seien  aus  dem  Confliotus  veris  et  hiemis  (687,  22  α.    34 
u.  45)  die  Zeilen 

Quid  tu  tarda  |  hiems,  cuculo  convitia  cantas? 

Quis  tibi  tarda  |  hiems,  semper  dormire  parata. 

Desine  plura,  hiems;  rerum  tu  prodigus,  atrox 
hinzugefügt,    in    welchen    das   echte  ch  des    alten  hiems  wieder- 
aufzuleben scheint. 

Man  sieht :  das  nee  \  hoc  dieser  Epigonen  entspricht  Plau- 
tinischem  ob  \  hoc  (N.  157)  oder  et  \  haec  (N.  23),  ihr  vel  \  hoc 
Plautinischem  vel  \  hercle  (N.  49  u.  a.),  ihr  cum  \  honore  Plauti- 
nischem   cum  \  hoc  N.  62;  vgl.  161 ;  ihr  iam  \  homo  Plautinischem 


^  Vgl.  auch  Virgil.    Maro  grammaticue  p.  170,  17   errant   etiam 
qui  in  copulativa  '  ac*  aspirativam  h  scHbunt. 


Beiträge  zar  lateiDisohen  Grammatik.  91 

tarn  hoc  (N.  6),  nam  huic  (N.  241),  gratiam  haheo  (N.  153)  n.  β.  f., 
nnd  ein  WeBensonterschied  zwiecben  diesen  Froeodien  der  ar- 
chaiecben  Zeit  und  der  Spätzeit  läset  sich  nicht  wahrnehmen. 

Diese  späten  Dichter  aber  lassen  bekanntlich,  ganz  so  wie 
Plaatus,  häufiger  daneben  über  das  h  hinweg  Versohleifung  ein- 
treten, so  dass  dies  h  prosodisch  nicht  gilt.  Sedulius  schreibt 
c.  pasch.  I  70  Quis  pereuntem  hominem,  247  Semihommem^  274 
verique  hac  arte,  307  Namque  homines  u.  s.  f. ;  Cyprianus  Gallus 
Genesis  230  MuWmodosque  haminum;  ähnlich  y.  269,  Exodus 
83  u.  s.  f.  Dracontius  8,  50  ünde  haec  causa  fuit;  145  iamque 
Hecuba  latraf  u.  s.  f.  Der  Conflictus  veris  et  hiemis,  dem  über- 
haupt die  Synalöphe  fast  unbekannt  ist  ^,  schreibt  doch  neben 
tarda  hiems  auch  glacialis  hiems  (v.  13),  lässt  also  das  h  wenig- 
stens nicht  Position  machen. 

Trotzdem  und  trotz  dieser  Elisionen  hat  nun  für  die  zu- 
letzt genannten  Dichter  der  Schluss  auf  h  fortis  Gültigkeit.  Es 
ist  klar,  dass  er  auch  für  Plautns  gelten  muss. 

Das  festere  h  des  Altlateins  ist  im  Verfallslatein  wieder 
aufgelebt 

Jene  wunderliche  Inconstanz  selbst  aber,  mit  welcher  Plantue 
hundertfach  und  dicht  nebeneinander  h  verschleifen  und  nicht 
Terschleifen  konnte,  ist  bei  ihm  weit  mehr  als  bei  irgend  einem 
andern  Dichter  in  seinem  Wesen  begründet  und  aus  dem  schwan- 
kenden Sprachtypus  abzuleiten,  dem  dieser  Erstling  unter  den 
erhaltenen  Schriftstellern  Eoms  angehört.  Seine  Technik  liebt 
geradezu  die  Variirang  der  prosodischen  Werthe.  Um  aus  Be- 
kanntem nur  Einiges  herauszugreifen:  wer  weiss  nicht  und  rechnet 
nicht  damit,  dass  Plautus  bald  aiehat,  bald  aibat,  bald  dixti,  bald 
dixisH  schrieb  ?  Man  setzt  je  nach  Bedürfniss,  durch  kein  Gesetz 
gehindert,  bald  das  eine,  bald  das  andre  in  den  Text.  Trochäische 
Wörter  wie  iüe^  unde  stehen  nach  Laune  hier  als  wirkliche  Tro- 
chäen, dort  nur  als  Pyrrhichien  im  Verse.  Ganz  ebenso  ist  ecquis 
bald  Pyrrhichius,  bald  Trochäus,  und  der  Dichter  vermeidet  es 
durchaus  nicht,  dies  Wort  in  beiden  Messungen  dicht  neben- 
einander in  denselben  Vers  zu  stellen:  Bud.  413  Heus  ecquis  in 
vühist?  ecquis  hoc  reclüdit?  ecquis  prodit?  Ferner  ist  siquidem  das 


^  Nur  die  beiden  erzählenden  Verse  43  u.  44  dieses  Gedichtes 
haben  zweifellos  Synalöphe;  der  ganze  voraufgehende  Dialog  entbehrt 
ihrer,  aber  überhaupt  das  ganze  übrige  Gedicht,  falls  man  in  v.  50  u. 
54  dem  cod.  S  folgt:  veniant  ad  mulctra  capellae  und  Omnia  te  spectant, 
lieber  spectare  =  expectare  s.  den  Index  zum  Claudian. 


92  Th.  Birt  Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik. 

Eegelrechte;  wo  es  passt,  kann  Plautus  aber  aach  st  quidem 
Hetzen  (Asin.  712;  Ciet.  48).  ibidem  ist  Regel;  aber  ibidem  steht 
wiederum  daneben  und  lässt  sich  nicht  wegdeuten  ^.  So  erscheint 
Pellaeus  mit  langer  Mittelsilbe  Asin.  397,  mit  kurzer  v.  333. 
Hart  nebeneinander  setzt  Plautus  die  Dative  mihi  und  mi  (Amph. 
790  und  791),  hart  nebeneinander  die  Nominative  iste  und  istic 
(Rud.  1125  und  1126),  braucht  vor  allem  te  und  me  bald  mit  Ver- 
schleifung,  bald  mit  dentalem  Auslaute,  so  dass  wir  Cist.  139  med, 
gleich  darauf  140  me  elidirt  finden  und  man  Aul.  132  schwanken 
muss,  ob  ego  fed  et  tu  me  tU  facias  oder  vielmehr  ego  te  et  tu  med  tä 
facias  zu  schreiben  ist.  In  einer  Zeile  stehen  ferner  die  Concurrenz- 
formen  stet  und  sit  zusammen  (z.  B.  Cure.  372),  nicht  anders  dice 
und  die  (Rud.  124).  Und  wenn  es  und  est  schwachen  Vocal  hat 
und  in  zahllosen  Fällen  Aphäresis  erleidet,  so  kann  der  Dichter 
doch,  80  oft  es  ihm  passt,  diese  Schwäche  des  Yocales  ignoriren 
und  dignus  es  als  vollen  Creticus  setzen  Rud.  800;  nidlus  est 
Rud.  994;  vgl.  Men.  325;  Merc.  934  etc.  etc.;  nebeneinander 
meliust  Miles  914  und  probus  est  Miles  915. 

Ganz  mit  dem  nämlichen  Recht  auf  Freiheit  hat  der  Dichter 
also  auch  anlautendes  h,  das  ähnliche  Neigung  zur  Verflüchtigung 
hatte,  ad  libitum  bald  durch  Verschleifung  eliminiren,  bald,  wo 
das  VersbedürfniRS  dazu  einlud,  als  h  fortis  in  seinem  echten 
Werth  belassen  können,  sogar  innerhalb  ein  und  desselben  Verses, 
wie  es  die  Beispiele  N.  13.  21.  24  u.  a.  uns  zeigen.  Der  An- 
laut in  homo  oder  habeo  ist  mit  derselben  Freiheit  behandelt  wor- 
den wie  der  Auslaut  in  med  und  ted. 

Grammatisch-orthographische  Erwägungen  ergaben  uns  S.  13 
die  Zulässigkeit  des  Ansatzes  der  h  fortis  für  das  3. — 2.  Jhd. 
vor  Chr.;  die  Betrachtung  der  Metrik  erhebt  diese  Zulässigkeit 
nunmehr  zur  Noth wendigkeit,  wennschon  ihre  Geltung  allerdings 
nur  partiell  ist.  Wir  sagen  also  in  der  Formulirung  der  alten 
Grammatiker:  h  quotiens  iuvat  vocalem,  consonans  est;  quotiena 
non  iuvat,  nota  adspirationis  est^.  (Schluss  folgt). 

Marburg  i.  H.  Th.  Birt. 


1  Seyffert  in  Bursian's  Jahresber.  Bd.  80  S.  2G1  gegen  P.  Langen. 

2  Cledonius,  V  K.  28,  8. 


Die  apokryphen  Fragen  des  Bartholomaeus. 


Der    zuerst  1893    in  YaesilievR  Anecdota   graeco-byzantina 
(Va)  S.   10—22  aus  dem  Wiener  cod.  bist.  67  (G)    abgedruckte 
griechiscbe  Text  der  'Fragen  des  Bartbolomaeus*    liegt   aucb  in 
der  neuen,  auf  Grund  nocbmaliger  Vergleichung  der  Handecbrift 
und  mit   Benutzung    slaviscber    Uebersetzungen    (S)    durch    des 
Editors    eigene    Bemühungen    und    zahlreiche    Beiträge    von   Ed. 
KTirtz   vielfach    verbesserten   Ausgabe  Bonwetschs    (Bo)    in    den 
ISachrichten  der  Göttinger  Gesellschaft  der  Wissenschaften  1897 
δ.  9  ff.   noch    immer   sehr    im   Argen.     Auch   hier  ist    die   Zahl 
der  falschen  Accente,  Itacismen  und  ähnlichen  Fehler,  von  denen 
Vae  Abdruck    wimmelt,    trotz    der  Nachträge    S.  42   noch  recht 
beträcbtlich,  so  liest  man  S.  18,  24  μεταβάλλουσα,  20,  17  πύρι- 
νο ις  άλύσεσι,  22,  l  und  6  εύρυχοροτίρα,  22,  5  πολυφανερόν, 
23,  3  συμβουλεία,   23,  11  παρεστάμενοι,   24,  4  γοητών,  25,  33 
ίρριψεν  με,    26,  28    Φισόν,    27,  20  κρίσεως  μου.      Dazu    sind 
manche    Eigenthümlicbkeiten  des   Spätgriechischen  verkannt    und 
ohne  zureichenden  Grund  angetastet  worden.     Wem  man  μητέ- 
ραν  (S.  12,  16,   vgl.   14,   14.   2S,'25.  28,  28),   προς    βραχύν 
(für  βραχύ  S.  22,  6),    τό    πέταλος  (für  πίταλον  S.  23,  16  s. 
Hatzidakis  Einleitung  in  die  neugriecb.  Gramm.  S.  366  f.),  κατα- 
λαλώσιν  (S.  24, 13  s.  Hatzidakis  S.  128),  άποτίθονται  (S.  10, 
10  vgl.  Aegypt.  Urkunden    ans  den  Museen  zu  Berlin  Nr.  326, 
I  16  [v.  J.   194  n.  Cbr.]  παρακατατίθομαι,  Buresch  Aus  Lydien 
S.  79  Inschr.    39    έθοντο,    wozu    der  Herausgeber    μετάθοι    auf 
einer  Inschrift    von    Smyrna    vergleicht,    Wünsch  Sethian.     Ver- 
flttchungetafeln    16,  3.  56    παραθίθομε    [=  παρατίθομαι],    Acta 
Thomae  S.  93,  40  ßonnet  προσετίθοντο)    πλασμένος    (S.  25, 
29  8.  Hatzidakis  S.  74  f.)  άπό  δυσμάς  (S.  18,  16)  und  dergl. 
ziitraut,  dem  durfte  weder  περί  mit  dem  Akkusativ  nach  einem 
Vcrbum  dicendi  (ερωτάτε  με  περί  τό  μυστήριον  τούτο  S.  12,  2) 
abgesprochen   werden   noch  στήκεις  (S.  12,   8)  noch    έ  προ  σε- 


94  Brinkmann 

κύνει  (S.  25,  26  β.  Hatzidakis  δ.  65  f.)  noch  indeklinabelea 
πλήρης  (S.  16,  5  und  6  β.  Blase  Gramm,  dee  ntlicben  Griecliiech 
S.  81  und  XI,  ferner  z.  B.  Berliner  Aegypt.  ürkund.  411,  12 
[314  n.  Chr.]  τό  έκφόριον  πλήρης,  371,  20  [arab.  Zeit?]  εΙς 
πλήρης,  Grenfell  and  Hunt  Greek  Papyri  Ser.  II  69,  29  [265 
n.  Cbr.],  75,8  [305  n.  Chr.],  Henoch  28,  2  αυτό  πλήρης,  31,  2 
τα  b^vbpa  πλήρης,  Apocal.  Baruchi  [Texte  and  etndies  ed.  Arm. 
Eobinson  V  1]  S.  93,  29  κανίσκια  πλήρης,  Acta  Tbomae  S.  62,  2 
πλήρης  ένιαυτόν,  91,  24  μισθόν  πλήρης,  Apocal.  Pauli  S.  51, 
1  und  2  Tischendorf  b^vbpa  πλήρης  (-ρ€ΐς  Tisch.),  Acta  Theo- 
phili  [Oeuvres  de  Kutebeuf  ed.  Jubinal  Bd.  II]  S.  349,  22  χ€ίλη 
πλήρης,  Alexand.  Lycopol.  S.  6,  27  σελήνην  . . .  πλήρης  γίνεσθαι). 
Ueberfltissig  war  auch  S.  10,  5  der  Einschub  von  ήμέραν  nach 
καθ*  έκάστην,  ebenso  die  Annahme  einer  Lücke  S.  16,  15,  da 
doch  έπεί  im  Sinne  von  alioquin  besonders  in  später  Zeit  ganz 
üblich  ist  (s.  Useners  Index  zu  den  Acta  Marinae  S.  78,  oft 
steht  es  in  den  Strafbestimmungen  der  Grabschriften  z.  B.  GIG 
4366  k  ff.)S  und  die  Hinzuftigung.yon  Sv  S.  24,  18  in  der  Apodosis 
des  irrealen  Bedingungsatzes,  wie  schon  S.  23,  30  lehren  konnte. 
Sodann  war  S.  12,  19  das  τεσαρης  der  Hs.^  τεσσάρεις  (oder 
τέ(Τ(Ταρ€ΐς)  zn  deuten,  vgl.  Buresch  Rhein.  Mus.  XLVI  S.  218, 
Hatzidakis  S.  149,  ausserdem  z.  B.  Henoch  22,  1,  Acta  Thomae 
S.  92,  32,  Testam.  lobi  [Texts  and  studies  V  1]  S.  109,  8.  131, 
4  [P-Rec],  Vassilievs  Anecd.  S.  45.  46.  317.  Und  S.  24,  33 
steckt  in  dem  άπαγγέλιυ  der  Hs.  nicht  άπαγγελώ,  wie  Bo  schreibt, 
sondern,  wie  schon  Va  (S.  19,  2)  erkannt  hat,  απαγγέλλω: 
es  ist,  wie  so  oft  in  den  Hss.  —  auch  in  G  z.  B.  S.  24,  31 
(άπο(Ττίλου(Τΐ)  —  die  Doppelung  der  Liquida  unterlassen.  Denn 
ein  Futurum  wie  όπαγγελώ  kommt  in  der  ganzen  Schrift  nicht 
vor,  dafür  steht  S.  25,  15  απαγγείλω,  ebenso  wie  das  Futurum 


^  Scheinbar  pleonastisch  ist  dies  έπε{  gebraucht  z.  B.  Acta 
Xantbippae  et  Polyxenae  (Texts  and  studies  Π  3)  S.  85,  7  f.  el  μή  δτι 
προσ^κβιτό  μοι  ή  θλΐψις  αύτη,  έτΓ€ΐ  έβλασφήμησα  dv  σ€.  νΟν  δέ  κτέ. 
Acta  Thomae  S.  85,  9  f.  el  μή  γάρ  ή  σή  τύχη  τό  δεσμωτήριον  έφύλαζ€ν, 
έπε  ι  πάντες  αν  οΐ  κατάδικοι  ίφυγον,  vgl.  94,  27  πλην  μή  φοβού,  έπε  Ι 
σπλαγχνίίεται  γάρ  κτέ.  (cod.  S).  An  beiden  Stellen  der  Thomasakt en 
hat  Bonnet  έπε{  geändert,  zweifellos  mit  Unrecht. 

2  Uebrigens  druckt  hier  Va  (S.  12,  19)  τέσσαρες,  dagegen  S. 
20,  1Γ)  τέσσαροι,  während  Bo  an  dieser  Stelle  (S.  2ß,  13)  τέσσαρες 
ohne  Variante  giebt.  Beide  PWmcn  sowohl  τέσσαροι  wie  der  Accusativ 
τέσσαρες  sind  bekanntlich  im  Vulgär-  und  Neugriechischen  ebenfa/ie 
gebräuchlich. 


Die  apokryphen  Fragen  dea  Bartholomaetid.  95 

von  άποστέλλαι  S.  16,  8  durch  αποστείλω  ereetzt  wird.  Daee 
der  CoDJunctiv  des  Aorieta  im  Spätgriechiachen  vielfach  das 
Futurnm  verdrängt  hat,  iat  ja  aeit  Lobeck  Phryn.  S.  722  ff.  oft 
bemerkt,  doch  erstreckt  eich  dieaer  Gebranch  viel  weiter,  ala  die 
vorliegenden  Beiapielaammlungen  (a.  bea.  Uaener  zn  Sophronioa  de 
praeaentatione  domini  [Bonner  Univeraitätaprogr.  1889]  S.  6  f.) 
erkennen  laaaen.  Um  nur  ein  paar  den  angeführten  gleichartige 
Fälle  herauazngreifen,  vgl.  V.  Agathonici  Anall.  Bolland.  II  S.  107, 
7  f.  ουδέν  πλίον  δυνήσομαι .  .  .  άλλα  .  .  .  έ£αποστ€(λϋϋ,  Acta 
Thomae  S.  62,  9  αναγγείλω,  67,  8  άποστείλωμεν,  V.  Macarii  in 
Va'a  Anecd.  S.  158  a  αναγγείλω,  Apocal.  Pauli  S.  69,  10  Tiach. 
αποστείλω,  Apocal.  loannia  apocr.  S.  75,  6  καταστείλω^.  Nicht 
minder  üblich  iat  aber  bekanntlich  der  £raatz  dea  Futurums 
(aaaaer  durch  ίχείν  mit  dem  Infinitiv  dea  Aoriata)  durch  daa 
Praeaena,  s.  z.  B.  die  Indicea  Bonneta  zu  Acta  Thomae  S.  184, 
der  aod.  aoc.  phil.  Bonn,  zu  Marci  v.  Porphyrii  S.  137,  der  aod. 
sem.  phil.  Bonn,  zu  Callinici  v.  Hypatii  S.  187,  Gelzera  zu  Leon- 
tioa  S.  200.  So  ateht  in  den  'Fragen'  S.  12,  4  καταφλέγει 
neben  έΗελεύσεται,  20,  13  γίνεσθε  neben  πεσεϊσθε,  wie  S.  24, 
33  mit  απαγγέλλω,  eröffnet  kurz  vorher  Z.  25  Satanaa  aeine 
Mittheilungen  durch  λέγω  u.  a.  w.  Daher  iat  auch  S.  25,  33 
der  von  Bo  empfohlene  Vorachlag  Va'a  ίοομαχ  für  εΙμί  zu 
achreiben  durchaua  überflüaaig.  Zweifelhaft  eracheint  ea  ferner, 
ob  man  berechtigt  iat,  daa  überlieferte  πέπρατες  S.  22,  22  mit 
Bo  in  πέπραχας  zu  ändern.  Ueber  dieae  nach  Analogie  der 
Iniperfekte  und  atarken  Aoriate  gebildete  Endung  der  2.  Peraon  der 
Perfekte  (und  achwachen  Aoriste)  vgl.  Wagner  Quaeat.  de  epigr. 
graec.  lapid.  S.  122,  Bureach  Rhein.  Mua.  XLVI  S.  219  ff..  Hatzi- 
dakia  S.  186,  Winer-Schmiedel  Gramm,  dea  ntlichen  Sprachidioma 
§13,16,  Deiaamann  Neue  Bibelatudien  (1897)  20,  Nuth  de  Marci 
vita  Porphyrii  Gaz.  (1897)  S.  36  f.,  Schweizer  Gramm,  der 
pergamen.  Inachr.  (1898)  S.  184.  Und  wenn  G  ala  Genetiv  zu 
πηλός  S.  18,  13  πυλός  d.  i.  πηλός  und  dem  entaprechend  S. 
25,  29  ala  Akkuaativ  πυλά  =  πηλά  überliefert,  so  thut  man 
vorläufig  gewiaa  beaaer,  an  metaplaatiache  Bildung  zu  denken 
von  der  Art  wie  der  Nominativ  κατηγωρ,  die  Genetive  φάρμακος 
und  πώλητος^β^  durch  gewaltaame  Aenderungen  die  regelmässigen 


1  Diese  Schrift  bietet  für  den  Gebrauch  des  Futurums  und  seiner 
Surrogate  besonders  reiches  und  instruktives  Material. 

2  Vgl.    W.  Schmid    Götting.   gel.    Anz.    1895    S.  42.    Ein    gutes 


9G  Brinkmann 

Formen  herzaetellen.  Gewichtigen  Bedenken  unterliegt  es  aacb 
in  einer  Schrift  von  der  Art  der  *  Fragen*  gegen  die  Ueherliefe- 
rung  80  wenig  volksthümliche  Formen  wie  ϊα(Τιν  (für  άοίν  S. 
10,  11)  und  προσέθεσαν  (für  προσετίθοι  S.  12,  5)i  einzuführen. 
Und  nicht  minder  bedenklich  ist  es  endlich  angesichts  der  an- 
gemeinen Freiheit  des  äpätgriechischen  im  Gebrauch  des  abso- 
luten Genetive  (s.  z.  B.  die  Indices  Bonnets  zu  den  Acta  Thoniae.. 
der  sod.  sem.  Bonn,  zu  Callinici  v.  Hypatii  und  Gelzers  zu 
Leontios)  Stellen  zu  ändern  wie  S.  25,  5  f.  κα\  ήρΕατο  ό  Βαρ- 
θολομαίος λέγειν,  πεσών  έπΙ  πρόσωπον  και  βάλλων  (βαλών?) 
έπι  την  κεφαλήν  αύτου  γήν,  λέγοντος  ούτως'  oder  auch  S. 
10,  15  f.  και  ταύτα  λεγόντων  ('i.  e.  αυτών'  Va,  möglich,  dass 
dies  auegefallen  ist,  aber  keineswegs  sicher,  vgl.  z.  B.  La  Roche 
Beiträge  zur  griech.  Gramm.  I  S.  128  ff.)  έοωκεν  αύτοϊς  την 
είρήνην. 

Allerdings  wird  es  von  manchen  der  in  G  überlieferten  Vul- 
garismen —  sowohl  der  von  Bo  geduldeten,  als  der  von  ihm 
verkannten  und  beseitigten  —  vor  der  Hand  dahingestellt  bleiben 
müssen,  ob  sie  vom  Verfasser  selbst  herrühren  oder  der  Tradition 


Beispiel  geben  noch  die  Acta  Thomae.  Dort  tritt  ein  στρατηλάτης 
auf,  dessen  Name  in  folgenden  Formen  erscheint:  N.  Σ(φΐυρ  (Σιφώρ) 
Σιφώρας.  G.  Σίφώρ,  Σίφωρος,  Σίφόρα,  Σ  ι  φόρο  υ,  Σημφόρου.  D. 
Σίφόρψ.  Α.  Σίφορα  (Σίφόρα, -φώρα,  -φώρα)  Σηφόρον  (in  den  latein. 
Bearbeitungen  Siforus,  Sephor,  Simforus  u.  s.  w.).  Offenbar  ist  dies 
nach  allen  Möglichkeiten  der  vulgärgriechischen  Deklination  abge- 
wandelte Wort  (in  dem  v.  Gutschmid  Kl.  Schriften  II  S.  399  den  Namen 
Sufrai  suchte  'den  ein  Vezier  des  Sasaniden  Qobad  führt \  wogegen 
schon  Lipsius  Die  apokryphen  Aposteli^esch.  I  S.  280  Bedenken  äusserte) 
nichts  anderes  als  das  gut  griechische  Σύμφορος.  Uebrigens  kommt  in 
den  Thomasakten  als  Accus,  von  Μισδαΐος  neben  Μισδαΐον  gelegentlich 
auch  Μισδαία  vor. 

1  Sicher  ist  in  προσ€τ^θοι  eine  Form  des  Verbums  προατιθέναι 
zu  suchen,  das  in  dem  hier  erforderlichen  Sinne  in  der  LXX  (Act.  und 
Med.)  wie  im  NT  (Med.)  ganz  gebräuchlich  ist,  vgl.  ausserdem  z.  B. 
Vita  Theodori  (in  den  Μνημεία  αγιολογικά  des  Theophilos  Juannu)  S.  43«i 
μή  προσθής  ίτι  τοΟ  άραι  und  437  ου  προσέθετο  ίτι  λαβείν.  Vnn  den 
in  Betracht  kommenden  Formen  liegt  wohl  am  nächsten  προσετίθουν 
(oder  προσετίθοντο),  zumal  das  Imperfekt  hier  an  sich  ganz  passend 
erscheint. 

2  Noch  weiter  freht  es,  wenn  es  z.  B.  Act.  Thomae  S.  77,  5  f. 
heifist  έγώ  bi  κατέφυγον  εις  εκείνον,  δς  εΙς  αΙώνα  μένει,  γινώσ κοντός 
πάντας  κτέ. 


Die  apokryphen  Fragen  des  fiartholomaeus.  97 

aufzubürden  eind.  Grössere  Klarheit  kann  hierüber  nur  erzielt 
werden,  wenn  es  gelingt,  weiteres  handschriftliches  Material  her- 
beizuschaffen. Es  ist  dies  um  so  dringender  zu  wünschen,  als  das 
bis  jetzt  allein  bekannt  gewordene,  nicht  einmal  vollständige 
griechische  Manuscript  des  Büchleins,  der  Wiener  Codex,  mit  der 
grössten  Flüchtigkeit  geschrieben  ist.  Das  zeigt  sich  nicht  bloss 
in  der  verwilderten  Orthographie  sowie  der  Häufigkeit  und  Stärke 
der  Verschreibungen,  sondern  vor  Allem  in  der  Menge  der  Lücken, 
Auslassungen  einzelner  Wörter  wie  ganzer  Satztheile,  die  den 
Text  oft  bis  zu  gänzlicher  Sinnlosigkeit  verstümmelt  haben.  £in 
besonders  drastisches  Beispiel  dafür  liefert  die  arg  verballhornte 
Stelle  S.  16,  4  if.,  wo  es  glücklicher  Weise  durch  die  slavische 
üebersetzung  ermöglicht  wird,  die  Entstehung  der  Verderbniss 
aufzudecken.  Nach  S  muss  der  griechische  Text  etwa  so  gelautet 
haben:  και  ibujK€V  κάμοί.  <και  έπάταΕεν  τήν  άριστεράν  του 
ενδύματος  αύτου  και  έγίνετο  ποτήριον  υπερμέγεθες)  [καΐ 
έθεώρησα  και  eibov]  πλήρης  οϊνου.  και  Ιθετο  έπι  το  θυσια- 
στήριον  του  ναού  και  ίπιεν  αυτός  πρώτον  και  ίοωκεν  κάμοί. 
και  έθεώρησα  και  εϊί>ον  πλήρης  τόν  δρτον  και  το  ποτήριον. 
Wie  man  sieht,  glitt  das  Auge  des  Abschreibers  von  dem  auf 
das  erste  ίοιυκεν  κάμοί  folgende  και  auf  das  einige  Zeilen  weiter 
ebenfalls  nach  einem  ίοιυκεν  κάμοί  stehende  και  ab.  So  antici- 
pirte  er  irrthümlich  die  diesem  letzteren  και  folgenden  Worte 
έθεώρησα  και  εΤοον,  sprang  dann  aber  von  dem  danach  kommen- 
den πλήρης  τόν  άρτον  auf  das  vorhergehende  πλήρης  οϊνου 
zurück  und  gelangte  jetzt  erst  wieder  in  das  richtige  Fahrwasser. 
Muss  man  also  auf  Schritt  und  Tritt  gewärtig  sein,  auf  Lücken 
aller  Art  zu  stossen,  so  fehlt  es  auch  nicht  ganz  an  Spuren,  dass 
der  Text  durch  Interpolation  gelitten  hat,  wenngleich  das,  wie 
es  scheint,  nur  in  seltenen  Fällen  geschehen  ist.  Am  durchsich 
tigsten  ist  der  Sachverhalt  wohl  S.  10,  28  f.  Denn  was  hier  in 
G  steht,  έριυτώμέν  σε  πάντες  o\  απόστολοι  απέστειλαν  με  προς 
σ€,  ϊνα  εϊπης  ήμϊν,  πώς  κτέ.,  ist  offenbar  so  zu  Stande  ge- 
kommen, dass  die  S  zu  Grunde  liegende,  vermuthlich  ursprüng- 
liche Lesart  έρωτώμίν  σε  πάντες  o\  απόστολοι,  πώς  κτέ.  mit 
der  erweiterten,  die  Person  des  Bartholomaeus  stärker  hervor- 
hebenden Fassung  π.  o\  άπ.'  απέστειλαν  με  προς  σε,  ϊνα  εϊπης 
ήμϊν,  πώς  κτέ.  contaminirt  iet^     Soweit  nun  die  slavische  üeber- 


1  Nahe  liegt  der  Verdacht  nachträglicher  Hinzufügung   auch  bei 
der    in    dio    Erzählung    von    der  Schöpfung  drr  FiUgel  eingeschobenen 
Bhein.  Mna.  f.  Phllol.  N.  F.  LIV.  7 


d8  firinkmann 

setzuDg  eine  Controle  bietet,  läset  sieb  der  Scbaden  wenigstens 
in  manchen  Fällen  noch  einig ermassen  erkennen,  obwohl  aach 
sie  grade  an  den  schwierigeten  Stellen  in  der  Kegel  versagt; 
wo  man  aber  auf  die  griechische  Ueberlieferung  allein  angewiesen 
ist,  tappt  man  nur  zq  oft  rathlos  im  Dunkeln.  Unter  solchen 
Umständen  hat  die  Emendatio  der  Schrift  —  bei  der  £igenart 
ihrer  litterarischen  Stellung  schon  an  sich  keine  leichte  Aufgabe  — 
einstweilen  mit  ganz  besonderen  Schwierigkeiten  zu  kämpfen. 
Es  kann  daher  auch  nicht  Wunder  nehmen,  wenn  die  Heraus- 
geber nach  dieser  Seite  hin  noch  sehr  viel  zu  thun  übrig  ge- 
lassen haben.  Üb  es  den  nachfolgenden  Bemerkungen  gelungen 
ist,  die  Zahl  der  Räthsel  und  Verderbnisee  wenigstens  um  ein 
Kleines  zu  verringeren,  muss  dem  Urtheil  der  Sachkundigen  an- 
heimgestellt  werden.  Dass  ein  Theil  von  ihnen  keinen  höheren 
Anspruch  erheben  kann  und  will,  als  den,  etwas  Mögliches  an 
Stelle  von  Unmöglichem  zu  bieten,  bedarf  wühl  keiner  besonderen 
Versicherung  und  ist  hoffentlich  überall  durch  die  Formulirung 
im  Einzelnen  genügend  gekennzeichnet. 

8.  10,  4  hat  Bo  nach  einem  Vorschlag  von  Ed.  Kurtz  das 
überlieferte  άοιαλύπιυς  in  άοιαλύτιυς  geändert,  was  weder  zu 
έκαθ€ίόμην  recht  passt,  noch  dem  folgenden  καθ'  έκάστην  ent- 
spricht. Beide  Anforderungen  erfüllt  dbi  αλείπτως.  Ζ.  23  f. 
1.  πάτερ  Πέτρε,  σύ  ώς  κορυφαίος  έγγίσας  (für  έτήσας) 
έρώτησον  αυτήν,  vgl.  S  und  S.  10,  11).  26.  20,  24.  26.  στήσας, 
was  Bo  schreibt,  ist  ein  unnöthiger  Barbarismus  und  bedeutet 
nicht  einmal  'herzugetreten'  (S).  Auch  S.  12,  28  f.  ist  Bo's 
Textgestaltung  weder  paläographisch  wahrscheinlich  noch  gram- 
matisch möglich.  Denn  um  von  έκ  άγνώτιυν  gar  nicht  zu  reden, 
wie  soll  man  έκ  άγ.  άρμονίίων  πόλους  ουράνιους  συνστησάμενος 
construiren  ?  Dem  Sinn  und  S  würde  diese  nur  ganz  geringfügige 
Aenderung  heischende  Fassung  Genüge  leisten:  6  έκγνόφιυν 
(so  Va  für  νόφιυν)  άρμονίςι  (zu  άρμονήον  verschrieben  in  An- 
passung an  die  Endung  des  vorhergehenden  Wortes?)  πόλους 
ουράνιους  συνστησάμενος  και  συμπήΕας.  Aehnlich  heisst  es 
S.  25,  24  τανύσας  νεύρα  και  φλέβας  κα\  αρμονία  συνστησάμβνος. 
Im  Folgenden  S.  14,  2  (6  τήν  οιάτριτον  υλην  σχηματίσας)   ist 


Bemerkung  τόν  γάρ  υΐόν  .  .  .  δεύτερον  Μιχαήλ  S.  22,  33—23,  4.  Hätte 
man  diese  Worte  als  einen  ursprünglich  am  Rande  vermerkten  Zu- 
satz anzusehen,  so  würde  sich  auch  ihre  au sscrge wohnlich  starke  Ver- 
derbnisB  am  besten  erklären. 


Die  apokryphen  Fragen  des  fiartholomadud.  99 

mit  dem  von  Knrtz  vorgescblagenen  οιάτρητον  nichts  gewonnen, 
eher  könnte  man  an  άοΐάκριτον  denken,  das  Wort,  mit  dem 
Symmachos  Gen.  1,  2  V12  übersetzte,  wofür  die  LXX  άκατα- 
σκεύοστος  hat.  Mit  grösserer  Sicherheit  läset  sich  über  Z.  4  f. 
nrtheilen,  da  dieser  Satz  fast  ganz  gleichlautend  in  den  Acta 
loannis  S.  247,  6  f.  Zahn  und  den  Acta  Cypriani  S.  146,  11 
Zahn  wiederkehrt: 

S.  14,  4  f .  ό  τών  α1θ€-      Α.  Ιο.  ό  ταιν  α(θ€ρ{ιυν  Α.  Cy.  ό  τών  αερίων 

ρίιυν   γενόμενος   δρό-      νόμος  καΐ  ταιν  άερ{(ΐιν  νόμος  καΐ  τών  αίθερίων 

μος    (so    Va,    δρόμον      δρόμος    καΐ   τών    έπι•  ψυλαΕ    καΐ    τών    ύπο- 

GS,  τρόμος  Βο)  καΐ  τών      γείιυν   φύλαΗ,    ό    τών  γείαιν  (eine  Ηβ.  έπιγ.) 

επιγείων  φανείς  φόβος,      υπογείων    φόβος     καΐ  φόβος. 

τών  ίδίων  χάρις. 

Der  Vergleich  der  drei  Stellen  zeigt,  dass  es  sich  hier  nm  eine 
ältere  liturgische  Formel  handelt,  die  in  den  'Fragen'  in  ver- 
stümmelter Gestalt  wiedergegeben  ist.  Kurz  darauf  Z.  6  (πάντων 
την  τροφήν,  γήν,  ύετών  πληρώσας)  wird  Bo's  ein  unmögliches 
Griechisch  schaffende  Vermuthung  entbehrlich,  wenn  man  τροφόν 
schreibt  oder  wenigstens  versteht  nach  Wendungen  wie  γήν, 
τροφόν  ήμετέραν  (Plat.  Tim.  S.  40  b),  (γήν)  την  τροφόν  πάντων 
(Herm.  Trismeg.  S.  110,  1  Parthey)  u.  dergl.  S.  14,  20  ist,  wie 
der  Zusammenhang  (S.  16,  8  f.)  lehrt  und  S  bestätigt,  άγγελος 
falsch  und  vielmehr  Gott  selbst  gemeint.  £s  ist  daher  nach  S 
einfach  αυτός  dafür  einzusetzen,  bezüglich  auf  του  θεού  Ζ.  19. 
αυτός  wurde  zu  άγγελος  verschrieben  unter  dem  Einfluss  des 
vorhergehenden  und  unmittelbar  folgenden  αγγέλου.  Gleich- 
artige Schreibfehler  haben  Va  und  ßo  S.  IG,  22.  16,  15.  18,  10 
auf  Grund  von  S  richtig  erkannt  und  verbessert,  sie  sind  in  allen 
Uss.  ungemein  häufig,  s.  z.  £.  Nauck  Melanges  greco-romains 
V  S.  268  f.  S.  16,  7  erwartet  man  ίτι  τρεις  ένιαυτοι  και 
αποστείλω  für  τρεις  ένιαυτών,  wie  Ζ.  21  ίτι  γαρ  επτά  ήμίραι 
και  ανέρχομαι.  Indessen  läset  sich  auch  τριών  ένιαυτών, 
was  ja  graphisch  am  nächsten  liegt,  erklären  und  belegen,  vgl. 
z.  ß.  Narratio  Zosimi  (Texte  and  studies  II  3)  S.  102,  11,  wo 
die  älteste  Hs.  Ιτι  τριών  ημερών  και  πάσα  f\  πόλις  θανατωθή- 
σεται  gibt,  während  die  jüngeren  τρεις  ημέρας  oder  ήμέραι 
(Vassiliev  Anecd.  S.  172,  δ)  bieten.  Mit  S  wird  dann  Z.  18 
nach  εΙς  τό  δρος  einzuschieben  sein  <του  Ά  μωρία).  Dass 
S.  18,  23  ισχύν  sinnlos  ist,  hat  Bo  unter  Hinweis  auf  S  mit 
Recht  bemerkt.  Allein  αίσχύνην,  was  er  mit  scheinbar  leichter 
Aenderung   dafür    einsetzen    will,    wird    dadurch  ausgeschlossen, 


lOÖ  Örinkmantt 

dass  από  αΙσχύνης  €ΐς  χαράν  μεταβαλοΟσα  anmittelbar  folgt. 
Offenbar  ist  ähnlich  wie  S.  14,  20  δγγελος  so  hier  Ισχύν  als 
Nachklang  aus  dem  Vorhergehenden  (Z.  20)  dem  Schreiber  in 
die  Feder  gekommen.  Man  wird  daher  nicht  ängstlich  nach 
einem  den  Schriftzügen  nach  ähnlichen  Wort  zu  suchen,  sondern 
einfach  das  dem  Sinn  angemessenste  herzustellen  haben,  und  das 
ist  ohne  Zweifel  παράβασιν,  die  Lesart  von  S  (vgl.  Z.  12)*. 
S.  18,  29  wird  zu  schreiben  sein  ύποβλεψάμενος  (für  άττοβλ.) 
bk  αυτόν  6  Ίησους  λέγει  αύτώ  '  Q  καρδία  αυστηρά  κτέ.,  worauf 
auch  S  führt.  Denn  wenngleich  άποβλέπεσθαι  im  Spätgriechi- 
schen  mit  gleicher  Construetion  vorkommt  (z.  ß.  Acta  Theophili 
a.  0.  S.  330,  10  =  343,  14  τήν  \κανότητα  τοΟ  ανδρός  άπο- 
βλεψάμενοι),  so  doch  m.  W.  nicht  mit  gleicher  Bedeutung.  S.  20, 
17  f.  1.  ήν  hk  τό  μήκος  αύτου  (d.  h.  του  Βελίαρ)  πηχε'ων 
[χιλίιυν]  έΗακοσίων.  χιλίων  έΗακοσίιυν  steht  in  keinem  Ver- 
hältniss  zu  den  folgenden  Massangaben,  zudem  fehlt  χιλίων  in 
S;  es  ist  vermuthlich  durch  falsche  Auflösung  des  Zahlzeichens 
χ  (=  έΗακοαίων)  entstanden.  S.  20,  20  erwartet  man  für 
έε^ρχεταΐ  das  Imperfekt,  u.  z.  würde  sich  die  Verschreibung  am 
leichtesten  erklären ^  wenn  in  der  Vorläge  έΗέρχετο  ohne 
Augment  stand.  S.  IB,  4  giebt  zwar  Bo  άττήρχετο  ohne  Variante, 
aber  Va  hat  άπέρχετο,  und  beim  Vergleich  der  beiden  Ausgaben 
gewinnt  man  den  {Eindruck,  dass  Bo  in  solchen  Dingen  die 
Schreibung  des  Codex  nicht  überall  genau  wiedergegeben  oder 
angemerkt  hat.  S.  22,  14  wird  für  ύπετάγη  τψ  πνεύματι  τό 
σολομόνη  zu  lesen  sein  υ.  τά  πνεύματα  τψ  Σολομώνι. 
Christus  ermuthigt  den  Apostel  durch  den  Hinweis  darauf,  dass 
Gott  auch  dem  Salomo  Macht  über  die  Geisterwelt  verliehen,  wie 
Josephus  Antiqq.  VIII  45  sagt:  παρίίΤχε  b'  αύται  μαθεϊν  6  θεός  και 
τήν  κατά  των  οαιμόνων  τίχνην.  S.  ferner  FabriciusCod.  pseudepigr. 
VT.  Ι  S.  1032  fl^.,  Gfrörer  Das  Jahrhundert  des  Heils  I  S.  414  ΑΓ., 
Dieterich  Abraxas  S.  141  f.,  Heim  Fleckeis.  Jahrb.  Suppl.  XIX 
S.  480  u.  s.  w.     Zu   dem  Wortlaut  der  vorliegenden  Stelle   vgl. 


*  Weit  weniger  passend  wäre  λύπην,  woran  man  denken  könnte 
wegen  S.  20,  7  ό  τήν  λύπην  τής  Εύας  .  .  .  καταργήσας  διά  τής  έκ 
παρθένου  μητρός  (Bo's  γενεάς  für  μητρός  trifft  schwerlich  zu).  Vgl. 
übrij^ene  dazu  Acta  Xanthippae  et  Polyxenae  (Texte  and  studies  II  3) 
S.  65,  32  f  :  bi'  ημάς  έν  μήτρςι  έκρύβης,  ϊνα  τήν  κάκωσιν  τής  Εοας  διά 
τής  ένοικήσ€ΐυς  τής  μητρός  διόρθωσης. 

2  Vgl.  ζ.  Β.  Μ.  R.  James  zu  Acta  loannis  (Texte  and  studies  V  1) 
S.  4,  20. 


Die  apokryphen  Fragen  des  Bartholomaeus.  101 

z.  B.  Pap.  Paris.  3009,  63  (bei  Dieterich  a.  0.  S.  141)  ύποτα- 
γησ€ταί  σοι  παν  πν€υμα  και  δαιμόνων,  femer  Διαθήκη  Σολο- 
μώντος  .  .  .,  δς  ...  έκράτησεν  και  ύπίτα^ε  πάντων  .  .  . 
πνευμάτων  (Fabriciue  a.  Ο.  S.  1048)  und  insbesondere  Εξορ- 
κισμός Σολομώντος  δν  ίδωκεν  αύτω  ό  θεός  ύποτά£αι  τά  ακά- 
θαρτα πνεύματα  (Vaesiliev  Anecd.  S.  332).    S.  22,  22  lesen  beide 

τ 
Herausgeber   das  Wort,    das  nach  Va  in  G  σαν  geschrieben  ist, 

σάντα  und  ändern  dies  in  πάντα.  Sollte  nicht  (trotz  Z.  19.  20. 
23)  Σατανά  oder  Σατάν  gemeint  sein?  S.  23,  7  f.  ^αβοουχοι  γάρ 
εισιν  τοΟ  θεοΟ  και  ^αβοί<2οντες  οΟώκουσίν  με  oder 
einfach  [^αβ]1)ΐώκουσίν  με?  Ζ.  20  steht  bio  τό  μή  ξηραίνεσθαι 
in  direktem  Widerspruch  zum  vorhergehenden  καΐ  καταπαύει 
την  πολλήν  αύτου  ύγρότητα,  es  wird  ein  Wort  verlangt,  das 
das  genaue  Oegentheil  von  £ηραίνεσθαι  bezeichnet,  also  έΗυ- 
Τραίνεσθαι.  Ζ.  21  wird  zu  lesen  sein  και  ό  άγγελος  ό  έπι 
του  άπαρκτίου  (für  άπαρψετου),  denn  wenn  auch  das  von 
Eurtz  vorgeschlagene  άπηλιώτου  hier  an  sich  sehr  passend  wäre, 
wie  ja  in  der  Regel  neben  βορράς,  νότος  und  λίψ  als  vierter 
Wind  der  άπηλιώτης  aufgeführt  wird,  so  ist  es  bei  der  Eigen- 
thümlichkeit  der  Schrift  doch  zu  misslich,  dem  sonst  Ueblichen 
zu  Liebe  eine  so  gewaltsame  Aenderung  vorzunehmen,  zumal  ein 
Hinweis  darauf  fehlt,  dass  hier  gerade  die  vier  Hauptwinde  an- 
geführt werden  sollen.  Sodann  1.  λίγεται  Όερθά  (für  ό  Έρθά), 
für  den  Artikel  ist  hier  ja  kein  Platz,  zudem  vgl.  Όεθρά  unter 
den  Engelnamen  S.  25,  1  f.  S.  24,  3  1.  των  υποκριτών  <και 
των)  καταλάλων  και  των  γελοιαστών.  In  dem  Satze  και 
έτεροι  άγγελοι  έπΙ  της  χαλάίης  κτέ  Ζ.  28  erscheint  χαλάίης 
anstössig,  da  ja  der  Engel  des  Hagele  unmittelbar  vorher  er- 
wähnt ist.  Es  liegt  also  vermuthlich  wieder  die  zu  S.  14,  20 
und  18,  23  besprochene  Art  der  Verderbniss  vor.  Nach  ähn- 
lichen Ausführungen  im  äthiopischen  Henochbuch  Kap.  60,  17  ff., 
in  der  Leptogenesis  (Rönsch  Das  Buch  der  Jubiläen  S.  259)  und 
sonst  erwartet  man  etwa  χιόνος.  Dann  Z.  30  f.  1.  εϊτε  bia 
γης  εϊτε  5ιά  θαλάσσης  für  ήτε-ήτε,  nicht  ήτοι-ήτοι  wie  Βο 
schreibt.  Ζ.  33  ist  vielleicht  zu  lesen  απαγγέλλω  σοΙ  πολλά 
(άλλ)α  περί  των  αγγέλων.  S.  25,  9  steckt  in  dem  'κήσας 
oder  κήσε'  der  Hs.  nicht  κύσας,  wie  nach  Bo's  Angabe  Kurtz 
vermuthet,  denn  das  läset  sich  hier  doch  absolut  nicht  con- 
struiren,  sondern  vielmehr  κύσαι.  Ζ.  17  ist  άθλων  in  dem 
Satze  πορεύου  εΙς  τον  τόπον  σου  μετά  των  άθλων  σου  sinnlos, 


102  Brinkmann 

man  erwartet  etwas  wie  άγγίλων,  vgl.  z.  B.  S.  26,  5.  Z.  23 
1.  και  κατά  <τ  o>  μέρη  της  ανατολής.  S.  26,  7  1.  οιυττνίσθην 
für  οιυπνίαθημεν,  der  Schreibfehler  entstand  durch  den  Einilues 
des  vorhergehenden  έκαρώθημεν.  Ζ.  8  τους  έΗακο(Τίους  <[τούς^ 
υπ  Ιμέ  wie  Ζ.  2?  Ζ.  9  hat  Βο  für  λαβών  αυτούς  συμβούλιον 
geschrieben  λαβών  αυτόν  σύμβουλον.  Allein  das  seit  römischer 
Zeit  vorkommende  und  wie  es  scheint  dem  lateinischen  consilinm 
capere  nachgebildete  (vgl.  Mommsen  Herm.  XX  S.  287)  (Τυμ- 
βούλιον  λαβείν  zu  beseitigen,  dürfte  wenig  Wahrscheinlichkeit 
für  sich  haben,  wie  auch  über  αυτούς  (μετ'  αύτου  oder  einfach 
αύτου?)  zu  urtheilen  sein  mag.  Z.  17  war  der  lückenhafte  Satz 
vielmehr  so  zu  ergänzen:  έλθών  bi  ό  Βαρθ.  <^και  προσπεσών 
oder  πεσών  ττρός)  τοις  ποσιν  του  Ίησου.  Ζ.  21  f.  1.  δν  ή 
παρθένος  ούκ  έ νόησε  (für  έννοεϊ  σε)  φέρουσα,  σύ  οέ  νοήματι 
σώ  πάντα  b\έJalaς  γενέσθαι.  Zum  Satzbau  vgl.  S.  22,  3  f.  und 
14,  7  ff.  δν  επτά  ουρανοί  μόλις  έχώρησαν,  έν  έμοι  bi  evbo- 
κησας  (εύοωκήσας  Va,  εύδοκήσας  Βο)  άνωούνιυς  χωρηθήναι. 
So  muss  es  auch  im  Vorhergehenden  (S.  26,  19  f.)  heissen:  δν 
έπτο  ουρανοί  μόλις  έχώρησαν,  ένοοθεν  b(i  σ^ώματι  (oder  b<e 
τψ  σ^ώματι,  οώματι  G,  σώματι  verbesserte  Kurtz)  της  παρ- 
θένου .  .  .  άνιυούνως  εύοόκησας  ^  χιυρηθήναι.  S.  27,  1 1.  πάτερ 
μέγιστε  και  βασιλεΟ  (für  βασιλεύς)  σώσον.  Ζ.  6  wird  Bo's 
Aenderung  von  οιυρουμαι  in  οωρήσωμαι  durch  nichts  empfohlen, 
vielmehr  spricht  Alles  dafür,  dass  der  Satztheil,  dessen  Verbum 
οιυρουμαι  ist,  wie  er  auch  immer  eingeführt  war,  nicht  als  ab- 
hängig von  ϊνα  gefasst  werden  darf.  Kaum  weniger  sicher  er- 
scheint es  aber,  wenn  man  Stellen  wie  S.  20,  3.  27,  23  f.  ver- 
gleicht, dase  in  dem  coriupten  δραι  nichts  anderes  als  χάριν 
steckt.  Also  .  .  .  και  θείαν  (so  Va,  'θείων  (?)'  Βο)  χάριν 
τοις  άνθρώποις  οωρουμαι.  Weiter  ist  Ζ.  9  zu  lesen  δσοι  έάν 
είσιν  πιστοί  και  δύνανται  φυλάΗαι  καθ*  εαυτούς,  5εϊ  π  ιστέ  Ο- 
σα ι  (für  πίστευε)  ταύτα,  vgl.  Ζ.  8  wo  Bo's  <με)  gewiss  über- 
flüssig ist.  Im  Folgenden  Z.  11  verlangt  der  Gegensatz  fiSioi 
für  ανάξιοι.  Ueber  das  doppelte  και  (είσιν  γάρ  και  τίνες  fiSioi 
αυτών,  είσιν  bi  και  έτεροι  κτέ)  vgl.  ζ.  Β.  Hertlein  zu  Xen. 
Cyrop.  Ι  5,  3.     Ζ.  20  wird    die    von  Βο    bezeichnete   Lücke   so 


^  So  Va,  Bo  ηύδόκησας,  aber  sonst  bleiben  in  beiden  Ausgaben 
die  mit  €u-  anlautenden  Verba  steU  (S.  12,  IJ.  20.  14,  «.  26,33)  aug- 
meutlos.  V^l.  übrigens  auch  Kaibel  Stil  und  Text  der  πολ.  *Αθην.  des 
Aristot.  S.  ΙΓ)4. 


Die  apokryphen  Fragen  des  Bartholomaeug.  103 

auezuftiUen  sein:  έν  <τή  ήμίρα>  τής  (für τοις)  κρίσειυς ;  frei- 
lich wird  damit  nur  ein  Theil  der  Schwierigkeiten  dieses  Satzes 
gehoben.  Z.  24  ist  das  überlieferte  καθ6ίοαμ€ν  vulgäre  Schrei- 
bung für  κατείοαμεν  =  κατ€ί5ομ€ν  (vgl.  Thumb  Unters,  über  den 
Spiritus  asper  S.  71  f.);  mit  Bo  an  der  Richtigkeit  dieser  Ueber- 
lieferung  zu  zweifeln,  liegt  keinerlei  Grund  vor.  Z.  30  ττρςίος, 
έιη€ΐκής  €ΐμι  (für  ήμϊν)?  Vgl.  Matth.  11,  29.  S.  28, 12  f.  ändert 
Bo  πάς  δς  έάν  θέσπιση  πάντα  άνθρωπον  δουλεύσαντι  τψ  πα- 
τρί  μου  mit  Unrecht  in  θέσπιση  <€ΐς)  π.  δ.  οουλεύσαντα.  Der 
Akkusativ  steht  hier,  wie  so  oft  in  G  bei  Verben  des  Sagens, 
fiir  den  Dativ.  Möglich,  dass  sich  in  dem  οουλεύσαντι  der  He. 
Doch  eine  Spur  der  ursprünglichen  Lesart  erhalten  hat,  ebenso 
möglich  allerdings,  dass  es  sekundär,  unter  dem  Einnuss  des  fol- 
genden Dativs  τψ  ποτρί  verschrieben  ist.  Z.  17  f.  ούαΐ  τόν 
ομνύοντα  κατά  της  κ€φαλής  του  θεού,  ούαι  (G  ούτε,  Βο  ούΙ)έ, 
wodurch  nichts  gewonnen  wird)  τψ  έπιορκοΟντι  κατ'  αύτου? 
Ζ.  29  f.  sind  Va's  und  Bo's  Aenderungen  des  überlieferten  κη- 
ρύΕατε  παντί  όνθρώπψ  φυλάσσονται  αυτά  nicht  nur  gewaltsam, 
sondern  nicht  einmal  sinngemäss.  Der  Gedanke  muss  derselbe 
sein  wie  S.  27,  9  f.  Das  wird  erreicht,  wenn  man  einfach 
φυλάσσοντι  αυτά  schreibt.  Ζ.  30  f.  έγώ  γάρ  είμι  αχώριστος 
αφ'  υμών  και  έπιχωρηγώ  (für  έπιχιυρηγών)  ύμϊν  τό  πνεύμα 
το  αγιον?  Schliesslich  ist  in  der  vorletzten  Zeile  S.  29,  1  für 
όκατάλειπτε  zu  lesen  άκατάλη  πτε  und  für  das  folgende  πωλλυ- 
φασεΐς  vermuthlich  πολυφαής.  Das  Wort  ist  zwar  sonst  m.  W. 
nicht  belegt,  hat  aber  genaue  Analogien  einerseits  an  πολυφανής 
(πολυφάνερος  S.  22,  5)  andererseits  an  παμφαής,  πασίφαής, 
πρωτοφαής  u.  s.  w.  Zu  πολυφαής  als  Vokativ  vgl.  z.  B. 
Uy mn.  Orph.  36,  3  πασίφαής  (so  die  Hss.),  οφοουχε,  Origen. 
c.  Gels.  VI  31  νυκτοφαής  δεύτερε  Ίαώ  und  Herodian  II  8.  695. 
Bo's  πολυφεγγές  liegt  von  den  überlieferten  Schriftzügen  zu  weit 
ab  und  ist  auch  darum  wenig  wahrscheinlich,  weil  in  den  '  Fragen' 
φέγγος  nach  späterem  Sprachgebranch  nur  zur  Bezeichnung  des 
Mondlichts  verwendet  wird  (S.  18,   16.   18). 

Die  Mehrzahl  der  grösseren  Schwierigkeiten  freilich,  die 
die  Schrift  einem  eindringenden  Verständniss  entgegensetzt,  harrt 
noch  immer  ihrer  Lösung  und  wird  zum  Theil  voraussichtlich 
Ro  lange  aller  Bemühungen  spotten,  bis  durrh  Auffindung  weiterer 
Hilfsmittel,  sei  es  griechischer  Handschriften  oder  Uebersetzungen 
in  andere  Sprachen,  eine  festere  Grundlage  für  die  Kritik  ge- 
schaffen   ist.      Bei    dieser    Lage   der    Dinge    wird   es    nicht   über- 


104  Brinkmann 

flüssig  sein,  auf  einige  von  den  Herausgebern  noch  nicht  gewür- 
digte Punkte  hinzuweisen,  die  geeignet  sein  könnten,  gröeseres 
Interesse  für  dies  Apokryphen  zu  wecken  und  vielleicht  zu 
weiteren  Nachforschungen  nach  neuen  Textquellen  anzuregen. 

So  wird  S.  16,  26  f.  erzählt,  wie  die  Apostel  von  Christas 
geleitet  an  einen  Ort  gelangen,  der  Cherubim  genannt  wird,  d.  h. 
OrtderWahrheit(dv  τόπιυ  λεγομίνψ  Χερουβίμ,  δ  έστι  τόπος 
αληθείας).  Gewiss  ist  dieser  τόπος  αληθείας  nicht  auf  dem 
Boden  der  Wirklichkeit,  sondern  im  Reich  des  üebersinnlichen 
zu  suchen,  da  wo  auch  das  πεοίον  αληθείας  liegt,  dem  nach  der 
Schilderung  des  Platonischen  Phaidros  (S.  248  b)  die  Seelenge- 
spanne zustreben.  Mag  nun  auch  Piaton  zu  dieser  Conception 
angeregt  sein  durch  ältere  theologische  oder  philosophische  Dich- 
tung^; so  ist  es  doch  seine  Auctorität  gewesen,  der  sie  ihre 
Popularität  in  späterer  Zeit  und  nicht  nur  in  den  Kreisen  der 
zünftigen  Platoniker  verdankt.  Das  zeigen  Stellen  wie  Axiochos 
S.  371b,  Hippokr.  epist.  12,  4  H.,  Plutarch  de  def.  orac.  S.  422  b, 
Amator.  S.  765a,  Albinus  (der  sog.  Alkinoos)  οιοασκαλ.  τών 
ΤΤλάτ.  δογμάτων  Κ.  27,  Plotin  Ι  3,  4,  Herm.  Trismeg.  iti  Stob, 
ecl.  I  S.  459,  21  W  ,  Himerios  or.  14,  1?,  Hierokles  z.  carm.  anr. 
S.  220  (174,  2  Mull.),  Proklos  z.  Tim.  S.  105  f,  Damaskios  v. 
Isid.  in  Phot.  bibl.  S.  337  b  23  Bk^.  Obwohl  also  diese  Plato- 
nische Vorstellung  von  einem  Gefilde  der  Wahrheit  so  weite 
Verbreitung  erlangt  hat  und  obwohl  sich  eine  gewisse  Verwandt- 
schaft zwischen  ibr  und  dem  τόπος  αληθείας  der  'Fragen  kaum, 
in  Abrede  stellen  lässt,  dürfte  das  doch  schwerlich  ausreichen, 
um  den  Sohluss  auf  einen  ursächlichen  Zusammenhang  beider  zu 
gestatten. 

An  diesen  Ort  der  Wahrheit  führt  nun  Christus  seine  Jünger, 
um  ihnen  die  δβυ(Τ(Τος    zu   zeigen.     Diese  ist    zwar  unter  der 


^  lieber  die  Rolle  der  'Αλήθεια  in  dieser  Litteratur  vgl.  Diele 
Parraenides  S.  15. 

^  Einen  Theil  dieser  Stellen  fifidet  man  schon  in  Aste  Kommentar. 
Bei  den  beiden  zuerst  angeführten  könnte  man  zweifeln,  ob  sie  von 
Piaton  abhängig  oder  auf  ein  gemeinsames  Vorbild  zurückzuführen  sind. 
Indessen  lassen  sich  beide  auch  bei  der  ersteren  Annabme  verstehen, 
die  Axiochosstelle  (nach  der  das  π€δ(ον  αληθείας  der  Ort  im  Hades  ist, 
wo  Minos  und  Rhadamanthys  die  Seelen  der  Verstorbenen  richten),  wenn 
man  Gorg.  .5L>a  e  f.  und  Polit.  X  616  b  binzunimmt.  üebrigens  ist  die 
Entscheidung  dieser  Frage  für  den  vorliegenden  Fall  ohne  weseutliche 
Bedeutung. 


Di6  »pokryphen  Fragen  des  Bartholomaeus.  105 

Erdecbeibe  befindlich  gedacht,  aber  zugleich  —  einem  ebeneo 
natürlichen  wie  weit  verbreiteten  Ginnben  znfolge  (β.  ζ.  Β.  Tylor 
Anfänge  der  Cultur  Π  S.  62  ff.,  Preller- Robert  Griech.  Mytho- 
logie 8.  812  f.,  Jensen  Kosmologie  der  Babylonier  S.  226)  — 
im  Westen,  gegen  Sonnenuntergang  gelegen:  in  diesem  Falle 
wohl  unterirdisch  mit  dem  Eingang  im  Westen.  Das  geht  her- 
vor ans  den  Worfen  (S.  16,  27  f.)  και  fv€ua€V  (nämlich  Christus) 
τοις  ουτικοΐς  άγγέλοις  και  έτυλίχθη  ώς  βιβλίον  ή  γή  κα\ 
άπ€καλύφθη  αύτοϊς  ή  δβυσσος.  Für  έτυλίχθη  η.  β.  w.  giebt 
allerdings  S  'sie  bewegten  die  Erde  wie  ein  Gewand*,  wodurch 
sich  Bo  hat  bestimmen  lassen  eine  Verderbniss  in  G  anzunehmen 
und  für  ßißXiov  vorzuschlagen  π€ριβόλαιον  (S.  42).  Allein  ganz 
mit  Unrecht.  Denn  was  der  griechische  Text  besagt,  'der  Herr 
winkte  den  Engeln  des  Westens  und  die  Erdscheibe  wurde  (also 
von  Westen  her)  zusammengerollt  wie  ein  Buch,  sodass  den 
Aposteln  die  darunter  befindliche  (demnach  vornehmlich  unter 
dem  westlichen  Theile  der  Erde  gedachte)  Abyssos  sichtbar 
ward' ,  ist  in  jeder  Beziehung  einwandfrei.  Der  slavische 
Üebersetzer  verstand  das  nicht,  konnte  es  auch  gar  nicht  ver- 
stehen, da  ihm  die  Buchrolle,  das  Papyrusbuch  unbekannt  war, 
und    legte    sich  daher  die  Sache  in  seiner  Weise   zureoht^.     Die 


^  Vielleicht  nach  Hehr.  1,  11  f.     Man  könnte    übrigens  versucht 
sein,    die  Worte    έτυλίχθη    ώς   βιβλ(ον  ή  γή    für   die  Bestimmung    der 
Al)faR8ung8zeit  des  Büchleins  zu  verwerthen  u.  z.  des  terminne  ad  quem, 
worauf   es   ja    auch    naturgemäss    vor  Allem    ankommt.     Denn    selbst 
zugegeben,    was    nichts    weniger    als    sicher    ist,    dass   hier   Jes.  3i,  4 
(καΐ  έλιγήσ€ται  ό  ουρανός  ώς  βιβλίον)  bzw.  Apoc.  β,  14  ίκαΐ  ό  ουρανός 
άπ€χωρ{σθη  ώς  βιβλίον  έλισσόμ€νον)  vorgeschwebt  hübe,   so  kann  doch 
von    einer    unklaren  Beminiscenz   nicht   die  Rede    sein.     Der  bei  aller 
Knappheit  so  anschauliche  Ausdruck  bürgt  dafür,  da^s  dem  Schriftsteller 
der  zum  Vergleich  herangezogene  Gegenstand,  die  Buchrolle,  ganz  ge- 
läufig war  und  er  dasselbe  bei  dem  Publikum  voraussetzen  konnte,  für 
das  er  schrieb.     Es    ist    in  dieser  Hinsicht  äusserst  lehrreich,    die  Art 
Und  Weise  zu  vergleichen,    wie  die  angeführten  Worte    des  Jesaias  in 
einem  beträchtlich  jüngeren  Schriftstück,  der  theil weise  von  Tischendorf, 
Vollständig  von  Vassilicv  und  Klostermann  (Analectn  zur  LXX,  Hexapla 
Vind    Patristik)    veröffentlichten    Visio    Danielis    abgeändert    sind.     Da 
Vioisst  es  S.  XXXII  Tiseh.,  47  Vn,  120  Kl.:  τότ€  ol  ουρανοί  ώς  χάρτης 
Γχαρτίον)    έν€ΐληθήσονται :    damals    konnte    auf    ein    Verständniss    der 
>>ibli9chen  Fassung  ίώς  βιβλίον)  nicht  mehr  gerechnet  werden,  weil  es 
Hollenbücher    nicht    mehr    gab.     Der    Vergleich    der    sich    zusammen- 
rollenden Erdscbeibe   mit  einem  Buch    kann  mithin  nur  zu    einer  Zeit 
angestellt    worden  sein,   als  man  unter  βιβλίον  schlechthin  das  Rollen- 


106  Brinkmann 

Vorstellung  von  der  Lage  des  Totenlandes  bezw.  der  Hölle  im 
fernsten  Westen  findet  sich  übrigens  auch  sonst  in  jüdischer  und 
christlicher  Apokalyptik,  so  im  Henochbuch  K.  17  und  22  und 
in  der  Apoc.  Pauli  K.  31  S.  57  Tisch.  (Texte  and  studies  II  3 
S.  28,  16  iF.).  Gleiches  berichtet  Joseph,  bell.  lud.  II  155  von 
den  Essenern.  Ganz  ähnlich  wie  in  den  ^Fragen'  heisst  es  in 
der  Apocal.  Mariae  K.  3  (Texts  and  studies  II  3)  S.  1 16,  9  ff.: 
τότε  έκελευσεν  ό  αρχιστράτηγος  Μιχαήλ  όποκαλυφθήναι  τους 
αγγέλους  τους  έπι  ουσμών,  και  ίχανεν  ό  ήΐοης,  και  eibev  τους 
έν  τψ  ^ibq  κολαίομένους  (vgl.  Vassiliev  Anecd.  S.  126,  8  και 
fivoiEev  6  ψ5ης  το  στόμα  του  εΙς  την  ούσιν). 

Als  den  wichtigsten  Theil  des  Büchleins  bezeichnet  Va  S.  XI 
mit  Hecht  den  Bericht  über  die  Erscheinung  des  datanas  und 
seine  Offenbarungen.  Diese  beziehen  sich  theils  auf  seinen  Fall 
und  dessen  Folgen,  theils  auf  Angelologie  und  Dämonologie. 
Was  über  den  ersteren  Gegenstand  mitgetheilt  wird,  kehrt  zwar, 
wie  Bo  S.  36  ff.  ausgeführt  hat,  der  Hauptsache  nach  aucb  in 
anderen  apokryphen  Schriften  wieder,  enthält  aber  eine  Reibe  von 
Einzelheiten,  die  unsere  Kenntniss  von  der  legendarischen  Ausge- 
staltung der  Schöpfungsgeschichte  in  höchst  erwünschter  Weise 
bereichern.  Das  merkwürdigste  darunter  ist  wohl  folgender  Zug. 
Nach    meinem    Sturze,    erzählt    Satanas  S.  26,  5  ff.,    berieth    ich 


buch  ans  Papyrus  verstehen  musste,  d.  h.  zu  einer  Zeit,  als  die  Papyrus- 
rolle  noch  die  vorherrschende  Buchform  war.  Nun  hat  nach  Masggabe 
der  litterarischen  Zeugniese  (s.  Zahn  Gesch.  des  ntlichen  Kanons  I S.  GO  ff. 
wie  der  bildlichen  Darstellungen  (s.  V.  Schultzc  Greifswalder  Studien 
S.  149  ff.)  im  Laufe  des  5.  Jahrhunderts  der  Membrancodex  auf  dem 
ganzen  Gebiet  des  kirchlichen  Gebrauche  —  was  hier  ja  allein  in  Betracht 
kommt  —  das  volumcn  vollständiff  überflügelt.  Und  schon  Andreas 
von  Kaisarria  (dessen  Lebenszeit  freilich  immer  noch  nicht  genau  be- 
stimmt ist)  scheint  überhaupt  nichts  mehr  davon  gewusst  zu  haben, 
dass  sich  ehedem  auch  die  ganze  griechische  Culturwelt  des  Rollenbuchs 
bedient  hat,  wenn  er  zu  Apoc.  6,  14  bemerkt:  είλιταρίοις  γάρ  ol 
Εβραίοι  άντΙ  τών  παρ'  ήμϊν  βιβλίων  έκ^χρηντο  (wörtlich  übernommen 
von  Arethas,  dem  gelehrten  Düchersammler).  Liessc  sich  nun  j<mer 
Vergleich  mit  Sicherheit  als  die  eigene  Couception  des  Verfassers  der 
vorliegenden  Schrift  ansprechen,  so  ergäbe  sich  als  terminus  ad  quem 
für  ihre  Abfassung  etwa  die  erste  Hälfte  des  5.  Jahrhunderts.  Aber 
selbst  wenn  auch  hier  Entlehnung  aus  älterer  Litteratur  anzunehmen 
ist,  dürfte  die  Stelle  doch  davor  warnen,  die  Entstehung  der  'Fragen' 
in  ihrer  gegenwärtigen  Gestalt  so  spät  anzusetzen,  wie  es  russische 
Gelehrte  gethan  haben. 


Die  apokryphen  Fragen  des  Bartholomaeus.  107 

mich  mit  meinen  Getreuen  παις  τόν  δνθρωπον  απατήσω,  bi*  δν 
έγώ  έρρίφην  έκ  των  ουρανών,  και  ένενοησάμην  ούτως.  Ιλαβον 
φΐάλην   έν  τή  χειρί  μου    και   ΐΕυσα   τόν   Ιδρώτα    του  στήθους 
μου   και   τών  μαλλών  (μασχαλών?)    μου  και  ένιψάμην  €ίς  τάς 
έΕόοους    τών    υδάτων,    Ö9ev    οΐ  τέσσαρες    ποταμοί   (des  Para- 
dieeee)  ^έουσιν,  και  πιουσα  ή  Ευαίτυχεν  τής  επιθυμίας.    Dies 
vom  Satan    zur  ßethörung  der  Eva  angewendete  Mittel  erinnert 
auf«   lebhafteste  an    einen  weit  verbreiteten  Aberglauben.     Nach 
Wuttke    Der    deutsche  Volkeaherglaube  *  S.  344  trägt    man    in 
Hessen,    Schlesien,    Böhmen,    Oldenburg  '  Obst,    besonders   einen 
A[,fel    oder  Weissbrot    oder    ein  Stück  Zucker   so  lange  auf  der 
blossen  Haut  unter  dem  Arme,  bis  es  von  Schweiss  durchdrungen 
ist   und    giebt  es  ,  um  Gegenliebe  zu   erregen,  dem  Gegenstande 
seiner  Liebe  *zu  essen*.     Gleiches  oder  ähnliches  wird  berichtet 
aus  dem  Moselland  von   Hocker  Zeitschrift   für  deutsche  Mythol. 
I  (1853)  S.  243    (*  Wollte    man  Jemand  sich    geneigt  machen,  so 
muRste  man  einen  Tropfen  Schweiss    von  sich  ins  Essen  oder  in 
den  Trunk  füllen  lassen,    den  die  geliebte  Person  zu  sich  nahm, 
und    sie  war  gezwungen     zu  lieben^),    aus  Brauuschweig  von  B. 
Andree  Br.  Volkskunde  S.  215,  aus  der  Mark  Brandenburg  von 
Prahn  Zeitschrift    für  Volkskunde  I  S.  182,    aus    Preussen    von 
Frischbier  Hexenspruch  und  Zauberbann  in  der  Provinz  Pr.  S.  150, 
von    den    galizischen  Juden,    aus  Holstein,    ans  Belgien  Am  Ur- 
quell IV  S.   142  u.  V  S.  81,  VI  S.  157,  S.  195,  von  den  Zigeu- 
nern bei  Wlislocki  Volksglaube  u.  religiöser  Brauch  der  Z.  S.  134 
Q.  8.  w.     Es    lasst  sich  daher  kaum   bezweifeln,    dass   auch  jene 
Manipulationen  des  Satan  in    den  'Fragen'  als   ein  Liebeszauber 
gedacht  sind.     Das  würde  aber  naturgemäss  weiterhin  die  Existenz 
^iner  Tradition  voraussetzen,  nach  der  Satan  wirklich  die  Eva  ver- 
rührt und  mit  ihr  geschlechtlichen  Umgang  gepflogen  hätte.    In  der 
That    hat  nun  eine  Ueberlieferung  der  Art    bestanden  und  zwar 
sowohl  in  jüdischen  Kreisen,    wie  Weber  System  der  altsynago- 
galen   palästin.  Theologie  S.   211  f.  zeigt,   als  auch  bei  gewissen 
Häretikern   wie  den  'Archontikern\    von  denen  Epiphanios    pan. 
haer.  XL  5  S.  295  b  berichtet:    ÖTi,  φασίν,    6  διάβολος    έλθών 
ττρός  την  Ευαν  συνήφθη  αυτή  ώς  άνήρ  γυναικί,  κα\  έγεννησεν 
il  αύτου  τόν  τε  Κάϊν  και  τόν  "Αβελ.     Es   kommt    hinzu,    dass 
erst    in    diesem    Zusammenhang    die  Worte    και    πιθΟ(Τα  ή    Eöa 
ί  τύχε  ν  τής  επιθυμίας  ihre  rechte  Bedeutung  erhalten,  während 
eie  sich    mit    der  Erzählung  der  Genesis    vom  Sündenfnll    nicht 
übne  Zwang   vereinigen  lassen.     Wenn   dann  freilich  Satan    fort- 


108  Brinkmann 

fährt  (S.  26,  14  f.)  cl  μη  γάρ  ^πΐ€ν  το  öbiwp  έκ€Ϊνο,  ουκ  δν 
αυτήν  ήουνήθην  άπατήσαι,  ro  sclieint  das  eher  auf  die  biblische 
VerBion  hinzuführen.  Allein  dieser  Rcheinbare  Widereprnch  würde 
sich  leicht  heben  bei  der  Annahme,  der  A'^erfasser  der  *  Fragen' 
habe  aus  der  ihm  vorliegenden  Erzählung  von  der  BethÖrnng 
der  Eva  durch  ein  Zaubermittel  und  ihrer  dadurch  bewirkten 
Hingabe  an  den  Satan  nur  den  ersten^  scheinbar  harmlosen 
Theil  aufgenommen,  die  Fortsetzung  aber  übergangen,  weil  sie 
den  Stempel  der  Heterodoxie  zu  deutlich  an  der  Stirn  trug,  und 
schliesslich  eben  deshalb  die  Worte  el  μη  γάρ  ίπΐ€ν  κτέ.  hinzu- 
gefügt, um  wenigstens  äusserlich  die  üebcreinstimmung  mit  der 
Bibel  zu  wahren.  Doch  dem  sei,  wie  es  wolle,  jedenfalls  fällt 
nunmehr  ein  Lichtstrahl  auf  das  hohe  Alter  und  die  zähe  Dauer 
auch  jenes  Aberglaubens. 

Werthvoller  noch  sind  die  Mittheilungen  Satans  über  Zahl, 
Namen,  Wesen  und  Thätigkeit  der  Engel.  An  ähnliche  *  Offen- 
barungen des  Henochbuchs  erinnernd  eröffnen  sie  zugleich  viel- 
fach ganz  neue  Einblicke  in  eine  eigenartige,  spiritnalistieche 
Kosmologie.  Er  beginnt  S.  22,  31  mit  einer  Aufzählung  der 
πρώτοι  πλασθέντες  δγτ^λοι,  der  παρεσταμίνοι  τψ  θρόνψ  του 
θβου  und  setzt  dann  die  A'ertheilung  der  übrigen  Engelscharen 
auf  die  Räume  der  überirdischen  Welt  auseinander  S.  23,  12  ff.: 
και  μβτά  τούτους  έπλάσθησαν  πάντες  ο\  δγγελοι,  τψ  πρώτψ 
ουρανψ  μυριάδες  εκατόν  κα\  τψ  δευτίρψ  μυριάδες  εκατόν  και 
τψ  τ'  μυριάδες  εκατόν  και  τψ  b'  μυριάδες  εκατόν  καΐ  τψ  ε' 
μυριάδες  εκατόν  και  τψ  c'  μυριάδες  εκατόν  καΐ  τψ  V  ουρανών 
τό  πίταλός  έστι  τό  πρώτον,  δπου  είσιν  αΐ  έ^ουσίαι  ένεργοϋσαι 
τοις  άνθρώποις.  Βο  hat  hier  τψ  V  ουρανών  in  τψ  V  ούρανώ 
geändert.  Allein,  wie  die  Analogie  des  vorhergehenden  lehrt, 
ist  ούρανώ  an  dieser  Stelle  höchst  überflüssig.  Ferner  entsteht 
so  ein  Satz,  den  man  weder  construiren  noch  verstehen  kann. 
Endlich  muss  doch  τό  πεταλος  τό  πρώτον  nothwendig  verschie- 
den sein  von  dem  έβδομος  ουρανός,  sonst  hätte  ja  jene  beson- 
dere Bezeichnung  gar  keinen  Sinn.  Die  Stelle  ist  also  sicher 
lückenhaft  überliefert»  und  zwar  muss  nach  dem  gesagten  die 
Lücke  zwischen  Γ  und  ουρανών  gesucht  werden.  Sie  wird  da- 
durch entstanden  sein,  dass  ein  Abschreiber  von  τώ  Γ  auf  ein 
später  folgendes  τών  Γ  ουρανών  abirrte  und  so  eine  oder  mehrere 
Zeilen  ausliess.  Fraglich  kann  nur  sein,  was  in  der  Lücke  ge- 
standen hat,  d.  h.  wieviel  überirdische  Räume  ausser  den  sieben 
Himmeln  angenommen  waren.     Man    könnte    etwa   an    die    acht 


t)ie  apokryphen  Fragen  des  Bartholomaeus.  109 

Himmel  der  Gnostiker  (β.  ζ.  Β.  Anz  Zur  Frage  nach  dem  Ur- 
eprnng  des  Gnoetizismue  Texte  u.  Untere.  XV  4  S.  20  ff.)  denken; 
das  hilft  jedoch  nicht  weiter,  weil  ihre  όγοοάς  regelmässig  üher 
die  sieben  gesetzt  wird,  jenes  πέταλος  το  πρώτον  dagegen  der 
£rde  zunächst  liegen  muss.  Wohl  aber  giebt  einen  Fingerzeig 
zur  Ermittelung  der  hier  befolgten  Vorstellung  Apocal.  loann. 
apocr.  17,  8  S.  84  Tisch,  και  σαλβυθήσονται  τά  εννέα  πέ- 
ταλα του  ουρανού.  Was  darunter  zu  verstehen  ist,  zeigt 
Ascensio  lesaiae  E.  10  S.  53  Dillmann.  lesaias  sieht  dort,  wie 
Christus  auf  die  Erde  hernieder  steigt,  wie  er  zuerst  die  sieben 
Himmel  durchmisst,  darauf  in  das  firmameittum  gelangt,  ubi  prin- 
ceps  huius  mundi  habitat  und  die  Engel  in  rixa  erant  alius  con- 
tra alium  dimicantes,  nam  ibi  erat  potestas  mali  e.  q.  8.  und  dann 
descendit  et  assimilatus  est  angelis  aeris^  von  denen  alius  alium 
diripiebat  et  ininria  afficiebat.  Hiernach  ^  wird  auch  die  vor- 
liegende Stelle  der  'Fragen*  zu  beurtheilen  und  von  hier  aus 
ihre  Herstellung  zu  versuchen  sein,  etwa  in  der  Weise:  και 
τψ  il!  μυριάδες  εκατόν  (dann  über  das  στερέωμα?)  darauf  ύπο- 
κάτιυ  1)έ  (του  στερεώματος  και  ?)  τών)  Ι'  ουρανών  τό  πέταλός 
έοΓτι  τό  πρώτον.  Wenn  nun  in  dies  der  Erde  zunächst  liegende 
πέταλο V  die  έΗουσίαι  ένεργουσαι  τοις  άνθρώποις  versetzt  wer- 
den, 80  gemahnt  das  ja  stark  an  die  später  allgemein  verbreitete 
angeblich  orphisch-pythagoreische  Lehre  (s.  z.  B.  Heinze  Xeno- 
krates  S.  78  ff.  und  Zeller  Philos.  d.  Gr.  III  2  S.  138  f.),  die 
den  Wohnsitz  der  Dämonen  in  den  Luftraum  zwischen  Mond  und 
Krde  verlegt.  Indessen  liegt  dieser  Gedanke  bei  der  ganzen  Be- 
trachtungsweise der  Welt,  wie  sie  in  jenen  Apokalypsen  herrscht, 
an  sich  so  nahe,  dass  es  auch  in  diesem  Falle  schwer  halten 
dürfte,  einen  näheren  Zusammenhang  mit  der  griechischen  Vor- 
stellung glaubhaft  zu  machen. 

Es  folgt  nun  ein  Bericht  über  die  Elementargeister  und 
Wetterdämonen :  die  Engel  der  Winde,  des  Meeres  und  nach  einer 
Unterbrechung  (S.  24,  25  ff.)  die  Engel  des  Hagels,  Schnees  (?), 
Donners  und  Blitzes,  Ausführungen,  die  sowohl  um  ihrer  selbst 
willen  Interesse  beanspruchen  können,  als  auch  darum  wichtig 
sind,  weil  sie  die  Möglichkeit  gewähren,  die  altgermanische  Glau- 
benswelt von  einem  fremden  Eindringling  zu  befreien.  Im  An- 
bang zu  seiner  Deutschen  Mythologie  III*  S.  493  f.  hat  nämlich 


^  Vgl.  auch  Apocal.  Pauli  S.  40  Tisch,  und  besonders  Texte  and 
studies  11  3  S.  15. 


110  Brinkmann 

Jacob  Grimm  aus  einer  Münchner  He.  des  11.  Jahrhanderte 
(cod.  Tegerne.  372)  eine  HagelbeechwÖrang  (adiuratio  contra  f 
grandinem)  abgedruckt,  in  der  es  beiset:  adinro  te  Mermeut 
cum  Bociis  tuis,  qui  positus  es  enper  tempestatem,  per  illius 
nomen,  qui  in  principio  fecit  coelum  et  terram,  adiuro  te  Mermeut 
.  .  .  coniuro  te  daemon  et  satanas  .  .  .  te  coniuro,  ut  non  habeae 
hie  poteetatem  in  isto  loco  vel  in  iRto  vioo  nocere  nee  damnnm 
facere,  nee  tempeetatem  admittere  nee  pluviam  valentieeimam 
iacere  u.  b.  w.  1*  S.  529  bemüht  er  sich  dann  dem  Namen 
Mermeut  zu  einem  germanischen  Etymon  zu  verhelfen.  So  spukt 
denn  bis  auf  E.  H.  Meyer  (Germanische  Mythologie  [l891]  S. 
150  und  161  j  und  Golther  (Handbuch  der  germaniRchen  Mythologie 
[1895]  S.  181)  überall  ein  deutscher  Wetterriese  Mermeut.  Allein 
dass  J.  Grimm  und  seine  Nachfolger  auf  falscher  Fährte  waren, 
und  wohin  jener  Mermeut  gehört,  lehren  jetzt  die  Worte  des 
Satanas  in  den  'Fragen'  S.  24,  25  f.:  ό  δγγελος  τής  χαλάίης 
λέγεται  Μερμεώθ  καΐ  συνέχβι  την  χάλαίαν  έπΙ  τήν  κεφαλήν 
αύτου  και  όρκίίουσιν  αυτόν  οΐ  λειτουργοί  μου  κα\  πίμπουσιν 
αυτόν  δπου  θέλουσιν^  Denn  an  der  Identität  von  Μερμεώθ 
und  Mermeut  wird  Niemand  im  Ernst  zweifeln  wollen*. 

Königsberg  in  Pr.  August  Brinkmann. 


'  Zu  dieser  Vorstellung  von  der  Entstehung  des  Hagelwetters 
vgl.  von  Andrian  Ueber  Wetterzauberei,  Mittheil,  der  anthropolog. 
Gesellschaft  in  Wien  XXIV  (N.  F.  XIV)  S.  l  fif. 

2  Ein  nwa-ift  *Mereraoth,  nom  k  invoquer  en  faveur  de  la  pluie 
k  la  Ire  teqoufah'  ßndet  sich  noch  in  spätjüdischer  Tradition  nach 
M.  Schwab  Vocabulaire  de  l'angelologie,  Memoires  presentes  k  Tacad 
des  inscr.  I  Ser.  X  2  (1897)  S.  262. 


Der  Bischof  Fnigeotins  nnd  der  Mjthograph. 


Von  den  drei  Fulgentii,  die  ums  Jahr  500  lebten,  glaube 
icb  die  Identität  des  Mytbograpben  und  des  Verfassers  der  Welt- 
gescbicbte  aus  sacblicben  und  spracblichen  Gründen  nacbgewieaen 
zu  baben  (Pbil.  LVI  253  ff.);  dann  muss  der  Mythograph  ausser 
den  für  ihn  bandscbriftlicb  bezeugten  Namen  noch  die  des  an- 
dern, Claudius  Gordianus,  geführt  haben.  Schon  Heifferscheid 
erkannte  die  seltsame  Erscheinung  an^  dass  der  Verfasser  von 
de  aetat.  mund.  Namen  trüge,  die  dem  Bischof  Fulgentius  nach  der 
Vita  seines  Schülers  zukämen,  da  sein  Vater  Claudius  und  sein 
Grossvater  Gordian  hiess;  doch  schien  ihm  der  Stil  der  beiden 
80  grundverschieden,  dass  er  es  für  unmöglich  hielt,  in  beiden 
ein  und  dieselbe  Person  zu  erkennen.  Aber  kann  dies  Argument 
%?irklich  den  Ausschlag  geben?  Bietet  nicht  selbst  in  der  pro- 
fanen klassischen  Latinitäb  Tacitus^  dialogus  ein  deutliches  Bei- 
spiel, dass  selbst  bei  einem  weltlichen  Schriftsteller  zu  verschie- 
denen Zeiten  die  Schreibweise  verschieden  ist?  Wie  viel  be- 
greiflicher wäre  es,  wenn  ein  Schriftsteller  sich  einem  völlig  an- 
dern Gebiet  zuwendet,  das  eine  innere  Umwandlung  voraussetzt! 
Es  fragt  sich  also,  ob  sich  die  Verschiedenheit  im  Stil  vielleicht 
doch  hinreichend  aus  dem  Altersunterschied  bei  der  Abfassung 
und  aus  dem  Lebenslauf  des  späteren  Bischofs  von  Ruspe  er- 
klären Hesse. 

Zweierlei  müssen  wir  zuerst  versuchen  festzustellen:  Läset 
sich  erkennen,  in  welchem  Alter  der  Verfasser  der  dem  Mytho- 
graphen  zukommenden  Schriften  bei  ihrer  Abfassung  stand,  und 
lässt  sich  die  Zeit  der  Abfassung  selber  bestimmen?  Das  erste 
glaube  ich  schon  hinreichend  beantwortet  zu  haben  (Woelfflin  Archiv 
f.  lat.  Lexicogr.  1898).    An  und  für  sich  ist  das  Alter  des  Schrei- 


1  Rh.  Mus.  XXIII  135  ff. 


112  Hol 


ni 


bers  natürlich  nicht  bezeichnet.  Man  hat  es  früher  ziemlich  hoch 
angenommen  bei  der  Abfaesung  der  Mythologien,  weil  Fulgentius 
schon  von  früheren  literarischen  Erzeugnissen  redet:  Anacreon- 
ticis  iamdudum  novus  mistes  initiatus  es  sacris'  und  verbosam 
Λύraginem  olim  mihi  poetico  vulgaiam  evidentius  testiinonio' ^ ; 
auch  ein  Buch  physiologischen  Inhalts  erwähnt  er  selber^:  *01im* 
und  '  iamdudum '  sind  aber  dehnbare  Begriffe  und  geben  auch 
Sinn,  wenn  es  sich  nur  um  ein  paar  Jahre  handelt.  Der  etwas 
zum  Prahlen  geneigte  Charakter  (z.  B.  copiosum  dictionis  enorme- 
que  fluentum  cf.  Phil.  LVI  S.  206)  des  Schriftstellers  liebt  es, 
auf  seine  eigene  Bedeutung  aufmerksam  zu  machen,  und  diese 
wird  um  so  grösser,  je  mehr  er  in  so  kurzer  Zeit  geschrieben 
und  je  früher  er  begonnen  hat  literarische  Werke  zu  verfassen. 
So  bietet  das  Olim'  keinen  Beweis  für  das  Gegentheil,  wenn 
man  annehmen  wollte,  dass  diese  Gedichte  in  ziemlich  früher 
Jugend  verfasst  und  wenige  Jahre  darauf  die  philologischen  Ar- 
beiten geschrieben  sind  ^.  Mir  scheint  es,  dass  genug  Argumente 
dafür  sprechen,  den  Schreiber  uns  nicht  in  zu  reifem  Alter  zu 
denken.  In  ihm  ist  noch  die  Erinnerung  an  seine  erste  Schul- 
zeit so  lebendig,  Jass  er  bciläußg  mit  einer  gewissen  Nach- 
ahmung des  '  plagosus  Orbilius'  davon  redet  Mythol.  p.  14 
(Muncker):  ^Calliope)>  *  cuius  verbosas  fabulas  propter  scola- 
ribus  rudimentis  tumidas  ferulis  gestaverara  palmas'*.  Bezeich- 
nender ist  vielleicht  die  Stelle  Verg.  cont.  142:  Er  wolle  nur 
bringen,  'quae  mensualibus  stipendiis  grammatici  distrahunt  puc— 
rilibus  auscultatibus'.  Danach  liegt  ihm  die  Kenntniss  dessen, 
was  ein  Schulmeister  vorbringt,  nahe,  entweder  weil  er  selbst 
einer  war  —  und    das  ist  vermuthet    worden^  —  oder    weil    er 


1  Ed.  Muncker  p.  19  u.  p.  14. 

2  Verg.  cont.  p.  149. 

^  Auch  Luxorius  hat  als  'pucr*  Gedichte  verfasst  cf.  Auth.  Lat. 
Baehrens  Poet.  Lat.  min.  IV  441. 

*  Die  Erklärung  von  Lersch  Fab.  Plane.  Fulg.  Ö.  7,  die  Zink 
der  Myiholog  Fulgentius  S.  10  billigt,  ist  unmöglich;  F.  selbst  hat  die 
Schläge  auf  die  Hände  bekommen;  dass  Schläge  zu  jener  Zeit  zum 
Unterricht  gehören,  zeigt  auch  das  Gedicht  der  Anthologie  baehrens 
Poet.  lat.  min.  IV  284. 

^  Diese  Vormuthung  Zinks  S.  9  widerlegt  sich  bei  einer  Prüfung 
der  Schriften  eigentlich  von  selber;  solchen  Mangel  an  wissenschaft- 
licher Sorgfalt  hätte  man  seihst  in  jener  Zeit  einem  öffentlichen  Lehrer 
nicht  zutrauen  sollen. 


Der  liiecbof  Fulgentius  und  der  Mythograph.  113 

selbst  noch  nicht  lange  über  die  Zeit  des  Unterricbts  hinaos 
war.  £ine  dritte  Stelle  führt  seine  VergiUtenntniss  auf  die  ver- 
gangene Schulzeit  zurUcli:  V.  c.  148:  'si  me  scolarum  prae- 
teritaruin  non  fallit  memoria'.  Diis  müsste  doch  auffallen,  wenn 
ein  bejahrter  Mann,  der  sich  mit  der  Literatur  beschäftigt  zu 
haben  vorgiebt,  sich  auf  seine  Studentenzeit  bezieht,  um  seine 
Kenntniss  der  Aeneis  zu  begründen.  Wohl  aber  ist  es  verständ- 
lich bei  einem  jungen  Menschen,  der  mit  einem  gewissen  Stolz 
zeigt,  dass  er  über  diese  Zeit  hinaus  ist  und  sie  gut  ausge- 
nutzt hat. 

Wichtiger  als  diese  verstecliten  Zeugnisse  dafür,  dass  der 
Verfasser  all  der  Werke  des  Fulgentius  jung  ist,  sind  ohne 
Zweifel  die  sprachlichen  Indicien^.  Man  gewinnt  den  Eindruck, 
dass  man  einen  jungen  Menschen  vor  sich  hat,  der  noch  der 
Sprache,  die  er  schreibt,  nicht  ganz  mächtig  ist,  weil  er  sie 
nicht  von  seiner  ersten  Kindheit  an  gesprochen  hat  und  daher 
Worte  verwechselt  und  sich  eigene  Bildungen  schafft.  Sollte 
sich  diese  Unbildung,  die  der  lateinischen  Sprache  Gewalt  an- 
thut,  Jahrzehnte  lang  bei  einem  literarisch  thätigen,  die  klassi- 
schen Vorbilder  Btndirenden  Manne  erhalten?  Das  ist  undenkbar, 
wenn  wir  daneben  die  Sprache  anderer  Männer  wie  Dracontius 
und  Luxorius  betrachten. 

Drittens  aber  scheint  mir  der  Inhalt  und  die  Schreibweise 
selber  einen  Anhalt  dafür  zu  bieten,  dass  wir  keinen  reifen  Mann 
in  dem  Schreiber  sehen  dürfen.  Seit  Lersch  ist  Fulgentius  'der 
Betrüger  %  wie  ihn  früher  Ritschi,  der  ihn  noch  mit  dem  Bischof 
identiücirte,  'den  scharfsinnigen  Bischof  nannte.  Gewiss  sind 
die  Citate,  die  er  bringt,  mit  Ausnahme  der  Homerverse  fast 
sämmtlich  ungenau  oder  falsch.  Der  Verfasser  sucht  sich  mit 
einer  Fülle  von  Belegen  zu  brüsten,  die  wir  zum  Theil  nicht 
prüfen  können;  aber  wo  wir  sie  prüfen  können,  zeigt  sich  doch 
oft  eine  Spur  von  Wahrheit.  Wir  sehen,  dass  aus  einer  Person 
einefl  Dramas  ein  Titel  (Chrysalus  statt  Bacchides)  gemacht  ist; 
sollte  das  böse  Absicht  sein?  Eine  Stelle,  die  in  Plautus'  Poe- 
nuluR  03  steht,  wird  aus  den  Menaechmi  angeführt,  Pseudolus 
G08  aus  der  Asinaria,  Mostell.  22  aus  dem  Epidicus  :  kann  man 


1  Ich  verweise  nur  auf  Phil.  LVI  271—87  u.  Woelfflins  Archiv 
1H98:  subripere  und  eubrepere  verwechselt,  tempestivus  =  stürmisch, 
flagitare  =5  hin-  und  herwehen,  sedulitas  ==  Lust  zu  sitzen,  vagiiia  = 
Heruraschweifen,  plusquam  =  mehrfach. 

Rhein.  Mue.  f.  Philol.  N.  F.  LIV.  ö 


114  Helm 

das  einer  bösen  Abeicht  zuschreiben  ?  Gewinnt  denn  der  Schreibet 
mehr  Ansehen  dadurch,  dass  er  absichtlich  das  eine  Plantusstück 
mit    dem    andern    vertauscht?    Und,    wenn  Lersch    recht    hätte, 
welche    unendliche  Mühe  hätte  sich  der  Schreiber   gegeben,    nm 
eine  solche  erlogene  Stelle    zu    fabriciren,    während  er  sie  doch 
einfach  selbst  erfinden  konnte,  wenn  er  nun  einmal  lügen  wollte. 
Homer  II.  XI  30  wird  aus  dem  13.  Buch  citirt.    Kann  der  Ver- 
fasser dabei    einen  Zweck   gehabt    haben?    Muse    man    aber    an 
vielen  Stellen  Irrthum  zugestehen,  warum  soll  an  den  andern  nur 
absichtlicher  Betrug  zum  Zweck  der  Grossthuerei  vorliegen?  Es 
kommt  hinzu,   dass    an   sehr   vielen  Stellen  die  Citate  so  merk- 
würdig ungenau  sind,  dass  es  unklar  ist,  warum  Fulgentiue  nicht 
nachschlug  und  genau  abschrieb.    Das  alles  macht  den  Eindruck, 
als  ob  er  nach  dem  Gedächtniss  oder  ungenauer  Nachschrift  seine 
Citate  gab.     Studenten   in    den  ersten  Semestern  schreiben  auch 
heutzutage  manchen  Unsinn  auf,    weil  sie  nicht  mit  der  Nieder- 
schrift dem  Sprechenden  zu  folgen  vermögen.    Sagt  κ.  Β.  jemand: 
wie  Plautüs  den  Chrysalus  in  den  Bacohides  sagen  läest,   so  ist 
sofort  erklärlich,  wenn  daraus  Plautus  im  Chrysalus  wird.    Zahlen 
werden  auch  heut  im  CoUeg  grundsätzlich  falsch  mitgeschrieben, 
und  es  ist  kein  Wunder,  wenn  aus  dem  11.  das  13.  Buch  wird. 
Das    merkwürdige  Citat  '  Epicharm    in    der  Comoedie  Diphilne* 
ist  denkbar,    wenn  man   annimmt,    dass  kurz  hintereinander  von 
Epicharm  und  Diphilus  die  Rede  ist.    Die  handschriftlich  sichere, 
in  demselben  Abschnitt  vorkommende  Schreibweise:  'Hermes  in 
Opimandrae  libro'  ist  unerklärlich,  wenn  es  sich  um  eigene  Stu- 
dien handelte,    wohl   aber  verständlich,    wenn  man  annimmt,  ein 
nachgeschriebenes  ό  ποιμάν^ρης  ist  miss verstanden    und  für  ein 
Wort  gehalten  worden  ^.    Kurz,  all  die  Verwechslungen  von  Titeln 
und   Namen    sind  so   verständlich.     Stenographiren    konnte   Ful- 
gentius    offenbar  nicht;  und  das  ist  bei  der  Schwierigkeit  tironi- 
scher  Noten  kein  Wunder.     Auch   die  Ungenauigkeit   in    den  ci- 
tirten  Worten  selber  erklärt  sich  leicht  aus  einer  flüchtigen  Nach- 
schrift.   Endlich  ist  so  die  ganze   Betrügerei'  verständlich.     Was 
nicht  mehr  deutlich  zu  verstehen  war,  wurde  in  bester  Absicht, 


^  Auf  einen  Fehler  beim  Hören  scheint  mir  auch  hinzudeuten, 
dass  in  der  citirten  Stelle  τροφήο  statt  τρυφήο  geschrieben  ist  p.  48. 
So  erklärt  sich  auch  die  mangelhafte  Interpretation  der  Citate,  die  ja 
alle  ohne  Uücksicht  auf  den  Zusanimenhiin^  in  ihrem  Autor  übersetzt 
werden  mussten. 


Der  Bischof  Fulgentius  und  der  Mytbograph.  115 

aber  leichtfertig  zu  Hause  zurecht  gemodelt;  Lücken  wurden 
nicht  mehr  erkannt  oder  einfach  übergangen.  Mir  scheint,  dass 
diese  ganze  Schrift stellerei  einem  Manne  von  40  Jahren  nicht 
zuzutrauen  ist,  weil  sie  unerklärlich  wäre,  wohl  aber  einem  jungen 
Prahlhans,  der  vor  den  Leuten  grossthun  will  und  nicht  die 
nöthigen  Kenntnisse  und  die  nöthigen  Hilfsmittel  besitzt,  was  er 
niederschreibt  jedesmal  nachzuprüfen.  Dass  sich  aber  junge 
Leute  mit  fremden  Federn  schmückten  und  die  Hefte  ihrer 
Lehrer  plünderten,  ist  durchaus  kein  Novum,  da  auch  Quintiiian  I 
prooem.  7  klagt,  dass  von  seinen  Schülern  schon  zwei  Ausgaben 
seiner  ars  rhetorica  erschienen  seien  wider  seinen  Willen  und 
ohne  dass  er  sie  gemacht  habe.  Man  kann  auch  nicht  sagen, 
die  Gelehrsamkeit  sei  zu  gross  für  die  Jugend  des  Verfassers^; 
denn  wir  sehen  ja  eben,  dass  es  ihm  an  der  rechten  Gelehrsam- 
keit fehlt,  da  er  die  Citate  nicht  nachzuprüfen  im  Stande  ist. 
Was  etwa  von  einem  grösseren  Studium  oder  Wissen  in  der 
Erklärung  der  Mythen  zeugte,  würde  nur  auf  das  Conto  seines 
Lehrers  kommen,  der  seinen  Varro  verbreitete.  Vergil  wurde 
gar  von  jeher  in  der  Schule  benutzt  und  sehr  früh  allegorisch 
erklärt,  so  dass  auch  diese  Weisheit  nicht  über  Sohülerweisheit 
hinauszugehen  braucht;  manches  im  Anfang  der  Erklärung  der 
Aeneis  erinnert  ja  sehr  lebhaft  an  den  Commentar  des  Tiberine 
Claudius  Donatus.  Auch  die  Weltgeschichte  bei  ihrer  oberfläch- 
lichen Darstellung  und  sinnlosen  Anordnung  enthält  nichts  Be- 
sonderes, das  einen  bejahrten  Mann  erforderte.  Danach  glaube 
ich,  dass  Fulgentius  bei  der  Abfassung  der  zusammen  über- 
lieferten Schriften  in  sehr  jugendlichem  Alter  stand.  Die  früher 
verfassten  Gedichte  sprechen  nicht  dagegen,  wenn  man  sieht,  dass 
Fulgentius  auf  jede  Weise  nur  vor  den  Leuten  glänzen  will,  und 
den  über  physiologus  brauchen  wir  uns  nicht  zu  lang  zu  denken. 
Am  wenigsten  unmittelbar  fremdes  Eigenthum  ist  jedenfalls  die 
Weltgeschichte  und  schon  deshalb  vermuthlich  die  letzte  dieser 
Arbeiten. 

Die  zweite  Frage,  die  wir  vorausschicken  müssen,  ist  die  nach 


1  Vgl.  Zink  S.  9:  'seiner  Schriften,  die  eich  weder  nach  Inhalt 
noch  in  der  Form  über  den  Horizont  gewöhnlicher  Schulweisheit  er- 
heben/ Man  vergleiche  dazu  einmal  die  Auseinandersetzungen  über 
die  Musik  p.  127/8,  in  die  kaum  Sinn  hineinzubringen  ist  und  die  sich 
auch  sehr  gut  erklären,  wenn  man  annimmt,  F.  habe  Missverstandenee 
sorglos  wiedergegeben. 


116  Helm 

der  Zeit  der  Abfassung  der  unter  dem  Namen  des  Mythographen 
gehenden  Schriften.  Einen  terminus  post  quem  bietet  Martianus 
Capella,  der  citirt  wird  und  das  Vorbild  zur  Einleitung  der  My- 
thologien giebt,  und  Orosius,  der  an  manchen  Stellen  der  Welt- 
geschichte,  ob  mittelbar  oder  unmittelbar,  benutzt  wird^.  Mir 
scheint  es  jedenfalls,  dass  einen  deutlichen  Beweis  dafiir,  dass 
Fulgentius  bei  der  Abfassung  seiner  Weltgeschichte  nicht  an  dem 
Werk  gleichen  Inhalts  vorübergegangen  ist,  die  Alexanderge- 
schichte  liefert;  dort  heisst  es  von  Darius  Oros.  III 17,  7:  ^Hunc 
mortuum  inani  misericordia  referri  in  sepulohra  maiorum  sepeUri- 
qtte  praecepit ',  bei  Fulgentius  d.  a.  m.  p.  38  ex :  *  Praebet  inanem 
misericordiae  septilfuram^ ;  und  dann  folgt  bei  jenem:  'cuins  non 
dicam  matrem  vel  uxorem,  sed  etiam  parvulas  filias  crndeli  cap- 
tivitate    retinens',    während    hier    der   verstümmelte  Satz    steht: 

*lllo  filias  etiam  quas  sorores '  und  dann  eine  entrüstete 

Auslassung  folgt  über  die  Blutschande  des  Darius  mit  seiner 
Mutter.  Wir  wiesen  von  dieser  Thatsache  sonst  nichts^.  Ich 
vermuthe,  dass  Fulgentius  das  matrem  vel  uxorem  in  seiner  Vor- 
lage missverstanden  und  auf  eine  Person  gedeutet  hat  und  diese 
neu  gefundene  Fabel  dann  mit  den  von  der  Oedipustragödie  her 
üblichen  Vergleicbungen  ausgeschmückt  hat.  Bei  der  Rhea  mag 
das  Wortspiel  vielleicht  sehr  nahe  gelegen  haben ;  aber  es  ist 
doch  wohl  nicht  nur  Zufall,  dass  es  bei  Orosius  deutlich  ausge- 
drückt ist  VI  1,  14:  *  Rhea  mater  stupri  rea'  und  bei  Fulgentius 
p.  40  angedeutet  wird:  *Rhea  geuiinorum  mater  est  opere  Con- 
cors cum  nomine'.  Bei  Orosius  heisst  es,  Crassus  habe  die  von 
Pompeins  unberührten  Tempelschätze  Jerusalems  geplündert  VI 
13,  1:  *Templum  pervadit,  opes  diripit*.  Offenbar  hat  Fulgentius 
die  Stelle  wieder  flüchtig  excerpirt  oder  missverstanden,  wenn  er 
p.  42  gerade  von  Pompeius  aussagt:  'ludaicas  opes  praedo  per- 
vasit  \  Die  Anschauung,  dass  Rom  durch  seine  Niederlagen  und 
Verluste  gewachsen  sei,  findet  sich  gleichmässig  bei  beiden,  Ful- 
gentius p.  43:  Crevitque  semper  aut  alieno  damno  ant  suo  po- 
tius  detrimento',  und  'Romanum  imperium  suo  exteroque  sanguine 
enutritum  est',  bei  Orosius  VI  17,  4:  "^Percensuit  latitudinem 
regni    sui  Roma    cladibus    suis   atque   in   suam  conversa  caedem 


^  In  dieselbe  Zeit  führt  auch  die  Anlehnung  an  den  Schüler 
Aiignstins  Favonius,  die  eich  sowohl  in  den  musikalischen  Anslussungen, 
wie  in  der  Bokanntschaft  mit  Cioeros  somn.  Scip.  zeigt. 

'^  Vgl.  Phil.  LVI  S.  2<i9. 


Der  Hischof  P'ulgentine  und  der  Mythog^aph.  117 


singulas  quasque  gentes vindicavit.     Die  Menschwerdung 

Christi  leitet  Oroeiu«  ein  VI  2?,  9:  'Christus  hunc  mundum  pri- 
nntm  advetitu  suo  inlttstravit\  Fnlgentius  p.  43  gebraucht  die- 
selben Worte:  *  Cuins  advenin  radiante  Imtrati.*  Die  allgemeine 
Schätzung  und  die  Schliessung  des  Janustempels  bei  Orosius  VI 
22,  6  VII  2,16;  3,  4  haben  manche  Aehnliobkeit  mit  der  Dar- 
stellung des  Fulgentius.  Die  Schilderung  des  Caligula  und  Nero 
Fulgentins  d.  a.  m.  51  ist  augenscheinlich  aus  Orosius  entnommen; 
dort  heisst  es:  'Da  Caligulam  anreis  piscantem  retibus  funibus" 
(jue  purpttreis/  Die  Sache  geht  zuletzt  auf  Sneton  zurück  Nero 
30:  'Piscatus  est  rete  aurato  et  pnrpura  coccoqne  funibus  nexis  ^; 
aber  dem  Wortlaut  entsprechender  steht  bei  Orosius  VII  7,  3: 
'üt  retibus  aureis  piscarefur  quae  purpureis  funibus  extrahe- 
bantur\  allerdings  wie  bei  Sueton  von  Nero  ausgesagt,  doch 
gehen  kurz  vorher  die  Worte,  dass  Nero  den  Caligula  noch  über- 
troffen in  Lastern  und  Freveln ;  auch  hier  liegt  also  vermuthlich 
flüchtiges  Excerpiren  oder  Missverständniss  im  Hören  vor.  Die 
Un Sittlichkeit  Neros  dann  'virum  in  uxorem  duxerit^  ipse  a  viro 
ut  uxor  acceptus  sit'  hat  den  Anlass  zu  den  Worten  gegeben: 
*  Qui  virum  quem  male  acceperat  perdidit  et  mulierem  quam 
iuste  meruerat  sumpsit.'  üeberhaupt  die  kurze  Eaisergescbichte, 
die  mehr  Andeutungen  als  Ausführungen  enthält,  scheint  manches 
aus  Orosius  geschöpft  zu  haben,  so  bei  dem  Philippus  geminus 
(der  Plural  Philippos  konnte  wegen  des  Buchstabens  ο  nicht  ge- 
braucht werden)  Orosius  VII  20,  bei  Julian  *in  dei  ecclesias  tem- 
pestivis  incursibus  fluctuans  (Orosius  VII  28,  2:  'impia  machi- 
nans'),  bei  Valentinian,  dem  Nachfolger  Jovians,  Orosius  VlI  32. 
Im  einzelnen  sind  der  Gedanken  und  Motive  weit  mehr,  die 
Fulgentins  von  Orosius  entlehnt  haben  kann;  aber  die  Worte 
klingen   zu  wenig  an,  um  es  zu  beweisen  ^. 

Endlich  scheint  es  mir,  dass  Fulgentins  schon  den  Draoon- 
tius  gekannt  hat.  Eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit  den  Worten 
der  im  Gefängniss  an  den  Vandalenkönig  geschriebenen  satis- 
factio   179: 


Ϊ  Es  ist  beachtcnewcrth,  dass  die  Schriftsteller,  bei  denen  irgend 
eine  Berührung  mit  F.  vorzuliegen  scheint,  Afrikaner  sind  oder  in 
Afrika  gelebt  haben;  das  würde  einerseits  die  Abstammung  des  F.  aus 
Afrika  vermuthen  lassen,  wenn  sie  nicht  sonst  fest  stände;  andrerseits 
zeigt  es  wieder,  dass  die  Bildung  des  Vfs.  nicht  zu  gross  ist. 


Π8  Helm 

cuins  ab  imperio  eargens   et  origine  Caesar 

Anguetus  mernit  tempue  habere  pium  ; 
tempore  namqne  eodem  est  natns  de  virgine  Chrietus 
hat  in  der  Anschanung  die  Darstellung  bei  Fnlgentiue  d.  a.  m. 
p.  50:  *Qualiter  enim  ab  huius  imperiis  libera  existeret  univer- 
sitas,  sub  cuius  regimine  nasci  dignata  est  deitas^  oder:  *  neque 
decebat  illum  regnandi  habere  participem  quem  in  tna  nativitate 
decreveras  regem  ut  deus  fieret  principinm  Gaesaris  et  Caesar 
prineipium  fieret  mnndi'.  In  demselben  Gedicht  ist  von  dem 
Wechsel  des  Mondes  die  Rede  v.  237  ff. 

'Nam,  luna  crescente,  fretum  cremenfa  resun  it, 

Qua  minuente  polis  est  minor  unda  maris. 
Cynthia  dum  crescit,  fontes  et  flumina  crescunt, 

Haec  eadem  minuunt,  Cynthia  dum  minuit. 
Ipsa  medulla  latens  observat  cornua  lunae, 
Observant  lunae  tecta  cerebra  globoe.* 
Man  vergleiche  damit   die  Schilderung  Myth.  II  19 :   '  lllo 
videlicet    pacto,    quod    detrimenta    eius   et   augmenta  non    solum 

terra,  sed  et  lapides,   vel  cerebra   animantium,    et etiam 

laetamina  sentiant,  quae  in  lunae  crementis  eiecta  vermiculos  par- 
turiunt/     Auch  de  deo  I  732: 

'Qui  lunae  crescente  globo  iubet  aequora  crescant 
Fluctibus  adiectis,  crescant  cum  fontibus  amnes, 
Crescat  et  inclusum  capite  genus  omne  cerebri, 
Et  minuantur  aquae,  luna  minuente,  liquentes, 
Ac  dccrescente  decrescant  lege  perenni.* 
Bei    der  Geburt    Christi    findet    sich    dieselbe  Anschauung, 
wenn  es  heisst  Dracontius  de  deo  II  89  ff.: 

'  Qualiter  aure  deus  verbo  foetante  marito 
virgineos  intrasse  sinus  dignatur  et  alvum ' 
und  bei  Fulgentius  d.  aet.  m.  XII  p.  42:  'Descendit  ros  verbialie 
coruscans  in  negotio,    latens  in    rerbo;    pulsat    audiht^    virgineos 
caelestis    coniugii    dispensator'    und  'ftt    aure    casta    conceptus*. 
Auch  die   kurze  Schilderung   der  Wunder  Christi  de  deo  II   113 
— 140  erinnert  an  die  ähnliche  Darstellung  bei  Fulgentius^  wenn- 
gleich   wörtliche  Anklänge   sich    nicht    gerade  finden.     Dagegen 
ist  es  nicht  unmöglich,  dass  bei  der  Erzählung  von  Noahs   Ket- 
tnng    aus    der   Sündfluth  Dracontius'  Worte    dem  Schreiber    von 
de  aet.  m.  vorgeschwebt  haben;  es  heisst  dort  II  383  ff.: 
^  Enatat  inter  aquas  cum  mundi  civibus  arca, 
conceptu  paritura  simul  iuvenesque  senpsque 


Der  Bischof  Fulgentius  und  der  Mythograpb.  119 

et  pueros  matresqne  pias  teneraeque  puellas. 
Una  dies  produrit  avum  serosqne  nepotes/ 
bei  Fulgentius  p.  9:  ^Enaiat  futun  mundi  seminalis  entheca  prae- 
teritae  nationie  reliqnias  futaro  saeculo  productura ;  circumlatrant 
nndique  mortiferae  undae  ealutare  negotium.'  Die  bedenklich 
aueführliche  Darstellung  der  Unfruchtbarkeit  der  Sara  und  des 
alten  Abraham  bei  Dracontiue  II  615  ff.  klingt  ausserordentlich 
an  die  gleiche  Ausführung  des  Alters  der  Anna  bei  Fulgentius 
an  (p.  23),  vgl.  ^frustraque  maritus  officii  genitoris  iners'  und 
'torpor  partificum  perdiderat  mercimonium',  'steriles  retinebat 
marcidtis  artus'  und  'marcidtdis  coeuntibns  vulva  folliculis  semi• 
num  liquores  'despueret%  auch  das  Oxymoron:  ^Sterilis  fecunda 
parens'  und  ^fecundifas  cum  sferilifate  novum  commercium  nun- 
dinavit.'  Der  gesammte  Inhalt  der  Yerse  zeigt  noch  mehr  Aehn- 
lichkeit;  doch  wäre  es  zu  weitschweifig  die  ganze  Stelle  anzu- 
führen. Unter  den  Wundern  des  Petrus  ITl  228  ff.  wird  die 
Vernichtung  des  Magiers  Simon  erwähnt: 

'Hanc  (sc.  Romam)  Paulo  oomitante  petit  pia  iussa  sequendo. 

Exorans  precibus  magutn  per  celsa  volantem 

Simona  mendacem  sternit  spectante  Nerone  ; 
bei  Fulgentius  de  aet.  m.  48  heisst  es:  'Petrus  apud  urbem 
devolvitur  et  miigus  volucer  caelo  iam  proximus  sola  prece  iacta- 
tur.'  In  der  Schilderung  der  heroischen  Frauen  finden  sich  in 
den  Gedanken  einige  Aehnlichkeiten,  so,  wenn  es  von  Semira- 
mis  heisst  Dracuntius  III  486  'et  stbi  socrus  erat  filii  turpissima 
coniux',  bei  Fulgentius  aber  mit  einer  gewissen  Verbesserung 
p.  12  'sibi  nurus  effecta  est*  und  wenn  bei  Lucretia  hervorge- 
hoben wird,  dass  sie  sich  getödtet,  statt  den  Verbrecher  zu 
tödten  III  509/10: 

'Concidit  enso  suo  mansitque  superstes  adulter, 
qui  solns  feriendus  erat  mercede  pndoris*, 
und  Fulgentius  p.  41  ex.:  'Ante  in  se  nefas  quam  in  commissoris 
sanguine  vindicavit'.  Auch  die  Erzählung  von  Judith  hat  ge- 
meinsame Züge.  Das  Beweismaterial  ist  nicht  sehr  umfangreich 
und  sehr  zuverlässig;  doch  hat  die  Behauptung,  Fulgentius  habe 
den  Dracontius  gelesen,  danach  vielleicht  immerhin  einen  gewissen 
Grad  von  Wahrscheinlichkeit. 

Um  einen  terminus  ante  quem  zu  finden,  wäre  es  sehr 
schön,  wenn  die  Aehnlichkeit  zwischen  der  Einleitung  des  Boe- 
thius  in  seiner  consolatio  und  der  des  Fulgentius  in  den  Mytho- 
logien   einen  bestimmten  Schluss    darauf  zuliesse,    dass  Boethius 


120  Helm 

im  Jahr  523  bei  Abfassang  seiner  Schrift  die  Mythologien  ge- 
kannt hat ;  wenn  schon  sich  einige  gleiche  Punkte  finden,  zuver- 
sichtlich bauen  lässt  sich  darauf  nicht.  Wie  bei  Fulgentiue  zu- 
erst die  Calliope  in  Begleitung  ihrer  Schwestern,  dann  die  Phi- 
losophie in  Begleitung  zweier  Mnsen  erscheint,  so  tritt  bei 
ßoethius  die  Philosophie  auf^  um  die  Musen  vom  Lager  des  Ge- 
fangenen zu  vertreiben,  da  sie  ihm  keinen  Trost  bringen  könnten. 
Da  heisst  es  1  1 :  ^  adstifisse  mihi  supra  verticem  visa  est  mulier', 
wie  bei  Fulgentius  p.  13  u.  14:  *  adstiferant . .  .  ternae  viraginee*  und 
nachher:  ^adsHtit  propter^'.  Die  Erscheinung  wird  beschrieben: 
'reverendi  admodum  tmlfus  oculis  ardentibus  et  idtra  communem 
hominum  ralentiam  perspicacibus'  ;  bei  Fulgentius  triflft  das  zweite 
Mal  die  Erscheinung  den  Schläfer  '  rapido  atque  admodum  spien• 
difice  intermicanti  quodam  eui  vulfiis  coruscamine  .  .  .;  erat  enim 
ultra  solitum  eminens  mortalitatis  aspectum\  Beziehen  sich  die 
letzten  Worte  auf  die  Grösse,  so  fügt  auch  Boethius  hinzu : 
nunc  quidem  ad  communem  sese  hominum  mensuram  cohibebat, 
nunc  vero  pulsare  caelum  summi  verticis  cacumine  videbatur  . 
Natürlich  siud  die  Gewänder  geschildert;  *  vestes  erant  tenuisei- 
mis  filis  subtili  artificio  indissolubili  materia  perfectae';  bei  Ful- 
gentius hebt  sich  Calliope  das  Kleid,  damit  nicht  etwas  die 
'  maeandricos  tam  βίώΙιΠβ  elementi  limbos'  vernichte.  Bei  Boethius 
trägt  die  Philosophie  in  der  Rechten  Bücher,  in  der  Linken  ein 
Scepter.  So  trägt  bei  Fulgentius  die  Urania  natürlich  die  ihr 
zukommenden  Attribute,  die  Himmelskngel  und  den  Stab,  mit 
dem  sie  darauf  deutet.  Wie  Boethius  die  Philosophie  als  sehr 
alt  schildert,  so  thut  es  auch  Fulgentiue.  Schliesslich  wie  Calliope 
in  den  Mythologien  '  ludibundo  palmulae  tactu  vaporans  pectuscu- 
lum'  erscheint,  so  heisst  es  auch  in  der  consolatio  von  der  Phi- 
losophie: 'ammovit  pectori  meo  leviter  manum'.  Es  dünkt  mich 
danach  möglich,  dass  Boethius  diese  Züge,  die  er  zerstreut  in 
einer  ähnlichen  Schilderung  fand,  auf  seine  Philosophie  allein 
übertragen  hat;  aber  bei  der  geringen  Anzahl  der  Vergleichungs- 
punkte wage  ich  es  nicht  als  sicher  hinzustellen,  zumal  man 
sich  kaum  denken  kann,  dass  ein  Mann  wie  Boethius  eine  An- 
leihe bei  einem  Fulgentius  gemacht  haben  sollte.  Dergleichen 
allegorische  Darstellungen  lagen  damals  gleichsam  in  der  Luft. 
Immerhin  ist  Fulgentius  in  diesen  Einzelheiten  über  sein  Vorbild 


^  Adetitit  ist  jedenfalls  statt  des  unverständlichen  adstiti  zu  lesen. 


Der  Bischof  Fulgentius  und  der  Mythog^raph.  121 

Martianus  Capella  hiDHDsgegangen,  und  das  läset  es  so  scheinen, 
als  ob  ihm  eine  gewisse  Priorität  darin  zukäme.  Der  fernere  In- 
halt der  beiden  Schriften  des  Fulgentius  und  Boethius  ist  so  ver- 
schieden, dass  sich  hier  keine  Anknüpfungspunkte  finden  konnten. 
So  sind  wir  also  auf  die  Werke  des  F.  selber  angewiesen, 
um  aus  ihnen  eine  etwaige  Zeitbestimmung  herauszulesen.  Auf 
diesem  Grunde  hat  Jungmann  zuletzt^  seine  Vermuthung  aufge- 
baut, sie  seien  nach  dem  Regierungsantritt  des  Vandalenkönigs 
Hilderich  523  verfasst  und  seine  Zeitbestimmung  hat  viel  Aner- 
kennung gefunden^;  doch  scheint  mir,  dass  auch  er  von  falschen 
Voraussetzungen  ausgegangen  ist.  Deshalb  ist  es  nöthig,  die 
einzelnen  Beweisstellen  noch  einmal  zu  prüfen.  Fulgentius  be- 
ginnt mit  der  Klage,  dass  es  nutzlos  ist  zu  reden,  weil  jeder  nur 
an  seinen  eigenen  Lebensunterhalt  denkt ;  denn  die  Zeiten  sind 
schwer,  weil  die  Mächtigen  unterdrücken  und  die  Privatleute 
stets  zahlen  müssend  Das  führt  uns  ganz  allgemein  in  die 
traurige  Lage  der  Afrikaner,  die  unter  dem  entsetzlichen  Steuer- 
druck litten.  Wir  hören  auch  bald  darauf  von  den  bestand if^ 
das  Haus  einlaufenden  Steuereinnehmern,  die  beständig  neue  und 
unvorhergesehene  Auflagen  einzutreiben  haben.  Das  ist  der  eine 
Theil  des  Bildes,  das  uns  entrollt  wird.  Von  einer  den  Katho- 
liken freundlichen  Gesinnung  ist  nirgends  die  Rede^.  Warum 
sollte  dann  auch  irgend  welche  Vorsicht  erforderlich  sein,  wie  sie 
in  der  Verg.  cont.  p.  139  doch  angedeutet  wird,  wenn  der  Verfasser 
jede  Weisheit  vermeiden  will,  die  über  das  geringe  der  Zeit  ent- 
sprechende Mass  hinausgeht  (mediocritatem  temporis  excedentem), 
damit  er  nicht  etwa  um  seinen  Kopf  komme  (ne  fragumen  re- 
periat  capitis)?  Im  Gegentheil,  Fulgentius  muss  diese  Besorgniss 
äussern  entweder,  weil  er  fürchtet  infolge  seiner  katholischen 
Gesinnung  anzustossen,  oder  aber  weil  er  als  Schriftsteller  viel- 
leicht unabsichtlich  den  Herrscher  beleidigen  könnte.  Zu  dem 
ersten  lag  bei  diesem  Werke  kaum  Anläse  vor.  In  keinem  Fall 
geht  aus  diesen  Worten  eine  entschiedene  Freundlichkeit  gegenüber 
den  Katholiken  hervor,  sondern  nur  eine  zweifelhafte  Stimmung. 
Der  zweite  Theil  der  Schilderung^  zeigt  uns  die  Maurenkämpfe; 


1  Rh.  Mu8.  32  S.  5<>4. 

2  Z.  B.  bei  Ebert  Lit.  des  Mittelalters  12  S.  477. 
8  Ed.  Muncker  p.  1/2. 

*  Die  Vorauesetzung  derselben  —  ich  weiss  nicht  woher  —  bildet 
ein  Hauptargument  Jungnianns. 
»  p.  7. 


122  Helm 

die  Heiden  haben  die  Felder  besetzt,  die  Aussaat  ist  nnmöglicb  und 
wo  sie  stattgefunden  hat,  wird  die  Ernte  vereitelt.  Jeder  sitzt  in 
seinem  Hause,  das  zur  Festung  gemacht  ist,  wie  uns  Procop  de  hello 
Vand.  I  16  Γ.  216  C  Bebildert.  Da  endlich  verscheucht  die  Ankunft 
des  Herrschers,  der  da  naht  wie  die  aufgehende  Sonne,  jede  Furcht : 
'domini  regis  felicitas  adventantis  velut  solis  crepusculnm  mundo 
tenebris  debiscentibus  pavores  abstersit  .  Und  nun  können  die 
bisher  Eingeschlossenen  wieder  hinaus  in  die  Gefilde  und  freuen 
sich  wie  Schiffer,  die  endlich  aus  dem  Sturm  ans  Land  flüchten, 
und  springen  herum  wie  junge  Füllen,  die  aus  dem  Stall  kommen. 
Wo  steht  hier  etwas  von  dem  Regierungsantntt  eines  Königs? 
*^  Adventare*  heisst  selbstverständlich  *  herbeieilen  ,  wie  es  un- 
zählige Male  gebraucht  wird  und  wie  Tacitus  sagt  mit  Hinzu- 
fügung  des  in  subsidium  ann.  XIV  82.  Das  zeigt  auch  das  fol- 
gende Gleichniss:  er  naht  wie  die  Sonne  am  Morgen,  und  die 
Nebel  theilen  sich.  Der  Schriftsteller  konnte  sich  gar  keines 
passenderen  Ausdrucke  bedienen,  um  das  *veni  vidi  vici'  zu  be- 
zeichnen. Darum  ist  es  falsch  darauf  zu  bauen,  dass  die  Worte 
sich  auf  einen  neuen  Herrscher  beziehen  müssen.  Es  sind  ein- 
fach nach  berühmten  Mustern  die  Worte  der  Schmeichelei,  die 
gegenüber  den  andern  Klagen  einen  gewissen  Entgelt  bieten  and 
für  alle  Fälle  auch  zur  Sicherung  des  Schreibers  dienen  können, 
wie  etwa  Lucan  am  Anfang  seines  Epos  des  Nero  schweifwedelnd 
gedenkt.  Man  erkennt  auch  hier  dieselbe  Besorgniss  des  Ver- 
fassers durch  seine  Schriftstellerei  anzustossen,  wie  wir  sie  oben 
gefunden.  Auch  hier  steht  nichts  von  besonderer  Freundlichkeit 
gegen  die  Katholiken;  die  'pavores',  die  getilgt  werden,  sind 
dem  Zusammenhange  nach  einfach  die  Angstgefühle  vor  den 
Mauren.  Das  zeigen  ja  deutlich  die  nächsten  Sätze.  Der  Ver- 
fasser erzählt  ferner,  dass  er  die  Stadt  verlassen  und  sich  auf 
sein  Landgut  zurückgezogen  habe,  um  den  städtischen  Stürmen 
zu  entgehen  und  zu  leben,  wie  es  heisst,  'sopitis  in  favilla  ei- 
lentii  raucisonis  iurgiorum  classicis,  quibus  me  Galagetici  quas- 
saverant  impetus  .  Jungmann  hat  scharfsinnig  geschlossen,  es 
sei  der  Aufstand  der  mit  Amalafrieda  nach  Afrika  gekommenen 
Gothen  gemeint,  die  sich  nach  Thrasamunds  Tod  erhoben  und  zu 
den  Mauren  gingen,  dann  aber  mit  ihnen  vereinigt  bei  Capsa 
geschlagen  wurden. 

Das  'Galagetici'  ist  verderbt,  auch  Jungmann  kann  es  nur 
durch  Verschreiben  erklären,  und  bei  der  Vorliebe  des  Fulgentius 
für    ausgefallene  Worte    ist    es   sehr  schwer,    eine  überzeugende 


Der  Bisehof  Fulgentius  und  der  Mythograph.  123 

Emendation  zu  finden;  ans  der  ganzen  Stelle  aber  vermag  ich 
nicht  den  Eindrack  zu  gewinnen,  dass  es  eich  um  Kampf  in  der 
Stadt  handele.  Dazu  kann  das  Wort  '  iurgium'  durchaus  nicht 
passen  ^.  Fulgentius  liebt  die  Metaphern  und  vermeidet  den  ein- 
fachen Ausdruck.  Es  wäre  aber  Unsinn  von  kriegerischen  Strei- 
tigkeiten das  Wort  *  Gezänk  als  bildlichen  Ausdruck  zu  ver- 
wenden, wohl  aber  giebt  es  Sinn,  Zänkereien  mit  dem  Kriegs- 
lärm  zu  vergleichen  und  von  den  Trompeten  des  Zanks  zu  reden 
So  heisst  es  hier:  Er  will  endlich  einmal  den  ewigen  Streit  ver- 
gessen and  deshalb  geht  er  —  wohin  man  eben  in  solchen  Fällen 
geht,  in  die  Sommerfrische  auf  sein  Landgut.  Von  beständig 
eich  wiederholenden  Sorgen  ist  die  Rede,  denen  er  in  der  Stille 
des  Landes  entgehen  könnte;  ja  mir  scheint  es,  als  ob  auch  in 
diesen  Worten  schon  die  Steuereinnehmer  oder  ähnliche  Quäl- 
geister bezeichnet  sein  müssten,  die  mit  ihrem  Ungestüm  und 
rauhtönenden  Gezänk  ihn  erschüttert  haben;  sonst  wüsste  ich 
nicht,  wie  die  Lesart  der  besseren  Handschrift  zu  erklären  wäre, 
nach  der  es  heisst:  '  defecatam  silentio  vitam  agere  creditabam, 
ni  me  illuc  quoque  memorum  (nicht  maerorum)  angina  improbior 
sequeretur,  und  dann  geht  es  weiter:  Nam  tribntaria  in  dies  con- 
ventio  compulsantium  u.  s.  w. ;  danach  scheint  es,  als  ob  die 
*memoree'  eben  die  Steuer^nnehmer  sind,  und  dann  müssen  auch 
von  ihnen  die  impetus  ausgesagt  sein. 

Wenn  man  die  Gedichte  des  Cod.  Salmas.  Riese  341/2 
liest  ^,  so  kann  man  auch  hier  an  irgend  einen  vandalischen 
Grossen  denken,  vor  dem  die  Vermögenden  sich  kaum  zu  retten 
vermögen,  weil  er  immer  neue  Abgaben  von  ihnen  verlangt.  So 
gut  dort  der  Dichter  diese  räuberischen  Versuche  mit  einem  An- 
griff vergleicht,  den  selbst  Geschütze  nicht  abwehren  können, 
eo  durfte  auch  Fulgentius  von  *  impetus'  reden,  wenn  jene  Leute 
in  ihr  Hörn  stiessen,  um  ihn  auszuplündern.  Wirklich  kriege- 
rische Angriffe  können  nicht  vorliegen,  wie  das  Wort  'iurgium* 
zeigt ^;  aber  auch  der  ganze  Zusammenhang  ist  dagegen.  Er 
geht  der  Qual  in  der  Stadt  aus  dem  Wege;   aber  sie  folgt  ihm 


^  Man  vergleiche  Verg.  cont.  p.  15(5:    in   modum  iurgii  foreneis- 
quc  litigii  positam. 

^341,  1/2:  bella  die  noctuque  suis  facit  Eutychus  armie 
divitias  cunctis  e  domibus  rapiens 
und  342,  5/G:         quae  sunt  ergo  maniis  aut  ferrea  tcla  ferenda 

quisve  aries  talem  qiiodve  repellat  opus? 
^  Das  sah  schon  Zink  S.  5. 


1-24  Ilolm 

auch  aufs  Lan'I.  Und  noch  nicht  genug!  Dazu  kamen  noch 
häufige  Einfalle  der  Feinde^.  Wie  könnte  da  unter  jener  Sorge 
in  der  Stadt  und  dicRen  Einfällen  dasselhe  gemeint  sein !  Sodann 
paset  das  Wort  'incureue'  nicht  von  einem  Feind,  der  im  Lande 
ist,  also  nicht  von  den  Gothen.  'Gentes*,  wie  es  heiRst,  sind  die 
Heiden;  eine  Andeutung  der  Anwesenheit  von  Gothen  und  ihrer 
Feindseligkeit  liegt  nicht  vor.  Schliesslich  hat  doch  Fulgentius 
dieAhsicht  dem  König  zu  schmeicheln;  und  hei  einem  Schmeichler 
darf  man  eher  zu  viel  als  zu  wenig  erwarten.  Warum  also  keine 
Andeutung  der  Rebellion,  da  doch  der  Erfolg  dadurch  bedeuten- 
der wurde,  dass  die  Gothen  vernichtet  wurden?  Warum  kein 
Hinweis  auf  die  Schlacht  selber?  Scheint  es  nicht  fast,  als  ob 
die  Mauren  sich  zurückgezogen  hätten  vor  dem  nahenden  König, 
nur  weil  sie  sich  zu  schwach  fühlten,  entsprechend  ihrer  räube- 
rischen Art,  zu  nehmen  und  dann  fortzueilen,  sobald  Gefahr 
nahte?  Hilderich,  an  den  Jungmann  bei  diesem  König  denkt,  war 
nach  Procop.  l  9  ganz  unkriegerisch^,  und  wenn  man  sich  auf 
die  kurze  Darstellung  verlassen  könnte,  so  wäre  der  beste  Gegen- 
beweis gegen  Jungmanns  Vermuthnng,  dass  er  nach  Procop  nicht 
selber  ins  Feld  zog.  Jedenfalls  ist  die  Ausdrucksweise  des  Ful- 
gentius  derartig,  dass  an  jene  Erhebung  der  Gothen  nicht  ge- 
dacht werden  kann;  denn  bei  den  'inrgia*  darf  man  nicht  Kampf 
vermuthen,  und  bei  den  'gentes'  werden  die  Empörer  nicht  er- 
wähnt, während  wir  das  sicher  erwarten  dürften.  So  bleibt  uns 
die  Wahl,  aus  den  Andeutungen  der  bösen  Lage  der  Schrift- 
steller, der  Steuernoth,  des  Sieges  über  die  Mauren  auf  die  Zeit 
zu  rathen.  Seit  Hunerich  waren  die  Mauren  abgefallen  (Proc.  de 
bell.  Vand.  I  8);  von  Gunthamund  heisst  es,  dass  er  wiederholt 
mit  den  Mauren  kämpfte;  von  Thrasamund  wird  eine  groese 
Niederlage  wie  früher  keine  erwähnt^.  Hilderich  war,  wie  oben 
gesagt,  schwach  im  Kriege  und  nicht  energisch,  eo  dass  auch  er 
eine  Niederlage  erlitt*;  er  selbst  zog  nicht  in  den  Krieg,  son- 
dern sandte  seinen  Kriegshauptmann.     Wir  sehen,  auf  Hilderich 

^  üeber  diese  Gegenüberstellung  urtheilt  richtig  Zink  S.  5 
Anm.  3. 

2  τά  δέ  ic  τόν  πόλβμον  μαλθακόο  τ€  λίαν  καΐ  ουδέ  άχρι  ic  τά  ώτα 
τό  πραγμά  οΐ  τούτο  έθ^λων  Uvai;  also  nicht  einmal  hören  wollte  er 
von  Krieg,  um  wieviel  weniger  selber  ausziehen! 

8  Procop.  I  8:  έπΙ  τούτου  βαοιλεύοντοο  Ευνέπ€€€  Βανδίλας  πάθοο 
τι  παθ€ΐν  πρόο  Maupouciujv  οίον  πρό  τοΟ  οοπω  Ευνηνέχθη  y€vicQax. 

*  Proc.  Ι  9:  έπΙ  τούτου  Ίλδερίχου  ήοοήθηοάν  τ€  μάχη  οΐ  Βανδίλοι 
upoc  Μαυρουςίων  τών  έν  Βυίακίω. 


Der  Bischof  Fulgeniiue  und  der  Mythograph.  125 

passt  danach  das  *^  adventare  nicht.  Von  Uunerich  und  Thraea- 
mund  werden  Niederlagen  berichtet.  Allein  von  Gunthamund 
wird  nur  die  Thateache  mehrerer  Kämpfe  erwähnt^;  ihr  Aus- 
fall  wird  nicht  angegeben ;  er  war  also  weder  besondere  un- 
günetig,  noch  beeonders  gut  oder  doch  wechselnd.  Der  Ausdruck 
läest  aber  die  Verniuthung  zu,  dass  Gunthnmaml  auch  einmal  ge- 
siegt habe.  Dracontius  wenigstens  singt  von  ihm:  '  Manrus  ubi- 
qae  iacet^^,  und  wenn  er  auch  damals  nicht  dabei  gewesen  ist 
(vergl.  das  ^absens^),  so  ist  doch  nicht  undenkbar,  dass  er,  ein 
energischer  Herrscher,  auch  einmal  den  Mauren  persönlich  be- 
segnet sei  oder  sie  durch  sein  Nahen  verscheucht  habe. 

£ine  Zeitanspielung  kann  man  vielleicht  noch  in  den  Worten 
der  Calliope  sehen,  die  sie  erwidert  auf  die  Einladung  des  Ful- 
gentins,  neben  ihm  Platz  zu  nehmen.  Fürchtest  du  dich  nicht, 
sagt  sie,  die  Musen  bei  dir  aufzunehmen,  da  doch  die  Barbaren 
(man  beachte  die  Bezeichnung  der  Vandalen)  der  literarischen 
Thätigkeit  so  abgeneigt  sind,  dass  sie  jeden  gleich  ohne  Verhör 
zur  Folter  schleppen,  der  nur  seinen  Namen  schreiben  kann  Κ 
Das  letzte  ist  eine  Uebertreibung,  die  aber  doch  auf  einer  That- 
eache beruhen  muss.  Nun  ist  nur  das  eine  Bespiel  des  Dracon- 
tius aus  der  Vandalenzeit  bekannt^,  der  von  Gunthamund  ins  Ge- 
fängniss  geworfen  wurde,  weil  er  durch  seine  Verse  in  politischer 
Hinsicht  Anstoss  erregt  hatte;  und  in  dieser  Verbindung  mit  den 
Musen  könnte  man  an  ihn  denken  ;  denn  er  war  ein  deutlicher 
Beweis  für  die  Gefahr,  die  Schriftstellern  aus  politischen  Gründen 
drohen  konnte.  Und  dass  Fulgentius  nicht  etwa  wegen  seiner 
religiösen  Anschauung  besorgt  war,  sondern  gerade  dies  »Schicksal 
des  Dracontius  fürchtete  und  ihm  durch  Schmeichelei  vorzubeugen 
snchte,  darauf  habe  ich  schon  hingewiesen  ^  Vielleicht  erhält  die 
Vermuthung    einer  Anspielung  einige  Gewissheit    dadurch,    dass 

^  Proc.  I  8:   uXeioci  μέν  πρόο  Maupouc(ouc  έμαχ^οατο  ζυμβολαΐο. 

-  Satisfactio  ν.  214. 

^  So  sind  die  Worte:  'qui  primis  elementorum  figuris  vel  pro- 
prium descripserint  iiomen'  p.  17  trotz  Zink  S.  10  Anm.  2  mit  Lersch 
S.  2  zu  verstehen,  wie  das  '  vel  *  zeigt. 

^  Eine  Anspielung  auf  Dracontius  hatte  schon  Ebert  angenommen 
Gesch.  d.  Litt.  d.  M.-A.  1.  Aufl.  Kap.  XXI. 

*  Gerade  aus  dieser  Schmeichelei  erklärt  sich  von.üglich  die  Ant- 
wort des  Fulgentius,  der  den  Vorwurf  gegen  die  Hegierung  sofort  selbst 
ahzii.schwachen  sucht  mit  dem  miesverstandenen  Terenzvers:  Olim  isti 
fiiit  geiieri  (sc.  poetaram)  quondam  questus  (=  qnerellai  aput  saeclum 
prius.     Die  Zeit  ist  lang  Iier! 


12G  Helm 

wir  sahen,  dass  Fulgentius  den  Dracontias  gekannt  hat;  klagt 
er  doch  selbst  im  Schluss  des  dritten  Baches  de  deo  über 
seine  Gefangenschaft.  Es  wäre  sogar  nicht  undenkbar,  dass 
zwischen  den  beiden  literarisch  thätigen  Männern  ein  bestimmtes 
Band  existirte.  Fulgentius  hat  eine  grammatische  Ausbildung 
erhalten;  er  selbst  spricht  davon  unter  anderm  Verg.  cont. 
p.  148  in  der  früher  citirten  Stelle:  'Si  me  scolarum  praeteri- 
tarum  non  fallit  memoria' ;  dann  ist  es  aber  möglich,  dass  er 
den  berühmten  Felicianus  gehört  hat,  den  Dracontiue  preist  in  der 
Praef.  13/4:  ^  Qoi  fugatas  Africanae  reddis  urbi  litteras,  barbaris 
q^ui  Komulidas  iungis  auditorio/  Da  könnten  sich  beide  sogar 
kennen  gelernt  haben;  sehr  herzlich  braucht  diese  Freundschaft 
deshalb  nicht  gewesen  zu  sein;  auf  jeden  Fall  wurde  ihr  Aus- 
druck durch  die  schlaue  Doppelzüngigkeit  und  die  Besorgniss  vor 
einem  ähnlichen  Schicksal  geschwächt.  So  scheint  mir,  dass 
alles,  was  wir  von  dem  Yandalenkönig  hören,  auf  Gunthamund 
passt,  nicht  weil  er,  was  hier  gar  nicht  in  Betracht  kommt,  den 
Katholiken  freundlich  war,  obwohl  auch  das  nach  Victor  Tun- 
nensis  wenigstens  zeitweise  der  Fall  war;  aber  er  kann  einen 
Sieg  über  die  Mauren  errungen  oder  sie  verscheucht  haben  nach 
dem  farblosen  Bericht  des  Procop;  er  hat  einen  Dichter  ins  Ge- 
fangniss  geworfen  um  des  Inhalts  seiner  Verse  willen  und  damit 
gezeigt,  dass  für  alle  Schriftsteller  eine  gewisse  Gefahr  vorhanden 
war.  Danach  vermuthe  ich,  dass  die  Werke  des  Mythographen 
unter  der  Regierung  Gunthamunds  484— 4 9G  verfasst  sind.  Be- 
denken wir  nun,  dass  sie  von  einem  jungen  Menschen  geschrieben 
sind,  so  müsste  der  Verfasser  etwa  zwischen  460  und  470  ge- 
boren sein. 

Wenden  wir  uns  nun  zum  Leben  dos  Bischofs,  wie  es  uns 
von  seinem  Schüler  geschildert  wird.  Er  ist  4G8  geboren;  also 
um  die  Zeit  der  Geburt  des  Mythographen;  sein  Vater  Claudius 
starb  früh^;  seine  Mutter,  eine  gläubige  Christin,  leitete  seine 
Erziehung.  Wie  der  Biograph  sagt^,  Hess  sie  ihn  zuerst  in  der 
griechischen  Literatur  unterweisen ;  infolge  dessen  konnte  er 
seinen  Homer  fast  ganz  auswendig  und  von  Menander  sehr  viel 
ehe  er  ein  Wort  lateinisch  sprach.     Wir   müssen  hier  bedenken, 


*  lieber  die  Namen  des  Vaters  und  Qrossvaters  haben  wir  oben 
gesprochen. 

2  Die  dem  Fulgentius  Fcrrandus  zugeschriebene  Vita  vor  den 
Werken  des  Bischofs  Veueiiis  1742.  Zuletzt  gedruckt  in  der  Ausgabe 
der  Briefe  des  Biscliofs  F.  in  Ilurter  Sanct.  patr.  opusc.  sei.  45/0. 


Der  Bischof  Fulgentius  und  der  Mythograph.  127 

dass  die  vita  von  einem  Lobredner  geschrieben  ist,  der  selbst  ein 
Schüler  des  ßischofs  war,  also  von  dessen  Jagend  keine  eigene 
Anschauung  hatte;  so  lag  eine  gewisse  Uebertreibung  der  Vor- 
züge des  verehrten  Meisters  sehr  nahe,  und  seine  spätere  Be- 
deutung wurde  natürlich  schon  in  manchen  Anzeichen  aus  seiner 
Jugend  gesucht.  Wir  brauchen  uns  deshalb  die  Kenntniss  des 
Griechischen  uod  seiner  Grammatik  nicht  über  ein  schülerhaftes 
Mass  hinausgehend  zu  denken;  Verse  aber  kann  man  auch  aus- 
wendig lernen,  ohne  allzusehr  die  Sprache  zu  beherrschen.  Wenn 
er  in  späteren  Jahren  wirklich  wie  ein  Grieche  sprach  nach  Aus- 
sage seines  Biographen,  so  muss  man  erstens  bedenken,  dass 
dieser  selbst  kein  Griechisch  verstand ;  sodann  kann  er  auch 
durch  Uebung  und  Studium  es  später  zu  einiger  Vollkommenheit 
gebracht  haben,  und  der  Biograph  kannte  ihn  nur  aus  späteren 
Jahren. 

Eigenthümlich  ist  es,  dass  in  den  Mythologien  kein  Autor 
so  oft  citirt  wird  wie  Homer ;  offenbar  beherrscht  der  Schreiber 
eine  ganze  Reihe  von  Homerversen,  und  ähnliche  Gedanken  oder 
Worte  rufen  sofort  in  ihm  die  Erinnerung  daran  wach;  so  citirt 
er,  wenn  er  von  GoGpoc  voOc  redet,  den  Vers  μάχηε  έΕήγαΤ€ 
θουρον  *Άρηα  nur  zum  Belege  von  OoGpoc.  Dass  er  sich  auf 
sein  Griechisch^  etwas  einbildet,  geht  auch  daraus  hervor,  dass 
er  in  der  expos.  serm.  mit  etwas  Wichtigthuerei  eine  angebliche 
Demoethenesetelle  zur  Erleichterung  für  den  wenigstens  üngirten 
Adressaten  gleich  lateinisch  gibt  —  offenbar  hatte  er  das  zu- 
gehörige Griechisch  selber  nicht.  Wir  sehen  daraus,  dass  Kennt- 
niss des  Griechischen  etwas  Seltenes  war,  da  der  vorgebliche 
Empfänger  der  kleinen  Schrift,  doch  augenscheinlich  ein  gebil- 
deter Mann,   es  nicht  verstand,    und  um   so  einleuchtender    wird 


1  Eine  gewisse  massige  Kenntniss  des  Griechischen  hat  der  Mytho« 
graph  trotz  der  Behauptungen  von  Jungmann  Coniectan.  Fulgent. 
Leipz.  1872  ohne  Zweifel  gehabt;  sonst  hätte  er  nicht  in  dieser  Weise 
Homerverse  citireu  können,  vor  allem  aber  seine  unjs^enauen  grieoh. 
Citatc  nicht  zurecht  modeln  können.  Allerdings  sind  der  Fehler  viel; 
aber  bei  den  falschen  Formen  muss  man  bedenken,  dass  es  vor  allen 
Dingen  darauf  ankam,  möglichst  anklingende  Worte  herzustellen;  darum 
άθανάτη  παρθένη  und  Aehnlichcs.  Oft  hilft  sich  der  Verf.,  indem  er 
das  zu  erklärende  Wort  selbst  erst  lautlich  verändert;  so  Jopas  = 
Siopas,  Attis  =  Eton,  Marica  =  Merica,  damit  es  mit  σιωπαν,  μερ- 
μηρι2ΐ€ΐν,  #θθ€  in  Verbindung  gebracht  werden  kann:  aucli  darin  zeigt 
sich  doch  eine  gewisse  Kenntniss  des  Griechischen. 


128  Helm 

es,  daes  schon  eine  geringe  Eenntniss  in  den  Ruf  besonderer 
Gelehrsamkeit  brachte.  Die  andere  Eigenthümlichkeit  kommt  aber 
hinzu,  die  uns  recht  stutzig  machen  muss,  wenn  wir  jene  Notiz 
über  den  spiiten  Unterricht  des  nachmaligen  Bischofs  im  Lateini- 
schen lesen;  der  Mytbograph  kann,  wie  wir  sahen,  nicht  ordent- 
lich Latein.  Für  einen  literarisch  sich  bethätigenden  Mann  ge- 
wiss eine  merkwürdige  Thatsache,  die  sich  doch  nur  aus  einer 
ähnlichen  Ausbildung  erklären  läset,  wie  sie  der  andere  Fulgentiue 
genossen  hat. 

Von  des  Bischofs  Schulzeit  heisst  es  weiter  vita  5:  Mitte- 
rarum  proinde  Graecarum  percepta  scientia  Latinis  litteris  qoae 
magistri  Indi  docere  consue^erunt  in  domo  edoctus  artis  etiam 
grammaticae  traditur  auditorio.  Der  Schläge,  die  er  von  seinem 
Magister  ludi  erhalten  hat,  gedenkt  auch  der  Mythograpb,  wie 
wir  oben  sahen  (Myth.  p.  14),  und  ebenso  erwähnt  er  die  Zeit, 
da  er  im  Colleg  eines  Grammatikers  war. 

Wir  haben  oben  die  falschen  Üitate  des  Mythographen  auf 
eine  eilige  Nachschrift  und  Fehler  des  Gedächtnisses   zurückge- 
führt.    Ist    es    da  nicht  bemerkenswerth,  dass  bei  dem  späteren 
Bischof  gerade  hervorgehoben  wird:  'magnitudine  ingenii  cancta 
sibi  tradita  memoriter  et  veraciter   retinens?'    Fassen   wir    dies 
Lob  als  etwas  übertrieben  auf,  so  stimmt  es  völlig  zu  dem  Ein- 
druck, den  der  Mytbograph  auf  uns  macht.     Ein  gutes  Gedächt- 
nies muss  er  nach  unserer  Anschauung  jedenfalls  gehabt   haben, 
nur  dass  selbst  das  Beste  nicht  ausreicht,  derartige  Belegstellen, 
wie  er  sie  bringt,  ganz  richtig    zu    behalten.     Seiner  Umgebung 
musste  er  trotzdem  als  höchst  gelehrt  erscheinen,  so  dass  es  auch 
von  dem  Mythographen  begreiflich  wäre,    was  von  dem   Bischof 
gesagt  wird:    ^mater  ....  praeclara    indole  sapientis   filii  mae- 
rorem  viri  amissi  consolabatur. 

Der  Verfasser  der  dem  Mythographen  gehörigen  Schriften 
hat,  wie  wir  zu  erkennen  glaubten,  eine  unfertige  Bildung,  die 
sich  sowohl  in  seiner  Sprache  wie  im  Inhalt  des  Dargebotenen 
deutlich  zeigt.  Vom  Bischof  berichtet  der  Biograph,  er  habe 
plötzlich  seine  Studien  aufgeben  müssen,  weil  der  Haushalt  drin- 
gend nach  einem  männlichen  Leiter  verlangte.  Dieser  Haushalt 
umfasste  Landgüter;  denn  als  Claudius,  der  Vater  des  Bischofs, 
und  sein  Bruder  aus  der  Verbannung  zurückgekehrt  waren,  hatten 
sie  zwar  ihr  Haus  in  Karthago  nicht  wiedererhalten,  aber  ihre 
Besitzungen  in  Hyzacium;  und  gerade  diese  Provinz  war  den 
Einfällen  der  Mauren  besonders  ausgesetzt,  so  dnss  wir  uns  auch 


Der  Bischof  Fulgentiu3  und  der  Mythograph.  129 

den  Hytbograpben  dort  denken  mtiesen.  Dass  auch  dieser  ein 
Landgnt  besaee,  auf  das  er  sich  zurückzog,  um  dem  Lärm  der 
Stadt  zu  entgehen,  ist  oben  erwähnt  worden. 

Eine  Wandlung  im  Leben  des  Bischofs  trat  ein,  als  er 
wegen  seines  öffentlichen  Ansehens  aufgefordert  wurde,  das  Amt 
des  Procurators  zu  übernehmen ;  worin  das  hauptsächlich  bestand, 
zeigen  die  folgenden  Worte  des  Biographen,  mit  denen  er  seinen 
Meister  rühmt  (6):  'Accepta  tamen  hac  potestate  dum  clementer 
utitur  et  neminem  laedere  pro  ingenita  sibi  pietate  desiderat  atque 
in  ea:igendi$  pensionibus  crudelUatem  iubetur  exercere  e.  q.  s.'  Er 
hatte  also  dafür  zu  sorgen,  dass  die  aufgelegten  Steuern  richtig 
an  die  Vandalen  gezahlt  wurden,  und  war  gehalten,  sie  mit  aller 
Grrausamkeit  einzutreiben. 

Wir  kommen  damit  noch  einmal  zu  der  auch  vom  Mytho- 
graphen  erwähnten  grossen  Steuerlast,  unter  der  die  Leute  ächzten. 
Die  Darstellung  dieser  Verhältnisse  hat  etwas  Räthselhaftes. 
Fulgentius  geht  fort  aus  der  Stadt;  aber  die  Steuerbeamten  fol- 
gen ihm^;  ja  sie  kommen,  wie  er  übertreibend  sagt,  fast  täglich 
und  rennen  ihm  das  Haus  ein,  'nova  indictionum  ac  momentanea 
proferens  genera  ,  so  dass,  wenn  er  sich  zum  Midas  verwandelte 
und  alles  durch  seine  Berührung  zu  Gold  würde,  er  selbst  des 
Pactolus  Fluthen  würde  ausschöpfen  müssen.  Bemerkens werth 
ist  das  'proferre*;  mir  scheint,  dass  es  nur  'verkünden  ,  'ver- 
öffentlichen heissen  kann.  Sollten  aber  erst  die  Steuereinnehmer 
die  Auflagen  anzeigen?  Sollte  nicht  schon  vorher  eine  Bekannt- 
machung erfolgt  sein?  Eine  Stelle  aus  des  Salvianus  de  gub.  dei, 
glaube  ich,  giebt  uns  Aufschluss  für  unsere  Stelle,  wenngleich  sie 
von  den  gallischen  Römern  ausgesagt  wird  und  ausdrücklich  be- 
merkt wird,  dass  bei  den  Vandalen  und  Gothen  dergleichen  Ver- 
hältnisse sich  nicht  fänden ;  doch  hatten  die  Vandalen  zu  jener 
Zeit  noch  keine  dauernden  Wohnsitze,  und  solche  Einrichtungen, 
wie  Salvianus  sie  schildert,  können  erst  bei  einem  fest  einge- 
Bessenen  Volke  eintreten,  so  dass  es  durchaus  wahrscheinlich  ist, 
dass  die  geldgierigen  Vandalen,  die  ja  selber  steuerfrei  waren 
und  nur  die  römischen  Unterthanen  Abgaben  tragen  Hessen,  diese 
treffliche  Art  des  Einziehens  von  Abgaben  übernommen  haben. 
Salvian  spricht  V  29/30  in  dem  eifernden  Ton,  oft  auch  mit  dem 
Witz  der  '  Kapuzinerpredigt*  über  die  Laster,  besonders  die  Un- 
gerechtigkeit der  Reichen,  die  nur  die  Armen  die  Steuerlast  tra- 


^  Myth.  p.  iy/l.    So,  wenn  das  *  raemorum*  richtig  ist. 
Bbein.  Μα•,  f.  Phllol.  N.  F.  LIV.  ^ 


laO  Helm 

gen  lassen  und  sie  oft  noch  erhöhen.  *  Ich  will  euch  sagen,  wie: 
Da  kommen  sehr  häufig  neue  Boten,  neue  Ueherbringer  von 
Briefen  (novi  nuntii,  novi  epistolarii)  von  den  höchsten  Behörden, 
die  wenigen  Reichen  empfohlen  werden  zum  Verderben  der  Armen. 
Diesen  werden  neue  Geschenke  bestimmt,  neue  Auflagen  für  sie 
angeordnet;  die  Reichen  ordnen  an  was  die  Armen  zahlen  .  .  .  . 
Aber,  sagt  ihr,  man  muss  doch  die  Sendboten  der  höchsten  Be- 
hörden freigiebig  aufnehmen.  Jawohl !  Aber  dann  zahlt  ihr  Rei- 
chen auch  zuerst,  wie  ihr  zuerst  Auflagen  anordnet.*^  Von  diesen 
Leuten,  nuntii  und  epistolarii  der  Vandalen  passt  das  ^  proferre 
nova  indictionum  genera'  durchaus;  dadurch  werden  die  Anfor- 
derungen an  Fulgentius  so  gross,  dass  er  sagt,  selbst  wenn  ich 
Midas  wäre,  könnte  ich  sie  kaum  befriedigen;  den  zweiten  Theil 
des  Gedankens  drückt  er  aber  wieder  metaphorisch  aus,  vielleicht 
durch  die  Erwähnung  des  Midas  dazu  bewogen,  und  sagt  also: 
dann  könnte  ich  den  Goldstrom  des  Pactolus  ausschöpfen.  Es 
stört,  dass  die  zweite  Metapher  nicht  völlig  im  Bilde  des  Midas 
bleibt,  der  alles  zu  Gold  verwandelt ;  doch  hat  es  seinen  Grund 
darin,  dass  die  angewandte  Ausdrucksweiee  eine  gewöhnliche  war, 
wie  z.  B.  Victor  Vitensis  sagt  c.  61  (p.  102,  7  Corp.  Script.  Eccl. 
Lat.  VII):  'Tullianae  eloquentiae  fluvius  siccaretur.'  Fulgentius 
muss  also  die  Steuern  aufbringen,  da  er  eine  besondere  Stellung 
einnimmt  vielleicht  privater  Art,  weil  er  reich  war,  vielleicht 
auch  als  Beamter.  Dass  ihn  das  in  manche  Händel  bringt, 
leuchtet  ein.  So  verstehen  sich  die  'negotia  urbana',  denen  er 
eine  Weile  entgehen  möchte ;  aber  die  '  memores^  folgen  ihm, 
und  so  geht  das  alte  Leid  auch  auf  dem  Lande  an;  sie  bringen 
auch  hierhin  ihm  die  Nachricht,  er  solle  neue  Steuern  auftreiben, 
und  er  muss  sie  bei  den  Armen  eintreiben  oder  selber  zahlen. 
Wenn  diese  Aufl^assung  richtig  ist,  so  wäre  es  nicht  unmöglich,  das 
in  der  Stelle  eine  Andeutung  läge,  dass  der  Mythograph  eben  ein 
solches  Amt  bekleidet  hat,  wie  von  dem  Bischof  angegeben  wird. 
Gerade  dies  Amt  war  nach  dem  Bericht  der  vita  7  der  An- 
läse, dass  der  junge  Fulgentius  seinen  Sinn  völlig  änderte:  ^Coe- 
pit  saecularium  negotiorum  gravis  apparere  sarcina  et  diaplicere 
felicitas  vana.'  Allmählich  taucht  in  ihm  die  Liebe  zu  dem 
geistlichen  Leben  auf,  dazu  wächst  in  ihm  der  Wunsoh  nach 
Ausdehnung  seiner  Lektüre  und  der  Eifer  zum  Gebet.  Er  sucht 
den  Verkehr  mit  Mönchen;  er  geht  in  sich  und  erkennt,  wieviel 

^  Die  Salvianstelle  zieht   auch  heran  Luc.  Müller  Jahrb.  f.  Phil, 
u.  Paed.  95  S.  792. 


Der  Bischof  Fulgentius  und  der  Mythograph.  131 

besser  die  daran  sind,  'quoe  minime  terret  exactoris  improbi  vio- 
lentia\  (Also  muse  doch  auch  der  procarator  unter  dieser  Ge- 
waltthätigkeit  gelitten  haben)  und  die  ^  non  fatigantnr  publicis  ex- 
cursibus^  (also  finden  wir  hier  die  beiden  Plagen  wieder,  über 
die  der  Mythograph  klagt).  Er  kommt  zum  Schluse,  sein  Leben 
und  seine  Thätigkeit  zu  ändern ;  *  früher,  sagt  er,  wollte  ich  unter 
den  Vornehmen  der  Vornehmete  erscheinen,  jetzt  will  ich  unter 
den  mittellosen  Knechten  Grottes  der  ärmste  sein/  Langsam  ge- 
wöhnt er  sich  ans  Fasten,  meidet  den  Verkehr  seiner  alten  Ge- 
nossen, zieht  sich  auf  sein  Landgut  zurück  und  er,  der  verwöhnte 
und  tippige  Mann,  lebt  ganz  wie  ein  Mönch  zum  Staunen  aller,  die 
ihn  kannten  (vita  7).  Endlich  wendet  er  sich  an  den  Bischof  Faustus, 
der  von  Hunerich  (477 — 484)  von  Karthago  verbannt  worden 
war  und  sich  ein  Kloster  gegründet  hatte ;  der  aber  weist  ihn 
ab,  'da  er  seinen  völlig  weltlichen  Sinn  kannte,  und  wirft  ihm 
seinen  üppigen  Lebenswandel  vor  (vita  9).  Erst  seinem  demü- 
thigen  Flehen  giebt  er  schliesslich  so  weit  nach,  dass  er  eine 
Probezeit  gestattet,  durch  die  Fulgentius  seine  völlige  Bekehrung 
beweisen  soll.  Er  bewährt  sich  und  widersteht  selbst  der  Bitte 
seiner  Mutter,  die  ihren  Sohn,  ihren  Stolz,  zu  sich  zurückrufen 
will  (vita  11/2).  Unglaubliche  Kasteiungen  bringen  ihn  körper- 
lich herunter,  aber  stärken  seine  religiöse  Gesinnung  und  machen 
ihn  zu  dem  glaubensfesten  Vorkämpfer  der  katholischen  Kirche 
(vita  13). 

Es  ist  Zeit,  dass  wir  von  dem  Charakter  des  jungen  Ful- 
gentius reden ;  denn  ein  Hauptargument,  die  Verschiedenheit  des 
Bischofs  und  des  Mythographen  zu  beweisen,  ist  die  Grundver- 
schiedenheit ihrer  Charaktere ;  der  eine  ein  ernster,  etwas  trockner 
Mann,  der  andere  ein  leichtsinniger,  schwülstiger  Betrüger,  so 
heisst  es^  Des  Bischofs  Biograph  redet  bei  all  seiner  Ver- 
ehrung von  dem  jungen  Fulgentius  nicht  ganz  so ;  im  Gegentheil, 
eine  gewaltige  Aenderung  muss  im  Leben  des  jungen  Mannes 
vor  sich  gegangen  sein.  Selbstüberschätzung  ist  ein  Hauptfehler 
des  Mythographen,  den  er  deutlich  zeigt,  wenn  er  von  seinem 
grossartigen  Ziel  redet,  den  er  eben  durch  seine  Werke  selber 
beweist.  Selbstüberschätzung  und  Hochmuth  wirft  sich  der  spä- 
tere Bischof  in    seinem  Monolog  selbst    vor^;    er    wollte    mehr 

1  Lersch  S.  5:  Einfachheit  und  eine  fast  logische  Darstellung 
zeichnet  den  Bischof  gegeu  den  Mythographen  aus.  Seine  Sprache 
verräth  zwar  ihr  Zeitalter,  bleibt  aber  durchaus  würdig. 

^  Vgl.  vita  8  genuini  fastus  arrogantia. 


132  Helm 

scheinen  als  die  andern,  und  gerade  diesen  Zweck,  andern  Sand 
in  die  Augen  zu  streuen,  verfolgen  die  Mythologien.  Ein  üppiges 
Lehen  hat  der  junge  Fulgentins  geführt,  so  dass  der  Bischof 
Faustus  unmöglich  an  seine  Umkehr  glauben  kann.  Einen  Hang 
zum  Obscönen  haben  wir  auch  in  den  mythologischen  Werken 
und  de  aetat.  mundi  festgestellt  ^  Was  die  Wandlung  in  der 
Seele  des  jungen  Mannes  hervorgerufen  hat,  wissen  wir  nicht; 
aber  er  erkannte  sich  sicherlich,  wenn  er  sich  besondere  Ea- 
pteiungen  auferlegte,  um  seine  alte  Gesinnung  und  seine  alten 
Wünsche  abzutödten.  Mir  scheint,  dass  die  Ansicht  des  Bischofs 
Faustus  Beweis  genug  ist,  dass  die  mythologischen  Werke  und 
die  Weltgeschichte  mit  all  ihrer  Flüchtigkeit  und  all  ihrem 
Leichtsinn,  all  ihrem  Grossthun  und  Haschen  nach  scheinbarer 
Gelehrsamkeit  dem  jungen  Fulgentius  zuzutrauen  sind.  Jung  ist 
ihr  Verfasser  gewesen,  wie  wir  gesehen  haben;  alle  Einzelheiten, 
die  wir  über  den  Mythographen  wissen,  passen  auf  die  Jugend 
des  späteren  Bischofs;  die  Zeit  ist  dieselbe;  denn  die  Wandelung 
in  seinem  Innern  muss  in  der  Zeit  des  Gunthamund  484—96  vor 
sich  gegangen  sein.  Was  hindert  also,  in  dem  Schreiber  der 
Mythologischen  Werke  den  jugendlichen  Fulgentius,  nachmaligen 
Bischof,  zu  sehen  ?  Er  selbst  erwähnt  diese  Werke  seiner  Jugend 
nicht.  Das  leuchtet  ein ;  denn  er  schämte  sich  ihrer  und  hätte 
sie  gewiss  am  liebsten  ungeschrieben  gesehen.  Da  er  das  nicht 
konnte,  ignorirte  er  sie.  Auch  dass  sie  ihm  in  den  älteren  Hand- 
schriften im  allgemeinen  nicht  zugeschrieben  werden,  erklärt 
sich  so. 

Das  einmal  sich  findende  ^  Presbyter  im  Pal.  1578  ist  doch 
wohl  nur  ein  Versehen  wegen  des  nachfolgenden  '^ad  Catum 
presbyteruni'.  Sonst  werden  die  mythologischen  Werke  nur  im 
Urbinas  670,  sowie  in  der  Turiner  I  VI  30  (DCCXXI)  und  der 
Neapeler  Handschrift  IV  D.  13  n.  CLXIII,  alle  aus  dem  14.— 
10.  Jahrhundert,  dem  Bischof  zuerkannt,  und  in  den  dreien  findet 
sich  zum  Schluss  ein  ganz  kurzer  Abriss  des  Lehens  des  Bischofs. 
Aber  hier  handelt  es  sich  wohl  nur  um  eine  Conjeotnr  und  nicht 
um  eine  Ueberlieferung;  denn  da  alle  Handschriften  auf  einen 
Archetypus'  zurückgehen,  würden  sonst  auch  die  älteren  Codices 
eine  Spur  dieser  Tradition  bewahrt  haben.  Dagegen  trägt  die 
expositio  serm.  ant.  schon  in  den  ältesten  Handschriften  aus  Ver- 


1  S.  Philologu8  LVI  S.  2(39. 

2  Vcrgl.  Jungmann  Acta  eoc.  Lips.  I  45  ff. 


Dor  Bischof  Fulgontius  und  der  Mythugraph.  133 

celli,  Paris,  Neuburg  den  Namen  des  Bischofs^.  Ob  «ich  hier 
trotz  der  Verleugnung  ihres  Verfassers  die  Tradition  von  dem 
richtigen  Autor  erhalten  hat,  weiss  ich  nicht;  unmöglich  wäre  es 
nicht,  da  diese  kleine  Zusammenstellung  ihre  eigene  Ueberliefe- 
rung  hat. 

Die  Aendernng  im  Stil,  um  auch  davon  zu  reden,  wird 
eben  durch  die  innere  Veränderung  des  Fulgentius  völlig  ver- 
ständlich. Nach  seiner  Umkehr  studirt  er  fleissig,  er  lernt  Latein 
und  legt  das  Suchen  nach  Schwulst  ab,  da  es  ihm  ernst  um 
seine  Sache  ist;  die  Lektüre  des  Tertullian  trägt  dazu  bei,  ihn 
von  dem  alten  Irrweg  abzulenken  (Harnack  Sitz.-Ber.  d.  Berl. 
Ak.  d.  W.  1895  S.  559).  Ich  will  keinen  Werth  darauf  legen, 
dass  auch  der  weltliche  Fulgentius  schon  mit  dem  Studium  des 
Tert.  begonnen  haben  könnte,  da  er  TertuUians  de  fato  citirt  und 
einen  Satz,  den  er  Piaton  zuschreibt,  von  der  dreifachen  Ent- 
stehung des  Guten  durch  Geburt,  durch  Erziehung  und  durch 
Zwang  wörtlich  aus  Tert.  de  pud.  1  entnommen  hat*;  denn  ge- 
rade dies  letzte  Citat  zeugt  nicht  von  eigenem  Studium.  So  ganz 
undenkbar  ist  dieser  Zusammenhang  zwischen  dem  weltlichen 
und  dem  geistlichen  Fulgentius  auch  im  Stil  meines  Erachtens 
nicht;  denn  bei  aller  Verschiedenheit  Hessen  sich  gewiss  manche 
kleine  Aehnlichkeiten  auffinden.  Auch  der  Mythograph  schreibt 
ziemlich  trocken,  sobald  er  etwas  Sachliches  zu  sagen  hat,  nur 
in  den  Einleitungen,  die  poetisch  sein  sollen,  wuchert  das  Un- 
kraut aller  denkbaren  dichterischen  Figuren.  Dem  Bischof  geht 
es  noch  ähnlich.  Seine  Einleitungen  sind  weniger  trocken  als 
die  Ausführung,  die  durch  den  Stoff  trocken  sein  muss.  Man 
lese  nur  den  Anfang  der  Bücher  an  Thrasamund,  wo  es  z.  B. 
heisst:  'Diurni  finis  aderat  nocte  propinquante  curriculi  mit  einem 
Hyperbaton,  das  der  Mythologien  würdig  wäre  (vgl.  Zink  62) 
lind  '  vix  eiusdem  voluminis  principia  citatae  delibans  lectionis 
excursu  *,  wo  das  *  excursus  ebenso  bemerkenswerth  ist  (de  aet. 
ra.  4  vitae  excursus,  16  saecnlorum  excursus),  wie  *  citatae  *  (be- 
schleunigt) und  *  delibans'.  und  eine  Spur  der  alten  zum  Pleo- 
nasmus und  Parallelismus  geneigten  Ausdrucks  weise  enthält  auch 


ί  S.  die  sorgraltigc  Zusammenstellung  η  Her  Handschriften  zu  der 
exp.  serm.  ant.  in  den  Comment.  Jenens.  von  Dr.  Paul  Wesener,  die 
soeben  erscheint. 

*  Verg.  cont.  p.  147:  omne  bonum  aut  nascitur  aut  eruditur  aut 
cogitur. 


134  Helm   Der  Bischof  Fulgoutius  und  der  Myihograph. 

der  Satz:  *Ne  forsitan  aut  fastidio  pntarer  tumiduB  aut  tacitar- 
nitatis  culpa  indicarer  obetrictue,  quem  veetra  celeitudo  suspi- 
caretur  aut  enperbia  responsionem  non  reddere  aut  verae  fidei 
diffidentia  tacuisee/  Dergleichen  Anknüpfungspunkte  finden 
sich  genug. 

Die  weitere  Geschichte  des  Bischofs  kommt  für  uns  nicht 
in  Betracht.  Jahre  verlebte  er  als  Mönch  und  Abt,  Jahre  ver- 
brachte er  in  einsamer  Klause  und  auf  Wanderungen,  so  in 
Sicilien  und  Rom,  ehe  er  Bischof  wurde  und  wieder  zur  Feder 
griff,  um  nun,  ein  ernster,  überzeugter  Mann,  seine  Ansicht 
gegenüber  den  Ketzern  standhaft  zu  vertreten  und  die  Seinen 
zum  Festhalten  am  Glauben  zu  ermahnen.  Ist  es  ein  Wun- 
der, dass  seine  Schreibweise  nach  dieser  Sinnesänderung,  nach 
jahrelanger  Askese  eine  andere  geworden  ist  als  damals,  da  er 
ein  eingebildeter  Jüngling  aus  vornehmer  Familie,  vom  Dünkel 
aufgebläht,  seine  ersten  Schriften  in  die  Welt  sandte,  an  denen 
das  Richtige  doch  nicht  sein  Eigenthum  war?  So  sind  wir  zu 
dem  Resultat  gekommen :  Es  hindert  durchaus  nichts,  in  dem 
Schreiber  der  mythographischen  Werke  und  der  Weltgeschichte 
den  späteren  Bischof  zu  sehen.  Die  Lebensgeschichte  beider 
bietet  aber  soviel  Aehnlichkeiten,  die  Zeitverhältnisse  passen  so 
genau,  die  Werke  lassen  sich  so  gut  bei  dieser  Auffassung  ver- 
stehen, dass  es  höchst  wahrscheinlich  ist,  dass  beide  eine  Person 
sind;  dazu  kommt  die  auffällige  Uebereinstimmnng  der  Namen, 
die  ihnen  eigentlich  denselben  Vater  und  Grossvater  zuschreibt, 
und  die  Bemerkung  des  Biographen  (vita  4),  dass  der  nachmalige 
Bischof  zuerst  in  seiner  Familie  den  Namen  Fulgentius  erhielt. 
Viel  gewonnen  hat  die  Wissenschaft  mit  dieser  Erkenntniss  ge•. 
wiss  nicht ;  aber  die  Philologie  hat  die  Pflicht,  was  einmal  ge- 
sagt und  gedacht  ist,  zu  erhalten  und  in  seinem  Zusammenhang 
zu  begreifen,  und  gewiss  ihre  schönste  Aufgabe  ist  es,  das  innere 
Leben  vergangener  Geschlechter  aufzuklären.  Gerade  hier  aber 
sehen  wir  in  ein  Seelenleben  hinein,  das  mit  seinen  Irrungen 
und  Wirrungen,  mit  seinem  Fehlen  und  Kämpfen  das  Interesse 
der  Nachwelt  herausfordert. 

Wilmersdorf  b.  B.  R.  Helm. 


Ζπ  Pseudo-Kallisthenes. 


Ι.  lieber  die  Lehrer  Alexanders  berichtet  Ps.-K.  1,  13 
(Hds.  A,  Anm.  13  bei  Müller)  folgendes:  έπει  bk  της  παιδικής 
τάΕειυς  παώαγιυγιυσιν  αύται  Λακρητήτις  Μελανός  τροφεύς 
Λεωνίδης  διδάσκαλος  δέ  γραμμάτιυν  ΤΤέλλεος  Πολυνείκης  μου- 
σικής δέ  Λίμνιος  *Άλκιππος  γεωμετρίας  παιδοπονήσιος  Μένιππος 
ρητορικού  δέ  λόγου  'Αθηναίοι  Άριστομάνης  φιλοσοφίας  δέ 
Μελήσιος  'Αριστοτέλης  ό  πλοκτύπιος  δέ  Λαμψάκης  ό  σαρώτας. 
Die  arg  verderbten  Worte  lassen  sich  an  einigen  Stellen  aller- 
dings mit  leichter  Mühe  verbessern :  έπι,  παιδαγωγός  ήν,  ΤΤελο- 
ποννήσιος  α.  ä.  ergeben  sieb  von  selbst.  Schwieriger  dagegen 
ist  es  zunächst  am  Scbluss  Da  hilft  uns  nun  glücklicher  Weise 
das  byzantinische  Alexandergedicht  (Βίος  *ΑλεΗάνδρου  in  Trois 
po^mes  grecs  —  recueillis  par  W.  Wagner) ,  wo  als  letzter 
Lehrer  angeführt  wird  (v.  582): 

όπλοκτυπίας  δέ  στερρας  Λαμψακηνός  Ευρώπης. 
Damach  würde  der  Scbluss  lauten:  όπλοκτυπίας  δέ  Λαμψακηνός (?). 
Wenn  auch  der  letzte  Name  ohne  weitere  handschriftliche  Hülfs- 
mittel  schwerlich  wiederherzustellen  ist,  so  ist  die  Emendation 
όπλοκτυπίας  ^  doch  ganz  sicher,  da  hier  über  den  Waffenmeister 
und  Kriegslehrer  Alexanders  um  so  mehr  eine  Angabe  zu  er- 
warten   war,    als    wir  eine    solcbe,    zwar  nicht  in    der  sonstigen 

*  Die  Versuche  von  Müller  in  der  Anm.  6  πολύκλειτος  und 
Woolsey  (Joum.  of  the  Amer.  Or.  Soc.  IV,  1854,  p.  386),  der  mit 
όπλοδιδάσκαλος  übrigens  dem  richtigen  näher  kommt,  sind  also  ver- 
fehlt; ebenso  wenig  ist  Römheld's  (Beiträge  z.  Erkl.  u.  Krit.  der 
Alexandersage,  S.  49)  Annahme  zu  billigen,  der  in  όπλοκτύπιος  einen 
Eigennamen  sieht  und  ό  σαρώτας  in  στρατ€(ας  ändern  will.  —  Das 
Wort  όπλοκτυπία  (=  Waffengetöse,  hier  also  etwa  =  Waffenübung) 
habe  ich  allerdings  in  den  Wörterbüchern  von  Passow,  Stephanus, 
Du  Gange  und  Kumanudes  vergebens  gesucht;  da  sich  indessen  gegen 
die  Form  keinerlei  Bedenken  erheben,  ist  es  neu  einzufügen. 


13β  Christenson 

griechischen  und  lateinischen  Ueberlieferung  der  Alexanderge- 
schichte, wohl  aber  in  der  syrischen  Uebersetzung  ^,  dem  Gedichte 
unseres  Pfaffen  Lamprecht  und  seiner  \rorlage  Alberich-  und 
in  der  altslavischen  Bearbeitung^  finden. 

Für  die  Herstellung  einiger  anderer  Namen  helfen  uns  die 
Le3'dener  Hds.  (L)  des  Ps.-K..  die  lateinische  Bearbeitung  des 
Julius  Valerius  und  die  armenische  Uebersetzung.  Zunächst 
ergiebt  sich  nämlich,  das  'Αθηναίοι  ΑρκΤτομάνης  schon  aus  dem 
Grunde  nicht  richtig  sein  kann,  weil  es  einen  Namen  Aristomanes 
gar  nicht  giebt.  Die  andern  griechischen  Hdss.  bieten  dafür 
'ΑΕιομενης  (Β),  'ΑΕιμίνης  (L),  'ΑΕιαμίνης  (C),  Jul.  Val.  (p.  12  K.) 
Annximenes  Aristocli  Lampsacenus,  und  ebenso  der  armenische 
Text  nach  Raabe  (Ιστορία  Άλ.  ρ.  8)  ΆναΗιμίνης  'Αριστοκλής 
Λαμψακηνός.  Vermuthlich  hat  der  Schreiber  von  Α  hier  nach- 
lässig gelesen  und  aus  άριστο  |  κλέους  άνα£ι|μένης  durch  Flüch- 
tigkeit Άριστομάνης  gemacht;  überdies  wird  Ρητορικού  ^€  λο- 
γού αθηναιοο  verlesen  und  statt  dessen  zu  schreiben  sein:  Ρητορικής 
be  Λαμψακηνός  ΆναΕιμίνης  'Αριστοκλέους.  P'ndlich  ist  der 
Beiname  Μελήσιος  zu  Aristoteles,  der  im  Julius  Valerius,  wie 
in  der  syrischen  und  armenischen  Bearbeitung  ebenfalls  erscheint, 


^  Hudgc,  the  bist,  of  AI.  the  Great,  j).  13:  and  bis  instructor 
of  war  was  Ardippos  the  Damatskian.  Im  übrigen  sind  die  Xamen 
hier  völlig  verderbt,  und  durch  die  Auslassung  der  Amme  der  Nami; 
derselben  auf  den  τροφεύς  übergegangen,  auch  fehlt  der  Lehrer  der 
Musik,  so  dass  sie  für  unsern  Zweck  völlig  unbrauchbar  sind. 

^  Die  Namen  fehlen  alle  mit  Ausnahme  desjenigen  des  Aristotelee; 
aber  der  Waffenmeister  wird  von  Alberich  an  zweiter,  von  Lamprecht 
an  fünfter  Stelle  erwähnt  (Lamprecht's  Alexander  von  K.  Kinsel  p. 
38  und  41).  Ob  auch  in  der  überarbeiteten  Hist.  de  preliis,  der  Vor- 
lage Alberichs,  eine  dies  bezügliche  Notiz  gestanden  hat,  ist  hier  nicht 
zu  untersuchen;  ich  bemerke  nur,  dass  Josephus  Gorionides,  der  für 
seine  Darstellung  vermuthlich  eine  der  von  Ausfeld  (die  Orosius-Rezeu- 
siou  der  h.  d.  p.,  S.  08)  als  Ig  bezeichneten  Rezensionen  der  hist.  be- 
nutzt hat,  auch  einen  Waffenmeister  erwähnt:  artee  vero  militarea 
aT  fortitudinem  a  Casbane  fortissimo  viro  didicerat  (Jos.  Hebr.  ed. 
et  lat.  vert.  Breithaupt,  p.  106;  ähnlich  in  der  latein.  Uebersetzung 
von  J.  Gagnier,  Oxon.  170i>,  p.  53). 

8  Bei  Istrin  (die  Alexandreis  der  russ.  Chronog^raphen,  Text, 
8.  16),  wo  es  nach  Aufzählung  der  übrigen  Lehrer  heisst:  zu  kämpfen 
(wörtlich  =  griechisch  μάχην  ποΐ€ΐσθαι)  lehrte  ihn  ein  Feldherr.  Darnach 
wäre  es  vielleicht  möglioh,  dass  in  οσαρωταε  das  Wort  ό  στρατηγός^ 
und  der  Name  in  λαμψάκης  steckte. 


Zu  Pscudo-Kallieihones.  187 

höchst  verwunderlich  und  muss  offenbar  auf  einer  Verwechslung 
oder  einer  verderbten  La.  beruhen^.  Den  ursprünglichen  Text,  wie 
er  auch  in  Α  gestanden  hat,  giebt  die  Leydener  Hds. :  Άριστο- 
τ€λης  Νικόμαχους  τατιίτης  an  die  Hand,  nämlich  Άλ.  Νικόμαχου 
Σταγειρίτης.  Danach  würde  die  ganze  Stelle  folgend ermassen  zu 
schreiben  sein: 

im  bl  τής  παιδικής  τάΗως  παιδαγωγός  ή  ν  αυτψ  Λανίκη 
ή  Μέλανος  αδελφή,  τροφευς  δέ  Λεωνίδης,  διδάσκαλος  δέ 
γραμμάτων  ΤΤελλαϊος  Πολυνείκης,  μουσικής  δέ  Λήμνιος  *Άλκιπ- 
πος,  γεωμετρίας  ΤΤελοποννήσιος  Μένιππος  (vielleicht  Κάλλι- 
πος?),  ρητορικής  δέ  Λαμψακηνός  ΆναΕιμένης  'Αριστο- 
κλέους, φιλοσοφίας  δέ  [Μελήσιος]  'Αριστοτέλης  Νικόμαχου 
Σταγειρίτης,  όπλοκτυπίαο  δέ  Λαμψακηνός  (αρωτας?  oder 
Λαμψακην?  6  στρατηγός?). 

Die  Namen  Lantke^  als  der  Amme  Alexanders,  ferner  des 
Leonidae^,  Anaximenes^  und  Aristoteles  als  der  Erzieher  und 
Lehrer  desselben  werden  uns  auch  von  Historikern  angegeben, 
die  übrigen  scheinen  reine  Erfindungen  der  Verfasser  der  Ale- 
xandergeschichte zu  sein. 

2.  1,  33  (A,  Müller  p.  37  Anm.)'  Sarapis  ist  dem  Alexan- 
der im  Traume  erschienen  und  hat  ihm  Vorwürfe  gemacht,  dass 
er  ihn  nicht  erkannt  habe;  dann  heisst  es  weiter:  του  (* Αλεξάν- 
δρου) δέ  κατά  τους  Όμηρους  παρακαλουντος  τόν  θεόν.  Müller 
schlägt  für  Όμηρους  vor  Όμηρικούς  στίχους,  doch  es  ist  völlig 
unerfindlich,  welche  homerische  Verse  hier  gemeint  sein  sollten. 
Zu  lesen  ist  όνείρους,  ein  Fehler,  der  z.  B.  auch  Βίος  Αλεξάν- 
δρου ν.  1445:  άλλ'  ώςπερ  Όμηρος  αυτός  άκόπως  προςδραμεϊται 


^  Vgl.  dazu  die  Erklärung  von  Hertz,  Aristoteles  in  den  Alexandcr- 
clichtungen des  Mittelalters  (Abh.  der  Bair.  A.  d.  W.  1889),  S.  5. 

3  Λαν{κη,  woraus  die  andern  Namensformen  korrumpirt  sind, 
findet  sich  auch  bei  Arr.  4,  9,  3,  Ael.  v.  h.  12,  26,  Athen.  4,  1  p.  129. 
An  der  ersten  Stelle  wird  sie  auch  eine  Schwester  des  Kleitos  genannt. 
Und  unter  dem  Μέλας  in  der  obigen  Stelle  ist  natürlich  der  *  schwarze* 
Klei  tos,  der  Freund  Alexanders  zu  verstehen  (Plut.  AI.  c.  16);  vgl.  auch 
Nöldeke,  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Alexanderromans,  S.  4.  Der  Name  Hellanico 
^:>ei  Curt.  8,  1,  21   ist  wohl  aus  Λανίκη  zurecht  gemacht. 

^  Leonidas  wird  von  Plut.  AI.  c.  5  als  Lehrer  Alexanders  be- 
3teichiiet,  und  es  wird  hinzu  j^esetzt:  διά  τό  άΕίωμα  καΐ  τήν  οΙκειότητα 
Ύροφ€Ος  *Αλ€Εάνδρου  καΐ  καθηγητής  καλούμβνος. 

*  Anaximenes  wird  u.  a.  von  Val.  Max.  7,  3,  ext.  4  als  Lehrer 
erwähnt;  s.  Hertz,  a.  a.  0.  S    6  A.  6. 


138  Christensen 

vorkommt,  da  auch  hier  δνειρος  zu  lesen  ist,  wie  eine  Verglei- 
cUung  mit  den  anderen  Bearbeitungen  leicht  ergiebt;  L(p.  729): 
δπιυς  μη  τά  χαλ€πά  τ€λίιυς  έ7τιμ€ίνη,  ή  λιμός  ή  σ€ΐσμός,  άλλ* 
ώς  δνειρος  οιαδραμουνται  τήν  πόλιν.  Aehnlich  auch  Β  and 
die  altslavieche  üebereetzung  (letrin,  Text,  S.  35). 

3.  1,  39  (A).  Der  Brief,  den  Darius  an  seine  Satrapen 
schreibt,  um  sie  wegen  ihres  feigen  Verhaltene  Alexander  gegen- 
Vlber  zu  tadeln,  beginnt  in  Α  mit  den  Worten:  παρ'  έμοΟ  μη- 
b^TTOTe  ίχοντες  ελπίδα  τινά,  έάν  μ€ταβήτ€  τής  χώρας  και  τών 
άπολιυλότων  αΙχμαλώτων,  τοΟτο  οέ  έπίσημον  τής  άνορείας 
υμών  έπεδείΕατε.  ποταπός  έπεπήοησε  θήρ  και  έθορύβησε  ύμας ; 
ου  δυνάμενοι  κεραυνόν  άποσβίσαι  ανδρός  άγεννους  βρόμον  ούχ 
ύπενέγκατε ;  Dass  die  Stelle  so  nicht  richtig  sein  kann,  hat  schon 
Müller  gesehen,  der  hinter  αίχμαλώτιυν  offenbar  richtig  eine 
Lücke  annimmt.  Die  Texte  in  Β  (ρ.  44  Α.  16)  und  L  (ρ.  735) 
können  schon  deswegen  nicht  zur  Verbesserung  herangezogen 
werden,  weil  der  Satz  von  έάν  bis  αίχμαλώτιυν,  absichtlich  oder 
aus  Versehen,  ausgelassen  ist,  sind  aber  ausserdem  durchaus  kor- 
rupt. Die  bist,  läset  diesen  Brief  des  Darius  an  seine  Satrapen 
ganz  aus,  und  der  syrische  Uebersetzer  (Ryssel,  p.  125  =  Biidge, 
p.  51)  stimmt  ebenfalls  nicht  zu  dem  griechischen  Texte.  Auch 
die  armenische  Üebereetzung  ist  nur  theilweise  zur  Verbesserung 
zu  gebrauchen,  da  der  Text,  wie  Raabe  (p.  30  A.  17)  erklärt, 
zu  wünschen  übrig  läset.  Nur  das  an  sich  schon  verdächtige 
ου  vor  δυνάμενοι  kann  darnach  in  ol  oder  besser  wohl  noch  in 
οι  verbessert  werden.  Dagegen  hilft  uns,  wenn  ich  mich  nicht 
täusche,  das  byzantinische  Alexandergedicht,  wo  ee  v.  1925  tf. 
heisst: 

Μή  προίτδοκάτε  παρ'  έμου  λαβέσθαι  συμμαχίαν* 
εϊπερ  δ'  έκβήτε  τών  υμών  τόπων  και  τών  όρίιυν, 
πικράν  μεγάλην  έ'Εετε  τήν  τιμιυρίαν  πάντες, 
λόγον  προ$  απαιτούμενοι  τών  αιχμαλιυτισθέντιυν 
και  τών  φθαρέντιυν  άμελώς  παρά  τών  Μακεδόνων. 
Λοιπόν  παρακελεύομαι,  τό  τής  ανδρείας  μάλλον 
γενναΐον  νυν  ένδείΕασθε  και  σταθηρόν  καΐ  μίγα. 
υμάς  δέ  τις  έφόβησε  θήρ  ώςτε^  ταύτα  γράφειν, 
άνδρας  γενναίους  Ισχυρούς,  ΤΤίρσας  άνδρικαιτάτους 
οι  κεραυνόν  δυνάμενοι  μέγιστον  κατασβέσαι 
ανδρός  ούχ'  ύπενέγκατε  κρότον  τριβολιμαίου ; 

^  So  schlage  ich  vor  zu  lesen  statt  des  unverständlichen  θροήσας 
bei  Wagner. 


Zu  Pscudo'Kalligthenes.  139 

Auch  bier  findet  eich  also  einmal  das  οΐ,  und  es  ergiebt  sich 
ausserdem  ans  dem  λόγον  προςαπαιτούμενοι,  dass  hinter  αιχμα- 
λώτων ein  Ausdruck  wie  'Rechenschaft  ablegen^  ausgefallen  ist; 
ich  würde  darnach  die  Stelle  folgendermassen  zu  bessern  ver- 
suchen : 

παρ'  έμοΟ  μηοίποτε  έλττίοα  ίχοντίς  τίνα,  έάν  μεταβήτβ 
της  χώρας  και  (=  sogar,  überdies)  τών  άπολιυλότιυν  καΐ  αίχμα- 
λώτιυν  λόγον  δώσετε*  λοιπόν^  δέ  (cod.  τούτο  δέ)  έπίσημον 
τής  ανδρείας  υμών  επιδείξατε  (cod.  έπεδείΕατε).  In  den  folgen- 
den Worten  wäre  dann  nur  für  ου  zu  schreiben  oi. 

4.  1,  45  (A).  Alexander  wird  an  einer  Orakelstätte  *  von 
einer  aus  dem  Innern  kommenden  Stimme  als  Herakles  ange- 
redet, d.h.  jene  Stimme  sagt:  'Ηρακλής,  ΆλίΕανδρε^  τούτο 
έποίη(Τε  θεός  θεώ  (es  handelt  sich  um  den  Raub  des  Dreifussee), 
und  die  Priesterin  macht  daraus,  Alexander  sei  als  Herakles  an- 
geredet worden.  Weiter  heisst  es  dann  in  der  Hds.:  (TU  bk 
θνητός  ών  μή  άντιτάσσου  θεοϊς*  αΐ  γαρ  πράξεις  σου  μέχρι 
θεών  λαληθακτιν.  Dass  hier  ein  Fehler  stecken  muss,  liegt  auf 
der  Hand,  und  Müller  hat  deshalb  έληλύθασιν  in  den  Text  ge- 
setzt. Indessen  der  Fehler  liegt  nach  meiner  Meinung  anderswo. 
Allerdings  gewähren  die  andern  Bearbeitungen  keinen  Anhalt, 
wohl  aber  das  byzantinische  Alexandergedicht,  wo  es  v.  2171  f. 
heisst : 


^  Das  Wörtchen  λοιπόν  in  adverbialem  Sinne  in  der  Bedeutung 
'  in  Zukunft',  aber  auch  einfach  Veiter,  ferner*  begegnet  manchmal 
bei  Pe.-K.,  z.  B.  1,  4:  ώςτ€  λοιπόν  λ^γ€  μοι  δ  βούλει,  1,  19;  ετέθησαν 
λοιπόν  τά  τοΟ  άγύ>νος  πάντα,  2, 10:  Κβστί  σοι  λοιπόν  τών  έμών  φ€{δεσθαι, 
^{,3:  τί  λοιπόν  ποΐ€ΐ  ό  φρενήρης 'Αλέξανδρος;  3,28:  *  Αλέξανδρε)  παΟσαι 
λοιπόν  τφ  θ€φ  άντιτασσσόμενος  u.  β. 

2  Für  das  in  der  Hds.  stehende  έπΙ  τοΟ  *ΑκραγαντινοΟ  vermuthet 
Auefeld  sehr  ansprechend  έπΙ  τοΟ  dxpou  μαντείου  'zum  höchsten  Orakel' 
(zu  Ps.-K.  und  Jul.  Yal.  im  Rhein.  Museum  N.  F.  52,  S.  440). 

"  Die  Pointe  dieser  Erzählung  beruht  natürlich  auf  der  unmittel- 
baren Nebeneinanderstellung  der  beiden  Namen;  diese  ist  in  den  latei- 
nischen Bearbeitungen  des  Jul.  Yal.  (c.  50  K.)  und  der  bist.  (Landg^raf, 
p.  ii9,  Zingerle,  c.  38)  vollständig  verwischt.  In  der  armenischen  und 
syrischen  Cebersetzung  ist  sie  bewahrt,  aber  in  der  letzteren  seltsamer 
Weise  sowohl  von  dem  englischen  (Budge,  p.  50),  wie  dem  deutschen 
(Ryssel,  Archiv  f.  d.  Stud.  der  neueren  Sprachen,  1893,  S.  124)  Ueber- 
setzer  unbeachtet  gelassen.  —  Der  Vorschlag  Ausfeld's  (a.  a.  0.  S.  441), 
den  Vokativ  Ήράκλεις  zu  setzen,  verkennt,  wie  mir  scheint,  die  eigent- 
liche Pointe. 


140  Christeusen 

στήθι  και  μη  τταρόργη, 
όπως  μη  μ^χρι  και  θ€ών  αΐ  ττρά£€ΐς  σου  ^ηθακτιν. 
Denn  der  liier  geforderte  Sinn  ist  doch  offenbar:  'stelle  dich 
nicht  den  Göttern  entgegen,  damit  sie  dir  nicht  ihre  Gunst  ent- 
ziehen*, oler,  wie  es  in  dem  Gedichte  heisst,  'damit  die  Kunde 
von  deinen  Thaten  nicht  bis  zum  Himmel  dringt'  und,  wie  leicht 
zu  ergänzen  ist,  dir  dort  die  Gunst  der  Götter  entzieht.  Wenn 
dies  richtig  ist,  und  wenn  ferner  der  Konjunktiv  λαληθώσιν  doch 
entschieden  auf  eine  fehlende  Konjunktion  hindeutet,  so  glaube 
ich  unter  der  Annahme,  dass  μή  vor  μέχρι  ausgefallen  ist,  was 
offenbar  leicht  geschehen  konnte,  das  Richtige  mit  den  Worten 
herzustellen:  μη  άντιτάσσου  θεοϊς,  δ  π  ως  αϊ  πράΕβις  σου  μή 
μέχρι  Gediv  λαληθώσιν. 

5.  1,  -lt>  (Α).  Alexander  läset  gegen  Thebens  Mauern  auch 
Sturmböcke  verwenden.  Darauf  folgt  unmittelbar  die  Notiz:  ίτι  xe 
τα  όργανα  bia  τε  σώήρου  και  Εύλων  κατεσκευασμίνα  bia  τρο- 
χών άττό  της  τών  στρατιωτών  βίας  συνώθούμενα  μακρόθεν  6έ 
έ£αφΐέναι  ττρός  τά  τείχη  καΐ  τάχει  τους  πάνυ  πυκνώς  άρμολο- 
Τήσας  λίθους.  .Müller  hat  diese  Worte  offenbar  als  eine  weitere 
Angabe  über  Alexanders  Anordnungen  für  die  Belagerung  der 
Stadt  aufgefasst.  In  Wirklichkeit  aber  ist  ee  eine  Art  Scholion, 
Avelches  die  Zusammensetzung  und  Verwendung  der  κριοί  erklären 
soll.  Derartige  Angaben  begegnen  im  Ps.-K.  auch  sonst,  so  über 
den  Euphrat  und  Tigris  und  deren  Zusammenhang  mit  dem  Nil 
(2,  3  A.  4,  vgl.  bist,  de  pr.  p.  80  Landgraf,  u.  s.),  über  die 
Olympiadenrechnung  (3,  35  s.  unten\  und  bei  Palladius  über  den 
Ganges  und  Pheison  (Ps.-K.  3,  6),  und,  jedenfalls  die  ersteren, 
verdanken  wohl  irgend  einem  gelehrten  Abschreiber  ihre  Ent- 
stehung. Dass  wir  auch  hier  eine  solche  Notiz  haben,  ergiebt 
sich  aus  einer  Vergleichung  der  Stelle  mit  dem  Texte  in  L  (p.  740), 
der  syrischen  (p.  57  Hudgc)  und  armenischen  (p.  35  Raabe)  Ueber- 
setzung  und  dem  byzantinischen  Alexandergedicht  (v.  2216  ff.); 
darnach    würde    der   Text     folgendermassen     hergestellt    werden 

müssen:  fari  bk  ταύτα  όργανα  —  — κατ€σκ€υασμ€να, 

δ  bia  τροχών  ~   — μακρόθεν  (schon  Muller)  έ£αφ(€ται 

προς  —  —- ττυκνώς  άρμολογηθέντας  (Müller)  λίθους 

διαλύει  (Müller  οιαλύειν). 

6.  2,  33  (Β,   bei  Müller  ρ.  86,    Α.   1,    Berger  de  Xivrey, 
Trad.  teratolog.  ρ.  '150)  heisst    es  nach  dem  Kampfe    mit  eineui 
unheimlichen   Volke,  in  welchem  eine  Anzahl  der  Makedonier  ge— 
fallen  ist :  και  έκέλευσα  πλοίοις  άναθήναι  και  τά  περιλε ΐφθέ ντοτ 


Zu  Pseudo-Kallisthenes.  141 

όστ^α  εις  τάς  πατρίδας  αυτών  πεμφθήναι.  Diese  Notiz  fehlt 
in  den  sonstigen  Bearbeitungen,  die  gleichwohl  die  Geschichte 
von  dem  Kampfe  bringen,  und  findet  sich  nur  in  der  armenischen 
and  altslaviechen  Uebersetzung,  durch  welche  hier  eine  Verbes- 
eerung  des  griechischen  Textes  ermöglicht  wird.  Sehr  eigen- 
thümlich  ist  nämlich  das  πλοιοις  άναθήναι,  wofür  Berger  und 
Müller  άναθεΐναι  schreiben,  denn  dass  die  Leichen  auf  Schiffe 
gelegt  und  ihre  übrig  gebliebenen  Gebeine  in  ihr  Vaterland  ge- 
schafft werden,  ist  gelinde  gesprochen,  eine  höchst  seltsame  Aus- 
drucksweise. Hülfe  bringt  hier  das  Armenische,  das  nach  Raabe 
(p.  70)  bietet :  έκβλβυσα  πυρός  παραθβΐναι  και  τά  περιλείφθέντα 
οστά  αυτών  εΙς  τάς  πατρίδας  (der  armenische  üebersetzer  hat  hier 
τά  οπατριάοα  verbunden  und  daraus  einen  Eigennamen  gemacht) 
άΤ€(Τθαι.  Darnach  würde  der  griechische  Text  wohl  richtig  in 
πυράς  άναψθήναι  zu  verbessern  sein;  nachdem  einmal  das  φ 
auegefallen  war,  konnte  sehr  wohl  ein  Schreiber  auf  die  Ver- 
änderung von  πυράς  in  πλοίοις  kommen.  Erwünschte  Bestätigung 
bietet  die  altslavische  Uebersetzung  (Istrin,  p.  76) :  Und  von  dem 
Heere  kamen  72  Männer  um,  und  ich  befahl  sie  mit  Feuer  zu 
verbrennen  und  ihre  übrig  gebliebenen  Gebeine  in  ihre  Heimat 
zu  bringen. 

7.    3,  35  (A,  Müller,  p.  151  A.  1).     Die    allgemeinen  An- 
gaben   über    die   Lebens-    und  Regierungszeit  Alexanders    lauten 
hier  so:    Έβίιυσε  μέν    ουν  ΆλΟανδρος   έτη    λβ'  από  le'    ετών 
άρ£άμ€νος    πολεμεϊν  έπολίμησεν  έτη  ιΐ',    μέχρις   κ'  γεγένηται, 
τά  bk  αλλά  ιβ'  έν  εΙρήνη  και  άμεριμνίςι  καΐ  ευφροσύνη  έίησεν. 
ύττέταΕεν  έθνη  βαρβάρων  κβ',   *  Ελλήνων  ι',    έκτισε  πόλεις    ιγ', 
οϊτινες    μίχρι   του    νυν   κατοικούνται   και  είρηνεύονται   —   es 
folgen  die  Namen  der  Städte.     Dass  diese  Angaben  in  ihrem  ersten 
T'heile  nicht  richtig    sein  können,    liegt  auf  der  Hand,    denn  sie 
Enthalten  vollständigen  Unsinn,  und  es  ist  nicht  anzunehmen,  dass 
^ler  ursprüngliche  Vf.  derartig  thörichtes  Zeug  sollte  geschrieben 
i^aben.     Vielmehr    ist    hier  offenbar  von  einem  Schreiber  Unfug 
^.ngerichtet    worden.     Dadurch    dass    wir  mit  Müller  vor  μέχρις 
^inen   Punkt  setzen  und  hinter  γεγένηται  eine  Lücke  annehmeni 
^Xvird  ebenso  wenig  geholfen,  wie  durch  den  Hinweis  auf  Malalas 
^p.  195  Bonn.).     Auch    die    übrigen    Bearbeitungen^    des   Ps.-K. 
Tielfen    nur    wenig  oder  gar  nicht   zur    völligen  Herstellatig  des 


^  Die    Bearbeitungen    der   sogenannten   jüngeren  Rezension  (B') 
kommen  nicht  in  Hetracht,  weil  sie  überhaupt  andere  Angaben  haben. 


142  Chrietcnsen 

Textee,  da  er  offenbar  den  Bearbeitern  schon  tbeilweiee  korropt 
vorlag.  Jul.  Yal.  (^,  60  Κ):  vixit  autem  annoe  triginta  et  iret. 
Sed  imperium  iniit  annum  agens  octavam  decimnm.  Omnes  au- 
tem difficultates  eine  aeqae  ad  annoe  viginti  et  qainqae  foere; 
reliqna  in  pace  transegit.  Hiet.  (p.  136  Landgraf):  fnerunt  anni 
vitae  illius  triginta  tres  ac  decem  et  octo  annis  coepit  committere 
bellum.  Septem  itaque  annoe  pugnavit  acriter,  octo  annoe  quievit 
et  in  bilaritate  et  iucunditate  yixit.  Syrische  Uebereetzung  (Budge, 
p.  142):  He  lived  in  tbie  world  tbirty  two  yeare  and  seven 
monthe,  and  of  tbeee  he  bad  reet  for  only  eight  yeart  in  tbie 
World.  Armenische  Uebereetzung  (Raabe,  p.  107):  έβίοΜΤε  μέν  oOv 
ίτη  τριάκοντα  τρία  άπό  οκτώ  καΐ  οίκα  ετών  άρΕάμ€νος  πολ€μ€Ϊν 
και  μαχεσάμενος  έν  ττολεμοις  έτη  έτττά,  μέχρις  είκοσι  πέντε 
ετών  έγένετο*  τα  bk  άλλα  οκτώ  ίτη  ίίησεν  έν  εΙρήνη.  Ee  er- 
giebt  eich  daraue  nur  eine,  daee  etatt  der  12  Friedenejahre  in 
Α  8  zu  setzen  eind,  d.  h.  mit  andern  Worten,  daee  der  Schreiber 
dieee  12  Jahre  eelbet  eingeeetzt  hat,  weil  er  richtig  32 — 20^12 
rechnete.  Eine  Heretellung  der  Angaben  aber  wird  uns,  wie  ich 
glaube,  gelingen,  wenn  wir  eine  Stelle  aue  den  eogenaonten 
Excerpta  Barbari,  deren  griechisch  geechriebene  Vorlage  den 
Peeudokallistbenee  jedenfalle  direkt  oder  indirekt  benutzt  hat^, 
heranziehen.  Die  Worte  lauton  hier  (p.  275  ed.  Frick):  Yixit 
autem  Alexander  annoe  XXX VI.  regnayit  quidem  annoe  XVII 
sie:  pugnavit  enim  annoe  Villi  ueque  dum  factne  est  annorum 
XXVIII,  illos  autem  alios  octo  annos  yixit  in  pace  et  securitate. 
Nach  diesen  Worten  scheint  es  klar,  zumal  wenn  wir  die  An- 
gaben bei  Jul.  Val.:  imperium  iniit  annum  agens  octavum  deci* 
mum,  und  der  bist.:  decem  et  octo  annis  coepit  comittere  bellum 
(vgl.  das  Armenische)  berücksichtigen,  dass  ursprünglich  sowohl 
über  die  Regierungszeit,  wie  über  die  Zeit  der  kriegerischen  Lauf- 
bahn des  Königs  Angaben  vorhanden  gewesen  sein  müssen.  Da 
endlich  der  Syrer  in  seiner  Vorlage  gelesen  haben  muss  Ιτχ]  λβ' 
μήνας  Ζ',  so  würde  dies  als  die  ursprüngliche  Lesart  festzuhalten 
und  die  33  Jahre  bei  Jul.  Val.  und  in  der  Eist,  als  runde  Summe 
zu  erklären  sein.  Demnach  vermuthe  ich,  dass  der  Wortlaut  c: 
dieser  chronologiechen  Angabe  in  Α  ureprünglich  etwa  folgender-^ 
geweeen  iet: 

Έβίιυσε  μέν  ουν  ^Αλέ£ανορος  ίτη  λβ'  μήνας  Γ,   άπό  le*•  , 
ετών  άρΕάμενος  βασιλεύειν  έβασίλευσβ  μέν  ίτη  ιΓ,  έπο- 

^  S.  Chron.  minora  coli.  C.  Frick,  praef.  p.  CLXVI  f. 


Zu  Pseado-Kallisthenes.  143 

Χίμησε  bi  έτη  θ',  μέχρις  ου  κ  ε'  (ετών)  γεγένηται  (γέγονε?), 
τα  bk  άλλα  η'  έν  ειρήνη  και  άμεριμνίςι  και  ευφροσύνη  Κησεν. 

8.  3,  85  (Β,  L).  In  den  Hdss.  Β  und  L  wird  zu  der  An- 
gabe, dasR  Alexander  in  der  113.  Olympiade  gestorben  sei,  fol- 
de  Notiz  binzugefiigt:  ή  bk  Όλυμπιάς  ίτη  εισ\  b\  Τψ  bi 
τετάρτψ  Ιτει  της  βασιλείας  *Άχαί  (του  βασιλε'ιυς  *Αχάρ  Β) 
πρώτη  (ή  add  Β)  όλυμπιάς  ήρΕατο.  Hier  niuss  entschieden 
ein  Fehler  stecken.  Offenbar  ist  nämlich  diese  Bemerkung  eine 
gelehrt  sein  sollende  Einschiebung,  welche  die  chronologischen 
Kenntnisse  des  Vfs.  —  bzw.  desjenigen,  der  dieselbe  an  den 
Rand  zu  der  Angabe,  dass  AI.  έν  τψ  τέλει  της  ριγ'  Ολυμπιάδος 
starb,  hinzusetzte  —  ins  rechte  Licht  setzen  sollte.  Nun  ist  aber 
die  seit  Julius  Afrikanus  im  allgemeinen  gültige  Gleichung:  Ol. 
I,  1  =  1.  Jahr  des  jüdischen  Königs  Achaz^  d.  h.  wenigstens, 
wenn  der  Anfang  der  Olympiadenrechnung  überhaupt  unter  König 
Achaz  gesetzt  wird,  und  es  ist  doch  wohl  als  sicher  anzunehmen, 
daes  ursprünglich  diese  Angabe  auch  im  Texte  oder  wahrschein- 
licher noch  am  Kande  gestanden  hat,  und  nur  durch  ein  Versehen 
in  der  oben  angegebenen  Weise  in  den  Text  gekommen  ist.  Ich 
vermuthe  daher,  dass  die  Worte  ursprünglich  gelautet  haben: 

τψ  V  ίτει  (daraus  ist  τώ  τετάρτψ  έτει  geworden  und  dann 
bi  eingeschoben)  του  βασιλέως  (oder  της  βασιλείας)  Άχά2[  πρώ- 
τψ  πρώτη  Όλυμπιάς  ήρζατο. 

Hamburg.  Η.  Christensen. 


^  Geizer,  S.  Julius  Africanus  1,  45  f.,  vgl.  170.  Die  Gleichung 
^er  Exe.  Barbari  (p.  2.55  Frick)  Ol.  I,  1  =  11.  Jahr  des  Achaz  ist, 
^enn  hier  nicht  ein  Fehler  steckt,  völlig  unverständlich,  s.  Gelzor  2,  323 


Zum  Seoecagediclit  des  Honorins. 


Dies  Gedicht  (in  Rieses  Anthologie  n.  666),  in  dem  ein  neu- 
bekehrter  Christ  sich  von  dem  Gegenstande  seiner  bisherigen 
Studien,  Seneca,  lossagt  und  im  Gegensatze  zu  ihm  seinen  jetzigen 
Seelsorger  preist,  seinem  Gedankengange  nach  richtiger  als  es 
bisher  geschehen  war  zu  würdigen  und  zugleich  die  Ueberliefe- 
rung^  wieder  mehr  zu  Ehren  zu  bringen  hat  sich  J.  Ziehen  im 
Hermes  Bd.  XXXII  S.  490  ff.  mit  Erfolg  bemüht.  Da  er  mir 
jedoch  nicht  in  allen  Punkten  das  Richtige  getroffen  zu  haben 
scheint,  gestatte  ich  mir  hier  noch  einmal  darauf  einzugehen. 

Die  einleitenden  Gleichnisse  (V.  1 — 10)  und  ihre  Beziehung 
zum  Folgenden  hat  Ziehen  richtig  erklärt.  Hier  habe  ich  nur 
eine  Einzelheit  zu  bemerken.  In  Vers  2  nämlich  kann  man 
igtwtae  et  viles  esse  putantur  aquae  ruhig  stehen  lassen;  der 
Verfasser  will,  wie  es  scheint,  ignotuSj  das  ja  schon  früh  gleich 
ignobilis  gebraucht  wird,  als  ^unansehnlich*  gefasst  wiesen  und 
kann  es  so  ganz  wohl  mit  vilis  verbinden;  die  Verborgenheit  der 
Quelle  war  durch  latens  und  demersa  in  V.  1  hinreichend  be- 
zeichnet. In  ungewöhnlicher  Bedeutung  ist  auch  imhutus  ge- 
braucht V.  8:  lignum  imbutis  digitis  dextra  domare  solet  'mit 
unterrichteten,  kunstfertigen  Fingern',  ganz  parallel  V.  3  qucis 
cum  docla  manus  produxerit  arte  magisira*. 


^  Riese  benutzte  zwei  Handscbriften  des  8.  und  9.  Jahrh.  Nur 
einmal  ist  die  Entscheidung  zwischen  beiden  zweifelhaft,  V.  4,  wo  es 
Rieh  fragt,  ob  man  dem  christlichen  Verfasser  die  Ausdrucksweise pwra 
fit  exiliens  nymfa  vocata  manu  zutrauen  darf  oder  vielmehr  lymfa  tvl 
schreiben  hat. 

2  Auch  in  ingetms  fidei  V.  24  'durch  die  Kräfte  des  Glaubens' 
kann   ich    kein  '  hübschoB  Oxymoron*  sohen,    sondern   nur   eine    uoge— 


Zum  SeneoAgediobt  des  Honorius.  145 

Auch  die  folgenden  Verse  sind  klar:  *Wie  eine  sachver- 
etändige  Hand  aus  einem  schlammigen  Rinnsal  einen  reinen  Born, 
aus  einem  knorrigen  Klotz  ein  nützlicbes  Geräth  macht,  so,  aber 
in  viel  erhabenerer  Bedeutung,  macht  deine  Meisterschaft  durch 
Hillleitung  zu  den  ewigen  Gnadengaben  Christi  mich  zu  einem 
neuen  Menschen ;  so  bist  du  ein  besserer  Lehrmeister  als  Seneca, 
iob,  dein  Schüler,  besser  dran  als  sein  Lucilius  ^.  Hiermit  ist 
der  Grundgedanke  für  das  Folgende  gegeben.  Inwiefern  aber  die 
Lehre  des  Jordanes  über  die  des  Seneca  erhaben  sei,  wird  aus- 
drücklich  in  Y.  15  f.  gesagt:  diese  ermangelte  der  Erleuchtung, 
die  nur  das  wahre  Licht  des  catholicum  dogma  geben  kann,  das 
Xiicht  des  Herzens,  wie  es  V.  12  heisst.  Denn  dass  diese  Er- 
lenchtung  erforderlich  sei,  wenn  Ermahnungen  Erfolg  haben 
tollen,  das  liegt,  denke  ich,  in  der  Parenthese  Y.  12  quem  ui 
^noneaSy  hicem  cordis  habere  facis^  wo  ut  von  Ziehen  richtig  ge- 
beutet ist,  aber  bei  den  Worten  lucem  cordis  habere  facis  nicht 
^Q  den  Taufakt  gedacht  zu  werden  braucht,  geschweige  denn 
dass  dieser  bereits  an  dem  Yerfasser  vollzogen  sein  müsste:  es 
^^ird  nur  sozusagen  die  Methode  des  Bischofs  vorläufig  rühmend 
hervorgehoben,  um  von  Y.  17  ab  ausführlicher  der  des  Seneca 
gegenübergestellt  zu  werden.  Unterweisungen  hat  dem  Yer- 
^^aaeer  auch  Seneca  gegeben,  heisst  es  hier: 

17  nie  mihi  monimenta  dedity  te  vera  docente^ 
nee  dedit  infida  quae  sibi  mente  ttUit 

-^onimenia  halte  ich  nämlich  zunächst  eben  wegen  der  Beziehung 

*^  V.   12  für    richtig,    dann    aber    auch    wegen    des  Folgenden. 

^«nn    wenn    hier  Ziehen  nee   mit    tulit    zusammenfasst   und  das 

^wischenstehende   als  Relativsatz   nimmt,    so    muthet    er    dem 

Verfasser    nicht    nur  zu,    ohne  jede  Noth    eine    höchst    missver- 

^tandliche  Wortstellung    gewählt  zu  haben,    sondern  er  verkennt 

^^ch,  dass  dedit  und  nee  dedit  offenbar  einander  entgegengesetzt 

*^^ά ;  um  von  der  sehr  bedenklichen  Deutung  des  dedit  de  conatu 

'•'cht  zu  reden.     Zudem  ist    fraglich,    mit    welchem  Rechte    von 

®*Qer   *sich    selber    nicht    getreuen    Gesinnung'  Senecas    geredet 


^^nliche  Verwendung  des  Wortes  ingenia  gleich   vires   oder   virtutes, 
^u  Y.  3   vgl.  übrigens  Verg.  Aen.  VIII  441  f.:    nunc  viribus  usus, 
manibus  rapidis,  omni  nunc  arte  magistra. 
^^  1  Die  Worte  Ludüo  clarius  illo  Y.  13  wird  man  zweckmässig  in 

^^^^mata  setzen,  da  sie  zu  dem  ganzen  urasohliessenden  Satze  gehören. 

^Ui«iii.  Mm.  f.  Philol.  N.  F.  LIV.  10 


146  Plasberg 

"werden  kÖDne,  fraglich  auch,  welchen  Zweck  diese  Bemerkung 
haben  solle.  Erinnert  man  sich,  dass  eben  als  der  wesentliche 
Mangel  der  Lehre  Senecas  das  Fehlen  der  christlichen  Grundlage 
bezeichnet  war,  so  wird  man  richtig  übersetzen :  '  Jener  hat  mir 
(zwar)  Ermahnungen  gegeben,  aber  nicht  hat  er  gegeben  (nicht 
geben  können),  was  er  sich  selbst  dadurch,  dass  er  ungläubigen 
Sinnes  war^,  genommen  hat  .  Für  diese  Bedeutung  von  tulit 
finden  sich  in  Neues  Formenlehre  IIl^  S.  347  viele  Beispiele 
aus  späterer  Zeit  zusammengestellt;  infidus  hat  schon  Manitius- 
80  gedeutet,  und  es  war,  da  infidelis  sich  daktylischem  Masse 
nicht  fügt,  das  nächstliegende  Wort  für  diesen  christlichen  Be- 
griff: auch  Juyencus  lässt  evang.  II  36  f.  in  nur  wenig  abweichen- 
dem Sinne  Christus  sagen:  quam  nulla  sübest  fiducia  vobis,  in- 
fidos  animos  timor  irruit^.  Die  Worte  aber  te  vera  docetiie,  die 
Bücheier  veranlasst  haben  commenta  zu  vermuthen,  halte  ich  für 
einen  Nothbehelf  des  Dichters,  der  den  Vers  nicht  anders  zu 
füllen  wusste;  denn  sie  sind  nicht  bloss  formell  parenthetisch, 
sondern  stören  auch,  streng  genommen,  den  Gedankengang,  in- 
dem sie  den  V.  21  mit  at  tu  scharf  einsetzenden  Gegensatz  theil- 
weise  vorwegnehmen. 

Die  Erklärung,  die  die  Worte  infida  quae  sibi  mente  itUit 
verlangen,  wird  nun,  wie  Ziehen  richtig  sah,  mit  nam  ange- 
knüpft : 

19  Nam  cum  de  preiio  mortis  regnante  perenni 
Lucülum  inhuerety  hac  sine  morte  perit. 

Es  dürfte  klar  sein,  dass  im  Vordersatze  eben  jene  monimenta 
näher  bestimmt  werden,  im  Nachsatze  aber  angedeutet  wird,  was 
sich  Seneca  durch  seinen  Unglauben  entzogen  habe;  ebenso,  dass 
es  beide  Male  das  Verhalten  zum  Tode  ist,  auf  das  es  dem  Ver- 
fasser ankommt.  Soll  nun  aber  der  Vordersatz  nicht  geradezu 
im  Widerspruch  zu  Senecas  Lehre  stehen,  so  muss  man  entweder 
pretium  als  vox  media  fassen,  '  geringer  Werth,  Gleichgiltigkeit', 
oder  aus  regnante  perenni  eine  nähere  Bestimmung  zu  mortis 
oder  pretio  mortis  herausemendiren ;  beides  ist  nicht  unbedenk- 
lich. Die  bisher  aufgestellten  Vermuthungen  einzeln  zu  wider- 
legen würde    zu    weit    führen ;    auch    haben    ihre  Urheber    ihre 


^  Von    dem    heimlichen  Christenthum  Senecas    scheint  der  Ver- 
fasser also  noch  nichts  zu  wiesen. 

^  Geschichte  der  christlichen  lateinischen  Dichtung  S.  313. 
^  Vgl.  Corp.  gloss.  lat.  II  82,  40  infidia  απιοτια. 


Zum  Senecagedicht  des  Honoriae.  147 

HeinuDgen  gar  nicht  oder  nicht  klar  aaeeinandergesetzt ;  ich  lege 
also  ohne  Weiteres  die  meinige  vor. 

Zunächst  hoffe  ich  auf  allgemeine  Zustimmung,  wenn  ich 
schreibe  nam  cum  depretio  mortis  .  .  Lucidum  inbueret  und  so 
auch  den  Anstoss,  den  die  Konstruktion  von  imbuere  mit  de 
immerhin  bot,  beseitige.  Freilich  kann  ich  das  Wort  depretium 
*  Geringschätzung'  anderweitig  nicht  belegen,  aber  seine  Bildung 
zu  depretiare  ist  klar  und  nicht  ohne  Beispiel  ^,  zudem  liegt  es, 
von  der  üblichen  Yertauschung  der  Präposition  abgesehen,  im 
italienischen  dispregio  und  seinen  Verwandten  ^  noch  vor.  Mit 
den  Worten  hac  morte  ferner  kann,  wenn  ich  ififida  richtig  ge- 
deutet und  den  Parallelismus  zwischen  Y.  17  f.  und  19  f.  richtig 
betont  habe,  nur  eine  speziell  christliche  Art  des  Todes  gemeint 
sein.  Dass  diese  nicht  unzweideutig  bezeichnet  wird,  ist  zweifellos 
nicht  sehr  geschickt.  Aber  der  Yerfasser  schrieb  an  einen 
Mann,  dem  sein  Gedankenkreis  wohl  hekannt  war,  hatte  er  doch 
selbst  auf  ihn  den  stärksten  Einfluss  ausgeübt ;  und  von  diesem 
kann  man  wohl  annehmen,  dass  er  nicht  nur  bei  hac  morte  so- 
fort an  den  seligen  Tod  in  der  Nachfolge  Christi  und  der  Hoff- 
nung auf  ewiges  Leben  dachte,  auf  den  im  Folgenden  hinge- 
wiesen wird,  sondern  dass  er  schon,  als  er  Y.  18  las,  genau 
wuRste,  'was  der  Yerfasser  dort  mit  quae  meinte.  £r  war  auch 
sicher  keinen  Augenblick  darüber  im  Zweifel,  was  regnatUe  per- 
enni  heissen  sollte.  Wir  sind  hier  auf  Yermuthungen  ange- 
wiesen; das  aber  scheint  mir  unbedingt  nothwendig,  dass  man 
die  Erklärung  dieses  Ausdrucks  vor  allem  in  der  christlichen 
Gedankenwelt  suche,  die  alles  Umstehende  beherrscht.  Nun 
kann  ich  nichts  finden,  was  sich  zu  perenm  zwangloser  hinzu- 
denken Hesse  als  morte,  und  ich  glaube  hier  eine  Anspielung  auf 
das  Dogma  von  dem  'ewigen  Tode'  zu  erkennen,  der  als  Folge 
der  Erbsünde  in  der  Welt  herrsche  und  erst  durch  das  Yerdienst 
Christi  und  die  Theilnahme  des  Einzelnen  daran  überwunden 
werde.     Um    die  Yorstellung   klarzulegen,    schreibe    ich    unten' 


^  Vgl.  aus  späterer  Zeit  z.  B.  exterminium  improperium  τώβΙΙύΐίη 
tefragium  repurgium  respirium, 

^  Vgl.  Körting,  Lateinisch-romanisches  Wörterbuch,  n.  2625. 

'  De  peccatorum  meritis  et  remissione  11,  13  (t.  X  p.  116) 
regnum  enim  mortis  vidt  intelligi  quando  ita  dominatur  in  7u)minibu8 
reatuB  peccati,  ut  eos  ad  vitam  aeternam,  qu<ie  Vera  vita  esi,  venire 
tum  sinnt,  sed  ad  secundam  etiam,  quae  poencUiter   α  et  er  η  α  est,   mor- 


148  Plasberg 

ein  paar  Stellen  des  Augustinns  ans,  deren  erste  auch,  wenn  es 
nöthig  ist,  zeigen  kann,  daes  regnante  ganz  passend  gesetzt  ist. 
Der  Sinn  dieses  Distichons  ist  also,  wie  ich  glaube,  folgender: 
^  Den  Tod  verachten  hat  Seneca  wohl  den  Lucilius  gelehrt,  aber 
(was  viel  mehr  ist)  selig  sterben  hat  er  selbst  nicht  können,  da 
er  nicht  von  der  Herrschaft  des  ewigen  Todes  erlöst  war'. 

Wen  ich  überzeugt  habe,  daes  an  dieser  schwierigsten 
Stelle  des  Gedichts  sich  ein  mindestens  erträglicher  Sinn  ohne 
Aenderang  des  Textes  gewinnen  lasse,  der  wird  auch  nicht  glau- 
ben mit  Quicherat  beatos  Y.  21  schreiben  zu  müssen,  und  mit 
der  Wiederholung  ähnlicher  Ausdrücke  beato  ex  obüu  —  morte 
pia  vergleichen  wie  oben  nach  V.  3  quas  cum  docta  manus  prO" 
duaerit  gleich  im  folgenden  Yerse  gesetzt  ist  vocaia  manu^, 

£in  paar  Worte  noch  über  die  Umstände  der  Abfassung 
unseres  Gedichtes.  Manitius  dachte  an  Briefe  des  Jordanes  an 
Honorius,  auf  die  dieser  hiermit  erwidere;  Ziehen  glaubt  sogar, 
Jordanes  werde  um  Abfassung  eines  christlichen  Gegenstücke  zu 


tem  trahat.  Op.  imperf.  contra  lulianum  III  33  (t.  X  p.  12G1)  pecca- 
tum  autem  tarn  magnumy  ut  verteret  in  naturam,  quod  per  unum  homi- 
nem  intravit  in  muruium^  sine  quo  nullus  hotno  nasciturf  quo  modo 
posset  ab  hominibus  vindicari,  quandoquidem  ita  in  omnes  homines  cum 
morte  pertransiiti  ut  ei  poena  sua  sit  comea  usque  ad  interitum  sem- 
piternunty  nisi  ubi  divina  gratia  gener ationeni  regeneratione  sanaverit. 
In  loann.  evaug.  tract.  III  1,  13  (t.  III  p.  1402)  mortem  tuam  aeter- 
η  am  occidit  mors  temporalis  Domini  tui. 

^  Im  Schlussverse  conforta  revoca  corripe  duce  mone  ist  duce  nach 
Bachelere  Vermuthang  für  disce  der  HandBchriften  gesetzt,  an  sich 
ganz  tadellos;  aber  man  darf  doch  die  Frage  aufwerfen,  ob  man 
unserem  Dichter  nicht  ebenso  gut  wie  die  sehr  unmoderne  Form  duce 
auch  die  vulgäre  Verwendung  von  discere  gleich  docere  zutrauen  könne, 
die  doch  wohl  Isidorus  bekämpft,  wenn  er  schreibt  Diff.  I  177 
discit  qui  non  novit,  docet  vero  qui  novit,  und  die  in  anderen  Sprächet 

ihre  Analogien  findet.    In  deutschen  Dialekten  und  sogar  in  der  Schrift 

spräche  lernen,  s.  Grimms  Wörterbuch  VI  768;  ebenso  ital.  apprender^  -^ 
franz.  apprendre.     Griech.  μανθάν€ΐν  *  lehren'  weist  Sophocles  aus  dei 
sermo    de   paenitentia    des    Johannes  Ncsteutes  nach,    d.  h.,    wenn  dL 
Schrift  echt  ist,  aus  dem  ausgehenden  G.  Jahrh.  n.  Ch.  (Migne  Bd. 
Sp.  1924  C  περί  τϋϋν  μανθανόντων  έτέρουο  Kuxiac);  Eustathios  zur  O^ 
ρ.  1561,  40  und  1883,  46    glaubt    dieselbe  Bedeutung   παρά   xolc    με^ 
"Ομηρον    ςοφκταΐο    zu    finden.      Ueber    μαθητ€ύ€ΐν  u.  ä.  s.  Hatzidak  i 
Einleitung  in  die    neugriechische  Grammatik  S.  200.    Vgl.  noch  potcM 
*  tränken  * :  Rönsch,  Itala  und  Vulgata  8.  376. 


Zum  Senecagedicht  des  Honorius.  149 

Senecas  Lnciliasbriefen  ersucht.  Ich  finde  für  keine  von  beiden 
Annahmen  ausreichenden  Anhalt  im  Wortlaut  des  Gedichtes.  Be- 
sonders aber,  glaube  ich,  thut  man  dem  Verfasser  Unrecht,  wenn 
man  in  den  Worten  am  Schlnss  disrAptdumque  iuum  prius  isto 
nomine  ditans  conforfa  usw.  die  Aufforderung  an  Jordanes 
sieht,  Honorius  in  jener  Schrift  öffentlich  als  seinen  Schüler  an- 
zuerkennen.  Nicht  als  ob  das  nicht  allenfalls  in  den  Worten 
liegen  könne;  aber  die  Stimmung  des  Ganzen,  die  doch  in  ihrer 
Art  fromm  ist  und  den  Verdacht  der  ünaufrichtigkeit  nicht  auf- 
kommen lässt,  macht  mir  ein  solches  Hervorbrechen  litterarischer 
Eitelkeit  nicht  glaublich.  Ich  denke,  es  ist  nicht  zu  gewagt, 
wenn  ich  unter  istud  nomen  den  Namen  'Christ^  verstehe  und 
annehme,  dass  der  Verfasser  unmittelbar  vor  der  Taufe  steht 
und  den  Bischof,  der  ihn  als  Katechumenen  unterrichtet  hatte, 
des  Erfolges  dieses  Unterrichts  versichert  und  bittet  auch  ferner- 
hin sein  geistlicher  Führer  und  Berather  zu  bleiben. 

Berlin.  0.  Plasb^erg. 


MiecelleD. 


Zum  Spraeh^^ebranch  des  Thnkydides. 

Im  Hermes  XXXIII  S.  353  lese  '  ich  mit  nachdenklichem 
Erstaunen  in  H.  Steins  kritischen  Bemerkungen  zu  einigen  Stellen 
des  Thukydides  folgendes  Urtheil  über  meine  Erklärung  von 
IV  63,  1  του  αφανούς  τε  τούτου  οιά  τό  άτίκμαρτον  ^έος  καΐ 
οιά  τό  f\br\  φοβερούς  τταρόντας  'Αθηναίους:  'Stahl  will  mit 
Interpunction  helfen:  οιά  τό  ήδη  (sc.  οίος),  φοβερούς  όντας 
'Αθηναίους  (als  erklärende  Apposition!).  Einfacher  und  wenig- 
stens spraohrichtig  ist  Keiskes  Aushülfe,  der  sich  Krüger  an- 
sohliesst,  hxä  τους  ή&η.  Aber  dies  Einfache  konnte  doch  schwer- 
lich in  bid  τό  ausarten/ 

Zunächst  habe  ich  nicht  όντας  Αθηναίους  geschrieben, 
sondern,  »wie  tiberliefert  ist,  τταρόντας  'Αθηναίους.  Doch  das 
ist  wohl  nur  ein  Flüchtigkeitsfehler.  Bedenklicher  für  mich  ist 
das  Ausrufungszeichen,  das  wohl  andeuten  soll,  dass  ich  mit 
meiner  Erklärung  eine  kolossale  Dummheit  begangen  habe. 
Worin  diese  bestehen  soll,  lässt  sich  daraus  erkennen,  dass  im 
Folgenden  Reiskes  Aushülfe  als  *  wenigstens  sprach  richtig*  be- 
zeichnet wird;  ich  soll  also  gegen  die  Grammatik  gesündigt, 
mithin  grammatische  ünkenntniss  bewiesen  haben.  Nun  habe 
ich  mich  seit  mehr  als  30  Jahre  auch  einigermassen  mit  dem 
Studium  griechischer  Grammatik  beschäftigt,  stehe  aber,  wenn 
ich  mir  die  Frage  vorlege,  was  in  meiner  Erklärung  ungramma- 
tisch sein  soll,  vor  einem  Eäthsel.  Was  zunächst  Reiskes  Aen- 
derung  betrifft,  die  wenigstens  pprachrichtig  sein  soll,  so  ist  nach 
meinem  grammatischen  Verständniss  die  durch  sie  herbeigeführte 
attributive  Stellung  des  Participiums  hier  sinnwidrig;  es  müsste 
bia  φοβερούς  ήοη  παρόντας  τους  'Αθηναίους  heissen.  Was  nun 
meine  eigene  Erklärung  angeht,  so  habe  ich  zu  dem  als  Apposi- 
tion gefassten  φοβερούς  παρόντας  'Αθηναίους  bemerkt:  *adiec- 
tivum  praedicative  positum  est  et  participium  substantivi  vice 
fungitur  ut  29,  3  έμπρησθεϊσα  et  47,  2  κομισθέντας*.  Das 
scheint  nun  Stein  nicht  verstanden  zu  haben,  so  leicht  es  auch 
war,  wenn  er  sich  die  angezogenen  Stellen  näher  angesehen 
hätte.  Es  liegt  nach  meiner  Ansicht  hier  ein  Gebrauch  des 
Participiums  vor,  der  im  Lateinischen  ganz  bekannt  ist  und  in 
jeder  Schulgrammatik  verzeichnet  wird,  von  dem  aber  in  unsem 
griechischen  Grammatiken  nichts  erwähnt  wird,  obwohl  er  auch 
im  Griechischen  vorkommt,  wenn  auch  in  geringerer  Ausdehnung 
als  im  Lateinischen.  Es  ist  der  bekannte  Gebrauch  des  Partici- 
piums statt  eines  Verbalsubstantivums ,  wie  er  sich  in  den  aus 
den    landläufigen    lateinischen  Schulgrammatiken    bekannten  Bei- 


Misoellen.  151 

spielen:  post  urbem  conditam,  ante  Homam  conditam,  angebant 
Hamilcarem  Sicilia  Sardiniaque  amiesae,  maior  ex  civibne  amiseis 
dolor,  primns  liber  est  de  contemnenda  morte  und  äbnlichen  findet. 
Im  Grieohiscben  iet  das  einzige  mir  aus  Dicbtern  bekannte  Beispiel 
dieser  Art  Aristopb.  Nub.  1241  Ζευς  γελοίος  όμνύ μένος  τοις  είοόσιν 
=  derScbwur  beim  Zeus  ist  den  Wissenden  läcberlicb.  In  Prosa 
aber  so  aucb  bei  Herod.  VIII  131  τους  bk  Έλληνας  τό  τε  ίαρ 
γιγνόμενον  ήτ€ΐρ€  και  Μαρδόνιος  έν  θεσσαλίη  Ιών  =  die 
Ankanft  des  Früblings  und  des  Mardonios  Anwesenbeit  in  Tbes- 
salien,  und  in  Xen.  Hell.  VI  3,  11  ών  (sc.  τών  άγνιυμόνιυς 
πραχθίντων)  ήν  καΐ  ή  καταληφθεϊσα  έν  θήβαις  Καδμεία  =  ή 
Καδμείας  έν  θήβαις  κατάληψις  oder  τό  καταληφθήναι  έν  θήβαις 
Καδμείαν.  Bei  Tb.  nun  ist  gerade  diese  Ausdrucksform  verbält- 
nissmässig  bäufiger.  Sie  findet  sieb  an  folgenden  Stellen:  II  49, 
4  μετά  ταύτα  λιυφήσαντα,  III  36,  2  προσ£υνεβάλετο  ουκ  ελ- 
άχιστον τής  ορμής  αΐ  ΤΤελοποννησίιυν  νήες  ές  Ίιυνίαν  έκείνοις 
βοηθοί  τολμήσασαι  παρακινδυνεΟσαι,  53,  3  ό  μη  ψηθείς  λόγος 
τοις  ώδ'  έχουσιν  αιτίαν  &ν  τταράσχοι,  IV  26,  5  αϊτιον  δέ  fjv 
οι  Λακεδαιμόνιοι  προειττόντες,  29,  3  ^ώμην  και  ή  νήσος  έμττρη- 
σθεϊσα  παρέσχε,  47,  2  τους  δνδρας  ...  im*  αλλων  κομισθέντας  , 
.  .  .  την  τιμήν  τοις  δγουσι  προσποιήσαι,  VI  3,  3  μετά  Συρα- 
κούσας  οίκισθείσας,  70,  1  τους  δέ  άνθεστώτας  πολύ  μείΖω 
έκπληΕιν  μή  νικιυμένους  παρέχειν  (=  τό  μή  νικάσθαι  τους 
άνθεστώτας),  80,  2  εΐ  γάρ  δι'  υμάς  μή  Ηυμμαχήσαντας  δ  τε 
παθών  σφαλήσεται  και  ό'  κρατών  περιέσται,  VIII  9,  3  αϊτιον 
δ'  έγένετο  .  .  .  οΐ  μέν  πολλοί  τών  Χίιυν  ουκ  είδότες  τά  πρασ- 
σόμενα.  Ebenso  ist  aucb  nacb  der  von  mir  bestätigten  Erklärung 
Classens  I  23,  6  τήν  μέν  γάρ  άληθεστάτην  πρόφασιν,  άφανε- 
στάτην  δέ  λόγψ  τους  'Αθηναίους  ήγοΟμαι  μεγάλους  γιγνομέ- 
νους  και  φόβον  παρέχοντας  τοις  ΛακεδαιμονιΌις  άναγκάσαι 
ές  τό  πολεμεϊν  zu  versteben,  wo  τήν  μέν  άλεθεστάτην  πρόφασιν, 
αφανέστατη  ν  δέ  λόγψ  als  prädicative  Apposition  zu  fassen  und 
τους  'Αθηναίους  μεγάλους  γιγνομένους  και  φόβον  παρέχοντας 
so  viel  ist  als  τό  μεγάλους  γίγνεσθαι  'Αθηναίους  και  φόβον 
παρέχειν.  Demnaob  ist  IV  63,  1  φοβερούς  παρόντας  'Αθηναίους 
80  viel  als  τήν  φοβεράν 'Αθηναίων  παρουσίαν  oder  τό  φοβερούς 
τταρεΐναι 'Αθηναίους,  und  meine  Erklärung  stützt  sieb  auf  einen 
Spracbgebraucb,  der  sieb  gerade  bei  Tb.  in  bervorragendem 
ttasse  findet;  den  icb  übrigens  aucb  sobon  in  den  Quaestt.  gram, 
ad  Tb.  pertinent  S.  28  zur  Genüge  dargelegt  babe.  Wo  ist  nun 
das  spracblicb  Unricbtige  in  meiner  Erklärung?  Sollte  aber 
Stein  an  der  Verscbiedenbeit  des  Numerus  bei  dem  appositiyen 
Verbältniss  Anstoss  genommen  baben,  so  erklärt  sieb  diese  κατά 
^ύνεσιν  ebenso  wie  in  den  angefübrten  Beispielen  III  36,  2.  IV 
"26,  5.  VIII  9,  3,  und  aucb  abgeseben  davon,  würde  sie  hier 
«benso  wenig  anstössig  sein  wie  bei  ές  Διυριας,  τήν  Λακε^αΐ- 
μονίαν  μητρόπολιν  Ι  107,  2,  τήν  βουλήν  . .  .,  τους  πεντακόσιους 
VIII  86,  6,  κίβοηλον  άνθρώποις  κακόν,  γυναίκας  Eur.  Hipp.  616. 

Münster.  J.  Μ.  Stabl. 


152  Misoellen. 

Zn  den  Papyri  tob  Oxyrhynetaog. 

Wir  haben  alle  Ursache,  den  Herren  Grenfell  nnd  Hunt 
dankbar  zu  sein,  dass  sie  die  wiBeenechaftliohen  Sch&tze,  welche 
die  Papyri  von  Oxyrhynohoe  enthalten,  lieber  rasch  zugänglich 
machen  wollten,  auf  die  Gefahr  hin,  in  mancher  Yermnthnng 
zn  irren  und  Anderen  Vieles  zu  thun  übrig  zu  lassen,  als  mit 
der  Veröffentlichung  zu  warten,  um  selbst  Sichereres  und  Voll- 
ständigeres zu  ihrem  Verstand niss  und  ihrer  Erläuterung  beitragen 
zu  können.  Was  sie  gethan  haben,  bleibt  auf  alle  Fälle  gross 
und  preiswtirdig  genug,  und  wir  dürfen  zu  ihren  Verdiensten 
wohl  auch  die  englischen  üebersetzungen  rechnen,  welche  sie 
auf  Wunsch  einiger  Abonnenten  den  einzelnen  Stücken  beigegeben 
haben,  da  sie  vielfach  geeignet  sind,  die  Stelle  eines  weitläut- 
tigeren  Commentars  zu  vertreten.  Wenn  ich  also  im  Folgenden 
den  Heransgebern  hinsichtlich  eines  einzelnen  Stücke  in  allen 
Punkten  glaube  entgegentreten  zu  sollen,  so  bitte  ich  das  in  dem 
Sinne  aufzufassen,  der  sich  aus  dem  eben  Gesagten  ergibt. 

Part  I  nr.  XIII,  p.  36  f.  ist  ein  Papyrusfetzen  mit  folgendem 
Inhalt :  ην  τ  ...  .  ριω  ....  άνήλθον  [δ  τοί]νυν  π€ρΙ  τήν  σήν 
(σην  über  der  Zeile)  βασιλ€[ίαν]  καΐ  τήν  οΐκίαν  τήν  τ[ών]  σών 
έταίριυν  παρ€νό[μη1σαν  ei  καΐ  τυγχάνεις  [€ΐ]οώς,  όμως  ibo£e 
μο[ι  γρά]ψαι  προς  σε  οιά  βραχίιυ[ν  \']να  μή  οοκί3ς  άπολελε[ϊφθαί] 
με  τούτων.   Θηβαίοι  μ[έν]  (μεν  ausradirt)  γαρ  πρώτον  μέν  (μεν 


über    der  Zeile)  *Αμύ[ν 
Όλυνθιων   επεχείρησα 


ταν    [τόν]    πατέρα   του  Φιλίππου  μ[ε]τ' 

[ν]   έκβαλ[ει]ν '  μέν    έκ  τής  χώρας  άπ[ο- 

στ]ερ[ή]σαι  οέ  τής  βασιλεία[ς  καίπερ]  οοτε  πρότερον  ά[5ικηθ]έν- 

τες  υπ*  [αύτου ο]ύδίν.     Es   handelt  sich  also  um 

einen  Brief  an  einen  König  von  Makedonien,  durch  den  dieser 
gegen  die  Thebaner  aufgehetzt  werden  soll.  Die  Herausgeber 
nehmen  an,  dieser  König  sei  Antigonos  der  Einäugige  oder  sein 
Sohn  Demetrios  Poliorketes  und  meinen,  der  Papyrus  sei  historisch 
werthvoU  Ίη  stating  definitely  the  alliance  between  the  Thebans 
and  Olynthians  against  Amyntas,  the  father  of  Philip,  a  fact, 
which  makes  the  seizure  of  the  Cadmeia  by  the  Spartans  on 
their  way  to  Olynthue  much  less  gratuitous  than  has  been  ge- 
nerally  maintained'.  Beides  lässt  sich  bestreiten.  Wäre  der 
Brief  an  Antigonos  oder  Demetrios  gerichtet,  so  müsste  er  in 
den  Jahren  306 — 301  abgefasst  sein.  Die  anderen  Könige  der 
damaligen  Zeit  als  εταίροι  des  Antigonos  zu  bezeichnen,  würde 
schwerlich  in  dessen  Sinne  gewesen  sein,  auch  wenn  dieser  Aus- 
druck an  sich  von  dem  Verhältnisse  von  Königen  unter  einander 
möglich  wäre.  Diese  Könige  lagen  im  Kampfe  mit  Antigonos, 
und  wenn  die  Thebaner  ihnen  irgend  etwas  zu  Leide  gethan 
hatten,  so  war  das  kein  Grund  für  Antigonos,  diesen  zu  zürnen. 
Gegen  Ptolemaeos,  Seleukos  und  Lysimachos  hatten  die  Thebaner  zu- 
dem, selbst  wenn  sie  es  gewollt  hätten,  gar  keine  Möglichkeit,  sich 
irgendwie  zu  verfehlen.  Wenn  die  Herausgeber,  im  halben  Wider- 
sprach mit  ihren  sonstigen  Ausführungen,  weiter  sagen,  daea 
Theben  von  Kasnander,   dem  Feinde  des  Antigonos,  wiederberge- 


MiscelleiL  153 

stellt  worden  sei,  und  man  deshalb  viel  von  ihren  Angriffen 
(offencee)  gegen  Antigonos  zu  sagen  hatte,  so  wird  man  einwen- 
den müssen,  dass  in  dem  erhaltenen  Stück  von  Dingen  die  Rede 
ist,  die  mit  der  βασιλεία  des  Antigonos  gar  Nichts  zu  thun  haben, 
weil  sie  mehr,  als  zwei  Menschenalter  zurückliegen,  und  überdies 
Makedonien  selbst  nicht  zu  dem  Herrschaftsgebiet  des  Antigonos 
gehörte.  Man  wird  hinzufügen  müssen,  dass  es  unangebracht 
gewesen  wäre,  den  Hass  des  Antigonos  gegen  das  wiederherge- 
stellte Theben  dadurch  erregen  zu  wollen,  dass  man  anführte, 
was  das  zerstörte  Theben  gegen  Makedonien  gethan  hatte.  End- 
lich ist  zu  bemerken,  dass  sich  in  der  Geschichte  der  Jahre,  um 
die  es  sich  handeln  müsete,  kein  Zeitpunkt  findet,  in  dem  ein 
solcher  Brief  einigermassen  bequem  untergebracht  werden  könnte, 
obwohl  sich  gegen  dieses  Argument  allenfalls  die  Trümmerhaftig- 
keit  unserer  üeberlieferung  geltend  machen  Hesse. 

Dagegen  passt  Alles  vortrefflich,  wenn  wir  Alexander  als 
den  Adressaten  des  Briefs  betrachten,  und  annehmen,  er  sei 
bestimmt  gewesen,  den  König  nach  der  Eroberung  Thebens  zu 
einem  möglichst  harten  Vorgehen  gegen  die  Stadt  zu  bestimmen. 
Zunächst  erklärt  sich  dann  die  Phrase  (hoil  μοί  γράψαι  προς 
σ€  bxä  βραχειυν,  ϊνα  μη  οοκής  άπολ€λ€Ϊφθαί  μ€  τούτων.  Was 
von  den  Vergehungen  der  Thebaner  gegen  Makedonien  gesagt 
wird,  ist  ja  nur  ein  Nachtrag  zu  anderen  Vergehungen  derselben, 
die  in  dem  vorhergehenden  jetzt  bis  auf  ein  paar  Worte  und 
Worttrümmer  verlorenen  Stücke  des  Briefe  aufgezählt  waren. 
Das  müssen  die  Sünden  der  Stadt  gegen  Hellas  gewesen  sein,  wie 
sie  nach  dem  Berichte  des  Diodor  XVII,  14  und  des  Arrian  I,  9 
vor  dem  Synedrion  zur  Sprache  kamen,  das  es  Alexander  beliebt 
hatte,  mit  der  Entscheidung  über  das  Schicksal  der  Stadt  zu  be- 
trauen. Dass  sich  die  makedonischen  Hetären  ebenso  gut,  wie 
die  Könige  von  Makedonien  über  die  Thaten  der  Thebaner  zu 
beklagen  hatten,  würde  sich  von  selbst  verstehen;  wir  wissen 
aber  znm  Ueberfluss,  dass  z.  Β  fünfzig  Hetären  mit  dem  jungen 
Philoxenos  als  Geiseln  für  den  König  Ptolemaeos  nach  Theben 
wandern  mussten  (Plut.  Pelop.  c.  27).  Der  Aufenthalt  in  Theben 
muss  auch  für  den  späteren  König  Philipp  sehr  reich  an  bitteren 
Erinnerungen  gewesen  sein;  er  sowohl,  wie  sein  Sohn  scheinen 
eine  Art  von  persönlichem  Hass  gegen  die  Stadt  gehegt  zu  haben. 
Wenigstens  erklären  sich  nur  so  vollkommen  die  Einzelnheiten 
ihres  Verfahrene  gegen  die  Thebaner.  Grenfell  und  Hunt  scheinen 
einen  anderen  Adressaten  als  Alexander  hauptsächlich  aus  dem 
Grunde  gesucht  zu  haben,  weil  Amyntas  einfach  der  Vater  des 
Philippoe,  nicht  auch  der  Grossvater  des  Alexander  genannt  wird. 
Mir  will  das  nicht  erheblich  zu  sein  dünken,  da  Philippos  über- 
haupt nur  genannt  wird,  um  diesen  Amyntas  von  seinen  Namens- 
vettern zu  unterscheiden.  Gibt  es  doch  grade  in  der  damaligen 
Zeit  drei  verschiedene  makedonische. Könige  dieses  Namens,  von 
denen  zwei  einander  wiederholt  verdrängen.  Man  könnte  mit 
ebenso  gutem  Recht,  wie  hier  die  Bezeichnung  des  Philippos  als 


154  Miscellen. 

Vater  Alexandere  vermiset  wird,  zu  bestreiten  unternehmen,  dass 
der  Brief  an  Antigonos  gerichtet  Rei,  weil  Philipp  nicht  dorch 
ein  nähercR  Beiwort  bestimnit  sei,  da  doch  nach  Alexandere  Tod 
ein  anderer  Philipp  regiert  hatte. 

let  aber  der  Brief  an  Alexander  kurz  vor  der  Zerstörung 
von  Theben  gerichtet,  so  fragt  es  eich  weiter:  ist  er  echt?  Da- 
für spricht  nicht  grade  viel.  Es  ist  möglich,  dass  er  aus  einer 
Sammlung  λ'όπ  Briefen  von  und  an  Alexander  stammt,  und  dann 
wäre  die  Echtheit  wenigstens  möglich^.  Aber  es  ist  mindestens 
ebenso  wahrscheinlich,  dass  wir  es  mit  einem  Bruchstück  aas 
irgend  einem  Geschichtschreiber  Alexanders  zu  thun  haben,  sagen 
wir  beiflpielshalber  des  Anaximenes  oder  des  Duris,  und  dann 
sieht  es  mit  der  Echtheit  windig  aus.  Vielleicht  ist  es  auch  ein 
blosses  UebungRRttick,  aus  der  Rhetorenschule,  wozu  sich  der 
Stoff  vorzüglich  eignete.  Wie  es  sich  jedoch  damit  auch  ver- 
halten möge,  man  darf  aus  einem  ro  tendenziösen  Schriftstück 
nicht  einen  historischen  Beweis  in  Bezug  auf  Ereignisse  entneh- 
men wollen,  die  sich  einige  Jahrzehnte  früher  abgespielt  haben, 
als  es  geschrieben  wurde  oder  geschrieben  sein  soll.  Die  Ge- 
lehrten, welche  eben  am  Werke  sind,  alle  unsere  Vorstellungen 
von  griechischer  Geschichte  umzumodeln ,  werden  sich  mit 
Freude  auf  die  Ausführungen  von  Grenfell  und  Hunt  berufen 
und  erklären,  durch  die  Aufklärungen,  welche  uns  dieser  Brief 
bringe,  werde  die  Besetzung  der  Kadmeia  durch  Phoibidas  und 
was  sich  daran  Rchloss  gerechtfertigt,  ähnlich  wie  Rie  nicht 
iaufhören,  der  Welt  zu  verkünden,  es  sei  jetzt  urkundlich  be- 
wiesen, dass  erst  Peisistratos  mit  der  Schärfe  des  Schwertes 
Salamis  an  Athen  gebracht  habe;  aber  dieser  Brief  beweist  gar 
Nichts.  Von  der  Allianz  zwischen  Theben  und  Oiynthos  wusaten 
wir  schon  früher;  Xenophon  deutet  an  drei  Stellen  (Hell.  V,  15. 
27.  34)  darauf  hin.  Ob  der  Vertrag  freilich  bereits  definitiv 
abgeschlossen  war  oder  ob  noch  darüber  unterhandelt  wurde,  als 
Phoibidas  zu  seinem  Gewaltstreiche  schritt,  ist  nicht  mit  Sicherheit 
auszumachen ;  die  Gründe,  welche  E.  von  Stern  für  die  letztere 
Meinung  vorgebracht  hat^  sind  schwerwiegender  Art.  Jedenfalls 
geht  aus  Xenophon  mit  absoluter  Gewissheit  hervor,  dass  die 
Behauptungen  unseres  Briefes  falsch  sind.  Die  Verhandlungen 
zwischen  Theben  und  Oiynthos  begannen  erst  zu  der  Zeit,  als 
die  Gesandten  von  Apollonia  und  Akanthos  nach  Sparta  gingen, 
um  dort  Hilfe  gegen  die  Chalkidier  zu  suchen  (Xen.  Hell.  V,  2, 
15);  wenn  es  wirklich  zu  einem  Vertrage  kam,  so  kann  dies 
erst  geschehen  sein,  als  in  Sparta  der  Krieg  gegen  Olynth  be- 
reits beschlossen  war  (Hell.  V,  2,  34).     Theben   kann  also  nicht 


^  Mit  Gründen,  wie  sie  z.  B.  Sintenis  in  seiner  Einleitung  iu 
Arrians  Anabasis  I^  S.  18  gegen  die  Echtheit  aller  von  den  Alten  ci- 
tirten  Briefe  Alexanders  vorbringt,  braucht  man  sich  hoffentlich  heute 
nicht  mehr  herumzuschlagen. 

^  Geschichte  der  spartanischen  und  thebanischen  Hegemonie  vom 
Königsfrieden  bis  zur  Schlacht  bei  Mantinea  (Dorpat  1884)  S.  37. 


Miscellen.  156 

im  Verein  mit  Olynth  die  Vertreibung  des  Amyntas  ane  Make- 
donien betrieben  haben,  denn  das  hatten  Olynthier  und  Illyrier 
schon  vorher  so  gut  wie  volletändig  besorgt  (Xen.  Hell.  V,  2, 
13.88;  vgl.  Diod.  XV,  19).  £8  ist  also  tendenziöse  Greschichte- 
faleebnng,  wenn  den  Thebanern  vorgeworfen  wird,  sich  daran 
betheiligt  zu  haben. 

Eine  Symmachie  mit  Olynthos,  auch  wenn  sie  wirklich  be- 
reits bestand,  verband  indessen  Theben  keineswegs,  dieselben 
Feiode  wie  Olynth  zu  haben,  ein  Krieg  zwischen  Olynth  und 
Sparta  brauchte  daher  keinen  Krieg  zwischen  Theben  und 
Sparta  zur  Folge  zu  haben,  und  Theben  war  in  diesem  Falle 
höchstens  zu  einer  wohlwollenden  Neutralität  verpflichtet.  So 
Iiat  man  die  Dinge  jedenfalls  in  Theben  angesehen.  Man  that 
keine  Schritte  ge^en  Phoibidas,  der  durch  das  thebanische  Gebiet 
zog  und  dicht  bei  der  Stadt  sein  Lager  aufschlug,  man  ergriff 
nicht  einmal  besondere  Vorsichtsmassregeln  gegen  ihn,  man  unter- 
sagte lediglich  den  Bürgern  von  Theben,  im  Heere  des  Phoibidas 
Dienste  zu  nehmen.  So  fasste  man  die  Lage  aber  auch,  wenig- 
stens officiell,  in  Sparta  auf.  Das  zeigen  die  Verhandlungen  bei 
Xenophon,  Hell.  V,  2,  32  ff.  zur  Genüge.  Phoibidas  hatte  vom 
Staate  keinen  Auftrag  zu  seinem  Vorgehen,  und  was  Leontiades 
vorbringt,  ist  für  die  völkerrechtliche  Frage  völlig  irrelevant, 
steht  etwa  auf  der  Höhe  der  Gründe,  welche  Napoleon  Bonaparte 
für  die  EinA^erleibung  der  Hansestädte  in  Frankreich  anführte. 
Daee  Theben  ein  Bündniss  mit  Olynth  geschlossen  habe,  figurirt 
imr  als  ein  einzelner  unter  ein  paar  fadenscheinigen  Gründen, 
wird  offenbar  von  Leontiades  selbst  nicht  als  ein  wirklicher  Casus 
belli  aufgefasst.  Wenn  sich  irgend  etwas  zur  Rechtfertigung 
iea  Verfahrens  der  Spartaner  hätte  anfuhren  lassen,  Xenuphon 
hätte  es  uns  ohne  alle  Frage  nicht  vorenthalten,  und  über  das 
Bündnies  mit  Olynthos  hätte  er  fraglos  mehr  zu  sagen  gewusst, 
wenn  dieses  wirklich  die  Veranlassung  zu  dem  Vorgehen  des 
I^hoibidas  gewesen  wäre.  Die  öffentliche  Meinung  im  übrigen 
Griechenland  war  einstimmig  in  ihrer  Verurtheilung  der  That, 
und  dasselbe  darf  man  nach  Xenophon  V^  2,  32  von  Sparta 
«ftgen,  wo  die  Entrüstung  des  πλήθος  schwerlich  erheuchelt  war. 
Auf  der  anderen  Seite  mass  sich  Phoibidas  freilich  von  vorn 
Wein  gedeckt  gefühlt  haben ;  zweifelhaft  kann  nur  sein,  ob  bloss 
^urch  Agesilaos  oder  auch  durch  einen  geheimen  Auftrag  der 
^phoren,  nach  den  Umständen  zu  handeln.  Denn  dass  man  ihn 
^f  den  Augenblick  des  Commandos  enthob,  während  man  ihn  im 
^^^genden  Jahre  als  Harmosten  aussandte  und  noch  dazu  nach 
.^^otien,  war  ebenso  auf  den  Schein  berechnet,  wie  dass  man 
^^^  eine  Geldstrafe  auferlegte,  deren  Bezahlung  man  niemals 
^^*i  ihm  forderte. 

Königsberg.  Franz  Rühl. 


156  Misoellen. 

Varia. 

Ϊ.  Schol.  Bern,  ad  Verg.  Ge.  3,  7  haec  traduntur:  Pelops 
corrupif  praemio  Myrtilum  aurigam^  gui  Oenomai  citrrui  cereos 
saxidonos  imposuiL  Hermannus  Hagen  monstram  illud  '  saxi- 
donos'  domari  poese  oenenit  scribendo  cutis  clavos:  qnod  non  nno 
nomine  improbabile  videtur.  Sed  verum  vidit  primue  ecboliornm 
editor  C.  W.  Mueller,  raro  felix  in  emendando  neo  niei  in  aper- 
tiBeimia  mendis,  cum  ^axedones^  proponeret.  Quae  coniectura 
quominuB  Hageni  plaueum  ferret,  obetabat  maxime,  quod  auctor 
probare  non  potnerat  axedonem  fuiese  clavum,  qui  rotis  inseritur. 
Kam  eo  loco  qui  in  lexicis  erat  etiam  tum  bodieque  est  unicns 
Marcelli  Empirici  de  medicamentis  cap.  33,65  (si  quem  adusum 
venerium  irtfirmum  volueris  esse,  tibicunque  minaerif,  supra  lotium 
eins  ohicemy  id  est  axedonem,  ex  usu  figes)  Forcellinio  vide- 
batur  axedo  idem  eeee  quod  axis  vel  aeaerculus  nee  aliter  Greor• 
geeio  'ein  rundes  Brett  als  Deckel  ,  faleo,  ut  mox  videbimns. 
£x  corpore  enim  gloseariorum  nunc  diecitur  id  ipanm  ea  voce 
significari,  quod  ecboliornm  loco  eupra  allato  requiritur.  En 
testimonia:  CGI.  II  295,  57  fμßoλoς^  το  εΙς  τόν  fiEova  έμβαλ- 
λόμβνον  Εύλον:  axedo,  unde  effectum  est  in  'Glosaie  nominnm' 
ib.  p.  560,  18  axedo:  lignum  quo  vertifur  rota;  III  195,  58 
(Hermen.  Monac.)  paraxotiia :  asinodes  et  262,46  (Herm.  Monte- 
peee.)  παρασιυσμα  (lege  παραΕόνια) :  asmodes,  utroque  loco  axt- 
dones  corrigendnm  est;  V  338,  21  (Gl.  Ampi.  cod.  Ep.)  axedones: 
lynisaSy  b.  e.  num.  plnr.  vocia  anglo-eaxonicae  lynis,  quod  noe 
etiamnunc  'Ltinee'  vocamus.  Graecae  barum  glosaarum  inter- 
pretationea  comprobantur  testimonio  Pollucie  onom.  I  145  παρα- 
έόνιον  *  τό  κιυλυον  τόν  τροχόν  έμττηγνύμενον  τψ  δΕονι,  παρα- 
Εόνιον  ή  ώς  Γοργίας  έπίβολος,  ή  ώς  'Ερατοσθένης  ίμβολος. 
Decique  eic  demum  aliqua  ex  parte  explicare  licet  άμαΕηδόνια 
quae  sunt  in  Scbol.  Eurip.  Hipp.  1235  (ένήλατα :  o\  naöGa- 
λίσκοι  o\  προς  τώι  δΕονι,  τά  καλούμενα  άμαΕηοόνια),  quae 
audaciasima  coniectura  Yalckenaar  mutat  in  παραΕόνια  et  Haaei 
(in  Tbea.  Stepb.)  in  oEovibia,  quae  vox  in  Pbryniobo  (Bekk. 
Anecd.  p.  58,  11)  obvia  fortaase  in  oEibovia  mutanda  eat:  nam 
in  Bcbolio  illo  quamquam  in  promptu  est  άΕηοόνία  corrigere  non 
ausim,  cf.  τετραχμον  pro  τ€τρα(6ρα)χμον  et  similia;  accedit, 
quod  etiam  Eustacbius  p.  598,  35  traditam  lectionem  teatatar. 
Ac  nescio  an  axidorium,  quod  Du  Gange  affert  ex  cbartia  duabus 
saeculi  octavi  et  decimi,  nbi  aliquid  tradi  dicitur  per  hostiwn 
(=  ostium)  et  axidorium  vel  axidoria,  buc  trabendum  sit,  quam- 
quam alio  significatu  positum  est  boo  et  rursua  alio  in  glossis 
latino  germanicis,  quas  Steinmeyer  et  Sievera  ediderunt,  vol.  III 
p.  168  axidonium  :  stuol^.    Eisdem  autem  glossis  cognoscitur  etiam 


^  Male  Stephaniis  ediderat  ^μβολον.     V.  infra. 

2  CGI.  11  514.  32  accistdus  (i.  e.  acisculus):  axedonis  quid  sibi  g| 
velit  graeca  interpretatio,  non  cxputo.  Cf.  II  432,  49  σκάφίον  ήτοι  " 
hpvl•  κηπουρικόν    acisculujf}.    unde    axinoryx    latere   suepiceris   coli.  1Π 


Misoellen.  157 

chicem  in  usa  faisee  pro  clavo  rotae,  y.  ib.  p.  678  pazillus  vel 
obea :  lun  i.  e.  lignum  quod  in  aae  ponitur  ante  rotam  ne  recedcUf 
poeuerantque  ita,  id  quod  lexica  ignorant,  et  Claudianus  in  lande 
Serenae  v.  167  namperfidns  obice  regis  prodidif  Oenomaus  deceptus 
MyrUlus  axem  et  Sidonius  carm.  2,  491  Oenomaumy  natae  quem 
fraude  cadentem  cerea  destituit  resolutis  axihus  oh  ex  (Hyginue 
fab.  84  in  eadem  re  ^ Myrtilus  clavos  in  rotam  non  coniecit\ 
lam  vero  apparet,  qua  re  Marcellus  posuerit  obkem  id  est  aaedo' 
nem,  nee  quaerendum  puto,  nt  in  rebus  magioie,  cur  rotae  clavnm 
nee  alium  quemlibet  figi  iusserit. 

II.  In  Vergilii  vita  Donatiana  cum  haec  legantur:  libidinis 
in pueros pronioris  (sequuntnr  argumenta)  ...  cetera  sane  viiae 
et  ore  et  animo  tarn  probum  constat,  ut  Neapoli  Parthenias 
vulgo  appellatus  sit,  verba  quae  dispestis  litteris  impreesa  Runt, 
alia  alios  üriticoe  vexaverunt,  si  quidem  Reifferecheidio  vitae  cor- 
ruptum  videbatur,  Eibbeck  ore,  quod  se  intellegere  negat,  in 
mare  mutabat,  Hagen  probat  um  pro  probum  scribendum  con- 
iecit,  cum  in  uno  Bernenei  prima  manu  proba  exaratum  inveniret. 
Nos  haeo  verba  sicut  tradita  sunt  adeo  proba  et  incorrupta  pu- 
tamue,  ut  ipsum  Suetonium,  ad  quem  haec  tota  vita  Donati  re- 
dire  reete  existimatur,  eapere  videantur.  Nam  probue  ore  et 
animo  quid  vocetur,  optime  illuetratur  eis  quae  Suetonius  de 
gramm.  15  narrat  Lenaeum  Sallustium  hietoricum,  quod  Pom- 
peium  oris  probt,  animo  inverecundo  scripeisset,  acerbiesima  satira 
laceravieee,  ad  quem  locum  conferunt  Sacerdotis  grammatici  (CGrr. 
VI  p.  462, 1  E.)  illud  de  Pompeio  qui  coloris  erat  rubei,  sed  animi 
inverecundi  et  Plinii  nat.  bist.  7,  53  'Magno  Pompeio  Vibius  qui- 
dam  ...  et  Publicius  fuere  similee  illud  os  probum  reddentes", 
quibus  testimoniis  addendum  eet  Senecae  ep.  11,  4  'nihil  erat 
molUus  ore  Pompeii,  numquam  non  coram  pluribus  rubuit\  Ap- 
paret  probum  ob  esse  molle  ac  verecundum  quäle  solet  παρθένων 
esse  vel  modeetum,  ut  Suetoniue  de  Domitiano  c.  18  Vultu  mo- 
desto  ruborisque  pleno'  et  in  sequ.  *commendari  se  verecundia 
oris  adeo  sentiebat',  quare  vereor  ut  recte  Baumeister  (Denk- 
mäler des  class.  Altertb.  p.  1386)  Pompei  os  probum  verterit 
'Biedermannsphjsiognomie  .  Adde  quod  similiter  Julius  Capito- 
linus,  cui  ut  reliquis  scriptoribus  Historiae  Augustae  Suetonii 
lectio  familiaris  fnit,  de  Opilio  Macrino  vitae  eins  c.  2,  1  oomposuit 
(onmi  atque  oris  inverecundi,  Martialis  epigr.  11,  103,  1  tanta 
tibi  est  animi  pröbitas  orisque,  Safroni,  ut  mirer  fieri  te  potuisse 
patrem.  Denique  etiam  quod  ad  cetera  vitae  (vg.  cetera  vita)  at- 
tiuet,  quae  opposita  sunt  Vergilii  in  pueros  pronae  libidini,  non 
ab  re  videtnr  comparare,  quae  Suetonius  de  Augusto,  postquam 
Hbidinem  eins  circa  vitiandas  virgines  atque  aleam  probavit» 
pergit  (c.  72)  in  ceteris  partibus  vitae  continentissimum  fuisse 
^onstat.  Quamquam  fieri  potest,  ut  Donatus  verba  Suetonii  de- 
cnrtarit. 


325,  69  άΕινόρυΕ  ligo,  204,  32  ά.  asciatum  (?).  Ck)ntra  gloesa  Maii  Cl. 
Auct.  VI  510  axidones  :  sessores  vereor  ne  aliena  sit,  cf.  Non.  62,  23 
oseedo  vtl  (Msesaor. 


158  Miscellen. 

III.    Acronie  comiüentarii  in  Horatium,  qui  ex  artis  formola 
recensiti  adhuc  desiderantur,  eed  exspectantur  ab  Ottone  Kellero,     | 
quam    utilee    eint    ad    (fognoscendam    seriorem    Latinitatem    nno 
exemplo  probabimus.     Haec    enim  ad    epodorum  12,  5  habentur: 
dicü  86  nee  putorem  narium  nee  hircum  ferre^  quo  illa  labarabat, 
ab  hircorum  enim  foetore  dieti  sunt  et   olenies    titillL     Qaarum 
vocuni  extremam  Hautbai  aut  partes  titillatae  voluptatie  i.  e.  mu- 
liebria  aut   ipeas    axillas    eive    alas    corporis    intellegendas    esse 
censet,    illud  sane  mire,  ne  dicam  inepte,    hoc    recte.     Hodieque 
enim  in    dialectis    maxime  Tarentina   et  Neapolitana  ala  vocatnr 
ieteUeca,   tractum  a  yerbo  iitUlicarej  quod  mihi  notum  est  tantum 
ex  CGI.  111  132,  ubi  τατγαλίΖ[€ΐν  ('kitzeln')  eo  explicatur.     Sed 
sermone  bonesto  Itali  ascelta  nancupant,  quae  forma  et  ipsa  apud 
Acronem   ep.   1,  13,   12  reperitur,    sed    ab  Hautbalio    antiquiore 
€Utilla  mutata  eet.     IIHuh  formae  testimonia  sat  mnlta  et  collegit 
iam  Georges  lex.  ed.  VII  et  yidere  licet  in  glossariis,  velat  CGI. 
11 1  478,4   (Herrn.  Einsidl.)    μαοχάλχ]  ι  ascella  (Goetz   contra  co- 
dicem  αχίΙΙα)^  V  169,  8  ascelta  :  locus  sub  brachia  (sie),  ib.  340,  & 
(Ampi.  I)  ascella :  ocusta,  quod  diminutivum  anglo-saxonicum  primi— 
tivae  vocis  oxn  rectius  ocusna  scribi  Leo  in  glossario  angl.  p.  46& 
63  notat;  inde  rnrsus  subascellandi  verbum  natum  est,  quod  qnm.- 
dem  restituendum  puto  ib.  p.  593,  27  clanculare  :  occmUare^  palliar  ^e^ 
subaceltare  (sie),    ubi  alii   alia,    sed  omnia  parum  probabilia  pr^:j. 
posuerunt:  sub  ascella  abscondere,  ferre  aliaque  passim  in  Yulga.'^^a 
leguntur,  sub  ala  portare  Horatius  dicit,  ύττό  μάλης   φέρειν  c^t. 
Graeci  (ν.  Lob.  ad  Phryn.  196),  palliare  autem   similiter  ex]>li- 
candum  videtur  'pallio  occultare'.     Sed  etiam   avium  pennae  ^xs- 
cellae  (ut  alae)  dicuntur  ab  Anthimo  cap.  23  {gallinarum  pect<?ra 
et  ascellae),  Itala  Matth.  23,  37  (pullos  sub  ascella)^  CGI.  V  169,  d 
ascellulae  pinnae  vel  squamae,  ac  nescio  an  Apicii  c.   182  gallina- 
rum scellae,    quas  Schucb  aucellas    vel    rusticellas   intellegit,    ita 
interpretandae  sint,  conferas  sie  Italorum  scalogna  =  cepa  Asca- 
lonia  aliaque   apbaereseos  exempla.     Prorsus  igitur   dubitari    ne- 
quit  de  posteriore  formae  *  ascella'  usu,  quae  in  meutern  revoc&t 
memorabilem  vocis,    quae    est   mulus,   diminutionem  muscelltis  et 
muscellay    quae   e    codice   Legionensi   veteris    testamenti    protulit 
Koenscb  (v.  collect,  phil.  p.  16  sq.)  et  recte  comparavit  quod  ir^     ^^ 
inscriptione     parietaria    Pompeiana    n.    2016    legitur  ^  mulus  hi^     \ 
muscellas  docuit    refutavitque  Georgesium  muscellas  a  tnusca  deri^ 
vantem,    quamquam    fugit    virum  doctum    etiam    in  Cyrilli  quo^^ 
vocatur  glossario  CGI.  11  373,  29    μουλάριον :  musceUa  invenir^ 
nee  aliter  muscellum  respondere  mulo  atque  ascellam  alae  aliaqa^^ 
eius  generis,  quae  veteribus  quidem  diminutiva  visa  esse  consti^^ 
et    puto  etiam   ei    qui  parieti  illa   verba  illevit.     Ceterum  rursa  ^ 
alio  modo  Hispani  et  Portugalenses  hodie  alam  sobaco  vel  sova<^  ^ 
vocant,    Sardi  sucrcu,   quae   vulgo   omnia  ad  subbrachium  Isido^*' 
ür.  11, 1,  65  revocantur,  sed  dubito  an  Sardiniense  suercu  tracto«^   i 
sit  a  voce  subhircuSy  quam  idem  Isidorus  memorat,  cf.  Cyrilli  glo»•^- 
II  364,  33  μάλη  άνθρωπου  subirico  (sie)  subala. 

Oifenbaci  ad  Moenum.  Guil.  Heraeus. 


Miscellen.  159 

€.  Julius  PrisGie,  der  Brider  des  Philippis  Arabs. 

Brtinnow  bat  in  dem  Dorfe  Suhba  des  Haurän  eine  Inschrift 
copirt,  die  für  die  dunkle  Begierung  des  Kaisers  Pbilippus  in 
mebr  als  einer  Beziebung  von  Bedeutung  ist.  Der  Text  lautet 
mit  geringfügigen  Verbesserungen: 

G,  lulio  Fri[s]co  v{iro)  [e]^n{inentissifno)  fr(Ur[i]  et  patru[o] 
'diominorum)  n(ostrorum)  PhiUpporum  Aug(ustorum)  et  praeß^ecto) 
praei{orio)  rect[o]riqiue)  Orientis  Trebonius  Sossianus  p(rimi)  p(i' 
laris)  *  domo  colionia)  Hel{iupoli)  devotus  nttmini  maiestatique  eorum. 

Am  Scblusse  stebt  eorum^,  weil  neben  der  Statue  des  Priscus 
die  Statuen  der  beiden  Pbilippi  und  der  Otacilia  Severa  aufge- 
stellt waren.  Die  Veranlassung  für  den  Primipilar  die  ganze 
kaiserlicbe  Familie    in  dieser  Weise    zu    ebren    lag    darin,    dass 

Suhba  die  Heimatb  des  Kaisers  war,    der  ihr  unter  dem   Namen 

Pbilippopolis  den  Hang  einer  Colouie  verliebt  In  Subba  sind 
noch  zwei  Inschriften  eines  Julius  Priscus  erbalten,  in  dem 
Waddington  schon  früher  den  Bruder  des  Kaisers  erkannte. 

n.  2077  Τον  beiva  .  .  Ίου]λ[ίου]*  ΓΤρ€ί[σκου  τ]οο  έ^οχιυ- 
τά[του]  έπαρχου  Μ6σο[7Γθ]ταμίας  υΐόν  άιυρον  ή  πόλις,  bxa  Ιου- 
λίου Μάλχου  βουλ(€υτου)  συνδίκου  και  επιμελητού,  μ(νήμης) 
χ{άριν). 

η.  2078  Τον  beiva  Ιουλίου  ΓΤρείσκου  τ]ου  έζο[χιυ]τάτου 
έπαρχου  Μεσοποταμίας  υΐόν  Κάσσιος  Τειμόθεος  άπό  β(ενε-) 
φ(ικαρίου)  πετεϊτορ  τόν  άιυρον  μ(νήμης)  χ(άριν). 

Waddington  bat  auch  aus  der  Inschrift: 

n.  2072  Υπέρ  σωτηρίας  τών  κυρίων  Μ(άρκων)  Ιουλίων 
Φιλίππων  Σεβαστών  έπ(ι]μελο[υ]μένων  Ιουλίου  Σεντίου  Μάλχου 
και  Άμωνί[ου]  κέ  Άλεέάνορου  βουλ(ευτών),  προε6ρί()ΐ  Μα^^ί- 
νου,  έτους  πρώτου  της  πόλεως. 

in  welcher  jener  Julius  Malcbus  der  Inschrift  Nr.  2077  wieder- 
kehrt, geschlossen,  dass  dem  Sohne  des  Julius  Priscus  jene  bei- 
den Inschriften  nicht  vor  dem  Jahre  247  gesetzt  sind^  Dem- 
nach war  Julius  Priscus  in  der  ersten  Zeit  der  Regierung  seines 
Bruders  praefectns  Mesopotamiae  und  führt  wegen  seiner  Ver- 
wandtschaft mit  dem  Kaiser  den  Titel  eminentissimus  vir,  der 
sonst  nur  dem  praefectus  praetorio  zukommt  Die  neugefnndene 
Inschrift,  in  welcher  Julius  Priscus  praefectus  praetorio  rectorque 
Orientis  beisst,  fällt  später,  gegen  das  Ende  der  Begierung  des 
Kaisers  Pbilippus.  Dadurch  gewinnt  der  Bericht  des  Zosimus 
erst  volle  Klarheit  und  Bestimmtheit  1,  19,  2  έπει  bi  εΙς  τήν 
Τώμην  άφίκετο  τους  έν  τέλει   της  βουλής   λόγοις    έπιεικίσιν 

^  Vgl.  die  Inschrift  desselben  Mannes  CIL  VI  423. 

2  Vgl.  z.  B.  arch.  epigr.  Mitth.  XV  S.  100  n.  29.  Hettner  Stein- 
denkmäler des  Provinzialmuseums  in  Trier  S.  1  n.  2. 

8  Waddington  Syrie  n.  2072. 

^  Das  λ,  welches  in  Waddingtons  Copie  fehlt,  hat  Brünnow  auf 
dem  Steine  erkannt. 

^  Denn  erst  in  diesem  Jahre  hat  Pbilippus  iunior,  der  in  der 
Inschrift  2072  Augustus  beisst,  den  Titel  Augustus  erhalten. 


160  Miscellen. 

ύπαγαγόμβνος  ψήθη  beiv  τάς  μεγίστας  τών  άρχων  τοις  οΐ- 
κειότατα  ττρός  αυτόν  ϊχουσιν  παραδουναι,  κα\  ΤΤρίσκον  μέν 
ά6€λφόν  δντα  τών  κατά  Συρίαν  προεστήσατο  στρατοπέδων, 
Σββηριανιυ  οέ  τψ  κηδεστή  τάς  έν  Μυσίςι  και  Μακεοονίςι  δυ- 
νάμεις έπίστευσεν  —  es  folgt  der  Krieg  gegeu  die  Carpao  ^  — 
20,  2  πολλών  bi,  κατά  ταύτόν  έμπεσουσών  ταραχών  τοις  πράγ- 
μασιν,  τά  μέν  κατά  την  έψαν  ταΐς  τών  φόριυν  εΙσπράΕεσι 
κα\  τώ  ΤΤρίσκον,  άρχειν  τών  έκεϊσε  καθεσταμένον  εθνών,  άφό- 
ρητον  δπασιν  είναι  βαρυνόμενα. 

Die  beiden  Aemter  dee  Priscus  —  praefectus  Mesopofamiae 
und  praefectus  praetorio  rectorque  Orientis  —  werden  zeitlich 
unterschieden,  aber  die  wahre  Bedeutung  des  ersten  Amtes  ist 
durch  den  nachlässigen  Ausdruck  κατά  Συρίαν  verdunkelt  ^.  Die 
ritterliche  Siatthalterschaft  Mesopotamiens  war  schon  wegen  der 
Lage  der  Provinz  an  der  Grenze  des  neuerstandenen  persischen 
Eeiches  die  wichtigste  des  Orientes  und  bildet  überdies  seit 
der  Zeit  des  Septimius  Severus,  der  sie  geschaffen  hatte,  das 
Gegengewicht  gegenüber  den  senatorischen  Heereskommanden^ 
Dass  die  Generalstatthalterschaft  des  Ostens  titnlär  als  praefectura 
praetorio  bezeichnet  wird,  erklärt  sich  ans  der  Laufbahn  des 
Priscus,  der  senatorischen  Bang  nie  erlangt  hat.  Diese  Lauf- 
bahn ist  uns,  wie  Waddington  gesehen  hat,  erhalten  in  einer 
fragmentirten  Inschrift. 

DcRsau  Nr.  1331  —  praef{ecto)  pra[etono]y  praeß^ecfo)  Me• 
sop(ptamiae)^  iu{ridlco  Alexcmdreae]  vice  praef(ecti)  A€ff[ypti,  pro- 
c(tiraiori)  pi*ov{inciae)]  Maced(oniae)j  proc{uratori)  pro[vinciae  . .  .  .] 
ubiq(ue)  vice  praes[idiSy   praeposito]  vexillati(m{um)    in  dia  .... 

α  divo]  Gordiano  legiionis)  I v^exiU{alionum)  class(is)  pr[ae' 

t(oriae) ....    proc(urafori)   prov{inciae)    His]p{aniae)    cet{enoris)^ 
roc{uraton)  pro[v(Jnciae)  ....  pro]c{uraiori    pr[ov(i7iciae)]  .  .  . 

proc{nratori)  p^rov(inciae) Demnach  war  Priscus  bei  der 

Thronbesteigung  des  Philippus  iuridicus  in  Alexandria  und  Stell- 
vertreter des  praefectus  Aegypti.  Die  grosse  Zahl  der  Provinzial- 
procuraturen,  deren  nähere  Bezeichnung  in  der  Lücke  verloren 
gegangen  ist^  macht  es  wahrscheinlich,  dass  Priscus  nicht  von 
der  Picke  auf  gedient  hat,  so  dass  der  Vater  C.  Julius  Marinns, 
den  Philippus  unter  die  Götter  erhob,  schwerlich,  wie  die  Epitome 
28  will,  ein  nohilisnmus  latronxim  ductor  war. 

Heidelberg.  A.  v.  Domaszewski. 

^  Dieser  Krieg  hat  bis  in  das  Jahr  248  gedauert.  In  diesem 
Jahre  wurde  Romula  in  Daciin  befestigt.     CIL.  III  Suppl.  8013. 

2  Das  ist  gewiss  keine  abweichende  U eberlief erung,  die  überdies 
durcl)  die  Inschrift  als  falsch  erwiesen  wäre,  sondern  nichts  als  eine 
schiefe  Wendung  des  Epitomators. 

3  Vpl.  Rhein.  Museum  45  S.  209. 


f 


Verautwortlicher  Redacteur:   L.  Radermachcr  in  Bonn. 

(19.  December  1898.) 


Sallnstcitate  bei  Frouto. 


Einen  recht  traurigen  Eindruck  macht  in  Nabers  Fronto- 
ausgabe  der  Abschnitt  auf  S.  108  —  111,  in  welchem  der  Bhetor 
Auszüge  aus  Ciceros  Hede  pro  Caelio  und  aus  Sallusts  Bella  mit- 
theilt, um  Eedeßguren,  so  die  Epanaphora  und  rhetorische  Schil- 
derungen von  Land  und  Leuten  mit  Beispielen  zu  belegen. 
Gerade  dieser  Theil  ist  aber  für  die  Sallustkritik  überaus  wichtig, 
da  der  angeführte  Text  auf  ein  spätestens  aus  der  Mitte  des 
2.  Jahrhunderts  stammendes  Exemplar  zurückgeht,  welches,  wie 
man  aus  Frontos  Urtheil  über  den  Schriftsteller  und  über  die 
besten  Classikerausgaben  (S.  20,  4  ff.  Naber)  schliessen  kann,  eine 
gute  Becension  aufgewiesen  haben  wird.  Unzweifelhaft  liegt  uns  in 
den  Sallustcitaten  Frontos  eine  der  Hand  des  Geschichtschreibers 
zeillich  sehr  nahe  Quelle  vor,  die  bei  ihrer  Unabhängigkeit  von 
unserer  Ueberlieferung  der  Bella^  deren  beste  Handschriften  erst 
aus  dem  10.  Jahrhundert  stammen,  ein  schätzbarer  Gradmesser 
ist  für  den  Wert  und  die  Zuverlässigkeit  unseres  Textes. 

Bei  der  Nachprüfung  des  Frontopalimpseetes  ist  es  mir  ge- 
lungen, diese  Partie  sehr  zu  fördern,  und  zwar  nicht  nur  manches 
im  einzelnen  zu  bessern,  sondern  auch  mehrere  Seiten  Sallnsttext 
neu  dazu  zu  gewinnen,  so  dass  der  bisherige  Umfang  der  Citate 
fast  um  das  Doppelte  vergrössert  erscheint. 

Was  zunächst  die  Aufeinanderfolge  der  den  Sallusttext 
überliefernden  Seiten  anlangt,  so  schrumpft  die  von  den  Heraus- 
gebern zwischen  der  Seite  157  des  Vaticanischen  und  der  82. 
des  Ambrosianischen  Theiles  angenommene  Lücke  von  4  Seiten 
auf  das  Fehlen  bloss  zweier  von  Mai  und  Naber  nicht  gelesener 
Zeilen  zusammen.  Denn  Fronto  geht  in  der  Charakteristik  lugur- 
tbas  von  6,  1  minimum  ipse  de  se  loqui  (S.  108,  23  Nah.)  auf 
Cap.  7,  4   Nam  lugtirtha  ut  erat  inpigro  atque  acri  ingenio  über; 

Rhein.  Mas.  f.  Philo).  Ν   F.  LIV.  H 


162  Haulcr 

mit  'pigro  aiq(ue)  acri  ingenio  beginnt  nämlicb  die  bisher  von 
Mai  und  Du  Riea,  dem  uewäbremann  Nabers,  nicht  entzifferte, 
allerdings  sehr  dunkle  Seite  82  des  Ambrosianus.  Sie  enthält 
nach  meiner  Lesung  den  zusammenhängenden  Text  von  Ing.  7,  4 
bis  8,  1  clari  magis  quam  honesti,  so  zwar,  dass,  wie  meine 
Frontoausgabe  darthun  wird,  wohl  im  einzelnen  manche  Buch- 
staben und  Silben  fraglich  sind,  aber  über  kein  Wort  ein  ernst- 
licher Zweifel  bestehen  kann.  Freilich  Mai  und  Naber  (S.  109, 
2 — 4)  gaben  nur  folgendes  als  auf  dieser  Seite  lesbar  an:  Aries 
inpe(j'atoriaey  hanore  [summo]  habi(^tae)  .  ,  quid  ,  .  sperent  .  . 
ab  [per]  .  .  tibi  nat  ,  ,  is  .  ,  qui  tum  .  .  rem  .  .  omnia,  Wörter 
und  Silben,  welche,  wie  man  aus  der  Vergleichung  des  ein- 
schlägigen Sallusttextes  ersehen  kann,  am  ehesten  den  Verbin- 
dungen {Rom)anis  Imperator  erat  et  more{m  hostium  cog)nouit  im 
Cap.  7,  4,  dem  Relativum  qiiod  das.  §  5,  ferner  den  Wendungen 
{omm)s  fere  \  res  aspcras  per  §  6,  5iW  mul{tos  ex  Itoman)i8  §  7, 
quih{us)  diu(itiae)  und  {potio)res  {erantj  factiosi  d)omi  in  8, 1  ent- 
sprechen. —  Daran  schliesst  sich  S.  81  des  Ambrosianus  (S.  109, 
4  ff.  Nab.),  auf  welcher  Mai  nach  den  überleitenden  Worten  Ne 
agrei  (e  von  m,^  del.)  quidem  forma  praetereunda  den  Text  von 
lug.  17,  5  Mare  saeuum  bis  §  6  haud  saepe  quem  superat  (S.  109, 
9  Nah.)  gelesen  hat.  Auf  superat  folgt  noch  der  bisher  nicht 
erkannte  Satztheil  (^ad^  h(^oc)  mcUefici  generis  plurima  animalia^ 
sodann  die  Uebergangswendung  Tum  illa  (auf  die  vorangegangene 
Charakterschilderung  lugurthas  bezüglich)  persequitur  non  inscite^ 
welche  das  Citat  von  lug.  20, 1  In  regnum  Adherbälis  ^  animum 
intendit  (S.  109,  10  Nab.)  einführt.  Der  Text  erstreckt  sich  bis 
20,  2  metuendus  (S.  109,  12  Nah.).  Die  danach  in  unseren 
Frontotexten  klaffende  Lücke  ist  durch  Hoc  de  constdis  (durch 
cos,  abgekürzt)  peritia.  Nam  auszufüllen.  £s  schliesst  sich  un- 
mittelbar das  schon  von  Mai  entzifferte  in  consule  nostro  an,  d.  h. 
lug.  28,  5  bis  zu  dem  Worte  inuidias^  (S.  109,  12—16  N.).  In 
die  nächste  Lücke  ist:  MilÜes  {deinde  co)rrupti  und  Imperatori 
einzusetzen,  worauf  mit  exercitus  \ei\  traditur^  der  Text  von  lug. 


^  h  von  m.^  nachgetragen ;  der  Eigenname  selbst  fehlt  mit  Un- 
recht in  unseren  Frontoausgaben  (nur  Mai^  gab  etwas  genauer  in  regnum 
....  animum  intendit  an). 

^  So,  nicht  insidias  der  Palimpsest. 

^  m.^  scheint  ei  getilgt  und  das  ursprüngliche  iraditus  in  Uebcr— 
cinstimmung  mit  unseren  Handschriften  in  traditur  geändert  zu  haben  ^ 


Sallastcitate  bei  Fronto.  163 

44,  1  (S.  109»  16  N.)  anhebt.  Dieser  läuft  auf  der  im  wesent- 
lichen sehon  von  Mai  gelesenen  blassen  und  darchlöcherten  Seite  95 
des  Ambrosianischen  Theiles  bis  §  2  accedebat  (S.  109,  21  N.) 
weiter.  Danach  habe  ich  in  der  von  Mai  ausgelassenen,  von  Du 
Bieu  durch  das  räthselhafte  FD  INIS  bezeichneten  Spitzmarke 
für  den  folgenden  Abschnitt  das  Substantiv  Effeminatio  erkannt. 
Hieran  reiht  sich  lug.  44,  4 — 45,  1  Neun  Alhinus  bis  inter  am- 
biliomm  saeui\\\  diese  Stelle  (S.  109,  21— S.  HO,  13  N.)  füllt 
den  Rest  der  ganzen  Seite  95  aus.  —  Von  der  nächsten  (8.  96) 
hatten  die  Herausgeber  nichts  als  {saeui)tiam  (Mai^ :  saeuitiamque 
moderatum)  und  das  Wort  animo  gelesen.  Nach  meiner  Ent- 
zifferung vervollständigt  sie  zunächst  das  Capitel  45  (bis  §  3 
exerciium  hreui  confirmauit)  und  bietet  unter  dem  weiteren  Schlag- 
wort Tum  forma  Marü  den  Text  von  lug.  68,  1  und  2  Per  idem 
tempus  bis  cupido  exagitabat.  Darauf  ist  der  Ausfall  eines  Blattes 
anzunehmen,  das  die  weitere  Charakterschilderung  des  Marius 
bis  63,  7  enthalten  haben  wird  und  dann  ohne  Zweifel  auf  1(K),  3 
Simtd  consul  überging.  Denn  die  nächst  erhaltene  Seite  89  des 
Ambros.  beginnt  mit  st*etam^  duritiam  (lug.  100,  5).  Hierbei 
entsprechen  die  in  den  sieben  ersten  Zeilen  der  ersten  Spalte  bis- 
her gelesenen  Wörter  (S.  HO,  13  f.  N.)  sttetum  .  .  aualrum]  .  . 
iniulrias]^  habuisset  .  .  <ώ  ülo  ,  .  $ae  ,  .  bene  dem  Sallusttexte 
{conjsuetam  duritiam  et  atia^  quae  (^ceter^i  miserias  uoc(ayntj  uo- 
luptati  habuisse:  (jtyisi  (Jamben  res  publica  par(iter  atque  *^  soe- 
uissimo  im(^perio)  bene  aiq(ue)  decore  gestio).  Darauf  erfolgt  mit 
den  Worten  Sed  forma  ea  ijmyperatoC^ris);  perlege^  (ßt  uoyiup- 
taria,  welchen  bei  Mai  Sed  ,  .  .  et  uoluptatiba  und  bei  Naber 
(S.  110,15):  Sed  .  ,  ,  et  uoluptatibus  entspricht,  der  Uebergang 
zu  Catil.  25,  1  Sed  in  his  (n».';  eis)  erat  Sempronia  u.  s.  w. 
(S.  110,  16  ff.  N.).  Dieses  Citat,  das  die  zweite  Hand  durch 
uoluptatiba  (=  uoluptiua)  auf  dem  Rande  glossirt,  setzt  sich  über  de- 
cus  im  §  3  (S.  110,  21  N.)  mit  atque  pudicitia  fuit  neu  bis  zum 
£nde  dieses  Paragraphen  (quam  peteretur)  fort.  Fronto  geht  dann 
unmittelbar  auf  Cat.  31,  1  über  mit  Quis^  rebus  permota  ciuitas. 


^  Von  m.3,  wie  es  echeint,  aus  suetum  verbessert. 

^  Mai^:  (iniu)ria8  ....  habuisset 

8  So  wahrscheinlicher  des  Raumes  halber  als  ac  unserer  Hand- 
schriften. 

*  m,^  scheint  perle  über  das  ursprüngliche  dige  oder  dicc  ge- 
^clirieben  und  die  Silbe  di  getilgt  zu  haben. 

*»  So  wahrscheinlicher  als  quihus  unserer  Handschriften. 


164  Hauler 

Der  Abflchnitt  reicht  auf  der  näcbsten,  in  überaus  ecblechtem  Zu- 
stande befindlichen  Seite  90,  welche  mit  (adflic)tare  stf5e(Cat.  31, 
8;  Nah.  S.  110,  21)  anhebt,  noch  über  deliciis  omissis  (8.  111, 
1  N.)  hinaus;  der  mir  noch  lesbare  Schlues  dieses  Paragraphen 
sibi  patria(e}q{ue)  dif(f)iäere  füllt  zugleich  die  folgende  Lücke  in 
den  bisherigen  Frontoausgaben  aus.  Statt  deren  weiterer  Angabe 
Formis  .  .  .  miserat  .  .  malus  ,  ,  .  ne  damvutn  enthält  der  Pa- 
limpsest  zunächst  die  Wendung  Forma,  qua  (fraglich)  flagitia 
disciplinae  (pl{ebis)  deysicribunfur}  als  Stichwort  für  die  folgende 
Schilderung  der  schmählichen  Zuchtlosigkeit  der  Plebs  nach 
Cat.  37,  3  von  Nam  semper  in  ciuUate  bis  guoniam  egestas  facile 
s(%)ne  damn(o)  habetur.  Statt  formis  unserer  Texte  ist  also  forma 
zu  lesen ;  wofür  Mai  miserat  zu  ersehen  glaubte,  kann  ich  nur 
vermuthen,  vielleicht  für  in  ciuitate.  Ferner  setzte  er  malus  für 
malos  und  ne  damnum  statt  sine  damno.  Mit  dieser  Stelle  schliesst 
das  Excerpt  Frontos;  es  folgt  auf  derselben  Seite  ein  von  den 
Herausgebern  nicht  entziffertes  Dankschreiben  des  kaiserlichen 
Schülers  an  den  Rhetor. 

Was  die  Abweichungen  anlangt,  welche  Frontos  Sallust- 
text  von  unserer  besten  üeberlieferung  aufweist,  so  sind  sie  weit 
geringer  als  es  zunächst  die  Varianten  bei  Mai  und  Naber  ver- 
muthen lassen ;  denn  diese  sind  zum  grosseren  Theile  unzutreffend. 
So  ist  einerseits  lug.  17,  6  im  Palimpseste  statt  patiens  laboris 
(S.  109,  7  N.)  vielmehr  patiens  laborum  wie  in  unseren  Codices 
bezeugt,  anderseits  lug.  44,  1  nicht  laborum  patiens  (S.  109, 
17  N.),  sondern  ebenfalls  übereinstimmend  mit  den  Handschriften 
laboris  patiens.  Irrig  citirt  auch  Jordan-Krüger  in  der  Sallust- 
ausgabe  ^  zu  lug.  28,  Ö  (S.  55,  26)  patiens  laboris  als  abwei- 
chende Lesart  Frontos;  dieser  bestätigt  nämlich,  wie  richtig  alle 
Ausgaben  (so  S.  109,  14  N.)  darbieten,  das  handschriftliche  p, 
laborum^.  Falsch  steht  weiter  bei  Naber  (S.  109,  21)  bonae  spei; 
das  Wahre  liest  man  schon  bei  Mai,  der  im  Einklang  mit  un- 
seren besten  Codices  spei  bonae  angiebt.  Irrthümlich  schreiben 
sodann  Mai  und  Naber  (S.  110,  1)  lug.  44,  4  milites  in  statiui^ 
castris  habebat  statt  des  durch  den  Ambrosianus  bekräftigten  mi- 
lites statiuis  castris  habebat  unserer  Sallusttradition.  Dasselbe  gilt 
von  den  Angaben  des  zuletzt  Genannten  zu  lug.  44,  5;  denn  ut 
cuique  libebat  (S.  110,  3  N.)  ist  in  uti  cuique  l,  (so  richtig  Mai^ 


^  Auf  diesen  Irrthum  Jordans   hat  Meusel  in  den  Jahreeber.  des 
Berl.  phil.  Ver.  1880,  S.  7  schon  zur  2.  Aufl.  aufmerksam  gemacht. 


Sallustcitate  bei  Fronto.  165 

mit  der  Salluetüberlieferuiig)  and  uagäbanlur:  palantco  agros 
uastare  (S.  110,  5  N.)  in  das  handschriftlich  fast  allein  bezeugte 
nagahantur  et  palantes  abzuändern.  Statt  des  Gat.  25,  1  nach 
Dietsch  auch  im  Sallustcodex  Μ  enthaltenen  Sed  in  his  (S.  110, 
16  ^.)}  ^&8  ^*^  ^68  Palimpsestes  ans  Sed  in  ins  hergestellt 
bat,  verbessert  m.^  in  Uebereinstimmung  mit  unseren  besten  Ma- 
nuscripten  Sed  in  eis.  Femer  lassen  die  Herausgeber  (bis  auf 
Mai^)  Cat.  25,  2  in  fortutuUa  fuit  aus  Versehen  fuü  (S.  110, 
18  N.)  aus.  Daselbst  (S.  1 10,  20  N.)  ist  zu  mtdta  alia^  quae 
instrumenta  luxuriae  noch  sunt  hinzuzufügen,  wie  dies  auch  alle 
massgebenden  Codices  bestätigen  (das  Richtige  wieder  bloss  bei 
Mai^).  Schon  oben  haben  wir  endlich  erwähnt,  dass  lug.  20,  1 
der  Genetiv  Ädherhalis  weder  bei  Fronto  (S.  109,  10  N.)  noch 
in  unseren  Handschriften  fehlt  und  dass  lug.  44,  1  (S.  109, 
16  N.)  traditur  in  Uebereinstimmung  mit  unserer  Ueberlieferung 
ans  traditus  (der  m,^)  geändert  zu  sein  scheint.  Durch  den  Weg- 
fall dieser  Varianten  ergiebt  sich,  dass  der  Sallusttext  bei  Fronto 
weit  mehr  mit  unserer  Ueberlieferung  übereinstimmt,  als  man 
bisher  annehmen  durfte.  Sogar  in  der  Orthographie  herrscht 
eine  sehr  grosse  Aehnlichkeit  mit  der  unserer  Sallusthandschriften, 
besonders  des  Orldaner  Palimpsestes  der  Historien.  Das  Fronto- 
man uscript  kennt  nicht  das  hyperarchaische,  weder  band-  noch 
inschriftlich  beglaubigte  minumum  (Ing.  6,  1;  vgl.  4.  Brock, 
Quaest,  grammat,  capita  duo,  Dorpat  1897,  S.  73);  es  schreibt 
maxime,  maximo  (lug.  6,  1  und  7,  4),  plurimum^  -a  (lug.  6,  1  u. 
17,  6)  und  stets  die  jüngeren  Formen  auf  -issimus  bis  auf  lug. 
7,  4,  wo  wf.^,  wie  mir  scheint,  über  die  vorletzte  Silbe  von  mo- 
desiissime  ein  u  gesetzt  hat.  Der  Codex  bietet  ferner  libet,  11- 
hido,  transuersis  (lug.  45,  2),  promptior  (lug.  44,  1 ;  nicht  promtior 
nach  Mai  und  Naber  S.  109,  18);  weiter  im  Accusativ  Pluralis 
omnis  und  im  Dativ  c?^  (lug.  63,  1).  Mit  den  Sallusthandschriften 
bezeugt  er  lug.  44,  4  wohl  odor ;  denn  für  diese  Form  sprechen 
die  erhaltenen  Reste  weit  mehr  als  für  odos  (S.  110,  l  N.).  lug. 
17,6  bestätigt  der  Palimpsest  mo/e/^i  (nicht  malifici  bei  Jordan); 
auch  weist  er  die  assimilirten  Compositionsformen  accedebaf,  immu' 
tata  und  suppücanii,  nicht  die  dissimilirten  unserer  Sallustausgaben 
aaf^     Bemerkenswert    ist    ausserdem    lug.  6,  1    die   Schreibung 


1  In  adfliciare  der  bisherigen  Frontoausgaben  (vgl.  S.  110,  21  N.) 
ist  ad  nebflt  lic  und  e  bloss  durch  Vermuthung  eingesetzt,  da  diese 
Silben    oder   -theilc  durch  Lückenbaftigkeit   des  Pergamentblattes  aus- 


166  Hauler 

des  Palimpsestes  antiret  für  cmteirety  das  unsere  Sallaet*  und 
Frontotexte  (so  S.  108,  21  N.)  zeigen;  die  gleiche  Form  erscheint 
bei  Tac.  Ann.  V,  10  (vgl.  antire  Ann.  III,  66;  atUibo  V,  6; 
antisse  lY,  40  nnd  antissent  III,  69).  Weiter  ist  Ing.  7,  6  hoc 
αοοβάώοΐ  überliefert,  d.  h.  die  aus  Plantus  (z.  B.  Fers.  605  hoc 
accedcU),  Terenz  (so  Pborm.  152)  nnd  sonst  bekannte  Neben- 
form zu  hucK 

Etwas  wesentlicber  sind  folgende  Abweichungen:  lug. 
7,  7  ersehe  ich  im  Ambrosianus  quib(us)  rebt*s  (mit  der  Mehrzahl 
der  Sallasthandschriften  bei  Dietsch)  an  Stelle  der  Lesung  quis 
rebus  bei  Jordan.  Hingegen  ist  Cat.  31,  1  wohl  quis  rebus  statt  qui- 
bus  rebus  unseres  Sallusttextes  überliefert.  Wegen  Meusels  Zweifel 
(a.  0.  S.  22)  will  ich  ausdrücklich  bemerken,  dass  die  ältere 
Dativform  luau  lug.  6,  1  (S.  108,  18  N.)  auch  für  Studemund, 
der  die  betreffende  Seite  (157)  des  Vatic.  schon  vor  mir  nachver- 
glichen hatte,  feststand.  Fernerhin  findet  sich  lug.  28,  5  die 
von  Naber  bezweifelte  Lesung  Mais  contra  pericula  et  inuidias 
(so  auch  in  Pg^l  und  in  P^  mit  der  Correctur  insidi(»s)  sicher 
im  alten  Pergamente,  nicht  das  von  Naber  (S.  109,  15)  in  den 
Text  gesetzte  insidicis  fast  aller  a.  Sallustcodices.  Das  unverständ- 
liche nee  plerosque  senectus  dissoluit  (lug.  17,  .6)  bei  Mai  und 
Naber  (S.  109,  7)  ist  in  ac  plerosque  s,  d.  zu  verwandeln.  Während 
unsere  Handschriften  das  schroffere  Asyndeton  plerosque  s.  d. 
befürworten,  vermittelt  das  ac  des  Palimpsestes  einen  glatteren 
Uebergang  vom  vorausgehenden  allgemeineren  Gredanken  genus 
hominum  salubri  corporey  uelox^  paiiens  laborum  zum  vorliegenden 
besonderen.  lug.  45,  1  (S.  110,  11  N.)  entzifferte  ich  nee  (oder 
neq.)  minus  quam  in  reh{us)  hostilib{us)  magnum  et  sapientem  uirum 
für  die  Lesart  der  Vulgata  non  minus;  ist  die  Wendung  aus  et 
(=  etiam)  n<m  minus  .  .  .  magnum  et  sap.  uirum  zu  erklären?  So- 
dann steht  lug.  7,  7  munificentia  animi  atque  ingenii  soUertia;  doch 
ist,  wie  es  scheint,  die  Gopulativpartikel  von  m.^  in  das  von 
unseren  Handschriften  gebotene  et  abgeändert*.     Aehnlicb    weist 


gefalleu  sind.  Doch  ist  Cat.  31,  3  das  neu  hinzukommende  Verbum 
adriperc  höchst  wahrscheinlich  in  dieser  Form  überliefert. 

1  In  der  Lesart  ad  hos  Cat.  31,3  liegt  wohl  nur  eine  Verschrei- 
bung  statt  ad  hoc  vor.  Die  irrige  Wiederholung  von  ncq{ue)  vor  cor- 
rumpendum  lug.  6,  1  (ö.  108,  19)  haben  schon  die  Herausgeber  bemerkt. 

^  Schon  oben  erwähnt  habe  ich  die  wahrscheinliche  Variante 
atque  saeuissimo  statt  ac  s.  lug.  100,  5. 


Salluetcitaie  bei  Fronto.  197 

m.^  in  Cat.  25,  2  litteris  Graecis^  Laiinis  doda  auf,  während  m.* 
zwischen  den  beiden  Adjectiven  über  der  Zeile  et  einschaltet  nnd 
dadurch  den  Einklang  mit  der  weitaus  überwiegenden  Sallust- 
Überlieferung  herstellt,  welche  Mai  und  Naber  (S.  110,  18)  als 
die  durch  unseren  Palimpsest  allein  belegte  ohne  jede  Bemerkung 
abdrucken.  Doch  walten  gegen  die  ürsprünglichkeit  von  et  Be- 
denken ob,  da  die  Variante  afqtie  in  Μ  M^  Ρ  9^  Ι  Τ  eher  auf 
den  späteren  Zusatz  des  Bindewortes  hindeutet  und  das  Asyndeton 
bimembre  hier  nicht  nur  die  lecfio  diflicilior,  sondern  auch  eine 
bei  Sallust  und  im  älteren  Latein  beliebte  Ausdrucksweise  dar- 
stellt. So  heisst  es  auch  gleich  vorher  uiro,  liberis  satis  fortunafa 
fuit,  wo  Mai^  falsch  uiro  et  liberis  geschrieben  hatte  und  eine 
lange  Reihe  Sallusthandschriften  sammt  Priscian  uiro  afque  liberis 
aufweist.  Und  unmittelbar  darauf  folgt  das  von  Macrobius  Sat. 
III,  14  bezeugte  psallere,  saltare  elegantiitSy  wofür  Mai^  gleichfalls 
das  in  zahlreichen  Handschriften  und  bei  Eutych.  S.  477  stehende 
psoLlere  et  saltare  ehgantitis  angegeben  hatte.  Gleich  danach 
fehlt  gegenüber  dem  gewöhnlichen  Sallusttexte  necesse  est  probae 
in  dem  Citate  bei  Fronto  est,  Mai^  hatte  das  Hilfsverb  zwar 
ausgelassen,  aber  in  den  folgenden  Ausgaben  ebenso  wie  Naber 
(S.  110,  19)  aus  den  Sallusthandschriften  nnd  Servius  wieder 
aufgenommen.  Für  beachten swerth  halte  ich  es,  dass  bei  Eutych. 
a.  0.  necesse  erat  citirt  wird,  also  das  Hilfsverb  in  einem  an- 
deren Tempus  steht.  Femer  heisst  es  Cat.  81,  1  wohl  laetitia 
lascittiaqiue)  ^,  qUae  ditäurtfa  qui^s  pepererat,  wogegen  unsere  Sal- 
Instmannscripte  laetitia  atque  lasciuia  aufweisen.  Da  die  Gon- 
jnnction  -que  leicht  vor  dem  folgenden  quae  ausfallen  konnte,  so 
jiesee  sich  für  die  Variante  bei  Fronto  der  grössere  Schein  der 
ürsprünglichkeit  geltend  machen.  Bezweifeln  möchte  ich  sodann, 
ob  lug.  17,  6  das  von  den  jetzigen  Frontotexten  (so  S.  109, 
8  f.  N.)  gebotene  morbus  haud  saepe  quem  superat  nur  durch  ein- 
fache Haplographie  aus  ursprünglichem  m.  h,  saepe  quemquam,  wie 
unsere  Handschriften  lesen,  zu  erklären  ist.  Tug.  45,  2  bietet  der 
alte  Zeuge  it^m  in  agmine  in  primis  modo,  modo  postremiSf  saepe 
in  medio  adesse ;  er  lässt  demnach  das  in  den  Sallusthandschriften 
zwischen  modo  und  postremis  wiederholte  in  aus.  Das  Fehlen 
der  nach  der  Vulgata  lästig  oft  gesetzten  Präposition  ist  durch 
die  Voranetellung  des  in  vor  die  zwei  durch  modo-modo  verbun- 


^  Da  'q(ue)   undeutlich   ist,    liesse    sich    nächstdem    an    dessen 
Tilgung,  also  an  laetitia,  lasciuia  denken. 


1β8  Ilauler 

denen    Glieder     gerechtfertigt   (vgl.   A.    Kunze,    SaUustiana    III, 
228  ff.).     Eine    ümstellnng    liegt   Tug.  44,  5  vor;    denn    bier 
heiset  es  nicht  mit  der    von  den  Frontoherausgebern  (vgl.  S.  110, 
8  N.)  übernommenen  Wortfolge  der    Handechriften  und  des  Arne 
Mess.  S.  487  fruftientum  publice  datum  uendere^  sondern  frftwen 
tum  datum   publice  uppdere.     Die  Ungebürlichkeit    der  Soldate 
dass   sie  das  gefasste  Getreide    öffentlich    verkauften,    wird  nac         h 
dieser  anch  semasiologisch  wichtigen  Lesart  klar  und  nacbdrücklic      ^h 

hervorgehoben.     In  der  neuen  Partie  Cat.  37,  3  findet  eich  ferne gr 

die  Wortstellung  quoniam  egestas  facih  s(iyne  damnipy   habetur nj , 

wogegen  unsere  besten  Sallustcodices  mit  quoniam  egestas  faci  le 
habetur  sine  damno  das  Adverb  und  Verb  zusammenrücken.  He 
vorhebenswerth  scheint,  dass  (nach  Dietsch)  die  jüngeren  Hau 
Schriften  m^p^s^CTy  mit  dem  Palimpseste  übereinstimmen.  Soda 
weicht  der  Wortlaut  von  lug.  45,  2  ne  quisquam  in  castris 
nem  aut  älium  cibum  coctum  uenderet  von  der  Vulgata  ne  ijin'i  i]iii  iiiii 
in  castris  panem  aut  quem  älium  coctum  cibum  uenderet  in  Ä  ^r 
Umstellung  cibum  coctum  (so  auch  M^pmV)  ab  und  in  den  Setz,  -^b» 
von  alium  an  Stelle  des  breiteren  quem  alium.  Sicher  riohft^  i^ 
hat  ferner  schon  Du  Rieu  lug.  28,  5  artes  et  animi  et  corpo.^  ''^ 
(S.  109,  13  N.)  gelesen;  das  erste  et  hatte  Mai  nach  den  Salin  ^3*" 
Codices  weggelassen.  lug.  44,  5  ist  nach  quaecumque  (^ ^^^ 
aut  fingt  queunt  ignauiae  luxuriaeque  probra  das  in  fast  alE  ^^"^ 
Sallusthand Schriften  bei  Dietsch  fehlende  Pronomen  ea  zu  Begi  "^^  ^" 
des  Hauptsatzes  in  iUo  exercitu  cuncta  fuere  bei  Fronto  (S.  Il•  ^-^» 
10  N.)  unzweifelhaft  überliefert.  Die  einschlägige  Angabe  *  ^ 
Jordan-Krügers  3.  Ausgabe  S.  66,  Z.  18  wirkt  irreführend,  ^^  * 
sie  jedermann  auf  das  von  Fronto  und  den  Codices  in  gleiclm  ^^^ 
Weise  bezeugte  Sed  in  ea  difficultate  beziehen  muss.  In  der  wei"• 
reu  Variante  lug.  45,  2  nc  lixae  exerciium  ins^equyerentur  schem 
m.  2  die  Präposition  in  getilgt  und  somit  das  Simplex  der  Vulg^ 
hergestellt  zu  haben.  Im  T{uricensis)  findet  sich  in  über  seqf^ 
rentur  nachgetragen. 

Der  Palimpsest  lehrt  uns  ausserdem,  dass  unser  Sallaette* 
einzelne  grössere  Auslassungen    erfahren  hat.     So  hat 
bekanntlich  lug.  44,  5  das  durch  Homoiuteleuton  in  allen  nenne 
werten    Codices    ausgefallene     neque    mtiniebantur    (nämli 
castra  Albitii)  wirklich  erhalten.     Ebenso  bemerkenswert  ist,  d 
er  in    dem    neu    hinzugekommenen  Stücke  lug.  45,  2    ne    mi 
hastatus  aut  gregarius  in  castris   netie  in  agmine  seruum  c^^^^ 
iumenium    häbcret    darbietet,    d.  h.  die  Worte    hastatus  aut    si^^^ 


t 

τ 


i 


Salluatcitate  bei  Fronto.  169 

vor  (fregarius  neu    tiberliefert.     Dadurch    erhält  der  im    übrigen 
zweitheilige  Satz  auch  ein  zweites  m.  £.  paeeendee  Subject.     Der 
Schrifteteller  will  wohl  sagen:  Kein  Gemeiner  des  ersten  Treffens 
noch  der  übrigen    sollte  einen  Sclaven   oder  ein  Lastthier  halten 
dürfen;    vgl.  Valer.  Max.  II  7,  2  {Metellus)    in  agtnine   neminem 
militum   minlsterio   serxiornm   iumentorumque    —    uii   passus  est. 
Etwas    ähnliches    liegt  Cat.  3i,  3    vor,    wo    die  Aufregung    der 
römischen  Frauen   über  die  Kunde   von  der  Catilinarisohen  Ver- 
schwörung geschildert  wird.     Die  Stelle  soll  nach  Mai  und  Naber 
(S.  110,  21  ff.)  im  Ambrosianus  folgendermassen  lauten:  adflictare 
sesCj  mantis  supplices  ad  caelüm  tenderCt  miserari  paruos  liberos^ 
rogitare^  omnia  pauere^  superbia  atque  deliciis  omissis,  sie  würde 
also    wörtlich    die    Fassung    unseres    Sallusttextes    wiedergeben. 
Nach    meiner  Lesung    folgt    aber  auf  rogiiare  omnia  neu  rumore 
adripere  omnia',   über  (rogiiare)  omnia  steht  (oberhalb  der  Zeile) 
höchst  wahrscheinlich  noch  omni  nachgetragen,  das  offenbar  durch 
Haplographie  ausgelassen  worden  war;   nach  rumore  scheint  mir 
ferner  pauere  ergänzt  zu  sein,   das  wohl  wegen  seiner  Aehnlich- 
keit   in    der  Capital-    oder  üncialschrift    nach    jenem  Substantiv 
gleichfalls  ausgefallen  war.     Danach  befürwortet  der  Palimpsest 
diese  Fassung:    {ad)f(lic)tar(e)   sese,  manus  supiüices  ad  caelum 
iendere,    mise(rariy    pa{ruo)8    liberoSy    rogiiare    (om)nia,    omni 
rufnor{e)  pauere^    adripere   οηιηφα  superbia   atq(ue)  deliciis 
omissis,    sibi  pairia(eyq{ue)  dif<,f)idere.     Anstoss  an  der  Objects- 
losigkeit    von  rogiiare    nach    der  Vulgata    hatten    schon    manche 
Sallusterklärer    und  -abschreiber  genommen,    indem    sie   rogiiare 
deos  oder  deos  rogiiare    vermutheten.     Die    neueren  Herausgeber 
tielfen  sich    dadurch,   dass    sie   rogiiare  omnia  pauere  durch  άττό 
κοινού    zu    erklären    suchen.     Doch    sollte    man    erwarten,    dass 
gerade    der  wichtige  Begriff  omnia   hier  stärker  betont    sei    und 
diese  zwei  Satzglieder    gegenüber    den    anderen    formell    gleich- 
massig,  jedenfalls  aber  nicht   so  stiefmütterlich  behandelt  wären. 
Durch    den   neuen  Wortlaut  erhält  nun  rogiiare  sein  eigenes  Ob- 
ject  und  pauere  eine  an  das  Vorhergehende   sinngemäss  sich  an- 
schliessende Umkleidung.     Dass   die  ganze  Wendung  echt  Sallu- 
Btisch  ist,  kann  man  aus  lug.  72,  2  circumspeciare  omnia  ei  omni 
sirepiiu  pauescere    ersehen.      Durch    das    weiter    hinzukommende 
adripere  omnia,    das  wegen  rogiiare  omnia    wohl   nicht    in  über- 
tragenem Sinne,  sondern  wie  an  der  soeben  angeführten  Parallel- 
stelle (lug.  72,  2  arreptis   armis)    in    eigentlicher  Bedeutung    zu 
nehmen  ist,  wird  m.  E.  das  bisher  in  der  Luft  hängende  superbia 


170  Haulür  Sallustoitaie. 

aique  deliciis  omissis  erst  recht  erklärlich :  Die  Stadtdamen  lassen 
ihre  Luxuegegenstände  (oder  Kleinodien)  liegen  und  stehen  und 
raffen  alles  Mögliche  (für  ihre  Flucht  mehr  Noth wendige)  an  sich. 
Ich  glauhe,  auch  an  dieser  Stelle  hat  der  Palimpeeet  die  in  den 
Sallusthandschriften  verkürzte  Fassung  unversehrt  erhalten. 

Damit  sind  die  Varianten  des  Frontotextes  zu  den  citirten 
Salluststellen  erschöpft.  Mit  deren  Umfange  verglichen  sind  die 
Abweichungen  relativ  nicht  zahlreich  und  geeignet,  uns  bezüg- 
lich der  Güte  unseres  Sallusttextes  im  Allgemeinen  zu  beruhigen. 
Ihre  Zahl  ist  nämlich  minder  bedeutend  als  unsere  Frontoausgaben 
vermuthen  lassen,  und  sie  verringert  sich  noch  durch  die  Thätigkeit 
der  corrigirenden  Hand,  welche  mehrere  Stellen  an  die  hand- 
schriftliche Ueberlieferung  angeglichen  hat.  Die  Vorlage  dieser 
*M•^  ging  jedenfalls  auf  ein  Exemplar  zurück,  das  dem  Archetyp 
unserer  Sallustcodices  noch  näher  stand  als  der  Text  der  ersten 
Frontohand.  Die  Thatsache,  dass  einige  neue  theils  richtige, 
theils  beachtenswerthe  Lesarten  des  Palimpsestes  in  verschiedenen, 
darunter  jüngeren  Sallusthandschriften  erhalten  sind,  scheint 
wieder  ein  Fingerzeig  zu  sein,  dass  auch  diese  nicht  so  ohne 
weiters  für  die  Kritik  von  der  Hand  zu  weisen  sind.  Jedenfalls 
reicht  ein  Leitcodex  für  die  Textesrecension  der  BeUa  nicht  aus, 
sondern  diese  muss  auf  eine  breitere  Basis  gestellt  werden.  Denn 
wir  können  aus  den  Citaten  bei  Fronto  ersehen^  dass  unser 
Sallusttext  trotz  der  im  grossen  Ganzen  bestätigten  Zuverlässig- 
keit unserer  besten  Handschriften  doch  von  Umstellungen  und 
kleineren  Auslassungen  oder  Zusätzen  nicht  frei  ist. 

Wien.  Edmund  Hauler. 


Snbsidia  Procliaoa. 


Prodi  in  Piatonis  Timaeam  commentarium  Chr.  Schneid  ο- 
ι* u  8  Vratislauieneis  in  pnhlionm  edidit  a.  1847:  cnius  recensioniR 
fnndamenta  ennt  Α  codex  Monacensis  382  chart.  s.  XV/KVI  pesei- 
mns,  qaoonm  plane  consentit  codex  Paris,  byhl.  nat.  1839,  et  b 
editio  Baeileensis  (Sehn.  B),  quam  cnrauii  Orynaeus  a.  1534, 
codice  quodam  nsus  Brit^nnico  hand  minas  deprauato,  nunc  de- 
perdito.  praeterea  inde  a  p.  416  ad  p.  557  editionis  suae  Schneiderus 
th  Leonici  Thomaei  interpretationem  latinam  (Venetiis  a.  1525) 
fontis  incogniti  in  auxilium  nocanit  neque  respuit  ta  Thoinae  Tay- 
lori  interpretamenta  (Londini  1820),  qni  pro  sua  linguae  graecae 
igTiorantia  locorum  corruptornm  emendationem  haud  raro  feliciter 
^e   dicam  sagaciter  enucleauit. 

Nouum  et  hand  pancis  locis  melius  et  uberius  lectionis  fun- 
^^mentum  Parisiis inuenit  ante  hos  tree  annos  Hermannus  Diels, 
^  codicem  Coislinianum  322  membr.  s.  ΧΓ/ΧΙΙ  scholiis  ornatum. 
^^ins  airtntem  cum  perspexisset,  totum  codicem  C.  Kalbflei- 
®<^hio  Friburgensi  conferendam  tradidit,  qui  consueta  diligentia 
^PUe  ad  finem  perduxit.  aegre  autem  ferimus,  quod  codex  ille 
'ibros  tantum  continet  primum  et  secundum,  ne  hos  quidem  inte- 
^08:  nam  codex  ab  initio  mutilus  incipit  a  p.  23  u.  12  (Sehn.); 
*•    116'  omissae  sunt  p.  107  u.  6  ad  p.  111  u.  9;  praeterea  inter 

^^aterniones    μη   et    μθ  desunt  p.  283  u.  1  τοΟ  νου  ad  ρ.  293 

^*    10  παραγενέαθαι    τψ;    respice    quatemionem  μθ    incipere    a 

Yere  anni  1898  Parisiis  uersatus  in  bybliotheca  nationali 
^Ocli  in  Timaeum  Codices  adcuratius  examinaui.  ac  praestantissimus 
'leidem  euasit  Ρ  codex  graeeus  1840  s.  XVI:  continet  libros  tres 
^^ores  ad  p.  549  u.  28  φ(υτΙ|:  una  lacuna  (inde  a  p.  116  n.  22 
"^Μιουργός  |  ad  ρ.  132  u.  4  |  bia  του)  quattuor  fere  foliorum  spa- 
^Uxn  ampleotitur;  sub  finem  aatem  duo  in  archetypo  quatemiones 
^^'Hnepositi   uidentur    fuisse,    nam  p.  517  u.  27  αύτοκίνητον  |  ad 


172  Rriitistus  Diefal 

j).  549  u.  28  φιυτί  |  hoc  ordine  in  F  tradnntar:  p.  517  u.  27 
αυτοκίνητον  |  secuntur  p.  533  u.  27  |  δλλοι  (αλλού  F)  ad  p.  549 
u.  28  φιυτι  |,  adplicantur  p.  517  u.  28  |  ή  μέν  γαρ  ευθεία  ad 
ρ.  533  u.  27  οι  bH  ubi  (f.  156')  deeinit  F  linea  non  expleta; 
secuntur  uiia  pagina  foliaque  quattuor  uaeaa,  qQoram  ultimum  libro 
religando  inseruiit.  in  margine  inferiore  f.  156'  ecripeit  maDUs 
quaedam  recentior  decem  fere  folia  desunt;  septem  ootoae  auf- 
fiel unt. 

Codices  C  et  F  praestantissimi,  iniustrior  C  uetuetate,  in- 
tegritate  F,  permultas  explent  iacunas  neque  tamen  easdem  uter- 
que:  in  uariis  lectionibns  saepissime  inter  se  consentiunt,  discre- 
pant  haud  raro.  qua  propter,  tametsi  F  ex  C  descriptus  non  sit, 
ex  communi  certo  archetypo  neque  lamen  uno  eodemque  deriuati 
sunt,  duo  illi  Codices  nouae  reoensionis  fundamenta  erunt,  nisi  ex 
bybliothecis   codex    quidam  ad   lucem    redibit    utroque   integrior. 

Tertius  Über  nouus  est  Ρ  bybliothecae  nationalis  suppl. 
graec.  666  bombycinus  s.  XIV/XV ,  continens  libros  tertinm 
quartum  quintum.  prima  folia  leuiter  sunt  frustulata,  humiditate 
deperdita.  ff.  207  ad  349  alterius  manus  falsam  speciem  prae  se 
ferunt,  rara  in  margine  scholia  et  prior  et  recentior  quaedam 
manus  adiecit. 

Ε  codice  quodam  incognito  huic  simillimo  duos  libros  Pari- 
sinos  1838  (D)  et  1841  elegantissime  exscripsit  saec.  XVI  Joannes 
de  Otranto:  uterque  codex  quinque  libros  continet:  non  nisi  alterum 
tamen  (D)  consulendum  esse  censebimus,  quippe  qui  ex  antigrapho 
passus  sit  correctionem ;  praeter  multa  lectionis  specimina  contulf 
pp.  1  ad  33)  lacunas  magnas  codicis  C,  libri  tertii  initium,  pp.  549 
ad  700  editionis  Schneiderianae.  eiusdem  codicis  p.  685  sq.  con- 
tinent  initium  Μ€λί(Τ(Της,  Prodi  commentationis  in  octauum  Pia- 
tonis rei  publicae  librum:  quod  fragmentum  sub  finem  editurus  sum. 

PD  plerumque  consentire  solent,  Ρ  uetustior  est  atque  prae- 
stantior:  uterque  über  haud  raro  easdem  explet  lacunas  atque 
CF,  saepius  autem  congruit  cum  Ab,  tertia  pessimaque  codicum 
classe.  cuius  nouum  niembrum  est  —  optimum  ut  uidetur  —  cod. 
Vindobonensis  philol.  graec.  17  (Nessel)  s.  XVI,  quem  ex  tabula 
quadam  ab  Joanne  Lietzmanno  amico  solis  luce  depicta 
cognoui,  idem  epistulis  datis  ad  eos  qui  praesunt  bybliotbecis 
Marcianae  et  Vaticanae,  magnopere  me  sibi  deuinxit.  loannes  Mer- 
cati  litteris  certioreni  me  fecit,  in  scriniis  bybliothecae  Vaticanae 
nuUnm  librum  seruari  manu  scriptum  praeter  Palatinum  121  saec. 
XVJ,  qui  exhibet  lib.  I.  Sal«mo   Morpurgo  quattuor  libromm 


Subeidia  ProcliaDa.  17^ 

tabnlae  eolin  luce  depiotas  benigne  exprimendae  cnrauit.  ex  quibuR 
cognoui  codicee  Venetos  Marcianos  graec.  194  obart.  β.  XIV/XV  et 
190  cbart.  saeo.  XVI  einedem  eese  faroiliae  atqne  codicee  Ab, 
ita  nt  Marc.  190  föne  uideatur  eese  editionis  Basileensis,  codicis 
Monacensie  archetypue  Marc.  194.  Codices  Marc,  graec.  228  cbart. 
eaec.  XIV/XV  et  195  cbart.  eaec.  XV  cum  codicibus  DP  uidentur 
consentire.  Κ  codicis  Cbisiani  R  VIII  58  bombyc.  s.  XIII  hu- 
miditate  frnstuiati,  manu  ut  uidetur  Laur.  Porfii,  Leonis  AUatü 
scribae  (f.  1  ad  3  et  f.  231),  et  altera  multo  uetustiore  (f.  229/230 
et  232/3)  expleti  cognatio  cum  codice  D,  quocum  consentit  in 
Μ€λί(Τ(Της  fragmento  seruando,  band  dubia  est.  et  boc  mecum 
communicauit  libentissimo  animo  £rnestus  Lommatzscb, 
et  codicis  Neapolitani  Borbonici  III  D  28  bombyc.  a.  1314,  qui 
continet  libros  tantum  duos  priores,  locum  a  me  indicatum  amico 
8Q0  Κ  π  a  a  0  k  conferendum  tradidit.  bic  Über  stat  a  partibus 
classis  pessimae. 

£ugeniue  Boselli  mea  causa  benigne  contulit  initium 
libri  III  in  codice  Luccensi  bibl.  publ.  1387  cbart.  s.  XV/XVI 
(cf.  Stud.  ital.  uol.  V  p.  223  n.  4),  codicis  Monacensis  socio. 

Interpretatio  denique  latina  Leonici  Tbomaei  medium  ob- 
tinet  looum  inter  FD  et  Ab. 

Stemroa  igitur  librorum,  quos  adbuc  examinaui,  boc  fere  est: 


th  Α 


b 

Marc.  19J 


Paris.  1839 
Marc.  194 
Vindob.  17 

Pari«.  1841  Lncc.  bibl.  publ.  1387 

Marc  228 

Marc.  195 

Cbie.  R  VIII  58 

ff 

Num  qua  membra  inter  singulos   libros  et  classes    singulas 

^^"^^rciderint,  non  nisi  aliarum  byblibtbecarum  codicibus  examinatis 

*^U(licare  licebit.     lam    uero,   ut   futurae  editionis  speciraen  ali- 

^^od   publice  exstet,  maiora,  quae  ex  uariis  libris  nuper  repertis 

'^^Uri    supplemenla,    cum    adnotatione     critica    quamuis    adstricta 

^^rJR  Prodi  studioeis  proponam. 


Sab  finem  singulorum  locorum  fontes  indicaui,  uiule  noua  addi- 
^amenta,  litterie  dilatatis  expressa,  fluxerunt. 


17i  Ernestue  Diehl 

Editionie  Schneiderianae   p.  10  n.  20  initio  interpretationis 
Platonie  loci  addiderunt  DF: 

Λογγΐνος    μέν    ό    κριτικός,    εφιστάς    τή    (^ήσ€ΐ 
ταύτη  φιλολόγιυς,  έκ  τριών  αυτήν  κώλων  συγκβϊσθαί 

βφησιν  ώς  τό  πρώτον  εύτβλές  πιυς  δν  και  κοινόν  bia 
την  λύσιν  της  έρμηνβίας,  έκ  του  δευτέρου  μβγαλο- 
πρεπέστερον  άποτελεσθήναι  5ιά  τής  έΕαλλαγής  του 
ονόματος  καΐ  τής  συνεχείας  τών  λέΗειυν,  πολλψ  bk 
πλέον  έκ  του   τρίτου    χάριν  τε  καΐ  υψος  άμφοτέροις 

ιοπροστεθήναι.  τό  μέν  γαρ  'είς  5ύο  τρεις'  έΕ  ασύνδε- 
των συντεθέν  υπτιον  έποίει  τόν  λόγον  τό  bi  έ£ής 
τό  'ό  bi  bi\  τέταρτος  ήμϊν,  ώ  φίλε  Τίμαιε,  που*  5ιά 
τε  του  'τέταρτος'  έΕηλλαγμένου  προς  τους  είρη- 
μένους   αριθμούς    και    bx^   ονομάτων   μεγαλοπρεπών 

ιβσυναρμοσθέν,  σεμνοτέραν  άπέφηνε  τήν  έρμηνείαν. 
τό  bk  'τών  χθες  μέν  δαιτυμόνων,  τά  νυν  bk  εστιατό- 
ρων* δμα  τή  χάριτι  και  τή  ώρφ  τών  ονομάτων  και  bia  της 
τροπής  επήρε  και  ύψωσε  τήν  δλην  περίοοον*  ΤΤραΕιφάνης 
bi  κτέ. 

20  ρ.  16  η.  19  sq.  bi'  ένδειαν  δρα  και  ού  bi'  ύπεροχήν,    ώς 

φασί  τίνες,  ό  τέταρτος  άπολέλειπται  τών  προκειμένων  λό- 
γων DF. 

ρ.  27  U.  7  sq.  ώστε  τό   μή  μόνον'  έπΙ  τούτων  έλαττοί 
τό   δλον,   ού   τό  'μόνον'*  δσω  γάρ  άν  πλεονάσης,  το~ 

25σούτω  τό  έΕ  αρχής  έλαττοϊς  CDF. 

ρ.  29  U.  5  τό  οέ  θυμοεώές  τοις  bαίμoσι  (i.  προσήκει),  καθ- 
όσον άναστέλλουσι  πάσαν  πλημμέλειαν  έκ  του  παντός  kolI 
καθόσον  boρυφoρoυσι  τους  θεούς,  ώσπερ  ό  θυμός  τόν 
λόγον,   καΐ   καθόσον  σωτήρες  είσι  τών  θείων  νόμων  CDF. 

30  ρ.  42  U.  23  eq.    και   ήμεϊς    bk    φαΐμεν  άν  και  τήν  πάρα- 

βολήν  ταύτην  παρειλήφθαι,  bιότι  και  ή  πολιτεία  καθ' 
όμοίωσιν  άναγέγραπται  τών  θείων  CF. 

ρ.  47  .U.  1  sqq.  οηλοΐ   bi.    καΐ  ό  έν  πολιτείφ  Σωκράτης, 
τά  πολλά  τω  Όμήρω  περ\  τήν  τών  λόγων  μίμησιν  έπιπλήΗας 

35τήν  χαλεπότητα  τής  τών  λόγων  μιμήσεως  CF. 

ρ.   48  U.  24  sq.    ού   γάρ    bηλoOv   (seil,  τήν  προκειμένην 
^ήσιν  i.  *τό  τής  υμετέρας  έΕεως  γένος*)  ταύτόν  τψ  ύμας,  ώσ- 

5  εντελές  F  9  τ€  χάριν  F  12  6ή  om   F  ut  in  lemmate 

20  ούχΙ  Ab  2:]  τοΟτο  D  έλαττοιτο  D  2δ  τώ  Α  b  31  eq.  παρ€ΐ- 
λήφθαι . . .  άναγέγραπται  CF :  γεγράφθαι  μιμήσεως  §νεκα  Ab  37  τό  F 
ήμας  F 


Subsidia  ProoliaDa.  175 

iT€p  'βίη  Ήρακληείη*  τόν  Ήρακλέα,   άλλ'  αυτό  τό  τ^νος 
τής  2£€ΐυς  τής  αρίστης  σημαίν€ΐν  CF. 

ρ.  02  η.  29    poBt  έδρώντο  haec  addunt  CF  :    τα    bi    θύ- 
ματα έκάλουν   άναρρύματα,    επειδή    όνελκόμενα  καΐ 
έρυόμενα   άνω   έθύετο.    in  margine  praebet  C  hoc  8cholion:6 
ήμίρα  πρώτη  δευτέρα  τρίτη 

όνάρρυσις  οορπία  κουρεώτις. 

ρ.  63  U.  3  eq.   τών   φυλών  έκαστη   διηρίθη  εις  τρία,  κα\ 
εκλήθη  τριττύς  τό  τρίτον   τής   φυλής*   είτα   πατρία 
και   φρατρία,    καΐ  φράτορες   οΐ   εΙς  τήν  αυτήν    ταττόμενοιιο 
φυλήν  και  φρατρίαν  CDF. 

ρ.  66  U.  6  post  οιαγιτνόμενον  adiciunt  CDF  άλλα  (intel- 
lege ώς)  κατακορεΐ  τή  παρρησί()ΐ  χρώμενον  (seil,  τόν 
Σωκράτη  έλευθεριώτατον  προσεϊπεν  6  ΤΤλάτυυν). 

ρ.  76  U.  26   καΐ   τουτιυν  άπάντιυν  ποιητικήν  αίτίαν  εϊ-ιβ 
ποις   άν   τήν  τε  τών    ουρανίων  κίνησιν  και  δλην  τήν 
του  παντός  τάίιν  CF. 

ρ.  79  η.  19  sqq.  τούτων  δή  τών  ψυχών  αι  μέν  άχραντοι 
μίνουσιν  άει  τών  οΙκείων  έζηρτημίναι  θεών  καΐ  συνδιοικοΟσαι 
τό  παν  αύτοϊς,  αΐ  5έ  κατίασι  μέν  είς  γίνεσιν  μεγαλουρ-2ο 
γοι  bi  είσι  καΐ  άκάκωτοι  διαμίνουσιν*  α\  bk  κατίασι 
καΐ  κακίας  άναπίμπλανται  γενεσιουργού  και  είσοίχονταί  τι 
παρά  τών  διοικούμενων  CF. 

ρ.  80  α.  18  sqq.  οίοα  μέν  oöv,  δτι  καΐ  Πλούταρχος  6  Χαιρωνεύς 
Ιστορεί  τών  περ\  τήν  Βρεττανίαν  νησίδων,  κατά  τίνα  μίαν  Ιεράνίβ 
είναι  δοκοΟσαν  και  άσυλον  και  διά  τούτο  άφειμίνην  υπό  τών 
κρατούντων,  πολλάκις  γίνεσθαι  του  άίρος  συγχύσεις 
έεαίφνης  καΐ  καταπτώσεις  ή  όμβρων  ή  κεραυνών,  και 
λέγειν  τους  εγχωρίου  ς,  δτι  τών  κρειττόνων  τις  έ£Αιπε  CF. 

ρ.   84  U.   14  eqq.   τό   μέν    φαινόμενον,   δτι   πολλών   καίβο 
τταντοδαπών    αγαθών   τοις  ΑΙγυπτίοις  6  Νείλος  αίτιος'  γεωμε- 
τρίας  γάρ    και    λογισμών   και   τής   φυσικής  Ιστορίας 

1  ήρακλείη  η  F ;  ήρακλείη  ceteri  cf.  Λ  690  4  έκαλοΟντο  F  άνα- 
θύματα  F:  άναρύματα  C  7  άνάρυσις  C  6ρόπια  C  κυρ€ώτις  C  9 
τριττάς  C  9  τών  φυλών  D  10  φατρία  CD:  scbol  C:  δτι  ή  φατρ{α  τρί- 
τον τής  φυλής  φάτορες  D  11  φατρίαν  C  13  κατά  κορεί  C  15  sq. 
εϊποις  αν  C:  εποίησαν  F  16  post  τήν  τε  iterauit  sed  deleuit  τήν  F 
111  έΕημμημέναι  C:  latetne  έΕημμέναι?  ίΕηρημέναι  b  22  κακίας  bi  ούκ 
.  .  .  αΐ  6έ  καΐ  Ab  άναπίμπλαται  Α  24  χαιρωνιεύς  F  26  καΐ  post 
ασυλον  om.  AbF  τούτων  C :  τούτο  F  τών  om.  F  in  pag.  initio  28  sq. 
καΐ  λέγειν  CF:  έΗαισίαιν  γινομένων  λέγειν  Ab  29  έΕέλειπε  C  31  α!τιος 
ό  Νείλος  F      32  λογισμού  F 


176  Ernestus  Diehl 

κα\  δή  κα\  τής  γενίσβιυς  τών  καρττών  κα\  τοΟ  &ιαφ€ύγ€ΐν  τάς 
έκπυρώσεις  αϊτιός  έστι  CF. 

ibid.  U.  20  sqq.  boK€i  bi  μοι  καΐ  τό  του  σωτήρος  δνομα 
θείαν  και  έΕηρημένην  άττεικονίίβσθαι  πρόνοιαν,    άφ'  ής  και  έν 
βθεοΐς  τό    συνέχεσθαι  πασι  τοις  νοεροΐς    καΐ    δημιουργικοΐς 
αιτίοις  έλλάμπεται  CF. 

ρ.  97  U.  30   δ  γάρ    έστιν  ή   μονάς    έν    θβοΐς,    τοΟτο   έν 
άγγέλοις   αριθμός'   καΐ   δπερ   έν    τούτοις   ?καστος, 
τούτο  έν  δαίμοσιν  οίκεϊον  έκάστψ  φΟλον   CP. 
10  ρ.  102  U.  21  παν  γάρ  τό  υλικό  ν  αίτιον  νΟν  γη  ν  άκουστέον, 

ούχ'  δτι  αυτόχθονες  ο\  'Αθηναίοι,  άλλ'  δτι  κα\  πασαν  τήν 
γένεσιν  γήν  είώθασι  καλεϊν  και  παν  τό  ίνυλον  γήινον  άναγ- 
καίιυς  oöv  τά  σπέρματα  έκ  γής  έστιν  CF. 

ρ.  104  U.  11   post  τριάδος  CF  haeo  ineeruerant:  oύbk  τόν 
ιβκύβον  άφήκεν  άπερίληπτον,  άλλα  περιέσχε  και  τού- 
τον οιά  τής  έννεάδος. 

ρ.  112  U.  25  eq.  έπει  καΐ  τήν  μαντικήν  άλλην  μέν  έν  τοις 
νοεροϊς  θεοϊς,    δλλην  οέ  έν  τοις  ύπερκοσμίοις,   άλλην  5έ 
έν  τοις  έγκοσμίοις  θετέον  CF. 
20  ρ.  116  U.  8  sqq.    μάλλον   5έ    ούναμιν  ίχειν    τοιαύτην  (1. 

έκάστην   του  τόπου  μερίδα)  έκ  του   λαχόντος   θεού   και  εύαρ- 
μοστίαν   προς  τάς  τοιάσδε    ίιυάς.   τήν   μέν  oöv  εύαρ- 
μοστίαν  ταύτην  *εύκρασίαν'  έκάλεσεν  (seil.  6  Πλάτων)  CF. 
ρ.  147  U.  6  eqq.  τό  δέ  του  πολέμου  και  τής  νίκης  διήγημα 
»σύμβολον  ήμϊν   έγίγνετο   τής    κοσμικής   εναντιώσεως,   καΐ    τό 
μέν  τήν  ούσίαν  έδήλου  τών  εγκόσμιων  γενών,    τό  5έ 
τάς  δυνάμεις  αυτών,  άφ'  ών  και  α\  ένέργειαι  προίασιν 
εΙς  τό  πάν,  και  τό  μέν  τήν  πρώτην  έν  εΙκόσι  δημιουργιαν 
υπέγραφε,   τό  δέ  τήν  δευτέραν  CF. 
30  ρ.  153  U.  13  sqq.   τούς  δέ  (i.  τους  τρόπους  τών   ευχών 

άφοριίόμεθα  u.  4)  κατά  τάς  τών  ευχόμενων  διαφορό- 
τητας*  έστι  γάρ  και  φιλόσοφος  ευχή  κα\  δημιουρ- 
γική* και  άλλη  παρά  ταύτας  ή  νόμιμος  ή  κατάτά  πά- 
τρια τών  πόλεων  τούς  δέ  κατά  τά  πράγματα,  περ\  ών  α\ 
δβεύχαι  γίνονται  CF. 

1  καΐ  δή  καΐ  τοΟ  AbF:  καΐ  τοΟ  C  3  δοκεί  δέ  μοι  CF:  ώς  Ab  δ 
inter  θ€θΐς  et  πάσι  in  b  sex  fere  litterarum  spatium  uacuum  est,  in 
D  decem         9  οΙκεΤον  CDF         22  τάς  om.  C  23  €ύκοσμ(αν  Α  cf. 

Tim.  24  C  25  έγγίνεται  Ab:  ί-χένετο  F  2G  κοσμικών  C,  sed  in  mg.: 
τών  εγκόσμιων  *  ö  καΐ  κάλλιον  καΐ  αληθές  •  τό  γάρ  τών  κοσμικών  ψ€θδος 
καΙ  άσύμφιυνον  τοΙς  ί>ηθ€ΐσιν  28  δημιουργίαν  έν  βΐκόσιν  AbF  Γ2  eq 
θ€ουργική  F 


Subsidia  Procliana.  177 

ρ.  154  u.  12  sqq.  ταύτα  μέν  οδν  ή  σ(υφρο(Τυνη  παρέχεται 
της  ψυχής,  ουκ  οοσά  τις  ίί\ς  άνθριυττίνη  ουδέ  πλησιάζουσα 
προς  την  λεγομίνην  έγκράτειαν,  άλλ'  ίνθεος  ενέργεια  τής 
ψυχής  εις  έαυτήν  τε  και  το  θείον  άπεστραμμένης  καΐ  τήν  έν  θε- 
οϊς  τών  πάντων  αΐτίαν  όρώσης  κάκεΐθεν  τά  τε  δλα  και  τα  μέρη  β 
προϊόντα  θειυμένης  και  τά  έν  ήμϊν  συνθήματα  τών  θείον 
έπ'  αυτούς  άναφερούσης,  bi' ών  ώσπερ  αφορμών  κα\  έπ\ 
τους  θεούς  άνατρέχειν  δυνάμεθα  F. 

ρ.  163  U.  16  Rqq.  άπορίαν  5έ  ήμϊν  έμποιεΐ  ταύτην,  ήν 
και  τοις  πρό  ημών  τί  6ή  ποτέ  μη  πρό  του  '  τί  έστιν'  ό  Πλάτων  ίο 
το  *ε1  ίστι'  παραδέδιυκε;  πόθεν  γάρ  οήλον,  δτι  έστι  τό  άε\ 
δν;  τούτο  hk.  ό  τών  αποδεικτικών  βούλεται  νόμος,  έν  οίς 
αγνοείται  τό  'ei  έστι',  πρό  του  'τί  έστιν'  αυτό  τούτο  (seil, 
τό  '  εΐ  έστι')  σποπεϊν  CDF. 

ρ.  164  U.  13  sqq.  τό  bt  άληθέστατον  έπι  τοις  είρημένοιςιβ 
έστιν,  δτι  νυν  μέν  ώς  ύπόθεσιν  λαβών  είναι   τό   άεΐ   δν   ώρί- 
σατο,  καθάπερ  ό  γειυμέτρης  τό  σημεϊον  είναι  θέμενος 
ώρίσατο,   μετά  δε  τους  περί  τής    κοσμοποιίας   λόγους  άνα- 
λαβών  αυτό  τούτο  όποοείκνυσιν,  δτι  έστΙ  τό  άεΐ  δν  C. 

ρ.  167  U.  31  ρ.  168  και  άλλως  τά  μέν  τών  εΙδών  αχώριστα  ao 
έστι  τής  ύλης  και  άει  γίνεται  έκ  του  άει  δντος,  τά  5έ  έν  χρόνψ 
γίνεται  κα\  απογίνεται*  ή  μέν  γάρ  σωματότης  άεΐ  γίνεται  κα\ 
άει   περί   τήν  υλην  εστί'  τό  bi  του  πυρός  ή  τοΟ  αέρος   εΤδος 
εϊσεισί   τε  εις  τήν  υλην  και  έΕεισι,    χωριίόμενον    καΐ   άπολλύ- 
μενον  5ιά  τήν  τής  εναντίας  φύσεως  έπικράτειαν.  εΐ  δή  τό  άεΐι» 
την  υλην  κατέχον  άει  γίνεται,  ουδέποτε  δν   έστι*   τό  γάρ 
γινόμενον,  καθό  γίνεται,  ουκ   έστιν,   άει   bi  γίνεται, 
ουδέποτε  άρα  έστι,  και  εΐ  τό  ποτέ  γινόμενον,  δτε  γίνεται,  ουκ 
ίστι,  μή  γινόμενον  δέ  ουκ  έστι,  και  τό  ποτέ   γινόμενον   ουδέ- 
ποτε δν  έστιν  άλλα  παν  τό  γινόμενον  ή  άει  γίνεται,  ή  ποτέ'βο 
πάν  άρα  τό  γινόμενον  ουδέποτε  δν  έστιν.  είρημένων  δή  τούτων 
έπι  τό  έε  αρχής  άναδραμόντες  λέγωμεν,  πότερον  απάντων  εστί 

2  ταΐς  ψυχαΐς  AbF  άνθρ.  τις  Κις  AbF  4  έπεστραμμένης 
AbF  5  άλλα  Ab :  ολα  CF  μέρη  CF  7  άφορμείν  b  8  δυναί- 
μ€θα  Α  9  δέ  ήμϊν  CDF:  μέν  Ab  ήν  AbD:  ή  F:  om.  C  10  τών  D: 
τοΙς  cett.  τοΟ  τί  έστιν  AbCF:  τούτου  D  10  eq.  ό  πλάτων  τό  €ΐ  έστι  CF: 
€ΐ  έστι  D:  δτι  έστΙ  Ab  11  δήλον  om.  CF  12  τόν  C  post  νόμος 
inseruerunt  τ{  έστιν  ό  πλάτιυν  Ab:  έστΙν  ό  πλάτων  D:  deleuit  Sehn. 
13  πρό  τοΟ  τό  τ(  έστιν  AbC:  πρό  τοΟ  τί  έστιν  DF :  τό  delendum  cen- 
snit  Sehn.      18  λόγους  om.  C       22  γίνεται  om.  AbD      23  τό  αέρος  C 

28  δτι  0  Sehn:    in  adn.  crit. :   δτε  γίγνεται  —  ποτέ  γιγνόμενον  om.  b 

29  sq.  ουδέποτε  έστΙν  öv  C    30  prius  ή  om.  F    32  έΗής  Α   λέγομεν  CF 

BheiD.  Miu.  f.  Philol.  N.  F.  LUI.  12 


178  ErnestuB  Diehl 

των  δντιυν  έν  τούτοις  περίληψις  ή  οδ  τοΰτο  γαρ  ίητή 
σαντες  ψήθημεν  beiv  Ικαστον  τών  ενταύθα  λεγο- 
μένων οιερευνήσασθαι,  πότερον  άττάντιυν  φήσομεν 
ή  ούχ  άπάντιυν.  εΐ  μέν  γαρ  ...  η.  13  ύπό  τούτο  ταχθήσεται 
βτό  δν  εΐ  5έ  παν  τό  άπιυσοΟν  αΐώνιονεϊτε  κυρ(ως  εϊτε  μ  ή  και 
εϊτε  καθ'  δλου  εϊτε  μερικώς  άεΐ  δν  λάβοιμεν,  καΐ  ή  ψυχή  τών 
αΐιυνίιυν  έσται  και  τό  ?ν  δν  άε\  δν  ^ηθήσεται,  καθ'  δσον 
ίχει  τήν  αίτίαν  τών  αίιυνίιυν  άπάντιυν  ένιαίιυς  έν  αόται 
και   κρυφίιυς,   ώσπερ  φασίν.   ίχει  γάρ  ουτιυς*   τό  μέν  έστιν 

10 ύπεραιώνιον,  τό  5έ  αίών,  τό  bk  αΐώνιον  απλώς,  τό  5έ  πή 
α!ώνιον  CDF. 

ρ.  169  υ.  19  sqq.  δτι .  .  .  τους  οιορισμούς  πεποίηται  του  τε 
δντος  άεΐ  και  του  γινομένου,  ß(jibiov  καταμαθεϊν  έννοήσαντας,  δτι 
τούτο  πρώτιστόν  έστι  τών  προβλημάτων  περί  του  παντός,  ε  Ι 

ΐδγέγονεν  ή  άγεννές  έστιν,  ώσπερ  εϊρηται  μικρψ  πρό- 
τερον,  και  ώς  αυτός  έρεϊ  προελθών.  σκεπτέον  5ή 
περί  αύτου  πρώτον,  δπερ  υπόκειται,  περί  παντός  έν 
αρχή  δει  σκοπεϊν,  πότερον  κτέ  CF. 

ρ.  172  U.  26   initium    deesse    uidit    Tayloitis;    addnnt  CF: 

aoo\  μέν  έκάτερον  τούτων  τών  κώλων  2να  λόγον  πε- 
ποιήκασιν,  δσοι  φασΙν  όρισμόν  είναι  του  άεΐ  δντος 
*νοήσει  μετά  λόγου  περιληπτόν  δν,  άεΐ  κατάτάαύτά 
δν',  κα\  του  γιγνομένου  'τό  boHq  μετ'  αίσθήσεως  άλο- 
γου δοΕαστόν  γιγνόμενον   και   άπολλύμεν*ον,   δντως 

2δδέ  ουδέποτε  δν'•  οΓς  πολλά  τε  άλλα  συμβέβηκεν  άμαρτεΐν 
και  τό  τα  όριστά  έν  τοις  δρισμοΐς  περιλαμβάνειν. 

ρ.  173  U.  11  sqq.  του  μέν  'άει  κατά  ταύτα  δν'  'τό  άει 
δν'  και  'γένεσιν  ουκ  έχον'  δηλούντος*  ΙσοουναμεΤ 
γάρ   τό  *κατά  ταύτα*  τώ  'γένεσιν  ούκ  έχον'*  τοΟ  bt  *γιγνο- 

30  μένου  μέν,  ουδέποτε  δέ  δντος*  τω  'γιγνομένψ'  κα\  'άπολλυμένω' 
και  'δντως  ουδέποτε  δντι'  τό  αυτό  σημαίνοντος  CF. 

ρ.  174  U.  11  sqq.  επειδή  δέ  γνώριμον  ποιήσαι  βούλεται 
διά  τών  δρων  τό  τε  δν  και  τό  γιγνόμενον,  ϊνα  άπό  γνωρίμων 

4  καΐ  C:  ή  cett.  τ€τάχθαι  C  5  καΐ  €Ϊτ€  AF  εϊτε  κυρίως  om.  b 
G  καθόλον  D  7  έστΙ  AbD  7  sq.  gv  δν  .  .  .  τών  aliuviuiv  CF:  τάς 
αΙτίας  Ιχον  AbD  8  αύτιΕι  libri  9  κυρίως  Α :  καθόλου  b  10  τό  bi 
αιών  om.  AbD:  coni.  ta,  Sehn,  probauit  14  δ  περί  τοΟ  παντός  Ab 

15  αγενές  C  17  iiiterpunxi  22  νοήσει  om.  F  νοήσει  .  .  .  25  Öv 
Piatonis  lemmatis  uice  in  AbD  funguntur,  nam  u.  23  καΐ  τοΟ  γιγνο- 
μένου pro  τό  δ'  aö  in  lemma  AbD  inrepserunt  28  öv  om.  C  τήν 
γένεσιν  ούκ  έχοντος  Ab       31  δντος  F       32  έπεί  F 


Sabsidia  Procliana.  179 

τάς  άπο5€ίζ€ΐς  προάγη,  και  τοις  άκούουσιν  εναργών  ύποθί- 
σειυν,  felκότuJς  άπό  τών  γνώσειυν  τών  έν  ήμϊν  ού- 
σών,  την  Ιδιότητα  παρίστησιν  αυτών,  δς  και  άνεγεί ράντες  και 
τελεωσάμενοι  θεασόμεθα  τήν  εκείνων  φύσιν  τρανέστερον  CF. 

ρ.  175  U.  25  sq.   άλλ'  δπου   μίν   έστιν  αυτό  τό  γναιστόνβ 
ή  νόησις,  δπου  bt  ίστι  μέν  τό  δεύτερον,  ίχει  5έ  τό  πρώτον 
δπου  5έ  ίστι  μέν  τό  τρίτον,  ίχει  5έ  τό  δεύτερον,  όρήΐ 
δέ  τό  πρώτον  ολικώς  κτέ  CF. 

ρ.  176  U.  12  τίς  δέ  ό  μερικός  νους  έστιν  ούτος,  καί  ώς 
ουχ  είς  έστι  κατά  μίαν  ψυχήν  μερικήν,  ουδέ  αύτόθεν  ύπόιο 
τών  μερικών  μετέχεται  ψυχών,  άλλα  διά  τών  αγγελι- 
κών και  δαιμονίων  ψυχών  τών  κατ'  αυτόν  ένεργουσών, 
δι'  δς  και  αΐ  μερικαί  ψυχαί  ποτέ  μετέχουσι  του  νοερού  ςκοτός, 
διήρθριυται  διά  πλειόνων  έν  άλλοις  C(F). 

ρ.  185    U.  16   sqq.   και  εΐπερ  έθέλοις,  χωρίς    λαβών   τόιβ 
μόνως  άει   δν  και  τό    μόνως   γενητόν,    όρίσασθαι   καΐ   τό 
μέσον  τό  πή  μέν  άεΐ    δν,  πή  δέ  γενητόν,   αφελών   του 
μέν  έτερου  τοΐν  δροιν  τόν  νουν,  του  δέ  έτερου  τήν  αϊσθησιν, 
ποιήσεις  του  μέσου  τόν  δρον  CF. 

ρ.  186  U.  22  eq.  τό  γιγνόμενον   αδύνατον   χωρίς    αίτιου  ao 
γίγνεσθαι'πδν  δέ,  δ  αδύνατον  χωρ\ς  αίτιου  γίγνεσθαι, 
τούτο  ύπ'  αίτίου  τινός  ανάγκη  γίγνεσθαι  CF. 

ρ.  192  U.  8  ο\  μέν  γάρ  είναι  δημιουργόν  Επικούρειοι 
καΐ  πάντη  του  παντός  αίτιον  ουκ  είναί  φασιν  CF. 

ρ.  194  U.  2  poet  νοητών  ineeruerunt  CF•:  έκεϊθεν  (i.  τών 25 
πρώτων  νοητών)  γάρ  πρόεισι  τό  καλόν. 

ρ.  195  U.  16  eqq.  πάντα  γάρ  τά  νοητά  εκείνου  (seil. 
του  παντελούς  Σώου)  μετέχει  καί  έστι  μερικώτερα  του  παντελούς 
Ζώου.  άλλα  τίς  ή  Ιδέα  και  τίς  ή  δύναμις;  ή  τήν  ούσίαν 
Ιδέαν  έκάλεσεν,  έδομοιών  τψ  παραδείγματι  τό  γενόμενόν  CF.    so 

ρ.  201  U.  24  sqq.  κα\  τό  άπ'  αΙτίας  προϊόν  παν  καλείται 
γενητόν,  καΐ  τό  σύνθετον  κατά  τήν  ούσίαν  καλείται  γενητόν, 
ώς  έ£  αίτίων  άνομοίων   ύφεστός   κα\   δεόμενον   του 

1  έναργώς  Ab  3  ήν  AbF  5  τό  om.  C  6  6έ  έστι  libri  7  bi 
ίση  AbF  9  μερικός  έστι  νοΟς  Ab  οοτιυς  b  et  suprascriptis  '^  et  ο  Α 
Π  sq.  αγγελικών  .  .  .  τών  C  (αοη  F)  12  κατά  ταυτόν  C  13  ποτ€ 
om.  C  14  διήρθριυται  γάρ  F  15  έθέλεις  Ab  16  et  17  γβννητόν  F 
22  τοΟτο  bi  Ab:  Sehn,  difficultatem  sensit  24  αϊτιον  CF:  αΙώνιονΑ: 
αΙωνίου  b  27  ταΟτα  Ab  29  άλλα  .  .  .  ούσίαν  CF:  διό  καΐ  τΐ  τήν  b: 
omisso  τΐ  Α  31  προιών  bC  32  καΐ  .  .  .  γενητόν  om.  C  33  άναι- 
τίιυν  ομοίως  F       δεομένιυν  C 


180  Ernestus  Diehl 

ταύτα  συνάγοντος,  και  τό  φύσιν  ίχον  γενητήν,    κδν  μή  ή 
γεγονός  CF. 

ρ.  201  U.  29  sqq.  ου  πάντιυς  5έ  τό  κατ  δλλον  τρόπον 
γενητόν  πάσας  ίχει  τάς  γενέσεις*  εΐ  μέν  ούν  εϊρητο,  πότε- 

βρον  ό  κόσμος  πάσας  ίχει  τάς  γενέσεις  ή  ού  πάσας,  εϊπο- 
μεν  άν  αυτόν  ίητεϊν,  εϊτε  κατά  χρόνον  έστ\  γενητός,  εΤτε  μή 
ίχει  γενέσεως  αρχήν  χρονική  ν  CF. 

ρ.  202  U.  23  eqq.  ουτιυ  μέν  οΰν  κα\  τό  άείιυμα  τό  φυσι- 
κόν  έφαρμοστε'ον  τψ   γενητψ  τούτψ  κατά   άναλογίαν   και   τψ 

ιοέν  χρόνψ  5έ  είναι  τό  γιγνόμενον  προσβιβαστέον  ού  γάρ 
έν  μέρει  χρόνου  φαμέν  είναι  τούτο,  άλλ'  έν  τφ  άπειρψ 
χρόνψ  γιγνόμενον  άεΐ  καΐ  έλλαμπόμενον  άπό  του  δντος. 
οήλον  5έ.  δν  γάρ  άφίλης  τό  ποιούν,  ατελές  ευθύς  τό  παν, 
δπερ  υπάρχει  πδσι  τοις  ίτι  γιγνομένοις,  κα\  ού  5ιά  τούτο  άτε- 

ΐδλίστερον  τών  ποτέ  γεγονότων  ού  γάρ  έκ  του  ατελούς 
εΙς  τό  τέλειον,  ώσπερ  ταύτα,  πρόεισιν,  άλλ'  δλον 
δμα  και  τέλειον,  και  άει  γίνεται,  bio  τό  όε\  αύτοΟ  κα\  τέλειον 
κατά  τόν  όλον  έστΙ  χρόνον  CF. 

ρ.  204  U.  6  eqq.  εΐ  γάρ  ό  κόσμος   ορατός  κα\  απτός  και 

90  σώμα  ίχων,  τό  bi  όρατόν  κα\  σώμα  ίχον  αίσθητόν,  τό  οέ  αι- 
σθητό ν  5ο£αστόν  μετ'  αίσθήσεως,  τό  6έ  οο^αστόν  με  τ'  αι- 
σθ  ήσεως  γενητόν,  ό  κόσμος  δρα  γενητός  έστιν  άπobεικτικώς  έκ 
τοΟ  δρου  οεοειγμένος  κατά  τήν  έπιστροφήν  του  δρου  CF. 

ρ.  207  U.  3  sq.  εί  τοίνυν  έναργώς  τ  ό  κατά  χρόνον  άγένη- 

ίβτον  γενητόν  αποκαλεί,  τι  θαυμαστόν,  εΐ  καΐ  τόν  δλον 
κόσμον,  άγένητον  δντα  κατά  χρόνον,  ϊτερον  τρόπον 
προσαγορεύει  γενητόν;  CF. 

ρ.  209  U.  19  sqq.  ώς  γάρ  τό  ήλιοεώές  φως  άει  πρόεισιν 
άπό  τής  οΙκείας  πηγής,  ούτω  5ή  καΐ  ό  κόσμος  άει  γίνεται  και 

80  άει  παράγεται  και  άει  γιγνόμενός  έστιν  άμα  και  γεγενημένος* 
αυτό  γάρ  δ  έστι  γίγνεται"  διότι  μή  γιγνόμενος  (seil, 
ό  κόσμος)  ούκ  ίσται  CF. 

4  γεννητόν  F  4  sq.  πρότερο  ν  F  5  ίχειν  F:  lacunam  sensemnt 
Sehn,  et  ta,  qui  excidisse  suspicatue  est  el  τοίνυν  έίήτει  ό  Πλάτων, 
ττότίρον  τό  πάν  (potius  ό  κόσμος  Sehn.)  πάσας  €χει  τάς  γενέσεις  5  sq. 
εΐπωμ€ν  Ab :  corr.  Sehn.  7  ίχη  AF  9  τούτω  τώ  γενητώ  Ab  γεννητώ 
F  καΐ  τό  libri  praeter  b  10  άεΐ  €Ϊναι  Ab  13  δήλον  γάρ  C  14 
καΐ  4~  οΟ  b  14  sq.  Sehn,  delendam  negationem  et  pro  άτελέστερον 
legendum  esse  censuit  άτέλ€στον  17  καΐ  τό  τέλειον  AbF  20  sq.  τό 
δέ  αίσθητόν  om.  C  21  μετά  F  bis  22  άποδεικτώς  C  24  εΐ  CF:  τό 
Ab  24  sqq.  άγέννητον  bis  et  γεννητόν  F  2<>  sq.  προσαγορεύοι  C 
27  γεννητόν  F      28  άεΐ  om.  b 


Subsidia  Procliana.  181 

ρ.  212  u.  7  sqq.  ώστ€  και  γίνεται  ά€\  κα\  γέγονεν,  δ  άεΐ 
γίνεται,  δλον  &μα  το  δπειρον  της  γεννητικής  αύτου  δυνάμεως 
ύποοέ^ασθαι  μή  δυνάμενος  (ecil.  ό  κόσμος),  όεΐ  bk  κατά 
τό  νυν  ουναμούμενος  ε!ς  τό  είναι  παρ'  αυτής  (ecil.  τής  δυνά- 
μεως) τή  κατά  τό  νυν  Θί2ει  του  απείρου,  δεχόμενος  εκείνου  5 
(ί.  του  απείρου)  τι,  κα\  τούτο  διά  τό  διδόν  κα\  ου  δι'  εαυτόν, 
τό  δπειρον  λαβείν  όμου  μή  σθένιυν  C(F). 

ρ.  212  α.  20  sqq.  τώ  γάρ  α!ιυνίψ  τό  είναι  άπείρψ  προσ- 
ήκει μόνψ,  τψ  δέ  γιγνομίνψ  άπείρψ  τό  τφ  χρόνψ  άπει- 
ροΟσθαΓ  γίνεσις  γάρ  χρόνψ  σύίυγος,  αΐώνι  δέ  υπαρζις  CF.io 

ρ.  214  U.  19  sqq.  εΐ  τοίνυν  ό  κόσμος  σύνθετος,  τό  bk, 
σύνθετον  υπ'  α!τίας  τινός  σύγκειται,  ή  δέ  σύνθεσις  αυτή 
γίνεσίς  τίς  έστιν,  ό  κόσμος  άρα  άπ'  αΙτίας  ίχει  τήν 
γίνεσιν  C. 

ρ.  222  U.  25  Rq.   ίστι   τοίνυν   ό  δημιουργός   6   είς   κατ'ιβ 
αυτόν,    6  τό  πέρας  τών  νοερών  θεών  άφορίίιυν  θεός  κα\ 
πληρούμε νος  μέν  άπό   τών  νοητών   μονάδων   κα\    τών 
τής  2ωής  πηγών,  προϊέμενος  δέ  κτέ  CF. 

ρ.  226  U.  27  sq.  ρ.  227  καΐ  τήν  νυν  οοσαν  διακόσμησιν 
του  κόσμου  φησίν  είναι  τήν  έπΙ  Διός,  και  τόν  κόσμο  ν,  κδν» 
καθ'  είμαρμένην  κινήται, τήν  του  δημιουργού  καΐ  πατρός, 
αυτόν  άπομνημονεύοντα  διδαχήν,  ούτω  κινεΐσθαΓίών 
OÖV  τήν  έπι  Διός  ίωήν,  δημιουργόν  ίχει  και  πατέρα  τόν  Δία 
τής  έαυτου  ίωής  CF. 

ρ.  227  η.  13  eqq.  6  μέν  γάρ  πατήρ  ήν  μονάς,  ό  δέ  ό  πα-ae 
τήρ  και  ποιητής,ό  ποιητής  και  πατήρ  τετράς,  ό  δέ,  ώς 
οΐ  Πυθαγόρειοι  φασι,  δεκάς,  και  αδτη  τών  θείων  ή  τά2ις.  'ίστ* 
δν  ϊκηται   προϊών   ό   θειος  αριθμός,    Μουνάδος   έκ   κευθμώνος 

2  ante  δλον  supplendum  uidebatur  ta  et  Sehn,  μή  δεχόμενος 
γενητικής  AC:  γενικής  b  of.  ρ.  425  u.  11  eq.  4  eq.  δυναμούμενος  . .  . 
τό  νΟν  om.  C  5  μεθ^ξει  b  εκείνης  Ab  6  τοΟτο  C:  ταυτόν  Ab: 
ταυτό  F  διδόναι  AbF  ού  ταυτόν  Ab:  ού  κατ'  airroF  εαυτό  AbF  7 
σθ^νον  AbF  8  τώ  είναι  F  8  sq.  προσήκειν  CF  9  άπειρωτφ  Sohn. : 
άπείρω  τό,  τuιAb:  άπε(ρω  τούτω  F  9  sq.  συναπειροΟσθαι  F  10  αΙών 
F  11  σύνθετος  om.  b  12  άπ'  AbF  16  αΟτήν  b:  corr.  ta  16  sq. 
θείων  επέχων  Ab  17  μέν  om.  C  20  τήν  C:  om.  AbF  21  προς  F  22 
άπομνημονεύοντα  C:  άπομνημονεύσαντα  F  23  tu)'v  oöv  ό  κόσμος  Ab 
'2b  γάρ  ό  Α  fortasse  reote  26  ό  ποιητής  καΐ  πατήρ  om.  C  ό  δέ 
om.  F  ιίις  U  F  27  καΐ  CF:  δέ  Ab  τών  θείων  AbF:  θεών  C  ΕΙς 
τ*  b  28  sq.  μουνάδος  C:  μονάδος  AbF  totum  qai  sequitur  looum 
emendanit  Sehn,  secundum  p.  657  sq.,  ubi  eadem  plenius  leguntur. 


182  Erueetue  Diehl 

ακήρατου  Tetpab*  έπι  ίαθέην"  ή  5ή  τίκ€  μητίρα  πάν- 
των ΤΤανοεχέα  πρίσβειραν  κτέ  CF. 

ρ.  238  U.  4  sqq.  δσψ  γάρ  τό  ορών  θειότερον,  τοσούτψ  το 
όρώμενον  ύψηλότερον  *  κδν  γάρ  τό  αυτό  θειυρήται  ύττό  τ€  κρείτ- 

βτονός  τίνος  και  χείρονος*  άλλα  μάλλον  μέν  υπό  του 
κρείττονος  και  έναργέστερον,  ήττον  5έ  ύπό  του  χεί- 
ρονος  CF. 

ρ.  240  U.  3  eq.  και  παραφέρουσι  τα  τών  παλαιών,  αντρον 
καλούντων  τόν  κόσμον  και  φρουράν  καΐ  σπήλαιον  CF. 

10  ρ.  242  υ.  5  eqq.    καίτοι   γαρ  κάλλιστος  ών,    εΐκών   έστι 

του  νοητού  κάλλους  (i.  ό  κόσμος),  κα\  οιά  της  όμοιότητος 
ταύτης  σφίεται*  καθάπερ  οδν  Όρφεύς  είδωλα  πλάττει 
του  Διονύσου  τά  τήν  γίνεσιν  έπιτροπεύοντα  και  τό  εΐοος 
δλον  ύποδεΗάμενα  του  παραδείγματος  CF. 

15  ρ.  242  U.  28  sq.   ως  γάρ  έκ  τής  'κατά  φύσιν'  αρχής  τά 

πάντα  πρόεισι  και  τής  άιδιότητος  τών  θεών  και 
τής  πηγής  τών  όντων,  ούτω  δή  και  ό  επιστήμων  λό- 
γος έκ  τής  *κατά  φύσιν'  αρχής  οΙονεί  (>\1ϊ\ς  ορμώμενος, 
ομολόγους  προς  αυτήν  άποοίοωσι  τους  μετά  ταύτα  τής  αΙτίας 

20  απολογισμούς  κτέ  CF. 

ρ.  243  U.  13  αλλά  τί  τό  *κατά  φύσιν';  ή  τό  μιμούμενον 
τήν  τών  πραγμάτων  φύσιν,  ή  τό  παν  τό  όφειλόμενον 
άπειληφός  CF. 

ρ.  245  U.  2  sqq.  άλλ'  ήπερ  έχει  τά  πράγματα,  ταύτη  και 

35  τών  λόγων  συνδιηρημένων  τοις  πράγμασι  και  ούτως  εχόντων 
του  τε  ακριβούς  πέρι  και  τοΟ  σαφούς  τά  υποκείμενα  αύτοϊς 
πράγματα,  ως,  τους  μέν  τών  λόγων  λέγειν  τών  δογμάτων  λε- 
γόντων, δτι  τά  πράγματα  ώδι  έχει  και  ουκ  δν  άλλως 
έχοι,  τους  δέ,  δτι  τό  εικός  τοϊόνδε  έστι  τών  πραγμά- 

ϋοτων  CF. 

ρ.  245  U.  1Γ>  scj.  εικότως  άρα  και  δδε  ό  λόγος  ό  τών 
πραγμάτων  συγγενής  έστι  τοις  πράγμασι  και  οΓον  ίγγονος 
αυτών  αποτελείται  γάρ  έκ  τών  έν  ήμϊν  γνώσεων 
τών  συστοίχων  τοις  πράγμασι  CF. 

1  τετράδα  CF  ήδη  τέ*  καΐ  C  2  πανδεχέαν  πρέσβυραν  b  3 
δσον  Α  τοσοΟτον  Ab  4  ούκ  άν  Ab  θεωροϊτο  Ab  5  τινόσ  C  (ηοη  F) 
10  γε  Ab:  έστι  CF  12  sq.  σώζεται  .  .  .  διονύσου  CF:  δείκνυσι  Ab 
14  ώς  ολον  AbF  υποδεχόμενα  C  17  δέ  F  19  αυτόν  C:  αυτόν? 
2β  περί  τά  υποκείμενα  Ab  27  τους  λόγους  Ab,  quod  ut  glossema  de- 
lere uoluit  Sohn.  27  sq.  λεγόντων  C:  ατε  τούτων  F  27  sqq.  λεγόν- 
των ..  .  πραγμάτων  CF:  τό  ακριβές,  τους  δέ  τό  είκός  Ab  29  τό 
«τι  F    ποίον  δέ  έστι  C      31  ώδε  Ab      32  καΐ  C  (ηοη  F) 


Subsidia  ProolianA.  18?S 

p.  245  u.  25  sqq.  vöv  bt  'μόνιμον',  (i.  τό  παράδειγμα  κα- 
λεί ό  ΤΤλάτιυν)  τούτο  μέν  άντι  του  *ά€ΐ  δντος',  κα\  *βίβαιον' 
τούτο  οέ  άντι  του  *κατά  ταύτα  ίχοντος',  καΐ  'μετά  νου 
καταφανές',  τούτο  bk  άντι  τού  λοιπού  τού  βοήσει  περιλη- 
τΓΓού'  CF.  5 

ρ.  246  U.  13  eq.  και  γάρ  αύτη  ή  επιστήμη  ώς  μέν  έν  ψυ- 
χοϊς  ανέλεγκτος  έστιν •  ελέγχει  δέ  αυτήν  νους*  μόνος  γάρ 
ούτος  έρεϊ  τό  δν  δπερ  εστίν  επιστήμη  bk  οευτέριυς 
άνελίττουσα  τό  άμερές  και  bia  συνθέσεως  αίρούσα  τό  α- 
πλούν CF.  10 

ρ.  247  U.  9  sq.  άλλ'  έκεϊ  μέν  τά  είρημένα  παραδείγμα- 
τος εΐρηται  χάριν  και  ού  περί  αυτών  των  Ιδεών,  άλλα  περί 
των  ενταύθα  ίδεών  CF. 

ρ.  251  U.  29  sqq.  είτα  τίνων  δεικνύων  πολλών  προσέθηκε 
(i.  ό  Πλάτων)  'θεών  και  τής  τού  παντός  γενέσεως*;  και  γάρ« 
και  περί  τής  των  θεών  γενέσεως  τών  νέων  έρεΐ 
και  περί  τής  τού  παντός*  καΐ  ταύτα  έστι  τά  πολλά  CF. 

ρ.  252  U.  29  sq.  αύτώ  γάρ  τψ  νοεϊν  πάντα  γεννώσιν   (i. 
ο\  θεοί),  δ  δέ  γεννώσιν,  έκ  τών  άμερών  και  αιωνί- 
ων   και   άύλων   είδώ ν  γεννώσιν,    ώστε  κα\   νοούσιν2ο 
αυτά  τούτον  τόν  τρόπον  CF. 

ρ.  257  U.  26  sq.  ϊνα  και  οδός  ή  προς  τό  δλον  ή  γένεσις, 
μέση  πως  ούσα  τής  τε  άκοσμίας  και  τού  κόσμου, 
παν  δέτόέκτών  μερώνδλον,  ένώτά  μέρη  συνεί- 
ληπται  CF.  35 

ρ.  258  U.  14  δσοι  μέν  τόν  δημιουργόν  εΙς  ταύτόν  ή- 
γαγον  καΐ  τόν  πρώτον  θεόν,  δν  ό  έν  πολιτείςι 
Σωκράτης  αγαθόν  ανύμνησε,  διότι  και  τόν  δη- 
μιουργόν αγαθόν  έκάλεσε,  γελοίοι  παντελώς  είσιν  CF. 

ρ.  2()0  U.  25  sqq.  τό  μέν  γάρ  έπι  τοις   άλλοτρίοις    λυπεί- βο 
σθαι  άγαθοϊς  και  τό  παρ'  αύτώ  κατέχειν  τό  αγαθόν 
πάθη  μερικών  έστιψυχώνή  δέ  ίνδειατών  άγα- 
θ  ώ  ν  πασιν  υπάρχει  τοις  κατά  μέθε^ιν,  άλλ'  ού  πρώτως  άγα- 
θοϊς  CF. 

2  καΐ  βέβαιον  τοΟτο  μέν  άντί  τοΟ  άεΐ  δντος  Ab  τοΟ  μέν  F :  τούτο 
μέν  cett.  8  τοΟ  6έ  CF  οντος  F  uerbonim  ordinera,  qui  prirao  obtutii 
nidetur  eese  corruptus,  mutauit  F^  4  καταψανοΟς  Ab  λοιποΟ  τοΟ 
om.  Α  6  αοτη  C  7  sq.  έλέγχ€ται  δέ  ύπό  νοΟ  Ab  8  αΙρεΐ  C  9 
άσυνθέτως  F:  συνθέτως  Ab  12  είδεών  C  alterum  περί  οτη.  F  14 
πολλών  δεικνύων  AbF  29  ταγαθόν  AbF  έκάλεσαν  Ab  31  αύτώ  C 
32  ενέργεια  F:  ένδεια  C 


184  Erncstus  Diehl 

ρ.  263  u.  20  sqq.  κα\  b\ä  T\  μή  πρότερον  (5.  ό  δημιουρ- 
γός   Κ€κίνηκ€    τήν   ύποκ€ΐμίνην   φύσιν) ,    δτε    €ib€  καλόν 
δν  τοις  γ^νομίνοις  τό  γίνεσθαι;  εϊπερ  γαρ  καΐ  τό- 
τε αγαθός  ήν,  καΐ  ήβούλετο  ττ  άντα  αύτψ  γενέσθαι  παραπλήσια;  F. 
6  ρ.  263  U.  28  eq.  ουτιυ  και  τό  ael  δν  αγαθόν  άει  βούλεται 

τα  αγαθά*  el  5έ  άει  τα  αγαθά  βούλεται,  ά€\  δύνα- 
ται τα  αγαθά  CF. 

ρ.  265  U.  2  sq.  νους  γαρ  έπ\  τάγαθόν  άνατβίνεσθαι 
ούναται*   δ   τε    δλος  έπι   τό   απλώς  αγαθόν,    και 
10  6  έν  ήμϊν  νους  έπΙ  τό  έν  ήμΐν  CF. 

ρ.  268  U.  9  sq.  ο\  μέν  προνοίας  οδσης  πάντα  αγαθά 
elvai  πιστεύοντες,  οίδέ  κακών  δντων  προνο€ΐσθαι 
τά  πράγματα  μή  πιστεύοντες  C. 

ρ.  269    U.    28    sq.    ουτ€    γάρ   ή    ψυχή    τών  παρά  φύσιν 
ΐδίχει   τήν  αΐτίαν  τουναντίον  γάρ  ή  παρά  φύσιν 
έστιν  .  .  .  ουτ€  τό  σώμα  τών  παραλόγων  CF. 

ρ.  272  U.  21  eq.  ώς   5έ   τό   τή    μερική    φύσει    κακόν  τη 
δλη  αγαθόν,   ουτιυ  δή  και  τό  τή  μερική    ίιυή  κακόν, 
τή  δλη  ίιυή  αγαθόν  έστιν  CF. 
ao  ρ.  275  U.  2  sqq.    άπό    ταύτης    τής    κοσμητικής    (i.  ποιή- 

σειυς)  ό  Πλάτων  αρχόμενος  είναι  μέν  πάντη  και  πάντως  εΐ- 
κότως  υποτίθεται  πάν  τό  σωματικόν,  πλημμελώς  hk  και  ατάκτως 
κινούμενον  *  δσον  γάρ  έφ'  έαυτώ  τοιούτον  δν,  κίνησιν  μεν 
ίχον,  ώς  υπό  φύσεως  εμπνεόμενο  ν,  άτακτον 
250έ  κίνησιν,  ουπω  γεγονός  ίννουν,  δσον  έφ'  έαυτώ,  και 
έψυχωμίνον  ύπό  τής  νοερας  ψυχής  CF. 

ρ.  276  U.  19  sq.   ώστε  και  κατ'  αυτόν   (i.  τόν  Πλάτωνα) 
ή  υλη  πρόεισιν  ίκ  τε  του  ενός  καΐ  έκ  τής  απειρίας  τής 
πρό  του  ενός  δντος  CF. 
30  ρ.  277  U.  29  sqq.  τό  bk  *παν  δσον  όρατόν'  πρώτον   μέ\/ 

ουδέν  άφίησιν  ίρημον    τής    του  θεού   προνοίας,  ίπει^* 
δτι  σωματικόν  έστι,  τούτο  τό  *  όρατόν  '  έπώείκνυσιν  CF. 

ρ.  281  U.  10  sq.  εϊτε  γάρ  γενητόν  τών  άγενήτων  αϊτιο^^  - 
άτοπον,    εϊτε    άγίνητον  *    πώς    τών    πάντη    άγενήτων    δ  λ  λ   ο 


3  sq.  καΐ  ό  τότε  b  4  έβούλετο  F:  βίβούλετο  C  αύτΦ  libri:  aof 
scripei  cum  Schu.  15  εΐ  παραφύσιν  C  17  prius  τή  om.  F  17  sq.  -τ"• 
Ολη  Ζωή  Ab  20  κοσμικής  F  τής  κοσμητικής  om.  C  21  αρχόμενος  * 
Πλάτων  h  ό  Πλάτων  om.  F  23  οσον  om.  C  26  έμψυχωμένον  -Α  "• 
27  καΐ  om.  AF  28  ίκ  C  (non  F)  29  τοΟ  οντος  Α  31  άφ(στη<τ«.^ 
Ab:  άφίησιν  CFta  ii.*i  sqq.  γβννητόν  άγβννήτων  ter  άγέννητον  Vis 
F  34  άγένητον,  πώς  τών  πάντη  om.  b:  άγένητον  τών  omissa  ptx^ 
tabat  ta 


Subsidia  Procliana.  185 

αίτιον  άγένητον;  ούοέν  γάρ  μάλλον  εκείνο  τού- 
τοις αίτιον,  ή  ταύτα  έκείνψ,  πάντων  καθάπερ 
άγενήτων  δντων  CF. 

ρ.  288  U.  7  sq.  καΐ  γαρ  b\a  τίνος  δλλου  τά  σώματα  μβτα- 
σχεϊν  του  νοητού  κάλλους  αδύνατον  ή  bia   νου*   νουςβ 
Τάρτόπρώτωςτής    του    κάλλους  πληρουμένης  bia- 
5ό(Τ€(υς  F  (lacuna  in  C). 

ρ.  290  υ.  5  8q.  καΐ  πολλψ  άρα  μάλλον  τέτακται  των 
μερικών  2Ιώων  τό  παν  ίννουν  άρα  αυτό  καΐ 
ίμψυχον  βητίον  F  (lacuna  in  C).  ίο 

ρ.  293  η.  17  addunt  poet  θεών  τε  CF:  μονονουχί 
βοώσα  b  ιαρρήοη  ν,  δτι  καΐ  ό  κατά  ταύτη  ν  (1.  τήν 
ψυχήν)  δημιουργός  ίστι  Ζευς*  περί  τίνος  γαρ 
δλλου  τούτο  τεθ ρυλλη με νο ν  ίχομεν  ή  περί 
του  μεγίστου  Διός  του  'πατήρ  άνορών  τε  θε-ιβ 
WV  τε '; 

ρ.  295  η.  12  ώσπερ  ίν  τοις  άΕιώμασιν  'αγαθός  ήν'  και 
'  θέμις  bk  οδτ'  ήν  οοτ'  ίσται  τψ  άρίστψ  δραν  δλλό  τι  πλην  τό 
κάλλιστον  *,  τό  μέν  είκοτολογίαν  έκάλεσε  (ί.  ό  Πλάτων),  τ  ό 
^έ  άλήθειαν  τήν  μέν  άπλήν  έπιβολήν  άλήθειαν» 
προσαγορεύων,  τήν  bk  οιηρημένην  είκοτολο- 
Τίαν  CF. 

ρ.  295  U.  15  sqq.  ή  μεμνήσθαι  bei  τών  Πλατωνικών 
υττοθίσεων,  αϊ  τό  ίώον  άνωθεν  άπό  τών  νοητών 
^οοήκειν  φασί  μίχρι  και  αυτών  τών  φυτών  CF.  μ 

ρ.  295  η.  21  καΐ  bia  τούτο  και  τό  παράδειγμα  τών 
διτωσου  ν  ίώντων  ούχι  ίμψυχον  είπε  ν,  άλλα  2Ιώον, 
*να  μή  ίμψυχον  εΙπών,  τινών  αυτό  ποίηση  παρά- 
^ίιτμα  καΐ  μή  πάντων  CF. 

ρ.  305  U.  5  sqq.  παν  τό  προς  aibiov  παράδειγμα  γεγονός  ao 
•^βλόν  υπόκειται  γάρ  ούοέν  προς  aibiov  μερι- 
•^όντταράοειγμα  γεγονός  καλόν,  ώς  νυν  φησί'τό 
^Ρα  προς  μερικόν  aibiov  παpάbειγμα  γεγονός 
^^  Τίγονε  προς  aibiov  παpάbειγμα.  λύομεν  τόν  λόγον  αΐτιασά- 
'*^Voi  τόν  μέσον  ουκ  όντα  τόν  αυτόν  CF.  86 

4  6ιά  τίνος  άλλου  τό  σώμα  δύναται  AbD         6  sq.  πληρουμ^νου 

'^^'^αοοσειυς  AbD        8  sqq.  μαλλον  ψυχήν  ^ητέον  Abi)     μαλλον  om.  F 

,  ^  τίνος  C        14  τβθρυλημένον  C         1β  τ€  om.  C        19  έκάλβσε  om.  F 

^^^nam  senseruDi  Sehn,  et  ta        25  di  καθήκειν  φοσΐ  τό  2ώον  Ab 

«qq.   καΐ  6ιά  τοΟτο  .  .  .  πάντων  om.  ta     29  καΐ  μή  πάντων  delere 

^•xiit  Scbn.      30  παράδειγμα  om.  b      35  τόν  αυτόν  coni.  Scbn. 


1H6  Ernestus   Diehl 

ρ.  305  u.  8  post  κάλλιστον  adiciunt  CF:  δταν  τ«Ρ  λί- 
Τηται  το  ττρός  μερικόν  παράδειγμα  γεγονός  ου 
καλόν,  δντιυς  λε'γεται,  δτι  ου  κάλλιστον. 

ρ.  306  U.  23  άλλ'  ώς  πριυτουργός  αρχή  και  ώς  πληρούσα 
» πάντα   εαυτής    και   ήνωμένως    περιέχουσα    πάντα, 
δσα  όιηρημένιυς  τα  μετ'  αυτήν  (i.  τό  νοητόν  ίώον  πάντων 
έστι  τών  μετ'  αυτό  περιληπτικόν)  CF. 

ρ.  306  U.  29  sqq.  ίστιν  οδν  ό  κόσμος  καΐ  τούτοις  μέν 
τοις  μερικοϊς  Ζώοις  δμοιος,  έπει  και  αύτψ  τώ  οημιουργψ  παρα- 
ιοπλήσιός  έστιν,  ομοιότατος  5έ  τψ  αύτοΖώψ,  biOTi  bx]  τό 
παντελές  τό  εκείνου  καιτό  φανόν  μεμίμηται* 
και  αυτός  ορατός*  μάλλον  bi  έστι  μέν  και  έ'κα- 
στον  τών  τή  5ε  Ζώων  δμοιον  τφ  παντελεϊ  2ώω, 
καθόσον  έστι  Ζώον,  τό  bk  πάντων  όμοιότατον  έκείνω  τό 
15 παν  έστι,  πρώτως  δν  όρατόν  Ζώον,  ώς  έκεϊνο  πρώ- 
τως  νοητόν  ήν  Ζώον  CF. 

ρ.  309  U.  8  sqq.   και  γαρ   έκείνοις  άνωθεν  ό  Φάνης  έπι- 

λάμπων  τό  νοητόν  ςκυς,  πάντας  ορατούς  ποιεί   καΐ    οείκνυσιν 

έΕ  αφανών  φανερούς*    ώσπερ  και  ενταύθα  οιάτοΟ 

2οφωτός  τα  χρώματα   πάντα   γεννώμενα   τοϊςσώ- 

μασι  παρέχεται  τό  όρατοϊς  εΓναι  CF. 

ρ.  315  U.  22  sqq.  φημι  τοίνυν,  δτι  τόν  κόσμον,  εϊπερ 
μεμίμηται  μάλιστα  και  ακριβώς  τό  παράδειγμα,  οεϊ  πάν  αυτό 
με  μ  ι  μη  σθ  α  ι  και  τήν  ούσίαν  αύτοΟ  και  τήν  ά  ιδιότητα 
ωκαιτήνμόνωσιν  εΐ  γαρ  τα  μέν  αύτου  μιμοΐτο,  τα  bi 
μη,  τίνος  έσται  παράδειγμα  δλον;  αύτψ  γάρ  τψ  είναι  ποιούν 
δλου  εαυτού  ποιεί  τινα  εΙκόνα  CF. 

ρ.  322  α.   12  sq.  και  γάρ  τό   πρώτως  αγαθόν,  και  τό 
ϊσονώσαύτως   δείΕομεν    μονά  δικό  ν  τό  πρώτως, 
δοώσπερ  τό  αύτοίώον  έν  τούτοις  άποδείκνυται  CF. 

ρ.  325  U.  11  ώς  γάρ  τά  δημιουργήματα  προς 
τούς  δημιουργούς,  ουτω  τά  δημιουργουνταπρός 
τά  παραδείγματα,  και  έναλλάΕ  CF. 

3  οΰτως  C  15  εκείνο  γάρ  Ab  15  sq.  πρΟ&τος  b  19  eqq. 
φαν€ρούς  .  .  .  σώμασι  CF:  τά  πάντα  γεννώμενα,  καΐ  τοΙς  σώμασιν  ό 
κόσμος  διά  τά  τών  άστέριυν  φιυτα  Ab  20  γινόμενα  F  22  φήσιν  b 
23  παν  αυτό  CF:  πάντα  AbD  24  μιμβϊσθαι  Ab  αύτοίς  D  25  γάρ 
CF:  δέ  Α])Γ)  τά  μέν  .  .  .  τά  δέ  om.  D  26  τίνος  libri:  τινός  Sehn, 
post  παράδειγμα  insuerit  D  bei  πάντα  μεμιμήσθαι  ολου  b  supple  τό 
παράδειγμα  27  ποιούν  libri:  ποιών  contra  sensum  commendare  uidentur 
u.  22  sqq.  et  u.  27  sq.  (Sehn.)  27  βλου  έαυτοΟ  Ab:  δλιυσ  αύτοΟ  C: 
όλον  έαυτοο  F     τινά  ποιεί  C      28  τό  öv  πρώτιυς  Ab 


Subsidia  Prodi ana.  187 

p.  325  u.  15  άλλα  μήν  tv  b^beiKrai  τό  αύτοίώον,  δτι 
δντιυς  μόνον  έστι  μοναοικόν  C. 

ρ.  335  U.  4  eq.  και  τρίτον  (ecil.  τό  πρώτιυς  όρατόν  πυρ 
έστιν),  δτι  οβϊται   συναγωγοΟ  του    ςκυτός  ή  δψις  καΐ  τό  όρα- 
τόν, €ΐ  μέλλοι  κατ'  ένίργβιαν  είναι  έκάτερον  δπερ  λέγε- β 
ται  και  όίοεικται  έν  πολιτείςι  F. 

ρ.  348  U.  10  μιμείται  γαρ  τήν  έν  τψ  οημιουργφ 
τάΕιν  ή  τών  σωμάτων  τούτων  θέσις'ίτιτοίνυν 
και  τό  μίσονέν  τούτοις  πάντα  έστΙ,  καΐτά 
έσχατα  τό  μίσον  f στι  γάρ  πάντα  έν  πασι  καίιο 
μετέχει  τής  αλλήλων  φύσεως•  μιμείται  γάρ 
καΐ  ταύτη  τόν  νοητόν  κόσμον  ό  αΙσθητός  F. 

ρ.  349  U.  23  sq.  ώσπερ  γάρ  φησιν  Ιπποκράτης,  εΐ  Sv  ήν 
ό   άνθρωπος,    ούκ  δν  ήλγεε*  τό  γάρ  άλγουν  πλεο- 
νεξία  τινός   και  άμετρίαόυοϊν   όυοϊν    τούλάχι-u 
στον  άλγεϊ.    τόν  αυτόν  τρόπον  καΐ  ήμεϊς    λέγο- 
μεν  εΐ  ?ν  ήν  στοιχεϊον,  ούκ  δν  τά  πράγματα  μετέβαλλεν  F. 

ρ.  351  U.  19  eq.  και  γάρ  πλειόνων  γινομένων  άρκεΐ  καΐ 
ή  μία  (seil,  μεσάτης)  συνάπτειν  τόν  γοΟν  όγοοήκοντα 
και  Sv  τψ  έκκαίοεκα   συνάπτει  («eil.  ό  Πλάτων)  F.      ao 

ρ.  352  U.  4  post  ένενηκονταέΕ  addidit  F:  καΐ  ίσται  ανα- 
λογία συνεχής  κατά  τόν  οιπλάσιον  λόγον  έν 
δροις  τοις  είκοσιτέσσαρα  και  τεσσαράκοντα 
και  οκτώ  καΐ  ένενηκονταέΕ  και  εκατόν  ένενη- 
κονταούο.  08 

ρ.  8G6  U.  5  eq.  οΐον  6  άήρ  ούχ  απλώς  έστι  λεπτομερής* 
έχει  γάρ  τι  καΐ  παχύ  και  ομιχλώδες  και  ύόατώοες,  ούόέ  τό 
ο6ωρ  απλώς  εύκίνητον  τό  γάρ  f  σχατον  αύτου  γήινόν 
έστι  καΐ  ουσκίνητον  FP 

ρ.  371  U.  17  eq.  εϊτε  γάρ  τέλειον  τό  παν,  οόοέν  έστιν  so 
έκτος  αύτου*  τέλειον  γάρ  έστι  τό  πάντα  έχον  έν 
έαυτώ  τά  μέρη  καΐ  τά  συμπληρωτικά  αύτου*  είτε 
μηοέν  έστιν,  ΣέΕω  του  παντός,  τέλειον  έστι*  τό 
γάρ  πάντα  άπειληφός  παντελές  έστιν  εϊτε  αδ 
€Ϊς  ό  κόσμος,  ούοέν  έστιν  έκτος  αύτου*  γένοιτο  γάρ  ββ 
αν  έκ  του  έΕω  και  άλλος  F. 

1  eq.  καΐ  δντο  μόνον  ώς  έστι  b  Sehn. :  κ.  Ö.  μ.  ώς  ίστι  Α  :  καΐ  οντως 
μόνον  ώς  ίστι  F:  οτι  όντιυς  μόνον  έστΙ  C       5  μέλλα  D     elvai  om.  F 

Η  άν^ος  F         1«  αυτόν  iterauit  F        27  καΐ  ύδατώδες  om.  Α        38 
δλλο  Ρ  Sehn. :  δλλος  BF :  δλλιυς  cum  ο  super  ui  Α 


188  ErneRtus  Diehl 

ρ.  373  u.  2  8qq.  έπι  hk  των  τούτοις  fecil.  τό  παν  είναι 
μονογενές  και  παντελές)  άντιστρεφόντιυν,  οίον  el  μονογενές, 
ούοέν  ίχει  έκτος,  πάλιν  ή  αυτή  ίνστασις*  και  ό  τρό- 
πος της  λύσεως,  δτι  τό  έΕαίρετον  εϊληπται 
«μονογενές  του  παντός,  δ  μηοέν  ίχει  σύίυγον 
τόοέεΐ  παντελές  ουδέν  ίχει  έκτος,  αύτόθεν  έπι 
μόνου  του  παντός  αληθές  *  καΐ  εΤεν  δν  α  Ι  όποοειΕεις  τοιαίοε 
τινές•  τό  παν  μονογενές*  εΐ  bk  μονογενές,  ουδέν  δν  ίχοι  έαυτοΰ 
έκτος,  έΕ  οΰ  δν  δλλο  γένοιτο  τοιούτον  ...  u.  6  τό  παν 
ιοπαντελές '  εΙδέ  παντελές,  ουδέν  αότου  έστιν  έκ- 
τος• παντελές  γάρ  τό  μηδέν  έλλεϊπον  F. 

ρ.  375  U.  26  eq.  λέγει  δέ  (i.  ό  Πλάτων)  ού  τόν  κόσμον 
ύπ'  αυτών  πείσεσθαι  περιεστώτων,  άλλα  καθ'  δλου  παν 
σώμα  συστατόν  έκ  τών  ομοίων  τοΐςέν  αύτω  και 
ιβέΕ  ών  έστι  περιεστώτων  πάσχειν  F. 

ρ.  380  D.  6  eq.  δια  τί  δέ  συγγενές  καΐ  πρέπον  τψ  παντι 
τό  σψαιρικόν  έζητούμενος  6  Πλάτων  έπήνεσεν,  δτι 
τό  πάντων  περιεκτικόν  δει  τοιούτον  ίχειν  σχήμα;  F. 

ρ.  389  U.  28  Rq.  καΐ  6  κόσμος  οΰν  δψις  τέ  έστιν  δλος 
»και  όρατόν  καΐ  δντως  αίσθήσει  και  δόΕη  περιληπτόν,  τ  ή  εαυ- 
τού αίσθήσει  καΐ  τή  έαυτου δόΕη•  ταύταις  γάρ 
έστι  πρώτως  περιληπτόν  FP. 

ρ.  390  U.  16  sqq.  έστι  δέ  τίνα  καΐ  τελευταία  ίώα,  οΐα 
και  τά  φυτά,  μετέχοντα  ίωής  ίχνους  καΐ  αίσθήσεως,  ο  υ  πάσης, 
2βάλλά  και,  ης  μετέχει,  παθητικώς?χοντα  και  ταύ- 
τη ν  άλλης  ουν  αίσθήσεως  ούσης  τής  δλης,  άλλης  δέ  τής 
μεριστής  F. 

ρ.  413  U.  2δ  sqq.  καΐ  διά  μέν  τήν  αίσθησιν  εΙκή  φερόμεθα, 
διά  δέ  τά  αΙσθητά  προσβάλλοντα  ήμϊν  κατά  τό  προστυχόν 
δοεώμεν.  έστι  γάρ  έν  ήμϊν  τό  είκαΐον,  έΕωθεν  δέ 
τό  προστυχόν  FP. 

ρ.  420  U.  22  sqq.  έστι  τοίνυν  έν  έκαστη  φύσει  τό  μέν 
ουσία,   τό  δέ  δύναμις,    τό   δέ   ενέργεια•    καΐ   γάρ    του 

8  ίχτ\  AbP:  ίχοι  F:  corr.  Sehn.  9  άΧΚο  FP:  άλλου  Ab:  corr. 
Sehn.  τοιοΟτο  F  τό  παν  δρα  Ab:  δρα  deleuit  ta,  Sehn,  probauit  lacuna 
eonieeta  12  ού  FP  13  αύτψ  b  15  πάσχειν  delere  uoluitSchn.  1β 
διότι  AbP  18  έχειν  om.  Ρ  20  sq.  τή  έαυτοΟ  αίσθήσει  καΐ  om.  Ρ. 
24  τά  om.  Ρ  2ίί  μέν  AbP  :  οΰν  F  οοσης  άλλης  μέν  τής  δλης  Ρ  29 
προβάλλοντα  F  post  ήμίν  addit  Α  τό  εΙκαΙον  ^Ειυθεν  6έ  κατά  om.  Α 
32  έτι  F  38  Sehn,  excidissc  putauit  τό  6έ  ενέργεια*  οΐον  τοΟ  πυρός 
ή  μέν  ουσία:  th  'potentia,  illud  autem  actus,  substantia  quidem  uelut 
in  igne':  ta  nihil  nisi  τό  δέ  ενέργεια,  καΐ  ή  μέν  ούσ(ο  deeideraoit. 


Subeidia  Procliana.  189 

πυρός  δλλη  μέν  ή  ουσία,  καθ'ήν  τψ  πυρι  το  cTvai  πυρι 
πρόσεστιν,  δλλη  hk  ή  ούναμις,  δλλη  bi  ή  ενέργεια  F. 

ρ.  428  U.  4  sqq.  πασά  γάρ  ενέργεια  ή  κίνησίς  έστιν  ή 
στάσις  ή  δμφιυ*  ή  μέν  γάρ  του  νου  ενέργεια  μάλλον 
στάσις  ...     u.  6  ή  5έ  τών  σωμάτων  εις  δλληλα  κίνησις  FP.5 

ρ.  430  U.  7  sqq.  και  έν  τοις  αίσθητοϊς  ή  αρμονία  και 
τά  γένη,  άλλα  μεριστώς,  έν  bi  ταϊς  ψυχαΐς  άσωμάτως  άμα 
πάντα  και  κατά  μέθεΕιν  δθεν  τό  τε  άπλοΟν  άμα 
και  σύνθετον  αυτών  οήλον  F. 

ρ.  432  U.  29  ρ.  433  u.  1  eq.   τριπλήν  μέν  λέγε  τήν  άμέ- ίο 
ριστον  ούσίαν,  την  κατά  τό  εΤναι,   τήν  κατά  τό  2ήν,  τήν  κατά 
τό  νοεϊν,  τριπλήν  οέ  τήν  περί  τοις   σώμασι    μερι- 
σ  τ  ή  ν,  άντι  μέν   της  κατά  τό  νοεϊν  τήν  κατά  τό  αίσθά- 
νεσθαι  FP. 

ρ.  434  U.  21  sqq.  οοτε  γάρ  παν  πέρας  ϊσον  παντί  πέρατι,ιβ 
τών  μέν  όλικωτέρων  όντων,   τών  οέ  μερικωτέρων,   ουδέ  πάσα 
απειρία  πάση  άπειρίςι  ϊση,  οιότι  μηοέ  πάσα  ούναμις 
πάση  δυνάμει  F. 

ρ.  440  U.  7  sqq.  δμφω  (ecil.  ή  αΙωνία  ύπόστασις  καΐ  ή 
γιγνομένη)  μέν  ου  ν  ουκ  δν  εϊη  πρό  ψυχής  ...  u.  10  poet  oö-  20 
σης  adiecit  F  άμφω  οέ  ουκ  ίστι  μετά  ψυχήν,  διότι 
ή  μέν  αμέριστος  παντελώς  αΙώνιός  έστι  κατά  ταύτα  έχουσα, 
ψυχή  bi  ουκ  αΙώνιος  παντελώς,  ώς  καΐ  έν  νόμοις  εΤπε,  μετ- 
έχουσα πη  γενέσεως. 

ρ.  440  U.  13  sq.    λείπεται    οδν   τό  μέν  (ί.  τό  όμέριστον)2β 
είναι   πρό  αυτής  (seil,  της  ψυχής),  τό  5έ  (i.  τό  μεριστόν)  μετ' 
αυτήν 'καιδήλον,  δτιτόκρεΐττον   πρό   αυτής,    τό 
5έ  χείρον  με  τ'  αυτήν  F. 

ρ.  441  U.  7   τό    γάρ  τρίτον  (i.  ή  ψυχή)  μετ'  άλλων  δύο 
τρίτον   εστίν    εΙδέ    μετ'  άλλων  σψίομένων  δηλονότι  so 
και  ουκ  έφθαρμένων  F. 

ρ.  450  α.  22  sq.  ή  δέ  έν  τοις  ήρμοσμένοις  (seil,  ψυχή) 
άλλων  έστΙ  και  έν  άλλοις  ύφέστηκε,  και  πολυειδής 
έστι  καΐ  ύπ'  άλλων  κινεϊσθαι  πέφυκε  F. 

1  μέν  ΑΙκ  δέ  FP  3  eq.  ή  κίνησίς  έστιν  ή  στάσις  om.  b  4  ex 
th  suppleuerunt  ta  et  Sehn,  ή  δμφω  πως.  ή  μέν  γάρ  νοΟ  ενέργεια 
4iq.  μάλλον  .  .  .  κίνησις  οπι.  Α  9  άσυνθέτως*  καΐ  τό  post  κοί  inserue- 
runt  Ab:  ta  et  Sehn,  th  consulto  ('coraposite'j  emendarunt  συνθέτως 
δήλον  ta  xnutaudum  putauit  in  ή  μέθεΕις  δηλοΐ  13  καΐ  άντΙ  μέν  αυ- 
τής ταύτης  Ab  17  δυνάμει  AbP:  th  'infinitati*:  άπ€ΐρ(ςι  coni.  Sehn. 
F  21  exhibet  th  22  ή  δέ  AbP  κατ'  αυτά  F  24  πη  FP:  τής  Ab 
20  τό  δέ  χείρον  AP  :  τό  δέ  χείρων  b 


190  Erneetus  Diehl 

ρ.  453  α.  8  sqq.  ei  bi  ταυτα  αληθή,  δηλονότι,  βσος  δν  ό 
αριθμός  ληφθη  τών  μοιρών  εΙς  ταύτόν  συλλογισθείς,  τοσούτον 
ίσται  και  τών  μονάδων- τ  ό  πλήθος,  έΕών  ή  ψυχή*  και 
ίσται  έκαστη  τών  μονάδων  οοτε  μαθηματική  —  άνού• 
6 σιοι  γαρ  α\  τοιαυται  μονάδες  —  οοτε  φυσική  —  έν  ύπο- 
κ€ΐμ^νοιςγάραί   τοιαυται  μονάδες  F. 

ρ.  456  η.  7  sqq.  ταυτά  τε  ούν  προλητττέα,  καΐ  δτι  έπόγ- 
δοός  έστιν  ό  τονιαϊος  λόγος  καΐ  δτι  τό  μέν  έπίτριτον  έκ  δύο 
τόνων  έστι  καΐ  λείμματος,  τό  δέ  ήμιόλιον  έκ  τριών  τό- 
ιονων  καΐ  λείμματος  FP. 

ρ.  456  U.  18  eq.   άΕιοΐ  (βοϋ.  6  Πλάτων)  γαρ  τους  έτπτρί- 

τους  λόγους  εΙς  έπογδόους  καΐ  λεϊμμα  διαιρεϊν,    άλλ'  ούχι  εις 

διέσεις   έναρμονίους,  ουδέ    εΙς    δίτονον   ή   τριημιτό- 

νιον.    προσέθηκε    δέ  τό  έναρμονίους,  επειδή  και  τό 

ιβήμιτόνιον  τών  παλαιών  τίνες  δίεσιν  έκάλουν  F. 

ρ.  460  U.  10  sqq.  έπει  γάρ  τό  υπό  τών  αδ  ϊσον  τω  ύπό 
τών  βγ,  6  δέ  β  αριθμητική  μεσάτης,  καΐ  τό  ύπό  συναμφοτέ- 
ρου  τοΟ  αδ  και  γ  διπλάσιον  του  ύπό  βγ,  διότι  διπλάσιος 
6  συναμφότερος  αδ  τοΟ  β,  ώς  έν  αριθμητική  μεσότητι, 
20 τό  άρα  ύπό  συναμφοτέρου  του  αδ  καΐ  γ  διπλάσιον  τοΟ  ύπό 
αδ  F. 

ρ.  460  U.  16  sq.   έπεΙ  γάρ  τό  ύπό   αδ   καΐ   γ    διπλάσιον 

του  ύπό  αδ,    τό  δέ  ύπό    αδ    ϊσον  τψ  ύπό  γβ•  τό  άρα 

ύπό  συναμφοτέρου  του  ύπό    αδ   καΐ  γ  διπλάσιον 

26  τ  ο  υ  ύ  π  ό   βγ,  διπλάσιος  άρα  και  συναμφότερος  αδ  του  β  FP. 

ρ.  461  U.  9  sqq.  ο\  μέν  ουν  Πυθαγόρειοι  μέγα  φρονοΟσιν, 
ώς  τήν  του  κανόνος  κατατομή  ν  άνηυρηκότες*  όδέ  γε 
Πλάτων   ψυχής  κατατομήν  έν  τούτοις  παραδίδωσι  F. 

ρ.  462  U.  15  sqq.  γεγονέτωσαν  γάρ  άπό  παντός  του  προ- 

3οειρημένου  στίχου  έΗαπλάσιοι.  S*  ίΒ*  ΤηΓ'  ΚΔ*  ΜΗ*  ΝΔ'  ΡΞΒ* 

1  ό  om.  b  2  τοσοΟτον  AFP:  τοσοΟτων  b:  τοσοΟτος  Schnei- 
derus  th  consulto  qui  exhibet  'quotus  .  .  .  Dumerus,  tot  .  .  .  uni- 
tates'         4  oÖTi  AbP     μαθηματικών  AbP         5  φυσική  F  7  προσ- 

ληπτέα  Α         9  sq.  lacunam  plane   rede  suppleuit   Sohn,   ex  th,    qui 
uertit  'sesqualtera    uero  ex    tribus  tonis    cum  Icmmate*:   nee  fug^t  ea 

res  ta        17  τό  βγ  Ab        18  καΐ  τοΟ  γ  Α:    om.  b:    καΐ  β  Ρ    ύπό  τοΟ 

βγ  Ab  (Ρ  ?)       20  άπό  F    καΐ  β  Ρ    ύπό  FP       22  ύπό  τοΟ  Ρ    καΐ  β  Ρ 

post  διπλάσιον  iterauit  b   τοΟ  άπό  ab  κοί  γ,  διπλάσιον        24  καΐ  β 

Ρ        25  ύπό  om.  F    καΐ  Α])Ρ:    ή  F    ό  αδ  τοΟ  Ab:  αδ  τής  FP         30 
στοίχου  b 


Subsidia  Prooliana.  191 

έν  οίς  τους  δλλους  αριθμούς  έν  τάΕει  θέντες  μόνον  τόν 
ττεντηκοντατέσσαρα  πρό  του  τεσσαρακονταοκτώ  θεϊναι  όφεί- 
λοντες  κτέ  F. 

ρ.  465  U.  1  sqq.  οείδαντες  .  .  .  συνάγουσιν,   δτι  και  του 
ήμιτονίου  έλάσσιυν  έΕάνάγκης  έστινότου  λείμματος5 
λόγος*    δτι    b'  ουν   έλάσσων    έστιν  ή  έφεπτακαιόίκα- 
τος,  ούτος  bi  έλάσσων  ή  ήμιτόνιον,  οείκνυται  ούτως*  F. 

ρ.  465  U.  25  sq.  άλλα  μήν  ό  έπόγοοος  τών  πέντε  μυριά- 
δων κα\  ένακισχιλίιυν  τεσσαρακονταεννέα  έστΙν  ότώνίΕμυ- 
ριάοιυν     και    έΕακισχιλίων    τετρακοσίων    τριά-ιο 
κοντά  δγοοον  F. 

ρ.  466  U.  10  sqq.  ίστω  γαρ  ό  ΣΟΓ  καΐ  τέταρτον  και  δγ- 

boov  ίχων  τόν  έπόγοοον  προς  τόν  ΣΜΓ  λόγον,  6  5έ  ΣΝΗ  καΐ 
δγδοον  καΐ  έκκαιοέκατον   ίχων  προς  τόν  αυτόν 

ΣΜΓ    τόν   έφεκκαιοέκατον    λόγον    6  bk  ΣΝ$   ίχωνιβ 

προς  τόν  αυτόν  ΣΜΓ  τόν  του  λειμματος  ελάσσονα  δντα  λόγον 
ή  τόν  του  έφεπτακαιοεκάτου. 

ρ.  467  U.  9  κείσθω  τψ  Ζη  ϊσος  ό  ίθ*  έπόγοοος  άρα 
6  αΖ:  του  αθ  F. 

ρ.  467  U.  26  —  468  u.  2  τούτου  bk  οειχθέντος  εΙλήφθω-9ο 
σαν  έΕής  ό  μέν  αβ  τονιαϊος   λόγος,   ό  bi  βγ  του    λείμματος, 
6  bk  ab  του  καλουμένου  ήμιτονίου  *  οήλον  ουν,  δτι  ό  μέν 
αγ  τής  απότομης  έστι  λόγος,  μείίων  ων  του  ήμι- 
τονίου, ό  bi,  του  b  προς  γ  του  κόμματος. 

ρ.  468  U.  19  ββ.  έπειοή  bk  εορηται,  έν  τίσι  πρώτοις  έστιν  ae 
ό  του  λείματος  λόγος  και  6  τής  απότομης,   λεκτέον  και  6  του 
κόμματος    έν   τίσι   πρώτοις,    φ    υπερβάλλει  τό  λεΐμμα  ή  από- 
τομη, ίστι  μέν  οδν,  ώς  και  όί  παλαιοί  φασιν,  έν  τελείαις  μο- 

1  pro  δλλους  Sehn,  coniecit  Αλλοι '  οΟς:  th  liberius  haec  uertit, 
sed  ita,  ut  aliud  legisse  non  uideatur;  eum  secutus  est  ta  2  πρό  om. 
Α  5  έλάττων  b  ad  έλάσσυιν  Proclum  audiri  noiaisse  ό  τοΟ  λείμματος 
λόγος  uidit  Sehn.:  *  minus  esse  lerama'  ta  5  sq.  έΗ  ανάγκης  .  .  .  ήΡ: 
^oriv,  εΐ  καΐ  ό  Sehn.:  έ.  ή  bP:  έ.  εΐ  ή  Α:  'siquidem  septima  et  deeiina 
proportio  semitonio  minor  est'  th  7  öxi  bi  ούτος  έλάσσων  Ab:  τοΟτο 
b^  έλασσον  F :  ούτος  bi  ίλασσον  Ρ  δντας  b  9  ,θμθμ^  Ρ  i.  9049  46 
9  «q.  μυριάδων  έστΙν  AbP     pro  iis  quae  addidit  F  eeteri  praebent:  ?E 

icai  ,^υλη  Α:  ?£  καΐ  ^^λ  τέταρτον  Ογδοον  b:  ^ςϋλ  υπάρχων  δγδοον  Ρ: 
rede  Sehn.      13  ίχον  b      λόγον  ora.  Ρ       19  κείσθω  .  .  .  ZQ  ora.  Ρ 
25  ηορηται  Ρ       28  καΐ  ora.  AbP 


192  £rnestu8  Diehl 


νάσι  ταΐς   πεντήκοντα  τρκτι    μυριάσι  μετά  τών   ΑΥΜΑ   προς 

τάς  ΝΒ  μυριάδας  μετά  τών  ^ΔΣΤΪ  και  τάς  οκτώ  μο- 
νάδας FP. 

ρ.  469  U.  2  sq.  έπεί  οδν  ό  ZNS  Ικ  τε  του  ΣΜΓ  και  άλλων 

( έ(ΤτΙ  μονάδων  ΐΓ,  αϊτινές  ε!(Τι  διακοσιοστοτεσσαρακο- 

στότριτα  του  ΣΜΓ  δεκατρία,  δήλον  ώς  ό  ΣΞΘ  μετά 
τών   διακοσιο(Ττοτεσσαρακοστοτρίτων    δίκα    και    τριών    τόν 

μέν  ΪΓ,  φ  υπερέχει  του  ΣΝ$,  ίχει  του  έν  τψ  αύτψ  ΣΜΓ  6υϊ% 
δεκατρία  διακοσιοστοτεσσαρακοστότριτα  FP. 

10  ρ.  470  η.  23  sqq.  πάλιν  προς  τόν  ^Ä0AS  έπόγδοος  6  ^ΑΨΚΗ 

και  προς  τούτον  έπόγδοος  6  ^Α^/ί^ΜΔ,  καΐ  προς  τούτον  ίχει  τόν 
του  λείμματος  λόγον  ό  ^ΒΜΗ  και  προς  τόν    6ΜΗ  έ  π  όγ- 
δοο ς  ό  ,ΒΤΔ,  και  προς  τούτον  έπόγδοος  6  JBO^B  κτέ  F. 
ρ.  474  U.  26  eqq.   συμβαίνει   τοίνυν  και   έπι  τούτου  του 

15  διαγράμματος  τετράκις  είναι  τό  διά  πασών  και  δπαΕ  τό  διά 
πέντε,  και  πλεονάίειν  τόνον  *  τά  γάρ  τρία  ήμιόλια  ποιεϊ  ?ν  διά 
πασών  καΐ  τόνον  καΐ  τό  διά  πέντε  FP. 

ρ.  482  U.  20  sq.  τήν  μέν  σειράν  ώς  μίαν  κατά  τόν  πολ- 
λαπλάσιον  δεικνΟσα   (i.  ή  ψυχή  λόγον),  τό  δέ  ?ν  είδος 

2οκατά  τόν  ύποπολλαπλάσιο ν,  δλον  πολλάκις  έν  τή  αυ- 
τού σειρά  φαινόμενον  F. 

ρ.  485  U.  21  sqq.  καΐ  έοικεν  είναι  ή  μέν  (i.  μοίρα  τετάρτη) 
γεννητική  τών  περί  τό  σώμα  γεννητικών  μορίων  μεριστών, 
γονίμων  δέ  δμως  εΙδών  τήν  πρόοδον  μιμούμενων  τής  ψυχής  * 

25 ή  δέ  (i.  πέμπτη  μοίρα)  περί  τό  σώμα  μέν  μεριστών, 
γνωριστικήν  δέ  δύναμιν  εχόντων  καΐ  ταύτη  μι- 
μούμενων τό  τής  ψυχής  έπιστρεπτικόν  FP. 

ρ.  486  U.  27  sq.  πρόεισί  τε  (i.  ή  ουσία  τής  ψυχής)  άφ' 
εαυτής  καΐ  επιστρέφει  προς  έαυτήν  κατά  δέ  τάς  λοιπάς 

30  (i.  μοίρας)  παράγ  ει  τε  τά  με  τ'  αυτήν  καΐ  έπιστρέ- 

1  χιλίων  τετρακοσίων  τ€σσοράκοντα  κοί  ενός  Ab  ^αυμα  Ρ: 
αυμβ  F  2  δπ  F  πεντήκοντα  δύο  μυριάδας  τετρακισχίλια  διακόσια 
όγδοήκοντα  οκτώ  Sehn.:  τετρακισχίλια  .  .  .  οκτώ  om.  Ab  th:  exstant 
autem  in  m.  h :  th  uero  in  ro.  adposuit  numeros  531  441  et  524  298 
5  δεκατριών  AI)  8  ό  Ab  τοΟ  FP  δν  τά  F  10  ατκη  F  11  έπάγ- 
δοος  ό  fipitt,  καΐ  προς  τοΟτον  ante  £χει  et  13  καΐ  ...  ad  finem  om.  F 
13  ^ßgß  Ab:  ^βφ?β  Ρ  Sehn.:  2002  th :  2592  ta  17  τόνων  b  20  sq. 
έαυτοΟ  AbP:  th  αυτή  uidctur  legisse  uertens  'catenam  igitur  hanc 
unam*  24  sq.  γονίμων  .  .  .  μεριστών  om.  F  27  τό  om.  Ab  έπι- 
στρεπτικόν libri:  έπιστρεπτικών  Sehn.:  supr.  scr.  A:  ta  et  th  uerum 
senserunt       28  dp'  b 


Subdidia  ProclianA.  196 

φ€ΐ  προς  έαυτήν  πάλιν  καΐ  b{  εαυτής  μί(Της  έπι  τάς  εαυ- 
τής αρχάς  F. 

ρ.  491  U.  9  sq.  συλλήβδην  οΰν  €Ϊπιυμ€ν,  δτι  πάσης  αρ- 
μονίας τής  έν  τοις  κέντροις,  τής  έν  τοις  στοιχείοις,  τής  έν 
ταϊς  σφαίραις  ή  ψυχή  περιέχει  τους  λόγους  F.  f^ 

ρ.  495  U.  16  eqq.  και  γαρ  έπΙ  ταύτης  (i.  τής  τρίτης  ψυ- 
χής) την  σχίσιν  τής  μιας  οηλουν  υφεσιν  άπό  τής  έκ  τών  με- 
ρών δλης,  και  πρόοόον  εΙς  τήν  έν  τψ  μέρει  πάλιν 
ολότητα,  τό  γαρ  δλον  πλήθος  τών  μοιρών  είναι 
και  έπι  ταύτης  έν  έκατέρψ  τών  ευθειών  και  τώ ν w 
κύκλων*  και  είναι  τής  δ  λ  η  ς  ψυχογονίας  είς  τρία  τήν  το- 
μήν  κατά  τάς  τρεις  ταύτας,  ώς  εϊρηται,  ψυχάς  FP. 

ρ.  496  η.  22  sqq.  τούτων  (i.  τών  αριθμών)  bk  συντεθέν- 
των  ό  τριπλάσιος  αποτελείται  στίχος,  και  τών  μέν  μέσων  τών 
θατέρου  μειίόνων  ελασσόνων  δντων  του  λοιπού,  τών  bk  άκρων  ιβ 
δντων  του  εγγύς  μειίόνων,  ώς  έπι  γής  και  υοατος*  δπου  bk 
πάλιν  ωσαύτως  του  υποκειμένου  ώς  έπι  πυρός  καΐ 
αέρος,  ώς  οήλον  έκ  τών  έκκειμένων  δρων  F. 

ρ.  498  U.  17  eq.  τριπλή  ουν  ή  πρόοδος  και  επιστροφή,  ή 
μέν  ασχημάτιστος,  ή  bk  έσχηματισμένη  πρώτως,ή  bk  έσχη-ao 
ματισμένη  δευτέρως,  πάντα  bk  ώς  έν  άριθμοΐς  FP. 

ρ.  502  α.  19  sqq.  τριαδικοί  γάρ  αμφότεροι  (seil,  οΐ  δροι)' 
κα\  γάρ  ή  όκταπλασία  (seil,  μοίρα)  τριαδική  και  ή  έπτακαι- 
εικοσαπλασία*  τριαδική  πώς  έστι  καΐ  αυτή,  ώς  εΙς 
τρίτην  προελθοΟσα  F.  aß 

ρ.  503  U.  17  sqq.  έφ'  ών  γάρ  όμυδρότερον  τό  αυτό  είδος 
όρώμεν,  έπι  τούτων  τό  'έτι '  τάττομεν,  ώσπερ  δταν  λέγω- 
μεν,  έτιτήν  σελήνην  εΤναι  τής  ουράνιας  συστάσεωςΡ. 

ρ.  506  U.  11  sq.  αυτώ  γάρ  τω  εΓναι  τούτων  έστι  συν- 
εκτική (i.  ή  ψυχή)'  ών  δε  έστιν  αύτψ  τψ  εΤναι  συν-8ο 
εκτική,   τούτων   τής  συνοχής  περιέχει  τους  λό- 

3  sq.  συλλήβδην  .  .  .  στοιχείοις  om.  th  4  b  lacanam  cnice 
ante  συλλήβδην  posita  indicauit:  ta  ή  ψυχή  α(τ(ο  έστΙ  sappleuit: 
Schneidere  plura  post  στοιχ€(οις  excidisse  uisa  sunt  7  σχέσιν  bFP 

11  Sehn,  lacuna  oognita  oonieeit  ποιείται  μέν  oOv  τής  ολης  ψυχο- 
γον(ας:  th  plura  non  legit,  quam  prae}>ent  Ab  15  θατέρον  Α  15  sq. 
ΰ^ισσόνων  .  .  .  εγγύς  μειζόνων  om.  Α  16  εγγύς  om.  μειίόνων  F  17 
καΐ  έπΙ  AbP  20  πρώτως  τέ  καΐ  έσχ.  Ρ :  πρώτως,  ή  δέ  uerisimili 
coniectnra  inserendum  putauit  ta  25  π€ρΐ€λθοΟσα  Α  Sehn. :  π€ρΐ€λθοΟ- 
σαν  b  27  Λσπερ  F:  ώς  Ab ;  καΐ  Ρ  28  έπΙ  τής  ούρανίας  Ab  29 
th  duce  Bupplenda  cese  censuit  Sehn,  πάντων  τούτων  περιεκτική  έστι, 
τους  έκβίνα  περιέχοντας  λόγους  περιέχουσα  αύτφ  τφ  εΐναι  30  sq.  ών 
.  .  .  συνεκτική  om.  F 

RbeiD.  Mitt.  f.  Philol.  Ν.  F.  LIV.  13 


194  firnesius  biehl 

γους  αύτφ  τψ  cTvat,  καθάπερ  τό  πΟρ  αύτ(|ΐ  τφ  ctvai  dcp- 
μαντικόν  δν,  πρώτιυς  έστι  θ€ρμόν  FP. 

ρ.  509  η.  13  sqq.  παν  bfc  τό  διάγραμμα  τό  ψυχογονικόν 
τίτταρας   μ  έ  ν   καΐ  τριάκοντα  δρους  ίχ€ΐ  ή  II  και  τριάκοντα 

ebia  τήν  άποτομήν  καΐ  el  μέν  11  καΐ  τριάκοντα 
τους  ορούς  ίχει,  προσήκων  έστιν  ό  αριθμός  τή  ψυχή  F. 

ρ,  516  U.  1  eq.  καΐ  μονάς  έστι  (i.  ή  ψυχή)  καΐ  ουάς,  μι- 
μούμενη καΐ  ταύτη  τήν  εαυτής  αιτίαν,  ή  και  μο- 
νάς έστι  καΐ  ουάς,  ώς  προς  μονάδα  τόν  πατέρα  των  νο€- 

ιορων  θ€ών  F. 

ρ.  516  U.  20  sq.  καΐ  ώς  τό  σημ€Ϊον  τό  άδιάστατον  ηγεί- 
ται τής  γραμμής,  ούτω  δή  καΐ  ό  νους  προηγείται  τής 
ψυχής  F. 

ρ.  522  π.  6  sq.   τής  μέν  πρώτης  προσβολής   τήν    μονήν 

ιβδηλούσης,  τής  bfe  άπ' αλλήλων  σχίσεως  τ  ή  ς  μετά  τήν  προσ- 
βολήν  τήν  πρόοδο  ν,  τής  bi  έντψ  κατ*  αντικρύ 
συνάψεως  τήν  εις  τό  αυτό  πάλιν  έπιστροφήν  DFP.   - 

ρ.  522  α.  23  eqq.  άσχημάτιστον  δρα  δει  τό  σχήμα  νοεϊν 
τό  ίωογόνον  τοΟτο  των  ψυχών  καΐ  άδιάστατον,  εΐ  μή  μέλλοι- 

30  μεν  πολλής  άλογίας  ήμας  αυτούς  άναπλήσειν  κα\  τήν  Πλά- 
τωνος θεωρίαν,  οϊαν  και  6  'Αριστοτέλης  εΙσήγαγε,  μέγεθος  εΓναι 
τήν  ψυχήν  ύπολαβών  κατ'  αυτόν,  bia  τόν  κύκλον,  καΐ  άπο- 
δεικνύς,  ώς  τοιαύτην  ουσαν  αδύνατον  εΤναι  νοεράν  ό 
γαρ  νοΟς  άμερής  καΐ,τών  νοητών  άμερώνδντων, 

9βνοητικός•  πρόσεστι  δέ  και  τό  τοιαύτην  οοσαν 
μεριστήν  μέν  είναι  μόνως,  άμερή  δέ  ουδαμώς  FP. 

ρ.  529  U.  12  sqq.  καΐ  γάρ  έν  ταΐς  συστοιχίαις  έπι  μέν 
τής  κρείττονος  έστι  σειράς  τό  τ  αυτόν,  τό  δεΕιόν,  τό  τε- 
τράγωνον,  τό  ^ητόν  έπι  δέ  τής  λοιπής  ωσαύτως  τά 

30  εναντία  τούτων,  τό  θάτερον,  τό  άριστερόν,  τό  έτερόμηκες,  τό 
δλογον  DFP. 

4  ορούς  ίχ€ΐ  τριάκοντα  καΐ  τ^τταρας  b  Sehn.  Ρ'(λδ)  4  sqq.  τριά- 
κοντα καΐ  τεσσάρας  .  .  .  ορούς  έχει  om.  Α  6  κοί  6ιά  τοΟτο  προσή- 
κων Δ  bP  7  καΐ  γάρ  AbP  11  τό  σημεϊον  ό  νοΟς  AbP  15  σχέσεως  Α 
post  hoc  exoidisse  aliquid  uelut  τήν  πρόοδον,  τής  δέ  κατακάμψεαις  uidit 
ta,  Sehn,  conprobauit  19  τό  Ixuofövov  voetv  Α  21  ό  om.  Ρ  27 
συστοιχ€(αις  bP  28  sqq.  quae  addunt  libri  sie  uertit  th:  *melioris 
quidem  ordinis  esse  censentur  isla,  idern  scilicet  dextrum,  aequilaterum, 
rationale;  horiim  uero  contraria  peioris:  alterum  sqq.':  secundum  baec 
ta  et  Sehn,  post  σειράς  exoidisse  putarunt  τό  ταύτόν,  τό  δεΕιόν,  τό 
Ισόπλ€υρον,  τό  ί>ητόν  (ta  λογικόν)•  έπΙ  τής  χείρονος  σειράς  (σ.  om.  U) 
28  ταυτό  Ι) 


Su>)8idia  ^roclianA.  idft 

ρ.  633  u.  9  eqq.  ίστι  γάρ  τό  μέν  νοητόν  κα\  6  νοΟς  oiovcl 
μόνης  ταυτότητος  κύκλος,  τό  bfe  αίσθητόν  καΐ  6  κόσμος 
έτβρότητος  κύκλος  FP, 

ρ.  538  U.  22  sqq.   ίοτι  γάρ  έΕής,  ώς  μέν  ό  τών  Πυθα- 
γορείων   λόγος,    άνάλογον    ταττόντων    σημείιμ    μέν    μονάδα,  β 
γραμμή  bi.  ουάδα,  τ(υ   bi.   έπιπέοψ  τριάδα,  τώ  hi,  σώ- 
ματι τβτράδα,   τψ  bi.  πβποιιυμένψ  τήν  πεντάδα,  τψ 
δέ  έψυχιυμίνψ  την  έΕάδα,  τφ  δέ  νοβρψ  τήν  έπτάδα  F. 

ρ.  540  U.  2  sqq.  και  ό    μέν  (i.  κύκλος)    αμέριστος  άνά- 
λογον τψ  νφ,  καίτοι  και  αυτός  έκ  τής  άμερίστου  καΐ  τής  περί  ίο 
τά  σώματα  μεριστής   ουσίας  εστίν   άλλ'  έν  αύτψ  κρατεί  τό 
άμε'ριστον,  καθάπερ  ή  ταύτότης'ό  δέ  μεριστός*  κρα- 
τεί γάρ  έν  αύτψ  ή  έτερότης  F. 

ρ.  541  η.  2  eqq.  έκεϊ  δέ  καΐ  ό  Παρμενίδης  τόν  δλον  ύτιέ- 
στησεν  αριθμόν,  και  εκείθεν  πάντα  τά  όντα  έζ^φηνεν  ώς  δέιβ 
έκ  τών  τριών  μεσοτήτιυν  συγκειμένην  (ί.τήντάΕιν) 
και  δλον  ουσανέκ  μερών  ομοίων*  πάντα  γάρ  έκ 
τών  τριών  έστι  στοιχείων  είς  τήν  ολότητα  τήν  νοεράν  τήν 
συνεκτικήν  τών  τε  δλων  και  τών  μερών  F. 

ρ.  558  U.  19  eqq.   μήποτε    οδν    άμεινον  λίγειν  ή  ...  ή,» 
έπειδήπερ   μετίχειν    αυτήν  (i.  τήν    ψυχήν)  φησι  λογισμού  καΐ 
αρμονίας,  δηλουν  διά  ταύτης  τής  λέΕεως,  ποΟ  όν- 
των έκείνωνμετέχε  ι,  του  λογισμού  λέγω,  καΐ  τής 
αρμονίας,  δτι  νοητών  όντων  καΐ  άεΐ  όντων  DP. 

ρ.  573  U.  32,  ρ.  574  δει  δέ  μηδ'  έκεϊνα  παριδεΐν,  δτι  τόνοδ 
μέν  θατέρου  κύκλον  εΤπεν  (i.  6  Πλάτων)  ορθόν  ίόντα  γιγνώ- 
σκειν  τά  αίσθητά'τόν  δέ  ταύτοΟ  εοτροχον  Ιόντα 
προς  τά  τής  μερικής  (i.  ψυχής)  αποβλέπων  DP. 

G01  U.  19  sqq.  τρίτον  τοίνυν,  εΐ  ίστιν  άριθμητόν  τι  6  χρόνος, 
δει  πρό  τοΟ  αριθμητού  τό  αριθμούν  προϋπάρχειν*  ταύτα  γάρ3ο 
προς  άλληλα  λέγεται*  καΐ  του  αριθμητού  προϋπ- 
άρχει  τό  αριθμούν,  του  μέν  δυνάμει  τό  κατά  δύναμιν  DP. 

ρ.  605  U.  16  eqq.  καΐ  γάρ  ό  άτακτος  χρόνος  ών  ίχοι 
δν  τό  ήν  και  τό  έσται,  και  τό  μέν  παρελθόν,  τό  δέ  μέλλον,  ή, 

2  sq.  ή  6^  αΙσθητή  ουσία  οΙονεΙ  μόνης  έτερότητος  Ab  4  έΕάς 
AhP;  Sehn,  interpretatue  est  ή  ψυχή  5  καΐ  άνάλογον  τάττονται  b  6 
Jpaμμi]  F  8  έμψυχωμένω  bP  έψυχωμένψ  .  .  .  έπτάδα  οτη.  Α  10 
τώ  νώ,  ό  6έ  μεριστόςΑο:  τΦ  νώ  FP  11  ούτΦ  item  u.  13  F  άλλ'  έν 
αύτψ  om.  th:  πλεονά2^€ΐ  τό  μεριστόν  addendum  censuit  ta:  άλλα  coni. 
Sehn.  15  ώς  6έ  ολον  Ab  (non  Ρ)  18  τήν  FP  26  όντα  b :  poet  hoc 
excidisse  coniecit  Schneiderus  τόν  δέ  ταύτοΟ  €Οτροχον  δντα  29  χρόνος* 
δ€ΐ  γάρ  Ab 


196  firnesius  t)iehl 

€l  μόνον  ίχοι  τό  f στιν  dvcu  τούτων,  αΙών  ?σται  καΐ  ού  χρόνος, 
και  ή  πλημμβλής  κίνησις  αΙώνιος,  δπβρ  αδύνατον,  ή,  βΐ  μηδέ 
τό  ίστιν,  ώσπερ  ούοέ  τό  ήν  ή  ίσται  παντελώς, 
OÖKOUV  τότ€   τις   χρόνος,   ώστβ    ουδέ  κίνησις   ή 

»άχρονος  κίνησις,  δ  καΐ  αυτοί  φασιν  είναι  πάν- 
των Αουνατώτατον  DP. 

«ρ.  668  U.  31  sqq.  έκάστψ  τών  αστρων  buo  οέοωκ€  κινή- 
σεις 'τήν  μέν  έν  ταύτψ  κατά  ταύτα,  ...  u.  84  οιανοουμένψ'* 
οέδωκε  γάρ  την  σωματικήν  τήν  περί  τό  οίκεΐον 

ιοκέντρον,  έκάστψ  οεοωκώς  και  τήν  ψυχικήν  'άει 
ταύτόν  έαυτφ  b  ιανοουμένψ**  ταύτην  λέγοντας  τήν 
ψυχικήν  οιανοητικήν  οοσαν  τών  όντων  άεΐ  6ήλον  DP. 

ρ.  808  U.  26  sq.  καΐ  γάρ  εΐ  δυνατόν  μέν  δλην  περίοδον 
του  σφετέρου  θεού  μένειν  άνω  τήν  μερικήν  ψυ- 

ιβχήν,  μή  δυνατόν  δέ  δλην  περίοδον  του  παντός  άνω 
μένειν  αυτήν,  ώς  εϊρηται  πρότερον,  αδύνατον  περί  τήν  του 
παντός  ψυχήν  σποράν  γεγονέναι  ψυχών  Ρ. 

ρ.  832  U.  16  eq.  2ωή  δέ  πάσα  κίνησις*  ώστε  εΐ  παν  τό 
Σών  κινείται,  και  τό  δι'  εαυτό  2ών  κινείται,  καΐ  τό  άει 

3οΣών  άει  κινείται  bP. 

ρ.  837  U.  6  eqq.  δταν  οΰν  6  αυτός  λέγη,  και  δτι  ό  θεός 
αγαθός  καΐ  δτι  ού  πάντων  προνοεί,  ταύτα  τα  δόγματα  εναντία 
άλλήλοις  έστιν,  εΐ  και  μή  δμα  ουν  λέγοι,  δτι  αγαθός  ό 
θεός   και  δτι  ουκ  αγαθός*  τούτο  γάρ  αδύνατον 

ζδάλλά  δυνάμει  λέγει,  δτι  ούκ  αγαθός*  τούτο  γάρ 
2π€ται  φ  λέγει,  τω  μή  προνοεϊν,  ούχ  opqi  δέ  δτι  ϊπεται  ώ  λέγει 
τό  εναντίον  ώ  λέγει  Ρ. 

II 

Codioie  Parisini  bybl.  ώλϊ.  graec.  1838  (D)  paginas  685  eq. 
precanti  mihi  solis  luce  exprimendas  benigne  curanerunt  byblio- 
thecae  qui  praesunt ;  quas  dum  ana  cam  Ysemgro  magistro  optimo 
perlustro,  exordium  Μελίσσης  εΙς  τόν  έν  πολιτείςι  λόγον  τών 
Μουσών  (rep.  VIII  ρ.  545  DE,  ρ.  547  Α)  praebere  cognouimuB. 
quod  esse  petitnm  e  codicis  olim  Salviati  —  similiter  qaidem  de- 
truncati^  —  folio   primo   nunc    deperdito,    cum   lacuna   quae  est 

1  καΐ  ό  χρόνος  Α        2  αΙώνος  D       4  ούκοΟν  DP    ιοστ'  Ρ        5 
δχρονσ  D       11  an  ante  ταύτην  lacuna?       13  μέν:  Sehn.  coni.  τήν 
10  αδύνατον  libri :  ta    coniecit  δυνατόν,  neque  lacunam  cognouit      18 
ώστ'  Ab        19  καΐ  τό  δ'  εαυτό  ΣΦν,   κινείται,  καΐ  τό  del  b:  in  quibus 
εαυτό  ta   rautandum  uidebatur  in  έαυτψ,  cf.  Ρ      2<J  τό  Ρ      27  ό  »> 

*  cf.  Pitra  Analecta  sacra  et  olaseica  uol.  V  p.  XVI  sqq. 


Subsidia  Procliana.  197 

in  p.  686  uidetur  docere,  tum  inscriptio  seruata  in  B,  quae  plane 
oonsentit  cum  fine  Μ€λί(Τ(Της  cod.  Salviati:  iudicaueris  membra- 
nam  illam  a  bibliopega  oodicie  Parieini  arohetypo  tuendo  eub- 
ianctam  faisee. 

nix  fragmenti  lectionem  Vsenero  adinnante  reetitutam 
typothetae  tradideram,  cnm  eiusdem  archetypi  eruo  apogvaphon 
quoddam  adcuratius  ex  codice  Chie.  R  VITI  58  (R)  snpqa  de- 
ecripto,  cnius  ff.  232  Rq.  ante  eaec.  XVII,  neque  a  Leonie  Allatii 
scriba  qnodam,  adscripta  alieno  eleganti  charäctere  —  at  ff.  229/30 
—  exhibent  initium  Μ€λ((Τσης,  uel  inscriptione  seruata.  leotionie 
autem  cod.  R  praestantiam  eo  cognoecae,  qnod  R  et  u.  5  sq.  lacu- 
nam  explenit  oodicis  D  ab  Vsenero  oognitam  ad  sensum  sup- 
pletam,  et  haud  pancas  conflrmanit  eroendationes  et  coniectnras, 
qaas  antea  proposuimus.  Ernesto  Lommatzsch,  quippe  qui 
oonlationis  munns  haud  facile  benigne  libenterque  susceperit,  de- 
bitam  soluimus  gratiam. 

iam  uero  ipsum  textum  proponam,  quo  in  emendando  qaan- 
tum  Vseneri  ingenio  debeatur,  ex  adnotatione  pamm  adparet. 

Μέλισσα  εΙς  τόν  έν  πολιτείςι  λόγον  τών  Μουσών.  f.  232^  β 

Τήν  μέλισσαν  Icpav  μέν  φασι  τών  Μουσών  είναι,  βασι-ρ-ββδΡ 
λείας  δέ  και  πολιτικής  ίιυής  άνθρώποις  οιοάσκαλον.  τήν  τοίνυν 
κεφαλαιώδη  τών  εις  τόν  λόγον  τών  Μουσών  τόν  παρά  ΤΤλάτιυνι 
τοις  παλαιοϊς  δοΕάντιυν  και  ήμϊν  προσεζηυπορημένιυν   ίκθεσιν 
εϊ  σοι  φίλον  μίλισσαν  ίπονομάίειν,  οδτε  αΐ  ΜοΟσαι  τώ  ονόματι« 
μέμφονται  ούτε  Πλάτων,   ό  προφήτης  ώς  οΐμαι  τών  Μουσών, 
περί   της  τών  πολιτειών  μεταβολής  έν  ίκείνψ  τφ  λόγψ  πραγ- 
ματευόμενος,    δν   ταϊς  Μούσαις   άνίθηκε,   τήν   τών  πολιτειών 
άπό    τών  ανωτέρω   μεταβολήν   εΙς  τάς  προσεχείς,   ούχ  ώς  έ£ 
ανάγκης  ούτω   γιγνομένην   δόκιμος  παραδουναι  τοις  τής  πολι-^^ 
τικής    επιστήμης  άντιποιουμένοις   —   γένοιτο  γάρ  δν  καΐ  άπό 
τής  αριστοκρατίας  εΙς  τυραννίδα  μετάπτωσις,  ουκ  εΙς  τάς  άλλας 
μόνον,  του  κρατούντος  βιασθέντος  ύπό;δή  τίνος  ίΕωθεν  τυραν- 
νικής 2ωής,    επανάστασης  τώ    άρχοντι   και   μεταβαλούσης  τό 
σχήμα   τής   πολιτείας  εΙς  τό  εαυτή  συζυγοΟν  είδος  τής  παρα-ιβ 
νομίας*  έν  αυτή  μέν  γάρ  αδύνατον  τή  τοιαύτη  πόλει  γενέσθαι 

3  τύιν  παρά  πλάτιυνι  DR:  em.  Vsenerus  4  δοΕαΖόντιυν  D  ίκ- 
θεσισ  D  5  sq.  τώ  .  .  .  Μουσών  om.  D  8  δν  R:  coni.  Ve.:  έν  D 
άνέθακε  D:  άνάθηκε  R  10  άναγκής  R  δόκειμος  D:  6οκεΐ  μοι  ui  uidetur 
R  13  βιασθέντοσ.  DR  14  μεταβαλλούσης  ut  uidetur  R  16  γάρ  om.  D: 
coni.  Ye. 


198  ErDestas  Diehl 

τοιαυτην  έπανάστασιν,  τών  αρχόντων  ουτιυ  Oeiuiv  όντων  και 
τών  επικούρων  παώ€υθίντων  τήν  αυτών  uaibcfav  βωθ€ν  bk 
Τ^νοιτ'  αν  τις  βίαιος  έπανά(ΓΓασις  —  άλλ'  ώς  τήν  €δτακτον 
υφεσιν  μάλιστα  οηλουν  τής  ανθρωπινής  ίωής  ουναμίνην,   bia 

β  τών  μίσων  άβΐ  καΐ  όμοιων  γιγνομίνην.  αΐ  γάρ  ομοιότητες  κατά 
βραχύ. ιτροϊοΟσαι  τήν  μ€τάβασιν  μβτά  βςιστώνης  ποιοΟσΓ  καΐ 
γάρ  ώσπ€ρ  έν  ταϊς  άνόοοις  αΐ  προσθέσεις  κατά  μέτρα  τεταγ- 
μένα γινόμεναι  προΕενοΟσι  τοις  άναγομένοις  τήν  άπαράλειπτον 
bia  τών  μέσων  μετ*  εύπετείας  εΙς  τά  πρώτα  περιαγωγήν  άπό 

*®τών  τελευταίων,  ούτω  καΐ  έν  ταϊς  καθόδοις  α\  αφαιρέσεις  bia 
τών  μετ'  αύτάς  τών  τε  ακρότατων  και  τών  έσχατων  κατά  τό 
συνεχές  έπιτελούμεναι  πολλήν  εύμάρειαν  παρέχονται  της  μετα- 
βάσεως, έχει  μέν  οδν  ή  τοιαύτη  τής  μεταβολής  εΰρεσις  και 
τό  κατά  φύσιν  —  παν   γάρ   τό    φθειρόμενον  υπό  τής  έαυτοΟ 

1*  φθείρεται  κακίας,  ώς  αυτός  φησι*  και  γάρ  έΗωθεν  φθορά  μέν 
γένοιτ'  δν  όλης  τής  πόλεως,  μεταβολή  5έ  άπό  τής  τοιαύτης 
ίωής  μενόντων  τών  πολιτών  ουκ  άν  γίνοιτο,  πάντων  α\ρουμέ- 
νων  άπολέσθαι  τελείως,  ή  μεταπεσεϊν  ε!ς  αίσχράν  ίωήν  —  ίχει 
bk  ώς  έφην  καΐ  τό  εοτακτον  έν  τή  ύφέσει  *  τούτο  bk  πανταχού 

**τώ  έπιστήμονι  διωκτέον,  ώς  όμοιούμενον  προς  τήν  φύσιν,  έπει 
και  έν  ταϊς  φυσικαΐς  μεταβολαΐς  τών  στοιχείων  ή  τών  έκ  τού- 
των α\  μέν  bia  τών  οΙκείων  μεσοτήτων  έκασταχου  και  προς 
εύκολίαν  και  προς  συνέχειαν  ασφαλείς,  α\  bi  ύπερπηοώσαι 
τά  μέσα  τό  βίαιον  έχουσι  και  προς  τήν  φύσιν  αυτών  πολ- 
ί.233  »  ωχάκις  εναντίον,  οϊας  είναι  τάς  καθ*  είμαρμένην  |  κινήσεις  έφη 
που  λέγων 'Αριστοτέλης  ορθώς*  ου  γάρ  θέλει  πηοαν  άτακτα  τό 
κατά  λόγους  τε<τα>γμένους  ποιούν,  άλλα  βιασθέν  σαθράν  άπο- 
φαινει  τήν  έποικοοομουμένην  τών  έαυτου  έργων  τελείωσιν 
τήν  bk  τής  αρίστης  πολιτείας  μεταβολήν  αΙτίαν  έΕειν  φησι  τήν 

30 τών  αρχόντων  στάσιν,   ου  γάρ  που  τών  φαύλων  έν  αυτή*  και 

γάρ  br\  γίνεται  είκών  του  παντός,  και  οι  μέν  άρχοντες  όμοιοΰν- 

ρ.  C8Ü 1)  ται  τοις   πάντων    αιτίοις  θεοϊς,   δσοι  bi  επίκουροι,   τοις  |  τών 

θεών  όπαοοϊς  οαίμοσιν,  ο'ί  και  φρουρουσιν  άσάλευτον  τήν  του 

1  τοιαύτη  έπανάστασις  D  2  αυτών  R  παώίαν  D  6  ί>αστώνης 
DR  7  άνόδεισ  Ι)  προθέσεισ  D  9  άπετείασ  D :  em.  Υβ.  10  άφ€- 
ρ^σεισ  D  12  εύμαρείαν  D  12  eq.  μετά  βάσεως  D  14  sq.  cf.  Plat. 
rep.  Χ  ρ.  β09  CDE  20  τών  έπιστήμονι  D  24  καΐ  τά  μέσα  D  25  sq. 
cf.  Arist.  Phys.  V,  6  ρ.  230  a.  ;i2  sqq.  άρ'  ούν  καΐ  γενέσεις  είσΐν  ίνιαι 
βίαιοι  καΐ  ούχ  είμαρμέναι,  αΐς  έναντίαι  αΐ  κατά  φύσιν  27  τεγμένουσ 
D      28  εαυτών  DR :  em.  Vs.      31  sq.  όμοιοΟται  D     33  οΐ  DR 


Subsidia  Prooliana.  199 

κόσμου  τάΕιν  και  άναστέλλουσι  τήν  άπό  τών  X€ipovu)v  ταραχήν 

Φ  ♦  ι|ι 

του  παντός.  ώστ€  και  τής   αρίστης  πολιτ€ίας  έν  τφ  δρχοντι 
στάσις  έγγινομίνη  φθείρ€ΐ€ν  Sv  αυτήν,  άλλ'  ουκ  έν  τοις  θησιν, 
οΐς  οΐ  επίκουροι  στ€ϊλαι   δύνανται,   καθάπερ   ο\  έν  τψ  παντί 
δαίμονες   τάς  μερικάς  ίιυάς  θορυβώδες  φθεγγομίνας*  τάς  γαρ  β 
τών  ψυχών  απορίας,   δς   ϊσχουσιν   ίν  γενέσει  γενόμεναι,  τήν 
ευπορίαν  ουκ  άλλαχόθεν  φαμέν   ή    άπό  τών   θεών   λαμβάνειν, 
παρ'  ών  6  αληθής  έστι  πόρος,  παρά  μέν  oöv  τών   δημιουργι- 
κών θεών  λύεται  τά  τών  φυσικών   δπορα   διά   τήν  ύλικήν  ίΙ• 
ανιστάμενα  πενίαν  παρά  hl  τών  δημιουργίας  έφόριυν,  τά  τοϊςΐο 
Ιερατικοΐς    εΐωθότα   συμπίπτειν   έν    αύτοΐς  τοις  Ιεροΐς  αθλοις* 
παρά  δέ  τών  παιιυνίιυν  τοις  τής  θείας  Ιατρικής  ύπηρέταις  *  παρά 
bk  τών  Μουσών  εΐκότιυς  τοις  τής  πολιτικής  συμφωνίας  τε  καΐ 
ομονοίας  προστάταις.  επειδή  τοίνυν  στάσιν  τών  αρχόντων  αΐτι- 
άται  του  λυθήναι  τήν  πολιτείαν  τήν  άπασών  άρίστην,  άπορον« 
bi  ήν,  πώς  ο\  άριστοι  στασιάίουσιν   ο\   μάλιστα   ίιυήν   άστα- 
σίαστον  έχοντες,   ο\   διά  πάσης  ήκοντες  παιδείας,   οΐ   πάντα 
κοινά  κεκτημένοι  και  μέχρι  τών  τελευταίων  άπό  τών  πρώτων 
—  και  γάρ  τά  επιτηδεύματα  αύτοϊς  κοινά  καΐ  τά  χρήματα  καΐ 
τά  μέσα  τούτων  —  είκότως    έπΙ  τάς  Μούσας  καταφεύγει  ίη-» 
τών,  'όπως  δή  πρώτον  στάσις  έμπεσεν'  όμηρικώς  έπικαλεσά- 
μενος  τάς  θεάς,   πλην   δτι  τήν  στάσιν  άντι  του  πυρός  παρέ- 
λαβεν,   οίκειώσας   τω   πυρι  τήν  στάσιν.    διακριτικόν  γάρ  έστι 
τό  πυρ  παντός  οργάνου  τεχνητού  μάλλον,  ή  δή  καΐ  μέχρι  τών 
πρώτων  αναλύει  τά  διαιρούμενα  στοιχείων,  τί  δέ  δή  ποτέ  μή  τόν  μ 
Μουσηγέτην  ήτησεν    αύτώ  τήν  αΐτίαν   χρησμωδήσαι  τής  τών 
αρχόντων  έν  τή  αρίστη  πολιτείςι  στάσεως,  άλλα  τάς  Μούσας; 
καίτοι  και  προς  τό  τά  μέλλοντα   έκφαίνειν  εκείνος  ό  θεός  οι- 
κειότερος  ήν  ή  ό  μέν  Μουσηγέτης,  τόν  δλον  ώς  ένα  κόσμον 
πληροί  τής  θείας  αρμονίας   έκ   τριών   βρων   συναρμόσας,  νου  »ο 
μέν,  ώς  υπάτης,  ψυχής  δέ,  ώς  μέσης,  σώματος  δέ,  ώς  νήτης, 

inter  1  et  2  triam  uersuum  fereque  dimidii  lacuna  D :  duorum  R 
4  οίς  .  .  .  στήλαι  D :  ομ(οΐς)  .  .  .  στ€ΐλαι  R  5  ς)θ€γγομίνας  R :  utrum 
D  exhibeat  φθεγγομένη  an  φθεγγομένας  non  constat :  φθ€γγόμενυι  conie- 
cerim;  cf.  structnram  similem  Procl.  in  rempabl.  (ed.  Schoell)  p.  58 
u.  24        6  γενίσι  D       10  DR  et  12  D  περί:  em.  Ve.       10  άφορων  D 

17  ήκοντες  DR     18  d  D       21  d^^  D    cf.  Hiis  οππως  5ή  πρώτον  πΟρ 
^μπεσε  et  Plat.  rep.  VIII  ρ.  545  D  et  Procl.  in  rem  publ.  (ed.  Schoell) 

p.  41  u.  5  sqq.      24  ή  D :  ό  R         25  α  D    6έ  om.  D        26  χρησμω- 
δήσαι DR       29  ένά  D :  ένα  R  (sie !) 


200  Erueetus  Diehl:  Subsidia  Prociiaua. 

κα\  μίαν  ώς  αληθώς  λύραν  δημιουργικήν  άποτβλίσας  έκ  τού- 
των, τό  παν,  είς  ίχει  τό  κράτος '  α\  bi  ΜοΟσαι  πλήθος  ουσαι 
του  Μουσηγ^του,  προελθόν  άπό  τής  εκείνου  μονάδος  εΙς  τον 
δλον  αριθμόν  κα\  έν  νέον  έφΐέμενον  εΤναι .  .  . 

1  sq.  άποτελ^σασ*  έκ  τούτων  τό  πάν  DR  2  eqq.  interpretatus 
8um  atque  emendaui  conlato  Prool.  in  rem  publ.  (ed.  Scboell)  p.  41  u. 
24  sqq.  έπεί  καΐ  αυτός  ό  τών  Μουσών  Ιερός  αριθμός  τής  ταύτοΟ  καΐ 
ομοίου  φύσεως  έστιν,  £κ  τοΟ  πρώτου  περιττού  καΐ  τελείου  τετράγυινος 
ών,  έν  τρισΐ  τριάσιν  άφιυρισμένος,  καΐ  ού  μόνον  τέλειος  ών,  άλλα  κατά 
πάντα  τέλειος,  εΤς  τε  τήν  μονάδα  συνελισσόμενος,  άφ*  ής  προήλθε,  καΐ 
Ιν  νέον  είναι  καΐ  αυτός  έπειγόμενος.  cf.  Procl.  in  Tim.  ed.  Sohu.  p.  491 
α.  29      2  ούσαι  om.  R      4  έαιέμενον  D. 

Donnae.  Ernestus   Diebl. 


Beiträge  zar  lateinischen  Gramnatik. 


ly.   Ueber  den  Lautwerth  des  Spiritus  H. 

(Sobluee.) 

[Vorbemerkung.  Im  ersten  Theil  dieser  Abhandlung  ist  die 
Seitenzählung  nachträglich  yerändert  worden,  eo  dass  die  Verweisungen 
nach  der  Seitenzahl  nicht  mehr  zutreffen;  die  Differenz  betragt  89; 
auf  Seite  92  unten  muss  8.  52  gelesen  werden  statt  S,  13  u.  s.  f.] 

Hier  könnten  wir   die  Beweieftlhrung  abscblieeeen  und  αηβ 

bei  unserem  Ergebnise  beruhigen.    Aber  die  reiche  üeberlieferung 

bietet  noch  einige  Hülfen  mehr,   die  nicht  zu  vereohmähen  sind. 

loh  denke  zunächst  an  bedeutsame  orthographische  Varianten  in 

den  Handschriften,  die  wenig  beachtet  zu  werden  pflegen  und  die 

wiederum  einen  Schluss  auf  die  Aussprache  des  h  für  eine  verhält- 

nisemässig  frühe  Epoche  ergeben.    Wer  diese  Schreibungen  unter 

eich  vergleicht,  wird  zugestehen,  dass  sie  alle  zugleich  erklärt  sein 

Collen  und  dass  hier  mit  dem  Ansatz  einer  gelegentlichen  Ver- 

xvecbslung  der  Schriftformen  Η  und  Ε  nicht  auszukommen  ist. 

Man  wird  sich  hierbei  daran  erinnern,  dass  um  350  n.  Chr. 
iinch    im  gotischen  Alphabete  das  h  als  Schriftausdruck    des  ch- 

Lautes  Verwendung  fand,  nicht  nur  inlautend  in  mäht,  gasaht^ 
hauhs^  hauhista,  sondern  auch  anlautend  in  hvas,  hrükjan  u.  s.  f.^. 

Ganz  ähnlich  wie  im  oskischen  ehtrad  =  echtrady  im  go- 
tischen mahty  hauhs,  lesen  wir  nun  h  für  ch  in  Glossar.  Amplon. 
secundum :  hilidri :  serpentes  aquatici  und  zwar  unter  Η  einge- 
ordnet (Corp.  gl.  V  300,  28);  genau  dasselbe  im  Glossarium 
abavus  malus  (ibid.  629,  17)  und  gloss.  Sangall.  (IV  244,  3 
hylidras). 

h<üyp8 '.  ferrum  steht  gleichfalls  unter  Η  ebenda  (V  299,  45) 
und  im  gloss.  abavus  (IV  348,  23;  dagegen  ccilips  gl.  absens 
IV  407,  20  u.  49). 

^  Dagegen  vertritt  χ  im  Gotischen  die  aspirirte  gutturale  Tennis 
in  Xa/ira  (Kafira)  und  Xreskus  (Kreskes),  wozu  got.  Xristua  zu  ver- 
gleichen ist. 


202  Th.  Birt 

Dem  entepricht  weiter  cafiinnant  ebenda  (V  272,  57).  und 
ee  ist  nichts  anderes,  wenn  rahat  statt  rachaf,  ranchat  überliefert 
steht  anthol.  lat.  730,  5  (Riese);  ptUhrum  wiederholt  im  codex 
F  der  Gonfessionen  Augustin's  p.  51,8;  80,7;  82,20  ed.  EnöU, 
dessen  Orthographie  besondere  verwildert  ist^  hprix  für  ceryx 
^n  den  Tironischen  Noten  Tafel  107,  1  u.  2  ed.  Schmitz.  Aheme- 
niden  Anthol.  lat.  Nr.  1  c.  III  v.  9  in  £  saec.  IX.  AgaJtetiyhe  belegt 
Schuchardt  im  Vocalismus  III  S.  5.  amxhi  giebt  für  amioi  wieder- 
holt der  Matritensis  des  Corippus  laus  lustini  I  119  n.  164,  das- 
selbe amihi  der  Über  Glossamm  Corp.  gl.  V  221,  42  in  beiden 
üeberlieferungen  *.  Jenes  hilidros  aber  kehrt  wieder  im  cod.  Α 
saec.  VIII  des  Sed alias  c.  pasch.  I  134;  hüidris  ylidris  ständig 
bei  E.  MaasR  Commentar.  in  Aratam  p.  107  ff.;  vgl.  p.  612.  Auf 
demselben  Wege  wird  ironis  aas  Chironis,  ib.  p.  265. 

Vor  allem  ist  hier  aber  aas  dem  Plininspalimpsest  conJtato 
für  conchato  za  citiren  (ed.  Billig  Bd.  VI  S.  73,  25),  Pahytio  f. 
Pachyno  ans  Verg.  Aen.  VII  289  cod.  Rom.,  sowie  jenes  inschrift- 
liehe  dehter  für  dexter(e),  das  ich  schon  oben  S.  46  in  Erinne- 
rung gebracht. 

Hiermit  muss  ferner  in  Znsammenhang  stehen,  wenn  Am- 
mianus  Marcellinus  XXVIII 5, 14  hendinos  als  germanische  (bnr- 
gundische)  Bezeichnung  des  'Königs*  giebt,  Dem  Wort  ent- 
spricht gotisches  kindins  (ήγεμών).  Ammianus  muss  h  fortis  ge- 
sprochen haben.  Derselbe  Antor  nennt  die  Hunnen  fast  durch- 
gängig Huni,  Claudian  aber  misst  das  h  dieses  Namens  bald  als 
Spiritus  asper,  bald  auch  als  h  fortis,  und  in  letzterem  Falle 
giebt  ein  Theil  der  Ueberlieferung  cÄ^;  dies  muss  wiederum  die 
vorherrschende  Aussprache  gewesen  sein.  Vgl.  das  Schwanken 
zwischen  Chunos  (cod.  B)  und  Hunos  bei  Biese  geogr.  lat.  S.  61, 
11.  Sidonius  ApoUinaris  misst  den  Namen  vorwiegend  mit  schar- 
fem Anlaut^. 

Umgekehrt  steht  chaut  für  haud  und  zwar  unter  C  einge- 
tragen in  den  glossae  aifatim  (IV  491,  9;  daselbst  aber  auch 
haut  sub  Η  S.  523)  und  abermals  entsprechend  caut  f.  haud  unter 
C  im  Amplon.  secundum  (V  276,  29 ;  daselbst  auch  haut  unter 
Η  S.  299). 


1  Vgl.  Knüll  praef.  p.  21. 

2  Vgl.   catalanisch    amich    (Gröber  Grundrise    d.    romun.   Phil.  I 
S.  G77). 

^  S.  Claudian-Index  und  zu  Eutr.  II  338. 
*  Ausser  carm.  VII  332. 


Beiträge  zur  laieinisobeu  Grammatik.  203 

und  mit  dieeen  zwei  alphabetieoh  registrirten  Belegen  kom- 
men wieder  andere  lehrreiche  Schreibungen  überein.  Die  CJiaUi 
und  Hassi  sollen  identiech  sein;  die  Schwierigkeit,  die  diese 
Gleichung  bereitet,  liegt  aber  nicht  im  Anlaut  des  Worts.  Den 
Charydes  im  Monumentum  Anoyranum  entsprechen  die  Harudes 
bei  Caesar.  Im  Liber  generationis  steht  wie  Cham  für  Ham^ 
so  auch  Celcias  als  v.  1.  neben  Helchias  (Frick  chron.  min.  p. 
66,  11),  Hekana  neben  Chdcana  (ib.  22).  Sogar  aus  Hadrianus 
wird  Ckadrianus  ebenda  p.  72,  21  (cod.  Ρ  saec.  VII—VIII);  und 
die  Origo  humani  generis  macht  aus  dem  Namen  Manahat  (Moses 
I  36,  23)  zwei  Namen  Macha  Cath,  ebenda  p.  144,  24.  In  den 
Tironischen  Noten  erscheint  helcia  als  chilcia^  chiliiai  hiliia  und 
wohl  auch  cylcia  (Tafel  110,  37).  Dachas  steht  f.  Dahas  bei  Orosius 
cod.  Β  (saec.  VII — VIII;  vgl.  Biese  geogr.  lat.  p.  61,  7;  auch 
Seneca  Thyest  370  in  A);  Vachalis  f.  Vahalis  bei  Apollinaris  Sido- 
niuB  an  verschiedenen  Stellen.  Hierher  gehört  nun  auch  et^che  f. 
evhoe  bei  Catull  64,  255;  Euchia  f.  Evhia  Accius  v.  242  Eibbeck  ^ 
Dazu  Eucadnen  für  Evhadnen  Servius  II  S.  69,  7  Thilo  ^.  Wie 
femer  bei  Frick  a.  a.  0.  p.  18,  4  Euueum  und  Cethetim^  so  liest 
man  in  den  Gedichten,  die  unter  den  Namen  des  Cyprianus  Gallus 
gestellt  werden,  Jesu  Nave  385 

Cetius  Eucheusque  Pherezeusque  sequuntur; 
ebenda  v.  267  Cetaetis;  vgl.  auch  Exodus  1008;  Genesis  370. 
Euchei  auch  im  Pentateuch,  cod.  Lugduneneis  ed.  Kobert  S.  132, 
5.  Der  letztere  Name  aber  ist  Εύαΐος;  in  vorauszusetsendem 
Evhaeus  klang  also  das  h  wieder  stark  guttural.  Anderseits  er• 
scheint  Cetaeiis  bei  Augustin  civ.  dei  XVI  24  als  Chettaeus  (Xex- 
ταΐος),  in  der  Vulgata  dagegen  als  Hethaeus  (Josua  cp.  12,  8; 
24,   11). 

Dazu  kommt  dann  im  Veronensis  des  Claudian  c.  min.  3,  1 
anchelaJt  f.  anhelat,  sowie  das  Achenobarhum^  das  bei  Caesar  bell, 
civ.  I  15  von  allen  Ή  es.  als  Lesung  des  Archetypos  einstimmig 
bezeugt  ist;  ferner  aber  aus  dem  Mediceus  VergiFe  corresce  f. 
horresce  Aen.  III  394;  sodann  jenes  ach  und  vach  für  ah  und  vah, 
über  welche  Exclamationen  zu  Anfang  geredet  wurde  (oben  S.  41  f). 
Dazu   der  Dativ   michi   bei   Maifei,  Museum  Veronense  312,  2^, 

^  Ueber  die  Aussprache  evhoe  und  Evhia  vgl.  Rhein.  Mus.  52  Suppl. 
S.  124. 

2  a.  a.  0.  S.  117. 

3  vgl.  Schuchardt  II  S.  52Γ,;  III  S.  311  f.  Wenn  Scbuchardt 
michi  schon  für  das  2.  Jahrhundert  mit  Orelli  n.  4359  belegt,  so  hat 
ihn  der  Orellische  Text  getäuscht;  vgl.  CIL.  X  7457. 


204  Th.  Birt 

« 

neben  migi  bei  Bticbeler  carm.  epigr.  637,  3^  (wie  bei  A^ian  fab. 
34,  5  gerne  für  hieme  der  Voeeianne);  mic(h)i  ib.  756,  3;  wohin* 
gegen  dae  nichilo  ib.  1495  allerdings  unzuverlässig  ist 

Auch  an  das  Maultbier  ginnus  neben  hinnus  soll  dann  hier 
wenigstens  erinnert  werden;  man  weiss  indessen,  dase  auch  das 
Griecbiscbe  das  Wort  in  beiden  Gestalten  kennt. 

Unter  den  aufgezählten  Beispielen  sind  etliche  eemitische, 
auch  einige  germanische  Eigennamen.  Dass  diese  Schreibungen  aber 
etwa  überhaupt  durch  den  Einfluss  des  Germanischen  zu  erklären 
seien,  ist  zu  leugnen.  Wer  das  Einzelne  durchgeht,  wird  dies 
leicht  zugestehen.  Wohl  aber  kann  das  Gotische  schliesslich 
nochmals  insofern  verglichen  werden,  als  es  sein  λ,  das  doch  ganz 
vorwiegend  eh  bedeutete,    gelegentlich  auch    als  blosses  Zeichen 

der  Vocaltrennung  verwendet  hat:  so  steht  Abraham  =  Άβραάμι 
Nähasson  =  Ναα(Τσών,  dagegen  Isak  =  Ί(Ταάκ.  Auch  diesen 
Gebrauch  kennt  das  Latein  (vgl.  prohoemium)^  und  das  Romanische 
hat  ihn  fortgesetzt. 

Nähern  wir  uns  dem  Plautustext,  so  erhält  nun  Licht,  wenn 
wir  in  ihm  nicht  nur  in  cod.  Β  horago  für  chorago  (Persa  159), 
in  CD  lachon  für  laiion  Poen.  1065  (vgl.  1027),  sondern  schon 
in  Ρ  selbst  cela  (das  ist  ceia)  für  heia  Truc.  521  vorfinden.  Ebenso 
in  Ρ  chant  sapis  für  haud  sapis  Mil.  1319  (mag  man  bier  dies 
hattd  immerhin  tilgen).  Im  selben  Ρ  steht  ferner  aber  auch 
chirae  für  hirae  Cure.  238!  Und  zwar  verträgt  an  den  beiden 
Stellen  Truc.  521  und  Cure.  238  das  Metrum  die  Lesung  der 
h  fortis.  Andrerseits  giebt  Α  Cas.  995  ecastor  für  Hector  (P 
hectore),  was  sich  vielleicht  ebenso  erklärt;  zur  Aussprache  des 
Hector  vgl.  oben  Nr.  77. 

Dazu  kommt  aber  noch  jenes  cui  für  hui,  das  bei  Terenz 
Hec.  283  nicht  nur  im  Bembinus,  sondern  überhaupt  in  allen 
Handschriften  sich  findet.  Die  voraufgehenden  Beispiele  lehren, 
da88  auch  hier  die  Irrung  auf  Aussprache  zurückgehen  muss. 
Wir  gelangen  somit  für  cui  =  chui  =  hui  nothwendig  in  die 
Zeit  des  Terenz-Archetypons,  also  in  eine  sehr  frühe  Zeit  hinauf 
und  muthmasslich  in  die  vorchristliche  Aera. 

Ferner  aber  giebt  Nonius  die  Glosse  cymea  vas  vinarium  und 
belegt  sie  mit  dem  Plautusverse  Amph.  429,  den  er  also  schreibt: 

Cädus  erat  vini ;  inde  implevi  cyrneam.  ||  Ingressust  viam. 
Nur   ist    das    ingressust    viam    bei    Nonius   fortgefallen.     Unsere 

^  Vgl.  uragekeht  archi/ros  =  αργυρός  Corp.  gl.  lat.  II  S.  534; 
ebenda  übrigens  chryos  f.  κριός  sowie  dochimasia. 


beitrage  zur  iatemisclien  6rainmatik.  205 

Handechriften  bieten  himeam  (oder  hyrneam).  Die  Schreibung 
dieses  Wortes  mit  b  findet  sieb  auch  bei  Diomedes  S.  326,  22 
als  hirnea)  dahingegen  irnea  Cato  de  r.  rust.  81  (gehört  dazu 
auch  irnela  bei  Paulus-Festus  S.  75  P?).  Man  könnte  nun  ver- 
muthen,  dass  bei  Nonius  der  Guttural  durch  Missverständniss  aus 
dem  V.  432  des  Amphitruo  gewonnen  sei,  wo  man  in  ülac  himea 
liest;  man  hätte  hier,  meine  ich,  irrthümlicher  Weise  in  iUa 
chirnea  abgetheilt.  Doch  ist  dies  abzulehnen.  Denn  Nonius  hat 
die  Glosse  aus  Plautus  gewiss  nicht  selber  ausgezogen;  sie  ist 
vielmehr  auf  eine  ältere  und  bessere  grammatische  Autorität 
zurückzuführen.  Man  vergesse  nicht,  dass  uns  derselbe  Nonius 
unter  vielem  Verkehrten  doch  so  ausgesucht  Werthvolles  wie 
das  diapenniie  und  distennite  im  Gloriosus  1407  erhalten  hat. 
Entscheidend  ist,  dass  ein  dem  cyrnea  entsprechendes  Adjektiv 
cymearius  inschriftlich  vorliegt^.  Nun  findet  sich  aber  im  v.  431 
sogar  Verschleifung;  v.  431  f.  lauten  in  BD: 

Factumst  illud,  iit  ego  illic  vini  himeam  ebiberim  meri. 

Mira  sunt  nisi  latuit  intus  illic  in  illac  himea. 
Der  Ambrosianus  £  stellt  v.  432  vor  431.  Der  Ueberliefemng 
der  ersten  Zeile  ist  aber  nicht  zu  trauen.  Zwar  schlagen  die 
metrischen  Anstösse,  die  C.  F.  W.  Müller  in  seiner  Prosodie, 
Nachtr.  S.  46,  nahm,  nicht  durch.  Doch  beachte  man  die  Wieder- 
holung des  illic.  Dies  Wort  ist  in  v.  431  nicht  nur  überflüssig, 
sondern  lästig*,  und  es  kann  leicht  aus  v.  432  eingedrungen  sein. 
Denn  auch  v.  429  heisst  es:  cadus  erat  vinij  inde  implevi  ohne 
solches  ülic  oder  eine  sonstige  Ortsangabe.  Diese  kommt  hier, 
im  V.  431,  zu  spät.  Das  ülic  ist  somit  verdächtig.  Fällt  es, 
80  wird  himea  nicht  verschliffen,  und  es  steht  uns  die  Freiheit 
offen,  in  v.  432  nun  wirklich  in  üla  chirnea  abzutheilen^;  denn, 
wohlgemerkt,  nicht  A,  sondem  Ρ  bietet  diese  Zeile,  derselbe 
Archetyp  P,  in  welchem,  wie  wir  soeben  sahen,  auch  Cure.  238 
chirae  f.  hirae  steht.  Diesem  chirae  entspricht  chirnea;  die  Quelle 
des  Nonius  aber  entnahm  daraus  cyrnea.  Auch  im  v.  429  muss 
die    entsprechende  Schreibung    gestanden    haben.     Und   das  war 


1  Oruter  S.  643,  2;  vgl    H.  Caesar  a.  a.  0.  S.  239. 

3  Maller  sagt  a.  a.  0.:  *die  Ortsbestimmung  ist  Flickwort,  wie 
ich  meine,  um  den  Hiatus  in  der  Dihärese  des  Septenars  zu  vermei* 
den*.  Dieser  Hiat  würde  aber  auch  ohne  iUic  durch  das  nachfolgende 
h  aufgehoben  sein. 

^  kommt  iüae  ausser  hier  und  Amph.  818  sonst  noch  vor?  abl. 
Οία  steht  Bacch.  1079;  Cure.  534. 


δ06  tk  feiri 

richtig  und  kein  Irrthum,  wie  das  Adjektiv  eyrn^arius  zeigt.  ^ 
Piantne  selbst  freilich  kann  wohl  nur  in  illa  hirnea  geschrieben 
haben;  aber  er  sprach  nicht  anders. 

Hiernach  gewinnt  auch  das  Geringe  Bedeutung.  Derselbe 
Nonius  citirt  den  Vers  Poen.  393  mit  cuius  statt  kuiua.  Der 
Zusammenhang  der  Plautusstelle  aber  machte  es  vollständig  un- 
möglich,  hier  in  Wirklichkeit  an  das  Relativpronomen  zu  denken. 
Der  Excerptor  hat  also  vielleicht  auch  hier  scharfes  chuins  gehört. 

Aber  auch  den  Mercatorvers  272  muss  ich  erwähnen,  der 
im  cod.  Vetus  lautet: 

Profecto  ego  illum  ciroum  castrari  volo. 
So  {ülü  circü),  wie  gesagt,  B;  illuncircum  CD;  Α  Jtimmt  mit 
CD.  Unter  circum  ist  hircnm  zu  verstehen.  Man  wird  auch  diese 
Schreibung  nun  vielleicht  nicht  mehr  für  ein  ganz  bedeutungsloses 
Versehen  halten,  zumal  circum  castrari  allitterirt.  Ob  auch  hier 
illum  chircum  im  alten  Texte  stand?* 

£ine  andere  Observation  stellt  uns  dagegen  wieder  auf 
festeren  Boden.  AccJieruntis  steht  im  Trin.  525;  also  war  für 
den  Schreiber  h  ^  ch.  Dazu  die  Orthographie  didragchma  und 
didragchimaj  die  ich  oben  S.  51  nachgewiesen.  Dieser  Schreib- 
usus zeigt  unwiderleglich,  dass  nach  volksthümlicher  Sprache 
auch  in  drachma  oder  drachuma  die  erste  Silbe  positionslang 
war  auch  ohne  £influ8s  des  m.  Der  Verdacht,  der  sich  uns 
damals  erhob,  dass  diese  Quantität  auch  schon  für  Plautus  Gültig- 
keit hatte,  findet  nunmehr  eine  Bestätigung.  Wichtig  ist  in 
jedem  Fall,  dass  Trin.  425   uns  in  CD  die  Schreibung  vorliegt: 

Trapezitae  mille  drahcumarum  Olympicum. 
Hier  kann  h  =  ch  genommen  werden.  Entscheidend  ist  aber, 
dass  der  Vers  nur  dann  hiatlos  ist,  wenn  die  besprochene  Silbe 
hier  eben  als  Positionslänge  gemessen  wird.  Mit  diesem 
dracchumarum  steht  es  somit  nicht  anders  als  mit  Äccheruniem, 
Da  nun  Plautus  in  Äccheruniem  die  Länge  durchführte^  muss  er 
es  auch  in  drach(u}ma  gethan  haben;  zweisilbiges  drachmam  ist 
demnach  mit  Ρ  (Α  fehlt)  zu  lesen  Merc.  777,  da  eben  drachumam 
einen  unbrauchbaren  Creticns,  resp.  Dactylus  ergiebt;  ebenso 
Pseud.  86  u.  98  mit  A;  Pseud.  100  treten  sogar  Α  und  Ρ  ein- 
stimmig für  die  zweisilbige  Form  ein ;  auch  Pseud.  808  steht  sie 
richtig  und  zwar  als  drdhcmis  in  Ρ  {drachumissent  Luchs;  Α  fehlt). 
Pseud.  88  u.  91  ist  sie  endlich  gegen  Α  und  Ρ  einzuführen. 

^  Dagegen  kala'plhanta'm  f.  hdapantam  Cure.  463  in  Β  weist  deut- 
lich tauf  ein  graphischee  Versehen. 


Beiträge  zur  lateinieclien  Örammatik.  307 

In  Bezug  auf  techna  zeigt  Ρ  (Α  fehlt)  das  nämliche 
Schwanken;  die  zweisilbige  Form  erhallen  wir  Capt.  642,  Bacch. 
392 ;  dagegen  Most.  550  giebt  sie  nar  B^  α.  D  ex  ras.  Endlich 
Poen.  817  hat  cod.  Turnebi  techniaef  C  tehine,  D  tehin^  (B  tetldne)^ 
woraus  D^  tehn^  herstellt.  Man  sieht  wenigstens,  auch  hier  dürfte 
Ρ  Λ  =  cA  geboten  haben.  Und  ich  würde  es  nun  wagen,  nach 
Analogie  der  nachgewiesenen  Längen  in  Ackeruns  und  drachma 
auch  trochäisches  techna  in  den  Text  zu  nehmen. 

£&  bleiben  aber  noch  ein  Paar  Luciliusfragmente  zu  er- 
wägen; zunächst  n.  414  Bahr.:  vinum  defusum  e  pleno  sit 
hrysieon  (v.  1.  hirsizon),  das  so  bei  Cicero  de  fin.  II  23  erhalten 
ist  Das  letzte  Wort  ist  als  chrysizon  (χρυσίΖον)  zu  verstehen; 
auf  diese  £mendation  ist,  wie  ich,  auch  Marx  verfallen.  Zur 
Illustration  diene  noch  der  an  Natursohreibungen  so  reiche 
Matritensis  des  Coripp,  den  ich  schon  oben  citirte;  er  giebt 
lastin.  III  100  ris  cUtica  für  chrysattica]  nicht  ch^  sondern  das 
gleichwerthige  h  ist  hier  vorne  weggefallen.  Lucilius  selber 
kann  nun  aber  doch  schwerlich  chrysizon  geschrieben  haben,  da 
er  und  seine  Zeit  nachconsonantischen  Spiritus  noch  nicht 
kannte.  Man  wird  also  voraussetzen :  Lucilius  gab  crusizon  oder 
vielmehr  crusisony  erst  Cicero  chrystjuan,  der  spätere  Ciceroarchetyp 
endlich  hrysizon, 

Oder  sollte  die  letztere  Schreibung  als  Transkription  des 
Griechischen  gar  auf  den  Dichter  selbst  zurückgehen  können? 
Eis  ist  immerhin  auffallend,  dass  die  Noniusüberlieferung  einmüthig 
auch  in  einem  anderen  Luciliusfragment  503  Bahr,  die  Schrei- 
bung giebt: 

vini  inquam  |  hiatus  unus  potuit  tollere, 
nur    dass   irrthümlich    vielmehr  hiatrus  dasteht.     Dies  hiatus  = 
cyathus  giebt  zu  denken^. 

Ja,  dies  h  =  ch  hatte  im  Lucilius  noch  weitere  Verbreitung, 
fr.  63  Bahr,  steht  wiederum  in  den  Haupthandschriften  des  Nouius 
hrodeti  oder  hrodyty]  Bouterwek  erkannte  hierin  chiridoti.  Die 
Lnciliusüberlieferung  bei  Nonius  stimmte  also  in  dieser  Schreib- 
weise mit  der  bei  Cicero  überein  I 

Umgekehrt  wird  endlich  Ghymnis,  das  ist  doch  wohl  Chymnls, 
für  Hymnis  dargeboten  ibid.  frg.  618. 

Dies    die  Belege    für    den  Schriftausdruck    der    gutturalen 


^  vgl.  chyamus  f.  Cyamue  in  P,  PI.  Truo.  702. 


308  Th.  Birt 

Spirans,  von  denen  einige  gewiss  sehr  alt  und  deshalb  unechätz- 
bar  sind. 

Ein  anderes  Phänomen  ist  es  dagegen,  wenn  Charieios  im 
4.  Jhd.  in  Plautos  Bacoh.  1123  die  Zeile  las: 

Dormit  cum  haec  eunt  a  pecA  |  halitdntes; 
also  wiederum  mit  h  fortis.  Man  kann  hier  nicht  zweifeln,  dase 
palitantes  gemeint  sei.  Die  Palatini  geben  in  diesem  Pasene  für 
palari  und  für  balare  gleicher  Weise  b  im  Anlaut  (v.  1123;  1136; 
1138);  in  dem  citirten  Verse  stimmt  aber  doch  wenigstens  cod. 
D  mit  Charisius;  auch  er  giebt  haliiantes.  Es  erinnert  dies  an  die 
VertauschuDgen  Helena  Belena^  Helican  BelicoHj  die  andern  Orts 
erklärt  sind^  sowie  an  den  hariolus  parioluSj  der  uns  weiterhin 
begegnen  wird. 

Die  Luciliusfragmente  führen  uns  nun  zu  der  Frage  hinüber, 
wie  lange  in  der  älteren  Poesie  Roms  die  h  consonans  des  Plautus 
fortbestand.  In  den  Annalen  des  Ennius  ist  von  ihr  keine  Spur, 
und  es  lässt  sich  nur  bemerken,  dass  Verschleifungen  des  h  in 
diesem  Werk  noch  entschieden  seltener  sind  als  bei  LuciUus. 
Gleichwohl  ergeben  sich  für  h  consonans  die  folgenden  weiteren 
Belege,  unter  die  ich  auch  solche  aus  den  Vorgängern  des  Plautus 
mit  aufgenommen  habe.  Dabei  hebe  ich  hervor,  dass  weder  in 
den  Saturnierresten  des  Livius  Andronicus*  noch 
dem  Anschein  nach  in  denen  des  Naevius  noch  endlich 
in  den  inschriftlichen  Saturniern  irgend  ein  Bei- 
spiel für  Versohleifung  des  h  zu  finden  ist. 

297.  Bücbeler  c.  epigr.  2,  5:  cuquei  |  huc  dedoru[nt  i]nperatoriba8 

summeis. 
Die  Zeile   zeigt   schon  Consonantengemination,   fällt    also    uiclit 
vor  Ennius. 

298.  Ebenda  4,  2:  paräns  timäns  heic  vovit  νύΐο  |  hoc  soluto. 

299.  Ebenda  9,  6:    ne  quaeratis  |  honore  qu^i    minus    sit    man* 

d[at]u[8]. 

Hier  macht  h  Position ;  und  es  ist  höchst  willkommen,  dass  wir  so 

die   richtige  Nebencäsur   nach   der   zweiten  Hebung  erhalten  und  dass 

uns  die  Accentuation  ne  quaeratis  Itonore  erspart  wird,   durch  welche 

in  eine  Senkung  zwei  darch  C&sur  getrennte  und  mehrsilbigen  Wörtern 


1  Rh.  Mus.  52  Suppl.  S.  148 ;  vgl.  auch  perJiehlesiam  f.  Perbibe- 
siam  Cure.  444;  besperides  f  hesperides  bei  Riese  Geogr.  lat.  min.  S.  45,  7. 

'  Auch  in  den  Tragödienresten  des  Andronicus  steht  Versohleifung 
nur  einmal  v.  14  R. ;  ibid.  v.  20  lässt  sich  dagegen  wie  21  in  Kretikem 
lesen:  Da  mihi  |  husce  opea,  quas  petOf  quäs  precor. 


beitrage  zur  lateinischen  Urammatik.  ^09 

angehörende  Kürzen  gerathen  würden.  Vielleicht  darf  man  also  den 
nachträglich  zugesetzten  Scipionenvers,  ebenda  8,  1:  quei  apice  insigne 
dial[i8]  eqs.  mit  zweisilbigem  φ'αΖίβ  messen. 

300.  Aus  den  Saliarliedem  sei  hier  die  oonjeoturale  Leeung,  in 
der  h  Position  macht,  hinzugefügt  (vgl.  Eh.  Mus.  52  Suppl. 
8.  197): 

Conzevios  |  hord£8ioe  optimoe  mdximos  Ιέηοβ. 

301.  Es  folgt  Liv.  Andren.  Odueia  fr.  7  Bahr.: 

quae  |  haec  daps  est,  qui  feetue  dies  v^.w-w 
freilich  ist  die  Yeregestalt  zweifelhaft. 

302.  ebenda  27:  toppέr  facit  |  homines  ut  priue  fuorunt. 

So  Festus,  aber  utrius  (corr.  Düntzer)  und  fuerint  (corr.  Bücheier). 
h  macht  Position.  Freilich  ist  auch  die  Ansetzung  einer  iambischen 
Tripodie  toppSr  faeCt  hominis  in  der  Weise,  dass  die  zweite  Hebung 
aus  zwei  Kürzen  besteht,  nicht  ausgeschlossen.  Ein  homones  brauchen 
wir  nicht. 

303.  Auch  des  Naevius  Bellum  Poinicum  hat  schwerlich  irgendwo 
Yerechleifung  des  h,  denn  fr.  37  Bahr,  lautet  bei  Noniue:  transit 
MeUtam  Romanus  eaercUuSy  instUam  integram  urit  poptdafur  vastat^ 
rem  hasiium  concinnat,  was  sich  so  abtheilen  läset: 

trdnsit  Mέlitam 
Romänus  exercitus^  —  insulam  integram  urit 
populatur  vaetat,  rim  —  hostium  ooncinnat. 
Aber  Naev.  23  Bahr,  steht: 

Ky±  eilvicolae  |  homines  bellique  inertes  ^ 

304.  Livine  giebt  41,  28,  8  zum  Jahre  174  v.  Chr.  die  Inechrift 
der  tabula  in  aede  Matris  Matntae;  die  Saturnier  ihrer  ureprüng- 
liehen  Abfaeenng  hat  Livius  entetellt.  Doch  läeet  in  der  letzten  Zeile 

cuius  rei  ergo  |  hanc  tdbulam  donnm  loui  dedit 
das  erste  Hemistich  keinen  Zweifel  zu;  auf  rei  folgt  hier  wie 
oft  bei  Plantus  Vocal;  vgl.  Bährens  frgm.  poet.  lat.  S.  55.  Dies 
^ird  durch  den  Schluss  der  Siegesinschrift  am  Larentempel  vom 
Jahre  179  bei  demselben  Livius  40,  52,  4  (s.  Bährens  a.  a.  0.) 
gesichert,  welcher  in  gleicher  Formel  lautet: 

cuius  rei  ergo  aedem  L&ribus  permarinis  vovit. 
Vielleicht   ist  in  obiger  Zeile  das  Verbum   dedere  anzuerkennen, 
^^  dedit  mit  langer  erster  Silbe  zu  messen: 


^  Nach  dem,  was  im  Rhein.  Mus.  51  S.  248  gesagt  worden,  kann 
'^  als  Baman{us)  exercitus  gelesen  werden. 

^  Bährens   giebt  frg.  51   sogar  im  Text  hotierariae  lumuatae  mit 
^*^echtem  h. 

Rhein.  Mai.  f.  Philol.  N.  F.  LIV.  14 


210  th.  Birt 

cuine  ref  ergo  |  hanc  t&bnlam  donum  I^ni  dädit. 
Denn  wie  für  das  vovere  das  Perfekt  richtig  ist,    so   richtig   ist 
für  das  dedicare  das  Präsens. 

305.  Soweit  die  Satnmier.     Έβ  folgt  Liv.  Andren,  com.  v.  2  R.: 

(File)  cormit  quasi  ictns  scina,  |  Aaut  multo  secns. 
Ein  Septenar.    So  Festus;   üle  habe  ich  ergänzt;   Ribbeck   liest 
sicena.'    Will  man  das  Erhaltene  als  iambischen  Senar  lesen,  so  musste 
corruit  den  ersten  Fuss  füllen  wie  neminem  Poen.  1348;  imminet  Uoni 
Bücheler  c.  epigr.  24,  1^. 

306.  Liv.  Andren,  trag.  8 :  Nemo  |  haec  vostrum  ruminetur  mulieri. 
Hier  ist  also  jede  Emendation  vom  üebel. 

307.  Naev.  com.  19: 

U't  illnm  di  perd&nt  qni  primnm  |  Aoiitor  oaepam  protnlit. 
So  im  Wesentlichen  die  Ueberliefemng  des  Priscian  {differant  f. 
di  perdant),  h  steht  hier  aber  nach  Dihärese. 

308.  Naev.  com.  21:  Quis  heri  apud  te?  ||  Prdenestini  et  Lano* 

vini  I  /(ospites. 
Der  Vers  ist  nur  als  trooh.  Septenar  gut  lesbar.  Die  bei  Macro- 
bius  folgenden  Zeilen  hingen  mit  ihm  nicht  unmittelbar  zusammen. 
Zum  Namen  Lantwini  vgl.  GatuU  39,  12.  Zwar  kommt  auch  die  Schrei- 
bung Lanuini  gel.  vor  (Gic.  de  deor.  nat.  I  82),  diese  beweist  jedoch 
natürlich  für  dreisilbige  Aussprache  nichts;  vgl.  FcumiitSj  faiüa  und 
das  Rh.  Mus.  52  Suppl.  S.  156  f.  Verglichene.  Daus  =:  Davos  bei 
Terenz  bleibt  zweisilbig.  So  steht  sogar  natueüem  f.  natum  vellem 
Ter.  Phorm.  792 ;  tuero  f.  tu  vero  Cic.  de  leg.  III  30,  indem  ein  V  das 
andere  verdrängte. 

309.  Naev.  com.  36:  Nolo  ego  |  Aanc  ddeo  eiAictim    amare,    diu 

vivat  volo,  U't  mihi  prodesse  possit. 
So  im  Wesentlichen  Charisius.     Der  troch.  Septenar  scheint  mir 
auch  hier  nicht  zu  verkennen;  ego  iambisch. 

310.  Naev.  com.  115:  (Nam)  utrum  scapulae  plus  an  collus  ca]li{ 

Aabeat  nescio. 
So  im  Wesentlichen  Nonius.    Nam  Ribbeok.    Der  Vers  ist  tadellos. 

311.  Naev.  trag.  54:  Diabathra  in  pedibiis  |  Aabebat,  erat  amictus 

epioroco. 
Aus  Varro.    Die  Hss.  pecudibus.    Ansetzung  der  Länge  der  En* 
duQg  in  pedibus  scheint  mir  weder  erforderlich  noch  möglich.    An  sol- 
chen Stellen   wie  Most.  402    {in  aedibus    habttet.  licet)  steht  die  Silbe 
'bus  als  Kürze  in  aufgelöster  Hebung. 

312.  Naev.  trag.  59:  (meorum)  trionum  |  Λίο  moderator   rusticns. 


^  Bücheler  liest  hier  imminet  als  Anapäst;  anders  Klotz  S.  27 
(u.  G3).  Vielleicht  ist  aber  bei  Andronicus  cormit  Perfekt  mit  langer^ 
Mittelsilbe  wie  füit,  und  quasi  ictus  ist  nach  dem  Gesetz  der  lamben — 
kürzung  anapästisch  zu  messen:  Corruit  quasi  ictus  scina  ?Mut  muito  secus  ^ 


^itrage  zar  lateiniechen  Örammatik. 


i 


Ans  Yarro;  meorum  Ribbeck. 

313.  Ennine  frg.  494  Bahr.,  aus  Feetue  S.  166  Μ.: 

illic  iut  nugator  nibili,  non  nauci  |  homo. 
iUue  f.  illic  die  Handschrift.    £in  eiuleuchtender  Beleg,  der  eic 
nar  durch  gewaltsamen  £ingri£f  würde  beseitigen  lassen. 

314.  Eon.  trag.  308: 

1^  quam  mihi  mäxime  |  hie  hodie  contigerit  malum. 
Ans  Nonios.    Ausserdem  habe  ich  hier  noch  £nn.  trag.  149  (aus 
Fcstus)  zn  citiren: 

Quae  mea  oomminus  machaera  atque  haeta  |  Aoetit  in  manu. 
hoftU  in  manu  habe  ich  für  das  überlieferte  hospius  manu  eingesetzt. 
Die  Anerkennung  der  h  consonans  ist  auch  hier  äusserst  nahe  gelegt. 
Pacuyius  dagegen  bietet  kein  Beispiel,  höchstens  Zeile  21 : 

E't  coma  prolixa  impexa  conglomerata  atque  horrida, 
falls  man  gewissen  Spuren  der  Ueberlieferuug  folgt  und   atque  tilgt, 
das  bei  dieser  Cumulation    von  Adjektiven   gern   fehlen  dürfte.     Aber 
vgl.  z.  B.  Terenz  Ad.  944. 

315.  Caecilius  157:  HAec  erunt  concilia  |  ^odie,  diiferar  sermone 

misere. 
differor  sermone  miser  Gellius;  corr.  Ribbeck.    Ohne  Anstoss. 

316.  Tarpil.  80:  Nam  qui  illo  |  homine  vivit  confidentius. 
Für  qui  v.  1.  qui  in  und  quid.     Ohne  Anstoss. 

317.  Tnrpil.  152:  Cuiue  ädventu  insula  |  Λodiέ  claret  Cyprus. 
Die  dritte  Hebung  hat  Auflösung. 

318.  Turpil  170:  £go  nondum  eliam  |  /no  vilicabar,  Phaedria. 
hie]  V.  1.  huic.    Zum  Anapäst  im  zweiten  Fuss  vgl.  Klotz  S.  312. 

319.  Turpil.  213:  Sola  res  est  qu&e  |  homines  abeentes  praesen• 

tes  facit. 
Die  Ueberlieferung  des  Hieronymus  lässt  sich  so  beibehalten. 

320.  Titiniue  27:  Torra  |  h&ec  est,  non  aqua,   nbi  tu  eolitue  ar- 

gutarier. 
argutari  codd.    Ohne  Anstoss. 

321.  Titin.  30:  Si  quisquam  |  hodie  praeterhao  posticum  nostrum 

päpulerit. 
quisquam  Iwdie]   v.  1.   quis   und  et  hodie;    sodann  praeter  has 
(oder  hanc). 

322.  Titin.  107:  Sod  iam   metuo  |  ^ercle,  Caeeo,  ne  nimia  stnlte 

fecerim 

Qui  eam  ex  tantä  factione  atque  opibue  8um  ausue  adgredi. 
V.  1.  Sed  etiam  oder  Sed  cum  iam]  in  Η  mouc  vor  metuo.  Das  eam 
habe  ich  mit  Bothe  umgestellt.    Es  steht  bei  Nonius  hinter  opibus. 

323.  Atta  8:  Cum  prirao  luci  |  /iodie  ut  exornata  sit. 
Scheint  zweifellos. 


212  Ϊ1ι.  Biri 

324.  Afranins    136:    UM  |  hie  Mosohie    qu&eso    habet,    meletrix 

Neapolitie. 
Für  iambischee  ubi  fehlt   es  nicht  an  ausreichenden  Analogien. 

825.  Afranins  163 :    Septimbrie  heri  kalendae,  |  Aodie  ater  dies. 
ater]  v.  1.  atri.    Der   subtile   Gesichtspunkt   Lachmann's  (Lukr. 

S.  388)   gilt  nicht   von  dieser  Stelle.    Wohl  aber  giebt  hodie  mit  heri 
Allitteration. 

326.  Afran.  281 :  Pro  manibue  oredo  |  habere  ego  illos  tentipilliuro. 

Nach  Dihärese  bietet  Afranius  das  h  auch  im  v.  237,  der  wie 
ich  glaube,  so  zu  lesen  ist: 

Fluctuatim  ire    &d    illum.  accipite  |  hoc,  tege  tu  et  (tu) 

euetine. 
Ich  habe  das  zweite  tu  hinzugefügt.    Denn  da  auf  pluralisches  accipite 
zwei  Imperative  des  Singular  folgen,  so  waren  zwei  Personen  angeredet; 
beide  sollen  anfassen ;  aber  nur  die  eine  soll  zudecken,  die  andere  halten. 

327.  Afran.  327:  Γη  |  ^orpinoe  i&m   quantum  pote[e]  ixplodam 

hominem  ut  yilicetur. 
Für  Horpinos  ist  Hortinos,  Hirpinos  u.  a.  vermuthet  worden. 

328.  Pomponius  63:  Qaid  futurumet,  ei  pol  igo  \  hano  diaoere  ar- 

tem  attenderim. 

329.  Pompon.  111:  Ρ&ρραβ  hie  eub  dio  |  habitat,  senica  non  ses- 

cunciae. 
So  nach  Yermuthung  zu  lesen;  vgl.  Rhein.  Mus.  51  S.  495. 

330.  Pompon.  124 :    Fit  desubito  |  Mlarne    tristis,    ealtat    ridens, 

ringitur. 

Dahingegen  steht  Pompon.  136  da«  h  an  der  Cäsnretelle, 
ebenso  Noviue  88  {homo  non  quisquiliae);  bei  Novius  89  Post- 
quam  se  vidif  hsredem  eqe.  hat  vidit  vielleicht  noch  die  echte 
Länge  der  Perfektendung  erhalten. 

Soweit  die  Fragmente.  Sie  haben  die  erwünschteste  Be- 
stätigung gegeben. 

Die  alte  saturnische  Poesie  war  in  der  Verechleifung  des 
Spiritus  noch  im  höchsten  Masse  zurückhaltend.  In  seinen 
Bühnenwerken  stand  sodann  Naevius,  wie  zu  erwarten,  ganz  auf 
dem  Boden  des  Plautus.  Aber  auch  fast  sämmtliche  übrigen  Ko- 
miker haben  uns  für  die  gelegentliche  £rhaltang  der  vollen  con- 
sonans  h  Belege  geboten,  und  nur  die  Dichter  des  höheren  und 
ernsten  Stils  scheinen  hiervon  abgegangen  zu  sein. 

Die  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  besass  also  noch  die  h 
fortis.  Ist  dies  Thatsache,  so  verheisst  sie  auch  weiteren  Gewinn. 
£e  ist  damit  erstlich  vielleicht  ein  nicht  uninteressantes  Problem 


Beiträge  zur  laieiniechen  Grammatik.  213 

der  römischen  Epigraphik  erledigt.    Ale  den  obigen  Stellen  gleich- 
artig ist  hier  jedenfalls 

331.  Die    Mummiasinschrift   anzureihen  CIL.  I   542   (IX    4672; 
Bücheier  carm.  epigr.  248): 

De  decuma,  Victor,  tibei  Lucius  Mumius  donum 
Moribus  antiqueis  pro  usura  |  hoo  dare  sese 
Visum  animo  sno  perfecit  eqs. 
Das  Monument  ist  nicht  mehr  im  Original  erhalten.  £ine  Neu- 
behandlung der  Schwierigkeiten,  die  es  bereitet,  wird  man  an 
dieser  Stelle  nicht  erwarten.  Das  Gewaltsame  der  Satzbildung 
hat  Ritschi  gegeisselt;  für  Mommsen  aber  war  nicht  dies  der  An- 
läse zu  seiner  Conjektur  promiserat  hoc  dare  sesCj  sondern  im 
Wesentlichen  nur  der  Hiat^.  Da  nun  ein  Hiat  hier  gar  nicht 
vorliegt,  so  fällt  der  Hauptzweck  der  Conjektur  hinweg,  und 
man  wird  sich  mit  dem  Ueberlieferten  abfinden.  Zum  Glück 
hilft  uns  der  Vers  4.  Hier  bietet  Mummius  die  unerhörte  Sub- 
stantivirung  des  Neutrums  des  Adjektivs  ui  f acuta  f aaseis  cogendei^ 
also  facUia  für  facuUatem,  £s  ist  ganz  ähnlich,  aber  es  ist  min- 
der hart,  wenn  wir  in  den  obigen  Zeilen  auch  das  Particip  Visum 
snbstantivirt  sehen  =  το  Visum:  L.  Mummius  quod  visum  est 
animo  suo  sese  tibi  hoc  donum  de  decuma  antiquis  moribus  pro 
usura  dare,  id  perfecit.     Vgl.  das  visum  PI.  Miles  199. 

Sodann  aber  erübrigt  uns  hier  noch  die  Besprechung  eines 
Dichters  eben  dieser  Zeiten,  der  uns  erhalten  vorliegt.    Die  letzten 
Komiker^   die    nach  Ausweis    der   gesammelten  Belegstellen  dem 
Plautinischen  Verfahren  offenkundig  gefolgt  sind,  waren  Afranius 
und   Pomponius.     Afranius    aber  war    Bewunderer    des  Terenz. 
Es  bleibt  uns  also  die  Aufgabe  übrig  nachzusehen,  ob  nicht  auch 
des  Terentius  Verse    noch    hie  und  da    das  nämliche  Phänomen, 
da8  uns  beschäftigt,  aufweisen.    Und  in  der  That  zeigt  uns  auch 
seine  Ueberlieferung  einige  Messungen,  die  für  den,  der  die  bis- 
W  gehaltene  Ueberschau  im  Gedäohtniss  hat,  jeden  Zweifel  aus- 
^hliessen    werden.     Darunter    sind  solche,    an    denen    wir  ohne 
Ansetzung   der  h  fortis  verzweifeln  müs^ten.     In  anderen  Fällen 
i>t  wenigstens  kein  zureichender  Grund,  vom  tradirten  Texte  abzu- 
gehen. 

Voran  stehe  der  Vers  1  des  Hecyraprologs : 
^32.  Hecyrä  est  huic  nomen  fabulae;  |  haec  cum  datast. 


1  £r  sagt:    quftd  ante  dare  inseri  iussit  Ritechelius,    maxime  ut 
hiatus  evitetur.    Mihi  error  videtur  latere  in  pro  usura. 


214  Tb.  Birt 

Wer  den  Vors  nicht  corrckt  nennt,  muss  ihn  unheilbar  verderbt 
nennen. 

333.  Hecyra  609:  Quod   fäoiundum   eit  post  fortaeee,  idem  |  boc 

nunc  ei  ίέοβηβ. 
So  Bemb.  {sit  aus  ent  corr.);  sit  fiieiundum  BCEP;  post  fortasse 
mit  Bemb.  BCEP ;  fortasse  post  Ό  F.  Zu  welcher  Verzweiflung  der 
Vers  die  Editoren  bringt,  zeigt  Fleckeisen's  eben  erechienene  zweite 
Auflage,  wo  wir  lesen:  quod  faciundutn  sit  post  fortasse,  idem  hoe  nunc 
feeerit  sie  ultrol  Nencini  dagegen^)  ändert:  idem  hoe  nunc  seite  feceris. 
Sachlich  genügt  aber  die  überlieferte  Lesung,  so  viel  ich  sehe,  voll- 
kommen, und  es  wird  also  wiederum  kein  Buchstabe  zu  verändern  sein. 

334.  Eun.  67:  Haeo  vέrba  una  me  |  h^rcle  falsa  Idorimnla. 

Zur  Rechtfertigung  des  dreisilbigen  me  hercU  ist  nicht  auf  pre- 
hendo  u.  ä.,  sondern  etwa  &\ιΐ  flagitium  iMminis  und  überhaupt  auf  alles, 
was  hier  im  Verlauf  vorgekommen,  zu  verweisen.  Ebenso  steht  me  herde 
Eun.  416;  Pseud.  1175;  Rud.  1365;  Stich.  250;  auch  Rud.  1413  (Stude- 
mund).  Cicero  schrieb  vielleicht  mercule  (s.  Schramm  De  libris  de  legg. 
rec.  p.  35),  gewiss  aber  niemand  vor  ihm. 

335.  Eun.  624:    Volnit  facere   contra  hnic    aegre.  |  hiu»,    inquit, 

puer  Pdmphilam. 
So  alle  Hss.,    auch  Bemb.;   puere  Erasmus;  puer  i  Bentley;  vgl. 
N.  246.  Die  Zulässigkeit  des  Hiats  an  der  Cäsurstelle  bei  Terenz  wird 
mit  Becht  bezweifelt^. 

336.  Eun.  697:  Fratirne?  ||  Ita.  |!  Quando?  ||  Hodie.  ||  Quam  du- 

dnm?  II  Modo 

Dziatzko   itane   (afBrmative).    Die  Zulässigkeit   des   Hiates  bei 

Personenwechsel   bestritt  Müller  Prosod.  S.  640  ff.;   dagegen   Dziatzko 

z.  B.  Einl.  zum  Phormio  S.  38.    Jedenfalls  sind  der  Beispiele  wenige^. 

337.  Eun.  701:  Dic^bat  eum  esse;  is  didit  mihi  j  hanc.  O'ccidi. 
So  Bemb.  und  G;   vestem  hinter  hanc  BCEFP;    vgl.  D.  mihi   ist 

Jambus. 

338.  Eun.  912:  Qui  |  hunc  supposuit  nobis?  ||  Move  te  oro  ocius. 
So  alle  Hss.,  auch  Bemb.  supposivit  Bentley. 


1  Rivista  di  filol.  22  S.  119. 

2  Vgl.  unten  zu  N.  349.  Zum  trochäischen  Septenar  vgl.  Klotz 
S.  155  f.    Ich  füge  hinzu,  dass  man  Hec.  762  so  lesen  kann 

Nam  non  sunt  solum  arbitratae  |  hae;  cgo  quoque  etiam  crodidi, 
da  die  h  fortis  den  Hiat  aufhebt. 

3  S.  Klotz  S.  IIG;  vgl.  unten  N.  345.  Phorm.  146  läset  sich  lesen: 
Quoil  det  fortasse?  \\  Immo  nihil  nisi  spim  meram;  542  htTtane?  [|  Ita 
Proceleusmaticus?  Ad.  697  schwankt  die  Ueberlieferung  und  das  nunc 
kennt  auch  der  Bembinus.  Endlich  Ad.  604  ist  gewiss  dixti  richtig, 
aber  mihi  iambisch. 


Beiträge  zur  lateinisoben  Grammatik.  215 

339.  £un.  968:  Dicam    huio    annon?    Dicam  |  hercle;    etsi  mihi 

magnnm  malum. 
So  Bemb.  (odiKm)  n.  alle.    Bentley:  an  non  dicam?  Dicam ^  ledig« 
lieh  um  des  Verses  willen. 

340.  Heantont.  540:  lam  |  huic  maneieset  unicue  gnatue  domi. 
So  Α  und  alle.    Man  stellt  um.    Fleckeiten:  Vd  iam, 

341.  Heaut.  813:  Ubi  me  oxcarnaficee.  ||  l'  tu  |  bino  quo  digmis  es. 
So  BG£F  (»  in  ras.)  P.  ia  hine  Bemb.,    was  sicher  verderbt  ist 

und  auch  nicht  dazu  dient,  Bentley's  ibin  hinc  zu  stützen,  ii  JUnc  O; 
in  hinc  D.  Fleokeisen  edirt:  in*hinc  quo  tu  dignus  es.  Nach  dem  Stand 
der  Üeberlieferung  scheint  es  das  Gegebene,  BG  zu  folgen.  Vgl.  tu  | 
?iüc  u.  ähnl.  oben  N.  64. 

342.  Phorm.  191 :  Quam  |  hie  fugam  aut  furtum  parat? 

So  Bemb.  (hinc)  u.  alle.    lambischer  Dimeter.    Es  fehlt  nichts. 

343.  Phorm.  518:  Tum  praeterea  |  hornm  amorem  distrahi  poterin 

pati? 
So  im  Wesentlichen  Α  etc;    in  FP  steht  das  m  von  kor  um  auf 
Rasur.    Yulgo  horunc;   vgl.  oben  zu  No.  206;   andre  Tune  praeterea; 
aber  tum  ist  tadellos. 

344.  Phorm.  664 :  Nimiümst.  ||  Ne  clama,  pέtito  |  haece  a  mi  decem. 

So  alle,  auch  Bemb.    Für  den  Zusammenhang  ist  das  überlieferte 
ha$c€  (nicht  ülasce)  das  einzig  Angemessene.  Die  ersten  zehn  Minen  wollte 
Demipho  geben  {cUibo  v.  662).     Es   folgen  zehn  weitere  Minen  v.  663; 
diese  zehn   kannst  du  von  mir  haben,   sagt  Chremes.     Daher  helfen 
denn  Andre  mit  ripetito  hascej  was  mir  durchaus  unwahrscheinlich  dünkt. 
345.  Phorm.  963:  üloisci.  {|  Attat,   nisi   mihi  prospicio,  |  λaereo. 
So  die  Hss.»  auch  Bemb.  -%-  Man  müsste  sonst  Hiat  bei  Personen- 
wechsel ansetzen;  s.  oben  zu  No.  336.    Andere    helfen  sich,  indem   sie 
überflüssiges  iam  hinter  nisi  einschalten. 

346.  Phorm.  991:  Mi  vir?  ||  Hem  quid  nunc  obstipuisti?  ||  Quis 

hie  homost? 
So  Bemb.;   eliem  die  übrigen.    Da  alle  Wahrscheinlichkeit  dafür 
'PWcht,  dass  ehern  einsilbig  (s.  oben  S.  60  f.),  ist  die  Länge  des  vir  nur 
^  der  h  fortis  zu  erklären. 

'^^^.  Hecyra745:  Man6;  nondum  etiam  dixi  id  quod  volui.  |  Hie 

nunc  uxorem  habet. 
So  alle  Hss.,    auch  Bemb.     Der  Vers   ist   ein   voller    iambischer 
y^^nar  wie  die  voraufgehenden.    V.  746  ff.  folgen  dagegen  trochäische 
^^^D.    Man  könnte  jedoch  auch  folgendermassen  messen: 

Mand;  nondum  etiam  dixi  id  quod  volui;  hie  nunc  uxo- 
rem I  habet. 
^-  Ad.  946:  Merito  te  amo.  ||  Verum  quid  ego  dicam  |  hoc  cum 

fit  quod  volo. 
So  die  Hss.   (z.  Th.  amo  te);  aber  verum  ego  Quid  dicam  DG. 


216  th.  Birt 

Bemb.    fehlt.    Ee    wird    niohts  vermiest.    Dziatzko   qitom  wn/U:    alier 
(las  bei  Donat  und  sonst  citirte  eotifit  dürfte  aus  quom  fit  entstanden  sein. 
Auch  noch   die  folgenden   Verse  lassen  sich,    wenn   schon 
mit  geringerer  Sicherheit,  heranziehen: 

349.  Ad.  947:  Quid  nunc  quod  restat?  ||  Hegio  |  est  bis  cognatus 

prozumus. 
Lies  his  est,    Dass  Cäsur  im  iambischen  Septenar  eine  Entschul- 
digung bei  Terenz  nicht  bietet,  macht  Klotz  S.  143  wahrscheinlich. 

350.  Andr.  817:  Abi  |  hino  in  maldm  rem  cum  suspicione  IstÄc, 

eceluB. 
So  abi  BEG;  i  in  ras.  D;  ahin  P;  α5ιΊ|  C.  Bemb.  fehlt. 

351.  Andr.  665:  Factum  hoc  est  Dave?  ||  Factum.  |  Hem,  quid  ais, 

scelus? 
So  alle  Hss.  Fleckeisen  ο  scelus. 

352.  Eun.  182:  Is  übi  |  hanc  forma  videt  honesta  virginem. 

So  alle  Else.,  auch  Bemb.  Das  von  Bentley  eingesetzte  esse  wird 
durch  nachfolgendes  et  fidibus  scire  v.  133  anscheinend  empfohlen.  Aber 
es  genügt  wohl  zu  diesem  et  scire  ein  eam  hinzuzudenken:  *und  dass 
sie*  u.  s.  f. 

358.  Hecyra  880:  £nm  h&ec  cognovit  Myrrhina  in   digito  modo 

me  I  habente. 

lambisches  modo  wäre  hier  doch  unliebsam  (Klotz  S.  110  u.  14H). 
Daher  statuirte  Dziatzko  Hiat  nach  Myrrhina, 

354.  £un.  364:  ü't  mancipia  |  hdec  ita  ut  iussit  fnlter,  ducam  ad 

Thaidem. 
So,  insbesondere  ut  iussit,   alle  Hss.,  auch  Bemb.    Man  setzt  uti 
iussity  wodurch  der  Vers  nicht  viel  gewinnt. 

355.  Zweifelhafter  sind  endlich  folgende  Fälle,  in  denen  der  Bern- 

binus  allein  steht: 

Hecyra  340:  Ehern  Pärmeno,   tu  |  hie  eras?    perii,  quid 

faciam  misera. 
η 
Die  übrige  Tradition  tun  hie  (tu  hie  F). 

Hec.  394 :  Tum  postquam  ad   te  vonit,  mensis  iam  |  hie 

agitur  s^ptimus. 
So  Bemb.,  was  an  sich  unanstössig  ist;    die  andern  Hss.  stellen 
um  und  beseitigen  den  scheinbaren  Hiat.     Aehnlich: 
Hec.  869:  I'mmo  etiam  qui  occultari  |  hoc    fdcilius   credas  dabo. 

So  Bemb.;  die  übrigen  ohne  Frage  besser  qui  hoc  occultari. 
Am  verzweifeltsten  Andr.  439: 

Propter  buiusce  hospitae  consuetudinem  ? 
wo  der  Bemb.  fehlt.    H.   Sauppe^):    Num  propter  consuetudinem  huiu 


ι  Index  lect.  Gotling.  1890  p.  3. 


Beitr&ge  zur  lateinieohen  Grammatik.  217 

hospitae?  Näh«r  läge:  Propttr  |  huiusne  consuetudinem  liospitae?  Doch 
bleiben  schwere  Bedenken. 

£8  sind  hiernach  im  Terenztext  immerhin  20  Stellen,  die 
theils  mit  Sicherheit,  theils  mit  Wahrecheinlichkeit  für  die  hier 
erörtete  Lauterecheinung  in  Anspruch  genommen  werden  können. 
Die  Terenzstücke  enthalten  ca.  7000  Zeilen;  es  entfällt  also  auf 
je  350  Verse  ein  Fall  von  h  consonans,  eine  Frequenz,  die,  er- 
heblich geringer  als  bei  Plautus,  doch  noch  immer  ausreicht,  die 
gelegentliche  Zulässigkeit  dieses  h  auch  fttr  den  letzten  Palliaten- 
diohter  darzuthun.  Durch  die  Vergleichung  des  Afranius  wird 
dies  bestätigt. 

Noch  habe  ich  meinem  Verzeichnisse  die  Belege  aus  den 
Plautusprologen  hinzuzufügen,  die  geringere  Beweiskraft  haben, 
wenn  es  wahr  ist,  dass  Hiate  in  diesen  Prologen  häufiger  zuge* 
lassen  sind.  Ich  halte  um  so  weniger  dafür,  dass  an  den  nachfol- 
genden Stellen  zu  ändern  ist  (wo  nichts  notirt,  fehlt  die  Stelle  in  A): 

356.  Amph.   146  £a  signa  nemo  |  horum  familiarium. 

357.  Amph.  151  Adeste  erit   operae   protium  |  hio   spectantibus. 

358.  Amph.  152  lovem  έt  Mercurium  facere  |  histrioniam. 

359.  Amph.  69  Sivo  qui  ambissent  palmam  |  histrionibus. 

360.  Amph.  96  Dum  |  huius  argumentum  oloquar  comoediae. 

361.  Asin.  9 — 10:   Nunc  quod  me  dixi  velle  vobis  dicere, 

Dic4m;  |  huic  nomen  graece  Onagost  fabulae. 
So  F.  Wenn  Löwe-Götz  id  vor  dkam  einsetzen,  zerstören  sie  die 
wirksame  Figur,  die  in  dicam  das  dicere  unmittelbar  repetirt. 

362.  Capt.  10   Patri  |  huius.     lam  |  hoc   tenetis?    Optumum   est. 
huiusce  P.  Α  fehlt.  Freilich  hat  huius  sonst  nicht  den  Ictus  auf 

der  Schlusssilbe;  vgl.  jedoch  Mero.  514. 

363.  Gas.  48  Placere  posset^  oam  puellam  |  hie  senex. 
So  A;  ebenso  Ρ  (aber  at  eam). 

364.  Men.  13  Huic  argumento  intelogium  \  hoc  fuit. 

365.  Merc.  15  Quos  pol  ego  credo  |  humanis  querimoniis. 

366.  Merc.  106  Quid   v^rbis  opus  est?   omi  atque  advexi  |  heri. 
Α  fehlt,  mi  oder  mihi  f.  emi  P. 

367.  Mil.  135  Apud  suom  paternum  |  hospitem  lepidum  senem. 
B68.  Poen.  44  Haec   quae    imperata  sunt   pro  imperio  |  histrico. 

369.  Poen.  83  Sed  illi  patruo  |  huius  qui  vivit  senex. 

370.  Poen.  89  Praesenti  argento  |  homini,  si  leno  est  homo. 

So  Ρ  und  Nonius.  Α  fehlt. 

371.  Poen.  94  Huc  commigravit  in  Calydone(m)  |  hau  diu. 
haudiu  giebt  auch  Lindsay  aus  dem  codex  Turnebi,  aber  mit? 

372.  Poen.   120  Is  illi  Poeno  |  huius  patri  |  hospes  fuit. 


218  Th.  Birt 

373.  Kud.  11  Qai  f&ota  |  hominum  mores  pietatem  et  fldem. 

374.  Truc.  9  Sed  hoc  agamus  qu4  |  huo  ventnmet  gratia. 
So  P,  quia  f.  qua  D.  Α  fehlt. 

375.  Truo.  10  Athinie  tracto  ita  ut  |  boo  est  proecaenium. 

So  P;  Α  fehlt.  loh  erganze  nur  Pro  Äthenis  und  verstehe:  'ich 
behandle,  spiele  gleicbeam,  dies  Proecaenium,  eo  wie  ee  ist,  alt  Athen*; 
denn  so  gilt  sonst  tractare  speoiell  vom  Agiren  des  Schauspielen  (Cic. 
pro  Q.  Roscio  20:  personam  in  seena  tractare;  vgl.  Horaz  Epiti.  I  18, 
14),  und  es  scheint  also  an  unsrer  Stelle  nicht  zu  beseitigen. 

Die  Zeit  des  Varro  und  Catnllus  bezeichneten  wir  als  die* 
jenige,  in  der  sich  im  Latein  die  sichere  Wahrnehmung  des 
Spiritus  verloren  hat  (oben  S.  51).  Es  ist  also  kein  Wunder, 
sondern  vielmehr  hierzu  eine  Bestätigung,  wenn  sich  von  jener 
Erscheinung,  die  nocb  bei  Afranius,  ja  noch  bei  Pomponius  Gül- 
tigkeit hat,  in  den  Versresten  der  Dramen  des  Laberius  keine 
Spur  mehr  finden  lässt.  Ebenso  fremd  ist  sie  den  lamben  und 
Lyrica  CatuU's^,  fremd  auch  den  Yarronischen  Menippeen^.  Da- 
hingegen steht  allerdings  im  Argumentum  II  des  Amphitruo  v.  3: 

Pro  p4tria  Amphitruo  dum  cemit  cum  |  hostibus! 
und  im  Fragment  des  Laevius  (Gell.  II  24): 

Lux  liquida  |  haedo  redditur! 

Auf  die  dactylisohe  Verskunst  aber  scheint  Ennius  wie  in 
jeder  Beziehung,  so  auch  in  der  Behandlung  des  b  entscheiden- 
den Einfluss  ausgeübt  zu  haben.    Es  ist  schon  oben  gesagt,  dass 


^  Man  gestatte  hier  eine  Randbemerkung,  die  nur  eine  Frage 
stellt.  Plautus  schreibt  Stich.  399  neque  iüe  neque  Tue;  denn  neque  kann 
gleicherweise  vor  Vocalen  und  Consonanten  stehen;  nee  dagegen  wurde 
von  Manchen  vor  Vocalen  vermieden.  Ist  es  also  zufallig,  dass  bei  Catull 
c.  10,  21  die  Ueberlieferuni?  mit  Sonderung  von  nee  und  neque  giebt 
nee  hie  neque  illicP  und  sollte  solcher  üeberlieferung  nicht  Werth  bei- 
zumessen sein?  Ich  meine,  dass  hier  vielleicht  doch  noch  der  alte 
h-Consonant  seine  Wirkung  that.  Die  Phrase  nee  hie  neque  iüie  habe 
ich  zufällig  sonst  nicht  aufgefunden;  Terenz  schreibt  neque  istic  fteque 
alibi,  Andr.  420.  Xur  carm.  epigr.  787,  35  kann  ich  anführen,  wo 
Bücheler  druckt: 

atque  nee  hoc  metuo  neque  illud  committere  opto. 
Hier  ist  wiederum  nee  hoe  sicher;    übrigens  lautet  die  Üeberlieferung 
ne  illud  committereque  opto  mit  besserem  Verse,   aber  merkwürdiger 
Tmesis  des  ne-que. 

2  Oder  darf  man  Meuipp.  213,  1  B.  so  acoentuiren: 
Noütü  I  Hannibalis  cum  fugavi  exercitum? 
lieber  puuisches  Ch  iti  Hanno  und  HannibcU  s.  unten. 


Beiträge  zur  lateinieohen  Grammatik.  219 

03Γ  in  seinen  Annalen  den  Spiritus  h  zwar  nicht  häufig  verecbleift, 
di^  consonans  h  als  solche  aber  nirgend  Einfluss  üben  läset, 
ttiergegen   läset  sich  auch  nicht  der  y.  94  ed.  Müller  anführen 

Interea  fugit  albu^  iubar  Hyperioni*  cursum; 
denn  für  das  Maskulin  iubar  ist  lange  zweite  Silbe  nach  Analogie 
^von  Lar  und  par  vorauszusetzend 

Dies  war  Buohpoesie.    So  steht  ee  denn  bei  den  Fortsetzern 

clerselben  Buchpoesie  nicht  anders:    ich   meine  Lucilius  —  und 

z'war  auch  da,  wo  er  Trochäen  und  lamben  schreibt  — ^  Cicero, 

liUkrez,  CatulVs  Dactylen'  und  weiterhin  die  grossen  Augusteer 

und   ihre    Epigonen   im    Verlauf   des    ersten   Jahrhunderts    der 

Kaiserzeit. 

Zwar  längt  Catull  kurze  Endsilbe  nur  bei  folgendem  hymenaee 
(62,4;  64,20;  66,  11)^;  zwar  zeigt  der  einzige  Hiat  des  Tibuli 
ein  h,  I  5,  33 

Et  tantum  venerata  virum|,  hunc  sedula  curet, 
QQd  der  flüchtige  Betrachter  könnte  dies  mit  dem,   was  wir  bis- 
hex beobachtet,  in  Zusammenhang  setzen  wollen.    Und  so  lassen 
eicli   weiter  Verse   derart   anführen^  wie  Varro  Menipp.  31  B.: 

Sed  quidvis  potius  |  homo  quam  caruncula  nostra; 
Vexgl.  Aen.  III  606 

Si  pereo,  |  hominum  manibus  periisse  iuvabit; 
Va.1.  Flaccus  VI  152 

Omnibus  in  superos  saevus  |  honor,  omnibus  artes; 
soiwie  aus  Claudian,  dem  Fortsetzer  der  reinen  Technik,  Stil.  I  157 

Armeniusj,  hie  picta  Saces  fucataque  Medus; 
c.   min.  13,  3: 

Claudicat  hie  versus,  |  haec,  inquit,  syllaba  nutat. 
Allein  hier  gilt  die  Kegel,  dass  die  Längung  stets  nur  solche 
kürzen  betrifft,  die  in  der  Hebung  stehen,  auch  nicht  in  der 
treten  Hebung,  sondern  in  solchen,  auf  welche  eine  deutlich 
^ii^pfundene  Cäsur  folgt  (vornehmlich  also  Trithemimeres,  Penthe• 
^'^i&eres  und  Hephthemineres),  dass  endlich,  was  das  wichtigste, 

^  Dies  ist  ist  gegen  L.  Müller  De  re  metr.  ^  S.  400  bemerkt. 

*  Auffallig  allerdings  fr.  141  B.:  qui  edit  se,  \  hie  comedit  me; 
^^  Zu  schreiben  ist  vielleicht  deshalb  nicht  rathsara,  weil  die  Silben 
^*'**  fne  das  edit  se  deutlich  repetiren.  185,  4  Mi  animus  bulga\;  haec . . 
^^ncta  laeerto  est? 

^  Spondeischcs  nee  haec  Cat.  β4, 140  ist  schwerlich  ernst  zu  nehmen. 

*  L.  Müller  S.  405. 

^  Mehr  oder  andere  Beispiele  findet  man  Rh.  Mus.  41  S.  157. 


220  Th.  Birt 

die  Fälle  häufiger  sind,  in  denen  nicht  h,  sondern  einfacher  Yocal 
der  Kürze  folgt,  wie  bei  demselben  Clandian  c.  min.  11,  4: 

£greginmque  decus  |  invidiam  meruit; 
oder  der  Vergilvere  Georg.  III  189: 

Invalidns  |  etiamque  tremens,  etiam  inscins  aevi. 
Also  ist  ein  Einfluss  des  h  hier  zu  leugnen,  und  der  lateinische 
Hexameter  hat  vielmehr  die  scheinbaren  Freiheiten  der  alten 
griechischen  Epiker,  die  ebenfalls  vielfach  kurze  Silben  in  den 
Hebungen  zeigten,  in  seiner  Weise  nachgeahmt.  Schon  Ennius 
bietet  374  M. 

Sensit  voce  sua  nictit  |  nlutatque  ibi  acute. 
Auffälliger  ist  der  Yergilvers  ecl.  2,  53 

Addam  cerea  pruna.  |  bonos  erit  huic  quoque  pomo, 
weil  dem  h  hier  wohl  Cäsur,  aber  keine  Hebung  voraufgeht.    Es 
läset  sich  nur  Aen.  1,  405  vergleichen: 

Et  Vera  incessu  patuit  dea.  |  ille  ubi  matrem. 
Noch  auffälliger  das  Priapeum  n.  86  B.,  dessen  v.  17  lautet: 

Pro  quis  omnia  honoribus  I  hoc  necesse  Priapo  est. 
Das  Gedicht  besteht  aus  21  Priapeischen  Zeilen ;  keine  derselben 
hat  am  Schluss  ihres  ersten  Kolons  syllaba  anceps^.  Bücheier 
hat  sich  darum  zu  einer  freieren  Textänderung  entschlossen.  Dem 
Sinne  genügt  indessen  doch  huic  für  hoc  einzusetzen  (so  schon 
Ribbeck).  Priapus  ist  hier  redend  eingeführt;  huic  Priapo  steht 
also  für  mihi;  und  ihm  ist  der  vicinus  Priapus  v.  20  entgegengesetzt. 
Am  erwähnenswerthesten  endlich  der  Vers,  der  sich  unter 
den  Wandkritzeleien  des  einen  der  Pompejanischen  Theater  ge- 
funden hat  und  also  dem  1.  Jhd.  angehört,  Büoheler  c.  epigr. 
935,  14 

Sei  quid  amor  valeat,  nostei,  sei  te  |  hominem  scis. 
Hier  ist  ein  Einilues  der  h  consonans  kaum  zu  leugnen;  wie 
andere  soll  man  den  Hiat  erklären?  Denn  dem  hominem  geht 
keine  mit  Consonanten  schliessende  kurze  Silbe,  sondern  offener 
Vocal  voraus,  und  es  fehlt  an  dieser  Yersstelle  sowohl  Cäsur 
wie  auch  stärkere  Interpunction. 

Wie  dem  auch  sei,  jedenfalls  ist  es  eine  naheliegende  An- 
nahme, dass  das  schärfer  artikulirte  h  der  römischen  Spätzeit 
nicht  eine  nachträgliche  und  zufällige  Wiederherstellung  der  ur- 
sprünglichen,   inzwischen  gänzlich  verloren    gegangenen  Sprech- 

^  V.  4  nach  Bäbrens :  ni4rior  magis,  et  tnagis  fit  beata  quotannis. 


BeitrILge  zur  lateinisotien  Gramtnatik.  2^1 

weise  war;  vielmehr  wird  sich  diese  Aussprache  seit  den  Zeiten 
des  Plautus,  Titinius  nnd  Afranins  in  gewissen  volksthümlichen 
Schichten  unbeeinträchtigt  fortgesetzt  haben,  und  das  Phänomen 
bricht  in  der  zugleich  archaisirenden  und  volksthümlich  beein- 
flussten  Eunstechriftstellerei  der  Spätzeit  nur  aufs  Neue  hervor, 
sowie  trochäisch  gemessenes  frustra  (Martianus  Capella  p.  25,  21 
ed.  Eyss.)  und  ähnliches  ^ 

Wichtig  wird  für  uns,  dass  nicht  nur  Cledonius  und  Pompe- 
juB  V  E.  29,  23  u.  117,  14,  sondern  schon  Diomedes  I  K.  430,  19 
den  Begriff  des  Position  machenden  h  kannten  und  ihn  auf  den 
Vergilvers  Aen.  IX  607 

Terga  fatigamus  |  hasta  nee  tarda  senectus 
anwendeten.    Dieses  Urtheil  ist  doch  muthmasslich  von  Diomedes 
aus  älterer  Quelle  entnommen.    Wir  dürfen  also  das  h  des  Plautus 
mit  dem  des  Sedulius  oder  Cyprianus  vergleichend  eine  nur  schein- 
bar  unterbrochene  Continuität    der  Erscheinungen    voraussetzen. 
Und    man  kann    für  dies  Auf  und  Ab  in  der  Entwicklung 
auch  nach  dem  Grunde  fragen.     Die  gänzliche  Entwerthung  des 
h  in  der  Proeodie  der  eigentlich   classischen  lateinischen  Dichter 
wird,    wie  ich  nicht  zweifle,    speciell  auf  den  Einfluss  der  grie- 
chischen Theorie   und   auf  die  Gleichsetzung  des  lat.  h  mit  dem 
gnechischen  Spiritus  asper,    die   die   bevormundende  Grammatik 
schon  im  1.  Jahrhundert  v.  Chr.  in  Kom  verkündet  haben  mnss, 
zurückzuführen    sein.     Denn   es   kann    nicht  auf  Zufall  beruhen, 
dass  just  seit   der  Zeit,    da    die  griechische  Philologie   in  Rom 
einzieht,  die  Eunstdichter  der  Stadt  die  h  fortis  consequent  ver- 
meiden.    Ebensowenig  beruht  aber  wohl   auf  Zufall,   dass  unge- 
fähr zu    eben  derselben  Zeit    in    der  römischen  Rechtschreibung 
die  Versuche   anheben,   die   griechischen   und  lateinischen  tenues 
<^spiratae  genauer  zu  schreiben    und  jenen  Spiritus  asper,   der  in 
^1  φ  und  χ  den   zweiten  Bestandtheil  bildete,   dadurch  zur  Dar- 
etellniig  zu  bringen,  dass  man  zur  Tenuis  T,  Ρ  und  C  das  Schrift- 
reichen  Η  hinzufügte;  vgl.  Corinthus,  Ceihegus  u.  a.     Denn  dies 
konnte  erst  geschehen,  als  man  die  Gleichsetzung  des  Η  mit  dem 
Spiritus  asper  lehrte  (vgl.  oben  S.  50  f.).  Für  das  engere  Gebiet  der 
liexainetrischen  Kunst   aber  hatte  es  schon  Ennius   zum  Gesetz 
S^macht,  in  der  Silbenmessung  von  der  h  fortis  abzusehen,  Ennius, 
^^r  erste  gelehrte,  der  erste  alexandrinisch  beeinfiusste,  der  erste 
eigentliche  Buchdichter  Roms. 


»  L.  Müller  S.  421. 


2δδ  Tli.  ßirt 

Auf  gut  Glück  seien  hier  sohlieeslich  nocb  ein  paar  Verse 
aus  Inschriften  zusammengestellt,  deren  genauere  Datirung  meist 
nicht  möglich,  die  aber  das  Weiterleben  oder  das  Wiederaufleben 
der  h  consonans  hinreichend  verdeutlichen.    Bttcheler  carm.  epigr.: 

77,  3  Dum  vixi  |  hilaris  iucnndus  amicis. 

1.  Jhd.     Aus  Delminium,  Corp.  III  9733. 
97,  10  Vos  in  sepulchro  |  [h]oc  e]o[gium  incjidite. 

2.  Jhd.     Aus  Aeclanum  (Hirpini);  Corp.  IX  1164. 

439,  4  Ac  leve  |  hiberni  tempus  tellure  dicetur. 

Bei  Sassina.   Gedicht  mit  Akrostichon.    Eine  falsche 
Länge  steht  auch  im  v.  2. 

1103,  1  Subductum  primae  Pyladem  |  haec  ara  iuventae. 

So  las  Hübner;  Corp.  II  1293.    Salpensa.    Das  Ge- 
dicht ist  metrisch  ohne  Fehler. 

1549,  12  Nomen  huic  Probus  est,  huic  quidem  Athenaidis. 

Kom.     Zweisilbiges  huic  zu   lesen  ist  freilich  trotz 
des    folgenden    einsilbigen  huic   nicht  ausgeschlossen; 
8.  Bücheier. 
1142,  19  Servatamque  diu  vitam  |  habitamque  pudice. 

Rom. 
985  Hie  mihi  |  hoc  posuit,  mors  mea  quoi  doluit. 

CIL•  IX  5806;  Cholodniak  carm.  sepulor.  757. 

492,  13  Lar  mihi  |  haec  quondam,  |  haec  spes,  haec  unica  vita. 
u.  4  Nam  meruit  |  haec  multa  suis  pro  laudibus  a  me. 

3.  Jhd.     Nicopolis   ad  Danuvium.     Eine  Verschlei- 
fung  des  h  fehlt  in  diesem  Erguss  überhaupt. 

253,  5  [Dext]er  sede  tegit,  |  hanc  p[u]lvinaribus  altis. 

3.  Jhd.     Auziae   in  Mauretania.     Corp.  VIII  9018. 
2G0,  4  Ürbe  redux  genio  pagi  |  hanc  dedicat  aram. 

Novempopulonia.     Vor  Diocletian. 
834     Ossa  piia  cineresque  sacri  |  hie  ecce  quiescunt. 

Aus  Rom. 
263,  1  Somnio  praemonitus  miles  |  hanc  poscere  iussit. 

Britannien ;  litteris  non  bonis. 
1476,  1  Aetherius  moriens  dixit:  |  hie  condite  corpus. 

Nicht  vor  dem  4.  Jhd.,  wie  der  Name  zeigt.    Vienne — 
489,  7  Spectata  in  populo  |  hydraula  grata  regebat. 

Aquinum. 
225,  3  Aliquid  memoriae  |  hoc  est. 

CIL.  VIII  4447  ;  Numidlen. 


beitrage  znr  lateinieciiefi  Grammatik.  US 

576  B,  3  Credo  tibi  gratum  ei  |  liaeo  qooqne  Tartara  nornnt. 

Lambaesie. 
600,  5  Patre  repngnante  propio  |  heo  nomine  eignat. 
Rom;  etwa  4.  Jhd. 
1316,  1  ü.  2  Nome  fait  nomen,  |  haesit  nascenti  Gneuccia, 

Utraq.  |  hoc  titulo  nomina  aignifico. 
CIL.  II  1235;  Hispalie  (Baetica). 
614,  5  Parvula  quie  rapta  est  atqne  nnica.  |  hen  male  mensis. 

Cöln. 
1356,  1  Entropium  |  hie  Chr(i8t)e  tnnm  virtnte  probatam. 

5.  Jhd.;  Corp.  XII  1272;  Aransion. 
1443,  4  Anni,  vota  simull,  heben  qnam  parva  faemnt. 

Narbo;  Corp.  XII  5350. 
Nicht   in  allen  diesen  Fällen  entschnldigt  Cäsnr  den  Hiat; 
in  die  Mitte  des  Pentameters  fällt  er  1357,  2  sowie 
1371,  16  Illos  eloqnio,  |  hos  satiabat  ope. 
1325,  2  Coningio  aeterno  |  hie  qnoqne  nnno  remanet. 

Da   hiermit  Cöln  genannt  nnd  so    späte  Sohriftmonumente 
der  Provinzen  angezogen  sind,   sei  schliesslich  nnd  im  Vorüber- 
gehen   anch   noch  ein  Blick    anf  die    romanischen  Sprachen  ge- 
worfen, in  welchen  das  h,  wie  unsere  Romanisten  lehren,  schon 
etwa    im    9.    Jahrhundert    durchgängig    vernichtet    worden    ist, 
während    es    doch  spätlateinisch,  ja   mittellateinisch   in  manchen 
fallen    oder    in  gewissen    Gebieten    nach    Ausweis    der    citirten 
Stellen    (S.   89  f.  u.    222)   und    des   sonstigen    Schriftgebrauchs 
(oben    S.  201  fp.)    als    wirklicher    Kehllaut   noch    sehr    deutlich 
geklungen  haben  muss.     Noch  auf  einer  spanischen  Inschrift  des 
8.  Jahrhunderts  lesen  wir  das  h  als  volle  h  fortis  im  Verse;  s. 
Bücheier  carm.  epigr.  727;  hier  steht  v.  3 

Sporn  capio  fore  quod  egi  veniabile;  ob  hoc 
und  V.  7: 

iTden  in  regione  locatus  sim  fioribus  ad  hoc. 
I^as  zweimalige  mici  =b  mihi  dieses  Gedichtes  mag  dagegen  dem 
Handschriftenschreiber  zur  Last  fallen,  der  das  Gedicht  copirt 
kat.  Nach  Gröber's  Ansicht,  die  von  Lindsay  wiederholt  wird  \ 
würde  sich  der  Verlust  des  Spiritus  in  den  romanischen  Sprachen 
&U8  dem  Sprachbestand  des  3,-2.  Jahrhunderts  vor  Christo,  in 
Welcher  Zeit  das  Latein  zuerst  nach  Spanien  etc.  gebracht  worden 
eei,  zu  erklären  haben.     Diese  Aufstellung  ist  endgültig  dadurch 


i 


1  S.  Archiv  Lex.  I  S.  214;  Lindsay  S.  53, 


224  tih.  Birt 

als  unbaltbar  erwiesen,  dass  das  h,  wie  wir  nnnmelir  wissen,  tn 
Plautus*  Zeit  und  noch  im  ganzen  2.  Jahrhundert  vor  Chr.  ein 
deutlich  gesprochener  und  auch  metriseh-prosodisoh  wägbarer  Laut 
gewesen  ist;  wie  denn  auch  der  Arrius  des  CatuU  sein  h  doch 
noch  recht  unverkennbar  zu  Gehör  gebracht  haben  muss,  und  er 
war  gewiss  ein  Vertreter  für  Viele.  Es  ist  abzuwarten,  wie  nach 
eingehenderer  Durchforschung  der  phonetischen  Thatsachen  des 
6. — 10.  Jahrhunderts  die  gestellte  Frage  beantwortet  werden  wird. 
Niemand  wird  bezweifeln,  dass  die  Articulation  eines  Lautes  für 
ein  so  enormes  Sprachgebiet  wie  das  lateinische  der  späteren  Kai- 
serzeit nicht  auf  eine  Formel  zu  bringen  ist;  oder  hat  etwa  das 
ch  im  Deut«chen  überall  gleiche  pronuntiatio  ?  Solcher  Laut  muss 
in  den  verschiedenen  Schichten  der  Gesellschaft,  er  muss  vor 
allem  in  den  verschiedenen  Landstreoken  und  dabei  wohl  bis- 
weilen auch  wieder  in  den  verschiedenen  Worten  verschieden 
aufgefasst  worden  sein,  und  es  ist  selbstverständlich,  dass  die 
Gallier  und  Hispaner  das  Latein,  als  sie  es  lernten,  phonetisch 
ebenso  nach  ihrem  Munde  gemodelt  haben,  wie  es  die  Griechen 
thaten,  wenn  sie  Latein  sprachen.  Man  denke,  wie  das  Englisch 
der  Nigger  und  gar  der  Chinesen  klingt.  Daher  ist  es  in  vielen 
Fällen  bedenklich,  aus  dem  Bestand  des  Romanischen  Rückschlüsse 
auf  die  stadtröniische  Aussprache  der  vorchristlichen  Zeit  zu 
ziehen.  Im  Italienischen  ist  die  Zerstörung  des  h  vielleicht  mit 
unter  dem  Einflüsse  der  umbrischen  und  der  ansässigen  griechi- 
schen Bevölkerung  vor  sich  gegangen.  Die  Frage,  wie  früh  in 
den  andren  verwandten  Sprachen  die  gleiche  Zerstörung  durch- 
drang, ist,  so  viel  ich  sehe,  noch  nicht  hinlänglich  erörtert,  und 
ich  hofiO  sie  bei  anderer  Gelegenheit  aufzunehmen.  Hier  sei  nar 
dies  betont,  dass,  wenn  h  als  unterscheidendes  Schriftzeichen  be- 
liebt worden  ist,  um  in  Worten  wie  it.  cht  =  qui,  ricco  rieht  u.  a. 
die  palatale,  resp.  sibilirende  Aussprache  des  c  zu  verhindern,  sich 
hierin  das  lebendige  Bewusstsein  verräth,  dass  der  Lautcharakter 
des  h  eben  der  eines  Kehllautes  war.  Cnd  dies  Verfahren  hatten 
die  Vulgärsprachen  bekanntlich  mit  dem  Mittellatein  jener  Zeiten 
gemein:  denn  der  Usus  der  Librarii  giebt  Ärachinthttm  f.  Ara- 
oynthum  (Sid.  ApoUinaris),  chonchae^  Chirrea  (Claudian,  Veronen- 
sis),  Chypri  f.  Cypri  (Vaticanus  des  Cl.)  und  ähnliches  massen- 
haft seit  den  Hss.  des  Vergil  im  5.  Jhd. ;  in  denselben  Hand- 
schriften aber  ist  archana,  conchava,  comscho  u.  ä.  üblich.  Im 
Uebrigen  finde  ich  notirt,  dass  sich  im  Altepanischen  der  h-Con- 
Bonant   sogar   länger  hielt,   auch   neu  sich  einstellte  (vgl.  amihi 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  225 

oben  S.  202)  und  daes  er  thatsächlich  später  den  Hiat  ganz  so 
wie  in  den  bier  zueammengeeteilten  lateinischen  Beispielen  ver- 
binderte*. Im  Proven^alischen  wurde  unter  gewissen  Verhält- 
nissen lat.  j  zu  h :  senhor  aus  senior,  Aurelhac  aus  Äureliacum, 
vendernnfia  aus  vindemia,  eschamiihar  aus  camhiare\  dies  h  kann 
mit  dem  diakritischen  Η  nichts  gemein  haben,  es  erinnert  viel- 
mehr an  das  h  in  prohicere,  Trahianus  (oben  S.  44).  Noch  beut 
wird  dialektisch  chanha  =■  changer  gesprochen^.  Gelegentlich 
ist  fz.  h  auch  aus  einem  iv  geworden:  hampe  aus  deutsch 
wampa  (Wamme),  ein  h,  das  wiederum  deutlich  guttural  ge- 
wesen sein  muss ;  ihm  entspricht  modern  -  proven^alisch  gamo 
und  hamo^.  Im  Italienischen  endlich  hat  sich  der  alte  Spiritus 
inlautend  verdickt  in  nichilOj  annichil^re^  ganz  entsprechend  ge- 
wissen Schreibungen  des  Spätlateins;  ihm  steht  span.  aniquilar 
zur  Seite.  Aehnlich  verhält  es  sich  mit  trahere,  vehere,  it.  traggo, 
veggittj  rumän.  frag,  dem  mittellateiniscbes  tragitur  bestens  ent- 
spricht (oben  S.  44).  An  altlateinisches  f  =  h  gemahnt  sicil. 
finniri  =  hinnire*,  ein  f,  das  wieder  nicht  den  Spiritus  asper, 
sondern  ein  cb  zur  Voraussetzung  hat  (s.  unten).    Wieder  etwas 

anderes  ist  es,  wenn  dialektisch  in  Gegenden  der  Abbruzzen  für 
g  (c)  ein  h  gesprochen  wird,  wie  hovete  f.  cubitus^ 

Es  bleibt  mir  übrig  einige  grammatische  Anmerkungen  hin- 
zuzufügen. 

Die  oben  registrirten  Dichteretellen  der  älteren  Litteratur 
ergeben  eine  festere  Aussprache  des  h  im  Anlaute  für  die  Wörter 
hie  haec  hoc,  hodie,  habere^  häbifare,  homOy  hordeum,  Jiospes,  heri 
(here),  haereo,  haeduSy  hariolus,  hirquinus,  hisirio,  hasta,  holus, 
heuSj  hemy  honor,  haud;  endlich  für  die  Lehnwörter  hilarus,  Her- 
Cides,  hercle,  Hegio,  Hector,  hymenaeus  und  Hanno. 


^  Vgl.  F.  Diez  Gramm,  d.  rom.  Sprachen  1*  S.  374  f.,  wonach 
auch  unechtes  h  wie  in  hinchar  (inflare)  in  älterer  Zeit  hor])ar  war. 

3  S.  Thomas  in  Romania  26  S.  282;  das  η  in  eschamnar  ist  un- 
echt und  als  Sprachbülfe  eingeschoben. 

8  S.  Thomas  in  Romania  24  S.  120. 

^  Diez  S.  276.  Umgekehrt  wird  im  Spanischen  faba  zu  häbat 
^^lium  zu  hqja  u.  s.  f.;  Dietz  S.  373;  Meyer-Lübke  I  S.  331. 

^  Meyer-Lübke  S.  338.  Interessant  ist,  dass  das  Patois  der  Nor- 
**^andie  heute  ein  aus  s  (durch  r)  hervorgegangenes  h  in  Wörtern  zeigt 
^^ie  fthe  (foire),  cuihe  (coquere),  nuihe  (nocere);  s.  Joret  in  Romania 
^4:  S.  285;  auch  dieses  h  ist  übrigens  im  Schwinden  begriffen. 

Bhein.  Mue-  i.  Phllol.  N.  F.  LIV.  15 


226  Th.  Birt 

Diese  Anesprache  ist  in  den  meisten  Fällen  als  echt  anzuseilen ; 
sie  giebt  nns  den  ältesten  nachweisbaren  Laütbestand.  Wie  er- 
wünscht dieser  Nachweis  ist,  zeigt  das,  was  ich  in  der  Einleitung 
Yoraufgesohickt  habe.  Es  sei  an  den  aufgezählten  Worten  kurz 
dargethan. 

In  den  Lehnwörtern  ist  der  leichtere  fremdländische  Spi- 
ritus durch  das  stärkere  lateinische  h  unbedenklich  verdrängt 
worden;  so  steht  Hercules  Nr.  90;  233;  259;  Herculaneam  Nr.  282; 
hercU  Nr.  18;  31.  36.  41.  49.  118.  140.  147.  172.  178.  198. 
224.  244.  249.  257.  276.  277.279.  288.  322.  339;  ilher  mehercle 
vgl.  Nr.  334.  Hedor  Nr.  77;  Hegio  55.  59.  63.  71.  hymenaeus 
75  u.  76  (?).  Der  festere  Anlaut  in  hercle  wird  durch  pränestini- 
sches  Fercles  in  erwünschter  Weise  bestätigt. 

Bedeutsamer  dagegen  ist  Hanno  N.  211.  Hier  stellt  sich 
uns  nämlich  einfach  die  phönikische  Aussprache  selber  dar;  denn 
phönikisches  Hanno  hatte  Ch  im  Anlaute  wie  Hannibal  und  Ua- 
milcar  ^. 

Zu  den  griechischen  Lehnwörtern  wird  aber  auch  hUoiVS 
(Ιλαρός)  gehören  (N.  239;  380),  dessen  kurzes  α  im  Lateinischen 
keine  Analogie  hat^.  Andere  stellen  das  Wort  zu  χλαρόν,  ahd. 
glat ;  wozu  aber  zugleich  auch  glacies  und  glaber  gehören  sollen  ^ 

Nicht  minder  scheint  das  Weingefäss  hirnea-cyrnea  hier  ein- 
zuordnen (oben  S.  204  f.).  Zwar  klingen  seine  Ableitungssilben 
an  die  von  ahe(s)neuSf  ehurneus,  querneus  an*,  die  Stammsilbe 
dagegen  kann  im  Latein  schwerlich  Unterkunft  finden.  Es  lieese 
sich  ein  Bezug  zu  sabellisch-marsisch  herna  (Fels),  das  man  zu 
firmus  stellt ""^  vermuthen.  Dann  wäre  hernea^  hirnea  das  Stein- 
gefäss,  und  das  h  entspräche  griechischem  χ  in  χερμάς  (Schleuder- 
stein), χεράς  oder  χέραοος  (Kiesel)®.  Eher  möchte  ich  jedoch 
glauben,  dass  das  griechische  Waschnapf  χέρνιβον,  χερνίβιον 
durch  vulgäreprachliche  Entstellung  zum  italischen  Weingefäss 
hirnia  geworden  sei,    indem  sich   zugleich  weibliches  Geschlecht 


1  Corseen  Aussprache  I  S.  99. 

a  Stolz  Bist.  Gramm.  I  S.  504. 

8  Prellwitz  S.  359. 

«  Stolz  S.  482  übergeht  Uirnea. 

^  Corssen  Aussprache  I  S.  476;  die  Zeugnisse  v.  Planta  IIS.  591. 
Von  herna  die  Hcrnici.  A.  Amatucci's  Bemerkungen  über  Tiema  =» 
fesna  in  Bollett.  di  filol.  class.  III  waren  mir  nicht  zugänglich. 

®  Prell witz  S.  354.     Zu   χέω  (χύτρος),    das  im    lat.  fundere  \o 
liegt,  kann  man  eben  deshalb  hirnea  nicht  stellen. 


Beitrage  zur  lateinischen  Grammatik.  227 

einfand  wie  in  phälerae,  hälneae,  ostreae  α.  a.^.  Das  h  war  auch 
in  diesem  Falle  =  χ;  daher  cyrnea.  Denn  anch  jenes  eelteame 
hir  oder  ir,  'die  Hand\  welches  Wort  die  ganze  Litteratur  nicht 
kennt  und  das  nur  hei  den  Grammatici  und  in  den  Glossaren 
spukt  ^,  dürfte  doch  lediglich  Transcription  des  griechischen  χειρ 
sein^  und  man  sollte  anfhören  es  als  lateinisches  Sprachgut  zu 
verarbeiten  ^. 

Auch /ns^m  ist  Lehnwort;  es  steht  N.  358;  359;  368;  aber 
seine  Herkunft  ist  etruskisch  (Livius  VII  2,  6:  vgl.  Valer.  Maxim. 
114,4).  W.  Corssen  Etrusk.  IS.  261  stellte  his-ter  zu  sk.  hos 
(lachen)  mhas-aka  (Schauspieler);  Deecke  in  Etrusk.  Forschungen 
V  S.  38  stimmt  zu,  indem  er  damit  das  Cognomen  Histro  com- 
binirt ;  ebenso  J.  Petr  in  Bezzenberger's  Beitr.  21  S.  213,  der 
russisch  gas-lo  (^Parole')  vergleicht. 

Es  folgen  die  Wörter  lateinischer  Abstammung.  Bei  ihnen 
läset  sich  die  h  fortis  zumeist  als  echt  erweisen. 

hospes  steht  Nr.  19;  43;  91;  209;  308;  367;  372;  dazu 
hostis  Nr.  132;  hostit  Nr.  314.  Das  Wort  entspricht  deutschem 
'Gast*,  ksl.  gosti,     Altlat,  Nebenform /θ5//5. 

hordeum  steht  Nr.  24;  vgl.  Nr.  300.  Es  ist  κριθή,  das 
deutsche  '  Gerste  *  *.     Altlat.  auch  fordeutn, 

homo  steht  Nr.  21.  25.  26.  27.  28.  29.  39.  50.  53.  58.  85. 
99.  102.  104.  105.  107.  109.  111.  112.  115.  117.  119.  120.  135. 
166.  174.  184.  189.  197.  200.  206.  219.  230.  245.  251.  258. 
272.  274.  290.  293.  294.  302.  303.  313.  316.  370.  373.  vgl. 
humanis  365.  Das  Wort  ist  gotisch  gnma^  lit.  zmones,  Altlat. 
fomo  fehlt. 

heri  oder  here  steht  Nr.  134.  177.  225.  366.  Ihm  ent- 
spricht gr.  χθίς  (aus  ghjes),  deutsch  gestern  (ai.  hyris). 

hem  steht  Nr.  351.  Die  Stärke  des  Spiritus  erklärt  sich 
hier  wie  im  folgenden  Beispiel. 

heus  steht  Nr.  246.  290.  335.  Die  Zusammenstellung  von 
lat.  heu  mit  gr.  φεΟ  leidet  Bedenken.     Letzterem   entspricht  lat. 


^  Vgl.  E.  Appel  De  genere  neutro  intereunte  (1883)  S.  50  f. ; 
Kh.  Mos.  40  S.  523. 

2  Vgl.  Charis.  I  K.  24,  20;  35,  28;  42,  15;  546,  36;  vgl.  IV  K. 
11,  19;  Priscian  V  18;  VI  45;  in  den  Glossaren  ohne  h:  Corp.  gl.  II 
92,  1;  übrigens  Löwe  Prodromus  S.  329  (danach  Solmeen,  Kuhn's  Ztschr. 
34  S.  3). 

'  Corssen  freilich  wollte  himea  von  diesem  hir  ableiten  (Aus- 
sprache I  S.  472  Note) ;  vgl.  Vanicek  Gr.  lat.  et.  Wb.  I  S.  252. 

*  Vgl.  z.  B.  A.  Walde  in  Kuhns  Ztschr.  34  S.  528. 


228  Th.  Birt 

/«^.  heil  heti,  d.  i.  hev  hev  wird  mit  SS  (auch  tt  geschrieben) 
zu  identificiren  sein*,  hchcu  (S.  223)  scheint,  falls  von  eJieu  zu 
trennen,  nur  Vertretung  für  heuheu  —  zum  Schwund  des  u  vgl. 
die  Rhein.  Mus.  52  Suppl.  S.  92  gesammelten  Fälle  —  ;  d.  h. 
man  sprach  hehev  für  hevhev.  Das  h  in  heu  und  heus  hatte  dann 
aber  stärkere  Natur,  sowie  ja  auch  der  Grieche  in  der  Doppel- 
setzung SS  oder  ti  keinen  Hiat  empfand. 

hariolus  steht  N.  165;  201.  Das  Wort  gehört  wohl  vrie 
Jiaruspex  zu  hira  (Darm),  gr.  χορδή.  Das  h  war  also  von  Hause 
aus  h  fortis.  Bei  Festus  fehlt  hariolus;  die  übrigen  Glossare 
bringen  das  Wort  stets  correkt  unter  H.  Altlat.  auch  fariolus^^\ 
pariolus  steht  gar  sub  Ρ  in  den  Glossae  lat.-graecae  Corp.  gl. 
II  142,  14  eingetragen*. 

hh-quinus  steht  N.  203  (vgl.  Hirpini  327?).  Schon  Festue  hat 
zwar  irquifaUus  sub  J  p.  74  P.,  aber  daneben  p.  72  hirquitaHi, 
das  er  von  hircus  herleitet;  vgl.  irquitalus  Corp.  gl.  II  92,  22; 
isquifallus  V  504,  57.  Dialektisches  irpus  (Wolf)  mag  damit 
identisch  sein,  wovon  die  Irpini  bei  Festus  S.  75  P.  (sub  /) 
abgeleitet  werden ;  Servius  dagegen  zur  Aen.  XI  785  giebt  Htr- 
pus  und  Hirpini^  Yarro  notirt  1.  lat.  5,  97  nebeneinander  als 
lateinisch  ircuSy  als  sabinisch  fircus;  die  letztere  Form  anch  Ve- 
lins Longus  S.  69.     Dies  f  garantirt  uns  die  h  fortis. 

liaereo  steht  N.  65;  345.  Man  vergleicht  lit.  Präteritum 
gaiszau, 

haedus  steht  bei  Laevius,  oben  S.  218;  sMn.faedus;  got. 
gait-s,  nhd.  geiss, 

hasta  steht  N.  45;  156;  dazu  harundo  N.  236.  Die  Silbe 
has  scheint  beiden  Worten  gemeinsam  und  ein  Recht  zu  geben, 
sie  zusammenzustellen®.  Vielleicht  aber  gehörte  auch  fisfula  hier- 
zu und  sichert  die  h  fortis  im  Anlaut. 


1  Prell  Witz  S.  351. 

2  Bh.  Mus.  52  Suppl.  S.  21 ;  vgl.  106. 

^  Zu  haruspex  Solmsen,  Kuhn's  Ztschr.  34  S.  2.  Man  trennt 
ohne  Noth  haruspex  von  hariolus  (Breal-Bailly) ;  vgl.  0.  Keller  Lat. 
Volksetymol.  (1891)  S.  43. 

*  Von  G.  Löwe  Prodromus  S.  10  als  phariolus  erklärt;  aber  auch 
diese  Orthographie  steht  ja  sonst  nirgends.    Vgl.  oben  S.  208. 

δ  Vgl.  von  Planta  I  S.  332. 

^  So  Havet,  Mem.  soo.  lingu.  IV  S.  410 ;  anders,  doch  wenig  ein- 
leuchtend 0.  Keller  Lat.  Ftymologien  (1893)  S.  56.  Gotisch  gazds,  ahd. 
gard  vergleicht  L.  Ceci,  Rendic.  d.  r.  Ac.  d.  Line.  S.  V  vol.  4  S.  630; 
Thurneysen  iu  Kuhn's  Ztschr.  32  S.  570. 


Beitrage  zur  lateinischen  Grammatik,  229 

holu;i  fehlt;  hoUior  steht  N.  307;  altlat.  nicht  nur  hei us,  he- 
lusa  (Fest.  S.  100  P.),  sondern  auch  folus  (ib.  S.  84.);  gr.  χλόη; 
lit.  iole;  deutsch  gelb.  Das  Witzwort  bei  Catull  c.  94  ipsa  olera 
olla  legit  setzt  dagegen  schon  für  Varro's  Zeit,  wie  der  Silben- 
gleichklang  zeigt,  den  Spiritus  lenis  voraus. 

hie  und  die  weiteren  von  Demonstrativstamm  hö  direkt  oder 
durch  Stammerweiterung  abgeleiteten  Formen  liefern  die  bei  wei- 
tem überwiegenden  Belege  für  h  fortis  in  den  Versen  der  alt- 
lateinischen Dichter.  Dazu  das  häufige  hodie.  Wir  lernen  somit, 
dass  auch  in  diesem  Stamme  das  b  jedenfalls  ursprünglich  durch- 
aus feste  Natur  hatte  und,  wie  länget  anerkannt,  mit  dem  Spiritus 
asper  von  δς  oder  ό  nicht  entfernt  zu  identificiren  ist.  Bestätigend 
kommt  das  faliskische  foied  zu  Hülfe.  Denn  die  Zugehörigkeit 
dieser  Form  zu  hie  lässt  sich  nicht  bezweifeln,  wenn  schon  das 
Faliskische  sonst  h  in  diesem  Pronomen  zeigte  Die  Formen 
verhielten  sich  zu  einander,  wie  im  Altlatein  foluSj  fostis,  fariolus 
u.  8.  f.  zu  den  entsprechenden  h-Formen,  wie  besonders  im  üm- 
briechen  erafont  (eadem)  zu  erihont  (idem)^.  Wie  also  holus  und 
folus  gleicherweise  auf  ein  cholus  zurückgehen,  so  auch  foied  und 

hie   auf  einen  Stamm    ehö.     Der   f-Laut   ist   allemal  jünger  und 

unecht,  wie  in  englisch  laugh,  das  Iftf  gesprochen  wird.  Jenes 
ch  ist  die  Fricativa,  sie  wird  aber,  da  ihr  oft  etymologisch  grie- 
chisch χ  entspricht  (holus  χλοή),  aus  kh  hervorgegangen  sein. 
So  gelangen  wir  für  hie  zur  gutturalen  aspirirten  Tennis. 

Es  befremdet,  dass  diesem  Demonstrativ  im  Oskischen  und 
Umbrischen  nichts  entspricht,  es  sei  denn  eben  das  Affix  -hont 
in  umbr.  erihont  (idem)  ^  und  dass  auch  die  übrigen  indogerma- 
nischen Sprachen  nichts  zweifellos  Identisches  darbieten.     Es  ist 

1  8.  Deecke  Falisker  (1888)  S.  1<)6  f. 

2  Vgl.  Bücheier  Umbrica  S.  103;  von  Planta  I  S.  443  gesteht  in 
Schwer  bogreiflicher  Inconsequenz  dem  Faliskischen  ein  foied  neben  hei 
Und  hcc  zu,  im  Umbrischen  hält  er  dagegen  für  möglich,    dass  erafont 
aus  erahont  verschrieben  sei.     Vielmehr  ist  gleicherweise  für  drei  Dia- 
lekte, für  das  Faliskische,  Umbrische  und  Lateinische,  das  Schwanken 
Zwischen  f  und  h  bezeugt,    und    es    ist    deshalb   auch  kein  Anlass  der 
tJeberlieferung  entgegen    ein  farioluSj  fostis  und  die  Aehnlichen   nicht 
für    echt    römisch   zu    halten,     üebrigens    haben    wir  speciell  aus  dem 
X.atein    von   Präneslo    Felena,    Fercles   (neben    Hercekl)    und    Foraiia 
(CIL.  11500;  1501  add.;  Schneider  exempla200).     K.  Brugmann  Grund- 
Yiss  I  2  S.  553  nimmt  an,  dies  f  sei  anfangs  wohl  nur  vor  u  und  ο  ein- 
getreten. 

8  Vgl.  hontro,  hutra,  hondra. 


230  Th.  Birt 

aber  nicht  ausgeechloesen,  dase  hier  ein  irrationaler  Procese  vor- 
liegt, da88  im  Demonstrativ  cho,  das  älteres  khö  voranssetzt,  die 

Aspiration  unecht  und  dase  es  von  Hause  aus  vielmehr  mit  der  —3 
Wurzelsilbe  cö  (=  kö)  identisch  war,  die  in  hod-ce  den  zweiten  ,β-^ 
Bestandtheil  bildet  und  in  eis  citra  und  cev  stammhaft  vorliegt.  ^  .:3 
Vielleicht  Bteht  es  mit  dem  Verbum  habere  nicht  anders,  übe: 
das  weiterhin  zu  reden  ist.  Jedenfalls  fällt  auf,  dase  der  Pro 
nominalstamm,  der  uns  in  griechischem  (έ)κ€Ϊνος  geläufig  ist,  ii 
Latein  keine  reichere  Vertretung  gehabt  haben  soll  als  die 
eben  citirten  erstarrten  Bildungen. 

Faliskisches  foied  aber  kann  nur  ^ heute*  bedeuten:  denn  1. 
dem  Satz  foied  tiino  pipafo,  kra  karefo  ist  kr  α  zu  foied  der  Gege: 
satz,    wie  im  Pseudolus  995  Jtodie  Sicyoni  .  .  axtt    cras 
ib.  228  nisi  hodie  adferiur,  cras  invises  pergtdam;  bei  Petron 
quod    hodie  nofi    est,    cras  erif;   wie  Varro's  Satire  Cras    cretfi 
hodie  nihil ;  wie  bei  Martial  XI,  65,  6  Sexceniis  hodie,  cras  ffril 
flatus  eris^.     INlit  Unrecht  ist  dagegen  geltend  gemacht,  dase  d; 
innere  d  in  fodied  vor  ;  nicht  schwinden  konnte'^,   denn    ähnli^ 
steht   Veditis  neben  Veiovis^  ähnlich  umbrisch  Hoier  neben  Hur^ 
(aus  Hudie)  ^.     Die  Verfallszeit  bringt  dann,  wie  oft,  die  Analog^^ei: 
Cognomen  Aiutor  f.  Adiutor  CIL.  XIV  871  (Ostia)  wie  ie  f.   Λ  me 
IRN.    6395;    und    umgekehrt    codiugi    f.    coingi    CIL.    X    255  S, 
Madias  f.  Maias    de  Rossi  I  n.  172  ^     In  foied  hätte   nun    al^o 
ein  e-Stamm  sein  Ablativ-d,  und  ich  würde  dies  ohne    ernstlict^e 
Bedenken  hinnehmen.     Gleichwohl  giebt  es    noch  einen    anderen 
Ausweg,     foied  kann  auch  als  Ad>'erbium  nach  Art  des  facilum^^ 
gefasst  werden,  hergeleitet  von  einem  Adjektivstamm  foio-  =  hoi^^'^ 
welcher  Stamm  auch   im  Genitiv    des  Pronomens  hoius  =  hu^  ^^ 
Verwendung  gefunden  hat  und  der  sich  zu  diesem  Genitiv  get^  ^^ 
so  verhielt  wie  das  Adjektiv  ctt/a,  cuitim  zum  Genitiv  cuius.      ^^^ 
der  Bedeutung  'heute*   kann  auch  so  festgehalten  werden. 

habere    endlich    steht    mit    h  fortis    Nr.  7.  20.  40.   44.     ί^^' 
61.  72.  80.   95.  110.    116.   127.  133.  137.    138.    145.   153.  1^*' 
175.  183.  190.  218.  221.  232.  247.    248.    265.  295.    296.    & 
311.  326.  347  (?).  353.     Dazu  habitare  Nr.  81.  86.  329.     Dies 


0. 
r• 


^  So  auch  mit  nunc:  Fl.  Merc.  949  cras  apud  te,  nunc  dornte 

3  B.  Maurenbrecher,  Arch.  Lex.  VlII  S.  289. 

3  Büchcler  Umbr.  S.  48;  vgl.  auf  dem  Herentasstein  das  cf  ft«^*' 
Thurneysen,  Rh.  Mus.  43  S.  ;J48. 

*  Entsprechend   adiehat  f.   aiebat    Seneca   Apothcos.    c.  9  fin. 
Sangalleusis ;  adinnt  f.  aiunt  Auctor  ad  Herennium  p.  291,  13  ed. 


m 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  231 

giebt  chabeo,  cJiäbUo  noch  für  des  Plantne  Zeit.  Eine  annehm- 
bare Etymologie  dieses  Verbums  finde  ich  nur  bei  der  Voraus- 
setzung, dass  das  h  in  habeo  dereinst  Tenuis  war,  wofür  sich 
immerhin  osk.  hipidt  hipitst,  pruhipid^  pruhipust  anfuhren  läset, 
das  neben  umbr.  häbetu  steht  wie  neben  cubare  altes,  resp.  falis- 
kisches  cupa  und  cupat^.  Freilich  n^acht  dabei  osk.  haftest 
Schwierigkeit^;  im  üebrigen  erinnere  ich  an  den  Eintritt  der 
bilabialen  Media  in  bibere.  Solcher  Wandel  stellte  sich  oftmals  aus 
blossem  Differenzirungstriebe  ein,  wofür  das  Deutsche  die  einleuch- 
tendsten Beispiele  giebt;  denn  Knabe  und  Knappe,  Eabe  und  Rappe 
sind  identische  Wörter,  die  sich  aber  zugleich  lautlich  und  in 
ihrer  Bedeutung  in  zwei  zerlegt  haben  ^  So  trat  auch  neben  capio 
ein  cabeo  oder  chabeo.  Denn  indem  überdies  Aspirirung  hinzu  kam 

ergab  sich  der  aspirirte  Stamm  hhab,  älter  hhap,  neben  kap  wie 
neben  Demonstrativ  Η  (-ce,  έκ€Ϊ)  das  Demonstrativ  kho  (äö-c). 
Nun  geht  zwar  wie  griechisches  χ  =  kh,  so  auch  die  italische 
Fricativa  h  (cA),  die  gleichfalls  ein  kh  voraussetzt,  lautgesetzlioh  in 

letzter  Linie  auf  gh  zurück ;  da  aber  die  Vergleichung  der  Sprachen 
ein  einleuchtendes  Etymon  ghap  für  habere^  und  gM-  für  hoc 
nicht  darbietet,  ist  zu  erwägen,  ob  nicht  in  der  Aspirirung  des 
lat.  khap  {khab)  und  khÖ  wiederum  eine  Sondererscheinung  des 
Italischen,  und  zwar  wiederum  das  Phänomen  einer  Differenzirung 
im  angegebenen  Sinne  zu  erblicken  ist.  Es  differenzirte  sich  khapeo 
'ich  habe'  von  kapio  Mch  nehme  ,  sowie  deiktisches  kho-  von 
ko-y  aus  einem  Triebe,  der  sich  auch  sonst  beobachten  lässt;  in 
der  Keduplikation  κεχώρηκα  zu  χιυρώ  sowie  κιυχεύιυ  zu  ίχω*; 
homerisch  τετυκεϊν  neben  τεύχιυ;  attisch  βέγκω  neben  βέγχω®; 
im  Anlaut  εϊργνυμι  und  εϊργίϋ  als  'einschliessen'  und  'aus- 
schliessen';  in  lat.  hirquifalli  τραγίίοντες  und  irquitallus  νηπιώ- 
Τατος  (gloss.  Labb.);  femer  in  onus  neben  honos,  dessen  h  doch 
Zweifellos  unberechtigt  und  also  nur  ein  differenzirendes  Aocedens 
War  "^.  Die  Möglichkeit  einer  solchen  unechten  Aspirirung  der  Kehl- 

1  Corssen  I  S.  129  u.  400 ;  von  Planta  II  S.  336. 
3  von  Planta  I  S.  469;  die  Schwierigkeit  läset  sich  auf  dem  im 
Archiv  f.  Lex.  XI  S.  174  u.  185  angedeuteten  Wege  beseitigen. 

3  Vgl.  H.  Paul,  Principien  der  Sprachgesch.,  1.  Aufl.  S.  136. 

4  von  Planta  I  S.  438;  469. 

5  Prellwitz  S.  172. 

β  Andere  Fälle  bei  von  der  Mühll,  Aspiration  der  Tenues,    Lpz. 
1875  S.  51  f. 

'^  'discretionis  causa*  sagen  die  alten  Grammatici,  vgl.  V  K.  440, 


232  Th.  ßirt 

Tennis  zeigt  das  Latein  ja  auch  in  den  jüngeren  Phänomenen,  als  da 
sind  chorona,  anchora^  Orchus^;  obendrein  aber  auch  das  Oflkische, 
und  zwar  inlautend  in  chtrad^  saaJitom,  anlautend  in  der  Münz- 
aufschrift Hampafiom,  vgl.  oben  S.  46  und  48.  Dass  die  Affricirung 
des  k  in  ehtrad  durch  den  folgenden  Dentalen  bewirkt  worden 
sei,  kann  trotz  der  Analogie  des  Gotischen  Niemand  behaupten. 
Also  sind  die  Erscheinungen  im  Inlaut  und  Anlaut  identisch. 
Dazu  kommt  lat.  hiatus  f.  cyathtis  oben  S.  207.  Kaum  aber 
braucht  hervorgehoben  zu  werden,  wie  eng  für  das  Sprachgefühl 
habere  und  capere  zusammengehörten;  man  kann  es  an  solchen 
Stellen  wie  PI.  Men.  270  f.  schön  erkennen,  wo  Menächmus  sich 
das  Geld  ausbittet :  argentum  qtiando  haheo^  cavero  eqs ,  und 
Messenio  es  ihm  sogleich  giebt  mit  einem  cape  atque  serva;  wo 
also  cape  fast  =  Jiahe  (vgl.  Persa  662).  *Qui  habet*  ist  eben 
gleich  dem  '  qui  cepit*,  und  habet  und  cepit  verhalten  sich  zu 
einander  wie  iacet  zu  iecit  oder  wie  sedet  ('sitzt*)  zu  sidit 
('setzte  sich')*.  Deutsches  Ifaben,  Heft  ist  dann  direkt  zu 
capto,  nicht  zu  habeo  zu  stellen  (Prell witz  S.  138).  Und  es  ist 
doch  vielleicht  nicht  Zufall,  dass  grade  hie  und  habeo  Wörter 
sind,  die  im  Gespräch  des  Alltags  am  häufigsten  vorkamen,  an 
denen  also  eine  falsche  Lautneigung  am  lebhaftesten  sich  ent- 
wickeln konnte.  Wie  so  oft,  wurde,  was  anfangs  nur  Barbaris- 
mus oder  eine  fehlerhafte  Gewöhnung  in  der  Aussprache  war, 
hernach  recipirt  und  zum  Richtigen. 

Es  gilt  aber  auch   darauf  Acht    zu    geben,    welche  Wörter 
mit  h-Anlaut    in    unserm  Verzeichnisse    fehlen.     Es    sind    dies 
meist  solche,  die  bei  Plautus  selten    oder  gar    nicht  vorkommen, 
wie  heder  α ,  helluo,  Marc,  horrere,  hehes,  humus  (steht  nur  Stich. 
354),    hiemSj    hora,    horfari.     Etwas    häufiger    steht    bei  Plautus 
herba,   vor  allem  heres   (15  Mal)   und  hortus  (17  Mal)^ 

27.     0.  Keller    Zur    lat.  Sprachgeschichte    (1895)  S.  109    stellt    ebenso 
ira  und  hira  zusammen. 

1  W.  Röscher  in  Curtius'  Studien  II  S.  143  ff.;  dazu  Schuchardt 
IS.  73;  im  2.  Jhd.  nach  Chr.  wird  Caput  in  griechischen  Lettern  als 
χαπουθ  transkribirt,  cor  als  χορ,  /wc  als  οχ;  s.  Rh.  Mus.  52  Suppl. 
S.  59  Note  7. 

2  Wer  habeo  von  capto  trennt  und  das  ρ  im  osk.  hipiist  ander- 
weitig zu  deuten  versucht,  kommt  natürlich  zu  ganz  anderen  Ansätzen  • 
vgl.  z.  B.  H.  Pedersen  in  ludogerm.  Forsch.  V  S.  64  Note,  der  W. 
khaph  oder  khab  statuirt,  gr.  χάβος  vergleicht,  aber  schliesslich  fragt: 
*wa8  ißt  mit  .  .  .  lat.  capto  anzufangen?*  Diese  Frage  will  eben  zu- 
gleich mit  beantwortet  werden. 

3  Die  Varronischo  Orthographie  ortum  findet  sich  in  P,  Epid.660:j=: 
per  ortum. 


Beiträge  zur  lateioischeii  Grammatik.  233 

Andrerseits  war  in  erus,  era,  erilis  das  li  unecht;  es  mag 
also  kein  Zufall  sein,  dass  mir  metrisch  anstössige  Verse,  die 
durch  Herstellung  eines  herus,  herilis  mit  scharfem  Anlaute  lesbar 
würden,  kaum  bemerklich  geworden  sind^. 

Dasselbe  gilt    von  havc,    dessen    h  verhältnissmässig   jung 

ist    (Festus    giebt    noch    ave    unter  A),   ferner    von    halare    und 

haurire.    Noch  Vergil    scheint  Aen.  X  314    mit  auro    und  aurit 

(so  cod.  M)  zu  spielen.     Ebenso  richtig  liest  man  CIL.  VI  1785 

ausforibus,    nicht  haustoribus.     Dass  Plautus    nur    echtes    anrire 

kannte,  schliesse    ich   ans  Miles  34,    welche  Stelle    den  Editoren 

zum  Trotz,    die  ein  Subjekt   im  Satz    für   überflüssig    zu    halten 

scheinen,  so  zu  lesen  ist^: 

auribus 
Yerba  aurienda  sunt  ne  dentes  dentiant. 

aurire  'schöpfen'   konnte  also  im  Wortwitz  für  Plautus  auch  ein 

denominatives  Verbum  sein,  das  zu  aures  gehörte,  wie  dentire  zu 

denfeSj  welches  dentire  hier,  um  jeden  Missverstand  auszuschliessen, 

dabei  steht.     Genau  so  noch  Ovid  Met.   14,  309:  auribus  (h)ausi. 

Dagegen  ist  nun  das  unechte  h  in  honor  ohne  Zweifel  viel 

älter;    es  war  unechtes  ch  wie    in  oskisch  Herukinai;    denn    die 

metrische  Function  des  Wortes  in  den  Beispielen  Nr.  34.  89.  94. 
136.  185.  273.  299  nöthigt  zu  diesem  Schlüsse,  onus  (=  honus) 
kann  ich  in  entsprechender  Weise  nicht  belegen^  und  glaube, 
dass  das  h  der  Sprache  dazu  diente  honos  honestus  von  onus 
onustus  zu  differenziren ;  s.  oben  S.  231. 

Aber  auch  das  h  in  Jiaud,  hau  macht  eine  denkwürdige 
Auenahme.  Denn  dass  sein  Anlaut  unecht,  wird  man  schwerlich 
beetreiten.     Gleichwohl    war   er  im  Stande    den  Hiat    zu    tilgen 


*  Freilich  wird  schon  bei  Catull  consequent  liei'us  überliefert  und 
%chon  Festus  hat  heres:  dominus  (vgl.  Kh.  Mus.  52  Suppl  S.  195),  was 
^enau  im  gleichen  Wortlaut  durch  die  Glossare  bestätigt  wird  (Corp. 
^l.  y  108,  39 ;  569,  50) ;  so  Hessen  sich  bei  Plautus  die  Stellen  geltend 
:t3iachen:  Cist.  620  (oben  Nr.  82),  ferner  Poeu.  888: 

Nisi  I  ero  raeo  indicasso  eqs.  (A  u.  P); 
Λrg\.  Pocn.  824.    Besonders  Miles  102  würde    so    lesbar:    Insinuat    sese 
erf  iüam  amicam  ni{ii)  (h)eri. 

2  Vgl.  Rhein.  Mus.  40  S.  528. 

8  Ausser  in  dem  S.  209,  2  citirten  Saturnier;  aber  vielleicht  auch 
Aul.  809  Quädrilibrem  atdam  auro  |  {h)onu8tam  eqs.  Zur  Schreibung 
des  h  in  der  späteren  Zeit  vgl.  CIL.  X  4559;  5200;  5348  u.  5349;  für 
die  veteres  ist  sie  bezeugt  bei  Gellius  II  3.  lieber  Jianustu  Herentas 
8.  oben  S.  48. 


234  Tb.  Birt 

(vgl.  Nr.  124.  131.  141.  162.  179.  188.  203.  210.  238.  260. 
305.  371),  und  die  Glossare  verzeichnen  dementsprechend  chaut 
und  catU  (oben  S.  202).  Ich  habe  nun  an  anderer  Stelle  die 
Ableitung  des  haud  =  aud^  von  der  Präposition  ab,  av  — 
ab'id,  av-id  im  Sinne  von  'weg  damit*  —  empfohlen'  und  beab- 
sichtige die  Begründung  nicht  nochmals  vorzutragen,  füge  aber 
mit  Vergnügen  hinzu,  dass  in  den  Glossaren  (Corp.  gl.  IV  23, 
24)  uns  aut  (d.  i.  haud)  gradezu  mit  8i4mmottifn  lotige  (vgl.  unser 
'weit  entfernt  Γ  =  'nein  )  erklärt  wird,  eine  buchstäbliche  Bestä- 
tigung meiner  Ableitung.  Ist  diese  aber  richtig,  so  würde  das  Pos- 
tulat entstehen,  dass  auch  die  Präposition  ab  schon  früh  und  womög- 
lich schon  zu  des  Plautus  Zeiten  mit  unechtem  Spiritus  hab  gespro- 
chen worden  sei.  Nun  sind  von  mir  schon  an  der  genannten  Stelle  für 
die  massenhafte  Schreibung  hob  in  Handschriften  Belege  gegeben ; 
dazu  hdbeunte  Le  Blant  inscr.  ehr.  de  la  Gaule  n.  641  ^.  Ans 
den  Plautuscodices,  bes.  aus  P,  Hessen  sich  viele  weitere  hinzu- 
fügen; man  sehe  für  Ρ  die  Verse:  Amph.  662  habitum\  695 
habierk;  ebenso  Aul.  598;  695;  Men.  327;  333;  603;  Cist.  596; 
Cure.  553;  Men.  836;  852;  1017;  1044;  Mil.  97;  655;  979;  1146; 
1148;  1208;  1280  (B);  1416;  Persa  297;  Poen.  71;  Persa  45; 
Pseud.  910;  Trin.  714.  Hier  fällt  ahire  also  ganz  mit  habere 
zusammen.  Ueberdies  habeat  =  avefiat  Mil.  938.  Most.  654  steht 
abeo^  sat  häbeo  in  A,  in  Ρ  aber  habeo^  sat  habeo;  vgl.  auch 
Terenz'  Bembinus  Hec.  58(5  rtts  habiluram\  Vergil's  cod.  Komanus 
Aen.  VIII  214  häbitumque  pararent.  Diese  Aussprache  hat  somit 
zur  Zeit  nicht  nur  des  Archetypos  Ρ  sondern  auch  des  genann- 
ten cod.  Bembinus  und  Romanus  geherrscht,  und  man  kann 
vielleicht  sagen:  ab  ist  für  das  hier  besprochene  /kifc  in  Ρ  nich»^ 
viel  häufiger  anzutreffen  als  aud  resp.  aut  für  haud.  Aber" 
auch  Α  stimmt  gelegentlich  mit  Ρ  (Β)  überein;  wir  lesen  in. 
beiden    Textquellen    Pseud.    393    habeas    =    abeas;    Rud.    77^7 

^  Die  Idealschreibung  aud  läest  sich  auch  noch  mit  Plaut.  Cap^t:* 
997  belegen,  wo  Ρ  audax  f.  haud  ex  überliefert. 

2  Rh.  Mus.  52  Suppl.  S.  154. 

3  Vgl.  Archiv  f.  Lex.  IV  S.  468;  betreffs  Gregor  von  Tours 
Bonnet  S.  I(i8:  habirc.  Dazu  hab  Tertull.  I  p.  33,  28.  habeat  si  habie^w^  ^^' 
bei  Varro  de  re  rust.  I  16,  5  der  Parisinus  A,  dessen  Schreibung  ^^  "^ 
beachtenswerth  und  der  uach  Varro's  Etymologie  auch  in  orios  bie'*^^^^ 
11  11,  12,  übrigens  aber  anlautendes  h  vielfach  unterdrückt,  habd^•^^^ 
ratio  für  ab  errato  Auctor  ad  Ilereunium  p.  347,  6  ed.  M.  im  cod.- 
(ähnlich  P).  hahut  =  babiit  bei  Avian  fab.  13,  7  cod.  V  saeo.  I- 
habiit  auch  Aiithol.  lat.  17,  313  R.;  E.  Maass  a.  a.  0.  p.  217. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  235 

Mbiiat  =  abitai;  dazu  kommt  Nonius,  der  uns  Amph.  529 
häbifu  f.  ahitu  giebt.  Dieser  unechte  Spiritus  ist  also  thatsäch- 
lich  viel  älter  als  Ρ  und  A.  Daher  sieht  sich  denn  Probus  IV 
K.  200,  11  genöthigt  die  Differentia  zwischen  h€Ü>€0  und  aheo 
ausdrücklich  einzuprägen  ^ ;  und  wir  lernen  ferner  hierdurch  ver- 
stehen, dass  schon  in  der  lex  municipalis  von  Salpensa  ans  den 
Jahren  81—84  n.  Chr.  (CIL  II  1963  fin.)  haheat  =  abeat 
gravirt  steht. 

Nähern  wir  uns  endlich  dem  Plautus  selber.  In  der  That 
scheint  ja  der  Dichter  mit  dem  Anklang  von  ab  und  hob  zu 
spielen,  wenn  er  Most.  654  abeo,  sat  habeo  oder  im  Mercator  360 
schreibt: 

Nequiquam  a&didi,  a&scondidi,  a&strusam  ^a&ebam. 
So  ist    vor  allem  auch    in  Miles  770:    ut  eam  abducat   abeatque 
das  abeat    doppelsinnig    und  kann  oder  muss  zugleich    auch    als 
häbeat  verstanden  werden,     habeat  verstehen  Ritschi  und  Eibbeck, 
abeat  giebt  P;  Α  fehlt. 

Aber  auch  Position  macht  ab  in  den  Versen 
Men.  327  Proin  tu  ne  quo  habeas  (so!)  longius  |  ab  aedibus; 
Titinius  45  Pdrasitos  amovi,  lenonem  aedibus  |  o^sterrui; 
und  so   wie    bei  dem    späten  Maximian,    den    wir    in    ähnlichem 
Zusammenhang  S.  89  anfifuhrten,  I  160 

Praestat  ut  abstineam ;  |  a&stinuisse  nocet, 
so  wird  auch    bei  Plautus  der  Hiat    durch  Ansetzung    des    hab- 
aufgehoben  an  den  Stellen 

Amph.   125  Qni  cum  A'mphitruone  |  o^iit  hinc  in  exorcitum, 
Amph.  523  CUnculnm  {  a&ii  ή  legione,  |  operam  hanc  subripui  tibi. 
Aul.  773  N^que  scis  qui  |  aftstulerit?  ||  Istuc  quoque  bona.  ||  At- 

que  id  si  scies. 
Aein.  583  Quod  s6  |  a&sente  mihi  fidem  |  habere  noluisset. 
^pid.  90  Fidicinam  emit  quam  ipse  amat,   quam  |  abiens  manda- 

vit  mihi. 
^Vloßt.  377  lube  |  abire  rursum;  quid  illi  roditio  etiam  |  huc  fnit? 

vgl.  oben  S.  72. 
^oen.   455  Quoni&m  litare  nequeo  |  abi(i)  illim  illico. 
^tich.  461   Mustola  murem  |  ciostulit  praeter  pedes. 
^il.  1049  Nam  hunc  &nulum  |  ab  tui  cupienti  eqs.  (oben  N.  142). 
Truc.  374  Plus  pollicere  qudm  ego  |  abs  te  postulo. 
Truc.  564  Nisi  derivetur,  tamen  omnis  6a  aqua  ^  |  a&eat  in  mare. 

^  Vgl.  auch  Keil   Gramm,  lat.  Supplem.  p.  300,  2(ί. 
^  So  Camerarius;  eaqua  P. 


23B  Th.  Birt 

Men.  1011  K'ripe  oculum  ieti,  |  ab  umero  qui  tenet  ere  te  obeecro. 

Men.  476  PranHi  potavi  RcortOm  accuboi  |  o^etuli  (AP). 

Merc.  801  lubeäs  ei  sapiae  liaec  intro  |  avforrier.  Ebenso  Troo.  583. 

Merc.  190  Quin  eceleetej,  d&stradebas  ηέ  eam  coDspicerot  patei? 

Baccb.  900  lUa  datem  in  aroem  |  abiit  aedem  visere. 

Ead.  65  Lenonem  |  aMisse;  dd  portnm  adulescone  venit. 

Stieb.  25Γ) :  Imnio  ut  |  α  yobis  mutuom  nobis  daree. 

Men.  550  lamne  d6iit  intro?  Äabiit,  operuit  forie. 

Und  zwar  lesen  wir  bier,  Men.  550,  in  Ρ  abiit  an  erster  Stelle, 

hahiit  dagegen,  anscbeinend  um  die  Yerscbleifun^  zu  verbindern, 

an  zweiter  Stelle^.     Bei  Pereon enwecb sei  aucb  Merc.  749: 

Abi.  II  Quid  abeara?  ||  St'  abi.  ||  Abedm?  ||  Abi. 
Vgl.  nocb    Aul.  203;    Baccb.  304;    Most.  584  u.  a.;    auch  Trin. 
Argura.  1;  Merc.  Argum.  I  1. 

So  geben  uns  also  honor,  haud  und  hob  in  der  Tbat  zu- 
verlässige Beispiele  von  prosodiecher  Einwirkung  des  unechten 
Spiritus  schon  um  200  v.  Chr.  Es  ist  genau  dieselbe  Sache, 
wie  wenn  ein  halbes  Jahrtausend  später  in  den  Verba  Acbillis 
in  parthenone  v.  72  unecht  aspirirtes  hac  =  ac  den  Hiat  ver- 
hindert: 

Absit  ab  ingenio  |  hac  viribus  Aeacidarum, 
wie  wir  S.  90  festgestellt  haben.    Die  Spätzeit  bietet  noch  mehr 
derartiger  Beispiele. 

Mit  allem,  was  ich  bis  hierher  zusammengestellt,  glaube 
ich  Thatbestände  aufgedeckt  zu  haben,  die  sich  eben  nur  con- 
statiren,  aber  nicht  bezweifeln  lassen.  Und  ich  betrachte  meine 
Aufgabe  hiermit  als  erledigt.  Indessen  bleibt  mir  noch  eine  Ver- 
muthung  übrig,  die  denselben  unechten  Spiritus  anbetrifft.  Die 
orthographischen  oder  orthoepischen  Thatsachen,  auf  die  sie  sieb 
stützen  kann,  sind  allerdings  gering;  gleichwohl  möchte  ich  sie 
hier  nicht  unterdrücken.  Es  ist  wiederholt  erwähnt,  dass  von 
Leuten  wie  Arrius  zu  den  Zeiten  Catull's  nicht  nur  chonimoda 
f.  commoda,  sondern  auch  hinsidiae  f.  insidiae,  also  die  Präposi- 
tion in  =  hin  lautirt  worden  ist.  Catull  datirt  diese  Spracher- 
scheinung ausdrücklich  bis  an  das  Ende  des  2.  Jahrhunderts  v. 
Chr.  zurück  (oben  S.  52).  Es  ist  darum  immerhin  auffallig,  dass 
es  an  mehr  als  zwei  Dutzend  Plautusverse  giebt,  die  jeder  me- 
trischen Schwierigkeit  entbehren,  sobald  man  sie  im  Stil  jenes  Ar- 
rius liest;  es  sind  kurz  die  folgenden: 


^  Vgl.  Rh.  Mu8.  52  Suppl.  S.  155. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  237 

Men.  495  Mihi  qni  male  dicas  homini  |  hignoto  ineciens. 

So,  hignoto,  oder  vielmehr  hicnoto,  P.    Α  fehlt.     Dass  jenes  h 
nicht  ein  zufälliges  Versehen,    scheint  das  hicnohües  f.  ignobiles 
bei  Riese  Geogr.  lat.  min.  p.  45,  7  zu  verrathen. 
Men.  292:  Kam  |  equidem  |  /fisanum    esse   te   certo  scio. 
Men.  921:  Potionis  aliquid  priusqnam  pircipit  |  /wsania;  vgl.  877. 
Amph.  719  Virum  non  est  piiero  gravida.  ||  Quid  igitur?  ||  /wsdnia. 
Poen.   1090  Inimico  possam;  amico  |  tnsipientiast. 
As.  292   E'depol   hominem  |  it?felicem,    qui  patronam  comprimat. 
Merc.  436  Hercle  illunc  di  |  iwfelicent  quisquis  est.  ||  Ibidem  mihi. 
Asin.  313  Tantnm  facinus  modo  |  mveni  ego  ut  nos  dicamar  duo. 
Stich.  733  Tocum   ubi  autem  est,   mecum  ibi  autem  est;    nouter 

,(ne)utri  (  /wvidet. 
Aul.  528  Milos  |  mpransus  astat,  aes  censet  dari. 
Pseud.  149  Verum  ita  vos  estis  praediti  insolenti  ingenio  |  iiwprobi; 
insolenti  habe  ich  hier  nach  Α  einzusetzen  versucht ;  doch  ist  das 
Richtige  noch  nicht  gefunden. 

Cure.  334  Quod  tibist,  it^m  sibi  esse  magnam  argenti  |  mopiam. 
Persa  93  Ne  mihi  |  mcocta  detis.     Rem  loquitur  meram. 
Bacch.   1130  Viden   limnlis  obsecro  lit  |  intuentur. 
Poen.  486  Ut  quisque  acciderat,  eum  necabam  |  t'iZico^. 
Asin.  282  E'rum  |  in  obeidione  linqnet,  inimicnm  animos  auxerit. 
Onrc.  438  Quia  nudius  quartus  venimus  |  in  Cariam^ 
Aul.  frg.  III  Ego  ocfodiebam  |  in  die  denoe  scrobes. 
Merc.  706  Vidisse  credo  mulierem  |  in  aedibus. 
Persa  69  Dimidium  atque  etiam  |  in  ea  lege  adscribier. 
Stich.  502  Ea  ego  Änspicavi  |  in  re  capitali  mea. 
Poen.  570  f.  planvoll  an  zwei  Stellen: 

Quin  etiam  deciderint  vobis  fomina  |  in  talos  velim. 
A't  edepol  nos  tibi  |  in  lumbos  linguam  atque  oculos  in 

solam. 

Aber  solche   Stellen  sind  zahlreich;    vgl.  noch  Truc.  762;   Men. 

506;  840;   Merc.  259;    Most.  675;   Stich.  71;  Rud.  1342  (oben 

^.  253);    Cure.  429  (N.  90);    Asin.  756  (N.  25);    As.  897  u.  a. 

^as  hinsidiae  des  Arrius  selbst  aber  kann  man  wiederfinden 

Bacch.  286  Is  lembus  nostrae  navi  |  insidias  dabat! 

Dies   sind  Spuren    des  Arrius  im  Plautus.     Wer   überlegt, 

^^   wie    frühe  Zeit   vulgäre   Lautneigungen   oftmals    zurückgehen, 

^line  dass  wir  sie  bis  zu  ihren  Anfängen  zu   verfolgen  vermögen, 

1  vgl.  Stich.  202?  Men.  599;  Amph.  714. 

2  vgl.  Rh.  Mus.  40  S.  551• 


238  Th.  Birt 

und  wie  mangelhaft,  weil  stereotyp,  die  Becbtschreibang  Roms 
besonders  in  den  ersten  Jahrhunderten  seines  Litteraturwesens 
war,  wird  sich  über  die  vorgetragene  Vermuthnng  nicht  verwun- 
dern, und  ich  fürchte  nicht,  dass  in  gerechtem  Zorn  ein  Catull 
über  mich  herfalle.  Derselbe  Arrius,  der  hin  für  in,  sprach  doch 
gewiss  auch  hob  für  ah;  und  ist  dies  Plautinisch,  so  kann  es 
aucb  jenes  gewesen  sein.  Der  Versbau  muss  darüber  Aufschluss 
geben,  und  er  hat  es  gethan.  Das  Motiv,  warum  man  in  anser 
dass  h  so  früh  fallen  Hess,  in  honor  und  haud  es  so  früh  fälsch- 
lich einführte,  wird  sich  vielleicht  nie  mit  Bestimmtheit  angeben 
lassen.  Es  ist  also  auch  nicht  zu  begründen,  warum  nicht  ein 
?iab  und  hinsidim  im  Volksmunde  ebenso  alt  wie  haud  und  honor 
gewesen  sein  solh 


Nachträgliches. 

Eine  wiederholte  Durchsicht  des  Flautus  ergiebt  zahlreiche 
Nacbträge.  Ich  führe  im  Nachstehenden  die  weiteren  Belege 
für  in  und  a6,  die  einen  offenen  Vocal  oder  syllaba  anceps  vor 
sich  dulden,  nicht  mit  auf  und  beschränke  mich  auf  das  echte 
und  wirklich  geschriebene  h.  Nützlich  sind  vor  allem  noch 
folgende  Beispiele: 

Men.  1137    Namqne   edepol  |  hie    mi[hi]    hodie    iussi    prandium 

appararier. 
Most.  999   Numquid  processit  ad  forum  |  hodie  novi? 
Most.  1093  Quid  si  igitur  ego  accersam  |  homiues?  eqs. 
Trin.  560  Lepide  hcrcle  de  agro  ego  |  hunc  senem  deterrui. 
Trin.  800  üxorem  quoque  ipsam  |  hanc  rem  uti  celes  face. 
Trin.  842  (Anapäste)  .  .  quam  |  hie  rem  agat  animum    advortat. 
Truc.  888  Quae   cum   multum  |  abstulimus  |  hau  miiltum  apparet 

quod  datum  est. 
Men.  601  Quam  |  hodie  uxori  |  Abstuli  eqs. 
Mil.  1073  Quid  est?  ut  Indo?  ||  Neqneo  |  hercle  quidem  risu  meo 

moder4ri[er]. 
Pseud.   1121  Neque    quicquamst    melius,    quam    ut  |  hoc    pultem     > 

atque  aliquem  evocem  |  hinc  intus.   ^ 
Rud.  210  Nee  loci  gnara  sum  nee  diu  |  hie  fui. 
Capt.  478  Nam  iit  dudum  |  hinc    abii  accessi  ad  adulescentes  ii 

fon 
Weiter    lasse    ich    Stellen    folgen ,     deren    Lesung   durcl'^-^ 


Beiträge  zar  lateinischen  Grammatik.  239 

Spreobung   der   h  fortis   zum    wenigstens    erleichtert    wird    oder 
anch,    die    eine    solche  Sprechung    nur   zulassen.      Gelegentliche 
Bedenken  sind  nicht  verschwiegen. 
Most.  80  Periore  et  aedis  6t  ager;  qui  nisi  |  hiic  redit. 

Liest  man    anders,    so   ergeben   sich    zwei    lamben    am  Schlnss. 
Dasselbe  trifft  auf  das  folgende  Beispiel  zu: 

Stich.  391  l'mmo  venisse  oum  simitu  aiiebat  ille;  ego  \  huo  citus. 
£pid.   121   Qu^m  quidem  ego  |  hominem  inrigatum  pldgis  pistori 

dabo. 
Man  braucht  ego  nicht  zu  elidiren.    Ebenso 

Most.  531  Quid  ego  |  hodie  negoti  confeci  mall. 

Die  erste  Hebung  ist  aufgelöst. 
Truc.  315  Si  ocastor  |  hie  homo  sinapi  victitet,  non  censeam. 

Doch  lässt  sich  freilich  auch  hie  homo  betonen  ;  für  Scastor  braucht 
lange  Endung  nicht  angesetzt  zu  werden;  Truc.  583  ist  unsicher. 
Bacch.  617  neque  quem  quisquäm  |  homo  aut  amet  aut  ddeat. 

Anapäste. 
Bacch.  809  Quas  tu  dttulisti.     Em  |  hae  te  vinciri  iubent. 

hem  CD.    Vgl.  Most.  1180.    Cure.  212  kann  Sm  isioc  accentuirt 
werden;  ebenso  Merc.  206.    Hiat  bei  em  Epid.  ß83. 
Bacch.  1112  A't  mihi  Chrysalus  optumus  |  homo. 

Auf  zwei  Cretici  folgt  troch.  Tripodie;  vgl.  Pseud.  1310:  pSssu- 
mu^8  homo  (wo  Ρ  pessimus  homo  est), 
Merc.  184  Γ  |  hinc  dierectus.  nugare  in  re  capitali  mea. 

So  CD;  Β  In  hoc;  derselbe  hat  auch  fälschlich  capitalia,  Α  fehlt. 
Host.  950  Non  hie  Philolaches  adulesceus  hdbitat  in  |  biso  &edibus. 

Ρ  om.  in;  Α  hisc  in,  Dass  in  solchen  Fällen  die  Präposition 
regelmässig  voransteht,  ist  Rh.  Mus.  40  S.  550  belegt.  Ausnahmen 
giebt  nur  A,  und  zwar  an  dieser  Stelle  und  Vidul.  58.  Die  Verglei- 
chung  der  übrigen  Stellen  lehrt,  dass  in  der  Redaction  Α  die  Wort- 
folge willkürlich  verändert  ist,  sowie  Persa  G20  Α  fälschlich  Iwtno  mi 
f.  mi  hmno  giebt,  u.  a.  Insbesondere  entspricht  Most.  951  ex  hisce 
aedibus^;  wir  haben  also  auch  950  in  hisc  aedibtis  zu  schreiben;  tn  ist 
lang.  Ich  las  früher  indu, 
Truc.  233    Γβ   amatnr  |  hie  dpud   nos  qui  quod  dedit  id  oblitost 

datum. 

Zur  Betonung  vgl.  Müller's  Proeodie  S.  49. 
Amph.  593  Fieri  nunc  ut  tu  |  hie  sie  it  dorai?  id  diel  volo. 

Ich  halte  es  nicht  für    zwingend    ein    et   vor   hie   einzuschieben, 
mag  auch  der  folgende  Vers  diese  Correlation  geben. 
Mil.  1357  Multo  quam  alii  libertus  esse.  |  Habe  bonum  animum. 

Es  ist  entweder  Habe  animum  bonum  zu   lesen,    vgl.  Epid.  601; 
oder  Bonum  animum  \  habe,  vgl.  oben  S.  55  Nr.  7. 

*  Auf  alle  Fälle  falsch  also  auch  E,  Aul.  44  his  ex  aedibus. 


240  Th.  Birt 

Ampb.  54  Eändem  |  banc,  eultis,  faciam  ex  tragoedia. 

leb  babe  suUis  f.  si  voltis  eingesetzt ;  über  spondeisebce  Wot  t  zu 
Anfang  der  zweiten  Pipodie  s.  oben  zu  Nr.  88. 

Ampb.  141  Et  eervos  cuius  ego  |  banc  ίέτο  imdginera. 

Der  Vers  wäre  am  besten  so  zu  betonen  für  den,  der  an  unver- 
scbliffcnes  fero  noch  glauben  kann;  die  drei  Pronomina  wird  man  un- 
gern durch  Umstellung  von  einandt  r  trennen.     Ich  lese  Et  sirvos  eius, 
cuUis  ego  hanc  fero  imaginem;  eins,  sc.  Amphitruonis^. 
Ampb.  230  Vota  suscipere,  bortari  exercitam. 

Cretici;  lückenhaft.    Mir  scheint  suom  erforderlich  und  vor  hör' 
iari  einzustellen. 

Ampb.  356  Hie  inquam  |  babito  6go  atqoe  |  borune  eÄrvos  eum.  || 

At  sein  quo  modo? 

So  scheint  mir  zu    betonen,    atque  Pyrrhichius  nach  accentuirter 
Kürze. 
Ampb.  634  ...  in  aetate  |  hominum. 

Bacchcen. 
Asin.  278  Ndm  si  buic  occaftioni  tempus  sese  supterduxerit. 

Ein  ünvers;    klärlich  ist  tempus  interpolirt;    denn  nicht  tempus^ 
sondern  Libanus    ist  das  Subjekt  des  Satzes;    genau  entspricht  v.  281 
sed  si  occasionem  opprimere  fianc  studet,  sc.  Libanus.    Also: 
Nam  si  |  buic  occksioni  sese  eupterd&xerit. 

Aal.  48  Si  |  borcle  fustem  οέρβΓΟ  aat  stimalam  in  manam. 

So  B^;  DEB2  geben  hodie  vor  hercle,  was  den  Vers  verdirbt  und 
zur  Sache  entbehrlich  ist. 

Aein.  869  Tuce  modo,  ne  illum  ocaetor  mieerum  |  babebo.  ||  Ego 

istuc  8cio. 
Nicht  ohne  Anstoss;  vgl.  unten  Persa  537  (S.  242). 
Aul.  5  Patri  j  avoque  iam  buius  qui  nunc  bio  habet. 
Nonius  giebt  Patri  oho  ohne  que\  derselbe  v.  22 
parit^r  moratum  ut  pater  atque  avus  eius  fuit. 
So  wird  also  auch  v.  5  im  Exemplar  des  Nonius  atque  zwischen  pcUer 
und  avus  gestanden  haben,  wonach  sich  der  Vers  ergiebt: 

Patri  atque  avo  iam  |  buiue  qui  nuno  bio  habet. 
Ob  Plautus  selbst  so    schrieb?   oder   vielmehr   patnque  aOoque,   nach 
Trin.  645  ?2. 

Aul.  131  Neque  occiiltum  id  |  bab^ri. 

Baccheen;  id  ist  positionslang;  die  Betonung  Neque  oceuUum  id 
haberi  ist  minder  gut. 

Capt.  514  f.   Ut  quüd    me    oravisti    impetres,   eum  |  bominem  ut 

conveniae. 


^  Aebnlicb  .steht  eius  z.  B.  Capt.  348. 
2  II.  Cäsar  a.  a.  0.  S.  199. 


Beiträge  zur  lateiniscbeD  Grammatik.  241 

uti  herzustellen  widerrütb  die  Ooncinoität,  da  ut,  nicht  iih\  vor- 
aufgeht. 

Capt.  633  Fiiitne  |  huic  patar  Thensaarochrysonicochrysides  ? 
Spondeisches  fuit  anzusetzen  ist  unnöthig. 

Capt.  772  Nee  caiquam  |  homini  supplic&re  nunc  certum  est  mihi. 
Will  man  den  Vers  wie  v.  77ό  troohaisch  lesen,  so  ist  dreisilbiges 
cuiqtiam  nöthig.     Aber  die  Cäsur  ist  verschoben.    Es  fehlt  nichts. 

Capt.  749  Periietis  nisi  |  bunc  e  conspecta  abducitis. 

Bach  S.  242  urtheilt  zwar,  hunc  sei  'minus  aptum*,  und  empfiehlt 
\8tunc\  ihn  scheint  aber  doch  wesentlich  der  Hiat  beirrt  zu  haben. 

Aul.  274  A'tqne  occlude    aedis,   iam  ego  |  hie  adero.  ||  Quid    ego 

nunc  agam. 
Hier  scheint  iambisches  ego  vorausgesetzt;  vgl.  v.  457. 
Cist.  209  f.  Ita  nubilam  mentem  animi  |  habeo 
ist  gewiss  wie  die  voraufgehenden  und  das    folgende  Kolon  ein  anapä- 
siischer  Dimeter. 

Cist.  4S2 umquam  ei  |  hoc  fallo.  ||  Nil  mozor. 

Unvollständig  erbalten.  Die  in  Α  voraufgehenden  Lettern  sind 
schwer  zu  interpretiren.  Jedenfalls  kann  hier  umquam  den  Iktus  doch 
nur  auf  der  ersten  Silbe  gehabt  haben.     Also  h  fortis. 

Cist.  534  Sed    quis  hie  est  qai  rocta  platea  cursum  |  hie    tendit 

snum. 
So  B;  eontendüN \  ostendü  E;  übrigens  ist  mit  F  für  das  zweite 
hie  vielmehr  huc  zu  lesen. 

Casina  423  ist  vielleicht  auszufüllen: 

Nam  praesente  |  hoc  (ego)  plura  vorba  non  desidero. 
Gas.  455  Ecfodere  |  hercle  hie  volt  [credo]  vesicam  vilico. 

Ich  halte  credo  für  interpolirt  und  für  eine  Dittographie  zu 
liercU,  Unechtes  credo  steht  auch  Mil.  3B8  (s.  Rh.  Mus.  40  S.  553  f.). 
Cure.  258  Facit  |  hie  quod  pauci  iit  |  siet  magistro  obsequens. 

So  möchte  ich  lesen;  sit  f.  siet  die  Hss.;  magistro  hat  die  zweite 
Silbe  kurz  wie  magistratus.  Schreibt  man  uti^  so  wird  der  3.  und 
4.  FusB  von  iambisehen  Wörtern  gebildet. 

Cure.  638  kann  betont  werden: 

Pessime  metui  ne  mihi  |  hodie  apud  praetorem  soiveret. 
So  scheint  Epid.  192: 

I'd    ego  excruoior.  ||  Di  |  hercle  omnes   me   adiuvant  augont 

amant 
die  natürlichste  Vertheilung  der  Ictus. 
Cure.   614  Me  reposcis.  ||  Quam    ab  lenone  abduxti  |  hodie  soolus 

vin; 
so,  statt  abduxti.    In  ähnlicher  Weise  lassen  sich  Aul.  851,  Men. 
1072  behandeln. 

Rhein.  Mus.  f.  Phllol.  Ν   F.  LIV.  lg 


242  Th.  Birt 

Men.  111  Quod  viro  έβββ  odio  videde, 

darauf  mit  fast  congroentein  Schema: 

tute  tibi  odio  |  babede. 

Men.  179  Mane    mane   obeecro;  |  bercle    eapee    eccam    ixit;    ob 

eolem  yides ; 
eapse  steht  freilich  auch  dreisilbig. 

Men.  451  f. 

Qni  illum  di  omnee  porduint  qui  prfmus  commentnst  (sibi) 

Gontionem»  hac  rk  qui  |  homines  occnpatoe  occupat. 

Mir  scheint  hac  re,  das  6  bietet,  kaum  entbehrlich  ;    ha  re  CD; 
habere  A. 
Mil.  1159  nach  A: 

Lepide  facitie.  Nunc  tibi  ego  |  hanc  (mpero  proviaciam. 

nunc  hoc  tibi  ego  P. 
Merc.  655  möchte  ich  lesen: 

Si  id  fore  ita   sat  animo  acceptam    est,    id    pro    certo    ei  | 

habee. 
Das  vor  id  überlieferte  certum  ist  gewiss  ku  tilgen. 

Most.  114  A'tque  |  band  6et  fabri  culpa,  eed  magna  pars. 

Cretici;  ea  vor  haud  scheint  entbehrlich. 
Most.  167  Me  esse  effecturam  |  hodie.     Nimis  longum  loquor. 

Man  setzt  hoc  vor  hodie.  Dies  müsste  aber  besser  bei  me,  also 
vor  esse  stehen. 

Most.  902  üt  esse    dddeoet  neqnam    hominis,    ita  sunt.     Sed  eo 

magis  cauto  est  opus  ne  |  huc. 
Most.  1144  Mdxime,    accipito  |  hanc  ad    te    litem.  ||  Enim    istic 

cäptio  est. 
So  wäre  ohne  Bedenken  zu    lesen,  hätte  Ρ  nicht  hinter  accipito 
leeren  Raum  für  9—12  Buchstaben. 

Persa  537  M6a  quidem  istuc  nil  refert;  tua  ego  |  hoc  facio  gratia. 

So  A.     Die  Betonung  des  refert  giebt  Anstoss. 
Persa  648  Quoius  modi  is  in  populo  I  habitast?  ||  Nomo  quisquam 

accoptior. 
Die   zweite  Hebung  hat  Auflösung.    Es  fehlt  nichts,    is  köunte 
vielleicht  auch  als  Länge  gelesen  werden,  zumal  in  folgt  (vgl.  über  in 
oben  S.  237). 

Poen.  846  Qui  |  bercle  ipsus  ignAviorem  p6ti  est  facere  Igndviam. 

Lies  ipse,  oder ;  Qui  hercle  ipsus  \  {h)ignaOiorem  (vgl.  oben  S.  237). 
Poen.  1002  Me  |  har  bocca.  ||  Istuc  tibi  sit  potius  quam  mihi. 

So  P.  Dies  wäre  ein  erfreulicher  Beleg  für  punische  h  fortis 
(oben  S.  226),  wenn  nicht  Α  abwiche. 

Poen.  671  Rex  siim  si  ego  illum  |  hodie  |  hominem  adlexero. 
So  Α ;  in  Ρ  ad  me  /wmtwewi. 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  243 

Poen.  1084  Facito  sie  red  das  itsi  |  hie  habit,  tarnen. 

Es  genügt  habüat  für  habit  herzustellen;    die  Silbe  ta  fiel    aus, 
weil  ta  folgte. 
Psead.  599  Ballio  leno  nbi  |  hie  hdbitat. 

Anapäste. 

Psead.  614  Nam  h&eo  mihi  incus  est;  procudam  ego  hodie  |  hinc 

mnltos  dolos. 
So  wird  Hiat  in  der  Dihärese  unnöihig ;  vielleicht  ist  Psead.  221 
ähnlich  zu  behandeln;  auch  751. 

Pseiid.  689  Meum  mendacium  |  hio  modo  qnod  subito  commentns  fai. 
modo  Pyrrhichius. 

Psead.  1019  Nimisque  ^go  illom  |  hominem  metao  et  formido  male. 
Ritschi  ohne  Noth  illune.    Auch  von  der  Betonung  Nimisque  ego 
iUutn  hominem  mituo  wird  man  gerne  absehen. 

Pseud.  937  Neqne  ^go  |  hoc  homine  qa^mqaam  vidi  mdgis  malam 

et  maleiicum. 
Der  Vers  ist  iambisch  wie  die  voraufgehenden. 
Pseud.  1330  f.: 

I  I  hac.  Te  sequor.  Quin  yoc&s  spectatores 

Simul?  I  Hercle  me  isti  hau  eqs. 
Baccheen. 

Trin.  447 :  Homo  ogo  sam,  |  homo  tn  es.    l'ta  me  amabit  luppiter. 

€8  tu  Α  (Klotz  S.  106). 
Stich.  459  Anspicio  |  hodie  |  optumo  exivi  foras. 

Den  Hiat  vor  optumo  lasse  ich  hier  auf  sich  beruhen. 
Rud.  822  lam  |  hoc  Herculi  est,  Yeneris  fanum  quod  fait. 

Seltsamer  Weise  ist  auch  Men.  203  so  beschaffen,  dass  man  Haud 
Hercules  messen,   also  Hercules   wie  hier   auf  der  Mittelsilbe   betonen 
müsste.    Ich  lese  in  vorstehendem  Verse  vielmehr:   lam  \  Hirculi  hoc 
est  eqs. 
Trin.  590  Tu  |  istuc  oura,  quod  iussi;  ego  iam  |  hie  ero. 

Kitschi:  Eo:  tu  istuc  cura;  derselbe  te  iussi, 

Truc.   162:    0  Astdphium,  |  haud  istoc  modo   solit4  es  me    ante 

appell&re. 
Astaphium   wird  auf  der  zweiten  Silbe  auch  v.  135;    187;   480; 
503;  673;  897  betont;  anders  719. 

Truc.  177  Mage    amdt  corde    atque  animo  suo,    siquidom  |  habes 

fundum  atque  aedis. 

Truc.  555  Domist  qui  facit  |  improbo  facta  am&tor. 

Baccheen.     Ueber  die  Längung  vor  in  s.  oben  S.  237.     Für  tm- 
proba  habe  ich  improbe  eingesetzt. 

Tmc.   704  Quom  hoc  iam  volup  est,    tum  |  hoc  nimium    magnae 

mellinae  meae. 


244  Th.  Birt 

Bach  S.  27β  tum  iüuc]    und    dies  scheint   allerdingfs  kaam  abza* 
weisen. 
Truc.  618  f.: 

Quid  nunc  ergo  |  hie  odiosu's  '''oonfeeeue  omnibne  tene''^? 
Ρέηί  bercle  hodie,    nisi   hano   a   te    abigo.  ||  Aocode    huc 

modo,  adi  |  huc  modo. 
Für  die  als  corrupt  bezeichneten  Worte  vermuthete  ich  früher 
tuo  fastidio  omnibus  (vgl.  Mil.  1(XM);  doch  steckt  in  confessus  ofi'enbar 
confectuSf  wie  Truc.  892  nahe  legt.  Dies  führt  auf  confectus  damnis 
tuis  mit  einer  Behandlung  der  drittletzten  Senkung,  die  vielleicht  durch 
eist.  611) ;  Men.  294;  Pocn.  28G  f.  hinlänglich  geschützt  wird.  Sonst 
würde  damnis  confectus  tuis  zu  lesen  sein. 

Truc.  715  Ego  interim  |  hie  praistrigiis  praesidibo. 
Baccheen;  praestrigiis  Scholl. 

Truc.  896    Quid  |  hio    vos   agitie  ?  ||  Ne  me(d)  appolla.  ||  Ah,  ni- 

mium  saeviter. 
So  scheint  der  Anfang  erträglich ;  der  Schlnss  unsicher,  nach  Leo. 
Truc.  892  Ne  istum  ectastor  hodie  ^haetis  oonfectnm  fallaciie 
vermuthe  ich  dagegen  falsis  für  Jiastis,  so  dass  dies  Beispiel  fort- 
füllt.  Vergleicht  man  Asin.  266  tneae  falsae  fallaciae,  so  er- 
scheint dies  falsis  geradezu  nothwendig,  und  man  hat  also  oben- 
darein  entweder  canficiam  herzustellen  oder :  ^e  iste  ecastor  hodie 
falsis  confectus  fallaciis.  Die  deutliche  Allitteration  wird  durch 
diese  Correktur  in  wirksamer  Weise  gesteigert. 
Naevins,  Equos  Troianus: 

Numqu&m  |  hodie  iffugios  quin 
Med  manu  moridre. 
Anapästische,  resp.  logaödische  Paroeraiaci. 
Aber  auch  folgende  Messungen  stehen  uns  frei: 
Most.   781   Habont,  at  ego  hdbeo  |  homines   clitellarios ; 

überdies  fehlt  at  in  P. 
Rud.  1361    Tiiosne  est?    Rogitas?    siquidem  |  hercle   lovis    fuit, 

mens  έ8t  tamen- 
Persa  797  voller  anapästischer  Dimeter:    lurgium  |  hinc  auferae 

ei  sapiae 
Persa  620  ....  cur  ego  id  mirer,  mi  |  homo ;  vgl.  oben  Nr.  ^  * 

u.  31 
Cure.  190  lam  huic  voluptÄti  |  hoc  adiunctum  est  .  .  . 
Gas.  549  Dico  ei  quo  pacto  eam  ab  |  hippodromo  viderim. 

So  auch  Cure.  380  Qui  \  homo  mature  .  .  . ;  Cure.  40  Quod  insig 
I  Iiabeo  .  .  .  Mil.  1305  Eo,  Qudeso  \  hercle  propera,  Poen.  βί 
Ego   id   quaero  \  hospifium  .  .  .  Rudens    156     übi   sunt    i  |  // 


Beiträge  zur  lateinischen  Grammatik.  245 

miues ,  obsecro  .  .  . ;  596  Velut  ego  \  hoc  nocte  ....  uewiss 
auch  Stich.  643:  Qui  \  hercle  illä  causa  ocitis  nihilo  venit.  Perea 
306  wird  messbar,  wenn  äbire  den  Spiritus  im  Anlaut  hat  (vgl. 
S.  235): 

Propera  |  abi  domum.     Nunc   ego   hnfc  graphice  facetus 

Ham; 
Amph.  874  allerdings  erst,  wenn  man  ein  indu  wagt  ^ : 

£s8e  adßimnlabo,  atque  in(du)  |  hornm  färailiam; 
Men.  744  mit  Einschub  von  med: 

Quem  tu  \  homineni  (med)  arbiträre,  nescio. 
In    ähnlicher  Weise  könnten  endlich    noch    in  Betracht    gezogen 
werden    die   Verse    Men.  603;    747;    1037;    1072;    Merc.  590; 
Pseud.  1305;    Rud.    198;    1101;    Truc.  927;    Ter.  Heaut.  379; 
601;   Phorm.  290  (A). 

Dagegen  sehe  ich  von  Amph.  760  ab,  wo  schwerlich  Ρ  zu 
folgen  ist.     Ebenso  unzuverlässig  sind 

Most.  932 atque  ut  |  hunc  hinc  amoverim  (P). 

Poen.  380 sine  |  hoc  exorarier  (A). 

Pseud.  446  Sceleriim  oaput;  |  hie  corrupit  mihi  filium  (A). 
Trin.  556  Me  tibi  dixisse  |  hoc.  ||  Dixti  arcano  satis  (A). 
Aul.  290  Vicini  |  huius  Euclionis  e  proxumo, 
welcher  Vers    auch    bei  dieser  Eintheilung  problematisch  bleibt. 
Merc.  977  giebt  die  Ueberlieferung  den  Septenar: 

O'ptüme  hercle,  p^rge,  ego  adsistam  |  hinc  alterinsecus ; 
die  Behandlung  des  fünften  Fusses  Hesse  sich  höchstens  mit 
Epid.  626  vertheidigen.  Endlich  müsste  Pseud.  498  die  Be- 
tonung amoris  vorausgesetzt  werden: 

Quapropter  te  expertem  amoris  nati  |  hdbuerim. 
Schliesslich  will  ich,  um  nichts,  was  irgendwie  in  Betracht 
kommen   könnte,    übergangen  zu  haben,    auch  die  folgenden  Bei- 
spiele nicht  fehlen  lassen. 

Beim  Personenwechsel  läset  sich  h  fortis  lesen: 
Poen.   1041  Populdritatis  c&usa.  ||  Habeo  gratiam. 
Merc.  182  Qui  potuit  videre?  |1  O'culis.  ||  Quo  pacto?||  Hiantibue. 

1  Vgl.  Rh.  Mus.  40  S.  545  f.,   wo  indu  für   etliche  Stellen   em- 
pfohleu;    dies    bedarf   allerdings   einer  Revision.     Hier   sei    nur    noch 
Amph.  420  angezogen,  welche  Stelle  ein  indu  am  deutlichsten  zu  for- 
dern scheint: 

E'locutus  est;  ubi  patera  nunc  e8t?||In(du)  cistula; 
ebenso  143: 

Ego  hks  habebo  usque  in(du)  petaso  plnnulas. 


24()  Tb.  Birt  Beiträge  cur  lateinischen  Grammatik. 

Most.  798  Ut  istas  remittat  eibi  ||.  Haut  opinor. 

Most.  567  Spes  Ost  de  argento.  ||  Hilarns  est.  fruetri  est  bomo. 

Aein.  579  Argonti  viginti  minas  hab^sne?  ||  Hariolire. 

Persa  159  Πόθεν  ornamenta?  ||  Abs  chorago  snmito. 
Vgl.  Merc.  723.  Aein.  306.  446.  579.  Men.  216.  547.  Epid.  389. 
Aein.  445.  Cist.  376.     Ferner: 

Merc.  762  Mihi  qnidem  |  hercle.  ||  l'ta  me  amabit  luppiter  ^ 

Rnd.  337  Quid  dgie  tu  ?  ||  Aetatem  |  baa  malam  eqs. 

Rud.  785  Tangam  borcle  vero.  ||  Agedum  irgo  accede|bno  modo. 

Poen.  1381   Qai  |  hdsce  emi.  ||  Et  tute  ipse  periisti,  Lyce. 

Trin.  1185  Mieeria  (una)  uni  qnidem  horainist  &dfatim||.  I'mmo  | 

buio  parnmst. 

Rud.  879  Manote  dum  ego  |  huc  redeo.  ||  Equidem  suadeo. 
Bei  starker  Sinnpause  stebt  b: 

Poen.  685  Blande  hominem  compellabo  .  .  .  |  Hospes  bospitem. 
In    folgenden  Versen    kann    man    med   oder  ied    berstellen 
und  aus  diesem  Grunde  von  b  fortis  abseben: 

Capt.  533    Nunc    enim    vero    ego    occidi;  |  eunt  ad  te  |  bostes 

Tyndare. 

Bacoh.  1094  Cbrysalus  me  |  bodie  laceravit  .  .  . 

Rud.  1090  U'num  te  obsecro,  ut  te  |  buius  .  .  . 
also  te  und  ted  neben  einander. 

Pseud.  1233  Qui  illum  ad  me  |  bodie  ädlegavit  .  .  . 

Mil.  303  Cirtumst  facere.  ||  Hie  te  opperiar  .  .  .  .^ 

Vidul.  66  Tam  scio  quam  mo  |  bic  stare  .  .  . 

Capt.  653  Satin  me  illi  |  bodio  scelesti  .  .  . 
Vgl.  Mil.  1421.  Men.  958.  1071.  Ampb.  266.  663.  826.  Aul. 
120.  133.  226.  Cure.  97.  567.  Cist.  39.  Merc.  555.  Most.  1033. 
Pseud.  1233.  Rud.  892.  Truc.  161.  400.  Die  Grammatiker  be- 
zeugen ted  vor  h  Cure.  1  Quod  tcd  hoc  noctis  eqs.;  vgl.  Stieb.  538. 
Endlicb  im  Ablativ:  Capt.  435  pro  te  \  hie  reliqtieris;  vgl. 
ib.  779. 

Einsilbige  Wörter  bleiben  aucb  sonst  vielfacb  unverscbliffen; 
um  so  sicherer  waren  sie,  wenn  b  folgte  ;  vgl.  dum  Meto  Men. 
449.  quam  habuii  Men.  565.  quam  habeat  Most.  709.  tit  hodie 
Aein.  364.  ne  hodie  ib.  374.  rem  habe  Most.  653.  qui  hodie  ib. 
355.  tu  hohes  Epid.  410;  dazu  Ampb.  863.  Epid.  34.  291.  57.^ 
581.  684.    Men.  325.  374.  448.    Mil.  59.  563.  735.  1245.    Rud. 


1  S.  Klotz  S.  115.  i 

2  Vgl.  Rh.  Mu8.  40  S.  537. 


Th.  Biri  Beiträge  zur  laieiuiacheu  Grammatik.  247 

1369  n.  a.  Eher  als  in  diesen  Fällen  wird  man  Aul.  662  ge- 
neigt sein  dem  hodie  mit  h  fortis  za  lesen,  da  v.  663  nam  \  hic 
folgt.  Auch  Truc.  113  Me  Ulis  quidem  \  haec  verberat  verhis  er- 
kenne ich  h  fortis,  da  ein  zweisilbiges  Wort  seinen  Auslaut  ver- 
schleift. Mil.  1036  ist  vielleicht  zu  betonen:  voco  ergo  \  hanc  quae 
quatrit  eqs.  Ueher  Mil.  1049  Nam  hunc  anulum  \  ab  tui  cupienti 
s.  oben  S.  70  u.  235. 

In   folgenden  Zeilen    kann    endlich  h  Position    machen,    es 
kann  aber  natürlich  auch  Auflösung  der  Hebung  angesetzt  werden : 

Persa  355  Pator,  hominum  inmortalis  est  infamia. 

Most.  402  Tamquam  si  intus  nätus  nemo  in  aedibus  habitet.  Licet. 

Amph.  94  Hanc  f&bulam  inquam  hic  luppitor  hodie  ipse  aget. 

Aul.  786  Quem  propt^r  hodie  &uri  tantum  .  .  . 

£pid.  471  Estne  έmpta  mi  istis  legibus?  Habeas  licet. 

Truc.  245  Yelut  hic  agrestis  est  adulescens  qui  hic  habet; 
vgl.  Men.  820.  991.  992.    Mil.  193.  228.  334.  Most.  1063.  Poen. 
93.    Pseud.  342.    Rud.  1001.    Stich.  615.    Trin.  906. 

Marburg  i.  H.  Th.  Birt. 


Ισοκράτους  Ελένης  έγκώμιον. 


Es  ist  längst  erkannt  und  ziemlich  allgemein  anerkannt, 
dasR  Isokrates  im  Beginne  seiner  Helena  neben  andern  Eristikern 
gegen  Antisthenes  und  Plato  polemisirt.  Der  Wortlaut  des  ersten 
Paragraphen  ist  folgender:  Είσί  τιν€ς  ο'ί  μίγα  φρονοΟσιν,  έάν 
ύπόθεσιν  δτοπον  και  παράόοΕον  ποιησάμβνοι  περί  ταύτης 
άνεκτώς  είπεϊν  όυνηθώσι*  και  καταγβγηράκασιν  ο\  μέν  ου 
φάσκοντες  οΐόν  τ'  είναι  ψευδή  λίγειν  ούδ'  άντιλίγειν  ούοέ 
ούΐϋ  λόγω  περί  τών  αυτών  πραγμάτων  άντειπεϊν,  ο\  hk  οιε- 
Ειόντες  ώς  άνόρεία  και  σοφία  και  δικαιοσύνη  ταύτόν  έστι  και 
φύσει  μέν  ούόέν  αυτών  ίχομεν,  μία  6'  επιστήμη  κατά  πάντων 
εστίν  άλλοι  οέ  περί  τάς  ίριδας  όιατρίβουσι  τάς  ούόέν  μέν 
ώψελούσας,  πράγματα  bk  παρέχειν  τοις  πλησιάίουσι  δυνα- 
μένας.  In  der  ersten  mit  ol  μέν  eingeleiteten  Gruppe  ist  un- 
verkennbar Antisthenes  und  sein  Anhang  gezeichnet;  derartig 
waren  die  Paradoxien^  die  des  Antisthenes  'Αλήθεια,  seinen 
περί  του  οιαλε'γεσθαι  άντιλογικός,  auch  seinen  gegen  Plato  ge- 
richteten Σάθων  ή  περί  του  άντιλέγειν  α'β'γ'  anfüllten ^.  Bei 
der  zweiten  Gruppe  (ol  hi  ■—)  mit  ihrer  Lehre  von  der  Gleichheit 
aller  Tugenden  und  dem  Wissen  als  deren  gemeinsamer  Grund- 
lage ist  es  kaum  möglich,  an  jemand  anders  als  an  Plato,  speciell 
an  seinen  Protagoras,    zu    denken  ^.     Unter    der    zu    dritt    ange- 


^  Von  ύπόθεσιν  άτοπον  καΐ  παρά&οζον  (im  ersten  Satz)  bezieht 
sich  also  chiastisch  παράδοΕον  hauptsächlich  auf  die  alsdann  zuerst  er- 
wähnte Gruppe,  Ατοπον  auf  die  zweite. 

2  Vgl.  A.  Müller,  de  Antisthenis  cynici  vita  et  scriptis,  Diss. 
Marburg  1860,  p.  3(i-38. 

^  Vgl.  Spengel,  Isokrates  und  Plato  (Abhdgn.  d.  bair.  Akad.  d. 
Wies.  Bd.  VII,  1855)  p.  75^5.  Teichmüller,  Literarische  Fehden  I  (Breslau 
1881)  p.  99. 


Mucuscher  Ισοκράτους  Ελένης  έγκώμιον.  249 

fugten  Gruppe  der  περί  τάς  ίριδας  διατρίβοντες  werden  Leute 
wie  Euthjdem  und  Dionysodor  zu  verstehen  sein,  deren  einziges 
Charakteristikum  eben  die  eristische  Klopffechterei  war;  dem 
widerstrebt  ja  nicht,  dass  Isokrates  anderwärts  und  ebenso  we- 
nige Zeilen  weiter  unten  (§  6  f|  ττερι  τάς  ίριόας  φιλοσοφία) 
alle  diese  Gegner,  wie  er  sie  thatsächlich  in  einen  Topf  wirft, 
unter  dem  einen  Namen  Eristiker  zusammenfasst  ^.  Diese  alle 
nun  tadelt  Isokrates  zunächst  wegen  der  Wahl  unsinniger  und 
paradoxer  Stoffe,  sei  es  für  ihren  Unterricht,  sei  es  für  ihre 
Schriftstellerei.  Dann  aber  wird  ihre  Thätigkeit  als  völlig  un- 
zeitgemäss  verworfen;  man  Hesse  sich  so  etwas  noch  gefallen, 
meint  Isokrates,  hätte  es  den  Reiz  der  Neuheit ;  aber  jedermann 
wisse  doch,  dass  solche  Kunststücke,  noch  dazu  viel  schwierigere, 
von  der  Sophistengeneration  des  Protagoras  geleistet  worden 
seien;  als  Repräsentanten  jener  veralteten  Epoche  führt  er  Gor- 
gias,  Zeno,  Melissos  je  mit  einer  philosophischen  Paradoxie  auf 
(§  2  —  3).  Statt  so  bequeme  Windbeuteleien  zu  betreiben  (es  ist 
bezeichnend  für  Isokrates,  dass  ihm  Piatos  wie  der  Sophisten 
Sätze  als  bewusste  Lügen  erscheinen),  räth  er  ihnen  an,  eich  in 
Zukunft  der  Wahrheit  zu  befleissigen  und  ihre  Zöglinge  für  das 
praktisch-politische  Leben  vorzubereiten  (§  4 — 5).  Der  wahre 
Grund  für  diese  lügnerische  und  gleissnerische  Thätigkeit  der 
*Eristiker',  so  fährt  der  plötzlich  völlig  uneigennützige  Isokrates 
fort,  sei  aber  nur  ihre  Gewinnsucht,  denn  natürlich  lasse  sich  die 
liebe  Jugend,  die  sich  um  nichts  kümmere  (oi  μήτε  τών  ibiiüv 
πω  μήτε  τών  κοινών  φροντίίοντες),  mit  solch  unnützem  Gerede 
ködern.  Sie  liebe  ja  immer  Taschenspielerkünste  und  allerlei 
Uebertreibungen,  und  ihr  sei  das  zu  verzeihen.  Aber  den  Eri- 
stikern,  die  die  Jugend  lehren  wollten,  denen  sei  ihr  Treiben 
nicht  zu  verzeihen:  da  tadelten  sie  die  gerichtlichen  Redner,  weil 
sie  das  Recht  zu  biegen  suchten  und  dadurch  ihre  Gegner 
schädigten,  während  sie  selbst  mit  ihrer  Lehre  einen  viel  ver- 
derblicheren Einfluss  auf  die  eigenen  Schüler  ausübten!  (§6 — 7). 
Bis  hierhin,  an  den  Schluss  von  §  7,  reihen  sich  die  An- 
griffe des  Isokrates   auf  die    im    ersten  Paragraphen   charakteri- 


Ϊ  Der  AnetoBS,  den  üsener  (Rhein.  Mus.  XXV,  1870,  p.  592)  und 
ihm  folgend  Reinhardt  (de  Isoer.  aemulis,  Dise.  Bonn  1873,  p.  25)  an 
der  Anfügung  der  dritten  Gruppe  nahmen  und  durch  Streichung  von 
άλλοι  bi  —  δυναμ^νας  zu  beseitigen  suchten,  ist  also  unbegründet.  Vgl. 
auch  Blass,  Att.  Ber.  IP,  p.  26,  1. 


250  Muenscher 

sirten  Gegner  ohne  UnterbrechuDg  wohlgefügt  aneinander.  Aeusser- 
lich  richten  sich  die  Vorwürfe  scheinbar  gegen  die  drei  Arten 
von  Gegnern  alle  gleiohmässig,  doch  ist  unverkennbar,  daes  die 
einzelnen  Züge  aus  dem  Bilde,  das  Isokrates  vom  Treiben  und 
Meinen  der  Angegriffenen  entwirft,  von  den  einzelnen  entlehnt 
und  nur,  um  den  Angriff  im  Ganzen  zu  verschärfen  und  gegen 
alle  zugleich  richten  zu  können,  verallgemeinert  und  auf  alle 
übertragen  sind.  Solch  ein  persönlicher  Zug  liegt  zunächst  in 
dem  halb  verächtlichen,  halb  spottenden  καταγεκηράκαΟΊν  von 
§  1,  dessen  Beziehung  auf  den  Antisthenes  όψίμαθής,  über  den 
auch  Plato^  sich  lustig  macht,  von  niemandem  bezweifelt  wird^, 
das  aber  schwerlich  oder  vielmehr  unmöglicher  Weise  (trotz  der 
grammatischen  Zusammengehörigkeit  von  di  bk  mit  καταγεγηρά- 
κα(Τΐν)  auch  auf  Plato  in  Wirklichkeit  pasete.  Das  gleiche  gilt 
von  dem  in  §  6  erhobenen  Vorwurf,  daes  lediglich  Geldgier  die 
Eristiker  zu  ihrem  Treiben  veranlasse;  Isokrates  ¥nisste  ebenso 
gut  wie  wir,  dass  Plato  für  seinen  Unterricht  keine  Bezahlung 
nahm  ^,  trotzdem  spricht  er  anch  diesen  Vorwurf  ganz  allgemein 
aus;  weiteren  Kreisen  gegenüber  thaten  seine  Aenssernngen  auf 
solche  Weise  jedenfalls  mehr  Wirkung  (freilich  auf  Kosten  der 
Wahrheit),  Eingeweihtere  und  die  Angegriffenen  selbst  konnten 
das  den  einzelnen  Geltende  aussondern^.  Verkehrt  ist  es  jeden- 
falls dieser  nicht  auf  Plato    passenden  Aenssernngen  wegen  die 


1  Sophist.  251  Β ;  vgl.  Müller  a.  a.  0.  p.  22. 

^  Vgl.  Müller  a.  a.  0.  p.  18  Anm.  2.  Zycha,  Bemerkungen  zu 
den  Anspielungen  und  Beziehungen  in  der  XIII.  und  X.  Rede  des  Iso- 
krates, Progr.  Leopoldst.  Gymn.  Wien  1880,  p.  37.  Reinhardt  a.  a.  0. 
p.  25.  Blase,  A.  B.  P,  p.  75  Anm.  üeberweg,  Philologus  XXVII  (1868) 
p.  178  sq.,  dessen  Versuch,  das  Verhältniss  zwischen  Plato  u.  Isokrates 
als  ein  dauernd  leidliches  zu  erweisen  heute  völlig  veraltet  ist.  Bergk, 
Fünf  Abhdgn.  her.  v.  G.  Hinrichs  (Leipz.  1883)  p.  34. 

^  Dies  thaten  die  Eristiker  und  Antisthenes,  was  aus  Isoer.  XIII, 
4 — G  ganz  sicher  ist,  vgl.  Zycha  a.  a.  0.  p.  6. 

^  Damit  erledigen  sich  die  Anstösse,  die  Dümmler,  Akademika 
(Giessen  1889j  S.  54  und  in  veränderter  Form  in  seinen  chronol.  Bei- 
trägen p.  40  Anm.  und  auch  E.  Albrecht,  Jahresber.  d.  philol.  Vereins, 
Berlin  18i)0,  p.  28  an  dem  χρηματ(ί€σθαι  παρά  τών  νεωτέρων  (§  6) 
nehmen,  üncrfindlich  ist  mir,  wie  sie,  ohne  den  ganzen  Gedankenzu- 
sammenhang aufzugeben,  χρηματ{2^€σθαι  durch  Conjektur  ändern  oder 
den  ganzen  Satz  als  Glossem  streichen  wollen.  Dümmler  sagt  selbst 
sehr  richtig:  in  der  Helena  ist  die  Polemik  gegen  Piaton  und  An- 
tisthenes kunstvoll  mit  der  gegen  einen  Dritten  verbunden. 


Ισοκράτους  'Ελένης  έγκώμιον.  251 

Beziehung  auf  Plato  für  das  ganze  Proömium  der  Helena  in  Ab- 
rede zu  stellen  oder  um  des  'greisen'  Plato  willen  die  Ent- 
stebungszeit  der  Helena  weit  ins  4.  Jbh.  binabzurticken  ^  Denn 
auf  der  andern  Seite  nehmen  mehrere  Sätze  des  ProÖmiums  — 
von  jenem  des  ersten  Paragraphen  abgesehen  —  noch  deutlich 
Bezug  auf  Plato  und  zeigen  die  ganze  Animosität,  mit  der  Iso- 
krates  gegen  diesen  seinen  alten  Freund  und  nunmehrigen  Gegner 
zu  Felde  zieht  So  schliesst  er  im  §  5  an  die  Mahnung  von  der 
bisherigen  τ€ρθρ€ία  abzulassen  und  unter  Festhalten  an  der  Wahr- 
heit die  Jugend  zum  politischen  Leben  anzuleiten  zur  Bekräfti- 
gung zwei  allgemein  formulirte  Gnomen  an,  deren  erste:  ένθυ- 
μουμένους,  δτι  πολύ  κρεϊττόν  έστι  περί  τών  χρησίμων  επιεικώς 
boialexv  ή  περί  τών  άχρηστων  ακριβώς  έπίστασθαι  doch  un- 
zweifelhaft noch  einen  üieb  gegen  die  Sokratisch- Platonische 
έπιστήμη-Lehre  bedeutet  ^ ;  so  kann  man  unter  denen,  die  die 
unlautere,  rechtsverdrehende  Art  der  Processredner  tadeln,  selbst 
aber  mit  ihren  thörichten  und  unwahren  Lehren  ihre  Schüler 
weit  mehr  schädigen  (§  7)  ^,  wenn  wir  an  die  Ausführungen  über 
die  kläglichen  Absichten  und  Principien  der  vorhandenen  Ehe- 
toren und  über  Wesen  und  Ziele  einer  wahren  Beredsamkeit  im 
Phaidros  denken*,  äoch  wohl  nur  Plato  verstehen.  Und  selbst 
bei  Behandlung  des  eigentlichen  Themas,  des  Lobes  der  Helena, 
in  dem  sich  Isokrates  sonst  —  von  §  45  ff.,  welche  Stelle  uns  noch 
beschäftigen  wird,  abgesehen  —  von  polemischen  Anspielungen 
und  Beziehungen  frei  gehalten  hat,  sind  an  zwei  Stellen  wohl 
mit  Recht  versteckte  gegen  Plato  gerichtete  Bosheiten  vermuthet 
worden. 

Die  erste  dieser  Stellen   findet   sich  am  Sohluss  von  §  30. 
Um    den    καιρός  —  mit    das    wichtigste    aus  Isokrates  Theorie 


1  Das  erste  thaten  Bergk  a.  a.  0.,  Ueberweg  a.  a.  0.,  Natorp 
Philologus  XXXXVIII  (N.  F.  II)  1889,  p.  625,  letzteres  Zycha  a.  a.  0. 
p.  37  (natürlich  neben  andern  Gründen,  worüber  später). 

'  So  vermuthet  schon  Reinhardt  a.  a.  0   p.  36. 

δ  §  7:  τοΙς  δέ  παιδεύειν  προσποιουμένοις  ÄEiov  έπιτιμαν,  δτι  κα- 
τηγοροΟσι  μέν  τών  έπΙ  τοΙς  Ιδίοις  συμβολαίοις  έΕαπατώντων  καΐ  μή  δι- 
καίως τοΙς  λόγοις  χριυμ^νιυν,  αότοί  δ*  έκ€(νιυν  δεινότερα  ποιοΟσιν  οΐ 
μέν  γάρ  άλλους  τινάς  ^Ζημίωσαν,  ούτοι  δέ  τους  συνόντας  μάλιστα 
βλάπτουσιν. 

*  Vgl.  G.  R.  Wiechraann,  Piatonis  et  Aristotelie  de  arte  rhe- 
iorica  doctrinae  inter  se  comparatae,  Diss.  Berlin  1864,  p.  27.  S.  bes. 
Phaidros  p.  272  D  u.  p.  273  B. 


252  Muenscher 

über  die  Komposition  einer  Rede  ist  der  καιρός,  über  den  er  oft 
genug  in  den  erhaltenen  Reden  spricht;  er  zeigt  sich  damit  als 
echter  Schüler  des  Gorgias,  der  (nach  Dionys)  als  erster  πβρι 
καιρού  schrieb  —  zu  wahren,  so  erklärt  Isokrates  inmitten  seiner 
Ausführungen  über  Theseus  Thateu,  sehe  er  sich  genöthigt  damit 
aufzuhören,  doch  locke  ihn  der  noch  reichlich  vorhandene  StoflF 
andererseits  zur  weiteren  Behandlung:  Ü  αμφοτέρων  oöv  τού- 
των αίρουμαι  τα  μέν  πλείστα  παραλιπεΐν  6ιά  τους  ουσκόλιυς 
άκροωμενους,  περί  δέ  τών  δλλιυν  ώς  δν  ούνωμαι  συντομώτατα 
οΐ€λθ€Ϊν,  ϊνα  τα  μέν  έκείνοις,  τά  V  έμαυτώ  χαρίσωμαι,  και  μη 
παντάπασιν  ηττηθώ  τών  είθισμένων  φθονεϊν  και  τοις  λεγομένοις 
δπασιν  έπιτιμάν.  Zycha  (a.  a.  Ο.  ρ.  37  sq.)  hat  die  Vermuthung 
geäussert,  dass  mit  diesem  Neider  und  Tadler  aller  Redner  Plato 
gemeint  sei.  Da  wir  unzweifelhaft  dabei  an  eine  Persönlichkeit 
zu  denken  haben,  die  dem  rhetorischen  Treiben  fern  und  zugleich 
feindlich  gegenüberstand,  ist  allerdings  der  Gedanke  an  Plato, 
der  im  Gorgias  mit  seiner  Behauptung  τόν  ^ητορικόν  άόύνατον 
είναι  άδίκιυς  χρήσθαι  τή  Ρητορική  ^  eigentlich  sämmtlichen  vor- 
handenen Rhetoren  den  Namen  Rhetor  abgesprochen  und  mit  dem 
Dialoge  das  ganze  Treiben  der  sophistischen  Rhetoren  als  un- 
moralisch gegeisselt  hatte,  so  naheliegend,  dass  man  sie  kaum 
abweisen  kann. 

Dies  zugegeben,  erhält  die  andere  Beziehung  auf  Plato,  die 
Reinhardt  p.  33  für  die  Isokrateische  Helena  vermuthete,  verstärkte 
Wahrscheinlichkeit.  Bei  Besprechung  des  Parisurtheils  (§41  sqq.) 
wird  von  Isokrates  der  Gedanke  als  massgebend  für  Paris  ür- 
theil  bezeichnet,  er  habe  —  bei  der  Unmöglichkeit  den  Schön- 
heitsstreit  wirklich  zu  entscheiden  (τών  μέν  σωμάτων  ου  δυνη- 
θείς λαβείν  όιάγνωσιν  άλλ'  ηττηθείς  τής  τών  θεών  δψεως) 
nach  dem  Werthe  der  gebotenen  Gaben  zu  urtheilen  gezwungen 
(τών  οέ  οωρεών  αναγκασθείς  γενέσθαι  κριτής)  —  die  Ehe  mit 
Helena  gewählt,  um  mit  Zeus  verwandt  zu  werden  und  seinem 
Geschlechte  die  grösstraögliche  ευγένεια  zu  schaffen;  zuvor  jedoch 
wird  ausdrücklich  abgeleugnet,  dass  Paris  in  seiner  Wahl  auf 
die  ihn  erwartende  ή^ονή  Rücksicht  genommen  oder  Werth  ge- 
legt habe,  mit  den  Worten  (§  42) :  ου  προς  τάς  ήόονάς  άπο- 
βλέψας,  —  καίτοι   και  τούτο  τοις   ευ  φρονοΟσι  πολλών  αίρε- 


ι (iorgias  ρ.  Ίβΐ  Α;  Arietoteies'  Opposition  gegen  diese  Üeber- 
treibung  Piatos  bes.  Rhet.  1,  1,  1355 b  2  sqq.;  vgl.  Wiechmann  a.  a.  0. 
p.  29  sqq. 


Ισοκράτους  Ελένης  έγκώμιον.  253 

τώτερόν  έστιν,  άλλ'  δμιυς  ουκ  έπΙ  τουθ'  ώρμησεν,  άλλ'  έπεθύ- 
μηΟΓε  κτέ.  Reinhardt  vermuthete  in  diesen  Worten  einen  Seiten- 
hieb gegen  Piatons  die  Sinnenlust  gänzlich  verdammende  Lehre. 
Dann  musste  diese  aber  nothwendiger  Weise  schon  irgendwo 
schriftlich  fixirt  und  publicirt  sein.  Das  ist  sie,  wie  später  im 
Philebus,  in  älterer  Zeit  im  Gorgias.  Wir  haben  somit  zwei 
Stellen,  die  —  gegenseitig  die  Beziehung  auf  den  Platonischen 
Gorgias  stützend  —  auch  für  das  Proömium  die  Beziehung  auf 
Plato  bestätigen  und  stützen  können. 

Gehen  wir  zunächst  weiter  in  der  Betrachtung  des  Pro- 
ömiums.  Mit  §  7  war  die  Polemik  gegen  die  drei  in  §  1  auf- 
geführten Gegner,  Antisthenes,  Plato  ^  und  die  andern  Eristiker^, 
abgeschlossen.  Mit  §  8  wendet  sich  Isokrates  einer  neuen  Art 
seiner  Gegner  zu,  deren  Existenz  allerdings  den  bisher  Beleuch- 
teten gewissermassen  zur  Last  gelegt  wird.  Durch  der  Eristiker 
Thätigkeit  —  so  ist  sein  Gedankengang  —  ist  das  ψευοολογεΐν 
so  in  Schwung  gekommen,  dass  es  schon  Leute  giebt,  die  zu  be- 
haupten wagen:  ώς  ίστιν  ό  τών  πτωχευόντιυν  και  φευγόντιυν 
βίος  εηλιυτότερος  ή  τών  δλλιυν  ανθρώπων,  und  die  ihrem  Publi- 
kum zumuthen  aus  ihrer  Fähigkeit  περί  πονηρών  πραγμάτων 
zu  reden  auf  ihre  gleiche  Fähigkeit  περΊ  τών  καλών  κάγαθών 
zu  schliessen,  anstatt  von  ihrem  Können  in  der  wahren  politischen 
Beredsamkeit,  als  deren  Lehrmeister  sie  sich  doch  ausgeben,  an 
Stoffen,  in  denen  sie  alle  andern  Sophisten  als  Konkurrenten 
haben  würden,  wirkliche  Proben  und  Muster  zu  gebend  Ihr  Be- 
nehmen sei  ebenso  thöricht,  als  wenn  ein  Athlet  da  seine  Kräfte 
zeigen  wolle,  wo  niemand  anders  ihm  seinen  Ruhm  streitig  mache 


^  Die  Beziehung  auf  Plato,  die  nach  dem  bisher  Gesagten  sicher 
erscheint,  erhält  noch  eine  weitere  Stütze  dadurch,  dass  in  der  sicher 
gegen  Plato  gerichteten  Stelle  XY,  258  -  269  manches  aus  dem  Helena- 
proömium  wiederkehrt;  vgl.  F.  Dümmler,  Chronologische  Beiträge, 
Univ.-Progr.  Basel  1890,  p.  40  Anm.  a.  E.,  z.  B.  die  Erwähnung  der 
Paradoxien  der  älteren  Sophisten  X,  3  u.  XV,  268,  der  Vorwurf  der 
θαυματοποιία  X,  7  u.  XV,  269  u.  a. 

^  Mit  der  dritten  Gruppe  hatte  Isokrates  vielleicht  auch  eine  be- 
stimmte Persönlichkeit  im  Auge,  die  nur  für  uns  nicht  mehr  kennt- 
iich  ist. 

8  Dieser  wichtige  Satz  lautet  (§  9) :  ίμο\  bi  δοκεΐ  πάντων  clvai 
καταγελαστότατον  τό  διά  τούτων  τών  λόγων  ίητείν  πείθειν,  ώς  περί 
τών  πολιτικών  έπιστήμην  €χουσιν,  ilöv  αύτοίς  οΐς  επαγγέλλονται  τήν 
έπ(δ€ΐΗιν  ποΐ€ΐσθαι. 


254  Mucnscher 

(§0  —  10).  Den  Grund  fdr  dieses  Oebabren  sieht  leokrates  einzig 
und  allein  in  der  Unfähigkeit  dieser  Leute.  Für  derartiges  Oe- 
schreihsel  (τών  τοιούτων  συγγραμμάτων^)  gebe  es  nur  eine  leicht 
zu  erlernende  Manier,  während  die  κοινοί  κα\  πκττοί  και  τού- 
τοις δμοιοι  τών  λόγιυν  mannichfaltige  und  viel  grössere  Schwie- 
rigkeiten böten,  jenes  sei  eben  nur  ein  παί^Ιείν,  dies  das  (Τττου- 
baCeiv.  Denn  wenn  einer  τους  βομβυλιούς  και  τους  δλας  και 
τά  τοιαύτα  enkomi astisch  preisen  wolle,  da  habe  es  noch  nie- 
mandem an  Stoff  und  Worten  gefehlt,  aber  alle,  die  π€ρι  τών 
όμολογουμένιυν  αγαθών  ή  καλών  ή  τών  διαφερόντων  έπ'  άρ€τή 
zu  reden  versucht  haben,  hätten  nicht  ihres  Stoffes  würdig  ihre 
Aufgabe  erledigt:  ού  γάρ  της  αυτής  γνώμης  έστΙν  άΗίιυς  clireiv 
περί  έκατ^ρων  αυτών,  άλλα  τά  μέν  μικρά  ^  βάόιον  τοις  λόγοις 
ύπερβαλίσθαι,  τών  οέ  χαλεπόν  του  μεγέθους  έφικέσθαΓ  και 
περί  μέν  τών  boEav  εχόντων  σπάνιον  εύρεΐν,  δ  μηοεις  πρότερον 
εϊρηκε,  περί  6έ  τών  φαύλων  και  ταπεινών  δτι  δν  τις  τύχη 
φθεγΕάμενος,  άπαν  ϊόιόν  έστιν  (§  11  —  13). 

Von  jeher  hat  man  sich  bemüht  festzustellen,  wer  hier  die 
Lobredner  des  Lebens  der  Bettler  und  Verbannten  und  andrer- 
seits die  des  Salzes  und  der  Flasche  seien;  denn  dass  Isokratee 
ganz  bestimmte  Schriften  und  Personen  im  Auge  hatte,  konnte 
niemandem  zweifelhaft  sein,  wird  doch  von  Plato  (conv.  p.  177  B) 
eins  dieser  Enkomien,  das  βιβλίον,  έν  φ  ένησαν  δλες  ίπαινον 
θαυμάσιον  ίχοντες  προς  ώφέλειαν,  gleichfalls  erwähnt,  und  von 


^  Das  Wort  σύγγραμμα  hat  zwar  nicht  immer  tadelnden  Sinn  bei 
leokrates ;  II,  7  u.  42,  ep.  1, 5  braucht  er  es  von  seiner  eigenen  Schrift- 
stellerei,  stand  ihm  doch  kein  anderes  Substantiv  der  Art  zu  Gebote 
(γράμμα  war  nicht  so  zu  brauchen);  doch  hat  es  hier  (X,  11)  wie 
oben  (X,  2)  sicher  diese  verächtliche  Nebenbedeutung,  die  das  Verbuin 
συγγράφειν  stets  trägt,  vgl.  IX,  8  u.  XV,  14  (XVII,  52  kommt  nicht  in 
Betracht);  daher  empfiehlt  es  sich  XI,  44  u.  47  die  Lesart  der  zweiten 
Handschriften  klasse,  V,  10  die  von  Γ  aufzunehmen.  Von  seiner  Schrift- 
stellerei  braucht  Isokr.  das  Verbum  γράφειν,  ζ.  Β.  V,  83,  XV,  56.  Hier- 
nach sind  meine  Bemerkungen  Quaestiones  Isocrateae  (Göttingen  1895) 
p.  35  sq.  zu  korrigiren. 

2  Die  von  Blase  acceptirte  Streichung  von  μικρά,  von  Corais 
zuerst  vorgeschlagen,  erscheint  mir  nicht  nöthig;  wie  in  der  zweiten 
Antithese  (τών  δόΗαν  εχόντων  —  τών  φαύλων  καΐ  ταπ€ΐνών)  verlaugt 
man  auch  in  der  ersten  in  beiden  Gliedern  eine  Gradbestimmung.  Die 
Wahl  des  Verbums  έφικέσθαι  verhindert  nur,  dass  die  Antithese  ganz 
scharf  zum  Ausdruck  kommt. 


Ισοκράτους  'Ελένης  έγκώμιον.  255 

Aristoteles  aus  dem  Lobe  des  Bettler-  und  Verbanntenlebens  ein 
Gedanke  mitgetheilt  ^.  Der  Stoff  dieses  letzteren  Enkomions, 
kynischen  Gedanken  verwandt,  Hess  natürlich  zunächst  an  Ky- 
niker,  also  an  Antisthenes  als  seinen  Verfasser  denken*.  Trotzdem 
ist  die  Vermuthnng  sicher  falsch:  wir  sahen,  dass  Isokrates  seine 
von  §  8  an  angegriffenen  Gegner  in  einen  gewissen  Gegensatz  zu 
den  vorher  angegriffenen  Eristikern  stellt,  diese  neuen  Gegner  ge- 
wissermassen  als  Schüler  der  Eristiker,  als  Schüler,  die  ihre 
Meister  an  Thorheit  noch  übertreffen,  hinstellt:  folglich  sind  es 
nicht  dieselben  Leute,  d.  h.  Antisthenes,  der  ja  zu  den  erster- 
wähnten Eristikern  gehörte,  kann  nicht  der  Verfasser  jenes  En- 
komions sein.  Aus  dem  gleichen  Grunde  ist  auch  die  Beziehung 
der  εγκώμια  βομβυλιαιν  und  όλων  auf  Antisthenes,  die  von 
A.  Müller  behauptet  wurde',  unmöglich,  abgesehen  davon,  daes 
der  Antisthenische  Protreptikus  doch  ein  sokratischer  Dialog*, 
kein  Enkomion,  schon  deshalb  also  an  ihn  hier  sicherlich  nicht 
zu  denken  war^ 

Ehe  wir  die  weiteren  Deutungsvereuohe  betrachten,  sehen 
wir  zu,  was  aus  Isokrates  eigenen  Worten  über  die  beiden  Ver- 
fasser der  betr.  Enkomien  zu  entnehmen  ist.  Zunächst  scheint 
sich  mir  als  wahrscheinlich  zu  ergeben,  dass  alle  die  erwähnten 
Enkomien  von  einem  einzigen  Verfasser  herrührten.  Dieselbe  Ge- 
genüberstellung zwischen  dem  Lobredner  des  Bettlerlebens  und 
den  nach  Isokrates  Meinung  einzig  wahren  und  echten  Sophisten, 
die  in  den  §§  8 — 11  vorliegt,  wird  in  §  12  festgehalten,  nur  tre- 
ten die  Lobredner  τών  άλών  καΐ  βομβυλιών  an  Stelle  der  vor- 


^  Rhet.  II  24,  1401b  25  sqq.:  βτι  έν  τοΙς  ΐ€ροΐς  οί  πτωχοί  καΐ 
^boucTi  καΐ  όρχοΟνται,  καΐ  δτι  τοΙς  φυγάσιν  Κεστιν  οίκείν  δπου  άν  θέ- 
λωσιν  ΟΤΙ  γάρ  τοΙς  δοκοΟσιν  €ύδαιμον€Ϊν  ύπάρχ€ΐ  ταΟτα,  καΐ  οΐς  ταΟτα 
υπάρχει,  6oSat€v  Αν  €ύδαιμον€ΐν. 

^  So  Useoer,  quaestiones  Anaximeneae  (Göttingen  1856)  ρ.  9, 
Müller  a.  a.  0.  p.  18,  Anm.  2.  Die  Beziehung  auf  des  Diogenes' 
πτωχός  (D.  L.  VI,  80),  von  Teichmüller  Lit.  Fehden  II  S.  248  Anm. 
vorgetragen,  verbietet  sich  schon  durch  das  Zeitverhältniss. 

^  a.  a.  0.  p.  18  Anm.  2,  und  schon  vor  ihm  Winckelraann,  An- 
tisthenis  fragm.  (Zürich  1842)  p.  21  Anm. 

*  Sein  Titel  war  π€ρΙ  δικαιοσύνης  καΐ  άνδρ€(ας  προτρεπτικός 
πρώτος,  δεύτερος,  τρίτος,  sein  Inhalt  ist  aber  nicht  näher  bestimmbar, 
s.  Müller  a.  a.  0.  p.  45;  Diogenes  Laert.  (VI,  1)  bemerkte  darin  be- 
sonders, wie  in  der  αλήθεια,  Gorgianischen  Stil. 

^  Die  Erwähnung  des  βομβυλιός  im  Protrepticus  (PoUux  Onom. 
VI,  IG,  98.  X,  19,  08.  Athen.  XI,  784  b)  war  eben  eine  zufällige. 


25G  Muenscher 

ber  erwähnten  Enkomienscbrei  her.  Nea  hinzu  kommt  die  un- 
verschämte Wendung,  dass  von  den  mit  Ernst  um  würdige  Stoffe 
bemühten  Rhetoren  noch  keiner  seine  Aufgabe  wirklich  erfüllt  habe 
—  dies  also  erst  von  Isokrates  zu  leisten  sei.  Den  letzten  Gedanken 
als  σημείο V  für  den  vorigen  anzuführen  hat  doch  eigentlich  nur  Sinn, 
wenn  die  Verfasser  von  sämmtlichen  Lobreden,  auf  die  Bezug  ge- 
nommen wird,  identisch  sind,  die  Lobreden  also  überhaupt  einen 
Verfasser  haben.  Mindestens  aber  ist  es  nicht  auegeechloesen, 
dass  an  beiden  Stellen  dieselbe  Person  gemeint  ist.  —  Das  zweite, 
wichtigere  und  unumstösslich  sichere,  was  wir  aus  Isokratee  Worten 
herauslesen,  ist,  dass  der  Gegner  in  §  8  sqq.  ein  Sophist  bez. 
Khetor  ist,  der  in  seinem  in  Buchform  veröffentlichten  oder  auch 
nur  mündlich  vorgetragenen  επάγγελμα  die  επιστήμη  περί  τών 
πολιτικών  (λόγων),  wie  es  Isokratee  ausdrückt,  zu  lehren  ver- 
sprochen hat  (siehe  die  p.  253  Anm.  3  citirte  Stelle  aus  §  9).  Macht 
doch  eben  deshalb  Isokrates  noch  besonders  dem  betreffenden  sein 
έγκώμιον  του  τών  πτωχευόντων  και  φευγόντιυν  βίου  zum  Vor- 
wurf, weil  es  gar  nicht  seinen  im  επάγγελμα  gegebenen  Ver- 
sprechungen entspreche,  keine  έπίοειΕις  zum  επάγγελμα  sei,  son- 
dern dadurch  den  Lesern  zugemuthet  werde,  aus  der  Hede  über 
einen  thörichten  und  schlechten  Stoff  zu  schliessen  auf  seine  Fähig- 
keit, auch  über  ein  vernünftiges  Thema  eines  wirklichen  πολιτι- 
κός λόγος  sprechen  zu  können. 

Erinnern  wir  uns  nun,  dass  es  heute  fast  allgemein  anerkannt 
ist,  dass  Isokrates  in  der  Sophistenrede  mit  der  zweiten  Gruppe 
seiner  Gegner,  τοις  τους  πολιτικούς  λόγους  ύπισχνουμένοις  den 
Alkidamas  gemeint  hat  ^,  so  werden  wir  auch  hier  in  der  Helena 
geneigt  sein  unter  denen,  die  Ζητεϊν  πείθειν,  ώς  περί  τών  πολιτι- 
κών έπιστήμην  έχουσιν  den  Alkidamas  zu  verstehen. 

Diese  Beziehung  auf  Alkidamas  wird,  wie  mir  scheint,  zur 
Gewissbeit  erhoben  dadurch,  dass  für  §  8  wie  für  §  9  von  ver- 
schiedenen Gelehrten  auf  Alkidamas  als  den  Verfasser  der  betr. 
Knkomien    selbständig  aus    andern   Gründen  geschlossen    worden 


^  Nach  Vahlen,  Der  Rhetor  Alkidamas,  Sitzungsber.  der  phil.• 
bist.  Cl.  d.  Kais.  Akad.  d.  Wies,  zu  Wien  1863  p.  513  sqq.  und  Rein- 
hardt a.  a.  0.  p.  IH  hat  dies  zuletzt  gut  aufgezeigt  Zycha  a.  a.  0. 
p.  13  sqq.  Zugestimmt  hat  E.  Albrecht,  Jahresber.  1885  p.  82  eqq.f 
ebenso  halt  Teichmüller,  L.  F.  I  an  der  Beziehung  auf  Alkidamas  fest 
neben  unannehmbaren  Nebenbeziehungen  auf  Piaton  und  Xenophon 
(β.  Albrecht  a.  a.  0.  p.  88  sqq.);  nur  Blass  II^  p.  348  Anm.  8  will 
hierin  nicht  folgen. 


Ισοκράτους  'Ελένης  έγκώμιον.  257 

den  ist.  Die  βομβυλιοί  and  &λ€ς  schrieb  bereite  SpengeP  dem 
Alkidamas  zu,  ihm  folgte,  wenn  auch  zweifelnd,  Reinhardt ^ 
fassend  auf  der  Tradition,  dass  Alkidamas  παράοοΕα  behandelte^, 
deren  bekanntestes  sein  εγκώμιο  ν  θανάτου  war;  und  das  Buch, 
das  den  βίος  der  Bettler  und  Verbannten  pries  (der  Titel  war 
ja  jedenfalls  anders,  Isokrates  bezeichnet  nur  den  ihm  am  para- 
doxesten erscheinenden  Gedanken  daraus),  wies  Zycha  ^  auf  Grund 
derselben  Stelle  des  Rhetors  Menander  gleichfalls  dem  Alkidamae 
zu,  sei  es,  dass  diese  von  Isokrates  herausgegriffene  Paradoxie 
im  έγκώμιον  θανάτου  selbst  stand  \  wie  Zycha  meint,  sei  es,  dass 
eie  bei  Ausfuhrung  irgend  eines  andern  paradoxen  Themas  von 
Alkidamas  angebracht  wurde.  Da  auf  diese  Weise  unsere  Schlüsse 
aus  dem  Isokratestexte  mit  den  anderweitig  begründeten  Vermu- 
tbungen  zusammentreffen,  dürfen  wir  wohl  als  gesichertes  £rgeb- 
niss  hinstellen,  dass  Isokrates  in  den  §  8 — 13  seiner  Helena  aus- 
•chliesslich  gegen  Alkidamas,  den  Lehrer  politischer  Beredsamkeit, 
nnd  damit  Hauptgegner  auf  Isokrates  eigenstem  Gebiete  kämpft, 
dem  auch  die  von  Isokrates  hier  citirten  3  Schriften,  die  erste 
enthaltend  das  Lob  des  βίος  τών  ΤΓΓίυχβυόντιυν  καΐ  φ€υτόντιυν, 
sowie  die  beiden  Enkomien  auf  die  βομβυλιοί  und  αλ€ς,  zu- 
zuschreiben sind. 

Es  erübrigt  nur  noch  die  von  mehreren  Seiten  vorgeschla- 
gene Deutung  auf  Polykrates  abzuweisen. 

Ausgesprochen  wurde  diese  für  §  8  von  Blass®,  für  §  12 
nach  einer  zweifelnden  Vermuthung  Reinhardts^  von  Sauppe^, 
gebilligt  von  Blass^.  Doch  ist  zur  Begründung  von  niemandem 
etwas  anderes  beigebracht  worden,  als  dass  Polykrates  anscheinend 
bei  seiner  sophistisch-rhetorischen  Thätigkeit  stets  sich  alberne  oder 


^  Spengel,  συναγωγή  τεχνών  (Stuttgart  1828)  ρ.  174. 

2  a.  a.  0.  p.  21. 

8  Menandros,  Rh.  Gr.,  Spengel  III,  346  =  Walz  IX  p.  1G3,  1 : 
παράδοΕα  δέ  οίον  Άλκιδάμαντος  τό  τοΟ  θανάτου  έγκώμιον  κτέ. 

*  a.  a.  Ο.  ρ.  34  sq. 

^  Passend  weist  Zycha  darauf  hin,  duss  Cicero  Tusc.  I,  48,  IUI 
den  Inhalt  dieser  Schrift  als  ein  enumeratio  humanorum  malorum  be- 
zeichnet, und  vergleicht  damit  Isokrates'  Wort  §  10:  τ(ς  γάρ  άν  τών 
€Ö  φρονούντων  συμφοράς  έπαιν€ΐν  επιχειρήσεων. 

β  112  ρ.  371  Anm.  1. 

'  a.  a.  Ο.  ρ.  21. 

«  Ογγ.  Att.  ρ.  222. 

»  a.  a.  Ο.  ρ.  οίο. 

Bhein.  Μα»,  f.  Philol.  Ν.  F.  LIV.  17 


258  Muenscher 

paradoxe  Themen  wählte  oder  sie  wenigstene  paradox  behandelte  ^ 
man  ihm  also  auch  die  hier  von  Isokrates  erwähnten  Paradoxien 
wohl  zutrauen  könne.  Das  ist  gegenüber  den  für  Α  Ikidamas  spre- 
chenden Instanzen  doch  zu  wenig.  Ueberdies  glaube  ich  thut 
man  diesem  Poljkrates,  der  gar  nicht  einmal  in  Athen  selbst  sein 
Wesen  trieb,  wohl  zu  viel  Ehre  an ,  wenn  man  neben  der  voll- 
ständigen Abführung,  die  Isokrates  ihm  im  Busiris  zu  Theil 
werden  liess,  —  mag  dieser  nun  der  Helena  voraufgegangen  sein 
oder  ihr  folgen  —  noch  anderweitige  Spuren  einer  Polemik  gegen 
ihn  in  den  Isokrateischen  Schriften  sucht.  Nicht  einmal  der  An- 
griff des  Polykrates  auf  seine  Helena  —  den  man  doch  als  Re- 
plik auf  den  Isokrateischen  Busiris  auffassen  muss  —  hat  den 
Isokrates  zu  einem  neuen  Ausfall  bewogen:  inzwischen  mochte 
er  seinen  Panegyrikus  verfasst  haben  oder  wenigstens  schon  an 
ihm  arbeiten,  damit  war  ein  Polykrates  für  ihn  kein  Konkurrent 
mehr.  Doch  von  Anfang  an  bedeutete  wohl  Polykrates  nicht  viel 
in  der  Rhetorenzunft;  dass  Aristoteles  ihn  in  der  Rhetorik  zweimal 
mit  Namen  citirt,  diesen  Ruhm  theilt  er  mit  manch  anderem  uns 
sonst  kaum  bekannten  Rhetor,  und  daraus  auf  seine  Bedeutung 
schliessen  zu  wollen,  ist  nicht  angängig,  und  die  von  Sanppe  ver- 
fochtene  Autorschaft  des  Polykrates  für  den  mehrfach  von  Aristo- 
teles namenlos  erwähnten  Alexandres  ist  ganz  unbewiesen  und 
unbeweisbar^.  Nur  seine  Anklage  gegen  Sokrates  erregte  in 
den  Kreisen  der  Sokratiker  —  nicht  der  Rhetoren  —  Unwillen 
und  fand  deshalb  mehr  Beachtung.  Der  Busiris,  in  dem  Isokrates 
den  Polykrates  beinahe  wie  einen  Schulbuben  abkanzelt,  noch 
dazu  mit  Nennung  des  Namens ,  welche  Abweichung  von  seiner 
sonstigen  Art  ohne  Namensnennung  zu  polemisiren  Isokrates  be- 
sonders motivirt  hat*,  mochte  veranlasst  sein  durch  das  Bestre- 


1  Vgl.  Blase  na  p.  367  £F. 

2  Rhet.  II,  24,  1401a  34  und  1401b  15. 

^  Vgl.  Blase  11*  p.  371  Anm.  2.  Damit,  dass  Aristoteles  den 
Polykrateischen  Alexandres  sogar  ohne  Namen  des  Verfassers  öfters 
citirt  habe,  sucht  Dümraler,  Chronol.  Beitr.  p.  39,  den  Polykrates  als 
einen  'keineswegs    un verächtlichen  Gegner*  für  Isokrates    hinzustellen. 

*  So  fasse  ich  die  Worte  in  §  2  auf:  ταΟτα  δ*  ψήθην  χρήναι 
σοΙ  μέν  έπιστείλαι,  προς  δέ  τους  δλλους  ώς  οΤόντε  μάλιστ'  άποκρύψασθαι; 
sie  lassen  den  Busiris  als  einen  wirklichen  Privatbrief  erscheinen,  in 
einem  solchen  musste  natürlich  der  Adressat  angeredet  werden.  Trotz- 
dem wurde  selbstverständlich  die  Schrift  sofort  publicirt,  als  ofifener 
Brief  an  Herrn  Polykrates. 


Ισοκράτους  'Ελένης  έγκώμιον.  259 

ben,  den  Polykrates  am  Tyrannenbofe  in  Kypros,  bei  Enagorae  \ 
nicht  erst  zu  Anseben  kommen  zu  lassen. 

Im  Gegensatz  zu  allen  den  im  vorhergebenden  aus  dem 
gleichen  Grunde  —  der  verkehrten  Stoffwabl  —  angegriffenen 
und  getadelten  Gegnern  lobt  Isokratee  im  §  14  τόν  γράψαντα 
π€ρι  της  Ελένης:  dies  sei  ein  der  Behandlung  würdiger  StofiP. 
Doch  sei  anch  diesem  Enkomiasten  der  Helena  etwas  entgangen: 
statt  die  Helena  zu  loben,  habe  er  eine  Vertbeidigung  für  sie 
geschrieben,  eine  απολογία,  aber  kein  έγκώμιον,  das  er  doch  ver- 
fiprocben  bez.  beabsichtigt  habe.  Dies  bestätigt  also  nur  den  schon 
vorher  (§  12)  ausgesprochenen  Gedanken,  dass  noch  keiner  von 
den  um  wahrhaft  edle  Stoffe  bemühten  Rhetoren  seine  Aufgabe 
wirklich  erfüllt,  seines  Stoffes  würdig  gesprochen  habe.  Dies 
veranlasst  den  Isokrates  nun  seine  Kunst  zu  zeigen,  er  will  gleich- 
falls über  die  Helena  schreiben  und  dabei  seinen  vorher  (§  13) 
aufgestellten  Grundsatz  befolgen,  nichts,  was  schon  andere  gesagt, 
zo  wiederholen  (§  15).  Hierauf  beginnt  das  eigentliche  έγκώμιον 
Ελένης. 

In  alter  und  neuer  Zeit  hat  man  sich  gemüht,  den  Verfasser 
des  Enkomions  auf  Helena,  das  Isokratee  vorlag  und  ihn  nach 
eigner  Angabe  zur  Abfassung  seiner  Helena  veranlasste,  ausfindig 
zu  machen.  Der  Verfasser  der  Hjpothesis  zur  Isokrateischen  He- 
lena kennt  drei  Ansichten  über  diese  Frage.  Die  erste  hält  eben 
jenen  Polykrates,  den  Verfasser  des  Busiris,  auch  für  den  Autor 
der  betr.  Helena.  Doch  lehnt  die  Hypothesis  selbst  dies  ab,  mit 
der  Begründung,  dass  umgekehrt  Polykrates  gegen  die  Helena  des 
Isokrates  geschrieben  habe,  eine  Angabe,  der  zu  misstrauen  wir 
keine  Veranlassung  haben.  Die  beiden  andern  Ansichten,  die  die 
Hypothesis  berichtet,  sind  auch  noch  heute  die  von  der  Gelehrten- 
welt vertretenen.  Die  erste,  zu  der  sich  der  llypothesisschreiber 
jedenfalls  nach  anderer  Vorgang  bekennt,  bezeichnet  den  Gorgias, 
die  zweite,  für  die  ein  ganz  unbekannter  und  unbestimmbarer  Ma- 
chaon'  in  der  Hypothesis  als  Gewährsmann  genannt  wird,  den 
Anaximenes  als  den  von  Isokrates  übertroffenen  Autor. 

Um  zwischen  diesen  beiden  Ansichten  eine  Entscheidung  zu 
treffen  oder  der  drittens  möglichen  und  natürlich  auch  vertretenen. 


^  Unter  dessen  Regierung  (er  starb  374)  fällt  doch  sicher  noch 
der  Busiris,  nicht  die  des  Nikokles.  Dass  Dümmler  a.  a.  0.  den  Bu- 
siris in  die  Zeit  der  Nikoklesreden  herabrücken  will,  ist  ganz  ohne  Grund, 

2  Vgl.  Keil  Anal.  Isoer.  (1885)  p.  9  Anm. 


260  Mueneoher 

die  das  non  liqaet  über  diese  Frage  ansspricht,  sich  anznechlieseen, 
ist  es  nofbwendig  zuvörderst  festznstellen ,  was  sich  unabhängig 
von  diesen  Fragen  über  die  Abfassungszeit  der  Isokrateischen 
Helena  ermitteln  läset. 

Bei  dem  Mangel  an  direkten  historischen  Angaben,  die 
eine  zeitliche  Fixirung  ermöglichten,  müssen  uns  die  litterarischen 
Beziehungen,  die  wir  zum  Theil  schon  betrachtet  haben,  als  Kri- 
terien dienen.  Antistbenes,  Plato  und  Alkidamas  waren  die  drei 
uns  erkenntlichen  Gegner  des  Proömiums.  Gegenüber  der  um 
390  edirten  Sophistenrede,  die  eine  dreitheilige  Polemik  gegen 
Antisthenes,  Alkidamas  und  die  rhetorischen  Technographen  dar- 
stellt ^  erscheint  hier  als  neuer  Gegner  Piaton*.  Die  Sophisten- 
rede giebt  also  zunächst  einen  sichern  terminus  post  quem  für  die 
Helena. 

Der  Grund  für  das  veränderte,  nunmehr  feindliche  und  ge- 
reizte Auftreten  des  Isokrates  in  der  Helena  gegen  Plato  war  ja, 
wie  wir  annehmen  dürfen,  das  Erscheinen  des  Platonischen  Phai- 
dros ,  nach  dem  Isokrates  trotz  des  am  Schluss  ihm  ertheilten 
Lobes,  unmöglich  noch  irgendwie  freundliche  Gesinnungen  gegen 
Plato  hegen  konnte ;  sprach  doch  dieser  ihm  eigentlich  alle  Existenz- 
berechtigung darin   ab^.     Der  Phaidros  geht  jedenfalls  der  Iso- 


^  Dass  Plato  bereite  in  der  Sophistenrede  angegriffen  warde,  wie 
Bonitz  annahm,  bedarf  heute  keiner  Widerlegung  mehr.  Die  Beziehung 
auf  Antisthenes  wird  neuerdings  bestritten  von  E.  Holzner,  Piatos 
Phaedrus  und  die  Sophistenrede  des  Isokrates  (Prager  Studien  a.  d. 
Geb.  der  klass.  Alterthumsw.  Heft  IV,  1894)  p.  32  sqq. 

3  Isokrates  fühlt  sich  noch  ziemlich  eins  mit  Plato  und  nur  leise 
sucht  er  dessen  Urtheil  über  die  Rhetorik  (im  Gorgias)  abzuschwächen ; 
so  hat  E.  Horneffer^  De  Hippia  maiore  qui  fertur  Piatonis  (Dies.  Göt- 
tingen 1895)  p.  66  Anm.  das  Verhältniss  von  Isoer.  XIII,  17  (ψυχής 
ανδρικής  καΐ  6οΕαστικής)  zu  Plato  Gorg.  463  Β  (ψυχής  στοχαστικής  καΐ 
ανδρείας)  richtig  beleuchtet.  Dümmler,  Chronol.  Beitr.  ρ.  7  wollte  in 
ungenügender  Weise  den  Gleichlaut  beider  Stellen  aus  beiderseitiger 
Rücksichtnahme  auf  einen  Gorgianischen  Ausdruck  erklären. 

3  Ich  verweise  auf  die  eben  angeführte  schöne  Arbeit  Holzners, 
Useners  Ausführungen  über  das  Zeitverh'altniss  von  Phaidros  und  So- 
phistenrede (Rhein.  Mus.  1880,  p.  131 — 151,  denen  noch  folgen  E.  Rohde 
in  seiner  Reccnsion  v.  Bergks  5  Abhdgn.  in  d.  Göttinger  gel.  Anz. 
1884,  Bd.  1  p.  17,  Albrecht,  Jahresber.  1885,  p.  18  sq.,  Dümmler, 
Chronol.  Beitr.  p.  41  sq.)  dürfen  heute  als  überwunden  gelten;  auch 
V.  Wilamowitz  setzt  jetzt  den  Phaidros  hinter  die  Sophistenrede,  vgl. 
Hermes  XXXII,  1897,  p.  102. 


Ισοκράτους  Ελένης  έγκώμιον.  261 

krateischen  Helena  voran  und  ist  deren  Voraussetzung:  zur  Er- 
läuterung des  Proömiums  haben  wir  ihn  also  mit  Recht  herange- 
zogen. Im  Einklang  hiermit  stehen  die  andern  Beziehungen  der 
Helena  auf  Plato  und  seine  Dialoge  Protagoras  und  Gorgias'. 

Piatos  Antwort  auf  die  Isokrateische  Anfeindung  durch  das 
Proöminm  der  Helena  und  seine  vernichtende  Kritik  über  die 
ganze  Tendenz  der  Helena,  die  zugleich  mit  der  herben  Abweisung 
des  mit  so  grossem  Fleisse  ausgearbeiteten  Panegyrikus  im  Staate 
vorliegt  und  wie  mir  scheint  überzeugend  von  Teichmtiller^  und 
Dümmler^  klargelegt  worden  ist,  der  wahrscheinlich  die  allgemein 
gehaltene  Persiflage  am  Schlüsse  des  Euthydem  voraufging*,  giebt 
uns  einen  terminus  ante  quem  für  die  Abfassung  der  Helena, 
der  indessen  nur  geringen  Werth  hat,  wegen  der  Unsicherheit  der 
zeitlichen  Ansetzung  des  Staats*  wie  des  Euthydem•.     Wichtiger 


^  Der  Phaidros  setzt  seineraeits  den  Gorgias  voraus,  vgl.  Natorp, 
Philolog.  48  (N.  F.  II)  1889  p.  431  sq.,  Dümmler  a.  a.  0.  p.  44  u. 
p.  1  sqq.,  wo  Sudhaus  (Rhein.  Mus.  44,  p.  52  sqq.)  Datirung  des  Gor- 
gias auf  das  Jahr  376  widerlegt  wird,  vgl.  auch  Homeffer  a.  a.  0. 

2  Litter.  Fehden  I,  p.  113. 

5  Chronol.  Beitr.  p.  10  sqq.  für  den  Panegyrikus,  p.  13  ff.  u. 
Akademika  p.  52  ff.  für  die  Helena.  Die  Replik  im  Staate  VI 
p.  487b  sqq.  beweist  mit  ihren  hier  und  da  wörtlichen  Anlehnungen 
zur  Genüge,  dass  Plato  das  Helenaproöroium  wirklich  auf  sich  bezog, 
die  gegebene  Deutung  also  dadurch  jedem  Zweifel  enthoben  wird; 
vgl.  bes.  Hei.  5  π€ρΙ  τών  άχρηστων  ακριβώς  έπίστασθαι,  β  οΐ  μηδέ 
ττρός  ?ν  χρήσιμοι  τυγχάνουσιν  δντες  (λόγοι).  Polit.  VI  487  Ε  οος  άχρη- 
στους όμολογοΟμ€ν  αόταΐς  €Τναι,  489  Β  κοί  δτι  τοίνυν  τάληθή  λέγ€ΐ 
(leocrates),  ώς  άχρηστοι  τοΐς  πολλοίς  οΐ  επιεικέστατοι  τών  έν  φιλοσοφίςι 
α.  β.  W.  Was  Wendland  in  seiner  Recension  von  Dümmlers  Akad. 
(Berl.  Phil.  Wochenschr.  1890,  X,  Sp.  6)  gegen  die  Beziehung  der  an- 
geführten Platostelle  speciell  auf  das  Helenaproömium  anfuhrt  (dass 
nämlich  ähnliches  sich  in  der  Antidosis  und  im  Panathenaikus  findet), 
ist  bereits  von  Dümmler  Chronol.  Beitr.  S.  40  Anm.  abgewiesen  worden. 

^  Dass  der  Euthydem  erst  auf  Isokrates  Helena  folgen  kann, 
also  nicht  die  unmittelbare  Replik  auf  die  Sophistenrede  darstellt,  wie 
man  ziemlich  allgemein  anzunehmen  geneigt  war  (so  noch  Teichmüller, 
Litt.  Fehden  I  p.  51  u.  II 244  sqq.  Dümmler,  Chronol.  Beitr.  p.  41  sq.), 
da  eben  das  verhältnissmässig  günstige  Urtheil  im  Phaidros  durch  die 
Sophistenrede  direkt  hervorgerufeu  wurde,  hat  Natorp  ,im  Philologus 
a.  a.  0.  p.  625  ausgesprochen. 

^  Es  kommt  da  namentlich  das  Verhältniss  zu  den  Nikoklesreden 
in  Betracht;  auch  Dümmlers  Ausführungen  a.  a.  0.  p.  27  sqq.  geben 
hierüber  noch  keine  Sicherheit. 

*  Andere    Platonische   Dialoge    kann    man    nicht    heranziehen 


262  Muensoher 

ist,   dass    sich    auch    der    feststehende  Paoegyrikus  als  terminos 
ante  quem  für  die  Helena  erkennen  läset. 


Dümmlers  Hypothese  (Akad.  p.  55  sqq.),  im  grösseren  Hippias  'fertige 
Ρ  lato  die  Ansprüche,    welche  Isokrates  auf  Philosophie  erhob,  auf  das 
gründlichste  und  energichste  ab*,    ist    in  ihrer  völligen  Grundlosigkeit 
und  Unmöglichkeit    erwiesen    von  Hornefifer  a.  a.  0.  p.  60  sqq. ;    seine 
Arbeit  erweist  in  überzeugender  Weise  den  Hippias  maior   überhaupt 
als  Machwerk  eines  Falsarius,  zum  gleichen  Resultate  kommt  J.  Bruns, 
Das   litterarische    Porträt   der   Griechen  (Berlin  1896)  p.  347  sqq.     In 
das  Jahrzehnt  von  ίί90— 380  soll  auch  der  Menexenos  fallen.   P.  Wend- 
land (Die  Tendenz    des  Platonischen  Menexenus,    Hermes  XXV,    1890, 
p.  171  ff.)  hat   direkt    ausgesprochen  (daselbst  p.  180),  dass  Plato  mit 
dem  Menexenus    in  die  Arena  herabgestiegen   sei   und  einmal  mit  den 
Waffen  der  Rhetoren  habe  streiten  wollen,  um  deren  Vorwurf,  sein  ab- 
schätziges Urtheil  über  die  Rhetorik  stamme  nur  von  seiner  Unfähig- 
keit, auf  diesem  Gebiete  etwas  zu  leisten  (dabei  erinnert  Wendland  an 
die  Isoer.  Hei.  7—10  gegebene  Mahnung,  die  nach  unserer  Auffassung 
hauptsächlich  an  Alkidamns,    daneben    natürlich   auch  an  die  übrigen 
Paradüxographeu    mit   gerichtet  ist)    zu    entkräften.     Das    wäre    auch 
wirklich  die  einzige  Absicht,  von  der  aus  die  Abfassung  des  Menexenos 
durch  Plato  erklärlich  erscheinen  könnte,   ist  doch  der  ganze  Ton  der 
Sokratischen    Leichenrede    ein    ernsthafter,   gar   nicht   parodisch  (vgl. 
Bruns  a.  a.  0.  p.  357)  — ,    wenn  es  eben  nicht  ein  ganz  unglaublicher 
Gedanke  wäre,  Plato,    der  schon  an  seinem  Staate  arbeitete  und  darin 
seine  Verachtung  selbst  eines  Isokratischen  Panegyrikus  so  unumwunden 
zu  Tage   treten    Hess,    habe   auch    nur    um    die  Rhetoren    mit    seinem 
Gegenstück  zu  verhöhnen  auf  ihrem  eigenen  Gebiete  mit  ihnen  zu  kon- 
kurriren  für  seiner  würdig    gehalten.     Die  Beziehungen,    die    man   im 
Panegyrikus    auf   den  Menexenos    hat    finden  wollen  (Dümmler,  Akad. 
p.  25  Anm.  1  und  Weodland  p.  178),    sind    denn  auch  ganz  hinfallig; 
weder   entschuldigt    Sokrates    seinen    möglicherweise    unvollkommenen 
Vortrag  mit  der  Bemerkung,    dass   er  extemporire,    im  Gegentheil  er- 
klärt er  oύbέ  αύτοσχ€διά2€ΐν  τάγε  τοιαΟτα  χαλεπόν  (Men.  235  ED),  noch 
tadelt    er  Athen    wegen  seiner  allezeit  hilfsbereiten  Mitleidigkeit,    son- 
dern stellt  nur  solchen  Tadel   als  möglich  hin  (p.  244  E),    folglich  be- 
zieht  sich  Isoer.  Panegyr.  13  und  53  keineswegs  auf  diese  Menexenos- 
stellen.     Neuerdings  hat  K.  Lüddecke  im  Rhein.  Mus.  1897,  p.  628— (>;V2 
Beziehungen  zwischen  Isokrates  Lobrede  auf  Helena  und  Piatons  Sym- 
posion zu  entdecken  gemeint,    doch    kann   ich  seinen  Ausführungen  in 
keiner  Weise    beistimnien.     Wenn    Lüddecke    zunächst   behauptet,    die 
Agathonrede  sei    auf  Isokrates  und  nicht  sowohl   Gorgias  zu   beziehen, 
so  ist  das  vollständig  aus  der  Luft  gegriffen  und  unmöglich;  Agathon 
redet  Gorgianisch,  nicht  Isokrateisch  ;  zum  üeberfluss  sagt  ja  Sokrates 
(198  C)  καΐ  γάρ  μ€  Γοργίου  ό  λόγος  άν€μ(μνησκ€ν  κτλ.,  wie  soll  man  da 
an  Isokrates  denken?  Solche  Pasticci,  sagt  Spiro  in  der  Recension  des 


Ισοκράτους  Ελένης  έγκώμιον.  263 

£θ  ist  eine  der  zahlreichen  schönen  Entdeckungen  Reinhardts, 
dass  Alkidamas  Flugschrift  gegen  die  Verfasser  geschriebener  Re- 
den vor  Isokrates  Panegyrikus  publicirt  ist  (da  letzterer  auf  jene 
Bezug  nimmt)  ^  und  eine  Entgegnung  darstellt  auf  dielsokrateisohen 
Angriffe  in  der  Sophistenrede;  Alkidamas  Rede  fällt  also  zwi- 
schen Isoer.  XIII  und  IV,  d.  h.  in  das  Decennium  von  390—380^. 

erwähnten  Bruns^schen  Werkes  (Deutsche  Lit.-Ztir.  1897,  Sp.  1730  ff.) 
sehr  richtig,  sind  der  antiken  Kunst  fremd.  Ganz  ohne  Belang  ist  aber 
auch  alles  übrige,  was  L.  zur  Stützung  seiner  Hypothese,  Plato  be- 
kämpfe im  Symposion  das  Isokrateiscbe  Helenaproömium,  beibringt. 
Was  Plato  198  D— Ε  über  die  Wahrheit  äussert,  gilt  allen  Rhetoren 
gleichermassen,  nicht  dem  Hclenaproömium,  das  übrigens  selbst  der 
*  Wahrheit*  zu  folgen  ermahnt;  eigenes  ψ€ύ5€σθαι  gesteht  Isokrates  nur 
im  Busiris  selbst  ein.  Unerfindlich  ist  mir,  wie  man  218  £  bei  boSa 
daran  denken  soll,  dass  Isokrates  nur  böla,  nicht  επιστήμη  für  möglich 
erklärte,  oder  wie  einem  bei  dem  210  D  erwähnten  έπιτήδ€υμα  §v 
Isokrates  Rhetorik  in  den  Sinn  kommen  soll.  Ebenso  ist  es  doch  Will- 
kür daraus,  dass  beide,  Isokrates  und  Piaton,  das  Verhältniss  des 
εραστής  zum  έρώμ€νος  als  eine  δουλεία  kennzeichnen  (Hei.  57.  Symp. 
184  C),  oder  des  ίρως  Wirken  mit  dem  Bilde  der  Jagd  versinnbild- 
lichen (Hei.  5^),  wo  freilich  nur  der  kurze  metaphorische  Ausdruck  sich 
findet:  dcl  bi  μετά  τέχνης  άλλ'  ού  μετά  βίας  θηρώμενος  φαίνεται  τήν 
φύσιν  τοιαύτην  seil,  καλήν,  Symp.  205  D),  auf  gegenseitige  Abhängigkeit 
zu  schliessen,  letzteres  Bild  ist  ganz  allgemein  gebräuchlich,  vgl.  Plato 
Protag.  309  A.  Sophist.  222  D.  Xenoph.  Memorab.  I,  2,  24.  Plut. 
Alcib.  c.  G.  Isokrates  könnte  ja  stolz  sein,  wenn  seine  Helena  und 
der  für  seine  Verhältnisse  doch  nicht  üble  λόγος  ερωτικός  darin  von 
Plato  so  im  Symposion  benutzt  worden  wäre,  oder  dies  wohl  gar  mit 
angeregt  hätte,  aber  solches  Armuthszeugniss  darf  man  Plato  nicht 
ausstellen  wollen.  Dass  die  beiderseitige  Erwähnung  des  paradoxen 
έγκώμιον  των  άλών  auf  etwa  gleiche  Entstehungszeit  von  Helena 
und  Symposion  weist,  kann  man  zugeben.  Die  Gründe,  mit  denen  L. 
die  Platonische  Herkunft  des  Euthydem  zu  diskreditiren  sucht  (dass 
die  darin  enthaltene  Polemik  gegen  Isokrates  nicht  passen  soll  auf  einen 
Mann,  der  vor  einigen  Jahren  seine  Schule  eröffnet  und  noch  nichts 
weiter  von  epideiktischen  Reden  herausgegeben  habe  als  die  Sophisten- 
rede und  die  Lobrede  auf  Helena,  und  dass  der  Autor  neiderfüllt  (!) 
eingestehe,  Isokrates  würde  unbestritten  den  Siegespreis  bez.  der  Weis- 
heit erhalten,  wenn  ihm  nicht  die  Philosophen  dabei  im  Wege  stünden), 
werden  wohl  niemanden  zu  dieser  Ansicht  bekehren. 

^  Reinhardt,  de  Is.  aem.  p.  16;  man  braucht  nur  §  11  —  12  des 
Panegyrikus  zu  lesen,  so  ist  die  Beziehung  sofort  klar  und  deutlich. 

^  Die  alte  Ansicht,  dass  der  Panegyrikus  380  veröffentlicht  ist, 
scheint  sich  —  trotz  vereinzeltem  Widerspruch  —  immer  mehr  za  be- 
festigen; vgl.  an  neuerer  Litteratur  über  die  Frage:  G.Friedrich,  Zum 


2(ΐ4  Mucnscher 

Wie  steht  es  nun  mit  Isokrates  Helena?  Richtet  sich  die  Pole- 
mik darin  auch  gegen  die  von  Alkidamas  in  seiner  einzig  und 
allein  gegen  Isokrates  gerichteten  Broschüre  vorgebrachten  Mei- 
nungen, lag  also  Alkidamas  Sophistenrede  dem  Isokrates  bei  Ab- 
fassung der  Helena  schon  vor,  oder  ist  der  Angriff  der  Helena 
noch  —  wie  in  Rede  XIII  —  im  allgemeinen  gegen  Alkidamas 
als  konkurrirenden  Rhetoriklehrer  gerichtet,  hatte  also  Isokrates 
von  der  ihm  doch  höchst  gefährlichen  Kritik,  die  Alkidamas  an 
seiner  ganzen  Methode  geübt,  noch  keine  Kunde?  In  ersterem 
Falle  kann  die  Helena  nach  dem  Panegyrikus  edirt  sein,  in  letz- 
terem muss  sie  vor  Alkidamae  Sophistenrede  und  damit  zugleich 
vor  den  Panegyrikus  fallen. 

An  der  Stelle,  wo  Isokrates  in  der  Sophistenrede  gegen 
Alkidamas  polemisirt  (§  9  ff.),  ißt  es  —  abgesehen  von  der  bissi- 
gen Bemerkung,  dass  er  χ€Ϊρον  γράφει  τους  λόγους  ή  των  ιδιω- 
τών τινές  αύτοσχεοιάίουσιν  —  die  ganze  Theorie  von  der  Be- 
redsamkeit und  ihrer  Lehre,  die  Isokrates  an  seinem  Gegner  be- 
kämpft. Ohne  dem  Talent  (φύ(Τΐς)  und  der  Erfahrung  (εμπειρία) 
genügend  Rechnung  zu  tragen,  wolle  Alkidamas  durch  neue  theo- 
retische Regeln,  ähnlich  wie  man  Grammatik  lehre,  seine  Schüler 
zur  politischen  Beredsamkeit  erziehen;  bei  einer  so  mangelhaften 
und  thörichten  Anschauung  vom  Wesen  der  Beredsamkeit,  kann 
er  natürlich  das  Versprechen  seines  επάγγελμα  (das  ja  vielleicht 
in  einer  Programmschrift  veröffentlicht  vorlag)  die  πολιτικοί  λόγοι 
zu  lehren  in  keiner  Weise  erfüllen.  Nicht  völlig  gleichartig  ist 
der  gegen  Alkidaraas  gehende  Ausfall  in  der  Helena.  Auch  da 
bezieht  sich  Isokrates  auf  das  επάγγελμα  seines  Gegners,  er  besitze 
die  επιστήμη  των  πολιτικών  λόγων  und  wolle  diese  lehrend 
Hier  wird  aber  nicht  die  Tlieorie  als  mangelhaft  hingestellt  (das 
war  eben  schon  in  der  Sophistenrede  geschehen),  sondern  hier 
muss  die  eigene  Praxis  des  Alkidamas  herhalten:  statt  Proben 
wirklicher  ιτολιτικοί  λόγοι  (έ2όν  έν  αύτοΐς  οΐς  επαγγέλλονται 
την  έπίοειΗιν  ποιεϊσθαι)  verfasse  er  nur  Paradoxien;  hatte  Iso- 
krates in  der  XIII.  Rede  es  als  unmöglich  bezeichnet,  dass  jemand 
durch  Alkidamas  Anweisung  ein  wirklicher  ρήτωρ  von  πολιτικοί 
λόγοι   werden    könne,    so    wird   hier   in    der   Helena  Alkidaraas 


Panegyr.  d,  Isokr.,    N.  Jbb.   f.  Phil.  1898,   p.  1.     Fr.  Reuse,    Isokrates 
Panegyrikus    und    der  kyprische  Krieg,  Progr.  Gymn.  Trarbach   1894. 
Drerup,    Epikritischee    zum    Panegyrikus    des    Isokr.,    Philologus   1895 
.  (34,  N.  F.  S)  ρ    β3(). 

ϊ  Vgl.  die  S.  253  Anm.  3  citirte  Stelle. 


Ισοκράτους  'Ελένης  έγκώμιον.  265 

selbst  als  unfähig  bezeichnet  eine  politische  Rede  zu  verfassen. 
So  ergänzen  sich  die  beiden  Angriffe,  beide  zusammen  erst  er- 
geben eine  völlig  vernichtende  Kritik  aller  Bestrebungen  des 
Gegners,  beide  beziehen  sich  auf  das  gleiche  επάγγελμα  des  Al- 
kidamas, beide  setzen  aber  die  Sophistenrede  des  Alkidamas  nicht 
voraus. 

Wie  verhält  sich  diese  nun  zu  diesen  Angriffen?  —  Es 
ist  unverkennbar,  daes  Alkidamas  an  mehreren,  jedoch  nicht  zahl- 
reichen Stellen  auf  die  Isokrateische  Sophistenrede  replicirt  (vgl. 
Reinhardt  p.  15),  und  man  hat  bisher  angenommen,  dass  die 
ganze  Schrift  περί  τών  τους  γρατττούς  λόγους  γραφόντων  ver- 
anlasst sei  eben  durch  die  Isokrateische  Sophistenrede.  Doch 
wird  das  ganze  Verhältniss  zwischen  den  beiden  Rhetoren  viel 
verständlicher  und  die  Entstehung  der  Alkidamantischen  Sophisten- 
rede viel  begreiflicher  durch  die  Annahme,  dass  auch  noch  die 
Polemik  in  der  Helena  dem  Gegenstoss  des  Alkidamas  voraufgeht• 
Denn  gerade  der  in  der  Helena  erhobene  Vorwurf,  er  könne  selbst 
auch  gar  keine  politische  Rede  verfassen  (der  in  der  XIII.  Rede 
nur  ganz  kurz  und  nebenbei  vorkam),  mochte  Alkidamas  noch 
weit  mehr  verdriessen,  als  das  absprechende  ürtheil  über  seine 
Theorie,  weil  er  in  diesem  Falle  die  Wahrheit  des  Isokrateischen 
Urtheils  wohl  selber  fühlen  mochte.  Denn  trotz  der  Versicherung 
ebenso  gut,  vielleicht  noch  besser  als  Isokrates  schreiben  zu  können 
(§  6,  30  u.  32),  hat  er  seine  Inferiorität  in  dieser  Beziehung 
implicite  selbst  eingestanden,  indem  er  für  seine  Sophistenrede, 
mit  deren  Ausarbeitung  er,  um  mit  Isokrates  konkurriren  zu 
können,  sich  jedenfalls  besondere  Mühe  gegeben  hat,  bei  seinem 
Gegner  selbst  in  die  Schule  gegangen  ist  in  der  Hiatmeidung^ 
wie  im  Gebrauche  der  Beweisform  ^.  Dass  er  auf  Isokrates 
eigenstem  Gebiete  diesem  nachstehen  und  weichen  muss,  sieht 
Alkidamas  also  selbst  ein,  dem  gegenüber  zieht  er  sich  in  eine 
neue  Position  zurück :  meine  ganze  schriftstellerische  Produktion, 
so  erklärt  er,  ist  überhaupt  nur  Nebensache,  ich  lege  den  Schwer- 
punkt auf  die  Fähigkeit  praktisch  vor  Gericht  reden  zu  können, 
d.  h.  auf  die  Extemporalrede;  wer  nur  Reden  schreiben  kann, 
hat  übefhaupt  nur  πολλοστόν  μέρος  τής  ρητορικής  δυνάμεως 


^  Benseier,  de  hiatu  ρ.  170,  der  deshalb  die  Rede  dem  Alkidamas 
absprechen  wollte. 

2  Reinhardt  p.  24  sqq.  vgl.  Muenscher,  Der  sechste  Isokratische 
Brief,  in  Satura  Viadrina  (Breslau  1896)  p.  39  sqq. 


266  Muenscher 

erfasei.  Das  i8t  der  Hauptgedanke  der  ganzen  Schrift,  und  ganz 
sicher  ist  das  ein  neuer  Standpunkt,  den  Alkidamas  damit  ge- 
nommen, jedenfalls  in  seinem  früheren  επάγγελμα  noch  nicht  ver- 
treten hat,  denn  weder  Isokrates  Helena  noch  seine  Sophistenrede 
weisen  auf  eine  derartige  Anschauung  des  Alkidamas  hin,  lassen 
ihn  vielmehr  nur  als  Konkurrenten  auf  dem  Gehiete  der  πολιτικοί 
λόγοι,  das  Isokrates  für  sich  in  Anspruch  nimmt,  erscheinen, 
während  der  Panegyrikus  dann  deutlich  auf  die  von  Alkidamas 
vorgenommene  Scheidung  zwischen  praktisch -agonistisch er  und 
zur  Lektüre  bestimmter  Kunstberedsamkeit  Bezug  nimmt. 

Sind  diese  Ausführungen  richtig,  so  würde  sich  also  für 
die  behandelten  Reden  folgendes  Zeitverhältniss  ergeben :  um  390 
oder  noch  etwas  früher  schreibt  Isokrates  seine  Sophistenrede. 
auf  die  alsbald  Piatos  Phaidros  folgt,  nicht  allzu  lange  danach 
folgt  Isokrates  Helena;  Alkidamas  antwortet  auf  die  in  beiden 
Schriften  von  Isokrates  gegen  ihn  gerichteten  Anfeindungen  mit 
seiner  Schrift  über  die  Sophisten.  Bei  Herausgabe  des  Panegy- 
rikus (380),  vor  dessen  Erscheinen  wir  noch  den  Eathydem  setzen 
werden,  benutzt  dann  Isokrates  die  Gelegenheit  zu  einer  kurzen 
Entgegnung  auf  Alkidamas  Ausführungen.  —  Ausser  dem  Ver- 
hältniss  zu  Alkidamas  περί  (Τοφιοτών  läset  sich  jedoch  für  die 
Priorität  der  Helena  vor  dem  Panegyrikus  noch  einiges  andere 
anführen,  was  jenem  den  Ausschlag  gebenden  Beweise  noch  un- 
terstützend zur  Seite  tritt.  —  Zunächst  ist  es  die  allgemeine 
Erwägung,  die  für  diese  zeitliche  Ansetzung  der  betr.  Reden 
spricht,  dass  es  kaum  denkbar  erscheint,  Isokrates  habe  nach 
Fertigstellung  seines  Panegyrikus,  an  dem  er  etliche  Jahre  seines 
Lebens  unverdrossen  gefeilt  hatte,  um  ihn  auf  die  höchste  Höhe 
der  stilistischen  Vollendung  zu  erheben,  um  dann  jene  stolzen, 
herausfordernden  Sätze  schreiben  zu  können:  έγώ  b' έάν  μη  και 
του  πράγματος  άΕίως  εϊπω  και  της  οόΗης  της  έμαυτου  και  του 
χρόνου,  μη  μόνον  του  περί  τον  λόγον  ήμϊν  οιοτριφθέντος  άλλα 
και  σύμπαντος  ου  βεβίωκα,  παρακελεύομαι  μηοεμίαν  συγγνώμην 
έχειν,  άλλα  καταγελάν  και  καταφρονεϊν,  mit  dem  er  das  hoch 
gesteckte  Ziel  wirklich  erreicht  hatte,  dass  die  ganze  Nation  das 
Werk  als  das  alles  dagewesene  übertreffende  Kunstwerk  wenig- 
stens eine  Zeit  lang  bewunderte,  mit  dem  er  gehofft  hatte,  noch 
die  Prophezeiungen  des  ihm  inzwischen  entfremdeten  Plato  wahr 
zu  machen    —   eine  Hoffnung,  die  eine  bittere  Enttäuschung  er- 


'  Bezieht  sich  nicht  Is.  IV,  13:    έμοί   δ'  ουδέν   προς  τους  τοιού• 


Ισοκράτους  'Ελένης  έγκώμιον.  267 

leben  sollte  — ,  noch  einen  StofiP  wie  die  Helena  als  einen  der 
Behandlang  würdigen  erachten  können.  Dem  Stoffe  des  Pane- 
gyrikus  gegenüber  erschien  doch  ein  Lob  der  Helena  jedenfalls 
geringfügig,  und  sicherlich  ermangelte  es  jeglichen  Einflusses  auf 
das  praktische,  reale  Leben,  und  derartige  Stoffe  in  Zukunft  noch 
zu  behandeln  lehnt  Isokrates  selbst  mit  ab,  indem  er  am  Schlüsse 
des  Panegyrikus  die  andern  Sophisten  mahnt  nicht  mehr  gegen 
die  παρακαταθήκη  und  was  er  sonst  geschrieben,  unnöthigee 
Geschwätz  zu  machen,  sondern  gegen  den  neu  veröffentlichten 
Panegyrikus  wetteifernd  in  die  Schranken  zu  treten  (§  189), 
ένθυμουμένους,  δτι  τοις  μεγάλ'  ύπισχνουμ^νοις  ου  πρέπει  περί 
μικρά  οιατρίβ€ΐν,  ουδέ  τοιαύτα  λίγειν  έΕ  ών  ό  βίος  μηδέν 
επιδώσει  τών  πεισθέντων  κτλ.  Auch  ist  die  im  Anfang  des 
Panathenaikus  aufgestellte  Behauptung,  er  habe  νεώτερος  ών 
nicht  geschrieben  τών  λόγων  ου  τους  μυθώδεις  ουδέ  τους  τερα- 
τείας  και  ψευδολογίας  μεστούς^  —  solche  kleine  Lügen,  die 
den  eigenen  Euhm  steigern  sollten,  hat  sich  der  alternde  Isokrates 
erlaubt,  man  denke  nur  an  das  Verleugnen  seiner  gerichtlichen 
Beredsamkeit  —  viel  eher  verständlich,  wenn  sie  in  soweit  wenig- 
stens auf  Wahrheit  beruht,  dass  Isokrates  nach  dem  Panegyrikus, 
an  den  er  ja  im  Proömium  der  XII.  Eede  hauptsächlich  denkt, 
wirklich  keine  derartigen  Stoffe  mehr  behandelt  hat,  und  das  ist 
der  Fall,  wenn,  wie  wir  zu  zeigen  versucht  haben,  das  Lob  der 
Helena  dem  Panegyrikus  voraufging.  Denn  nach  380  hat  Isokrates 
nar  noch  Reden  mit  hochpolitischem  Hintergrunde  geschrieben, 
deren  Reihe  eben  der  Panegyrikus  eröffnet,  oder  durch  andere 
Schriften  neue  Kunstformen  geschaffen,  die  prosaische  Paränese 
und  das  prosaische  Enkomion  auf  historische  Personen.  £ine  alte 
Form,  dieselbe  aber  völlig  durchbrechend,  erneuert  nur  die  Anti- 
dosis. 


τους  άλλα  προς  εκείνους  έστΙ  τους  ουδέν  αποδεχόμενους  τών  εΙκή  λεγομέ- 
νυυν  άλλα  δυσχερανοΟντας  καΐ  ίητήσοντος  Ιδείν  τι  τοιοΟτον  έν  τοΙς  έμοίς, 
οίον  παρά  τοΙς  άλλοις  ούχ  εύρήσουσιν  auf  die  Platonische  Prophetie, 
Phaedr.  279  Α  ουδέν  άν  γένοιτο  θαυμαστόν  προϊούσης  τής  ηλικίας  εΐ 
περί  αυτούς  τε  τους  λόγους,  οΐς  νΟν  επιχειρεί,  πλέον  ή  παίδων  διενέγκοί 
τών  πώποτε  άψαμένων  λόγων? 

1  Dieser  Behauptung  gegenüber  berührt  es  seltsam,  dass  Pan- 
atheo.  126  u.  130  direkt  auf  das  in  der  Helena  enthaltene  Lob  des 
Theseus  (X,  32—37)  hingewiesen  wird.  Es  ist  aber  dabei  zu  bedenken, 
dass  der  fast  lOOjährige  dies  sein  letztes  grösseres  Werk  abschnitt- 
weise zasammen^earbeitet  hat;  was  da  in  dem  einen  stand  wusste  er 
wohl  bei  dem  nächsten  schon  selbst  nicht  mehr. 


208  Muenacher 

Nicht  nur  formell,  sondern  auch  in  der  Stoffwahl  bat  also 
Isokrates  von  der  Helena  zum  Panegyrikus  einen  angehearen 
Fortschritt  gemacht,  einen  Fortschritt,  dessen  er  sich  selbst  sehr 
wohl  bewusst  ist  und  den  er  —  nicht  nur  in  dem  Schlnsepara- 
graphen  —  auch  zum  Ausdruck  bringt.  Der  Fortschritt  liegt 
darin,  dass  er  durch  seine  Rede  eine  Wirkung  im  politischen 
Leben  zu  erreichen  sucht,  er  schreibt  von  nun  an  mit  der  be• 
stimmten  Absicht,  durch  seine  Schriften  ein  im  Leben  wirkender 
Faktor  zu  sein,  was  ihm,  dem  ängstlichen  Schulmeister,  dnreb 
persönliches  Auftreten  und  Eingreifen  zu  erreichen  nicht  Vergönnt 
war,  —  ein  Mangel,  den  er  oft  genug  beklagt  hat  — ,  und 
dass  diese  Rücksicht  auf  den  Nutzen  (das  ώφέλιμον)  das  we- 
sentliche und  neue,  spricht  er  in  den  einleitenden  Paragraphen 
des  Panegyrikus  deutlich  genug  aus.  Die  Auseinandersetzungen 
der  §§5  —  10  bilden  eigentlich  nur  eine  Ergänzung  und  Erweite- 
terung  der  im  HelenaproÖmium  über  die  Stoffwahl  geäusserten 
Gedanken,  dass  man  sich  nämlich  nicht  etwa  Stoffen  zuzuwenden 
habe,  die  noch  niemand  behandelt  habe,  sondern  dass  es  die 
grössere  Kunst  sei,  an  Stoffen,  die  von  vielen  schon  und  den 
besten  Rhetoren  behandelt  seien ,  seine  Fähigkeiten  zu  erweisen, 
—  was  hier  noch  eingehender  mit  der  Möglichkeit  über  dieselbe 
Sache  unter  mannigfachen  ibiai  sprechen  zu  können  begründet 
wird  — ,  ein  neuer  aber  und  noch  nicht  in  der  Helena  massgeben- 
der Gedanke  ist's,  den  er  voraufgeschickt  hat  (§  4):  προκρίνας 
τούτους  καλλίστους  είναι  τών  λόγων,  οϊτινες  περί  μεγίστων 
τυγχάνουσιν  δντες  και  τους  τε  λέγοντας  μάλιστ'  έπιοεικνύουσι 
και  τους  άκούοντας  πλεϊστ'  ώφελουσιν,  ών  είς  ουτός 
έστιν. 

Dies  alles  kann  nur  dazu  dienen,  die  Annahme,  dass  die 
Helena  in  dem  Jahrzehnt  von  390 — 380  veröffentlicht  wurde,  zu 
unterstützen.  Nur  kurz  will  ich  bemerken,  dass  auch  seitens 
der  Stilistik  und  Periodik  kein  Hindernis  für  diesen  Ansatz  ent- 
steht, im  Gegentheil  die  möglichen  Indicien  auch  da  auf  diese 
Zeit  etwa  hinweisen;  siehe  Blass  Att.  Ber.  11^,  p.  132  sqq. 
Münscher  Satura  Viadrina  p.  42. 

Die  zuletzt  angeführten  allgemeinen  Gründe  für  die  Ansetzung 
der  Helena  vor  dem  Panegyrikus  gelten  natürlich  in  gleicher 
Weise  für  den  Busiris,  dessen  chronologische  Fixirung  neuerdings 
auch  ganz  ins  Schwanken  gebracht  worden  ist.  Teichmüller ^ 
hat  behauptet,  zeitlich  gehöre  er  nach  Piatos  Staat,  und  hat  mit 

1  Teichmüller,  Litt.  Fehden  I,  p.  101  ff. 


Ισοκράτους  *Ελένης  έγκώμιον.  269 

dieser  Behauptang  bei  Dummler  sogar  Glauben  gefundeD,  der 
dann  ancb,  wie  oben  schon  bemerkt,  den  Busiris  bis  in  die  Zeit 
der  Nikoklesreden  hinabrücken  will.  Ich  verweise  auf  die  kurzen, 
aber  schlagenden  Bemerkungen,  mit  denen  E.  Albrecht  im  Jahres- 
bericht von  1885  p.  90  vollständig  genügend  die  Unmöglichkeit 
dieser  Ansetzung  klargelegt  hat.  Die  einzige  Stelle  im  Busiris, 
die  vielleicht  einen  Bezug  auf  Plato  hat  (§  49:  καΐ  μίν  οή  κσΐ 
τούτο  οήλον,  δτι  τής  φιλοσοφίας  έπικήρως  διακείμενης  και 
φθονουμένης  bia  τους  τοιούτους  τών  λόγων  ίτι  μάλλον  αυτήν 
μΐ(Τή(Του(Τΐν},  könnte  ebenso  gut  395  wie  375  geschrieben  sein, 
sie  kann  also  nichts  helfen  zur  zeitlichen  Fi^irung.  Vor  den 
Panegyrikus  müssen  wir  den  Busiris  also  sicherlich  setzen,  und, 
wie  ich  glaube,  auch  vor  die  Helena.  Ich  habe  von  ihm  nicht  den 
Eindruck ,  er  sei  gesetzter  und  reifer  als  die  Helena ,  wie  Blass 
(II  ^  p.  250)  sich  äussert,  oder  gar,  er  sei  mit  besonderer  morali- 
scher Tendenz  geschrieben,  wie  Teichmüller  annahm,  sondern^ 
was  Blass  als  Einfachheit,  erscheint  mir  als  Unfertigkeit  im  Stil 
(macht  doch  Blass  auf  die  Härte  einzelner  Uebergänge  selbst 
aufmerksam),  und  statt  eines  Strebens  sich  'moralisch  rein  zu 
brennen'  sehe  ich  nichts  als  die  bare,  hier  wirklich  mit  frecher 
Stirn  offen  die  Wahrheit  verleugnende  Sophistik ;  siehe  bes.  §  83 
€1  καΐ  τυγχάνομεν  αμφότεροι  ψευδή  λίγοντες,  άλλ'  οδν  έγώ  μέν 
τούτοις  κίχρημαι  τοις  λόγοις,  οίσπερ  χρή  τους  έπαινουντας, 
σύ  b'  οίς  προσήκει  τους  λοιοοροΟντας '  ώστ'  ου  μόνον  τής 
αληθείας  αυτών  άλλα  και  τής  Ιδέας  δλης,  bi'  ής  εύλογεϊν  5εΐ, 
φαίνει  οίημαρτηκώς.  Namentlich  der  letzte  Punkt,  dies  unum- 
wundene Eingestehen  eigener  Lüge^,  macht  es  mir  unglaubhaft, 
dasB  Isokrates  den  Busiris  nach  der  Helena  geschrieben  habe. 
Sahen  wir  doch,  mit  welchem  Ernst  er  im  Proömium  seines 
Helenalobes  zur  Wahrheit  mahnt  und  die  gleissnerischen  Paradoxien 
anderer  befehtet,  er  bringt  in  der  Helena  thatsächlich  auch  nichts 
vor,  was  der  traditionellen  Sagengeschichte  widerspräche  (die  ist 
eben  für  ihn  Wahrheit,  und  was  wir  Sage  nennen,  hat  ihm  ja 
immer  bei  seinen  Reden  als  geschichtliches  Material  gedient^), 
nur  die  Beleuchtung  und  Gruppirung  des  Stoffs  ist   eigenthümlich: 


1  Dümmler,  Chronol.  Beitr.  p.  39. 

*  Vgl.  noch  aus  §  4:  bei  τους  μέν  εύλογ€ΐν  τινάς  βουλομένους 
πλείω  τών  υπαρχόντων  αγαθών  αύτοίς  προσόντ'  άποφαίνειν,  τους  δέ 
κατηγοροΟντας  τάνταντία  τούτων  ποιεΐν. 

8  Ich  möchte  daher  Blase  Urtheil,  dass  Isokr.  nur  zum  geringsten 


270  Muenecher 

wie  wäre  da  erklärlich,  dass  er  bald  darauf  im  Bueirie,  wenn 
auch  nur  um  den  Polykrates  zu  meistern,  selbst  sich  zu  entgegen- 
gesetzten Grundsätzen  bekannt  hätte?  Dazu  kommt  dann  noch 
die  schon  berührte,  doch  wohl  den  Anfänger  verrathende  Dürre 
des  Stils  (jedenfalls  ist  die  Helena  bedeutend  vollendeter  und 
eleganter):  dies  alles  macht  mir  die  Entstehung  des  Busiris  vor 
der  Helena,  vielleicht  auch  vorder  Sophistenrede  wahrscheinlich; 
trotzdem  konnte  sich  ja  Isokrates  immerhin  dem  Neuling  Poly- 
krates gegenüber  als  erfahrener  Rhetor  aufspielen.  Doch  sehe  ich 
zu  weiterer  Begründung  dieses  ziemlich  subjektiven  Urtheils, 
das  allerdings  mit  älteren  Ansätzen  zusammentrifft,  bis  jetzt 
kein  Mittel. 

Kehren  wir  nun,  nachdem  wir  die  Helena  soweit  möglich 
zeitlich  fixirt  haben  (ungefähr  in  der  Mitte  den  Decenniume  von 
390 — 380,  etwa  386  wird  sie  verfasst  sein),  zu  der  Frage  nach 
dem  Autor  jener  Helena,  die  Isokrates  unmittelbar  zu  der  seinigen 
veranlasste,  zurück,  so  zeigt  sich,  dass  Blass  Recht  behält,  der 
die  von  dem  unbekannten  Machaon  überlieferte,  zuerst  vonUsener*, 
dann  von  Zycha  ^  und  Keil*  vertretene  Hypothese,  jener  Autor 
sei  Anaximenes,  mit  der  Bemerkung  abwies,  das  sei  schon  nach 
den  Zeitverhältnissen  unmöglich.  Selbst  wenn  wir  mit  Usener 
Anaximenes  392  geboren  sein  lassen^,  ist  seine  Autorschaft  für 
eine  der  Isokrateischen  voraufgehende  Helena  unmöglich.  Was 
etwa  sonst  noch  von  Gründen  für  die  späte  Ansetzung  der  Isokra- 


Theile,  was  er  sagt  (in  der  Helena),  selbst  geglaubt  und  empfunden 
habe,  nicht  im  ganzen  für  richtig  halten. 

^  Benseier  setzte  den  Busiris  393,  Pfund  (De  Isoer.  vita  et  scriptis) 
Progr.  Joachimsthal,  Berlin  1833  p.  18)  393/2,  Keil  (Anal.  Isoer.  p.  5, 
bald  nach  der  um  390  edirten  Sophistenrede;  Blass  (p.  248)  will  bis 
nahe  an  die  Zeit  des  Panegyrikus  herabgehen. 

2  Quaest.  Anaximeneae  (Göttingen  1856)  p.  11. 

^  a.  a.  0.  p.  34  sqq. 

*  An.  Is.  p.  8  Anm.  3. 

^  G.  Reicbmann,  der  jüngst  über  Anaximenes  gehandelt  hat  (De 
Anaximenis  Lampsaceni  vita,  Diss.  Berlin  1894),  setzt  Α  iiaximenes  Ge- 
burt um  380  (p.  13—15)  an.  Er  macht  auch  (p.  20)  gut  darauf  auf- 
merksam, wie  unwahrscheinlich  es  sei,  dass  Isokrates  auf  der  Höhe 
seines  Ruhmes  (um  die  Anaximeneshypothese  zu  ermöglichen  rückte 
man  Isokr.  Helena  weit  unter  den  Panegyrikus  hinab)  gegen  einen 
eben  auftauchenden,  ganz  unbekannten  jungen  Menschen  zu  schreiben, 
noch  dazu  mit  wenn  auch  beschränkt  ertheiltem  Lobe  zu  schreiben 
nöthig  gefunden  habe. 


Ισοκράτους  'Ελένης  έγκώμιον.  271 

teiechen  Helena,  nm  die  ADaximeneshypothese  zu  crmöglicben, 
angeführt  worden  ist^,  hat  schon  Blase-  widerlegt  und  bedarf 
keiner  weiteren  Berücksichtigung. 

Die  zweite  Vermuthung,  die  die  Hypothesis  an  die  Hand 
giebt,  bezeichnet  den  Gorgias  als  Verfasser  der  dem  Isokratea 
vorliegenden  Helena.  Man  fand  es  sehr  verständlich,  dass  Isokrates 
gerade  durch  seines  alten  Meisters  Werk  angeregt  wurde,  den 
gleichen  StoflP,  natürlich  mit  der  Absicht  jenen  in  den  Schatten 
zu  stellen,  zu  behandeln,  man  zog  die  Parallele  mit  dem  Yerhält- 
niss  des  Panegyrikus  zu  Gorgias  olympischer  Rede,  wie  da  habe 
sich  Isokrates  auch  mit  der  Helena  in  einen  Wettstreit  mit  dem 
Begründer  der  ganzen  rhetorischen  Kunst  eingelassen,  man  fand 
aus  dem  Pietätsverhältniss  des  Schülers  zu  seinem  alten  Lehrer 
das  Lob,  das  dem  Verfasser  der  Vorlage  in  §  14  gespendet  wird, 
erklärlich,  und  damit  übereinstimmend  konstatirte  man  das  Fehlen 
polemischer  Aeusserungen  gegen  den  Vorgänger  im  Enkomion  selbst; 
da  Isokrates  offenbar  gegen  eine  eben  neu  erschienene  Schrift 
die  seinige  richtet,  wie  das  nach  dem  ganzen  Zusammenhang  des 
Proömiums  sicher  anzunehmen  ist,  nahm  man  an,  dass  die  Gor- 
gianische  Helena  eben  erschienen  sei,  Gorgias  also  selbst  noch 
lebte  —  was  ja  gemäss  den  zwischen  400  und  375  hin  und  her- 
schwankenden Ansätzen  für  Gorgias  Todesjahr^  auch  ganz  mög- 
lich erschien.  So  hält  es  denn  Blass  für  ausgemacht,  dass  Iso- 
krates Vorlage  unzweifelhaft  diese  Gorgianische  Helena  war,  trotz- 
dem ein  Grund  gegen  diese  Ansicht  von  Spengel^  zuerst  geltend 
gemacht  worden  ist,  der  es  ganz  unmöglich  erscheinen  lässt,  dass 
eine  Gorgianische  Helena  die  Isokrateische  veranlasste.  Blass 
hat  zwar  diesen  Grund  zu  entkräften  gesucht,  doch  ich  halte  ihn 
trotzdem  noch  für  völlig  gültig  und  entscheidend  und  will  ihn 
mit  aller  Schärfe  von  neuem  präcisiren. 

Isokrates  lobt  den  Verfasser  der  ihm  vorliegenden  Helena  we- 
gen der  Wahl  dieses  Stoffes  und  stellt  ihn  dadurch  in  Gegensatz 
gegen  die  im  vorangehenden  ProÖmium  angegriffenen  und  getadelten 
Gegner:  selbstverständlich  ist  der  also  gelobte  ein  anderer  als 
jene  Gegner,  ein  anderer,  dessen  Helena  soeben  erschienen  sein  muss 
Unter  jenen  Gegnern  selbst  hatte  Isokrates  eine  Scheidung  gemacht, 

^  Bes.  von  Zycha  a.  a.  0.  und  Bergk,  5  Abhdgn.  p.  34. 

2  Att.  Bor.  12  p.  75  Anm.  1  u.  IP  p.  244  Anm.  2. 

3  Siehe  Blass  A.  B.  Ρ  ρ.  47. 
*  Σ.  τ.  ρ.  74. 


272  Muenscher 

zunächst  war  es  eine  3theilige  Gruppe  (Plato,  Antisthenes  und 
die  sonstigen  περί  τάς  έριδας  διατρίβοντβς)  und  als  einen  ganz 
jammervollen  Auswuchs  dieser  ersten  drei  charakterisirte  er  als- 
dann jenen  Verfasser  der  allerschlimmsten  Paradoxieui  in  dessen 
Bild  wir  Alkidamas  gezeichnet  fanden.  Diese  alle  also  sind 
nicht  die  Verfasser  jener  Helena.  Doch  Isokrates  ging  noch  weiter 
zurück:  alle  diese  Paradoxographen  überschätzen  sich  selbst,  sie 
sind  ja  nur  eine  verschlechterte  Auflage  der  älteren  Sophisten- 
gruppe, deren  Choryphaios  Prot^goras  war,  zu  der  Gorgias, 
Zeno,  Melissos  gehörten.  Waren  die  jetzt  schreibenden  Paradoxo- 
graphen nicht  die  Verfasser  jener  Helena,  noch  viel  weniger 
können  es  natürlich  jener  Vorgänger  sein  ;  das  ist  ein  Schluss, 
der  so  klar  auf  der  Hand  liegt,  dass  man  sich  ihm  gar  nicht 
entziehen  kann!  Doch  hören  wir  Blass  (I'  p.  74):  'indes  hängt 
dies  Proömium  mit  der  Lobrede  selbst  nur  ganz  locker  zusammen, 
und  jene  nihilistische  Schrift  (seil.  Gorgias  περί  φύσεως,  die 
Isokrates  offenbar  im  Auge  bat)  gehörte  wirklich  einer  vergan- 
genen Periode  an,  also  auch  jener  Gorgias,  der  sich  mit  der- 
gleichen Spekulationen  befasste*.  Dass  das  Proömium  mit  dem  He- 
lenalobe selbst  nicht  viel  gemeinsam  hat,  ist  ja  richtig  —  schon 
Aristoteles  rhet.  III  14,  1414b  27  benutzte  es  als  Beispiel  da- 
für, dass  bei  epideiktischen  Reden  die  Proömien  beliebig  gewählt 
werden  könnten  —  doch  schreitet  das  Proömium  selbst  in  sich 
in  geschlossenem  und  geordnetem  Gedankengange  fort  bis  zur 
Erwähnung  jenes  Verfassers  einer  Helena,  muss  also  auch  ale 
Ganzes  verstanden  und  erklärt  werden;  man  kann  doch  nicht 
annehmen,  dass  Isokrates  wie  er  zur  Helena  überging  nicht  mehr 
wusste,  dass  er  den  Gorgias  kurz  vorher  erwähnt  hatte.  Und 
jene  Scheidung  von  zwei  Perioden  im  Leben  des  Gorgias  —  einer 
rein  sophistischen  und  einer  rein  rhetorischen  —  ist  doch 
Willkür  und  nur  ad  hoc  erfunden.  Mag  auch  im  spätem  Leben 
die  rhetorische  Wirksamkeit,  weil  sie  hauptsächlich  seinen  Ruhm 
ausbreitete,  für  Gorgias  im  Vordergrunde  gestanden  haben,  so 
hat  er  doch  nicht  seine  eigentlich  philosophischen  Anschauungen 
damit  verleugnet.  Ausserdem  müsste,  falls  Isokrates  gegen 
eine  Gorgianische  Helena  schrieb,  diese  in  die  allerletzten  Lebens- 
jahre des  Gorgias  fallen,  am  Anfange  der  80er  Jahre  des  4.  Jahr- 
hunderts also  von  Gorgias  im  Alter  von  vielleicht  80 — 90  oder 
noch  mehr  Jahren  verfasst  sein.  Ist  das  überhaupt  denkbar? 
Wenn  Gorgias  eine  Helena  schrieb,  so  that  er  das  doch  sicherlich 
früher,  nicht  mehr  als  er  durch  seinen  Olympikus  und  ähnliches 


Ισοκράτους  'Ελένης  έγκώμιον.  273 

den  wahren  Zweck  epeideiktisoher  Beredsamkeit  gefunden  nnd 
bewährt  hatte.  Ueberhaupt  steht  doch  alles  was  dafür  sprechen 
könnte,  dase  Gorgias  zur  Zeit  der  Isokrateischen  Helena  noch 
gelebt  habe,  auf  sehr  schwachen  Füssen.  Das  einzig  sichere  Da- 
tum ist,  dass  Gorgias  des  Sokrates  Tod  noch  überlebt  hat,  und 
was  von  seiner  Thätigkeit  bekannt  ist,  weist  alles  noch  in  die 
Zeit  des  Peloponnesischen  Krieges,  auch  der  Olympiakus,  denBlass^ 
vergeblich  gegen  Oncken^  und  Keil*  ins  Jahr  392  hinabrücken 
will.  Gorgias  wird  nicht  lange  mehr  im  4.  Jahrhundert  gelebt 
haben,  und  wird  namentlich  nicht  mehr  schriftstellerisch  thätig 
gewesen  sein;  ist  es  doch  nur  selten  einem  Menschen  möglich, 
wie  Isokrates,  im  97.  Lebensjahre  nocb  etwas  zu  publiciren,  und 
wenn  es  auch  nur  ein  Panathenaikus  ist.  Dann  ist  die  Art  und 
Weise  wie  Isokrates  im  Helenaproömium  von  Gorgias  spricht 
verständlich,  ja  die  Isokratische  Helena  erscheint  mir  als  der 
einzige  andere  sichere  terminus  für  den  Tod  des  Gorgias,  ein 
Terminus  ante  quem  :  denn  nicht  nur  der  ganze  Zusammenhang 
weist ,  wie  wir  sahen ,  darauf  hin ,  dass  Gorgias  wie  die  andern 
als  eine  ältere  Sophistengeneration  bezeichneten  nicht  mehr  am 
Leben  ist,  sondern  ein  Wort  erhebt  das  zur  sichern  Gewissheit, 
das  Wort  κατέλιπον,  das  Isokrates  über  die  betr.  Werke  jener 
Leute  braucht  (δτι  καΐ  τοιαύτα  και  πολύ  τούτων  πραγμαται- 
hiaiepa  συγγράμματα  κατέλιπον  ήμϊν  §  2),  denn  καταλ€ίπ€ΐν 
heisst  doch  nun  einmal  hinterlassen  von  Sterbenden  bez.  Verstor- 
benen. 

Eine  unbefangene  Erklärung  des  Helenaproömiums  kann 
nur  zu  der  von  mir  nach  Spengels  Vorgange  vorgetragenen  An- 
schauung führen.  Es  ist  die  natürliche  Erklärung  und  darum 
die  richtige,  während  die  von  Blass  entschieden  gezwungen  ist, 
wie  er  ja  selbst  fühlt  "^,  und  in  den  Text  hinein^,  nicht  aus 
ihm  herausinterpretirt  ist.  Anderweitige  Stützpunkte  sind  noch 
von  niemandem  dafür  beigebracbt   worden,   denn   den  Einwand ^i 


1  A.  B.  I«,  p.  59. 

^  Isokrates  und  Athen  p.  42. 

8  An.  Is.  p.  97  Anra.  3.  Vgl.  Wilamowitz,  Arist.  u.  Athen,  I, 
172,  Anm. 

*  Er  sagt  selbst:  Verwirrend  ist  freilich,  dass  im  Proömium  der 
Gegenrede  Gorgias,  der  Aufsteller  des  Nihilismus,  unter  den  Sophisten 
der  früheren  Zeit  genannt  wird. 

δ  Isokr.  sagt  freilich  §  14  διό  καΐ  τόν  γράψαντα  ircpl  τής  'Ελένης 
επαινώ,  aber  das  heisst  doch  nur  den,  der  jüngst  über  die  Helena  ge- 

Übeln.  Moa.  (.  Piniol.  N.  F.  LIV.  IB 


274  Mnenscher 

dass  dem  leokrates  nur  eine  Helena  vorgelegen  habe,  wird  Blase 
selbst  nicht  ernstlich  verfechten.  Wir  kennen  also  jenen  Autor, 
dessen  Werk  leokrates  zu  seiner  Helena  veranlasste,  nicht  mit 
Namen,  und  der  Name  thut  ja  auch  nichts  zur  Sache.  £r  hatte 
eine  Helena  geschrieben,  mehr  eine  Yertheidigung  als  eine  Lob- 
schrift,  wie  Isokrates  urtheilt,  der  deshalb  ihn  zu  übertreffen,  das 
von  jenem  Verfehlte  besser  zu  machen  suchte.  Trotzdem  lobte 
ihn  leokrates,  das  ist  allerdings  bei  der  Rivalität,  die  offenbar 
zwischen  den  verschiedenen  Rhetoren  bestand,  und  noch  mehr 
bei  dem  Charakter  des  Isokrates,  der  selbst  von  sich  aufs  höchste 
eingenommen  alle  anderweitigen,  nun  gar  in  sein  eigenes  Gebiet 
schlagenden  Bestrebungen  zu  missachten  und  möglichst  auch  zu 
diskreditiren  liebte,  höchst  auffallend^.  Jedenfalls  muse  jener 
Verfasser  dem  Isokrates  also  nahegestanden  haben  und  anderer- 
seits keine  Respektsperson  für  Isokrates  gewesen  sein:  beides 
ist  gegeben ,  wenn  wir  in  jenem  Verfasser  einen  Schüler  des 
Isokrates  sehen  ;  eine  Schtilerleistung,  die  ja  vielleicht  auch  publi- 
cirt  war,  lobt  Isokrates  in  gewissem  G-rade,  zugleich  ersetzt  er 
dieselbe  durch  eine  eign«  Musterleistung  seinen  Schülern  wie  aller 
Welt  zur  Bewunderung'  und  Nachahmung.  Von  dem  Inhalt  des 
Gegenstückes  wissen  wir  auch  nichts  auszusagen,  als  dass  sicher- 
lich nichts  drin  stand  von  dem ,  was  Isokrates  in  seiner  Helena 
stehen  hat.  Zycha^  meinte  noch  aus  §  46  der  Isokrateischen 
Schrift  etwas  für  den  Inhalt  des  Gegenstückes  gewinnen  zu  können ; 
er  glaubte  unter  denen ,  die  den  Alexandres  wegen  seiner  Wahl 
im  Schönheitswettkampf  tadelten  und  wohl  gar  beschimpften, 
sei  der  Verfasser  jenes  Helenaenkomions  gemeint;  sicherlich  ver- 
kehrt, denn  schon  der  starke  Ausdruck  δνοΐα,  den  Isokrates 
von  dem  betr.  braucht  (ών  τήν  δνοιαν  έΕ  ών  έβλασφήμησαν 
π€ρ\  εκείνου  ^qibiov  δπασι  καταμαθεϊν),  macht  diese  Beziehung 
auf  den  vorher  gelobten  und  sonst  geschonten  Verfasser  des 
andern  Enkomions  unraögHch.    Das  geht  entweder  auf  ein  beson- 


Bchrieben  hat,  und  den  ich  vor  mir  habe,  nicht  den,  der  allein  über 
die  Helena  geschrieben  bat;  dem  widerspricht  auch  das  παραλιπών 
απάντα  τά  τοις  άλλοις  €ΐρημένο  (§  15),  das  wir  wörtlich  zu  fassen  voll 
berechtigt  sind. 

1  Auch  für  Blase  war  dies  Lob  (im  Gegensatz  zu  dem  im  §  3 
gegen  Gorgias  geäusserten  Tadel)  ein  Stein  des  Anstosses;  darum  nahm 
er  seine  Zuflucht  zu  der  Behauptung,  das  Proömium  habe  mit  dem 
Helenalobc  eben  gar  keinen  Zusammenhang. 

*  a.  a.  0.  p.  38  sq. 


Ισοκράτους  'Ελένης  έγκυίιμιον.  275 

deres  Enkomion  des  Paris  (die  Enkomien  konnten  ja  auob  ψόγος 
enthalten),  wie  Aristoteles  ein  solches  als  ό  Αλέξανδρος  schlecht- 
weg zu  citiren  pflegt^,  oder  auf  einzelne  Stellen  ans  andern 
rhetorischen  Deklamationen,  in  denen  bei  Bearbeitung  der  sagen- 
gesohichtlichen  Stoffe  oft  genug  Gelegenheit  war  gegen  Paris 
harte  Äusserungen  zu  thun^. 

Es  erübrigt  noch,  die  Frage  nach  dem  Verhältniss  der  unter 
Gorgias  Namen  überlieferten  Helena  zu  berühren;  es  kann  ganz 
kurz  geschehen,  da  sich  neues  darüber  nicht  sagen  lässt.  Spengel 
hatte  in  dieser  Rede  das  Gegenstück  der  leokrateischen  zu  er- 
kennen geglaubt,  weil  auf  sie  das  zutrifft,  dass  sie  inhaltlich 
nichts  mit  der  leokrateischen  gemein  hat,  und  Isokrates  schrieb 
παρολιπών  δττοντο  τά  τοις  δλλοις  είρημένα  (§  15):  doch  die- 
selbe Stelle  giebt  auch  schon  die  Widerlegung  des  Spengelschen 
Schlnsses.  Isokrates  will  beiseite  lassen,  was  seine  Vorgänger 
über  Helena  gesagt  haben,  also  kann  das  Fehlen  einer  inhaltlichen 
Uebereinstimmung  unmöglich  eine  Schrift  auf  Helena,  also  auch  nicht 
die  sogenannte  Gorgianische  Helena  als  Isokrates  specielles  Gegen- 
stück erweisen  ;  diese  Eigenschaft  besassen  eben  alle  vorisokratei- 
schen  Lobreden  auf  Helena  gleichmässig  ;  dass  es  deren  noch  andere 
gab,  ist  schon  daraus  zu  entnehmen,  dass  Isokrates  vorher  gerade 
betont  hat,  man  müsse  Stoffe  wählen,  bei  denen  man  alle  Sophisten 
zn  Conkurrenten  habe,  nicht  noch  nnbearbeitete  Paradoxien.  Nun 
hat  man  noch  keine  einzige  anderweitige  Instanz  geltend  machen 
können,  die  das  Gorgias  Namen  tragende  Enkomion  als  Isokrates 
Vorlage  erwiese^,  gegen  diese  Annahme  spricht  aber  ganz  offen- 


1  Dasselbe  kann  Isokrates  wohl  nicht  meinen,  wenigstens  ent- 
halten die  von  Arietot.  citirten  Stellen  (s.  Blass  A.  B.  11^,  S.  371  sq.) 
nur  Lob  and  Yertbeidigung.  Ueber  die  Vermathung,  Polyorates  sei 
der  Verfasser  dieses  Alexandros  gewesen,  s.  oben  p.  258.  Keil  A.  Is. 
p.  132  vermuthet  Gorgias  als  Autor,  was  nicht  unwahrscheinlich. 

3  Eine  solche  Stelle  findet  sich  z.  B.  in  dem  unter  Alkidamas 
Namen  erhaltenen  Odysseus  (κατά  ΤΤαλαμήδους  προδοσ(ας),  in  den 
§  17  sqq.,  vgl.  bes.  aus  §  18:  'Αλ^Εανδρος  6έ  ούτοΟ  τήν  γυναίκα  έΕ- 
αποτήσας,  ίκ  τών  olxuiv  λαβών  δσα  πλ€ΐστα  έδύνατο,  αποπλέων  φχετο, 
ούκ  αΐδεσθείς  ούτε  Δία  ϊένχον  ούτε  θεών  ούδένα,  Ανομα  καΐ  βάρβαρα 
^ργα  διαπράξαμε νος,  άπιστα  πασι  καΐ  τοΙς  έπιγιγνομένοις  άκοΟσαι. 

8  Dass  Isokr.  III,  5 — 9  mit  §  8  dieser  Rede  nichts  gemein  hat, 
als  dass  beide  über  den  λόγος  handeln,  hat  schon  Albrecbt  Jahresber. 
1890,  p.  21  gesagt;  E.  Maass,  Hermes  XXII  (1887)  p.  573  Anm.  wollte 
aus  diesen  Stellen  nachweisen,  dass  Isokr.  das  erhaltene  zweite  Helena- 
enkomion  doch  gekannt  habe. 


27ß  Maensoher  Ί σοκράτους  ' Ελένης  έγκώ μιο ν. 

bar,  da88  der  Verfasser  desselben  sein  Werk  als  παίγνιον  am 
Schlüsse  selbst  bezeichnet.  Dann  hätte  Isokrates  in  einem  Athem 
das  παί2ΐ€ΐν  im  Gegensatz  zum  Onovbalexy  getadelt  und  gelobt, 
bei  den  Farad oxographen  getadelt,  bei  dem  Lobredner  der  Helena 
gelobt.  Das  ist  doch  unmöglich,  und  somit  hat  das  erhaltene 
zweite  Enkomion  auf  Helena  mit  dem  Isokrateischen  nichts  zu 
thun^.  Offen  bleibt  die  Frage,  ob  Oorgias  der  Verfasser  dieses 
Enkomions,  das  unter  seinem  Namen  überliefert  ist,  wirklich  ist ; 
die  Möglichkeit  ist  nicht  abzuleugnen,  doch  will  ich  nicht  darauf 
eingehen.  Nur  das  will  ich  bemerken,  dass  mir  das  von  Wilamo- 
witz^  geäusserte  Bedenken,  Gorgias,  der  Erfinder  des  Prosastile, 
habe  seine  Helena  sicherlich  nicht  als  παίγνιον  bezeichnet,  noch 
nicht  gehoben  erscheint  ^ 

Breslau.  E.  Μ  α  en  scher. 


^  An  Spengels  Meinung  schliessen  sich  an  zunächst  Blase  A.  B. 
11^  p.  243,  ferner  Albrecht,  Jabresber.  1885,  p.  84,  Dümmler  Akad. 
p.  35  u.  52;  die  gegentheilige  Anschauung  vertreten  Br.  Keil  A.  Is. 
p.  8  Anm.  3,  Zycha  a.  a.  0.  p.  32  sqq.,  Maass,  Hermes  XXII  (1887) 
p.  572. 

^  Deutsche  Litteraturzeitung  1881,  p.  449. 

8  Auch  nicht  durch  Maass  a.  a.  0.  p.  575;  Dichter  wieRhetoren 
wollen  doch  mit  dem  Ausdruck  πα(γνιον  die  betr.  Sächelchen  als  un- 
bedeutender anderem  gegenüber  hinstellen,  und  das  ists  gerade,  was 
auf  Gorgias  nicht  zu  passen  scheint.  Isokrates  wird  mit  seiner  Verach- 
tung des  πα(Ζ[€ΐν  (bei  ihm  hat  es  tadelnden  Sinn,  Opp.  σπου6άΖ[€ΐν) 
wohl  treuer  Gorgianer  sein.  Gomperz,  Apologie  der  Heilkunst  (Sitzungs• 
her.  d.  Wiener  Akad.,  Phil.-hist.  Gl.  120,  1889,  Abbdg.  9)  p.  165  hält 
die  beiden  augeblich  gorgianischen  Deklamationen  schon  ihrer  Mittel- 
mässigkeit  und  Langweiligkeit  halber  für  nicht  gorgianisch;  ein,  wie 
er  selbst  bemerkt,  unsicheres  Geschmacksurtheil.  Im  übrigen  fusst  er 
im  wesentlichen  auf  Spengels  in  der  συναγωγή  vorgetragenen  Ansicht. 


Das  Sacrarinm  des  Heins  in  Messana• 


Den  Kanstränbereien  des  Yerres  verdanken  wir,  dass  ans 
Cicero  im  Anfang  der  vierten  Rede  gegen  ihn  die  äusserst  an- 
schauliche Schilderung  eines  sicilischen  Heiligthums  mit  seinen 
Cnithildern  und  decorativen  Sculpturen  hinterlassen  hat.  Aber 
80  viele  erklärende  Ausgaben  wir  auch  grade  von  dieser  Bede 
besitzen,  keiner  ihrer  Verfasser  hat  daran  gedacht  aus  den  ver- 
schiedenen nach  den  Anklagepunkten  verstreuten  Zügen  ein  ein- 
heitliches Bild  zu  entwerfen;  namentlich  hat  auch  niemand  ver- 
sucht die  wichtige  Frage,  welcher  Gottheit  eigentlich  das  Sacra- 
rinm geweiht  war,  zu  beantworten. 

Um  zunächst  dies  zu  können,  haben  wir  festzustellen,  dass 
der  Bedner  drei  verschiedene  Arten  von  Kunstwerken  unterscheidet. 
Ans  §4  fg.  ergeben  sich  zuerst  die  geweihten  Denkmäler, 
der  marmorne  Cupido  des  Praxiteles  und  ex  altera  parte  ein 
eberner  Hercules,  der  ein  Werk  des  Myron  sein  sollte.  Sie  waren 
als  Gegenstücke  trotz  des  verschiedenen  Materials  aufgestellt, 
wie  einmal  ex  altera  parte  beweist,  dann  aber  auch  das  Vorhan- 
densein von  arulae  vor  ihnen,  quae  cuivis  religionem  sacrarii 
significare  possent.  Diesem  Statuenpaar  stellt  Cicero  mit  praeterea 
ein  zweites  aus  Erz  gegenüber,  welches  auf  Polyklet  zurückge- 
führt wurde  und  das  er  offenbar  wegen  seines  weniger  bekannten 
Motives  etwas  genauer  beschreibt:  non  maxima  {signa)^  verum 
eximia  venustate,  virginali  hdbitu  atque  vestitu,  quae  manibus  süb- 
latis  Sacra  quaedam  more  Atheniensium  virginum  reposita  in  ca- 
pUibus  sustinebant;  Canephoroe  ipsae  vocäbantur.  Aus  diesen 
Worten  ergiebt  sich  einmal,  dass  wir  in  der  *  Karyatide  Albani 
(Clarac,  musee  de  sculpture  III  Taf.  444  Fig.  814  A,  Brunn  und 
Bruckmann,  Denkmäler  der  griech.  u.  röm.  Sculptur  Nr.  254, 
vgl.  Friederichs    und  Wolters,    Gipsabgüsse  Nr.  1555,  H.  Bulle 


278  Ο.  Rossbach 

in  den  Rom.  Mittheil.  IX  [1894]  S.  134  fg.),  sowie  zwei  ver- 
wandten Statuen  in  München  (Clarac  III  Taf.  445  Fig.  814  £, 
vgl.  Δ.  Furtwängler,  Führer  durch  die  Glyptothek  Nr.  167,  168), 
welche  abweichend  von  dem  Korentypus  des  Erechtheion  eine 
Hand  zum  Haupte  erheben  ^  noch  ähnliche  Werke,  wenn  nicht 
gradezu  in  späterem  Stil  umgeformte  Nachbildungen  der  Erz- 
statuen des  Heins  besitzen,  ferner  dass  auch  sie  durch  gleiche 
Bildung  als  ein  Paar  zusammengehörten  und  dem  entsprechend 
aufgestellt  waren.  Die  Eanephoren  waren  nicht  geweiht,  wie 
schon  die  ausgeschriebene  Stelle  zeigt,  sich  aber  noch  deutlicher 
aus  §  18  ergiebt,  wo  von  Heins  gesagt  wird:  quae  ornamenti 
causa  fuerunt  non  requirii ;  tibi  habe  Canephoros,  deorum  simulacra 
restitue.  Cicero  fasst  sie  also  ganz  richtig  als  decorative  Werke 
auf,  was  schon  aus  ihrer  Aufstellung  ersichtlich  gewesen  sein  mag. 
Eine  Sonderstellung  nimmt  gegenüber  diesen  geweihten  und 
ungeweihten  Bildwerken  ein  fünftes  schon  dadurch  ein,  dass 
Verres  es  nicht  entführte.  Cicero  erwähnt  es  deshalb  auch  nur 
ganz  nebenbei  am  Ende  des  Abschnittes  (7):  haec  omnia  gtiae 
diasi  Signa,  iudkeSj  ab  Heio  de  sacrario  Verres  abstulit:  nuütim^ 
inquam,  horum  reUquit,  tiequc  aliud  idlum  fatnen  praeter  unum 
pervetus  ligveum,  Bonam  Fortunam,  ut  opinor;  eam  iste  habere 
dornt  suae  noluit.  Der  von  Cicero  hier  angegebene  Grund  für 
die  Zurücklassung  des  Standbildes  der  'Αγαθή  Τύχη  ist  natürlich 
nicht  ernst  zu  nehmen.  Es  ist  einer  seiner  bekannten  frostigen 
Witze,  mit  dem  hier  noch  eine  Anspielung  auf  den  Vers  des 
Plautus  (^Aulul.  100)  67*  Bona  Fortutui  veniat,  ne  intro  miseris 
verbunden  zu  sein  scheint.  Uebrigens  stellt  ut  opinor  nicht  die 
Kichtigkeit  der  Deutung   in  Frage,    sondern  ist    wie    opinor   (4), 


^  Hierher  gehören  aucli  die  reif  archaischen  Erzstatuen  der 
'Tänzerinnen'  aus  der  Papyrusvilla  von  Herculaneum  (Comparetti  e  de 
Petra,  villa  Ercolanese  Taf.  XIV).  So  richti??  L.  Julius  (Mitth.  des 
athen.  Inst.  III  S.  15  fg.)  zu  zwei  von  ihnen  die  adornantes  se  feminas 
des  Apellas  (Plin.  n.  h.  XXXIV  80)  herangezogen  hat,  so  scheint  das 
andere  Paar  mit  erhobeneu  Armen  (ieräthe  auf  dem  Haupte  getragen 
zu  haben,  während  die  fünfte  mit  dem  ausgestreckten  Arm  offenbar 
eine  Schale  hielt  wie  die  von  Julius  (a.  a.  0.  Taf  I  1)  veröffentlichte 
kleine  Bronze.  Am  nächsten  kommt  von  ihnen  dem  Karyatidentypus 
die  etwas  kleinere  Statue  mit  den  steif  zur  Seite  ausgestreckten  Händen. 
Sie  sind  alle  sechs  als  Adoranten  und  Weihende  aufzufassen  und 
passen  auch  mit  dem  unbewegten  Unterkörper  und  den  gleichmässigen 
Gowandfalten  gut  in  die  Intercolumnien  eines  Tempels. 


Das  Sacrariuxn  dee  Hcius  in  Mussana.  279 

nimirum  didici  βϋατη,  dum  in  isium  inquiro,  arlificum  namina 
(ebd.),  is  dicd>atur  esse  Moronis,  ut  opinor,  (5)  u.  a.  ans  der  ge- 
flieecDtlich  zur  Schau  getragenen  altrömischen  Abneigung  gegen 
die  griechiechen  Kunstwerke  zu  erklären.  Der  wahre  Grund 
liegt  in  einer  auch  bei  anderen  Kuneträubereien  zu  beobachtenden 
Hegel,  die  durch  religiöse  Rücksichten  bedingt  iat.  Am  leichtesten 
werden  profana  signa  (4),  zu  denen  Denkmäler  in  öffentlichem 
and  privatem  Besitz,  aber  auch  decoratiye  Tempelsculpturen  ge- 
hören, entfernt  wie  die  von  Mummius  aus  Tbespiae  geraubten 
'Thespiaden  des  Praxiteles  (ebd.).  Schwerer  hält  es  schon  con" 
secrata  signa,  Weihgeschenke,  also  Eigenthum  eines  Gottes,  zu 
entführen.  So  läset  Mummius  den  Cupido  des  Praxiteles  in  Thespiae 
unangetastet,  qttod  erat  consecratus  (§  4),  und  entlehnt  C.  Clau- 
dius Pulcher  den  Cupido  des  Heins  nur  zum  Schmuck  des  römi- 
schen Forum  während  seiner  Aedilität  (99  v.  Chr.),  giebt  ihn 
aber  nach  deren  Ablauf  gewissenhaft  zurück  (6).  Plinius  (nat. 
biet,  praef.  19)  sagt  sogar,  dass  durch  die  Weihung  eines  Gegen- 
standes in  einem  Tempel  sein  Werth  erhöht  werde.  Dagegen  gilt 
es  für  Tempelschändung  eine  Cultstatue,  also  gewissermassen 
den  in  diesem  Abbilde  sich  offenbarenden  Gott  selbst,  von  seinem 
geheiligten  Platze  zu  entfernen.  Das  beste  Beispiel  ist  der  miss- 
glückte Versuch  des  Kaisers  Gaius  den  goldelfenbeinernen  Zeus 
des  Phidias  aus  seinem  Tempel  in  Olympia  zu  rauben  (losephus 
antiq.  lud.  XIX  1,  1,  Sueton  C.  Calig.  22,  57,  Dio  Cassius  LIX  28, 
3).  Es  waren  nicht  nur  technische  Gründe,  die  sich  der  üeber- 
führung  der  Kolossalstatue  mit  ihrer  complicirten  Innencon- 
struction  entgegenstellten;  auch  die  religiöse  Scheu  selbst  in  dieser 
Zeit  des  Unglaubens  und  der  göttlichen  Verehrung  der  Kaiser 
spricht  sich  aus  in  den  Erzählungen  von  der  Furcht  des  beauf- 
tragten Beamten,  von  dem  Hohngelächter,  welches  von  dem  Gotte 
ausging,  als  man  Hand  an  ihn  zu  legen  wagte,  und  von  dem 
Untergang  des  zum  Transport  bestimmten  Schiffes  in  einem  Ge- 
witter. Also  das  ^uralte  Holzbild*  der  Fortuna  im  Besitz  des 
Heins  war  eine  Cultstatue.  Verres  tastete  sie  weniger  wegen 
ihres  hohen  offenbar  dem  des  Tempels  entsprechenden  Alters  nicht 
an  als  wegen  ihrer  Heiligkeit  und  wohl  auch  aus  Scheu  durch 
die  Wegnahme  einen  Aufruhr  wie  bei  dem  missglückten  Raube 
der  Herculesstatue  in  Agrigent  (§  94)  zu  erregen.  Denn  dass  die 
römischen  *  Kunstkenner  sich  durch  den  alterthümlichen  Stil  eines 
Werkes  von  dessen  Erwerbung  keineswegs  abhalten  Hessen,  be- 
weist die  Vorliebe  des  Verres  selbst  und  anderer  für  Werke  des 


280  Ο.  RoBsbach 

Myroii  (§5,  §  98  ^),  dae  eherne  Seibetporträt  des  Theodoros  von 
Hamoe  in  Praeneste  (Plinine  nat.  bist.  XXXIY  83^)  und  die 
Auffindung  eines  streng  arcbaiscben  gelockten  Jüngling^kopfes 
und  einer  arcbaisirenden  Atbena  in  Angriffsstellung  in  der  '  Villa 
dei  papiri'  in  Herculaneum  (D.  Comparetti  e  G.  de  Petra,  villa 
Ercolanese  Taf.  VII  1,  XIX  1).  Zudem  musste  Verres  auf  seinen 
Freund  Heins,  von  dem  er  die  Kunstwerke  ja  durch  Scheinkauf 
erworben  hatte  und  der  sogar  später  als  sein  Vertheidiger  an 
der  Spitze  einer  Gesandschaft  von  Mamertinern  nach  Rom  kam, 
doch    einige  Rücksicht  nehmen.     Dass   übrigens  Tyche  grade    in 


1  Oft  genug  mögen  die  vornehmen  Dilettanten  Täuschungen  zum 
Opfer  gefallen  eein  (vgl.  L.  Friedländer,  Sittengesch.^  III  S.  273  fg.). 
Bei  dem  aus  Agrigent  entführten  Aesculap  bewährte  sich  allerdings  die 
Kennerschaft  des  Verres,  da  die  Künstlerinschrift  des  Myron  in  kleinen 
silbernen  Buchstaben  auf  dem  Schenkel  eingelegt  war,  aber  bei  dem 
Hercules  des  Heius  und  den  Kanephoren  errej^t  Ciceros  dicebatur  und 
dicehant  Bedenken.  Noch  (.tärkeres  Misstrauen  erhebt  sich,  wenn  bei 
Properz  I!  31,  7  fg.  statt  der  einen  berühmten  Kuh  der  Myron  in 
der  Säulenhalle  des  von  Augustus  geweihten  Apollot«mpel  auf  den 
Palatin  gleich  vier  von  der  Hand  desselben  Künstlers  an  dem  Altar 
stehen.  Da  erinnert  man  sich  der  Worte  des  Phaedrns  V  prol.  5  fg.: 
(artifices)  pretium  operihus  maius  inveniunt  noviSj  Si  marmori  adscripse- 
runt  Fraxitelen  smo,  Trito  Myronen  argento,  tabidae  Pausiatt,  vgl. 
Philologus  LV  (189())  8.  192.  Vielleicht  ist  daher  ein  marmorner 
Jünglingskopf  in  den  Magazinen  der  Villa  Borghese  mit  der  Inschrift 
Myron  fecit  (Bullett.  deW  Inst.  1S84  S.  17(>,  Deutsche  Litteraturzeitung 
1885  S.  G3)  in  dieser  Weise  aufzufassen  und  nicht  für  das  Werk  eines 
gleichnamigen  Collegen  des  Myron  aus  römischer  Zeit  zu  halten. 

2  Ein  von  den  Archäologen  übersehenes  zweites  Werk  altsamischer 
Porträtplastik  beschreibt  Apuleius  flor.  15.  Es  kann  kein  Zweifel  ob- 
walten, dass  der  weit  gereiste,  scharf  beobachtende  und  den  ganzen 
Heratempel,  wo  es  stand,  anschaulich  schildernde  Sophist  es  selbst  ge- 
sehen hatte.  Er  beschreibt  es  als  die  Statue  eines  jugendlichen 
Kitharöden  mit  tief  in  den  Nacken  herabfallendem  Haar,  bunt  bemaltem 
Gewände  und  schlanken  Händen,  alles  Eigenthümlicbkeiten  des  archaischen 
Stiles,  während  das  Grübchen  im  Kinn  (laculUi)  deutlich  auf  ein  Porträt 
hinweist.  Die  Weihung  durch  Polykrates  von  Samos  wird  durch  eine 
Inschrift  bezeugt  gewesen  sein.  Gegen  die  Deutung  auf  Pythagoras 
wendet  Apuleius  sich  mit  Recht,  aber  auch  seine  eigene  auf  Bathyllos 
hat  bereits  0.  Crusius  in  Pauly-Wissowas  Realencykl.  III  S.  317  als 
eine  Hypothese  erkannt.  Doch  giebt  Apuleius  selbst  sie  wieder  auf, 
indem  er  kurz  darauf  nur  sagt,  die  Statue  stelle  einen  der  Lieblinge 
des  Polykrates  dar. 


Das  Sacrariuin  des  Heius  in  Messana.  281 

Sicilien  besonders  verehrt  wurde,  beweist  schon  der  Name  des 
bekannten  Stadttheiles  von  Syrakns  Tycha,  welchen  er  von  dem 
dortigen  fanitm  antiquum  der  Göttin  führte.  Bekannt  ist  ferner 
ihr  häufiges  Vorkommen  als  Hausgöttin. 

Weniger  erfahren  wir  von  Cicero  über  das  Heiligthum  selbst. 
Wenn  er  es  α  maiorüms  traditum,  perantiquom  nennt  (4,  vgl. 
II  13),  so  darf  man  das  Alter  natürlich  nicht  zu  hoch  annehmen. 
Diese  Worte  besagen  nur,  dass  es  sich  bereits  viele  Generationen 
in  dieser  vornehmsten  und  durch  ihre  nahen  Beziehungen  zu  den 
römischen  Grossen  auch  mächtigsten  Familie  von  Messana  befand. 
Wichtiger  ist  die  Angabe,  dass  es  auf  dem  Grundstücke  des 
Heins  stand  (in  aedibus  4,  ex  aedibus  eripuisse  II  15).  E.  Lehrs 
in  seiner  von  0.  Pfundtner  herausgegebenen  Uebersetzung  unserer 
Kede  (Königsberg  1880,  S.  2)  giebt  daher  sacroiiMw  treffend 
mit  'Capelle'  wieder.  Denn  an  ein  unbedachtes  τέμενος  ist 
schon  wegen  der  Kostbarkeit  jener  den  bedeutendsten  griechischen 
Meistern  zugeschriebenen  Statuen  nicht  zu  denken,  ebensowenig 
an  einen  beschränkten  Raum  in  Innern  des  Wohngebäudes.  Das 
würde  nicht  der  Vorstellung  entsprechen,  die  wir  uns  von  der 
Wohnung  eines  so  hervorragenden  Geschlechtes  zu  machen  haben, 
aber  auch  nicht  unserm  Wissen  von  verwandten  ausgedehnten 
Bauten  des  spätem  Alterthums,  wie  wir  sie  namentlich  aus 
campanischen  Landschaftsgemälden  (W.  Heibig,  Wandgemälde 
der  vom  Vesuv  versch.  Städte  Nr.  1557,  1561  u.  ö.),  aber  auch 
den  Schilderungen    in  den  Briefen  des  jüngeren  Plinius    kennen. 

Einen  weiteren  Fingerzeig  für  die  Beschaffenheit  der  Sacra- 
rium  giebt  uns  die  paarweise  Aufstellung  der  Statuen,  besonders 
der  Kanephoren,  die  man  sich  kaum  ohne  Zusammenhang  mit  der 
Architektur  vorstellen  kann.  Denkt  man  sich  daher  das  Heilig- 
thum in  der  grade  für  kleinere  Sacralbauten  häufigen  Gestalt 
eines  ναός  έν  παρα(Ττά(Τΐν,  so  wird  man  für  sie  kaum  einen 
geeigneteren  Platz  finden  können  als  in  den  Intercolumnien  rechte 
und  links  vom  Eingange.  Das  zweite  Statuenpaar,  Cupido  und 
Hercules,  mag  mit  den  dazu  gehörigen  kleinen  Altären  im 
πρόναος  gestanden  haben,  vielleicht  auch  vom  im  (Τηκός,  während 
die  Fortuna  kaum  anderswo  aufgestellt  gewesen  sein  kann  als 
an  der  für  die  Cultbilder  geheiligten  Stelle,  vor  der  Mitte  der 
Hinterwand  der  Cella.  Die  umstehende  Situationskizze  möge 
die  Anordnungsweise  der  Statuen  veranschaulichen.  Selbstver- 
ständlich sind  auch  andere  Möglichkeiten  vorhanden,  wie  die  Auf- 
stellung   in    einem  άμφιπρό(Ττυλος,    wobei   die  Statuen    mit  den 


282 


Ο.  Rossbach 


anHae  ihren  Platz  zwiRchen  den  Säulen  des  πρόναος,  die  Eane- 
phoren  an  den  entsprechenden  Stellen  des  όπκτθόοομος  gefunden 
haben  könnten,  aber  für  eine  Hauscapelle  liegt  doch  die  ein- 
fachere Bauart  näher. 


Ich  schliesse  hier  den  Versuch  an  einen  anderen  Penaten  der 
römischen  Litteratur  näher  zu  bestimmen.  Es  ist  der /ar/oiiti/tari^, 
welcher  als  Prolog  dieAululariadeePlantue  eröffnet.  Es  liegt 
die  Frage  nahe,  welche  Gottheit  ihm  in  der  übersetzten  attischen 
Komödie,  mag  es  nun  Menanders  '  Ybpia  oder  ein  anderes  Stück 
gewesen  sein,  entsprach.  Sie  ist  von  den  Erklärern  verschie- 
den beanwortet  worden.  W.  Wagner  denkt  an  einen  θεός  πα- 
τρώος, Ussing  an  den  Gott,  welcher  die  glücklichen  Funde  ver- 
leiht, Hermes,  F.  Leo  (Plautinische  Forschungen  S.  192  Anm.  1) 
an  den  'ήριυς  der  Familie,  der  vor  dem  Hause  steht  .  Ich 
möchte  davon  ausgehen,  dass  die  treueste  üebersetzung  von  lar 
familiaris  offenbar  θεός  (δαίμων)  γενέθλιος  ist,  ferner  dass  wir 
uns  hier  ganz  anders  als  bei  Heins  in  mehr  als  einfachen  Ver- 
hältnissen befinden.  Eine  Statue  vor  dem  Hause  entspricht  also 
nicht  dem  schmutzigen  Geiz  des  Euclio  und  seiner  ihre  Schätze 
vergrabenden  Vorfahren.  Zudem  deutet  ja  der  Gott  seinen  Sitz 
am  Heerde,  der  nach  altarischem  Brauche  auch  Hausaltar  ist, 
selbst  in  den  Versen  an  (6  fg.):  Sed  mi  avos  huitis  ohsecrans 
concredidit  Thensaurum  auri  dam  omtiis:  in  medio  foco  Defodit 
vener  ans  me  ut  id  servarem  sibi.  Also  an  dieser  Stelle  bringt 
ihm  Euclios  Tochter  ihre  kleinen  Opfer  dar  (23  fg.)  und  hier 
hat  man  sich  auch  seine  Statuette  aus  Erz,  Stein  oder  gebranntem 
Thon  vielleicht  in  einer  Nische  wie  in  Pompeji  aufgestellt  zu 
denken ;  selbst  ein  an  die  Wand  gemaltes  Cultbild  ist,  wie  es 
andere  pompejanische  Häuser  zeigen,  nicht  ausgeschlossen.  Eine 
nähere  Bestimmung  des  Gottes,  welchem  Euclios  Grossvater  den 


Das  Sacrariuui  des  Ilcius  in  Mcssana.  283 

Schutz  des  Uansee  und  Schatzes  übertragen  hatte,  ist  nach  den 
Worten  des  Prologs  ausgesxihlossen  und  Ussings  Annahme,  dass 
er  in  dem  bekannten  dionysischen  Kostüm  der  uns  erhaltenen 
Larenbilder  auftrat,  ist  bei  dem  Schwanken  des  Larentypus  grade 
in  älterer  Zeit  (s.  G.  Wissowa  in  Koschere  Lexikon  der  Mythol. 
IL  S.  1872,  1891  fg.)  nicht  so  sicher,  wie  er  annimmt.  Für  den 
Gott  des  griechischen  Originalstück  es  haben  wir  aber  deshalb 
eine  genauere  Bestimmung  nöthig,  weil  ein  θεός  γενέθλιος  kein 
selbständiges  Wesen,  sondern  nur  immer  die  Eigenschaft  eines 
der  alten  Landesgötter  ist  Miniaturen,  die  uns  Schlüsse  aus  seiner 
Bühnenerscheiuung  zu  machen  erlaubten,  fehlen  bekanntlich  in 
den  Handschriften  des  Plautus.  Aber  bei  dem  Bewahren  grade 
der  für  die  einzelnen  Holleu  charakteristischen  Kennzeichen  in 
der  Schauspielertracht  dürfen  wir  die  spätere  Umarbeitung  der 
Aulularia,  den  Querolus^  heranziehen,  wo  in  scheinbar  auffälliger 
Weise  der  Lar  mit  einem  Dreizack  auftritt  (p.  7,  18  ed.  K.  Peiper). 
£r  selbst  erklärt  das  Vorhandensein  dieses  Gegenstandes,  dessen 
er  sich  zum  etwaigen  Schutz  gegen  einen  Angriff  des  Querolus 
bedienen  will,  sehr  unwahrscheinlich  mit  den  Worten:  unde  esse 
hoc  dicam?  piscatores  matte  hoc  pi'oeterisse  vidi;  ipsis  forte  hoc 
excidit  Dieser  tridens  horniger^  wie  er  kurz  vorher  genannt  wird, 
ist  vielmehr  als  das  bekannte  Symbol  des  Poseidon  aufzufassen 
und  diesen  verehrte  £uclio  als  seinen  Hausgott.  Da  das  Stück 
wenn  nicht  in  Athen,  so  doch  in  einem  anderen  griechischen 
Hafenorte  spielt,  so  liegt  er  schon  an  und  für  sich  nahe,  aber 
er  führt  auch  die  Beinamen  γενέθλιος  und  γενέ(Τιος  (Preller  und 
Robert,  griech.  Mythol.  I  S.  386,  vgl.  S.  374  Anm.  1). 

Zum  Schluss  noch  eine  Bemerkung  zu  einer  vielfach  bean- 
standeten Stelle  der  vierten  Verrine.  §  22  wird  die  Hehlerei 
und  Unehrlichkeit  der  damaligen  Mamertiner  mit  der  sittlichen 
Strenge  und  dem  ehrenfesten  Benehmen  ihrer  Vorfahren  ver- 
glichen, die  sich  nicht  scheuten,  das  Gepäck  eines  so  vornehmen 
und  einflussreichen  Mannes  wie  des  Consularen  C.  Cato,  des 
£nkels  des  M.  Cato  Ceusorius,  mit  Beschlag  zu  belegen,  als  er 
113  V.  Chr.  unter  dem  dringenden  Verdachte  von  Erpressungen 
in  seiner  Provinz  Macedonien  über  ihre  Stadt  nach  Rom  zurück- 
kehrte:   Mamertina  civifas C.   Cafonis,    illius    qui  con- 

Stil  fiiitj  impedimenta  retinuit,  at  cuius  hominis!  clarissimi  et 
potevtissimi,  qui  tarnen^  cum  consul  fnisset^  condemnaius  est.  ita 
C.  Cafo,  duoruni  hominum  clarissimorum  nepos,  L,  Paulli  et  M, 
CcUonis,  et  F.  Africani  suroris  filius.     Die  Herausgeber  erklären 


284  Ο.  R  ο  sab  ach  Das  Sacrarium  des  Heius  in  Messana. 

den  letzten  Satz  entweder  für  ein  Einschiebeel  ans  dem  gamicht 
genügend  damit  übereinstimmenden  und  im  Mittelalter  wenig  be- 
kannten Velleius  (II  8,  1),  oder  sie  setzen  an  seinem  Ende  eine 
Lücke  an,  in  der  ein  verbum  finitnm  und  einige  andere  Worte 
aasgefallen  wären.  Aber  es  ist  alles  in  Ordnung  und  es  etebt 
bier  ähnlich  wie  §  5,  wo  man  gleichfalls  eine  Lücke  angenommen 
bat,  bis  nach  dem  Vorgange  von  Lehre  (a.  a.  0.  S.  3)  C.  F.  W. 
Müller  darauf  hinwies,  dass  et  certe,  item  ante  hos  deos  n.  s.  w. 
zu  lesen  ist.  An  unserer  Stelle  ist  ita  in  affirmativer  Bedeutung 
zu  fassen  und  dahinter  ein  Komma  zu  setzen.  Cicero  nimmt 
also  das  wohlberechtigte  Erstaunen  der  Richter  über  dies  uner- 
hört kühne  Vorgehen  einer  civitas  foederata  gegenüber  einem 
aus  der  höchsten  römischen  Nobilität  stammenden  Consularen 
wahr.  Er  bestätigt  die  Thatsache  mit  ita  noch  einmal  und  macht 
nähere  Angaben  über  die  yornehme  Abstammung  des  C.  Cato, 
zu  denen  man  sich  als  verbum  finitum  aus  dem  vorhergehenden 
Satze  leicht  condenmatus  est  ergänzen  kann.  Aehnlich  gebraucht 
Cicero  ita  pro  Font.  36 :  ita  vero,  si  Uli  bellum  facere  conabuntury 
exdtandus  nöbis  erit  ab  inferis  C,  Marius;  Philipp.  XIV  12: 
ita,  inquamy  kostium^  guamvis  hoc  isti  hostes  domestici  nolint;  de 
off.  III  35:  ita,  quicquid  honestum,  id  utile;  u.  ö.  —  Im  folgenden 
Satze  quo  damnato  tunc^  cum  severa  iudicia  fiebant,  sestertium 
quatuor  milibus  lis  aestimaia  est;  ist  die  Zahlenangabe  nicht  sicher 

überliefert.  HSGII;  bietet    der    beste    codex  Parisinus    7774  Α 

HSXVIIL  der  Parisinus  7776  und  einige  andere  Handschriften 
zweiten  Ranges.  Da  nnn  III  184,  wo  dasselbe  Ereignies  erzählt 
wird,  HS VIII  mit.  völlig  fest  steht,  so  hätten  die  Herausgeber 
richtiger  daran  gethan  dies  auch  hier  herznstellen,  zumal  da  es 
schon  der  üeberlieferung  näher  steht  als  das  nur  durch  Velleiue 
(a.  a.  0.)  bezeugte  quatuor, 

Königsberg  i.  Pr.  Otto  Rossbach. 


Stadien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik. 

(Vgl.  d.  Z.  UV  Bd.  S.  412  ff.) 


III. 
Eine  Schrift  über    den  Redner  als  Quelle  Ciceros  und 

Quintilians^ 

Wie  gross  der  Antheil  der  Stoa  am  Ausbau  des  antiken 
'a^torischen  Systems  gewesen  sei,  darüber  ist  man  heutzutage 
"^oL  nicht  einig.  Die  richtige  Mittellinie*  festzulegen  muss 
e^Ä^r  späteren  Zeit  überlassen  bleiben.     Aber  wir  wissen  dennoch 


1  Bei  dieser  Gelegenheit   sei    zu   dem  Aufsatz  'Tiraäus   und   die 

U^l>erlieferuDg   über    den  Ursprung  der  Rhetorik'    nachgetragen,   dass 

*™iiliche  Berichte,  wie  die  dort  behandelten,   sich  auch  noch  anderswo 

^   üen  Walzscholieu  finden,  indessen  bei  Seite  zu  lassen  sind,  weil  ihre 

Ueberlieferung  keine  selbständige  Geltung  beanspruchen  kann.     Dagegen 

"*be   ich,    durch    das    absprechende    Urtheil    von  Walz    verführt,    den 

^i^ilos    mit  Unrecht,   wie  ich  heute  weiss,   hinzuzusetzen   unterlassen; 

"^  liegt  thatsächlich    unabhängige  Tradition  vor,    und  es  ist  wichtig 

'^■teustellen,    dass    der  '  Timäusbericbt*  bereits  in  einer  'βίσαγωγή    βίς 

^ορικήν*  gestanden  hat,  die  im  5.  Jahrhundert  n.  Chr.,  also  in  guter 

^it,  von  Rhetoren  auegezogen  worden  ist.     Die  Quellenfrage  der  ver- 

^biedenen   €(σαγωγα{   muss   einmal   im    Zusammenhang   aufgearbeitet 

Werden;   ich  ho£fe  in   nicht  allzu  ferner  Zeit  eine   ausführliche  Unter- 

»uehung  darüber  vorlegen  zu  können. 

'  Mit  Recht  hat  mich    v.  Arnim  getadelt,    weil  ich  voreilig  den 

^lutt  gezogen  hatte,  die  Angriffe  des  Kritolaos  seien  gegen  die  Stoa 

eichtet   gewesen   (bei  Sudhaus  Philodemi  Suppl.  S.  9  ff.).    Aber   ich 

^^  noch   nicht   ein,    dass   meine   weiteren  Ausführungen   durch   die 

«•che  Auffassung   eines  Punktes    wesentlich    modifiziert  werden;   von 

weero,    dessen  Schrift  de  oratore   ich   damals    wirklich   schon  kannte 

*^'•  «.  B.  Programm  des  Köuigl.  Gymnasiums   an   der  Apostelnkirche 

^°  *Cölti^  Ostern  1886),   erhoffe  ich  auch  heute  nichts;    dass  er  für  die 

^laosfrage  von  Bedeutung   ist,    dafür   steht  der  Beweis  noch  aus. 


28()  Raderm  acher 

schon  jetzt  ro  vielerlei^  daes  es  bedenklich  sein  dürfte,  zu  thun, 
als  ob  sich  die  Stoiker  um  Rhetorik  kanm  gekümmert  hätten. 
Fortgesetzte  Quellenstudien  werden  das  Gegentheil  lehren;  für  die 
Lateiner  ist  die  Sache  doch  wohl  ziemlich  klar,  und  für  die 
Griechen  wird  die  Zukunft  noch  mancherlei  ergeben. 

Mit  dem  Erwachen  der  atticistischen  Bewegung  ungefähr 
gleichzeitig  treten  Versuche  auf,  das  Bild  eines  Redners  zu  zeich- 
nen, der  alle  Vollkommenheiten  in  sich  vereinigte.  Den  einen 
ist  es  eine  bestimmte  Persönlichkeit,  den  anderen  ein  unerreich- 
bares Ideal,  dem  wenigstens  nahe  zu  kommen  die  Aufgabe  der 
besten  Talente  sein  muss.  Es  lag  nahe  die  von  den  Atticisten 
geübte  ästhetische  Kritik  für  diese  Erscheinung  verantwortlich 
zu  machen;  indessen  ist  Atticismus  Nachahmung  der  Attiker  und 
nicht  noth wendig  iines  Attikers  gewesen.  Vor  seiner  Kritik  haben 
viele  bestanden.  Wir  werden  weiter  ausschauen  müssen,  um  zu 
erkennen,  welche  Einflüsse  hier  als  wesentlich  bestimmend  in  Frage 
kommen.  Dass  nun  die  Stoa  für  die  Ausgestaltung  des  rhetorisch- 
sophistischen  Bildungsideale  von  grosser  Bedeutung  gewesen  ist, 
hat  inzwischen  v.  Arnim  ausgesprochen';  seine  kurzen  und  all- 
gemeinen Andeutungen  dürften  die  folgende  Erörterung  nicht  über- 
flüssig machen^. 

Quintilian  beginnt  das  1.  Kapitel  des  12.  Buches  seiner 
institutio  oratoria  mit  dem  ziemlich  weitläufigen  Nachweis,  dass 
nur  der  ^gute  Mann'  ein  Redner  sein  könne.  Man  solle  ihm 
nicht  kommen  mit  dem  Einwand,  dann  seien  doch  auch  weder 
Demosthenes  noch  Cicero  Redner  gewesen;  er  antworte  darauf 
wie  die  Stoiker  auf  die  Frage,  ob  Zeno  Kleanthes  Chrysipp 
Weise  seien:  sie  seien  gross  und  verehrungswürdig,  aber  das 
Höchste  hätten  sie  nicht  erreicht.  So  bleibe  freilich,  um  die 
Wahrheit  zu  sagen,  das  Ideal  des  Redners  noch  zu  verwirklichen. 
Bestimmt  aber  müsse  in  Abrede  gestellt  werden,  dass  ein  Schlechter, 
und  sei  er  noch  so  begabt,  ein  Redner  sein  könne.  Ebensowenig 
könne  man  jedem  Draufgänger  das  Prädikat  der  Tapferkeit  zuge- 
stehen, weil  sich  diese  ohne  die  Tugend  nicht  denken  lasse.  Der 
Idealredner  müsse  in  sittlicher  Beziehung  so  vollkommen  sein  wie 
hinsichtlich  seiner  rhetorischen  Begabung.  25 :  Non  enim  foren- 
sem  quandam  instituimus  operam  nee  mercenariam  vocem  nee,  ut 
asperioribus  verbis  parcamus,  non  inutilem  sane  litium  advocatum, 
quem  denique    causidicum    vulgo  vocant,    sed    virum  cum  ingenii 

^  Das  Leben  und  die  Werke  des  Dio  von  Prusa  S.  91. 

-  Sie  sind  ein  Theil  eines  im  Winters.  1897/8  gehaltenen  Vortrags, 


Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik.  387 

natura  praestantem  tum  vero  tot  pulcherrimas  artes  penitus  mente 
complexum,  datum  tandem  rebus  humanis,  qnalem  nulla  antea 
vetustas  cognoverit,  singularem  perfectumque  undique,  optime 
sentientem  optimeque  dicentem. 

Wenn  also  der  Redner  ein  guter  Mensch  sein  müsse  und 
dor  Begriff  von  dem  der  Tugend  nicht  getrennt  werden  könne, 
80  finde  diese  wieder,  obwohl  sie  aus  der  Natur  entspringe,  ihre 
Vollendung  im  Wissen.  Der  Redner  brauche  demnach  zwar  kein 
Philosoph  zu  sein,  wohl  aber  müsse  er  eine  gründliche  philoso- 
phische Bildung  besitzen.  So  wird  denn  Eenntniss  der  Logik, 
Ethik  und  sogar  der  Physik  gefordert.  Ausdrücklich  wird  zum 
Schlüsse  betont,  die  Beschäftigung  mit  der  stoischen  Philosophie 
sei  wohl  am  meisten  zu  empfehlen^.  Femer  müsse  der  Redner 
wissen,  quae  sunt  antiquitus  dicta  ac  facta  praeclare,  er  müsse 
das  bürgerliche  Recht  kennen  und  eine  reiche  Fülle  von  Beispielen 
aus  der  Geschichte,  aus  mündlicher  üeberlieferung,  dem  täglichen 
Leben  und  den  Dichtern  zu  seiner  Verfügung  haben. 

£s  ist  unschwer  zu  erkennen,  dass  diese  ganze  Darlegung  wie 
aus  einem  Gusse  geschrieben  ist.  Aus  der  Forderung,  dass  der  Red- 
ner ein  absolut  vollkommenes  Wesen  sein  solle,  wird  ja  mit  Gleich- 
setzung  von  Tugend  und  Wiesen  die  andere  einer  universellen 
Bildung  abgeleitet.  Es  fragt  sich,  ob  wir  originale  Anschauungen 
Quintilians  vor  uns  haben  oder  etwa  Darlegungen,  die,  wenn  auch 
in  den  Einzelheiten  frei  und  mit  selbständigem  Urtheil  ausgestaltet, 
doch  im  Ganzen  und  Grossen  auf  eine  ältere  Quelle  zurückzu- 
führen sind.  Zunächst  mnss  auffallen,  dass  Quintilian,  der  schon 
im  1.  und  2.  Buche  die  Vorbildung  des  Redners  ausführlich  be- 
handelt hat,  hier  noch  einmal  auf  diese  Dinge  zurückgreift  und 
dabei  freilich  mit  ganz  anderen  Forderungen  kommt,  als  vorher 
aufgestellt  worden  waren.  Er  ist  sich  seines  Vorgehens  wohl 
bewusst  und  hat  im  Vorwort  des  12.  Buches  nicht  unterlassen 
sich  zu  entschuldigen.  Im  wesentlichen  aber,  so  müssen  wir 
artheilen,  liegt  die  Schuld  an  der  von  ihm  beliebten  Quellen- 
ansnutzung.  Bis  zum  IL  Buche  haben  ihn  hauptsächlich  rheto- 
rische Fachschriftsteller  bedient;  nunmehr  macht  er  eine  Anleihe 
bei  den  Philosophen. 

Niemand  wird  es  so  leicht  entgehen,  dass  die  These^  der 
Kedner    müsse    ein    vollkommen    guter  Mann    sein,  die  zur  Auf- 


^  Dies  ist  für  die  Erkcnntniss  der  letzten  Quelle  immerhin  noch 
beachtenswerth. 


288  Raderraaoher 

stellnng  eine»  unerreichten  Ideale  führt,  die  heqnerasten  Analogien 
in  den  Kreisen  der  Stoa  findet.  Der  Beweis,  dass  stoische  Axiome 
vorliegen,  läset  sich  indessen  noch  schlagend  führen.  Zunächst 
ist  Quintilian  selbst  heranzuziehen,  der  II  15,  34  folgende  De- 
finition der  Rhetorik  anführt:  Hinc  eins  substantiae  maxime  con- 
veniet  finitio  rhetoricen  esse  bene  dicendi  scientiam.  Nam  et 
orationis  omnes  virtutes  semel  coraplectitur  et  protinus  mores 
etiam  oratoris^  cum  hene  dicere  non  possU  nisi  bontis.  Idem  yalet 
Chrysippi  finis  ille  ductus  α  Cleanthe,  Diese  Definition  wird  von 
Quint.  selbst  II  16,  11  gebilligt;  sie  ist  die  der  Stoa  (Sextue 
Emp.  ττρός  βήτορας  6)  und  offenbar  so  gefasst,  um  die  Forderung 
des  sittlich  vollkommenen  Redners  in  sich  zu  begreifen.  Stoisch 
ist  auch  die  XII  1,  23  herangezogene  Unterscheidung  des  manu 
promptus  und  fortis,  die  Gleichsetzung  der  Tugend  mit  dem 
Wissen,  die  Eintheilung  der  Philosophie  in  Dialektik,  Ethik,  Physik. 
Den  Stoikern  war  die  Beredsamkeit  virtus  und  sapientia  (z.  B. 
Cic.  de  or.  §.  159);  darin  wurzelt  der  von  Qoint.  XII  2,  1  ge- 
machte Uebergang :  Qaando  igitur  orator  est  vir  bonns,  is  autem 
citra  viriuiem  iniellegi  nequÜ ;  virtus^  etiamsi  quosdam  impetus  ex 
natura  sumit,  tarnen  perficienda  doctrina  est  (d.  i.  επιστήμη),  ein 
Syllogismus,  aus  dem  die  Forderung  philosophischer  Schulung 
für  den  Redner  hergeleitet  wird. 

Wir  müssen  also  den  Schluss  ziehen,  dass  Quintilian  in 
dem  ganzen  Abschnitt  von  einer  stoisch  gefärbten  Quelle  bedient 
wird.  Es  erhebt  sich  die  Frage,  wie  alt  diese  Anschauungen 
sind  und  ob  sie  sich  noch  anderswo  nachweisen  lassen.  Λ^οη 
Wichtigkeit  ist  hier  zunächst  festzustellen,  in  welchem  Verhält- 
niss  die  Ausführungen  Quintilians  zum  ciceronischen  Orator  stehen. 
Auch  in  dieser  Schrift  wird  ja  versucht  das  Idealbild  eines  Red- 
ners zu  zeichnen,  das  selbst  Demosthenes  nicht  verwirklicht  hat. 
Gleich  zu  Anfang  steht  die  Mahnung,  der  Redner  könne  ohne 
philosophische  Schulung  nicht  bestehen.  Nachher  wird  freilich 
dies  Thema  verlassen,  und  erst  im  32.  Kapitel  kommt  Cicero 
darauf  zurück.  Er  verlangt  von  seinem  Idealredner  Unterweisung 
in  der  Dialektik,  der  Moral,  Physik,  dem  bürgerlichen  Recht 
und  der  Geschichte. 

Hier  ist  die  Uebereinstimmung  mit  Quintilian  so  augenfällig, 
dass  vielleicht  mancher  geneigt  sein  wird,  ein  unmittelbares  Ab- 
hängigkeitsverhältniss  anzunehmen,  zumal  ja  der  Orator  bei  der 
Abfassung  der  institutio  oratoria  an  zahlreichen  Stellen  heran- 
gezogen   worden    ist.     Aber    es    ist  1.  zu  erwägen,    dass,  wenn 


Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik.  289 

gleich  die  Gmndforderungen  auf  dasselbe  hinaus  laufen,  so  doch 
Quintilians  Ausführungen  im  einzelnen  viel  reichhaltiger  sind  als 
die  des  kurzen  Cicerokapitele.  Freilich  hat  diese  Erwägung  keine 
genügende  Beweiskraft;  denn  Quintilian  ist  ein  selbständiger  Kopf 
gewesen.  Da  kommt  denn  als  das  Ausschlaggebende  in  Betracht, 
dass  von  der  bei  ihm  weitläufig  ausgeführten  Grundforderung,  der 
Redner  müsse  ein  vir  bonus  sein,  bei  Cicero  nichts  zu  lesen  ist. 
Und  doch  ergiebt  sich  bei  Quintilian  gerade  aus  dieser  breit 
entwickelten  Voraussetzung  alles  Weitere  in  zusammenhängender 
Darlegung.  Hier  liegt  somit  ein  wohlbedachter  Plan  und  ein  in 
gewissem  Sinne  nothwendiger  Zusammenbang  vor,  eine  Reihe 
von  Folgerungen,  die  unmittelbar  aus  dem  stoischen  System  er- 
schlossen werden,  während  bei  Cicero  bloss  einzelne  Theile  er- 
scheinen. Man  darf  also  wohl  annehmen,  dass  bei  beiden  Autoren 
eine  sicherlich  griechische,  von  stoischer  Lehre  stark  beeinflusste 
Urquelle  mittelbar  oder  unmittelbar  benutzt  ist,  und  zwar  so,  dass 
Quintilian^  ihr  treuer  und  in  vollerem  Umfang  folgt  als  Cicero. 
Nun  deutet  der  letztere  aber  auch  selbst  an,  dass  er  Philosophen 
zu  Vorgängern  habe.  Nachdem  er  es  nämlich  im  Proömium  als 
seine  Aufgabe  bezeichnet  hat,  das  Ideal  einer  Beredsamkeit  zu 
zeichnen,  das,  wenn  auch  für  menschliche  Kraft  unerreichbar, 
doch  jedem  ernstlich  Strebenden  stets  vor  Augen  stehen  müsse, 
fahrt  er  fort  §  11:  ao  vides  haue  primam  ingressionem  meam 
noo  ex  oratoriis  disputationibus  ductam  sed  e  media  phüosophia 
repetitam  —  reprehendent  quod  inusitatas  vias  indagemus,  tritas 
relinquamus.  ego  auiem  et  me  saepe  nova  videri  dicere  intellegoj 
cum  perveiera  dicam  sed  inaudiia  plerisque.  Aber  die  Andeutung 
ist  von  ihm  geschickt  maskirt  durch  die  wiederholten  Hinweise 
auf  Piaton  und  die  Akademie;  wer  in  der  Richtung  sucht,  dürfte 
allerdings  die  Vorlage  niemals  finden. 

Besonders  merkwürdig  ist  nun  eine  Thatsache,  deren  Be- 
trachtung zunächst  eine  Rückkehr  zu  unserem  Ausgangspunkt 
verlangt.     Nachdem  Quintilian  die  Nothwendigkeit  einer  philoso- 


^  Bloss  die  Forderung  des  Studiums  des  bürgerlichen  Rechte 
ist  vielleicht  aus  Cicero  direkt  abgeleitet.  Dem  starren  Anhänger  der 
Stoa  musste  natürlich  die  Philosophie  Hauptsache  sein;  dagegen  ist  sie 
für  den  Rhetor,  der  nach  Universalbildung  strebt,  zum  blossen  μάθημα 
herabgesunken.  (Vgl.  hierfür  die  treffende  Bemerkung  von  Arnim's 
a.  O.  8.  91.)  Der  veränderte  Standpunkt  schliesst  aber  doch  eine  Quel- 
lenbenatzung nicht  aus. 

BtaAin.  Μοβ.  t  Phllol.  N.  F.  LIV.  19 


^90  Radermacher 

phiecben  Sohalnng  des  Redners  durch  allgemeine  Erwägungen 
zu  erweisen  versucht  hat,  kommt  er  II  2,  22  auch  mit  Beispielen : 
Haec  si  ratione  manifesta  non  essent,  exemplis  tarnen  crederemas. 
Siquidem  et  Periclem  —  Anaxagorae  physici  constat  auditorem 
fuisse  et  Demosthenem'  —  dedisse  operam  Piatoni.  Im  selben 
Zusammenbang  bemerkt  Cicero  Orator  §  4 :  sine  philosopbia  non 
posse  effioi  quem  quaerimus  eloquentem  —  si  quidem  etiam  in 
Phaedro  Piatonis  hoc  Periclem  praestitisse  ceteris  dicit  oratoribus 
Socrates,  quod  is  Anaxagorae  physici  fuerit  anditor  —  quod 
idem  de  Demosthene  existimari  potest,  cuius  ex  epistulie  intellegi 
licet  quam  frequens   fuerit  Piatonis  auditör. 

Hierzu  gesellt  sich  nun  noch  Pbilodemos,  der  Vol.  rhet.  II 
226  S.  ausführt,  es  gebe  Leute,  die  behaupteten,  ohne  philosophische 
Bildung  könne  ein  Redner  sich  nicht  politisch  wirksam  bethä- 
tigen.  Nun  habe  ja  freilich  Perikles,  von  dem  er  —  nämlich  Philo- 
dems  Gegner,  dessen  Name  hier  nicht  genannt  wird  —  annahm, 
er  sei  von  allen  Rednern  noch  der  tüchtigste  gewesen,  den 
Anaxagoras  und  andre  Philosophen  gehört,  aber  keine  Stoiker, 
sondern  Leute,  die  in  allen  Dingen  geradezu  den  entgegengesetzten 
Standpunkt  vertraten.  Diogenes  aber  behaupte,  nur  die  Stoa 
vermöge  'gute  Bürger'  zu  schaffen.  Hier  bricht  das  Fragment 
ab;   es  giebt  wenig,  aber  doch  gerade  genug. 

Wir  finden  darin  Ciceros  und  Quintilians  Behauptung  wieder, 
dass  der  Redner  ohne  Philosophie  nicht  auskommen  könne  — 
der  πολιτικός  ^ήτωρ,  sagt  Philodem  mit  grösserer  Bestimmtheit 
und  hier  wahrscheinlich  das  Aeltere  bietend,  indem  er  vom  Ad- 
vokaten gewöhnlichen  Schlags  ganz  absieht.  Aus  der  Polemik 
Philodems  müssen  wir  schliessen,  dass  diese  Behauptung  ans 
stoischem  Munde  stammt,  dass  ferner  Perikles  als  Schüler  des 
Anaxagorae  von  einem  Stoiker  zum  Zeugniss  angeführt  worden 
war.  Der  wird  nun  leicht  widerlegt:  'gewiss  habe  Perikles  Phi- 
losophen gehört,  aber  keine  Stoiker,  und  Diogenes  meine  doch, 
dass  die  Stoa  allein  gute  Bürger  hervorbringe  .  Soll  diese  Beweis- 
führung Philodems  Sinn  und  Verstand  haben,  so  muss  man  wohl 
schliessen,  dass  der  Mann,  δς  '?φη'  ΤΤερικλέα  άν€κτότατον  Τ€- 
γονίναι  τών  άλλιυν  ρητόρων,  weil  er  eben  Philosophie  studirt 
habe,  derselbe  Diogenes  gewesen  ist.  Mit  seinen  eigenen  Waffen 
wird  er  nun  geschlagen;  hatte  er  doch  behauptet  μόνη  ν  τήν 
Στωική  ν  ποιεϊν  πολίτας  αγαθούς,  und  Stoiker  gab  es  im 
5.  Jahrb.  noch  nicht.  Perikles  kann  aber  in  keinem  andern  Zu- 
sammenhang   verwendet  worden    sein,    als    um    den    allgemeinen 


Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik.  291 

Satz  zu  stützen  δνευ  φιλοσοφίας  ουκ  €Ϊναι  πολιτικήν  βητορικήν ; 
dann  wäre  auch  der  zurückzuführen  auf  eine  Schrift  des  Diogenes 
von  Babylon.  Bestätigt  wird  diese  Vennuthung  durch  Philodem 
I  346,  wo  es  heisst:  ου  τώνΔιογένους  καΐ  τών  όμοίιυν  επαγ- 
γελίας υπέρ  τοΟ  Ρήτορα  και  μόνον  είναι  τόν  σοφόν.  Ob  wir 
nun  den  vir  bonns  Quintilians  im  πολίτης  αγαθός  des  Diogenes 
wiedererkennen  dürfen?  Ein  merkwürdiges  Zusammentreffen  soll 
hier  die  Kette  schliessen. 

Im  Jahr  164  kamen  als  Gesandte  der  Athener  die  Philo- 
sophen Earneades,  Kritolaos  und  Diogenes  nach  Rom.  Sie  be- 
nutzten dort  die  freie  Zeit,  die  ihnen  zur  Verfügung  stand,  um 
in  öffentlichen  Vorträgen  dem  Publikum  der  Hauptstadt  ihre 
Anschauungen  und  Lehren  darzulegen.  Zu  ihren  Füssen  sassen 
die  vornehmsten  und  ausgezeichnetesten  Männer,  darunter  auch 
der  ältere  Cato,  sonst  kein  Freund  der  Griechen,  aber  doch  un- 
vermögend sich  des  übermächtigen  Einflusses  zu  erwehren.  Als 
er  dann  seine  praecepta  ad  filium  schrieb,  hat  er  der  Beredsam- 
keit eine  Stelle  eingeräumt,  und  manche  nützliche  Erfahrung,  die 
der  alte  Praktiker  gemacht  hat,  mag  in  dem  Kapitel  angebracht 
worden  sein.  Aber  auch  Weisheit,  die  nicht  von  ihm  selber 
stammte.  Gleich  der  Anfang  klang  eigenartig :  Orator  est,  Marce 
fili,  vir  honus  dicendi  peritus.  Dies  ist  nicht  Catos  Lehre 
—  woher  sollte  dem  Alten  der  Gedanke  gekommen  sein,  das 
Moralische  so  scharf  zu  betonen?  —  sondern,  wir  wissen  es 
jetzt,  Lehre  der  Stoa.  Genauer  gesagt,  Lehre  des  Diogenes,  die 
Cato  ans  seinem  eigenen  Munde  vernommen  haben  wird. 

Philodem  hat  aber,  genau  wie  Cicero  und  Quintilian  auch  den 
Demostbenes  in  dem  bezeichneten  Zusammenhang  gekannt.  II  204 
streitet  er  mit  einem  Gegner,  diesmal  keinem  Stoiker,  der  be- 
hauptet hatte,  dass  der  Beruf  des  Politikers  eine  besondere  Vor- 
bildung nicht  erfordere.  Dem  hält  er  das  Beispiel  des  Themi- 
stokles  entgegen  και  ΤΤερικλεα  τόν  χάριν  του  καλώς  πολι- 
τβύεσθαι  πλείστην  άσχολίαν  έπενηνεγμένον,  άκουστήν  bk  γενό- 
μενον  τών  καθ'  αυτόν  σοφών  και  Δημοσθένην  τόν  και 
ΤΤλάτωνι  και  Εύβουλίδη   λεγόμενον  παραβεβληκέναι. 

Und  wieder  in  einem  Zusammenhang,  wo  ringsherum  der 
Name  des  Diogenes  auftaucht  und  schon  gleich  die  folgende  Columne 
von  Sudhaus  mit  Sicherheit  auf  ihn  bezogen  worden  ist:  I  351 
τους  επισημότατους  τών  έμπρακτων  Ρητόρων  bia  τήν  έμφαινο- 
μενην  έκ  τών  φιλοσόφιυν  συνεργίαν  ήχθαι  παρ'  αυτών  ώσπερ 
ΤΤερικλέα  —  και  Δημοσθένην. 


-*    292     Radermacher  Stadien  zar  Gescbichte  der  antiken  Rhetorik. 

Man  sieht:  Diogenes  bietet  die  Anfangspunkte  einer  £nt- 
wicklnngsreibe,  die  Quintilian  beschliesst.  Er  hat  die  massgeben- 
den Ideen  zuerst  ausgesprochen^.  Andererseits  lassen  die  Reste 
seiner  Scbriftstellerei,  die  bei  Philodem  erhalten  sind,  keineswegs 
mit  Sicherheit  den  Schluss  zu,  dass  er  seine  Gedanken  in  der 
Form  einer  positiven  Beweisfuhrung  entwickelt  habe,  wie  sie, 
fest  in  sich  geschlossen,  im  12.  Buche  der  institutio  oratoria  des 
Quintilian'  auftaucht.  Vielmehr  war  sein  Buch;  wenn  der  An- 
schein nicht  trügt,  wesentlich  kritisch-polemisch;  es  zeigte,  dass 
die  landläufigen  Rbetoren  nichts  taugen,  vor  allem,  dass  ihr 
Anspruch,  den  öffentlichen  Redner  und  Staatsmann  zu  bilden, 
null  und  nichtig  sei^  Aber  dieser  Beweis  kann  nicht  durch- 
geführt worden  sein,  ohne  dass  immer  wieder  auf  das  Gegenbild, 
den  stoischen  Weisen  als  vollkommenen  Redner,  hingewiesen 
wurde.  Was  hier  positiv  gelehrt  wurde,  mag  dann  ein  Späterer 
mit  üebergehung  aller  Polemik  herausgeschält  und  noch  in  vor- 
ciceroniscber  Zeit  in  ein  System  gebracht  haben.  Ihm  folgt 
Quintilian  im  12.  Buche  ziemlich  getreu;  in  wesentlichen  Dingen 
ist  auch  Cicero  von  ihm  abhängig,  obwohl  er  ausgemerzt  hat, 
was  ursprünglich  grund wesentlich  war:  die  Forderung  moralischer 
Vollkommenheit.  So  ist  der  Zusammenhang  zwischen  Stoa  und 
Cicero  hier  ein  nicht  so  inniger  wie  der  zwischen  Stoa  und 
Quintilian;  und  das  ist  sehr  merkwürdig  für  einen  Mann,  der 
doch  als  Rhetor  κατ'  έΕοχήν  ein  Gegner  der  Philosophie  war*. 
Eben  weil  er  dies  war,  darf  man  von  ihm  auch  nicht  vermuthen, 
dass  er,  etwa  von  Diogenes  ausgehend,  stoische  Theorien  in  solcher 
Breite  selbständig  entwickelt  habe,  um  einen  Grund  zu  legen,  aus 
dem  er  das  Ideal  rednerischer  Bildung  ableitete.  Seine  Quelle, 
scheint  vielmehr  ein  Mann  gewesen  zu  sein,  der  eine  Mittelstellung 
zwischen  Stoa  und  sophistischer  Rhetorik  eingenommen  hat.  (F.  f.) 

Bonn.  L.  Radermacher. 


^  Vgl.  V.  Arnim  a.  0.  S.  91. 

2  Dass  das  2.  Buch  in  Einzelheiten  verwandte  Bemerkungen  bietet, 
hat  schon  v.  Arnim  a.  0.  S.  92  gesagt. 

^  Das  Wesentliche  lässt  sich  heute  noch  ohne  Schwierigkeit  her- 
stellen. 

*  Vgl.  H.  Babucke  de  Quintiliani  dootrina  et  studiis.  Dies.  Kö- 
nigsberg 1866,  S.  1  ff. 


Ein  Excerpt  der  Scholia  Basileensia  zi 

Germanici  Aratea. 


An  letzter  Stelle  enthält  die  Dresdner  Handschrift  Do  183 
(β.  IX — X)  fol.  99a — 101a  einen  Tractat,  der  hesonders  sorgsam 
nnd  mit  sehr  zierlicher  Hand  eaec.  IX  ex.  geschriehen  ist.  Er 
führt  die  üeberschrift  'De  ordine  ao  poeitione  stellaram  in  signie 
in  signis'  (sie!).  Hierin  findet  sich  eine  genaue  Zusammenstel- 
Inng  über  die  Zahlen  der  Sterne  in  den  einzelnen  Sternbildern, 
die  den  bezüglichen  Abschnitten  der  Scholia  Basileensia  entlehnt 
ist,  wie  nnter  anderem  folgende  Stelle  zeigt: 

De  ord.  ac  pos.  II  'Sab  hie  apparet  sidns  qaod  vocatnr 
poluR  circnm  qnod  putatur  totus  orbi8verti^  Schol.  Basil.  p.  60, 
2  (ed.  Breysig,  Germanici  Caes.  Aratea)  ^Snb  eis  maximnm  sidns 
apparet  qnod  vocatur  polns  a  qnibnsdam,  circnm  qnod  pntatnr 
totns  orbis  verti*.  Schol.  Strozz.  ib.  p.  115,  14  *et  maxima 
altera  qnae  vocatnr  polns  in  quo  a  qnibasdam  pntatnr  orbis 
circumverti'.  Schol.  Sangerm.  ib.  p.  116,  6  'minima  altera  qnae 
vocatur  polns  ad  quem  putatur  totus  mundus  circumvolvi*.  Schol. 
Bern.  ib.  p.  233,  16  '  et  nitidissima  nna  qnae  vocatur  polns  ubi 
dicnnt  totum  mnndum  revolvi'. 

Eine  ähnliche,  aber  kürzere  und  weniger  werthvolle  Zn- 
sammenstellung geben  die  von  Breysig  p.  233 — 238  aus  Ber- 
nensie  88  s.  X  abgedruckten  Scholien,  welche  die  Stemzahlen 
nach  den  Schol.  Strozziana  bieten.  Der  Tractat  im  Dresdeneie 
giebt  den  Wortlaut  der  Basler  Scholien  getreu  wieder,  ohne  aber 
dem  Basileenpis  (A),  noch  dem  Parieinns  (P)  genau  zu  folgen. 
Es  finden  sich  allerlei  Zusätze  —  sie  sind  cursiv  gedruckt 
worden  ^  —  nnd  Auslnssungen»  auch  nicht  selten  andere  Ansätze 
der  Zahlen.     Mehrfach    aber  giebt    der  Text    die    ursprüngliche 


*  Ebenfalls   cursiv  gedruckt   sind    in    der    Ausgabe   die  Worte, 
welche  das  Excerpt  als  Ergänzung  zn  Α  nnd  Ρ  (Breysig)  bietet. 


294  Manitius 

Gestalt  allein;  einige  Ergänzungen  und  Emendationen  Breysigs 
werden  durch  das  Excerpt  gesichert  und  zuweilen  konnte  auch 
darüher  hinausgegangen,  werden.  Dies  alles  sowie  das  Alter  der 
Ueberlieferung  möge  den  Abdruck  des  Stuckes  rechtfertigen.  Ich 
bin  nun  in  den  Stand  gesetzt,  die  Ueberlieferung  des  Dresdensis 
durch  zwei  weitere  seh^  alte  Handschriften  zu  controliren,  die 
wohl  beide  karolingisch  sind  und  von  denen  die  eine  unbedingt 
älter  als  der  Dresdeneis  ist. 

Der  Cod.  Berolinensis  Phillipp.  1869,  der  am  Ende  des  8. 
und  zu  Anfang  des  9.  Jahrhunderte  wahrscheinlich  zu  Lorsch 
geschrieben  ist,  enthält  fol.  13b — 14a  und  als  Blattfüllsel  auf 
fol.  IIb  nnsern  Tractat  bis  Abschnitt  XXX  incl.,  allerdings  mit 
starken  Verkürzungen  und  Auslassungen.  Geschrieben  ist  das 
Stück  von  einer  sehr  alten  Hand,  welche  die  prächtige  früh- 
karolingisohe  Minuskel  der  sonstigen  Handschrift  offenbar  noch 
nicht  übte,  sondern  mit  ihrer  Schreibübung  noch  tief  im  8.  Jahr- 
hundert steckt.  Das  ist  insofern  wichtig,  als  daraus  hervorgeht, 
dass  der  Tractat  um  das  Jahr  800  längst  vorlag  und  damals 
schon  in  ein  Excerpt  gebracht  wurde.  Die  Hand  selbst  ist  über- 
aus sorgfältig,  leicht  zu  lesen  und  zeigt  die  langen  Schriftzüge 
(besonders  d  und  1)  der  späten  Merovingerzeit.  Ueberschrift  und 
Vorrede  fehlen  hier,  dagegen  deutet  leergelassener  Kaum  am 
Ende  von  fol.  IIb  an,  dass  die  Weiterführung  des  Excerpts  in 
Aussicht  genommen  war. 

Dagegen  ist  das  Stück  vollständig  wie  im  Dresdensis  noch 
im  Berol.  Phillipp.  1832  s.  IX— X  fol.  81^  ff.  erhalten,  wo  zugleich 
den  einzelnen  Abschnitten  Bilder  beigegeben  sind,  welche  mit 
denen  des  Dresdensis  zu  den  Schol.  Sangerroanensia  grosse  Aehn- 
lichkeit  zeigen,  aber  eine  freiere  Behandlung  der  Vorlage  deut- 
lich erkennen  lassen.  Hier  findet  sich  Ueberschrift  und  Vorrede 
und  der  Text  hat  viele  Abweichungen  vom  Dresdensis,  aus  denen 
sich  eine  getreuere  Ueberlieferung  der  ursprünglichen  Fassung 
ergiebt.  So  besitzt  auch  diese  Handschrift  unbedingten  Werth  für 
die  Ausgabe.  Das  Stück  ist  mit  etwas  dunklerer  Tinte  durohcor- 
rigirt  worden  (m).  Von  diesen  drei  Hdschrr.  biete  ich  in  den 
Noten  genaue  Collation,  für  die  Ausgabe  ist  Berol.  1832  als  dei 
zuverlässigste  Text  zu  Grunde  gelegt  worden.  Allerdings  tritt^-^ 
diese  Hdschr.  zuweilen  zurück  und  Dresd.  oder  Berol.  1869  ver—  ^^ 
dient  den  Vorzug.  Nach  W.  Hasper,  Hyginus  philosophus  p.  lO  - 
findet  sich  das  Stück  auch  im  Parisinus  8663  s.  XI,  woraus  dor"  -r^ 
die  Vorrede  abgedruckt  ist.     Auch  der  Montispessulanue  H.  33—   ^ 


Ein  Excerpt  der  Soholia  Basileeniia  zu  Germanioi  Aratea.     295 

8.  X  entb&lt  nach  Hasper  p.  8  dae  Exoerpt,  and  endliob  wird  es 
anob  im  Sangerm.  434  8.  XI  überliefert.  Meine  Ausgabe  faeet 
anf  den  zwei  Berliner  und  auf  der  Dresdener  Handscbrift  als  der 
ältesten  Ueberliefening.  Berol.  1832  =  B^,  Berol.  1869  =  B« 
Dresd.  De  183  =  D;  binzngefügtes  m  bedeutet  die  Hand  des 
Correctors. 

Die  eigenen  Erweiterungen,  welcbe  der  Verfasser  des  Trao- 
tats  binzugefügt  bat,  bezieben  sieb  meist  auf  griecbisobe  Be- 
nennung der  Sternbilder,  sowie  auf  kurze  Angaben  über  die  Lage 
von  Sternen.  Letztere  gehen  weder  auf  die  Germanicusscbolien 
nocb  auf  Hygin  zurück  und  sind  vielleicbt,  wie  die  griecbiscben 
Benennungen,  einem  caelum  pietnm  entnommen.  Die  griecbiscben 
Worte  geben  vielleicbt  auob  auf  das  sog.  Fragment  Hygins  zu- 
rück. In  den  späteren  Abscbnitten  zeigt  sieb  zuweilen  Yer- 
wandtscbaft  mit  den  Scbol.  Sangerm  an  ensia  und  Strozziana.  Zum 
Yergleicb  babe  icb  unter  die  kritisoben  Noten  die  wiebtigeren 
Abweicbungen  der  Scbol.  Basileensia  vom  Texte  des  Exoerptes 
gesetzt. 

Die  Vorrede  übrigens  stammt,  wie  icb  glaube,  Aus  späterer 
Zeit  als  der  Traotat  selbst.  Sie  besitzt  den  schwülstigen  Stil  der 
früheren  karolingiscben  Zeit,  ohne  in  die  Barbarei  des  merovin- 
gischen  Ausdrucks  zu  verfallen.  Es  kann  daher  leicht  sein,  dass 
der  Excerptor  im  Berol.  1869  noch  den  Text  ohne  die  Vorrede 
besass,  die  erst  von  einem  wenig  späteren  Abschreiber  binzuge- 
fügt worden  ist. 

De  ordine  ac  positione  stellarum  in  signis. 

Est  quidem  bic  ordo  et  positio  siderum,  quae  fixa  caelo 
plurium  coacervatione  stellarum  in  signum  aliquod  formata  vel 
fabulose  variarum  genera  formarum  in  caelum  recepta  creduntnr. 
Quorum  nomina  non  naturae  constitutio  sed  humana  persuasio  s 
quae  stellis  numeros  et  nomina  fecit  adinvenit.  Sed  quia  iuxta 
Aratum  numerus  stellarum  uniouique  signo  asoriptus  est,  eo  quo 
ab  ipso  est  ordine  digesta  descriptio  proferatur. 

I.  Helice  arcturus  maior  habet  Stellas  in  capite  septem,  in 

2  posicio  D,  poeicio  c  in  t  corr.  B^m.  qu^  B\  que  D.  o^lo  B*. 
3  coacemacione  B^,  4  CQlum  B^.  5  natura  in  naturae  corr.  Dm.  con- 
Btitucio  Dj  constitucio  in  constitutio  corr.  B^m.  6  quQ  B^D.  7  qnod 
B*.  8  criptio  pro  in  ras.  B^,  descripoio  D;  post  hoc  addit  Parisinus 
8663  in  medium  hniusmodi.  9  [|  numeros  omittunt  B^B^.  Helioe  am. 
B«.  VII  D. 


29β  ManitiüB 

singulis  humerie  eingnlas,  in  artno  I,  in  peotore  I,  in  pede  priori 
olarae  II,  in  snmma  caada  claram  unam,  in  venire  claram  nnam, 
in  cmre  posteriore  duae,  in  extremo  pede  dnas,  in  canda  III, 
fiunt  XXII. 

5  IL  Cynosura  arcturus  minor  habet  Stellas  in  nno  latere  IUI 

ciaras  in  quadro  positas,  in  caada  claras  III,  finnt  YII.  Sab  bis 
apparet  sidas  quod  vocatur  polas,  circam  qaod  patatar  totas 
orbis  verti. 

III.   Serpens  qai  inter  arotaros  med  ins  iacet,    habet  Stellas 

10  in  oapite  claras  Y,  in  corpore  toto  X,  fiant  XV. 

ΠΠ.  Hercales  qai  et  Ingenicalo  dicitar,  habet  stellam  in 
capite  I,  in  brachio  I,  in  hameris  singalas  claras,  in  sinistro  cu- 
bito  I,  in  ipsa  mann  I,  in  atrisqae  ilibas  I,  in  dextro  fernere  II, 
in  pede  I,    snpra    dextram    manam    id  est  in  olaya^  I,    in  pelle 

15  leonis  IUI,  samma  XVI. 

V.  Corona  habet  Stellas  Vlll  in  orbe  positas,  qaaram  III 
olarae,  qaae  contra  oapad  serpentis^  septentrionalis  sant. 

1  singula&l  I  £^.  in  armo  I  om,  B^,  2  claras  om,  B^.  in  venire 
—  3  posteriore  duas  om.  D,  claram  unam  bis]  I  bis  Jß^.  primum  duas] 
II  ΰ».     pede  II  D.    4  III]  IUI  D,    5  Cynosnra   om.  JB^,    Cynosira  2>. 

6  Claras  om,  JEß,  claras  om.  B*.  fiunt]  f  B*,  III.  Sub  D.  7  peius 
dicitur  J5^.  polös  B^m.  circum  —  8  verti  om.  B^,  9  IUI.  Serpens  D. 
medius  iacet]  est  B^.  10  claras  om.  B^.  toto  corpore  B^.  11  V.  Her- 
cules D.  qui  —  dicitur  om.  B!*.  ingeniclo  D.  12  capite  unam  in 
brachio  unam  B^.     claras  om.  W.     13  hilibus  Ώ.     14  supra  —  est  om, 

B^,  id  est  in  claua  in  ras.  B^.  15  summa]  f  B^.  16  VI.  Corona  D. 
VIII]  VII  B^.  orbem  DB^.  quarum  III.  17  clarae  oiw.  B«.  tres  D. 
lar§  B\  clare  D.     quae  —  sunt  om.  B^.     qu^  B^,  que  D.    caput  B^. 

Β  =  schol.  Basileensia. 

1  singulis  obscuras  duas  in  B.  4  XXIII  falso  B.  5  in  ipso  la- 
tere IUI  in  quatuor  angulis  claras  B.  6  Sub  eis  maximum  sidus  apparet 
B.  7  polus  a  quibusdam  B.  10  toto  usque  ad  caudam  complures. 
quae  fiunt  XV  B.  12  singulis  B.  13  fernere  II  έπΙ  γόνατος  Ι,  in  crure 
duas  B.  14  manura  quae  appellatur  claua,  in  leonina  pelle  quattuor. 
summa  uiginti  quattuor  B.  16  Stellas  Villi  Β ;  VII  w«  B^  {Berol.  Phiü. 
1869)  etiam  tradit  fragm.  schol.  Basti,  cod.  Berol.  Phiü.  1832.  17  capud 
leonis  sunt  eius  qui  est  inter  septentriones  B. 


1  Hiemach  ist  Schol.  Basil.  p.  61,  15  za  schreiben:  claua,  unam, 
in  e.  q.  s.  Auch  Berol.  1832  überliefert  im  Fragment  der  Schelien 
'supra  dextram  Γ. 

2  Hierdurch    wird  Broysigs  Conjectur    zu   der   Stelle  p.  62  app.- 


£in  Excerpt  der  Scholia  Basileeneia  zu  Germanioi  Aratea.      297 

VI.  Serpentarius  vero  qai  graeoe  Ophiuobue  yocatur  habet 
etellam  in  capite  claram  I,  in  singalie  hnmerie  olarap,  in  singulie 
pedibus  claras,  in  einietra  manu  III,  in  dextra  IUI  ciaras,  in 
cnbitis  singnlia  eingulas,  in  singnlis  genibue  singulae,  in  dextro 
crure  claram ;  enmma  XVII.  t 

VII.  Serpens  quem  manibns  tenet,  habet  Stellas  in  ore  dnas 
in  capite  parvas  IUI,  neque  ad  mannm  ee  tenentie  II,  in  fiexu 
corporis  XV,  summa  XXIIL 

VIII.  Scorpius  habet  Stellas  in  singulie   comibne  vd  poHus 
labüs  binas,  ex  quibus  priores  clarae  sunt,  in  fronte  III  quarum  lo 
media  clarior  est,   in  dorso  III  clarae,    in  yentre  II,  in  cauda  V 
in  aculeo  II,  in  summa  XVIIII. 

Villi.  Ex  bis  priores  IUI  quae  in  cornibus  vel  lahiis  quae 
obele  appellantur,   positae   sunt,    librae    adsignantur.     Hie  autem 
ob  magnitudinem  in  duo  domicilia  id  est  in  spaiium  duorum  sig- 16 
norum  partitur. 

X.    Bootes    qvi   grece  arciophylaa  tocaiur,  habet  Stellas  in 

1  VII.  Serpentarius  7).  vero  —  vocatur  om,  JB*.  grece  ophiucue 
B^D.  2  claram  om.  B^.  in  singulie  humeris  claras]  in  humeris  sin- 
gulai  B^,  3  pedibus  I  B^.  IUI  clarasl  IUI  B^.  4  cubitis  singulae  JB*. 
in  genibus  B^.  5  claramj  I  B^.  summa]  fiunt  B^.  6  VII.  Serpens  2>. 
manibuB  om.  B^.  duasj  II  B^B^,  7  parvas  om.  B^,  duas  ad  roanum 
usque  tenentis  B^.  8  XV]  X=,  II  {vel  V)  eras.  D.  summa]  fiunt  B^. 
XXIII]  XX=,  II  eran  D.  9  Stellas  om.  D,  singulis  —  potius  om.  B>. 
pocius  D.  10  ex  —  sunt  om.  B^.  clar^  B*,  clare  D.  quarum  —  11 
est  om.  B^.  11  claras  om.  B*.  13  Ex  —  16  partitur  om.  B^.  13  quQ 
B\  que  D.  vel  in  labüs  D.  qu^  B^.  14  cbele  BW.  positQ  2?^,  po- 
Bite  D.  librQ  B^.  adsignantur,  assignantur  Bhn.  15  spacium  D.  17 
qui  —  vocatur  om.  B^.     grece  B^D.   artofilax  D. 

5  XVI  falso  codd.  Schol  APBerol  1832.  6  in  oreficio  duas  B. 
7  in  capite  spissas  IUI  usque  ad  manum  Asclepii  aliae  duae.  cum  cor- 
pore Asclepii  VIII.  [in  prima]  flexura  IUI  et  secunda  flexura  ad  ter- 
tiam  usquc  ad  caudam  sex.  omnes  .  .  fiunt  XXVIII  B\  numerus  XXIII 
quippe  ex  alia  ratiocinatione  desvwptus  occurrit  etiam  in  schol.  Sangerm. 
jß.  121,  24  et  in  schol.  Bern.  p.  234,  4.  9  in  singulo  comu  binas  B; 
in  utroque  labio  schol.  Sangerm.  p.  123,  14»  in  utrisque  labüs  schoL 
Bern.  p.  234,  6.  10  ex  quibus  e.  q.  β.]  primae  maiores  insequentes 
clara  &,  not  unam  B.  13  ex  üs  priores  quae  sunt  in  cornibus  eins  IUI 
duae  clarae,  duae  obscurae,  librae  adsignantur  quae  chelia  dicuntur. 


crit.  (draconii   legendum   esse   videtur)   bestätigt.     Doch  ist  vielleicht 
serpentii  zu  schreiben. 


298  Manitiui 

dextera  mann  ITII  qnae  non  oooidnnt,  in  oapite  olaram  I,  in  sin- 
guHs  nmerie  8ingulaR,  in  mamillis  eingnlas,  Incidior  est  in  dextra^ 
sab  mamma  nnam  obecaram,  in^  dextro  oabito  olaram  I,  inter 
genua  utraqne  olaram  I,  in  singnlie  pedibus  eingnlas,  snmma  XIIII. 

6  XI.   Virgo  habet  stellam  in  oapite  obeouram  I,    in  singnlis 

nmeris  eingnlas,  in  sinistra  ala  obsonram  I,  in  dextra  ala  P,  in 
singnlis  cubitis  singalas,  in  singnlis  manibns  singnlas,  in  sinistra 
olariorem  quae  vocatur  spioa.  in  tunica  obscnras  VI,  in  sipgnlis 
pedibus  singnlas.    snmma  XVIII. 

10  XII.  Geminornm  nnns,  qni  inxta  oanorum  est,  habet  stellam 

in  oapite  olaram  I,  in  singnlis  nmeris  singnlas  olaras,  in  dextro 
onbito  I,  in  singnlis  genibns  singnlas,  in  pedibns  singnlis  sin- 
gnlas.    fiunt  VIII. 

XIII.  Alter  habet  in  oapite  I,  in  mammis  singnlas,  in  sinistro 
16 onbito  II,  in  snmmitate  manns  I,  in  sinistro  genn  I,   in  pedibns 

singnlas,  iuxta  sinistrnm  pedem  I,  qnae  vooatnr.  propns.  finnt  X. 

XIV.  Canoer  habet  Stellas  in  peotore  II  olaras,  quas  appel- 
lant  asinos,  inter  quas  est  nubeonla  qnae  candidi  coloris  apparet, 
qnam    praesepium   yooant;    in    dextris    pedibns    singnlas,    quae 

1  dextra  Ώ.    qu^  B^,    olaram   om,  B^,   singulie  om.  B*.     2  ha- 

meris  D.    mamellis  D.    lacidior  —  dextra  om,  B^.    dextera  B^.     3  I 

obsoura  D.    obeouram  om.  B^.    oubito  I  B^.    4  utraque  olaram  om.  B*. 

f 
singnlis  om.  JEß.    singula  B^m.       5  obscuram  om.  B^,      6  singulie  om. 

B^.  humeris  D.  alt.  ala  om.  B^.  7  singulis  om,  B^.  in  manibus  simi- 
liter  B^.  in  sinistra  —  8  spica  om,  B^.  8  qu^  B^D.  spio//a,  verisim.  i 
ercts.  B^.  obsouras  om.  B*.  singulis  om.  B^.  11  olaram  om.  B^,  sin- 
gnlis om.  B^.  humeris  D.  olaras  om.  B^.  12  singulis  bis  om.  B^. 
singulis  pedibus  D.  singnlas  om.  J^,  singalas  B^m.  14  habet]  afT  B^. 
mamillis  D.  15  II]  I  D.  sumitate  B\  om.  &.  in  sinistro  oubito  II 
in  sumitate  {ita  alterum)  manus  I  bis  in  B^.  16  quae  vooatur  propus 
om.  &.  qu^  B^.  propus  uooatur  D.  17  XV.  Canoer  D,  duas  B^. 
olaras  om.  B^.  18  nubicula  B^.  que  —  19  vocant]  id  est  presepium 
B^.    qu^  Β^Ώ.     19  presepium  BW.     que  Β^Έ^Ό. 

G  obsouram  in  dextra  ab  umero  et  ab  (ad  A)  altera  innauooatnr 
protrygeter  Β  codd.  9  summa  XVIIII  B.  13  fiunt  priores  neuem  B. 
15  in  summitate  manus]  in  manu  ultima  B.  17  hi  sunt  asini  —  prae- 
sepium autem  ut  nubes  iuxta  paret. 


^  So  ist  auoh  schol.  Bas.  65,  5  zu  schreiben. 
3  Die  Stelle    der  Schul,  p.  67,  17  ist    schwer    herzustellen;    dei 
Schlüssel  dürfte  der  Wortlaut  des  Exoerpts  bieten. 


Ein  Excerpt  der  Scbolia  Baeileeneia  zu  Germanioi  Aratea.     299 

ennt  IUI  obecurae;  in  sinistra  parte  in  pede  priore^  II  olaras, 
in  secundo  II,  in  tertio  I  et  in  quarto  parvam  l  ^,  in  dextro  corna 
vel  labio  III,  in  sinietro  II;  iiunt  XYII,  ex  quibne  duae  quas  in 
pectore  cancri  diximus  cum  aliis  duabne  minoribns  et  obscurie 
asini  dicuntur  ^  habent  etellae  IUI.  5 

XVI.  Leo  babet  Stellas  in  capite  III,  in  collo  II,  in  pectore 
I,  in  Spina  III,  in  caada  media  I,  in  sammitate  caudae  claram  I, 
Bub  pectore  II,  in  pedibns  prioribus  claram  I,  sub  ventre  cla- 
ram I,  in  medietate  ventris  claram  I,  in  ilibns  I,  in  posteriore 
genu  I,  in  propoda  claram  I,  samma  XYIII.  videntur  et  aliae  10 
inxta  candam  eins  etellae  obscurae  VII. 

XVII.  Aurlga  vel  agitator  quem  Erichtbonium  dicunt,  babet 
stellam  in  capite  I,  in  singnlis  bameris  singulas,  in  sinistro  da- 
riorem  qnae  appellatur  capra,   in   singnlis    genibns    singalas,    in 

1  sunt  IUI  obsCurae  om,  B^.  obscur^  B\  obscure  D.  priori  D. 
duas  D..  Claras  ow.  B^:  2  terdo  D.  parvam  om,  B^.  3  III]  IUI  in 
III  eras.  D.  ex  quibus  —  5  dicuntur  om,  B^.  du^  B^,  due  D.  5  aeelli 
habent  IUI   Stellas  B^.     6  in  capite  Stellas  D.    in  collo  II  om.  B^.     7 

I 

caud^  2?'.  caudae  claram  om,  B^.  8  II]  I  Dm.  in  pede  priore  I 
Λ2.  ventre  I  i5*.  9  in  medio  uentre  I  B^.  //ilibus.  η  eras  BK  poste- 
riori B^l).  10  propoda,  protopoda  eorr.  Om.  claram  om.  &.  videntur 
—  11  VII  om.  B^.  ali§  J5*,  alie  D.  11  stelle  obscnr^  Bh  stelle  öbscure 
D.  12  Auriga  vel  om.  B^.  quem  —  dicunt  om.  B^.  erictonium  D. 
13  eingulis  om.  B*.  in  siuistro  —  14  capra  om.  B^.  14  que  B^D. 
singulis  om.  B^. 

1  in  sinistra  parte  in  pede  priore]  in  sinistris  priores  B.      2  et 
In  quarto  paruam  I]  in  extremo  minore  I  Β  codd.    in  dextro  oornu  vel 
labio]  Schol.  Sangerman.  p.  131,  18   in  dextro  labio,   idem  Schol.  Bern, 
p.  235,  4.      3  ex  quibus  e.  q.  s.]  ex  quibus  super   testam   cancri  sunt 
<luae  clarae  quae  övoi  appellantur  B.    7  in  summitate  caudae]  in  ultima 
cauda  B,    in  caudae  summitate  Schol.  Sangerm.  p.  132,  18,  in  summi- 
tate caudae  schol.  Bern.  p.  235,  8.      9  in  medio  uentre  B.    in   ilibus] 
Inschium  Β  codd.     10  Summa  XVIIII  B. 


1  Hier  wird  eine  Lücke  des  Basil.  und  Paris,  ergänzt. 

'  Vielleicht  ist  hiernach  Schol.  Bas.  p.  71,  14  zu  schreiben  *in 
extremo  quarto  minorem  I,  da  das  von  Breysig  eingesetzte  in  ore  I  im 
Excerpt  fehlt. 

8  Diese  Worte  des  Excerptes  deuten  vielleicht  auf  eine  Lücke 
im  Basil.  und  Parisinus. 


300  Manitiui 

eammitate  manus  II,    in    sinietra    mann  II   qni    yooantnr    baedi. 

summa  Villi. 

XVIII.  Taarus  habet  stellae  in  utroqne  cornn  I,  in  ntroqne 

ooulo  I,  in  naso  I,  hae  Υ  Hyadee  appellantnr;  in  nngnla  II I,  in 
5  oollo  II,  in  dorso  II,  nltimam  olariorem,  snb  yentre  I,  in  pectore 

I  claram,    summa  XV.    sunt  et  VII  stellae,  quas  Athlantides  vel 

Pliades  vocant,  qnarum  VI  videntur  septima  obscara  est,    dicnn- 

tnrque  in  canda  tanri  positae. 

XVIIII.  Cepbeus  habet  Stellas  in  oapite  claras  II,  in  dex- 
10  tera  mann  claram  I,  in  cnbito  obscuram  I,  in  sinistra  mann  cla- 

ram  I,    in    sinistro  humero   I,    in  balteo  III  obliqnas,    in  dextra 

coxa  II,  in  sinistro  genn  II,  in  snmmitate  pedis  I,  supra  pedem 

III.  fiunt  XVII. 

XX.  Cassiepia  habet  in  capite  stellam  claram  I,  in  singnlis 
15  humeris  singnlas  claras,    in    dextra   mamilla  claram  I,   in   dextro 

femore  claram  I,  in  sinistro  femore  claras  II,  in  genn  claram  I, 
in  basi  sellae  ^  qua  sedet  claras  II.    summa  X. 

XXI.  Andromeda  habet  stellam  in  capite  splendidam  I,  in 
singulis  humeris  singulas,  in  dextro  cubito  I,  in  manu  claram  I, 

1  summita  B*.  sinistri  D.  q  B\  quQ  B^^  qui  D.  h^di  B*,  hedi  D, 
^i  BK  4  h^  BS.  haec  2?V  qainque  D.  apellantur  JB«.  ΠΙ]  IUI  D. 
5  ultimam  clariorem  om.  B^.  in  pectore  I  sab  uentre  I  B^.  6  claram 
ow.  B^,  et  om.  B^.  stelle  B^B*,  stelle  D.  atblantidas  D.  pliades  uel 
adlantides  B^.  8  posit^  B^B^,  posite  D.  9  habet  stellam  in  capite  I 
B*,  in  capite  Stellas  B^D.  dextra  B^D.  10  primum  claram  om.  B^. 
in  sinistra  I  in   cubito    I    B^.      11  obliqnas  om.  B*.     dextera  B^.      13 

fiunt]  f  B2.  14  Cassiepia,  Cassiaphea  rubricaJtor  minio  corr,  B^,  Casiephia 
D.  habet  stellam  in  capite  I  Β  .  claram  om  B^.  singulis  om.  B*.  15 
claras  om.  B^.  mamilla  B^  claram  om.  B*.  16  claram  om.  B*.  fe- 
more claras  om.  B^.    claram  om.  Bß.     17  sell^  B*,    seile  B^,   stelle  D. 

Claras  om.  B^.    X]  XIIII,  IUI  scr.  Dm.     18  splendidam  om,  B*.     sin- 

a 
gulis  om.  B2.    singulis  B^.    claram  om.  B^. 

1  in  summitate  manus]  in  manu  ultima  B.  5  in  dorso  ΙΠ  B.  6 
sunt  et  e.  q.  s.]  ab  abscissione  tauri  ad  id  quod  uocatur  racbis  Septem 
stellae  quas  Atlantides  appellant  B.  11  in  balteo]  in  cinctu  B.  12 
in  summitate  pedis]  in  pede  ultimo  B.  15  in  dextro  femore  claram 
I]  in  dextro  umero  ad  manum  claram  I  magnam  et  clarae  B.  17  in 
basem  stellae  Β  codd.  X]  XIIII  Β  {ut  Bresdensü). 


^  Das  Excerpt  bietet  hier  für  die  Schol.  Bas.  die  allein  richtige 
Leeart. 


Eid  Excerpt  der  Scholia  Baeileeniia  zu  Germanioi  Aratea.     301 

in  elDistro  oubito  claram  I,  in  bracbio  I,  in  cinotn  III,  eupra  zo- 
nam  IUI,  in  genibus  singulie  claras  singulas,  in  dextro  pede  II, 
in  sinistro  I,  summa  XVIIII. 

XXII.  Equus  qaem  Pegaeum   vocant  habet  etellas  in  facie 
claras  11,    in    capite  I,  in    coxa  I,  in    auribue    singulie    singulas  5 
ciaras,    in    collo  IUI,    proximam   capiti    claram  ^    in  armo  I,    in 
pectore  I,    in  nmbilico  claram  I,    in   utroque  genu  I,    in  ungulis 
singulas,  fiunt  XVII. 

XXIII.  Aries  habet  stellam  in  capite  I,    in  naribus  III,    in 
collo    II,    in  summitate  pedis  dextri  claram  I,    in  dorso  IUI;   in  10 
cauda  I,  in  summitate  pedis  sinistri  I,  fiunt  XIII. 

XXIIII.    Triangulus    quem   Graeci    deltoton    vocant  habet, 
Stellas  III  in  singulis  angulis  singulas. 

XXV.  Pisces  duo,    quorum   unus    boreus  id  est  aquilonitis 
appellatur,  habet,  etellas  XII,  notius  autem  qui  austrälis  vocatur  15 
XV ;  linea  quibus  sibi  invioem  conexi  sunt  habet  Stellas  ad  par- 
tem  borii  III,  ad  notii  III,  ad  occidentem  III ;  summa  stellarum 
XXXVI.' 

XXVI.  Perseus  habet  Stellas  in  singulis    umeris    singulas 
claras,  in  dextra  manu  claram  I,    in  sinistra  manu  in  qua  Caput  ao 
Oorgonis  tenet  III,  in  ventre  I,  in  dextro  latere  claram  I,  in  genu 

1>  in   pede    claram  I,    in   sinistro   femore  claram   I,  in    tibia  II, 

1  claram  om,  B^.    2  in  genibus  II  B^.    4  quem  —  vocant  om,  B^, 
^  claras  oiw.  JB•.  singulis  et  claras  otn.  JB*.    6  promixmam  Ό,   proximam  — 

«i'aram  om.  B^,  7  claram  om.  B^,  fiunt)  Τ  Β«.  10  dextri//,  s  eras.  B^ 
«i'aram  am.  Ä  IUI]  III  BW.  12  quem  —  vocant  om.  B^.  13  III]  IUI 
-^-  singulas]  I  B*,  14  duo]  II B^,  unus  —  est  om.  B^.  unus  qui  boreui 
"7•  aquilonalis  B^D.  15  notius  autem  qui  om.  B^.  vocatur  om.  B^.  16 
inia  jßi.  quibus  —  17  occidentem  IIIJ  qua  continentur  Stellas  Villi 
17  borei  D.  nocii  D.  19  singulis  om.  B^.  humeris  2).  20  claras 
*"•   -^.    claram  om.  B^.    in  qua  —  21  tenet  om.  B^.     21  claram  om. 

22  pe  eorr.  manus  muUo  reeentior  B^.   claram  om.  JB*  bis. 

«^  3  summa  XX  B.     6  proximo  capiti  clara  (claram)  B.  codd.      8 

^    *i]  XVIII  B.     10  in  imo  pede  dextro  B.     11  in  imo  pede  sinistro 
'       14  sq.  quorum  alter  borius  appellatur,   alter  notius  Bj   aquilonius 
ο  ^^stralis  uoeantur  Schd.  Strozz.  p.  146,  9,  Schol.  Sangerm.  p.  146, 14, 
^^^l.  Bern.  p.  235,  18.      21  tibia  II]  in   sinistra  manu  unam  add.  B. 


^  So  ist  Schol.  Bas.  p.  79,  13  zu  schreiben. 


302  Manitiue 

oiroa  capud  Gorgonis  clarae  III,  capod  autem  et  harpee  singulis 
etellie  notata  sant. 

XXVII.  Lyra  quae  et  fidis  appellatnr  habet  Stellas  in  ntro- 
qne  peotine  singalas,  in  cacuminibiis  cornuorum  singulas,  in  umeris 
5  singnlas,  in  fando  I,  in  doreo  I,  fiunt  VIII. 

XXVIIi.  Cignus  habet  stellam  in  capite  claram  I,  in  utraqne 
ala  quinas,  in  corpore  Γ,  in  cauda  I,  fiant  XIII. 

XX Villi.  Aqnarius  habet  Stellas  in  capite  obscuras  U,  in 
hameris  siagulis^  ciaras  singulas,  in  sinistro  cabito  I  claram,  in 
10  dextro  cubito  I  et  in  manu  I,  in  mammis  singulas,  in  dextro 
crure  I,  in  pedibus  singulas  ciaras,  summa  XII  ^;  effusio  aquae 
notata  est  ex  stellis  XXX,  ex  quibus  duae  clarae,  ceterae  ob- 
scurae  sunt. 

XXX.  Capricornus    habet   Stellas  in  singulis  cornibus  sin- 
X5  gulas,  in  naso  claram  I,  in  capite  II,  sub  collo  I,  in  pectore  II, 

in  pede  priori  I,    in  summitate  pedis  I,   in  dorso  VII,  in  yentre 
V,  in  cauda  II  ciaras,  summa  XXIIII. 

XXXI.  Sagittarius  habet  Stellas  in  capite  II,  in  caoumine 
sagittae  II,  in  dextro  cubito  I,  in  mamma  I,  in  ventre  I  claram, 

20  in  dorso  II,  in  cauda  I,  in  genu  priori  I,  in  summo  pede  I,    in 
posteriori  genu  I,  fiunt  XIII. 

1  circa]  in  B^,  clarae  om.  B^.  capud  —  2  sunt  om.  Br, 
Caput  B^,  3  Lira  JB^D.  quae  —  appellatur  om.  &,  que  B^D. 
appellatur  om.  D.   stellam  E^,    4  singulas]  I  B^,    humeris  D.     5  VIII] 

Villi  D.  f  XIIII,  X  in  V  corr.  B^,  6  in  capite  stellam  D.  claram 
om.  J52.  7  quinas]  Υ  E^.  8  in  capite  Stellas  D.  obscuras  om.  B^.  9  in 
singulis  humeris  Ώ.  singulis  ciaras  om.  B^.  claram  I  B^,  claram  om. 
B^.  in  dextro  cubito  I  om.  D.  10  et  om.  B^.  et  in  mammis  Ώ.  11 
ciaras  om.  B^.  efifusio  —  obscurae  sunt  om.  B^.  aqu§  B^D.  12  stellis] 
tellis  B\  du^  clar§  cetera  obscur^  B^,  due  clar^  cetere  obscure  2).  1Γ> 
claram  om.  B^.  17  ciaras  B^.  XXIllIJ  hie  desinit  &  reliquo  paginae  : 
$patio  uacuo  relicto.    18  cacucmine  Ώ.     19  sagitt^  B^,  sagitte  D. 

1  III]  summa  uiginti  nouem  add.  B.  4  in  cacumine  chordaruni^ir-'^ 
B.  11  summa  XVIII  J?.  12  XXXI  B.  18  acuraine  B.  19  cubito^  ^ 
ancone  B.     mamma]  manu  Β  et  schol.  Sirozz.  p.  159 y  15. 


^  Hiernach  ist  singulis   in  ßasil.  Α  zu  halten,  wo  singulas  dan  m^ 
ausgefallen  ist. 

2  So  ist  danach  in  den  Schol.  Bas.  p.  87,  1  zu  schreiben,  wo  na( 
crure  das  ausgefallene  l  zu  ergänzen  ist. 


Bin  Exoerpt  der  Scholia  Basileeneia  za  OermaDioi  Aratea.      303 

XXXII.  Aquila  habet  Stellas  IUI,    ex  his  media  olara  est. 

XXXIII.  Sagitta  habet  Stellas  IUI  in  sommo  I,  in  medio  I, 
in  alia  sammitate  II. 

XXXIIII.  Delphinus  habet  Stellas  in  ore  I,  in  cornu  II,  in 
ventris  pinnulis  III,  in  dorso  I,  in  cauda  II,  omnes  Villi.  5 

XXXV.  Orion  habet  Stellas  in  capite  III  ciaras,  in  singulis 
hameris  singulas  ciaras,  in  dextro  cubito  I  obscuram,  in  dextra 
manu  I,  in  balteo  111,  in  echiridion  III  olaras,  in  genibus  singulas 
Claras,  in  pedibus  singulas,  finnt  XVII. 

XXXVI.  Canis  habet    stellam  in  lingua  I  quam    caniculam  10 
appellant  claram,  in  armis  singnlie  singulas•  obscuras,  in  pectore 
II,  in  pede  priore  III,  in  venire  II,    in  sinistro  femore  I,  in  ex- 
treme pede  claram  I,  in  cauda  IUI,  fiunt  XVI. 

XXXVII.  Lepue  habet  Stellas  in  ocnlis  singulas,  in  corpore 
II,    in    extremitate   caudae  I,    in  posterioribus   pedibus   singulas,  15 
fiunt  VII. 

XXXVIII.  Navis  quae  apud  Graecos  Argo  vocatur,  habet 
Stellas  in  puppe  IUI,  in  latere  V,  in  summo  mali  III,  sub  carina 
V,  summa  XVII;  quae  non  tota  caelo  sed  ä  gubernacnio  usque 
ad  malum  figuratur.  20 

XXXVIIII.  Cetus  habet  Stellas  in  cauda  ciaras  II  et  a 
cauda  usque  ad  fiexum  eins  V,  sub  ventre  VI,  fiunt  ^III. 

XL.  Fluvius  quem  Heridanum  dicunt  habet  Stellas  primo 
flexu  III,  secundo  III,  tertio  VII,  quae  dicuntur  ora  Nili,  summa 
ΧΠΙ.      Hnic  subQst  Stella  quae  Canopus  appellatur.  25 

XLI.  Piecis  magnus  habet  Stellas  XII  in  ordine  positas  α 
capite  usque  ad  caudam, 

XLII.  Ära  sive  sacrarinm  habet  Stellas  IUI,  duas  in  igne 
qui  ei  impoeitus  ardet,  et  in  basi  duas. 

1.  2  sq.  praebet  excerptum  perverso  ordine,  1  IUI]  III  ü*.  2 
im  Btellas  2>,  Stellas  III  B^,  5  pennulis  D,  7  obscuram  I  J3h  8 
iecheritson  ΙΠ  ciaras  vel  ethyridion  Ό,  in  echiridion  ciaras  III  B^  10 
I  claram  BK  11  singulas  singulas  ciaras  D.  12  priori  D,  13  I  cla- 
ram 2>.  15  caud^  B\  cande  D.  pedibus  om,  D.  17  que.  grecos 
IS^D,  nominatur  D.  18  pupe  D.  in  carina  D.  19  quae]  que  D, 
qnia  BK  c^lo  BK  21  Caetus  D,  Cetus  BK  Stellas  om,  2).  24  Nili] 
nihi  D,   summa]  fiunt  D.    29  inpositus  est  D.    uidentur  in  basi  II  D. 

3  in  alia  sumraitate]  ultra  duas  in  fundo  sagittae  B.  4  in  cornu] 
in  lofia  B.  13  XVI  |  XX  B.  18  in  latere]  in  catastroma  B.  28  in 
igne  qui  ei  impositus  ardet]  in  carbonibus  B» 


304  Manitiai   Ein  £xcerpt  der  Soholia  Baeileenua. 

XLIII.  Centaurus  habet  Stellas  in  siDgulie  ^  bnmerie  sin- 
gulas  et  in  cubitis  binas,  in  peotore  IUI,  in  reliqno  corpore  X, 
in  pedibne  II,  in  veete  11^  in  tbireo  quem  portat  II,  in  beetia 
quam  manu  tenet  X,  in  ipRa  manu  II,  in  capite  V,  fiunt  XLIII -. 
t  XLIIIL    Serpens    quem    hydrum  nominant,  habet  Stellas  in 

capite  III  ciaras,  in  prima  flexura  VI,  in  secunda  III,  in  quarta 
II,  in  quinta  usque  ad  caudam  Villi  ciaras,  fluni  XXVI. 

XLV.    Üorvue    in   cauda  spectane    Qcoasum   habet  in  ooalo 

stellam  I,  in  pennis  II,  in  cauda  II,  in  pedibus  singnlas,  fiunt  Vü. 

10  [XL VI].  Crater  siye  urna  posita  ultra  primam  flexuram  ser- 

pentis  habet  in  labio  Stellas  Π  obscuras  in  venire  III,  in  fundo 

H,  fluni  VII 8. 

[XLVIl].  Anticanis  habet  Stellas  III. 

2  pectore  Uli]  capite  VII  Ώ.  3  uestibue  2>.  tirso  D.  5  ydram 
Ό,  7  VIII  Claras  B\  XXVI  uel  XXII  Β\  8  etella  Ώ.  10.  13  nu- 
meros  XL  VI  et  XL  VII  nee  non  litter  as  initiales  C  et  λ  rubriccUar 
omisit  Ό.     11  II  Stellas  D.    13  III  uel  IUI  B\ 

3  ueste  VI  B,  in  thyiso  IUI,  therion  [id  est]  bestiola  quam 
tenet  in  manu  X  B.  5  Stellas  in  capite  111  ciaras  {ita  et  schal,  Strozg, 
p.  181, 8)]  Stellas  in  rostro  tres  B.  6  III,  in  tertia  III  B.  7  XXVI  (ita 
et  schol  Strozz.  p.  181,  il)]  XXVII  JB.  1 1  in  labio]  in  labris  B.  in 
veutre]  in  medio  B.     12  VII]  X  B. 


*  So  überliefert  auch  Ρ  (Paris). 

^  In  den  Schol.  Basil.  p.  100,  8  ist  jedenfalls  in  vesti  II  ucd 
ib.  10  quadraginta  tres  zu  schreiben,  wie  das  £xc«rpt  überliefert,  in 
welchem  die  Berechnung  stimmt. 

^  So  ist  nach  dem  Excerpt  zu  schreiben  in  den  Schol.  p.  101,  16. 


Miscellen. 


Varia. 

IV.  Multa  in  Aoronis  qaae  vocantar    soholiie  Horatianie  te- 
mere    attemptata    sunt  ab  Hauthalio.     Ut  pauca  excerpam,  qnod 
ad  vocem  nenia  ad  Od.  2,  1,  37  ascriptum  eet  quod  nunc  Graece 
έπιτάφιον    dicifur,    mutavit    έπικήδ€ΐον    praviesimie    argamentis 
usus:  cf.  CGI.  li  311,  39  έπιταφιον  epifafium  nenia  laudatio. — 
Od.   2,    13,    20    inexorahilitas    satis    defenditar    Servii    usu   Aen. 
12,  191)  et  Ge.  3,  68.  —  Sat.  1,  6,  117  echinum  dimt  vas  aenum  in 
quo  calices  lavantur  quod  modo  τρκτκελή  appellamus  ex  codd.  re- 
pouendum  erat,  cf.  Isidor.  or.  20,  4,  14  trisceles  vocantur  .  .  tri- 
podes  .  —  Sat.  2,  4,  32  murice:  τώ  πορφυρίψ  quod  apud  Baias 
nasciiur  neque  Hauthal ii  πορφύρα  neque  Hirechfelderi  κογχυλίψ 
probandum  est,  cf.  Gl.  Philox.  CGI.  II   131,40  murices  κήρυκες, 
πορφύρια.     Sat.  2,  4,  40  glande :  ilicinay  quam  formam  ab  H.  in 
dubium  vocatam  tuentur  Acta  fratrum  Arvalium  a.  87  ramus  ex 
arhore    ilicina  (deest    vox    in    Georgeeii    lexico).     Sat.  2,  7,  110 
strigilis   est    instrumentum    aeneum  quo  sudorem  in  bälneis  solent 
homincs    tergere.   hodieque    {que   eine    ulla    cauea    inclueit  H.)  in 
campsariis  multae  sunt  strigiles  Bomae:  ad  quae  verba  iile  ad- 
notat:  'verbum  non  latinum.  caldariis?    Marc.  Emp.  caldaria  celia 
Plin.  ep.   V  6.     Fieri  potuit,   ut  scribae  b.  v.  confunderent    cum 
capsariis  servis  in  balneie  qui  veetes  eervabaut  atque  instrumenta 
in  capsis'.     Georges    haec   habet:    campsaria^  ae,    f.  der  Trödel- 
markt, Acron.  Hör.  sat.   1  (sie!),  7,  110      Immo  discendum  erat 
ex  hoc  loco  etiam  campsarium  i.  e.  caps.  nentro  genere  extitisse 
locum  significans    ut  vestiarium  aliaque,    quod    nunc    confirmatur 
CGI.  III  306,  17  €\ματοφυλακιον  capsarium  (de  m  inserta  cf.  II 
338,  14  καμπτροποιος  campsarius,  571,  4  camsa:  cista   in  cod. 
Cantabr.,  unde  apparet  recte  Loewium  gl.  nom.  n.  344  caslna  in 
f^atnsa  corrigi  voluisse;  camps.  ex  fastis  Ant.  a.  u.  c.  804  laudat 
Schuchardt  I  114).     Ep.  1,  5,  1    (Archias)   faber   lectuarius   de- 
ienditur  CGI.  III  308,  27  κραβατοποιος  faber  lectuarius^  525,  51 
'Κλινουργος  f,  /.,  CIL.  VI  7882  /.  lectasius,     Denique   quod    ad 
«pod.   16,   7  adnotatum  est:  caerulea  ad  oculos  retulit,  quos  siig- 
natos  habent,   aut  gutta  caesia  oculorum  colore  i.  e.  catino  plane 
corrupit  H.  scribendo    aut    ut    in    gente  Caesia,    oculorum    colore 
"».  e.    caesio:    apparet    sermonem  esse    de   gatta  (*Katze*)    eorum- 
que  oculorum  colore  catino,  vel  ut  est  in  Hermen.  Amplon.  CGI. 
HI  86,  63   γλαυκός:    gathineis   ocoliSy   cesius   (extrema  vox    ex 
antecedenti   glossa    huc    trahenda  est),    IV  131,  32    oculi   caesii 

Ubeiu.  Mm.  f.  Philol.  N.  F.  LIY.  ^^ 


306  Miscellen. 

(jatiinei,  Similiter  felinei  ocuU  Serv.  Ge.  3,  82  et  Schol.  Ter. 
p.  126  ed.  Schlee  {fcllineis  male),  —  Non  sufficit  emendatio  qnam 
adbibuit  verbis  ad  serm.  2,  4,  83  aecriptis  pavimentum  vermicu^ 
IcUum  seliatum  ecribendo  serratum  quod  nihil  est:  legendum  sine 
dubio  ites)sell(Uum.  Art.  poet.  121  ul  habent  fiduciam  vincendi 
ut  omnia  armis  de^nndicet  non  vindicet  eed  diiudicet  legendum. 
Correctionem  requirunt  verba  ep.  2,  7,  6  ad  locum  Libitinae: 
scribe  lucum  coli.  Varr.  apud  Non.  p.  64  s.  v.  ρνοΐιώιιιηι,  Fest, 
p.  356,  38  Tb.  (cod.  in  luci  livitia  denei  pro  in  Inco  Libitinenei), 
CIL.  VI  9974,  Ascon.  in  Cic.  p.  Mil.  p.  29,  9  Kssl.  (codd.  ex  lecto 
Libitinae),  Obsequ.  c.  12  (codd.  locum  Lib.)^  Dion.  Halic.  4,  15. 
Deiiique  verba  quae  ad  ep.  2,  1,  142  laudantur  sie:  ^ne  pueri 
ne  tania  ammis  a.  6.'  Vergilii  esse  moneo  Aen.  6,  833. 

λ^.  In  anecdotie  HelveticiR  ad  grammaticam  latinam  spec- 
tantibus  editor  meritiseimne  nonnuUa  vocabula  cruce  infelici  prae- 
fixa  reliquit,  quorum  partem  sanare  poese  mihi  videor.  Velut 
quod  p.  185,  lö  legitur  interdum  ab  auctoribus  difficilior  glossa 
ponitur  quam  sit  ipsum  quod  exponitur,  ut  Uieronymus  ^  terrenus 
id  est  cholcus^y  extremam  vocem  choicKs  intellege  sc.  χοϊκός, 
qua  utitur  Tertnllianns  adv.  Valent.  24  cf.  CGI.  V  494,  71  choicus: 
terrenus  vel  pulvis  seu  malus,  Iren.  2,  5,  1  aeternochoicus.  P.  95, 
10  iiiter  nomina  masculina  primae  declinationis  colosista  ponitur, 
quod  non  colossita  cum  Hageno  sed  collybista  emendandum 
videtur,  i.  e.  κολλυβκΤτής  nummularius,  quae  vox  apud  Hiero- 
nymum  legitur  secundum  lexica  et  in  glossariis  velut  II  352, 
25.  V  617,  42  (colobista).  P.  113,  32  neidra  ut  hoc  far  farris: 
genus  est  panis,  et  hoc  -f  inuar  invaris,  hoc  exemplar,  +  hoc 
ifi/ar :  legendum  puto  iubar  iubaris  et  deinde  instar,  Pag. 
CLXXVI  -f-  bianati  dicti  swd  quasi  bis  mortui:  nimiium  biotha- 
nati,  cf.  Isidür.  or.  10,  31,  qui  eandem  etymologiam  habet. 
Una  tantum  syllaba  quae  sigla  neglecta  interciilit  addeiida 
erat  p.  117,  23  sie:  nentra  nomina  in  is  tria  sunt  indcclina- 
bilia,  ut  hoc  tresls  S(':i'.is  deci^us^^is:  nam  quod  H.  scribendum 
conieit  trcssis  sea:essis  dccussis  refellitur  Ιυου  Martiani  Capellae 
§  305  s  littera  finita  praecedente  i  neutra  monoptota  sunt  ut 
tressis  sexiSj  Vitruvio  1,  3,  8  decusis  sexi^:  nam  tresis,  de- 
cusiSj  besis  in  optinio  quoque  codice  per  unam  8  ferrae  scribi 
recte  Georges  (Lex.  der  lat.  Wortf.  r.  vv.)  monet,  cuius  copiis 
addo  bcsibus  Cic.  Att.  4,  15,  7,  besalis  et  besis  Porfyr.  Hör.  ep. 
1,  1  (spretum  ab  Holdoro),  besem.  Fest.  p.  Γ)30,  31  Tb.  et  Plin. 
18,  102,  unile  βηααλον  laterculus  besalis  in  inferiore  Graecirate, 
et  CGI.  II  257,  22,  de  quo  vide  nunc  etiara  Ihmium  ad  Pelagon. 
398.  Quod  agiioniinis  exemplum  aifertur  p.  CCXIII  Vincila  len- 
tiarius,  non  emendan<lum  est  lancearius,  sed  interpretandum  lin- 
tearius:  illa  scriptuia  nihil  est  frequentius  in  glossariis,  velut  CGI. 
III  367,  34  Icfitiarius:  όθονιακός,  nee  deest  in  titulis,  v.  CIL.  V 
59;{2,  nee  aliter  Graeci  λέντιον  pro  eo  quod  est  linteum.  Denique 
in  mira  Donati  vita  p.  CCLX  26  cadem  igilur  tempcstate  Aemilius 
Senator  hominem  exirit,   cifius  in  lorum  pilleatus  fneruit  subrogari 


Miscellen.  307 

etc.  yereor  nt  recte  scripserit  de  sua  coniectura  exuit:  nam  etiam 
Solinas  1,  21  Tatius  septima  et  vicesima  Olympiade  hominem  exivit 
eecnndam  bonos  Codices  scripsit  et  teste  Prisciano,  qai  locum 
qnater  propter  exeandi  vocabulum  citat,  y.  Mommseni  edit. 

VI.  Nonduin  explicata  sunt  duo  nomina  naviam,  quas  Gel- 
lius  uoct.  Att.  10,  25,  5  inter  ^pontones*  et  ^phaseli  collocatas 
memorat:  veiutiae  moedia:  nam  quod  Turnebas  proposnit  acafia 
hemioliae  et  naper  Nettleship,  qui  solus  post  illam  temptasse  lo- 
cum videtur  idque  opinatae  ex  omnibus  omnia  fieri  Heere  äncy- 
rotnagus  vel  ancyragogus,  cum  omni  probabilitate  oarere  yiderentur, 
Hertz  verba  infelici  cruce  notata  reliquit.  Nos  de  priore  voca- 
balo  nihil  affirmare  pro  certo  audemus,  quamqaam  '  venetiae  in 
corrupta  memoria  (etiam  veinfiae  quidam  codex  habet)  codicam 
delitescere  videri  possunt,  ecilicet  Venetorum  naves  a  Caesare  b.  g. 
3y  13  nomine  non  addito  descriptae.  Certius  indicari  posse  ood- 
fidimus  de  altera  voce  moedia.  Älirum  enim  est  immemores  fuisse 
editores  eine  pronantiandi  simol  et  soribendi  usus  yalgatissimi, 
quo  υ  per  oe  redditur,  caiu!^  rei  testimonia  cum  malti  collegerint 
tarn  praecipue  Schuchardt  notissimi  libri  vol.  II  278  sq.  Quod 
ei  memineris,  facile  intelleges  μύδια  significari,  quae  vox  cum 
Stepbani  thesauro  teste  a  grammaticis  posterioris  aetatis  notione 
Don  addita  cum  simili  diminutivo  quod  est  Ιχθύοΐον  componatur, 
apnd  Diodorum  frgt.  libri  31,  38  extr.  (=  vol.  V  p.  38  Dind.) 
ubi  navis  notio  requiritur,  maxima  cum  probabilitate  ex  tradita 
scriptura  MYAIQN  viri  docti  eflfecerunt  sive  is  Dindorf  sive  C. 
Müller  fuit,  nam  ratio  editionis  Parisinae  a.  1844,  qua  primum 
μυοίιυν  exhibetur,  incertam  rem  facit.  Accedit  aliud  testimonium 
eins  vocis,  obscuratum  illud  quidem  Scaligeri  coniectura,  Festi 
epit.  p.  147,  5  myoparo:  genus  navigii  e^v  duobus  dissimiltbus 
formahtm:  nam  et  mydion  et  paron  (=  παρών  Polyb.,  Suid. 
lex.)  per  se  sunt:  sie  enim  ex  codicura  consensu  legendiim,  non 
myon,  quod  prorsus  fictum  a  Scaligero  (μυών  esse  voluit)  etiam 
Mueller  in  ordinem  verborum  recepit  idque  non  admonito  lectore. 
Latine  autem  μύοιον  audit  muscelluSy  quem  inter  navium  vocabula 
recensent  Isidorus  or.  19,  l,  14  et  Not.  dign.  Orient.  39,  35 
muscidi  Scythici  (nnde  Occid.  42  milites  muscularii)  et  Not.  Tir. 
p.  HO,  60  pd,  Schmitz  et  CGI.  V  604,56  musculus  parva  navis 
(falso  Semler  mus  pro  navis  mutat).  etiam  muscellus  CGI.  III 
205,  28  (de  navigatione)  mys  musselltis  (sie).  Eadem  autem  quam 
diximus  vocalium  coufusione  in  Hist.  misc.  p.  130  Eyss.  in  co- 
dice  Bamb.  moeoparo  pro  myaporo  legitur  et  passim  in  glossis, 
velut  Placid.  p.  18,  7  Deuerl.  carocophilum  (sie)  nihil  aliud  est 
nisi  caroeoph.,  quod  nee  Deuerling  nee  Schuchardt  II  454  intel- 
iexit,  cf.  Gl.  III  316,  1<>  λ€πτοκάροια:  abellanae,  15,  49,  κάροια: 
nuccSy  y  446,  40  coembia:  pondorum  genera,  265,  54  ortosegia  dolus 
insula  i.  e.  Ortyyia:  Dclus  /.;  444,  10  Groeneus:  nemus  est  in  byofhia 
•  nh\  e  contrario  y  pro  oe,  ut  p.  197,  2P»  yconomus,  quomodo  veteres 
Portugallensefi  icolomo  dixennit),  445,  2  hoeadeSj  453,  11  moeriada 
cet.   Nee  aliter  explicandnm  censeovulgatum  per  medium  aevumvooa- 


d08  Misoellen. 

bulum  leduna  8.  lidunaj  natum  scilicet  ex  accusativo  κλύδωνα, 
cf.  CGI.  V  602,  47  ledo:  maris  aestuatio,  446,  31  clidon:  maior 
tempestaSf  III  29,  34  κλίοιυν:  unda:  neque  enim  snfficiant  quae 
de  origine  illius  vocis  adhuc  prolata  in  Du  Cangii  lexico  extant. 
Sed  ut  ad  mydion  redeamus,  alterum  navis  vocabulnm  lexicis 
addere  liceat.  Nonius  p.  534  8.  v.  faselus  ex  Sisennae  biet.  lib. 
IV  affert  verba  baec :  prores  actuariae  tragt  grandes  ac  faselt 
primo.  In  qnibus  etei  aliqnid  fortaese  tnrbatnm  est  (fort,  parones 
pro  prores  Bcribendumj,  tragt  iniuria  a  L.  Muellero  attemptantnr, 

81  quidem  τράγος  teste  Polluce  genus  navium  Lyciarum  est,  for- 
tasse  simili  modo  ac  phaselus  dictum  a  trago  qui  '  genus  concbae 
mali  saporis  esse  Fest.  epit.  p.  367,  1  dicitur,  ubi  sufipicamur 
Yerrium  ipsum  plenius  exeecatnm  esee  varias  significationes  Tocie 
tragus,  quae  quidem  inter  träbs  et  trcibka  navis  media  interposita 
legitur. 

YII.  Non  indignae  sunt  quae  cognoecantur  maxime  ob 
eermonem  vulgarem  'eortes  Sangallenees'  in  quae  restituendas 
H.  Winnefeld  nuper  (Bonnae  1887)  egregiam  operam  impendit, 
erutae  ex  eodem  codice  Sangallensi,  ex  quo  Niebubr  Merobaudis 
fragmenta  protraxerat.  Quarum  eermonie  maxime  notabile  est 
verbum  soniari  ter  obvium  (velutl2,  11  noli  dimittere  personam, 
de  qua  saniaris)  et  nomen  sonium  (52,  9  de  sonio  liberaris), 
quae  in  Romaneneibus  unguis  adhuc  vivunt  (soin^  soigner)  ut 
primus  intellexit  lob.  lac.  Wetstein  prolegg.  1730,  cum  in  Canta- 
brigensi  cod.  Lucae  21,  34  μέριμνα  translatum  sonium  depreben- 
disset.  Testimoniis  a  Buecbelero  collectis  (Mus.  Rb.  42,  586) 
addi  possunt  baec:  CGI.  III  417,  16  soniaris:  merimnas  cet.,  20 
sonium:  merimna^  soniaverunt:  emerimnesany  IV  352,  33  incurio- 
sus:  sine  sonioj  quod Hildebrand (Gloss.  Paris. p.  170)  non  intellexit. 
Nee  non  verisimilis  est  Kiesslingii  opinio  insonuit  Hör.  ep.  2,  2, 

82  quam  lectionem  variam  pro  insenuit  Porfyrio  commemorat,  buc 
pertinere:  nam  sonium  a  Senium  radice  diversam  non  esse  quam- 
quam  Buecbeler  dubitat  probabile  nobis  videtur  cum  propter 
similem  notionis  mutationem,  quam  casca  vox  anas  passa  est,  quam 
Fest.  epit.  p.  29  *morbum  anuum  sicut  Senium  morbum  senum'  inter- 
pretatur,  at  Placidus  p.  10, 16  (==  CGI.  V  7,  12.  47, 12)  anate:  sollt• 
citudine,  cura,  tum  quod  siniiliter  alibi  quoque  in  Romaneneibus 
unguis  0  et  e  variant  ut  s^rum  et  sörum  (ital.  si^ro,  portug. 
soru).  In  eiedem  sortibus  aliud  eiusdem  significationis  vocabulum 
legitur  ab  editore  in  indice  memorabilium  omissum,  scilicet 
cogitandi  verbum  c.  8,  12  quid  cogitas  tanium?  iuhante  deo 
optinebis  quod  vis  per  lihcUum,  de  quo  usu  v.  Roenscbiuni  Ital. 
p.  352  et  CGI.  II  367,  57  μεριμνώ:  cogito,  sollicito,  ubi  tertium 
deprehendimus,  nam  posteriores  sollicitare  pro  sollicitum  esse  ut 
commodare  pro  commodum  esse  aliaque  dixisse  etiam  aliunde  con- 
stat,  V.  quae  Roenscli.  coli.  phil.  p.  94  ex  versionibus  librorum 
sacroruni  congessit.  Subiungimus  pauea,  in  quibus  interpretandis 
aliter  sentimus  atque  editor  meritissimus.  Velut  quae  c.  31,  4 
leguntur  expedit  discrdcre  quam  nihil  ngas,  cum  illi  nibil  esse  et 


Mifloelleo.  309 

emendatione  egere  {quia  n,  eges)  yideantur,  nobie  eana  eeee  per- 
snaeum  est  atque  explicanda  esRe  expedit  potius  discedere  quam 
nihil  agere:  potius  in  inferiore  sermone  supprimi  notnm  est,  v. 
Boenschinm  It.  p.  442  eq.  (e.  g.  Vulg.  Mattb.  5,  29  expedit  tibi 
ut  pereat  unum  memhrum  tuorum  quam  totum  corpus  tuum  mitta- 
iur  in  gehcnnam)  et  Buechelernm  ad  Antbol.  lat.  II  2,  1604,  19 
'{ut  eins  Spiritus  vi  extorqueretur  quam  naturae  redderetur),  Con- 
iunctivum  vero  qiii  est  agas  in  tali  «tractura  iam  inde  a  Plauto 
(Asin.  810  amori  me  mcUim  quam  haec  non  eius  uxori  indicem) 
Omnibus  temporibus  fuerunt  qui  ponerent  pro  infinitivo,  v.  Draegeri 
bist.  synt.  IP  p.  439.  653.  —  Cap.  39,  1  ac  re  veaaris,  sed  ex- 
superas  non  hac  re  v,  sed  acre  (=:  acriter,  nam  seriore  aetate  acrus, 
Oy  um  dicebant)  interpretandnm  videtur.  Denique  c.  35,  2  non 
potest  totere^  qui  fugivii  aut  invenieiur  atä  sive  revertitur  sed 
iarde  recte  adnotat  editor  *^  revertitur  scilicet  sua  sponte;  num  quid 
buins  notionis  latet  in  sive?  Latet,  opinor,  ipse^  quod  ihse  yul- 
gari  more  scriptum  in  sibe,  sive  abire  facillime  potuit. 
VIII.  Mart.  epigr.  5,  17,  3  eq. 

dum  te  posse  negas  nisi  lato,  Gellia,  clavo 
nubere,  nupsisti,  Gellia,  cistifero. 
cum  valgo  contra  codd.  ederetur,  librorum  scripturam  cistibero, 
quo  significetnr  unns  ex  infimis  magistratibus  aptissime  viro  lati- 
clavio  oppositus,  unice  veram  ocinsque  reducendam  esse  sagaciter 
perspexit  0.  Hirscbfeld  Herm.  24,  106^  provocans  ad  CIL.  VI 
420  cistiber  et  Kaibelii  epigr.  589  dvOabe  Γαιωνδς,  δς  Κίστιβερ 
fjv  ποτέ  'Ρώμης  .  .  .  κβΐμαι.  Eodem  pertinere  puto  quod  in 
Notis  Tironianis  p.  36,  94  sq.  in  fine  enumerationis  magistratuum 
viocurus  et  cestifer  nominantnr.  Nam  quod  Schmitz  mibi  per 
litteras  significavit  videri  eum  qui  Κ€(Ττόν  ferat  (Scbärpenträger) 
parum  probabile  esse  apparet,  quamquam  idem  recte  intellexit 
qnae  in  Glossie  Isidori,  quae  vocantur,  compositis  a  Scaligero 
babentur  (CGI.  V  Γ>13,  44  viocurus  et  statim  cestifer  ex  Notis 
Tir.  fluxisse  (v.  Loewii  prodr.  52),  ut  alia  multa  quae  in  eisdem 
glossis  insnnt.  Adde  glossam  libri  Glossarum  (CGI.  V  253,  27) 
vicorium  et  cistifer  nomina  sunt  metallorum,  quae  etiam  alibi 
traditur  Variante  solo  primo  vocabulo  (victurium,  vicorus,  viu' 
corium  cet.  IV  578,  49.  V  336,  24),  ubi  intcrpretatio  non  potest 
niei  ex  errore  orta  esse,  cum  is  qui  primtis  eam  composuit  tractam 
ntique  ex  simili  serie  vocabulorum  atque  in  Notis  Tir.  traditur 
non  adiecta  explicatione,  cistopboros  nummos  cogitaret  et  fortasse 
etiam  victoriatos,  quamquam  hi  altiorem  eruditionem  requirunt. 
Cistifer  autem  pro  cistiber  vulgaris  etyiiiologiae  vestigia  prodit, 
qua  etiam  Mulcifer  scribebat  Martianus  Capella,  si  codicibus  fides 
est,  et  CGI.  IV  403,  38.  V  371,  40.  —  Statuam  cognomento  Lan- 
gona  Martialis  9,  50,  5  sie  memorat: 

nos  facimtis  Bruti  puerum,  nos  Langona  vivum: 

tu  magnus  luteum,  Gaure,  Giganta  facis. 


*  Quem  secutus  Gilbert   cistibero    nupor   in  cd.  stereot.  emenda- 
tiorem  recepit. 


310  Miacellen. 

Quid  yocetur  Langon  nemo  editomm  expedivit,  dam  aliis  rebus 
intenti  sunt,  de  quibus  infra  dicemos.  Sed  potuit  ex  Stepbani 
tbeeanro  graeco  dipci,  übi  ^lossa  Etymologici  magni  baec  affertiir: 
λαγγών  ό  ευθέως  λανθάνων  του  αγώνος  καΐ  φόβου  nee  ηοη 
duae  GlosR.  Philox.  (CGI.  II  201,  41)  tricosus:  άχρ€Ϊος,  λαγγών, 
ου(Τέκλυτος^  (eic  enim  recte  Salmasius  litterie  €κλυτος  ex  inee- 
quenti  gloRsa  bac  retractie),  unde  fluxit  Gl.  nom.  p.  595,  62  tri- 
cosus: piger^  hwfilis,  et  (p.  100,  14)  cessafor:  λαγγών.  Accedit 
vet.  interpr.  Verg.  Georg.  2,  93  (p.  76  ed.  Keil)  lageos:  uva 
leporini  coloris  unde  et  vocabutum  sumitur  vel  quia  lepores  ultra 
alias  adpetunty  sive  quod  languon^  est  iuxta  dialecticos  pedihus 
infirmus  .  .  unde  et  pigros  vel  otio  deditos  languonas 
vocarunt.  Langon  igitnr,  quocum  conferas  verbum  λαγγάίω 
ab  Heeycbio  όκνίω  explicatuni,  est  instrenuus,  piger,  tergiversator, 
quem  nos  vulgari  sermone  vocamus  *  Drückeberger',  apteque  con- 
ferre  licet  disticbon  illud  de  Hercule  tricoso,  quem  inoisum  in 
bumili  basi  et  olim  testee  locupletes  viderunt  et  nuper  Buecbeler 
(Antbol.  lat.  U  2,  870)  euepicione  falsi  vindicavit  propter  ipsam 
singularem  vocem   tricosus: 

Alcmeiiae  louis  et  magni  fortissima  proles 

tricosus  subito  post  mea  fata  voror. 
Non  pertinere  buc  videtur  quamquam  admodum  memorabile  est, 
quod  Plinium  34,  79  editores  veteres  Martialis  scripsiRse  putanint 
utpote  deterioribus  codd.  nei:  Leochares  (fecit)  aquilani  .  .  .  item 
Apollinem  diadematum,  Lyciscus  Langonem,  puermn  subdolae  ac 
furatae  vernilitatis:  nam  et  probi  codd.  Lycücum  mangonem 
praebent  et  alia  obstant,  quae  Friedlaender  exposuit.  —  Ε  magno 
glossarum  numero  quae  ad  explicandum  Martialem  utiles  sunt, 
subiungere  liceat  unam  Gl.  III  190,  31  (de  babitatione)  imiplinthi^ 
i.  e.  ήμίπλινθοι:  porceUi,  quocum  cf.  Mart.  2,  37,  1  quidquid 
poiiitur  Jrinc  et  inde  verris,  mammas  sumlnis  imhricemque  porci. 
Vas  potui  aptum  quod  vocatur  ex  graeco  rhytioti  ib.  2,  35,  2 
praeterea  solum  glossariiim  Montepess.  III  324,  53  memorat 
^υτόν:  rutium. 

IX.  In  incerti  nee  antiqui  anctoris  invectivae  M.  Tulli  in 
Sallustium  baec  leguntur  §  18  apud  lordanem:  eius  enim  partis 
erat  SaUustius,  quo  iamquam  in  unam  voraginem  coetus  omnium 
vitiorum  cxcessorat :  quidquid  hnpudicorum,  cilonum,  parricidarum, 
sacrilegoruw,  debiforum  fuif  in  urbe  cet.  In  quibus  miror  ad- 
buc  tolerari  cilonum,  quo  vocubalo  bomines  προκέφαλοι  eive 
μακροκ^φαλοι  β.  φυΕοί  s.  όΕυκεφαλοι  (Gl.  III  253,  1)  signifi- 
cantur :  nam  quomodo  inde  Georges  notionem  cinaedi  repeti  velit, 
me  quidem  fugit.  Nee  Codices  cilofiam  exbibent  eed  cylonum  vel 
ciclonum^  quorum  ne  Cylonum  quidem,  si  a  Graeco  traxerie,  aptnni 


'  Extrema  l»aec  significatio  facit    ad  Mart.  3,  63,  14  res  pertri- 
cosa  estf  Cotilft  beVus  homo. 

2  languona  per  η  etiam  Martialis  codd.  nonnulli  scribunt. 


Miscellen.  311 

est,  ciclonum  antem  codicis  Harl.  sec,  qai  bic  illio  unus  veram 
servavit  (v.  Reitzenetein  Herrn.  33,  88  n.  3)  mihi  cydonum  indioare 
videtur,  nam  cinaedum,  quod  Glareanns  propoeuit,  non  ano  nomine 
improbabile  est.  Cf.  CGI.  V  595,  27  (Gl.  Seal.)  cidones:  puero- 
rum  amatores,  quocam  olim  recte  comparaverant  quae  Servius  ad 
Verg.  A.  10,  325  nova  gaudia  Cydon  adnotavit:  de  Cretensibus 
accipimus  quod  in  amores  puerorum  intemperantes  fuerunt  .... 
novimus  aiifem  Cydones  Crefenses  dici  (nnde  flnxit  gloRsa  V  551, 
22  Cydones:  Creteuses),  Similiter  in  Mibro  Glossarum'  V  178,6 
cidones :  puerorum  amatores  Vergilius  cet.  (eeqnitnr  locus  Verg.  snpra 
].),  nnde  Scaligernm  eaa  bausisse  putandas  est.  Ex  glossis  vox 
cidones  manavit  etiam  in  Hisperica  famina,  quae  Tocantur,  y. 
Goetzium  nunt.  soc.  litt.  Lips.  1896  p.  88  n.  —  In  eadem  in- 
vectiva  §  li)  palam  refelle,  unde,  qni  modo  ne  paternam  quidem 
domum  redimere  potueris,  repenfe  tamquam  somnio  heattis  korfos 
preciosissimos^  villas  C.  Caesar is^  reliquas  possessiones  paraveris. 
Redimere  propagatur  inde  ab  Aldina,  sed  aliud  codd.  indicant, 
qui  relinire  vel  relinere  (sie  Harl.  sec.)  babent.  Puto  fuisse  re- 
inere, cf.  Fest.  p.  281a,  28  reluere:  resolvere,  repignerare.  Cae- 
cilius  'uf  aurum  et  vestem,  .  .  .  relimt,  quod  viva  ipsa  opposuit 
pignori\  CGI.  II  228,  49  άνταποτιννύω  reluo,  lurisconsulti 
eimplici  luendi  verbo  utuntur. 

X.    Aurelii  Vict.  de  Caes.  c.  33,  80   adeo   principes   cUque 

optimi  morlaliiim  vifae  decore  quam  quaesitis  nominibus  atque  com- 

positis,  quanttim  coniiciaiur,  caelum  adeunt  seti  fama  hominum  dei 

celebrantur  modo.     Non  iniuria  offendit  A.  Scbottium  coniidatur. 

At  non  dempta  littera  coniicitur,    sed   addita  coniici   datur    scri- 

bendum  videtur:  sie  enim  posteriores  loqnebantur,  ut  Orosius  3, 

6,  3  tibi  conici  datur,  quanttim  hominum  caesum  sit,    quando  ocio 

milia  sunt  capta   Titscorumj  cf.  Draegeri  bist.  synt.  II*  p.  367  sq. 

—  Cap.  33,  6  inter  haec  ipse  (GAWienuB)  popinas  ganeasque  obiens 

lenonum  ac  vinariorum  amicitiis  haerehaf.    Non  sine  causa  Scbott 

minmrum  pro  vinariorum  scribendum  pntavit  coli.  Treb.  Poll.  vit. 

Gall.  21,  6  nam  et  semper  noctibus  popinas  dicitur  frequentasse 

et  cum  lenonibus  mimis  scUrrisque   vixisse.     Sed    propius  abest  a 

tradita  scriptura  mimariorum,    quae    vox  a  Georgesio  titulo  quo- 

dam,    qui    nunc  est  CIL.  III  3980,   et    loco    lunioris   orb.  descr. 

comprobata  in  glossis  passim  occurrit,  relut  Π  592,  25  scurpaa 

(scurrax'?):  mimariuSy  III  172,  39    mimologi :  mimarii  (codd.  mi- 

tarii)y  V  367.   18  mimarios  vel  mimigraphos  181,  3.    II  590,  25 

(munarius  cod.). 

Offenbaci  ad  Moenum.  Guil.  Heraeue. 


Zu  lateiDiscben  Sehriftstellerii. 

Cicero  Philipp,  11,  11,  26  Quamquam  miror  tarn  diu  mo- 
rari  Antonium ;  solet  enim  ipse  accipere  manicas  nee  diutius 
obsidionis  metum  Kustinere.  Unsere  Lexicograpben  verstehen 
manicae  von  Armscbienen  und  haben  damit  auch  andere  irre  ge- 


312  Misoellen. 

führt  ^.  Wem  die  historische  Beziehung  klar  vor  Augen  steht, 
der  kann  nicht  daran  zweifeln,  dass  das  Wort  auch  hier  die  ge- 
wöhnliche Bedeutung,  Handfesseln  hat.  Eben  dieser  C.  Antonius 
hatte  schon  im  Bürgerkriege  gegen  Pompeius  auf  Curicta  die 
WafiPen  strecken  müssen.  Das  gleiche  Schicksal  droht  ihm  jetzt 
in  Apollonia.  Bitter  höhnt  Cicero  den  Bruder  des  yerhassten 
Marcus  Antonius,  dass  es  schon  seine  Art  sei  als  Kriegsgefangener 
sich  in  Fesseln  schlagen  zu  lassen,  statt  sich  tapfer  zur  Wehre 
zu  setzen. 

Vita  Septimii  Severi  6,  1  centum  senatores  legatos  ad  enm 
senatus  misit  —  septingenos  yicenos  aureos  legatis  dedit.  Hirsch- 
feld^,  der  die  Emendation  der  Zahl  gefunden  hat,  hebt  hervor, 
dass  die  eigenthtimliche  Summe  von  720  aurei  einer  Erklärung 
bedürfe,  ohne  jedoch  eine  Deutung  aus  den  ßeldverhältnissen 
jener  Zeiten  geben  zu  können,  die  ihn  selbst  befriedigt  hätte. 
Ich  glaube,  dass  hier  ein  sicheres  Zeugniss  vorliegt  für  die 
Existenz  eines  Goldagios,  hervorgerufen  durch  die  Devaluirung 
des  Silberdenare.  Zur  Zeit  des  Commodus  betrug  die  Legirung 
des  Denares  bereits  30 ^/Ό  des  Gehaltes ^  Demnach  konnte  die 
Gleichsetzung  des  aureus  mit  25  Denaren  oder  100  Seeterzen 
nur  durch  Zwangscurs  aufrecht  erhalten  werden.  Thatsächlich 
hatten  25000  Denare  oder  100 OCO  Sesterzen  nur  den  Werth  von 
720  Aurei.  Demnach  hat  der  Kaiser  an  jeden  Senator  die  ge- 
wöhnliehe römische  Rechnungseinheit  von  100  000  Sesterzen  ver- 
abreicht; aber  mit  Berücksichtigung  des  Goldagios  (schenkt 
er  nicht  das  alte  Aequivalent  von  1000  Aurei,  sondern  den 
Courswerth  von  720  Aurei. 

12,  8  Filiis  etiam  suis  ex  hac  proscriptione  tantum  reliquit, 
quantum  nullus  imperatorum,  cum  magnam  partem  auri  per  Gal• 
lias,  per  Hispanias,  per  Italiam  imperator   iam  fecisset.    tuncqufe 
primum    privatarum  rerum  procuratio  constituta  est.    Die  Erwäh- 
nung der  res  privata  zeigt,    dass  das  reiche  Erbe,    welches    dei 
Kaiser  seinen  Söhnen  hinterlassen  hat,  aus  den  durch  diese  Pro- 
Rcriptionen  ins  Ungeheuere  angewachsenen  Domänen  bestand.     E^m. 
wird  deshalb  zu  lesen  sein  cum  magnam  partem  agri  per  Gallia^^ 
per  Hispanias,  per  Italiam  imperatoriam  fecisset.    Ausser  der  B^s•- 
friedigung  seiner  Habsucht  hat  der  Kaiser  durch  den  Massenmoc"^/ 
nach  der  Besiegung   des  Clodius  Albinus  auch  politische  Zwecke  e 
verfolgt.     Es   ist  das  Vorspiel    der  Ausschliessung    der  Italiener 
und  der  aus  italischem  Blute  ensprossenen   Weströmer  von  Heei* 
und  Amt. 

Heidelberg.  A.  v.  Domaszewski. 


1  So  Benndorf  in  seinem  Commentar  zu  dem  Tropaeum  von  Adam• 
Klissi  S.  77. 

2  Wiener  Studien  V  (1884)  p.  121. 
8  Hultsch  Metrologie  S.  312. 


Misoellen.  313 

Ad  SeneeAm  de  matrinenio. 

1.  In  anonymi  Christiani  libello  nnptiali,  cuine  de  fontibne 
egit  qui  edidit  in  dissertatione  Lipsiensi,  qnae  inscribitur 'Aristo- 
teles  Tbeophrastus  Seneca  de  matrimonio  ecr.  F.  Bock'  (etnd. 
Lipfl.  XIX  1898),  legitur  p.  55,  16  squ. :  Oemotionis  Areopagi- 
tarum  principis  virgo  fiUa  audito  sponsi  Leosthenis  inferitu  (qui 
bellum  Lamiacum  concitarat)  se  interfecif^  asserens,  quamquam 
infacta  esset  corpore,  tarnen  si  alt  er  um  accipere  cogeretur,  quasi 
secundum  accipere,  cum  priare  mente  nupsisset.  Quid  acuminie 
insit  in  hoc  dicto,  non  video.  Scribendum  est:  si  alter  um 
accipere  cogeretur,  quasi  a{du)lterum  accipere.  Corroptum 
aidu)lterum,  ut  aliquid  ealtem  fieri  videretur,  mutavit  neecioquia 
in  secundum.  Ceterum  quod  non  male  lueit  Seneca,  id  puto 
graece  (apud  Aristotelem,  Recnndum  Bockium  p.  39)  ita  fere  ne 
babuifise,  ffimili  lueu:  ei  ^T€pov  λαβ€Ϊν  όναγκάΖΙοιτο,  λαβ€ΐν  &v 
ώς  εταίρο  ν.  luven  itur  enim  εταίρος  pro  amatore,  veluti  in 
pnellae  prurientis  cantilena  apud  Arietopb.  Ecol.  913:  ούχ  ήκ€ΐ 
μούταΐρος.  Ipee  autem  dictionie  Insue,  si  quidem  iure  ad  Arieto- 
telem  refertur,  non  nihil  valet  ad  quaestionem  illam,  quae  est 
de  pronuntiatione  diphthongi  AI;  cf.  Blaesii  ausspr.  d.  griech.^ 
62  squ. 

2.  ibidem  p.  65,  12  squ.  vix  recte  editur:  Cn.  Pompeio 
Muciam  uaorem  impudicam,  quam  Pontici  spadones  et  Mithrida- 
ticae  ambiebant  catervae,  et  quae  eeqnuntur.  Pontici  videntnr 
Mithridatem  eecum  duxisse.  Sed  quid  verum  sit,  non  satie  video. 
Posfiie  mitratae  collatis,  quae  Buechelerus  adecripsit  ad  Herodae 
mimiamb.  1 ,  74.  Tarnen  nescio  an  Metriacae  quoque  habeat  unde 
commendetur. 

3.  ibidem  p.  68,  24 :  Nam  quid,  ait  Seneca,  de  viris  pau- 
peribus  dicam,  quorum  in  nomen  mariti  ad  eludendas  leges,  quae 
contra  caelibes  lafae  sunt,  pars  magua  conducitur?  Quomodo 
jwfest  regere  mores  et  praecipere  castitatem  et  mariti  auctoritatem 

ienere,  cui  ....  nupsit?     Ita  editor,  suepicans  fuisee  ct^i  (.im- 

pudica  inopi^  nupsit.     Wachsmuthius  volebat  cui  nupsit  (ßiHor^. 

In  Hieronymi    vulgata   fertur  qui  nupsit.     Quod  verissimum  esse 

teetatur  e.  g.  Martialis    poeta  8,    12:    Uxorem    quare   locupletem 

ducere  nolim,  Quaerifis?     Uxori  nubere  nolo  meae. 

Lipsiae.  Otto  Im  misch. 


Zum  Seneeagedicbt  des  Honorias. 

Nach  M.  Manitiue  (Gesch.  d.  christl.  latein.  Dichtung,  1891, 
8.  313  f.)  und  J.  Ziehen  (Hermes  XXXII  S.  490  f.)  hat  kürzlich 
0.  Plasberg  in  dieser  Zeitschrift  (oben  S.  144  f.)  das  schwierige 
Gedicht  (Anthol.  Lat.  I  n.  666  R.)  behandelt.  Er  hat  das  Ver- 
ständniss  ganz  wesentlich  gefördert  und  zugleich  einige  hemerkens- 
werthe  sprachgeschichtliche  Resultate  erzielt,  —  so  wird  man 
depretium  *  Geringschätzung'  (V.  19)  in  die  Lexica  zu  setzen 
haben,  ja    wohl    auch    vulgäres  discere  =  docere   (V.  28).     Ein 


314  Miscellen. 

• 

weiterer  Beitrag    zur    Erklärung,    den    ich    geben    möchte,    wird 
hoffentlich  nicht  unwillkommen  sein. 

In    den    einleitenden  Gleichnissen    hat  Plasberg    zu   Vers  3 
qi((is  (sc.  aquas)  cum  docin  manus  produxerit  arte  magisfra, 
Vergil  Aen.  VIII  441  f. 

nunc  viribus  ustts, 
nunc  inanibus  rapidis,  omni  nunc  arte  magistra 
verglichen.  Dass  nun  thateächlich  diea^  dem  Verfasser  des  Ge- 
dichts als  Muster  vorgeschwebt  haben  wird,  bestätigt  der  Um- 
stand, dass  gerade  Seneca  in  den  Epistulae  morales,  dem  Werke 
also,  das  jener  nach  seiner  eigenen  Aussage  bisher  so  eifrig  ge- 
lesen hat,  und  zwar  in  einem  der  wichtigsten  Stücke,  £p.  95,  33 
den  Vers  442  citirt:- 

nunc  manibus  rapidis  opus  esfj  nunc  arte  magistra^ 
wie  man  sieht,  mit  einer  kleinen,  sei  es  —  veranlasst  durch  die 
"Weglassung    des  ersten  Gliedes,  —  absichtlichen,  oder  vielmehr 
—  weil  aus  dem  Gedächtnies,  —  unabsichtlichen  Aenderung  in- 
mitten des  Verses. 

Noch  nicht  abschliessend  erklärt  scheint  das  Mittelstück 
des  Gedichts.  Wir  versetzen  uns  knr?  in  den  Zusammenhang. 
*  Eine  kunstgetibte  Hand  vermag  in  Bearbeitung  rohen  Materials 
Wunderbares  zu  leisten.  Ich  vollends  kann  unter  dem  Einfluss 
deiner  innere  Erleuchtung  wirkenden^  Belehrung,  der  da  ein 
besserer  Lehrer  bist  als  Seneca,  nicht  umhin,  die  ewigen  Gnaden- 
gaben Christi  anzunehmen,  und  habe  dabei  einen  herrlicheren 
Erfolg  als  jenes  Schüler  Lucilius'.  Es  folgt  V.  15  f.  die  Ab- 
sage an  Seneca  und  sein  Werk  nebst  der  Begründung: 
cedai  opus  priscum  vera  nee  luce  coruscans 

nee  de  catholici  dogmatis  ore  fluens. 
Ute  mihi  monimenta  dedit  fe  vera  docente 
nee  dedit  infida  quae  sibi  mente  tut  it. 
nam  cum  depretio  mortis  regnante  perenni 
Lucillum  imtmeret,  hac  sine  morte  perit. 
nt  tu  cum  doceas  homines  superesse  beato 
ex  öbitu  Christum  morte  sequendo  piu, 
erigis  et  Senecam  domimis  t^rnsque  mag  ist  er 
ingeniis  fidel  me  superare  facis. 
So  die  Ueberlieferung,   wie  sie  Piasberg,  der  nur  in  V.  19  de 
pretio  zu  depretio  zusammengezogen  hat,  zu  Ehren  zu  bringen  sucht. 
Er  erklärt  V.  17  f.    'Jener  hat  mir  (zwar)  Ermahnungen  gegeben, 
aber  nicht  hat  er  gegeben    (nicht    geben    können),    was    er    t^ich 


^  Der  gleiche  Versschluss  findet  sich  übrigens  auch  Aen.  XII  427 
' non  hüiC  humanis  opibus^  non  arte  magistra  proveniunt\ 

2  Durch  ein  Versehen  fehlt  dies  Citat  in  dem  nützlichen  Index 
rerum  memorabilium  der  Haase'scbon  Ausgabe  des  Seneca  III  S.  587. 
I  Vergl.  jetzt  die  Ausgabe  der  Episteln  von  0.  Hense,  S.  432.  617.] 

3  Ich  fasse  in  V,  11  queni  ut  woneas^  lucem  coräis  habere  faci^t, 
das  ut  mit  Riese  hypothetisch,  nicht  mit  Ziehen  und  Piasberg  final. 


Miscellen.  315 

selbst  dadarcl),  dass  er  ungläubigen  Sinnes  war,  genommen  hat', 
und  weiter  *den  Tod  verachten  hat  Seneca  wohl  den  Lucilins 
gelehrt,  aber  (was  viel  mehr  ist)  Relig  sterben  hat  er  selbst  nicht 
können,  da  er  nicht  von  der  Herrschaft  des  ewigen  Todes  einlöst 
war.'  Die  Worte  te  vera  docenfe  in  Vers  17  hält  er  für  einen 
Nothbehelf  des  Dichters,  der  den  Vers  nicht  anders  zu  füllen 
wusste,  da  sie  nicht  bloss  formell  parenthetisch  seien,  sondern 
auch,  streng  genommen,  den  Gedankengang  stören,  indem  sie  den 
V.  21  mit  at  ftt  Fcharf  einsetzenden  Gegensatz  theilweise  vor- 
wegnehmen. Es  ist  gewiss,  dass  Piasberg  das  Verständniss  des 
dunklen  Abschnitts,  in  dem  noch  Ziehen  ganz  unsicher  tastete, 
durch  die  Erkenntniss,  dass  in  V.  19  einmal  depretio  zu  lesen 
und  dann  weiterhin  das  Dogma  von  dem  ewigen  Tode  ange- 
deutet ist,  angebahnt  hat,  aber  ich  bezweifle,  dass  sihi  tulit 
=  sihi  ahsiulit  und  hac  sine  marte  von  dem  noch  nicht  ge- 
nannten seligen  Tode  des  Christen  richtig  verstanden  ist,  kann 
auch  Bedenken  gegen  die  Auffassung  von  wonimenfa  als  '  Er- 
mahnungen' nicht  unterdrücken.  Um  hiermit  zu  beginnen,  so 
muss  man,  da  durch  die  Bemühungen  von  Ziehen  und  Piasberg 
die  Güte  der  üeberlieferung  in  dem  ganzen  Gedichte  sich  immer 
mehr  herausgestellt  hat,  ja  geneigt  sein  es  zu  halten,  aber  es 
findet  sich  meines  Wissens  nirgendwo  in  dieser  Bedeutung,  und 
eine  Form  von  tnofiiia  hätte  sich  auch  in  das  Metrum  gefügt. 
Trotzdem  möchte  ich  es  nicht  unbedingt  verwerfen;  vielleicht  ist 
-wirklich  gemeint  '  er  hat  mir  (nur)  Mahnungen  gegeben,  während 
du  mich  die  Wahrheit  lehrst*.  Aber  starker  Verdacht  einer  Cor- 
ruptel  besteht,  und  da  giebt  die  Conjectur  von  Buecheler  com- 
fnenfttf  der  Riese,  Manitius,  Ziehen  folgen,  eine  gute  und  ver- 
hältnissmässig  leichte  Heilung,  wiewohl  äusserlich  noch  etwas 
leichter  meiififa  wäre,  passivisch,  wie  öfters.  Auch  schliesst  sich 
so  der  folgende  Vers  besser  an,  den  ich  jedenfalls  so  verstehe: 
'aber  nicht  hat  er  mir  gegeben,  was  er  durch  seinen  ungläubigen 
Sinn  sich  zugezogen  (fulit  =  attulit)  hat  ,  —  nämlich  den  ewigen 
Tod.  Honorius  hat  sich  eben,  das  will  er  sagen,  rechtzeitig  Se- 
necas  Einfluss  entzogen.  Der  Gedanke  dieses  Distichons,  in  dem 
uun  auch  ie  vera  docenfe  kein  müssiges  Versfüllsel  ist,  wird  dann 
in  den  drei  folgenden,  nicht  bloss  im  nächsten,  ausgeführt  und 
begründet.  Ich  erkläre  weiter :  *  Denn  während  er  im  Banne  des 
ewigen  Todes  mit  Todesverachtung  den  Lucilius  erfüllte*,  ist  er 
(auch)  ohne  diesen,  d.  h.  den  leiblichen,  Tod  gestorben  (war  er 
schon  im  Leben  todt).  Du  hingegen  richtest  mich  durch  die 
Lehre  vom  ewigen  Leben  nach  einem  seligen  Tode  in  der  Nach- 
folge Christi  ^  auf,  und  lässt  mich  durch  die  Kräfte  des  Glaubens  ^ 
Seneca  übertreffen'. 


^  Damit  kommt  das  Imperfectum  imhueret  erst  zu  seinem  Kechte. 

2  Zu  beachten  ist  V.  yi  f.  das  euphemistische  heato  (mit  Plae- 
berg  zu  halten)  ex  ohitu,  'Hintritt*,  neben  worte  pia. 

^  So  richtip  Plasbcrg;  Ziehen  erblickte  mit  Unrecht  in  ingeniis 
fidei  ein  Oxymoron. 


316  Miscellen. 

In  der  AufiPaesOng  der  Sohlusebitte  an  den  Bischof  Jordanee 
V.  25 — 28^,  wie  in  der  Gesammtanschanung  von  Zweck  nnd  Ab- 
sicht des  Gedichte,  stimme  ich  wesentlich  mit  Piasberg  tiberein. 
£r  hat  meines  Erachtens  mit  Glück  die  Meinungen  von  Manitins, 
der  hier  eine  Erwiderung  auf  Briefe  des  Jordanes  findet,  und 
von  Ziehen,  nach  dem  Honorius  seinen  Lehrer  um  Abfassung  neuer 
Moralbriefe,  eines  christlichen  Seitenstücks  zu  Senecas  Büchern 
an  Lucilius,  bittet,  bekämpft.  Piasberg  wird  Recht  darin  haben, 
dass  Honorius  noch  vor  der  Taufe  steht,  und  den  Bischof  für  die 
Zukunft  um  seinen  Beistand  bittet.  Wenn  er  in  den  beiden  letzten 
Versen  27  f. 

discipulumque  tuum  prius  isto  nomine  ditans 
conforta  revoca  corripe  disce  mone 
die  Worte  prius  isto  nomine  ditans  als  eine  Bitte  um  die  Taufe 
versteht,  so  hat  dies  viel  für  sich;  nur  möchte  ich  dann  istud 
nomen  nicht  der  Name  Christ  ,  sondern  im  Hinblick  auf  Ev. 
Matth.  28,  19  *der  —  auch  vorher  V.  14  und  22  genannte  — 
Name  Christi'  erklären.  Ganz  unmöglich  wäre  es  aber  wohl  auch 
nicht,  zu  isto  nomine  aus  discipulumque  tuumj  das  mit  merklicher 
Betonung  gesetzt  ist,  discipuli  zu  ergänzen,  so  dass  Honorius  den 
Bischof,  den  er  schon  öfters  predigen  und  lehren  gehört  haben 
mochte,  in  diesem  Gedichte  bitten  würde,  ihn  definitiv  als  seinen 
Schüler  anzunehmen.  In  jedem  Falle  sprechen  auch  die  Worte 
V.  10  f.  cum  te  potior  .  .  magistro^  .  .  non  dubitare  queam  .  . 
cieternas  Christi  sumere  dantis  opes  dafür,  dass  Honorius  die  Taufe 
noch  nicht  empfangen  hat. 

Berlin.  Emil  Thomas. 


Die  Sabinerinnen  als  Oratrices  Pacis. 

Jedermann  weiss,  wie  viele  griechische  Sagen  und  Erzäh  — 
lungen  die  Römer  übernommen  und  zur  Ausschmückung  ihre^is^  - 
eigenen  Geschichte  verwandt  haben,  und  wie  sehr  dadurch  d^ 
römische  üeberlieferung  zugleich  verschönert  und  entstellt  wo  ττ 
den  ist.  Es  gilt  das  natürlich  von  den  ältesten  Zeiten  am  meisten 
und  so  darf  es  nicht  Wunder  nehmen,  wenn  z.  B.  in  der  Jugerköi 
geschichte  des  Romulus  bereits  bei  den  ältesten  Berichterstatter  j 
ein  tiefgreifender  Einfluss  der  Sophokleischen  Dichtung  aufg" 
zeigt  werden    konnte^.     Auch    in    den   Sagen  ^  von  Titus  Tatiis 


^  V.  26  quae  me  nasse  cupis^  scire  precando  iuhe,  hat  Ziehen  da 
von  Riese  bennstandete  precando  mit  Recht  vertheidigt  und  nahe  ζ 
scire  bezogen;  er  übersetzt  'durch  Beten*,  es  ist  wohl  aber  =  pre 
canteni  *  unser  Beten',  'im  Gebot*. 

2  Trieber  im  Rheinischen  iMuseum  XLIII  S.  569  ff. 

δ  Neuerdings  bep^innt  sich  in  Deutschland  für  solche  Erzählunge 
der  Name  'Legenden'  einzubürgern.     Der  Ausdruck    scheint    aus  der 
Englischen  übernommen  zu  sein,  allein  es  handelt  sich  dabei  um  eine 

üebersetzungsfehler  von  der  Art  dos  anderen  sehr  häufigen,    das   en^ 

lische  *novel'  mit  'Novelle'  wiederzugeben  statt  mit  'Roman*,      ünt^^ 


Miscellen.  317 

eind  griecbische  ßestandtheile  nachgewiesen  worden  ^.  Es  scheint 
mir,  als  müsse  aach  die  schöne  Erzählung  τοη  den  geraubten 
Sabinerinnen,  welche  den  Frieden  zwischen  ihren  Männern  und 
ihren  Landsleuten  vermitteln,  auf  ein  griechisches  Motiv  zurück- 
geführt werden.  Es  stammt  aus  der  Theseussage.  Hippolyte 
wird  von  Theseus  geraubt,  und  die  Amazonen  überziehen  darauf 
Attika  und  bringen  die  Athener  in  irrosse  Bedrängniss,  bis  Hip- 
polyte dazwischen  tritt  und  den  Frieden  zwischen  beiden  Theilen 
vermittelt.  So  ward  die  Sage  von  Kleidemos  erzählt,  wie  Plutarch 
im  Theseus  c.  27  berichtet,  der  leider  nicht  mittheilt,  wie  Klei- 
demos  die  Sache  im  Einzelnen  ausgemalt  hatte.  Anderswo  scheint 
sich  diese  Version  in  der  erhaltenen  Literatur  nicht  zu  finden, 
und  wie  mir  der  zu  früh  verstorbene  Ferdinand  Dümmler  mit- 
theilte, hat  sie  sich  auch  auf  Bildwerken  noch  nicht  nachweisen 
lassen.  Es  verdient  indessen  bemerkt  zu  werden,  dass  auch 
einige  andere  Züge  aus  dem  Kampf  zwischen  Römern  und  Sa- 
binem  an  die  Erzählungen  von  dem  Krieg  zwischen  Athenern 
und  Amazonen  gemahnen.  Dass  die  Sabiner  zuerst  das  Capitol 
nehmen  und  dann  erst  gegen  die  palatinische  Stadt  vorgehen, 
findet  seine  Analogie  darin,  dass  die  Amazonen  sich  auf  dem 
Areopag  festsetzen,  und  von  dort  aus  den  Angriff  auf  die  Akro- 
polis  unternehmen,  und  wenn  Aeschylos  sagt  (Eum.  689  ff.),  dass 
^ie  Amazonen 

ήλθον  θησίως  κατά  φθόνον 
στρατηλατουσαι,  κα\  πόλιν  ν€ΟτΓΓθλιν 
τήνδ'  ύψίπυργον  άντεπύργιυσαν  τότε, 

^   vvird  man   vergleichen  dürfen,  was  Livius  I  9,  5  sagt,  um  die 

/;  öi^erung  der  umwohnenden  Völkerschaften  zu  motiviren,    ihre 

^Öcliter    an    die    Römer    zu    verheirathen.     'Simul    spernebant*, 

*^^isst    es  dort,  'simul  tantam  in  medio  crescentem  molem  sibi  ac 

posteris    suis    metuebant*.     Aehnliche  Wendungen    begegnen    bei 

^ioTijrsios  A.  R.  II  30. 

.  Weiter  als  auf  die  Ausmalung  im  Einzelnen  erstreckt  sich 

^M^eeen  in  diesem,  wie  in  zahlreichen  ähnlichen  Fällen  der  grie- 


• 

^^K^^  Xiegende  versteht  man  im  Deutschen  bekanntlich  eine  Erzählung 

®"^^^lichen  Inhalts;  davon  kann  bei  quasihistoriechen  Ueberlieferungen 

^^r  ProfaDgeschichte  nur  ganz  ausnahmsweise  die  Rede  sein.   An- 

^^r^^Beener  wäre  das  Wort  Fabel,  allein  bei  diesem  wird  die  Un^Iaub- 

-T^igkeit  des  üeberlieferten  besonders  hervorgehoben,  und  es  schliesst 

.  ?^^JO    den   Nebensino    der    absichtlichen    Ei*findung    ein.     Die    einzig 

•    ^^ige  deutsche  Bezeichnung  ist  *Sage*.   Der  Begriff  der  Sage  ist  mit 

^^^**    starken  schriftstellerischen  und  gelehrten  Mitwirkung  bei  der  Ent- 

iT•    i^^ng  und  Ausbildung  einer  Erzählung  verträglich,  wie  die  Sage  von 

^     *    iDeweist  (vprl.  Lorenz,  Deutschlands  Geschichtsquelleu  Ρ  S.  11.^  ff). 

Sä^    lell  kann  man  sich  übrigens  den  Unterschied  der  drei  Synonyma 

«^^*^^   Fabel  und  Legende   sehr   gut  deutlich  machen.     Die  Ausdrücke 

»p    ^  ^  Sage    vom  Teil',    'die  Fabel  vom  Teil'    und  'die    Legende    vom 

^*  berühren  drei  wesentlich  verschiedene  Vorstellungskreise. 

1  Hermes  XXI  S.  582, 


318  Miecellen. 

chieche  Kiniluee  nicht.  Der  Kern  der  Sage  ist  und  bleibt  römi- 
schen TJrsprnngs.  Die  echte  attische  Sage  scheint  den  Kampf 
zwischen  Theseus  und  den  Amazonen  durchweg  durch  friedlichen 
Abzug  der  kriegerischen  Weiber  auf  Grund  eines  Vertrags  be- 
endigen zu  lassen ;  ein  griechischer  Tragiker  würde  dem  Krieg 
zwischen  Romern  und  Sabinern  wohl  den  gleichen  Abschluss  ge- 
geben haben.  Bei  der  römischen  Sage  sollte  man  um  so  mehr 
einen  solchen  Ausgang  erwarten,  weil  trotz  des  Vertrages  und 
trotz  der  Vereinigung  der  beiden  Völker  zu  einem  einzigen  so- 
wohl Cures  als  das  nomen  Sabinum  als  selbständige  Staatswesen 
fortbestanden.  Es  muss  ein  ganz  bestimmter  Grund  vorgelegen 
haben,  die  Krzählung  grade  so  zu  schliessen,  wie  es  unsere  Ueber- 
lieferung  thut.  Dass  auf  den  Weiberraub,  der  zur  Erklärung 
der  Hochzeitsgebräuche  erfunden  wurde,  noth wendig  ein  ßache- 
krieg  folgen  musste,  würde  der  Sage  wie  den  Annalisten  au  sich 
wenig  Schwierigkeiten  gemacht  haben.  Sie  hätten  den  Kriegszng 
der  Sabiner  ebenso  endigen  lassen  können,  wie  den  der  Caeni- 
nenser,  Autemnaten  und  Crustuminer.  Diese  Gemeinden  ver- 
danken ihre  Stelle  in  der  Tradition  über  den  Weiberraub  nur 
dem  Umstände,  dass  sie  näher  bei  Kom  wohnen,  als  die  Curenser 
und  folglich  in  erster  Linie  bei  den  Spielen  des  Romulus  er- 
schienen sein  werden.  Die  schöne  Deutung,  welche  Mommsen 
unserer  Sage  gegeben  hat,  wonach  wir  es  mit  einer  poetischen 
Verherrlichung  der  Union  zwischen  Römern  und  Sabinern  zu  thun 
hätten,  ist  leider,  wio  Niese  ^  gezeigt  hat,  nicht  haltbar,  aber 
was  Niese  seinerseits  an  ihre  Stelle  setzen  möchte,  ist  es  noch 
weniger.  Er  giebt  zwei  Erklärungen  zur  Auswahl.  Nach  der 
einen  sind  der  T.  Tatius  aus  Cures  und  die  Vereinigung  der  zwei 
Völker  erfunden  worden,  um  den  Namen  Quirites,  der  gewisser- 
massen  der  Eigenname  der  Bewohner  der  Stadt  Rom  gewesen 
sei,  und  den  man  im  Alterthura  von  Cures  herleitete,  zu  erklären. 
Nun  sind  zwar  bekanntlich  die  Uuiriten  nicht  die  Einwohner  der 
Stadt  Rom,  sondern  die  römischen  Bürger  werden  so  genannt, 
wenn  gewisse  staatsrechtliche  Beziehungen  derselben  hervorge- 
hoben werden  sollen-,  und  der  unmöglichen  Etymologie  des  Wortes 
von  Cures  standen  schon  im  Alterthum  verständigere  gegenüber, 
aber  vor  allen  Dingen  müsste  man  dann  doch  erwarten,  dass  nicht 
Romulus,  der  Mann  von  Rom,  sondern  T.  Tatius,  der  Mann  von 
Cures,  als  Quirinus  vergöttert  worden  wäre.  Di•^  zweite  Erklä- 
rung, durch  die  Bundesgenossenschaft,  welche  Römer  und  Sam- 
niter  um  die  Mitte  des  vierten  Jahrhunderts  v.  Ch.  zeitweilisr 
verband,  ist  noch  viel  unwahi scheinlicher.  Es  handelt  sich  ja 
bei   dem   Vertrag  zwischen  Romiilas  und   T.  Tatius  gar  nicht  uiu 


1  Sybels  Historische  Zeitschrift  LIX  S.  50.S  ff. 

2  Nicht  in  jeder  Beziehung  werden  sie  so  ß^eiiannt,  denn  das  rö- 
mische Bürgerheer  kann  nicht  *Quiritea*  angeredet  werden;  die  milites 
sind  keine  Quirites.  Vgl,  Suet.  Caes.  c.  70  und  vor  Allein  Liv. 
XLV  :π. 


Miscellen.  319 

ein  gewöhnlichem)  FoeduR,  Hondern  um  die  vollständige  Verschmel- 
zung zweier  Völker,  die  beide  in  einem  dritten,  neuen  Volke 
aufgehen.  Es  bleibt  demnach  doch  wohl  kaum  etwas  Anderes 
übrig,  als  zu  der  alten  Erklärung  zurückzukehren,  welche  in  der 
Sage  die  Vereinigung  der  Bergetadt  und  der  Hügelstadt  wieder- 
gespiegelt findet.  An  der  ehemaligen  gesonderten  Existenz  dieser 
beiden  Gemeinden  läset  sich  doch  wohl  nicht  zweifeln  ^,  und  eine 
sabinische  Niederlassung  in  Latium  ist  mit  dem,  waö  wir  von 
der  frühesten  Geschichte  der  sabellischen  Stämme  wissen,  sehr 
wohl  vereinbar.  Die  sabinischen  sacralen  Einrichtungen  und 
fiiten,  zu  deren  Bewahrung  besondere  Vorkehrungen  getroffen 
prorden  sein  sollen,  werden  von  den  latinischen  nicht  sehr  ver- 
schieden gewesen  sein,  und  dasselbe  gilt  von  der  Sprache.  Diese 
muss  im  achten  Jahrhundert,  in  das  wir  doch  wohl  die  Grün- 
dung von  Rom  setzen  dürfen,  dem  Lateinischen  noch  sehr  nahe 
gestanden  haben  ^. 

Es  ist  übrigens  an  der  Zeit,  es  einmal  ausdrücklich  auszu- 
sprechen, dass  uns  die  relativ  reinste  (Jeberlieferung  über  die 
römische  Königszeit  nicht  bei  Livius  vorliegt,  sondern  bei  Cicero 
de  republica.  Bei  Cicero  theilen  Romulus  und  Tatius  das  ganze 
Volk,  Palatiner  und  Sabiner,  in  die  drei  Tribus  der  Ramnes, 
Tities  und  Luceres,  sie  richten  gemeinsam  die  Curien  ein  und 
wählen  den  Senat,  und  sie  unterscheiden  auch  Patricier  und  Ple- 
bejer und  begrüntlen  die  Clientel.  Vom  Asyl  ist  nicht  die  Rede. 
Das  ist  offenbar  eine  Erfindung,  um  den  Weiberraub  zu  moti- 
viren.  Mit  Ciceros  Darstellung  ist  es  unverträglich,  da  dieser 
die  Sabinerinnen  grade  den  amplissimi  zu  Weibern  geben  lässt. 
Dass  so  gar  kein  wirkliches  Motiv  für  den  Weiberraub  übrig 
bleibt,  muss  Cicero  selbst  aufgefallen  sein,  der  die  Thatsache 
durch  Redensarten  zu  vertuschen  sucht.  Um  so  mehr  haben  wir 
Grund,  seine  Erzählung  für  die  ursprüngliche  zu  halten.  Was 
Cicero  von  dem  '  novum  et  subagreste  consilium'  sagt,  das  zum 
ßaub  der  Sabinerinnen  geführt  habe,  geht  wohl  auf  die  Meinung 
der  τά  πιθανώτατα  γράφοντες  bei  Dionysios  Α.  R.  II  31 
zurück,  denen  Dionysios  selbst  zustimmt,  der  Raub  sei  angeordnet 


^  Trotz  Niese  a.  a.  0.  S.  499  f.,  wenn  ich  ihn  richtig  deute.  Vgl. 
Mommsen  a.  a.  0.  S.  579. 

^  Das  glaube  ich  annehmen  zu  dürfen  trotz  Kretschmer,  Einlei- 
tung in  die  Geschichte  der  griechischen  Sprache  S.  411  fi".,  der  mir  hier 
recht  verschiedenurtige  Dinge  durcheinander  zu  werfen  scheint.  Aber 
auch  wenn  damals  zwischen  Römern  und  Sabinern  grössere  sprachliche 
Differenzen  bestanden  haben  sollten,  so  blieb  das  bei  einer  politischen 
Vereinigung  der  beiden  Gemeinden  ohne  alle  Bedeutung.  Um  von 
Städten  zu  schweigt-n,  die  von  jeher  düppelsprachig  waren,  wie  Brüssel 
oder  Triest,  so  ist  in  Hanau  über  ein  Jahrhundert  lang  Deutsch,  Franzö- 
sisch und  Holländisch  durch-  und  nebeneinander  gesprochen  worden, 
mindestens  zwei  Jahrhunderte  hat  mau  dort  auf  Holländisch,  fast  drei 
auf  Französisch  verhandelt.  Dass  das  Lateinische  in  Rom  schliesslich 
siegen  rausste,  ergab  sich  aus  der  geogruphischen  Lage  der  Stadt. 


820  Misoellen. 

worden  εΙς  τό  συνάψαι  φΐλότητα  προς  τάς  πλησιοχώρους  πόλ€ΐς 
όναγκαίαν.  Liviue  hat  die  Greschichte  der  Königezeit  äneeeret 
flüchtig  behandelt,  mit  gutem  Recht,  da  er  sehr  wenig  davon  für 
hietoriech  hielt;  daee  er  aber  die  sogenannten  Stammtribns  über- 
haupt nicht  als  Eintheilung  deR  ganzen  YoIIcr,  sondern  nur  als 
Rittercentnrien  kenne,  wie  Niese  a.  a.  0.  S.  500  annimmt,  ist 
ein  Irrthum.  Als  '  tres  antiquae  tribus*  und  zwar  in  demselben 
Sinne  wie  bei  Cicero  de  rep.  II  9,  16  erscheinen  sie  bei  ihm 
X  6,  7. 

Wer  will,  kann  nun  weiter  epeouliren,  im  Stile  derjenigen, 
die  es  sich  nicht  Verbieten  lassen  wollen,  'aus  Mythen  Kapital 
für  die  Geschichte  zu  gewinnen*.  Man  könnte  untersuchen  wollen, 
ob  von  Hause  aus  auf  dem  Palatin  und  dem  Quirinal  je  eine 
besondere  Stadt  gestanden  habe,  oder  ob  man,  wie  in  Hanau,  für 
neue  Ankömmlinge  auf  dem  Quirinal  eine  Neustadt  gegründet 
habe,  die,  indem  sie  politisch  mit  der  Altstadt  auf  dem  Palatin 
ein  Gemeinwesen  bildete,  doch  gewisse  Sonderrechte  und  Sonder- 
culte  behielt,  und  was  dergleichen  mehr  ist.  Allen  solchen  Phan- 
tastereien gegenüber  gilt  es  immer  wieder  zu  betonen,  dass  die 
Geschichtswissenschaft  es  ablehnen  muss,  Mythen  für  die  poli- 
tische Geschichte  der  Völker  zu  verwerthen  und  zwar  aus  dem 
Grunde,  weil  man  bei  dem  blossen  Mythos  kein  Kriterium  hat, 
durch  das  man  die  Fabel  von  der  Wahrheit  sondern  könnte. 
Man  berufe  sich  dagegen  nicht  auf  die  gelegentliche  Bestätigung 
mythischer  oder  halbmythischer  Erzählungen  durch  neuere  Funde. 
Solche  Bestätigungen  sind  so  zufällig,  wie  das  Eintreffen  Falb- 
scher  Prophezeiungen,  und  jeder  Bestätigung  dessen,  was  man 
aus  einem  Mythos  herausspintisirt  hat,  steht  ein  Dutzend  von 
Enttäuschungen  gegenüber.  Damit  wird  für  zahlreiche  Mythen 
nicht  der  historische  Kern  geleugnet,  sondern  nur  seine  Unkenn- 
barkeit  behauptet;  es  wird  nicht  bestritten,  dass  dem  Mythos 
historische  Vorgänge  zu  Grunde  liegen,  wohl  aber,  dass  wir 
wiesen  können,  welches  diese  Vorgänge  sind. 

Königsberg.  Franz  Rühl. 


Verantwortlicher  Uedacteur:   L•.  Radermacher  in  Bonn. 

(li).  März  lS9i).) 


\ 


Die  drakontische  Gesetzgebung. 

Die  drakontische  Gesetzgebung  ist  verbal tnissmäeeig  selten 
e^S^netand  spezieller  wissenscbaftlicber  Forsobung  gewesen  Κ  Anob 
die  Litteratur  über  das  Blutrecbt  bebandelte  mehr  dessen  Inhalt 
&n  sich  als  in  Beziehung  zu  Drakon.     Zwar  hat   die  Auffindung 
iw  aristotelischen  'Αθηναίων  ΤΤολιτ€{α,  welche  die  überraschende 
Nachricht    einer    drakontisohen    Verfassung    brachte,    auch    der 
Forschung  über    den  Gesetzgeber  Drakon   neue  Anregung  ge- 
geben, aber  es  fehlt  noch  viel  daran,  dass  die  Forschung  darüber 
auch  nur  in  den  Hauptpunkten  für  abgeschlossen  gelten    könnte. 
So  herrscht  nicht  einmal  über  das  Wesen  der   gesetzgeberischen 
'^iatigkeit  Drakons  Uebereinstimmung.    Hierzu  und  zu  der  Frage, 
die  eigentlich   die  Grundlage   aller  Forschung   bilden  müsste,   zu 
der  Frage    nach  Herkunft    und  Beschaffenheit    der    litterarischen 
ueberlieferung  wird  im  Folgenden  ein  Beitrag  zu  geben  versucht. 

I. 

Die  Frage  nach  der  üeberlieferung  über  Drakon  ist  wohl 
und  da  gestreift  worden  —  vor  allem  K.  F.  Hermann  hat 
^  «einer  Monographie  einen  werthvollen  Beitrag  dazu  geliefert  — , 
Aber  bis  jetzt  noch  nicht  einer  zusammenhängenden,  systematischen 
^ßtersuchung  unterworfen  worden.  Wie  dies  aber  nöthig  ist, 
^fi  besonders  jener  Vortrag  Cauers,  der  die  Negirung  der 
^itterarischen  üeberlieferung   nicht    etwa    zum  Resultat,    sondern 


•*  Erwähnung  verdienen  vor  allem:  K.  F.  Hermann,  De  Dracone 

^^  latore,  Ind.  lect  Gott  hib.  1849/50,  F.  Cauers  Vortrag  über  die  Ge- 

^^bung  Drakons  auf  der  40.  Philologenversammlung  zu  Görlitz  (1889), 

J^'^  der    neuesten  Litteratur    der    Abschnitt   über  Drakon    in  Busolts 

jv/^'^ichtswerk,  der  einen  entschiedenen  Fortschritt  gegenüber  früheren 
.^^Uungen    bedeutet,    und  Gilberts   *  Beiträge    zur   Entwicklungsge- 

T  .  ^*^te  des  firiechischen  Gerichtsverfahrens  und  des  griechischen  Rechts^ 

^^^  189«. 

*^ti.  Mm.  t  Philol.  N.  F.  LIV.  21 


322  L.  Ziehen 

vielmehr  zur  hewueeten,  grundlegenden  Yorauseetzung  hat.  Ging 
doch  Cauer  so  weit,  dass  er  seihet  die  allgemeinste,  einfachste 
Thatsache  der  üeberliefernng ,  dass  nämlich  Drakons  Gesetz- 
gebung ausser  den  νόμοι  φονικοί  noch  andere  Gesetze  ent- 
hielt, die  von  Solon  abgeschafft  wurden,  über  Bord  warf  und 
allein  auf  das  auch  inschriftlioh  ^  als  drakontisch  gewährleistete 
Blutrecht  die  Thätigkeit  Drakons  beschränkte.  Dass  diese  An- 
sicht weit  über  das  Ziel  hinausschoss,  ist  ohne  Weiteres  klar. 
Denn  nicht  nur  ist  es  schwer  verständlich,  wie  überhaupt  Jemand 
dazu  kommen  sollte,  gerade  eine  solche  Nachricht  einfach  aus 
der  Luft  zu  greifen,  sondern  sie  ist  auch  von  so  zuverlässiger^ 
und  von  so  verschiedenen  Seiten  bezeugt,  dass  eine  feste  Grund- 
lage dafür  existirt  haben  muss,  mag  sie  nun  in  einer  Stelle 
der  solonischen  Gesetze,  vielleicht  dem  Eingang,  oder  was  wahr- 
scheinlicher ist,  in  kurzen  Notizen'  der  attischen  Urchronik  zu 
suchen  sein,  an  deren  Existenz  und  urkundlichem  Charakter  heute 
billiger  Weise  nicht  mehr  gezweifelt  werden  sollte^.  Ganz  an- 
dere steht  es  freilich  mit  der  üeberliefernng  über  Inhalt  und  Be- 
schaffenheit dieser  Gesetze.  Davon  stand  in  der  Chronik  sicher 
nichts,  und  deshalb  ist  hier  allerdings  die  Frage  berechtigt,  woher 
eigentlich  die  Alten  über  diese  seit  Solon  aufgehobenen  Gesetze 
etwas  wissen  konnten.  In  der  That  hängt  von  ihrer  Beant- 
wortung alles  weitere  ab;  ich  werde  mich  deshalb  zuerst  ihr 
zuwenden  und  dabei  versuchen,  die  Geschichte  der  Üeberliefernng 
über  Drakon  überhaupt  in  ihren  ersten  Anfänge  und  Quellen  zu 
verfolgen. 

Wenn  auch  der  Name  des  Urhebers  des  geltenden  Blut- 
rechts nie  ganz^  vergessen  worden  sein  kann,  so  glaube  ich  doch, 
dass  lange  Zeit  die  Erinnerung  an  ihn  im  Volke  sehr  verblasst 
war  und  erst  im  letzteu  Jahrzehnt  des  V.  Jahrhundets  wieder 
lebendig  geworden  ist.  Die  für  uns  älteste  Erwähnung  Drakons 
findet  sich  freilich  schon  in  einem  Fragment  von  Kratinos,  fällt 
also  sicher  vor  421  v.  Chr.,  aber  der  Inhalt  spricht  mehr  für 
als  gegen  jene  Annahme.     Es  heisst  da: 


1  CIA  I  61  (Ditt.  Syll.2  52),    die   bekannte    Inschrift  d.  J.  409/8 
über  die  Neuaufzeichnung  des  Δράκοντος  νόμος  π€ρΙ  τοΟ  φόνου. 

2  Jetzt  auch  von  Aristoteles,  *ΑΘ.  ΤΤολ.  c.  7. 

β  Wie  sie  auch  v.  Wilamowitz  vermuthet,  Α  riet,  und  Athen  I  S.  58. 
*  S.  ebenda,  S.  2(50-290.  i 

^  z.  H.  in  den  Kreisen   df»r  Exegeten  des  heiligen  Rechte. 


Die  drakontische  Gesetzgebung.  323 

Προς  του  Σόλωνος  καΐ  Δράκοντος  οίσι  νυν 
φρύγουσιν  ήί>η  τάς  κάχρυς,  τοις  κύρβεσιν. 
Ueber  den  Sinn  der  Worte  kann  kein  Zweifel  sein;  Kratinoe  will 
sagen,  die  solonisciien  und  drakontiechen  Gesetze  gelten  nichts 
mehr,  sie  taugen  den  Athenern  nur  noch  zum  Brennholz  —  wie 
man  heutzutage  von  einem  Gesetz  etwa  sagen  würde,  es  sei  nur 
noch  ein  Stück  Papier,  sei  Makulatur.  Wir  lernen  aus  diesen 
Worten  erstens,  dass  die  drakontiechen  κύρβεις  zu  Eratinos  Zeit, 
wenn  nicht  vollständig,  so  doch  theilweise,  noch  existirten, 
zweitens  aber  —  denn  nur  so  erhält  der  in  den  Versen  liegende 
Witz  Farbe  und  einen  realen,  sofort  verständlichen  Hintergrund  — 
dass  sie  in  irgend  einem  Winkel,  sei  es  nun  des  Πρυτανεΐον 
oder  der  Στοά  βααίλειος  ^,  unbeachtet  verwahrlosten,  wo  sie  sich 
schliesslich  jeder,  der  es  wollte,  zum  Feueranmachen  ^  holen  konnte. 
Solon  theilte  nun  freilich  darin  das  Schicksal  Drakons, 
aber  sein  Andenken  war  durch  die  Bolle,  die  er  in  der  attischen 
Geschiebte  gespielt  hatte,  in  ganz  anderer  Weise  gesichert  als 
das  Andenken  Drakons,  vor  allem  lebte  Solon  durch  seine  Ge- 
dichte im  Munde  der  Athener  fort.  Dagegen  waren  die  Be- 
dingungen für  das  Fortleben  Drakons  in  der  Erinnerung  des 
Volkes  viel  ungünstiger,  Drakons  einziges  Werk  waren  seine 
Gesetze,  aber  die  meisten  derselben  wurden  nach  kurzem  Bestehen 
ausser  Kraft  gesetzt,  und  gerade  Solon  war  es  ja,  der  sie  durch 
seine  Gesetzgebung  verdrängte.  Hierdurch  erwuchs  sogar  für 
den  in  Geltung  gebliebenen  Theil  der  drakontischen  Gesetze, 
die  νόμοι  φονικοί,  wie  analoge  Erscheinungen  ähnlicher  Fälle 
lehren^,    die  Gefahr,    dass  auch  sie    schliesslich    vom  Volke  auf 

^  Im  ΤΤρυταν€Ϊον  wurden  wenigstens  später  die  Reste  der  solo- 
nischen  Αξονες  aufbewahrt  (Plat.  Sol.  25;  Polemon  bei  Harpocr.  s.  v. 
dHovi);  in  der  στοά  βασ{λ€ΐος  wurden  nach  Aristoteles  ΑΘ.  πολ.  c.  7. 
die  soloniscben  κύρβεις  aufgestellt,  und,  was  wichtig  ist,  die  Neuauf- 
zeichnung des  drakontischen  νόμος  π€ρΙ  φόνου  aus  dem  Jahre  409/8; 
noch  andere  Beispiele  bei  Busolt,  Gr.  Gesch.  II  ^  S.  147  Anm.  1, 

^  Diese  Erklärung  widerspricht  freilich  in  einer  Beziehung  der 
herrschenden  Auffassung,  wonach  die  κύρβ€ΐς  von  Stein  waren,  und 
sachlich  läset  sich  auch  unter  dieser  letzteren  Voraussetzung  ein  ganz 
passendes  Bild  gewinnen :  die  Athener,  die  die  oben  abgestumpften  κύρβ€ΐς 
als  Unterlage  beim  Rösten  ihrer  Gerste  benutzen,  ein  Bild,  das  in 
mancher  Hinsicht  mir  sogar  ansprechender  erscheint.  Aber  ich  be- 
zweifele, ob  der  Dativ  οΙσι  eine  derartige  Erklärung  zulässt. 

^  Auch  bei  Solon  selbst;  ich  erinnere  an  die  5  Klassen,  die  die 
üeberlieferung  später  ihm  zuschrieb  und  die  in  Wahrheit  ohne  Zweifel 
früheren  Ursprungs  sind. 


324  L.  Ziehen 

Solon  zurückgeführt  wurden,  und  wenn  dies  in  Wirklichkeit  nicht 
geschah,  so  ist  es  vielleicht  nur  dem  einen  Umetande  zuzu* 
eohreiben,  der  das  Fortbestehen  des  Blutrechts  überhaupt  be* 
wirkte,  der  religiösen  Scheu,  die  alles,  was  damit  zusammenhing, 
umgab'  und  so  wohl  auch  dem  Namen  Drakons  einen  gewissen 
Schutz  sicherte.  Jedenfalls  von  den  übrigen  Gesetzen  Drakons 
wie  von  seiner  Persönlichkeit  konnte  man  in  Athen  des  Y.  Jahr- 
hunderts nur  durch  jene  alten  κύρβεις  oder  durch  die  mündliche 
Tradition  etwas  wissen.  Die  κύρβεις  aber  verwahrlosten  nach 
dem  Zengniss  des  Kratinos  in  irgend  einer  Ecke,  und  die  münd- 
liche Tradition  —  sollte  es  da  nicht  von  einer  gewissen  Be- 
deutung sein,  dass  Herodot,  der  doch  sonst  so  viel  und  genau 
von  der  alten  attischen  Grcsohichte  erzählt  und  von  Solon  ganz 
gut  Bescheid  weiss,  Drakon  nirgends  nennt,  obwohl  er  —  z.  B. 
gerade  bei  der  Erwähnung  der  solonischen  Gesetzgebung  (I,  29)  — 
schon  Gelegenheit  dazu  gehabt  hätte  ^? 

Noch  auffallender  aber  erscheint  es  mir,  dass  Antiphon  in 
seinen  λόγοι  φονικοί  kein  einziges  Mal  von  Drakon  spricht,  nicht 
einmal  da,  wo  er  die  Yortrefflichkeit  der  νόμοι  φονικοί  betont 
und  dabei  auf  ihre  Geschichte  hinweist,  wo  sich  also  eine  Er- 
wähnung des  alten  Gesetzgebers  geradezu  aufdrängt,  ich  meine 
περί  του  *  Hpiubou  φόνου  §  14  (und  fast  genau  so  περί  του 
χορευτου  §  2):  καίτοι  τους  γε  νόμους  ό\  κείνται  περί  τών  τοιού- 
των, πάντας  δν  οΐμαι  όμολογήσαι  κάλλιστα  νόμων  απάντων 
κεΐσθύιι  καΐ  όσιώτατα  *  υπάρχει  μέν  γε  αύτοΐς  άρχαιοτάτοις  είναι 
έν  τη  γη  ταύτη,  ίπειτα  τους  αυτούς  άει  περί  των  αυτών,  δπερ 
μίγιστόν  έστι  σημεϊον  νόμων  καλώς  κειμένων  ό  γαρ  χρόνος 
καΐ  ή  εμπειρία  τα  μη  καλώς  έχοντα  έκόώάσκει  τους  ανθρώπους 

Ούτως  οι  γε  νόμοι  κάλλιστα  κείνται  οΐ  περί  φόνου, 

οΟς  ούόεις    πώποτε  έτόλμησε    κινήσαι^.     Man  könnte    mir  nun 

^  Anders  steht  es  mit  dem  Schweigen  von  Thukydides;  dieser  bat 
in  der  That  keinen  Anlass,  Drakon  zu  nennen,  er  nennt  auch  Solon 
nicht.  Dagegen  ist  vielleicht  in  diesem  Zusammenhang  die  bei  Plutarch 
(Sol.  c.  12 — 14)  vorliegende  Ueberlieferung  über  die  vorsolonische  Zeit 
zu  verwerten,  die  Drakon  gar  nicht  kennt  und  auf  Kylon-Epimenides 
sofort  Solon  folgen  läset.  Freilich  wenn  die  Quelle  dieser  Ueberliefe- 
rungf  die  attische  Chronik  ist,  wie  Wilamowitz,  Arist.  u.  Ath.  1  58,  mit 
gutem  Grund  vermuthet,  so  ist  zu  bedenken,  dass  diese  ohne  Zweifel 
Drakon  unter  dem  Archon  Aristaichmos  nannte.  Ich  halte  deshalb 
hier  mit  dem  Urtheil  zurück. 

2  Dagegen  Antiph.  I,  8:  τοις  νόμοις  τοις  ύμετ^ροις,  οΟς  παρά 
τών  θεών  καΐ  τιϊιν  προγόνων  διαδβΗάμενοι  κτλ.  ist  zu  allgoraein,  um 
einen  Schluss  zuzulassen. 


Die  drakoDÜBche  Gesetzgebung.  325 

vielleicht  Lysiae  entgegenhalten,  der  die  Zeit,  in  welcher  meiner 
Aneicht  nach  die  Erinnerung  an  Drakon  wieder  lebendig  wurde, 
mit  erlebte  und  dementsprechend  in  der  That  auch  eine  genauere 
Kenntniss  von  Drakone  Geeetzgebung  verräth,  insofern  er  sogar 
eines  der  von  Solon  aufgehobenen  Gesetze,  einen  νόμος  περί 
αργίας  erwähnt ^  trotzdem  aber  in  seinen  Reden  über  Blutsachen 
80  wenig  wie  Antiphon  Drakon  nennt.  Aber  die  Sache  liegt 
doch  bei  Lysias  anders.  Die  Beden  gegen  firatosthenes  und 
AgoratoB  müssen  sofort  ausgeschieden  werden;  denn  es  sind 
rein  politische  Heden,  in  denen  das  Blntrecht  als  solches  gar 
keine  Bolle  spielt,  wie  denn  auch  in  beiden  Reden  kein  ein- 
ziges Mal  ein  Paragraph  desselben  zitirt  ist.  Und  auch  in 
den  drei  übrigen  wirklich  in  Betracht  kommenden  Reden  Γ,  Til 
und  IV,  die  ihrer  Art  nach  mit  den  antiphontisohen  auf  einer 
Stufe  stehen,  wüsste  ich  nur  drei  Stellen,  wo  der  Zusammen- 
hang überhaupt  eine  Erwähnung  Drakons  gestattet,  nämlich  I, 
31,  I,  33  und  III,  42.  Allein  an  letzterer:  άλλα  οήλον  δτι  καΐ 
ο\  τους  νόμους  ένθάί>€  θ^ντες  ουκ  et  τίνες  μαχεσάμενοι  ίτυχον 
αλλήλων  κατάΕαντες  τάς  κεφάλας,  έπΙ  τούτοις  ήΕίνυσαν  τής 
πατρίδος  φυγή  ν  ποιήσασθαι,  άλλ'  δσοι  etc.  wäre  die  Nen- 
nung des  Namens  zumindest  überflüssig.  Denn  es  kommt  dem 
Redner  hier  nur  darauf  an,  dem  Wortlaut  des  Gesetzes  selbst, 
dem  Ausdruck  τραύμα  έκ  προνοίας,  zur  Erklärung  die  offenbare 
Absicht  derer,  die  das  Gesetz  gegeben  haben,  gegenüberzustellen, 
es  ist  also  eine  solche  Umschreibung,  wie  sie  Lysias  erzählt, 
sogar  durchaus  dm  Platze^.  Eher  könnte  man  schon  den  Namen 
Drakon  in  der  Rede  l  υπέρ  του  Ερατοσθένους  φόνου  §  31  er- 
warten, wo  erst  das  Gesetz  über  δίκαιος  (ρόνος  zitirt  ist  und 
es  dann  heisst:  και  ούτω  σφόδρα  ό  νομοθέτης  έπι  ταϊς  γαμε- 
τοΐς  γυναιΕι  δίκαιο  ταύτα  ήγήσατο  είναι  ώστε  και  έπΙ  ταΐς  παλ- 
λακαϊς  ταΐς  έλοττονος  άΕίαις  τήν  αυτήν  δίκην  έπέθηκε  κτλ.  und 
ebenso  §  33:  άνθ*  ών  ό  τόν  νόμον  τιθείς .  θάνατον  αύτοϊς  έποίησε 
τήν  2Ιημίαν  ohne  Nennung  des  Namens.  Ich  will  gar  nicht  leug- 
nen, dass  hier  dazu  ganz  gute  Gelegenheit  war  und  die  unbestimmte 


*  Nach  Lex.  Rhet.  Cant.  p.  G65,  19  in  der  verlorenen  Rede  κατ' 
Άρίστωνος,  nach  Diog.  Laert.  1,  2,  55  in  der  κατά  Νικίδου. 

2  Auch  der  Plural  οΙ-θέντ€ς  zeigt,  dass  Lysias  nicht  an  einen  be- 
stimmten Gesetzgeber,  sondern  an  die  ganze  Generation  der  προγονοί} 
von  denen  die  Athener  die  Gesetze  überkommen  haben  (cf.  S.  324 
Anm.  2  die  dort  citierte  Antiphonstelle),  denkt. 


326  L.  Ziehen 

ümeohreibnng  etwas  au£Pallend  ist,  und  es  wäre  auch  aus  diesem 
Grnnde  interessant  genau  das  Jahr,  in  dem  die  Hede  geschrieben 
worden  ist,  zu  wissen,  wofür  leider  keine  Anhaltspunkte  vorhanden 
sind.  Jedenfalls  aber  macht  der  umstand,  dass  sich  auch  bei  Lysiae 
einmal  eine  auffällige  Stelle  findet,  das  Schweigen  Antiphons  nocli 
nicht  unauffällig,  und  dann  vor  allem  ist  doch  dessen  Schweigen 
an  einer  Stelle,  wo  er,  wie  ich  wiederhole,  gerade  die  Geschichte 
des  Blutrechts  streift,  noch  von  ganz  anderer  Bedeutung.  Hier 
regt  sich  doch  der  Verdacht,  dass  entweder  Antiphon  selbst  Dra- 
kon  nicht  als  Urheber  des  geltenden  Blutrechts  kennt  oder  wenig- 
stens bei  seinen  Zuhörern  kein  Yerständniss  für  diesen  Namen 
za  finden  glaubt  und  ihn  deshalb  nicht  nennt. 

Ohne  Zweifel  sträubt  sich  zunächst  unser  Gefühl  gegen 
einen  derartigen  Gedanken,  und  nur  wenige  werden  jene  Stelle 
für  genügend  erachten,  um  darauf  einen  solchen  Verdacht  zu 
gründen,  der  den  gewöhnlichen  Vorstellungen  so  zuwiderläuft. 
Allein  wenn  man  näher  der  Frage  nächforscht,  wie  sich  in  der 
Praxis  die  üeberlieferung  des  Blutrechts  gestaltet  hat,  so  kommt 
man  auch  von  dieser  Seite  zu  einem  Ergebniss,  das  uns  in  jenem 
Verdacht  bestärkt  und  zugleich  die  in  ihm  auegesprochene  That- 
sache  erklärt  und  verständlich  macht. 

Dass  die  Originale  der  drakontischen  νόμοι  φονικοί,  wenn 
überhaupt  je,  nicht  lange  bei  den  Gerichtsverhandlungen  benutzt 
wurden^,  bedarf  keines  Beweises;  sie  wurden  ohne  Zweifel  bald 
durch  Abschriften  ersetzt,  die  auch  ihrerseits  von  Zeit  zu  Zeit 
erneuert  wurden ;  ein  Beispiel  dafür  ist  wohl  die  von  Lysias  I,  30 
erwähnte  (Ττήλη  έ£  Άρ€ίου  πάγου.  Es  ist  nun  aber  doch  kaum 
glaublich,  dass  bei  diesen  neuen  Aufzeichnungen,  die  man  für  den 
praktischen  Gebrauch  machte,  der  Text  ganz  ohne  Zusätze  und 
Veränderungen  blieb.  Dass  403  v.  Chr.  eine  neue  Redaktion 
des  Blutrechtes  stattfand,  steht  ja  fest.  Es  mag  vorher  nie  zu 
einer  so  systematischen,  einheitlichen  Neuredaktion  gekommen 
sein  wie  im  J.  403  —  diese  ist  vielleicht  mit  durch  den  Mangel 
einer  solchen  veranlasst  worden  — ;  es  mögen  früher  die  Zusätze 
in  der  Form  selbstständiger  Urkunden  abgefasst  und  so  bei  den 
Akten  aufbewahrt  worden  sein,  allein  das  scheint  doch  sicher, 
dass  auch  schon  längst  vor  403  mit  dem  Fortschritt  der  politischen 


1  Es  ist  unmöglich,  wenn  sie  wie  die  soloniscben  Gesetzestafeln 
in  der  στοά  βασίλειος  aufbewahrt  wurden.  Auch  ist  nicht  zu  ver- 
gessen, dass  schon  die  Verschiedenheit  der  Mahlstätteu  zu  verschiedenen 
Ausfertigungen  zwang. 


Die  drakoutische  Geseizgebtuig.  827 

Yerhältniese  und  der  Entwicklung  weniger  des  Beohtsgefühle  als 
der  Rechtstecbnik  sich  dae  Bedürfniee  nach  solchen  Zusätzen 
und  kleinen  Aenderungen  ^  herausstellen  mnsste.  Die  Annahme 
einer  solchen  organischen  Eechtsentwicklung  lässt  sich  auch 
ganz  gut  mit  der  Ueberlieferung  vereinigen,  dass  im  Blutrecht 
immer  dieselben  Gesetze  gegolten  hätten  und  nie  jemand  daran 
zu  rütteln  gewagt  habe.  Denn  die  Hauptsatzungen  blieben  in 
der  That  unverändert,  und  das  Recht,  wenn  es  nur  organisch 
fortgebildet  und  entwickelt  wird,  bleibt  immer  das  alte  Recht*). 
Nun  hat  in  Betreff  der  (Ττήλη  auf  dem  Areopag  schon 
Wilamowitz  in  ganz  anderem  Zusammenhang  bezweifelt,  ob  sie 
überhaupt  die  Bezeichnung  drakontischen  Ursprungs  trug,  und 
nach  air  dem,  was  ich  eben  ausgeführt,  muss  es  auch  ^ehr 
fraglich  sein,  ob  den  neuen  Aufzeichnungen  immer  noch  der  Name 
Drakons  beigefügt  wurde.  Eine  Bestätigung  dafür,  dass  die  im 
Y.  Jahrhundert  in  der  Praxis  dienenden  Urkunden  nicht  den 
Namen  Drakon  trugen,  scheint  mir  der  Volksbeschluss  des  Jahres 
409/8  zu  geben,  der  die  αναγραφείς  τών  νόμων  beauftragt,  τόν 
Δράκοντος  νόμον  τόμ  περί  τοΟ  φόνου  aufzuzeichnen  und  vor 
der  (Ττοά  βααίλειος  aufzustellen;  man  muss  sich  dazu  nur  ein- 
mal scharf  die  Frage  nach  Grund  und  Zweck  dieses  Volksbe- 
scblasses  stellen,  worüber  ja,  was  Beachtung  verdient,  der  Text 
der  Inschrift  selbst  nichts  sagt.  Handelt  es  sich  etwa  bei  dieser 
Aufzeichnung  um  eine  solche,  wie  ich  sie  oben  besprochen  habe, 
darin  begründet,  dass  die  bis  dahin  in  der  Praxis  benutzten 
Urkunden  nicht  mehr  brauchbar  waren  und  deshalb  eine  Ab- 
schrift nöthig  wurde?  ich  will  davon  absehen,  ob  es  dazu  eines 
besonderen  Volksbeschlusses  bedurfte  und  ob  dann  nicht  wenigstens 
mit  ein  paar  Worten  der  Grund  hätte  angedeutet  werden  müssen : 
schon  allein  der  Aufstellungsort  verbietet  eine  derartige  An- 
nahme. Denn  war  diese  Neuaufzeichnung  für  den  praktischen 
Gebrauch  bei  den  Gerichtsverhandlungen  bestimmt,  dann  gehörte 

1  So  vor  allem  nach  schärferem  und  jeden  Zweifel  ausschliessenden 
Aasdnick;  ein  Beispiel  dafür  bietet  der  Fall  des  Mordversuchs  ohne 
tödtlichen  Ausgang,  der  später  mit  τραΟμα  Ικ  προνοίας,  noch  zu  Solons 
2eit  aber  nach  v.  Wilamowitz'  ansprechender  Vermutung  mit  σςραγοί 
*>ezeichnet  wurde. 

3  Vfrl.  die  schönen  Bemerkungen  Riehls  in  seiner  'Familie*  über 
^ie    Entwicklung  der  Sitte,   des  Volksliedes    und    die   allmählige  Ver- 
^x^derung  eines  sich  von  Generation  zu  (Jeneration  forterbenden  Hauses 
^^amilie  S.  125  f.  und  lb9/90). 


328  L.  Ziehen 

sie  auf  den  Areopag  oder  eine  der  anderen  Mahletätten,  aber 
nicht  vor  die  στοά  βασίλειος.  Wenn  hier  die  Stele  anfgeetellt 
wurde,  eo  geht  daraus  hervor,  dasB  bei  der  Neuaufzeichnnng 
nicht  die  Rück  eicht  auf  die  praktische  Benutzung  massgebend 
war,  sondern  vielmehr  das  Bedürfniss,  die  Inschrift  zur  allge- 
meinen, Öffentlichen  Eenntniss  zu  bringen  ^  Dies  lässt  sich  aber 
auch  durch  Folgendes  noch  geradezu  beweisen. 

Man  bringt  unser  ψήφΚΤμα  mit  Recht  gewöhnlich  mit  der 
durch  Thukydides  (VIII,  97)  und  aus  der  Rede  des  Lysias  gegen 
Nikomachos  (or.  XXX)  bekannten  Einsetzung  von  νομοθέται  im 
Jahre  410  in  Verbindung.  Wenn  bei  Lysias  nur  von  der  Auf- 
zeichnung der  solouischen  G-esetze  die  Rede  ist,  so  kann  das 
schon  deshalb  nicht  dagegen  ins  Feld  geführt  werden,  weil  Lysias 
immer  nur  von  der  Aufgabe,  die  speciell  dem  Nikomachos,  nicht 
der,  welche  der  ganzen  Commission  zufiel  (προςταχθέν  γαρ 
αύτφ)  spricht.  Dass  es  sich  um  dieselbe  Commission  handelt, 
beweist  der  Titel  άναγραφεύς  τών  νόμων,  den  auch  Lysias 
einmal  von  Nikomachos  gebraucht.  Allerdings  ist  das  Jahr  der 
Einsetzung  jener  Commission  410,  der  Volksbescbluss  über  Drakon 
dagegen  fällt  409/8,  aber  es  setzt  ja  auch  dessen  Wortlaut  die 
αναγραφείς  τών  νόμων  bereits  als  vorhanden  voraus,  es  folgt 
daraus  also  nur,  dass  in  der  That  bei  der  ursprünglichen  Ein- 
setzung der  Commission  nicht  von  Drakon  die  Rede  war  und 
erst  nachträglich  die  αναγραφείς  τών  νόμων  den  Auftrag  er- 
hielten auch  des  Drakons  Gesetz  περί  του  φόνου  aufzuzeichnen. 
Dieser  Umstand  nun  aber,  dass  dieser  Auftrag  an  dieselbe 
Commission  erging,  die  für  die  solonischen  Gesetze  gewählt  war, 
zwingt  dazu,  ihn  auch  unter  demselben  Gesichtspunkt  zu  betrachten, 
dieselbe  Motive  für  beide  anzunehmen*. 

Nun  ist  der  Beweggrund  für  die  Neuaufzeichnung  der 
solonischen    Gesetze    klar:    sie  waren    in  Vergessenheit  gerathen 


*  Dass  man  für  die  Publikation  von  manchen  Gesetzen  seit  alter 
Zeit  gerade  die  στοά  βασίλειος  wählte,  mag  wie  v.  Wilamowitz  ver- 
muthet  (a.  a.  0.  S.  45  A.  7)  darin  begründet  sein,  dass  hier  in  der  Nähe 
die  Beamten  vereidigt  wurden  (Poll.  VIII,  8<»).  Aber  wesentlich  war 
doch  dabei,  dass  dieser  Ort  allen  Bürgern  zugänglich  war,  und  deshalb 
die  Gesetze  leicht  zur  allgemeinen  Kenntniss  gebracht  werden  konnten ; 
vgl.  CIA  II  258  (Ditt.  Syll.«  182)  v.  5—11. 

2  Deshalb  ist  in  dem  ψήφισμα  von  409/8  wohl  auch  gar  kein 
Motiv  angegeben,  weil  dies  aus  der  Berufung  der  άναγραφ€ΐς  sich  von 
selbst  ergab. 


Die  drakontisohe  Geeeizgebung.  329 

und  sollten  jetzt  wieder  zur  allgemeinen  Eenntniee  and  zu  neuer 
Geltung  gebracht  werden.  Sowie  wir  nun  aber  diee  Motiv  auf 
die  Aufzeichnung  dee  drakontiechen  Blutrechte  tibertragen,  drftngt 
eich  die  Frage  auf,  wae  eigentlich  hier  in  Yergeesenheit  gerathen 
war.  Denn  dies  von  dem  Inhalt  des  geltenden  Blutrechte  selbst 
anzunehmen,  ist  doch  ausgeschlossen.  Gewiss,  auswendig  gewusst 
hat  die  einzelnen  Paragraphen  der  gewöhnliche  Bürger  weder 
damals  noch  irgendwann  vorher  oder  nachher,  und  auch  für  die 
Einzelheiten  des  gerichtlichen  und  religiösen  Verfahrene,  die 
zum  grossen  Theil  gar  nicht  im  Gesetze  standen^,  konnte  er 
nicht  den  Rath  der  Exegeten  enthehren,  die  ja  auch  dafür  da 
waren;  aber  die  Hauptsatzungen  wie  dass  auf  Mord  Tod  oder 
Verbannung  und  nur  bei  φόνος  ακούσιος  eine  Stihne  möglich 
war,  dass  die  Tödtung  des  Ehebrechers  oder  in  der  Nothwehr 
erlaubt  war,  die  waren  doch  ohne  jeden  Zweifel  alle  Zeit  hin- 
durch jedem  Athener  bewusst,  und  es  bedurfte  dazu  nicht  erst 
der  Aufstellung  einer  Urkunde  in  der  (Ττοά.  Was  wirklich,  wie 
wir  oben  sahen,  vergessen  sein  musste,  das  war  die  Eenntniss 
der  ursprünglichen,  von  Drakon  selbst  stammenden  Fassung  der 
Gesetze,  und  was  dabei  vergessen  sein  konnte,  war  das  Be- 
wussteein,  dass  das  in  der  Praxis  geltende  Recht  im  Wesentlichen 
doch  auf  Drakon  zurückging.  Wenn  also  im  J.  409/8  dieselbe 
Commission,  welche  die  in  Vergessenheit  geratenen  solonischen 
Gesetze  ans  Licht  ziehen  sollte,  auch  den  Auftrag  erhielt,  das 
drakontische  Blutrecht  aufzuzeichnen,  so  kann  es  nur  deshalb  ge- 
schehen sein,  weil  man  zum  Bewusstsein  kam,  dass  das  geltende 
Blutrecht  nicht  mit  dem  alten  drakontiechen  identisch  war,  und 
man  dieses  deshalb  wieder  zur  Eenntniss  und  doch  wohl  auch 
zur  Geltung  bringen  wollte'. 


^  cf.  (Dem.)  adv.  Eaerg.  et  Mnesibal.  §  71. 

^  Denn  dass  die  Aufzeichnung  nicht  nur  antiquarischem  Interesse 
entsprang,  sondern  auch  einen  praktischen  Zweck  im  Auge  hatte,  liegt 
auf  der  Hand.  Aufscbluss  muss  auch  hier  die  αναγραφή  der  solonischen 
Gesetze  geben.  Wie  diese  dadurch  gewissermassen  neu  in  Kraft  treten 
sollten,  so  sollte  vermutblich  auch  durch  Veröfifentlichung  des  alten 
drakontiechen  νόμος  dieser  wieder  für  den  massgebenden  Text  erklärt 
werden,  auf  den  sich  allein  vor  Gericht  berufen  werden  durfte  In  der 
Praxis  konnte  das  freilich  kaum  allzu  grosse  Bedeutung  gewinnen,  da 
in  allem  Wesentlichen  das  bis  dahin  geltende  Recht  mit  dem  drakon- 
tischen  Gesetz  übereinstimmte.  Nur  machte  es  die  Rechtsprechung 
insofern  wieder  schwieriger  und  unvollkommener,  als  die  alte  drakontische 


330  li.  Ziehen 

Der  Wortlaut  der  Inechrift  nötigt  nne  aber,  meine  ich,  noch 
einen  Schritt  weiter  zu  gehen.  Wenn  das  ψήφισμα  aufzuzeichnen 
befiehlt  nicht  etwa  τόμ  παλαιόν  oder  τόν  άρχαΐον  Δράκοντος 
νόμον  τόμ  περί  του  φόνου,  sondern  schlechtweg  τόν  Δράκοντος 
νόμον  τόμ  περί  του  φόνου,  βο  kann  das  in  der  Praxis  geltende 
Blutrecht  nicht  denselben  Titel  geführt,  officiell  wenigstens  und 
im  allgemeinen  Sprachgebrauch  nicht  auch  als  Δράκοντος  νόμος 
gegolten  haben.  Es  wird  uns  also  auch  durch  diese  Inechrift 
bestätigt,  was  die  allgemeine  Betrachtung  der  Entwicklung  des 
Blutrechts  lehrte.  Die  Folgerungen  daraus  ergeben  sich  von 
selbst:  wenn  im  V.  Jahrhundert  die  geltenden  Urkunden  des 
Blutrechts  nicht  mehr  die  Bezeichnung  drakontischen  Ursprungs 
trugen,  dann  dürfen  wir  uns  nicht  nur  wundern,  sondern  müssen 
es  geradezu  voraussetzen,  dass  dieser  drakontieche  Ursprung 
überhaupt  im  Volke  nicht  mehr  allgemein  bekannt  war^;  und 
so  wären  wir  auf  einem  Umweg  zu  demselben  Ergebniss  ge- 
kommen, das  uns  vorhin  eine  Prüfung  der  antiphontischen 
Reden  nahe  gelegt  hat,  und  das  nun  nicht  mehr  so  befremdend 
erscheinen  dürfte  wie  vorhin,  damit  aber  zugleich  auch  zum  Be- 
weise der  Behauptung,  von  der  ich  ausgegangen  bin,  dass  die 
Erinnerung  an  Drakon  überhaupt  mit  der  Zeit  im  Volk  verblasst 
war.  Denn  wenn  sein  Name  nicht  einmal  in  Verbindung  mit  dem 
Blutrecht  sich  lebendig  erhalten  hatte,  so  konnte  man  sonst  erst 
recht  nichts  von  ihm  wissen. 


Fassung  den  Anforderungen  der  fortgeschrittenen  Zeit  nicht  mehr  ent- 
sprach. Es  hat  ja  dann  auch  bald  eine  umfassende  Neuredaktiou  statt- 
gefunden. —  Aus  dieser  ganzen  Erörterung  geht  übrigens  auch  aufs 
neue  hervor,  dass  der  Stein  nicht  etwa  die  soloniscbe  Redaction  des 
Blutrechts  giebt  und  dass  der  πρώτος  dEuiv  der  Inschrift  der  der  dra- 
kontischen Gesetze  ist.  Diese  Frage  ist  aber  m.  E.  durch  die  treff- 
lichen Ausführungen  Schölls  hierüber  (Ber.  d.  Münch.  Ak.  1886  S.  87  (f.), 
die  wohl  eine  Erwähnung  seitens  der  neuesten  Commeutatoren  der 
Inschr.  (Reo.  des  inscr.  iur.  greques  II  p.  9/10)  verdient  hätten,  längst 
entschieden. 

^  Ich  erinnere  daran,  dass  selbst  Deroosthenes  a.  352  die  Kennt• 
nies  des  drakontischen  Ursprungs  der  νόμοι  φονικοί  bei  seineu  Zu- 
hörern in  der  Volksversammlung  nicht  als  selbstverständlich  voraus- 
setzt, sondern  es  für  nöthig  hält  sie  daran  zu  erinnern;  cf.  Aristocr. 
§  51 :  ό  μέν  νόμος  έστΙν  ούτος  Δράκοντος  καΐ  οΐ  άλλοι  δ'δσους  Ικ  τών 
φονικών  νόμων  παρεγραψάμην.  Andrerseits  aber  zeigt  die  Stelle  auch, 
dass  der  Name  Drakon  selbst  beim  Volke  in  einem  Ansehen  stand,  das 
Demosthenes  für   die  von  ihm  angeführten  Gesetze  fruktifizieren    will. 


Die  drakontische  Gesetzgebung.  331 

Der  Volkebeeobluss  des  Jabree  409/8  ist  für  uns  das  erete 
Zeicben  eines  wiedererwacbenden  Interesses  für  Drakon,  und 
dementsprecbend  finden  wir  denn  aucb  von  da  ab  bänfiger  in 
der  Litteratnr  Drakon  erwäbnt  und  zwar,  was  wicbtig  ist,  aucb 
für  nicbt  zum  Blutrecbt  gebörende  Gesetze  \  Es  fragt  sieb  nun 
wober  dies  Interesse  stammt.  Sollen  wir  darin  eine  natürlicbe 
Frucbt  der  um  diese  Zeit  aufbiübenden  antiquariscben  und  bisto- 
riscben  Studien  seben,  oder  liegt  bier  docb  nocb  ein  besonderer 
Anstoss  vor?  Wenn  es  sieb  nur  um  die  Erwäbnungen  bei  Rednern 
und  Historikern  bandelte,  bielte  icb  die  erste  Erklärung  für  aus- 
reiebend.  Nun  aber  ist  gerade  das  erste  Zeicben  jenes  Interesses 
der  Volksbescbluss  von  409/8,  und  es  ist  docb  recbt  zweifelbaft, 
ob  der  Einfluss  der  bistoriecb-antiquariscben  Litteratur  stark 
genug  war,  so  bald  sogar  staatlicbe  Massregeln  ber vorzurufen. 
Hier  kommt  uns  nun  von  ganz  anderer  Seite  willkommen  Hülfe» 
nämlicb  von  dem  IV.  Kapitel  der  aristoteliscben  'Αθηναίων 
πολιτεία  und  der  dafür  von  der  Forscbung  ermittelten  Quelle. 

Icb  darf  die  sieb  daran  knüpfende  Frage  bier  wobl  als 
bekannt  voraussetzen  und  micb  desbalb  kurz  fassen,  zumal  das 
für  uns  bier  wesentlicbe  Resultat  fast  allgemein  anerkannt  ist. 
Danacb  nämlicb  ist  die  Quelle  für  die  in  jenem  Kapitel  gescbilderte 
drakontiscbe  Verfassung  eine  Parteiscbrift  der  Oligarcben  des 
Jabre  411  gewesen,  für  deren  Benutzung  aucb  sonst  in  dem 
Werk  des  Aristoteles  deutlicbe  Spuren  vorbanden  sind.  Ent- 
scbeidend  dafür  ist  der  Umstand,  dass  die  Verfassung  der  Oli- 
garcben von  411  mit  der  drakontiscben  bei  Aristoteles  eine 
solcbe  Verwandtscbaft  ^  zeigt,  dass  ein  innerer  Zusammenbang 
dazwiscben  bestanden  haben  muss.  Welcber  er  war,  ergiebt 
sieb  wie  von  selbst  aus  der  Gescbicbte  der  damaligen  Verfassungs- 
kämpfe. Das  Scblagwort  im  politiscben  Leben  war  damals  die 
πάτριος  πολιτεία,  zu  der  das  Volk  aus  dem  Bankerott  der 
jüngsten  Vergangenbeit  sieb  retten  wollte,  und  unter  deren  Flagge 
jetzt  jede  Partei  dabinsegeln  und  zum  Ziele  der  politiscben 
Macbt  zu  kommen  sucbte.     So  griff  die  gemässigte  demokratische 


^  Um  nur  die  der  Zeit  nacb  näcbsten  Zeugnisse  zu  nennen :  Lysias 
bezieht  sieb,  wie  scbon  oben  erwäbnt,  auf  einen  νόμος  π€ρΙ  αργίας; 
Xenophon  beruft  sich  Oecon.  c  4  auf  Gesetze,  die  den  von  Sklaven 
ausgeübten  Diebstahl  bestrafen,  Aeschines  adv.  Tim.  §  6  redet  wenigstens 
so,  als  kenne  er  auch  von  Drakon  Gesetze  über  die  Erziehung  der  Jugend. 

*  Die  nähere  Begründung  hierfür  wie  für  das  Uebrige  s.  bei 
V.  Wilamowitz,  Ar.  u.  Athen  J,  S.  76  ff.  u.  161  ff. 


332  L.Ziehen 

Partei,  nicht  ohne  Berechtigung,  auf  Solon  zurück,  die  radikaleren 
Elemente  auf  Kleiethenee^  —  kein  Wunder,  wenn  auch  die 
Oligarchen  in  der  alten  Zeit  nach  einem  Namen  für  ihr  Programm 
suchten  und  nachdem  sie  in  Drakon  einen  gefunden  hatten,  dann 
für  ihre  Ideen  mit  Hinweis  auf  die  drakontische  πάτριος  πολι- 
τεία in  Wort  und  Schrift  Propaganda  machten.  Es  ist  für  uns 
hier  einerlei,  oh  die  drakontische  Yerfassungi  auf  die  sie  sich 
heriefen,  echt  oder  gefälscht  war,  und  wie  der  Verfasser  jener 
vorauszusetzenden  Broschüre  hiess.  Wichtig  für  uns  ist  nur  die,  wie 
ich  wiederhole,  fast  allgemein  zugestandene  Thatsache,  dass  die 
Oligarchen  hei  der  damals  herrschenden  Tendenz  zu  der  sogen, 
πάτριος  πολιτεία  zurückzukehren  auch  den  Namen  Drakon  in 
die  Dehatte  hineinwarfen.  Denn  damit  ist  die  ohen  gestellte 
Frage,  wodurch  das  Interesse  für  Drakon  wieder  rege  geworden 
sei,  heantwortet  und  zugleich  erklärt,  warum  dieses  Interesse 
auch  im  politischen  Lehen  und  zwar  gerade  hier  zuerst  sich  zeigt 
Die  Oligarchen  mussten  nach  kurzem  Triumph  die  politische  Herr- 
schaft wieder  fahren  lassen,  aher  die  von  ihnen  hetriebene  Agitation 
hatte  wenigstens  die  Wirkung,  dass  die  Erinnerung  an  Drakon 
wieder  lebendig  wurde  und  dass  die  Athener  sich  vor  allem 
wieder  auf  den  Ursprung  ihres  Blutrechts  besannen,  und  eine 
Neupublikation  des  alten  drakontischen  Gesetzes  anordneten. 

Vielleicht  lässt  sich  auf  Grund  dieses  Zusammenhangs  das 
Erscheinen  jener  von  Aristoteles  benutzten  Schrift  noch  näher 
datiren.  Denn  haben  auch  vermuthlich  die  Oligarchen  bereits 
in  den  der  Umwälzung  von  411  vorausgehenden  Parteikärapfen 
den  Namen  Drakon  und  die  diesem  zugeschriebene  πάτριος  πολι- 
τεία als  Agitationsmittel  gebraucht,  so  kann  die  Schrift,  in  der 
dieser  Standpunkt  litterarisch  vertreten  wurde,  doch  eben  so  gut 
vor  wie  nach  411  erschienen  sein;  in  letzterem  Falle  war  sie 
eben  eine  nachträgliche  Rechtfertigungsschrift.  Nun  fallt  jenes 
ψήφκΤμα,  die  Neuaufzeichnung  des  drakontischen  νόμος  περί 
TU)  φόνου  betreffend,  in  das  Jahr  409/8,  und  zwar  wurde 
durch  dasselbe  nachträglich,  wie  wir  sahen,  also  doch  infolge 
irgend  eines  Anstosses,  die  Aufgabe  der  αναγραφείς  τών  νόμων 
erweitert.  Die  Folgerung  scheint  mir  nicht  zu  gewagt,  dass  eben 
in  diesem  Jahre  jene  Schrift  erschien,  neu  die  öffentliche  Auf- 
merksamkeit auf  Drakon  lenkte  und  so  auch  den  Anstoss  zu  jener 
nachträglichen  Berücksichtigung  Drakons  wenigstens  auf  dem  Ge- 
biet des  Blutrechts  gab. 

'  cf.  Α  riet.  *ΑΘ.  πολ.  c.  29,  3. 


Die  drakontische  Geeetzgebaog.  333 

Nachdem  darch  Allee  dies  die  Vorfragen  erledigt  sind, 
können  wir  jetzt  von  festem  Boden  ans  an  die  Hauptfrage  heran- 
gehen, die  den  Auegangepunkt  diesee  Abschnittes  bildete,  ob  die 
Athener  der  historischen  Zeit  yon  den  nicht  znm  Blntrecht  ge- 
hörenden Gesetzen  Drakons  überhaupt  etwas  wissen  konnten. 
Die  Beantwortung  ist  leicht.  Wenn  noch  zu  Eratinos'  Zeit  dra- 
kontische  κύρβεις  existirten,  und  bald  darauf,  um  411,  wieder 
ein  lebhaftes  Interesse  an  Drakon  wach  wurde,  dann  ist  es  fast 
selbetverständlich,  dass  dieses  sich  auch  jenen  Urkunden  wieder 
zuwandte,  und  vor  allem  die  Staatsmänner  und  Forscher  sich  aus 
ihnen  über  die  Gesetze  Drakons  unterrichteten.  Die  Möglichkeit 
läest  sich  also  nicht  bestreiten,  dass  die  in  der  Litteratur  sich  fin- 
denden Nachrichten  über  solche  nicht  dem  Blutrecht  angehörenden 
Gesetze  direkt  oder  indirekt  auf  jene  κύρβ€ΐς  zurückgehen.  Damit 
ist  nicht  gesagt,  dass  dies  bei  jeder  Nachricht  der  Fall  ist;  im 
Gegentheil  läset  sich  beweisen,  dass  die  gesetzgeberische  Thätig- 
fceit  Drakons  später  das  Opfer  arger  tendenziöser  Entstellung  ge- 
worden ist.  Dies  ist  aber  in  jedem  einzelnen  Fall  zu  entscheiden, 
und  in  Bausch  und  Bogen  läest  sich  ebensowenig  wie  die  Ueber- 
lieferung  über  den  Akt  der  Gesetzgebung  selbst  die  über  den 
Inhalt  der  einzelnen  Gesetze  verwerfen. 

Ich  kann  es  mir  zum  Schlüsse  nicht  versagen  auf  ein 
Zeugniss  hinzuweisen,  das  bisher  kaum  Beachtung  gefunden  zu 
haben  scheint  und  vielleicht  in  diesem  Zusammenbang  verwerthet 
werden  kann.  Es  ist  das  Fragment  des  Alkiphronbriefes  (bei 
Becker  fr.  2),  von  dem  sich  die  üeberschrift  ΤΤανλάχανος  Movo- 
γναθίψ  und  der  eine  Satz  έΕώλεις  άπόλοιντο  ol  Κλεισθέν€ΐς  καΐ  ol 
Δράκοντες  erhalten  hat.  Dass  Alkiphron  diesen  Ausspruch  nicht 
aus  sich  selber  hat,  sondern  die  Anregung  dazu  irgend  woher 
entnimmt,  ist  klar.  Auch  reden  die  in  der  Briefüberschrift  ent- 
haltenen Namen  deutlich  genug  und  zeigen,  dass  er  hier  wie  so 
oft^  die  Komödie  benutzt.  Nun  ist  bisher  nur  die  neuere  Ko- 
mödie als  Quelle  nachgewiesen  worden,  wir  müssen  deshalb  unser 
Fragment  zunächst  daraufhin  ansehen.  Eine  Erwähnung  Drakons 
ist  in  einer  neueren  Komödie  ganz  gut  verständlich :  der  Ehe- 
brecher wie  der  Dieb  hatte  Grund  genug,  sein  Andenken  zu 
verwünschend     Eine    ähnliche  Erklärung  für    die  Nennung    von 


1  üeber   die  Quellen  Alkiphrone   vgl.  Th.  Keck,  Rhein.  Museum 
43,  29  ff. 

2  Vgl.  z.  B.  bei  Alben.  XIII  p.  509  a  das  Fragment  des  Komikers 


334  L.  Ziehen 

Eleisthenes  wüsste  ich  dagegen  in  der  neueren  Komödie  nicht ^. 
Die  Zueammenstellnng  von  Drakon  und  Eleisthenes  ist  an  sich 
auffällig,  doppelt  auffällig  wird  sie,  wenn  wir  sehen,  daee  sie 
sich  noch  einmal  in  der  Litteratur  findet,  in  dem  pseudoplato- 
nischen  Axiochos  p.  365  (bei  Becker  S.  509):  ώς  oöv  έπΙ  τής 
Δράκοντος  f\  Κλεισθένους  πολιτείας  ούοέν  περί  σέ  κακόν 
fjv*  αρχήν  γαρ  ουκ  ής  περί  δν  δν  ήν.  ουτιυς  ούοέ  μετά  την 
τελευτήν  γενήσεταΓ  σύ  γάρ  ουκ  ίσει  περί  δν  ίσται  bekannt- 
lich auch  die  einzige  Stelle  ausser  Aristoteles,  wo  von  einer 
πολιτεία  Drakons  die  Rede  ist.  Dies  sieht  doch  ganz  danach 
aus,  als  ob  es  sich  dabei  um  eine  ganz  bestimmte  politische  An- 
spielung handelte.  Für  eine  solche  ist  nun  aber  in  der  neueren 
Komödie  kein  Platz,  und  wir  kämen  so  auf  die  alte  Komödie. 
Es  fragt  sich  also,  ob  nicht  die  Geschichte  ihrer  Zeit  uns  einen 
Anhaltspunkt  für  jene  verwünschende  Zusammenstellung  bietet. 
Und  dieser  lässt  sich  in  der  That,  meine  ich,  iindei|.  Wie  wir 
oben  sahen,  suchten  die  Oligarchen  des  J.  411  ihr  Programm 
dadurch  zu  vertheidigen,  dass  sie  sich  auf  die  πάτριος  πολιτεία 
des  alten  Drakon  beriefen,  und  machten  so  Drakons  Namen  ge- 
wisserroassen  zu  ihrem  Sohlachtruf.  Nun  hatte  aber  das  Psephisma 
des  Pythodoros,  das  die  oligarchische  Verfassungsänderung  ein- 
leitete, noch  ein  Amendement,  in  welchem  Kleitophon  —  ohne 
Zweifel  doch  in  demokratischem  Sinne,  wenn  er  es  auch  maskirte 
—  aufforderte:  προςαναίητήσαι  bk  τους  α\ρεθέντας  και  τους 
πατρίους  νόμους  οΟς  Κλεισθε'νης  ίθηκεν  δτε  καθιστή  την  οημο- 
κρατίαν,  δπιυς  άκούσαντες  και  τούτων  βουλεύσωνται  το  άριστον, 
ώς  ου  οημοτικήν  άλλα  παραπλησίαν  ούσαν  την  Κλεισθένους 
πολιτείαν  τή  Σόλωνος.  Von  anderer  Seite  wurde  also  gegenüber 
dem  Programm  der  Oligarchen  für  eine  πολιτεία  im  Sinne  des 
Kleisthenes  gekämpft.  Hie  Drakon  —  hie  Kleisthenes  lautete 
also  das  Feldgeschrei  in  den  Debatten  der  Volksversammlung. 
Wir  brauchen  uns  nur  dies  Bild  lebhaft  vor  Augen  zu  stellen 
und  wir  verstehen,  wenn  ein  Dichter  damals  rief:  άπόλοιντο 
ol  Κλεισθίνεις  και  ol  Δράκοντες. 


Xenarchos,   den    man   freilich   als  Dichter    der    mittleren  Komödie    zu 
bezeichnen  pflegt. 

*  Man  müsste  denn  gerade  aanehmen,  dass  eine  Frau  hier  den 
Namen  Κλεισθένης  als  Typus  für  den  παθικός  gebraucht.  —  Das  gäbe 
dann  doch  aber  eine  sehr  gezwungene  Erklärun<r  der  Stelle,  selbst 
wenn  statt  ol  Δράκοντες  zu  schreiben  wäre  ό  Δράκων. 


Die  drakontisohe  Geeetzgebung.  335 

Ich  verkenne  nicht  die  Bedenken,  die  dieser  Combination 
entgegenstehen,  vor  allem  das  eine,  ob  wir  annehmen  dürfen, 
dass  Alkiphron  wirklich  anch  einmal  eine  alte  Komödie  zur 
Vorlage  benutzt  hat.  Vielleicht  Hesse  sich  noch  der  Ausweg 
einer  vermittelnden  Quelle  einschlagen  —  aber  darüber  mögen 
bessere  Kenner  des  Alkiphron,  als  ich  es  bin,  urtheilen.  Wenn 
meine  Vermuthung  richtig  ist,  so  wäre  jedenfalls  ein  ganz  hüb- 
scher, neuer  Beweis  dafür  erbracht,  wie  lebhaft  man  im  Jahre 
411  sich  wieder  mit  Drakon  beschäftigte,  so  lebhaft,  dass  es  auch 
Leute  gab,  die  ihn  zum  Teufel  wünschten. 

II. 

1.  Der  Grund  dafür,  dass  der  Persönlichkeit  Drakons  vor- 
dem   ziemlich    geringe  Aufmerksamkeit    zugewandt  wurde,    liegt 
auf  der  Hand.     Wenn  das  Alterthum  von  dem  Gesetzgeber  Dra- 
kon sprach,    so  sah  es  in    ihm  auch  den    geistigen  Urheber    der 
unter  seinem  Namen  laufenden  θ€0μοί;  die  heutige  Forschung  ist 
sich    im  allgemeinen  darüber  einig,    dass    im  wesentlichen   seine 
Thätigkcit  wie  die  der  römischen  Dezemvirn  sich  auf  die  schriftliche 
Fixirung  des  damals  geltenden  Gewohnheitsrechtes  beschränkte^; 
für  sie  steht  daher    hinter  den  drakontischen  Gesetzen    zunächst 
gar  nicht  Drakon,    sondern  das    athenische  Volk    des  VII.  Jahr- 
hunderts, und  jenem  fällt  gewissermassen  nur  eine  Vermittlerrolle 
zwischen    diesem  und    der  Folgezeit  zu.     Freilich  wird,  wie    im 
Alterthume  dies  Verhältniss  Drakons    zu    dem  Inhalt  seiner  Ge- 
setze nie  oder    fast  nie^  mit  Bewusstsein  erkannt  wurde,    so    in 
der  Neuzeit    wiederum    Drakons    persönlicher    Antheil    an    dem 
Werke    und    damit    seine    geschichtliche  Bedeutung  unterschätzt. 
Es  ist  ein  Verdienst  Busolts  demgegenüber  nachdrücklich  auf  die 
Bedeutung  Drakons  hingewiesen  zu  haben,  leider  hat  aber  gerade 
Bnsolt    wieder    über    den    Charakter    der    drakontischen  Gesetz- 
gebung eine  Ansicht  aufgestellt,  durch  die  er  sich  mit  sich  selbst, 
wie  mir  scheint,  in  Widerspruch  setzt  und  jener  gerechten  Wür- 
digung Drakons  selbst  die  Grundlage  entzieht.    Gestützt  nämlich 
auf  *Αθην.  πολ.  3,  4:    θεσμοθίται   bt   πολλοίς   öaiepov  ίτεσιν 


^  Die  oben  erwähnte  abweichende  Ansicht  Cauers  ignorirt  voll- 
ständig die  jetzt  auch  von  der  aristotelischen  *  Αθηναίων  Πολιτεία  be- 
Mätigte  üeberlieferung  des  Alterthums,  s.  darüber  S.  2. 

2  Eine  Ahnung  des  wahren  Sachverbalte  bricht  vielleicht  durch 
bei  Aristoteles  (*Αθην.  ΤΤολ.  c.  41)  in  den  Worten:  ή  έπΙ  Δράκοντος 
(sc.  πολιτεία)  έν  ή  καΐ  νόμους  ανέγραψαν  πρώτον. 


336  L.  Ziehen 

ήρεθησαν,  ήί>η  κατ'  ένιαυτόν  αίρουμίνων  τάς  αρχάς,  δττως  άνα- 
γράψαντες  τά  θίσμια  φυλάττωσι  προς  τήν  των  αμφισβητούντων 
KpicTiv  vertritt  Busolt  die  Ansiebt  ^  die  Aufzeichnung  dee  Ge- 
wohnheitsrechtes sei,  um  die  Adels beamten  und  den  Adelerath 
'an  ein  feststehendee,  öffentlich  bekanntes  Recht*  zu  binden,  schon 
vor  Drakon  seit  der  um  die  Mitte  des  Yll.  Jahrhunderte  erfolgten 
Einsetzung  der  Thesmotheten  geschehen,  auf  die  er  deshalb  auch 
folgerichtig  die  sonst  gewöhnlich  der  drakontischen  Gesetzgebung 
zuerkannte  Bedeutung  eines  Sieges  des  οήμος  über  die  £upa- 
triden  überträgt;  bei  Drakons  Thätigkeit  habe  es  sich  dagegen 
nur  um  eine  zusammenhängende  Aufzeichnung  des  Stadt- 
rechtes gehandelt,  die  der  Adel  zur  Sicherung  und  Besserung 
der  Rechtspflege  zugestanden  habe. 

Diese  Auffassung,  die  das  Wesentliche  in  der  Thätigkeit 
Drakons  unberücksichtigt  lässt,  ist  bis  jetzt,  soweit  ich  sehe,  un- 
widersprochen geblieben.  Auch  Gilbert  steht,  obwohl  er  die  Be- 
deutung jener  Worte  über  die  Thesmotheten  richtiger  erkannt 
hat,  in  Bezug  auf  Drakons  Thätigkeit  offenbar  unter  dem  £in- 
fluss  der  Busolt'schen  Anschauung  ^.  Er  hat  es  allerdings  über- 
haupt unterlassen,  näher  auf  diese  seinem  Thema  fern  liegende 
Frage  einzugehen  und  scharf  Stellung  zu  ihr  zu  nehmnn.  Und 
doch  ist  dies  nöthig.  Denn  es  handelt  sich  dabei  keineswegs 
etwa  nur  um  eine  bedeutungslose  Nuance  der  Darstellung,  son- 
dern es  hängt  davon  die  ganze  Beurtheilung  Drakons  ab.  Denn 
wenn  wirklich  in  grösserem  Umfange  schon  vor  Drakon  die 
schriftliche  Fixirung  eines  bindenden  Gewohnheitsrechtes  statt- 
gefunden und  er  selbst  nur  eine  zusammenfassende,  vielleicht  hie 
und  da  ergänzende  ^  Thätigkeit  ausgeübt  hat,  dann  schrumpft 
sein  Verdienst  zu  dem  eines  Redaktors  zusammen,  und  jede 
darüber  hinausgehende  historische  Bedeutung  Drakons  müssen 
wir  preisgeben. 

1  Griech.  Gesch.  II 2  S.  177  ff.  und  223  f. 

2  \g\.  a.  a.  0.  S.  50G;  ich  zitire  die  Stelle  weiter  unten. 

^  Vielleicht  weil  Busolt  selbst  den  Widerspruch  fühlte,  der  zwischen 
dieser  Auffassung  und  seinem  rühmenden  Urtheil  über  Drakon  besteht, 
hat  er  einmal  den  modifizirenden  Ausdruck  gebraucht,  die  einzelnen 
θ^σμια  des  Gewohnheitsrechtes  seien  'mindestens  zum  grossen  Theil' 
schon  von  den  Thesmotheten  aufgezeichnet  gewesen.  Aber  hierdurch 
wird  an  dem  Wcsen_  der  Sache  nichts  geändert,  und  das  Bild,  das 
wir  uns  von  dem  Thatbestand  zu  machen  haben,  nur  unklar  und  un- 
bestimmt. 


Die  drakontiBohe  Gesetzgebung.  337 

Müssen  wir  das  nan  wirklich?  Ist  wirklich  mit  der  An- 
nahme einer  zusammenhängenden  Aufzeichnung  das  Wesen  von 
Drakons  Werk  erschöpft? 

Ich  glaube,  dass  Busolt  mit  Unrecht  aus  jener  aristotelischen 
Stelle  eine  derartige  Schlussfolgerung  zieht.  Denn  dem  wider- 
sprechen nicht  etwa  bloss  die  offenbar  nur  die  allgemeine  Ueber- 
Zeugung  des  Alterthums  wiedergebenden  Worte  von  Gellius^ 
und  Josephus'^  sondern  vor  allem  das  Zengniss  des  Aristoteles 
selbst,  der  mit  klaren  und  ausdrücklichen  Worten  die  πολιτεία 
des  Drakon  als  eine  solche  bezeichnet:  έν  Q  και  νόμους  ανέγρα- 
ψαν πρώτον  (Άθ.  πολ.  41,  2).  Freilich  hat  Busolt,  um  diesen 
Widerspruch  zu  beseitigen,  die  Worte  auf  Verfassungsgesetze 
bezogen,  aber  diese  Interpretation  ist  sprachlich  unmöglich:  das 
και  vor  νόμους  weist  auf  die  νόμοι  als  auf  etwas  Neues  neben 
der  πολιτεία  hin,  bedeutet,  dass  ausser  der  Einrichtung  der 
neuen  Verfassung  noch  etwas  anderes,  nämlich  die  erste  Auf- 
zeichnung von  Gesetzen  stattfand,  ebenso  wie  bei  der  Thätig- 
keit  Solons  unterschieden  wird:  πολιτείαν  bk  κατέ(Ττη(Τε  κα\ 
νόμους  ίοωκεν  δλλους  (*ΑΘ.  πολ.  7,  1). 

Wenn  also  wirklich  Aristoteles  jene  Worte  über  die  Thes- 
motheten,  so  wie  es  Busolt  versteht,  gemeint  hat,  dann  wider- 
spricht er  sich  selbst,  und  mehr  als  das:  er  stellt  auch  über  den 
Zweck  des  Thesmothetenamtes  nicht  nur  eine  unvollständige  ^, 
sondern  auch  eine  sachlich  verkehrte  Ansicht  auf.  Denn  danach 
hätte  er  gemeint,  die  Thesmotheten  seien  von  den  Athenern  ge- 
wählt worden,  die  Bechtssatzungen  schriftlich  zu  fixiren  und 
dadurch  die  Beamten  an  ein  „feststehendes.  Öffentlich  bekanntes 
Recht*  zu  binden.  Aber  dazu  bedurfte  es  doch  nie  und  nimmer 
eines  dauernden,  Jahr  für  Jahr  neu  gewählten  Amtes,  sondern 
nur  eines  einmaligen,  vielleicht  längere  Zeit  hindurch  funktio- 
nirenden,  aber  einmal  schliesslich  doch  am  £nde  seiner  Aufgabe 
stehenden    ausserordentlichen  Amtes,    wie  es  bei  den  Dezemvim 


*  N.  A.  XI,    18:    Is   Draco    leges    quibus  Athenienses    uterentnr 
ffimus  omnium  tulit. 

2  c.  Apion.  I,  4:   τών  δημοσίων   γραμμάτων    αρχαιότατους    εΤναί 

ί*<*σι  τους  ύπό  Δράκοντος  αύτοΐς  π€ρΙ  τών  φονικών  γραφέντας  νόμους. 

Ρ'βββ  Stelle   bezieht   sich    freilich   möglicher    Weise    weniger    auf   die 

*^t,e8ten  Gesetze  überhaupt    als  auf  die  ältesten  der   noch  bestehenden 

^^etze.     cf.  Antiph.  περί  τ.  Ήρψδου  φόνου  §  14. 

β  Mit   vollem  Recht   nimmt  auch  Busolt   für    die  Thesmotheten 
^ϊ  alten  Zeit  eine  richterliche  Thätigkeit  an. 

Ehein.  Mni.  f.  Phllol.  N.  F.  LFV.  22 


338  L.  Ziehen 

der  Fall  war  nüd  anoh  für  Drakon   zutrifft.     Auch  der  jährliche 
Wechsel    der   das  Thesmothetenamt    bekleidenden  Personen,    den 
Aristoteles  gerade  hier  erwähnt,    passt  zu  einer  derartigen  Auf- 
gabe denkbar  schlecht.     Wie    diese  Gründe    es    als  sachlich  un- 
möglich erweisen,    dass  durch    die  Einsetzung   der  Thesmotheten 
nur  die  Forderung  der  Bürgerschaft  nach  schriftlich  aufgezeich- 
neten Gesetzen    erfüllt    werden    sollte,    ebenso    unwahrscheinlich 
scheint  es  mir,  dass  Aristoteles  je  etwas  derartiges  geglaubt  hat. 
Vielmehr  muss  er  in  jenen  Worten  δττιυς  άναγράψαντες  τα  θέσ- 
μια  φυλάττωσι  προς  την  τών  αμφισβητούντων  κρίσιν,    mag  er 
nun  darin  seine  subjektive  Ansicht  äussern  oder  wirklich  aus  der 
Zeit  vor  Drakon  gute,   nicht  bloss   auf  Rückschlüssen   beruhende 
Nachrichten  über  die  Befugnisse  der  damaligen  Beamten  benutzen  \ 
jedenfalls  etwas  anderes  im  Auge  haben.     Was  dies  war,  hat  bereite 
Gilbert^  erkannt,  nämlich,  dass  die  θέσμια  die  Rechtsentscheidungen 
der  richterlichen  Instanzen  sind,  die  von  den  Thesmotheten  schrift- 
lich   aufgezeichnet  wurden    und  als   παραδείγματα    die   späteren 
Richter  in  ihren  Entscheidungen  beeinflussten.     Diese  trefflichen 
Ausführungen  Gilberts    über  die  reohtsbildende  Kraft  des  τταρά- 
οειγμα  sowie  über  die  Entwicklung,  die  das  Recht,  ehe  es  kodi- 
fizirt  wurde,    durchlaufen  hat,    lassen  sich  aber  noch  nach  einer 
Richtung  hin  vervollständigen.    Gilbert  ist  auf  die  von  Busolt  ange- 
regte Frage,  inwieweit  bei  der  Aufzeichnung  der  θέσμια  durch  die 
Thesmotheten    die  Forderung  des  Volks  nach  geschriebenen  Ge- 
setzen mitwirkte,   nicht  eingegangen.     Diese  kommt  offenbar  für 
ihn    in    üebereinstimmung    mit    der    herrschenden     Ansicht   nur 
an    einem  Punkte    in  Betracht,    nämlich    bei  dem  Abschluss   der 
von   ihm    dargelegten  Rechtsentwicklung    durch    die  Codifizirung 
des  Rechts,   durch  die  jene  Forderung  erfüllt  wurde,     und  doch 
steckt,    glaube    ich,    in    der  Ansicht  Busolts    auch    ein    richtiger 
Gedanke,    den    dieser    nur    in    einseitiger    Weise    verfolgt    hat, 
Busolt  wie  Gilbert  haben,  wie  mir  scheint,  übersehen,  dass  nicht 
nur    das  Recht    selbst,    der  Rechtsinhalt,    sondern    auch  das   Be- 
dtirfniss  nach    geschriebenem   Recht    eine    Entwicklung    durchge- 
macht hat. 

Bei    jedem  Volke   wird  sich  auf  einer    bestimmten  Kultur- 
stufe das  Verlangen  nach  einer  sicheren,  von   richterlicher  Will  — 
kür  unabhängigen  Rechtsprechung  einstellen.     Es  ist  entschiedener 


*  Etwa  aus  der  attischen  Chronik. 
2  a,  a.  0.  S.  470-470. 


Die  drakontische  Gesetzgebung.  339 

unrichtig  zn  behaupten,  daee  diee  nur  im  Interesse  der  unteren 
Stände  gelegen  habe^,  und  deshalb  auch  falsch  die  Aufzeichnung 
von  Gesetzen  nur  als  ein  vom  Volk  dem  Adel  abgepresstes  Zu- 
geständniss  anzusehen.  Das  ist  allerdings  ja  gewiss  und  in  der 
blossen  Thatsache  der  Adelsherrschaft  begründet,  dass  unt^r  der 
ursprünglichen  Rechtsunsicherheit  am  meisten  die  Regierten,  die 
von  der  Herrschaft  ausgeschlossenen  Stände  litten  und  diese 
deshalb  am  lebhaftesten  auf  Abhülfe  drangen.  Aber  willkommen 
uinsste  schliesslich  jedem  eine  grössere  Sicherheit  der  Reohts- 
pfie^e  sein.  Ich  glaube,  dass  man  diese  deshalb  einseitig  oft 
als  Forderung  des  unteren  Volks  hingestellt  hat,  weil  man  etwas 
einseitig  dabei  an  die  Justiz  über  Eigenthumsvergehen  gedacht 
hat,  durch  die  in  der  That  hauptsächlich  die  unteren  Klassen 
betroffen  wurden.  Aber  diese  bilden  doch  immer  nur  einen, 
wenn  auch  sehr  wichtigen  Theil  der  durch  den  Richter  zu  ent- 
scheidenden Rechtsfälle.  Gerade  z.  B.  die  Regelung  der  Blut- 
gerichtsbarkeit ist  wohl,  wie  Cauer  richtig  betont*,  von  dem  in 
blutigen  Fehden  sich  aufreibenden  Adel  oder  mindestens  von 
einem  Theil  desselben  als  dringendes  Bedürfniss  empfunden 
worden.  Und  in  den  verschiedenen  Fragen  des  Besitzrechte 
werden  sich  wenigstens  die  attischen  £upatriden  des  VII.  Jahr- 
hunderts gegen  eine  Aufzeichnung  des  alten  Gewohnheitsrechtes 
schon  deshalb  nicht  so  sehr  gewehrt  haben,  weil  für  dieses  die 
zu  ihrer  Zeit  bestehenden  sozialen  Milderungsgründe  nicht  vor- 
handen waren  und  es  deshalb,  wie  ja  die  Thatsachen  lehren, 
eher  für  die  adligen  Gläubiger  als  für  das  in  Folge  der  letzten 
wirthschaftlichen  Entwicklung  verschuldete  Volk  günstig  war. 
Es  ist  deshalb  auch  ganz  verständlich,  wenn  die  Ueberlieferung 
in  der  drakontischen  Gesetzgebung  keineswegs  einen  Sieg  des 
Volks  sieht;  musste  doch  das  von  Drakon  aufgezeichnete  Ge- 
wohnheitsrecht im  Gegensatze  zu  manchen  solonischen  Neuerungen 
eher  als  volksfeindlich  erscheinen. 

Ich  glaube  also,  man  muss  sich  hüten  in  dieser  Frage  all- 
zusehr nur  nach  einer  Seite  zu  schauen,  und  vielmehr  zusammen- 
lesend sagen,  dass  die  schriftliche  Fixirung  des  Gewohnheits- 
rechtes einem  allgemeinen  Bedürfniss  entsprach,    das  vom  ganzen 


^  So  schon  freilich  Euripides,  Suppl.  v.  433:  γβγραμμ^νων  bi 
τ<ϊΐν  νόμιυν  δ  τ*  άνθενής  ό  πλούσιος  τ€  τήν  δίκην  Τσην  ?χ€ΐ.  Der  Gegen- 
^'^t7  iBt  hier  freilich  die  Gesetzlosigkeit  der  Tyrannis. 

ί  a.  a.  0.  S.  120. 


340  L.  Ziehen 

Volk,  wenn  auch  wohl  verschieden  stark,  empfanden  wurde.    Aber 
auch  hier  muss,  wie  gesagt,  das  Gesetz  der  historischen  Entwick- 
lung gelten  und  lehrt,    dass  weder  dies  Bedürfniss  in  demselben 
Augenblick,  wo  es  sich  bemerkbar  machte,  erfüllt  wurde,  noch  dass 
es  überhaupt   gleich  in  der   weitgehenden  Forderung  nach    einer 
vollkommenen  gesetzlichen  Fixirung,  gewissermassen  nach  einem 
Gesetzbuch,  an  den  Tag  trat.    Vielmehr  muss  es  hier  wie  tiberall 
Anfänge  und  erste  Versuche,   und   zwar  vermuthlich  zuerst  sehr 
schüchterne  und  bescheidene  Versuche  gegeben  haben.     Und  da- 
hin gehört  offenbar  das,  was  Aristoteles  über  die  Thätigkeit  der 
Thesmotheten  berichtet.    Nicht  die  letzte  Erfüllung  jenes  Bedürf- 
nisses, wohl  aber  eine  der  ersten  Aeusserungen  und  Erfolge  des- 
selben  war  der  Auftrag  an  die  Thesmotheten,   der  vielleicht  zu- 
gleich mit  ihrer  Einsetzung  erfolgte,  die  Satzungen  des  Gewohn- 
heitsrechtes, τα  θέ(Τμια,  die  entweder  sie  selbst  in  eigener  richter- 
licher Thätigkeit   oder   unter  ihrer  Mitwirkung  die  Areopagiten 
bei  ihren  Urtheilssprüohen    befolgten,    aufzuzeichnen   und   aufzu- 
bewahren,   um    daran   für    spätere  Gerichtsverhandlungen    einen 
Rückhalt  zu  haben,  ohne  dass  jedoch,  wie  auch  Gilbert  bemerkt, 
diesen  Aufzeichnungen  bindende  Kraft  beiwohnte.    Letzteres  aber 
ist  überhaupt  der  springende  Punkt  in  dieser  ganzen  Frage.    Denn 
in  der  oben  von  mir  besprochenen  Entwicklung  der  Sicherung  der 
Rechtspflege  ist  der  wesentliche,    entscheidende  Schritt,   der  ein- 
zige zugleich,  der  auch  von  der  üeberlieferung  scharf  und  deut- 
lich festgehalten  werden  kann,    derjenige,    durch   den   die  bisher 
mehr  oder  minder    willkürlich    befolgte  Rechtstradition    in    einer 
fest  bestimmten,  künftig  hin  bindenden  Gestalt  als  Gesetz   for- 
mulirt  wird.     Und   diesen  Schritt    bezeichnet    eben    die    drakon- 
tische  Gesetzgebung,  die  allerdings  eine  zusammenhängende  Auf- 
zeichnung der  θ€(ΤμοΙ  des  Gewohnheitsrechtes  ist,  aber  im  Unter- 
schied  zu  den  Aufzeichnungen  der  Thesmotheten  eine  solche  mit 
bindender,  gesetzlicher  Kraft.     Wahrscheinlich    hat    auch  Aristo- 
teles selbst  ein  Bewusstsein  dieses  Unterschiedes  gehabt;  er  bringt 
ihn  wenigstens   richtig    zum  Ausdruck,    wenn    er    das    eine  Mal 
sagt  δττως  άναγράψαντες  τά   θεσμια  φυλάττωσι  κτλ.  und  das 
andere  Mal  bei  Drakon:  και  νόμους  ανέγραψαν  πρώτον. 

Dass  Drakon    bei   seiner  Gesetzgebung   die  Aufzeichnungen, 
der  Thesmotheten   benutzte,    sie    ihm   als  Material  und  zwar  al» 
werthvolles  Material  dienten,    ist    fast    selbstverständlich.     Abe^^ic" 
deshalb  bleibt  ihm  die  volle  Verantwortlichkeit  für  die  definitiv  <3 
Gestaltung  dieses  Materials;  die   Verantwortlichkeit  für  das,  wiv^ 


Die  drakontische  OeeetzgebuDg.  341 

er  nun  als  Gesetz  codifizirte,  vollkommen  gewahrt,  von  einer 
nur  zusammenfassenden  oder  abschliessenden  Codifikation  kann 
nicht  die  Rede  sein,  sein  Werk  ist  in  der  That  —  darin  ur- 
theilt  das  Alterthum  richtig  —  die    erste  Gesetzgebung  Athens. 

Und  dies  Werk  soll  man  nicht  unterschätzen.  Ohne  Zweifel 
hatte  das  Gewohnheitsrecht  in  vielen  Fällen  bereits  eine  so  fest 
und  bestimmt  ausgeprägte  Gestalt,  dass  Drakon  wirklich  nichts 
anderes  zu  thun  übrig  blieb  als  die  schriftliche  Hegistrirung. 
Aber  ebenso  zweifellos  ist,  das»  die  Rechtsanschauungen  keines- 
wegs überall  eine  so  feste  Gestalt  gewonnen  hatten  und  zum 
Theil  sich  noch  in  flüssigem  Zustand  befanden,  dass  es  manche 
Dinge  gab,  über  welche  die  von  den  Thesmotheten  aufgezeich- 
neten Urtheilssprüche  sehr  verschieden  lauteten,  sodass  die  Ent- 
scheidung darüber,  welche  Rechtsanschauung  künftighin  einzig 
gesetzliche  Kraft  erhalten  sollte,  eben  doch  von  dem  persönlichen 
Urtheil  Drakons  abhing.  Gerade  für  das  Blutrecht  gilt  das. 
Zwar  sah  sich  hier  Drakon  am  ehesten  uralten,  tief  in  dem 
Glauben  des  Volkes  wurzelnden  Rechtsgewohnheiten  gegenüber, 
an  denen  ein  Drehen  und  Deuteln  unmöglich,  an  denen  zu  tasten 
ruchlos  und  gottlos  war;  dass  auf  dem  Areshügel  über  vorsätz- 
lichen Mord  gerichtet  wurde,  das  bestimmte  nicht  erst  Drakon, 
sondern  das  war  uralte  Satzung,  wie  es  die  Sage  ausdrückte, 
Satzung  der  Göttin  Athena  selbst,  und  ebenso  war  es  sicher  nicht 
erst  Drakon,  der  von  dem  gewöhnlichen  Mord  den  δίκαιος  φόνος 
unterschied^.  Aber  doch  gab  es  gerade  wieder  auf  dem  Gebiete 
des  Blutrechts  Dinge,  in  denen  zu  Drakons  Zeit  des  Volkes 
Recht  und  Glauben  nicht  feststand,  sondern  die  Anschauungen 
feindlich  sich  kreuzten,  wo  den  die  Rechte  der  Familie  einseitig 
und  eifersüchtig  wahrenden  Ansprüchen  auf  Selbsthülfe  das  all- 
gemeine StaatRinteresse  entgegentrat;  ich  meine  natürlich  vor 
allem  die  Fragen,  die  sich  an  die  Blutrache  und  ihre  möglichste 
Verhinderung  knüpfen.  Es  ist  gar  nicht  andere  möglich,  als  dass 
hei  dem  ersten  Versuch  von  Staats  wegen  aus  der  unsicheren 
mündlichen  und  schriftlichen  Rechts  traditio  η  heraus  zu  einem 
gesetzlich  fixirten  Zustand  zu  kommen,  eine  Auseinandersetzung 
mit  diesen  verschiedenen,  sich  kreuzenden  Rechtsanschauungen 
nothwendig  war. 

Auch  sind  noch  Spuren  dieser  Auseinandersetzung  nachzu- 
weisen.    Allerdings    ist    die  Frage    nach    der  Gestalt    des    vor- 


1  Vgl.  Gilbert  a.  a.  0.  S.  510  ff. 


842  L.  Ziehen 

drakontiechen  Rechtes  sehr  schwierig,  da  fast  jede  Ueberlieferung 
hierüber  schweigt,  und  in  den  meisten  Fällen  sind  wir  auf  un- 
sichere, in  der  Luft  schwebende  Vermuthungen  angewiesen.  Auf 
solche  gehe  ich  nicht  ein  und  halte  mich  bloss  an  das  freilich 
sehr  Wenige,  was  uns  die  Ueberlieferung  selbst  bietet.  Dafür 
bietet  sie  uns  aber  auch  eine  ganz  sichere  Spur;  denn  wenn  es  in 
dem  Wortlaut  des  drakontischen  νόμος  περί  του  φόνου  nach 
den  Bestimmungen  über  die  αϊδεσις  heisst:  και  o\  πρότερον  κτεί- 
ναντες  έν  τψδε  τψ  θεσμψ  έvεχίσθuüv^  so  geht  daraus,  wie 
längst  bemerkt,  hervor,  dass  Drakon  mit  jenen  Bestimmungen 
wenn  auch  gerade  nicht  Neues,  so  doch  vorher  nicht  allgemein 
anerkanntes  zum   Gesetz  erhob. 

Gilbert  geht  hier  allerdings  mit  seinen  Schlussfolgerungen 
zu  weit.  Er  giebt  zwar  zu*,  dass  der  Gedanke  der  unvor- 
sätzlichen Tödtung  dem  vordrakontischen  Rechte  nicht  vollständig 
fremd  war,  wie  es  der  ohne  Zweifel^  aus  der  Zeit  vor  Drakon 
stammende  Fall  des  δίκαιος  φόνος :  έάν  τις  άποκτείνη  έν  δθλοις 
ακων  zeige,  aber  die  allgemeine  Durchführung  der  Unter- 
scheidung von  vorsätzlicher  und  unvorsätzlicher  Tödtung  gehe  auf 
Drakon  zurück,  in  der  Won  ihm  eingeführten  verschiedenen  Be- 
urtheilnng*  dieser  beiden  Fälle  bestehe  sein  Verdienst  um  die 
Entwicklung  des  attischen  Blutrechts.  Daran  ist  soviel  richtig, 
dass  Drakon  diese  Unterscheidung  und  die  Möglichkeit  der  αϊοείΤίς 
gesetzlich  durchgeführt  hat  —  vor  ihm  haben  ja  überhaupt  Ge- 
setze gar  nicht  bestanden.  Aber  wenn  Gilbert  meint,  dass  es 
vor  Drakon  überhaupt  nie  eine  αϊοεΟις  für  den  unvorsätzlichen 
Todtschläger  gegeben  habe,  dass  mit  jener  Unterscheidung  etwas 
Neues  von  ihm  aufgebracht  worden  sei,  so  wird  dies  meiner 
üeberzeugung  nach  den  wirklichen  historischen  Verhältnissen, 
wie  ich  sie  oben  zu  kennzeichnen  versucht  habe,  nicht  gerecht. 
Es  stimmt  dies  übrigens  auch  gar  nicht  zu  dem,  was  Gilbert 
selbst  an  einer  früheren  Stelle"*  gesagt  hat:  die  Rechtssätze 
Drakons  seien  nicht  neue  Erfindungen  des  Gesetzgebers,  sondern 
bereits  vor  Drakon  formulirt  gewesen  und  'von  diesem  unver- 
ändert in   sein  Gesetzbuch  aufgenommen'   worden,  Sätze,  die  der 


^  Demosth.  43,  57,  bestätigt  durch  die  Inschrift  des  Jahres  109/8. 

CIA  I  <;i. 

2  a.  a.  0.  S.  514. 

8  V^l.  Gilbert  a.  a.  0.  S.  512—13. 

*  a.  a.  ü.  50G. 


Die  drakon tische  Gesetzgebung.  343 

anfange  erwähnten  Bneoltschen  Ansicht^  nahekommen  und  durch 
sie  wohl  auch  beeinflusst  eind.  Aber  weder  das  eine  noch  das 
andere  ist  richtig:  Drakon  hat  weder  neu  die  αΤΐ>€(Τΐς  eingeführt, 
noch  hat  er  nichts  weiter  gethan  als  schon  vorher  formuliertes 
übernommen.  Vielmehr  liegt  hier  ein  signifikantes  Beispiel  vor 
für  das,  was  ich  oben  über  die  Art  seiner  Aufgabe  gesagt  habe 
sowie  über  den  Zustand,  in  dem  sich  damals  das  Recht  befand. 
Denn  in  der  Zulassung  oder  Nichtzulassung  der  αΐΟ€(Τις  haben 
wir  eben  eine  jener  Frage  zu  sehen,  über  die  eine  festbestimmte, 
einheitliche  Rechtsauffassung  noch  nicht  oder  vielleicht  besser 
gesagt  nicht  mehr  bestand,  sondern  noch  verschiedene  An- 
schauungen und  Interessen  im  Kampfe  lagen.  Und  ohne  Zweifel 
waren  es  dieselben  beiden  feindlichen  Prinzipien,  die  überall 
auf  diesem  Gebiete  sich  gegenüberstanden,  welche  sich  auch  hier 
bekämpften:  diejenigen,  welche  die  Beschränkung  der  Blutrache 
und  der  Selbsthülfe  als  einen  Eingriff  in  die  Rechte  der  Familie, 
des  Geschlechts  bekämpft  hatten,  haben  auch  der  milderen  Rechts- 
praxis, die  für  unvorsätzliche  Tödtnng  die  Versöhnung  zuliess, 
widerstrebt  und  den  Standpunkt  der  Familie,  die  durch  die 
Tödtung  ihres  Angehörigen  nicht  minder  getroffen  wurde,  wenn 
diese  unvorsätzlich,  als  wenn  sie  vorsätzlich  geschah,  schroff 
und  rücksichtslos  vertreten^.  Yermuthlicli  spielte  auch  das 
religiöse  Moment  in  diesem  Streite  eine  grosse  Rolle  und  musste, 
wie  es  zu  gehen  pflegt,  beiden  Seiten  Waffen  liefern.  Dass  vor 
allem  die  delphische  Prieeterschaft  in  diese  Kämpfe  eingriff, 
ist    sehr    wahrscheinlich,    aber  wie    und  zu    wessen  Gunsten    es 

^  Id  Betreff  der  aXbεa\ς  folgert  übrigens  auch  Busolt  aus  jenen 
Worten  der  Inschrift,  dass  Drakon  hier  Neues  schuf. 

2  Cauer  a.  a.  0.  S.  115  glaubt  freilich,  dass  Drakon  durch  seine 
Bestimmungen  über  die  α1δ€σις  ebensosehr  der  Leidenschaft  der  Hab- 
sucht wie  der  der  Rache  entgegentreten  wollte  und,  um  die  αΐδεσις  zu 
erschweren,  ihre  Zulassung  an  die  Zustimmnnir  sämmtlicher  näherer 
Angehörigen  (bez.  der  10  φράτερες)  knüpfte.  Es  mag  sein,  dass  Drakon 
auch  eigennützigen  Elementen,  die  den  pekuniären  Vortheil  der  αίοεσις 
ohne  jede  Bedingung  geniessen  wollten,  entgegentreten][mu8ste.  Der 
leitende  Gesichtspunkt  für  den  Gesetzgeber  war  und  blieb  ja,  wie  Wi- 
Umowitz  (Orestie  S.  12)  mit  Recht  betont,  die  Sühnung  des  vergossenen 
Blutes.  Aber  den  Hauptkampf  musste  er  doch  sicher  nicht  gegen  jene, 
sondern  gegen  die  unversöhnlichen  Anhänger  der  Blutrache  führen, 
Hnd  diese  waren  es  deshalb  auch  meiner  Ueberzeugung  nach,  welchen 
er  in  jenen  die  αΤδεοις  erschwerenden  Bestimmungen  eine  Conoession 
Diachte. 


344  L.  Ziehen  Die  drakontische  Gesetzgebung. 

geschah,  läset  sich  schwer  entscheiden^.  Näheres  über  diese 
ganzen  Kämpfe  berichtet  ja  die  Ueberlieferung  nicht;  die  einzige 
Spar,  die  sie  zurückgelassen  haben,  sind  jene  Worte  des  drakon- 
tischen  νόμος,  die  ich  oben  anführte :  κα\  ol  πρότβρον  κτειναντες 
έν  TiDbe  τώ  θβσμφ  έν€χέσθων.  Aber  sicher  liegt  in  ihnen  der 
Abschlnss  und  die  Entscheidung  leidenschaftlicherer  Kämpfe,  als 
ihre  kurze  und  nüchterne  Fassung  zunächst  ahnen  lässt.  Diese 
Entscheidung  aber  zu  fällen,  dazu  genügte  es  wahrlich  nicht, 
in  den  Aufzeichnungen  der  Thesmotheten  nachzuschlagen,  die 
ohne  Zweifel  auch  in  diesem  Punkte  wie  sonst  oft  verschieden 
lauteten,  dazu  bedurfte  es  nicht  nur  eines  Redaktors,  sondern 
eines  ganzen  Mannes,  der  den  Muth  hatte,  die  schwere  persön- 
liche Verantwortung  dafür  auf  sich  zu  nehmen  ohne  Rücksicht 
auf  Hass  und  Verläumdung,  die  derartige  Entscheidungen,  wie 
wir  es  von  Solons  Seisachtheia  wiesen,  zu  begleiten  pflegen. 
Dieser  Mann  war  Drakon.  Nicht  das  ist  sein  Verdienst,  dass 
er  die  allgemeine  Unterscheidung  zwischen  vorsätzlicher  und 
unvorsätzlicher  Tödtung  aufbrachte  und  in  der  αϊοεσις  etwas 
Neues  schuf.  Sicher  hatte  es  schon  vor  ihm  viele  einsichtige 
Männer  gegeben,  die  hierfür  eingetreten  waren,  auch  schon 
Richter,  die  zwischen  der  Familie  des  Getödteten  und  dem  Mörder 
eine  αϊΟ€(Τΐς  vermittelten,  und  zwar  oft  wohl  ungefähr  schon 
unter  denselben  Bedingungen,  wie  sie  nachher  Drakon  in  dem 
Gesetze  vorschrieb,  und  die  doch  recht  wesentliche  Zugeständ- 
nisse an  den  das  Recht  der  Familie  vertretenden  Standpunkt 
machten 2.  Ideen  wie  diese  stammen  überhaupt  selten  von  einem 
Einzigen,  sondern  sind  das  allmählich  sich  gestaltende  Produkt 
vieler  Köpfe  und  Herzen.  Aber  Drakon  war  es,  der  dieser 
Idee  zum  endgültigen,  gesetzlichen  Siege  verhalf,  ein  Ver- 
dienst, das  für  den  Fortschritt  der  Kultur  in  Attika  nicht  gering 
anzuschlagen  ist. 
_    Ludwig  Ziehen. 

1  Gilbert  (S.  506)  sieht  in  der  apollinischen  Religion  einen  mäch  — 
tigen  Bundesgenossen  des  Staates  bei  Bekämpfung  der  Selbsthülfe.     Zu:* 
einer  andern  Auffassung  führt    dagegen   das  Bild,    das  Wilaniowitz    iir:» 
seiner  Orestie  von  der  delphischen  Lehre  entwirft.     Denn  er  sieht  ge  — 
rade  in  dem  Apoll   von  Delphi  den  Verkünder  der  Lehre  von  der  ui».  -- 
bedingten    Blutrache,    die    erst    das    fortgeschrittene  Staatsbewusstsei-r^ 
überwindet.     Was  Gilbert  a.  a.  0.  über  die  έΕηγηταΙ  ΤΤυθόχρηστοι  bei ' 
bringt,    beweist  in  der  That  nur,    das  β  Delphi    auf   das  Blutrecbt    in 
Attika  Einfluss  ausübte,  nicht  aber  die  Art  dieses  Einflusses.     Es  kanu 
sein,  dass  gerade  in  diesen  Exegeten  der  Widerstand  gegen  die  mildere 
staatliche  Regelung  der  Blutgorichtsbarkeit  seinen  Mittelpunkt  fand. 

2  Vgl.  S.  843  Anm.  1. 


Dorisch  αγει  ^anf,  wohlan!'. 


Id  den  von  Cramer  Anecd.  Oxon.  I  yeröffentlichten  bomeri- 

echeu  Epimerieinen  heiset  es  S.  71,  23  ff.  in   einer  Aueeinander- 

^etziing  über  die  Adverbia  auf -ei  und  ihre  Betonung,  die  auf  Hero- 

dian  zurückgeben  dürfte  (vgl.  Lentz  I  504.  II  383):  €\a\  hk  €ίς 

^*   λήγοντα  επιρρήματα  και  βαρυνόμενα,  τό  δγρει  και  το  οϊκει, 

^^κ    6ντα  γνήσια τό  δέ    δγρει  τψ  δγε  πλησιάζει  μέν, 

^'^Μττ^τΓΓωκε  προστακτικοϊς  ^ήμασι*  τό  δε  δγρει  Διυρικώς 
^Te  ι  λέγεται*  και  ?στιν  ώς  προστακτικόν  επίρρημα  uew.  Dieses 
'^^Ogniss   für    ein    doriscbes  δγεί   'auf,    woblan  Γ     scheint   bisher 
^icht  beachtet  zu  sein,  es  bildet  aber  ein  werth volles  Seitenstück 
*^    einer  anderen  Imperativform,  die  neuerdings  die  Aufraerksam- 
■*^^it    mehrfach    auf   sich   gezogen   hat,    zu    πίει    'trink'.     Deren 
Saiiptfundstätte  sind  attische  sohwarzfigurige  Schalen,  die  den  for- 
^^^eltaften  Gruss  χαίρε  και  πίει  mit  oder  ohne  weitere  Zusätze  wie 
^"^i    τήνδε  u.  a.  bieten  (die  Belege,  die  zuerst  Roseber  in  Curtius' 
Studien    IV    194    f.    gesammelt    hat,    jetzt    am    bequemsten    bei 
Kretschmer  Vaeeninschriften    195  f.).      Dass    aber    auch    andere 
^prachkreise  als  die,  die  auf  jenen  Gefässen  zu  Worte  kommen, 
^if^    Bildung    möglicherweise  gekannt  haben,    habe    ich    schon   in 
Joeiner  Besprechung    von   Kretschmers   Buch,   Idg.    Forsch.   Anz. 
^^Il  65,  hervorgehoben :  wenn  ein  orphischen  Charakter  tragen- 
de«    Gedicht,    das   auf    einem  Goldplättchen    in   einem  Grabe  bei 
^entherna   zu   Tage   getreten    ist  (Bull.  corr.  hell.  XVII    122), 
^^     den  Zeilen  beginnt: 

Δίψαι  αυος  έγώ  καΐ  όπόλλυμαι.  —  Άλλα  πίε  μου 
Κράνας.  Αίει  {>έα)  έπι  δέΗια  usw., 
^  l&st  sich  der  fehlerhafte  Schluss  des  ersten  Verses  am  leicb- 
^^^u  durch  die  Annahme  beheben,  in  der  Original niederschrift 
^•  C^edichtes  habe  πίει  gestanden.  Wie  dieses  πίει  zu  dem  aus 
^^^  Xitteratur  bekannten  πίε,  verhält  sich  δγει  zu  δγε.  Denn 
dar^^  dass  dies  etwa  durch  Ausfall  des  ρ  aus  δγρει  hervorge- 
gar^^gjj  sei,   ist  nicht  zu  denken.     Ein   solcher  Verlust  findet  im 


34B  S  ο  1  m  8  e  η 

Griechiecben    nur   da  statt,    wo   sich  ein  anderes  ρ  in  der  Nach- 
barschaft befindet,    wo    also  Dissimilation   der  anbequemen  Laut- 
folge p— ρ  im  Spiele  ist:  δρύφακτος  aus  δρύφρακτος,  φατρία  aus 
φρατρία,    θερμαστίς  aus  θερμαστρίς,    μάραθον    aus    μάραθρον, 
^ότττον  aus  ^ότττρον,  θύρωτον  aus  θύριυτρον  u.  a.  bei  G.  Meyer 
gr.  Gr.3  §  301.     Was  Kühner-Blase  I»  284  f.  und  Meisterhans^ 
(!2  f.  für  Schwund  des  ρ  in  anderer  Stellung  beibringen,  ist  zum 
weitaus    grössten    Theil    unrichtig    beurtheilt,    zum  Theil    findet 
es    seine  Erklärung  in    besonderen  Verhältnissen,    die   obwalten, 
στατηγός  θανίτιδες  Λυκουγος,  die  Meisterhans  aus  attischen  In- 
schriften anführt,  sind  alle  drei  offenbare  Steinmetzenfehler.  Neben 
einmaligem  κώπαι  θανίτι(0€ς)  CIA.  11  797  b  24  hat  die  Inschrift 
in  ihren  unverstümmelten  Theilen  4  Mal  κώπαι  θρανίτι(δ€ς)  (a  17. 
b  6.  c  10.  39).     Die    beiden   anderen    Fälle   stehen    auf  Steinen, 
die  thatsächlich  ein  zusammengehöriges  Ganze  bilden,  Λυκουγος 
CIA.  Π  add.  834  b  I  23,  στατηγός  Έφ.  άρχ.  1883,   123  f.,  jetzt 
CIA.  IV  2,  834  b  II  63.    64.     Der  Text    enthält    daneben    die 
correkten  Formen:   Λυκούργος  II  834  b  I  11.  IV  2,834  b,  90. 
91,  στρατηγός  IV  2,  834  b  II  60.  65,  und  Λυκουγος  στατηγός 
gehören    zu    den    Flüchtigkeitsfehlern,    von    denen    die   Urkunde 
gradezu  wimmelt;  ich  führe  nur  οίκουτι  für  οίκοΰντι  IV  2,834b 
I  7.   10.   19,   τος   für  τοις  ib.   II   37.    39,    κορμός    für    κορμοί 
ib.  II  92.  94  an,  um   zu  zeigen,  dass  dasselbe  Versehen  sich  auch 
sonst  kurz  hintereinander  wiederholt  wie  bei  στατηγός.  —  μΐκός, 
das  mehrfach  auf  attischen  Inschriften,  aber  auch  anderwärts  be- 
gegnet und  zahlreichen  Eigennamen  wie  Μίκων  Μικάδης  Μικαλίων 
u.  a.  (Bechtel  Die  einstämmigen  männl.  Personennamen  des  Griech— 
Abb.  d.  Gott.  Ges.  d.  Wiss.  1898,  9  f.)  zu  Grunde  liegt,  ist,  wi^ 
schon  G.  Meyer  a.  a.  0.  S.  363  Anm.  1    gesehen   hat,  unmitteL- 
bar  mit  lat.  mlc-a  mic-idus  zusammenzustellen.  Das  att.  Femininu 
μικά    (ζ.  Β.  οινοχόη    μικά  CIA.  II  818,  20)    beweist    nicht   En* 
stehung   aus  μικρά,  sondern  nur,  dass  μικός  sich  in  der  Bildur>  4 
seines  Femininums  durch  das,    wie  seine  Alleinherrschaft   in  de 
Litteratur    beweist,    häufiger    gebrauchte    μικρός    hat  bestimme 
lassen.  —   σκάπτον,    das  wir  aus  Pindar  kennen,   ist  einmal  ge 
meingriechisch  gewesen  nach  Ausweis    des  seit  Homer    üblichen 
Compositums  σκηπτούχος.   Unser  Schaft,  ahd.  scaft  masc.  *" Schaft, 
Speer,  Lanze',  sAtnora.  sJcapt  neutr.  ' Stange,  Spiess    lehren,  dass 
das  Griechische  das  einfache  if;-Suffix  aus  proethnischer  Zeit  er- 
erbt hat.     σκήπτρον  wird  demgegenüber   wohl  erst  auf  verhält- 
nissmässig  jüngerem  Uebertritt  in  die  sehr  lebenskräftige  Klasse 


Dorisch  αγει  'auf,  wohlau!*  347 

döJT  'Werkzeugnamen  auf  -τρον  (βάκτρον  πλήκτρον  ^ότττρον  usw.) 

bev-iiben.  —  In  λιβανιυτίς  CIA.  II  836  a  b  28.  c-k  33  (267/65 

V.    Chr.).    CIGr.  Sept.  I  303,  73.  3498,  12.  15  (beide  aus  Oropoe, 

die     eretere    etwa  240,    die   zweite    nach    200  v.  Chr.).     Ditten- 

berger  SylL^  367,  93.  110  bis.  134.   142  u.  ö.  (Delos,  etwa  180 

V.   Chr.).  CIGr.  II  2855,  25  (Didyma,  ungefähr  150  v.  Chr.).    Po- 

lyaen  IV  8,  2  und  Lexx.  neben  λιβανιυτρίς  Plutarch  Mor.  477  Β 

in    einem  Citat  aus  Karneades  haben  wir  denselben  Sufiixwechsel 

wie  z.  B.  in  στεφανωτίς  Theophr.  H.  PI.  V  8,  3  und  στεφαναττρίς 

Apollophanes  fr.  5  I  798  Kock.  Plut.  Ages.  36,  αμπεχόναι  περο- 

νήτιόες  Anthol.  VII  413,  3  und  περονατρίς  Theokr.  XV  21.    Der 

Gegenstand,    den  Lobeck    einst  Phrynich.  p.  255  zu   kategorisch 

behandelt  hat,    verdient  eine   eingebende  Untersuchung,    die  ihm 

liier   nicht  zu  theil   werden  kann.     Für  λιβανωτίς  -τρις  mag  vor 

der  Hand  folgendes  genügen :  λιβανωτίς  ist  eine  feminine  Substanti- 

virung   eines    partizipialen    λιβανιυτός  *  mit  Weibrauch   versehen, 

weihrauchartig',  daher  die  beiden  Bedeutungen '(weihrauchartiger) 

Rosmarin   und 'Weihrauchkapsel,  -btichse* ;  λιβανωτρίς  eine  Werk- 

zeugbezeichnung  zu  λιβανόιυ,    das  wir    zwar  nur  in  der  Geltung 

*mit  Weihrauch  anmachen,  versetzen'  (οίνος  λελιβανιυμίνος  Macc. 

ΠΙ  5,  45)  nachweisen  können,    für   das  wir  aber  wohl  auch  die 

Bedeutung  'mit  Weihrauch  räuchern    voraussetzen  dürfen  (bezeugt 

ist  Bein  Vorhandensein  auch  noch  Arkad.  185,  13  ed.  M.  Schmidt), 

oder  es  ist  direkt  durch  Einfügung  von   λιβανωτίς  in  die  Sippe 

^ßi"  Gefässnamen  auf  -τρις  (έπινιπτρίς  ούρητρίς  ^αντρίς  χυτρίς 

Ö•  a.)  entstanden.  —  αλάβαστρος  άλάβαστος  ist  zweifelsohne  aus 

der   Fremde  entlehnt  (s.  Muss-Arnolt  On  Semitic  Words  in  Greek 

Äßd  Latin  138  f.);  wenn  es  in  seiner  äusseren  Form  schwankt,  so 

^öeilt  es  das  Schicksal  anderer  Lehnwörter;  das  wird  veranlasst 

^flöile  durch  ungenaue  Auffassung  des  Fremden,  theils  durch  Ver- 

euche  es  den  in  der  eigenen  Sprache  vorhandenen   Bildungstypen 

*^*ugliedern.  —  ποτί  neben  προτί,  kret.  πορτί  ist  ins  Sonderleben 

**®e  Griechischen  schon  ohne  ρ  hineingekommen,  wie  altpers.  patiy, 

^^haktr.  paiti  gegenüber    altind.  prati   lehren,   und  Hesiods    μα- 

Tit€iv   μεμάποιεν    ist   wahrscbeinlich   von    μάρτττω    etymologisch 

^  ^i*ennen   und    eher  mit  hom.  έμμαπέιυς  *  sofort*  zu  verbinden. 

^^efiihrlich    hat    über    diese    beiden    Wörter   Johannes   Schmidt 

^^^«•albild.  d.  Neutr.  184  f.  gehandelt.   —   So  bleibt  nur  φαιουν- 

^^'   das  auf  Inschriften  des  2.  und  3.  nachchristlichen  Jh.  anstatt 

f*  d«r  Litteratur   eignenden    φαιδρυντής   erscbeint.     Man  wird 

'^een    vereinzelten  Fall  nicht  als  Beweis  für  einen  in  der  Sprache 


348  Solmsen 

80D8t  beispiellosen  Lantvorgang  anfULren  dürfen,  und  ich  glanbe 
eher,  dass  G.  Meyer  a.  a.  0.  §  301  das  richtige  getroffen  hat, 
wenn  er  für  den  Ausfall  des  ρ  eine  Bildung  φαιορυντήρ  verant- 
wortlich macht,  deren  Femininum  φαώρύντρια  wenigstens  wir 
(aus  Aeschylus)  belegen  können. 

Attisch  π(€ΐ  hat  echten  Diphthong  in  der  Endung,  wie  die 
ausnahmslose  Schreibung  TTIEI  beweist.  Danach  kann  auch  δγει 
ebenso  wie  die  Ortsadverbia  auf  -€i  (π€Ϊ  τουτεϊ  τηνεϊ  usw.)  allen 
Zweigen  des  Dorismus  angehören,  auch  dem  *  strengen  ^  der  atti- 
schem *  unechtem'  ei  η  gegenüberstellt.  Es  liegt  auf  der  Hand, 
dass  δγει  nichts  anderes  ist  als  das  umgekehrte  homerische  ei 
(^'}  δγε.  Somit  bestätigt  sich  die  Anknüpfung  an  diese  Wendung 
und  an  das  alleinstehende  e\  hl  ^wohlan'  I  262,  die  für  πιει 
schon  von  W.  Schulze  Quaest.  ep.  388  Anm.  3  vorgeschlagen 
worden  ist.  Nur  weiss  ich  nicht,  ob  Schulze  gut  daran  thut, 
dieses  ει  als  einen  alten  Imperativ  zu  εΤμι  ^geh'  =  lat.  i  zu 
betrachten,  wenn  auch  ein  solcher  fürs  Griechische  bezeugt  ist 
in  ίΕει  Arist.  Nub.  638,  wo  ich  es  für  unstatthaft  halte  an  der 
Ueberlieferung  zu  rütteln,  biei  μέτει  Sohol.  zu  diesem  Verse, 
δπει  εΤ  Hesych.  Es  scheint  mir  mindestens  ebenso  berechtigt 
ei  als  eine  echte  Interjektion,  als  einen  Naturlaut  mit  auffordern- 
der Bedeutung  aufzufassen.  Das  findet  eine  Stütze  zunächst  in 
griech.  εία  (=  lat.  eia),  einem  längeren  Ruf  gleichen  Sinnes,  der 
sich  ähnlich  wie  ει  mit  be,  häufig  mit  br\  verbindet.  Auch  είέν 
nun  gut,  wohlan!  ist  in  diesen  Zusammenhang  einzuordnen,  nicht 
als  die  3.  Plur.  Opt.  von  εΙμί  zu  verstehen  oder  mit  altind.  evatn 
*  grade  so,  jawohl'  zu  vergleichen  (Froehde  Bezzenb.  Beitr.  X 
297),  um  von  anderen,  lautlich  ganz  unmöglichen  Erklärunge 
zu  schweigen.  Das  beweist  die  wohlverbürgte  Interaspiration 
die  είέν  auf  gleiche  Stufe  mit  Wörtern  wie  εύοϊ  εύαϊ  ευάν  rück- 
(ühlig  Rhein.  Mus.  XIX  33  ff.  Fleckeis.  Jhb.  CXXl  789  ff.).  S 
dann  verweise  ich  auf  das  im  Russischen,  Serbischen  und  andere 
slavischen  Sprachen  im  Sinne  unseres  'he,  heda!'  gebrauchte  ( 
(so,  mit  e  als  erstem  Laut  zu  sprechen).  Der  russische  Droschke 
kutscher  ruft  dem  Fussgänger,  den  er  zum  Ausweichen  veranlasse 
will,  ei  heregisj!  ^he.  nimm  dich  in  Acht!'  zu,  und  in  eine 
alten  Volksliede,  das  früher  von  den  sogen.  Burlaki,  den  Schiff 
knechten,  die  die  schweren  Lastschiffe  Wolga  aufwärts  treidelte 
bei  der  Arbeit  gesungen  wurde,  wird  ei  direkt  als  Ausruf,  d^^^ 
zu  einem  neuen  Zuge  anfeuert,  verwendet ;  der  Anfang  lautet ' 
ei !  uchnew^  ei!  achnem^  jcsco  razih,,  jesco  raz\  *ei!  rufen  wir,  ei -^ 


Dorisoh  ατ€ΐ  'auf,  wohlau!*  349 

rafen  wir,  noch  einmalcben,  noch  einmal!  ^     Auch  im  Deutschen 
-wird    ei/  als  Vorbereitung  auf  einen  folgenden  Imperativ  gesetzt, 
z.    B.    ei  sieh!  ei  höre!;  ei  lüg  wie  schön  er  ist  Maaler;  ei  messet 
mir   Jcein  höses  sonsten  bei!  Logau;  ei  sage  mir^  du  Sohn  der  Hölle; 
ei  S€t^en  Sie    mir  doch  Goethe    und    andere  Stellen    im  Dt.  Wtb. 
der     Brüder    Grimm    III    74  f.      Es    soll    mit    diesen    Hinweisen 
keineswegs  behauptet  werden,  dase  Griechisch,  Slavisch,  Deutsch 
eine  Interjektion  ei !  in  antreibendem  Sinne  von  Urzeiten  her  über- 
kommen   haben.     Ausgeschlossen    ist    das    zwar    nicht,    und    der 
Umstand,    dass  einem  griech.  ei  lautgesetzlich  im  Slaviscben  ein 
i  entsprechen  müsste,   beweist  nichts  dagegen;    denn  solche  Em- 
pfindungslaute  bleiben    naturgemäss    ebenso    wie    die  Lallwörter 
von     der    Wirkung    der    lautlichen    Wandlungen    verschont,    die 
sonst  das  Aeussere  einer  Sprache  umgestalten.     Aber  ebenso  gut 
kann     das  Zusammentreffen  zufällig  sein ;    denn  derartige  Natur- 
laute  werden  zwar  vielfach  conventioneil  zum  Ausdruck  gewisser 
Empfindungen,    können  aber  auch  wiederum   jeden  Tag    neu  ge- 
Bchaffen    werden^.      Für    unsere  Zwecke   genügt    die  Thatsache, 
aase  überhaupt  auf  indogermanischem  Sprachgebiet  der  Lautcom- 
pi^x  ei  als  ermunternder,  antreibender  Zuruf  sich  nachweisen  läset. 
Was  die  für  πιει  δγει  vorausgesetzte  Stellung  des  el  hinter 
^em  Imperativ  anbetrifft,  so  hat  schon  Schulze  a.  a.  0.  Analoga 
beigebracht  wie  έπείγετ'  εΐα  Eurip.   fr.  781,  8  N.*  und  έασον  ώ 
ί      Arist.  Lys.  350.  έμβάλλετ'  ώ  Fax  1307.     Hier  sei  noch  auf  eine 
[      Bildung    hingewiesen,    in    der     die    Stellung    der    verstärkenden 
i      l^artikel    nach    dem  Imperativ  fest   geworden  und  infolge  dessen 
'  erschmelzung  beider    zu  einem  einheitlichen  Worte  wie  in  ττίεΐ 
"T€i  eingetreten  ist,  die  mittelhochd.  Imperative  hilfäy  hoerä,  sagä, 
^^^d  u.  a. ;   8.  über  sie  Grimm  Gramm.  HI  290  und  besonders 
^'  V.  Zingerle    Germania  VII    257  ff.      Neben    ττίει    findet  sich, 
jedoch    nur    auf  einer    Schale,  πιεις  (Kretschmer  a.  a.  0.).      Ich 
mochte  glauben,  es  liegt  eine  gelegentliche  Analogiebildung  nach 
"^^  2.  Sg.  Indic.  vor;  das  ς  ist  angefügt,  um  den  Charakter  der 
^ornx     als    2.  Sg.  deutlicher  hervortreten    zu    lassen.     Man    ver- 
^ieiche  die  von  Hesych  aufbewahrten  δγες'  δγε.  φίρε  und  ίόες* 
^*     clie    ebenfalls    wohl    als    solche    Augenblicksbildungen     be- 

^  Das    ganze  Liedchen   findet  man  übersetzt  bei  Bücher,   Arbeit 

^^^  Rhythmus  Abb.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  Phil.-hist.  Kl.  XVII  5,  129. 

j  ^  Eine   vergleichende    Zusammenstellung    der  Interjektionen    aus 

^^  ^rschiedenen  Sprachen  und  Mundarten,   indogermanischen  sowohl 

*•  Ä cht  indogermanischen,  wäre  eine  seht* lohnende  Aufgabe. 


350  S  ο  1  m  8  e  η:  Dorisch  άγει  *  auf»  wohlan!* 

trachtet    werden    müssen.     Etwas    anders  denkt  sich  Eretschmer 
a.  a.  0.  die  Sache. 

Vielleicht  ist  uns  noch  eine  dritte  Form  in  der  Art  von 
mei  und  δγει  überliefert  in  der  Hesychglosse  ouvei '  beöpo. 
δράμ€.  Άρκάδες.  Sie  liegt  neben  ουνον*  [υγιές  ^J  Κύπριοι  ορόμον 
und  οονιος  .  .  .  ορομεύς.  κλέπτης,  wozu,  wie  Bergk  Philol.  XI  384 
gesehen  hat,  έριούνης  έριούνιος,  der  homerische  Beiname  des  Her- 
mes, gehört.  Hoffmann  gr.  Dial.  I  104.  235  ist  am  ehesten  ge- 
neigt 0ÖV61  als  Lokativ  zu  ουνος  =  *  eilends,  eiligst  zu  verstehen. 
Indess  sind  solche  Lokativformen  auf  •ει  im  Griechischen  sicher 
belegt  nur  noch  in  Ortsadverbien  von  Pronominalstämmen  (πει 
τουτεί  τηνεϊ  usw.)  und  in  Modaladverbien  mit  zusammengesetzten 
Stämmen  (άσυλεί  άσπονοεί  νηποινεί  αοθημερει  usw.).  Zu  Sub- 
stantiven ist  nur  das  einzige  οίκεΐ  nachweisbar,  und  dies  stellt 
sich  der  Bedeutung  nach  zu  den  Ortsadverbien  (vgl.  das  einzige 
FoiKUü  neben  ώ  αύτώ  usw.  Rhein.  Mus.  LI  303);  überdies  ist 
(darauf  hat  mich  Wackernagel  einmal  aufmerksam  gemacht)  an- 
gesichts des  Umstandes,  dass  es  nicht  eher  als  ans  Menander 
angeführt  wird,  zu  erwägen,  ob  es  nicht  erst  durch  eine  Art 
von  Dissimilation  aus  οίκοι  hervorgegangen  ist^.  Auch  legt  die 
Erklärung  οευρο.  οράμε  es  näher  in  ουνει  eine  Verbalform  zu 
suchen.  Hoffmann  lässt  denn  auch  die  Wahl  zwischen  der  an- 
geführten Deutung  und  der  Auffassung  als  Imperativ  eines  von 
ουνος  abgeleiteten  Verbums  ούνίω.  Es  wäre  Pedanterie,  wenn 
man  dem  entgegenhalten  wollte,  dass  dieser  Imperativ  nach  den 
Lautgesetzen  des  Arkadischen  vielmehr  οίίνη  heissen  sollte. 
Immerhin  aber  darf  nach  allem  obigen  die  Frage  aufgeworfen 
werden,  ob  nicht  ουνει  in  ouv'  +  ει  zu  zerlegen,  mit  anderen 
AVorten  von  einem  neben  ουνος  anzusetzenden  primären  oijvuü 
abzuleiten  sei^. 

Bonn.  Felix  Solmsen. 


^  Diese  Erkläruni?  bezieht  sich  zweifellos  auf  das  Lemma  ούλον. 
KZ.  XXXIl  288  Anm.  1  habe  ich  mich  durch  sie  für  die  Etymologie  der 
Wortfamilie  leider  auf  einen  Irrweg  locken  lassen. 

'^  Sollte  auch  in  [Μ]άνης  Φάληρε  οίκων  CIA.  II  768  ι  24  das 
wunderliche  Φάληρε  =  Φαληρει  statt  des  üblichen  Φαληροΐ  durch  das 
anstossende  ol-  veranlasst  sein?    Oder  ist  es  einfach  ein  Fehler? 

^  Ich  benutze  die  Gelegenheit,  um  ein  Unrecht  gut  zu  machen, 
das  ich  mir  Rhein.  Mus.  LIII  150  habe  zu  schulden  kommen  lassen. 
Die  dort  vertretene  Verknüpfung  von  Βράμις  mit  Ράρμιχος  ist  schon 
von  Meister  zu  Collitz-Bechtel  Dialektinschr.  791  a  (I  401)  vorgeschlagen 
worden.  Ich  kann  zu  meiner  Entschuldigung  nur  anführen,  dass  Meister 
in  dem  a.  a.  0.  besprochenen  Aufsatz  über  Ράρμιχος  (KZ.  XXXI  311  ff.) 
Βράμις  nirgends  erwähnt  und  ich  infolge  dessen  jene  Stelle  in  den 
Dialektinschr.  nicht  nachgeschlagen  habe.  Erst  durch  einen  freundlichen 
Hinweis  des  verehrten  Mitforschers  bin  ich  auf  seine  frühere  Bemerkung 
aufmerksam  geworden  und  will  hiermit  seine  Priorität  ausdrücklich 
festgestellt  haben. 


Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik. 


IV. 
lieber  die  Anfänge  des  Atticiemue. 

Holm  bat  in  seiner  Darptelinng  des  Helleniflmus  aucb  den 
geistigen  Bewegungen  Recbnnng  zu  tragen  versucbt,  und  da  er 
bei  dieser  Gelegenheit  über  den  Atticismus  einiges  zu  sagen  ge- 
dachte, so  sab  er  sieb  bei  den  Philologen  nach  Material  um. 
Das  Ergebniss  seiner  Nachforschungen  war  indessen,  dass  man 
über  diese  Sache  eigentlich  gar  nichts  Genaues  wisse.  Das  ist 
nun  freilich  als  Urtheil  eines  Unbefangenen  beschämend,  nachdem 
zur  Klärung  der  Frage  bereits  eine  solche  Menge  Papier  ver- 
braucht worden.  Es  scheint  hier  ein  Gebiet  sich  aufzuthun,  auf 
dem  sich  nur  langsam  ein  Fortschritt  vollzieht.  Denn  dass  wir 
inzwischen  in  der  Eenntniss  der  Dinge  wieder  etwas  weiter  ge- 
kommen sind,  läset  sich  nicht  leugnen;  indessen  fehlt  es  noch 
immer  an  einer  möglichst  umfassenden  Sammlung  der  in  Betracht 
kommenden  Zeugnisse.  Nur  von  einer  breiten  Grundlage  aus 
läset  sich  bestimmen,  was  wir  eigentlich  wissen  und  was  wir 
nicht  wissen.  Die  vorhandenen  Nachrichten  sind  unbefangen 
gegen  einander  abzuwägen.  Von  einer  einzelnen  Bemerkung  aus- 
zugehen und  sie  zu  Gunsten  einer  Persönlichkeit  oder  Stadt,  die 
man  besonders  ins  Herz  geschlossen  hat,  zu  verwerthen,  das  ist 
ein  Verfahren,  welches  heutzutage  nicht  mehr  angewendet  wer- 
den darf. 

Wir  müssen  nun  zunächst  ins  Auge  fassen,  dass  es  einen 
unterschied  giebt  zwischen  der  Sprache  an  sich  und  ihrer  schrift- 
stellerischen Ausbildung  und  Verwerthung.  Insofern  gestattet  sie 
auch  eine  doppelte  Betrachtung  und  Behandlung,  einmal  mit 
Rücksicht  auf  die  Grammatik,  andererseits  mit  Rücksicht  auf  die 
Darstellung.  Es  lässt  sich  ja  leicht  vorstellen,  dass  jemand  zwar 
der  Sprache  vollkommen  Herr  ist,  aber  dennoch  einen  schlechten 
Stil  schreibt.     Das  Umgekehrte  ist  wenigstens  nicht   unmöglich. 


352  Radermacher 

Wer  diese  Dinge  verkennt,  kann  allerdings  zu  dem  ür- 
theil  kommen,  class  der  AtticisrnnSy  der  mit  verbrauchtem  Sprach• 
gut  wirth8cbaftete,  eine  unnatürliche  Reaktion  ist,  und  dass  man 
die  Asianer  zu  Unrecht  tadelt.  Gewiss  ist  nun  auch  das  Grie- 
chisch der  Asianer  die  natürlich  entwickelte  Sprache,  während 
das  der  Atticisten  eine  künstliche  Mischung  von  Altem  und 
Neuem  darstellt.  Aber  wir  tadeln  auch  nur  den  manierirten  und 
weichlichen  Stil  der  Asianer^  und  dürfen  mit  Eecht  das  Auf- 
treten der  ersten  Atticisten  als  eine  gesunde  Gegenströmung  be- 
zeichnen,  zumal  sie,  wie  sich  ergeben  wird,  um  die  griechische 
Grammatik  sich  zunächst  überhaupt  nicht  kümmern.  Freilich 
die  Späteren,  die  sich  Atticisten  nennen,  verdienen  zum  Thei) 
ein  um  so  härteres  Urtheil :  ihre  Sprache  ist  eine  zurechtgemachte, 
theilweiee  aus  wunderlichem  Flickwerk  zusammengesetzte,  und 
ihr  Stil  vielfach  der  der  Asianer,  wie  es  schon  E.  Kohde  treffend 
hervorgehoben  hat. 

Die  Lehre,  dass  der  Atticismus  seinen  Ursprung  in  Perga- 
mon  nahm,  hat  einmal  ein  gewisses  Aufsehen  gemacht.  Heute 
glauben  wohl  nur  noch  wenige  daran  und  mit  Recht.  Von  vorne- 
herein muss  die  Berufung  auf  einen  Mann  wie  Apollodoros  von 
Pergamon  abgelehnt  werden^;  denn  es  handelt  sich  ja  um  den 
Atticismus  der  vorrömischen  Epoche  und  nicht  der  Zeit,  in  der 
er  zum  guten  Ton  gehörte.  Dann  aber  können  allgemeine  Er- 
wägungen über  die  Blüthe  grammatischer  und  rhetorischer  Studien 
in  Pergamon  nicht  in  Betracht  kommen.  Wir  brauchen  bestimmte 
Zeugnisse.  Allerdings  hat  Krates  von  Mallos  Άττικαι  λ^Εεις  ge- 
schrieben, aber  alexandrinisohe  Grammatiker  haben  das  Gleiche  ge- 
than.  Wie  hat  man  nun  diese  Thätigkeit  der  Gelehrten  überhaupt 
aufzufassen?  Natürlich  muss  sie  in  Zusammenhang  mit  ihren 
SpezialStudien  über  attische  Autoren  stehen  und  wird  zunächst 
nichts  anderes  bezweckt  haben  als  eine  genaue  Sichtung  und 
Sammlung  des  attischen  Sprachschatzes  ohne  Rücksicht  darauf, 
ob  die  lebende  Generation  daraus  Nutzen  ziehen  wollte  oder 
nicht.  Für  gelehrte  Arbeit  ist  Begründung  und  Erweiterung 
des  Wissens   an  sich  Zweck,    und    auf  mehr  wird    es  den  ersten 


1  Hingewiesen  habe  ich  auf  diese  nothwendige  Unterscheidung 
schon  Rh.  Mus.  1897  S.  SO^;  die  Bezeichnung  'grammatischer  und 
stilistischer  Atticismus'  habe  ich  im  Folgenden  gewählt  auf  Grund 
einer  Andeutung  von  v.  Wilamowitz. 

^  S.  Brzoska  de  canone  S.  G7. 


Stndien  zur  eesohicbte  der  antiken  Rhetorik  IV.  358 

Lexikographen  der  attischen  Sprache  nicht  angekommen  sein. 
Nun  ist  es  freilich  unleugbar,  dass  schon  in  alter  Zeit  gewisse 
Leute  den  Verfall  der  Sprachreinheit,  der  mit  der  Erhebung  des 
Griechischen  zur  Weltsprache  nothwendig  eintreten  mueste,  bitter 
empfunden  und  aufzuhalten  versucht  haben.  Den  Beweis  liefert 
ein  merkwürdiger  Ausspruch  des  Stoikers  Zenon  ^ :  ^φα(Τκ€  τους 
μέν  τών  όσολοίκιυν  λόγους  και  άπηρτισμένους  ομοίους 
€Τναι  τψ  άργυρίψ  τψ  'AXeEavbpivqj,  €ύοφθάλμους  μέν  κα\ 
π€ριΤ€Τραμμίνους  καθά  και  το  νόμισμα,  ούοέν  bk  bia  τούτο 
ββλτίους•  τους  bk  τουναντίον  άφωμοίου  τοις  Άττικοϊς  τετρα- 
δράχμοις  εική  μέν  κεκομμ^νους  και  σολοίκους,  καθίλκειν  μίντοι 
πολλάκις  τάς  κεκαλλιγραφημένας  λέΗεις.  Dieser  Ausspruch 
verrät  immerhin,  dass  man  damals  zwischen  besserem  und  schlech- 
terem Griechisch  einen  Unterschied  machte.  Wenn  aber  Zeno 
der  Philosoph  für  die  (Τολοικίίοντες  eine  Lanze  bricht  —  und  auch 
Chrysipp  hat  sich  ähnlich  geäussert',  —  so  darf  man  folgern,  dass 
die  ό(ΤΟλθΐκοι,  die  Leute,  die  sich  auf  ihr  Griechisch  etwas  zu 
Gute  thaten,  auf  der  anderen  Seite,  bei  den  Rbetoren,  zu  suchen 
sind.  Dann  aber  geht  es  nicht  gut  an  aus  den  Worten  des 
Stoikers  für  den  Attioismus  Kapitel  zu  schlagen.  Sicherlich  hat 
die  Forderung,  eine  reine  Schreibart  zu  pflegen,  auch  die  asia- 
nische  Schule  beherrscht;  denn  theoretisch  genommen  gehört  sie 
nun  einmal  zum  eisernen  Bestand  der  rhetorischen  Disciplin  und 
ist  darum  wahrscheinlich  allezeit  von  den  Rhetoren  vertreten 
worden;  es  fragt  sich  bloss,  was  sie  jedesmal  unter  καθαρώς 
Τράφειν  verstanden. 

Ist  denn  nun  wirklich  die  atticistische  Thätigkeit  der  Gram- 
matiker für  die  Praxis  so  vollkommen  belanglos  geblieben?  Daf» 
läset  eich  nicht  ohne  weiteres  behaupten ;  wenigstens  können  wir 
auf  römischem  Gebiet  die  Spuren  ihrer  Wirkung  noch  deutlich 
verfolgen.  Es  ist  zweifellos,  dass  in  den  bekannten  Kapiteln 
des  ciceronischen  Orator,  in  denen  die  Frage  der  Analogie  oder 
Anomalie  behandelt  wird,  die  Attioisten  als  Vertreter  der  analo- 
getischen  Sprachbehandlung  auftreten.  Solche  analogetisch-piiri- 
stischen  Bestrebungen  sind  aber  in  Rom  recht  alt,  schon  den 
Kreisen    eigentbümlich,    denen    Terenz    und   Lucilius    angehören. 

1  Laert.  Diog.  VII,  I,  18. 

^  Vgl.  auch  Philodem  rhet.  I  S.  1.^4.  Sextne  Emp.  προς  τραμ* 
ματιχούς  S.  64β.  Gegensatz  des  σολοικισμός  war  ελληνισμός,  nicht 
άττικιομός. 

Bhein.  Mm.  f.  Phüol.  N.  F.  LIV.  23 


354  Eadermacber 

Dies  hat  zuletzt  E.  Norden^  treffend  aaegefObrt,  und  er  bat  eieb 
nicht  gescheut,  die  nabeliegenden  Folgerungen  zu  ziehen.  Frei- 
lich hat  er  zugegeben,  dass  die  von  Lucilins  vertretenen  Grund- 
sätze keine  rigorosen  sind ;  es  ist  sehr  zweifelhaft,  ob  man  diese 
Leute  überhaupt  Analogetiker  nennen  darf,  weil  sie  in  dem 
Sprachwust  ihrer  Zeit  nach  vernünftigen  Gesichtspunkten  Ord- 
nung zu  schaffen  suchten.  Im  allgemeinen  ist  doch  die  Gram- 
matik im  alten  Rom  bis  in  varronisohe  Zeit  von  krateteiscben 
Anschauungen  beherrscht.  Sicheres  läset  sich  zur  Stunde  noch 
nicht  sagen;  welches  Resultat  aber  auch  eine  genauere  Unter- 
suchung ergeben  mag,  so  wird  man  immer  an  der  Thatsacbe 
festhalten  müssen,  dass  Stil  und  Grammatik  auseinander  zu  halten 
sind  und  ein  grammatischer  Purismus  etwa  bei  Scipio  nicht  un- 
bedingt für  gleiche  Anschauungen  auf  dem  Gebiet  der  Dar- 
stellung überhaupt  beweisend  ist. 

Dass  sich  auf  griechischem  Gebiet  verwandte  Strömungen 
von  gleich  hohem  Alter  je  werden  nachweisen  lassen,  ist  bei 
dem  Mangel  an  sprachlichem  Material  nicht  wahrscheinlich,  aber 
auch  von  geringem  Belang.  Wir  müssen  uns  eben  hüten,  der 
Sache  ein  grösseres  Gewicht  beizulegen  als  ihr  zukommt.  Denn 
im  ganzen  sind  es  bloss  zwei  Folgerungen,  die  man  allenfalls 
wird  ziehen  dürfen.  Wenn  nämlich  hier  thatsächlich  eine  Ver- 
quickung atticistischer  und  analogetischer  Bestrebungen  schon 
seit  alters  vorliegt,  so  weist  dieser  Umstand  vielmehr  auf  Alexan- 
drien  als  aaf  Pergamon  zurück.  Aber  zweitens  handelt  es  sich 
doch  bei  der  ganzen  Angelegenheit  nur  um  eine  grammatische 
Frage,  die  der  Wortbildung  und  allenfalls  der  Wortwahl,  soweit 
diese  mit  der  richtigen  Wortbildung  zusammenhängt.  Noch  weit 
weniger  von  Bedeutung  ist  der  Umstand,  dass  man  auf  perga- 
menischen  Inschriften  ein  Streben  erkennen  kann,  Rechtschreibung 
und  theilweise  auch  die  Flexion  nach  attischem  Muster  zu  ge- 
stalten '.  Dies  ist  für  einen  Hauptsitz  grammatischer  Gelehrsam- 
keit eigentlich  selbstverständlich.  Eine  ganz  andere  Sache  ist, 
wie  es  mit  der  stilistischen  Nachbildung  der  alten  Meister 
steht,  weil  hier  erheblich  mehr  Dinge  in  Frage  kommen,  als 
Reinheit  des  Sprachgebrauchs. 


Ϊ  Kunstprosa  S.  186. 

2  Vgl.  Schweizer  Grammatik  der  pergamenischen  Inschriften 
S.  199  ff.  Viel  ist  gerado  nicht  zu  constatircn,  Nicht-attiRches  reiclilich 
im  Gebrauch. 


Stadien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik  lY.  355 

Der  tapfere  Angriff,  den  der  Geograph  Agatharchidee  ^  im 
Anfang  des  fünften  Buches  gegen  einen  Hauptführer  der  Asianer, 
den  Hegesias,  richtet,  hat  ihm  bei  einigen  den  Ruf  des  ersten 
Atticisten  eingetragen,  und  selbstverständlich  hätte  man  ihn  darum 
auch  gerne  zu  einem  Pergamener  gemacht,  wäre  es  nur  möglich 
gewesen.  Indessen  wenn  Agatharchides  dem  Angegriffenen  im 
Gegensatz  zu  Demosthenes  und  Aeschines  das  πρέπον  abspricht, 
so  meine  ich  doch,  dass  für  einen  waschechten  Atticisten  mehr 
Dinge  in  Frage  kommen  als  diese  einzige  Eigenschaft.  Sie  ver- 
miest ja  auch  Dionys  nach  dem  Vorgange  vieler  anderen  an 
Isokrates;  sollte  er  ihn  deshalb  für  einen  Asianer  gehalten  haben? 

Welchen  Inhalt  die  Schrift  des  Neanthes  περί  κακο2!ηλίας 
Ρητορικής  hatte,  läset  sich  nicht  genau  sagen;  denn  zugegeben, 
dass  Brzoska  den  Begriff  des  κακό2Ιηλον  richtig  auch  für  jene 
Zeit  gefasst  hat,  so  wissen  wir  doch  nicht,  von  welchem  subjek- 
tiven Standpunkt  aus  Neanthes  mit  ihm  operirte.  Wir  müssten 
dann  erst  erfahren,  gegen  wen  die  Schrift  gerichtet  war  und  die 
Eigenart  des  Adressaten  kennen.  Die  Geschmäcke  sind  schon 
im  Alterthum  verschieden  gewesen.  Wir  dürfen  einmal  nicht  in 
Abrede  stellen,  dass  in  den  Zeiten  des  Kampfes  der  Asianer  so 
gut  den  Atticisten,  wie  der  Atticist  den  Asianer  der  κακο2Ιηλία 
beschuldigen  konnte,  dass  ferner  κακο2!ηλία  immer  noch  möglich 
war  auch  wo  der  Gegensatz  zwischen  Asianismus  und  Atticismus 
überhaupt  nicht  bestand.  Jedenfalls  trägt  das  einzige  kurze 
Fragment,  das  uns  von  Neanth  als  Citat  überliefert  ist,  deutliche 
Merkmale  des  Stils,  den  wir  asianisch  zu  nennen  uns  gewöhnt 
haben.  Ich  glaube  auch,  dass  Hegesias  in  eigner  Person  fähig 
gewesen  wäre  ein  Buch  περί  κακοίηλίας  Ρητορικής  zu  schreiben. 
Cicero,  der  es  wissen  muss,  hat  einmal  gesagt^,  es  gebe  keinen 
Redner,  der  sich  nicht  für  vollkommen  halte.  Dann  ist  es  eine 
einfache  Folgerung,  dass  er  den  £ήλος  αληθής  für  sich  in  An- 
spruch nimmt. 

Ob  nicht  gar  Hegesias  für  den  ersten  Atticisten  gelten 
muss?  Weist  ihm  doch  Agatharchides  a.  a.  0.  die  unmittelbare 
Nachbildung  einer  Demosthenesstelle  klipp  und  klar  nach.  Nimmt 
man  hinzu,  dass  sich  der  Redner  selbst  wie  vor  ihm  sein  Lehrer 


^  Dass  Agatharchides  selbst  im  Stil  nach  dem  Urtheil  des  Photios 
^icht  Atticist  gewesen  sein  kann,  hat  W.  Schmid  bemerkt. 
2  Ad  Atticum  XIV  20,  4. 


.356  Radermacber 

Charisius  als  einen  Nachahmer  des  Lysias  ausgegeben  bat,  so 
scheint  es  beinahe,  als  ob  sich  der  vielangefeindete  Mann  mit 
einem  Schlage  in  einen  Atticisten  strengster  Observanz  verwandle. 
Denn  für  diese  gab  es  keine  höheren  Ideale  als  Demostbenee 
und  Lysias. 

Wahr  ist  ferner,  dass  Antigonos  von  Karystos  den  Stil  des 
Peripatetikers  Lykon  kritisirt;  Epikur  hätte  es  gleichfalle  thon 
können  gemäss  seinem  Grundsatz,  dass  der  natürlichste  Stil  der 
angemessenste  sei,  einem  Grundsatz,  den  er  selbst  bezeichnender- 
weise nicht  immer  befolgt  hat.  Deshalb  sind  Antigonos  und 
Epikuros  nicht  nothwendig  Atticisten,  ist  Lykon  nicht  nothwendig 
Asianer.  Niemand  wird  es  einfallen,  den  Stoiker  Philonikos  oder 
den  Peripatetiker  Hieronymus  als  Asianer  hinzustellen,  weil  er 
den  Isokrates  angrifft.  Theophrastos  hat  ja  auch  den  Lysias 
bitter  getadelt  ^.  Chrysippos  war  kein  Asianer,  weil  ein  späterer 
Atticist  sich  über  seinen  Stil  lustig  macht. 

Alle  diese  mehr  oder  weniger  persönlichen  Reibereien  ge- 
währen der  Betrachtung  keine  hinlänglich  feste  Grundlage  und 
führen  über  den  Boden  der  Yermuthung  nicht  hinaus.  Darum 
ist  es  endlich  an  der  Zeit,  eine  bisher  von  niemand  beachtete 
Bemerkung  heranzuziehen,  die  für  die  Kenntniss  der  Dinge  von 
grösster  Bedeutung  ist.  Sie  steht  bei  Philodem  im  υπομνηματι- 
κόν  als  Aeusserung  des  Diogenes  von  Babylon^:  *Νή  ΔΓ  άλλα 
και  'Αθηναίοι  καί  περ  δντες  φιλομήτορες  ήοη  προσχό- 
πτουσιν  ταϊς  περιόοοις  και  τοις  τέχνης  και  biba- 
σκαλείου  ρητορικού  προσβάλλουσι.  Ου  μήν  άλλ'  ου 
προσεβαλλον  bia  παντός,  ούδ'Άριστοφώ ν  oub'  .  .  ν  .  . 
υλος  ούδ'Αΐσχίνης  ουδέ  πάντες,  ών  έμνήσθην,  ώίον  οιοασκα- 
λειου  ρητορικού  ταϊς  τε  περιόδοις  ου  κέχρηνται.  αι  .  .  .  .  υμέναις^. 

^  S.  Dionys  de  Isocrate  c.  13  Philodem  rhet.  I  S.  198  Sudh. 

2  S.  Dionys  de  Lysia  c.  14. 

3  Bei  Philod.  rhet.  II  S.  218  Sudh.  Es  folgen  gleich  die  Ein- 
wände Philodems.  Der  Name  des  Diogenes  wird  gerade  an  der  be- 
treffenden Stelle  nicht  genannt,  doch  öfters  in  dem  gesammten  Ab- 
schnitt, der  eine  fortlaufende  Polemik  gegen  den  Babylonier  enthält. 
Dazu  aus  der  Rhetorik  Sudh.  II  S.  302  fr.  III:  Kai  ^Αθηναίοι,  φησίν,  οί 
δοκοΟντες  καΐ  φιλορήτορ€ς  ήδη  προσκόπτουσιν  ταϊς  περιόδοις  καί  τοις 
τέχνης  καΐ  διδασκαλείου  /ί)ητορικοο  προσβάλλουσιν  (=  οζουσιν). 

*  Die  Ergänzung  ist  nicht  ganz  sicher;  [τ]αί[€  λελ]υμέναις  liegt 
nahe,  beruht  aber  wohl  mehr  auch  moderner  als  auf  antiker  Auffassung 
von  der  Eigenart  des  damals  herrschenden  Stils.  [TlaTfc  κ€χ]υμ^ναις 
lie&t  Sudhaus  im  Index;  wäre  nicht  auch  κ1ατίαγν]υμένοις  möglich  mit 
Berufung  auf  II  99   περιόδους κρας  καΐ  καταγνυ[μένας? 


Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik  IV.  357 

Hier  werden  von  einem  Schriftsteller  des  zweiten  Jahrhunderte 
die  alten  Attiker  gegen  die  Jungen  ausgespielt;  es  handelt  sich 
um  reine  Stilfragen;  bestimmte  Eigenthümlichkeiten  des  Perioden- 
bauB  sollen  den  Athenern  bereits  zum  Ueberdruss  geworden  sein. 
Unmittelbar  verbindet  sich  hiermit  ein  Zeugnies  des  Cicero  im  Orator: 
§  25  itaque  Caria  et  Phrygia  et  Mysia,  quod  minime  politae 
minimeque  elegantes  sunt,  asciuerunt  aptum  suis  auribus  opimum 
qnoddam  et  tamquam  adipatae  dictionis  genus,  quod  eorum  uicini 
non  ita  lato  interiecto  mari  Khodii  numquam  probauerunt, 
Athenienses  vero  funditus  repudiaverunt,  Quorum  semper  fuit 
prudens  sincernmque  iudicium,  nihil  ut  possent  nisi  incorruptum 
audire  et  elegans.  Die  Kombination  der  beiden  Stellen  erschliesst 
eine  sehr  beachtenswerthe  Tradition.  Es  fragt  sich,  ob  wir  noch 
andere  Handhaben  besitzen,  die  eine  'atticistische  Strömung  zu 
Athen'   als  von  alters  her  bestehend  beweisen. 

Nun  ist  zunächst  leicht  erweislich,  dass  die  Verehrung  des 
Demosthenes  vor  allem  an  Athen  gehaftet  hat,  wo  man  sich  bald 
dessen  bewusst  geworden  ist,  was  man  dem  Heros  der  griechischen 
Freiheit  schuldete.  Wie  das  Beispiel  des  Hegesias  allein  schon 
zeigt,  ist  sie  auch  nicht  ohne  Folge  für  die  Praxis  geblieben. 
Die  Feindschaft^  der  älteren  Peripatetiker  kann  der  Werth- 
echätzung des  Redners  nicht  lange  im  Wege  gestanden  haben. 
Man  hat  längst  ans  mancherlei  Anzeichen  geschlossen^,  dass  im 
3.  Jahrhundert  zu  Athen  ein  ganzer  Schwärm  von  Rhetoren  ge- 
sessen haben  muss,  die  in  seinem  Geiste  und  seinem  Stil  zu  ar- 
beiten versuchten,  eigenes  Fabrikat  auf  seinen  Namen  fälschten 
und  vielleicht  auch  an  den  Erweiterungen  der  echten  Reden 
schuldig  sind.  Schon  Demochares,  ein  Zeitgenosse  des  Demetrios 
von  Phaleron,  ist  sein  ausgesprochener  Nachahmer.  Kleochares 
von  Myrlea  erkennt  ihm  vor  Isokrates  die  Palme  zu.  Kritolaos, 
sonst  ein  unversöhnlicher  Gegner  der  Rhetorik,  lässt  ihn  als 
'Meister'^  gelten;  Diogenes  von  Babylon  führt  ihn  neben  Peri- 
kles  als  einen  der  wirklich  Grossen^  auf;  Menedemus  citirt  ihn, 


^  Das  nicht  besonders  freundliche  Urtheil  des  Deraetrioe  von 
Phaleron  klingt  noch  durch  in  der  plutarchischen  Biographie.  Vgl. 
Schmid  Rh.  M.  1894  S.  1422.  Ueber  die  Stellung  des  Theophrast  ist 
nichts  Sicheres  zu  ergründen. 

3  Vgl.  Christ  Griech.  Litteraturgeschichte  S.  349. 

8  τ€χν(της  Philodem  IX  a  98  fr.  8  II  S.  98,  9. 

*  Zu  erachliessen  aus  Philodem  II  20β  Sudh. 


358  Radcrmaoher 

um  die  Macht  der  Beredsamkeit  za  erweisen  ^,  und  Channadas, 
von  dem  wir  wiRsen,  dass  er  mit  den  Rhetoren  keine  Flausen 
machte,  will  nicht  in  Ahrede  stellen,  dass  Demosthenes  höchstes 
Wissen  mit  höchstem  Können  in  der  Rede  verbunden  habe*. 
Pammenes  endlich,  der  Lehrer  des  Brutus  in  Athen,  ist  ein  be- 
geisterter Verehrer  des  Demosthenes.  Das  ist  eine  ganze  Reihe 
von  Persönlichkeiten,  die  in  der  Schätzung  des  Redners  überein- 
stimmen. Alle  wirkten  zu  Athen.  Um  die  Stellung  des  Mannes 
einigermassen  zu  begründen,  haben  ihn  die  Philosophen  zum 
Schüler  des  Plato  gemacht;  dies  beweist,  dass  der  letztere  nicht 
bloss  nie  Denker  sondern  auch  als  Stilist  schon  frühzeitig  geachtet 
worden  sein  muss.  Wenn  sich  nun  auch  diese  Verehrung  auf 
bestimmte  Kreise  beschränkte,  so  darf  mfln  ihren  Mittelpunkt 
doch  im  Mittelpunkt  der  platonischen  Schule,  in  Athen,  suchen. 
Genau  entsprechend  liegt  die  Sache  bei  Aristoteles,  über  dessen 
Stil  Cicero  wohl  nicht  nach  eigner  üeberzeugung  sondern  nach 
alter  Tradition  ein  begeistertes  Urtheil  fällt  ^  So  lassen  sich 
denn  doch  Dinge  von  wirklicher  Bedeutung  anfuhren,  die  zu  den 
unmittelbaren  Zeugnissen  des  Diogenes  und  Cicero  den  Commentar 
liefern.  Die  Thatsache  läset  sich  nicht  wegleugnen,  dass  in 
Athen  jederzeit  eine  starke  Partei  für  das  gute  Alte  eingetreten 
ist.  Daneben  können  Pergamon  und  Alexandrien  nicht  in  Frage 
kommen,  oder  doch  nur  höchstens  insofern,  als  man  sie  als 
Ausgangspunkte  eines  grammatischen  Atticismus  betrachtet. 
Anders  liegt  die  Sache  mit  Rhodos*.  Die  Konkurrenz  dieser 
Stadt  mit  Athen  wird  trefflich  beleuchtet  durch  die  Nachricht 
des  Nikolaos  von  Damaskus,  dass  manche  Sophisten  ihr  Vater- 
land verleugneten  und  Geld  anlegten,  um  das  rhodische  oder 
athenische  Bürgerrecht  zu  erlangend     So  nennt  denn  auch  Cicero 


^  Cicero  de  or.  I  19. 

2  Cicero  1    1  20. 

^  Entsprechend  ist  auch  Theophraet  gelobt  worden ;  Seneca  sieht 
sich  genöthigt  das  überschwengliche  Urtheil  griechischer  Autoren  eiu- 
zuBchränken  N.  Q.  VI  13,  1 :  Theophrastum  non  ut  Graecis  visum  est 
divini,  tamen  et  dulcis  eloquii  virum  et  nitidi  eine  labore.  Das  Schiil- 
haupt  niusste  natürlich  auch  als  Schriftsteller  liochbedeutend  sein. 

*  Als  Ausgangpunkt  des  Atticismus  scheint  W.  Schmid  Rhodos 
zu  fassen.  Vgl.  jetzt  Griech.  Renaissance  in  der  Römerzeit  S.  11.  Ueber 
die  Bedeutung  der  rhodischen  Beziehungen  für  Rom  vgl.  besonders 
F.  Marx  rhet.  ad  Her.  praef.  S.  157  ff. 

»fr.  I44i>  11  ff.  Dind. 


Studien  zur  Geschichte  der  autikcu  Rhetorik  IV.  359 

Athen  and  Rhodos  in  einem  Athem,  wo  er  von  den  Vertretern 
eines  reinen  Geschmackes  von  altersher  spricht.  Hierzu  kommen 
bestimmte  Zeugnisse  des  Dionys  und  Quintiliau,  nach  denen  dort 
die  Praxis  der  Asianer  nie  Beifall  gefunden.  Man  redete  von 
einer  bestimmten  rhodischen  Manier,  die  zwischen  beiden  Ex- 
tremen die  Mitte  zu  halten  suchte^.  Der  Redner,  den  die  rho- 
dische  Schule  zum  Vorbild  nahm,  aber  freilich  nicht  erreichte, 
war  Hypereides.  Das  ht  nun  auch  alles,  was  man  von  Rhodos 
mit  Beziehung  zur  Sache  beibringen  kann;  wenn  sich  weiterhin 
Aensserungen  finden,  die  beweisen,  dass  wissenschaftliche  Studien 
auf  der  Insel  in  grosser  Blüthe  standen,  so  hat  diese  Tbatsache 
unmittelbar  für  den  Atticismus  keine  Bedeutung. 

Uebrigens  hat  auch  Isokrates  als  Stilist,  nicht  als  Rhetor, 
denn  das  ist  etwas  anderes,  Schule  gemacht^.  Dionys^  führt 
die  Linie  über  Timäus,  Phaon  auf  Sosigenes.  Und  wenn  wir 
von  der  Praxis  absehen  und  die  Theorie  befragen,  so  hat  schon 
Epikuros  das  Schlagwort  μιμη(Τις  gekannt,  wie  wir  jetzt  aus  der 
Rhetorik  des  Philodem  lernen^.  Man  ersieht  aus  der  Stelle, 
dass  die  Frage  der  Nachahmung  schon  damals  eingehend  erörtert 
worden  sein  muss.  Ueberhaupt  ist  es  ja  ein  Irrthum  in  Demo- 
sthenes  den  Endpunkt  der  Entwicklung  zu  erkennen;  für  die 
rhetorische  Kunstübung  hat  es  ein  solches  Ende  nie  gegeben. 
Dass  beispielsweise  die  rhythmische  Technik  der  Asianer  durch- 
aus abhängig  ist  von  der  des  Demosthenes,  muss  heute  ohne 
weiteres  zugestanden  werdend  Mochten  die  Späteren  auch  in 
der  stOlzen  Ueberzeugung  leben,  über  die  Alten  hinausgekommen 
zu  sein,  sie  haben  sich  doch  immer  als  ihre  Schüler  gefühlt, 
und  so  hat  man  denn  in  der  Zeit  der  Herrschaft  des  sogenannten 
Asianismus  mehr  Attiker  gekannt  und  gelesen,  als  die  folgende 
Generation,  die  sich  im  allgemeinen  am  Kanon  hielt.  Ais  Meister 
der  Beredsamkeit  spielen  in  den  Streitschriften  der  Philosophen 
und  Rhetoren  noch  Kallistratos,  Aristophon  α.  a.  neben  den 
Grossen  eine  Rolle.  Das  Lehrbuch  des  Gorgias  oitirt  attische 
Redner,  die  von  den  Atticisten  ignorirt  worden  sind.  Und  welcher 
Zeit  verdankt  man  denn  eigentlich  die  zahlreichen  Fälschungen  auf 


1  Quint.  inst.  or.  XII  10,  18. 

*  Als  solcher   hat  er  freilich   auch  stets  Bedeutung    besessen,    s. 
jetzt  W.  Schmid  Berl.  Philo).  Wochenschrift  1899  S.  235. 

3  de  Dinarcho  c.  8. 

*  Rhet.  I  p.  131,  9  Sudh. 

s  S.  Norden  Kunetprosa  S.  914.    Schmid  a.  a.  0.  S.  229. 


860  Radermaoher 

den  Namen  grosser  Redner,  nicht  bloss  des  Demoethenes, 
sondern  beispielsweise  auch  des  Demades ,  endlich  gar  des 
Perikles  ? 

Also,  allgemein  gesprochen,  Atticismus  allerwege ;  dennoch 
knüpfen  ihn  Cicero  nnd  Dionys,  Autoren,  die  es  wiesen  mussteo, 
an  Rom  allein  an.  Nicht  als  ob  sie  die  Bedeutung  der  früheren 
Ansätze  und  Strebungen  übersehen  wollten,  nur  messen  sie  ihnen 
keine  Bedeutung  bei.  Erst  als  Rom  sich  der  Sache  des  Atticis- 
mus annahm^  wurde  sie  mächtig  und  gelangte  zum  Siege  ^.  Die 
Charakteristik  aber,  die  Cicero  ^  vom  römischen  Atticismas  ent- 
wirft, ist  so  deutlich,  dass  über  sein  eigentliches  Wesen  gar  kein 
Zweifel  obwalten  kann.  Es  ist  weiter  nichts  als  eine  energische 
Reaktion  gegen  die  damals  von  der  Rhetoren schule  allgemein 
anerkannte  und  zur  Geltung  gebrachte  Stiltheorie.  Ihr  wird 
nicht  etwa  eine  neue  entgegengestellt;  man  greift  zurück  auf 
ältere  Theoretiker  und  findet  die  Vollendung  des  von  ihnen  auf- 
gestellten Ideals  dann  eben  bei  gewissen  Attikern,  keineswegs 
bei  allen.  Der  eigentliche  Atticismus  hat  ganz  bestimmte  Götter 
verehrt  und  konnte  auch  seiner  Eigenart  nach  nicht  anders. 

Für  diese  Auffassung  spricht  schon  äusserlich  die  That- 
sache,  dass  seine  ersten  Vertreter,  soweit  sie  von  der  antiken 
Tradition  genannt  und  nicht  etwa  durch  philologische  Vermuthung 
erschlossen  werden,  Schriftsteller  sind,  welche  sich  der  lateinischen 
Sprache  bedient  haben.  Die  Frage,  ob  das  einzelne  Wort,  die 
einzelne  Wendung  gut  attisch  sei  oder  nicht,  hatte  für  sie  nicht 
die  mindeste  Bedeutung;  ihnen  kam  es  nur  auf  Nachahmung  der 
von  ihnen  als  musterhaft  bezeichneten  Darstellungskunst  in  den 
allgemeinsten  Zügen  an.  Es  scheint  mir  hierbei  durchaus  unbe- 
wiesen, dass  es  nothwendig  ein  Grieche  gewesen  sein  muss,  der 
in  Rom  die  Fahne  des  Streites  erhob,  so  allgemein  verbreitet 
auch  heutzutage  diese  Annahme  sein  mag.  Ich  glaube  vielmehr, 
dass  der  Atticismus  der  Griechen  ohne  Rom  immer  ein  latenter 
geblieben  wäre.  Eine  wahrhafte  Opposition  konnte  nur  auf  einem 
Boden  erwachsen,  wo  die  Beredsamkeit  noch  praktisch  gepflegt 
wurde  und  dem  Staatsmanne  wie  dem  Anwalt  eine  wirkliehe 
Wehr  und  Waffe  war;  Schwulst  und  Klingklang  konnten  da  für 
einen  Augenblick  imponiren,  um  bald  desto  energischer  hinweg- 
gefegt zu  werden.     Die    eigentliche  Schulrhetorik    ist  ja  auch  in 


^  Kräftig  hat  die  Bedeutung  Roms  neuerdings  wieder  Diele  betont. 
Her.  d.  Brrl.  Ges.  d.  W.  1897  S.  1064. 

^  Und  entsprechend  Dionye  πβρί  τ.  άρχ.  ί>ητ.  praef. 


Studien  zur  Geschichte  der  aotikcu  Rhetorik  IV.  3ϋ1 

Rom  immer  asianiecli  geblieben,  und  dass  der  Atticiemas  selbst 
in  der  durch  Cicero  gemilderten  Form  nicht  durchgedrungen  ist, 
liegt  weniger  an  den  literarischen  wie  an  den  politischen  Ver- 
hältnissen, indem  der  Untergang  der  Republik  den  Untergang 
einer  freien  und  grossen  Beredsamkeit  besiegelte.  Ich  denke  nun, 
dass  ein  Ueberblick  über  die  Entwicklung  der  antiken  Stillehre 
bis  in  ciceronische  Zeit  die  Erkenntniss  von  der  Art  und  Bedeu- 
tung der  Bewegung  am  leichtesten  ersohliessen  wird. 

Theophrast  ist  der  Mann,  dessen  Aufstellungen  für  die 
Stiltheorien  der  Alten  von  entscheidender  Bedeutung  waren.  Er 
unterschied  drei  Stilarten,  den  schlichten  Stil,  den  strengen  öder 
erhabenen  Stil  und  einen  mittleren,  der  die  Eigenschaften  der 
beiden  in  sich  vereinigte,  und  dem  er  den  Preis  zuerkannte. 
£r  hat  diese  drei  Stilarten  mit  Rücksicht  auf  das  ihm  über- 
kommene historische  Material  geschaffen,  das  sich  in  den  drei 
Rubriken  bequem  unterbringen  Hess.  Aber  es  kamen  andere 
Zeiten,  da  Leute  aufstanden,  deren  Art  nicht  mehr  recht  in  die 
alte  Schablone  passen  wollte;  es  war  eben  etwas  ganz  Neues, 
für  das  man  den  Namen  des  Blühenden  oder  Glatten  erfand.  So 
hatte  man  denn  vier  Stilarten;  so  kennt  sie  eine  bisher  nicht 
verwerthete,  sehr  alte  und  schätzbare  Quelle,  nämlich  Philodems 
Rhetorik  \ 

Dass  die  Dinge  sich    in  der  angedeuteten   Weise  vollziehen 
mussten ,    ergiebt    eigentlich     eine     Betrachtung    der    geschicht- 
lichen Entwicklung  des  Prosaetils    in  den  Zeiten  des  Asianismus 
von  selber;    wir    haben    aber    noch    eine    bestimmte  Andeutung 
dafür,    dass  die  ανθηρά  λέΗις    sich  neben    den  drei    bestehenden 
Stilarten    ausbildete    und    erst  nachher    mit    ihnen  verschmolzen 
^urde.     Cicero    sagt    im  Orator  c.  27:    In    diese  Klasse    gehört 
*öcb  jene  blühende,  geputzte  und  verzierte  Manier  des  Vortrags, 
die  jeden  Schmuck  aufnimmt,    in  welchem  Worte  und  Gedanken 
erscheinen  können.     Von  den  Sophisten  ausgebildet  wagte 
^'6    sich  in  die  Oeffentlichkeit,  aber  da  sie  von  den  Rednern  der 
^^h  lichten    und  erhabenen  Gattung    abgewiesen    wurde,    verband 

« 

®^e    sich  mit  der  Mittelgattung,  von  der  ich  eben  rede. 

Also    zunächst   vier    Stilarten,    darauf   Verschmelzung    der 
^^^    hinzugetretenen    mit  dem    γένος    μέσον.     So    entsteht    ein 


^  Rhet.   I    165  Sudh.,    wo    Zeile  4  μ[έτ€θος]    schwerlich    richtig 
^^%'anzt   ist;    wahrscheinlicher  ist  μ[€σότητα],    cf.  Proclus   bei  Photiue 


362  Radermacher 

System,  das  auch  Quintilian  kennt,  der  XII  58  eagt:  namqüe 
unum  subtile  quod  1(Τχνόν  vocant,  alteram  grande  atque  robastum 
quod  abpov  dicuiit,  constituerunt;  tertium  alii  medium  ex  duobtis, 
alii  floridum  {namquc  id  άνθηρόν  appellani)  addidemnt. 

Aber    es  gab    noch    eine    dritte  Möglichkeit,    sich  mit  den 
neugeschaffenen    Verhältnissen    abzufinden.      Diese    Theorie,    die 
wir  mit  Sicherheit  als  stoisch^  bezeichnen  können,  hielt  an  drei 
Stilgattungen  fest,  bezeichnete  die  erhabene  und  leidenechaftliche 
als  die  vollkommenste,    Hess   die  schlichte  folgen,  und  dann  erst 
die    mittlere,    die    keineswegs    ans    einer    Mischung    der    beiden 
anderen  entsteht,  sondern  nur  infolge  von  einer  bedachten  Mass- 
haltung in  Worten  und  Gedanken  die  Mitte  zwischen  den  beiden 
anderen  hält.    Jede  von  den  drei  Stilformen  aber  läset  sich  nach 
zwei  Seiten  hin  ausbilden,    entweder  nach  der  Seite  der    herben 
Strenge  oder    nach    der   des  Blühenden.     So    ist    denn    hier   das 
άνθηρόν  als  besondere  Gattung  ausgemerzt.     Mit  ihr  mueste,  und 
das  ist  äusserst  wichtig,  auch  Theophrasts  αυστηρά  \έΙ\ς  fallen. 
Man  hat  von  ihm  im  Grunde  nur  das  1(Τχνόν  und  die  Dreitbeilung 
behalten,  alles  Uebrige  ist  gründlich  verschoben.    Ob  diese  Theorie 
jemals  starken  Einfluss  ausgeübt  hat,  lässt  sich  bezweifeln.     Cicero 
selbst  richtet  sich  im  Orator,   nachdem  er   zunächst  die  stoische 
Lehre  dargestellt  hat,    später  in    einer  ausführlicheren  Charakte- 
ristik der  drei  Stilarten  nach   einer  einfacheren,   allerdings   nahe 
verwandten  und  vielleicht  aus  der  vorigen  abgeleiteten  Anschau- 
ung,   auf  die    schon  oben  hingewiesen    worden  ist.     Diese  Stelle 
giebt,  wie  ich  glaube,    den  Schlüssel  zum  Verständniss  der  atti- 
cistischen  Bewegung.     Cicero  handelt  da*   zunächst  von  der  ein- 
fachen Schreibweise  und  schildert   den  Redner,   quem  solum  qui• 
dam  vocant  Atticum.     Seine  Sprache  ist  die  des  gemeinen  Mannes, 
einfach  und  natürlich,  er  bewegt  sich  frei  von  den  Banden 
des    Rhythmus,     meidet    keineswegs    den    Hiat,    wohl    aber 
jeglichen  Schmuck  der    Rede.     Alles,    worauf    es  ihm  ankommt, 
ist  Eleganz,   Reinheit,    Klarheit  und  Wahrung    des  Geziemenden 
im  Ausdruck.     Dann  folgt  der  Vertreter   des  mittleren  Stils,  a.!» 
dessen  Ideal  Demetrios  von  Phaleron  aufgeführt  ist.     Die  Chara-li" 
teristik    ist    ein    wenig   farblos:    uberius    aliquantoque    robusti^^ 


^  Als  stoisch,  nicht  als  die  stoische.  Denn  um  einen  Glaubens• 
artikel  handelt  es  sich  nicht  und  es  ist  daher  recht  gut  möglich,  cIb^^ 
mehr  als  eine  Stiltheorie  auf  stoischen  Boden  erwachsen  ist. 

2  §  ;5  ff. 


Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik  lY.  363 

quam  hoc  humile,  eummieeiuR  autem  quam  illud  ampliseimnm. 
Das  ist  weder  Fiech  noch  Fleisch.  Man  sieht,  wie  die  ganze 
Kategorie,  die  bei  Theophraet  ihren  guten  Sinn  hatte,  im  Grunde 
nur  ehrenhalber  weitergeführt  wird.  Zum  Schlüsse  folgt  noch 
die  bereits  verwerthete  Bemerkung,  mit  dem  mittleren  Stil  habe 
sich  der  blühende  verbunden.  Hieran  schliesst  sich  die  Zeich- 
nung des  dritten  Stils,  als  dessen  Haupteigenschaften  Fülle,  hin- 
reissende Kraft  und  ausgiebige  Benutzung  aller  zu  Gebote  stehen- 
den Kunstmittel  aufgezählt  werden. 

Um  die  Dinge  zu  verstehen,  hat  man  zu  beachten,  dass 
Nummer  eins  und  drei  in  durchaus  gegensätzlichem  Verhältniss 
stehen.  Der  eine  verachtet  den  Figurengebrauch,  der  andere 
sucht  ihn,  der  eine  will  vom  Rhythmus  der  Rede  nichts  wissen, 
der  andere  bildet  ihn  kunstvoll  aus,  der  eine  strebt  nach  mög- 
lichster Schlichtheit,  der  andere  nach  möglichster  Fülle  des  Aus- 
drucks und  so  fort.  Kurz,  zeichnet  Cicero  an  erster  Stelle  nach 
eignem  Geständuiss  den  Atticisten,  so  muss  er  an  dritter  den 
Asianer  charakterisiren.  Auf  den  passt  denn  auch  recht  gut  der 
Schluss  des  letzten  Abschnitts,  wo  es  heisst:  'Wer  schlechter- 
dings nie  imstande  ist  bedachtsam  und  leidenschaftslos  oder  mit 
Ordnung,  Bestimmtheit  oder  angenehmer  Laune  zu  sprechen,  der 
ist  in  Gefahr,  wenn  er  seine  ruhigen,  nüchternen  Zuhörer  mit 
dieser  flammenden  Beredsamkeit  überrascht,  für  verrückt  oder 
betrunken  gehalten  zu  werden.' 

Den  solchergestalt  von  Cicero  charakterisirten  Zustand 
darf  man  ohne  Bedenken  mit  dem  Wahnsinn  des  Dichters  auf 
eine  Stufe  setzen  oder  mit  der  Trunkenheit,  in  der  Aischylos 
seine  Dramen  geschrieben  haben  soll.  Denn  diese  ganze  Theorie, 
die  dem  Redner  rücksichtslose  Ausnutzung  sämmtlicher  Kunst- 
mittel des  sprachlichen  Ausdrucks  erlaubte,  kann  unmöglich 
eine  andere  sein  als  jene,  die  Poesie  und  Rhetorik  in  ihrem  Wesen 
identifizirte  und  darum  dem  Rhetor  zugestand,  was  eigentlich  nur 
dem  Dichter  gestattet  war.  'Auch  die  Dichter  haben  die  Frage 
angeregt,  wodurch  sie  sich  denn  eigentlich  vom  Redner  unter- 
schieden :  früher  schienen  sie  es  wesentlich  durch  Rhythmus  und 
Vers;  jetzt  ist  der  Rhythmus  bei  den  Rednern  gewöhnlich  ge- 
worden sagt  Cicero  an  anderer  Stelle.  Also  verblieb  dem  Dichter 
als  einziges  Charakteristikum  das  regelmässig  wiederholte  Vers- 
mass.  Es  würde  zu  weit  führen  auf  diese  Dinge  hier  weitläufig 
einzugehen,  von  denen  zudem  andere  vor  kurzem  noch  ausführlich 
gehandelt  haben.    Für  uns  ist  das  Wesentliche  die  Thatsache,  daes 


364  Radermacher 

auf  dem  Boden  der  bezeichneten  tbeoretiechen  AnechauQog  die 
Prosa  erwachsen  ist,  die  wir  nun  einmal  asianische  nennen,  weil 
ihre  Gegner  sie  so  genannt.  Nor  so  versteht  man  alle  Vor- 
würfe, die  gegen  die  Asianer  erhoben  werden,  die  Versifizirong 
der  Kede^,  die  masslose  Verwendung  der  Redefiguren,  die  Aus- 
schreitungen des  Vortrags',  und  wie  die  Dinge  alle  lauten  mögen. 

Selbstverständlich  vertrat  die  Reaktion  in  allen  Punkten 
genau  entgegengesetzte  Anschauungen.  Ausgeben  möchte  ich 
von  einer  Stelle  Quintilians  (XII  10,  14),  die  ein  in  jener  Zeit 
viel  verhandeltes  Thema  ^  knapp  und  treffend  zusammenfaset. 
Da  wird  berichtet,  es  gebe  Leute,  die  glaubten,  der  natürliche 
Stil  sei  der  beste.  Die  Rede  müsse  dem  täglichen  Gespräche 
so  nah  wie  möglich  kommen,  sie  müsse  sich  bestreben  ohne  ge- 
suchte und  künstlich  ausgearbeitete  Wendungen  die  Gedanken  zu 
offenbaren ;  was  darüber  hinausgehe,  sei  affektirt,  unwahr  und  nur 
dem  Wortgeklingel  zuliebe  geschaffen,  während  doch  eigentlich 
die  Worte  bloss  die  Aufgabe  hätten  dem  Sinn  zu  dienen.  Da 
nun  für  jeden  Begriff  ein  passender  Ausdruck  vorhanden  sei,  was 
verschlage  es  da  Umschreibungen  und  üebertragungen  anzu- 
wenden. Der  natürlichste  Ausdruck  sei  aber  gerade  bei  den 
ältesten  Schriftstellern  zu  finden ;  allmählich  seien  jedoch  die 
Redner  den  Dichtern  immer  ähnlicher  geworden. 

Wessen  Anschauungen  sind  hier  wiedergegeben?  Offenbar 
gehört  der  Mann,  der  so  gelehrt  hat,  einer  extremen  Richtung 
an ;  gehen  wir  in  ältere  Zeit  zurück,  so  finden  wir  ähnliche 
Sätze  mit  Energie  verfochten  bei  dem  Epikureer  Philodemos.  Die 
Wichtigkeit  der  Thatsache  muss  ohne  weiteres  jedem  einleuchten, 
der  sich  erinnert,  welchen  Werth  der  Schüler  darauf  legt,  die 
reine  Lehre  seines  Meisters,  des  Epikuros,  zu  verkünden*.  Phi- 
lodem bemerkt  rhet.  1  p.  151:  ?π€ΐτ'  el  μέν  μηοεις  ήν  φυσικώς 
καλός  λόγος,  ίσιυς  άν  ήν  άναγκαϊον  αγαπάν  τον  κατά  θέμα, 
νυν    b'  υπάρχοντος   (seil,  του  φυσικώς  κάλου)   άθλιον  το   πα- 


^  Theo  Progymn.  ρ.  71,  10  Lp. 

2  'Tanzen  und  Singen  auf  der  Rodnerbühne'  Öfters  getadelt, 
daher  Dionys  nicht  ganz  mit  Unrecht  von  αναίδεια  θεατρική  redet. 
Tacitus  hat  sich  ähnlich  ausgedrückt.  Vielleicht  kommt  es  daher,  dass 
im  spätem  Griechisch  ήίδβιν  geradezu  für  λέγειν  gebraucht  wird. 

β  Ζ.  Β.  auch  im  Dialogue  des  Tacitus.  S.  die  Zusammenstellungen 
Nordens,  Kunstprosa  S.  260  ίΤ. 

*  Vgl.  Sudhaus  Philologus  LIV  16  ff. 


Stadien  zur  Geschiebte  der  antiken  Rhetorik  IV.  365 

ρ€ντας  αυτόν  έπ*  εκείνον  κατανταν:  also  Gegensatz  der  natür- 
lichen and  der  künstlichen  Ausdracksweise  mit  Billigang  der 
ersteren.  Vorher  schon  war  gesagt  worden,  dass  die  Darstellung 
der  Philosophen  besser  sei  als  die  der  Rhetoren,  weil  jene  stets 
die  prägnantesten  Bezeichnangen  (τα  κυριώτατα)  wählten.  Es 
folgt  col.  VII  eine  lange  Auseinandersetzung  gegen  den  λόγος 
τεθεματκΤμίνος,  die  in  dem  Nachweis  gipfelt,  dass  er  dem  wechseln- 
den Geschmack  unterliege  und  nichts  Festes,  Greifbares  darstelle. 
Sehr  wichtig  ist  dann  weiter  der  Anfang  vom  2.  Theil  des  4. 
Baches,  das  der  Polemik  gegen  die  Verzierungen  der  Rede  ge- 
widmet ist.  Leider  ist  die  Stelle  mit  voller  Sicherheit  nicht 
herzustellen  ;  so  viel  steht  fest,  dass  ein  Gegensatz  zwischen  den 
rhetorischen  Sophisten  und  den  übrigen  alten  Schriftstellern  nach- 
gewiesen wird,  und  dass  die  Worte  nicht  wesentlich  dem  Sinne 
nach  von  Quintilians  Bemerkung  über  den  natürlichen  Stil  der 
Alten  abweichen  können:  λέγωμεν  bk  δτι  τών  μέν  Ρητορικών 
σοφιστών  οΐ  μέγιστοι  τοις  όμοιοτελεύτοις  και  όμοιοτττώτοις 
και    όμοιοκατάρκτοις    απρεπέστατα    φαίνονται    παπλανημένοι 

και οε    (?)   όνομάτιυν   έν   τη   προφορά    πολλήν 

έμμέλειαν  πεποιηκότες.     Gemeint  ist  offenbar  Gorgias  und  seine 

Schule.     Nun  folgt  der  Gegensatz:  o\  bk τότε  και 

μάλιστα ιυν  [συ]γγραφέυϋν  οοκουσ]ιν  έκάτε[ρον 

καθό]λ[ου  οιαπ]εφε[υγέναι  και]  τ[ό  κα]τά  φύ[σιν ]ον 

[και]    αυτό    μό[νον έπιτη]οεοσ[αι    (?).     Es    steht 

immerhin  noch  gerade  so  viel  da,  als  wir  brauchen,  um  zu  er- 
kennen, dass  Quintilians  'antiquissimum  quemque  maxime  secun- 
dam  naturam  dizisse  contendunt  unter  allen  Umständen  die  Grund- 
lage der  Wiederherstellung  wird  bilden  müssen.  Ein  gewisser 
Abschluss  steht  dann  bei  Philodem  S.  183:  του  σοφιστοΟ  όιηκρει- 
βωμένως  έστι  καλόν  τή  φύσει  γ'  ούοέν  κατασκεύασμα. 

Auf  Grund  dieser  Ausführungen  desPhilodemos  wird  nun  ohne 

^vreiteres  ein  merkwürdiges  Zeugniss  über  die  Lehre  des  Epikur 

verständlich,  das  Maximus  Planudes  schol.  Hermog.  1.  V  p.  440, 

25  W.  (Us.p.  114)  überliefert:  6  bi  γε  'Επίκουρος  έν  τψ  περί 

ρητορικής    αύθαοέστερον     οΐμαι    λέγων     φησιν    αυτός    μόνος 

€ύρηκέναι  τέχνην  πολιτικών   λόγων   τους   bk  δλλους   άπο- 

<Τκορακί£ιυν  ρήτορας  έαυτώ  πως  μαχόμενα  λέγει*   φύσις 

γάρ  έστιν  ή  κατορθοΟσα  λόγους,   τέχνη  bk   ουδεμία. 

Das  ist  ja  zuletzt  derselbe  Gegensatz  wie  bei  Philodem,   nämlich 

der    zwischen    λόγοι  κατά  φύσιν  und  κατά  θέμα    mit  Billigung 

der  ersteren.     Allerdings  scheint  es  eine  Verdrehung,  wenn  dem 


3ββ  Rftdermacher 

Epikur  vorher  die  Aeueeerung  in  den  Mond  gelegt  wird,  er  allein 
habe    eine    Wiseenschaft    der    öffentlichen    Rede    gefunden;    wir 
haben  deshalb    unter    allen  Umständen  daran    festzuhalten,    dass 
Planudee  seine  Eenntniss    nicht  unmittelbar  aus  Epikur    bezieht, 
sondern  aus  einer  rhetorischen  dem  Philosophen  feindlichen  Tra- 
dition,  der  es  bei  einer  Widerlegung  darauf  ankam  den  Worten 
des  Gegners  einen  solchen  Sinn  abzugewinnen,  dass  eine  dedactio 
ad  absurdum    möglich    wurde.     Für    derartige  Kunststücke    der 
Interpretation  genügt  es  auf  Philodem  selbst  zu  verweisen.     Und 
ich  halte  es  bei  dem  pointenreichen  Stil  des  Epiknros  keineswegs 
für    so  ganz  unmöglich,    dass  sich    bei  ihm  eine  Wendung  fand^ 
die  eine  Auslegung    im  Sinne    des  Planudes    zuliess.     Jedenfalls 
möchte  ich  die  Echtheit  des  Citats  unter  allen  Umständen  be- 
haupten, so  gut  wie  das  τους  bi  δλλους  άττοσκορακι^ΐων  Ρήτορας 
unverfälschte  Wahrheit  ist;  je  mehr  Quellenuntersuchungen  man 
zur  rhetorischen  Scholienliteratur   machen  wird,    desto  deutlicher 
wird  man  zu  der  Erkenntniss  kommen,  dass  eine  alte  Schultradi- 
tion hinter    ihr  steht.     Fälschung  von   Epikursprüchen    sind    ihr 
am  wenigstens  zuzutrauen.     Dafür  hatte    dieser  Mann    zu  wenig 
Bedeutung  für   die  Rhetorik.     Planudes    selbst    weiss    so    wenig 
von  ihm,  dass  er  ihn  für  einen  Rhetor  gehalten  zu  haben  scheint. 
Anders    liegt  die  Sache   bei  einem  Isokrates    oder  Gorgias;    auf 
RO   klangvolle  Namen    wird  man    allenfalls    herrenloses  Gut   ge- 
setzt haben,  um  ihm  ein  gewisses  Ansehen  zu  verleihen  *.     Zwi- 
schen Epikur  und   Philodem,    Philodem    und    der  Quintiliannach- 
richt  besteht  also    ein   fester  Zusammenhangt.     Grundprincip  ist 
die  Vertheidigung    des    natürlich    schönen  Ausdrucks    gegenüber 
dem  gekünstelten^. 

Das  sind  die  theoretischen  Anschauungen,  auf  deren  Boden 
der  Atticismus  erwachsen  ist. 

Scharf  und  kurz  bezeichnet  Dionys  von  Halikamass  de 
Lys.  c.  13  den  Gegensatz  mit  Anwendung  auf  Gorgias  und 
dessen  Schule  einerseits  und  Lysias  andrerseits;  von  den 
einen  heisst  es  έΕήλλαττον  τόν  Ιοιώτην  κα\  κατέφευγον 
εις  την  ποιητικήν  φράσιν,  dann  unten  Λυσίας  bi  τοιούτον 


1  Vgl.  Elter  Analecta  Graeca,  Bonner  Progr.  1899,  S.  42. 

2  Vgl.  noch  den  Ausfall  des  Epikur  gegen  die  Rhetoren  bei  Usener 

s.  112/11:3. 

^  Vgl.  auch  Sex  tu  Β  Emp.  προς  /Ρήτορας  S.  086  Β. 


Stadien  zur  Ocschichte  der  antiken  Rhetorik  lY.  3β7 

jx^^fe"^  ή(Τκη(Τ€ν.  So  erhoben  später  die  Lyeianer  den  Streit 
iee  ιδιώτης  λόγος  gegen  den  ποιητικός  und  κατεπιτετηδευ- 
der  Aeianer.  Wenn  Cicero  or.  76  von  dem  Redner,  den 
see  Lente  allein  einen  echten  Attiker  nennen,  sagt,  er 
müeee  sein  'ab  indieertis  re  plns  quam  opinione  diiferens  ,  so 
"verg•! eiche  man  Dionys  über  Lysias  p.  459  R:  όμοίιυς  bk  τοις 
Λιώχαις  οιαλίγεσθαι  οοκιυν  πλείστον  δσον  Ιοιώτου  διαφέρει, 
vgl.  ρ.  463  R  U.  469  R,  wo  seine  Wortfügung  als  Master  einer 
natürlichen  gepriesen  wird.  Wenn  ich  die  ganze  Entwicklung 
recht  verstehe,  so  muss  Lysias  zunächts  der  alleinige  Abgott  der 
Attioieten  gewesen  sein;  wo  Cicero  von  ihren  Idealen  handelt, 
erecheint  er  allein  genannt  oder  charakterisirt,  oder  doch  an 
erster  Stelle.  Immer  hat  er  die  stärkste  Partei  für  sich  gehabt. 
Aber  auch  die  Thakydideer  in  Rom  haben  ihren  Meister  nicht 
von  der  Seite  seiner  gorgianischen  Allüren  genommen,  sondern 
^1b  Qenossen  des  Lysias,  bloss  dass  seine  alterthümliche  Strenge 
ibrem  persönlichen  Empfinden  mehr  zusagte;  Lysias  war  ihnen 
schon  zu  elegant.  '  Huius  (Thucydidis)  tamen  nemo  neque  ver- 
komm neque  sententiarum  gravitatem  imitatur,  sed  cum  mutila 
^naedam  et  hiantia  locuti  sunt,  germanos  se  putant  esse 
Thucydidas'  sagt  Cicero  or.  32.  Die  Charakteristik  ist  von  per- 
sönlicher Empfindlichkeit  eingegeben,  aber  sie  trifft  den  Kern 
^er  Sache. 

Was  die  echten  Atticisten  erstrebten,  ist  Natürlichkeit, 
Klarheit,  Kürze  and  Prägnanz  des  Ausdrucks,  sorgfältige  Be- 
obachtung des  Sprachgebrauchs^.  Besonders  charakteristisch  aber 
^^^  für  sie  der  Kampf,  den  sie  gegen  die  damals  herrschende 
^ehre  von  der  Komposition  der  Rede  geführt  haben,  die  sie  an- 
"^^^ingt  verwarfen.  Cicero  liefert  hierfür  zahlreiche  Zeugnisse*. 
*®  Sache  ist  einer  eingehenderen  Betrachtung  werth. 

Dionys  von  Hai.  handelt  von  der  (Τύνθ€(Τις  nur  im  eigentlichen 
^^'»iie  als  der  Aneinanderfügung  der  Worte,  und  es  ist  bekannt,  dass 
^**  ^rei  Arten  unterscheidet,  eine  γλαφυρά,  eine  αύ(Ττηρά  und  eine 
^*^0•η ;  letzterer  wird  der  Preis  zuerkannt.  Rabe  hat  die  Vermuthung 
'^  begründen  versucht,  dass  diese  Anschauungen  im  Grunde  auf 
^^opbrast  π€ρ\  λέξεως  zurückgehen.  Er  hat  mit  seiner  Meinung 
^ni^  Beifall  gefunden,  wenigstens  nicht  bei  denen,  die  sich  zur 
^^Iie  geäussert  haben.     Aber    es  ist  heutzutage   kaum    möglich 


Ϊ  Vgl.  Cicero  or.  75  ff. 

*  S.  0.  Jahn  Orator  Einl.  S.  21. 


iH\S  Radermacher 

an  dem  Gedanken  festzuhalten,  dase  die  Lehre  yon  der  Drei- 
theilung  eine  Erfindung  des  Dionye  sei,  nachdem  wir  aus  den 
Resten  der  Poetik  des  Philodem  gelernt  hahen,  dass  in  der 
Theorie  der  Dichtkunst  länget  drei  Arten  der  Wortfügung  aner- 
kannt waren  ^  Das  Entscheidende  ist  ja,  daes  eich  damals  die 
Poetik  im  Schlepptau  der  Rhetorik  hefand ;  sie  wird  demnach 
auch  die  T^ehre  von  der  Wortfügung  der  letzteren  verdanken, 
und  dann  mnss  die  Drittelung  älter  sein  als  Dionye. 

Ciceros  Lehre  von  der  Komposition  der  Prosarade,  wie  sie 
am  vollständigsten  in  den  letzten  Kapiteln  des  Orator  yorliegt, 
ist  von  der  des  Diunys  wesentlich  verschieden.  Er  handelt  darin 
1.  von  der  Vermeidung  des  Hiatus  und  der  Auswahl  schön- 
klingender Worten  indem  er  nur  eine  σύνθεσις,  die  γλαφυρά, 
anerkennt.  Für  sie  ist  Wohlklang  das  Hauptgesetz;  demnach  hat, 
wasHiat  und  Wortwahl  angeht,  in  jedem  einzelnen  Falle  das  ästhe- 
tische Wohlgefallen  des  Ohres  die  Entscheidung.  2.  spricht  er 
von  der  Verzierung  des  Satzes  durch  die  gorgianischen  Figuren, 
namentlich  Parisoee  und  Reim,  3.  vom  Rhythmus.  Er  heht  also 
gerade  diejenigen  Dinge  hervor,  die  für  eine  ganz  hestimmte 
Art  der  Kunstprosa  charakteristisch  sind.  Ein  Princip  heherrscbt 
das  System:  das  des  Wohlklangs. 

Nun  lernen  wir  heute  aus  Philodems  Poetik,  wie  energisch 
auf  diesem  Gebiet  die  Frage  nach  dem  schönen  Klang  der  Worte 
von  den  Theoretikern  nacharistotelischer  Zeit  verhandelt  worden 
ist^.  Wir  erfahren,  dass  die  Extremen  die  Klangwirkung  ohne 
Rücksicht  auf  den  Sinn  als  oberstes  Gesetz  anerkannten.  Wir 
brauchen  uns  nur  an  die  engen  Beziehungen  zwischen  Poetik  nnd 
Rhetorik  zu  erinnern,  um  den  Schluss  zu  ziehen,  dass  für  die 
letztere    die  Stillehre    zu    gleichen  Ergebnissen    gekommen    sein 


^  Vgl.  Gomperz    Pbilod.    und    die   aeth.  Schriften  der   herc.  Bi- 
bliothtik  S.  43  ff. 

2  Vgl.  auctor  ad  Her.  IV  12,  18. 

^  ('barakteristisch  ist  hier  bosonders  ein  Zusammentreffen  Cicero^ 
mit  Philodeni.  Cicero  sagt  Orator  §  (J8  von  den  Dichtern:  tum  etian'»' 
nonnullorum  uoluntate  (so  richtig  Sauppe  für  handschriftlich  uoluntati^ 
uocibus  magis  quam  rebus  inseruiunt.  Jetzt  kennen  wir  einen  Hera-— 
kleodorus  als  Vertreter  solcher  Ansichten  aus  Philodem  poet.  Vol.  Heri?- 
VJI  100:  Kivet  γάρ  ού  τά  άποίητα  άλλα  καΐ  τα  π€ποιημ^να  (διανοήματί* 
δέ  καΐ  ταυτ'  εστί),  Ήρακλεο&ώρου  νομίζοντας  ολως  νόημα  μή  κινβϊλ^- 
Vgl.  Gomperz  a.  a.  Ο.  S.  25  Anni.  S.  Γ>1  ff. 


Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik  lY.  369 

muse.  Cicero  iet  von  Α  eiteren  abhängig.  Dafür  spricht  denn 
anch  wenigstens  eine  Aeussemng  in  der  Rhetorik  des  Philodem, 
wo  er  in  einer  Polemik  gegen  die  rhetorischen  Theoretiker  be- 
merkt^: Συμπτωσις  bi  ςκυνηίντων  έστι  μέν  ύττόψυχρος,  ή  b' 
ουκ  δκαιρος.  Ου  μήν  οΰτο(  γβ  (nämlich  Philodems  Gegner)  bi- 
€ΐλήφασιν  έκάτερον,  άλλα  ττρός  τήν  τής  ακοής  ήbovήv  καΐ 
όηδίαν  άναφέρουσιν.  ώς  κα\  τήν  τών  κακορύθμων 
ονομάτων  ευθύς  &ν  κρίνοι  μβν.  Dies  ist  das  nämliche 
Princip,  nach  dem  Cicero  die  Lehre  von  der  Wortfügung  ge- 
staltet. Er  selbst  hat  die  von  ihm  aufgestellten  Eompositions- 
regeln  nie  in  dem  Umfange  befolgt.  Es  kann  aber  kein  Zweifel 
sein,  dass  sie  auch  in  der  Praxis  entschiedene  Anhänger  gefunden 
haben;  sie  beherrschten  die  zeitgenössische  Rhetorenschule,  und 
ihre  extremen  Vertreter  sind  die  Leute,  gegen  die  der  Attioismus 
Front  machte. 

Aus  Cicero  wird  nämlich  weiter  klar,  dass  allen  diesen  Auf- 
stellungen gegenüber  der  atticistische  Standpunkt  der  einer  abso- 
luten Verneinung  gewesen  ist.  Die  nothwendige  Folge  war,  dass 
Cicero  selbst,  der  die  herrschenden  Anschauungen  wenngleich 
mit  Masshaltung  vertrat,  in  die  Opposition  gegen  die  Attioisten 
gedrängt  wurde. 

Ich  verweise  nur  auf  das  der  Abhandlung  über  den  Rhythmus 
voraufgeschickte    Kapitel    im    Orator.     Hier    steht    eine  heftige 
Polemik  gegen  Leute,  die  vom  Rhythmus  der  Rede,  insbesondere 
Von  der  rhetorischen  Clausel  nichts  wissen  wollten,  für  eine  ab- 
gerundete Periode    kein  Verständniss    hätten,    die    sich  für    ihre 
'^(iffassung    auf  die  *  Alten*    beriefen    und  für  deren  Nachahmer 
gehalten  werden  wollten,  aber  nur  deren  Fehler  nicht  ihre  Vor• 
^^^«  besässen  :  ^ipsi  infracta  et  amputata  locuntur  et  eos  uituperant, 
^'^^    apta  et  finita  pronuntiant*.     Es  ist    ohne    weiteres  klar    und 
^'^^st    erkannt,    dass    hier    die    atticistische   Partei    gemeint    ist, 
^^^     allem    die    Bewunderer    des    Thucydides.      Heiset    es   doch 
^^^Xi  Vorbild  selbst,  er  sei  praefractior  nee  satis  rotundus^.    In 
^^    Ablehnung    der  rhythmischen  Komposition    waren    aber  die 
^^ianer  mit  den  Thukydideern  einig,  wie  Orator  §  76/77  deut- 
"^H  zeigt. 

So  bestätigt  genaueres  Zusehen  jedesmal  den  Schluss,  dass 
^^ero  in  seiner  Lehre  von  der  (Τύνθ€(Τΐς  von   den  damals   herr- 


1  I  S.  163  Sudh. 
«  er.  40. 

BlMln.  Mos.  t  PhUol.  N.  F.  LIV.  24 


370  Rader  mach  er 

sehenden  Anscbanongen  der  rbetoriecben  Theoretiker  anegeht. 
Wenn  er  auch  gelegentlich  wider  die  Asianer  polemisirt,  so 
ändert  das  nichts  an  der  Thatsaohe,  dass  er  in  den  Gmndforde- 
rnngen  mit  ihnen  einig  war.  Bloaa  dase  er  einer  vernünftigen 
Masehaltung  das  Wort  redet;  dies  ist  hei  seiner  allem  Extremen 
abholden  Natur  ganz  selbstverständlich.  Er  war  der  Mann  der 
Kompromisse,  und  so  musste  er  sich  nach  zwei  Fronten  wehren. 
Vortrefflich  passt  nun  in  diesen  Zusammenhang  die  grammatische 
Erörterung,  die  sich  an  das  Kapitel  über  den  Hiatus  anschliesst. 
E.  Norden  hat  meines  Wissens  zuerst  die  Zeugnisse  zusammen- 
gestellt, die  für  Rom  ein  Zusammengehen  des  Attioismus  mit 
analogetiscben  Bestrebungen  in  der  Grammatik  beweisen.  Cicero 
steht  auf  dem  entgegengesetzten  Standpunkt.  Er  vertheidigt  die 
Anomalie,  den  usus  oder  die  oonsuetudo;  das  Princip,  das  diese 
Auseinandersetzungen  mit  den  vorhergehenden  über  den  Hiat 
verbindet,  ist  der  Wohlklang,  der  auch  die  Sprache  in  ihrem 
Schalten  und  Walten  bewusst  oder  unbewusst  beherrscht  und 
ihre  Anomalien  erzeugt,  indem  er  sie  zwingt  dem  ästhetischen 
Vergnügen  des  Gehörs  Rechnung  zu  tragen.  Es  ist  sehr  wichtig 
zu  sehen  wie  eine  theoretische  Forderung,  welche  die  Poesie  und 
Rhetorik  beherrschte,  in  geschickter  Weise  auch  auf  die  Gram- 
matik tibertragen  wird^. 

Dass  Cäsar,  der  Atticist,  Analogetiker  war,  ergiebt  sich 
nunmehr  als  etwas  ganz  Natürliches.  Aber  noch  auf  andere 
Weise  vermögen  wir  bei  den  Atticisten  eine  Verquickung  gram- 
matischer Principien  mit  den  stilistischen  zu  beobachten.  Die 
Thukydideer  sind  Archaisten  im  strengsten  Sinne,  wir  wissen 
das  von  Sallust  und  Asinius  PolHo.  Aber  wir  wissen  es  auch 
noch  anderswoher.  Vergil  hat  seinen  Lehrer  Annius  Cimber  als 
ein  solchen   Mann  mit  bekannten  Versen^  gekennzeichnet: 


1  Freilich  insofern  als  Pergamon  für  den  Stützpunkt  der  Ano- 
malisten,  Alexandrien  für  den  der  Analogisten  gilt,  sind  unsere  Heoh- 
achtungen  der  Anschauung  von  einer  besonderen  Förderung  des  Atti- 
oismus durch  Pergamon  nicht  günstig. 

2  Ich  gebe  die  Verse  in  der  Form,  wie  sie  Bücheier  hergestellt 
hat.  Auffallend  bleibt  mir  in  Vers  3  das  Schwanken  der  üeberlieferung. 
Während  die  Handschriften  der  Katalepton  auf  Thucydidis  tyrannus 
führen,  schwanken  die  Quintilianhandschriften  zwischen  Thucydides 
brittannus,  brittanus  und  hritanus. 

Man  wundert  sich,  wie  britannus  entstehen  konnte,  wenn  tyrannus 
die   echte  Lesart  war;    das  Wort    ist  doch  so  gewöhnlich,    dass    nicht 


Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik  lY.  371 

Corinthiomm  amator  iete  yerboram, 

Tete  iete  rhetor,  iamqae  qnatenns  totns 

Thaeydidee,  tyrannne  Atticae  febris, 

Tan  Gallionm  min  et  spin  et  —  male  illi  eit  — 

Ita  omnia  ista  verba  miscnit  fratri. 
Der  Vorwurf  ist  keine  Chimäre.  Wenn  wir  in  den  ge- 
ringen Resten  der  Schriftstellerei  eines  griechischen  Zeitgenossen, 
des  Geschichtschreibers  Nikolaos  von  Damaskus  ein  paarmal  μ(ν 
für  αυτόν  finden,  so  hat  die  auffallende  Erscheinung  in  dem 
Vergilepigramm  ihre  Erklärung,  und  Dindorf  brauchte  sich  nicht 
unmässig  darüber  zu  erstaunen.  (7φ{ν  ist  bei  Appian  wenigstens 
tiberliefert ;  Aufnahme  in  den  Text  hat  es  nie'  gefunden,  und  so 
muss  man  sich  wundem,  dass  die  modernen  Herausgeber  dem 
Pausanias  sein  έτΓ€(  T€  und  dergl.  mehr  gelassen  haben. 

Wir  sind  hier  unvermerkt  auf  griechischen  Boden  geraten 
und  haben  nunmehr  die  Frage  in's  Auge  zu  fassen,  welche 
Stellung  das  Griechenthum  zu  jener  reaktionären  Bewegung,  die 
sich  Atticismns  nannte  und  zunächst  nur  das  Gebiet  des  Prosa- 
stils  betraf,  überhaupt  genommen  hat.  Man  hat  bis  jetzt  als 
etwas  selbstverständliches  die  Annahme  gelten  lassen ,  dase 
Griechen  die  führenden  Geister  gewesen  sind,  die  den  Aufruhr 
in  Eom  erregt  haben ;  man  konnte  kaum  anders  urtheilen,  da  man 
die  verschiedenen  Strebungen  nicht  scharf  genug  schied  und  bald 
hier  bald  dort  einen  ersten  Atticisten  entdeckt  zu  haben  glaubte. 
Aber,  vom  rein  theoriechen  Standpunkt  aus  betrachtet  ist  es 
nicht  nöthig,  den  Griechen  eine  so  starke  Betheiligung  zuzu- 
weisen.    Litterarhistorische  Parallelen  sind  nicht  weniger  nützlich 


leicht  ein  Schreiber  darüber  stolperte.  Deshalb  halte  ich  es  nicht  für 
unwahrscheinlich,  dass  sowohl  tyrannus  als  britannus  Versuche  sind  sich 
mit  einem  Ungewöhnlichen  abzufinden.  Stephanus  von  Byzanz  über- 
liefert als  Aufschrift  des  herodotischen  Grabmals  (s.  v.  Θούριος): 

*Ηρό6οτον  ΛύΗ€ω  Kpuirrci  κόνις  άδε  θανόντα 

Ίάδος  άρχαίης  Ιστορ{ης  πρύτανιν. 
Ob  danach  bei  Yergil  herzustellen  ist: 

iste  iste  rhetor  iamquc  quatenus  totus 
Thucydidius,  prytanis  Atticae  febris? 
Aus  unverstandenem  prytanis  konnte  tyrannus  wie  britanus  —  bri- 
tannus werden.  Das  Wort  selbst  ist  für  das  hochgelehrte  Epigramm 
zweifellos  sehr  geei^et,  direkte  Nachbildung  des  Herodotepitaphs  mög- 
lich. Zu  beobachten  ist  auch,  dass  wir  auf  diese  Weise  den  treffenderen 
Ausdruck  für  Cimbers  Bestrebungen  gewinnen;  er  war  ja  kein  Thney- 
dides  sondern  Thukydideer;  so  heissen  die  Leute  auch  bei  Gieero. 


372  Radermaoher 

als  Bitten-  oder  religionsgescbichtliche;  eo  sei  denn  auf  denteobe 
Litteratur  des  18.  Jahrhunderte  verwiesen,  wo  den  französischen 
Geschmack  der  englische  ablöste  und  zwar  durch  die  Be- 
mühungen rein  deutscher  Kreise  nicht  etwa  durch  das  Verdienst 
von  Engländern,  die  in  Deutschland  lebten.  Wir  werden  also  besser 
thun  uns  zu  bescheiden  und  zu  sagen,  dass  wir  über  die  Stellung 
der  griechischen  Rhetoren  zur  Stilfrage  nicht  hinlänglich  unter- 
richtet sind,  um  ihren  Einfluss  auf  die  reaktionäre  Strömung 
beurtheilen  zu  können.  Wir  werden  die  Möglichkeit  in*8  Auge 
fassen,  dass  die  Beziehungen  der  G-riechen  zum  Atticismus  in 
Rom  durch  das  Verhältnies  von  Nachfrage  und  Angebot  bestimmt 
sein  können.  Denn  wir  kennen  zwar  viele  Namen,  aber  keine 
daran  knüpfenden  That Sachen  von  Bedeutung.  Das  einzige,  was 
feststeht,  ist,  dass  der  Atticismus  einmal  in  Rom  zu  wirklichem 
Leben  erweckt  und  zu  einer  brennenden  Tagesfrage  geworden  ist. 
Aber  seine  Glanzzeit  war  schnell  vorüber.  Die  Römer,  die 
reaktionär  dachten,  zogen  sehr  bald  die  letzt«  Eonsequenz  und 
suchten  auf  eignem  Boden  ihre  Stilmuster,  sodass  Gate  den 
Lysias  verdrängte.  Die  Griechen,  die  wir  genauer  kennen,  zeigen 
bereits  einen  Atticismus  im  Zustande  des  Kompromisses. 

Schon  Dionys  von  Halikarnass  gehört  einer  Periode  des 
Uebergangs  an;  vor  den  Augen  der  Extremen  kann  er  keine 
Gnade  gefunden  haben.  Sein  Stilideal  ist  Demostbenes,  der  sich 
zu  solcher  Bedeutung  nicht  ohne  heftigen  Widerstreit  emporge- 
schwungen hatte;  denn  dem  waschechten  atticistischen  Theoretiker 
musste  er  ein  halber  Asianer  sein,  und  wirklich  ist  er  so 
beurtheilt  worden ;  dass  er  trotzdem  den  Vorrang  vor  den  ande- 
ren erworben  hat,  bedeutet  bereits  eine  Abschwenkung  von  der 
strengen  Stillehre,  wie  sie  die  überzeugten  römischen  Atticisten 
vertraten.  Thatsächlich  sehen  wir  denn  auch,  dass  Dionys  nicht 
der  Meinung  folgt,  nach  der  eine  einfache  und  schlichte  Dar- 
stellung die  beste  ist,  sondern  auf  alte  peripatetische  Anschau- 
ungen zurückgreift,  die  komplizirter  aber  auch  toleranter  waren. 
In  das  System  des  Theophrast  wird  dann  Demostbenes  einran- 
girt  als  der  Mann,  der  das  γίνος  μί<Τον  am  vollkommensten 
beherrschte  und  zugleich  in  den  beiden  übrigen  Stilarten  zu 
schreiben  verstand,  simpel  wie  Lysias  und  herb  wie  Thukydides. 
Darum  ist  er  eben  der  grösste  von  allen• 

Um  es  noch  einmal  zusammenzufassen:  finden  wir  bei  den 
römischen  Atticisten  ein  System  anerkannt,  das  auch  in  den 
Kreisen  des  Epikuros  vertreten  worden  ist,  so  greifen  die  Griechen, 


Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik  lY.  373 

soweit  wir  sie  kennen,  auf  den  Peripatos  zurück,  eemeineam 
ist  beiden  die  Opposition  gegen  die  herrschende  Anschauung,  die, 
kurz  gesagt,  poetische  und  prosaische  Darstellung  gleichsetzte 
und  deshalb  für  beide  die  gleichen  Ausdrucksmittel  forderte,  um 
das  Ideal,  das  ήού,  zu  verwirklichen.  Wie  wenig  sich  übrigens 
Dionys  von  den  Ansichten  seiner  Zeit  hat  befreien  können, 
zeigt  seine  Schrift  de  compositione  verbornm  zu  Genüge.  Der 
Fehler  dieses  Buches  ist  ja  gerade,  dass  es  aus  Theophrast  und 
den  Späteren  etwas  Neues  machen  will,  wo  reinliche  Scheidung 
durchaus  noth  that. 

Dagegen  ist  der  Atticismus  des  Dionys  noch  frei  von  eng- 
herzigen grammatischen  Anschauungen.  Gewiss  fordert  er  Rein- 
heit des  Ausdrucks;  er  wird  sich  wohl  selbst  nach  dieser  Forde- 
rung gerichtet  haben,  schreibt  aber  kein  attisches  Griechisch. 
Seine  Nachahmung  der  Alten  beschränkt  sich  vielmehr,  wie  länget 
nachgewiesen  und  anerkannt  ist,  auf  die  Eopirung  einzelner 
Phrasen  namentlich  des  Demosthenes;  Glanzstellen  werden  ge- 
legentlich  wörtlich  übernommen. 

Wohl  aber  müssen  wir  sohliessen,  dass  scbon  zu  seinen 
Lebzeiten  eine  Partei  bestanden  hat,  die  das  άττικώς  γράφ€ΐν 
auf  ihre  Fahnen  geschrieben  hatte.  Ihr  empfiehlt  Dionys  den 
Lysias  als  Muster  und  Vorbild.  In  den  Kreisen  dieser  Leute 
muss  dann  die  Verschmelzung  von  stilistischem  und  grammatischem 
Atticismus  vollzogen  worden  sein.  Vielleicht  kennen  wir  einen 
aus  ihrer  Mitte;  ich  meine  den  Cäcilius  von  Kaieakte.  Dass  er 
extremer  war  als  Dionys,  beweist  schon  seine  Verehrung  des 
Lysias,  die  ihn  den  älteren  römischen  Attioisten  nahe  bringt. 
£s  kann  aber  kein  Zufall  sein,  dass  unter  den  Schriften  dieses 
Bhetors  άττικαΐ  \έί€\ς  aufgezählt  werden ;  danach  scheint  die 
Folgerung  erlaubt,  dass  der  Mann  nicht  bloss  im  Stil  sondern 
auch  in  der  Sprache  die  Attiker  hat  kopiren  wollen.  Andere 
schössen  über  dieses  Ziel  noch  hinaus;  wir  haben  oben  an  dem 
Beispiel  des  Nikolaos  von  Damaskus  gezeigt,  dass  es  bei  den 
Griechen  auch  echte  Archaisten  gegeben  hat. 

Wir  kommen  zum  Scbluss  und  zu  einer  endgültigen  Zu- 
sammenfassung. Der  Atticismus  des  ersten  Jahrhunderts  ist  eine 
entschiedene  Reaktion  gegen  die  damals  in  der  Rhetorenschule  zur 
Herrschaft  gelangte  Lehre  vom  Stil,  der  Komposition  und  den 
Ausdruckmitteln  der  Prosarede.  In  dieser  Negation  sind  die 
Atticisten  einig:  im  übrigen  lassen  sie  sich  nicht  ohne  Rest  unter 
einen  Hut  bringen.     Lysianer  und  Thukydideer  können  unmöglich 


374  Radermaoher 

in  vollkommener  Harmonie  mit  einander  gelebt  haben  und  mues- 
ten  sich  noch  schlechter  mit  denen  vortragen,  die  für  Piaton  oder 
Demosthenes  schwärmten.  Im  übrigen  sind  die  Ansätze  zu  der 
besagten  Reaktion  recht  alt;  sie  gewann  aber  erst  Kraft  und 
Bedeutung  durch  die  Unterstützung  römischer  Kreise.  Weiterhin 
ist  charakteristisch  für  die  Bewegung,  dass  sich  mit  puristischen 
Bestrebungen  auf  dem  Gebiete  des  Stils  gleichartige  Bestrebungen 
auf  sprachlichem  Gebiet  frühzeitig  verbanden.  Auch  hier  haben 
nicht  alle,  die  eich  Atticisten  nannten,  die  gleiche  Folgerichtig- 
keit bethätigt;  wir  können  ferner  wenigstens  auf  griechischem 
Gebiet  nicht  feststellen,  wie  alt  die  Verbindung  beider  Prinzipien 
ist.  Jedenfalls  muss  stilistischer  und  grammatischer  Atticismus, 
der  erstere  in  der  rhetorischen  Praxis  und  der  letztere  von  Gram- 
matikern ausgebildet,  eine  Zeitlang  parallel  nebeneinander  gegangen 
sein  und  jeder  für  sich  gewirkt  haben,  ehe  sie  sich  zu  gemein- 
samen Handeln  verbanden.  Dann  haben  sie  sich  zusammenge- 
funden, weil  ja  nun  einmal  auch  die  εκλογή  των  ονομάτων  für 
den  Stil  eine  Rolle  spielte. 

Nicht  lange  aber  war  diese  Verbindung  bei  den  Griechen 
hergestellt,  als  die  weitere  Entwicklung  darauf  hinauslief,  dass 
attisch  schreiben  soviel  hiess  als  attische  Grammatik  schreiben, 
während  den  stilistischen  Excessen  keine  Schranken  mehr  ge- 
setzt wurden.  Und  so  entstand  bei  manchen  ein  Kunstprodukt, 
schlimmer  als  alle  früheren,  insofern  als  sich  eine  unnatürliche 
Sprachmengerei  mit  Prinzipien  der  Darstellung  verband,  die  von 
denen  des  Hegesias  nicht  wesentlich  verschieden  waren.  So 
wird  der  Atticismus  der  späteren  Zeit  nur  durch  gemeinsame 
sprachliche  Bestrebungen  zusammen  gebalten,  während  auf  dem  Ge- 
biete des  Stils  die  verschiedensten  Anschauungen  zu  Worte  kommen. 


V. 

Excnrs. 

Theophrast  περί  λίΗεως. 

üeber  Theophrasts  Schrift  περί  λέΗεως  hat  W.  Schmid  im 
Rh.  MuK.  1894  S.  133  ff.  Ansichten  vorgetragen,  die  nicht  unwider- 
sprochen bleiben  können.  Ich  halte  auch  heute  noch  die  alte 
Auffassung  für  einzig  richtig  und  möchte  versuchen,  ein  paar  neue 
Argumente  zur  Sache  vorzubringen,  aus  denen  gleichzeitig  her- 
vorgeht, auf  wie  unsicherem  Boden  Schmid  seine  Ideenlehre  auf- 
gebaut hat. 

Als  Dionys  von  Halikarnass  über  den  sprachlichen  Ausdruck 


Studien  zur  Geschichte  der  antiken  Rhetorik  V.  375 

des  Lysias  schrieb,  hatte  er  Theophrast  ΤΓ€ρι  λέξεως  zur  Hand, 
wie  die  wiederholten  Anführungen  beweisen.  Da  er  sich  mit 
dem  Buch  nirgendwo  in  Widerspruch  setzt,  so  schloss  man\  dass 
er  ihm  die  ganzen  ersten  14  Kapitel  hindurch  stillschweigend 
folgt.  Die  Folgerung  ist  möglich,  aber  durchaus  unsicher.  Immer- 
bin ist  die  Sache  von  so  grosser  Wichtigkeit,  dass  es  sich  wohl 
verlohnt  weitere  Beweismittel  herbeizuschaffen ;  denn  erweist  sich 
die  Annahme  als  stichhaltig,  so  ist  einer  Ideenlehre  der  Boden 
entzogen,  und  Theophrast  befindet  sich  mit  seinen  *  Stil  Vorzügen' 
in  demselben  Fahrwasser  wie  vor  ihm  Arietoteies  und  nach  ihm 
die  Stoa.  Nebenbei  gesagt,  spricht  schon  diese  Continuität  gegen 
den  Satz,  dass  der  Eresier  auf  jenem  Felde  Abwege  gegangen 
ist,  und  wenn  Cicero  (Orator  79)  sagt:  unum  aberit,  quod  quar- 
tum  numerat  Theophrastus  in  orationis  laudibus :  ornatum  illud 
suave  et  afiuens,  so  sehe  ich  nicht  ein,  was  anders  mit  den  laudes 
orationis    übersetzt  sein  soll,  als  das  griechische  άρβταΐ  λέξεως. 

Im  dritten  Kapitel  führt  Dionys  aus,  Lysias  habe  die  Fähigkeit 
besessen  alle  Dinge,  die  er  behandelte,  erhaben  und  unge- 
wöhnlich und  gross^  erscheinen  zu  lassen,  obwohl  er  dabei 
nur  die  landläufige  Ausdrucksweise  (bia  των  κυρίων  τε  καΐ  κοι- 
νών και  έν  μέύω  κειμένων  ονομάτων)  angewendet  und  poetischen 
Schmuck  der  Rede  verschmäht  habe.  Zu  letzterem  werden  ge- 
rechnet veraltete  (γλωττηματικά)  und  fremde  (ίένά)  Worte  und 
die  reiche  Verwendung  von  Tropen,  namentlich  der  Metapher 
(σχήματα). 

Hier  wird  also  der  Wortwahl  und  den  σχήματα  ein  bedeu- 
tender Einfluss  auf  den  Effekt  der  Hede  zugestanden.  Zu  ver- 
gleichen wäre  nun  zunächst  de  Isoer.  3,  wo  gesagt  wird,  drei 
Dinge  kämen  nach  Theophrast  besonders  in  Betracht,  wo  es  da- 
rauf ankomme,  die  Rede  gross,  erhaben  und  ungewöhn- 
lich erscheinen  zu  lassen  (έΗ  ών  γίνεται  τό  μίγα  και  σεμ- 
νόν  και  περιττόνέν  λέΗει  genau  wie  de  Lysia),  die  Wahl  der 
Worte,  ihre  Zusammenfügung  und  die  Figuren  (σχήματα).  Der 
Schluss  liegt  nahe,  dass  Dionys  nicht  bloss  im  6.  u.  14.  Kapitel 
des  Lysias,  wo  er  den  Theophrast  citirt,  sondern  auch  im  3. 
sich  an  diesen  G-ewährsmann  gehalten  hat.  Die  Sache  ist  übri- 
gens werth,  noch  eingehender  verfolgt  zu  werden.  Den  reichsten 
Commentar  zu  dem  Dionyskapitel  lieferte  Cicero  im  Orator 
und  in  de  oratore  mit  zwei  der  Sache  nach  ziemlich  iden- 
tischen Abhandlungen  über  den  ornatue  verborum.  Was  den 
Orator  angeht,  so  hat  schon  0.  Jahn  bemerkt,  dass  von  80  an 
die  Theophrastiscbe  Dreitheilung  in  εκλογή  τών  ονομάτων  (ornatus 
eimplicium  verborum)  ή  έκ  τούτων  αρμονία  (ornatus  collocatorum 
verborum)  und  die  σχήματα  (sententiarum  ornamenta  quae  per- 
manent, etiamsi  verba  mutaveris)  thatsächlich  vorliegt.  Die 
verba  Rimplicia  werden   weiter  eingetheilt    in  propria  usitataque: 

1  Hahne,  Progr.  Braunschweig  189()  S.  8. 
3  καΐ  σεμνά  καΐ  περιττά  καΐ  μεγάλα. 


376  Radermaoher 

das  sind  die  κύρια  καΐ  κοινά  des  Dionye,  zweitens  in  aliena, 
ξένα  bei  Dionye,  darunter  tanslata,  bei  Dionye  μεταφοραί,  und 
priBca,  bei  Dionye  γλωττηματικά  ereebeinen. 

Έβ  kommt  nicht  darauf  an,  ob  Tbeophraste  Buch  von  Cicero 
mittelbar  oder  unmittelbar  benutzt  worden  ist.  Soviel  scheint 
sicher,  dass  sowohl  bei  ihm  als  auch  bei  Dionye  de  Lysia  c.  3 
theophraetische  Lehre  vorliegt. 

Nicht  ganz  soweit  gelingt  es  über  das  9.  Kapitel  des  Dionye, 
wo  die  Lehre  vom  πρέπον  verhandelt  wird,  ins  Reine  zu  kommen. 
Auch  hier  vollkommne  üebereinstimmung  mit  Cicero  Or.  70ff.^; 
insofern  als  das  Geziemende  bestimmt  wird  durch  das  Verhält- 
niss  zum  Sprechenden,  den  Zuhörern  und  der  Sache.  Aristoteles 
nimmt  rhet.  III  7  nur  zwei  Beziehungen  an,  die  zum  Affekt  und 
Charakter  des  Sprechenden  und  die  zur  Sachlage.  Die  Quelle 
des  Cicero  und  Dionys,  die  eine  Rücksichtnahme  auf  die  Zuhörer 
hinzufügte,  wird  also  wohl  jünger  sein  als  Arietotelee.  Aber  unter 
dem  Zwange  atheniecher  Gerichteverhältnisee,  die  eine  Advoka- 
tur nicht  kannten,  iet  auch  dieee  Lehre  noch  auegebildet  worden; 
dae  lehrt  der  Vergleich  mit  Quintilian,  der  unter  dem  £influee 
der  römiechen  Gerichteordnung  nun  noch  zum  Sprecher  d6n  fügt, 
für  den  das  Wort  geführt  wird,  den  Clienten.  Wichtig  iet  wohl 
auch,  daee  eowohl  bei  Simplikioe,  wo  er  von  den  theophrastischen 
Ibiai  spricht,  als  auch  bei  Dionys  dae  ήού  και  πιθανόν  in  enger 
Verbindung  ereebeinen.  Dionye  (468  R)  faest  beide  Begriffe 
geradezu  unter  den  einer  αρετή,  läest  das  eine  vom  anderen  be- 
dingt sein.  Jedenfalls  ist  das  ältere,  naivere  Auffassung.  In 
der  asianischen  Stillehre  spielt  das  f|bu  eine  ganz  andere  Rolle^; 
es  ist  das  oberste  Gesetz,  dem  alles  andere  untergeordnet  wer- 
den muss. 

Von  der  ηθοποιία  sagt  Dionys  c.  8,  auf  dreierlei  beruhe 
dieser  Vorzug,  der  διάνοια,  der  λ^Ηις  und  der  σύνθεσις.  Dies 
ist  das  einzige  Mal,  dass  bei  ihm  Gesichtspunkte  hervortreten, 
nach  denen  Demetrios  περί  ερμηνείας  jedesmal  seine  vier  Charak- 
tere darstellt 8.  Klar  ist  zunächst,  dass  hierbei  \έί\ς  und  (Τύνθεσις 
enger  zusammengehören  im  Gegensatz  zn  der  biavoia;  sie  machen 
den  λεκτικός  τόπος  aus,  die  διάνοια  dagegen  den  πραγματικός. 
So  versteht  sich  ganz  einfach,  dass  bei  Demetrios  die  (Τχήματα 
keine  feste  Stellung  haben  und  bald  im  Zusammenhang  mit  der 
λέ£ις  bald  mit  der  Ο'ύνθείΤις  behandelt  werden.  Es  ist  aber  ver- 
kehrt zu  dem  besagten  Eintheilungsprincip  ohne  weiteres  ein 
anderes  als  theophrastisch  unmittelbar  bezeugtes  in  Beziehung 
zu  setzen:  1.  εκλογή  τών  ονομάτων  2.  ή  έκ  τούτιυν  αρμονία  3. 
τα  περιλαμβάνοντα  αυτά  σχήματα.  Wir  wissen  ja  doch  bloss, 
dass  Theophrafit  von  diesen  Dingen  in  einem  bestimmten  Zu- 
sammenhang gehandelt  hat,  nämlich  da,  wo  er  von  der  supellex 


1  VrI.  de  or.  §  210. 

2  8.  oben  S.  3G8  flf. 

^  διάνοια  oder  πράγματα,  λέίις  und  σύνθ€σις.     Schmid  S.  147. 


Stadien  zur  Gesohichte  der  aatiken  Rhetorik  V.  377 

oratoria,  den  ornamenta  verbornm,  spricht,  die  besondere  geeignet 
sind,  die  Rede  zu  einer  erbabenen  zu  gestalten.  Eine  Verein- 
barung ist  danach  in  der  Weise  möglich,  dass  btavota  \έί\ς  σύν- 
θ€(7ΐς  das  obere  Eintheilungsprinzip  bezeichnen,  und  die  \έίΐς 
hinwiederum  vom  Standpunkt  der  εκλογή  τών  ονομάτων,  αρμονία 
und  σχήματα  kritisch  geprüft  wird. 

Noch  lässt  sich  mit  Bezug  auf  das  8.  Kapitel  des  Dionys 
deutlich  machen,  dass  den  vorgetragenen  Anschauungen  alte 
Quellen  zu  Grunde  liegen.  Was  er  als  ηθοποιία  bezeichnet,  das 
ist  die  Kunst,  durch  seine  Rede  im  Zuhörer  eine  sittliche  Wir- 
kung zu  erzielen.  Deshalb  muss  der  Sprecher  in  Wort  und 
Gedanken  sich  den  Anschein  eines  Biedermanns  geben.  So  er- 
klärt sich  aber  auch  die  durchgehende  Verbindung  des  ηθικόν 
mit  dem  παθητικόν,  weil  auch  dieses  nur  betrachtet  wird  mit 
Bucksicht  auf  den  Hörer,  desseu  Affekt  erregt  werden  soU^.  Beide 
gehen  demnach  parallel  neben  einander.  Nun  unterscheidet  aber 
der  Verfasser  der  pseudodionysischen  τέχνχ]  von  diesem  ήθος, 
das  er  φΐλόσοφον  nennt  und  als  βίς  άρβτήν  ττροτρέπον  και 
κακίας  άπαλλάττον  charakterisirt,  ein  zweites  ^ητορικόν  ge- 
nannt, das  er  ungefähr  so  deiinirt  wie  Dionys  das  πρέπον^.  Die 
breiten  Ausführungen,  die  folgen,  zeigen  jedoch,  dass  es  hierbei 
besonders  darauf  ankommt,  die  redende  Person  in  ihrem  Wesen 
und  in  ihren  Eigenthümlichkeiten  besonders  kräftig  herauszuar- 
beiten; dafür  werden  denn  sieben  Merkpunkte  angegeben,  insofern 
als  man  sich  die  Menschen  anzusehen  hat  κατά  ίθνη  γένη  ηλι- 
κίας προαιρέσεις  τύχας  έττιτηοβύσεις.  Offenbar  ist  das  ήθος 
^ητορίκόν  die  Kunst  rhetorischer  Charakterzeichnung,  und  so 
spricht  es  denn  auch  Hermogenes  kurz  und  bündig  aus.  Sie  hat 
mit  dem  ήθος  φΐλόσοφον  innerlich  nichts  gemein,  wohl  aber 
braucht  man  die  Ausführungen  über  das  rhetorische  ήθος  nur 
mit  dem  zu  vergleichen,  was  die  Alten  über  das  Geziemende 
vortragen,  um  zu  erkennen,  dass  jenes  hier  eigentlich  schon 
seine  Erledigung  findet.  Wenn  Dionys  den  Lysias  lobt,  insofern 
als  er  es  verstanden  für  jedes  Alter  und  Gesohlecht,  für  jede 
Berufsart,  Lebensführung  u.  s.  w.  die  passenden  Worte  zu 
finden  ^  so  lobt  er  doch  nur  seine  Kunst  zu  charakterisiren,  und 
seine  Kategorien  sind  auch  im  wesentlichen  die  nämlichen  wie 
die  vorhin   aus  Psendodionys  angeführten.     Es  kann  daher  kein 


^  Vgl.  noch  besonders  Dionys  de  Demosthene  o.  22. 

8  S.  123,  11  üsener. 

*  de  Lysia  9  καΐ  γάρ  ήλικίςι  καΐ  γέν€ΐ  καΐ  παι6€{ςι  καΐ  έπιτη6€ύ- 
ματι  καΐ  βίιμ  καΐ  τοΐς  άλλοις,  kv  οΐς  διαφέρ€ΐ  τών  προσώπων  πρόσωπα, 
τάς  οΙκ€ίας  άποδί6ωσι  φωνάς.  Pseudodionys :  [ίθνη]  γ^η  ήλικίαι  προ- 
αιρέσεις τύχαι  επιτηδεύσεις.  Vgl.  Cicero  er.  71  Quintil.  inst.  or.  XI, 
1,  31.  Wie  fest  die  Kategorien  sasseD,  zeigt  Proklos  in  rem  publ.  p. 
1.5,  16  Kroll:  6ε!  γάρ  άπο&ι&όναι  τά  όΐκεΐα  ταίς  φύσεσι  ταΐς  ήλικίαις 
ταϊς  τύχαις  τοΙς  έπιτηδεύμασι  ταΐς  άΕίαις  ί>ήματο  τόν  έκαστων  μιμητήν. 
Pionys  fährt  fort  προς  τε  τόν  άκροοτήν  συμμετρεΐται  τά  λεγόμενα  οίκείως. 
Kutsprechend  verlangt  Pseadodionys  Berücksichtigung  des  άκούων. 


378  Radermaoher 

Zufall  sein,  wenn  bei  Dionye  die  Abhandlungen  über  ηθοποιία 
und  πρέπον  unmittelbar  auf  einander  folgen.  Man  wird  zu  der 
Frage  geführt,  wie  alt  die  Unterscheidung  eines  doppelten  ήθος 
ist.  Einen  Fingerzeig  gibt  die  Kritik,  die  Dionys  an  Isokrates 
übt.  Er  schreibt  den  Isokratesreden  in  ganz  besonderer  Weise  die 
Eigenschaft  zu,  die  wir  nach  dem  Vorgang  des  Psendodionys 
ήθος  φΐλό(Τθφθν  nennen  können.  Bei  ihm  selbst  heiest  sie 
ηθοποιία.  Auch  vom  πρέπον  handelt  er  (c.  11)  und  findet  dort 
in  dieser  Hinsicht  an  Isokrates  nichts  auszusetzen.  Man  erkennt 
sofort  das  nämliche  Schema,  nach  dem  er  im  iudicinm  de  Lysia 
verfahren;  danach  fügt  sich  alles  trefflich  und  ohne  Widerspruch 
in  einander.  Nun  aber  hat  es  der  Zufall  gewollt,  dass  er  weiter- 
hin, um  seinen  Tadel  des  isokratischen  Figurenaufwandes  zu 
rechtfertigen,  das  Zeugniss  des  Stoikers  Philonikoe  heranzieht, 
der  ausgeführt  hatte,  des  Isokrates  Art  sei  zu  monoton:  ακττ' 
έν  πολλοίς  τ€χνικώς  τά  καθ'  ϊκαστα  έΗεργαίόμενον  τοις  δλοις 
άπρεπη  παντελώς  φαίνεσθαι  bia  τό  μή  προσηκόντως 
τοις  ύποκειμίνοις  των  ηθών  φρά2^ειν.  Philonikoe  be- 
stritt also  dem  Isokrates  die  Fähigkeit  der  ηθοποιία  Ρητορική. 
Sie  erscheint  freilich  bei  ihm  noch  im  unmittelbarsten  Zusammen- 
hang mit  dem  πρέπον.  Aber  die  rhetorische  Quelle,  nach  der 
sich  Dionys  im  übrigen  richtet,  muss  älter  sein,  als  Philonikoe, 
weil  sie  das  ήθος  ^ητορικόν  überhaupt  noch  nicht  berücksichtigt. 

Wahrscheinlich  ist  die  Lehre  vom  rhetorischen  Ethos  im 
Zusammenhang  mit  den  Suasorien  und  Controversien  der  Schul- 
rhetorik entwickelt  und  ausgebildet  worden.  Hier  war  ja  regel- 
mässig die  Aufgabe  gestellt  eine  fingirte  Persönlichkeit  zu 
charakterisiren,  bald  einen  Tyrannen,  bald  einen  Tj'rannenmörder, 
strenge  Väter,  verliebte  Söhne  und  was  nur  sonst  immer  in 
Frage  kommen  mochte.  Pseudodionys  läset  diese  gegenseitige 
Abhängigkeit  noch  klar  erkennen  ;  mit  vollem  Bewussteein  spricht 
sich  Quintilian  über  diesen  Zusammenhang  aus.  Zur  Zeit  des 
Dionye  war  die  Lehre  längst  ausgebildet;  das  beweisen  die 
Uebungsheispiele  der  rhetorica  ad  Herennium. 

Die  ältere  Zeit,  gewohnt  die  Rhetorik  noch  als  eine  das 
Leben  beherrschende  Macht  zu  betrachten  und  der  wirklichen 
Praxis  zu  dienen,  begnügte  sich  entsprechend  den  Forderungen 
des  Gerichtsaals  und  der  öffentlichen  Beredsamkeit  mit  der  Aus- 
bildung der  Lehre  vom  πρέπον;  hier  kam  der  wirklich  Redende 
allein  in  Betracht,  nicht  fingirte  Persönlichkeiten.  Dieser  älteren 
Theorie  folgt  Dionys,  übrigens  mit  vollem  Rechte,  weil  es  sich 
bei  ihm  um  die  Beurtheilung  von  Persönlichkeiten  handelt,  die 
mitten  in  der  Praxis  standen.  Er  musste  an  sie  den  Massstab 
ihrer  Zeit  anlegen. 

Ich  will  nun  noch  einmal  kurz  sagen,  wie  die  Sache  liegt; 
dann  mag  sich  ein  jeder  nach  Belieben  seinen  Vers  darauf  machen. 
An  mehreren  Stellen  zu  Anfang  der  Schrift  de  Lysia  wird  Theo- 
pbrast  περί  λεΕεως  von  Dionys  unmittelbar  citirt.  In  eine 
Kapitel  liegt  er  zu  Grunde,  ohne  dass  sein  Name  genannt  würde 


Stadien  zur  Geschichte  d  er  antiken  Rhetorik  Y.  379 

In  weiteren  Kapiteln  folgt  Dionys  einer  Doktrin,  die  älter  ist  als 
die  zu  seiner  Zeit  herrschende,  jünger  als  Aristoteles.  Nun  mag 
man  sich  ja  immer  noch  sperren  und  hehaupten,  dass  Dionys 
noch  eine  zweite  Quelle  benutzt;  ein  unbefangener  aber  wird 
doch  wohl  zugeben,  dass  die  angeführten  Indizien  genügen,  um 
Theophraste  Buch  als  Unterlage  für  das  Ganze  zu  erweisen. 
Wenn  er  in  so  und  so  viel  Fällen  das  kritische  Urtheil  des 
Dionys  bestimmte,  so  wird  er  es  auch  da  gethan  haben,  wo  er 
sich  nicht  mehr  mit  absoluter  Sicherheit  fassen  läset.  Nun  ge- 
währen freilich  diese  Dionyskapitel  einer  Ideenlehre  gar  keinen 
Boden;  die  aufgezählten  όρεταΐ  λέΕειυς  sind  nicht  das  Oberste, 
sondern  charakterisiren  bloss  den  λόγος  Ισχνός  des  Lysias,  sie 
ordnen  sich  also  einem  höheren  Gesichtspunkte  unter;  denn  der 
λόγος  Ισχνός  setzt  selbst  wieder  andre  Arten  von  λόγοι  voraus, 
die  ihre  besonderen  Vorzüge  (άρεταί)  haben. 

In  der  Schrift  über  die  rednerischen  Vorzüge  des  Demosthenes 
unterscheidet  Dionys   drei  Stilarten,    eine  schlichte,    eine  strenge 
und  eine  mittlere,  der  vor  den  übrigen  der  Preis  zukomme,    weil 
sie  alle  Eigenschaften  der  beiden  anderen  in  sich  vereinige,  des- 
halb wird  sie  auch  der  gemischte  Stil  genannt.    Als  ersten  Ver- 
treter   dieser   Gattung   habe  Theophrast    den   Thrasymachos    be- 
zeichnet.    Man  hat  aus  letzterer  Angabe  geschlossen,  dass  Theo- 
phrast überhaupt  es  ist,  von  dem  Dionys  die  Lehre  von  den  drei 
Stilen  übernimmt,  und  mit  gutem  Bedacht  darauf  hingewiesen,  dass 
es  echt  peripatetisch  sei  die  άρ€τη  in  der  Mitte  zu  suchen.     Es 
wäre   nun    aber  doch    auch   überaus    merkwürdig,    wenn   Dionys 
2war  die  μικτή  λέίΐς  dem  Theophrast  entnommen  hätte,  dagegen 
die  beiden  Quellen  dieser  Art  der  Stoa!    Hinzu  kommt,  dass  die 
dritte  Stilart  der  Stoiker  etwas  ganz  Anderes  ist  als  das  αύΟ'τη- 
ρόν  γβνος   bei  Dionys;    der  Beweis   hierfür   hat  sich  schon  oben 
ergeben.     Unrichtig  ist  ferner,  einen  Unterschied  zwischen  Dionys 
und  Theophrast  darin  zu  finden,  dass  letzterer  dem  gemischten  Stil 
namentlich  die  Eigenschaft  das  (Ττρογγυλον    beigelegt  habe,    die 
der  erstgenannte  seinerseits  bei  Lysias,  dem  Vertreter  des  Ισχνόν 
γένος,  am  stärksten  ausgeprägt  finde.     Thatsächlich  sagt  Dionys 
nur,  dass  Lysias  unter  anderen  Vorzügen  auch  diesen  besitze  und 
zwar  als  erster  ausgebildet  habe,  schon  vor  Thrasymachos.    Nir- 
gendwo   steht   aber  zu    lesen,    dass    nach    Theophrast    die    vor- 
nehmste Eigenschaft  der  gemischten  Stilart  das  στρογγύλον  sei; 
'^e  würde  sie  dann  noch  ihren   Namen  behaupten  können?    Die 
ganze  Sache  liegt  doch  eigentlich  recht  einfach:  insofern  ein  mitt- 
lerer Stil  Eigenschaften  zweier  anderer  in  sich  vereinigt,  müssen 
•ejfle  Vertreter  auch  so  gut  wie  Lysias  das  (Ττρογγύλον  besitzen. 
^^^    mehr   hat  Dionys  wirklich  nirgendwo  behauptet.     Bloss  hat 
J^  (Jie  Priorität  der  Erfindung  dem  Lysias  zuerkannt,  Theophrast 
^^'^     Thrasymachos. 

,  Rabe  ist  nun  freilich  zweifellos  übers  Ziel  hinausgeschossen, 

..*    ^T  den  Schluss  zog,  Demosthenes  habe  schon  bei  Theophrast 
^®     gleiche  Stellung  besessen  wie  bei  Dionys.     Aber  es  ist  doch 


880  Radermaoher 

anderereeite  verkehrt  aue  der  Voranesetzung,  data  Theopbraat  den 
Demosthenes  mieeachtete,  den  Beweis  zu  erzwingen,  daae  nun  ancb 
Dionys  mit  Theophraet  nichts  zu  thnn  haben  könne.  Dionys 
wird  ja  heutzutage  mit  Vorliebe  fQr  einen  grossen  £eel  gehalten; 
indessen  hat  noch  niemand  den  entscheidenden  Beweis  dafür  ge- 
liefert, dass  er  ohne  Gängelband  durchaus  nicht  zurechtkommen 
konnte.  Wir  dürfen  immerhin  noch  einen  Mittelweg  einschlagen 
und  behaupten:  die  Regel  hat  er  vom  Eresier  übernommen,  ihre 
Anwendung  auf  einen  bestimmten  Fall  unabhängig  von  ihm  ge- 
macht. Uebrigens  steht  ja  doch  auch  für  ihn  Demosthenes  eigent- 
lich ausserhalb  des  theophrastischen  Systems;  denn  er,  der  Un- 
vergleichliche, ist  bei  Dionys  eben  ein  Virtuos  in  allen  drei  Stil- 
arten. So  ist  sein  Platz  im  Grunde  über  dem  System,  nicht  in 
ihm;  eine  wirklich  organische  Verknüpfung  ist  nicht  vorhanden. 
Ich  meine  also,  wir  müssen  uns  bei  der  Thatsache  beruhigen, 
dass  Theophraet  der  erste  war,  der  drei  Stilarten  unterschied. 
Hätte  er  eine  Ideenlehre,  wie  sie  sich  Schmid  ersonnen,  wirklich 
geschaffen,  wie  wäre  dann  die  befremdende  Thatsache  erklärlich, 
dass  eine  nur  möglicherweise  in  diesem  Sinne  aufzufassende 
recht  dürftige  Andeutung  hierüber  sich  erst  bei  Simplikios  findet? 
Denn  dass  Dionys  das  Wort  ib^a  annimmt  und  zwar  in  anderem 
Sinne,  wie  es  Theophrast  gebraucht  haben  müsste,  wird  doch 
kein  Besonnener  als  Beweisstück  für  eine  Ideenlehre  des  Theo- 
phrast ansehen.  Und  wäre  es  denn  wirklich  so  unmöglich,  dass 
Simplikios,  wenn  er  mit  Rücksicht  auf  das  (Ταφές  u.  s.  w.  von 
ib^ai  λέξεως  redet,  vom  Sprachgebrauch  des  Hermogenes  beein- 
fiusst  war,  der  damals  die  Schule  beherrschte?  (F.  f.) 

Bonn.  L.  Radermacher. 


Ζα  Plantns. 


Dass  inde  α  obne  iam  UDgebräacblich  sei,  ist  keine  neue 
Lehre.  Plautus  hat  diese  Verbindang  Gas.  4  and  Peeud.  970 
iatn  inde  α  principiOj  Baccb.  1007  inde  α  principio  iam^  Baocb. 
1207  tum  inde  ab  adulescentia^  Mero.  521  tarn  inde  α  matura 
aetate  {matura  iam  inde  aetate  Codd.),  Capt.  645  iam  inde  usque 
. —  α  puerOj  Stich.  175  Quia  inde  iam  α  patixillo  ridiculus  fui 
(die  Handschriften  setzen  puero  hinza).  Ausserdem  findet  sie 
sich  bei  Terenz,  Pacnvius  (iam  inde  abhinc),  Cicero,  Sallnst, 
Livius.  beiden  Plinius,  Pomponius  Mela,  Columella,  Tacitns, 
Sueton,  Frontin,  den  Script,  bist.  Ang.,  Ammian,  Macrobins,  Snl- 
picius  Sevems,  Dictys,  Apnlejas,  Ansonins,  Orosius  n.  s.  w.» 
femer  iam  inde  ohne  α  bei  Cicero,  Livias,  Statins,  Solin,  Ammian 
Π.  B.  w.,  iam  α  ohne  inde  bei  Cato,  Terenz,  Cicero,  Columella, 
Sulp.  Victor  etc.,  iam  hinc  α  bei  Sidon.  Apoll.,  iam  hinc  bei 
Livius,  Columella,  Plinins,  Quintilian,  Florue,  Valerius  Flaccns, 
Fronto,  Ammian  u.  s.  w.,  iam  usque  α  bei  Cicero,  iam  tum  α  bei 
Aurelius  Victor  und  Dictys.  Sollte  es  danach  nicht  sehr  wahr- 
scbeinlich  sein,  dass  Amph.  253  Piautas  nicht 

Haec  illic  est  pugnata  pugna  \  usque  α  mane  ad  vesperum, 
auch  nicht  Uli  vi  pugnata   pugnast   noch   pugnata  pugna  inde 
α  mani  usque  geschrieben  hat,  sondern  iam  usque  (wie  V.  319  auch 
in  der  Diärese  muraenam  iam  eaossare)*^  Inde  α  ohne  iam  habe 
ich  abgesehen  von  Varr.  Men.  402  in  nicht  zeitlichem  Sinne  inde 

ab  uno  quoque  compito  und  Fest.  166  a  29  inde  α  principe 

appellata  est  nirgends  gefunden  als  bei  Gellius  X  28  und  Plautue 
Trin.  305: 

Qui  homo  cum  animo  inde  ab  ineunte  aetate  depugnat  suo, 
wofür  Qui  homo  cum  animo  iam  inde  —   doch    wohl    nicht    em- 
pfehlenswertb  ist,  eher  Qui  cum  animo  iam  inde  ab  —. 

Zu  Amph.  347  bemerkt  Leo  sehr  richtig,  dass  für  die  drei- 
fache Frage: 

Possum  scire,  quo  profectus  cuius  sis  aut  quid  veneris? 


382  Müller 

ale  Antwort  schlecht  paeee,   was  man    seit  Camerariue  eolireibt: 

Huc  eo,  (meiy  eri  sum  servos',  numquid  nunc  es  certior? 
oder  eri  (jneiy,  am  den  Hiatus  auszuflicken,  den  üssing  ausdrücklich 
anerkennt.     'Post  eo  hiatur'  sagt  er.     Leo  schreibt  deswegen: 

Huc  eo,  eri  (iussu,  eius)  sum  servos. 
Ich  ziehe  in    der   richtigen  Reihenfolge   der  Fragen    und   ausser- 
dem, denke  ich,  änsserlich  wahrscheinlicher  vor:  eri  sum  servos^ 
(missusy. 

Amph.  598  Oonec  Sosia  iUe  egomet  ficit,  sibi  uti  crederem 
hat  man  corrigirt  illic  egomet,   egomet  iUe,   fedt  egomeij  tue  ego 
memety  am  schlechtesten  meines  Erachtens  Sosia  ime}  ille  egcmet. 
Ich  ziehe  auch  hier  wie  Merc.  930  u.  a.  vor:  ille  egomet  me. 
y.  662  ist  verständlich  und  grammatisch  richtig: 

an  üle  me  tempfS  sciens 

Ätque  id  se  volt  Sxperiri^  suom  abifum  ut  destderem? 
Dass  aber  das  wenigstens  entbehrliche  Wort  se  nicht  deutlich 
geschrieben  war,  darauf  deutet  das  handschriftliche  si  hin.  Ver- 
gleiche ich  nun  V.  508:  Ecctötor  te  experior,  quanti  facias  uxo- 
rem  tuam,  so  kann  ich  mich  des  Verdachtes  nicht  erwehren,  dass 
se  falsch  und  vielmehr  me  zu  schreiben  ist. 

y.  948  scheint    mir    wahrscheinlicher  als    eins   der  vorge- 
schlagenen Mittel  den  Hiatus  zu  beseitigen: 

Ut,  quae  apud  legionem  vota  vovi,  st  dotnum 

Bedissem  salvos,  έα  ego  \  exsolvam  omnia, 
hinter  exsolvam  einzuschieben  iam,  ferner  V.  976: 

Nunc  tu  divine  (mi^  huc  fac  adsis  Sosia; 
vgl.   V.  1037,  und  V.  978: 

Fac  (hucy  Ämphitruonem  advenientem  ab  aedibus 

Ut  abigas. 
Dem  abscheulichen  Verse  Amph.  1035: 

V6s  inter  vos  partite;  ego  abeo,  mihi  negoiiumst 
hat  man  auf  etwa  ein  Dutzend  verschiedene  Weisen  aufzuhelfen 
versucht,  unter  den  neuesten  Herausgebern  Götz  durch  Ein- 
schiebung  von  nunc  vor  abeo.  Es  ist  nicht  schwer  die  Zahl  der 
Möglichkeiten  noch  erklecklich  zu  vermehren,  z.  B.  durch  abeo 
(Jiinc;  narn)^  aliud  oder  alibi  mihi  neg,  (Ps.  548);  man  könnte 
auch  an  das  übliche  ita  negotiumst  denken.  Aber  Λvahrsohein- 
licher  als  alles  bisher  vorgeschlagene  scheint  mir  zu  sein:  abeo 
(έο,  ubiy  mihi  neg,     Vergl.  Merc.  326: 

Ad  porium  propcro;  nam  ΪΙή  mihi  negotiumst. 
Hat  wirklich  noch  Niemand  vorgeschlagen  Asin.  20  so  zu  heile 


Ζα  PlautoB.  388 

Si  quld(^quam)  med  erga  hodie  falsum  dixeris? 
Mir  scheint  dies   ausdruckevoller  als  das  von  den  Herausgebern 
aufgenommene  tu  med  erga  oder  med  erga  fu. 

Asin.  85  Doialem  servom  Sauream  uxor  tua  w- 
Ahduxit. 
Ali  Möglichkeiten  den  Vers  zn  vervollständigen,  zu  denen  8au- 
reän  iiscör  ttta  nicht  gehört,  ist  auch  hier  kein  Mangel.  Der 
von  Götz  gewählten  Ergänzung  tibi  ziehe  ich  vor  suom.  Viel- 
leicht ist  es  kein  Zufall,  dass  datalis  bei  Plautus  nicht  anders 
vorkommt  als  mit  Angabe  der  Besitzerin,  Mil.  1166  dotales  aedis 
tuas,  1278  aedes  dotales  huius  sunt. 

Es  scheint,  als  ob  Niemand  darauf  geachtet  hätte,  dass  in 
Y.  532  der  Sinn  nicht  weniger  gebieterisch  den  Zusatz  von  hodie 
verlangt  als  meiner  Ueberzeugung  nach  der  Hiatus: 

Nunc  adeo  nisi  mi  huc  argenti  \  adfert  viginti  minas. 
Es  folgt:  Hie  dies  summust  apud  me  und  vorhergeht:  Periclum 
portenditur,  dum  eius  expectemus  mortem,  ne  moriamur  fame.  Ich 
lasse  die  Wahl  hodie  vor  oder  hinter  huc  oder  hinter  argenti  ein- 
zufügen. Was  ich  gesagt  habe  *Pro8.'  S.  25:  'mi  gehört  hinter 
argenti',  ist  richtig,  so  lange  nichts  zugesetzt  wird ;  denn  es  wäre 
unbegreiflich,  warum  adeo  nisi  mi  huc  argenti  \  adfert  hätte 
gesagt  sein  sollen,  wenn  es  anderwärts  eine  bessere  Verwendung 
finden  konnte. 

Von  den  Ergänzungen  des  Verses  Asin.  804: 
Tum,  si  coronaSj  serta,  unguenta  iusserit 
ÄncÜlam  ferre  Voneri  |  aut  Cupidini, 
Tuos  servos  servet,  Venerin  eas  det  an  viro 
ist  keine    recht  einleuchtend,    die  von  Götz  vorgenommene,    der 
aut   durch  vel  ersetzt,    hier  ebenso    falsch    wie  Stich.  152.     Mir 
ist  der  Ausfall  von  ah  se  vor  aut  am  wahrscheinlichsten. 

V.  946  Nunc  si  voltis  deprecari  \  huic  seni,  ne  vapulet 

haben  die  meisten  Herausgeber  natürlich  den  Hiatus  als  legitim 

nicht   angetastet.     Götz   hat  sich   merkwürdiger  Weise   von  mir 

CPros.'  S.  546)  verleiten  lassen  denselben  durch  die  Umstellung 

deprecari  voltis  zu  tilgen,  wozu  er  bemerkt:  ^'qui  ibidem  huic  nos 

P^opoeuit*.     Das  ist   ein  Irrthum.     Ich   habe  gesagt:  *Wenn  der 

«atz    sonst  richtig    ist,    hat  Plautus    es    wohl    nicht    verschmäht 

^^P^e^ari    voltis    zu    sagen.      Wahrscheinlich   ist    er    aber    nicht 

'^chti^^  sondern  nos  vor  seni  ausgefallen.     Das  Folgende  heisst: 

Rämur  impetrari  posse,  plausum  si  darum  daiis.* 
^"     bildete  mir   ein,    dies    sei    so   einleuchtend,    dass   es    keiner 


384  Müller 

weiteren  Aneeinandersetzang  bedürfe.  Darin  habe  ich  micli  so 
gründlich  geirrt,  dass  ich  von  Useing  für  meinen  Vorechlag  die 
Censur  'male'  erhalten  habe.  Ich  sehe  zwei  Möglichkeiten  $i 
deprecari  voltis  ohne  nos  zu  verstehen.  Entweder  wird  dem 
Publikum  zngemuthet,  seine  Fürbitte  für  den  alten  Sünder  be- 
sonders an  das  Mitglied  der  Gesellschaft  zu  richten,  welches 
dessen  Frau  gespielt  hat,  und  ausserdem  dem  gesammten  grex 
Beifall  zu  klatschen,  damit  dieser  als  Dank  die  Bitte  unterstützt. 
Wie  das  Publikum  das  anfangen  soll,  möchte  ich  wissen.  Oder 
die  ganze  Truppe  verspricht  allein  schon  in  dem  Beifall  den 
Ausdruck  der  Fürbitte  für  den  Alten  sehen  zu  wollen  und  sichert 
in  diesem  Falle  seine  Mitwirkung  zu.  Dies  setzt  voraus,  dass 
der  Applaus  wesentlich  dem  einen  Mitgliede  der  Gesellschaft 
gelten  und  den  Wunsch  ausdrücken  soll,  es  möge  das  Gegen- 
theil  von  dem  thun,  was  es  seiner  Rolle  gemäss  thnn  soll 
(ecastor  cenäbis  hodie  magnum  malum  sagt  die  Frau  Y.  9«36),  und 
zweitens  dass  der  grex  die  wunderbare  Bescheidenheit  besitzt, 
den  Beifall  als  gar  nicht  oder  doch  nur  nebenbei  für  seine  Qe- 
sammtheit  geltend  zu  beanspruchen. 
Baoch.  261  scheint  mir 

Coniinuo  |  antiquom  Mspitem  fwstrum  sibi 

Mnesilochus  advocavitj 
resp.  antiquom  \  hospitem  besser  als  durch  den  seit  Hermann  von 
den  Herausgebern  vorgenommenen  Einschub  von  ibi  hinter  con- 
tinuo  durch  den  von  tum  hinter  antiquum  beseitigt  zu  werden. 
Baoch.  295  fgg.  werden  mit  förmlicher  Geflissentlichkeit 
die  angeblichen  Seeräuber  immer  mit  Uli  bezeichnet:  quid  Uli 
postea?^  301  Ulis  praesentie  omni)buSj  302  ut  Uli  id  factum 
sciscerentf  303  quid  Uli?  Da  soll  Plautus  V.  304  lieber  gesagt 
haben : 

Quam  extemplo  α  portu  \  Ire  nos  cum  aurö  vident, 
nicht  einmal  abire  α  portu  wie  Merc.  223  oder  exire  wie  Bacch. 
289,    wenn  er  hier  nicht  α  portu  Uli  ire    vorgezogen    hat?     Λ 
pmiu  Ulm  befürworte  ich  nicht. 

Bacch.  1097   Omniaque,  tä   quidque  actumstj  mcmoravit; 

eam  sibi  hunc  annum  conductam. 
Diesen  nicht  schönen  Vers  dulden  die  Heransgeber  übereinstim- 
mend, nur  zum  Theil  mit  anderer  Abtheilung.  Das  conduccre 
dauert  nicht  ein  Jahr,  sondern  ist  auf  ein  Jahr  abgeschlossen, 
d.  h. :    in  hunc  annum,   also:    memorat  (wie  im  vorhergehenden 


Zu  Plantus.  385 

Verse)  eam  sibi  in  hunc  annum  conductam,      S.  Bach  in  Stadem. 
Stadien  II  S.  176  Α.,  Gas.  565,  Most.  67. 

Capt.  arg.  1  kann  u.  a.  gelautet  haben: 
Captust  (dudum)  in  pugna  Hegionis  fÜim. 
Capt.  263  Secede  huc ;  nam  sunt,  quae  \  ex  te  solo  sciiari  volo. 
Wenn    der  Hiatus    zofällig   in    die  Mitte  des  Verses    fiele,  wäre 
er    gewiss    nicht    angetastet.     So  hat    man    mit    Ausnahme   von 
Leo    und   Ussing,    welcher  sagt   'post  guae  hiatur*,    sich  auf  die 
verschiedenste  Weise  ihn  zu  beseitigen  bemüht:  Secede  (ad  me} 
huc,  huc  (fu),  Huc  secede^  quae  {ego)  ex  te.    Aber  weit  mehr  als 
alles  dies  gefallt  mir  das,  wie  ich  nachträglich  sehe,  bereits  von 
Weidner  vorgeschlagene  solo  (solus)  mit  Tilgung  des  zwar  logisch 
richtigen  nam,    das  aber,  wie  mich  bedünken  will,  gar  nicht  im 
Stil    des   Plautus    gesprochen    ist.     Warum   Weidners    Vorschlag 
'am    wenigsten    wahrscheinlich'    sei,    verräth   leider  Brix   nicht; 
vielleicht  weil  er  falsch  citirt  solits  solum'i 

Ich    zweifle   jetzt  nicht,    dass  Capt.  395  zu    schreiben   ist: 

Dlcifo  patrt,  quo  pacto  mihi  cum  hoc  (nunc)  convenerit^ 

nicht  hoc  (modo)  oder  cum  hoc  mihi  oder  cum  hoc  (hic^  oder  mihi 

{nunc)  cum  hoc.    Freunde  von  cum  \  hoc  mache  ich  noch  besonders 

aufmerksam  auf  die  'Prosodie'  S.  739  übergangene  Stelle  Most.  392: 

'Ubi  ego   erö?  \  Ubi  maxume  esse  vis;    cum  \  hoc,  cum 

istoc  eris, 
leb  schreibe:   Uhi  ego  ero  (ergo)?  übt  m.  esse  (te)  ms, 

Dass  Capt.  458  mit  Fleokeisen  zu  schreiben  ist:  *Ad  fratrem 
modo  (^ady  captivos  alios  inviso  meos  nach  der  in  den  Abhandlungen 
für  L.  Friedländer  S.  548  besprochenen  Auedrucksweise,  würde 
ich  für  absolut  sicher  halten,  auch  wenn  die  dort  übersehene 
Parallelstelle  V.  126  es  nicht  noch  deutlicher  zeigte: 

Ego  ibo  ad  fratrem  ad  alios  captivos  meos. 
Dort  konnten  noch  angeführt  werden  As.  367  ad  forum  ad  erum, 
Capt.  384  in  patriam  ad  patrem,  Pseud.  757  ad  me  ad  trapeei- 
tarn  Aeschinum,  Cic.  fam.  IX  14.  3  ad  cum  Neapolim,  XII  25.  3  ad 
tribules  ttws  Eegium,  XIII  29.  4  m.  ad  Flautium  in  Bithyniam, 
Att.  II 19.  3  Capuam  ad  Pompeium,  V  3. 1  in  Trebulanum  ad  Pon- 
tiumj  IX  3  ad  matrem  Neapolim,  XIV17A  3  ad  cum  Neapolim, 
XVI  1.  i  ad  Brutum  in  Nesidem^  6.  1  Vibonem  ad  Siccam,  Sali. 
Cat.  36  in  castra  ad  Manlium. 

Sollte  wirklich  noch  Niemand  gesehen  haben,  dass  der  schöne 
*po8t  maiorem  hiatus*  V.  631: 

'At  ego  te  videö  maior  maiorem;  \  em  rursum  tibi. 

Uheiu.  Mas.  f.  Philol.  N.  F.  UV.  25 


386  Müller 

schon  nm  des  Sinnes  willen  zerstört  werden  mnss  dnrcli  den  Za- 
satz  von  vir  vor  video?  Der  vorhergehende  Vers  schliesst :  Puerum 
te  vidi  puer. 

Ebenso  sicher  für  mich,  wie  Capt.  797  Fleckeisen  mit  Py- 
lades  richtig  corrigirt  hat: 

'ümerus  aries,  tum  genn  ut  quemque  icero,  ad  terram  dabo 
aus  adquemque  (wie  Jemand,  der  lateinisch  versteht,  lieber  ad 
streichen  oder  dem  ad  zn  Liebe  icero  {iecero)  ändern  kann,  ist  mir 
unverständlich),  ebenso  sicher  ist  im  folgenden  Yerse  ut  einzu- 
setzen : 

Dentilegos  omnea  martaies  faciam,  (u  />  quemque  o/fSndero, 
Gas.  80  lautet: 

Quam  servi  summa  vi  sibi  uxorem  eapetunt, 
und  da  glaubt  man  lieber,    dass  der  Verfasser  des  Argumentum 
V.  1  geschrieben  hat : 

Conservam  uxorem  duo  conservi  \  Sapetunt 

oder  Uxorem  conservi  duo  oder  conservi  duo  uxorem  oder  conservi 

expetunt  duo  oder  una  eapetunt  oder  duo  sibi  conservi  (»der  com- 

petunt,  als  dass  man  den  Ausfall  von  vi  hinter  conservi  annimmt? 

Ziemlich  ebenso  sicher  bin  ich  jetzt,  dass  V.  13  zu  lesen  ist: 

Aniiquam  (jeam^  eius  Sdimus  comoSdiam, 

Quam  vos  prdbastis. 
oder  auch  ülamy  aber  ja  nicht  aliquam  mit  Haupt. 

Ich  würde  es  als  hoiTnungslos  aufgeben,  meine  'Nachtr. ' 
S.  32  nach  meiner  jetzigen  Ueberzeugung  viel  zu  zaghaft  vor- 
getragene Conjectur  Gas.  511  fgg.: 

Ibo  intro,  ut  id,  quod  alius  condivit  coquos, 

Ego  nunc  vicissim  ut  atio  pacto  condiam, 

QuOj  id  qtioi  paratumsty  ei  paratum  ne  stet 

Sitque  ei  paratum,  quoi  paratum  non  erat 
nochmale  zu  empfehlen,  wenn  ich  nicht  einen  Hoffnungsschimmer 
hätte,  dass  man  vielleicht  einer  ganz  äusserlichen  Unterstützung 
meiner  Correctur  mehr  Sympathien  entgegenbringen  werde.  Die 
Handschriften  haben  nämlich  V.  514  nicht  Sitque^  sondern  Sictqtte. 
Dies  rührt  möglicherweise  von  einer  Correctur  des  ut  her,  welches 
die  Handschriften  V.  513  statt  des  richtigen  ei  haben.  Uebrigens 
möchte  ich  wissen,  was  die  Vertheidiger  des  Hiatus  in  der  Cäsur 
zu  der  nichts  weniger  als  eleganten  Wiederholung  des  ut :  ut  id 
—  ut  condiam  sagen.  Ich  bin  beinahe  versucht  das  zweite  ut 
für  verdorben  aus  idem  zu  halten.  Vgl.  unten  zu  Stich.  249. 
Cist.  59  mii88  heissen: 


Zu  Plantufl.  387 

Misera  excrucioTf   mea  Gymnasium,    male  mihist,  mtüe 

maceror. 
Vgl.  die  von  Seyffert  Progr.  1874  p.  9  angeführten  Stellen  Epid. 
320  eaedor  miserj  Merc.  247  cura  cruciahar  miser^  Cae.  276,  Bacch. 
435,  Poen.  368,  Trin.  103  discrudor  miser,  Cist.  76  misera  maceror. 
Die  Handschriften  hahen  Mea  eacr,.  Scholl  Media  excr.,  Leo  Med 
eoicrucio,  Useing  Excrudor. 
Ciet.  61  lese  ich: 

Quid  dicam  nisi  stultUia  mea(mety  me  in  maerorem  rapi? 
nicht  mea  me  oder  mea  med,  wenn  auch  meamet  {culpa)  nur  ein- 
mal, Poen.  446,  bei  Plautns  erhalten  ist,  und  zwar  allein  durch 
Α  und  den  cod.  Turn.,  während  CD  meaim  ctdpam  haben,  Β  meam 
et  cülpam. 

CiRt.  619  fg.  sind  zwei  Verse  hintereinander  mit  legalen  Hiaten : 

Ego  eam  proieci;  \  <üia  mulier  sustulif. 

Ego  inspectavi;  \  erus  hancßuxü  postihi. 
Den  ersten  beseitigt  Scholl  jedenfalls  richtig  durch  Aenderung 
Λ'οη  alia  in  aliena,  den  zweiten  durch  Umstellung:  ditxit  lianc. 
Ich  meine,  dass  die  Annahme  des  Ausfalls  von  ckmk  hinter  ctaui 
nicht  blos  durch  äusserliche  Wahrscheinlichkeit  sich  mehr  empfiehlt. 
Cist.  633  fg.  lese  ich: 

Quamquam  invita  ti  carebo,   (in)  animum  ego  inducam 

tamen, 

'üt  ülud,  tuam  quod  quam  meam  in  rem  hcne  conducat, 

consulam. 
In  animum  inducere  hat  Plautus  auch  Mil.1269  und  Rud.  22,  Terenz 
oft.  Die  Herausgeber  conserviren  natürlich  den  Hiatus  lieber. 
Im  zweiten  Verse  haben  die  Handschriften  quam  tuam  in  rem. 
Man  hat  sich  hier  schon  zu  allerlei  Gewaltstreichen  herbeilassen 
müssen,  weil  ein  Hiatus  nicht  hülfreich  zur  Verfügung  steht. 
Scholl  behält  die  überlieferte  Lesart  bei  und  setzt  am  £nde  ad-^ 
modum  hinzu,  Leo  liest:   üt  iUud  quem  {ad  modum)  tuam,  üssing: 

'üt  illud,  quod  tuam  in  rem  bene  conducatf  aequi  con- 
sulam, 
weil  *  consulam  per  se  non  est  aptum\  eine  Behauptung,  die  ich 
mir  ebenso  wie  die  Correctur  nur  aus  mangelhafter  Sprachkennt- 
nise  erklären  kann. 

Cure.  55  scheint  Leo  lesen  zu  wollen: 

Qui  I  e  nuce  nuculeum  esse  volty  frangit  nucem. 
Ussing  natürlich   nuculeum  \  esse,     Götz  nimmt  Fleckeisens  Um- 
stellung: Ε  nuce  nuculeum  qui  esse  an,  vermuthet  aber,  dass  der 


388  Müller 

Fehler  in  esse  steckt,  statt  dessen  vielleicht  exitnere  anzunehmen 
sei;  ähnlich  hat  Weidner  Progr.  Darmstadt  1882  S.  17  exesse 
oonjicirt.  Macrohias  giebt  nuculeos  (weiter  habe  ich  nichts  gesagt. 
Götz  citirt  wie  öfter  falsch).  Vielleicht  ist  dies  nichts  als  eine 
Yerderbniss  aus  dem,  wie  ich  glaube,  richtigen  se  esse. 

Der  nächste  Hiatus,  der  leider  wieder  nicht  legitim  ist,  in 
V.  61,  wird  m.  Έ.  am  besten  durch  Hinzufügung  eines  keineswegs 
tiberflüssigen  nunc  fortgeschafi^t : 

Id  eö  fit,  quia  hie  (nunc)  leno  aegrofus  inciibat 

In  Aisculapi  fano, 
Pylades  corrigirte  leno  hic^  Fleckeisen  mit  Guyet  hie  quia^  Götz 
quia  isticj  Leo  hie  leno,  (hie  qui). 

Cure.  163  scheint  selbst  üssing  und  Leo  nicht  annehmbar: 

Ststo  ego  tibi  me,  \  et  mihi  eontra  \  itidem  uf  si^tas  suadeo. 
Sie  setzen  daher  tu  te  mit  Fleokeisen  vor  ut  ein.  Scholl  schlägt 
p.  IX  der  kleinen  Ausgabe  vor:  et  (te)  mihi.  Dem  ego  tibi  me 
entspricht  ganz  correct  tu  mihi  te,  wenn  auch  vielleicht  genau 
diese  Wortstellung  nicht  erforderlich  ist;  jedenfalls  aber,  meine 
ich,  ist  es  besser,  wenn  nicht  et  (ta)  mihi  (jtey  zu  schreiben,  so 
doch  (tu  te)  mihi. 

Zwei  Verse  weiter  hilft  wieder  kein  Hiatus.  Ich  denke 
aber,  man  vervollständigt  den  Vers  besser: 

'Änime  mi,  procul  (ά  me)  amantem  abesse  haud  consen- 

taneumst 
als   durch   den  Einsatz   von   me   hinter  mi.     Έβ   sind  Worte    der 
Planesium  als  Erwiderung  auf  des  Phädromus  si  absim.    Derjenige, 
der  procul  amans  abest,  wird  also  wohl  ebenfalls  Phädromus  sein, 
nicht  Planesium. 

Cure.  415  wird  die  Legitimität  des  sonst  ohne  Zweifel  über 
jede  Anfechtung  erhabenen  Hiatus  in  caesura'  einigermassen  da- 
durch bedenklich,  dass  sich  dazu  noch  ein  zweiter  weniger  ein- 
wandfreier Hiatus  gesellt: 

Quia  vistimenta,  \  ubi  |  obdormivi  ebrius, 

Summano 
oder,  wie  Götz -Scholl  schreiben,  obdormivi  \  ibrius.  Alle  Ver- 
legenheit wäre  gehoben,  wenn  die  Form  debrius  für  Plautus  an- 
zunehmen wäre.  Einstweilen  befriedigt  mich  jetzt  mehr  als  alles, 
was  Andere  und  ich  selbst  früher  ausgesonnen  habe:  ubiiquomque) 
obdormini. 

Soviel  mir  bekannt  ist,  hat  Niemand  von  dem  Notiz  ge- 
nommen,   was   ich  Progr.  Landsberg  a.  d.  W.  1865  S.  12    über 


Zu  Plantus.  389 

die  Constraction  von  curare  gegen  Lachmann  Lucr.  VI  231  aas- 
geftihrt  habe.     Lachmann  sagt:  ^  curare  cum  eimplici  coniunctivo 

(lixerunt  pauciseimi. Ergo  bic  aut  cum  Lambino  addendnm 

est  ut  aut  potius  faciendum  Curat  ubL*  Ich  habe  dort  nachge- 
wiesen, dass  Petron  nicht  zwei,  sondern  7  mal  curare  mit  dem 
blossen  Conjunctiv  verbindet,  dass  ausserdem  ebenso  sprechen 
Cato,  Gaelius  bei  Gellius,  officielle  Edicte  bei  Varro  and  Gellius, 
Jemand  bei  einem  Gelage  bei  Seneca.  Dazu  habe  ich  Cic.  Acad. 
p.  52.  25  hinzugefügt  carm.  de  fig.  56,  Plaut.  Bacoh.  550  accuratum 
hahuit  und  'hätte  hinzufügen  können  Cic.  Att.  XIY  16  ex.  (p. 
452.  6  meiner  Ausg.),  Plin.  ep.  I  24.  2.  Was  ich  damals  über 
Plaut.  Cure. 517  gesagt  habe:  'Lachmanns  Correoturen  des  Plautus 
und  Pomponius  scheinen  mir  nicht  glücklicher  als  die  des  Lucretius. 
PI.  Cure.  517  schreibt  er:  Eloquere  quidvis.  Quaeso  ut  hanc 
eures,  (ut)  bene  sit  isti.  Ich  kann  isü  nur  als  Localadverbium 
gleich  'bei  dir'  verstehen,  nehme  an  einem  einmaligen  curo  mit 
dem  Conjunctiv  bei  Plautus  gar  keinen  Anstoss  und  finde  den 
Einschub  von  ut  an  jener  Stelle  äusserst  gewaltsam.  Ich  würde 
bei  Weitem  lieber  lesen:  eures  bene  (ei)  sii  isti^,  das  kann  ich 
heute  noch  nicht  widerlegt  finden  dadurch,  dass  sämmtliche  Heraus- 
geber stillschweigend  Lachmann  gefolgt  sind.  Vielleicht  wird  in- 
dessen ei  besser  anders  gestellt. 

Es  ist  mir  wie  leider  so  sehr  vieles  auf  dem  Gebiete  der 
Plautuskritik  schwer  verständlich,  wie  man  Epid.  52  als  Antwort 
auf  die  Worte  Ep.  qnanti  eam  emit?  Th.  Tili.  Ep,  Haud  istuc 
te  rogo  in  dem  handschriftlichen: 

Th,  Boddigitur.  Ep.  Quöt  minis?  Th.  Totiis)  quadraghUa 

minis 
etwas  anderes  hat  finden  können  als  Quid  rogas  igitur?  —  Ich  habe 
'Nachtr.'  S.  125  Quid  rogitas  igitur?  empfohlen,  weil  ich  auch 
den  vorhergehenden  Vers  iambisch  mass,  während  sowohl  die 
vorhergehenden  als  die  folgenden  Verse  offenbar  trocbäisch  sind. 
Ussing  und  Leo  schreiben: 

Quid  igitur?  Ep.  Quot  minis'i   Th.   Tot:  quadr.  m. 
Dass    ich    Ep.  135  nach  wie  vor  ('Nachtr.'  S.  38)  für   die 
einzig  erträgliche  Schreibweise  ansehe: 

'lUam  amabam  olim;  nunc  mi  alia  cur  α  impendet  pSctori, 
würde  ich  unerwähnt  lassen,  wenn  mich  nicht  die  nächste  Nach- 
barschaft darauf  brächte.  V.  136  ist  die  allgemein  angenommene 
Schreibweise  mit  dem  legitimen  Hiatus: 

Herde  miserumst  ingraUtm  esse  \  homini  id,  quod  facias  bene 


8d0  Müller 

auf  oar  zweifelhafter  Conjeotur  begründet.  Die  Codices  haben 
hominem^  und  dies  läset  sich  mindestens  eben  so  gat  deaten : 
hominem^  ei  si  quid  oder  quidquid  f.  b.  Sollte  aber  homini 
richtig  sein  (und  Piautas  braucht  in  der  That,  wenn  icb  nicht 
irre,  vorherrschend  ingratum  est  aliqtUd)^  so  liegt  immer  noch 
näher,  wie  mir  scheint,  homini  omne  fd  oder  ei  si  quid  als  esse,  | 
homini  id.  Auch  homini  id,  quod  (ei)  facias  hene  dürfte  nicht 
zu  gewagt  sein. 

Von  den  drei  Hiaten  beim  Personenwechsel  im  Epidicus 
gegen  60  Verschleifungen  hält  selbst  Leo  nur  zwei  -für  zulässig, 
V.  398: 

Sed  tu  hanc  iube  sis  intro  abduci,  \  Heus  foraSf 
wo  Götz  lieber  hanc  in  istanc  ändert  als  mit  mir  schreibt,    was, 
dächte  ich,  jedem  oberflächlichen  Kenner  der  plautinischen  Sprache 
sich  von  selbst  darbieten  müsste:  Heus  vos. 
Der  zweite  ist  V.  302: 

Face  modo;  est  lucrum  Ate  tibi  amplum,    Pe.  Bios  quidem 

oro.  I  Ep.  Impetras, 
Wenn  es  wahr  ist,  dass  Piautas  einmal  deos  oro,  Trin.  57,  ein- 
mal deos  orato,  Merc.  1)08,  hingegen  deos  quaeso  Amph.  720, 
Gas.  389,  396,  Rud.  499,  1256,  deos  spero  Gas.  346,  Cist.  596, 
Mil.  1209,  obsecro  Cist.  664,  veneror  Poen.  950  gesagt  hat, 
so  mögen  gläubigere  Verehrer  unserer  Ueberlieferung  dieselbe 
nicht  antasten  zu  dürfen  glauben,  für  mich  ist  es  unendlich 
viel  wahrscheinlicher,  dass  die  Codices  ein  obsecro  zu  oro  ver- 
stümmelt oder,  sollte  oro  richtig  sein,  sonst  etwas  ausgelassen 
haben,  als  dass  der  Dichter  die  Caprice  gehabt  haben  sollte,  in 
diesem  Stücke  auch  einmal  zur  Abwechslung  sich  einen  Hiatus 
zu  leisten.  Meine  früheren  Vorschläge  sind  verwerflich;  nament- 
lich darf  das  blosse  Impetras  nicht  angetastet  werden. 
Epid.  306  hält  Niemand  auser  Leo: 

Nullum  esse  opinor  ego  agrum  \  in  agro  \  'Attico^ 
weil    zufällig  der  Hiatus   sich  nicht  in  die  Cäsur  verlegen   lägst. 
Man   schiebt  gewöhnlich  mit  Lomann  omni  vor  agro  ein.     Andre 
wollen  in  hoc   agrOj  andre  ego  quidem.     Möglich  ist  z.   B.  auch : 

Xullum  esse  (aut  fimse)  opino[r]  ego  agrum  in  agro  'Attico. 
Opino  steht  bei  Plautus  öfter  in  den  Texten,  in  den  Handschriften 
nirgends. 

Men.  arg.  2  ist  natürlich  für  die  Vertheidiger  der  legalen 
Hiate  unantastbar: 

Ivi  surrupio  \  altcro  mors  optigit, 


Zu  Piautas.  391 

and  im  folgenden  Verse  läge  die  Sacbe  beinahe  ebenso;  denn  was 
liegt  näher  als  gleichfalls  anzunehmen: 

Nomen  surrupti  \  iUi  — ? 
Leider  haben  die  Handschriften  erstens  nicht  zweiffellos  surrepti, 
sondern  entweder  surrepit  oder  surrepüi,  was  man  seit  Camerarias 
gewöhnlich  gedeutet  hat  als  surepticii,  nnd  zweitens  haben  sie 
noch  einen  zweiten  Hiatus:  tUi  |  indit,  qui  domist.  V.  2  schreibt 
Scholl  altero  (ocius)f  andere  dam  alter o,  ülorum  aliero,  aliero  ilico 
usw.     Ich  halte  jetzt  für  das  bei  Weitem  wahrscheinlichste: 

Ei  (subito)  subrupto  α.  m,  o. 
und  im  folgenden  Verse: 

Nomen  surrupti  Uli  (altert)  indit  q,  d., 
V.  8  Menaechmum  (tum)  omnes  civem  credunt  advenam. 
Das  Men.  85   statt    des    handschriftlichen  tum   von  Ritschl 
eingesetzte  und  von  Scholl  angenommene: 

Dum  compediti  (aut)  anum  lima  praeterunt 

Aut  lapide  excutiunt  clavum 
ist  falsch.     Dum  'indem'  hat  noch  nicht  einmal  bei  Cicero^    ge- 
schweige denn  bei  Plautus  eine  andere  als  temporale  Bedeutung. 
^  Sie  befreien  sich,   indem  sie  —    heisst  Qtiom,    und  so  hat  be- 
reits Ussing  mit  Lorenz  im  Texte. 
Ob  man  Men.  98  liest: 

Nam  I  ilUe  hömo  homines  ηόη  alüy  verum  educat 
oder  Natn   ilUc   homo  \  homines,  ist  gleich.     Ich   halte  ein  hercle 
(hinter  Ίwmo)  nicht  bloss  für  den  Vers  für  wünsohenswerth. 

Meine  Correctur  von  Men.  223,  von  der  ich  mir  eingebildet 
hatte,  sie  müsse  jeden  überzeugen: 

Nam  parasiius  octo  hominum  (unus)  munusfacile  fungitur, 
widerlegt  Scholl  mit  Gründen,  die  m.  £.  an  Nichtigkeit  mit  ein- 
ander wetteifern.  £r  sagt:  at  primum  quidem  eiusmodi  soni 
lusuro  non  sine  verborum  ipsorum  concentu  adhibet  Plautus.'  Viel- 
leicht liegt  in  diesen  Worten  ein  tieferer,  nur  für  mich  unergründ- 
licher Sinn.  Dass  zufällig  ähnlich  klingende  Wörter  bei  Plautus 
nicht  neben  einander  gestellt  werden  dürften,  wäre  doch  eine  gar 
zu  unglaubliche  Behauptung.  'Deinde  prorsus  improbabile  est 
munus  in  Α  in  nunc  abiisse\  Α  hat  nämlich  N.  p,  o,  hominum 
nunc  facile.  Aber  das  ist  doch  eine  nicht  wegzuleugnende  That- 
sache.  Hominum  munus  haben  sämmtliche  übrigen  Handschriften 
und  auch  zum  Ueberiluss  Nonius.  Nunc  ist  ganz  sinnlos  und, 
wenn  Α  so  liest,  so  beweist  dies  nur,  dass  seine  Vorlage  noch 
verdorbener  war  als  die   der  übrigen  Codices  durch  Auslassung. 


392  Müller 

Ist  es  Scholl  gar  nicht  eingefallen^  dass  er,  was  er  hier  leugnet 
selbst  anerkennt,  indem  er  auch  munus  facile  schreibt  und  sein 
nunc  vor  hominum  einschiebt?  Aber  nein!  nunc  ist  nicht  ver- 
dorben. '  £o  rectius  nunc  adhibemus,  quo  facetius  oToi  νυν  βροτοί 
hoc  loco  dicuntur.  Dies  beweist  er  durch  ein  abgerissenes  Frag- 
ment eines  griechischen  Komikers  und  zwei  Stellen  des  Plautns, 
Pers.  385  Non  tu  nunc  hominum  mores  vldes?  und  Trin.  1032, 
wo  ebenfalls  von  den  jetzigen  Sitten  {Nam  nunc  mores  nihili 
faciunt)  im  Gegensatz  zu  den  veferes  homines  und  veteres  parsimoni4ie 
die  Rede  ist.  An  unserer  Stelle  aber  kommt  doch  der  Gegensatz 
zwischen  sonst  und  jetzt  nicht  in  Betracht,  sondern  ein  einziger 
jetzt  lebender  Parasit  wird  8  anderen  jetzt  lebenden  Menschen 
gegenüber  gestellt.  Derartig  ist  Schölle  Beweisführung.  Aehn- 
liche  Gründe  sind  es  vermuthlich  gewesen,  die  Scholl  zu  der  Cen- 
sur  'permire'  bewogen  haben,  die  er  meiner  Correctur  von  V.  609 
Quid  eam  pallam?   ertheilt  hat.     S.  unten  über  Merc.  890. 

Statt  mit  einem  deutlichen  Prädikate  hat  Scholl  meinen  Vor- 
schlag zu  Men.  344: 

Nunc  in  statu  staJt  navis  praedatöria 
mit  einem  Ausrufungszeichen  ausgezeichnet.  Meine  Begründung, 
dass  nämlich  das  handschriftliche  in  istoc  portu  'recht  unpassend', 
ich  hätte  sagen  können  'sinnlos'  sei,  hat  ihm  offenbar  so  wenig 
eingeleuchtet,  dass  er  sie  nicht  für  der  Widerlegung  werth  hält. 
Er  behilft  sich  lieber  mit  dem  dürftigen  Mittelchen  in  istoc  por- 
tu st,  während  Ritschi,  Brix,  Leo  an  einsilbiges  navis  glauben, 
Ussing  nicht  besser  instat  portu  oder  portum  liest.  Ich  sagte, 
in  istoc  portu  sei  sinnlos.  Hat  das  etwa  einen  Sinn,  wenn  vor- 
her V.  339  zur  Erklärung  dafür,  dass  der  Name  des  Menächmus 
bekannt  ist,  gesagt  ist: 

Ad  portum  mittunt  servolos,  ancillulas. 

Bogitant  —  quid  ei  nomen  siet^ 
dass  dann  jetzt,  wo  Menächmus  vom  Hafen  vor  das  Haus  der 
meretrix  gekommen  ist,  dieser  Platz  portus  genannt  wird  und  noch 
dazu  iste  portus?  Der  portus  ist  V.  344  aus  V.  340  interpolirt, 
d.  h.  tu  zu  portu  erweitert,  vielleicht  nachden  in  der  bekanntlich 
sehr  gewöhnlichen  Weise  ist  aus  st  geworden  war.  Ich  meinte 
und  meine  noch,  dass  die  Situation  genau  der  Mil.  1389  entspricht, 
wo  siat  in  statu  seneXj  ut  adoriatur  milUem.  Muss  ich  auch  noch 
die  Conimentare  der  Herausgeber  ausschreiben,  die  erläutern,  was 
in  statu  st are  heisstV  In  portu  esse  bedeutet  Mn  Sicherheit  sein*. 
Mir  ist  der  Verdacht  aufgestiegen,    dass  Scholl   durch    seine  nota 


Zu  Plautus.  393 

darauf  aufmerksam  machen  will,  daee  ich  nicht  wie  er  in  beiden 
Auegaben  Mil.  1389  stätus  gemessen  habe.  Navis  praedaioria  ist 
Versscbluss  auch  V.  442,  navis  merccUöria  Baoch.  236. 

Men.  431    Eamus  infro.    Me,  lam  sequar  te;  \  hunc  volo 

etiam  conloqui. 
Lieber   als  ted,    was  selbst  Scholl   und  Brix   nicht  verschmähen, 
setze  ich  vor  hunc  hinter  te  ein  ante,  das  keineswegs  überflüssig  ist. 
Men.  822  hat  man  die  Wahl  zwischen 

Ntsi  quo  nocte  hac  (&e)migrasti,    Concede  huc  (sis),  filia 
oder  (tnea)  filia  wie  V.  835  mea  nata,  eins  so  ungewiss  wie  das 
andere,  verbürgt  ist  nur  nocU  |  hac  und  concede  \  huc. 
Meine  Aenderung  Men.  867  von 

Mihin  equis  iunctis  minore?  \  'Ecce^  Apollo,  denuo 
in  Ecce  auiem  ist  den  Herausgebern  zu  kühn.    Sie  glauben,  dass, 
wenn  Plautus  so  nicht  sagen  wollte,  wie  er  an  den  von  Bach  in 
Studem.  Studien  II  390  fg.    angeführten  Stellen    gesagt    hat,    er 
lieber  minare  gewählt  hat  als  minaris. 
Warum  Men.  961  in  dem  Verse 

Salvus  salvos  alios  video,  novi  \  JwmineSf  adloquor 
^  homines  άττό  κοινού  ad  mdeo,  novi,  adloquor;  augeri  mutarive 
nequeunt,  quin  deteriora  fiant',  wie  Leo  sagt,  vermag  ich  nicht  zu 
ergründen.  Ich  schreibe  hos  homines^  wie  dieselben  V.  958  hisce 
homines  heissen,  wo,  wie  Scholl  gesehen  hat,  das  in  Y.  957  den 
Yers  zerstörende  nunc  unterzubringen  ist,  nur,  glaube  ich,  nicht: 
me  hi  nunc  homines^  sondern  lieber  nunc  nie  hisce  homines.  Die 
Handschriften  haben  me  hie  homines.  Vgl.  unten  Fers.  550. 
Merc.  arg.  7  fg.  dürfte  zu  schreiben  sein: 

tum  Charinum  (ipsa)  ix  fuga 

BetrahÜ  sodalis,  postquam  (suam)  amicam  invenit. 
Merc.  106  halte  ich  die  Ergänzung: 

Quid  vSrbis  opus  est?  (dh  eo  c>mt  atque  αάνέχι  heri 
für  um  so  sicherer,  weil  die  Handschriften  den  Ausfall  selbst  be- 
zeugen, indem  sie  von  emi  nur  mt,  resp.  mihi  haben,  wie  Truc.  913 
und  Mil.  1259  die  Verstümmelungen  moris  und  orc  den  Fingerzeig 
geben,  dass  nicht  bloss  α  oder  am,  sondern  noch  mehr  verloren 
gegangen  ist.  Die  Herausgeber  schreiben  emi  eam  oder  illam, 
Ussing  und  Leo  emi  \  atque,  was  für  mich  auf  gleicher  Stufe 
steht  mit  adveat  |  heri. 

Merc.  153  hat,  soviel  ich  sehe,  kaum  Jemand  gezweifelt 
an  der  Richtigkeit  der  alten  Correctur:  liberum  Caput  tibi  faciam 
<c  *  s}  paucos  mensis  oder  paucos  eis,  was  üpsing  vorzieht.    Dass 


394  Müller 

jenes  möglicberweiee  richtig  sein  kann,  läset  eich  angeeichte  solcher 
Stellen  wie  Truc.  348  ut  nulla  faxim  eis  dies  paucos  stet  nicht 
bezweifeln,  dase  es  aber  wahrecheinlicher  oder  auch  nur  ebenso 
wahrscheinlich  wäre  wie  faciam  ante  paucos^  bestreite  ich  ent- 
schieden. 

Ob  Merc.  195  in  der  Schreibweise  von  B: 

Nequiquam  mare  subterfugi  subt'atuis  tempestatib; 
oder  in  der  der  übrigen  Handschriften  subterfugi  saevis  die  bessere 
üeberliefemng  vorliegt,  mag  a  priori  zweifelhaft  erscheinen;  dass 
aber  für  denjenigen,  der  meine  Auseinandersetzung 'Naohtr.' S.  75 
gelesen  hat,  darüber  kein  Zweifel  sein  kann,  behaupte  ich  so  lange, 
bis  mir  nachgewiesen  ist,  dass  mein  ausführlicher  Beweis  von 
Eitschls  Irrthum  über  das  Verhältniss  von  Β  und  CD  miesglückt 
ist.  Dass  sich  bis  jetzt  Jemand  die  Mühe  genommen  hätte,  ist 
mir  wenigstens  nicht  bekannt.  Thatsächlich  haben  sich  die  meisten 
Herausgeber  bei  saevis  tempestatibus  beruhigt,  und  es  ist  ja  nicht 
nur  möglich,  sondern  sogar  recht  wahrscheinlich,  dass  auch  atuis 
nichts  weiter  als  saevis  heissen  soll.  Trotzdem  ist  mir  das  Wort 
an  sich  sehr  verdächtig  als  eingedrungen  aus  dem  Schluss  von 
V.  197  saevis  fludibus,  und  ausserdem  hat  mir  auch  üssings  Er- 
klärung die  Verbindung  mare  subterfugi  saevis  tempestatibus  nicht 
glaubhaft  gemacht.  Leo  nimmt  α  tuts  aus  Β  an  und  verweist  dafür  auf 
Bacch.  342  effugisse  α  vita  maritutna,  Dass  man  sagen  kann  effugere 
α,  de,  ex  ist  recht  bekannt;  dass  Plautus  aber  gesagt  haben  würde 
^effugere  mare  α  tempestatibus,  scheint  mir  daraus  nicht  zu  folgen. 
Unter  der  Voraussetzung,  dass  meine  Annahme  rücksichtlich  der 
Herkunft  von  saevis  richtig  ist,  drängt  sich  mir  die  Vermuthung 
auf,  dass  dies  Wort  an  die  Stelle  von  suis  cum  getreten  ist. 
Dass  cum  von  Begleiterscheinungen,  namentlich  unangenehmen, 
mit  Vorliebe  gebraucht  wird,  zeigt  u.  a.  Hand  Turs.  II  p.  145 
und  165,  Lorenz  zu  Most.  463,  Cure.  231,  Trin.  337,  Truc.  270, 
Merc.   239  ergänze  ich 

Suat  I  uxoris  dotem  ambedisse  \  oppido 
(dies  zieht  Leo  vor)  oder 

Suae  uxoris  dotem  |  ambedisse  \  oppido 
(so  Ussing:   'hiatur  non  solum  in  caesura,  sed  etiam  ante  extre- 
mum  creticum')  zu: 

Suae  uxoris  dot(em  omn}cm  ambedisse  oppido., 
412  Herde  qui  tu  recte  dicis  et  tibi  ad(eo  ad)santiory 
nicht  durch  equidem  oder  ego  oder  hoc  oder  adsentor  ego,     Uebe^ 
adeo  8.  Hand  Turs.  I  p.  144  fg.  und  150. 


Zu  Plautus.  395 

Da  mein  Hinweis,  dass  Merc.  483  die  handschriftliche  von 
mtlichen  Heransgebern  angenommene  Lesart: 

Responde,  quo  leto  censes  me  üt  per e am  potissimutn 

[ein  Latein  ist,  gänzlich  nnbeachtet  geblieben  und  dreissigjährige 

fortgesetzte  Prüfung    nicht    im  Stande   gewesen    ist    mich    eines 

beeseren  zu  belehren,  so  will  ich  versuchen  durch  ausführlichere 

Darlegung   meiner  Meinung  diejenigen,    die  es  besser  verstehen, 

zü    bewegen  mich  aufzuklären   über  die  Quelle   meines  Irrthums. 

Ich    kenne  viele  Beispiele    (ich  glaube  sie  alle    beisammen 

zu   haben)  von  meminisse,  scire,  nescire^  nosse,  videre,  visere,  con- 

tempictrif  audire^  aucupare,   opperiri,  eaperiri,   invenire^   quaerere, 

sinere,  velky  curare^  suhigere^  monere^  iuberCy  flagitare^  facere^  com- 

fnonstrare^  memorare^  commemorare^  eloquij  verbis  vincere,  mirarij 

fnetuere  äliquem  (aliquid),   quid    etc.  ut^    ne   quid  faciat  oder  sU 

(iiiquid,  auch  rogare  patriam,  quae  sity  aber  kein  einziges  von  cen- 

SM  aliquemf   ut  aliquid   faciat  oder  gar    patiatur.     Ich    erwähne 

^ίθβ   nicht,    als  ob  ich  grossen  Werth  darauf  legte,   ob  sich  eine 

^^gliche  Ausdrucksweise    auch   wirklich    einmal  findet,    sondern 

^^il  dies  nur  eine  Bestätigung  dessen  ist,  was  ich  behaupte,  dass 

die    fragliche  Redeweise  nicht  möglich  iflt;  denn  bei  allen  jenen 

■P^olepsen   ist   das    einzig   bemerkenswertbe,    dass    Verba    neben 

αθχΐ[χ  üblichen  Objectsaccusative  noch  ausserdem  einen  abhängigen 

°*^^  haben,    in  welchem   dies  Object  Subject  ist,    dass  also  der 

-Aöonsativ  überflüssig,  nicht   sinnlos  ist.     Das  ist  aber  bei  censeo 

^^^^iem  der  Fall.    Quid  me  censes?  u.  ahn.  wird  man  mir  hoffent- 

"^^    nicht  entgegen  halten.    Aber  gesetzt  censeo  te  wäre  so  richtig 

^^    moneo,   subigo^  facio  te,  ist   denn    das  ein    vernünftiger    Ge- 

^*^ke  censeo  ie,  tä  oder  quo  modo  pereas?  Gehörte  dazu  nicht 

■ 

«m^    wunderlich   gektijistelte  Verdrehung  der  natürlichen  Denk- 

^^^    Sprechweise,  wenn  ein  gesunder  Mensch,  der  in  seiner  Ver- 

'^^iflung  Selbstmordgedanken  hegt,    um  Rath   fragte,   nicht  auf 

^^lohe  Weise  er  sich  das  Leben  nehmen,   sondern  wie  er  ums 

*^^©n  kommen  solle?   Interimam  hibt  ich  lieber  vorgeschlagen 

***    tU  perimamy    weil  se  interimere  bei  Plautus  (Cist.  644,  711), 

*^BBerdem  bei  Cicero,  im  bell.  Afr.,  bei  Vellejus,  Valerius  Maxi- 

*^^,  Curtius,    Sueton,    den  script.  bist.  Aug.,    Eutrop,  Macrobius 

^  a..,  se  perimere,   soviel    ich  weiss,   nur  bei  Valerius  Maximus, 

*Ärtial,    Apulejus,    Servius,    Kirchenvätern    vorkommt.      Darauf, 

^*ββ    sonst  bei  Plautus  censere  weder  ut   noch  den   blossen  Con- 

Jünctiv  bei  eich  hat,  lege  ich  kein  Gewicht. 

Dass  Merc.   533  ein    iambiscber  Vers   den  Ausgang  gehabt 


396  Müller 

haben  soll:  mecum  rem  coBpit^  ist,  wie  ioh  sehe,  anderen  glaub- 
lich, mir  nicht.  Lieber,  als  wan  bisher  vorgeschlagen  ist,  med 
atnarey  hiennio  mecum  rem  habere  coepit^  coepivifj  ille  coejni,  oc- 
ceptavit  usw.,  lese  ich:  me  ducfare  coepU, 

In    dem   Zwiegespräche  zwischen    den    beiden    aduleecentes, 
Charinus  und  Eutychus,  Merc.  V.  602  fgg: 

Ch!  'Uno  verho  eloquerey  (.utr^ubi  ego  sum?  hicine  an  apud 

mortuos? 
Eu,  Neque  apud  mortuos  neque   hie  es.  Ch,  Salvos  sum; 

inmorialitas 
Mihi  daiast  —  —  diCy  öbsecrOy 

Si  neque  hie  neque  'Acherunti  sum,   übt  sum?  Eu.  Nus• 

quam  gentium, 

Ch.  Dispcrii;  illaec  interemit  me  modo  \  oratio 

hat  man  den  selbst  Ussing  misefälligen  Hiatus  mit  lauter  solchen 
Mittelchen  geheilt  wie  modo  odio^  modo  huiuSj  modo  hi^c^  modo 
wwa;  nur  Leo  schreibt:  modo  oratio.  Ich  halte  alle  jene  Correc- 
turen  abgesehen  von  allem  anderen  schon  darum  für  verfehlt, 
weil  sie  das  ra.  £.  ganz  unbrauchbare  modo  festhalten.  Im  Hin- 
blick auf  das  vorhergehende  immortalitas  mihi  daiast  (auch  die 
verzweifeltsten  Leute  machen  bei  Plautus  Witzchen)  hatte  ich 
einmal  daran  gedacht  in  dem  unbrauchbaren  modo  zu  suchen  tut* 
mortaJem,  Aber  nicht  nur  die  äussere  ünwahrscheinlichkeit  hat 
mich  davon  abgebracht.  Fasst  man  vielmehr  das  Folgende  ins  Auge: 

Odiosast  oratio^  quom  rem  agaSj  longinquom  loqui, 
Quicquid  est,  ad  capita  rerum  perveni^ 

so  muss  sich  jedem,  der  sich  erinnert,  wie  sehr  häufig  bei  Piautas 
Ausdrücke  mit  mora  und  morari  sind,  aufdrängen:  tit/  morando 
oratio. 

Dass  Merc.  866  zu  schreiben  ist: 

Estne  illic  Charinus?    Ch.  Cives,  bene  valete.  Eu.  (/^ίΛ 

ilico 
Stttj  Charine, 

würde  ich  für  so  sicher  halten,  wie  Conjecturen  überhaupt  sein 
können,  auch  wenn  nicht  bald  darauf  ¥.912  stände  istic  sta  ilico 
{isfi  asfa  Seyffert),  woraus  unsre  Handschriften  gemacht  haben 
haec  isthic  sta  ilico.  Götz  schreibt  lieber  mit  Bothe:  Heus,  ilico, 
und  Leo,  der  natürlich  den  Hiatus  nicht  antastet,  hält  nur  dies 
der  Erwähnung  für  werth.  Auch  Stich.  90  schreibe  ich  ohne 
jedes  Bedenken  'Et    vos  amhoe   isti    i'lieo  agiie  adsidite.     Istic 


Zu  Plautiu.  •  397 

hat  A,  wenn  anch  falsch,  vor  adsidite,  und  dieR  istic  ist  ohne 
Zweifel  nicht  *ex  scriptara  diecrepanti  (agite  istic  pro  ilico  ogiteY 
zQgeschriehen ,  wie  'Schoelliue  Seyffertusque  monnerunt*  Götz- 
Schöll  p.  XVII. 

Merc.  888  fg.  TSiam  amicam  —  Ch,  Quid  (nUam  amic)am? 

En,   Ubi  sif,  igo  scio,  Ch,   Tun,  obsecro? 

FjU.  Sdnam  et  salvam.     Ch,   Ubi  eam  scdvwn?    Eil  (Id 

quoque)  ego  scio.  Ch.  Ego  me  mavelim. 
Die  Correctur  des  ersten  Verses  hat  Götz  von  mir  angenommen. 
Er  musR  also  wohl  anderer  Ansicht  tiher  solche  Fragen  mit 
Quid  —  ?  sein  (über  die  ich  *Prosodie'  S.  176  A.  und  Nachtr. 
S.  21  erfolglos  gesprochen  habe)  als  Scholl,  dem  mein  Quid  eam 
pallam?  Men.  609  unverständlich  geblieben  zu  sein  scheint.  Den 
zweiten  schreibt  Götz  so  wie  oben  angegeben,  Götz-Schöll  wie 
natürlich  Ussing  und  Leo: 

Sanam  et  salvam,  \  '  Ubi  eam  salvam?  \  'Ego  scio.  Ego 

me  mavelim. 
Wenn  Götz  der  Berücksichtigung  für  würdig  gehalten  hätte,  was 
ich  über  das  Verhältniss  der  Codices  im  Miles  und  Mercator  ge- 
sagt habe,  so  würde  er  vielleicht  weniger  auf  das  Zeugniss  des 
B,  der  allein  Quo  vor  ego  scio  hat,  gegeben  haben.  £r  gründet 
offenbar  sein  Id  quoque  hierauf.  Ich  bin  überzeugt,  dass  das  rich- 
tige ist: 

Sanam  et  salvam  (vidi),     übt  eam  salvam?    'Ego  scio. 

E.  m,  m. 
Der  Einschub  von  vidi  zwischen  salvam  und  Ubi  scheint  mir  nicht 
nur  äusserlich  sehr  plausibel,  sondern  auch  von  Seiten  des  Ge- 
dankens recht  nothwendig;  denn  die  Worte  sanam  et  salvam 
scbliessen  sich  wohl  grammatisch  nicht  incorrect  an  das  vorher- 
gehende an,  aber  Tuam  amicam,  ubi  sit,  scio  sanam  et  salvam  ist 
doch,  scheint  mir,  ziemlich  wunderlich  gesprochen. 

Dass  Merc.  V.  892  ebenso  wie  der  vorhergehende  allgemein 
als  unterstützungsbedürftig  angesehen  wird,  verdankte  er  dem  Zu- 
fall, dass  er  auch  mit  den  unmöglichsten  Hiaten  der  Ueberliefe- 
rung  nach  nicht  lesbar  ist: 

Obsecro  te  loquere,  ubi  sit,  ubi  eam  videris. 
Camerarius  curirte  ihn  durch  Zusatz  von  nunc,  Ritschi,  Götz,  Ussing, 
Leo  (der  nicht  einmal  eloquere  annimmt)  von  propere  hinter  loquere 
äusserlich  allerdings  recht  bestechend;  aber  Becker  in  Studem. 
Stud.  I  S.  174  hat  gezeigt,  dass  in  Ritschls  Schreibweise  eloquere 
propere,  ubi  ea  sit  entweder  der  Conjunctiv    oder  ea   falsch  und 


398   '  Müller 

deshalb  wenigetens  ecmi  zu  ecbreiben  ist,  statt  desseo  er  vor- 
schlägt amicam  einzusetzen,  also  eloquere  amicam  \  übt  $it  lob 
gebe  nocb  einen  Schritt  weiter  nnd  sage,  wenn  der  Zosatz  von 
amicam  den  von  propere  überflüssig  macht,  wie  wäre  es,  wenn  man 
sich  entschlösse  auch  den  letzten  Rest  von  Mangelhaftigkeit  des 
Verses  durch  den  Zusatz  von  meam  amicam  zu  beseitigen?  Dass 
dies  im  mindesten  gewaltsamer  wäre  als  nur  amicam  oder  eam 
oder  auch  ea  einzuschieben,  was  doch  allgemein  als  nothwendig 
anerkannt  wird,  kann  wohl  Niemand  behaupten,  und  dass  der  Hiatus 
grade  nicht  eine  Zierde  des  Verses  ist,  hat  wenigstens  bis  vor 
Kurzem  Niemand  bestritten.  Es  wird  übrigens  wohl  kein  Zufall 
sein,  dass  im  vorhergehenden  Verse  ziemlich  an  derselben  Stelle 
auch  ein  Defect  ist:  in  transqtiieto,  Aehnlich  liegt  die  Sache  im 
V.  928,  der  der  üeberlieferung  nach  lautet: 

MatiCt  mane  Charinel  \  Ch,  Erras;   me  decipere  |  haud 

potes[t]. 
Selbst  Leo  hält  mit  dem  Vorschlage  einer  Abhülfe  nicht  zurück, 
nämlich  des  Zusatzes  von  öbsecro  genau  wie  V.  474  Mane,  mane, 
obsecro,  Qiarine  /  Dieser  sehr  bestechende  Vorschlag  genügt  jedoch 
meinen  Anforderungen  nicht,  weil  dabei  der  Hiatus  beim  Personen- 
wechsel bestehen  bleibt.  Ich  hatte  mir  früher  den  Vers  corrigirt 
'Pros.'  S.  654  fg.: 

Mane,  mane,  Charine.  Ne  er  res,  tu  me  d,  h.  p. 
Vielleicht  ist  es  besser  mit  Leo  öbsecro  einzuschieben  (wer  würde 
das  ohne  den  Parallelvers  wagen  dürfen?);  dass  aber  ne  erres 
plautinisch  ist  (Capt.  14,  Men.  47,  Mil.  150),  nicht  erras^  habe 
ich  behauptet  und  bin  so  eigensinnig  mich  durch  das  Schweigen 
der  Hiatusverehrer  nicht  widerlegt  zu  fühlen. 

Zu  Mil.  223  bin  ich  so  dreist  die  beträchtliche  Zahl  der 
Conjecturen  noch  um  eine  zu  vermehren,  die  ich  nicht  nur  für 
besser  als  die  zwölf  von  Götz  angeführten  (ich  kenne  noch  mehr), 
sondern  für  absolut  richtig  halte: 

'interclude  itir  inimicis,  tute  tibi  muni  viam, 

QxML  cibatus  commeaitisque  —  ad  te  tuto  possit  pervenire. 

Die  Handschriften  haben  Intercludite  inimicis    commeatum   tibi- 
muni  viam,  worin  commeatum  in  der  gewöhnlichen  Weise  aus  den^^ 
nächsten  Verse  stammt. 

Dasselbe   ttäe   habe  ich  '  Prosodie'   S.  597  für  V.  335  vor- 
geschlagen : 

Vin  iam  faciam,  ul  stultividum  te  tute  fateare?   Agefo/c^  . 


Zu  Plautne.  399 

oder  ut  te  sfult  tute  (ich  könnte  auch  hinzufügen:  fac'iam  te  oder 
te  fcunam  %U  st,  tute  fat.),  wo  Β  nnr  tu  mit  von  zweiter  Hand 
Oberg^eschriebenem  te,  CD  nichts  haben.  Götz  findet  es  wahr- 
echeinlicher,  daee  dies  verdorben  ist  ans  esse  tu  te. 

Zu  Mil.  534   habe    ich    ^Pros.'   S.  655,    durch    den  Hiatus 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  der  Vers  falsch  tiberliefert  sein 

Conpleaum  atque  osculantem.  |  P.  Ε  an  est?  Sc,  NisciOy 
VIT  Begründung  meiner  Vermuthung,  dass  "^Ean  tandemst?  oder 
^^90*  ^  nicht,  wie  Götz  sagt,  Mnter  alia  Ean  tandemst?*  zu  schreiben 
"®ΐ>  angeführt,  dass  der  Redende  ^schon  einmal  gefragt  hat: 
^nest?,  ohne  eine  genügende  Antwort  zu  erhalten \  also  ver- 
muthlich  jetzt  nachdrücklicher  fragt,  was  natürlich  keiner  Be- 
achtuBg  gewürdigt  ist.  Ich  füge  jetzt  hinzu,  dass  auch  eapsest? 
oder  ean  ipsast?  möglich  ist. 

Mil.  707  Mia  bona  mea  morte  cognafis  didam,  inter  eos 

partiam 
»^*^^n  zwar  Götz-Schöll  mit  Bücheier  in  den  Text  gesetzt;  ich 
™^ö8  aber  trotz  dieser  schwer  wiegenden  Autorität  bezweifeln, 
"8-^^  dies  richtig  sein  kann.  Dass  morte  falsch  ist,  glaube  ich 
'^^»T,  aber  glauben  ist  nicht  wissen.  Dass  aber  der  Ablativ 
••^^•^iie  nicht  richtig  sein  kann,  sollte  meines  Bedünkens'  nicht  be- 
'^^ifelt  werden.  Die  meisten  Herausgeber  haben  denn  auch 
^^^<3emanns  und  Haupts  Emendation  in  morte  {morti)  angenom- 
"*^^,  und  diese  dürfte  wohl  auch  durch  Capt.  741  und  Men.  411 
"^'^x^eichend  gesichert  sein.  Folglich  beruht  das  doppelte  mea 
*^^  einem  Fehler.  Meines  Bedünkens  ist  nur  Bona  mea^  nicht 
^^TM  bona  annehmbar.  Dann  ist  das  erste  mea  durch  eine  Con- 
'^**ion  an  die  unrechte  Stelle  gerathen  und  gehört  vermuthlich 
"^"t^r  morte:  Bona  mea  in  morte  moa^  oder,  was  mir  viel  wahr* 
eciÄ^ixilicher  ist,  es  ist  selbst  auch  verdorben  aus:  Bona  mea  in 
^"^^^^te  meis  cognatis. 

Mil.  716  muss,  glaube  ich,  heissen: 

Nlmis  bona  ratione  nimiumque  ad  te  et  tuam  vitam  sapis, 
^  tat  'teste  Studemundo'  vitam  habes,  'teste  Loewio*  vitam 
♦flöes,  die  Palatt.  α  te  oder  atte  et  tua  multa  oder  multam  vides, 
^^i'aue  geht  hervor,  dass  das  letzte  Wort  in  der  Ueberlieferung 
ech Wankend  war.     Ussing  schreibt:  apte  structam  vitam  hohes. 

Die  Ueberlieferung  von  Mil.  910: 
^^*^ue   aeres  (heres,    que  res)  aest  (e)    per   me   Interpretern   et 
^*^^^     ancüla   ceretur  (ancillom    eieceretur)    ist  m.   E.    nicht    in 


400  Müller 

—  ancUlnm  adcureiur  oder  curetur  oder  coereiur   oder   andllam 
et  curetur^  sondern  in  ancülam  ei  adcuretur  zu  corrigiren. 
Mil.   1255  empfiehlt  eich)  wie  mir  scheint: 

Quia  non   est  intuSf    quem  ego    volo.    M.  Qui   scis?    A, 

Scio  pol  de  olfactu 
aus  der  handschriftlichen  Ueberlieferung :  Scio  edepol  facto  oder 
wie  meist  in  diesem  Stücke  schlechter  in  Β  Scio  edepol  scio  zu 
machen,  als  was  die  Herausgeber  in  ihre  Texte  gesetzt  haben, 
Ritschi,  Fleckeisen,  Lorenz,  Götz  und  Bothe :  Scio  edepol  facile, 
Ribbeck:  Scio  edepol  certo,  Fleckeisen  Jahrbb.  1892  p.  214  fg.: 
Scio  meopte  olfactu  oder :  Qui  tu  scis  ?  Scio  ego  olfactUy  Götz 
p.  XVII  der  kleineren  Ausgabe:  Scio  de  olfactu,  Edepol,  nehme 
ich  an,  ist  geschrieben,  nachdem  aus  de  olfactu  unter  dem  Ein- 
flüsse des  vorhergehenden  pol  geworden  war  depolfactu  (facio), 
Mil.  1267  corrigire  ich  jetzt  lieber  als  mit  solchen  Quack- 
salbereien wie  ted  und  uti: 

lila    ad   nos    pergit,    M.   Yos   volo.  P.  Et    nos  ti.      M. 

{Du dum)  iit  iussisü^ 

Eram  meam  eduai  foras. 
Dudum    findet    sich    ausser    bei    aio,   praedicarCy    negare^    de- 
monstrare,   obsecrare,    orare,  peterCy  fateri,  confiieri,  promittere, 
pollicerij  edicere  ganz  besonders  häufig  bei  dicere,  bei  iubere  Men. 
388,  Trin.  645. 

Mil.  1279  scheint  mir  der  Versschluss  besser  zu  lauten: 
Vide,  ηέ  sis  Uli  in  expectatione  als:  ne  sies  in  exsp.  oder  ne  sies 
Uli  exspectationi.  Die  Codices  haben  sis  inspectatiOne  oder  (B) 
sis  exspectatione.  Dass  hinter  ^t^  also  etwas  ausgefallen  ist,  liegt 
auf  der  Hand.  Die  gleichartigen  Ausdrücke  in  tnora  (Trin.  278, 
Rud.  412  vielleicht  zu  schreiben  ne  (in)  mora  Uli  sim  statt  mora(e)j 
auch  Ter.  Ad.  712  Var.)  und  in  quaesfione  (Capt.  253,  Gas.  530, 
Cist.  593,  Pers.  51,  Pseud.  663)  esse  hat  Plautus  nie  ohne  Dativ, 
Terenz  einmal,  Andr.  424,  gegen  Andr.  467,  Ad.  354,  sowie 
auch  morae  esse  meist  einen  Dativ  bei  sich  hat  (s.  unten  zu 
Trin.  1108).  Dass  daraus  nicht  folgt,  dass  ein  Dativ  hinzuge- 
setzt werden  muss,  versteht  sich  von  selbst,  wohl  aber,  dase 
der  Zusatz  sich  auch   von  Seiten  des  Sprachgebrauchs   empfiehlt. 

Mil.  1286  Me  amoris  causa  \  hoc  ornatu  incedere 
mit  'Hiat   in  der  Hauptcäsur  wie  483  (484  cuhanfem  eam),   825* 
(832    calidum  exhihii)    sagt   Lorenz.     Aber  Phil.  XXXII  S.  436 
will  er  cum  hoc    ornatu  corrigiren.     Brix    schrieb    causadj   ün(^ 
Götz    hält    dies    für  richtig.     Ich  lese  (huc)    hoc.     Huc  inceder^c 


j 


Zu  Plautus.  401 

stellt  bei  Plautns  Capt  997,  Most.  310,  1120  (Vereschlnee  video\ 

^^€-i^  incedere,  d.  h.,  denke  ich:  huc  nunc),  Poen.  619,  Trin.  1151. 

Mil.  1343  Quam   äbs  te   abeam,    P.  Fer   aeqtw  |  animo. 

Ph,  Sdo  ego,  quid  doleät  mihi 

k^wk/t^    glücklich  erweise  das  vokaliech  anelaotende  Wort  weder  beim 

Ρ ex-eoneu Wechsel  noch  in  der  Diärese.     Sonst  wäre  natürlich  der 

Ή  id. tue    unantastbar.     Die    zur  Beseitigung    angewendeten    Mittel 

«vie    Aequo  fer  animo,  ted  abeam,    Fer  animo  aequo  oder  aequod 

sind    gewiss    nicht    gerade   sehr    bestechend.     Wenigstens    nicht 

eclilechter  scbeint    mir  Fer,  (quaeso),    aequo  animo    ähnlich    wie 

Α  sin.  375    Quaeso,   aequo   animo    paiitor,     Quaeso   steht    ebenso 

liinter  wie  vor  dem  Imperativ. 

Dass  der  Versschlnss  von  1370  weder  lisse  fidelem  naminem 
nocli  €88^  fidelem  n.  heissen  kann,  ist  wohl  jetzt  allgemein  an- 
^i^l^cinnt,  obwohl  man  in  Plautusangelegenheiten  vor  nichts  sicher 
^t.  Am  nächsten  liegt,  was  auch  Scholl  p.  XVIII  vermuthet: 
^ssc   fidum  nem,     Götz  behält  fidelem  bei  und  stellt  esse  um: 

Bicant  servorum  esse  praeter  me  fidelem  nSminem, 
Was   hoflPentlich  Anderen    mehr  zusagt  als   mir.     Wer  fidum    an- 
iiiiiiint  ohne  jene  gewiss  nicht  empfehlenswerthe  Umstellung,  hat 
<Iie    Wahl  zwischen  med  und  dem  Hiatus.     Dass  Jemand  meiner, 
^ϊ«    ich  mir  einbilde,  richtigen  Correctur: 

Bicant  servor(um  un^um  praeter  me  — 
oeietimmen  werde,  wage  ich  nach  reicher  Erfahrung  nicht  zu 
hoffen.  Am  Schluss  hat  man  dabei  nicht  nöthig  fidelem  in  fidum 
*^  ändern,  wozu  ich  mich  ohnehin  nicht  gern  verstehen  würde, 
^CQn  man  sich  entschliesst  esse  zu  streichen,  was  wohl  schon 
darum  nicht  allzu  kühn  sein  dürfte,  weil  erstlich  esse  nicht  ein- 
^^l  überliefert  ist,  sondern  esset,  und  ausserdem  eben  dieses 
^*'^ohe  esset  ebenso  falsch  im  vorhergehenden  Verse  steht. 

Wenn  auch    die  Beseitigungen    von  Hiaten    wie  Mil.  1376 

;^  *»ie>  amisi.  ibo,  1385  FacHum  puerum!  (Era)  tniro  te  ut  eas 

^^^crat  CPros.'  S.  658),    1398   gestio   moecho    hoc    statt   gestit 

''^^^os.'  S.  562),   1402  Cur   es  ausus  subigüare  (clam)  (Uienam 

'^^*•«8.*  S.  568),  1411    liira   te   non   nociturum    esse    (hör um) 

^^^^^num  de  hac  re  nemini   (nicht  homini,    wie  die  Herausgeber 

■^'^X'^iben,    ist  überliefert,    sondern  hominem;  s.  'Pros.*   S.  563) 

®*^ig  Aussicht  auf  Berücksichtigung  haben,  nur  weil  zufällig  in 

^^     ^Diärese  des  Septenars  zwei  Vocale  zusammentreffen,  so  wol- 

^        eich  doch   auch    die    entschlossensten    Freunde    des    gesetz- 

^^igen  Hiatus  nicht  dazu  verstehen,  den  Vers  Mil.  1400: 

.  Mo•.  1  Philol.  N.  F.  LIV.  ^^ 


402  Müller 

Peru.  Ρ.  Haud    etiam;   numero  hoc  dids.     C.  lämne  in 

hominem  \  tnvolo? 
mit  Hiatus  beim  Personenwechsel  zu  lesen:  PeriL  \  Haud  etiam  — . 
Ussing  und  Leo  statuiren  den  Hiatus  vor  dem  letzten  Kretikus, 
die  übrigen  erkennen  dort  einen  Defect  an,  den  sie  durch  ego 
oder  nunc  ersetzen.  Ich  schreibe  lam  t andern  in  how.  tnv.  Vergl. 
V.  1030,  Hand  Turs.  III  p.  117. 

Dass  Most.  365    aus  Pater  adatest   oder   adate    besser    ge- 
macht wird : 

Quid  ita?    T.  Pater   adest  (tuos).    P.  Quid   ego    ex  te 

audio?  T.  Ahsumpft  sunws 
als  advenit  oder  advecfust  oder  gar  Hern,  quid  oder  ex  ted 
('  Nachtr.  S.  159  in.))  schliesse  ich  daraus,  dass  Tranio  fortfahrt: 
Pater,  inquam,  tuos  venitj  obwohl  der  Schluss  natürlich  nicht 
zwingend  ist.  Mit  viel  grösserer  Zuversicht  folgere  ich  daraus, 
dass  der  danista  Most.  566  sagt:  Hie  ad  me  tY,  und  dass  Y.  571 
auf  desselben  Worte  (Certe)  hie  hämo  inanis  est  Tranio  er- 
widert: Hie  homost  certe  harioluSj  dass  auch  V.  567  die  Ant- 
wort auf  Hie  ad  me  ü  lauten  muss :  (Hie)  hHarus  est.  Ich  würde 
mit  grösserem  Vertrauen  der  endlichen  Anerkennung  dieser 
kühnen  Vermuthung  ('Pros.'  S.  659  und  'Nacbtr.'  S.  105)  ent- 
gegensehen, wenn  dieselbe  nicht  einen  Hiatus  gerade  beim  Per- 
sonenwechsel störte. 

Most.  1122   Ubi  omnium  sepelevi  omnem  atque  ohdormki 

crapulam 
hat  Ritschi  corrigirt:  Ubi  somno  meam  sep,  o,  a.  edormivi  cr.y 
Bothe :  tibi  somnum  sep,  omnem  omnemque^  Ussing :  Ubi  somno 
tarn  sep.,  Scholl:  Übi  somniculum  sep.  Ich  schliesse  auch  hier 
daraus,  dass  die  Handschriften  den  Anfangsbuchstaben  von  som- 
num nicht  haben,  dass  dort  noch  mehr  fehlt,  und  glaube,  wenn 
ich  Ubi  ^ego  s)omnum  schreibe,  damit  nicht  nur  äusserlich  das 
Metrum  herzustellen  und  ausserdem  den  Vers  zu  verbessern, 
sondern  auch  den  Ausdruck  zu  verdeutlichen.  Es  folgt:  Philo- 
laches  renisse  (dixit^.  Es  ist  aber  hier  geschehen,  was  oft  zu 
bemerken  ist,  dass  in  der  Vorlage  unserer  üeberlieferung  durch 
mehrere  Verse  hintereinander  in  grader  oder  schräger  Linie  die 
Schrift  gar  nicht  oder  schwer  lesbar  geworden  war.  Die  4  ersten 
Verse  dieser  Scene  haben  in  schiefer  Eichtung  von  links  nach 
rechts,  der  erste  vorn,  der  letzte  hinten,  Lücken. 

AVas  ich  'Prosodie'   S.  660   über  Most.  1175  gesagt   habe, 
besonders  über   die  Sinnlosigkeit    der   Worte    des  Tranio:    Nihil 


Zu  Plautus.  403 

opust  profeciOj  hat  Niemand,  soviel  ich  weiss,  widerlegt.  Da  es 
einen  legitimen  Hiatus  zu  conserviren  gilt,  so  hat  von  vorn- 
herein jeder  Versuch  die  Ueherlieferung  als  fehlerhaft  zu  er- 
weisen wenig  Aussicht  auf  Berücksichtigung.  Der  Alte  hat 
auf  die  Bitten  des  Sohnes  dem  nichtsnutzigen  und  frechen  Tranio 
zu  verzeihen  und  auf  die  an  diesen  gerichtete  Aufforderung: 
Quiesce,  si  sapis  erwidert:  Tu  quiesce  petere;  ego  ülum,  ut  sit 
quiehts,  verberibiis  s^ibegero.  Darauf  kann  Tranio  unmöglich  weiter 
nichts  antworten  als:  Nihil  opust  profecto.  Was  in  aller  Welt 
ist  denn  nicht  nöthig?  das  quiescne*^  das  subigeret  Ich  glauhe, 
dass  Tranio  gesagt  hat: 

Nu  opust  profecdo  ora)to.  C.  Age  iam  sine  te  eaorarier. 
Damit  fällt  auch  der  zweite  Hiatus:  te  \  eaorarier  fort.  Den 
ersten  conserviren  natürlich  sämmtliche  Heransgeher,  den  zweiten 
dulden  merkwürdiger  Weise  seihst  Ussing  und  Leo  nicht,  indem 
sie  ted  oder  te  hoc  einsetzen.  (Forts,  f.) 

Breslau.  C.  F.  W.  Müller. 


Isokrates  13  und  Alkidamas. 


Isokratee  bekämpft  in  der  Sophisten  rede  §  9  ff.  meinen  früheren 
Mitschüler  Alkidamas.  Das  steht  fest,  wenn  man  die  gewichtigen 
Bedenken  von  Blass  (d.  att.  Bereds.  IP  348,  8)  beseitigen  kann, 
was  ich  zum  Theil  versucht  habe,  wird  aber  zur  Unmöglichkeit, 
wenn  Susemihls  kürzlich  vorgetragene  Rettung  (neue  plat.  For- 
schungen, Beilage  der  Univ.  Greifswald  1898,  19—23)  richtig  ist. 
Mir  schienen  und  scheinen  nur  die  §§  9—11  gegen  Alkidamas 
gerichtet,  davon  aber  ganz  zu  trennen  die  §§  12 — 13,  worüber 
ich  im  Hermes  32,  359  ff. ,  in  anderem  Zuammenhange  schon 
gesprochen  habe. 

Der  Hauptanstoss  liegt  nach  Susemihl  in  dem  Satze  και 
ταύτης  τής  δυνάμεως  ουδέν  οδτε  ταϊς  έμπειρίαις  οοτε  τή  φύσ« 
τή  του  μαθητού  μεταδιδόασιν,  άλλα  φασιν  ομοίως  τήν  των 
λόγων  επιστήμη  ν  ώσπερ  τήν  των  γραμμάτων  παραδώσειν, 
ώς  μέν  έχει  τούτων  έκάτερον  ουκ  έΕετάσαντες  κτλ.  (§  10). 
Hierzu  bemerkte  Blass,  ^der  sich  berühmte,  von  der  Beredsamkeit 
mit  gleicher  Leichtigkeit  wie  vom  Alphabet  ein  Wissen  beibringen 
zu  können',  könne  nicht  Alkidamas  sein,  wie  ich  glaube  mit 
Eecht,  obwohl  Blase  selbst  fälschlich  von  diesem  sagt  ^  dessen 
Unterricht  wohl  ähnlich  dem  des  Gorgias  in  einer  mechanischen 
Uebung  bestand'  (S.  51,  vgl.  347).  Ich  habe  die  Vulgata  γραμ- 
μάτων für  verderbt  erklärt  und  vorgeschlagen,  aus  Codex  Γ 
πραγμάτων  einzusetzen  (364,  1).  Nähme  man  diese  an  sich  gut- 
bezeugte Lesart  auf,  erwidert  darauf  Susemihl,  so  könnte  der 
Satz  nur  heissen:  'diese  Leute  versprechen  ihren  Schülern  auf 
dieselbe  Weise  durch  ihren  blossen  Unterricht  auch  ohne  Talent 
und  Uebung  die  vollständige  Eedefertigkeit  beizubringen,  wie 
man  Sachkenntniss  beibringt,  und  dabei  überschätzen  sie  die  Macht 
der  theoretischen  Unterweisung  in  der  Rhetorik'   (S.  19). 

In  dieser  Paraphrase  findet  Susemihl  mit  Recht  einen  Wider- 
sinn, den  er  aber  mit  Unrecht,  weil  er  das  πρώτον  ψευδός  ver- 


Isokrates  13  und  Alkidamas.  405 

kennt,  mir  zuschieben  möchte.  Erstens  ist  etwa  *die  £rwerbanpr 
von  Sachkenntnisfl  eher  ohne  Talent  und  üebang  [sc.  als  mit  ihnen] 
durch  bloRses  theoretisches  Lehren  möglich?  Das  fertig  za  bringen 
kann  niemand  versprochen  haben,  noch  hätte  Isokrates  solches 
Versprechen  hingehen  lassen  (S.  19).  Zweitens  hat  der  Impro• 
vieator  Alkidamas  die  theoretische  Unterweisung  in  der  Rhetorik 
nicht  überschätzt  sondern  unterschätzt.  Drittens  verlangte  dieser 
für  die  Kunst  des  Improvisirens  nicht  nur  beständige  Uebung 
(εΐκότιυς  δν  του  μέν  αύτοσχ€Οιά2€ΐν  ά€(  τ€  κοί  bia  παντός  έν€ρ- 
γόν  την  μελέτην  ποιοϊτο  §  35)  sondern  neben  geeigneter 
Schulung  auch  besondere  Bean lagung  des  Schülers  (€(π€ΐν  μέν 
γάρ  έκ  του  παραυτίκο  π€ρΙ  του  ποροτυχόντος  έπΐ€ΐκαις  .  .  . 
και  τψ  κοιρψ  των  πραγμάτων  και  ταϊς  έπιθυμίαις  των  άνθρώ* 
πων  €ύστόχως  άκολουθήσαι  και  τόν  προσήκοντα  λόγον  €ΐπ€Ϊν 
ουτ€  φύσεως  άπάσης  οίίτε  παιδείας  τής  τυχούσης  εστίν 
§3).  Er  lehrte  also  in  diesem  Punkte,  wie  Blase  zuerst  ge- 
sehen hat  (vgl.  Sus.  22^,  ganz  dasselbe  wie  Isokrates:  a\  μέν 
γάρ  δυνάμεις  καΐ  των  λόγων  καΐ  των  άλλων  ?ργων  απάντων 
έν  τοις  εύφυίσιν  έγγίγνονται  και  τοις  περί  τάς  εμπειρίας 
γεγυμνασμένοις  (13,  14,  vgl.  §  15,  21).  Auch  sonst  stimmt 
ja  Vieles  bei  beiden  tiberein. 

Ist  nun  Susemihls  obige  Interpretation  ^  sie  versprechen  auch 
(?)  ohne  Talent  und  Uebung  beizubringen'  richtig,  so  lehrte  der 
ungenannte  Gegner  des  Isokrates  das  Gegentheil  von  Alkidamas 
und  ihm  selbst:  dann  kann  also  in  §  9  ff.  nicht  Alkidamas  ge- 
meint sein.  Denn  die  ganze  Hypothese  ist  aus  einer  Vergleichuug 
der  Sophistenreden  der  beiden  Gorgianer  gewonnen,  und  steht 
und  fällt  mit  ihr.  Ein  Zweifel  ist  auch  Susemihl  aufgestiegen; 
auf  seinen  Lösungsversuch,  Schwarz  in  Weiss  zu  verkehren  (S.  22  f.), 
lasse  ich  mich  nicht  ein. 

Hält  man  dagegen  an  den  Beobachtungen  von  Spengel^  Vahlen 
und  Reinhardt  fest  (Sus.  21),  so  muss  der  Sinn  der  isokratischen 
Aeusserung  ein  anderer  sein:  Alkidamas  muss  danach  Talent  und 
praktische  Hebung  verlangen,  ohne  sie  verspricht  er  nichts, 
wenn  seine  Versprechungen  auch  im  Uebrigen  dem  Isokrates  über- 
trieben erscheinen;  wohl  aber  kann  dieser  bezweifeln,  ob  die 
Schüler  das  Versprochene  erhalten  trotz  Talent  und  Uebung. 
Nun  versteht  Susemihl  ουδέν  .  .  μεταοώόασιν  wie  'sie  wollen 
keinen  Antheil  gewähren*,  als  ein  Citat  aus  dem  επάγγελμα  des 
Alkidamas,  das  seine  subjektive  Ansicht  und  Absicht  wiedergiebt. 
Man    wird    es    aber   besser    als   objektives  Urtheil    des  Isokrates 


406  Gercke 

über  Erfolg  auffassen  ^  sie  können  keinen  Antheil  gewähren'  im 
Gegensätze  zu  dem  nun  folgenden  άλλα  (ρασιν  .  .  παρα5ώ(Τ€ΐν. 
*  trotzdem  sie  alles  versprecben*.  Die  subjektiven  Yersprecbongen 
und  Ansiebten  seines  Rivalen  bat  Isokrates  überall  deutlich  als 
solche  bezeichnet  (ηγούνται,  ύιτειλήφασιν,  ύττισχνουντοι  *,  φασίν, 
οΐόμενοι).  Demnach  heisst  der  fragliche  Satz :  '  nichts  von  dieser 
Fähigkeit  übermitteln  sie  weder  den  geübten  noch  den  befähigten 
Schülern,  behaupten  jedoch,  sie  könnten  das  rhetorische  Wissen 
ganz  ebenso  wie  das  und  das  vermitteln'.  Isokrates  antwortet 
also  seinem  Gegner,  seine  doppelte  Forderung  an  die  Schüler 
(Alk.  §  3)  helfe  nichts,  wo  dem  Lehrer  selbst  das  Beste  fehle,  näm- 
lich die  theoretische  Ausgestaltung  des  Unterrichtes  auf  Grund 
eines  feineren  stilistischen  Empfindens  und  eines  sorgsamen  Aas- 
feilens  der  sprachlichen  Form  auch  in  den  eigenen  Reden,  die 
vorbildlich  auf  die  Schüler  wirken  sollen.  Nur  wenn  man  des 
Isokrates  Aeusserungen  gegen  seinen  Rivalen  so  versteht,  kann 
hierunter  Alkidamas  gemeint  sein,  und  dann  bleibt  die  wohlbe- 
gründete Hypothese  in  voller  Geltung.  Nunmehr  ergiebt  sich 
aber  auch,  dass  die  Yulgata  γραμμάτων  falsch  sein  muss.  Denn 
nicht  nur  hätte  Alkidamas  besondere  Geistesgaben  seiner  Schüler 
und  fortwährende  praktische  Uebung  nicht  gefordert,  wenn  er 
ihnen  seine  Kunst  so  leicht  wie  das  Bucbstabiren  beibringen  zu 
können  verhiess,  sondern  das  hat  überhaupt  nie  jemand  behauptet, 
noch  konnte  es  Isokrates  dem  Gegner  grundlos  unterlegen.  Auch 
würde  der  Vorwurf  ώς  μέν  έχει  τούτων  έκάτερον  ουκ  έΕετά- 
(Ταντες  Is.  13,  10  thöricht  sein,  wenn  er  sich  auf  das  Verbältniss 
der  Redekunst  zum  Buchstabiren  bezöge;  und  ebenso  thöricht 
wäre  es  von  Isokrates  gewesen,  das  von  wem  immer  Versäumte 
nachzuholen  und  den  Unterschied  der  Buchstaben  und  der  Reden 
auseinanderzusetzen,  den  jedes  Kind  kannte,  nicht  nur  Alkidamas, 
der  aber  für  ein  Programm  der  Redeschule  völlig  gleichgültig  war. 
Einen  solchen  Zusammenhang  der  §§12  und  13  mit  10 
nehmen  Holzner  und  Susemihl  an,  weil  in  ihnen  von  γράμματα 
die  Rede  ist.  Allein  die  hier  bekämpften  γράμματα  bedeuten 
'geschriebene  Redestücke  und  nicht  'Buchstaben',  wie  Blass 
früher  richtig  bemerkt  hat*.    Das  folgt  mit  voller  Sicherheit  aus 


^  §  9  άναισθήτιυς  διάκεινται,  ομιυς  όπισχνοΟνται  ποιήσειν  ist  eine 
genau  entsprechende  Satzbildung.  —  Die  Negation  ουδέν  μεταδιδόασιν 
wird  durch  oöre  .  .  οοτε  weiter  zerlegt,  nicht  aufgehoben. 

•^  Er  sagte  freilich  11 2  349  Anm.,    dass   der  Vergleich    mit  dem 


Isokrates  13  und  Alkidamas.  407 

der  Bemerkung,  dasfl  mehrere  Logographen  oder  Redner  sich  nach- 
einander desselben  Stückes  bedienten:  τό  χάρ  ύφ*  έτερου  (von 
dem  Erfinder)  ^ηθέν  τώ  λβγοντι  μετ'  έκεϊνον  ούχ  ομοίως  χρήσι- 
μόν  έατιν,  während  Isokrates  von  dem  vollendeten  Redner  Er- 
findungen für  andere  nicht  erwartet:  άλλ'  ούτος  εΐναι  οοκεΐ 
τεχνικώτατος,  δστις  αν  .  .  .  μηοέν  .  .  .  τοις  άλλοις  εύρίσκειν 
ούνηται  (§  12).  Diese  Bemerkung  über  mehrmalige  Benutzung 
nicht  desselben  Alphabetes  sondern  desselben  Redestückes  durch 
mehrere  Sprecher  dient  zur  Begründung  [fäp)  des  Satzes  τό  μέν 
τών  γραμμάτων  άκινήτως  ίχει  και  μένει  κατά  ταύτόν,  ώστε 
τοις  αύτοϊς  άει  περί  τών  αυτών  χρώμενοι  οιατελουμεν. 
Auch  hier  handelt  es  sich  also  um  den  eisernen  Bestand  der  alten 
rhetorischen  Techne,  den  die  Redner  bald  ganz  unverändert  (ακι- 
νήτως)  herüber  nahmen,  bald  als  ängstlich  nachgeahmtes  Vorbild 
bewusst  oder  oft  unbewusst  beibehielten,  vgl.  oi  χρώμενοι  τοις 
τοιούτοις  παραοείγμασι  .  .  (§  13)  und  οι  πολιτικού  (oder  ποιη- 
τικού) πράγματος  τεταγμένην  τέχνην  παράδειγμα  φέροντες  λε- 
λήθασι  σφάς  αυτούς  (§  12).  Dass  diese  alten  Schriftstücke  im 
Munde  praktischer  Redner  grosse  Mängel  aufwiesen,  etwas  Leb- 
loses, unbewegliche»,  Vertrocknetes  und  Hölzernes  an  sich  hatten 
ist  ebenso  leicht  verständlich,  wie  die  Vorzüge  frisch  erfundener 
Reden  jedem  einleuchten:  τοις  bi  γράμμα(Τΐν  ουοενός  τούτων 
προσεοέησεν  (§  13).  Den  Gegensatz  hat  Isokrates  trutz  Blase 
III  2*^  392  deutlich  herausgehoben. 

Hiernach  ist  es  klar,  dass  γράμματα  in  §  12/3  nicht  das 
Alphabet  bedeuten  und  nicht  die  fragliche  Lesart  in  §  10  stützen 
können  sondern  einer  ganz  neuen  Gedankenreihe  angehören  wäh- 
rend Siebeck  Fleck.  Jahrb.  131,  244  =  Untere,  z.  Philos.«  134 
falsch  zwischen  §  12  und  §  13  scheidet^).  Denn  unmöglich  wäre  es 
und  ist  auch  von  keinem  Ausleger  behauptet,  dass  Isokrates  schon  in 
§  10  von  Redestücken  spräche.  Zu  deren  Verwendung  war  zwar 
grosse  Uebung  nöthig  aber  nicht  die  geringste  Beanlagung,  und  Alki- 
damas  hat  ^^erade  gegen  die  toten  Redestücke,  die  die  Logographen 
ans  der  alten  Techne  beibehalten  hatten,  in  seiner  Sophistenrede 
scharf  Front  gemacht    und  ihr  Verhältniss  zur  lebendigen  Rede, 


Alphabet  [vielmehr:  mit  den  γράμματα]  sich  ohne  Frage  auf  die  Ge- 
meinplätze bezieht,  und  stellt  das  III  2^  392  wieder  in  Frage;  wie  er 
jetzt  den  Isokrates  versteht,  weiss  ich  nicht. 

1  Er  nimmt  γράμματα  §  12  als  erläuterndes  Beispiel  (παράδειγμα), 
daher  Alphabet,  dagegen  §  13  als  Stücke  der  τίχνη  =  παραδείγματα, 
statt  die  Terminologie  aus  §  13  einheitlich  zu  erklären. 


408  Oercke 

das  Isokrates  §  12  f.  nur  streift,  eingehend  anterencht.  Die  von 
leokratee  geforderte  üntereuchnng  (§  10)  mnes  sich  also  auf  etwas 
Anderes  beziehen,  auf  neue  nnd  schwierige  Probleme  der  Bhetorik. 

Den  Unterschied  wird  man  aber  erst  recht  empfinden^  wenn 
man  sich  klar  macht,  dass  die  §§  12  und  13  überhaupt  nicht 
den  Kampf  gegen  Alkidamas  fortsetzen  sondern  in  Uebereinstim- 
mung  mit  ihm  die  mechanische  Arbeitsweise  der  Logographen 
verurtheilen,  und  zwar  in  Kürze  wie  eine  abgethane,  allbekannte 
Sache:  τις  γαρ  ουκ  olbe  πλην  τούτων,  δτι  τό  μέν  τών 
γραμμάτων  άκινήτως  Ιχ€ΐ  .  .;  fragt  Isokrates  §  12.  Dasselbe 
haben  Piaton  und  Alkidamas  ausführlich  nachgewiesen  (Hermes 
32,  360  ff.;  warum  Blass  III  2^  391  f.  mir  das  zugiebt,  aber 
Isokrates  fern  halten  will,  ist  mir  unverständlich:  worin  be- 
steht denn  die  Yerschiedenheit?) :  also  konnte  Alkidamas  nicht,  und 
noch  dazu  allein,  von  den  Einsichtigen  ausgenommen  werden, 
sondern  unter  jenen  unklaren  Köpfen  (πλην  τούτων,  vgl.  λελή- 
θα(Τΐ  (Τφας  αυτούς)  müssen  die  gemeinsamen  Gegner  beider  ver- 
standen sein.  In  Hinsicht  auf  sie  fühlen  sich  beide  einig,  und 
Isokrates  betont  am  Schlüsse  seiner  Polemik  gegen  Alkidamas 
ausdrücklich,  dass  sie  beide  derselben  Richtung  und  Schule  an- 
gehörten (τους  περί  τήν  αυτήν  οιατριβήν  δντας  §  11).  Er  hat 
sich  nur  darüber  geärgert,  dass  Alkidamas  keine  Trennung  vor- 
nahm sondern  alle,  die  nicht  wie  er  aus  dem  Stegreife  redeten 
und  das  als  wahre  Kunst  hinstellten,  in  Bausch  und  Bogen  be- 
kämpfte (Herrn.  359,  1).  Statt  dessen  hätte  er  gewünscht,  dass 
Alkidamas  sich  ausdrücklich  nur  gegen  die  Logographen  ge- 
wendet hätte,  die  offenbare  Mängel  zeigten  (τους  έΕαμαρτάνον- 
τας  §  11),  und  zwar  mit  ihrer  Benutzung  der  fixirten  Redestücke. 
Gegen  diese  Redner,  die  zu  seiner  Verwunderung  trotz  ihrer 
Mängel  Schule  machten  (θαυμάίω  b'  δταν  ϊδω  τούτους  μαθητών 
άΕιουμίνους,  rfi  κτλ.  §  12),  richtete  er  nun  auch  folgerichtig 
seinen  Kampf,  obwohl  er  hier  nach  dem  Vorgange  des  Alkidamas 
(und  Piatons  im  Phaidros)  offene  Thüren  einrannte.  Somit  sind 
die  §§  9  —  11  gegen  Alkidamas,  12  —  13  gegen  die  gemeinsameiK 
Gegner  gerichtet,  wie  ich  im  Hermes  32,  360,  3  behauptet  habe^ , 
Ich  musste  ausführlich  werden,  weil  der  Gegensatz  beider  A.V:^ 
schnitte  bisher  nicht  beachtet  und  mein  Wink  zu  kurz  war, 
dass  er  Gelehrte  wie   Susemihl  und  Blass  überzeugt  hätte. 

Hieraus  folgt  nun  aber  vielleicht  auch  die  Priorität  der  ρ 
grammatischen  Sophistonrede  des  Alkidamas  vor  der  des  Isokral 
Aus  seinen  Privatreden  und  wohl  auch  aus  persönlichem  Verke 


Isokratee  13  und  Alkidamas.  409 

kannten  Alkidamas  nnd  Piaton  die  Art  des  Isokratee  wahrschein- 
lich länget,  bevor  er  als  Ansfluss  seiner  neuen  Schultbätigkeit 
epideiktische  Reden  veröffentlichte.  Und  als  er  seine  erste  grosse 
politische  Festrede,  den  Panegyrikos,  gegen  385  schrieb,  war 
Alkidamas'  Angriff  erfolgt  und  abgewiesen.  Die  Helena  ist,  wie 
ich  zeigen  kann,  nach  385  verfasst;  höchstens  der  Baseiris  kann 
etwas  älter  sein,  aber  das  ist  höchst  unsicher  (Blase  II'  248). 
Welche  Reden  des  Isokrates  hatte  also  Alkidamas  in  der  Sophisten- 
rede im  Auge,  oder  auf  welche  konnte  Isokrates  die  allgemeinen 
Aensserungen  des  Rivalen  beziehen?  Ich  denke:  wenn  man  vom 
Buseiris  absieht,  können  nur  die  älteren  Privatreden  in  Betracht 
kommen.  Das  polemisch-theoretische  Programm  konnte  ja  noch 
weniger  Isokrates  zum  Logographen  stempeln  als  das  des  Alki- 
damas sein  Ideal  der  Improvisation  widerlegen.  Nur  weil  Iso- 
krates bereits  mehrere  Gerichtsreden  geschrieben  hatte  aber  nie 
selbst  als  praktischer  Redner  aufgetreten  war  (15,  38),  und  es 
seiner  Beanlagung  gemäss  auch  nicht  konnte,  fühlte  er  sich  ge- 
troffen. Folglich  hindert  nichts,  die  Sophistenrede  des  Alkidamas 
noch  vor  die  Schulgründung  des  Isokrates  zu  setzen,  zumal  sie 
nicht  für  ihn  speciell,  etwa  als  eine  Art  Antwort,  bestimmt  son- 
dern gegen  die  ganze  übliche  Methode  der  Logographen  gerichtet 
war.  Den  positiven  Beweis  für  die  Posteriorität  des  isokratischen 
Schulprogrammes  habe  ich  Herm.  363  f.  376  und  360,  3  (ήμεΐς 
*  ich  meinerseits ')  geliefert  und  oben  durch  Analyse  des  §  11  ver- 
vollständigt. Wir  brauchen  also  nicht  auf  irgend  eine  verlorene 
ältere  Rede  des  Alkidamas  zu  schliessen,  vielmehr  erklären  sich 
Isokrates'  Aensserungen  sämmtlich  als  Antwort  auf  die  erhaltene 
über  die  Logographen  oder  Sophisten,  die  ihrerseits  keinerlei 
Angriffe  voraussetzt  oder  erwidert. 

Aus   ihr  lässt  sich   endlich  hinlänglich    begründen,    warum 

<^ie    gutbezeugte  Lesart    πραγμάτων  Is.   13,    10  sich    empfiehlt, 

nachdem   die  Yulgata   γραμμάτων   sich  als  unmöglich  herausge- 

Btelit    hat.     Auf    die    Erschöpfung    des    Thatsächlichen    legt   der 

jnage  Phaidros    bei   Piaton    (nicht  Lysias)    den    grössten  Werth 

Γτι£ΐΛ/  γήρ  ενόντων  άΕίως  ^ηθήναι  έν  τψ  πράγματι  ούοέν  παρα- 

^^^oiTxev  235  Β),    und   fast   mit  denselben  Worten  (Bergk,  Fünf 

^^It.  32)    will  Alkidamas    bei  Isokrates    seine   Schüler  in   Stand 

^®t^«n,   ώστ€  μηδέν  των  ενόντων  έν  τοις  πράγμασι  παραλιπεϊν 

^^^>    9),   ja    bei    diesem    selbst    gilt  als  τεχνικώτατος,  δστις  δν 

^^^-ϊυς   λίγη  των   πραγμάτων  (§  13,  vgl.  16),    wohl    eine  Con- 

^^^^ion  an  Alkidamas,  Isokrates  sagt  sonst  allgemeiner  ώ(Ττ€  μηδέν 


410  Gcroke 

τών  οιοοκτών  παραλιπεΐν  (§  17)  oder,  um  Alkidamae*  Konet- 
losigkeit  zu  treffen,  μεγάλας  ποιουσι  τάς  τέχνας  .  .  .  οϊτινβς 
αν,  δσον  ένεστιν  έν  έκαστη  (sc.  τέχνη),  τουτ'  έΕευρεϊν  ουνηθώσιν 
(§  11).  Man  sieht,  dass  Isokrates,  wenn  er  von  sich  spricht, 
das  Wort  πράγματα  möglichst  meidet,  weil  ihm  die  Form  höher 
steht  als  der  Inhalt. 

Alkidamas  dagegen  weist  in  seiner  Sophistenrede  gern  auf 
die  Thatsachen  hin,  die  für  die  kunstlose  Improvisation  eine  er- 
höhte Bedeutung  erhalten,  so  auf  den  καιρός  (oder  die  καιροί)  τών 
πραγμάτων  (3.  9),  wofür  Isokrates  nur  καιροί  sagt  (13,  16). 
Alkidamas  zielt  «luf  das  εύπόριυς  μ€ταχ€ΐρί(Ταθθαι  την  τών 
πραγμάτων  άπεργασίαν  (6),  setzt  dafür  aber  ohne  Weiteres 
auch  ein  μ€τ.  τους  λόγους  (16,  wie  Plat.  Phaidr.  277  Β).  Die 
Thatsachen  unterstehen  nicht  dem  Redner  (Π),  und  er  kann  nicht 
für  jede  eine  fertige  Eede  bereit  halten  (14).  Aber  er  muss  das 
lebendige  Wort  beherrschen,  um  mit  seiner  Zeit  und  ihren  Er- 
eignissen mitgehen  zu  können,  und  das  ist  den  mühsam  ausge- 
arbeiteten Schriftreden  oder  Kedestücken  so  überlegen  wie  wirk- 
liche Körper  den  scheinbar  schöneren  Scatuen:  ούτω  και  λόγος 
ό  μεν  απ'  αυτής  τής  διανοίας  έν  τώ  παραυτίκα  λεγόμενος  έμ- 
ψυχος έστι  και  2ή  και  τοις  πράγμα σιν  έπεται  κτλ.  (28). 
Dadurch  erlangt  man  τη  χρείςι  του  βίου  σύμμετρον  τήν  δύναμιν 
τών  λόγων  (34).  Diese  Aphorismen  genügten  dem  Isokrates  nicht, 
nachdem  er  die  Ιοέαι  oder  εϊοη  kennen  gelernt  hatte,  die  er  den 
jeweiligen  Thatsachen  gemäss  auswählen,  vermischen  und  anordnen 
wollte  (13,  16):  das  war  das  tiefere  Eindringen,  das  er  §  10  bei 
Alkidamas  vermisste. 


Während  mir  die  obigen  Zeilen  im  Correcturbogen  zugehen, 
erhalte    ich  gleichzeitig    das  zweite  Heft    des  Museums    mit  der 
Arbeit  Ισοκράτους  'Ελένης  έγκώμιον  von  Κ.  Muenscher.     Darin 
(S.  264)  wird  Is.  13,  10  fast  ebenso  interpretirt  wie  von  Susemihl 
und  fast  ebenso    aus   den  falsch  interpretirten   Worten    auf    eine 
mangelhafte  und  thörichte  Anschauung  des  Alkidamas  vom  Wesen 
der  Khetorik  geschlossen.     Die  γράμματα  in  §  10  fasst  Muenscher 
als  Grammatik.     Aber    grammatischer    Unterricht,    auf    den    eii^^ 
Rhetor  sich  als  auf   eine  allgemein    bekannte  Institution    berufer-^ 
konnte,  soll  für  jene  Zeit  erst  noch  nachgewiesen  werden :  γραμ^  — 
ματικός    ist    in  Piatons  Zeit,    wer    lesen    und    schreiben    kann^^, 

^  Im  Phaidros  274  C  ff.  wird  die  Erfindung  des  γράμματα-8οΗΓί  -^t 
niythiscli  vorgeführt  und  275  Α  ff.  auf  die  Schriften  der  Techniker  a'^  i- 
^ewendet.     Isokrates  fand  diese  Verwendung  des  Wortes  vor. 


Isokrates  13  uud  Alkidamas.  411 

γραμματοοιοά(Τκαλος  der  £lementarlehrer.  Auch  ihre  Gering- 
schätzung des  Alkidamas  sollen  Siebeck  ('Prahlerei'),  Susemihl 
fMarktscbreierei'  Progr.  S.  22)  und  Muenscher  erst  beweisen; 
denn  der  ßrodneid  seines  nächsten  Kollegen  straft  seine  Worte 
Lügen.  Ich  sehe  in  Alkidamas  einen  der  gebildetsten  nnd  nrtheils- 
fähigsten  Männer  jener  Periode,  mit  dessen  Hülfe  ein  Piaton  sich 
in  der  Rhetorik  gut  orientiren  konnte,  ohne  den  Praktiker  zu 
überschätzen. 

Im  Üebrigen  scheint  Muenscher's  Aufsatz  schon  vor  meh- 
reren Jahren  geschrieben  zu  sein  und  darum  keine  Berück- 
sichtigung der  neuesten  Litteratur,  auch  nicht  des  Programmes 
von  Susemihl,  zu  enthalten.  Daher  enthalte  ich  mich  auch  einer 
Polemik  gegen  seine  Annahmen,  Beziehungen  wie  Datirungen, 
mit  Ausnahme  eines  Punktes,  der  völlig  neu  und  hierher  gehörig 
ist.  Im  Vorworte  der  Helena  (10)  soll  Isokrates  Alkidamas  an- 
gegriffen haben  (S.  254  ff.),  wo  ich  mit  Usener  und  üeberweg  Ky- 
Dische  Lehren  erkenne  (vgl.  meine  Einleitung  zu  Piatons  Gorgias 
LI),  andere  andere  Beziehungen  angenommen  haben.  Muenscher 
schliesst  S.  256  von  τοις  τους  πολιτικούς  λόγους  ύπισχνουμίνοις 
der  Söphistenrede  des  Isokrates  (13,  9)  auf  die  in  seiner  Helena 
charakterisirten  Lobsprecher  des  Bettlerlebens  (10,  8)  von  denen 
es  80  heisst:  έμοι  hk  boK€i  πάντων  είναι  καταγελαστότατον 
το  bia  τούτων  των  λόγων  ίητεΤν  πείθειν,  ως  περί  των  πολι- 
τικών έπιστήμην  ίχουσιν,  έΗόν  έν  ούτοϊς,  οίς  επαγγέλλον- 
ται, την  έπίοειΕιν  ποιεϊσθαι'  τους  γάρ  ομφισβητουντας  του 
φρονεΐν  και  φάσκοντας  είναι  σοφιστάς  ουκ  έν  τοις  ήμελημέ- 
νοις  υπό  των  δλλων,  άλλ'  έν  οίς  δπαντ^ς  είσιν  άνταγωνισταί, 
προσήκει  οιαφερειν  και  κρείττους  είναι  των  ιδιωτών  (10,  9). 
In  dieser  Charakteristik  vermisse  ich  gerade  das  von  Muenscher 
postulirte  Versprechen  politischer  Reden:  der  Angegriffene  ver- 
meidet eben  dies  Gebiet,  thut  aber  so,  wenn  er  die  Lebensweise 
von  Bettler  und  Verbannten  als  erstrebenswerth  (vgl.  PI.  Gorg. 
469  Α  f.)  empfiehlt,  als  ob  er  vom  wirklichen  Leben  Bescheid 
^sste.     Also  obwohl  er  es  konnte  und  musste,  schreibt  er  keine 

politischen'  Eeden.  Darin  mag  in  der  That  der  Vorwurf  stecken, 
^f  könne  gar  keine  verfassen  (Muenscher  S.  265).  Aber  dass 
«dieser  selbe  Vorwurf  in  der  Sophistenrede  ''nur  ganz  kurz  und 
'^öbenbei  vorkam',  ist  eine  unrichtige  Behauptung  (S.  264  f.),  die 
*icb  theils  auf  die  erledigte  falsche  Auslegung  von  ούτε  ταϊς 
^Μττειρίαις  οίίτε  τή  φύσει  stützt,  theils  auf  eine  bedenkliche 
•Auslegung  des  Versprechens  politischer  Heden. 

Gerade  von  diesem  Versprechen  ist  Reinhardt  ausgegangen 
V^iss.  de  Isocratis  aemulis,  Bonn  1873,  S.  6),  um  zu  zeigen,  dass 
^fr  von  Isokrates  Gemeinte  unter  den  Verfassern  von  orationes 
^^>ües  zu  suchen  sei,  und  um  weiterhin  den  Kreis  der  Möglich- 
*^*ten  auf  Alkidamas  allein    einzuschränken.     Muenscher   scheint 

*^egen  das  Versprechen  als  nicht  erfüllt  anzusehen  und  darum 
,'^  Alkidamas  als  einen,  der  keine  politischen  Reden  verfasst 
^*^e,  zu  denken.     Wer  hat  da  Recht? 


412  Gercke 

Zunächst  hat  Reinhardt  darin  Becht,  τοις  τους  πολιτικούς 
λόγους  ύπισχνουμίνοις   (Ιβ.  13,  9)    das   Gebiet    der    politischen 
Eeden,  d.  b.  der  öffentlichen  Reden  zu  praktischen  Zwecken,  zo- 
znschreiben.     Denn    der  Betreffende    hält  Schale    und  verspricht 
seinen  Schülern,  sie  zu  tüchtigen  Rednern  zu  machen:  δμως  ύιη<τχ• 
νοΟνται  τοιούτους  Ρήτορας  τους  συναντάς  ποιήσειν,  ώστ€  μη5ίν 
τών  ενόντων  έν  τοις  πράγμοσι  παραλιπ€ΐν  (13,  9);  auf  was  für 
einem  Gebiete    lehrte  er  denn  und  zeichnete    er  sich  selbst  aue, 
wenn  nicht  auf  dem  der  öffentlichen  Beredsamkeit  ?     παίγνια  wie 
philosophische  Themata  sind  doch  ausgeschlossen.     Auch  bezeich- 
nete sich  Isokrates  als  sein  Mitschüler  und   ihm  in  seiner  ganzen 
Richtung    verwandt    (13,  11).     Also    versprach    der    Betreffende 
Unterweisung  in    Gerichtsreden  und  Demegorien.     Da  der  in  der 
Helena  Angegriffene    diesem   Gebiete   fernblieb,    muse    hier    von 
einem  anderen  die  Rede  sein. 

Nun  kann  kein  Zweifel  sein,  dass  Alkidamas  praktische 
Redekunst  ausübte  und  seine  Schüler  für  die  Praxis  vorbereitete. 
Das  beweist  sein  ganzes  Programm  über  die  Sophisten,  diese 
Anklage  (8  1)  der  geschriebenen  Reden,  das  beweisen  Wendungen 
wie  τις  γάρ  ούκ  oTbcv,  βτι  λέγειν  μέν  έκ  του  παραυτίκα  και 
οημηγοροΟσι  και  ^ικαΖομένοις  και  τάς  Ι^ίας  ομιλίας  ποιου(Τΐν 
άναγκαΐόν  έστι  (§  π),  das  beweist  der  Ruf  des  Herolde  in  der 
Volksversammlung  und  die  Wasseruhr  vor  Gericht  (§  11)  sowie 
die  immer  wiederkehrenden  αγώνες.  Für  diese  schienen  ihm 
die  καιροί  τών  πραγμάτων  und  das  Reden  aus  dem  Stegreife 
so  wichtig,  dagegen  die  sorgfältige  Vorbereitung  und  das  stili- 
stische Ausfeilen  der  Reden  ganz  gleichgültig  (§  13). 

Das  alles  passt  auf  den  Gegner  des  Isokrates  in  der  Helena 
wie  die  Faust  aufs  Auge.  Der  trat  mit  seinen  Herausforderungen 
ja  nur  da  auf,  wo  keine  Kämpen  waren,  wo  niemand  ihm  ent- 
gegentreten konnte,  auf  einem  dem  praktischen,  öffentlichen 
Leben  fern  liegenden,  öden  Gebiete  (10,  10).  Ich  denke:  das 
heisst  auf  dem  Gebiete  der  Philosophie,  auf  dem  sich  leicht 
Theorien  über  da«  Lebensideal  der  Askese  aufstellen  liessen. 

Dagegen  stand  Alkidamas  um  390/87  an  der  Spitze  der 
praktischen  Redner  und  Redelehrer  und  versprach  nicht  nur 
'politische*  Reden  sondern  hielt  sie  auch,  meist  aus  dem  Steg- 
reife, und  unterrichtete  darin  seine  Schüler,  verzichtete  aber  auf 
die  sorgsame  Ausfeilung  und  buchmässige  Herausgabe  der  Reden, 
die  Gorgias  eingeführt  hatte.  Sein  Rival  Isokrates  warf  ihm 
freilich  vor,  er  nähme  den  Mund  sehr  voll,  um  dadurch  mehr 
Bewunderung  zu  gewinnen  und  mehr  Schule  zu  machen  (τψ 
μεγεθει  τών  επαγγελμάτων  Is.  13,  9.  bia  τάς  ύπερβολάς  τών 
επαγγελμάτων  αυτοί  τε  θαυμασθήσεσθαι  και  την  παΐ8ευσιν  την 
τών  λόγων  πλείονος  ά£ίαν  ί)ό£ειν  εΤναι  13,  10);  und  eben  darum 
betonte  er  zweimal  das  Versprechen.  Aber  positiv  vorzuwerfen 
wusste  er  ihm  nichts  anderes  als  sein  stumpfes  Gefühl  gegenüber 
der  RtiliBtischen  Form  geschriebener,  ausgearbeiteter  Reden  (οϋτω 
b'  άναισθήτως  αυτοί  τε  διάκεινται  και  τους  δλλους  ίχειν  ύπει- 


Isokrates  13  ond  Alkidamas.  413 

λήφασιν,  ώστε  χείρον  γράφοντες  τους  λόγους  ή  τιϊιν  1?>ιιυταιν^ 
τίνες  αύτοσχεοιάίουσιν  κτλ.  13,  9).  Dieser  Vorwurf  trifft  den 
Alkidamas,  und  zwar  ihn  allein  von  allen  in  Betracht  kommen- 
den Zeitgenossen  des  Isokrates.  Dies  Resultat  Reinhardts  (S.  11, 
nicht  S.  15)  bleibt  bestehen  und  wird  durch  Ausscheidung  der 
von  Muenscher  angezogenen  Helena  sowie  der  von  Blass  bean- 
standeten Paragraphen  13,  12/3  erst  recht  befestigt. 

Zum  Schluss  darf  ich  nicht  verschweigen,  nachdem  mich 
mein  Kollege  A.  Körte  darauf  aufmerksam  gemacht  hat,  dass 
meiner  im  Hermes  und  oben  vorgetragenen  Erklärung  des  §  12 
folgender  Wortlaut  entgegenzustehen  scheint:  τό  μέν  των 
γραμμάτων  άκινήτως  ?χει  και  μίνει  κατά  τούτον,  ώστε  τοις 
αύτοίς  άει  περί  των  αυτών  χρώμενοι  διατελούμε  ν.  Wenn 
man  hier  nicht  den  Text  gewaltsam  ändern  will  (οιατελοΟοΊν, 
8c.  Ol  τεταγμένην  τίχνην  παράδειγμα  φίροντες),  muss  man  in 
der  ersten  Person  meines  Rrachtens  einen  lapsus  ccUami  des 
Isokrates  sehen.  Ich  traue  ihm  wenigstens  zu,  dass  ihm  das 
*wir'  wider  Willen  entschlüpft  ist,  da  er  sich  doch  auch  unter 
den  von  Alkidamas  angegriffenen  τους  γραπτούς  λόγους  γράφον- 
τες getroffen  fühlte,  und  das  mit  Recht*.  Sind  doch  die  ganzen 
Paragraphen  12  und  13  nichts  Aveiter  als  eine  Concession  an 
Alkidamas  und  Platons  Phaidros,  die  dem  Isokrates  nicht  aus 
dem  Herzen  gekommen  ist  (Hermes  32,  376)  aber  der  neuen 
Richtung  entsprach. 

Greifswald.  A.  Gercke. 


^  Das  geht  auf  Alkid.  §  15:  die  Logographen  χρόνου  μ^ν  6οθέν> 
τος  δύνασθαι  λόγον  έΕ€γ€γκ€ΐν,  €ύθέως  δέ  περί  τοΟ  προτ€θέντος  άφωνο- 
Τ€ρον  είναι  τών  Ιδιωτών. 

2  [Dass  die  γράμματα  des  Isokrates  §  10,  12  nicht  'durch  die 
Schrift  festgelegte  Kunstwerke*  (Hermes  32,  3()1),  sondern  Buchstaben, 
nichts  als  Buchstaben  sind,  das  sollte  nach  Reinhardt  de  Isoer.  aem. 
p.  12  keines  Wortes  bedürfen.  Man  beachte  auch  die  ps.  Dionys.  τ^χνη 
c.  10,  G  p.  380  R.    IL  U.] 


Die  Bevölkerung  Galliens  zur.  Zeit  Caesars. 

Die  Ergebnisse  der  Volkszählungen  {Censtis\  die  während 
der  römischen  Kaiserzeit  in  den  gallischen  Provinzen  gehalten 
wurden,  sind  uns  nicht  aufbewahrt.  Vor  der  römischen  Herrschaft 
aber  war  Gallien  ein  halbbarbarisches  Land,  in  dem  wir  Volks- 
zählungen so  wenig,  und  noch  weniger  zu  finden  erwarten  dürfen, 
als  etwa  in  Deutschland  vor  dem  XIV.  oder  XV.  Jahrhundert 
Ueber  die  angebliche  Volkszählung  bei  den  Helvetiern  im  Jahre 
58  V.  Chr.  (Caes.  GalL  Kr,  I  29)  habe  ich  bereits  in  meiner  Be- 
völkerung (S.  451)  das  Nöthige  bemerkt.  So  wie  die  Angabe  bei 
Caesar  steht,  ist  sie  jedenfalls  unhaltbar.  Wenn  aber  auch  etwas 
Wahres  zu  Grunde  liegen  sollte,  so  würde  es  sich  doch  nur  um 
eine  ausnahmsweise  Massregel  handeln,  die  dadurch  bedingt  war, 
dass  das  ganze  Volk  auf  die  Wanderung  zog.  Dadurch  war  einer- 
seits die  Zählung  sehr  erleichtert,  andererseits  musste  den  Lei- 
tern des  Zuges  daran  gelegen  sein,  zu  wissen,  für  wie  viele 
Menschen  Unterhalt  zu  beschaffen  war. 

Allerdings  wird  man  in  jedem  Gau  ungefähr  gewusst  haben, 
über  wie    viel    waffenfähige  Mannschaft  man  im   Kriegsfälle   zu 
verfügen   hatte.     Aber  für  Jemanden,    der  ausserhalb  des  Gaues 
stand,  konnte  es  nicht  leicht  sein,  sich  zuverlässige  Auskunft  über 
diese  Dinge  zu  verschaffen;  und  einen  üeberblick  über  die  Wehr- 
kraft ganz  Galliens  kann  bei  der  Zersplitterung  der  Nation  über- 
haupt Niemand  vor  Vercingetorix  und  Caesar  gehabt  haben.    Wena 
wir  daher  bei  Diodor  (V.  25)  an  einer  Stelle,  die  allgemein  und 
wohl  mit  Recht  auf  Poseidonios  zurückgeführt  wird,  die  Angabe 
lesen,  von  den  gallischen  Stämmen  hätten  die  grössten  200000^ 
die  kleinsten  50 000 'Männer'  (δνορες),  also  offenbar  waffenfähi 
Männer  gezählt,  so  kann  diese  Angabe  auf  nichts  weiter  bernlic 
als  auf  vagen  Schätzungen,  wie  sie  Poseidonios  in  Massalia  od 
Narbo    von    den    griechischen    und    römischen  Kaufleuten    hö 
oder    auf   römischen    Siegesbulletins;    dass   Angaben    dieser 
immer   weit  über  die  Wahrheit  hinausgehen,    liegt  in    der  Na 
der  Sache,    und    ist    allbekannt.      In    unserem   Falle    ist    das 


Die  Bevölkernng  Galliens  zur  Zeit  Caesars.  415 

auch  ganz  besonders  evident;  selbst  nach  Caesars  weit  übertriebenen 
Schätzungen  {Gall.  Kr,  II  4)  zählten  in  Belgica  nur  die  Bellovaker, 
Snessionen  und  Nervier  50000  waffenfähige  Männer  und  darüber, 
die  Moriner  25000,  alle  übrigen  unter  20000  Mann.  Von  den  4  mit 
den  Helvetiern  verbündeten  Völkern  zählte  keines  über  36  000  Köpfe, 
also  nach  dem  von  Caesar  angegebenen  Verhältniss  der  Waffen- 
fähigen zur  GesammtbevÖlkerung  (1:4)  9000  wehrhafte  Männer. 
Die  Helvetier  selbst,  die  doch  zu  den  bedeutendem  Völkern  Gal- 
liens gehörten,  haben  nach  Caesar  nicht  über  263000  Köpfe  oder 
etwa  66  000  Waffenfähige  gezählt.  Also  die  Minimalzahl  in  den 
Angaben  des  Poseidonios  ist  in  hohem  Masse  übertrieben.  Und 
nicht  besser  steht  es  mit  der  Maximal  zahl  200000.  Sie  ist  näm- 
lich offenbar  nichts  anderes,  als  die  Stärke  des  Heeres,  das  die 
Arverner  121  v.  Chr.  gegen  Cn.  Domitius  Ahenobarbus  und  Q. 
Fabius  Maximns  Aemilianus  ins  Feld  gestellt  haben  sollen  (Strab. 
IV  185.  191).  Die  Uebertreibung  ist  handgreiflich;  die  Zahl  ist 
gerade  so  wenig  werth,  wie  die  meisten  ähnlichen  Angaben  in 
römischen  Siegesberichten.  Aus  diesen  Gründen  habe  ich  es 
nicht  der  Mühe  werth  gehalten,  die  Angabe  Diodors  (Poseidonios) 
in  meiner  Bevölkerung  überhaupt  auch  nur  anzuführen^. 

Daraus  also  ist  über  die  Bevölkerung  Galliens  nichts  zu 
lernen ;  und  wir  müssten  darauf  verzichten,  uns  aus  directer  Ueber- 
lieferung  eine  Anschauung  von  der  Bevölkerung  Galliens  im 
Alterthum  zu  bilden,  wenn  uns  nicht  der  Mann,  der  besser  als 
irgend  einer  seiner  Zeitgenossen  darüber  unterrichtet  war,  wenn 
uns  nicht  Caesar  eine  Reihe  darauf  bezüglicher  Angaben  hinter- 


1  Otto  Hirechfeld  (Sb.  Berl.  Akad.  1897  S.  110)  möchte  freilich, 
gerade  auf  diese  Angabe   des  Poseidonios  die  Berechnung  der  Bevöl- 
kerung Galliens  (zunächst  der  Gebiete  der  Arverner  und  Haeduer)  grün- 
den, worin  ihm  französische  Gelehrte  vorangegangen  sind.    Und  doch 
giebt  Hirsohfeld  selbst  zu,  dass   in  dieser  Angabe  *nur  die  erste  Zahl 
einen  gewissen  Werth  beanspruchen  darf,  die  Zahl  von  50000  Mann 
^r  die  kleineren  gallischen  Stämme  also  ganz  werthlos  ist.    Damit  ist 
Aber  auch  der  anderen  Zahl  das  Urtheil    gesprochen;    denn  über  die 
eklektische  Kritik  sind  wir  doch  wohl  hinaus.    Femer  muss  Hirschfeld, 
QiQ   nicht  zu  ganz  unhaltbaren  Aufstellungen  zu  kommen,  δν&ρ€ς  nicht 
^^   «einer  eigentlichen  Bedeutung,   sondern    im  Sinne  von  *Gesammtbe- 
^olkernng*  fassen,   ohne  doch  diese  Annahme  irgendwie  zu  beweisen, 
^..^^  auch  nur  wahrscheinlich  zu  machen.     Vielmehr  wird  gerade  bei 
olkem  auf  der  Kulturstufe,    die    damals   die  Gallier    einnahmen,   zu- 
^ohat   immer   nur  die  Zahl  der   waffonfähigen  Männer  bekannt  sein; 
Übrigen  s.  oben. 


416  Beloch 

lassen  hätte.    Er  hat  fast  10  Jahre  als  Statthalter  an  der  Spitze 
des  narbonensischen  Galliens  gestanden  und  mnsste  also  von  dessen 
Bevölkerangeverhältnissen  genaue  Eenntniss  haben.    Er  hat  ferner 
gleich  den  ersten   Stamm    des    bis    dahin    freien  Galliens    zählen 
lassen,    den    er  seiner  Herrschaft   unterworfen    hatte.     Er    hatte 
während  seiner  Feldzüge  das  höchste  Interense  daran,    möglichst 
genaue  Nachrichten  über  die  Wehrkraft  der  einzelnen  gallischen 
Stämme  einzuziehen.     Er  machte   sich    endlich    zum  Herrn    von 
ganz  Gallien.    Wer  hätte  ein  besseres  Material  überliefern  können? 
Aber  freilich  müssen    seine  Angaben   trotzdem  mit  Vorsicht   be- 
nutzt werden.     Denn  es  gehörte  nun  einmal  in  Rom  zum    guten 
Ton,  die  Zahl  der  besiegten  Feinde  masslos  zu  übertreiben;  und 
auch  Caesar  hat  nicht  umhin  gekonnt,  mit  den  Wölfen  zu  heulen. 
Die  wichtigste  der  hier  in  Betracht  kommenden  Angaben  ist 
die  über  den  Census  der  Helvetier  nach  der  Schlacht  von  Bibracte 
(Gall  Kr.  I  29).     Zu   niedrig  ist   diese  Angabe  (110000  Köpfe 
jeden  Geschlechts  und  Alters)  jedenfalls  nicht,  denn  Caesar  hatte 
gar  kein  Interesse,   die  Zahl  der  von  ihm  unterworfenen  Feinde 
zu  verkleinern ;  zu  hoch  aber  kann  sie  auch  nicht  wohl  sein,  denn 
die  Helyetier  waren  ja  stark  genug,  einem  römischen  Heere  von 
6  Legionen   mit   gallischen   Hilfsvölkern    in  offener  Feldschlacht 
die  Stirn   zu    bieten,     üebertrieben   sind    nur   die  Angaben    über 
die  Zahl  der  Helvetier  zar  Zeit  des  Auszuges.    Schon  das  Alter- 
thum  hat  daran  Kritik  geübt;   Oroeius  giebt  (VI  7,  5,  natürlich 
auf  Grund  seiner  Quelle)  die  Zahl  der  Helvetier  und  ihrer  Bundes- 
genossen bei  der  Auswanderung  auf  157000  an,  statt  der  368  000 
bei  Caesar.    Es  ist  in  der  That  kaum  möglich,  dass  die  Helvetier 
auf  dem  kurzen  Zuge,  und  ohne  eine  vernichtende  Niederlage  zu 
erleiden,   mehr  als  etwa  V4 — Vs  ihrer   anfänglichen  Stärke    ver- 
loren haben;    es    ist  ferner  kaum  denkbar,    wie    eine  Menschen- 
masse   von   fast  400000   auf  dem  Zuge  hätte    verpflegt   werden 
sollen.     Wahrscheinlich   ist   auch    die  Zahl    des  Orosius  noch  za 
hoch;    legen  wir  sie  aber    zu  Grunde,  so  ergiebt  sich  nach  dem 
Verhältniss  der  einzelnen  Contingente  bei  Caesar  für  die  Helvetier 
allein  eine  Zahl  von  112  000  Köpfen  beim  Auszug.     Der  Census 
Caesars  nach  der  Schlacht  bei  Bibracte  (bei  dem  die  Boier  nicht 
berücksichtigt  sind)  muss,  wieder  nach  dem  Verhältniss  der  ein- 
zelnen   Contingente    berechnet,    für    die    Helvetier    allein     etwa 
88  000  Köpfe    ergeben   haben.     Nun    entspricht    das  Gebiet    der 
Helvetier    in    dieser  Zeit    etwa    den    heutigen  Cantonen   Zürich, 
Aargau,  Luzern,  Bern,  Freiburg,  Waadt;  wenn  einige  Theile  dieser 


Die  Bevölkerung  Galliens  zur  Zeit  Caesars.  417 

Cantone  über  die  Grenzen  des  helvetiechen  Gebietes  hinausreichen, 
80  wird  das  durch  die  zugehörigen  Theile  der  Cantone  Solothurn, 
Neuchatel  und  Genf  annähernd  ausgeglichen.  Die  oben  aufge- 
führten 6  Cantone  umfassen  nun  zusammen  einen  Flächenraum 
von  16  409  Q.-Em. ;  rechnen  wir  in  runder  Zahl  15000,  so  er- 
giebt  sich  vor  dem  Auszug  eine  Dichtigkeit  von  7,5,  nach  der 
Rückkehr  eine  Dichtigkeit  von  6  auf  1   Q.-Km. 

Die  Schweiz  hat  heute  fast  genau  die  gleiche  Völksdichtig- 
keit  wie  Frankreich  (Schweiz  72,  Frankreich  71  Bewohner  auf 
1  Q.-Km.);  die  6  Cantone,  um  die  es  sich  hier  handelt,  sind  so- 
gar viel  dichter  bewohnt.  Das  ist  nicht  immer  so  gewesen; 
am  Anfang  dieses  Jahrhunderte  war  Frankreich  etwas  dichter 
bevölkert  als  die  Schweiz,  und  ungefähr  ebenso  dicht,  als  jene 
6  Cantone,  die  etwa  dem  alten  Gebiet  der  Helvetier  entsprechen^. 
Nun  stand  ja  in  Caesars  Zeit  die  Cultur  im  Gebiet  der  Helvetier 
ohne  Zweifel  niedriger  als  z.  B.  im  Gebiete  der  Haeduer  oder  der 
Arverner;  aber  ebenso  zweifellos  stand  sie  dort  höher  als  in  dem 
grössten  Theile  der  belgischen  Gaue  und  wenigstens  nicht  tiefer 
als  in  der  Aremorica.  Ich  will  damit  natürlich  noch  nicht  sagen, 
dass  die  Volksdichtigkeit  im  Gebiet  der  Helvetier  uns  nun  einen 
brauchbaren  Durchschnitt  für  die  gesammten  Tres  Galliae  gäbe, 
also  den  Theil  des  Landes,  der  erst  durch  Caesar  der  römischen 
Herrschaft  unterworfen  worden  ist;  dazu  ist  die  Baeis  zu  klein. 
Aber  einen  allgemeinen  Anhaltspunkt,  um  uns  eine  Vorstellung 
von  der  Volksdichtigkeit  und  damit  der  Gesammtbevölkerung  des 
damaligen  Galliens  bilden  zu  können,  bieten  uns  die  Bevölkerungs- 
Verhältnisse  des  helvetischen  Gebietes  allerdings.  Es  ergäbe  sich 
danach,  für  die  etwa  523000  Q.-Em.  der  Tres  Galliae,  eine  Be- 
völkerung von  etwa  3 — 4  Millionen  Einwohner.  Ich  wiederhole, 
daes  diese  Zahlen  auf  absolute  Richtigkeit  gar  keinen  Anspruch 
erbeben,  es  bleibt  zunächst  die  Möglichkeit  offen,  dass  sie  sich 
um  mehrere  Millionen  von  der  Wahrheit  entfernen^. 


^  Am  Ende  des  XYIII.  Jahrhunderts  betrag  die  Yolksdichtigkeit 
in  den  Cantonen  Bern  (der  damals  auch  die  Waadt  und  etwa  die  Hälfte 
von  Aargau  amfa8ste),Luzern  und  Zürich  etwa  53  auf  1  Q.-Em.;  in  Frank- 
reich (im  Umfange  von  1815—59)  nach  der  Zählung  von  1801  etwa 
50.  Doch  bleibt  das  Resultat  dieser  Zählung  etwas  hinter  der  Wahr- 
heit zurück. 

^  Wenn  wir  annehmen  wollten,  dass  auch  die  Tulinger  und  Lato- 

viker  innerhalb  des  hier  als  helvetisch   bezeichneten  Gebietes  gesessen 

haben  und  die   Rauraker    hinzurechnen,    so    wird    das   Resultat   nicht 

wesentlich  anders.    Wir  müssten  dann  zunächst   unserem  Gebiete  die 

Bbein.  Mos.  f.  Philol.  N.  F.  UV.  27 


418  Belooh 

Doch  wir  finden    bei  Caesar  noch   einen   zweiten  Anhalts- 
punkt,  um  die  Bevölkerung  der   Tres  Galliae  zu  berechnen:  das 
Verzeichniss  der  Contingente,  die  Veroingetorix  zum   Entsatz  von 
Alesia  herangerufen   haben  soll  (YII  75.  76).     Dass    ein  so  rie- 
siges Heer  —  die   G-esammtsumme   beträgt  über   250  000  Mann 
—  in  Wirklichkeit  nicht  zusammen  gekommen  sein  kann,  bedarf 
ja  keines  Beweises.     Wir  haben  es  also  nur  mit  einer  Schätzung 
der  relativen  militärischen  Leistungsfähigkeit  der  keltischen  Gaue 
zu  thun;  aber  diese  Schätzung    rührt  von  dem  Manne    her,  der 
von  allen  seinen  Zeitgenossen  am  besten  über  die  gallischen  Ver- 
hältnisse unterrichtet    war,    und  .der  in  diesem  Punkte    kein  In- 
teresse hatte,  die  Wahrheit  zu  beugen.    In  der  That  hält  sie  der 
kritischen  Prüfung  Stich.     Denn    in    einem   Lande   wie    dem  da- 
maligen Gallien    ist  die  militärische  Leistungsfähigkeit   fast  aus- 
schliesslich   durch  die  Höhe  der   Bevölkerung  bedingt;    da    uns 
nun   die  Ausdehnung   der  Gebiete   der  einzelnen   Völkerschaften 
mit  hinreichender  Genauigkeit  bekannt  ist^   so  können    wir  aus 
den  Angaben  Caesars  zwar  nicht  unmittelbar  die  absolute,  wohl 
aber  die  relative  Volksdichtigkeit  dieser  Gebiete  ableiten.    Doch 
darüber  weiter  unten. 

Das  wäre  schon  an  und  für  sich  ein  wichtiges  Ergebniss; 
es  wird  noch  wichtiger  dadurch,  dass  es  uns  die  Möglichkeit 
bietet,  innerhalb  gewisser  Grenzen  auch  die  absolute  Bevölkerung 
der  Tres  Gallim  zu  berechnen.  Wie  das  gemacht  wird,  habe  ich 
in  meiner  Bevölkerung  gezeigt.  Da  es  aber  Philologen  giebt, 
die  mich  nicht  verstanden  haben,  will  ich  hier  versuchen,  die 
Sache  noch  klarer  zu  machen  für  diejenigen,  die  bevölkerungs- 
geschichtlichen  Forschungen  ferner  stehen.  Zuerst  aber  ein  Wort 
über  die  Ueberlieferung. 

Dass  eine  Liste  von  so  vielen  Namen  und  Zahlen  nicht  ohne 
mannigfache  Verderbnisse  überliefert  sein  kann,  liegt  in  der  Na- 
tur der  Sache;  und  ebenso,  dass  sie  für  Conjecturenjäger  ein  er- 

Cantone  Basel,  Solothurn  und  Neuenburg  hinzufügen  (etwa  2000  Q  -K., 
was  die  Kauraker  etwa  im  Ober-Elsass  besessen  haben,  lasse  ich  hier 
aus  dem  Spiele).  Das  ergäbe  also  einen  Gesnmmtfläcbenraum  von 
17000  Q.-K.  und  bei  110000  Einwohnern  eine  Dichtigkeit  von  6,JS  auf 
1  Q.-K.  Vor  dem  Auszug  ergäbe  sich,  die  Zahl  bei  Orosius  zu  Grunde 
gelegt,  eine  Dichtigkeit  von  9  auf  1  Q.-Km.,  wobei  auch  die  Boier 
eingerechnet  sind.  Wir  erhielten  dann,  unter  den  obigen  Voraus- 
setzungen, für  die  Tres  Galliae  eine  Bevölkerung  von  3400000  be^w. 
4700000. 

*  Vergl.  i>ongnon  Atlas  historique,  de  la  France,  BI.  Ϊ. 


Die  ßevölkerong  Gallien«  zur  Zeit  Caesars. 


419 


giebigee  Feld  bietet.  Infolge  dessen  giebt  denn  auch  fast  jede  Aus- 
gabe der  Commefitarii  de  belle  Gallico  hier  einem  anderen  Text. 
Aber  diese  Abweichungen  halten  sich  in  sehr  engen  Grenzen, 
denn  Caesar  ordnet  die  Contingente  nach  ihrer  Stärke  und  giebt 
am  Schluss  die  ungefähre  Gesammtsumme.  So  ist  dafür  gesorgt, 
dase  die  Bäume  nicht  in  den  Himmel  wachsen.  Zur  Uebersicht 
stelle  ich  hier  die  Zahlen  zusammen,  wie  sie  in  einigen  der  besten, 
bezw.  neuesten  Ausgaben  gegeben  werden: 


Völkerschafteu 


Nipper- 
dey 
1847 


Dinter 
1867 


Holder 
1882 


Kühler 
1893 


Meusel 
1894 


1.  Haedui  u.  Clienten 

2.  Arverni  u.  Clienten 

3.  Sequani 

4.  Senones  

5.  Bituriges 

6.  SantüDes     

7.  Ruleni 

8.  Carnutes    

9.  Bellovaci 

10.  Lemovices    

11.  Pictones 

12.  Turones 

13.  Parisii 

14.  Helvetii 

I  Senones 

'^Andes 

16.  Ambiani 

17.  Mediomatrici   .  .  .  . 

18.  Petrocorii 

19.  Nervii 

20.  Morini 

21.  Nitobriges 

22.  Aulerci  Cenomani 

• 

23.  Atrebates 

24.  Veliocasses 

25 /L^^^^'" 

*  '^Lemovices 

, )  Aulerci  Eburovices 

*\Eburones 

27.  Kauraci 

28.  Boi 

29.  Aremoricaecivitates 


I 


35000  ί 

35000 

12000 

12000 

12000 

12000 

12000 

12000 

10000 

10000 

8000 

8000 

8000 

8000 

5000 

5000 
5000 
5000 
5000 
5000 
5000 
5000 
4000 
3000 
3000 

3000 


30000 


277000 


35000 
35000 
12000 
12000 
12000 
12000 
12000 
12000 
10000 

8000 
8000 
8000 
8000 


5000 
5000 
5000 
5000 
5000 
5000 
5000 
4000 
4000 

3000 
30C0 

2000 

2000 

30000 


35000 
35000 
12000 
12000 
12000 
12000 
12000 
12000 
10000 

8000 
8000 
8000 
8000 

6000 
6000 
6000 
6000 
6000 
6000 
5000 
5000 
4000 
4000 

3000 
3000 

2000 

2000 

30000 


35000 
35000 
12000 
12000 
12000 
12000 
12000 
12000 
10000 
10000 

8000 

8000 

8000 

8000 

6000 

6000 

6000 

6000 

6000 

6000 

6000  i 

5000 

5000 

4000 

4000 


4000 
4000 
4000 
3000 


35000 

35000 

12000 

12000 

12000 

12000 

12000 

12000 

10000 

10000 

8000 

8000 

8000 

8000 

6000 
6000 
6000 
6000 
6000 
6000 
6000 
5000 
5000 
4000 


3000 

2000 

2000 

10000 


267000  1278000  1 269000  1 267000 


420  ßeloch 

Die  Divergenzen  hängen  ab  znnäcfaet  von  der  Conjectnr  sena 
Avdibus  für  Senonibus  (n.  15),  die  in  den  neueren  Ausgaben  Ein- 
gang gefunden  hat,  wodurch  auch  die  Zahlen  für  die  5 — 6  fol- 
genden Völkerschaften  eich  von  5000  auf  6  000  erhöhen.  Ferner 
steht  es  nicht  in  allen  Fällen  sicher,  ob  wir  die  überlieferten 
Zahlen  auf  die  vorhergehenden  oder  auf  die  folgenden  Namen  be- 
ziehen sollen;  doch  ergeben  sich  dadurch,  wie  ein  Blick  auf  die 
obige  Tabelle  zeigt,  nur  ganz  unbedeutende  Verschiebungen.  Die 
Zahlen  für  die  Kauraci  und  Boi  sind  überhaupt  ausgefallen ;  mehr 
als  je  4000  Mann  können  sie  nicht  gezählt  haben,  es  steht  uns 
aber  frei,  auch  eine  niedrigere  Zahl  einzusetzen.  Endlich  werden 
die  Lemovices  zweimal  aufgeführt;  einmal  für  sich  (n.  10),  das 
zweite  Mal  unter  den  Aremoricae  civiiafes.  Wahrscheinlich  liegt 
an  der  letzteren  Stelle  ein  Schreibfehler  vor^;  Nipperdey  (Vorrede 
zu  der  grossen  Ausgabe  von  1847  S.  109)  will  Lexoviis  schrei- 
ben und  meint,  dass  umgekehrt  n.  25  statt  Lexoviis:  Lemovid' 
hus  zu  lesen  sei ;  da,  wo  die  Lemovices  zuerst  aufgeführt  werden 
(n.  10),  will  er  sie  ganz  streichen.  Indem  er  weiter  die  Senones 
da,  wo  sie  zum  zweiten  Mal  genannt  werden  (n.  15),  streicht,  den 
Veliocasses  4000  Mann  giebt,  die  Lexovii  und  Aulerci  Eburovices 
zusammen  mit  3000  Mann  ansetzt,  für  die  Boier  und  Rauraker 
je  3000  Mann  rechnet,  und  da  ferner  die  Bellovaker  nach  Caesars 
Angabe  statt  10000  nur  2000  Mann  stellten,  so  ergiebt  sich  für 
Nipperdey  eine  Gesaramtsumme  von  259000  Mann,  also  fast  ge- 
nau die  von  Caesar  angegebene  Gesammtzahl.  Dinter  (oben 
Spalte  2)  hat  alle  diese  Conjecturen  Nipperdeys  in  seinen  Text 
aufgenommen. 

Dass  diese  Kritik  über  ihr  Ziel  hinausschiesst,  ist  klar; 
denn  Caesar  bezeichnet  ja  die  Zahl  der  Fusstruppen  (250000  Mann) 
ausdrücklich  als  runde  Summe;  die  Zahl  von  270000,  die  bei 
Holder  herauskommt,  wenn  wir  die  fehlenden  8000  Mann  der 
Bellovaker  abziehen,  hätte  also  an  sich  gar  nichts  Unwahr- 
scheinliches. Sie  ist  aber  nur  dadurch  gewonnen,  dass  die 
10000  Mann  der  Lemovices  (n.  10)  gegen  die  üeberlieferung 
geetrichen  werden.  Lassen  wir  diese  10000  Mann  aber  stehen 
(wobei    dann  natürlich  n.  25  Lexoviis    oder  was   immer    gelesen 

^  Möglich  ist  ja  allerdings,  dass  es  auch  unter  den  Völkern  der 
Aremorica  einen  Stamm  der  Lemovices  gegeben  hat;  es  ist  das  bekannt- 
lich von  Deloche  behauptet  worden.  Aber  der  Beweis  scheint  mir  nicht 
erbracht  zu  sein.  Allerdings  kenne  ich  die  Abhandlung  von  I)i»lochc 
nur  aus  Desjardins. 


Die  Bevölkerung  Gallieus  zur  Zeit  Caesars.  421 

werden  inuss),  so  erhalten  wir  eine  Gesammtzabl  von  280000 
Mann,  und  diese  Zahl  geht  doch  wohl  zu  weit  über  die  von  Cae- 
sar angegebene  Gesammtsnmme  hinaus.  Das  hat  offenbar  die 
neuesten  Herausgeber  (Kubier  und  Meusel)  veranlasst,  gegen  das 
Zeugnies  der  Handschriften  die  Zahl  des  Contingentes  der  Are- 
morica  von  30000  willkürlich  auf  3000  bezw.  10000  herabzu- 
setzen. Und  nicht  nur  gegen  die  Handschriften,  auch  —  und 
das  fallt  noch  viel  schwerer  ins  Gewicht  —  gegen  alle  innere 
Wahrscheinlichkeit.  Sollen  wir  denn  etwa  glauben,  dass  Caesar 
die  militärische  LeiRtungsfähigkeit  eines  so  ausgedehnten  Gebietes 
auf  eine  so  minimale  Ziffer  veranschlagt  hat?  Kubier  hat  we- 
nigstens noch  die  Entschuldigung,  dass  nach  seiner  Annahme  das 
Contingent  von  Aremorica,  das  am  Ende  der  Liste  steht,  auch 
das  kleinste  ist;  aber  dieser  Grund  hält  einer  nähern  Prüfung 
keineswegs  Stich  ^.  Denn  in  den  übrigen  Listen  handelt  es  sich 
um  einzelne  Völkerschaften,  höchstens  noch  mit  ihren  Clienten, 
also  um  politische  Einheiten;  hier  aber  um  einen  geographischen 
Begriff,  der  politisch  in  eine  ganze  Reihe  von  civiiafes  zerfiel, 
von  denen  Caesar  nur  die  bedeutendsten  anführt,  ohne  ihre  mi- 
litärische Leistungsfähigkeit  im  einzelnen  zu  speciiiciren.  Diese 
Aremoricae  civitates  nehmen  also  der  übrigen  Liste  gegenüber 
eine  gesonderte  Stellung  ein  und  werden  darum  von  Caesar,  ohne 
Rücksicht  auf  die  Höhe  ihres  Contingentes,  mit  gutem  Grunde 
an  den  Schluss  gestellt. 

Was  ergiebt  sicli  nun  aus  dem  allen?  Dass  die  Conjectur 
sena  AudibuSy  so  verlockend  sie  an  sich  sein  mag,  doch  nicht 
richtig  sein  kann,  und  dass  Senonibus  an  dieser  Stelle  einfach 
gestrichen  werden  muss:  der  Abschreiber  hat  den  Namen  eben 
nur    aus  Versehen  hier  wiederholt*.     Ferner  dürfen  wir  für  die 


^  Vielleicht  meint  übrigens  Kubier,  dass  iema  zu  lesen  ist,  also 
jedes  der  Völker  von  Aremorica  3000  Mann  gestellt  habe.  Das  würde 
im  Wesentlichen  auf  dasselbe  herauskommen,  als  wenn  wir  die  über- 
lieferte Zahl  von  30000  für  die  Gesammtheit  der  Völker  von  Aremo- 
rica stehen  lassen.  Ich  begreife  dann  aber  nicht,  was  bei  der  Con- 
jectur gewonnen  werden  soll,  und  es  scheint  mir  diese  Auffassung  auch 
den  Worten  Caesnrs  {universis  civitatihiis  etc.)  zu  widersprechen. 

^  Man  könnte  natürlich  versucht  sein,  Suessionibtts  zu  lesen;  diese 
Conjectur,  die  ja  gemacht  worden  ist,  würde  kaum  gewaltsamer  sein 
als  die  andere.  Ich  ziehe  es  aber  vor,  lieber  keine  Conjecturen  zu 
machen.  Uebrigcns  ist  es  in  der  Sache  so  gut  wie  gleichgiltig,  ob  wir 
die  Conjectur  sena  Andihua  annehmen  oder  nicht.    Den  Andes  müssen 


422  Beloch 

Rauraker  and  Boier  nicht  mehr  als  je  2000  Mann  einstellen, 
was  ja  auch  im  Hinblick  auf  die  Stärke  des  helyetisohen  Con- 
tingentes  (8000  Mann)  schon  an  und  für  sich  geboten  ist ;  yergl. 
die  Angaben  I  29,  wo  die  Helvetier  mit  263000,  die  Bauraker 
und  Boier  zusammen  mit  55000  Köpfen  aufgeführt  werden;  nach 
diesem  Verhältniss  würden  sogar  schon  je  1000  Mann  reichlich 
gegriffen  sein. 

Soweit  also  gehe  ich  mit  Nipperdey  und  Dinter.  Nicht 
mehr  folgen  kann  ich  ihnen  aber  in  Betreff  der  Lemovices.  Denn 
es  liegt  nicht  der  geringste  Grund  vor,  weshalb  der  Gau  der 
Lemovices  nur  etwa  Vs  — V4  ^^^  Volksdichtigkeit  gehabt  haben 
sollte,  die  wir  in  dem  benachbarten  Gau  der  Bituriger  finden; 
um  so  weniger,  als  Nipperdey  hier  auch  die  Ueberlieferung  will- 
kürlich behandelt.  Die  neuesten  Herausgeber  haben  denn  auch 
mit  vollem  Recht  Lemovices  an  der  ersten  Stelle  (n.  10)  stehen 
lassen.  Ob  wir  dagegen  Leaovii  n.  25  streichen  und  es  dafür 
statt  Lemovices  bei  dem  Äremoricae  civitaies  einsetzen,  wie  Meusel 
gethan  hat,  oder  ob  wir  mit  Kühler  an  letzterer  Stelle  Eburo- 
vices  emendiren  und  n.  25  Leaovii  stehen  lassen,  oder  endlich 
mit  Deloche  gar  nichts  ändern  und  annehmen,  dass  es  auch  in 
der  Aremorica  einen  Stamm  der  Lemovices  gegeben  hat,  ist  ziem- 
lich gleichgiltig.  Wir  erhalten  in  jedem  Falle,  wenn  wir  im 
übrigen  die  Zahlen  Dinters  gelten  lassen,  eine  Gesatumtsumme 
von  266000—269  000,  oder  800  Reitern  und  258—261000  Mann 
zu  Fuss,  was  der  von  Caesar  angegebenen  runden  Gesammtsumme 
nahe  genug  kommt,  um  zu  keinem  Bedenken  Anläse   zu  bietend 

wir  doch,  nach  der  Ausdehnung  und  der  Lage  ihres  Gebietes,  ungefähr 
die  Volkszahl  geben,  wie  sie  einem  Contingente  von  6000  Mann  ent- 
sprechen würde  (s.  unten  S.  437  f.).  Es  fragt  sich  also  nur,  ob  wir  die 
Contingente  von  5  oder  6  Völkerschaften  auf  5000  oder  auf  6000  Mann 
ansetzen  sollen,  und  darauf  kommt  sehr  wenig  an,  da  es  sich  hier  doch 
nur  um  ungefähre  Schätzungen  handelt. 

*  Daraus  ergiebt  sich,  was  von  der  Behauptung  Otto  Hirschfelds 
(a.  a.  0.)  zu  halten  ist,  die  Berechnung  der  Gesammtbevölkeruug  Gal- 
liens in  meiner  Bevölkerung  beruhe  *  auf  einem  nicht  fehlerfrei  über- 
lieferten, und  dazu  übel  zurechtgemachten  Text\  Dem  Leser  soll  da- 
durch die  Meinung  beigebracht  werden,  dass  eine  Untersuchung,  die 
auf  einer  solchen  Grundlage  beruht,  überhaupt  keine  Beachtung  ver- 
dient ;  und  wer  sich  die  Sache  nicht  näher  ansieht,  was  ja  natürlich 
nur  wenige  thnn  werden,  muss  ferner  glauben,  dass  ich  es  bin,  der  den 
Text  so  Mibel  zurecht  gemacht'  hat.  Dieser  Text  ist  nun  aber  der 
Text  Dinters,  d.  h.  Nipperdeys,  dem  ich  einfach   gefolgt  bin,   weil  ich 


Die  BevölkeruDg  Galileos  zur  Zeit  Caesars.  423 

Um  nun  au8  der  Stärke  der  Contingente  die  Geeammtbe- 
völkernng  zu  berechnen,  haben  wir  znnächet  einen  Anhalt  an  der 
Zahl  der  Helvetier,  wie  sie  der  von  Caesar  naoh  der  Schlacht 
bei  Bibracte  gehaltene  Census  ergeben  hatte;  denn  zu  dem  Ver- 
dacht, dase  Caesar  hier  die  Wahrheit  gefälscht  hat,  liegt,  wie 
schon  bemerkt,  nicht  der  geringste  Grund  vor.  Von  der  Ge- 
sammtsumme  von  110  000  würden  nach  den  von  Caesar  selbst 
angegebenen  Yerhältnissznhlen  etwa  88000  auf  die  Helvetier  ent- 
fallen ;  denn  von  den  Verbündeten  der  Helvetier  blieben  die  Boier 
in  Gallien  und  wurden  also  nicht  mitgezählt.  Das  Contingent 
der  Helvetier  zu  dem  £ntsatzheere  für  Alesia  beträgt  also  den 
elften  Theil  der  Get>ammtbevölkerung  oder  etwa  den  dritten  Theil 
der  überhaupt  waffenfähigen  Mannschaft^. 

Dass  dieses  Ergebniss  sich  nicht  allzu  weit  von  der  Wahr- 
heit entfernt,  zeigen  die  Angaben  Caesars  über  die  Stärke  der 
waffenfähigen  Mannschaft  bei  den  belgischen  Völkerschaften. 
Allerdings  sind  diese  Angaben  zum  Theil  sehr  stark  übertrieben. 
Besonders  handgreiflich  ist  das  bei  den  Bellovakern,  die  100000 
Waffenfähige  gezählt  haben  sollen,  was  eine  Gesammtbevölkerung 
von  400000  voraussetzen  würde.  Nun  umfasst  das  Gebiet  der 
Bellovaker  noch  nicht  einmal  das  ganze  heutige  Departement  der 
Oise,  das  noch  jetzt  nicht  mehr  als  etwa  400000  Einwohner 
zählt;  es  ist  doch  nicht  der  geringste  Zweifel,  dase  die  Bevöl- 
kerung in  Caesars  Zeit  ausserordentlich  viel  niedriger  sein  musste 
als  heute  ^.     In  ähnlicher  Weise  übertreibt  Caesar  die  Stärke  der 


auf  textkritische  Detailfragen  nicht  eingehen  wollte.  Ich  durfte  das 
thun,  weil  diese  Fragen,  wie  wir  oben  gesehen  haben,  für  das  6e• 
eammtresultat  so  gut  wie  irrelevant  sind.  *üebel  zurecht  gemacht' 
ist  der  Text  erst  in  den  neuesten  Ausgaben,  die  aber,  als  ich  meine 
Bevölkerung  veröffentlichte  (1886),  noch  nicht  erschienen  waren. 

^  Wollten  wir  annehmen,  dase  die  Tulinger  und  Latoviker  naoh 
dei'  Rückkehr  bei  den  Helvetiern  wohnen  geblieben  und  mit  ihnen  zu 
einem  Volk  verschmolzen  sind,  so  erhielten  wir  ein  Yerhältniss  der 
Contingente  zur  Gesammtbevölkerung  etwa  wie  1:13.  Also  auch  bei 
dieser  Annahme  bilden  die  Contingente  ungefähr  Ve  ^^r  waffenfähigen 
Mannschaft. 

2  Ich  hatte  das  schon  in  meiner  Bevölkerung  S.  454  hervorgeho- 
ben. Ich  wiederhole  es  hier,  weil  der  Verfasser  des  Artikels  Bellovaci 
im  V.  Halbband  der  P^ncyclopädie  von  Pauly-Wissowa  (Stuttgart  1897) 
die  Zahl  Caesars  einfach  wiedcrgiebt,  ohne  den  leisesten  kritischen 
Zweifel  zu  äusssern. 


424  Beloch 

Contingente  der  beiden  andern  belgischen  Hanptvölker,  der  Saee- 
sionen  and  Nervier.  Der  Zweck  dabei  ist,  den  Sieg  über  die 
Nervier  in  recht  glänzendem  Lichte  erscheinen  zu  lassen.  Es 
machte  sich  doch  sehr  viel  schöner,  wenn  Caesar  60000  Feinde 
(II  28)  besiegt  hatte,  als  etwa  15-20000.  Und  es  ist  klar, 
dass  Caesar  nicht  den  Nerviern  50 — 60  000  Mann  geben  konnte, 
ohne  den  Bellovakern  und  Snessionen  dieselbe,  oder  eine  noch  höhere 
Zahl  zuzuschreiben.  Die  Contingente  dieser  drei  Völker  betrugen 
nach  Caesar  mehr  als  die  Hälfte  des  belgischen  Gesammtaufgebots, 
während  ihre  Gebiete  nur  etwa  V4  des  Gesammtareais  um- 
fassten.  So  war  das  Gebiet  der  Belloyaker  nicht  wesentlich 
grösser  als  die  Gebiete  der  benachbarten  Ambianer,  Caleter, 
Yeliocasser  oder  Viromanduer;  ich  will  nun  gern  zugeben,  dass 
es  dichter  bevölkert  war;  dass  es  aber  sechsmal  so  dicht  bevöl- 
kert gewesen  sein  sollte,  als  die  Nachbargebiete,  wie  sich  aus 
den  Listen  der  Contingente  bei  Caesar  ergeben  würde,  das  ist 
doch  ganz  unglaublich  in  einem  Lande,  wo  im  Grossen  und  Ganzen 
überall,  nur  durch  die  örtlichen  Bedingungen  modificirt,  dieselben 
wirthschaftlichen  Verhältnisse  herrschten.  Caesar  hatte  eben  bei 
den  kleineren  Stämmen  viel  weniger  Grund,  übertriebene  Zahlen 
zu  geben,  als  bei  den  grösseren. 

£s  ist  nun  natürlich  vollständig  ausgeschlossen,  dass  die 
Belgier  gegen  Caesar  ein  Heer  von  300000  Mann  aufgestellt 
haben  oder  auch  nur  beabsichtigt  haben  sollten,  ein  solches  Heer 
aufzustellen.  Die  von  Caesar  gegebenen  Zahlen  können  sich  darum 
auch  nicht  auf  die  Stärke  der  Contingente  zum  Bundesheere  beziehen, 
sondern  auf  die  Gesammtaufgebote,  die  jede  Völkerschaft  ins  Feld 
stellen  konnte.  Den  äussern  Beweis  dafür  haben  wir  in  Caesars  An- 
gaben über  die  Aduatuker.  Es  sollen  4000  von  ihnen  im  Kampfe 
gefallen  sein,  53000  wurden  gefangen  (II  33),  die  Gesammtzahl 
wäre  also  57000  gewesen,  und  zwar  handelt  es  sich  hier,  wie 
ausdrücklich  .angegeben  wird,  um  das  ganze  Volk  (II  29).  Das 
Contingent  zum  Bundesheere  soll  19000  Mann  betragen  haben; 
das  ist  also  V4  <ier  Gesammtbevölkerung,  d.  h.  der  Stamm  hat 
überhaupt  nur  19000  Waffenfähige  gezählt.  Ob  diese  Zahl  nicht 
etwa  noch  übertrieben  ist,  geht  uns  hier  weiter  nichts  an. 

Stellen  wir  nun  die  Angaben  Caesars  über  die  Aufgebote 
der  belgischen  Völkerschaften  in  den  Jahren  57  und  52  v.  Chr. 
neben  einander: 


Die  Bevölkerung  Galliens  zur  Zeit  Caesars. 


425 


57  V.  Chr. 

52  V.  Chr. 

Bellovaci    .     . 

.     .     60000 

10000 

Soessiones .     . 

.     .     50000 

— 

Nervii    .     .     .     . 

.     .     50000 

5000  (6000) 

Atrebates   .     . 

.     .     15000 

4000  (5000) 

Ambiani     .     . 

.     .     10000 

5000  (6000) 

Morini  .     .     .     , 

.     25000 

5000  (6000) 

Menapii      .     .     . 

.     .       7000 

Caleti    .     .     .     . 

.     10000 

Yeliocaeses 

.     .     10000 

4000  (3000) 

Viromandui     .     . 

.     10000 

Aduatuci    .     .     . 

.     19000 

— 

Condrusi,   Eburoi 

aes, 

Caeroesi,  Poer 

aani    40000 

Auf  den  ersten  Blick  sehen  wir,  dass  die  Angaben  der  zweiten 
Columne  viel  glaubwürdiger  sind ;  Caesar  hatte  eben  hier  keinen 
Grund,  die  Zahl  der  Bellovaker  und  Nervier  zu  übertreiben. 
Lassen  wir  also  diese  beiden  Völker,  bei  denen  eine  Yergleichnng 
unmöglich  ist,  ans  dem  Spiele,  so  erhalten  wir  für  die  Atrebaten, 
Ambianer,  Moriner  und  Veliocasser  nach  der  ersten  Columne  eine 
Gesammtsumme  von  60000  waffenfähigen  Männern,  nach  der 
zweiten  Columne  erhalten  wir  18000  (bezw.  20000)  Mann,  oder 
nach  dem  Yerhältniss  von  1 :  3,  das  sich  oben  ergeben  hat,  etwa 
54-— 60000  waffenfähige  Männer.  Wollten  wir  die  Moriner  bei 
Seite  lassen,  deren  Zahl  in  der  ersten  Columne  auffallend  hoch 
scheint,  auch  im  Yerhältniss  zu  der  Ausdehnung  ihres  Gebiets, 
das  kaum  mehr  als  3 — 4000  Q.-Km.  umfasst  hat,  so  erhalten 
wir  eine  Gesammtzahl  von  350000  bezw.  von  39—42000  Waffen- 
fähigen. Aber  auch  wenn  wir  die  Moriner  einrechnen,  stehen  die 
Resultate  sich  noch  nahe  genügt 


^  Das  ist  keine  *  eklektische  Kritik*  (oben  S.  415  A.  1).  Wo  eine 
überlieferte  Zahlenreihe  durchweg  auf  blosser  Schätzung  beruht  (wie 
z.  B.  bei  Diod.  V  25),  müssen  wir  sie  entweder  ganz  annehmen,  oder 
ganz  verwerfen.  Hier  aber  sind  die  Zahlen  nicht  gleich werthig;  ein 
Theil  beruht  auf  von  Caesar  eingezogenen  Erkundigungen,  ein  anderer 
Theil  ist  von  Caesar  mit  Absicht  übertrieben  worden.  Diese  beiden 
Theile  der  Liste  dürfen  also  nicht  über  denselben  Kamm  geschoren 
werden;  es  ist  doch  nicht  meine  Schuld,  wenn  das  bisher  Niemand  ge- 
sehen hat.  Für  verständige  Leser  ist  diese  Anmerkung  freilich  über- 
Büssig;  es  sind  aber  eben  nicht  alle  Leser  verständig. 


426  Belooh 

Das  sind  nun  freilich  bis  jetzt  alles  bloss  Wahrscheinlich- 
keiten. Wenn  wir  weiter  kommen  wollen,  müssen  wir  unseren 
Blick  über  die  Grenzen  der  Tres  Galliae  hinausrichten.  Zunächst 
nach  der  alten  römischen  Provinz.  Es  unterliegt  gar  keinem 
Zweifel,  dass  die  Narbonensis  in  Caesars  Zeit  dichter  bevölkert 
war,  als  selbst  die  am  dichtesten  bevölkerten  Theile  des  bis  da- 
hin freien  Galliens,  wobei  ich  natürlich  von  kleineren  Bezirken 
absehe.  War  doch  die  Provinz  dank  dem  Einfluss  Massalias  und 
der  seit  länger  als  einem  halben  Jahrhundert  bestehenden  römischen 
Herrschaft  damals  der  wirth schaftlich  am  weitesten  fortgeschrittene 
Theil  des  ganzen  Landes.  Andererseits  freilich  stand  die  Narbo- 
nensis in  der  Culturentwickelung  noch  weit  hinter  Oberitalien 
zurück;  und  auch  dieses  war  noch  ein  verhältnissmässig  junges 
Colonialland,  das  sich  noch  bei  weitem  nicht  mit  dem  peninsularen 
Theile  Italiens  vergleichen  konnte.  Nun  zählte  aber  Italien,  aus- 
schliesslich der  Inseln,  zu  Anfang  unserer  Zeitrechnung  kaum 
über  6  Millionen  Einwohner,  und  von  dieser  Zahl  können  keines- 
falls mehr  als  2  Millionen  auf  Oberitalien  fallen  Κ  Das  ergiebt 
bei  einem  Flächenraum  von  etwa  120000  Q.-K.  eine  Dichtigkeit 
von  16—17  auf  1  Q.-K. 

In  Caesars  Zeit  wird  die  Bevölkerung  dieses  Theiles  von 
Italien  noch  etwas  schwächer  gewesen  sein.  In  der  Narbonensis 
muss  die  Dichtigkeit  nach  dem  Gesagten  erheblich  geringer  ge- 
wesen sein,  als  in  Oberitalien;  wir  wollen  aber  annehmen,  dass 
sie  nur  um  25 ^Ό  niedriger  war,  also  12  auf  1  Q.-K.  betragen 
hat.  Höher  hinauf  werden  wir  nicht  gehen  dürfen,  denn  das  Land 
war  ja  damals  noch  keineswegs,  was  es  im  Laufe  des  folgenden 
Jahrhunderts  werden  sollte:  agrorum  cultu^  virorum  morumque 
digmiafc,  amplitudine  opum  nullt  provinciarum  postferenda  brevUer- 
que  Italia  vcrius  quam  provhicia  (Plin.  N»  Ή.  III  31).  Gab  es  doch 
zu  Caesars  Zeit  in  der  Narbonensis  erst  zwei  bedeutendere  Städte, 
Narbonne  und  Marseille*'*.  Natürlich  war  die  Bevölkerung  un- 
gleich vertheilt;  im  Alpengebiete  sehr  dünn,  dichter  an  der  Küste, 
im  Rhonethal  und  an  der  oberen  Garonne.     Wir  werden  also  für 

1  Für  die  Begründung  dieser  Zahlen  verweise  ich  auf  meine  Bf- 
völkeruvg,,  vgl.  auch  meinen  Aufsatz  in  Conrads  Jahrbüchern  .3.  Folge 
XIII  (1897)  S.  821  flF.,  und  Eduard  Meyer  ebend.  XV  (1898)  S.  Γ>9  ff. 

2  Wenn  ich  in  meiner  Bevölkerung  der  Narbonensis  eine  Dichtig- 
keit von  15  auf  1  Q.-K.  gegel)on  habe,  hatte  ich  das  Ende  der  Regierung 
des  Augustus  im  Auge,  C.O — 70  Jalire  nach  Caesar,  wo  diese  Entwicke- 
lung  zum  Theil  bereits  eingetreten  war. 


Die  BevölkeruDg  Galliens  zur  2^it  Caesftre.  427 

das  Alpengebiet,  das  damals  der  römischen  Herrschaft  zum  Theil 
noch  gar  nicht,  zum  Tbeil  nur  oberflächlich  unterworfen  war,  nar 
etwa  die  Hälfte  oder  wahrscheinlich  ein  Drittel  der  Volksdichtig- 
keit annehmen  dürfen,  wie  für  die  übrigen  Theile  der  Provinz. 
Das  gäbe  also  für  das  Alpengebiet  (ca.  30000  Q.-K.)  eine  Dich- 
tigkeit von  5  —  7,  für  den  Rest  der  Provinz  (ca.  70000  Q.-K.) 
von  14  —  15.^  Demgemäss  werden  wir  den  an  die  Provinz  nörd- 
lich angrenzenden  freien  Keltengauen  jedenfalls  keine  höhere 
Yolksdiohtigkeit  zuschreiben  dürfen,  und  wahrscheinlich  wird  die 
Dichtigkeit  hier  geringer  anzusetzen  sein,  wenigstens  im  Durch- 
schnitt der  Grenzgebiete,  denn  eine  Schwalbe  macht  allerdings 
hier  so  gut  wie  sonst  keinen  Sommer. 

Nun  können  Caesar   doch  in  der  Eegel  nur  Angaben    über 

die  Zahl   der   waffenfähigen  Männer  vorgelegen  haben;    ein  Fall 

wie  bei  den  Helvetiern  musste  eine  Ausnahme  bleiben,    er  kann 

sehr  wohl  die  einzige  Ausnahme  sein.    Die  Contingente  bildeten 

nun    aber  nur  einen  Theil    des  Gesammtaufgebotes,   wie  Caesar 

selbst  angiebt  (VII  75  1),   und  auch  sonst  klar  ist.     und  es  ist 

doch  sehr  wahrscheinlich,    dass  Caesar  sich   die  Schätzung  nicht 

unnöthig  complicirt  haben  wird ;  wir  werden  also  annehmen  dürfen, 

dass  die  Zahlen  der  Contingente  einen  einfachen  Bruch  der  Ge- 

sammtzahl    der  Waffenfähigen   bilden,    mit  dem  Zähler  1^.     Das 

Maximum   wäre  die  Hälfte;    das  ergäbe  für  die  der  Provinz  am 

nächsten  benachbarten  Stämme,  Rutener  und  Arverner,  eine  Zahl 

von   94000  Waffenfähigen.     Das  Verhältniss    der  Waffenfähigen 

zur  Gesammtbevölkerung  giebt  Caesar    auf  1:4  an  (II  29),  die 

^  loh  rechne  hier  aus  äusseren  Gründen  bei  der  Narbonensis  auch 
^ie  3  kleinen  Alpenprovinzen  ein,  soweit  sie  zum  Gebiet  des  heutigen 
"'Frankreichs  gehören. 

3  Sollte  Caesar  aber  ein  complicirteres  Verhältniss  gewählt  haben, 

βο     bleibt  die  Sache   im  Wesen  dieselbe.    Wie  sogleich  gezeigt  werden 

^^^<i,    kann  kein  Bruch  ernstlich  in  Betracht  kommen,    der  grösser  ist 

*'®      Va  oder  kleiner  als  ^/4;  es  bleiben  also  nur  2/^,  ^/7,  '/7»  Vs»  Vo»  */»» 

'lo    etic.     Alle  diese  Brüche  stehen  aber  Vs»  bezw.  ^2  oder  V4  so  nahe, 

*S8  der  Unterschied  für  dass  Ergebniss  kaum  ins  Gewicht  fallt.    Ebenso 

^      ^^    natürlich    an    sich    gleichgültig,    ob    wir   erst   die   Zahl    der 

^^'ö^fähigen  bestimmen  und  daraus  die  Gesammtbevölkerung  ableiten, 

®^»      ^ie  ich  in  meiner  Bevölkerung  gethan  habe,   aus  die  Stärke  der 

'^^^^»^gente   direct   der  Gesammtbevölkerung.     Ich    schlage   hier   den 

.    ^^^*en,  für  unsere  Zwecke  ja  etwas  complicirteren  Weg  ein,    weil  er 

^    ^    *Äaher  an  das  Verfahren  anscbliesst,  das  Caesar  selbst  ohne  Zweifel 

**f«let  hat. 


428  Beloch 

Gesammtbevölkerung  hätte  also  376000  betrageD.  Der  Flächen- 
ranm  dieser  beiden  Gebiete  beträgt  42  300  Q.-E•,  es  würde  sich 
aleo  eine  Dichtigkeit  von  gegen  9  auf  1  Q.-E.  ergeben.  Das  wäre  ja 
an  Rieh  nicht  unmöglich.  Nehmen  wir  nun  aber  eine  der  dünner 
bevölkerten  gallischen  Landschaften,  z.  B.  Aremorica.  Da  würden 
wir,  unter  der  obigen  Annahme,  nur  eine  Dichtigkeit  von  4  auf 
1  Q.-K.  erhalten.  Und  wenn  man  einwenden  wollte,  dase  Caesars 
Angabe  hier  vielleicht  zu  niedrig  ist,  so  würde  das  die  Sache 
kaum  ändern;  denn  auch  ganz  abgesehen  von  den  Angaben  Cae- 
sars ist  es  ja  klar,  dass  die  Bevölkerung  im  Süden  Galliens  im 
Alterthum  wesentlich  dichter  sein  musste,  als  an  der  nördlichen 
Peripherie  des  Landes.  Heute  ist  es  umgekehrt,  nattirlicli;  denn 
Frankreich  wendet  jetzt  sein  Antlitz  dem  Ocean  zu,  wie  das  alte 
Gallien  dem  Mittelmeer.  Also  diese  Berechnung  erscheint  niedrig. 
Möglich  bleibt  sie  ja  immerhin,  aber  sie  wird  als  Minimum  zo 
gelten  haben,  unter  das  wir  nicht  herabgehen  dürfen. 

Wollten  wir  andererseits  annehmen,  dass  Caesar  die  Con- 
tingente  auf  V4  der  Gesammtzahl  der  Waffenfähigen  angesetzt 
hat,  so  ergäbe  sich  für  die  Gebiete  der  Rutener  und  Arverner 
eine  Volksdichtigkeit  von  gegen  18  auf  1  Q.  E.,  also  eine  etwas 
höhere  Volksdichtigkeit  als  in  den  angrenzenden  Theilen  der  Pro- 
vinz. Für  die  Gebiete  der  Nitobrigen  und  Haeduer,  die  im  W. 
und  0.  an  die  Gebiete  der  Rutener  und  Arverner  sich  anschliessen 
und  auch  noch  mit  einem  kleinen  Theil  ihrer  Grenze  die  Pro- 
vinz berühren,  würde  sich  eine  Dichtigkeit  von  15  bezw.  14  auf 
1  Q.-K.  ergeben.  Diese  Annahme  würde  nicht  absolut  unzulässig 
sein,  da  wir  ja  hier  nur  mit  Annäherungswerthen  rechnen,  und 
die  Provinz  möglicher  Weise  etwas  bevölkerter  gewesen  sein 
kann,  als  oben  angenommen  worden  ist.  Aber  allerdings  würden 
die  so  sich  ergebenden  Zahlen  unbedingt  als  Maximalsummen  zu 
gelten  haben,  so  lange  wir  uns  nicht  entschliessen,  auch  für 
Italien  eine  wesentlich  höhere  Bevölkerung  anzunehmen,  als  oben 
geschehen  ist.    Ich  komme  weiter  unten  auf  diese  Frage  zurück. 

Wir  sehen,  Caesar  hat  die  Contingente  auf  zwischen  ^/3  und 
V4  der  Gesammtzahl  der  Waffenfähigen  veranschlagt.  Die  Mittel- 
zahl ist  ^/3;  sie  würde  also  schon  an  und  für  sich  die  grössere 
Wahrscheinlichkeit  für  sich  haben.  Legen  wir  nun  dieses  Verhält- 
niss  zu  Grunde,  so  ergiebt  sich  für  die  Rutener  und  Arverner 
eine  Dichtigkeit  von  13  auf  1  Q.-K.  Das  stimmt  sehr  gut  mit 
der  Dichtigkeit  überein,  die  sich  uns  für  die  Provinz  ergeben 
hat.     Dasselbe  \^erhältni88  der  Contingente  zur  Gesammtzahl  der 


Die  Bevölkerung  Galliens  zur  Zeit  Caesars.  429 

Waffenfähigen  hat  sich  uns  oben  (S.  423),  auf  direktem  Wege, 
für  die  Helvetier  ergeben,  und  zwar  auf  Grund  der  Ergebnisse 
einer  Volkszählung.  Diese  Uebereinstimmung  giebt  uns  die  Ge- 
währ, dass  das  Resultat  richtig  ist  und  Caesar  wirklich  die  Contin- 
gente  auf  Y3  der  Gesanimtzahl  der  Waffenfähigen  veranschlagt  hat. 
Damit  ist  natürlich  noch  lange  nicht  gesagt,  dass  Caesnr 
nun  auch  über  die  Zahl  der  Waffenfähigen  in  allen  gallischen 
Staaten  zuverlässige  Nachrichten  gehabt  hat.  £s  geht  sogar  aus 
seinen  eigenen  Angaben  klar  genug  hervor,  dass  er  sie  nicht  ge- 
habt hat.  Er  verfährt  nämlich  so,  dass  er  eine  Anzahl  Grössen- 
klassen  aufstellt:  35000,  12000,  10000,  8000,  5000  etc.,  und  in 
diese  die  einzelnen  Völkerschaften  einordnet.  Das  ist  ein  ganz 
rationelles  Verfahren,  das  beste,  das  man  in  ähnlichen  Fällen  über- 
haupt einschlagen  kann.  Die  festen  Anhaltspunkte  dafür  gaben 
ihm  natürlich  die  Völker,  über  deren  Stärke  er  genau  oder  doch 
annähernd  unterrichtet  war.  Hier  kann  Caesar  nun,  von  den 
Helvetiern  abgesehen,  über  kaum  eine  zweite  Völkerschaft  ausser- 
halb der  alten  Provinz  so  gute  Nachrichten  gehabt  haben,  wie 
über  seine  alten  Freunde,  die  Haeduer,  deren  Land  so  lange 
seine  Operationsbasis  gebildet  hat,  und  die  ihm  bei  der  Erobe- 
rung Galliens  so  wesentliche  Dienste  geleistet  haben.  Wenn  Cae- 
sar nun  das  Contingent  dieses  Volkes  auf  35000  Mann  veran- 
schlagt, so  hat  er  offenbar  die  Gesammtzahl  der  Waffenfähigen 
im  Gebiete  der  Haedner  und  ihrer  Clienten  zu  100000  ange- 
nommen; nur  unter  dieser  Annahme  findet  die  Zahl  35000  ihre 
befriedigende  Erklärung,  während  wir  sonst  eine  durch  10  theil- 
bare  Zahl  erwarten  würden,  wie  bei  den  Stämmen  von  Aremorica. 
Das  giebt  uns  einerseits  eine  Bestätigung  unseres  oben  gewonnenen 
Ergebnisses,  andererseits  aber  ein  Mittel,  uns  von  der  Bevölkerung 
Galliens  überhaupt  in  Caesars  Zeit  ein  ungefähres  Bild  zu  ma- 
chen. Natürlich  ist  die  Zahl  von  100000  viel  zu  rund,  um  genau 
zu  sein;  sie  giebt  nur  einen  Annäherungswerth,  aber  das  ist  für 
unseren  Zweck  auch  vollauf  genügend.  Es  ergiebt  sich  eine 
Dichtigkeit  von  etwa  10  auf  1  Q.-K.  Nun  liegt  das  Gebiet  der 
Haeduer  ungefähr  im  Centrum  Galliens,  in  der  Mitte  zwischen 
dem  dichter  bevölkerten  Süden  und  dem  dünner  bevölkerten  Nor- 
den. Daraus  folgt  noch  nicht,  dass  die  Volksdichtigkeit  dieses 
Gebietes  uns  einen  brauchbaren  Durchschnitt  für  ganz  Gallien 
giebt;  aber  einen  allgemeinen  Anhaltspunkt  wird  sie  uns  aller- 
dings geben  können.  Gallien  würde  demnach  auf  623000  (i.-K. 
etwa    6Y4   Millionen    Einwohner    gezählt  haben.      Nehmen    wir 


430  Beloch 

nun  statt  ganz  Gallien  nar  die  Tres  Galliae,  lassen  also  die 
Provinz  bei  Seite,  so  ist  evident,  dass  das  Haednerland  zu  den 
dichter  bevölkerten  Theilen  dieses  Gebietes  gehören  musste.  Mit 
andern  Worten,  die  Tres  Galliae  können  auf  523000  Q.-Km. 
nicht  über  5V4  Millionen  Einwohner  gezählt  haben,  und  wahr- 
scheinlich blieb  die  Bevölkerung  unter  dieser  Zahl. 

Dem  Contingent  der  Haeduer  setzt  Caesar  das  Contingent 
der  Arverner  gleich,  auch  hier  die  Clientenstaaten  einbegriffen. 
Natürlich  kann  die  Bevölkerung  in  Wirklichkeit  nicht  genau  die- 
selbe gewesen  sein;  da  aber  die  Gebiete  annähernd  den  gleichen 
Umfang  haben,  da  sie  ferner  so  gross  sind,  dass  lokale  Störungen 
sich  ausgleichen  konnten,  so  muss  Caesars  Schätzung  ungefähr 
richtig  sein.  Das  zeigt  ja  auch  die  hervorragende  Rolle,  welche 
die  Arverner  im  Freiheitskampfe  gespielt  haben.  Da  ihr  Gebiet 
etwas  kleiner  ist,  als  das  der  Haeduer,  so  würde  sich  hier  eine 
etwas  grössere  Dichtigkeit  ergeben;  auch  das  ist  nicht  unwahr- 
scheinlich, da  ja  die  Arverner  der  Provinz  viel  unmittelbarer  be- 
nachbart waren ;  aber  Caesars  Angaben  sind  viel  zu  allgemein 
gehalten,  als  dass  wir  das  mit  Sicherheit  behaupten  dürften.  Nun 
kann  allerdings  das  Gebiet  der  Arverner  keine  geringere,  oder 
doch  keine  wesentlich  geringere  Dichtigkeit  gehabt  haben,  als 
das  Gebiet  der  Haeduer. 

In  ähnlicher  Weise  müssen  die  Stämme,  die  Cäsar  in  die 
2.  Grössenklasse  (12  000  Mann)  stellt,  unter  sich  annähernd  die 
gleiche  Volkszahl  gehabt  haben.  Denn  wären  einige  darunter 
wesentlich  stärker  gewesen,  so  würde  Caesar  für  sie  eine  eigene 
Grössenklasse  geschaffen  haben;  nach  unten  aber  ist  der  Spiel- 
raum roch  enger  begrenzt,  da  die  Völker  mit  lOOOO  Mann  be- 
reits die  3.  Grössenklasse  bilden.  Bei  dieser  und  den  folgenden 
Grössenklassen  sind  dem  Fehler  ziemlich  enge  Grenzen  gesteckt 
Der  Spielraum  ist  gleich  dem  halben  Intervalle  nach  oben  oder 
unten.  Unter  den  oben  begründeten  Voraussetzungen  würden  also 
den  einzelnen  Grössenklassen  folgende  Bevölkerungszahlen  ent- 
sprechen : 

I  (:iolXX>) ca.  400000 

11  112000) ,     150000 

III  iUHXX))    .     .     .     108000-132000 

IV  (SiXXn       .     .     .       78000—108000 
V  v'^OiV)       .     .     .      δΟΟΟΟ—  78000 

Dabei  ist  voraus j^?setzt,  dass  Caesar  sich  in  den  Grössen- 
klassen  nicht  verv:rirtVn   hat;  doch  tlarüber  unten. 


Die  Bevölkerung  Galliens  zur  Zeit  Caesars.  431 

Zunächst  aber  stelle  ich  zneammen,  was  sich  ans  Caesars 
Angaben  über  die  Bevölkerung  der  Volksgebiete  des  Keltenlandes 
im  engern  Sinne  ergiebt,  unter  der  oben  begründeten  Annahme, 
dass  dje  bei  Caesar  aufgeführten  Contingente  Va  ^^^  Gesaramt- 
zahl  der  Waffenfähigen  betragen,  und  dass  diese  wieder  ^l^  der 
Gesammtbevölkerung  ausmacht^.  Um  dem  Leser  ein  Urtheil 
über  den  Werth  dieser  Zahlen  zu  ermöglichen,  und  zugleich  eine 
Anschauung  von  der  Vertheilung  der  Bevölkerung  im  alten  Gal- 
lien zu  geben,  füge  ich  den  Flächenraum  der  einzelnen  Gebiete 
hinzu  ^.  Allerdings  steht  mir  dafür  eine  planimetrische  Berech- 
nung nicht  zu  Gebote;  ich  muss  mich  also  damit  begnügen,  den 
Flächenraum  der  entsprechenden  heutigen  Departements  zu  Grunde 
'/u  legen  ^.  Diese  Methode  ergiebt  viel  bessere  Resultate,  als 
man  vielleicht  von  vorn  herein  zu  erwarten  geneigt  sein  sollte. 
Denn  die  Grenzen  einer  ganzen  Reihe  von  Völkerschaften  stim- 
men in  überraschender  Weise  mit  den  heutigen  Departements- 
grenzen überein;  so  z.  B.  die  Grenzen  der  Ruteni,  Nitobriges, 
Petrocorii,  Santones,  Lemovices,  Turones.  Wo  das  nicht  der  Fall 
ist,  stimmen  die  Departementsgrenzen  doch  meist  annähernd  mit 
den  alten  Grenzen,  und  nur  in  verhältnissmässig  wenigen  Fällen 
wird  es  nöthig,  Departements  unter  verschiedene  Völkerschaften 
zu  vertheilen.  Dass  auf  diesem  Wege  nur  approximative  Re- 
sultate zu  erlangen  sind,  ist  ja  richtig.  Indess  sind  es  mit  we- 
nigen Ausnahmen    nur   die  grösseren  Gebiete,  bei  denen  die  De- 


^  Dieses  Verhältniss  nimmt  Caesar  (1  29)  für  die  Helvetier  an, 
und  hat  es  offenbar  auch  für  die  Aduataker  angenommen  (oben  S.  424); 
es  kann  sich  jedenfalls  nicht  weit  von  der  Wahrheit  entfernen.  Denn 
die  Weiber  machen  etwa  die  Hälfte  der  Gesammtbevölkerung  aus ;  von 
dem  männlichen  Geschlecht  entfällt  auf  die  noch  nicht  wehrfähigen 
Knaben  etwa  Vsl  die  Annahme,  dass  von  dem  Rest  über  V4  auf  Krüppel 
und  Greise  kommen,  erscheint  durchaus  angemessen.  In  einem  Lande 
w^ie  dem  damaligen  Gallien  zählt  eben  jeder  als  Krieger,  der  überhaupt 
ein  Schwert  zu  führen  im  Stande  ist. 

^  Ich  lege  auch  hier,  wie  in  meiner  Bevölkerung^  die  Zahlen 
Strelbitzkys  zu  Grunde.  Sie  sind  im  wesentlichen  durch  die  neue 
planimetrische  Berechnung  des  französischen  Kriegsministeriums  be- 
stätigt worden.  Die  Differenz  von  etwa  8000  Q.-K.  beruht  in  der 
Hauptsache  darauf,  dass  die  neue  Berechnung  die  atlantischen  Küsten - 
^ewässer  einbezieht.  Vergl.  Wagner  und  Supan  Bevölkerung  der  Erde, 
VllI  (1891)  S.  1Γ,  f. 

®  Auf  der  oben  S.  418  angeführten  Karte  von  Longnon,  die  ich 
dieser  Berechnung  zu  Grunde  lege,  sind  auch  die  Departementsgrenzen 
angegeben. 


432 


Bei  ο  eil 


partementsgrenzen  von  den  alten  Grenzen  fühlbar  abweichen; 
und  da  die  französischen  Departemente  im  Mittel  nicht  über 
6 — 7000  (i.-Km.  umfassen,  so  bleibt  für  Fehler  ein  verhältniss- 
mässig  enger  Spielraum.  Auch  compensiren  die  Fehler  schon  bei 
den  einzelnen  Gebieten  einander  gegenseitig  und  sind  jedenfalls 
auf  das  Gesammtresultat  ohne  fühlbaren  £influs8,  da  ja  der  Ge- 
sammtflächenraum  Galliens  mit  fast  absoluter  Sicherheit  feststeht. 
Wir  erhalten  so  die  folgende  Uebersicht: 


Q.-Km. 


Ο 


Bevölkerung 


Auf 
1  Q.-Km 


φ  * 
55p 


Parisii  (Seine,  Hälfte  von 
Seine  et  Oise) 

Buteni  (Aveyron)     

Turones  (Indre  et  Loire)  . 

Arverni  und  Clienten  (Can• 
tal,  Haute  Loire,  Lot,  Lo- 
zere,  Pay  du  Dome,  ca. 
Vs  Allier  und  V2  Tarn  et 
Garonne) 

Senones  (Seine  et  Marne,  ca. 
V2  Lüiret,  ca.  ^/2  Yonne)  . 

Nitobriges  (Lot  et  Garonne) 

iSantones  (Charente,  Cha- 
rente  Inferieure) 

Ilaedui  und  Clienten  (Ain, 
Loire,  Nievre,  Rhone,  Saune 
et  Loire,  ca.  V«  Allier,  V2 
Cüte  d'Or,  V2  i  onne)     .  . 

Sequani  (Doubs ,  Haute 
Saone,  Jura) 

Bituriges  (Indre,  Cher,  ca. 
Va  Allier) 

Carnutes  (Eure  et  Loire, 
Loire  et  Cher,  ca.  ^/2  Loiret, 
V2  Seine  et  Oise) 

Aulerci  Cenomani  (Sarthe, 
ca.  V2  Mayenne) 

Lcmovices  (Corroze,  Creuze, 
Haute  Vienne) 

Petrocorii  (Dordogne)  .  .  . 

i/e/rei»  (Aargau,  Bern,Frei- 
burg,  Luzern,  Waadt,  Zü- 
rich)      

Aremoricae  civitates  und 
Aulerci  Eburovices  (Bre- 
tagne und  Normandie,  10 
Departements,  abzüglich 
ca.   Y2  Seine  Inferieure)  . 

PicUmes  (Deux  Sevree,  Yen• 
dee,  Vienne) 


3300 
8900 
G200 


33400 

12200 
5400 

12800 


IV 

II 

IV 


II 
V 

II 


39G00 
15700 


1G600 


17800 

8900 

17000 
9300 


15000 


I 
II 


II 


II 


♦54000 
19900 


306000 


in 

V 


IV 


IV 


78—108000 
ca.  150000 
78—108000 


ca.  400000 

ca.  150000 
50-78000 

ca.  150000 


ca.  400000 
ca.  150000 
ca.  150000 


ca.  150000 

50—78000 

108-132000 
50—78000 


ca.  90000 


ca.  400000 
'i8-iaS000 


24—33 
ca.  17 
13-17 


ca.  12 

ca.  12 
9—14 

ca.  11 


ca.  10 
ca.  10 


ca.  9 


ca.  8 

6—9 

6-8 
5—8 


ca.  β 


ca.  G 
4—5 


29,5 
17,0 
15,0 


12,0 

12,0 
11,5 

11,0 


10,0 

10,0 

9,0 


8,0 

7,5 

7,0 
G,i) 


6,0 


6,0 
4.5 


2682000 
—2880000 


8,8—9,4  I     9,1 


Die  Bevölkerung  Galliens  zur  Zeit  Caesars.  433 

Das  Mittel  aus  beiden  Summen  beträgt  2  780000  oder  9 
auf  1  Q.-E.  Hätten  wir  statt  dessen  die  von  Caesar  gegebenen 
Zahlen  einfach  mit  12  (3X4)  multiplicirt,  so  würde  sich  2  748000 
ergeben  haben,  also  fast  genau  dieselbe  Zahl. 

Natürlich  ist  nicht  zu  erwarten,  dass  Caesar  überall  richtig 
geschätzt  hat.  So  sind  die  Petrocorii  ihren  Nachbarn,  den  Santones 
und  Nitobriges  gegenüber  vielleicht  zu  niedrig  veranschlagt.  Stark 
unterschätzt  sind  jedenfalls  die  Pictones;  es  ist  doch  kaum  denkr 
bar,  dass  ihr  Gebiet  in  ganz  Gallien  die  dünnste  Bevölkerung 
gehabt  haben  sollte.  Andererseits  sind  die  Parisier  ohne  Zweifel 
weit  überschätzt.  Das  mittlere  Seinebecken  mag  ja  schon  damals 
eine  verhältnissmässig  dichte  Bevölkerung  gehabt  haben,  und 
hat  sie,  wie  eben  Caesars  Angaben  zeigen,  auch  sicher  gehabt; 
aber  eine  Dichtigkeit  auch  nur  von  24  auf  1  Q.-K.,  etwa  die 
Hälfte  mehr  als  in  den  sonst  am  dichtesten  bevölkerten  gallischen 
Landschaften  ist  doch  im  höchsten  Grade  unwahrscheinlich.  Mög- 
lich wäre  es  ja,  dass  Caesar  die  benachbarten  Meldi  hier  einge- 
rechnet hat,  die  in  unserer  Liste  nicht  erwähnt  werden.  Ihr 
Gebiet,  im  wesentlichen  der  nördliche  Theil  der  heutigen  Depar- 
tements Seine  et  Marne  ^  mochte  etwa  2000  Q.-K.  umfassen ;  aber 
wir  erhielten  auch  unter  dieser  Annahme  noch  immer  eine  Dich- 
tigkeit von  15 — 20  auf  1  Q.-K.  Wahrscheinlich  liegt  also  ein 
Schätzungsfehler  vor,  veranlasst  etwa  durch  den  hartnäckigen 
Widerstand,  den  gerade  die  Parisier  Caesar  geleistet  haben,  und 
ausserdem  durch  die  dichte  Bevölkerung,  die  ihr  Gebiet  wirklich 
gehabt  haben  wird.  Auch  die  Turones  sind  wahrscheinlich  zu 
hoch  angesetzt. 

Abgesehen  von  diesen  3 — 4  Völkerschaften  aber,  die  nume- 
risch, mit  Ausnahme  etwa  der  Pictones,  nicht  schwer  ins  Gewicht 
fallen,  bieten  die  Ansätze  Caesars  zu  kritischen  Bedenken  keinen 
Anläse,  ja  wir  würden  zu  ganz  unwahrscheinlichen  Ergebnissen 
kommen,  wenn  wir  etwa  annehmen  wollten,  dass  Caesar  einzelne 
Völkerschaften  wesentlich  unterschätzt  oder  überschätzt  hat.  Neh- 
men wir  z.  B.  die  Sequaner^.    Wir  können  Caesars  Ansatz  nicht 


1  Dieses  Departement  ist  oben  ganz  dem  Gebiete  der  Senones  zu- 
gerechnet, eben  weil  wir  über  die  Zugehörigkeit  der  Meldi  zu  einem 
der  benachbarten  Völker  nichts  wissen. 

^  Bei  der  Arealbestimmung  des  Gebietes  der  Sequaner  ist  oben 
das  Oberelsass  (nebst  ßelfort)  mit  Absicht  ausser  Ansatz  gelassen,  da 
es  in  dieser  Zeit  jedenfalls  nur  eine  sehr  dünne  Bevölkerung  hatte,  und 

Rhein.  Mue.  f.  Pliilol.  N:  F.  LIV.  28 


434  Beloch 

wesentlich  erhöhen,  weil  sonst  für  die  Seqnaner  eine  dichtere  Be- 
Vülkerang  herauskommen  würde,  als  für  die  Haedner,  was  doch 
höchst  unwahrHcheinlich   wäre.    Wollten  wir  Caesars  Ansatz  aber 
um  40%  vermindern,  so  erhielten  wir  für  die  Sequaner  nur  die- 
selbe Volksdichtigkeit  wie  bei  den  Helvetiern  nach  ihrer  verlust- 
Yollen  Wanderung,    was    ebenfalls    im    höchsten  Grade   unwahr- 
scheinlich sein  würde.     Oder  nehmen  wir  die  Lemovices.    Schon 
eine  Dichtigkeit  von  6  auf  1  Q.-E.,  wie  sie  bei  Caesars  Ansätzen 
auch  allenfalls  zulässig  wäre,  hätte  im  Hinblick  auf  die  Dichtig- 
keit bei  den  benachbarten  Arvemern  und  Biturigen  recht  geringe 
Wahrscheinlichkeit;  noch  tiefer  dürfen  wir  in  keinem  Falle  herab- 
gehen.   Andererseits  aber  dürfen  wir  den  Lemovikern  auch  keine 
grössere  Dichtigkeit  zuschreiben  als  den  benachbarten  Biturigen; 
denn    mochte  auch  das  Gebiet  der  Lemoviker  zum  Theil  frucht- 
barer sein,  so  fehlte  dafür  hier  ein  bedeutender  städtischer  Mittel- 
punkt,   wie  ihn    die  Biturigen    in  Avaricum    hatten.     Im  Gebiet 
der  Biturigen  aber  kann  die  Dichtigkeit  jedenfalls  nicht  wesent- 
lich höher  gewesen  sein,    als  im  Gebiete  der  Haeduer,  und,  aus 
den   angeführten  Gründen,  jedenfalls    nicht    wesentlich    geringer 
als  im  Gebiet  der  Lemoviken.     Ueber  die  Arvemer  und  Eutener 
ist  schon  oben  das  Nöthige  bemerkt  worden.    In  derselben  Weise 
könnten  wir  Caesars  Ansätze  für  die  übrigen  Gebiete  prüfen  und 
würden  diese  Ansätze  überall  in  der  Hauptsache  bestätigt  finden. 
Natürlich  bleibt  eine  gewisse  Fehlergrenze;  es  liegt  aber  in   der 
Natur  der  Sache,  dass  diese  Fehler  sich  im  Grossen  und  Ganzen 
unter  einander  compensiren  müssen. 

So  bieten  uns  Caesars  Angaben  ein  in  sich  geschlossenes, 
und  von  Nebenpunkten  abgesehen,  durchaus  wahrscheinliches  Bild 
der  Vertheilung  der  Bevölkerung  in  Gallien,  das  jeder  Kritik  stand 
hält.  Das  Maximum  der  Dichtigkeit  findet  sich  im  S.-W.,  im 
Gebiet  der  liutener  an  den  Grenzen  der  römischen  Provinz  ein 
zweites  Maximum  im  Seinebecken  um  Paris;  ein  drittes,  weniger 
ausgedehntes,  wie  es  scheint,  in  der  fruchtbaren  Touraine. 

Diese  Punkte  werden  verbunden  durch  einen  Streifen  dichter 
Bevölkerung,  der  sich  von  den  Grenzen  der  Provinz  die 
Loire     entlang    nach    Norden    zieht,     dann     die    Seine    erreicht 


68  ausserdem  zweifelhaft    ist,    wie   weit  dieses  Gebiet   den  Sequanern 
"wirklich    gehört    hat.     Wollten  wir  es  einrechnen,    so    ergäbe  sich  für 
'  Gebiet  der  Sequaner  ein   Flächenraum  von  etwa   18H00Q.-Km.  und        • 
Dichtigkeit  von  8  auf  1  Q.-Km. 


Die  Bevölkerung  Oalliens  zur  Zeit  Gaetan.  435 

und  sich  bis  zu  deren  Mündung  in  den  Canal  und  znm  Pas  de 
Calais  fortsetzt  (s.  nnten).  Auf  der  anderen  Seite  gebt  ein 
Streifen  dicbter  Bevölkerung  von  dem  Gebiete  der  Rutener  und 
Toulouse  längs  der  Garonne  bis  zu  deren  Mündung  in  den  biecaji- 
scben  Golf.  Der  Nordwesten  des  Landes,  von  der  Mündung  der 
Garonne  bis  zur  Mündung  der  Seine,  war  dünner  bevölkert.  Das- 
selbe gilt,  wie  wir  nocb  seben  werden,  von  dem  Nordosten  Galliens 
nacb  dem  Rheine  bin.  Die  Volksdicbtigkeit  nabm  also  in  der 
Richtung  nacb  N.-W.  und  N.-O.  gegen  die  Peripherie  hin  allmäh- 
lich ab.  Schematisoh  Hesse  sich  die  Sache  in  folgender  Weise 
veranschaulichen.  Setzen  wir  den  Zirkel  bei  Narbo  ein  und  be- 
schreiben von  diesem  Mittelpunkte  aus  mit  immer  wachsendem 
Radius  auf  der  Karte  von  Gallien  eine  Reihe  concentrischer  Kreis- 
bogen, so  wird  die  Volksdicbtigkeit  der  so  entstehenden  ooncen- 
trischen  Ringe  immer  geringer,  je  weiter  sie  von  dem  Mittelpunkte 
Narbo  entfernt  liegen.  Natürlich  entspricht  die  Wirklichkeit 
einem  solchen  allgemeinen  Schema  immer  nur  bis  zu  einem  gewissen 
Punkte.  Ein  annähernd  richtiges  Bild  könnte  allein  eine  Dichtig- 
keitskarte geben ;  es  würde  auf  einer  solchen  namentlich  auch  der 
Einfluss  hervortreten,  den  der  Lauf  der  grossen  Ströme  auf  die 
Vertheilung  der  Bevölkerung  im  alten  Gallien  geübt  hat.  Ich 
muss  hier  leider  auf  die  Beigabe  einer  derartigen  Karte  verzichten; 
unsere  Tabelle  auf  S.  432  setzt  aber  jeden  in  den  Stand,  sie  sich 
mit  Hilfe  der  Karte  Longnons  selbst  zu  entwerfen.  Wer  den  Ver- 
such macht,  wird  überrascht  sein  von  der  Wahrscheinlichkeit  des 
Bildes,  das  sich  auf  Grund  der  Angaben  Caesars  ergiebt.  Dabei 
ist  es  natürlich  ganz  gleichgültig,  ob  der  oben  von  mir  für  die 
Umrechnung  der  Contingente  in  der  Gesammtbevölkerung  gewählte 
Reductionscoefücient  richtig  ist  oder  nicht,  da  es  sich  hier  ja  nicht 
um  die  absoluten  Zahlen,  sondern  um  die  Verhältnisse  handelt. 

Indess  die  Angaben  Caesars  sind  nur  für  das  Keltenland 
im  engeren  Sinne  einigermassen  vollständig:  Aquitanien  fehlt  ganz, 
die  Belgica  wenigstens  zum  grossen  Theil.  Für  Aquitanien  werden 
wir  etwa  die  Dichtigkeit  der  angrenzenden  Keltengaue  ansetzen 
dürfen;  doch  ist  nicht  zu  vergessen,  dass  die  Landes  und  die 
Pyrenaeen  hier  die  Dichtigkeit  etwas  herabdrücken  mussten,  es 
werden  also  kaum  mehr  als  10  Bewohner  auf  1  Q.-K.  anzunehmen 
sein,  und  vielleicht  ist  selbst  dieser  Ansatz  noch  etwas  zu  hoch. 
Halten  wir  gleichwohl  daran  fest,  so  ergeben  sich  auf  etwa  40000 
Q.-K.  400000  Einwohner.  —  Was  die  Belgica  angeht,  so  hatten 
die  weRtlichen  Gaue  von  der  unteren  Seine  bis  zum  Pas  de  Calais 


436 


Beloch 


an  der  dichten  Bevölkerung  deR  mittleren  G-alliene   Antbeil.     Es 
ergeben  sieb  folgende  Zablen: 


Mannschaft  ,  Bevölke-  K;  Κ 
nach  Caesar  ι      rung     l'**^^ 


Beüovaci  (Oise) 

Ambiani  (Somme) 

AtrelHites    und    Mortui    (Pas   de 
Calais) 


600C 
GOOO 

7000 


10000 
5000 

9000 


120000 
60000 

108000 


20 
10 

15 


Für  die  Veliocasses  und  Caleti  (Seine  Inf^rieure,  6000  Q.-K.) 
würde  sieb  eine  Bevölkerung  von  etwa  70 — 100000  ergeben,  da 
die  Veliocasses  in  unserer  Liste  mit  4000  bezw.  3000  Mann  aufge- 
führt sind,  und  die  Caleti  nach  II 4  ebenso  stark  waren,  wie  die 
Veliocasses^.  Das  würde  auf  eine  Dichtigkeit  von  12 — 17  flibren, 
doch  reichte  das  Gebiet  der  Veliocasses  etwas  über  die  Grenzen  des 
Departements  der  Seine  Inforieure  hinaus,  sodass  die  Dichtigkeit 
in  Wirklichkeit  etwas  geringer  sein  musste.  Auch  scheint  Caesar 
hier  sehr  hoch  geschätzt  zu  haben,  was  namentlich  für  die  Hello- 
vaci  gilt;  der  Eriegsruhm  des  Volkes  und  seine  gefürchtete  Tapfer- 
keit liessen  dasselbe  stärker  erscheinen,  als  es  in  Wirklichkeit  sein 
mochte.  Immerhin  ist  an  der  verhältnissmässig  dichten  Bevölke- 
rung dieses  Theiles  der  Belgica  nicht  zu  zweifeln.  Auch  das  Ge- 
biet der  Suessionen,  das  übrigens  nur  wenig  ausgedehnt  war, 
muss  daran  Antbeil  gehabt  haben.  Dagegen  war  das  Gebiet  der 
Nervier  sehr  viel  dünner  bevölkert.  Es  urafasste  die  südliche  Hälfte 
des  französischen  Norddepartements ,  die  belgischen  Provinzen 
Antwerpen  und  Hennegau,  und  etwa  die  Hälfte  von  Brabant  mit 
zusammen  etwa  11000  Q.-K.;  die  Mannschaft  wird  zu  5000  an- 
gegeben, entsprechend  einer  Bevölkerung  von  60000,  und  einer 
Dichtigkeit  von  nur  5,5  auf  1  Q.-K.  Die  Gebiete  östlich  davon 
nach  dem  Rheine  hin  werden  schwerlich  eine  dichtere  Bevölke- 
rung gezählt  haben.  Das  Gebiet  der  Mediomatriker  (Deutsch- 
Lothringen,  ein  kleiner  Theil  von  Meurthe  et  Moselle,  die  nörd- 
liche Hälfte  von  Meuse)  zählte  auf  9—10000  Q.-K.  60000  Ein- 
wohner, oder  6 — 6,5  auf  1  Q.-K.     Die  Gebiete  der  Lingonen  und 


*  Die  Caleti  (oder  CaUtes)  sind  übrigens  bereits  oben  unter  den    ί 
Arenioricae  civitates  einbegriffen. 


Diu  Bevölkeruug  Gallieus  zur  Zeit  Caesars.  437 

Remer  {Chcnnpagne  pouiUeuse)  können  nicht  wesentlich  stärker  be- 
völkeit  gewesen  sein;  sie  gehören  aach  jetzt  zu  den  am  dünnsten 
bewohnten  Strichen  Frankreichs '. 

Der  Flächeninhalt  der  Belgica  mit  den  angrenzenden  Kelten• 
gauen,  soweit  sie  in  der  (Jebersicht  auf  S.  432  noch  nicht  auf- 
geführt worden  sind  (Lingones  etc.),  beträgt  nun  etwa  170000 
Q.-K.  Von  diesem  Gebiete  war  das  Land  von  der  unteren  Seine 
bis  zur  Strasse  von  Calais,  etwa  die  Departements  Seine  Info- 
rieare,  Oise,  Somme,  Pas  de  Calais  und  die  südliche  Hälfte  von 
Aisne,  ca.  30000  Q.-Em.,  verhältnissmässig  stark  bevölkert,  und 
mag  etwa  400000  Einwohner  gezählt  haben,  was  allerdings  recht 
hoch  gerechnet  ist.  Für  den  Rest  des  Landes  dagegen  werden 
nach  dem  oben  Gesagten  im  Mittel  kaum  mehr  als  6  Bewohner 
auf  1  Q.-Km.  zu  rechnen  sein,  was  auf  140000  Q.'Km.  840000 
Bewohner  ergeben  würde.  Im  ganzen  erhielten  wir  also  für  die 
Celgica  eine  Bevölkerung  von  IV4  Million. 

Diese  Zahl  kann,  wenn  überhaupt,  so  doch  jedenfalls  nicht 
weit  hinter  der  Wahrheit  zurückbleiben.  Denn  die  Belgica  war 
ja  der  in  der  Cultur  und  also  auch  in  der  wirthschaftlichen  Ent- 
wickelung  am  weitesten  zurückgebliebene  Theil  Galliens,  wir 
werden  ihr  also  im  Durchschnitt  keine  dichtere  Bevölkerung  zu- 
schreiben dürfen,  als  dem  Eeltenlande  im  engeren  Sinne  des 
Wortes.  Das  Maximum  würden  also  9  Bewohner  auf  den  Q.-Km. 
sein,  was  auf  170000  Q.-Km.  eine  Bevölkerung  von  etwa  IV2 
Mill.  JKinwohner  ergiebt.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ist  diese 
Zahl  aber  nicht  erreicht  worden,  und  unser  obiger  Ansatz  von 
IY4  Mill.  wird  demnach  ungefähr  das  Richtige  treffen. 

Zu  der  Gesammtbevölkerung  Galliens  fehlt  uns  nun  noch 
der  Gau  der  Andes,  ungefähr  das  Departement  Maine  et  Loire 
mit  rund  7000  Q.-Km.;  die  Bevölkerung  dieses  fruchtbaren,  der 
dichtbevölkerten  Touraine  benachbarten  Gebietes  wird  ziemlich 
stark    gewesen    sein,   und    zu  etwa    10  auf  1  Q.-Km.,    also    auf 


^  Bei  der  Vergleichung  der  heutigen  mit  der  antiken  Volks- 
dichtigkeit  Frankreichs  gilt  der  Satz,  dass  ein  heut  dünn  bevölkertes 
Gebiet  jedenfalls  auch  im  Alterthum  dünn  bevölkert  gewesen  ist,  wobei 
nicht  vergessen  werden  darf,  dass,  was  heut  (relativ)  eine  dünne  Be- 
völkerung ist,  in  Caesars  Zeit  eine  sehr  dichte  Bevölkerung  gewesen 
sein  würde.  Dagegen  können  heut  sehr  dicht  bevölkerte  Gebiete  (z.  B. 
das  Departement  du  Nord)  im  Alterthum  sehr  dünn  bevölkert  gewesen 
sein.  Natürlich  dürfen  diese  Sätze  nicht  verallgemeinert  werden;  sie 
gelten  zunächst  nur  für  Frankreich. 


438 


Belooh 


70000  Einwohner  veranechlagt  werden  können.  Weiter  fehlen 
die  Anlerci  Diabletes  (nördliche  Hälfte  der  Mayenne)  mit  etwa 
3000  Q.-Km. ;  doch  ist  es  möglich,  daee  Caesar  sie  unter  den 
Aremaricae  civitates  einbegriffen  hat.  Dagegen  sind  die  Caleti 
oben  doppelt  gerechnet,  unter  den  Aremoricae  civitates  nnd  bei 
der  Belgica;  das  Fehlen  der  Diabletes  würde  sich  dadurch  etwa 
ausgleichen,  was  auch  für  den  Flächenraum  gilt.  Wir  erhalten 
so  folgende  Uebersioht: 


Q.-Km. 

1         c 

Bevölke-  |  «5  Μ 
rnng     !  <<y 

1      ^ 

Keltenland  im  engeren  Sinne  ^    .... 
Belgien  und  östliche  Keltengauc     .     .     . 
Aquitanien 

313000 

170000 

40000 

2850000 

1250000 

400000 

9,1 

7,4 

10,0 

Tres  Galliae 

Narbonensis 

523000 
100000 

4500000 
1200000 

8,6  ' 
12.0 

623000« 

5700000 

9,1 

Wir  sehen,  dieses  Resultat  stimmt  fast  genau  überein  mit 
der  Zahl  von  6V4  Millionen,  die  sich  uns  oben  (S.  429)  aus  der 
Bevölkerung  des  Haeduerlandes  für  ganz  Gallien  ergeben  hat; 
der  Unterschied  beträgt  nur  gegen  9  ^/q.  Wenn  man  hier  ein- 
wenden wollte,  dass  ja  auch  die  Yolkszahl  der  Haeduer  auf  Grund 
der  Voraussetzung  berechnet  ist,  dass  die  Contingente  bei  Caesar 
Y3  der  Gesammtzahl  der  Waffenfähigen  bilden,  so  würde  dieser 
Einwand  doch  nur  zum  Theil  berechtigt  sein ;  denn  die  Zahl  von 
35000  Mann,  die  Caesar  den  Haeduern  giebt,  findet  eben  nur 
unter  jener  Annahme  eine  befriedigende  Erklärung.  Doch  ich 
will  auf  dieses  Argument    hier    keinen  besonderen   Werth  legen. 


^  Die  oben  S.  432  aufgeführten  Gaue  und  der  Gau  der  Audes. 

2  In  meiner  Bevölkerung  (S.  449)  hatte  ich  den  Flächenraum 
Galliens  zu  635598,3  Q.-Km.  angenommen.  Das  Minus  beruht  darauf, 
dass  von  der  Schweiz  dort  27000  Q.-Km.,  hier  nur  15000  in  Rechnung 
gestellt  sind,  da  Wallis  hier  nicht  berücksichtigt  und  das  Gebiet  der 
Helvetier  möglichst  klein  angesetzt  ist,  um  dem  Vorwurfe  zu  begegnen, 
dass  die  für  dieses  Gebiet  berechnete  Dichtigkeit  zu  niedrig  ist.  Ausser- 
dem hätten  von  dem  Gebiete  der  heutigen  Schweiz  etwa  3000  Q.-Km. 
den  Raurakern,  Sequanern  und  Allobrogern  zugetheilt  werden  sollen. 
Ich  habe  davon  abgesehen,  um  nicht  willkürliche  Schätzungen  machen 
zu  müssen,  und  weil  die  Sache  für  unser  Resultat  irrelevant  ist. 


Die  Bevölkerong  Galliens  zur  Zeit  Caesars.  439 

jeder  mag  darüber  denken,  wie  er  will.  Jedenfalls  aber  beweist 
die  Uebereinstimmung  der  beiden  Resultate,  dass,  die  Yorans- 
setzungen  einmal  zugegeben,  die  Metbode,  nacb  der  icb  verfahren 
bin,  richtig  ist,  und  Caesars  Zahlen  uns  ein  im  ganzen  zuver- 
lässiges Bild  der  Vertheilung  (relativen  Dichtigkeit)  der  Bevöl- 
kerung im  alten  Gallien  geben.  Und  darauf  kommt  hier  noch 
mehr  an,  als  auf  die  absoluten  Zahlen  selbst. 

Weiter  aber  zeigt  ein  Vergleich  mit  den  Zahlen,  die  sich 
uns  oben  (S.  417  f.)  aus  der  Dichtigkeit  im  Gebiet  der  Helvetier 
für  die  Tres  GcUlicte  ergeben  haben  (3—4,  besw.  3,4 — 4,7  Mil- 
lionen), unser  Resultat  auch  absolut  nicht  allzu  weit  von  der 
Wahrheit  entfernt  sein  kann.  Wir  dürfen  doch  nicht  vergessen, 
dass  dieses  Gebiet  das  einzige  ist,  über  dessen  Yolksdichtigkeit 
wir  auf  Grund  einer  wirklichen  Volkszählung  unterrichtet  sind. 
Die  Helvetier  selbst  haben  vor  dem  Auezuge  ihr  Land  für  über- 
völkert gehalten  {Gall.  Kr.  I  2);  daraus  folgt  natürlich  noch 
nicht,  dass  die  Dichtigkeit  hier  grösser  war,  als  im  Durchschnitt 
der  Tres  θαΙΙίαβ^  aber  sie  muss  diesem  Durchschnitt  sich  doch 
wenigstens  genähert  haben,  und  namentlich  kann  sie  nicht  sehr 
wesentlich  geringer  gewesen  sein,  als  im  Gebiet  der  benachbarten 
Sequaner.  Denn  das  Land  der  Helvetier  ist  ja  durchweg  frucht- 
bar und  reicht  nur  im  heutigen  Berner  Oberlande  in  das  Hoch- 
gebirge hinein.  Nun  können  die  Helvetier,  wie  oben  gezeigt 
worden  ist,  vor  dem  Auszuge  kaum  mehr  als  112000  Köpfe  ge- 
zählt haben ;  nehmen  wir  aber,  einschliesslich  der  Latoviker  und 
Tulinger  auch  135000  an  ^,  so  ergiebt  sich  doch  nur  eine  Dichtig- 
keit von  9  auf  1  Q.-Em.,  und  wir  werden  für  das  Gebiet  der 
Sequaner  jedenfalls  nicht  viel  mehr  ansetzen  dürfen,  als  sich  uns 
oben  ergeben  hat. 

Wer  sich  freilich  diesen  Erwägungen  verschliesst  und  der 
Ansicht  ist,  dass  Italien  in  Caesars  Zeit  eine  wesentlich  stärkere 
Bevölkerung  gehabt  habe,  als  oben  angenommen  ist,  wird  viel* 
leicht  geneigt  sein,  auch  Gallien  eine  stärkere  Bevölkerung  zu- 
zuschreiben. Allerdings  würde  diese  Consequenz  aus  der  Prä- 
misse noch  keineswegs  folgen;  aber  es  bliebe  doch  wenigstens 
die  Möglichkeit  zu  höheren  Ansätzen.  Ich  will  darum  hier  ein- 
mal von  allem  absehen,  was  ich  über  die  Bevölkerung  Italiens 
im  Alterthum  geschrieben  habe,  und  ganz  unabhängig  von  jeder 
Theorie,  die  man  über  die  Bedeutung  der  römischen  Censuszahle'n 


1  Vergl.  oben  S.  417,  A.  2. 


440  Beloch 

aufgestellt  bat,  und  von  jeder  Schätzung  der  Sklavenzahl  in 
Italien,  das  Maximum  der  Bevölkerung  festeteilen,  das  wir  Ober- 
Italien  in  Caesars  Zeit  zuschreiben   dürfen. 

Gehen  wir  aus  von  den  Bevölkernngsverhältnissen  in  der 
Renaissancezeit.  Am  Ende  des  XVI.  Jahrhunderts  hatte  Italien 
in  den  Grenzen  des  heutigen  Königreichs,  aber  ohne  die  Inseln, 
etwa  11000000  Einwohner;  um  falschen  Auffassungen  vorzu- 
beugen, bemerke  ich  ausdrücklich,  dass  die  Bevölkerung  am  An- 
fang des  Jahrhunderts  um  eine,  vielleicht  auch  um  zwei  Millionen 
niedriger  war.  Von  diesen  11  Millionen  entfallen  etwa  6  auf 
den  continentalen  Rumpf  des  Landes,  etwa  5  auf  die  eigentliche 
Halbinsel^.  Südtirol,  der  heutige  Canton  Tessin,  das  heutige 
österreichische  Küstenland  haben  dann  zusammen  noch  etwa  eine 
weitere  halbe  Million  Einwohner  gezählt.  Nun  ist  gar  kein 
Zweifel,  dass  Ober-Italien  auch  in  der  blühendsten  Periode  der 
Kaiserzeit  nicht  entfernt  die  Bevölkerung  gehabt  hat,  wie  im 
XVI.  Jahrhundert.  Es  genügt  auf  die  städtische  Entwickelung 
einen  Blick  zu  werfen.  Venedig  bestand  noch  nicht;  Mailand, 
dessen  Grösse  und  Pracht  zu  schildern  Ausonius  kaum  Worte 
genug  finden  kann,  umfasste  doch  selbst  nach  der  Erweiterung 
der  Befestigungen  durch  Maximinianus  Herculius  nur  etwa  einen 
Raum  von  130  ha,  war  also  noch  nicht  halb  so  gross  als  seit 
der  2.  Hälfte  des  XII.  Jahrhunderts,  und  weniger  als  Y4  fo 
gross  als  seit  der  Neubefestigung  durch  die  Spanier  1555.  Ebenso 
hatten  Padua,  Verona,  Brescia,  Mantua,  Bologna,  Modena,  Parma, 
Piacenza,  Genua  u.  s.  w.  nur  einen  kleinen  Theil  des  Umfange, 
den  sie  seit  dem  ausgehenden  Mittelalter  besassen.  Wenn  einige 
der  im  Alterthum  bestehenden  Städte  in  der  Renaissancezeit  nicht 
mehr  bestanden,  oder,  wie  z.  B.  Aquileia,  tief  gesunken  waren, 
so  hatten  sich  dafür  zahlreiche  neue  städtische  Mittelpunkte  ge- 
bildet. Die  städtische  Bevölkerung  Ober-Italiens  kann  also  in 
der  Kaiserzeit  noch  nicht  den  dritten  Theil  der  Zahl  betragen 
haben,  den  sie  im  XVI.  Jahrhundert  erreicht  hat^.  Wer  das 
bezweifelt,  mag  die  Pläne  zur  Hand  nehmen;  freilich  wird  er 
sich  die  historischen  Pläne  zum  grossen  Theil  erst  selbst  machen 


^  Vergl.  meinen  Aufsatz  im  Bulletin  de  V Institut  International 
de  Statistique  III  (1S88)  S.  1  ff. 

2  Vergl.  über  die  städtische  Bevölkerung  Italiens  im  Alterthum 
meinen  Aufsatz  in  der  von  Vitelli  herausgegebeneu  Zeitschrift  Atene  c 
Borna  1  Sp.  257-78,  Dec.  1898. 


Die  Bevölkeruug  Galliens  zur  Zeit  Caesars.  441 

müsHeD.  loh  begreife  überhaupt  nicht,  wie  jemand  den  Anepruch 
erheben  kann,  über  bevölkerungegeschichtliohe  Fragen  mitzureden, 
ohne  zuvor  eingehende  hietorisch-topographieche  Studien  gemacht 
zu  haben.  —  Ich  behaupte  nun  natürlich  keineswegs,  dass  die 
Landbevölkerung  sich  in  demselben  Verhältnisse  vermehrt  hat, 
obgleich  ich  dem,  der  es  behaupten  wollte,  nichts  bündiges  zu 
erwidern  wüsste.  Aber  jedenfalls  ist  Ober- Italien  doch  erst  im 
Mittelalter  auf  die  Höhe  landwirthschaftlicher  Cultur  gelangt, 
ohne  die  wir  uns  das  Land  jetzt  kaum  mehr  vorstellen  können. 
Gewiss  hat  schon  die  Eaiserzeit  einen  guten  Theil  dieser  Arbeit 
gethan,  und  vieles  von  dem,  was  damals  geleistet  worden  ist, 
haben  die  Stürme  der  Völkerwanderung  vernichtet;  aber  daran 
ist  doch  kein  Zweifel,  dass  in  der  Kaiserzeit  Sümpfe  und  Wälder 
einen  sehr  viel  grösseren  Theil  der  oberitalischen  Ebene  ein- 
nahmen, als  in  der  Zeit  der  Renaissance.  Dem  entsprechend 
musste  dann  auch  die  ländliche  Bevölkerung  schwächer  sein.  Wir 
werden  annehmen  dürfen,  dass  die  städtische  Bevölkerung  in  der 
besten  Periode  der  Eaiserzeit  höchstens  V3,  die  ländliche  etwa 
die  Hälfte  der  Bevölkerung  am  Ende  des  XVL  Jahrhunderts  be- 
tragen hat.  Da  die  städtische  Bevölkerung  um  1600  auf  weit 
über  eine  Million  sich  belief,  so  ergäbe  sich  für  die  bezeichnete 
Periode  der  Kaiserzeit  eine  Gesammtbevölkerung  Ober-Italiens 
von  etwa  3  Millionen.  —  Ια  Caesars  Zeit  aber  war  Ober-Italien 
wirthschaftlich  noch  lange  nicht  so  weit  entwickelt,  wie  2 — 3 
Jahrhunderte  später.  Es  war  ein  junges  Culturland,  wo  noch 
vor  reichlich  hundert  Jahren,  wenn  wir  von  der  adriatischen  Küste 
absehen,  fast  völlig  barbarische  Zustände  geherrscht  hatten.  Ja 
ein  grosser  Theil  der  Alpenländer,  soweit  sie  der  römischen 
Herrschaft  nicht  unterworfen  waren,  steckte  noch  immer  in  der 
Barbarei.  Es  war  ferner  ein  peripherisches  Gebiet,  der  äusserste 
Vorposten  der  römischen  Cultur;  erst  durch  Caesars  Eroberung 
des  jenseitigen  Galliens,  durch  Augustus  Eroberung  der  Alpen- 
und  Donauländer  ist  Ober-Italien  in  das  Centrum  des  Cultur- 
gebietes  gerückt  worden.  In  Folge  dessen  musste  denn  auch  die 
Bevölkerung  bedeutend  niedriger  sein,  als  später  in  der  Kaiser- 
zeit ^     Wir  werden    demnach  für  Caesars  Zeit    kaum    mehr    als 


^  £e  ist  ein  noch  immer  weit  verbreitetes  Yorurtheil,  dass  die 
Bevölkerung  des  Reiches  während  der  ersten  Jahrhunderte  der  Kaiser- 
zeit sich  vermindert  habe.  Diese  Ansicht  beruht  auf  einer  vorschnellen 
(leneralisirung  von  Tbatsachen,   die  nur    für    einen    verhältnissmässig 


442  Belooh 

2  Millionen  rechnen  dürfen,  eodaes  unsere  obigen  Ansätze  auch 
auf  diesem  Wege  bestätigt  werden. 

lob  will  indess  hier  einmal  annebmen,  dass  icb  micb  um 
50%  verrecbnet  babe,  dass  also  Ober-Italien  in  Caesars  Zeit  3 
Millionen  in  der  späteren  Kaiserzeit  4^2  Millionen  Bewobner  ge- 
zählt bat.  Icb  denke,  böber  hinauf  wird  Niemand  gehen  wolleo, 
der  mit  der  Wirthsobaftsgeschichte  und  der  historischen  Topo- 
graphie Ober-Italiens  einigermassen  vertraut  ist.  Wir  würden 
dann  die  Möglichkeit  haben,  der  Narbonensis  in  Caesars  Zeit  eine 
Bevölkerung  von  gegen  2  Millionen  zuzuschreiben.  Dass  diese  Zahl 
jedenfalls  nicht  zu  niedrig  gegriffen  ist,  zeigt  ein  Vergleich  mit 
den  Verhältnissen  am  Ausgang  des  XVII.  Jahrhunderts.  Damals 
zählten  die  Provence,  Dauphin^  und  Languedoo  nach  den  Berichten 
der  Intendanten  zusammen  3029  831  Einwohner.  (Levasseur  1\>- 
ptdaiion  fratifoise  I  20i);  für  Savoyen,  Avignon,  Ronssillon  würde 
noch  etwa  V2  Million  hinzutreten,  sodass  das  Gebiet  der  alten  rö- 
mischen Provinz  etwa  3  V2  Millionen  Einwohner  zählte.  Es  mag 
ja  sein,  dass  die  Provinz  diese  Bevölkerung  in  der  Zeit  Constan- 
tins  zwar  nicht  ganz,  aber  doch  annähernd  erreicht  hat;  ich  will 
das  hier  weder  behaupten,  noch  in  Abrede  stellen;  es  ist  aber 
nicht  der  geringste  Zweifel,  dass  die  Bevölkerung  in  Caesars 
Zeit  sehr  weit  hinter  dieser  Zahl  zurückblieb;  handelt  es  sich  doch 
dabei  um  den  Unterschied  zwischen  einem  balbcivilisirten  Gebiete 
und  einem  hochentwickelten  Culturlande  (s.  oben  S.  426). 

Nehmen  wir  also  an,  dass  die  Narbonensis  in  Caesars  Zeit 
2  Millionen  Einwohner  gehabt  hat,  und  folglich  um  66^3%  be- 
völkerter war,  als  ich  oben  angesetzt  habe.  Wir  müseten  dann 
zwar  noch  nicht,    aber  wir    könnten    doch    die  Bevölkerung    der 


kleinen  Theil  des  Reiches  bezw.  für  einzelne  Klassen  der  Bevölkerung 
richtig  sind.  Es  genügt  dem  gegenüber  einen  Blick  zu  werfen  auf  die 
glänzende  Entwickelungf  des  Städtewesens  in  Afrika,  Spanien,  Gallieu, 
den  Donauländern,  Kleinasien,  um  sofort  inne  zu  werden,  dass  die 
ersten  Jahrhunderte  der  Kaiserzeit  für  diese  Provinzen,  also  für  den 
weitaus  grössten  Theil  des  Reiches,  eine  Zeit  hohen  wirtbschafllichen 
Aufschwunges  gewesen  sind.  Ein  solcher  Aufschwung  aber  bat  stets 
eine  starke  Vermehrung  der  Bevölkerung  zur  Folge.  In  den  übrigen 
Provinzen  des  Reiches  hat  die  Bevölkerung  sich  zwar  nicht  im  selben 
Maasse  vermehrt,  in  einzelnen  Gebieten  mag  sie  sich  auch  vermindert 
haben,  aber  es  ist  doch  auch  hier,  wenn  wir  den  Durchschnitt  nehmen, 
bis  zum  III.  Jahrhundert  wenigstens  keine  Abnahme  der  Bevölkerung  ji 
eingetreten.  ^ 


Die  Bevölkerung  Galliens  zur  Zeit  Caesars.  443 

Tres  GaUiae  in  demselben  Verhältniss  erhöben;  mit  anderen 
Worten,  wir  könnten  annehmen,  dass  die  Contingente  bei  Caesar 
dem  fünften  Tbeil  der  Waffenfähigen,  also  5%  ^^r  Gesammt- 
bevölkerung  entsprechen.  Wir  würden  so  für  die  Tres  GaUiae 
etwa  7  Y2  Millionen  und  für  ganz  Gallien  9  V2  Millionen  erhalten. 
Allerdings  würde  dieses  Ergebniss  zu  den  schwersten  Bedenken 
Anlass  geben.  Wir  müssten  annehmen,  dass  Caesar  bei  den  Hel- 
vetiern  sich  um  eine  Grössenklasse  versehen  hat,  wiewohl  ihm 
doch  gerade  hier  durch  seinen  eigenen  Censns  zuverlässigere  An- 
gaben zur  Verfügung  standen,  als  vielleicht  irgendwo  sonst.  Für 
das  Gebiet  der  Rutener,  das  Rouergue,  erhielten  wir  eine  Be- 
völkerung von  240000,  also  ungefähr  ebenso  viel  als  1328 
(52823  Feuerstellen) ^,  obgleich  doch  gar  kein  Zweifel  ist,  dass 
Frankreich  im  XIV.  Jahrhundert  auf  einer  sehr  viel  höheren 
Culturstufe  stand,  als  Gallien  im  I.  Jahrb.  v.  Chr.  Auf  der  an- 
dern Seite  lässt  sich,  so  viel  ich  wenigstens  sebe,  nicht  der  ge- 
ringste Grund  geltend  machen,  der  eine  so  hohe  Schätzung  der 
Bevölkerung  Galliens  rechtfertigen  oder  auch  nur  wahrscheinlich 
machen  könnte.  Immer  aber  würde  diese  Schätzung  ein  Maximum 
bilden,  über  das  wir  für  die  Zeit  Caesars  in  keinem  Falle  hinaus- 
gehen dürfen.  Als  Minimum  würden  etwa  V3  unseres  oben  be- 
rechneten Ansatzes  von  5  700000  anzunehmen  sein  (vergl.  oben 
S.  427  f.),  also  in  runder  Zahl  4  Millionen  ;  das  Mittel  betrüge  also 
6%  Millionen.  Wer  diese  Zahl  annehmen  wollte,  würde  sagen 
dürfen,  dass  sich  sein  Ansatz  nach  oben  oder  unten  um  nicht 
mehr  als  40%  von  der  Wahrheit  entfernen  kann. 

Die  Differenz  mit  der  oben  (S.  438)  berechneten  Zahl  von 
5  700000  ist  verhältniss massig  so  gering,  dass  das  Bild  der  Be- 
völkerungsverhältnisse Galliens  um  die  Mitte  des  I.  Jahrhunderts 
vor  unserer  Zeitrechnung  dadurch  in  keinem  wesentlichen  Zuge 
verändert  wird.  ITebrigens  lag  mir  hier,  wie  schon  gesagt,  in 
erster  Linie  daran,  einmal  die  Methode  ausführlich  darzulegen, 
nach  der  solche  Untersuchungen  geführt  werden  müssen,  und 
dem  Leser  eine  Anschauung  zu  geben  von  dem  Grad  der  An- 
näherung an  die  Wahrbeit,  die  dabei  erreicht  werden  kann.  Wer 
mir  bis  hierher  gefolgt  ist,  wird  hoffentlich  vor  zwei  Extremen 
bewahrt  bleiben :  vor  dem  blinden  Glauben  an  die  absolute  Rich- 
tigkeit der  Zablen,    die    sich    auf  dem  Gebiete   der  antiken  Be- 


^  Levasseur    Population   frangaiae  I  156.     Molinier  Bibliathique 
de  Vtcole  des  Charles  44  (1883)  8.  452  ff. 


444  Beloch 

völkerungsetatistik  durch  Rechnung  aufstellen  lassen,  wie  von 
der  ebenso  blinden,  aber  noch  viel  thörichteren  Skepsis,  als 
könnten  wir  uns  von  den  Bevölkerungsverhältnissen  der  antiken 
Welt  überhaupt  kein  concretes,  in  Zahlen  formulirbares  Bild 
machen.  Denn  es  handelt  sich  ja  hier  nicht  um  die  Möglichkeit 
der  Erkenntniss,  sondern  einfach  um  die  weitere  oder  engere 
Fehlergrenze.  Dafür  aber,  dass  die  Fehlergrenze  nicht  so  weit 
wird,  dass  die  Resultate  überhaupt  werthlos  werden,  ist  gesorgt. 
Eine  Untersuchung  freilich,  die  sich  auf  ein  einzelnes  Gebiet, 
eine  einzelne  Periode,  in  unserem  Falle  also  auf  Gallien  in  Caesars 
Zeit  beschränkte,  könnte  niemals  auch  nur  zu  einigermassen  ge- 
sicherten Ergebnissen  führen.  Die  Untersuchung  muss  vielmehr 
auf  die  breiteste  Basis  gestellt  werden:  sie  muss  nicht  nur  un- 
sere gesammte  bevölkerungsgeschichtliche  Ueberliefemng  aus  dem 
Alterthum  in  Betracht  ziehen,  sondern  auch  die  Ueberlieferung 
aus  dem  Mittelalter  und  der  Renaissance  bis  auf  unsere  Zeit 
herab.  Nur  so  lassen  sich  haltbare  Resultate  erzielen.  Natür- 
lich habe  ich  mich  hier,  im  Rahmen  einer  Monographie,  darauf 
beschränken  müssen,  nur  das  für  unsern  Zweck  Wesentlichste  her- 
vorzuheben. Ich  muss,  soweit  das  Alterthum  in  Betracht  kommt, 
auf  meine  Bevölkerung  der  griechisch-römischen  Welt  verweisen, 
wo  das  gesammte  Material  gesammelt,  kritisch  behandelt  und  zu 
einem  geschlossenen  System  verarbeitet  ist.  Für  das  Mittelalter 
und  die  Renaissance  kann  ich  dem  Leser  leider  kein  solches 
Hilfsmittel  angeben,  weil  es  eine  umfassende  Behandlung  des 
Gegenstandes  noch  nicht  giebt.  Speziell  für  Frankreich  verweise 
ich  auf  Levasseur,  La  Population  frangaise^  der  im  Wesentlichen 
richtig  gesehen  bat,  wenn  ich  auch  im  Einzelnen  manches  anders 
fassen  würde. 

Zum  Schluss  noch  eins.  Alle  oben  aufgestellten  Zahlen  be- 
ziehen sich  auf  die  Zeit  Caesars.  Es  ist  aber,  wie  oben  bereits 
angedeutet  wurde,  gar  kein  Zweifel,  dass  die  Bevölkerung  Galliens 
sich  während  der  Kaiserzeit  sehr  bedeutend  vermehrt  hat.  Gal- 
lien hat  sich  im  Laufe  des  halben  Jahrtausends,  das  auf  die  Er- 
oberung gefolgt  ist,  annähernd  auf  das  Culturniveau  Italiens  ge- 
hoben. Wenigstens  gilt  das  von  dem  Süden  und  der  Mitte  des 
Landes;  im  N.-W.  und  N.-O.  lagen  die  Verhältnisse  ja  zum 
Theil  anders.  Bei  einem  von  der  Natur  so  reich  ausgestatteten 
Lande  musste  die  Folge  sein,  dass  auch  die  Volksdichte  sich  der 
von  Italien  annäherte.  Wir  haben  darüber  keine  directen  Angaben;     f 

I 


Die  Bevölkernng  Galliens  zur  Zeit  Caesars.  445 

wenn  aber  Jemand  Gallien  znr  Zeit  Constantins  10 — 12  Millionen 
Einwohner  znechreiben  wollte,  so  würde  wenig  dagegen  einzu- 
wenden sein^.  Zeigen  doch  die  Urkunden  aus  der  Zeit  Karle 
des  Grossen,  dass  das  Land  noch  damals  verhältnissmässig  dicht 
bevölkert  war.  Doch  darüber  und  über  die  weitere  £ntwickelung 
der  BevölkerungsverhflltnisRe  Frankreichs  zu  handeln,  muss  einem 
anderen  Orte  vorbehalten  bleiben. 

Rom.  Julius  Belooh. 


^  Ich    spreche  diese  Zahl   natürlich    mit  aller  Reserve    aus    und 
möchte  hier  keineswegs  dafür  eintreten. 


Arrian  und  Appian. 


Als  Alexander  nach  der  Rückkehr  aus  Indien  den  Euphrat 
binabfubr,  um  durch  Verlegung  der  Pallakopasmtindang  die  Be- 
wäsRcrung  der  Ebene  besser  zu  reguliren,  entriss  ibm  ein  heftiger 
Windstoss  seine  Kaneia  und  trug  sie  ins  Wasser.  Dabei  loste 
sich  das  Diadem  und  wurde  vom  Winde  weiter  geführt,  bis  es 
an  einem  Schilfrohr  hängen  blieb.  Ein  Matrose  schwamm  heran 
und  holte  es,  setzte  es  aber,  um  es  nicht  nass  werden  zu  lassen, 
sich  aufs  Haupt.  Der  König  belohnte  ihn  mit  einem  Talente; 
Hess  ihn  dann  aber  auf  den  Rath  seiner  Wahrsager  hinrichten. 
So  erzählt  die  Mehrzahl  der  Alexandersohriftsteller,  während 
nach  Aristobulos  der  Matrose  seine  Unbesonnenheit  nur  mit  einer 
Tracht  Schläge  büsste.  Eine  dritte  Erzählung  weiss  nichts  von 
einem  Matrosen,  sondern  nennt  Seleukos  als  denjenigen,  der  das 
Diadem  geholt  und  sich  aufs  Haupt  gesetzt  habe;  Alexander  sei 
dies  ein  Vorzeichen  des  nahen  Todes,  Seleukos  der  künftigen 
Herrschaft  gewesen.  So  lauten  die  drei  Berichte  über  diesen 
Vorfall  bei  Arrian  Anab.  VII  22  und  mit  ihm  stimmt  fast  wört- 
lich Appian  Syr.  56  überein,  nur  dass  er  die  Version  des  Aristo- 
bulos mit  den  Worten  :  Ol  bk  άντ€ΐπ€Ϊν  nur  flüchtig  berührt.  Auf 
diese  Uebereinstimmung  glaubte  man  den  Beweis  der  v.  Gut- 
schmid'schen  Hypothese  stützen  zu  können,  Arrian  benutze  fiir 
die  Alexandergeschichte  neben  Aristobulos  und  Ptolemaios  ein 
Sammelwerk,  das  wohl  die  Alexandergeschichte  Strabos  sein  dürfte. 
Gegen  diese  Annahme  erklärt  sich  Schwartz  in  der  Realencyklo• 
pädie  von  Pauly-Wissowa  II  S.  1245:  *  Ich  halte  es  für  ein  An- 
zeichen, dass  Appian  hier  aus  eigener  Lektüre  Arrians  ganz 
selbständig  ein  Stück  eingeschaltet  hat;  jede  andere  Hypothese 
verwickelt  in  unlösbare  Widersprüche*.  Dass  Appian  aus  Arrian 
seine  Mittheilnngen  entlehnt  hat,  mag  zunächst  befremdlich  er- 
scheinen,  und  doch  verhält  es   sich    so;    Appian  hat  Arrian    ge- 


Arrian  und  Appian.  447 

kannt  und  benutzt.  Wem  die  angeführten  Stellen  zum  Beweise 
dieser  Behauptung  nicht  genügen,  der  möge  Appian  b.  c.  II  149  if• 
mit  Arrian  VII  16  ff.  vergleichen.  Appian  zieht  eine  Parallele 
zwischen  Alexander  und  Cäsar,  wobei  er  eine  Reihe  von  Nach- 
richten über  ersteren  mittheilt.  So  berührt  er  c.  149  seinen 
Marsch  zum  Tempel  des  Juppiter  Ammon,  ohne  seine  Quelle  er- 
kennen zu  lassen ;  Arrians  Benutzung  ist  unwahrscheinlich  für 
die  £rzählung  von  Alexanders  Marsch  längs  der  pamphylisohen 
Küste,  die  an  die  Ausschmückungen  erinnert,  wie  wir  sie  Plut. 
AI.  17  lesen;  keinerlei  Berührungspunkte  mit  Arrian  bieten  die 
weitern  Ausführungen  in  II  149  und  150.  In  schroffem  Wider- 
spruche mit  Arrian  VI  11,  3  steht  c.  152,  wo  die  Verwundung 
Alexanders  beim  Sturm  auf  die  Stadt  der  Oxydraker  (statt 
Maller)  erzählt  wird«  Arrians  Erzählung  ist  hier  identisch  mit 
der  Plutarchs:  II  152  πληγίντι  τα  στίρνα  χαλ€πώς  καΐ  ές  τόν 
τράχηλον  ύπίρψ  βαρυτότψ,  Plut.  ΑΙ.  c  63  ώστε  τόν  θώρακα 
διακόψαν  έμπαγηναι  τοις  περί  τόν  μασθόν  όστίοις  und  τέλος 
ί)έ  πληγείς  ύπίρψ  κατά  του  τραχήλου.  Unbeirrt  durch  Arrians 
kritische  Ausführungen  hat  er  hier  einem  mehr  ausschmückenden 
Autor  den  Vorzug  gegeben,  knüpft  daran  aber  eine  zweite  Er- 
zählung, die  nur  aus  Arrian  stammen  kann.  Wie  damals  Ιερό 
αλοβα  die  drohende  Gefahr,  so  zeigten  sie  in  Babylon  den  be- 
vorstehenden Tod  des  Königs  an.  Von  ersterem  lesen  wir  bei 
Arrian  nichts  (vgl.  Diod.  XVII  98),  letzteres  erzählt  er  VII  18 
nach  Aristobulos. 

Appian.  Arrian. 

ΤΤειθαγόρας  τε  γαρ  ό  μάντις         18,  2    τίνα   φοβούμενος 

ΑπολλοδώρψοεδοικότιΆλί-     δτι  τόν  τε  βασιλέα 

Eavbpöv  τε  και  *Ηφαιστ{-  αυτόν  και  'Ηφαιστίωνα, 
ιυνα  θυόμενος  εΤπε  μή  δε-  θύεσθαιδήτόνΤΐειθαγόραν... 
bi^vai,  εκποδών  γαρ  αύ-  δηλούντα  μηδέν  τι  δεδιέναι 
τίκα  αμφότερους  ίσεσθαι.     Ηφαιστίωνα*  έσεσθαι  γάρ 

αύτοϊς  ολίγου  χρόνου  εκ- 
ποδών. 

§  3   αύθις   δέ   θύεσθαι   τόν 
ΤΤειθαγόραν  έπι  τψ  ΆλεΕάνδρψ. 

Nach    dem  Tode  Hephästions   machte  ApoUodoros  von  der 
Opferschau  dem  Könige  Meldung. 

^δεισε   μη   τις  επιβουλή  •χέ-         18,  3  μή  τις  αύται  κίνδυνος 
νοιτο  κατά  του  βασιλέως.  έν  τψ  τότε  Ηυμπέσοι. 


448  R  θ  u  β  8 

Appian  hat  seine  Vorlage  gekürzt.  Er  stellt  den  Vorgang 
so  dar,  als  ob  Pitbagoras  gleicbzeitig  über  Hepbastion  nnd  Alexander 
geopfert  habe,  und  verscbweigt,  dass  Pitbagoras  sich  in  Babylon, 
Apollodoros  in  Ekbatana  befand.  Darum  wendet  sich  bei  ihm 
Alexander  gleich  nach  der  Mittbeilang  ApoUodors  an  den  Wahr- 
sager um  Ausknnft,  während  er  bei  Arrian  dies  erst  nach  seiner 
Ankunft  in  Babylon  thut. 

καΙΤΤειθαγόραναύτόνήρβτο  §  4.    και   *Απολλόοιυρόν 

ÖTi  λίγοι  τό  σημεΐοντοΟ  τ€  λέγει  ότι  ΆλίΕανορος  έπη- 

bi,  είπόντος  δτι  τά  ύστατα  λέ-  νεσβ  .  .  . 

γ€ΐ,  αοθις έπεμεΛίασε  καΐ  έπή-  έρομίνου  hi  δ  τι  νοοϊτό 

νεσεν  δμιυς^Απολλόδιυρόν  σημεϊον  μέγα  είπεϊν  είναι  ση- 

τε  τής  εύνοιας  και  τον  μάντιν  μείον. 

τής  παρρησίας.  δτι  άοόλιυς  τήν  άλήθειάν  ο\ 

ίφρασεν. 

Die  Erzählung  stammt  von  Aristobulos,  der  sie  von  Pitba- 
goras selbst  erfahren  zu  haben  behauptete  (VII 18,  5).  Sie  steht 
auch  Plut.  c.  73  ίπειτα  μηνύσεως  γενομένης  κατά  Απολλοδώρου 
του  στρατηγού  της  Βαβυλώνος  ώς  εϊη  περί  αύτου  τεθυμένος, 
έκάλει  ΤΤυθαγόραν  τόν  μάντιν.  Ούκ  αρνουμένου  bi,  τήν  πραΕιν 
ήριυτησε  τών  Ιερών  τόν  τρόπον.  Φήσαντος  bk  δτι  τό  ήπαρ  ήν 
δλοβον  *ΤΤαπαΓ  είπεν  Ίσχυρόν  τό  σημεϊον'.  Κα\  τόν  ΤΤυθα- 
γόραν ουδέν  ήδίκησεν,  doch  scheint  bei  ihm  die  Anzeige  von 
einem  Dritten  gemacht  zu  sein  (μηνύσεως  γενομένης).  Appians 
Erzählung  deckt  sich  vollständig  mit  der  Arrians,  der  einzige 
selbständige  Zusatz  έπεμειοίασεν  rührt  von  ihm  selbst  her.  Ge- 
nau dasselbe  Verhältniss  zeigt  sich  in  den  unmittelbar  folgenden 
Angaben.  Die  Chaldäer  warnten  Alexander  vor  dem  Einzage  in 
Babylon,  Alexander  hörte  jedoch  nicht  auf  sie  und  verspottete 
bei  seiner  Fahrt    nach   dem  Pallakopasfiusse  ihre  Weissagungen. 

έ  παν  ιόντα  γαρ  έΗΊνδών         18, 1  έπανιόντι  αύτώ  έΕ 
ές    Βαβυλώνα    μετά    του     Ινδών. 

στρατού  και  πλησιάζοντα  ήδη  16,  5  ΆλίΗανδρος  ώς  .  .  .  . 
παρεκάλουν  ο\  Χαλδαϊοι  τήν  ΗύντήστρατιςΙ  διέβη  έλαύ- 
ίσοδον  έπισχεϊν  έν  τώ  νωνέπιΒαβυλώνος,...  Χαλ- 
π  α  ρ  ό  ν  τ  ι.  baiujv  οΐ  λόγιοι . . .  έδέοντο  έπι- 

σχεϊν   τήν    έπΙ     Βαβυλώνος 
έλασιν. 

16,  5  τήν  πάροδον  τήν 
ές  Βαβυλώνα  έν  τώ  τότε. 


Arrian  und  Appian. 


449 


του  bi,  τό  ιαμβεϊον  €  Ι  π  ό  ν  τ  ο  ς 
δτι  μάντις  δριστοςδστις 
eiKalei  καλώς,  όεύτερα  γουν 
οΐ  Χαλόαΐοι  παρεκάλουν  μη  ές 
δύσιν  όρώντα  μετά  της 
στρατιάς  έσελθεϊν,  άλλα 
περιοόεΟσαι  και  τήν  πόλιν 
λαβείν  ττρός  ήλιον  άνί 
σχοντα. 

δ  b'  ές  τούτο  μέν  ένδουναι 
λίγεται  και  έπιχειρήσαι  περιο- 
δεΟσαι,  λίμνη  bk  και  ϊλει  ουσ- 
χεραίνιυν  καταφρονήσαι  και 
του  όευτέρου  μαντεύματος  καΐ 
έσελθεϊν  ές  δύσιν  ορών. 


Hier  knüpft  Appian    dann 
Fahrt  nach  dem  Pallakopaeflaese 

έσελθών  γε  μήν  καΐ  πλέιυν 
κατά  τον  Εύφράτην  έπι 
ποταμόν  ΤΤαλλακότταν  δς 
τον  Εύφράτην  απολαμβάνων 
ές  ^λη  και  λίμνας  εκφέρει 
και  κωλύει  τήν  Άσσυρίδα 
γήν  δ  ρ  δει  ν  και  έπιπλέειν. 


έπινοουντα  bx]  τούτον  bia- 
τειχίσαι  τον  ποταμόν  και  έπι 
τούτο  έκπλέοντά  φασιν  έπι- 
τωθάσαι  τοις  Χαλδαιοις  δτι 
σώος  ές  Βαβυλώνα  έσέλθοι  τε 
και  έΕέλθοι. 

Rhein.  Μαβ.  Γ  Phllol.  Ν.  Ρ.  LIV. 


10,  6  τόν  bi,  άποκρίνα- 
σθαι  αύτοϊς  λόγος  Εύριπίδου 
.  .  .  ίπος  

μάντις  b'  άριστος  όστις 
εΙκά2ει καλώς,  σύ  bi,  ...?φα- 
σαν  οΐ  Xαλbαΐoι,  μ  ή  προς 
bυσμάς  άφορών  αυτός  .  .  . 

παρελθεΐν,   άλλα 

έκπεριελθώνπρός  ?ω  μάλ- 
λον. 

1 7,  5  δμως  bi  .  .  .  έθελήσαι 

αύτοϊς  πεισθήναι έθέ- 

λοντα  ύπερβάλλειν . .  τό  μέρος  τό 

ές  bυσμάς  τετραμμένον 

άλλα  ου  γάρ  bυvηθήvαι  ύπό 
bυσχωpiας  ....  δτι  τά  άπό 
bυσμώv  τής  πόλεως  εισιόντι 
έλώbη  τε  και  τεvατώbη  ήν. 

das  an,  was  VII  21  üher  die 
erzählt  wird. 

21,  1  έκπλεΐ  έκ  Βαβυλώνος 
κατά  τόν  Εύφράτην  ποτα- 
μόν ώς  έπΙ  τόν  ΤΤαλλακό- 
πανκαλούμενον ποταμόν  .... 

21,  3  δ  ^ους  υπερβάλλει  ές 
τήν  χώραν  εΐ  μη  τις  άναστο- 
μώσας  αυτόν  κατά  τόν  ΤΤαλλα- 
κόπαν  ές  τά  ?λη  τε  έκτρέ- 
ψειε  καΐ  τάς  λίμνας. 

21,  4  έκένωσεν  δν  τόν  Εύ- 
φράτην ές  αυτόν  ώς  μηb' 
έπάpbεσθαι  άπ'  αύτοΟ  τήν 
Άσσυρίαν  γήν. 

21,  6  ταύτη  ίγνω  βεβαίως 
άποκλεΐσαι  τήν  έκβολήν. 

22,  1  έΗελέγΗας  bή  τών  Χαλ- 
bαίωv  τήν  μαντείαν  δτι  ουδέν 
πεπόνθοι  έν  Βαβυλώνι  άχαρι, . . . 
άλλ'  έφθη  γάρ  έλάσας  Κω  Βα- 
βυλώνος πρίν  τι  παθεΐν. 

29 


450  Η  e  α  8  8 

In  dem  letzten  Satze  άλλ*  ίφθη  γάρ  u.  r.  w.  haben  wir 
eine  erläuternde  Bemerkung  Arrians;  wenn  Appian  mit  έκπλέοι 
dieselbe  in  die  Rede  Alexanders  ziebt,  so  ergiebt  sich  daraus, 
dass  er  nicht  Arrians  Vorlage,  sondern  diesen  selbst  benutst  hat. 
Arrian  benutzt  Aristobulos.  Dass  auch  Appian  diesen  selbständig 
eingesehen  hat,  wäre  denkbar,  ist  aber  schon  desbalb  nn wahr- 
scheinlich, weil  er  Syr.  c.  56  grade  den  Bericht  des  Aristobulos 
nur  kurz  berührt.  Appian  stimmt  im  Ausdruck  und  Satzban  mit 
Arrian  vielfach  überein;  hätte  er  dieselben  Aristobulos,  nicht 
Arrian  entlehnt,  dann  müssten  sich  auch  Berührungen  mit  der 
bei  Strabo  XVI  741  erhaltenen  Darstellung  Aristobulos  ergeben. 
Dies  ist  aber  nicht  der  Fall.  Die  Worte  Strabos  lauten:  φηαι 
b'  'Αριστόβουλος  τόν  'ΑλέΗανδρον  αυτόν  άναπλίοντα  καΐ  κυβερ- 
νώντα το  σκόφος  έπισκοπεΐν  κα\  άνακαθαίρειν  τάς  ^ιώρυχας 
μετά  του  πλήθους  τών  συνακολουθησάντων  ώς  V  αυτως  καΐ 
τα  στόμια  έμφράττειν,  τα  δ^άνοίγειν  κατανοήσαντα  bk  μίαν  τήν 
μάλιστα  συντείνουσαν  έπΙ  τα  Ιλη  καΐ  τάς  λίμνας  τάς  πρό  τής 
'Αραβίας,  δυσμεταχείριστον  ίχουσαν  τό  στόμα,  καΐ  μή  β<)ΐοίως 
έμφράττεσθαι  δυναμίνην  bia  τό  εύένδοτον  καΐ  μαλακόγειον, 
άλλο  άνοϊΕαι  καινόν  στόμα  άπό  σταδίων  τριάκοντα  ύπόπετρον 
λαβόντα  χωρίον,  κάκεϊ  μεταγαγεϊν  τό  ^εΐθρον'  ταύτα  hk  ποιεϊν, 
προνοουντα  δμα  καΐ  του  μή  τήν  Άραβίαν  δυσείσβολον  τελέιυς 
ύπό  τών  λιμνών  ή  και  τών  ελών  άποτελεσθήναι,  νησίίουσαν 
ήδη  bia  τό  πλήθος  του  ύδατος  κτλ.  vgl.  Arrian  VII  21  3.  6; 
22,  2  und  Strabo  XV  739  mit  VII  21,  2;  XV  741  mit  VII  20,  1. 
Vergleicht  man  mit  den  vorstehenden  Worten  die  Erzählung 
Appians,  so  ist  augenscheinlich,  dass  ihm  der  Bericht  des  Aristo- 
bulos nicht  unmittelbar  vorgelegen  hat,  sondern  durch  Arrian 
vermittelt  ist,  der,  wie  aus  115,2  ff.  und  Strabo  XIV  672,  ver- 
glichen mit  Athenäus  XII  530  a,  hervorgeht,  seine  Vorlage  freier 
behandelt,  als  Strabo. 

Die  Geschichte  Syriens  und  die  Geschichte  der  Bürgerkriege, 
sowie  der  mithridatischen  Kriege  hat  Appian  wohl  zu  ein  und 
derselben  Zeit  niedergeschrieben.  Ausser  inneren  Gründen  spricht 
dafür,  dass  Syr.  c.  51  und  b.  c.  II  18  und  V  65  auf  das  spätere 
Erscheinen  der  Parthergeschichte  hingewiesen,  b.  c.  V  11  auf 
die  Geschichte  Syriens  Bezug  genommen  wird,  und  dass  nach 
Mithr.  22  ώς  έν  τοις  έμφυλίοις  συγγίγραπται  und  c.  63  τά  μέν 
άμφΐ  Σύλλαν  έν  τοις  έμφυλίοις  άναγέγραπται  vor  Vollendung 
des  Μιθρώάτειος  Theile  der  Geschichte  der  Bürgerkriege  schon 
vollendet   sein    müssen   (b.  c.  I  55   allerdings  ώς    μοι   κατά    τήν 


Arrian  und  Appian.  451 

βίβλον  €Ϊρηται  την  πρό  τήσΟ€).  Man  könnte  darnach  annehmen, 
dase  Arriane  Anabasis  veröffentlicht  worden  sei,  während  Appian  an 
seinen  'Ρωμαϊκό  arbeitete.  Dem  steht  entgegen,  dass  Appian  auch  in 
der  Ιβηρική,  die  er  gleichzeitig  mit  der  Σικελική  und  Άννιβαική 
niederschrieb  (Libyc.  c.  2.,  Hisp.  c.  3.  14,  Hannib.  c.  1)  offenbar  auf 
Arrian  Bezug  nimmt:  c.  2  δτε  θεός  αύτοϊς  ούχ  6  Θηβαίος  έστιν, 
αλλ'  ό  Τυρίιυν  Arn  II  16  ώς  τόν  γε  έν  Τορτησσφ  προς  Ιβήρων 
τιμώμενον  Ήρακλία,  ϊνα  και  στήλαί  τίνες  Ηρακλέους  ώνομασμέναι 
είσι,  όοκώ  έγώ  τόν  Τύριον  εϊναι  Ήρακλία  vgl.  Ind.  5,  18.  Ar- 
rian spricht  a.  a.  0.  ausführlich  über  den  Heraklescnlt  in  Tyrue 
und  Tarteesos,  Appian  theilt  nur  kurz  das  Resultat  dieser  Aus- 
führung mit,  ohne  sich  in  Einzelheiten  einzulassen:  ταΟτα  τοις 
παλαιολογοΰσι  μεθείσθω.  Ich  schliesse  daraus,  dass  Arrians 
Anabasis  bereite  abgeschlossen  war,  ehe  Appian  an  seine  Aufgabe, 
eine  Darstellung  der  römischen  Geschichte  zu  geben,  herantrat. 
Die  Möglichkeit  einer  Benutzung  Arrians  durch  Appian  w&re 
ausgeschlossen,  wenn  die  Abfassung  von  Anab.  I — III  dem  Jahre 
16G,  von  IV— VII  dem  Jahre  16S  n.  Chr.  mit  Nissen  (Rhein.  Mus.  N. 
F.  43  S.  236  ff.)  zuzuweisen  wäre,  indessen  die  Aufstellungen 
meines  hochverehrten  Lehrers  sind,  mit  wie  viel  Scharfsinn  ihre 
Begründung  auch  durchgeführt  ist,  nicht  zu  halten.  Er  sucht 
die  Beziehungen  der  Alexandergeechichte  zu  den  Schriften  Lukians, 
sowie  zu  der  Zeitgeschichte  auf  und  gelangt  so  auf  zwei  von  einander 
unabhängigen  Wegen  zu  dem  angeführten  Resultate.  Lukian  habe, 
argumentirt  er,  165  n.  Chr.  Arrians  Alexandergeschichte  nicht 
gekannt,  wohl  aber  polemisire  Arrian  versteckt  gegen  Schriften 
des  Philosophen,  die  in  den  Jahren  165—167  herausgegeben  seien. 
Was  die  sprachlichen  Berührungen  mit  Lukian  betrifft:  άνιάσεται 
—  άνι&σαι,  έπεθύμησεν  —  έπιθυμήσαντα,  έπικερτομουντες  — 
έπικερτομοΟντες,  so  darf  man  in  ihnen  schwerlich  etwas  anderes 
als  ein  Spiel  des  Zufalls  erkennen,  zumal  an  der  ersten  Stelle, 
an  der  das  Gefühl  des  άνια(Τθαι  durch  ganz  verschiedene  Dinge 
bei  Alexander  hervorgerufen  wird;  sie  für  beabsichtigte  Anspielung 
zu  halten,  ist  schwer  denkbar.  In  den  Todtengesprächen  12.  13. 
14  soll  dann  Lukian  seinerseits  zum  Angriff  gegen  Arrian  vor- 
gehen, der  mittlerweile  den  ersten  Theil  seiner  Alexanderge- 
echichte veröffentlicht  habe,  und  die  Abwehr  dieses  Angriffs  soll 
der  zweite  Theil  derselben  enthalten.  Die  Verwundung  Alexan- 
ders bei  der  Mallern  giebt  Arrian  Gelegenheit,  sich  gegen  die 
Schriftsteller  auszusprechen,  nach  deren  Bericht  dieselbe  bei  den 
Oxydrakern  erfolgte,  und  dabei  auch  andere  Unwahrheiten  früherer 


452  R  e  u  8  s 

Geschichtschr eiber  zu  bekämpfen.    Hat  er  dabei  ancb  ZeitgenoegeD, 
die    dieselben    nacbeprechen,    im  Auge:    VI,   11,  2  ή   φήμη  .  .  . 
αυτά  .  .  .  ίτι  και   ές  ήμας    bxaa^lex,    βο  braucht  doch  Lukian, 
*  der  im  14.  Todtengespräche  die  Verwundung  bei  den  Oxydrakem 
Bcbadenfroli  ausmalt',  nicht  damit  gemeint  zu  sein,  auch  die  Zeit- 
genosaen  Pausanias  (I  6,  2)  und  Appianos  begehen  den  gleichen 
Fehler,    letzterer  sogar,    obwohl  er  die  Polemik  Arrians  kennen 
mnee  (b    c.  II  152).     Der  Geschichtschreiber  Alexanders  rechnet 
a.  a.  0.  mit  den  lügenhaften  Berichten  seiner  Vorgänger  ab  und 
kommt    dabei    noch    einmal    auf   die    dritte   Schlacht  Alexanders 
gegen  Darius   zu  sprechen.     Während  Aristobulos  und  Ptolemäos 
dieselbe    nach    Gaugamela    legen,    überliefert    die   Mehrzahl    der 
Schriftsteller  Arbela  als  Namen    des  Schlachtorts.     Auch  Lukian 
hat    in  Gespr.   12    an  Arbela   festgehalten,    über    ihn  soll  daher 
Arrian    die  Schale    seines  Zornes  ausgiessen.     Dieser  Auffassung 
widerspricht  der  Umstand,  dass  Arrian  nur  die  Ausführungen  des 
Eratosthenes  wiederholt^,  wie  wir  sie  auch  bei  Strabo  XVI  S.  737 
lesen  (V  3,  1  Έρατοσθίνει  .  .  .  δς  λίγ€ΐ  πάντα  ....  προς  χάριν 
τήν  ΑλεΗάνδρου  ές  τό  ύπέρογκον  έπιφημισθήναι,  Strabo  a.  a.  Ο. 
ο\  Μακεδόνες  ....  κατεψήμισαν  κα\  τοις  συγγραφεΟσιν  οδτω 
παρέδιυκαν,  vgl.  V  3,  3;  5,  3,  Flut.  ΑΙ.  c.  31).     Das  abechlies- 
sende  Urtheil  in  VII  30,   1  will  Nissen  gleichfalls  auf  einen  Zeit- 
genossen   d.  i.  Lukian    gemünzt    sein  las?;en,    näher  liegt  meines 
Erachtens    die  Beziehung    auf  Kallisthenes,    dem    IV   10,   1     sein 
bäuerisches    Verhalten    Alexander    gegenüber    zum  Vorwurf   ge- 
macht   wird.     Alexanders  Ruhm,    so  prahlte  er,    läge    in    seiner 
Hand;  er  sei  nicht  gekommen,  um  durch  Alexander  Ehre  zu  ge- 
winnen, sondern  um  diesen  bei  den  Menschen  zu  Ansehen  zu   brin- 
gen ;  nicht  die  Lügen  der  Olympias  über  seine  Geburt  erhöben  den 
König  zum  Verwandten  und  Genossen  der  Gölter,  sondern  die  Dar- 
stellung, die  er,  der  Geschichtschreiber,  von  seinen  Thaten  hinter- 
lasse.   Es  ist  mir  nicht  zweifehaft,  dass  er  der  μικρότερος  ist  und 
dass  mit  dem  Satze:  οοκουν  oub*  έμοι  iliJJ  του  θείου  φυναι  αν 
δοκεϊ   άνήρ  ούδενι    άλλψ   ανθρώπων  έοικώς  auf  IV  10,   1  τήν 
μετουσίαν  του  θείου  Bezug  genommen  wird. 

Ebenso  wenig  überzeugend  erscheint  die  zweite  Beweis- 
führung, die  Nissen  auf  die  Beziehungen  zur  Zeitgeschichte  ge- 
gründet hat.     So  ist  nicht  zuzugeben,  dass  die  Worte:   VI  28,  6 


*  In  III  22,  4  bezeichnet  Arrian  selbst  Arbela  als  Ort  der  Schlacht: 
iv  Άρβήλοις. 


I 


Ärrian  und  Appian.  453 

d  ö  Τ6  θυμός  μ€  και  ό  οαίμιυν  τούτη  δγ€ΐ,  mit  denen  Arrian  eeine 
Absicht,  ein  Buch  über  Indien  zu  schreiben,  ankündet,  von  einem 
alten  Manne  herrühren  müssen ;  weshalb  soll  nicht  auch  ein  junger 
Mann  von  sich  sagen  können:  'ich  werde  das  später  thun,  sofern 
ich  noch  Neigung  dazu  habe  und  so  Gott  will'?  Was  Arrian  be- 
stimmte, so  zu  schreiben,  wird  sich  aus  der  weiteren  Untersuchung 
ergeben.  Die  Namen  der  Völkerschaften,  die  Arrian  I  3  an  der 
Donau  aufzählt,  mögen  einem  ungebildeten  Manne  unbekannt  ge- 
wesen sein  und  erst  durch  Mark  Aureis  Kriege  für  ihn  Interesse 
gewonnen  haben,  aber  zu  den  Ungebildeten  gehörte  Arrian  nicht, 
er  kennt  die  Kriege  Trajans  an  der  Donau,  und  auch  ohne  diese 
sind  ihm  Namen  nicht  unbekannt  gebliebeui  die  wir  bei  Strabo 
(VII  291),  bei  Tacitus  (Germ.  c.  42,  Annal.  II  63),  bei  Ovid 
(Trist.  II  191  u.  ö.),  bei  Statins  (Silv.  III  170)  und  anderen  lesen. 
Der  Excurs  über  den  Brückenbau  der  Römer  (V  7)  verdankt  dem 
Bedürfniss,  mit  einer  gelehrten  Auseinandersetzung  die  Leser  zu 
unterhalten  und  zu  belehren,  nicht  der  Bezugnahme  auf  die  Zeit- 
geschichte seine  Entstehung.  Arrian  erinnert  a.  a.  0.  an  den 
Brückenbau  des  Xerxes  bei  Herodot;  vielleicht  war  ihm  der  Brücken- 
bau  Cäsars  auch  nicht  unbekannt;  er  bedauert  daher,  dass 
Aristobulos  und  Ptolemaios  keine  Mittheilung  über  Alexandere 
Brückenbau  hinterlassen  haben,  und  hält  es  dabei  nicht  für  un- 
passend, sich  auch  mit  dem  modernsten  Standpunkt  der  Brück en- 
bautechnik  >''ertraut  zu  zeigen.  Bezugnahme  auf  die  Zeitgeschichte 
mag  hier  ebenso  fernliegen,  wie  III  5,  7,  wo  auf  eine  Massregel 
des  Kaisers  Augustus  hingewiesen  wird:  καΐ  *Ρωμαϊοι  boKOvux 
παρ' ΆλεΗάνδρου  μαθόντες  έν  φυλακή  ίχειν  ΑΤγυτΓΤον  καΐ  μηδίνα 
τών  άπό  βουλής  έπι  tiube  έκπίμπειν  υπάρχον  Αίγύπτου,  άλλα 
τών  €ΐς  τους  Ιππέας  σφίσι  Ευντελούντιυν  (vgl.  Tacit.  Annal.  II 
59).  Bei  der  Schilderung  von  Kalanos  Tod  hat  Arrian  (VII  3,  1) 
nach  Nissens  A^'ermuthung  der  Opfertod  desPeregrinos  vorgeschwebt; 
Arrian  habe  es  für  nöthig  gehalten,  die  Episode  mit  den  Worten: 
ταύτα  έγώ  ανέγραψα  δτι  και  υπέρ  Καλάνου  έχρήν  εΙπεΐν  έν  τή 
π€ρ\  ΆλεΗάνόρου  Ευγτραφή  zu  rechtfertigen.  Hier  ist  auf  die 
Worte  έν  τή  περί  *Αλ€Ηάνόρου  Ηυγγραφή  besonders  Gewicht  zu 
legen  (vgl.  V  4,  2  έν  τήδ€  τή  συγγραφή):  Arrian  will  über 
Indien  besonders  handeln  (V  4  u.  5) ;  wenn  er  trotzdem  hier  aus- 
führlicher wird,  so  geschieht  es,  weil  er  den  von  gewichtigen 
(\κανοί)  Zeugen  überlieferten  Tod  des  Kalanos  nicht  übergehen 
darf.  Er  hätte  es  gewiss  nicht  unterlassen,  den  zeitgenössischen 
Vorgang  zu  erwähnen,    wenn  ihm  derselbe  vor  Augen  gestanden 


454  R  e  α  8  8 

hätte,  80  wenig  es  andere  unterlassen  haben,  anf  ein  ähnlicbee 
Vorkommnis  in  Athen  zur  Zeit  des  Kaisers  Angustns  hinzuweisen 
(Nie.  Dam.  bei  Strabo  XV  720,  Plut.  Alex.  c.  69,  Dio  Gase.  54,  9). 
Nissen  legt  besonders  Gewicht  darauf,  dass  Arrian  seine 
Alexandergeschichte  erst  im  reifen  Alter  geschrieben  haben  könne: 
der  Beruf  des  Geschichtschreibera  erforderte  nach  der  AufiPassung 
der  Alten  eine  grössere  Reife  der  Erfahrung  als  diejenige,  über 
welche  ein  junger  Mann  im  Beginn  seiner  öffentlichen  Laufbahn 
verfugte.  Dieser  Satz  mag  gelten  von  dem  in  staatsmännischer 
Thätigkeit  stehenden  Geschichtschreiber,  der  am  £nde  seiner  Lauf- 
bahn die  Summe  seines  Lebens  zieht,  auf  Arrian,  den  Geschicht- 
schreiber  Alexanders,  trifft  er  nicht  zu.  Der  Staatsmann  Arrian 
tritt  in  der  άνάβα(Τΐς  ΑλεΗάνδρου  ganz  zurück,  was  er  uns  bringt, 
ist  aus  anderen  Werken  zusammengetragen,  allerdings  mit  gutem 
Takte  ausgewählt;  ein  wesentliches  Verdienst  kommt  dabei  in- 
dessen der  Kritik  anderer,  z.  B.  des  Eratosthenes  zu.  Von  früher 
Jugend  auf  (άπό  νέου  Ι  12,  5)  hat  er  sich  mit  dem  Plan  einer 
Alexandergeschichte  getragen,  dieselbe  wird  daher  schwerlich 
eine  Frucht  des  gereiften  Alters  sein.  Wäre  sie  erst  168  n.  Chr. 
vollendet,  dann  hätte  er  bis  zu  seinem  Tode,  der  nach  Lukian  Alex. 
0.  2  dem  Jahre  180  schon  vorausliegen  muss,  kaum  noch  Zeit 
gefunden,  das  Buch  über  Indien,  die  10  Bücher  der  Diadochenge- 
schichte, die  8  Bücher  der  bithynischen  Geschichte  zum  Abschlüsse 
zu  bringen.  Wenn  Photius  cod.  92  von  der  Geschichte  der  Nach- 
folger Alexanders  rühmend  hervorhebt:  και  παρεκτροπαϊς  άκαί- 
ροις  ούί)έ  παρενθήκαις  το  συνεχές  της  Ιστορίας  ούόαμοΟ  λυμαι- 
νόμενος,  βο  kann  dies  Lob  auf  die  Anabasis  nicht  ausgedehnt 
werden,  in  der  Arrian  die  Einschaltung  längerer  Excurse  liebt  (I  9 
über  Tbeben,  II  16  über  den  Heraklescult,  III  30  über  den  Tanais 
u.  ö.)  Aueb  die  Ueberlieferung  steht  der  Annahme  einer  späteren 
Abfassung  entgegen.  Nichts  zu  entnehmen  ist  Photius  cod.  58,  wo 
dem  Verfasser  derParthergeschichte  auch  eine  Alexandergeschichte, 
eine  Geschichte  Bithyniens  und  der  Alanen  zugeschrieben  wird, 
anders  steht  es  mit  cod.  93  μέμνηται  bfe  έν  ταύτη  τη  συγγραφή 
και  έτερων  πραγματειών,  ών  ή  μέν  δσα  Τιμολέοντι  .  .  έπράχθη, 

διαλαμβάνει,  ή  bk  τα  Δίωνι  δσα  έργα  έπετελέσθη φαίνεται 

δέ  τετάρτη  ν  γράφων  την  της  πατρίδος  άφήγησιν  μετά  γαρ  τα  περί 
ΆλέΕανδρον  και  Τιμολέοντα  και  Δίωνα  ήδε  αυτω  ή  συγγραφή 
έΕεπονήθη.  Darnach  geht  die  Geschichte  Alexanders  auch  der 
Dions  und  Tinioleonfi  voraus,  selbstverständlich  auch  dem  Buche 
über  Indien  -und  der  Geschichte  der  Nachfolger  Alexanders. 


Arrian  und  Appian.  455 

Schwartz  (Pauly-WisBowa  II  S.  1237)  setzt  die  ADabaeie 
in  die  erste  Zeit  der  zweiten  Periode  Arrians  und  seines  Aufent- 
halts in  Athen  und  läset  die  Βιθυνιακά  und  auch  die  sehr  um- 
fangreichen Παρθικά,  weil  noch  nicht  in  den  Βιθυνιακά  erwähnt, 
später  fallen.  Auch  mit  diesem  Ansätze  wird  die  Abfassung  in 
eine  zu  späte  Zeit  gerückt.  Arrian  gefällt  sich  noch  in  der  Bolle 
des  jüngeren  Xenophon,  nicht  unter  dem  Einflüsse  des  Kaisers 
Hadrian,  wie  Schwartz  meint,  sondern  seines  Lehrers  Epiktet 
(Diss.  II  17,  35,  vgl.  Nissen  a.  a.  0.  S.  237).  Von  einem  jungen, 
noch  nicht  mit  Ehren  überhäuften  Manne  stammen  die  Worte 
in  I  12,  5  δστις  bi  ών  ταύτα  υπέρ  έμαυτοΟ  γιγνώσκω,  τό  μέν 
δνομα  ούόέν  bίoμαι  άναγράψαι,  ουδέ  γαρ  ουδέ  δγνωστον  ές 
ανθρώπους  εστίν,  ούόέ  πατρίδα  ί^τις  μοί  έστιν  oibk  γένος  τό 
έμόν,  ούόέ  et  δη  τίνα  αρχήν  έν  τή  έμαυτου  ήρΕα*  άλλ'  έκ€Ϊνο 
αναγράφω,  δτι  έμοι  πατρίς  τ€  και  γίνος  καΐ  άρχαΐ  oibe  ο\  λόγοι 
είσί  T€  και  άπό  νέου  ίτι  έγίνοντο.  Unbekannt  ist  Arrians  Namen 
der  gebildeten  Welt  nicht  mehr,  da  unter  seinem  Namen  die  Auf- 
zeichnungen über  die  Gespräche  des  Meisters  Epiktet  bereite 
herausgegeben  waren,  aber  Ehrenämter  sind  ihm  bis  dahin  nur 
in  seiner  Vaterstadt  übertragen  worden,  in  der  er  das  lebensläng- 
liche Priesteramt  der  Demeter  und  Persephone  bekleidete  (Phot.  cod. 
93  και  lepia  της  Δήμητρος  καΐ  τής  παώός  αυτής  ....  χρη- 
ματί(Ται).  Er  war  130  η.  Chr.  consul  suffectus  in  Rom,  dann 
Statthalter  Kappadokiens,  146/7  Archffnt  in  Athen.  Warum  über- 
geht er  diese  Aemter  und  spricht  bloss  von  den  Ehren,  die  er  in 
seiner  unbedeutenden  Vaterstadt  genossen  hat?  Die  Bescheiden- 
heit pflegt  im  höheren  Alter  grösser  zu  sein,  als  in  den  jüngeren 
Jahren;  sie  hält  ihn  nicht  ab,  in  dem  Werke  seines  Alters,  den 
Βιθυνιακά,  genauere  Angaben  über  seine  Person  zu  machen  (Phot. 
cod.  93).  Damals  war  Arrian  schon  ein  Mann  in  Amt  und  Würden, 
bei  Abfassung  der  Anabasis  dagegen  war  er  noch  ein  Anfänger,  der 
bis  dahin  nur  in  seiner  Vaterstadt  zu  Aemtern  gelangt  war.  Wohl 
ging  ihm  der  Kuf  bedeutender  Gelehrsamkeit  schon  voraus,  und 
ihm  verdankte  er  seine  weitere  Beförderung:  Phot.  cod.  58.  bia 
bi  τό  τής  παΛβίας  έπίσημον  ίλλας  τε  πολιτικάς  αρχάς  έπιστεύθη 
και  ές  τό  τών  ύπάτιυν  τέλος  άνέβη.  Zu  den  Werken,  die  seinen 
Ruf  begründeten,  gehört  auch  die  Alexandergeschichte.  Dem 
steht  nicht  entgegen,  dass  Arrian  in  Athen  bereits  die  eleusinischen 
Weihen  empfangen  und  in  Athen  sein  Werk  über  Alexander  nieder- 
geschrieben hat:  IIT  16,  8  και  νυν  κείνται  Άθήνησιν  έν  Κερα- 
μεικψ  αί  εικόνες,  ή  δνιμεν    ές  πόλιν,  καταντικρύ   μάλιστα  του 


45β  Reuse 

Μητρώου  *  δστις  bt  μεμύηται  ταΐν  θεαΐν  έν  Έλ€υ(Λνι,  oihe  τόν 
Εύδανέμου  βωμόν  έπι  του  όαττεόου  όντα  (vgl.  VII,  1 3, 5),  man  mneste 
denn  annehmen,  dass  auch  der  περίπλους  erst  in  einer  späteren 
Periode  während  des  Aufenthalts  in  Athen  geschrieben  sein  könnte: 
c.  9, 1  καΐ  κάθηται  ώσπερ  έν  τψ  Μητρώω '  Αθήνησιν  ή  του  Φειδίου. 
Entweder  sind  beide  Stellen  zu  erklären  aus  genauer,  durch  vorüber- 
gehenden Aufenthalt  in  der  Stadt  gewonnener  Bekanntschaft  mit 
den  lokalen  Verhältnissen,  oder  Arrian  hat  wirklich  schon,  be- 
vor er  im  römischen  Staatsdienste  thätig  war,  in  Athen  seinen 
dauernden  Wohnsitz  genommen  und  ist  dorthin  auch  nach  Be- 
endigung seiner  Aemterlaufbahn  zurückgekehrt.  Ich  möchte  mich 
für  das  letztere  entscheiden.  Die  Geschichte  Alexandere  geht  dem 
περίπλους,  welcher  im  Jahre  131/2  erschien,  voraus.  Die  üm- 
seglung  des  schwarzen  Meeres  führte  Arrian  nach  der  Mündung 
des  Don  und  zur  Halbinsel  Krim:  peripl.  c.  19  ένθένδε  έπι 
Τάνοϊν  ποταμόν  έΗήκοντα,  δς  λέγεται  όρί2ειν  άπό  της  'Ασίας 
τήν  Εύρώπην  .  .  .  καίτοι  Αίσχύλος  έν  ΤΤρομηθεϊ  Λυομένψ  τόν 
Φάσιν  δρον  της  Ευρώπης  και  της  Ασίας  ποιεί.  Er  kannte 
daher  den  Don  und  seine  Mündung  aus  eigener  Anschauung. 
Dies  trifft  aber  noch  nicht  für  die  Zeit  zu,  in  der  er  Anab.  III 
30,  8  niederschrieb:  δλλος  b'  fiv  εϊη  Τάναϊς  υπέρ  ότου  λέγει 
'Ηρόδοτος  ό  λογοποιός  δγδοον  είναι  τών  ποταμών  τών  Σκυθικών 
Τάναϊν  και  ^έειν  μέν  έκ  λίμνης  μεγάλης  άνίσχοντα,  έκ6ι6όναι 
bi  ές  μεί2ιυ  έτι  λίμνην,  τή^καλουμένην  Μαιώτιν  *  και  τόν  Τάναϊν 
τούτον  είσιν  ο\  δρον  ποιοΟσι  της  'Ασίας  και  τής  Ευρώπης,  οίς 
όή  άπό  του  μυχού  του  πόντου  του  ΕύΗείνου  ή  λίμνη  τε  ή  Μαιώτις 
και  ό  ές  ταύτην  έΕιεις  ποταμός  ό  Τάναϊς  ούτος  όιείργει  την 
Εύρώπην  τε  και  τήν  Άσίαν.  Das  ist  aus  Büchern,  aus  Herodot 
und  den  Alexanderschriftetellern  (vgl.  Curtius  VI  2,  14)  geschöpfte 
Weisheit,  nicht  aus  eigener  Anschauung  gewonnene  Bekanntschaft 
mit  den  geographischen  Verhältnissen,  wie  man  sie  bei  dem  Autor 
voraussetzen  müsste,  wenn  er  erst  nach  Abfassung  der  Küstenbe- 
schreibung an  die  Behandlung  der  Alexandergeschichte  herangetreten 
wäre.  Auch  den  Lauf  der  Donau  beschreibt  Arrian  in  I  3  nicht 
auf  Grund  selbstgewonnener  Kenntniss,  sondern  wesentlich  im  An- 
schlüsse an  Herodot:  τόν  ποταμόν  τόν  Ίστρον  ποταμών  τών 
κατά  τήν  Εύρώπην  μ^γιστον  όντα,  Herod.  IV  48  έών  μέγιστος 
ποταμών  πάντιυν  ών  ήμεϊς  ϊσμεν;  Arr.  1  3,  1  τά  πολλά  Κελτικά 
δθεν  γε  αι  πηγαι  αύτώ  άνίσχουσι.  Her.  IV  49  άρΕάμενος  έκ 
Κελτών  (deshalb  hält  Α.  auch  Markomannen  und  Quaden  für  kel- 
tische Stämme),  I  3,  2  έκόώοϊ  κατά  πέντε  στόματα  Her.  IV  47 


Arriau  uod  Appian.  457 

πεντάστομος  Ϊ  3,  2  Γίτας  τους  απαθανατίζοντας,  Her.  IV  94 
ο\  Γέται  άθανατ(2^ου(Τΐ.  In  der  Küstenbeeohreibang  des  schwarzen 
Meeres  (c.  20  ff.)  giebt  er  eine  sehr  eingehende  Schilderung  der 
5  Arme,  in  welche  sich  der  Flues  bei  seiner  Mündang  theilt  und  die 
der  Schriftsteller  auf  der  von  ihm  als  Statthalter  von  Eappadokien 
ausgeführten  Eüstenfahrt  aufgesucht  und  kennen  gelernt  hat.  Am 
deutlichsten  tritt  dies  Verhältniss  der  beiden  Schriften  zu  einander 
bei  einer  Vergleichung  von  Anab.  V  3  mit  περιπλ.  c.  11,  5  zu 
Tage.  Um  den  Ruhm  Alexanders  zu  erhöhen,  so  behauptet  Era- 
tosthenes,  hätten  die  Makedonier  das  Parapamisosgebirge  als  Eau- 
kasos  bezeichnet  und  auch  die  Auffindung  der  Grotte  vorgegeben, 
in  der  Prometheus  von  Hephästos  an  den  Felsen  geschmiedet  ge- 
wesen sei.  Diese  Erzählungen  erklärte  Eratosthenes  rückhaltlos  für 
Schwindeleien  (πλάσματα  τών  κολακΕυόντων  'AXiHavbpov  Strabo 
XV  G88);  Arrian  kann  sich  nicht  entschliessen,  unumwunden 
hierin  ihm  beizustimmen:  §  l  ου  γαρ  ίγωγε  Έρατο(Τθίν€ΐ  πάντη 
Ευμφίρομαι,  §  4  έμοι  b*  έν  μίσψ  κείσθιυν  ο\  υπέρ  τουτιυν  λόγοι. 
Auf  seiner  Fahrt  nach  Dioskurias  erblickte  der  Statthalter  Eappa- 
dokiens  auch  den  Gebirgszug  des  Eaukasos,  und  man  zeigte  ihm 
eine  Bergspitze,  mit  Namen  Strohilos,  an  welche  Prometheus  auf 
Juppiters  Befehl  von  Hephästos  angeschmiedet  worden  sein  sollte 
(c.  11,  5).  Läge  diese  Fahrt  der  Abfassung  von  V  3  voraus, 
dann  wären  die  Bedenken  Arrians  gegenüber  der  Eritik  des  Era- 
tosthenes  nicht  zu  verstehen,  dann  würde  er  zweifellos  ihm  ohne 
Schwanken  sich  angeschlossen  haben.  So  entscheidet  er  sich  in 
seinem  Buche  über  Indien,  in  dem  er,  nicht  mehr  befangen  in 
der  Ueberlieferung  seiner  Quellen  für  die  Alexandergeschiohte, 
ohne  Einschränkung  die  Eritik  des  Eratosthenes  gelten  läset: 
Ind.  2, 4  Μακεδόνες  bi  o\  σύν  ΆλεΗάνδρψ  στρατεύσαντες  Καύ- 
κασον  αυτό  έκάλεον,  άλλον  τούτον  Καύκασον,  ου  τόν  Σκυθικόν, 
ώς  και  τά  έπέκεινα  του  Καυκάσου  λόγον  κατίχειν  δτι  έπήλθεν 
ΆλέΗανδρος,  5,  10  κατάπερ  ών  καΐ  τόν  ΤΤαραπάμισον  Καύκασον 
έκάλεον  Μακεδόνες,  ούδίν  τι  προσήκοντα  τούτον  τώ  Καυκάσψ*  και 
τι  και  άντρον  έπιφρασθέντες  έν  ΤΤαραπαμισάδησι,  τούτο  ίψασαν 
εκείνο  εΤναι  τοΟ  ΤΤρομηθέος  του  Τιτήνος  τό  δντρον,  έν  δτψ 
έκρέματο  έπι  τή  κλοπή  του  πυρός.  Wie  ist  dieser  Wechsel  des 
Urtheils  zu  erklären?  Arrian  hat  inzwischen  selbst  den  skythischen 
Kaukasos  und  die  Bergspitze  gesehen,  an  welcher  Prometheus 
seinen  Frevel  nach  dem  Glauben  der  Griechen  gebüsst  hat.  Zwi- 
schen Alexandergeschiohte  und  dem  Buche  über  Indien  liegt  ein 
längerer  Zeitraum.     Arrian    hat   mittlerweile    die  Welt  gesehen, 


458  Reuse 

ist  am  lim  und  an  der  Sava  gewesen,  hat  die  Provinzen  Hhätien, 
Noricnm  und  Pannonien  bereist  (InJ.  4,  16),  weise  zu  erzählen 
von  abgerichteten  Elephanten  und  mannigfachen  Papageiarten,  die 
er  gesehen  hat  (Ind.  13,  5;  15,  9).  Darum  braucht  er  sich  bei 
der  Beschreibung  des  Donaulaufs  auch  nicht  auf  die  Nachrichten 
anderer  zu  stützen  und  ist  im  stände,  eigene  Beobachtung  mitzo- 
theileu:  4,  15  ό  be  Ίστρος  ολίγος  μέν  άνίσχει  άπό  τών  πηγέαιν, 
δ€Κ€ται  bi  πολλούς  ποταμούς, . . .  ών  τους  μέν  αυτός  Ι5ών  οίδα, 
τον  'Ένον  τ€  καΐ  Σαόν,  2,  5  ού  συνεχία  όλλήλοισι  τά  στόματα 
κατάπερ  τά  πέντε  του  "Ιστρου  έστι  συνεχία  (vgl.  peripl.  ο.  20  ff.). 
Arrian  hatte  die  Absicht,  nach  der  Geschichte  Alexandere  das 
Buch  über  Indien  herauszugeben  (V  6,  8;  VI  16,  5j,  doch  ha- 
bent  sua  fata  libelli:  vor  der  Veröffentlichung  ist  er  zu  anderen 
Aufgaben  berufen  worden  und  wahrscheinlich  als  römischer  Be- 
amter in  die  Donanprovinzen,  an  das  schwarze  Meer,  nach  Kappa- 
dokien  gekommen.  Trifft  diese  Darstellung  der  Verhältnisse  das 
Richtige,  dann  werden  auch  verständlich  die  Worte,  mit  denen 
der  Schriftsteller  die  Abfassung  der  Indika  als  zweifelhaft  in 
die  ungewisse  Zukunft  hinausschiebt:  VI  28,  6  ταύτα  μέν  6ή  έν 
ύστέρψ  ίσται  τυχόν,  εΐ  ό  τε  θυμός  και  ό  δαίμων  ταύττ)  άγει. 
Die  Frage,  ob  er  seinen  Geschichtschreiberbernf  mit  der  Laufbahn 
eines  Reichsbeamten  vertauschen  solle,  trat  —  so  folgt  weiter 
daraus  —  schon  bei  der  Behandlung  der  letzten  Jahre  Alexanders 
an  Arrian  heran;  daher  mögen  sich  auch  Unebenheiten  erklären 
lassen,  die  eine  einheitliche  Schlussredaktion,  wie  Niesen  meint, 
beseitigt  haben  würde. 

Doch  verfolgen  wir  weiter  die  Spuren,  die  auf  die  Voll- 
endung der  AnabasiK  vor  Arrians  amtlicher  Thätigkeit  hinführen. 
VII  13,  4  spricht  er  sich  über  die  Amazonen  aus,  die  zu  Xeno- 
phons  Zeit  nicht  mehr  existiert  haben  könnten.  Dieser  zähle,  so 
lautet  seine  Beweisführung,  die  Völkerschaften  auf,  welche  die 
Griechen  auf  ihrem  Marsche  durch  Armenien  nach  Trapeznnt  und 
von  hier  der  Küste  entlang  berührt  hätten;  hätte  es  Amazonen 
damals  gegeben,  dann  müssten  die  Griechen  auch  mit  ihnen  zu- 
sammengetroffen sein.  Arrian  leugnet  nicht,  dass  dieselben  über- 
haupt einmal  gelebt  hätten,  sonst  könnte  ihrer  nicht  in  den  griechi- 
schen Sagen,  sowie  von  Herodot  und  den  griechischen  Rednern 
gedacht  werden.  Auch  hier  haben  wir  keine  Andeutung  darüber, 
dass  Arrian  auf  «einer  Fahrt  um  das  schwarze  Meer  und  als  Statt- 
halter Kappadokiena  gleichfalls  jene  Gegenden  und  Volksstämme 
kennen    gelernt  hat,    wozu  ihm  doch  weit  mehr  Gelegenheit  ge- 


Arriau  und  Appian.  459 

boten  war,  als  den  von  Drangsalen  aller  Art  heimgesuchten  Grie- 
chen während  ihres  Marsches;  selbst  den  Fluss  Thermodon  kennt 
er  nicht,  an  den  die  Sage  die  Wohnsitze  der  Amazonen  verlegt 
Hiertiber  zeigt  er  eich  im  περίπλους  besser  unterrichtet,  wenn 
er  auch  der  Sache  weniger  Worte  widmet:  15,  3  ούτος  ό  θερ- 
μώοιυν  εστίν,  ϊνα  περ  αΐ  ΆμαΖόνες  οικήσαι  λέγονται.  Auch 
VII,  13,  5  scheint  übrigens  in  Athen  niedergeschrieben  zu  sein; 
και  γέγραττται  ή  'Αθηναίων  κα\  ΆμαΖόνων  μάχη  προς  Μίκωνος 
ου  μείον  ήπερ  ή  'Αθηναίων  κα\  Περσών.  Befremdend  für  einen  ge- 
wesenen Statthalter  Kappadokiens  ist  auch  die  unbestimmte  Nach- 
richt über  den  Araxes:  VII  16,  3  και  τόν  ΆράΕην  bk  rov  ii 
'Αρμενίας  ρέοντα  ές  ταύτην  έσβάλλειν  ό  πλείων  λόγος  κατέχει. 
Man  müsste  irre  werden  an  Arrian,  wenn  er  sich  um  die  geogra- 
phische Beschaffenheit  seiner  Provinz  und  der  benachbarten  Länder 
so  wenig  gekümmert  hätte.  Wo  er  aber  aus  eigener  Anschauung 
etwas  mittheilen  kann,  hält  er  damit  nicht  zurück.  Dies  beweist 
er:  II  16,  6  oTba  bk,  έγώ  και  ές  τούτο  έτι  ευβοτον  τήν  ήπειρον 
ταύτην  και  βους  τρέφουσαν  καλλίστας,  wo  er  von  Ambrakia 
und  dem  Lande  der  Amphilocher  spricht.  Hier  weiss  er  Bescheid, 
denn  hier  liegt  die  Stadt  Nikopolis, .  in  der  er  den  Unterricht 
Epiktets  genossen  hat.  Damit  erledigen  sich  die  Zweifel  Abichts 
(Einleitung  zu  s.  Ausg.  S.  2),  ob  Arrian  seinen  Meister  in  Nikopolis 
oder  anderswo  gehört  hat  (vgl.  auch  Ind.  41,  2  ff.).  Charakte- 
ristisch ist  aber,  dass  dies  die  einzige  Stelle  der  Anabasis  ist, 
an  welcher  der  Schriftsteller  Bekanntschaft  mit  den  erwähnten 
Oertlichkeiten  verräth;  es  beweist  dies,  dass  er  zur  Zeit,  in  der  er 
die  Anabasis  schrieb,  noch  nicht  der  weitgereiste  Idann  war,  als 
den  wir  ihn  aus  anderen  Schriften  kennen  lernen.  Höchstens 
dürfte  man  aus  IV,  6,  7  schliessen,  dass  er  den  Peneios  in  Thes- 
salien gesehen  hat.  Aus  I  16,  4  και  τούτων  χαλκαΐ  εικόνες  iv 
Δίψ  έστάσι  ergiebt  sich,  dass  er  nach  Dion  in  Makedonien  nicht 
gekommen  ist  und  auch  in  Rom  keinen  Bescheid  weiss;  denn  die 
Statuen  der  am  Granikos  gefallenen  Reiter  schmückten  längst 
die  von  Metellus  Macedonicus  erbaute  Portikus  in  Rom,  vgl. 
Vell.  Paterc.  I  11,  4  und  Plin.  bist.  nat.  XXXI V  9,  6. 

Arrian  ist  Schüler  des  Stoikers  Epiktetos;  als  er  seine  Ana- 
basis schrieb,  stand  er  noch  ganz  unter  dem  Eindrucke  seiner 
Lehren.  Bei  Beurtheilung  Alexanders  und  seiner  Thaten  ist  es 
darum  vor  allem  die  ethische  Seite,  die  er  hervorhebt.  Nicht 
ohne  göttliche  Einwirkung  hat  er  sich  der  Aufgabe  unterzogen, 
die  Geschichte  des  grossen  Königs  der  Nachwelt   zu  überliefern. 


460  R  c  u  8  8 

Felillrittc  desselben  liat  er  getadelt  um  der  Wahrheit  willen  und 
um  der  Menschheit  zu  nützen.  Gleichmuth  und  Seelenruhe,  Be- 
herrschung der  Begierden  und  Leidenschaften  forderte  der  philo- 
sophische Meister;  σώφρονα  ίργα  (IV  20,  4)  des  Königs  finden 
selbst  die  Bewunderung  der  Feinde,  und  volles  Lob  erntet  er 
für  seine  Selbstbeherrschung,  als  er  beim  Marsche  durch  die 
-Wüste  den  Trunk  Wassers  zurückwies  (VI  26,  3).  Nicht  so 
sehr  Tadel,  als  Mitleid  wird  Alexander  wegen  der  Ermordung 
des  Kleitos  zugewandt,  er  ist  zwei  Uebeln  erlegen,  denen  der  be- 
sonnene Mann  nicht  erliegen  darf,  dem  Zorne  und  der  Trunken- 
heit (IV  0,  1).  Glückseligkeit  hängt  nicht  von  äussern  Gutem 
ab,  Besonnenheit  und  Selbstbeherrschung  verbürgen  dieselbe: 
'wenn  etwas,  so  geben  die  Grossthaten  Alexandere  dafür  Zeug• 
niss,  dass  nicht  Stärke  des  Leibes,  nicht  Adel  der  Gebart,  nicht 
der  Glanz  der  Thaten,  selbst  wenn  einer  noch  Grösseres  im  Kriege 
vollbrächte,  als  Alexander,  wenn  er  den  Besitz  Afrikas  zu  dem 
Asiens,  und  Europas  zu  dem  Afrikas  und  Asiens  gewänne,  zur 
Glückseligkeit  nützen,  sofern  man  nicht  auch  die  Tugend  der  Be- 
sonnenheit sich  wahrt'  (IV  7,  3).  'Hätte  Alexander  auch  die 
Herrschaft  über  Europa  der  über  Asien  hinzugefügt,  ja  eelbet 
die  brittanischen  Inseln  noch  dazu  gewonnen,  zufrieden  würde  er 
nicht  gewesen  sein,  sondern  hätte  weiter  dem  unbekannten  nach- 
gejagt und  hätte,  wenn  nicht  mehr  in  einem  anderen,  in  sich  selbst 
einen  Feind  gefunden'  (VII  1,  4).  Dass  er  allerdings  einen  Dioge- 
nes und  die  indischen  Weisen  bewunderte,  zeigt  ihn  nicht  ganz 
der  besseren  Einsicht  baar  (VII  2,  2).  Solche  Urtheile  verrathen 
nicht  die  Staatsweieheit  des  in  Ehrenstellen  gereiften  Beamten, 
sondern  die  Schulweisheit  des  noch  nicht  allzulange  seinem  Meister 
entwachsenen  Jüngers.  Nur  das  Geständniss  der  Sünde  und  die 
Reue  über  dieselbe  führt  zur  Besserung  (VII  29,  2);  darum  ver- 
dient Alexander  Anerkennung,  dass  er  seine  Fehltritte  nicht  zu 
vertheidigen  sucht,  sondern  zugesteht,  aus  menschlicher  Scli wache 
gefehlt  zu  haben  (IV  9,  2  u.  6),  während  das  Verhalten  des 
Philosophen  Anaxarchos  um  so  härteren  Tadel  erfährt,  wenn  er 
den  König  zu  trösten  sucht,  alles,  was  von  ihm  geschehe,  müese 
als  gerecht  gelten. 

Aber  auch  der  Freimuth  eines  Kleitos  und  Kallisthenes  ist  nicht 
am  Platze,  es  genügt,  dass  ein  jeder  für  seine  Person  das  Rechte 
thut  (IV  12,  6)  und  sich  still  verhält  (IV  8,  5).  Daran  erkennt 
man  ja  —  so  lehrte  Epiktet  —  den  Weisen:  er  tadelt  niemanden, 
lobt    niemanden,    klagt   über   niemanden,    macht    niemanden  Vor- 


i 


Arrian  und  Appian.  461 

würfe.  Der  Weise  ist  auch  über  den  Tod  erhaben;  der  freiwillige 
Tod  dee  Indiere  Kalanoe  erfüllt  Arrian  mit  Bewunderung  für  die 
unerRchütterliche  Willenskraft,  die  alles  auszuführen  vermag  (VII 
3,  8).  Dnss  eine  Gottheit  auch  in  den  Geschicken  Alexandere 
ihr  Walten  geübt  hat,  davon  zeigt  sich  unser  Schriftsteller  fest 
überzeugt  (TU  3,  6).  Er  halt  es  für  unrichtig,  nach  dem  Mass- 
stabe  menschlicher  Weisheit  und  Erfahrung  prüfen  zu  wollen, 
was  seit  altersher  über  die  Gottheit  erzählt  wird  (V  1,  2),  und 
kann  deshalb  nicht  zu  einer  bestimmten  Stellungnahme  gelangen 
gegenüber  den  Zweifeln,  welche  Eratosthenes  über  die  Kriegezüge 
des  Dionysos  und  Herakles  nach  Indien  ausspricht.  Auch  hierin 
ist  seine  Anschauung  bis  zu  der  Zeit,  da  er  die  Indica  schrieb, 
nicht  ohne  Wandel  geblieben  (Ind.  2,  5;  5,   10). 

Gehört  Arrians  Alexandergeschichte  den  Jahren  vor  1 30  n.  Chr. 
an,  dann  kann  die  Frage,  ob  Appian  die  Möglichkeit  geboten 
war,  dieselbe  zu  benutzen,  nicht  mehr  erhoben  werden.  Nissen 
a.  a.  0.  S.  240  nimmt  an,  Appian  habe  seine  Bücher  unter  Pius 
begonnen,  aber  erst  unter  dessen  Nachfolger  veröffentlicht,  und 
giebt  dafür  tolgende  Begründung:  *in  der  Vorrede  ist  von  einer 
parthischen  Geschichte  keine  Rede;  wenn  eine  solche  dem  ur- 
sprünglichen Plane  zuwider  Btirgerkr.  II  18.  V.  85  (auch  Syr.  ßl) 
in  Aussicht  genommen  wird,  so  ist  die  Abweichung  ohne  Zweifel 
dem  Einfluss  der  Tagesbegebenheiten,  d.  h.  dem  Partherkriege  des 
L.  Verus  in  Rechnung  zu  stellen.'  Eine  Ankündigung  der  Par- 
thergeschichte fehlt  allerdings  in  der  Vorrede,  indessen  das  theilt 
sie  mit  anderen  Büchern  des  Gesammtwerks,  und  darum  kann  man 
nicht  behaupten,  die  Absicht,  auch  eine  parthische  Geschichte  zu 
schreiben,  Verstösse  gegen  den  ursprünglichen  Plan.  Nach  An- 
kündigung der  Βασιλική,  Ιταλική,  Σαυνιτική,  Κελτική,  Σικελική, 
Ιβηρική,  Άννιβαική,  Καρχη^ονική,  Μακεδόνικη  wird  es  Appian 
zu  viel^  die  weiteren  nach  Volksstämmen  benannten  Bücher  auf- 
zuzählen, und  er  giebt  daher  gleich  das  Eintheilungsprinzip,  das 
ihn  bei  der  Darstellung  der  Bürgerkriege  leitete,  an.  Unerwähnt 
geblieben  sind  die  mit  dem  Buch  über  Makedonien  verbundene 
Ιλλυρική  (b.  c.  V  145),  die  Ελληνική  κα\  Ιωνική  (Syr.  c.  2. 
Mithr.  c.  11),  die  Συριακή  (Syr.  c.  51.  b.  c.  V  11),  der  Μιθρι- 
οάτειος  (b.  c.  I  55),  die  ΑΙγυπτιακά  (Mithr.  114,  b.  c.  I  G,  II, 
90;  V,  1),  die  Εκατονταετία  (Illyr.  c.  30),  die  Δακική,  der  Άρά- 
βιος,  die  b.  c.  II  92  genannte  Άσιανή  συγγραφή,  die  wohl  mit 
der  Ιωνική  identisch  ist.  Wollte  Appian  nicht  eine  Lücke  in 
der  ganzen  Anlage  lassen,    dann  musste  er  von  vornherein  auch 


462  Reust 

beabsichtigt  haben,  die  Partberkriege  zu  behandeln.  Haben  Tra- 
jane  Kriege  mit  den  Dakern  und  in  Arabien  (fr.  18  n.  19.  cod. 
Vat.  141  bei  Mendelssohn  p.  Vli  A.  3  τά  Δακικά  οίς  έλαμπρύ- 
νατο  ό  Τραϊανός)  den  Geschichtschreiber  bestimmt,  eine  Dar- 
stellung derselben  in  Buch  23  u.  24  za  geben,  so  mochten  ihm 
dessen  Partherkriege  auch  hinreichend  Veranlassung  sein  zur  Ab- 
fassung einer  συγγραφή  Παρθική;  £influss  der  Tageebegebenheiten 
anzunehmen,  dazu  liegt  kein  Grund  vor.  Mendelssohn  ist  der 
Ansicht,  dass  Appian  seine  Absicht  nicht  zur  Ausführung  gebracht 
habe,  und  schliesst  aus  der  Erwähnung  der  mit  der  Συριακή  yer- 
bnndenen  Παρθική  bei  Photins  cod.  57,  dass  schon  vor  Photius 
auf  den  Namen  Appians  die  aus  Plutarch  zusammengestellte  Παρ- 
θική gefälscht  sei.  Auch  dieser  Annahme  möchte  ich  nicht  un- 
bedingt zustimmen.  Nach  Illyr.  c.  30  hat  das  ganze  Werk  aus 
zwei  Abtheilnngen  bestanden,  der  Geschichte  der  Republik  und 
der  Geschichte  der  Eaiserzeit:  αλλά  μοι  τά  μέν  προ  όλώ(Τ€(υς 
ΑΙγύτττου  πάντα  υπό  νεύματι  του  οήμου  γενόμενα  έφ'  έαυταιν 
συγγέγραπται,  8  bk  μετ'  Αϊγυπτον  οι  αυτοκράτορες  οίοε  έκρα- 
τύναντο  ή  προσίλαβον  ώς  Κ)ΐα  αυτών  ίργα,  μετά  τά  κοινά  εϊρη- 
ται.  δο  hat  Arrian  wohl  auch  die  zur  Zeit  der  Republik  ge- 
führten Partherkriege  von  den  Partherkriegen  der  Kaiser  getrennt 
behandelt,  ähnlich,  wie  er  es  in  der  Ιλλυρική  gemacht  hat:  c.  30 
ίνθα  και  περί  Μυσών  έρώ.  Wenn  er  auch  die  Geschichte  der 
Republik  nach  den  einzelnen  Völkern,  mit  denen  die  Römer  in 
Konflikt  kamen,  behandelte,  so  ist  doch  anzunehmen,  dass  er  den 
der  Zeit  nach  zusammengehörenden  Stoff  auch  gleichzeitig  in  Be- 
handlung nahm,  dass  er  z.  B.  die  Kriege  Oktavians  in  Illyrien 
nicht  eher  beschrieb,  als  auch  die  gleichzeitigen  in  b.  c.  V  be- 
handelten Ereignisse  (V  145).  Die  Zusammenstellung  der  Ιλλυ- 
ρική mit  der  Μακεδόνικη  wurde  also  erst  nachträglich  vorge- 
nommen, sie  bildete  eine  besondere  Abtheilung  des  betreffenden 
Buches:  Illyr.  c.  30  και  το  σύγγραμμα  μοι  τούτο  Ίλλυρικόν  έστιν. 
Aehnlich  war  wohl  auch  das  Verhältniss  der  verloren  gegangenen 
Ελληνική  und  Ίιυνική  zu  einander.  Wenn  man  daher  bei  Photins 
liest:  ό  bk  ενδέκατος  Ρωμαϊκών  Συριακή  και  Παρθική,  so  scheint 
es  mir  trotz  Syr.  c.  51  άλλα  τάδε  μέν  εντελώς  έν  τη  Παρθική 
συγγραφή  λεΕω*  τής  bi  βίβλου  τήσδε  οοσης  Συριακής  κ.  τ.  λ. 
nicht  ausgeschlossen  zu  sein,  dass  Appian  die  Partherkriege  erst 
später  dargestellt  und  die  Παρθική  nachträglich  mit  der  Συριακή 
zu  einem  Buche  vereinigt  hat.  Aus  der  Geschichte  dieser  Kriege 
erhellt,    dass  Appian    mit   demselben  Grunde    ilinen    diesen  Platz 


Arrian  und  Appian.  463 

anweieen  konnte,  aus  dem  er  auch  die  Ιλλυρική  zu  einem  Anhange 
der  Μακεοονίκή  machte.  Doch  mag  man  diese  Vermuthung  an- 
nehmen oder  nicht,  auf  keinen  Fall  darf  man  die  Aheicht,  eine 
Parthergeschichte  zu  echreihen,  mit  den  Zeitereignissen,  mit  dem 
Kriege  des  L.  Verus  in  Verbindung  bringen. 

Nach  Photius  cod.  57  lebte  Appian  unter  den  Kaisern  Trajan 
und  Hadrian,  und  dies  bestätigt  er  selbst  an  verschiedenen  Stellen : 
Syr.  c.  50,  Ib.  38,  b.  c.  II  86.  90.  Zur  Zeit  Vespasians  war  er  noch 
nicht  geboren:  dies  ergiebt  sich  ans  Syr.  c.  50;  seine  Gehurt  in  die 
Zeit  Trajans  herabzurücken,  geht  nicht  an,  da  er  während  des  Juden- 
aufstandes im  Jahre  116  n.  Chr.  kein  Jüngling  mehr  gewesen  sein 
kann  (fr.  19)  und  der  ßedner  Fronto  in  einem  Briefe  an  Antoninus 
Pius  (I  9  S.  170  f.  bei  Naber)  seiner  als  eines  alten  Mannes  gedenkt: 
dignitatis  enim  suae  in  senectute  omandae  cauBa  und  aetas,  orbitas, 
cui  leniendae  solaciis  opus  est.  In  seiner  Vaterstadt  Alexandria 
hat  er,  bevor  er  nach  Kom  übersiedelte,  schon  die  ersten  Aemter 
bekleidet  (pr.  c.  15),  kann  also  nicht  als  junger  Mann  in  die 
Hauptstadt  des  Reichs  gekommen  sein.  Sein  Aufenthalt  in  dieser 
darf  andererseits  auch  nicht  zu  kurz  bemessen  werden,  sonst  könnte 
Fronte  nicht  schreiben:  cum  quo  mihi  et  vetus  consuetudo  et 
fitudiorum  usus  prope  quotidianns  intercedit.  Im  Jahre  116  musste 
er  vor  den  Juden  fliehen  und  erreichte  nach  seiner  Flucht  durch 
das  peträische  Arabien  eine  Triere,  die  ihn  nach  Pelusium  brachte* 
Die  Frzählung  darüber  legt  die  Vermuthung  nahe,  dass  an  seiner 
Ergreifung  den  Juden  besonders  gelegen  sein  musste,  dass  er  da- 
her sich  damals  wohl  in  einer  angeseheneren  öffentlichen  Stellung 
befand.  Es  ist  darum  auch  nicht  unwahrscheinlich,  dass  er  da- 
mals nach  Rom  sich  gewandt  und  hier  seinen  dauernden  Aufent- 
halt genommen  hat.  Hier  lebte  er  als  Sachwalter  oder,  wie  er 
selbst  (pr.  15)  sagt:  οίκαις  έν  *Ρώμη  συναγορεύσας  έπΙ  τών 
βασιλευον.  Die  Deutung,  die  Schwartz  diesen  Worten  giebt:  *er 
wurde  advocatus  flsci'  (Panly-Wissowa  II  S.  216)  halte  ich  nicht 
für  zutreffend.  Fronto  a.  a.  0.  bezeichnet  ihn  nur  als  oausidicne 
(ut  causidicorum  scatebra  exoreretur  idem  petentinm),  der  Zusatz 
έπ\  τών  βασιλέων  ist  nichts  weiter,  als  eine  Zeitangabe  (vgl. 
Polyän  II  pr.  δίκας  έφ'  υμών  λίγιυν  VIII  pr.  προαιρίσ€ΐ  βίου 
και  λόγου  οικανικοΟ  χρώμενος),  die  Photius  a.  a.  Ο.  ganz  weg- 
lässt.  Die  Vermittlung  Frontos,  der  mindestens  2  Jahre  lang 
bei  Antoninus  Pius  (138-61)  sich  für  ihn  verwandte,  verschaffte 
ihm  die  Stelle  eines  procurator  Augusti;  dem  alten  Manne  lag, 
wie    der  Freund  ausdrücklich   hervorhebt,    an  der  Auszeichnung; 


4G4  R  θ  u  8  s 

nicht  an  dem  Einkommen,  das  mit  dem  Amte  verbunden  war. 
Wann  dies  geschah,  erfahren  wir  leider  nicht;  eine  Nachricht  dar- 
über würde  uns  die  Möglichkeit  geben,  die  Abfassungszeit  der 
Vorrede  zur  römischen  Geschichte  zu  bestimmen,  in  der  es  hetsst: 
μίχρι  μ€  σφών  έπιτροπεύειν  ήΕίωσαν,  vgl.  Phot.  a.  a.  0.  και 
βασιλέων  έπιτροπεύειν  ήΕιώθη.  Besondern  Nachdruck  auf  den 
Plural  (Τφών  ζα  legen  und  daraus  folgern  zu  wollen,  Appian  sei 
procnrator  Augustorum,  d.  i.  des  Marc  Aurel  und  Luc.  Verus 
gewesen,  ist  nicht  nothwendig,  der  Plural  ist  gewählt,  weil  im 
των  βασιλέων  unmittelbar  vorhergeht;  man  müsate  denn  annehmen, 
dass  auch  οίκαις  (Τυναγορ€ύ(Τας  sich  auf  die  Zeit  der  genannten 
Kaiser  beziehe.  Appian  erwähnt  von  den  Kaisern  seiner  Zeit  nur 
Trajan  und  Hadrian,  hat  aber  erst  unter  Antoninus  Pius  geschrie- 
ben :  b.  c.  I  38  δ  καΐ  'Αδριανός  μιμούμενος  ύστερον  χρόνψ  πολλψ 
τήν  αυτοκράτορα  αρχήν  Ρωμαίοις  ηγούμενος  όνεκαίνισε  και 
μετ  αυτόν  έπέμεινεν  ές  βραχύ.  Hadrian  theilte  Italien  in  4  Ge- 
richtssprengel und  stellte  sie  unter  Gerichtsdirektoren  mit  konsula- 
rischem Range;  Antoninus  Pius  hob  in  den  ersten  Jahren  seiner 
Regierung  diese  Einrichtung  wieder  auf.  Da  sie  aber  von  Marc 
Aurel  wieder  aufgenommen  wurde,  und  zwar  wahrscheinlich  im 
Jahre  163  (Schwartz  a.  a.  0.),  so  mass  die  Abfassung  der  Vor- 
rede vor  dies  Jahr  fallen.  Damit  stimmen  denn  auch  die  anderen 
in  derselben  enthaltenen  Angaben. 

In  die  Regierungszeit  des  Pius  fallen  die  Gesandtschaften  der 
fernen  Völker,  die  um  Aufnahme  in  den  römischen  Reicheverband 
bitten,  aber  abgewiesen  werden  (prooem.  c.  8).  Nach  dem  Jahre 
140  n.  Chr.  sind  geschrieben  die  Worte  in  c.  2  Λρμενίαν  μεί- 
ζονα ής  'Ρωμαίοι  ουκ  δρχουσι  μεν  ίς  φόρου  κομιδήν,  αύτοι 
hk  άποδεικνύουσι  τους  βασιλέας.  Es  handelt  sich  hier  nicht 
um  einen  einzelnen  Vorgang,  wie  etwa  Phot.  cod.  58  αυτός  αύ- 
τοΐς  τον  βασιλε'α  καταστησάμενος,  sondern  um  eine  schon  wie- 
derholt geübte  Besetzung  des  Thrones.  Zum  ersten  Male  haben 
die  Römer  über  den  armenischen  Thron  verfügt  bei  Beginn  der 
Regierung  Hadrians,  zum  zweiten  Male  im  Jahre  140  (Napp  de 
rebus  imperatore  M.  Aurelio  Antonino  in  Oriente  gestis  S.  9  u. 
10).  Von  der  Gründung  Roms  bis  zur  Zeit,  da  er  seine  römische 
Geschichte  schrieb,  rechnet  Appian  pr.  9  im  ganzen  900  Jahre. 
Da  unter  Pius  im  Jahre  148  n.  Chr.  das  900jährige  Bestehen 
der  Stadt  Rom  gefeiert  wurde  (Vict.  Caes.  15,  3  u.  a.),  so  wird 
man  diese  Berechnung  nicht  nur  als  eine  ungefähre  ansehen  dür- 
fen,   sondern  an  dem  Jahre   148  wirklich   festhalten    müssen    als 


Arrian  und  Appian.  4()5 

dem  Zeitpunkte,  da  Appian  an  seine  Aufgabe,  eine  GeRchichte 
Roms  zu  schreiben,  herantrat.  Eine  nur  ungefähr  stimmende  Be- 
rechnung stellt  er  in  c.  7  an,  hier  unterlägst  er  es  aber  nicht, 
den  Zusatz  έγγυτάτιυ  =  nahezu  hinzuzufügen.  Von  Begründung 
der  Kaiserherrschaft  sind  ihm  bis  zur  Abfassnngszeit  der  Vorrede 
nahezu  200  Jahre  verflossen  (έγγυτάτω  διακοσίων  ετών  δλλων). 
Als  Ausgangspunkt  nimmt  er  dabei  die  Dictatur  Cäsars  d.  i.  das 
Jahr  18  v.  Chr.  (vgl.  auch  b.  c.  I  104  Καίσαρος  την  αρχήν 
ούκίτι  μεθεντος,  Π  72  ές  αρχήν  τήσδ€  της  νυν  έπεχούσης  τα 
πάντα  ηγεμονίας).  Hält  man  an  dem  Jahre  148  als  der  Zeit, 
da  die  Vorrede  niedergeschrieben  wurde,  fest,  so  trifft  der  Aus- 
druck Appians  auch  hier  vollkommen  zu,  es  sind  in  der  Tbat 
nahezu  200  Jahre  seit  dem  Bestehen  der  Monarchie  verstrichen. 
Eine  Säcularfeier  aber,  wie  sie  der  Schriftsteller  miterlebte  und 
mitfeierte,  kann  gewiss,  wie  kaum  etwas  anderes,  den  Ent- 
schluss  in  ihm  zur  Reife  gebracht  haben,  eine  Geschichte  des 
900  jährigen  Reiches  zu  verfassen.  Arrians  Alexandergeschichte 
muss  damals  schon  bekannt  gewesen  sein,  sie  bei  einer  Verglei- 
chung  zwischen  Alexander  und  Cäsar  zu  benutzen,  lag  für  Appian 
ausserordentlich  nahe. 

Saarbrücken.  Friedrich  Reuse. 


hheln.  tttu.  f.  t^hilol.  N.  ί.  LiV. 


äo 


Ein  Panegjricus  auf  Angustas  in  Vergils  Aeneis. 


Die  Mitte  der  Verheissung  im  Vf.  Bucb  der  Aeneis  wird 
durch  die  Verse  auf  Augustus  gebildet  (791 — 807  zwiechen  756 
—  790,  d.  h.  secbsunddreiseig  und  808—846,  d.  b.  achtunddreiesig 
Versen),  und  nur  bei  ibm,  sowie  in  der  später  hinzugefügten 
Partie  auf  dessen  Neffen  Marcellus  (854 — 886)  wird  der  Dichter 
ausführlicher.  Dementsprechend  sind  diese  Partien  formell  wie 
inhaltlich  mit  besonderer  Liebe  und  Sorgfalt  gearbeitet.  Nach 
beiden  Richtungen  hin  sollen  hier  die  Verse  auf  Augustus  ana- 
lysiert werden^. 

hie  vir,  hio  est,  tibi  quem  promitti  saepius  audis, 

Augustus  Caesar,  divi  genus;  aurea  condet 

saecula  qui  rursus  Latio  regnata  per  arva 

Satnrno  quondam;  super  et  Garamantas  et  Indos 

proferet  imperium  —  iacet  extra  sidera  tellus,  795 

extra  anni  solisque  vias,  ubi  caelifer  Atlans 

axem  umero  torquet  stellis  ardentibus  aptum   — ; 

huius  in  adventum  iam  nunc  et  Caspia  regna 

reeponsis  horrent  divom  et  Maeotia  tellus 

et  septemgeraini  turbant  trepida  ostia  Nili.  800 

nee  vero  Alcides  tantum  telluris  obivit, 

fixerit  aeripedem  cervam  licet  aut  Erymanthi 

pacarit  nemora  et  Lernam  tremefecerit  arcu, 

nee  qui  pampineis  victor  iuga  flectit  habenis 

Liber  agens  celso  Nysae  de  vertice  tigris.  805 


^  Die  Commentare  bieten  zu  dieser  Stelle  wenig  Brauchbares: 
im  Verlauf  der  Untersuchung  werde  ich  nur  meine  üebereinstimmung, 
nicht  die  Abweichungen  bezeichnen.  Die  entsprechende  Analyse  der 
Verse  auf  Marcellus  (ein  λόγος  επιτάφιος)  liehalte  ich  mir,  da  sie  ein- 
facher ist,  für  den  von  mir  vorbereiteten  Commentar  zu  Aeneis  VI  vor. 


Ein  Panegyriciis  auf  Augustus  in  Yergils  Aeneis.  4G7 

I.  Wir  betrachten  znnächet  die  formelle  Einkleidung 
des  Einzelnen  (Disposition). 

Wir  haben  einen  panegyricus  vor  uns,  wie  er  in  etwas 
grösserem  Umfang  von  Varius  anf  Augustus  gedichtet  war.  Im 
Speziellen  ist  er  ein  έγκώμιον  βασιλέως,  also  das  älteste  eigent- 
liche, das  uns  in  lateinischer  Sprache  erhalten  ist.  Das  vollstän- 
digste Schema  eines  solchen  έγκώμιον  haben  wir  bei  dem  sog. 
Menandros  aus  s.  III/IV  p.  Chr.,  aber  nach  viel  älteren  Vorlagen, 
die  uns  z.  Theil  erhalten  sind  (die  Ursprünge  müssen  wir  uns  in 
der  sicilischen  Rhetorik  denken,  denn  in  Sicilien  waren  die  ersten 
εγκώμια  βα(Τΐλίων  praktisch  verwerthbar,  wie  Pindars  Königs- 
oden zeigen,  in  denen  einige  Theile  des  Schemas  bereits  erkennbar 
sind).  Zunächst  im  allgemeinen:  ein  solches  έγκώμιον  όμολογου- 
μίνην  αυΕησιν  περιέχει  των  προσόντων  αγαθών  βασιλεΐ  (Me- 
nand.  III  ρ.  368,  4  Sp.):  danach  ist  die  αοΕησις  ν.  795  ff.  801 
ff.  zu  beurtheilen.  Alle  wesentlichen  Theile  des  Schemas  finden 
wir  bei  V.  wieder,  meist  in  derselben  Reihenfolge.  Natürlich  muss 
das  έγκώμιον,  wie  jeder  Panegyricus  auf  einen  Menschen  mit 
dem  γένος  beginnen,  und  zwar,  da  es  sich  hier  um  einen  βασιλεύς 
handelt:  έρεϊς  αίττόν  έκ  θεών  γενέσθαι  (Men.  371,  1)  =  792 
dwi  genus.  Es  folgen  die  πράξεις,  und  zwar:  οιαιρήσεις  πράΕεις 
οίχα  εις  τε  τα  κατ'  είρήνην  καΐ  τά  κατά  πόλεμον.  κα\  προθήσεις 
τάς  κατά  τόν  πόλεμον  .  .  .,  γνωρίίει  γάρ  βασιλέα  πλέον  ή  αν- 
δρεία (Men.  372,  26);  dass  Υ.  die  umgekehrte  Reihenfolge  wählt 
(Friede  792—794,  Krieg  794—805),  ist  begreiflich:  das  that  er 
einmal  als  Römer  überhaupt  —  dornt  militiaeque  war  die  übliche 
Reihenfolge  —  und  ferner  dem  allgemeinen  Grefühl  grade  jener  Zeit 
entsprechend.  Die  Ausführung  der  bella  zerlegt  sich  durch  die 
Interpunction  in  drei  Gedankenreihen,  die  innerlich  eine  Einheit 
bilden:  a)  794  —  797  das  Land  des  fernsten  Südens,  das  er  unter- 
werfen wird;  seine  Lage  (iacet  795)  wird  kurz  beschrieben,  cf. 
Men.  373,  17  διαγράψεις  bk  έν  ταϊς  πράεεσι  ταϊς  του  πολίμου 
κα\  φύσεις  και  θίσεις  χωρίων,  b)  798—800  die  Länder  des 
Nordens  und  Aegypten;  ihre  Unterwerfung  wird  in  der  zunächst 
auffälligen  Form  einer  in  den  Rahmen  der  ganzen  Prophezeiung 
hineingestellten  Specialprophezeiung  verheissen.  Etwas  von  der 
Auffälligkeit  der  Wahl  dieser  Form  schwindet,  wenn  man  folgende 
Stellen  der  Rbetoren  heranzieht:  Men.  p.  371,  3  ίστω  σοι  μετά 
τήν  πατρίδα  και  τό  γίνος  τρίτον  κεφάλαιον  το  περί  της  γενέ- 
σεως, εϊ  τι  σύμβολον  γέγονε  περί  τόν  τόκον  ή  κατά  γήν  ή  κατ' 
ούρανόν  t\  κατά  θάλασσαν,  Quintilian  III  7  {de  laude  hominum), 


468  Norden 

11  illa  quoque  inferim  ex  eo,  quod  ante  ipsum  fuif,  tempore  tra- 
hentur,  quae  responsis  vel  auguriis  futuram  dar  Hat  em  protnise- 
rinty  und  daes  dieser  τόπος  auf  die  älteste  Zeit  der  τίχνη  zurück- 
geht, zeigt  Isokrates  Euag.  21,  der  ihn  offenhar  schon  als  einen 
gegebenen  anwendet:  Ευαγόρας  γίγν€ταΓ  περί  ου  τάς  φήμας 
και  τάς  μαντείας  και  τάς  δψ€ΐς  τάς  έν  τοις  υττνοις  γενομίνας. 
έΕ  ών  μ€ΐ2όνως  δν  φαν€ίη  γεγονώς  ή  κατ'  δνθρωττον,  αίρουμσι 
παραλιπεϊν.  Aber  bei  V.  ist  es  nur  der  τόττος  der  Weissagung, 
den  er  benutzt;  über  den  Inhalt,  der  mit  der  Geburt  des  Augnstus 
nichts  Unmittelbares  zu  thun  hat,  wird  nachher  zu  reden  sein, 
c)  801 — 805  eine  zweitheilige  σύγκρισις  und  zwar,  wie  bemerkt, 
verbunden  mit  starker  αοεη(Τΐς.  DiMB  beides  seit  alter  Zeit  üb- 
lich war,  zeigt  Isokrates,  Panath.  119  ΑΓ.,  wo  er  nach  einer  (Τύγ- 
κρκΤίς  der  Vorfahren  anderer  Städte  mit  denen  Athens  fortfährt 
(123):  bei  bk  τους  έπιχ€ΐρουντας  καθ'  ύπερβολήν  τινας  έπαινεΐν 
μή  τούτο  μόνον  beiKVUvai,  μή  πονηρούς  όντας  αυτούς,  άλλ'  ώς 
άπάσαις  ταΐς  άρεταϊς  καΐ  των  τότ€  κα\  τών  νυν  διήνεγκαν.  Dass 
die  σύγκρκτις  immer  als  nothwendiger  τόπος  εγκωμίου  bestehen 
blieb,  zeigen  die  Vorschriften  des  Menander,  z.  B.  372,  21  ff.  417, 
5  ff.  (cf.  auch  0.  Hense,  Die  Synkrisis,  Progr.  Freiburg  1893),  und 
für  den  speciellen  Vergleich  mit  Herakles  und  Dionysos  mag  vor- 
läufig auf  folgende  Stellen  verwiesen  werden :  Isokrates,  Euag.  65 
ούγάρ  μόνον  φαν€ΐται  τους  άλλους  πολέμους  άλλα  καΐ  τόν  των 
ηρώων  ύπερβαλόμενος  (den  trojanischen)  und  Men.  421,  5"δταν 
τοίνυν  έΕετάσωμεν  ταΟτα  σύμπαντα  περί  τίνος  των  ήμιθίων  ή 
των  νυν  έναρίτων,  ούοενός  οευτέρω  τώδε  ταΟτα  άμεινον  ύπήρΕεν". 
^εΐ  γάρ  κάλου  καλλίονα  άποδεικνύναι,  ή  δταν  ένοόΕω  έφάμιλ- 
λον,  οίον  ή  τω 'Ηρακλέους  βίω  τόν  βίον  αύτου  ή  τω  Θησέως 
παραβαλεϊν  (cf.  372,  2.  389,  18  und  schon  Isokr.  5,  109  ff.); 
eine  besondere  Beziehung  grade  dieser  Vergleiche  wird  sich  uns 
später  ergeben. 

II.  Wir  betrachten  zweitens  die  formelle  Einkleid  ung 
des  Gan  zen. 

Dieser  Panegyricus  auf  Augustus  ist  einem  auf  Alexander  den 
Grossen  nachgebildet,  auf  den  man  in  den  Schulen  Lobreden  zu 
machen  gewohnt  war  (cf.  Cic.  de  or.  II  341.  de  fin.  II  116.  Auct. 
ad  Her.  IV  81).  Das  ist  von  vornherein  aus  folgenden  zwei 
Gründen  wahrscheinlich:  l)  es  steht  durch  bestimmte  Zeugnisse 
des  Strabo  (XIII  594)  und  Sueton  (Aug.  50)  fest,  dass  Augustus 
den  Alexander  als  Vorbild  verehrte.  2)  Wenn  die  Rhetoren  der 
Kaiserzeit   die    Ausdehnung    der   Kriegszüge    eines    Kaisers    oder 


Ein  Panegyricus  auf  Augustus  in  Vergils  Aeneis.  4β9 

des  römiscben  Volks  als  Ganzen  preisen,  so  pflegen  sie  die  des 
Alexander  zum  Vergleich  heranzuziehen,  so  die  Verfasser  der 
Panegyriken  auf  Maximianus  (c.  10)  und  Constantin  (c.  5)  sowie 
Aristides  in  seinem  έγκώμιον  'Ρώμης  24  ΑΓ.,  und  eine  wie  feste 
Stellung  Alexander  in  Lobreden  dieser  Art  überhaupt  hatte,  zeigen 
besonders  die  Reden  des  Dio  Chrysostomos  auf  Trajan,  von  denen 
die  erste,  zweite  und  vierte  mit  dem  Namen  des  Alexander  be- 
ginnen, der  überhaupt  im  Mittelpunkt  bleibt.  Bewiesen  wird  die 
Uebertragung  von  Motiven  ans  Alexanderenkomien  auf  Augustus 
in  den  vorliegenden  Versen  durch  folgende  zwei  Argumente:  1) 
Der  selbst  in  einer  Uebertreibung  groteske  Gedanke,  dass  Au- 
gustus die  Erde  ausserhalb  der  Sonnenbahn  unterwerfen  werde, 
erklärt  sich  aus  dem  τόττος  eines  Alexanderenkomions,  der  sich 
schon  bei  Aeschines  in  Ctes.  165  vorgebildet  findet  (ό  b'  *ΑλίΕαν- 
bpoς  ?Ηω  της  άρκτου  και  τής  οικουμένης  ολίγου  hexv  πάσης 
μ€θεΐ(Ττήκεΐ)  und  sich  besonders  grade  aus  der  Zeit  des  Augustus 
nachweisen  läset.  Das  Thema  der  ersten  Suasorie  des  älteren 
Seneca  lautet:  Oeliberat  Aleaander,  an  Oceanum  naviget.  Unter 
den  Gründen,  mit  denen  die  Declamatoren  dem  Alexander  von 
seinem  Unternehmen  abrathen,  findet  sich  einer,  der  in  seinen 
verschiedenen  Variationen  (§  1 — 4)  so  lautet:  ^Genügen  möge 
es  dem  Alexander  soweit  gesiegt  zu  haben,  als  die  Sonne  sich 
genügt  zu  scheinen  ....  Das  Licht  ist  dort  umflossen  von  tiefem 
Dunkel,  gefangen  von  Finsterniss  der  Tag  .  .,  und  es  giebt  dort 
keine  oder  unbekannte  Gestirne.  So  beschafiPen,  Alexander,  ist 
das  Weltall:  hinter  allem  der  Ocean,  hinter  dem  Ocean  nichts'. 
'Mach  Halt,  dein  Erdkreis  ruft  dich  zurück;  wir  haben  gesiegt, 
soweit  es  hell  ist.*  ^Es  ist  Zeit,  dass  Alexander  mit  dem  Erd- 
kreis und  mit  der  Sonne  aufhört  .  .  .  Schauervolle  Finsternies 
lagert  auf  den  Fluthen  und,  was  die  Natur  den  menschlichen 
Augen  entzog,  deckt  ewige  Nacht.'  'Jene,  die  die  Bahnen  der 
Gestirne  erfasst  und  den  jährlichen  Wechsel  von  Winter  und 
Sommer  auf  gesetzmässige  Formeln  gebracht  haben,  denen  kein 
Theil  der  Welt  unbekannt  ist,  zweifeln  in  Betreff  der  Beschaffen- 
heit des  Oceans/  Alexander  war  bis  zum  25^  nördlich.  Br.  ge- 
langt, d.  h.  fast  bis  an  den  Wendekreis  des  Krebses,  der  \^l^ 
südlicher  den  Ocean  schneidet;  hier  begann  die  unbekannte  Welt, 
von  der  die  Rhetoren  sagten,  dass  sie  jenseits  der  Sonnenbahn 
und  der  bekannten  Gestirne  liege.  Danach  sagt  V.:  Augustus 
ist  noch  weiter  gekommen  als  Alexander,  er  hat  den  Schritt  in 
das   unbekannte,    ausserhalb    des  Thierkreises  [anni  solisque  vias^ 


470  Norden 

cf.  λυκάβας)  liegende  Land  gewagt  (cf.  Min.  Fei.  6,  2  nach  V.).  2) 
Wenn  Auguetus  wegen  der  Gröese  des  von  ihm  unterworfenen  Landes 
mit  Herakles  und  Dionysos  verglichen  wird,  so  war  das  eine  für 
jeden  Leser  unmittelbar  verständliche  Uebertragung  aus  Alexander- 
encomien,  cf.  Men.  388,  6  ΆλίΕανορος  ό  μη^έ  Ηρακλέους 
λ€ΐπόμ€νος  μηδέ  Διονύσου  νομισθείς  είναι  χείριυν,  ό  της 
οίκουμίνης  τό  μεγιστον  και  πλείστον  μέρος  μιςΐ  χ€ΐρ\  Διός  παις 
δντιυς  χειρωσάμενος,  Plutarch,  de  Alex.  fort.  1  c.  10  ρ.  332  Β 
Ήρακλέα  μιμούμαι  .  .  .,  και  τα  Διονύσου  μετιών  ϊχνη  .  .  . 
βούλομαι  πάλιν  έν  Ίνδίφ  νικώντας  "Ελληνας  έγχορεΟσαι,  Lucian 
dial•  mort.  14,  6  ο\  ανθρωποι  .  .  .  Ήρακλεΐ  καΐ  Διονύσψ 
ένάμιλλον  τιθέασί  με  κτλ.  (cf.  Dio  Chrys.  1  ρ.  63  Β.,  2  ρ.  101, 
4  ρ.  152.  Plinius  paneg.   14). 

in.  Wir  betrachten  drittens  den  Gedankeninhalt. 

In  den  Rahmen  eines  conventionell  dispouirten  έγκώμιον 
βασιλέως,  speciell  ΆλεΕάνορου,  ist  nun  die  Person  des  Augustus 
hineingestellt.  Durch  glückliche  Individnalisirung  und  Nüan- 
cirung  des  Schemas  bat  Y.  es  verstanden,  das  Ganze  so  zu  ge- 
stalten, dass  es  einen  Leser  seiner  Zeit  hinreissen  musste  und  seine 
Wirkung  auch  auf  den  modernen  Leser,  der  sich  in  jene  Zeiten 
hineinzuversetzen  vermag,  nicht  verfehlt.  Die  Anwendung  auf 
Augustus  ist  in  folgenden  Punkten  deutlich. 

A)  Welches  ist  das  Land,  das  als  jenseits  der  Sonnenbahn 
liegend  bezeichnet  wird?  Servius  verstebt  Aethiopien  und  ver- 
weist dafür  passend  auf  Lucan  III  258  flP.  Aethiopumque  solum, 
quod  von  premeretur  ab  idla  Signiferi  reyione  poli^  nisi  poplite 
lapso  ultima  curvati  proccderet  ungula  tauri.  Dass  die  Deutung 
auf  Aethiopien  richtig  ist  (auch  Heyne  billigt  sie),  lässt  sich  aus 
den  Worten  V.'s  selbst,  wenn  man  sie  mit  den  damals  herrschenden 
geographischen  Vorstellungen  vergleicht,  beweisen.  Das  Land 
wird  in  doppelter  Weise  definirt,  erstens  uranisch  und  zweitens 
terrestrisch.  Beginnen  wir  mit  der  zweiten  Definition  (v.  794  f.).  Sie 
scheint  auf  den  ersten  Blick  höchst  wunderlicb,  denn  die  Garamanten 
sind  ein  Volk  im  fernen  Westen,  im  Innern  Africas,  die  Inder 
das  östlichste  damals  bekannte  Volk  Asiens;  so  wird  das  Land 
also  definirt  als  'südlich  von  dem  westlichsten  Volk  Africas  und 
dem  östlichsten  Asiens  liegend  .  Das  passt  nun  aber  eben  nur 
auf  Aethiopien,  denn  darunter  hat  man  ja,  anknüpfend  an  die 
berüchtigte  Stelle  der  Odyssee  α  23  f.  von  den  zweigetheilten 
Aethiopen,  die  an  Sonnenuntergang  und  Sonnenaufgang  wohnten, 
ein  Volk    verstanden,    dessen    Wohnsitze    sich    längs   des  ganzen 


Ein  Panegyricus  auf  Augustus  in  Yergils  Aeneis.  471 

südlichen,  sog.  aetbiopischen  Oceans  vom  äuseersten  Westen  bis 
zum  äuseersten  Osten  erstreckten,  eine  Vorstellung,  die  Strabo 
I  30  ff.  ausfiibrlicb  begründet  und  die  Arrian  (Ind.  6,  8  f.)  da- 
zu veranlasst,  Analogien  im  Körperbau  der  afrikanischen  Aethiopen 
und  der  südlichsten  Inder  zu  constatiren.  Nach  der  uranischen  De- 
finition (v.  795  —  7)  ferner  liegt  dies  Land  ausserhalb  des  Thier- 
kreises.  Zu  dieser  hyperbolischen  Ausdrucks  weise  kann  V.  nicht 
bloss  durch  die  erwähnte  Analogie  des  Alexander-Enkomions  ge- 
führt worden  sein ;  die  üebertragung  wäre  unsinnig,  wenn  ihr  nicht 
irgend  etwas  Thatsächliches  zu  Grunde  liegen  würde.  Eratostheoes 
zog  bekanntlich  seinen  Hauptparallelkreis  durch  Syene;  er  schnitt 
westlich  das  Gebiet  der  Garamanten,  östlich  das  des  südlichen 
Indiens  (cf.  die  Reconstruction  in  Forbigers  Hdb.  d.  alt.  Geogr. 
1  Leipz.  1842  p.  180);  diesen  Parallelkreis  Hess  er  mit  dem 
Wendekreis  des  Krebses  zusammenfallen.  Die  beiden  von  V.  ge- 
wählten Definitionen  decken  sich  also  genau:  das  Land,  das 
ausserhalb  des  Wendekreises  der  Sonne  und  über  die  Garamanten 
und  Inder  hinausliegt,  ist  Aethiopien.  Wir  erhalten  dadurch  eine 
wichtige  Datirung  dieses  Abschnitte,  und  zwar  nach  positiver 
und  negativer  Richtung;  Aethiopien,  d.  h.  der  Theil  des  Landes, 
der  als  'Aethiopia  supra  Aegjptum  bezeichnet  zu  werden  pflegte, 
ist  in  den  Jahren  24.  23.  22  von  C.  Petronius  unterworfen,  der 
bis  Nabata  in  der  Nähe  von  Meroe  kam  (cf.  mon.  Anc.  5,  21  f. 
mit  Mommsens  Commentar);  Meroe  liegt  auf  dem  Parallelkreis, 
den  Eratosthenes  südlich  dem  von  Syene  zog.  Dadurch  erhalten 
wir  als  terminus  post  quem  für  die  Abfassung  dieser  Episode  die 
Jahre  24  —  22.  Negativ  ist  die  geographische  Interpretation  für  die 
Chronologie  ans  folgendem  Grande  wichtig.  Aus  der  Erwähnung 
der  Garamanten  (v.  794)  ist  seit  Heyne  (cf.  zuletzt  R.  Sabbadini, 
Studi  critici  sulla  Eneide,  Lonigo  1889  p.  133)  allgemein  gefolgert 
worden,  dass  diese  Episode  erst  nach  der  Unterwerfung  der  Ga- 
ramanten, über  die  L.  Cornelius  Baibus  im  J.  19  triumphierte 
(cf.  Mommsen  1.  c.  170),  gedichtet  sei;  auch  die  Inder  hat  man 
in  diesem  Sinn  verwendet,  indem  man  nicht  ihre  im  J.  26  oder 
25  sondern  ihre  im  J.  20  an  Augustns  geschickte  (ot  Mommsen 
1.  c.  133)  Gesandtschaft  verstand.  Wäre  dieser  terminus  post 
quem  richtig,  dann  müssten  wir  annehmen,  dass  die  Episode  auf 
Augustus  erst  nach  der  vor  dem  Kaiser  zwischen  Herbst  23  und 
Herbst   22    erfolgten  Vorlesung    des  VI.  Buches^    eingelegt   sei. 

^  Das  jüngste  Zeitereignies  ist  das  Begräbniss  des  Marcellas,  das 
im  Herbst  23  stattfand  (cf.  die  von  Gardtbausen,  Aug.  u.  s.  Zeit  U  1, 


472  Norden 

Aber  durch  unsere  Interpretation  wird  diese  Annahme,  die  ja 
auch  innerlich  wenig  glaublich  ist,  da  der  Dichter  die  ganze 
Yerheinenng  doch  grade  mit  Rücksicht  auf  Augustus  componirt 
haben  dürfte,  widerlegt.  Die  Garamanten  und  Inder  sind  nicht 
historisch,  sondern  geographisch  zu  verstehen:  wenn  V.  Aethiopien 
in  möglichst  grotesker  Weise  bezeichnen  wollte,  so  konnte  er  es 
das  Land  über  die  Garamanten  hinaus  nennnen,  ohne  dass  diese 
unterworfen  wären;  dass  er  grade  die  Garamanten  nennt,  ist 
durchaus  nichts  Besonderes,  denn  schon  in  den  Bucolica  (8,  64), 
also  zu  einer  Zeit,  als  man  an  sie  politisch  noch  gar  nicht  dachte, 
nennt  er  —  in  einem  ganz  griechischen  Zusammenhang  —  zur 
Bezeichnung  eines  möglichst  entfernt  wohnenden  Volks  die  exfremi 
Garamantes  (έσχάτιοι  Γαράμαντ€ς).  So  nennt  er  also  hier 
Aethiopien  als  das  Land,  das  noch  jenseits  dieses  extremi  liegt, 
und  demgemäss  localisiert  er  dort  den  Atlas,  natürlich  nicht  den 
Berg  in  Mauretanien,  der  den  Römern  überhaupt  erst  seit  Kaiser 
Claudius  genauer  bekannt  wurde,  sondern  den  Atlas,  von  dem 
Hesiod  Theog.  517  f.  sagt  "Ατλας  V  ούρανόν  eupOv  ίχ€ΐ  κρα- 
τερής ύπ'  ανάγκης  ΤΤείρασιν  έν  γαίης»  ττρόπαρ  Εσπερίδων 
λιγυφώνων  (cf.  Eurip.  Hipp.  746  f.). 

Β)  unter  den   von  V.  aufgeführten  άθλα  'Ηρακλέους  passt 
zu    dem  Gedanken    der   Endlosigkeit  seiner  Wanderungen  genau 


Leipzig  1891,  p.  405,  43  augeführte  Litteratur).  Nun  ist  dies  Buch 
dem  Augustus  vorgeleseu  worden:  Suet.  vit.  Vorg.  p.  61  R.  Aaieidos 
....  tanta  extitit  fama^  ut  .  .  .  .  Augustus  —  nam  forte  e^cpeditione 
Cantabrica  ahernt  [Sommer  27  bis  Frühjahr  24]  —  supplicihus  .  .  . 
litteris  efflagitarety  ut  sihi  de  Aeneide  .  ,  ,  vel  quodlibet  Colon  mitteret. 
cui  tarnen  multo  post  pcrfectaque  demum  materia  tres  omnino  libros  re- 
citavit,  secundum  quartum  sextum,  sed  hunc  notabili  Octaviae  adfcctione 
(etc  :  sie  soll  bei  der  Marcellusepisode  ohnmächtig  geworden  sein). 
Augustus  hat  eich  aber  Sept.  22  auf  seine  grosse  (zweite)  Orientreise 
begeben;  auf  der  Rückkehr  von  dieser  traf  er  i  J.  19  in  Athen  mit 
V.  zusammen,  der  am  21  Sept.  dieses  Jahr  in  ßruudusium  starb.  Also 
musa  das  Buch  zwischen  Herbst  23  und  Herbst  22  fertig  gewesen  seio, 
und  zwar  fiel  die  Vorlesung  eher  in  das  J.  22  als  in  den  noch  übrigen 
Theil  vom  J.  23,  denn  nach  Seneca  (ad  Marc,  de  cons.  2  fiF.)  war  der 
grenzenlose  Schmerz  der  Octavia  stadtbekannt,  und  sie  wies  auch  car• 
mina  cclcbranda  MarcelH  memoriae  composita  ostentativ  zurück;  also 
empfiehlt  es  sich,  die  Vorlesung  von  dem  Tod  des  Marcellus  möglichst 
abzurücken  und  andrerseits  anzunähern  an  die  Abreise  des  Augustus, 
die  rben  der  äussere  Grund  der  Vorlesung  {gewesen  sein  dürfte.  (Im 
Allgemeinen  hat  schon  Heyne  diese  Combination  aufgestellt.) 


£in  Panegyricus  auf  August us  in  Vergils  Aeneie.  473 

genommen  nnr  die  Bändigung  der  Hirschkuh,  die  er  bis  zu  den 
Hyperboreern  verfolgte.  Daher  haben  manche  Interpreten  Y, 
getadelt,  dass  er  (v.  802  f.)  nicht  lieber,  um  die  Entfernung  auszu- 
drücken, die  Aepfel  der  Hesperiden  oder  die  Rinder  des  Geryon 
statt  Gegenden  des  Peloponnes  genannt  habe,  oder  sie  haben  gar 
die  Worte  aut-arcu  als  Interpolation  einer  von  V.  nicht  vollendeten 
Stelle  verworfen.  Vielmehr  haben  wir  uns  das  nicht  zu  be- 
streitende leise  Abgleiten  des  Gedankens  daraus  zu  erklären,  dass 
y.  in  das  Alexander-Enkomion,  das,  wie  die  angeführten  Stellen 
gezeigt  haben,  durch  den  Vergleich  mit  Herakles  die  Grösse  des 
von  Alexander  durchmessenen  Landes  ausdrücken  wollte,  eine 
etwas  abweichende^  ihm  gleichfalls  sehr  geläufige  Vorstellung 
hineintrug.  Man  war  längst  gewohnt,  Herakles  als  grossen  König 
aufzufassen,  der  durch  Vertilgung  aller  Frevler  der  Erde  über- 
allhin Gesittung  und  Cultur  getragen  habe  und  wegen  seiner 
Verdienste  um  die  Menschheit  als  (Τιυτήρ  in  den  Himmel  versetzt 
sei  (cf.  z.  B.  Cic.  de  off.  III  5,  25  nach  griechischer  Quelle):  als 
solchen  liebten  es  vorangusteieche  Schriftsteller  ihn  mit  Romulus 
zusammenzustellen  (Cic.  de  nat.  deor.  II  62  de  leg.  II  19),  die 
augusteischen  mit  Augustus,  den  Rächer  des  Frevels  und  Bringer 
der  Cultur  als  einer  Segnung  des  Friedens  (Horaz  od.  III  3, 
9  ff .  ep.  11  1,  5  ff.).  Dieser  Gedanke  lag  jedem  Augusteer  nahe, 
und  daher  gebraucht  Vergil  v.  803  auch  das  Wort  pacare,  das 
Augustus  mit  Stolz  dreimal  von  sich  selbst  gesagt  hat  (mon.  Anc. 
V  1.  12.  13),  wie  die  Griechen  seit  Pindar  (I.  3,  75}  als  die 
eigentliche  Grossthat  des  Herakles  priesen  das  ήμερακΤαι  γαΐαν. 
Dieses  Moment  konnte  und  wollte  daher  der  augusteische  Dichter 
in  diesem  Zusammenhang  nicht  miesen,  selbst  nicht  auf  Kosten 
der  straffen  logischen  Gedankenführung. 

C)  In  V.  798 — 800  wird  von  Anchises  innerhalb  des  Rahmens 
seiner  Gesammtverheissung  auf  eine  specielle  Verheissung  als 
bereite  vorhanden  {iam  nunc)  hingewiesen :  keine  ganz  geschickte 
und  aus  sich  selbst  heraus  verständliche  Composition;  aber  wir 
haben  gesehen,  dass  das  Schema  des  Enkomion  auf  einen  Herrscher 
eine  Prophezeiung  erforderte,  und  so  sah  sich  V.  dazu  veranlasst, 
sie  hier  noch  besonders  anzubringen.  Aber  hierdurch  wird  nur 
das  Aeusserliche  erklärt:  was  ist  der  Inhalt  dieser  Prophezeiung 
und  in  welche  Zeit  wird  sie  verlegt?  Servius  (und  nach  ihm 
unsere  Commentare)  verweist  auf  Sueton,  Aug.  c.  94;  in  diesem 
Capitel  berichtet  Sueton  quae  ei  { August o)  prius  quam  nasceretur 
et  ipso  natali  die  ac  deinceps  evenerint,  quihus  futura  magnUudo 


474  Norden 

eivs  et  perpttua  felicifas  sperari  animadveri'tque  passet.  Aber 
unter  den  von  Sneton  berichteten  Prodigien  ist  keine»  das  in 
feinem  Inhalt  zu  den  Vergilverfien  etimnit,  man  müeete  denn  an- 
nehmen, daes  V.  die  allgemein  gehaltene  Prophezeiung,  die  we- 
nige  Monate  vor  der  Geburt  des  Augustus  infolge  einee  Prodi- 
giume  gegeben  wurde,  '  die  Welt  gehe  schwanger  mit  einem  Kö- 
nige   des  römischen  Volks  ^,    oder  eine    andere,    die    an  seinem 


^  Hauptsachlich  auf  Grund  dieses  von  Sueton  nach  lulius  Marathus 
(doch  wohl  picher  eines  Syrers:  cf.  Plin.  n.  h.  XII  124)  berichteten  Pro- 
digiums  und  seiner  Abwendung  (Todtung  der  in  jenem  Jahr  geborenen 
mannlichen  Kinder)  hat  Usener,  Religinnsgesch.  Untere.  I  (Bonn  1889) 
77  f.  eine  geistreiche,  weitreichende  Hypothese  aufgestellt,  wonach  die 
analoge  Erzählung  des  ev.  Matth.  c.  2  auf  griechischem  Boden  entstan- 
den sein  soll.  Es  sei  mir  erlaubt,  eine  abweichende  Ansicht  vorzutragen. 
Der  berüchtigte  Witz  des  Augustus  über  Herodes*  Rinderniord  bei  Macrob. 
II  4, 11  (cum  audisset  inter  pueros  quos  in  Syria  Herodes  rex  intra  bima- 
tum  iussit  intet-fici  fUium  quoque  eitts  occisum,  aü  'maüem  Herodis  por- 
CU8  esse  quam  filius*)  dürfte  doch  wohl  nicht,  wie  üsener  will,  eine 
christliche  Erfindung  sein,  denn  er  steht  in  einem  Capitel,  das  Macro- 
bius,  wie  Wissowa  im  Hermes  XVI  (1881)  499  ff.  sicher  erwiesen  hat, 
stumpfsinnig  aus  Domitius  Marens  abgeschrieben  hat,  und  aas  einer 
solchen  Quelle,  die  auf  dem  römischen  Stadtklatsch  und  dem  Streben 
nach  einem  Wortwitz  (ος  —  υιός)  basirte,  erklärt  sich  auch  die  histo- 
rische Unrichtigkeit,  die  in  dem  άπόφθ€γμα  enthalten  ist,  während  sie 
für  einen  Christen  bei  einer  so  verbreiteten  Geschichte  undenkbar  er- 
scheint. Also  erhalten  unsere  Theologen  durch  die  Stelle  des  Macrobius, 
die  aus  Ende  s.  IV  in  den  Anfang  s.  I  p.  Chr.  zurückzuprojiciren  ist, 
combinirt  mit  der  des  lulius  Marathus  (ebenfalls  Auf.  s.  I  p.  Chr.), 
ein  gutös  Zeugniss  für  die  frühe  Tradition  über  den  Erlass  des  Herodes 
(die  Kunde  eines  solchen  seitens  des  abergläubischen  Tyrannen  konnte 
sich  verbreiten,  ohne  dass  er  wirklich  erfolgt  sein  müsste).  Freilich 
sucht  Usener  1.  c.  7β  f.  auch  die  von  dem  Kindermord  nicht  wohl  zu 
trennende  Erscheinung  des  Sterns  der  Magier  als  griechische  Sage  zu 
erweisen;  aber  aus  der  dafür  angeführten  Thatsache,  dass  der  Stern  als 
Begleiter  göttlicher  Epiphanie  nicht  jüdisch  ist,  folgt  wohl  noch  nicht, 
dass  er  griechisch  sein  muss:  vielmehr  ist  er  chaldäisch,  wie  alles, 
was  wir  von  dieser  Art  bei  den  Juden  einerseits  und  in  griechisch-römi- 
scher Tradition  andrerseits  lesen,  auf  die  chaldäische  Superstition  als 
gemeinsame  Quelle^  zurückgeht;  wenn  also  der  Stern  in  der  Augustus- 
legende  eine  ebenso  bedeutsame  Bolle  spielt  wie  in  der  Chnstuslegende 
(cf.  die  Stellen  bei  Uscncr  1.  c.  Anm.  27.  28.  29),  so  muss  m.  E.  daraus 
geschlossen  werden,  dass  in  Rom  wie  in  Judaea  von  den  beiden  σω- 
τήρες aus  gleichen  Vorstellungskreisen  gleiche  Wunderdinge  ausgesagt 
werden. 


Ein  Panegyricue  auf  Augastas  in  Yergils  Aeneis.  475 

Geburtetage  erfolgte,  *ee  sei  der  Herr  der  Welt  geboren*,  in 
seinen  Versen  specialisirt  hätte;  aber  auch  diese  so  wenig  wahr- 
scheinliche Vermnthung  würde  ausgeschlossen  werden  durch  den 
Zeitpunkt,  in  welchen  V.  die  Prophezeiung  verlegt:  er  lässt  den 
Anchises  auf  sie  als  bereits  vorhanden  hinweisen,  d.  h.  er  dachte 
sie  sich  als  in  einer  prähistorischen  Urzeit  gegeben,  während  die 
von  Sueton  berichteten  Prophezeiungen  sämmtlioh  in  historischer 
Zeit,  meist  kurz  vor  oder  während  der  G-eburt  liegen.  Nun  könnte 
man,  um  dies  letztere  Argument  zu  entkräften,  einwenden,  dass 
V.  durch  die  ganze  Situation,  die  er  in  den  Vorbeginn  der  rö- 
mischen Geschichte  verlegt,  gezwungen  gewesen  sei,  eine  solche 
Prophezeiung,  wenn  er  sie  anbringen  wollte,  gleichfalls  in  diese 
Urzeit  zurückzuverlegen.  Aber  durch  diesen  Ausweg  würde  man 
in  Conflict  geraten  mit  einem  principiellen  Gesetz,  das  V.  und 
die  anderen  Dichter  jener  Zeit  nach  Vorgang  der  Alexandriner 
beobachtet  haben:  άμάρτυρον  oub^v  aeibeiv;  jedenfalls  müssen 
wir,  bevor  wir  zu  einem  solchen  Ausweg  unsere  Zuflucht  neh- 
men, eine  den  bestimmten  und  unzweideutigen  Worten  des  Dich- 
ters entsprechende  Interpretation  zu  finden  suchen. 

Nun  ist  die  Augustus-Episode  in  einem  Zusammenhang  be- 
handelt worden,  der  —  als  ein  scheinbar  ganz  fremdartiger  — 
unsern  Erklärern  entgangen  ist.  H.  Luken  weist  in  seinem  lehr- 
reichen Buch  *Die  Traditionen  des  Menschengeschlechts  oder  die 
Uroffenbarung  Gottes  unter  den  Heiden'  (Münster  1856)  nach, 
dass  gewisse  Vorstellungen,  die  in  den  Ueberlieferungslegenden 
der  Völker  unseres  Cultnrkreises  eine  grosse  Rolle  spielen,  All- 
gemeingut des  menschlichen  Denkens  überhaupt  seien,  das  sich 
gewissermaeeen  durch  Urzeugung,  ohne  Uebertragung  oder  Ent- 
lehnung, überall  in  denselben  Formen  ausprägt,  also  das,  was 
die  modernen  Ethnologen  ^  Völkergedanken'  zu  nennen  pflegen. 
Dazu  gehört,  wie  er  nachweist,  die  Vorstellung  von  einer  er- 
hofften Welterneuerung  durch  einen  Göttersohn  am  Ende  einer 
Weltperiode,  eine  Vorstellung,  die  in  den  Ueberlieferungen  von 
Völkern  der  verschiedensten  Culturkreise  von  China  über  Europa 
bis  in  die  neue  Welt  vorhanden  ist.  Dass  die  Römer  sie  ge- 
theilt  hätten,  werde  bewiesen  durch  die  vierte  sog.  messianische 
Ekloge  Vergils  und  durch  die  Verse  des  VI.  Buchs  der  Aeneis 
auf  Augustus;  die  Prophetinnen  der  antiken  Welt  seien  die  Si- 
byllen gewesen,  und  da  die  vierte  Ekloge  sich  ausdrücklich  als 
eibyllinisch  ausgebe  (ultima  Cumaei  venu  iam  carminis  aetiis),  so 
sei  anzunehmen,    dass  V.  die  Prophezeiung  auf  Augustus  als  eine 


476  Norden 

sibyl  linisclie  verstanden  habe,  die  in  der  Urzeit  (iam 
nunc)  gegeben  sei  (S.  356).  Er  bat  diese  Argumentation  wieder- 
holt in  einem  Programm:  Die  sibylliniecben  Weissagungen  und 
ihr  Nachhall  bis  in  unsere  Zeit  (Meppen  1871)  S.  7,  und  aus 
ihm  haben  sie,  ohne  Neues  hinzuzufügen,  entnommen  Westen- 
berger,  Jüdische  und  heidnische  Zeugnisse  über  Christus  etc. 
(Progr.  Hadamar  1877)  S.  15  und  Schermann,  Zu  V.'s  Vorstel- 
lungen vom  Jenseits  (Progr.  Ravensburg  1893)  S.  12  f.  Diese 
auf  unzulängliches  Material  gestützte  Vermuthung  läset  sieb  zur 
Gewissheit  bringen. 

1)  Die  Prophezeiung  der  Wiederkehr  des  goldenen  Zeit- 
alters, mit  der  V.  denjenigen  Theil  des  rhetorischen  Schemas 
ausfüllt,  der  von  den  ^Thaten  des  Friedens'  zu  handeln  hatte 
(792  —  794),  gehörte  zu  dem  ständigen  Inventar  der  Sibyllen. 
Das  zeigen  a)  viele  Partien  der  uns  erhaltenen  Sammlung,  dar- 
unter das  älteste  Stück  sicher  aus  der  Mitte  des  IT.  Jh.  v.  Chr. 
Buch  III  788  ff.,  oft  mit  weitgehender  Anlehnung  an  die  hesio- 
deische  Schilderung  des  goldenen  Zeitalters  z.  B.  VII  144  ff. 
b)  Die  mit  ausgiebiger  Benutzung  eines  solchen  (jüdischen)  Si- 
byllenorakels gedichtete  vierte  Ekloge  V.'s.  Die  Thatsacbe  der 
Benutzung,  die  schon  Lactantius  div.  inst.  VII  24,  12  erkannte, 
ist  oft  betont  worden,  z.  B.  von  J.  Friedlieb  in  seiner  Ausgabe 
der  Oracula  Sibyllina  (Leipz.  1852)  p.  TX,  sowie  in  der  von 
Schermann  I.e.  10  ff.  angeführten  Litteratur  (ausserdem  W.  Frey- 
müller, Die  messianische  Weissagung  in  V.*s  Ekloge  IV,  Progr. 
des  Benedictiner  Stiftes  Metten  1852  p.  28);  die  Argumente  sind 
kürzlich  von  Fr.  Marx  in  den  Neuen  Jhb.  f.  d.  klass.  Alterth.  I 
(1898)  122  f.  wiederholt  worden  (Usener,  Sintflutsagen,  Bonn 
1899,  S.  206,  1  weist  meines  Erachtens  mit  Unrecht  diese  Inter- 
pretation zurück),  c)  Ein  gutes  Scholion  des  Servius  zu  ecl.  4, 
4,  das  auf  Probus  zurückzugehen  scheint  (cf.  p.  9  Keil):  Cumana 
(Sihylla)  saecula  per  mefalla  divisit. 

2)  Die  Einführung  des  goldenen  Zeitalters  durch  einen  als 
Weltenkönig  auftretenden  Wundermenschen.  Das  ist  ein  Haupt- 
gegenstand unserer  Sammlung,  in  der  er  als  jüdischer  Messias 
oder  Christus  erscheint,  und  der  Mittelpunkt  der  vergilischen 
Ekloge.  Die  Hoffnungen,  die  V.  damals  (40  v.  Chr.)  noch  an 
den  Sohn  des  i*ülio  knüpfen  konnte,  hatte  inzwischen  das  nach 
einem  Erlöser  aus  dem  äusseren  und  inneren  Chaos  sehnsüchtig 
ausRchauende  Volk  (cf.  f andern  venias  precamur  Hör.  Od.  I  2,  J 
30  im  J.   27)  auf  einen    anderen  Menschen-  und    Göttersohn    ge- 


£in  Panegyricae  auf  Augnetas  in  Yergils  Aeneis.  477 

Läuft,  von  dessen  durch  Wunder  verkündeter  und  unter  Wundern 
geschehener  Geburt  (cf.  Sueton  1.  c.)  man  sich  erzählte,  und  der 
sich  nun  wirklich  als  der  ersehnte  Heiland  bewährt  hatte.  Liess 
sich  doch  auch  die  Garantie  für  die  Wahrheit  dieser  auf  Au- 
gustus  gesetzten  Hoffnungen  aus  der  als  geschichtlich  angesehenen 
Legende  leicht  gewinnen:  Aeneas  und  die  Sibylle  waren  seit 
Alters  untrennbar,  man  hatte  die  Sprüche,  in  denen  sie  ihm  die 
Zukunft  des  Röroergeschlechts  enthüllte  (cf.  Aen.  III  458  ff.  VI  72 
und  besonders  Tibull  II  5, 19  ff.):  wer  andere  also  als  Augustus, 
der  neue  Aeneas,  hätte  der  verheissene  (Τιυτήρ  sein  können  (schon 
Caesar  heisst  auf  einer  Inschrift  von  Ephesos  aus  dem  J.  48/7 
GIG.  2957  ό  άπό  "Αρειυς  και  Αφροδίτης  θεός  επιφανής  και 
κοινός  του  ανθρωπίνου  βίου  σιυτήρ,  Galba  nennt  sich  auf  Grund 
eines  ähnlichen  Glaubens  [Suet.  Galb.  9]  auf  Münzen  Salus  gt' 
neris  humani  [Cohen  Ρ  335])  ?  That  er  selbst  doch  alles,  um 
diesen  Glauben  zu  fördern:  er  Hess  die  sibjllinischen  Bücher 
unter  der  Basis  der  Apollostatue  des  palatinischen  Tempels  de- 
poniren  (Suet.  c.  31),  sein  besonderer  Cult  grade  des  Apollo  muss 
hauptsächlich  von  diesem  Gesichtspunkt  betrachtet  werden,  denn 
die  Sibylle  prophezeite,  dass  unter  diesem  Gott,  dem  ΤΤαιάν,  die 
grosse  Welterneuerung  beginnen  werde  (ecl.  4,  10,  cf.  Serv.  zu 
diesem  und  dem  vierten  Vers).  Wie  alles  dazu  drängte,  Augustus 
als  den  verkündigten  Σιυτήρ  anzusehen,  erkennt  man  gut  auch 
aus  dem  Commentar  des  Servius  zur  vierten  Ekloge,  denn  pa- 
rallel der  historisch  richtigen  Deutung  des  von  V.  besungenen 
puer  auf  einen  Sohn  des  Polio  geht  die  auf  Augustus  (cf.  zu 
Vers  6.  7.  10.  12.  13.  15.  17.  20.  43),  die  nicht  spät  gemacht 
sein  kann,  da  einzelne  dieser  Scholien  (besonders  zu  43)  eine  er- 
staunliche Gelehrsamkeit  haben;  so  unmöglich  die  Deutung  an 
sieb  ist,  so  sehr  läset  sie  uns  doch  erkennen,  was  eine  Gene- 
ration, die  noch  unter  dem  Eindruck  des  Glücks  der  augustei- 
schen Regierung  stand,  unwillkürlich  und  instinktiv  bei  diesem 
Gedicht  empfand,  und  wir  begreifen  um  so  mehr,  daes  V.  selbst 
sich  gedrungen  fühlte,  die  Prophezeiungen,  die  er  als  Anfänger 
auf  den  neugeborenen  Sohn  seines  vornehmen  und  einflussreiohen 
Gönners  Polio  gehäuft  hatte,  nun,  auf  der  Höhe  seines  Schaffens 
angelangt,  auf  den  Mann  anzuwenden,  dessen  Segnungen  er  selbst 
wie  die  ganze  Welt  empfand  und  empfing. 

3)  Der  Scblnss  der  eigentlichen  Prophezeiung  798 — 800: 
huius  in  adventum  iam  nunc  et  Caspia  regna 


478  Norden 

responais  horrent  divom  et  Maeotia  teUus 
et  septemgemini  turbant  trepida  ostia  NHL 

Wir  mtissen  zunächst  die  geographiech-historischen  Angaben  dieses 
oraculum  ex  eventu  betrachten.  Die  vulgäre  Interpretation,  wo- 
nach sie  willkürlich  gewählt  seien,  ist  natürlich  falsch;  denn  da 
die  Unterwerfung  Aegyptens  deutlich  bezeichnet  ist,  so  müssen 
auch  die  beiden  anderen  Angaben  auf  historische  Facta  gehen. 
Da  wir  nun  wissen,  dass  nach  feststehendem  Sprachgebrauch  unter 
den  Völkern  am  kaspischen  Meer  die  Skythen,  unter  denen  am 
Asow'schen  See  die  um  die  Mündung  des  in  diesen  See  fliessen- 
den  Don  (Tanais)  ansässigen  Sarmaten  (oder,  wie  die  augustei- 
schen Dichter  sie  mit  einer  für  den  Vers  bequemeren  Bezeich- 
nung nennen,  die  Gelonen)  verstanden  wurden  (cf.  z.  B.  Strabo 
128  i.  f.  507.  511),  so  erhalten  wir  den  besten  Commentar  zu 
diesen  Angaben  durch  die  Worte  des  Augustus  selbst  mon.  Anc. 
5,  51  f.:  nostram  amicitmm  petiverunt  (im  J.  26  oder  25)  per 
legatos  Bastarnae  Scythaeque  et  Sarmafarum  qui  sunt  circa  flumen 
Tanaim  et  extra.  Dies  Ereigniss,  das  in  Rom  Aufsehen  machte 
(cf.  Mommsen  zum  mon.  Anc.  S.  134),  wird  nun  hier  auf  Prophe- 
zeiungen, die  bereite  in  der  trojanischen  Vorzeit  bekannt  gewesen 
seien,  zurückgeführt.  Je  auffallender  dieser  Gedanke  ist,  um  so 
weniger  glaublich  ist  es  (wie  bereits  bemerkt),  dass  er  von  einem 
Dichter,  der  die  fides  so  hoch  achtete  wie  V.,  aus  der  Luft  ge- 
griffen sei.  Können  wir  ihn  in  einem  sibyllinischen  Orakel  nach- 
weisen, so  ist  seine  Projection  in  die  Vorvergangenheit  ohne 
Weiteres  gerechtfertigt,  denn  die  Hauptsibyllen  dachte  man  sich 
προ  τών  Τρωικών  lebend  (Pausan.  X  12,  2.  ApoUodor  v.  Erythrac 
bei  Lactant.  div.  inst.  I  6,  9).  Nun  lesen  wir  im  Anfang  des 
V.  Bnches  der  Sibyllinischen  Orakel  eine  Prophezeiung  auf  Aeneas, 
Romulus,  Caesar  und  Augustus;  von  letzterem  sagt  die  Sibylle 
(v.  IG  ff.): 

öv  θρήκη  πτήΗει  και  Σικελίη  και  Μίμφις, 
Μίμφις  πρηνιχθεϊσα  οΓ  ηγεμόνων  κακότητα 
ήοέ  γυναικός  αδούλωτου  έπι  κύμα  πεσούσης. 
και  θεσμούς  θήσει  λαοϊς  καΐ  πάνθ'  ύποτάΕει. 

*Vor  dem  Thracien  sich  entsetzen  wird  und  Sicilien  und 
Memphis.'  Wer  das  schrieb,  musste  die  Geschichte  der  augustei- 
schen Zeit  gut  kennen,  denn  während  der  Sieg  über  Aegypten 
(das  hier,  wie  öfters  im  sibyllinischen  Stil,  durch  Memphis  be- 
zeichnet wirdj  unvergessen  blieb,   trat  die  Bedeutung  des  Sieges 


Ein  Panegyricas  auf  Augostas  in  Vergib  Aeneis.  479 

über  Sex.  Pompeins,  nachdem  ihn  noch  Cornelius  Serverus,  der 
Freund  Ovids,  gefeiert  hatte,  ftusserhalb  der  Kreise  der  zünftigen 
Historiker  mehr  in  den  Hintergrund.  Aber  besonders  wichtig 
ist  die  Erwähnung  Thraciens,  das  wir  nicht  als  allgemeine  Be- 
zeichnung für  die  Länder  des  Nordens  werden  fassen  dürfen,  da 
Bicilien  und  Aegjpten  bestimmte  Ortsbegriffe  enthalten.  Thracien 
wurde  nach  längeren  Kämpfen  im  J.  27  unterworfen  (Fast, 
triumph.  CIL  I*  p.  180  zum  4.  Juli:  M.  Licinius  M.  f.  M.  n. 
Crassus  ex  Thraecia  et  Geteis,  cf.  Mommsen  zum  mon.  Anc.  p.  130); 
wie  sehr  man  diese  Unterwerfung  herbeiwünschte,  zeigt  die  kurz 
vorher  verfasste  Ode  II  16  des  Horaz,  wo  (v.  5)  die  hello  fu- 
riosa  Thrace  als  Beispiel  eines  Landes  erwähnt  wird,  das  sich 
endlich  nach  Ruhe  sehnt  (vgl.  Kiessling  z.  d.  St.).  Eine  Folge 
der  Besiegung  Thraciens  war,  wie  es  scheint,  die  im  Jahre  dar- 
auf erfolgende  Friedensgesandtschaft  der  an  die  Thraker  nord- 
östlich angrenzenden  Skythen  und  Sarmaten,  die,  wie  wir  sahen, 
V.  nennt.  Da  nun  die  übereinstimmende  Fassung  des  sibyllini- 
schen  Orakels  und  des  Vergilverses  (δν  πτήΕει  —  iam  nunc 
horrent)  nicht  auf  Zufall  beruhen  kann,  so  ist  der  Schluss  unab- 
weisbar, dass  ein  Orakel  existiert  hat,  das  von  dem  Verf.  des 
fünften  Sibyllinenbuchs  direct  oder  —  was  bei  der  Art  der 
Ueberlieferung  dieser  Litteraturgattung  wahrscheinlicher  ist  — 
schon  durch  Zwischenquellen  vermittelt  benutzt  worden  ist^  und 
auf  das  V.  hier  in  einer  für  die  Zeitgenossen  gewiss  unmittelbar 
verständlichen  Weise  Bezug  nimmt.  Es  mag  bemerkt  werden, 
dass  es  in  der  Aeneis  noch  einen  ganz  analogen  Fall  giebt:  III 


^  Dies  Orakel  steht  in  einem  Abschnitt,  dessen  Entstehnngszeit 
sicher  in  die  Regierung  Hadnaos,  und  wahrscheinlich  dessen  letztes 
Regiernngsjahr  (138)  fällt,  wie  nach  theilweisem  Vorgang  von  Fr.  Bleek 
(Lieber  die  Entstehung  d.  sibyll.  Or.  in:  Theol.  Zeitschr.  herausg.  von 
Schleiermacher  u.  a.  II  Berlin  1820  p.  172  &.),  H.  Ewald  (Entstehung 
.  .  d.  sibyll.  Or.  in:  Abb.  d.  Ges.  d.  Wies,  zu  Göttingen  YIII  1860 
p.  106  f.)  festgestellt  hat  (während  B.  Badt,  De  oraculis  Sibyllinis  a 
Judaeis  compositis,  Diss.  Breslau  1869  p.  83  ff.,  wenn  er  das  Orakel 
in  die  erste  Zeit  Hadrians  hinaufrücken  will,  wohl  im  Irrthum  ist). 
Wir  kommen  dadurch  in  eine  Zeit,  die  Gefallen  an  Orakeln  fand: 
Phlegons  Mirabilienbuch  beweist  es  zur  Genüge.  Da  sibyllinische 
Orakelpoesie  aus  der  Zeit  des  Tiberius,  Nero,  Galba,  Yespasian  ander- 
wärts überliefert  ist,  so  ist  zu  vermutben,  dass  dieser  Abschnitt  durch 
progressive  Erweitern ugen  eines  früheren  Grundstockes  zustande  ge- 
kommen ist. 


480  Norden 

700  f.  heiset  es  bei  der  Schilderang  der  Fahrt  an  der  eicilischen 
Küste:  fatis  numquam  concessa  moveri  Apparet  Camarina 
procul.  Das  griechische  Original  haben  wir  in  den  orac.  Sib. 
III  736  μή  κινεϊν  Καμάριναν*  ακίνητος  γάρ  άμείνων,  also  be- 
ziehen eich  der  Sibyllist  und  V.  auf  dasselbe  ältere  Orakel  (cf. 
H.  Ewald,  Entstehung,  Inhalt  und  Werth  der  sib.  Bücher  in: 
Abb.  d.  Gott.  Ges.  d.  Wies.  VIII  1860  p.  62).  Das  von  uns 
erschlossene  Orakel  auf  Augustus  wird  durch  die  historiBcben 
Daten  einerseits  und  den  äussersten  Termin  für  die  Abfaesungszeit 
des  VI.  Buches  der  Aeneis  (s.  o.  S.  471,  1)  chronologiscb  zwischen 
26  und  Herbst  22  als  weitesten  Grenzpunkten  eingeschlossen. 
Der  so  gewonnene  ungefähre  Zeitpunkt  stimmt  vortrefflich  zu  den 
allgemeinen  chronologischen  Voraussetzungen,  die  wir  för  die 
Existenz  eines  solchen  Orakels  machen  müssen.  Die  Erwartung 
des  Anbruchs  einer  neuen  Weltepoche  beschäftigte  die  Gemüther 
fast  von  dem  Augenblick  an,  wo  Octavian  auftrat.  Es  ist  mit  Wahr- 
scheinlichkeit festgestellt  worden  (von  K.  Roth  im  Rhein.  Mus.  VIII 
1856  p.  366  f.  Schoemann,  De  Romanorum  anno  saeculari,  Progr. 
Greifswald  1856,  p.  8.  C.  Pascal  in  der  Rivista  di  filol.  XVIII  1890 
p.  156  ff.),  dass  für  das  J.  715  d.  St.  (==  39  v.  Chr.)  Saecular- 
spiele  fällig  waren,  die  jedoch  aus  einem  nicht  deutlich  erkenn- 
baren Grunde  nicht  gefeiert  wurden.  Augustus  scheint  sieb  dann 
seit  der  Constitution  der  Verfassung  im  J.  27  v.  Chr.  mit  dem 
Plan  getragen  zu  haben,  den  veralteten  und  daher  seinen  Zwecken 
so  dienlichen  Brauch  wieder  ins  Leben  zu  rufen  und  die  Ver 
säumniss  des  J.  39  nachzuholen.  Mit  Zugrundlegung  einer  an- 
deren Berechnung  wurde  das  J.  731  d.  St.  (=  23  v.  Chr.)  gefunden: 
Augustus  legte  das  Consulat  nieder  und  begann  seine  Regierungs- 
jahre nach  der  tribunicischen  Gewalt  zu  zählen  und  so  den  Prin- 
cipat  endgültig  zu  formuliren,  aber  die  geplante  religiöse  Weihe, 
die  diese  wichtige  Neuerung  durch  die  Saecularspiele  finden  sollte, 
wurde  durch  den  plötzlichen  Tod  des  Marcellus  zu  nichte  (cf. 
Tb.  Bergk.  in  seiner  Ausgabe  des  mon.  Ancyr.,  1873,  p.  77  und 
besonders  0.  Hirschfeld  in  den  Wien.  Stud.  III  1881  p.  99  ff.)l 
Die  so  abermals  verschobene  Feier  wurde  erst  nach  Ablauf  des 
ersten  Decenniums  der  Verfassungsconstitution  im  J.  17  naohge* 


^  Die  Combinationen  Bergk^s  und  besondere  Hirschfelds  erscheinen 
mir  doch  zu  gut  begründet,  als  dass  ich  mich  entschliessen  könnte,  sie 
mit  Wissowa  (in  den  Anmerkungen  zu  seiner  schönen  Rede  über  die 
Sacularfeier  des  Autrustus,  Marburg  1894  p.  22,  12)  einfach  zu  verwerfen. 


Ein  Pauegyricus  auf  Augustus  in  Vergils  Aeneis.  481 

holt.  Mit  der  projectirten  Feier  des  J.  23  etebt,  wie  Eieseling 
bemerkt  bat,  wabrscbeinlich  eine  Ode  des  Horaz  (I  21)  an  Apollo 
and  Diana  in  Zueammenbang,  die  mitbin  eine  Art  von  prolueio 
des  für  die  Feier  des  J.  17  verfaesten  Hymnus  zu  sein  scheint. 
Zwischen  die  J.  26  und  22  als  äussersten  Grenzpunkten  muse, 
wie  wir  sahen,  das  dem  Sibyllisten  und  Vergil  bekannte  Orakel 
auf  Augustus  als  Begründer  eines  neuen  Zeitalters  mit  Glück  im 
Inueren  und  Huhm  nach  aussen  fallen.  Die  Vermuthung  liegt 
also  nahe,  dass  es,  wie  wahrscheinlich  jene  Horazode,  mit  der 
geplanten  Säcularfeier  des  J.  23  in  Verbindung  stehen  könnte; 
sicher  aber  ist,  dass  es  mit  der  in  jenem  Jahrzehnt  verbreiteten 
wundersüchtigen  und  wundergläubigen  Erwartung  einer  neuen 
Weltordnung  zusammengehangen  hat,  deren  gewobnbeitsgemäeee 
Prophetin  eben  die  Sibylle  war.  Die  vorgetragene  Auffassung 
erhält  noch  eine  Art  von  Bestätigung  durch  folgende  drei  Mo- 
mente: 1)  In  der  Säcularode  des  J.  17,  die  zu  singen  Horaz 
selbst  ausdrücklich  (v.  5  ff.)  aus  dem  Befehl  des  Sibyllenorakels 
ableitet,  finden  sich  zwei  Strophen,  die  auf  den  in  den  Vergil- 
versen  enthaltenen  Gedanken  Bezug  nehmen  (53  ff.):  'schon 
fürchten  die  Macht  des  Auguetus  die  Partber,  Scythen  und  Inder, 
schon  kehren  die  Gottheiten  des  goldenen  Zeitalters,  die  die  Erde 
verlassen  hatten,  zurück'.  Das  ist  die  Erfüllung  der  Verbeissung. 
2)  Von  der  Zahl  der  unter  Augustus  umlaufenden  Weissagungen 
macht  man  sich  einen  Begriff  aus  dem  Bericht  des  Sueton  (c.  31), 
dass  Augustus  als  pontifex  maximus  (12  v.  Chr.)  2000  anonyme 
oder  Pseudonyme  Orakelbücher  verbrennen  liess  und  nur  die  si- 
byllinischen  beibehielt,  aber  auch  sie  nur  mit  Auswahl;  und  Ta- 
citus  berichtet  (a.  VI  12)  anlässlicb  eines  unter  Tiberius  auf- 
tauchenden neuen  Sibyllenbuchs,  dass  Auguetus  einen  Termin 
angesetzt  habe,  innerhalb  dessen  die  vielen  unter  dem  berühmten 
Namen  der  Sibylle  auftauchenden  Orakel  dem  praetor  urbanus 
zur  Eenntnissnahme  zu  bringen  seien.  3)  Dass  solche  Orakel 
eich  gerade  auch  auf  die  Unterwerfung  ferner  Völker  bezogen, 
zeigt  die  Verbreitung  des  berühmten  Sibyllenspruchs  über  die 
Besiegung  der  Parther  aus  Caesars  letzter  Zeit.  Auch  hierin 
erkennen  wir  wieder  deutlich  die  Uebertragung  von  Motiven  aus 
der  Alexanderlegende  auf  Augustus.  Denn  wie  man  sich  von 
Augustus  so  gut  als  wie  von  Alexander  erzählte,  dass  er  der 
Verbindung  seiner  Mutter  mit  einer  göttlichen  Schlange  ent- 
sprossen sei  und  wie  thrakischen  Priestern  im  Hain  des  Dionysos 
bei    beiden    genau   dasselbe  Prodigium  erschien  (Suet.  Aug.  94), 

Bheio.  MuB.  f.  Philol.  N.  F.  LIV.  31 


483     Norden  Ein  Panegyricns  auf  Anguetns  in  Vergils  Aeneis. 

80  war  auch  die  Unterwerfung  des  Oriente  durch  Alexander,  den 
Sohn  eines  Gottes,  von  der  Persischen  Sibylle  sowie  von  anderen 
Propheten  und  Prophetinnen  ge weissagt  worden  (cf.  Strabo  XII 
813  f.  E.  Maaes,  De  Sibjllarum  indicibus,  Diss.  Greifswald  1879 
p.  33.  38.  42.  44). 

Das  Resultat  unserer  Interpretation  ist  folgendes.  Die  Au- 
guslusepisode  schliesst  sich  äusserlich  genau  dem  Schema  de» 
Panegyricns  auf  Könige  an,  speciell  von  den  geläufigen  Alexander- 
Enkomien  sind  manche  Züge  auf  Augustus  übertragen.  In  diesen 
Rahmen  hat  V.  es  verstanden  ein  Bild  hineinzustellen,  welches 
deutlich  die  Farben  seiner  Zeit  trägt;  im  Besonderen  hat  er  anf 
Grund  von  umlaufenden  Weissagungen  den  Augustus  als  Bringer 
einer  neuen  Aera  in  Frieden  und  Krieg  geschildert. 

Breslau.  £.  Norden. 


Miscellen. 


Plantinnm. 

Indem  ich  die  Correktar  von  Müllers  Aufsatz  lese,  hänge 
ich  zwei  Plaiitina  an  —  immensae  velnti  conexa  narinae  cymba 
minor. 

Gas.  239  ff.  sind  bei  Leo  Trochäen.  Freilich  in  der  An- 
merkung giebt  er  selbst  die  Möglichkeit  zu,  einzelnes  hier  ana- 
püRÜRch  zu  lesen.  Ich  meine,  es  ist  nichts  sicherer  im  Plautus 
als  dass  bis  250  incl.  mit  Ausnahme  von  244  f.,  vielleicht  auch 
243,  nicht  ein  Trochäus  vorliegt.  Kürzungen  wie  ciU^di,  dec^nt 
in  der  Hebung,  trochäische  Füsse  wie  omnia,  Betonungen  wie 
comprinWt  die  Menge  der  unreinen  Senkungen,  unbegründete  Strei- 
chungen wie  die  des  est  250,  die  natürlich  durch  Stich.  734 
keineswegs  als  nothwendig  erwiesen  wird,  charakterisiren  die 
angeblichen  Trochäen  zur  Gentige.  Allerdings  ist  es  leichter  die 
Diagnose  auf  Anapästen  zu  stellen,  als  den  Passus  ganz  zu  heilen. 
Klar  sind  die  Oktonare  239,  246  (mades  mecastor)  und  250: 

disperdS  r(em)  \\  Öhe  tarn  stUis,   uaor,  est;  comprime  te, 

nimitim  tinnis, 
ebenso  241,  etwa  mit  der  hübschen  Leo 'sehen  Ergänzung  pol  ego 
(J'arn)  amico  usw.  240  besteht  gewiss  nicht  aus  zwei  paroemiaci; 
es  ist  ein  Septenar,  den  im  Zusammenhang  mit  dem  Schaden  in 
241  (siehe  oben  zu  Most.  1122)  der  Ausfall  einer  Silbe  betroffen 
hat  (wohl  (^Qmi)  senSda  aetate  usw.  oder  ähnlich).  Ohne  weiteres 
kann  auch  242  als  Septenar  gelesen  werden :  Ecquid  te  pudi^t 
usw.;  nur  bei  der  an  sich  möglichen  Skansion  JB^C(;uici^  ^e  als  Ana- 
päst (Seyffert  Jahresber.  80,  257  A.  1)  mtisste  man  auch  hier 
einen  Ausfall  annehmen.  243  mag  zu  den  folgenden  trochäischen 
Versen  zu  schlagen  sein;  freilich  fügt  er  sich  von  dem  wider- 
spenstigen arbiträre  abgesehen  vortrefflich  in  anapästischen  Rhyth- 
mus.    So  bleiben  denn  endlich  übrig  die  Worte: 

si  ego  in  ds  meum  hodie  vini  güttam  indidi  ||  %mm(o) 

age  ül  lubety  hibe^  es 
d.  h.  tetram.  cret.  und  jenes  so  häufig  damit  verbundene  Glied 
_w-w-,  das  Leo  uns  als  Dochmius  verstehen  gelehrt  hat.  Ich 
denke,  das  kann  so  wenig  Zufall  sein,  dass  ich  auf  Betonung 
(r/w/),  Klision  {si  ego)  und  anderes,  was  wir  auch  hier  gegen 
Leo^s  Trochäen  zu  sprechen  scheint,  nicht  erst  einzugehen  brauche. 


484  Miscellen. 

Cure.  142:   Päiimire  \\  edepol  qut  amaf,   si  eget,  misera  ad- 

ficiiur  aermnna. 

Die  fehlende  Kürze  hat  man  verschieden  ergänzt,  Leo  ad- 
ficitur,  ere,  aertimna^  nicht  ifut  wegen  der  Verdreifachung  des 
Hundsbuchstabens.  Andere  längen  -tur  in  der  Hebung,  was  noch 
weit  weniger  glaublich.  Es  ist  einfach  zu  lesen  adfligifur,  ge- 
rade wie  ich  Epid.  118  diffatigor  in  difflagifor  gebessert  habe. 
Vgl.  Pseud.    1295. 

Breslau.  F.  Skutsch. 


Der  echte  oder  der  unechte  Javenal? 

Dies  ist  ungefähr  die  Aufschrift  des  Buches  unsree  dahin- 
geschiedenen Freundes  0.  Ribbeck ;  wohl  Niemand  würde  mit 
derselben  Befriedigung  wie  er  die  Nachricht  aufgenommen  haben 
von  dem  merkwürdigen  Funde,  welcher  neuerdings  nicht  etwa  an 
ägyptischen  Papyrusstätten,  sondern  in  der  Oxforder  Bibliothek 
gemacht  ist,  von  dem  Hr.  Winstedt  der  Finder  und  Hr.  Poetgate 
in  zwei  Artikeln  der  Classical  Review  vom  Mai  1899  p.  201  u. 
p.  206  Kunde  geben.  In  einem  langobardischen  Juvenal  des 
XI.  Jahrhunderts,  dessen  volle  Collation  dort  mitgetheilt  ist^, 
einem  zur  ω-Clas6e  gehörenden  Texte  findet  eich  die  Weiber- 
Satire,  Sat.  VI  an  zwei  Stellen  durch  mehrere  Verse  erweitert 
In  der  Schilderung,  wie  der  Weiber  höchste  Lust  sei,  junge 
Diener  entmannen  zu  lassen,  wie  dann  α  domina  /actus  spado  in 
ihrem  Geleit  einherstolzire,  sind  nach  373  zwei  Verse  einge- 
schoben: 

mangonum^  pueros  vera  ac  miserabilis  urit 
debilitas,  foUisque  pudet  cicerisque  relicti. 
Dieser  Contrast  soll  das  folgende  Bild  des  sich  gross  und  stolz 
fühlenden  Eunuchen  heben,  das  Schlusswort  ist  gar  nicht  unge- 
schickt, zu  dessen  Erklärung  kann  man  das  Scholion  zu  Aristo- 
phanes  ran.  545  wiederholen  του  έρεβίνθου*  τοΟ  αιδοίου,  ή 
κυρίιυς  έρεβίνθου,  εΐώθασι  γαρ  οΐ  boOXoi  έν  τοις  τών  δεσπο- 
τών πότοις  εΙς  παραμυθίαν  εαυτών  τοιαύτα  ττεριφε'ρειν,  wenn 
auch  das  Letzte,  um  zum  römischen  Leben  zu  passen,  ein  wenig 
anders  gewandt  werden  müsste.  —  Die  zweite  Zuthat  findet  sich 
in  der  Nähe,  vor  der  Schilderung  der  Eunuchen,  nach  365,  sie 
besteht  aus  nicht  weniger  als  34   Versen : 

in  quacumque  domo  vivit  luditque  professus 
obscenum  et  tremula  promittit  omnia  dextra: 
invenies  omnis  turpes  similesque  cinaedis. 


1  Satire  VII  daraus  war  schon  früher  durch  Gefälligkeit  eines 
jungen  Engländers  verglichen  für  Hosius,  apparatus  crit.  ad  luv.  p.  t?(), 
aber  deren  Varianten  liessen  die  Sonderstellung  der  Handschrift  nicht 
ahnen,  welche  durch  Sat.  VI  jetzt  ofi'enbar  p^eworden:  eine  Erfahrung, 
welche  wir  uns  für  künftig  werden  merken  müssen. 

2  magonum  die  IIs.,  verbessert  von  Poatgate. 


Miscellen.  485 

hi8  violare  cibos  sacraeqne  adsistere  mensae 
5  permittunt^  et  vaea  iubent  frangenda  lavari, 
cum  colocyntha*  bibit  vel  cum  barbata  cbelidon. 
purior  ergo  tuiR  laribne  meliorque  lanista, 
in  cuins  numero  longe  migrare  iubetur 
Psyllus**  ab  Eupholio.    quid  quod  nee  retia  turpi 
10  iunguntur  tunicae,  nee  cella  ponit  eadem 

munimenta  bumeri  pulsatamque  arma  tridentem, 
qui  nudus  pugnare  solet,  pars  ultima  ludi: 
accipit  bas^  animas  aliosque  in  carcere  nervös, 
eed  tibi  communem  calicem  facit  uxor  et  illis, 
15  cum  quibus  Albanum  Surrentinumque  recusat 
flava  ruinosi  lupa  degustare  eepulchri. 
borum  consiliis  nubunt  subitaeque  recedunt, 
bis  b^nguentem  animum  eervant  et  seria  vitae, 
bis  clunem  atque  latus  discunt  vibrare  magistris, 
20  quicquid  praeterea  seit  qui  docet.  haud  tamen  illi 
semper  babenda  fides.    oculos  fuligine  pascit 
distinctus  croceis  et  reticulatus  adulter. 
suspectus  tibi  sit,  quanto  vox  mollior,  et  quo 
saepius  in  teneris  baerebit  dextera  lumbis. 
26  bic  erit  in  lecto  ^  fortissimus,  exuit  illic 
personam   docili^  Thais  saltata  Tripbalio®. 
quem  rides  aliis,  bune  mimura  —  sponsio  fiat, 
purum  te  contendo  virum.  contendo:  fateris? 
an  vocat  ancillas  tortoris  pergula^^?  novi 
30  consilia  et  veteres^^  quaecnmque  monetis  amici: 
'pone  seram,^  cohibe' ^^.  sed  quis  custodiat  ipsos 
cnstodes?  qui  nunc  lascivae  furta  pueilae 
bac  mercede  silent:  crimen  commune  ^^  tacetur. 
prospicit  boc  prudens  et  ab  illis  incipit  uxor. 
Für  die  richtige  Lesung  und  Erklärung  der  Verse  bat  Hr.  Post- 
gate das  Meiste  beigebracht,  aber  es  bleibt  Schwieriges  und  Un- 
verständliches übrig.     In  Vers  2  begegnet  der  metrische  Fehler 
promiltit  omnia^  Trocbaeus  an  Stelle  des  Spoudeus   vor  der  bu- 


8  Prom-  steht  gedruckt  bei  Winstedt,  ward  aber  nach  der  Hb. 
von  ihm  in  Perm-  verbessert. 

*  colocintha  Hs. 

^  PsiUus  Hs.,  dann  ab  euph-  die  Hs.  wie  Winstedt  verbessert, 
während  et  euph-  bei  ihm  gedruckt  steht. 

ö  as  Hs.  was  Postgate  hoffnungslos  verderbt  glaubte:  Subject  zu 
accipit  ist  der  im  vorigen  Vers  genannte  niedrigste  Gladiator. 

"  intecto  Hs.  von  Postgate  verbessert. 

^  docilis  aber  s  getilgt  Hs. 

β  tripallo  Hs.:  mit  Recht  zieht  Postgate  vor  dies  TriphaUo  zu 
deuten,  anstatt  Triballo. 

^0  pegnln,  dann  r  übergeschrieben  Hs. 

1^  ueteris  Hs. 

12  cohibes  Hs. 

1^  comune  Hs. 


486  Miscellen. 

koliechen  Caeaur.  Solche  Verse  sind  schon  im  zweiten  Jahr- 
hundert auf  Inschriften  nicht  selten  (carm.  epigr.  448,  3  pieiate\ 
ndbili  vixit^  474,  7  demersii  \  at  Styga  Pluton\  und  dringen  mit 
der  christlichen  Dichtung  seit  dem  vierten  Jahrh.  auch  in  die 
Literatur  ein,  von  den  Ersten  etwas  erträglicher  gemacht  da- 
durch, dass  sie  dem  Trochaeus  einen  schwach  oder  scheinbar 
positionsfähigen  Anlaut  folgen  lassen  (wie  dispone  \  sceptra  nepo- 
tum  bei  Porphyrius  16,  38,  putatur  \  hinc  fore  damnum  ua.  bei 
Späteren).  Man  darf  daher  zweifeln,  ob  wir  ein  Recht  haben  den 
Fehler  wegzucorrigiren,  wiewohl  er  mit  der  metrischen  Rein- 
heit desüebrigen  in  Widerspruch  steht.  Postgate  schlägt  crimina 
vor,  ich  würde  munia  vorziehen,  welche  Form  unter  den  Späteren 
zB.  Porphyrius  und  Ennodius  lieben ,  im  Sinne  von  Dienst- 
leistungen. Beschrieben  werden  im  Folgenden  solche  Hausge- 
nossen, obsceni  oder  Eunuchen,  welche  Tisch  und  Bett  und  Bad 
der  Frauen  besorgend  auch  zu  medicinisohen  Curen  und  nächster 
Gemeinschaft  in  unsauberen  Dingen  Anläse  hatten.  Auf  Curen 
nämlich  weist  die  Erwähnung  des  Schröpfens  Vers  6,  wo  colo- 
cyntlia  doch  Avohl  ^*  die  Stelle  der  cucurbila  vertritt,  hihit  absolut 
vom  Blutsauger  steht  wie  zB.  bei  Petron  120,98  Sullatitis  hihit 
ensis,  für  'die  bärtige  Schwalbe  freilich  bleiben  wir  auf  Rathen 
angewiesen.  Denn  weder  die  Frühlingsboten  noch  die  in  der  Me- 
dicin  (Caelius  Aur.  p.  322,  138  Am.)  genannten  χελιδόνες  des 
Pferdefussee  oder  Hufes  noch  auch  die  ΙίΤχάδες  desselben  Namens 
(Pollux  VI  81)  passen,  noch  kann  der  Ausdruck  dem  Beinamen 
einer  Natterart  χελιδόνια  (Galen  XIV  p.  235  K.)  geglichen  oder 
aus  einem  Wortspiel  zwischen  hiruvdo  oder  hirndo  abgeleitet 
werden  —  für  mich  liegt  die  letzte  Möglichkeit  des  Verständ- 
nisses in  der  Voraussetzung  einer  Zote  (s.  Suidas  unter  χελιδών, 
der  Zwitter  durch  harhata  gekennzeichnet),  die  ünsittlichkeit  gäbe 
auch  erst  einen  triftigen  Grund  an  für  den  mit  fratigenda  aus- 
gesprochenen Unwillen.  Auf  Curen  und  Heilkunde  weist  dann 
auch  die  Wahl  des  Namens  Fsyllus  im  gegensätzlichen  Bilde,  im 
Gesinde  des  Fechtmeisters;  der  Name  war  ja  sprichwörtlich  ge- 
worden für  Zauberkünstler,  welche  mit  Schlangen  hantiren,  Gift 
aussaugen,  ohne  Schaden  für  sich,  zum  Heil  oder  zur  Lust  für 
andere;  vidimus  Psyllos  in  certamine  bezeugt  Plinius  NH.  XXV 
123,    ein  solcher   kann  also  in  Janisfae  nwmero    gezählt  werden, 


*^  Den  Versuch  hab'  ich  freilich  gemacht,  vasa  frangenda  Vers  h 
von  Trinkgeschirr  zu  verstehen  (wie  14  communem  calicem),  hihit  von 
gewöhnlichem  Trinken,  colocyntha  also  und  chelidon  für  spöttische  Be- 
zeichnungen des  obscenus  zu  nehmen  nach  dem  durch  die  Apokolo- 
kyntose  Bekannten  und  wie  der  Kinaede  der  Kleopatra  XcXibuüv  hiess; 
ich  habe  aber  den  Versuch  aufgeben  müssen  hauptsächlich  um  des  Zu- 
sammenhangs willen,  des  Vergleichs  mit  dem  Psyllus  und  dem  die 
arnia  in  andrer  Zelle  aufhebenden  Gladiator.  Ich  stimme  also  Postc^ate 
zu,  dass  κολόκυνθα  für  σικυα  gesetzt  sei ;  harhata  chelidon  will  er  aus 
der  Hezfichnung  eines  Wassergefasses  als  nanui<  oder  sitidus  harhatua 
bei  Varro  und  Festus  erklären 


Miscellen.  487 

ohne  dass  er  identisch  zu  sein  braucht  mit  dem  retiariua,  auf 
welchen  die  nächsten  Verse  gehen.  Aber  wieder  unklar  bleibt 
die  Pointe  des  Sätzebens:  Psyllus  darf  nicht  sein  bei,  muss  weit 
weg  ab  Kupholio:  ist  dies  Eigenname,  so  wie  unter  den  mäch- 
tigen Castraten  Eagenius  £u8ebius  Eutherius  Eutropius,  oder  von 
einem  Hauptwort  wie  eugiuml  Das  Wort  scheint  kaum  richtig 
gebildet,  Euphorio  vermuthet  Postgate,  und  dieser  Name  hat  viel- 
leicht afrikanische  Gewähr  (vielleicht,  denn  das  Fem.  Euphoria 
beweist  doch  nicht  für  ein  Masc.  Euphorius\  aber  weniger  Salz 
als  der  überlieferte,  wenn  man  an  φολις  squama  denkt;  hiesse 
es  Eupolemo,  so  wäre  deutlich  ein  Gladiator  der  höheren  Waffen- 
gattungen bezeichnet,  welchen  der  όφιοοιώκτης  nicht  nahen  dürfe. 
Ammian  hebt  XXIII  6,  18  hervor,  dass  gegen  ein  einzeles  Gift 
bloss  die  Eunuchen  gefeit  seien,  was  betreffs  der  meisten  von 
den  Psylli  geglaubt  ward. 

Dass  die  Verse  dem  Alterthnm  angehören,  daes  sie  in  Vielem 
mit  Juvenals  Gedichten,  in  Bausch  und  Bogen  mit  dessen  Dichterart 
übereinstimmen,  liegt  entweder  auf  der  Hand  (man  nehme  nur 
die  hier  V.  15,  auch  bei  Mnrtial  Galenos  Ath.  Caelius  Aur.  zu- 
sammen genannten  Weine)  oder  läset  sich  schwer  bestreiten. 
Einige  Verse  sind  ganz  gewandt,  geradezu  hübsch,  andre  freilich 
über  das  Mass  schwach,  fade  und  unbeholfen  (zB.  der  üeber- 
gang  V.  20),  im  Ausdruck  verschwommen  (V.  24  von  Angriffen 
auf  Knaben)  ,  auch  sprachlich  anstössig  (wie  die  Apposition 
arma  V.  11,  die  Structur  rides  aliis  *  bei  andren '^^  und  das  stockige 
Abbrechen  des  Satzes  V.  27).  Sind  die  Verse  echt,  von  Juvenal 
selbst?  Hr.  Poetgate  ist  geneigt  daran  zu  glauben,  ich  ganz  und 
gar  nicht,  doch  muss  ich  mich  für  jetzt  bescheiden,  den  apo- 
kryphen Charakter  des  Stückes  durch  die  Art  der  üeberlieferung 
festzustellen.  Nicht  etwa  weil  bloss  der  Bodleianus  und  nicht 
Puü  es  erhalten  hat,  sondern  weil  auch  der  Bodleianus  es  an 
falscher  Stelle  gibt,  nicht  an  der  für  welche  der  Verfasser  es  be- 
stimmt hat.  Es  steht  in  der  Hs.  nach  365,  war  aber  gedichtet 
um  nach  345  an  Stelle  der  drei  Verse  zu  treten,  welche  wir  von 
Juvenal  dort  lesen.  Der  Schluss  des  Stückes,  aus  jenen  Juvenal- 
versen  erweitert  und  interpolirt,  zeigt  dies  am  klarsten,  aber 
auch  der  Anfang  lehnt  sich  an  Juvenals  sed  nunc  ad  quas  non 
Clodhis  oras?  an;  vielleicht  hängt  die  Variante  des  sog.  Probus 
sed  non  ad  quas  nunc  ludius  aras?  sogar  mit  dem  neuen  An- 
fangsvers in  qttacMmque  domo  vivit  luditque  zusammen,  sie  mag 
aus  dessen  Kenntniss  entsprungen  sein.  Nach  meiner  Meinung 
haben  wir  in   beiden  Zuthaten    des  Bodleianus    die  Arbeit    eines 


^*  Den  Text  zu  ändern  scheint  mir  nicht  statthaft;  er  erlaubt 
an  sich  auch  sindere  Interpunction,  wie  im  Zwiegespräch  quem  rides? 
*  aliis  hnnc  niimnm* .  sponsio  fiat,  die  aber  nicht  den  Vorzug  verdient. 
Denn  der  Sinn  soll  sein:  die  lächerliche  Figur  des  Hahnreis  bist  du 
selbst,  der  unschuldige  Mann:  purus  gewöhnlich  im  Gegensatz  zu  ob• 
scenus,  hier  mit  der  Spitze  des  von  der  Frau  auferlegten  Cölibats. 


488  Miscellen. 

Nachdiohters  zu  erkennen,  welcher  dem  grossen,  buntfarbigen, 
lockergeftigten  Weiberepiegel  des  Satirikers  noch  einige  Lichter 
aufsetzen  wollte:  non,  puto,  purus  homost.  Dass  gerade  die 
sechste  Satire  eine  üeberarbeitung  erfahren  hat,  wussten  wir  be- 
reits durch  das  Zeugnies  des  Probus  zu  614,  der  dort  drei  Verse 
mehr  las,  allerdings  wie  sie  bei  ihm  lauten,  im  Zusammenhang 
der  Dichterrede  für  uns  heute  unbegreifliche  Verse.  Den  Nach- 
dichter aber  werden  wir  im  vierten  Jahrhundert  unter  jenen  Zeit- 
genossen des  Ammianus  zu  suchen  haben,  welche  den  Juvenal 
mit  besonderem  Eifer  und  fast  nichts  ausser  ihm  lasen  und  trac- 
tirten  (XXVIII  4,  14),  welche  andrerseits  jenes  dritte  Menschen- 
geschlecht, nicht  Mann  noch  Weib,  als  'Würmer  und  Nager  des 
Palatium'  am  Werke  sahen.  V.  32  f.  qui  nunc  —  tacetur  wird 
in  den  alten  (Pithoeanischen)  Juvenalscholien  citirt  ohne  irgend 
einen  Zusatz  und  Aufschluss  darüber:  ich  meinte  früher,  es  sei 
ein  aus  älterem  Dichter  dem  Juvenaltext  beigeschriebenes  ώραΐον ; 
nach  dem  neuen  Fund  wird  man  mit  Postgate  behaupten  dürfen, 
dass  es  der  Hinweis  auf  jene  ganze  Einlage  von  34  Versen  ist 
oder  der  Rest  davon,  zugleich  das  Beste  von  Allem,  dass  das 
Einschiebsel  also  bei  der  Kedaction  jener  Scholien  (nach  dem 
.1.  353,  schwerlich  vor  400)  schon  vorgelegen  hat.  Schliesslich 
noch  dies :  der  Bodleianus  kennt  trotz  seiner  Erweiterungen  doch 
nicht  den  Scbmutzvers  von  der  Messalina  126,  er  so  wenig  wie 
das  Gros  der  Hss.,  jener  Vers  kam  also  aus  ganz  anderer  Mache 
erst  im  Mittelalter.  Der  Stoff  hat  eben  mehr  als  einmal  gelockt 
προσουρεϊν  τή  τραγιυοίςι. 

Bonn.  F.  Bücheier. 


Zur  Ueberliefernngsgesdiichte  kretischer  Inschrifteo. 

Die  Recensio  der  handschriftlich  überlieferten  kretischen 
Inschriften  ist  keine  ganz  leichte  Sache,  wie  ein  Blick  auf  die 
theilweise  unförmlich  angeschwollenen  textkritischen  Vorbemer- 
kungen zu  den  Texten  der  Sectio:  Greta  im  CIG.  lehrt,  und  doch 
mu88  sie  festgestellt  werden,  bevor  man  zur  Veranstaltung  des 
kretischen  Corpus,  welches  Fed.  Halbherr  vorbereitet,  schreiten 
kann.  Einen  kleinen  Beitrag  hierzu  wollen  die  folgenden  Zeilen 
geben. 

Die  kretischen  Inschriften,  die  sich  jetzt  in  zahlreichen 
Handschriften  Italiens  zum  Theil  vereinzelt  finden,  sind  durchaus 
serienweise  erhalten,  was  man  aus  der  adnotatio  critica  bei 
Boeckh   nicht  erkennen  kann. 

Die  älteste  Gruppe  sind  die  von  Cyriakus  von  Ankona  im 
Jahre  1445  abgeschriebenen.  Sie  stehen  im  Cod.  Vat.  5237  fol. 
513  unter  der  Ueberschrift:  Apud  Cretam  insulam  insignera 
plerisqiKi  suis  in  antiquis  et  iani  collapsis  urbibus  epigrammata 
nuper   px   Kyriaco  picenicolleo  anconitano  comperta. 

Eh  sind  CIG.  2574  Apud  Lytton  antiquimi   et  mediterraneam 


Miscellüu.  4b9 

• 

arbem  magna  ex  parte  deletam  prope  villam  quam  pediadam 
diount.     Sie  steht  auch  im  Cod.  Ricoard.  906  fol.  37  v. 

Zu  dieser  Inechrift  ist  von  Halbherr  das  Duplikat  gefunden 
(Americ.  Journal  of  Archaeol.  1896  Cretan  Number  p.  542  n.  3), 
aue  dem  sich  ergiebt,  dass  die  Zeilenabtheilung  in  beiden  Hand- 
schriften nicht  richtig  wiedergegeben  ist.  Die  bei  Boeckh  ge- 
gebenen Varianten  werden  durch  den  Cod.  Vat.  und  noch  mehr 
durch  den  nun  gefundenen  Stein  überflüssig. 

2584  Ad  antiquam  aliam  crete  urbeiu  olim  lampeam  medi- 
terraneam  .  .  quam  prope  rhitymnam  hodie  polius  dicunt. 

Weiter:  Apud  hierapetram  ad  austräte  littus  amplissimam 
olim  cretensium  urbem,  ubi  alia  inter  suae  magnitudinis  monu- 
menta  dnorum  amphiteatrum  naumachiaeqne  spectaculi  reliquias 
et  vestigia  vidimus,  inter  quae  binarum  caesarearum  statuarum 
basesque  bisce  suis  cum  inscriptionibus  atticis  et  eximiis  quaque 
litterie  comperi;  ad  primam  caesaream  basim  2581. 

ad  aliam  basim  2582. 

fol.  514  V.  εΙς  Ιεράπετραν,  ad  sacram  et  olim  eximiam 
divae  illarum  hierapetrarum   cereris  et   persephonis   aedem  2567. 

Zu  diesen  fünf  Inschriften  kommt  noch  2569,  deren  Ueber- 
lieferung  wir  weiter  unten  behandeln. 

Eine  zweite  Gruppe  ist  neuerdings  in  ihrer  Zusammenge- 
hörigkeit erkannt  worden.  S.  Ricci  nämlich  hat  in  seinem  Auf- 
satz II  pretorio  di  Gortyna  (Monument!  antichi  II  317  if.)  auf 
Grund  neuen  handschriftlichen  Materials  klargestellt,  dass  eine 
Reibe  von  längst  bekannten  und  viel  gedruckten  gortynischen 
Inschriften  auf  eine  einzige  Ueberlieferung  zurückgeht.  £s  sind 
dies  die  Nummern  des  CIG.  (ich  nenne  sie  in  der  handschrift- 
lichen lieihenfolge)  2593.  2589.  2592.  2597.  2588.  2596.  2594. 
2595.  25b  1,  dazu  kommen  zwei  Inschriften  aus  späterer  Zeit, 
von  denen  Ricci  nicht  bemerkt  hat,  dass  sie  ebenfalls  im  Corpus 
stehen,  nämlich  8635  und  8759. 

Sie  sind  zusammen  gefunden  und  erhalten  in  den  Berichten 
über  die  Basilika  von  Gortyn  und  stehen  zusammen  mit  der 
Beschreibung  und  Zeichnung  der  architektonischen  Reste  in  den 
Handschriften:  Cod.  Mus.  civic.  Venet.  Don&  136  pag.  98  f.  (aus 
dem  Jahre  1577)  und  in  den  zahlreichen  Handschriften,  aus 
denen  E.  Falkener  seine  Descrizione  dell'  Isola  di  landia  zusam- 
inensetzte  (Museum  of  classioal  antiquities  II  263  fP.),  ohne  an- 
zugeben, was  in  den  einzelnen  Handschriften  steht ^.  Sieht  man 
sieb  nun  an,    was  Boeckh  über   die  Ueberlieferung    dieser  Texte 


*  Wie  bedenklich  und  bedauerlich  die  textkritiechen  Grnndsätzo 
Falkeners  waren,  mnir  die  Bemerkung  S.  273  unten  lehren:  *Thi8(CIG. 
2.^55)  and  the  following  inscriptions  were  copied  from  the  MS  of 
Honorio  Belli  by  Apostolo  Zeno.  They  have  been  published  by  Mura- 
tori,  Gruter  and  Boeckh;  but  without  the  text.  The  readings  here 
adopted  are  from  the  last  mentioned  author*.  Anstatt  die  Varianten 
seiner  Handschriften  mitzutheilen,  druckt  er  den  Boeckhschen  Text  ab! 


490  MiscelleiL 

wnsete,  so  ergiebt  sich,  dass  er  ale  handschriftliche  Grundlage 
seiner  Textgestaltung  für  alle  diese  Inschriften  mit  Ausnahme  von 
2593  den  Cod.  Vatic.  1759  anführt,  aus  dem  Cornelius  in  seinem 
Buche  Greta  sacra  sie  herausgab.  So  wurde  ich  auf  diesen  Codex 
geführt  und  theile  kurz  mit,  was  er  von  kretischen  Inschriften 
enthält. 

fol.  134  f.  stehen  zunächst  die  angeführten  Inschriften  in 
derselben  Reihenfolge  und  mit  griechischen  Zahlen  numerirt,  es 
fehlt  2593.  Aber  es  sind  nach  2591  eingeschoben  zwei  Texte 
aus  späterer  Zeit,  von  denen  der  eine  unediert^,  der  andere  C£G. 
8835  ist.  Als  Fundort  ist  zu  2589  beigeschrieben  *  extra  portam 
Gortynae  urbis  in  ipsis  ruinarum  vestigiis*.  Es  stammen  also 
sämnitliche  12  Inschriften  aus  Gortyn.  Doch  waren  in  dem 
excerpirten  Exemplare  nicht  nur  diese  Stadt,  sondern  auch 
andere  kretische  Orte  beschrieben.  Denn  auf  fol.  136  des  Vaticanus 
folgt  CIO.  2555  mit  dem  Lemma:  In  agro  Hierapytna. 

Zu  dieser  Inschrift  bemerkt  Boeckh:  Ex  cod.  Vatic.  n.    1754 
quasi  ineditum    minusculis  dedit  Flaminius  Cornelius  Greta  sacra 
I  243,    doch  liegt  bei  Cornelius   sicher  ein  Druckfehler  vor,    da 
ich  mich  überzeugt  habe,  dass  weder  im  Cod.  Vat.  Graec.  1754  noch 
im  Cod.  Vat.  Lat.  1754  Inschriften  stehen.     Wohl  aber  fand  ich 
diese  Inschrift   noch    im  Cod.  Ambr.  D  436  inf.  fol.  65  mit  der 
Bemerkung,  Tolta  a  Stia  λ  VI  die  Luglio  del  LXXVI  (=-   1576) 
La  pielra  fu  portata    via  dalla    chiesa    dove    stava    dallo  Ecc"^** 
generale  Foscarini.     Diese  Notiz   und  die  Abschrift  der   Inschrift 
stammt    zweifellos  aus    einer   jener  Abschriften    der  Descrizione 
deir  ißola  di  Candia,  von  denen  Falkener  mehrere  benutzte,  denn 
er  las  in  einer  derselben,  in  welcher  sagt  er  nicht,    eine   lateini- 
sche üebersetzun^'   des  Textes  mit  der  Fundangabe,    die    ich  nur 
in  seiner  englischen  Uebersetzung  anführen  kann :  Α  Square  pier,  or 
pilaster  also  was  found  among  the  ruins  in  1565,  on  which  was  en• 
graved  a  Greek  iiiscription   —  The  beginning  of  the  inscription  is 
wanting.    The  pier  was  removed  to  the  church   of  St.  Zorzo  (Ge• 
orgio)  at  Sefetia,    frora  whence    it   was  taken    in   1575     by    Giac. 
Foscarini    —   and  sent  to  Venice,  where  it  is  now  in  the  posses- 
sion    of    bis   beirs  (Mus.  of  classical  antiq.   II  272).      Also    auch 
dieser  wichtige  kretische  Stein  kam  nach  Venedig  und   wird  dort 
vielleicht    noch    einmal    aufgefunden.     Für    die  Herstellung    des 
Textes  sind   die  folgenden  Varianten  des  Ambrosianus   verglichen 
mit  dem  CIG.  nicht   unwichtig. 


^  Er  lautet: 

00 

ο  κτηνα  παυ  ευσεβυη  υς  ση  ςουι  αυιι 
έφεστώτος  τη  σπουδή  της  βασιλικής  Καλ(στου  τοΟ  λογιστοΟ  τής  μητρο- 
πόλεα^ς.  Die  erste  Zoilo  hat  d<>r  Abschreiber  wohl  nicht  entziffern 
können.  Die  Inschiift  stellt  eicli  zu  der  ganz  entsprechenden  im  Mus. 
ital.  III  708  n.  154  als  ein  weiteres  Zeugniss  für  das  Fortbeetehen  der 
gortyn ischen  Basilika  bis  in  späte  Zeit. 


Miscellen.  491 

Ζ.  9  Anf.  ΙΖ-ΕΠΙ 

Ζ.  tl  ΚΑΙΙΗΝΑΟΡΑΤΡΙΟΝΚΠΑΝΙ  dazu  Note  oben  am 
i?ande.  Nota  alla  XT  linea,  dove  e  Γ  ultima  parola,  che  puo  dire 
anche  ΚΑΠΗΙ. 

Z.  13  ΣΑΜΩΝΙΑΝ    ,  ΠΥΤΙΟΝ 

Ζ.   16  fin.  fehlt.  ΔΗ 

Z.  17  ΕΚΘΡΟΝ 

Z.  25  πΟΛΕΜΩΙ  ΝΕΕΣΘΑΙ 

Vor  der  Neuherausgabe  im  Corpus  Cretense  müssen  aber 
die  Handschriften,  die  Falkener  benutzte,  auf  diesen  und  auf 
andere  Texte  durchsucht  werden. 

Im  Vaticanus  steht  weiter  CIG.  2568  ohne  Fundort.  Auch 
hier  hat  Cornelius  fälschlich  den  Vatic.  1754  als  Quelle  ange- 
geben und  selbst  den  Fundort  hinzugefügt  nach  der  vorhergehen- 
den Nummer.  Falkener  dagegen  entnahm  seinen  Handschriften 
über  den  Fundort  (S.  286):  In  the  neighbourhood  of  the  village 
of  St.  Toma  the  following  Greek  inscription  is  found  engraved  on 
a  lofty  and  precipitous  rock.  Diese  Angabe  war  richtig,  wie 
die  Wiederauffindung  der  Felseninschrift  gelehrt  hat  vgl.:  Doublet 
Bull,  de  corr.  hell.  XIII  75  Halbherr  Mus.  ital.  III  687,  die 
beide  den  Bericht  bei  Falkener  nicht  erwähnen^. 

f.  137  folgt  CIG•.  2579  'in  castello  pediade  vocato  in  agro 
Candia'  Z.  10  lautet: 

TEAOYC  ΥΛΟΥ.  π.  Β  ΚΛΑΙΔΙ 
OC  KAICAP  CEBACTOC  ΓΕΡ 
Es  ist  also  fälschlich  mit  2579  die  Inschrift  2570  ohne  Trennung 
verbunden,  was  Cornelius  nicht  gemerkt  hat,  der  deshalb  von 
Boeckh  in  der  kritischen  Vorbemerkung  zu  2579  selbst  dieser 
Fälschung  oder  Dummheit  beschuldigt  worden  ist.  Ueber  den 
Fundort  von  2579  ist  noch  zu  vergleichen  Falkener  S.  270,  der 
eine  lateinische  Uebersetzung  der  Inschrift  gab,  die  er  für  un- 
veröffentlicht hielt.  Für  die  Herstellung  des  Textes  ergiebt  der 
Vaticanus  nur,  dass  in  Z.  3  vollständig  steht  YION.  Der  Stein 
gehört  sicher  nach  Lyttos,  anders  dagegen  2570.  Auch  von 
diesem  Stein  hat  Falkener  S.  272  eine  lateinische  Uebersetzung 
und  was  wichtiger  ist,  folgende  Angabe  über  den  Fundort. 

'In  1577  was  dug  up  a  marble  slab  (at  Castel  Gerapetra), 
on  which  was  the  following  inscription:  Publius  Secundus  Clau- 
dius Caesar  Augustus  Germanicus  etc.*  Hier  ist  klar  ausge- 
sprochen, dass  2570  nach  Hierapytna  gehört.  Die  bisherige 
Zutheilung  dieses  Steines  an  Lyttos  beruhte  ausschliesslich  auf 
dem  Cod.  Vatic,  in  welchem  der  Fundort  dieser  Inschrift  ausge- 
fallen ist,    weil  sie   mit  2579  verschmolzen  ist.     Freilich    schien 


^  Die  lateinische  uebersetzung  der  Inschrift,  welche  Falkener  aus 
seinen  nandschrifteu  mitthi*iU,  ist  belohrond  für  die  Beurtheilung  sol- 
cher Leistungen.  Deabiis  Cereris,  et  filiae  Larchia  Diana  Eutonidc  filia 
=  θ€αΤς  Δήμητρι  καΐ  Κόρηι  Λαρκία  "Αρτεμης  ^κ  τΟϋν  15(ων.  Also  ist 
Kutonide  filia  entstanden  aus  Ικ  τΟϋν  Ιδίων! 


492  Miscellen. 

bisher  für  2570  ausser  dem  Vatic.  noch  eine  zweite  Quelle  vor- 
zuliegen in  dem  Codex  ms.  bibliothecae  Lollinianae,  aus  dem 
Doni  Inscript.  antiq.  II  72  p.  88  diese  Inschrift  zueret  heraus- 
gab. Doni  sagt  von  dieser  Handschrift  auf  8.  564,  wo  er  seine 
Quellen  angiebt:  Codex  Graecns  miscellaneus  bibl.  Lollinianae, 
cuius  initiuni  est  Γρηγορίου  Νύσσης  €!ς  τήν  αύτου  χβιροτονίαν 
und  ediert  aus  ihm  sonst  nur  noch  CIG-  2566.  Diese  Inschrift 
steht  aber  im  Vat.  1759  und  zwar  genau  so,  wie  sie  Doni  her- 
ausgab, nur  mit  dem  ausführlicheren  Lemma:  In  agro  Rhitiramio 
in  vestigiis  oppidi  Elitherna.  Hunc  pagum  hodie  .  .  .  Femer 
stehen  die  runden  C,  die  Doni  für  2570  aus  seinem  Codex  be- 
zeugt, auch  im  Vaticanus.  Die  Verrauthung,  die  Eirchhoif  zu 
CIG.  8759  aussprach,  war  daher  berechtigt,  dass  der  Vatic.  1759 
und  der  Cod.  bibl.  Lollin.  identisch  sind.  In  der  That  ist 
dieser  Sachverhalt  in  den  Molanges  d^arch^ologie  et  d^histoire 
IX  1889  p.  40  urkundlich  festgestellt.  Cod.  Vat.  1759  beginnt 
mit  Gregorii  Nysseni  orationes  und  gehört  zu  den  Handschriften, 
die  nach  dem  Tode  des  Bischofs  Lollino  von  Belluno  in  die 
Vaticana  gelangten.  Demnach  ist  die  einzige  Quelle  für  CIG. 
2570  wie  2566  der  Vatic.  1759. 

Zu  2566  sei  noch  bemerkt,  dass  Z.  Β  u.  4  lauten : 

ΚΩΙΕΥΞΑΜΕΝΑΥΠΕΡΑΥΣ 
ΑΥΤΑΣΕΥΧΑΝ 
was  Boeckh    änderte    in    εύΕαμένα  υπέρ    [έ]αυτάς,    während    es 
durchaus  richtig  lautet:  υπέρ  αύσαυτας. 

Vor  2566  steht  fol.  138  noch  2569  mit  dem  Lemma:  In 
agro  Rhitymnio  in  tallei  montis  vulgo  vocatis  attali  non  longe  a 
(M)elidone  in  antro  quod  etiamnunc  vocatur  Mercurii  in  ipso  antri 
vestibulo. 

Die  üeberlieferung  dieser  Inschrift,  die  sich  übrigens  jetzt 
noch  an  dem  Felsen  wiederfinden  muss,  ist  eine  zweifache.  Ein- 
mal ist  sie  in  dem  von  uns  besprochenen  Zusammenhange  über- 
liefert in  der  Sammlung,  die  auf  Honorio  Belli  oder  dessen 
Zeitgenossen  zurückgeht.  Denn  auch  die  schedae  Pigafettianae 
und  Ambrosianae  stellen  nichts  anderes  dar,  als  einen  Zweig 
dieser  üeberlieferung,  wie  schon  das  fast  gleiche  Lemma  bei 
Gruter  zeigt.  Diese  Üeberlieferung  liegt  am  besten  vor  in  den 
Handschriften,  die  Falkener  benutzte  z.  B.  dem  Cod.  Marc.  VII 
cod.  569,  denn  er  giebt  über  den  Fundort  die  ausführliche  Notix 
(S.  289)  'At  Milopotamo,  in  the  district  of  Rettimo,  close  to 
Castel  Melledone,  and  a  niile  and  a  half  from  the  said  village, 
is  a  cavern  peiietrating  the  flanke  of  a  mountain.  At  the  entrance 
of  the  grotto,  on  the  left  band  side,  is  an  inscription  of  twelve 
Greek  verses  cut  in  the  live  rock.*  Hier  wie  überall  müssen 
die  Quellen,  die  er  benutzte,  neu  aufgesucht  werden.  Aber  lange 
vor  dieser  Zeit  war  die  Inschrift,  worauf  schon  Mommsen  CIL. 
III  3  aufmerksam  machte,  von  Cyriakus  abgeschrieben  worden. 
Zwar  steht  sie  nicht  im  Vat.  5237,  aber  sie  gehört  zu  dem 
festen   Stork   von  griechischen  Inschriften,  der  sich  in  den  Samm• 


Miscellen.  493 

langen  des  Marcanova  Felicianas,  Ferrarinus,  Jucundne,  α.  a. 
findet  und  zweifellos  aas  Cyriakns  stammt.  Zudem  besitzen  wir 
£^rade  für  sie  noch  die  Fandnotiz  von  Cyriakus  selbst:  Habeas 
utique,  quod  apud  cretam  in  idaei  montis  radicibus  antroque 
vastae  quippe  magnitudinis  nostrum  in  cylleneum  genium  epi* 
gramma  antiquissimum  coniperimus  ut 

ΑΡΤΕΜΕΙΣ 
ΗΣΑΛΟΥΙΟΜ 
(folgen  die  ersten  beiden  Disticha),  die  sich  bei  Felicianus  im 
Cod.  Marc.  Lat.  X  196  fol.  97  v.  und  ähnlich  bei  Ferrarinas  im 
Cod.  Nap.  V  Ε  5  erhalten  hat.  Doch  scheint  Cyriakus  nur 
Z.  1  —  6  abgeschrieben  zu  haben.  Jedenfalls  aber  muss  vor  der 
endgültigen  B^eststellung  des  Textes  diese  ältere  üeberlieferung  ^ 
gehörig  berücksichtigt  werden. 

Im  Codex  Vat.  folgt  zum  Schluss  noch :  In  agro  Rhitymnio 
in  vestigiis  oppidi  Lappa,  quod  hodie  pagus  est  magnus  vocatus 
ή  πόλις  in  colosso  marmoreo  fracto: 

ΛΑΠΑΙΩΝ  ΗΠΟΛΙΣ  ΑΝΕΣΤ 

Dieses  Fragment  ist  offenbar  verschieden  von  der  schon 
von  Cyriakus  gelesenen  Inschrift  CIG.  2584,  welche  Gruter  ex 
Rchedis  Pigafettianis  Honorii  Belli,  also  aus  derselben  Üeberliefe- 
rung, die  wir  vor  uns  haben,  herausgab,  und  scheint  unedirt. 

Es  hat  sich  somit  ergeben,  dass  die  Sammlung  kretischer 
Inschriften  im  Vaticanus  1759  nicht  original  ist,  sondern  ein  Ex- 
cerpt  darstellt  aus  der  Beschreibung  von  Creta,  die  auch  den 
Handschriften,  die  Ricci  und  Falkener  benutzten,  zu  Grunde  lag. 
Wer  dieses  anfertigte  oder  machen  Hess,  darüber  kann  kaum  ein 
Zweifel  sein.  Alvise  LoUino,  Bischof  von  Belluno  (1547 — 1626) 
stammte  aus  Gortyn  und  hatte  jeder  Zeit  ein  grosses  Interesse 
für  seine  Heimat.  Er  wird  sich  die  Inschriften-Sammlung  ver- 
schafft und  wohl  mit  eigener  Hand  auf  einige  freie  Blätter  einer 
Handschrift  aus  seiner  reichen  Bibliothek  eingetragen  haben. 
Von  ihm  stammen  dann  auch  die  zwei  Inschriften,  die  der  Vatic. 
mehr  hat,  als  die  anderen  Handschriften. 

Natürlich  giebt  es  noch  mehr  solcher  Excerpte,  mit  oder 
ohne  Wert,  und  aus  ihrer  Häufigkeit  erklärt  sich  zum  grössten 
Theil  der  so  verwickelte  kritische  Apparat  bei  Boeckh,  der  sich 
nach  dem  Gesagten  in  vielen  Fällen  sehr  vereinfachen  und  ent- 
lasten lässt.  Kur  auf  eine  solche  Handschrift  will  ich  noch  hin- 
weisen, die  mir  zufällig  in  die  Hände  kam.  Es  ist  der  Marc. 
Gr.  XI  cod.  32.  Dort  stehen  fol.  1—5.  CIG.  2569.  2593.  2595. 
2589.  2597.  2591.  2588,  also  lauter  Inschriften  aus  der  hier 
besprochenen  Reihe,  aber  in  anderer  Reihenfolge.  Zu  notiren 
ist  etwa  für  2593  έν  ταϊς  πλα£1  της  πόλεως  Γορτυνίων  die 
Lesung  από  υπάτων  και  Ζ.  3,  welche  auch  im  cod.  Barozzi  del 
Mus.  Corr.  wiederkehrt  s.  Ricci  p.  331  n.  7,  und  έπαρχων  Ζ.  4, 


^  Kaibel   ep.  Gr.   815    zog   schon   den    cod.  Nap.  Υ  £  5   heran, 
jedoch  nur  für  die  üeberschrift. 


494  Misoellen. 

für  2597,  5.  έπαρχβίας  zweimal,  was  Pococke  auf  dem  Steine 
las  und  Boeckh  mit  Unrecht  verwarf,  für  2588,  5.  (ΤέΗτος  Κυϊν- 
τιλΐνος,  wo  der  codex  von  Ricci  Σέ£τος  Κιντίλιος  hat  s.  Ricci 
p.  331.  n.  1. 

Goslar.  Erich  Ziebarth. 


Zum  Oebraneh  des  prädicativen  Partieipinms  im  Griechieclieii. 

Zu  dem  von  mir  in  dieser  Zeitschrift  LIV  S.  150  f.  be- 
sprochenen wenig  beachteten  Gebrauche  des  prädicativen  Parti- 
cipiums  statt  eines  Verbalsubstantivs,  wie  er  sich  im  Griechischen 
findet,  macht  Gildersleeve  im  American  Journal  of  Philology  XIX 
S.  463  f.  einige  den  Umfang  dieses  Sprachgebrauchs  betreffende 
Bemerkungen,  darunter  folgende:  *the  constrnction  goes  back  to 
Homer  (see  AJP  XIII  258),  e.  g.  II.  14,  504  avbpi  φίλψ  έλ- 
θόντι  γανύσσεται,  and  13,  37,  where  Monro  tranelates  νοστή- 
ααντα  άνακτα  '  the  return  of  the  master '.  Pindar  delights  in  tbe 
construction ,  for  which  see  my  Introduetory  Essay  (CXIII)'. 
Was  das  erste  homerische  Beispiel  betrifft,  so  hätte  ich  von  dieser 
Art  eine  Menge  aasschreiben  können.  Es  gehört  zum  Gebrauche 
des  Participiums  in  Objectssätzen  nach  Verbis  des  Aifectes,  wie 
er  in  jeder  Schulgrammatik  verzeichnet  ist.  Wenngleich  man 
diesen  mit  dem  von  mir  behandelten,  wenn  man  will,  unter  einen 
gemeinsamen  Gesichtspunkt  bringen  kann,  so  braucht  man  doch 
darüber,  was  Jedermann  weiss,  Niemanden  zu  belehren.  Dagegen 
nehme  ich  den  Nachweis  des  zweiten  Beispiels  aus  Homer:  Οφρ' 
έμπεοον  αυθι  μένοιεν  νοστήσαντα  άνακτα  mit  Dank  entgegen. 
Die  weiterhin  aus  Lysias  beigebrachte  Stelle  dagegen  :  1  8  πάν- 
των τών  κακών  άποθανουσα  αΙτία  μοι  γβγενηται  (ή  μήτηρ)  ge- 
stattet das  Participium  causal  aufzufassen :  ^  dadurch  dass  sie  ge- 
storben ist\  Was  dann  die  aus  Gildersleeves  Hinweisungen  zu 
entnehmenden  Beispiele  betrifft,  so  kann  ich  von  den  aus  Pindar 
angeführten  nur  eines  als  unbedingt  hierhin  gehörig  ansehen, 
nämlich  Pyth.  XI  22  f.  πότερόν  viv  öp'  Ίφιγένει'  έπ'  Εύρίπψ  — 
σφαχθεϊσα  τήλε  πάτρας  f  κνίσε  ν  βαρυπάλαμον  δρσαι  χόλον; 
denn  die  übrigen  lassen  eine  andere  Auffassung  zu,  indem  man 
das  Participium  Ol.  IX  104  f.  άνευ  οέ  θεου  σεσιγαμένον  —  ου 
(Τκαιότερον  χρήμ'  ?καστον  im  Sinne  eines  condicionalen,  Pyth.  11  ί 
100  ff*,  του  bk  παις  .  .  .  έν  πολέμψ  τόΕοις  άπό  ψυχάν  λιττών 
ώρσεν  πυρι  καιόμενος  έκ  Δαναών  γόον  in  dem  eines  tempo- 
ralen und  Pyth.  II  21  ff".  ΊΕίονα  φαντι  ταύτα  βροτοΐς  —  λέγειν  έν 
πτερόεντι  τροχψ  —  παντςί  κυλινοόμενον  in  dem  eines  relativen 
Nebensatzes  verstehen  kann.  Zugehörig  sind  von  den  aus  Pro- 
saikern angeführten  Belegstellen  folgende  :  Herod.  I  34  μετά  bk 
Σόλωνα  οίχόμενον,  Antiph.  V  35  bi'  αύτου  του  σώματος  άπολ- 
λυμενου,  Lys.  IV  10  έκ  της  ανθρώπου  βασανισθείσης,  Dem. 
XVIII  57  άττό  γαρ  τούτιυν  έΕεταίομένιυν.  Dagegen  liegt  bei 
Herod.  Ι  8  δμα  bi  κιθώνι  έκδυομένψ  συνεκούεται  και  την  αι6ώ 
γυνή    für   meine    Empfindung   die  condicionale  Auffassung  näher. 


Miscellen.  495 

Aus  den  Rednern  werden  sich  wohl  noch  weitere  Belege  des  in 
Rede  stehenden  Sprachgebranche  beibringen  lassen;  aber  das  wird 
wahrscheinlich  bestehen  bleiben,  dass  er  verhältnissmässig  am 
häufigsten  bei  Thukydides  vorkommt. 

Münster.  J.  M.  Stahl. 


Zaiu  aaet.  ine.  de  praenominibas  über. 

Hierüber  sagt  Schanz  bei  Iw.  Müller  II  p.  350  nach  An- 
dern: Der  Traktat  geht  auf  gute  Quellen  zurück,  besonders 
scheint  Varro  benutzt  zu  sein.  Da  möchte  ich  auf  einen  Wider- 
spruch zwischen  beiden  aufmerksam  machen.  Bei  Varro  1.  1. 
IX  §  55  heisst  es:  sie  esse  Marcum,  Numerium,  at  Marcam,  Nu' 
meriam  non  esse.  Dagegen  im  über  de  praen.  c.  7  steht:  lila 
praenomina  a  viris  tracta  sunt:    G-aia,  Lucia,  Publia,  Numeria. 

Breslau.  A.  Zimmermann. 


Nachtrag  zu  S.  347:  φαιδυντής. 

Bei  Niederschrift  der  Bemerkung  über  φαώυντης  war  mir 
entgangen,  dass  die  richtige  Erklärung  für  das  Fehlen  des  ρ  von 
Dittenberger  schon  vor  länger  als  dreissig  Jahren  (Hermes  I 
1866,  409)  gegeben  und  neuerdings  (Inschr.  v.  Olympia  zu  N.  466) 
wiederholt  worden  ist.  *φαώύνιυ  verhält  sich  zu  φαώρός  wie 
αίσχύνιυ  zu  αΙσχρός,  μηκυνιυ  zu  μακρός,  d.  h.  es  ist  von  einer 
kürzeren,  des  ρ  ermangelnden  Stammform  gebildet,  deren  einstiges 
Vorhandensein  durch  die  Hesychglosse  φαίΙ)-€Γ  οψ€ΐ,  Dativ  von 
φαϊί)-ος,  durch  φαίο-ιμος  und  Φαίί)-ων  erwiesen  wird-  Im 
Ionisch- Attischen  herrscht  seit  Hesiod  (Op.  753)  φαώρύνιυ,  das 
im  Anschluss  an  φαώρός  geschaffen  ist  wie  λαμπρύνω  im  An- 
schluss  an  λαμπρός.  Die  £leer  dagegen  haben  die  p-lose  Form 
bewahrt  und  von  ihr  aus  den  Amtstitel  des  φαώυντής  τοΟ  Διός 
του  'Ολυμπίου  (Inschr.  ν.  Olympia  466,  5 ;  Kaiserzeit)  gebildet; 
in  dieser  altehrwürdigen  Gestalt  haben  sie  ihn  beibehalten  oder 
erneuert,  auch  als  die  Koine  zu  ihnen  ins  Land  gedrungen  war 
und  die  einheimische  Mundart  aufzehrte.  Von  Olympia  aus  ist 
er  dann,  sehr  wahrscheinlich  durch  Hadrian  aus  Anläse  der  Voll- 
endung des  Olympieion,  nach  Athen  übertragen  worden,  wo  wir 
einen  φαώυντής  Διός  έκ  ΤΤβίσης  CIA.  III  283.  έν  Όλυμπίφ 
1058  und  einen  φαώυντής  Διός  'Ολυμπίου  έν  δστ€ΐ  291,  einen 
'Ολυμπίου  Διός  Άθήνησιν  φαώυντής  928  antreffen.  Ausser- 
dem kennen  wir  einen  φαώυντής  τοϊν  θεοΐν  in  Eleueis  aus  der 
Zeit  Marc  Aurels  CIA.  III  5,  13.  Auch  hier  dürfte  die  Bezeich- 
nung auf  Nachahmung  des  φαώυντής  του  Διός  in  Olympia  be- 
ruhen; andernfalls  müssten  wir  ihre  Schöpfung  in  sehr  alte  Zeit 
hinaufrücken,  als  man  auch  in  Eleusis  noch  *φαιούνιυ,  nicht 
φαώρύνω  sagte.  Der  Litteratur  kam  es  nicht  darauf  an  die 
offizielle  Form  des  Titels  genau  zu  wahren,  sie  hat  überall  die- 


496  Miscellen. 


jenige  GeRtalt  eingesetzt,  die  er  in  der  Sprache  des  Lebens  auf 
Grund  des  dieRer  geläufigen  φαιορύνιυ  annehmen  rauBste,  nämlich 
ςκχώρυντής. 

Bonn.  Felix  Solmsen. 


Za  S.  150  f. 


Alle  die  vorgeführten  Beispiele  erweisen  nur,  was  niemand  noch 
bestritten  hat,  dass  es  sprachrichtig  ist  zu  sagen  bxä  τους  f\br\  φο- 
βερούς παρόντος 'Αθηναίους 'wegen  der  unmittelbar  gefahrdrohen- 
den Anwesenheit  der  Athener  ,  und  dass  Thukydides  wenigstens 
sich  auch  gestatten  mochte  zu  schreiben  bioq  ήν  ol  i\br\  φθβ€ροι 
παρόντες  'Αθηναίοι.  Aber  ist  damit  auch  schon  bia  το  ήδη 
φοβερούς  παρόντας  'Αθηναίους  gerechtfertigt  und  sichergestellt? 
Zu  dem  Sinne  '  wegen  der  unmittelbaren  (Furcht,  nämlich)  der 
gefahrdrohenden  Anwesenheit  der  Athener  ,  vermag  doch  der 
Leser  erst  zu  gelangen,  wenn  er  errathen  hat,  was  keineswegs 
sich  von  selber  anzeigt,  dass  φοβερούς  παρόντας  'Αθηναίους 
hier  als  erklärende  Apposition  fungiren  soll  zu  einem  Begriffe, 
den  er  sich  zu  bia  τό  aus  dem  Vorhergehenden  erst  herzuholen 
habe,  und  dass  er  überdies,  um  diese  Ergänzung  grammatisch 
möglich  zu  machen,  das  Wort  ήδη  von  seiner  sinngemässen  Be- 
ziehung auf  φοβερούς  ablösen  müsse.  Wobei  noch  ausser  Be- 
tracht bleibt,  dass  durch  solche  Ausdeutung  die  mit  αφανούς  τε 
τούτου  eingeleitete  Antithese  gänzlich  verschoben  wird.  Jeden- 
falls darf  man  es  also  verwunderlich  finden  —  und  mehr  sagt 
doch  das  beigefügte  Zeichen  dem  gelassenen  Leser  nicht  — ,  dass 
eine  so  sinnverdunkelnde  und  aus  dem  sonstigen  Gebrauch  des 
Autors  nicht  entschuldbare  Wortfügung  gleichwohl  für  kritisch 
haltbar  erklärt  wird. 

Oldenburg.  H.  Stein. 


Verantwortlicher  Rodacteur:   L.  Radermacher  in  Bonn. 

(2i).  Juni  lH9i).) 


\ 


Der  Inhalt  des  Georges  yon  Menander• 


Die  Veröffentlichung  dee  längeren  Bruchetückes  ane  dem 
Georgoe  des  Menander  durch  Jules  Nicole  im  J.  1898  \  welcher 
noch  binnen  einem  Jahre  die  auf  Autopsie  beruhende  Auegabe  der 
Engländer  Bernard  P.  Grenfell  und  Arthur  G.  Hunt  folgte  ^  hat 
natürlich  den  Wunsch  nahegelegt,  ja  die  Aufgabe  gestellt,  mit 
Hülfe  der  sonstigen  aus  dem  Alterthum  überlieferten  Beete  des 
Stückes  und  Nachrichten  darüber  den  Gang  der  Handlung  mög- 
lichst vollständig  und  sicher  zu  reconstruiren.  Den  Versuch  dasu 
haben  bisher,  soviel  mir  bekannt  wurde,  nur  zwei  Gelehrte  voll- 
ständig unternommen,  K.  Schenkl  und  fast  gleichzeitig  G.  Kaibel. 
Daneben  giebt  es  eine  Reihe  einzelner  Bemerkungen,  die  dem 
gleichen  Zwecke  dienen  sollen,  von  Andern;  und  im  Grunde  liefern 
alle  Ermittelungen  über  die  Personen,  welche  in  den  Bruchstücken 
das  Wort  haben  oder  darin  erwähnt  werden,  sowie  über  die  Lage, 
in  der  sie  sich  befinden,  ihr  Verhältniss  zu  einander  u.  dergl. 
ebenso  viele  Bausteine  zur  Feststellung  des  gesammten  Inhalte. 
In  diesem  beschränkteren  Sinne  muesten  sich  Alle  mit  der  Hand- 
lung des  Georgos  befassen,  welche  im  Einzelnen  die  Herstellung 
des  sehr  lückenhaft  überlieferten  Textes  der  Genfer  Bruchstücke 
fördern   wollten. 

Dass  die  beiden,  aus  sechs  Theilen  zusammengesetzten,  von 
Nicole  noch  gesondert  behandelten  Stücke  aufs  engste  zusammen- 
gehören und  Ober-  und  Unterhälfte  eines  einzelnen  Blattes  bilden, 
hat  Fr.  Blase  zuerst  richtig  vermuthet  (Lit.  Centralbl.  1897  Sp. 
1648)  und  haben  Grenfell  und  Hunt  bekanntlich  bestätigt,  indem 


1  Le  Laboureur    de    Menandro;    fragments   inedits   sur   papyrus 
dΈgypte  dechiffreSf  traduite  et  commentes.    Gen^ve  1898  [erschien  1897]. 

3  Meiianders  Γεωργός;    a  revised   tezt    of   the  Geneva   fragment 
with  a  translation  aud  notes.     Oxford  1898. 

Bbein.  Mo•,  t  Philol.  N.  F.  LIV.  32 


498  Dziaizko 

sie  zu  der  schon  von  Nicole  bemerkten  Zählung  der  Vorderseite 
(ς)  auch  die  der  Rückseite  (t)  entdeckten  und  den  unmittelbaren 
Anschluss  des  Textee  der  untern  Hälfte  an  den  der  oberen  fest- 
stellten.  Um  den  Text  und  seine  Erklärung  baben  sich  nach 
den  beiden  Engländern  und  Fr.  Blase  (a.  0.  Sp.  1648  f.)  beson- 
ders H.  Weil  (Rev.  d.  it,  grecq.  t  11  S.  121  ΰ.)  nud  G.  Kaibel 
(Nachr.  d.  Gott.  Ges.  d.  Wiss.  phil.-hist.  Kl.  1898  S.  146  ff.)  ver- 
dient gemacht,  vor  Kurzem  (1899)  ü.  von  Wilamowitz  in  einem 
Schriftchen  ^y  in  welchem  dieser  Gelehrte  knapp  und  ohne  Er- 
läuterungen, aber  mit  deutscher  Uebersetzung  des  neuen  Bruch- 
stückes das  abdruckt,  was  von  dem  Texte  jenes  und  der  anderen 
gesichert  scheint. 

Die  Reconstruction  des  Ganges  der  Handlung  hat  mich  von 
Anfang  an  lebhaft  interessirt ;  namentlich  glaubte  ich  sogleich  in 
y.  87  (nach  der  allgemein  angenommenen  Zählung  von  Grenfell 
und  Hunt)  einen  Kernpunkt  der  Handlung  zu  erkennen.  Die 
Bedeutung  dieser  Stelle  ist  auch  Schenkl  (a.  0.  S.  52  f.)  und 
vor  allem  Kaibel  durchaus  nicht  entgangen';  indess  sind  Beide 
in  Bezug  auf  die  Stellung  der  einzelnen  Personen  im  Drama  und 
zu  einander  meines  Erachtens  von  Annahmen  ausgegangen,  die 
nicht  haltbar  sind,  und  deshalb  musste  auch  die  Anwendung  der 
erwähnten  Stelle  auf  diese  Verhältnisse  in  die  Irre  führen. 
Schenkl  insbesondere  konnte  noch  nicht  den  Text  der  Engländer 
benutzen.  Seine  Erklärung  der  Komposition  des  Stückes  nennt 
er  selbst  (S.  54)  ^nichts  als  eine  Vermuthung* ;  Kaibel,  dessen 
Arbeit  beim  Erscheinen  jenes  Aufsatzes  fertig  gedruckt  war,  sah 
sich  durch  ihn  zu  Nachträgen  nicht  veranlasst  (S.  166  Anm.  14). 
Dass  auch  Kaibels  Aueführungen  für  v.  Wilamowitz  nicht  über- 
zeugend waren,  schliesse  ich  aus  dessen  späterer  nebenbei  ge- 
gebenen Erklärung  (Gott.  Gel.- Α nz.  1898  S.  695)  'von  der  Hand- 
lung des  Γεωργός  nicht  viel  zu  wiesen',  und  aus  der  zurück- 
haltenden Art,  mit  welcher  er  in  seiner  Ausgabe  der  Bruchstücke 
auf  jeden  Versuch  eines  Aufbaues  der  Handlung   verzichtet.     In 


^  Die  Reste  des  Landmannes  von  Menandros.  Als  Manuskript 
gedruckt  [am  Ende :  ü.  v.  W.  M.].  —  Im  üebrigen  sind  zu  vergleichen 
Roh.  Ellis  in  Class.  Review  11.  Bd.  (1897)  S.  417  f.;  F.  G.  Kenyon 
ebd.  S.  453  ff.;  Herb.  Richards  ebd.  12.  Bd.  (1898)  S.433f.;  Fr.  Blase 
in  Lit.  Centralbl.  1898  Sp.  775  ff.;  J.  v.  Leeuwen  J.  f.  in  Mnemos.  n. 
8.  26.  Bd.  (1898)  S.  299-313. 

^  Auch  Herb.  Richards  hat  a.  0.  S.  434  darauf  hingewiesen. 


Der  Inhalt  des  Georgoa  von  Menander.  499 

der  Beurtheilang  der  Pereonen  and  der  Handlung,  wie  sie  das 
grosse  Bruchstück  bietet,  hat  er  in  allem  meiner  üeberzengung 
nach  das  Richtige  gesehen,  dagegen  den  Sinn  des  bedeutsamen 
letzten  Verses  (827)  verkannt.  Im  Folgenden  hoffe  ich  zu  zeigen, 
dass  wir  wohl,  ohne  den  Boden  yorsiohtiger  Combination  zu  ver- 
lassen, weiter  gelangen  können. 

Um  den  Lesern  die  Nachprüfung  meiner  Darlegung  und 
mir  das  Citiren  zu  erleichtem,  drucke  ich  im  Folgenden  zunächst 
den  Text  des  neuen  Fragmentes  ab,  in  dem  Meisten  der  Yulgata 
folgend,  wie  sie  sich  bereite  ergeben  hat.  Die  Anmerkungen 
habe  ich  im  wesentlichen  nur  benutzt  um  eigene  Yermuthungen 
oder  die  Herstellung  der  handschriftlichen  Lesart  zu  rechtfertigen. 
Ergänzungen  dessen,  was  im  Papyrus  nicht  zu  lesen  ist,  sind  wie 
üblich  in  eckige  Klammern  gesetzt  und,  wenn  sie  irgend  unsicher 
schienen,  gesperrt  gedruckt;  Zusätze  zu  dem  was  im  Papyrus 
steht,  befinden  sich  in  Klammem  anderer  Art  (<  ))^. 

(Scene  I:  Jüngling  I  =  N.) 

προςιών  πράττιυν  [w_] 
ύποφοβουμενος  [*♦*?] 
[ήν  δ'  ου  πονη]ρ[ός  ο[ύδ'  [έ]δόκουν  [^^-ν^-] 
[--]  €  6  μ€ΐρακίσκος  έν  άγρψ  biexeXei. 
5  [νυν  δ'  ίτυχε]  συμβ€βηκός,  δ  μ'  άπολώλεκε 
[άπόδη]μον  εΙς  Κόρινθον  έπΙ  πρα£ίν  τίνα* 
[ή  κ  ων  υ]πό  νύκτα  γιγνομένους  έτερους  γάμους 
[καταλαμ]βάνΐϋ  μοι,  τους  θεούς  στεφα<νουμί>νους, 
[τόν  πατί]ρα  θύοντ*  ivbov  έκδίδιυσι  bk 
10  [αυτός  ό]  πατήρ*  όμοπατρία  γάρ  εστί  μοι 
[ivbov  ύπό  τής]  νυνι  γυναικός  τρε(ρομένη 

Kritische  Anmerkungen.  Υ.  3  a.  Ε.  πράΕειν  κακώς  oder 
äbnl.  Κ.  (S.  151)  πράζ€ΐν  κακά  oder  φεύγειν  γάμους  Dz.  ||  4  έν  τφδε 
oder  τάνθένδε  (?)  Dz.  ||τότ'  ίτυχε  Κ.  νΟν  δ'  ίτ.  Dz.;  das  jüngst  Vorge- 
fallene wird  dem  Früheren  entgegengesetzt  ||  7  γινομενητουςγαμους  Ρ 
γιγνομένους  ήδη  γ.  Gr.  u.H.  sowie  W.,  γιγνομένους  έτερους  γ.  Dz.  ||  11 

ύιτό  τής  (w-)  .  .  .  τρεφόμενη  Gr.  u.  Η.  ίνδον  ύπό  τής  ν.  L.;  τρε- 
φόμενης Ρ.  II 


^  Ρ.  hezeichnet  die  Papyrasfragmente,  Gr.  α.  Η.  die  englische 
Ausgabe,  Nie.  die  von  Nicole,  v.  Wil.  die  von  ü.  v.  Wilamowitz,  W. 
den  Aufsatz  von  H.  Weil,  K.  den  von  G.  Kaibel,  61.  die  Bemerkuugen 
von  Fr.  Blase  in  L.  C.  1897,  El.  II  desgleichen  in  L.  C.  1898,  v.  L. 
den  Aufsatz  von  v.  Lecuwen,  Dz.  endlich  meinen  Namen. 


δΟΟ  Dziatzko 

12  [ζ7_  ά]1)€λφή.  [τ](να  bk  ουςφβύκτψ  κακφ 
12a  <άλούς  άγαν  και  πράγμασιν  έμπεπλβγμένος) 
[εΰριυ  φυγή  ν,  ουκ  olb]a'  πλην  οοτιυς  ?χιυ, 
[έΕοιχόμενος  τής  οΙ]κίας  ούόέν  φράσας. 

15  [μη  κατ  α]  λιπών  bk  τόν  γάμον  τήν  φιλτάτην 
[c7-]av  άοικήσαιμ'  fiv  ου  γάρ  ευσεβές. 
κό]πτειν  bi  μίλλιυν  την  θύραν  όκνώ  πάλαι* 
ού]κ  olba  γάρ  τόν  άόελφόν  εΐ  νυν  ίΐ  άγροΟ 
[έ]νθάί)'  έπώημεϊ•  πάντα  προνοεΐσθαί  με  6εϊ. 

20  [ά]λλ'  έκπο&ών  δπειμι  καΐ  βουλεύσομαι 

τοΟτ'  αοθ',  όπως  bei  όιαφυγεϊν  με  τόν  γάμον.  (Gebt  ab.) 

(II.  Soene:  Myrrbine,  Matrone.     Philinna,  deren  alte 

Kinderfrau.) 

MYP.  [*Α]λλ'  ώς  προς  εονουν,  ώ  Φίλιννα,  τους  λόγους 

[π]οουμένη  σοι  πάντα  τάμαυτής  λέγιυ. 

[έν  τ]οϊς5'  έγώ  νυν  εΙμί.  Φ Ι  Λ.  καΐ  νή  τώ  θεώ 
25  [ίγ]α)γ'  άκούουσ',  ώ  τέκνον,  μικρού  όέιυ 

[πρ]ός  τήν  θύραν  έλθουσα  και  καλέσασά  <νιν> 

τόν  άλαίόν'  ίδιυ  τούτον  είπεϊν  όσα  φρονώ. 
ΜΥΡ.  [μή  <τύ]γε,  Φίλιννα*  χαιρέτιυ.  ΦΙΛ.  τί  χαιρετώ; 

[οιμ]ωίετιυ  μέν  ούν  τοι[ου]τος  ών!  γαμεϊ 
30  [ό  μι]αρός  ούτος,  ήδικηκώς  τήν  κόρην, 

Lö  ρ  κο  υ  ς]  τοσούτους  κατατ[εμών]!  ΜΥΡ.  προσέρχεται 

[αυτών]  ό  θεράπιυν  έΗ  άγρου  Δάος.  βραχύ 

12  a.  Α.  fehlt  vielleicht  der  Name  der  Schwester;  ήβώσ'  ab,  v.  L.  \\ 
12a  eingesch.  von  Dz.,    da    δυσφ.  κ.  (ohne  Artikel)    kaum    anders    mit 
V.  13  zu  verbinden  scheint  ||    14  zwei  Partizipien  in  verschiedenem  Ter- 
hältniss  zu  Subjekt  und  Prädikat  wie  in  V.  65.  (59  f.     ||    15  μή  καταλ. 
Dz.,  τόν  γάμον  auf  die  Zwangsheirath  beziehend  wie  in  V.  21;    Gr.  u. 
H.  oÖTU)  λ.   II  16  Name    der  Geliebten    fehlt  a.  Α.;    ν.  Wil.  setzt  (bei- 
spielshalber)   in    der   Uebersetzung   'Melitta*   ein.    Durch    den    Bruch 
seiner  Schwüre  würde  der  Jüngling  sich  gegen  die  €ύσέβ€ΐα  verfehlen.  1! 
26  f.    καλ€(7ασατον  |   [.  .  .jiujv'  P.    καλέσασα  τόν   |   άλ.    Gr.  u.  H.  καλ. 
viv  I   τόν  άλ.  Dz.:    der  spate  Schreiber  wusste  καλβσασανιν  wohl  nicht 
zu  deuten  und  besserte  auf  eigene  Hand;  auch  anders  könnte  der  Yen 
ergänzt    werden  ||   28  [.  .  .\\fe  P.    Ιέμο]ιΤ€    R.  EUis    S.  417.  (μή  σ)ύτ€ 
Κ.  II  29  nach  ών  interp.  Κ.  und  Η.  Richards  S.  433.   γαμβΐν  Ρ.  u.  gew. 
γαμ€ί  ν.  L. ;  bei  der  Lesart  γαμεΐν  ist  eine  Aposiopese  anzunehmen  (in 
erg.    βούλεται!)    ||   31    δρκους   τοσούτους   καταπατών    od.    •τ^ν  ΒΙ.  II 
Sp.  777.    ορκ.  τ.  κατατεμών  Dz.;  [λόγους]  τοσ.  κατατ[(θου.]  Gr.  u.  Η.; 
....  τοσούτους.     ΜΥ.  κατά  τ[ύχην]  πρ.  Κ.  u.  Η.  Richards  S.  433  |1 


Der  Inhalt  des  Georgos  von  Menander.  &01 

τ[φ]\  μεταστώμεν.  ΦΙ  Λ.  τι  b'  ήμϊν,  είπί  μοι, 
[τούτου]  μέλει;  ΜΥΡ.  καλόν  γ'  δν  εΤη  νή  Δία. 

(ΠΙ.  Scene:  Myrrhine.    Philinna.    Daoe,  Sklave.) 

35  ΔΑ.  Άγρόν  γεωργεΐν  εύσε[βέστερον  ούΙ)]ένα 

36  οΤμαΓ  φέρει  γάρ  μυρρ[ίνην  κιττόν]  <6άφνην>, 
36a  <δσ*  έστΙ  όώρα  φίλα  θεοϊς  ανθών)  καλών, 

άνθη  τοσαυτα'  τάλλα  b'  δ[ν  τις  καταβάλ]η, 
άπέόωκεν  ορθώς  καΐ  οικαίιυς,  ου  [πλέον], 
άλλ'  αυτό  τό  μέτρον.  6  Σύρος,  είσένεγχ'  όμως 

40  πάνθ'  <όπ>όσα  φέρομεν*  ταύτα  πάντ'  εις  τους  γάμους, 
ώ  χαίρε  πολλά,  Μυρρίνη.  ΜΥΡ.  <πά)νυ  καΐ  <τύτ[ε]. 

ΔΑ.  ώς  γε  καθεώριυν,  γεννική  καΐ  κοσμία 

γύναι,  τί  πράττεις,  βούλομαί  σ'  αγαθών  λόγων, 
μάλλον  hk  πράΕειυν  έσομένιυν,  δν  ο\  θεο\ 

45  [θ]έλΐϋσι,  γευ[σ]αι  καΐ  φθάσαι  πρώτο[ς  φράσας]. 
6  Κλεαίνετος  γάρ,  ου  τό  μειράκιον  [τό  σόν] 
[έ]ργά2!εται,  πρώην  ποτ'  έν  ταϊς  άμ[πέλοις] 
σκ[ά1πτιυν  διέκοψε  τό  σκέλος  χρη€[τώς[  πάνυ. 

ΜΥΡ.  τάλαιν'  έγώ!  ΔΑ.  θάρρει,  τό  πέρας  V  άκουε  μου* 

50  άπό  του  γάρ  ?λκους,  ώς  τριταΐον  έγένετο, 
βουβών  έπήρθη  τφ  γέροντι,  θέρμα  τε 
έπέλαβεν  αυτόν,  καί  κακώς  ίσχεν  πάνυ. 

ΦΙΛ.  άλλ'  έκκορηθείης  σύγ'  οία  τάγαθά 

ήκεις  άπαγγέλλιυν.  ΜΥΡ.  σιώπα«  γρ(|Ιδιον. 

55  ΔΑ.  ενταύθα  χρείας  γενομένης  αύτψ  τίνος 
κη&εμ[ό]νος,  ο\  μϊν  οΐκέται  κα\  βάρβ[αρ]οι 

36.  36a  μυρρ[. ]  καλόν  Ρ. ,  zu  vergl.  Stob.  flor.  57, 5. 

Die  Herstell ang  des  Verses  unter  Einfügung  eines  neuen  (obiger  von 
Dz.)  wurde  verschieden  versucht  in  ähnlichem  Sinne  ||  39  Syrus  ist 
vermuthlich  erst  infolge  des  Anklopfens  aus  dem  Hause  des  reichen 
Bürgers  getreten  (so  schon  v.  L.) ;  daher  in  V .  40  die  Belehrung  ταύτα 
π.  έ.  τ.  γ;  er  geht  mit  den  Begleitern  desDaos  ins  Haus;  όμοΟ  v.  L.  || 
42  οςγ€  Ρ.  ώς  γε  (=  quandoquidem)  Gr.  u.  Η.  oövck'  R.  EUis  S.  418 ; 
οΰ  0€  H.  Richards  S.  484  ||  43  τ(  πράττεις  geht  auf  die  Annäherung 
der  Myrrhine,  die  offenbar  in  ein  Gespräch  mit  Daos  kommen  wollte. 
Man  konnte  τ.  πρ.  auch  der  Myrrhine  zutheilen,  die  damit  ihr  Staunen 
über  die  umständliche  Anrede  ausdrücken  würde;  vorher  müsste  es 
dann  (ΰς  σε  heissen  ||  46  ού  [=  δπου]  Bl.  II.  Im  Munde  des  Sklaven 
scheint  die  Beziehung  auf  den  Eigennamen  (=  in  dessen  Hanse)  zu- 
lässig (ähnlich  v.  L.);  v.  Wil.  tBi  .  .  .  τό  σόν  ||  48  ΙσχυρΦς  πάνυ  Β.  II 
statt  χρηστϋϋς  || 


502  Dziaisko 

*ίίησ'  εκείνος;  ίστιν  οΐμώίειν  μ[ακ]ράν' 
?λ[€]τον  δπαντες•  ό  bk  σος  υΙός  o[lo]v€i 
νομίσας  έαυτου  πατίρ',  άπορθώσα[ς  πάλιν] 

60  ήλ€ΐφ€ν  έΕέτριββν  άπέν[ι]ί6ν  φαγεϊν 

προςίφ€ρ[€]  παρεμυθεϊθ',  δ  πάνυ  φαύλως  ίχβι, 
[και]  ί[ώ]ντ'  άνέστησ*  αυτόν  έπιμελούμενος. 

ΜΥΡ.  [κα]λόν  τίκνον.  ΔΑ.  νή  τόν  Δί'*  €Ö  δήτ'  ούτοσι 
[έππà  λ]αβών  γάρ  αυτόν  ivbov  καΐ  σχολή  ν 

65  [διάγ]ιυν  απαλλαγείς  δικΛλης  καΐ  κακών  — 
ού  πον]τί  γ'  tan  σκληρός  ό  γέρων  τφ  βίψ  — 
του  μειρ]ακ(ου  τά  πράγματ'  ανακρίνει  τίνα, 
[αοτ']  ούχΙ  παντάπασιν  άγνοών  ϊσως* 
[διερχο]μένου  hk  τοΟ  νεανίσκου  ΜΥΡ.  τί  hi; 

70  ΔΑ.  [τά  τε  τ]ής  αδελφής  έμβαλόντος  σοΟ  τε  κοί 
[τών  σών,  πάθη]μ'  ίπαθέν  τι  κοινόν  καΐ  χάριν 
[τή]ς  επιμελείας  φετ*  έκ  παντός  λόγου 
[be\]y  αυτόν  άποδοΟναΓ  μόνος  τ'  ών  καΐ  γίρων 
[ν]ου[ν]  ?σχε•  τήν  γάρ  naW  ύπίσχ[η]ται  γαμεΐν. 

75  [κ]εφάλαιόν  έστι  τοΟτο  τοΟ  παντός  λόγου* 
[ή]Ε[ο]υσιν  ήδη  δευρ',  δπεισιν  εΙς  άγρόν 
[σ*  όμ]οο  λαβών,  παύσεσθ[ε  πενίφ  μα]χόμενοι, 
δυςνουθετήτψ  [θηρίψ  καΐ  δυςκόλψ], 
[κ]  α  ι  ταΟτ'  [έν]  άστε  Γ  δ[εΐ  γάρ  ή  πλουτεΐν]  ϊσως 

80  ή  2ήν,  δπ[ου]  μή  μ[άρτυρ]ας  [του]  δυςτυχεϊν 

57  Κησ*  εκείνος;  (er  blieb  am  Leben?)  als  Frage  Dz.  Κησ*  εκεί- 
νος* Gr.  u.  H.  έφ'  οίς  έκεΤνός  έστιν  Κ.  ||  59  statt  πάλιν  (so  Gr.  u.  Η.) 
viell.  ταχύ  zu  ergänzen  ||  62  δ(?)[.  .]ντ*  Ρ.;  .  [. .]  ίώντ'  Gr.  n.  Η.; 
καΐ  ι.  F.  G.  Kenyon  S.  454  und  ν.  L. ;  παρεμυθεΐτο,  πάνυ  φαύλως 
ίχ€ΐν  Ι  δόΕαντ'  άν^στησ'  αυτόν  Η.  Richards  S.  4Η4  ||  63  Komma  nach 
Δ('  Κ.  Der  Sklave  bekräftigt  das  mütterliche  Lob  nur  kurz  nebenbei 
und  setzt  die  Erzählung  sogleich  fort  ||  64  έπόει  Κ.  (oder  ibpa  Dz.). 
Wenn  ούτοσί  (V.  68)  auf  den  Jüngling  bezogen  \irerden  sollte,  ist  etwa 

ξχ^χ  oder  πάσχει  in  V.  64  zu  ergänzen  ||  66  f ]τις  Ρ.    oö  παντί  γ' 

Dz.  όοτω  τις  Gr.  u.  Η.  u.  allg.  Der  Vers  muss  m.  Er.  eher  den  Wan- 
del im  Wesen  des  Alten  bestätigen  ||  67  τ(να  |  τά  μένν.  Wil.  τ(να|  ίστ' 
Κ.  II  69  τ[.]δ€  F.;  τάδε  Κ.  ΜΥΡ.  τί  δέ  Dz.  Wie  mit  quid  autem? 
wird  an  einer  wichtigeren  Stelle  der  Erzählung  der  Charakter  des 
Dialogs  erhalten  jj  70  τά  τε  τ.  ν.  Wil.  jj  71  τών  σών  κακών  ίπ.  ν.  Wil.; 

[ ,  πάθη]μ*  Gr.  u.  Η.;  τών  σών,   πάθ.  Dz.  ||  77  [.  .  .]ου  Ρ.  σ'  όμοο 

W.  όμοΟ  gew.  ύμας  Β1.  II  und  ν.  L.  Das  Folgende  (V.  77—79)  gebe 
ich  nach  Blass,  V.  79—80  nach  Weil  auf  Grund  der  von  ihnen  ermit- 
telten Fragmente  || 


Der  Inhalt  des  Qeorgoe  τοη  Menander.  508' 

π[ο]λλούς  τις  lEci  τους  ορώντας'  ϊστι  hk. 
[άγρό]ς  εΙς  τό  τοιοΟτ'  βύκτόν  ή  τ'  έρημία. 
[€ύ]ατγ€λίσοσθαι  πρ[ός]  σε  τουτ'  έ[β]ουλόμην. 
[ίρρ]ιυσο  πολλά.    ΜΥΡ.  κα\  συ.    (Daoe  geht  ins  Haus  ah.) 

(IV.  Soene:  Myrrhine.     Philinna.) 

ΦΙΛ.  τι  πέπονθος,  τέκνον; 
85  [τί  π€]ριπατ€ϊς  στροβοΟσα  τάς  χ€Ϊρος;  ΜΥΡ.  τί  γάρ, 
[Φί]λινν';  άποροΟμαι  νυν  τί  ποιήσαί  μ€  hex' 
[έπ€]1  τίνος  ή  παις  έστι;  τούτψ  κού[ί)]6νΙ 


Αΐβ  Ort  der  Handlung  hahen  wir  πηβ  jedenfalls  wie  ge- 
wöhnlich Athen  zu  denken.  Dies  wird  bestätigt  durch  Quint 
inst  XII  10,  25  (quos  ego  eaisthno,  si  quad  in  iis  finibus  ίώβηΗ8 
invenerint  solwm  fertilioremve  segetem,  negaturos  aiticam  essey  quod 
phis  quam  acceperüj  seminis  reddcU,  quia  hanc  eius  terrae  fidem 
Menander  eludit)  mit  deutlicher  Anspielung  auf  7.  37  ff.^  Das 
Stück  spielt  natürlich  auf  der  offenen  Strasse  vor  den  Häusern 
der  hauptbetheiligten  Personen.  Auf  zwei  Häuser  wenigstens  ist 
auch  aus  dem  neuen  Fragment  zu  sohliessen^:  das  eines  reichen 
Atheners ,  in  welches  der  zuerst  auftretende  Jüngling  als  Haus- 
sohn gehört,  wird  V.  9.  14  (?).  26  f.  39  erwähnt;  auf  das  andere, 
in  welchem  Myrrhine  und  die  Geliebte  jenes  Jünglings  wohnen, 
nehmen  Y.  17.  19,  wohl  auch  76  (beCpo)  Bezug.  Möglicher- 
weise gehört  Philinna  in  ein  drittes  Haus  (s.  S.  507  und  vergl• 
S.  514  Anm.  3);  dann  könnte  das  der  Myrrhine,  vor  welchem 
wohl  am  meisten  zu  sprechen  war,  in  der  Mitte  der  Bühne  sich 
befinden.  Der  Jüngling  N.  kam  mit  Beginn  der  Soene,  welche 
seinen  Monolog  enthält  und  deren  Ende  wir  besitzen,  höchst 
wahrscheinlich  aus  dem  Hause  des  Vaters.  Darauf  weist  die 
Sicherheit  seiner  Angaben  in  Y.  7  ff.  (besonders  Y.  9)  hin,  femer 
Y.  14,  dessen  Sinn  wenigstens  richtig  ergänzt  scheint;  nirgends 
wird  angedeutet,  dass  er  dies  alles  nur  vom  Hörensagen,  etwa 
durch  einen  Sklaven,  wisse.    In  der  eben  vergangenen  Nacht  (ύπό 

84  καισυτ€  Ρ.  καΐ  σύ  Ε.  (Anm.  ζ.  d.  St.)  ||  85  τριβοΟσα  Ρ.  nach 
Gr.  u.  Η.,  [σ]τροβοΟσα  nach  Nie.  ||  87  [οΙμο]ι  Nie;  έπ€ΐ  ν.  WiL;  a.  £. 
sind  in  Ρ.  anscheinend  noch  einige  Bachstaben. 


^  Yergl.  Frg.  lY  Mein.  (Frg.  96  bei  Eook)  und  die  Anmerkung. 
2  Yergl.  V.  Wilamowitz  a.  0.  S.  3. 


504  Dziatsko 

νύκτα  V.  7)  *  von  einer  GeecliäftereiBe  aus  Rorintb  zurückgekehrt, 
hört  er  von  seinem  Vater,  dasR  er  noch  am  gleichen  Tage  seine 
Stiefschwester  heirathen  solle  (V.  7  ff.),  die  Tochter  einer  spa- 
teren Frau  seines  Vaters*.  Die  Vorbereitungen  zur  Hochzeit 
sind  bereits  im  Gangen  Der  Jüngling  hat  sein  Herz  indess  an 
eine  Andere  vergeben,  und  zwar  an  die  Tochter  der  Myrrhine 
—  ich  nenne  sie  P.  —  (V.  15  f.  26  f.  30  f.),  davon  aber  dem  Vater 
weder  vorher  noch  jetzt  etwas  zu  sagen  gewagt  (V,  2(?).  14). 
Der  Grund  ist  leicht  einzusehen:  seine  Geliebte  war  arm  (V.  77  ff.). 
Die  völlige  ökonomische  Abhängigkeit,  in  welcher  sich  damals 
in  der  Regel  die  Söhne  reicher  Eltern  den  Vätern  gegenüber  zu 
deren  Lebzeiten  befanden,  erklärt  das  in  den  antiken  Lustspielen 
so  häufige  Verhalten  der  hartgesinnten  Väter  und  unglücklich 
liebenden  Söhne.  Verstossung  und  Enterbung  durch  den  Vater 
oder  freiwillige  Flucht  aus  dem  Eltemhause,  und  in  beiden  Fällen 
ein  harter  Kampf  ums  Dasein  in  der  Fremde  drohte  dem  jungen 
Manne,  der  gegen  den  Willen  des  Vaters  seiner  Neigung  zu  einem 
Mädchen  folgen  wollte. 

Eine  wesentliche  Verschärfung  erfährt  ein  solcher  Konflikt 
häufig  dadurch,  dass  die  Geliebte  sich  in  andern  Umständen  be• 
findet.  Entweder  handelt  es  sich  dann  um  die  Liaison  mit  einem 
Mädchen,  das  als  unfrei  galt,  wie  in  der  Andria*.  Es  wurdö 
dann  später  als  Bürgerin  erkannt  und  auf  dieser  άναγνώρισις 
beruhte  die  Lösung  des  Konfliktes*.  Oder  die  Entehrung  betraf 
eine  Bürgerstochter.  Nie  ist  es  da  unterlassen,  das  Vergehen  als 
vereinzelte  üebereilung  zu  charnkterisiren  und  zu  entschuldigen. 
Gewöhnlich  sind  es  arme  Mädchen,  denen  es  beim  Zusammen- 
treffen mit  weinerhitzten  jungen  Männern  an  der  nöthigen  Auf- 
sicht und  am  Schutze  fehlte  ^.    Aber  auch  bei  Töchtern  aus  guter 

^  Der  Beginn  der  Handlung  fallt  also  auf  den  Morgen  des  Tages; 
von  γιγν.  τ.  γ.  wird  ύπό  νύκτα  derCäsur  wegen  minder  gut  abhängig 
gemacht,  zumal  man  statt  γιγν.  eher  das  Futur  erwarten  würde. 

*  Nach  attischem  Gesetz  war  dies  erlaubt;  s.  H.  Blümner,  Griech. 
Privatalt.  (1882)  S.  260  f.     Schoemann-Lipsius.  Gr.  Alt.  I  (1897)  S.  375. 

^  Ganz  gewöhnlich  langten  Nachrichten  über  das  Eintreffen  von 
Schiffen  und  Personen  auf  denselben  eher  an  die  Angehörigen  in  der 
Stadt,  als  jene  Personen  selbst;  vergl.  Plaut.  Stich.  151  f.  274  ff.;  Ter. 
Phor.  149  f.    Hec.  76  f. 

*  Im  Heautontimorumenos  ist  nicht  gerade  von  Schwängerung 
die  Rede,  aber  nach  V.  98  war  das  Verhältniss  so,  ^prope  ut  pro  uxore 
haberef. 

*  So   in  Aulularia  (V.  795  Cereris  vigiliis  per   vinum   atgue  im- 


Der  Inhalt  des  Georgos  von  Menander.  505 

und  wohlhabender  Familie  kam  dergleichen  der  attinolien  Ko- 
mödie zufolge  vor,  wie  im  Trucnlentns  des  Plautne  nnd  in  der 
Hecyra  dee  Terenz^ 

T>ie  Häufigkeit  dieses  Motivs  wirft  zwar  in  jedem  Falle  ein 
bedenkliches  Licht  anf  die  Zustftnde  in  den  höheren  Geflellschafts- 
klassen  Griechenlands  in  hellenistischer  Zeit,  sie  erklärt  sieb  aber 
znm  Theil  aus  dem  Bedtirfniss  des  dramatischen  Aufbaues  der 
Handlung.  Ohne  die  Nötbigung,  die  in  der  Entehrung  einer 
athenischen  Bürgerin  lag,  welcher  der  Schutz  der  Gesetze  in  Ge- 
stalt schwerer  Straf bestimmungen  zur  Seite  stand,  würden  hart- 
herzige Väter  sich  schwer  zur  Nachgiebigkeit  gegen  verliebte 
Söhne  haben  bewegen  lassen,  falls  diese  Liebe  einem  armen 
Mädchen  galt,  würden  aber  auch  die  Söhne  selbst  es  nur  aus- 
nahmsweise gewagt  haben  dem  Willen  der  Yäter  zu  trotzen  (β. 
S.  504). 

Auch  im  Georgos  hat,  wie  allgemein  bisher  angenommen 
wurde,  das  Yerhältniss  des  Jünglings  zu  seiner  Geliebten  eine 
solche  Wendung  genommen  oder  hatte  diese  von  Anfang  an^. 
V.  15  f.  und  27  sind  wohl  nicht  deutlich  genug,  aber  man  be- 
achte V.  30  f.  f6  μιαρός  οί5τος,  ήοικηκώς  τήν  κόρην  κτλ.)  und 
vor  allem  den  Umstand,  dass  nach  einem  Fragment  bei  Stob, 
flor.  96,  5  (Frg.  93  K.)    augenscheinlich    ein  Prozess  gegen  den 


puhu  adtUescentUie ;  vergl.  V.  36  noctu  Cereris  vigüiis;  V.  689  tt  eam 
compressisse  vintdentum  virginem)^  Cistellaria  (Y.  156  ff.,  besonders 
V.  159  in  Bezug  auf  eine  vor  längerer  Zeit  erfolgte  Begebenheit:  (vi), 
viniilenttis  multa  nocte  in  via),  Adelphoe  (Y.  470  Perstuisit  nox  amor 
vinum  adulesceniia).  Der  nächtliche  Theil  des  Festes  der  Dinoysien 
wird  als  die  Gelegenheit  des  Fehltritts  angegeben  in  Gist.  156  (fuere 
Sicyoni  tarn  diu  Dionysia),  die  Nachtfeier  der  Ceres  in  Aul.  a.  0.  Be* 
merkenswerth  ist  übrigens  in  der  Aalularia,  dase  ihre  erste  Aufführung 
(in  Athen)  an  einem  Feste  stattfand,  das  ungefähr  10  Monate  nach 
den  vigtliae  Cereris  fiel  (Y.  798  warn  Uta  gnata  peperit  decumo  mense 
post:  numerum  cape).  Vom  Epidicns  wird  in  einem  späteren  Artikel 
die  Rede  sein.  Im  allgemeinen  ist  über  solche  παννυχ(&€ς  (pervigilia) 
Meineke  in  Fragm.  com.  gr.  IV  S.  191  f.  zu  vergleichen. 

^  Siehe  Hec.  383  vitiumst  ohlatum  virgini  olim  a&  fieedo  improbo: 
vergl.  V.  822  ff.  (V.  823  vitii  plenum  .  .  . ;  829  dicitque  sese  iüi  anu- 
lum,  dum  luetat,  detraxisse).  Im  Truculentus  allein  machte  ohne  be- 
sonders erwähnten  Anlass  nur  das  bräutliohe  Yerhältniss  zwischen 
Diniarchus  und  der  Tochter  des  Callicles  die  Gelegenheit,  aber  auch 
hier  wird  Trunkenheit  als  mildernder  Umstand  angeführt  (V.  828  mt^i- 
que  ignascas,  quod  animi  impos  vini  vitio  fecerim), 

^  Schon  Blase  a.  0.  Sp.  1649  spricht  vom  *  verführten  Mädchen'. 


506  Dziatzko 

Jüngling  von  einem  Angehörigen  oder  Nabeetebenden  der  Familie 
des  Mädcbens  in  Anssicbt  genommen  ist  (vgl.  Frg.  94.  95  K.). 
Für  bloeees  Courmachen,  seihet  für  das  Yerspreeben  der  £be 
ohne  entsprechende  Handlung  einen  Prozess  anznetrengen  war 
gegenstände-  und  anssichtelos.  Die  Verlobung  (έγγυη)  der  öko- 
nomisch unselbständigen  Jünglinge,  deren  Yater  noob  lebte  und 
die  selbst  noch  im  Fltemhause  waren,  fand  im  antiken  Luetspiel 
stets  durch  den  Vater  statt  in  bestimmten  kurzen,  bindenden 
Formen  ^. 

Sehen  wir  diese  Umstände  als  gegeben  an,  so  dürfen  wir 
schliessen,  dass  der  im  Monolog  des  N.  erwähnte  Bruder  (V.  18), 
der  gewöhnlich  auf  dem  Lande  weilt  (V.  18)  und  mit  dem  jener 
nicht  gern  zusammentreffen  möchte  (V.  17  f.),  ein  Bruder  der 
Geliebten  ist.  Diese  hat  einen  solchen  nach  V.  (46.)  58.  63.  70, 
und  zwar  auf  dem  Lande  (nach  Soene  III).  Von  derselben  Person 
wie  in  V.  18  f.  ist  aber  augenscheinlich  auch  in  V.  4  die  Rede. 
Wenn  hier  mit  οΐ€τέλ€ΐ  die  Dauer  seines  Aufenthaltes  auf  dem 
Lande  hervorgehoben  wird,  so  sollte  damit  sicher  motivirt  werden, 
wie  ihm  das  Verhältniss  des  N.  zu  seiner  Schwester  entgehen 
konnte,  wenigstens  das  Nähere  desselben.  Fraglich  ist  es,  an  wen 
wir  bei  προςιών  πράττιυν  (V.  1)  und  ύποφοβούμενος  (V,  2)  zu 
denken  haben;  dieselbe  Person  ist  doch  wohl  in  beiden  Versen 
Subjekt.  Bei  Erwägung  aller  umstände  ist  es  das  Wahrechein- 
liebste,  dass  N.  von  sich  selbst  in  jenen  Versen  erzählt,  dass 
Vers  1  seine  Bemühungen  im  Hause  der  Myrrhine  kennzeichnet 
zur  Herbeiführung  einer  Heirath^,  Vers  2  dagegen  seine  Scheu 
vor  dem  Vater,  dem  er  sich  nicht  zu  entdecken  wagt®.  Auf  den 
zweiten  Jüngling  passt  Vers  1  weniger;  seine  Geschäftigkeit 
könnte  nur  dem  Verhältniss  der  Schwester  (im  Anfang)  gelten 
und  es  würde  auffallend  sein,  wenn  er  trotz  jenes  Eifers  später 
dauernd  auf  dem  Lande  blieb  und  hernach  die  Heirath  mit  dem 
alten  Landmann  ohne  Weiteres  gut  hiess. 

In  seiner  völligen  Kathlosigkeit,  welche  der  des  Aeschinus 
in  den  Adelphoe  (IV  Sc.  4),  zum  Theil  auch  des  Pamphilus  in  der 
Andria  (I  Sc.  5;  III  Sc.  5  u.  s.)   gleicht,    geht  der  Jüngling  N. 


1  Ueber  diese  s.  K.  Dziatzko  in  N.  Jahrb.  f.  Phil.  1876  S.  236  ff. 

2  Durch  γάμον  oder  γαμ€ίν  wäre  darnach  V.  1  zu  vervollstäDdigen. 
^  In  V.  3  (ήν  b*  oö  πονηρός  κτλ.)  hebt  der  Jüngling  hervor,  dass 

er    unter  allen  Umständen  entsohlossen    war  die  Geliebte  zu   heirathen 
und  dies  auch  von  den  Andern  vertrauensvoll  geglaubt  wurde. 


Der  Inhalt  des  Oeorgoe  von  Menander.  507 

einer  ecbnellen  Entecheidnng  ros  dem  Wege  (V.  20  f.)  und  ver- 
läset die  Bübne,  vermntblich  nach  der  Stadtseite  zn  (rechte  vom 
Znscbaner)^  Mit  seinem  Weggang,  dnrch  den  die  Bühne  leer 
wird,  tritt  möglicherweise  Aktschlnss  ein  (vergl.  S.  518). 

In  der  nächsten  erhaltenen  (II.)  Scene  tritt  Myrrhine,  die 
Mütter  der  Geliebten  des  N.,  mit  der  bejahrten  (V.  54)  Philinna 
anfi  die  niederen  Standes  ist,  da  später  Daos  sie  gar  nicht  be- 
achtet (V.  41.  42  f.  54.  84),  die  indess  za  jener  Matrone  in  ver- 
traulichen Beziehungen  steht  und  sie  als  τίκνον  anredet  (V.  25. 
84).  Sie  ist  ohne  Zweifel  die  alte  Kinderfrau  (τροφός,  nutrix) 
der  Myrrhine*.  Dass  sie  im  Hause  der  Myrrhine  wohnt,  ist 
nicht  notbwendig,  ja  nicht  einmal  sehr  wahrscheinlich.  Sie  ge- 
hörte zunächst  ins  Haus  der  Eltern  der  Myrrhine,  nicht  in  das 
von  dieser.  Im  Hause  der  M.  wäre  sie  wohl  schon  früher  von 
dem  unterrichtet  worden,  was  M.  ihr  eben  erst  anvertraut  bat. 
Die  vermeinte  Treulosigkeit  des  Jünglings,  die  freilich  ganz 
neuen  Datums  ist,  bildet  nur  einen  Tbeil  davon ;  Y.  86  f.  lassen 
auf  Weiteres  scbliesen,  worüber  Philinna  unterrichtet  wurde. 
Vor  allem  möchte  ich  darauf  Gewicht  legen,  dass  mit  dem  Mo- 
nolog des  Jünglings  nicht  wohl  das  Stück  begonnen  hat.  Sein 
Name  kommt  in  Sc.  II  nicht  vor  und  konnte  doch  auch  durch 
den  Jüngling  selbst  nicht  gut  den  Zuschauern  mitgetheilt  werden. 
Ebenso  wenig  war  er  die  geeignete  Person,  um  den  entscheiden- 
den Vorfall,  die  Entehrung  des  Mädchens,  die  Geheimhaltung 
des  Zustandes  und  was  sonst  damit  zusammenhängt,  selbst  vor- 
zutragen. Auch  in  andern  Lustspielen  sind  ee  nicht  die  Lieb- 
haber selbst,  welche  davon  zu  sprechen  anfangen,  sondern  weib- 
liche Angehörige  des  Mädchens*.     Dies  geschah  zweckmässig  in 


^  In  der  Stadt  konnte  er  am  ehesten  Freunde  finden,  die  ihm 
Rath  ertheilten;  übrigens  musste  er  sehen,  nicht  etwa  mit  dem  ge- 
fürchteten Bruder  der  Geliebten,  der  vom  Lande  kommen  konnte,  zu- 
sammenzutreffen. 

'  Nach  von  Leeuwen  a.  0.  S.  301  ff.  kommt  das  Mädchen  selbst 
mit  ihrer  Amme  auf  die  Bühne;  V.  33  treten  sie  angesehen  zur  Seite, 
hören  aber  alles  Folgende ;  V.  40  kommt  Myrrhine  aas  ihrem  Hause, 
spricht  mit  Daos  und  entfernt  sich  wieder  V.  84.  V.  87  kann  bei 
dieser  Auffassung  der  Situation  natürlich  nicht  erklärt  werden,  von 
vielem  anderen  abgesehen. 

8  Vgl.  Ter.  Ad.  m  Sc.  1 ;  Cist.  86  ff.  131  ff.  156  ff.  (Auxilium). 
In  der  Aulularia  hat  Lyconides  sich  hinter  der  Bühne  seiner  Mutter 
entdeckt  (lY  Sc.  7)  und  im  Truculentus  spricht  Diniarcbus  nur  ge- 
zwungen zu  seinem  Vater  von  der  Sache  (IV  Sc.  3). 


508  Dziatzko 

einer  früheren  Scene  durch  Myrrhine,  als  diese  sich  in  ihrer  Be- 
drängnies zn  Philinna  hegab,  um  sie  in  ihr  Haus  zn  holen.  Eine 
Dienerin,  wie  sie  auch  in  geringem  Hanse  zum  Inventar  gehörte, 
wurde  gleichzeitig  wohl  von  ihr  weggeschickt  (etwa  znr  Heb- 
amme?)^ und  gab  die  Gelegenheit  zur  Erzählung  eines  Theiles 
der  zu  Grunde  liegenden  Handlung^  und  nebenbei  zur  Nennung 
des  Jünglings.  Es  erklärt  sich  so  auch,  dass  in  unserer  II.  Scene 
Myrrhine  ihrer  Stimmung  gegen  den  treulosen  Jüngling  keinen 
Auedruck  mehr  giebt;  das  war  vorher  geschehen.  Dabei  kann 
und  mues  die  Richtigkeit  der  Nachricht  Quintilians^  natürlich 
unangetastet  bleiben,  dass  einem  Jüngling  in  unserm  Stücke  die 
^expositio^  zufällt.  Diese  fällt  aber  mit  Eingangsscene,  erster 
Scene  oder  Prolog  durchaus  nicht  nothwendig  zusammen.  Im 
Eunuch  und  Phormio  z.  B.  enthält  die  zweite  Scene  die  'Er- 
zählung'; in  der  Hecyra  zum  Theil  erst  die  8.  Scene  des  5. 
Aktes.  Quintilian  kann  sehr  wohl  das  Selbstgespräch  des  Jüng- 
lings, dessen  Ende  uns  erhalten  ist,  gemeint  haben  und  diesem 
doch  noch  eine  andere  Scene,  ein  Gespräch  zwischen  Myrrhine 
und  einer  dienstbaren  Person  ihres  Hauses  oder  auch  ein  Monolog 
von  ihr  vorausgegangen  sein.  Dass  das  Selbstgespräch  des 
Jünglings  (unsere  I.  Scene)  im  ganzen  lang  gewesen  ist,  geht 
aus  V.  17  hervor:  κόπτειν  bk  μίλλων  τήν  θύρον  όκνώ  πάλαι. 
Auch    die  Seitenzählung  des  Fragmentes  (6  und  7)    kommt    hier 


1  So  oft  in  den  Komödien  die  Schwangerschaft  eines  Mädchens 
zu  erwähnen  ist,  fallt  der  Tag  der  Niederkunft  auch  mit  dem  der 
Handlung  des  Stückes  zusammen ;  so  in  der  Aulularia  (V.  β91  fT.),  dem 
Truculentus  (V.  130  f.  verglichen  mit  V.  789  ff.),  der  Andria  (V.  228  ff.), 
der  Hecyra  (V.  315  ff.),  den  Adelphoe  (V.  228  ff.).  Im  Georges  musst« 
es  von  besonderer  Wirkung  sein,  wenn  Kleainetos  und  Myrrhines  Sohn, 
als  sie  deren  vermeintliche  Tochter  als  Frau  des  Landmanns  abholen 
wollten,  sie  unter  den  Händen  der  Hebamme  fanden. 

2  Vergl.  darüber  auch  S.  518. 

^  Inst.  XI  3,  91  cum  viihi  comoedi  quoque  pessime  agere  vidtatUur^ 
qnod  etiamsi  iuvenetn  agant,  cum  tarnen  in  exposiUone  aut  senis  sermo^ 
ut  in  Hydriae  prologo,  aut  mulier is,  ut  in  Georgo,  inciditf  tremula 
vel  effeminata  voce  pronuntiant.  Diese  Stelle  ist  von  H.  Weil  a.  0. 
S.  125  f.  richtig  erklärt,  während  Kaibel  a.  0.  S.  153  f.  —  irrthümlich 
unter  ausdrücklicher  Berufung  auf  Weil  —  an  einen  wirklichen  Dialog 
des  Jünglings  mit  einer  Frau  denkt.  Wo  dies  auch  Meineke  gethan 
hat,  wie  Weil  angicbt,  habe  ich  nicht  feststellen  können.  Uebrigens 
nimmt  bereits  Kaibel  a.  0.  an,  dass  unsrer  I.  Scene  noch  eine  andere 
vorausgegangen  ist,  wiewohl  er  dies  anders  begründet. 


Der  Inhalt  des  Georgos  von  Menander.  509 

in  Betracht^.  Waren  die  5  yoransgebenden  Seiten  ungefähr  von 
gleicher  GrÖese  wie  jene  (44  und  43  Verse),  so  enthielten  sie 
etwa  220  Trimeter,  oder,  falls  die  erste  Seite  für  ein  Personen- 
verzeichniss,  eine  Didaskalie  und  eine  Periocbe  bestimmt  war, 
nur  gegen  175 — 180  Verse.  Mit  den  21  erhaltenen  Versen  de§ 
Monologs  vereint  konnte  so  der  I.  Akt,  die  Exposition  des  Stückes, 
sehr  wohl  seinen  Abscblass  finden:  die  Hälfte  davon  (rund  100 
Verse)  mochte  auf  den  Monolog  des  Jünglings  kommen,  die  andere 
auf  ein  Zwiegespräch  und  einen  Monolog  der  Myrrhine,  falls 
nicht  unbekannte  Seiten  des  Argumentes  noch  die  eine  oder  andere 
Eingangsscene  nöthig  machten. 

Was  Myrrhine  und  Philinna  in  V.  22 — 34  verhandeln,  ist 
unwesentlich  und  würde  für  sich  das  Verlassen  des  Hauses  nicht 
rechtfertigen.  Anders  ist  es,  wenn  Erstere  aus  der  Wohnung 
der  Philinna  kommend  sich  in  Begleitung  dieser  nach  Hause  be- 
giebt.  Allzu  viel  Gewicht  dürfen  wir  freilich  auf  dieses  Argu- 
ment nicht  legen;  es  ist  ja  möglich,  obsohon  es  ein  Fehler  der 
Komposition  wäre,  dass  der  Dichter  die  Beiden  aus  dem  Hause 
treten  lässt,  nur  in  der  Absicht,  dadurch  dem  Daos  Gelegenheit 
zu  geben,  das  zu  berichten,  was  auf  dem  Lande  vorgefallen  ist 
und  was  Kleainetos  vorhat,  und  um  dann  die  beiden  Frauen  im 
Anechluss  daran  die  neue  Lage  von  ihrem  Standpunkt  aus  er- 
örtern zu  lassen. 

Mit  Vers  35 — 39  tritt  Daos  vom  Lande  her  auf  und  lobt 
ironisch  die  Frömmigkeit  des  Ackers,  welcher  vor  allem,  ja  allein 
zum  Wohlgefallen  der  Götter  seine  Erträge  einrichtet.  V.  39 
bemerkt    er   die  Anstalten    der  beiden  Frauen  in  seine  Nähe  zu 


^  Die  ungerade  Zahl  der  ersten  Seite  erklärt  sich  vielleicht  aus 
dem  Umstand,  daes  eines  der  früheren  Blatter  nur  einseitig  beschrieben 
werden  konnte,  entweder  weil  es  zu  dünn  and  schadhaft  war  oder  weil 
es  auf  einer  Seite  ältere  Schrift  trug,  oder  daraus,  dass  der  Schreiber 
die  erste  Seite  des  ersten  Blattes  ganz  leer  lies,  weil  sie,  oben  auf- 
liegend,  dem  Abgreifen  und  der  Beschädigung  am  meisten  ausgesetzt 
war.  Aehnliches  ist  bei  Wiegendrucken  nicht  selten,  dass  das  erste 
Blatt  unbedruokt  blieb  und  das  zweite  mit  der  Signatur  A|  oder  der 
Blattzahl  1  anfing.  Hier  handelte  es  sich  allerdings  um  Bezeichnung 
der  Blätter,  nicht  der  Seiten.  Dass  wir  es  im  ganzen  bei  unserm 
Bruchstück  mit  einer  Privatabschrift  zu  tbun  haben,  ist  wohl  die  all- 
gemeine Ansicht;  dass  sie  nicht  in  einem  Chartacodex,  wie  auch  all- 
gemein angenommen  wird  (zuerst  von  Fr.  Blass  a.  0.  Sp.  1648),  son- 
dern in  einzelnen  Blättern  bestand,  suche  ich  anderwärts  wahr  schem- 
lich zu  machen. 


510  Diiätzko 

kommen  ^  (Y.  33  f.  42  f.),  and  enteohliesst  sich  mit  Myrrhine  ein 
Gespräch  anzuknüpfen  (Y.  43  ff.).  Yorher  ecbickt  er  das  was 
er  mit  begleitenden  Sklaven  znr  Hochzeit  gebrackt  hat,  unter 
Anfsiobt  des  Syros  ins  Hans  seines  Herrn  (s.  Anm.  zu  Y.  39). 
Diesem  gehört  natürlich  das  Gut,  von  welchem  er  kommt.  In 
dessen  Nabe  befindet  sieb  aber  ohne  Zweifel  der  Weinberg  des 
Eleainetos,  bei  welchem  Myrrhines  Sohn  arbeitet  nnd  von  dem 
er  ibr  besonders  Interessantes  zu  berichten  hat.  Yielleicbt  ist 
der  Sohn  selbst,  welcher  auch  seinerseits  ein  Interesse  batt«  von 
Daos  etwas  über  seine  Angebörigen  za  erfahren,  oder  das  Sklaven- 
personal  seine  Quelle.  Kleainetos,  der  un verheiratbete  und  ältere 
Mann  (Y.  51.  58  f.  66.  73),  wurde  in  einer  schweren  Krankheit 
von  Myrrhines  Sohn  treu  und  liebevoll  gepflegt;  daber  habe  er 
für  ihn  Interesse  gewonnen,  sich  nach  seinen  persönlichen  Yer- 
hältnissen  und  denen  der  Familie  erkundigt  und  zuletzt  sich  ent- 
schlossen, die  Schwester  jenes  zu  beiratben,  damit  diese  und  ihre 
Mutter  der  Noth  entziebend.  Noch  am  gleichen  Tage  wollen  sie 
das  Mädchen  aufs  Land  abholen  (V.  76).  Wie  eng  deren  Schicksal 
bereite  an  das  des  N.  gekettet  war,  wusste  der  Bruder  —  so 
will  ich  ihn  vorläufig  immer  noch  nennen,  da  er  sich  selbst  da- 
für hielt  —  sicher  nicht  (vergl.  S.  506).  Er  hätte  nicht  dazu  ge- 
schwiegen, aber  auch  Eleainetos  sich  kaum  unter  diesen  Um- 
ständen zur  Heiratb  verstanden.  Möglieberweise  war  dem  Bruder 
etwas  von  Annäherungsversuchen  des  N.  an  seine  Schwester  be- 
kannt geworden,  aber  er  hielt  bei  deren  Armutb  die  Sache  für 
aussichtslos  und  war  deshalb  gerade  sehr  mit  dem  raschen  Ab- 
brechen aller  Beziehungen  einverstanden. 

Dass  Daos  ins  reiche  Haus  gehört  und  Myrrhine  nicht  seine 
Herrin  ist,  gebt  aus  Yielem  hervor.  Die  Anrede  mit  dem  Namen 
(Y.  41)  und  mit  γύναι  (Υ.  43)  statt  mit  οίσποινα  od.  äbnl.; 
die  Art  wie  er  nur  vom  Sobne  der  Angeredeten  oder  vom  Jüng- 
ling spricht  (Y.  46.  58.  67.  69),  nicht  vom  jungen  Herrn  des 
Hauses,  und  ebenso  von  dessen  Schwester  (Y.  70)  und  nicht  von 
der  jungen  Herrin;  der  Umstand,  dass  Myrrhines  Sohn  bei 
Eleainetos  in  einer  Anfangs  untergeordneten  Stellung  war  (Y. 
46  f.  64  ff.);  der  schnelle  Abschied,  den  Daos  Y.  84  von  der 
Matrone  nimmt,    sind  ebenso    viele  Beweise  für    obige  Ansicht*. 


1  Siehe  oben  meine  Anmerkung  zu  V.  42  f. 

2  Ebenso    urtheilen  Blase  Sp.  1649    und    Blase  II  Sp.  776;    Weil 
S.  127  ff.;  V.  Wilamowitz  S.  5.    Uebrigene  vergl.  auch  später  S.  517  f. 


Der  Inhalt  des  Ueorgos  von  Menander.  511 

Fraglich  kann  nur  die  Stellnng  sein,  die  Daoe  za  dem  jungen 
Herrn  einnimmt,  ob  er  dessen  Verhältniss  zu  Myrrhines  Tochter 
kennt  und  deren  Zustand.  Letzteres  scheint  ausgeschlossen ;  denn 
dann  wäre  er  der  Vertraute  des  Jünglings  und  als  solcher  ebenso 
heimisch  im  Nachbarhause  wie  dieser  selbst.  Dann  musste  aber 
die  Begrüssung  anders  lauten  und  das  Gespräch  einen  andern 
Verlauf  nehmen.  Dagegen  war  er  wohl  von  der  Neigung  des 
Haussohnes  etwas  unterrichtet  und  dies  Hess  ihn  ahnen,  dass 
seine  Nachricht  der  Myrrhine  nicht  unbedingt  erwünscht  sei. 
Die  geschraubte,  überhöfliche  Art  der  Anrede  (V.  42  f.)  lässt 
vermuthen,  dass  er  noch  nicht  weiss,  wie  er  sich  in  der  Sache 
verhalten  soll,  und  am  Ende  schneidet  er  durch  einen  schnellen 
Abschied  jede  weitere  Erörterung  der  neuen  Situation  ab.  Iro- 
nisch wie  sein  Lob  des  Landgutes  ist  demnach  das  der  Nach- 
richt, welche  er  bringt:  er  spielt  mit  Myrrhine  einigermassen 
Versteckens.  Jedenfalls  haben  wir  nicht  ihn  als  Vertrauten  und 
Helfershelfer  des  Jünglings  uns  zu  denken. 

Ferner  bedarf  es  der  Erwägung,  ob  etwa  Kleainetos  in  ver- 
wandtschaftlichem Verhältniss  zur  Myrrhine  steht.  Der  schmerz- 
liche Ausruf  (V.  49)  bei  der  Botschaft  von  dem  ihm  zuge- 
stossenen  Unglücksfall  scheint  für  Bejahung  der  Frage  zu  spre- 
chen. Doch  kann  er  sich  auch  genügend  durch  die  Furcht  vor 
Verlust  der  Stellung  ihres  Sohnes  bei  dem  Alten  erklären  im 
Falle  von  seinem  Tode ;  der  Sohn  musste  dann  von  Neuem  ir- 
gendwo unterzukommen  suchen.  Immerhin  liesse  sich  denken, 
dass  ein  entferntes  Verwandtschaftsverhältniss  im  Stück  zur  Mo- 
tivirung  der  Annahme  ihres  Sohnes  bei  Kleainetos  gedient  hat. 
Nahe  verwandt  ist  er  nicht,  weil  ihm  sonst  —  neben  dem  Sohne 
—  wohl  die  Fürsorge  für  die  Ausstattung  von  Myrrhines  Tochter 
nach  dem  Gesetz  zufiel^  und  dies  V.  71  ff.  bei  seinen  Erwägungen 
auch   hätte  berücksichtigt  werden  müssen. 

Es  leuchtet  aus  dem  Gesagten  ein,  wie  die  Handlung  unsres 
Dramas  sich  verwickeln  musste,  wenn  Kleainetos  mit  Myrrhines 
Sohne  vom  Lande  kommend,  um  dessen  Schwester  heimzuführen, 
sie  nicht  nur  in  einen  reichen  Bürgerssohn  völlig  verliebt,  son« 
dem  auch  in  andern  Umständen  vorfand.  Die  Schwierigkeit  der 
Lage  Myrrhines  wurde  durch  die  anscheinend  höchst  günstige 
Nachricht  aufs  höchste  gesteigert.    Dies  zeigt  sich  sogleich,  nach- 


1  Vergl.   Ter.   Phor.  125  ff.  296  ff.  409  f.  und   Dziatzko-Hanler 
zu  V.  125  f. 


512  Dziatzko 

dem  Dao8  abgetreten  ist  (7.  84),    in  der  IV.  Scene,  deren  An- 
fang erhalten  ist.     Die   greise  Philinna  übersiebt   mit  ihrem  be- 
scbränkten    Verstände    nicbt    sogleich    die  Situation,    wohl    aber 
Myrrhine.     Die  Entehrung  der  Tochter  liess  sich   nicht  mehr  ge- 
heim halten,  sondern  musste  in  weiteren  Kreisen  bekannt  werden. 
Sonst  konnte,    wie  in    der  Aulularia,  üistellaria  und    im  Tracn- 
lentas,  das  Kind  heimlich  bei  Seite  geschafft  oder  anderswo  unter- 
gebracht werden^,  und  das  Mädchen  galt  weiter  als  ehrbar  und 
konnte  unter  Umständen  noch  eine  mehr  oder    weniger   günstige 
Ehe  sohliessen.     Damit  war  es  nunmehr   vorbei    und  die  Furcht 
davor  rechtfertigt  für  sich  allein  die  grosse  Aufregung  Myrrhinee 
vollauf.     Und  doch  kam  noch  etwas  anders  dazu,   was  die  Lage 
der  Myrrhine  zu  einer  verzweifelten   machte,   zugleich   aber  den 
Schlüssel  liefert  zur  fieurtheilung  der  Grundlage  der  Handlung 
und  der  schliesslicben  Lösung  des  Knotens.     Der  letzte  Vers  des 
Fragmentes  enthält  zum  guten  Glück  noch  diesen  Fingerzeig: 
[έπ6]ι  τίνος  ή  παις  εστί;  τούτψ  Koubevl  —  —  — . 
Natürlich  kann  ή  παις  nur  auf  die  Geliebte  des  N.  gehen.    Die 
Frage  kann  aber  nicht  die  Bedeutung  haben,  welche  τ.  Wilamo- 
witz  in  seiner  Uebersetzung  hineinlegt:    'Wer  soll  das  Mädchen 
haben?'  Das  müsste  τίνος  γάρ  £(Τται;  heissen^    Als  Frau  gehört 
sie   noch  keinem  der   beiden  Bewerber,   als  Geliebte  sicher   dem 
Einen.     Vielmehr  ist  aus  der  Stelle  zu  schliessen,  daes  Myrrhine 
entweder    beide  Eitern  oder   jedenfalls  den  Vater    des  Mädchens 
nicht   kennt.     Im  ersten  Falle  ist  sie  nur  ihre  Pflegemutter,   im 
letzteren  ist  ihr  bei  irgend  einem  Anlass  durch  einen  Unbekannten 
Gewalt    augethan    worden  und    dieser  Frevelthat  das  Kind    ent- 
sprossen,   das  nunmehr    in    heirathsfähigem  Alter    sich     befindet 
Dass  ihrer  Umgebung,  auch  sehr  nahe  Stehenden  das  Geheimnis^, 
mögen  wir  der  ersten  oder  der  zweiten  Möglichkeit  uns  zuneigen, 
verborgen  blieb,  zeigt  der  Umstand,  dass  ihr  leiblicher  Sohn  das 
Mädchen    für  seine  Schwester    hält  (V.  70)    und  sie  auch    ihrer 
alten    treuen  Philinna    erst  kurz  vorher    ^alles^    mitgetheilt   hat 


^  In  der  Uecyra  war  das  Erstere  beabsichtigt;  s.  V.  398.  ;>32  ff. 
u.  s.     Bezeichnend  sind  vor  allem  Cist.  164  £Γ.: 

quoniam  reiitn  eius  facti  nescit  qui  stet, 
patemuin  servom  sui  participat  consili, 
dat  eam  puellam  ei  servo  exponendam  ad  necem. 
is  eam  praiecit.  haec  puellam  sustulit, 
2  Die  Präsenslorm  ist  gesichert  durch  das  Metrum  (Senkung  im   j 
4.  Fusse  des  Trimeters). 


Der  Inhalt  des  Georges  von  Menander.  513 

(V.  23).  Sie  galt  daher  für  frei  (β.  Frg.  100  K.  aus  Max.  Plan, 
in  Rhet.  gr.  Walz  V  p.  525  f.:  έμβεβρόντησαι;  γ€λοϊον,  δς  κόρης 
ελευθέρας  |  εΙς  ίριυθ'  ήκων  σιιυπςίς  κτλ.  mit  offenbarer  Beziehung 
anf  jenes  Mädchen)  und  wurde  von  Eleainetos  ohne  Anstand  zur 
Ehefrau  begehrt^.  In  beiden  Fällen  trat  der  Zweifel  hinsichtlich 
der  legitimen  Herkunft  des  Mädchens  als  unüberwindliches  Hinder- 
nis8  ein  gegen  eine  rechtmässige  Ehe.  Verheimlichte  Myrrhine  das 
Dunkel,  welches  über  der  Geburt  des  Mädchens  schwebte,  und 
gab  sie  sie  als  'Bürgerin  in  eine  Fihe,  so  durfte  diese,  wenn  die 
Sache  einmal  an  den  Tag  kam,  als  Sklavin  verkauft  werden^. 
Diese  im  Hintergrunde  drohende  Gefahr  erschreckte  sie  natürlich 
aufs  Höchste  (V.  84  f.).  Sie  ist  auch  ein  sehr  triftiger  Grund, 
zu  erklären,  warum  Myrrhine  Y.  28  so  schnell  geneigt  ist  auf 
N.  für  ihre  Tochter  oder  Pflegetochter  zu  verzichten  (vgl.  S,  516  f.). 
N.  hatte  gewiss  die  redlichsten  Absichten,  zog  aber  aus  Furcht 
vor  dem  Vater  die  Sache  in  die  Länge;  Myrrhine  konnte,  wenn 
sie  sich  die  Wahrheit  gestehen  wollte,  nur  auf  einen  Konkubinat 
für  das  Mädchen  rechnen^,  hoffte  vielleicht,  wie  das  in  solchen 
Fällen  geschieht,  noch  auf  irgend  einen  besondern  Glücksfall, 
Hess  aber  zunächst  der  Ent Wickelung  des  Verhältnisses  ihren  Lauf. 

Welcher  der  beiden  vorhin  angedeuteten  Möglichkeiten  für 
unser  Stück  der  Vorzug  zu  geben  ist,  scheint  scli wer  zu  entschei- 
den. Ich  gestehe  von  Anfang  an,  gleich  nach  dem  Erscheinen 
der  Nicole'schen  Ausgabe,  zwar  die  Bedeutung  des  V.  87  erkannt, 
aber  nur  die  eine  Möglichkeit  ins  Auge  gefasst  zu  haben,  dass 
nämlich  P.  ein  ausgesetztes  Kind  sei,  und  zwar  eine  zweite  Tochter 
aus  dem  reichen  Nachbarhause,  wo  dies  Verhältniss  natürlich 
unbekannt  war.  Die  Lösung  wäre  dann  ähnlich  wie  im  Heaut. 
des  Terenz  vorbereitet,  indess  sind  die  näheren  Umstände  wesent- 
lich verschieden,  da  im  Georges  eine  Athenerin,  keine  Metoeke, 
in  den  Besitz  des  Kindes  gelangt  ist. 

Mit  der  andern  Möglichkeit  in  Bezug  auf  die  Herkunft  der 


^  Vergl.  auch  oben  S.  515  f. 

*  Vergl.  z.  B.  K.  Fr.  Hermann  -  Thumeer,  Griech.  Staatealt.  I 
(1892)  S.  449;  Schoemann-Lipsius,  Griech.  Alt.  I  (1897)  S.  5βΟ. 

8  Im  Heautontiroorumenos  besteht  ein  solcher  von  vornherein 
zwischen  Clinia  und  Antiphila  (V.  98  Prope  ut  pro  uxore  habcret);  denn 
deren  angebliche  Mutter  war  in  Athen  nur  niedergelassen  (V.  9()  Est  t 
Corintho  hie  advena  onus  paupereulä).  An  eine  Heirath  dachten  die 
Beiden  von  Anfang  an  gar  nicht;  sie  kam  jedoch  sogleich  za  Stande, 
als  das  Mädchen  sich  als  ausgesetzte  Toclitor  des  Chrcrncs  erwies. 

Bbefn.  Μα•.  f.  PhÜol.  N.  F.    LIV.  33 


514  Dziatzko 

Ρ.  ist  indeee  ernetlicb  zu  reclinen,  dase  nämlich  diese  die  leiblicbe 
Tochter    der  Myrrbine,    aber    von    anbekanntem    Vater    ist.     Es 
scheint    sogar  in  V.  87    der  Singular  τίνος  statt  τίνων  (ή  παις 
έ(Ττι;)    dafür  ζα    sprechen.      Von    den    bekannten    Personen    des 
Stückes  kämen  Eleainetos   oder  der  reiche  Nachbar  bei  der  Frage 
der  Vaterschaft  in  Betracht.    Doch  ist  bei  eingehender  Erwägnng 
von  Beiden  abzusehen.    Intime  Beziehungen,  in  welche  der  reiche 
Nachbar  etwa  vor  seiner  ersten  Ehe  oder  als  Wittwer  nach  dem 
Tode    der  ersten  Frau   zur  Myrrbine,    der    athenischen  Bürgerin, 
getreten  wäre,  boten  nach  den  Gepflogenheiten  der  attischen  Komö* 
die  keine  Gelegenheit,    die  gegenwärtige  Frau  des  Atheners   mit 
jenem    älteren  Verbältniss,    so  bald  es  an  den  Tag  kam,   auszu- 
söhnen,   noch  auch  die  bürgerliche  Geburt    des  Mädchens  selbst 
anerkennen    zu  lassen.     Nicht    nur  im  Phormio,    wo  Nansietrata 
von    besonders    zänkischem  Charakter  ist,    lässt  der  Dichter   die 
Frau,    welche  Chremes  nebenher  auf  Lemnos   gehabt  hatte,    aus 
dem    Leben    scheiden,    bevor    ihre  Tochter   zu  Athen  Aufnahme 
in  die  Familie  der  ehelichen  Frau  findet^;    auch  im  Epidicns  ist 
die  Ehefrau    des  Atheners  Periphanes    bereite    todt    (β.  V.  174), 
als  Philippa    aus  Theben  erscheint,    die  von  jenem  vormals  eine 
Tochter  geboren  hatte  ^,    Uebrigens  würde  die  Ehe  zwischen  Halb- 
geschwistern,  von  welcher  später  noch  zu  handeln   ist,  bei  jener 
Lage    der  Dinge    nicht  beseitigt  sein.  —  An    den  Landmann  Kl. 
—  z.  B.  van  Leeuwen  a.  0.  S.  301  ist  dieser  Ansicht,  ähnlich  ja  auch 
Kaibel  —  dürfen    wir  ebensowenig    denken:    er  ist   (Τκληρός    in 
seinem  Leben  und  war  es  vor  allem  in  jüngeren  Jahren  (V.  66). 
Ihm    nebenbei    eine   solche  That    mangelnder  Selbstbeherrschung 
zuzumuthen,  würde  einen  falschen  Strich  einfügen  in  die  Zeichnung 
seines  Charakters.    Man  vergleiche  dazu   besonders  das  Fragm.  97 
Kock,    dessen  Verse   jedenfalls    dem    γεωργός  in   den  Mund    zn 
legen  sind  (s.  später  S.   519).     Höchstens  würde    daher    an    eine 
sonst  unbekannte  Person  des  Dramas,  etwa  einen  unverheiratheten 
Bruder  des  reichen  Atheners,  zu  denken  sein,  der,  wenn  er  nicbt 
als  bereits  gestorben  behandelt  wäre,    durch  Adoption    des  Mäd- 
chens oder  Heirath  der  Myrrbine  jenem  die   fehlende  Legitimität 
verschaffen  könnte^. 


^  Vgl.  besonders  V.  1019  Ea  moi'tem  obiii,  e  medio  äbiitj  qui  fuit 
in  re  hac  scrupulus. 

^  Ganz  ähnlich  ist  es  in  der  Cistellaria. 

^  Auch  für  eine  solche  Person  des  Stückes  könnte  ein  driites 
Haus  in  der  Front  der  Bühne  bestimmt  sein  (vcrgl.  S.  503). 


Der  Inhalt  des  Georgos  von  Menander.  516 

Aber  diese  ganze  Annahme  unterliegt  überhaupt  gewichtigen 
Bedenken.  Mit  einem  auseereheliohen  Kinde  würde  Myrrhine 
kanm  von  einem  Athener  als  Ehefrau  ins  Haus  aufgenommen 
und  jedenfalls  die  Sache  allgemein  bekannt  geworden  sein.  Spielte 
diese  aber  während  der  Ehe^,  etwa  als  ihr  Mann  von  Athen  ab- 
wesend war^  auf  einer  Reise,  von  welcher  er  nicht  wieder  heim- 
kehrte, so  wäre,  falls  das  Kind  nicht  mehr  unbedingt  als  ehelich 
gelten  konnte,  seine  Aussetzung  die  Regel  gewesen^.  Gerade  die 
Theilnahme  am  Schicksal  des  eigenen  Kindes  musste  die  Mutter, 
eine  Bürgerin,  wünschen  lassen  ihm  das  der  νόθοι  zu  ersparen. 
Daher  komme  ich  doch  auf  meine  erste  Annahme  zurück,  daes 
P.  ein  ausgesetztes,  der  armen  Familie  bald  nach  ihrer  Geburt 
durch  eine  unbekannte  Mittelsperson  ins  Haus  gebrachtes  Kind 
reicher  Leute  war.  Myrrhine  hatte  yielleicht  eben  ein  eigenes 
Kind  durch  den  Tod  verloren,  so  dass  sie  das  fremde  aufziehen 
konnte,  ohne  dass  es  als  solches  Anderen  auffiel.  Ein  gelegent- 
licher Wohnungswechsel  tilgte  weiter  die  Spuren.  Der  Singular 
τίνος  (V.  87)  geht  dann,  wenn  auch  beide  Eltern  der  P.  unbe- 
kannt waren,  auf  denjenigen  Theil,  der  die  väterliche  Gewalt 
über  das  Mädchen  besass  (den  κύριος),  d.  h.  zunächst  den  Vater 
oder,  falls  dieser  todt  war,  auf  dessen  Rechtsnachfolger;  um 
Letzteren  zu  ermitteln,  musste  natürlich  auch  zunächst  der  Erstere 
bekannt  sein.  Anscheinend  stimmt  zu  dieser  Yermuthung,  dass 
die  vom  Sachverhalt  unterrichtete  Philinna  Y.  30  das  Mädchen 
als  την  κόρην,  nicht  als  Tochter  der  Myrrhine  bezeichnet,  da- 
gegen Daos,  welcher  nichts  davon  weiss,  in  V.  70  von  der  αδελφή 
des  Jünglinge  spricht,  obschon  wir  hierin  ja  nur  ein  kleines 
Stück  des  Dramas  überschauen  können.  Myrrhine  selbst  dürfte 
in  y.  87  eigentlich  nur  nach  dem  Yater  des  Mädchens  fragen,  wenn 
dieses  ihr  eigenes  Kind  wäre  (etwa:  έπεί  τίνος  ί(Τθ'  ή  παις 
πατρός;  τούτω  μόνψ  κτλ.). 

Vermuthlich  war  das  Kind  der  Myrrhine  zugleich  mit  einem 
ansehnlichen  Erziehungsgelde  übergeben  worden.  Aber  auch 
ohne  ein  solches  nahmen  arme  Leute  gesunde  und  wohlgestaltete 
Mädchen  unbekannter  Herkunft  gewiss  gern  an.  Ihnen  gehörte 
später  die  Arbeitskraft  und  die  Person  des  Kindes.  Traf  dieses 
es  gut,  80  wuchs  es  wie    ein    eigenes  Kind    der    armen  Familie 


^  So  auf  Seite  des  Mannes  im  Phormio,  Epidicue  und  in  der  Cis- 
tellaria. 

a  Vergl.  S.  512. 


516  Dziatzko 

auf,  dorch  Spinnen  und  Weben  den  Unterhalt  eicb  verdienend  *, 
bis  sieb  Gelegenbeit  zu  einer  günstigen  Verbindung  fand,  aus 
welcher  auch  die  Pflegemutter  ihren  guten  Vortbeil  hatte;  im 
andern  Falle  fiel  es  einem  unehrbaren  Gewerbe  anheim. 

Fehltritte  von  Töchtern  besserer  Familien,  wie  sie  aus  der 
antiken  Komödie  vorher  (S.  505  Anm.  1)  nachgewiesen  wurden, 
und  andrerseits  das  Recht  der  Familien  die  Zahl  der  aufzuziehen- 
den Kinder  zu  beschränken,   führten   ohne  Zweifel    häufig  genug 
zur  Beseitigung  von  Kindern  frühesten  Alters  und  zu  ihrer  Unter- 
bringung in  ärmeren  Familien.     Die   unehelichen  Kinder  wurden 
wohl  am  liebsten  ganz  beseitigt  (s.  S.  512);  ausnahmsweise  wie 
in  der  Cistellaria  und  im  Epidious,    wo   aber   die  Entehrten  sich 
ausserhalb  Athens  befanden   und   auch  von    der  Ehe    des  Vaters 
ihres  Kindes  nichts  zu  wissen  brauchten,  spielen  sie  später  doch 
noch  eine  Rolle.     Der  andere  Fall  liegt  im  Heautontimorumenos 
vor  (vergl.  S.  513).    Wohlhabende  Väter  (dort  der  Chrom ee)  hatten 
an  einer  Tochter  genug  und  bestimmten,  um  das  Vermögen  zu- 
sammenzuhalten, die  nachgeborene  Tochter  zur  Aussetzung.    Die 
mitleidigen  Mütter  suchten  wenigstens  das  Leben  des  Kindee   zu 
erhalten  und  verschenkten   es  unter   der  Hand    an    arme  Leute. 
Ausnahmsweise    wurden  solche  Mädchen   später  von  den  Eltern 
wieder  aufgesucht,  wenn  etwa  die  ältere  Tochter  gestorben  war. 
Dann  konnte  die  Pflegemutter,   welche    das  Kind  ehrbar  erzogen 
hatte,  auf  Dank  und  gute  Belohnung  rechnen.     Die  Mitgabe  von 
Erkennungszeichen,  welche  im  antiken  Drama  ja  von  wesentlicher 
Bedeutung  sind,  sicherte  die  άναγνώρκτις,  das  gewöhnliche  Mittel 
zur    LöBiing    der    Schwierigkeiten.     Aehnlich    hatte    meiner  An- 
nahme nach   Myrrhine  ein   Kind  unbekannter  Eltern  übernommen 
und  als  eigenes  auferzogen  ^.     Aus  der  Art,  wie  sie  zu  dem  Kinde 
gekommen,  durfte  sie  vielleicht    mit  Grund    schliessen,    dass  das 
Mädchen  von  reichen   Eltern  rechtmässig  stamme,  und  durfte  er- 
warten, dass  diese  sich  noch  einmal  ermitteln  lassen  und  zu  dem 
Kinde  bekennen  würden.    Fanden  sie  die  Tochter  später  in  festem 
Verhältniss  zu  einem  reichen  jungen  Athener  stehend,  so  konnten 


1  Vergl.  Ter.  Heaut.  285. 

2  Möglich  ist  es  übrigens,  ohne  an  der  ganzen  Lage  viel  zu  än- 
dern, dass  das  (ausgesetzte)  Kind  gefunden  wurde,  wie  in  der  Cistellaria 
(V.  lOG  ff.),  oder  dass  ähnliches  geschah.  Nur  musste  dann  jedenfalls 
motivirt  werden,  wie  das  fremde  Kind  später  als  eigenes  der  armen 
Familie  gelten  konnte. 


Per  Inhalt  des  Georgos  von  Menander.  517 

sie  damit  wohl  zufrieden  sein;  denn  der  Konkubinat  liees  eich 
sofort  in  eine  legale  Ehe  verwandeln,  wie  im  Heautontimoromenos. 
Die  Pflegetochter  aber  zur  Versorgung  an  einen  alten,  wenn  auch 
massig  begüterten  Landmann  als  Ehefrau  wegzogeben,  ging 
schon  aus  dem  S.  513  dargelegten  Grunde  nicht  an.  Ueberhaupt 
musste  Myrrhine  fürchten  das  Geheimniss  der  Herkunft  des  Mäd- 
chens preiszugeben,  sobald  der  Sohn  mit  Kleainetos  kommen,  den 
Zustand  des  Mädchens  erkennen  und  auf  gerichtliches  Vorgehen 
gegen  den  Verführer  drängen  würde.  Dann  musste  sich  ergeben, 
dass  dazu  eigentlich  Niemand  von  ihrer  Familie  autorisirt  war. 
Den  nicht  zu  kennen,  welcher  das  Recht  und  die  Pflicht  hatte 
für  das  Mädchen  legal  einzutreten,  ist  eben  Gegenstand  ihrer  Klage 
in  V.  87  u.  f.,  wenn  wir  das  Folgende  sinngemäss  ergänzen: 
87  τούτω  κούοενΐ 

δλλψ  προσήκει  τήν  κόρην  εΙς  τόν  γάμον 

έκοουναι  (bez.  έκοουν'  w-)  usw. 
Nach  Kaibel  S.  162  soll  Myrrhine  die  Frau  des  reichen 
Atheners  sein,  die  in  ihre  Ehe  infolge  eines  Vorfalls,  wie  er  ja 
auch  sonst  in  den  Komödien  angenommen  wird,  eine  Tochter  von 
unbekanntem  Vater  mitgebracht  hat.  Der  Ehemann  habe  ihres 
Vermögens  wegen  dazu  geschwiegen;  eine  Situation,  die  in  der 
antiken  Komödie  wohl  ganz  vereinzelt  wäre.  In  der  Hecyra 
z.  B.,  wo  die  Lage  der  Philumena  und  des  Pamphilus  sehr  ahn* 
lieh  ist,  zweifelt  Niemand  der  Betheiligten  daran,  dass  die  junge 
Frau,  sobald  ihr  Zustand  bekannt  würde,  das  Haus  des  Mannes 
verlassen  müsse.  Ferner  würde  das  uneheliche  Kind  gewiss 
schnell  und  geheim  bei  Seite  gebracht  worden  sein  (s.  S.  512). 
Der  Vater  habe  nun,  da  die  Verheir&thung  der  unehelichen  Tochter 
seiner  Frau  Schwierigkeiten  machte,  einen  seiner  zwei  Söhne  da- 
zu bestimmt;  der  andere  aber,  der  bei  Kleainetos  auf  dem  Lande 
arbeitet  —  als  reicher  Bürgersohn?  —  gewinne  diesen  Alten 
dafür  jene  Halbschwester  zu  heirathen.  Die  Mutter  sträubt  sich 
dagegen,  weil  sie  vor  kurzem  dahintergekommen  ist,  dass  Kleai- 
netos selbst  Vater  des  Mädchens  ist.  Schliesslich  findet  sich  ein 
Freund  des  ersten  Sohnes,  der  das  uneheliche  Mädchen  bereits 
liebte  und  nunmehr  heimführt.  Dadurch  lasse  er  dem  Andern  die 
Freiheit  die  arme  Nachbarstochter  zu  freien.  Für  höchst  unwahr- 
scheinlich halte  ich  hierbei  das  Verhalten  des  Kleainetos,  der 
mit  den  reichen  Eltern  der  in  Aussicht  genommenen  Braut  an- 
möglich so  wenige  Umstände  machen  konnte,  dass  er  gleich  in 
der  Stadt    erscheinen  und    sie  ohne    vorausgegangene  Verlobung 


518  Dziatzko 

als  Frau  heimführen  durfte.  Nur  der  armen  Wittwe  gegenüber 
ging  das  an,  nachdem  der  Bruder  als  (yermeintlicher)  κύριος  des 
Mädchens  sie  versprochen  hatte ^.  Auch  ist  zu  bezweifeln,  daes 
nach  der  andern  Seite  hin  der  reiche  Athener  die  Zustimmung 
zur  Heirath  des  einen  Sohnes  mit  dem  armen  Mädchen  gegeben 
hätte  —  denn  die  Miciones  sind  selten  in  der  antiken  Komödie  — , 
oder  daes  das  uneheliche  Mädchen  eine  legitime  Ehe  mit  einem 
Athener  eingehen  konnte  (vergl.  oben  8.  514). 

Haben  sich  somit  auf  Grund  des  V.  87  und  allgemeiner 
Erwägungen,  die  durch  Stellen  der  Fragmente  oder  analoge  Ver- 
hältnisse anderer  antiker  Komödien  gestützt  sind,  theiU  völlig 
gesicherte,  theils  nur  wahrscheinliche  Vermuthungen  über  die 
Grundlage  und  den  Gang  der  Handlung  im  Georgos  aufstellen 
lassen,  so  wird  es  jetzt  noch  darauf  ankommen,  die  weitere  Ent- 
Wickelung  und  den  Ausgang  der  Handlung  im  Einzelnen  zu  re- 
construiren.  Vor  allem  können  wir  jetzt  übersehen,  was  in  dem 
fehlenden  Anfang  des  Drama  vorkam.  Einen  grossen  Theil  von 
dem,  was  Myrrhine  der  Philinna  vor  V.  22  mitgetheilt  haben 
will  und  was  in  V.  87  (f.)  als  bekannt  vorausgesetzt  wird,  muse 
vorher  den  Zuschauern  bekannt  gegeben  worden  sein.  N.  konnte 
in  seinem  Monolog  nicht  davon  handeln,  weil  er  nichts  davon 
wusste;  also  muss  Myrrhine  einer  andern  Person  oder  im  Selbst- 
gespräch es  im  Eingang  erzählt  haben.  Sie  trat  wohl  zuerst  mit 
einer  Dienerin  auf,  die  weggeschickt  wurde  (s.  S.  508),  setzte 
nach  deren  Abgang  die  Erzählung  fort  und  begab  sich  selbst  zu 
ihrer  treuen  Philinna,  von  der  sie  Rath  und  Beistand  erwartete. 
Mit  V.  21  schloss  wohl  der  I.  Akt. 

Der  II.  Akt  enthielt  etwa  ausser  dem  was  in  V.  22 — 87 
des  Bruchstückes  sich  abspielt,  den  Rest  der  in  V.  84  begonnenen 
Scene  mit  bewegter  Schilderung  der  Lage  Myrrhines.  Dann  kam 
vielleicht  die  ausgesandte  Dienerin  mit  der  Hebamme  zurück; 
bald  nachher  konnte  ein  Sklave  des  N.,  der  um  die  Liebe  des 
Jungen  Herrn  wusste,  aus  dem  Hause  des  Nachbarn  treten,  wo 
er  eben  das  Neueste  vom  Lande  gehört  hatte.  Er  wollte  seinen 
Herrn  aufsuchen  und  wird  von  Myrrhine  noch  dringend  darum 
gebeten  im  Hinblick  auf  die  nahe  Entbindung  des  Mädchens. 
Dann  trat  M.  selbst  in  ihr  Haus.  Im  Ganzen  enthält  also  der 
II.  Akt  eine  wesentliche  Steigerung  der  Schwierigkeiten. 


^  Ueber    das    Vormundschafterecht    von    Wittwensohnen   s.  7.  B. 
G.  Busolt,  Gr.  Staatsalt.  (1887)  S.  1β.  140. 


Der  Inhalt  des  Oeorgos  von  Menander.  519 

Der  III.  Akt  bietet  den  Höhepunkt  der  Handlang;  der 
Konflikt  drängt  zur  Entscheidung.  Der  Landmann,  nach  welchem 
das  Stück  seinen  Namen  hat,  greift  unmittelbar  ein  und  führt, 
wie  es  scheint,  vorwiegend  das  Wort.  In  Begleitung  seines  jungen 
Freundes,  des  Sohnes  der  Myrrhine,  kommt  er  um  dessen  Schwester 
heimzuführen.  Dies  giebt  ihm  Anläse  zunächst  die  Grundsätze 
seines  Lebens  darzulegen  und  den  Wandel  in  ihnen  zu  begründen, 
zugleich  seine  feste  Zuneigung  zu  jenem  Jüngling  zu  offenbaren. 
Ihr  Erscheinen  im  Innern  des  Hauses  machte  natürlich  die  ganze 
Situation  schnell  klar;  ein  langes  Verweilen  war  nicht  noth- 
wendig.  Während  die  Beiden  im  Hause  sind,  kam  vielleicht  der 
reiche  Nachbar  aus  seinem  Hause,  voll  Ungeduld  den  Sohn  er- 
wartend zur  vorbereiteten  Hochzeit.  Sobald  er  ins  Haus  zurück- 
gegangen, erscheinen  jene  Beiden  wieder  aus  dem  Hause  der 
Myrrhine  und  es  beginnt  anscheinend  ein  Gespräch,  in  dem  sie 
ihrer  natürlich  höchst  erregten  Stimmung  Ausdruck  verleihen. 
Ganz  in  den  Anfang  dieser  Scene  gehören  die  Verse  des  Frg. 
97  K.  aus  Orion  Anthologn.  I  19^: 

ειμί  μέν  ίγροικος,  καυτός  ούκ  δλλιυς  έρώ, 
και  τών  κατ'  δστυ  πραγμάτων  ου  παντελώς 
έμπειρος,  ό  bk  χρόνος  τί  μ'  εΐοέναι  ποιεϊ 
πλέον. 
Sie  geben  der  schweren  Enttäuschung,  die  Eleainetos  so  eben  er- 
fahren hat,    bittern  und   zugleich   resignirten  Ausdruck.     In    den 
gleichen  Zusammenhang  gehört  Frg.  94  E.  (Stob.  flor.  105,  28): 
ό  b*  ήδικηκώς  όστις  ίσθ'  ούτος  ποτέ 
τήν  ύμετίραν  πενίαν,  κακοδαίμαιν  ?σθ\  δτι 
τουτ'  ήδίκηκεν,  οΰ  τυχόν  μεταλήψεται.  > 

εΐ  καΐ  σφόδρ'  εύπορεϊ  γάρ,  άβεβαίιυς  τρυφςΐ• 
το  της  τύχης  γάρ  ^εΟμα  μεταπίπτει  ταχύ. 
Nach  V.  1  kennen  sie  den  Urheber  des  Zustandes  der  K.  offen- 
bar noch  nicht.  Entweder  hatten  sie  mit  Myrrhine  nicht  ge- 
sprochen, sondern  waren  in  ihrer  Aufregung  sofort  aus  dem  Hause 
geeilt^,  oder  Myrrhine  hatte  den  Namen  des  N.  vorerst  nicht 
verrathen,   sondern  von  der  That  eines  Unbekannten  gesprochen, 

1  Bei  Fr.  W.  Schneidewin,  Coniect.  crit.  (1839)  S.  43. 

3  So  stürzt  in  der  Hecyra  (V.  37G  f.)  Pampbilue  sofort  aus  dem 
Hause,  sobald  er  den  seinerseits  nicht  erwarteten  Zustand  seiner  Frau 
erkennt;  die  Schwiegermutter  folgt  ihm  und  gibt  die  nothige  Auf- 
klärung (V.  378  fr.)>  bier  allerdings  noch  innerhalb  des  Hauses  (tarn 
ui  Urnen  exibam,  ad  genua  accidit  usw.). 


520  Dziatzko 

weil  sie  völlig  unschltissig  war,  wie  weit  sie  in  ibren  Mitthei- 
luDgen  geben  solle.  Ersteres  ist  eber  anzunebmen;  denn  Myrrbine 
sobeint  ihnen  gefolgt  zu  sein  und  das  Verbältniss  zum  Nacbbar- 
sobne  erzäblt  zu  baben.  An  sieb  wäre  denkbar,  dase  sie  es  ganz 
yerbeimlicbte,  weil  sie  ein  gericbtlicbes  Vorgeben  des  Sobnes 
fürebtete,  durch  welches  die  unbekannte  Herkunft  des  Mädcbeiis 
an  den  Tag  kommen  rausste.  Dieses  zu  verschweigen  gebot  ihr 
die  Liebe  zum  Mädchen:  das  Interesse  des  vermeintlichen  Bruders 
sowie  des  Kleainetos  für  jenes  musste  sofort  erkalten,  sobald  sie 
erfuhren,  dass  es  überhaupt  nicht  in  ihr  Haus  gehöre.  Der  Jüng- 
ling würde  es  auch  wohl  bald  aus  dem  Hause  entfernt  baben. 
Vielleicht  wird  hierbei  Einer  an  die  früher  erörterte  Möglichkeit 
denken  (s.  S.  512  if.),  dass  das  Mädchen  eine  Tochter  Myrrbines 
sei  von  unbekanntem  Vater,  und  eine  Bestättigung  in  dem  ange- 
führten Fragmente  finden  wollen.  Auf  eine  so  ferne  Vergangen- 
heit lässt  sich  aber  das  Präsens  in  V.  1  (und  V.  2.  4)  nicht  be- 
zieben noch  die  Drohung  mit  der  Zukunft  (V.  3).  Die  Annahme 
aber,  dass  P.  nicht  durch  N.,  sondern  durch  einen  Unbekannten 
entehrt  worden  sei,  ist  ebenso  unglaubhaft,  da  der  Zweifel  hin- 
sichtlich der  Herkunft  des  neugeborenen  oder  zu  erwartenden 
Kindes  sowie  der  der  Mutter  selbst  eine  dürftige  Dublette  er- 
gäbe. Vor  allem  lassen  die  Verse  30  f.  für  einen  solchen  Zweifel 
keinen  Raum.  Auch  ist  in  Frg.  93  K.  von  der  Absiebt  eines 
Prozesses  die  Rede,  für  den  man  doch  vor  allem  einen  zu  Ver- 
klagenden haben  muss.  Daher  bleibt  Obiges  am  wahrscheinlich• 
sten,  dass  Kleainetos  und  Myrrhines  Sohn  zuerst  sich  über  den 
Zustand  der  Schwester  auslassen,  ohne  den  Geliebten  zu  kennen, 
und  dass  Myrrbine  ihnen  bald  folgt  und  in  Kürze  berichtet,  was 
von  der  Annäherung  des  Nachbarsohnes  zu  sagen  ist.  Dieses 
Geständniss,  das  ihr  durch  die  Umstände  abgerungen  ist,  war  auf 
die  Dauer  sowieso  nicht  zu  verschweigen;  jede  Lüge  wäre  sehr 
bald  an  den  Tag  gekommen.  Weiter  aber  ging  sie  wohl  nicht 
in  ihren  Mittheilungen  (s.  vorher),  suchte  indess  vermuthlich  den 
Sohn  möglichst  zu  beschwichtigen. 

Nachdem  sie  ins  Haus  zurückgegangen,  wo  sie  bei  der 
Pflegetochter  höchst  nöthig  war,  besprechen  die  Beiden  weiter 
das  Geschehene.  Der  vermeintliche  Bruder  ist  aufs  höchste  gegen 
N.  aufgebracht  und  will  ihn  durchaus  gerichtlich  verfolgen,  Kleai- 
netos erwartet  davon  wenig  und  redet  deshalb  besänftigend  auf 
den  Jüngling  ein.  In  diesen  Znsammenhang  bringe  ich  Fr.  93 
aus  Stob.  flor.   96,  5: 


Der  Inhalt  des  Georgos  von  Menander.  521 

εύκαταφρόνητόν  έστι,  Γοργία,  πένης, 
καν  πάνυ  λίγη  δίκαια*  τούτου  γάρ  λέγειν 
ϊνεκα  μόνου  νομίίεθ*  ούτος,  του  λαβείν, 
και  συκοφάντης  ευθύς  ό  τό  τριβώνιον 
5  ^χιυν  καλείται,  κ&ν  αδικούμενος  τύχτ). 
Und  (Frg.  95  aus  Orion  Anthologn.  VII,  9): 

ούτος  κράτιστός  έστ'  άνήρ,  ώ  Γοργία, 
δστις  άδικεΐσθαι  πλεϊστ'  έπίστατ'  έγκρατώς* 
τό  b^  όΕύθυμον  τούτο  και  λίαν  πικρόν 
δεϊγμ'  έστι  ν  ευθύς  πάσι  μικροψυχίας. 
Gorgiae  halte  ich  nämlich  nicht  für  den  Namen  eines  der  Alten 
im  Stücke,  wie  Nicole,  Schenkl  (S.  49),  Grenfell  und  Hunt  (S.  17) 
annehmen  (vergl.  Blase  Sp.  1649  und  Blass  II  Sp.  776)^,  die 
ihn  dem  Vater  des  N.  beilegen,  —  wenig  zutreffend^  da  diesem 
gar  kein  Unrecht  geschieht  oder  geschehen  soll,  er  höchstens  im 
Begriff  steht  solches  zu  begehen,  falls  er  die  That  seines  Sohnes 
nicht  gutmachen  will  — ,  sondern  für  den  des  Sohnes  der  Myrrhine. 
Dieser  war  der  natürliche  Vormund  seiner  Schwester;  für  ihn, 
der  als  Nächststehender  und  infolge  seiner  Jugend  die  Sache 
natürlich  mit  besonderer  Hitze  aufnahm,  passt  der  Inhalt  der 
Fragmente  vorzüglich.  Aeltere  Anverwandte  werden  von  allein- 
stehenden Frauen  bei  ähnlichen  Anlässen  zwar  naturgemäss  heran- 
gezogen'; hier  hatte  aber  Myrrhine  einen  sehr  triftigen  Grund  dies 
nicht  zu  thun  (vergl.  S.  513).  £s  fällt  hier  also  auch  die  An- 
nahme weg  in  Gorgias  einen  solchen  Verwandten  zu  sehen,  der 
für  P.  gegen  deren  Gellebten  Partei  ergreift.  Dass  Gorgias  im 
antiken  Lustspiel  als  Jünglingsname  vorkommt,  ergiebt  sich  mit 
Sicherheit  aus  Lucian.  dial.  mer.  VIII  §  1 :  φιλήματα  καΐ  δάκρυα 
και  δρκοι  και  τό  πολλάκις  ήκειν  αρχομένου  έρωτος  σημεΐον 
και  φυομένου  ίτι,  τό  hk  πυρ  δλον  έκ  της  Ζηλοτυπίας  εστίν, 
ώστ€  €ΐ  καΐ  αέ,  ώς  φής,  ό  Γοργίας  ^απίίει  και  ίηλοτυπεΐ  κτλ. 
Um  nun  zu  dem  von  mir  angenommenen  Zwiegespräch 
zwischen  Kleainetos  und  Myrrhines  Sohne  Gorgias  (im  III.  Akte) 
zurückzukehren,  so  trennen  sie  sich  zuletzt,  Ersterer  um  im  Hause 
des  reichen  Atheners,  den  er  von  dessen  Landgnte  her  etwas 
kennen  mochte,  bei  diesem  eine  Vermittelung  zu  versuchen,  Letz- 
terer um  den  Geliebten  seiner  Schwester  zu  finden  und  diesen 
an  seine  Pflichten  gegen  sie  dringend  zu  erinnern. 


'  An  einen  andern  Alten  denkt  Kaibel  a.  0.  S.  165  f. 

2  Man  denke  an  den  Hegio  in  den  Adelphoe  (V.  351  ff.  u.  s.). 


522  Dziatzko 

Im   IV.  Akte    erscheint  etwa  der  Jüngling  N.,    von  seiner 
Liebe    und   den  Mittheilungen    seines  Sklaven    getrieben^    wieder 
auf  der  Bühne  und  gibt  in  einem  Canticum  seiner  Stimmung  Aus- 
druck; er  tritt  darauf  in  das  Haus   der  Myrrhine,  um  seine  Ge- 
liebte zu  trösten  und  sie  seiner  Treue  zu  vereiohern.     Vielleicht 
hat  der  Sklave  ihm  einen  Eath  gegeben,    um  vorläufig   der  vom 
Vater  befohlenen  Hochzeit  zu  entgehen.    Ihn  würde  dieser  dann  in 
einem  längeren  Selbstgespräch  entwickeln,  worauf  er  in  das  Haus 
seines  Herrn  (des  Alten)  geht,  um  die  Intrigue  einzuleiten,  natür- 
lich ohne  zu  wissen,    dass  durch  Kleainetos  der  Alte  bereits  von 
dem  Verhältniss    seines  Sohnes  unterrichtet  ist.     Es  kann  indess 
auch    auf  andere  Weise    die  Pause  ausgefüllt   gewesen  sein,    bis 
N.    wieder    aus  Myrrhines  Hause    herauskommt    mit  dem    festen 
Entschluss  seinem  Vater  alles  zu  beichten  und  dessen  Zustimmung 
zur  Heirath    zu  erflehen.     Vielleicht    hat  Myrrhines  abwehrende 
Haltung,  die  er  sich  nicht  erklären  kann  und  daher  falsch  deutet, 
ihn    noch  mehr    erregt  und  in  seinem  Entschluss    befestigt.     Da 
kommt    seine  Stiefmutter    ans  ihrem  Hause.     Sie   hat  mit  ihrem 
Manne    durch  Kleainetos    alles   erfahren,    was  dieser    von  ihrem 
Sohne  und  seinen  Beziehungen  zum  Nachbarhaus    weiss.    Während 
der  Vater    als  gemüthloser  Egoist    den  Vorstellungen  des  Land- 
mannes   wenig    entgegenkommend    sich  zeigte,    bewies  vielleicht 
die  Stiefmutter,  dem   weiblichen  Naturell  entsprechend,  mehr  Ver- 
ständniss  für  das  auf  Neigung  beruhende  Verhältniss.     Hatte  sie 
ja  auch  das  grösste  Interesse  daran,  ihr  eigenes  Kind  nicht  einem 
jungen  Manne  in  die  Ehe  zu  geben,  dessen  Herz  durchaus  einer 
Anderen    gehörte.     Sie  ist  auf    dem  Wege  ins  Nachbarhaus,    um 
das  Mädchen    kennen    zu  lernen,    welche    an  Stelle   des    eigenen 
Kindes    den  Stiefsohn    haben    solP.     Beim   Zusammentreffen    mit 
dem  Stiefsohn    macht  sie    ihm    wohlwollende  Vorhaltungen,    von 
denen    in    Frg.  100  K.    noch    einige    Verse    erhalten    sind    (vgl. 
S.  513).    Der  Stiefsohn  ist  natürlich  höchst  überrascht  davon,  dass 
zu  Hause  bereits  alles  bekannt  ist.     Jene  Verse   lauten: 
έμβερρόντησαι;  γελοίο  ν,  δς  κόρης  ελευθέρας 
εις  έριυθ'  ήκιυν  σιωπάς  και  μάτην  ποιούμενους 
περιορας  γάμους  σεαυτψ. 
Für  den  Vater  klingen  sie  zu  mild,  für  einen  Freund  zu  vorwurfs- 

^  Man    vergleiche    das    entsprechende   A^orgehen    der  Nausistrata 
im    Phormio    (hier    auf  Veranlassung    des    Dcmipho);    vergl.    V.  77β  f. 

784  fif. 


Der  Inhalt  des  Georgos  von  Menander.  523 

voll.  Vor  einem  solchen  brauchte  N.  nicht  zn  erschrecken,  auch 
hatte  dieser  keinen  Grnnd  von  der  '  vergeblich*  gerüsteten  Hoch- 
zeit zu  sprechen.  Die  zarte  Uu) Schreibung  dessen,  was  N.  gethan 
hat,  mit  den  Worten  €ΐς  ίριυτα  κόρης  ΐ\Κ€\ν,  spricht  jedenfalls 
dafür,  dass  sie  aus  dem  Munde  einer  Matrone  von  gutem  Stande 
kommen. 

Mit  N.  geht  sie  ins  Haus  der  Nachbarin.  Dort  findet  sie 
im  Besitz  des  jungen  Mädchens  Ringe,  Armbänder,  Kapseln  od. 
ähnl.,  die  sie  als  von  ihr  selbst  stammend  erkennt  und  die  als- 
bald zur  Erkennung  führen.  Im  V.  Akte  wird  dies  auf  der 
Bühne  erzählt,  von  der  herbeigeholten  Yevtrauensperson  die  Er- 
kennung bestätigt  und  den  Hauptbetheiligten  das  frohe  Ereigniss 
mitgetheilt.  Alle  nehmen  es  mit  Freuden  auf;  nur  der  Vater 
machte  wie  im  Heautontimorumenos  (s.  V.  623  ff.)  der  Chremes 
wohl  ein  saueres  Gesicht  dazu,  da  ihm  nun  die  Pflicht  der  Aus- 
stattung seiner  zweiten  Tochter  unerwartet  zufallt.  Zum  Schlüsse 
wurde  wahrscheinlich  noch  die  andere  Tochter  des  reichen  Athe- 
ners, deren  Hochzeit  auf  jene  Weise  in  Wegfall  kam,  dem  Sohne 
der  Myrrhine  verlobt,  nachdem  sein  väterlicher  und  dankbarer 
Freund  Kleainetos  ihn  vermuthlich  adoptirt  und  damit  den  Makel 
völliger  Armuth  von  ihm  genommen  hat.  Auch  wurde  vielleicht 
noch,  ähnlich  wie  in  den  Adelphoe,  die  Uebersiedelung  der 
Myrrhine  ins  Haus  des  Kleainetos  verabredet,  damit  dieser  doch 
im  Alter  auch  seine  Pflege  habe  (vgl.  V.  76  f.).  Noch  er- 
wähne ich,  dass  ein  unmittelbares  Zusammentreffen  des  Jünglings 
N.  mit  seinem  Schwager  Gorgias,  das  für  Ersteren  höchst  pein- 
lich sein  und  vor  der  άναγνώρκτις  geradezu  zu  einem  schweren 
Bruch  führen  musste,  nach  dem  Brauch  des  antiken  Lustspiels 
vermuthlich  ganz  vermieden  wurde  ^. 

Die  Reoonstruction  des  Lustspiels  ist  im  einzelnen  natürlich 
ganz  hypothetischer  Art;  doch  kam  es  mir,  nachdem  die  Grund- 
lage der  Handlung  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  ermittelt  wor- 
den war,  darauf  an  zu  zeigen,  dass  der  Stoff  im  wesentlichen 
ausreiche  für  ein  Menandreisches  Lustspiel,  in  welchem  ja  über- 
haupt der  Reichthum  der  Handlung  vor  der  fein  nuancirten  Cha- 
rakterzeichnung und  der  Eeflexion  zurücktrat,  wenn  uns  aus  den 
Lustspielen  des  Terenz  ein  Rückschluss  auf  die  seines  hauptsäch- 
lichen Vorbildes  gestattet  ist.     Das  Wesentliche,  dass  die  freige- 


*  So  trifft  z.  B.    im  Phormio    der  Jüngling  Antipho   mit  seinem 
Vater  Demipho  gar  nicht  zusammen. 


524  Dziatzko 

borene  Athenerin  Myrrbine  ein  Mädchen  unbekannter  Herkunft 
aU  ihr  eigenes  auf  erzogen  hatte  und  darum  jeder  Heirath  derselben, 
mit  einem  Bürger  widerstreben  musste,  dass  aber  endlich  ihre 
legitime  Herkunft  an  den  Tag  kam,  halte  ich  für  gesichert.  Eine 
Erweiterung  konnte  die  Handlung  durch  Versuche  des  Jünglinge 
N.  oder  vielmehr  dessen  Sklaven  erfahren,  der  darauf  aus  war 
die  zunächst  drohende  Heirath  des  jungen  Herrn  mit  der  Stief- 
schwester zu  hintertreiben. 

Als  Personen  des  Stückes  haben  sich  somit  folgende  ergeben^: 

Jüngling  I.  (N.) 
Sein  Vater. 
Seine  Stiefmutter  ^. 
Myrrhine,  Matrone. 
Fhilinna,  ihre  alte  Kinderfrau. 
(Ihre  Pflegetochter  (P.))». 
G-orgias,  ihr  Sohn.     (Jüngling  11.)^ 
Eleainetos,  Landmann. 
Daos,  Diener  des  Vaters. 
[Sklave  des  N.  (ob  Syros?)] 
[Dienerin  der  Myrrhine.] 
[Hebamme.  (?)] 

[Früherer    Diener    (oder    Dienerin)    der   Stief- 
mutter.] 

Einem  Einwand  muss  ich  indess  noch  zu  begegnen  suchen, 
welcher  einer  wichtigen  Seite  meiner  Hypothese  und  zugleich 
ihrer  AuBgestaltung  im  Einzelnen  entgegensteht.  Eaibel  hat  a. 
0.  S.  152  f.  die  sehr  beachtenswerthe  Bemerkung  gemacht,  dass 
gegen  eine  Ehe  mit  der  Halbschwester  das  attische  Gesetz  nichts 
die  attische  Sitte  aber  um  so  mehr  einzuwenden  hatte ;  dass  in  der 
Komödie  auch  die  einseitige  Blutsverwandtschaft  als  Ehehindernies 
gelte.  Halten  wir  diesen  Gesichtspunkt  für  unbedingt  richtig, 
dann  muss  die  Lösung  der  Verwickelung   im  Georges  anders  er- 


^  Diejenigen  Personen,  die  in  einem  der  Fragmente  nur  gcuanni 
sind,  ohne  selbst  sprechend  aufzutreten,  sind  gesperrt  angeführt;  die- 
jenigen, welche  nur  vermuthungsweise  ermittelt  wurden,  ausserdem  in 
eckige  Klammern  gesetzt. 

9  Siehe  S.  522  f. 

^  Im  Drama  wurde  vielleicht  ihre  Stimme  hinter  der  Bühne  hör- 
bar während  der  Wehen  (vgl.  S.  518). 

*  Siehe  S.  521. 


Der  Inhalt  des  Ocorgos  von  Menander.  525 

folgen,  als  vorher  angenommen  wurde.  Die  Ah  weichung  hrauchte 
indese  nur  den  Schlues  zu  betreffen  und  die  Pflegetochter  der 
Myrrhine  könnte  ale  nahe  Verwandte  dee  reichen  Nachbarsohnee, 
etwa  als  Geschwisterkind  erkannt  werdend 

Prüfen  wir  nun  die  Berechtigung  jenes  Einwandee  näher, 
so  scheint  es  an  sich  zweifelhaft  zu  sein,  ob  die  Dichter  der  neuen 
griechischen  Komödie  bei  der  nicht  grossen  Zahl  von  Motiven 
zur  Verwickelung  und  Lösung  einer  dramatischen  Handlung  sich 
selbst  eines  Motivs  völlig  begeben  haben  sollten,  zu  welchem 
jedenfalls  das  Gesetz  der  Stadt  die  bequeme  Handhabe  bot.  Auch 
ist  es  nicht  eben  wahrscheinlich,  dass  in  der  hellenistischen  Periode 
die  Griechen  über  die  Ehen  unter  Halbgeschw istern  strengere 
Ansichten  gehabt  haben  sollten  als  früher.  Freilich  die  Stücke 
des  Plautus  und  Terenz  bieten  keinen  Fall  einer  solchen  Heirath, 
aber  von  der  νέα  κωμψοία  wissen  wir  doch  zu  wenig,  um  von 
ihr  dasselbe  zu  behaupten.  Es  lässt  sich  sehr  wohl  denken,  dass 
nur  für  das  römische  Publikum  eine  Heirath  so  naher  Blutsver- 
wandter in  dem  Grade  anstössig  war,  dass  seine  Lustspiel- 
dichter die  Uebertragung  solcher  Stücke  vermieden  haben,  in 
welchen  der  Ausgang  der  Handlung  auf  einer  solchen  Verbin- 
dung beruhte^.  In  einem  Falle  glaube  ich  es  sogar  wahrschein- 
lich machen  zu  können,  dass  Plautus  sein  griechisches  Original 
wesentlich  verändert  hat,  um  einen  Ausgang  jener  Art  zu  ver- 
meiden. Der  Beweis  soll  in  einem  spateren  Aufsatz  versucht 
werden. 

Göttingen.  Karl  Dziatzko. 


^  Vgl.  dazu  was  auf  S.  514  erörtert  ist.  Vermuthlich  war  dann 
der  Vater  als  todt  behandelt;  denn  V.  76  ff.  scheinen  darauf  vorzube- 
reiten, dass  Myrrhine  zuletzt  aufs  Land  zieht  zu  Kleainetos. 

'  lieber  nahe  Verwandtschaft  als  Ebebinderniss  bei  den  Römern 
{incestae  nitptiae)  vgl.  Marquardt-Mau,  Privatleb.  der  Rom.!  S.  30  f. 


Ζα  Plantns. 


(Scblues.) 

In  dem  Monologe,  den  der  Parasit  Pers.  53  mit  den  Worten 
beginnt: 

Veferem  atque  anfiqiwm  quaeslum  maiorum  meum 

Servo  atque  obtineo, 
fahrt  er  V.  65  fgg.  fort: 

Nam  publicae  re  causa  quiquomque  id  faeü 

Magis  quam  sui  quaesfif  animus  induci  pofesf 

Eum  isse  civem  \  έΐ  fidelem  \  6t  honum. 
Da  ee  eich  bei  dem  letzten  Veree  nicht  lediglich  um  einen 
Hiatnfl  in  der  Cäsnr  handelt,  so  darf  ich  vielleicht  darauf  rechnen, 
dass  meine  Bemerkungen  nicht  kurzweg  als  nnbereehtigt  gegen- 
über der  Nothwendigkeit  der  Hiatueconservirung  abgewiesen  wer- 
den, obwohl  Ussing  auch  hier  findet:  nulla  fere  mutatione  opus 
est.'  Von  den  versuchten  Heilungen  des  Verses  hat  keiner  einen 
Schimmer  von  Wahrscheinlichkeit.  Der  einzige,  der  äusserlich 
empfehlenswerth  scheinen  könnte,  qua  fidelem  qua  bonumj  ist 
Rprachlich  falsch;  denn  qtui  —  qua  heisst  immer  'ohne  Unterschied 
sowohl  —  als  auch'^  Die  Herausgeber  müssen  offenbar  anneh- 
men, dass  der  Parasit,  der  mit  der  grössten  Schamlosigkeit  seine 
GeschäftspraxiH  auseinandersetzt,  hier  den  höchst  moralischeD 
Grundsatz    ausspreche,    es  sei  lobenswerth   im  Staate-  und   nicht 


^  Ich  kann  es  im  Interesse  meiner  Sprachkenntnisse  nicht  genug 
bedauern,  dass  Klotz  'Grundzüge*  S.  152  sich  nicht  herbeigelassen  hat 
mich  zu  belehren,  warum  Most.  1047  qua  mores  qua  feminae^  das  sonst 
bei  Plautus  stehend  ist,  an  dieser  Stelle  nicht  passt.  Nach  Schölle  Citat 
mu8s  man  glauben,  dass  er  in  Klotz'  verschwiegene  Motive  eingeweiht 
ist.  Bis  ich  besser  unterrichtet  bin,  nehme  ich  an,  dass  es  für  Klotz 
genügt  eine  Emendation  als  unpassend  zu  bezeichnen,  wenn  sie  einen 
Vers  berichtigt  auf  Kosten  eines  Hiatus. 


Zu  PlautuB.  527 

persönlichen  Interesse  ein  Sykopbant  zu  sein.  Das  soheint  mir 
eine  gründliche  Verkennnng  der  plautinischen  Komik  zu  sein. 
Der  Parasit  kennt  zwei  nach  seinen  Begriffen  schickliche  Berufe, 
erstlich  den  des  Parasiten.  Diesen  haben  sein  paterj  avoSy  proavos 
etc.  gründlich  betrieben, 

ünde  ego  hunc  (^nunc}  guciestuin  öbtineo  et  mtiiorum  locum  Κ 
Der  zweite  anständige  Beruf  ist  der  eines  Sykophanten,  der  sine 
suo  periclo  if  aliena  ereptutn  bona^  natürlich  sui  quaesti  causa. 
Dieser  Beruf  gefällt  ihm  nicht,  ebenso  wenig  diejenigen,  qui  fa- 
ciunt,  mihi  placent.  Nach  diesem,  übrigens  ziemlich  gewaltsam 
herbeigezogenen  Ausfall  gegen  die  Sykophanten  soll  er  nun  fort- 
fahren:  'Die  uneigennützigen  Sykophanten  sind  vortreffliche  Bür- 
ger ?  Wie  kann  man  dem  Plautus  eine  so  philiströse  Plattheit 
zutrauen?  Ich  bin  überzeugt,  dass  er  geschrieben  bat: 

Eum  esse  civem  nee  fidelem  nee  bonum. 
Kam  ist  in  der  bekannten  Weise  in  der  occupatio  gebraucht 
(Seyffert  Scholae  I  §  22):  ^Ύοη  denjenigen  Sykophanten,  die  pu- 
hlicae  rei  causa  magis  quam  sui  quaesti  id  faciunt,  rede  ich  nicht; 
denn  die  sind  gar  nichts  werth  .  Und  nun  wird  im  folgenden 
auseinandergesetzt,  wie  man  denen  das  Handwerk  legen  sollte, 
nämlich  dass  sie  nur  cum  suo  periclo  ihr  Gewerbe  treiben  müssten. 
Der  Hiatus  Pers.  550: 

'ürbis  spedem  vidi,  \  Jwminum  mores  perspexi  parum 
würde  allseitig,  nicht  nur  von  Ussing  und  Leo,  respectirt  werden, 
wenn  er  zufällig  in  die  Diärese  fiele.  Kitschi  hat  ihn  durch  die 
gewiss  nicht  empfehlenswerthe  Umstellung  mores  hominumj  Scholl 
durch  Einsetzung  von  auiem  entfernt.  Ich  setze  auch  hier  wie 
Men.  961  das  demonstrative  Pronomen  zu  homines  hinzu  und  zwar 
lieber  dahinter  als  vorher:  homin(um  horyum  mores,  ohne  mich 
von  dem  Gleichklange  abschrecken  zu  lassen. 

Derselbe  Fall  wie  V.  550  liegt  vor  V.  685: 

Cruminam  kanc  emere  \  aut  facere,  ut  remigrSt  domum. 
Den  Hiatus  dulden  nur  diejenigen,  die  auf  diesem  Gebiete  so 
ziemlich  alles  vertragen.  Man  hilft  sich  mit  utij  mit  aut  emere 
oder  facere  eo/w.  Ich  halte  (.huc^  ut  rem,  d.  für  das  wahrschein- 
lichste. Huc  domum  hat  Plautus  Amph.  684,  £pid.  315,  Merc. 
555  {ad  me  huc  domum),  ähnliches  an  zahllosen  Stellen. 

*  Schölle  Widerlegung  meiner  Ergänzung  nunc  verstehe  ich  wieder 
nicht.  Er  sagt:  *at  dudnm  obtinuit*.  Es  handelt  sich  darum,  was  seine 
Vorfahren  früher  gethan  haben  und  er  jetzt  thut. 


528  Müller 

Meine  Vermuthung  ^Pros.'  8.  79  Α.,  dase  Poen.  742  zn 
schreiben  sei: 

Foras  ^gredi  eccum  Video  lenonSm  Lycum, 
und  dass  das  natürlich  von  den  Heraosgebern  aufgenommene 
egr edier  {egredietur  CD,  I-ieo  schreibt  egrediri  nach  Brix  zn  Men. 
754)  nicht  richtig  sein  könne,  erhält  jetzt,  denke  ich,  ausrei- 
chende Unterstützung  dadurch,  dass  der  cod.  Turn,  nach  Lindeay 
egredie  hatte. 

Von  den  für  meine  Theorie,  dass  z.  B.  mea  ara  weder  als 
Tribrachys  noch  als  Trochäus  gemessen  werden  dürfe,  gefahr- 
lichsten Stellen  ist  die  eine  jetzt  wenigstens  in  Fleckeieene  Te- 
renz  beseitigt,  der  sich  von  mir  ('Pros.'  S.  385)  hat  überzeugen 
lassen,  dass  Hec.  48  heissen  rouss: 

facite,  ut  vostra  auctorüas 

Meae  actoritati  fautrix  adiutrixque  $U 
statt  auctoritati.    Eine  zweite,  Trin.  1090,  wird  unten   besprochen 
werden.     Die  dritte  ist  Poen.  871: 

Sine  petinis  volare  haud  facilest;  meae  alae  pennas  non 

habeni. 
Meine  Versuche  'Pros.  S.  384  sind  kümmerliche  Notbbehelfe. 
Ich  war  nachher  in  der  festen  Ueberzeugung,  dass  meae  älae 
recht  wenig  wahrscheinlich  und  meae  alae  ganz  unmöglich  ist, 
also  meae  schwerlich  richtig  sein  kann,  auf  den  Gedanken  ge- 
kommen, dass  es  eine  an  die  Stelle  des  richtigen  si  getretene 
Interpolation  sei,  als  ich  nachträglich  fand,  dass  thatsächlich  si, 
wenn  auch  nur  in  B,  überliefert  ist:  facile  simeae,  CD  facile  st 
mec.  Also:  haud  facilest,  si  alae,  Dass  das  sehr  schlagend  wäre, 
wage  ich  allerdings  nicht  zu  behaupten.  Es  giebt  aber  viele 
Verse,  die  nie  geheilt  werden  werden,  und  leider  nicht  sehr  viele, 
bei  denen  wir  es  einem  reinen  Zufalle  verdanken,  dass  wir  nicht 
bloss  auf  die  Handschriften  des  Plautus  angewiesen  sind,  die  nur 
Falsches  verbürgen. 

Vielleicht  läset  sich  einer  oder  der  andere  von  denen,  die 
sich  durch  prosodische  Gründe  nicht  bestimmen  lassen,  meiner 
Correctur  des  in  gleicher  Weise  fehlerhaften  h^ne  iivenisse  Poen. 
1078  in  bette  vortisse  beizustimmen  (^Pros.*  S.  390),  durch  die 
Thatsache  umstimmen,  dass  bekanntlich  res  bene  vertu  nicht  nur 
überhaupt  der  übliche  Ausdruck  ist,  sondern  sich  auch  bei  Plautus 
überall,  wo  es  der  Vers  erlaubt,  wenigstens  siebenmal,  findet, 
Aul.  788,  Capt.  361,  Cure.  662,  729,  Pers.  329,  Trin.  500,  572, 
male  viermal,  Cure.  273,  Pers.  453,  Pseud.  682,  Truc.   147,  rede 


Zu  Piautas.  629 

Aal.  218,  hiogegen  hene  evenirCj  wenn  ich  nicht  sehr  irre,  nur 
einmal,  Trin.  715,  male  Gare.  39,  Rad.  1178,  facüe  et  fortunate 
Epid.  243,  lepide  prospereque  Peead.  574,  wo  üherall  der  Vers 
vertere  nicht  verträgt. 

Milphio  hat  Poen.   1086  gesagt: 

Festivom  facinus  venu  mi  in  mentetn  modo. 
Auf  die  Frage  des  Hanno:  Qtdd  id  est?  gieht  nan  nach  nnseren 
Handschriften  Milphio  die,  wie  mir  scheint,  höchst  merkwürdige 
Antwort:  Tua  opus  est  opera.  Dass  der  Gefragte  ganz  correct 
antworten  müsse:  Mas  festivom  facinus  ist  das  and  das',  wird 
Niemand  erwarten,  der  einigermassen  den  Plantas  kennt.  Aher 
die  Antwort  muss  doch,  wenn  der  Gefragte  nicht  etwa  seinen 
Scherz  mit  dem  Fragenden  treiben  oder  sonst  absichtlich  aas- 
weichen will,  einigermassen  Bezug  aaf  die  Frage  haben,  was, 
soviel  ich  sehe,  hier  nicht  der  Fall  ist,  aber  hergestellt  wird, 
wenn  vor  opus  eingeschoben  wird  eo:    Tua  eo  opust  Opera, 

Dem  Verse  Psead.  532: 

Virtiite  regi  \  'AgaihocU  antecesseris 
oder  Agathocli  \  antecesseris  hat  man  mit  so  äasserlichem  Flick- 
werk wie  Einschab  von  tu  aufhelfen  zu  können  gemeint.  Dem 
ist  entschieden  der  p.  VI  der  kleineren  Ausgabe  mitgetheilte 
Vorschlag  Schölls:  vel  regi  vorzuziehen.  Ich  halte  es  aber  für 
besser,  denselben  Sinn  durch  Einechiebung  von  ipsi  vor  Agathocli 
oder  vielmehr  von  gi  ips  zwischen  re-i  zu  erzielen.  Die  Hand- 
schriften haben  nämlich  sämmtlich  nicht  regi^  sondern  m,  wodurch 
sie  verräthen,  dass  sie  zwischen  re  und  i  irgend  etwas  nicht  haben 
lesen  können  oder   wollen. 

Der  rex  Agathodes  erinnert  mich  an  den  rex  Antiochiis^ 
der  es  sich  ebenfalls  gefallen  lassen  muss  einen  Vers  zu  verun- 
ziren,  Poen.  C93  fg.: 

Ego  id  quaero  hospitium,  ubi  ego  eurer  mollius, 
Quam  regi  Antiocho  \  oculi  curari  solent 
Als  ich  'Prosotlie*  S.  516  fg.  dafür  empfahl  ectüei  zu  schreiben, 
glaubte  ich,  es  genüge  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  die 
Pflege  der  Augen  jemandes  doch  schwerlich  Anläse  zu  einer 
solchen  Anspielung  hätte  geben  können,  dass  wir  hingegen  aus 
Granius  Licinianus  wissen,  dass  Antiochus  Epiphanes  durch  seine 
Vorliebe  für  asturcones  Aufsehen  erregte.  Ich  bin  inzwischen  be- 
lehrt worden,  dass  unter  octdi  die  οφθαλμοί  βασιλέως  zu  ver- 
stehen sind,  ja  man  hat  sogar  so  schreiben  wollen.  Ich  finde 
die  ocuU,   reep.  οφθαλμοί,    in   uneigentlichem  Sinne    wo  möglich 

Rliebi.  Mas.  f.  Philol.  N.  F.  LIV.  34 


530  Müller 

noch  verkehrter.  Dass  man  die  Pflege,  die  die  Aerzte  oder  eoDst 
wer  den  Angen  des  Könige  (oder  Prinzen)  angedeihen  lassen,  zum 
Gegenstände  einee  Witzes  überhaupt  macht  und  epeciell  zum  Ver- 
gleich mit  der  Aufnahme,  die  man  sich  selber  wünscht,  heran- 
zieht, ist  gewiss  recht  merkwürdig,  noch  weniger  aber  verstehe 
ich,  wie  man  es  sich  denken  soll,  dass  'dem  Könige  seine  Hof- 
leute gepflegt  werden.  Oder  soll  regi  heissen  *vom  Könige*? 
Die  Ponys  werden  für  den  König  von  seinen  Stallknechten  auf 
seinen  Befehl  so  gepflegt,  dass  es  der  Gegenstand  eines  Witzes 
wird.  Wenn  hingegen  die  Hofleute  besonders  gut  gepflegt  wurden^ 
so  werden  sie  das  wohl  selbst  besorgt  haben;  jedenfalls  aber 
sind  sie  nicht  dem  Könige  gepflegt,  und  schwerlich  würde  davon 
viel  in  das  Publikum  gedrungen  sein,  während  wir  wissen,  daee 
der  asturco  des  Königs  Antiochus  bei  einer  pompa  auffiel. 

Unter  den '  Prosodie'  8.15  —  18  ('Nachtr.'  S.  4)  angeführten 
Belegen  für  die  Länge  des  e  (oder  i)  im  Ablativ  der  dritten  De- 
cliuation  sind  zwei  besonders  bedenkliche  aus  dem  Pseudolne, 
V.  616  und   761: 

'Esne  tu  an  non  es  ab  ülo  milite  Macedonio?  und 
'Omnes  ordine  suh  signis  ducam  legiones  meas. 

Hermanns  von  Ritschi  und  Fleckeisen  angenommene  Correctur 
des  ersten  Verses:  e  Macedonia  findet  gewiss  mit  Recht  keinen 
Beifall  mehr.  Ich  habe  es  lange  für  wahrscheinlich  gehalten, 
dass  Plautus,  der  durchaus  keine  griechische  Declination  kennt, 
auch  Macedo,  MacedÖnis  nicht  geduldet,  sondern,  wie  bekanntlich 
Ennius  Hannibälis  und  Hcctöris  sagte,  so  auch  Macedo  latinisirt 
und  MacedöniSj  also  auch  Maccdönius  gesagt  habe.  Dem  steht 
aber  ein  Vers  entgegen,  Mil.  44: 

Triginta  Sardi,  sLvaginta  Macedones, 

Ob  es  nun  besser  ist  milite  oder  militl  (B  hat  miliiite)  zu  schrei- 
ben oder  vielleicht  umzustellen:  3Iacedoniensi  milite  (CD  haben 
nicht  Macedonio,  sondern  Maccdonico]  Pseud.  1041  steht  vir 
Macedoniensis),  lasse  ich  dahin  gestellt.  Den  V.  761  aber  glaube 
ich  von  dem  Fehler  ordine  befreien  zu  können.  Ich  will  kein 
Gewicht  darauf  legen,  dass  die  Handschriften  sämmtlich  nicht 
ordine,  sondern  ordine s  haben.  £s  liegt  gar  zu  nahe,  darin  nur 
eine  Assimilation  an  omnes  zu  sehen.  Aber  möglich  ist  es  doch 
wenigstens,  dass  dies  s  ein  Rest  von  dem  his  ist,  das  meiner 
Meinung  nach  vor  suh  signis  einzusetzen  ist.  Ich  meine,  Pseu- 
dolus    hält    bei    diesen  Worten    den  Brief  mit  dem  Erkennungs- 


Ζα  PlautuB.  531 

zeicben  in  die  Höhe  aU  Panier,  unter  dem  er  seine  Streitmacht 
aufführen  wird. 

Pseud.  625  ergänze  ich: 

'Immo  adest.  Ps.  Tun  atiulisH?  \  H,   Egomet , 

Ps.  Quid  dübiias  dort? 
zu  attulisti  idj   nicht    bloee  um  um  jeden  Preis  den  Hiatus  oder 
die    Messung    Egomet    zu    vermeiden,    sondern  weil  Α  aitulistm 
hat;   wenn  nicht   etwa  Scholl  p.  VII  dies  richtig  deutet:     Tun? 
atfulistin? 

Pseud.  650  bleibt  Suain  \  huc  ad  nos  natürlich  nach  Leo  un- 
angefochten. Fleckeisen,  Bitschi,  Götz  und  sogar  Ussing  schreiben 
Huc  suam  ad  nos,  ^ne  cum  hiatu  legatur  ^ Suam  huc*^,  womit  man 
sich  als  Nothbehelf  allenfalls  zufrieden  geben  könnte,  Scholl  p.  YII 
Suampie,  was  ganz  unerhört  ist  (einmal  suompie).  Ich  vermuthe: 
qui  argentum  adferret  atque  expressam  imaginem 
Suam  (^ab  se)  huc  ad  noSy  cum  eo  aiebat  ville  mitti 

mulierem. 

Die  Möglichkeit  die  verdorbene  Ueberlieferung  durch  einen 
rettenden  Hiatus  zu  schützen  ist  selbst  Ussing  und  Leo  abge- 
schnitten Pseud.  802: 

Hominum  avaritia  ego  sum  f actus  improbior  coquos 
oder  Hominum  avaritia,  Dass  der  Yersanfang  so  nicht  gelautet 
haben  kann,  wird  wohl  allgemein  anerkannt  ausser  von  denen, 
die  avaritia  für  möglich  halten.  Deswegen  hat  mau  ego  umge- 
stellt: Hominum  ego  avaritia  und,  da  auch  sum /actus  nicht  richtig 
sein  kann,  factus  sum.  Leo  und  Scholl  (p.  VII)  ändern:  Homi- 
num vitio  ego  sum  zwar  recht  gewaltsam,  aber  an  sich  nicht 
übel,  wenn  mir  auch  der  von  Leo  geltend  gemachte  Grund,  dass 
*der  Gegensatz  zum  folgenden  non  meopte  ingenio  einen  allge- 
meinen Begriff  erfordere',  schlechterdings  nicht  einleuchten  will. 
Wenn  hominum  Vitium  ein  richtiger  Gegensatz  zu  meum  ingenium 
ist,  so  ist  das  bestimmte  namhaft  gemachte  Vitium,  welches  ganz 
allein  hier  gemeint  ist,  ein  ebenso  richtiger  Gegensatz.  Wir 
wissen  jetzt  durch  Lindsay,  dass  der  cod.  Turn,  wirklich  das 
hat,  was  ohne  Künstelei  in  der  Wortstellung  zu  erwarten  war: 
Avaritia  ftominum;  übrigens  aber  wird  dadurch  nur  bestätigt,  dass 
die  W^ortstellung  in  der  Ueberlieferung  geschwankt  hat.  Es  ist 
gleich  zulässig  den  Vers  anständig  lesbar  zu  machen  (wenn  es 
darauf  ankommt)  mit  der  Vulgata:  Hominum  igo  avaritia  factus 
sum  —  wie,  was  ich  vorziehen  würde,  wenn  ich  mich  zu  ent- 
scheiden hätte : 


532  Müller 

Ego  avaritm  hominum  f actus  $,  i.  c. 
Rud.  49  maee,  glaube  ich,  heissen: 

Lenoni  erat  hospes  par  sui  SictUus  senex 
statt  Ei  erat  hospes.    Die  Ausgaben  haben  Erat  ei  hospes^  Spengel 
*T.  M.  Plautus'   S.  231   meint,    dass    Ei  erat  hospes   par   ittius 
8.  s,  *  richtiges  Versmass  giebt',   eine  Meinung,    mit  der  ich  die 
Hoffnung  auf  Verständigung  aufgebe. 

£benso  muss  meiner  Ueberzeugung  nach  der  letio  eingeflickt 
werden  V.  61: 

Id  hie  est   Veneris  fanum.  et  leno  ad  prandium 

Vocavit  adulescentem  huc 
statt  fanum  \  et    eo.     Fleckeisen    schreibt  fanum  VeneriSj  Scholl 
et  eadem. 

Den  Hiatus  Rud.  V.  65: 

Lenonem  abisse,  \  ad  portum  adulescens  venit 
beseitigt  Scholl  durch  advenit,  besser  Fleckeisen  durch  Einsetzung 
von  quom  hinter  portum  ^adsentiente  et  Muellero  et  Luebberto 
de  Quom  coni.  p.  64  sqq.  223  sqq.:  etsi  nuUum  Plautus  exemplum 
huius  generis  habet  (Ter.  duo)  totaque  narratio  caret  coninnctioni- 
bus".  Den  zweiten  Grund  halte  ich  für  ganz  nichtig.  Statt 
quom  dürfte  aber  dum  nothwendig  sein.     Es  folgt: 

Illorum  navis  longe  in  altum  ahscesserat  . 
Ein   Prosaiker    hätte    wahrRcheinlich  inicrim    hingezufügt    (Hand 
Turs.  11  p.   308)  und  auch  Plautus,    wenn    es    der  Vers    erlaubt 
hätte.     S.  Brix   Mil.   1271. 

Die  eben  aus  dem  Seesturm  errettete  Paläetra  bricht  in  Kla- 
gen aus,  dass  ihre  pletas  praeciptw,  you  den  Göttern  so  belohnt 
werde,  Rud.   190  sqq.: 

Nam  I  hoc  mihi  auf  lahorist  laborem  hunc  potiri» 

Si  I  erga  parentem  ant  äeos  me  impiavi, 

Sedy  id  si  parate  curcivi  ut  caveremy 

Tum  hoc  mihi  indecore,  iniquCy  inmodeste 

Datis,  di. 
Darüber  kann  kein  Zweifel  sein,  dass  sie  meint,  sie  werde  sich 
über  ihr  Unglück  nicht  beklagen  dürfen,  wenn  sie  sich  hätte 
Impietät  zu  Schulden  kommen  lassen ;  wenn  sie  aber  stets  eifrig 
bemüht  gewesen  sei  dies  zu  vermeiden,  so  behandeln  sie  die 
Götter  ungerecht.  AVie  aber  das,  was  die  Kritiker  zur  Herstel- 
lung des  Textes  gefunden  haben,  diesen  Inhalt  zum  Ausdruck 
bringen  soll,  ist  mir  nicht  verständlich,  mögen  sie  nun  A^amj  hoc 
mi  hatid  Jabori  est,  Λ-am  mi  hoc  haud   lahorist  oder  Nam  hör  wi 


Ζα  Plautns.  533 

hau  Sit  läbori,  Nam  hoc  hmd  est  labori  oder  Nam  hoc  mihi  nil 
laborist  einsetzen.  Welchen  Sinn  man  bei  allen  diesen  Schreib- 
weisen dem  AVorte  labnr  zngeschrieben  hat,  weiss  ich  nicht;  nach 
dem,  was  mir  über  die  Bedentnng  des  Wortes  bekannt  ist,  ist 
hoc  haud  lahorist  und  nil  lahorist  widersinnig.  Der  Fehler  liegt 
in  aut,  das  man  wie  so  sehr  oft  lediglich  der  äusseren  Leichtig- 
keit zu  Liebe  in  haut  geändert  hat,  ohne  sich  allzusehr  über  den 
Sinn  den  Kopf  zu  zerbrechen.  Ich  bin  überzeugt,  dass  aut  ver- 
lesen ist  statt  sat: 

Nam  hoc  mihi  sat  lahorist  — , 
d.  h.  laboris  est:  'Ich  bin  genügend  geplagt,   wenn  ich  schuldig 
bin,    im  anderen  Falle  ist  die  Behandlung   über  die  Massen  un- 
gerecht*. 

Den  Hiatus  im  zweiten  Verse  beseitigen  andere  auf  gewalt- 
same Weise,  Scholl  durch  Zusatz  von  Sic  vor  si.  Ich  halte  Si 
{ego)  erga  für  äusserlich  ebenso  wahrscheinlich  und  dem  Sinne 
nach  für  besser:  ego  —  me  impiam.  V.  194  hat  Skutsch  vor- 
trefflich hergestellt :  nam  quid  habehunt  sihi  digni  impii  posthac 
statt  sibigni  oder  sihi  igni.     Vgl.  Amph.  185. 

Wenn  der  Versanfang  Bud.  481  von  Seyffert  richtig,  wie 
es  scheint,  hergestellt  ist:  Heus  (exi),  Ptolemocratia  aus  Eu  si 
oder  (H)eus  si  mit  Zwischenraum  zwischen  beiden  Wörtern  (cod. 
Turn,  hat  Ileus  aga  si),  so  muss  die  zweite  Hälfte  lauten:  cape 
hänc  urnam  tibi.  Möglich  mag  das  sein ;  ich  würde  als  Heraue- 
geber schreiben : 

Heus  earj,  Ptolemocratia^  hanc  urnam  cape  tihi^ 
auch  um  die  Häufung  von  acht  Kürzen  zn  vermeiden. 

Dass  Kud.  497  der  fehlende  Schlussjambus: 
Utinäm,  quam  in  aedis  me  ad  te  adduxisti  w- 
wahrscheinlich  aus  Mil.  121  in  aedis  me  ad  se  deduxit  domum 
zu  entnehmen  ist,   habe  ich  in  den  Abhandl.  für  L.  Friedländer 
S.  543  bemerkt.     Die  Herausgeber  setzen  tuas  hinzu,  Scholl   Itl•• 
tum,  Langen  Fleckeis.  Jahrbb.  1889  S.  175  hospitem  usw. 

Rnd.  561  hat  Α  nach  Götz-Schöll: 

Nescio  quem  metuenfes  miserae?  nocte  hac  aiunt  proxuma, 
die  übrigen  Handschriften  hac  nunc  (so  auch  cod.  Turn.)  oder 
non.  Das  vorletzte  Wort  ist  also  in  der  Ueberlieferung  unlesbar 
gewesen.  Aiunt  setzen  zwar  Götz-Sohöll  nebst  Leo,  der  auf 
Eibbeck  z.  Mil.  61  verweist,  in  den  Text,  werden  damit  aber 
hoffentlich  keinen  Anklang  finden,  denn  der  folgende  Vers  lautet: 
Se  iactatas  atque  eiectas  hodie  esse  aiunt  c  mari. 


534  Müller 

Α  hat  offenbar  sein  aiunt  daher  entnommen  in  der  bekannten 
Weise,  Die  meisten  Herausgeber  haben  vero  in  den  Text  ge- 
setzt, was  unbegreiflich  wäre,  wenn  dies  nicht  als  Lesart  von  Α 
gegolten  hatte.  Ich  habe  'Prosodie*  S.  225  A.  gesagt,  es  sei 
*  sicherlich  nocte  hac  tot  α  proxuma  zu  schreiben*,  und  Ussing 
hat  dies  angenommen,  bereut  es  aber  in  den  Anmerkungen :  ^  aliud 
fuisse  credo,  fortasse  ^nuper* ,  SohöU  bemerkt  dazu:  'Brixius 
acousatiyum  recte  requirebat\  Dass  Plautus  Zeitbestimmungen 
auf  die  Frage  wie  lange?  nur  im  blossen  Accusativ,  nie  mit  per 
{per  Oionysia  etc.  heisst  *  während  der  D.')  oder  im  Ablativ  hat, 
war  mir  wirklich  nicht  unbekannt.  Aber  ich  glaubte,  daes  eine 
Zeitbestimmung  nicht  nach  äusseren  umständen  wie  Zusatz  von 
totns^  sondern  nach  dem  Sinne  zu  beurtheilen  sei.  Meinen  die- 
jenigen, die  nur  noctem  hanc  tofam  proximam  gelten  lassen,  wirk- 
lich, dass  nocte  hac  proxuma  —  hodie  aufhört  eine  Zeitbestimmung 
auf  die  Frage  wann?  zu  sein,  wenn  ^ganz  hinzutritt?  Das  wäre 
ähnlich,  wie  wenn  Jemand  hoc  saeculo  darum  für  unmöglicli  hielte, 
weil  ein  saectdum  eine  recht  lange  Zeit  sei.  Ich  bleibe  dabei, 
dass  'sicherlich  nocte  hac  tota  proxuma  zu  schreiben*  ist. 
Eud.  1045  fgg.  scheint  mir  nothwendig  etwas  wie: 

Serioedepol,  quamquam  volo  ego.vos  quae  voUis^  muUereSy 
Metuo,  propter  von  (vi^  ne  uxor  mea  me  extrudat  aedihus, 
Quae  me  paelkes  obduxe  dicet  ante  oculos  suos. 
Die  Handschriften  haben   quamquam    vobis  quaevoltiSj    ferner  vos 
ne  uxor   und    adduxisse.     Fleckeisen    schreibt:    quamq,   ros  quae 
voltis  cupio  und:    vos  mea  uxor  ne  me  extr.,  Ussing:    vobis  quae 
voltis   volo  und:    vos  ne  uxor,  Scholl:  vohä^  vos  quae  und:  Malt 
metuo,  Leo  nach  Gruter:    vobis  ii)oJoy  quae,  alle  adduxe.     Zu  V. 
1046  vgl.  Mil.   1124  vi  exirudam  foras  allerdings  im  Gegensatze 
zu  si  voluntate  noJefj  zu  obduxe  Merc.  786  in  aedis  scorta  obduc- 
tarier,  arg.  6  eum  putat  uxor  sibi  obduxe  scortum. 
Eud.  1069  ergänze  ich  lieber  das  überlieferte: 
Quo  modo  I  häbeas,  id  refert,  iurem  an  initiria 
durch  Zusatz  von  quod  habes  hinter  habeas  ohne  id  als  durch  Aen- 
derung  von  id  in  illu4  mit  Camerarius,  Fleckeisen,  Ussing  oder  id 
rei  refert  mit  Bothe  ungefähr  gleich  schön  wie  Quomodon  oder  id 
mea    refert    mit  Scholl.     Quod    habes  ist  keineswegs   bloss  Vers- 
füllung.     Gripus    hatte  bestritten  den  Koffer  zu  haben.     Auf  die 
Erwiderung    des  Trachalio:    Negas,    quod    oculis  video  antwortet 
Gripus: 

HabeOj  non  habco,  quid  tu  me  curas,  quid  rerum  geram? 


Zu  Plautus.  535 

Nun    oonetatirt  Traobalio  nochmals  die  ThaUaobe,   die  jener  mit 
den  Worten :  habeo,  ηωι  Jiabeo  hat  dahingestellt  sein  lassen  wollen. 
Kud.  1090  corrigire  ich  lieber  durch  Hinzufügung  von  hoe 
hinter  ohsecro: 

*Unum  te  ohsecro  (Jioc\  ui  fe  huit4S  commiserescat  mülieris 
als  durch  tedy  wie  die  Herausgeber  allgemein,  sogar  Dssing  und 
Leo,  schreiben:  ted  huius,  Dass  auch  Capt.  241  steht  nunc  te 
hoc  unum  ohsecro  (die  Herausgeber  mit  den  Handschriften:  nunc 
ohsecro  te  hoc  liwim)^,  ist  unwichtig. 

Kud.  1200   lässt  sich  zufällig  die  Lücke  nicht  durch  einen 
erlaubten  Hiatus  verdecken: 

lussique  I  Cicire  huc  servom  eiuSy  ut  ad  forum 
oder  auch  exire  \  hiic  oder  servom  \  eius  (so  Leo).  Fleckeisen 
und  Ussing  stellen  mit  Acidalius  um:  eius  servom,  Koch  schlug 
vor  servoJum  eius  (nicht  servo  eum  eius).  Scholl  setzt  propere  hinter 
eius  ein.  Plautus  pflegt  bei  caire,  egredi,  prodire,  evocare,  proferre^ 
efferre  aus  dem  Hause  intus  hinzuzusetzen,  und  da  dessen  Aus- 
fall hinter  eius  besonders  wahrscheinlich  ist,  schreibe  ich:  servom 
ei(us  ini)us,  ut  ad  forum. 

Meine  'Nachträge    S.  143  kurz  hingeworfene  Gonjeotur  zu 
Rud.  1347. 

Tecum  hoc  haheto  tamen,  utut  iaraveris 
statt  ubi  iuraveris,  wie  ich  mir  einbilde,  im  Interesse  des  Plantus- 
textes  ausführlicher  zu  begründen,  veranlasst  mich  die  Wahr- 
nehmung, dass  man  nicht  nur  mich,  sondern  auch  den  Dichter 
nicht  verstanden  haben  muss.  Ussing  und  Scholl  halten  den 
Vers  für  eine  Dittographie  von  V.-  1350: 

Tarnen  fiet,  etsi  tu  fidem  servaveriSy 
und  letzterer  klammert  ihn  darum  ein.    Dies  ist  meiner  Meinung 
nach  ein  Irrthum.     Nachdem    Grripus    dem  Labrax    die  Yerwün- 
schung  vorgesprochen  hat: 

Si(quid}  fraudassis,  die,  ut  te  in  quaestu  tue 

Venus  eradicet  caput  atque  aetatem  tuam, 
fügt   er  bei  Seite  den  Wunsch   hinzu,    dass    dieser  Fluch    nicht 
blos  unter  der  angegebenen  Bedingung:  si  quid  fraudassis,  son- 
dern unter  allen  Umständen,  sive  fraudassis  sive  fidem  servaveris 
(V.  1350),   sich  erfüllen  möge,   d.  h.  utut  iuraveris:    Tecum  hoc 


*  V.  240  lautet  nach  meiner  Aneicht:  Audio.  Et  propihrea  te, 
ut  memtneris,  moneo  saepius  oder  besser  möneo  te,  ut  mem.,  stUpius,  nicht: 
saepias  ted,  ut  mem.,  moneo. 


536  Müller 

hdbeto  (d.  h.  ut  Venus  te  eradicet),  ufut  iuraveris.     Ale  Labraz 
diese  YerwunschuDg  nacbgeeprochen  bat: 

lUaec  advorsum  si  quid  peccasso,  Venus, 

Veneror  te,  ut  omnes  miseri  lenones  sienty 
begleitet  Gripns  ancb  dies    mit   der  vielleicbt  ebenfalls  für  sieb, 
möglicberweiee  aber  aacb  znm  Labrax  gesprocbenen  Bemerkung: 

Tarnen  fiet,  etsi  tu  fidem  servaveris. 
Was  bier  dittograpbiecbes  sein  soll,  verstebe  icb  ebenso  wenig 
wie  üssinge  ganze  Aaeeinandersetzung.  Das  überlieferte  übt  ist 
weder  in  temporalem  nocb  in  sonst  einem  Sinne  erklärlicb,  das 
von  Scböll  'dnce  Muellero  p.  XV  der  kleineren  Ausgabe  vor- 
geschlagene uii  m.  £.  ebenso  wenig. 

Stieb.  151  fg.      (parasitum)  mitter e  ad  partum  volo, 

8%  quae  forte  ea  *Asia  navis  heri  \  aut  hodie  vonerü. 
Schade,  dass  navis  nicht  mit  einem  Vocal  endigt  oder  binter  quae 
steht;  dann  hätten  wir  einen  unantastbaren  Hiatus  in  der  Diärese 
mehr.  So  bat  man  sich  bebolfen  mit  dem  Zusätze  von  eo  binter 
heri,  Götz  mit  der  falschen  Aenderung  von  aut  in  vel.  Niemand 
scheint  bemerkt  zu  bähen,  dass  h^ri  aut  hodie  unverträglich  ist 
mit  dem  folgenden: 

Nam  dies  Mos  apud  portum  servos  unus  adsidet; 

Sed  tarnen  volo  intervisi,  Propera  atque  actuium  redi. 
Wenn  alle  Tage  vom  Morgen  bis  Abend  ein  Sklave  im  Hafen 
sitzt,  um  die  Ankunft  des  Erwarteten  sogleich  zu  melden,  so  hat 
es  keinen  Sinn,  wenn  am  Morgen  des  fraglichen  Tages  ein  ex- 
presaer  Bote  geschickt  werden  soll,  um  nachzusehen,  ob  ein  Schiff 
'gestern  oder  heute*  gekommen  ist.  Dass  ^gestern'  keins  ge- 
kommen ist,  hat  die  Sprechende  von  dem  Sklaven,  der  gestern 
totum  diem  ad  portum  adsedit,  gehört,  und  ein  '  heute^  im  ge- 
wöhnlichen Sinne  giebt  es  nicht;  denn  es  ist  noch  ganz  früh  am 
Morgen.  Nämlich  dem  Parasiten,  der  geholt  werden  soll  zum 
intervisere,  ist  der  Sklave  Pinacium  zuvorgekommen,  der  wie  alle 
Tage  von  seiner  Herrin  geschickt  worden  war  ad  portum  cum 
lud  simul  (V.  304).  Dieser  erzählt,  wie  er,  als  commodum  se 
sol  superabat  ex  mari,  die  poriitores  percontatur,  ecquae  tiavis  ve- 
ucrit  ex  Asia,  Als  diese  Frage  verneint  wird,  sieht  er  grade  das 
ersehnte  Schiff  einlaufen,  erblickt  auch  selbst  seinen  Herrn  und 
huc  citus  praecurrit  (V.  391),  um  die  frohe  Botschaft  zu  über- 
bringen. Die  beabsichtigte,  aber,  wie  wir  gesehen  haben,  ver- 
eitelte Sendung  des  Parasiten  kann  also  unmöglich  den  Zweck 
haben  zu  ermitteln,  ecquae  navis  heri  aut   hodie  venerit^    sondern 


Zu  Plftutus.  537 

nur,  ob  nicht  ein  Schiff  in  der  Nacht  gekommen  int.  Die  Un- 
geduld der  liebenden  Gattin  iRt  so  grose,  daee  eie  die  Zeit  nicht 
abwarten  kann,  bis  der  regelmäeeige  Bote  voranseichtlich  Nach- 
richt bringt.  Ich  glaube,  auf  ist,  wie  Rud.  190  ans  saty  so  hier 
noch  leichter  aus  huc  verdorben,  und,  nachdem  das  geschehen 
war,  stellte  sich  zu  dem  aut  hodie  etatt  des  vielleicht  schwer 
lesbaren  noctu  ein  ?ieri  wie  von  selbst  ein.  Ich  lese  also :  nociu 
huc  hodie  vener it,  d.  h.  Mn  der  heutigen  Nacht*  wie  hodie 
vespert  usw. 

Stich.  215  Prae  maerore  adeo  miser  atque  aegritudine 
Consenui;  paene  sum  fame  \  emortuos 
haben  die  Herausgeber  durch  Hinzufugung  von  ipsa^  ipse  und  d 
auf  zweifache  Weise,  famed    und    demarfuos,  fortgeschafft     Ich 
halte    den  Ausfall  von   tarn  vor   emortuos  auch    um    des  Sinnes 
willen  für  wahrscheinlicher. 

Stich.  248  Bogare  iussit  te,  \  ut  opere  mAvumo 
Mecum  simitu  ut  tres  ad  sese  domum. 
G>  Ego  ülo  mehercle  νέτο  eo  quaiitum  potest 
oder  illo  miShercle.  Als  ich  ^  Nachträge*  S.  52  empfahl  Ego  illo 
tecum  Jierckt  ülo  mit  den  Palatt,  hielt  ich  es  für  unnöthig  da- 
rauf aufmerksam  zu  machen,  dass  die  Lesart  von  Α  illuc  statt 
des  gewiss  richtigen  ülo  vielleicht  auch  auf  tecum  hinweise,  und 
glaubte,  es  genüge  das  Vorhergehende  zu  citiren,  auf  das  Bezug 
genommen  wird:  Mecum  simitu  ut  ires.  Ich  hatte  damals  noch 
ungeklärte  Vorstellungen  über  die  Beweiskraft  von  Gründen.  Im 
ersten  Verse  hat  zwar  Niemand  das  te  ut  mit  folgendem  ut  für 
richtig  gehalten ',  sondern  man  hat  ted  hoCj  te  nunc,  sogar  nicht 
nur  wenig  wahrscheinlich,  sondern  zweifellos  falsch  mit  Gruter 
temet  geschrieben  (temet  heisst  nur  *  dich  selbst*).  Vielleicht  ist 
es  der  Erwägung  werth,  ob  sich  nicht  auch  te  (propere)  opere 
maxumo  empfiehlt  trotz  des  Gleichklanges. 

Der    eine    der    beiden    jungen    Ehemänner,    Pamphilippus, 


^  Für  richtig  gebalten  hat  man  nicht  nur,  sondern  meine  ent- 
gegengesetzte Meinung  gemissbilügt  über  Cic.  Att.  IIl  5  Tantum  te  oro, 
uty  quoniam  me  ipsum  semper  amasti,  ut  eodem  amore  sis^  wo  ich  so 
kühn  gewesen  bin,  das  zweite  ut  in  nunc  zu  ändern.  Die  von  Lebmann 
ep.  sei.  I  11  für  doppeltes  ut  angeführten  Stellen  kannte  ich  nicht  nur, 
sondern  kann  sie  auch,  wie  ich  Rh.  Mus.  1898  S.  123  gesagt  habe,  noch 
vermehren,  u.  a.  mit  Rud.  1256,  vermag  aber  noch  heute  keine  Reue 
über  meinen  Mangel  an  Respect  vor  der  Deberlieferung  zu  fühlen.  S. 
auch  oben  Gas.  512. 


538  Müller 

wüDeoht  nach  der  langen  Seefahrt  sich  zu  restaariren.  ImpransuH 
ego  sum^  sagt  er  Stich.  533.  Der  andere,  Epignomue,  fordert 
ihn  auf:  Abi  iniro  ad  me  et  lava.  Darauf  erwidert  der  erste,  er 
wolle  nur  erst  deo'i  scdutatum  atque  uxorem  im  eigenen  Hanse 
vorsprechen.  Epignomue:  ^ Deine  Frau  ist  bei  der  meinigen  eifrig 
mit  der  Zurichtung  zu  unserer  Bewirthung  beechäftigt  \  Die 
Antwort  des  Pamphilippus  lautet  Y.  587  nach  der  allgemein  an- 
genommenen Correctur  Lachmanne : 

'Optumest;  tarn   istoc  morai  mtntis    erit;  tarn    ego  apud 

te  ero. 
Die  Handschriften  haben  morae,  Dass  dies  einfache  '  desto  we- 
niger lange  wird  es  dauern'  nicht  erträglich  wäre,  wird  Niemand 
behaupten,  besser  aber  scheint  es  mir  die  auch  aus  Ter.  Andr.  420 
bekannte  Ausdrucksweise  mora  est  in  aliquo  hier  herzustellen  : 
morae  in  me  minus  erit^  d.  h.  'dann  wirst  du  auf  mich  um 
so  weniger  zu  warten  haben'.  Istoc  heisst  'darum,  um  so'  wie 
Trin.  373,  Rud.  1234  usw. 
Den  Hiatus  Stich.  606: 

Νόη  tu  scis,  quam  I  efflictentur  homines  noctu  hie  in  via? 
hat  man  auf  die  übliche  Weise  äusserlich  ausgeflickt  durch  Nonne, 
quamde,  quantum^  ut  statt  quam^  ohne  sich,  wie  es  scheint,  son- 
derlich um  das  wesentliche,  den  Sinn,  zu  kümmern.  Kommt  es 
denn  auf  die  Art  und  Weise  oder  die  Stärke  an,  mit  der  die 
Leute  insultirt  werden?  Ich  denke,  vielmehr  anf  die  Häufigkeit 
der  Fälle,  d.  h.  quot  efflictentur^  wenn  nicht  etwa  quantum 
efflictetur  hominum. 

Stich.  644  kann  auch  gelautet  haben: 

Qui  her  de  illa  (tarnen)  causa  ocius  nihilo  venit. 
Stich.  718  Haut  tuoni  istuc  est  te  vereri;  eripe  ex  ore  tibias. 
Für  meine  Annahme,  dass  dies  nicht  richtig  sein  kann,  spricht 
erstlich  der  äussere  Umstand,  dass  te  vereri  mangelhaft  verbürgt 
ist,  da  cod.  Β  te  uerereri  hat.  Dass  dies  revereri  heisst  (ent- 
standen aus  te  vereri  mit  überschriebenem  re),  habe  ich  lange 
vor  Seyffert  (Götz-Schöll  p.  XXI,  wo  vereri  verdruckt  ist)  'schüch- 
tern vermuthet'  '  Prosodie  '  S.  312.  Zweitens  ist  für  mich  ebenso 
wenig  lesbar  vereri  |  eripe  wie  vereri  eripe.  Von  Skutsch's  ve- 
reri, [  erpe  mache  ich  keinen  Gebrauch.  Drittens  ist  tuom  est  istuc 
te  vereri  meines  Wissens  kein  Latein.  Ich  kenne  wohl  mihi  licei 
me  aliquid  facere  (Gas.  89),  obicio  tibi  te  fuisse  (Cic.  Att.  I  16. 
10),  aber  etwas  wie  meum  est  me  hoc  facere  habe  ich  weder  je 
gelesen    noch  halte  ich  es  für    möglich,    wenn  nicht  etwa  me    in 


Zu  Plautus.  539 

dem  Sinne  von  memet  stehen  soll.  Endlich  können  die  letzten 
Worte  des  Verses  m.  E.  unmöglich  so,  wie  sie  die  Herausgeber 
verstanden  haben,  richtig  sein.  Das  vorhergehende :  BibCy  tibicen 
nsw.  ist  an  den  Flötenbläser  gerichtet,  eripe  ex  ore  tibiaSy  scheint 
man  anzunehmen,  auch,  der  also  damit  aufgefordert  wird  sich 
die  Flöte  aus  dem  Munde  zn  'reissen'.  Aus  dem  Munde  pflegt 
man  doch  sonst  wohl  nur  einem  anderen  etwas  zn  reissen,  sich 
selbst  höchstens  einen  kranken  Zahn  oder  sonst  etwas  störendes 
festsitzendes.  Ich  glaube,  dass  diese  Worte  nicht  an  den  Flöten- 
bläser, der  trotz  der  Zurede:  'Trink,  da  bist  doch  sonst  nicht 
blöde '  noch  immer  weiter  bläst,  sondern  an  Stichus  gerichtet  sind : 
*  Wenn  er  gar  nicht  hören  will,  so  reies  ihm  mit  Gewalt  die  Flöte 
ans  dem  Munde':  eripe  ex  ore  (ei)  tibias;  worauf  derselbe  ant- 
wortet: übt  ilUc  biberU  — .  Die  Lücke,  die  die  Handschriften  hinter 
vereri  haben,  soll  vielleicht  nicht  einen  Wechsel  der  redenden, 
sondern  der  angeredeten  Person  andeuten. 

Ob  man  Stich.  771  die  von  den  meisten  Herausgebern  bei- 
behaltene handschriftliche  Lesart  lesen  soll:  Fac  tu  hoc  modo\  St 
At  tu  hoc  modo  oder  hoc  modo.  A't  tu  \  hoc  modo,  weiss  ich 
nicht.  Ich  bin  überzeugt,  dass,  ebenso  wie  z.  B.  Most.  571  den 
Worten  hie  homo  inanis  est  die  des  anderen  entsprechen  Hie 
homost  certe  hariolus  und  unsrer  Vermuthung  nach  V.  566  Hie 
ad  me  it  und  Hie  hilarus  est^  so  auch  an  unsrer  Stelle  auf  Fac 
tu  hoc  modo  erwidert  wird  At  (fac}  tu  hoc  modo^  wenn  nicht 
etwa  bloss  Fac  tu  hoc  modo, 

Trin.  157  fg.  8i  quid  eo  fuerit,  certe  illius  ftliae, 
Quae  mihi  mandatast,  habeo,  dotem  \  unde  dem. 
Den  Hiatus  haben  diejenigen,  die  ihn  für  unzulässig  halten,  recht 
wenig  überzeugend   durch  Zusatz  von  ei  vor    unde    oder   habeo, 
olim,    üliy  inde^    ab  eo,   von  cunde  zu  schweigen,    beseitigt.     Ich 
denke,  ,ή  fuerit  —  habuero  ist  wahrscheinlicher. 

Trin.  722  At(que}  aliquem  ad  regem  in  saginam  merus  sese 

coniecit  mei4S. 
Daes  hierin  erus  und  si  se  coniexU  steckt,  ist  natürlich  längst 
erkannt  (Ritschl  in  der  ersten  Auflage  und  Fleckeisen  schrei- 
ben quom  erus  se  coniexit,  Leo:  Ad  aliq.  regem  —  sese  con- 
iciet);  ich  weiss  aber  nicht,  warum  man  es  allgemein  vorzieht 
&i  erus  se  zu  stellen  statt  erus  si  se.  Das  merus  für  erus  stammt 
doch  offenbar  aus  der  Kachbarschaft  mit  saginam. 
Trin.  1017  fgg.  Quid,  homo  nili,  non  pudei  te?  tribusne  te  poteriis 
Memoriam  esse  oblitnm?  an  vero,  quia  cum  frugi\hommibus 


540  Müller 

Ihi  bibisti,  qui  ab  alieno  facile  cohiberent  manus? 
sagt   der    betrunkene  Sklav    zu    sich    selbst.     Man    hat  V.  1018 
durch  homonibiis  oder  Zusätze  wie  iu,  quiane  herstellen  zu  können 
vermeint.     Reiz  zog  qttoniam  statt  quia  vor.     Ebenso  nahe  liegt 
auch  das  nicht  selten  in  causalem  Sinne  gebrauchte  quando.    Ich 
bin    aber  soweit  davon    entfernt  dies  empfehlen  zu  wollen,    daes 
ich  vielmehr  behaupte,    der  Fehler  liegt  gerade   daran,    dass  du 
quia  —  bibisti  den  Schein  eines  Causalsatzes  erweckt  hat,  wodurch 
auch  Ritschi    zu  einer  gewiss    falschen  Yersumetellung    eich  hat 
verleiten  lassen,  dass  vielmehr  in  quUi  ganz  etwas  anderes  stecken 
muss.    Stasimus  kann  unmöglich  nach  dem  Grunde  fragen,  warum 
er  memonam  ciblitus  esf^  er  sagt  vielmehr:  'Waren  die,   mit  denen 
du  gezecht  hast,  etwa  Leute,  die  gestohlenes  herausgeben  werden? 
Nein,    es  waren  Cerconious,  Crimus  usw.     Quid  egOy  quod  periÜ, 
pefam?^  Wenn  er  nun  als  seine  Zechgenoseen  fünf  ganz  bestimmte 
Personen    mit  Namen    nennt,    so  dürfte  die  Frage  wohl  gerecht- 
fertigt erscheinen«    ob  nicht  in    dem   qvia  steckt    quinque.     Fünf 
Schufte  sind  gefährlicher  als  einer  oder  zwei. 

Trin.    1051    hat   sich    vermuthlich  Plan  tue    nicht    entgehen 
lassen  lieber  zu  sagen: 

Si  quoi  mutuom  quid  dederis,  fit  pro  proprio  prodifum 
als  perditum. 

Trin.   1089  ig,  nunc  hie  disperii  miser 

Propter  eosdem,  quorum  causa  fui  hac  aetate  exercitns 
verräth  sich  für  mich  schon  dadurch  als  verdorben,  dass  nur  die 
Wahl  bleibt  fui  hac  als  Pyrrhichius  oder  als  eine  Lange  gelten 
zu  lassen,  beides  m.  E.  gleich  unmöglich.  Der  Vers  würde 
schwerlich  sonst  Jemand  Anlass  zu  Bedenken  gegeben  haben,  wenn 
nicht  Nonius  merkwürdiger  Weise  aus  demselben  citirte:  fui  hoc 
aetate  exercitus  als  Belag  für  "^aetas  fnasculini.  Der  Gedanke, 
dass  diese  thörichte  Notiz  zurückzuführen  sei  auf  eine  Lesart  L•c 
aetatis^  liegt  so  nahe,  dass  es  merkwürdig  wäre,  wenn  er  nicht 
vielen  gekommen  wäre,  u.  a.  auch  mir  'Prosodie'  S.  .391,  und 
doch  dürfte  dies  nicht  gut  möglich  sein.  Wenn  Bergk  *  Beiträge' 
S.  150  meint,  es  genüge  zur  Begründung  dafür,  dass  aetate  nichts 
anderes  sei  als  aetatis^  auf  mage  statt  magis  zu  verweisen,  ^ 
scheint  mir  das  nicht  viel  anders,  als  wenn  Jemand  behauptete, 
die  Form  protinam  für  protinus  genüge  zu  der  Annahme  von 
asinatn  für  asinus.  Leo  'Forschungen'  S.  276  fg.  giebt  nun 
Bergk  darin  Eecht,  dass  durch  das  Zengniss  des  Nonius  ^aetate 
=  aetatis  als  im  2. — 3.  Jhrh.  in  einer  Plautusausgabe  vorhandene 


Zu  Plautus.  541 

Schreibweise  erwiesen'  sei^;  aber  durch  eine  sehr  eingehende 
Untersuchung  über  den  plautinisohen  Gebrauch  von  hoCy  üluc, 
istuCf  quid,  id  aeiatis  und  h(ic,  illa,  ista  aetate  kommt  er  zu  dem 
Kesultate,  dass  an  unsrer  Stelle  nur  hac  aetate  möglich,  also  die 
handschriftliche  Lesart  beizubehalten  sei.  Ich  bin  nun  nicht  ganz 
sicher,  ob  ich  seine  Ansicht  richtig  begriffen  habe,  weil  sie  mir 
nämlich  so  wunderbar  erscheint,  dass  ich  lieber  an  meiner  Fas- 
sungskraft zweifle.  Wenn  ich  Leo  richtig  verstehe,  so  lehrt  er, 
hoc,  illudy  istuc,  id,  quid  aetatis  stehe  bei  Substantiven  und  Pro- 
nominibus, wenn  diese  fehlten,  sei  nur  hac  etc.  aetate  richtig, 
weil  jene  Ausdrücke  so  zu  sagen  adjeotivisch,  diese  adverbial 
seien.  Diese  letztere,  keineswegs  deutlich  hervorgehobene  Unter- 
scheidung mag  im  wesentlichen  in  der  Praxis  zutreffen.  Hac  aetate 
ist  Zeitbestimmung  auf  die  Frage  wann?  hoc  aetatis  mag  hauptsäch- 
lich als  attributive  Bestimmung  eines  Namens  gebraucht  werden'. 
Dass  aber  die  Wahl  zwischen  den  beiden  Ausdrucksweisen  davon 
abhängen  soll,  ob  ein  ego  oder  dergl.  ausdrücklich  dasteht  oder  nicht, 
das  ist  doch  ganz  undenkbar.  Heisst  etwa  e^vcercitus  fui  weniger 
^  ich  bin  geplagt'  als  ego  exercitus  fui?  ist  es  nicht  erlaubt  libens 
feci  statt  libenter  zu  sagen,  wenn  kein  ego  hinzugesetzt  ist?  £ben- 


^  Ich  habe  mir  oft  die  für  mich  natürlich  sehr  wichtige  Frage 
vorgelegt,  woher  es  kommt,  dass  mir  in  der  modernen  Plautuskritik 
so  viel  theils  unverständlich,  theils  unsympathisch  ist.  Dies  ist  einer 
der  Falle,  der  mir  die  Antwort  besondere  deutlich  giebt.  Leo  zieht 
grosse  Schlussfolgerungen  aus  Schreibweisen  wie  mercede  statt  mercedis 
Aul.  448,  Hereule  statt  Her  cutis  Hud.  IGl,  aetate  statt  aetatis  an  unsrer 
Stelle.  Ich  finde  Aul.  448  nichts  zu  bemerken  als  den  Ausfall  von  pro 
hinter  medico  {pro  mercede,  nicht  mercedis),  Rud.  16J  ist  für  mich  (wenn 
es  bich  überhaupt  lohnt  den  Vers  in  Betracht  zu  ziehen)  Hercule  vor 
socius  nichts  als  eine  der  gewöhnlichsten  Verschreibungen.  Für  das, 
was  Leo  aus  des  Nonius  Schreibweise  hoc  aetate  für  die  Kritiker  des 
2. — 3.  Jahrhunderts  folgert,  habe  ich  gar  kein  Organ.  Kurz  die  Art 
von  Respect,  die  man  noch  immer  der  Ueberlieferung  entgegenbringt, 
fehlt  mir  gänzlich.  Von  anderen  trennt  mich  principielle  Verschieden- 
heit der  Ansichten  über  die  Grundsätze  der  Kritik. 

^  Dass  diese  Unterscheidung  grammatisch  unbegründet  ist,  zeigt 
die  Vergleichung  der  in  dieser  Beziehung  gleichartigen  Ausdrücke  wie 
hoc  noctis,  id  temporis,  quidvis  anni,  die  gar  keine  Beziehung  zum  No- 
men haben.  Leo  giebt  sich  Mühe  S.  277  A.  1  seiner  Theorie  wider- 
sprechendes zu  accommodiren,  vergeblich.  Merc.  972  lasst  sich  schlechter- 
dings nicht  erklären:  te  filio  amicam  eripere  istac  aetate  haud  aequom 
fuerat,  als  ob  damit  die  Zeit  des  eripere  angegeben  werden  sollte,  son- 
dern nur  'ein  so  alter  Mann  wie  du*. 


542  Maller 

80  unverständlich  ist  mir  Leo'e  Unterecbeidnng  von  hoc  aeiatis 
'auf  dieser  Stufe  der  Lebenszeit'  von  isfac  aetate  'in  diesem  Lebens- 
alter, sei  es  Älter  oder  Jugend\  Die  Ansdrücke  'in  diesem,  io 
jenem  Alter  bezieben  sieb  immer  auf  eine  bestimmte  Stufe  der 
Lebenszeit,  sei  es  Alter  oder  Jagend.  Hac  aetate  sagt  der  spre- 
chende von  sich,  ista  von  dem  anderen.  Ganz  veranglückt  ist 
aber  der  Vergleich  mit  hoc  noctis  und  hac  fwcte.  Hoc  noctis 
heisst  ^  zu  dieser  bestimmten,  frühen  oder  späten,  Nachtzeit',  ge- 
rade wie  id  temporis  bei  Cicero  immer  *zu  dieser  Tageszeit',  d.  b. 
'schon  so  früh*  oder  'noch  so  spät'  (Philol.  XIX  S.  327  ig,), 
hac  nocte  'in  dieser  Nacht'  im  Gegensatz  zu  einer  andern.  Der 
Vergleich  würde  treffend  sein,  wenn  '  die  jetzige  Stufe  des  Lebens- 
alters' sich  so  von  'das  jetzige  Lebensalter'  unterschiede  wie 
'diese  Stunde  der  Nacht'  von  'diese  Nacht  ,  oder  wenn  jemand, 
der  in  einem  bestimmten  Lebensalter  (wie  hac  aetate)  etwas  thnt, 
nicht  immer  zugleich  ein  Mensch  von  einer  bestimmten  Alters- 
stufe wäre. 

Dass  Nonius  wirklich  hoc  aetate  in  seiner  Quelle  vorge- 
funden hat  und  seinerseits  unmöglich  eine  Verwechslung  mit  kcc 
aetatis  vorliegen  kann,  scheint  mir  unbestreitbar.  Die  Annahme, 
dass  Piautas  hac  aetate  geschrieben,  Jemand  dies  bewusst  in  koe 
aetatis  und  derselbe  oder  ein  anderer  Jemand  dies  wieder  in  hoc 
aetate  umgesetzt  habe,  ist  für  mich  aasgeschlossen,  wofür  ich 
mir  geduldig  den  Tadel  derer  gefallen  lassen  will,  die  mage  und 
aetate  parallelisiren.  Ich  bin  überzeugt,  dass  Plautus  ebeniO 
wenig  hac  aetate  wie  hoc  aetate  oder  hoc  aetatis  geschrieben  hat. 
und  dass  des  Nonius  Zeugniss  nur  einer  der  unzähligen  Beweise 
der  grenzenlosen  Verderbtheit  unsres  Textes  ist.  Als  ich,  spät 
genug,  zu  dieser  Ansicht  gekommen  war,  habe  ich  den  Ausdruck 
selbst  etwas  näher  ins  Auge  gefasst,  und  das  Resultat  dieser  Be- 
sichtigung ist,  dass  das  etwaige  (hohe)  Alter  des  sprechenden  (er- 
wähnt wird  es  sonst  nirgends  trotz  mehrfacher  Gelegenheit)  hier 
ganz  gleichgültig  ist,  vielmehr  nur  der  Gegensatz  zwischen  früher 
und  jetzt  in  Betracht  kommt: 

Ugo  miser 

Me  servavi,  salvos  redii,  nunc  hie  disperii  miser 

Propter  eosdem,  quorum  causa  fucr am  antehac  exercitm. 
Trin.   1108  haben  die  Handschriften: 

Nil  est  moracii  {moraiii)  ambula  actutum  redi. 
Die  neueren  Herausgeber  schreiben  sämmtlich  mit  Ausnahme  von  | 
Leo:  morac.  cito  amhtda,  wie  ich  glaube,  nur  um  der  von  ßitschl 


Ζα  t^lautufi.  543 

angeführten  Parallelstelle  willen  Pseud.  920  Amhula  ergo  cito. 
Immo  otiose  volo,  die  für  diejenigen  nnmöglich  viel  bestechendes 
haben  kann,  die  wissen,  dass  Plautus  amhuln  mit  m  ius  and  hene 
verbindet,  sonst  immer  ohne  weiteren  Zasatz  hat  (As.  488,  Cure. 
240,  Pers.  250,  750,  Poen.  717,  Pseud.  263).  Ausserdem  hat 
man  noch  nihil  amhula^  i,  i,  amhula,  i  nunc,  amhula^  quin  amhula^ 
morai  und  gar  morais  vorgeschlagen.  Meine  'Prosodie*  8.  670  fg. 
A.  2  vorgebrachte  Conjectur  morae  istic;  ambula  *oder  ähnl.' 
würde  ich  hier  nicht  erwähnen,  wenn  mich  die  stillschweigende 
Nichtbeachtung  derselben  von  Seiten  der  Herausgeber  davon  hätte 
überzeugen  können,  dass  sie  nicht  besser  wäre  als  alle  anderen. 
Der  Angeredete  erhält  den   Auftrag  V.  1103  fgg.: 

Curre  in  Piraeum  atque  unum  curriculum  face* 

lubefo  Sagarionem,  quae  iniperaverim, 

CurarCj  ut  efferantur,  et  tu  ito  simul. 
Die  Fortsetzung:  Solutumst  portitori  iam  pcrtorium  dient  mit  zur 
Begründung,  warum  er  sich  damit  nicht  lange  aufzuhalten  brauche 
und  dem  Befehle  sich  zu  beeilen  desto  besser  nachkommen  könne. 
Das  vor  actutum  redt  stehende  ambula  heisst  etwa  ^  Marsch,  vor- 
wärts'. Bei  der  jetzigen  Interpunction  (ich  hatte  a.  a.  0.  noch 
die  frühere  falsche  zu  bekämpfen,  ohne  zu  wissen,  dass  Geppert 
bereits  die  richtige  hatte)  ist  Nihil  est  morae  zur  Noth  zu  ver- 
stehen: ^Nichts  hält  (dich)  auf  wobei  morae  Genetiv  oder  Dativ 
sein  kann.  Ich  glaube,  dass  es  Dativ  ist,  schon  deswegen,  weil 
aliquid  alicui  morae  est  dem  Plautus  geläufig,  nihil  morae  =  nulla 
moraj  wenn  ich  nicht  irre,  nicht  nachweisbar  ist.  Dass  in  jener 
Verbindung  ein  Dativ  der  Person,  wenn  er  für  das  Verständniss 
nicht  nothwendig  ist,  fortgelassen  werden  kann,  verstände  sich 
auch  ohne  Beweisstelle  (Amph.  972  faxo  haut  quicquam  sit  morae^ 
nämlich  tibi)  von  selbst;  dass  er  aber  hier  ausgelassen  wäre, 
wo  er,  wie  ich  eben  sagte,  nur  eben  'zur  Noth*  entbehrlich  ist, 
glaube  ich  erstlich  darum  nicht,  weil  er  sonst,  wenn  ich  mich 
nicht  tausche,  immer  zugesetzt  ist  (Bacch.  224,  Mil.  1190,  Pers. 
86,  Rud.  412;  cf.  Aul.  588.  Oben  zu  Mil.  1279),  und  ausser- 
dem weil  die  Spuren  der  Handschriften  noch  viel  deutlicher  als 
auf  istic  oder  gar  auf  cito  oder  quin  auf  tibi  hinweisen : 

Nil  est  morae  tibi,    'Ambula,  actutum  redi, 

Breslau.  C.  F.  W.  Müller. 


Die  Tribateinnahmeordonng  des  attischen  Staates. 


Die  mit  der  Tribotvereinnabmang  des  attischen  Staates  ver- 
bundenen Geschäfte  waren  im  allgemeinen  folgende: 

1.  die  Verein  Schätzung, 

2.  die  Veranlagung, 

3.  die   Bekanntgebnng  der  Veranlagung    und    Entscheidung 
über  Berufungen, 

4.  die  Aufstellung  der  Hebelisten, 

5.  die  Vereinnahmung, 

6.  die  Berechnung  und  Abgabe  des  V^q  ^^  ^^®  Schatzmeister, 

7.  die  Zwangebeitreibung. 

Die  Voreinschätzung  war  nach  der  allgemeinen  Annahme 
den  τάκται  übertragen,  von  denen  je  2  für  jeden  Bundesbezirk 
gewählt  sein  sollen.  Ob  dieselben  gemeinsam  die  Schätzung  des 
ihnen  übertragenen  Bezirkes  vornahmen,  oder  sich  die  Arbeit 
theilten,  ist  unbestimmt.  Ebenso  ist  über  die  Schätzung  an  und 
für  sich  wenig  bekannt.  Nach  Plut.  Aristides  24  ist  anzu- 
nehmen, dass  sie  den  Grundbesitz  (χώρα)  und  die  Einkünfte 
(πρό(Τθί)θΐ)  der  ihnen  überwiesenen  Bundesgenossen  festzustellen 
hatten.  Einer  genaueren  Prüfung  bedurfte  es  nur  bei  neu  ein- 
getretenen Bundesgenossen,  bei  denjenigen,  welche  bereits  Tribut 
zahlten,  fand  eine  Schätzung  wahrscheinlich  nur  statt,  wenn  in 
der  staatlichen  Entwickelung  derselben  wesentliche  Veränderungen 
vorgekommen  waren. 

Die  Voreinschätzung  erfolgte  sicherlich  in  jedem  Jahre, 
weil  sich  das  Bundesgebiet  von  Jahr  zu  Jahr  veränderte.  Das 
Amt  der  τάκται  war  deshalb  auch  zweifellos  ein  jähriges  und 
lief  Λ'Όη  Panatheiiäen  zu  Panathenäen,  wie  die  anderen  mit  der  Tri- 
butvereinuabmung  verbundenen  Aemter. 

Wenn  der  τακτής  seine  Aufgabe  ernst  nahm  und  zum  Wohle 
dos  Staates  arbeiten  wollte,  musste  er  vor  allen  Dingen  uube- 
Rtechlich  sein;  denn  da  es  naturgemäss  stets  das  eifrigste  Be- 
stieben der  Bundesgenossen   war,  so    niedrig   wie  möglich    eiuge- 


Die  TributeinnahmeordnuDg   des  attischen  Staates.  545 

schätzt  zu  werdet),  fehlte  es  nie  an  Beeteohungevereachen.  Die 
Bündner  wurden  in  der  Blüthezeit  Athene  allerdings  auf  alle  mög- 
liche Art  and  Weise  gepresst,  aber  es  fanden  sich  doch  gewiss 
Leute  genug,  die  lieber  den  Staat  betrogen  als  ihren  Säckel  yernach- 
lässigten.  Solche  Leute,  wie  Aristides,  die  wirklich  nach  bestem 
Wissen  und  Willen  einschätzten,    waren  offenbar   eine  Seltenheit. 

Das  Greschäft  der  Schätzung  an  und  für  sich  muss  etwa 
folgendes  gewesen  sein.  Der  οήμος  überwies  den  τάκται  das  von 
ihnen  einzuschätzende  Gebiet.  Dazu  bekamen  sie  die  Sohätzungs- 
liste  des  letzten  bezw.  der  letzten  Jahre,  die  entweder  unver- 
ändert oder  durch  Streichung  ausgetretener  bezw.  HinzufUgung 
neu  eingetretener  Bündner  modificirt  worden  waren.  Bei  den 
alten  hatten  die  τάκται  nur  zu  prüfen,  ob  eine  Abänderung  der 
Voreinschätzung  noth wendig  sei  und  ey.  demgemäss  zu  verfahren, 
bei  den  neuen  hatten  sie  die  Voreinschätzung  vorzunehmen.  Dies 
geschah  sicherlich  an  Ort  und  Stelle  und  mag  recht  schwierig 
gewesen  sein,  wenn  die  τάκται  den  Besitz  und  die  Einkünfte  ihrer 
Bündner  selbst  festzustellen  hatten.  Es  war  einfacher,  wenn, 
was  allerdings  wohl  bei  den  meisten  anzunehmen  ist,  die  Bundes- 
genossen Verzeichnisse  ihrer  Besitzungen  und  Einkünfte  führten. 
Diese  mussten  bei  dem  bekannten  Terrorismus  der  Athener  gegen- 
über den  Bündnern  «ien  τάκται  offenbar  zur  Verfügung  gestellt 
werden  und  bildeten  die  Grundlage  für  die  Ansätze  derselben. 
Theil weise  wurden  sie  gewiss  nur  kopirt. 

Eine  gesonderte  Stellung  nahmen  die  Bundesgenossen  ein, 
welche  das  Privilegium  hatten  sich  selbst  einzuschätzen.  Es 
waren  wahrscheinlich  solche,  die  noch  nicht  ganz  so  schlecht, 
wie  die  anderen  behandelt  wurden,  oder  solche,  die  durch  falsche 
Angaben  den  Athenern  nicht  allzu  viel  schaden  konnten.  Ihre 
Ansätze  hatten  sie  entweder  den  τάκται  an  Ort  und  Stelle  oder 
direkt  nach  Athen  mitzutheilen.  Zahlten  Städte  in  Syntelie,  so 
wurden  sie  auch  in  Syntelie  eingeschätzt. 

Ihre  Feststellungen  trugen  die  τάκται  in  die  ihnen  zur  Ver- 
fügung gestellte  Liste  ein.  Diese  hatte  gewiss  einen  ziemlich 
erheblichen  Umfang  und  enthielt  für  jeden  Bündner  eine  Menge 
Fragen,  die  mehr  oder  weniger  genau  beantwortet  werden  mussten. 
Denjenigen,  die  sich  selbst  einschätzten,  wurden  offenbar  dieselben 
Fragen  vorgelegt,  welche  die  τάκται  zu  beantworten  hatten.  Bei 
der  Fülle  des  Materials  scheint  es  nicht  ausgeschlossen,  dass  für 
jeden  Bundesgenossen  ein  besonderer  Einschätzungsbogen  existirte. 

Die  Zusammenstellungen    der    τάκται   mussten    bei  Beginn 

fihein.  Mus.  t  PhUol.  N.  F.  LIV.  35 


546  Bannier 

des  Kalenderjahres  fertig  sein.  Sie  hatten  dieselben  offeDbar  der 
ersten  Prytanie  einzureichen  und  traten  an  den  Panathenäen  ab. 
Sie  mnssten    gewies    auch  Rechnung   über  ihre  Thätigkeit  legen. 

Nachdem  die  erste  Prytanie  die  Voreinschätzangsblätter  vod 
den  τάκται  erhalten  hatte,  Hess  sie  dieselben  von  ihrem  Schreiber 
(*δς  πρώτος  έγραμμάτευε')  ordnen  und  machte  Voranschläge  für 
die  Höhe  des  Tributs,  welchen  die  βουλή  an  den  Panathe- 
näen festsetzte.  Die  Ansätze  wurden  wahrscheinlich  nicht 
auf  den  Voreinschätzungsblättern  notirt,  sondern  besonders  auf 
einer  Gesammtliste  zusammengestellt,  natürlich  unter  Zugrunde• 
leguug  der  Blätter. 

Genauere  Kenntniss  von  der  Veranlagung  erhalten  wir  ans 
den  Inschriftresten  CIA.  I.  37.  Zum  richtigen  Yeretändniss  der- 
selben diene  folgendes  im  allgemeinen  Bekannte. 

Die  βουλή  hatte  über  die  Anträge,  welche  während  einer 
Prytanie  bei  ihrem  Ausschuss  eingingen,  Bescblüese  zu  fassen 
und  dieselben  dem  οήμος,  welcher  wahrscheinlich  in  jeder  Pry- 
tanie eine  ordentliche  Sitzung  abhielt,  zur  Genehmigung  zu  unte^ 
breiten,  falls  sie  überhaupt  der  Genehmigung  des  δήμος  unter 
lagen.  Dieselben  wurden  chronologisch  oder  nach  ihrer  Wichtig- 
keit wortgetreu  einer  nach  dem  anderen  aufgeführt,  und  der 
οήμος  alsdann  bei  jedem  einzelnen  Beschlnss  mit  einigen  ein- 
leitenden Worten  um  Genehmigung  ersucht,  etwa  folgendermassen: 
die  βουλή  ersucht  den  ί)ήμος  um  folgende  Beschlussfassung:  'Der 

δήμος  erklärt  sich  mit  dem  Beschlüsse  der  βουλή  betreffend 

in  folgender  Fassung  einverstanden  (folgt  der  Beschluss).* 

Der  ί)ήμος  nahm  alsdann  zu  jedem  einzelnen  Beschlüsse 
Stellung.  Hatte  niemand  etwas  einzuwenden,  so  wurde  er  in  der 
vorliegenden  Fassung  genehmigt.  Wurden  Einwendungen  gemacht 
so  musste  abgestimmt  werden,  und  die  Majorität  entschied.  War 
dieselbe  gegen  die  Vorlage,  so  fiel  dieselbe  ganz  oder  wurde 
wenigstens  moditizirt.  Häufig  war  der  ί)ήμος  mit  der  Vorlage 
einverstanden,  hielt  dieselbe  aber  nicht  für  ausreichend  und  machte 
Zusätze.  Der  stereotype  W^ortlaut  derselben  ist:  ό  beiva  eine' 
τά  μέν  άλλα  καθάττερ  τη  βουλή  (folgt  der  Zusatz).  Es  kommen 
ein  und  auch  mehrere  Zusätze  vor. 

Zuweilen    machte  die  βουλή  keinen    bestimmten   Vorschlag. 
sondern    überlieas    es  dem  οήμος  sich  für  das  eine   oder  andere, 
welches    beides  aufgeführt  wurde,    zu  entscheiden.     Dieser    hatte 
dann  zunächst  zu  beschüessen,   ob  er  sich  für  das  eine  oder  an*  W{ 
dere  entscheiden  wollte,  d.  h.  ob  er  die  Vorlage  in  der  vorliegen• 


Die  TributeinnahTneordnung  des  attischen  Staates.  547 

den  Fassung  genehmigen  \7ollte.  That  er  dies,  so  entschied  er 
sich  für  eines  von  beiden.  Der  Fall  liegt  vor  in  dem  Volksbe- 
Hühluss  für  Methone.  Διαχειροτονήσαι  τόν  οήμον,  heisst  es  dort, 
αύτίκα  (*in  derselben  Volksversammlung')  προς  Μεθιυναίους 
εϊτε  φόρον  boKei  τάττειν  τόν  οήμον  αύτίκα  μάλα  f\  έξαρκεΐν 
αύτοϊς  τελεΤν  δσον  τη  θεώ  άττό  του  φόρου  έγίνετο,  δν  τοις 
προτίροις  ΤΤαναθηναίοις  έτετάχατο  φέρειν,  τοΟ  bk  δλλου  ατε- 
λείς είναι. 

AVozu  der  δήμος  sich  entschlossen  hat,  steht  am  Schlosse: 

έχειροτόνησεν  ό  δήμος  Μεθιυναίους  τελεϊν  δσογ  τή  θεφ 
άττό  του  φόρου  έγίγνετο,  δν  τοις  προτέροις  ΤΤαναθηναίοις  έτε- 
τάχατο φέρειν,  του  hk  δλλου  ατελείς  είναι. 

Derselbe  Fall  liegt  natürlich  vor  bei  allen  Wahlen,  welche 
die  βουλή  den  δήμος  vorzunehmen  ersuchte.  Hier  war  wieder 
zunächst  nach  der  Vorlage  zu  besohliessen,  dass  eine  Wahl  im 
Sinne  der  βουλή  vorgenommen  werden  sollte,  d.  h.  die  Vorlage 
zu  genehmigen  und  alsdann  erfolgte  die  Wahl.  Auch  in  diesem 
Falle  wurde  das  Frgebniss  derselben  mitgetheilt  (vergl.  I.  38 
οϊ5ε  ήρέθησαν  εκλογής). 

Die  von  einer  Volksversammlung  genehmigten  Beschlüsse 
wurden  in  derselben  Weise,  wie  die  der  βουλή,  von  dem 
Schreiber  der  fnngirenden  Prytanie  aufgeschrieben  und  zu  den 
Akten  des  Staatsarchivs  gebracht;  die  Vorbeschlüsse  der  βουλή 
gingen  unverändert  in  das  Archiv  derselben  zurück.  Hier  wurden 
beide  inhaltlich  vertheilt.  Waren  schon  früher  Beschlüsse  in 
derselben  Sache  gefasst  worden,  so  wurden  die  neuen  jetzt  hinzu* 
gefügt,  wenn  nicht,  bildeten  sie  den  einzigen  bezw.  den  ersten 
unter  den  ev.  in  derselben  Sache  noch  zu  erwartenden  und  wur- 
den in  ein  besonderes  Fach  gelegt.  Sollte  ein  Beschluss  auf 
Stein  gehauen  werden,  so  wurde  dies  in  demselben  besonders 
ausgesprochen  und  alsdann  von  dem  γραμματεύς  der  fungirenden 
Prytanie,  der  immer  damit  beauftragt  wurde,  veranlasst.  Häufig 
kam  es  auch  vor,  dass  frühere  Beschlüsse  erst  in  späterer  Zeit 
durch  Volksbeschluss  auf  Stein  gehauen  wurden  und  zwar  allein 
oder  mit  anderen,  mit  denen  sie  im  Archiv  zusammenlagen  und 
dieselbe  Ueberschrift  trugen  (z.  B.  ΜεθωναΙιυν  έκ  ΤΤιερίου),  zu- 
sammen. Die  Zeitbestimmungen  am  Anfang  der  Beschlüsse  be- 
ziehen sich  auf  den  Tag  der  Berathung  durch  die  βουλή,  nicht 
auf  den  Tag  der  Volksversammlung.  So  kommt  es,  dass  mehrere 
Beschlüsse,  die  sicherlich  in  derselben  Volksversammlung  gefasst 


548  Baunier 

wurden,  verecbiedene  Zeitbestimmungen  haben,  z.  B.  Th.  17.  11 8, 
CIA.  I.  40  und  Herrn.  31  (1896)  137-141. 

Tb.  I  118  bat  Νικιάοης  έπ€στάτ€ΐ,  Hermes  31  Άγ  .... 
έπ€ατάτ€ΐ,  Ι.  40  ist  leider  nicbt  näber  bestimmbar.  Besohlüsse, 
die  von  der  βουλή  an  einem  Tage  verhandelt  und  auf  die  Tages- 
ordnung gesetzt  worden  sind,  finden  sieb  CIA.  I.  33  und  IV  33  a. 

(Ακαμαντίς  έττρυτάνευε,  Χαρίας  έγραμμάτβυε,  ΤιμόΕενος 
έπ€(Ττάτ€ΐ,  Καλλίας  είπε).  Vielleicbt  sind  auch  Ι  45  uod  46  an 
demselben  Tage  vorberatben  worden  (ΤΤροκλέης  Άτάρβου  Euuivu- 
μεύς  έγραμμάτευε). 

Aebnliob  verhält  es  sieb  mit  der  τάξις  qnSpou  I  37  aus  dem 
Jahre  Ol  88*. 

Die  Inschrift  besteht  aus  2  Beschlüssen.  In  dem  ersten 
sind  zweifellos  auf  die  τά£ις  bezügliche  Bestimmungen  für  die 
Athener  getroffen  worden;  unter  anderem  wird  eine  bestimmte 
Prytanie  (vielleicbt  die  geschäftsfübrende)  beauftragt  der  βουλή 
in  einer  bestimmten  Zeit  eine  Vorlage  zu  machen,  deren  Inhalt 
leider  nicht  mehr  kennbar  ist. 

Der  zweite  Beschluss  ist  in  der  Prytanie  Aegeis  gefaeet  und 
enthält  auf  die  Bundesgenossen  bezügliche  Bestimmungen  für  die 
grossen  Panathenäen;  dieser  konnte  naturgemäss  erat  Ol.  89'  zum 
ersten  Male  zur  Anwendung  gebracht  werden.  Man  könnte  meinen, 
dase  dies  der  Beschluss  sei,  den  die  Prytanie  in  Anregung  bringen 
sollte^  die  Reste  des  ersten  Beschlusses  lassen  aber  kaum  darauf 
scbliessen.  Auf  alle  Fälle  haben  wir  zwei  Beschlüsse  vor  uns, 
welche  sich  beide  auf  die  τάΕις  beziehen,  von  denen  wie  gesagt 
der  erste  für  die  Athener,  der  zweite  für  die  Bundesgenossen  be- 
stimmt ist.  Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  sie  an  einem  Tage 
von  der  βουλή  vorberatben  und  vom  οήμος  in  einer  Versammlung 
sanktionirt  worden  sind,  der  Antragsteller  ist  wenigstens  in  beiden 
derselbe,  nämlich  Θούοιππος.  Beide  Beschlüsse  setzen  die  τά£ις 
φόρου  des  Jahres  Ol.  88•*  voraus.  Der  erste  giebt  eine  Aos- 
führungsanweisung  für  die  Athener,  der  zweite  enthält  eine  Mehr- 
belastung der  Bundesgenossen  ausser  dem  verdoppelten  φόρος. 

Von  dem  eventuell  anzunehmenden  3.  Beschluss  ist  nichts 
erhalten.  Wahrscheinlich  ist  er  auch  noch  gefasst  worden  und 
stand  unter  dem  2.  Die  Zeit  der  Beschlüsse  lässt  sich  nicht  genan 
bestimmen,  nur  so  viel  steht  fest,  dass  sie  nicht  in  der  1.  Prytanie, 
aber  vor  dem  Monat  Maimakterion  gefasst  worden  sind.  Letzteres 
scheint  klar  zu  sein,  ersteres  folgt  daraus,  dass  der  Schreiber  ( 
des  1.  Beschlusses   auf  -ων    endigte,  während   der  Schreiber  der 


Die  TributeinnahTDeordnung  des  attisohen  Staates.  549 

1.  Prytanie  ΤΤλ€ΐστίας  biees.    Es  bleibt  also  nur  die  2.,  3.  oder 
4.  Prytanie. 

Die  gewöbniicbe  Annabme,  dass  im  Anfang  des  1.  Ba- 
schlusees  von  den  τάκται  die  Rede  gewesen  sei,  ist  kaum  wabr- 
scbeinlicb.  da  besondere  Aufträge  für  sie  nacb  bereits  gescbebener 
Veranlagung  nicbt  erwartet  werden.  Die  Bezeichnung  τάκται  für  die 
Einechätzungskommission  ist  überhaupt  eigenthümlich  und  scbeint 
gar  nicbt  ursprünglicb  zu  sein.  Sie  wird  aber  wohl  gebraucht 
worden  sein,  weil  die  Begriffe  Einschätzung  und  Veranlagung 
früh  durch  einander  geworfen  worden  sind.  Häufig  weiss  man 
nicbt,  ob  von  einer  Einschätzungs-  oder  Veranlagungskommission 
die  Rede  ist,  so  z.  B.  bei  den  'π€ντακόσιοι  καΐ  ol  τάκται*  auf 
einer  Inschrift  oder  dem  Kollegium  von  10  Männern,  welches 
(Andocides)  Alcibiades  1 1  erwähnt.  Verwirrt  ist  auch  die  Dar- 
stellung Plutarchs  in  der  oben  angeführten  Stelle.  Er  spricht 
schliesslich  von  einer  Veranlagung  des  Tributes  durch  Aristides, 
während  er  im  voraufgehenden  seine  Thätigkeit  als  Mitglied  der 
Einechätzungskommission  beschreibt.  Die  Verwirrung  der  Be- 
griffe legt  die  Vermuthung  nahe»  dass  die  Voreinsohätzungskom- 
miseion  bereits  Voranschläge  für  die  Veranlagung  machte,  wie 
es  auch  heute  noch  der  Fall  ist  Die  Arbeiten  der  τάκται  und 
βουλή  berührten  sich  also,  und  darauf  beruht  gewiss  die  Verbin- 
dung der  π€ντακό(Τΐοι,  unter  denen  man  die  βουλή  zu  verstehen 
hat,  und  der  τάκται.  Unmöglich  ist  es  auch  nicht,  dass  die  Ver- 
anlagung in  einer  bestimmten  Zeit  von  500  besonders  dazu  aus- 
gelosten Männern  vorgenommen  worden  ist.  Das  Kollegium  der 
τάκται  wird  die  Zahl  10  nicht  überschritten  haben.  Auch  von 
einem  Schreiber  derselben  finden  sich  Spuren. 

In  der  Inschrift  I.  37  haben  wir  also  noch  Reste  einer  an 
den  Panathenäen  Ol.  88^  stattgefundenen  Veranlagung.  Zu  der- 
selben bedurfte  es  einer  Zustimmung  des  οήμος  wahrscheinlich 
nicht  mehr.  Hierfür  sprechen  die  Worte:  κατά  Tabe  ίταί^  τόμ 
φόρον  τήσι  πόλεαι  ή  βουλή;  diejenige  unseres  Jahres  88^  war 
mit  den  an  diesem  Tage  (Panathenäen),  bezw.  in  derselben  Pry- 
tanie von  der  βουλή  selbständig  gefassten  Beschlüssen  zusammen 
in  das  Archiv  der  βουλή  gegangen.  Ihre  Veröffentlichung  auf 
Stein  verdanken  wir  dem  Zufall,  dass  sie  die  Veranlassung  zu 
mehreren  Volksbescblüssen  wurde.  Aus  den  Veranlagungsjahren, 
in  welchen  dies  nicht  der  Fall  war,  haben  wir  keine  τάΕις  φόρου 
auf  Stein  zu  erwarten.  Die  Veranlagung  der  βουλή  ist  auf  un- 
serem Stein,  welcher  dieselbe  in  Parenthese  enthält,  natürlich  nur 


550  BanDicr 

kopirt  worden.  Sie  war  nacb  Distrikten  geordnet  and  enthielt 
auch  schon  Bestimmungen  über  den  Zahlungsmodue  bei  denjenigen 
Bundesgenossen,  denen  die  Zahlung  der  ganzen  Summe  auf  ein- 
mal nicht  möglich  war.  Die  einzelnen  Distrikte  waren  aufge- 
rechnet, wie  die  Aufrechnung  des  hellespontischen  Tributes  zeigt, 
ebenso  sind  gewiss  die  Distriktesummen  rekapitulirt  worden  (β. 
CIA.  IV.  1.  Ρ  220.  543). 

Die  Veranlagung  ist  ein  sehr  wichtiger  Bestandtheil  der 
Tributeinnahmeordnung,  denn  sie  enthält  das  Gesammtsoll  des 
von  den  Btindnern  zu  zahlenden  Tributes.  Sie  mueete  den  Bund- 
nern sicherlich  auf  die  eine  oder  andere  Art  und  Weise  bekannt 
gegeben  werden.  Wie  dies  01.88^  und  in  Zukunft  geschehen 
sollte,  darüber  hat  wahrscheinlich  der  erste  Bescbluss  I.  37  Be• 
Stimmungen  enthalten.  Die  Männer,  welche  zu  je  zweien  zu  den 
Bundesgenossen  geschickt  werden  sollten,  waren  gewiss  mit  der 
Bekanntmachung  beauftragt.  Vielleicht  waren  es  die  κήρυκ€ς, 
die  mehrere  Male  erwähnt  werden,  und  denen  Reisegelder  gezahlt 
werden  sollen.  Dass  überhaupt  über  die  Bekanntgebung  Bestim- 
mungen getroffen  wurden,  lässt  sich  wohl  daraus  erklären,  dass 
auch  auf  diesem  Gebiete  in  diesem  Jahre  ein  neuer  Modus  in  An- 
wendung gebracht  wurde,  denn  eine  Bekanntgehnng  der  Veran- 
lagung hat  sicherlich  immer  stattgefunden.  Um  das  Geschäft  zu 
vereinfachen,  hat  man  vielleicht  nur  diejenigen  berücksichtigt,  bei 
welchen  eine  Veränderung  vorgekommen  war.  In  diesem  Jahre 
musste  demgemäss  allen  Bündnem  eine  Bekanntmachung  zugehen. 
Dieselbe  enthielt  ausser  der  Veranlagung  wahrscheinlich  auch 
Mittheilungen  über  die  Rechtsmittel,  die  gegen  die  Veranlagung 
den  Bündnern  zu  Gebote  standen.  Der  Rekurs  musste  in  einer  be- 
stimmten Zeit  nach  der  Bekanntgebung  eingelegt  werden.  Die  Ent• 
Scheidung  über  denselben  stand  zunächst  dem  οήμος  zu.  Er  wird 
bei  der  βουλή  bezw.  den  Prytanen  angemeldet  worden  und  mit  einem 
Gutachten  derselben  dem  δήμος  vorgelegt  worden  sein.  Dieser 
gab  den  Beschwerdeführern  sicherlich  Gelegenheit  zu  Auseinander- 
setzungen und  entschied  sich  dann.  Er  erhielt  den  Ansatz  der 
βουλή  aufrecht  oder  setzte  den  φόρος  herab,  bewilligte  auch  wohl 
Theilzahlungen,  wenn  die  βουλή  es  nicht  hatte  thun  wollen,  er- 
liess  den  φόρος  in  einzelnen  Fällen  ganz  und  gar  oder  beschränkte 
seine  Forderung  auf  das  V^g  ^ür  die  Athene.  Glaubten  die  Bünd- 
ner sich  noch  nicht  bei  der  Entscheidung  des  δήμος  beruhigen 
zu  dürfen,  so  stand  ihnen  noch  das  Berufungsrecht  bei  den  He-  i 
Hasten    zu.     Diese   Prozesse    wurden  von  den    €ΐ(Ταγιυτ€Ϊς  einge- 


Die  Tributeiimahineordnung  des  attischen  Staates.  551 

führt  und  geleitet.  Da  dies  Kollegium  in  den  Resten  des  ersten 
Beschlusses  I.  37  in  Verbindung  u)it  den  Heliasten  erwähnt  wird, 
liegt  der  Schluss  sehr  nahe,  dass  auoh  hier  nähere  Bestimmungen 
über  die  Prozessordnung  gegeben  waren,  welche  von  den  früheren 
wieder  abwichen.  Die  Erwähnung  des  üfaimakterion  lässt  auf 
eine  mit  dem  Rekurse  in  Verbindung  stehende  Zeitbestimmung 
schliessen.  Die  Entscheidung  über  den  Rekurs  zog  sich  gewiss 
mehrere  Monate  hin.  Zwei  Beispiele  einer  Berufung  vor  den 
Heliasten  scheinen  die  Fragmente  der  Reden  des  Antiphon  für 
die  Lindier  und  Samothraker  zu  enthalten.  Der  Erfolg  der 
letzteren  ist  ganz  unbekannt,  für  die  ersteren  scheint  er  wenig- 
stens eine  Theilzahlung  durchgesetzt  zu  haben,  denn  ihre'Er- 
wähnung  unter  den  Theilzahlem  I.  37  steht  offenbar  mit  der 
Rede  in  Zusammenhang. 

Die  Entscheidung  der  Heliasten  war  endgültig. 

Nach  Erledigung  aller  Berufungen,  die  spätestens  im  An- 
thesterion  anzunehmen  ist,  musste  naturgemäss  die  Veranlagung 
der  βουλή  wesentlich  modifizirt  werden,  denn  das  Gesammtsoll 
hatte  sich  jetzt  geändert.  Infolgedessen  musste  eine  Liste  aufge- 
stellt werden,  welche  an  Stelle  der  alten  die  neuen  von  den 
Bündnern  erstrittenen  Ansätze  enthielt,  die  sogenannte  Hebe- 
liste. Dies  Geschäft  fiel  wahrscheinlich  dem  Schreiber  der  Prj- 
tanie  zu,  welche  zur  Zeit  der  Erledigung  aller  Sachen  fnngirte, 
nachdem  vorher  schon  auf  dem  Veranlagungskataster  die  einzel- 
nen Veränderungen  vom  Beginne  der  Rekurse  ab  von  dem  je- 
weiligen Schreiber  notirt  worden  waren.  Die  Hebeliste  bildete 
jetzt  das  Gesammtsoll  des  zu  vereinnahmenden  Tributes. 

Hiervon  musste  vor  allen  Dingen  den  Hellenotamien  eine 
Abschrift  zugestellt  werden,  denn  dieselbe  bildete  für  sie  die 
Grundlage  zu  der  an  den  grossen  Dionysien  vorzunehmenden 
Vereinnahmung  des  φόρος.  In  welchem  Lokal  diese  statt- 
fand, ob  im  Hellenotamieion  oder  Bulenterion  oder  auf  der  Burg, 
ist  nicht  bekannt,  vielleicht  im  Opisthodomos  des  Parthenon,  denn 
daselbst  wurde  der  Schatz  bekanntlich  aufbewahrt.  Der  Verein- 
nahmung wohnten  die  Buleuten  bei.  Die  Hellenotamien,  welche 
von  ihren  Ersatzmännern  unterstützt  wurden,  hatten  wahrschein- 
lich für  die  einzelnen  Bezirke  getrennte  Zalilstellen  eingerichtet 
und  theilten  sich  die  Geschäfte.  Sie  notirten  die  Namen  der 
Bündner  und  der  von  ihnen  gezahlten  Beträge  nach  der  Reihen- 
folge der  Einzahlung  unter  steter  Vergleichung  des  eingehenden 
Betrages    mit  dem    zu  vereinnahmenden.     Zu    dem  Zwecke    war 


552  Bannier 

aus    der  Hebeliete   für  die  einzelnen  Zahlstellen  gewiss  ein  Aue- 
zug  gemacht    worden,     lieber   diejenigen  Beträge,    welche   nach 
der    Hebeliste    zam    Soll    standen,    aber    nicht    gezahlt    wurden, 
machten    die    Hellenotamien    keinen    Vermerk.      Aas    den    von 
ihnen   in  den    einzelnen  Zahlstellen    gefertigten  Listen,    welche 
also  nur  die  thatsächlich  eingegangenen  Beträge  ent- 
hielten, fertigte  der  Schreiber  der  Hellenotamien  ein  nach  Be- 
zirken   geordnetes  Gesammtverzeiohniss,    welches   nach    den  fon- 
girenden    Hellenotamien    datirt    war.     Hiervon    wurde    eine    Ab- 
schrift für  die  Logisten  gemacht,  welche  danach  das  Veo  ^^  ^i^ 
Athene    zu  berechnen    und  den  Schatzmeistern    zu    übermitteln 
hatten.    Die  Arbeit  war  eine  ganz  mechanische.     Die  Zusammen- 
stellnng  der  Hellenotamien    wurde  einfach  kopirt,    nur  statt  de• 
ganzen  Betrages  immer  Veo  gesetzt.    Die  Verzeichnisse,  welche  in 
grösseren  Perioden  auf  Stein  gehauen  wurden,  waren  daher  auch 
nach  den  Hellenotamien  datirt.     Als  Zeichen,   dase   dieselben  Γύτ 
die  Schatzmeister  angefertigt  waren,  wurde  nur  die  Zahl  der  όρχαί 
derselben  nach  Ol.  81*  eingefügt,  weil  in  diesem  Jahre  die  Veo" 
Beträge  zuerst  gezahlt  worden  waren.    Im  Übrigen  wurde  niobti 
geändert,  sogar  die  Ueberschriften  der  einzelnen  Distrikte  (*luivi- 
κός  φόρος,    έπι  θρςίκης   φόρος  .  .  .),  welche  doch   nur  für  die 
Listen  der  Hellenotamien  passten,  blieben  mit  einer  einzigen  Aus- 
nahme unverändert  Rtehen.    Eine  Aufrechnung  und  Rekapitulation 
enthielten    die  Listen  der  Hellenotamien   und  der  Logisten  nicht. 
Eine  Vergleichung    der  Isteinnahme    mit    der   Solleinnahme 
der  Hebelisten    ergab    stets    ein  Defizit    der    ersteren,    weil  viele 
Bündner  den  Tribut  nicht  zahlten.     Um  dieses  so  viel   wie  mög- 
lich   zu    verringern,    musste    der   δήμος  Schritte  thun.      Zu  dem 
Zwecke    wurde  eine  besondere  Liste   der  Schuldner  (Ausfallliste) 
angefertigt  und  dem  δήμος    zugestellt.     Dies  Geschäft  besorgten 
zweifellos    die    Hellenotamien    bezw.    ihr  Schreiber.     Der  δήμος 
hatte    sich    dann    zu    entscheiden,    ob  er  die  Restbeträge   nieder- 
schlagen   oder  zwangsweise    beitreiben  lassen   wollte.      Entschied 
er  sich  für  das  erstere,    so  behielt  es  damit  sein  Bewenden,  ent- 
schied er  sich  für  das  letztere,   so  wurden   dazu  die  sogenannten 
άργυρολόγοι   ausgesandt.     Diesen    musste  natürlich  ein   Verzeich- 
niss  der  Schuldner  und  der  von  ihnen  geschuldeten  Beträge  mit- 
gegeben  werden.     Die  Schiffe  sowohl  wie  die  Strategen,    welche 
mit    der    Exekution    betraut    waren,    hiessen    άργυρολόγοι.     Das 
Geschäft    war  bei    besonders    widerspenstigen   Bundnern  mit  ge- 
wissen Gefahren  verbunden,  und  es  kam  nicht  selten  zu  Gefechten, 


Die  TributeinnahmcordDuiig  des  attisoben  StaBiee.  553 

welche  für  die  Athener  uiigünstig  verliefen.  Im  allgemeinen  ge- 
nügte G^ewies  bei  sonst  zahlungsfähigen  Bilndnern  die  Anwesen- 
heit der  άργυρολόγοι,  die  Zahlung  der  Restbeträge  zu  erzwingen. 
Wie  die  Forderung  bei  nicht  zahlungsfähigen  oder  böswilligen 
Bündnern  beigetrieben  wurde,  ist  leider  nicht  mehr  festzustellen, 
wahrscheinlich  wurden  ßskalische  Besitzungen  oder  Einkünfte 
mit  Beschlag  belegt  und  meistbietend  verkauft.  Wir  sind  auch 
leider  über  die  Art  und  Weise,  wie  die  Bündner  den  φόρος  in 
ihren  Staaten  zusammengebracht  haben,  vollständig  im  Unklaren. 
Eine  Rolle  scheinen  dabei  die  έκλοτ€Ϊς  gespielt  zu  haben.  Dies 
waren  meines  Erachtens  aber  nicht  attische,  sondern  Beamten 
der  Bundesgenossen.  Aus  den  Worten  Harpocrations  (Antiphon: 
Fragm.  52  Blase)  geht  dies  deutlich  hervor:  έκλογ€Ϊς  ol  εκλέγον- 
τες και  είσπράττοντες  τα  οφειλόμενα  τώ  δημοσίψ.  Ά.  έν  τφ 
ττερι  του  Σαμ.  φόρου*  ήρίθησαν  γαρ  εκλογής  παρ'  ή  μι  ν  (βο. 
bei  den  Samothrakern),  οίς  πλείστα  έ&όκει  χρήματα  είναι.  Sie 
hatten  wahrscheinlich  die  Aufgabe  den  φόρος  in  ihren  Städten 
zusammenzubringen  und  wurden  ans  den  ersten  Klassen  gewählt. 
Für  einige  Städte  mag  Athen  die  εκλογείς  auch  aus  ihrer  Mitte 
gewählt  und  mit  der  Beitreibung  des  φόρος  betraut  haben  (CIA. 
I.  38).  Da  die  Samothraker  sich  anscheinend  ungünstig  über  sie 
geäussert  haben,  ist  anzunehmen,  dass  sie  die  einzigen  in  den 
Städten  waren,  welche  das  Interesse  Athens  bei  den  Bundesge- 
nossen vertraten. 

Die  beigetriebenen  Restbeträge  hatten  die  άργυρολόγοι  na- 
türlich bei  den  Hellenotamien  abzuliefern;  diese  erstatteten  dem 
οήμος  alsdann  wieder  Bericht.  Beträge,  welche  nicht  hatten 
beigetrieben  werden  können  und  welche  auch  in  Zukunft  nicht 
beizutreiben  waren,  mussten  jetzt  wohl  oder  übel  niedergeschlagen 
werden.  Gingen  die  Restbeträge  der  Bündner  erst  an  den  Diony- 
sien  des  nächsten  bezw.  eines  der  nächsten  Jahre  ein,  so  wurden 
sie  dem  Charakter  der  Hellenotamienlisten  gemäss  auch  erst  in 
diesem  Jahre  gebucht.  Hierauf  bezieht  sich  die  Bemerkung  αΐοε 
πόλεις  περυσινού  φόρου  τά  οφειλόμενα  άπίοοσαν. 

So  ungefähr  wird  man  sich  die  Tributeinnahmeordnung  des 
attischen  Staates  zu  denken  haben.  Leider  kommt  man  nur  in 
den  seltensten  Fällen  über  Vermuthungen  hinaus.  Diese  haben 
aber  doch  mehr  oder  weniger  den  Schein  der  Wahrheit  für  sich, 
weil  wir  genugsam  davon  unterriclitet  sind,  wie  die  Athener  ihr 
Verhältniss  zu  den  Bundesgenossen  auffaseten.  Sie  betrachteten 
die  Zahlung  des  φόρος  seitens  derselben  nicht  als  eine  freiwillige, 


554    ßannier  Die  Tributeinnahmeordnung  dee  attischen  Staates. 

sondern  als  eine  Zwangsleietun^  Die  Einnabmeordnang  einer 
solchen  muss  aber  wohl  oder  übel  den  Charakter  einer  Steuer- 
einnabmeordnung  gehabt  haben,  und  diese  ist  es,  welche  in  groeeen 
Zügen  geschildert  worden  ist. 

Bestätigt  wird  unsere  Ansicht  in  mehreren  Punkten  dorcb 
die  Inschrift  CIA.  IV.  2.  27b.  Dieselbe  enthält  einen  yolksbescblnss 
über  Abgaben  von  der  Feldfrucht  an  die  Demeter  und  Persepbone 
in  £leueis.  Diese  sollen  für  die  Athener  und  Bundesgenossen 
obligatorisch  sein,  andere  griechische  Staaten  sollen  eine  Auf- 
forderung zu  etwaigen  freiwilligen  Leistungen  erhalten.  Die  für 
die  obligaten  Leistungen  getroffenen  Bestimmungen  klingen  im 
allgemeinen  an  die  in  obigem  geschilderte  Tributeinnahmeordnung 
an ;  ein  bestimmter  Prozentsatz  wird  angegeben  ^,  der  Lieferungs- 
modus  und  -termin  wird  vorgeschrieben,  von  einer  Bekanntmachung 
des  Yolksbeschlusses  ist  die  Rede,  die  Notirung  der  eingegange- 
nen Beträge  wird  bestimmt  u.  dergl.  mehr.  Im  besonderen  wird 
unsere  Auffassung  von  den  εκλογείς  und  κήρυκες  bestätigt.  Er- 
stere  sind  in  unserer  Inschrift,  wie  oben  angenommen,  mit  der 
Beitreibung  der  Abgaben  beauftragte  Beamte  der  Bundesgenossen 
(τάς  hk  πόλεις  εκλογέας  έλίσθαι  του  καρπού,  καθότι  δν  οοκη 
αυτήσι  δριστα  ό  καρπός  έκλεγήσεσθαι),  letztere  haben  den  Be- 
schluss  der  Volksversammlung  den  Bündnern  bekannt  zu  machen 
(κήρυκας  bi  έλομενη  ή  βουλή  πεμψάτιυ  ές  τάς  πόλεις  άγτ^λλον- 
τας  τά  .  .  έψηφισμ^να  τψ  οήμψ). 

München.  Wilhelm  Bannier. 


1  Auch  bei  der  Festsetxung  des  ersten  Tributes  wurde  gewiss  ein 
bestimmter  Prozentsatz  zu  Grunde  gelegt;  es  war  aber  un zweckmässig, 
ihn  für  alle  folgenden  Veranlagungen  festzuhalten. 


Untersachungen  zu  Ciceros  Timäus^ 

I. 

Texfgeschiehte. 

Alle  Handecbriften,  in  denen  uns  der  Timäas  des  Cicero 
überliefert  ist,  gehen  auf  eine  ürhandscbrift  zurück,  die  wabr- 
scheinlich  von  einer  Sammlung  philosophischer  Schriften  Ciceros, 
wie  sie  wohl  zu  Unterrichtszwecken  angefertigt  wurden,  herstammt. 
Diese  Sammlung,  das  bekannte  corpus  philosophicum,  enthielt  die 
folgenden  Schriften 

de  natura  deorum 

de  divinatione 

Timaeus 

de  fato 

topica 

paradoxa 

Lucullus 

de  legibus. 
Wann  und  wo  sie  entstanden,  lässt  sich  nicht  mit  Bestimmt- 
heit angeben.  Wenn  einige  Spuren  nach  Gallien  führen  (s. 
Schwenke,  Class.  Eeview  1890,  347),  so  steht  das  mit  unseren 
Nachrichten  über  den  Betrieb  der  Wissenschaften  in  den  karolin- 
giflchen  Ländern  in  gutem  Einklang.  Suchen  wir  einen  chronolo- 
gischen Anhaltspunkt  für  die  Entstehung  unserer  ürhandschrift, 
80  bieten  uns  einen  terminus  ante  quem  die  Ciceroexcerpte  des 
Presbyter  Hadoardus,  die  ihr  Herausgeber  (Schwenke^  Philol. 
Supplbd.  V  Heft  3  p.  399  ff.)  in  das  9.  Jahrhundert,  später,  nach- 
dem die  Schrift  von  anderer  Seite  einer  erneuten  Untersuchung 
unterzogen  worden  war  (Class.  Review  1890,  347  ff.),  in  das 
zehnte  Jahrhundert  versetzte.  Wie  lange  vor  dieser  Zeitgrenze 
das  corpus  philosophicum  in  handschriftlicher  Ueberlieferung  be- 
stand, darüber  beßnden  wir  uns  in  völliger  Ungewissheit. 


^  Aus  einer  von  der  Berliner  Akademie  der  Wissenschaften  mit 
einem  Preise  gekrönten  Arbeit. 


f)5(i  Fries 

Die  ältesten  HandRchriften,  in  denen  die  Sammlnng  erhalten 
ist,  stammen  aus  dem  9. — 10.  Jahrhundert.  Doch  ist  nur  wenigen 
ein  80  hohes  Alter  znzuerkennen;  die  meisten  gehören  viel  spaterer 
Zeit  an  und  können  sich  mit  jenen  älteren  an  Sauberkeit  und 
Korrektheit  des  Textes  nicht  messen. 

Der  Anbruch  der  Hnmanistenepoohe  bedeutete  auch  für 
unseren  Text  eine  neue  Periode  innerer  Wandelung  und  Läuterung. 
So  wenig  es  in  damaliger  Zeit  möglich  war,  bei  der  Beurthei- 
Inng  des  handschriftlichen  Materials  nach  einer  von  bestimmten 
Grundsätzen  eingegebenen  Methode  zu  verfahren,  so  bedeutungsvoll 
war  die  Thätigkeit  der  Humanisten  auf  dem  Gebiet  der  Emenda- 
tion.  Die  Verdienste  eines  Victorius  und  Lambin,  eines  Turnebne 
und  Cratander  um  unseren  Text  sind  bleibende;  so  oft  sie  in 
Vergessenheit  zu  gerathen  schienen,  immer  wieder  wurde  man  sich 
bewusst,  in  ihnen  das  feste  Fundament  für  jede  kritische  Arbeit 
auf  diesem  Gebiet  zu  besitzen. 

unter  den  Vielen,  die  sich  dann  um  unser  corpus  bemühten, 
ragt  Davis  hervor,  dessen  Ausgabe  (Cambridge  1718)  noch  jetzt 
in  mancher  Hinsicht  unübertroffen  ist.  Einzelnes  ist  von  Späteren 
noch  gebessert  worden,  im  Wesentlichen  musste  an  dem  seit  der 
Renaissancezeit  Festgestellten  und  Gesicherten  festgehalten  werden. 

Eine  neue  Periode  brach  für  unsern  Text  erst  mit  dem  Er- 
scheinen der  grossen  Ciceroausgabe  Johann  Caspar  Orellis  an,  die 
1828  die  dem  corpus  philosophicum  angehörigen  Schriften  brachte. 
Der  grosse  Fortschritt,  den  die  Edition  bedeutete,  bestand  in 
der  breiteren  handschriftlichen  Basis,  auf  die  hier  zum  ersten 
Mal  das  kritische  Verfahren  gestellt  war,  und  in  dem  klaren  Ur- 
theil,  mit  dem  hier  unter  der  Fülle  der  Lesungen  gewählt  und 
das  Rechte  vom  Falschen  geschieden   wurde. 

Freilich  noch  war  die  Zeit  nicht  gekommen,  in  der  eine 
neue  Methode  der  Forschung  neue  Bahnen  wies,  und  ein  kritischer 
Apparat,  nach  historischen  Gesichtspunkten  geschaffen,  neue  Re- 
sultate zeitigte.  Diese  Zeit  brach  an,  als  der  Lachmann*sche  Lo- 
krezkoninientar  und  die  Haupt*schen  Elegikertexte  sowie  die  ganze 
Reihe  denkwürdiger  Editionen,  die  in  Lachraann'schem  Sinne  ar- 
beiteten, alle  Kenner  mit  Bewunderung  erfüllten.  Den  gemein- 
samen Bemühungen  eines  Halm  und  Baiter  gelang  es,  das  Hand- 
schriftenniaterial  so  zu  gestalten,  dass  ihre  Neuausgabe  des  alten 
Orelli  einen  Fortschritt  bedeutete,  wie  er  seit  dem  Jahrhundert 
des  Humanismus  nicht  wieder  zu  verzeichnen  gewesen  war.  Es 
gelang    den   genannten  Männern   Manuskripte    heranzuziehen,    die 


Untersucliungen  zu  Ciceros  Timäas.  567 

alle  früher  maesgebenden  Cudices  an  Älter  and  Reinheit  über- 
trafen. Der  vierte,  die  philosophischen  Schriften  enthaltende  Band 
erschien  18G2  in  Zürich,  von  Halm  und  Baiter  edirt,  bis  auf 
die  Bücher  de  divinatione  und  de  fato,  die  Wilhelm  Christ  besorgte. 
Drei  Handschriften  traten  in  dieser  Ausgabe  für  das  corpus 
philosophicum  in  den  Vordergrund: 

Α  =  codex  Leidensis  (Vossianus)  num.  84  contnl.  Halmius. 
Β  =  codex  Leidensis  (Vossianus)  num.  86  contul.  Baiterus• 
V  =  codex  Vindobonensis  num.  189  contul.  ü.  Schenkl. 
C  =  Codices  ABV. 
Dazu  kommen  in  zweiter  Linie 

Ε  =  codex  Erlangensis  847  contul.  I  Bekkerus  et  Halmius. 
G  =  codex  Gudianus  secundus,  contul.  Fleckeisen  et  Hal- 
mius. 

Endlich  wurde  0  =  ed.  Orelliana  zu  Rathe  gezogen.  Die 
Lesungen  von  C  wurden  sSmmtlich,  die  von  EG  mit  Auswahl 
mitgetheilt. 

Dazu  kam  dann  für  einen  Theil  der  Schriften  der  Leidensis 
118  Heinsiauus,  den  Baiter  verglich,  und  für  die  Bücher  de  na- 
tura deorum  und  de  divinatione  der  Palatinus  1519. 

Die  älteste  Handschrift  ist  V,  wie  bereits  Moritz  Haupt  er- 
kannt hatte.  Er  schrieb  schon  im  Jahre  1838  in  der  Vorrede 
zu  seiner  Ausgabe  der  halieutica  des  Ovid  (p.  XIX)  antiquior 
longe  Omnibus  liber  Vindobonensis.  Derselbe  stammt  aus  dem 
zehnten  oder  dem  Ende  des  neunten  Jahrhunderts.  Α  gehört 
dem  11.,  Β  dem  12.,  der  Heinsianus,  der  für  den  Timäus  nicht 
in  Betracht  kommt,  ebenfalls  dem  zwölften  Jahrhundert  an.  Für 
einzelne  Schriften,  wie  für  de  divinatione,  kamen  noch  andere 
Codices  hinzu,  die  das  Timäusfragment  nicht  enthaltend 

Im  Jahre  1850  veröffentlichte  Halm  seine  Forschungsresul- 
tate in  München  unter  dem  Titel:  ^Zur  Handschriften  künde  der 
Ciceronischen  Schriften',  in  welcher  Schrift  er  über  das  ihm  zur 
Verfügung  stehende  Material  Mittheilungen  machte  und  eine  Be- 
schreibung der  Manuskripte  gab.  Für  die  Wiener  Handschrift  wird 
auf  die  Beschreibung  im  Katalog  von  Endlicher  verwiesen.  Die 
rigorose  Bibliotheksordnnng  in  Wien  gestattete  nur  durch  Bonitz^ 
Vermittelung  eine  vollständige  Kollation  des  Lukullus,  des  Timäus 
nnd  de  fato,    anderes  konnte   nur  theilweise    kollationirt  werden. 


1  Der  Monacensis  enthält  den  Timäas,  ist  aber  damals  nicht  be- 
nutzt worden. 


558  Friee 

Der   Erlangeneie    38  (20)   saec.   XV   fol.  294    enthält    den 
*TLimeu8  platonis  Marci  TuUij  Ciceronis'  fol.  66 — 71. 

Der  Monaceneie  wird  hier  nicht  genannt,  er  wurde  eret  später 
dem  Apparat  eingereiht. 

.Ein  MoguntiacuB  Carthaeianus  (nnm.  127)  enthält  Timaeus 
und  Paradoxa  und  wurde  von  Halm  und  C.  Beoker  verglichen. 
Der  Wolfenbuttelanus  Gudianus  II  fol.  max.  membr.  saec.  XIV, 
in  uallien  geschrieben,  enthält  de  officiie,  de  senectute,  de  amicitia, 
invect.  in  Catil.  IV,  rhetorr.  II,  rhet.  ad  Herenn.  I  —  o.  1 2,  paradoxa, 
de    legibus  —  Timaeus    und    wurde    von  Fleckeisen    verglichen. 

Ein  Parisinus  (6624)  membranao.  olim  Colbertinus  saec.  XV 
enthält  Timaeus  seu  de  nniversitate,  de  fato,  oratt.  IV  in  Catili- 
nam.  Dieser  Codex  ist  der  einzige  von  denen,  die  den  Timäus 
enthalten  (und  nur  diese  sind  aus  der  Halm'schen  Zusammen- 
stellung hier  herausgegriffen  worden),  der  von  Halm  nicht  koUa- 
tionirt  wurde.  Den  von  Orelli  genannten  und  von  £.  Schnell 
für  ihn  kollationirten  Pariser  Codex  hält  Halm  für  den  Parisi- 
nus 6333. 

Alle  diese  Handschriften  aber  traten  zurück  hinter  den  schon 
genannten  ABVGE,  die  bei  der  Herstellung  des  Textes  nunmehr 
die  führende  Rolle  übernahmen.  Halm  bespricht  ihre  Bedeutung 
kurz  in  der  praefatio  seiner  Edition  (vol.  IV).  Hier  weist  er 
auch  auf  das  anzunehmende  corpus  philosophicum  hin,  das  die 
genannten  acht  Schriften  enthielt.  Seine  Methode  spricht  er  kurz 
aus:  criticis  in  bis  scriptis  ea  ratio  sequenda  est,  ut  libris  poste- 
rioribus  neglectis  ad  solos  antiquissimos  et  minime  interpolatos 
Ciceronis  verba  redigant.  Er  erkennt  an,  dass  schon  Bake  (ad 
Cic.  de  legg.  p.  104  sqq.)  die  Bedeutung  der  beiden  Leydener 
Handschriften  richtig  beurtheilt  habe;  unerwähnt  läset  er,  das9 
Moritz  Haupt  die  Wiener  Handschrift  bereits  gewürdigt  hatte. 
Des  eigenen  Zufalls,  der  kurz  nach  Abschluss  der  Ausgabe  in 
München  selbst  noch  eine  alte,  werthvolle  Handschrift  aus  dem 
elften  Jahrhundert  in  der  Universitätsbibliothek  zum  Vorschein 
kommen  Hess,  die  nun  nicht  mehr  benutzt  werden  konnte,  ge- 
schieht Erwähnung.  Dieselbe  gehörte  dem  Kloster  Biburg,  ging 
darauf  in  den  Besitz  des  Collegiums  der  Gesellschaft  Jesu  zu 
Ingolstadt  über,  von  wo  sie  nach  München  in  die  Universitäts- 
bibliothek kam. 

Zunächst  äusserte  Otto  Heine  nun  (Pbilol.  X  116)  insoweit 
seine  Uebereinstimmung  mit  Halm-Baiter,  als  er  für  die  besten 
Handschriften  den  Vossianus  84  und  den  Vindoboneusis  erklärte, 


üntersuciiungon  zu  Ciceros  Timaus.  550 

daneben  auch  eines  Berneneis  Erwähnung  that,  der  jedoch  von 
minderer  Bedeutung  sei.  Eine  eingehende  Beschreibung  des 
Viiidobonensis  gab  1856  Detlefsen  in  den  Sitzungsberichten  der 
Wiener   Akademie    (1856,  p.  110  ff.)•     ^^^   Handschrift    ist   im 

189 
Endlicher *schen  Katalog  mit  der  Signatur  — — -^  bezeichnet    Die 

16.  Quatemion  ist  verstümmelt,  sodass  das  Ende  des  Timäus  fehlt. 
Die  letzten  erhaltenen  Worte  sind  machinatae  sunt  et  spatium 
temporis  (c.  14).  Yon  jüngerer  Hand  ist  darunter  geschrieben: 
h'  deficiüt  I  4**'  Hnee  χ  excplar  d.  h.  hie  deficiunt  quattuor  lineae 
secundum  exemplar. 

Ferner  hat  der  Abschreiber  im  Timäus  Unordnung  geschafft 
(Detl.  S.  114),  indem  von  den  Worten  quia  de  suis  —  (c.  11) 
bis  zu  den  Worten  ad  cultum  deorum  aptissimus  (c.  12)  die  47 
Zeilen  der  Klotz^schen  Ausgabe  umfassende  Partie  erst  am  Sohluse 
von  c.  13  angefügt  werden.  Da  der  Abschnitt  von  jener  Stelle 
des  12.  Kapitels  bis  zum  Ende  von  c.  13  etwa  dieselbe  Zeilen- 
zahl umfasst,  so  schliesst  Detlefsen,  dass  die  Seite  der  Urhand- 
schrift  etwa  von  der  Grösse  eines  solchen  Abschnittes  gewesen 
sei.  Da  sich  diese  Blattversetzung  auch  in  den  Handschriften 
des  corpus  philosophicum  vorfindet,  so  erhebt  sich  die  Wahrschein- 
lichkeit dieser  Annahme  zur  Gewissheit,  und  zugleich  ist  der  ge- 
meinsame Ursprung  aller  Codices  aus  einer  gemeinsamen  Quelle 
erwiesen. 

Detlefsen  schliesst  dann  weiter:  Die  Partie  c.  11  —  12  ist 
am  Ende  von  c.  13  eingefügt,  dieses  bricht  aber  mitten  im  Satz 
ab,  und  es  folgt  dann  eine  grössere  Lücke  in  der  Uebersetznng 
des  Timäus.  Daher  ist  anzunehmen,  dass  in  der  Urhandschrift 
das  ganze  dreizehnte  Kapitel»  überhaupt  das  ganze  Fragment, 
soweit  es  vorgelegen  hat,  enthalten  gewesen  ist.  Für  den  Lau- 
rentianus  und  den  Lagomarsinus  trat  für  die  Bücher  de  legibus 
Beifferscheid  im  Rheinischen  Museum  ein  (Bd.  17,  1862). 

Vor  allem  sind  ferner  die  Bemühungen  C.  F.  W.  Müllers 
zu  nennen  (Fleckeisens  Jahrbücher  1864).  Er  erkannte  zunächst 
die  Zusammengehörigkeit  der  für  das  corpus  philosophicum  mass- 
gebenden Handschriften  an.  Am  nächsten  stehen  der  Urhand- 
schrift nach  ihm  VA6M  (Monacensis)  Η  (Heinsianus). 

Die  Urhandschrift  war  von  zweiter  Hand  mit  interlinearen 
Korrekturen  verseben,  wie  er  z.  B.  an  dem  Wort  saxsanativii 
(429,  24  Halm)  zeigt,   das  in  AB  so  geschrieben  ist,    wofür  im 

xa 
Original  wohl  sasanativis  gestanden  habe. 


560  Friee 

Vieles  warde  vod  deo  Absobreibern  als  zum  Text  gehörig 
angeRehen,  was  nur  als  Variante  oder  Korrektur  zugeecbrieben 
war.  In  Α  blieb  mancbes  Gute  weg,  weil  es  für  Yariaute  ge- 
halten wurde.  V  verzeichnet  die  Varianten  am  sorgfaltigsteo ; 
es  fragt  sich  nur,  ob  dieselben  alle  aus  der  ürhandschrift  oder 
aus  anderen  Quellen  stammen. 

Dass  die  Vorlage  reich  an  Interpolationen  war,  beweist 
Müller  S.  133  in  einleuchtender  Weise.  Jedenfalls  enthielt  das 
Original  zahlreiche  Glossen,  und  wo  unsere  Handschriften  über- 
einstimmen, lassen  sie  sich  noch  jetzt  nachweisen. 

An  charakteristischen  Merkmalen  der  Handschriften  stellt 
Müller  noch  Folgendes  zusammen  (S.  135  ff.):  Die  Buchstaben 
s  m  η  sind  oft  fortgelassen  worden,  u  ci  ti  werden  häufig  ver- 
tauscht, d  findet  sich  ebenso  oft  unrechtmässig  zugesetzt,  wie 
fortgelassen,  z.  B.  in  quo  und  quod,  ad  und  a,  sodass  den  Hand- 
schriften hier  keine  Autorität  zukommt,  et  und  nt  sind  oft  ver- 
wechselt z.  B.  veiecti  statt  veienti.  que,  quam,  quamquam,  quo- 
niam,  quando  werden  abgekürzt,  que  und  et  oft  ausgelassen. 
Ebenso  nachlässig  seien  einsilbige  Partikeln  wie  ut  sed  at  si  ex 
tum  in  α  behandelt;  esse,  est,  sit,  sunt,  sint  finden  sich  häufig 
verwechselt.  Eeioh  sind  die  Manuskripte  an  Konsonanten-  und 
besonders  Vckalvertauschungen  (z.  B.  c  für  t,  t  für  cf,  R  für 
P;  6  für  i  (s.  Lachm.  Lukr.  IV  997),  ο  für  u,  a  für  i). 

Vom  Sinn  verstanden  die  Schreiber  aller  dieser  Codicee 
nichts;  in  V  und  Μ  fehlen  die  Topika.  V  hat  Zusätze,  Ergän- 
zungen defekter  Stellen,  die  sich  im  Original  fanden;  die  Schrift 
ist  in  V  nicht  ganz  gleichmässig,  gegen  das  Ende  verschlechtert 
sie  sich.  Α  ist  gut  geschrieben,  aber  ohne  Verständniss.  Β 
schöpft  indirekt  aus  der  ürhandschrift,  wie  übrigens  Halm  schon 
früher  (Jahns  Jahrb.  1859,  S.  759)  zu  de  legibus  bemerkt  hatte. 
Wo  nur  die  Autorität  der  Handschriften  entscheiden  konnte, 
folgten  Halm,  Baiter  und  Christ  ihrer  Vorlage,  wogegen  Müller 
einwendet,  Cicero  könne  unmöglich  so  oft  seine  orthographischen 
Grundsätze  geändert  haben.  Halm  bevorzugt  V,  Christ  A,  wo- 
gegen Müller  sich  des  Vossianus  Β  mit  Wärme  annimmt,  den 
er  einer  eingehenden  Vergleichung  mit  Α  unterzieht  (a.  a.  0. 
S.  269). 

Im  Ganzen  geht  Müllers  Urtheil  über  die  Züricher  Aue- 
gabe dahin,  dass  die  Handschriften  durchaus  nicht  mit  der  er- 
forderlichen Korrektheit  kollationirt  seien  und  dass  Β  gegen 
Α  und  V  in  unberechtigter  Weise  vernachlässigt  worden  sei.     Von 


Untersacbungeti  zu  Ciceros  TimUttS.  561 

diesen  Gesicbtspankten  geleitet  anternaliin  es  dann  Müller  in 
seiner  Gesammtausgabe  aucb  das  schwierige  corpus  der  philoso- 
phischen Schriften  zu  ediren. 

Dann  trat  Baiter  mit  Kayser  zur  Yeranstaltung  einer  Ge- 
sammtedition  zusammen,  deren  achter  Band  1865  bei  Tauchnitz 
(Leipzig,  ed.  stereot.)  erschien.  Im  Ganzen  war  man  bei  der 
Halm'schen  Recensio  geblieben,  nur  dass  jetzt  der  Monacensis  in 
gebührender  Weise  für  die  betreffenden  Schriften  verwerthet 
wurde.  Baiter,  der  den  Band  besorgte,  benutzte  nach  der  prae- 
fatio  des  Bandes  die  Leidensee  Α  und  B,  den  Vindobonensis,  den 
£rlangensis  847,  den  Gudianus  secundus  und  endlich  den  Mo- 
nacensis, über  dessen  Herkunft  er  kurz  Bericht  erstattet.  '£oe- 
dem  libros  TuUianos  praeter  Topica  eodemque  ordine  quo  in 
Leidensi  n.  84  (A)  scripti  sunt  continet  atque  bonitate  proxime 
accedit  ad  optimos  (ABV).*  Ausserdem  aber  ward  in  dieser  Aus- 
gabe bereite  der  Müller^schen  £inwände  Kechnung  getragen  und 
auf  seine  Bemerkungen  Rücksicht  genommen. 

Einige  Jahre  später  bemächtigte  sich  ein  berufenster  Kri- 
tiker der  Frage;  Johannes  Yahlen  nahm  in  seiner  Ausgabe  der 
Bücber  de  legibus  folgenden  Standpunkt  ein  (Berlin  1870):  Α 
und  Β  sind  aus  einer  Quelle  geflossen,  beide  sind  mit  Korrekturen 
versehen,  die  ebenfalls  gemeinschaftlichen  Ursprung  yerrathen. 
In  Α  ist  vieles  von  einem  Korrektor  durch  Rasur  ausgemerzt 
worden,  in  Β  sind  die  durch  Rasur  getilgten  Buchstaben  noch 
zu  erkennen,  weshalb  sich  Β  für  die  Kritik  als  fruchtbarer  er- 
weist. Der  Laurentianus  bietet  schätzbares  Material,  steht  aber 
an  Werth  unter  H.  Für  Einzelnes  ist  Davis,  Görenz,  Moser, 
Bake  benutzt  worden.  Von  älteren  Editionen  hat  Vahlen  die 
Ascensiana  von  1701,  die  Victoriana,  die  Stephanus ausgäbe,  die 
editio  Gamerarii  von  1540  und  die  Lambiniana  von  1565  heran- 
gezogen. 

Einen  Beitrag  zur  Cicerokritik  lieferte  auch  Diels^  der  in 
seinen  Doxographi  einen  Theil  des  ersten  Buches  de  deoram  na- 
tura mit  dem  Philodemischen  Abschnitt  aus  dem  ersten  Buch 
περί  €ύα€β€ίας  zusammenstellte  und  dabei  den  Text  Ciceros  einer 
äusserst  sorgfältigen  Prüfung  unterzog.  Sein  handschriftlicher 
Apparat  besteht  aus  dem  Yossianus  84,  dem  Voesianns  86,  dem 
Heinsianus,  dem  Erlangensis  und  dem  Palatinus  1519  ('peran- 
tiquus*).• 

Auch  die  MülWsche  Auegabe  war  soweit  gediehen,  das« 
der  dritte  Band  des  vierten  Theils,  der  den  Timäus  brachte,  er- 

Bhein.  Mos.  f.  Phllol.  N;  F.  LIV.  36 


562  Priee 

scheinen  konnte.  Einereeite  sind  Unkorrektheiten  der  Baiter'ecken 
Kecension  beseitigt,  andererseits  aber  finden  wir  doch  eine  ^iere 
Stellungnabme  zu  den  Handschriften  in  richtiger  Würdigung  der 
auf  die  Schuld  der  Schreiber  zu  setzenden  Eigenschaften  der  ver- 
schiedenen Texte.  Auch  die  Gelehrten  des  Aaelandee  fingen  an, 
die  Cicerostudien  mit  regerem  Interesse  zn  yerfolgen.  Major, 
der  verdienstliche  Herausgeber  der  Bücher  de  natura  deomm 
wies  auf  Davis  hinS  der  in  den  leider  verlorenen  Elienees  und 
dem  Kegius  ein  nicht  zu  unterschätzendes  Material  beseeeen  hätte'. 

Auf  Davis  wies  auch  der  Däne  Job.  Forchhammer  hin  (nordisk 
tidskrift  for  filologi  n.  r.  V  23,  adnotationes  criticae  ad  Ciceronis 
de  natura  deorum  libros).  Er  scheidet  die  Handschriften  Polt  de 
natura  deorum  in  zwei  Klassen,  zur  ersten  rechnet  er  AC  (Heio- 
sianns)  V,  zur  zweiten  BE.  Vgl.  Schiebe,  Jahresber.  d.  PhiL 
Ver.  zu  Berlin   1892  S.  32. 

Ein  weiterer  Schritt  geschah  durch  die  Arbeiten  von  Deiter, 
der  in  einem  Programm  von  Emden  1881/2  über  seine  Neαve^ 
gleichung  des  Heinsianus  berichtete.  Im  Rheinischen  Mnseom 
Bd.  37  (p.  314)  veröffentlichte  derselbe  Bemerkangen  *Zum  Co- 
dex Vossianus  86  des  Cicero  B\  Er  wies  für  de  natura  deomm 
und  de  divinatione  viele  Ungenauigkeiten  der  Baiter*eohen  Receo- 
sion  nach.  Ueber  Β  urtheilt  er,  er  '  zeigt  sich  dem  besseren  und 
älteren  codex  Voßsianus  84  (A)  näher  verwandt,  als  bis  jetzt 
angenommen  werden  konnte',  womit  er  sich  also  dem  Müller'echeo 
Standpunkt  nähert.  Es  ist  zu  bedauern,  dass  Deiter  seine  Ver• 
gleichung  nicht  auch  auf  die  anderen  Schriften  ausgedehnt  bat 
Schwenke  urtheilt  allerdings  in  Bursians  Jahresberichten  (1883, 
2,  94  ff.)  ziemlich  abfallig  über  die  Deiter'sche  Leistung.  Auch 
H.  Jordan  (Krit.  Beitr.  z.  Gesch.  d.  lat  lat.  Spr.  Berlin  1879)  griff 
die  Genauigkeit  der  Deiter'scben  Vergleichung  an.  (Vgl.  übrigens 
Schwenke,   Phil.  Rundschau   1883.) 

Die  Vahlen'sche  Ausgabe  der  Bücher  de  legibus  erschien 
1883  in  zweiter  Auflage.  Das  Proömium  zu  derselben  wies  zq* 
nächst  die  Jordanischen  Angriffe  in  scharfer  Weise  zurück,  stellte 
dann,  nach  einer  Würdigung  des  Heinsianus,  der  uns  hier  nicht 
angeht,  die  Beurtheilung  des  Monaceusis  auf  eine  neue  Grund- 
lage (p.  XXII).    Vahlen  meint,  der  Monaceusis  528  sei  ans  Α  ge- 


1  Academy  1880  vol.  17  p.  80  sq. 

2  Uel)er  seine  Ausgabe  vgl.  Iwan  Müller  Göttg.  Gel.  Αηκ.  l^S'i.    I 
1365  ff. 


Untenuctiungen  zu  Ciceros  Timaoe.  563 

zogen,  mit  dem  er  am  meisten  Aehnlichkeit  aufweise.  Nar  wenige 
A^erderbnisse  finden  sich  in  Α  und  B,  die  sich  im  Μ  nicht  nach- 
weisen  lassen. 

£be]ing  sprach  sich  im  Philologus  von  1884  für  den  Lau- 
rentianus  257  s.  XI  aus,  der  dem  A^ossianus  Β  am  nächsten 
komme. 

Dann  trat  Deiter  abermals  mit  handschriftlichen  Mittheilungen 
de  Ciceronis  codicibus  Yossianis  LXXXIV  et  LXXXVI  in  zwei 
Programmen  von  Aurich  von  1885  und  1886  hervor,  in  denen 
er  die  Resultate  seiner  Neuvergleichung  niederlegte;  dieselben 
thaten  dar,  wie  vieles  nach  den  bisherigen  Kollationen  noch  nach- 
zuholen war.  Die  Lesungen  für  den  Timäus  stehen  im  zweiten 
Theil  von  1886  und  füllen  allein  etwa  zwei  Seiten. 

lieber  das  erstere  Programm  äusserte  sich  Wilhelm  Fried- 
rich im  Philologischen  Anzeiger  (1885,  S.  515).  Dankenswerth 
ist  seine  Beschreibung  des  Yossianus  A,  die  bei  Deiter  vermisst 
wurde.  Darnach  ist  derselbe  eine  Pergamenthandschrift  aus  dem 
10.  oder  11.  Jahrhundert,  die  aus  15  Quatemionen  zu  je  8,  in 
der  7.  und  8.  Quaternio  aus  6  Blättern  bestehe.  Α  und  Β  seien 
mit  einander  eng  verwandt,  ebenso  mit  V,  doch  Α  sei  dem 
Yindobonensis  an  Werth  überlegen. 

Auch  Schwenke  sah  die  Deiter'schen  Arbeiten  nicht  für  ab- 
schliessend an  (Berl.  phil.  Wochenschr.  Jg.  1885,  1421  Jg.  1886, 
1341  ff.). 

Auf  Grund  einer  von  der  Berliner  Akademie  der  Wissen- 
schaften preisgekrönten  Arbeit  ist  0.  Piasberg  zur  Zeit  mit  einer 
Keuausgabe  der  philosophischen  Schriften  Ciceros  beschäftigt. 
Als  Vorläufer  ist  dessen  kürzlich  erschienene  Arbeit  'Satura 
Tulliana'  (Bbein.  Mus.  N.  F.  53,  66  ff.)  zu  betrachten,  in  der 
auch  scharfsinnige  textkritische  Bemerkungen  zum  Timaeus  und 
anderen  philosophischen  Schriften  Ciceros  enthalten  sind. 

Stangl  wies  (Philologus  45.  Jahrg.  1886)  auf  die  Ashburn- 
hamsche  Bibliothek  hin,  die  wichtiges  Material  für  den  Cicero 
berge.  Im  Jahre  1888  machte  Lehmann  (Wochenschr.  f.  kl.  Phil. 
1888  8.  470)  auf  die  Cratanderausgabe  aufmerksam,  deren  Margi- 
nalien allem  Anschein  nach  aus  Handschriften  allerersten  Ranges 
geflossen  seien.  Cratanders  Manuskripte  seien  besser  gewesen, 
als  die  erhaltenen  für  die  Attikusbriefe  und  auch  für  die  philoso- 
phischen Schriften.  Im  gleichen  Jahre  wies  Lehmann  (Berl.  phiL 
Wochenschr.  1888,  508)  auf  die  Adversaria  des  Turnebus  hin, 
die  1564    und    1590    in   Strassburg    erschienen.     In    diesen  An- 


5G4  Fries 

regungen  sciieint  allerdinge  eine  dringende  Aufforderung  za  liegen, 
das  textkritische  Werk  wieder  aufzanehmen  nnd  nach  dieser  neuen 
Richtung  zu   ergänzen. 

Nach  abermaliger  Prüfung  des  Wiener  Codex  fand  Detlefsen 
(Sitzber.  d.  Wien.  Ak.  d.  W.  phil.-hiet.  Gl.  21,  110),  dase  drei 
Schreiberhände  anzunehmen  seien,  eine  aus  dem  10.,  eine  aue  dem 
12.,  die  dritte  aus  dem  15.  Jahrhundert,  daneben  sei  noch  eine 
moderne  Hand  zu  erkennen.  Somit  ist  wohl  eine  abecfalieBeende 
Kollation  auch  dieses  Codex  von  der  Zukunft  noch  zn  erhoffend 

Einen  unerwarteten  Zuwachs  erfuhr  das  Urkundenmaterial 
in  den  1887  von  P.  Schwenke  im  5.  Supplementband  des  Philo- 
logus  bekannt  gemachten  Cicero excerpten  des  Presbyter  Hadoardus 
aus  dem  10.  Jahrhundert.  Auch  aus  dem  Timäns  finden  sich  be- 
trächtliche Auszüge  (S.  430),  allein  der  textkritische  Gewinn 
ist  nicht  von  Belang. 

Einige  Jahre  darauf  kam  derselbe  Gelehrte  noch  einmal  aaf 
die  Handschriften  besonders  für  die  Bücher  de  natura  deorum  zu- 
rück (Classical  review  1890,  347).  Β  ist  nach  seiner  Ansicht 
von  zweiter  Hand  z.  Th.  nach  Α  korrigiert,  z.  Th.  mit  schlechten 
Konjekturen  versehen.  Aus  Υ  ist  der  Mertonianus  geflossen,  eine 
Handschrift  des  12.  Jahrhunderts,  die  J.  B.  Major  in  seiner  Aus- 
gabe von  de  natura  deorum  kollationirt  hat. 

Es  steht  zu  hoffen,  dass-Th.  Schiebe  die  Eeihe  der  von  ihm 
herausgegebenen  philosophischen  Schriften  Ciceros,  die  bisher  mit 
grossem  Beifall  aufgenommen  wurden,  fortsetzt  und  zu  £nde  führt. 
Seine  gesunde  Auffassung  und  Kritik  lässt  die  besten  Erfolge  er- 
warten. 

Wenn  man  ohne  Vergleichung  der  Handschriften  selbst  nur 
an  der  Hand  der  Ausgaben  ein  Urtheil  über  die  Bedeutung  der 
Codices  gewinnen  kann,  so  möchte  Vf.  im  Vlndobonensis  die  beste 
Grundlage  für  den  Text  finden.  Freilich  scheint  in  Anbetracht 
der  Detlefsen'schen  genaueren  Scheidung  der  verschiedenen  Häode 
eine  erneute  Kollation  dringend  nothwendig,  ehe  ein  wirklich 
sicheres  Urtheil  zu  fällen  möglich  sein  wird.  Dann  folgen  Α 
und  B.  Der  Monacensis  ist  älter  und  besser,  als  der  Gudianns 
und  Erlangensis.  Doch  scheint  der  Schreiber  des  letzteren  mit 
Verständniss  geschrieben  zu  haben,  denn  in  ihm  allein  finden 
sich  Andeutungen    der    im  Text   vorhandenen  Lücken.     Der  Gu- 


1  Vgl.  Berl.  pbil.  Wochenschr.  9,  G18  ff. 


üntenacbungen  zu  Ciceros  Timau«.  565 

dianns  zeigt  an   verschiedenen  Stellen  eine  ziemlich   weitgehende 
Verwandtschaft  mit  V. 

Es  war  schon  erwähnt  worden  (S.  558),  dass  von  allen  den 
Timäus  enthaltenden  Handschriften,  die  Halm  in  dem  bekannten 
Anfsatz  aufzählt,  nur  eine  nicht  von  ihm  kollationirt  wurde,  näm- 
lich der  Parisinus  6624  membran.  olim  Colbertinus  saec.  XV, 
der  den  Timaeus,  de  fato  und  die  katilin arischen  Reden  enthält. 
Vf.  war  Dank  der  liebenswürdigen  Bereitwilligkeit  der  Pariser 
Nationalbibliothek  in  der  bevorzugten  Lage,  diesen  Codex  selbst 
kollationiren  zu  können.  Derselbe  besteht  aus  68  Pergament- 
blättem  in  Eleinoktav,  die  zu  acht  Quaternionen  zu  je  8  (die 
erste  und  letzte  zu  je  10)  Blättern  verbunden  sind.  Die  Schrift 
zeigt  sorgfältige  Minuskeln,  und  die  Initialen  sind  kunstvoll  auf 
Goldgrund  gemalt.  Am  Rande  des  Textes  finden  sich,  besonders 
am  Anfang,  zahlreiche  Korrekturen  von  zweiter  Hand  mit  blasser 
Tinte  eingetragen.  Am  Schluss  der  Handschrift  ist  zu  lesen: 
expliciunt  Inuective  deo  Gratias  amen.  p.  gabrielum  de  raimon- 
dis  sc. 

Es  ist  gewiss  von  diesem  Codex  kein  Ertrag  an  guten  Le- 
sungen zu  erhoffen,  allein  zur  Fundirung  des  ürtheils  über  das 
Gesammtverhältniss  der  Manuskripte  dürfte  seine  Betrachtung 
doch  Einiges  beitragen.  Von  den  guten  Handschriften  scheint 
er  dem  Gudianus  am  nächsten  zu  stehen  ^. 

Eine  Vergleichung  der  Platoübersetznng  des  Marsilius  Fi- 
cinus  mit  der  Ciceronischen  des  Timäus  liefert  den  sicheren  Be- 
weis, dass  jener  bei  der  Uebersetzung  des  Timäus  nicht  ver- 
säumt hat,  den  Cicero  in  ausgiebiger  Weise  zu  benutzen,  sodass 
ganze  Partien  aus  dem  Tnllius  herübergenommen,  fast  überall, 
von  manchen  bestimmten  Partien  abgesehen,  Anschluss  an  den 
Ciceronischen  Ausdruck  angestrebt  zu  sein  scheint.  Wäre  Ficinus 
nicht  so  gewissenhaft  gewesen,  da,  wo  der  Cicerotext  im  Argen 
liegt,  seine  eigenen  Wege  zu  gehen,  so  besässen  wir  in  dieser 
Uebersetzung  des  Plato  vortreffliche  Excerpte  aus  Ciceros  Timäus. 
Immerhin  lässt  sich  diese  oder  jene  Ficinusstelle  als  Zeugnise 
verwerthen.  Meines  Wissens  hat  nur  Gloel  (Ueber  Ciceros  Stu- 
dium des  Plato.  Magdeburg  1876,  Progr.  S.  13)  auf  die  Be- 
nutzung des  Cicero  durch  Ficinus  hingewiesen,  aber  nicht  für  den 
Timäus,  sondern  für  den  Theätet  143,  den  Fioin  nach  der  Lälius- 
stelle  I  3  übersetzt  haben  soll.     Vgl.  Anhang. 


^  Vgl.  Anhang. 


5(i6  Fries 

Die  Vereion    des  Johannes  Serranae  *  (1578  8.   1.),    die   mit 
einer   Widmang    an    die    Königin    Elieabetb    von    England    vom 
1.  October  1577  von  Lausanne  aus  eingeleitet  ist,  enthält  neben 
der  Uebersetzung  den  griechischen  Text  des  Stephanne  nnd  echliess• 
lieh  Anmerkungen.     Serranus  hat  für  den  Timäne  den  Cicero  in 
noch  viel  ausgiebigerer  Weise   als  Ficinus   benutzt,    ja    er   stellt 
fast  nichts  anderes  dar,  als    eine  Ausgabe  des  Ciceroniechen  Ti• 
maus.     Die  Uebereinstimmung  geht  soweit,  dase  ee  versncht  wer- 
den kann,    die    handschriftliche    oder   gedruckte  Vorlage  Serraos 
zu  ermitteln.     Die  Spuren  führen  uns  mit  ziemlicher  Deutlichkeit 
auf  Lambins  Ausgabe.     Foxius  Morzillus  (Basel  1554)  und  J.  Cor- 
narius  (Basel  1561)  zeigen  in  ihren  lateinischen  Uebereetznngen 
keine  Anlehnung  an  CTicero. 

II. 

Die  Aathentie  der  Uebersetzung. 

Nachdem  Karl  Friedrich  Hermann  mit  seiner  Schrift  de 
interpretatione  Timaei  Platonie  dialogi  a  Cicerone  relicta  (Göttingen 
1842)  die  Aufmerksamkeit  der  Gelehrten  auf  das  Cicerofragment 
gelenkt  und  auf  der  Voraussetzung  der  Echtheit  desselben  seine 
weiteren  Hypothesen  aufgebaut  hatte,  versuchte  es  Hochdanz  in 
der  Beilage  zum  Programm  des  Gymnasiums  zu  Nordhaneen  vom 
Jahre  1880,  die  den  Titel  führte:  Quäestiones  criticae  in  Timaenm 
Ciceronis  e  Piatone  transsoriptum,  auf  sachliche  und  besonders 
sprachliche  Gründe  gestützt  das  Fragment  dem  Cicero  überhaupt 
abzusprechen.  Seine  Hypothese  ging  des  Weiteren  dahin,  dags 
Tiro,  Ciceros  Sklave  und  gelehrter  Berather  ^  im  Auftrage  seines 
Herren  für  diesen  die  Uebersetzung  aus  dem  Griechischen  selb- 
ständig angefertigt  habe.  Dass  eine  derartige  Annahme  anf 
scharfsinniger  Kombination  beruht  und  an  und  für  sich  etwas 
Ansprechendes  hat,  wird  niemand  beetreiten.  Man  möchte  sogar 
wünschen,  Hochdanz  beistimmen  zu  können,  so  interessant  wäre 
es,  einen  Rest  der  Tironischen  Schriftstellerei  vorgefunden  zu 
haben  und  besonders,  einen  Blick  hinter  die  Coulissen  des  noch 
immer  ziemlich    unaufgeklärten    philosophischen  Kompositionsver- 


^..Ueber  ihn  vgl.  J.  W.  Baum,  Franz  Lambert  von  Avignon, 
Strassburg  und  Paris  1840. 

2  Cf.  ad  Att.  VII  5,  2.  fam.  XVI  4,3.  10,2.  17,  1.  GeU.  VI  3,8, 
P.  Mitachke,  AI.  Tullius  Tiro.  Berlin  187n. 


( 


UntersuchuDgeu  zu  Gioeros  Tim&os. 


567 


fahrens  des  Cicero  zu  thnn.  Trotz  dee  aufgewandten  Scbarfeinne 
aber  kann  dem  Hocbdanz'echen  Vereucb  eine  überzeugende  Kraft 
nicbt  zugesprocben  werden. 

Ee  durfte  z.  B.  nicbt  tiberseben  werden,  daes  Im  Timäue 
wörtlicbe  Uebereinetimroungen  mit  einer  Stelle  aus  dem  zweiten 
Bucb  de  natura  deorum  nacbzuweieen  sind: 

N.  D.  II  18,  47.  Tim.  c.  VI. 

quid  pulcbrius  ea  figura  quae  a  quo    enim  animanti  omnee 


sola  omnee  alias  fignras  con- 
plexa  continet  qnaeque  nibil 
asperitatis  babere,  nibil  offen- 
sionis  potent,  nibil  incisum  an- 
gulis,  nibil  anfractibus,  nibil 
eminens,  nibil  lacunosum? 


reliquos  animantes  contineri  vel- 
let,  bunc  ea  forma  fignrayit,  qua 
una  omnee  formae  reliquae  con- 
cluduntur  et  globosum  est  fa- 
bricatus  cuius  omnis  extremitas 
paribus  a  medio  radiis  attingi- 
tur,  idque  ita  tornavit,  ut  nibil 
ef&cere  posset  rutundius,  nibil 
asperitatis  ut  baberet,  nibil  offen* 
sionis,  nibil  incisum  angulis,  ni- 
hil anfractibus,  nibil  eminens, 
nibil  lacunosum  omnesque  partes 
simillimas  omnium. 

Τιμ.  33  Β. 
τώ  bk  τα  παντ'  έν  αύτφ  ίψα 
π€ριίχ€ΐν  μέλλοντι  ίφψ  πρέ- 
πον δν  €Ϊη  σχήμα  τό  περιειλη- 
φΟ€  έν  αύτψ  πάντα  όπόσα 
σχήματα.  b\ö  καΐ  σφαιροειοέο, 
έκ  μέύου  πάντη  πρόο  τάο  τε- 
λευτάο  ϊσον  άπίχον,  κυκλοτε- 
ρέο  αυτό  έτορνεύσατο,  πάντων 
τελεώτατον  όμοιότατόν  τε  αυτό 
έαυτφ  σχημάτων. 

Die  üebereinstimmung  bemerkten  scbon  Baiter  (ζ.  d.  St. 
IV  1000,  11:  irrtbümlicb  stebt  dort  Tusc.  disp.),  Brieger  (Fest- 
schrift des  Mariengymnasiums  zu  Posen  1873  S.  18)  und  Wend- 
land (Archiv  f.  Gesch.  d.  Phil.  I  200  ff.).  Die  Platonische  Stelle 
ist  von  den  Worten  τώ  bk  τα  πάντ'  —  πάντα  όπόσα  σχήματα 
in  ziemlich  genauem  Anscbluss  an  die  Vorlage  übersetzt  worden, 
wenigstens  nicbt  freier,  als  Cicero  durchschnittlich  zu  übertragen 
pflegt.     Auch   das  Folgende  bxö  καΐ  —  έτορνεύσατο  lässt  nicht 


N.  D.  II  45,  116. 
quocirca,  si  mundus  globosus 
est  ob  eamque  causam  omnee 
eins  partes  undique  aequabiles 
ipsaeque  per  se  atqne  inter  se 
continentur,  ut  omnes  earum 
partes  eint  inter  se  simillumae 
a  medioque  tantundem  absit  ex- 
tremum. 


568  Fries 

in  anfTälliger  Weise  Genauigkeit  vermieeen.     Nun   aber  folgt  nur 
noch:    πάντιυν  τ€λ€ώτατον  όμοιότατόν  τ€   αυτό    έαυτψ.     Die 
letzten  drei  Worte  sind    durch:    omneeqne  partes  einrjillimas  om• 
nium    angemesfien    wiedergegeben.      Er    bleibt    im    Griechischen 
πάντων  τελεώτατον  übrig,    im  Lateinischen    dagegen:    ut    nihil 
efßcere  posset  rutundius,  nihil  asperitatis  ut  haberet,  nihil  offen- 
sionis,  nihil  incisum  angulis,  nihil  anfractibns,  nihil  eminens,  nihil 
laounosuniy  was  Niemand  für  eine  blosse  Uebersetzung  der  grie- 
chischen zwei  Worte  ansehen    wird.     Dass  hier  ein  Zaeatz   yor- 
liegt,  ist  also  klar,    und  gerade    diese   hinzugesetzten,    also    dem 
Plato  nicht  entsprechenden  Worte   sind  es,    die    sich   im  zweiten 
Buch  de  natura  deorum  wörtlich  wiederholt  finden.     Ist  nun  für 
diese    Stelle    oder    für    den   Timäus    die  Priorität    anzunehmen? 
Wendland    hat  (1.  c.)  den    sicheren  Nachweis  geführt,    dass   die 
Stelle  sowie  der  ganze  Abschnitt  in  dem  Buch  de  nat.  deor.  aoe 
Posidonius'  Werk  ττερι  θεών  geschöpft  ist,   indem  er  jene  Stelle 
mit    Aetius    plac.    phil.  I,  6    (Diels   Doxogr.  295  sqq.)   verglich. 
Auch  Goethe  in  seiner  Ausgabe  von  de  nat.  deor.  (Leipzig  1887) 
tritt  für  PosidoniuB  ein.     Es  liegt    nun    sehr   nahe,    jene  Worte 
auch  auf  Rechnung  des  Posidonius  zu  setzen.    Schmekel  (Die  Phi- 
losophie  der  mittleren  Stoa,   Berlin  1892,  S.  242)  sagt  von  der 
Welt  in  Posidonius'  Sinn :  *Sie  hat  daher  auch  die  vollkommenste 
Gestalt,  die  der  Kugef   und   kann  sich  dafür    ausser   auf   unsere 
Stelle  noch  auf  Diog.  Laert.  YII  142  stützen.     Der  Stoiker,  der 
in  der  Welt    selbst  seinen  Gott   sah   und   verehrte,    hatte    nicht 
wenig  Veranlassung,  die  Schönheit  dieser  Welt  in  jeder  Beziehung 
und  in  schwungvoller  Sprache    zu  preisen,   wie  auch  der  Volks- 
glaube seinen  Göttern  die  schönste  Gestalt  anzudichten  bemüht  war. 

Wenn  dem  aber  so  ist,  so  müssen  wir  uns  vorstellen,  dass 
entweder  Tiro  die  Posidoniusstelle  in  den  Timäus  hineingefügt, 
und  Cicero  sie  seinem  ΛVerk  über  die  Götter  einverleibt  habe, 
oder  dass  Tiro  sie  aus  jenem  Ciceronischen  Werk  entnommen 
habe.  Beides  setzt  voraus,  dass  Cicero  und  Tiro  genau  wussten, 
dass  gerade  diese  Worte  der  stoischen  Quelle  entnommen  sind. 
Welche  Veranlassung  konnte  aber  für  Tiro  vorliegen,  in  eine  im 
Ganzen  getreue  Platoübersetzung  eine  Posidonische  Stelle  einzu- 
fügen und  was  konnte  Cicero  bewegen,  dem  Tiro  die  Eintragung 
der  Stelle  zu  befehlen? 

Einfacher  ist  es,  Cicero  selbst  als  den  üebersetzer  anzusehen, 
der  von  dem  Wohlklang  der  Anapher  so  eingenommen  sein  mochte, 
ditiis  sie  ihm  bei  passender  Gelegenheit  wieder  in  die  Feder  kam. 


Untersuchungen  zu  Ciceros  Tim 'aus.  569 

Die  Stelle  steht  in  de  nat.  deor.  in  anderem  Zueamnienhang, 
als  im  Timäue.  Dort  ist  von  mathematischen  Fi^i^uren,  hier  von 
dem  Weltkörper  die  Rede.  Es  lässt  sich  darüber  streiten,  in 
welchem  Zusammenhang  die  Worte  mehr  am  Platz  sind.  Brieger 
bezieht  sie  auf  die  mathematische  Erörterung,  allein  diese  führt 
doch  auch  zur  kosmologischen  zurück  und  steht  in  keinem  Gegen- 
satz zu  derselben. 

Streicht  man  die  Worte  im  Timäus  ganz  und  betrachtet  sie 
als  Interpolation,  so  erleidet  der  Satz  durch  den  Ausfall  der 
Stelle  an  seiner  Concinnität  keinen  Schaden.  Die  letzten  Worte 
des  echten  Satze«  geben  nun  die  Platonischen  Worte:  κυκλοτ€ρέ€ 
αυτό  έτ€ρν€ύ(Τατο,  folgendermassen  wieder:  idque  ita  tomavit, 
ut  nihil  eificere  posset  rntundius.  Die  Uebersetzung  zeigt  einer- 
seits Genauigkeit  bis  zur  etymologischen  Uebereinstimmung  (έτορ- 
veuCttTO  tomavit),  andrerseits  die  Aenderung  der  Konstruktion  zu 
dem  an  sich  sinnlosen  Ausdruck  ut  nihil  eificere  posset  rutundius, 
denn  der  Begriff 'rund'  läset  sich  nicht  komparieren.  Dass  aber 
diese  Abweichung  der  Uebersetzung  so  gut  zu  der  folgenden 
Anaphora  passt,  deren  Glieder  immer  das  ut  nihil  enthalten,  lässt 
in  obiger  Freiheit  der  Uebersetzung  eine  beabsichtigte  Assimila- 
tion des  Textes  an  das  Folgende  erkennen,  das  dem  Satze  einge- 
fügt werden  sollte.  Wer  also  das  Einschiebsel  verfasst  hat,  hat 
auch  das  Yorhergehende  geschrieben,  und  es  kann  somit  an  der 
Echtheit  der  Ueberlieferung  wohl  kein  Zweifel  bestehen. 

Gegen  die  Autorschaft  Tiros  lassen  sich  auch  die  Ueber- 
aetzungen  philosophischer  termini  unter  Hinzufügung  des  Grie- 
chischen anführen  ^  deren  Abfassung  durchaus  mit  der  bekannten 
Weise  Ciceros  übereinstimmt.  Ausdrucke  wie  vix  enim  audeo 
dicere  medietates  (1002,  1)  oder  bene  Graeci  κό(Τμον,  nos  lucentem 
mundum  (1005,  26)  können  nicht  von  einem  Handlanger  her- 
rühren, und  mehr  als  ein  solcher  ist  der  Freigelassene  seinem 
Herrn  nie  gewesen*.  Auch  bedurfte  Cicero  zur  blossen  Orien- 
tirung    über    de»  Inhalt    des  Platonischen  Buchs    keiner  Ueber- 


^  999,  7  αναλογία,  Latine  —  audendum  enim  est,  quoniam  haec 
primum  a  nobis  novantnr  etc.     Vgl.  1000,  7.  1002,  1.  1005,  26. 

«  Vgl.  ad  Att.  VII,  2,  3  ad.  fam.  XVI  10,  2  docui  enim  te  fides 
etymon  quod  haberet.  ibid,  18,  3.  N.  D.  II  43,  111:  Gell.  XIII.  9.  Das 
hier  nach  Tiro  gegebene  etymon  der  Hyaden  wird  ebenfalls  auf  Cicero 
zurückgehen.  Vgl.  das  vorletzte  Citat.  Zu  ad  fam.  XVI  10,2  vgl.  die 
entsprechende  Darlegung  der  Etymologie  von  fides  de  ofif.  I  7,  23. 


570  Fries 

Setzung    desselben,    wie    aoch    Iwnn    Müller    bemerkt    (Barsiam 
Jahreeb.  1881,  2,  147.). 

Den  AnsRchlap:    muss  in  derartigen  Fragen    immer  die  Be- 
trachtung des  Stile  geben,  und  bei  der  Masse  des  für  die  Erkennt- 
nipR    der  CiceroniRchen  Sprache    vorliegenden  Materials    kann  es 
nicht  schwer  sein,    hier  ins  Reine  zu    kommen.     Da    stehen    wir 
denn    zunlichst  allerdings    vor  der  bedenklichen  Thateache,    dasi 
die  Ausdrucksweise,  wie  sie  in  unserem  Fragment  eich    darstellt, 
in  gewissen  Stücken  von  der  Sprache  Ciceros  abweicht.     Freilieb 
haben  wir  es  mit  einer  Uebersetzung  zu  thun,  sind  also  von  vorn- 
herein nuf  eine  etwas  ungewöhnliche  Sprache  gefaeat  (vgl.  de  or. 
ΠΓ  §  27.  ibid.  155.  Tusc.  I  §  14),    und    können  an   Neuerungen 
wie  fabricator  (997,   1),    aspectabilis  (998,  21  u.  ö.)   u.  a.  kaum 
AnstDSR  nehmen.     Auch    dass    er    dieselben    griechischen  Worte 
sonst  im  Timäns  andere  übersetzt^,  kann  uns  nicht  irre  machen, 
Dräger  meint  mit  Recht,    zu  verwundem    wäre    höobetene,   du» 
Ausdrücke,   deren  Bildung  so  naheliegend  und  in  der  fortschrei- 
tenden allgemeinen  Entwicklung  so  nothwendig   begründet   war, 
nicht  schon  längst    bestanden  (Hist.  Synt.  Vorr.  S.  XV).     Nicht 
immer    brauchte  Cicero    sein  Altrömerthum    duroh    die   hinzuge- 
fügten   entschuldigenden  Redensarten   zu  salviren^.     In    den   oft 
wiederholten  Betheuerungen  von  dem  Reichthum  der  lateinischen 
Sprache^  drückt  sich  wohl  die  Genugthuung  und  das  BewusstseiD 
HUB,    an   der  Bereicherung   der  Muttersprache  selbRt  nicht   wenig 
betheiligt  zu  sein. 

Das  Platonische  αισθητά  (28  Β)  wird  übersetzt*  seneus 
moventia  quae  sunt,  mit  durchaus  ungewübnlicher  Wortverbindang 
(s.  Kühne,  Ausf.  Lat.  Gr.  II  1,  117  Anm.).  atqui  ei  (997,  4) 
drückt  einen  scharfen  Gegensatz  aus  ^,  der  im  Griechischen  durch 
nichts  begründet  ist  (ei  μέν  οή  29  Α). 

Hochdanz    bemerkt,    das  Griechische   m(TTic  (23   C)   werde 

ί  Vgl.  997,  30  Ti.  30  A;  998,  4  Ti.  30  A;  998,  17  Ti.  30  C: 
998,  32  Ti.  31  B;  999,  22  Ti.  32  B;  1000,  12  Ti.  33  C;  1010,  8 
Ti.  H]  D; 

2  Wie  de  fin  III  1,  3;  2,  4  u.  n. 

^  de  fin  I  3,  10.  III  2,  5.  4,  15.  vgl.  Bauer  de  paupertate  Latinae 
lingnae  contra  Ciceronem.  Lauban.  1756.  Vgl.  dagegen  Greg.  Naz.  or. 
XXI  35. 

*  99G,  22. 

5  Vgl.  Kühner  II  2,  696,  4.  Dräger  II  125.  Besser  stände  hier 
atque.    Vgl.  Nägelsbach,  Lat.  Stilistik  ed.  VI  S.  562  b  568.    Dräger  II  49. 


Untersuchungen  zu  Ciceros  Timäus.  571 

durch  MeB  (997,  18)  im  Gegensatz  zu  der  sonstigen  Bedeutung 
dieses  Wortes  wiedergegehen  (Rochd.  S.  4).  Cicero  habe  selbst 
mehrfach  über  dies  Wort  gehandelt.  Allein  an  der  Stelle  de 
officiis  I  7,  23^  hat  das  Wort  nur  die  Bedeutung  als  fundamen- 
tum  justitiae,  und  die  etymologische  Erklärung  beweist  nicht, 
dass  das  Wort  nicht  im  Lauf  der  Zeit  auch  andere,  verwandte 
Bedeutungen  annahm.  Er  spricht  in  ähnlichem  Sinn  auch  an 
andern  Stellen  über  das  Wort  (ad  fam.  XVI,  10,2;  vgl.  Nonius 
8.  V.  fides  =  de  rep.  IV,  fr.  IV).  Ghalcidius  übersetzt  niiJtic 
an  der  Stelle  famae  et  opinionis  incertum  (ed.  Wrobel  p.  25, 18). 
Ast:  informatio,  Vorstellung  (Lex.  Piaton.  III  107).  Schneider 
(Timäus,  übersetzt.  Bresl.  1847,  S.  20):  Glaube,  Archer-Hind 
in  seiner  neuen  Timäusausgabe  (London  1890,  S.  89,  24) :  belief. 
Nägelsbaoh,  der  alle  Bedeutungen  des  Wortes  aufzählt  (I,  1,  2 
§  62,  S.  169—172)  übersetzt  u.  a.:  Das  Glauben,  der  Glaube, 
das  Vertrauen  und  führt  als  Beleg  für  diese  Bedeutung  die  Stelle 
aus  Livius  an  I  6,  18  facta  fide  iromortalitatie,  was  er  übersetzt: 
nachdem  der  Glaube  an  Romulus  Erhebung  unter  die  Götter  in 
den  Gemüthern  hervorgebracht  war.  Heerdegen  hat  dem  Wort 
ein  eigenes  Schriftchen  gewidmet*,  in  dem  es  heisst  (S.  22):  fides 

—  nomen  abstractum  est  aut  verbale  —  et  id  quidem  transitive 

—  signifioane  firmam  opinionem  (cf.  Cic.  part.  or.  III  9)^  aut 
nominale,  significans  dictorum  oonventorumque  constantiam  et 
veritatem  (cf.  de  off.  I  7,  23.  ad  Att.  IV  17,  1).  πίστιο  bedeutet 
aber  an  der  Platostelle  nichts  anderes  als  eine  firma  opinio,  die 
in  Gegensatz  zur  Wirklichkeit  gestellt  wird  und  daher  wohl  mit 
fides  übersetzt  werden  kann.  In  diesem  Fall  erweist  sich  also  die 
Anomalie  des  Ausdrucks  als  völlig  in  dem  Zusammenhang  der 
Gedanken  begründet.         < 

Die  Form  absolutissimus  (998,  19)  begegnet  uns  sonst  in 
der  ganzen  Latinität  nur  noch  bei  dem  auctor  ad  Herennium  (II 
18,  28):  absolutissima  et  perfectissima  argumentatio  ^. 

'  Fnndamentum  iustitiae  est  fides,  id  est  conventorum  dictorum- 
quc  constantia  et  veritas,  credamusque  quia  fit  quod  dictum  est  appel• 
latam  fidem. 

^  De  fide  TuUiana  h.  e.  de  vocabuli  fidei  apud  Cioeronem  notione 
et  U8U.    Erlangen  1876. 

^  Habes  communia  praeoepta  fidem  faciendi  et  commorendi.  Quo- 
niara  fides  est  firma  opinio. 

*  Vgl.  Nägelsbach  §  72  a  S.  196.  Bergk  Zeitscbr.  f.  d.  Altert. 
1845  Supplbd.  I  Dräger  §  12  b  S.  32.  Merguet,  Lexikon  s.  d.  phil. 
Sehr.  Gio.  I  S.  20. 


572  Fries 

Ut  utamiir  veteri   verbo,    proeapiam  (1007,  2,    eine    solche 
Wendung  trägt  nicht  das  Gepräge  Tironiechen  Urepmnge  an  sich). 
Hermann  führt  (S.  6)  noch  corporatue^,   tractabilie    molitio,   uni- 
gena,  univereitae,  aedificator,  procreator  dividnne,    defenatrix,  re- 
vocationeR,  eolstitium,   brumalie  ale  Beispiele  neuer  oder  eeltener 
Wörter  im  Timäue  an.    Allein  eine  Betrachtung  der  anderen  von 
Cicero  übersetzten  Stellen  zeigt  uns,  das»  auch  dort  an    seltenen 
Wörtern  kein  Mangel  ist.     In  den  Oeconomica  allein   finden  eich 
adiutoriuni    (975,  15  Baiter),    das  erst  bei  Vellejne  (II  112),  8e- 
neca  (ep.  31)  und  Quintilian  (III  6,  83)  wiedererecheint,  accurare 
(975,  17)  ein  Komik eransdrnck,  clansum  (975,  25),  das  nur  noch 
bei  Columella   (VII  6,  5)  begegnet•,    utensilia    (975,   25),    auch 
nur  noch  bei  Columella  nachweisbar  (I  8,  3.  IX  5,  1)  extraneus 
(975,  30);    pereuasissimus  (975,  45)  eine   für  Cicero  nie,    einmal 
in  einem  Brief  des  Brutus  (ad  fam.  XI  9)  zu  belegende  Form', 
superfieri  (976,  6),  eine  Plautinische  Form  (Stich.  IV  2,  12;  Trin. 
II  4,  108),   valetudinarius*  (977,  88),  conoessatio  (978,  40)   ein 
&παε  λ€γ($μ€νον,    sodass    hieraus   ein  Argument  gegen    die  Ver- 
fasserschaft des  Cicero  nicht  entnommen  werden  kann. 

Bisher  war  von  einzelnen  ungewöhnlichen  Wörtern  die  Rede, 
sehen  wir  nun  die  syntaktische  Seite,  die  Konstruktionen  und 
Wortverbindungen  im  Timäus  etwas  genauer  an ;  auch  hier  wer- 
den mannigfache  Freiheiten  und  Abweichungen  vom  ciceroniani- 
sehen  Latein  zu  Tage  treten,  die  uns  angesichts  der  von  Cicero 
gern  hervorgehobenen  puristischen  Bestrebungen  fremdartig  an- 
muthen^ 

An  ungewöhnlichen  Wortverbindungen  begegnet  uns  z.  B. 
principatus  temporis  (996,  20)  statt  principium,  wie  996,  18  und 
de  rep.  VI  18  Tusc.  23  ^.  Im  zweiten  Buch  über  die  Götter  II 
11,  29  lesen  wir:   principatum  autem  id  dioo,    quod  Graeci  ήγ€- 


^  998,  31.  Hochdanz  weist  S.  2  daraufhin,  dass  dies  Wort  de  fin. 
III  14,  4Γ),  und  N.  D.  II  15,  41  das  im  Körper  Befindliche,  im  Timaus 
dagegen  das  Körperliche  selbst  bedeutet.  Das  beweist  aber  nichts 
für  Tiro. 

2  Daher  vielleicht  von  diesem  zugesetzt  worden  ist,  s.  Anhang, 
daher  vielleicht  ebenfalls  verdachtig! 

8  Dräger  I  28  Anm. 

*  Allerdinga  verdächtig  durch  Häufigkeit  bei  Columella  XI,  1,  18, 
XII  3,  7  sq. 

δ  Brut.  74,  258. 

^  Clavel,  de  Cicerone  Graecorum  interprete  Paris  1868  S.  169. 


Untersuchungen  zu  Cioeros  Tim&us.  573 

μονικόν  70cant  etc.  Auch  sonst  behält  das  Wort  im  LateiDischen 
diese  Bedeutung,  und  erst  Diomedes  braucht  es  wieder  in  obigem 
Sinn  (p.  375  b)  Κ  Nachher  wird  αρχή  (42  Ε),  wo  es  die  Be- 
deutung der  Herrschaft  hat,  mit  principium  übersetzt  (1009,  5), 
wie  es  sich  erst  bei  Plinius  (N.  H.  IX  85,  64),  dann  bei  Ter- 
tullian  (ady.  Hermog.  19)  und  den  Glossographen  findet,  wo  es 
mit  magisterium  magistratus  praesidatus  zusammensteht.  Ter- 
tuUian  bemerkt  übrigens  ausdrücklich  (1.  o.)  possunt  et  aliter 
principium  interpretari:  nam  et  in  Graeoo  principii  yocabulum, 
quod  est  αρχή,  non  Tantum  ordinationem,  sed  et  potestativum  ca- 
pit  principatnm. 

1001,  1:  ab  omni  erratione  liberavit.  liberare  wird  bei 
Cicero  selten  mit  a  konstruirt  (Caecil.  div.  17,  55.  de  rep.  1157)*. 

1001,  21:  alienus  eins  copulationis.  Hoohdanz  nimmt  daran 
Anstoss  (S.  5).  Doch  vgl.  de  fin.  I  4,  11  quis  alienum  putet 
eins  dignitatis  und  ac.  post.  4,  11  omnia  qnae  sunt  aliena  firmae 
et  constantis  assensionis'. 

1005,  9:  Luna  lustrato  suo  cursu.  Der  ablatiyus  absolutus 
darf  in  solcher  Verbindung  gebraucht  werden,  wenn  der  Zeitpunkt 
der  Handlung  angegeben  werden  soll  ^.  Damit  ist  aber  unsere  Stelle 
gerechtfertigt.  Zu  beachten  ist  hier  der  Anschluss  an  das  Grie- 
chische bis  auf  die  Wortstellung,  was  auf  die  Konstruktion  Ein- 
fluss  geübt  haben  mag^: 

μ€ΐ€  bi  έπεώάν      σελήνη   (39  C)      περιέλουσα 

mensis  autem      quando         Luna  lustrato 

τόν  εαυτής  κύκλον       ήλιον       έπικαταλάβη. 
suo     cursu  Solem       consecuta  est. 


1  Cic.  0Γ.  Phil.  XII  4,  9  kann  man  über  die  Bedeutung  von 
principatuB  schwanken,  ob  es  im  Sinn  des  hier  aus  der  Philosophie  also 
übertragenen  und  verallgemeinerten  ήγεμονικόν  oder  nur  des  Anfangs, 
der  Initiative  zu  fassen  ist.  Uebrigens  steht  dicht  dabei  belli  principia 
firmavit. 

2  Vgl.  Kühner  II  275,  Dr&ger  I  502  sq. 
»  Vgl.  Kühner  II  275,  4. 

*  Dräger  II  808-812.    Nägelsbach  S.  278. 

*  Vgl.  noch  Rudimann,  instit.  gramm.  Lat.  ed.  Stallb.  II  302  sq. 
F.  W.  Hoflfmann,  disp.  de  casib.  absol.  apud  Graecos  et  Latinos  ita 
positis,  ut  videautur  non  posse  locum  habere,  Bautzen  1858.  Reisig- 
Haase,  Vorlesungen  S.  759  flf.  Holtz,  syntaxis  prisoorum  scriptorum 
usque  ad  Terent  1861. 


574  Fries 

Wir  werden  an  die  Interlinearvereionen  dee  Mittelaltere  er- 
innert. 

πρέπων  (33  Β,  38  Ε)  wird  mit  decorue  übereetst  (1000,6; 
1004,  13).  Hochdanz  nimmt  daran  Anstoss,  beachtet  aber  nicht 
die  Stelle  im  Orator  24,  70,  wo  es  beiset:  ut  in  vita^  eic  in  ore- 
Hone  nihil  eet  difficiliue  qnam  qaod  deceat  yidere :  πρέπον  appel- 
lant  hoc  Graeci,  nos  dicamus  eane  decoram.  Hochdanz  meint, 
decorue  werde  nur  in  der  Bedeutung  des  Moralischen  gebraucht, 
diese  Stelle  und  viele  andre  zeigen,  dass  es  sehr  wohl  in  an- 
derem Sinne  anwendbar  war^. 

1005,  30:  Quinque  autem  reliquie  motibus  orbum  eum  vo- 
luit  esse  et  expertem.     expers  wird  mit  dem  Genitiv  verbunden, 
mit  dem  Ablativ  nur  bei  Plautue  (Pers.  509  domo  e.  Amph.  713 
eo   more  e.  Asin.  45:    metu)  und  Turpilius   (bei  Noniue  501,  4: 
malitiie    expers^),    auch    bei   Lukrez    zweimal:    e.  die.   II    1002. 
Bomno  VI  1181    und  Salluet  einmal:   Cat.  33,  1:    e.  fama    atqne 
fortunis.     Aber  auch  für  Cicero  läset  sich  eine  Ablativstelle  nach- 
weisen: Verr.  IV  23,   wo  aber  der  Ablativ  mit  a  verbunden  er- 
scheint und  expers  unter  so  vielen  Adjektiven  steht,  denen  diese 
Konstruktion  geläufig  ist,    dass    es  die  eigene  Wirkung  auf   die 
Konstruktion  eingebUsst  zu  haben  scheint:  vacui,  expertee,  solati 
ac  liberi  fuerunt  ab  omni  sumptu.  —  Uebrigens   sehen   wir  das- 
selbe Wort  im  Timäus  in    der    regelmässigen  Weise    verbunden 
999,  1 :    solidum  autem  nihil  quod  terrae   sit  expers.      absolutio 
(1007,  4)  findet  sich  nur  noch  de  fin.  V  38. 

1009,6:  genitorem  et  efiectorem  sui.  Das  Reflexivpronomen 
Blatt  des  Possessivums  kommt  sonst  bei  Cicero  nicht  vor,  bei 
Cäsar  einmal  b.  G.  IV  28,  2^,  und  wird  in  späterer  Zeit  sehr 
häufig,  z.  B.  Ov.  Met.  I  30  gravilate  sui,  Tac.  ann.  II  13  fama 
sui  IV  21  primo  sui  incessu  XIV  9  hunc  sui  finem,  lustin  37, 
2,  3  magnitudine  sui,  fulgore  sui. 

1009,  5:  immortale  principium  mortalis  animantis*.  Die 
Substantivirung  der  Adjektiva  ist  durch  den  philosophischen 
Sprachgebrauch  entschuldigt;  vgl.  Nägelsb.  S.  432.  de  fin  III  16 
lesen    wir    de    pertinentibus  —  efficientibus.     Im  Timäus  998,  1 


1  De  leg.  II  §  45.    N.  D.  II  151  de  ofl•.  I  24,  93. 

2  S.  Kühner  II  277. 
8  Kühner  II  435,  3. 

*  Vgl.  998,  l(j.  998,24.28.  999,30.  1000,  G.  1004,  15.  26.1006,1. 
1007,  23.  1008,  31.  1009,  5. 


Uniersuchungen  zu  Ciceros  Timäus.  575 

findet  eicb :  ex  inordinato  in  ordinem  addaxit.  So  angewöhnlich 
der  Gebrauch  des  Neutrume  eines  Adjektivurns  im  Ablativ  auch 
ist,  80  finden  sich  doch  auch  hierfür  Belegstellen  bei  Cicero,  z.  B. 
optimo  melius  (de  rep.  III  35,  47),  minimo  contenti  (pro  Flace. 
12,  28),  parere  publico  (bar.  resp.  23,  49),  sonst  aber  auch  bei 
Livius  29,  2,  2  hostico  pacato  und  Seneca  ep.  102,  22:  gravi 
terrenoque^.  '£s  ist  leicht  zu  erkennen,  sagt  Nägelsbaoh,  dass 
sich  die  Anwendung  dieser  Casus  auf  das  Gebiet  wissenschaft- 
licher Kunstausdrticke  beschränkt,  von  denen  nur  die  gewöhn- 
lichsten und  allgemeinsten  zum  Gemeingut  der  Sprache  werden/ 

997,  13:  Omni  orationi  cum  iis  rebus  de  quibus  explicat 
videtur  esse  cognatio.  Das  Griechische  heisst  für  die  bezeichneten 
Worte  ώνττίρ  είσιν  έζηγηταί.  Orelli  führt  nun  zur  Entschuldi- 
gung der  ungewöhnlichen  Wendung  das  einige  Zeilen  weiter 
überlieferte  disputat  oratio  an  (997,  15).  Die  Verbindung  mit 
de,  wie  sie  hier  erscheint,  findet  sich  noch  Tnsc.  III  6,  13:  de 
omni  animi,  ut  ego  posui,  perturbatione  explicabo.  Bei  Vitruv. 
10,  22  lesen  wir  explicare  de  scorpionibus  et  uatapultis.  Aber 
oratio  als  Subjekt  ein  Verbum  regierend  befremdet  allerdings  bei 
der  bekannten  Behutsamkeit  der  Römer  in  diesem  Fall,  um  so 
mehr,  als  diese  Abnormität  sich  gerade  im  Timäus  wiederholent• 
lieh  vorfindet,  z.  B.  999,  5  vinculorum  pulcherrimum  —  efficit, 
996,  9  adfert  —  sensus  997,  14.  1004,  28  nox  et  dies  —  efficit 
1008,  17  ortus  —  cum  —  transferet  1010,  8:  oculi  attulerunt. 
Und  doch  fehlt  es  auch  hierfür  nicht  an  Parallelen  bei  Cicero, 
z.  B.  partit.  or.  13,  46  alterum  (genus  argumentandi)  —  spectat^ 
alterum  se  inflectit  etc.  Dirigitur,  cum  proposuit  — ,  quod  pro- 
baret,  sumpsitque  —  atque  —  se  retulit  atque  conclusit.  lUa 
—  sumit  quae  vult  eaque  confirmat,  deinde  —  lAcit.  —  Ac.  pr. 
3,  7  disputationes  —  agunt  —  eliciant  —  exprimant.  de  fin. 
II  15,  48:  consuetudo  loquitur;   fat.  1,  1  casus  impedivit  u.  ö.^. 

snperiores  für  die  ^oben  erwähnten'  ist  ungewöheliob  (998, 
26.  έκείνυϋ  31  Α),  es  bezeichnet  das  früher  Geschehene,  nicht  das 
früher  Berichtete;  also  superioris  solis  defectiones  rep.  I  6,  25, 
superiore   nocie  Cat.  I  1,  1.     in  sup.  vita   sen.  8,  26  u.  a.  m.^ 

1  S.  Nägelsbach  S.  67  f. 

«  Tuec.  U  25,  60  off.  I  4,  13.  I  2,  7.  20,  68.  N.  D.  II  33,  83• 
leg.  I  12,  33  Kühner  278. 

«  Fam.  V,  17,  1  pro  Pomp.  3,  7.  Caedn.  6,  17.  Quint.  6,  15. 
66,  188  Cat.  I  7,  18.  Phil.  V,  13,  35.  cf.  Caee.  b.  G.  VII  58,  5.  (VUI 
46,  1)  vgl.  Söderbolm,   dialecti  Cioeronis  descriptio.    Helsingfors  1853. 


576  Fries 

Aucb  neue  syntaktieche  Bildungen  und  neue  Wortfügungen 
begegnen  im  Timäus.     Rationem  habere  bedeutet  sonst:    berück- 
sichtigen und  steht  in  Verbindung  mit  einem  Genitiv.    Hier  steht 
es  (998,  3),    als  Uebersetzung   für    λογισάμενος    (cum   rationem 
habuisset).     Entweder    müsste    ratio    hier    ein  Attribut    bei  sich 
haben,  wie  Stephanus  hanc  hinzufügte,   oder  statt  habere  müsste 
inire  stehen  (s.  Nägelsb.  S.  172  ff.  Verr.  V  101.  N.  D.  III  71). 
Eine  Stelle    nur  kommt    uns    zu  Hülfe,    in    der    fünften   Verrina 
lesen  wir  nämlich  (14,  36):  Nunc  sum  designatus  aedilie ;  habeo 
rationem,  quid  a  populo  Romano  acceperim.    Der  Nebensatz  quid 
etc.  steht    attributiv  zu    rationem  habeo,   nicht    zu    ratio.     Auch 
die  Timäusstellen   können  wir  so  auffassen:    zu  rationem  habere 
ist  aus  dem  vorherigen  Satz  quid  esset  pnlcherrimum  zu  ergänzen 
und  als  Attribut  dazu  zu  denken. 

998,  15:  sive  cernatur.  sive  regiert  nur  dann  den  Kon- 
junktiv, wenn  die  Ungewissheit  der  Sache  bezeichnet  werden 
soin,  was  hier  nicht  zutrifft.  Erst  bei  Plinius,  Valerius  Maxi- 
mus, Laktantius  erscheint  sive  auch  sonnt  mit  dem  Konjunktiv'. 

998,  22 :  dictu  melius  et  verius.  Der  Komparativ  von  veras 
findet  sich  sonst  nicht  mit  dem  zweiten  Supinum  verbunden '. 

1003,  6:  exordium  induxit  (für  αρχήν  ήρζατο  36  Ε)  findet 
sich  sonst  nirgends.  Chalcidius:  divinam  originem  auspicata  est 
(34,  20  Wr.).  —  Auffallend  sind  noch:  1004,  11:  ne  in  eo  lon- 
gior  ponatur  oratio,  1005,17:  deficiebat  ad  propositum  exemplar 
imaginis  sirailitudo,  1006,  13^:  quae  de  deorum  natura  praefati 
sumus,  habeaiit  hunc  terminum.  1008,  24:  sese  (cum)  extra  om- 
nem  culpam  causamque  posuisset,  1009,  23:  altitudinem  assumpsit^ 

Mindestens  bemerkenswerth  ist  wohl  der  Konjunktiv  bei 
quod  in  dem  Satz  998,  27 :  Quorum  ne  quid  accideret  atque  ut 
hie  mundus  esset  animanti  absoluto  simillimus,  hoc  ipso,  quod 
solue  atque  unus  esset,  ideirco  singularem  deus  hunc  mundum 
atque  unigenam  procreavit.  Ebenso  suseipere  mit  ut  finale  1007, 
17:  suscipite  ut  illa  gignatis :  41  C  τρεττεσθε  —  έττι  τήν  —  5η- 
μιουργίαν.     1010,  2:  quae  rerum  adiuvant    causas  für    αϊτια,   4 


^  de  rep.  1  36,  56.     Brut.  80,  276. 

2  S.  Reisig,  Vorles.  443.     Krebs,  Antib.  «92  f. 

3  Kühner  II  536.     Dräger  II  866  f. 

4  40D  άλλα  ταΟτά  xe  IkovCüc  ήμίν  ταύτΓ)  καΐ  τά  περί  θεών  ορα- 
τών καΐ  γβννητών  είρημένο  φύσ€ω€  ίχέτω  τέλος. 

^  οψη  λαβοΟσα  46  C. 


tJntersuchangen  zu  CiceroB  Timäas.  57? 

adiuvantia  cauearum  für  συμμ€ταίτια.  1010,4:  efficientes  rerum 
pulcherrinianim  rerum  1010,  16:  de  oculorum  quidem  caitsiSy  ut 
haberent  eam  vim,  quam  nunc  habent,  eatis  ferme  esee  dictum 
puto.  19:  baec  quae  est  habifa  de  univeraitate  oratio  (!)  a  nobia, 
band  umqnam  eaaet  inventa  —  —  u.  ä. 

Allein  es  bieaae  daa  vorliegende  Material  aebr  unzureichend 
ausnutzen,  wollte  man  aus  einigen  stiliatiacben  Abaonderlicbkeiten 
dea  Fragmenta  ein  Urtbeil  über  die  Autbentie  deaaelben  fällen, 
obne  die  zablreicben  Stellen  gröaaeren  oder  kleineren  Umfanga, 
die  in  anderen  Scbriften  Ciceroa  eich  finden,  an  denen  Ueber- 
aetzung  aua  dem  Griecbiscben  nncbweiabar  iat,  auf  ihre  Latinität 
hin  zu  prüfen;  denn  ea  wäre  nicht  undenkbar,  daaa  Cicero  da,  wo 
er  überaetzt,  unbewuaat  oder  bewuaat  von  aeiner  Sprech weiae  ab- 
weicht und  den  Ton  dea  Originale  auf  aich  wirken  läaat.  Daaa  dies 
für  einige  Fälle  in  der  That  zutrifft,  wird  aicb  im  Folgenden  zeigend 

In  einer  Aristoteleaatelle  z.  B.  begegnet  efficientia  (N.  D.  II 
37,  95).  de  rep.  II  4,  7:  demutatio  nach  Dicäarch  (cf.  ad  Att• 
VI  2,  3 :  totidem  verbia  tranatuli).  ibid.  §  8  deaidioaua.  de  leg. 
II  IB,  45,  wo  er  Plato  überaetzt,  begegnet  die  alterthümlicbe 
Form  duellum.  Im  aomnium  Scipiouia  25,  27,  wo  Platoa  Phädrua 
zum  Vorbild  diente,  wird  a  primo  zur  Bezeichnung  dea  Anfange 
gebraucht,  waa  ao  nirgenda  belegbar  iat.  Im  Gato  maior  17,59 
wird  aua  Xenophons  Oekonomica  IV  20  ff.  überaetzt  und  der 
Plural  proceritatca  gebildet,  der  nur  hier  eracheint.  Die  Stelle 
gehört  unter  die  Fragmente  der  Oeconomica,  wird  aber  von  den 
Herauagebern  dort  nicht  angeführt. 

An  neuen  Wortverbindungen  fielen  mir  auf:  aomn.  Scip. 
25,  27:  quando  finem  habet  motua  vivendi  finem  habeat  neceaae 
eat.  Sonat  heiaat:  enden  bei  Cicero  extremum  habere,  finia  wird 
mit  dare  oder  imponere  verbunden.  Cicero  acheint  an  einer 
Stelle  dem  Auadruck  finem  habere  gefliaaentlich  aua  dem  Wege 
gegangen  zu  aein,  pro  Sext.  65,  136  heiaat  ea:  aed  ut  extremum 
habeat  aliquid  oratio  mea  et  ut  ego  ante  dicendi  finem  faciam 
quam  etc.  ^  Daher  der  achnelle  Wechael  dea  Auadrucka.  Quin- 
tilian  hat  obige  Redenaart  öftere  (il  15,  38.  17,  22,  X  77). 

1  Für  Cicero  als  üebersetzer  sind  die  Schriften  von  van  Heosde, 
Clavel,  Bernhardt,  auch  Häggströms  Abhandlung  über  Cioeros  Ueber- 
setzungen,  Upsala  18ϋ1,  Gloel  u.  a.  m.  benutzt  worden. 

2  Diele  vergleicht  in  seinen  Vorlesungen  über  Cicero  zu  n.  d.  I 
6,  15  progressus  habere  mit  dem  Griechischen  ήσυχίαν,  παρουσίαν, 
μέμψιν,  έιΗδοσιν  etc.  έχειν. 

Bhein.  Mus.  f.  PhUoL  N.  F.  LIV.  37 


578  Fries 

In  der  Stelle  auR  der  Cyropädie  im  Cato  (22,  81)  heiest 
es:  dormientinm  animi  maxime  declarant  divinitatem  saam;  mnlta 
enim  cum  remissi  et  liberi  sant  futura  proepiciunt.  Ex  qao  in- 
telligitur,  qnalee  fntnri  eint,  cam  se  plane  corporis  vincalis  re- 
laxaverint.  Helaxare  bedeutet  hier  offenbar:  befreien.  Im  Bmtne 
aber  5,  21  steht:  relaxa  modo  panllum  animnm  ant  sane  si  potes 
libera,  und  ad  fam.  VII  1,  5:  qnibus  (occupationibns)  si  me 
relaxaro  —  nam  nt  plane  exsolvam  non  postulo.  Das  Wort  hat 
also  an  diesen  Stellen  nicht  die  Bedeutung  des  Befreiens!  Ausser- 
dem steht  bei  demselben  sonst  a  mit  dem  Ablativ^,  de  leg.  I  4, 
IIa  oontentionibus,  Or.  56,  176  a  nimia  necessitate  te  numerornro, 
während  es  an  obiger  Stelle  den  blossen  Ablativ  bei  sich  hat. 

Die  Wendung  de  via  decedere,  die  in  einer  Piatost  eile 
begegnet  (rep.  143,  67.  Plat.  rep.  VIII  562  A.)  findet  sich  wohl 
bei  Komikern  (Plaut.  Trin.  II,  4,  80.  Amph.  III  4,  1  Ter.  Heaut. 
prol.  31.)  und  bei  Sueton  (Nero  4  Tiber.  31.),  nie  aber  bei  Cicero. 

Auch  ungewöhnliche  Konstruktionen  finden  sich  sonst:  im 
Traum  des  Seipio  25,  27  heisst  es:  soluro  igitur  quod  de  se  mo- 
vetnr  —  numquam  ne  moveri  quidem  desinit.  De  in  instrumen- 
taler Bedeutung  findet  sich  erst  in  ganz  später  Zeit,  bei  Apalejus 
(3,  7;  8,  8.  9,  40)  Papinian  (dig.  36,  1;  57,  2)  Laktanz  (c.  D. 
IV  26,  37.)  Martianus  Capella  2,  47  Liv.  epit.  51  (s.  Kühner 
II  302  Dräger  I  587). 

de  rep.  I  43,  67:  ut  nihil  intersit  civis  sit  an  peregrinus, 
das  Subjekt  des  Satzes  fehlt.  Bei  Plato  heisst  die  Stelle:  (rep. 
VIII  563  A.)  μίτοικον  bi  άύτψ  και  άστόν  μετοίκψ  έξισοΟσαι 
και  Ηίνον  ώοαύτωο. 

Cato  22,  79:  si  nihil  eorum  ipsorum  animi  efiicerent  quo 
diutiue  memoriam  sui  teneremus.  Quo  nach  efficere  findet  sich 
bei  Cicero  sonst  nirgends,  bei  Livins  einmal  II  60,  1 :  et  natura 
Quintius  erat  lenior  et  saevitia  infelix  collegae  quo  is  magie 
gauderet  ingenio  ßuo  eff'ecerat.^ 

Also  nicht  nur  im  Timäus,  sondern  tiberall,  wo  Cicero  ans 
dem  Griechiscben,  besonders  aber  wo  er  Plato  übersetzt,  nimmt 
sein  Stil  eine  ungewöbnlicbe  Färbung  an^,  sei  es,  dass  darin  eine 
beabsichtigte  Wiederspiegelung  der  fremden  Redeweise  zu  er- 
blicken ist,  sei  es,  dass  die  Unbefangenheit  des  Ausdrucks  in  der 


1  Kühner  276. 

2  Küher  II  498  f.     Dräger  II  658. 

^  Vgl.  das  rocht  lesenswerthe  Kapitel  bei  Clavel  S.  294. 


Untersuchungen  zu  Ciceros  Timäos. 


679 


Reproduktion  schwer  verständlicher  G-edankenreihen  verloren  ging. 
Hierüher  wird  unten  eingehender  zu  sprechen  sein.  Hochdanz 
behauptet  nun,  auch  die  Art  und  Weise  wie  der  Timäus  übersetzt 
sei,  entspreche  nicht  der  sonst  bei  Cicero  üblichen  Methode. 
Aber  von  einem  wortgetreuen  Uebersetzen,  wie  wir  es  kennen, 
war  bei  Cicero  keine  Hede,  non  vorba  interpretatnr,  sed  senten- 
tias  exprimit  (leg.  II  7,  17,  fin.  III  16,  55.).  Ans  der  langen 
Periode  in  der  Platonischen  Apologie  έγώ  γαρ  δν  οΤμαι  —  πρΟ€ 
τάο  δλλαο  ήμέραο  κα\  νυκταο  ^  macht  er  den  einfachen  Satz  (Tusc. 
I  41,  97:)  aut  quam  multi  dies  reperiri  possnnt,  qui  tali  nocti 
anteponantur  cui  si  similis  futura  est  perpetnitas  omnis  insequen- 
tis  temporis,  quis  me  beatior,  an  Umfang  ca.  ein  Viertel  des 
Originals  *. 

Da  kann  es  nicht  sehr  auffallen,  wenn  auch  im  Timäus 
derartige  Freiheiten  begegnen,  die  sich  übrigens  alle  in  viel  be- 
scheideneren Grenzen  bewegen: 


29  Β  ώ  b€  ουν  ΤΓ€ρί  τ€  εΐκό- 
VOC  και  ΤΓ€ρ\  τοΟ  ΤΓαρα5€(τματο€ 
αότή€  ί>ιοριστίον. 

29  Ε  τούτου  b'  έκτόο  ών 
πάντα  βτι  μάλιστα  γβν^θαι 
έβουλήθη   παραπλήσια   έαυτφ. 

2D  Ε  ταυτην  ί>ή  τ^νίσειυο 
καΐ  κόσμου  μάλιστ'  δν  τιο 
αρχήν  κυριιυτάτην  παρ'  avbpuiv 
φρονίμων  αποδεχόμενος  ορθό- 
τατα άποί>ίχοιτ  δν. 

30  Β  νουν  V  αυ  χωρίς  ψυχήε 
αδύνατον  παραγενίσθαι  τψ 

30  C  τψ  μέν  ουν  έν  μέρουε 
εϊόει  πεφυκότων  μηί>ενΙ  κατα- 
ξιώσωμεν. 


30  C  ήμας  8σα  τε  δλλα  θρέμ- 
ματα Ευνέστηκεν  δρατά. 


997,  27 :  de  iis  quae  diximus 
haeo  sit  prima  distinctio. 

997,  27:  omnia  sui  similia  ge- 
nerayit. 

997,    28:    haec    nimirum  gi- 
gnendi  mundi  causa  iustissima. 


<Vacat.> 

998,  11:  nullius  profecto  id 
qiiidem  quae  sunt  nobis  nota 
animantia,  sunt  enim  omnia  in 
qnaedam  genera  partita  aut  in- 
choata. 

998,  17:  homines  et  pecndes 
et  omnia  quae  sab  aspectum 
cadunt. 


1  40  D. 

3  Weiteres  Material  ist  am  bequemsten  in  den  Nebeneinander• 
Stellungen  bei  Clavel  zu  ßnden,  vor  dem  übrigens  in  textkritischer 
Hinsicht  zu  warnen  ist. 


580 


Fries 


30  D  ττανθ*  δσα  αύτοΟ  κατά 
φύσιν  Ευτγ€νή  ίψα  dvxoc  έχον 
έαυτοΟ. 

32  C  των  bk  br\  τεττάρων 
Ιν  δλον  ίκαστον  εϊληφεν  ή  του 
κόσμου  ζύστασιο,  έκ  γάρ  πυ- 
poc  παντΟ€  υδατόο  τε  και  άέροο 
και  τή^  Ηυν^τησεν  αυτόν  6 
ζυνιστάο  μέροο  ούί>έν  ούδενόο 
ούί>έ  δύναμιν  ίΕιυθεν  ύττολιπών. 

33  Α  bxä  6ή  τήν  αΐτίαν  και 
τόν  λογισμόν  τόνδε  Ιν  δλον 
δλιυν  έΕ  απάντων  τέλεον  κα\ 
άγήρων  και  δνοσον  αυτόν  έτε- 
κτήνατο. 


33  Β  κυκλοτερέο  αυτό  έτορ- 
νεύσατο  πάντων  τελεώτατον 
όμοιότατόν  τε  αυτό  έαυτψ 
σχημάτων. 


998,  21:  omnia  animalia. 


33  C  oub'  αυ  τίνος  έπιδεέο 
ήν  όργανον  σχεϊν  φ  τήν  μέν 
elc  εαυτό  τροφήν  οεΕοιτο,  τήν 
bi  πρότερον  έΕικμασμενην  άπο- 
πίμψοι  πάλιν. 

38  Ε  το  προσταχθέν  έμαθε. 

40       (vacat). 

40  Β  τάο  bi  πίντε  κινήσεις 
άκίνητον  και  έστόε,  ϊν'  δτι  μά- 
λιστα αυτών  ίκαστον  γένοιτο 
ώε  άριστον. 

(vacat.) 

42  Β  βίον  ευδαίμονα  και  συν- 
ήθη ?Ηοι. 

42  D  ϊσα  όργανα  χρόνου. 


997, 27:  earuxn  aatem  qnattaor 
rerum,  qaas  eapra  dixi,  sie  in 
omni  mundo  partes  omnes  con- 
locatae  sunt,  nt  nulla  pars  ha- 
iusce  generis  excederet  extra 
atque  ut  in  hoc  aniverso  in- 
essent  genera  illa  aniversa. 

1000,  3:  habnit  igitur  hanc 
rationem  effector  maodi  et  mo- 
litor  dene,  nt  unnm  opne  totum 
atque  perfectum  ex  omnibue 
totis  atque  perfectis  absolyeret, 
qnod  omni  morbo  et  senio  ya- 
caret. 

1000,  10:  idque  ita  tomavit 
ut  nihil  efficere  posset  rutundins, 
nihil  asperitatis  ut  haberet,  ni- 
hil offensionis,  nihil  incisum  an- 
gulis,  nihil  anfractibus ,  nihil 
eminens,  nihil  lacnnosum.  ' 

1000,  17:  nee  vero  desidera- 
bat  aut  alimenta  corporis  aut 
detractionem  confecti  aut  con- 
sumpti  cibi. 

1004,  15     <vacat.> 

1005,  18:  in  speciem  rerum 
intuens. 

1005,  30:  quinque  autem  re- 
liquis  motibus  orbum  eum  vo- 
luit  esse  et  expertem,  immo- 
bilem et  stantem. 

1006,  20:  itaque  eorum  yoca- 
bnla  nobis  tradiderunt. 

1008,  17     <  Vacat). 

1008,  20:  reliquos  mundi  par•    ' 


Untersachangen  zn  Cicerot  Timäas.  581 

tee  quae  eint  ad  epatioram  tem- 
porie  significationem   oonstitutae. 

Έίη  weiterer  Grand  za  Bedenken  ist  das  Vorhandeneein  von 
Stellen,  an  denen  der  Sinn  des  Griechiechen  nnrichtig  wiederge- 
geben erscheint.  Ob  Derartiges  einem  Tiro  zuzutrauen  sei,  steht 
dahin,  bei  Cicero  erwarten  wir  es  sicher  nicht.  Nun  findet  sich 
im  TimSus  mehr  als  ein  Beispiel.  K.  F.  Hermann  hat  eine  Reihe 
von  Stellen  gesammelt,  an  denen  der  Sinn  des  Plato  missver- 
standen  zu  sein  scheint,  und  die  Aussage  eines  so  hervorragenden 
Platokenners  muss  hier  schwer  in  die  Wage  fallen.  Hermanne 
Abhandlung  über  unsere  Schrift  ist  nicht  immer  leicht  zugänglich, 
daher  mag  hier  wenigstens  einiges  aus  seinen  Anführungen  her- 
ausgegriffen werden:  τόν  i€pov  Έρμου  λεγόμβνον  tibersetzt  Cicero 
sanctam  Mercurii  stellam  (c.  9.),  in  Yerkennung  der  Zusammen- 
gehörigkeit von  kpov  und  Έρμου  (Herm.  p.  15).  Das  Griechische 
ού<Τΐα  wird  c.  7  u.  8.  mit  materia  übersetzt,  durchaus  unzutreffend, 
wie  im  Hinweis  auf  Böckh  (Crenzers  Stud.  III  p.  27),  und  Zeller 
Piaton  Stud.  S.  211  dargethan  wird  (Herm.  16—26).  c.  4  ist 
in  den  Worten  qui  cum  contineat  sit  necesse  est  der  acc.  dual, 
έκείνω  mit  dem  dat.  sing,  έκείνψ  verwechselt  worden  (Herm. 
S.  28).  Diese  Verwechselung  beruhe,  führt  er  tiberzeugend  aus, 
auf  der  häufigen,  von  Strabo  (14,  648)  und  Sextus  (adv.  math. 
I  169  ff.)  bezeugten  Yernachlässignng  des  t  subscriptum.  Doch 
es  lohnt  sich,  die  interessanten  Ausführungen  Hermanne  selbst 
nachzulesen,  die  bei  kurzer  Rekapitulation  nur  verlieren  können. 
—  Dass  er  die  Stelle  28  Α  τό  boEij  μετ'  αίσθήσεωο  άλογου 
boSacTTOv  996,  10  quod  adfert  etc.  nicht  erwähnt,  ist  aufi^llig, 
da  hier  trotz  der  Corruptel  im  Text  auch  Missverständniss  des 
üebersetzers  erkennbar  ist. 

Allein  alles  das  ist  kein  Grund,  den  Timäus  dem  Cicero 
abzusprechen,  bei  dem  ein  Missverstehen  des  Autors  auch  sonst 
nichts  Unerhörtes  ist.  Wem  fällt  nicht  die  Verwechselung  von 
Entelechie  und  £ndelechie  in  den  Tuskulanen  ein? 

Für  die  Aratea  hat  Moll  (Ciceros  Aratea.  Schlettstadt 
1890  Progr.  p.  12  f.)  mehrere  Irrthümer  aufgezeigt  V.  57  6  bt 
ist  fälschlich  auf  eqnus  statt  auf  Aquarius  bezogen  (Ar.  284). 
y.  96  - 101  ist  der  ganze  Zusammenhang  falsch  aufgefasst,  'je 
weniger  indes  hier  Cicero  den  Arat  verstanden  hat,  um  so  breiter 
ist  seine  Ausführung'  (!)  107:  subter  pedes.  308:  quattor  statt 
tree  XU  a.  m, 

Xenophons  Worte  Oec.  9,  8:    6ίχα  bk  καΐ  τά  εΐο  ένιαυτόν 


582 


Fries 


άπολελογισμένα  κατέθεμεν  übersetzt  er:  (997,  5.  Colam.  XII  3, 
3):  annnm  quoque  in  daas  partes  divisimus,  wozu  Küster  be- 
merkt: Inepte  et  imperite  vertit  Cioero;  —  Quasi  ί>ίχα  κατατιθί- 
ναι  esset  in  daas  partes  dividere,  qnum  οιχα  b.  1.  manifesto 
nibil  aliud  sit  quam  xuipic.  Sed  solet  Tullius  quum  ex  Graecis, 
Latine  vertit,  non  raro  a  sensu  loci  toto  caelo  aberrare,  und 
an  die  bekannte  üebersetzung  von  άριστοττοιεΐαθαι  pergere  animo 
forti  erinnert.  Es  läset  sich  diese  Reibe  nocb  sebr  ausdebnen, 
jedenfalls  kann  das  Vorkommen  von  Missveretändniseen  im  Timäus 
nicbt  gegen  die  Autorscbaft  Ciceros  spreeben. 

Nun  betraobten  wir  nocb  die  Üebersetzung  der  wicbtigsten 
termini  inn-  und  ausserbalb  des  Timäus,  um  aucb  bieran  die  Ecbtbeit 
des  Fragmente  zu  prüfen. 


Timaei. 
αγαθός     42  D 

Apol.Soor.40D. 

29  Α 

42  Α 

29  Α 

29  Ε 
dtbiov       29  Α 

29  Α 
αϊσθησιο  28  Α  Apolog.  40  C  sq. 

42  Α 
αισθητός  28  Β 

37  Β 
δλογος     28  Α 

43  Β 
SXuTOC      41   Α 

41   Β 
αμέριστος  35  Α 
37  Α 

(άμερής)  35  Α 
(δσχιστοο)  36  D 
αναλογία     32  C 
21  C 


Cic.  Tim.  Bait. 

1.  bonus  2008,  31. 

2.  elevatus  Tusc.  I  41,  98. 

3.  praestans  997,  8. 

1008.  6. 

4.  probus  997,  4. 
probitas  997,  2. 

1.  species  aeternitatis  997,  4. 

2.  aeternitas  997,  7. 

sensus  996,  10.   Tusc.  I  41,  97. 

1008,   10. 

sensum  movens  996,  21. 

qua  sensus  cieri  potest  1003,  20. 

rationis  expers  996,  10. 

fortuito   1009,  14. 

1.  indissolutus  (nb)   1007,  5. 

2.  indissolubilis  1007,  8. 

1.  quae  individua  est. 

2.  individuus  atque  simplex 

1003,  14. 

individuus  1001,  9. 

1002,  20. 

1.  comparatio  999,  24. 

2.  comparatio  999,  18  (1002,  9). 
proportione  αναλογία  ad  Att. 
VI  2,  3.  cf.  Gell.  II  25  quam 
quidam  Latine  proportionem 
vocant. 


i 


ünienaohmigen  su  Cioeros  Timäue. 


583 


άνάλογον   37,  8 
άνά— λόγον  32  Β 

29  C 
άπεργάεομαι  40  Α 

43  Α 
39  Ε 

41  D 

42  £ 
άπ6ί>€ΐΕΐ€  40  Ε 


άτΓτός     31  Β 

31  Β 

32  Β 

αρχή       42  Ε  Phaedrus  245  C 
28  Β 

28  Β  (cf.  ήγεμονουν) 

29  Β 
36  Ε 
29  Ε 

αρμονία  37  Α 


όταεία    30  Α 

δτακτο€  43  Β  (Xen.  Oeo.  8,  4) 
46  Ε 

Xen.  Oeo.  8,  4. 

euToSia  Panaet.  π  τ.  καθήκοντος 
άτ€λής  30  C 
41  Β 
άφαψέω  34  Α 
30  Β 
βέβαιος    29  Β 
37  Β 


proportione   1003,  12. 

1.  proportione  999,  20. 

2.  similitudo  999,  17. 

1.  facio  1005,  22. 

2.  efficio  1009,  10. 
8.  effingo  1005,  16. 

4.  orior  1007,  23. 

5.  perpolio  et  absolyo.  1008,  31. 

1.  argQmentnm  1006,  22. 

2.  argnmenti  oonclnsio  Ao.  pr. 
8,  26. 

1.  traotabilis  998,  31. 

2.  tangi  poteet  999,  1. 

3.  enb  tactam  cadit  999,  23. 

1.  principiam  1009,  5.  Tuso.  I 
23,  53.  996,  18  ad  Att.  X 
10,  3. 

2.  996,  20  (N.  D.  III 54)  prin- 
cipatae. 

3.  exordinm  997,  12. 
1003,  6. 

4.  causa  997,  28. 

1.  concentio  1003,  8  pr.  Sest. 
55,  118. 

2.  harmonia  rep.  1 10, 16  Ταβο. 
111,  24.  10,  20.  18,  41.  Ν. 
D.  III  11,  27. 

1.  inordinatum  998,  1. 

—  1009,  13. 

2.  inooDBtane    et    pertorbatue 
1010,  15. 

3.  (eine  ordine  ao  diepositione 
976,  24). 

ordinie  ooneervatio  off.  I  40, 142. 

1.  imperfeotne  998,  13. 

2.  non  perfeotne  1007,  14. 

1.  separo  1000,  27. 

2.  detrabo  1001,  25. 

1.  immntabilis  997,  14. 

2.  firmus  1003,  22. 


584 


Fries 


βούλησκ  41  Β 

1. 

coneilium   1007,   16. 

Antiocbus  ?  Clitomaclius  ? 

2. 

appetitio  Taec.  IV  6,  12. 

γεγονόο 

28  Β 

1. 

quod  gignitur  996,   15. 

29  Α 

2. 

quod  generatum  ortnmque  di• 
cimne  997,  3. 

29  Α 

3. 

generatus  997,  5. 

fiveoxc 

27  D.  28  Β.  39  Ε. 

40  C. 

1. 

ortus  996,  7,  19.    1001,  13. 

41  C.  41  Ε.  42 

Β 

1005, 15.  1006,  25. 1007,  18. 
100,  3.  17. 

29  C 

2. 

id  quod  ortum  eet  997, 19. 19. 

27  D.  28  Β.  29  D. 

.  38  C 

3. 

origo  996,  13.  19.  997,  26. 
1004,  1. 

Phaedr.  245  D 

4. 

natura  Tusc.  I  23,  54. 

beaμ6c 

31  Β.  88  Ε.  41  Β. 

,48  Α 

1. 

vinculum  999,  4.  1004,  15. 
1007,  11.    1009,  8. 

36  Α 

2. 

colligatio  1000,  6. 

δημιουργός  29  Α 

1. 

artifex  997,  4. 

46  Ε 

2. 

efficiens  1010,  14.  fam.  9, 
22,  1. 

28  Α 

3. 

18  qui  aliquod  muDUs  eföcere 
molitur  996,  13. 

41  Α 

4. 

parens    effectorque    1007,  5. 

42  Ε 

5. 

genitor  et  effector   1009,  6. 

40  C 

6. 

effectrix  1006,  5. 

δημουργία  41  C 

gignere  1007,   17. 

hoia 

28  Α.  37  β 

1. 

opinio  996,  9.    1003,  22. 

28  Β 

2. 

opinatio  996,  22. 

bolaZw 

28  Α 

1. 

quod  opinabile    est  996,  10. 

46  D 

ο 

*<• 

existimo  1010,  3. 

ούναμκ 

38   D.  41  C. 

46  Ε 

1. 

vis  1004,  17.1007,  17.  1010, 

17. 

impulsio  1000,  2. 

33  Α 

2. 

κατά  ούναμιν  30  Α 

quod  natura  pateretur  997,30. 

itboc 

35  Α 

1. 

genus  1001,  17. 

42  D 

2. 

affectio  1001,  23. 

€!κών 

29  Β.  C 

simulacrum  997,  11,   16. 

ίγκονοο 

40  D 

1. 

progenies  1006,  19. 

41  Α 

2. 

prosapia  1007,  2. 

είμαρμίι 

/θ€41ΕΡΗ1ο(1πι.π.€ύσ. 

1. 

fatalis  1008,  2.  N.  D.  1  20,  55. 

Posidon.  π.  μαντικής. 

2. 

fatum  div.  I  55,  125. 

εΐκώο     ! 

29  C 

probabilie  997,  22. 

üntenachungen  zu  Ciceros  Timäus. 


585 


^μφριυν    36  Ε 

46  D 
?μψυχο€  30  Β 

38  Ε 

Phaedr.  245  Ε 
έναρτήο    39  Β 
ένάργ€ΐα      Philo  Larissaens, 

(Soeus) 


ετυμολογία 


ευδαίμων.  34  Β 

Xen.  0er.  4,  25 
έ(υσφόρο€  38  D.  38  D 

ίψον  30  Β.  C.  D.  39  Ε.  41  D. 
Ε.  43  Β 

30 C.  31  Α.  Β.  32  D.  33  Β. 
38  Ε.  39  Β.  40  Β.  42  Ε. 
42  Ε 

41  D 

Χβη.  Οβο.  7,  19 
ήόονή  42  Α 

stoische  Quelle 
ήγεμονικόν 
eέμ\c  29  Α.  30  Α 
\bia    28  Α.  35  Α.  40  Α.  46  C. 


39  Ε 


1.  sapiens  1003,  6. 

2.  sapiens  et  intellegens  1010, 10. 

1.  intelligens  998,  9. 

2.  animalis  1004,  15. 

3.  änimal  Tusc.  I  23,  54. 
evidens  1004,  23. 

1.  perspicnitas  ant  evidentia  Ao. 
pr.  6,  17. 

2.  illnstratio  et  evidentia  'a  Ci- 
cerone nominatur'  Quint.  VI, 
2,  32. 

1.  quam  &raeci  έ.  yocant  id  est 
verbum  ex  verbo  verilo- 
quium:  nos  antem  novitatem 
verbi  non  satis  apti  fugientes 
genas  hoc  notationem,  qnia 
sunt  verba  rerum  notae.  Top. 
8,  35. 

2.  yerborum  explioatio  Ac.  poet. 
8,  32. 

1.  perfeote  beatus  1001,  10. 

2.  beatus  de  sen.  17,  59. 
Lucifer  1004,  7.  9.  N.  D.  Π 
20,  33. 

1.  animal998,8.14,20.1O05,13. 
1007,  14.  1008,  5.  1009,  13. 

2.  animans  998,  16.  998,  24.  28. 
999,  30.  1000,  6.  1004,  15. 
26.   1006,  1.   1008,  31. 
1009,  5. 

3.  animatus  1007,  23. 
(4.  humanus  975,  13.) 

1.  voluptas  1008,  11.  fin.  II  3, 
8;  4,  12.  fam.  XV  19,  2  sq. 

2.  laetitia  fin.  III  10,  35. 
principatus  N.  D.  II  29. 
fas  997,  5.  998,  2. 

1.  species  996,  14.  1001,  20. 
1005,  22.  1010,  13.  Tuec.  I 
24,  58.  Ac.  post.  8,  30. 

2.  forma  1005,  18.  Or.  III  9  sq. 


586 


Fries 


Upoc  38  D 

Plat.  leg.  XII  955. 
κακία 

καλΟ€  28  Β.  80  Β.  30  C 

29  Α.  29  Α.  30  Α.  40  Α 

31  C 

28  Β 
καλακ  41  Α 
κατάληψιο 


κινέω  43  Β.    46  D.    Phäedr. 
245  C 

30  Α.  Phaedr.  245  C 
κίνησΐ€  40  Β.  43  Β.  Phaedr. 

245  C 
κύκλος    34  Β.  36  C.  D.  37  Β. 

39  Α 
κύκλησις  39  C.  D.  40  C 

Posidon  ΤΓ.  θεών. 

34  Α  <έπανακύκλησις> 

40  C 
39  C 

κρατέιυ    42  Β 
42  D 

42  D 

43  Α 
Kupioc       29  D 

41  Β 

Xen.  Cyrop.  8,  7,  18. 
λαμβάνειν  33  D 

35  Α 
46  C 

36  C 
λέγειν  40  D.  47  Α 

40  D 


VII  30.  (cf.  Sen.  ep.  58,  15. 
idea) 

1.  saDCtus  1004,  7. 

2.  eaoer  leg.  II  18«  45. 

1.  vitiositas  Τόβο.  IV  15. 

2.  Vitium  fin.  III  11.  12. 

1.  praeetans  996,  15.  998,  5. 
19.  ad  fam.  XV  17,  3.  19,  2. 

2.  997,  4.  8.  998,  2.  1005,  23. 
8.  pnlcherrimue  999,  5. 

4.  pnlcbntado  996,  16.  ratione 
1007,   7. 

1.  cognitio,  peroeptio,  compre- 
hensio  Ac.  pr.  6,   10,  47. 

2.  rerum  oognitionee  fin  I Π  5. 

1.  movere  1009,  13.  1010,  11. 
rep.  VI  25,  27.  Tuec.  I  23,  53. 

2.  agitare  997, 31.  de  sen.  21, 78, 
motae  1005,  30.  1009,  14. 
Taec.  I  23, 53.  de  sen.  21,  78. 

1.  orbie  1001,  7.  1002,  13.  21. 
1003,  21.    1004,  18. 

1.  orbie  1005,  1.  2.  1006,  8. 

2.  orbie  aut  circalue  N.  D.  11 
18,  47. 

3.  conversio  1000,  26.  1006,  8. 

4.  cursns  1005,  2. 

1.  regere  1008,  13. 

2.  (Be)dedere  1008,  23. 

3.  depello  1008,  23. 

4.  teneo  1009,  12. 

1.  iustus  997,  28. 

2.  Valens   1007,  10. 

3.  efHcere  de  sen.  22,  80. 

1.  capere  1000,  23. 

2.  sumere  1001,  21. 

3.  assumere  1009,  22. 

4.  circuraplecti  1002,  16. 

1.  explicare  1006,  12.  1010  18. 

2.  aio  10O6,  19. 


üntersuchangeii  su  Ciceros  TimSus. 


587 


Fiat.  Apolog.  41  Α 
41  £ 

46  Ε.  46  Ε.  PI.  Apol.  40  Ε 

41  Α 

47  Α 

40  Ό 

Xen.  Oec.  4,  22. 

41  Β 
40  D 

λήγιυ  42  Ε 

Phaedr.  245  C 
λογίζομαι  30  Α 
34  Α 
ου  λογίεεσθαι  40  D 
λογισμός  33  Α.  36  Ε 

34  Α 
λογιστικόν  37  Β 
λόγοο     29  Α.  37  Β.  38  C. 
42  D. 
46  D 


λογική 


(cf.  δλογοο) 
μεριστός  35  Α.  35  Α. 

(cf.  άμέριστοο) 

μέσοο      32  Α.  33  Β.  34  Β.  34  Β. 

35  Α.  36  Ε 
μεσότηο  32  Α.  Β 

36  Α 
μεταβάλλω  42  C 
μεταβολή  PI.  Apolog.  40  C 
μηχανάομαι  34  C 

40  C 
47  Α 


3.  appello  Ταβο.  Ι  41,  98. 

4.  commonstro  1008,  2. 

5.  dico  1010,  13.  17.  Tusc.  I 
41,  98. 

6.  for  1007,  4. 

7.  orationem  habeo  1000,  2. 

8.  praefor  1006,  14. 

9.  reepondeo  de  sen.  17,  59. 

10.  sentio  1007,  12. 

11.  enuntio  1006,  17. 

1.  terminnm  anpicere  1008,  20. 

2.  deeinere  Taec.  I  23,  53. 

1.  rationem  habere  998,  3. 

2.  cogito  1001,  13.  ratioDie  ex- 
pers  1006,  11. 

1.  ratio  1000,  3.  1003,  8. 

2.  cogito   1001,  3. 
intelligCDtia  1003,  24. 

1.  ratio  997,  9.  1003,  18.  1004, 
1.  ad  Att.  XIII  21,  4. 

2.  intelligentia  1010,  6.  <logoe 
bei  Plant.  Stieb.  221  Ter. 
Pborm.  493  u.  ö.) 

1.  quaerendi  et  dieeerendi  (pars) 
fin.  I  7,  22. 

2.  ratio  dieeerendi  fat.  I  1.  (ad 
Att.  XIII  9,  5.) 

qaod  dividuum  est  1001,  17. 
19. 

1.  medinm  999,  10.  1000,  9. 
1001,  4.  6.  18.  1003,  4. 

1.  mediOm  999,  16.  18. 

2.  mediain  —  medietae  1002,  1. 
transfero  1008,  19. 
migrare  Tnec.  I  41,  97. 

1.  inchoare  1001,  11. 

2.  'voluit  esse'  1006,  6. 

3.  macbinari  1010,  18. 


588 


Fries 


μοίρα   ί  35  Β 

*  Ι  35  Β.  C.  37  Α 

b  (  41  Β 
voOc  (cf.  XOTOC)  30  Β.  46  D.  46  Ε 

34  Α.  36  D.  39  Ε 

46  D 

Χβη.  Cyrope.  8,  7,  20 
νοητόο    30  C 

31  Α 

37  Α 

89  Ε 
ευν^έω  32  Α.  C.  41  Α.  Β.  43  Α. 

37  Α 

ζυναρμόττίϋ  32  Β 

34  Α  προοαρμ.  36  Ε 
(άρμόττιυ)  41  Α 
Ευνίστημι    29  D  (cf.  μηχανάο- 

μαι) 

34  C 

35  Α 

30  C.  36  D 

41  D 
2υστασΐ€  36  D 
Ηυγκεράννυμι  35  Α 

35  Α.  37  Α.  (41  D) 

oIk€ioc  34  Α 
40  Ε 
(Anlioohne?) 

όνομάΖω  28  Β 
39  C 


1.  membrnm  1001,  23. 

2.  pars  1001,  22.  30.  1003,  12. 

3.  fatum  1007,  10. 

1.  intelligentia  998,  5.  1010,  9, 
1010,  14. 

2.  mens     1000,    25.     1003,    2. 
1005,  18. 

3.  ratio  1010,  6. 

4.  animaR  de  een.  22,  80. 

1.  animo  cernitar,  ratione  intel• 
ligitnr  998,  16. 

2.  ratione  et  intelligentia  998, 
24. 

8.  snb    intelligentiam    oadit 

1003,  9. 
4.  quod  sentimue  1005,  13. 

1.  colHgare  999,  17.  27.  1007, 
6.  11.  1009,  8. 

2.  compingo  1003,  12. 

1.  copnlo  999,   18. 

2.  coniango  1001,  15.  1003,  4. 
8.  vincio  1007,  7. 

1.  machinor  997,  25. 

2.  molior  1001,  15. 

3.  intericio  1001,   19. 

4.  deu8  998,  10.  1003,  1. 

5.  conetituere  1007,  28. 
coniunctio  1002,  12. 

1.  admisceo  1001,  18. 

2.  tempero  1001,  20.  1003,  12. 

(1007,  25). 

1.  aptus  1000,  25. 

2.  snus  1006,  23. 

3.  accommodatus  Ac.  pr.  12,  38 
(ad  Att.  I  10,  3). 

1.  nuncapo  996,  17. 

2.  appello   1005,  5. 

1.  in    cemendi    seneum    cadit 
997,   30. 

2.  cernitar  998,  4.   1010,  8. 


Untei^uchungen  zu  Cioeros  Timäus. 


589 


6ρατΟ€  30  C.  32  Β 

3. 

sab  aspectam  cadit  998,  17. 
999,  22. 

30  D.  31  B.  36  Ε 

4. 

aepectabiÜB  998,  21.  998,  31. 
1003,  7. 

31  Β 

5. 

aepici  potest  998,  32. 

33  C 

6. 

cerni  potest  1001,  4. 

ουσία     29  C 

1. 

aeternitas  997,  18. 

35  Α.  35  A.B.  Β.  37  Α. 

2. 

materia  1001,  15.  17.20.  24. 

37  Α 

1003,  12.  (13). 

(34  C) 

3. 

(essentia)  1001,  5.  cf.  Chal- 
cidius  c.  27.  p.  92  Wr. 

τό  πάν  28  C.  41  Ε.  47  Α 

1. 

onivereitas  996,  24.  1008,  2. 
1010,  20. 

29  C.  31   Β.  33  Β. 

2. 

mundus  997,  19.    999,  2. 
1000,  2. 

32  Α 

3. 

nniverenm  999,  15. 

41  Α.  D 

4. 

omnia  1007,  4.  28. 

41  D 

5. 

universi  natura  1007,  25. 

πείθω  a:  40  D 

1. 

credo  1006.  19. 

b:  40  1) 

2. 

eeqnor  1009,  5. 

περιάγω    36  C 

1. 

cieo  1002,  15. 

36  C 

2. 

detorqueo  1002,  18. 

περιέχω    31  Α 

1. 

compleotor  998,  23. 

33  Β 

2. 

contineo  1000,  7. 

περιλαμβάνω  33  Β 

1. 

conclado  1000,  8. 

39  Ε 

2. 

includo  1006,  17. 

28  Α.  29  Α 

3. 

comprehendo  996,  8.  997,  9. 

28  Β 

4. 

coneido  996,  22. 

περιέρχομαι  39  G.  39  C 

1. 

lostro  1005,  2. 

2. 

conficio  1005,  3. 

περίοόοο  34  Α 

1. 

conyersio  1001,  1. 

(38  C)  39  Β.  C.  D 

2. 

ambitue    1004,  6.  25.    1005, 

43  Α 

4.  9,  1009,  11. 

(περιφορά)  40  Α.  42  C.  47  Α 

conversio  1005,  29.  1008,  20. 

39  Β.  C 

1010,  22. 

circuitue  1004,  25,  1005,  1. 
ambitue  cirouitne  oomprehen- 
sio  continuatio  Or.  204.  oom- 
preheneio  et  ambitue  ille  yer- 
borum   (ei  sie  periodum  ap- 

590 


Friee 


πλάνη       39  C 

40  Β 
απλανής  40  Β 
πίστιο      29  C 

37  Β 
ποικίλλω  39  C.  40  Α 
πρέπων    33  Β.  38  Ε 

προσάπτω  33  D 

41  Α 

πρόνοια     30  Β 


σφαίρα 


σφαιροεώήο  33  Β 
σπείρω  41  C 

41  Ε.  42  D 
στερεός  31  Β.  32  Β 
στερεοεώήο  32  Β 
36  D 

σχήμα  33  Β.  33  Β 


σώμα  34  Β.  35  Α.  36  Ε.  42  Α. 

42  Α.  D.    43  Α.   46  D. 

Xen.  Cyrop.  8,  7,  19. 

34  Α 
σώμα  ίχων  28  Β 
σωματοειδήε  31  Β 
κατά  ταύτα  όν  28  Α 
41  D.  28  Α 

29  Α 
35  Α 

τέλεοε  30  D.  34  Β.  (30  D) 


pellari  placet)  Bmt.  162.  of. 
Quint.  II  4,  14. 

1.  error  1005,  6. 

2.  erratio  1006,  3. 
infixae  1006,   1. 

1.  fides  997,  18. 

2.  aeseneio  1003,  22. 
varieUe  1005,  7.  26. 
decorae  1000,  6.    1004,   13. 
Or.  21,  70.    off.  I  27,  93. 

1.  adÜQgo  1000,  22. 

2.  do  1005,  27. 
Providentia  998,  9.    N.  D.  I 
8,  18.  20.  9,  22.   II  22,  58. 
29,  73.  64,  160. 

1.  globne  N.  D.  Η  18,  47  rep. 
VI  16,  16.  N.  D.  39,  98. 
(conglobatns)  rep.  VI  15,  15. 

2.  sphaera  N.  D.  II  88. 
globosae  1000,  8. 

1.  eerere  1007,  21. 

2.  eerere  et  spargere  1008,4.28. 
solidue  999,  9.  18. 

1.  Boliditae  999,  17. 

2.  concretum  atqne  corporenm 
1003,  2. 

forma  1000,5.7.  Or.  25,  83. 
54,  181.  Brut.  17,  69.  37, 
141.  79,  275.    Topic  8,  34. 

1.  corpus  1001,  6.  17.  1003,  7. 
1008,    89.    29.    1009,   10. 
1010.  8. 

2.  figura  1000,  24. 
corporatue  996,  21. 
corporeus  998,  31. 

1.  unum  atque  idem  996,  9. 

2.  semper  idem  1007,  27.  99G, 
14.  997,  3. 

3.  immutabilis  997,  10. 

4.  uniuR  modi  1001,   16. 

1.  absolutue   998,  20.    1001,  5. 


Untersucliungen  zu  Ciceros  TiraiuM. 


591 


32  D.  33  Α 
39  D 
41   C 


jikoc 


τ€κταινόμ€νοο  28  C 

33  Α 
36  D 
τροφή  33  C 

τροφήν  παρέχειν  33  C.   41  D. 
φόβθ€        40  C 
42  Α 
φορά         36  C 

38  Ε.  39  Β 

38  Ε 

39  Α.  β 
φρόνησκ  34  Α 

40  Α 
46  Ε 

φρόνιμοο  39  C.  Xen.  Cyrop.  8, 

7,  20 
ώφέλ€ΐα    47  Α 


2.  perfectae   999,  30.    1000,  4. 

3.  abeolutae  et  perfectae  1005, 8. 

4.  nihil  abest  1007,  15. 
eummnm  nltimnm  extremum 
finis  fin.  I  12,  41  III,  7,  26 
ad  Att.  XII  6,  1. 

1.  fabrioator  997,  1. 

2•  effector  et  molitor   1000,  3. 

8.  eabeterno  1003,  3. 

alimeDtam  1000  17. 

alo  1000,  19.  1007,  23. 

1.  terror  1006,  11. 

2.  metus  1008,  12. 

1.  orbis  1002,  17. 

2.  cursoe  1004,  14.  24. 

3.  motio  1004,  16. 

4.  motns  1004,  19.  27. 

1.  intelligentia  1000,  25. 

2.  eapieotia  1005,  25. 

3.  prudentia    1010,    15.    off.    I 
43,  153. 

sapiens  1005,  1  sen.  22,  80. 

1.  utilitas  1010,  17. 

2.  emolamentum  fin.  II  21,  69. 


Diese  Zusammenstellung,  die  sich  allerdings  nicht  ganz  in 
den  Grenzen  der  philosophischen  Terminologie  hält,  zeigt,  dass 
Cicero,  dem  an  der  Schaffung  einer  solchen  für  seine  Landsleute 
gelegen  war,  doch  über  ein  Tasten  und  Suchen  nicht  hinauskam. 
£8  gelingt  ihm  nicht,  den  griechischen  Terminus  mit  einem  Wort 
der  Muttersprache  wiederzugeben,  vielmehr  schwankt  er  wieder- 
holentlich  zwischen  zwei  und  mehreren  Ausdrücken  hin  und  her. 
Das  findet  nun  auch  im  Timäue  statt,  die  Uebersetznngen  der- 
selben Worte  unterscheiden  sich  aber  von  denen  in  den  un- 
zweifelhaft echten  Schriften  nicht  mehr,  als  sie  innerhalb  des 
Fragments  selbst  von  einander  abweichen.  Die  Fälle,  in  denen 
ein  Wort  in  verschiedener  Bedeutung  erscheint,  scheiden  natür- 
lich aus,  denn  hier  ist  die  Verschiedenheit  der  Uebersetzung  ge- 
boten. Mit  Hochdanz  aber  aus  einigen  Abweichungen  zwischen 
dem  Timäus  und  den  anderen  Schriften  ein  Argument  gegen  die 


592  Friee 

Echtheit  unseres  Bruchstücks  zu  schmieden,   heiset   ühereilt  und 
ohne  Erkenntniss  des  Thathestandes,  wie  er  klar  vorliegt,  urtheilen. 
Alle  Wahrscheinlichkeit  spricht  dafür,  dass  der  Timäus  von 
Cicero    selbst  herrührt,    und   wenn    die   angeführten  Gründe    zur 
Erhärtung  dieser  Ansicht  nicht  ausreichen,  so  wird  im  Zusammen- 
hang des  Folgenden  manches  Argument  für  fernere  Behauptungen 
stillschweigend    auch   hierauf   bezogen    werden  können;    die   ge- 
sammte  Betrachtung  des  Gegenstandes  zwingt  eben,  immer  wieder 
auf  die  Annahme  der  Authentie  zurückzukommen,  sodass  wir  hier- 
mit als  erwiesener  Thatsache  rechnen  können,  ohne  den  Vorwurf 
der  üebereilung    zu  gewärtigen.     Was    erwidert  werden   könnte 
und    worden   ist,    findet  keine    feste  Stütze,    die  Hochdanz'echen 
Einwände  waren  leicht  zu  entkräften  und  damit  fällt  auch  seine 
ganze,    zunächst,  wie  gesagt,    ansprechende  Tirohypothese.     Tiro 
mag  dem  Verständniss  des  Timäus  gewachsen  gewesen  sein.    Und 
doch,  es  geht  durch  unser  Fragment  ein  so  hoher,  Platbwürdiger, 
man  möchte  sagen,    ein   so  feierlicher  Ton,    wie  ihn  eben   Cicero 
anschlägt,  wo  er  seinen  Landsleuten  'die  Nachtigall  vom  Baum  des 
Akademos'  vernehmbar  und  verständlich  machen  will.    Er  liebte 
Plato  und   diese  Liebe  lieh  seiner  Sprache  im   blossen  Gedenken 
jenes  Grossen    eigenen  Schwung,    eine  eigene  Wärme.     So    wird 
der  Eingang  des  fünften  Buches  de  finibus  mit  seiner  bestricken- 
den Empfindsamkeit,   seiner  klassischen,  reinen  Stimmung  immer 
dus    schönste  Denkmal    für  die    edle  Natur  Ciceros,    des  Vielge- 
schmähten,    sein.     Verstand  er  Plato  und  die  Griechen  nicht,    so 
war  er  doch   nicht  unwerth  sie  zu  verstehen.     Bekannt   sind  die 
Stellen,    an   denen  Plato    gepriesen    wird:    Brut.   121   ofF.   I,   1,  4 
or.  19,  62.  3,  10.     Der  feierliche  in  alterthümlichen   Wendungen 
schwelgende  Stil  des  Fragments  zeugt  von  der  Begeisterung,  die 
Λ'οη  dem  Original  auf  den  Uebersetzer  überströmte,  und  da  denken 
wir    an  unseren    für  Plato  fast   schwärmenden  Cicero;    ihm,    und 
keinem  anderen   mögen    wir  den    schönen  Torso  verdanken,    ihm 
und    nicht    dem  ehrenwerthen,    vielfach    gebildeten  und  doch    so 
nüchternen  Tiro.    Nüchtern  eben,  ohne  weiten  Blick  und  herzlichen 
Aufschwung,  so  denken  wir  uns  den  redlich  aufstrebenden,  in  dem 
Gedankenkreis  seines  Meisters  befangenen  Mann.    So  kennzeichnet 
ihn  jener  Brief  an  Axius^,  wo  er  Kritik  übt  an  einem  Meisterstück 
der  älteren  Beredsamkeif,  an  Catos  Rede  über  die  Rhodier.     Den 
grossen  Sinn    des  hochgestellten  Mannes  misst  er    an    der  klein- 
lichen Methodik  einer  auf  Kunstgriffe  angewiesenen  und  mit  Opor- 
tunitätsgründen    rechnenden    Advokatenrhetorik.     Wer    den   Cato 
so  missverstand,  war  zum  Interpreten  eines  Plato  nicht  geschaifen. 

(Forts,  folgt.) 
Berlin.  Carl   Fries. 

1  Gell.  VI,  3. 


Zar  griechischen  Satzrhjthmik. 


Wenn  man  bei  der  Betrachtung  eines  mit  Sorgfalt  verfaeeten 
griechischen  Proeawerkes  von  der  Wortwahl  und  den  σχήματα 
absieht,  so  sind  es  zwei  Dinge»  die  man  vornehmlich  ins  Auge  zu 
fassen  hat,  Rhythmus  und  Hiatvermeidung.  Diese  zwei  Kunst- 
mittel  sind  ziemlich  gleichen  Alters,  doch  haben  sie  nicht  die 
gleichen  Schicksale.  Die  rhythmische  Gestaltung  der  Endglieder 
hat  nicht  vor  dem  6.  Jahrhundert  n.  Chr.  die  Herrschaft  über 
den  gesammten  Schriftge brauch  erlangt,  ausserdem  unterlag  sie 
mannigfaltigen  der  jeweiligen  Geschmacksrichtung  entsprechenden 
Schwankungen.  Die  Umgehung  der  harten  Vocalverbindungen  zwi- 
schen An-  und  Auslaut  ist  in  viel  weitere  Kreise  gedrungen,  die 
Schwankungen  waren  hier  nur  geringe,  je  nachdem  der  betreffende 
Schriftsteller  eine  Anzahl  von  Kurzwörtern  aus  dem  Gesetz  aus- 
nahm oder  nicht.  Rhythmus  und  Hiatvermeidung  bedingen  sich 
nicht  gegenseitig;  meist  zwar  sind  sie  vereint,  doch  ist  auch  oft 
nur  auf  den  Hiat  Rücksicht  genommen,  während  andererseits  bei 
Späteren,  wie  z.  B.  Prokop,  bei  Zulassung  jeglicher  Hiate  eine 
wohlberechnete  Accentrhythmik  herrscht. 

Damit  habe  ich  in  Kurzem  den  Standpunkt  gezeichnet,  den 
ich  gegenüber  dem  neuen  Werke  von  Norden  über  die  antike 
Kunstprosa  einnehme,  so  weit  es  jene  zwei  Hauptfragen  angeht. 
Die  Grundlage  dieses  Buches  weist,  so  umfangreich  sie  auf  den 
ersten  Blick  scheinen  mag,  doch  eine  Menge  empfindlicher  Lücken 
auf.  Man  konnte  ja  nicht  verlangen,  dass  die  Sammlung  der 
griechischen  Geschichtsschreiber,  dass  Athenäus  und  Stobäns  durch- 
gearbeitet wurden,  aber  man  vermisst  doch  ungern  eine  wenn 
auch  nur  kurze  Erwähnung  von  Leuten,  die  auf  ihre  Rede  einen 
grossen  Fleiss  verwandt  haben,  wie  Diodor,  Strabon  und  Philon. 
Sehr  beachtenswerthe  Ergebnisse  hätten  auch  Stichproben  aus 
Josephus  gegeben.  Das  will  ich  an  einem  Beispiele  darthun. 
In  den  ersten  46  Zeilen  seiner  Lebensbeschreibung  in  der  grossen 

Bhein.  Maa.  t  Pliilol.  N.  F.    LIV.  38 


594  Crönert 

Ausgabe  von  Niese  zeigt  Josephns  an  nicht  weniger  denn  vier 
Stellen  Isorhythmie.  Doch  ist  selten  völlige  Gleichmeseung  vor- 
handen, meist  entsprechen  sich  wirkungsvoll  Längen  und  Auf- 
lösungen. Bemerken  muse  ich  noph,  dass  das  zweite  Glied  regel- 
mässig ein  grösseres  Satzgefüge  abschliesst.  Gleich  zu  Anfang  έ(Ττ1ν 
ουκ  δσημον  321 1  Ανιυθ€(ν)  καταβεβηκός  q  (-w-w-v^~-v>wwv^-w), 
ferner  'Αρχελάου  τό  οέκατον  322*  Καίσαρος  ηγεμονίας  β  (-^ο- 
-wwww*^-^v>-v^v-r^-),   αίρήσεσθαι  τήν  άρίστην  323  ι  εΐ  πάσας 

κατομάθοιμι  ι  ( w — *^ wws>-v^),  λουόμενον  προς  άγνεί- 

αν  β   έγενόμην    αύτου  τ  (»^ «^wwv^ ).     Hierzu    kommen 

noch  zwei  Fälle,  in  denen  die  Werthe  eine  Umstellung  erfahren 

haben:  ευγενείας  ύπόθεσις  3218  γίνος  λαμπρότητος  4  (.^ - 

^wv^w*^-vy v>-w)  und  οέλτοις  άναγεγραμμίνην  εΰρον  322•  ήμας 

πειρώμενος  χαίρειν  φράσας  ίο  ( v^v^w-w — ν-^<^ kj wv^). 

Offc  ist  au€h  dadurch  eine  Abwechslung  erzielt,  daes  bei  sonst 
gleicher  Messung  das  eine  Glied  am  Schlüsse  um  eine  Silbe 
längeriet:  κάν  τούτψ  διαφορά  321  β  έκ  τής  αρίστης  τ  (. 

-*ν» ^ ),  άρχιερίαις  όπαΐς  u  Ύρκανός  ώνομάσθη  is  (- 

w-w-*^ w-w ),   Οίμωνος    τόρχιερέιυς.    322 1    τόν    πρώτον 

ένιαυτόν  2  ( v^v-fo-*^-wv-fv>-v-f),  οικαιοσύνην  έπ^νεϊτο  u  τοΟς 

Ίεροσολυμίταις  w   (-^ν>-^ w^^-wv^oww ),  άκριβέστβρόν  τι 

γνώναι  ao   έμπειρίαν  λαβείν  ai   ( w-^ <^ w-v>-),    α\ρίσ€ΐ 

κατακολουθών    323  9  Οτιυική  λεγομένη  ίο  («w-www «^-^-ν^• 

v^w-).    Wenn  ich  dann  noch  mit  ήρχιεράτευσεν  καΐ  έβασίλευσ€ν 

3219  aus  Linie  8  Άσαμωναίου  παίδες  { ww-v^«^ w)  und 

mit  καθώς  πολλάκις    εΐπομεν  322  28    aus  Linie  22   Οαδδουκαίων 

ή  δευτέρα  ( ww-v>w«^ w-)  in  Verbindung  bringe,  so  bleibt 

abgesehen  von  dem  ganz  kurzen  Satze  323  8  kein  YollschluM 
ohne  ein  vorheriges  gleich  oder  ähnlich  gemessenes  Mittelglied. 
Das  kann  bei  dem  sehr  sorgfältig  angelegten  Stil  des  Josephue^ 
kein  Zufall  sein,  was  schon  daraus  hervorgeht,  dass  sehr  selten 
Mittelglieder  untereinander  sich  entsprechen.  Ich  habe  nur  ge- 
funden άπό  δένδρων  χρώμενον  323  4  φυομίνην  προσψερόμενον 

5  (wv> ww*^v^w ^www).    Mehr  als  eine  Kürze  meidet  Jose• 

phus  am  Schlüsse  der  Kola,  auf  der  andern  Seite  lässt  er  auch 
nur  selten  mehr  als  zwei  Längen  zu.  In  dem  von  mir  geprüften 
Abschnitte  findet  sich  ausser  dem  schon  erwähnten  Gliederpaare 
323  e.7  (-W «^wwv^ )  nur  noch  322  22  (Φαρισαίιυν  μέν  f| 


^  Von    seinem  Bestreben    um  Hiatraeidung,  das  schon  von  Niese 
und  Wilhelm  Schmidt  erkannt  ist,  schweigt  Norden  ebenfalls. 


i 


Zur  griechisohen  Satzrhythmik.  595 

πρώτη),  mehr  Schlusslängen  gestattet  eich  Josephns  nicht  im  End- 
schluese,  in  den  Mittelgliedern  nar  bei  Eigennamen:  Άλε^άνορας 
<^ΡΧήζ  322  3  τρίτη  b^  Έσσήνων  as.  Endlich  noch  eine  Zusammen- 
stellnng  der  gefundenen  Meesnngen:  am  beliebtesten  ist  der 
trochäische  Schlnss  (-v-^-cr  4X,  wv>^-c7  3x),  zweimal  treffen  wir 
daktylische  Masse  (.^v^.w  nnd  .w^^.w),  an  fünf  Stellen  Kre- 
tiKer  ^-.v^v^»^«-,  — »vy— vj— y  v-/— — — wv^>  — \^— v-/v^v^— ,  «^wvy— ••y•     l^ie 

letzte  Stelle  ist  ein  Beispiel  für  den  verkürzten  Eretiker  (-^ cj). 

Uebrigens  ist  hier  das  kretische  Mass  nicht  so  sehr  vorherrschend, 
wie  im  asianischen  Stile.  In  wie  weit  endlich  die  Beobachtungen 
über  den  Gleichbau  der  Kola,  für  die  Textgestaltung  von  Wichtig- 
keit sind,  kann  erst  auf  Ghrund  eingehenderer  Arbeiten  festgestellt 
werden. 

Wir  müssen  es  Norden  danken,  dass  er  auch  die  Inschriften 
in  den  Bereich  seiner  Untersuchungen  gezogen  hat;  dabei  kam 
manch  bemerk enswerthes  Schriftstück  zur  Prüfung,  besonders  die 
Diadocheninschrift  von  Nemrud-Dagh.  Indessen  ist  ihm  eine  sehr 
merkwürdige  Inschrift  entgangen,  das  Glaubensbekenntniss  der 
Epikureischen  Philosophen  Diogenes  von  Oinoanda.  Nachdem 
Cousin  (B.  C.  H.  XVI  1  ff.)  und  auf  ihn  gestützt  Usener  (Rh.  M. 
47,  414  ff.)  umfangreiche  Stücke  herausgegeben  haben,  brachten 
die  weiteren  Nachforschungen  der  Oesterreicher  noch  manche 
neue  Tafel  zum  Vorschein,  zugleich  wurde  die  Reihenfolge  der 
einzelnen  Theile  besser  festgesetzt.  So  setzen  uns  denn  jetzt 
Rudolf  Heberdey  und  Ernst  Kaiinka  durch  ihre  sehr  sorgfältige 
Neuausgabe  (B.  G.  H.  XXI  346—448)  in  den  Stand,  die  Schreib- 
weise eines  kleinasiatischen  Schriftstellers  aus  der  Mitte  oder  dem 
Ende  des  zweiten  Jahrhunderts  nach  Chr.  ^  an  einem  guten  Muster- 
stücke  zu  verfolgen.  Die  Herausgeber  fügen  eine  nicht  kleine 
Untersuchung  über  den  Sprachgebrauch  bei.  Was  sie  über  Wort- 
wahl und  Satzbau  sagen,  scheint  auf  richtiger  Beobachtung  zu  be* 
ruhen,  die  Schilderung  betreffs  Zulassung  und  Vermeidung  des 
Hiats  (S.  429  f.)  ist  nicht  so  einwandfrei.  Wenn  nämlich  ge- 
sagt wird,  dass  Diogenes  auf  den  Hiat  'wenig  geachtet^  habe,  so 
möchte  man  doch  auf  eine  schärfere  Unterscheidung  zwischen 
erlaubten  und  unerlaubten  Hiaten,  zwischen  sogenannten  schweren 
und    leichten  Hiaten    (letztere    sind    in  Wirklichkeit    gar    keine) 


^  Höher  hinaufzugehen  verbietet  vor  allem  das  vollständige  Fehlen 
des  stummen  i,  und  man  kann  doch  nicht  annehmen,  dass  die  Steine 
erst  längere  Zeit  nnch  dem  Tode  des  Diogunes  aufgestellt  worden  sind. 


596  Crönert 

dringen.  Nach  Abzug  der  zuläesigen  Hiate^  bleibt  nun  nichts 
weiter  übrig  als  ei  θ€θί  clcTiv  50,  1  9  (es  wird  Protagoras  ange- 
führt) elvai  αυτούς  50,  3  β  apejral  αύται  66,  4  ι.  Manche 
Fehler  haben  erst  die  Herausgeber  durch  falsche  Ergänzungen 
hineingebracht ^  Zieht  man  somit  den  grossen  Umfang  der  In- 
schrift in  Betracht,  so  muss  man  die  Zusammenstellung  der  Worte 
als  eine  sorgfältige  bezeichnen. 

Doch  sie  weist  noch  eine  weit  grössere  Eigenthümlichkeit 
auf,  die  jedem  sofort  auffallen  muss,  der  sich  beim  Lesen  des 
Griechischen  von  den  Fesseln  der  Accente  freizumachen  gewöhnt 
hat:  sie  ist  im  hohen  Grade  rhythmisch.  £he  ich  daran  gehe, 
einzelne  Proben  vorzulegen,  möchte  ich  eine  Gesammtübersicht 
geben.  Ich  habe  dabei  die  sechs  letzten  Silben  beobachtet,  mehr 
noch  habe  ich  herangezogen,  wenn  jene  den  Werth  von  3  Längen 
und  3  Kürzen  nicht  ausmachten,  einen  Unterschied  zwischen 
£nd-  und  Mittelgliedern  habe  ich  nicht  gemacht.  Es  sind  im 
ganzen  432  Kola,  die  sich  mit  Ausnahme  von  10,  auf  die  ich 
besonders  zu  sprechen  kommen  werde,  folgendermassen  vertheilen. 

a)  Reine  Doppelkretiker: 

«-w— »wo*  ^ö 
— w— www—  ο 

— w— wwww  ^ 
www— — V-/W  4 
wv^»^— www—    1 

b)  Umstellungen    in    dem    einen    Kretiker:    -v^«v^-—    13, 

i,    <^_  — —  v^^•     <50,     v^— — v^v-/v^—     1  \ 

c)  Umstellung  in  beiden  Kretikern :  w--w-a35,  v^-wwv^ 3; 

d)  Einsetzen  einer  Länge  (oder  kurzer  Schlusssilbe)  statt 
der    Kürze    des    letzten    Kretikers:    _w er    3,    www 1, 


^  Nach  ή,  μη,  wohl  auch  nach  6ή  (τό  6ή  δτι  63.  1  9  επειδή  ουν 
Γ)4,  4  8)  und  vor  αν  (τέκοι  αν  4  ίο).  Ferner  nach  allen  Formen  auf  •ι, 
wie  t(  ÖTi  διότι  (hier  ist  auch  anderswo  stets  Hiat  gestattet;  ούκ^τι 
ist  einmal  elidiert:  44,  2  4)  τινί  (41,  1  c;  κατέχοντι  (64,  3  6)  ουχί  (45,  2  κ•) 
νομιστεί  (43  8)  φημί  (Γ)2  4),  dann  auch  nach  el  (52,  2  ii  75  9),  endlich 
nach  den  Formen  des  Artikels  und  in  der  Satzpause. 

3  So  z.  B.  18  8  έκ  π€ρισ[σοΟ]  |  απαντήσω;  dem  Sinne  entspricht 
vollkommen,  wenn  ich  schreibe  έγώ  δ'  ϊνα  έκπ€ρΐ€[λθών]  |  άπαντήίτω 
το[ϊς  λ€γο]μ^νοις.  Das  'im  Kreise  herumg^ehen*  passt  sehr  zu  den  Ab- 
fertigungen, die  Diogenes  der  Reihe  nach  den  verscliiedenen  Philosophen 
zu  theil  werden  lässt. 


Zur  griechischen  Satzrhythmik.  597 

e)  Die  Kürze  dee  vorletzten  Kretikers  wird  gedehnt: ^^ 

o•^,     — —www—  ö»    — __w— c   4L,   ——www——  y J 

f)  Jamben:  w-w-w—  13,  wwww-w—  4; 

g)  lamben  mit  umgebrochenem  letzten  Fuese:  ^^^ w  27, 

7  9' 

wwww  — — —     ')    w— w  — wwv^     ώ> 

Alle  diese  Schlüsse,  327  an  der  Zahl,  lassen  sich  mit  dem 
häufigsten  Masse,  dem  Doppelkretiker,  in  Verbindung  bringen; 
auf  der  andern  Seite  stehen  101   daktylische  Messungen.     - 

ww—  4,     — w  — ww—    *•^)     — «w  — -.\ww—     1»     www— — V>\-/—     If     — V>V-»  — V^V^^J    6, 
w— ww  — w    ^» ww  — —    *i     — ww— W3•    ^4,    v-/<w*ww— *w—    Ij     -»ww- v^— ^ 

1«^|        WWVWW  — W *,        — wv^— — —       •»        'WWWW  —  —  -        1>         — W\w/— — ^wO^       19^ 

—  V>W  — wwww       --»      — ww— — — —      Oy       — VWW WVWW       '«      — WV^— —  — W—      «5. 

Man  erkennt  schon  an  der  grossen  Mannigfaltigkeit  der 
daktylischen  Masse,  von  denen  keines  über  20  Mal  vorkommt, 
dass  sie  der  Verfasser  nicht  sonderlich  berücksichtigt  hat.  Be- 
sonders müssen  noch  folgende  Stellen  erwähnt  werden:   ^v^v^ - 

w   82,    WW w  67,   2  4,    w 43  β, 69,   1  β, 

WW 29  5,  42,  2  9, 18  7,  66—67,  4«, 

50,  1 13,  70,  2  1.  Während  Diogenes  gegenüber  der  Anhäufung 
von  Längen  nicht  so  vorsichtig  ist,  lässt  er  nur  einmal  mehr 
als  4  Schlnsskürzen  zu:  ]μαχ€σάμ€νος  50  i,  wenn  dies  nicht  für 
μαχησάμενος  steht.  Ich  habe  jedoch  noch  keinen  vollständigen 
Ueberblick  gegeben,  denn  es  fehlen  die  kleinen  Kola,  die  bei 
der  an  vielen  Stellen  deutlich  zu  Tage  tretenden  Zerstückelung 
der  Hede  oft  vorkommen.    Sie  alle  herzuzählen,  hat  keinen  Zweck, 

die  drei  häufigsten  Masse  sind  — ^--  (6x) w-  (6  X)  -w--;:7 

(4  X),  also  wieder  die  kretischen  Metra. 

Da  sich  in  manchen  Fällen  über  die  Art  der  Messung  der 
Kola  streiten  läset,  so  möge  hier  eine  kürzere  £intheilnng  folgen, 
die  unter  etwas  verändertem  Gesichtspunkte  aufgenommen  ist. 
Die  Endsilbe  ist  stets  als  anceps,  d.  i.  als  lang,  gerechnet.  Man 
zählt: 

1.  Doppelkretiker  o^^-crsv^«  56, 

2    verkürzte  Doppelkretiker  cro^ 58, 

3.  Kretiker  mit  vorausgehendem  Spondäus  __σο.^_  64, 

4.  Kretiker  mit  vorausgehendem  Choriambus  -ww-<^o-  21, 

5.  sonstige  choriambische  Masse  w^-ww-  18  und  -wvy (-) 

oder  _ww-ww-  21, 

6.  Ditrochäen  gz/w 109, 

7.  Diiamben  w^^w-  56, 

8.  vier  lange  Endsilben  7  und  fünf  oder  mehr  8. 


598  Crönert 

Die  kretisoben  Sohlüeee  bilden  gegen  47  Prozent  aller  Kola, 
indessen  tiberwuebem  sie  docb  nicbt  in  solcbem  Masse  wie  bei 
mancben  Vertretern  der  zweiten  Sopbistik.  Bei  den  eboriambi- 
soben  Massen  ist  neben  ibrem  selteneren  Vorkommen  aneb  das 
SQ  bemerken,  dass  sie.  nocb  am  bänfigsten  mit  nacbfolgendem 
Kretiker  auftreten. 

Docb  yermögen  die  kablen  Zusammenstellungen  nocb  kein 
deatlicbes  Bild  von  der  Znsammensetzung  der  Rede  zu  geben, 
icb  muss  darum  einige  Beispiele  berausgreifen.  Was  icb  yorber 
bei  Josepbus  bemerkt  babe,  die  Gleicbmessung  nabestebender 
Glieder,  scbeint  Diogenes  nicbt  sonderlicb  erstrebt  zu  baben 
mebr  Fleiss  setzte  er  daran,  nicbt  nur  die  Scbltisse,  sondern 
stellenweise  aucb  ganze  Satzabscbnitte  rbytbmiscb  zu  gestalten. 
Docb  sind  folgende  beiden  Sätze  sehr  bemerken swertb : 

45,  1  9  flP.  άλλ'  ol  μέν  αυτών 

άλλήλοις  συναντώσιν,  ο\  V  ού, 

κα\  ο\  μέν  τόν  ορθόν 

?α>ς  τινός  π€ραιοΟσι[ν]  δρόμον, 

λοΗόν  b'  έτ€ρο{, 

ώσΐΓ€ρ  6  ήλιος  κα\  ή  σελήνη, 

ο\  bk  τόν  αύτου  κύκλον  στρέ(ρονται, 

καθάπερ  ή  δρκτος, 

ίτι  h'  ο\  μέν  ύψηλήν  ίώνην  φέρονται, 

οΐ  b'  αύ  ταπεινήν, 

καΐ  γαρ  ταυτ'  άγνοουσιν  οΐ  πολ[λοί. 

Von  diesen  11  Gliedern  schliessen  demnach  7  mit  der  Endung 
..W-C7)  A^cb  drei  andere  Scblüsee  lassen  sich  in  dies  Maes 
einordnen,  nur  __ν^^-,  das  als  Endglied  durch  das  folgende  ώ(Τπ6ρ 
gesichert  ist,  sondert  sich  von  dem  Uebrigen  ab. 

60,  2  3  ff.  τί  V  έστιν  τούτο, 

δτι  τ€  μήτε  πλούτος 

αυτό  δύναται  κατασχεϊν, 

μήτε  böHa  πολειτική 

μήτε  βασιλεία 

μήθ'  άβροοίαιτος  βίος 

και  τραπείών  πολυτέλεια, 

μήτ'  αφροδισίων  έγλελεγμένιυν  ήδοναί w-w ^-^ ,^- 

μητ'  δλλο  μηδέν  .  .  .  ^-^ 

Hier  sind  also  nur  zwei  Scblüsee  (_-^__  und v^_),  der 

eine    erscheint    an    1.,  2.,  3.,  5.,  7.  und  9.,   der  andere  an  4..  6. 
und  8.  Stelle.     Aus  diesen    beiden  Sätzen  können   wir  ferner  er- 


—  —  —  V-/ v>~-. 

—  —W  —  W 

vy— w— w— —  — <^w 

— ww— —  —  — v>— — 
><y><y  —  Vw/-  —  —  — '  — v^  — .. 


v-/v>'V^  — v>  — vy 

— w— ww— w— 

—  v^wv-/ 

—  V-/V^W  — — w  — 

—  W  — —  *^v^v>  — ^^ 


Zur  grieohiecheD  Satzrhythmik.  599 

eehoD,  daes  Diogenes  anoh  im  Innern  der  Glieder  eine  Kürzen- 
häufung  zu  vermeiden  bestrebt  ist^ 

Ich  werde  nun  einige  Beispiele  für  den  kretischen  Bau 
ganzer  Reihen  angeben.  Drei  Kretiker  haben  wir  8  5  (πρώτον 
μέν  ο[ύν  περί  τ]ών  τ€[ρό]ντιυν  [ύπ]άρχ€ΐ  λόγος)  28$  (τί  ουν 
μεταοιώκομεν  πρ&[γ]μα  τοιούτον,  ου  τήν  [έΕ]ουσίαν  ίχοικτιν 
δλλοι)  42,  3  8  (ού  φιλ[ονί]κιυ  προς  αυτούς  πά[θ€ΐ]  χρώμενοι) 
48,  4  4  (μάλλον  bi  παντός  [τ]€λοίου  γελοιότερον),  vier  Kretiker 
48,  1 11  (στρεπτών  μέν  ουπιυ,  κασιυτών  b*  ϊσως  f|  όποιωνουν), 
und  endlich  sieben  kretische  Masse  37—38,  2  8  {ίτχ  b*  έρωτή|- 
σεις  άκρει  |  βεστίραν  |  έπ[οιο]υ|ντο  του  ίη  |τ[ου]μένου  |  τήν 
ίρ€[υν]αν). 

Manchmal    wird    zwischen    die    einzelnen    kretischen    Füsse 

noch  eine  Länge  eingeschoben:    9  3  -w — w w w w-  (καΐ 

ήγανάκτησα  προς  τους    ούοίπω  μέν   Τ€Τΐ1ρ[α]κ[ό]τας)  41,  In 

-.W W W-W (τις   γάρ  αίρήσεται   ίητεϊν  δ  μήποθ'  ευρη) 

45,  3  7  -W ^ ^ W ν^-  (μάντειυς  γάρ  μάλλον  έστΙν  τό 

τοιούτον  ή  ανδρός  σοφού)   70,  2  8  — ^^ — ^ — w^w (ίστοι 

τις  αυτών  μ€τ'  αυτούς  έπ'  άγαθώ  μνήμη). 

Diogenes  liebt  es,  den  Eretikern  andere  Reihen  voranszu*• 
schicken,  so  Trochäen:  41,  2  12  (ώστ€  μηΟ€ν\  χρόνω  τήν  έκα- 
στου φύσιν)  und  Anapäste  oder  Daktylen:  32  1  (τ]ό  μέν  οΤμ|μοΐ 
λέγειν  Ι  συνεπισ  |  τ[€]νά2Ιον  |  τα  ταϊς  άλ  |  γήδοσιν  ή  φύσις  ή  |  μας 
άνανκάίει)  38—39,  2u  (τήν  οιάλ€[Ηι]ν  έκ€ί|νην  απέστειλα  σοί) 
58,  4  7  (και  τοις  καταγεινομένοις  έπικου  |  ρεΐν  Εένοις) ,  am 
meisten  aber  lamben,  wie  5  6  τ]οΐς  προσπε[σουσιν  λίαν]  εις 
παρ[α]ί[νεσιν  τήν]  άρίστην,  15  9  έγώ]  μέν  ουν  φημί  σ[ώματος] 
γεγηρακότος  (w-w — w-|v>-w — w^),  37—38,  In  εταίρος  ημών 
δν  ουκ  αγνοείς  41, 1  ?  δταν  γάρ  άκατάλημπτα  φάσκωσιν  εΤναι  τά 
πράγματα,  48, 1  α  bxa]  bi  ταιν  πε[ρ]ιβόλων,  δς  έποιουντο  τοις  σώ- 
μ[α]σιν,  56,  2  9  ταυτει  bk  σοΙ  νυν  άπό 'Ρόδου  γράφω  της  επιστο- 
λής ταύτης,  58, 3  8  πάν]τα  παρ'  έμαυτόν  ίπραττον  εΙς  συμβουλίαν 
τήν  άρίστην,  und  besonders  59,  2  4  τούτους  οδν  όρκων,  |  πάλιν 
γάρ  έπαναλήμψομαι,  διακειμένους  |  ούτως  κατωλοφυράμην  |  μέν 
αυτών  τόν  βιον.  Kann  man  hier  schon  einzelne  Trimeter  her- 
ausschälen, so  giebt  es  auch  noch  selbständige  iambische  Reihen: 
41,  3  9   ήοεισα[ν   τήν  λευ]κου  τε  και  μέ[λανος  φύ]σιν  45,  3  η 


1  AufifRIlig    entsprechen  sich  auch   noch    folgende  Glieder:    βοη- 
θήματα ToO  συγγράμματος  58,  4  lo   σωτηρίας   προθ€[ΐναι   φάρμα]κα  5 1 

(v^— —  ν-/<^  — —  —  v-zw*"^  — —  w— ν>  — —  —  ν>ν^/• 


600  Crönert 

πιθανώτερον  (b')  εΓναι  rovbe  roöbe  ορθώς  ίχει,  48,  3  τ  πβριφανης 
γάρ  αυτή  Τ€  άοολεσχία,  56,  2  6  φίλοις  πάλιν  άπαντήσαι  bxa 
σπουδής  ίχω,  58, 1 5  όποιον  έστιν  καί  τιν'  ίχει  φύσιν,  am  auf- 
falligeten  aber  auf  der  Tafel  28:  χαλεπόν  στρατεία  κάν  έτερων 
αρχή  •  τό  [^ητορεύειν  σφυγμού  και  ταραχής  γέμον,  el  πεϊσαι  δύ- 
ναται, τί  ουν  μεταδιώκομεν  πρα[τ]μα  τοιούτον,  ου  τήν  [έΕ]ου- 
σίαν  ίχουσιν  δλλοι.  Hieraus  eiiid  leicht  SVg  Trimeter  herzu- 
stellen, wenn  man  πέλει  nach  αρχή  einschiebt  und  dann  später 
etwa  so  schreibt:  πώς  oöv  μεταδιώκομεν  πράγμα  τι  τοιούτον, 
οΰπερ  u.  s.  w.,  doch  ist  dies  nur  Spielerei.  Während  ich  jene 
Fälle  für  Zufall  und  bedeutungslos  halte,  will  es  mir  scheinen, 
dass  in  diesem  Stücke  Moralsprüche  verarbeitet  sind,  besonders  da 
den  Inhalt  des  ganzen  Abschnittes  kurze  Gedanken  bilden.  Dieser 
Yermuthung  möchte  ich  aber  nicht  allzuviel  Werth  beigelegt 
wissen. 

£in  feiner  Kritiker  wie  etwa  Demetrios  würde  den  Stil  des 
Diogenes  als  zu  rhythmisch  verurtheilt  haben.  AVenn  nun  auch 
diese  Eigenart  des  Lykiers  eine  ganz  ausgeprägte  ist,  so  musste 
doch  untersucht  werden,  ob  nicht  auch  die  Stellung  des  Accentes 
in  den  Schlüssen  beobachtet  sei.  Diese  Untersuchung  hat  mich 
zuerst  irre  geführt.  Unter  den  432  Satzschlüssen  nämlich  fanden 
sich  12j,  welche  gegen  das  Meyer'sche  Satzschlussgesetz  ver- 
stiessen,  diese  125  Eola  aber  Hessen  sich  in  bestimmte  Gruppen 
theilen.  So  z.  B.  fand  es  sich,  dass,  wenn  zwei  betonte  Silben 
am  Schlüsse  sich  begegneten  wie  etwa  ορθώς  ?χει,  dem  vor- 
letzten Accente  in  37  Fällen  mindestens  zwei  unbetonte  Silben 
vorausgehen,  während  nur  einmal  (πώς  ό  βίος  ήμεϊν  ηδύς  γένηται 
63  a)  sich  eine  Abweichung  feststellen  Hess,  die  zudem  nur  in 
einem  Nebenschlüsse  vorkommt.  Gleichwohl  ist  diese  Erschei- 
nung, wie  mich  eine  genauere  Untersuchung  der  Accentverhält• 
nisse  in  den  Prosaschlüssen  der  späteren  Zeit  gelehrt  hat,  wohl 
nur  eine  zufällige.  Nach  Litzica  (Das  Meyer'sche  Satzschluss- 
gesetz 12)  ist  in  einer  den  Accent  nicht  berücksichtigenden  Rede 
der  Prozentsatz  der  gegen  das  Meyer'sche  Gesetz  verstossenden 
Schlüsse  21,  8,  bei  Diogenes  hingegen  machen  diese  Schlüsse 
sogar  29  Prozent  aus.  Vielleicht  aber  ist  folgende  Beobachtung 
nicht  ohne  Wichtigkeit.  Steht  vor  schliessenden  Wörtern  wie 
etwa  χώραν  ίχουοΊ  ein  Oxytonon,  so  besteht  dies  aus  drei  oder 
mehr  Silben  oder  es  verbindet  sich  mit  einem  vorhergehenden 
einsilbigen  Worte,  also  έγβο[λ]ής  χρώνται  σχήματι  41,  1  5  προς 
αυτούς  πά[θει]  χρώμενοι  42,  3  8  τον  αύτου  κύκλον  στρέφονται 


Zur  griechischen  Satzrhythmik.  601 

45,  1  9  ύψηλήν  ίώνην  φέρονται  η  έπ*  αυτής  πάντα  πράγματα 
2  7  ανατολών  ήδη  λίγιυμεν  2  is  δυνατού  τρόπου  πλείονας  3  ι 
μέν  όμου  πασιν  λέγοντες  46,  2  3  ψυχικών  εΓναι  μεΚονας  64,  2  ΐ3 
ηδονής  αύθις  γείνεται  70,  2  β;  hierher  gehört  auch  άπό  γής 
φύντες  [δνθριυ]ποι  46,  3  s,  während  etwa  μέγα  κακόν  τούτο 
φαίνεται  nicht  gesagt  wird.  Oh  dies  wichtig  sei,  mögen  andere 
Untersuchungen  prüfen,  man  kann  wenigstens  nicht  entgegen- 
halten, dass  zur  Zeit  des  Diogenes  der  Accent  im  Satzschlusse 
noch  nicht  herücksiohtigt  worden  sei.  Dagegen  sprechen  ver- 
schiedene Anzeichen,  über  welche  ich  demnächst  handeln  werde. 

Fasst  man  nun  das  ürtheil  über  die  Sprache  des  Epikureers 
zusammen,  so  geht  es  doch  wohl  nicht  mehr  an,  mit  den  Wiener 
Herausgebern  sein  schriftstellerisches  Können  für  ebenso  '  mangel- 
haft zu  erachten  wie  sein  philosophisches  Wissen  und  Denken. 
Zwar  hat  er  nicht  viel  auf  eine  schöne  Periodenbildung  geachtet, 
er  suchte  etwas  darin,  seine  Gedanken  oft  in  kurze,  zerhackte 
Sätze  zu  kleiden,  immer  aber  war  er  neben  der  Hiatvermeidung 
auf  einen  deutlich  hervortretenden  Rhythmus  bedacht.  Eine 
glückliche  Verbindung  dieser  beiden  Kunstmittel  mit  einer  ge- 
fälligen Ausdrucksweise  wäre  einem  sehr  geübten  Schriftsteller 
ohne  Zweifel  besser  geglückt,  dem  lykischen  Edelmanne  ist  das 
Seltsame  und   Gespreizte  seiner  Sprache  zu  verzeihen. 

Indessen  habe  ich  von  meiner  ganzen  bisherigen  Unter- 
suchung sechs  Tafeln  ausgeschlossen,  21—26.  Auf  Tafel  21 — 24 
steht  nach  der  landläufigen,  von  Cousin  herrührenden  und  von 
Usener  (Rh.  Mus.  47,  425)  weiter  begründeten  Ansicht  ein  Brief 
Epikurs  an  seine  Mutter.  Inhaltlich  geht  das  sehr  gut  an,  nur 
bietet  der  Stil  grosse  Eigenarten  ^.  Ich  wage  gleichwohl  noch 
nichts  bestimmtes  darüber  vorzutragen,  da  ich  dazu  grössere  Vor- 
arbeiten nöthig  habe.  Was  hingegen  den  Rest  betrifft,  so  soll 
dort  der  Brief  eines  Unbekannten  an  einen  gewiesen  Menneas 
stehen.  Den  Unbekannten  in  Diogenes  zu  suchen  gestattet  neben 
dem  Satzbau  ^  auch  die  Erwähnung  von  Rhodos,  da,  wie  wir 
später  erfahren,  Theodoridas  von  Lindos  ein  Schulfreund  des 
Diogenes  ist  (37,  1  lo).  Indessen  ist  hier  durch  die  Erwähnung 
eines  Römers  Carus  (του  τε  θαυμάσιου  Κάρου),  welchen  die 
Herausgeber  mit  dem  Dichter  T.  Lucretius  Carus  gleichsetzen 
wollen,  eine  Frage  gestellt,  die  eine  genauere  Untersuchung  er- 
heischt. 

Halle.  Wilhelm  Crönert. 


1  Die  Anmerkung  der  Herausgeber  auf  S.  428,  dass  man  auf 
Tafel  27  wegen  πράασβιν  einen  Epikurspruch  anzunehmen  habe,  da 
Diogenes  selbst  nur  ττ  kenne,  ist  falsch.  Die  in  der  herkulenensischen 
Bibliothek  erhaltenen  Reste  Epikurs  geben  immer  nur  ττ. 

^  Der  Hiat  ist,  eine  Stelle  ('Ρόδω  έποιούμ€θα)  ausgenommen,  ver- 
mieden» die  Kola  sind   ^w ,    -.v^_.w —  ,    -ww— v-/w,    -w— w — ) 


L.  Yerginins  Rvftie. 


Das  Ende  Neros  und  mit  ihm  des  jalieob-olandiscben  Haueee 
war  eine  Folge  des  Aufetandee  des  C.  Julius  Viudex  und  der  Ereig- 
nisse» die  sieb  an  diesen  Aufstand  unmittelbar  anscblossen.  Yindex 
war  nach  dem  Beriobte  des  Dio  (63,  22)  ein  romanisirter  Pro- 
Tinziale  aus  dem  aquitaniscben  Gallien  und  zwar  aus  königlichem 
Gescblecbt.  An  dieser  Angabe  des  Dio  ist  schwerlich  zu  zwei- 
feln, wenn  wir  auch  nach  der  Eroberung  Galliens  durch  Caesar 
keine  aquitaniscben  Könige  mehr  finden.  Aber  vorher  haben  die 
einzelnen  zahlreichen  kleinen  Völkerschaften,  in  die  Aqaitanien 
zerfiel,  dem  gallischen  allgemeinen  Wesen  gemäss,  wo  jeder  Clan 
seinen  König  hatte,  auch  ihre  Häuptlinge  mit  diesem  Titel  ge- 
habt. Kur  dass  diese  Könige  bei  der  Kleinheit  dieser  yielen 
Völkerschaften  wenig  mächtig  gewesen  sein  können.  Caesar  B.  G. 
3,  27.  Vgl.  Sievers,  'Studien  zur  Gesch.  der  römischen  Kaiser*, 
p.  142,  Anm.  9.  Nach  demselben  Berichte  des  Dio  war  nun 
Vindex  durch  seinen  Vater  dem  Senatorenstande  angehörig,  κατά 
τον  πάτερα  βουλευτής  των  *  Ρωμαίων.  Der  Vater  des  Vindex 
wird  also  zu  jenen  Mitgliedern  des  gallischen  Landadels,  den 
primores  Galliae,  gebort  haben,  die  unter  Claudius  im  Jahre  48 
Ώ.  Chr.  die  Aufnahme  in  den  Senat  und  damit  das  Hecht  Aemter 
zu  bekleiden  erhielten,  während  sie  bis  dahin  nur  die  civitas 
sine  euffragio,  d.  b.  das  Bürgerrecht  ohne  die  Wählbarkeit  zu  Be- 
amten, besessen  hatten.  Tac.  ann.  11,  23.  25.  bist.   1,8. 

Vindex  war  ein  Mann  von  kräftigem  Körper  und  klugem 
Geist,  erfahren  in  den  Kriegssachen,  aufgelegt  zu  jeder  grossen 
That,  im  Jahre  68  Proprätor  von  Gallia  Lugdunensis.  Als  sol- 
cher unternahm  er  es,  die  Willkürberrscbaft  Neros  zu  stürzen, 
talem  principem  (Neronem)  paulo  minus  quatuordecim  annos  per- 
pessus  terrarum  orbis  destituit,  initium  facientibus  Gallis  duce  Julio 
Vindice,  qui  tum  eam  provinciam  pro  praetore  obtinebat.  Sueton 
Nero  40.  Er  berief  deshalb  die  vornehmsten  seiner  Landsleute; 
denn  bo  wird  ja  wohl  das  συναθροίσας  τους  Γαλατάς    des  Dio 


L.  Verginius  Rufus.  603 

(1.  0.)  zu  verstehen  sein,  wie  ans  der  Angabe  des  Josephne  B. 
J.  4y  8,  1  hervorgeht,  wo  es  heieet,  Vindex  sei  aufständisch  ge- 
worden δμα  τοις  ουνατοϊς  τών  έπιχιυρίιυν.  Dass  diese  zum 
Abfall  bereit  sein  würden,  konnte  Vindex  deshalb  annehmen,  weil 
sie  unter  dem  Drucke  schwerer  Steuererhebungen  seufzten  (Dio 
1.  0.)•  Zonaras,  der  in  seiner  Epitome  in  dem  Abschnitt  von  der 
Empörung  des  Vindex  bis  zum  Untergange  des  Yitellius  den  Dio 
selbst,  nicht  dessen  Epitomator  Xiphilinns  excerpirt  hat,  wird 
darum  auch  Olauben  verdienen,  wenn  er  die  Landeleute  des  Vin- 
dex als  heftig  nach  Abfall  und  Aufruhr  verlangend  darstellt:  ol 
Γαλάτσι  βαρυνόμενοι  ταϊς  είςφοραϊς  ήσχαλλον  έκ  πλ€{ονος  καΐ 
έφλίγμαινον.  Γάϊος  bk  Ιούλιος  OuivbiE,  άνήρ  κατά  τόν  πα- 
τέρα βουλευτής  τών  'Ρωμαίων,  όραιν  τους  ομοφύλους  Γαλατάς 
οργώντας  ττρός  άποστασίαν,  bi*  ών  έοημηγόρησεν  ήρέθισεν 
αυτούς.  Zonaras  ed.  Dindorf  11,  13.  Vgl.  auch  die  daselbst  im 
6.-  Buch  aufgenommene  Abhandlung  von  Ad.  Schmidt  'Ueber  die 
Quellen  des  Zonaras*.  Nachdem  nun  Vindex  mit  beredten  Wor- 
ten seinen  Stammgenossen  die  wahnwitzige  Tyrannei  und  das 
verruchte  Leben  des  Nero  geschildert,  der  damals  gerade  seine 
läppischen  Eünstlertriumphe  in  Griechenland  gefeiert  hatte  und 
jetzt  in  Neapel  das  tolle  Treiben  fortsetzte,  und  nachdem  er  be- 
sonders auch  darauf  hingewiesen,  wie  der  Tyrann  nicht  einmal 
die  äussere  Würde  des  Herrschers  behaupte,  oOb'  αυτό  τό  (Τχήμα 
τής  ηγεμονίας  (Τώίει,  Dio  1.  ο.,  schliesst  er  seine  Rede  mit  den 
Worten :  '  deshalb  stehet  endlich  einmal  auf,  helft  euch  selbst 
und  helft  den  Römern,  befreiet  den  ganzen  Erdkreis!  Es  erfolgte 
allgemeine  Zustimmung.  Da  Vindex  aber,  so  fährt  Dio  fort,  nicht 
für  sich  die  Herrschaft  in  Anspruch  genommen,  so  habe  er  den 
Servius  Sulpicius  Galba,  den  Statthalter  von  Spanien  (Hispania 
Tarraconensis)  aufgefordert,  den  Thron  zu  besteigen.  Dieser  sei 
auch  von  seinen  Truppen  sofort  als  Herrscher  ausgerufen  wor- 
den, Dio  63,  23. 

Nach  diesem  Berichte  könnte  es  scheinen,  als  ob  Vindex, 
selbstlos  für  sich  und  sein  gallisches  Volk,  nur  die  Welt  habe 
von  einem  Ungeheuer  befreien  und  mehr  für  das  Heil  der  Römer 
und  des  ganzen  Reichs  als  für  Gallien  habe  sorgen  wollen.  Auch 
Zonaras  sagt  ausdrücklich,  Vindex  habe  in  seinen  aufreizenden 
Beden  geschworen,  er  werde  Alles  für  den  Senat  und  das  römi- 
sche Volk  thun,  und  wenn  der  Erfolg  seines  Unternehmens  da- 
gegen ausfiele,  werde  er  sich  selbst  tödten,  ώρκω(Τ€  πάντα  υπέρ 
τής  βουλής  κα\  του  δήμου  τών 'Ρωμαίων  ποιήσειν,  και  εαυτόν, 


G04  Paul 

δν  τι  παρά  ταύτα  πράΕη,  φον€ύσ€ΐν.  Wenn  anch  auf  Zonarae 
die  Bezeichnung  Mai's  als  Simius  Dionie  Anwendung  findet,  ho  ist 
doch  keine  Frage,  dass  seine  Auezüge  an  manchen  Stellen  reich- 
haltiger sind  als  die  des  Xiphilinus,  z.  B.  11,  14 — 16.  Deshalb 
ist  er  für  uns  trotz  aller  *  schülerhaften  Pfuscherei'  seiner  Ge- 
schichtsschreibung doch  mannigfach  zur  Ergänzung  lückenhafter 
Berichte  brauchbar  und  zwar  gerade  darum,  weil  seine  Darstellung 
blosse  Abschreiberei  ist.  *  Zonarae,  sagt  Schmidt  1.  c.  p.  V.,  taugt 
nur  jetzt  darum  etwas  für  den  Historiker,  weil  er  als  Historiker 
Nichts  taugt.*  Auf  diese  Zeugnisse  mag  wohl  auch  Hoeck,  R. 
Gesch.  I,  3  p.  402  die  Ansicht  gründen,  dass  'das  Unternehmen 
des  Vindex  frei  von  selbstsüchtigen  Absichten*  gewesen  sei. 

Dem  Berichte  des  Dio  gegenüber  meint  aber  H.  Schiller, 
*  Gesch.  des  röm.  Kaiserreichs',  p.  261  ff.,  dass  der  Aufstand  des 
Vindex  nur  ein  Versuch  gewesen  sei,  ein  nationales  selbststän- 
diges Reich  in  Gallien  zu  schaffen.  Auch  Sievers  1.  e.  p.  143 
sieht  in  dem  unternehmen  des  Vindex  nur  einen  Versuch  Gallien 
von  Rom  loszureiesen,  so  dass  es  nur  ein  Vorspiel  von  dem  ge- 
wesen wäre,  was  im  Jahre  69  und  70  unter  Civilis  offen  hervor- 
trat. Diese  Ansicht  ist  nur  halb  wahr  und  ebenso  einseitig,  wie 
der  das  Gegentheil  behauptende  Bericht  des  Dio-Zonarae.  In 
Wirklichkeit  war  mit  der  Absicht  des  Vindex  auf  Verselbständi- 
gung  Galliens  die  andre  Tendenz  gar  nicht  ausgeschlossen,  die 
zugleich  auf  eine  Befreiung  des  ganzen  Reichs  hinauslief.  Soviel 
ist  an  dem  Berichte  des  Dio  sicher  wahr,  dass  Vindex  auf  einen 
Sturz  Neros  zusteuerte,  damit  auf  eine  Befreiung  des  ganzen 
Reichs.  Aber  zugleich  und  wohl  auch  in  erster  Linie  sollte 
diese  Befreiung  Gallien  und  seiner  Selbständigkeit  zu  Gute 
kommen.  Und  darum,  weil  Vindex  eine  allgemeine  Bewegung 
intendirte,  war  auch  die  Erhebung  desselben  kein  '  thörichter 
Versuch*,  wie  H.  Schiller,  1.  c,  noch  ein  'unbesonnenes  Werk  , 
wie  Sievers  sie  p.  143  nennt.  Gewesen  wäre  sie  das,  wenn 
Vindex  von  vornherein  nur  auf  einen  selbständigen  Staat  Gallien 
und  zwar  im  Kampfe  gegen  das  Reich  ausgegangen  wäre.  Aber 
diese  Thorheit  dürfen  wir  dem  Vindex  nicht  zuGchreiben.  Auch 
nicht  nach  Plutarchs  Bericht.  Nach  ihm  (Galba  4  ff.)  hat  Vindex 
dem  Galba  wiederholt  geschrieben,  er  solle  die  Führung  an- 
nehmen und  sich  selbst  einem  starken  Körper,  der  ein  Haupt 
suche,  als  solches  geben,  nämlich  den  gallischen  Völkern,  die 
100,000  bewaffneter  Männer  aufgestellt  hätten  und  noch  mehrere 
andere  hunderttausende  bewaffnen  könnten:  ό  OuivblE  ?τραψ6  τώ 


L.  Verginius  Hufas.  605 

Γάλβςι  παρακαλών  άναοίΕασθαι  την  ήγεμονίαν  και  παρασχεΐν 
εαυτόν  ισχυροί  σώματι  ίητουντι  κεφαλήν,  ταϊς  Γαλατίαις,  δέκα 
μυριάδας  άνορών  ώπλισμένων  έχούσαις  αλλάς  τε  πλείονας 
όπλίσαι  ουναμέναις.  Aber  damit  ist  gar  nicht  gesagt,  dass  die 
Bewegung,  die  doch  irgendwo  einen  Anfang  nehmen  mueste,  eine 
locale  bleiben  sollte.  Dem  widerspricht  ja  schon,  dass  Yindex 
den  Statthalter  von  Spanien  zur  Theilnahme  auffordert.  Nero 
selbst  freilich  nahm  diesen  Aufstand  des  Vindex  anfangs  als 
einen  localen;  er  machte  darum  auch  nicht  viel  daraus,  wie  wir 
gleich  sehen  werden.  Dagegen  warf  er  den  Tisch  um,  an  dem 
er  gefrühstückt  hatte,  als  er  horte,  dass  auch  Galba  abgefallen 
sei.  Es  sei  deshalb,  meint  Plutarch  1.  c.  vom  Yindex  auch 
sehr  richtig  und  überlegt  gewesen,  dass  er  den  Galba  habe  an 
die  Spitze  stellen  wollen. 

Nach  alle  dem  ist  klar:  Mit  der  Erregung  einer  allge- 
meinen Bewegung  und  nicht  bloss  unter  dem  Scheine  einer  solchen 
verfolgt  Yindex  ebenso  auch  eine  allgemeine  Befreiung  des  Reichs 
als  die  Freiheit  und  Selbständigkeit  Galliens.  Derselben  An- 
sicht ist  auch  Th.  Mommsen,  der,  wenn  auch  nur  ganz  kurz 
diese  Yorgänge  im  Y.  Band  der  röm.  Gesch.  erwähnt.  £r  sagt: 
'  £8  war  dies  (die  Insurreotion  der  gallischen  Yölker  unter  Yindex) 
keine  Auflehnung  gegen  die  Fremdherrschaft,  wie  die  des  Yer- 
ciogetorix  oder  noch  des  Sacrovir,  ihr  Ziel  nicht  die  Beseitigung, 
sondern  die  Umgestaltung  des  römischen  Regiments,  p.  75. 
Mommsen  meint  ganz  treffend»  die  Bewegung  habe  einen  'halb 
nationalen,  halb  römischen  Charakter'  gehabt. 

Die  Nachricht  von  dem  Abfall  des  Yindex  traf  am  19.  März 
des  Jahres  68  in  Neapel  ein.  Es  war  der  neunte  Jahrestag  des  Todes 
der  Mutter  Neros.  Er  selbst  verweilte  gerade  damals  auf  dem  Rück- 
weg von  Griechenland  zu  Neapel,  um  den  griechischen  Spielen 
beizuwohnen,  die  dort  gefeiert  wurden,  und  um  in  ihnen  selbst 
neuen  Triumph  zu  erringen.  Zunächst  liess  er  sich  in  seinen 
Kunstfreuden  durch  die  Nachricht  nicht  weiter  stören;  er  nahm 
dieselbe  mit  lässiger  Sicherheit  auf  und  schien  sich  sogar  zu 
freuen,  weil  ihm  durch  den  Aufstand  Gelegenheit  geboten  würde, 
die  reichsten  Provinzen  nach  Eriegsrecht  plündern  zu  können. 
Plutarch  l.  c.  5.  Im  Gymnasium  verfolgte  er  die  Athletenkämpfe 
mit  dem  lebhaftesten  Eifer,  ganze  acht  Tage  lang  bekümmerte 
er  sich  gar  nicht  um  die  Sache.  Endlich  wurde  er  durch  Schmäh- 
schriften des  Yindex  bewogen,  den  Senat  brieflich  aufzufordern, 
Massregeln  gegen  die  Empörer  zu  ergreifen ;  Senatum  epistola  in 


606  Paul 

nltionem  sui  reique  pablicae  adhortatas  est  Säet.  N.  41.  Was 
das  für  Maesregeln  waren,  wird  nicht  gesagt,  and  wenn  es  in 
der  Folge  bei  Saeton  weiter  heiest:  dnrch  immer  neae,  sich 
drängende  ßotscbaften  sei  Nero  äasserst  bestürzt  worden  and 
nach  Rom  zarückgekebrt ;  dort  angekommen  habe  er  weder  den 
Senat  noch  eine  Volksversammlang  berufen,  habe  vielmehr  nur 
mit  dem  Staatsrathe  eine  eilige  Berathuug  gepflogen,  so  giebt 
das  anoh  kein  deatliches  Bild  von  den  Massnahmen,  die  ergriffen 
wurden.  Mehr  erfahren  wir  aas  Dio  and  etlichen  Stelleu  des 
Tacitus.  Dio  berichtet  63,  2S,  dass  Nero  eine  hohe  Belohnung 
auf  den  Kopf  des  Yindex  gesetzt  habe  und  als  Yindex  dieses 
gehört,  habe  er  ausgerufen :  Wer  mir  den  Kopf  des  Nero  bringt, 
soll  meinen  dafür  haben!'  Vergl.  Zonaras  11,  13.  Tacitue  aber 
giebt  bist.  1,  6  die  wichtige  Nachricht  von  einer  Zuruckberafang 
der  Truppentbeile,  die  auf  Befehl  des  Kaisers  aas  Germanien, 
Illyricum  (den  drei  illyrischen  Provinzen  Pannonien,  Dalmatiisn, 
Mösien)  und  Britannien  zum  Kriege  gegen  die  Albaner  im  süd- 
östlichen Kaukasus  aufgebrochen  waren.  £s  waren  das  die 
besten  Regimenter  des  Reichs.  Was  insbesondre  das  Corps  aas 
Britannien  anbetrifft,  so  gehörte  die  14.  Legion  dazu,  die  nicht 
lange  vorher  die  entscheidende  Schlacht  gegen  die  britannische 
Boudicca  unter  Paulinus  Suetonius  mit  unvergleichlicher  Tapfer- 
keit für  die  Römer  gewonnen  hatte  und  von  diesem  Tage  an 
unbestritten  den  ersten  Platz  unter  allen  römischen  Heeresab- 
theilungen  einnahm.  Eben  dieser  Auszeichnung  wegen  war  das 
Regiment  von  Nero  abberufen  worden,  um  zum  Kriege  in  den 
Orient  zu  geben.  Tacitus  sagt  nun  ausdrücklich  1.  c,  dass  diese 
Truppen  den  Aufstand  des  Vindex  hätten  niederschlagen  sollen, 
opprimendis  Vindicis  coeptis  revocaverat  (Nero).  Diese  Truppen 
kamen  aber  nicht  zur  Verwendung,  wie  es  scheint,  weil  die  ober- 
germanischen  Legionen,  (die  4.  Maced.,  die  22.  Primigen.,  beide 
zu  Mainz,  und  die  21.  Rapax  in  Vindonissa,  Windisch  im  Aargao), 
welche  in  Verginius  Rufus  einen  überaus  geschickten  and  tapfe- 
ren Führer  hatten,  erst  gegen  den  Feind  marschiren  sollten  und 
Nero  abwarten  wollte,  wie  sich  die  Dinge  dann  weiter  entwickeln 
würden.  Also  die  Massnahmen  können  doch  nicht  so  unbedeutend 
gewesen  sein,  wie  es  nach  Sueton  erscheinen  müsste. 

Zu  den  genannten  Tiuppenabtheilungen  aus  Germanien, 
Illyricum  und  Britannien  war  auch  noch  das  Silianische  Reiter- 
corps beordert,  das  von  Nero  erst  nach  Aegypten  geschickt 
worden  war,    wohin  er  sich  selbst,  und  zwar    nach  Alexandrien, 


L.  Verginias  RoiiiB.  607 

kurz  vor  der  Empörung  des  Yindex  hatte  begeben  wollen.  Sueton 
N.  19.  Tac.  biet.  1,  70.  Jetzt  wurde  das  nun  gleichfalls  zur 
Bekämpfung  des  Yindex  zurückbeordert.  Diese  Truppen  blieben 
alle  vorläufig  in  Italien.  Von  der  ala  Siliana  wird  das  Tac.  h. 
1,  70  gesagt:  a  Nerone,  ut  in  Aegyptum  (öiliani)  praemitterentar, 
exciti  et  ob  bellum  Vindicis  revocati  ac  tum  in  Italia  manentes. 
Von  den  andern  Truppen  müssen  wir  es  daraus  sobliessen,  dass 
beim  Einzüge  Galbas  in  Rom  im  September  68  unter  den  Truppen, 
die  damals  in  der  Stadt  lagen,  auch  die  vielen  Truppenabthei- 
lungen  aus  Germanien,  Britannien  und  Illyricum  genannt  werden, 
die  Nero  eben  von  dem  Marsche  nach  dem  Kaukasus  zurückbe- 
rufen hatte  gegen  Yindex,  Tac.  h.  1,  6:  multi  numeri  e  Germa- 
nia,  Britannia  et  Ulyrico.  Erwägt  man  das,  so  wird  man  auch 
die  Stelle  verstehen,  wo  Tac.  h.  1>  9  von  den  zu  den  aufge- 
botenen Truppen  gehörigen  illyrisohen  Regimentern  berichtet,  sie 
hätten  sich  bei  der  Besitznahme  der  Herrscbergewalt  durch  Galba 
ruhig  verhalten,  '  obwohl  die  von  Nero  (gegen  Yindex)  entbotenen 
(illyiischen)  Legionen,  während  sie  in  Italien  weilten,  den 
Yerginius  durch  Deputationen  (zur  Uebernahme  der  Eaiserwürde) 
angegangen  wären',  quies  et  Ulyrico,  quamquam  excitae  a 
Nerone  legiones,  dum  in  Italia  cunotantur,  Yerginium  legationibus 
adissent.  Flier  muss  entschieden  'ounctantur*  und  nicht  die  ge- 
wöhnliche Lesart  'cunctatur*  angenommen  werden.  Zu  dem 
cunctatur  würde  Nero  Subjeot  und  als  der  Zögernde  hingestellt 
sein.  Aber  dass  Nero  ^in  Italien  gezögert  hätte,  wäre  eine 
wunderliche  Angabe  des  Tacitus.  Wo  sollte  er  denn  sonst  gezögert 
haben,  als  in  Italien,  wo  er,  wie  Jedermann  wusste,  damals  sich 
aufhielt ?  und  welcher  unpassende  Ausdruck,  dieses  cunctari, 
ftr  ein  im  Rausche  hingebrachtes,  schwelgerisches  Genussleben, 
das  eich  nebenbei  im  Entwerfen  von  allerhand  Plänen  gefiel,  wie 
das  Sueton  N.  40 — 49  schildert.  Das  will  Alles  nicht  passen, 
sondern  das  Subject  zu  dem  Yerbum  sind  eben  die  von  Nero 
aufgebotenen  Regimenter,  die  in  Italien  nutzlos  ihre  Tage  zu- 
bringen, während  sie  zum  Kampf  begierig  sind.  Der  Begriff  des 
nutzlosen  Stillestehens  liegt  in  dem  cunctari.  Im  TJebrigen  ent- 
sprechen die  Worte  h.  1,  9:  ^  dum  in  Italia  cunotantur'  denen  in 
1,  70:  ^tum  in  Italia  manentes  .  In  der  Sache  aber  ist  Alles 
klar.  Grade  darum,  weil  sie  nutzlos  in  Italien  da  stehen,  gehen 
sie  den  Yerginius  an,  da  sie  in  ihm  den  energischen  Führer  er- 
warten, der  des  Thrones  ganz  anders  würdig  ist,  als  der  schwache 
und  grausame  Despot,   der  eich  jetzt  Kaiser  nennt.     Damit   sind 


608  Paul 

wir   an   das  Eingreifen   des    Verginine   Rufus    in   die  Dinge  ge- 
kommen. 

Der  Aufstand  hatte  seinen  Anfang  in  Aquitanien  genommen, 
hatte  sich  über  das  Gebiet  der  Arverner,  Sequaner  and  Aedner 
verbreitet,  und  hatte  zum  Haupt waffenplatz  Vienna,  die  alte 
Hauptstadt  der  Allobroger,  die  darum  auch  von  den  ihnen  feind- 
lichen, römisch  gesinnten  Lugdunensern  später  als  sedes  belli 
Gallici  bezeichnet  wnrde.  Tao.  h.  ] ,  65.  Die  von  Kaiser  Clau- 
dius 44  nach  Chr.  gegründete  Militärkolonie  Lngdannm  stand 
denn  anch  gegen  den  Yindex.  Sie  war  die  Nebenbuhlerin  von 
Vienna,  der  die  Lugdunenser  nach  demselben  Berichte  des  Tacitus 
1.  c.  ausländisches,  feindliches,  d.  h.  unrömisches  Wesen  vor- 
warfen, cuncta  illic  externa  et  hostilia.  Auch  die  Germanien  be- 
nachbarten gallischen  Stämme  der  Trevirer  und  Lingonen  ver- 
hielten sich  zu  dem  Unternehmen  des  Yindex  feindlich.  Tac.  h. 
4,  17.  Römische  Truppen  waren  keine  unter  seinem  Aufgebot; 
dasselbe  bestand  also  blos  aus  gallischem  Landsturm,  weshalb 
zwei  Jahre  später  auch  Civilis  die  Schlaohtreihe  des  Yindex  mit 
den  Aeduern  und  Avernern  identificiren  konnte,  denen  bei  Tacitns 
h.  1,  51  noch  die  Sequaner  beigezählt  werden.  Wenn  Plutarch 
(Galba  4),  wie  wir  oben  sahen,  die  Heereszahl  des  Vindex  auf 
100,000  Mann  angiebt,  so  wird  wohl  H.  Schiller  1.  c.  p.  272 
Anm.  2  recht  haben,  wie  er  diese  Angabe  als  'eine  der  gewöhn- 
lichen gallischen  Bravaden*  annimmt.  Vgl.  Sievers,  1.  c.  p.  147, 
Anm.  33.  Als  Führer  dieses  gallischen  Landsturms  werden  bei 
Tac.  h.  2,  94  Asiaticus,  Flavius,  und  Rufinus  genannt,  alle  drei, 
ivie  die  Namen  ergeben,  Gallo-Romanen. 

Wie  stark  in  Wirklichkeit  das  Heer  des  Vindex  gewesen 
ist,  wissen  wir  nicht;  dürfen  wir  eine  Yermuthung  aussprechen, 
so  ist  es  die,  dass  die  Stärke  nicht  viel  über  20,000  Mann  be- 
tragen haben  wird.  Diese  Zahl  giebt  Plutarch  (Galba  6)  als  die 
Zahl  der  im  Entscheidungskampf  Gefallenen  an,  und  da  Tacitns 
h.  1,51  berichtet,  dass  in  diesem  Entscheidungskampf  das  ganze 
Heer  des  Vindex  vernichtet  worden  sei,  caeso  cum  omnibas  co- 
piis  lulio  Vindice,  so  wird  wohl  unsere  obige  Yermuthung  der 
Wahrheit  ziemlich  nahe  kommen. 

Bei  dieser  nicht  übermässig  grossen  Truppenzahl  war  es 
natürlich,  dass  Vindex  sich  nach  einer  Unterstützung  umsah,  die 
seinen  Zweck  förderte.  Da  konnte  ihm  nichts  erwünschter  sein, 
als  sich  auf  einen  Namen  zu  berufen,  der  in  der  römischen  Welt 
einen  so  weithin   tönenden   Klang  hatte,  wie  der  des   P.  Sulpicius 


L.  VerginiuB  Ηα/αβ.  60d 

Galba,  des  Statthalters  von  Hispania  Tarraconensis,  der  einem 
der  vornehmsten  altrömisohen  Geschlechter  entstammte.  Dass  sich 
Yindex  gerade  an  ihn  wandte  and  ihn  aufforderte,  im  Kampfe 
um  die  Befreiung  der  Menschheit  sich  zum  Führer  zu  machen, 
ut  humano  generi  assertorem  ducemque  se  accommodaret,  Suet. 
Galha  9  (vergl.  Plut.  G.  4.  Zonaras  1.  o.)>  hatte  wohl  darin  seinen 
Grund,  dass  er  ihn  als  Einen  erkannt  hatte,  der  unter  Umständen 
die  Rolle  des  Prätendenten  zu  übernehmen  Lust  hatte.  Sneton 
berichtet  (G.  8),  dass  es  in  Galbas  Nähe  Leute  gegeben,  die  ihm 
schon  vom  Antritt  seines  Statthalteramtes  an  Einflüsterungen  zu- 
trugen, die  darauf  ausgingen,  dass  er  seine  Hand  nach  der  Krone 
ausstrecken  sollte.  Sie  beriefen  sich  auf  ein  Wunder:  dass  das 
Haar  eines  bei  einem  Opfer  Galbas  administrirenden  Knaben  plötz- 
lich grau  geworden  sei ;  das  bedeute  eine  Aenderung  der  Dinge 
und  zwar  dahin,  dass  dem  jungen  Herrscher  ein  Greis,  Er,  Galba, 
dem  Nero  folgen  werde.  Noch  andere  Zeichen  kamen  dazu,  die 
ihm  den  Glauben  beibringen  konnten,  dass  ein  altes  Orakel  ein- 
treffen werde:  einst  werde  aus  Spanien  der  gebietende  Herr  der 
Welt  kommen.  Suet.  G.  9.  Das  und  Aehnliches,  was  auf  ein 
zweideutiges  Spiel,  das  Galba  während  der  acht  Jahre  seines 
Gouvernements  in  Spanien  spielte,  hinweisen  konnte,  wird  wohl 
dem  Vindex  nicht  unbekannt  gewesen  sein,  als  er  sich  an  Galba 
wandte,  eben  so  wenig,  als  es  in  Rom  unbekannt  geblieben  sein 
kann.  Auf  solch  zweideutiges  Spiel  weist  auch  Plutarch  G.  4  hin, 
wenn  er  sagt,  Galba  habe  den  von  den  Procuratoren  Nero's 
schwer  bedrängten  Provinzialen  wenigstens  durch  seine  Theil- 
nahme  eine  Art  von  Trost  gewährt  und  als  auf  Nero  Spottlieder 
gemacht  und  tiberall  gesungen  worden  seien,  habe  er  das  nicht 
gehindert.  Deshalb  sei  er  um  so  mehr  von  der  Bevölkerung 
geliebt  worden.  Da  wird  denn  auch  die  Nachricht  des  Sueton 
begründet  sein  (9,  9),  Nero  habe  Briefe  nach  Spanien  an  die 
Procuratoren  geschickt  mit  dem  geheimen  Befehl,  den  Galba  zu 
ermorden,  die  dieser  aufgefangen  habe:  mandata  Neronis  de  nece 
eua  ad  proouratores  clam  miesa  deprenderat.  Das  scheint  kaum 
als  ein  von  Galba  nur  fingirter  Grund  seines  Abfalls  aufgefasst 
werden  zu  können,  erklärt  vielmehr,  warum  dieser  bei  der  An- 
nahme der  Kaiserwürde  noch  in  Spanien  den  Obultronius  Sabinus 
und  den  Cornelius  Maroellus,  beide  wahrscheinlich  Procuratoren 
des  Nero,  hinrichten  Hess.  Natürlich  wird  Galba  grade  durob 
die  Pläne  des  Nero,  ihn  zu  tödten,  mit  dazu  gebracht  worden 
sein,  das  Anerbieten  des  Vindex  nicht  von  der  Hand  zu  weisen, 

Bbein.  Mu.  t  Philol.  N.  F.  LIV.  39 


610  t^anl 

conditionem  partim  meta,  partim  spe  recepit.  Säet  1.  c.  £r  ent- 
schied eich  für  den  Abfall.  Allerdinge  that  er  das  erat  nach 
längerem  Besinnen,  das  Titas  Vinias,  sein  Vertrauter  and  Comman- 
dant  der  prätorianiscben  Cohorte,  damit  entschied,  dass  er  sagte: 
'was  ist  da  zu  sinnen,  Galba?  Fragen,  ob  wir  dem  Nero  tren 
bleiben  sollen,  heisst  schon  nicht  mehr  treu  sein.  Da  also  Nero 
für  ans  der  Feind  ist,  so  darf  man  das  Bündniss  mit  dem  V index 
nicht  fahren  lassen,  oder  aber  man  musn  ihn  sofort  in  Anklage- 
zustand  versetzen  und  bekämpfen,  weil  er  will,  dass  Da  lieber 
der  Herr  der  Römer  seiest,  als  Nero,  der  Tyrann*.  Plat.  Galba  4. 
Auf  einem  am  2.  April  68  abgehaltenen  Gerichtstag  hielt  nun 
Galba  eine  Rede  gegen  Nero  und  machte  seine  Candidatar  um 
den  Thron  bekannt,  wenn  dies  vorläufig  auch  nur  unter  der  Formel 
*  Legat  des  Senats  und  des  römischen  Volkes  geschah.  Plut.  l. 
c.  5.  Während  er  nun  seine  Anstalten  traf,  um  sein  Unter- 
nehmen zu  Ende  zu  führen,  besondere  auch  Aufforderungen  zum 
Anschluss  an  die  Statthalter  der  übrigen  Provinzen  erliess,  Snet. 
Galba  10,  die  aber  anfangs  nur  bei  wenigen  willige  Bereitschaft 
fanden,  am  allerwenigsten  bei  den  Legionen  am  Rhein,  Plat.  G.  6, 
hatte  der  Aufstand  des  Vindex  grade  durch  diese  rheinischen 
Legionen  ein  schnelles  £nde  gefunden. 

Ihr  Befehlshaber  war  L.  Verginius  Rufus.  Man  wird  wohl 
nicht  fehl  gehen,  wenn  man  annimmt,  dass  die  erste  Maseregel, 
die  der  Senat  auf  das  Schreiben  des  Kaisers  hin  treffen  musste, 
die  gewesen  ist,  den  Statthalter  von  Ober-Germanien,  den  man 
als  einen  zuverlässigen  und  energischen  Mann  aus  seiner  Con- 
sulatsverwaltung  im  Jahre  63  kannte  und  der  jetzt  die  grösste 
Macht  in  der  Nähe  des  Aufstandes  unter  seinem  Befehl  hatte, 
ταγμάτιυν  επιστατών  δυνατωτάτιυν,  Plut.  Galba  6,  aufzufordern, 
gegen  die  Aufständischen  zu  marschiren.  Rufus  zog  sofort  sein 
Heer  zusammen,  die  obergermanischen  Regimenter,  verbunden  mit 
einem  Theile  des  Heeres  von  Nieder-Germanien.  Wahrscheinlich 
ist  es  die  erste  Legion  von  den  vier  niedergermanischen,  die  legio 
Germanica,  gewesen,  die  mit  gegen  den  Vindex  auszog.  Sievers, 
l.  c.  p.  157,  Anni.  13.  Ferner  hatte  Rufus  bei  sich  die  gallischen 
Contingente,  die  es  mit  der  römischen  Macht  hielten,  die  Trevirer 
und  Lingonen.  Ihnen  schob  zwei  Jahre  später  Civilis  die  Schuld 
zu,  dass  die  gallische  Bewegung  unter  Vindex  gescheitert  sei. 
Tac.  h.  4,  17:  fuisse  inter  Verginii  auxilia  Beigas,  vereque  re- 
putantibus  Gallias  suismet  viribus  concidisse.  Auch  wurde  ihnen 
das  Zusammenstehen   mit   dem  Verginius   von   ihren  Landslenten 


L.  Verginiae  ttafas.  611 

schwer  vergessen,  Tac.  1.  o.  69:  constat  obstitisse  Treverie  Lin- 
gonibueqae  apud  Gallias,  quod  Yindicis  motu  cam  Yerginio  ste- 
terant.  Diese  eilig  von  Rufus  zasammengerufenen  germanischen 
Truppen  hatten  einen  bisher  wenig  einträglichen  und  bei  dem 
rauhen  Klima  des  Landes  sowie  bei  grosser  Strenge  der  Disciplin 
sehr  harten  Dienst  lange  durchgemacht ;  sie  hatten,  wie  Tacitue 
h.  I,  51  sagt,  weiter  Nichts  wie  ihre  Centurien  und  ihre  Reiter- 
geschwader kennen  gelernt;  in  ihrer  Abgeschlossenheit  waren  sie 
zudem  von  dem  Streit  der  Parteien  unberührt  geblieben;  Mann- 
schaft, Waffen  und  Pferde  waren  reichlich  vorhanden.  So  war 
es  natürlich,  dass  unter  dem  Befehle  eines  so  bedeutenden  Führers, 
wie  Rufus  war,  der  Aufruf  zum  Kampfe  gegen  die  Empörer  er- 
wünscht kam.  Rufus  rückte  ungehindert  vor  Yesontio  (Besanvon), 
die  Hauptstadt  der  Sequaner,  welche  sich  nebst  den  Aeduern  für 
Yindex  erklärt  hatten.  Hier  traf  er  auf  den  ersten  Widerstand. 
Die  Stadt  nahm  ihn  nicht  auf;  darum  belagerte  er  sie.  Dio  63, 
24.  Nun  rückte  Yindex  zu  ihrem  Ersatz  heran  und  schlug  sein 
Lager  nicht  weit  von  den  Belagerern  auf.  Von  hier  aus  scheint 
Yindex  eifrige  Yersuche  gemacht  zu  haben,  um  den  Rufus  selbst 
für  den  Aufstand  zu  gewinnen.  Grlückte  das,  so  war  für  die 
Sache  noch  viel  mehr  gewonnen,  als  durch  die  Zusage  des  Galba. 
Es  gingen  Boten  hin  und  her.  Schliesslich  gewährte  Rufus  eine 
persönliche  Zusammenkunft   mit  Yindex  ohne  Zeugen. 

Bis  hierher  ist  zwischen  den  verschiedenen  Quellen  kein 
Widerspruch.  Nun  berichtet  aber  Dio  weiter:  die  beiden  Feld- 
herrn hätten  nach  aller  Yermuthung  eine  Yerabredung  zum  Sturze 
Neros  getroffen,  κατά  του  Νέρωνος,  ώς  εΐκάίετο,  συνέθεντο 
προς  αλλήλους.  Darauf  hin  sei  Yindex  mit  seinem  Heere  auf- 
gebrochen mit  der  Absicht,  die  Stadt  zu  besetzen.  Das  müsste 
ihm  also  von  Rufus  zugestanden  gewesen  sein.  Die  Truppen 
des  Rufus  aber,  wie  sie  die  des  Yindex  hätten  heran  kommen 
sehen,  hätten  geglaubt,  dass  diese  direkt  gegen  sie  selbst  mar- 
Bchirten  und  seien  ohne  einen  Befehl  abzuwarten,  αύτοκέλ€υ(Ττοι, 
stracks  gegen  sie  gezogen,  hätten  sie  unvermuthet,  wie  sie  ausser 
Reih^  und  Glied  ungeordnet  einher  zogen,  überfallen  und  hätten 
ihrer  sehr  Yiele  niedergehauen.  Wie  das  Yindex  gesehen,  habe 
er  im  tiefsten  Schmerze  selbst  Hand  an  sich  gelegt.  'Und  das 
ist  die  Wahrheit  der  Sache,  fahrt  Dio  1.  c.  fort,  καΐ  τό  μέν 
αληθές  ούτως  ίχ€ΐ.  Yiele  haben  freilich  hierauf  seinen  Körper 
verwundet  und  dadurch  für  Manche  fälschlicherweise  die  Ansicht 
hervorgerufen,  dass  sie  ihn  getötet  hätten. 


612  Paul 

Aus  diesen  Worten :  '  Und  das  ist  die  Wahrheit  der  Sache', 
die  sich  auf  die  Todesart  des  Vindex  heziehen,  gebt  hervor,  dass 
diese  sehr  zweifelhaft  war  und  dass  der  Schriftsteller  nur  die 
ihm  wahrscheinlichste  angieht.  Oh  diese  aher  so  wahrscheinlich 
ist,  ist  sehr  fraglich,  ohschon  Plutarch  G.  6  sie  bestätigt:  Ούίν- 
οικος  εαυτόν  άνελόντος  έπΙ  οισμυριοις  Γαλατών  πβσοΟσι.  Da- 
gegen aher  berichtet  Tacitus  ausdrücklich,  dass  Vindex  mit  allen 
seinen  Truppen  niedergehauen  worden  sei,  h.  1,  51  :  Caeso  — 
lulio  Vindice.  Und  Tacitus  ist  hier  der  vollkommen  sichere  Ge- 
währsmann, da  er  dem  Yerginius  selbst  sehr  nahe  gestanden,  ihm 
sogar  die  Leichenrede  gehalten  hat.  Plin.  ep.  2,  1.  Es  ist  Nichte 
natürlicher,  als  dass  er  auch  mit  ihm  grade  über  diejenige  Th&t 
seines  Lebens  gesprochen  hat,  durch  die  mit  der  Beft'eiung  vom 
gallischen  Kriege  die  Entscheidung  über  das  römische  Reich,  wie 
Plutarch  G.  10  sagt,  in  seine,  des  Verginius,  Hand  gelegt  war: 

μεγίστη  ^οττή  τοις  Τιυμαίιυν  πράγμασι γενόμενος  Γα- 

λατικών  πολέμων  απαλλαγή. 

Da  die  Nachricht  von  dem  Selbstmord  des  Vindex,  wie  sich 
aus  der  Epitome  des  Zonaras  ergiebt,  vom  echten  Dio  stammt 
und  nicht  von  seinem  Epitomator  Xipbilinus,  so  ist  das  ein  Zei- 
chen, wie  bald  in  das  Bild  des  Vindex  Züge  eingetragen  worden 
sind,  die  es  für  die  römische  Welt  anders  aufstellen  sollten,  als 
es  geschichtlich  gestaltet  gewesen  ist.  Schon  Galba  hatte  Grund, 
den  Vindex  nicht  als  einfachen  Empörer  betrachtet  wissen  zu 
wollen,  dem  es  doch  bei  seiner  Empörung  auch  mit  auf  Befreiung 
der  gallischen  Nation  vom  römischen  Joche  ankam,  sondern  ab 
uneigennützigen  Vertreter  aller  Unterdrückten,  der  die  Welt  zu- 
erst vom  Joche  Neros  habe  befreien  wollen.  Als  Thronprätendent 
und  dann  als  Kaiser  konnte  er  die  Nachrede  nicht  auf  sich  neh- 
men, diese  Würde  durch  einen  Feind  des  römischen  Namens  mit- 
erlangt zu  haben.  Er  durfte  also  in  Vindex  selbst  keinen  Na- 
tionalfeind sehen,  sondern  einen  Freund  der  Freiheit,  wie  irgend 
ein  Römer  der  guten  alten  republikanischen  Zeit  es  gewesen,  der 
zu  ehren  und  hoch  zu  halten  und  dessen  Anhänger  eher  zu  be- 
lohnen als  zu  bestrafen  seien.  Demgemäss  handelte  Galba  auch, 
und  so,  als  den  Patron  des  Vindex  auch  nach  dessen  Tode,  be- 
trachteten ihn  die  Legionen,  wenn  sie  dafür  hielten,  dass  Galba 
dem  Vindex  allein  Dank  wisse  nnd  ihn  noch  nach  seinem  Tode  ehre 
und  durch  öffentliche  Todtenopfer  sein  Andenken  als  des  Mannes 
feiere,  der  ihn  selbst  als  Herrn  des  römischen  Reiches  aufgestellt  m 
habe.     Plut.  G.  22:    ώ  (OuivbiKi)  μόνψ   τόν    Γάλβαν  χάριν  €ί• 


L.  Verginiue  Rufus.  613 

beyai  και  τιμάν  τεθνηκότα  και  γεραίρειν  δημοσίοις  έναγισμοϊς, 
ώς  υπ*  εκείνου  Τιυμαίιυν  άττοδεδειγμίνον  αυτοκράτορα.  Die 
Gallier,  die  mit  ihnen  im  Kampfe  gelegen  hätten,  hätten  Ge- 
schenke hekommen,  die  aher  nicht  mit  dem  Vindex  gegangen, 
seien  bestraft  worden.  Plat.  1.  c.  Darum  giebt  auch  ein  Jahr 
später  der  römische  tüchtige  Feldherr  Vocula,  als  der  Aufstand 
unter  Civilis  ausbrach,  gradezu  dem  Galba  die  Schuld  an  diesem, 
weil  er  besonders  durch  Herabsetzung  der  Steuern  sich  zu  frei- 
gebig gegen  die  feindlichen  Gallier  erwiesen  habe:  Galbam  et 
infracta  tributa  hostiles  spiritus  (Gallis)  indidisse.  Tac.  h.  4,  57. 
Dieser  Steuererlass  war  denjenigen  gallischen  Cantonen  von  Galba 
gewährt  worden,  welche  sich  an  Vindex  und  später  an  ihn  selbst 
angeschlossen  hatten,  h.  1,  8:  Galliae  super  memoriam  Yindicie 
obligatae  recenti  dono  Homanae  civitatis  et  in  posterum  tributi 
levamento.  Geschahen  so  an  den  Freunden  des  Vindex  nur  Gna- 
denerweise, mit  denen  sie  sogar  gegenüber  seinen  Besiegem  re- 
nommiren  durften,  qui  remissam  sibi  a  Galba  quartam  tributorum 
partem  et  publice  (se)  donatos  in  ignominiam  exercitus  iactabant, 
h.  1,  51,  80  wurden  andrerseits  die  Gegner  des  Vindex  von  der 
Ungnade  Galbas  getroffen  und  sogar  mit  Gebietsschm&lerung  be- 
straft, h.  1,  53.  Das  Alles  musste  dazu  beitragen,  das  Bild  des 
Vindex,  das  Vocula  noch  kurze  Zeit  nach  dem  Tode  desselben 
80  zeichnet,  dass  er  dessen  Empörung  auf  gleiche  Stufe  mit  der 
der  Aedner  unter  Sacrovir  im  Jahre  21  nach  Chr.  stellt,  h.  4, 
57,  sehr  bald  immer  mehr  aus  einem  Empörer  in  den  uneigen- 
nützigsten Freiheitshelden  umzumalen.  Und  so  berichtet  denn 
nach  Dio  auch  Zonaras,  Vindex  sei  durch  eigne  Hand  gefallen, 
aber  nicht  etwa  erst  nach  verlorener  Schlacht,  wie  Dio  erzählt, 
sondern  weil  der  Aufstand  sich  ohne  Entscheidung  lange  hinge- 
zogen habe;  da  habe  Vindex  tiefen  Schmerz  empfunden  über  die 
Gefahren,  in  denen  seine  Truppen  sich  befanden  und  habe  die 
Gottheit  angeklagt,  dass  sie  ihm,  der  doch  so  Edles  erstrebt, 
nämlich  den  Nero  zu  stürzen  und  die  Römer  zu  befreien,  keinen 
Erfolg  gegeben.  Zonaras  11,  13:  τής  bk  άττοστασίας  παρα- 
τεινομένης ό  OOivbiH  εαυτόν  άττ^σφα^ε,  των  μετ*  αύτου  στρα- 
τιωτών κινδυνευσάντων  ύττεραλγήσας  και  προς  τό  δαιμόνιον 
άγανακτήσας,  δτι  του  τοιούτου  πράγματος  όριγνηθεις,  του  τόν 
Νέρωνα  καταλΟσαι  και  τους  'Ρωμαίους  έλευθερώσαι,  ουκ  έΗε- 
τ€λ€(Τ€ν  αυτό.  Solchem  hochherzigen  Beginnen  konnte  dann  so 
ein  edler  Mensch  von  echtem  antiken  Freiheitsgefühl,  wie  Ver- 
ginius  Rufus    war,    nur   mit  Sympathie  begegnet  sein.     Nur  der 


614  Paul 

Zwang  der  Lage  konnte  diesen  ganz  wider  Willen  in  einen  Kampf 
mit  jenen  verwickelt  haben.  Das  ώς  εΐκάίετο  des  Dio  ist  höchst 
charakteristisch.  Die  Vermuthung  könnte  nur  dafür  sprechen, 
dass  sich  Eufus  mit  Yindex  verglichen  habe.  Alle  Schuld  fiel 
auf  das  zügellose  Heer,  das  einen  Erfolg  davon  trug,  den  Rufus 
gar  nicht  gewünscht  hatte. 

Diese  Dichtung  giebt  auch  der  Bericht  Plntarchs  als  Ge- 
schichte aus,  nach  welchem  beide  Heere,  das  des  Yerginius  und  dae 
des  Yindex,  ihre  Feldherren  gewissermassen  gezwungen  hätten,  sie 
mit  einander  zusammenstossen  zu  lassen,  gleich  Rosselenkern,  die 
die  Zügel  nicht  mehr  in  ihrer  Hand  haben,  Flut.  G.  6:  τα  Ούβργτ- 
νιου  καΐ  Ούίνδικος  στρατεύματα  τρόπον  τινά  βίςι  τους  ήγβμόνας 
ώσπερ  ηνιόχους  κρατήσαι  χαλινών  μή  ουνηθίντας  €ΐς  μάχην 
έΕενεγκόντα  μεγάλην  συνέρραΗαν.  Dio  aber  berichtet  sogar, 
Rufus  habe  den  Fall  des  Yindex  im  tiefsten  Schmerz  bedauert, 
63,  25:  *Ρουφος  bfc  τούτον  μέν  (τόν  Βίνοικα)  Ισχυρώς  έπεν- 
θησεν.  Auch  Hoeck,  wiederum  sich  auf  dieee  Zeugnisse  zweiten 
Ranges  stützend,  nimmt  1.  c.  p.  403  an,  dass  sich  Yerginius  Rufas 
und  Yindex  verständigt  hätten  und  Yerginius  dem  unternehmen 
gegen  Nero  beigetreten  sei.  Der  Kampf  sei  aber  ohne  Willen 
der  beiden  Führer  entstanden.  Von  alledem  weiss  Tacitus  Nichte. 
Davon,  dass  die  Feldherren  ihre  Trappen  nicht  hätten  zügeln 
können,  ist  kein  Wort  auch  nur  in  den  Text  hinein  zu  lesen 
möglich.  Das  Heer  des  Yerginius  wird  von  Tacitus  hingestellt 
als  stolz  auf  die  viele  Beute  und  den  Ruhm,  den  es  davon  ge- 
tragen, insofern  ihm  ohne  viele  Mühe  und  Gefahr  der  Sieg  in 
dem  sehr  reichlich  lohnenden  Kriege  zu  Theil  geworden  war. 
In  den  Worten  h.  1,51:  ut  cui  (exercitui)  sine  labore  et  periculo 
ditissimi  belli  victoria  evenisset,  liegt  ausgedrückt,  dass  die  gal- 
lischen Schaaren  grade  nicht  die  standhaftesten  Kämpfer  waren, 
zu  deren  Lobe  viel  za  sagen  gewesen  wäre.  Der  Tapferkeit  der 
Legionen  wird  damit  natürlich  kein  Tüpfelchen  entzogen.  Aber 
hätte  sich  Vindex  in  der  That  selbst  getödtet,  wovon  ja  immer- 
hin die  Möglichkeit,  wenn  auch  eine  sehr  entfernte  da  ist,  so 
wäre  nicht  der  Schmerz  davon  die  Ursache  gewesen,  den  er 
etwa  über  den  Betrug  des  Yerginius,  oder  wie  Zonaras  will,  über 
die  gefährliche  Lage  seiner  Truppen  empfunden,  sondern  der  Un- 
wille und  die  Scham  über  die  Schande  und  die  Schmach,  dass 
seine  Truppen  sich  so  unkriegerisch  zeigten  und  beim  ersten  An- 
prall zusammen  gehauen  wurden.  Dass  sich  diese  Truppen  so 
wenig  kumpftücbtig  erwiesen,  dass  ihre  Tapferkeit  vor  der  Schlacht 


L.  Vergiuius  Rufus.  615 

in  höherem  Ansehen  stand,  als  nach  derselben,  gab  den  Legionen 
mit  einigem  Rechte  das  Triumphgefühl,  als  hätten  sie  einen  grossen 
Sieg  davon  getragen;  weiter  aber  gab  ihnen  dieser  Sieg  das  volle 
Selbstgefühl,  mit  dem  sie  auf  neue  Händel  in  Gallien  warteten. 
Tac.  h.  1,  51:  seque  et  Gallias  expertae  (legiones)  quaerere  rur• 
Bum  arma  novasque  discordias. 

DasB  Tacitus  mit  seiner  Zeichnung  der  Vorgänge  allein 
Recht  hat,  geht  unbestreitbar  aus  der  Grabschrift  hervor,  die 
sich  Verginius  Rufus  selbst  gesetzt  hat  und  die  Plinius  ep.  9, 
19.  6,  10  erwähnt: 

Hie  Situs  est  Rufus,  pulso  qui  Vindice  quondam 
Imperium  asseruit  non  sibi,  sed  patriae. 
Hier  erwähnt  er  selbst  die  zwei  Grossthaten  seines  Lebens,  davon 
die  eine  ist,    dass  er  den  Yindex    niedergeschlagen    habe.     Nun 
ist  es  gar    nicht    denkbar,    dass  ein    im  Grunde    seines  Herzens 
80  bescheidener  Mann,    wie  Verginius   war,   von  dem  Plinius  ep. 

9,  19  sagt :  er  kenne  kaum  einen  zweiten  Menschen,  dessen  Be- 
scheidenheit im  Rühmen  seiner  Persönlichkeit  so  weit  zurück- 
stehe hinter  dem  Ruhme,  den  seine  Thaten  aufweisen,  nee  facile 
quemquam  nisi  Verginium  invenio,  cuius  tanta  in  praedicando 
yerecundia,  quanta  gloria  ex  facto,  dass  ein  solcher  Mann  als  die 
grösste  That  seines  Lebens  die  rühme,  deren  Ursache  ein  höchst 
bedauernswerthes  Missverständniss  gewesen  wäre.  Solch  eine 
That,  nicht  gewollt  und  im  Grunde  herzlich  bedauert,  schreibt 
sich  Niemand  als  ein  Verdienst  zu,  das  er  verewigen  will.  Eben- 
sowenig hätten  seine  Zeitgenossen  daran  denken  können,  den 
Verginius  als  den  hinzustellen,  der  das  Reich  von  der  schwersten 
Gefahr  befreit  hätte  und  bei  seinem  Tode  die  seltene  Auszeich- 
nung einer  öffentlichen  Leichenfeier  verdiente  als  zu  Ehren  eines 
grossen  und  hochberühmten  Bürgers,  maximi  et  clarissimi  civis. 
Plin.  ep.  2,  1. 

Was  die  Zeit  dieser  entscheidenden  Schlacht  bei  Vesontio 
anbetrifft,  so  können  wir  sie  nach  den  Angaben,  die  Sueton  Galba 

10,  11  macht,  einigermassen  genau  bestimmen.  Darnach  hatte 
Galba  Truppen  in  seiner  Provinz  ausgeschrieben  (zwei  Legionen, 
8.  Sievers,  1.  c.  p.  145  Anm.  21),  die  er  mit  seinen  römischen 
Truppen,  einer  Legion,  zwei  Reiterschwadronen  und  drei  Gehörten, 
vereinigen  wollte;  auch  hatte  er  eine  Art  von  Senat  aus  den 
Notablen  der  Provinz  eingesetzt  und  hatte  aus  ritterbürtigen 
jungen  Männern  sich  eine  Garde  gebildet.  Nachdem  sein  Unter- 
nehmen eine  Zeit    lang   unter    günstigen  Anspielen    vorgegangen 


616  Paul 

war,  wurde  beinahe  Allee  in  Frage  gestellt  damit,  dase  eine  der 
Reiterschwadronen  von  ihm  abfällig  werden  wollte.  Aach  hatten 
die  Sklaven,  die  er  von  dem  kaiserlichen  Procurator  zum  Ge- 
schenk erhalten  hatte,  sich  bereitwillig  zu  einer  Verschwörung 
gegen  ihn  gefunden,  der  er  nur  mit  Mühe  entgangen  war.  Zu 
air  dem  Unglück  kam  die  Meldung  vom  Tode  des  Yindex,  wo- 
durch Galba  in  völlige  Verzweiflung  versetzt  wurde,  so  dase  er 
nahe  daran  war,  sich  das  Leben  zu  nehmen.  Da  traf  kurz  darauf 
die  Botschaft  aus  Korn  ein,  Nero  sei  ermordet  und  Alle  schwüren  auf 
ihn  selbst.  Nun  habe  Galba  sofort  den  Titel  eines  Legaten  ab- 
gelegt und  den  des  Cäsar  angenommen  und  habe  zugleich  seinen 
Marsch  nach  der  Hauptstadt  angetreten,  Suet.  G.  11 :  Superveni- 
entibus  ab  urbe  nuntiis  ut  occisum  Neronem  cunctosque  in  verba 
flua  iurasse  cognovit,  deposita  legati  suscepit  Caeearis  appellationem, 
iterque  ingressus  est  paludatus  ac  dependente  a  cervicibus  pugione 
ante  pectus.  In  dem  *Super  liegt  der  Begriff  des  'kurz  nach- 
einander'. Rechnet  man  nun  so,  dass  die  Botschaft  vom  Tode 
des  Nero,  der  am  9.  Juni  68  eintrat,  neun  bis  zehn  Tage  dar- 
nach aus  Rom  in  Cluniae  eintraf,  wo  sich  Galba  damals  aufhielt, 
80  hat  sie  Galba  etwa  am  19.  Jnni  erhalten  und  zwar  durch 
Vermittlung  des  Titus  Vinius,  der  mit  den  vorgeschobenen  Truppen 
Galbas  an  der  spanisch-gallischen  Grenze  postirt  war. 

Diese  Data  giebt  auch  Plutarcli  G.  7.  Darnach  traf  am 
7.  Tage  nach  der  Abreise  von  Rom  der  Freigelassene  des  Galba 
Namens  Icelus  in  Cluniae  ein.  Eine  solche  Schnelligkeit  war  nur 
dadurch  möglich,  dass  Icelus  die  Seereise  gemacht  hatte,  Sievers, 
1.  c.  p.  145,  Anm.  42.  Er  meldete  dem  Galba,  dass  das  in  Rom 
stehende  Herr,  Volk  und  Senat  noch  bei  Lebzeiten  des  Nero^ 
aber  als  derselbe  bereits  verschwunden  war,  ihn,  den  Galba,  als 
Kaiser  ausgerufen  habe.  Dann  sei  auch  bald  darauf  die  Mel- 
dung von  dem  Tode  des  Nero  gekommen.  Er  nun,  Icelus,  sei 
erst  von  Rom  abgereist,  nachdem  er  den  Leichnam  des  Nero 
selbst  gesehen  habe.  Nach  dem  Icelus,  berichtet  Plutaroh  weiter, 
sei  zwei  Tage  später  Titus  Vinius  (von  der  gallischen  Grenze, 
Sievers  1.  c.)  beim  Galba  angekommen  und  habe  ihm  die  Be- 
schlüsse des  Senats  gemeldet,  δυσίν  ήμεραις  Ούίνιος  Τίτος 
πολλών  (so  ist  zu  lesen  statt  πολλά  τών)  από  στρατοπεοου  μ€θ' 
έτ€ριυν  άφίκ€το,  τά  δόΗαντα  τω  συγκλήτψ  καθ'  ϊκαστον  άπαγγέλ- 
λιυν.  Man  wird  nun  wohl  annehmen  dürfen,  dass  Icelus  am  10.  Juni 
abgereist  ist  und  am  17.  bei  Galba  angekommen.  Dann  traf  die 
officielle  Botschaft  durch  Titus  Vinius,  die  zwei  Tage  später  an- 


L.  Verginiue  Rufus.  617 

kam,  am  19.  Jnni  ein.  Dagegen  brauchte  die  Botschaft  von  dem 
Tode  des  Vindex  an  Galba  von  Vesontio  aus  etwa  die  Hälfte 
der  Zeit,  wie  die  officielle  Botschaft  von  Rom  aus,  also  zwischen 
vier  und  fünf  Tage.  Hat  sie  nun  Galba,  wie  das  aus  der  An- 
gabe des  "^  Supervenientibus  ab  urbe  nuntiis'  wahrscheinlich  ist, 
wenige  Tage  vor  der  Botschaft  aus  Rom  erhalten,  etwa  drei 
Tage,  also  am  16.  Juni,  und  ist  sie  gleich  nach  der  Sohlacht, 
wie  anzunehmen  ist,  abgegangen,  so  hat  die  Schlacht  bei  Vesontio 
selbst  etwa  vier  Tage    vorher,    also  am  12.  Juni    stattgefunden. 

Diese  Zeit  harmonirt  auch  mit  den  Ereignissen,  die  sich 
an  die  Schlacht  unmittelbar  anreih eten.  Und  damit  kommen 
wir  auf  das,  was  Verginius  als  die  zweite  Grossthat  seines 
Lebens  in  seiner  Grabschrift  angiebt. 

Den  Aufforderungen  Galba^s  an  die  Befehlshaber  in  den 
übrigen  Provinzen  zum  Abfall  von  Nero  (Sueton  G.  10)  war  vor 
allen  zuerst  Otho,  der  Statthalter  Lusitaniens,  nachgekommen, 
Tac.  h.  1,  13,  und  dann  Caecina,  der  Qdtfstor  Baeticas,  Tac.  h. 
1,  53,  dagegen  nicht  Clodius  Macer,  der  Präfect  in  Libyen,  h. 
1,  7  und  Verginiue  Rufue,  h.  1,  8.  Plutarch  G.  6.  Der  Abfall 
des  Galba  scheint  aber  für  die  Truppen  des  Verginius  der  Grund 
gewesen  zu  sein,  warum  sie  ihren  Führer  zum  Kaiser  ausriefen. 
Er  schlug  es  aus,  aber  mit  dem  Beisatz:  er  werde  auch  nicht 
dulden,  dass  irgend  ein  Anderer  die  kaiserliche  Würde  annehme, 
den  nicht  der  Senat  dazu  erwählt  habe.  Als  nun  die  Schlacht 
bei  Vesontio  stattgefunden  hatte,  verlangten  die  Soldaten  wieder- 
um, dass  er  die  Herrscherwürde  annehme,  sonst  würden  sie 
sich  wieder  auf  die  Seite  des  Nero  wenden.  Diese  Drohung  hat 
nur  dann  Sinn,  wenn  Nero  nach  ihrer  Meinung  noch  am  Leben 
war.  Es  konnte  also  die  Nachricht  von  seinem  Tode  noch  nicht 
im  Lager  der  germanischen  Legionen  angekommen  sein.  Damals 
schrieb  auch  Galba  dem  Verginius,  dass  er  doch  ja  mit  ihm  ge- 
meinschaftliche Sachen  machen  solle,  κοινοπρατ€ΐν,  Plut.  G.  6, 
ohne  mit  dieser  Ermahnung  einen  Erfolg  zu  haben.  Als  aber 
die  Nachricht  vom  Tode  des  Nero  angekommen  war  und  sich  die 
Dinge  plötzlich  zu  Gunsten  Galbas  wendeten,  machte  Verginiue 
nicht  sofort  die  Schwenkung  mit,  blieb  vielmehr  in  der  Haltung, 
die  er  von  Anfang  an  genommen,  dass  dem  Senat  die  Wahl  des 
Selbstherrschers  zukomme.  Auch  dass  die  eigenen  Truppen  ihm 
wiederholt  zusetzten,  Plut.  G.  10,  und  einer  von  den  Haupt- 
leaten  sogar  das  Schwert  gegen  ihn  zückte  und  ihm  die  Wahl 
stellte  zwischen  dem  Kaiserthron  oder  dem  Schwert,  brachte  ihn 


618  Paul 

nicht  von  seinem  fintechluese  ab.  Erst  als  Fabiue  Valeos,  der 
Legat  der  zum  unteren  Germanien  gehörenden  1.  Legion,  die  am 
Kampf  gegen  Yindex  mit  Theil  gehabt,  seine  Trappen  in  Eid  für 
Galba  genommen  katte,  Plut.  G.  13,  und  von  Rom  Briefe  über 
den  Beschlnss  des  Senats  kamen,  wonach  Galba  als  Kaiser  pro- 
klarairt  worden  war,  trat  auch  Verginius  dem  Galba  bei  und 
überredete  seine  Soldaten,  allerdings  nur  mit  der  gröesten  Mühe, 
ihm  zu  folgen.  So  lautet  der  Bericht  Plutarchs  G.  10,  an  dessen 
Wahrheit  in  der  Hauptsache  nicht  zu  zweifeln  ist,  da  Plutarch 
im  Leben  des  Galba  und  Otho  einer  sehr  guten  Quelle  gefolgt 
ist,  dem  Geschichtswerk  des  Cluvius  Rufus.  fl.  Peter  'Die 
Quellen  Plutarchs*  etc.  p.  40  f. 

Und  ähnlich,  nur  die  Vorgänge  mehr  zusammenziehend, 
berichtet  Dio  63,  25 :  *  Die  kaiserliche  Würde  wollte  er  (Rufus), 
obgleich  seine  Soldaten  ihm  oft  dieselbe  antrugen,  nicht  annehmen, 
während  er  sie  leicht  hätte  erlangen  können.  Denn  er  war  ein 
thatkräftiger  Mann,  der  eine  grosse  und  für  ihn  allezeit  bereite 
Macht  hatte•  Die  Soldaten  rissen  die  Bilder  Neros  herunter 
und  zertrümmerten  sie,  ihn  aber  (Rufus)  riefen  sie  als  Cäsar  und 
Augustus  aus.  Und  wie  er  sich  nicht  tiberreden  lassen  wollte, 
da  schrieb  diese  Namen  (Caesar- Augustus)  Einer  seiner  Soldaten 
auf  Eines  der  Feldzeichen.  Er  selbst  aber  wischte  die  Schrift 
wieder  aus  und  nachdem  er  die  Truppen  mit  Mühe  beruhigt 
hatte,  überredete  er  sie,  die  Ernennung  des  Kaisers  dem  Senat 
und  dem  Volk  zu  überlassen,  sei  es  nun,  dass  er  nicht  wollte, 
dass  das  Heer  Einem  die  oberste  Gewalt  übertrüge,  —  denn, 
sagte  er,  das  kommt  dem  Senat  und  dem  Volke  zu,  —  sei  es, 
dass  er  so  hochherzigen  Sinnes  war,  dass  er  nach  der  höchsten 
Herrscherwürde,  für  die  die  Andern  Alles  ins  Werk  setzen,  gar 
kein  Verlangen  hatte.*  Auch  Tacitus  erwähnt  die  Sache  als  eine 
ganz  bekannte  in  aller  Kürze;  er  sagt  h.  1,  8:  delatum  ei  (Rufo) 
a  milite  Imperium  conveniebat. 

Wiederum  forderten  nach  dem  Tode  des  Otho,  worauf  wir 
später  nochmals  zurückkommen  werden,  was  wir  aber  doch  schon 
hier  des  Zusammenhangs  wegen  berühren  müssen,  die  Soldaten 
den  Verginius  Rufus  auf,  die  kaiserliche  Würde  anzunehmen  und 
drangen  so  sehr  auf  ihn  ein,  dass  er  den  in  das  Haus,  wo  er  im 
Quartier  lag,  Einbrechenden  sich  nur  so  entzog,  dass  er  sich 
durch  die  Hinterthür  davon  machte.  Tac.  h.  2,  51.  Plut.  Otho 
18.  Durch  diese  wiederholten  Abweisungen,  die  das  Heer  mit 
seinem  Antrage  von  Verginius  erfuhr,  kam  es  dahin,  dass  dieser 


L.  Verginiue  Rufus.  619 

Führer,  80  hoch  er  fort  und  fort  bei  seinen  Truppen  in  Ehren 
stand,  doch  von  seinen  eigenen  Soldaten,  die  sich  als  Abgewiesene 
verletzt  fühlten,  mehr  angegriffen  wurde,  als  irgend  ein  Anderer, 
so  dass  Tacitus,  um  auch  das  gleich  hier  voraus  zu  nehmen,  uns 
erzählt,  bei  Gelegenheit  eines  Gastmahls,  zu  dem  Verginius  von 
Vitellius  eingeladen  gewesen  sei  und  wobei  es  wild  hergegangen, 
hätten  die  Soldaten,  selbst  alte  Trappen  des  Yerginius,  als  ein 
Sklav  desselben  beschuldigt  wurde,  den  Vitellius  ermorden  ge- 
wollt zu  haben,  den  Tod  des  Verginius  verlangt,  obgleich  Vi- 
tellius selbst  gar  nicht  über  die  Unschuld  desselben  in  Zweifel 
gewesen  sei.  Nee  quemquam  saepius,  schliesst  Tacitus  h.  2,  68 
diese  Erzähl nng,  quam  Verginium  omnis  seditio  infestavit;  mane- 
bat  admiratio  viri  et  fama  sed  oderant  (milites)  ut  fastiditi.  Vgl. 
h.  2,  49. 

Man  kann  fragen,  wie  kam  doch  Verginius,  dieser  thatkräf- 
tige  Mann,  dazu,  die  kaiserliche  Würde  zu  verschmähen?  Auch 
dann  zu  verschmähen,  als  der  Thron  bereits  erledigt  war,  es 
sich  also  einfach  um  seine  Besetzung  handelte,  nicht  um  Abfall 
vom  Kaiser.  Denn  wenn  man  auch  annehmen  muss,  dass  die 
Soldaten  beim  ersten  Auftreten  mit  ihrer  Forderung  noch  Nichts 
vom  Tode  des  Nero  gewusst  haben,  wie  denn  Tac.  b.  1,  8  von  diesen 
obergermanischen  Regimentern  berichtet,  dass  sie  erst  spät  von 
Nero  abgefallen  seien,  tarde  a  Nerone  desciverant,  sie  also  bei 
jenem  ersten  Auftreten  des  Glaubens  gewesen  sein  mussten,  dass 
Nero  lebe,  aber  bei  der  wiederholten  Forderung,  die  sie  an  den 
Verginius  stellten  (πολλάκις  τιυν  στρατιωτών  αύτψ  έγκειμ^νιυν, 
Dio,  1.  c.  25),  war  der  Thron  erledigt  und  die  Annahme  desselben 
durch  Verginius  ohne  Abfall  möglich.  Ausdrücklich  bestätigt 
das  auch  Plutarch  G.  10:  Φανεράς  γ€  της  Νίριυνος  τελευτης 
γενομένης  τότε  ττλήθος  ένεκειτο  τψ  Ούεργινίψ  πάλιν,  καΐ  τών 
χιλιάρχιυν  τις  τιυν  έν  τή  σκηνή,  σπασάμενος  το  Ηίφος,  έκέλευε 
τόν  Ουεργίνιον  δέχεσθαι  την  ήγεμονίαν  ή  τόν  σίδηρον.  Wie 
kam  nun  Verginius  dazu,  die  Sache  mit  Entschiedenheit  abzu- 
lehnen? Es  ist  wohl  kaum  anzunehmen,  dass  er  das  von  vorn- 
herein gethan;  ohne  Zweifel  hat  er  die  Sache  erst  einige  Zeit 
reiflich  erwogen.  Tacitus  berichtet,  dass  Verginius  nicht  sofort 
für  Galba  gewesen  sei,  und  ^ob  er  hat  Imperator  werden  wollen, 
ist  zweifelhaft^  an  imperare  noluisset,  dubium,  h.  1,  8,  d.  h.  man 
weiss  das  nicht.  Diese  Angabe  des  zeitgenössischen  Schrift- 
stellers läset  doch  eine  entschiedene  Ablehnung  von  Seiten  des 
Verginius    von    vornherein    nicht    glaubhaft   erscheinen.     Ebenso 


620  Paul 

wenig  die  Nachricht,  daen  Fabiüs  Valens,  Legionekommandeur  in 
Niedergermanien,  dem  Galba  feind  wurde,  weil  dieser  die  von 
ihm  aufgedeckte  Zögerung  des  Verginius,  der  schwankte,  ob  er 
sich  dem  Galba  unterwerfen  solle  oder  nicht,  mit  Undank  hin- 
genommen habe,  Valens  infensus  Galbae,  tanquam  detectam  a  se 

Verginii    cnnctationem ingrate    tulisset.      Tac.  h.   I,  52. 

Also  überlegt   hat  sich  Verginius  die  Sache.     Aber    grade 
bei  nüchterner  Betrachtung  der  Lage  musste  er  sich  sagen,  dass 
seine  Candidatur  ohne  Bürgerkrieg   nicht   aufgestellt  und  durch- 
geführt werden  konnte.     Von  Oalba  wusste  er,    dass  dieser  den 
Thron  beanspruche,   schon  nach   dem  von  Spanien  aus  gestellten 
Verlangen  desselben,  dass  Verginius  sich  ihm  anschliessen  solle; 
ebenso  wusste  er  sehr  früh,   dass  dieser  Anspruch  in  Rom  aner- 
kannt worden  war.     Denn  mit  der  Nachricht  aus  Rom  vom  Ende 
des  Nero  muss  zugleich   auch  die  andere    an  den  Verginius    ge- 
kommen sein,    ebenso  sicher,    wie  sie  an  den  Titue  Vinius,    den 
Legaten  des  Galba  an  der  gallisch-spanischen  Grenze  gekommen 
war,    dass    die    Candidatur  Galbas    von  Heer,    Senat   und  Volk, 
gleich  als  Nero  aus  Rom  verschwunden  gewesen  wäre,  acceptirt 
worden    sei,   cunctos  in  verba  sua  (Galbae)  iurasse,   Suet.  G.  10, 
und  dass  man  diesem   alle  Vollmacht  des  Selbstherrschers   zuge- 
sprochen habe ;  Dio  63,  29 :  τψ  Γάλβςι  τά  τή  αύτοκράτορι  αρχή 
προσήκοντα  έψηφίσαντο.    Soviel  also  musste  dem  Verginius  klar 
sein,  dass  es  ohne  neue  Bürgerkriege  nicht  abgehen  werde,  wenn 
er  dem  Antrage  seines  Heeres  folgte.     Damit  war  aber  auch  für 
ihn  Alles  aufs  Ungewisse  gestellt,    zumal    da  Galba   durch  seine 
Zugehörigkeit    zu  einer  der  ältesten  und  vornehmsten  römischen 
Familien  mit  dem  Klange  seines  Namens  die  Grenzen  des  Reiches 
erfüllte.     Wenn    nicht  Ausschlag  gebend,  aber  immerhin    war  es 
nicht  ohne  Bedeutung,  dass  Servius  Sulpicius  Galba,  wie  Zonaras 
sagt,  ein  γενόμενος  ίζ  εύττατριδών  war.    Auch  Fabius  Valens,  als 
er    später   den  Vitellius   zur  Annahme  der  Kaiserkrone  bewegen 
wollte,  wies  darauf  hin,    dass  er,  Vitellius,    sich    nicht    an    dem 
Verginius  ein  Beispiel  nehmen  dürfe;    Verginius  habe  mit  Recht 
gezweifelt,    die  höchste  Würde    anzunehmen,    da    er,    nur  ritter- 
bürtig  und  von  unberühmtem  Vater  stammend,    der  Sache    nicht 
gewachsen   gewesen    sein    würde,    wenn    er    das  Imperium  über- 
nommen, wohl  aber  in  Sicherheit  gelebt  hätte,    wenn  er  es  aus- 
geschlagen, Tac.  h.  1,  ^2.     Nun  ist  freilich  auf  das  ürtheil  eines 
so  wenig   ehrenhaften  Charakters  wie  Fabius   Valens  war,    nicht 
viel  zu  geben,  zumal  er  über  den  Verginius  bald  gut  bald  schlecht 


L.  Vefginius  ßtiftie.  6^1 

sprach  h.  3,  62 :  et  fovit  (Valens)  Yerginiom  et  infamavit    Aber 
seine  Bemerkung    ist    doch    ein    thatsächlicher  Binweis   anf  die 
Misslichkeit    der   Lage,    in    der    sich  Yerginius    befunden   hätte, 
wenn  er  jener  Aufforderung  seines  Heeres  gefolgt  wäre,  bei  der, 
nebenbei  bemerkt,  Pedanius  Costa  die  Hauptrolle  gespielt  haben 
mag;    denn    dieser   wurde    später  von  Vitellins   als  Verginii  ex- 
stimulator  bei  Beförderungen  übergangen.     Tac.  h.  2,  73.     Aber 
abgesehen   von  der  geringen  Stellung  seiner  Familie,   die    nicht 
blos  für  Leute  wie  Fabius  Valens  ein  Gegenstand  der  Apprehen- 
sion  gewesen  sein  würde,  mnsste  dem  Verginius  der  Hauptgrund 
für  den  endgültigen  Verzicht   auf  die  Krone  darin    liegen,    dass 
nach  dem  Verschwinden  Neros  Senat  und  Volk  in  Rom  sich  be- 
reits für  Galba  entschieden   hatten    vor    der    wiederholten  Aus- 
rufung des  Verginius  durch   sein  Heer.     Galba    stand  also  nicht 
blos  mit  dem  Recht  des  Frstgekommenen  da,    sondern   auch  des 
in  Rom  Anerkannten.     Es  war  also  jetzt  für  Verginius  einfache 
Bürgerpflicht,    dem    Galba    sich    unterzuordnen.     Aber   dass    er 
dieser  Pflicht    gewissenhaft    nachkam,    das    war  für  einen  Mann 
von  solcher  Machtfülle,  wie  er  sie  hatte,  und  gegen  die  vor  der 
Hand  wenigstens  Galba  nicht  aufkommen  konnte,  allerdings  eine 
That  von   ungewohnter  Selbstüberwindung  und  grosser  sittlicher 
Kraft,   ούδ€νός   γάρ   ήν   όνομα  μείζον  ουδέ  €Ϊχ€  boEav  ούόείς, 
δσην  Ού€ρτίνιος.     Plut.  Galba  10.     Und  so  hatte  Verginius  ein 
gutes  Recht,  den  Entschluss  zu  dieser  That  auf  seinem  Grabmal 
verewigen    zu   lassen.     Er    erkannte    also    den  Galba  als  seinen 
Herrn  an,   Plut.  G.  10,  ohne   dadurch    aber   den    argwöhnischen 
Greis  von  dem  Misstrauen    gegen  seine  Person  ganz  befreien  zu 
können.     Freilich  war  ihm  die  Anerkennung  des  Rufns  von  der 
höchsten  Bedeutung  gewesen,   Zonaras  11,  14:   Γάλβας  bi,   έπεί 
ÖT€  Νίριυν  ίφθαρτο  καΐ  ή  βουλή  τήν  αρχήν  ο\  έψηφίσατο   κα\ 
δ  *Ρουφος  αύτφ   προςβχώρησεν ,  άνεθάρσησεν.      Aber,    dass 
Verginius    einmal    sein    gefährlichster    Nebenbuhler    hätte    sein 
können,  wenn  er  gewollt,  gab  ihm  unaufhörlich  Angst  ein.    Und 
80  war  es  eine  seiner  ersten  Regierungsmassregeln,  die  er  schon 
auf  seinem  Marsche  nach  der  Hauptstadt  traf,    dass  er  den  Ver- 
ginius von  seinem  Commando  in  Obergermanien  abrief  unter  dem 
Scheine  der  Freundschaft  zwar,   in  Wahrheit  aber,  um  einer  et- 
waigen Bewegung    dieser  germanischen  Truppen    gegen   ihn  und 
seine   neue  Würde  den  berufenen  Führer  zu  nehmen;   denn  ein 
solcher    war  ausser  dem  Verginius  nicht  vorhanden.     Tac  h.  1, 
8:    dux    deerat    abduoto    Verginio    per    simulationem    amicitiae« 


60δ  taul 

Nach  Plutarch  G.  10  echloes  nun  Verginine  sich  dem  Gralba  auf 
eeinem  Wege  nach  Rom  an,  άττηντησε  τω  Γάλβςι  πρόσω  χω- 
ροΟντι  και  συνίστρεφεν.  Zugleich  aber  gab  ihm  Galba  in  der 
Pereon  eines  in  jeder  Hinsicht  nntanglichen  Führers,  des  schon 
bejahrten  und  schwachen  Hordeonius  Flaccus  eioeo  Nachfolger. 
Plut.  1.  c.  Tac.  h.  1,  9. 

So  lange  man  nun  zusammen  marschirte,  wurde  der  Schein 
der  Freundschaft  von  Seiten  Galbas  aufrecht  erhalten,  da  er  vor 
dem  bedeutenden  Manne  eine  gewisse  Scheu  hatte,  ό  Γάλβας  αι- 
οούμενος  τόν  &vbpa,  Plut.  1.  c.  Bald  aber  liess  Galba  auch 
den  Schein  fallen;  er  schickte  den  Yerginius,  der  doch  nur  bei 
seinem  Anschluss  auf  dem  Marsche  nach  Rom,  wie  man  aus  den 
gleich  zu  citirenden  Worten  des  Tacitus  abnehmen  muss,  einer 
freundschaftlichen  Einladung  hatte  folgen  und  dann  zu  seinem 
Heere  zurückkehren  sollen,  nicht  wieder  zurück,  Hess  ihn  viel- 
mehr in  Anklagezustand  versetzen.  Der  Process  hatte  allerdings 
bei  der  vollständigen  und  unbestrittenen  Schuldlosigkeit  des  An- 
geklagten keinen  Erfolg,  war  vielleicht  auch  nur  deshalb  von 
Galba  angestrengt  worden,  um  nachträglich  einen  Vorwand  für 
die  Ernennung  eines  neuen  Befehlshabers  der  germanischen  Le- 
gionen zu  haben,  die  über  das  Spiel,  was  mit  ihrem  hochgehal- 
tenen Führer  getrieben  wurde,  aufgebracht  waren  und  die  An- 
klage gegen  ihren  Feldherrn  als  eine  gegen  sich  selbst  ansahen, 
Tac.  h.  1,  8:  quem  (Verginium)  non  remitti  atque  etiam  renm 
esse  tanquam  suum  crimen  accipiebant. 

An  dem  Berichte  über  das  Anstiften  einer  solchen  Anklage 
als  historisch  begründet  deshalb  zu  zweifeln,  weil  die  Sache  nur 
von  Taoitns  erwähnt  wird,  ist  gar  kein  Grund.  Wir  heben  noch- 
mals hervor:  Tacitus  stand  dem  Verginius  so  nahe,  dass  er  mit 
ihm  grade  über  die  Vorgänge  der  damaligen  Zeit,  bei  denen  Ver- 
ginius eine  der  wichtigsten  Persönlichkeiten  war,  ausführlich  ge- 
nug wird  gesprochen  haben,  üass  andere  Schriftsteller  die  An- 
klage, die  sich  nur  darauf  stützen  konnte,  dass  Verginius  nicht 
sogleich  nach  der  Proklamirung  Galbas  zum  Kaiser,  sondern 
erst  nach  längerem  Zögern  sich  ihm  unterworfen  hatte,  nicht  er- 
wähnen, liegt  wohl  darin,  dass  die  Anklage  keinen  Erfolg  gehabt 
hatte,  vielleicht  auch  bald  fallen  gelassen  wurde,  nachdem  die 
Absicht,  den  Verginius  dauernd  des  Commandos  zu  entheben  und 
ihn  damit  unschädlich  zu  machen,  von  dem  argwöhnischen,  aber 
politisch  unfähigen  Herrscher  erreicht  zu  sein  schien.  Immerhin 
empfanden    die    germanischen  Legionen    die  Behandlung  des   ge- 


L.  Vergrinias  Rufos.  β^ 

Hebten  Führers  als  einen  Fnestritt,  und  als  sie  eich  kurz  darauf, 
wie  wir  bald  sehen  werden,  gegen  Galba  erhoben,  war  diese  Be- 
handlung für  sie  der  Hauptgrund,  Plut  G.  22:  ιδίας  bi  εκείνοι 
(die  germanischen  Legionen)  προφάσεις  έποιουντο  Ούεργίνιόν 
T€  Toöq>ov  άπ€|5^ιμένον  ότίμιυς. 

Der  Groll  des  neuen  Herrschers,  der  an  Verginius  noch 
einigermassen  gnädig  vorübergegangen  war,  traf  dagegen  die- 
jenigen sehr  empfindlich,  die  zu  Verginius  gehalten  hatten.  Wäh- 
rend die  gallischen  Stämme,  die  auf  Vindex  Seite  geetanden  und 
von  vornherein  für  Galba  Partei  ergriffen  hatten,  für  alle  ihre 
Bürger  die  civitas  im  umfassendsten  Sinne  und,  wie  wir  schon 
sahen,  beträchtlichen  Steuererlass  erhielten,  wurden  die  mit  Ver- 
ginius befreundeten  Gemeinwesen  nicht  nur  dieser  Vortbeile  nicht 
theilhaftig,  sondern  sogar,  namentlich  die  Trevirer  und  Lingonen, 
in  ihrem  Landbesitz  geschmälert.  Tac.  h.  1,  8.  Auch  gegen 
die  spanischen  Gemeinwesen,  welche  sich  nicht  von  vornherein 
für  Galba  erklärt  hatten,  verfuhr  er  mit  gleicher  unsinniger  Härte 
wie  gegen  die  gallischen.  Er  scheint  dieses  Verfahren  einge- 
schlagen zu  haben,  weil  er  der  Meinung  war,  dass  er  durch  diese 
bis  zur  Grausamkeit  gesteigerte  Strenge  sich  den  Thron  am 
besten  sichere,  insofern  schon  vor  seinem  Einzug  in  Rom  die 
Kunde  von  der  Bestrafung  derjenigen  vorausgehe,  die  sich  nicht 
freundlich  zu  ihm  erwiesen  hätten.  Und  so  ging  ihm  denn  auch 
auf  dem  langen  Wege  von  Spanien  bis  zur  Hauptstadt  —  er 
brauchte  zu  diesem  Marsche  die  ganzen  Monate  Juli  und  August 
—  dieses  Gerücht  von  grausamer  Strenge  ebenso  wie  das  von 
seiner  Alles  verschlingenden  Habsucht  voraus,  wie  Sueton  G.  12 
erzählt:  praecesserat  de  eo  fama  saevitiae  simul  atque  avaritiae, 
quod  civitates  Hispaniarum  Galliarumque,  quae  cunctantius  sibi 
accesserant,  gravioribus  tributis,  quasdam  etiam  murorum  de- 
strnctione  punisset  et  praepositos  procuratoresque  supplicio  ca- 
pitis adfecisset  cum  coningibus  ac  liberis.  Zu  Gute  kam  dieses 
g^nze  grausame  und  zugleich  thörichte  Verfahren,  das  nicht  ein- 
mal die  Frauen  und  Kinder  schonte,  dem  Galba  allerdings  nicht ;  es 
vermehrte  vielmehr  nur  die  Gunst,  die  die  Germanien  benachbarten 
gallischen  Stämme  schon  früher  dem  Verginius  zugewandt  hatten ; 
diese  traten  in  um  so  innigeren  Verkehr  mit  den  missgestimmten 
germanischen  Legionen,  Tao.  h.  1,  53 :  Treveri  ac  Lingones, 
qnasque  alias  civitates  atrocibus  edictis  aut  damno  finium  Galba 
perculerat,  hibernis  legionum  propius  miscentur:  unde  seditiosa 
colloquia  et  inter  paganos  corruptior  miles  et  in  Verginium  favor. 


624  t^aul 

Und  bei  diesen  germanischen  Eegimentern  selbst  fehlte  e<, 
wie  wir  schon  wiesen,  nicht  an  Unzufriedenheit.     Sie  waren  gleich 
beim  Uebertritt    ihres  Führers,    des  Verginius,    za  Gralba  erregt 
und  ergrimmt  gewesen;    denn  sie  hatten  grosse  Besorii^iee  über 
den    neuen  Cäsar    in  Anbetracht  dessen,    dass  sie  ja    nicht    von 
vornherein  seiner  Fahne  gehuldigt  hatten,  Tac.  h.  1,  8:  Germanici 
exercitus  quod  periculosissimum  in  tantis  viribus,  solliciti  et  irati, 
superbia  recentis  victoriae  et  metu  tanquam  alias  partes  fovissent. 
Grade  diese  germanischen  Legionen,  die  Verginius  Rufus  geführt 
hatte,  waren  es,  die  zuerst  von  Galba  abfielen.     Die  sagt  64,  4: 
'weil  sie  keine  Belohnung  erhielten,    wurden  sie  noch    erhitzter, 
und  da    sie    das  Ziel    ihrer  Begierde    nicht  beim  Rufus    fanden, 
so  suchten    sie  es    bei   einem  andern    zu  erreichen.  *     Und    njnn 
erzählt  Dio,    wie  sie  vom  Galba  abfielen.     Aehnliches    berichtet 
Sueton  G.  16:  Das  Heer  des  oberen  Germaniens  hätte  am  meisten 
vor  Wnth  geknirscht,  dass  es  um  die  Belohnung    für  die  gegen 
die  Gallier  und  den  Yindex  aufgewendete  Mühe  betrogen  worden 
sei;    darum  hätten  sie  gewagt    zuerst  den  Gehorsam  zu  brechen 
und  hätten  ihren  Soldateneid  nur  für  den  Senat  ablegen  wollen. 
Bei  diesen  Truppen  sass  der  Groll  wegen  schlechter  Behandlung 
unter  der  neuen  Herrschaft  so  fest,  dass  selbst  nach  dem  Sturze 
des    Galba  Otho    es    noch    für    gut    hielt,    etwas    zu    ihrer  Be- 
schwichtigung zu  thun.     Er  ernannte,  um  diesen  Groll  zu  lindern, 
den  Verginius  für  die  Monate  März  und  April   69   zusammen  mit 
seinem  eigenen  Bruder  Titianus  zum  Consul.  Tac.  h.  l,  77  :  Coneul 
cum  Titiano    fratre    in  Kalendas  Martias    ipse  (Otho) ;    proximos 
mentes  Verginio  destinat  ut  aliquod  exercitui  Germanico    deleni- 
mentum.     Auch  Plutarch,    die   Ernennung    als  volksfreundlichen 
Akt  hinstellend    berichtet  Otho   1,  2:    έν    bi    0υγκλήτψ    πολλά 
δημοτικά   και    φιλάνθριυττα    οιαλεχθεις    δν    μεν    αυτός    χρόνον 
ύπατεύειν    ήμελλε,    τούτου    μέρος    ένειμεν  Ούεργινίψ  *Ρούφψ. 
Dass  Otho  bei  dieser  Ernennung  des  Verginius  zum  Consul  das 
Heer  berücksichtigt  habe,  ist  in  den  Worten  Plutarchs  zwar  nicht 
gesagt,  aber  Tacitus  wird  wohl  Recht  haben  mit  dem  angegebenen 
Grunde.     Man  sieht  aus  den  Worten:   'ut  aliquod  exercitui  dele• 
nimentum',    wie  ingrimmig    das  Heer    die  Behandlung,    die    sein 
Führer    von  Galba   erfahren,    als  eignes  Unrecht    empfand,    eine 
Behandlung,  die  Dio  I.e.  dahin  schildert:  Rufus  habe  von  Galba 
nach    seinem  Beitritte  Nichts    der  Rede  Werthes    erfahren,    man 
mÜRste  denn  das  als  etwas  Bedeutendes  erachten,  dass  er,  der  so 
oft  zum  Kaiser  proklamirt   worden,   am  Leben    blieb.     Aehnlich 


L.  Verginius  ftafus.  G2ft 

nur  nicht  eo  äarkastisch,  berichtet  Plutarch  in  der  bereits  er- 
wähnten Stelle  Gaiba  10:  Verginiue  habe  nach  seinem  Beitritt 
vom  Galba  sichtbar  weder  Zorn  noch  Ehren  erweis  ang  erhalten, 
oÖT€  οργής  oöie  τιμής  έπώήλου  τυγχάνων,  den  ersten  nicht, 
weil  Galba  den  Mann  mit  ehrwürdiger  Sehen  betrachtet,  die 
letztere  nicht,  weil  die  Umgebung  Galba's  es  nicht  gelitten  habe. 

£8  gehörte  ein  so  fester  Charakter  wie  der  des  Yerginins 
dazu,  unter  solchen  Verhältnissen  der  Yersuchung  zur  Schilder- 
hebung gegen  den  ungerechten,  unwirschen  und  unweisen  neuen 
Herrscher  nicht  nachzugeben,  zumal  an  dessen  Hofe  die  nämliche 
Yerderbniss  herrschte,  wie  an  dem  alten,  nur  dass  sie  auch  in 
den  Augen  der  Masse  weniger  Entschuldigung  fand.  Tac.  h. 
1,  7:  eadem  novae  aulae  mala,  aeque  gravia,  non  aeque  excusata. 
Aber  Yerginius  blieb,  nachdem  er  einmal  seine  Entscheidung  ge- 
troffen, sich  selbst  und  dem  Yaterlande  treu  für  immer,  so  oft 
er  auch  noch  wiederholt  aufgefordert  wurde  zur  Annahme  der 
Kaiserwürde.  Denn  auch  nach  dem  Tode  Otho^s  trat  dieselbe 
Aufforderung  und  zwar  in  sehr  stürmischer  Weise  an  ihn  heran. 
Als  neu  ernannter  Consul  hatte  er  den  Kaiser  Otho  zum  Kampfe 
gegen  Yitellius  begleitet,  dessen  Ausgang,  verhängnissvoll  für 
Otho,  auch  neue  Bedrängniss  fürRufus  herbeiführte.  Die  aufrühren• 
sehen  Soldaten  verlangten  ihn  abermals  zum  Imperator.  Aber  auch 
jetzt  wies  er  sie  ab,  wofür  sie  sich,  wie  wir  schon  erwähnten, 
nicht  lange  darauf  durch  die  eitle  Beschuldigung  zu  rächen 
sachten,  dass  Rufus  auf  das  Leben  des  Yitellius  einen  Anschlag 
gemacht  habe.  Tac.  h.  2,  49.  51.  68  (Pauly,  Realencyklop. : 
Yerginius).  Ohne  Frage  war  ein  solches  Ablehnen  tapferer  als 
Annehmen.  Und  mit  Rücksicht  auf  solche  ehrliche  Tapferkeit 
dürfen  wir  sagen,  wie  Plinius  ep.  2,  1 :  Yerginius  Rufus  war  ein 
Mann  von  altem  Schrot  und  Korn,  exemplar  prioris  aevi,  dessen 
Name  bei  allen  guten  Bürgern  gross  blieb  und  grösser,  als  wenn  er 
die  Kaiserwürde  angenommen  hätte,  Dio  l.  c. :  παρά  bi  δή  των 
δλλιυν  ανθρώπων  βνομα  μέγα  καΐ  μεΐίον,  ή  εΐπ€ρ  υπεδέδεκτο 
τήν  ήγεμονίαν,  έκτήσατο,  δτι  ουκ  ήθίλησεν  αύτην  λαβείν. 

Hoch  zu  bewundern  war  Yerginius  wegen  der  schönen  Mi- 
schung seiner  Charaktereigenschaften.  Denn  mit  seiner  Thatkraft 
and  männlichen  Beharrlichkeit  vereint  paarte  sich  bei  ihm  die 
Sehnsucht  nach  einem  Leben  in  stiller  Yerborgenheit  und  fried- 
licher Arbeit.  Plutarch,  dem  dieser  Charakter  sehr  sympathisch 
war,  sagt  darum  in  schönen  Worten  bei  Gelegenheit  als  er  von 
den  Neidern  spricht,  die  den  Yerginius  beim  Galba  nicht  haben  zu 

Rhein.  Mne.  f.  Philol.  N.  F.  LIV.  40 


626  Paul 

Ehren  kommen  lassen,  Gl•.  10:  *  Titas  Vinine  (der  Hanptneider) 
wüsste  gar  nicht,  dass  er  (mit  seinen  neidvollen  Umtrieben)  dem 
gnten  Genius  des  Verginius  zu  Hülfe  kam,  der  bereite  jetzt  den 

Mann   aus  Krieg    und  Ueheln    aller  Art heraus,  in    ein 

sturmloses  Lehen  und  in  ein  Alter  voll  Frieden  und  Ruhe  ver- 
setzen wollte/  ήτνΟ€ΐ  bk  δρα  (Τίτος  Ούίνιος)  τώ  Ουβργινίου 
χρηστοί  δαίμονι  συνεργών,  ήδη  τόν  δνδρα  πολέμων  και  κακών 

έκτος  €ΐς  βίον  άκύμονα  καΐ  γήρας  ^Ιρήνης  καΐ  ησυχίας 

μεστόν  ύπεκτιθεμένψ.  Auch  Plinius  der  Jüngere,  der  dem  Ter- 
ginius,  seinem  Vormunde»  im  ersten  Briefe  des  zweiten  Buches 
seiner  Episteln  ein  schönes  Denkmal  gesetzt  hat,  sieht  in  diesem 
zurückgezogenen  Lehen  stiller  Muse,  die  der  edle  Mann,  der  im 
Jahre  14  n.  Chr.  gehören  war,  nach  seinem  im  53  Lebensjahre 
erfolgten  Ausscheiden  aus  dem  öfiPentlichen  Lehen  noch  dreissig 
Jahre  lang  hie  zu  seinem  im  Jahre  97  n.  Chr.  erfolgten  Tode 
geniessen  konnte,  ein  hohes  Glück.  Ihm  sei  heschieden  gewesen, 
Gedichte  zu  seinem  Ruhme  verfertigt  und  Geschichtewerke,  in 
denen  seine  Thaten  verzeichnet,  zu  lesen  und  bei  seinen  Leh- 
zeiten  seihst  Zeuge  seines  Euhmes  zu  sein.  Auf  was  für  Ge- 
dichte hier  Plinius  anspielt,  ist  unhekannt;  unter  den  Geschichte- 
werken aher  können  nicht  die  Historien  des  Tacitus  zu  verstehen 
sein,  die  erst  nach  dem  Tode  des  Verginius  puhliciert  worden 
sind,  wohl  aber  das  Werk  des  M.  Cluvius  Rufus,  eines  Mannee, 
den  Tac.  h.  1,  8  'beredt  und  in  den  Künsten  des  Friedens  be- 
wandert nennt.  Dieser  Cluvius  Rufus,  unter  Nero  Consul  und 
dann  in  den  Jahren  69  und  70  Statthalter  von  Spanien,  als 
welcher  er,  der  selbst  'ohne  Erfahrung  im  Kriege'  war  (Tac. 
1.  c),  anfangs  Partei  für  Otho,  bald  aber  für  Vitellius  nahm, 
Tac.  h.  1,  76,  hat  eine  Geschichte  seiner  Zeit  geschrieben,  über 
die  er  einmal  mit  dem  Verginius  in  Gegenwart  des  Plinius  ins 
Gespräch  kam,  wobei  er  den  Verginius  bat,  Nachsicht  zu  üben, 
wenn  ihm  dies  oder  jenes  in  seiner  Geschichtserzählung  nicht 
gefiele.  ^Du  weiset,  Verginius,  sagte  er,  welche  Treue  der  Ge- 
schichte gebührt;  also,  wenn  Du  in  meiner  Geschichte  Etwas 
einmal  anders  aufgefasst  und  dargestellt  liesest,  als  Du  wünschen 
magst,  80  bitte  ich,  verzeihe  mir.  Darauf  Verginius :  Weiset  Du 
denn  nicht,  ο  Cluvius,  dass  ich  so  gehandelt  habe,  wie  ich  eben 
gehandelt  habe,  damit  es  Euch  frei  stünde,  zu  schreiben,  wie  es 
Euch  beliebt?'  Diese  Worte,  Plin.  ep.  9,  19:  tune  ignoras, 
Cluvi,  ideo  me  fecisse,  quod  feci,  ut  esset  liberum  vobis  scribere, 
quae  libuisset?,    können    nur  auf  die  Weigerung    des  Verginine 


L.  VergimoB  ftofiii.  627 

sicli  beziehen,  die  Kaiserwürde  nicht  anzanehmen,  ein  besoheidenee 
Zarücktreten,  das  Clnvius  getadelt  Laben  mag,  wie  denn  anch 
manchem  anderen  Patrioten  dieses  Zurückweisen  der  höchsten 
Stellung  von  Seiten  dessen,  der  sie  vollständig  ausfüllen  zu  können 
schien,  nicht  das  Richtige  scheinen  mochte.  Was  das  Geschiohts- 
werk  des  Cluvius  Rufns  anbetrifft,  so  mag  noch  bemerkt  werden, 
dass  es  die  gemeinschaftliche  Quelle  für  Taoitns,  Sueton  und 
Plutarch  (in  Galba  und  Otho)  gewesen  ist,  wie  das  H.  Peter 
^  die  Quellen  Plutarchs '  1.  c.  nachgewiesen  hat 

Nach  der  Resignation  auf  die  höchste  Würde  und  bald  auch 
auf  die  Staatsgeschäfte  überhaupt  hatte  sich  Yerginius  zu  stillem 
Landaufenthalt  in  seiner  Villa  Alsiensis  an  der  Küste  von  Etm- 
rien,  nicht  weit  von  Rom,  zurückgezogen.  Auf  dieser  Villa,  die 
nach  seinem  Tode  in  den  Besitz  der  Schwiegermutter  des  jüngeren 
Plinius  überging,  Plin.  ep.  6,  10,  scheint  er  dauernd  gelebt  zu 
haben.  Er  nannte  den  ^stillen  Winkel',  in  dem  .r  sich  traulich 
geborgen  fühlte,  'das  Nest  seines  Greisenalter«',  ^snc  enim  oolere 
secessum  atque  etiam  senectutis  suae  nidulum  tot  -Φ  oonsueye- 
rat.  Von  alten  Zeiten  her  war  er  eng  verbunden  mit  dem  Hause 
seines  Landsmannes  Plinius.  Plin.  ep.  2,  1,  8:  utrique  eadem 
regio,  municipia  finitima,  agri  etiam  possessionesque  coniunotae. 
Unter  der  eadem  regio  ist  die  Geburtsheimath  zu  verstehen,  die 
beide,  Plinius  (resp.  dessen  Vater)  und  Verginius  hatten.  Da 
nun  Plinius  Comenser  war,  so  ist  wohl  kein  Zweifel,  dass  sein 
Landsmann  Rufus  ebenfalls  aus  dortiger  Gegend  stammte.  Wahr- 
scheinlich war  er,  wie  das  auch  Th.  Mommsen  annimmt,  ein 
Mailänder,  Hermes  B.  6,  127  f.  Mommsen  schliesst  das,  abge- 
sehen von  der  Angabe  des  Plinius  'municipia  finitima',  aus  der 
jüngst  in  einem  kleinen  Ort  zwischen  Monza  und  Como  zum  Vor- 
schein gekommenen  Inschrift: 

Jovi.  0.  M. 
Pro.  Salute 
Et.  Victoria  L. 
Vergini.  Ruft 
Pylades.  Saltuar. 
V.  S. 
Den  Stein  mit  der  Inschrift  lässt  Mommsen  *  von  einem  der 
Leute  des  Rufus*  gesetzt  sein,   einem  '  Meier'  desselben  (saltua- 
rius),   und  zwar  '  während  der  nicht  ganz  kurzen  Zeit,    während 
"welcher  Rufus   über  das  Annehmen  oder  Ablehnen  der  von  den 
Truppen  ihm    angetragenen  Eaiserwürde  deliberirte'.     Mommsen 


628  Pftul 

läset  daram  auch  den  Rafas  seine  Besitzungen  eben  dort  gehabt 
haben,  wo  der  Stein  sich  gefunden  hat,  *an  der  Grrenze  der 
alten  Stadtgebietee  wie  der  heutigen  Provinzen  von  Mailand  und 
Como'. 

Aber  die  Zeit  seines  späteren  Alters  verlebte  Verginius, 
wie  gesagt,  in  seiner  Villa  zu  Alsium.  Nach  Rom  kam  er  nur 
selten,  etwa  wenn  es  galt,  seinem  wie  einen  Sohn  geliebten 
Mündel,  dem  jüngeren  Plinius,  beim  Antritt  eines  seiner  Aemter 
die  Ehrenbezeigung  zu  erweisen.  Plin.  ep.  9.  19,  5  vgl.  2,  1,  8. 
Im  üebrigen  hielt  er  sich,  wie  von  den  Geschäften  so  von  den 
ofßciellen  Aufwartungen  fern.  Plin.  ep.  1.  c:  ad  omnes  honores 
meos  ex  secessibus  accucurrit,  cum  iam  pridem  einemodi  officia 
renuntiasset.  Erst  gegen  das  Ende  seines  Lebens,  als  Nerva,  der 
ihm  eng  befreundet  war,  an  die  Spitze  des  Staates  getreten  war, 
musste  er  sich  von  diesem  dazu  bestimmen  lassen,  zum  dritten 
Male  mit  Nerva  selbst  das  Consulat  zu  übernehmen.  Plin.  ep. 
2,  1:  perfunctus  est  tertio  consulatu,  ut  summum  fastiginm  pri- 
vati  hominis  impleret,  cum  principis  noluisset.  Dass  Nerva  in 
ihm  den  Freund  ehren  wollte,  als  er  ihm  das  Consulat  übertrug, 
berichtet  Dio  68,  2:  τόν  hi  *Ρουφον,  καίπ6ρ  πολλάκις  αυτο- 
κράτορα όνομασθέντα,  ουκ  ώκνησεν  (Neiva)  ύπατεύσας  συνάρ- 
χοντα  προςλαβεϊν.  Darin  aber,  dass  Verginius,  der  den  bis- 
herigen Herrschern  noch  immer  auch  im  Privatstand  wegen  seines 
hohen  Ruhmes  verdächtig  gewesen  und  wegen  seiner  Tugenden 
von  ihnen  scheel  angesehen  worden  war,  am  Ende  seines  Lebens 
^n  dem  Nerva  noch  einen  Fürsten  über  sich  hatte,  den  er  in  ge- 
sicherter Stellung  auf  seinem  Thron  sah,  und  der  mit  ihm  selbst 
innig  befreundet  war,  reliquit  incolumem  Optimum  atque  amicissi- 
mum  (Caesarem),  Plin.  1.  c,  darin  sah  Plinius  ein  sprechendes 
Zeugniss  vom  Glücke  des  väterlichen  Freundes.  War  es  doch, 
als  ob  er  zu  der  seltenen  Ehre  eines  öffentlichen  Begräbnisse^ 
ordentlich  aufgespart  worden  sei,  tanquam  ad  hunc  ipsum  honorem 
publici  funeris  reservatus.  Plin.  1.  c.  Dass  aber  Verginius  seine 
stille  Muse  nicht  blos  mit  Lektüre  und  der  Leitung  seines  fried- 
lichen Hauswesens  hinbrachte,  sondern  auch  Mancherlei  selbst 
producirte,  geht  nicht  blos  aus  der  selbstverfertigten  Grabschrift 
hervor,  die  er  sich  in  dem  früher  erwähnten  Distichon  setzte, 
(Plin.  ep.  5,  10.  9,  19),  sondern  auch  daraus,  dass  Plinius  ihn 
unter  den  grossen  Männern  Roms  aufzählt,  die  neben  ihren 
staatsmännischen    Geschäften    und    neben    ernsten    Studien    auch 


L.  Verginius  Rufue.  629 

eigene  Verse  heiteren  und  loseren  Inhalts  gemacht  hätten.     Plin. 
ep.  5,  3, 

So  lehte  er  his  za  seinem  83.  Jahre  in  tiefstem  Frieden,  in 
altissima  tranquillitate  (was  hier  mit  otium  gleich  ist),  und  hoch- 
geehrt. Plin.  ep.  2,  1.  Dahei  war  er  stets  gesund,  nur  dass  die 
Hand  ihm  zitterte,  aher  ohne  Schmerz.  Das  Herantreten  des 
Todes  aher  war  recht  hart  und  die  letzte  Krankheit  dauerte 
ziemlich  lange,  aditus  mortis  durior  longiorque,  Plin.  1.  c.  Die 
Veranlassung  zu  der  ihm  den  Tod  hringenden  Krankheit  war 
folgende:  Er  hatte  heim  Antritt  seines  dritten  Gonsulats  eine 
Dankrede  an  den  Kaiser  zu  halten,  wie  das  für  die  ihr  Amt  an- 
tretenden Consuln  ühlich  war.  Da  er  lange  Zeit  nicht  öflPentlioh 
geredet  hatte,  wollte  er  seine  Stimme  durch  lautes  Lesen  tihen. 
Die  Buchrolle,  die  er  dazu  aus  dem  Bücherhord  herunter  nehmen 
wollte,  war  von  ziemlich  grossem  Umfang:  und  fiel  dem  hochhe- 
tagten,  stehenden  Manne  aus  der  Hand.  Wie  er  darnach  greifen 
will,  gleitet  er  auf  dem  glatten  Estrichhoden  aus,  fällt  hin  und 
hricht  die  Hüfte.  Diese  wurde  nicht  gut  wieder  eingerichtet  und 
der  Bruch  heilte  hei  dem  hohen  Alter  des  Rufus  schlecht  zu- 
sammen. Das  führte  den  Tod  herhei.  Plin.  1.  c.  Er  starb, 
sagt  Plinius,  plenus  annis,  plenus  honoribus,  illis  etiam,  quos  re• 
casavit.  Plin.  ep.  2,  1,7,  ein  Bürger,  'dem  wir  vielleicht  etliche 
an  Mannestugend  gleich  haben  und  haben  werden,  an  Ruhm 
keinen'.     Plin.  2,  1,  12. 

Seine  Asche  wurde  in  der  Villa  Alsiensis  beigesetzt.  Als 
Plinius  diesen  Besitz  seiner  Schwiegermutter,  der  Pompeia  Ce- 
lerina,  die  ihn,  wie  erwähnt ,  nach  dem  Tode  des  Rufus  erworben 
zehn  Jahre  darauf  besuchte,  Plin.  ep.  1,  4,  kam  ihm  das  An- 
denken an  den  berühmten  väterlichen  Freund  und  Vormund  wieder 
lebhaft  in  den  Sinn.  Wohin  ich  mich  auch  wendete,  ihn  suchten 
meine  Gedanken,  meine  Augen'.  Plin.  ep.  6,  10.  Da  wollte  er 
auch  die  Gruft  sehen,  und  als  er  sie  gesehen,  reuete  ihn  der 
Wunsch.  Er  fand  sie  in  unfertigem  Znstande,  woran  die  Nach- 
lässigkeit dessen  schuld  war,  dem  die  Sorge  dafür  oblag.  Plin. 
1.  c. :  Est  enim  (monimentum)  adhuc  imperfectum  ....  inertia, 
eins,  cui  cura  mandata  est.  Wen  Plinius  damit  meint,  wissen 
wir  nicht;  auf  jeden  Fall  den  Erben  des  Verginius,  wie  aus 
ep.  6,  10,  5  erhellt;  aber  wer  das  war,  ist  unbekannt.  Einen 
Sohn  hatte  Verginius  nicht;  er  hätte  sonst  nicht  als  Ausdruck 
besonderer  Zuneigung  zum  Plinius  sagen  können:  'wenn  ich  einen 
Sohn  hätte,    ich    würde   ihn   dir    anvertrauen*,    ep.  2,  1,  9.     Es 


630  Paul  L.  Verginiae  Rufus. 

wird  also  jene  vom  Plinins  mit  scbarfem  Hieb  gezeichnete  Person 
ein  Seiten  verwandter  des  Eufas  gewesen  sein,  der  die  Eigenschaft 
eines  heres  ab  intestato  gehabt  hat.  Denn  in  der  oben  erwähnten 
Stelle,  ep.  6,  10,  5  spricht  Plinius  seinen  Unwillen  mit  der  Be- 
merkung aus :  man  thäte  gut,  sein  Grabdenkmal  selbst  zu  besorgen 
und  nicht  auf  die  heredum  officia  zu  warten.  Plinius  fand  die  sterb- 
lichen TJeberreste  des  Mannes,  der  mit  seinem  Euhm  den  Erdkreis 
erfüllte,  weder  mit  einem  titulus,  d.  h.  der  Aufschrift  zur  Angabe 
seiner  einstigen  Bedeutung  und  seiner  Thaten,  versehen,  wie  das 
doch  üblich  war,  noch  auch  nur  mit  Angabe  seines  Namens,  ep. 
6,  10,  3:  subit  indignatio  cum  miseratione,  post  decimum  mortis 
annum,  reliquias  neglectumque  cinerem  sine  titulo,  sine  nomine 
iacere,  cuins  memoria  orbem  terrarum  gloria  pervagetur.  Bei  Ge- 
legenheit der  Erzählung  dieser  Dinge  geschieht  es  auch,  dass  uns 
Plinius  die  Yerse  mittheilt,  die  Yerginius  eben  als  Grabschrift 
für  sich  gemacht  hatte,  ep.  6,  10,  und  das  zweite  Mal  9,  19, 
wo  er  seinen  väterlichen  Freund  und  Gönner  gegen  das  Bedenken 
des  Ruso  wegen  TJnbescheidenheit  oder  Eitelkeit  in  Schatz  nimmt, 
die  man  etwa  in  diesen  Yersen  sehen  könnte.  Yerginius  habe 
damit  weiter  Nichts  gethan,  als  das  auf  seiner  Grabechrift  ver- 
langt, was  ihm  gebühre,  expetit  debitos  titulos,  1.  c. 

Wenn  aber  der  Mann,  dessen  Ruhm  den  Erdkreis  erfüllte, 
der  ihm  gebührenden  Ehre  von  seinem  Erben  nicht  theilhaftig 
wurde,  ein  schönes  und  des  grossen  Bürgers  würdiges  Denkmal 
hat  ihm  Plinius  besonders  in  der  seinem  Andenken  gewidmeten 
Epistel  2,  1,  gesetzt,  ein  Denkmal  dauernder  als  Erz,  durch  das 
er  lebt  und  immer  leben  wird.  Vivit  enim  vivetque  semper. 
Plin.  ep.  2,  1,  11. 

Dresden.  Ludwig  Paul. 


Miscellen. 


Kleine  Beiträge  znr  Geschielite  der  grieehisehen  Tra/^Udie^. 

5.  Die  Lebenszeit  des  Theodektes. 

Theodektes  von  Phaselie,  eine  der  intereseantesten  Neben- 
figuren der  griechiecben  Litteratargescbichte,  starb  vor  334/3, 
da  Alexandros  der  Grosse  damals  die  ihm  in  seiner  Vaterstadt 
ohne  Zweifel  erst  nach  seinem  Tode  errichtete  Bildsäule  be- 
kränzte, andererseits  nach  342,  da  derselbe  als  Zögling  des 
Aristoteles  durch  diesen  mit  ihm  bekannt  geworden  war';  und 
da  er  41  Jahre  alt  ward*,  mnss  er  folglich  zwischen  382  nnd 
*376  geboren  sein.  Wir  können  aber,  wie  ich  glaube,  mit  grosser 
Wahrscheinlichkeit  heutzutage  zu  einer  noch  genaueren  Datirung 
gelangen. 

Theodektes  brachte  seiner  Grabschrift  zufolge*  13  tragische 
Didaskalien  zur  Aufführung,  mit  denen  er  nicht  weniger  als  8 
Siege  erfocht,  und  zwar  wie  wir  jetzt  durch  die  Inschriftenbruch- 
stücke CIA.  II.  997  b.  c.  erfahren  haben,  7  an  den  grossen  Diony- 
sien  und  1  an  den  Lenäen.  Von  anderer  Seite  hören  wir,  dass 
er  50  Tragödien  oder  genauer  50  Dramen  gedichtet  habe^.  Es 
fragt  sich  also,  wie  Beides  mit  einander  zu  vereinen  ist. 

Für  den  damaligen  Standpunkt  unserer  Kenntnisse  war  es 
sehr  natürlich,  dass  Welcker•  die  13  Didaskalien  für  lauter 
Tetralogien  hielt  und  so  auf  52  Tragödien  und  Satyrdramen  kam 
und  daher  annahm,  dass  50  nur  eine  ungenaue  Kundzahl  sei. 
Aber  derartige  Angaben  pflegen  genau  zu  sein,  und  wir  wissen 
jetzt  aus  CIA.  II.  973,  dass  im  Jahre  341  nicht  mehr  von  den 
tragischen  Bewerbern  mit  Tetralogien  gekämpft  wurde,  sondern 
nur  noch  mit  3  Tragödien,  im  folgenden  Jahre  sogar  nur  noch 
mit  2,  und  dass  Theodektes  in  beiden  Jahren  nicht  unter  diesen 
Bewerbern  war,  wenigstens  nicht  für  die  Dionysien.  Um  also 
Welckers  Rechnung  aufrecht  zu  erhalten,  müsste  man  annehmen. 


1  S.  Rb.  Mu8.  XLIX.  ö.  473  ff. 

*^  Beides  erfahren  wir  durch  Plut.  Alex.  17. 

3  Said.  Θεοδίκτης. 

*  Bei  Steph.  Byz.  Φασηλίς. 

*  Ersteres  fj^ebt  Steph.,  Letzteres  Suid.  an. 
β  Griech.  Trag.  III.  S.  1072. 


632  Miscellen. 

dass  die  neue  Einrichtang  eben  erst  341  oder  doch  frühestens 
342  getroffen  sei,  da  Theodektes  erst  in  seiner  späteren  Zeit  von 
seiner  bis  dahin  ausschliesslich  rhetorischen  Thätigkeit  zur  Tra- 
gödie übergingt,  also  schwerlich  vor  seinem  28.  Jahre,  eher  ein 
wenig  später. 

Unmöglich  wäre  dies  ja  nun  freilich  nicht.  Aber  nach  dem 
Obigen  bleibt  jetzt  eine  andere  Rechnung  übrig,  durch  welche 
jene  beiden  Angaben  vollständig  und  nicht  bloss  annähernd 
mit  einander  ausgeglichen  werden,  und  welche  daher  jedenfalls 
den  Vorzug  verdient:  gesetzt,  Theodektes  sei  mit  Tetralogien  nur 
noch  10  mal  und  dann  8  mal  mit  je  3  Tragödien  in  die  Schranken 
getreten,  so  giebt  dies  49  Stücke,  und  das  50.  ist  die  nicht  in 
Athen  gegebene,  aber  noch  zur  Zeit  des  Grellins'  bekannte  Tra- 
gödie Maussolos.  Wahrscheinlich  ist  also  hiemit  das  Richtige 
(getroffen,  und  dann  ward  die  neue  Einrichtung,  zu  welcher  auch 
jenes  Auftreten  jedes  der  Protagonisten  in  je  einem  Stücke 
jedes  der  Bewerber  gehörte',  und  von  welcher  ich  bisher*  nur 
feststellen  konnte,  dass  sie  eher  nach  als  vor  360  eingeführt  sei, 
spätestens  3  Jahre  vor  341  und  kaum  wesentlich  früher,  also 
344  oder  345  getroffen. 

Welcher  von  beiden  Berechnungen  man  nun  aber  auch  fol- 
gen möge,  bei  beiden  fällt  nach  diesem  Stand  der  Dinge  die 
ganze  dramatische  Wirksamkeit  des  Theodektes  vor  341 ;  und  sie 
war  bis  dahin  eine  so  rege,  dass  schwerlich  etwas  Anderes  als 
der  Tod  sie  plötzlich  abgebrochen  haben  wird.  Wir  werden  also 
dieses  sein  Ableben  mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  etwa  340, 
jedenfalls  nicht  später,  seine  Geburt  mithin  381,  wo  nicht  schon 
382  zu  setzen  haben.  Rechnen  wir  nun  danach,  dass  sein  Auf- 
treten als  Tragiker  ungefähr  353  mit  seinem  28.  oder  29.  Lebens- 
jahr begann,  so  hat  er  seine  13  Didaskalien  in  nicht  mehr  als 
ungefähr  11  Jahren  zur  Aufführung  gebracht,  ist  also  zum  Theil 
in  dem  nämlichen  Jahre  sowohl  in  den  Dionysien  als  auch  in 
den  Lenäen  aufgetreten.     Er  arbeitete  folglich  sehr  schnell. 

Greifs wald.  Fr.  Susemihl. 


Ein  Phoibammon-Fragment. 

Nachtrag  zu  Bd.  50,  241  fg. 

Unter  den  Citaten  des  Christophoros-Kommentars  zu  Her- 
mogenes,  welche  ich  Rhein.  Mus.  50  (1895)  aus  dem  cod.  Me?- 
sanensis  S.  Salv.  119  veröffentlichte,  konnte  ich  das  Phoibammon- 


^  Suid.  ί)ήτωρ,  τραπείς  δέ  έπΙ  τάς  τραγωδίας.  Pseudo-Plut.  «^^7C 
in  der  Aufzählung  der  namhaftesten  Schüler  des  Isokratcs;  θ€θ6ίκτηζ 
ό  Φασηλίτης  ό  τάς  τραγωδίας  ύστερον  γράψας. 

2  Χ,  18,  7. 

^  Wenigstens    ist  kein  Grund  vorhanden,    um   anzunehmen,  a»ss      λ 
diese  letztere  Anordnung  schon  älter  gewesen  sei. 

*  Rh.  Mus.  XLIX.  S.  474 


Miscellen.  ß33 

Fragment  von  fol.  72r  nicht  raittbeilen,  da  ich  zu  knapp  excer- 
pirt  hatte.     Ich  hole  jetzt  das  Versäumte  nach. 

Fol.  71r  [Herrn.  139,  10  Sp.]  ύπόλοιπον  ήμΐν  λέγειν  κοι- 
νωνίας τής  πραγματικής  προς  τάς  προειρημίνας  στάσεις,  κοι- 
νωνεί τψ  περί  μέλλοντα  καταγινομένψ  στοχασμψ  .  . .  (fol.  72r) 
κοινωνεί  πάλιν  τω  κατ'  αϊτησιν  δρω,  καθό  έν  έκατε'ρςι  έπι  τω 
ι5ίω  πεπραγμένω  λέγει  6  αιτών  οίδοσθαι  τήν  δωρεάν,  έν  bk 
τή  πραγματική  ομολόγων  πάντα  πεπραχέναι  περί  τής  ποιότητος 
αντιλέγει  ως  έπΙ  τούτου*  νόμος  τόν  άριστέα  αΐτεΐν  δωρεάν, 
αριστεύσας  τις  ήτησε  πολίτου  φόνον  και  αντιλέγει  τις.  6  bk 
σοφιστής  Φοιβάμμων  λέγει,  δτι,  έάν  προσθή  (fol.  72  ν)  τις  τό 
'ήν  βούληται  δωρεάν*  ποιεί  άσύστατον  τό  πρόβλημα*  πώς  γαρ 
ίστι  ποιότητα  ίητήσαι,  ίνθα  δίδωσιν  6  νόμος  αιτεΐν  ήν  βού- 
ληται δωρεάν;  και  λέγομεν  προς  αυτόν,  δτι  ου  πάντως  6  δε- 
δωκώς  αιτεΐν  δίδωσι  καΐ  λαβείν  έ^ουσίαν. 

Hannover.  Hugo  Rabe. 


Vereehränkuiig  ven  Redegliedern  im  wiedererzählten  Dialog. 

Wenn  ein  Gespräch  nicht  in  dramatischer  Form  vorgeführt, 
Rondern  in  direkter  Rede  wiedererzählt  werden  soll,  so  muss  der 
Wechsel  der  Rede  in  der  Regel  durch  kurze  eingeschobene  Sätze 
bemerkbar  gemacht  werden.  Da  diese  Zwischensätze  sich  der 
Natur  der  Sache  nach  sehr  häufig  wiederholen,  so  hat  bereits 
Plato  in  seinen  diegematischen  Dialogen  das  Bedtirfniss  empfun- 
den, ihre  Form  so  viel  als  möglich  zu  variiren.  Diesem  Zweck 
dient  u.  A.  die  nicht  ganz  seltene  Anwendung  einer  Verschrän- 
kung von  Redegliedern,  von  der  ich  Beispiele  zusammenzustellen 
beabsichtige  ^. 

Wenn  die  Parenthese,  die  einer  in  direkter  Rede  wieder- 
gegebenen Antwort  beigefügt  wird,  aus  mehreren  Worten  be- 
steht, so  hat  der  Satz  gewöhnlich  die  Form:  'Αληθή  λέγεις,  ίφη 
ό  ΤΤρόδικοε  (Plato  Protag.  340  C).  Es  kommt  jedoch  vor,  dass 
die  Parenthese  in  zwei  Theile  zerlegt  und  diese  entweder  an 
verschiedenen  Stellen  in  die  Antwort  eingeschoben  werden  oder 
dass  der  erste  Theil  eingeschoben,  der  zweite  ans  Ende  des  Satzes 
gestellt  wird,  dergestalt,  dass  in  beiden  Fällen  die  Antwort  mit 
dem  Einschub  verschränkt  erscheint:  Pbaedo  p.  83  Ε  Αληθέ- 
στατα, ίφη,  λέγεις,  6  Κέβης,  ώ  Σώκρατες. 

Protagoras  354  Ε  *  Αληθή,  ίφη,  λέγεις,  ό  Πριυταγορας.  Protagoras 
310  Β  Πρωταγόρας,  ίφη,  ήκει,  στάς  παρ'  Ιμοί.  Derselbe  Satzbau  be- 
gegnet bei  Plato,  falls  ich  nichts  übersehen  habe,  noch  an  folgenden 
Stellen :  Convivium  175  Ε  Υβριστής  €Ϊ,  ?φη,  Ji  Σώκρατ€ς,  ό  *Αγάθων. 
214  C  'Αλλά,  φάναι,    ώ  *ΕρυΗίμαχ€,   τόν  Άλκιβιάόην,    καλώς   μέν  λέγεις 


^  Vgl.  Heindorf  zu  Piatos  Phaedon  78  Α ;  Braun  de  hyperbato 
Platonico  I  (Culm  1847)  S.  20;  Vahlen  Hermes  XXX  26;  C.  F.  W. 
Müller  Philologus  XVII  511;  Pctschenig  Archiv  f.  lat.  Lexikographie 
V  576  f.,    aus  deren  Anführungen   ich  meine  Sammlung  ergänzt  habe. 


684  Misoollen. 

κτέ.  Pannenidee  132  Β  *Αλλά,  φάναι,  ώ  Παρμενίδη,  τάν  Σωκράτη,  μή  τών 
εΙδών  ?καστον  ή  τούτων  νόημα  κτέ.  Parmenides  IHb  Β  Συγχωρώ  σοι, 
ίφη,  ώ  Παρμενίδη,  ό  Σωκράτης.  Pannenidee  137  C  Έτοιμος  σοι,  ώ 
Παρμενίδη,  φάναι,  τοΟτο,  τόν  'Αριστοτέλη.  Respublica  331  D  Πάνυ  μέν 
οΰν,  ίφη,  Ji  Σώκρατες,  ύπολαβών  ό  Πολέμαρχος,  εϊπερ  τ^  *"  ΧΡή  Σι- 
μωνίδη πείθεσθαι.  Respublica  340  Α  ΝαΙ  μά  Δί\  £φη,  (b  Σώκρατες 
ό  Πολέμαρχος,  σαφέστατα  γε.  Έάν  σύ  γ*.  €φη,  αύτφ  μαρτυρήσης,  ό 
Κλειτοφών  ύπολαβών.  Respublica  450  Β  Μέτρον  δέ  γ',  £φη•  ώ  Σώκρα- 
τες, 6  Γλαυκών,  τοιούτων  λόγων  άκούειν  δλος  ό  βίος  νόΟν  ^χουσιν. 
Kespublica  503  Β  *Όκνος  γάρ,  ^φην,  ώ  φίλε,  έγώ,  εΙπεΙν  τά  νΟν  άποτε• 
τολμημένα.  Respublica  506  D  Μή  προς  Διός,  ή  δ'  βς,  ώ  Σιύκρατες,  ό 
Γλαυκών,  ώσπερ  έπΙ  τέλει  ών  άποστής.  Euthyderoas  274  Ε  Ταιίτης  μέν 
OÖV,  ^φη,  τής  αυτής,  ώ  Σώκρατες,  ό  Διονυσόδωρος.  Eutbydemus  279  C 
*Αλλά  μοι  δοκοΟμεν,  ^φη,  ουδέν,  ό  Κλεινίας  (sc.  παραλιπεΐν).  Eathj- 
demns  283  Ε  Τί  δέ,  ^φη,  ώ  Κτήσιππε,  ό  Εύθύδημος,  ή  δοκεΐ  σοι  οΙΟν 
τ*  είναι  ψεύδεσθαι ;  Eutbydemus  289  C  Ούκ  οΤμαι,  ίφη,  έγώ,  ό  Κλεινίας 
ύπολαβών.  Euthyderous  297  Α  Διαφθείρεις,  έφη,  τόν  λόγον,  ό  Εύθυ- 
δημος  προς  τόν  Διονυσόδωρον  κτέ.  Eutbydemus  297  Β  'Αδελφός  γάρ, 
έφη,  έγώ  εΙμι  Εύθυδήμου,  ταχύ  ύπολαβών  ό  Διονυσόδωρος.  Euthy- 
demus  297  Β  Φεύγεις,  έφη,  ώ  Σώκρατες.  ό  Διονυσόδωρος,  καΐ  ούκ  έθέ- 
λεις  άποκρίνεσθαι.  Eutbydemns  298  Β  ΕΙ  γαρ  δήπου,  έφη,  πατήρ  έσην 
ό  Χαιρέδημος,  ύπολαβών  ό  Εύθύδημος,  πάλιν  αύ  ό  Σακρρονίσκος  κτέ. 
Eutbydemus  298  Β  ΠολλοΟ  γ',  έφη,  δει,  ό  Εύθύδημος.  Pbaedo  70  Β 
*Αληθή,  έφη,  λέγεις,  ό  Σωκράτης,  ώ  Κέβης.  Pbaedo  71  C  Τήν  μέν  τοίνυν 
έτέραν  συίυγίαν  ών  νύν  έλεγον,  έγώ  σοι,  έφη,  έρώ,  ό  Σωκράτης,  xd 
αυτήν  καΐ  τάς  γενέσεις.  Pbaedo  73  Β  ΕΙ  δέ  μή  ταύτη  γε,  €φη,  πείθει, 
ώ  Σιμμία,  ό  Σωκράτης,  σκέψαι  δή  κτέ.  Pbaedo  77  C  Εΰ  λέγεις,  έφη, 
ώ  Σιμμία,  ό  Κέβης.  Pbaedo  77  C  Άποδέδεικται  μέν,  ^φη,  (b  Σιμμία  τε 
καΐ  Κέβης,  ό  Σωκράτης,  καΐ  νΟν,  εΐ  κτέ.  Pbaedo  78  Α  *Αλλά  ταΟτο  μέν 
δή,  έφη,  ύπάρΗει,  ό  Κέβης.  Pbaedo  78  C  Δοκεΐ  μοι,  έφη,  οοτως  έχειν, 
ό  Κέβης.  Pbaedo  78  D  'Ωσαύτως,  έφη,  ανάγκη,  ό  Κέβης,  κατά  ταύτα 
έχειν,  ώ  Σώκρατες.  Pbaedo  82  C  Ού  γάρ  αν  πρέποι,  έφη,  di  Σώκρατες, 
ό  Κέβης.  Pbaedo  83  Κ  'Αληθέστατα,  έφη,  λέγεις,  ό  Κέβης,  ώ  Σώκρατ6ς. 
Pbaedo  85  C  Καλώς,  έφη,  λέγεις,  ό  Σιμμίας.  Pbaedo  102  Α  'Αληθέστατα, 
έφη,  λέγεις,  Ö  τε  Σιμαίας  αμα  καΐ  ό  Κέβης.  Pbaedo  107  Β  Ού  μόνον 
γ',  έφη,  ώ  Σιμμία,  ό  Σωκράτης,  άλλα  κτέ.  Pbaedo  118  Α  *Αλλά  ταύτα, 
έφη,  έσται,  ό  Κρίτων. 

Ebenso  ist  zu  benrtbeilen: 

Amatores  183  Α  f.  Όποτε  γάρ  τοι,  έφη,  ώ  Σωκράτες,  τό  φιλο- 
σοφείν αίσχρόν  ήγησαίμην  εΐναι,  ούδ'  άν  άνθρωπον  νομίσαιμι  έμαυτόν 
είναι,  ούδ'  άλλον  τόν  οϋτω  διακείμενον,  ένδεικνύμενος  είς  τόν  άντ€• 
ραστήν  καΐ  λέγων  μεγάλη  τή  φωνή,  ϊν'  αύτοΟ  κατακούοι  τά  παιδικά. 

Zweifelbaft  bleibt  dage^reii,  ob  Heindorf  im 

Lyais  218  D  Ούκ  έμοιγε  δοκεΐ,  (έφη),  ώ  Σώκρατες,  ό  Λύσις  και 
άμα  είπών  ήρυθρίασεν 

das  fehlende  Wort  έφη  an  ricbtiger  Stelle  ergänzt  hat. 
denn  in  diesem  Dialoge  findet  sieb  kein  anderes  Beispiel  der 
Verscbränkiing,  die  aucb  im  Cbarmides  nicbt  vorkommt. 

Ein  üeberblick  über  die  angefübrten  Beispiele  ergiebt,  dass 
die  Verscbränkung  —  abgesehen  von  Eutbydemus  283  Ε  —  nur 
bei  Aussagen,  nicbt  bei  Fragen  vorkommt.  Dies  beruht  schwer- 
lich auf  Zufall,  sondern  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  auf  einer 
feinen  Sprachempfindung.  Denkt  man  sich  nämlich  eine  Fra^ 
mit  einer  Parenthese  so  verschränkt,  dass  der  zweite  Theil  de« 
Einschubs    auf  das  letzte  Wort    der  Frage   folgt,    so    mnss   mm 


Miscellen.  BB5 

beim  lauten  Lesen  hinter  dem  letzten  Wort  der  Frage  eine  ziem- 
lich starke  Pause  machen,  und  dies  widerspricht  dem  Wesen 
dieses  Satzbaus,  der  im  Gegentheil  eine  Reduktion  der  Pausen 
auf  ein  Minimum  fordert  und,  so  zu  sagen,  zur  Voraussetzung 
hat.  Unter  diesem  Gesichtspunkt  betrachtet  erweist  sich  auch 
jene  Stelle  im  Euthydemus  als  eine  scheinbare  Ausnahme,  die 
die  Regel  bestätigt,  denn  hier  steht  der  zweite  Theil  der  Paren- 
these (6  Εύθύδημος)  hinter  der  Anrede  (ώ  Κτήσιππε),  die  ge- 
wissermassen  eine  Aussage   ist. 

Auch  bei  anderen  Schriftstellern  wird  eine  Parenthese  meist 
nur  mit  Aussagen  verschränkt.     So  sagt 

Xenophon  Oeconomicus  3,  3  Λέγβιν  τί  μοι  &οκ€ΐς.  ?φη,  καΐ  τοΟτο, 
ό  Κριτόβουλος,  τών  οίκονομικιΐιν.  Oeconomicus  7,  Iß  ΚαΙ  τί  δή,  ?φη, 
οράς,  ή  γυνή,  δ  τι  αν  έγώ  ποιοΟσα  συναύξοιαι  τόν  οΐκον;  Oeconomicus 
11,  14  Έγώ  τοίνυν,  ?φη,  ώ  Σώκρατ€ς.  ό  Ίσχόμαχος,  άν(στασθαι  μiv 
κτέ.  Hellenica  IV  1,  14  ΈμοΙ  μέν  τοίνυν.  ίφη,  δοκ€Ϊ,  ό  *Ατησίλαος, 
οέ  μ^ν,  ώ  Σπιθριδάτα  κτέ.  Cyropaedia  V  2,  29  Εύ  μέν  ούν,  ίφη, 
οϊδα.  6  Γωβρύας.  Cyropaedia  VIII  3,  4β  Τί  οΰν,  ίφη,  προς  των 
θ€Φν,  6  Φ€ραύλας,  ούχΙ  σύ  τ€  αύτίκα  μάλα  €ύδαίμων  έγένου  καΐ  έμέ 
€ύδοίμονα  έποίησας;  Memorabilia  ΠΙ  5,  10  'Εγώ  μέν,  Ιφγ\,  οΤμαι,  6 
Σωκράτης,  üjoncp  καΐ  δλλοι  τινές  κτέ.  Plutarch  Symposiaca  628  C 
Ουδέν,  £φη,  δ€ΐνόν,  ό  Φιλόπαππος,  εΐ  ταύτό  πεισόμεθα  Δημοκρίτψ  τψ 
σοφφ  διά  φίλολογίαν.  Symposiaca  651  Α  Θαυμάσαντος  δέ  τοΟ  Φλώρου, 
τόν  μέν  περί  τοΟ  οίνου  λόγον,  €Ϊπ€ν,  άφίημι  τούτψ,  δείΕας  ίμέ.  Sym- 
posiaca 667  F  ΟύκοΟν,  έφη,  πρώτον.  6  Πολυκράτης•  Τιυμβν  έπΙ  τήν  συνή- 
θ€ΐαν.  Symposiaca  669  C  *  Ορθώς,  £φη.  λέγεις,  ό  Λαμπρίας,  άλλ'  έτι  τφ 
λόγψ  προσφιλοσοφήσωμεν.  Symposiaca  681 D  Kai  μάλ',  ^ψη,  λέγεις 
ό,'ϊθώς,  6  ΤΤατροκλέας,  έπί  γε  τών  σωματικών.  Symposiaca  700  F  Άλλ' 
έάν  τοΟτ',  έφη,  ίητής,  6  Εύθύδημος,  αύτίκα  δεήσει  σε  κτέ.  Amatoriue 
755  D  Μή  λέγε  ταΟτ',  εΤπεν,  ώ  Σώκλαρε,  μηδ'  ύπονόει  έπΙ  Βάκχιυνος, 
6  Άνθεμίϋΐν.  Amatoriue  757  Ε  Ούτοι  νή  Δί\  ^φη,  πάντες,  6  πατήρ,  οΐ 
νομί2[οντες  άρότου  καΐ  σπόρου  καΐ  φυτείας  έπιμέλειαν  θεοίς  προσήκειν. 
Amatorius  758  C  'Εκείνο  δ',  ό  πατήρ,  ούκ  άτοπον,  εΐπεν,  εΐ  τέσσαρα 
γένη  κτέ.  Lacian  Σκύθης  6  Μή  τοίνυν  μέλλιυμεν,  έφη.  ώ  ΤόΕαρι,  ό 
Άνάχαρσις,  άλλα  με  λαβών  άγε  παρ'  αυτόν.  Φιλοψευδής  27  ΚαΙ  ό 
Εύκρατης  ώσπερ  άναμνησθείς  προς  τήν  όψιν  τών  υΐέων.  ούτιυς  όναίμην, 
€φη,  τούταιν,  έπιβαλών  αύτοΐν  τήν  χείρα,  ώς  αληθή,  ώ  Τυχιάδη,  προς 
σε  έρώ.  Und  im  Fortfi^an^  der  direkten  Hede:  έπεισέρχεται  δέ  μεταξύ 
ή  Δημαινέτη  αυτή  εκείνη  καΐ  καθίζεται  πλησίον  ώσπερ  νΟν  Εύκρατίδης 
οΰτοσί,  δείΕας  τόν  νεώτερον  τατν  υΐέιυν  ό  δέ  αύτίκα  έφριΕε  μάλο  παι- 
δικώς  καΐ  πάλαι  ήδη  ωχρός  ήν  προς  τήν  διήγησιν.  έγώ  δέ,  ή  δ'  δς  ό 
Εύκρατης,  ώς  είδον  κτέ.  Φιλοιί'ευδής  29  Τί  δ'  άλλο,  εΐπεν  6  Εύκρατης, 
ή  τουτονί  τόν  άδαμάντινον  πείθομεν,  δει'Εας  έμέ,  ήγείσθαι  δαίμονας  τινας 
είναι  κτέ.  Φιλοψευδής  34  Παγκράτην,  έφη.  λέγεις,  ό  Άρίγνιυτος,  έμόν 
διδάσκαλον  κτέ.  Συμπόσιον  11  *Εν  τούτψ  δέ  ό  Κλεόδημος  έπικύψας  ές 
τόν  'liuvo,  όρος.  έφη,  τόν  γέροντα.  Ζηνόθεμιν  λέγιυν,  έπήκουον  γάρ, 
οπως  εμφορείται  τών  οψιυν  κτέ.  Συμπόσιον  13  Οοτιυς,  έφη,  γιγνέσθω, 
ό  Άρισταίνετος,  ει  σοι  ήδιον.  Δημοσθένους  έγκώμιον  2  Πολύ  μέντοι 
πρότερον,  έφη,  προσειπείν  τουτονΙ  δέομενος  ήκιυ,  τή  χειρί  τόν  *Όμηρον 
έπιδείέας*  ΐστε  δή  που  τόν  έν  δεΕιςί  τοΟ  τών  Πτολεμαίων  νεώ  τόν  κα- 
θειμένον  τάς  κόμας*  προσερών  τε  ουν  αυτόν  άφΐκόμην,  έφη,  καΐ  προσ- 
ευΕόμενος   άφθονων   διδόναι  τών   έπών^.     Dio   Chryeostomus   Π  9   Τί 


^  Es  ist  psychologisch  interessant,  wie  an  dieser  Stelle  die  lange 
Parenthese  den  Schriftsteller  veranlasst  hat,   bei   der  Wiederaufnahme 


f)3f)  Mi8cel1en. 

ουν;  ούχΙ  ταΟτα  χρήσιμα,  ίφη,  τοις  άνθρώποις;  6  Φίλιππος.  Dio  Chrr- 
sosinmus  II  9  Ουδέ  τά  πβρί  τόν  σπόρον,  ?φη,  καΐ  τόν  άμητόν,  6  Φί- 
λιππος,  αρέσκει  σοι  τοΟ* Ησιόδου  μ€ταλοπρ€πώ€  οΰτως  €ΐρημένα,•  Heliodor  j 
Aethiop.  Ι  2,  ρ.  5  Β.  Έν  σοΙ,  έφη,  τά  έμά,  ή  κόρη.  Cf.  III  18,  ρ.  9δ.9  * 
IV  11  ρ.  109,  30  etc.  lulian  Caeaares  309  Β  ΤΤαΟσαι,  €Ϊπ€,  ληρών,  6 
*  Απόλλων.  Caesares  310  Α  ΟΙμώ^Ιιυν  μέν  οΟν,  €Ϊπ€ν,  έν  τφ  νηαυδρίψ. 
τάς  Καπρέας  αΐνιττόμενος,  τόν  άθλιον  αλιέα  ψηχέτιυ.  Caeaares  317  0 
Γιγνέσθιυ  τοίνυν,  €Ϊπ€ν,  έπΙ  τών  πρόθυρων,  6  Διόνυσος,  αοτοΐς  ή  κρίσις. 
Mit  einer  Frftge  ist,  wie  bei  Dio,  die  Parenthese  verschränkt  ao  der 
Stelle  Caesares  332  Α  Σύ  bi,  €Ϊπ€ν,  έδυνήθης  μέγα;  προς  αυτόν  6 
Σειληνός. 

Sehr  wunderlich  und  einem  j^esunden  Sprachgefühl  widerspre- 
chend ist  die  Wortstellung  in  Methodius*  Symposion  5:  *Επ€ΐ6ή  oOv 
ήγγίίομεν,  ή  Θεοπάτρα,  ήδη.  ίφη,  τφ  χώρψ,  μεγάλη  τις  καΐ  €ύ€ΐοής  ήσυχη 
βαίνουσα  καΐ  εύσχημόνως  ύπήντησβν  ήμϊνγυνή,  στολήν  πάνυ  έκλαμπρον 
ώσπερ  άπό  χιόνος  ήμφιεσμένη. 

Die  entsprechende  Rrecheinung  ist  auch  im  Lateinischen  zu 
beobachten.  So  ist  inquit  von  seinem  Subject  oder  anderen 
nachfolgenden  Satzgliedern  getrennt  bei 

Caesar  Bellum  Gallicum  V  30,  1   Vincite,    inquit,    si    ita    vulttt, 
Sabinus.     Bellum  Gallicum  VII   20,  12  Haec,    inquit,    a   me,  Verdnge- 
torix,  beneficia    habetis,    quem    proditionis  insiinulatis.     Cicero  Brutus 
23,  91   Cum  haec    dixissem    et  paulum    interquievissem :     Quid    igitur, 
inquit,   est  causae,  Brutus,  si  tanta  virtus  in  oratore  Galba  fait,  cur  et 
nulla  in  orationibus  oius  appareat?  Brutus  55,  204  0  magnam,  inqoit, 
artem !  Brutus,     de  oratore  113,13  Qui  cum  inter  se,  ut  ipsorum  nsiu 
fcrebat,  amicissime    consalutassent:    Quid  vos    tandem?    Crassus,  nam 
quidnam,  inquit,  novi?   de   oratore  II   14,  59  Haec    cum    ille    dixiaset: 
Quid  est,  inquit,  Catule?    Caesar;    ubi  sunt,  qui  Antonium  Graece  ne- 
pant  scire?     de  oratore  II   60,  244    Licet,    inquit,    rogare?    Philippus. 
de    oratore  II    iiO,  246  Cenabo,   inquit,    apud   te,    huic    lusco    familiari 
meo,  C.  Sextio:    uni    enim    locum  esse    video.     de    oratore    II    βδ,  ^3 
Crassus  apud  M.  Perpeniam  iudicem  pro  Aculeone  cum  diceret,  adertt 
contra  Aculeonem  Gratidiano  L.  Aelius  Lama,  deformis  ut  nostis;  qai 
cum  interpellaret  odiose:  Audiamus,  inquit,  pulchellum  puerum,  Crassus. 
de  oratore  III  60,  226  Mitte,  obsecro,  inquit,  Crasse,  lulius,  sermonem 
istum  et  te  ad  Gracchi  fistulam   refer,    cuius  ego  nondum  plane  ratio- 
nem    intellego.     pro  Quinctio  5,  19    Posterius,   iuquit,    ista    videbimas, 
Quinctius ;  nuuc  hoc  velim  eures,  si  tibi  videtur,   quod   dixisti.     Livius 
II  55,  5  Provoco,  inquit,  ad  populum,  \^olero.     Livius  XXV  IS,  6  Po>l• 
(|uam  in  conspectum  venere:  Provoco  te,  inquit,  ad  pugnam,  Crispine, 
Padius.     Livius  V  18,  5  En  vobis,  inquit,  iuvenem,  tilium  tenens.    Li- 
vius XXII  (>,  3  .  .  .  donec    Insuber    equcs  —  Ducario  nomen  erat  — 
facie  quoque  noscitans    consulera:    (En),    inquit,    hie    est,    popularibas 
suis,  qui  legiones  nostras  cccidit  sq.     Petronius  c.  63  Attonitis  admin• 
tionc  universis:  Salvo,  inquit,  tuo  sermone,  Trimalchio,  si  quafidesest, 
ut  mihi  pili  inhorruerunt  sq.  Petronius  c.  67  Quomodo  nosti,  inquit,  ilUia. 


der  direkten  Rede  den  Faden  durch  eine  Art  von  Rekapitulation  wie- 
der anzuknüpfen.  In  Wahrheit  ist  nicht  die  direkte  Rede  selbst,  wb- 
dcrn  deren  Wiedergabe  durch  einen  Einschub  unterbrochen;  die  τογ 
liegende  Gestaltung  der  Sätze  beruht  also  auf  einer  logischen  Ve^ 
8c]ii.^])ung.  Ob  man  darin  ein  Ergol)niss  weitgetriebenen  künstlenschen 
Paftinenients  oder  einen  Auslluss  naiver  Sorglosigkeit  zu  sehen  bat,  -' 
mag:  dahin  gestellt  l)loil)cn ;  ein  analoges  Beispiel  steht  mir  nicht  fa  f 
Gebote. 


Misoeilen«  637 

Trimalchio»  nisi  argentum  composuerit  sq.  Petroniue  c.  102  Non  impra- 
dens,  inquit,  consilium,  Eumolpos,  si  aditum  haberet.  Petronius  c.  136 
Quid,  porro,  ta,  inquit,  me  absente  fecisti,  aut  ubi  est  faba?  cf.  Per- 
sius  II  12.  Seneca  de  ira  I  14,  l  Non  potest,  inquit,  fieri,  Theophrastus» 
ut  bonus  vir  non  irascatur  malis.  Seneca  epist.  92,  25  Beatissimum, 
inqnit,  hunc  et  hunc  diem  ago,  Kpicurup,  cum  illum  hinc  urinae  dif- 
ficultas  torqueret,  hinc  insanabilis  exulcerati  dolor  ventris.  Florus 
II  6  (p.  35,  20  Jahn)  Tergiversantibus  Poenis  dux  legationis:  Quae, 
inquit,  mora  est?  Fabius;  in  hoc  ego  sinu  bellum  pacemquo  porto; 
ntrum  eligitis?  wozu  Otto  Jahn  nicht  richtig  bemerkt:  dux  kaa• 
tionis  aut  Fabius  delendum.  Gellius  2,  26,  3  Plura,  inquit,  sunt,  Fa- 
vorinus,  in  sensibus  oculorum,  quam  in  verbis  vocibusque  colorum 
discrimina.  Ammianus  Marcellinus  XXX  8,  8  .  .  Tbemistoclis  illius 
veteris  dissimilis,  qui  cum  post  pugnam  agminaque  deleta  Persarum 
licenter  obambulans  armillas  aureas  vidisset  humi  proiectas  et  tor• 
quem:  Tolle,  inquit,  baec,  ad  comitum  quendam  prope  adstantem, 
puer,  quia  Themistocles  non  es,  quodlibet  spernens  in  duce  magna- 
nimo  lucrum.  Cassianus  conlatio  XXIY  19,  2  Non  enim  potest  se- 
cundum  sententiam  domini  civitas  abscondi  super  montem  posita, 
quia  diUgentes,  inquit,  me,  dominus,  glorificabo  sq.  contra  Nestorium  V 
β,  1  Qnod  fuit,  inquit,  a  principio,  apostolus  lohannes,  quod  audivi• 
mus  sq.  contra  Nestorium  VII  19,  2  Paulus  quoque  praecipio,  inquit, 
tibi,  ad  spiritum  Pythonis,  t»  nomine  lesu  Christi  exi  ab  ea.  Salvianus 
de  gubematione  dei  l,  31  Aucta  igitur  ac  multiplicata  humani  generis 
multitudine  simul  et  iniquitate  videns,  inquit,  deus,  scriptura  sacra, 
quod  multa  malitia  hominum  esset  in  terra  sq.  de  gub.  dei  1,  32 
Paenituit  ergo,  inquit,  deum,  scriptura  sacra,  quod  hominem  fecisset  in 
terra,  de  gub.  dei  4, 95  Conen piscentiam  quippe,  apostolus,  nesciebam, 
inquit,  nisi  lex  diceret:  non  concupisces. 

Aehnliche  Erecheinungen  treten  öfter  bei  Ovid  zu  Tage, 
wo  er,  nach  dem  von  Haupt  opusc.  III,  510  f.  erläuterten  Ge- 
branch, die  direkte  Rede  einer  Person  durch  die  Partikel  que 
mit  seiner  Erzählung  verknüpft.  So  heiest  es,  um  nur  das  auf- 
fälligste Beispiel  anzuführen,  Trist.  IV  2,  51  mit  dreifacher  Ver- 
schränknng: 

Tempora  Phoebea  iauro  cingetur  Mo'  que 
Miles,  Mo',  magna  voce,  'Triumphe',  canet. 

Einem  griechischen  Erzähler,^  der  ein  Gespräch  aus  der 
Erinnerung  reproduzierte,  konnte  es  leicht  begegnen,  dass  er  zu- 
nächst Αληθή,  ίφη,  λέγεις  sprach  und  sodann,  um  Missverständ- 
nieeen  vorzubeugen,  nachträglich  noch  ό  ΤΤριυταγόρας  zusetzte. 
Diese  verschränkte  Satzbildung  ist  dann  von  den  Sokratikern 
ans  der  lässlichen  attischen  Umgangssprache  aufgegriffen  und  in 
die  Litteratur  eingeführt  worden.  Die  entsprechende  lateinische 
Spracherscheinung  kann  sich  bei  gleichen  Voraussetzungen  sehr 
wohl  selbständig  entwickelt  haben  und  braucht  nicht  auf  fremden 
Einfluss  zurückgeführt  werden,  obwohl  sie  zuerst  in  einer  Periode 
auftritt,    in  der   griechische  Vorbilder   bereits  wirksam    waren  ^ 

^  lieber  *  Verschränkung  von  Redegliedern  ^  im  Altfranzösischen 
bat  Adolf  Tobler  in  den  Vermischten  Beiträgen  zur  französischen  Gram- 
matik II  28  ff.  gebandelt.  Ihm  verdanke  ich  auch  den  Hinweis  darauf, 
dass  Ebeling  zu  Auberee  399  aus  den  Altfranzösischen  Romanzen  und 
Pastourellen  (herausgeg.  von  E.  Bartsch)  I  35,  5  ein  den  oben  behandel- 
ten Fällen  genau  entsprechendes  Beispiel  beigebracht  hat. 


638  Misoellen. 

Jedesfalls    steht  zu    vermathen,    dase  Cicero  in    seiner  tins  Ver 
lorenen  Uebersetzung    von  Platos  Protagorae  jene  £igenheit   des  j 
griecbiechen    Originale    getreu    kopirt    und    die    Worte:    'Αληθή, 
ίφη,  λίγβις,  ό  Πρωταγόρας  (ρ.  354  Ε)  mit:  Verum,  inquit,  dicii, 
Protagorae  wiedergegeben  hat. 

Charlottenburg.  Hermann  Schöne. 


ούτωσί. 


f\  6ή  ούτως  [ή]  έκ  παραβολής  fj  κατά  φύσιν  steht  wieder 
in  der  neuesten  Ausgabe  der  aristotelischen  Rhetorik  1420*;  ού- 
τως t\  hat  der  Scholiast  gelesen,  ein  Beweis,  dase  die  Corruptel 
alt  ist;  verständigerweise  muss  man  doch  aus  solcher  Ueberliefe* 
rung  ουτωσι  έκ  παραβολής  ableiten.  Auch  bei  Marcus  Α  ntoninus 
schreibt  man  Εγ'  nach  Coraes  lieber :  μία  bk  αμφοτέρων  toutuiv 
[ή]  ό6ός,  statt  den  itacistischen  Fehler  anzuerkennen;  bei  Procloi 
in  rem  publ.  f.  58  v.  ist  entsprechend  υπό  τών  θβαμάτων  έκ€ΐ• 
νωνι  zu  ύπό  τών  θεαμάτων  εκείνων,  ή  geworden;  das  ή  tilgen 
die  Herausgeber.  Dass  bei  Dionys  ad  Ammaeum  p.  207,  8  oxnwOx 
zu  οιίτως.  ei  verdorben,  hatte  Reiske  längst  gesehen;  den  glei- 
chen Fehler  hat  auch  der  letzte  Editor  bei  Apsines  p.  289,  13 
verkannt.  Bei  eben  demselben  steht  p.  231,  1  H.  ου  μην  χρή 
τούτων  [βίς]  έμέ  τής  αΐτίαν  ίχ€ΐν  mit  der  Bemerkung  €ΐς  del. 
Spengel;  vielmehr  τουτωνι  έμέ,  das  über  dem  Wege  τουτωνίΐ 
έμέ  zu  τούτων  εΙς  έμέ  wurde? 

Bonn.  L.  Radermacher. 


Mantlseinor  und  mantisa. 

Nur  zweimal  kommt,  soviel  ich  sehe,  das  Wort  mantiscl• 
nari  vor.  In  den  Captivi  des  Plautus  erhält  der  Parasit  den 
Auftrag  für  die  Herrichtung  des  Freudenmahles  zu  sorgen  :  sum 
pronie  posce  quidviSj  te  facio  cellarium^  worauf  er  antwortet 
(V.  896):  nam  her  de  nisi  mantißcinatus  probe  erOy  fusti  ptdito. 
In  dieser  Stelle  nahmen  ältere  Gelehrte  eine  hybride  Wortbil- 
dung aus  μάντκ  und  cano  an,  die  den  Sinn  von  vaticinari  habe; 
der  Parasit  sollte  die  Wahrheit  seiner  Meldung  von  der  Rück- 
kehr des  Philopolemus  noch  einmal  bekräftigen.  Auch  Georges 
in  der  7.  Auflage  seines  Wörterbuches  (unter  manficinor)  und 
0.  Keller,  Lateinische  Volksetymologie  (Leipzig  1891)  S.  179  ^ 
folgen  noch  dieser  Auffassung.  Dass  aber  von  Weissagen  an 
jener  Stelle  keine  Rede  sein  kann,  haben  Ussing  und  Scholl 
richtig  angemerkt,  ohne  selbst  eine  wahrscheinlichere  Erklärung 
geben  zu  können.  Anders  verstand  die  Stelle  auch  der,  auf  den 
das  Donatscholion  zu  Terent.  Eun.  2,  2,  27  zurückgeht :   'quibus 

^  Ferner  Saalfeld,  tensaurus  Italo-Graecua  Sp.  661,  O.  Weise,  die     % 
griechischen  Wörter  im  Latein  (Leipzig  1882)  8.  454,  derselbe  im  Phi- 
lologus  XLVII  (1889)  47. 


MisoelleQ.  ^9 

et  re  scHva^  cum  de  meo  impefiderem  'et  perdifa  profuerirn  cum 
de  almio  mantiscinor  aique  impendo.  Denn  dass  hier  das  Wort  nicht 
aus  lebendigem  Sprachgebrauch,  sondern  ans  gelehrter  Forschung 
genommen  ist,  kann  kaum  zweifelhaft  sein,  vgl.  Leo  zu  der 
Plautusstelle.  Aber  der  Sinn  dieser  Stelle  ist  im  ganzen  richtig 
erfasst:  £rgaeilus  beeilt  sich  zu  versichern»  dass  er  das  ihm 
übertragene  Amt  des  Küchenchefs  nach  bestem  Wissen  und  Ge- 
wissen verwalten  werde.  Der  Zuschauer  weiss,  dass  er  vor 
allem  für  seinen  eigenen  Magen  sorgen  »wird,  und  gerade  darin 
liegt  die  Komik  der  Stelle.  Dazu  stimmt  auch  die,  wie  ich 
glaube,  richtige  Ableitung  des  Wortes  von  mantisa^  die  Sabba- 
dini  in  den  Studi  italiani  di  filologia  classica  III  301  gegeben 
bat  Nur  kann  die  Bedeutung  nicht,  wie  dieser  meint,  ungefähr 
die  von  lucrari  sein;  um  das  richtig  zu  stellen,  sind  ein  paar 
Worte  über  mantisa  nöthig. 

Auch  dieses  Wort  kommt  nur  an  zwei  Stellen  vor.  Paulus 
epit.  Festi  p.  103  Thewr.:  Mantisa  additamentum  didtur  lingua 
Tiisca,  quod  poftderi  adicitur,  sed  deterius  et  quod  sine  ullo  usu 
est,  Lucilius:  *  mantisa  obsonia  vincit.^  Was  es  mit  dem  etrus- 
kiechen  Ursprung  auf  sich  hat,  mag  dahingestellt  bleiben;  so 
viel  aber  scheint  einzuleuchten,  dass  die  hier  gegebene  Deutung 
des  Wortes  von  ihrem  Urheber  aus  eben  der  Stelle  des  Lucilius 
erschlossen  ist,  aus  der  die  Worte  am  Schluss  herausgehoben  sind. 
Für  Lucilius  dürfte  sich  daraus  ergeben,  dass  er  von  einem  Kaufe 
redete,  sei  es  im  eigentlichen  oder  im  bildlichen  Sinne,  bei  dem 
der  Käufer  übervortheilt  werde;  jedenfalls  aber  —  worauf  es 
hier  besonders  ankommt  —  macht  der  Ausdruck  additamentum 
keinen  Anspruch  darauf  als  genaue  Uebertragung  von  mantisa 
zu  gelten,  ebenso  wie  in  ponderi  die  eigentliche  Bedeutung  von 
obsonia  keinen  Ausdruck  findet.  Richtig  übersetzt  man  also 
mantisa  mit  ^  Brühe'  oder  *  Sauce* :  so  Luc.  Müller  zum  Lucilius 
(libr.  ine.  frg.  LXI)  und  Otto,  Sprichwörter  Nr.  1259,  zu  deren 
Parallelen  man  noch  die  von  Sanders  im  Deutschen  Wörterbuch 
angeführte  Eedensart  hinzufügen  kann  'viel  Brühe  aber  wenig 
Fleisch  zu  Markte  bringen \  Dies  also,  nicht  'Zugabe  im  all- 
gemeinen, sind  wir  berechtigt  für  die  eigentliche  Bedeutung  des 
Wortes  zu  halten.  Wenn  es  demnach  bei  Petronius  Kap.  65 
beisst  Scissa  lautum  novendiale  servo  suo  misello  faciebat^  quem 
mortuum  manu  miserat,  et  puto,  cum  vicensimariis  magnam  man- 
tissam  habet;  quinquaginta  enim  millibus  aestimant  mortuum^  so 
ist  es  wohl  nicht  ganz  richtig  mit  Friedländer  zu  übersetzen 
'ich  glaube,  sie  hat  bei  den  Pächtern  der  Freilassungssteuer  noch 
eine  grosse  Zugabe  zu  machen  ;  dem  Wortlaut  des  Originals 
entspricht  es  vielmehr  zu  sagen  'ich  glaube,  sie  hat  mit  den 
Steuerpächtern  eine  tüchtige  Brühe  d.  h.  grosse  Schererei,  wozu 
man  Eedensarten  vergleiche  wie  in  der  Brühe  stecken',  'sich 
einen  Brei  einbrocken'  und  das  französische  faire  la  sauce  ά 
guelqu'un  oder  saucer  quelqu!un,  was  nach  dem  Wörterbuch  der 
Akademie  heisst  le  reprimander» 


^  ρ.  Wessners  Güte  setzt  mich  in  den  Stand  bei  der  Korrektar 
Folgendes  anzugeben.  Von  den  Vertretern  der  besseren  Ueberliefermig 
haben  mantiscinor  der  überarbeitete  Vatic.  Reg.  1595  s.  XIII  (γ)  und 
Vatic.  Reg.  149G8.  XV(V),  in  dem  aber  c  von  zweiter  Hand  aufi?a5ur 
fTfischrieben  ist,  so  dass  er  ursprünglich  offenbar  wie  Vatic.  2905  s.  XV 
(T)  mantissinor  hatte.  Im  Oxon.  Bodl.  Can.  95  s.  XV  (C)  ist  das  Wort 
ausgelassen.  Die  dcteriores  haben  matiscinor  oder  nanciscinere,  die 
rditio  princops  manticinor.  Danach  wird  es  zweifelhaft  bleiben,  was 
der  Archetypus  gehabt  hat,  vgl.  Wessners  Stemma  in  dieser  Zeitschrift 
LH  95.  Sabbadini  a.  a.  0.  schreibt  mantissinor,  indem  er  zur  Bildung" 
dapino  vergleicht.  Zu  mantiscinor  lässt  sich  am  ehesten  tuburcim 
vergleichen. 


64Ö  Misoellefl. 

Mit  derselben  Grandbedeutang  kommen  wir  nun  aucli  ία 
der  Piautassteile  aus,  und  der  Zusammenhang  von  mafitisciml 
mit  maniisa  wird  dadurch  bestätigt.  Es  heisst  also  ^fur  dk  { 
Saucen  sorgen',  und  wem  es  etwa  verwunderlich  erscheint,  dass 
der  Parasit  seine,  wie  sich  später  herausstellt,  sehr  umfassende 
Thätigkeit  mit  einem  Wort  von  so  engem  Begriff  bezeichne,  den 
erinnere  ich  daran,  dass  auch  der  Franzose,  der  bekanntlich  be- 
hauptet mit  einer  guten  Sauce  sogar  den  Pantoffel  seiner  Grose- 
mutter  verspeisen  zu  können,  mit  dem  Ausdruck  donner  ordre 
aux  sauces  nach  der  Akademie  bezeichnet  aller  dans  la  cuisine 
prendre  soin  que  taut  soit  bien  apprete.  Andeuten  aber  will 
ich  doch  die  Möglichkeit,  dass  bei  der  Wahl  dieses  Wortes  noch 
eine  komische  Nebenabsicht  mitgespielt  hat,  ja  daes  es  vielleicht 
erst  von  Plautus  zu  einem  komischen  Zwecke  gebildet  ist.  Wenn 
nämlich  Ergasilus  verspricht  eine  tüchtige  Brühe  anzurichten, 
so  kann  das  nebenher  in  dem  bildlichen  Sinne  gemeint  sein,  der 
durch  die  Schilderung,  die  der  Junge  V.  909  ff.  von  dem  tollen 
Treiben  des  Parasiten  entwirft,  hinreichend  deutlich  wird. 

Die  Schreibung  mafitiscinor  wird  von  der  Ueberlieferung 
des  Plautus  (der  Ambrosianus  fehlt)  und,  wie  ee  scheint^,  auch 
des  Donatus  verlangt.  Wie  sie  zu  erklären  ist,  dürfte  kanm 
auszumachen  sein;  eine  genau  entsprechende  Bildung  scheint  ee 
nicht  zu  geben.  Jedenfalls  kann  hieraus  bei  der  Seltenheit  des 
Wortes  und  dem  unverkennbaren  Zusammenhang  der  Bedeuton^eo 
ein  entscheidender  Einwand  gegen  die  Herleitung  von  waUisa 
nicht  entnommen  werden. 

Berlin.  0.  Piasberg. 


Verantwortlicher  Redacteur:   L.  Radermacher  in  Bonn. 

(4.  October  ISO'J.)  έ 


Register. 


Abi.  abs.  zur  Angabe  des  Zeit- 
punktes der  Handlung  573 

absolutissimus  571 

Abstracta  als  Subject  ein  Verbam 
regierend  575 

δβυσσος,  ihre  Lage  104 

Aocent  in  Satzsohlüssen  GOO  f. 

Accius,  Didascalica  22 

accurare  572 

Aoronis  comment.  in  Horatiura  158 ; 
305;  306 

Acta  Cypriani  (S.  146, 11  Zahn)  99 

Acta  loannis  (S.  247, 6  f.  Zahn)  99 

Acta  Xantippae  et  Polyxenae  (S. 
65,  32  f.  Z.)  1001 

adiutoriutn  572 

Aeschines  Ctes.  (165)  4<>9;  adv. 
Tim.  (§  6)  3311 

Aeschylus  Eum.  (689  flf.)  317 

Aetna  (v.83)  3;  (v.  107;  120;  208 
271)  4;  (v.  283)  4  f.;  (v.  288 
292;  300;  377;  379;  430;  507 
569;  576;  587)  5;  (v.  597;  623 
630;  632;  638;  640;  643)  6 

Agatharchides  355 

*  Αγαθή  τύχη  278 

&f€\  *aaf,  wohlan  1*  345  ff. 

aha  u.  ah  41 

αΙσθητά  (bei  Piaton)  in  Ciceros 
Uebersetznng  570 

Άληθ€(ας  τόπος  oder  π€6{ον  104 

alienus  c.  gen.  579 

Alkidamas  256  f.;  Alkidamas  und 
Isocrates  (13)  404  ff.;  ircpl  ταιν 
τους  γραπτούς  λόγους  γραφόν- 
των, Zeit  der  Abfassung  263; 
(§  6 ;  30 ;  32)  265 ;  Odysseus  (§  18) 
275«;  Sopbistenrede  (§  3;  6;  9; 
11;  14;  16;  28;  34)  410;  (§  1; 
9;  11;  13)  412;  (§  15)  413^ 

Alkiphron  333 

Ammian  (XXIII 6, 18)  487 ;  (XXVIII 
4,  14)  488 

Ampliion,  Amphinomns  7 

Anaximenes  137 

Andres  (Inschrift)  9 

Rhein.  Mus.  f.  Phllol.  N.  F.  UV. 


Anecdota  Helv.  306 

Anecdota  Oxon.  (ed.  Gramer  I S.  71, 

23)  345 
anniclimacterici  des  Censorinus  26  f. 
Anonymi  Christiani  lib.  nupt.  313 
Anthologia   (II  2,   870)  310;    (VII 

413,  3)  347 
Anthol.  lat.  (ed.  Riese  c.  83,  119) 

89  f.;  (c.  273,5;  341.  5;  349,  1; 

349,  1;  489,  7;  761,  69;  761,  42; 

489,  22;  389,  2;   198,  72;    485, 

21;  687,22;  34;  45)  VK);  (c.687, 

13)  91;   (c.  687,  43  u.  44,  50  u. 

54)  911 
Antigonos  von  Karystos  356 
Antiphon  36;  (V  35)  494  (frg.  52 

Blass)  553;  π€ρΙ  τ.  Ήρψδου  φό- 
νου (14)  324 
Antisthenes  248  ff. 
Antoninus  Μ.,  Kritisches  638 
Anwartechaftskauf    von    Priester- 

thümern  14  ff. 
άπαγγβίλω  für  άπαγγ€λώ  94  f. 
Appian  u.   Arrian  446  ff.;   Leben 

u.  schriftstellerische   Thätigkeit 

463  ff. 
Apocalypsis  loannis  apocr.  (17,  8 

S.  84  Tisch.)  109 
Apocal.  Mariae  (K.  3  S.  116,  9  ff.) 

106 
Apollodoros  von  Pergamon  352 
ApoUophanes  (fr.  5 1  798  Kock)  347 
Apsines,  Kritisches  638 
Apuleius  flor.  (15)  2802 
Aratea  293  f. 
ήρχή  =  principium  573 
Aristides  έγκώμιον  'Ρώμης  (24  ff.) 

469 
AristophanesNub.  (633)  348;  (1241) 

151 
Aristophon  359 
Aristoteles  Άθην.  πολ.  (3,  4)  335 

(7)  3222,  3231,  337;  (2ί),  3)  3321 

(41)   335«,   337;    Rhet.  (1401  b. 

25  f.)  2551;  (m  7)  376;  (1414  b 

27)  272;  (1420»)  638 

41 


642 


Register. 


Arrian  u.  Appian  446  ff.;  Anabasis, 
Zeit  der  Abfassung  451  ff. 

Ascensio  lesaiae  (K.  10  S.  53  Dill- 
mann)  109 

aspectabüis  570 

Athenaeus  (XIII  p.  569a)  3332 

αττα  35 

Atticismus,  über  die  Anfange  des 
A.  351  ff. 

Auctor  ad  Herennium  (p.  150  M.) 
231 

Auotor  incertus  de  praenominibas 
495 

Augustinus  de  civ.  dci  (7,  23)  24; 
de  peccatorum  meritis  (11,  13), 
Op.  imperf.  contra  lul.  (III  33), 
in  loann.  (III  1,  13)   147^ 

Ausonius  440 

Avian  fab.  (24,  8)  45 

Bartholomaeus,  die  apokryph.  Fra- 
gen des  B.,  Kritisches  und  Exe- 
getisches 93  ff. 

Boethius  consolatio  (I  1)  120 

Caelius  Aur.  (p.  322,  1Ä8  Am.)  486 
Caesar  bell.  Gall.  (I  2)  439;  (I  29) 

416,  4311;  (II  4)  415,  436;  (1128; 

29;   83)  424;   (III  13)  307;  (VII 

75)  418,  427;  (VII  76)  418 
Carmen  epigr.  (448,  3 ;  474,  7)  486 
Cato  praecepta  ad  fil.  291 
Catull  (62,  34)   51*;    (64,   82)   44^; 

(84)51;  (84,  7;  84,  8;  84,  10)  53 
Censorinus   de    die    natali   (2)  25; 

(2,2)  ii6;  (14,2)  24;  (14,9;  14, 

15)  27 
χαραμός  χηραμός  4 
Charmadas  .-^58 
χάρυβδις  4 
chelidon  486 
χηραμύδες  4 
Chrysippos  353,  35(> 
cicer  έρέβινθος  484 

Cicero  Att.  (I  16;  10)  538;  (III  5) 
.0371;  (XIV  20,  4)  3552;  Brut. 
(18,  72)  22;  de  leg.  (II  19)  473; 
de  nat.  deor.  (II  45,  116)  567  ff.; 
(II  62)  473;  de  off.  (III  5,  25) 
473;  (III  35)  284;  de  or.  (I  19) 
3581;  (I  20)  3582;  de  rep.  (II  9, 

16)  320;  epist.  (II  17,  4)  51;  in 
Verr.  (IV  4  ff)  277;  (IV  4;  5) 
278  f.;  (IV  4;  (>)  279;  (IV  4;  II 
15)  281;  (IV  18)  278;  (IV  22) 
283;  (IV  93)  280;  (IV  94)  279; 
Orator  Quellen  285  f.  (25)  357; 
(27)    361;    (32)   367;    (40)    3692; 


(68)  368»;    (70  flF.)   376;    (75  ff.) 

3622;    (7tj)  307,    369;    (79)  375; 

(153)43;  (159)288;  Philipp.  (XI 

II,  26)  311;  (XIV  12)  284;    pro 

Font.  (36)  284;  Timaeus  5c5  ff.; 

Textgeschichte  555  ff. ;  Anthentie 

der  Oebersetzung  5β6  ff. 
cidones  311 
cistifer  309 
Claudianus,   laus  Serenae  (v.  167) 

157 
Claudius  Pulcher  279 
clausum  572 

Cledonius  (I  K.  28    8)  92« 
codex  Ambr.  (D  436    Inf.    fol.  65, 

Z.  9;  11;  13;  16;  17;  25)  491 
codex  Salmas.  (Riese  341,  1  f.;  342, 

5  f.)  1232 
codex  Vatio.  (1759  foL  134  f.)  490; 

(fol.   137)  491;   (fol.    138)   492; 

(5237  fol.  513)  488  f.  (fol.  514)  489 
Commodian  apol.  (33)  89 
concessoHo  572 
Gornifioias  ad  Herennium  (p.  274, 

7  ed.  Marx)  52 
Corpus  gl.  (III  67,  48)  44 
CIA.  (II  818,  20;  797  a  17;  b  6;  24; 

clO;  39.  834  b  111;  IV  2.  834b 

U  63;  64;  90;  91;  60;  65)  346; 

(II  836  ab  28  c-k  33)  347;  (I 

37)  5487;  (II  768  I  24)  350;  (III 

283;  291;  1058;  928;  5,  1.3)  495; 

(IV  2.  27  b)  554 
CIG.  (2574)  489;  (2581 ;  2582;  2584; 

2.567)489;  (2568-2597  u.  8835; 

8759)  490  ff.  (2957)  477 
CIL.  (1205  a.  49;  625  a.  43;   134S; 

819;  924;  1034)  49;    (13  p.  IHO) 

47^);  (I  1471)  48;  (V  5410;  73^^) 

44;  (VI  420)  309 
Cornelius  Baibus  471 
Cupido  des  Praxiteles  in  Thespiae 

279 
Cypriauus    Gallus,     Exodus    (3*12; 

508)  89;  Genesis  (230)  91;  (1029) 

H9;  Numeri  (140)  89 


de  in  instrumentaler  Bedeutung  57S 
decedere  de  via  578 
Demochares  357 
Demosthenes  (XVIII 57)  494;  (XLIII 

57)  3421 ;  Briefe  (II)  .36  ff. ;  (II  20)37 
d^retium  147 

διασύστασις  in  Erythrai  13^ 
Die  Cassins  (i.IX  2H,  .3)  270;  (MV  JV 

4.54 
Dio  ChrysoslomuR  469 


Register. 


643 


Diüdor  (V  25)  414;  iXVII  14)  153; 
fr.  (XXXI  38  extr.)  ;Κ)7 

Diodotus  35 

Diojrenes  von  Babylon  3Γ)(ΐ,  357, 
290  ff. 

Diogenee  Laertius  (VI  1)  255* 

Dioovs  V.  Π.  de  Demoethene  (22) 
377  ^  de  Dinarcho  (H)  359»;  de 
Isocr.  (3)  375;  (11)  378;  (13) 
35«! ;  de  Lys.  (3)  375;  (H;  9) 
37β;  (9)  377«;  (13)  :m  f.;  (14) 
35β«;  (ρ.  459  11)  3()7 

Dionysodoros  249 

discere  für  docere  148^ 

Domitius  Marsus  474^ 

Dracon tische  Gesetzgebung  321  if. 

Dracontiue  52;  fll  615  ff.  III  228 ff.; 
486  ;  509/10)  119;  c.  min.  (V  20<) 
VI  108  VIII  189;  201;  290)  89; 
Praef.  (13  f.)  126;  satisfactio 
(179  ff.  237  ff.)  118;  de  deo  (I 
732  ff.  II  :^3  ff.  Π  «9  ff.)  HS 

effieere  quo  578 

cl  als  Interjection  34S  f. 

^κλογ€ΐς  553  f. 

Euagorns  259 

έπ€{  im  Sinne  von  alioquin  94,  94^ 

Epikiiros  356  (fr.  üe.  p.  1 14)  365  f. 

Epiktet  455 

επιλαχών  ΐ€ρ€ύς  Άλίου  13 

Epiphanios  pan.  haer.  (XL  5  S.  29.')  b) 

107 
έπιυν€ΐσθαι,   έπιπωλ€ΐσθαι,   έτταγο- 

pd2l€iv  von  Priesterämtcrn  13  ff. 
Eratostbenes  457,  471 
Erythrai  (Inschrift)  9,  10 ;  (Z.  107  f. ; 

17;  41)  14;  (9  JBf.;  11)  15 
Έστ(α  Τ€μ€ν(α  15 
Euripides  Flipp.  (616)  151;  Suppl. 

(433)  339M  (frg.  781,  8  N.)  349 
Eustachius  (p.  598,  38)  156 
Excerpta  Harbari  fp.  275  ed.  Frick) 

142 
exordium   inducere    =    αρχήν   άρ- 

χ€σθαι  576 
expers  c.  ahl.  574 
ea^Ucnre  mit  de  575 
extraneus  572 
Eiithydemos  249 

fahricator  570 
Feliciunus  126 
P^stus  epit.  (p.  29)  ;K)8;   (147,  5) 

:^)7;  (367,  1)  308;  (p.  11  P.)  49; 

(p.  281  a,  28)  31 1 ;  (p.  530,  31  Th.) 

306 


Frontinus  de  aquis  (c.  102)  31 ; 
(99)  32 

Fronto,  Sallustcitate  bei  F.  lf>l  ff.; 
Aufeinanderfolge  der  Textseiten 
im  Vaticanus  u.  Ambrosianus 
161  ff.;  Verbältniss  zum  über- 
lieferten Text  164 ff.;  (I  9  S.  170 f. 
Naber)  (>43 

Fulgentius,  der  Bischof  F.  u.  der 
Mythograph  111  ff.:  de  aetate 
mundi  (p.  9;  23;  48;  12;  41) 
119;  (p.  17)  1258;  p.  38;  40;  42; 
43)  116;  (p.  43;  51)  117;  (p.  50) 
1 18 ;  Mythol.,  Alter  des  Verfassers 
1 1 1  ff.,  Zeit  der  Abfassung  116  ff., 
Geburtsjahr  des  Verfassers  126, 
sein  Bildungs-  u.  Lebensgang 
126  ff.,  sein  Character  131  ff., 
handschriftliche  Ueberlieferung 
132  f.;  (p.  6  f.)  129^  (13;  14) 
120;  (1;  2)  121^;  (7)  121»;  (48) 
1141;  Verg.  cont.  fp.  139)  121; 
(147)  1332;  (148)  113,  126;  (142) 
112;  (H9)  1121;  (156)  123^ 

Fulgentius  Ferrandus,  vita  des 
Bisch.  Fulgentius  126  ff. 

Γάββα  2  f.,  21  u.  « 

Galen  (XIV  p.  335  K.)  486 

Gallien,  Bevölkerung  zur  Zeit  Cae- 
sars 414  ff.,  Uebsrsichtstabelle 
der  Bevölkerung  G.s  nach  Cäsar 
419,  Belgiens  nach  Caesar  425, 
muthmassl.  Bevölkerung  G.s  432, 
Belgiens  436,  Gesammt Übersicht 
438 

Garamauton  470  ff. 

Gellius  noct.  Att.  (X  25,  5)  307; 
(XI  18)  3371;  (χγπ  21, 42  ff.)  20 

Germanici  Aratea.  ein  Excerpt  der 
Scholia  Bas.  zu  G.  A.  293  ff. 

Gorgias  249 

γράμματα,  Bedeutung  bei  Isoer.  406, 
4132 

Grammatik,  Beitrage  zur  lat.  Gr. 
40  ff.;  201  ff. 

II,  über  den  Lautwerth  des  Spiritoa 
H,  im  Anlaut  47,  im  Inlaut  42  ff. ; 
Dauer  des  Η  consonans  208  ff.; 
U.  cons.  in  den  romanischen  Spra- 
chen 223  ff.,  bei  Plautus  54  ff.; 
Grund  seines  Schwindens  in  der 
class.  Latinität  221 

habere  und  habitare  (h  cons.)  230  ff.; 
h.  und  eapere  231  f. 

Iiac  41 

haedus  (h  cons.)  228 


G44 


Hegistcr. 


haereo  (h  cons.)  228 
Hanno  (h  cons.)  22<) 
hanolus  (h  cons.)  228 
Harpokration    über  Ersatzmänner 

bei    Erledigung     von    Priester- 

ämtern  13 
harundo  (h  cons.)  228 
hasta  (h  cons.)  228 
haud  (unechtes  h)  238  f. 
haurire  (unechtes  h)  233 
have  (unechtes  h)  233 
Hector  (h  cons.)  22β 
Hegesias  355 
Hegio  (h.  cons.)  226 
hem  (h  cons.)  227 
Herakleodorus  368^ 
Hercules,  Herculaneum  (h  cons.)22() 
heri,  here  (h  cons.)  227 
Hermogenes  377 
Herodot  (I  3,  2)  457;  (18;  34)494; 

(IV  47)  457;   (IV  48;    49)  459; 

(IV  94)  457;  (VIH  131)  151 
herus,  herilis  (unechtes  h)  233 
Hesiod  Op.  (753)  495 
heus,  heu  (h  cons.)  227  f. 
Hieronymus  contra  Pelagiauos  (II 

p.  572  Koch)  42» 
Hieronymus,  Peripat«tiker  35Π 
hilarus  (h  cons.)  226 
hirnea-cymea  (h.  cons.)  226 
hirquinus  (h.  cons.)  228 
histrio  (h  cons.)  227 
ho-  in  hiervon  abgeleiteten  Formen 

h  consonans  229  f. 
hoc  aetaiis  und  istac  netate  542 
Jiolitor  (h  cons.)  229 
Homer  II.  (XIV  504;  ΧΙΠ  37)  494; 

Od.  (1  23  f.)  470 
Iwmo  (h  cons.)  227 
?wnor  (unechtes  h)  233 
Honorius,  Zum  Senecagedicht  des 

H.    144   ff.;    31.^    ff.;    in    Rieses 

Anthol.   n.  666   (v.  1—10)   144; 

(11-18)  145;  (13)  145^;   (19  f.) 

146;  (21)  148;  (10  f.)  316;   (11) 

3148;    (21  f.)  3152;  (15  ff.)   314, 

315;  (26)  31 6^ 
Horaz  carm.  saec.  (5  ff. ;  53  ff.)  481 ; 

Od.  (I  2,  30)  476;  (1  21)  Zweck 

u.  Zeit   der  Abfassung  481;    (II 

16,  5)   479;    (ΠΙ  3,  9  ff.)   473; 

Ep.  (II  1,  5  ff.)  473 
horaeuni  (h  cons.)  227 
hospes  (h  cons.)  227 
l^stiSj  hostit  (h.  cons  )  226 
hymenacus  (h.  cons.)  226 
Hypereides  359 


•i  demonstrativuro  638 

id  temporis  542 

losephusc.  Apion.(I4)337^;  Aiitiqu. 
lud.  (Vni  45)  100;  (XIX  1,  1)  279 

Irenaeus  (II  5,  1)  306 

Isidorus  Diff.  (I  177)  148^;  or.  (XIX 
1,  14)  307 

Isocratcs  (13)  und  Alkidamas  404  ff.; 
(IV  13)  266^;  (XV  258—2(19)  253'; 
Brief  III  an  Phil.  35  f.;  Brief 
IV  an  Antipatros  34  f.;  Brief 
IX  an  Archidamos  33  f.,  Motiv 
und  Zeit  der  Abfassung  34 ;  Bu- 
sirie  (2)  258*;  (49;  33)  269;  (4) 
269«;  Έλίνης  εγκώμιο  ν  248  ff.; 
Abfassunjrszeit  260  ff. ;  Verfasser 
seiner  Vorlage  259,  271  ff.;  Euag. 
(21)  468;  (65)  468;  Panath.  (123) 
468;  Panegyr.  (4;  5—10)  268; 
(189)  267;  Sophistenrede  264; 
405  f. 

Ίστορ.  *Αλ€Εάν6ρου  (ed.  Raabe  p.  8) 
136;  (70)  141;  (107)  142 

lulius  Capitolinus  (c.  2,  1)  157 

lulius  Marathus  474^ 

lulius  Priscus,  der  Brudes  der  Phi- 
lippus  Arabs  159  f. 

lulius  Valerius  (p.  12  K.)  136;  (3, 
60  K.)  142 

luvenal,  der  echte  oder  der  uu- 
echte  484  ff, ;  Neue  Verse  484  f. 
(V  4)  2 

luvencus  52;  (I  301;  IV  427)  89; 
evang.  (II  3()  f.J  146 

Kalchedon  10;  12;  13;   15 

Karien  10 

Karyatide  Albani  277  f. 

Kallistratos  359 

Kauf   und  Verkauf    von    Priester- 

thümern  9  ff. 
κήρυκ€ς  550,  554 
Kleisthenes  332,  334 
Kleochares  von  Myrlea  357 
Kos,  Kult  10,   (Inschriften,  Hicks- 

Paton  no.  27  Z.  8  ff.,  Z.  27  ff.; 

no.   30  Z.   13  f.;    no.   386    Z.  ^ 

u.  9)  12;  (no.  27  Z.21f.;  no.  21^ 

Z.  9  f.)  13;   (no.  27  Z.   10)  15 
Kratinos  323 
Kretische   Inschriften,    Zur  Ueber- 

lieferungsgeschichte  k.  I.  488  fF. 
Kritolaos  285«  357 
κύρβ€ΐς  der  drakontischen  Gesetze 

3232 

Lactantius  div.  inst.  (Vll   24.   V2) 
476 


Register. 


645 


Lactautius  schol.  ad  Stat.  Theb.  (V 
1B3  p.  271:  II  85  p.  85)  7;  (III 
β8ί>  ρ.  186;  V  481  ρ.  284 ;  VIII 
1  ρ.  379)  8 

Laertius  Diogenes  (VII  1,  18)  3531 

Langon  310 

Lanike  137 

lar  familiaris  =  θ€Ος  (δαίμων)  γε- 
νέθλιος 282  f. 

Ληναιών  16 

Leonidas  137 

λιβανιυτις,  λιβανωτρ{ς  347 

liber  de  praenominibus  (c.  7)  495 

liberarc  mit  a  bei  Cicero  573 

λιγυρός  35 

Liebeszauber  107 

Litteraturgeschichte,  Beitrage  zur 
röm.  L.  19  ff. 

Livius  Andronicus  21  f. 

Livius  (I  9,  5)  317;  (X  6,  7)  320 

λοιπόν  =  in  Zukunft,  weiter,  ferner 
1391 

Lucanus  470 

Lucilius  49 

Lucian  Alex.  (c.  2)  454;  dial.  mort. 
(12;  13;  14)  451;  (14)  452;  14, 
6)  470 

Lucretius  (1,  117  ff.)  19 

Lykon  356 

Lysias  (I  8)  494;  (I  30)  326;  (III 
42;  I  31;  33)  325;  (X  10)  494 
(XXX)  328 

Macrobius  (II  4,11)  474^;  Sat.(III 

14)  197 
manicafi  311  f. 
mafitisa,  mantiscinor  638 
Marcellus  Empir.  de  med.  (c.  33, 

65)  156 
Marius  Victorinus  (VI  K.  9, 19)  87^ 
Martialis  epigr.  (V  17,  3  f.;  IX  50, 

5  f.)  309;  (XI  103,  1)   157;  (II 

37,  1;  35,2)  310;  (VIII 12)  313; 

(X  101)  2 
Martianus  Gapella    (S.  36,  23  ed. 

Eyss.)  41;  (§  305)  306 
Maximianus  (I  142;   IV  57)  89 
Maximus   Planudes  Rhct.  gr.  (Walz 

V   p.   525  f)   513,    522;    (schol. 

Hermog.  t.  V  p.  440, 25  W.)  ;^65 
Melinos  249 
Menander,  Der  Inhalt  des  Georgos 

von  M.  497  ff.,  Text  499  ff. ;  Ort 

der  Handlung  503,   Reconstruc- 

tion  des  Inhalts  503  ff. 
Menandros  (III  p.  368,  4Sp.;  371, 

1  u.  3;   372,  26;   373,  17)  467; 

(III  388,6)  470;  (III  421,  5)  468 


Mcnedemus  357 

Mermcut  =  Μ€ρμ€ώθ,  Engel  des 

Hagels  110 
Methone,  Volksbeschluss  für  M.  547 
Μίκων  ΜικάδηςΜικαλ{ων  (μικά)  346 
μισθοΟσθαι  von  Priesterthümern  15 
Monumentum    Ancyranum    (V    1; 

12;  13)  473;  (V  51  f)  478 
Mummius  279 
Musaeus  (35)  53 
Mykonos,  Inschrift  9 
Myron  277,  280 

Narratio  Zosimi  (S.  102,  11)  99 
Neanthes  π€ρΙ  κακο2Ιηλ{ας  355 
Nikolaos  von  Damaskus  (frg.  144*» 

11  ff.   Dind.)    358»;    bei    Strabo 

(XV  720)  454 
Nonius  (p.  534)  .-K)8 

oh,  0,  oho  41 

οϊκ€ΐ  350 

Olympia  (Inschrift)  (466,  5)  495 

Orientius  commonitorium  (1192)89 

Orion  Antholog.  (I  19)  519;  (VII  9) 

521 
Orosius  (ΠΙ  6,  3)  311;  (III  17,  7; 

VI  1,  14;  7,  5;  13,  1)  116;  (VI 

22,  9;   22,  6;    VII  2,  16;  3,  4; 

7,  3;  20;  28,  2;  32)  117 
ouv€i  350 
Ovid   epist.  ex  Ponto  (I  7,  29  f.) 

29;  (1  7,  27  p.  33)  30 
Oxyrhynchos,    zu  den  Papyri   von 

0.  152  ff;  (Part.  I  no.  XIII  p.  36 

f.)  152,  Adressat  des  Briefes  u. 

Zeit  der  Abfassung  152  ff. 

Pammenes  358 

Panegyricus  auf  Augustus  466 

Papyri  Paris.  (3009,  63)  101 

Participium  im  Griech.  180  f.  494  f. 

Paulus  liber  singularis  24 

Pausanias  (I  6,  2)  452 

Pentateuch  (Lugd.  S.  239  f.  od. 
Robert)  51 

π€ρονήτιδ€ς  neben  π€ρονατρ(ς  347 

persuasissinnts  572 

Pctron  (p.  63,  30)  492;  (120,  93)  486 

Phaedrus  (V  prol.  5  f.)  280^ 

φαιδύνω  u.  φαιδρύνω  495 

φαώυντής  u.  φαιδρυντής  347, 495  f. 

phaseli  307 

φέγγος  103 

Philodem  poet.  Vol.  Herc.  (VII  100) 
3688;  rhet.  (I  p.  131,  9  Sudh.) 
359*;  (I  p.  151)  364  f.;  (I  p.  163) 
3691;  (I  p.  165)  3611;  (H  p.206) 


64β 


Register. 


357*;  (II  ρ.  218)  35(>;  (11  ρ.  302 

fr.  ΠΙ)  35Π8;  (Buch  IV  2  ρ.  183) 

305;    (1X2  98  fr.  8  II  ρ.  98,  9) 

3578;  (Π  22β)  290;  (Ι  34β;  3δ1; 

II  204)  291 
Philonikoe  356,  378 
Phoibammon  632 
Pbotius   cod.    (57)  462,   463;    (58) 

454,  455,  464 ;  (92)  454 ;  (93)  454, 

455 
πί€ΐ  345  ff. 
Pindar  Ol.  ilX  104  f.)  494  (Pyth.  II 

21  ff;  III  100  ff.;  XI  22  f.)  494 
πίστις  =  fides  571 
Placidus  gloss.  (V  p.  59)  4;  (p.  10, 

16)  308 
Piaton  248  ff.;  Brief  VIII  (353  E) 

37  f.;  Brief  XII  u.  XIII  36;  conv. 

(p.  177  B)  254;  Gorgiae  fp.  461  A) 

252^;  Pbaidr.  (235  B)  409;  (279  A) 

2661 ;  Polit.  (VI  p.  487  b  ff.)  261»; 

Sophiet.  (251  B)  250^ 
Plautus,  Η  consonans  bei  PI.  54  ff  ; 

Kritisches  381  f.  483  f.  526;  Cist. 

(156   ff.)    5045;    (164    ff)    512^; 

Cure.  (174)  514;  Pers.  (605)  166; 

Truc.  (828)  505^ 
πλήρης  97 
Phnius  nat.    bist,    praef.  (19)  279; 

N.H.  (III  31)  426;  (VII 53)  157; 

(XXV    123)   486;    (XXXIV   9,  6) 

459;  (XXXIV  83)  280 
Plinius  ep.  (V  6)  305 
Plutarch.  Ages.  (36)347:  de  Alex. 

fort,    il    c.    10    p.    332  B)   470; 

Alex.    (5)    1373;    (63)  447;    (69) 

454;  (73)  448;    Arist.    (24)  544; 

Moral.  (477  B.)  347;  Pelop.  (27) 

153;    Sei.    (12-14)    324^;    (25) 

3231;    Süll.    (c.  6   p.  786  E)    1: 

Sympos.  (VI II  6,  1   p.  726  Α ;  9, 

3  ρ.  732  Ε)  1 ;  (VIII  9.  3  ρ.  734  Α  ; 

IX   1,  3  ρ.  737  Β)  3;  Thes.  (27) 

317 
Pollux    onomasticon    (Ι  145)    156; 

(VI  Hl)  486;  (VIII  8(;)  .3281 
Polyaeruis    (II  pr.;    VIII   pr.)  4(13; 

(IV  8,  2)  347 
Polykrates  257  ff. 
Pompeius  (V  K.   101,  23)  40 
pontones  .307 
Porcius  Licinus    19  ff. 
Porpbyrius  (16,  3H)  486 
Posidonius  414,  41.'> 
ποτ{  neben  προτί  347 
ττρασις  u.  έπίπρασις  \1^ 
πρέπων  =  decornf^  574 


Priesterthümer  bei  den  Griechen, 
Kauf  u.  Verkauf  9  ff.,  örll.  Be- 
schränkung des  Brauchs  u.  Zeit 
seiner  Entstehung  10,  Ausgangs- 
punkt 11,  Verhältniss  zur  mittel- 
alt. Simonie  11  f.,  Vortheile  u. 
Auszeichnungen  der  Inhaber  16  f. 

prineipatus  temporis  572 

Priscianus  {II  K.  48,  22)  41 

Probus  zu  luvenal  Sat.  (VI  614)  48.S 

Procop  de  hello  Vand.  (I  16  P. 
216  C.)  122;  (I  8)  l^i;  (I  9) 
124«.  124* 

proh  (CIL  ΧΪ  3273)  41« 

Proclos  in  rempubl.  (p.  15. 16  Kroll) 
377» 

Propertius  (II  31,  7  f.)  280^;  (IV 
57)  5 

ττροοπάρχιυν  ΐ€ρ€ύς  10 

Pseudo-Demosthenee  (58,  29)  18* 

Ps.-Dionys  (S.  123.  11  Usener)  377 

Ps.-Kallisthenes,  Kritisches  137  f. 

Ps.-Platon  Axiochos  (p.  365)  334 

Psyüi  486  f. 

Pyrilampes  36 

Pythodoros'  Psephisma  334 

Quintilian,  Quellen  des  12.  Buches 
286  f.;  inst.  or.  (I  5,  19)  515; 
(III  7. 11)  468;  (XII  10,14)  364; 
(XII  58)  362;  (II  15,34;  16,  11) 
288  fXI  3,  91)  5088;  (XII  10,  1.^) 
3.')9i;  (XII  10,  25)  503 

p,  Ausfall    im  Griechischen  346  f. 
rationem  habere  =  λογίΖεσθαι  576 
ReHexiv  für  Possessiv  574 
relaxare  578 
res  bene  vertu  528 
Rhodos  Beziehung  zum  Atticisnius 
358  f. 

Sacrarium    des    Ileius    in  Messana 

277  ff. 
Sallust  bei  Fronto   164  ff.;  Invec- 

tivae  in  Sallustium  310 
Salvianus    de    gub.    dei    (V   2i)  f.  ι 

129  f. 
Satzrhythniik,  Zur  griechischen  S. 

593  f.,    S.  bei   losephus  593  ff., 

bei  Diogenes  von  Oinoanda  596  ff. 
schol.  zu  Aristoph.  ran.  (545)  4S4 
schol.  Basil.  (p.  60.  2)  293 
schol.   Bern.   (p.  233,   16)  293:    ad 

Verg.  Ge.  (3,  7)  156 
SeduliuR    52;    carm.    pasch.  (I  70; 


Regieter. 


647 


247;  274;  307)  91;  (ΙΠ  296)  89; 

hymn.  (Ι  69)  89 
Senecagedioht  des  Honorius  144  ff., 

313  ff. 
Seoeca   ad  Marc   de   cons.  (2  ff.) 

4711;    Ep.    (11,  4)  157;  (95,  33) 

314;  N.  Q.  (VI  13,  1)  358«;  Suae. 

(1,  1-4)469;  de  matrim.  313. 
Servius   zu  Verg.   Aeneis  (V  412) 

23;   (X  325)  311;  zu  Vergil  ecl. 

4  (p.  9  Keil)  476 
Sextue  Emp.  προς  Ρήτορας  (6)  288 
Sibyllinische  Orakel  (III  736)  480; 

(V  16  ff.)  478 
SidoniuB  carm.  (2,  491)  157 
Simplikios  376,  380 
sive  c.  CODI.  576 
σκαπτον  346 
soniari  308 
sonium  308 
sortes  Sangallenses  (12,  11;  52,  9; 

8,  12;  31,  4)  308;  (39,  1;  35,2) 

309 
Sprachgebrauch    des    Thukydides 

150  f. 
στ€φανωτ(ς  στ€φανωτρ(ς  347 
Stephanus  von  Byzaoz,  Aufschrift 

des  herodotischetk  Grabmals  370^ 
Stillehre  antike  361  f. 
Stobaeus  flor.  (96,  5)  505  f.,   520; 

(105,  28)  519 
Stoische  Theorie  über  die  Stilgat- 
tungen 362 
Strabo  (1  30  ff.) 471;  (IV  185;  191) 

415;  (XII  813  f.)  482;  (XIII  594) 

468;  (XV  iyQS)  457;  (XVI  741)  450 
Substantivirung     von     Adiectiven 

574  f. 
Sueton   (2  p.  147  Seh.)  31;    Aug. 

(1)  477;  (31)  481;  (50)  468;  (72) 

157;  (94)  473  f.,  481;  Calig.  (22, 

57)   279;    Domit.   (18)    157;   de 

gramm.  (15)  157;  Galba  (9;  31) 

477;  Nero  (30)  117,-   vita  Verg. 

(p.  61  R.)  4711 
suscipere  mit  ut  finale  576 
superfieri  572 
σύγγραμμα,  Bedeutung   bei  Isocr. 

2541 

Tacitus  Ann.  (V  10)    166;  (VI  12) 

481 
τάκται  544 
Terenz  Adelph.  (334)  44^;  (726)  41 ; 

Heautonlim.  (96)  513»;  (98)  504*, 

513»;  Uec.  (376  f.;  378  ff.)  519«; 

383;    823;    829)    505»;     Phorm. 

(1019)  18» 


Tertullianus  adv.  Valent.  (24)  306 ; 
de  pud.  (1)  133 

Theodektes,  Lebenszeit  531 

Theodorus  von  Samos  280 

Theokritus  (XV  21)  347 

Theophrastus   πβρί   λέΕ€ως   361, 
374  ff. 

Thesmotheten  336  ff. 

Thespiaden  des  Praxiteles  279 

Thrasy machos  379 

Thukyd.  (I  23,  6;  107,  2;  II  49,  4; 
III  36,  2;  53,  3;  IV  26,  5;  29, 
3;  47,  2;  VI  3,  3;  70,  1;  80,  2, 
VIII  9,  3;  86,  6)  151;  (IV  63,1; 
150;  (VIII  97)  328 

Tibull  (II  5,  19  ff.)  477 

Tiro  als  Uebersetzer  von  Plat.  Ti- 
maios?  566  ff.;  Not.  Tir.  (p.  36, 
94  f.)  309 

titulus  Prienensis  (Insc.  of  British 
Mus.  III  no.  426)  15 

Tomoi  (Inschrift)  15 

Tributeinuahraeordnung  des  attisch. 
Staates  544  ff.,  Voreinschätzung 
544  f.,  Veranlagung  546  f.,  Be- 
kanntgabe der  Veranlagung  und 
Entscheidung  über  Berufungen 
550  f.,  Aufstellung  der  Hebe- 
listen, Vereinnahmung  551,  Be- 
rechnung u.  Ab$(abe  des  Veo  ^^ 
die  Schatzmeister  552,  Zwangs- 
beitreibung 552  f. 

Trochaeus  im  4.  Fuss  des  Hexa- 
meters 485  f. 

Unechte  Briefe  33  ff. 
Ursonensis,  lex  U.  (c.  132)  44 
utensiUa  572 

Valerius  Maximus  (p.  4(>  Kempf) 
44»;  (Π  7,  2)  169 

valetudinarius  572,  572* 

Varro  antiquit.  rer.  div.  (XVI)  25; 
libr.  de  gradibus  23  ff.;  de  lin- 
gua  lat.  (I  12,  3;  V20)  50;  (IX 
55)  495;  Logistorious ,  Atticus 
de  numeris  25  ff. ;  de  r.  r.  (I  2, 
14)  42β;  (II  1,  3)  24  f. 

Vassiliev  Anecd.  (S.  126,  8)  106; 
(S.  332)  101 

Velleius  Paterculus  (I  11,  4)  459; 
(II  8,  1)  284 

Vergil  Aen.  (III  458  ff. ;  VI  72)  477 ; 
(III  700  f.)  480;  (VI  791—806) 
466  ff.;  Disposition  467  ff.,  Ge- 
dankengang 470  ff.;  (VI  798— 
800j  477  f.;  (VI  833)  306;  (VIII 


648 


Register. 


441  f.)  314;  (XII  427)  3141;  (X 

400)  448;    (X  801;    XI  236)  50; 

Buc.  (VIin)4)  472;  Ecl.  (IV  10) 

477;  Georg,  (p.  76  ed.  Keil)  310; 

V.  über   seinen    Lehrer    Annius 

Cimber  371 
Ycrgilii  vita  Donatiana  157 
verius  dictu  576 
Verschränkung    von    Redegliedern 

532 


Vita  Septimii  Severi  (6, 1 ;  12,  3)  312 
Vitruvius  (I  3,  8)  306 

Xenophon  Hell.  (V  15;  27;  :U;  2, 
15;  2,  34)  154  (V  2.  13;  2,  38; 
2,  32  fr.)  155;  (VI  3,  11)  151; 
Oecon.  (c.  4)  331» 

Zeno  249,  353 

Zosimus  (1 19,  2)  159;  (1  20, 2)  160 


UniversitätK-Biichdrnrkpri'i  von  Carl  Georfrl  in  Bonu. 


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1 


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Το  avoid  fine,  this  book  should  be  retumed  on 
0Γ  beiore  the  date  last  stamped  below 


2•Μ-••4• 


flWFAC  1947